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Full text of "Das Atelier des Photographen 39.1932-40.1933"

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DAS ATELIER 
DES PHOTOGRAPHEN 


Schriftleitung: 
Prof. 0. Mente und F. Matthies - Masuren 


39. Jahrgang 1932 


Druck und Verlag von Wilhelm Knapp, Halle (Saale) 


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Inhaltsverzeichnis. 
„Das Atelier des Photographen“ 1932. 


Textbeiträge. 


Abbildungen, zu ών — 8, 16, 24, 32, 48, 56, 08, 
, , , 116. 

Abschwächung der Negative 67. 

Abstimmen des Entwicklers 37, 43. 

Abwaschen der Schicht alter Negative 56, 

Rgfacolor-Silm, Sachphotograph und — 114. 

Atelier- Scheinwerfer, Der — 7. 

Aufnahmematerial für Porträts 79. 

Ausstellung 32, 39, 84. 

Ruswaschen photographischer Schichten 46. 


Beleuchtung von Skulpturen 58. 
Bildnisphoto, Wie kann ein gutes — entstehen? 94. 


Chemische Negativkorrektur 60, 70. 


Diapositive, Tönung der — 115. 
Dunkelheit, Die Photographie in der — 103. 


€astmans, Zum Tode George 一 30. 

Entwickler, Abstimmen des — 37, 93. 

Entwicklung und Desensibilisierung mit Natrium- 
hydrosulfit 9. 


Seinkornentwicklung 54. 
Sixier- und Härtebäder, Wartung der — 67. 
Slachfilme, Verarbeitung der — 71. 


Gegenwartsfragen 15, 22. 
Graphische Methoden für Propagandazwecke und 
Photographie 10. 


Grauschleier auf Bromsilbergelatineschichten 52, 65. 


Hübl, Dr. Sreiherr von — ү 32. 


Kallitypie 91. 

Kircheninterieurs, Aufnahmen von — 47. 
Kopieren kontrastreicher Negative 34. 
Korn, Das — der Negative 82. 

Kristalle im Licht 13. 


Verfasser der Textbeiträge. 


Croy, Dr. 0. — 10, 26. 


Dill, H. — 56. 
Döhring, W. H. — 94 


Eifler, Wilh. — 114 
€mmermann, C. — 2, 37, 50, 71, 82 


Goebel, Gerh. — 8 
Günther, Alfr. — 90 


HanneRe, P. — 47, 54, 66, 79. 
Hausmann, Raoul — 96. 
Hofinger, Wilh. — 107. 

Huth, Sriedr. — 4 


Kundf, Marie — т 32. 
Kunstwerk, Mehr Ehrfurcht vor dem — 96. 


Luftbild, Einiges über das — 107. 


Meisterphoto, Das — 39. 
Mente, Otto — + 48 


Nachtaufnahmen 8 

Nebelaufnahmen 23. 

Negativemulsionen mit piod dis Ai 2. 
l'egatiokorrektur, Chemische — 60, 70. 
Negativverstdrkung durch Sarbstoffe 45. 


oberflächenabschwächer, Der — 20. 

ыы nach Blaupausen, Direkte positive — 

Photographie im Dienst der Propaganda 26. 

Photographische Kamera, Die erste — in Deutsch- 
land 18. 

Porträtfilme der Kodak 66. 

Porträt, Stilfragen des — 36, 42. 

Projektion im Bühnenbild 4, 39. 


Retusche, Schluß mit der — 50, 77. 
Röntgenphotographie 101. 


Skulpturen, Die Beleuchtung von — 58. 
Stilfragen des Porträts 36, 42. 


Schleierung bei der Entwicklung 23. 

Tagesfragen 1, 9, 17, 25, 33, 41, 49, 57, 69, 81, 
1 der Negative, Ungleichmäßige — 24. 
Verstärkung durch Sarbstoffe 45. 


Zurückgehen, Das — des unentwickelten Bildes auf 
Entwicklungspapieren 104. 


Kaufmann, Dr. €. — 36. 


Matthies-Masuren 39, 41, 49, 57, 69, 81. 
Mente, Prof. 0. — 1, 9, 17, 20, 25, 33, 35. 


Schlegel, Dr. A. — 58, 105. 
Schoepf, Herm. — 60, 101. 
Spörl, Professor — 15. 

Stenger, Prof Dr. €. — 18. 


Traut, H — 79. 


Wiegleb, D. — 45, 52. 


Bildbeitráge. 


Heft 1: 


Heft 2: 


Heft 3: 


Heft 4: 


Heft 5: 


Heft 6: 


Heft 7: 


Elisabeth Gropp, Köln; H Holdt, Köln; 
Ehrlich, Köln; Jos. Kessel, Köln; Sr. 
Siedler, Dresden; R Gerling, Duisburg; 
W. und R. Koch, Aachen; Vältl, Weimar; 
Rudi £oos, Weidenau. 


fazi, Stuttgart; €. Hatt, Stuttgart; Clara 
Bauer, Degerloch; Dittmar, Stuttgart; 
Batzke, Stuttgart; Zeller, Göppingen; 
Rosenbaum, Wien; Meffert, Hildburg- 
hausen 


Karl Báhr, Dresden; Wintzer-Berthold, 
Osnabrück; Annel. Suß-Hippel, Srankfurt; 
O. K eller, Bottrop; Rudi Loos, Weidenau; 
Hildeg. Srensdorf, Berlin; $r. Siedler, 
Dresden; C. Koch, Schaffhausen; Bitter- 
lich, Leipzig. 


10 Aufnahmen von Elli Marcus, Berlin; 
Dr. 0. Croy, Reklamephotos. 


Lazi, Stuttgart; Coubillier, Köln; Bier- 
mann, Gera; Binder, Berlin; Vogel- 
Sandau, Berlin; Cudewig, Dresden; A. 
Person, Frankfurt; Sr. Alter, Zwickau; 
M Glauer, Oppeln; Bernh. König, Coben- 
stein; Herm Ebel, Berlin; Rug. Kreyen- 
kamp, Köln 


Karl Bähr, Dresden; Hildeg. $rensdorf, 
Berlin; €. Angenendt, Dortmund; Sr. 
Fiedler, Dresden; f. Uhde, Starnberg. 


Rnnel. Kretzschmer, Dortmund; Sr. 
Grainer, München; Stein, Koblenz; 
Gerling, Duisburg; Rosner, Chemniß; 
Carry Hess, Srankfurt a. M; Glauer, 


Heft 8: 


Heft 9: 


Heft 10: 


Heft 11: 


Heft 12: 


Oppeln; 6. Jonas, Dresden; Schafgans, 
Bonn; Hübner, Konstanz; Schmiedt, 
Hamburg; Otto Mente +. 


fazi, Stuttgart; Erfurth, Dresden 
Cendvai-Dirksen, Berlin; €. An- 
genendt, Dortmund; Hege, Weimar; 
Peterhans, Dessau; Dr Schlegel, Rut- 
nahmen des Kunstgeschichtlichen Seminars 
Marburg. 


Cendvai-Dirksen, Berlin; Elsbeth 
Gropp, Kóln; Erfurth, Dresden; Annel. 
Kretschmer, Dortmund; Wolff, Srank- 
furt; Hege, Weimar; Rosner, Chemniß; 
fazi, Stuttgart; Herm. €bel, Berlin; 
Schollenberg, Hamburg. 


Wilh. Sirgau, Düsseldorf; Käte An- 
dresen, Neumünster; W. Speer, 
Dresden; K. Hege, Essen; €. Angenendt, 
Dortmund; € Bieber, Berlin; Käte 
Basarke, Dresden; Sr. Váltl, Weimar 


Jul. Marg Cameron, London, 1860; 
Herb. Stevens, Westcliff; Aufnahme der 
fetteschule Berlin; R. Gerling, Duis- 
burg; 1. Amster, Berlin; Hub Slöter, 
Köln; Schmieding, Dortmund; W. und A. 
Koch, Aachen; Schiewek, Nordhausen; 
£. Werres, Bonn. 


Genja Jonas, Dresden; €. Bauer, Karls- 
ruhe; Leni Werres, Bonn; Van Bosch, 
Bensheim; Liese Guggenberger, Dorfen; 
Wintzer-Berthold, Osnabrück; Besser, 
Oldenburg; Erich Angenendt, Dortmund; 
Cecile Machlup, Wien; Aug. Göllrich, 
Linz; Vogelsang, Berlin; „Elite“ Berlin. 


ELISABETH GROPP, V. K. F., KOLN 


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Н. HOLDT, V. K. F., KOLN 


EHRLICH, V. K. F., KOLN 


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JOS. KESSEL, V. K. F., KOLN 


ELISABETH GROPP, V. K. F., KOLN 


FRANZ FIEDLER, G.D.L., DRESDEN 


FIEDLER, G.D.L. DRESDEN 


R. GERLING, G.D.L., DUISBURG 


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Tagesfragen. [Nachdruck verboten.) 
Mia) as Jahr 1931 ist vorbei, und es gibt wohl niemanden — man kann fast sagen: 
der ) auf der ganzen Erde —, der diesem Zeitabschnitt eine Träne nachweinte. Viele 
M ) haben ja schon am Schluß von 1950 gesagt, dak es im neuen Jahre höchstens 


Y besser, aber wohl kaum schlechter werden könne, und jetzt hört man diesen fus- 
fh spruch für 1932 aus aller Munde. Und doch ist es durchaus möglich, ja — leider — 
sogar wahrscheinlich, daß wir im kommenden Jahre zeitweise noch Schwereres durchzumachen 
haben werden als bisher. Gewiß, mancher ist schon seit geraumer Zeit auf dem „Nullpunkt“ 
angelangt, und für ihn mag es deshalb gelten, daß eine Verschlimmerung seines Zustandes 
nicht mehr möglich ist. Ja, die staatliche und private Wohltätigkeit mögen sogar lindernd 
in seine Not eingreifen. Aber diese Hilfsaktionen hören doch eines Tages auch mal auf. In 
der verflossenen Weihnachtswoche haben wir noch erlebt, daß die Schlafwagen nach den 
mondänen Winterfrischen großenteils ausverkauft waren. Die Benußer waren durchaus nicht 
zum überwiegenden Teil Ausländer, von deren „Reichtum“ man immer gerne fabelt, sondern 
es waren Deutsche. Aber einmal geht bei einem großen Teil der jetzt noch „Vermögenden“ 
natürlich auch das Geld aus, einerlei, ob sie es in der Industrie stecken haben oder ob es in 
ausländischer Währung angelegt war. Weiterhin muß man aber auch bedenken, daß heute bei der 
mangelnden Stabilität der Verhältnisse viele, die es früher bestimmt nicht gewohnt waren, „von 
heute auf morgen leben“. Sie sagen sich: Ach was, ehe ich das Geld verliere oder es wird mir 
weggesteuert, will ich mir lieber einige vergnügte Tage oder Wochen dafür machen. Diese 
fatalistische Stimmung finden wir gerade in den sogenannten besseren Kreisen vertreten, 
während kleinere Geschäftsleute noch treu und brav jede ersparte Mark auf die Bank bringen, 
als wenn es nie einen Bankkrach gegeben hätte und kein Mensch jemals einen Pfennig ver- 
loren hätte. 

Ja, wenn es uns nur finanziell schlecht gehen würde, d.h. wir uns bis zum Äußersten 
einschränken müßten, im übrigen aber alles seinen geordneten Gang ginge, dann wäre es 
noch gar nicht so furchtbar schlimm. Das Drückende und Lähmende ist, daß niemand weiß, 
ob die gebrachten Opfer nun auch wirklich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft berechtigt 
erscheinen lassen. Mehr Berechtigung scheint mir der Gedanke zu haben, daß die anderen 
Völker eines Tages zur Vernunft kommen werden und sich mit dem wirklich ernsthaften 
Wunsche an einen Tisch zusammenseßen, uns durch geeignete Maßnahmen einigermaßen er- 
trdgliche Lebensbedingungen zu verschaffen. Nicht aus purer Menschenfreundlichkeit — um 
das zu glauben, muß man schon eine gehörige Portion Weltfremdheit besigen; nein, einfach 
deshalb, weil unser Untergang aus rein kommerziellen Gründen keinem Kulturstaat erwünscht 
sein kann. Hoffen wir deshalb, daß diese internationale Hilfe bald kommt, ehe es zu spät 
ist, ehe wir ganz verelendet sind. 

Die Deutschen sind ein zähes und anpassungsfähiges Volk; sie werden, wenn sie sehen, 
daß es wieder sicher bergauf geht, jeder einzelne nach besten Kräften dazu beitragen, das 
Verlorene wieder einzubringen. Auch unter Einsatz schwerer persönlicher Opfer. 

Was hat das nun alles mit der Photographie zu tun? So wird mancher mit einigem 
Recht fragen, wenn er meine Ausführungen bis zu diesem Punkte überhaupt gelesen hat. 
Nun, die Photographie ist in ganz besonders hohem Maße von dem Stande der gesamten 
Wirtschaft abhängig. Liegen die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Landes schlecht, so ist 
auch kein Geld im Umlauf, und diejenigen Betriebe werden natürlich am meisten unter der 
Geldknappheit leiden, die nicht als absolut lebenswichtig anzusprechen sind. Wir sehen das 
im Augenblick sehr deutlich bei der reinen Amateurphotographie und noch mehr bei der 
Rmateurkinematographie. Der Portrdtphotographie geht es leider nicht sehr viel besser, 
obwohl man hier nicht einmal immer von der Befriedigung eines Luxusanspruches reden 
kann. So z. B. dann, wenn jemand für Legitimationszwecke (Paß usw.) oder auch bei 
Stellengesuchen ein Bildnis seiner Persönlichkeit beizulegen hat. Aber ich glaube im Ernst, 
daß heute manche Bewerbung, bei der ein Bildnis verlangt wird, schon deshalb unter- 
bleibt, weil der Stellungsuchende das Geld für den Photographen einfach nicht aufzutreiben 
vermag. (Ahnliche, ja noch schlimmere Verhältnisse herrschen in sanitärer Beziehung. €r- 
fahrungsgemäß können viele wirklich Kranke, obwohl sie in einer Kasse sind, nicht zum 
Arzt gehen, weil ihnen die paar Groschen für die Bezahlung des Krankenscheins, der früher 
nichts kostete, fehlen.) 


* 


Erfreulicherweise werden in neuerer Zeit Sachphotographen und -photographinnen in 
steigendem Maße von Zeitschriften-, Magazin- und Buchverlegern mit konkreten Aufträgen 
bedacht, die ja auch wohl ziemlich lohnend zu sein scheinen. Aber es ist natürlich nur eine 
geringe Zahl und nur die allerfähigsten Köpfe sind brauchbar. Die große Menge geht leer 
aus und ist auf Selbsthilfe angewiesen. Und dafür lassen sich kaum Rezepte geben. Wir 
haben in den früheren Tagesfragen auf alle möglichen Gelegenheiten hingewiesen und möchten 
heute nur noch eine Möglichkeit andeuten, die vielleicht manchem willkommen sein wird. Ein 
bekannter Zeitschriftenverlag teilte uns mit, daß ein gewisser Mangel an Bildern bestände, 
die irgenein Thema oder ein Geschehnis sinnfällig umschreiben. Am besten ist es, wenn 
der Text gleich mitgeliefert wird. Ein Blick in eine modern geleitete Zeitschrift wird den 
Interessenten besser, als es viele Worte zu tun vermögen, darüber unterrichten, wie man die Sache 
anzufangen hat. Selbstverständlich gibt eine derartige Tätigkeit auch nur wenigen Aus- 
erlesenen Gelegenheit zu Gelderwerb, aber es ist immer noch besser, wenn man überhaupt 
einen Singerzeig gibt, als wenn man teilnahmslos den Dingen zusieht und ihnen ihren freien 
Lauf läßt. 

Gewiß wünscht niemand sehnlicher als der Unterzeichnete, schon im Interesse seiner 
Mitmenschen, daß das Jahr 1932 besser wird, als man allgemein erwartet. Aber wir können 
es uns nicht leisten, bis zum Eintritf besserer Lebensverhältnisse die Hände untátig in den Schoß 
zu legen. Wo sich nur der Schimmer einer Möglichkeit darbietet, Geld zu verdienen, da 
muß man einhaken und eventuell durch eigene Initiative die Basis dieser neuen Erwerbs- 
quelle zu verbreitern suchen. Das Daniederliegen der Amateurphotographie nimmt gewiß 
einer Anzahl von Fachleuten, die sich mit dem Entwickeln und Ausarbeiten der Liebhaber- 
aufnahmen befassen, Verdienstmöglichkeiten fort, aber andererseits schafft dieser Zustand 
auch neue Erwerbsquellen, von denen die vorhin genannte erhöhte Absatmöglichkeit von 
Photographien (eventuell in Verbindung mit Text) nur eine ist. 

Hoffen wir, daß das Jahr 1932 einmal eine Enttäuschung in angenehmem Sinne wird, 
daß es also viel besser ausfällt, als der „Ruf“, der ihm vorausgeht, erwarten läßt. Mente. 


Negativemulsionen mit Dämpfungsfilter. 


Von Curt Emmermann. [Nachdruck verboten.] 

Die Methode, auch bei an sich gut orthochromatischen Megativemulsionen die stets noch 
überwiegende Eigenempfindlichkeit des Bromsilbers für Blau und Violett durch einen der Schicht 
einverleibten gelben Sılterfarbstoff zu dämpfen, ist seit langem bekannt. Man benußt sie 
vorzugsweise bei Platten oder Filmen, die eine effektive mittlere Empfindlichkeit besitzen. 
Bei Emulsionen mit höchster Allgemeinempfindlichkeit verzichtet man jedoch allgemein darauf, 
die Schicht gleichzeitig als Dämpfungsfilter auszubilden. Denn die dadurch bewirkte bessere 
Sarbumsegung hat unweigerlich auch eine Verringerung der Allgemeinempfindlichkeit im Ge- 
folge, die man hier nicht in Kauf nehmen will. 


Auf den ersten Blick scheint das Schichtfilter nur Vorteile zu bieten. Vor allem ist 
diese Methode sehr bequem. Man benötigt kein besonderes Silfer, das sich an manchen 
Handkameras oft nicht sicher befestigen läßt. Weiter vermeidet man Nachteile infolge optisch 
nicht einwandfreier Silter. Ein nicht genügend planes Silter kann eine so empfindliche 
Schärfenstörung verursachen, daß 2. B. die Vergrößerungsfähigkeit kleiner Negative in Frage 
gestellt wird. Sûr seine Rtelierkamera hat auch der Sachphotograph oft Silter in ausreichender 
Größe nicht zur Hand. 

Tro&dem sprechen verschiedene Gründe gegen das Dämpfungsfilter in der Schicht. 
Zunächst kann man doch in vielen Fällen auf die Benutzung eines gewöhnlichen Filters nicht 
verzichten. Unter gewöhnlichen Umständen erreicht man durch ein Dámpfungsfilter in der 
Schicht zwar eine bessere Farbumsetzung als ohne es, doch wird man nur unter günstigen 
Bedingungen zu einer annähernd richtigen Grün-Blau-Wiedergabe kommen. 


Durch einen ausreichend hohen Sarbstoffzusa könnte man allerdings bewirken, daß bei 
normalem Tageslicht eine richtige Sarbumsegung erreicht würde. Dann müßte man sich aber 
mit einer wesentlichen Empfindlichkeitsreduktion abfinden. 

Als weiterer Nachteil käme hinzu, daß sich ein stärkeres Schichtfilter bei Beleuchtungen, 
in denen langwellige Strahlen vorherrschen, z.B. bei Nitralicht oder bei tiefem Sonnenstand, 


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als zu streng erweisen würde. Die folge wäre eine mehr oder weniger ausgesprochene 
Überkorrektur gelber und grüner Töne. 

Schon aus diesem Grunde verbietet sich eine zu strenge Filterung in der Schicht. 
Wenn man sich aber mif einer verhältnismäßig schwachen Anfärbung begnügt, wird man 
zur Erzielung einer guten Sarbumsegung in vielen Sällen auf die Verwendung einer Gelb- 
scheibe nicht verzichten können, die allerdings eine höhere Blautransparenz haben kann, 
bzw. haben muß, als wenn die Schicht keinen Silterfarbstoff enthält. Nachteilig ist aber, 
daß man, auch wenn es auf die Sarbwiedergabe nicht ankommt, die Drosselung der Emp- 
findlichkeit in Kauf nehmen mus. 

Das Schichtfilter bringt aber noch andere Nachteile mit sich, auf die bisher in der 
Literatur wohl nicht hingewiesen wurde, obwohl sie unter Umständen sehr auffällig in Er- 
scheinung treten können. Emulsionen mit Dämpfungsfilter in der Schicht zeigen eine starke 
Abhängigkeit der Gradation von der spektralen Zusammensegung der Beleuchtung, bei der 
sie exponiert werden. Die Verhältnisse liegen hier so, daß langwelliges Licht zu einer 
Gradation führt, die praktisch der der Muftteremulsion ohne Zusa$ eines Silterfarbstoffes ent- 
spricht oder vielleicht etwas steiler ist. Auf der anderen Seite führt Exposition mit blauem 
oder violettem Licht zu einer wesentlich weicheren Gradation. 


Diese Erscheinungen lassen sich zwanglos erklären. Der gelbe Silterfarbstoff, 2. B. Tartrazin, 
Pikrinsäure oder Siltergelb, zeigt gegen langwellige Strahlen nur eine geringe Absorption. 
Grüne, gelbe und rote Strahlen werden also beim Eindringen in die Schicht nur wenig be- 
hindert. Andererseits verhindert oder erschwert die gelbe Särbung der Schicht das Eindringen 
blauer und violetter Strahlen. Dadurch wird die Gradationskurve flacher gelegt. 


Man nutzt diesen Effekt seit einiger Zeit in der Silmtechnik bei дег Silmdoppelung aus, 
wobei man orthochromafisch sensibilisierte Emulsionen mit hohem Zusak eines gelben Sarb- 
stoffes benutzt. Das Kopierlicht wird durch ein Violettfilter gefiltert. 

Ahnlich liegen die Verhältnisse in der Mikrophotographie. Benutzt man hier eine 
Emulsion mit Schichtfilter und arbeitet man zwecks Erhöhung des fiuflósungsoermógens mit 
einer Beleuchtung, aus der man durch ein geeignetes Blau- oder Violettfilter die langwelligen 
Strahlen herausgefiltert hat, so wird ebenfalls die Gradation oerflacht. Das bedeutet aber 
in vielen fällen eine Herabsetzung des Auflösungsvermögens, das der Steilheit der Gradation, 
dem Gamma, proportional ist!). Auch die Verringerung der Kontraste ist sehr oft unerwünscht. 


Aber auch bei gewöhnlichen Aufnahmen macht sich die Abhängigkeit der Gradation 
einer Emulsion mit Schichtfilter oon der spektralen Zusammensetzung der Beleuchtung be- 
merkbar. Die gleiche Platte liefert bei Aufnahmen unter stark blaustichiger Beleuchtung, 
z.B. um die Mittagszeit bei hochstehender Sonne am tiefblauen Himmel, weichere Negative 
als bei tiefem Sonnenstand oder bei l'ifralicht. Das mag zwar in manchen Fällen von Vorteil 
sein, bringt aber einen schwer zu erfassenden Unsicherheitsfaktor in die Arbeitsweise. 


Gelegentlich wird die Ansicht vertreten, daß Gelbfärbung der Schicht die Bildung von 
Diffusionslichthöfen unferdrüd:e. Das kann auch sehr weitgehend der Sall sein, aber nur 
dann, wenn die Aufnahme mif kurzwelligem Licht gemacht wird. Langwellige Strahlen 
werden in ihrer seitlichen Ausbreitung innerhalb der angefärbten Bromsilbergelatineschicht 
praktisch kaum behindert. Von einem Vorteil der Schichtfärbung kann deshalb nicht die 
Rede sein, besonders dann nicht, wenn sich die Emulsion durch eine hohe Sarbenempfind- 
lichkeit auszeichnet. 

Man hat nun vorgeschlagen, nicht die Emulsionsschicht selber anzufärben, sondern 
eine besondere Silterschicht auf sie aufzutragen. Diese Methode bietet heute kaum noch be- 
sondere fabrikationstechnische Schwierigkeiten, wenn sie auch die Zahl der bei der Herstellung 
nötigen Arbeitsgänge im allgemeinen vermehrt. €s ist dabei nicht nötig, Gummischichten 
auf die Emulsion aufzubringen, wie man es früher vorgeschlagen hat, sondern man kann 
mit Gelatine als Substrat der Silterschicht arbeiten. 

Verschiedene Silmfabriken bringen auf die Emulsion ihrer Roll- und Packfilme eine reine 
Gelatineschicht auf. Ihr fällt die Aufgabe zu, das Auftreten der als „Telegraphendrähte* 
bekannten Sriktionsmarken zu verhindern, eine Methode, die man auch bei der Fabrikation 


1) Ruf der anderen Seite nimmt das Auflösungsvermögen mit abnehmender Wellenlänge zu, so daß 
die Verhältnisse ziemlich unübersichtlich werden. 


photographischer Papiere benutzt, vor allem bei glänzenden Sorten. Dieser Schutzschicht, die 
man entweder auf die bereits vollkommen getrocknete oder auch nur erstarrte Emulsion auf- 
gießt, könnte man einen Silterfarbstoff einverleiben. 

Die Annahme, auf diese Weise zu einem Megatiomaterial zu kommen, bei dem auf der 
unbeeinflußt gebliebenen Emulsion die Silterschicht liegt, erweist sich aber als irrig. Der 
Sarbstoff diffundiert nämlich zum Teil in die Emulsionsschicht hinein, so daß wir zu ähn- 
lichen Verhältnissen kommen wie bei direkter Anfärbung der Schicht. Besonders willig 
diffundiert der Sarbstoff in eine nur erstarrte Emulsion, auf die man die Silterschicht aufgießt. 


Man könnte nun für die Schutzschicht ein anderes Kolloid als Gelatine verwenden und 
ihr einen Farbstoff einverleiben, der wenig Neigung zeigt, in die Gelatineschicht zu wandern. 
Dabei würden aber andere Schwierigkeiten auftreten, vor allem hinsichtlich der Durchlässigkeit 
der Silterschicht für den Entwickler. €s hat deshalb scheinbar wenig Zweck, sich mit diesen 
$ragen zu beschäftigen. 

Nach der Ansicht des Verfassers wäre es zu empfehlen, im allgemeinen auf die Ver- 
wendung von Dämpfungsfiltern der beschriebenen beiden Arten zu verzichten. Dafür sollte 
man Emulsionen mit hoher Allgemeinempfindlichkeit kräftig sensibilisieren. Diese Allgemein- 
empfindlichkeit steht uneingeschränkt zur Verfügung, wenn es auf Richtigkeit der Sarbwieder- 
gabe nicht ankommt. Auf der anderen Seite kann man durch Anwendung von Gelbfiltern 
die Sarbumsegung nach Belieben beeinflussen. Man schneidet dabei hinsichtlich der effektiven 
Belichtungszeit auf keinen fall ungünstiger ab als bei Βεπυβιπᾳ von Emulsionen mit Zusatz 
von Silterfarbstoffen. 

Zahlreiche Platten und filme beweisen, daß man es heute kaum noch nötig haf, durch 
Silterfarbstoffe in der Emulsion ihr eine an sich nicht zukommende Sarbenempfindlichkeit 
vorzutduschen. €s gibt moderne Orthoemulsionen, die keinen Silterfarbstoff enthalten und 
2. В. bei einer Empfindlichkeit von etwa 220 Scheiner eine bessere Sensibilisierung aufweisen 
als ältere Emulsionen mit Dämpfungsfilter in der Schicht und einer Empfindlichkeit von 
etwa 189 Scheiner. 


Es ist dann noch vorgeschlagen worden, bei Sarbrasteraufnahmen das Silter auf die 
Glasseite aufzubringen. Das ließe sich zwar technisch sehr leicht durchführen, würde aber 
die Sarbenplatte zu einer universellen Verwendung vollkommen ungeeignet machen. Denn 
die Sarbenplatten des Handels erfordern nicht nur für künstliche Lichtquellen verschiedene 
Silter. Auch bei Tageslicht muß man mehrere Silter zur Verfügung haben. Beim Aufbringen 
des Filters auf die Glasseite der Platte würden daher in vielen Fällen gröbste Verfálschungen 
іп der Sarbwiedergabe unvermeidlich sein. 


Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände tut man dem mit der Aufnahmeschicht ver- 
einten Dämpfungsfilter, mag es nun seinen Plat; in der Schicht, auf ihr oder auf der Glasseite 
haben, kein Unrecht an, wenn man es als überholt bezeichnet. Bei Spezialfabrikaten mag es 
am Pla&e sein. Hinsichtlich einer allgemeinen Verwendung dürften aber entschieden den Be- 
dingungen des einzelnen Falls gerecht werdende Gelbscheiben eine zielbewußtere Arbeitsweise 
ermöglichen. 

Bisher war nur die Rede von orthochromatischen Emulsionen. Bei panchromatischen 
Platten oder filmen mit Dämpfungsfiltern in der Schicht würden sich die Verhältnisse noch 
ungünstiger gestalten. Denn hier kommt es nicht nur auf die Dämpfung der blauen und violetten 
Strahlen an, sondern auch die Wiedergabe von Rot und Grün muß beachtet werden. Dem- 
gemäß müßte man der Schicht zwei Silterfarbstoffe zusegen. Troßdem oder gerade deswegen 
würden sich in vielen Fällen Fälschungen in der Sarbumsefung nicht vermeiden lassen. 


Projektion im Bühnenbild. 


Von Sriedrich Huth, Architekt. (Nachdruck verboten.] 
Während früher das Bühnenbild ausschließlich durch Malerei in Verbindung mit Be- 
leuchtungskörpern geschaffen wurde, treten in neuerer Zeit vielfach an die Stelle der gemalten 
Dekorationen plastische Gegenstände: kräftig gebaute Wände mit Senstern, Türen und Toren, 
Rasenteppiche und Bäume, die aus dem Boden emporzuwachsen scheinen; Maschinen, Auf- 
züge usw. werden praktisch betätigt. Große Umwälzungen wurden gleichzeitig in der Bühnen- 
technik durch Einführung der Elektrizität hervorgerufen, die nicht nur zu einer völligen Neu- 


4 


gestaltung der Bühnenbeleuchtung, sondern auch der Bewegungsapparate und vor allem des 
Bühnenrahmens Veranlassung gab. An die Stelle oon Soffitten und Prospekten traten 
Rund- und Kuppelhorizonte, welche die Bühne an den Seiten bzw. im Hintergrunde um- 
spannen. Die geschickte Bemalung des Horizonts bewirkte, daß der Zuschauer gleichsam 
in die unbegrenzte ferne hinauszublicken glaubt. 

Die Veroollkommnung der Scheinwerfer und Projektionsapparate hat zu neuen bedeut- 
samen Sortschritten in der Bühnentechnik geführt; es treten an die Stelle gemalter Prospekte 
und HorizonteTprojizierte Bilder, und zwar finden sowohl auf photographischem Wege 
hergestellte Diapositioe als auch gemalte Glasbilder Verwendung. Endlich auch Silme 
(Candschaften oder bewegte Szenen), die nach dem Vorbild des Kinos auf eine Licht- 
wand oder den Hintergrund der Bühne geworfen werden. Und schon bereitet sich wieder 
etwas [leues vor, nämlich die Anwendung farbiger Schaftenbilder nach Vorschlägen des 
technischen Bühnendirektors Max Hasait, Dresden. 


Alle projizierten Bilder stimmen darin überein, daß sie eine starke, magische Wirkung 
ausüben. Jn vielen Stücken, und namentlich in Opern, sind derartige Wirkungen sehr an- 
gebracht, jedoch weniger bei naturalistischen Darstellungen. €s kommt nun darauf an, die 
Haupthandlung auf der Wortbühne mit den projizierten Bildern in Einklang zu bringen. Eine 
große Schwierigkeit besteht namentlich darin, die Särbung der Platten oder Silme so voll- 
kommen zu gestalten, daß eine völlige Harmonie des Lebens auf der Bühne mit dem Schein- 
leben im Bilde erreicht wird. Vorbedingung ist eine große Bühne, schon wegen der 
Schwierigkeit des Zusammenstimmens der Beleuchtung des Vordergrundes mit der des proji- 
zierten Hintergrundes. Eine projizierte Landschaft darf nicht als „Bild“ zur Erscheinung 
kommen; sie muß die Illusion einer natürlichen Landschaft hervorrufen und so den Schau- 
pla& der Darstellung erweitern. | Ä 

Vielfach wird der Silm aber nur illustratio verwendet, so z. B. zur Charakterisierung 
der Zeit, in welcher sich die Haupthandlung abspielt. Jn diesem Sinne hat sich 2. В. 
Piscator in Berlin des films bedient. | 

Ein sehr interessanter Versuch wurde bei der Uraufführung von Döblins „Ehe“ in den 
„Kammerspielen“ des Münchener Schauspielhauses gemacht. Die Vorgänge wurden auf einer 
absolut dekorationslosen Bühne, also nur vor Projektionsbildern gezeigt, und zwar wurden aus- 
schließlich Originalphotographien verwendet. Eine der stärksten Szenen, die sih nach der 
Vorschrift des Dichters in einem Altersheim abspielen soll, zeigte auf der Leinwand ein 
Siechenhaus mit davorsigenden alten Frauen, die in ihren Größenverhältnissen das natürliche 
Maß sogar weit überschritten; dennoch ergab das Bild einen wundervollen Hintergrund für 
die vor dem Hause sich abspielende Szene. Die anfängliche Befürchtung, daß sich die 
Sachlichkeit der Photographie auf der dekorationslosen Bühne als sehr nüchtern erweisen 
würde, erwies sich als unbegründet; die Projektion rief auch in diesem Salle in Verbindung 
mit der Scheinwerferbeleuchtung noch genügend magische Wirkungen hervor. 


Es ist nicht immer notwendig und audi nicht immer möglich, die Projektionsapparate 
оог. der Lichtwand anzuordnen. Durch Verwendung eines glasartig präparierten Schirting 
für den Prospekt wird es möglich, beliebige projizierte Bilder auf dem Wege der Durch- oder 
Hinterprojektion auf die Bühne zu bringen; d. h. die Projektionsapparate stehen hinter der 
Cihtwand. Da diese infolge Behandlung пай einem neuen patentierten Verfahren den 
Charakter eines mattierten Glases erhalten haf, so werden dem Publikum die auf die Rück- 
seite der Lichtwand geworfenen Bilder sichtbar; diese wirken sogar sehr klar und plastisch. 
Іп Hessischen Landestheater zu Darmstadt wurde die Schirtingwand zum erstenmal іп der 
Oper „Wozzek“ ausprobiert, es wurden mit vier Projektionsapparaten 16 verschiedene Bilder 
auf die Rückseite der Schirtingwand projiziert. Die Durchprojektion des Sonnenunterganges, 
des Mondaufganges, des sich rot färbenden bewegten Wassers im Teich soll hierbei auf 
das glänzendste gelungen sein. Jn der Regel sind Rund- und Kuppelhorizonte sehr groß; 
sie können von einem Projektionsapparat nicht genügend ausgeleuchtet werden; deshalb 
werden mehrere Projektionsapparate angewendet, und es müssen besondere Vorkehrungen 
getroffen werden, damit an den Berührungskanten keine Lücken oder Streifen entstehen. 
Zu diesem Zwecke werden zwischen dem Projektionsapparat und der Projektionsfläche so- 
genannte Masken (Rahmen aus Holz oder Blech) eingeschaltet, die so nahe am Projektions- 
apparat stehen, daß sie keine scharfe Begrenzung des Lichtkegels auf der Projektionsfläche 


5 


erzeugen, sondern eine allmählich verlaufende, im Licht nadilassende Zone ergeben. Die 
Diapositioe müssen in diesem Salle naturgemäß ап den Kanten einander überschneiden. 
Wenn dann zwei benachbarte Projektionsbilder mit den verlaufenden Randzonen versehen 
werden, so ergibt sid1 für den Beschauer ein einheitliches Bild. 

Bei jeder Art oon Projektion auf der Bühne hat man natürlich darauf Rücksicht zu 
nehmen, daß niemals die handelnden Personen durch den Lichtkegel der Apparate hindurch- 
laufen. Die räumlichen Verhältnisse erweisen sich aber bisweilen als so ungünstig, daß 

diese Bedingung nicht immer zu erfüllen ist. Man müßte dann ganz von der Anwendung 
von Lichtbildern und Filmen Abstand nehmen, wenn es nicht noch einen Ausweg gäbe. Man 
bedient sich in diesem Salle des Spiegels. Die Apparate werfen die Bilder auf die Spiegel- 
fläche und diese wirft das Bild dann auf die Projektionswand zurük. So können auch in 
räumlicher Hinsicht große Schwierigkeiten überwunden werden. 

Der Hintergrund ist von Natur weiß oder sehr hell getönt und wird möglichst gleich- 
mäßig ausgeleuchtet. Auf diese farbige Släche wird durch den Projektionsapparat das Bild 
geworfen. Es ist aber selbstoerstándlich nur möglich, Licht, d. h. heller als die Sláchen- 
beleuchtung, zu projizieren — Schattenpartien nehmen die Farbe der Slächenbeleuchtung 
an, wodurch allerdings der Eindruck des Traumhaften, Visionären, das den Projektionen im 
ganzen eigen ist, noch erheblich gesteigert wird. Kommt es auf Darstellungen an, welche 
kräftige Cicht- und Schattenpartien verlangen, so darf die Projektionsfläche nur ganz wenig 
oder gar kein allgemeines Licht empfangen. Dem projizierten Bild ist eine gewisse Starrheit 
eigen, die auch durch farbige Vorse&scheiben und sonstige Hilfsmittel der Beleuchtungstechnik 
nicht ganz aufgehoben werden kann; doch läßt sich das Übel beseitigen, wenn man statt 
eines Projektionsapparates deren zwei verwendet, die völlig gleich gebaut und auf genau 
dieselben, sich deckenden Sláchen eingestellt sind. Adolf Richter erläutert in der „Bühnen- 
technischen Rundschau“ (Heft 1, 1927) die Dappelprojektion an einer hellen Landschaft mit 
einigen dunklen Bäumen: „Der eine Apparat beleuchtet statt der Sldchenbeleuchtung den 
ganzen Himmel, der zweite wirft die Landschaft auf die Fläche. Mun würden die dunklen 
Bäume nicht als solche zum Ausdruck kommen; denn diese Dunkelheiten werden durch das 
blaue Licht des Himmels aufgehoben. Wird aber von der Platte, die in den ersten Apparat 
eingefügt ist, eine Art Negativ der zweiten Platte (mit der Landschaft) hergestellt, derart, 
daß auf der ersten Platte der ganze Himmel undurchscheinend abgedeckt ist, so entsteht 
ein ganz anderes Bild. (Die beiden Bilder müssen selbstverständlich miteinander genau 
übereinstimmen.) Die Wirkung dieser Einrichtung ist folgende: die Landschaft steht in voller 
Farbigkeit mit tiefen Schatten und hellen Lichtern auf der Leinwand, und nun ist es leicht 
möglich, durch entsprechende Vorsetzscheiben Landschaft und Himmel ganz für sich farbig 
zu beeinflussen, heller oder dunkler zu tönen, so daß sich alle Übergänge eines anbrechenden 
Morgens oder oerglühenden Abends wiedergeben lassen. Ebenso können vorbeiziehende 
Wolken, aufsteigendes Gewitter u. dgl. mehr oder weniger naturalistisch dargestellt werden. 


Schritt für Schritt mit der Vervollkommnung der Projektion geht die Entwicklung des 
farbigen Schattenbildes, welche Direktor Max Hasait, Dresden, vor einigen Jahren zum 
erstenmal auf der Tagung der Technischen Bühnenvorstände in Halle (Saale) an einem 
Modell der Schattenbilder aus der Oper „Die Zauberflöte“ erläuterte. Vielleicht wird die 
Projektion von gemalten und photographierten Glasbildern in nicht zu ferner Zeit von projizierten 
farbigen Schattenbildern abgelöst werden, die den Vorteil bieten, daß sie in ihrer Sorm 
und Farbe schnell verändert werden können. Man denke sich eine durchscheinende Licht- 
wand, z. B. aus Schirfing; dann werden die farbigen Schatten durch Bestrahlung mit 
farbigem Licht von vorn erzielt, während die Grundfarbe des Bildes diesem durch einen 
Scheinwerfer von hinten gegeben wird, und zwar durch Vorsetzen einer Sarbscheibe vor die 
Lichtquelle. Diese Sarbscheibe kann auch aus mehreren Sarben bestehen; so wurde z.B. 
in Dresden für den Hintergrund des Bühnenbildes der Oper „Carmen“ eine derart zusammen- 
gesetzte Sarbscheibe verwendet. Die Einrichtung zur Erzeugung des Bühnenbildes nach dem 
Prinzip der farbigen Schatten wurde vom Erfinder Hasait in seiner Patentschrift (D. R. P. 
407153) ausführlich beschrieben. | 


Die bei diesem Hasaitschen Verfahren gut durchführbare Verwandlungsfähigkeit der 
Bilder ist z. B. bei der Vorführung von Traumbildern und Seerien von praktischer Bedeutung. 
Hier möge als Beispiel Strindbergs „Traumspiel“ Erwähnung finden, in dem unter anderem 


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der Wechsel der Jahreszeiten und das Verwandeln des Innern einer Kirche in die Singals- 
grotte vorgeschrieben ist. Strindberg schreibt für die Verwandlung jedesmal die Ver- 
dunklung der Bühne vor, weil er ein besseres technisches Mittel noch nicht kannte. Er 
hat sich aber selbst viel mit diesem Gegenstand beschäftigt und 2. B. Versuche mit einem 
Skioptikon angestellt. Aber die Verdunklung der Bühne ist nur ein Motbehelf, dessen große 
Bühnen heute nicht mehr bedürfen. Sie vermögen schnelle Verwandlungen bei offener 
Szene, teils mit Hilfe der Drehbühne, teils durch Anwendung von Projektionsapparaten und 
farbigen Schattenbildern, hervorzurufen, und so die interessantesten Übergänge zu schaffen. 

Das Publikum verfolgt die Verwandlung bei hell erleuchteter oder nur wenig verdunkelter 
Szene mit größtem Interesse und wird durch die technischen Vorgänge, die man früher 
vollkommen seiner Aufmerksamkeit zu entziehen suchte, in hohem Grad gefesselt. Die 
Illusion wird durch den etwa wahrnehmbaren Mechanismus, zumal die Verwandlung mit 
großer Geschwindigkeit bewirkt wird, in weit geringerem Maß beeinträchtigt als durch die 
vielen Pausen, welche früher durch die häufige Verwandlung der Szene bedingt waren und 
auch heute noch bei vielen mittleren und kleinen Bühnen unvermeidlich sind. 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Der ,Atelier-Scheinwerfer*. 


Die Photo-Glühlampe hat sich heute — endlich — in den Ateliers der meisten Porträt- 
photographen eingebürgert. Sie wird entweder einzeln oder gruppenweise in den handels- 
üblichen „Photoleuchten“, „Atelierlampen“, „Sonnen“ usw. gebrannt. Diese Reflektoren, 
denen man früher vielfach die $orm eines Paraboloids gab, während man sie heute der Ein- 
fachheit wegen übrigens praktisch — mit ähnlichem Erfolg — zylindrisch gestaltet, bestehen durch, 
weg entweder aus reinem Aluminium oder einem außen dunkel, innen dagegen weiß oder 
silbern emaillierten oder gesprigten €isenblemgehduse. Die „diffus 
reflektierende Innenfláche* dieser Strahler ist offenbar einfach von der 
Bogenlampe her übernommen worden. Da es jedoch mit dem „diffusen 
und daher weichen Licht“, das diese Reflektoren liefern sollten, 
bei direkter Beleuchtung doch nicht allzu weit her war, benugten die 
meisten Photographen sehr bald wieder die altgewohnten Streu- oder 
gar Reflexionsschirme, nur statt mit Bogen- jekt in Verbindung mit 
Glühlampen. 


Wenn aber schon ein Diffusionsschirm vor den Strahler ge- 
schaltet werden muß (?), so ist eigentlich nicht recht ersichtlich, warum 
dann die Innenfläche des Strahlers selbst auch noch diffus reflektieren 
soll, statt das Licht möglichst hundertprozentig auf den Streuschirm zu 
werfen. Zudem ist in vielen Fällen, abgesehen von der Bildnisphoto- 
graphie, ein hartes, tiefstrahlendes Licht viel erwünschter als ein weiches Streulicht, so 
2. B. bei Aufnahmen in großen Räumen, dunstigen Sabrikhallen, raucherfüllten Sälen usw. 

für alle solche Aufnahmen fehlte bisher ein geeigneter kleiner Aufheller für Glüh- 
lampenbetrieb, wie er in großer Ausführung im Silmatelier sehr vielseitige Verwendung findet. 


Ruf Grund ihrer beim Bau solcher Silm-Aufnahme-Scheinwerfer gesammelten Er- 
fahrungen hat jetzt die „Jupiterlicht- Gesellschaft, Berlin“ einen ausgezeichneten kleinen 
Atelierscheinwerfer herausgebracht, der in mehrfacher Hinsicht Beachtung verdient. Er be- 
si&t ein zylindrisches Gehäuse aus hartem Reinaluminium, das hinten durch einen auf Hoch- 
glanz verchromten, facettierten Parabolspiegel abgeschlossen ist. Die vertikal an- 
geordnete fampenfassung läßt sich sowohl vorwärts und rückwärts wie hoh und tief 
verstellen, so daß man durch Verstellen der Lampe nach Belieben hartes, tiefstrahlendes 
Effektlicht oder eine weichere Allgemeinbeleuchtung erzielen kann. Dank der senkrechten 
fampenfassung können nicht nur alle gewöhnlichen Glühlampen, Nitraphotlampen, sondern 
auch hochkerzige Projektions- und Scheinwerferlampen verwandt werden, die bekanntlich 
nur in lotrechter Stellung gebrannt werden dürfen. Am hinteren Ende besi&t der Schein- 
werfer einen gegen Wärme (tatsächlich!) isolierten Handgriff mit Berührungsschuß, so daß 
er zum Ausleuchten sehr großer Slächen ohne weiteres in der Hand gehalten werden kann. 
Das Gehäuse ist schwenkbar gelagert in einem U-förmigen, allseitig drehbaren Bügel. Das 


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Licht des Scheinwerfers läßt sich, anders als bei der Mehrzahl der bisher gebräuchlichen 
Phofoleuchten, nicht nur senkrecht nach oben, sondern auch als kräftiges Oberlicht senk- 
recht nach unten richten. Der „Sonneneffekt Mod. VI“ besitzt einen Gußfuß mit normalem 
Statiogeminde, paßt aber natürlich auch auf das in weiten Grenzen verstellbare Jupiter- 
fampenstatio. Streuschirme, Sarbgláser oder Filter lassen sich ohne weiteres vorsegen. 
Eine große Anzahl photometrischer Messungen, die ich an einem serienmäßigen, unmittelbar 
aus der Sabrikation entnommenen Modell angestellt habe, ergaben die erstaunliche Tatsache, 
daß der Scheinwerfer bereits mit einer gewöhnlichen Osram-Nitraphotlampe, deren Glüh- 
faden sich so gut wie gar nicht „zentrieren“ läßt, die Helligkeit einer sehr guten, groĝen 
Photoleuchte um 35—70 ?/, übertraf, sofern er auf Effektlicht geschaltet wurde. Bei 
größeren Abständen der beleuchteten Sláche zeigte sich die Tiefenwirkung sehr augen- 
scheinlich; hier überragte der Scheinwerfer die Nitraphotleuchte um das 2,5fache. 
Trotzdem das Licht zwar gebündelt ist, wirkt es dank der Sacettierung des Spiegels nicht 
annähernd so hart wie etwa das eines ,Spotlight-Scheinwerfers*. Außerdem läßt es sich, 
wie erwähnt, durch Dezentrieren der Lampe auch beliebig weich und streuend gestalten. 


Der neue Atelier-Scheinwerfer ist sowohl in wirtschaftlicher wie in technischer Be- 
ziehung ein Sortschritt auf dem Gebiete des Atelier-Campenbaues. Er ist überaus vielseitig 
verwendbar. Trotz der kräftigen und formschönen Bauart beträgt das Gewicht nur 1,5 kg 
(ohne Suk). Der Preis (25 RN) ist kaum höher als der eines normalen, meist viel un- 
wirtschaftlicheren Nitraphotstrahlers.' Gerhart Goebel, Berlin. 


Direkte oder indirekte Beleuchtung bei Nachtaufnahmen? 


Bei der direkten Beleuchtung wird die Lichtquelle im Bilde gezeigt, die den Gegenständen 
die Helligkeit gibt. Diese Aufnahmen sind technisch meist nicht einfach, weil bei den oft 
enormen Lichtwerten von brennender Lichtquelle bis zu den dunklen Einzelheiten der Umgebung, 
die noch durchbelichtet sein sollen, die Exposition so lange genommen werden muß, daß selbst 
bei gut lichthoffreiem Aufnahmematerial noch Lichthöfe störend in Erscheinung treten. Um 
diesen Mangel möglichst zu unterdrücken, empfiehlt es sich, besonders solche Motive zu 
wählen, bei denen die Lichtquelle nahe an den anderen Objekten liegt, weil dadurch die 
Gegenstände heller beleuchtet sind, die Belichtungszeit dadurch abgekürzt und die Gefahr 
der Lichthofbildung vermindert wird. 

Bei der indirekten Beleuchtung ist die Lichtquelle selbst nicht zu sehen (sie ist außer- 
halb des Bildfeldes oder durch einen davorstehenden Gegenstand der Betrachtung entzogen), 
sondern nur ihre Wirkung auf die Umgebung. Der Reiz solcher Aufnahmen steht durchaus 
nicht hinter den obigen zurück. Jn technischer Hinsicht sind Aufnahmen mit indirekter Be- 
leuchtung wesentlich einfacher, weil auch die Lichthofbildung stark unterbunden ist. 

H. Kammerer. 


Zu den Abbildungen. 


Die im vorigen Jahr gegründete „Vereinigung Kölner Samphotographen* zeigt im vor- 
liegenden Heft wieder sechs interessante Aufnahmen zu dem Thema Kinderbildnis. Besonders 
gut gesehen sind die Sassungen der El. Gropp, knapp im Raum und lebendig in der Wirkung 
durch Licht und Kontrast. Auch die anderen Darstellungen von Holdt, Kessel und Ehrlich 
zeichnen sich durch eine lebendige Natürlichkeit aus, die für eine zeitgemäße Porträtphotographie 
eine Hauptforderung ist und der die neuen Hilfsmittel dienen, wie: höchstempfindliche Schichten, 
lichtstärkste Objektive, handliche, im Augenblick aufnahmebereite Kleinkameras und die Licht- 
fülle der Elektrizität; Errungenschaften, die zwar nicht ganz leicht und nicht ohne Übung 
zu Erfolgen führen, die aber von keinem modernen Porträtphotographen übersehen werden 
dürfen. Siedler, einer, der die Kunstlichtbeleuchtung in seiner Werkstatt mit besonderem 
Erfolg und großem Geschick eingeführt hat (siehe Heft 11, 1931), bringt dann neben der gut 
angeordneten Familiengruppe ein geschmackvolles Damenbildnis, Gerling ein räumlich gutes 
Doppelbildnis, Váltl eine seiner vortrefflichen Ceica-Aufnahmen, Loos ein knappes Knaben- 
doppelbild, das nur etwas frischer im Ausdruck sein könnte, und Koch ein hübsches Kinder- 
bild, in dem aber das herabhängende Bein, das als Linie und Masse aus dem Bilde heraus- 
führt, etwas stört. 


LAZI, G.D.L., STUTTGART 


EMIL HATT, STUTTGART 


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DITTMAR, STUTTGART 


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GRETE BATZKE, STUTTGART 


ZELLER JUN., GOPPINGEN 


H. ROSENBAUM, WIEN 


RUD. MEFFERT, HILDBURGHAUSEN 


Tagesfragen. [Nachdruck verboten.) 


ie katastrophale wirtschaftliche Lage ist wohl im wesentlichen schuld daran, daß 
die Гаде der farbenphotographie im verflossenen Jahre sich in so verhältnis- 
М y mäßig geringem Makstabe geändert hat. Das Hamburger Rmatcolor- Verfahren, 
J von dessen restloser Durchbildung man mit einigem Recht sprechen darf, hat sich 
zwar einige Portrátateliers in Hamburg erobern können (worüber ein kleiner Artikel 
in diesem Heft unterrichtet), aber von einer universellen Verwendung dieses Verfahrens seitens 
der Sachphotographen oder auch der Amateure kann im Augenblick noch nicht die Rede sein. 
Ruch die absolut ferfige Uvatypie von Dr. Traube in München sieht man nur selten praktisch 
verwendet. Dann haben wir noch das Оихосгот - Verfahren von Herzog (Hemelingen), das 
ebenfalls als abgeschlossen gelten kann und bei richtiger Handhabung recht ansprechende 
Bilder liefert. Auch Piller (München) ist mit den Vorarbeiten fertig, und sein Verfahren 
wartet nur auf die fabrikatorische Ausnugung. 

Eine vergleichende Wertung der verschiedenen Methoden vom ästhetischen Standpunkt 
soll hier nicht gegeben werden, zumal die Beurteilung seitens verschiedener Menschen eine 
durchaus unterschiedliche ist. Dem einen gefällt die starke Sarbigkeit der Amatcolor-, 
Uvatypie- und Duxochrom-Bilder besonders gut, während andere mehr Gefallen an den Piller- 
Bildern finden, die — wie wir schon einmal erwähnten — mehr einem sehr zart kolorierten 
Schwarzdruck entsprechen. In bezug auf den Preis des fertigen Bildes scheint mir vorläufig 
das Amatcolor-Verfahren bei weitem am günstigsten abzuschneiden, was wohl darauf zurück- 
zuführen ist, daß die Amatcolor - Gesellschaft in Hamburg die Fertigstellung der farbigen Bilder 
(von der Entwicklung des Farbensatzes an bis zum fertigen bunten bilde) selbst ausführt, und 
zwar nach einem sehr sorgfältig durchdachten Arbeitsplan, der ein rasches Arbeiten bei ver- 
hältnismäßig geringen Materialunkosten gewährleistet. Wenn man drei farbige Vergrößerungen 
18 x 24 cm fix und fertig aufgezogen dem Besteller für 18 RM anbieten kann und für den 
Photographen immer noch ein Nutzen verbleibt, so kann man wirklich von einem Rekord sprechen. 

Auch in bezug auf die Einfachheit und Billigkeit des Aufnahmeprozesses steht das Amat- 
color-Verfahren obenan. Der Ausübende kann ja mit jeder normalen Atelier- oder Reise- 
kamera, auch mit einem der zahlreichen Handkameramodelle für Platten-, Roll- oder Packfilm 
arbeiten und findet für alle diese Typen das entsprechende Negativmaterial: drei übereinander- 
liegende selektiv empfindliche Blatt- oder auch Rollfilme, vor. Da man klein aufnimmt und 
die Negative später auf das benötigte Format vergrößert werden, so bedeutet das benötigte 
Aufnahmematerial keine wesentliche finanzielle Belastung des Photographierenden. Uvatypie- 
und Duxochrom- Verfahren besitzen keine eigenen Megativverfahren; für die erstere Methode 
wird zur Herstellung der Sarbenauszüge gewöhnlich die Bermpohlsche Schlittenkamera benutzt, 
die man auch durch die neue, ebenfalls von Bermpohl stammende Kamera für gleich- 
zeitige Belichtung der drei Teilnegative erseßen kann. In Verbindung mit dem Duxochrom- 
Verfahren wird gewöhnlich die Mroz-Kamera genannt, bei der ebenfalls die drei Teilaufnahmen 
gleichzeitig belichtet werden. Das Piller-Verfahren endlich steht in bezug auf Einfachheit 
und Preiswürdigkeit des Aufnahmeverfahrens sehr günstig da; man benötigt lediglich eine 
farbige Linienrasterplatte, durch die hindurch man eine panchromatische Platte belichtet. Sür 
das Kopieren der Papierbilder werden allerdings eine besondere feinmechanische Kopier- 
vorrichtung und ein farbig gerastertes Entwicklungspapier gebraucht, über deren Kosten ich 
vorläufig noch keine Angaben zu machen in der Lage bin. Sobald die Großfabrikation in- 
dessen einsetzt, wird man ja bald die wissenswerten Daten erfahren. Man wird dann audi 
hören, ob die das Verfahren Ausübenden die Materialien für den Positivprozeß selbst in die 
Hand bekommen (wie das auch bei Duxochrom und Uvatypie der Fall ist) oder ob man wie 
beim Amatcolor-Verfahren die Ausarbeitung der farbigen Positivvergrößerungen einer Zentral- 
stelle zu übergeben gehalten ist. 

Dieser zuletzt genannte Umstand, daß beim Amatcolor -Verfahren der Berufsphotograph 
wie der Amateur ihre unentwickelten Aufnahmen einer Zentralstelle zur Ausarbeitung der 
farbigen Vergrößerungen übergeben sollen, hat gerade bei den Sachleuten häufiger Anstoß 
erregt. Sie sehen sich dadurch gewissermaßen in die Rolle eines „Hilfsarbeiters“ gedrängt, 
dem man nicht zufraut, die weiteren Arbeiten selbst auszuführen. Aber diese Ansicht ist 
irrig. Der Grund für diese Maßnahme ist der, daß eine mit allen Hilfsapparaten und über- 


haupt mit den zweckmäßigsten Einrichtungen versehene Zentralstelle viel sicherer und 
* 


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ökonomischer zu arbeiten versteht als eine Einzelperson, die nur hin und wieder mal eine 
Sarbenaufnahme macht. Jch habe schon früher einmal eine Parallele zwischen dem Kino- 
schmalfilm mit Umkehrung und dem Amatcolor-Verfahren gezogen. Auch die Umkehrung 
der Schmalfilmaufnahmen wollen die Silmfabriken nicht aus der Hand geben, sondern schlagen 
die Kosten dafür gleich auf den Rohfilm, sobald man diesen einkauft. Das geschieht keines- 
wegs aus der Überlegung heraus, daß die Rohfilmfabrik durch die zwangsweise Übernahme 
der Umkehrungs- bzw. Sertigstellungsarbeiten einen Geldgewinn erzielen möchte, sondern 
lediglich im Interesse des Schmalfilmverarbeiters. Man weiß іп den Laboratorien der Silm- 
fabriken eben nur zu genau, daß die Amateure bei Selbstausführung dieser Arbeiten — sofern 
sie nicht über ein ungewöhnliches Maß von Übung und auch über gewisse photochemische 
Kenntnisse verfügen — viel zuviel Ausschuß fabrizieren würden, worunter dann selbst- 
verständlich auch das Allgemeininteresse an der Schmalfilmkinematographie litte. Ganz 
ähnlich liegen die Verhältnisse beim Amatcolor-Verfahren. Die Ausarbeitung der Sarben- 
auszüge zu vergrößerten farbigen Kopien ist in den Händen erfahrener Arbeiter und bei 
Vorhandensein geeigneter Apparaturen ganz sicher und auch nicht einmal besonders schwierig, 
aber der Unerfahrene findet so viele Klippen, daß er froh sein würde, wenn er mit einem 
ungewöhnlich großen Aufwand an Material und Zeit einen einzigen passablen Zusammen- 
druc erzielte, für den der geschickte Spezialist bei richtiger Arbeitsteilung usw. vielleicht ein 
Zehntel der Zeit gebraucht und Kosten für verdorbenes Material überhaupt kaum in seine 
Kalkulation einzufügen braucht. 

Während man in Deutschland den Carbrodruck für einfarbige Bilder nur -wenig pflegt 
und für Sarbendruck meines Wissens überhaupt nicht verwendet, haben die englischen „Colour- 
Photographs ftd.“ ihre Werke in Willesden in jahrelanger Arbeit ausschließlich auf den Carbro- 
druck zugeschnitten und die Arbeitsmethoden derart standardisiert, daß man angeblich ganz 
sicher mit diesem Verfahren arbeitet und Sarbendrucke von großer Schönheit und Gleichmäßigkeit 
erzeugt. Allerdings gehören dazu Anlagen, die sich der Privatmann, einerlei, ob Amateur 
oder Sachmann, schon gar nicht leisten kann. Wenn man die Beschreibung des Arbeitsganges 
im neuen ,Phof. Almanac* des „Brit. Journ. of Phot.“ nachliest, so gewinnt man den Ein- 
druck, als wenn alle Arbeiten fast rein mechanisch verliefen und selbst ungelernte Arbeiter 
den Prozeß spielend meisterten. Als provisorische Unterlage beim Entwickeln wird speziell 
präpariertes Cellophan benußt. Von dem Tripack für die Aufnahme ist man nach den neuesten 
Berichten wieder ganz abgekommen und arbeitet mit einer Art automatischen Plattenwechsels 
durch Schlittenkonstruktion. Jn 2 Sekunden soll ein Sarbensaß fertig belichtet sein. Der Silter- 
schlitten ist an jeder Kamera leicht anzubringen; er gestattet eine Anpassung der einzelnen 
Belichtungszeiten an die Sarbenempfindlichkeit der jeweilig benutzten panchromatischen Platte. 

Wir werden auch in Zukunft ein wachsames Auge auf die eventuellen Fortschritte in 
der Sarbenphotographie haben und von Zeit zu Zeit unsere Leser über Fortschritte und Neu- 
heiten auf diesem Gebiet unterrichten. Mente. 


Graphische Methoden für Propagandazwecke unter Zuhilfenahme der 
Photographie. 
Von Dr. Otto Croy. (Nachdruck verboten.) 

Die Bildausschmückung von Inseraten und anderen der Reklame dienenden Drucksachen 
ist ein besonders zu behandelndes Gebiet. Hier kommt es auf Kunstwerte weniger an als 
auf Wirksamkeit. Die tragende Jdee ist nicht immer im tatsächlich Dargestellten oder im 
Ausdruc des Bildmäßigen zu suchen, vielmehr verbirgt sich hinter dem Bild oft eine irgendwie 
geartete Suggestion, die die Gedanken des Beschauers unmerklich beeinflussen, ihn in Ruf- 
nahmebereitschaft versetzen will für das, was textlich dem Werbebild beigefügt ist. Kunst- 
empfinden braucht daher, streng genommen, einem Werbebild in geringerem Maße zugrunde 
zu liegen als kühl abwägende Berechnung des €ffektes, des „Blickfangs“. 

Absichtlich werden diese Dinge hier gleich eingangs erörtert, um a priori dem Vorwurf 
zu entgehen, das im folgenden zu Besprechende wäre eine Pseudokunst, die lieber tot- 
geschwiegen werden müßte. Doch nimmt ein Reklamebild weder für sich in Anspruch, ein 
Unikat zu sein, noch ein Kunstwerk vorzustellen. €s will wirken — sonst nichts. Welchen 
Belang hat es unter diesem Gesichtspunkt, ob das Bild nach der Natur. gezeichnet (was 


10 


meistens nach einer verheimlichten Photogrophie geschieht) bzw. ob es rein graphisch her- 
gestellt ist, oder aber, ob es bei gleichem Endeffekt auf viel einfachere und billigere Weise 
gemacht wurde? | | 

Wenn sich die Photographie auch an bevorzugter Stelle im Reklamewesen behauptet, 
so kommt man doch in vielen Sállen um die Grophik nicht herum. Zum Abdruck in Tages- 
zeitungen sind z. B. Strichzeichnungen immer noch unerläßlich, weil sie in der Massenauflage 
eher einen sauberen Druck gewährleisten. Obwohl hier aus der По! eine Tugend gemacht 
wird, zieht man die Graphik der Photographie auch noch aus anderen Gründen vor. So 
2. B., wenn sich das Inserat an eine bestimmte Geschmacksrichtung des Leserkreises wendet, 
oder wenn ein gewisser vornehmer, wertvoller Charakter der Ware heroorgekehrt werden 
soll. Denn sowohl Zeichnung wie gemaltes Bild sehen für das faienauge immer nach einem 
größeren Kostenaufwand aus als die Photographie, die eher den Anschein der Billigkeit er- 
weckt. So gibt es natürlich auch in Spezialfällen Gründe genug, denen zufolge die Graphik 
der Photographie vorgezogen wird. 

Mit einigem zeichnerischen Geschick und Verständnis kann sich der Photograph auch 
auf das Gebiet der Graphik wagen, indem er dabei vom Lichtbild ausgeht. Grobe zeichnerische 
Sehler, also Verzeichnungen, können nicht unterlaufen — man glaube deshalb aber nicht, 
daß man vom Zeichnen oder Malen gar nichts zu verstehen brauche. Denn Strichführung, 
Pinseltechnik, Materialbehandlung und Tonwertwiedergabe bleiben trogdem noch als wichtige 
Faktoren bestehen. 

Um eine Photographie in eine Sederzeichnung umzuzeichnen, fertigt man sich zu- 
nächst eine hell gehaltene Kopie an. Mattes glattes Papier gestattet flottes Zeichnen, während 
Hochglanzabzüge das Ziehen der feinsten Striche zulassen. Letztere sind nur sehr empfindlich 
gegen jeden Fingerabdruck, da die kleinste Spur Sett die Tusche abstößt. Wem das Ziehen 
feiner gerader Striche schwerfällt, arbeite mit einer entsprechend gröberen Seder auf Vergröße- 
rungen. Das Zeichnen selbst geschieht mit einer weichen Zeichenfeder (am besten mit den 
sogenannten Lithographiefedern). Besser als chinesische Tusche eignet sich Skribtol, weil es 
leichter aus der Seder fließt. Da die Gelatineschicht des Papieres, solange das Skribtol noch 
feucht ist, aufquillt, darf man mit der Seder nicht in die nassen Stellen hineinzeichnen, da 
die Schicht sonst verletzt werden könnte. Das Wichtigste ist die Strichführung, und man 
muß sich gleich von vornherein dafür entscheiden, ob man das ganze Bild in kleineren 
feinen Strichen oder in groben Umrissen bewältigen will. Denn die Ausarbeitung muß über 
das ganze Bild einheitlich sein (Abb. 1). Das Ausdecken größerer Flächen spart man sich 
vorteilhafterweise für einen späteren Zeitpunkt auf, wenn das Bild schon ausgebleicht ist. 
Hat man das Bild in seinen wichtigsten Linien und Details überzeichnet, wird es, nachdem 
die Tusche getrocknet ist, im Sarmerschen Abschwächer (100 ccm einer zehnprozentigen 
Lösung von Sixiernatron, gemischt mit 30 ccm einer zehnprozentigen Lösung von rotem Blut. 
laugensalz) vollständig ausgebleicht, gewässert und getrocknet. Jetzt erst deckt man die 
schwarzen Slächen aus und zeichnet das Bild, wo noch Mängel sein sollten, fertig, so daß 
der Gesamteindruck ein geschlossener wird. 


Іп ähnlicher Weise, wie eben beschrieben, kann man auch auf einer Photographie in 
zwei oder mehreren Tönen malen. Hat man eine normale Vergrößerung auf kartonstorkem, 
mattem Papier vor sich, muß man sich zunächst überlegen, mit wieviel grauen Tönen man 
sein. Ruslangen finden wird. In vielen Fällen, besonders wenn flächige Wirkungen erreicht 
werden sollen, kommt man mif drei Tönen aus (Abb. 2). Die іп frage kommenden Farben 
sind nur ein gutes Deckweiß und ein Schwarz. Die grauen Töne werden durch Mischen 
beider hergestellt. Besonders das Weiß muß gut decken, damit die übermalten Stellen nicht 
durchschimmern, da das Bild nachträglich nicht ausgebleicht werden kann. Den Sarben 
mischt man zweckmäßig etwas Ochsengalle oder Gummiarabikum bei, um das Abblättern zu 
verhindern. Sehr geeignet und ohne Beimischung verwendbar sind die folgenden beiden 
Farben von Winsor & Newton Ltd., Condon, das „Process Black“ und das „Process White“. 


Man beginnt mit der weißen Sarbe und malt mit ihr in die grauen Töne hinein, ver- 
fährt mit Grau ebenso und deckt zum Schluß die schwarzen Schatten ein. Da das gemalte 
Bild über einen geringeren Tonreichtum verfügt, muß man sich der Endwirkung bewußt sein, 
d. h. man muß wissen, wo an den einzelnen Stellen die eine Sarbe aufzuhören hat und wo 
die andere beginnen soll. Bildeffekte modernster Art werden erzielt, indem man eine 


Kopie oder Vergrößerung den Bildkonturen entlang zerschneidet und die einzelnen Teile als 
Schablonen verwendet. Diese Bildteile dienen zum zeitweiligen Abdecken. Das neue Bild 
selbst setzt sich dann aus mehr oder weniger abgedeckten Einzelteilen zusammen, wobei die 
Schwärzen mit Hilfe eines Rerographen oder Bromólpinsels und schwarzer Sarbe bzw. durch 
partielles Belichten (Schablonieren) eines Entwicklungspapieres erzeugt werden können. 


Bei Herstellung von „Graphiken“ mit dem Aerographen (Cuftpinsel) bedient man sich 
der Technik der sogenannten Maschinenretusche (Abb. 3), nur daß in unserem Salle eine 
ausgeschnittene Kopie als Schablone verwendet wird. Man verfährt dabei wie folgt: Eine 
auf kartonstarkem Papier gemachte Vergrößerung wird mit Cerat oder Sußbodenwachs ab- 
gerieben, um sie gegen Nässe unempfindlich zu machen, worauf man sie an den einzelnen 
Bildkonturen auseinanderschneidet. Dabei ist der Zuschnitt so zu wählen, dak die Teile, die 
weiß bleiben sollen, einen möglichst geschlossenen Zusammenhang bilden. Jm Ausschneiden 
sei man großzügig und verzichte auf kleinere Details, da die vorliegende Technik ihre Wirkung 
aus der Vereinfachung nimmt. 

Die Maske, die die größte Sláche zu bedecken hat, wird auf ein steifes, mäßig ge- 
leimtes Papier mit Reißzwecken aufgeheftet. An diese „Rahmenschablone“ legt man nun 
die anderen kleineren Bildteile an, außer denen, die rein schwarz werden sollen, und heftet 
sie an oder besser beschwert sie mit kleineren Gewichten. Dann wird über die ganze fläche 
mit schwarzer Sarbe (Reroschwarz von Schmincke oder das oben angeführte Prozess Black) in 
entsprechender Verdünnung und aus nicht zu kurzer Entfernung gesprigt. Das Papier darf 
nie so naß werden, daß die farbe darauf stehenbleibt und Tropfen bildet, weil sonst Un- 
ruhe in die Sláche kommt. €s ist besser, öfters hintereinander zu 5ргібеп und zwischendurch 
immer wieder trocknen zu lassen. Wer über einige Praxis verfügt, kann die Arbeitszeit so 
abkürzen, daß er in der rechten Hand den Luftpinsel, in der Linken aber einen Föhn hält. 
Nach jeder Farbgebung wird mit dem Föhn über die ganze fläche weggegangen. Dazu ge- 
hört allerdings Übung, weil es leicht passieren kann, daß man bei ungenügender Beschwerung 
die einzelnen Schablonen durch den Luftzug des Föhn verschiebt. Nach und nach werden dann die- 
jenigen Schablonen weggenommen, die Bildteile abdecken, welche helleren Tönen entsprechen. 
Die Sarbe kann dabei immer das gleiche Schwarz bleiben, sofern es nicht zu konzentriert 
verwendet wird und man aus weiterer Entfernung und nur wenige Male sprit. Übergänge 
und verlaufende Konturen können nur aus kurzer Entfernung dem Schablonenrand entlang gespritzt 
werden. Es erübrigt sich, zu sagen, daß auch mehrfarbige Bilder mittels dieser Spritztechnik 
hergestellt werden können. Hat man erst einige Versuche mit dem Aerographen angestellt 
und sich mit seiner Wirkungsweise vertraut gemacht, dann wird man selbst am besten be- 
urteilen, welche Wirkungen sich mit ihm erzielen lassen. 

Die recht kostspielige Anschaffung eines Aerographen kann auch umgangen werden. 
Effekte gleicher Art wie die eben genannten lassen sich nämlich auch mit einem Bromöl- 
druckpinsel und mit Kupferdruckfarbe erzielen, wobei allerdings eine gewisse Körnigkeit 
auftritt, die sich mit dem Aerographen vermeiden läßt. 


Die Kopie wird ebenso zerschnitten und auf einem saugfähigen Karton aufgelegt, nur 
daß man oorteilhaftermeise jetzt mit dem Einfärben der hellsten Töne beginnt, um mit dem 
tiefsten Schwarz aufzuhören. Die Farbe wird in analoger Weise wie beim Bromöldruck auf- 
getupft. Übergänge lassen sich dabei leicht erzielen. Sûr die ganz lichten, zarten Töne 
nimmt man am besten eine lasierende blaue farbe, wie z. B. Preußischblau (um durch dfteres 
Darübergehen bei Erhaltung der Helligkeit des Tones die Körnigkeit hintanzuhalten). $ür die 
tieferen Töne wird schwarze weiche Kupferdruckfarbe oder Buchdruckfarbe genommen. Das 
reine Schwarz färbt man erst zum Schluß ein, weil die ihm zukommenden Sláchen sehr 
farbgesättigt sein müssen, so daß sie die weitere Arbeit insofern beeinträchtigen würden, als 
sich die Schablonen auf der Unterseite beschmußen und die Sarbe in die lichten Bildpartien 
hineintragen könnten. 

Statt mit dem Pinsel zu tupfen, kann man schließlich auch Licht auf ein mit den 
vorher erwähnten Schablonen bedecktes photographisches Papier einwirken lassen (Abb. 4). 
Tonunterschiede werden durch längere oder kürzere Lichteinwirkung erzielt. Wenn es darauf 
ankommt, Übergänge zu machen, dann ist diese Methode nicht sehr brauchbar, weil man 
auf Entwicklungspapieren den Sortschritt der Arbeit nicht verfolgen kann und somit nur bei 


12 


Original. 


Original. 


Zum Artikel , Graph. Methoden" .. 


K SCA A RE 


Mit weißer, grauer und schwarzer Sarbe vollständig ' 


übermalt. 


. von Dr. O. Croy 


Original. 


Original. 


ndermeanmne€e 


PHOTO: GE/ELL/CHAFT M.B-H. 
CREA | | “ы 


t 


Hergestellt mit dem Aerographen mit Verwendung der | 
aus dem Original geschnittenen Schablone. 


Hergestellt in zwei Belichtungen unfer den aus dem Original | 
geschnittenen Schablonen. 


чоом P9J3 UOA „14217 WI әне Je»xnv WNZ 


-Bingzjog 'pupuuajinu "jopid3 | 'usoBun 'sdio 


Steinsalz, Galizien. Eisenblüte, Eisenerz, Steiermark. 


großer Übung weiß, wie lange man für die verschiedenen Grauwerte belichten muß. Außerdem 
könnte man die verlaufenden Töne nur mit dem eng zentrierten Lichtkegel einer Taschenlampe 
herstellen, indem man sie den Konturen der Schablone entlang aus kurzer Entfernung bewegt. 
Die Methode eignet sich mehr für Rantrastreiche Bilder mit einer Art Silhouettenwirkung. 
Einen besonderen Vorteil hat diese Methode aber im Gegensatz zu den vorhergenannten, 
nämlich den, daß man durch größere Entfernung der Schablonen vom Papier weiche 
Konturen erhalten kann. Je größer dabei die Entfernung ist, um so weicher wird der 
Konturenverlauf. 


Man arbeitet am besten so, daß man ein schwach empfindliches Kunsflichfpapier auf 
den Tisch unterhalb eines vertikal arbeitenden Vergrößerungsapparates bringt. Darüber legt 
man dann in der gewünschten Entfernung auf einem kleinen Aufbau brückenartig eine Glas- 
platte, die die Schablonen zu tragen hat. Das Objektiv des Apparates blendet man möglichst 
ab, um lange Belichtungszeiten zu erhalten, und legt schließlich die Schablonen auf die ihnen 
zukommenden Plätze. Andert man die Abblendung des Objektives, so wird der Weichheits- 
ο Konturen auch ein anderer. Scharfe Konturen werden durch direktes Kopieren 
erhalten. 

Außer diesen Methoden wären noch einige andere zu nennen: wie das Radieren auf 
der Kopie, das Radieren nach dem Negativ, ferner das Umzeichnen auf Kornpapier, die Drei- 
tonzeichnung, das Umzeichnen in Kohle oder Kreide mit Hilfe der Projektion und schließlich 
die Herstellung von Phofogrammen. Diese Techniken, die etwas komplizierter in ihrer Rus- 
führung sind, sollen in einem folgenden Artikel behandelt werden. 


Kristalle im Licht. 
Von Sred Koch, Weimar. (Nachdruck verboten.) 


Ohne eine Vorstellung von den inneren Zusammenhängen des Kristalls zu haben oder 
die geschaute Sorm mit einer bekannten gedanklich zu verknüpfen, versuchte ich bei meinen 
Aufnahmen, mich möglichst dem Charakter des Objekts anzupassen, etwa so, wie ein Phofo- 
graph ein Porträt anpaden würde: Der Mensch bestimmt durch Geste und Haltung das 
Individuelle seiner Persönlichkeit, und der Photograph findet durch Anpassung, Ausgleich und 
Steigerung das Bild. | 

Neben Sormcharakter und Material muß man bei den Kristallen ihr Verhalten zum 
Licht ganz besonders beachten. Schon gleich nach den ersten Probeaufnahmen teilte ich mir 
deshalb die Arbeit vor dem eigentlichen Belichten, die ja immer das Wichtigste an jeder 
Aufnahme ist, in drei scharf getrennte Phasen. Ä 


Zunächst einmal nahm ich die Erzstufe oder den Kristall in die Hand, um durch Drehen 
und Wenden des Stückes die beste Ansicht zu gewinnen, die bei möglichster Geschlossenheit 
des Eindruckes möglichst viele der raumbegrenzenden Sláchen zeigte. Wichtiger aber als die 
schöne Linienführung war es mir, die Sormengebung des Objektes richtig und deutlich zu 
zeigen, denn in seiner Gestalt kommt Art und Eigenschaft des Kristalls zum Ausdruck, und 
allein das Objekt hatte den Aufbau des Bildes zu bestimmen. Hätte ich den „richtigen“ 
Blikpunkt gefunden und durch nahes Visieren mit nur einem Auge für die monokulare 
Projektion meines Tessars geprüft, konnte die Stufe auf dem Objekitisch aufgebaut werden, 
den ich mir aus Kisten je nach der erforderlichen Höhe zusammenstellte, entsprechend dem 
fixierten Blickpunkt, der ja dann später für die Aufstellung der Kamera maßgebend war, das 
eine Mal hoch für seitliche oder Halb-von-oben-Aufnahmen und dann auch wieder ganz 
tief für Aufnahmen, die senkrecht nach unten gingen. 


Als nächstes: die Lichtführung. Was ich im ersten Arbeitsgang ohne jede Beachtung 
des Lichtes an Sormen gesehen hatte, das galt es nun auch sichtbar zu machen, photo- 
grophisch gesprochen: durch verschiedene Tonwerte auszudrücken. Beim Betrachten eines 
Kristalls fasziniert uns gewöhnlich ganz besonders sein „Blitzen“, das hervorgerufen wird 
durch kleine Bewegungen unseres Kopfes oder des Kristalls, indem durch die veränderte 
Stellung immer andere Sldchen oder Kanten dazu gelangen, das oufgefangene Licht auf unser 
Auge hin zu reflektieren. Da aber immer nur einzelne wenige Flächen, oftmals nur Kanten, 


13 


das Licht in solch konzentrierter Form reflektieren, alles andere dagegen im Dunkeln bleibt, 
so läßt sich mit einer solchen Beleuchtung natürlich niemals ein photographisches Bild auf- 
bauen. Außer einigen Überstrahlungen wäre ouf der Platte kaum efwas zu sehen. für 
solche und ähnliche vielflächige und stark reflektierende Objekte wird einfache diffuse Tages- 
lichtbeleuchtung im Freien durchweg das beste sein; da ich die Aufnahmen aber im Winter 
machte, 50 schied für mich diese Möglichkeit vollkommen aus. 


Nach einigen Sehlschlägen und Versuchen fand ій in zwei llifra-Opal-fampen von 
75 Watt einen sehr guten Ersatz. ,Allseitiges* Licht erreichte ich durch ständiges Bewegen 
der beiden Lampen während der Belichtung, indem ich das Objekt von jeder nur möglichen 
Stelle aus anstrahlte. Dabei war die Kleinheit und die geringe Hitzeentwicklung der Lampen 
von großem Vorteil. Immer auf den Lichtschuß des Objektivs achtend, führte ich diese Lampen, 
in jeder Hand eine, sogar noch zwischen Stirnwand der Kamera und dem Objekt vorbei, um so 
auch noch diejenigen Kristallflächen zu erreichen, die parallel zum Objektiobrett standen. Hatte 
ich diese Beleuchtung genügend lange durchgeführt, so konnte ich sicher sein, daß jede Kristall- 
fläche und jede Kante, die eben noch in einem erreichbaren Winkel zum Objektio stand, einen 
Cichteindruck auf der Platte hinterlassen würde. Bei der verhältnismäßigen Länge der Be- 
lichtungsdouer (zwischen 30 Sekunden und 3— 5 Minuten) ließ sich außerdem jede gewünschte 
Cichtabstufung leicht erzielen. Stärkeres Rnleuchten von einer Seite erhöhte die Plastik des 
Ganzen. 


Abb. 1 wurde in dieser Weise gemacht, während ich zu Abb. 2 für einen Bruchteil der 
Belichtungszeit eine kleine Mikroskopierbogenlampe zu Hilfe nahm, die mir das Mineralogische 
Institut der Sreiberger Bergakademie freundlicherweise zur Verfügung gestellt hafte. Diese 
fampe gab mit ihrem Kondensor das für manche Aufnahmen einfach unentbehrliche gerichtete 
Licht, das in seinem Effekt etwa der Sonnenbeleuchtung entspricht. Durch Vor- oder Zurück- 
drehen des Kondensors erhielt ich je nach Bedarf weit verteiltes oder auf einen kleinen, aber 
desto helleren Punkt gerichtetes Licht. (Wer genügend Zeit hat, auf die Sonne zu warten, 
kann an Stelle der €ffektlampe mit Vorteil Sonnenlicht benugen. Mit Hilfe von Plan- und 
[Rasier-]Hohlspiegel werden dann ohne Schwierigkeit genau dieselben Erfolge zu erzielen 
sein.) Diese Beleuchtung verwandte ich bei Abb. 3, einem wundervollen Steinsalzkristall. 
Hier führte ich das Kondensorlicht von links hinten auf das Objekt, wodurch die Rückwand 
um so viel erhellt wurde, daß sie gerade noch mit deutlicher Kontur durch das etwas schleierige 
Medium des Salzes hindurchschimmerf. An der Kante rechts hinten, unten, bricht sich dann 
dieser Lichtstrahl etwas stärker, die ganze rechte Hintermand wird dadurch erkennbar. Damit 
aber nicht genug, er geht nochmals „um die Ecke“ und erleuchtet außer der ganz rechts 
liegenden Vorderseite auch noch die innere Kante des vordersten Absatzes. Zur Ausleuchtung 
des großen Würfels hätte dieses Licht allein schon vollkommen genügt. Um aber auch die 
vorn liegenden kleinen Würfel und das Gestein in seinen Formen einigermaßen kenntlich zu 
machen, stellte ich zur Aufnahme noch eine der 75-Watt-Lampen davor. 


Es ist natürlich klar, daß eine solche Aufnahme eine ganz besonders scharfe Beobachtung 
der Lichtführung erfordert. Jede kleinste Ortsoerdnderung der Lichtquelle bringt einen anderen 
Effekt. Die Beobachtung selbst ist nur mit einem Auge zulässig, und nur die Wirkung ist 
moßgebend, die genau an der Stelle gesehen wird, an die nachher bei der Aufnahme das 
Objektiv, unser scharfes Kameraauge, zu- stehen kommt. Wie oft geschah es mir, daß ich 
irgendeinen besonders schönen fichteffekt beim Einstellen auf der Mattscheibe absolut nicht 
wiederfinden konnte, nur weil ich mit meiner Kamera in der Richtung um wenige Millimeter 
daneben gekommen war. 


Abb. 4 ist mit weit verteiltem Bogenlampenlicht aufgenommen. Beim Aufstellen des 
Apparates ist es wichtig, daß man die Richtung genou einhält und die Scharfeinstellung so 
vornimmt, daß die Schärfeebene kurz hinter dem vordersten Objektpunkt liegt. Man erreicht 
so bei nachfolgender Abblendung auf 36 oder 45 gut verteilte Schärfe. Zur Aufnahme ver- 
wendet man nur lichthoffreie Platten und entwickelt sie ganz zart. Bis auf wenige Fälle 
werden die Lichtkontraste das Maß des Erlaubten noch immer weit überschreiten. Bei der 
Belichtung denke man daran, welche Verlängerung doppelter Auszug usw. erfordert, und 
wie immer: lieber zuviel als zuwenig, besonders bei allen metallglänzenden Objekten, bei 
diesen aber ganz allgemein gleich das Doppelte der gefundenen Zeiten nehmen. 


14 


- 


Gegenwartsfragen. | [Nachdruck verboten.) 


Bis vor wenigen Jahren glaubte der Berufsphotograph, der immer stärker in Erscheinung 
tretende Geschäftsrückgang sei vornehmlich auf das Anwachsen der Amateurphotographie 
zurückzuführen. Heute sehen wir aber immer deutlicher, daß sowohl Handel wie Gewerbe, 
gleichviel welcher Art, sich in der gleichen Lage befinden, ohne daß in anderen Betrieben 
eine Amateurkonkurrenz die Ursache bietet. Daß die derzeitige kranke Wirtschaftslage, die 
übergroße Arbeitslosigkeit, der nahe am Erstarrungspunkt angelangte Geldumlauf usw., die 
nicht unbedingt lebensnotwendigen Gewerbebetriebe zuerst erfaßte, ist so natürlich, daß man 
sich nicht darüber zu wundern braucht. Daß die vielen Millionen Arbeitslosen, die zu Unter- 
stüßungsempfängern gewordenen Rentner, die auf Schmalkost gesegten größeren Vermögens- 
inhaber, die fortgesetzt in ihren Bezügen gekürzten Beamten und Angestellten usw. einen emp- 
findlich fühlbaren Ausfall im Handel und Gewerbe zur Folge haben müssen, ist ohne weiteres 
einleuchtend. $ür diese Zeiterscheinung hat man aber offenbar in unseren Kreisen nicht immer 
die zwangsnotwendige Einsicht. Man versucht immer wieder mit neuen Propagandaideen dem 
Geschäfte auf die Beine zu helfen. Man erschöpft alle denkbaren Werbemittel, um dem Publikum 
begreiflich zu machen, wie wichtig es sei, sich beim Lichtbildner porträtieren zu lassen. 

Mir wollen solche Versuche in der heutigen Zeit und im Hinblick auf die oben ge- 
schilderten Umstände vollkommen zweck- und wirkungslos erscheinen. Das Interesse am 
eigenen Bilde ist nicht verloren gegangen, wohl aber an einem guten, wertvollen und technisch 
wie künstlerisch hochstehenden fichtbilde. Wir sehen ja täglich in den Großstädten, welchen 
Zulaufs sich die Schleuderfirmen rühmen können. Wenn heute die Photomatongeschäfte da 
und dort die Betriebe einstellen, so ist wohl die Hauptursache darin zu suchen, daß die 
Kalkulation des Betriebsergebnisses eine falsche war, nicht aber das mangelnde Interesse des 
Publikums. Alles läuft der Billigkeit nach. Der Begriff von gut und schlecht, von minder- 
wertiger und hochvollendeter Arbeit ist der großen Masse nicht geläufig oder sie legt keinen 
Wert darauf. Man huldigt vielfach der Auffassung, bei der heutigen Geldknappheit tuts 
auch ein billiges Bild, wenn es audı nicht so wertvoll sein mag als ein teures. Hier 
scheint mir ein Angelpunkt des photographischen Geschdftsbetriebes zu liegen. Man hat 
schon soviel von „Umstellung“ gesprochen. Man hat dem Personenbildner' nahegelegt, sich 
auf ein anderes Gebiet der photographischen Betätigung zu verlegen. Das ist freilich alles 
leichter gesagt als getan. Nicht überall und nicht oon jeder Persönlichkeit läßt sich eine 
solche Umstellung ohne weiteres mit Erfolg durchführen. Einerseits stehen oft örtliche Ver- 
hältnisse entgegen, andererseits kann nicht jeder Geigenmacher über Nacht zum Möbelschreiner 
werden. Nein, ih denke mir eine andere Umstellung, eine Umstellung der Auffassung, der 
Anschauung, die lediglich eine andere Sorm der Betriebsführung bedingt. Je noch der Ge- 
schäftsanlage und dem Kundenkreise hat der Berufslichtbildner von jeher daran festgehalten, 
für seine Arbeiten bestimmte Preissäße zu fordern. Er setzte seine Ehre darein, einen bestimmten 
Preissa& nicht unterbieten zu lassen, und lieber ließ er einen Kunden laufen, als daß er sich 
hätte entschließen können, zu einem niedrigeren Preis zu arbeiten. Das ist dem Publikum be- 
kannt, deshalb meidet es heute solche Geschäfte und geht dahin, wo es von vornherein weiß, 
daß. für billiges Geld ein Bild zu haben ist. So sehen wir denn viele Geschäfte ohne Betrieb, 
ohne Umsaß, weil sie sich den Zeitumständen, der allgemeinen Verarmung, nicht anpassen, 
sid nicht „umstellen“ wollen. Wer sich heute noch auf dem hohen Pferde zu halten vermag, 
dem sei es vergönnt und wir wollen uns darüber freuen. Die Mehrheit wird aber früher oder 
später absteigen — falls es noch nicht geschehen ist — und zwar je früher, desto besser. 

Traut hat einen Adapter konstruiert, mit dessen Hilfe er vier Visitaufnahmen auf einen 
Streifen Umkehrpapier aufnimmt, so daß er in wenigen Minuten die Positive abliefern kann. 
Solche Bilderserien können sehr wohl zum Preise von 1,50 RM oder noch billiger abgegeben 
werden. Es sind natürlich Rohbilder, ohne Megatioretusche. Für viele Zwecke vollkommen 
ausreichend. Manchem Kunden ist damit vollkommen gedient und der Photograph verdient 
gleihwohl daran. Man soll nicht sagen, daß man damit die Photographie „auf den Hund 
dringt“, denn das ist sie ja bereits, soweit es sich um die Bildnisphotographie handelt. €s 
ist aber heute die einzige Möglichkeit, einen größeren Besucherkreis ins Atelier zu bringen. 
Solche Bilder können entweder ohne Sirma oder mit dem Aufdruck: „unbearbeitete Proben 
aus dem Atelier X* abgegeben werden. Damit wären die Bilder ohne weiteres als unfertig 
charakterisiert und der billigere Preis begründet. Durch dieses Vorgehen könnte jenen Kreisen 


15 


Rechnung getragen werden, die sich mit billigen Bildern begnügen, weil ihnen tatsächlich 
die nötigen Mittel fehlen, um hochwertige Bilder bestellen zu können. Der Hauptzweck 
dieses Vorgehens soll aber nicht darin gesucht werden, durch die Herstellung billiger Bilder 
ein Geschäft zu machen, sich als „billiger Jakob“ herauszustellen, sondern vielmehr den 
Kontakt mit dem Publikum nicht zu verlieren, bzw. wieder herzustellen, soweit er nicht schon 
verloren ist. Der Glaube, bei dem Berufslichtbildner überoorteilt, oerteuert zu werden, darf 
nicht Wurzel fassen, oder wo es schon der Sall ist, muß die Kundschaft zu einer anderen 
Auffassung bekehrt werden. Das schließt nicht aus, ja es bringt es zwangsläufig mit sich, 
daß manche Besucher, im Vertrauen auf reelle Bedienung, sich entschließen werden, zu besseren 
Arbeiten mit höheren Preisen zu greifen. Was in diesem Punkte die Überredungskunst ver- 
mag, das haben ja die Massengeschäfte längst bewiesen. Sreilich wäre es eine falsche 
Spekulation, anzunehmen, daß solche Geschäftspraxis die frühere Geschäftsflora über Nacht 
wieder herbeizaubern könne. Nein, die wirtschaftlichen Verhältnisse sind heute so ungesund, 
daß sich die Mehrheit der Photographenschaft damit zufrieden geben kann, wenn nur die 
Möglichkeit gegeben ist, sich über Wasser zu halten. Wir wollen nicht politisieren, aber wir 
müssen uns sagen, daß die starke Inanspruchnahme der ganzen Weltwirtschaft durch den 
Kriegsbedarf einen Aderlaß aller Völker herbeiführen mußte, von dem wir die Solgen heute 
zu verzeichnen haben. Das sind aber doch nur vorübergehende Erscheinungen eines ge- 
schwäcten Organismus, außergewöhnliche Umstände, die — es ist ja zum geflügelten Wort 
geworden — außergewöhnliche Maßnahmen bedingen, Maßnahmen, auf die auch das photo- 
graphische Gewerbe nicht verzichten dart. Not kennt kein Gebot. Auch das Gebot der 
Standesehre, das so vielfach mit dem Sesthalten an den überlieferten Preisen verknüpft wurde, 
erfährt durch die gegebene Notlage eine Ummertung. Auch dem Beamten, der bald nur noch für 
das halbe Gehalt das gleiche, wenn nicht vielfach ein höheres Arbeitspensum, zu erledigen hat 
als früher, fällt deshalb nicht eine Perle aus der Krone. Notstandsmaßnahmen da wie dort, die 
den Begriff , Standesehre* in andere Beleuchtung rücken. Heute heißt es überall ,Helf was 
helfen mag“. Mag jeder die eigene, auf seinen Betrieb zugeschnittene Sorm suchen und finden, 
sich Zulauf zu sichern und Sühlung mit dem Publikum zu behalten. Umstellen bedeutet auch, 
nicht einen ausgerechneten Profit als Ziel seßen, sondern die Möglichkeit, leben und existieren 
zu können. Das ist das Gebot der Gegenwart, das so lange gilt, bis die Zukunftsgestaltung 
wieder neue Aussichten eröffnet. (Schluß folgt.) 


Zu den Abbildungen. 


Die Bilder dieses Heftes verdanken wir zum Teil der Werbeausstellung des Landes- 
verbandes Württembergischer Photographen-Jnnungen, über die in der Пг. 47 и. 48 (1931) der 
„Photogr. Chronik“ berichtet wurde. An erster Stelle bringt Сагі ein höchst ausdrucksvolles 
Bildnis in vorbildlicher Technik, Serd. Dittmar, dem in der Ausstellung ein Repräsentations- 
raum eingeräumt war, ein ansprechendes Damenbildnis und Zeller das schlichte klare Bildnis 
einer Поппе. Es folgen dann Clara Bauer mit der ausgezeichneten Textil- Werbeaufnahme, 
Emil Hatt mit einer gleichen der Möbelbranche und Grete Bagke mit einer solchen von 
plakathafter Wirkung für Drucktechnik. — Arbeiten, wie wir sie öfters zeigen möchten, da 
sie nicht nur das heute wesentlich erweiterte Betätigungsfeld des Berufsphotographen illustrieren, 
gedanklich anregende und hochinferessante technische Aufgaben stellen, sondern auch auf 
neue Verdienstquellen hinweisen. Gerade hier hat nur die Qualitätsleistung Aussicht auf Erfolg, 
und jeder, der nur einen ernsthaften Versuch auf diesem Gebiet gemacht hat, wird erkannt 
haben, daß hier an technisches Können, neben Geschmack und Idee, sehr große Forderungen 
gestellt werden. Kein anderes Mittel bringt stoffliche Charakteristik so greifbar klar und wirksam 
heraus wie die Photographie, worüber in dieser Zeitschrift ja wiederholt geschrieben wurde. Die 
Beschäftigung mit Studien und Versuchen in dieser Richtung führt aber auch zu neuen technischen 
Erfahrungen, zu Erkenntnissen der starken Wirkungsfähigkeit der reinen Photographie, die, in 
das Porträtfach übertragen, außerordentlich klärend und auffrischend wirken können. €s wird 
daher auch im laufenden Jahrgang in Wort und Bild auf dieses Thema eingegangen werden. 

Hinzuweisen ist dann noch auf das gut angeordnete Doppelkinderbild von Rosenbaum 
und die treffliche Studie einer Bäuerin von Meffert, ferner auf die schönen und gut ge- 
sehenen Kristallaufnahmen von Koch und die durch Malerei propagandistisch nutzbar ge- 
machten Photographien von Croy, zu denen die Autoren selbst schreiben. 


16 


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WINTZER-BERTHOLD, OSNABRÜCK 


ANNELIESE FUSS-HIPPEL, FRANKFURT A.O. 


é CY - " — nn) 


KELLER-BOTTROP 


RUDI LOOS, WEIDENAU 


HILDEGARD FRENSDORF, BERLIN 


FRANZ FIEDLER, G. D. L. DRESDEN 


FRANZ FIEDLER, G. DO. L. DRESDEN 


KARL BAHR, DRESDEN 


C. KOCH, SCHAFFHAUSEN 


WINTZER-BERTHOLD, OSNABRÜCK 


BITTERLICH, LEIPZIG 


Tagesfragen. | [Nachdruck verboten.) 


rr stehen im Zeichen der Preissenkungsaktion. Auch alle photographischen Werk- 
stoffe sind billiger geworden, die Löhne und Mieten sind abgebaut, und man könnte 
wohl auf den Gedanken kommen, daß die Sertigerzeugnisse ebenfalls im Preise 
herabgesetzt werden müßten. Auffallenderweise hat man indessen nur auf einem 

ο) Gebiete der reinen Kunst, nämlich in der Malerei, solche Senkungen versucht, in 
der Photographie dagegen kaum. Selbsiverständlich handelte es sich nur um einen Versuch. 

ІШ weiß nicht mehr, wo es war, aber in irgendeiner deutschen Stadt hat man ge- 
wissermaßen die „Kunst mit der Elle zu messen“ versucht und einen Zusammenhang zwischen 
der Größe des Bildes und seinem Preise geschaffen. €s braucht wohl nicht besonders betont 
zu werden, daß die ganz großen Künstler, sofern sie es wirtschaftlich noch aushalten können, 
diese Art der Preisfestsegung ihrer Bilder nicht mitmachten. Aber dafür haben zahlreiche 
gute und mittelmäßige Maler um so freudiger zugestimmt, und man konnte lesen, daß die 
erzielten Umsätze bei dieser neuartigen Gemáldeausstellung über Erwarten gut gewesen seien 
und für die Künstler immerhin noch ein ausreichender Gewinn blieb. 

біп im Sebruarheft beginnender Artikel mit dem Thema „Gegenwartsfragen“ redet eben- 
falls einer Anpassung des Preises von Photoportráts an die jetzige allgemeine wirtschaftliche 
Lage das Wort. Der Autor ist also — mit anderen Worten — für eine Herabsetzung der 
Preise, auch auf die Gefahr hin, daß die Leistung schlechter wird als sie war. Begründet 
wird dieses Verlangen — das selbstverständlich keine generelle Gültigkeit haben, sondern 
sinngemäß auf bestimmte Kundenkreise angewendet werden solle — mit der Seststellung, 
daß das „Interesse am eigenen Bilde nicht verlorengegangen sei, sondern nur das Verständnis 
für ein „gutes, wertvolles und technisch wie künstlerisch hochstehendes Lichtbild“. 

Leider scheint das für viele Kreise zuzutreffen, aber es fragt sich dennoch, ob der an- 
gedeutete Weg zur Belebung des Geschäfts der richtige ist. Abgesehen von dem immerhin 
zweifelhaften pekunidren Erfolg rücken dann einerseits die Leistungen der Sachleute so nahe 
an diejenigen der Durchschnittsamateure heran, daß gar keine Veranlassung mehr vorliegt, 
den Berufsphotographen aufzusuchen, und weiterhin wird das Ansehen der Photographie in 
nicht wieder gut zu machender Weise durch ein solches Vorgehen geschädigt. Die vor- 
geschlagene Kennzeichnung derartiger Bilder durch Aufdrucke, welche die ,Unfertigkeit« 
attestieren sollen, wird sich die Kundschaft gewiß verbitten, denn es macht doch einen gar 
zu schlechten Eindruck, wenn man ein derartig gebrandmarktes Machwerk verschenkt. 


‚Selbstverständlich haben unretuschierte kleine Bilder ihre Daseinsberechtigung. Sie ge- 
nügen vollkommen für Jdentifikationszwecke, Abonnementskarten, Pässe usw. und haben sich 
dort auch seit langer Zeit gut bewährt. Aber ebenso verständlich ist es, daß man für ein 
Geschäft, das. solche Bilder herstellt, nur ganz billige Räumlichkeiten usw. bereitstellen kann. 
Und ich glaube, daß selbst in größeren Städten nur einige wenige Fachleute ihr Dasein auf 
diese Weise fristen können. Dieser Zustand dürfte heute übrigens schon bestehen; er hat 
sich organisch aus der Notlage des Volkes entwickelt. ! 

Nach der persönlichen Ansicht des Unterzeichneten kommen die Fachleute auch in den 
jebigen Zeitläuften nicht darum herum, ihren Bildern ein Aussehen zu geben, das möglichst 
stark von demjenigen der üblichen Amateurbildchen abweicht. Durch verständige Anwendung 
von hochfarbenempfindlichem Aufnahmematerial in Verbindung mit Halbwattlampen kann 
man vielleicht die Negativretusche bis auf das Ausflecken einschränken. Ein guter Weich- 
zeichner, etwa das Nicola-Perscheid-Objektiv von Busch in Rathenow, würde den Lichtbildner 
bei seinem Vorhaben weiterhin wesentlich unterstützen, da er jene. „vorteilhafte Ähnlichkeit“ 
beinahe automatisch herbeiführt, die sa wichtig für jedes Portrát ist. Kurz und gut, alle 
Mittel und Wege, die das Endresultat, also das fertige Bild, zu verbilligen vermögen, ohne 
das gute Aussehen merkbar zu schmälern, sollen erlaubt sein. Die „Aufmachung“ müßte, 
wenn es die Kalkulation einigermaßen zuläßt, „nobel“ sein, denn die heutige Welt ist mehr 
als frühere Generationen auf Bluff eingestellt. Man kann im täglichen Leben tausendfach 
beobachten, wie das Laufmädchen im Geschäft es der Dame von Welt (oder Halbwelt) in 
Kleidung und im ganzen Gehabe nachzutun versucht. Natürlich mit billigen Sachen, aber es 
sieht — wenn man nicht genauer hinschaut — wenigstens sa „ähnlich“ aus. Beim männ- 
lichen Geschlecht ist es keinen Deut besser. Auch hier ist die Sucht, feiner zu erscheinen, 
als es die Verhältnisse erlauben, weit verbreitet. τα - MN 


* 


17 


Wir haben früher schon einmal die Forderung erhoben, daß der Porträtphotograph ein 
ausgeprägtes psychologisches Verständnis haben müsse, wenn er geschäftlich vorwärts kommen 
wolle. Meinem Dafürhalten nach spielen psychologische Erwägungen auch stark in die Be- 
antwortung der Frage hinein, wie man am besten über diese llotzeit hinwegkommt, ohne 
sich gleichzeitig den Weg in die Zukunft zu verbauen. Wünschenswert wäre es gewiß, wenn 
recht viele angesehene Lichtbildner ohne eine nennenswerte Änderung ihres Kurses die wirt- 
schaftliche Depression überwinden könnten. jst man aber schon einmal gezwungen, die schiefe 
Ebene, wenn auch nur mit einem Sub, zu betreten — jedes Abweichen vom Werkbundgedanken 
bedeutet ja eigentlich schon den Anfang hierzu —, so soll man sich in jedem einzelnen Salle 
klar vor Augen halten, daß es nur eine durch die Not bedingte Ausnahme ist. Die Stärkung 
des moralischen Ansehens der Bildnisphotographen muß meines Erachtens das erstrebenswerte 
Ziel sein und bleiben, wenn der Wunsch nach Wiederaufstieg in zukünftigen besseren Zeiten 
keine leere Phrase sein soll. Mente. 


Die erste photographische Kamera in Deutschland. 
Von Prof. Dr. Erich Stenger, Berlin. [Nachdruck verboten.] 

Das Aussehen der ersten photographischen Kamera, wie sie als Handelsfabrikat noch 
Bekanntgabe der Daguerreschen Erfindung seit August 1839 von Paris aus verkauft wurde, 
ist bekannt; denn sie ist uns in einigen wenigen Stücken erhalten geblieben und wird in 
Museen sorgsam aufbewahrt. Die angeblich erste nadı Deutschland gelangte Kamera, jebt 
im Museum der Meisterwerke der Naturwissenschaft und der Technik, dem „Deutschen Museum“ 
in München ausgestellt, stammt aus dem Besitz des Kgl. Gewerbe · Instituts in Berlin, welches 
einer der Grundpfeiler der im Jahre 1879 entstandenen Technischen Hochschule in Berlin 
war und selbst schon seit dem Jahre 1821 bestand. Jch habe schon früher diese Kamera, 
als sie vom Photochemischen Laboratorium der Technischen Hochschule dem „Deutschen 
Museum“ übergeben wurde, ausführlich beschrieben („Photographische Chronik“ 1906, 13, 
S. 107) und dort auch Abbildungen gebracht. Sie war unfer der Aufsicht Daguerres von 
der firma Alphons Giroux & Co. in Paris angefertigt worden und trägt als Echtheitsausweis 
ein Schild mit dem eigenhändigen Namenszug des Erfinders und dem Siegel der Sabrikantin. 
Das Objektio stammt von der $irma Chevalier in Paris. Der ganze Apparat, zu Ehren 
seines €rfinders ,Daguerreotyp* genannt, war äußerst roh und unhandlich; zwei ineinander- 
geschobene Holzkästen, in loser führung auf einem Laufbreit montiert, dienten als Auszug 
zur Scharfeinstellung; die größte Auszugslänge betrug bei einer Brennweite von 38 cm nur 
43 cm, ein Zeichen, daß der Apparat für Candschaftsaufnahmen, nicht für Raheinstellung 
und var allem nicht für Porträtaufnahmen bestimmt war. 

Die erste Einführung Daguerrescher Apparate nach Deutschland bzw. nach Berlin 
behandelt eine Mitteilung, die öfters abgedruckt worden ist. Sie ist im Juni 1865 im 
„Berliner $remdenblatt* erschienen, von dem Hofkunsthändler f. A. Sachse verfaßt und 
bildet eine Ergänzung und Berichtigung der historischen Notizen im Katalog der Berliner 
„Internationalen Photographischen Ausstellung‘, welche der „Photographische Verein“ zu 
Berlin veranstaltet und am 21. Mai 1865 eröffnet hatte. Sachse trat für die Verdienste 
seines Vaters, des Kunsthándlers und späteren Kommerzienrats Louis Friedrich Sachse ein, 
der auf Grund seiner persönlichen Bekanntschaft mit Daguerre und seiner häufigen Geschäfts- 
reisen nach Paris als erster eine größere Sendung Daguerrescher Originalapparate in Berlin 
erhalten hatte. Diese Apparate, sechs an der Zahl, waren am 6. September in Berlin ein- 
getroffen, kosteten je Stück 425 franken und waren mit 153 Thalern Fracht belastet. Schlechte 
Verpackung war die Ursache, daß auf der weiten Reise — „160 Meilen mit der Diligence* — 
die Chemikalienflaschen zertrümmert wurden, die auslaufenden Slüssigkeiten einschließlich des 
Quecksilbers alles verdarben und die Apparate unbrauchbar machten. Cine ausführliche 
Schilderung dieses bedauerlichen Vorkommnisses findet sich an genannter Stelle, on welcher 
dann weiterhin berichtet wird: | 

„Die ersten Daguerreschen Apparate empfingen: „Das Königliche Gewerbe-Jnstitut, 
Gabain, Gropius, Inspektor Gropius, Dr. fucanus (in Halberstadt), $r. Schmelle in 
Schwerin, Graf Spiegel, Graf Raczynski, Petitpierre, Stadtrat Degen in Königsberg.* 

„Die Photographischen Mitteilungen“, das Organ des „Photographischen Vereins“ zu 
Berlin, berichteten kurz (II, 1862, S. 86) über Sachses Ausführungen im ,$remdenblatt*; 


18 


auch hier wurden die ersten Empfänger genannt: „Das Königliche Gewerbe-Institut, 
der Theatermaler Schnelle in Schwerin, Dr. fucanus in Halberstadt und Petitpierre in 
Berlin (Oktober und Movember 1839), Gabain, Gropius und andere.“ 

Um die in Deutschland nur spärlich verbreiteten Kenntnisse der Entstehungsgeschichte 
der Photographie nicht ganz untergehen zu lassen, druckten dankenswerterweise die „Phota- 
graphischen Mitteilungen“ im Jahre 1889 anläßlich der „Internationalen Phatographischen 
Jubildumsausstellung* in Berlin (50 Jahre Photographie!) den Bericht des „Sremdenblattes“ 
ab (XXVI. 1889/90, 5. 150, 165, 181), ergänzt durch Mitteilungen aus der „Spenerschen 
Zeitung“ vom 17. und 21. September 1839 und aus der „Vossischen Zeitung“ vom 2]. Sep- 
tember 1839. Auch hier findet sich wieder die Aufzählung der ersten Empfänger. Als Fritz 
Hansen im Jahre 1913 die „Geschichte des Photographischen Vereins zu Berlin 1863 — 1913“ 
verfaßte, da griff er selbstverständlich auf diese wichtige Quelle zurück, ebenso Wilhelm Dost 
im Jahre 1922 bei der Abfassung der „Doguerreotypie in Berlin 1839 — 1860“, die er gemeinsam 
mit Erich Stenger herausgab. (5. 34.) 

Dr. Гисапи in Halberstadt, einer der von Sachse genannten ersten Empfänger der 
Daguerreschen Originalkamera, berichtete am 2. November 1839 im „Allgemeinen Anzeiger 
und Nationalzeitung der Deutschen“ (S. 3973): „Schon Ende September empfing der be- 
kannte Kunstfreund, Hr. Domherr von Spiegel hier, von Daguerre aus Paris vollständige 
Apparate erster Größe zur Verfertigung von Lichtbildern und überließ es dem Unterzeichneten 
(Cucanus), beliebig damit zu arbeiten.“ 

Vielleicht war es die an Snelle (Smelle) gelieferte Kamera, die 1888 wieder auf- 
tauchte; Paul €. Liesegang beschreibt sie in seinem „Photographischen Archiv“ (29, 1888, 
S. 161): „Sie befand sich ehemals im Besitz des vor einigen Jahren verstorbenen, aus- 
gezeichneten Gelehrten Geh. Hofrath Dr. K. Snell in Jena, der sie noch persönlich von 
Daguerre erworben hatte.“ 

Daß die bei Sachse in Berlin bereits am 6. September 1839 eingetroffene Sendung 
von sechs Daguerre-Kammern nicht die einzige nach Deutschland gerichtete Sendung jener 
Srühzeit blieb, beweist ein Bericht aus Paris vom 25. September des gleichen Jahres: „Der 
Kunsthändler Alphons Giroux hat vor einigen Tagen etliche zwanzig vollständige Apparate 
des Daguerreolype, unter Daguerres eigener Leitung verfertigt, nach Berlin geschickt, von 
wo aus sich diese merkwürdige Erfindung bald über ganz Deutschland verbreiten wird.“ 
(Hartungsche Zeitung, Königsberg, 5. Oktober 1839, S. 1932.) 


Sachse hätte gern den Alleinvertrieb der von Giroux gebauten Apparate für Preußen 
übernommen (Brief an Giroux am 22. Juli 1839); dies gelang ihm jedoch nicht, und nach 
den vorher wiedergegebenen Mitteilungen scheint die Pariser Sirma auch an andere, vor allem 
auch unmittelbar an Einzelbesteller geliefert zu haben. 

Іт „Katalog der Photographischen Jubiläums-Ausstellung zu Berlin“ 1889 (S. 15) werden 
aufgeführt: 

(1. Originalbild des Palais royal, aufgenommen von Daguerre selbst. Das best er- 
haltene Bild von seiner Hand, herrührend vom Optiker Dörffel sen., Schüler Daguerres. 
Geschenk des Commerzienraths Dörffel, Berlin, an die K. T. Hochschule. [Dieses Bild ist 
noch in der Schausammlung des Photochemischen Laboratoriums der Technischen Hochschule 
vorhanden! Stenger].) 

2. Daneben die erstevon Daguerre nach Deutschland (an Beuth, Direktor des Königlichen 
Gewerbe- Jnstituts) gesendete photographische Camera mit Daguerres Handschrift und Siegel. 


Hier wird also der Geheime Oberregierungsrat P. C. W. Beuth als Empfänger genannt, 
derjenige, welcher 1821 das Gewerbe- Institut gegründet und bis 1845 geleitet, welcher für 
die Beschaffung ausländischer Maschinen zur Sabrikationserleichterung der heimischen Іп- 
dustrie gesorgt hatte und der im Jahre 1839 sich von dem filtesten der Berliner Kaufmann- 
schaft, dem Seidenwarenfabrikanten Carl Gropius, auch im Ausschuß des „Vereins zur 
Beförderung der Künste und Gewerbe“ tätig, aus Frankreich über Neuerungen in Webemaschinen 
berichten ließ; und in einem solchen an Beuth gerichteten Berichte (Dokumenten-Sammlung der 
Preußischen Staatsbibliothek, Berlin) vom Anfang Auqust 1839 heißt es unter anderem: 

„Die optischen Maschinen zu den Doguerre'schen Lichtbildern werden jetzt unter 
Daguerres spezieller Aufsicht gearbeitet und demnächst ausgegeben; ich habe nicht Un- 
recht zu handeln geglaubt, ein Exemplar für das (Gewerbe-) Institut zu bestellen; die 


19 


Sache ist doch äußerst interessant und der Preis nicht übermäßig, ohngefähr 500 fr. wird 
eine solche Camera kosten; sollten Sie es nicht angemessen finden, so werde ich von 
Berlin aus sogleich contremandiren. біп Daguerre'sches Bild konnte ich durchaus nicht zu 
sehen bekommen, dagegen habe ich viele oom Nacherfinder Bayard gesehen, auch diese sind 
äußerst genau und schön, jedoch sollen sie kleiner seyn als die oon Daguerre. Vor Ablauf des 
Monats denke ich wieder in Berlin zu seyn und hoffe, dann alles Angekaufte vorzufinden.* 


Wir sind sicher auf der richtigen Spur, wenn wir annehmen, daß diese von Gropius 
in Paris für das Berliner Gewerbe-Institut persönlich bestellte Daguerre-Kamera die erste 
in Berlin und Deutschland war, wie sie auch in der Aufzählung von 1865 als erste genannt 
wurde und in der Jubiläumsausstellung oon 1889 bezeichnet. war. Gropius war selbst 
Liebhaber für eine solche Kamera, wie auch der Mitinhaber seiner Seidenwarenfabrik 
Georg Gabain, die als Empfänger Daguerrescher Apparate in jener Liste an zweiter 
und dritter Stelle genannt sind und wohl auch durch direkte Bestellung des Gropius ihre 
Daguerreschen „Maschinen“ erhalten haben. So ist also mit Bestimmtheit anzunehmen, 
daß die je&t im „Deutschen Museum“ in München befindliche Kamera die erste in Deutsch- 
land war und auch aus diesem Grunde einen besonderen Chrenplatz verdient. Nachdem 
diese früheste Belieferung wohl schon Ende August in Berlin eingetroffen war, konnte 
Sachse nach dem 6. September seine sechs Kammern verteilen. Der als Empfänger ge- 
nannte Inspektor Gropius ist der Diorama-Besiger Carl Wilhelm Gropius, dessen An- 
denken ich ein kleines Buch gewidmet habe (Daguerres Diorama in Berlin. Ein Beitrag 
zur Vargeschichte der Photographie. Berlin 1925). | 


Wie sehr man die Beziehungen Beuths zur beginnenden Photographie hervorzuheben 
suchte, beweist das Reliefbild auf dem Beuth-Denkmal (errichtet 1861 auf dem Schinkel- 
platz in Berlin) mit der Darstellung Daguerres neben seiner Kamera. | 


Wie wirkt ein Oberflächenabschwächer? 
Von Professor 0. Mente. - Nachdruck verboten.] 

Die Srage erscheint beinahe überflüssig, denn jeder Lichtbildner ist geneigt, zu erklären, 
daß eine Abschwächung, die vornehmlich die Schichtoberfläche angreift, ,selbstoerstándlich* 
subtraktiv, wie z. B. die Sarmersche Lösung wirken müsse. Und die Erklärung, warum das 
so ist, wird auch leicht gegeben. „Die Schatten werden hauptsächlich von dem an der 
Oberfläche gebildeten metallischen Silber dargestellt, während in den Lichtern das reduzierte 
Silber sich durch die ganze Schicht hindurch erstreckt. Löst man deshalb die wenigen Silber- 
körner in den Schatten (oder bei Überbelichtung einen Teil des Zuviel) auf, so werden die 
Schatten stärker angegriffen als die Lichter, bei denen noch ein ungeheurer Vorrat von 
schwarzem Bildsilber in der Tiefe der Schicht vorhanden ist.* 

Поп ist aber leider die Theorie, die wir oben in Gänsefüßchen (,) setzten, heute nicht 
mehr entfernt so universell gültig wie in früheren Zeiten. Das photographische [legatio 
ist heute auch nicht annähernd ein reines Tiefenrelief mehr, wie etwa ein Pigmentdruck, wo 
ganz eindeutig die tiefsten Schatten von der dicksten Ansammlung von Pigmenten dargestellt 
werden, während in den allerhöchsten Lichtern überhaupt kein Sarbstoff vorhanden ist. 


Der Grund, warum die Silberablagerung im phofographischen Halbtonnegatio heutzutage 
in den meisten Fällen anders geartet ist als in früheren Jahren, ist in der Steigerung der 
Empfindlichkeit unserer Emulsionen zu suchen, \Vohl ist die Lichtempfindlichkeit der 
verschiedenen Bromsilberkörner einer und derselben Emulsion immer eine verschiedenartige ge- 
wesen. Das war früher schon so. Jn einer Emulsion von 一 sagen.wir — 169 Scheiner 
befanden sich neben Bromsilberkorngebilden von 16° Sch. (und vielleicht noch etwas darüber) 
‘auch solche von geringerer Empfindlichkeit. Das .ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß 
die Körner einer und derselben Emulsion, je nach ihrer Zusammenballung beim Reifen, ver- 
schieden empfindlich werden (die großen Kornaggregate sind dabei gewöhnlich die empfind- 
licheren und umgekehrt die kleinen weniger empfindlich); andererseits hat man auch früher 
schon vielfach Emulsionen verschiedener Empfindlichkeit gemischt. Wenn man also ein 
größeres Quantum zum Gießen von Platten benötigte, so setzte man nicht die ganze Menge 
auf einmal an, sondern mischte sie aus verschiedenen kleineren Ansäßen, von denen jeder 
für sich gereift war und die deshalb gewisse Unterschiede in ihrer Empfindlichkeit aufwiesen. 


20 


Nachdem man aber in den legten Jahren die Empfindlichkeit der Platten wie auch der 
Silme in so außerordentlicher Weise erhöht hat (Schichten von 239 Sch. und darüber sind ja 
schon etwas Alltägliches), scheint das Prinzip des €mulsionsmischens noch weit ausgedehnter 
gehandhabt zu werden. [leben leicht überreiften, bereits zum Schleiern neigenden Körnern, findet 
man auch solche, die etwa der Klasse der, photomechanischen* Schichten anzugehören scheinen. 

Ruf jeden $all ist der €mpfindlichkeitsunterschied der verschiedenen 
Bromsilberkorngebilde bei den heutigen Emulsionen von etwa 250 Sch. ein viel 
größerer als früher bei den weniger empfindlichen Erzeugnissen. Vielfach beobachtet man 
auch, daß die gröbsten und empfindlichsten Körner nicht etwa gleichmäßig in der Schicht verteilt 
sind, sondern vor vollkommenem Erstarren der Bromsilbergelatine durch ihre Schwere zu Boden 
sinken und nun vorwiegend in der Tiefe der Schicht (nahe dem Glase bzw. Zelluloid) sich vorfinden. 

Die Folge hiervon ist, daß die Schattendefails bei normaler oder zu kurzer Belichtung 
hauptsächlich in der Tiefe der Schicht liegen — vorausgesetzt, daß die Emulsionsschicht 
erstens nicht zu dick gegossen und zweitens nicht mit einem Silterfarbstoff angefárbt war. 
Als dritte Voraussegung muß angenommen werden, daß die lichtempfindliche Schicht einiger- 
maßen lichtdurchlássig war, so daß die wenigen Lichtstrahlen, welche die Schatten formieren, 
tatsächlich bis etwa zum Schichtträger durchzudringen vermögen. | 


Je größer die Lichtmenge ist, welche die hochlichtempfindliche Schicht trifft, um so 
mehr Bromsilber wird natürlich entwicklungsfähig gemacht. Da selbst bei Aufnahmen, die 
„im allgemeinen unterbelichtet* sind, die höchsten Lichter oft stark überexponiert sind (man 
beobachtet das z.B. sehr häufig bei Innenaufnahmen von Wohnräumen, Museen, Kirchen usw.), 
so wird in diesen in der Natur hellsten Bildteilen alles Bromsilber entwickelbar belichtet sein 
und sich auch tatsächlich bei genügend langem Hervorrufen schwärzen. Die Folge ist dann ein 
überkontrastreiches Negativ, das wir, wenn die Schatten detailarm sind, als „hart“ bezeichnen. 

Aber — um es noch einmal kurz zu wiederholen — ein großer Unterschied besteht 
zwischen einer Aufnahme auf wenig empfindlicher Platte und einer Aufnahme vom gleichen 
Motiv auf moderner höchstempfindlicher Emulsion. Dieser Unterschied ist mit dem Auge zwar 
nicht ohne weiteres wahrnehmbar, während ein mikrophotographischer Querschnitt ihn zeigen 
müßte und die weiter unten zu besprechende Oberflächenabschwächung ihn besonders deutlich 
zeigt. Bei der Aufnahme auf wenig empfindlicher Emulsion haben wir ein mehr oder weniger 
reines Relief aus geschwärztem Bildsilber, das sich von der Schichtoberfläche in die Tiefe 
erstreckt, während bei der höchstempfindlichen Emulsion (falls die empfindlichsten gröbsten 
Körner beim Erstarren zu Boden gesunken sind) die Schattendetails zum großen Teil in der 
Tiefe der Schicht liegen. In den Lichtern durchsetzt — ungefähr wie bei der wenig empfind- 
lichen Platte — das geschwärzte Bildsilber die ganze Schicht ziemlich gleichmäßig, und in 
den Halbtönen erfolgt die Lagerung der Silberkörner auch durch die ganze Schicht hindurch, 
aber „lockerer“ als in den Lichtern, weil eben das unempfindliche Bromsilber nicht ge- 
nügend belichtet wurde, um sich im Heroorrufer zu schwärzen. 

Bei den weniger empfindlichen Emulsionen mit ihren ziemlich gleichmäßig empfindlichen 
Bromsilberkörnern entsteht — ähnlich wie beim Pigmentdruck — das Tiefenrelief durch die 
mehr oder minder starke Absorption der verschiedenen Lichtmengen in dem trüben Medium 
der Bromsilbergelatine. Zusotz eines geeigneten Sarbstoffes vermag diese Erscheinung noch 
zu verstärken, weshalb auch die zum sogenannten „Dubeln“ (Anfertigung von Duplikaten) 
benutzten Silme in der Schicht gelb gefärbt sind. 

Bei den höchstempfindlichen Emulsionen mit ihren Bromsilberaggregaten sehr ver- 
schiedener Empfindlichkeit werden zwar auch die Lichtstrahlen bei ihrem Eindringen in die 
trübe Schicht absorbiert, aber diese Absorption kann sich nicht als Relief auswirken, weil 
die Bromsilberkörner einmal sehr verschieden empfindlich sind und zweitens die höchst- 
empfindlichen vorwiegend in der Tiefe der Schicht angetroffen werden. 


| Nachdem wir nun den Unterschied in der Lagerung des Silberbildes bei wenig und 
bei höchstempfindlichen Schichten kennengelernt haben, bedarf es keiner langer Erklärung 
mehr, warum ein reiner Oberflächenabschwächer einmal subtraktiv und ein anderes Mal 
persulfatartig wirken kann. .. 

Die ,reinsfe* Oberflächenabschwächung erzielen wir wohl mit dem „mechanisch“ 
wirkenden Verfahren des Abreibens mit Pußpomade oder einer Pußposte, die aber kein Wasser 
enthalten darf, weil sonst die Gelatine aufquellen und bei dem Abreiben der Schicht verlebt 


21 


würde. Verfasser wurde kürzlich ein Negativ gezeigt, das viel zu stark gedeckte Lichter bei 
annähernd normalen, klaren Schatten zeigte. Da die Zeit zu einer Tlaßbehandlung mit 
Ammoniumpersulfat fehlte und außerdem diese Methode bekanntlich häufiger versagt und die 
sogenannte Rehalogenisierungsmethode (Ausbleichen, teilweise wiederentwickeln und Rest des 
Halogensilbers in Sixiernatron lösen) aus dem gleichen Grunde auch nicht in Srage kam, so 
versuchte ich es mit dem Abreiben der Schicht unter Zuhilfenahme von Pußpomade. Die 
Konturen der zu stark gedeckten Objekte (Plastiken auf dunklem Grunde, der aber noch 
architektonische Einzelheiten enthielt) bei diesem Abreiben einzuhalten, war von vornherein 
unmöglich, und ich rechnete deshalb a priori damit, daß der Hintergrund um die Plastiken 
herum im Negativ auch wohl aufgehellt werden würde. 

Überraschenderweise schwächten sich aber nur die stark gedeckten Bildteile, also die 
Plastiken, ab und der Hintergrund blieb praktisch unverändert. Einiges Nachdenken führte 
dann zu der oben auseinandergesegten Erklärung des Vorganges. 

Der Sarmersche Abschwächer dürfte, wenn er bei einer in Wasser gequollenen Schicht 
angewendet wird, ein ähnliches Resultat liefern, also bei wenig empfindlichen Emulsionen 
rein subtraktio wirken, während bei höchstempfindlichen Schichten (Mischemulsionen aus 
wenig und aus hochgereiftem Bromsilber, bei denen außerdem die empfindlichsten gröberen 
Silbersalzpartikel zu Boden gesunken sind) eine mehr persulfatartige Abschwächung auftritt. 
Legt man allerdings das Negativ trocken in die Sarmer-Lösung, so saugt sich die Schicht 
schnell mit dem Abschwácher voll und das Resultat ist ein etwas anderes. 

Soll man nun hiernoch das Abschleifen der Schicht mit Pußmitteln bedingunglos emp- 
fehlen, sobald bei einem Negativ auf höchstempfindlicher Schicht eine persulfatartige Wirkung 
verlangt wird? Ich möchte das für leichtsinnig halten. Andererseits kann sich auch der 
normale Lichtbildner, sofern er nicht über die erforderlichen Hilfsmittel (Mikroskop oder 
— besser noch — binokulares Instrument) verfügt, kein Bild über die Eignung des be- 
treffenden llegatios machen. Es bleibt also nichts anderes übrig, als in einer weniger 
wichtigen Ecke des llegatios einen Versuch anzustellen. Man sieht ja dann sofort, ob die 
Schatten von dem Schleifmittel auch mit angegriffen werden oder nicht. 

Auf jeden Fall ist aber eine solche Untersuchung sehr interessant und aufschluß- 
reich. Das Abreiben der Schicht mit Pugmitteln kann direkt als Analysierungsmethode 
für die Zusammensetzung der Bildschicht und den Aufbau des Silberbildes angesehen werden. 

Erwähnt sei zum Schluß noch, daß höchstempfindliche Platten und біте aus den 
Gründen, die wir hier auseinandergesegt haben, auch für das sogenannte Koppmann-Ver- 
fahren (Belichtung von der Rückseite, Entwickeln mit gerbendem Hervorrufer und Auflösen der 
ungehárteten Bildteile in heigem Wasser) unbrauchbar sind, da eben gar kein „Relief“ ent- 
steht. Verwendbar hierfür sind nur wenig empfindliche, in der Schicht angefärbte Emulsionen, 
die ein wirkliches bildgemäßes Relief geben. Das weiß man schon lange, und in den Sarben- 
verfahren, die neuerdings mehr genannt werden: „Amatcolor“, ,Duxochrom* und „Amira“, 
verfährt man auch dementsprechend. 


Gegenwartsfragen. (Nachdruck verboten.) 
(Schluß aus Heft 2.) 

Nachdem wir jetzt das Thema „Umstellung“ angeschnitten haben, möchte ich auch auf 
jene Umstellung eingehen, von der wir in letter Zeit häufig gehört und gelesen haben, die 
Umstellung auf einen anderen Zweig der Lichtbildnerei. Der Übergang von der Ausübung 
der Personenphotographie zur Jllustrationsphotographie hat manchen schwere Enttäuschung 
gebracht. Von dem Gedanken ausgehend, daß die immer zahlreicher werdenden illustrierten 
Zeitschriften doch reichlich Bedarf an Bildern haben müßten, wurde bald an diese, bald an 
jene Zeitschrift eine Einsendung gemacht, die nur zu bald wieder im heimatlichen Hafen 
landete. Der ausgesprochen technische Schund, der nicht selten in solchen Blättern geboten 
wird, verleitet zu leicht, Hoffnungen aufkommen zu lassen, wenn technisch hochstehende 
Aufnahmen eingesandt werden. €s wird dabei übersehen, daß nicht wenige der Einsendungen 
von Amateuren herrühren, die sich freuen, als Entgelt ihren Namen gedruckt zu finden. Den 
Zeitschriftenverlegern bzw. Bilderredakteuren kommt es auch in erster Linie nicht auf die 
Güte der Aufnahme in technischer Hinsicht, als vielmehr auf die Bedeutung der Aufnahme 
hinsichtlich des Jnhaltes der Darstellung an. €s ist nicht damit abgetan, irgendwelche Auf- 


22 


— ———————H— — — > —— <a . m — — . ] ·· -w A ww. ο. αμ. κα лур 


nahmen zu verschicken, weil man selbst Interesse daran finde. Wenn dann alles un- 
verwendet zurückkommt, dann ist das Urteil bei der Hand: „Diese Umstellung ist auch 
nichts wert.“ Ja, so leicht darf man sich auch den Wechsel nicht vorstellen. Auch dieses 
Arbeitsgebiet setzt eine reiche Erfahrung voraus, die sich jeder einzelne erwerben muß, bevor 
er mit Erfolgen rechnen darf. Wer es nicht durchseßen kann, regelmäßig gonze Serien bald 
dahin, bald dorthin zu senden oder aktuelle Aufnahmen von besonderer Wichtigkeit rasch 
darzubieten, der verzichte darauf, an eine „Umstellung“ in dieser Richtung zu denken. Er 
wird besser tun, geeignete Aufnahmen einer reellen Sirma zum Vertrieb zu übergeben und 
die Zeit abzuwarten, bis die Arbeiten honoriert werden können. Viel zu wenig werden die 
Suchlisten des Deutschen Lichtbild - Nachweises beachtet. Man kümmert sich überhaupt zu 
wenig um dieses gemeinnüßige Unternehmen. Manche kennen diesen Lichtbild-Nachweis 
überhaupt nicht, viele kennen nicht den Wert dieser Einrichtung für den Berufslichtbildner, 
und wieder andere kennen ihn und machen keinen Gebrauch davon. — Auch eine Gegen- 
wartsfrage. — Wer nicht das Zeug in sich fühlt, die gemachten Pressephofos an den Mann 
zu bringen, der wende sich an den fichtbild- Nachweis, der für ihn arbeitet. So ist allent- 
halben das Gebot der Stunde, Umschau halten, mit offenen Augen zu sehen, was sich er- 
eignet, um geschäftlichen Mugen daraus zu ziehen. Gegenüber früheren Verhältnissen ist der 
Begriff „Umstellung“ eine bittere Sorderung der Zeit geworden, die erst wieder überflüssig 
werden kann, wenn normale Lebensverhältnisse zurückkehren. 

München wird von auswärtigen Leica-Photographen überschwemmt. Sie beherrschen 
alle stark begangenen Straßen und Plätze und photographieren alle Passanten, in denen sie 
Abnehmer wittern. Jsf es zu verwundern, wenn nunmehr der ortsansässige Lichtbildner nicht 
länger zu Hause auf den Kunden warten will, wenn er selbst auf die Straße geht, wenn 
er sein Recht auf die $reilichtaufnahmen geltend macht und dabei den Schuß der Polizei in 
Anspruch nimmt? Das sind ernste Gegenwartsfragen, die uns manche Maßnahme begreiflich 
erscheinen lassen, wie sie früher als unter der Würde stehend betrachtet wurden. Der Kampf 
um die Existenz ist ein Krieg gegen Auffassungen, die für Sriedenszeiten Geltung haben. Ein 
Krieg, der alle Moralbegriffe auf den Kopf stellt, bedingt auch die Umdeutung unserer Ruf- 
fassung von Standesbewubtsein und Kollegialität. Mag jeder sehen, wie er durchzuhalten 
glaubt. Die Zeiten sind zu trüb, um auf andere, die in der Not eigene Wege suchen, Steine 
zu werfen. Professor Spórl. 


Rus der Werkstatt des Photographen. 
Belichtungszeit bei Nebelaufnahmen., 


Die Feststellung der Belichtungszeit bei Mebelaufnahmen ist darum nicht immer leicht, 
weil die Dichte des llebels sehr verschieden auftritt. Bei Bodennebel spielt außerdem der 
Anteil des Sannenlichtes eine Rolle, der durch den Nebel dringt, sowie die Aufnahmerichtung, 
d. h. ob gegen die lichtdurchflutete Nebelwand oder mit dem Licht photagraphiert wird. Viele 
Beobachtungen haben gezeigt, daß bei leichtem Nebel (Dunst, Rauch, Staub) 1 — 2 mal, mittlerem 
Nebel 4—6mal, starkem Nebel (tritt seltener auf) 8 — 12 mal, leichtem bis mittlerem Nebel gegen 
die Sonne 1—!/, mal länger als bei klarem Himmel zu belichten ist. Handelt es sich um be- 
wegte Szenen, ist die Verwendung hochempfindlichen Aufnahmematerials notwendig. Gelbscheibe 
bei Nebel zu verwenden hat wenig Sinn, denn durch sie wird der Mebelcharakter des Bildes 
nur beeinträchtigt. 


Schleierung bei der Entwicklung. 


Die Ursachen von Schleierbildung während der Entwicklung können bekanntlich sehr 
verschiedener [latur sein, auch die Art der Entwiclersubstanz spielt dabei eine Rolle. Wir 
wissen, daß 2. B. Pyrogallol besonders klar arbeitet, während frischer Hydrochinon - Entwickler 
leicht schleiert. Der sogenannte Luftschleier entsteht bei gewissen Entwicklern, wenn die 
damit durchdrängte Schicht der Luft ausgesetzt wird, wie solches beim Herausnehmen der Platte 
zwecks Kontrolle des llegatiostandes statthaf. Wir können diese Schleierung auch bei den 
jegt so beliebten Metol-Hydrochinon-Kombinationen beobachten, insbesondere bei hohem 
Hydrochinonanteil. Schon Dundon und Chabtree stellten fest, daß Zusatz von Pyro zu einem 
Metol-Hydrociinon-Entwickler außerordentlich der Luftschleierentstehung enfgegenarbeitet. 
Aber mit Pyro erhalten wir im allgemeinen weniger haltbare Lösungen. Bei den Metol- 


23 


Hydrochinofi-Kombinafionen schätzen wir gerade deren große Beständigkeit und Ausgiebigkeit, 
diese möchten wir nicht missen. Es stehen uns jedoch noch andere Zusatzmittel zur Verfügung, 
die den Luftschleier zurückdrängen, ohne die Gebraudisdauer der Lö3ung zu kürzen, das ist 
die Verwendung von Desensibilisatoren. 

füppo-Cramer hat dafür folgende Verhältnisse ausprobiert: Zu 100 ccm Entwickler 
kommen 10 ccm einer Lösung von Phenosafranin 1:100000. Dundon und Chabtree emp- 
fehlen 1 q Phenosafranin oder Pinakryptol-Grün zu 500000 ccm entwickler. A. €. Amor ver- 
wendet einen noch geringeren Zusak letzterer Sarbstoffe, nämlich 1 g auf 100000 ccm Entwickler; 
es wurde hierbei der folgende Metol-Hydrochinon-€ntwickler benutzt: 


Cr MM" a % 10, 

` Hydrodinon. . . ... . . . . + + + + + ... 49, 
Natriumsulfit, krist. . . . . . . . . . + + .. 289, 
Soda; Kriss 339 
Wass enk 1000 cem, 
Bromkalilösung 1:10 . . 2. x 


€s sind außerordentlich geringe Sarbstoffmengen, die für die Luftschleierverdrängung 
benötigt werden. Amor vermerkte dazu, daß ein höherer Sarbstoffgehalt keine merklich 
stärkere Wirkung ausübt. Dieses niedrige Maß vermeidet auch jegliche Neigung zu einem 
Ausfall des Sarbstoffes durch den Entwickler. 

Amor hatte ferner versucht, ob ein Vorbad in Sarbstofflösung den gleichen Erfolg wie der 
Zusatz zum Entwickler hat, hierbei stellte sich jedoch Schleierung ein. Die Verwendung der Sarb- 
stoffe im Entwickler selbst bliebe danach geboten. Die Entwicklerlösung wird durch die geringen 
Sarbstoffmengen kaum merklich gefärbt. Der schwache Sarbschein, den die Negatioschicht nach 
der Entwicklung aufweist, verschwindet beim Wässern des llegatios sehr schnell. Р.Н. 


Ungleichmäßige Trocknung der Negative, 


Eine ungleichmäßige Trocknung der Negative kann zu schlimmen Schäden führen. Man 
stelle vor allem die Platten nicht zu dicht nebeneinander; je besser die Luft durchwehen 
kann, desto eher wird die Schicht trocken. „Amateur Photographer* macht auf die Gefahr auf- 
merksam, die ein Wechsel des Standortes der Platten bringen kann. Die Negative trocknen 
bekanntlich von den Kanten nach dem Innern der Gelatineschicht zu auf. ]st die Schicht 
erst zum Teil trocken und wird die Platte dann in einen wärmeren, frockeneren Raum ge- 
bracht, um eine schnellere Trocknung zu .bewirken, so wird man wahrnehmen, daß der- 
jenige Teil der Bildschicht, der erst in der wärmeren Atmosphäre aufgetrocknet ist, ver- 
schieden in Dichtigkeit von den früher getrockneten Randpartien ist, und damit kann das 
Negativ verdorben werden. Etwas Ähnliches haben wir bei den Tropfennarben, die dadurch 
entstehen, daß einzelne Wasserkügelchen an der Gelatineschicht hängen bleiben und daß 
diese Stellen viel später nachtrocknen. Solche Tropfen auf der Schicht sollten beizeiten mit 
Sließpapier oder Wattebausch abgenommen werden. P. H. 


Zu den Abbildungen. 


Karl Bähr, von dem wir schon öfters im „Atelier“ treffliche Arbeiten zeigen konnten, 
bringt im vorliegenden Heft wieder zwei im Ausdruck und Ton vorbildliche Porträtstudien. 
Eine eigenartige und doch nicht nur effektoolle Beleuchtung finden wir in der Aufnahme von 
Anneliese $uB-Hippel, die ähnlich, aber in sehr gemilderter form auch bei dem Frauen- 
kopf von Winger-Berthold auftritt. Solche Kunstlichteffekte können der Porträtphotographie 
: neuen Impuls geben. franz Siedler, der zu diesem Thema ausführlich in Heft 11 (1931) 
schrieb, zeigt auch heute zwei ausgezeichnete Bildnisse, in denen seine Beherrschung der 
Kunstlichtbeleuchtung zum Ausdruck kommt. Von Keller finden wir dann den engbegrenzten, 
gut beleuchteten Kopf des alten Mannes, von Rudi Loos den ebenfalls knappen Ausschnitt des 
lachenden Mädchengesichts, von Hildegard Srensdorf den in recht natürlicher Haltung dar- 
gestellten jungen Mann, etw 15 im Gegensatz zu der von Absicht noch nicht ganz freien Auffassung, 
doch im Licht guten Aufnahme von Koch, von Winger-Berthold noch das freundliche Gruppen- 
bild Mutter und Kind und von Bitterlich, einem Schüler der Leipziger Akademie für Graphik 
und Buchgewerbe, das in gutem Umriß vor hellem Grund geschlossen wirkende $rauenbildnis. 


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Abb. 1. Originalaufnahme. Mit Skribtol überzeichnet, Lichter mit Aquarellfirnis zu- 


gedeckt und in verdiinnter roter Tinte gebadet. 


Abb. 2. Originalaufnahme. Dasselbe Bild mit der Graviernadel überarbeitet und 
mit Kupferdruckfarbe gedruckt. 


Zum Artikel ,Photographik im Dienste der Propaganda“ von Dr. О. Croy. 


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Abb. A. 


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Originalaufnahme. 


Das Negativ auf Zeichenpapier projiziert und nach- 
gezeichnet. 


Rbb. 5. 


Originalaufnahme. 


Das Negativ auf zweierlei Schabpapiere projiziert, diese 
aneinandergeklebt und die Lichter ausgeschabt. 


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Tagesfragen. | | [Nachdruck verboten.) 


lle Berichte über die Neuheiten auf der letzten Leipziger Messe lassen mit Deutlich- 
keit erkennen, daß in der Photographie geradezu fieberhaft an der Konstruktion 
neuer Modelle gearbeitet wird. Insbesondere sind es die Klein- und Kleinstkameras, 
denen die Industrie ihr Interesse zuwendet. 

) Wer längere Zeit in der Photographie tätig ist, wird sich indessen des Gefühls 
nicht erwehren können, daß manche dieser Arbeiten mehr aus ,konstruktivem Ehrgeiz“ er- 
folgen, als aus den Bedürfnissen der Praxis heraus. €s läßt sich zwar nicht verhehlen, daß 
für kriminalisfische Zwecke, für Werkspionage und ähnliche dunkle Sachen eine leicht zu 
verbergende Kamera, deren Objektiv bei ständiger Einstellung auf Unendlich gestochen scharfe 
Bildchen zu liefern imstande ist, Sinn und Verstand hat. Aber lediglich zur Erhöhung der 
Bequemlichkeit solche Kleinstkameras (ein neues Modell gibt auf 16 mm Schmalfilm Stand- 
bilder in der Größe von 15x15 mm) herauszubringen, das scheint mir doch über das Ziel 
geschossen. 

Man kann den Ankauf einer solchen Kamera natürlich dadurch schmackhafter machen, 
daß man von der „erhöhten Sicherheit beim Arbeiten“ spricht, oder daß man den Preis für 
eine Aufnahme ausrechnet und die „Billigkeit des Photographierens* ins Treffen führt, aber 
das sind im Grunde genommen doch nur bedeutungslose Dinge. Selbstverständlich ist es 
leichter, ein in allen Bildteilen scharfes Negativchen mit einem Objektiv von — sagen wir 一 
25 mm Brennweite zu erzielen, als die Schärfe bei einem länger brennweifigen Objektiv (und 
größerem Bildformat) in die richtige Ebene zu verlegen und nun durch eine sinngemäße Ab- 
blendung dafür zu sorgen, daß der Hintergrund usw. durch verminderte Schärfe zwar noch 
die Sorm der dargestellten Objekte erkennen läßt, aber andererseits genügend zurücktritt. Und 
daß sich eine Einzelaufnahme auf Kinoschmalfim billiger stellt als beispielsweise eine Leica- 
aufnahme im Format 24 x 56 mm oder gar eine Rollfilmaufnahme im Format 6 x 6 bzw. 6 x 9 cm, 
kann sich ebenfalls jeder Schuljunge ohne lange Rechnerei sagen. 

Aber bei dieser Beweisführung sind wichtige Saktoren vergessen, die erheblich zuungunsten 
einer übertriebenen Verkleinerung des Aufnahmeformats sprechen. Zunächst ist es eine er- 
wiesene Tatsache, daß man Aufnahmen mit sehr kleinen Apparaten mindestens ebenso leicht, 
wenn nicht leichter, verreißt (verwackelt) als solche mit größeren und schwereren Kameras. 
Viele Sachphotographen von Ruf und auch geübte Amateure benutzen deshalb in Fällen, wo 
es auf äußerste Schärfe bzw. beste Vergrößerbarkeit ankommt, ein relativ schweres, jedenfalls 
aber sehr festes Stativ, auf das sie ihre Leica oder was es sonst für eine Kleinkamera sein 
mag, schrauben. Das sieht zwar „spöttisch“ aus: eine so kleine Kamera auf einem 50 
wuchtigen Stativ; aber es ist die einzige Möglichkeit, mit Sicherheit gestochen scharfe 
Negative zu erzielen. Jene Negative, deren Vergrößerungen im Sormat 18 X 24 oder gar 
24x 30 cm bei Propagandavorführungen der betreffenden Kleinkamera die Bewunderung 一 
und zugleich den Neid vieler Betrachter, die auch vielleicht Besitzer des gleichen Apparat- 
modells sind, aber niemals in ihrem Leben eine solche Leistung fertiggebracht haben. 

Weiterhin ist zu bedenken, daß die „Körnigkeit“ der Schicht, und wenn sie durch 
emulsionsfechnische Hilfsgriffe, wie auch durch Verwendung besonderer Seinkornentwickler 
noch so weit heruntergedrückt ist, dem Maßstab der Vergrößerung eine gewisse Grenze vor- 
schreibt, die wir nicht ohne Gefahr überschreiten dürfen. Man hat zwar auf diesem Gebiete 
ganz enorme Fortschritte im Laufe der allerletzten Jahre gemacht und ist heute bei Berück- 
sichfigung aller Hilfsmittel, die uns Industrie und Wissenschaft bieten, in der Lage, Negative 
von außerordentlicher Kornfeinheit zu erzeugen, aber es hat auch den Anschein, als wenn 
wir vorläufig am Ende dieser Bewegung ständen. 

Als die Leica zuerst auf den Markt kam, war man bekanntlich noch nicht in der Lage, 
Negative mit einem besonders feinen Korn herzustellen; Industrie und Wissenschaft haben 
aber in ihrer oft bewährten Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit schnell Abhilfe geschaffen. 
Man darf es heute ruhig aussprechen, daß die Leica und andere kleinformatige Kameras nie 
und nimmer die Verbreitung gefunden hätten, wenn nicht der feinkörnige Film und die Sein- 
kornentwicklung zur rechten Zeit gekommen wären. Aber nun einfach diesen Gedankengang 
fortsetzen und sagen: „Пип, wenn man mit dem feinen Korn schon soweit gekommen ist, 
so kommt man auch noch weiter“, und daraufhin immer wieder das Aufnahmeformat halbieren 


oder womöglich vierteln, das ist doch ein gefährliches Spiel. Gewiß kennen wir schon lange 
* 


25 


Schichten von noch unendlich viel feinerem Korn bzw. mit viel größerem Auflösungsvermögen, 
als es die Bromsilberplatte voraussichtlich jemals erreichen wird, aber die Empfindlichkeit 
dieser Medien (Tanninverfahren, Taupenot-Prozeß sowie Chlorsilbergelatine- Ruskopieremulsion 
nach. Goldberg) ist so lächerlich gering, daß einstweilen nicht an eine Verwendung für 
Momentaufnahmen zu denken ist. Ob es gelingen wird, durch emulsionstechnische Maß- 
nahmen oder auch durch die Art des Entwicklers bzw. des Entwickelns noch eine weitere 
Herabdrückung der Körnigkeit zu erzielen, läßt sich heute nicht sagen. 

Sür alle Kleinkameras, die mit Normal-Kinefilm arbeiten, ist es ja das große Glück, 
daß sie eo ipso von den einschlägigen Fortschritten profitieren, die im Interesse der Berufs- 
kinematographie mit ihrem Riesenbedarf an Rohfilm erzielt werden. (Schluß folgt) Mente. 


Photographik im Dienste der Propaganda. 
Von Dr. Otto Croy. (Nachdruck verboten.] 

In Heft 2 (1932) der vorliegenden Zeitschrift wurden einige Methoden beschrieben, mit 
deren Hilfe man auf Grundlage der Photographie graphische Effekte erzielen kann. Der Aus- 
gangspunkt für alle dorf genannten Techniken war immer das Lichtbild, das dann durch 
geeignete Behandlung graphisch ausgearbeitet wurde. 

Sinn und Zweck dieser Methoden ist es, die Photographie als neuzeitliche Technik voll- 
kommen auszuwerten und sie auf dem Gebiet der Reklame, die immer wieder verblüffen 
und Neues bringen muß, universell zu verwenden. 

Jm folgenden soll von weiteren Methoden die Rede sein. 

Die Sederzeichnung, deren Ausführung im letzten Artikel beschrieben war, ist ein reine 
Schwarzweißtechnik, d. h. ihre Bildelemente bestehen nur aus rein schwarzen und vollkommen 
weißen Bildanteilen. Sie ist das Gegebene für den Druck in Tageszeitungen wie überhaupt 
für Massenauflagen. Hat das Bild aber die Bestimmung, in einer Zeitung mit sorgfältigerem 
Druck wiedergegeben zu werden, dann kann man auch eine Zeichnung mit tonigen (also 
grauen) Slächen riskieren (siehe Abb. 1). Man stellt sie auf folgende Weise her: Auf einer 
Kopie oder Vergrößerung werden die Umrisse der einzelnen Bildkomponenten mit Auszieh- 
tusche oder Skribtol sauber gezogen. Nach dem Auftrocknen der Tusche wird das Bild im 
Sarmerschen Abschwächer vollkommen ausgebleicht, gewässert und getrocknet. Пип könnte 
man wohl die einzelnen Sláchen mit verschieden grauen Tönen übermalen. Wer aber einmal 
versucht hat, auf einem Gelatinepapier größere Sláchen gleichmäßig anzulegen, der wird 
wissen, wie schwer das ist. Auch das Überschraffieren mit Buntstiften und Verreiben der- 
selben auf der Släche mif Геіпді ergibt noch nicht jenen gleichmäßig geschlossenen Ton, wie 
wir ihn gerne haben möchten. Man muß daher zu einem Umweg greifen. Die Slächen, die 
ganz weiß bleiben sollen, werden mif einem Lack (Aquarellfirnis von Schmincke oder Schrift- 
lack von Keili&) sorgfältig übermalt. Dann wird das Bild in einer verdünnten Lösung von 
roter Tinte so lange gebadet, bis alle Flächen (ausgenommen die weißen) im gewünschten Ton 
eingefärbt sind. Mach dem Trocknen des Bildes kann man nun weiter jene Bildteile mit dem 
Lack zudecken, die bei einem nachfolgenden zweiten Bad in einer konzentrierteren Lösung 
von roter Tinte ihren ursprünglichen Ton beibehalten sollen. Die Anzahl der verschiedenen 
Grauwerte (bei der Reproduktion des Bildes wird das Rot zu Grau) kann natürlich willkürlich 
gewählt werden. Zum Schluß deckt man die schwarzen $láchen noch mit Tusche ein und 
entfernt schließlich den Lack (falls er stören sollte) durch Schwimmenlassen des Bildes auf 
Benzin, Spiritus, Azeton oder sonst einem geeigneten Lösungsmittel. Diese Methode ge- 
währleistet ruhige und gleichmäßig geschlossene Tönungen. 

Selbst das Laienauge kann eine Zeichnung von einer Radierung unterscheiden. Die 
Strichzeichnung ähnelt wohl der Strichradierung, doch hat letztere immer die Eigentümlichkeit 
der verwischten Grate an sich. Beim Drucken der Radierung bleibt nämlich an den Graten, 
die beim Ritzen der Metallplatte entstehen, etwas Farbe hängen, wodurch der Strich eine 
gewisse Weichheit erhält, d. h. er verläuft nach außen hin, statt scharf begrenzt dazustehen. 
Je enger die Striche sind, um so mehr Ton bleibt zwischen ihnen hängen. Dadurch bekommt 
die Radierung das ihr eigentümliche Gepräge — nämlich ein warmes, körperliches Aussehen. 

Die Technik des Radierens läßt sich ohne jede Abänderung auch in unserem Salle an- 
wenden — nur daß keine Metallplatte, sondern die Kopie selbst verwendet wird (Abb. 2). 
Ebenso wie die Radierung auf einer hochpolierten Metallplatte ausgeführt wird, muß die 


26 


Kopie für unseren Zweck gehärtet und durch Trocknenlassen auf einer Glas- oder Trans- 
ferrofypplatte auf Hochglanz gebracht werden. Außerdem ist es vorteilhaft, eine hell ge- 
haltene Kopie zu verwenden. Um das Arbeiten bequemer zu machen, zieht man die Kopie 
noch auf Karton auf, wobei die Hochglanzschicht allerdings nicht verletzt werden darf. (Also 
kein wasserhaltiges Klebemittel verwenden!) 

Zur weiteren Arbeit hat die Zurichtung der Radiernadel große Bedeutung. Die Nadel, 
die in einem Heft sitzt, wird am besten dreikantig angeschliffen, damit man die Linien, ohne 
die Nadel in der Hand drehen zu müssen oder abzusegen, in jeder Richtung ziehen kann. 
Die Nadel muß so scharf sein, daß sie die Gelatineschicht des Papiers ohne starkes Auf- 
drucken durchritzt, ohne allerdings die Schicht so zu lädieren, daß sie ihren Zusammenhalt 
mit dem Papier verliert und abblättert. Diese Gefahr ist dann vorhanden, wenn das blanke 
Stück der Nadel zu lang ist, so daß es beim Arbeiten durch seine Elastizität springt (vibriert). 
Am besten ist es, auf einem Papier gleicher Zubereitung einige Strichproben zu machen. Erst 
wenn man die Sicherheit hat, daß sich die Nadel in jeder Richtung geläufig ziehen läßt, 
geht man daran, die Konturen und Schraffierungen auf der Kopie auszuführen. Um den 
Fortschritt der Arbeit jederzeit zu sehen und um abschätzen zu können, wo man engere bzw. 
weitere Schraffierungen anzubringen hat, arbeite man am besten auf der Rückseite eines 
Retuschierpultes (Abb. 3). Man stellt es so auf, daß 
die Mattscheibe gegen die Lichtquelle gerichtet steht. 
Über den Spiegel legt man ein Breit, das zur Aus- 
führung der Arbeit dient. Jn einem bestimmten Auf- 
sichtswinkel spiegelt sich das durchleuchtete Matt- 
scheibenfenster in der Kopie, wodurch das Bild der 
Kopie selbst unsichtbar wird und nur die bereits ge- 
zogenen Striche matf — also schwarz — erscheinen. 
Ändert man die Blickrichtung (durch Heben oder 
Senken des Kopfes), so verschwindet die Spiegelung, 
und man sieht wieder das photographische Bild. 

Zum Schluß wird das Bild mit einem Tuchballen 
und Kupferdrucfarbe, die mit einem Tropfen Ter- 
penfinöl geschmeidig gemacht wurde, eingerieben. 
mit einem reinen Slanellappen entfernt man durch 
gleichmäßiges Überwischen die überschüssige Farbe 
und legt das Bild, auf dem die Farbe jetzt nur noch 
in den vertieften Schnittlinien sitzt, mit der Schicht- 
seite auf ein weiches (schwach gefeuchtetes) Kupfer- 
druckpapier. Jn dieser Lage werden die beiden zwischen 
Preßspanpappen unter starkem Druck durch eineKupferdruckpresse oder Satiniermaschine gezogen. 


Die dünne Schicht des Kopierpapiers wird beim Drucken natürlich stark beansprucht, 
mehr als fünf bis sechs Drucke wird man kaum herstellen können. Zur Verbreitung des Bildes 
in großer Auflage muß daher ein guter Abdruck reproduziert werden, um das Bild dann vom 
Klischee drucken zu können. 

Direkt vom Original kann man aber auch kleine Auflagen drucken, wenn man die 
Radierung nicht auf der Kopie selbst, sondern auf einer darübergelegten steifen Gelatine- 
oder Cellonfolie ausführt. Die Arbeitsweise ist die gleiche wie oben. €s handelt sich dabei 
um eine Art Durchpausen mit der Graviernadel. Die dicke Solie hält natürlich mehr Druck- 
gänge aus als die dünne empfindliche Papierschicht. Jm Aussehen sind die nach der ersten 
bzw. zweiten Art gemachten Radierungen allerdings etwas verschieden. Der Schnitt auf der 
Gelatinefolie ist nämlich efwas glatter und härter gegenüber dem Riß in die Schicht der 
Kopie. Statt in der Kupferdruckpresse zu arbeiten, kann man den Druckarton auch mit 
Benzin kräftig anfeuchten und unter leichtem Druck (2. B. in einem gut federnden Kopier- 
rahmen) auf die Radierung aufpressen. Mach einiger Zeit saugt sich die Farbe aus der 
Radierung in den Druckkarton hinüber. | 

Nicht zu verwechseln mit den hier genannten Verfahren ist die sogenannte Licht- 
radierung. Sie wird so ausgeführt, daß Linien aus einer geschwärzten Glasplatte aus- 
geschabf werden, wodurch man ein kopierfähiges Negativ erhält. Lediglich die Ausführungs- 


27 


technik ist bei ihr die gleiche wie die der Radierung. Der Bildeffekt ist ein anderer. 
Kopien von solchen Platten sehen nicht wie Radierungen, sondern eher wie Strichzeichnungen 
aus. Zwei Vorteile aber bringt die Methode mit sich: Erstens erhält man sofort ein kopier- 
fähiges Negativ, und zweitens läßt das Radieren auf der Glasplatte eine exakte Sfrichführung 
zu, so daß man sehr feine und gleichmäßige Linien ziehen kann. 

Es sei darum kurz ein Arbeitsweg gestreift, wie man, von der Photographie ausgehend, 
eine solche Radierung herstellen kann. Ist die Möglichkeit gegeben, für diesen Zweck eine 
spezielle Aufnahme zu machen, dann wird die Platte wie gewöhnlich entwickelt. Statt sie 
aber zu fixieren, spült man sie nur in Wasser, das mit Salzsäure angesduert wurde, ab und 
trocknet sie. Nun kann man auf dem Refuschierpult die Radierung ausführen. Nach deren 
Sertigstellung wird die Platte noch einmal kurz in konzentrierten Entwickler getaucht, bis 
sie anzulaufen beginnt. Man spält sie dann oberflächlich ab und stellt sie sofort auf den 
Trockenbock, wo sie sich während des Trocknens noch weiter schwärzt. Flecken und Schleier- 
bildung, die dabei auftreten, stören weiter nicht, sofern die Platte in der Durchsicht ge- 
nügend gedeckt erscheint. Nach dem Radieren darf die Platte nicht mehr vom entwickler 
stark durchfeuchtet werden, weil sich die Linien bei Erweichung der Gelatine leicht verziehen 
könnten und außerdem ,Randkrduseln* an den Schnitträndern zu gewärtigen wäre. 

Besitzt man bereits ein fertiges Negativ, nach dem eine Radierung angefertigt werden 
soll, oder wünscht man das Negativ als solches zu erhalten, dann führt man die Arbeit auf 
dem Umweg über das Durchpausen aus. Das [legatio wird mit der Schichtseite nach oben 
auf das Retuschierpult gelegt und darauf eine der Originalschachtel entnommene Bromsilber- 
platte gleicher Größe, ebenfalls mit der Schichtseite nach oben, gedeckt. Die Bromsilberplatte 
darf nicht zu dicht, d. h. undurchsichtig, sein und keinen braunen Zwischenguß besigen. Am 
besten eignet sich die Agfa-Autolith-Platte hierfür, die eine dünne, leicht zu bearbeitende 
Schicht besitzt. Auf der Platte wird dann mit dem Oravierstichel oder einem spitz ge- 
schliffenen Schabmesser die Radierung ausgeführt. Was oben über das Entwickeln und 
Trocknen gesagt wurde, gilt hier natürlich in gleicher Weise. 


Statt mit dem Messer oder Stichel in Strichmanier zu arbeiten, kann man auch mit 
Nadelbüschel, Bimsstein, Glaspinsel oder Sandpapier flächig arbeiten, wodurch man wieder 
anders geartete Effekte erzielt. Das Bild entsteht in jedem $all aus mehr oder weniger 
transparenten Linien oder Liniengruppen, die sich in ihrer Gesamtheit zu einem kopierfähigen 
Negativ zusammensetzen. Wer die Arbeitsweise mit den genannten Werkzeugen vom Radieren 
auf Metallplatten her kennt, wird ihre Verwendung auf dem hier besprochenen Gebiet ohne 
weiteres auszuwerten wissen. 

Die Zeichnung, ob Kohle-, Kreide- oder Bleistiftzeichnung, ist jene Kunstgaltung, die 
Bildwirkungen ergibt, welche der Photographie am nächsten kommen. Durch einen mehr 
oder weniger intensiven Auftrag, durch Wischen und Radieren läßt sich eine lange Skala 
der verschiedensten Grauwerte erzielen. €s liegt daher nahe, diese Art der manuellen Bild- 
gestaltung auch in das vorliegende Gebiet des zwangläufigen Nachzeichnens einzubeziehen, 
weil man ohne tiefgreifende Anderung des Bildcharakters und ohne Verzicht auf Tonwerte 
bzw. deren Verschiebung ziemlich mühelos ein harmonisches Bild erhalten kann, das sich 
von dem photographischen Original (von Weglassungen oder Vereinfachungen abgesehen) 
lediglich dadurch unterscheidet, daß der charakteristische manuelle Bildaufbau zutage tritt. 
Ob man nun weich — durch Wischen und Jneinanderarbeiten — oder hart — durch Stehen- 
lassen der Striche und der Schraffuren — arbeitet, bleibt dem Stilempfinden in Hinsicht 
des zu schaffenden Bildes überlassen. 

]m vorliegenden $all handelt es sich nur darum, wie von der Photographie ausgehend 
eine Zeichnung gemacht werden kann. Der Stil derselben muß in jedem Salle unabhängig 
von der Ausführungstechnik gefunden werden. Jm einfachsten Sall kann man auf Pauspapier 
oder einem anderen transparenten Papier arbeiten, das man über die Kopie legt. Allerdings 
ist man dabei in Hinsicht auf das deutliche Erkennen der daruntergelegten Kopie beschränkt. 
Wird statt Pauspapier transparentes lithographisches Kornpapier verwendet und mit litho- 
graphischer Kreide gezeichnet, so ist die Möglichkeit gegeben, das Bild direkt auf den Stein 
abzuziehen, wodurch ein druckfähiges, seitenrichtiges Klischee erhalten wird. Die Zeichnung 
auf Kornpapier besteht nämlich nicht aus geschlossenen Slächen wie die auf glattem Paus- 
papier, sondern sie se&t sich aus lauter einzelnen Punkten zusammen, stellt mithin eine Raster- 


28 


zeichnung dar. Solches transparentes Kornpapier ist in verschiedenen Rasterprägungen er- 
háltlid. Das Durchpausen gestaltet sich etwas bequemer, wenn statt einer Kopie ein Diapositio 
verwendet wird und wenn man auf dem Refuschierpult arbeitet, weil man so eine bessere 
Durchsicht hat. Allerdings ist man auf diese Weise an die Originalgröße des Diapositives 
gebunden und nicht in der Lage, bei kleinem Sormat größere Zeichnungen herzustellen. 
Außerdem ist die Tiefe der Deckung nicht ohne weiteres festzustellen, da der Ton der Zeichnung 
sich ja nicht von reinem Weiß, sondern von einem Grau abhebt, das abhängig ist von 
dem jeweiligen Grauwert der darunterliegenden photographischen Bildpartien. €s liegt daher 
nahe, die Zeichnung nicht über einem Positiv, sondern über einem Negativ auszuführen. Man 
kann den Tonwert des tiefsten Schwarz dann leicht feststellen, da er 5ій ja vom hellsten 
Педаһобоп abheben muß. Ebenso verhält es sich mit den lichten Tönen, die sid naturgemäß 
von tieferen Grauwerten des Ilegatios in gleicher Intensität der Deckung abheben müssen. 
Kurz — man arbeitet so, daß in der Durchsicht alle Bildanteile gleichmäßig gedeckt er- 
scheinen, indem sich dunkle Negafivanfeile mit hellen Bildpartien zu einer ebenso starken 
Deckung addieren wie helle Negativanteile mit dunklen Bildpartien, so daß schließlich der 
Aufbau des Bildes (solange Negativ und Zeichnung aufeinanderliegen) infolge der gleich- 
mäßigen Schwärzung beinahe nicht mehr zu erkennen ist. 

Eine gute Methode ist vor allem die folgende, weil sie bei gleicher Ausführung freie 
Papierwahl und jede beliebige Bildgröße zuläßt (Abb. 4): Man projiziert zu dem Zweck das 
Negativ im gewünschten Sormat auf das gewählte Zeichenpapier. Mit dem Stift wird dann 
so lange gezeichnet, bis das projizierte Bild beinahe nicht mehr erkennbar ist, da die dunkelsten 
Partien in die Lichter kommen und die hellsten Töne den undurchsichfigsten Negativpartien 
aufsigen müssen. Die Arbeit muß im verdunkelten Raum ausgeführt werden. Man hat die 
beste Kontrollmdglichkeit über den Fortschritt der Zeichnung, wenn man zwischendurch immer 
wieder einmal das fidit im Raum andreht oder eine Mattscheibe vor das Objektiv hält. 

Es ist klar, daß in gleicher Weise auch umgekehrt, also weiß in schwarz, gearbeitet 
werden kann. Staff des weißen Papiers wird ein schwarzes oder graues verwendet und 
darauf mit weißer Kreide gezeichnet, und zwar so, daß jetzt die undurchsichtigen Negativ- 
partien überdeckt werden. Besonders geeignet ist diese Weißschwarztechnik zur Ausführung 
von druckfähigen Rasterarbeiten auf sogenannten Schabpapieren. Sie werden in den ver- 
schiedensten Rasterarten in den Handel gebracht, 

Man wählt sim zunächst ein mittleres graues Raster (Halbton). Unter dem Vergröße- 
rungsapparaf werden die Lichter mit dem Schabmesser weggeschabt und die Schwärzen mit 
Tusche aufgesetzt. Um eine noch größere-Tonskala zu erhalten, kann man auch mehrere 
hellere und dunklere Rasterpapiere den Konturen пай ausschneiden und aneinanderkleben 
(Abb. 5). So wird eine Zeichnung erhalten, die direkt druckfähig ist und sich sogar zur 
Wiedergabe in Tageszeitungen eignet. 

Hiermit wären die üblichsten Ausdrucksformen, die die Graphik hat, angeführt. Der 
Zweck dieser Zeilen war, einen Überblick über die Möglichkeiten zu geben, wie die genannten 
Arten auf Basis der Photographie ausgeübt werden können. 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Direkte positive Papierbilder nach Blaupausen. 


Es ist bekannt, daß im allgemeinen negative Blaupausen in der Art reproduziert werden, 
daß man auf hochorthochromatisch - photomechanischer Platte mit stärksten: (dichtestem) Gelb- 
filter oder — besser noch — auf panchromatisch- photomechanischer Schicht unter Zuhilfe- 
nahme eines Orange- bzw. Rotfilters zunächst die Aufnahme macht. Die Agfa-Autolith- 
platten, die sich bekanntlich durch eine sehr dünne Schicht auszeichnen, aber bei Verwendung 
geeigneter hartarbeitender Hydrochinonentwickler trogdem sehr harte und dabei außerordentlich 
scharfe Negative liefern, haben sich für diesen Zweck sehr gut bewährt; sie werden auch 
panchromatisch sensibilisiert geliefert. Die Kopie von einem derart erhaltenen Negativ wirkt 
natürlich „negativ“ wie die Vorlage, d. h. die Linien sind weiß und der Grund ist schwarz. 
Wollte man ein Positiv erzielen, so müßte man entweder die negative Papierkopie in ein 
Positiv umwandeln, wozu sich — wenn die Kopie einwandfreie klare Linien zeigt — das 
seinerzeit von Professor Mente empfohlene Verfahren der Umkehrung mit wasserfester Aus- 


29 


ziehtusche eignet, oder man müßte noch ein Diapositio vom [legatio anfertigen (am besten 
vielleicht auf Autolith-Silm oder einem anderen guten phofomechanischen Film) und dieses 
dann auf Papier kopieren. 

Beide Wege sind umständlich, zeitraubend und reichlich kostspielig. Єз dürfte daher 
für manchen Lichtbildner von Interesse sein, ein Verfahren zur Herstellung direkter Positive 
auf Papier nach negativen Blaupausen kennenzulernen, das ein Japaner namens Takashi 
Suzuki ausgearbeitet hat. „Asahi-Camera“ berichtet darüber im Sebruarheft auf Seite 248 
folgendes: Das Verfahren soll hauptsächlich dann Anwendung finden, wenn — wie es häufig 
der Sall ist — nur eine einzige Kopie oder vielleicht ein paar Stück verlangt werden. Bei 
größeren Auflagen erscheint es weniger praktisch. 

Man nimmt ein Blatt hochempfindliches Bromsilberpapier (eine bestimmte Marke 
wird nicht genannt, und deshalb wird man gut fun, zunächst zwei oder drei verschiedene 
Sorten zu versuchen und die beste davon ein für allemal für diesen Zweck zu benufen) 
und sensibilisiert es auf einfachste Weise für langwelliges Licht. 

Zu diesem Behufe braucht man nur ein ganz einfaches Sensibilisierungsbad anzusetzen 
und benötigt außerdem noch einen breiten weichen Dachshaarpinsel (Abstaubpinsel) und einen 
Ventilator. Der Sensibilisator zeigt folgende Zusammensetzung: 


Pinacyanol-(1 : 1000)fósung . be ὦ ὡς 0% ] ccm, 
destilliertes Wasser 50, 
Athylalkohol . . . . . . bw wow 225: 7, 


Nun befestigt man das Bromsilberpapier unter Benugung von Stoßnägeln auf einem 
mit sauberem Papier bedeckten Reißbrett oder einer anderen geeigneten Unterlage und streicht 
unter Zuhilfenahme des breiten Pinsels die Sarbstofflósung auf das Papier. Selbstverständlich 
bei geeignetem grünem Licht, denn das Bromsilber wird ja durch dasPinacyanol panchromatisch 
sensibilisiert. Es ist zweckmäßig, je nach Dicke der Bromsilbergelatineschicht, eine gewisse 
Aufstrichzeit gleichmäßig einzuhalten; 3 Minuten dürften aber stets genügend sein. Nachher 
ist das Papier am Ventilator zu trocknen, was auch in längstens 15 Minuten geschehen dürfte, 
zumal der Sensibilisator Alkohol enthält. 

Das trockene, panchromatische Bromsilberpapier wird nun zwecks Belichtung zwischen zwei 
klare Glasplatten gelegt und dann in die Kassette getan. Die Scharfeinstellung ist selbstoerstándlich 
um den Betrag der vorderen Glasscheibendicke zu verrücken, und zwar nach dem Objektiv zu. 

Über das Entwickeln ist nicht viel zu sagen; jeder klar arbeitende Hervorrufer ist ver- 
wendbar. Daß man nur bei grünem Licht (oder nach Desensibilisierung) entwickeln darf, ist 
ja wohl ohne weiteres klar. Vielleicht lassen sich die neuen grünen Osramlampen für diesen 
Zweck gut verwenden. Nach dem Entwickeln empfiehlt Suzuki noch die Verwendung eines 
Schwefelsäurebades, doch wird man dieses nach Ansicht des Referenten wohl auch fortlassen 
können. Man erhält mit diesem Verfahren, sofern man ein Prisma oder einen Umkehrspiegel 
am Objektiv befestigt, eine seitenrichtige positive Kopie (schwarze Linien auf weißem Grunde). 
Die Qualität der erhaltenen Bilder ist recht gut, sofern man ein geeignetes Bromsilberpapier 
herausgefunden hat, das sich gut sensibilisiert. Me. 


Personalien. 
Zum Tode George Castmans. 


Wohl jeder hat von dem plößlichen Ableben dieses Mannes gehört, dessen Name und 
mehr noch dessen Schöpfung: der ,Kodak*, in allen fünf Kontinenten gleich bekannt ist. 

Castmans Lebensweg ist seltsam genug. In ärmlichen Verhältnissen verlebte er seine 
Jugend. Mit 14 Jahren wurde er Versicherungsagent und verdiente zunächst 3 Dollar in 
der Woche. Aber zwei Jahre später geht er zu einem anderen Konzern über und bekommt 
bereits 35 Dollar monatlich. Später ging es ihm besser, und er konnte sich seiner Jugend- 
liebhaberei, der Photogrophie, wieder zuwenden. Eastmans sorgfältig geführtes Ausgaben- 
buch verzeichnet nicht allein die kleinen Beträge, die er für Eiscreme usw. ausgibt, sondern 
auch einen Posten von 94 Dollar, die er für einen Apparat mit Optik und Zubehör opferte. 
Er ließ sich von einem ortsansässigen Photographen im nassen Kollodiumverfahren unter- 
weisen, erkannte aber bald mit sicherem Blik, daß die Photographie nur dann Gemeingut 
aller werden könne, wenn man sie beträchtlich vereinfache. | 


30 


Da geriet ihm ein englisches Rezept (von Dr. Maddox) zur Herstellung von Trocken- 
platten in die Singer, und er begann danach zu arbeiten. Aber ohne Erfolg. Schnell ent- 
schlossen fuhr er пайт England und kaufte von der Sabrik, die damals die besten Platten 
fabrizierte, deren Herstellungsoerfahren. Zu Hause wieder angekommen, fand Eastman, daß 
seine erste Vorschrift auch gute Platten gab, sobald nur die richtige Gelatine verwendet 
wurde. Er kniefe sid nun mif der ganzen ihm zur Verfügung stehenden Energie in die 
Herstellung von Trockenplatten; am Tage arbeitete er іп der Bank, nachts experimentierte 
er, und Sonntags schlief er sich aus. €s gelang ihm auch 1879 die Herstellung einer brauch- 
baren Gießmaschine, und schon im nächsten Jahre etablierte er sich als Sabrikant von Trocken- 
platten. Tag und Nacht mußte er arbeiten, um allen Wünschen nach seinen Erzeugnissen 
gerecht werden zu können. 

Noch steckte er in allerhand Schwierigkeiten, wie sie eine so heikle Fabrikation wie 
die der Trockenplatten mif sich brachte; da sann Eastman bereits darüber nach, wie man 
wohl die schwere, zerbrechliche Glasplatte durch biegsames, leichtes Material (Film) ersegen 
könne. €s entstand zuerst der Abziehfilm auf Papier, ein Erzeugnis, das etwa unserem 
»Plattenfort* bzw. dem Mimosa-Abziehfilm in der Kriegszeit entsprach. Später (1886) engagierte 
er einen deutschen Chemiker (Reichenbach) zur Ausarbeitung eines durchsichtigen Silms. 


Bis zu diesem Zeitpunkt nahm der geniale Erfinder vornehmlich die Interessen der 
Berufsphotographen und der wenigen Amateure wahr, die ein befrächtliches Maß von 
Kenntnissen besigen mußten, wenn sie es zu etwas bringen wollten. Die „Photographie 
als Massensport* war aber das Ideal, das Eastman vorschwebte. Jeder sollte photo- 
graphieren können. „Sie drücken auf den Knopf, wir besorgen das übrige* war der 
Slogan, der die Welt aufhorchen machte. Der 1888 eingeführte erste Kodak - Kastenapparat 
war gewiß noch keine vollkommene Lösung des Problems; er benutzte den abziehbaren 
Papierfilm und mußte an die Sabrik zwecks Entwicklung und Wiederaufladens mit frischem 
Silm für 100 Aufnahmen eingesandt werden. Aber schon im nächsten Jahre erschien die 
zusammenlegbare Kodak-Kamera und der transparente Zelluloidfilm, und jetzt waren alle 
Grundlagen für eine weite Verbreitung der Amateurphofographie geschaffen. 1896 trat die 
Kinoindustrie mit ihrem gewaltigen Silmverbrauch hinzu, und die Produktion vergrößerte sich 
von Tag zu Tag. Allmählich entstand jenes Riesenunternehmen in Rochester, das eine 
ganze Stadt mit eigenen, von Eastman unterhaltenen Krankenhäusern, Wochenheimen, 
Theatern, Parks, Konzerthallen darstellte; es wurden Silialfabriken in anderen Ländern er- 
richtet. Der arme Junge und Bankbuchhalter von ehedem besaß jetzt bereits ein Vermögen 
von 500 Millionen Dollar; viele Tausende von Arbeitern und Angestellten schafften für ihn. 


Aber obgleich er alles erreicht hatte, was er sich wünschte, ruhte sein Geist doch 
nicht. Die Apparate wurden weiter verbessert, vor allem ein guter Kinoaufnahme- und 
-wiedergabeapparat für Schmalfilm geschaffen, damit auch die Kinematographie Volkssport 
werden kann. Die farbige Kinematographie erhält durch die Einführung des Linsenrasterfilms 
einen neuen Impuls. $ür alles hat €astman neben der Leitung seines Weltunternehmens 
Zeit gehabt, nur nicht für sich. Als Mann von 68 Jahren machte er seine erste größere 
Erholungsreise ins Ausland, die ihn nach Zentralafrika führte. 

Die Millionengewinne seines Unternehmens verwendete er in großherziger Weise. Als 
„Mr. Smith* soll €astman allein dem Technologischen Institut zu Massachusetts, dem 
mehrere seiner technischen Leiter entstammten, etwa 15 Mill. Dollar gestiftet haben. 
Auch die Universität zu Rochester erhielt große Zuwendungen; Rochester bekam von East- 
man eine Musikschule sowie ein Theater. Jm Jahre 1927 überraschte dieser Großindustrielle 
die Stadt London mit einer prachtvoll ausgestatteten Zahnklinik, die 300000 Pfund Sterling 
kostete. 10 Jahre zuvor hatte Rochester eine ähnliche Klinik bekommen, und viele andere 
philantropische Unternehmungen in aller Welt wurden mit reichen Unterstüßungen bedacht. 
Man schätzt die Gesamtsumme auf etwa 20 Mill. Pfund Sterling. 

Mit 75 Jahren zog sich der nimmer Rastende von seinem wohlorganisierten Geschäft 
zurück. Ein Jahr später wurde er krank, aber auch innere Müdigkeit als Reaktion einer über- 
mäßigen Beanspruchung seines Geistes und Körpers drückten ihm die fodbringende Waffe in 
die Hand. Wie es Eastman im Leben vermied, irgendwie hervorzutreten, so nahm er auch 
von dieser irdischen Welt Abschied. Er hinterließ einen Zettel mit den knappen, aber viel 
besagenden Worten: „Meine Arbeit ist getan, wozu noch warten?“ 


31 


Marie Kundt f. 

Rm 2. April ist die hodwerdiente Direktorin der „Photographischen Lehranstalt des 
Cette-Vereins* nach kurzem schwerem Leiden im Alter von 62 Jahren sanft entschlafen. 
Marie Kundts Tätigkeit war eine außerordentlich vielseitige. Sie haf nicht nur die ihr 
unterstellte Lehranstalt mit sicherer, zielbewußter Hand geleitet und den Sorderungen der 
Zeit durch ständige Erweiterung der Arbeitsgebiete mustergültig angepaßt, sondern sie war 
auch der freue $reund ihrer Untergebenen sowie aller ihrer Schülerinnen. Wer jemals mit 
Marie Kundt zu tun gehabt hat oder wer sie eine Versammlung leiten sah oder auch 
einen technischen Vortrag von ihr hörte, der war begeistert von der sympathischen Art und 
Weise, in der die leider viel zu früh Verstorbene ihre Aufgabe anfaBte und durchführte. 

So war denn auch der Andrang zu der Trauerfeier, die іп der stimmungsvoll ge- 
schmücten Aula des Cette-Vereins am 6. April stattfand, ein ganz ungeheurer. Das Handels- 
ministerium sowie zahlreiche Verbände, die teilweise ureigene Schöpfungen dieser bedeutenden 
Frau waren, endlidi auch der V. D. A. V., der Photographische Verein zu Berlin, die Deutsche 
Photographische Gesellschaft, in denen Marie Kundt als €hren- und Vorstandsmitglied ein 
stets gerne gesehener Gast war, sowie andere Korporationen hatten Deputationen entsandt, 
die am Sarge mit offensichtlicher innerer Rührung der hohen Verdienste unserer Verstorbenen 
gedachten. Wir alle haben tiefbewegten Herzens Abschied von der irdischen Hülle der Verstorbenen 
genommen. Jhr Andenken aber soll und wird in uns weiterleben. Mente. 


Dr. h. c. Arthur Sreiherr von Hübl 1. 

Nach Redaktionsschluß erreichte uns die Trauerbotschaft, daß dieser große Sorscher, dem 
die photographische Sachwelt und überhaupt die Wissenschaft so unendlich viel verdankt, nach 
langem, mit Geduld ertragenem Leiden am 7. April in Wien sanft entschlafen ist. 

Wir haben schon früher Gelegenheit genommen, auf die Verdienste des Gelehrten hin- 
zuweisen, und dabei auch der ungewöhnlich sympathischen Persönlichkeit von Hübls gedadht. 
Heute bleibt uns lediglich die traurige Pflicht, den Tod Dr. h. c. Arthur Hübls, wie er sich 
nach dem Umsturz in Österreich bescheiden nannte, den Lesern und $reunden unserer Zeitschrift 
geziemend mitzuteilen. Jn seinen Werken wie auch in den Herzen aller, die ihn persönlich zu 
` kennen das Glick hatten, wird von Hib! weiterleben — des sind wir gewiß. Mente. 


Russtellung. 


Ruf die im Hause der ,Juryfreien* in Berlin stattfindende Ausstellung „Das Meister- 
photo“ machen wir auch an dieser Stelle aufmerksam. Sie findet vom 16. April bis zum 
1. Mai statt und wird für die Bedeutung der Photographie der Gegenwart Zeugnis ablegen. 
Cine Besprechung erscheint im náchsten Heft. 


Zu den Rbbildungen. 


Die Aufnahmen von Elli Marcus behandeln das Thema ,$rauenbildnis*, dem der 
weibliche Photograph in psychologischer Hinsicht naturgemäß ein besonderes Verständnis 
entgegenbringen müßte. Hier trifft dies auch zu; denn wir haben selten eine so große Zahl 
anschaulicher und mannigfacher Srauenbildnisse von einem Photographen gesehen. Groß in 
der Sorm, stark im Ausdruck, knapp im Ausschnitt, anmutig und doch charakterooll, obwohl 
das weibliche Gesicht in dieser Beziehung zurückhaltend, weniger deutlich ist als das münn- 
liche. Die Aufnahmen sind unter Zuhilfenahme elektrischen Lichts gemacht, mit dem, wie 
wir wissen, die Lebendigkeit des Bildeindrucks leichter variiert und durch kleine Akzente, 
Kontrastierung und Slächigkeit gesteigert werden kann. Die großen Köpfe, das betonte Profil 
der Geigerin, das Doppelbildnis wie die Aufnahme der Tänzerin sind besonders beredte Be- 
weise für die ausgezeichnete Verwendbarkeit des Kunstlichts. 

Die anschließenden acht Abbildungen illustrieren den interessanten Artikel „Photographik 
im Dienste der Propaganda“. | 


32 


LAZI, G.D.L. STUTTGART 12 BILDER DER AUSSTELLUNG DAS MEISTERPHOTO- 


1 


E. COUBILLIER, KOLN 


ANNE BIERMANN, GERA 


AUF AGFA-FILM 


BINDER, BERLIN 


VOGEL-SANDAU, BERLIN 


HANS LUDEWIG, DRESDEN 


A. PERSON, FRANKFURT A. M. 


FRITZ ALTER, G.D.L., ZWICKAU 


μιν нынан p ou | . eee 


< 


p — X] 


STE RT A TS EE EE ICM EEE 0 


Tagesfragen. (Nachdruck verboten.) 


m Schlusse der „Tagesfragen“ des Aprilheftes war gesagt worden, daß die Sorde- 

rungen der Kinematographie mit denjenigen der photographischen Kameras, die 
NBI sich des Kine-Normalfilms als Педайотаќегіа! bedienen, ziemlich konform gehen. 
) a Ganz strenge darf dieser Satz natürlich nicht ausgelegt werden, denn es ist nicht 
SS gleichgültig, ob das Auge in der Sekunde eine ganze Reihe schnell gegeneinander 
ausgetauschter Bilder auf dem Projektionsschirm erblickt (wobei gar keine Möglichkeit besteht, 
das Einzelbild zu analysieren), oder ob es ein einziges „Standbild“ auf Papier vor sich hat. 
Wenn auch der Betrachtungsabstand mit dem Vergrößerungsmaßstab wächst, so geht man 
doch unwillkürlich einmal näher an das vergrößerte Papierbild heran, und da erkennt man 
dann allerhand Schwächen, darunter auch das vergrößerte Negativkorn. Beim „lebenden“ 
Bild ist das nicht ohne weiteres möglich, weil der Bildwechsel viel zu schnell erfolgt; die 
Körnigkeit macht sich im allgemeinen erst dann störend bemerkbar, wenn sie so stark ist, 
daß das sogenannte „Würmerkriechen“ auftritt. Dieses ist bekanntlich eine Solge davon, dak 
die Körner der schnell nacheinander projizierten Kinobildchen selbstverständlich nicht auf- 
einanderfallen. Das Auge empfindet dann eine Art Eigenbewegung der Körner, unabhängig 
von der Bildprojektion, und diese Eigenbewegung nennt man treffend „Würmerkriechen“. 

Aber selbst wenn wir annehmen wollten, daß eine weitere Kornverfeinerung erreicht 
würde, so wäre damit auch noch nicht allzuviel gewonnen. €s bleibt nämlich die Tatsache 
bestehen, daß mit der Verkleinerung des Brennweite des Objektivs, die ja in gewissem Sinne 
mit der Verkleinerung des Bildformats parallel geht und — wie wir bereits sahen — bei 
der neuen, mit 16 mm Schmalfilm arbeitenden Kamera nur noch 21/, cm beträgt, die Zone 
der Unendlicheinstellung sehr nahe an den Photographierenden heranrückt. Das bedeutet 
aber praktisch, daß alle im Bilde dargestellten Objekte gleich scharf abgebildet werden. 
Sie „kleben“ im positiven Abzug oder auch in der Vergrößerung aufeinander — wie der 
Praktiker sich auszudrücken pflegt. Und damit begeben wir uns des einzigen Hilfsmittels, 
das uns in der mit Zentralprojektion arbeitenden Photographie zur Verfügung steht, um 
die Raumtiefe wenigstens anzudeuten. Durch Verwendung von Objektiven mit einem ganz 
besonders großen Öffnungsverhältnis und — in Verbindung damit — durch eine überaus 
genaue Scharfeinstellung auf die näher gelegenen charakteristischen Bildobjekte läßt sich 
zwar in manchen fällen noch etwas retten. Deshalb ist auch der Einbau bzw. die Kupplung 
eines besonders exakt arbeitenden Entfernungsmessers mit dem Kameraobjektiv von allen 
Besitzern der Leica so besonders dankbar begrüßt worden. Andere Fabrikanten werden noch 
folgen, soweit sie es nicht schon getan haben. 

Schließlich wollen wir uns bei Aufzählung der Nachteile, die eine allzu starke Verkleine- 
rung des Aufnahmeformats mit sich bringt, noch daran erinnern, daß kleine Sehler in der 
Emulsionsschicht oder zufällig auf die Schicht geratene Sremdkórper naturgemäß viel mehr 
Schaden anrichten als bei einem größeren Format. Ein vielleicht 0,5 qmm großer durch- 
sichtiger Fleck, der bei einem 6 x 9 cm großen Rufnahmeformat noch leicht mit farbe und einem 
spitzen Pinsel unschädlich gemacht werden kann, verdeckt bei 16 mm-Schmalfilmaufnahmen 
unter Umständen bereits sehr wichtige Bildteile, weil eben durch das kurzbrennweitige Objektiv 
alle Dinge viel stärker in der Größe reduziert werden. Man ersieht aus dieser Aufzählung, 
daß man doch nicht ungestraft das Rufnahmematerial ad infinitum verkleinern kann. 

Den Porträtphotographen könnte, von einem etwas engstirnigen Gesichtspunkt gesehen, 
die beschriebene Entwicklung der Dinge zwar ganz gelegen sein. Denn die Kluft zwischen 
Amateur und Sachmann wird dadurch in geradezu vorbildlicher Weise vergrößert. Hie Be- 
rufsphotograph — hie Amateur! — heißt es dann. Wenn alle Amateure mit einer wirk- 
lichen Kleinstkamera arbeiteten, so wäre — im Porträtfach mal ganz gewiß — diese Kon- 
kurrenz ganz ausgeschaltet. Denn aus den winzigen Negativen ohne korrekte Schärfenverteilung 
läßt sich auch durch Vergrößerung kein vollwertiges Porträt in „anständigem“, für Geschenk- 
zwecke geeignetem Sormat machen. €s kann wohl mal eine sehr nette Ausdrucksstudie 
glücken, aber von einem bewußt künstlerischen Arbeiten kann nicht die Rede sein. 

Andererseits glauben wir aber auch, daß selbst die Amateure bald den Geschmack am 
Photographieren verlieren würden, wenn der Sucht, das Aufnahmeformat ständig weiter zu 
verkleinern, nicht bald ein Ende bereitet wird. Kürzlich sprach ich mit einem Sachmann 
über diese Sragen, und er meinte, mich damit entwaffnet zu haben, daß er sagte: „Ja, von 

* 


35 


meinen feicaaufnahmen vergrößere ich auch oft Ausschnitte, die nicht größer sind als ein 
Einzelbild auf 16mm Schmalfilm.* Jch mußte ihm darauf entgegnen, daß beim Photographieren 
auf Schmalfilm doch wieder genau die gleiche Erscheinung auftreten werde. Auch da dürfte 
es sich nicht vermeiden lassen, daß das „Bildwichtige“, das „Vergrößernswerte“ nur die 
Hälfte der Silmbreite, ja vielleicht noch weniger Plat} einnehme. Und was dann? Die 
Antwort mußte er mir schuldig bleiben. 

Zum Schluß mag noch einmal ausdrücklich betont werden, daß die Leica und andere 
Modelle mit dem gleichen Aufnahmeformat (24 x 36 mm) besonders in dem Salle nicht als 
Kleinstkamera angesprochen werden sollen, wo sie mit einem sehr lichtstarken Objektiv, ge- 
nügend langer Brennweite und der neuen Entfernungsmesser-Objektiv-Kupplung benutzt 
werden. Aber schon das Einzelbild in 18 > 24 mm Größe und mehr noch dasjenige auf 
16 mm Schmalfilm gehören natürlich zu dieser Kategorie. 

Jm Interesse der Berufsphotographen, die als Selbstkäufer für solche Miniaturapparätchen 
wohl nicht in $rage kommen, darf man hoffen, daß nicht allzu viele Amateure diese Mode 
mitmachen. Denn dem Sachmann fällt später oft die undankbare Aufgabe zu, aus diesen 
kleinen „Schnipseln“ durch Vergrößerung ein „tadelloses scharfes Bild“ zu machen. Gelingt 
ihm das nicht, so ist der Verdruß da. Die Schuld wird niemals der Amateur bei sich und 
seinen Apparátchen suchen, sondern er macht — was ja auch viel bequemer ist — die- 
jenige Person für den Mißerfolg verantwortlich, die am wenigsten schuldig ist: nämlich den 
Photographen oder den Photohändler. 

Das Photographieren mit einwandfrei durchkonstruierten Kleinkameras ist eine An- 
gelegenheit, der man in allen Fällen zumindest Sympathie entgegenbringen darf, mitunter 
sogar aufrichtige Begeisterung. Aber mit den Miniaturformaten, die der Schmal- und selbst 
der llormalkinofilm (24 mm Breite) liefert, können wir uns nicht befreunden. Persönlich 
stehe ich sogar auf dem Standpunkt, daß eine Weiterentwicklung im Sinne einer ständigen 
Verkleinerung des Aufnahmeformats das Ende der Amateurphotographie bedeuten würde. 
Daran kann aber niemand gelegen sein. Mente. 


Uber das Kopieren zu kontrastreicher Negative. 
INachdruck verboten.) 

Іп zweiten Januarheft der „Photogr. Rundschau“ empfiehlt Erwin W. Rack bei der 
Kopierung von zu kontrastreichen Negativen, an diesen selbst keinen Eingriff vorzunehmen, 
sondern „mit Licht zu retuschieren*. Das heißt also, beim Belichten der Kopie den zu stark 
gedeckten Negatiopartien mehr Licht zuzuführen als den Halbtönen und Schatten. Der Ver- 
fasser benußt hierfür einen sogenannten Leuchtstab, eine elektrische Taschenlampe in Stabform, 
und reguliert den Durchmesser des austretenden Lichtstrahlenbündels mit Hılfe von verschieden 
großen Papierblenden, die er in die Hülse der über die Glühbirne geschraubten oder gestreiften 
Vergrößerungslinse seßt. Um nach erfolgter Allgemeinbelichtung zu wissen, welche Stellen einer 
Nachbelichtung bedürfen, markiert er die letzteren auf der Glasseite des Regatios mit Wasser. 

Die Resultate dieser Lichtretusche zeigt Rack an zwei Vergleichskopien, die mir aller- 
dings unglücklich gewählt erscheinen. Im übrigen mag gerne zugegeben werden, daß die 
mit Ceuchtstab nachbelichtete-Kopie in den Lichtern sehr viel mehr Details aufweist als die 
nicht nachbehandelte. In den schweren Schatten ist kein Unterschied von Belang feststellbar. 

Warum der Autor gerade auf den Gedanken verfallen ist, auf der Glasseite des llegatios 
die nachzubelichtenden Stellen mit Wasser zu markieren, ist schwer verständlich. Man 
möchte annehmen, daß einmal die Glasoberfläche das Wasser stark abstößt und somit die 
markierten Stellen sih verändern; außerdem dürfte das Wasser, falls man ihm nicht etwas 
Glyzerin zuseßt, sehr bald verdunsten. 

Jm allgemeinen wird eine Markierung aber schon aus einem anderen Grunde überflüssig 
sein. In den hohen Cichtern sind nämlich meistens alle Bromsilberkörner bis auf das Glas 
durchentwickelt, und diese Stellen heben sich dann durch eine hellere Sárbung von den 
übrigen, weniger belichteten Bildteilen ab. Diese Hellfárbung, die unerfahrene Lichtbildner 
häufig als Solge einer mangelhaften Sixierung betrachten (womit sie nicht dos geringste zu 
tun hat), hängt von zwei Umständen ab. Einmal befindet sich dort das Bildsilber in optischem 
Kontakt mit der Glasplatte, wodurch eine Art Spiegelwirkung entsteht, und zweitens ist das 


34 


— —— ——— — — — 


metallische Silber in der Tiefe der Schicht infolge der dort sehr stark wirksamen Brom- 
abspaltung tatsächlich etwas heller gefärbt, wobei die Korngröße mitspielt. 

Rn sich ist die Lichtretusche uralt. Man hat sie zur Zeit der Auskopierpapiere stärker 
kultiviert, wenn auch in etwas anderer Form. Mit einem Leuchtstab hätte man mit Chlor- 
silber-Auskopieremulsion wegen deren Unempfindlichkeit gegen langwelliges Licht wohl wenig 
Glück gehabt, und so bediente man sich eines anderen Tricks. Man „fakte“ z. B. .ein Brenn- 
glas, eine bikonoexe Linse, in ein Stück starke Pappe oder auch Holz und jonglierte nun 
mit dem von der Linse entworfenen mehr oder weniger scharfen Sonnenbild auf den zu 
dichten Bildteilen herum. Das Auskopierpapier gewährte dabei einen großen Vorteil gegen- 
über деп Entwicklungspapieren, nämlich den, daß man sich von dem Effekt der Machbelichtung 
jederzeit durch Öffnen des Kopierrahmens überführen konnte, während man beim Kunstlicht- 
papier auf die „ Schd&ung* der llegatiodidite angewiesen ist, die aber erfahrungsgemäß viel 
häufiger falsche Resultate gibt als ein einigermaßen richtiges. 


Jeder erfahrene Lichtbildner weiß vom Vergrößern her, daß das Machbelichten stark 
herausfallender, also erheblich zu dichter Bildteile hinsichtlich richtiger Abschätzung der be- 
ndtigten Zeit viel Übung erfordert und selbst dann noch Irrtümer oft vorkommen. Und dabei 
arbeitet man hier meist mit dem weicheren und empfindlichen Bromsilberpapier, das solche 
Nachbelichtungskorrekturen viel leichter auszuführen gestattet als ein härter arbeitendes 
Popier, wenn es audi sonst, wie ПасК ebenfalls betont, in den meisten Sällen keine be- 
friedigende Bildwirkung gibt. 

Sehr viel einfacher und sicherer wird die Aufgabe bereits, wenn wir uns der zwar 
auch altbekannten, aber doch sehr selten benutzten Methode des gleichzeitigen Belichtens 
und Vergrößerns bedienen, die sich namentlich bei den jetzigen Vertikalvergrößerungsoppa- 
raten leicht ausführen läßt. Allerdings muß bei Verwendung kräftig arbeitender Emulsionen 
diese entweder genügend lichtempfindlich sein (z. B. Rgfa-Brooira), oder die Lichtquelle muß 
sich in ihrer phofographischen Intensität dem Charakter des Kunstlichtpapiers anpassen. Die 
gleichzeitige Belichtung und Entwicklung kommt im Prinzip dem Arbeiten mit Auskopier- 
papier sehr nahe, hat aber vor diesem noch voraus, daß man den Effekt jeder Teilbelichtung 
mit dem Auge verfolgen kann, während man beim Auskopieren stets den Rahmen öffnen 
muß und auch dann nicht die ganze Bildfläche übersehen kann. 


Ruf jeden Sall bleibt die Cichtretusche mit dem Leuchtstab ein Behelf, der unter günstig 
liegenden Bedingungen wohl mal zum Erfolge führen mag, in schwierigeren Sällen aber ver- 
sagen wird, da man erstens die richtige Nachbelichtungszeit schwer trifft und weiterhin das 
Einhalten der Konturen usw. selbst bei Verwendung eines stark abgeblendeten, also sehr 
feinen Lichtstrahls manchmal unüberwindliche Schwierigkeiten bieten dürfte. Gerade bei Ab- 
bildungen von Lichtquellen, die durch Diffusionslichthof ,unscharf* vergrößert erscheinen und 
nicht auf glasklarem, sondern mäßig gedecktem Hintergrund stehen, ist es verdommt schwer, 
wenn nicht unmöglich, die beabsichtigte Wirkung, nämlich gute Durchzeichnung der Licht- 
quelle und ihrer nächsten Rachbarschoft, ohne Beeinträchtigung des übrigen Bildes (Hinter- 
grundes) zu erzielen. | 

Haben wir aber ein Negativ mit scharf konturierten und dabei erheblich zu dichten 
Teilen, z. B. einen Durchblick durch ein Tor, ein Senster usw. in die offene, sonnenbeschienene 
Landschaft, so haben wir genug andere und sicher wirksame Mittel, um die Harmonisierung 
im Positiv zu erreichen. Man kann 2. В. die Rückseite des Negativos mit gefärbtem Kollodium 
oder auch gefärbter Schellacklösung (Hamlak usw.) übergießen und dann die zu stark ge- 
deckten Stellen mit einem Schabemesser (Stichel) herauskragen. Bei Film ist dieses Ver- 
fahren zwar nicht anwendbar, aber wohl kann man den ganzen біт in neutraler Per- 
manganatlösung baden, wobei er je nach Konzentration der letzteren eine gelbbräunliche 
Sárbung erhält. Nach oberflächlicher Antrocknung nimmt man an den Stellen, wo die Schwárzung 
zu groß war, mit einem іп verdünnte Natriumbisulfitldsung (saure Sulfitlauge) getauchten 
Pinsel die Braunsteinfärbung wieder restlos fort, und zwar kann das je nach Bedarf entweder 
nur auf einer Seite oder auf beiden geschehen. 

Das sogenannte Rehalogenisierungsoerfahren (Verwandlung des schwarzen Bildsilbers 
in Chlor- oder Bromsilber, worauf man später nur so weit wieder entwickelt, bis lediglich 
die höchsten Lichter, von der Rückseite betrachtet, noch unverändert erscheinen) ist und bleibt 
eine unsichere Angelegenheit. Durch einige von Namias angegebene Kunstgriffe kann man 


35 


das Verfahren wohl etwas sicherer gestalten, aber für den Durchschnittsphotographen ist die 
Methode doch nicht geeignet. 

Die Ammoniumpersulfatabschwächung ist bereits oon Nack in seinem Artikel zitiert, 
auch die Andresensche Rezeptur mit Thiosulfat, die zwar nicht rein „persulfatartig“ arbeitet, 
aber doch die Lichter erheblich stärker angreift als die Schatten. Troßdem unzählige Unter- 
suchungen über die Persulfatabschwächung vorliegen, hat man ihr ihre Unsicherheit doch noch 
nicht ganz nehmen können. Merkwäürdigerweise benehmen sich die verschiedenen Persulfate 
des Handels ziemlich verschieden. Persönlich habe ich wiederholt erlebt, daß bei einem und 
demselben Negativ, das ich vorher zerschniften hatte, ein Erzeugnis absolut korrekt ab- 
schwädhte, während das andere zunächst überhaupt nicht und dann ganz unregelmäßig an- 
fakte. Stellen gleicher Schwärzung waren 2. B. zur Hälfte stark abgeschwächt, während die 
andere Hälfte vollkommen unbeeinflußt blieb. Gewisse Verunreinigungen des Persulfats 
scheinen hier mitzuspielen, und in der Tat kann man Lösungen, die nicht angreifen wollen, 
durch Zusatz von einem oder zwei Tropfen fünfprozentiger Silbernitratlósung dazu bewegen, 
ihre Mission zu erfüllen. 

Zum Schluß mag noch erwähnt werden, daß die in Heft 3 (1932) des „Atelier“ be- 
schriebene Schichtoberflächenabschwächung gerade bei Aufnahmen, welche Lichtquellen im 
Bildfeld zeigen, sehr gute Resultate ergeben kann. Hier wird auch in den meisten Sällen 
eo ipso die Bedingung erfüllt sein, daß das Negativ auf höchstempfindlicher Platte hergestellt war. 

Ruf jeden Sall lohnt sich aber ein Versuch mit der beschriebenen Methode an einer 
Stelle des Negativs, die verhältnismäßig nebensächlicher Natur ist. Sieht man dann, daf 
die „Abschwächung“ vorwiegend in den Lichtern erfolgt, während die Schatten unverändert 
bleiben, so darf man unbekümmert an die bildwichtigen Stellen herangehen, da eine Gefährdung 


des llegatios ganz ausgeschlossen ist. Mente. 
Stilfragen des Porträts. 
Von Dr. €mil Kaufmann. [Nachdruck verboten.] 


Das Modell. 


In der Lichtbildnerei bedeuten Stilfragen in erster Linie die Probleme des künstlerischen 
Maßes, des Zuviel oder Zuwenig an Kontrasten, der Dosierung von Hell und Dunkel, sowie 
der Dimensionierung der Bildteile in ihrer absoluten Größe und ihren relativen Verhältnissen. 
Sast noch wichtiger sind aber die Probleme der Gestaltung. Dazu zählen die $ragen nach 
den Möglichkeiten und Grenzen der Umwandlung des Raturvorbildes zu ornamentaler Kunstform 
oder zu reinen Stimmungswerten, die $rage nach der Wiedergabe des Modells, wie es sih ohne 
olle Korrekturen — unverarbeitet — dem Auge darbietet, die $ragen über die künstlerische 
Zweckmäßigkeit des Auslassens und die noch ungleich heikleren Sragen des Dazutuns zum 
gegebenen Vorwurf. Man sieht: die Stilfragen in der Photographie, ob es nun ums Bildnis geht oder 
um die Landschaft, das Sittenbild oder Stilleben, sind zahlreich. Den Problemen ausweichen oder 
ihre Bedeutung leugnen, heißt von vornherein im Handoerklichen steckenbleiben. Wem das genügt 
oder wer glaubt, auf dieser Stufe leichter zu seinem Brot zu kommen, der mag danadı handeln. 
Wir aber meinen, daß die künstlerische Durchdringung des Handwerks und die Durchgeistigung 
des Technischen, ganz abgesehen davon, doß sie die Arbeit erhöhen, auch materielle $rüchte tragen. 

Wenn man sich darüber Klarheit verschaffen will, was man mit dem Objekt machen 
kann, um über die Reproduktion der Wirklidikeit zum Bild zu gelangen, und wenn man 
sich weiter Rechenschaft geben will, was man machen darf, wenn man die Natur nach seinem 
Sinn deuten will, dann wird man "nicht die Stilfragen der ‚gesamten Cichtbildnerei auf einmal 
zur Diskussion stellen, sondern sich auf einzelne Gebiete beschränken. Jede Auseinanderseßung 
mit der künstlerischen Entwicklung sollte überhaupt erst stattfinden, sobald man die grund- 
säßlichen Vorfragen bereinigt hat. An dieser Stelle werden wir die Gesetze des Bildnisses einer 
Untersuchung unterziehen, unser Thema auf die einfachste Art unterteilen und den Stil des 
Bildnisses in seinen drei Elementen suchen: im Bildvorwurf, im Beiwerk und im Hintergrund. 

Die $rage der Maße scheint zunächst eine rein praktische zu sein. (Gemeint sind 
die inneren Bildmaße, obgleich natürlich auch das Bildformat von künstlerischer Bedeutung 
sein kann.) Gewiß wird man von einem Würdenträger, der viele Ehrenzeichen besitzt und 
sie gerne der Mitwelt zeigt, nicht „bloß“ den Kopf bringen, bei eleganten $rauen soll audi 
der für sie charakteristische Geschmack in der Kleidung wirken, und ein kleines Kind wiederum 


36 


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BERNH. KONIG, LOBENSTEIN 


HERM. EBEL, G. D. L, BERLIN 


LEICA-AUFNAHME 


AUG. KREYENKAMP, KOLN MIKROAUFN.:. TIEFSEESCHLAMM 


wird man zwanglos in ganzer Sigur hinsefjen. Aber der Photograph, der im Einvernehmen 
mit seinem Modell sich auf bestimmte Bildmaße festgelegt hat, wird sich doch nicht bloß: 
von solchen praktischen Erwägungen leiten lassen. Um mit ganz elementaren Dingen zu 
beginnen, es würde aufdringlich und daher auf jeden fall unkünstlerisch wirken, wenn man 
die ganze Bildfläche mit einem Srauengesicht allein ausfüllen würde, vom Haar aber nichts 
sehen ließe und innerhalb dieser Darstellung dem lachenden, die blanken Zähne zeigenden 
Mund auffällig viel Raum zuweist. Ich will gar nicht erst oon den Übertreibungen reden, 
die künstlerisch überhaupt nicht ernstgenommen werden dürfen, wie die Wiedergabe eines 
kleinen Gesichtsausschnittes, eines einzigen Auges und einer kleinen Nasenpartie. Solche 
Aufnahmen mögen als Studien physiognomischer Art Wert haben oder Reklamezwecken | 
dienen, als künstlerische Leistungen scheiden sie unserer Meinung nach von vornherein aus. 
Dasselbe gilt auch für das gegenteilige Extrem. Ein Porträt ist etwas anderes als eine Ge- 
wandstudie, und es gibt auch Sigurenportráts, bei denen der Kopf, nebensächlich behandelt, 
im Dunkeln bleibt oder etwa von einem Hut mehr oder minder versteckt wird. Will man 
ein Bildnis schaffen, muß der Kopf zu entsprechender Geltung gebracht sein, derart, daß 
man nicht bloß die Züge des Abgebildeten erkennt, sondern auch sein Wesen erfaßt. 
Besonderen künstlerischen Takt erfordert im Porträt die Bringung von Kontrasten. 
In der „guten“ alten Zeit hat man dergleichen überhaupt nicht gekannt. In gleichmäßig 
diffusem Licht, ohne nennenswerte Modellierung, gab man ein besser oder schlechter ge- 
lungenes Abbild der Wirklichkeit, aber man dachte nicht im entferntesten daran, dieses 
zum Bild zu erhöhen. Man erkannte später diesen fundamentalen Mangel und verfiel ins 
Gegenteil. Stärkste Gegensätze von Licht und Schatten gaben nun den Köpfen übertriebene 
Plastik, steigerten die harmlosesten Mitbürger ins Dämonische. Das ist gewiß im höchsten 
Grade stilwidrig, wenn man aus einem Menschen etwas macht, was er nicht ist, ganz gleich, 
ob dies dadurch geschieht, daß man einen behäbigen Mann in дее еп Jahren durch einen 
Codenrockk und Lederhosen in einen schneidigen Tiroler „Buam“ verwandelt, oder dadurch, 
daß man einen Durchschnittsmenschen durch einen krassen Helldunkeleffekt in eine Art 
modernen Mephisto ummodelt. Denn der bloße Effekt darf nicht zur Hauptsache werden, 
auch nicht durch das gegenteilige Mittel, durch ein Zuwenig an Kontrasten. Ein Kopf, 
der in einem grauen Nebelmeer verschwimmt, ist vielleicht ein anregendes Dämmerbild, aber 
es ist kein Bildnis mehr. Künstlerisches Porträt und Naturwiedergabe brauchen sich nicht 
auszuschließen, sollen kein unüberbrückbares Entweder — Oder bedeuten. Die Durchdringung 
des Natürlichen mit künstlerischer Auffassung, das ist das erstrebenswerte Ziel des ernsten 
Bildnisphotographen. Ein Porträt, das dem Modell nicht gerecht wird, ist auch vom 
künstlerischen Standpunkt als verfehlt zu bezeichnen. Das Unterstreichen markanter Linien 
kann überaus wertvoll sein, um den Charakter des Dargestellten herauszubringen, ebenso 
eine entsprechende Beleuchtung, die den Stimmungsgehalt, der jedem Modell innewohnt, und 
den der empfindende Photograph zu erfühlen hat, herausarbeitet. Aber alle zusätzliche 
Stimmung, die nicht in dem Wesen des Modells begründet ist, sondern gewissermaßen einen 
nicht zum Bildnis gehörigen Aufguß bedeutet, ist ebenso zu verwerfen, ebenso stilwidrig 
wie ein künstlich — nicht künstlerisch — aus dem Gewand, dem Profil, dem Haar heraus- 
geholtes Linienspiel, das mit dem Dargestellten nichts zu tun hat, sondern Ornament als 


Selbstzweck ist. Fortsetzung folgt.) 
Abstimmen des Entwicklers oder Entwicklung nach Zeit? 
Von Curt Emmermann. [Nachdruck verboten.) 


Mit allen Mitteln zur Abstimmung des Entwicklers will man ein bestimmtes Ziel er- 
reichen. Man will sogenannte „normale“ Negative erhalten, Negative mit klaren Schatten 
und nicht übermäßig gedeckten fichtern. Dieses Ziel strebt man zunächst bei Aufnahme- 
objekten mit verschiedenen Kontrastumfängen an. Bei sehr kontrastreichen Motiven versucht 
man die lange Tonskala im Педаһо durch eine zweckentsprechende Entwicklung einzuengen, 
während man andererseits bei Objekten mit ungewöhnlich geringen Kontrasten diese im 
Negativ durch die Entwicklung zu steigern versucht. Der geschickte Techniker kann durch 
die Entwicklung auch tatsächlich von kontrastreichen, normalen und kontrastarmen Auf- 
nahmeobjekten Negative erhalten, die ungefähr den gleichen Schwärzungsumfang haben und 
daher auf demselben Kopierpapier gute Positive geben. 


37 


Weiter will man durch abgestimmte Entwicklung Uber- und Unterbelichtungen derart 
ausgleichen, daß man auf „normale“ Negative im eben angeführten Sinne kommt. Man 
glaubt dadurch die Nachteile von Sehlexpositionen zu vermeiden, als die man bei Über- 
belichtung Slauheit und bei Unterexposition Härte anzugeben pflegt. 

Die Abstimmung des Entwicklers für den besonderen Einzelfall hat wohl ihre Berechti- 
qung gehabt, solange man die Bedeufung des Belichtungsspielraumes photographischer 
Negativemulsionen noch nicht allenthalben klar erkannt hatte. Der Belichtungsspielraum 
war auch in früheren Jahren in der Tat bei vielen Platten und Silmen so klein, daß man 
ohne Korrekturen bei der Heroorrufung in vielen Fällen nicht auskommen konnte, Dabei 
waren diese Korrekturen oft nur von geringer Wirkung, wenn man nicht vor Beginn der 
Entwicklung über Art und Stärke der Sehlbelichtung einigermaßen im klaren war. Dieser 
Umstand führte zu der Dreischalenentwicklung, mit der man vielleicht auch am weitesten 
kommt, wenn man korrigierende Einflüsse im Negatioprozek vornehmen will. 

Bei Platten, Pack- und Slachfilmen kommt man damit verhältnismäßig gut zuwege. 
Etwas anderes ist es aber bei Roll- und Leica-Silmen. Hier wäre man darauf angewiesen, 
den film zur Erkennung des Belichtungsgrades anzuentwickeln und ihn dann zu zerschneiden, 
um die einzelnen Aufnahmen gesonderten Behandlungen zu unterziehen. Das wäre besonders bei 
Ceica-Silmen, auf denen sich 36 bis 40 Aufnahmen befinden, eine sehr zeitraubende Arbeit. 


Dann bleibt es immer noch dahingestellt, ob die abgestimmte Entwicklung unbedingt 
zu einwandfreien Ergebnissen führt. €s fällt schon bei Aufnahmen mit normalen Kontrasten 
und bei richtiger Belichtung vielen, selbst weiter fortgeschrittenen Lichtbildnern schwer, den 
Kontrastgrad eines Negatives einigermaßen sicher vor der Dunkelkammerlampe zu beurteilen, 
obwohl man das allgemein zu können glaubt. Diese Schwierigkeiten nehmen gleich ganz 
bedeutend zu, wenn es sich um ungewöhnliche Sálle handelt, 2. B. um eine mehrfache 
Überbelichtung. Hier stellt man oft erst an dem fixierten Negativ fest, daß man sich bei 
der Entwicklung geirrt und durch Abstimmung nicht das angestrebte Ergebnis erreicht hat. 

Unter diesen Umständen ist es zweckmäßiger, allgemein auf eine Kontrolle der Ent- 
wicklung zu verzichten und nach Zeit zu entwickeln, welche Arbeitsweise in amerikanischen 
Ateliers sehr beliebt ist. Das können wir heute um so unbedenklicher tun, als moderne 
Negatiomaterialien einen sehr bedeutenden Belichtungsspielraum nach der Seite der Über- 
belichtung hin aufweisen, den man nur bei äußerst groben Sehlbelichtungen überschreiten 
wird. Diese Gefahr besteht auf keinen Fall, wenn man sich eines halbwegs verläßlichen 
Hilfsmittels zur Bestimmung der Belichtungsdauer bedient und in zweifelhaften Sállen lieber 
viermal über- als nur um die Hälfte unterbelichtet. 

Im Rahmen dieses Aufsaßes ist es nicht angángig, die Vorzüge der Entwicklung nach 
Zeit eingehend sensitometrisch darzulegen. Einige kurze Angaben müssen genügen.“ 

An der Gradations- oder charakteristischen Kurve, die die Abhängigkeit der Schwärzung 
einer Emulsion von der Belichtung graphisch darstellt, und die S-fórmig verläuft, unter- 
scheiden wir einen unteren, gekrümmten Teil, das Gebiet der Unterbelichtung, einen mittleren, 
mehr oder weniger geradlinigen Teil, das Gebiet der richtigen Belichtung, und einen oberen 
gekrümmten Teil, den Bereich der Uberbelichtung, an den sich das Gebiet der Solarisation, 
der Bildumkehrung, anschließt. Den unteren Teil der Kurve benutzt man bei knappen Be- 
lichtungen. Er spielt z. B. bei Porträtemulsionen eine wichtige Rolle. Bei reichlicher oder Über- 
belichtungen gerät man mit den Schwärzungen des Negatives auf den geradlinigen Kurventeil. 


Dieser Teil ist es, von dem der Belichtungsspielraum der Negativemulsion abhängt. 
Je länger er ist, desto größer ist der Belichtungsspielraum. Einen Aufnahmegegenstand mit 
normalen Kontrasten vorausgesetzt, bei dem das höchste Licht etwa dreißigmal heller ist als 
der tiefste, bildwichtigste Schatten (man spricht dann von einem Kontrastumfang des Objektes 
von 1:30), bleibt man mit Expositionen, die bei modernen Negativemulsionen wenigstens 
im Verhältnis von 1:6 bis 1:8 stehen, auf dem geradlinigen Kurventeil. Ist z. B. eine 
Exposition von einer Sekunde ausreichend, um ein Negativ zu geben, das man als „normal“ 
bezeichnet, so erhält man bei einer Belichtung von 6 oder 8 Sekunden ein Negativ mit zwar 
in Schatten und Lichtern größerer Dichte, das aber die gleiche Kopie liefert wie das kurz- 
belichtete Negativ. Ja, man erhält durch eine reichlichere Belichtung dadurch oft bessere 
Negative als bei knapper Exposition, daß man auch die Schaffenschwärzungen aus dem Gebiet 
der Unterbelichtung auf den geradlinigen Kuroenteil verschiebt. 


38 


Bei vielen Negativemulsionen ist der Belichtungsspielraum wegen des langen, geraden 
Kurventeiles noch bedeutend größer. Dazu kommt noch, daß man ohne großen Schaden 
auch noch das Gebiet der Unter- und der Überbelichtung zur Bilderzeugung verwenden kann. 
€s ist dann keine Seltenheit, daß sich Belichtungsspielrdume von 1:20 und noch weit darüber 
hinaus ergeben. Wohlgemerkt: ohne jede Abstimmung des Entwicklers. 

An dem mittleren, geradlinigen Kurventeil interessiert nun noch, unter welchem Winkel 
er gegen die Waagerechte des zur graphischen Darstellung benutzten Kurvenkreuzes ansteigt. 
Je steiler der Anstieg, desto härter die Tonabstufung oder Gradation. Die Steilheit des An- 
stieges hängt zunächst einmal ооп dem besonderen Charakter der €mulsion (ob von Hause 
aus hart oder weich arbeitend) ab. Dann nimmt die Steilheit mit der Dauer der Entwicklung 
bis zu einem Maximum zu. Kürzt man bei einem kontrastreichen Objekt die Entwicklungsdauer 
ab, so legt man dadurch die Kurve flacher und verkleinert damit den Unterschied zwischen der 
kleinsten und der größten Schwärzung des Negatives, den man durch eine größere Steilheit 
der Kurve, die man durch längere Entwicklung erreicht, erhöht. Man kommt damit, wie schon 
gesagt, von den verschiedensten Aufnahmeobjekten zu Negativen mit annähernd gleichem 
Schwärzungsumfang, für die dann dasselbe Kopierpapier genügt. (Schluß folgt.) 


Projektion im Bühnenbild. [Nachdruck verboten.] 


Zu dem Artikel mit obiger Überschrift in Heft 1, S. 4, teilt uns der Geschäftsinhaber 
und bevollmächtigte Patentinhaber der „б. K. P.-Projektion* in Wien I, Wiesinger Straße 6, mit, 
daß seine Gesellschaft die bisher schwierigsten Probleme der Bühnenprojektion und andere 
damit in Zusammenhang stehende Sragen gelöst hat. Insbesondere ist die Aufgabe als gelöst 
zu betrachten, großflächige, unverzerrte, plastisch wirkende Bilder durch eine besondere Schräg- 
projektion mit spezieller Weitwinkeloptik zu erzielen. Dabei muß nafürlich der Sorderung 
Genüge geleistet werden, daß die Schauspieler keine Schatten auf den projizierten Hintergrund 
werfen dürfen, und daß die Bühne hell beleuchtet werden kann, ohne daß die Brillanz des 
projizierten Bildes merkbar darunter leidet. 

Wie das alles gemacht wird, darüber finden sich Angaben in der „Photogr. Korresp.*, 
Bd. 65, Nr. 11. Der Artikel berichtet nicht allein über die Projektion im Bühnenbild, sondern 
auch. über deren Verwendung für andere Zwecke, wie z. B. Reklame, für die Kinemato- 
graphie usw. So kann man mit Hilfe der farbigen Projektion beispielsweise Ausstellungs- 
und Restaurations- wie auch Ball- und Reprdsentationsrdume nach Belieben in Form und 
Sarbe verändern. €s ist auch möglich, mit Hilfe mehrerer Projektionsapparate die vier Wände 
und die Decke eines Raumes wechselnd zu ,bebildern*. Auf eine flache Decke kann man 
das Bild eines Kuppelgewölbes projizieren, kurz und gut, es lassen sich Effekte und Illusionen 
jeglicher Art bewerkstelligen. 

Ein besonderes Gebiet ist die Projektion im Dienste der Reklame, und zwar bei völliger 
Unabhängigkeit der Aufstellung der benötigten Projektionsapparate, die infolge Verwendung 
absichtlich verzerrter Negative in jedem Winkel zur Auffangfläche angeordnet werden können. — 
Es ist anzunehmen, daß diese Gebiete noch weitere Ergänzungen und vielleicht auch Ver- 
besserungen im Laufe der Zeit erfahren; fortschrittliche Lichtbildner fun deshalb gut, wenn 
sie sich beizeiten mit diesen Dingen vertraut machen. Me. 


Das „Mleisterphoto“. [Nachdruck verboten.) 


Die zwölf Bilder des vorliegenden Heftes sind der im April in Berlin abgehaltenen Aus- 
stellung „Das Meisterphoto* entnommen. Der Zweck dieser Veranstaltung war bekanntlich der, 
für bevorstehende Beratungen über Anderungen des Urheberrechts Zeugnis von der Bedeutung 
der Photographie der Gegenwart abzulegen. Vorgeführt wurden etwa 300 der Ausstellungs- 
leitung bekannte, irgendwie typische Photos aus den verschiedenen Anwendungsgebieten der 
Photographie, Bilder also, die schon andere Reouen passiert hatten, auf die daher an dieser 
Stelle im einzelnen näher einzugehen sich erübrigt. Wünschen möchten wir nur, daß das 
Ziel der mühevollen Veranstaltung sich erfüllen, daß der Schuß der Photographie mit dem 
der bildenden Künste in einem Gesetz vereinigt werden möge. 

Wenn es nun aber auch in dieser Sammlung für den Kenner keine Überraschungen geben 
konnte, so war die Gesamtwirkung doch sehenswert und belehrend genug, wie es ja über- 


39 


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haupt nicht auf einzelne Bilder, sondern auf die Sache ankam, in der Einsicht nämlich, daf | 


zeitgemäße Photographie die charakteristischen Werte der Phofographie zur Geltung 
und die Technik, 


wurde in mehreren Urteilen der Tagespresse wiederholt und 
die Eigengeseßlichkeit der Phofographie betont. Und diese Zeitungsurteile darf kein fachmann 
übersehen; denn ihr Einfluß auf das Publikum ist sehr groß. 

Die Natur siegt — das ist eine Lehre dieser Ausstellung. Wo das Leben ungestellt, intuitio 
erfaßt ist, da ist Qualität, und alles artistisch Herbeigeführte hat daneben einen schweren Stand. 
Nicht wie früher sind gewisse Sinessen der Technik, Beleuchtung, Stellung, Retusche Vor. 
bedingungen für den Meister, sondern die zu lange vernachlássigte Fähigkeit, etwas zu sehen 


Ausstellungen seit Jahren schon vorbereitet wurde. Von der traditionellen Atelierästhetik will 
die Öffentlichkeit nach den Urteilen der Presse nicht mehr viel wissen. Nur die Photographie 


leichte, in die ernstlich hineinzudenken allmählich zur Existenzfrage wird. Nur wer die 
Öffentlichkeit nicht braucht, ihre Anerkennung nicht beansprucht, kann seinen eigenen Vor- 
stellungen folgen, der Abhängige hat kaum eine Wahl! 

Die Zusammenstellung der zu reproduzierenden Bilder wurde dadurch erschwert, daß 
nur wenig Unbekanntes ausgestellt war. . Besonders gern hätten wir einiges von der erst 


das kontrastreiche Bild der Bäuerin in der schönen, alten Holztür von Glauer und den 


schlichte Porträt eines Persers von Sandau, Doppelbildnisse von Coubillier und Binder 
und das trog der außerordentlichen Vergrößerung so klare, formenreiche Mikrophoto von 
Kreyenkamp, zu dem er selbst die nachstehende Erklärung gibt: 


charakterisieren. Nachdem man den Diatomeenschlamm mit Salz- oder Salpetersäure aus- 
kocht, wird der so erhaltene Rückstand auf dem Platinblech geglüht, wodurch das von allen 


schönen formen zeigt, die ich im Bilde festgehalten habe, Die Aufnahme in solcher Ver- 
größerung kann nicht so, wie in den Artikeln im „Atelier“ Пг. 9 u. 10 (1931) beschrieben, 


die Originalplatte Feinheiten zeigt, die mit bloßem Auge nur schwach zu erkennen sind, ver- 
größerte ich die Aufnahme photographisch auf Format 20 X 40, was dann einer linearen Ver- 
größerung von 380:] oder einer 144 000 fachen Slächenvergrößerung entspricht. 


40 


bringen 
sondern | 
der hinter der Kamera steht, wie der die Welt sieht und erfaßt, für das | 
end wäre 


KARL BAHR, DRESDEN 


HILDEGARD FRENSDORF, BERLIN 


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ERICH ANGENENDT, G. D. L. DORTMUND 


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FRANZ FIEDLER, G. O. L. DRESDEN 


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L. UH OE. STARNBERG 


Tagesfragen. ; [Nachdruck verboten.) 


rob der so trüben wirtschaftlichen Lage konnte die deutsche Berufsphotographie in 
letzter Zeit zwei große Erfolge für sich buchen — der eine die Ausstellung „Das 

Meisterphoto“ im Haus der Juryfreien in Berlin, der andere die vorbildliche Ver- 

anstaltung der „Gesellschaft Deutscher Lidhtbildner“ im Jenaer Volkshaus. Beide 

Ausstellungen bewiesen, daß die Berufsphotographie heute Leistungen vorführen 
kann, die sich mit vollem Recht mit dem Allerbesten auf dem Gesamtgebiet künstlerischer 
Photographie messen können. Und dies zu einer Zeit, in der die Cust an der Arbeit durch 
schwerste Existenzsorgen so sehr beeinflußt und herabgemindert wird. 

Diese Erfolge, die zugleich die rege Anteilnahme wie die Fähigkeit und Beweglichkeit 
des Sachmanns beweisen, lassen auch bei endlicher Besserung der Verhältnisse die Hoffnung 
auf den wieder voll beschäftigten Berufsphotographen, auf seine — man kann sdion heute dies 
Wort gebrauchen — Wiedergeburt erstarken. Ist es doch trotz aller sonstigen Vorschläge 
und Maßnahmen, wie übrigens auf allen anderen Gebieten menschlichen Wirkens audi, 
allein die Leistung, gleich welchen Spezialgebietes, die den urteilsfähigen Auftraggeber be- 
stimmt, den Sadımann allen anderen llebenberufstátigen vorzuziehen. 

Aber wie die Anteilnahme des Publikums, die $orm der Betätigung, die Arbeitsmethoden 
hat sich auch die Leistungsforderung in den legten Jahren entscheidend geändert. Mag auch 
der eine oder andere mit der alten Auffassung noch Erfolge haben, weitere und ausschlag- 
gebende Kreise zu gewinnen, seiner Werkstatt einen klangvollen Ruf zu verschaffen, wird 
heute nur demjenigen möglich sein, der sich die neue feistungsforderung zu eigen macht. 
Dies geht auch aus den recht zahlreichen Pressebesprediungen gelegentlich der Meisterphoto- 
Ausstellung heroor — und vorläufig bedeutet das Urteil der Tagespresse noch die ,óffent- 
liche Meinung“, mindestens wird diese durch jenes sehr stark beeinflußt. Es wäre Selbst- 
täuschung, sich nach den früheren Maximen durchsetzen zu wollen und die neuen Zeichen 
zu übersehen. " 

Man kann sagen, die Wege unserer Photographie und ihre Mittel haben sich gründlich 
geändert. Wissenschaft und Industrie haben gemeinsam Anteil und Verdienst an der un- 
geheuren Verbreitung wie an der großen Bewunderung, die heute der Photographie zuteil 
wird. Und beide hatten bis dahin mehr Interesse an dem alles probierenden Amateur als 
an dem zum leider größeren Teil teilnahmsloseren Sadımann. Εἶπε Auffassung, die sich 
durch die genannten Ausstellungen zu ändern beginnt. 

Kein $adimann, keine Organisation kann auch nur das Allergeringste dagegen fun, daß 
Photographie heute Allgemeingut geworden, daß „Photographierenkönnen“ keine Kunst mehr 
ist; sein Ziel, seine Aufgabe kann nur sein, es besser zu verstehen als die anderen. Mit 
der Entwicklung auf dem laufenden bleiben, über alles orientiert sein und wenigstens ein 
Spezialgebiet ganz beherrschen, ist dafür Voraussetzung. Kennen wir dodi troß der miserablen 
Verhältnisse selbst heute mehrere so eingestellte, durdigebildete Sachleute, die immer noch 
relativ reichlich zu fun haben. 

Worin besteht nun die zeitgemäße Leistungsforderung? Sicher nicht mehr in der „voll- 
kommenen“ Retusche, auch nicht im größten Geschick des Stellens, der kunstvollen Anordnung, 
der effektvollsten Beleuchtung, aber audı nicht in der Sicht von oben oder unten, im Weich- 
zeichnen oder dem Glanzabzug, auch nicht in sensationellen Russdinitten, nicht im Photo- 
graphieren von Eisenkonstruktionen, Telegraphenstangen, Holzbrettern, elektrischen Birnen 
und dhnlichem, sondern in der Gesinnung der Natur gegenüber, dem. Objekt einerseits und 
der Achtung unserer bewunderungswürdigen, so ausdrucksfähigen photographischen Mittel 
andererseits. Was mit den letzteren an Mannigfalfigkeit, Lebendigkeit, Eindringlichkeit und 
Seinheit zu erreichen ist, zeigten dem aufmerksamen, sehen und lernen wollenden Besucher 
die genannten beiden Russtellungen an mehreren Stellen. 

Die Natur hat gesiegt, schrieben wir im Mai-Heft — und so ist es! Nicht auf die ge- 
schickte Hand kommt es an, sondern auf das geschulte Auge dem Objekt gegenüber und 
auch dem Bilde. Wir haben neue Lichtquellen, Kameras und eine Optik, mit der wir den 
schwierigsten Situationen gewachsen sind, haben Aufnahmeschichten, die selbst den feinsten 
farbigen Пшапсеп gerecht werden, haben Papiere, die Licht und Kraft und Klarheit eines guten 
Negativos gleichwertig wiedergeben, müssen nur noch unser Auge für diese Werte empfindlich 
machen. Dann werden wir mif dem Licht, der Optik, den Schichten und einem kultivierten 
* 


41 


Geschmack so lebendige, ausdrucksvolle und photographisch echte Darstellungen erreichen, 
wie sie nur eben der Photographie eigen sind. Und darauf kommt es an. Die früheren 
Геһгеп, der Malerei entnommen, nützen uns nichts mehr, wir müssen neue für uns und 
aus unserem Material abzuleiten suchen, wofür die nófigen Anregungen und Beispiele bereits 
vorliegen. Matthies-Masuren. 


Stilfragen des Porträts. 


(Schluß aus Heft 5.) [Nachdruck verboten.) 
Beiwerk und Hintergrund. 


Beiwerk ist eine Bezeichnung, die im höchsten Grade irreführend wirkt. Denn wenn 
man beispielsweise einen Menschen mit einer Vase aufnimmt, dann ist gewiß — in der 
Regel — der Bildanlaß der Mensch, der sein Konterfei haben will, zur eigenen Erinnerung 
oder als Geschenk für andere. Aber für das Bild selbst ist die Vase durchaus nicht weniger 
wichtig. Das sogenannte „Beiwerk“ ist für den künstlerischen Charakter der Photographie 
von ganz gleichem Wert wie das Modell. Aber auch für dieses selbst ist es von größter 
Bedeutung, sobald man nur einmal erfabt hat, wie vielsagend Beiwerk sein kann, wie man, 
um ein „sprechendes“ Bildnis zu erlangen, das Beiwerk sprechen lassen kann. Sreilich ist 
jede öde Symbolik ebenso kunstwidrig wie die gleichgültige, schablonenhafte Verwendung 
desselben Beiwerkes zu den ungleichartigsten Vorwürfen. Das ist noch lange keine Kunst, 
wenn man zum Kind einen Reifen, einen Ball oder ein Schaukelpferd tut, den Schriftsteller 
an den Schreibtisch setzt, dem Gelehrten ein Mikroskop, einen Globus oder ein paar dicke 
Bücher zur Seite gibt. Die Photographie soll ja keine primitive Zeichensprache sein und 
das Beiwerk kein Wirtshausschild, das aus Zeiten stammt, wo der des Lesens unkundige 
Reisende den „Goldenen Ochsen* oder die „Weintraube* nur dann finden konnte, wenn 
über dem Tore eines dieser Mennzeichen angab, das er an die rechte Stelle gekommen sei. 
Das Beiwerk soll nicht Äußerlidikeiten, wie den Beruf des Modells oder seine Ciebhabereien, 
andeuten, es soll — und das ist nun eine ganz und gar nicht leichte Aufgabe — irgendwie 
den inneren Menschen widerspiegeln, soll die Schwingungen seines Innenlebens, die nur 
leise in seinen Zügen oder seiner Haltung anklingen, verstärken, soll der Resonanzboden 
der Seele des Modells sein. Das Beiwerk darf also nur in den allerwenigsten gegen- 
stándlich sein. Jedes Ding ist ein Ding für sich, hat seine bestimmte eigene Art und ist 
ganz und gar nicht imstande, wenn man es nicht in der geschilderten, überholten und 
kindischen Weise als Symbol mißbraucht, die Wesensart eines anderen Seienden zu offenbaren. 

Vielleicht kann man, sofern man das Beiwerk in diesem Sinn auffaßt, überhaupt keine 
allgemeinen Richtlinien für das künstlerische Beiwerk geben. Denn es müßte, um der ge- 
stellten forderung zu genügen, ebenso viele Arten von Beiwerk geben wie es Modelle gibt. 
Die Zeiten, wo der Photograph mit einer Anzahl von Versatzstücken gearbeitet hat — wie 
Treppe, Balustrade, ein paar Sesselformen, den erwähnten ,Symbolen*, die in jedem gut 
eingerichteten Atelier reichlichst vorhanden waren (kam man sich nicht wie in einem Spiel- 
warengeschäft vor, wenn man zum Kinderbildnisspezialisten ging?) — diese Zeiten sind so 
ziemlich vorüber. Wir wollen es nicht verhehlen, daß der neue Weg gerade dem berufs- 
mäßigen Lichtbildner besondere Schwierigkeiten in den Weg legt. Denn die Anschaffung 
besagter Requisiten war nur eine Geldfrage, und wenn das Geschäft blühte, dann konnte 
man sich soviel Beiwerk kaufen wie man wollte. Doch die Kenntnis des Modells ist nicht 
so leicht zu erwerben, am wenigsten, wenn einem für die Aufnahme eine Viertel- oder 
höchstens eine halbe Stunde zur Verfügung steht und man das Modell vorher überhaupt 
nicht kannte. Immerhin wird der geschulte Blick, die erworbene Routine und vor allem 
natürliche Anlage — ohne Talent läßt sich kaum etwas Rechtes schaffen — die Ungunst 
der äußeren Umstände einigermaßen wettmachen. Die Requisiten, die der Lichtbildner 
braucht, dürfen nach allem Gesagten nicht das alte dingliche Beiwerk sein, sondern, ich 
möchte sagen, ein ästhetisches Instrumentar. Unter solchem verstehe ich schwere 
kompakte Stoffe in den verschiedensten Tönen oder leichte, duftige, schleierhafte Gewebe, 
die imstande sind, die richtige Atmosphäre hervorzuzaubern. Oder Geräte, die nichts be- 
deuten und nichts symbolisieren wollen, deren einziges Ziel der dem Modell gemäße Ein- 
druck ist. Nehmen wir etwa an: Ein lebensprühendes, frisches, energisches Profil sei das 
Bildthema. Dazu, kontrapostisch angebracht — d.h. rückwärts, in der Tiefe, falls das 


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Modell vorne im Bilde steht, im Vordergrund, wenn man das Modell zurickschiebt —, die 
scharf geschnittene Silhouette einer bewegten dunklen Bronzefigur oder je nach dem Hinter- 
grund, der Kleidung und dem Haar, statt dieser eine blinkende Messingstatuette usw. Zu 
einem durchfurchten Denkerkopf mag man ein paar wirre, trockene Zweige geben, ornamental 
іп der fläche ausgebreitet, zu dem emporgeschossenen Körper eines jungen Menschen, dem 
Zukunffsstreben aus den Augen leuchtet, als Sinnbild seines Wachstums dem Körper parallele 
Streifen, die etwa durch herabhängende Bänder zu erzielen sind. 

Es hätte keinen Zweck, mehr Beispiele zu bringen, da nodi so viele Anregungen das 
Thema nie zu erschöpfen vermögen. €s gibt hier keine allgemein gültigen Regeln, sondern 
nur individuelle Möglichkeiten. Mit wenigen Worten módite idi nur zusammenfassen: Das 
Beiwerk sollen Sormmotive, Helldunkelmotive, Stofflichkeiten sein — und 
nicht tote Dinge, die niemals Beseelung bringen können. Die Resultate, die man 
so erzielen könnte, wären nicht leicht zu erreichen. Aber der gedachte Weg eröffnet weiteste 
Perspektiven. Jch glaube fest, daß er zu neuen befriedigenden Lösungen führt. 


Von unserer Auffassung vom „Beiwerk* zum „Hintergrund“ ist, wie man sieht, kein 
weiter Weg. Die erste Forderung, die man an jedes Kunstwerk stellen muß, ist Einheit- 
lichkeit. Diese wird in der Photographie dadurch gewährleistet, da& man Modell, Beiwerk 
und Grund nicht als drei Teile des Bildes ansieht, sondern als ein geschlossenes Ganzes 
auffaßt, dessen Stimmung durch den Charakter des Dargestellten gegeben ist. Hintergrund 
und Beiwerk als die Umwelt des Modells im Bilde sind alles eher als nebensdchlich und 
sollen darum nicht aus gleichgültigen Versatzstücken bestehen. Auch für den Hintergrund 
findet das „ästhetische Jnstrumentar* Verwendung. Wo dieses mehr den Charakter des 
»Beimerkes* trägt, da spielen die richtigen Dimensionen die erste, wichtigste Rolle, wo 
es aber mehr „Hintergrund“ ist, ist die Verteilung, Stärke und Menge von Licht und 
Schatten ausschlaggebend. Sicherlich kann der Hintergrund auch über das Bildnis hinaus- 
führen — in die Welt, der das Modell zugehört, in der es lebt. Hier aber sollen die 
Möglichkeiten der Vereinigung von Porträt und realem Raum nicht weiter verfolgt werden. 
Sie haben Anspruch auf selbständige, ausführliche Erörterungen. Dr. Emil Kaufmann. 


Abstimmen des Entwicklers oder Entwicklung nach Zeit? 


Von Curt Emmermann. 
(Schluß aus Heft 5.) [Nachdruck verboten.) 

Bei der Entwicklung пай Zeit geht man hingegen 50 vor, daß man für alle Negative, 
gleichgültig, welchen Helligkeitsumfang die verschiedenen Aufnahmeobjekte hatten, eine mittlere, 
günstige Steilheit der Kurve einhält. Den Ausgleich in den verschiedenen Kontrasten der 
Negative nimmt man beim Kopieren durch Benutzung geeigneter Kopierpopiere vor, die man 
in den Gradationen hart, normal und weich verwendet. Dabei fährt man besser als bei 
dem Versuch, den Entwickler auf den einzelnen Sall abzustimmen. Die Auswahl unter den 
Kopierpapieren ist heute so groß, daß schon ein ganz ungewöhnliches Negativ vorliegen muß, 
wenn man seine Zuflucht zur Verstärkung oder Abschwächung zu nehmen gezwungen ist. 


Die günstigste Entwicklungsdauer bestimmt man für jedes verwendete llegatio durch 
den Versuch. Man sucht ein Objekt mit normalen Kontrasten aus, bestimmt die Belichtungs- 
zeit möglichst genau mit einem geeigneten Hilfsmittel und belichtet drei Aufnahmen die ge- 
fundene Zeit. Diese Aufnahmen entwickelt man z. B. in Rodinal 1:20 oder einem ähnlichen 
Entwickler bei 189 € 4, 8 und 12 Minuten, ohne sie dabei anzusehen. Man stellt die 
Negative wie üblich fertig und kopiert oder vergrößert sie dann, ohne jede Anwendung von 
Kunstgriffen oder Abweichungen von der Norm, auf dem Papier, das man sonst für normale 
Negative benutzt. Gibt das Positio nach dem 8 Minuten entwickelten llegatio ein einwand- 
freies Positiv, so haben wir damit die günstigste Entwicklungszeit gefunden, die wir später 
einhalten werden. 

Diese Entwicklungsdauer hat naturgemäß nur für die Verhältnisse Gültigkeit, unter 
denen die Proben ausgeführt wurden. Man muß also dasselbe Negatiomaterial und den- 
selben Entwickler in gleicher Konzentration benufen. Gebrauchter Entwickler kommt mithin 
nicht in frage. Weiter muß der Entwickler immer annähernd die Temperatur ооп 180 С 
haben, wobei jedoch 1— 2° mehr oder weniger nicht von Bedeutung sind. 


43 


Dann ist noch zu berücksichtigen, daß bei demselben Negatiomoterial die Entwicklungs- 
geschwindigkeit bei den einzelnen Emulsionsansdgen etwas schwankt, was. man durch eine 
Probe feststellt, wenn man eine neue Emulsion in Angriff nimmt. €s ist deshalb emp- 
fehlenswert, sich von einer als gut erkannten Emulsion einen solchen Vorrat hinzulegen, der 
für ein halbes oder wenigstens ein Vierteljahr ausreicht, was Samphotogrophen ja so schon 
zu fun pflegen. | 

Es ist selbstverständlich, daß man die Bestimmung der günstigsten Entwicklungszeit bei 
jedem einzelnen Negatiomaterial vornehmen muß, das man verarbeitet. Das ist aber kein 
Nachteil für den Sachphotographen, der nicht die verschiedensten Sabrikate durcheinander 
verarbeitet. Anders ist es bei vielen Amateuren, die heute diese Platte und morgen jenen 
Film verarbeiten und dadurch nie dazu kommen, ein llegatiomaterial richtig kennen und 
ausnugen zu lernen. 

Die Entwicklung nach Zeit gestaltet sich nach dem Gesagten also recht einfach. Man 
verdünnt seinen Entwickler wie bei der Probe, prüft seine Temperatur und entwickelt ohne 
Kontrolle die bestimmte Zeit. Entdekt man dann nach dem Fixieren, daß ein Negativ 
rettungslos unterbelichtet ist, so mag man sich trösten. Durch Quälen in dem Entwickler 
hätte man ein hartes und keinesfalls ein besseres Negativ erhalten. Umgekehrt verfällt man 
bei Überexposition leicht in den Sehler, ein sich in allen Teilen stark schwärzendes Negativ 
zu früh aus dem Entwickler zu nehmen, das dann allerdings Наш sein wird. 


€s soll zugestanden werden, daß es gerade dem fortgeschrittenen Berufslichtbildner 
Überwindung kostet, auf die Kontrolle seiner Negative durch den Augenschein zu verzichten 
und nur пай der Uhr zu entwickeln. €r hat aber immer noch Gelegenheit, gegen Ende der 
entwicklung die Negative оог der Dunkelkammerlampe zu betrachten. Er wird dann fest- 
stellen müssen, wie zuverlässig die Entwicklung noch Zeit arbeitet. Jm übrigen habe ich in 
meinem Buche „Photographieren mit der Leica“ (Verlag von Wilhelm Knapp in Halle [Saale]) 
durch praktische Versuche den Nachweis erbracht, daß 15-, ja so gar 27fache Überbelichtung 
ohne jede Modifikation der Entwicklung Negative lieferte, von denen (allerdings den Unter- 
schieden in der Dichte entsprechend mit verschiedenen Kopierzeiten) auf dem gleichen Papier 
identische Kopien hergestellt werden konnten. Sûr den Sall, daß diese Ergebnisse noch nicht 
genügen, Skeptiker zu überzeugen, sei darauf hingewiesen, daß man in der Silmindustrie 
seit einigen Jahren die Negative auf der Maschine nach Zeit entwickelt. Wenn man das 
bei Silmaufnahmen tut, die oft nicht zu wiederholen sind und in denen große Summen 
stecken, so sollten damit die Bedenken schwinden, die Sachphatographen oder Amateure noch 
gegen diese Entwicklungsart haben könnten. 

Zur technischen Durchführung der Entwicklung nach Zeit mag noch einiges gesagt sein. 
Platten entwickelt man am besten in den üblichen Tanks oder Dosen, ebenso Slach- und 
Padfilme. Auch für Rollfilme gibt es bewährte Geräte. Natürlich kann man auch in der 
Schale entwickeln, zumal, wenn es sich nur um einzelne Negative handelt. 

Den Entwickler verdünnt man so, daß die günstigste Entwicklungsdauer etwa 10 bis 
15 Minuten beträgt. Durch einige Versuche bestimmt man die erforderliche Entwickler- 
konzentration. fast alle Entwickler sind geeignet. Zu empfehlen ist, bei Emulsionen, die 
zur Brillanz neigen, den nach meinen Angaben vom Tetenal-Photowerk hergestellten , €mofin*- 
Entwickler zu benutzen. Er verhindert die Entstehung störender Negativhärten und gibt 
harmonisch - weiche Negative. Darüber hinaus liefert er Negative mit sehr feinem Korn, die 
daher besonders stark vergrößerungsfähig sind. Dieser Entwickler, ursprünglich für die 
Hervorrufung von Leica - Negativen bestimmt, hat sich auch für die Entwicklung gewöhnlicher 
Negative unter den Porträtphotographen viele freunde erworben. 


Zwecklos ist es, einen so stark verdünnten Entwickler zu benutzen, daß Entwicklungs- 
zeiten herauskommen, die nach Stunden bemessen sind. Das mochte man bei der Stand- 
entwicklung alten Stiles machen. Vorteile erreicht man nicht dadurch, wohl riskiert man 
aber, besonders bei höchstempfindlichen Emulsionen, flaue und zum Schleier neigende 
Emulsionen zu erhalten. 

Erhalt man bei einer richtig durchgeführten Entwicklung пай Zeit keine einwandfreien 
Negative, sondern neigen sie bei Überbelichtung zur Slauheit und Verflamung der Lichter, 
so hat in 99. ооп 100 Fällen die benutzte Regativemulsion infolge schlechter Gradation einen 
zu kleinen Belichtungsspielraum. Man probiere dann andere Sabrikate aus. €s mag dazu 


44 


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па. ае RW AUEIDPEIPYVALE, 54 
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Max Halberstadt, Hamburg: Acht Werbephotos. 


gleich gesagt sein, daß die meisten Platten und Silme in dieser Hinsicht heute keine Schwierig- 
keiten machen. ` | 

Bei stärkerer Überbeliditung hat man mit Störungen- der Schärfe durch Lichthöfe zu 
rechnen. Шап benu&e daher lichthoffreie Emulsionen. Heute findet man auch bei vielen 
Filmen wirksame Lichthofschugschichten, was als entschiedener Fortschritt zu betrachten ist, 
da die Neigung zur Lichthofbildung bei gewöhnlichen Filmen oft sehr groß ist, wodurch der 
an sich durch die Länge des geradlinigen Kurventeiles gewährleistete Belichtungsspielraum 
stark verkleinert werden kann. | | 

Zum Schluß sei noch einmal darauf hingewiesen, daß jede Emulsion eine Unterexposition 
viel schlechter verträgt als Überbelichtung. €s gilt daher immer nodi die alte Regel, lieber 
reichlich als zu kurz zu belichten. Auch dem Fachmann ist es unter ungewohnten Verhält- 
nissen sehr zu empfehlen, nicht nach dem Gefühl, sondern nach den. Angaben eines guten 
Belichtungsmessers oder einer verläßlichen Tabelle zu belichten. Hütet man sich vor Unter- 
oder riesigen Überbelichtungen, so wird man bei Entwicklung nach Zeit stets ausgezeichnete 
Negative erhalten, und zwar mit einem Minimum an ‚Aufwand. | Ä 


Negativverstärkung durch Farbstoffe. 


[Nachdruck verboten.) 

Die Verstärkung von Negativen kann durch Anlagerung an das metallische Bildsilber 
und durch Sárbung desselben, die mehr oder weniger stark inaktinisch wirkt, erfolgen. Jm 
letzteren Salle handelt es sich um eine Färbung des Bildsilbers durch andere Metallverbindungen. 
Diese Särbung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch durch organische Farbstoffe er- 
folgen. Wird nämlich das metallische Silber, das zum Aufbau des Bildes dient, in ein ent- 
sprechendes Haloidsilber umgewandelt, so läßt sich dieses nach Maßgabe der vorhandenen 
Silbermenge mit organischen Sarbstoffen anfärben, wobei die nicht silberhaltige Gelatine un- 
gefärbt bleibt. Je nach der aktinischen Wirkung des benubten Sarbstoffes wird eine schwache 
bis kräftige Verstärkung und auch eine Abschwächung harter Negative erreicht. 

Das in den Negativen vorhandene reduzierte Silber als Metall zeigt in diesem Zustande 
kein Bindungsoermógen gegenüber Farbstoffen, es muß zunächst eine Umwandlung herbei- 
geführt werden. Der dabei entstehende Körper wirkt dann in demselben Sinne auf die Sarb- 
stoffe, wie in der textilen Sárberei die mit Beizen bezeichneten Verbindungen. €s tritt dabei 
eine wasserunlösliche Bindung des Sarbstoffes an den Beizkörper ein. Jn unserem $alle an 
das gebildete Haloidsilber. Aus der Gelatine wird der Farbstoff durch Wasser entfernt, ohne 
daß der an den Beizkörper gelagerte Farbstoff beeinflußt wird. 


Zur Umwandlung des metallischen Silbers in ein anfärbbares Silberhalogen dient 
folgendes Bad: | | 
Wasser. . . . . . . + © 1I000 cem, 
Kupfersulfat . . . . . . + + . . . ο . . . 40 g, 
Kaliumzitrat . . . . . . . . + + . . ... 60 g, 
Eisessig e, 2% 5-2 жой SE CER UR OR о жу ὦ OS 30 ccm, 
Rhodanammonium . . dá 20 g. 


Das Rhodanammonium wird in einer kleinen Menge Wasser getrennt geldst und erst 
nach Auflösung der übrigen Chemikalien dem Bade zugefügt. Das fertige Bad soll erst nach 
24 Stunden gebraucht werden, der Niederschlag wird abfiltriert. Das Bad ist haltbar. Ge- 
brauchte Lösungen werden getrennt aufbewahrt. Sie können wiederholt gebraucht werden. 


Іп dieser Lösung wird das zu verstärkende, vorher gut gewásserte Negativ 5 Minuten 
lang gebadet — das Bild bleicht dabei langsam aus — und während einer Viertelstunde 
bis zur Entfärbung der Lichter gründlich gewässert. Das metallische Silber hat sich bei 
dieser Prozedur in eine Doppelverbindung Silber-Kupfer-Rhodanid umgewandelt, die sich bei 
der nachfolgenden Einfärbung kräftig und gleichmäßig anfärbt und eine Beizverbindung mit 
dem Sarbstoff, die in Wasser unlöslich ist, eingeht. Eine gänzliche Rusbleichung des metallischen 
Silbers in dem Beizbade ist nicht erforderlich. Die Beizwirkung zeigt sich schon, wenn auch 
das Bildsilber noch unvollkommen umgewandelt wurde. | 

Als Sarbbad dienen Auflösungen basischer Sarben, dessen Sárbung der des metallischen 
Silbers gleich sein soll, damit der Grad der Verstärkung und die Gradation des Negatives 


45 


einwandfrei beurteilt werden kann. fumiére empfiehlt eine Mischung von einprozentigen 
Ruflósungen der Grundfarben Blau, Rot und Gelb in folgendem Verhültnis: Blau 287 ccm, 
Rot 333 ccm, Gelb 380 ccm mit 20506 von einprozentiger Essigsäure. Diese Mischung ergibt 
einen schwarzen Bildton mit blauem Stich. Als farben werden benutzt Methylenblau, Rhodamin 
und Phosphin. 

Die Anfärbung des gebeizten Negatives in diesem Sarbbade erfolgt sehr gleichmäßig 
und erreicht nach etwa 15 Minuten die stärkste Deckung. Darauf wird in fließendem Wasser 
die überflüssige Sarbe entfernt und anschließend getrocknet. Das Aussehen des verstärkten 
Negatives gleicht vollständig einem normal entwickelten Negativ. Eine Vergröberung des 
Kornes, wie bei der Verstärkung mit Quecksilber oder Uran, findet nicht statt. 


Ist die Dichte des Negatives zu weit getrieben, so kann durch ein Bad aus 1000 ccm 
Wasser, 1 g Kaliumpermanganat und 5 ccm Schwefelsäure eine gleichmäßige Entfärbung der 
drei Sarbstoffkürper bis zum gewünschten Grade herbeigeführt werden. Darauf wird wiederum 
gewaschen. 

Um bei der Verstärkung eine Ánderung der Gradation des Negatives herbeizuführen, 
kann bei der Einfärbung so gearbeitet werden, daß eine der drei Grundfarben vorherrscht. 
Das kann durch entsprechende Anderung der Zusammensetzung des gemischten Sarbbades 
oder durch Baden in einzelnen Sarbstofflósungen erreicht werden. 

für die Anfärbung kommt nur das im Beizbade gebildete Halogensilber in frage. Wird 
dieses auf irgendeine Weise nachträglich, etwa durch Sixiernatron, entfernt, dann entfärbt sich 
auch der angelagerte Farbstoff im. Wasserbade. Daher dürfen bei der Einfärbung diese 
Lösungsmittel für Halogensilber nicht in die Arbeitslösungen gelangen und nachträglich das 
angefärbte Negativ nicht mit solchen in Berührung kommen. Aus diesem Grunde ist auch 
auf eine gründliche Wässerung des Negatives nach dem Fixieren zu achten. P. Wiegleb. 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Auswaschen photographischer Schichten. 


Solange es überhaupt eine Lichtbildkunst gibt, bildet das Auswaschen der photo- 
graphischen Schichten sawohl beim [legatio als auch beim Abzug (Vergrößerung) eine 
ständige Rubrik іп den photographischen Sachzeitschriften. Wenn auch die Entfernung der 
Salze beim Auskopierpapier mit seiner ungleich feinkörnigeren Bildschicht vielleicht von be- 
deutend größerer Wichtigkeit war als heute bei den Entwicklungspapieren, so sind doch die 
Verhältnisse im Negatioverfahren die gleichen geblieben wie früher, und die möglichst schnelle 
und dabei doch vollkommene Entfernung namentlich des Thiosulfats bleibt nach wie vor der 
Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. 


An sich sind die beim Entwickeln und ordnungsgemäßen Fixieren verwendeten Salze 
alle gut wasserlöslich; es kommt deshalb nur darauf an, das Auswaschen sachgemäß vor- 
zunehmen. | 

Man kann sich, worauf auch Dr. P. Rehlánder in der ,Reoefa*, S. 51, hinweist, 
leicht selbst davon überzeugen, daß Salzlösungen, die stets spezifisch schwerer als Wasser 
sind, in reinem unbewegten Wasser zu Boden sinken und sich nicht etwa mit dem $risch- 
wasser vermischen. Wenn man 2. В. ein paar Kristalle des bekannten, in jeder Dunkelkammer 
vorrätig sein sollenden Kaliumpermanganats in ein durchlässiges Beutelchen tut und dieses 
etwas unter die Oberfläche einer Wassersäule bringt, die sich in einem genügend hohen Glas- 
zylinder befindet, so sieht man die dunkeloiolette Permanganatlósung senkrecht auf den 
Boden des Gefäßes fallen, wo sie liegenbleibt. Die gleiche Erscheinung tritt natürlich auch 
bei farblosen Salzen auf. 


Auf diesem Prinzip beruht nun ein neuer, durch D. R. P. 484506 geschüßter Wüsserungs- 
trog der „Deutschen Ton- und Steinzeug-Werke AG.*. In diesem Trog verbreitet sich 
das Srischwasser fast ohne Strudelbewegung auf der Oberfläche, und das mit den aus- 
gewaschenen Salzen beschwerte Wasser wird ebenso fast ohne Strudelbewegung durch 
das Úberlaufrohr oom Boden aufgehoben. 


Da in dem Waschgefäß keine Rührbewegung vor sich geht, so hat man eine große 
Gewähr dafür, daß alle Salzlösungen in der kürzesten Zeit zu Boden sinken, bevor sie sich 


46 


in größerem Umfange mit dem Srischwasser mischen können. Bei anderen Wásserungs- 
systemen wird nach Dr. Rehländers Angabe eine starke Wasserbewegung verursacht, so 
daß sich die salzreiche Lösung mit dem Srischwasser mischt und leßteres deshalb auch in 
nicht annähernd voll ausgenutztem Zustande mit abfließt. Шап soll bei dem neuartigen 
Wässerungstrog sogar neue Platten zu bereits teilweise ausgewaschenen hinzustellen können, 
ohne daß eine wesentliche Vermischung von Lauge und frischem Wasser eintritt. 


Der hier beschriebene Wässerungstrog dürfte bei dem Auswaschen von Platten und 
бітеп, die ihren Ort während des Waschungsprozesses nicht verändern, in kürzester Zeit 
und mit dem geringsten Wasserverbrauch einen recht guten Mußungseffekt ergeben. Bei 
Kopien, sofern sie nicht in Körben oder Gestellen in den Trog eingehängt werden, werden 
sich dagegen Strudelbewegungen nicht verhindern lassen. Je ,starrer* also das Wüsserungs- 
gut ist, um so vollkommener ist die Wirkung des neuen Modells. Me. 


Aufnahme von Kircheninterieurs. 


Saustone gibt im „British Journal“ einige praktische Anweisungen für das Photo- 
graphieren von Kircheninterieurs. Der Lichteinfall in den Raum wechselt nicht nur mit den 
Jahreszeiten, sondern auch von Stunde zu Stunde, und nur eine kurze Zeitspanne im Jahre 
dürfte für die Wiedergabe vom künstlerischen Standpunkt und gewisser Details besonders 
varteilhaft sein. Sorgfältige Beobachtung und richtige Belichtungszeit sichern befriedigende 
Bilder. Bezüglich der Sonnenstandorientierung besitzt England den Vorteil, daß der Altar 
sich am Ostende des Gebäudes befindet. Dadurch ist man in der Lage, die geeignetste Auf- 
nahmezeit abzupassen. Sûr Gemälde an der östlichen Seite werden wahrscheinlich die 
Morgenstunden, für die westliche der Nachmittag am günstigsten und Winter oder Vorfrühling 
die beste Jahreszeit sein. Die Beleuchtung ist dann von weichem Charakter, und die Sonne 
steht niedrig. Bei diesen Verhältnissen heben sich die Details oft besser heraus, Licht- und 
Schattenwirkungen sind interessanter als bei hohem Sonnenstand im Sommer. Des öfteren 
wird geraten, für solche Aufnahmen die trüben Tage den sonnigen vorzuziehen. Das kann 
aber nur ооп Fall zu Fall entschieden werden. Die Aufnahme zur Winterszeit ist wegen des 
geringeren Sremdenoerkehrs, der sich leicht störend auswirken kann, vorzuziehen. Abgesehen 
von speziellen Effekten bietet ein heller Tag mit verschleierter Sonne die beste Beleuchtung. 


$ür die Aufnahme oon Gegenständen unter mißlicher Beleuchtung wird Magnesiumlicht 
allein oder in Verbindung mit Tageslicht eine gute Stüße sein. Jm Gegenlicht, etwa unter 
einem Fenster, ist es unmöglich, eine gute Wiedergabe nur bei Tageslicht zu erhalten. Details 
ооп Altären, Schreinen u. dgl. können in vielen Fällen nur mit Hilfe von Kunstlicht auf- 
genommen werden. | 

Platten geringer Empfindlichkeit sind für dieses Gebiet nicht am Plage, denn die Be- 
lichtungszeit wird mit geringem oder gar keinem Vorteil verlängert. Eine empfindlichere 
Emulsion reduziert nicht nur die Belichtungszeit, sondern wird noch beträchtliche Details in 
mäßig erhellten Räumen herausbringen. Man wird beobachten, daß im Negativ Einzelheiten 
vollkommen enthalten sind, die von dem Auge gerade noch gesehen werden. Man gebe 
volle, aber nicht übermäßige Exposition. Manche Innenpartien werden überexponiert sein, 
so namentlich die Fenster. Sie erscheinen ohne Details. Je länger exponiert wird, desto 
mehr werden die hohen Lichter gefährdet, und zwar durch die bekannten Lichthoferscheinungen. 
Erforderlich sind daher lichthoffreie Platten. Eine korrekte Exposition für die Schattenpartien 
und nicht mehr sollte das Ziel sein, wenn mit großen Kontrasten im Bilde zu rechnen ist. 
Panchromatische Schichten bei ausgeprägt farbigen Einrichtungsgegenständen sind vorzuziehen, 
etwa bei Altarschmuck, bunten Glasfenstern, Kunstschreinen, Kirchenfahnen usw. 


für derartige Aufnahmen ist eine gediegene Balgenkamera von etwa 121/ X 16-Sormat mit 
genügendem Auszug besonders am Plage. Serner werden Weitwinkellinsen und ausgedehntere 
Objektivbrettverschiebung benötigt. Abgesehen von den Weitwinkelspezialfällen sollte der 
Photograph guter Perspektive halber möglichst lange Brennweiten benugen. Am praktischsten 
ist wohl eine Ausrüstung mit drei Linsen; eine mit kurzem Fokus vom Weitwinkeltyp, eine 
mit mittlerem fokus für allgemeineren Gebrauch und eine mit langem Fokus. Sehr will- 
kommen für die Wiedergabe kleiner Details ist eine Telelinse. | 


47 


Шап hüte sich vor Überentwicklung der Aufnahmen, aber man halte die Negative auch 
nicht zu dünn, die Bilder sollen eine reiche Abstufung zeigen. Sast jeder Photograph hat 
in der Entwicklung noch eigene Kniffe. Es leuchtet ein, daß wir 2. B. bezüglich fichthof- 
unterdrückung mit einem Oberflachenentwickler im Vorteil sind. P. H. 


Otto Mente +. 


Noch im April sahen wir Professor Mente troß seines Leidens noch rege an den Vereins- 
versammlungen und der Ausstellung „Das Meisterphoto* teilnehmen und hofften, daß seir 
Befinden sich bessern würde, doch am 17. Mai erhielten wir schon die schmerzliche Botschaft 
seines Hinscheidens. Mentes Wissen auf praktisch photographischen Gebieten und namentlich 
im Reproduktionswesen wurden allgemein hochgeschäßt. Sein überaus liebenswürdiges, entgegen- 
kommendes Wesen und sein Srohsinn führte zu einem großen Sreundes- und Verehrerkreis, 
der Mentes allzufrühen Abgang aufs tiefste betrauert. 

Otto Mente, 1871 zu Hannover geboren, besuchte dortselbst das Leibniz-Realgymnasium 
und widmete sih dann neben allgemeiner Photographie vornehmlich den Reproduktions- 
techniken. Seine vorzügliche Beherrschung dieser Gebiete führte ihn zu einem Lehramt in 
der bekannten Unterrichtsanstalt von Klimsch in $rankfurf a. M. Ab 1905 war Mente 
als Assistent Miethes im photochemischen Laboratorium der Berliner Technischen Hochschule 
tätig, und 1920 wurde er in diesem Institut Abteilungsvorsteher; 1928 erfolgte seine Er- 
nennung zum außerordentlichen Professor. 

Mente entwickelte ferner eine außerordentlich umfangreiche literarische Tätigkeit, seine 
Abhandlungen kommen wegen ihrer klaren, allgemeinverständlichen Sassungsweise auch dem 
Amateur sehr zugute. 1908— 1911 war Mente Mitredakteur der „Photographischen Rund- 
schau“, weiterhin gab er die „Zeitschrift für Reproduktionstechnik* heraus, und seit 1923 war 
er Mitleiter unseres Sachblattes, „Das Atelier des Photographen*. 

Seit langen Jahren hat Mente sich auch auf das lebhafteste für das Vereinswesen 
interessiert, und er gehörte in Berlin verschiedenen Gesellschaften als Vorstandsmitglied an. 
Mentes Vorlagen aus mannigfaltigen praktischen Arbeitsgebieten und dann vor allem seine 
Projektionen prdchtiger Aufnahmen von seinen Reisen in nahe und ferne Länder haben stets 
größten Beifall gefunden. 1920 wurde Mente zum I. Vorsitzenden der Deutschen Photo- 
graphischen Gesellschaft zu Berlin gewählt, welches Amt er bis zulebt mit größtem Eifer 
versah. 1931 wurde er ob seiner verschiedenen Verdienste zum Ehrenmitglied dieser Gesell- 
schaft ernannt. Auch der „Photographische Verein zu Berlin“ verlieh Mente diese Warde. 


Mente gab uns eine $ülle von Anregungen und Anleitungen zu trefflichen Arbeits- 
weisen und verstand es, audi schwierigere Materien näherzubringen. Die photographische 
Sachwelt wird ihm ein treues Angedenken bewahren. P. H. 


Zu den Abbildungen. 


Von Erich Angenendt, der sih in Dortmund in diesem Jahr eine eigene Werkstatt 
mit besonders schönen Aufnahmeräumen einrichtete, finden wir im vorliegenden Heft vier, 
in der Auffassung verschiedenartige Aufnahmen. Besonders fein sind die Köpfe des Herrn 
mit Hut und der Dame mit den Händen im Ausschnitt und Licht. Auch die Idee, den 
Architekten mit seinem Entwurf zusammenzubringen, ist gut. Karl Bahr folgt dann mit 
dem sanften, fein modellierten Mädchenkopf — vielleicht aber ist es nicht unbedenklich, die 
Hände da nur dekorativ mit dem Kopf in Verbindung zu bringen, wo sie als Stüße dienen; 
eine Haltung also, die der sehr knappe Ausschnitt nicht klärt. Cebendig und nett ist dann 
das Kinderbild von Frensdorf, sehr ausdrucksvoll das feine Srauenprofil von Siedler und 
das Bruststük oon Uhde. Von Halberstadt finden wir dann einige Aufnahmen zu 
Werbezwecken, die sinngemäß, vom photographischen Standpunkt aus klar und gut erfaßt 
sind. Da dieses Thema für den Photographen heute aktuell ist, haben wir uns mit einem 
der erfolgreichsten Sachmänner in Verbindung gesetzt, der demnächst in unserer Zeitschrift 
über seine Erfahrungen berichten, Anregungen und Aufklärungen geben wird. 


48 


— - 


ANNELIESE KRETSCHMER, G.D.L., DORTMUND 


WALTER SIEMSSEN, G. D. LL AUGSBURG 


FR. GRAINER, G. D. L. MÜNCHEN 


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R. GERLING, G.D.L. DUISBURG 


ROSNER, G. D. L., CHEMNITZ 


CARRY HESS, G. О. Ш, FRANKFURT A. M. 


GLAUER, G. О. Ц, OPPELN 


Tagesfragen. [Nachdruck verboten.] 


chon im Juniheft wiesen wir an dieser Stelle auf eine zeitgemäße Leistungsforderung 
hin, die auf der erweiterten Technik des Photographierens und der mit Bezug auf 
die traditionelle Berufsphotagraphie ehrlicheren Einstellung der Natur gegenüber 
beruht. Wir sagten ferner, daß sich trotz der augenblicklich recht ungünstigen 

DS Verhältnisse die neuen Forderungen ouch in Fachkreisen durchsetzten und glauben 
nun, oon weiteren theoretischen €rórterungen der $rage absehen zu kónnen, шепп wir Be- 
rufsphotographen, die sich in ihrer Praxis mit Erfolg zur neuen Einstellung bekennen, das 
Wort erteilen. Herr ҮЙІН, Weimar, ооп dem wir im lekten Dezemberheft mehrere aus- 
gezeichnete „Porträts mit der Kleinkamera* reproduzieren konnten, zeigt nachstehend die 
Vorteile, die diese Umstellung bietet. Er schreibt: 

Die rasche Entwicklung der photographischen Technik, das fortwährende Erscheinen 
einschneidender Neuerungen in der Photoindustrie stellen den Berufsphotographen vor 
ernste Aufgaben. Er wird trog der Ungunst der Zeit Neuanschaffungen und Umstellungen 
in seinem Betriebe vornehmen müssen, soll er nicht Gefahr laufen, der Zeit ganz zu er- 
liegen. Eine dieser $ragen und vielleicht eine der dringendsten ist die Stellungnahme des 
Sachphotographen zur Kleinbildphotographie. Hochwertige Leistungen führender Sachleute 
und Amateure haben den Beweis erbracht, daß das Kleinbildwesen nicht nur eine vorüber- 
gehende Erscheinung ist. Daß das Anwendungsgebiet der Kleinbildkamera wie jedes 
anderen Apparates auch ein begrenztes ist, wird jedem Sachmann ohne weiteres klar sein, 
doch sind andernteils die Möglichkeiten der Verwendung einer erstklassigen Kleinkamera 
mit auswechselbarer Optik weit größer, als der Außenstehende im allgemeinen annimmt. 
Die Billigkeit und dabei größte Zuverlässigkeit des Kinofilms als Aufnahmematerial, die stete 
Aufnahmebereitschaft der Kleinkamera sind für den Berufslichtbildner von wesentlicher Bedeutung. 


Verschiedene Hilfsgeräte zur Kleinbildkamera erweitern das Anwendungsgebiet ganz be- 
deutend, sie sind heute zur rationellen und preiswerten Lösung vieler Aufgaben des Berufes 
unentbehrlich. Serienaufnahmen von Kleingegenständen aller Art für Kataloge u. dgl. können 
billig und rasch in jedem, also auch in einem bisher ungewohnten Gesichtswinkel durch die 
leichte Beweglichkeit der Kamera mit Hilfsgerät photographiert werden. Durch die geringen 
Kosten des Aufnahmematerials ist der Photograph in die Lage versetzt, dem ernsten Inter- 
essenten einmal unverbindlich Proben seines Könnens zu geben und so durch diese An- 
regung weitere Aufträge einzuleiten. Besonders auf dem Gebiete des Reklamewesens läßt 
diese Arbeitsweise nach ausgiebigen Studien und Versuchen erfolgreiche Betätigung des 
Berufsphotographen erwarten und neue Verdienstmöglichkeiten entstehen. Reproduktionen 
einzelner kleiner Figuren aus Gruppenbildern und deren mehrfache Vergrößerung werden 
viel sicherer und leichter ausgeführt als mit der Atelierkamera und dem üblichen Objektio- 
bestand meist langer Brennweite, bei der es oft einer mehrmaligen Reproduktion bedurfte, 
um zur gewünschten Größe zu gelangen. Wenn ich dem Berufsphotographen empfehle, das 
Porträtieren mit der Kleinbildkamera zu versuchen, so aus der Erkenntnis heraus, daß eben 
die Bedingungen, unter denen sich nur mil dieser Kamera arbeiten läßt, ihm ein neues 
Sehen vermitteln, ihn den Wert der Wahrheit in der Photographie erkennen lassen. Die 
Beweglichkeit der Kleinkamera, die rasche Aufnahmebereitschaft und Aufnahmefolge gegen- 
über der Atelierkamera alten Stils mit ihrer zeitraubenden Bedienung lassen den Auf- 
zunehmenden nicht erstarren und geben die Gewähr für viel natürlichere und daher lebens- 
wahrere Bilder. Die lange Brennweite und hahe Lichtstärke der auswechselbaren Objektive 
gestattet die Aufnahme großer Köpfe bei Momentexpositionen von !/,, bis !/ioo Sekunde. 
Das panchromatische Filmmaterial schließt Retusche des Negativos aus. 

Dem Sachphotographen stehen heute schon eine Reihe ausgezeichneter Kleinbildapparate 
zur Verfügung, die sich meist des Kinofilms іп doppelter Kinogröße, also 24 x 36 mm Bild- 
größe, bedienen. Die zunehmende Seinkörnigkeit und hohe Empfindlichkeit des Kinofilms 
läßt für dieses Format noch große Möglichkeiten erwarten. Zuletzt erschienene Apparate, 
welche unter diese Aufnahmegröße gehen, dürften zur Zeit für den Sochphotographen kaum 
in Srage kommen. Dagegen möchte ich auf eine Kleinkamera, die neben dem Typ für Kino- 
film, wie Leica, Contax, Peggy usw., eine neuartige Konstruktion als Spiegelkamera darstellt, 


besonders hinweisen. Die Rolleiflex 6 X 6 cm in ihrer neuen form findet beim Berufsphoto- 


49 


graphen immer mehr Verwendung. Sie ist äußerst vielseitig und besonders die ideale 
Kamera für Kinderaufnahmen im Atelier. Stets aufnahmebereit, das Bild dauernd hell auf 
der Mattscheibe sichtbar und einzustellen, legt dieses Format auch der Vergrößerung und 
eventuellen Retusche keine Beschränkung mehr auf. Durch die hochwertigen panchromatischen 
Filme Superpan und Supersensitio lassen sich bei Kunstlicht kürzeste Momentbelichtungen 
erzielen, und ich konnte diese Kamera bei Bühnenaufnahmen mit bestem Erfolg benußen. 

Die Kleinbildphotographie verlangt aber, besonders beim Porträt und technischen Auf- 
nahmen, eine äußerst präzise Aufnahme- und Entwicklungstechnik, denn nur wirklich ein- 
wandfreie, scharfe Negative ergeben Vergrößerungen, die der Berufsphotograph gebrauchen 
kann. Die Verwendung eines beweglichen, leichten Heimstatives ist meist nötig, um schon 
durch genaueste Einstellung und Ausnußung des Bildraumes die Voraussetzung für eine 
möglichst weitgehende Vergrößerung zu schaffen. Die modernen vertikalen Vergrößerungs- 
geräte bieten die Möglichkeit, alle Faktoren einer rein technischen Behandlung und Ab- 
stimmung des Bildes beim Vergrößerungsweg voll auszunußen. 

Es ist zu begrüßen, daß die Industrie der hochwertigen Präzisions-Kleinbildapparate 
bei l''eukonstruktionen immer mehr auch die Wünsche der Berufslichtbildner berücksichtigt. Für 
jeden Sachphotographen ist es höchste Zeit, sich mit dem Kleinbildwesen vertraut zu machen, 
denn heute schon kann er, ohne die Kleinbildphotographie in seinem Betriebe mit auf- 
zunehmen, den Zeiterforderungen nicht mehr voll entsprechen. 


Schluß mit der Retusche! 


Von Curt Emmermann. [Nachdruck verboten.) 

Seit Jahr und Tag geht es bei uns der Berufsphotographie alles andere als gut. Die 
wirtschaftliche Loge trägt daran zu einem Teil die Schuld. Dann versucht man, die Aus- 
breitung der Amateurphotographie mit als Ursache des Niederganges des Photographen- 
berufes hinzustellen. Mur übersieht man immer einen dritten Saktor, nämlich den, daß die 
Sachphotographen, wenigstens in ihrer großen Menge, am Abstieg ihres Berufes, der einmal 
glänzende Tage gesehen hat, selber ein gerüttelt volles Maß Schuld tragen. Das soll hier 
nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen werden. 

Der Durchschnittsphotogroph liefert uns ein glänzendes Schulbeispiel konservativer 
Gesinnung. Den Fortschritten der Technik steht er ablehnend oder wenigstens abwartend 
gegenüber, abwartend, bis es zu spät ist, Seine Arbeitsweise ist im Grunde noch immer 
die gleiche wie die vor einigen Jahrzehnten in der Meisterlehre erlernte. Mag man sich 
hier und da auch ein weichzeichnendes Objektiv angeschafft haben und statt farbenblinder 
Ultraplatten Porträtemulsionen mit guter Orthochromasie verwenden, die Bogenlampe in die 
Ecke gestellt haben, um an ihrer Stelle die hochkerzige Nitralampe zu benutzen, den 
schwersten Hemmschuh, mit dem die Berufsphotographie belastet ist, hat man immer noch 
nicht abgeworfen. 

Es war ein Danaer-Geschenk, das der Wiener Photograph Rabending der Sach- 
phofographie machte, als er in längst vergessenen Zeiten anfing, seine Megative zu 
retuschieren. Jahrzehntelang hat es sich das Publikum gefallen lassen und es wohl auch 
schön gefunden, wenn ihm der Photograph glatt retuschierte, geleckte Aufnahmen lieferte. 
Aber diese Zeiten sind vorbei. Mur haben es viele Sachphotographen noch nicht bemerkt. 
Nach wie vor werden іп den Fachzeitschriften „geschickte Retuscheure* gesucht, die man 
vielleicht besser bezahlt als einen in moderner Aufnahmetechnik bewanderten Lichtbildner. 
Immer noch tobt sich der Bleistift auf dem Megatio aus, werden Platten matt lackiert, ge- 
schabt, abgedeckt und sonstwie bearbeitet. 

Derartige Manipulationen bedeuten heute aber nichts anderes als, um ein drastisches 
Beispiel zu nennen, die Reparatur einer Taschenuhr mit dem Vorschlaghammer! Man treibt 
den Teufel mit Beelzebub aus, indem man versucht, Mängel der photographischen Technik 
durch grobe Eingriffe in das Педаһо zu verbessern. Wir wollen nicht puritanisch sein: 
niemand wird etwas dagegen einwenden, wenn man einen Kratzer im Negativ oder Nadel- 
stiche zudeckt. Retusche im üblichen Sinne bedeutet aber eine barbarische Vergewaltigung 
der Grautóne eines Negatives. 

Warum alle diese Eingriffe? Man beseitigt Salten und Runzeln. Sommersprossen. 
und Haufunreinigkeiten werden mit dem Bleistift entfernt, Mängel der Beleuchtung und der 


50 


Sarbwiedergabe mit der photographischen Technik wesensfremden Mitteln zu beheben ver- . 
sucht. Und dann mutet man dem Publikum zu, in hellen Haufen zum Sachphotographen 
zu kommen, um sich Bilder machen zu lassen, die in bezug auf Lebensechtheit und 
Natürlichkeit von einer Durchschnittsaufnahme des Knipsers glatt erschlagen werden. Sür 
derartige Bildnisse gibt das Publikum heute kein Geld mehr aus, audi wenn es das könnte. 

Hier helfen keine Pflästerchen, indem man z. B. seine Bilder auf Papieren mit neuer 
Oberfläche herstellt. Man muß ganz von vorn anfangen und sich zu einer einwandfreien 
Negativtechnik bekehren. Man hat zu lernen, seine Modelle so zu beleuchten, daß ein 
natärlich wirkender Lichtfall herauskommt. Schlechte Kinoeffekte werden nur von einem 
Teil des Publikums geschäßt, der nicht der beste ist. Die gefürchteten Salten lassen sich 
durch zweckmäßige Beleuchtung stark mildern. Es wird heute kaum noch jemand so un- 
vernünftig sein und auf ihrer vollständigen Beseitigung bestehen. 

Beherrschung der Beleuchtungstechnik muß vorausgesetzt werden. Dann aber haf man 
sein. Augenmerk dem Aufnahmematerial zuzuwenden. Die Sleischtöne fordern gebieterisch 
ein für rote Töne gut empfindliches Material. Die ihren Mamen wirklich verdienende 
Orthoelmulsion war gewiß ein Fortschritt im Vergleich zu nur blauviolett empfindlichem 
Rufnahmematerial. Aber weit über ihr stehen moderne Panchroemulsionen. 


Seit einiger Zeit stehen uns in der Agfa-Superpan- und der Kodak-Super Sen- 
sitio-€mulsion Aufnahmeschichten mit ganz hervorragenden Eigenschaften zur Verfügung. 
Zunächst haben sie schon bei weißem Licht eine außerordentlich hohe Allgemein- 
empfindlichkeit, die bei Nitralicht noch wesentlich ansteigt. Dann weisen diese 
Emulsionen eine bisher nicht bekannte Sensibilisierung für Grün und Rat auf. Dazu 
haben sie eine sehr lange, nutzbare Gradation. 

Was den Sachphotographen hiervon am meisten interessiert, ist ohne Zweifel die hohe 
Allgemeinempfindlichkeit. Sie ist auch sehr wertvoll, erlaubt sie doch, bei künstlichem 
Licht mit verhältnismäßig geringem Beleuchtungsaufwand und Objektiven nicht extrem hoher 
Lichtstärke Momentaufnahmen zu machen. Das ist für das festhalten ungezwungener 
Stellungen sehr wichtig. 

Nicht weniger bedeufungsooll ist die lange Gradation, Sie ermöglicht die Bewältigung 
sehr großer Helligkeitskontraste. Die Schatten sind durchgezeichnet. Die Spißlichter sitzen 
hervorragend und müssen dem Negativ nicht erst mittels des Bleistiftes verliehen werden, 
welchen sanften Betrug ein einigermaßen geschultes Auge fast immer bemerken wird. 


Am wichtigsten ist jedoch der Umstand, daß diese Emulsionen eine bisher nur schwer 
zu erreichende Farbwiedergabe ermöglichen. Die Töne im Gesicht kommen entsprechend 
ihrer optischen Helligkeit. Sleisch wirkt wirklich wie Sleisch, und blaue Augen kommen der 
Natur entsprechend, Blondes Haar wird mit der ihm eigenen Helligkeit wiedergegeben. 
Alle Farbtöne werden іп die entsprechenden Grauwerte umgesetzt. Rot, das ein Drittel des 
Spektrums ausmacht, wird nicht mehr stiefmütterlich behandelt. Blaue und violette Töne 
werden ihrer geringen optischen Helligkeit entsprechend dunkler wiedergegeben. Derartige 
Porträts atmen Leben. 

Sie ließen sich auch früher erreichen. Aber dazu bedurfte es dann der Benutzung so 
strenger Silter, daß man so nur ausnahmsweise іт Porträtatelier arbeiten konnte. Bei 
Orthoemulsionen half außerdem kein Silter, um die naturwahre Wiedergabe roter Töne zu 
erzwingen. | 

Wer hier skeptisch ist, dem kann nur empfohlen werden, einmal selber ein paar 
Vergleichsaufnahmen zu machen. Wenn er nicht vollkommen blind ist, werden ihn die 
Ergebnisse frappieren! 

Dieser oder jener Photograph, der früher einmal von Panchroemulsionen gehört hat, 
wird Einwände wegen technischer Schwierigkeiten machen. Z.B. Entwickeln der Negative 
im Dunkeln. Tun, es gibt Desensibilisatoren. Wer sich ganz von alten Ansichten frei 
machen kann, könnte die Panchroschichten auch im Dunkeln nach Zeit entwickeln, wie das 
hervorragende ausländische Fachleute seit langem mit bestem Erfolg machen. Ein besonderes 
Grünfilter für das Beschicken der Kassetten wird man auch noch erschwingen können, wenn 
man sich nicht zutraut, es im Dunkeln zu besorgen. 

Wenn oben gesagt wurde, daß es der Sachphotographie schlecht gehe, so wird davon 
nicht jeder betroffen, der sein Brot mit der Kamera verdient. €s gibt heute noch Berufs- 


51 


photographen, die den Verhältnissen entsprechend gut zu fun haben und kein Hehl daraus 
machen. Es sind das die, die mit der Zeit gegangen sind. Sür sie hätten diese Zeilen 
nicht geschrieben zu werden brauchen. | 


Das gilt ganz besonders für eine Anzahl Außenseiter, die nicht als Berufsphotographen 
gelernt haben, aber es heute nach dem Buchstaben des Geseßes doch sind. Diese Leute 
gingen ungehemmt an die Photographie heran. Das nötige künstlerische Fingerspitzengefühl 
brachten sie mit, erlernen kann man es ja nicht. Dafür erlernten sie aber die photo- 
graphische Technik. Und zwar mustergültig. Sie können sehen und das Gesehene photo- 
graphisch wiedergeben. Damit haben sie den Erfolg, und wenn man sie deswegen noch 
so scheel ansieht. Sie kennen keine Retusche, können überhaupt nicht retuschieren, Grund 
genug für den ,gelernten* Sachmann, sie von oben herab anzusehen. 


Man spreche einmal mit diesen Leuten über ihre Rufnohmetechnik, über ihre 
Ansichten über die Photographie überhaupt. Sie sind Sanatiker der photographischen 
Ehrlichkeit. 65 fällt ihnen auch leicht. Sie wissen, welches Hilfsmittel sie in modernen 
Panchroemulsionen haben und brauchen nicht zu korrigieren und nichts zu „verschönern“. 


Der Grauschleier auf Bromsilbergelatineschichten. 
Von P. Wiegleb, Schwerin i. M. {Nachdruck verboten.) 

Die Tonskala der Bromsilbergelatineshiditen läuft oon einem kaum wahrnehmbaren 
Grau bis zu kräftiger Schwärzung. Dabei sollen die nicht vom Lichte aetroffenen Stellen 
glasklar sein. Ist das nicht der fall, so ist Schleierbildung eingetreten. Überschreitet diese 
nicht die Grenzen eines schwachen, gleichmäßigen grauen Beloges, so ist der Schleier in den 
meisten Fällen unschädlich, oft von Nutzen, da er dann die feinsten Schattendetails besser 
sichtbar macht. Bei hochempfindlichen Platten tritt die Schleierbildung am häufigsten auf, 
und man betrachtet sie als deren besonderes Kennzeichen. Das ist in diesem Sinne jedoch 
nicht zutreffend. Wenn auch das hochempfindliche Material leicht zur Schleierbildung neigt, 
liegt es jedoch mehr oder weniger an der Behandlungsoeise, wieweit sich ein Schleier 
bildet und ausprägt. 


Die Ursache der Schleierbildung kann verschieden sein und ist nicht immer leicht zu 
erkennen. Es kann sich dabei um €Emulsionsschleier, Luftschleier, Entwicklungsschleier, 
Schleier durch Einwirkung von Gasen und Dämpfen und um Lichtschleier handeln. Bei der 
Ermittlung prüft man in erster Linie, ob diejenigen Stellen, die bei der Belichtung in der 
Kamera оог der Lichtstrahlung geschützt sind, also die Plattenränder, die in der Kassette 
aufliegen, glasklar sind. Sind diese Stellen klar, so ist der Schleier während der Belichtung 
entstanden, sind die Ränder jedoch auch verschleiert, so muß der Schleier vor oder nach 
der Belichtung entstanden sein. 


Der Schleier wird sichtbar durch die Reduktion von Bromsilber im Entwickler. Das 
Bromsilber kann auch ohne Belichtung, nur durch die Entwicklereinwirkung geschwärzt 
werden. Das geschieht um so leichter, je freier das Bromsilberkorn liegt und je größer dieses 
ist. Diese letztere Vorbedingung trifft für hochempfindliche Platten zu. Dadurch werden dem 
Entwickler gute Angriffspunkte geboten. Wird das Korn von Gelatine umhüllt, so hat der 
entwickler nur schwer Zutritt, und das Bromsilberkorn bleibt längere Zeit unbeeinflußt. 
Wird es belichtet, so ist es um so leichter reduzierbar, je stärker die Lichtwirkung war. Die 
Gelatine als Einbettungsmaterial des Bromsilbers wirkt bei der Entstehung des Bildes in 
günstigem Sinne, da die Gelatine die Reduktion des nicht oder nur wenig belichteten Brom- 
silbers verhindert. Das Bild kann sich daher in allen Tönen aufbauen, bevor eine Schwärzung 
des nicht belichteten Bromsilbers und damit eine Schleierwirkung auftreten kann. 


Hieraus ersehen wir, daß die Schleierbildung durch Entwicklung von der Dauer der 
Entwicklung abhängig ist, weshalb unterbelichtete Negative, die lange im Entwickler gelassen 
werden, fast stets einen mehr oder weniger starken Grauschleier zeigen. Dabei begünstigen 
höhere Temperaturen die Schleierbildung, aber nur deshalb, weil bei höheren Wärmegraden 
chemische Reaktionen schneller verlaufen. Auch die Art der Bromsilberemulsion spielt hin- 
sichtlich der Abhängigkeit des Schleiers von der Entwicklungsdauer eine Rolle. Am günstigsten 
verhält sich das ungereifte oder nur wenig gereifte feinkórnige Bromsilber. Mit solchen 


52 


777” 


gege d 


JONAS, G.D.L., DRESDEN 


2 


HÜBNER, GDL. KONSTANZ 


SCHMIEDT, G.D.L., HAMBURG | Beleuchtungskörper 


ОТТО MENTE + 


Emulsionen sind immer mif Leichtigkeit schleierfreie, glasklare Negative zu erzielen. Deshalb 
werden solche Schichten für Strichaufnahmen,. die neben gedeckten Lichtern glasklare Striche 
aufweisen müssen, benubf. Je weiter nun die Reifung des Bromsilbers getrieben wird, desta 
gröber wird das Korn, das dann unter günstigen Umständen schon in unbelichtetem Zustande 
zum Schleiern neigt. Dieser Schleier hängt oan den besonderen Eigenschaften der Emulsion 
ab, und es ist Aufgabe der Entwicklung, die Hervorrufung des Bildes zu beenden, . bevor 
das unbelichtete Bromsilber reduziert wird. Dabei ist es nicht gleichgültig, welcherart der 
benutzte Entwickler ist. - 

Entwickeln wir eine unbelichtete Platte in einem beliebigen Entwickler, so werden wir 
finden, daß nach einer bestimmten Zeit, die für die betreffende Emulsion maßgebend ist, 
Schleier eintritt, der mit der weiteren Dauer der Entwicklung zunimmt. Wird eine zweite 
Platte der gleichen Emulsion normal belichtet und mit gleicher Dauer in gleicher Weise. ent- 
wickelt, so können wir feststellen, daß der Schleier sich erst viel später einstellt als bei der 
ersten unbelichteten Platte. Wird hierauf weiter entwickelt, so bleibt nach einem gewissen 
Zeitraum das Bild in seiner Kraft stehen, während der Schleier zunimmt. 

Die Ursache, daß die Schleierbildung bei der belichteten Platte erst später einsetzt, ist 
darin begründet, daß sich bei der Belichtung des Bromsilbers Brom abspaltet. Dieses ver- 
bindet sich während der Entwicklung mit dem Alkali des Entwicklers zu Bromkali und übt 
damit eine verzögernde Wirkung aus. Da dieser Vorgang bei der unbelichteten Platte nicht 
in dem Maße stattfinden kann, ist hier die Schleierbildung eine größere. Sie wird dodurch 
vermehrt, daß sich geringe Mengen von Silberhaloid lösen, die sich dann, vom Entwickler 
reduziert, an das Bromsilberkorn anlagern und Entwicklungskeime bilden. Wird nun einem 
kräftig arbeitenden Entwickler eine genügende Menge Bromkali zugesetzt, so ist die Schleier- 
bildung einer belichteten Platte für die übliche Sertigentwicklungsdauer verhindert: Im weiteren 
Verlauf der Entwicklung stehen sich Deckung und Schleierdichte in fast gleichen Verhältnissen 
gegenüber. Die Wirkung des Bromkalis kann durch einen Jodkaliumzusaß unterstützt werden. 
€s genügt der Zusaß einer sehr kleinen Menge; er soll nicht mehr als 1 g in einem Liter 
Entwickler betragen, da sonst die Entwicklung und auch die Sixage verlangsamt wird. 


Wir haben daher durch den Bromkalizusat die Möglichkeit, sich bildende Schleier 
wenn nicht ganz zu unterdrücken, so doch in annehmbaren Grenzen halten zu können. Aus 
diesem Grunde finden wir daher auch in den Entwicklerrezepten stets die Angabe einer 
bestimmten Bromkalimenge, damit der der Emulsion eigene Schleier während der üblichen 
Entwicklungszeit nicht zum Vorschein kommt. 

Nicht olle Entwicklungssubstanzen reagieren in gleicher Weise auf den Zusatz von 
Bromkalium. Langsam arbeitende Entwickler, wie Hydrochinon, Glycin, sind gegen Bromkali 
empfindlich und sprechen sofort darauf an. Die Wirkung äußert sich in einer stark ver- 
längerten Entwicklungsdauer, wobei sich die Kontraste des Bildes steigern können. Hier ist 
mit dem Bromkalizusaß vorsichtig umzugehen, da sonst auch ein allgemeiner Gelbschleier 
auftreten kann. Bei Rapidentwicklern, als deren Hauptoertreter das Metol gelten kann, wirkt 
ein starker Bromkalizusa nur schleierverhindernd, ohne die Entwicklungsdauer nennenswert 
zu verlängern. 

Die Beschaffenheit des Entwicklers selbst kann unter besonderen Umständen ebenfalls 
die Schleierbildung begünstigen oder verursachen. Die Ursachen können verschiedene sein. 
So übt ein zu geringer oder ein zu hoher Gehalt an Sulfit eine ungünstige Wirkung aus; 
auch ein zu hoher Hydrochinongehalt kann Ursache des Schleiers sein. Am häufigsten wird 
Schleier durch einen zu hohen Alkaligehalt hervorgerufen. In den meisten Sällen dann, wenn 
bei unterbelichteten Aufnahmen durch vermehrten Alkalizusak das Erscheinen der Details er- 
zwungen werden soll. Ungeeignete Temperaturen haben das nämliche Ergebnis. Hydrochinon 
und Pyrogallus sind für höhere Wärmegrade besonders empfindlich. 


Grauschleier kann weiter entstehen durch die Einwirkung der Luft. Sei es, daf die 
Platten zu oft zum Betrachten aus der sie bedeckenden Entwicklerflüssigkeit genommen werden, 
oder sei es, daß bei langen Silmbändern diese nur vorübergehend während kurzer Zeit 
іп den Entwickler tauchen. Besonders ist ein hoher Hydrochinongehalt im entwickler — es 
werden ja heute fast ausschließlich Metol-Hydrochinon-Kombinationen benu&t — die Ursache 
von Luftschleier. Der Cuftschleier beruht auf einer Chemilumineszenz und entsteht. bei der 
Oxydation der Entwicklersubstanz. Bei der Oxydation dieser erhält die Schicht einen latenten 


53 


Cichteindruck, der sich bei der weiteren Entwicklung schwärzt. Eine Erhöhung des Sulfit- 
gehaltes wirkt dem entgegen. Empfehlenswert ist ferner, in diesem Salle möglichst luftfreies, 
abgekochtes Wasser zum Entwickleransa und zur Verdünnung zu benutzen. Serner kann 
Cuftshleier durch die katalytische Wirkung von Kupfer und durch die Gegenwart von 
Sormaldehyd entstehen. 


Um den Luftschleier zu vermeiden, kann ein Zusatz oon geringen Mengen Pyrogallus- 
säure zum Entwickler gemacht werden. Auch teilweise oxydierte Pyrogalluslösung wirkt in 
sichtbarer Weise. Die Oxydationsprodukte des Metol wirken durch ihre desensibilisierende 
Eigenschaft in ähnlicher Weise. Mur haben diese Zusätze den Nachteil, den damit vermischten 
Entwickler in seiner Haltbarkeit und seinen besonderen Eigenschaften zu beeinflussen. Gänzlich 
verhindert werden kann der Cuftschleier bei Gegenwart von Desensibilisatoren, oon denen 
das Pinakryptol-Grün am günstigsten wirkt, da es nicht, wie das Phenosafranin, die Schicht 
anfärbt. Der Farbstoff wird in der gleichen Weise wie zur Desensibilisierung selbst an- 
gewandt. Er kann dem Entwickler zugesetzt werden, oder er wird in der gleichen Ver- 
dünnung ols Vorbad benutzt. Die letztere Anwendungsweise ist vorzuziehen, da sich dabei 
kein Niederschlag bilden kann, der den Sarbstoff ausfällt. Die Badedauer beträgt mindestens 
eine Minute. Die Empfindlichkeit der Schicht wird dadurch herabgesetzt, und der durch die 
Oxydation des Entwicklers ausgelöste Lichteindruck genügt nicht mehr, die Schicht latent zu 
beeinflussen. 


Doch noch andere äußere Einflüsse können das Bromsilber latent verändern. Es sind 
dies die unsichtbaren fichtstrahlen, die häufiger auftreten, als wir annehmen. Besonders 
gefährdet sind lichtempfindliche Schichten, wenn sie in helle Papiere gepackt werden, die 
vorher dem Lichte ausgesetzt waren. Die hellen Papiere speichern dabei Licht in sich auf, 
das sie später in der Dunkelheit, für unser Auge unsichtbar, langsam wieder abgeben. Da- 
durch ist das in solche Papiere eingepackte lichtempfindliche Material gefährdet. Ist das 
Papier bedruckt, so ist an den mit den Schriftzeichen bedeckten Stellen naturgemäß die 
Cichtaufnahme unterbunden. Jm Kontakt mit einer Platte wirken nur die freiliegenden Stellen 
auf die lichtempfindliche Schicht, wodurch ein negatives Bild der Schrift hervorgerufen wird. 
Diese Art der Schleierbildung kann bei der Entwicklung nicht korrigiert werden. 

(Schluß folgt.) 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Seinkornenfwicklung. 


Sir die Entwicklung kleiner Bildformate ist eine Entwicklung von besonderer Korn- 
feinheit sehr erwünscht, da mit solchen Aufnahmen in der Regel eine starke Bildoergróferung 
vorgenommen wird. Die Kleinkamera wird heutigentags auch von Berufsphotographen im 
Pressedienst usw., vielfach benutzt, da sie am ehesten ein schnelles, unbemerktes Operieren 
zuläßt. „American Photography“ empfiehlt für die Entwicklung kleiner Megative die nach- 
folgende Glycin-Sormel: 


Natriumsulfit . . . Co en 3 g, 
S/ / ĩ ( lg, 
5000:5КС; 555 ð а кожа, жое жо 5 g, 
Wasser қ oce + + k +< ow x. 800 cem. 


Man löse die einzelnen Substanzen der angegebenen Reihe nach; man füge keine 
neue Substanz zu, bevor die vorige vollkommen gelöst ist. Die Dauer der Entwicklung be- 
trägt bei 189 C etwa 35 Minuten. Manchem Photographen mag diese Zeit etwas lang er- 
scheinen, aber gerade diese langsame Entwicklung bildet einen wesentlichen Saktor für die 
Gewinnung von feinkörnigen Negativen, denn langsame Entwickler neigen im allgemeinen 
zu Weichheif und feinem Korn. Hier ist auch die Tank-Verwendung am Plate. 


Neuerdings ist von Lumière und Seyewetz für besondere Kornfeinheit das Para- 
phenylendiamin in Zusammensetzung mit Trinatriumphosphat empfohlen worden. Die Formel 
lautet nach der „Revue Srancaise de Photographie“ Nr. 293 wie folgt: 


54 


Natriumsulfit sic. . . . . . + . + 608, 


Paraphenylendiamin . . . . . . . . log, 

Zehnprozenfige Lösung von Trinatriumphosphat . . . . 20 cem, 
Р S „ Bromkalium. . . . . . . 10, 

Wasser . 1 Liter. 


Die Entwicklung beansprucht hier etwa eine Stunde (bei 17— 18°С). Wird der Gehalt 
an Trinatriumphosphat erniedrigt auf 10 ccm, so wird das Korn noch feiner, aber es wird 
hierbei auch eine Verlängerung der Expasition bedingt, und zwar um das Doppelte der 
normalen Exposition, wie solche bei gewöhnlicher Entwicklungsweise üblich ist. 

In „British Journal“ vom 10. Juni 1932 wird der Metal- Hydrochinon - Borax- Entwickler 
nach Wellington besonders geschd&t. Dieser Entwickler liefert bei richtiger Exposition beste 
Resultate und arbeitet in praktisch normaler Weise; es resultieren etwas weiche Negative 
bei üblicher Entwicklungsdauer. Eastman gibt für Metol-Hydrochinon-Borax sehr ver- 
schiedene Formeln, namentlich bezüglich des Anteils von Borax; die Entwicklung verläuft 
langsamer als normal. Der von Gevaert empfohlene Seinkorn-Entwickler ist der Kadak- 
Zusammensegung ähnlih. „British Journals führt drei Sormeln nach vorgenannten drei 
Autoren (und in deren Reihenfolge) an: | 


Mete = з єс» 29, 29) 29; 
Natriumsulfit sic. e. 10 g, 100 4, 100 g, 
Hydrochina nn 2 4, 5 g, 3 g, 
Resorin . . . . . + . . — — 29, 
Вагах - x 0€ de N ᾱ -ᾱ ὦ 20 g, 29 2 g, 


Wasser . . . ` + + + + 1000 g, 1000 g, 1000 g. 


Die zweite Sormel wird für alle Arten von Emulsionen empfohlen. Die dritte Sormel 
besitzt rücksichtlid der Entwicklermenge den stärksten Sulfitgehalt. Es wird hier aus der 
Emulsion ein gewisser Bromsilberbetrag gelöst, im Entwickler reduziert und als kolloidales 
Silber an den Wänden der Schale niedergeschlagen. Der Entwickler zeigt tro&dem fast dieselbe 
Ausdauer wie ein gewöhnlicher Entwickler. Seine Haupteigenheit besteht darin, daß er sehr 
empfindlich gegen Bromkali ist. Dasselbe sammelt sich bei wiederholtem Gebrauch stark an, 
letzten Salles sind dann reichlichere €xpositionen am Platze. 

Eine andere neuere Spezialformel für Seinkornentwicklung stammt von der Agfa und 
hat folgende Zusammensetzung: Metol 4,5 g, Natriumsulfit sicc. 85 g, Soda sicc. 1 g, Brom- 
Кап 0,5 g, Wasser 1000 ccm. — B. Leitner empfahl mit Rücksicht auf bedeutende Bild- 
vergrößerung den nachstehenden Seinkornentwickler mit Glyzerinzusatz (letzteres wirkt ein 
wenig beschleunigend): Metol 10 g, Hydrochinon 2 g, Natriumsulfit sicc. 100 g, Bromkali 2 g, 
Glyzerin 6 ccm, Wosser 1000 ccm. Dieser Entwickler verlangt reichliche Exposition und 
arbeitet viel langsamer als die gewöhnlichen Metol-Hydrochinon -Entwickler. 

Von fumiére und Seyewek ist in jüngster Zeit noch ein Paraphenylendiamin - Ent- 
wickler mit Borax bekanntgegeben worden, dessen Seinkdrnigkeit nach Vorlage von Mikro- 
photographien besonders gerühmt wird. Diese neue Sormel lautet: 


Paraphenylendiamin . . . . . . «© + . «© © . . 10 g, 
Natriumsulfit sic. . 60 g, 
BOOK ο ᷣ de ж мол We cx» X» oe з 50 g, 
Wasser š . + + + 5. « 1000ccm. 


Die Dauer der Entwicklung, um für Vergrößerung zweckmäßige Negative zu erzielen, 
beträgt etwa eine Stunde. €s ist beobachtet worden, daß dieser Seinkornentwickler bei hoch- 
empfindlichen Emulsionen von größtem Vorteil ist. 

Abgesehen von der Wahl des Entwicklers spielen für den Grod der Kornfeinheit noch 
andere Umsfände mit. Man vermeide var allem eine forcierte Entwicklung, wenn höchst 
feines Korn gewünscht wird. Überlanges Verweilen in einem schon viel benutzten Sixierbad 
führt häufig zu einem gröberen Korn. Man vermeidet solches, wenn das Sixierbad in guter 
Verfassung ist und das Negativ nach kurzer, aber genügender Behandlung prompt heraus- 
genommen wird. Шап wasche die Megative gut, aber nicht ungebührlich lange, übergehe 
danach die Schicht mit einem Wattebausch oder weichem Sämischlederlappen. Sowohl be- 
schleunigte Trocknung durch Hike sowie langsame Trocknung in warmer dunstiger Atmo- 


55 


sphäre oder Trocknung in staubigem Raume wirken sehr leicht nachteilig. Mit natürlicher 
Trocknung in kühlem trockenen Luftzug fahren wir am sichersten. 

Sehr beachtenswert sind ferner füppo-Cramers jüngste Mitteilungen über die Sein- 
kornentwickler, worin erwähnt wird, daß er mit dem bekannten Crabtreeschen Boraxentwickler 
durchaus kein feineres Korn erhalten habe. Auch von anderer Seite wurde solches schon 
beobachtet. Vielleicht finden diese Widersprüche zu den Crabtreeschen Ergebnissen in dem 
Gebrauch verschiedenen Platten- und Silmmaterials ihre Klärung? Lüppo-Cramer hat auch 
den von Lumière und Seyewetz letzthin herausgebrachten Paraphenylendiamin- Entwickler mit 
Trinatriumphosphat (siehe oben) einer Prüfung unterzogen und hat damit sehr feinkörnige 
Negative (wie bei den alten nassen Kollodiumplotten) erzielt; Entwicklungsdauer eine Stunde. 
€s war Lüppo-Cramer jedoch nicht möglich, mit den bei gewöhnlicher Heroorrufung üblichen 
Expositionen annähernd auszukommen; dieselbe mußte beträchtlich, um das Mehrfache, ver- 
längert werden. P. H. 


Abwaschen der Schicht oon alten Negativen. 


Das Abwaschen alter Negative bereitete zwar auch bisher keine großen Schwierigkeiten, 
aber man brauchte zum Entfernen der Schicht doch mitunter Substanzen, die den Händen 
nicht zutráglich waren, oder gor Sluorsalze, die leicht die Oberfläche des Glases angriffen. 

Die allbekannten Persil-Werke haben nun seit einiger Zeit ein Aufwasch-, Spül- und 
Reinigungsmittel unter dem Handelsnamen „Imi“ herausgebracht, das heutzutage beinahe 
in jedem Haushalt zum Abwaschen von Geschirr, Küchengeräten usw. gebraucht wird. Ich 
habe mit „Imi längere Zeit gearbeitet und gefunden, daß es nicht nur in der Fach- und 
Amateurphotographie, sondern auch in der Reproduktionstechnik zum Reinigen der Platten 
sehr gut zu verwenden ist, wenn es auf folgende Weise geschieht: 

Man löst ein Viertel des Imi- Paketes (Preis je Paket 20 Pf.) in etwa 2— 3 Liter heißem 
Wasser auf und legt die abzuwaschenden Platten langsam hinein. Nach einem Zeitraum 
von 3—4 Minuten schwenkt man die Schüssel im Kreise herum, wobei der Hauptteil der 
Silbergelatine von selbst abschwimmt. Den Rest entfernt man mit einer Nagelbürste. nun 
spilt man die Platte kurz in lauwarmem Wasser ab und bringt sie in eine schwächere Im. 
Lösung (einen halben Eßlöffel auf etwa 2 Liter Wasser), in welcher man die Platte mit einem 
Leinwandlappen tüchtig abreibt, um die letzten Gelatinereste zu entfernen. Nach gutem Ab- 
waschen der Platte unter flie&endem Wasser tupft man dann das шашы Wasser ab 
und reibt sie mit einem sauberen Leinwandlappen trocken. 

Negative, deren Schicht gehärtet war, legt man zweckmäßigerweise zuvor in ein Wasser- 
bad, dem man einige Kubikzentimeter Salpetersäure zugesetzt hat. Solche Negative läßt man 
am besten über Macht in diesem angesäuerten Wasser liegen und reinigt sie am folgenden 
Tag in der eben beschriebenen Weise. H. Dill. 


Zu den Rbbildungen. 


jn den mit den Jahrestagungen der G. D. £. verbundenen Ausstellungen ist man ge- 
wöhnt, mif das Beste zu sehen, was die deutsche Berufsphotographie zu zeigen hat. Dies 
traf auch für die diesjährige Veranstaltung in Jena zu, der wir die Bilder dieses und des 
nächsten Heftes verdanken. Die Ausstellung, untergebracht in dem ооп der Sirma Zeiss zur 
Verfügung gestellten Volkshaus, machte einen vortrefflichen Eindruk: Kaum Unzulängliches, 
heroorhebenswerter Durchschnitt, überraschend füchtige, eigenartige und einzigartige Einzel- 
leistungen, die neue Wirkungsmöglichkeiten und Anregungen vermittelten. Jm vorliegenden 
Heft bringen wir das Porträt der jungen Dame mit der Teetasse in der Hand, natürlich-lässig 
auf dem Sofa sitzend, reizvoll im Licht und Bildraum von Frau Kretschmer, das іп der 
Bewegung und im Ausdruck anziehende Porträt von Frau Hess, die lebendige Sreilichtstudie 
von Rosner, abgerundete Bildniswirknngen von Gerling, Grainer, Siemssen, aus- 
drucksvolle Köpfe von Glauer, Stein und Jonas, zwei recht feine landschaftliche Ruf- 
nahmen von Schafgans und Hübner und die klare Aufnahme des neuartigen Beleuchtungs- 
körpers von Schmiedt. 

Die Reproduktion nach einer der legten Aufnahmen ооп Professor Mente erscheint im 
Anschluß an den Nachruf im Juniheft. 


56 


LAZI, G. D. L., STUTTGART 


LAZI, G.D. L. STUTTGART 


De —— —— © мы. 


—  —— dA— — gm | 


ERFURTH, G.D. L.. DRESDEN 


ERFURTH, G.D. L.. DRESDEN 


LENDVAI-DIRCKSEN, G. D. L. , BERLIN 


ERICH ANGENENDT, G. D. LL DORTMUND 


— 


— ο — E: g ә ..αππαὶ 


W. HEGE, G. D. L, WEIMAR 


FISCHADLER 


PETERHANS, G.D.L. DESSAU 


WERBEPHOTO 


Tagesfragen. (Nachdruck verboten.) 


ron as alte Thema „Retusche“ ist durch die weitere Entwicklung der photographischen 
Ж Technik wieder "aktuell geworden. Dies veranlaßte uns, erneut zu der Srage Stellung 
| М [ zu nehmen, ob heute eine manuelle Nachbehandlung von Negativ und Kopie noch 
Last f erforderlich ist, wenn die gebotenen Mittel wirklich ausgenutzt würden. Die Antwort 

gibt der im Juliheft erschienene Rufsa& „Schluß mit der Retusche“. 


Dieser Rufsa&, der klar und eindeutig auf die Bedeutung des neuen Aufnahmematerials 
für die Porträtphotographie hinweist, hat uns eine Reihe Zuschriften zustimmenden und ab- 
lehnenden Inhalts eingebracht, deren Zahl uns wegen der Anteilnahme erfreute, die aber 
auch erkennen ließen, daß Retusche immer noch mit zum wichtigsten Rüstzeug des Porträt- 
photographen gehört. Wegen Raummangels, wegen der Wiederholungen und weil in manchen 
fallen der Rufsat; mißverstanden wurde, können wir hier auf den Inhalt der Zuschriften nicht 
näher eingehen. Erwähnt sei nur, daß einige Kritiker schon von sich aus die photo- 
graphischen Neuwerte wohl erkannt haben, sie aber aus Geschäftsrücksichten und wegen un- 
kontrollierbarer Publikumswünsche nicht einzuführen wagen, daß andere an eine wahre 
„Kunst“ der Retusche glauben, die der Amateur nicht kenne und die darum schon ihren Wert 
behalte, daß durch sie erst eine schöne, harmonische Wirkung erreicht werden könne, wieder 
andere nehmen an, daß wir Ausbessern kleiner Materialfehler, Krager usw. auch zur 
Retusche zählen. 

Um alle diese Dinge, um die Verschónerungen* aus Existenzrücksichten geht es aber, 
wenn überhaupt, erst in zweiter Linie. Mit dem bloßen Aufhören zu retuschieren ist nichts 
getan. Das Entscheidende ist: Panchromatische Schichten geben die feinsten Tonabstufungen. 
Sleischtöne, blaue Augen, blonde Haare werden dem Natureindruc entsprechend wiedergegeben, 
und durch diese richtigere Farbumsetzung bekommt das ganze Gesicht eine andere Haltung. 
Durch geeignete Beleuchtung, Kombination von Kunst-, Tageslicht und Silter können scharfe 
Züge gemildert werden, Salten und Runzeln, Unreinheiten der Haut, wenn dies erwünscht, 
verschwinden, kurz, Tatsachen, die jeder Versuch bestätigt. Hinzu kommt ferner, daß durch 
die feinen und richtigen Tonabstufungen die Modellation und die Hautschilderung so 
lebendig, charaktervoll und geschlossen wirkt, daß ein Eingriff in diese schöne Einheitlichkeit 
nur zerstören kann. Unmöglich ist es, mit Messer, Pinsel, Blei an ein paar Stellen zu 
hantieren, ohne den Wert des Ganzen erheblich herabzumindern. Und darum handelt es 
sich bei dem Aufsag. Er wollte nicht kritisieren, sondern feststellen, er handelte von der 
frage der Notwendigkeit, wollte zu Versuchen anregen, zu eigenen Studien mit dem Ziel 
eigener Erkenntnisse. 


Das Ideal wäre freilich, schreibt ein Brüsseler Sachphotograph, Bilder ohne Retusche. „Dies 
durch Benugung ortho- oder panchromatischer Emulsionen in Verbindung mit richtiger Beleuchtung 
muß jeder Sachphotograph zu erreichen bestrebt sein. Gibt es aber einen Photographen, der immer 
so beleuchtet, daß der Eingriff durch Retusche unnötig wird?“ €s gibt solche, und ihre Zahl ist 
ständig im Wachsen begriffen. Einerseits ist das die selbverständliche Solge des neuen ver- 
besserten Materials, andererseits die des Zeitgeschmacks, des Zeitsinns, der der Photographie 
wegen ihrer Natürlichkeit, Sachlichkeit zu der ungeheuren Verbreitung verholfen hat, und 
weiter der Amateurphotographie, die mit ihren einfachen, klaren Kopien den Blick des Publi- 
kums für unretuschierte Bilder beeinflußt hat. 


An den Photographen treten heute Aufgaben heran, an die er früher nicht gedacht hat. 
Diese Aufgaben stehen und fallen mit der Sähigkeit, Material und Stofflichkeitscharakteristik 
zu erzielen. Kein Maler ist imstande, eine so überzeugende, packende Wirklichkeitsdarstellung 
zu geben wie der Photograph, was wiederum eine natürliche Solge des ausgezeichneten neuen 
Silm- und Plattenmaterials ist. Man denke an die oft überraschenden Darstellungen von 
Gebrauchsgegenständen, Reklameaufnahmen, an Aufnahmen von Pflanzen und Tieren, an die fast 
greifbare Körperlichkeit von Textilien, aber auch an manches Bildnis, das wir in unserer Zeit- 
schrift zeigen konnten. Jawohl, es gibt schon heute Photographen, die jede Retusche ablehnen 
und ablehnen können. Diese sind es auch, die tro der unglücklichen Verhältnisse mit Eifer, 
$reude und Begeisterung an sich und für ihren Beruf arbeiten. Sie sind die Hoffnung der 
Berufsphotographie von morgen. M. m. 


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57 


Die Beleuchtung beim Aufnehmen von Skulpturen. ` 
Von Dr Arthur Schlegel. [Пайтдги& verboten.] 
Mit Aufnahmen des Kunstgeschichtlichen Seminars Marburg. 

Wie beim Porträt darf bei Skulpturen im allgemeinen eine Kombination von Ober-, Vorder- 
und Seitenlicht als ideale Beleuchtung gelten. Diese erfüllt am besten die Sorderungen, die an 
Aufnahmen von Skulpturen gestellt werden müssen: daß sowohl das Werk als Ganzes wie 
alle plastischen Einzelformen in der Aufnahme im richtigen Maße plastisch wirken, daß alle 
Seinheiten der Oberflächenmodellierung herauskommen und weder durch zu tiefe Schatten, 
noch durch zu grelle Lichter verlorengehen. Eine vollrund gearbeitete Plastik darf nicht in 
der Aufnahme wie ein flach behauener Block wirken, ein Hochrelief nicht als Slachrelief. 
Diese Dinge verstehen sich für den Sachmann von selbst, und die Schwierigkeiten beim Auf- 
nehmen von Skulpturen bestehen in der Hauptsache darin, daß die an Ort und Stelle be- 
stehenden Lichtverhältnisse häufig unseren Anforderungen nicht entsprechen. 

Völlig freistehende Skulpturen leiden naturgemäß an einer Überfülle an Licht, und man ist 
immer froh, wenn eine — möglichst ruhige — Häuserfront oder Baumgruppe in einiger Ent- 
fernung dahinterstehen, die einmal das von rückwärts auffallende Licht wegnehmen und zugleich 
einen Hintergrund abgeben. Besser liegen die Beleuchtungsverhältnisse im allgemeinen bei 
architektonisch gebundenen Skulpturen. Hier kommen durch die Rückwand sozusagen 180° in 
Wegfall, und je nach dem Stand der Sonne hat man es mit hohem Vorder- oder Seitenlicht zu 
tun, wobei der Himmel oder die Umgebung für die nötige Aufhellung von allen Seiten sorgen. 
Künstlich von einer Seite aufzuhellen oder Licht zurückzuhalten, ist bei Außenplastik selten nötig. 

Sehr gut im Licht stehen zumeist Gewändefiguren. Darunter versteht man Skulpturen, 
die im abgeschrägten oder abgetreppten Gewände eines Portals stehen (am bekanntesten 
Adamspforte und Sürstenportal des Bamberger Domes, Westportale des Straßburger Münsters). 
Der Verlauf des Portalgewändes im Winkel von ungefähr 459 zur Gebäudefront bedingt hohes 
Seitenlicht für die im Gewände stehenden Skulpturen. 

Um so ungünstiger ist dagegen mitunter die Beleuchtung des Portal- Tympanons, zumal 
wenn, wie z. B. am Regensburger Dom und Ulmer Münster, das Portal einen baldachinartigen 
Vorbau oder eine eigene Vorhalle besitzt. In solchen Fällen trifft auf das Tympanon nur 
indirektes, diffuses Licht, das die Tympanonskulpturen viel zu flach und unplastisch erscheinen 
läßt. Hier bleibt nichts anderes übrig, als mit künstlichem Licht zu arbeiten, was aber bei der 
Höhe, die solche Portalanlagen oft haben, mit einigen technischen Schwierigkeiten verbunden ist. 

Bei Skulpturen, die sich im Inneren von Kirchen befinden, werden je nach der Aufstellung 
der betreffenden Plastik und dem Lichteinfall in der Kirche Korrekturen notwendig sein. Jm 
allgemeinen ist die Beleuchtung von Skulpturen in Kirchen dank des Lichteinfalles von oben 
nicht ungünstig, und wohl in den meisten Sällen kann die Aufnahme ohne weiteres erfolgen. 

Dagegen kranken sehr viele in Museen aufgestellte Skulpturen daran, daß sie einseitig 
und zu sehr von unten her beleuchtet sind. Sie stehen häufig dem Fenster viel zu nahe, 
und dieses sitzt zu tief. In solchen Fällen ist das beste, das Tageslicht ganz auszuschalten 
und zu künstlichen fichtquellen zu greifen. 

$ür die Wahl einer künstlichen fichtquelle sind maBgebend die jeweiligen órtlichen Ver- 
háltnisse, das Material und der Stilcharakter der aufzunehmenden Plastik. Zur Erzielung 
einer möglichst gleichmäßigen Beleuchtung muß die Lichtquelle genügend weit weg vom Hut. 
nahmegegenstand gehalten werden, selbst wenn sich dadurch eine recht lange Belichtungszeit 
ergibt. Störende harte Schlagschatten vermeidet man durch Abdämpfschirme oder Bewegen 
der Lampe. Ruf Reisen, wo man ungern viel Gepäck mit sich führt, haben wir mit gutem Erfolg 
die Taschenbogenlampe Minima der bekannten Münchener Sirma Traut verwendet. Durch 
Anleuchten der Decke mit der Minima erzielt man ein Oberlicht, das außerordentlich weich 
auf die aufzunehmende Plastik herabfließt, die plastische Wirkung unterstreicht und zugleich 
alle plastischen Binnenformen sichtbar werden läßt. 

Wo kein elektrischer Stromanschluß vorhanden, verdienen Zeitlichtpatronen den Vorzug 
vor Blitzlicht, da sich bei Blitzlicht harte Schlagschatten nur durch einen Abdämpfschirm ver- 
meiden lassen, der aber einen starken Lichtverlust verursacht bzw. wesentliche Erhöhung der 
Bliglichtmenge erfordert. Das Rbbrennen großer Mengen von Magnesiumpulver ist aber be- 
sonders in Kirchenräumen äußerst unerwünscht, und man sollte deshalb nur im Notfall zu 
Blitzlicht greifen. | 


58 


Skulpturen aus dunklem Holz und solche, die eine farbige Sassung aufweisen, verfragen 
kräftiges Licht, ebenso Bronzen, die ohne Spitzlichter tot wirken. Dagegen müssen Bildwerke 
aus Marmor, Gips, Elfenbein, Porzellan und polierweiß gefaßte Holzplastiken in möglichst 
weichem Licht aufgenommen werden, um kreidige, formzerstörende Lichter zu vermeiden. Können 
dunkle Bronzen nie lange genug belichtet werden, um die nötige Durchzeichnung in den Schatten 
zu erzielen, so muß man sich bei Marmorstatuen, €lfenbeinschnigereien und besonders 
Porzellanfiguren selbst vor geringer Überbelichtung hüten, weil sonst die feinen Schatten zu 
stark aufgelichtet werden und dodurch die plastischen Details verlorengehen. 

Endlich ist wie für die Srage nach dem Standpunkt auch für die Beleuchtung der stilistische 
Charakter der aufzunehmenden Plastik von entscheidender Bedeutung. Skulpturen, die einem 
malerischen Stil angehören, etwa der Spätgotik oder dem Barock, müssen im allgemeinen in 
kräftigerem, mehr seitlihem Licht aufgenommen werden, wenn der malerische Charakter 
dieser Werke in der Aufnahme genügend hervortreten soll. Bei Skulpturen klassischer Kunst- 
ерофеп kommt es dagegen auf möglichste Klarheit der Komposition und vollplastische Wirkung 
an. Man kann keinen größeren Sehler begehen, als derartige Skulpturen malerisch zu inter- 
prefieren. Jeder, der Kunstwerke aufnimmt, sollte dem stilistischen Charakter des Werkes 
in allererster Linie und mit der größten Objektivität Redinung tragen. 

Das Gesagte im einzelnen durch Beispiele zu erläutern, ist leider im Rahmen dieser 
Arbeit nicht möglich. Wir greifen deshalb einige beliebige Beispiele heraus und geben nadh- 
folgend kurze Erläuterungen dazu. 


Bildbeispiele. (Vgl. hierzu die Abb. 1—7 auf den Tafeln S. 61 — 64.) 


Abb. 1. Bamberg, Dom, heilige Elisabeth, sogenannte Sibylle, Stein, um 1240. Die Statue steht an 
einem Pfeiler im nördlichen Seitenschiff neben den Georgenchorschranken. Das Licht kammt von rechts. 
Deshalb muß die linke, beschattete Hälfte der Sigur bzw. des Kopfes etwas aufgehellt und die Belichtungs- 
dauer nach dieser Seite bemessen werden. Man beachte, dab bei unserer Aufnahme sowohl in den 
fichtern als in den Schattenpartien die Struktur des Steines und alle plastischen Details sichtbar sind. 

Abb. 2. Naumburg, Dom, Kopf des Gerburg, einer der Stifter, Siguren Kalkstein, um 1250 Hier 
war das Gegenteil der Sall. Das Licht kommt von beiden Seiten und wurde bei der Aufnahme von rechts 
durch Tücher zurückgehalten. 

Die Skulpturen des Bamberger und Naumburger Domes gelten als Höhepunkt der deutschen mittel- 
alterlichen Plastik. Sie gehören einem Stile an, den man als klassisch bezeichnet, in dem der Sinn der 
Antike für Sormenschönheit wieder auflebt und der menschliche Körper vollplastische Wirkung erlangt hat. 
Eine Aufnahme, die dem stilistischen Charakter dieser Skulpturen gerecht werden will, muß deshalb in erster 
finie die plastische Gesamtwirkung erfassen, den Umriß der Sigur möglichst klar herausarbeiten und alle 
plastischen Binnenformen sichtbar werden lassen. Dieser Sorderung genügen nur wenige der kursierenden 
Photos Шап hat diese Skulpturen zu malerisch gesehen und im Sinne eines barocken Spätstiles interpretiert 


Abb. 3 Lich (Oberhessen), Stiftskirche, Grabplatte Kunos von Salkenstein (71333) und seiner Ge- 
mahlin, Sandstein, Kopf Kunos von rechts. 

Beleuchtet indirekt mit Trauts Taschenbogenlampe Minima. Die Lichtführung arbeitet alle Seinheiten 
der Oberflächenmodellierung heraus und verhilft gleichzeitig dem Kopf zu starker plastischer Wirkung. 


Abb 4. Marburg, Elisabethkirche, Grabplatte des Deutschordenskomturs Georg von Hordte (71591). 

Die Grabplatte steht in dem ziemlich dunklen Nordchor und empfängt Licht nur von den gegenüber- 
liegenden Fenstern des fandgrafenchores und anstoßenden fanghauses. Aufnahme 4a erfolgte unter den 
in der Kirche vorhandenen, denkbar ungünstigen Lichtverhältnissen, Aufnahme 4b mit Hilfe einer Zeitlicht- 
patrone, die während des Abbrennens bewegt wurde. Bei 4a erscheint das Hochrelief viel zu flach; die 
Sigur des Ritters tritt nicht genügend plastisch hervor, die einzelnen Gliedmaßen runden sich nicht. Man 
beachte bei Aufnahme 4b besonders den Grat am Knie und Schienenbein und die natürliche Rundung des 
Schulterpanzers. 

Abb. 5. Fulda, Dommuseum, Beweinung Christi, im Hintergrund Possionsszenen, Holz, alte Fassung, 
mitteldeutsch, um 1470. Der stilistische Charakter dieses spätgotischen angehörenden Werkes ist bei der 
Aufnahme 5a, die bei reinem Vorderlicht erfolgte, verfälscht. Das in Wirklichkeit sehr hoch gearbeitete Relief 
erscheint viel zu flach, die Gruppe wirkt zu gedrängt, steht nicht in einem Raum hinter- und nebeneinander, 
sondern ist förmlich in eine Ebene gepreßt. Die einzelnen Siguren wirken absolut unplastisch, lösen sich 
nicht vom Hintergrunde, und der für die Spätgotik typische Saltenreichtum der Gewänder wirkt starr und 
leblos, soweit die Salten nicht völlig verlorengehen. 

Abb. 6. Welfenschatz, Kuppelreliquiar, kólnisch, um 1175, €lfenbeintafel mit Darstellung der 
Kreuzigung Christi an einer Stirnseite des Reliquiars. | 

Damit der Materialcharakter herauskommt und die winzigen plastischen Details sichtbar werden, 
abgedämpftes Seiten-, Ober-, Vorderlicht. Von rechts aufgehellt. Zu lange Belichtungszeit wäre in diesem 
Salle sehr nachteilig. Nur zuverlässig lichthoffreies Aufnahmematerial verwenden! 

Abb. 7. Regensburg, Niedermünster, heilige Magdalena, Bronze, 17. Jahrhundert. 

Im Gegensatz zu Marmor usw braucht Bronze kräftiges Licht und muß sehr reichlich belichtet 
werden. Bei glatter, polierter Bronze treten Reflexlichter auf, die man nur unterdrücken soll, wenn sie 
zu störend wirken. 


59 


Chemische Negativkorrektur. 
Von Hermann Schoepf. [Nachdruck verboten. 

Die Gewinnung guter, alle Einzelheiten entsprechend abgestuft wiedergebender Negative ' 
hängt von einer ganzen Reihe von Umständen ab, deren verschiedene Faktoren nicht immer 
das gewünschte einwandfreie Negativ als Endergebnis erzielen lassen, so daß eine nachträg- 
liche subjektive Korrektur in Betracht gezogen werden muß. 

Bis zu einem gewissen Grade lassen sich zwar Mängel im Negativ durch entsprechende 
Auswahl des Papieres beim Kopieren ausgleichen, ohne die Objektivität des Bildes zu schädigen, 
und es wäre grundsätzlich daran festzuhalten, daß die Negativkorrektur erst dann in Frage 
zu ziehen ist, wenn die entsprechenden Maßnahmen beim Kopieren versagen. Wenn jedoch 
darüber hinaus eine Abschwächung oder Kräftigung der Bildschicht als notwendig erachtet 
wird, müssen diese Korrekturmöglichkeiten so angewendet werden, daß nicht durch Sehler, 
die sich aus der Wirkungsweise der einzelnen Prozesse ergeben können, wesentliche Bild- 
änderung entsteht. Wir werden nämlich noch sehen, daß durch die in Srage kommenden 
Maßnahmen nicht lediglich die Milderung zu starker Deckung oder sichtbare Bildschicht- 
kräftigung erfolgt, sondern auch die Gradation — die Abstufung — des Negativs verändert 
und damit der Bildcharakter verschoben werden kann. | 

Es ist deshalb von großer Wichtigkeit, mit der Wirkungsweise und den charakteristischen | : 
Merkmalen der einzelnen Verfahren vertraut zu sein, damit die Srage nach der Anwendung + 
der jeweils zweckmäßigsten Methode mit Sicherheit beantwortet werden kann. 


Wir besprechen zunächst das Abschwächen der Negative an Hand zweier Methoden 
mit verschiedener Wirkungsweise. 


Überexponierte, verschleierte oder zu dicht entwickelte Negative erfordern eine 
Behandlung mit dem Sarmerschen Blutlaugensalzabschwächer, der die zu 
stark aufgelagerten Silberpartikelchen von der Plattenoberfläche gleichmäßig löst, 
also nicht nur die Deckung des llegatios mindert, sondern auch den auf der 
Negativoberfläche liegenden Schleier bei überbelichteten Aufnahmen entfernt. €s 
besteht jedoch die Gefahr, daß an den weniger gedeckten Partien des Negativs die 
Details angegriffen werden, weshalb sorgfältiges Arbeiten angebracht erscheint. 
Durch das gleichmäßige Ablösen der Silberschicht von der Plattenoberfläche her 
wird aber das Verhältnis der dünnen zu den stärkst gedeckten Stellen des Педаќіоѕ 
so verändert, daß die Platte außer dem gewollten Grade der Aufhellung auch eine 
allgemeine Kontrasterhöhung aufweist. Wir wollen uns dies an einem einfachen 
Schema vor Augen führen, indem wir annehmen, daß die dünnen Stellen des abzuschwächenden 
Negativs aus zwei, die dichtesten Partien aus zehn übereinanderliegenden Bausteinen bestehen 
(Abb. 1). Das Verhältnis wäre also vor der Behandlung 2:10 (1:5), während nach der gleidh- 
mäßigen Abschwächung aller obersten Bausteine ein Verhältnis von 1:9 besteht. woraus 
ohne weiteres hervorgeht, daß das Negativ durch die Abschwächung kontrastreicher wird. 


Die Vorschrift für den Blutlaugensalzabschwácher ist folgende: I. Wasser 500 cem, 
Sixiernatron 25 g. П. Wasser 100 ccm, rotes Blutlaugensalz 10 д. Lösung II muß im Dunkeln | 
oder in braunen Slaschen aufbewahrt werden. Vor dem Gebrauche erfolgt Mischung der 
beiden Vorratslösungen: Lösung I 100 ccm, Lösung II 5— 10 ccm. 


Die zu behandelnden Negative werden so lange in der Lösung belassen, bis der gewünschte 
Grad der Abschwächung erreicht ist. Hierauf sogleich sorgfältiges Abspülen und Wässern der 
Platten, wie nach dem Fixieren. 

Der Blutlaugensalzabschwächer wirkt kontrastreicher, wenn der Zusatz der K,fe([N),- 
Lösung ein höherer ist, es besteht aber die Gefahr erheblichen Verlustes an Details in den 
schwach gedeckten Stellen, weshalb es sich empfiehlt, den Abschwächer mit geringerem Zusak 
von Blutlaugensalz anzuwenden; denn es ist immer zu bedenken, daß es sich um allerfeinste 
Einzelheiten und Übergänge im Aufbau der Bildelemente des Negativs handelt. 


Bei hart entwickelten Negativen mit großen Gegensätzen in der Deckung der einzelnen 
Bildpartien ist es angebracht, die Kontraste zu vermindern. Die Abschwächung erfolgt daher 
„proportional“ unter Schonung der zarten Halbtöne durch Ammoniumpersulfat, das zuerst 
die stark gedeckten Teile des [legatis angreift, das Bild also weicher macht. Die Wirkung 
des Ammoniumpersulfates ist nicht immer zuverlässig und läßt sich niemals genau voraus- 


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Aufnehmen von Skulpturen." Von Dr. Arthur Schlegel. 


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sehen, was wohl in der Art der verwendeten Platten, im Entwickler oder ähnlichen, nicht 
exakt erklärbaren Saktoren begründet ist. Auch müssen Negative, deren Behandlung mit 
Ammoniumpersulfat erfolgen soll, vollkommen ausfixiert und sehr gut gewässert sein. 

Die richtige Wirkung des Ammoniumpersulfates erfolgt nur bei gleichzeitigem Vorhanden- 
sein geringer Mengen von Kochsalz, weshalb der Abschwächerlösung Wasser, dest., 100 ccm, 
Rmmoniumpersulfat 2 g noch Kochsalzlösung (1:100) 2 ccm beizufügen sind. Durch höheren 
oder geringeren Zusatz der vorgesehenen einprozentigen NaCl-Lösung läßt sich der Grad der 
Abschwächung variieren. NaCl legt sich, je nach der vorhandenen Menge, gewissermaßen 
als Schild um die silberarmen Bildelemente und hemmt dort die Wirkung der abschwächenden 
Lösung, die an den dichteren Stellen des Negativos in rascherem Tempo angreift. Der Beginn 
der abschwächenden Wirkung ist durch Trübung der Lösung zu erkennen, sie schreitet außer- 
ordentlich schnell fort und muß im richtigen Augenblick in einer bereitstehenden Lösung von 
10 g l'latriumsulfif in 100 ccm Wasser unterbrochen werden. Hierauf Auswässern des ab- 
geschwächten Negativs. 

Der Erfolg bewußter Abstimmung bei den einzelnen Abschwächungsmethoden entspricht 
nicht immer den Erwartungen, weshalb die Abschwächung praktisch nicht über eine durch 
das angewendete Verfahren gegebene zwangläufige Manipulation hinauskommt. 

In höherem Maße besteht die Möglichkeit bewußter Korrektur bei der nun zu be- 
sprechenden Verstärkung. 

Negative, die wegen unrichtiger Belichtung oder zu kurzer Entwicklung eine dünne, 
schwach deckende, kraftlose Silberschicht mit wenig ausgeprägten Unterschieden in der Ab- 
stufung aufweisen, können durch Auflagerung den Durchgang des Lichtes mehr hemmender 
Niederschläge auf die vorhandenen Silberteilchen verbessert werden, wobei die Anwendung 
verschiedener Methoden wirksame Mittel gibt, die Deckung der dichteren Stellen im Verhältnis 


zu den Mitteltónen und wenig gedeckten Bildpartien nach subjektivem Ermessen zu erreichen. 
(Schluß folgt.) 


Der Grauschleier auf Bromsilbergelatineschichten. 
Von P. Wiegleb, Schwerin i. M. [Nachdruck verboten.] 
(Schluß aus Heft 7.) 

Doch nicht allein die unsichtbare Lichtabgabe kann das Bromsilber latent verändern, 
es können auch chemische Wirkungen ohne Licht Veränderungen verursachen, die durch die 
Entwicklung zum Vorschein kommen. Harze, Öle, Sulfide, Zinn- und Kupfersalze, Wasserstoff- 
superoxyd können durch ihre Ausdünstungen oder durch Kontakt Schleier hervorbringen. 
Die Wirkung der Harze und Öle wird oft nicht erkannt und der Schleier auf andere Ur- 
sachen zurückgeführt. €s ist daher davor zu warnen, lichtempfindliches Material in neuen 
oder frisch polierten Schränken, Kassetten od. dgl. aufzubewahren. Auch Wachs- 
tuch wirkt in ähnlicher Weise. Wenn vorstehend erwähnt wurde, daß durch unsichtbare 
Cichtstrahlung von bedrucktem Papier ein negatives Bild entstehen kann, so ist bei frisch 
bedrucktem Papier durch die Dünste des Bindemittels der Druckfarbe die Möglichkeit ge- 
geben, ein positives Bild bei der Entwicklung zu erhalten. Schleier dieser Art sind, da die 
Ursachen durch eine latente Wirkung ähnlich einer Vorbelichtung entstehen, bei der Entwicklung 
nicht zu unterdrücken. 

Abgesehen von überalterten Bromsilberschichten, die einen allgemeinen, unregelmäßig 
flockigen Grauschleier zeigen, kommt noch eine weitere Art hinzu, die ihre Ursache in 
äußeren Einflüssen hat. Diese können mannigfacher Art sein. Einmal durch Cichteinwirkung 
einer nicht sicheren Dunkelraumbeleuchtung vor oder während der Entwicklung. In diesem 
Salle erscheint der Schleier mit den ersten Bildspuren, in jenem während der Entwicklung. 
In beiden Fällen bringt der Zusatz oon Bromkalium keinen Nutzen. Weitere Möglichkeiten 
zur Schleierbildung sind durch defekte Apparate und Kassetten und durch Reflexe von 
glänzenden Teilen innerhalb des Strahlenganges im Objektiv selbst und im Apparat gegeben. 
Schleier dieser Art haben meist eine unregelmäßige form. Mangelhaft korrigierte Objektive, 
die einen Cichtfledk aufweisen, verursachen häufig bei Aufnahmen gegen das Licht einen 
allgemeinen Grauschleier, der das Bild fast ganz zum Verschwinden bringen kann. Auch 
durch Temperaturwechsel beschlagene Objektive wirken in ähnlicher Weise. Diese Ver- 
schleierungen können auch mehr oder weniger bei der Aufnahme kontrastreicher Objekte, - 


65 


bei Landschaften mit durch weiße Wolken bedecktem Himmel auftreten. Abhilfe gegen diese 
Art des Schleiers ist nur durch Beseitigung der Ursache möglich. 

Erwähnenswert bleibt noch der Randschleier, der an allen vier Rändern der Platte be- 
ginnt und sich mehr oder weniger weit auf die Oberfläche erstreckt. - Abgesehen von Ein- 
wirkungen von Gasen und flusdünstungen schon erwähnter Art, deren Einwirkungen bei 
unsachgemäßer Lagerung durch die Packung hindurch naturgemäß die Ränder des Materials 
zuerst beeinflussen, handelt es sich bei Randschleier doch meist um Überalterungserscheinungen, 
um eine Art Selbstreduktion des Silbers. Oft ist das mit Randschleier behaftete Material 
noch benußbar, da die Mitte der Platte meistens klar arbeitet und die Ränder mehr oder weniger 
in Fortfall kommen. In weit fortgeschrittenen Fällen ist keine Abhilfe möglich, da dann auch 
der Schleier nicht von gleicher Dichte ist, sondern unregelmäßige, strukturartige Beschaffen- 
heit zeigt. Tritt der Randschleier nur an einer oder an zwei Seiten auf, so sind andere 
Ursachen hierfür verantwortlich zu machen. Beim Trocknen der gegossenen Platten wandert 
der Bromkaligehalt der Schicht von den zuerst trocknenden Plattenrändern nach der noch 
feuchten Emulsion der Plattenmitte. Die Solge davon ist, daß sich der bromkaliärmere Platten- 
rand beim Lagern zuerst zersetzt und sich beim Entwickeln leichter schwärzt als die anderen 
Schichtteile, bei denen durch die verzögernde Wirkung des Bromkalis das Auftreten von 
Schleier verhindert wird. Diese Schleierart tritt nur an den Gußrändern auf. Da die Platten 
in größeren Sormaten gegossen und erst nach der Trocknung zerschnitten werden, sind die 
Schnittränder frei von Randschleier. 

Leichter Grauschleier gleicher Dichte hat in den meisten Fällen keine Bedeutung, wenn 
er nicht so stark auftritt, daß er die Kontraste des Bildes verringert. Er wird nur die 
Kopierzeit verlängern. Mittels des Sarmerschen Abschwächers kann leichter Schleier beseitigt 
oder doch erheblich gemildert werden. 


Rus .der Werkstatt des Photographen. 
Porträtfilme der Kodak. 


Für das Porträt hat bei uns der Silm noch nicht die große Verbreitung gefunden, die 
ihm bereits im Auslande, in England und Amerika, zuteil geworden ist. Wenn dort von 
dem Film mehr Gebrauch gemacht wird, so muß dazu wohl eine gewisse Berechtigung vor- 
liegen. Viele Photographen haben von den großen Sortschritten der Silmfabrikation in den 
lebten Jahren nicht genügend Notiz genommen. Wir haben jetzt nicht nur Filme von hoher 
Allgemein- und Sarbenempfindlichkeit, sondern auch von langer Haltbarkeit. In letzterem 
Punkte war früher der Film gegenüber der Platte sehr im Nachteil. Die weiteren, alt- 
bekannten Vorzüge des Films liegen in seinem geringen Gewicht und in seiner Unzerbreclich- 
keit, Saktoren, die für den Transport des Silmbestandes, für Aufnahmen außerhalb des Ateliers 
eine große Rolle spielen. Angenehm ist ferner, daß der Silm gegenüber der Platte in Dicke 
zurücsteht, daher im Megativlager bedeutend weniger Raum einnimmt als Plattennegative. 
Erwdhnf sei auch, daB die Negative selbst sich recht beständig gezeigt haben. Id besitze 
eine große Kollektion von Zelluloidfilmnegatioen, die länger als 40 Jahre einfach in einer Papp- 
schachtel lagern und sich bis heute unverändert gehalten haben. Sür ausreichende Planlage 
der Silme in der Kassette existieren verschiedentliche erprobte Rahmenarten, und bei großen 
Formaten gewährt schließlich die Zuhilfenahme einer Glasscheibe in der Kassette völlige 
Ebenheit. Um die Förderung der Silmphotogrophie hat sich die Kodak seit langen Jahren 
hochverdient gemacht und bahnbrechend gewirkt. Dem Porträtgebiet sind insbesondere die 
Marken Super-Speed, Commercial-Ortho, Commercial-Panchromatic und Super-Sensitive ge- 
widmet. Unsere vielseitigen praktischen Versuche mit diesem Material haben uns sehr befriedigt. 


Der orthochromatische Super-Speed-Silm ist von höchster Empfindlichkeit (efwa 
23° Scheiner) und kommt namentlich in Betracht, wenn Negative weicheren Charakters ohne 
übermäßige Deckung verlangt werden. Die Filme sind gut durchzuentwickeln, wir erzielten 
mit Metol-Hydrochinon bei 4 Minuten Entwicklungsdauer äußerst klare, gut modulierte 
Negative. Die Silme stellen ein treffliches Ateliermaterial bei kürzesten Expositionen dar. 

Der Commercial-Ortho-Silm, ebenfalls von hoher Empfindlichkeit (etwa 200 Scheiner), 
sowie guter Orthochromasie hält in Gradation einen normalen Stand ein und lieferte uns sehr 
klare, brillante Negative. Dieser Ortho-Silm ist auch für Aufnahmen im Freien trefflidist geeignet. 


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Ist an tonrichtiger Wiedergabe aller Sarbenwerte gelegen, so ist der Panchromatic- 
Silm (200 Sch.) am Plage, der neben hervorragender Gelbempfindlichkeit sowie Grünwieder- 
gabe auch für Rot stark empfindlich ist. Unsere verschiedentlichen Versuche mit diesem Silm 
in Sarbentafelaufnahmen und Porträtarbeiten belegten die hohe Leistungsfähigkeit dieses erst- 
klassigen panchromatischen Silms. Wie alle panchromatischen Emulsionen ist dieser Silm natürlich, 
sofern nicht Desensibilisierung vorgenommen wird, bei geeignetem Grünlicht zu entwickeln, Hat 
man sich nach einigem Verweilen an diese Beleuchtung gewöhnt, so wird ein geübteres Auge 
auch hierbei eine gewisse Bildkontrolle ermöglichen. Andererseits wird man in seinem Auf- 
nahmegenre auch über eine einfache Entwicklung nach Zeit bald genügend unterrichtet sein. 

Der Super-Sensitioe-Silm von 260 Scheiner wurde in seinen hohen Qualitäten bereits 
früher in einem ausführlichen Artikel gewürdigt (siehe „Phot. Rundschau“ Heft 5). 

Wir haben in dieser Filmreihe ein bewährtes Portrátaufnahmematerial, das den Wünschen 
des Sachphotographen in verschiedentlicher Richtung, auch bei Kunstlicht, Nitralampe usw. 
bestens entgegenkommt. Р. Hanneke. 


Wartung der Sixier- und Härtebäder. 


J. J. Crabtree behandelt in einem Nufsatze über den Verichrome-Silm unter anderem 
auch die $rage, wann ein Sixierbad erschöpft ist (American Photography, July). Ein Sixier- 
bad sollte verworfen werden, sobald uns die Sixierdauer der Negative ungewöhnlich lange 
dünkt. Es ist eine altbewährte Regel, den Silm, nachdem er klar erscheint, noch einmal 
die gleiche Zeit im Sixierbad zu belassen, die er bis zur Klärung benötigt hat. Man wird 
bei diesem Modus zugleich auf allgemeine Beobachtung der Sixierdauer geleitet. Liegt Groß- 
betrieb vor, so tut man диќ, zwei Sixierbáder zu gebrauchen; das erste Bad muß stets in 
guter Verfassung sein, sonst stellen sich Slecke oder Niederschläge ein, die ein folgendes 
zweites frisches Bad nicht wieder aufhebt. 

Crabtree empfiehlt, das folgende Alaunhärtebad vorzuschalten, Wasser 10 Liter, Chrom- 
alaun 200 g, Essigsäure (3 Teile Eisessig und 8 Teile Wasser) 350 ccm, Wasser bis zum 
Gesamtvolumen 10 Liter. — Das Hürtungsoermógen des Bades sollte ab und zu geprüft 
werden. Jst die Wirkungsweise derart heruntergegangen, daß die Emulsionsschicht bei 500 
bis 550 schmilzt, so füge man dem Bade Essigsäure zu, und zwar ein Drittel der Menge, die 
urspränglich im frischen Bade genommen worden ist. Diese Prozedur kann zwei- bis dreimal 
wiederholt werden, bis das Bad schließlich wegen zu langsamen Arbeitens zu verwerfen ist. 

Zeigt sich ein weißer Schlamm von flluminiumsulfit in dem Sixierbad oder auf der Negativ- 
schicht, so rührt dieser von einer Zwischenreaktion des Alauns im Sixierbade mit dem Sulfit und dem 
Karbonat des Entwicklers her. Das Aluminiumsulfit entsteht nur dann, wenn die meiste Säure 
des Sixierbades zerstört ist, und zwar infolge der Übertragung von Entwickler durch den Silm. 

Wenn ein Chromalaun-Zwischenbad benutzt wird und dieses nicht schon zu abgenutzt 
ist, sondern in gebührendem Säurestand gehalten wird, so kann die Säure des Sixierbades 
nicht herabgesetzt werden, und damit ist eine Rluminiumsulfitbildung unterbunden. Die 
Erscheinung des weißen Schlamms im Sixierbad ist stets ein Anzeichen dafür, daB jenes 
zu alkalisch geworden ist. Es ist dann durch Zusatz von Essigsäure (ebenfalls ein Drittel 
des ursprünglich genommenen Maßes) wieder aufzufrischen. Geringe Schlammengen werden 
nach Säurezusaß bereits über Macht verschwunden sein. 

Augenscheinlich herrscht eine größere Neigung zur Schlammbildung, wenn stark 
alkalische Entwickler vorliegen und wenn der Film beim Hineinbringen in das Sixierbad 
nicht genügend bewegt wird. Eine hohe Entwicklerkonzentration im Film veranlaßt leicht 
Niederschläge auf die Negatioschicht. 

Der Aluminiumsulfitshlamm kann von dem Silm durch Baden in zehnprozentiger Soda- 
lösung und gründliches Wässern entfernt werden, aber es ist besser, diesen Schlamm erst 
gar nicht aufkommen zu lassen, indem man ein Hártebad benutzt, das häufig erneuert wird, 
ferner, indem man das Sixierbad mit Säure auffrischf und den Silm beim Einbringen 
ordentlich bewegt. P. H. 


Zur Abschwächung der Negative. 


Manche Abschwdchungsweise, die recht brauchbar ist, vor allen Dingen sicher arbeitet, 
findet man in der Praxis seltener verwendet; wieder andere Formeln lassen nodi Ver- 
vollkommnung zu. Crabtree und Muehler haben Rad „British Journal“ den Wirkungs- 


67 


gang verschiedener Vorschriften näher geprüft, unter anderen auch den Belitzkischen 
Abschwächer, der in seinen Resultaten zwischen den Oberflächen- und proportionalen Ab- 
schwächern steht. Die Verwendung von hartem Wasser kann hier Unzutráglichkeiten er- 
geben, entstehende Kalk- und Magnesiumverbindungen vermögen zu unlöslichen weißen 
Niederschlägen zu führen, die an der Megativschicht haften bleiben. Verwendet man statt 
der Oxalsáure die Zitronensäure, so bilden sich Calcium- und Magnesiumzitrate, die im 
Wasser löslich sind. Man kann diesfalls unbeschadet auch hartes Wasser zum Ansetzen 
des Abschwächers benutzen. Sür den praktischen Gebrauch wurde die nachfolgende Formel 
für praktisch befunden: Serrichlorid 25 g, Kaliumzitrat 75 g, Natriumsulfit sicc. 30 g, Zitronen- 
säure 20 g, fixiernatron krist. 200 g und Wasser 1 Liter. | 


Diese Lösung hält sich selbst in einem Kübel für Kinofilme 3—5 Tage brauchbar. 
Ein proportionaler Abschwächer mit Ammoniumpersulfat und Kaliumpermanganat stammt 
von Norman Dock und ist weiterhin von Huse und Rietz verbessert worden. Dieser 
Abschwächer arbeitet gut, aber in größeren Tanks ist seine Haltbarkeit keine genügende. 


Гитідге und Seyewetz empfahlen für proportionale Abschwächung Chinon mit 
Schwefelsäure, aber diese Lösungen sind braun gefärbt und neigen zur Gelatineanfärbung. 
Gehrling, Krauß und Strauß treten für den Gebrauch verdünnter Lösungen von беггі- 
salzen ein, Crabtree und Muehler gaben diesbezüglich die folgende Formel: Serri- 
ammoniumsulfat 15 g, Wasser 1 Liter, Schwefelsäure konz. 10 ccm. 


Saure Sixiernatronlösungen üben bei längerer Einwirkung entschieden eine Rb- 
schmdchung auf das Negativ aus. Die Wirkung der gebräuchlichen Kalialaun- und Chrom- 
alaunfixierbáder ist jedoch gering, man beobachtet bei normalem Gebrauch keine Ab- 
schwädung. Die Reduktion hängt im übrigen auch von der Größe des Silberkorns ab. 
feinkörnige Schichten, wie solche beim Kino -Positiofilm vorliegen, werden eher geshwádt 
als solche auf panchromatischem Negatiofilm. Ferner wurde beobachtet, daß die Reduktion 
in einem Sixierbad von 30 °/, Sixiernatrongehalt mit wachsendem 20506 von Säure und 
mit steigender Temperatur stärker wird. Bromkalizufügung scheint nur wenig einzuwirken, 
dagegen zeigte Zusatz von wachsenden Mengen von Kaliumjodid (0,1— 10 %) eine be- 
tráchtliche Wirkung. Anhäufungen von 1— 10% Silberbromid in einem frisch bereiteten 
Sixierbad verringerten das Reduktionsmag. 


Zu den Abbildungen. 


Der іт Anschluß an die Bilder der G. D. £. im Juliheft nun folgende zweite Teil gibt 
Gelegenheit, auch an dieser Stelle einige Worte zu dem Thema Refusche zu sagen; denn wir 
wissen, daß wir es hier mit Photographen zu tun haben, die sie als heute nicht mehr er- 
forderlich ablehnen. Cazi geht in seiner bewunderungswürdig exakten Arbeit so weit, dak 
er Negative, die auch nur kleine Kratzer, Materialfehler aufweisen, nicht benutzt. Diese 
Rigorosität der eigenen Arbeit gegenüber führt naturgemäß zur immer gesteigerteren Leistung. 
€s kann daher nicht weiter überraschen, daß sich unter Dußenden seiner Aufnahmen kaum 
ein unwesentfliches Blatt findet. Auch in seinen Auffassungen der Lichtbehandlung wirkt er 
ganz selbständig. Viel wäre noch über seine Arbeit zu sagen, wir müssen uns auf Hin- 
weise beschränken. Man beachte nur Zeichnung und Modellation der Augenpartien, der 
Hände, des Mundes. Auch bei der Aufnahme von Angenendt möchten wir auf jenen Artikel 
„Schluß mit der Retusche* verweisen. Wollte jemand versuchen, diese Hautdarstellung zu 
glätten, was würde von Charakteristik, von Wahrheit bleiben! Gewiß kann man diese 
Deutlichkeit, wenn man es will, bei der Aufnahme mildern, aber nicht teilweise nachträglich 
reduzieren. €s gibt heute aber schon sehr viele, die diese Ehrlichkeit, diese Möglichkeit der 
Photographie bewundern. Erfurth bringt dann die beiden stark ausdrucksoollen, gut be- 
grenzten Bildnisse, Lendvai-Dircksen den auffallend flächig modellierten exotischen Frauen- 
kopf mit den ergreifenden dunklen großen flugen, und Peterhans eine vorbildlich feine 
Werbephotographie, deren Qualitáten und Reiz nicht nur in der Komposition, der Raum- 
behandlung, der Tonwerte, sondern auch ganz besonders in der fast, kann man sagen, einzig- 
artigen Haltung der Kopie liegt, die in einem silbergrauen Lokalton gehalten ist, oon dem 
sich die einzelnen Dinge klar und sachlich abheben. 


68 


LENDVAI-DIRCKSEN, BERLIN SCHWARZWALDMADCHEN 


12 Bilder der G.D.L. aus der l. Internationalen und Verbandsausstellung des V.D. A.V. in Leipzig 


ELSB.GROPP, KOLN TILL EULENSPIEGEL 


KIND AUS DER EIFEL 


LENDVAI-DIRCKSEN, BERLIN 


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HUGO ERFURTH, DRESDEN DAMENPORTRAT 


Digitized by Google 


DR. WOLFF, FRANKFURT/M. 


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MAINZER DOM 


WALTER HEGE, WEIMAR 


Tagesfragen. (Nachdruck verboten.] 


er Grund unseres €intretens für den Aufsa „Schluß mit der Retusche“ ist allein 
) der, Anregungen zu geben, mehr als vorher Neuerungen auf photographischem 
Gebiet zu beachten und auszunutzen. An und für sich ist es ganz unwesentlich, 
ob einer mehr oder weniger retuschierf, wichtig ist nur, auf dem laufenden zu 
bleiben, gegen den Zustand des Hindämmerns, des Wartens auf bessere Zeiten 
anzukámpfen und sich mit allen Sortschriften auf photographischem Gebiet bekannt zu machen. 
Das. ist die Aufgabe des Sachmanns, dadurch unterscheidet er sich vom Liebhaber. Wenn er 
als Geschäftsmann nach früheren Gewohnheiten weiter zu kommen glaubt, wird er ohnehin 
bei ihnen bleiben; betrüblich bleibt aber auch dann die neuerdings an uns gerichtete Frage: 
Wodurch sollen sich dann noch unsere Bilder von Amateurerzeugnissen unterscheiden, wenn 
wir zu refuschieren aufhören? Betrüblich insofern, als in ihr der eigentliche Grund des Nieder- 
gangs des Berufs zum Ausdruck kommt. Ebenso aber wie der Kampf gegen die Retusche alt 
ist, wir erinnern nur an die Kritik des damals sehr bekannten Historikers Muther im 
Jahre 1898: „Die Salten werden geglättet, fehlende Haare ergänzt, Stumpfnäschen gerade ge- 
bogen, und das Auge hat seinen Ausdruck, die Stirn ihre Sorm, das Gesicht des Backfisches 
den pikanten Reiz verloren, aus dem Schädel des Mannes ist ein Sriseurkopf, aus dem Weib 
eine Puppe geworden ..., ebenso alt ist der Kampf gegen die Warenhäuser, die Schleuder- 
konkurrenz, die Schwarzarbeit! Auch hier ein Beispiel aus dem Jahrgang 1904 in den, Tagesfragen“ 
unserer Zeitschrift: Sie (die Warenhäuser) haben mit starker, zielbewußter Hand das Gebiet für 
sich erobert, und jeder Versuch, diesen Besitz der Photographie wiederzugewinnen, wird in dem 
Maße aussichtsloser, als einerseits die photographische Bilderfabrikation festen Fuß faßt und 
andererseits die künstlerische Photographie das Interesse des Publikums mehr und mehr wachruft. 

Auch der künstlerisch strebende Photograph befindet sich nun heute wie damals in wenig 
beneidenswerter Lage, aber einmal wird sich auch die wirtschaftliche Lage zum Besseren wenden, 
und dann wird der an der Reihe sein, der diese Zeit des Stillstands und wirtschaftlicher Not 
für sich und seine Selbsterziehung ausgenutzt hat und den Wert der konventionellen, alther- 
gebrachten Gemeinpläße richtig erkannt hat. 

Die Retusche ist ja nur ein geringer Teil der Berufsarbeit. Mit ihrem Aufhören ist 
noch sehr wenig getan. €s wäre aber hoffnungslos, wenn sie wirklich nur das Unter- 
scheidungsmerkmal darstellte. Nein, die Hauptsache bleibt die Aufnahme. Und hier gerade 
liegt die wesentlichste Ursache des Berufsniedergangs. Wir sind so einseitig, so eingeengt 
durch den „Publikumsgeschmack“, daß sich die Auslagen, die Schaufenster von Königsberg 
bis freiburg, von Hamburg bis Breslau ähneln wie ein €i dem anderen. Die wenigen Aus- 
nahmen bestätigen auch hier nur die Regel, und nicht für diese schreiben wir, sondern für 
die anderen, denen wir nützen möchten. Wenn aber über die Retusche einiges deutlich ge- 
sagt werden kann, so ist die Srage der Auffassung des Menschen, der Natur, allen Geschehens 
theoretisch wohl noch denkbar, durch praktische Beispiele aber außerordentlich schwer zu be- 
antworten. Hier kommt es ausschließlich auf die Sáhigkeit des Menschen, der sieht und hinter 
der Kamera steht, an, so daß Angaben, Kritik an Bildern, Musterbeispiele so gut wie nichts nüfjen. 
Jeder Auftrag bedeutet eine neue Aufgabe und ein stark kultiviertes Gefühl für eine Bewegung, 
einen Ausdruck, einen Umriß, eine Kontrastierung ist die Voraussetzung. Die Technik, das Hand- 
werkliche muß so beherrscht werden, daß die geistigen fähigkeiten sich nur auf diese Erkennt- 
nisse konzentrieren können. Solche Berufseinstellung erfordert Selbsterziehung, Interesse für alle 
künstlerischen Dinge, sehr ernsthafte Studien am Menschen wie an Bildern — nicht um die letzteren 
nachzumachen, sondern zu erkennen, worin der Künstler die Lösung seiner Aufgabe sah. 

Und dann der Kampf gegen die Einseitigkeit! In diesen Tagen wird in Leipzig wieder 
eine große Internationale Photographische Ausstellung eröffnet. Die Beteiligten sind in 
Hauptsache „nur“ Amateure, aber auch die G. D. Г. hat mitgewirkt. Hier vor diesen 2000 Bildern 
aller Art erübrigt sich die Erklärung für die €inseifigkeif. Und glaubt man nicht, daß unsere 
Schaufenster ein aktiveres Interesse beim Vorübergehenden finden würden, sähe er auch einmal 
etwas anderes als diese freundlichen, selbstgefälligen Gesichter auf dunklem oder hellem Grunde, 
skizzenhaft hergerichtet, bla& und glatt, ohne lebendigen Ausdruck und Kontrast? 

Die alten Bahnen sind ausgetreten, die Photographie ist heute mehr denn je Allgemeingut und 
ein gut Teil des Publikums ist zum beachtenswerten Kritiker geworden. Wir dürfen nicht mehr taten- 


los zusehen, wie unserem Beruf immer weiter der Boden entzogen wird. Matthies-Masuren. 
% 


69 


Chemische Negativkorrektur. 


Von Hermann Schoepf. [Nachdruck verboten.) 
(Schluß aus Heft 8.) 

In erster finie kommt die Verstärkung durch Quecksilberchlorid mit nachräglicher 
Schwärzung der in der ersten Phase entstehenden Chlorsilber - Kalomel - Verbindung in Betracht, 
und eben die verschiedene Wirkung der anzumendenden Schwärzungsmittel ermöglicht die 
Anpassung der Verstárkungsoorgánge ап die notwendige Behebung der Mängel eines Negativs. 
Es kann sich durch Anwendung eines für ein bestimmtes Negativ ungeeigneten Schwärzungs- 
mittels der Charakter bei gewissen Aufnahmen wesentlich verschieben. Wie aber die Schwärzung 
in sinngemäßer Weise durchgeführt werden kann, zeigt die in nachfolgenden, durch tat- 
sdchliche Messungen gewonnenen Diagrammen dargestellte Wirkung der verschiedenen 
Schwärzungslösungen auf eine unter dem Graukeil hergestellte Versuchsplatte. 

Voraussetzung ist, daß von vornherein darüber Klarheit herrscht, welcher Grad von 
Verstärkung notwendig ist, ob also das Negativ bis zur gänzlichen Durchbleichung in der 
Hg Cl, -Lösung verbleiben soll, oder schon durch früheres Entfernen genügend Deckung erzielt 
werden kann. 

Sûr die Schwärzung eines mit Quecksilberchlorid verstärkten Negativs kommen in Be- 
tracht Lösungen mit Natriumsulfit, Ammoniak oder Entwickler (Brenzkatechin). 

Die geringste Veränderung in der Gradation eines Negativs ergibt die Schwärzung mit 
einer zehnprozentigen Na,S0,-Lösung, wie die Kurven in Abb. 2 zum Ausdruck bringen. 


ИГ 
ET TT 


Rbb. 2. Verstärkung der Versuchs- Rbb. s. Verstärkung Hg CH. Abb. 4. Verstärkung Hg Ch. 
platte mit Ha Ch. wärzung mit Schwärzung mit NH.. Schwärzung Brenzkatechin. 
zehnprozentiger Па, 50, - Cósung. 


Wenn die Schwärzung mit Ammoniak (ПН,), d. h. Salmiakgeist (ΠΗ͂, OH), durchgeführt 
wird, ergibt die gebildete schwarze Ammoniak-Quecksilber-Verbindung nicht nur stärkere 
Deckung, sondern auch eine wesentliche Kontrasterhöhung (Abb. 3). 

Endlich ergibt die Anwendung einer sulfitfreien Brenzkatechinlösung eine besonders starke 
Bildschichtkräftigung, die auch die Schattenpartien überlagert. Die Veränderung der Gradation 
hält etwa die Mitte der diesbezüglichen Wirkung der beiden vorgenannten Schwärungsmethoden. 

Ergebnisse: I zeigt geringe Verstärkung der zarten Bildstellen, der Verlauf ist bis zu 
den letzten, dichtesten Partien, die etwas stärker gedeckt werden, ein fast gleichmäßiger. 

II ergibt keinen wesentlichen Unterschied der zarten Bildstellen im Vergleich zu der 
Wirkung von I, die Kurve steigt aber bald steil an, es resultiert ein wesentlich kontrast- 
reicheres Negativ mit kräftiger Deckung der dichten Bildelemente. 

III bewirkt auch in den zarten Bildteilen eine Überlagerung; unter Kontrasthebung 
steigt die Kurve zu stärkster Deckung in den dichten Partien. 

Daraus geht hervor, daß I da anzuwenden ist, wo eine weniger ausgiebige, annähernd 
gleichmäßige Verstärkung der Negative erwünscht ist; II kommt wegen seiner superproportionalen, 
kontrasterhöhenden Wirkung für dünne flaue Negative in Betracht, während III für im ganzen 
sehr dünne und kraftlose, eine ausgiebige Kräftigung erfordernde Platten angezeigt erscheint. 


Sar Platten, die — meist infolge Überbelichtung und zu kurzer Entwicklung — ver- 
schleiert und flau sind, gibt, wenn der Schleier auf die Schichtoberfläche beschränkt ist, die 
folgende Methode recht befriedigende Resultate: €s erfolgt zunächst Beseitigung des Schleiers 
im Blutlaugensalzabschwdcher; nach einwandfreier Wásserung wird dann die Quecksilber- 
chlorid-Ammoniak-Verstärkung durchgeführt (Abb. 5). Hier resultiert an dem flauen Negativ 
eine Kontraststeigerung, die eine wesentliche Verbesserung des Bildcharakters bedeutet und 
das positive Bild den tatsächlichen Verhältnissen nahebringen kann. 


70 


Die Vorschriften für die Quecksilberchloridverstärkung sind folgende: Zur Umwandlung 
des schwarzen Silberbildes in das weißliche Bild von Chlorsilber und Quecksilberchlorür 
kommt das gut fixierte und gründlich gewässerte Negativ in eine Lösung von 2 д Queck- 
silberchlorid, 2 g Bromkalium, 100 g Wasser. 

Die Schwärzung des weißen Niederschlages geschieht hierauf entsprechend den obigen 
Ausführungen entweder mit einer acht- bis zehnprozentigen Lösung von Natriumsulfit oder 
zur Erzielung größerer Kraft mit Ammoniak 1: 10 mit Wasser verdünnt. Bei Verwendung 
von Natriumsulfit darf das Negativ nur bis zur vollendeten Durchschwärzung der Schicht im 
Bade bleiben, da sonst die Verstärkung zurückgeht. Mach der 
Behandlung ist gut zu wässern. Wenn Ammoniak zur Schwärzung 
Verwendung findet, ist darauf zu achten, daß vor dem Schwärzen 
das Negativ gründlich gewdssert wird, da Reste von Queck- 
silberchlorid in der Schicht eine unlösliche Trübung verursachen. 


Der, wie schon erwähnt, stark deckende alkalische Brenzkatechin- ШЕМ? 
entwickler besteht aus gleichen Teilen einer einprozentigen Brenz- MUA SED 
kafechinlósung und einer einprozentigen Pottaschelósung. R 


, ErwähnenswertistnocdieVerstärkungsmöglickeitmitllran- bd. s. Abschwächung der Platte (1) 
nitrat-Serrizyankalium, deren Auflagerung von rotem Serro- mit Biutlaugensalzabschwächer (2); 
zyanuran eine lichtundurchlässige Verbindung darstellt, die dünne, erstärku h mit Suerssilberchlorid- 
aber klare Platten energisch krüffigt und kontrastreich gestaltet. 


Für die Uranverstärkung werden zwei Vorratslósungen hergestellt: 


L Wasser dest. . . . . . . . „ 100 cem, 
Uranmnitrat . . . . . . . . + . . + k ο . 1 ӯ. 
П. Wasser dest .............. 100 cem, 


rotes Blutlaugens alf 19. 

Zum Gebrauch werden kurz vor der Verwendung je 50 ccm der Lösung I und II und 
10 ccm Eisessig gemischt. Das Negativ, das durch die Verstärkung eine róflichbraune, stark 
deckende Sárbung annimmt, wird nach dem Verstárken nur kurz gewaschen, bis die hellen 
Stellen klar sind, da bei längerem Wässern das Bild wieder an Kraft verliert. 

Damit wären von den vielen Methoden die besonders bewährten Verfahren behandelt, 
dieselben vermögen mangelhafte Negative ganz wesentlich zu verbessern. 

Wenn auch nicht in allen Sállen die Wahl bzw. Wirkungsweise des einen oder anderen 
Verfahrens so sehr ins Gewicht fällt, ist es für den Lichtbildner doch unerläßlich, sich über 
die Auswirkung, besonders der verschiedenen Schwärzungsmittel bei der Quecksilberchlorid- 
verstärkung, vollkommen im klaren zu sein, weil die Verschiebung in den Helligkeits- 
abstufungen eine wesentliche Bildänderung bedeuten kann. 

Es ist freilich besser und erwünscht, von vorneherein ein einwandfreies Negativ her- 
zustellen, weshalb neben der Prüfung der Verbesserungsmöglichkeiten für ein mangelhaftes 
Negativ, immer auch die Fragen nach etwaigen Fehlerquellen bei der Aufnahme oder der 
Entwicklung zu erwägen sind, um solche möglichst umgehen zu können. 


Zur Verarbeitung von flachfilmen. (Rachdrudk verboten.) 


Der Slachfilm, auch als Plan- oder Cut-Silm bezeichnet, erfreut sich seit Jahren im Rus- 
lande einer großen Beliebtheit. Besonders die amerikanischen, aber auch die englischen Sach- 
photographen benutzen den Slachfilm gern als ausschließliches Aufnahmematerial. Mit seine 
wichtigsten Vorteile sind das leichte Gewicht und die Unzerbrechlichkeit. 

Einige hundert Glasnegative in mittleren und größeren Sormaten aufzubewahren, be- 
deutet für den Berufsphotographen eine Aufgabe, deren Bewältigung oft erhebliche Schwierig- 
keiten bereitet. Hier sind das geringe Gewicht und die Dünnheit der Slachfilmnegative ein 
Vorteil, den nur der richtig bewertet, der ihn aus eigener Erfahrung kennt. Ebenso wichtig 
ist die Unzerbrechlichkeit der Negative. Der Bruch eines Glasnegatives hat manchem Berufs- 
photographen schon geschäftliche Verluste bereitet. Daß Slachfilmnegative von beiden Seiten 
kopiert werden können, ist ein Vorteil, wenn man Pigmentdrucke anfertigt. Man kommt 
dann mit einfacher Übertragung aus, wodurch die Arbeitsweise vereinfacht und sicherer ge- 
staltet wird. Auch bei der Herstellung von ÕI- oder Bromdlumdrucken in Originalgröße ist 
die beiderseitige Kopierfähigkeit der Planfilmnegative von Vorteil. 


{1 


Troß aller dieser guten Eigenschaften sind es bei uns noch nicht sehr viele Sachphoto- 
graphen, die Slachfilme verarbeiten. Das hat seine Ursache zum Teil darin, daß viele Fachleute 
sich schwer und nur ungern auf etwas Neues umstellen!). Dann glaubt man vielfach auch, 
daß die Verarbeitung von Planfilmen mit Schwierigkeiten oder wenigstens mit Unbequemlich- 
keiten verknüpft sei. Da uns heute in dem Agfa - Superpanfilm und dem Kodak- Super - Sensitiv- 
Film ganz hervorragende Materialien zur Verfügung stehen, die dank höchster Allgemein- und 
Farbenempfindlickkeit die photographische Aufnahmetechnik umwälzend zu beeinflussen be- 
rufen sind, ist es angebracht, einmal kurz auf die Verarbeitung von Planfilmen einzugehen. 

Der erste Einwand, der gewöhnlich gegen den Slachfilm erhoben wird, ist der, daß man 
den Silm nidit einfadi wie eine Platte in normale Kassetten einlegen könne. Das ist natürlich 
zutreffend. Aber es gibt billige Silmhalter, Rähmchen aus dünnem Blech, in die man den 
Silm einschiebt. So versteift. läßt er sich wie eine Platte in die Kassette legen. Er liegt 
dann auch in den größten Formaten so genau im Fokus, daß das Auftreten von Unschärfen 
nicht zu befürchten ist. Auf jeden $all liegt der Silm so besser eben, als man es von Pack- 
filmen gewohnt ist. Man könnte auch an die Anschaffung besonderer Planfilmkassetten 
denken, was jedoch im allgemeinen nicht nötig ist. Hingegen kann nur davon abgeraten 
werden, den Silm unter einer Glasplatte in die Kassette zu bringen. Die erwähnten Silm- 
rähmchen sind das richfige Hilfsmittel dazu. 

Orthochromatische Slachfilme kann man bei rotem Dunkelkammerlicht in die Kassette 
bringen. Das ist bei den genannten Panchromaterialien selbstverständlich nicht möglich. Sie 
werden audi dann verschleiern, wenn man zum Einlegen eine dunkle Ecke der rot beleuchteten 
Dunkelkammer aufsucht. Denn diese Schichten haben eine gewaltige Rotempfindlichkeit. Man 
kann aber zur Beleuchtung der Dunkelkammer ein geeignetes Grünfilter verwenden. In 
Frage kommt das Agfa-Schußfilter Пг. 108. Aber auch bei seiner Benugung muß man sehr 
vorsichtig sein und darf nicht zu nahe an die Lampe gehen. Die Verschleierungsgefahr ist 
noch viel größer, wenn man das hellere Agfa-Schußfilter Nr. 103 benutzt; es kommt höchstens 
für eine indirekte Beleuchtung in Frage. Ein Grünlidt, das für hochempfindlihe Panchro- 
schichten einigermaßen sicher sein soll, ist so dunkel, daß man zunächst kaum etwas sieht, 
wenn man die Dunkelkammer betritt. Mach etwa 10 Minuten hat sich jedoch das Auge so 
weit adaptiert, daß man sich in der Dunkelkammer gut orientieren kann. 

Am sichersten fährt man, wenn man diese Panchrofilme im Sinstern in die Kassette 
bringt, was durchaus nicht schwierig ist. Da man die Schidifseite durch Befühlen nur schwer 
feststellen kann, tragen die Silme Marken, die das eindeutige Erkennen der Schicht sehr er- 
leichtern. In die eine Schmalkante der Kodak-Silme sind kleine Kerben eingestanzt. Hat man 
den Silm hochkant in der Hand, so liegen diese Kerben in der rechten oberen Ecke, wenn 
die Schicht nach oben zeigt. Bei den Agfa-Silmen dient als Marke ein in die Ecke ein- 
gestanztes Loch, das zum Erkennen der Schicht so liegen muß wie die Kerben des Kodak- 
Silms. Beide Marken fühlt man im Dunkeln mif dem Singer deutlich, so daß man den біт 
mit absoluter Sicherheit seitenrichtig einlegen kann. Das €inschieben in die Trägerrähmchen 
bereitet im Sinstern keine Schwierigkeiten. 

Oben wurde gesagt, daß man sich in der Dunkelkammer bei dem Grünlid gut orien- 
tieren könne. Um die Entwicklung mit einiger Sicherheit überwachen zu lassen, ist diese 
Beleuchtung trotzdem nur wenig geeignet. Deshalb bedient man sich zweckmäßig der Desensi- 
bilisierung. Ein Vorbad in Pina- Grün oder - Gelb ermöglicht es, die Entwicklung bei einem 
Rotlicht vorzunehmen, wie man es mittels des Agfa-Schußfilters Nr. 107 erhält. Dieses Rot- 
licht ist so hell, daß man die Entwicklung vollkommen zuverlässig kontrollieren kann. Das 
Vorbad wendet man entweder im Dunkeln an oder man benutzt ein Grünfilter dabei. Sobald 
der Film sich im Entwickler befindet und anentwickelt ist, darf man rotes Licht einschalten. 
Natürlich wird man den desensibilisierfen біт nicht dauernd in unmittelbare Nähe der Dunkel- 
kammerlampe bringen, sondern nur zwecks Kontrolle der Entwicklung. Verfährt man auf diese 
Weise, so zeigen sich keinerlei Nachteile durch die Narkose. Die Nachteile, die ihr vor einiger 
Zeit in der Sachpresse zugeschrieben worden sind, gehören ins Reich der Sabel oder treten nur 
dann auf, wenn man unsachgemäß arbeitet. Daß die Entwicklung durch das desensibilisierende 
Vorbad etwas langsamer als sonst verläuft, ist kein Nachteil. Zusatz des Desensibilisators zum 
Entwickler, was bei Pina-Grün möglich wäre, aber nicht bei Pina-Gelb, ist nicht zu empfehlen. 


1) Siehe meinen Aufsag „Schluß mit der Retusche“ in Heft 7 (1932) dieser Zeitschrift. E—n. 


72 


4 
-- 


ROSNER, CHEMNITZ 


е” C стакан ` ee — тн e wee 


LAZI, STUTTGART 


HERM. EBEL, BERLIN 


SCHALLENBERG, HAMBURG 


Ein anderer Weg besteht darin, даб man Pandirofilme im Dunkeln oder bei grünem 
Licht nach Zeit entwickelt. So verfahren z. В. die meisten amerikanischen Sachphotographen. 
Den Kodak-Slachfilmen werden kleine Kärtchen beigegeben, auf denen für die betreffende 
Emulsion фе Silterfaktoren und auch die Entwicklungszeit angegeben sind. Man muß dann 
einen vorgesehenen Entwickler benugen; denn bei einem anderen Heroorrufer würden sich auch 
andere Entwicklungszeiten ergeben. Auch für die Imperial-Silme werden solche Angaben gemacht. 

Die Entwicklung nad Zeit leistet mindestens dasselbe wie die kontrollierte Heroorrufung. 
Es ist den Sachphotographen dringend zu empfehlen, einmal alte Ansichten, nach denen ein Ausgleich 
falscher Belichtungen beim Entwickeln vorzunehmen ist, über Bord zu werfen und sich mit der 
unkontrollierten Entwicklung nach Zeit vertraut zu machen, für die ich seit Jahren eingetreten bin. 

. Zur Entwicklungstechnik selber ist zu sagen, daß man Slachfilme wie Platten in der 
Schale entwickeln kann. Mittels einer Pinzette lassen sie sich bequem hantieren, ohne daß 
die Gefahr oon Schichtverlegungen besteht. Hat man größere Mengen von Slachfilmen zu 
entwickeln, so kann man sich dazu besonderer Rahmchen und Tröge bedienen. In kurzer 
Zeit kann man so eine große Anzahl von Negativen bearbeiten. 

Diese Hilfsmittel bewähren sich auch beim Fixieren und Wassern. Sonst kann man dazu 
auch die bekannten Plattenkörbe benutzen, in denen sich die steifen filme gut unterbringen lassen. 

Zum Trocknen hängt man Slachfilmnegative am besten frei auf. Die Cochung der Agfa- 
filme erweist sich dabei als praktisch. Man hängt die Negative an kleine Drahthaken, die 
sich an einem waagerecht ausgespannten Bindfaden befinden. Kodak-Silme hängt man mit 
Trockenklammern an einer 《de auf. 

Wer sich einmal versuchsweise mit der Verarbeitung von Slachfilmen versucht, wird 
feststellen, daß er nach kurzem Einarbeiten ebenso bequem wie mit Platten arbeitet. Er wird 
dann die Vorteile des films als Negativmaterial kennenlernen und sicher nicht den Wunsch 
verspüren, wieder zur Platte zurückzukehren. Dazu besteht um so weniger Anlaß, als es 
Planfilme für jeden besonderen Zweck gibt, vom höchstempfindlichen panchromatischen Porträt- 
film bis zum hart arbeitenden Reproduktionsmaterial. 

für diejenigen, die da glauben, ohne Retusche nicht auskommen zu kónnen, mag noch 
gesagt sein, daß es Slachfilme mit Rückschicht im Handel gibt. Das mag z. B. bei technischen 
Aufnahmen, bei denen Abdeckungen oder andere Eingriffe nötig sind, vorteilhaft sein. Bei 
Porträtaufnahmen verzichte man aber auf die durch die Mattschicht gebotenen Retuschemdglich- 
keiten, wobei nochmals auf meinen in vorstehender Sugnote erwähnten Aufsak hingewiesen sei. 
Die vorzüglichen Eigenschaften moderner Panchroemulsionen machen manuelle Eingriffe unnötig 
und bringen den Photographen auf den Weg, der zu einer reinen und ehrlichen photographischen 
Technik führt, ein Ziel; das man allgemein anstreben sollte. Curt Emmermann, 


Schluß mit der Retusche?') (айнасын 


Unter obiger Schlagzeile — mit einem Ausrufezeichen an Stelle des Sragezeichens — bringt 
Herr &mmermann in Nr. 7 einen Aufsa$, der wohl manches Beherzigenswerte enthält, jedoch in 
seinen Folgerungen weit über das Ziel hinausschießt. Hätte er den kategorischen Imperativ etwas 
anders gefaßt: ,Cernt richtig retuschieren!*, so könnte man sich damit einverstanden erklären. 

Jh muß vorausschicken, daß auch ich die landläufige Retusche (in der Hauptsache die 
Negatioretusche) verdamme, sie seit Jahrzehnten bekdmpfe, selbst unzählige Aufnahmen ohne 
jede Negativretusche abgeliefert habe und doch nicht ganz davon losgekommen bin, obwohl 
ich schon seit 1890 fast ausschließlich mit orthochromatischen Platten arbeitete und seit 1902 mit 
Panchromoplatten und -filmen verschiedenster Art und Herkunft auf allervertrautestem Suge 
stehe, wobei ich die Panchromasie auch anderer als der aufgeführten Fabrikate, namentlich die 
Perchromo-Peruß-Platte, ganz besonders schäßen gelernt habe. Hinzufügen muß ich noch, daß 
ich seit Bekanntwerden der Desensibilisatoren überhaupt nicht mehr ohne solche entwickle, daß 
ich seit Jahren mit Weichzeichner und in gegebenen Sállen mit Gitteroorschaltung arbeite, daß 
ich Kleinbildmomentaufnahmen bei Kunstlicht im Zimmer mit Ermanox, Leica, Rolleiflex 
usw. mache, daß ich neben der Bogenlampe ständig auch llitraphoflampen benutze und 
beileibe nicht am alten hänge, so daß ich ohne llberhebung sagen kann, daß ich nicht 


1) Die Schriftleitung hält es für besonders wichtig, daß sich ein Sachphotograph zu dem Thema, welches 


damit aber nicht erschöpft ist, dußerte. Sür €. waren natürlich auch noch andere Gesichtspunkte maß- 
: gebend. Vgl. auch „Tagesfragen“. 


77 


nur mit der Zeit gegangen, sondern in mancher Beziehung ihr oorausgeeilt bin, so daß ich 
kaum als „rücksfändig* angesehen werden kann und wohl zu denen zu rechnen bin, für 
die Herr €. seinen Aufsag nicht geschrieben haben will. 

Aber es geht nicht an, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wer wie ich mitten im 
Beruf steht, weiß, daß ohne Retusche nicht auszukommen ist. Man muß schon sehr an- 
spruchslos sein und sehr wenig Selbstkritik an der eigenen Arbeit üben, wenn man mit einem 
Negativ, so wie es aus dem Entwickler und Sixierbad kommt, zufrieden ist. Die Zeit, die uns 
für eine Bildnisaufnahme zur Verfügung steht, ist selbst im günstigsten Salle viel zu kurz, um 
alles so vollkommen zu gestalten, daß die eigenen Ansprüche restlos befriedigt werden können. 
Dazu kommen dann auch noch die verschiedenen berechtigte Ansprüche des Bestellers, die 
berücksichtigt werden müssen. Von Kinderaufnahmen will ich erst gar nicht reden. 

Da nützt keine Beherrschung der Beleuchtungstechnik, da hilft kein noch so geübter 
Blik; wie off muß man etwas, was man noch ändern möchte, einfach unterlassen, weil 
das Modell ungeduldig wird oder weil der Gesichtsausdruck ermüden würde. Welcher er- 
fahrene Bildnisphotograph kann sich rühmen, ein Bild so auf die Platte zu bringen, daß 
nichts zu wünschen übrig bleibt? Und wenn dem so ist, warum jede, auch noch so ver- 
nünffige Besserung durch Retusche verdammen ? 

Es ist nicht richtig, daß die Panchromoplatte mit Nitralicht in allen Fällen farbton- 
richtige Bilder erzeugt. €s ist nicht richtig, daß die Panchromoplatte blondes Haar stets 
blond wiedergibt. Jm Gegenteil, oft ist gerade die Panchromoplatte Ursache 
fehlerhafter Sarbenwiedergabe. Rofmangige werden blak, blaßrote Lippen zu hell, 
grünlich schatfierte Salten kommen härter als mit gewöhnlichen Orthoplatten. Es gibt über- 
haupt keine vollkommene Pandiromasie, die alle Sarben im richtigen Tonwert wiedergibt. 


Es wäre aber falsch, dieserhalb die großen Vorzüge des panchromatischen Materials, 
namentlich für Kunstlichtaufnahmen, zu verkennen. Falsch aber ist, die Vorzüge der Bogen- 
lampe vor der Nifralampe nicht gelten zu lassen. (Bedenklich ist allerdings die Verwendung 
blauweiß brennender Kohlen.) Die Nitraphotlampe ist ein nicht zu unferschäßendes Hilfs- 
mittel für bestimmte Lichteffekte, aber sie ist viel zu lihtshwah, um mit ihr aus an- 
gemessener Entfernung mildes, vollkommen gestreutes Licht, ähnlich dem Tageslicht, zu er- 
zeugen. Die Verwendung mehrerer Lampen hat große Nachteile: Ebensoviele Lichtpunkte in 
den Augen, ebensooiel Schlagschatten wie Lampen. Da zwingt gerade die Nitralampe zu 
retuschieren! Mur die Bogenlampe, richtig angewendet, ist imstande, nahezu vollkommen 
gestreutes Licht, ähnlich dem zerstreuten Tageslicht, zu erzeugen. 


Sragen wir uns noch, wie wir ohne Retusche auskommen sollen bei folgenden, im 
Beruf varkommenden Fallen: 

€s muß auch einmal ein unfer- oder überbelichtetes Negativ kopierfähig gemacht 
werden, denn auch einem vollendeten Negatiotechniker kann einmal eine Sehlbelichtung 
passieren! Wenn eine Wiederholung der Aufnahme unmöglich ist, dann muß eben retuschiert 
werden. Auch bei kürzester Belichtung können Unschärfen durch Bewegung, namentlich bei 
Kinderaufnahmen, nicht immer vermieden werden. Da müssen die Augen, da eine Hand, 
da der Mund, kurz, irgend etwas nachgezeichnet werden. Da ist eine Dame mit bloßem 
Hals, auf dem die Sonne den Ausschnitt des Badeanzuges braun gebrannt hat, da sind rote 
Hände, die auf einem hellem Kleid fast schwarz, umgekehrt weiße Hände, die auf einem dunklen 
Kreid kreideweiß gekommen sind, da muß refuschiert werden. Da muß auf Verlangen des 
Kunden eine Haarsträhne fortretuschiert, da muß eine Salte oom Ármel, da müssen die Krähen- 
füße, da die „Salzfässer“ gemildert werden, da ist ein Blick zu starr. Was werden die „Sanatiker 
der Ehrlichkeit“ tun, wenn die Kundin die nicht nach ihrem Wunsch retuschierten Bilder einfach 
nicht bezahlt? Und nun erst, wenn es sich darum handelt, von alten verschmußten oder 
verblaßten Bildern eine Reproduktion zu machen, oder um ein Paßbild mit gelben Slecken, auf 
dem der violette Polizeistempel mitten durchs Gesicht geht? Die Verschmußung ist gelb, der 
Polizeistempel violett. Was kann da die Panchromoplatte machen? Entweder man löscht 
durch ein Violettfilter den violetten Stempel aus oder durch ein Gelbfilter die gelben Flecken, eine 
andere Möglichkeit besteht nicht. Eines oder das andere muß retuschiert werden. Es ließen 
sich unzählige, ähnlich gelagerte Sálle anführen, in denen Retusche nicht zu umgehen ist. 

Aber es gibt auch Fälle, und nicht etwa vereinzelte, in denen eine Retusche nicht nötig, 
aber im Interesse eines guten Bildes höchst erwünscht ist. Ist beispielsweise die Stimmung 


78 


des Hintergrundes zum Kopf ungünstig, zu hart oder zu weich, so ist durch geschickte Auf- 
hellung oder durch Abschwächung viel zu verbessern. Unangenehme Ecken in den Umrissen 
können abgerundet, störende Nebensäclichkeiten können ganz entfernt oder gemildert werden. 


Wie steht es denn nun eigentlich um die Ehrlichkeit einer Photographie überhaupt? 
Können wir jedes photographische Abbild als eine ehrliche, richtige Wiedergabe des Urbildes 
ansehen? Diese $rage kann nur mit einem „Nein“ beantwortet werden. Was die Zeichnung 
betrifft, so können wir von einer getreuen Wiedergabe nur dann reden, wenn die Aufnahme aus 
entsprechendem Abstand und mit einer dem Bild entsprechenden Brennweite aufgenommen wurde. 


Anders verhält es sich mit der Wiedergabe der Tonwerte. Darin läßt die mechanische 
Abbildung der Natur doch noch recht viel zu wünschen übrig. Kein Bild ist imstande, 
jemals Sonnenscein vollkommen wiederzugeben! Das kann nur ein Diapositio im Projektions- 
apparat. Die Gradation der Tonwerte ist eine andere als in der Natur. Die Photographie 
kennt schwarze Schatten, die die Natur (soweit sie überhaupt beleuchtet ist) nicht kennt. 
Daran kann kein irgendwie geartetes Aufnahmematerial etwas ändern. Wohl aber läßt sich 
durch verständige Retusche die mechanische Wiedergabe der Naturwahrheit nähern. 

Jeder, der die Reproduktionstechnik beherrscht, weiß, daß auch die beste Panchromoplatte 
nicht imstande ist, von Sláchenoriginalen (Bildern) selbst unter Zuhilfenahme von raffiniert 
gewählten Siltern ohne jede Retusche eine vollkommen tonwertrichtige Reproduktion zu 
liefern. Die Sehler der Wiedergabe steigern sich aber um ein Vielfaches bei Aufnahmen von 
körperlichen Gegenständen, noch mehr beim lebenden Modell! 

Die Ehrlichkeitsfanatiker täten also besser, nicht so sehr gegen jeden Eingriff durch 
die Retusche Sturm zu laufen. Seien wir doch ehrlih, manche von ihnen möchten auch 
hier und da gerne retuschieren, wenn sie könnten! 

Die Verhimmelung der ungelernten Phofographen ist ein Merkmal der heutigen Zeit. 
Die ganze bildende Kunst steht unter der Diktatur des Dilettantismus, ebenso wie die Sachliteratur. 

Wenn sehr vereinzelt ungelernte Berufsphotographen unter den wirtschaftlichen Ver- 
háltnissen wenig zu leiden haben, so liegt das an efwas anderem als am Nichtkönnen. 
Wer es versteht, auf andere Weise sich Geltung zu verschaffen, ist heute weniger schlecht 
gestellt. Diejenigen, die im stillen an ihrer eigenen Vervollkommnung arbeiten und sich nicht 
dazu aufraffen können, die eigene Arbeit, deren Unvollkommenheiten sie zu sehr erkennen, 
als vollkommen anzupreisen, sind heute meistens schlecht daran. 

Den Einfluß der sich stetig ausbreitenden Amateurphotographie auf die wirtschaftlich 
katastrophale Lage der Berufsphotographen zu verkennen, ist schlechterdings unverständlich, 
Gewiß, einen Teil der Schuld tragen die Berufsphofographen selbst, aber den Beweis für 
das „gerüttelle Mak“ ist der Verfasser des hier besprochenen Nufsatzes schuldig geblieben. 

Die Sache hat aber noch andere Seiten! Die eine ist die: Wie soll sich denn, wenn 
wir die Retusche ausschalten, das Berufsbild oom Amateurbild unterscheiden? Dann die 
soziale: Wollen wir nach dem Vorbild der modernen ,sachlichen* Architekten, die Hundert- 
tausende von geschickten, fleigigen Holz- und Steinbildhauern, Tausenden von Malern und 
Berufsphotographen mit ihren schmucklosen, kahlen Innen - und Außenwänden das Brot weg- 
genommen haben, wollen auch wir dazu beitragen, einen Stand zu vernichten, die wenigen noch be- 
schäftigten Retuscheure um vermeintlicher photographischer Ehrlichkeit willen aufs Pflaster setzen? 

Darum nicht: „Schluß mit der Refusche!*, sondern: „Lernt richtig retuschieren!“ 

H. Trauf (München). 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Neues Aufnahmematerial für das Porträtfach. 


Die Agfa hat es sich angelegen sein lassen, auch für фе Portrátphotographie speziell 
qualifizierte Silme zu schaffen. Der von der Agfa vor einiger Zeit herausgebrachte panchromatische 
Portrátfilm ,Superpan* besigt die hohe Empfindlichkeit von etwa 260 Scheiner, welche Wertung 
bei Aufnahmen mit Nitralicht noch wesentlich gehoben wird. Der Silm ist sowohl mit blanker wie 
mattierter Rückschicht zu haben. febtere gibt zugleich einen guten Retuschiergrund ab. Da bei 
diesem Silm Vorder- und Rückseite in gleicher Oberfláchenbeschaffenheit erscheinen, ist zur €r- 
kennung der €mulsionsseite ein Loch in einer €cke eingesfanzt. Haben wir bei Hochbildformat 
das Loch oben in rechter Ecke, so ist die €mulsionsseite uns zugewandt. Verschiedentlich an- 


79 


gestellte Aufnahmen mit diesem Silm haben uns erwiesen, daß hier ein bestqualifiziertes 
Porträtmaterial vorliegt, das uns eine wesentliche Abkürzung der Exposition bringt bzw. 
auch Aufnahmen bei ungünstigeren Lichtverhältnissen gestattet. Wir werden damit 
unter anderem namentlich bei Gruppenbildern vorteilhaft fahren. Bei trübem Wetter ge- 
langen uns noch gut abgestufte und detaillierte Porträtaufnahmen im Heim, und zwar bei 
etwa 1!/, m Abstand vom geschlossenen Senster, mit Momentexpositionen selbst bei Objektiv- 
abblendung $/6,5. Die hohe Sarbenempfindlichkeit des Superpanfilms kommt uns auch darin 
zugute, daß Sommersprossen im Gesicht sich nicht unnatürlich störend ausprägen, daß farbige 
Gesichtsunebenheiten ausgeglichener wiedergegeben werden, daß die Haare in richtigen Ton- 
werfen erscheinen und anderes mehr. Bei der Bestimmung für das Portrátfadi ist man ferner 
bemüht gewesen, Härten in der Tonskala zu meiden, vielmehr den Bildern eine gewisse 
Weichheit, Ausgeglichenheit zu geben. Audi auf möglichste Kornfeinheit ist gesehen worden. 
Die Entwicklung ist selbstverständlich bei grünem Dunkelkammerlicht vorzunehmen (oder mit 
vorheriger Desensibilisierung bei Rotlicht). Entwickelt wurde mit Metol-Hydrochinon (1 Teil 
Metol, 3 Teile Hydrochinon) sowie mit Rodinal 1:20. 

Das jüngste Spezialprodukt der Agfa für das Portrátfach ist der „Isochrom-Porträt- 
film“, der sich vor allem dadurch auszeichnet, daß sehr brillante Negative resultieren, welche 
Eigenschaft bei den Photographen bekanntlich große Geltung hat. Die Allgemeinempfindlich- 
keit des Isochromfilms ist dabei eine sehr hohe, sie reicht bis zu 26% Scheiner, hält also 
gleichen Grad mit Superpan. . Die Prüfung mit Sarbentafelaufnahmen und Eder- Hecht- Sen- 
sitometer ergab ferner eine ganz ausgezeichnete Orthochromosie, namentlich eine äußerst 
anerkennenswerte Steigerung im Gelb. Auch der Lichthofschuß, eine gelbrote Rückpräparation, 
ist von stärkster Wirkung; die Färbung verschwindet angenehmerweise bereits im Entwickler. 

Der Isochromfilm besitzt einen doppelschichtigen Guß, wodurch ein ziemlicher Belichtungs- 
spielraum gewährt wird. Eine Reihe von Porträtaufnahmen im Zimmer mit wesentlich unter- 
schiedlichen Expositionen belegten bestens diesen Qualitätsstand. Es erübrigt sich, weiter 
auszuführen, daß sich mit diesem neuen Portrátfilm auch außerhalb des Ateliers bei minder 
guter Beleuchtung weiteste Aufnahmemöglichkeiten ergeben. Auch bei Bogenlichtaufnahmen 
bringt uns der Silm prächtigste Resultate. Schon ohne Silter zeigt sich eine vortreffliche Wieder- 
gabe der Sarbenwerte, die hohe Gelbwirkung. Bei Einschaltung von Agfa-Gelbfiltern sind die 
folgenden mäßigen Verlängerungsfaktoren einzuhalten: bei Silter O beträgt der Saktor — 1,5, 
bei Silter 1 = 2, bei Filter 2 = 2,5, bei Filter 3 = 3 usw. 

Vielen Photographen wird es auch sehr willkommen sein, daß dieser hochempfindliche Silm 
bei Rotlicht (Agfa-Dunkelkammerfilter 107) verarbeitet werden kann. Wir haben den Jsochrom- 
film bei unserer üblichen Rotlaterne, etwas obgewandt, ohne irgendwelche Beeinträchtigung 
entwickelt. Alle gebräuchlichen Entwickler (Metol-Hydrochinon, Pyro, Rodinal usw.) sind für 
den Silm verwendbar. Unsere Photographen werden diesen neuen Silm mit seinen brillanten 
Resultaten für das Porträtfach auf das freudigste begrüßen. P. Hanneke. 


Unsere Abbildungen 


verdanken wir dem Entgegenkommen der Leitung der Internationalen Ausstellung des 
V. D. f. V. in Leipzig, ап der sich die G. D. С. korporatio und mit oortrefflichen Arbeiten 
beteiligt hat. Ohne der Kritik vor Eröffnung der großen Veranstaltung vorzugreifen, können 
wir als sicher annehmen, daß die Bilder dieser Gruppe zum Besten gehören werden. Überraschend 
eindrucksvoll und groß in der Wirkung sind die Köpfe der Schwarzwälder und Eifeler Mädchen 
der Сепӣоаі, deren Пате ja auch durch ähnliche charakteristische und fein empfundene 
Aufnahmen aus Sriesland, Hessen usw. in der „Berliner Jllustrirten Zeitung“ in weitesten 
Kreisen bekannt geworden ist. Auch die beiden Bildnisse von Erfurth sind Beispiele dafür, 
daß „jeder Auftrag eine neue Aufgabe“ bedeutet, wie schon an anderer Stelle gesagt wurde. 
Dahin gehört auch die eigenartige Auffassung der Kretschmer in der Bildhaltung, dem Umriß, 
der abgewogenen Kontrastierung. €s folgen dann zwei lebendige, knapp begrenzte und räumlich 
ausgezeichnet wirkende Bilder von Gropp und Wolff, die gegenständlich wie photographisch 
gleich wertvolle Aufnahme von W. Hege, das ungemein frische, stofflich hervorragende Still- 
leben von Lazi, eine eindrucksvolle Landschaft von Ebel, die sehr hübsche Gelegenheitsaufnahme 
von Rosner und die Studie ,Zigeunerin* von Schallenberg. 
Ein kritischer Bericht über die Veranstaltung folgt im nächsten Heft. 


80 


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KURT HEGE, ESSEN 


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E. BIEBER, BERLIN Auf Agfa-Portrait-Film 


Tagesfragen. 
(Nachdruck verboten.] 


jas um seine Existenz ringende Handwerk kann sich nur durch eine veredelte 
Produktion wieder emporrichten. Die handwerkliche Gediegenheit, gepaart mit ge- 
schmacklicher Vollendung und wirtschaftlich wohldurchdachter Durchbildung, muß 
das Ziel eines hochstehenden Handwerks sein. Die Handwerksfrage ist eine 
Bildungsfrage und kann nur als solche gelöst werden. . . . So schreibt kürzlich 
die „Mittelrheinische Handwerkerzeitung“ zur Sachausbildung im Metallgewerbe. Genau die 
gleiche Sorderung können und müssen wir auch für das Photographengewerbe aufstellen. 
Auch ohne näher darauf einzugehen, wie es heute um ihre Erfüllung in so manchen Ateliers 
steht, werden wir allmählich zu der Erkenntnis gezwungen werden, unsere Sorgen um die 
wirtschaftlichen Kümmernisse, Schwarzphotographen und ähnliches der Notwendigkeit der höheren 
Sachausbildung unterzuordnen, besonders aber da, wo es sich um den Nachwuchs handelt. 


Es reicht heute nicht mehr aus, einen Kopf oder eine Sigur bei mehr oder weniger fest- 
stehender Beleuchtung und Belichtung nach überkommenen Regeln vom Linienfluß, Hintergrund, 
angeblicher Charakteristik photographieren zu können und ein paar Kenntnisse in Optik und 
Chemie zu besitzen. Die Photographie ist heute ein anderes Mittel, eine andere Technik mit 
anderen Möglichkeiten und Voraussetzungen als vor 30 Jahren. Theorie und Praxis haben 
zu einer so deutlichen Umwandlung des Begriffs und Wesens der Photographie geführt, daß 
der Lernende an diesen Erkenntnissen nicht mehr vorübergehen kann. Auch unser Ziel muß die 
veredelte, zeitgemäße Produktion und geschmackliche Kultur sein, auch wir brauchen Sach- 
lehrer und Meister, die, wie in jedem anderen Handwerk, in der Lage sind, den gesteigerten 
zeitgemäßen Anforderungen gerecht zu werden. Wohl haben wir das schreckliche „Beiwerk“, 
die kunstvolle Pose und Gruppierung, die verfälschende und übertriebene Retusche, den freundlich 
faden Ausdruck abzulehnen gelernt. Damit aber, daß wir nun wirkliche Möbel, den natür- 
licheren Ausdruck, gemäßigte Retusche anwenden, ist noch recht wenig zur ,Veredlung* der 
Produktion getan. An Stelle des Scheins und „Schmucks“, treten meist nur Langeweile und 
Nüchternheit. Gut 80 ?/, der Bilder, die wir sehen, sind Köpfe, Brustbilder auf hellem oder 
dunklem Grund, während die Möglichkeiten, eine Photographie interessant, lebendig zu ge- 
stalten, erheblich gewachsen sind. Sind wir heute nicht in der Lage, in jedem Raum, zu 
jeder Stunde zu photographieren, können wir nicht mittels Kunstlichtquellen neuartige, kraft- 
volle Wirkungen erzielen, haben wir nicht Kleinkameras mit lichtstárkster Optik zur fast 
unbemerkbaren Sixierung entscheidender Momente, haben wir nicht Platten, Silme und 
Papiere, mit denen eine delikateste Tonalität, Stofflichkeit und feinste Bildwirkung erzielt 
werden kann? i 


Wie aber kann eine Besserung erreicht werden? Die Grundlage, das handwerkliche 
ABC, kann wohl nach wie vor an einigen Stellen durch eine praktische, wenn vielleicht auch 
abgekürzte Lehrzeit gegeben werden, in der gleichzeitig auch über die Eignung zum Beruf über- 
haupt entschieden werden müßte. Dann aber muß die Sachschule mit tüchtigen, neuzeitlich ein- 
gestellten Lehrkräften folgen, in der auch besonderer Wert auf die ästhetische und geschmack- 
liche Bildung des Schülers gelegt wird. Diese nämlich, die geschmackliche Bildung, bedarf 
für den Photographen einer ganz besonderen Berücksichtigung. Wir halten die künstlerische 
Erziehung des Auges und der Vorstellung mit für die wichtigste, ja unentbehrlichste Sorderung 
in der €rziehungsfrage des Photogrophen. Man sagt wohl, über Geschmack läßt sich streiten, 
und das mag auch für gewisse Modeerscheinungen zutrefien, aber, wie einmal ein bekannter 
Künstler sehr richtig bemerkte, nicht für eine künstlerisch gute Arbeit. „Kein Argumentieren 
kann an der Tatsache etwas ändern, daß die Ouvertüre zu Euryanthe gewaltigere Kunst ist 
als der Marinemarsch »Unsere blauen Jungens« von Kapellmeister Blomeis. Und so ist es 
mif allem, was künstlerisch genannt zu werden verdient, ob es sich um direkte Wiedergabe 
des Lebens oder um innerlich geschaute Phantasiegebilde handelt. €s ist nicht wahr, daß man 
nicht feststellen kann, was an einer Arbeit gut und schlecht ist.“ Auch wir sind der Meinung, 
daß dies möglich sei, und daß in dieser Möglichkeit ein gangbarer Weg zur geschmacklichen 
Bildung zu finden wäre, ohne die eine veredelte Produktion nicht denkbar ist. 

* 


81 


Gerade beim Berufsphotographen ist Übung und Kritik im Sehen für alle Aufgaben das 
Wichtigste. Gewiß, Kunst kann nicht gelehrt, wohl aber durch vergleichende Anschauung von 
Gut und Schlecht Wertvolles, €igentúmliches, Entscheidendes erkannt werden. Durch Sragen, 
was der Schüler sieht, was ihm auffällt, was an Besonderem in der Auffassung, im Aus- 
druck, in der Bewegung, der Beleuchtung zu finden ist, wird die Anteilnahme angeregt und 
die Urteilsfähigkeit gesteigert. Neben guten Arbeiten zeige man Konventionelles und Banales, 
lasse den Schüler entscheiden und versuche, wenn nötig, ihn zu überzeugen. An Beispielen 
für und wider fehlt es nicht, nötig ist nur, ganz systematisch gute und minderwertige Arbeiten 
zusammenzustellen. Am lehrreichsten und am besten geeignet sind Photographien, die nicht 
vom Wege abführen, weniger Gemälde eines Künstlers, der nicht zwangläufig, sondern nach 
eigenen Vorstellungen formt und bildet. 


Solche Erziehung zum Sehen, zur Bildung eigenen Urteils ist ein längst anerkanntes 
Mittel zur Hebung des Geschmacks, ohne den es ein „hochstehendes Handwerk“ nicht geben 
kann. Und Übungen in dieser Richtung, ein Semester oder zwei durch geeignete Lehrkräfte 
in einer Schule oder unter Anleitung für sich selbst betrieben, müssen zu der so nötigen 
Besserung des Geschmacks führen, der heute eben leider an recht vielen Stellen fehlt. 


Matthies-Masuren. 


Das „Korn“ der Negative. (Nachdruck verboten.) 


mit „Korn“ bezeichnet der photographische Praktiker die Struktur des Silbernieder- 
schlages seiner Negative. Diese Struktur hängt von einer Reihe der verschiedensten 
Saktoren ab. 

Zunächst von Eigenschaften der benutzten Emulsion. Ein Blick in das Mikroskop zeigt 
uns, daß jede Emulsion Bromsilberkörner der verschiedensten Größe aufweist. Die Bromsilber- 
körner, die kristalliner Struktur sind, haben bei Negatioemulsionen Ausmaße von etwa 0,002 bis 
0,005 mm. Daneben finden sich noch winzigere Körner, ebenso sogenannte Gigantenkristalle, 
die bisweilen eine Größe von 0,025 mm und darüber erreichen. Von großer Bedeutung für 
die Praxis ist, daß innerhalb einer bestimmten Emulsion die gröberen Körner durchweg 
empfindlicher sind als die feineren. €s ist aber heute nicht mehr schlechthin zutreffend, daß 
eine hochempfindliche Emulsion Negative mit gröberem Korn liefern muß als eine Aufnahme- 
schicht geringerer Empfindlichkeit. Die Verhältnisse können sehr wohl umgekehrt liegen. 


Nach vorstehend Gesagtem leuchtet es ein, daß die Belichtung nicht ohne Einfluß 
auf das Korn der Negative sein kann. Exponiert man unter oder doch wenigstens aus- 
gesprochen knapp, so bleibt die Belichtung für einen Teil der feineren Körner unter der für 
die Entwicklungsfähigkeit maßgeblichen Schwelle. Das Bild baut sich hauptsächlich aus den 
empfindlicheren, dafür auch gröberen Körnern auf. Dementsprechend ist die Struktur des 
llegatives grobkörnig. Umgekehrt kann man durch reichlichere Belichtung auch die feineren, 
unempfindlicheren Körner der Emulsion zur Bilderzeugung heranziehen. 


Von großem Einfluß auf das Korn der Negative ist die Entwicklung. Unter dem 
Mikroskop sehen wir, daß sie an einem Punkt oder mehreren Punkten des Kornes einsebt. 
führt man die Heroorrufung nicht zu Ende, so zerfällt das Korn im Sixierbad in kleinere 
Bruchstücke. Dadurch wird eine feinere Megatiostruktur erzielt. 


Weiter beobachtet man, daß die Bromsilberkörner im allgemeinen nicht formgetreu zu 
metallischem Silber reduziert werden. Sie verwachsen oft mit benachbarten Körnern zu 
gröberen Kornklumpen. Die Neigung zur Bildung derartiger Verklumpungen wird um so 
größer, je weiter man die Entwicklung treibt. Іп dieser Hinsicht kann man übrigens bei 
den einzelnen Emulsionen recht erhebliche Unterschiede beobachten. 


йг den Sachphotographen, der große Originalaufnahmen anfertigt, hat das hier be- 
handelte Gebiet höchstens platonisches Interesse. Selbst wenn er seine 13 X 18- oder gar 
18 X 24-Negatioe vergrößert, wird der Vergrößerungsmaßstab kaum stärker als etwa vier-, 
höchstens fünffach linear sein. Falls nicht gerade eine extrem grobkörnige Negativemulsion 
vorliegt, wird sich in der Vergrößerung weder Zerrissenheit noch ungenügende Schärfe be- 
merkbar machen. Пип sind aber nicht wenige Berufsphotographen dazu übergegangen, ihre 
Aufnahmen in kleinem Format zu machen und sie ausnahmslos, den Bedingungen des ein- 


82 


zelnen Salles entsprechend, zu vergrößern. Hier gibt z. В. die 9 х 12. Aufnahme ein beliebtes 
Rufnahmeformat ab. Sehr viele Photographen aber nutzen z.B. auch die Leica mit bestem 
Erfolg für ihre beruflichen Zwecke aus. 


In diesen Fällen kommen weit stärkere Vergrößerungsmaßstäbe in Frage. Damit wird 
das Korn der Negative von ausschloggebender Bedeutung. Man hat deshalb sowohl den 
Eigenschaften der Megativemulsion als auch einer zweckmäßigen Belichtung und Entwicklung 
der kleinen Negative sein besonderes Augenmerk zu widmen. 


Es kommt zunächst nicht jede Megalivemulsion in Frage, sondern sie muß möglichst 
feinkörnig arbeiten. Während man es früher für unmöglich hielt, höchstempfindliche 
Emulsionen mit feinem Korn herzustellen, haben wir heute z. B. Ceica-Silme, in denen 
diese beiden Eigenschaften vereinigt sind. Das ist auch bei manchen Platten der Sall. €s 
soll jedoch nicht verschwiegen werden, daß auch manche Emulsionen, als die Konjunktur 
der Seinkornemulsionen einsetzte, über Macht außerordentlich feinkörnig geworden sind, 
wenigstens auf der Packung oder in Prospekten und Inseraten. €s soll vorkommen, 
daß eine solche Emulsion grob wie Scheuersand ist und fro&dem vom Hersteller als fein- 
körnig angepriesen wird. Die Praxis wird hier jedoch bald eine Klärung schaffen und dafür 
sorgen, daß sich für die in Rede stehenden Zwecke nur Aufnahmeschichten behaupten, die 
in der Taf die Bezeichnung Seinkornemulsion verdienen. 


Als ziemlich verläßliche Saustregel mag man sich merken, daß feines Korn fast immer 
mit Neigung zu kräftigem Arbeiten vereint ist. Hingegen wird eine Emulsion, die aus- 
gesprochen weich arbeitet, fast regelmäßig ein ziemlich grobes Korn aufweisen. Ein solches 
Fabrikat mag bei großen Originalaufnahmen Vorzügliches leisten, kommt aber nicht in Frage, 
wenn starke Vergrößerungen nach kleinen Negativen angefertigt werden sollen. 


Aus obigen Ausführungen ergibt sich, daß man sich vor knapper Belichtung hüten 
muß, wenn man auch bei Seinkornemulsionen das Entstehen grobkórniger Negative ver- 
hindern will. Speziell bei der Leica stehen uns derart lichtstarke Objektive zur Verfügung 
und können hier mit Rücksicht auf die große Tiefenschárfe auch wirklich ausgenutzt werden, 
was bei absolut langen Brennweiten oft Schwierigkeiten macht. Man hat es deshalb nicht 
nötig, so kurz zu belichten, daß dabei in erster Linie die gröberen Körner entwicklungsfähig 
gemacht werden. 

Dann hat man bei der Entwicklung sachgemäß vorzugehen. Entwickler, die das Ent- 
stehen grober Kornklumpen begünstigen, haben auszuscheiden. An ihrer Stelle sind Sein- 
kornentwickler zu benuben. 

Die Aufgabe eines guten Seinkornentwicklers ist es, die feineren Körner der Emulsion 
bei der Hervorrufung zu bevorzugen. Er verhütet auch, daß sich größere Kornklumpen bilden. 
Weiter werden in ihm die gröberen Körner nicht vollständig reduziert, so daß aus ihnen 
beim Fixieren kleinere Bruchstücke werden, die zur Verfeinerung des Kornes beifragen. 
Ganz besonders wichtig ist es dabei, doß die Emulsion an der Schwelle ausentwickelt wird, 
da man sonst mit einem größeren oder kleineren Verlust an Empfindlichkeit zu rechnen hätte. 


Ausgezeichnetes leistet in jeder Beziehung der seit kurzem von dem Tetenal-Photowerk 
nach Angaben des Verfassers in den Handel gebrachte Parvofin- bzw. Leicanol- Entwickler, 
die sich nicht in der Zusammenseßung, sondern nur durch die zweckmäßige Packung unter- 
scheiden. Durch Auflösen in Wasser erhält man einen Seinkornentwickler, der die vorstehend 
aufgestellten Forderungen erfüllt. In der Leistung an der Schwelle werden gute Rapidentwickler 
nicht nur erreicht, sondern oft noch übertroffen. 


Theoretisch scheint es keinen Unterschied auszumachen, ob man ein Negatio kontrast- 
reich entwickelt und zum Kopieren oder Vergrößern ein weich arbeitendes Papier benußt, 
oder ob man weiche Negative auf kräftige Papiere druckt bzw. vergrößert. Ја der Praxis 
erweist sich jedoch die letzte Methode mit Rücksicht auf die Vermeidung eines groben Kornes 
als entschieden vorteilhafter. Denn die weiche Entwicklung liefert uns feinkörnigere Negative 
als eine weiter getriebene Hervorrufung. 

Besonders günstig liegen die Verhältnisse bei Aufnahmen bei kinsflichem Licht. Hier 
ist es ratsam, die Modelle kräftig zu beleuchten. Die Negative erhalten dann bei einer an 
sich weichen Entwicklung, also einem niedrigen Entwicklungsgrad, genügende Kontraste. Auf 
diese Weise kann man selbst auf höchstempfindlichen Panchroschichten, die an sich keine 


85 


ausgesprochenen Seinkornemulsionen sind (Agfa-Superpan und Kodak- SS), Negative mit be- 
merkenswert feinem Korn herstellen. 

Auf der anderen Seife ist es besonders nachteilig, Negative im Entwickler zu quälen. 
Besonders bei Unterexpositionen läßt man sich dazu leicht verleiten. Wird schon durch die 
zu kurze Belichtung wegen der Bevorzugung der gröberen Körner die Struktur des Negatives 
grobkörnig, so macht sich auch noch die zu weit getriebene Entwicklung bemerkbar. Das 
Endergebnis ist ein besonders grobkörniges llegatio, an dessen Entstehen nicht die Emulsion, 
sondern die knappe Belichtung und die forcierte Entwicklung die Schuld tragen. 


Bisweilen findet man die Ansicht vertreten, daß sich beim Kopieren oder Vergrößern 
auf hart arbeitenden Papieren eine gesteigerte Körnigkeit bemerkbar mache, weshalb man 
direkt den Rat gegeben hat, lieber kräftigere Negative zu erzeugen und weiche Papiere zu 
benußen. Dieser Rat ist jedoch vollkommen abwegig, wos nach dem Gesagten einleuchten 
dürfte. Nicht das hart arbeitende Popier ist für die Körnigkeit verantwortlich. Denn es 
handelt sich hier stets um unterbelichtete Negative, die vielleicht auch noch bei der Ent- 
wicklung gequält wurden und aus den angeführten Gründen ein grobes Korn aufweisen, 
das sich bei reichlich belichtefen und weich entwickelten Negativen nicht zeigt, wenn man 
ein kräftig arbeitendes Papier benugen muß. Deshalb kann man, wenn man sich vor 
Unterbelichtung hütet, auch bei an sich kontrastarmen Objekten die Negative weich ent- 
wickeln und den erforderlichen Kontrastausgleich beim Kopieren oder Vergrößern durch ein 
Papier entsprechend steiler Gradation vornehmen. 

Es gibt noch eine Anzahl anderer Saktoren, die auf die Körnigkeit der Negative von 
Einfluß sein können. €s ist unmöglich, im Rahmen dieses Nufsatzes auf alle diese fragen 
einzugehen. Dafür sei noch einmal mit wenigen Worten gesagt, wie man Negative feinen 
Kornes erzielt, die sich durch eine gute Vergrößerungsfähigkeit auszeichnen: 


Man benuße eine Seinkornemulsion, die diese Bezeichnung mit Recht verdient. 
Knappe oder gar ausgesprochene Unterbelichtung ist zu vermeiden. Die Ent- 
wicklung darf nicht zu weit getrieben werden. €s ist günstig, wenn es die Verhältnisse 
erlauben, den Gegenstand der Aufnahme kontrastreich zu beleuchten und dafür die 
Negative entsprechend weich zu halten. Liegt ein Objekt mit geringen Kontrasten 
оог, so nehme man auch hier lieber ein weiches Negativ in Kauf, das dann auf einem 
hart arbeitenden Papier vergrößert wird. Jedes Quälen knapp belichteter Auf- 
nahmen ist zu vermeiden. Curt Emmermann. 


Die Weltausstellung der Photographie Leipzig 1932. 
[Nachdruck verboten.) 

Man kann diese Internationale Phofoschau schon eine Weltausstellung der Photographie 
nennen, wenn auch Deutschland die Hälfte (etwa 900 Bilder) in Anspruh nimmt. Also 
eine Weltausstellung mit Einschränkungen. Es ließ sich unter anderem auch nicht ver- 
meiden, daß wichtige Геше Deutschlands, Englands, Srankreichs und Rußlands fehlen und 
daß namentlich die ganze Experimentierphotographie nicht vertreten ist. Zweifellos würde 
die in der deutschen Abteilung stark bewegte Welle des künstlerischen Lichtbilds dann auch 
weltergeshwungen haben zu den führenden Ausländern. Vielleicht muß man zu dieser 
Leipziger Ersten Internationalen Photoausstellung 1932 die vorletzte Internationale hinzu- 
nehmen, die das Folkwang- Museum in Essen durch Europa schickte, um einen vollen Quer- 
schnitt der Photographie von heute zu haben. 

Troßdem muß das imponieren, was hier dem Verband Deutscher Amateurphotographen- 
Vereine, seinem ehrenamtlichen Leiter Hanns Geißler und dessen Helfern gelungen ist. 
Sast 2000 Photos von mehr als 800 Autoren (Berufsleuten und Amateuren) sind wohlgeordnet 
zusammengestellt, und man gewinnt einen beruhigenden Eindruck über die Entwicklung des 
Lichtbilds, vor allem auch in Deutschland, trot; der Notzeit. Es ist in der Internationalen 
jeder Orad vertreten, von der überraschenden Originalität bis zur schöpferischen Offenbarung, 
von der altmeisterlihen Ruhe bis zum fanatischen Temperament. Und idi muß sagen, daß 
mich nichts so sehr beim ersten Rundgang durch die Ausstellung überraschte, als daß man 
die ganze Technik, die hinter diesen Blättern steht, vollkommen vergaß. Diese Photos haben 
alle ihr Eigenleben, die Momentaufnahmen, die einen vorbeihuschenden Ausdruck des 


84 


KATE BASARKE, DRESDEN 


FR. VÄLTL, WEIMAR 


FR. VALTL, WEIMAR 


KATE BASARKE, DRESDEN MALERBILDNIS 


Menschengesichts erfassen, ebenso wie die mühevoll auskalkulierten und durchleuchteten 
Zeitaufnahmen, die oft bis in das letzte Geheimnis einzudringen scheinen. 


Ein unwiderlegliches Ergebnis dieser Schau ist, daß die deutsche Photographie frei ge- 
worden ist. Sie braucht nicht mehr abzugucken und hat sich von dem gedankenlosen und 
geschmackiosen Tiefstand der letzten banalen Epoche völlig losgemacht. Idi spreche von 
dieser Ausstellung und 一 plößlich steigen mir daneben mit Schrecken die Ausstellungskästen 
der Berufsphofographen empor. Da triumphiert freilich noch immer, mit den Ausnahmen, 
die sich hier auf der Ausstellung zusammenfanden, die Schablone, der Geschmack der Groß- 
väter, das leere Gesicht ohne Haut und Ausdruck, die Staffage und die puppenhafte Haltung. 
jd werde sofort hören, das sei der Geschmack des großen Publikums, und das, was die 
Russtellung zeige, seien Arbeiten der Prominenten, Aufnahmen, die man dem Publikum gar 
nicht bieten könne, weil es sie nicht verstünde. Ја gebe die Antwort: Unter den besten 
Bildern der Internationalen sind Amateure, und von den 434 Amateurbildern der deutschen 
Ausstellung (bildmößige Abteilung) könnten viele noch zur guten Qualität gerechnet werden. 
Das will sagen, wenn der freie Stil, der Mut zum Unbefangenen, Natürlidten, Selbstoer- 
ständlichen schon in die Amateurverbände in solchem Maße eingezogen ist, da hat audı 
von dorther schon der sogenannte Publikumsgeschmack eine Umwandlung erfahren, von der 
nur weite Kreise der Berufsphotographen noch nichts gemerkt haben. Diese Ausstellung ist 
eine Gelegenheit, wie sie selten wiederkehrt, das Niveau zu messen zwischen dem lebendigen 
Photo und dem banalen, nennen wir es Albumphofo, das noch immer nicht aussterben vill. 
Und jene Verfertiger von Albumphotos werden sich getrost berufen können auf den un- 
geheuren Erfolg der Ausstellung, bei der Presse wie beim Publikum (der schon in zwei 
Wochen an die 8000 Besucher in das Neue Grassi-Museum führte). Nämlich für den Fall, 
daß sie doch angesteckt werden sollten von dem Geist, der hier herrscht, und eines Tages 
sich und später ihren Kunden klarmachen könnten, daß man von jetzt an anders photo- 
graphiere als bisher. Denn dieser Geist ist auf dem Marsch und nicht mehr aufzuhalten. 
Er ist es, der das Lichtbild wieder zu einem Gegenstand der Kultur gemacht hat. Wieder 
werden die schönen großen Blätter in unsere modernen Wohnräume gehängt, wieder 
werden sie gesammelt, die Zeitmeister zeigen sie. Es ist kein Zweifel, der Weg ist frei 
gemacht. 


Und nun braucht der deutsche Berufsphotograph nur zu folgen. Er hat hier hundert 
führer beisammen, einer wird ihm gewiß zusagen. Wie hoch man sich reißen kann, trok 
aller Krisen und aller Berufsnot, das zeigen in dieser Ausstellung ja deutlich genug die Be- 
rufsphotographen, die in der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner zusammen- 
geschlossen sind. Von den 37 Männern und $rauen, die hier ausgestellt haben, hat fast 
jeder einzelne seinen Stil, hat seine Art, den Menschen oder die Landschaft zu sehen, zu 
durchschauen, zur Ruhe oder zur Bewegung zu bringen. Jeder hat seine Technik differenziert, 
hat seine photographische Weltanschauung. Diese schöne Sonderausstellung — einer der 
Clous der Leipziger Schau — reicht von den feinen, stillen Dingen zu den großen Köpfen 
Adolf Lazis, der mit bewundernswirdiger Konsequenz an der ӛрібе derer marschiert, die 
keine Unschärfe, keine Unklarheit dulden und für die die Platte Dokument ist, von den 
ausdrucksoollen, meisterlich typischen Köpfen der Lendvai, von Hugo Erfurths stilvollen 
Bildnissen der Ruhe bis zu den Momentaufnahmen von Senja Jonas, die immer Tieferes 
in dem Augenblicksausdruc ihrer lachenden und weinenden Kinder und aparten $rauen sieht. 
Prachtooll $ranz Siedlers zupackende Volkstypen, die lebendigen Aufnahmen Wolffs, die 
Rquarienbilder Schenskys, die frische Kraff eines €rnst Rosner in seinem Damenportrát 

.Windkopf* und in der intensiven Raab-Landschaff. Ebenso höchst bemerkenswert die 
Dichterbildnisse Max Glauers, die gut gesehenen, präzisen Aufnahmen Angenendts, die 
überaus aparte und monddne Rnneliese Kretschmer, die übergánglidi malerisch 
wirkenden Porträts Gerlings, die mannigfachen Aufnahmen Alters und die Architekturen 
Schmiedings. €s müßte wohl jeder einzelne genannt werden. Nicht zuletzt der her- 
vorragende Eroberer neuer Ausdrucksformen, Peterhans, von dem man leider nur zwei 
seiner neuen intimen und technisch wunderbar gearbeiteten Blätter sieht und die koloristisch 
allerdings nicht ganz überzeugenden, aber sehr exakten, sauberen, farbigen Drucke von 
Zielke. Also eine Schönheit neben der anderen und eine Vorbildersammlung für jeden, 
der Augen hat zu sehen. 


89 


Nicht weniger bemerkenswert ist eine andere Vorbildersammlung, die sich zusammen- 
setzt aus künstlerischen Photographien aus den Jahren 1843—1914 aus der Privat- 
sammlung von Matthies-Masuren und Teilen der historischen Schau von Prof. Stenger. 
Nimmt man beide zusammen, so ergibt sich ein Bild von den Anfängen der Daguerreotypie 
zu den ersten großen unvergleichlichen Künstlern Hill, Craig-Annans u. a., von den 
wunderbaren Landschaftsaufnahmen der fünfziger Jahre bis zu dem, was die deutsche Photo- 
graphie um die Jahrhundertwende bis kurz vor dem Krieg Umwälzendes brachte und was 
auch an unendlich feinen Japanern jener Zeit existiert. Die Matthies- Masuren- Sammlung 
ist in der Eingangshalle untergebracht, sie bildet den prächtigen Auftakt zur Ausstellung. 
Die Stengersche Sammlung ist nach den Kojen der G. D. C. in einem Raum mit der Apparate- 
schau untergebracht. Stenger hat es sich nicht nehmen lassen, auch allerhand Kuriositäten 
— Reklamezettel der ersten Daguerreotypisten und Pikanterien, handkolorierte Stereo- 
Daguerreotypien der Srühzeit — zu zeigen. Шап wird belehrt, daß fast alle photographi- 
schen Themen schon Großoäteralter haben. 


Höchst beachtenswert ist natürlich das, was die beiden Sachschulen zeigen. Die Schülerinnen 
der Photographischen Lehranstalt des Lette-Vereins Berlin zeigen hauptsächlich 
technisch- wissenschaftliche Mikro- und Röntgenaufnahmen, hervorragende Blätter, und die 
Schüler der Sachklasse für Lichtbildnerei an der Weimarer Staatsschule mächtige Ver- 
größerungen ihrer mühevollen Vogelaufnahmen im Freien. 


Damit ist die deutsche Abteilung zu Ende. Denn was sie an neuen Erkenntnissen, 
Gestaltungswillen, Kunst der Menschen- und Naturbetrachtung, was sie an ,photoeigenen* 
Mitteln zeigt, das wird weder von der Auslánderabteilung noch natürlich von der deutschen 
Amateurschau wesentlich ergänzt. Das Beste sieht man bei Ungarn und Österreich. Die 
U.S.A. zeigen einen etwas unklaren Geschmack für Süßlichkeit und Theaterei, obwohl drüben 
einzelne grandiose Leistungen der Sachlichkeit erreichen. Die Amafeure sind mit rührender 
Liebe bei der Sache, sowohl beim bildmäßigen Photo wie beim heimatkundlichen und wissen- 
schaftlichen. Von ihnen her wird ohne jeden Zweifel der Publikumsgeschmack, wie schon 
gesagt, entscheidend zum Neuen und Lebendigen beeinflußt werden. 


Was sind nun die Ergebnisse, die die Ausstellung zeigt? Sie beginnen bei der €r- 
kenntnis, daß der Photoapparat nicht mehr ein Ding ist, das festgemauert auf dem Baden 
steht, sondern das beweglich geworden ist wie das Auge selber. Der Blickpunkt 
macht es bei einem guten Teil der Photos, daß sie so unmittelbar, so sprühend wirken. 
Ein neues Raumgefühl ist entstanden, ein neuer Sinn für perspektivische Reize. Und so 
beweglich der Apparat geworden ist, so schnell ist er auch. 65 gilt nicht nur für die 
Reportage das glückliche Zupacken in Sekundenteilen, also eine Differenziertheit im Dynamischen, 
das sowohl im Menschen- wie im Landschaftsgesicht Neues erschließt. 


Das zweite Ergebnis ist, daß ein entscheidender Schritt dem Leben näher getan wurde. 
Der Natur ihre Natürlichkeit zu lassen, mehr, sich von ihr in immer tiefere Natürlichkeiten 
hineinlocken zu lassen — dafür ist der Sinn erwacht. Ob man das пай der neuen Soch, 
lichkeit die neue Natürlichkeit nennen will, ist nebensächlich. Jedenfalls ist ein freieres Ver- 
hältnis zum Menschen, zum Tier, zur Londschaft da, und das ist ein Glück. Photokunst ist 
eine Stick Natur, gesehen durch ein Temperament, so mag man das Zola- Wort variieren 
dürfen. Daß man im Stück ein Ganzes sehe, ist Sache des Кдппег5. 


Und das letzte und bestimmte Ergebnis dieser Ausstellung ist der unbedingte Wille, das 
Photo als Photo, als Technisch-Geschaffenes rein durchzusetzen. Das Dokumentarische der 
belichteten Platte diktiert das Ende jeder Retusche. Und die ganz Konsequenten sehen sogar 
in der Vergrößerung und im nachher komponierten Bildausschnitt eine Sünde gegen den 
heiligen Geist der Photographie. Sie wollen am Ende einmal Bildnisaufnahmen in Lebens- 
größe, bis ins Feinste durchlichtet, bis іп jede Ecke durchgezeichnet und scharf, gleich- 
gültig, wieviel Minuten der arme Patient unter dem Objektiv still sein muß und wie kost- 
bar die dazu nötigen Optiken sein mögen. Пип, das mag wirklich ein Ziel sein, des 
Schweißes eines einzelnen wert, Schule aber wird es nichf leicht machen. 


Und wichtiger ist ja auch, daß erst einmal die anderen Ergebnisse Schule machen. 
Erst dann nämlich wird es eine deutsche Berufsphotogrophie geben, die unserer Zeit gehört. 


Alfred Günther. 


90 


Rus der Werkstatt des Photographen. 
Kallitypie. 

Wohl kaum sind von einem Kopierprozeß so viele Variationen angegeben worden wie 
für die Prdparationen in der Kallitypie (Eisensilberprozeß). Das Verfahren hat in jüngerer 
Zeit weniger Pflege gefunden, fro&dem es verhältnismäßig einfach zu handhaben ist, Bilder 
in schwärzlichen und mannigfaltigen braunen Tönungen liefert und dabei sich auch billig im 
Preise stellt. Im „British Journal“ vom 26. August 1932 findet sich unter Patentnachrichten 
eine Beschreibung der Herstellung von beständigen Bildern auf Holzflächen u. dgl., ebenfalls 
auf Kallitypiebasis. 

Die Präparation geschieht mit folgender Lösung: 


Silbernitrat . . . . . . . +, + + + + + + + + 20g 
Serriammoniumzitrat . . . . . l. . 25g, 
Zitronensdure . . . . + . . . . . 20g, 
Wasser . . +. 600 cem. 


nach dem Überziehen der Fläche mit einem ausreichenden Quantum dieser Lösung ist 
für schnelle Trocknung der Schicht zu sorgen. Das Kopieren unter einem Tlegatio erfolgt in 
der üblichen Weise. Die Empfindlichkeit der Schicht soll etwa die gleiche wie beim Zelloidin- 
papier sein. [lach genügender Belichtung ist die Schicht zu wässern, bis die gelbliche Sárbung 
des Bilduntergrundes verschwunden ist. Danach Behandlung mit einer Sixiernatronlösung 15:100, 
zum Schluß wieder Wüsserung. Schwach kopierte Bilder geben eine lichte Brauntónung, 
kräftig kopierte Bilder führen zu einem tieferen Braun. 


Die beschriebene Präparation bietet im übrigen nichts wesentlich Neues. Dieselben 
Subsfanzen wurden schon früher für die Herstellung von Eisensilberpapieren (Sepiabilder) 
benutzt. Allgemein wurde bemängelt, daß die Schichten leicht in den Papierfilz einsinken 1), 
und daß die resultierenden Bilder stark an Kraft einbüfen. 65 wird daher eine Vor- 
präparation mit Gelatinealaun bedingt, oder man gibt der Silbereisensalzmischung direkt 
etwas Gelatine zu. Eder empfiehlt in seinem Rezeptbuch die nachfolgende Präparation. 

Man bereitet zwei Lösungen, die zu gleichen Teilen gemischt werden. 

I. Grünes Serriammoniumzitrat . . . . 2 . . . . 509, 
Zitronensdure . . . . . . + +, + + + + 20g, 
Wasser 200 cem, 

Gelatine. u + 2.8 τῳ; αἲ Ὁ ο, ¿Q жож. 20% 1—2 g. 

Man löst zunächst die Gelatine unter Erwärmung, setzt dann die Zitronensdure und 
schließlich das Serrizitrat zu. 

II. Silbernitrat . . lll. . . 10—20g, 

Wasser . . . . + + + . 200 ccm. 


für das Verfahren eignen sich am besten klare, etwas gedeckte Negative. Die Kopien 


werden zunächst gewdssert, danach in eine Sixiernatronlösung 2:100 eingelegt und wiederum 


gewässert, also analog der Behandlung wie oben, nur daß hier ein schwächeres Sixierbad 
empfohlen wird. | 


Entwicklung und Desensibilisierung mit llatriumhydrosulfit. 


Das Natriumhydrosulfit Кат in den bisher angegebenen Vorschriften für die Praxis nicht 
in Betracht, da der Entwickler zu wenig haltbar war, die Bilder auch stark verschleiert 
wurden. Neuerdings sind in dem Laboratorium der Lumiere-Gesellschaft weitere Versuche 
mit dem Natriumhydrosulfit angestellt worden, die nach den Berichten von A. Seyewe$ be- 
achtenswerte Erfolge gezeigt haben. Der Entwickler wird zunächst in seinen Bestandteilen 
trocken, in Pulverform, bereitet, und zwar se&t sich die Mischung wie folgt zusammen: 


Natriumhydrosulfit, wasserfrei . . . . . . . . . . 100g, 
Kaliumbromid . . . . . . + + + + + 335g, 
Natriumbisulfit, wasserfrei. . . . . . . . . . . . 1659. 


1) Was auch bei Präparation auf Holz u. dgl. zutrifft. 


9] 


Diese Mischung, in gut verkorkter Slasche aufbewahrt, hält sich unverändert. Sür den 
Gebrauch entnimmt man von diesem Pulver 12 g, die in 100 ccm Wasser zu lösen sind. Die 
Lösung verdirbt allmählich an der Luft, man setze daher die Lösung erst unmittelbar vor der 
Benu&ung in dem benötigenden Quantum an. 


Das Bild kommt in diesem Entwickler langsam hervor, gewinnt jedoch dann schnell an 
Kraft, so daß die Gesamtdauer der Entwicklung in normalen Grenzen bleibt. Auch beträchtlich 
überexponierte Platten sollen sich mit Ratriumhydrosulfit gut entwickeln lassen. Bei Ver- 
längerung der Entwicklungsdauer ergeben sich sehr kräftige Schwärzen, die Bilder werden 
wesentlich kontrastreicher als bei der Hervorrufung mit Metol- Hydrochinon. 


Von besonderem Interesse ist bei dem Natriumhydrosulfitentwicler, daß die Lösung 
zugleich desensibilisierend wirkt. Diese Wirkungsweise wird jedoch nicht für alle hoch- 
empfindliche Emulsionen anwendbar, manche Schichten schleiern mehr oder weniger stark. 
Die nachgenannten Lumiere-Platten können jedoch ohne Gefahr bei hellgelbem [icht ent- 
wickelt werden: Opta, Blau Etikett, Sigma, Violett Etikett, ferner Jougla Mauve, Grün, Rosa 
und Blau Etikett sowie Autochrom und Silmcolor. Es wurde auch eine Messung der Abnahme 
der Empfindlichkeit der Schichten nach einer Minute Verweilen in dem Natriumhydro 
sulfitentwickler vorgenommen, wobei sich ergab, daß die ersten vier genannten Plattensorten 
etwa nur noch den zwanzigsten Teil ihrer ursprünglichen Empfindlichkeit besaßen; Autochrom 
und Silmcolor haften sogar noch wesentlich stärker eingebüßt, sie zeigten sich 200mal weniger 
empfindlich. — Die Blau Etikett- und Sigma-Platten konnten mit Natriumhydrosulfit bequem 
in einem Abstand von I m entwickelt werden, und zwar bei einer Laterne mit Glühbirne von 
25 Kerzen, überspannt mit sechs Lagen von gelbem Tartrazinpapier. Die flutachromplatten und 
-filme konnten auch ohne Tartrazinpapiervorschaltung hervorgerufen werden, wenn die Licht- 
quelle aus einer Kerze bestand und ein Abstand von etwa 1!/, m eingehalten wurde. 


Der angeführte Entwickler taugt auch für oerschiedentliche Bromsilber- und Gaslicht- 
papiere. Die Lösung wird hier mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt. €s ergaben 
sich klare Bilder mit reinen Weißen und guten Tiefen. Cumièces Lypa-Bromsilberpapiere 
konnten, nachdem die Blätter etwa 30 Sekunden im Entwickler gelegen halten, bei gewöhn— 
lichem Kerzenlicht hervorgerufen werden. Der Entwickler ist nur einmal brauchbar. 


Auch Diapositioplatten lassen sich mit Natriumhyrosulfit unter den gleichen Bedingungen 
wie Bromsilberpapiere gut entwickeln. P. H. 


Zu den fibbildungen. 


Wilhelm Sirgau, Düsseldorf, ein neuer llame für unsere Leser, zeigt drei in der 
Auffassung unterschiedliche Aufnahmen: Die ungezwungene, im Licht reizvolle Kindergruppe, 
das ausdrucksvolle, im Umriß gut gesehene $rauenbildnis und den durch die Beleuchtung 
lebendigen, knapp ausgeschnittenen Männerkopf, Nicht so klar sind die beiden Arbeiten 
von Andresen und Speer, haben aber in der Haltung und im Ausdruck ihre Reize. Ohne 
Jdeen und Vorstellungen einschränken zu wollen, empfiehlt es sich, immer die klare Porträt- 
wirkung über alle Nebenbestrebungen zu stellen. Auf die Rolle, die die Hände beim Porträt 
spielen, ist schon oft hingewiesen. Sie können für Ausdruck, Charakteristik und zur Bild- 
wirkung nötig sein, eine künstlich herbeigeführte Anordnung aber ist immer bedenklich und er- 
fordert Takt und Selbstkritik. So halten wir die Mitwirkung der Hand bei der Aufnahme 
von Váltl z.B. für gegebener als die bei Speer, und wenn Hände, wie bei Andresen, so 
betont erscheinen, könnten sie feiner in der Modellation sein. Ein recht gutes Bild auch in 
der Darstellung der Hände scheint uns das Bergsteigerporträt von Bieber zu sein, das 
auch sonst in den Tonwerten, im Licht und Ausdruck überzeugend wirkt. Zu den Köpfen 
von Неде und Váltl wäre zu sagen, daß sie lebendig wirken, daß die Sormen klar und 
bestimmt erhalten sind, daß, wenn überhaupt, eine Retusche auf das richtige Maß beschränkt 
ist. Wir finden dann noch das hübsche Knabenbild von Angenendt und zwei Aufnahmen 
nicht alltäglicher Art von Käte Basarke. Vielleicht macht das „Brautpaar“ auf manchen 
Beschauer einen etwas gesuchten Eindruck — wir finden es reizvoll in der Jdee, in der an- 
schmiegenden Haltung der Dame und in der hübschen Wirkung der Hände. Auch das Maler- 
bildnis wirkt im Ausdruck und durch die Konfrastierung frisch, die Zeichnung hälfte vielleicht 
etwas zurücktreten können, 


92 


JUL. MARGARET CAMERON (LONDON UM 1860) 


HERB. STEVENS, WESTCLIFF 


PHOTOGR. LEHRANSTALT DES LETTE-VEREINS, BERLIN 


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FRIEDR. SCHMIEDING, G. D. L. DORTMUND 


HOCHHAUS 


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—— ea, — — — ¶ — 


Tagesfragen. [Nachdruck ver boten. 


ban wird davon absehen dürfen, Tagesfragen nur als dringlich zu betrachten, wenn 
sie den Forderungen des Rugenblicks gelten. Recht gut können in ihnen Probleme 
4 stecken, die zwar aktuelles Interesse haben, sich aber in ihren Solgerungen erst 
( s | in der Zukunft auswirken. 

Solch ein Sragenkomplex: die Ausbildung des Nachwuchses. Wohl werden 
schon darüber die Meinungen weit auseinandergehen, ob es überhaupt noch Zweck hat, an 
Nachwuchs zu denken. Mehrt sich doch von Tag zu Tag die Zahl derer, die vom „unter- 
gehenden Photographengewerbe“ nichts mehr zu erhoffen wagen. (Als ob nur unser Gewerbe 
zu leiden hätte. Als ob man sich gegenseitig mit Depressionen Mut schaffen wollte. Und 
dies ausgerechnet in dem Augenblick, wo nur klarer Blick überhaupt eine Zukunft sicherstellen 
kann.) Trotzdem ist die Frage der Nachwuchsausbildung wahrscheinlich die brennendste aller 
derzeitigen Berufsnotwendigkeiten. Liegt doch die Zukunit der Photographie bei der Jugend. 
Aber Aufgabe des Alters ist es, ihr Sundamente zu schaffen, auf denen sie ihr Lernen, ihr 
Können aufbauen kann. 

Das Problem der Nachwuchsausbildung wird demnach von zwei Seiten betrachtet werden 
müssen. So ungefähr: 1. Was kann der fehrmeister dem Lehrling geben?, und 2.: Was muf der 
Lehrling von sich aus zu erreichen versuchen? 


Zu 1: €s besteht durchaus kein Grund, des schlechten Geschäftsganges wegen keine 
Lehrlinge einzustellen. Das wird immer damit begründet, daß man ja selbst nicht genug zu 
tun habe und dann dem Zögling nichts lernen könne. Salsch, eben weil wenig zu tun ist, 
könnte der Meister sich seinem Schüler gut widmen, könnte ihn mit manchem vertraut 
machen, wozu in lebhaften Zeiten wenig Gelegenheit ist. Wenn er dabei so weit kommen 
würde, daß er sein Chefbewußtsein darüber vergißt, dürfte gar nicht ausgeschlossen sein, dak 
er im eigenen [ehren gar noch selbst hinzulernen könnte. €s genügt nicht, dem Nach- 
wuchs nur überlebte Berufsgewohnheiten beizubringen. So, daß der junge Gehilfe 
am Schluß der Lehrzeit mit knapper Mühe und Not genau das kann, was der Meister bei 
seiner Gehilfenprüfung auch zuwege brachte. €s braucht sich auch keiner etwas zu vergeben, 
wenn er seinen Zögling mehr von der kameradschaftlich-väterlichen Seite anfaßt. Er würde 
damit nur zeitgemäßen Erziehungsforderungen folgen und allmählich ins Weltbild der 
Jugend hineinwachsen. Gewiß, es spuken in unseren heranwachsenden Jungens und 
Mädels oft wunderliche Ideen. Aber müssen die denn immer unbrauchbar sein? Fühlt die 
Jugend System in einer Lehrtätigkeit, wird sie bestimmt williger folgen, als wenn sie nur 
nachmachen muß, was der Meister recht und schlecht tagtäglich und seit 20, 30 Jahren un- 
verändert vormacht. Ein Fall: Ein Jüngling aus bester Familie kommt in die Lehre. 3000 RN 
Lehrgeld muß er zahlen. (Das klingt wohl wie ein Märchen, ist aber leider keins). 2 Jahre 
Lehrzeit vergehen, er besteht die Gehilfenprüfung — und kann heute noch nicht ein lebendiges 
Knipsbild, nicht die kleinste Reportage erfassen. Was er kann, ist das: jemand auf einen 
Stuhl setzen, Atelierlicht einschalten, belichten, ein bißchen entwickeln (obwohl er von indivi- 
dueller Entwicklung keine Ahnung hat), ein bißchen retuschieren, Hintergründe mulmig ein- 
malen und kopieren. Genau wie es der Meister zur Zeit seiner eigenen Geschäftseröffnung 
getan hat. Und damit weniger, als ein strebsamer Amateur mit weit geringeren Kosten ge- 
lernt haf. Jetzt, ja jetzt ist er zeitweise aushilfsweise als Warenhaus- Verkäufer tätig, denn 
mit der Photographie ist es aus. Interessiert ihn nicht mehr. Wie — meint er — kann 
man denn mit dem Photographieren noch Geld verdienen? Der Meister hat doch selbst nichts 
zu tun. — Wie ganz anders könnte das auch in Notzeiten sein, wenn der Meister seinen 
Stolz dareingesebt hätte, solch einen Jungen anzuregen, daß er eigene Versuche anstellte 
und eines Tages mit seinem — vielleicht durchaus noch unklaren — persönlichen Wollen 
vor die Prüfungskommission getreten wäre? Sollte das wirklich so schwierig sein, mit einem 
jungen, aufnahmefáhigen Menschenkinde auch mal ins Leben zu gehen, um ihm zu demonstrieren, 
daß auch außerhalb des Ateliers photographische Möglichkeiten warten? Sollte dabei ein 
Meister nicht auch seinen eigenen Wirkungskreis erweitern können? Möglich, daß es zuerst 
Überwindung kostet, aber dankbare Aufgabe bleibt es doch. Weil damit der ewige Trott 
unterbrochen und „neues Leben aus Ruinen blühen“ wird. | 


* 


95 


Zu 2: €hemals durch Erziehung und Schule darauf dressiert, nichts zu sein, war der 
Lehrling nebenher faufbursche, Seuermann, Mädchen für alles. Неше ist das anders. Heute 
hat er so viel von der Freiheit der Jugend gehört, daß er über seine Rechte informiert ist. 
Ihn dahin zu bringen, daß er auch seine fehrlingspflichten verstehen lernt, darf er erwarten. 
Denn er lernt ja, um das, was er nicht weiß, kennenzulernen. Vielleicht möchte er gern 
einmal dies und jenes ausprobieren, vielleicht möchte er nicht nur das schulmäßig Notwendigste 
lernen, warum dies so, jenes anders ist, anders sein muß. Warum sollte er sich nicht einmal 
an Wettbewerben beteiligen wollen? Aber bleibt ihm dazu die Zeit, hilft ihm der Meister 
dann weiter mit gutem Rat? Wird er oft auch völlig Verkehrtes tun, warum denn gleich 
den Jungen für dumm halten, ihn auslachen, nur weil ihm die Erfahrung fehlt? Soll er 
doch an seinen Sehlern lernen, wobei off noch mehr herausspringen wird, als wenn er ohne 
Nachdenkenmüssen gleich alles richtig oorgekaut bekommt. Wird ihm an guten Beispielen 
gezeigt, was mit einer Kleinkamera draußen zu holen ist, er wird möglichst bald zu einer 
— notfalls billigen — Kleinkamera kommen wollen, um auf eigenen Pfaden zu knipsen, 
sich mif anderen messen zu können. jhm muß klar werden, daß das, was der geschickte 
Amateur als Bestes fertigbringt, für ihn als werdenden Sachmann eine Kleinigkeit sein muß. 
Denn er, der Lehrling, hat jahrelang Zeit, zu lernen und zu erproben, was der Nichtfachmann 
sich in freien Stunden erkämpfen muß. Ziel muß sein, ihn nicht von seiner Unfähigkeit, 
sondern von seinem for!schreitenden Können zu überzeugen. Nicht daß er überheblich würde, 
aber daß er Selbstvertrauen bekäme. 

So das Ideal einer Lehrlingsausbildung. Wir brauchen nicht darüber zu streiten, daß 
davon Vieles auf beiden Seiten undurchführbar sein Rann. Allein, wo steht geschrieben, 
daß Ideale allen Hemmungen zum Trotz nicht doch zu einem guten Teile durchführbar sein 
könnten? Selbst der Versuch einer Erfüllung würde schon ein Schritt vorwärts sein. Dann 
grundsäßlich umstellen auf eine neue Zeit — und Blick geradeaus auf ein, nein das 
Ziel, das Gewerbe mit Hilfe der Jugend wieder aufzubauen. 

Wolf H. Döring, DWB. 


Wie kann ein gutes Bildnisphoto entstehen? 
Nachdruck verboten.) 

Abhandlungen über Photographie enthalten meist viel an unerklärbaren, starren Regeln 
und Verboten und wenig darüber, was man denn können soll. Alle möglichen Behauptungen 
werden aufgestellt, ohne den Wißbegierigen zu eigener, gestaltender Arbeit zu führen. іт 
fall des Bildnisses sind sie besonders unangebracht, da sie sich in der Hauptsache gegen 
die neue Auffassung der Photographie als Sormgestaltung wenden und für eine Psychologie 
werben, die niemals zu etwas anderem als zu Zufallstreffern führen kann. €s gibt eine 
ganze Anzahl Bildnisphotographen, die den Schnappschuß, den zufällig gesehenen Augen- 
blick, für das psychologisch, also menschenkundlich Aufschlußreichste halten, was erstrebt 
werden kann. Das kann unmöglich das Ziel eines Gestaltungs- oder Sormwillens sein. 
Allerdings wird immer wieder eingewendet, aufgestapeltes Wissen und die beste Theorie 
nützten im Moment nichts. Ein Bildnisphoto ist wie jedes andere Photo zuerst ein Form- 
problem. Charakterisieren kann man nur mit Formen, nicht mit Vorstellungen, oder: nur 
geformte Vorstellungen sind ausdrucks- und mitteilungsfáhig. Die sogenannte Psychologie 
ist ein sehr dunkles Gebiet. Шап versuche einmal den angeblich seelischen Ausdruck eines 
Auges getrennt von den umgebenden Gesichtspartien festzustellen. €s wird sich zeigen, daß 
es einfach ein Auge ist, das ohne die Verbindung mit den übrigen Gesichtsteilen belanglos 
bleibt. Hier liegt ein Sormproblem vor, das noch kaum beachtet wurde. Sormen wirken 
nicht an sich, sondern nur im Zusammenhang. Deutlicher gesagt: nur durch ihren Gegen- 
saß. Ein Auge, eingebettet in die Wange, überdacht von Stirn und Augenbraue, benachbart 
der Nase, kann etwas Psychologisches aussagen. Aber nur durch den inneren Gegensatz 
der Sormkomplexe. Und dies ist das Wesensproblem der „neuen Photographie“: Erkennen 
der Gegensäße der charakterisierenden Details. Пип könnte man zwar sagen, daß nie etwa 
das Auge allein, oder Nase, Mund, Ohr etwas Wesentliches über ein Individuum aussagen 
können, sondern daß etwa einem Profil auch etwa Hacken und Ohr entgegengesetzt werden 
sollte, aber da entsteht die Srage: Was ist photographisch gesehen wichtig für die Ge- 
staltung? Und hier muß einmal etwas näher auf die formalen Probleme der „neuen 


94 


Photographie" eingegangen werden. Alles bisher Geäußerte ist nicht neu, bietet keine be- 
sondere optische Anregung. Gerade auf den optischen Standpunkt, auf das Sehen aber 
kommt es an. Wichtig ist nur, die llaturgegebenheit mit rein photographischen Mitteln 
zu sehen, nicht in Abhängigkeit von Regeln, die der alten akademischen Malerei entlehnt 
sind. Und das ist bis zu einem gewissen Grade erlernbar. €s muß nur das Verständnis 
dafür, dah das phofographische Sehen ganz unmittelbar über das Auge und sein Analog, 
das Obejk!io, zu gestalten hat und nicht über die Vorstellung, klargelegt und geweckt werden. 
Wer mit optischem Wissen photogrophiert, leistet nicht nur für sich, sondern. auch für die 
Allgemeinheit wichtige Erziehungsarbeit. Das spezifisch photographische Sehen verlangt aber 
eine gewisse Kenntnis der Art des Sehaktes überhaupt. Das menschliche Auge nimmt námlich 
nicht unzählige Punkte. hintereinander gleich scharf wahr, sondern es ist astigmatisch, das 
heiBf, даб nur in einer bestimmten angesehenen Tiefenzone Schärfe vorhanden ist, alle 
anderen Lichtwege und Zonenteile fallen zerstreut, in ungenauen Abständen, auf den Augen- 
hintergrund, ganz ähnlich wie beim sogenannten Anastigmaten. Die scheinbar gleiche 
Schärfenwahrnehmung wird nur durch das Bewußtsein vorgetäuscht. Шап sehe einmal aus 
großer Nähe einem Menschen in die Augen. Je stärker die Annäherung, desto weniger 
wird außer dem Auge wahrgenommen. (In größter Nähe verschwimmen sogar beide Augen 
zu einem.) Serner sehen wir Cichteindriicke von Körpern. Man sollte sich angewöhnen, 
stets alle angeschauten Dinge auf ihre einfachste Grundform, also Körperform wie: Kugel, 
Kegel, Kubus usw., hin anzusehen. Dann nehmen wir charakterisierende Details wahr, 
etwa rauh gegen glatt, weich gegen hart, also die Struktur. Dies alles zusammen, Tiefen- 
schärfe, Körperform, Struktur, ergibt aber noch kein Bild, es muß noch der Blickfang 
hinzutrefen. €s liegt in der Natur des menschlichen Sehens, von Blickfängen oder Blick- 
punkten angezogen zu werden. Diese Blickpunkte entstehen zum Beispiel aus den Gegen- 
sätzen Hell und Dunkel, etwa also eines glänzenden gewölbten Auges in seiner dunklen 
Höhle. In Grundformen übertragen: Neben einer Aufwdlbung wirkt eine Vertiefung als 
Blickfang der Gegensätze. Ebenso könnte man natürlich eine Nase einer Wange entgegen- 
seen. Das Psychologische im Sehen ist also ganz einfach darzustellen als bewußtes 
Herausheben der Gegensätze von Hell und Dunkel, auf Aufwölbungen und Vertiefungen, die, 
um wirklich zu charakterisieren, noch des richtigen Blickpunktes und der Struktur bedürfen. 
Denn die Glätte, der Glanz, oder die Matligkeit und Saltigkeit eines Gesichtes sind Form- 
ausdruck seiner Gewordenheit, und nur diese Sormen stellen etwas dar, nicht eine Gedanken- 
reihe über mimische Möglichkeiten. Leid, Sreude, Größe, Gedrücktheit, alles das modelf ein 
Antlitz im Laufe der Jahre von selbst, und der Photograph hat in Grauskalen die entscheidenden 
Formen dem menschlichen Sehen angemessen darzustellen. Er verwechsle seine Rolle nicht 
mit dem Schauspieler oder Regisseur und nicht mit dem Psychiater. Aber die Rolle des 
Bewußtseins, die die Formen verändert, Gesehenes wichtig macht oder verschwinden läht, 
diese Rolle muß er meistern können. Und dazu muß er wissen, daß die Persönlichkeit 
mehr und stärker sich an den Sinnesorganen, also Auge, Mund, Nase, Ohr, ausdrückt als 
an Stirnen, Kinnen, Wangen oder Hinterköpfen. Die großen Knochenformen des Schädels 
sind bezeichnend für die Rasse oder Klasse, die Muskel- und Knorpelbildungen für das 
Individuum. formal gesehen: Die Gegensätze der Sormen des Schádels und der Sinnesorgane 
müssen vom Photographen durch die richtige Wahl von Hell und Dunkel, von Massen und 
Struktur durch den zwingenden Blickpunkt, auf den alle Sláchen und Linien hinlaufen zur 
guten Photographie und damit zum guten Bildnisphofo, gestaltet werden, dem keinerlei 
Mätzchen und falsche theatralische Vorstellungen anhängen. Hierzu gehört eine gute, große 
Dosis Sormverständnis, und was wäre das anderes als Psychologie? Die größte Wichtigkeit 
liegt aber in der Auffindung des richtigen Blickpunktes. Die Sehfähigkeit des heutigen 
Menschen ist durch Zeitung und Reklame in etwas einseitige Bahnen gedrängt. Man hat 
durch Versuche festgestellt, daß der Blick eines Beschauers auf einer Darstellungsflüche zu- 
erst auf das obere linke Drittel fällt. Dies ist augenscheinlich eine vom Lesen anerzogene 
Gewohnheit. Ein Mensch, der wenig mit Büchern zu fun hat, etwa ein Bauer oder ein 
Jäger, wird diese bestimmte Stelle des Gesichtsfeldes nicht ols unwillkürlichen Blickfang 
empfinden. Bei ihm wird beim orientierenden Umherblicken im Raum der Blickpunkt an 
einer ganz anderen Stelle liegen, die allerdings körperlich bedingt ist. Da unser Auge 
kugelig ist und eine Linse besitzt, so sehen wir mit beiden Augen gemeinsam einen 


95 


ellipsoiden Raumausschnitt vor uns. jn diesem Ausschnitt liegt tatsächlich die größte 
Blickschärfe in dem oberen Drittel, was durch die etwas schräge Stellung des Auges in 
der Knochenunterlage und die Überdeckung durch den Stirnbogen seine Ursache haben mag. 
Aber Linkshänder werden rechts, Rechtshánder links die größte Tiefenschärfe feststellen können 
und demgemäß ihren Blickpunkt so oder so verlegen. Die Mitteilung, also die Glaubhaft- 
machung eines Blickpunktes, ist nur dann allgemein verständlich möglich, wenn Licht, Körper- 
form, Struktur und Schärfenzone zwingend so angeordnet, gestaltet sind, daß jeder Beschauer 
unwillkürlich den gleichen Eindruck empfängt wie der Aufnehmende selbst. Also: aus der 
körperlichen und organischen Bedingtheit unseres Sehens haben wir photographisch zu ge- 
stalten, und nur dies ist „neue Photogrophie“. Nicht der Einfall, die Pose, sondern die Wahr- 
nehmung, das Anschauen führt uns zum guten Bildnisphoto. Raoul Hausmann. 


Mehr Ehrfurcht vor dem Kunstwerk! 
Von Dr. Arthur Schlegel. [Nachdruck verboten.] 

Die heutige Xunstwissenschaft ist ohne Photographie undenkbar. Stilkritische Methoden, 
die durch eingehende Vergleiche der Kunstdenkmäler irgendwelche Zusammenhänge auf- 
zudecken suchen, sind überhaupt erst durch die Photographie ermöglicht worden. Bis in 
die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts waren kunstgeschichtliche Publikationen mit 
Stichen oder Holzschnitten ausgestattet. Daß die Stecher bzw. Holzschneider die abzubildenden 
Kunstwerke oft sehr ungenau oder gar tendenziös verändert wiedergaben, liegt auf der Hand. 
Man sehe sich daraufhin einmal in Schnaases 1842 ff. erschienenen „Geschichte der bilden- 
den Künste“ die bekannten Stifterfiguren Hermann und Reglindis vom Naumburger Dom an 
und vergleiche den Stich mit einer guten Photographie. Der Stecher hat die Stifterfiguren 
im Sinne seiner das deutsche Mittelalter verherrlichenden Zeit wiedergegeben und z.B. aus 
der fröhlichen, pausbackigen Reglindis eine etwas hohläugige, sentimentale Riftersfrau gemacht. 

Jeder Zeichnung gegenüber hat die Photographie den Vorzug größerer llafurfreue. Sie 
hat ihn aber auch nur dann, wenn der Photograph sachlich genug ist, das Kunstwerk so 
aufzunehmen, wie es ist. Eine gute Photographie muß alle sichtbaren $ormen sichtbar 
werden lassen, darf nichts wegnehmen und nichts dazulun. Der Aufnehmende erweist dem 
Betrachter des Kunstwerkes einen schlechten Dienst, wenn er darauf abzielt, seiner Aufnahme 
durch künstliche Unschärfe und malerisches Helldunkel besonderen „künstlerischen Charakter“ 
zu verleihen. Das Kunstwerk hat es nicht nötig, durch derartige photographische Mittel als 
Kunstwerk dokumentiert zu werden. Diese häufig anzufreffende Tendenz wird geradezu zum 
Verbrechen am Kunstwerk, wenn Sorm und stilistischer Charakter des Kunstwerkes durch die 
Art der Aufnahme verändert werden, oder ihm gar ein falscher Sinn untergeschoben wird. 

Jeder, der berufen ist, Kunstwerke aufzunehmen, sollte der eiflen Absicht enfsagcn, dabei 
etwas zu schaffen, was Anspruch auf künstlerische Eigenbedeufsomkeit erhebt. Der künstlerische 
Wert des in diesem Sinne besten Lichtbildes wird immer verblassen gegenüber dem künstlerischen 
Wert des aufgenommenen Kunstwerkes. Der Photograph sei bescheiden, habe Ehrfurcht vor 
dem Kunstwerk und betrachte sich als dessen Diener. Er wird ihm und seinen Mifmenschen 
einen größeren Dienst erweisen, wenn er sich damit begnügt, gute Reproduktionen zu schaffen, 
die sich durch ihre photographischen Qualitáten auszeichnen, als wenn er ein Werk der 
bildenden Kunst zu eigenen künstlerischen Versuchen benußt. 

Ein Kunstwerk gut und richtig photographieren, heißt, nicht nur das Werk in seiner 
äußeren Erscheinungsform wirklichkeitsgetreu wiedergeben, sondern heißt auch, es innerlich 
verstehen. Die erste Sorderung zu erfüllen, mag dem Laien ein leichtes dünken. Und doch 
ist schon hierfür ein hohes Maß von rein technischem Können und kúnstlerischem Verständnis 
erforderlich. Durch geeignete Beleuchtung, richtige Expositionsdauer und zweckmäßige Ent- 
wicklung muß der Photograph z. B. beim Aufnehmen einer Skulptur dahin wirken, daß der 
Grad ihrer Plostizität beibehalten wird (ein flaches Relief darf nicht als Hochrelief erscheinen, 
flache Salten nicht als tiefe Salten usw.), daß sowohl in den Schalten als in den Lichtern 
genügend Zeichnung vorhanden ist und keine Details verlorengehen. Darüber hinaus muß 
er bestrebt sein, die Struktur der Oberfläche und den Charakter des betreffenden Materials 
E Photographie wiederzugeben. Marmor muß als Marmor und Bronze als Bronze zu 
erkennen sein. 


96 


L. WERRES, BONN 


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Die menschliche Hand 


Nautilus pompilius (Negativkopie) 


Fasciolaria tulipa 


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біп Kapitel für sich bildet die frage nach der richtigen Ansicht der figur. Es ist be- 
kannt, daß viele Skulpturen, und zwar speziell diejenigen der klassischen Kunstepochen, auf 
eine Hauptansicht hin gearbeitet sind. Neben dieser Hauptansicht sind natürlich noch mehrere 
Nebenansichten möglich, aber nur in der Hauptansicht wird der ganze Inhalt der Sigur 
schaubar. Diese Hauptansicht herauszufinden, ist also Aufgabe des Photographen. Andere 
Bildwerke, 2. В. des späten illusionistischen Barock, rechnen überhaupt nur mit einer Ansicht, 
da ist jede andere Ansicht unmöglich. Oder es gibt Siguren (z. B. im Giebelfeld des antiken 
Tempels, im Tympanon eines mittelalterlichen Kirchenportals usw.), die auf Ansicht von unten 
her berechnet sind, und deren Kórperproportionen ganz verzerrt erscheinen, wenn sie aus 
gleicher Höhe aufgenommen werden. 

Den genannten Saktoren: Standpunkt, Beleuchtung, Expositionsdauer und Entwicklung 
muß der Photograph gesteigerte Aufmerksamkeit zuwenden, wenn es ihm gelingen soll, auch 
den seelischen Ausdruck des Kunstwerkes bildlich festzuhalten. Aber damit allein ist es. 
nicht getan. Er muß allgemeines künstlerisches Verständnis und Cinfühlungsoermógen sowie 
die nötige Vorstellung von dem Geistesleben vergangener Jahrhunderte besitzen, um den Gehalt: 
des Kunstwerkes zu erfassen. Die allgemeine Sorderung, Kunstwerke vergangener Jahrhunderte, 
aus ihrer Zeit heraus zu verstehen, gilt in erster Linie auch für den Photographen. Man darf 
nicht den Maßstab einer anderen Kunstepoche an sie legen (z. B. Skulpturen einer klassischen 
Epoche nicht wie barocke auffassen), sollte ihnen auch nicht unter allen Umständen: neue 
Seiten abzugewinnen suchen, sondern bemüht sein, dos hervorzukehren, was der Künstler 
selbst mit seinem Werk sagen wollte und was seinen Zeitgenossen doran neu und wichtig 
erschien. Hierin, in dem Begreifen und richtigen Interpretieren des Kunstwerkes sollte jeder, 
der Kunstwerke aufnimmt, seine eigentliche Aufgabe sehen. 


Röntgenphotographie. 

Cine Umschau mit 5 Abbildungen (siehe Tatelbogen). | 
Muchdruck verboten.] 
1896 entdeckte Professor K. W. Röntgen eine Art von Strahlen, die die merkwürdige 
Eigenart besaßen, Körper je nach ihrer Dichte mehr oder weniger zu durchdringen. Diese 
Strahlen sind für unser Auge nicht. direkt wahrnehmbar; da sie aber auch die. Eigenschaft 
haben, gewisse fluoreszenzfähige Stoffe zum Aufleuchten zu bringen, ist es möglich, ihre 
Wirkung sichtbar zu machen. 

In den Grundzügen ist das Verfahren Rönfgens bis heute noch fast unverändert. €s 
besteht aus einem Erreger der Strahlen und einem Analysator, der die Strahlen bei ihrem 
Auftreffen in sichtbares Licht verwandelt. 

Jn einer €nfladungsróhre mit einer negativen Platte (Kathode) und der positiven Elek- 
trode (Anode) werden die von der Kathode zur Anode gehenden freien Elektrizitätsatome 
(Kathodenstrahlen) beim Auftreffen auf die Glaswand der Röhre zu den unsichtbaren 
Strahlen, die zur besseren Ausbeute auf einer dann den Ausgangspunkt aer Róntgenstrahlen 
bildenden Rntikathode vereinigt. sind. 

Um die Róntgenstrahlen unseren Sinnen wahrnehmbar zu machen, werden Schirme 
oder Folien mit fluoreszierenden Stoffen verwendet, die von den Strahlen zum Aufleuchten 
gebracht werden. Außerordentlich wichtig ist die Tatsache, daß auch photographische 
Schichten von den Röntgenstrahlen ebenso verändert werden, wie durch sichtbares Licht. 
Röntgen selbst schrieb: „Von besonderer Bedeutung ist es, dof photographische Falten 
sich als empfindlich für die X-Strahlen erwiesen haben.“ 

Wenn die Entdeckung Röntgens bis auf unsere Zeit eine Entwicklung erfuhr, wie sie 
nicht vielen anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen beschieden war, ist dieses bestimmt 
zu einem großen Teile darauf zurückzuführen, daß die Photographie dem Verfahren zu einer 
wichtigen Helferin werden konnte. 

Wie schon eingangs angedeutet, haben die Röntgenstrahlen die Eigenschaft, Stoffe, die 
für das Licht undurchlássig sind, zu durchdringen. Die Strahlung verläuft geradlinig und 
gibt Schattenbilder, gemäß der inneren Dichtestruktur der durchstrahlten. Objekte, die dem- 
nach ihrer Dichte und Durchdringbarkeit entsprechend in Helligkeitsabstufungen zur. Dar- 
stellung gebracht werden. Körper ous verschiedenem. Material, aber. gleicher Durchdringbar- 
keit für die Strahlung, treten demnach untereinander nicht abgegrenzt. in die Erscheinung. 


101 


Die in einer Röhre entstehenden X-Strahlen sind ein Gemisch von Strahlen ver- 
schiedener Wellenlänge („Härte“) und demgemäß verschiedener Durchdringungsfähigkeit. Die 
Wirksamkeit der Strahlen ist für die Durchdringungsprojektion oder für die Photographie 
durchaus nicht gleich. Harte Strahlen können verschieden dichte Materie in weiterem 
Spielraume mit Leichtigkeit gleich gut durchdringen, es ergeben sich hierbei in der Regel 
Bilder, denen die Seinheiten (in der Struktur von Knochen z. B) fehlen. Normale (weiche) 
Strahlung erzeugt, soweit nicht starke Organmassen in Sraae stehen, Bilder mit guter 
Konturenschärfe und guter Durchzeichnung in allen Teilen. Zu weiche Strahlung erzielt 
kontrastlose Bilder. Die jeweilige Anpassung der Strahlung an den Grad der Absorbierung 
durch das Objekt ist ein wichtiger Saktor für die Herstellung eines einwandfreien Róntgen- 
bildes und daher von großer Bedeutung. Auch die pholographische Wirkung an sich ist 
davon abhängig, denn nur die von der photographischen Schicht absorbierten Strahlen ver- 
ändern das Bromsilber, während durchgehende Strahlenanteile wirkungslos sind. 

Die einfache Röntgenröhre verändert bei fortgeseb5tem Betriebe durch verminderten 
Gasdruck ihre Strahlung, und so ist in dem jeweiligen Zustande der Röhre auch ihre 
Leistung für bestimmte Arbeiten gegeben. Neuerdings ist es aber möglich, Strahlung von 
gewünschter Intensität und Wellenlänge in einer Elektronenröhre zu erzeugen und somit die 
Saktoren für die Exposition bei Röntgenaufnahmen nach bestimmten Grundsäßen zu dosieren. 


Die Verbesserung der Analysatoren blieb lange Zeit hinter den Sortschritlen der Röhren- 
konstruktion zurück. Die Sluoreszenzschirme (Solien mit Aufguß von Willemit oder Barium- 
platincyanür) genügen für die Durchleuchtungsprojektion in hinreichendem Maße. Aber die 
als weiterer Analysator für die Röntgenstrahlen genannte photographische Schicht war einer 
Veroolikommnung bedürftig und bei dem heutigen hohen Stande der Emulsionstechnik einer 
solchen auch fähig. Bei den früher gebräuchlichen Róntgenplatten war zwar die Schicht für 
ihre besondere Bestimmung variiert, sie unterschied sich aber nicht wesentlich von anderen 
Plattensorten. Die Glasplatten wurden vom Silm fast vollkommen verdrängt. Später gelang 
es dann, eine für Röntgenstrahlen besonders sensibilisierte Emulsion herzustellen; es wurden 
der Emulsion bestimmte Salze beigegeben, die einerseits eine enge Verbindung mit den Brom- 
silbermolekülen eingehen, andererseits die Eigenschaft haben, die Strahlung durch Adsorption 
wirksamer zu machen. Derartige Silme ermöglichen die Gewinnung klarer Negative mil 
feinsten Strukturdetails, da durch den eingeführten Sekundárstrahler namentlich auch die 
weichen Strahlenanteile ausgenützt werden. 

біп anderer, von Professor Röntgen in seinem Prinzip bereits erkannter Fortschritt war 
die Herstellung des doppelseitig begossenen Röntgenfilms, dessen beide, nur durch die 
dünne Zelluloidschicht getrennten Bilder sich bei der Betrachtung exakt decken und dessen 
Kontrastwirkung und Bildeffekt durch Summierung gesteigert ist. Hierzu kommt noch die 
Anwendung von Verstärkungsfolien, deren Substanz (wolframsaures Kalzium) durch die 
Róntgenstrahlen zu sichtbarer Fluoreszenz gebracht wird. Die blaue oder violette Strahlung 
dieser Solien wirkt auf die phofographische Schicht ganz besonders ein und gesellt sich zu 
der Wirkung der Róntgenstrahlen, so daß mit Hilfe guter Verstärkungsfolien die Expositions- 
zeit ganz wesentlich abgekürzt werden kann und sich Momentaufnahmen von bewegten 
Organen (Herz) ermöglichen lassen. Die Verstárkungsfolien werden mit der Emulsionsschicht 
in der Róntgenkasselte in engen Kontakt gebracht; sie müssen möglichst kornlos sein und 
‘thre Leuchtwirkung soll sofort erlöschen. Nur wenn diese Sorderungen erfüllt sind, werden 
Unschärfe und Nachbilder vermieden. 

Bei der obengenannten sensibilisierten Röntgenschicht kommen Verstärkungsfolien nicht 
zur Anwendung, da jedes Bromsilberkörnchen gewissermaßen mit einem eigenen Strahlen- 
verstärker ausgestattet und die sensibilisierte Schicht für gewöhnliche Lichtstrahlen, also 
auch für die Wirkung der Verstärkungsschirme, unempfindlicher ist. 


Die große Bedeutung des Röntgenverfahrens zeigte sich von Anfang an in der An- 
wendung für die medizinische Praxis, denn das Röntgenbild enthüllt dem Arzt das Innere 
des menschlichen Körpers. Gerade die Photographie ist gegenüber der Projektion auf den 
Durchleuchtungsschirm im Vorteil; letztere kann aus verschiedenen Gründen nicht über 
längere Zeit ausgedehnt werden, was ein eingehendes Studium des Bildes nicht möglich 
macht. Mit Hilfe der Photographie hingegen lößt sich das Ergebnis einer Durchleuchtung 
in allen Einzelheiten dauernd festhalten. 


102 


In derselben Weise, wie die feine Struktur des Knochens unter normalen Verhältnissen 
zur Darstellung gebracht werden kann, wird das Röntgenbild für die Seststellung von 
Knochenbrüchen, eingedrungenen Sremdkörpern usw. oft allein entscheidend. Die moderne 
Diagnostik verwendet die Röntgenstrahlen auch zur Seststellung von Veränderungen und 
krankhaften Neubildungen (Tumoren) іп den großen Körperhöhlen, an Herz, Lunge, Magen, 
Darm. Da aber Röntgenstrahlen diese Organe zum Teil durchdringen, verwendet man für 
die Aufnahme besondere Kontrastmittel (Barium sulfuricum), die den Patienten in Sorm von 
Getränken, Brei usw. verabreicht werden. 

Wenn die Röntgenphotographie als medizinisch - diagnostische Hilfswissenschaft wertvolle 
und unschäßbare Dienste zu leisten vermag, ist die Annahme berechtigt, daß die Röntgenstrahlen 
in anderen Gebieten ebenfalls weitgehende Anwendung finden, und wieder war es Röntgen selbst, 
der durch seine Photographien von Metallstückchen usw. die Anregung und Grundlage für das 
wichtige Gebiet der röntgenographischen Metallprüfung gab, durch welche Strukturunter- 
suchungen an Werkstoffen und Sertigfabrikaten mit großer Genauigkeit durchführbar sind. 


Verhältnismäßig spärlich sind die Versuche, das Röntgenverfahren als Hilfsmittel für 
die beschreibende naturmissenschaftliche Forschung anzuwenden — z. В. zur Sichtbarmachung 
der inneren Hartteile zoologischer Objekte und Organismen, zu Zwecken vergleichender 
Anatomie usw. Daß aber hier die Röntgenphotographie durchaus beachtenswerte Darstellungs- 
möglichkeiten bietet, belegen die beiden Röntgenphotos 2 und 3. Letzteres zeigt das turm- 
förmige Gewinde der Schale eines Gastropoden (Sasciolaria tulipa) und in Bild 2 ist das „Schiffs- 
boot“ (Nautilus pompilius) mit der in einer Ebene spiralig gewundenen Schale wiedergegeben. 
Hier sind in einwandfreier Weise die Cuftkammern des hinteren — inneren — Schalenteiles 
dargestellt und die durchbohrten Stellen der Septen mit den röhrigen Rufsabgen — den 
Siphonaltuten — deutlich zu erkennen. 

]m allgemeinen wird der Lichtbildner nicht in die Lage kommen, die Róntgenphoto- 
graphie selbst auszuüben, da hierfür medizinische, technische (Metallprüfung) oder natur- 
wissenschaftliche Fachkenntnisse Voraussetzung sind. Die vorstehende Arbeit versuchte aber, 
den Photographen über ein Gebiet zu informieren, dessen Grundlagen ihm bekannt sein 
müssen, wenn er an Instituten, für Wissenschaftler usw. die rein photographischen Aufgaben 
zu erledigen hat. Hermann Schoepf. 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Die Photographie in der Dunkelheit. 


Cichtstarke Objektioe und höchstempfindliche Schichten gestatten heute photographische 
Momentaufnahmen unter Verhältnissen, die man noch vor wenigen Jahren als photographisch 
völlig ungeeignet betrachtet hätte. Шап denke z.B. an Szenenaufnahmen im Theater. Daf 
man auch mittels Strahlen photographieren kann, die das menschliche Auge nicht als „Licht“ 
empfindet, ist seit langem bekannt; spektrographische Untersuchungen im „Ultraviolett“ be- 
ruhen auf der Empfindlichkeit photographischer Schichten gegen kurzwellige Strahlen. Seit 
einiger Zeit gelingt es auch, mittels langwelliger Strahlen, den „infraroten*, die sich un- 
mittelbar an die vom Auge als rot empfundenen Strahlen anschließen, Aufnahmen zu machen; 
man hat auf diese Weise den dem Auge undurchsichtigen Nebel durchdringen können und 
auch bei Tageslicht Aufnahmen hergestellt, die wie bei Mondbeleuchtung gefertigt anmuten. 
Nun ist man einen Schritt weitergegangen und hat in Räumen, die nur durch infrarote 
Strahlen „beleuchtet“ sind, dem Auge also völlig dunkel vorkommen, Bilder gemacht. Man 
hat auf der Agfa-Infrarot-Platte „Rapid 855“ gearbeitet und den Raum beleuchtet, indem 
man vor eine künstliche Lichtquelle drei Dreifarbenfilter (blau, grün und rot), die dem Auge 
in der Durchsicht schwarz erscheinen, stellte. Innerhalb 12 Sekunden konnte eine spirifistische 
Tafelrunde im Bilde festgehalten werden; und man wird auch zu Momentaufnahmen kommen 
können, die sicher wissenschaftliche und kriminalistische Anwendung finden werden. Diese 
Dunkelphotographie mittels infraroter Strahlen steht zwar noch im Anfang der Versuche, ist 
aber heute für die Praxis bereits mindestens so wichtig wie das Arbeiten im ultravioletten, 
den Rugen so schädlichen Lichte. Mit Hilfe deutscher Sensibilisatoren war die Schaffung 
solcher , dunkellichtempfindlicher* Schichten möglich. (Dr. W. Dieterle, „Photogr. Korresp.* 68, 
1932, 5. 103.) 


105 


Das Zurückgehen des unentwickelten Bildes auf Entwicklungspapieren. 


Das Abklingen des latenten Bildes, oder wie man die Erscheinung wissenschaftlich be- 
zeichnet, die Photoretrogression, ist neuerdings eingehend untersucht worden. Schon vor 
dem Kriege war gelegentlich einer wissenschaftlichen Expedition nach Kleinasien beobachtet 
worden, daß die auf Entwicklungspapier hergestellten Aufnahmen alter Handschriften nach 
der Rückkehr in die Heimat nicht mehr entwickelt werden konnten, da der Lichteindruck 
sich völlig verloren halte. Selbstoerstándlich hatte man an Ort und Stelle Probeentwick- 
lungen durchgeführt, und es konnte der Mißerfolg also nur dem Abklingen des latenten 
Bildes zugeschrieben werden. Jm allgemeinen sind die Sälle, daß belichtete Kopien nicht 
gleich entwickelt werden, selten; dennoch ist es wichtig, zu wissen, daß die Rückbildung 
auf Chlorbromsilberschichten, den sogenannten Gaslichtpapieren, rasch, auf reinen Brom- 
silberpapieren wesentlich langsamer vor sich geht. Man hat gelegentlich beobachtet, dak 
auf Gaslichtpapieren schon nach wenigen Stunden die Belichtung keine entwickelbaren 
Spuren mehr hinterläßt; größere Versuchsreihen zeigten, daß auf Bromsilberpapieren Be- 
lichtungen, die zu mittleren Schwärzungen führen, nach etwa drei Monaten abgeklungen 
waren. Das Abklingen verlief bei hart arbeitenden Schichten gleichmäßig zur Zeit zwischen 
Belichtung. und Entwicklung, bei normal arbeitenden Schichten jedoch ziemlich unregelmäßig, 
anfangs schnell, später langsam. Als Ursache kann das Vorhandensein löslicher Alkali- 
nifrate in der Schicht angesprochen werden. | 


Da bei ganz ähnlich gearteten Emulsionen auf Glas die Photoretrogression in merk- 
lichem Maße nicht beobachtet wird, kann man auch an einen beschleunigenden Einfluß des 
Papiers als Schichttráger oder der Barytage denken. (M.Roumens in „Science et Industries 
Photogr.“, Sept. 1932.) prodest. 


Zu den Abbildungen. 


Rn erster Stelle ein Gruppenbild von Julia Margaret Cameron, das derselben Zeit 
angehört, in der die llegatioretusche und das glänzend rötliche Albumin-Visitkartenbild die 
Porträtphotographie in Mode brachte. Trotzdem wurden die großen unretuschierten, öfters 
unscharfen Charakterköpfe der Mrs. Cameron, die Porträts der Herschel, Carlyle, Darwin, 
Longfellow in London und Paris als hervorragende Leistungen anerkannt. Uns ist sie neben 
dem 20 Jahre früher produzierenden Okt. Hill die namhafteste Vertreterin und Vorkämpferin 
für die künstlerische Photographie. Das besagt auch diese so lebendig wirkende, im Ausdruck 
einheitliche, trefflich angeordnete und begrenzte Gruppenaufnahme, für deren Bewertung noch 
die unserer Zeit gegenüber primitiven Mittel in Betracht zu ziehen sind. Wir fanden das 
Bild in der Stengerschen Sammlung auf der im Oktober geschlossenen Leipziger Ausstellung 
und freuen uns, es hier vorführen zu können. Das Gruppenbildnis ist ja mit zu den 
schwierigsten unserer Aufgaben zu zählen, wenn auch die befriedigende Lösung dank der 
großen Sortschritte in technischer Richtung heute erheblich leichter erscheint. Dies beweist 
auch die in der Auffassung sehr reizvolle Kindergruppe von Amster, welche zwar nicht ein 
Gruppenbildnis im Sinne des vorher genannten darstellt; denn dieses „duldet keine Statisten, 
in ihm ist jeder Dargestellte gleichberechtigt bezüglich der Porträtwirkung“, sie ist aber 
so ansprechend in der Ungezwungenheif, so hübsch in der Anordnung und im Licht, daß 
man sich ungehemmt neben der Cameronschen Gruppe an ihr freuen kann. Ebenso lebendig 
und hübsch ist die Aufnahme Mutter und Kind des Engländers Stevens, bei der neben 
dem natürlichen Ausdruck der Ausschnitt und die bildhafte Wirkung Beachtung verdienen. 
Es folgen zwei Porträts in gufer Haltung des unseren Lesern ja seit langem bekannten und 
auch heute trotz der trüben Zeit erfolgreichen R. Gerling, die vortreffliche Kopfstudie einer 
Schülerin der „Tette- Schule“, іп der das Material wie die heutigen Möglichkeiten der 
Photographie, die überzeugende Objektivität der reinen Photographie wie ihre Charakte- 
risierungsfähigkeit des Stofflichen besonders deutlich zum Ausdruck kommen, ein strenges, 
gut modelliertes Profil ооп $lóter, der in der Sicht, іп der perspektioisch-interessanten 
Wirkung und in der Beleuchtung gut gesehene Architekturausschnilt von Schmieding, das 
in der Haltung eigene, des Umrisses wegen auf Hell gestellte Damenbild von Koch, ein 
älteres charakteristisches Porträt von Schiewek und ein ansprechendes, hell gehaltenes 
Bildnis von f. Werres. 


104 


GENJA JONAS, GDL. DRESDEN 


ERICH BAUER, KARLSRUHE 


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LENI WERRES, BONN 


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VAN BOSCH, BENSHEIM 


LIESE GUGGENBERGER, DORFEN I. OBB. 


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ERICH ANGENENDT, G.D.L.. DORTMUND 


Tagesfragen. (Nachdruck verboten.) 
Mi) as Sächsische Ministerium für Volksbildung hat kürzlich ein Gesuch des Schulamtes 


— — 


το Leipzig um Genehmigung zur Einrichtung von Vorklassen an der dortigen Kunst- 
Ke y gewerbeschule abschlägig beschieden mit der Begründung, „daß die Meisterlehre 
SR nicht durch Ausbildung im Schulwerkstattunterricht ersetzt werden kann, und daß 
^) die Neubildung von Sdulabteilungen vom finanziellen wie vom wirtschaftlichen 
Standpunkt aus nicht angezeigt erscheint“ 1). 

Diese Entschließung des Sächsischen Kultusministeriums, die пай Anhörung der Ge- 
werbekammer Leipzig erfolgte, bedarf um so mehr der Beachtung, als auch von anderer Seite 
Bestrebungen im Gange sind, Fachschulen zugunsten der Meisterlehre einzuengen. Dem 
zweiten Teil obiger Begründung des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung wird man 
natürlich ohne weiteres zustimmen müssen — es versteht sich von selbst, daß bei den 
augenblicklichen Verhältnissen dem Staatshaushalt nur in ganz dringenden Fällen neue Be- 
lastungen zugemutet werden dürfen —, aber der erste Satz wird in dieser allgemeinen 
Fassung dem Widerspruch aller Fachschulen begegnen. 

Wir geben ohne weiteres zu, doß die Meisterlehre der Ausbildung auf einer Sachschule 
dann vorzuziehen sein dürfte, wenn man Aussicht hat, bei einem besonders tichtigen, viel- 
seitigen Meister anzukommen. Der Ansicht aber, daß der Meisterlehre unter allen Um- 
ständen der Vorzug vor der Sachschule gebühre, müssen wir auf das entschiedenste entgegen- 
treten. 

Wer sich bemüht, die Dinge objektiv zu sehen und von einem Oberparteilichen Stand- 
punkt aus zu beurteilen, wird zu einem anderen Urteil gelangen. €s soll hier versucht 
werden, das Sir und Wider zu erörtern, wobei wir uns auf das uns angehende Gebiet, die 
Photographie, beschränken. Allerdings nimmt die Photographie innerhalb des Handwerks 
insofern eine Sonderstellung ein, als die Ausübung photographischer Techniken heutzutage 
keineswegs mehr die Angelegenheit nur eines bestimmten Handwerkerstandes ist, sondern 
zur täglichen Arbeit sehr vieler Berufskreise gehört, und infolgedessen viele, ohne Berufs- 
photograph im eigentlichen Sinne zu sein, reiche Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem 
Gebiet besitzen. Trotzdem dürften unsere Feststellungen mehr oder weniger auch für andere 
Gewerbe zutreffen. 

Zunächst wird man zugeben müssen, daß die theoretischen Kenntnisse selbst des 
besten Meisters gewisse Lücken aufweisen, und daß deshalb dem Meister, der durch die 
Ausübung seines Geschäftes schon reichlich in Anspruch genommen ist, die Erteilung eines 
lückenlosen theoretischen Unterrichtes?) einige Schwierigkeiten bereiten wird. Dazu kommt, 
daß theoretische Erörterungen überhaupt nicht jedermanns Sache sind und oft gerade dem 
füchfigsten Praktiker am wenigsten liegen. Drittens gehört zur Erteilung eines jeden 
theoretischen Unterrichtes eine gewisse pädagogische Begabung, die nicht bei jedem Meister 
vorausgesetzt werden darf. In diesen Punkten ist die Fachschule unbedingt im Vorteil. Die 
verschiedenen Fachlehrer einer Schule ergänzen sich gegenseitig und bieten so die Gewähr 
für einen möglichst umfassenden und innerhalb des Saches erschópfenden Unterricht. Der 
einzelne Fachlehrer besitzt natürlich ebensowenig wie der Meister vollkommene, lückenlose 
Kenntnisse, hat aber die dem Meister im allgemeinen fehlende Möglichkeit, sich aus- 
reichend für den Unterricht vorzubereiten. Daß bei der Auswahl der Lehrer nicht nur auf 
das nötige Maß an Wissen und Erfahrung, sondern auch auf die nötige pädagogische Be- 
gabung geachtel wird, versteht sich von selbst, und ebenso erübrigt es sich wohl, noch zu 
betonen, dak den Sachschulen für den theoretischen Unterricht ganz andere Hilfsmittel zur 
Verfügung stehen als der Meisterlehre. 

Nun werden wohl viele eine Überlegenheit der Fachschule anerkennen, was den 
theoretischen Unterricht anbelangt, aber doch der praktischen Ausbildung bei einem Meister 


1) „Optische Rundschau u. Photo-Optiker* 1932, Nr. 29, S. 670. 

2) Auf den wenigsten Sortbildungsschulen wird ein eigentlicher Sachunterricht erteilt. Die Münchner 
Berufsschule für die graphischen Berufe, wo wöchentlich 4 Stunden für Chemie und Optik angeseßt sind, 
dürfte in ihrer Art ziemlich einzig dastehend sein. 

* 


105 


das Wort reden. Auch hier in der Hauptsache zu Unrecht! Die Schwierigkeiten für eine 
umfassende praktische Ausbildung beim Meister liegen unseres Erachtens zunächst darin, 
daß die meisten Meister mehr oder weniger nur auf einem bestimmten Gebiete der Photo- 
graphie, und zwar vorwiegend dem der Porträtphotographie, tätig sind. Gerade aber in 
unserer Zeit, wo über eine Überfüllung des Photographenberufes geklagt wird (NB. welcher 
Beruf ist augenblicklich nicht überfüllt?!), und wo die Borträtphotographie infolge des Über- 
handnehmens der Amateurphotographie naturgemäß immer mehr zurückgeht, müßten 
Photographenlehrlinge so vielseitig wie möglich ausgebildet werden. Wer als angehender 
Cichtbildner heute Arbeit finden will, darf sich nicht von vornherein auf ein bestimmtes 
Gebiet und am wenigsten auf das der Portrátphotogrophie spezialisieren wollen, sondern 
muß möglichst alle Zweige der Photogrophie gleichmäßig beherrschen. Eine den neuzeitlichen 
Forderungen entsprechende und vielseitige Ausbildung kann aber nur eine Fachschule ver- 
mitteln, und selbst diese muß alle Kräfte und Mittel aufbieten, wenn sie dieser Aufgabe 
gerecht werden und auf der Höhe bleiben will. 


Eine zweite Schwierigkeit für die Meisterlehre dürfte zumal bei den augenblicklichen 
wirtschaftlichen Nöten darin bestehen, daß Lehrlinge nur mit untergeordneten Arbeiten be- 
schäftigt und nicht oft genug mit selbständigen Aufnahmen beauftragt werden können. Die 
oft aufgestellte Behauptung, daß die jungen Leute sich in der Meisterlehre mehr Praxis an- 
eignen können als auf einer Fachschule, wird deshalb nur von Fall zu Fall zutreffen. Natürlich 
liegt in der etwaigen stärkeren Heranziehung des Lehrlings zu den vorkommenden praktischen 
Arbeiten ein Vorzug der Meisterlehre, und die Sachschulen werden es sich deshalb zur be- 
sonderen Aufgabe machen müssen, ihre Schüler zu möglichst intensiver praktischer Betätigung 
anzuhalten und von ihnen regelrechte Arbeitsleistungen zu fordern. 


Das ständige Zusammensein und Zusammenarbeiten mit einem Lehrherrn bietet ohne 
Zweifel Vorteile, aber auch Nachteile. Vorteile insofern, als der Kontakt ein viel engerer 
sein kann als an einer Sachschule, wo ein Lehrer zwanzig, dreißig oder noch mehr Schüler 
anzuleiten hat, Vorteile vor allem dann, wenn der Meister wirklich einer ist, von dem man 
durch jedes Wort lernen kann, und dem es jeden Handgriff abzusehen gilt. Aber anderer- 
seits besteht erstens die Gefahr einer sehr einseitigen Beeinflussung in handwerklichen Ge- 
bräuchen und künstlerischen Anschauungen. Die Angehörigen einer Sachschule stehen da- 
gegen in ständigem Gedankenaustausch mit mehreren Lehrern und lernen verschiedene Auf- 
fassungen kennen, vorausgesetzt, daß der Schulleiter großzügig genug ist, eine gewisse 
Cehrfreiheit zu dulden. Die auf einer Sachschule empfangenen Anregungen sind vielleicht 
weniger intensiv, aber dafür um so zahlreicher und vielseitiger. 65 sollte nicht übersehen 
werden, daß auch das ständige Zusammensein mit den Mitschülern anregend wirkt, da 
der Eifer und gute Leistungen anderer die oon Natur weniger Strebsamen oft mehr an- 
spornen und mitreigen, als es der fehrherr mit noch so häufigen Ermahnungen fertig 
brdchte. Auch was die Handhabung von Apparaten und Verwendung von Materialien 
(Platten, Papiere, Entwickler usw.) anbelangt, besteht in der Meisterlehre die Gefahr einer 
einseitigen Ausbildung; es wird dem Lehrling niemals in demselben Maße wie dem Sach- 
schüler Gelegenheit gegeben werden können, mit verschiedenen Apparatiypen, Plattensorten 
usw. zu arbeiten. 

In zweiter Linie ist zu befürchten, daß der Lehrling infolge der ständigen Überwachung 
durch den Meister oder einen älteren Gesellen länger unselbständig bleibt. Er hat in der 
fehre nur selten Zeit und Gelegenheit zu eigenen Versuchen, eigenem Denken und völlig 
selbständiger Arbeit. Auf der Fachschule aber wird der Schüler von vornherein zur Selb- 
ständigkeit im Denken und Arbeiten angehalten, wird gerade auf eigene Jdeen und auf die 
Ausführung von Arbeiten ohne Hilfe des Lehrers besonderer Wert gelegt. 

Endlich hat die Sachschule auch in sozialer Hinsicht einen Vorzug, und zwar insofern, 
als sie im Interesse der Schüler und deren Eltern die für den Beruf Ungeeigneten rechtzeitig 
ausscheidet und diese auf andere, der jeweiligen Begabung besser entsprechende Berufe 
hinweist. 

Von der angeblichen Überlegenheit der Meisterlehre bleibt also bestenfalls sehr wenig. 
Gerechterweise muß aber noch eines gesagt werden: Wer in der Meisterlehre steht, kommt 
mehr mit dem Leben in fühlung, lernt die Schwierigkeiten und Nöte seines Berufes eher 
kennen und wird härter angepackt. Er bekommt früher zu fühlen, daß es arbeiten heißt, 


106 


wenn man im Leben etwas erreichen will, und daß die Arbeit oft reichlich sauer schmeckt. 
Auf Sachschulen dagegen neigen die jungen Геше, vor der rauhen Wirklichkeit behütet, zu 
verfrühten Illusionen, nehmen sich — woran die heutige Jugend überhaupt etwas krankt 一 
zu wichtig und überschäßen gern den Wert ihrer eigenen Arbeiten. Die Arbeitsweise selbst 
aber bekommt sehr leicht einen Zug ins Spielerische. Der Verfasser vertritt deshalb die 
Ansicht, daß es auch an Sachschulen nötig ist, die Schüler beizeiten etwas „hart an- 
zupacken*, dak die Lehrer ihren ganzen Einfluß aufbieten müssen, um die Schüler nicht 
nur zu Strebsamkeit, Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit, sondern auch zur nötigen Ernst- 
haftigkeit und Bescheidenheit zu erziehen. €s sollte weniger von Kunst und mehr vom rein 
handwerklichen Können die Rede sein! Gerade auf unserem Gebiete, wo so viel über 
künstlerische Photographie, Kunst und Photographie usw. geschrieben und noch mehr ge- 
redet wird, besteht bei Anfängern die Gefahr einer sehr starken Überschätzung der eigenen 
Arbeiten, der nicht energisch genug entgegengetreten werden kann. Alles, was geeignet ist, 
diese Überschá&ung zu fördern: anspruchsvolle Aufmachung der Photos, Signierung wie bei 
Zeichnungen und Graphik üblich, übermäßig ausgedehnte Kritik usw., sollte vermieden 
werden. Auch mit Diplomen und anderen Auszeichnungen müßte möglichst sparsam um- 
gegangen werden; Auszeichnungen erscheinen vor allem dann sehr bedenklich, wenn nicht 
wirklich nur Arbeiten ersten Ranges damit bedacht werden. 

Doch gehören diese mehr persönlichen Meinungsäußerungen nicht zum eigentlichen 
Thema. Was wir damit sagen wollen, ist folgendes: Bei entsprechender Einstellung können 
Sachschulen auch den bei der Meisterlehre an und für sich größeren erzieherischen Einfluß 
auf die lernende Jugend durchaus erreichen. Alles in allem aber ist die Fachschule nicht 
nur in der Lage, „die Meisterlehre zu ersetzen“, sondern darf darüber hinaus hinsichtlich 
der theoretischen und praktischen Ausbildung ein beachtenswertes Plus für sich in Anspruch 
nehmen. Dr. Arthur Schlegel, München. 


Einiges über das Luftbild. 


Von Wilhelm Hofinger, Sachlehrer an der Bayer. Staatslehranstalt für Lichtbildwesen, München. 
[Nachdruck verboten.) 

Es ist leider viel zu wenig bekannt, іп welch umfassendem Maße das Luftbild heute 
überall verwendet wird, und daß es kaum noch Arbeitsgebiete der Wissenschaft, der Technik, 
der Industrie usw. gibt, die sich die von ihm gebotenen Vorteile nicht zunuge machen. Schon 
kurz nach Erfindung der Photographie überhaupt erkannten weitblickende Köpfe, wie auf- 
schlußreich ein photographischer Blick aus der Vogelschau auf die Erdoberfläche sein mußte, 
und demgemäß wurden auch schon sehr früh Aufnahmen aus Sesselballonen oder Drachen 
gemacht und auszuwerten versucht. Tlafurgemá& konnte das Luftbild aber erst nach Er- 
findung der Trockenplatte und оог allem des lenkbaren Cuftfahrzeuges die Fortschritte 
machen, die zu seiner heutigen Bedeutung geführt haben. 

Bereits 1862, also noch vor Existenz der handlichen Trockenplatte, wurden im omerikani- 
schen Bürgerkrieg erstmalig militärische Operationen auf Grund von photogrophischen Ruf- 
nahmen aus dem Sesselballon geleitet, und auch im deutsch-französischen Krieg 1870/71 
leistete das Luftbild den Sranzosen nicht unerhebliche Dienste. Aber erst im Jahre 1883 
wurden die französischen Militär-Luftschifferabteilungen auf Betreiben des Oberst Renard 
teilweise mit Cuftbildgerdt ausgestattet. In dieselbe Zeit fallen die Versuche von Batut und 
Wenz, Luftbilder mit Hilfe von Drachen aufzunehmen, von da an datiert die weitere Entwicklung. 

eng verbunden mit den Fortschritten des Luftbildwesens sind diejenigen der Photo- 
grammetrie, der Vermessung photographischer Aufnahmen. Zur genannten Zeit war diese 
Kunst gleichfalls schon ziemlich weit entwickelt, man konnte bereits Karten und Pläne von 
Geländestreifen, Küsten, Gletschern usw. mit ziemlicher Genauigkeit auf photogrammetrischem 
Wege herstellen. Wie groß die allgemeine Bedeutung dieses Sachgebietes bereits um die 
Jahrhundertwende war, ist am besten aus den zahlreichen wichtigen und grundlegenden Ver- 
öffentlichungen zu ersehen, die nun in rascher Solge erschienen. Man wußte bereits, wie 
aus zwei beliebigen Meßbildern jederzeit eine orthogonale Projektion des betreffenden Auf. 
nahmeobjektes, in Grundriß oder Aufriß, abzuleiten ist, ja sogar Apparate wurden schon 
konstruiert, die diese Aufgabe auf mechanishem Wege lösen sollten. Die ersten solchen 
Apparate, die als Vorläufer der heutigen Stereokomparatoren, wahrer Wunderwerke moderner 


107 


Präzisionsmechanik, zu betrachten sind, gaben der Phofogrammetrie bedeutenden Auftrieb 
und veranlaßten vor allem, daß sie in Deutschland und Österreih von da an zu den vor- 
bereitenden Arbeiten zur Herstellung der großen öffentlichen Kartenwerke und zur karto- 
graphischen Aufnahme gebirgiger Gegenden allgemein eingeführt wurde. 


Den ersten, auch praktisch wirklich ins Auge fallenden Erfolg des Luftbildes in Ver- 
bindung mit der Photogrammetrie erzielte Japan im Jahre 1904 im Mandschurischen Seldzug. 
Der japanische Stab hatte damals nämlich in aller Stille photographische Abteilungen ge- 
schaffen, die von Beginn der Seindseligkeiten ab raschest Ballon- und €rdaufnahmen lieferten, 
die zum Teil aus der vordersten Linie, zum Teil aus Sesselballonen und von rückwärtigen 
Übersichtspunkten mit langbrennweitigen Objektiven hergestellt wurden. Die gemeinsame 
Auswertung dieses reichhaltigen Bildmaterials ermöglichte die rasche Versorgung der kimpfenden 
Truppe mit gutem Kartenmaterial, und man darf wohl sagen, daß Japan den für es günstigen 
Ausgang des Krieges mit in erster Linie dieser neuzeitlichen, guten Organisation zu danken 
hatte. Die Russen versuchten zwar sofort, eine analoge Einrichtung zu schaffen, doch war 
dieselbe erst arbeitsfähig, als die Entscheidung längst gefallen war. 


Troßdem vergingen noch viele Jahre, bis die Bedeutung von Luftbild und Photogrammetrie 
wirklich vollkommen erkannt wurde. €s war der Weltkrieg, der für alle beteiligten Länder 
den Zwang mit sich brachte, sich auf schnellstem und sicherstem Wege einen möglichst 
genauen Einblick in das vom Gegner besetzte Gelände zu verschaffen und die ständig er- 
folgenden Veränderungen der Erdoberfläche kartenmäßig festzulegen. Die gleichzeitig erfolgende 
sprunghafte Entwicklung des Slugwesens und vor allem der Sortfall jeder Rücksichtnahme 
auf entstehende Kosten taten ein übriges zur weitestgehenden Ausarbeitung und Ausnußung 
aller durch Luftbild und Photogrammetrie gegebenen Möglichkeiten. Beide, Luftbild und 
Photogrammetrie, stellten ja nahezu die einzigen Mittel zur Lösung der gestellten Aufgaben 
dar. So konnten z. B. die riesigen Räume der russischen Sront auf diese Weise in wenigen 
Tagen aufgenommen werden. 


Nach Kriegsende gingen alle Länder daran, die Kriegserfahrungen gründlich auszuwerten 
und weiter zu ergänzen. Durch den Sortfall der nahezu unbegrenzten finanziellen Möglich- 
keiten des Krieges wurde dabei zwangsweise der Weg gleichzeitiger wirtschaftlicher Aus- 
nutzung der gewonnenen Erkenntnisse beschritten. Vorgebildetes Personal, das den Luftbild- 
gedanken in die breitere Öffentlichkeit brachte, war dadurch genügend vorhanden, daß im 
Kriege sehr viele Photographen in den Bildabteilungen der Slieger-, Luftschiffer- und Ver- 
messungsformationen verwendet worden waren. | 


Den Ausgangspunkt allgemeiner kommerzieller Verwendung bildete das Luftbild im 
Dienste der Reklame und der Ansichtskartenindustrie. Es liegt ja auf der Hand, daß eine 
Original- Luftbildaufnahme irgendeines Werkes, einer industriellen Anlage, einer Sabrik z. B., 
die Größe und Bedeutung des betreffenden Werkes viel besser, sinnfálliger und vor allem 
überzeugender zu illustrieren vermag als eine der bis dahin üblichen Werkzeichnungen. 


Die Luftbildansichtskarten-Herstellung nahm sehr rasch einen beachtenswerten Umfang 
an und trug von allem Anfang nicht unwesentlich zur Entwicklung der großen Photogrammetrie- 
und Luftbildunternehmungen bei, die sich heute natürlich zum weitaus größten Teil in erster 
Linie mit der Herstellung von Luftbildplänen und Luftbildkarten als der eigentlichen Domäne 
des Luftbildes befassen. Abgesehen davon, daß eine ausschließlich terrestrische Gelände- 
vermessung etwa die drei- bis vierfachen Kosten verursacht als ihre Kombination mit der 
Luftbildoermessung, nimmt sie auch so viel Zeit in Anspruch, daß die auf terrestrischem Wege 
hergestellten Karten vielfach bei ihrer Drucklegung schon wieder veraltet sind, wodurch kost- 
spielige und nicht immer zur Gänze durchführbare Korrekturen notwendig werden. Die Luft- 
bildkarte benötigt zu ihrer Sertigstellung nicht nur verhältnismäßig sehr geringe Zeit, sie kann 
auch jederzeit durch nachträgliche Einzelaufnahme bestimmter Veränderungen leicht und billig 
auf dem laufenden gehalten werden und bietet den weiteren Vorteil, daß sie beliebig aus- 
gewertet werden kann, denn sie enthält ja von vornherein die gesamte Geländebedeckung, 
jeden Baum und Strauch, jeden Seldrain, ja sogar die Art der Bodenbewachsung, um welche 
Pflanzen auch immer es sich handeln möge, alles Dinge, über welche uns eine terrestrisch 
vermessene Signaturenkarte natürlich keinerlei Aufschluß geben kann. Ein Bebauungsplan 
muß selbstverständlicherweise andere Angaben bringen als 2. B. eine Entwässerungskarte, 


108 


CECILE MACHLUP, WIEN Aus: Das österreichische Lichtbild, Verlag Heinz & Co. 


Das österreichische Lichtbild, Verlag Heinz & Co. 


Aus 


AUG. GÖLLERICH, LINZ 


ATELIER ELITE, BERLIN 
Auf Superpan-Portratfilm 


O.K.VOGELSANG, BERLIN 
Auf Isochrom - Porträtfilm 


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ERICH BAUER, 
KARLSRUHE 
Werbeaufnahme 


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eine Wassers troßenkarte sieht anders aus als ein Aufforstungsplan, eine Vegetationskarte ist 
grundoerschieden von einer geologischen Karte usw. | 

Während aber bei der ferrestrischen Vermessung die Notwendigkeit besteht, die Arbeiten 
auf das gewünschte Endziel speziell einzustellen, versetzt uns der Luftbildplan, selbstoerstándlich 
auf terrestrischer Grundlage, in die Lage, alle die gewünschten Einzelheiten aus ihm zu ent- 
nehmen und durch deren Bezeichnung und $ortlassen des für den speziellen Zweck Über- 
flüssigen rasch und genau die Signaturenkarte herzustellen. Alles, was bei der terrestrisch 
erstellten Karte erst mühsam einzeln vermessen und interpoliert werden muß, zeigt uns das 
Luftbild in jeder nur wünschenswerten Schärfe und Deutlichkeit, und es genügen wenige auf 
der Erde vermessene, im Luftbild mit aufgenommene Sestpunkte, um das Luftbild mit seinem 
erschöpfenden Inhalt in dieses Sestpunktneß einpassen zu können. 

Dazu kommt, daß sich, aus der Vogelschau gesehen, auch kleinste Kleinigkeiten oft 
überdeutlich gegen ihre Umgebung abheben. So sind z. B. auf dem Luftbild ehemalige, längst 
verschüttete und bewachsene Gräben, überwucherte Bauten und Straßen ohne weiteres fest- 
zustellen, die sich auf dem Boden anscheinend in nichts von ihrer Umgebung unterscheiden. 
Das weiß der Historiker bei seinen Grabungen sehr wohl zu schätzen, denn heute braucht 
er nicht mehr wie früher den Spaten auf gut Glück an einer beliebigen Stelle anzuse&en, nein, 
heute macht er aus unbemannten kleinen Sesselballonen oder Drachen einige Übersichts- 
aufnahmen der ganzen Gegend, in der antike Bauten vermutet werden, stellt dadurch den 
genauen Grundriß der ehemaligen Anlagen fest und beginnt seine Arbeiten an der ihm auf 
Grund des Luftbildes am aussichtsreichsten erscheinenden Stelle. 


Die Schwierigkeiten, die der Geometer in ebenem, dicht bewachsenem oder bebautem 
Gelände durch Sichtbeschränkung findet, sind für den fuftphotogrammeter nicht vorhanden. 
Auch schwer oder ganz unzulängliche Gebiete, wie Sümpfe, Wattenmeere, Urwälder, Wüsten, 
können im Luftbild leicht aufgenommen und vermessen werden. Ja, es ist sogar möglich, 
bis zu einem gewissen Grade Untiefen in Gewässern, den Strömungsverlauf an Küsten und 
in Flüssen durch das Luftbild festzuhalten und genau kartenmäßig zu vermessen. Die vor 
einigen Jahren zwischen Kolumbien und Venezuela ausgebrochenen Grenzstreitigkeiten, die 
fast zu einem Kriege zwischen diesen beiden Ländern geführt hätten, wurden durch Luft- 
aufnahmen des stritfigen, mit unzugänglichem Urwald und Sümpfen bedeckten Grenzgebiet 
in wenigen Monaten auf diplomatischem Wege beigelegt. Grenzoermessungskommissionen, die 
vorher oon beiden Ländern in dieses Gebiet beordert wurden, waren durch Sieber, Krank- 
heiten und die vollkommen unzioilisierten Ureinwohner an der Ausübung ihrer Tätigkeit ver- 
hinderf worden. | 

Die Genauigkeit solcher Lufibildpläne ist bei annähernd ebenem Gelände derjenigen 
terrestrisch oermessener Karten vollkommen gleichwertig. Zur Erstellung von Signaturenkarten 
mit Höhenschichtlinien macht man Aufnahmen mit automatischen Meßbildkammern, die sich 
gegenseitig mit 50—70 9/, überdecken. Je zwei solcher sich überdeckender Aufnahmen er- 
geben, im Stereoskop betrachtet, ein plastisches Bild des Aufnahmegegenstandes. Dieses 
Raumbild wird mit automatischen Auswertegeräten, den Stereokomparaturen, mit einer frei 
im Raum beweglichen Meßmarke abgetastet. Die Meßmarke wiederum ist mit einem Zeichen- 
stift verbunden, der jede ihrer Bewegungen mit absoluter Genauigkeit in beliebig einstell- 
barem Maßstab mitmacht und so auf ein im zugehörigen Stereoautographen befindliches 
Zeichenblatt in kürzester Zeit Grundriß und Höhenschichtlinien des betrachteten, rein optischen 
Geländemodells entwirft. Ja, man kann sogar noch weitergehen und anstatt des Bleistiftes 
ein meißelähnliches Werkzeug mit der Meßmarke verbinden, das aus einer weichen Masse 
direkt das plastische Geländemodell im gewünschten Maßstab herausarbeitet. 

Trotz der Ungunst der Zeit wurde in den letzten Jahren auf dem Gebiet des fuflbildes 
und der Photogrammetrie Großes geleistet, wesentliche Fortschritte erzielt. Die ungemein 
sinnvolle Konstruktion der Rufnahme-, Entzerrungs- und Auswertegeräte ist aber troßdem 
noch lange nicht an ihrem Endpunkt angelangt. Das Ziel, auf die heute für Luftbilder 
schon sehr beschränkten, aber immer noch nicht ganz entbehrlichen terrestrisch vermessenen 
Festpunkte ganz verzichten zu können, ist vorläufig noch nicht erreicht. 

Auf jeden $all stehen dem Luftbildwesen noch vielerlei Möglichkeiten offen, und es 
wäre wohl zu wünschen, daß auch weitere Fachkreise diesem Gebiet etwas mehr Beachtung 
schenken möchten. 


113 


fadiphotograph und Agfacolor- film. 
Von Wilhelm €ifler, Berlin. Nachdruck verboten.] 

War man bisher nur mit einer Plattenkamera in der Loge, ein Sarbendiapositiv her- 
zustellen, ist dies jetzt auch mit einer Rollfilmkamera 6 X 9 cm möglich, denn der Agfacolor- 
film wird nicht nur als Filmpack 6 X 9 cm und 9 X 12 cm für sechs Aufnahmen und als 
Planfilm 9 x 12 cm und 13 X 18 cm als Viererpackung, sondern auch als Rollfilm 6 x 9 cm für 
vier Aufnahmen hergestellt. Das Auswechseln bei Tageslicht und die Unzerbrechlichkeit sind 
Vorteile, die sich besonders bei Aufträgen außerhalb und auf Reisen Glasplatten gegenüber 
besonders geltend machen. $ür den Sachphotographen dürfte hierbei gerade der Planfilm in 
Frage kommen. Farbige Porträts, Reproduktionen von Gemälden, Aufnahmen kunstgewerb- 
licher Gegenstände jeder Art, von Teppichen, Tapeten usw. werden durch den Agfacolor - film 
naturgetreu wiedergegeben. 

Das Material besitzt ein lückenloses Kornraster іп den Farben Rot, Grün und Blau. Diese 
Rasterelemente sind so klein, daß sie mit dem unbewaffneten Auge nicht erkennbar sind. 
Da das einzelne Rasterkörnchen einen Durchmesser von etwa 1/10 mm hat, kommen аш 
ein Quadratmillimeter 10000 und auf einen біт im Format 9 X 12 cm rund hundert Millionen 
Rasterelemente. Auf diesem Raster befindet sich eine für alle Strahlen des Spektrums emp- 
findliche Bromsilberschicht. Bei der Beleuchtung trifft das von dem Objektiv kommende Licht 
zuerst das Raster, da der біт mit der Emulsionsseite nach hinten zu liegen kommt, und 
gelangt erst dann auf die Schicht. Die Rasterteilchen wirken also hier als Silter. Es werden 
blaue Strahlen nur durch die blauen, grüne Strahlen durch die grünen und rote Strahlen 
durch die roten Anteile des Rasters dringen. Die von dem aufzunehmenden Objekt aus- 
gehenden blauen Strahlen werden nur das Bromsilber hinter den blauen Rasterkörnchen be- 
einflussen, während sie von den roten und grünen Teilchen absorbiert werden. €s kann 
sich daher bei der Entwicklung nur dieses Silber schwärzen; hinter den grünen und roten 
filtern bleibt das Bromsilber unverändert. Bei der darauffolgenden Umkehrung im an- 
gesäuerten Kaliumbichromatbade wird das geschwärzte metallische Silber herausgelöst, so 
daß die blauen Anteile des Rasters wieder freiliegen. Setzt man nun den Film dem hellen 
Licht aus und bringt ihn danach in den Entwickler wieder zurück, so schwärzt sich hier das 
übriggebliebene Bromsilber. Dasselbe gilt auch für die Darstellung von Rot und Grün. Selbst- 
verständlich werden auch Mischfarben, wie z. B. Gelb, wiedergegeben. Da sich bekanntlich 
Gelb nach dem additiven Verfahren (Mischung der Lichtstrahlen), mit welchem wir es ja 
hier zu tun haben, aus Rot und Grün zusammensetzt, so werden die gelben Strahlen durch 
die roten und grünen Rasteranteile gehen. Bei dem fertigen Bilde wird das Auge die frei- 
liegenden Teilchen zu Gelb vereinigen. Bei weißem Licht beteiligen sich alle Rasterteilchen 
an der Darstellung. Nach Beendigung des Arbeitsprozesses wird das Bild demnach weiß er- 
scheinen, weil sich Rot, Grün und Blau zu Weiß addiert. 

Sir Aufnahmen bei Tageslicht mittlerer Zusammensegung ist das normale Agfacolor- 
Silter Nr. 20 erforderlich. Bei stark überwiegendem blauen Togeslicht, z. B. im Hochgebirge 
oder bei Reflexion des Sonnenlichtes durch größere Wasser- und Schneeflächen, benutzt man 
das strengere Silter Пг. 21, bei blauarmer Beleuchtung (dunstiger Sonnenschein, Morgen- und 
Abendstimmung oder bei Gegenwart größerer roter Sláchen) das schwächere Silter Nr. 22. 
Bei normaler Raumbeleuchtung durch elektrische Metallfadenlampen ist im allgemeinen 
kein Silter erforderlich. Eine Ausnahme hiervon machen die Nitraphotlampen, bei welchen 
zur Dämpfung der stärkeren Blaustrahlung dieser Lampen das Silter Nr. 30 dient. 

Die Einstellung erfolgt im Gegensag zur Agfacolor-Platte genau wie bei der Schwarz- 
weißphotographie; also entweder nach der Meterskala der Kamera oder auf der normal- 
liegenden Mattscheibe. Zur Ermittlung der Belichtungszeit bei Tageslicht zieht man eine 
Platte oder Film von 189 Sch. heran und multipliziert die gefundene Zeit mit dem Saktor 30, 
wobei das Tageslichtfilter bereits mit einbegriffen ist. Str die Nitraphotbeleuchtung gibt die 
ооп der Osram. Gesellschaft herausgegebene Nitraphot-Belichtungstabelle zuverlässige Hinweise. 
Macht man Aufnahmen bei der üblichen Zimmerbeleuchtung, so hat man die für die gleiche 
Aufnahme mit einem Negativmaterial von 18% Sch. notwendige Belichtungszeit zu verzehn- 
fachen. Das Entwickeln muß wie bei jeder panchromatischen Schicht entweder im Dunkeln 
oder bei dunkelgrüner Beleuchtung (Agfa -Dunkelkammer-Schußfilter Пг. 103 oder 108) vor- 
genommen werden. Eine wesentliche Erleichterung beim Entwickeln bietet die Hellicht- 


114 


— 


= -— — ^ Qe-* 1 ы EA omm x. _ 


Entwicklungsmethode mit Pinakryptol-Gelb. Man badet zunächst das Material im Dunkeln 
in einer Lösung von Pinakryptol-Gelb im Verhältnis 1 : 2000. Die Entwicklung kann dann 
bei rotem Dunkelkammerlicht (Agfa-Dunkelkammer-Silter Пг. 107) erfolgen. Wer den Agfa- 
color-Rollfilm nicht in einem zusammenhängenden Bande, sondern jedes einzelne Bild zum 
Ausgleich geringer Über- oder Unterexpositionen entwickeln will, zerschneidet den Silmstreifen 
an den vorhandenen seitlichen Einkerbungen. Um ein allzu häufiges Befassen des Films 
mit warmen Singern sowie ein Wölben in den Bädern zu verhüten, verwendet man die für 
diesen Zweck hergestellten Spannklammern aus nichtrostendem Stahl. 


Zur Entwicklung bedient man sich eines ammoniakhaltigen Entwicklers oder des 
kompletten Entwicklungssaßes für Sarbenaufnahmen. Die in den Entwicklungssäßen befind- 
lichen Chemikalien sind auch einzeln erhältlich. Zum Selbstansefjen werden besondere 
Rezepte angegeben. Mach 4 Minuten (nach vorheriger Desensibilisierung efwa 5 Minuten) 
nimmt man den $ilm aus dem Entwickler heraus, spült kurz im Wasser ab und bringt ihn 
in das Umkehrbad. Bereits nach einer Minute kann man helles Licht einschalten, oder man 
bringt den Silm ans Tageslicht, um die weitere Behandlung im Hellen fortzusetzen. Die 
Umkehrung ist in 3 Minuten beendet, und der Silm gelangt nach einer Zwischenwásserung 
in fließendem Wasser in den ersten Entwickler zurück. Nach der Schlußwässerung von etwa 
2 Minuten ist der film an einem staubfreien, nicht zu warmen Orte zum Trocknen aufzu- 
hängen. Zur Beschleunigung des Trockenprozesses kann man sich eines Sönapparates be- 
dienen. Ein Begießen der Schicht mit einem Speziallack macht den Silm gegen Witterungs- 
einflüsse und mechanische Verlegungen widerstandsfähiger. 


Der trockene film kann zum Betrachten in einen mif einer ITlattfilmeinlage versehenen 
Papprahmen, der in den Größen 6 x 9 cm und 9 X 12 cm zu einem sehr billigen Preise ab- 
gegeben wird, gesteckt werden. Hierdurch wird das Sarbenphofo erst seine richtige Wirkung 
erhalten. Auch wird für den Silm ein aufklappbares Spiegelbetrachtungsgerät aus Pappe mit 
zwei Einsäßen für 6 x 9 cm und 9x 12cm hergestellt. Soll der film in einem Projektions- 
apparat projiziert werden, so legt man ihn zwischen zwei nicht zu dicke Glasscheiben, die 
mit schwarzem Papier zu bändern sind. 


Um eine richtige Farbwiedergabe bei der Betrachtung zu erzielen, ist es empfehlens- 
wert, den Agfacolor-Silm möglichst bei demselben Licht, bei dem die Aufnahme stattfand, 
zu betrachten. Benutzt man z. B. zur Durchleuchtung eines bei Tageslicht hergestellten 
Films eine an roten Strahlen reiche Lichtquelle, so ergibt sich naturgemäß eine unrichtige 
Farbwirkung, denn die blauen und violetten Anteile im Bilde erscheinen flau, die rötlichen 
Anteile dagegen zu kräftig. Man wird daher zweckmäßig auch bei der Projektion eine 
Lichtquelle verwenden, deren spektrale Zusammense&ung derjenigen des bei der Aufnahme 
verwendeten Lichtes möglichst nahekommt. 


€s sei noch darauf hingewiesen, daß es nicht ratsam ist, die farbigen Diapositioe als 
Sensterbilder zu verwenden, da sich die Sarben nach kurzer Zeit im Tageslicht verändern. 


Aus der Werkstatt des Photographen. 
Die Tónung von Diaposifiven 

durch die bekannten Eisenblau-, Uran- und Kupfertonbäder befriedigt nicht immer. Man 
sollte nun meinen, daß der in jüngerer Zeit ausgebaute Beizfarbenprozeß mehr Zuspruch ge- 
funden hätte, zumal dessen Ausübung einfach ist. Das Verfahren scheint jedoch noch nicht 
genügend bekannt zu sein. Der Prozeß beruht darauf, daß das Schwarzweißdiapositiv ge- 
bleicht wird bzw. einen Beizgrund erhält, daß hiernach die Einfärbung des Bildes (je stärkere 
Beizung, desto größere Sarbannahme) erfolgt. 

Cumiere liefert das nötige Material in einem Karton, bestehend aus einer Glastube mit 
den Chemikalien für das Beizbad und drei Slaschen mit Sarbstofflósungen. Da die Zusammen- 
setzung geeigneter Beizbäder bekanntgegeben ist, entsprechende Sarbpulver durch die Agfa 
(in 5-g-Päckchen) zu beziehen sind, so kann man sich die einzelnen Lösungen der Billigkeit 
halber auch selbst bereiten. Eine besonders gute Vorschrift für das Bleich- und Beizbad gab 
J. H. Christensen wie folgt: Kupfersulfatlösung 2:10 15 ccm, Rhodankaliumlösung 1:10 
15 ccm, Kaliumzitratlósung 1:10 44 ccm, Eisessig 2 ccm. 


115 


Die Diapositioe sind vor dem Bleichen, sofern sie nicht frisch gefertigt vorliegen, 20- 
nächst kurz in Wasser einzuweichen. Bezüglich der Belassung im Bleichbad findet man 
sehr lange Zeitspannen angegeben, die aber zu vermeiden sind, denn sie führen zu störenden 
Reliefbildungen. Schon !/,— 1 Minute genügt, und selbst für intensivere Färbung ist kaum 
über 2 Minuten hinauszugehen. Über die jeweilige Bleichungsdauer, die ja von den ge- 
wünschten Sarbennuancen abhängig ist, wird man sich bald im klaren sein. Zu beachten 
ist aber, daß bei zu niederer Temperatur des Bades der Prozeß wesentlich langsamer ver- 
läuft und zu zweifelhafter Sarbannahme führt. Man halte das Bad auf etwa 159 C. Die 
grünblaue Beizlösung kann, in verkorkter flasche aufbewahrt, wiederholt benutzt werden. 
Nach der Bleichung sind die Diapositioe 2 Minuten unter flie&endem Wasser oder 15 Minuten 
in Schalen bei etwa fünfmaligem Wechsel zu wässern. Hiernach folgt die Färbung. 

Benutzt man die käuflichen Sarblösungen von Lumiere (Gelb, Rot und Blau), so wäre 
es unrationell, diese in der vorliegenden Konzentration zu verwenden. Man verdünne die- 
selben mit dem vier- bis fünffachen Volumen Wasser (die blaue Lösung noch stärker, acht- 
bis zehnfach). Man kann so die Sarbengebung auch besser abstimmen. Mit so verdünnten 
Lösungen ist die Einfärbung, je nach den Mischungsverhältnissen und dem gewünschten Grad, 
in 2—4 Minuten vollendet. Die Blauanfärbung geht schneller vonstatten als die in Gelb 
und Rot. Mach der Tónung erfolgt die Wässerung, bis der Gelatinegrund klar liegt. Der 
blaue Sarbstoff wäscht sich am langsamsten aus der Gelatine aus, der gelbe am schnellsten. 
Eine übermäßige Wässerung schadet den Halbtönen (ein etwa verbleibender geringer Blau- 
stich stört im übrigen nicht). Zur Wirkungsweise der Sarbmischungen seien einige Beispiele 
gegeben. Gleiche Teile Rot und Blau liefern ein Violett, das um so wärmer (rotstichiger) 
gestimmt werden kann, je mehr Rotlösung nachgefügt wird. Umgekehrt gibt Erhöhung des 
Blaugehalts ein kälteres Violett. Mischungen von Gelb- und Blaulösung führen uns zu ver- 
schiedentlichen grünen Tönen; Zusatz von Rotlösung leitet zu Olio und Sepia über. Eine 
Mischung von 10 Teilen Rot, 2—5 Teilen Blau, 5 Teilen Gelb bringt uns schöne Sepiatöne. 

Statt der Benutzung von Sarbmischungen kann man auch die Sarbldsungen einzeln 
hintereinander einwirken lassen, was jedoch die Erzielung bestimmter Tönungen erschwert. 
Dagegen lassen sich ungewünschte Färbungen durch Nachbehandlung mit angebrachten Sarb- 
lösungen umgestalten und verbessern. Abgesehen von den Arbeiten mit gewissermaßen drei 
Grundfarbstoffen, sind noch viele Farbstoffe für sich verwendbor. Aus der großen Reihe der 
von Lumière ausprobierten seien hier einige vermerkt: Bismarckbraun, Malachitgrún, Áthylgran, 
Methylenblau, Capriblau, Nilblau, Indulinscharlach. Man seht hiermit !/, prozentige Lösungen an, 
unter Zusa$ von 1 ?/, Essigsäure. Die Sarbbäder sind lange brauchbar, doch ist zu bedenken, 
daß ihr Sarbstoffgehalt mit der Zeit unsicher wird. Bei der billigeren Selbstherstellung der 
Lösungen ist übertriebene Sparsamkeit auch nicht angebracht. Zum Schluß sei nochmals daran 
erinnert, auf angemessene Temperierung der Bäder (Zimmerwärme) zu achten. P. H. 


Zu den Abbildungen. 


Das frische Kinderportrát von Genja Jonas ist nicht nur wegen des so natürlichen 
Augenblicksausdrucks, sondern auch wegen seiner guten Raumwirkung hervorzuheben. Auch 
Leni Werres und August Göllerich zeigen nicht alltägliche Auffassungen, groß gesehen 
und unkonventionell. Die Aufnahme des letzteren danken wir wie auch die bildhaft empfundene, 
in sonnigem Raum aufgenommene Komposition „Mutter und Kind“ von Cecile Machlup, 
dem Herausgeber des eben erschienenen Jahrbuchs „Das österreichische Lichtbild“. Wır bringen 
sie hier als gute Bilder und anregende Proben aus dem empfehlenswerten, mit 125 Bildern 
und verschiedenen Textbeiträgen ausgestatteten Werk. 

Neben den Kinderbildern, zu denen noch die Aufnahme von Angenendt mit dem 
wirkungsvollen Vorhang gehört, finden wir noch einige Brustbilder von Guggenberger, 
Besser, van Bosch und Bauer, die als Bildausschnitte, zum Teil unter Mitwirkung der 
Hände bei knappster Begrenzung, als Beleuchtungsstudien und in der Haltung interessant sind, 
zwei im Lichteffekt gleiche und helle Bilder von Winger-Berthold und zwei Beispiele, die 
zur Verwendung farbenempfindlicher Portrátfilme anregen sollen, über deren Vorzüge öfters schon 
im „Atelier“ geschrieben wurde. Endlich folgen ein paar recht effektoolle Werbeaufnahmen 
ооп Bauer, die wieder das Interesse unserer Leser auf dieses Gebiet lenken sollen, auf das 
wir im nächsten Jahrgang mit Unterstüßung erfolgreicher Sachmánner näher eingehen werden. 


116 


^ч. 


DAS ATELIER 
DES PHOTOGRAPHEN 


Schriftleitung: f. Matthies - Masuren 


40. Jahrgang 1933 


Druck und Verlag von Wilhelm Knapp, Halle (Saale) 


[nhalfsoerzeichnis. 


Textbeitráge. 


Rbdecken der Negative 110. 

Aktuell, С. Fritz, Was ist — ? 66. 

Rrbeitsgemeinschaft englischer Bilderkorrespondenzen 
86 


Rstronom, Der photographische — 10. 
Rusdrucksmittel, W. May, — im Photobildnis 106, 122. 
Ausstellung, — im Erfurter Museum 74. 

— „Die Kamera“ in Berlin 100, 114, 115, 131, 144. 


Beleuchtung, Н. Goebel, Eine neue €inheits— 62. 

O SSO H. Goebel, Die zweckmäßige — 
8, 1 

Belichtungsmesser, Anwendung optischer — 110. 

Bildbeilagen, Zu unseren — 12, 26, 38, 50, 62, 87, 
100, 112, 130, 143, 156. 

Bild - Berichterstatter - Gewerbe, Zusammenschluß im 一 
85 


Bilderredakteur. W. Schade, Der — hat das Wort 69, 
92, 108. 

Bildnisphotographie, Н. Sreytag, Wohin steuert die —? 
145. 


Bildreporter, W. Stölting. — und was dazu gehört 
31. 56, 124, 139. 

von Blücher, $. A., Theaterphotographie 103; Moment- 
photographie aus dem Zuschauerraum 120, 142. 

Brandenburger Tor, W. Schade, Dreimal — — 115. 

Brandt, Paul, Schnappschüsse 129. 

Byk, Suse, Zur Entwicklung der modernen Porträt- 
photographie 53. 


Ecke, Aufnahmen um die — 99. 

€mmermann, Curt, Schnelle Anfertigung von Re- 
produktionsvorlagen 89. 

Empfindlichkeit, —ssteigerung photographischer 
Schichten im Blau 11 

Entfernungsmesser an der Pressekamera 86. 

Entwicklung, — in Stufen 70. 


Sarbenphotographie, Rahts, — 20; IN. Zeller, Zu — 62. 

Slugzeug, Kein Photogerát in — еп 112. 

$ragea aus der Praxis 26, 50, 130. 

Sreytag, Heinrich, Der Weg zum Reklamephoto 30, 
Bildnisaufnahmen mit dem Jdentoskop 109; Wie 
bringt der Photograph Schrift im Werbephoto an? 
137; Wohin steuert die Bildnisphotographie? 145. 

Fritz, E, Ich werde Pressephotograph 17; Was ist 
aktuell? 66. 

$uld, Trudy, Wie ich zur Theaterreportage kam, 4. 


Gebrauchswagen des Photographen, Н. Goebel, — 75. 

Gerichtssaal, Photographieren im — 38. 

Gesellschaft Deutscher Lichtbildner, Tagung der — 72. 

Olauer, Max, Ein Bildbericht vom Orenzland Ober- 
schlesien 94. 

Goebel, Gerhart, Reportage 1; Die zweckmäßige Be- 
leuchtungsanlage 8, 16; Eine neue Einheitsbeleuch- 
tung 62; Technischer Aufbau des Vergrößerungs- 
gerátes 63; Der Gebrauchswagen des Photographen 
75; Licht-Staffelung 149 

Gold- und Silberschmiedcarbeiten, A. Schlegel, Auf- 
nahmen von — 14. 


Hanneke, P., Umkehrbáder 57; Die Photoindustrie 
auf der Ausstellung „Die Kamera“ 144. 

Heyne, W, Ungenutzte Möglichkeiten lichtstärkster 
Kleinbildkameras 146; Uber Tiefenschärfe 157. 


Historiker des Augenblicks, R. Marben, — 152. 

Hitler und Hindenburg, Ich photographiere — 118. 

Hochglanz, A. Karsten, Das Photobild mit — 12. 
Bleistift- Retusche von —Ropien 156. 

Hofinger, Wilhelm, Der Standphotegraph 127. 


Jahrgang, Zum vierzigsten — 1. 


Jdentoskop, Н. Freytag, Bildnisaufnahmen mit dem 一 
1 


Industrieaufnahmen, б. Seeber, Noch einmal — 47, 61; 
— mit der Rolleiflex 111. 


Karsten, A., Das Photobild mit Hochglanz 12. 

Kaspar, H., Das Wissen des Photographen 54; Was 
ist eigentlich Werbung? 91. 

Kleinbildkameras, W. Heyne, Ungenugte Möglichkeiten 
lichtstärkster — 146. 

Kleinbildphotographie, R. Wiegleb, — 7, 22, 45. 

Kleinkamera, 0. Molsberger, Der Berufsphotograph 
und die — 59. 

Knapp-Entwicklung und Unterbelichtung 110. 

Koch, Helmut, Jch photographiere Hindenburg und 
Hitler 118; Schlagwetter 140. 

Kofferlampe, Stölting, Schaltskizze für — 142. 

Kunstobjekte, H. W. May, Aufnahmen von —n für 
den Werbegebrauch des Kunsthandels 39. 

Kurzbein, Heiner, Zur Ausstellung „Die Kamera" 
in Berlin 115. 


Lehmann, O., Eine neue Lichtquelle für Vergrößerungs- 
apparate 129. 

Leica, Neues von der — 155. 

Ceserkreis, Aus dem — 25. 

fichthófe, Beseitigung von —n 155. 

Licht- Staffelung, H. Goebel, — 149. 


Marben, Rolf, Historiker des Augenblicks 152. 

Markl, Alfons, Teilbehandlung von Negativen 156. 

п und Apparate, Р Wiegleb, Aufnahme von 
— п 28. 

May, W., Die Sportbildreportage 34; Aufnahmen von 
Kunstobjekten für den Werbegebrauch des Kunst- 
handels 39; Um das Photoporträt 51; Ausdrucks- 
hilfsmittel im Photobildnis 106, 122. 

Metaphot 88. 

Modephotographie, H. Seewald, — 77. 

Molsberger, 0., Der Berufsphotograph und die Klein- 
kamera 59. 

Momentphotographie, van Blücher, — aus dem 
Zuschauerraum 120, 142. 


Negativ, A. Markl, Teilbehandlung von —en 156. 
Niklitschek, A., Lothar Rübelt, der erfolgsreichste 
Wiener Sport- und Pressephotograph 19. 


Oberschlesien, M. Glauer, Ein Bildbericht vom Grenz- 
land — 94. 
Ostern, A. Schlegel, — 27. 


Panmaterial, Neues — 155. 

Pecsi, J., Zum Werbephoto 62. 
Personenbildnis, Spórl, Vom — 134. 
Platten, Bezeichnung von — 156. 


Porträt, M. May, Um das Photo— 51; S. Byk, Zur 
Entwicklung der modernen — photographie 53; 
Über deutsche — photographic 84. 


ل د ا — س 2 — 


Pressenegative, Schnellste Anfertigung von —n 79. 

Presseplatten 87. 

Pressephotograph. f. Fritz. Jch werde — 17; — und 
orthochromatische Photographie 98. 

Proxar-finse, Vergrößerungen mittels — 111. 


Rahts, Sarbenphotographie 20. | 

Reichsverband Deutscher Bild-Berichterstatter, Mit- 
teilungen des — 101, 113, 130, 143. 

Reklame, Möalichkeiten und Wege der Photographie 
in der — 82. | 

Reklamephoto 87; Н. Sreytag, Der Weg zum 一 30. 

Reportage, H. Goebel, — 1; W. Schade, Wie muß 
eine Photo — aussehen? 69; —kameras 98. 

Reproduktion, Sarbige —en 100. 

Reproduktionsvorlagen, C. Emmermann, Schnelle An- 
fertigung von — 89. 

Roßmann, Wilhelm, Die Ausstellung „Die Kamera“ in 
Berlin 131. | 

Rübelt, A. Niklitschek, Lothar —, der erfolgreichste 
Wiener Sport- und Pressephotograph 19. 


Schade, Wolfgang, Der Bilderredakteur hat das Wort 
69, 92, 108; Dreimal Brandenburger Tor 115; 
Bereit sein ist alles! 135. 

т Н. Koch, Rufnahmen von — katastrophen 

0. 


Schlegel, Arthur, Aufnahmen von Gold- und Silber- 
schmiedearbeiten 14; Ostern! 27. 

Schnappschüsse, P Brandt, — 129. 

Schneider, Elfe, Zoophotographie 43. 

Schnelltrocknung von бітеп mit Alkohol 156. 

ΠΠ und Bildberichterstattung, К. Seidel, 
— 128. | 

Seeber, Guido, Noch einmal Industrieaufnahmen 47, 61. 

Seewald, Hanna, Modephotographie 77. 

Seidel, Karl, SchrifHeitergeseg und Bildberichterstat- 
tung 128. 

Sensationelle Photos, W. Schade, — 135. 

Sonnenblende auch bei Regen 87. 

Sonntagsruhe und Bildberichterstattung 86. 


Verzeichnis der Abbildungen im Text. 


Angenendt, Erich, Photomontage 71. 
Ausstellung, Aufnahmen von der — „Die Kamera“ 
131, 132, 133. 


Baatz, Gerd, Autounfall 81. 

Bauer, Erich, Werbephotos 13, 83. 

一 — Vom Spatenstich in Frankfurt a. M. 134, 135. 

Bayerische Staats- Lehranstalt für Lichtbildwesen, 
Werbephoto 113. 

von Blücher, $. A., Theateraufnahmen 103, 104, 105, 
106, 120, 121. 

Borchert, Erich, Historischer Tag in Potsdam 67. 

— — Sronleichnams-Prozession in Berlin 77 

— — fandung des Ozeanfliegers Post 99. 

Byk, Suse, Porträts 52, 55. 


Diet, Walthari, Kunstgewerbliche Aufnahmen 49. 
von Estorff, Seinde des Ozeandampfers 107. 


Selici, Unterzeichnung des Konkordats in Rom 96. 
Freytag. Heinrich, Materialphoto und Komposition 


erbephotos 82, 85. 
— — Plakat zur Winterhilfe 154. 


Spoerl, Vom Personenbildnis 134. 
Sportbildreportage, W. May, Die — 34. 
Sportphotograph, von Witzleben, Der 一 33. 
Staatsgefáhrliches Photographieren 38. 
Standphotograph, W Hofinger, Der — 127. 
Stempelaufdruck beim Versand von fichtbildern im 
innerdeutschen Drucksachenverkehr 86. 
Stólting, Walter, Bildreporter und was dazu gehört 
31, 56, 124, 139; Schaltskizze für Kofferlampe 142. 
Strichklischees nach Photographien 87. 


Theaterphotographie, $. A. von Blücher, — 103, 120, 
142; W. Heyne, Über Tiefenschärfe im Artikel über — 
157 


Theaterreportage, T. $uld, Wie ich zur — kam 4. 


Umkehrbäder 37. 

Umkehrproblem 38. 

Unbemerkte Aufnahmen 100. 

Unsichtbare Strahlen, Die Photographie und die —n — 
48. 


Vacublitz, Mit dem Verschluß gekuppelter — 154. 

Vergrößerung, б. Goebel, Technischer Aufbau des 
—sgerdts 63; €. lehmann, Eine neue Lichtquelle 
für —sapparate 129. 


Werbephoto, Das — 13; |. Pecsi, Zum — 62; 
Н. Freytag. Wie bringt der Photograph Schrift im 
— an? 137. 

Werbung, H. Kaspar, Was ist eigentlich —? 91. 

Wettbewerb, Photo— der Deutschen Gesellschaft für 
Goldschmiedekunst 10. 

Wiegleb, P., Kleinbildphotographie 7, 22, 45; Auf- 
nahme von Maschinen und Apparaten 28 

Winter - Hilts - Plakat, Ein — entsteht 154. 

Wissen, H. Kaspar, Das — des Photographen 54. 

von Witzleben, Der Sportphotograph 33. 


Zeller, M., Zu „Farbenphotographie“ 62. 
Zoophotographie, €. Schneider, — 43. 


Fritz, I. Interphoto 37. 

— — Vom Daviscup+1932 33. 

— — Deutsche Schule auf Sumatra 68. 
— — Deutscher Vortrag in China 69. 
Fuld, Trudy, Aus „Dreigroschenoper“ 4. 
Aus „Rivalen“ 5. 

一 一 Aus „Wildente“ 5. 


Gayk, Sranz, Hitler- Aufnahmen 123. 

Glauer, Max, Bilder aus Oberschlesien 94, 95, 96. 
Goebel, G., Walter Bloem im Ballsaal 3. 

— — Vom Start des A.D.A.C.-Rennens 3. 


Hajek-Halke, Photomontage als Werbephoto 101. 
Henschke, Hans, Sliegerrennen auf Holzbahn 112. 
Homann, Willy, Aufnahme mit Vacu-Bli 127. 


Jacobsen, Willi, Vom Stuttgarter Turnfest 89, 90. 


Koch, Helmut, Hindenburg und Hitler 118, 119. 

— — Schlagwetter-Katastrophe 140, 141. 

Kodak AG., Stilleben 25. 

Köhler, Kölner Bartmannkrug 40. 

Krajewsky, M., Kunstgewerbliche Aufnahmen 10, 11. 


Molsberger, O., Aufnahmen mit Vacu-Blit 60, 61. 
— — jn der Schwimmhalle 60. | 


Olsen, Ole, Reportage 2. 

Pusen, H., Sütterung im Tierkinderzoo 23. 

Reportage, Reichswehrkonzert und Seuerwerk in 
Berlin 97. | 

— Sturz beim Dirt-Track-Rennen in Paris 98. 

— Turnen erhält jung 127. 

Rübelt, Lothar, Pressephoto 19. 


— — Tanzpose 20. 
— — Skiläufer 21. 


Sangermann, Hände einer Kunstgewerblerin 46. 
Scherl, Dreimal Brandenburger Tor 116, 117. 

— Bildreportagen 136, 137, 153. 

Schmölz, H., Maschinenraum in einem Krankenhaus 47. 


Verzeichnis der Tafelbilder. 


Rngenendt, € , Doppelbildnis, Heft 1. 


Bähr, Karl, Mutter und Kind, Heft 3. 

Bauer, Erich, Vom 1.TIS.-Jugendtag in Karlsruhe, 
Pfadfindertreffen in Budapest, Heft 9. 

Bayerische  Staatslehranstalt für Lichtbildwesen, 
Übungsaufnahmen, Heft 9. 

von Blücher, $. R., Theateraufnahmen, Heft 9, 10, 11. 

Borchert, Erich, Bildberichte vom 1. Mai, Historischer 
Tag in Potsdam, Maifeier in Sinkenkrug, Heft6; Blick 
vom Funkturm, Dresdner Artillerie in Berlin, Heft 7. 

Borsig, Atl., Konzert beim Nürnberger Reichspartei- 
tag, Heft 9. 

von Bucooich, M., Sastnacht, Heft 2. 

Byk, Suse, Mutter und Kind, Heft 5. 


Cannizzi, Werbephoto für Likör und Parfüm, Heft 12. 
Coubillier, Cug., Porträt des Oberbürgermeisters, Heft 4. 


Dauling, Weibliches Portrát, Heft 3. 


Ehrlich, Kinderaufnahmen, Heft 4. 
Erfurth, Hugo, Werbephotos, Heft 1; Stahlhelmer, 
Heft6; Mutter mit Kindern, Deutsches Mädel, Heft 10. 


Siedler, $., Portrátaufnahmen mit orthochromatischem 
und panchromatischem Silm und Nitralicht, Heft 2. 

Sláter, Hubert, Porträtstudien, Heft 2; Porträt Hanni 
Gerdau, Heft 11. 

Sreytag, H., Material und Werbephoto, Heft 3; Werbe- 
photos, Heft 7; Jdentoskop- Aufnahmen, Heft 9. 

Fritz, L., Rugby-Spielszene, Heft 3. 

Fuld, Trude, Aus „Donnerstag, 17. April“, Rus „Wild- 

ente“, Aus „Raubnacht“, Heft 1. 


Gallas-Braun, Speerwerferin, Heft 8. 

Gerling, R., Holländerin, Heft 5; Dame am Tisch, 
Heft 6; Porträts, Heft 7; Samiliengruppe, Heft 12. 

Glauer, Max, Herrenbildnis, Heft 7; Schloß Turawa, 
Holzkirche in €llguth-Turawa, Oberschlesischer 
Arbeiter, Srau aus Jellowa, Heft 8. 

Grainer, Sranz, Damenbildnis, Heft 6. 


Hahn-Hahn, Kinder in der Badewanne, Heft 8; Ein 
Weihnachtsbildnis, Unter dem Christbaum, Heft 12. 

Hege, Kurt, Porträt, Heft 8. 

Holdt, Hans, Herrenporträt, Heft 4. 


Schneider, Elfe, Aufnahmen aus dem Berliner Zoo 
43, 44, 45. 

Seewald, Hanna, Modephotographie 78, 79. 

van der Smissen, $r., Gemäldereproduktion 39. 

Staatsschule für Handwerk und angewandte Kunst, 
Weimar, Schrift im Werbephoto 138, 139. 

Stólting. Jbo, Milchkontrolleure 57. 

— — Russische Emigrantenkinder 58. 

Stölting, Walter, Milchprobe 56. 

一 Leica -Blißeinrichtung 59. 

Stuttgarter Sachphotographen, Arbeitsgemeinschaft 
der —, Stuttgarter Turnfest 89. 


Wehrle, Elisabeth, Modephotographie 78. 

Wimmersperg, Heinrich, Rusbesserung von Straßen- 
bahnschienen 68. 

von Witzleben, Maifeier auf dem Tempelhofer Seld 67. 


Zäpke, Aus dem Alkazar in Hamburg 80. 


Jacobsen, Willi, Sonnenwendfeier, Einweihung der 
Reichsführerschule, Heft 7; Reichspräsident und 
Kanzler, Heft 8. 


Kessel, Jos., Liebende, Geschwister, Heft 4. 


fazi, Porträts, Heft 1, 9. 
Cendvai-Dircksen, Porträt, Heft 7. 


Malina, J. 8., Vom Kindertheater in Rom, Heft 11; 
In der Kirche, Heft 12. 

Marhovich, Piroska, Studienaufnahmen, Heft 3. 

Müller, Anton, Beim Saßpichen — Wasserball, Heft 5. 


Nakayama, S., Tochter, Mutter, Heft 1. 
Nicolai, Christian, Mädel vom Erntedankfest, Seier- 
abend in der Siedlungsschule, Heft 11. 


Pécsi, Werbebild für Puder, Heft 3; Werbephotos, 
Heft 4, 5; Sonneneffekt, Werbeaufnahme, Heft 5; 
Portrát, Heft 8. 

Person, Alfred, Beleuchtungsstudie, Tänzerin, Heft 5. 

Pfankuch, G., Werbephotos für Zigaretten, Heit 12. 


s e 

Reinke, Hans, Hitlerjugend, Heft 10; Báuerinnen vom 
Erntedankfest, Vom Erntedankfest, Akademische 
Jugend im Sport, Heft 11. 

Reportagen, Der segnende Papst, Heft 12 

Róhr, Robert, Harfenspielerin, Portrátstudien, Heft 2; 
Reichswehr Heft 8. 

Rübelt, Lothar, Sport- u. Reportageaufnahmen, Heft 2. 

ΝΤ August, Automobil-Werbeaufnahmen, 

eft 8. 


Schensky, $, Helgolánder Schiffer, Heft 5. 

Schneider, €., Aus dem Zoologischen Garten, Heft 4. 

Schulte, Liesel, Studienaufnahme, Heft 3. 

Secco d'Aragona, Sorelle, Heft 12. 

эша Hanna, Porträts, Heft 6; Modephotographie, 
eft 7. 

Siemssen, Hans, Kinderköpfe, Heft 6. 

Sportphotographie, Heft 7. 

Stein, Paul, Blick auf Ehrenbreitstein, Heft 6. 


Walther, Hedda, Mutter und Kind, Heft 11. 
Wehrli, €., Studienaufnahme, Heft 3. 
Wolff, Paul, Jdce zu einem Werbephoto, Heft 10. 


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S. NAKAYAMA, OSAKA 


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TRUDE FULD, MÜNCHEN Reportage aus „Donnerstag den 17 April" (Kammerspiele) 


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WERBEPHOTOS 
HUGO ERFURTH, G.D.L.. DRESDEN 


Zum vierzigsten Jahrgang 


Mit dem vorliegenden Heft beginnt der 40. Jahrgang unserer Zeitschrift. Die lange Reihe der er- 
schienenen Bánde gibt nicht nur ein Bild von der sich in diesem Zeitraum nach allen Richtungen hin 
entwickelnden Photographie, sie illustriert auch im besonderen die Tátigkeit und Leistung des 
Berufs- und Portrátphotographen, der bis zum Kriege etwa unter Beibehaltung überlieferter Prak- 
tiken ein hinreichendes Auskommen hatte. Es wird kaum eine bessere Quelle zum Studium des 
Photobildnisses und dessen Veränderung durch neue Mittel oder durch Zeitgeschmack geben als 
die nach vielen Tausenden záhlenden Abbildungen in unserer Zeitschrift. 


Und diese Veránderung ist leicht zu verfolgen. Nicht lange sehen wir den Berufsportrátisten jene 
durch scheinbar geheiligte Regeln und Gebráuche leichten Erfolge friedlich auskosten. Bald be- 
ginnen sich Erkenntnisse auszuwirken, die schließlich den ganzen Aufbau des Berufs ins Wanken 
bringen. Dem Schein wird die Wahrheit, dem Gestellten das Natürliche, Lebendige, dem Künst- 
lichen der Realismus der ehrlichen Photographie gegenübergestellt, und diese Erkenntnisse ge- 
winnen die Oberhand. Würden nicht die verheerenden wirtschaftlichen Verhältnisse allen, nicht 
gerade lebenswichtigen Betrieben so furchtbar zugesetzt haben, hätte gewiß auch noch heute der 
zeitgemäß eingestellte Berufsporträtist eine gesicherte Existenz. 


Allerdings gehen die Erkenntnisse weniger von den Fachphotographen aus. Sie kommen von 
außen her, von Malern, Liebhabern der Photographie, Kunstfreunden, Literaten, und bald wird 
die neue, die „fotografie der gegenwart propagiert, von der das immerhin gehemmte Bildnis aus- 
geschlossen erscheint. Auch diese Auffassung wird sich mit der Zeit als der Korrektur bedürftig 
erweisen. Gewiß bleibt nur, daf sich durch die Entwicklung der photographischen Technik, durch 
die Leistungen auf dem Gebiet der Optik, der Aufnahmeschichten, der Apparaturen die Möglich- 
keiten photographischen Schaffens enorm erweitert haben, und daß der wahre Fachmann heute 
die Veränderung seiner Lage erkennen тий. 


Und auf diese Veränderung wird auch der neue, der 40. Jahrgang unserer Zeitschrift eingestellt. — 
Er wird das Wesentliche der Porträtphotographie auch weiter berücksichtigen, daneben aber sehr 
viel deutlicher als vorher alle Anwendungsgebiete der Photographie, besonders aber die der 
Reportage, der Werbung, der Illustration, Reproduktion und auch die technischen 
Mittel, welche dafür erforderlich sind. Um aber zu werden, was er möchte, nämlich ein wirklich 
zuverlässiger Helfer und Berater, bittet die Schriftleitung um rege Anteilnahme und Mitarbeit. 


Re рога ge von Gerhart Goebel 


Vor einem Jahrzehnt befand sich die Bildbericht- 
erstattung auf einem ähnlichen Totpunkt wie heute 
die Portrütphotographie, Die traditionelle „Presse“ 
Kamera der damaligen Zeit war die „Nettel - Deck- 
rullo“ 13 X 18 mit Schlitzverschluß und Tessar 6,3, 
bestenfalls 4,5. Verlangt wurden von den Redaktionen 
nur gestochen scharfe Kontaktabzüge 13 Х 18 oder 
18 X 24, in erster Linie Aufnahmen aktueller Tages- 
ereignisse. Die Zahl der berufsmäßigen Bildjourna- 
listen war verhältnismäßig gering. Die Leute machten 
gewöhnlich bei einem Illustrationsverlag eine regel- 
rechte Lehrzeit durch, indem sie zunächst für ihren 
Meister die Leiter trugen und ühnliche Handlanger- 
arbeiten verrichteten, um nach und nach in allen 
Zweigen der Pressephotographie ausgebildet zu wer- 
den. Die durch den Krieg stark gefórderte Entwick- 
lung der Kleinkamera wurde von den damaligen Be- 
rufsreportern wenig beachtet. So kam es, daß die 
ersten Momentaufnahmen von der Bühne, von politi- 
schen Konferenzen, aus dem Bankettsaal, ,, Aufnahmen, 
wie sie bisher nie gelungen waren", von Amateuren 
mit der damals aufkommenden lichtstárksten Kamera 
der Welt, der „Ermanox 1,8", gemacht werden konn- 
ten. Daß solche Sensationsaufnahmen ohne Blitzlicht, 


womöglich noch bei Lampenlicht, mit 1000 RN und 
mehr je Bild (!) honoriert wurden, sei nur nebenbei 
erwähnt. Die Vorherrschaft der 13 X 18-Kamera war da- 
mit gebrochen. Plötzlich konnte man bei den Zeitungen 
auch Vergrößerungen, sogar von den verhältnismäßig 
unscharfen 4,5 X 6-cm-Ermanox-Platten auf 24 X 30 


„reproduzieren. Guter Wille, Spritzretusche der Posi- 


tive und Verbesserungen im Autotypieverfahren 
machen heute aus dem unschärfsten Kinofilmbildchen 
einen brauchbaren Druckstock 13 X 18. Trotzdem 
hat es fast zehn Jahre gedauert, bis die konservativen 
Berufsreporter zum Kleinformat übergegangen sind, 
eine Zeit, die von elastischeren Amateuren aller 
Berufe wacker ausgenutzt worden ist.  Rechts- 
anwälte, Arzte, Techniker, Schneider, Studenten, 
Schüler, wer immer eine Kamera hatte, „photogra- 
phierte für die Presse“. Wenn nur die Aufnahmen 
„bisher nicht für möglich gehalten“ wurden, so kaufte 
man sie fast unbesehen. Als endlich auch die Berufs- 
leute die Vorteile der Kleinkamera und der panchro- 
matischen Platte begriffen hatten, da war es fast zu 
spat. Denn die Zahl der Gelegenheitsreporter 
hatte sich mit der zunehmenden Arbeitslosigkeit er- 
schreckend vermehrt: Zu den großen Automobil- 


1 


b... —— 


Ole Olsen, Essen, Reportage. 

Diese Aufnahme bringt das Unglück in deutlicherer Form 
zur Geltung als die seinerzeit veröffentlichten Bilder, die 
nur die abgestürzte Maschine zeigten. 


rennen des A.D. A. C. müssen heute bereits weit über 
100 offizielle Photographenbinden ausgegeben werden; 
wenn man die Zahl der Knipser unter den Zuschauern 
hinzurechnet, kann man sich etwa ein Bild von der 


Absatzmöglichkeit der eigenen Photos machen. Gewiß | 


kann man einen Wagen im vollen Tempo nur mit 
einer guten Schlitzverschlußkamera „kriegen“. Aber 
die meisten Schriftleitungen legen heute den Haupt- 

wert auf originelle Genrebilder und Schnappschüsse, 
die man schlechterdings mit jeder Kamera aufnehmen 
und auch bei den entsprechenden „Beziehungen“ los- 
werden kann. 
Hier liegt das Problem für den Berufsphotographen, 
der sich auf die Bildberichterstattung verlegen will: 
Er muß bessere Bilder als der Amateur machen, und 
er muß diese auch schneller liefern. Die Aufgabe 
kann er nur lösen, wenn er auch über die leistungs- 
fähigere Kamera und über die bessere technische Aus- 
rüstung verfügt als der Gelegenheitsreporter. Wenn 
er nicht nur die photographische Technik (die so- 
wieso!), sondern auch die Technik der Photographie 
vollkommen beherrscht, Wenn er imstande ist, für 


Spezialaufgaben auch Spezialapparate und Spezial. 
vorrichtungen zu ersinnen, die ihm die Lösung 
dieser Aufgaben erleichtern oder gar erst ermög- 
lichen. Oft bedarf es gar keiner besonderen Er 
findung": Die meisten Geräte sind längst bekannt 
vielfach als , Amateurapparate". Es kommt nur darauf 
an, das richtige Gerät am richtigen Platze zu ver- 
wenden. Etwa bei irgendeinem Ereignis, dessen Be- 
ginn nicht genau vorhergesehen werden kann, eine 
kleine 16-mm-Schmalfilmkamera mit der eigentlichen 
Reportagekamera zusammenschrauben, so daß die Ob- 
jektivachsen der beiden Apparate parallel liegen. 
Visiert wird durch den Sucher der Plattenkamera. 
Diese wird erst beim Höhepunkt des Ereignisses aus- 


.gelóst, während die kleine Filmkamera dauernd läuft 


und alle Phasen des Ereignisses festhált. (Oder aber 
das Ganze überhaupt nur mit einem der heute so be- 
sonders billigen Amateur-Normalfilmkinos aufnehmen. 
natürlich auf teuerstem Feinkornfilm, dann mit Fein- 
kornentwickler entwickeln und nachher entsprechend 
vergrößern.) 

Wir kommen damit zu einem der Hauptpunkte, zur 
Reportagekamera. Völlig unbrauchbar ist die Reise- 
kamera, mag sie auch noch so gut sein. Die große 
Deckrullo - Nettel oder ein ähnliches Modell kommt 
nur noch für Sportaufnahmen in Betracht. Die Ver- 
treter der großen Illustationsverlage, die bei allen 
aktuellen Ereignissen anwesend sind, arbeiten zwar 
noch mit diesen Kameras, solange es die Lichtverhält- 
nisse erlauben. Für den Berufslichtbildner aber, der 
seine Atelierkamera weiter behalten will, lohnt sich 
die Anschaffung einer großen Schlitzverschlufkamera 
eigens zur Reportagen kaum, es sei denn, er will auf 
einem Sondergebiet arbeiten. 

Für den Berufsphotographen in der Provinz, der 
Sonntags auf dem Sportplatz, auf der Eisbahn oder 
am Skihang ein paar Sportaufnahmen ohne besondere 
Bestellung machen will, kommt in erster Linie die 
Leica oder die Contax in Betracht, Für Freilichtauf- 
nahmen, insbesondere für Sportfeste, Pferderennen. 
bei denen man nicht vorhersehen kann, wer „Sieger 
bleiben wird und wessen Bilder daher am meisten 
gekauft werden, sind diese Kleinfilmkameras ideal, 
weil sie wenig Betriebskosten verursachen und man 
bequem Material für 200 Aufnahmen in der Tasche 
mitnehmen kann. Andererseits bedingen sie Spezial 
apparate zum Vergrößern, Entwickeln usw. 

Eine große Zahl von Berufsreportern benutzt die 
Plaubel - Makina. Da sie von der Firma merkwür- 
digerweise vorwiegend als ideale ,Amateurkamera" 
angezeigt wird, ist sie den meisten Fachphoto- 
graphen unbekannt. Trotzdem kann man sie ohne 
weiteres als mit die zur Zeit beste und zweck- 
mäßigste Plattenkamera des Marktes bezeichnen, Die 
Makina ist eine flache Ganzmetall - Spreizenkamera 
von wunderbarer Präzision. Kassettenfalze, Matt- 
scheibenrahmen, Spreizen, kurz, alle wichtigen Teile 
sind bei ihr aus dem vollen Material heraus gefräst: 
die Meterskala des Objektivs ist von Hand geeicht 
und kann, da sie im Blickfelde des Suchers liegt, 
während des Visierens noch abgelesen werden. Die 


І 
| 
| 


Kamera besitzt neben dem vorzüglichen Anticomar 
2,9 noch ein Teleobjektiv von 21 cm Brennweite, das 
Tele-Makinar F/6,3. Vermittels dieser Teleoptik läßt 
sich die Makina sehr einfach in eine handliche und 
bequeme Porträtkamera verwandelt. Daß sich die 
Makina mit Fernobjektiv auch für Sportaufnahmen 
recht gut eignet, beweist die Aufnahme vom Start 
des vorjührigen A. D. A. C.- Rennens (siehe Abb. 
unten). In den letzten Jahren begleitete sie mich 
auf allen Motorrad- und Autoreisen, auf Bergtouren 
wie auf Flußfahrten, und obgleich ich sie meist acht- 
los im Lederbeutel in der Rocktasche trage, ist sie 
noch einwandfrei, ein schöner Beweis für die Güte 
des Materials. Ihre hohe Lichtstärke im Verein mit 
den langsamen Momentaufnahmen des Compur- Ver- 
schlusses macht sie auch zur idealen Nachtkamera 
für Aufnahmen auf Bällen, Banketten, Konferenzen. 
Hier liegt ein sehr aussichtsreiches Arbeitsfeld für 
den Photographen in der Provinz: die Ball- und Ver- 
einsaufnahmen. Aufführungen, Festlichkeiten gibt es 
überall. Und wem es gelingt, die Teilnehmer an 
solchen Veranstaltungen möglichst beim Tanz oder 
auf der Bühne zu photographieren, wer einen be- 
kannten Musiker während des Gastspiels aufnimmt, 
der kann mit diesen Bildern — ganz besonders in der 
Provinz — auch heute noch ein gutes Geschäft 
machen. Es gibt auf dem Markt eine Zusatzeinrich- 
tung speziell zur Makina, vermittels deren sich ein 
Vacublitz durch einfaches Auslösen des Verschlusses 
zünden läßt. Was bei Nacht die Möglichkeit solcher 
Momentaufnahmen von '/« bis !/;o» Sekunde Dauer 
bedeutet, liegt auf der Hand. Bei gewöhnlicher Saal- 
beleuchtung beträgt die Belichtungszeit für Superpan- 
Platte etwa '/: Sekunde, was als ungefährer Anhalt 
auch für Aufnahmen im Heim des Kunden dienen 
mag. Wo die Verwendung von Blitzlicht nicht mög- 
lich ist, muß man wohl oder übel auf solche kurzen 
Zeitaufnahmen zurückgreifen, Bei der Aufnahme 
eines Redners, eines Musikers wartet man einfach 
einen Augenblick ab, in dem der Photographierte 
eine kurze Pause macht, Antwort auf eine Frage er- 
wartet oder neu ansetzt. Daß hierbei einmal eine 
Aufnahme durch eine unvorhergesehene Bewegung 
verwackelt wird, ist kaum zu vermeiden. Man muß 
genügend Material mitnehmen. Ein Dutzend Vorrats- 
platten nimmt nicht viel Platz weg und kann von 
grcßem Nutzen sein. Allerdings genügt zum Platten- 
wechseln heute unter keinen Umständen mehr ein 
dunkler Saalwinkel oder ein unbe'euchtetes Servier- 
zimmer. Viel besser und sicherer ist ein Wechselsack 
aves schwarzem Satin, wie er unter anderen von 
Kindermann, Berlin, geliefert wird, Er ist billiger und 
leichter als Kassetten und bewährt sich besonders 
gut auch auf Reisen, da er Plattenwechsel selbst bei 
hellem Tageslicht erlaubt. Wer viele Gruppenauf- 
nahmen mit kurzer Belichtung in Innenräumen, Fa- 
briken, Sälen machen muß, verwendet statt Blitzlicht 
besser die Jupiter - Kofferlampe. Sie ist nicht viel 
größer als eine Reiseschreibmaschine, besitzt zwei 
Nitraphotlampen und einen facettierten Aluminium- 
reflektor. Der aufklappbare Deckel vergrößert die 


` 
v 


G. Goebel. Aufnahme im Ballsaal: Walter Bloem. 
Mit Leica 3,5, Bel. / Bek., Superpanfilm 


Reflektorfläche und dient zur Lenkung des Lichtes. 
Mittels eines Reihenschalters lassen sich die Glüh- 
lampen einzeln wahlweise einschalten. Auf Wunsch 
kann die Lampe auch mit zwei Schaltern ausgerüstet 
werden, Sie wird in diesem Falle mit zwei Lampen 
für 110 Volt Spannung ausgerüstet, die an 110-Volt- 
Netzen in Parallelschaltung, an 220 - Volt - Netzen in 
Reihenschaltung brennen, (Es gibt immer noch 
Städte, wie Hamburg, die beide Spannungen zulassen 
und wo die Spannung oft in derselben Straße von 
Haus zu Haus wechselt. Auch in Theatergarderoben, 
Künstlerzimmern, Werken mit eigener Anlage herrscht 
vielfach noch 110-Volt-Spannung.) Wer die einfache 
Kofferlampe für eine Spannung wählt, kann sich in 
Zweifelsfällen dadurch helfen, daß er in die eine 
Fassung cine 110-, in die andere eine 220-Volt-Lampe 


G. Goebel. 


Vom Start des A. D. A. C. -Rennens 


einsetzt. Dann ist allerdings Vorsicht beim Ein- 
schalten geboten. Gerade die oben erwähnten Ver- 
eins- und Festlichkeitsaufnahmen werden durch die 
Kofferlampe ungeheuer erleichtert, Auch bei Moden- 
schauen (Warenhäuser 110 Volt!), Kinderbildern in 
der Wohnung des Kunden leistet sie gute Dienste. 
Dank ihrer praktischen Form kann man sie ohne 
Schwierigkeiten überall, im Auto, auf dem Motorrad, 
in der Bahn verstauen, ohne daf die Lampe Schaden 
nimmt. 

Diese Ratschläge zur technischen Modernisierung 
mögen genügen. Von der Umgestaltung der Dunkel- 
kammer für den Reportagebetrieb soll ein anderes 
Mal die Rede sein. 
den Geschäftsbetrieb: Die Negativkartei. Wer über 
eine geordnete Negativsammlung verfügt und genau 
weiß, was und wen er auf seinen Platten hat, kann 
bei geeigneter Auswertung Geld verdienen ohne die 
geringsten Unkosten. Ein Beispiel: Professor С. aus 
Berlin starb ganz plótzlich. Die Zeitungen und Fach- 
zeitschriften brachten Artikel über den Verstorbenen, 
fragten aber bei allen Verlagen und auch bei den 
Familienangehórigen Gs. vergebens nach einem Bilde. 
Nur durch einen Zufall wurde der Photograph von 


Wie ich zur Theaterreportage 
Von Trudy Fuld, München 


Trudy Fuld, Aus: .Dreigroschenoper* 


4 


Hier nur noch ein Wink fir - 


einem Studenten darauf aufmerksam gemacht, daf 
sich auf einer Gruppenaufnahme vom Hochschulball 
unter vielen anderen auch Professor G. befinde. Die 
Platte wurde herausgesucht, das Bild vergrößert und 
infolge seiner Seltenheit mit betrüchtlichem Gewinn 
verkauft. 

Zum Schluß noch ein paar „äußerliche“ Tips! Wer 
in der Öffentlichkeit arbeiten will, sei es für die 
Presse oder den eigenen Atelierbetrieb, muß unbe- 
dingt Wert, sogar sehr viel Wert auf sein Äußeres 
legen. Die Zeit, wo der Photograph sich durch Spitz- 
bart, wirre Locken, Samtjacke und schmutzige Finger- 
nägel als „Künstler“ zu erkennen gab, ist endgültig 
vorbei. Und nichts wirkt peinlicher, als wenn bei 
einer Trauerfeier plötzlich jemand im hellen Straßen- 
anzug, die Reisemütze „sportlich“ verkehrt auf dem 
Kopf, vorspringt und photographiert. Oder bei einem 
offiziellen Ball der Photograph im braunen Anzug 
erscheint. Je mehr er sich in Kleidung und Manieren 
der jeweiligen Umgebung anpaft, um so mehr wird 
man ihn unterstützen, Der gut angezogene „Gentle- 
men - Photograph“ hat selbst bei den verstocktesten 
Prominenten Erfolg. Die beste Kamera für den Ball- 
saal ist oft — der Frack. 


kam Mit 7 Abbildungen 


Der Leitung der Münchener Kammerspiele waren 
meine Schauspieleraufnahmen aufgefallen, und da sie 
sich eine Förderung ihrer Propaganda durch meine 
Bilder versprach, wurde ich aufgefordert, die Auf- 
nahmen für ihre Bühnen zu übernehmen. Ein weiterer 
Erfolg war, daB eine der gelesensten Zeitungen ihren 
Theaterbericht erweiterte, indem sie fortlaufend meine 
Reportage brachte. Es folgte die Mitarbeit an an- 
deren Blättern, und bald hatte ich die Genugtuung, 
auch von den Staatsstheatern verpflichtet zu werden. 
Sehr schnell, sehr einfach — von außen gesehen! — 
habe ich so meinen Weg als erfolgreichste Theater- 
photoreporterin Münchens machen kónnen. Doch daf 
er nicht leicht, nicht bequem im geruhsamen Trott zu 
gehen war, das bitte ich, zu glauben. Nur zu oft 
habe ich an den Thiefischen Buchtitel „Der rasende 
Reporter‘ denken müssen. Sehr „amerikanisch“ komme 
ich mir vor, wenn ich von einer Theaterprobe zur an- 
deren jage, wenn spät am Abend ein Anruf der Re- 
daktion mich zu einer Aufführung hetzt, und ich im 
Trubel der Pause im Tohuwabohu der Versatzstücke 
die Darsteller beschwóre, die Beleuchter dirigiere, mit 
dem Inspizienten über die Auslegung der feuerpolizei- 
lichen Vorschriften debattiere; dann mit Assistenz 
und meinen sieben Sachen im treuen Fiat heimbrause 
zur Arbeit mit Spiritus und Föhn. In der Nacht noch 
müssen die Bilder druckreif auf der Redaktion sein, 
um am nächsten Mittag schon erscheinen zu können. 
Überdies will ein ungeschriebenes Gesetz, daß Gene- 


ralproben stets am Tage des Redaktionsschlusses an- 
gesetzt sind. Was in diesen Stunden an Arbeitstempo 
geboten wird, ist erstaunlich. Und ebensoviel an- 
gestrengtes Arbeiten steckt hinter den paar Photos, 
die der Leser mehr oder weniger gleichmütig über- 
fliegt. Und doch möchte ich diese Tätigkeit, dieses 
Tatigsein nicht missen, diese belebende, anregende 
Atmosphäre, die dei Theatererportage anhaftet. Dieser 
Beruf füllt mich vollkommen aus, er macht mich glück- 
lich; nicht der materielle Erfolg, den ich natürlich 
nicht unterschätze, so wenig neidenswert er leider ist! 
Ich spüre das Erregende der Jagd. Ich will die Mo- 
mente treffen, die entscheidend sind für die Bedeutung 
eines Stückes, die Leistung eines Schauspielers. Ich 
stehe mitten in den Problemen zeitgenössischer Dich- 
tvng, dem Auseinandersetzen moderner Geister mit 
den Schöpfungen vergangener Zeiten Ich werte kri- 
tisch die Ausdrucksmittel, sie begeistern mich zu den 
bescheidenen Leistungen, die in den Grenzen meines 
Berufes liegen. 

Zwei Arten von Theaterphotographie gibt es, und die 
Bühnen verpflichten meist zwei Photographen, deren 
Auffassungen auseinandergehen. Man wird entweder 
die Szene, das gesamte Bühnenbild festhalten oder 
— und dies entspricht mehr dem Begriff Reportage — 
das Wesentliche herausholen; sei es die Bewegung 
einer Gruppe, der Ausdruck, die Geste eines Dar- 
stellers, die Stimmung des Stückes. Das erstere Vor- 
gehen geschieht im Sinne einer Reproduktion, d. h. 
die Arbeit des Regisseurs wird festgehalten, das zweite 
entspricht mehr einer Nachschöpfung. Zweifellos ist 
das letztere die interessantere Aufgabe, sie allein läßt 
freieres Schaffen zu. Von dieser der eigentlichen Re- 
portage ist hier die Rede. 

Zwischen Reportage und Theaterreportage — der 
photographischen — besteht insofern ein grundlegen- 
der Unterschied, als bei der einen lediglich das Er- 
fassen eines Augenblicks im Ablauf eines Geschehens 
die Leistung bedeutet, bei der anderen dieser ent- 
scheidende Moment neu geschaffen werden muß. 
Während der Aufführung wie während der Probe darf 
nicht photographiert werden, überdies verbietet schon 
die unzureichende Beleuchtung ein photographisches 
Arbeiten. Unzureichend was Lichtstärke wie Beleuch- 
tung betrifft, obwohl es Ausnahmefalle gibt, die einer 
photographischen Aufnahme und Auffassung ent- 
sprechen. Im Verlauf der Aufführung kann — und 
muß! — sich der Reporter lediglich darüber schlüssig 
werden, welche Momente die Idee des Stückes poin- 
tieren. Er hat dann, wenn der Regisseur die Erlaubnis 
zur Aufnahme erteilt, seine eigene Regie zu treiben. 
Selbstverständlich im Rahmen der Schauspielregie, 
aber die Besonderheiten, die der Photograph zu be- 
achten hat, um den Vorgang eindringlich wieder- 
zugeben, sind in dem Maße verschieden von dem 
Theatermäßigen, als sich das Räumiiche der Bühne, 
ihre Illusionstechnik von seinen weit geringeren photo- 
graphischen Ausdrucksmitteln unterscheiden. Die Ver- 
hältnisse, unter denen die Aufnahmen des Theater- 
reporters zu erfolgen haben, sind durchaus andere als 
die im Atelier gewohnten. Schnelle Auffassung, 


Trudy Fuld, Aus: Rivalen" 


Trudy Fuld, Aus: „Wildente” (Kammerspiele München) 


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schneller Entschluß und noch schnelleres Arbeiten 
sind die entscheidenden Faktoren — künstlerische Ein- 
stellung, Versiertheit in Dingen der Literatur sind die 
conditio sine qua non —, denn die Zeit, die dem 
Photographen gegónnt, ist mehr als kurz bemessen. 
Und so begeistert der Schauspieler über eine gute 
Aufnahme ist, die Unterbrechung, das „emsige Schal- 
‚ten und Walten des Lichtbildners“ sind ihm außer- 
ordentlich lástig. Wer Proben miterlebt hat und die 
geladene Stimmung der Generalproben fórmlich hat 
knistern hóren, wird mitempfinden kónnen und sich 
nur dankbar wundern über die liebenswürdige Ge- 
falligkeit, mit der diese Geplagten immer wieder auf 
die Intentionen des Photographen eingehen. 

Das, was das Arbeiten als Theaterphotoreporter über- 
eus reizvoll und dankbar macht, ist die künstlerische 
Ausstrahlung der Schauspieler, die stimulierende 
Atmosphäre der ganzen Umgebung. Man wird in- 
spiriert. Das Dekorative der Kostüme, der geschmink- 
ten Gesichter soll man als Faktor eines Bildaufbaues 


6 


nicht überschätzen, denn sie bergen die Gefahr des 
Maskierten. An dieser Klippe sind, wie uns alte Zeit- 
schriften schaudernd belehren, genug Kollegen ge- 
strandet Es ist ja im Grunde ein wunderliches Pro- 
blem, das sich hier stellt. Erblickt der Porträtist seine 
Aufgabe darin, dem Modell mehr oder weniger seine 
„Maske herunterzureifien", es lebenswahr, natürlich 
darzustellen, so bietet sich hier dem Objektiv ein 
Mensch, der einen anderen Menschen aufzeigen will. 
Selbstverständlich entscheidet letzten Endes die Kunst, 
die Größe eines Schauspielers, inwieweit die Dar- 
stellung des anderen gelingt. Aber die Initiative des 
Photographen: sein Werten der Beleuchtung, der Stel- 
lung, des In-den-Raum-Setzen, wie des wesentlichen 
Augenblicks werden diesen neuen Menschen plastisch 
unterstreichen oder auslóschen. Wieviel und wie 
wenig Wirklichkeit im Spiegel des Objektivs bedeuten 
kann, illustriert der Vergleich guter Russenfilme mit 
der schwachen, jeder Suggestion baren Produktion ver- 
gangener Tage. 

Der Theaterphotoreporter wird seine Aufgabe nicht 
im unbekümmerten Leicaknipsen erblicken können. 
Womit nichts gegen diese wundervolle Kamera ge- 
sagt sein soll. Ich wende mich gegen die geistlose 
Art, wie sie verwandt wird. Das Problem des Por- 
träts wie der Reportage erschöpft sich nicht damit, 
daß man ein paar „Liebhaberaufnahmen“ vergrößert 
und „auf interessant" ausschneidet. Das Natürliche, 
das diese Erzeugnisse prätendieren, ist weit entfernt 
vom Überzeugenden. Wie selten ist hier das Wesent- 
liche pointiert. Das Umreißen eines Charakters 
— ganz gleich, ob es sich um die Eigenart eines Men- 
schen, eines Dinges handelt — gelingt nicht durch den 
Hinweis auf zwar ornamentale, dekorative, aber für 
das Sichtbarwerden des Wesentlichen gänzlich be- 
deutungslose Details. Diesen Produkten fehlt die Be- 
seelung einer geistigen Leistung, einer ehrlichen Ar- 
beit. Der Photoreporter hat seine Ansprüche höher 
zu stellen, er muß ebensosehr das bestimmend Avf- 
schlußreiche, wie das Bildmäßige, das Drucktechnisch- 
Geeignete herausbringen. Er kann, wie ich oben aus- 
führte, nicht unter idealen Verhältnissen arbeiten. 
Von seinem Takt, seiner Umsicht wird das Gelingen 
ebensosehr abhängen wie von seinem photographi- 
schen Können. 

Und die Aussichten meines Berufs? Hier ist die 
Größe der Stadt, Umfang und Art ihrer Presse, die 
Bedeutung der Theater bestimmend. Die Theater- 
photographie wäre auch ohne die Honorare der Zei- 
tungen lohnend, wenn nicht das unverantwortlich 
rücksichtslose Vorgehen einiger Kollegen, ihr Unter- 
bieten bis zu Gratisaufnahmen die Grundlage be 
denklich erschüttert hätte. Trotzdem fällt meine Be- 
urteilung der Aussichten positiv aus. Nicht jeder 
Photograph allerdings wird sich zum Theaterreporter 
eignen. Diese Spezialität hat ihre besonderen Vor- 
aussetzungen. 

Die gezeigten Bilder sind mit der Rolleiflex aufge- 
nommen. Nach meinen Erfahrungen entspricht sie 
am besten den Ansprüchen, die ein Theaterphoto- 
reporter an seine Kamera zu stellen hat, 


Kleinbildphotographie 


Von R. Wiegleb 


Die Kleinbildphotographie — es sind darunter die 
Formate von 24 X 36 mm bis zu mindestens 6 X 6 cm 
zu verstehen — kann kaum am Originalbild Genüge 
finden. Das trifft für alle Arten der Photographie, 
technischer wie illustrativer, zu. Sie ist auf Vergröße- 
rung entweder des ganzen Bildformates, meistens 
jedoch auf die eines Ausschnittes angewiesen. Dieser 
Endzweck der Kleinbildphotographie verlangt von 
vornherein entsprechende Rücksichtnahme, beginnend 
bereits bei der Wahl der Aufnahmeschichten. Das 
sind in der Hauptsache Filmbänder. 


Aufnahmeschichten 


Handelt es sich um Porträtaufnahmen, so kann von 
Fall zu Fall ein anderes Aufnahmematerial erforder- 
lich sein. Eine Retusche von Tonwerten, Deckungen 
durch Anfärbung, manuelle Eingriffe zur Entfernung 
von Hautflecken verbieten sich in Anbetracht des 
kleinen Formates von selbst. Einzig und allein kann 
nur eine entsprechend spektrale Empfindlichkeitskurve 
des Films dem gestellten Problem gerecht werden. 
Porträts, in denen gelbgrüne, gelbe und hellrote Töne 
überwiegen, können mit einem gelbgrün empfindlichen 
Film annähernd exakt wiedergegeben werden. Die 
hellroten Töne reflektieren genügend Blau und Violett, 
um eine ausreichende Deckung zu gewährleisten. Nur 
ausgesprochen blaue Farben, besonders hellblaue, 
machen ein passendes Gelbfilter erforderlich. Anders 
liegen die Verhältnisse, wenn ausgesprochene Farben 
tonrichtig wiedergegeben werden sollen. Hier muß 
man an Stelle des orthochromatischen Films, dem die 
Orangeempfindlichkeit fehlt, der panchromatische Film 
treten. i 
Doch sind die verschiedenen panchromatischen Filme 
nicht immer gleich in ihrer spektralen Empfindlich- 
keit. Rot- und Grünempfindlichkeit schließen ein- 
ander aus. Geringe Grünempfindlichkeit ist für Por- 
trätzwecke nachteilig, da sonst das Rot zu hell kommen 
würde. Ein orangeempfindlicher Film genügt nor- 
malen Ansprüchen. Dieser gibt auch das Grün ver- 
hältnismäßig richtig wieder. Das Rot an sich ist 
meistens gelb- und blaustichig, dadurch ist seine Ein- 
wirkung auf die Schicht ausreichend kräftig. 

Mit diesen beiden Filmsorten findet man daher in der 
Kleinbildphotographie sein Auslangen. Für Land- 
schaften und Porträts der gute gelbgrünempfindliche 
Orthofilm, für Porträts mit ausgesprochen kräftigen 
Farben der orangempfindliche Panfilm. Bei Vorhan- 
densein von Blau die erforderliche Gelbscheibe. Diese 
ist entbehrlich bei Beleuchtung mit Nitraphotlampen, 
bei Aufnahmen im Freien des Morgens und in den 
Nachmittagsstunden. Їп diesen Stunden mit ihrem 
wärmeren Licht hat auch der Panfilm nicht nur in Hin- 
sicht der kürzeren Belichtungsdauer seine Vorzüge. 
Nur in den Mittagsstunden ist ein helles Gelbfilter 
zu benutzen. 


Filtergebrauch 


Beim Gebrauch eines Gelbfilters ist nicht mit der ge- 
stochenen Schärfe der Negative zu rechnen, wie sie 
ohne Filtervorschaltung erhalten wird. Das hat mit 
der Planparallelitüt der Filter nichts zu tun, diese ver- 
meidet nur eine Verzerrung des Bildes. Für größere 
Negativformate ist der Schärfenunterschied nicht ins 
Gewicht fallend, in der Kleinbildphotographie, mit 
manchmal sehr erheblichen Vergrößerungen des Ori- 
ginalnegatives, kann aber eine Minderung der Schärfe 
manchmal sehr stórend werden. Die kurzwelligen 
blauen und ultravioletten Strahlen, für sich allein zur 
Bilderzeugung benutzt, liefern das gestochen scharfe 
Negativ. Je mehr diese Strahlen durch Gelbfilter ab- ` 
geschnitten werden und dadurch Strahlen von längerer 
Wellenlänge für die Bilderzeugung gebraucht werden, 
nimmt die Schärfe entsprechend ab. Durch das Gelb- 
filler wird dasjenige Element bei der Bilderzeugung 
geschwächt, das für die äußerste Schärfe wesentlich 
ist. Ist daher äußerste Schärfe für die Negative erfor- 
derlich, so sind die Aufnahmen ohne Gelbfilter zu 
machen. 


Entwickler 


Bei einem bestimmten Vergrößerungsmaßstab, der für 
jede Emulsion verschieden sein kann, macht sich ein 
Deutlichwerden des Silberkorns bemerkbar. Es ist auch 
zu berücksichtigen, daß in der Kleinbildphotographie 
eine große Anzahl von Aufnahmen mit verschiedenen 
Belichtungszeiten und verschiedenen Tongegensätzen 
auf einem Bildstreifen sich befinden, der nur als Ganzes 
entwickelt werden kann. Wird hier der übliche Metol- 
Hydrochinon-Entwickler benutzt, so ist ein Ausgleich 
der vorhandenen Gegensätze nur in engen Grenzen 
möglich, und der etwa benutzte Feinkornfilm zeigt 
dieselben Kornanhäufungen wie andere gewöhnliche 
Schichten. Der benutzte Entwickler muß daher zwei 
Bedingungen genügen: einen Ausgleich der verschie- 
denen Belichtungszeiten und Tongegensätze herbei- 
führen und einen feinkörnigen Silberniederschlag ver- 
ursachen. Dieses wird durch Oberflächenentwickler, 
die daneben noch eine Oxydationswirkung auslösen, 
erreicht. Die Ausgleich- und Feinkornentwickler ar- 
beiten langsam, in der Hauptsache an der Oberfläche, 
und besitzen nur einen geringen Alkaligehalt. Sie 
kónnen als Stand- und als Schalenentwickler benutzt 
werden. 

Für die Entwicklung: nicht zu kurz belichteter Auf- 
nahmen ist der folgende Metolentwickler ohne Alkali 
zu empfehlen: 8g Metol, 500 cem Wasser, 75g Natrium- 
sulfit (krist.). Das Natriumsulfit, das an sich schwach 
alkalisch ist, übernimmt neben der Rolle der Konser- 
vierung auch die eines schwachen Alkalis. Für die 
Schalenentwicklung wird dieser Ansatz mit dergleichen 
oder der doppelten Menge Wasser verdünnt. Die 
Lichter erscheinen langsam, und das Bild baut sich all- 


7 


mählich auf, ohne daß Härten auftreten. Die Ent- 
wicklung ist in ungefähr 7 Minuten beendet. Bei kurzen 
Belichtungen wird das Filmband, nachdem die Lichter 
und Mitteltöne zu genügender Dichte entwickelt sind, 
zum Hervorrufen der kurzen Lichteindrücke in einen 
frischen Rodinalansatz 1:20 gebracht. Der sonst für 
diesen Zweck empfohlene Gebrauch einer Sodalösung 
1:10 führt leicht zu Schleierbildung. Überbelichtungen 
lassen sich in hervorragender Weise korrigieren, da 
der Entwickler mit Bromkalium leicht abstimmbar ist. 
Daß die Struktur des reduzierten Bildsilbers bei dieser 
Entwicklung eine andere ist, ergibt sich schon beim 
Betrachten der Negative. Diese sehen, von oben be- 
trachtet, weißlich aus, und in der Durchsicht betrachtet 
besitzt der Silberniederschlag eine bräunlichschwarze 
Farbe, die ein gutes Deckungsvermögen hat und wor- 
auf hinsichtlich der Entwicklungsdauer Rücksicht zu 
nehmen ist. Die Qualität der Gradation und der Fein- 
körnigkeit ergibt sich einwandfrei bei der nachträg- 
lichen Vergrößerung. 

Für kurz belichtete Aufnahmen empfiehlt es sich, 
den Brenzkatechin-Ausgleichentwickler zu benutzen. 
Dieser besitzt einen geringen Sulfitgehalt, wodurch 
sich derselbe schnell zersetzt und das dem Brenz- 
katechin innewohnende Gerbevermögen der reduzier- 
ten Silbergelatine besonders in Erscheinung treten 
läßt. Die zuerst erscheinenden Lichter können bis 
zum Erscheinen der Mittel- und Schattentöne durch 
die Gerbung der zu ihnen gehörigen Bildgelatine keine 
frischen Entwicklermengen mehr aufnehmen und da- 
durch nur wenig an Kraft zunehmen. Damit ist der 
Ausgleich gewährleistet. In 100 cem dest. Wasser 
werden 8 g Brenzkatechin und 2g Natriumsulfit (krist.) 
gelöst. Hiervon werden 5 ccm mit 2 ccm einer zehn- 
prozentigen Átznatronlósung gemischt und mit Wasser 
auf 200 ccm verdünnt. Vermehrter Zusatz von Brenz- 
katechin gibt weichere Negative, während ein größerer 
Alkalizusatz nach Härte und Deckkraft hinneigt. Das 
Bildsilber ist bräunlich bis braun gefärbt und hat da- 


durch eine kräftige Deckung. Deshalb müssen die 
Negative zart gehalten werden. Die Entwicklung 
dauert ungefähr 12 bis 15 Minuten. Der Entwickler 
soll nur einmal benutzt werden. Desensibilisatoren 
in Verbindung mit Brenzkatechin verursachen Schleier. 
Bei Filmen mit Mangandioxyd-Lichthofschutz ist zur 
Vorbeugung von Fehlerscheinungen das Atznatron 
durch Soda zu ersetzen. Für den obigen Ansatz sind 
2 g Soda erforderlich. 
Es muß darauf hingewiesen werden, daß die fein- 
körnigsten Silberniederschläge bei reichlicher Belich- 
tung erhalten werden, da hier die Entwicklung nicht 
bis zur Erreichung der Schwelle getrieben werden 
muß.  Unterbelichtete Negative werden immer ein 
grobes Korn aufweisen, trotz Feinkornentwickler und. 
Feinkornschichten, da hier allgemein immer bis zu 
einer stärl:eren Deckung der Lichter entwickelt wird. 
Wird der Entwicklungsvorgang unter dem Mikroskop 
beobachtet, so läßt sich feststellen, daß sich die hellen 
Bromsilberkörner bei Beginn der Reduktion mit 
schwarzen Punkten bedccken, die mit waáhrender Ent- 
wicklung anwachsen und schließlich das ganze Korn 
ausfüllen. Wird die Entwicklung früher abgebrochen 
und bleibt diese an der Oberfläche, so zerfällt beim 
Fixieren das ursprüngliche Bromsilberkorn in lauter 
kleine Körner. Damit ist verständlich, daß das redu- 
zierte Bromsilber nur dann feinkörnig sein kann, wenn 
die Entwicklung nicht bis zur völligen Reduktion des 
Einzelkornes erfolgt. Durch die vorstehend empfoh- 
lenen Entwickler wird neben der Reduktion auch eine 
Anfärbung des Kornes durch Oxydation erreicht. Es 
kann daher die Entwicklung vor Erreichung der er- 
forderlichen Deckung abgebrochen werden. Die man 
gelnde Deckung in der Reduktion wird ersetzt durch 
die Oxydationsprodukte des Entwicklers, durch die 
eine inaktinische Anfärbung der kleinen Silberkörner 
und der sie umhüllenden Gelatine erfolgt. Die ver- 
wendete Emulsion wird zu einem geringeren Gamma 
entwickelt und die Gradationskurve flacher gelegt. 
(Schluß folgt.) 


Die zweckmäßigste Beleuchtungsanlage 


Bei den üblichen Tageslichtateliers hatte sich im 
Laufe der Jahrzehnte eine gewisse Einheitlichkeit 
hinsichtlich der Lage, Größe und Anordnung der 
Fenster, Vorhänge usw. herausgebildet. Es lag daher 
die Frage nahe, ob es nicht möglich sei, auch die 
Lichtanlage des modernen Kunstlichtateliers zu nor- 
men, aus der Fülle der bereits bestehenden Anlagen 
eine Art .Standardbeleuchtung" herauszudestillieren. 
Die Vorteile einer solchen Normung kämen dem 
Verbraucher ebenso zugute wie dem Hersteller: 
Dieser brauchte nicht alljährlich „Neukonstruk- 
tionen“ herauszubringen, und jenem würde die Aus- 
wahl wesentlich erleichtert. Es gibt heute über hun- 
dert „verschiedene“ Lampentypen, die sich, ohne daß 
man auch nur auf eine einzige Anwendungsmöglich- 
keit zu verzichten brauchte, auf etwa sechs Einheits- 


8 


typen zusammenlegen ließen. Statt dessen müssen 
die Lampenfabriken heute immer noch eine Riesen- 
auswahl von alten und uralten Modellen auf Lager 
halten, weil — ein Fall aus der Praxis — der Photo- 
graph X aus M. nur die Lampentype kaufen will, die . 
sich sein Berliner Kollege Y vor fünf Jahren zu- 
gelegt hat (!). 

Die Frage der „zweckmäßigsten Beleuchtung“ läßt 
sich nicht auf Grund theoretischer Erwägungen klären. 
Es war vielmehr notwendig, zunächst die Ansicht der 
verschiedensten Praktiker zu diesem Thema zu hören 
und erst dann auf Grund der so gewonnenen Unter- 
lagen Vorschläge zu einer „Einheitsbeleuchtung“ zu- 
sammenzustellen. Hierbei zeigte es sich, daß nicht 
einmal die sprachlichen Begriffe der Beleuchtungs- 
technik eindeutig testliegen, so daß es zweckmäßig 


erscheint, wenigstens die im folgenden gebrauchten 
Ausdrücke klarzustellen. Bogenlicht kommt für die 
normale Aufnahmetechnik nicht mehr in Betracht: 
„Lichtquelle“ im eigentlichen Sinne ist nur noch die 
Glühlampe, sei es nun in Form der gewóhnlichen 
Halbwatt-, der Nitraphot- oder irgendeiner hoch- 
kerzigen Speziallampe. Wir verwenden die Glüh- 
birnen nicht nackt, sondern in einer „Lampe“. Das 
kann entweder ein einfacher emaillierter „Strahler“, 
ein mit facettiertem Spiegel versehener „Aufheller“ 
oder endlich ein mit geschliffenem Parabolspiegel 
versehener „Scheinwerfer“ sein. Der »Spotlight''- 
Scheinwerfer besitzt statt des Parabolspiegels ein 
Linsensystem. Hinzu kommen für Sonderzwecke 
„Soffittenlampen“. Das sind langgestreckte, mulden- 
förmige Strahler, die entweder mit Soffitten-Röhren- 
lampen oder — aus Gründen der Zweckmäßigkeit 
und Billigkeit — mit mehreren gewöhnlichen Halb- 
wattbirnen beschickt werden. Mehrere gleichartige 
und gleichgerichtete Lampen lassen sich zu einem 
Aggregat oder einer „Lichtquelle“ zusammenfassen 
und werden dann auf einem gemeinsamen „Ständer“ 
angeordnet. Wir können den Begriff „Lichtquelle“ 
hier ruhig einführen, ohne Mißverständnisse be- 
fürchten zu müssen, weil der Ausdruck dank der 
alleinigen Verwendung von Glühbirnen für diese ent- 
behrlich erscheint. Sämtliche Lichtquellen — dazu 
gehören naturgemäß auch die nicht gekuppelten Ein- 
zellampen — bilden die Beleuchtungsanlage des 
Ateliers. 

Das Licht der Lampen läßt sich durch vorgeschobene 
„Streuschirme“ aus weißem Batist, Pauspapier oder 
mattiertem Glas dämpfen. Bei mittelbarer Anleuch- 
tung wirft eine „Strahlwand“ aus Aluminiumblech 
oder aus mit Aluminium bronziertem Holz das Lam- 
penlicht aufs Modell zurück. 

Eine solche Festlegung der Begriffe mag manchem 
überflüssig erscheinen; sie erwies sich jedoch bei der 
Umfrage, die ich unter einer großen Anzahl Berliner 
Photographen und Fachschulen gehalten habe, ge- 
radezu als „notwendig zur Verständigung“. Das Thema 
dieser Umfrage lautete: „Welche Beleuchtung halten 
Sie für die zweckmäßigste?“ 

So oft ich die Frage stellte, so oft erhielt ich eine andere 
Antwort, abgesehen von einigen wenigen Lichtbildnern. 
die ihre kostbaren Erfahrungen nur gegen klingende 
Münze „verkaufen“ wollten. Die Vielzahl der ver- 
schiedenen Antworten allein beweist meines Erachtens 
schon die Berechtigung der Umfrage. Natürlich ist 
es ganz unmöglich, und es würde auch eine gewisse 
Indiskretion bedeuten, die Ansichten der verschie- 
denen Photographen hier zu veröffentlichen. Nur 
einige Beispiele neben dem Ergebnis seien erwähnt: 
Ein Journalist, der hauptsächlich Bühnenaufnahmen 
macht, kommt mit einem einzigen 500-Watt-Strahler 
aus, wünscht sich allerdings einen ganz leichten, trag- 
baren Linsenscheinwerfer zur besseren Ausnutzung 
des in den Theatergarderoben meist sehr beschränkten 
Stromes. Zur Aufhellung dienen ihm die vorhandenen 
Garderobelampen. Die kleinen und mittleren Ate- 
liers arbeiten durchweg mit zwei, hóchstens drei ge- 


Aufnahme mit Spotlight und einer Nitralampe, Kamera 


Plaubel-Makina f:6,3, Bel. !/; Sek. 


wöhnlichen Amateurlampen und benutzen immer noch 
vorwiegend Tageslicht. Teils aus Billigkeit, teils aus 
Überzeugung. Eine Kinderphotographin erklärte, man 
kónne Kinder nur mit Kunstlicht (wohl wegen der 
größeren Intensität und der dadurch möglichen kür- 
zeren Belichtungszeit?), Erwachsene dagegen nur mit 
Tageslicht aufnehmen. Diese Ansicht herrscht merk- 
würdigerweise bei der Mehrzahl der weiblichen Licht- 
bildner vor. Der Grund hierfür liegt meines Erachtens 
darin, daß von einigen photographischen Lehranstalten 
den Aufgaben und Möglichkeiten der Kunstlicht- 
photographie noch zu wenig Beachtung geschenkt 
wird. Eine Ansicht, die übrigens durch die Antworten 
einer solchen Anstalt auch bestätigt wurde. Diese er- 
blickte die Hauptaufgabe der Beleuchtungsindustrie 
im Bau einer Lampe, die sich ohne jeglichen Haken 
an jeder Wand, sogar an der Decke befestigten ließe 
und bei einer 2000 Watt entsprechenden Lichtausbeute 
an einem 220 - Volt Netz nur 5 Ampere Strom auf- 
nehmen dürfte. Diese 5-Ampere-Grenze der meisten 
Haushaltsicherungen erscheint manchen Photogra- 
phinnen unüberwindlich. Dabei bedarf es doch in 
den meisten Fällen lediglich eines Briefes an das zu- 
ständige Elektrizitätswerk, damit Zähler und Siche- 
rung gegen höherwertige ausgetauscht werden. Auch 
ein Kraftstromanschluß für Kleingewerbebetriebe 
macht sich infolge des niedrigeren Tarifes bald be- 
zahlt. Die größeren Ateliers verfügen natürlich alle 
über Kraftanschluß, wenn auch der Strombedarf dank 


9 


T3 


der Verwendung von Halbwattlicht und der immer 
mehr gesteigerten Empfindlichkeit der Emulsionen 
gegen früher erheblich gesunken ist. Ein Lichtbildner, 
der als erster zur reinen Kunstlichtaufnahme über- 
gegangen war und früher seine Kunden im Licht un- 
zähliger Lampen buchstäblich „ersäufte“, antwortete 
auf meine Frage, er habe heute sämtliche Lampen bis 
auf drei wieder aus seinem Atelier verbannt. Mit 
diesen dreien, zwei Spots zu 500 Watt und einem 
Spiegelscheinwerfer zu 1000 Watt, komme er sowohl 
für Moden- wie für Bildnisaufnahmen aus. Oft be- 
nutze er für Porträts sogar nur den letzten mit Streu- 
scheibe. Er kommt völlig ohne Tageslicht aus, ebenso 
wie ein anderer prominenter Berliner Porträtphoto- 
graph, bei dem ich die bestdurchdachte Anlage sah. 
Er arbeitete fast ausschließlich mit mittelbarem, in- 
direktem Licht. Mittels zweier aluminisierter Bretter 
von 1 X 2 m reflektiert er das Licht einer 2000-Watt- 


UMSCHAU 


Lampe, einiger 500-Watt-Strahler und einer Decken- 
soffitte auf das Modell, weil nach seiner Ansicht bei 


unmittelbarer Anleuchtung die Lichter „verbrennen 


Man ist hier meines Erachtens ott viel zu ängstlich 
Eine Photographin, dic sich durch Aufnahme von 
Charakterkópfen einen Namen gemacht hat, arbeite: 
mit den medizinischen Operationslampen, weil sie 
deren Opalglocken besondere, photographisch gün- 
stige Eigenschaften, die technisch nicht zu erklären 
seien, zuschreibt. Ein „Verbrennen“ der Lichter ist 
in den meisten Fällen die Folge eines einseitigen Licht- 


überschusses oder einer falsch geleiteten Entwicklung. 


Ganz allgemein fordern orthochromatische Platten 
eine sorgfáltigere, scheinbar unnatürliche Ausleuch- 
tung der Schatten .als panchromatische. Dem An- 


fänger leistet hier das Agfa - Betrachtungsglas mit 
einem blauen und einem grauen Filter gute Dienste. 


(Schluß folgt.) 


Photowettbewerb der Deutschen Gesell- 
schaft tür Goldschmiedekunst 

In diesem Photowettbewerb, der Mitte Dezember in 
Berlin zum Austrag gekommen ist, erhielt Arthur 
Ohler, Stuttgart, dessen Aufnahme durch Ver- 


Aufnahme von M. Krajewsky, D.W.B., Charlottenburg 


10 


öffentlichung in anderen Zeitschriften bekannt ge- 
worden ist, den ersten Preis. Die Aufgabe war, einen 
silbernen Becher künstlerisch wirkungsvoll und mate- 
rialgetreu wiederzugeben. Das prämiierte Photo stellt 
eine einen Becher haltende Hand dar. Die Beteili- 
gung war sehr stark und der Erfolg befriedigend. 
Gerade in bezug auf materialgetreue Wiedergabe 
durch die Photographie wurde ja in den letzten 
Jahren öfter Erstaunliches geleistet. Und auch die 
beiden Aufnahmen von Krajewsky, die wir aus diesem 


- Wettbewerb nebenstehend zeigen können, sind kenn- 


zeichnend für die anerkennenswerte Lösung der Auf- 
gabe, den Gegenstand wirkungsvoll und sachlich dar- 
zustellen. 


Der photographierende Astronom 

Es gibt kaum mehr ein wissenschaftliches Arbeits- 
gebiet, das nicht in irgendeiner Form aus der Photo- 
graphie Nutzen zöge, mag sie als Darstellungs-, Prü- 
fungs- oder Forschungsmittel dienen. Die astrono- 
mische Forschung ist heute ohne die Sichtung und 
Durchdringung der weiten Weltenräume mittels der 
Photographie undenkbar. Daguerre hatte bereits im 
Januar 1839 den Mond photographiert; er wollte be- 
weisen, daß auch das Mondlicht auf die Jodsilber- 
schicht einwirke. lm Jahre 1845 wurden die ersten 
Sonnenbilder aufgenommen, am 28. Juli 1851 das 
erste Bild einer Sonnenfinsternis, 1858 wurde der 
Mond stereoskopisch photographiert, und im Jahre 
1885 begann die Pariser Sternwarte mit dem Anlegen 
eines photographischen Sternatlasses. In allen diesen 
astronomischen Anwendungen unterstützte die Photo- 
graphie die menschlichen Beobachtungen und zeich- 
nete sie auf. Zum eigentlichen astronomischen For- 
Schungsmittel wurde sie erst erhoben durch die Ar- 
beiten Max Wolfs, der in seinem 70. Lebensjahr am 
3. Oktober 1932 verschieden ist. Ihm und seinem 
arbeitsreichen Leben verdankt die Astronomie die 


Aus dem Photowett- 
bewerb der Deut- ` 
schen Gesellschaft 
für Goldschmiede- 


kunst, EV. 


Aufnahme von 
M. Krajewsky, 
D. W. B., 
Charlottenburg. 


erfolgreiche Einführung der Photographie als For- 
schungsmittel ungeahnten Ausmafes. 

Bereits im Jahre 1890 richtete sich Wolf als junger 
Privatdozent in seiner Heimatstadt Heidelberg eine 
eigene Sternwarte ein, welche der in der ersten Ent- 
wicklung stehenden Himmelsphotographie gewidmet 
war. Dort entdeckte er im gleichen Jahre einen 
großen Gasnebel, im folgenden Jahre als ersten durch 
die Lichtbildnerei einen kleinen Planeten. Die Grün- 
dung des großen, 1898 eingeweihten Bergobservato- 
riums auf dem Königstuhl bei Heidelberg ist allein 
Wolf zu verdanken, welcher staatliche und städtische 
Stellen wie auch Gónner für seine Gedanken und 
Arbeiten zu. gewinnen vermochte. Unter seiner Lei- 
tung wurden dort die neuzeitlichen himmelsphoto- 
graphischen Arbeitsweisen festgelegt und ausgebaut. 
Und nun setzten die einzigartig erfolgreichen astro- 
photographischen Forschungen ein; die Zahl der 
kleinen Planeten wurde um Tausende vermehrt; auf- 
schlußreiche Aufnahmen vertieften unsere Kenntnisse 
über die Kometen; leuchtende und nicht leuchtende 
Nebelmassen unfaßbarer Ausdehnung und rasch ver- 
ünderliche Nebel wurden mit Hilfe der Platte fest- 
gestellt; die fernsten Spiralnebel wurden im Bilde 
bestimmt und Himmelssysteme der Beobachtung er- 
schlossen, die weit über die Milchstraße hinausführen, 
deren Licht mehr als 100 Millionen Lichtjahre braucht, 
um zu uns zu gelangen und uns so eine Vorstellung 
von der Unvorstellbarkeit des Weltalls vermitteln 
kónnen, Ein Lichtjahr bedeutet die Entfernung von 
9½ Billionen Kilometer. 


Wolfs wunderbare Himmelsphotographien der Milch- 
straße, der Kometen und Nebelflecke sind weiten 
Kreisen zugänglich gemacht worden; seine stereo- 
skopischen Himmelsaufnahmen, bei welchen er die 
Fortbewegung der Erde als Riesenbasis nahm, um 
auch in weitesten Fernen zu plastischen Bildeffek ten 
zu gelangen, gehören zum Besten und vor allem für 
den Laien zum Aufschlußreichsten, was wir der Astro- 
photographie verdanken. Wir sollten in unseren Be- 
mühungen, den irdischen Kleinkram unserer nächsten 
Umgebung im Lichtbilde festzuhalten, diesen großen 
Photographen, diesen Bahnbrecher internationaler 
Geltung nicht vergessen! CA. prodest. 


Empfindlichkeitssteigerung 
photographischer Schichten im Blau 


Die Zahl der photographischen Probleme ist unbe- 
grenzt, und es ist eigentümlich, daß die Forscher 
immer wieder mit neuen vervollkommneten Hilfs- 
mitteln ungelöste Aufgaben früherer Jahre in Angriff 
nehmen. Als Vogel die Orthochromasierung der Ne- 
gativschichten gefunden und Miethe etwa gleichzeitig 
mit König durch Verwendung der Isozyanine die 
Sensibilisierung bis in die roten Spektralbereiche aus- 
gedehnt hatte, da tauchte auch die Frage auf, ob 
man nicht mittels geeigneter Farbstoffe auch die 
Eigenempfindlichkeit des Bromsilbers im Violett und 
Blau erhöhen könne. Die Empfindlichkeitssteigerung 
für einzelne Spektralbezirke kann man durch die Vor- 
stellung verständlich machen, daß man das Brom- 
silber mit Farbstoffen einfärbt, die solche Strahlen 


11 


verschlucken und dem Bromsilber zuleiten, auf welche 
dieses bei direkter Einwirkung nicht reagiert, Frühere 
Versuche für Blau und Violett brachten keine Ergeb- 
nisse. Neuerdings ist Olaf Bloch und der Firma 
Шога ein englisches Patent für Verwendung von 
Farbstoffen der Oxacarbozyanin - Klasse erteilt wor- 
den („British Journ. of Photogr.“ 79, 1932, S. 643), 
durch welche eine Blauempfindlichkeitssteigerung 
hauptsächlich von Chlorsilberschichten bis aufs Zehn- 
fache erzielt werden kann, Es scheint sich also er- 
neut eine Farbstoffklasse zu bewähren, die früher 
schon in den Händen der vorhergenannten Forscher 
die wichtigsten Ergebnisse gezeitigt hat, Tatsächlich 
kónnen wir also heute durch Sensibilisierung die 
violett- und blauemptindlichen Schichten in ihrer 
Eigenempfindlichkeit steigern und sie empfänglich 
machen für grüne, gelbe, orangerote und rote Strahlen, 
aber auch für die infraroten Strahlen, die vom Auge 
bereits nicht mehr als „Licht“ wahrgenommen werden 
können, bildlich eigenartige, ungewohnte Effekte er- 
zeugen, das Photographieren „ im Dunkeln" gestatten 
und uns im Nebel oder aus weiter Ferne unsichtbare 
Objekte aufzeichnen. prodest. 


Das Photobild mit Hochglanz 


Die Herstellung von Hochglanzabzügen geschah 
früher ausschließlich durch Aufquetschen der fertig 
gewüsserten nassen Bilder auf eine mit Talkum ab- 
geriebene polierte Spiegelglasplatte. und Trocknen- 
lassen. Diese Methode kann leicht Fehlresultate geben 
und eignet sich auch nicht zur Massenanfertigung. 
Man arbeitet in neuerer Zeit meist mit polierten Me- 
tallen und bevorzugt die Heiftrocknung vor der 
Kalttrocknung, Wenn nach wissenschaftlichen For- 
schungen der I.-G. Farbenindustrie gewisse Vorsichts- 
mafregeln beobachtet werden, ist ein Mißlingen der 
Arbeit ausgeschlossen. 

Will man bei der alten Methode des Aufquetschens 
auf Glas bleiben, so muß die polierte Glasplatte vor- 
her in zweiprozentiger Salpetersäure gebadet und gut 
abgespült werden. Ferner ist zu empfehlen, das Bild, 
bevor man es aufquetscht, mit verdünnter Ochsen- 
gallenlósung zu behandeln, damit ein Festkleben ver- 
mieden wird. Nicht alle Papiere sind brauchbar, des- 
halb ist bei Bestellung anzugeben, ob Hochglanz auf 
kaltem oder warmem Wege erzielt werden soll. Auf 
Spiegelglas kann man nur kalt trocknen, auf Metall- 
platten auch in der Wärme, doch müssen die Kopien 
dann vorher ein Härtebad passiert haben, Die 
Gummi-Aufquetschwalze muß genügend breit, dick 
und elastisch sein und darf nur mit mäßigem Druck 
betätigt werden, da sonst zuviel des Quellungswassers 
der Gelatine mit abgepreßt wird, wodurch das Bild 
leicht beim Trocknen seitlich Luft einzieht, sich von 
der polierten Unterlage trennt und matte Stellen be- 
kommt. Die polierte Metallplatte oder glänzende 
Zelluloidfolie muß auf ebener glatter Tischplatte 
aufliegen, andernfalls drückt sie sich in Vertiefungen, 
z. B. klaffende Fugen, etwas ein, und es entstehen im 
Bild Zonen mit geringerem Glanz. Das Trocknen 


12 


muß gleichmäßig über die ganze Bildfläche erfolgen, 
damit nicht die Ränder langsamer trocknen als die 
Bildmitte. Hierdurch würden Spannungen entstehen. 
die zum sogenannten „Muschelbruch“ führen. Die 
Waschwüsser müssen absolut rein, frei von kleinsten 
mechanischen Verunreinigungen, Rostpartikelchen aus 
der Leitung, Stoffáserchen, Sandkórnern sein, sonst 
zeigen sich beim fertigen Bild sogenannte „Stippchen“. 
Die polierte Unterlage soll peinlich sauber und hoch- 
glanzpoliert sein, da jeder Kratzer, jede Pore im Ab- 
zug eine Fehlstelle hervorruft. Gleiches gilt auch für 
die beheizten Trockentrommeln aus Chrom bzw. 
Edelstahl. Hier ist besonders darauf zu achten, daß 
sich auf den Trommeln kein Ansatz von Kalk- und 
Magnesiaverbindungen aus hartem Wasser bildet. 
Wird mit Trockenpressen mit flacher oder gewölbter 
Heizfläche gearbeitet, ist auch die Heizfläche sauber 
zu halten, um beste Wärmeübertragung zu sichern. 
Das Andrücken der nassen Kopien auf eine polierte 
Platte (Messing verchromt, Emaille, „Ferrotyp“-Platte, 
а, h. Metallplatte mit Hartlackiiberzug) geschieht 
zweckmäßig nicht direkt mit dem Rollenquetscher, 
sondern unter Zwischenlage eines glatten, nicht zu 
dehnbaren Gummituchs. Beim Trocknen in der Wärme 
— Trockenpressen, Trockentrommeln — ist sehr auf 
die Temperatur zu achten. Am besten wird bei etwa 
60° C gearbeitet, um ein stellenweises Festbacken oder 
Zerflie&en der Bildschicht zu verhüten. 

Nach kurzer Übung gelingen die Hochglanzkopien bei 
Beachtung der geschilderten Vorsichtsmaßregeln ein- 
wandfrei. Dr. A. Karsten. 


Zu unseren Bildern 


Von den beiden Porträts von Lazi ist das mit den 
durchleuchteten Händen das ausdrucksvollere. Mag 
auch die Beleuchtung des Gesichts nicht absolut be- 
friedigen, erhält der Beschauer doch einen sehr leben- 
digen Eindruck. Das ruhigere, knapp in den Raum 
gesetzte zeigt eine schöne stoffliche Charakteristik. 
Auch der Japaner, durch Europa beeinflußt, wählt 
enge Ausschnitte, beleuchtet effektvoll und erstrebt 
Ausdruck. Die „Tochter“ wirkt durch das starke 
Seitenlicht, die Kontraste und Spitzlichter interessant. 
Altersunterschiede sind durch Puder und glättende 
Retusche aufgehoben. Es folgen dann die vortreff- 
lichen Theaterreportagen der Trudy Fuld. Man unter- 
schützt leicht diese Leistungen, nimmt man an, die 
starke Wirkung dieser Bilder würe nur zum geringen 
Teil das Verdienst der Photographin, der größere ge- 
bühre dem Regisseur. Dies wäre durchaus Ver- 
kennung. Auch hier kommt alles nicht nur auf den 
entscheidenden Augenblick des Festhaltens an, es 
gilt auch das Wirksame und dies bildhaft zu erfassen. 
Trudy Fuld schreibt dazu sehr einleuchtend in dem 
vorstehenden Aufsatz, und wir glauben gern, daß ihre 
Aufnahmen den Beifall der Theaterleitungen finden. 
Besonders hübsch die Aufnahme aus „Wildente“ und 
das fast seltsam feine Porträt aus „Donnerstag...“ 
Auf der letzten Tafel noch zwei geschmackvolle 
Werbephotos von Erfurth. Auf dieses Thema werden 
wir in Kürze ausführlicher eingehen. 


HARFENSPIELERIN 


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DOPPELBILDNIS 


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PORTRAT- 
STUDIEN 


Unretuschierte Portrát-. Studie bel Kunstlicht 


HUB. FLOTER, KOLN 


Blondes Haar im Vorderlicht 
kommtmeistens zu dunkel, auf 
orthochromat, Schicht und mit 
Nitraphotlampe aber noch hin- 
reichend tonrichtig 


Panchromat. 
Film, Nitralicht 
und ein lelcht. 
Grüönfiit.geben 
Blond voll- 
kommen rich- 
tig wieder 


F.FIEDLER ` | 
DRESDEN | | | 


FÜNF SPORT- UND REPORTAGEAUFNAHMEN 


LOTHAR RÜBELT, WIEN 


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EINE GEFAHRLICHE REPORTAGE 


RUBELT SCHWIERIGES PHOTOGRAPHIEREN IM GERICHTSGEBAUDE 


M. V. BUCOVICH, BERLIN FASTNACHT AUF AGFA ULTRA-SPEZ.-PLATTE 


Das Werbephoto 


Wir lesen in einem Werbeheft: „Photos sind, sobald 
sie eine Bewegung, ein Gefühl festhalten sollen, meist 
unzulánglich. Der Zeichner gestaltet eindringlicher 
und sogar glaubhafter . . .“ Das erscheint nur zum 
Teil richtig; denn keine Zeichnung wirkt, auf den 
Laien wenigstens, so glaubhaft wie die Photographie. 
Daher hat sie sich auch in der Fachwerbungfür Kataloge, 
Inserate usw. so eingebürgert. Manchem Werbeleiter 
mag das Photo mit seiner wohl genauen, aber ziem- 
lich gleichmäßigen Darstellung zu schwach sein; Super- 
lative liefert ihm der Zeichner besser als der Photo- 
graph; elegante Skizzen geben akzentuierter den Luxus, 
beseelter den Schwung, den der Konstrukteur beim 
Entwurf erstrebte, wieder als das Photo, das dafür 
aber wieder andere und ganz eigene Wirkungsfak- 
toren hat. Jedenfalls liegt hier das Problem. Der 
Photograph ist unfrei dem Zeichner gegenüber, nur 
durch besondere Auffassung, Einstellung und die 
eigenen Werte seiner Mittel besteht er neben ihm. 
Das Bedürfnis nach guten Werbebildern liegt überall 
vor, іп der Provinz wie in der Großstadt. Der Licht- 
bildner тий nur versuchen, die Aufmerskamkeit der 
interessierten Kreise auf sich zu lenken. Nicht durch 
den Briefkopf: „Spezialität Reklamephotos!", sondern 
durch ein wirklich suggestives Bild, das wertvoller 
ist als zehn nichtssagende im Schaukasten Hat er 
eine technische Aufnahme zu machen, lasse er sich 
vorher vom Fachmann genau erklären, worauf es an- 
kommt. Ein Maschinenteil in falscher Stellung reizt 
den Techniker, ein Fehler in der Bogenhaltung des 
Geigers den Musiker zum Widerspruch und macht 
das Bild wertlos. | 

„Was, wie, womit, wofür?“, das sind für jeden Re- 
klamephotographen vier grundlegende Fragen. Was 
soll er darstellen, wenn er z. B. ein Werbebild für ein 
Haarwuchsmittel liefern soll? Er hat die Wahl zwi- 
schen Glatze und Haarwuchs. Der Phantasielose 
nimmt beide und stellt dar: „vor“ und „nach Ge- 
brauch", ein Bild, das uns allenfalls ein Lächeln ab- 
nötigt. Ein anderer wird einen Kahlkopf, ein dritter 
eine ganze Versammlung von Kahlkópfen darstellen. 
Das aber suggeriert uns nicht den Begriff „kahl“. 
Das „Wie“ gelang erst einem Photo der Trylisin-Fabrik: 
ein vollkommen entblátterter — Baum! Darunter 
stand: „kahl.“ Eine sprechendere Darstellung des 
Wortes ist kaum denkbar. Ebenso wie ein mittel- 
mäßiger Lehrer seinen Schülern einen mathematischen 
Beweis selbst gibt (das einfachste Verfahren!), wäh- 
rend ein guter Pádagoge zwar den Weg zeigt, die 
Schlußlösung aber finden läßt, ebenso darf der ge- 
schickte Werbebildner seinem Publikum ruhig einen 
ganz einfachen Gedankengang zumuten, den Schluß 
vom „kahlen“ Baum auf den „kahlen“ Kopf, so daß 
er unmittelbar neben dem entblátterten Baum die 
Trylisin-Flasche bringt, obgleich beide an sich nicht 
das Geringste miteinander zu tun haben. Ein Bild, 
bei dem der Beschauer ein wenig nachdenken muf, 
prágt sich ihm eher ein als ein eindeutiges, bei einem 
Zuviel dagegen denkt er überhaupt nicht. 


Die Frage „womit“ ist nicht so leicht zu beantworten: 
Dem geschickten Photographen stehen viele Hilfs- 
mittel zur Verfügung, mit denen er seiner Darstellung 
Nachdruck verleihen kann; man kann beinahe sagen: 
grundsätzlich alle Mittel, die in der „zünftigen“ Photo- 
graphie verpönt waren. Aufnahmen von unten oder 
von oben ergeben seltsame und darum auffallende 
Perspektiven, die sich durch die Wahl kurzer Brenn- 
weiten phantastisch übertreiben lassen. 

Wer Werbeaufnahmen für ein Haarwasser machen 
will, verleiht dem Haar des Modells durch einen „Spot- 
light“ besonderen Glanz. Überhaupt ist ein solcher 
Effekt - Linsenscheinwerfer für den Reklamephoto- 
graphen unentbehrlich. Er liefert lange Schlagschatten 
zur Raumaufteilung, er projiziert bei Modebildern 
bizarre Schattenbilder auf den Hintergrund, die ganz 
wesentlich dazu beitragen können, dem Bilde Schwung 
und Rhythmus zu geben. Der Spot liefert das rich- 
tige Licht zur Aufnahme von Kristall und Edelsteinen. 


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KARLSRUH 


Erich Bauer, Karlsruhe. Werbephoto. Bemerkenswert in 
der Sicht, Raum- und Stofflichkeitswirkung 


13 


Das Funkeln eines Juwels läßt sich überzeugend dar- 
stellen mit Hilfe des Rodenstock-,‚Imagon“-Objektivs, 
das Glanzlichter wie strahlende Sternchen abbildet. 
Selbst technische Fehler sind erlaubt: Bewegungs- 
unschärfen bei Aufnahmen rasender Automobile geben 
einen Begriff der Geschwindigkeit. Alle Übertrei- 
bungen sind zulässig, solange sie sich in den Grenzen 
des guten Geschmacks halten. Nur das „Wofür“ 
muß der Werbebildner stets im Auge behalten: Für 
eine Fachzeitschrift muß er wahrere Bilder liefern 


als für ein Unterhaltungsblatt, für den Kupfertief- 
druck andersartige Positive als für Rasterklischees. 
Wer für große Firmen arbeitet, wird mit „Effekten“ 
sparsam umgehen. Spielereien mit Licht und Schatten 
sind nur angebracht, wo etwas zu verdecken oder zu 
betonen ist. 

Diese kurzen Andeutungen müssen genügen. Von 
der Zusammenarbeit zwischen Photographen und 
Graphiker bis zur Fertigstellung der reproduktions- 
reifen „Reklame“ soll später die Rede sein. 


Aufnahmen von Gold- und Silberschmiedearbeiten 


Von Dr. Arthur Schlegel (G. D. L.) 


Da beim Aufnehmen von Edelmetallarbeiten viele 
Aufnahmen, besonders Detailaufnahmen, in natiir- 
licher Größe erfolgen, muß zur Erzielung der nötigen 
Tiefenschärfe sehr stark abgeblendet werden. Diese 
Maßnahme hat aber lange Belichtungszeiten zur Folge. 
Dazu kommt, daß die photographische Platte (selbst 
die panchromatische) für den rötlichen Goldton eine 
relativ geringe Empfindlichkeit besitzt. Die Verwen- 
dung von Platten mit übermäßig gesteigerter Emp- 
findlichkeit ist aber wegen des gröberen Kornes und 
ungenügender Lichthoffreiheit nicht zu empfehlen. 
Man wird also lange Belichtungszeiten wohl oder übel 
in Kauf nehmen müssen und, um nicht unnötig viel 
Zeit zu verlieren, am besten mit zwei oder drei 
Apparaten gleichzeitig arbeiten. 

An und für sich wäre es zweckmäßig, Apparate 
kleineren Formates zu verwenden. Objektive kürzerer 
Brennweite ergeben bekanntlich eine bessere Tiefen- 
schärfe als langbrennweitige. Da es aber bei der- 
artigen Aufnahmen auf gestochene Zeichnung an- 
kommt, ist ein kleineres Format als 13 X 18 im all- 
gemeinen nicht ratsam. Eine gute Originalaufnahme 
18 X 24 wird immer einer Vergrößerung von 9 X 12 
auf 18 X 24 vorgezogen werden. Die Schwierigkeiten 
sind auch nicht derart, daß sie sich — gute Optik 
vorausgesetzt — nicht bewältigen ließen. Unsere Auf- 
nahme (Abb.3) von dem starkfarbigen Reliquien- 
kasten übereck, hergestellt mit einem Zeiss - Tessar 
(f —21 cm, abgeblendet auf 1:50) in zwei Drittel 
natürlicher Größe auf 13 X 18- Platte, weist eine 
völlig ausreichende Tiefenschärfe auf. Notigenfalls 
muß man eben noch stärker abblenden. 

Eine zweite Schwierigkeit bereitet die richtige Wieder- 
gabe der Tonwerte. Diese Schwierigkeit spielt in- 
dessen meist eine sekundäre Rolle und ist von eigent- 
licher Bedeutung nur bei Aufnahmen von farbigem 
Email. In sehr vielen Fällen muß auf eine richtige 
Wiedergabe des Gold- und Silbertones sogar ver- 
zichtet werden, z. B. wenn Gold- oder Silberplatten 
eine eingravierte oder in Niello ausgeführte Zeich- 
nung aufweisen (vgl. Text zu Abb. 4). 

Die Hauptschwierigkeit beim Aufnehmen von Edel- 
metallarbeiten besteht jedoch in zweckmäßiger Be- 
leuchtung und der Vermeidung von Reflexen. Eine 
für alle Fälle gültige Regel läßt sich natürlich nicht 


14 


Mit fünf Aufnahmen des Verfassers 


Abb.1. Teilaufnahme vom .Arm-Reliquiar mit Brustbildern 
Christi und der zwölf Apostel". Gearbeitet in Hildesheim 


um 1175. Eichenholzkern mit vergoldetem, getriebenem . 


Silberbeschlag. Inzwischen nach Amerika verkauft. Ge- 
samthóhe des Originals 21 cm hoch 


aufstellen, nur von der Verwendung von Kunstlicht 
muß bei derartigen Aufnahmen prinzipiell abgeraten 
werden. Selbst wenn das Licht durch Gazeschirme 


abgedämpft wird, lassen sich Reflexe nie ganz ver- . 


meiden. Die erforderliche gleichmäßige, weiche Be- 
leuchtung kann viel eher mit Hilfe von zerstreutem 
Tageslicht erzielt werden, wobei man die Fenster 
nötigenfalls noch mit Seidenpapier verhängt und von 


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Abb. 2. Detailaufnahme vom .Arm-Reli- 
quiar des HI. Laurentius“. Gearbeitet in 
Hildesheim um 1175. Holzkern mit ver- 
goldetem, getriebenem Silberbeschlag und 
reicher Niellierung. Die einzelnen Felder 
des Schachbrettmusters mit Rosetten ge- 
füllt, die neun verschiedene Formen auf- 
weisen. Eine Arbeit von bestechender 
ornamentaler Pracht. Bei der Aufnahme 
mußte das Gold aufgehellt werden, um 


die Musterung lebendig werden zu lassen c 


Abb. 3. .Starkfarbiger Reliquienkasten.” 
Angefertigt in Irland im 12. Jahrhundert. 
Über Eichenholzkern Kupferplatten mit 
Grubenschmelz. Binnenzeichnung in ver- 
goldetem Kupfer stehen geblieben. Grund 
des Emails tiefblau. Auftonrichtige Wieder- 
gabe (Blau zu hell!) wurde bei dieser Ge- 
samtansicht verzichtet, da Blende 1:50 plus 
Filter eine zu lange Belichtungszeit ergeben 
hätte. Dagegen wurden die Frontalauf- 
nahmen der einzelnen Felder, wo keine 
so starke Abblendung wie bei der Über- 
eckansicht nötig war, durch entsprechende 
Filterung tonrichtig hergestellt. Abbildung 
etwas über '/, natürlicher Größe 


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der gegenüberliegenden Seite her mit weißer Pappe 
od. dgl. aufhellt. 

Am schwierigsten sind Aufnahmen von Gegenständen 
aus völlig blankem Metall, weil sich auf deren Ober- 
fláche die ganze Umgebung, vor allem auch die Ka- 
mera, widerspiegelt. Der einzige Ausweg: den Gegen- 
stand in eine entsprechend große, mit weißem Papier 
ausgeschlagene Kiste zu stellen und die Vorderseite 
der Kamera in der Weise mit weißem Papier zu mas- 
kieren, daß nur das Objektiv herausschaut. Da die 
offene Seite der Kiste natürlich nicht nach dem 
Fenster zu gerichtet sein darf und somit nur in- 
direktes Licht auf den Gegenstand trifft, ergeben sich 
bei der notwendigen starken Abblendung Belichtungs- 
zeiten bis zu einer Stunde und noch mehr. 

In Photohandbüchern oder Zeitschriften wird ver- 
schiedentlich empfohlen, Gefäße aus blankem Metall 
vor der Aufnahme mit einer Magnesiummischung 
oder Metallputzmitteln zu bestreichen oder aber mit 
eiskaltem Wasser zu füllen, wodurch sich ein matter 
(aber bald in Wassertropfen übergehender!) Beschlag 
auf der Oberflüche bildet. Solche Ratschláge sind 
zweifellos gut gemeint, aber für die Praxis unbrauch- 
bar. Der Photograph flóge bald mit seinem Kasten 
hinaus, wenn er an wertvollen Objekten derartige 
Manipulationen vornehmen würde. 

Für geeignetste Wiedergabe der bei Edelmetallarbeiten 
gebrüuchlichen, sehr verschiedenartigen Techniken 
besondere Anweisung zu geben, ist natürlich nur von 
Fall zu Fall móglich. Wir beschränken uns deshalb 
auf einige Hinweise bei den Angaben zu unseren 
Aufnahmen. 


Die beigegebenen Photos — mit Ausnahme von 
Abb. 4, Aufnahmen von dem berühmten Welfen- 
schatz — stellte der Verfasser im Auftrage des Kunst- 
geschichtlichen Seminars Marburg her. Es war eine 
selten schóne und dankbare Aufgabe. Welcher Kunst- 
historiker und Kunstfreund hätte ihn nicht darum 


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Die zweckmäßigste Beleuchtungsanlage 


Heute läßt sich jedenfalls bei Verwendung erstklassi- 
gen Aufnahmematerials, sorgfältiger Ausleuchtung des 
Modells, reichlicher Exposition und vorsichtiger Ent- 
wicklung in stark verdünntem Metol-Hydrochinon ein 
Zugehen oder Verbrennen der Lichter auch bei direk- 
tem,.nicht zerstreutem Licht immer vermeiden. 

Nun das Ergebnis der Umfrage: Die nach dem heu- 
tigen Stand der Technik zweckmäßigste Beleuchtung 
umfaßt drei verschiedene Lichtquellen. Diese sind 
notwendig, aber auch für die meisten Zwecke hin- 
reichend. Zwei sollen die gleiche, eine nur die halbe 
Lichtstärke der ersten besitzen. Also beispielsweise 
zwei Lampen zu 1000, eine zu 500 Watt, oder aber 
zwei zu 500, eine zu 200 bis 250 Watt. Mit der letzten 


16 


beneidet, diese kostbaren Stücke, die zu 
dem Wertvollsten gehören, was wir über- 
haupt an frühmittelalterlichen Gold- 
schmiedearbeiten besitzen, in die Hände 
nehmen und bewundern zu dürfen. 
Die Aufnahmen erfolgten im Städel zu 
Frankfurt a. M., wo der Welfenschatz 
kurze Zeit ausgestellt war. Es muß 
dankend hervorgehoben werden, daß die 
Direktion des Städel uns äußerst ent- 
gegenkam und zur Vornahme der Auf- 
nahmen einen eigenen, von uns für ge- 
eignet befundenen Raum bereitstellte. 
Leider standen uns nur 6 Tage Zeit zur 
Verfügung. Trotzdem gelang es uns zu 
zweit, alle wichtigen Stücke (insgesamt 
40) aufzunehmen und von fast allen eine 
größere Anzahl, vom Kuppel- Reliquiar 
allein sogar 60, Detailaufnahmen zu 
machen. Die vom Marburger Institut auf 
früheren Ausstellungen im Aufnehmen 
von Edelmetallarbeiten gewonnenen Er- 
fahrungen bewährten sich auch bei dieser 
Aufgabe. Übrigens besitzt keine andere 
deutsche Bildstelle so viele Aufnahmen 
von mittelalterlicher Goldschmiede- 
kunst als das Marburger Seminar. 


5 


Abb. 4. .Tragaltar іп der Franziskanerkirche zu Pader- 
born.” Gearbeitet um 1100 von Roger von Helmars- 
hausen. Holzkern verkleidet mit gravierten Kupferplatten. 
An den Seiten Darstellungen aus dem Leben der HI. 
Felix und Blasius, ausgeführt in einer opus interrasile” 
benannten Technik. Die Figuren einer Szene werden 
zusammenhángend aus einer  Kupferplatte aus- 
geschnitten, diese wird dann vergoldet und auf dunklem, 
farbigem Grund aufgenagelt. Die Binnenzeichnung der 
Figuren ist eingraviert. Damit bei der Aufnahme die 
eingravierte Zeichnung deutlich hervortritt, muB die 
glatte Fläche der vergoldeten Kupferplatte aufgehellt 
werden. Dies erfolgt am besten durch eine Maskierung 
der Kameravorderwand mit weiBer Pappe. Die Aufhellung 
ist natürlich um so wirksamer (und leichter durchführbar), 
je kürzer der Abstand der Kamera. Deshalb wurden 
die Aufnahmen mit kurzbrennweitigen Objektiven ge- 
macht. Je größer die aufzunehmende Fläche (desto 
größer der Kameraabstand), desto schwieriger die 
gleichmäßige Aufhellung 


Abb. 5. Detailaufnahme vom .Tragaltar des Eilbertus”. 

Arbeit des Meisters Eilbertus aus Kóln, ausgeführt in 

Hildesheim um 1150 — 1160. Prophetenfiguren іп 
Grubenschmelz, Pilasterschäfte in Zellenschmelz. 


(Schluß aus Heft 1) 


Anlage würden wir bei einer relativen Öffnung von 
F/4, bei Verwendung der hochempfindlichen Pan- 
schichten auf eine Belichtungszeit von / Sekunde 
und weniger kommen, Dies nur als Anhalt. Die Licht- 
quellen sollen möglichst klein und handlich sein. Schon 
aus diesem Grunde halte ich die früher so verbreiteten 
Doppel- und Dreifachlampen, zwei bis drei Strahler 
auf einem Stativ, für unzweckmäßig. Sie fallen leicht 
um, nehmen Platz weg, geben oft vielfache Augen- 
reflexe und fast immer unkontrollierbare Schatten. 
Die Kunst des Lichtbildners zeigt sich nicht in der 
Wegleuchtung auch des kleinsten Schattens, im „Er- 
sáufen" des Modells in Licht, sondern in einer plan- 
mäßigen Führung und Beherrschung der Lichter und 


vor allem der Schatten. Eine solche Schatten- 
führung ist mit Mehrfachlampen schlechterdings 
unmoglich. 

Die Lichtquelle soli ferner das von der Glühlampe 
gelieferte Licht möglichst vollkommen  ausstrahlen. 
Daß Emaille- oder geriefte Aluminiumstrahler ein be- 
sonders „weiches“ Licht geben sollen, ist ein Aber- 
glaube. Spiegelscheinwerfer sind in der Herstellung 
zu teuer, die in der Kinotechnik üblichen Spiegelauf- 
heller mit Facetten - Glasspiegel sind nicht dauerhaft 
genug und bedürfen zu sorgfältiger Wartung. Am 
zweckmäßigsten dürfte sich ein Aufheller mit facet- 
tiertem Chromspiegel von .350 mm Durchmesser er- 
weisen, der vorn einen Rahmen zur Aufnahme einer 
etwaigen Streuscheibe enthält. Zwei dieser Aufheller 
als Haupt- und Effektlicht genügen. Die dritte, 
schwächere Glühlampe sitzt in einem kleineren 
Spiegelscheinwerfer oder einem gewöhnlichen Alu- 
miniumstrahler. Sie dient lediglich zur Allgemein- 
beleuchtung. Eine der beiden Hauptlampen, die all- 
seitig schwenkbar gelagert sind, kann mittels eines 
einfachen Rollenzuges auch von der Decke herab- 
gelassen werden und als Deckenlicht dienen. Für 
Effektaufnahmen kann aufer diesen drei Grundein- 
heiten als vierte Lichtquelle ein Spotlight dienen. 
Er тиб dieselbe Lichtstärke wie die Hauptlampen 
besitzen. Für Neuanschaffung kommt natürlich nur 
die Ausführung mit doppeltem Linsensystem in Be- 
tracht. Ein solcher Spot besitzt zwei Einsatzrahmen, 
einen zur Aufnahme einer Streuscheibe, einen zweiten 
zur Aufnahme von Hintergrund - Diapositiven, ver- 
mittels deren man für Modenbilder u. dgl. beliebige 
Muster auf den Hintergrund projizieren kann. 
Wenn vorwiegend Modenaufnahmen, überhaupt Fi- 
gurenbildnisse gemacht werden sollen, empfiehlt sich 
statt der kleinen 500-Watt-Aufhellungslampe die An- 
wendung einer Soffitte mit vier bis fünf gewöhnlichen 
Edison-Fassungen, in die je nach Bedarf Lampen zu 
100 oder 200 Watt eingeschraubt werden. Soffitten 
mit Röhrenlampen kommen nicht in Betracht. Die 
Soffitte kann ebenfalls mittels des erwühnten Schnur- 
zuges als Oberlicht unter der Decke aufgehängt wer- 
den. Auf ihrem Ständer am Boden stehend, leistet 
sie bei der Aufnahme spielender Kinder gute Dienste. 
Die meisten Soffitten lassen sich mittels einer Schelle 
auch in beliebiger Höhe am Lampenstativ waagerecht 
festklemmen, beispielsweise zur Ausleuchtung aus- 


Ich werde Pressephotograph... 


Die rasende Weltentwicklung der letzten zehn Jahre 
hat vielen Berufen stark zugesetzt. Kein Schuster hat 
mehr die richtige Freude an seinem alten Leisten. 
Zum Teil liegt das an der Vollendung der einschlä- 
gigen Maschinen und Apparate, zum Teil an der 
Überfüllung fast aller Berufe, die den einzelnen 
zwingt, Neues zu schaffen. Früher beherrschte das 
Wort Zeitung und Zeitschrift, heute das Bild, und 
ein fixer Journalist тий ebensogut mit Kamera und 
Bild der Welt berichten wie mit geschliffenem Wort. 


gedehnter Gruppen. Іт Notfalle werden zwei Sof- 
fitten aneinandergeschraubt. Die in einem Reflektor 
vereinigten Glühlampen wirken praktisch wie eine 
einzige und weisen nn die Nachteile der Mehrfach- 
lampen auf. 

Die zweckmäßigste Beleuchtung würde also, um es 
noch einmal zusammenzufassen, etwa nach folgendem 
Schema aufgebaut sein: 

А) Hauptlicht: Spiegelaufheller im Bügelstativ, 350mm 
Durchmesser, mit verstellbarer Goliath-Fassung, 1000 
Watt (500 Watt), mit Streuscheibe. 

B) Aufhellung: a) Strahler 500 Watt (250 Watt), 
b) Soffitte 5 X 200 Watt (5 X 100 Watt), 

C) Effektlicht: a) wie A, jedoch ohne Streuscheibe, 
b) Spotlight 1000 Watt (500 Watt) mit Zweifachlinsen- 
system und Dia-Rahmen. 

Sämtliche Lampen besitzen ein weit ausziehbares kraf- 
tiges Stativ. Die Anordnung der Lampen an Decken 
und Wänden wurde von allen Berufslichtbildnern ab- 
gelehnt. Nur die Fachschulen forderten eine feste 
Montage der Lampen auf Wandarmen und Decken- 
schienen, vermutlich, weil gerade im Schulbetrieb die 
Stativlampen allzuoft umgeworfen werden. 

Die Verwendung der Goliath-Fassungen in den Auf- 
hellern bietet den Vorteil, daß wir bei Bedarf auch 
stärkere Lampen bis zu 2000 Watt einsetzen können, 
z. B. für die Momentaufnahme von Tanzszenen usw. 
Die mit Edison - Fassungen ausgerüsteten Soffitten 
können ebenfalls mit bis zu fünf Nitraphotlampen zu 
500 Watt beschickt werden, so daß die Standardanlage 
sich lediglich durch Wahl der Birnen den verschie- 
densten Ansprüchen anpassen läßt. Natürlich kann 
die Anlage ohne weiteres auch bei Verwendung ge- 
eigneter Strahlwände oder, wie der Filmausdruck 
lautet, „Blenden“ für indirekte Beleuchtung umgebaut 
werden. Gerade hierbei erweist sich die Möglichkeit, 
stärkere Glühlampen zu benutzen, als sehr angenehm. 
Ich habe den Versuch gemacht, auf Grund einer Um- 
frage nach der für den heutigen Stand der Technik 
zweckmäßigsten Beleuchtungsanlage für Kunstlicht- 
ateliers eine ,,Standardbeleuchtung" zu entwerfen. Sie 
stellt kein Phantasiegebilde dar, sondern ist zusammen- 
gestellt aus durchweg katalogmäßigen Lampentypen. 
Zu meiner Freude deckte sich die Antwort der Bayr. 
Staatslehranstalten für Photographie, abgesehen von 
der Stativfrage, in allen wesentlichen Punkten mit 
meiner Darstellung. Dipl.-Ing. G. Goebel. 


Von L. Fritz 


Das hat zur Folge, daß jene jungen Leute oder älteren 
Semester, die in der Reportage oder Berichterstattung 
noch eine Existenzmoglichkert sehen, der Meinung 
sind, ein Pressephotograph hat es leicht, der bekommt 
seinen Auftrag, macht schöne Reisen und hat nur zu 
knipsen! Schliefllich ist es ja dasselbe, ob ich wie 
bei meiner letzten Sommerreise mir die neckischen 
Bildchen selbst stelle oder das Gegebene aufnehme. 
Hauptsache, ich kann halbwegs photographieren! Die 
Zeitung kann das ja doch nie so genau kontrollieren. 


17 


Damit aber fängt das Elend an. Denn keiner dieser 
Optimisten ist sich so richtig klar, daß Pressephoto- 
graphie Journalistik und Reportage in erhóhter Po- 
tenz ist, daß genau, wie das packende Wort, die Ge- 
staltungskraft des rein Gedanklichen, auch die Quint- 
essenz der aufzunehmenden Handlung im Photo ent- 
halten sein тий, im Bruchteil jener Sekunde, die 
Hóhepunkt und Wendung des Geschehnisses bildet. 
Nur jene Photographen, gleichviel, aus welchem Lager 
sie kommen, deren Intuition so ausgeprägt ist, daß 
sie eralinend im Bilde das dramatische oder wesent- 
lichste Moment erhaschen, dürfen sich mit dem Ge- 
danken tragen, Pressebildberichterstatter zu werden. 
Das setzt natürlich ein für allemal voraus, daf nur 
ein wirklich versierter Kameramensch, der sich durch 
alle Irrgánge von Optik, Apparatebau, Material, Ent- 
wicklungs-, Reproduktions- und Vergrößerungstechnik 
durchgearbeitet hat, Eignung besitzt, er тий aus dem 
Training vieler Jahre mit schlafwandlerischer Sicher- 
heit wissen, welche Belichtung, Brennweite, welche 
Art Material er verwenden muß. In jedem Zweig 
der Berufsphotographie ist ein gewisses Experimen- 
tieren möglich, niemals bei der Pressephotographie. 
Das Photo „muß sitzen", wie der Fachausdruck lautet, 
so fest, daß noch Generationen später ihre Welt- 
geschichte daraus rekonstruieren kónnen. 

Kiss, der „rasende Reporter“, sagte einmal: Nur Frech- 
heit hilft! Darunter ist natürlich nicht pöbelhaftes 
Benehmen zu verstehen, ein Grobian, der rücksichts- 
los sich der Ellenbogen bedient, vielmehr die mit 
großer Liebenswürdigkeit gemixte aalglatte Gewandt- 
heit, an der richtigen Stelle zu stehen. Man kann mit 


den Herren Kollegen nur einmal unfair vorgehen, von- 


diesem Augenblick an ist der Bildreporter für sein 
Leben. als Mensch gekennzeichnet, der kein Ent- 
gegenkommen zu erwarten hat. Und gerade das be- 


Auf schwankem Flaschenzug . . . . auf den Sekunden 
bruchteil wartend, der das brauchbare Photo bringt. 


18 


nötigt der Pressephotograph am meisten. Überall, bei 
Behórden, Amtspersonen, in allen Kreisen der Ge- 
sellschaft, dorthin, wo immer ihn sein Beruf führt. 
ist ein großer Teil seines Erfolges seine Art der 
Menschenbehandlung. Ein liebenswürdiges witziges 
Wort — schon öffnen sich Sperre und Grenzen. 
Hemmnisse sind nicht nur mit Pressekarte und Aus- 
weisen zu beseitigen, sondern vor allem angewandte 
gute Erziehung, Kinderstube und Eindringlichkeit ge- 
bildeten Menschentums werden zum Hauptfaktor 
bei der Lösung schwieriger Reporteraufgaben. Und 
noch eins: Mut! Der solide Bürger ahnt kaum, 
wenn er geruhsam seine Morgenzeitung liest und ein 
Bild bewundert, wieviel Kühnheit des Pressephoto- 
graphen hinter der gelungenen Aufnahme steckt — 
welches Vibrieren der Nerven, welche Angstgefühle 
oft kräftig hinuntergeschluckt werden müßten, ehe 
die Aufnahme gelang! Daß man zusammengekauert 
auf einem winzigen Balkonvorsprung hockt, in gru- 
selnder Tiefe das brandende Donnern und Rattern 
tausender Autos, die Finger ‘starr am Auslöser, die 
Schultern schmerzhaft an eine Steinecke geklemmt — 
oder auf schwankem Flaschenzug, die Taue schnei- 
dend um die Beine geschlungen, eine tötliche Ewig- 
keit auf jenen Sekundenbruchteil lauernd, der das 
brauchbare Photo bringt.. . . das sind eigentlich 
schon Alltáglichkeiten, die ein Pressephotograph 
durch körperliche Kraft und Gewandtheit durch- 
halten muß und die vielleicht nur jene abhalten 
werden, diesen Beruf zu ergreifen, die nicht wirklich 
über eine kernfeste Gesundheit verfügen. In Wind 
und Wetter, im stärksten Winterfrost und schmo- 
rendster Sommerhitze, im stundenlangen Ausharren 
unbequemster Situationen — den Bildberichterstatter 
darf es nicht anfechten, er muß seine Aufgabe lösen. 
Aber — wie werde ich Pressephotograph ? 

Vorausgesetzt, daß jene theoretischen und praktischen 
Vorbedingungen auch gegeben sind — indem man 
von der Pike auf anfängt, sich hineinzuarbeiten, ent- 
weder in einer der bestehenden photographischen 
Korrespondenzen, als Helfer eines guten Bildbericht- 
erstatters oder, falls man ganz großes Glück hat, wird 
sich ein Bildredakteur erweichen lassen, es einmal 
mit einem kleinen Auftrag zu versuchen. Alle, die 
heute guten Namen und Klang als Pressephotographen 
haben, fingen so an, nur ganz wenigen ist gleich der 
glückhaft große Wurf gelungen Millionen 
Photos gehen täglich bei den Redaktionen und Korre- 
spondenzbüros ein, deren Hersteller alle mehr oder 
weniger die Hoffnung hegen: vielleicht kann ich 
ständig für die Zeitung arbeiten! Dann und wann 
wird ein ganz besonders gutes Bild angenommen — 
das ist alles! Der beschäftigte Pressephotograph hat 
sich mühsam durchringen müssen, unter Investition 
von Kapital für Apparate und den modernsten Be- 


helfsmitteln — und das nicht zu knapp. Es ist 
eben wie bei allen Berufen: nur die wirkliche Eig- 
nung, die Höchstklasse hat Chance — oder sagen 


wir: Glück! Berufsphotograph sein heißt noch lange 
nicht, auch Pressephotographie können, das muß ge- 
lernt und angeboren sein. 


— — 3 — EEE | 


Zusammengekauert auf dem Balkon- 
vorsprung hockend, die Finger starr 
am Auslöser, die Schultern schmerz- 
haft an die Steinecke geklemmt 


— — 
Gr. Kutschuk, Berlin, Agentur für | 
Presse - Illustrationen 


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2.4 SI νὰ; o 
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Aon REMES 


Lothar Rübelt, der erfolgreichste Wiener Sport- u. Pressephotograph 


Lothar Rübelt ist der bekannteste Wiener Sport- und 
Illustrationsphotograph. Er begann als Amateur- 
photograph, richtiger gesagt als Sportsmann und 
Amateur, und als allround-sportsman ist er heute der 
Meister des Moments. Er hat den Blick und die 
Fähigkeit dafür, die einzelnen Phasen eines Be- 
wegungsvorganges gewissermaßen zu wittern. Dazu 
natürlich auch die genaue Kenntnis weitaus der 
meisten Sportarten, eine nicht zu unterschätzende 
intellektuelle Hilfe für sein Metier. 

Sein „Betrieb“ ist höchst einfach und originell. Außer 
seiner Mutter, die ihm im Positiven hilft, hat er keine 
Gehilfen. Ein normales Wohnzimmer, dem man 
kaum ansieht, daß tagtäglich soundsoviel Hunderte 
von Kopien in ihm fertiggestellt werden, und ein zum 
Dunkelraum umgewandeltes Badezimmer stellen die 
ganze Lichtbildwerkstätte vor, die fast alle großen 
illustrierten Zeitschriften beliefert. Man braucht 
kaum zu erwähnen, daß dergleichen nur unter Ver- 
wendung der besten, modernsten Apparate und Be- 
helfe möglich ist. 

Rübelt rückte ziemlich genau in dem Augenblick von 
der Großformatkamera (Spiegelreflex 9 X 12 cm) ab 
und bekannte sich zum Rollfilm 3 X 4, in welchem 
sich die übrigen Illustrationsphotographen Wiens dar- 
über einig geworden waren, daß es mit der Kleinst- 
kamera nichts sei. Auch dürfte Rübelt heute zu den 
wenigen Photographen gehören, die ausnahmslos nur 
panchromatisches Material verwenden. Seine Haupt- 
apparatur bildet die mit allen dazugehörigen Ob- 
jektiven versehene Leica. Mindestens 95% aller 
Aufnahmen werden mit diesem Apparat gemacht. 
Für schnellste Aufnahmen ist noch eine Miroflex da, 
und für Reproduktionen usw. ein Apparat - Schwer- 
gewicht älterer Konstruktion, das aber immer seltener 
zur Verwendung kommt, da sich auch hier die Klein- 
kamera bewährt hat. 


Die Dunkelkammereinrichtung ist überraschend ein- 
fach, aber von peinlicher Sauberkeit. Den üblichen 
Entwickler - Natronsumpf, der in so vielen Dunkel- 
räumen zu finden ist, sucht man vergebens. Derlei 
verbietet sich eben beim Kleinstformat von selbst. 
Ein kleiner Satz von Correx - Dosen dient zur Ent- 
wicklung der Negative, automatische Waschvorrich- 
tungen und Trockenapparate sorgen dafür, daß die 
Zeit von der Aufnahme bis zur Kopie auf ein Mini- 
mum reduziert werden kann. Für Kopier-, richtiger 


Lothar Rübell, Pressephoto. Kleinaufn. f 1: 4,5, Filter 1, 
1/00 Sek., auf panchromatischem Film 


19 


UU πω 3 


Lothar Rübelt, Pressephoto. Tanzpose. Kleinbildaufnahme 


gesagt, für Vergrößerungszwecke liegt stets siebenerlei 
Papier da. Vergrößert wird mit zwei Apparaten. 
Einem álteren waagerechten Modell bis zur Negativ- 
größe 9 X 12 und einem senkrechten modernen Leitz- 
Vergrößerungsgerät. Und man glaubt es kaum, welche 
Lappalie so 60 Vergrößerungen von 60 verschiedenen 
Negativen bedeuten, wenn jeder Handgriff berechnet 
ist, und solche unscheinbare, aber außerordentlich 
wichtige Helfer, wie etwa eine elektrische Taschen- 
lampe (zum Ablesen der Objektiv - Blendenstellung, 
zum Einlegen des neuen Negativs wáhrend nebenan 
erfolgender Entwicklung usw.) in Aktion treten. 

Vielleicht ebenso wichtig wie diese rein phototech- 
nischen Apparaturen ist ein schweres Motorrad, das 
Rübelt unter allen Umständen gestattet, rechtzeitig 
am Platze zu sein, und eine genaue Kenntnis der 
Postabfertigungszeiten, deren raffinierte Ausnutzung 


Farbenphotographie 


Der normale Sprachgebrauch unterscheidet nicht 
exakt zwischen Farben und Farbstoffen, während die 
Farbenlehre einerseits „Farben“, das sind die Emp- 
findungen, die Licht verschiedener Wellenlänge her- 
vorruft, deutlich trennt von den Farbstoffen anderer- 
seits, Substanzen, die den Körpern die Eigenschaft 
verleihen, Licht bestimmter Wellenlänge in unser 
Auge zu strahlen, und weiterhin Spektralfarben, den 
Bestandteilen des weißen Lichtes. Farben sind Emp- 
findungen, die nicht gemessen werden können; in das 
Gebiet des physikalisch Meßbaren kommen wir nur 
durch den Übergang von den Farben zu den verschie- 


20 


besonders im Auslandsdienst oft den entscheidenden 
Vorsprung vor den Bildern der Konkurrenz bringt. 
Entscheidet doch in Wirklichkeit oft nur eine halbe 
Stunde darüber, ob am kommenden Tag den Bilder. 
redakteuren die abgesandten Bilder zuerst in die 
Hand kommen; natürlich hat das erste Bild bei Ak- 
tualitäten immer und unbedingt den Vorrang vor 
später kommenden, auch wenn es qualitativ der 
späteren Sendung unterlegen sein sollte. Denn eine 
Zeitungsredaktion muß sich sehr, sehr rasch ent- 
scheiden und nimmt immer das schon Eingetroffene 
lieber, ehe sie sich auf ungewisses Eintreffen anderer. 
vielleicht besserer Sendungen verläßt. 
Eine großartige Leistung liegt zuweilen in den Re- 
portagebildern Rübelts. Nur zwei Beispiele. Am 
15. Juli 1927 kam es bekanntlich vor dem Justizpalast 
in Wien zu schweren Ausschreitungen, in deren Ver- 
lauf das Gebäude eingeäschert wurde. Die Wiener 
Polizei ging schließlich mit Waffengewalt vor, wobei 
mehr als 100 Tote am Platze blieben. Rübelt ist vom 
Anfang bis zum Ende dort mitten im heißen Kampfe 
gestanden und hat ununterbrochen photographiert. 
Als einziger aller Wiener Illustrationsphotographen. 
— Die Verwertung dieser sehr kostbaren Aufnahmen 
schien aber deswegen fast unmöglich, weil an dem- 
selben Tage der Generalstreik proklamiert und Post 
und Eisenbahn lahmgelegt wurden. Aber noch am 
Nachmittage desselben Tages war Rübelt mit seinem 
Motorrad nach Preßburg gefahren und hatte den Ver- 
sand seiner Bilder durch Flugpost vorgenommen. 
Beim Wiener Prozeß gegen den Eisenbahnattentáter 
Matuska arbeitete Rübelt wie folgt: Gegen 9,15 Uhr 
wurde am ersten Verhandlungstage der Saal geöffnet. 
Die erste Möglichkeit zu photographieren ergab sich 
gegen 10 Uhr. Um 11 Uhr kommt der Film zu Hause 
in den Tank. Um 12 Uhr sind die ersten Kopien 
fertig und werden schon auf dem Telegraphenamt 
nach Berlin telegraphiert, wo sie am gleichen Tage 
in der Nachmittagsausgabe einer Zeitung erscheinen. 
Danach ist es eigentlich nicht schwer, festzustellen. 
wo das Geheimnis lieg. Nämlich im geschulten, 
schnell erfassenden Blick, in vorzüglicher Beherrschung 
der Technik und in einer der Konkurrenz überlegenen 
Geschwindigkeit der Bildherstellung und Absendung. 
A. Niklitschek. 


denen Lichtarten, d. h. zu Licht von verschiedenen 
Wellenlängen. Bekanntlich kann man weißes Licht 
durch ein Prisma oder ähnliches in farbiges Licht ver- 
wandeln, und da man Licht als eine Wellenbewegung 
des Athers zur Zeit auffaßt, unterscheidet man die 
verschiedenen Spektralfarben durch verschiedene 
Längen der Lichtwellen. In großen Zügen wird Blau 
durch Wellenlängen von 400 — 500 mu, Grün von 
500—600, Rot von 600—700 «u erzeugt, wobei die ver- 
wendete Einheit "и = Yı 00000 mm ist. 

Gegenstände erscheinen in einer bestimmten Farbe. 
wenn sie Licht bestimmter Wellenlänge reflektieren. 


| 


das übrige absorbieren; ein Tuch erscheint rot, wenn 
es Licht von den Wellenlängen 650—700 un reflektiert. 
Genau ebenso erscheint uns ein Rubinglas dadurch 
rot, daß es alle Farben außer Rot absorbiert und nur 
Rot hindurchläßt. Für die farbigen Papierbilder sind 
fast ausschliefllich Stoffe ersterer Art, die farbiges 
Licht reflektieren, von Wichtigkeit, für die farbige 
Kinematographie und die farbigen Diapositivbilder, 
die Stoffe zweiter Art, die farbiges Licht hindurch- 
lassen, gefärbte Gläser, gefärbte Gelatine- oder ge- 
färbte Kollodiumschichten. 

Die unendliche Mannigfaltigkeit der Farben und Farb- 
nuancen der Natur und der menschlichen Erzeugnisse 
mit photographischen Mitteln wiederzugeben, wäre 
ganz aussichtslos erschienen, wenn nicht die uralte 
Erfahrung der Maler vorgelegen hätte, daß man alle 
Farben durch Mischen von nur drei Farben wieder- 
geben kann. Wenn auch die physiologische Erklärung 
noch nicht ganz sicher ist, so wissen wir doch, daß 
aus den drei Farben Rot, Gelb und Blau von der 
Palette des Malers nahezu alle Nuancen dargestellt 
werden können, und damit ist der Weg für die Far- 
benphotographie gewiesen. Wir stellen uns drei Teil- 
bilder her, indem wir die Gegenstände einmal durch 
ein rotes, dann ein grünes, dann ein blaues Filter auf- 
nehmen, d. h. einmal nur das Rot in der Natur 
photographieren, dann das Grün, dann das Blau, und 
diese Teilbilder mit den entsprechenden Farben ver- 
sehen wieder zur Deckung bringen. 

Die Farbenphotographie ist schon alt, und schon im 
vorigen Jahrhundert hat man die Grundsätze, nach 
denen fast alle Verfahren heute arbeiten, gefunden, 
außerdem hat man schon einige farbige Bilder er- 
zeugt, die wir aber heute als wissenschaftliche Spie- 
lerei bezeichnen wollen, denn für uns ist die Lösung 
des Problems der Farbenphotographie eine technische 
Frage, der Weg muß technisch einfach und dabei 
billig sein. Die Frage der Herstellung naturfarbiger 
Papierbilder ist noch nicht, die farbige Kinemato- 
graphie auf einem Teilgebiet verwirklicht. Das Pro- 
blem der farbigen Diapositive wie auch das des far- 


Rübelt, Skiläufer. 
Pressephoto 


Leica - Aufnahme 
im Gegenlicht mit 
guter Durchzeich- 
nung 


bigen Papierdruckes kann als gelóst betrachtet werden. 
Im folgenden soll versucht werden, eine Ubersicht 
über die prinzipiellen Wege der Farbenphotographie 
und -kinematographie zu geben, in die nicht nur alle 
bestehenden Farbenverfahren eingegliedert werden 
kónnen, sondern die auch erlaubt, die noch auftau- 
chenden Verfahren zu klassifizieren. Bemerkt sei 
vorweg, daf in dem Schema grundsátzlich Drei- und 
Zweifarbenverfahren aufgenommen sind, obwohl uns 
die Zweifarbenverfahren immer als eine unvoll- 
kommene Lösung erscheinen, und daß nur die be- 
kanntesten Verfahren aufgenommen sind. 


Aufnahme 


| Kinematographie | Photographie 


A) Getrennte Multicolor 


3 Platten (Filme) 
Schichten Ufacolor Dreipack 
B) Getrennte Technicolor 
Ider Sirius 
Sczepanik 
Busch 
Bernardi 
C) Raster- Berthon = Autochrom = 
verfahren Keller- Dorian Agfacolor 
Kodacolor Paget - Price = 
Agfacolor Finlay 
Dufay = Spicer | Piller 


Wiedergabe 


—enꝶſ̃ k —— — — 


| Kinematographie 


A) Getrennte | 


Photographic 


Technicolor Pinatypie 
Schichten Multicolor U vachromie 
.  Ufacolor Jos- Pe 
| Sirius 
B) Getrennte Sczepanik 
Bilder Busch 
Bernardi 
C) Raster- Berthon — Autochrom — 
verfahren Keller - Dorian Agfacolor 
Kodacolor Finla y 
А gfacolor Piller 
Ausbleich- 
verfahren 


21 


Unter getrennten Schichten verstehen wir bei der 
Aufnahme die Verwendung von drei (bzw. zwei) 
Filmen oder Platten bzw. die Verwendung von doppel- 
schichtigen Filmen in der Weise, daß jeder Teilauszug 
auf einer besonderen Schicht aufgenommen wird. Bei 
der Wiedergabe bedeutet getrennte Schichten, daß 
entweder verschieden gefärbte Schichten überein- 
andergelegt oder daf solche Schichten übereinander- 
gedruckt werden. 

Getrennte Bilder bedeutet, daf die Farbauszüge auf 
einem einzigen Film aufgenommen sind, daß aber 
jedem Teilauszug ein besonderes Bild entspricht. 
Rasterverfahren bedeutet, daß die Farbauszüge als 
mikroskopisch kleine Bilder durcheinander auf einer 
Schicht angeordnet sind, nachdem die Aufteilung in 
die drei Farben durch kleine, durchsichtige gefärbte 
Teilchen erfolgen. 

Es ist nicht unbedingt nótig, 4ай für die Aufnahme 
und die Wiedergabe die gleichen Systeme verwandt 
werden, man kann z. B. Farbenbilder nach dem 
Rastersystem aufnehmen und nach dem Dreischich- 
tensystem kopieren, áhnlich in der Kinematographie. 
Die einzig brauchbaren Lösungen des Problems der 
Dreifarbenphotographie sind bisher nur durch die 
Rasterverfahren gegeben. Als erstes sei die Raster- 
photographie für Diapositive, z. B. Agfacolor-Verfahren 
für Platte, Rollfilm und Filmpack erläutert. Auf dem 
Film liegen eine Unzahl von kleinen Rasterkórnchen, 
etwa 12 « im Durchmesser, in den Farben Rot, Grün 
und Blau. Das Licht wird durch sie in die drei Grund- 
farben zerlegt und trifft auf die photographische 
Emulsion. Verfolgen wir das Licht eines roten Gegen- 
standes, der aufgenommen wird, so geht es nur durch 
die roten Teilchen hindurch und beeinflußt die photo- 
graphische Schicht. Im Entwickler wird diese Stelle 


Kleinbildphotographie 


Auf welche Art der Photographierende die Entwick- 
lung vornimmt, muß ihm überlassen werden. Schon 
die Bedingung des Freibleibens von Kratzern und 
sonstigen Beschádigungen, der Beeinflussung von Luft 
und Licht in sich auswirkendem Schleier des Film- 
bandes schliefit die Entwicklung mittels Durchzugs 
durch den Entwickler von Hand aus und verlangt eine 
Entwicklungsvorrichtung, in der der Film während 
der Entwicklung sicher lagert. Hierfür gibt es die ver- 
schiedensten Vorrichtungen im Handel. Beachtens- 
wert ist die Correx-Dose, die ein sicheres Ar- 
beiten gestattet und für alle Kleinbildgrößen bis zum 
Filmformat 6 X 9 erhältlich ist. Beim Einsetzen des 
aufgespulten Films in die mit Entwickler gefüllte 
Dose ist auf Beseitigung sich ansetzender Luftblasen 
zu achten. Die Filmrolle ist dazu kräftig zu drehen, 
wodurch die Luftblasen an den gekröpften Stellen 
abreißen und nach oben steigen. Auch beim Ein- 
giefen des Entwicklers in die mit dem Film be- 
schickte Dose ist dasselbe vorzunehmen. Während 
der Entwicklungszeit drehe man die Dose des öfteren 
mit Schwung um ihre Achse. Das Fixieren nehme 


22 


geschwürzt, in einem besonderen Bad wird das 
schwarze Silber herausgelóst, so daß die Emulsions 
Schicht an dieser Stelle durchsichtig wird. Der rest- 
liche, nicht vom Licht getroffene Teil der Emulsion 
wird geschwärzt. Hält man jetzt die Platte gegen 
das Licht, so sieht man nur die roten "Teilchen, da 
alle übrigen abgedeckt sind. Entsprechend ist der 
Vorgang, wenn blaue oder grüne Strahlen auf die 
Platte fallen; bei Mischfarben verteilt sich das Licht 
auf verschiedene Rasterkörner, und beim Betrachten 
entsteht durch Mischung die gleiche Farbe. 

Beim Agfacolor - Kinefilm wird ein anderes Prinzip 
verwandt, dasselbe, das schon Berthon, Keller-Dorian 
und Kodak im Kodacolor-Verfahren benutzt haben. 
Auf der Rückseite des Films, die vom Licht zuerst 
getroffen wird, befindet sigh ein System von Zylinder- 
linsen. Diese Linsen bilden ein im Objektiv befind- 
liches Filter in der Schicht ab, und zwar besteht 
dieses Filter aus einem roten, grünen und blauen 
Streifen. Das rote Licht geht nur durch den roten 
Streifen, wird durch die Linse auf ein kleines Stück 
der Emulsion gelenkt. Dieses Stück ist also belichtet, 
wird, wie vorhin erklärt, im Entwickler geschwarzt. 
im darauffolgenden Bad durchsichtig gemacht. Bei 
der Projektion geht nun das Licht den umgekehrten 
Weg: von der Projektionslampe durch den freige- 
legten Teil der Emulsion, weiter durch die Linse, und 
nun ausschließlich durch den roten Teil des Filters, 
also entsteht auf der Leinwand ein roter Farbfleck. 
Bei den anderen Farben ist es genau so. Da man 
vorläufig diese Bilder noch nicht kopieren kann, ist 
dieses Verfahren nur für Amateurzwecke für den 
16- mm- Film ausgearbeitet, der auf schwer brenn- 
barer Unterlage geliefert wird. Die Breite der ein- 
zelnen Linsen beträgt 2/10 mm. Dr. Rahts. 


(Fortsetzung aus Heft1) 


man gesondert vor und benutze auch das Aufspul- 
band der Dose nur zum Zwecke des Entwickelns. 
Da eine individuelle Behandlung der Einzelaufnah- 
men auf dem Filmbande nicht moglich ist, erübrigt 
sich eine Kontrolle des Entwicklungsganges. Der gerade 
Teil der Gradationskurve ist bei guten Filmen so 
lang, daß auch verschiedene Belichtungszeiten wäh- 
rend einer bestimmten Entwicklungsdauer gute Ne- 
gative liefern. Das führt zur Entwicklung nach Zeit, 
und es ist nach einigen Versuchen mit den vorstehend 
genannten Entwicklern leicht, die betreffende Ent- 
wicklungszeit für die benutzte Filmsorte zu be- 
stimmen, die danach bei gleichbleibender Tempera- 
tur und Verdünnung des Entwicklers und bei Be- 
nutzung des gleichen Filmfabrikates auch immer ein- 
gehalten werden kann. Wird dann nach dem Fixieren 
festgestellt, daß auf dem Filmbande verschieden ge- 
deckte Negative vorhanden sind, so läßt sich aber 
ebenso leicht feststellen, daß diese nicht in ihrer Gra- 
dation, sondern eben nur in der Deckung verschieden 
sind, wenn nicht etwa extreme Fehlbelichtungen 


unterlaufen sind. Nach Versuchen zeigt eine 15fache 


Überbelichtung noch keine Gradationsunterschiede. 
Starke Unterbelichtungen lassen sich auch nicht in 
gesonderter Entwicklung zu guten Negativen ge- 
stalten. 

Der Ausgleich dieser verschieden gedeckten Negative 
erfolgt beim Vergrößern durch Benutzung geeignet 
graduierter Papiere. Es ist vorteilhafter, nach weichen 
Negativen hinzuarbeiten und diese auf Papieren 
steiler Gradation zu vergrößern, als kräftige Negative 
zu benutzen und die Vergrößerungen auf Papieren 
flacher Gradation zu machen. In letzterem Falle 
wird sehr schnell die Grenze des Vergrößerungsmaß- 
stabes erreicht werden. 


Fixleren, Wässern und Trocknen 


Das Fixieren erfolgt in einem sauren Fixierbade, in dem 
eventuell Lichthofschutzschicht-Färbungen verschwin- 
den. Bei hohen Temperaturen ist ein saures Härte- 
fixierbad vorzuziehen. Das Wässern hat infolge der 
Verletzlichkeit beider Filmseiten mit Vorsicht zu ge- 
schehen. Es ist auch darauf zu achten, daß beide 
Seiten von Fixiernatronresten befreit werden. Das 
kann nicht geschehen, wenn eine Seite des Films am 
Boden des Wässerungsgefäßes aufliegt. Das letzte 
Waschwasser wird mit Eisessig leicht angesäuert. 
Dadurch werden eventuelle Kalkniederschläge, ver- 
ursacht durch das Waschwasser, gelöst. Diese Kalk- 
niederschláge, dem Auge sonst unsichtbar, führen 
beim Vergrößern zu einer gesonderten Kornbildung. 
Es ist augenfällig zu sehen, wie der Film in dem an- 
gesäuerten Wasser in seinen durchsichtigen Stellen 
rein und klar wird. Das ist auch bei weniger hartem 
Wasser der Fall. 

Das Trocknen erfolgt freihängend in staubfreier Luft. 
Zuvor wird das Filmband beiderseitig mittels eines 
feuchten Ledertuches abgerieben und von allen Un- 
reinigkeiten befreit. Vorhandene Wassertropfen auf 
Schicht- oder der Rückseite sind restlos zu entfernen, 
da diese Tropfen sich nach dem Trocknen durch 
einen Rand markieren, der auf den Vergrößerungen 
sichtbar wird. Der Trocknungsprozeß soll überwacht 
werden, daß nicht einzelne Stellen naß bleiben, wäh- 
rend andere schon trocken sind. Auf diese Weise 
entstehen Zerrungen im Filmbande, die zu Wellen 
führen kónnen. Diese verhindern das Planliegen des 
Filmbildes im Negativtráger des Vergrößerungsappa- 
rates, und die Folge sind unscharfe Vergrößerungen. 
Der Trockenprozeß soll daher rasch und gleichmäßig 
vor sich gehen. Bewegte Luft ist dabei günstig, doch 
ist stark erhitzte Luft zu meiden. Künstliche Trocken- 
methoden, wie z. B. Alkohol, konzentrierte Pottasche- 
lösungen, sind bei Filmbändern nicht angebracht. 


Verstürken und Abschwüchen 


In den meisten Fällen wird bei stark auseinander- 
fallenden Belichtungszeiten, wodurch bei der Zeit- 
entwicklung verschieden gedeckte Negative entstan- 
den sind, die Wahl eines entsprechend steil oder flach 
kopierenden Papieres den Weg zu einem normal gra- 
duierten Bilde nicht verschließen. Kleinbildnegative 
zu verstärken oder abzuschwächen, sollte daher unter- 
lassen werden. Die Verstärkung mit Quecksilber oder 


. 


Н. Ризеп, Hannover- Waldheim. Kleinbildaufn. Fütterung im Tierkinderzc 


Uran führt zu einer so starken Körnigkeit, daß die 
Negative für die Vergrößerung unbrauchbar werden. 
Soll trotzdem verstárkt werden, sei es, daf ein Papier 
spezieller Oberfläche benutzt werden soll, welches ein 
normales Negativ verlangt, so benutze man den 
Chromverstürker, bestehend aus einer zweiprozen- 
tigen Kaliumbichromatlósung mit Salzsäurezusatz. In 
diesem Bade erfolgt die Bleichung des Negativs, d.h. 
das metallische Silber wird zu einer Halogensilberver- 
bindung umgewandelt. Nach gründlichem Wassern bis 
zur völligen Entfernung der vom Bleichbade herrüh- 
renden gelblichen Färbung und Einschaltung eines 
Kaliummetabisulfitbades wird in dem vorstehend an- 
gegebenen Brenzkatechinentwickler zurückentwickelt. 
Diese Rückentwicklung erfolgt bei Tageslicht. Es ist 
zu beachten, daß der Gehalt an Salzsäure in dem 
Chrombade möglichst niedrig zu bemessen ist. Man 
füge Tropfen auf Tropfen zu und setze nicht mehr 
zu, als gerade zur Bleichung bei langsamer Wirkungs- 
weise zureicht. Höherer Säurezusatz im Chrombade 
beschleunigt die Reaktion, doch resultiert damit auch 
geringere Verstärkung. Eine Vergröberung des Silber- 
kornes findet nicht statt, im Gegenteil lassen sich 
grobkörnige Negative auf diese Weise in feinkörnige 
umgestalten. 


‚ Mit denselben Mitteln kann auch eine Abschwächung 


zu harter Negative erreicht werden. Es wird in 
diesem Falle bei der Rückentwicklung nur bis zur 
gewünschten Dichte entwickelt, worauf das nicht 
reduzierte Chlorsilber in einem Fixiernatronbade 
entfernt wird. Darauf wird gewaschen. Zuvor mache 
man an einigen unbrauchbaren Filmstücken Vorver- 
suche, um über den Verlauf des Prozesses orientiert 
zu sein. 


Das Vergrößern 

Je kleiner das Format, desto größer die Schwierig- 
keiten. Vorteilhaft ist es, die Filmbänder zu zer- 
schneiden und die Negative gleicher Deckung zu- 
sammen zu behandeln. Die Arbeit wird dadurch er- 


23 


leichtert. Die Negative sind vollstándig sauber und 
staubfrei zu halten. Wird mit Kondensor gearbeitet, 
dann muß das Negativ ohne Deckgläser in den 
Apparat gebracht werden, also frei in der Bildbühne 
liegen. Denn jedes Stáubchen, das sich an den Glas- 
flächen befindet, wird in dem strahlenden Lichte 
mit vergrößert und markiert sich unangenehm auf 
dem fertigen Bilde, das dann eine starke und aus- 
giebige Positivretusche verlangt. Alles Putzen der 
Gläser hilft hier nichts, da das Glas durch die Rei- 
bung elektrisch geladen wird und begierig allen 
Staub aus dem noch so sauberen Putztuche an sich 
reißt. Wird mit zerstreutem Licht gearbeitet, so 
schadet der Staub weniger. Doch ist bei diesem 
Lichte der Spielraum beim Ausgleich kleiner als bei 
einem Kondensorapparat. 

Auch die sonst nur bei großer Aufmerksamkeit 
sichtbaren feinen Kratzer, die sich niemals ver- 
meiden lassen und die hauptsächlich auf der Film- 
rückseite auftreten, werden durch Kondensorbeleuch- 
tung sichtbar. Diese lassen sich zwar dadurch ver- 
meiden, daß der Film in luftblasen- und staubfreies 
Glyzerin eingebettet wird, aber dieses Verfahren ist 
so umständlich, abgesehen von der Unsauberkeit, 
die entstehen kann, daß es nicht empfohlen werden 
kann. Soll aus besonderen Gründen das strahlende 
Licht des Kondensors benutzt werden, vielleicht daß 
weiche und dünne Negative vorliegen oder die Be- 
lichtungszeit bei zerstreutem Lichte zu lang wird, 
oder aber auch, daß kein anderer Apparat vorhanden 
ist, so empfiehlt es sich, eine helle Mattscheibe oder 
Opalscheibe zwischen Lichtquelle und Kondensor ein- 
zuschalten. Auf diese Weise werden Kratzer und 
Staubteilchen zum größten Teile unterdrückt. 

Um ein schnelles und rationelles Arbeiten zu gewähr- 
leisten — man muß sich immer vor Augen halten, 
daß diese Vergrößerungsarbeit der kleinen Negative 
die Kopierarbeit der größeren Formate ersetzen 
muß —, empfiehlt es sich auch, die dafür geschaffenen 
Hilfsmittel in Gestalt der vertikalen Vergrößerungs- 
apparate zu benutzen. Diese sind auswechselbar für 
die verschiedenen Lichtarten, bedingt durch die unter- 
schiedliche Dichte und Gradation der zu vergrößern- 
den Negative, eingerichtet und übertreffen darin die 
alten, horizontal gelagerten Apparate, bei denen auch 
der Zusammenhang zwischen Apparat und Auffang- 
schirm nur ein loser ist. Die vertikalen Apparate 


gewährleisten Parallelität zwischen Negativ und Auf-: 


fangbrett, sie vereinfachen das Befestigen des licht- 
empfindlichen Papieres, da dieses nur auf das Grund- 
brett gelegt zu werden braucht, und nehmen wenig 
Platz ein. 

Das Scharfeinstellen der kleinen Negative macht in 
manchen Fällen Schwierigkeiten. Es empfiehlt sich 
deshalb, in diesen zweifelhaften Fällen eine Testplatte, 
die leicht selbst hergestellt werden kann, zu be- 
nutzen oder von vornherein einen Apparat mit auto- 


24 


matischer Scharfeinstellung zu verwenden. Die letzte- 
ren Apparate gibt es in verschiedenen Konstruk- 
tionen, die jedoch bis auf einen Apparat den Nach- 
teil haben, daß nur die grobe Scharfeinstellung auto- 
matisch erfolgt, die letzte Feineinstellung jedoch von 
Hand vorgenommen werden muß. Für diese Appa- 
rate ist das Einstellmikroskop „Akriskop“ sehr 
brauchbar. Mittels dieses Instrumentes wird auf das 
Silberkorn des Negatives eingestellt, unabhängig von 
der Eigenschärfe desselben. Die Schwierigkeiten des 
Einstellens fallen weg, wenn z. B. der „Praxidos“- 
Vergrößerungsapparat der Kamerawerkstätten Guthe 
& Thorsch in Dresden benutzt wird. Dieser besitzt 
den Vorzug der vollkommen automatischen Scharf- 
einstellung, so daß bei jedem Vergrößerungsmaßstab 
auch äußerste Schärfe vorhanden ist. Wenn schon 
hinsichtlich des Aufnahmeapparates verlangt werden 
muß, daß eine kontrollierbare Scharfeinstellung vor- 
handen ist, so darf auch von der erlangten Schärfe 
in der Vergrößerung nichts verlorengehen, und in 
dieser ist auch erst zu erkennen, ob die Schärfe bei 
der Aufnahme auch an die richtige Stelle des Motivs 
gesetzt wurde. Der „Praxidos“ ist natürlich nicht nur 
für das 3 X 4-Format benutzbar, er ist auch für die 
4X4- und 6X6 - Aufnahmen der „Rolleiflex“ brauch- 
bar und schafft Bilder, die auch von größeren Ne- 
gativformaten nicht besser erhalten werden. 

Das Prinzip der automatischen Scharfeinstellung aller 
Vergrößerungsapparate beruht darauf, daß mittels 
einer Kurve und eines Hebelsystems entsprechend 
der beliebig veränderlichen Entfernung des Objek- 
tives vom Positiv zwangsläufig die zugehörige Ent- 
fernung des Objektives vom Negativ eingestellt wird. 
Eine derartige Konstruktion würde an sich keinerlei 
Schwierigkeiten bereiten, wenn alle Objektive des 
gleichen Types genau gleiche Brennweiten aufweisen 
würden. Da aber niemals die Brennweiten zweier 
Objektive auch der gleichen Serie miteinander und 
mit der eingravierten Brennweite übereinstimmen 
und Schwankungen bis zu mehreren Millimetern auf- 
treten, müßte man, streng genommen, zu jedem ein- 
zelnen Objektiv eine andere Kurve errechnen. Dieses 
ist aus Herstellungsgründen ausgeschlossen, und es 
wird stets die gleiche Führungskurve benutzt. Da 
diese nicht mathematisch zu den Brennweiten paßt, 
treten bei großem Vergrößerungsbereich nach beiden 
Richtungen hin Unschärfen auf. Deshalb muß eine 
regulierende Feineinstellung von Hand vorgenommen 
werden. Bei dem „Praxidos“ dagegen werden durch 
ein besonderes  Einstellverfahren die effektiven 
Brennweiten jedes einzelnen Objektives mathema- 
tisch genau berücksichtigt. Dadurch sind die Ver- 
größerungen mit unbedingter Sicherheit über den ge- 
samten Vergrößerungsbereich an allen Stellen gleich 
gestochen scharf, und jede Nachstellung von Hand 
wird überflüssig. Damit entfällt auch jeder Zeit- 
(Schluß folgt.) 


verlust. 


Aus dem Leserkreis 


In der Abhandlung „Reportage“ auf S. 1 der 
»Gebrauchsphotographie" wird für Reporter die 
Plaubel-Makina als Idealkamera auch für Aufnahmen 
auf Bällen, Banketten, Konferenzen usw. bezeichnet 
und die Verwendungsmöglichkeit der Leica haupt- 
sächlich auf Sportaufnahmen beschränkt. Hierzu 
erlaube ich mir, zu bemerken, daß die Leica durch 
Anbringung der nachstehend beschriebenen Blitz- 
lichteinrichtung ebensogut für Innenaufnahmen ver- 
wendet werden kann. 


Auf den Entfernungsmesserhalter wird eine elek- 
trische Blitzlichteinrichtung (Vacublitz) mit zweck- 
entsprechend zu formendem Blender — einesteils 
zum Schutze der Augen des Aufnehmenden, anderen- 
teils zur besseren Ausnutzung der Lichtstrahlen — 
geschoben, deren Auslösung mit dem Auslöseknopf 
der Leica verbunden ist. Bei der Geschwindigkeits- 
einstellung an der Leica dürfte es genügen, wenn die 
Einstellung des Verschlusses auf Z (Zeit) erfolgt, 
da beim Herunterdrücken des Auslóseknopfes auch 


r 


AN 


e . 
ғ 


= I 2,5,5 277 e? 


f 


ΠῚ 


Ein schon selten 
zu sichtendes 
Stilleben als Zeit- 
dokument 


Copyright 
by Kodak AG. 


bereits das Blitzlicht entflammt und beim Loslassen 
des Auslöseknopfes die Kamera wieder verschlossen 
ist. Zur Vornahme besonders schneller Momentauf- 
nahmen bei Tanzszenen usw. wird es sich auch ein- 
richten lassen, daß die Momentauslösung mit der 
Blitzlichtzündung zusammen erfolgt. Durch diese 
Einrichtung wäre es möglich, daß 

1. keine besonderen Vorkehrungen bei Blitzlicht- 
aufnahmen getroffen zu werden brauchen, 

2. die Aufnahmen im unbeobachteten Augenblick 
gemacht werden können (wichtig bei Kon- 
ferenzen usw.), u 

3. wegen der Ungefährlichkeit des Vacublitzes 
die Aufnahmen auch in der Nähe leicht ent- 
zündbarer Stoffe vorgenommen werden können. 

Die Firma Dr. Carl Weber, Kiel, die bereits Zünd- 
kontakte für Blitzlichtlampen  herstellt, wird auf 
meinen Vorschlag ein für die Leica brauchbares Ge- 
rät anfertigen und dieses erstmalig auf der Leipziger 
Messe zeigen. 


25 


Fragen aus der Praxis, 


die von Allgemeininteresse sind, werden an dieser 
Stelle kostenlos beantwortet, wenn die Bezugsquittung 
beiliegt. Wird briefliche Beantwortung gewünscht, 


sind 50 Pf. in Marken beizulegen. 
Frage l. Gibt es noch Wege, die Porträtphoto- 
graphie in der Kleinstadt zu beleben? Br. F. in R. 
Antwort zu 1. Wenn sie auch allein heute zur 
Existenz kaum mehr ausreicht, ist doch noch mehr 
aus ihr herauszuholen, als mancher Berufsphotograph 
denkt. Sehr gut hat sich folgendes bewährt: Man 
stellt mit Kleinbildkamera und langbrennweitigem 
Objektiv Serienaufnahmen her. Statt der üblichen 
sechs Karten derselben Aufnahme werden sechs ver- 
schiedene Auffassungen geliefert. Besonders bei 
Kinderaufnahmen, wo man in kurzer Zeit die reiz- 
vollsten Momente festhalten kann, hat sich dies Ver- 
fahren sehr bewährt. Bei guter Ausleuchtung und 
gutem panchromatischen Material erübrigt sich meist 
jede Retusche. Gewöhnlich behalten die glücklichen 
Eltern alle sechs verschiedenen Aufnahmen und be- 
stellen zum Verschenken nach. 


Frage 2. ich zu einer Presse- 
karte? Photogr. S., Stettin. 
Antwort zu 2. Mit dem Begriff Pressekarte wird 
viel Mißbrauch getrieben. Eine solche wird nur vom 
Polizeipräsidium für eine bestehende Firma aus- 
gestellt. Entweder für ein Photokorrespondenzbüro 
oder für eine Zeitung. Sehr selten an Photographen, 
wenn sie nicht als Firma eingetragen sind. Es gibt 
jedoch einzelne Verbände oder angesehene Vereine, 
die an ihre Mitglieder, sobald sie zur Presse gehören, 
sogenannte Pressekarten ausgeben, die mit Lichtbild 
versehen sind und für deren Inhaber die Vereine eine 
gewisse Garantie übernehmen, z. B. der Verein Ber- 
liner Journalisten. Grundbedingung ist jedoch Zu- 
gehörigkeit zur Presse und nachweisbare Pressearbeit 
innerhalb von zwei Jahren. 


Frage 3. Ich habe viele interessante Kleinbild- 
Jagdaufnahmen. Können Sie mir angeben, wie ich 
sie der Presse zugänglich mache? G. B., Berlin. 
Antwort zu 3. ,Jagdbilder" ist ein recht dehn- 
barer Begriff. Sie müßten die Photos, vorausgesetzt, 
daß sie scharf, klar und wirklich interessant sind, auf 
13 Х 18 Hochglanz vergrößern, eine Anzahl davon, 
etwa 10—15 Stück, zu einer logischen Handlungs- 
serie zusammenstellen und dazu einen etwa 50- bis 
100 zeiligen Artikel schreiben, der das Wesent- 
lichste über die betreffende Aufnahme enthalten 
muß. Jedes einzelne Bild muß mit kurzer Inhalts- 
angabe und Ihrer vollen Adresse beschriftet sein. 
Wir würden empfehlen, eine solche Serie an Blättern, 
wie: „Grüne Post", „Koralle“, „Die Woche" und die 
Verlage Paul Parey, Vobach und Hameln, Velhagen 
& Klasing einzusenden. Von Fachbláttern ist abzu- 
raten, da diese seltener solche Photos aufnehmen, sie 
auch meistens geringer honorieren. 


Frage 4. Ich schreibe seit vielen Jahren für Haus- 
frauenzeitungen und andere Blätter über Frauen- 
fragen. Mitunter mochte ich einen Artikel bebildern. 
Wohin wende ich mich, da ich selbst keine Photo- 
graphin bin? Frau Ch. K., Potsdam. 
Antwort zu 4 Es gibt eine große Anzahl photo- 
graphischer Archive und Korrespondenzen, die wir 


Wie komme 


Hinweis auf die Bildbeilagen 


Es ist gewiß schwierig, dem ,.Photoportrat als Auf- 
trag“ neue бейеп abzuge winnen. Um so mehr 
müssen Bemühungen anerkannt werden, wie sie in 
unseren Reproduktionen nach Aufnahmen von Röhr, 
Fiedler, Angenendt, Flöter zu erkennen sind: klar 
und lebendig in Ausdruck und Form, knapp begrenzt, 
tonrichtig und wenig oder gar nicht retuschiert. Es 


26 


Ihnen im Bedarfsfalle gern angeben. Besser jedoch 
ist es, Sie lassen diese Photos selbst aufnehmen. Es 
gibt so viele stellungslose, wirklich gute Berufsphoto- 
graphen, die gern etwas verdienen. Sie haben da- 
durch den Vorteil, im Besitz der Negative zu bleiben 
und — da Sie ja offensichtlich öfter die gleichen 
Themen behandeln — auch andere Zeitungen damit 
zu beliefern. Die eigens angefertigten Aufnahmen 
sind im Gestehungspreis nicht teurer als solche, die 
Ihnen eine Firma aus dem Archiv liefert. Und Sie 
haben sozial gehandelt. 


Frage 5. Für die Herstellung aktueller Photopost- 
karten ist Schnelltrocknung erforderlich. Spiritus 
bzw. Alkohol haben sich als zu teuer und unsicher 
erwiesen. Gibt es noch andere Möglichkeiten? 

S. K., Wesel. 
Antwort zu 5. Geben Sie die Platten nach kurzer 
Wässerung für 10—30 Minuten (je nach der Dicke 
der Gelatineschicht) in eine zehnprozentige For- 
malinlósung und trocknen dann über eine Gas- 
flamme, die mit einem Blech überdeckt wurde. Am 
besten so, daß in 25 cm Höhe über der Gasflamme 
in die Wand je zwei Nügel eingeschlagen werden, 
zwischen welche die Platte hochkant (mit der Spitze 
zwischen die Nägel) gestellt wird. Die Trocknung 
erfolgt dann in wenigen Minuten und ergibt keine 
Fehlresultate. Um aber sicher zu gehen, probieren 
Sie erst mit unbrauchbaren Platten. For Filme ist 
diese Trocknung nicht anwendbar. 


Frage 6. Wie bringe ich Schrift auf Reklame- 
photos an? W. J. F. in T 
Antwort zu 6. Am einfachsten ist es, die Schrift 
in das fertige Photo einzuzeichnen. Wenn Sie nicht 
selber vollkommen sicher und sauber Schrift zeichnen 
kónnen, übertragen Sie diese Arbeit einem guten 
Gebrauchsgraphiker. Sie kónnen andererseits die 
Schrift auch mittels Legebuchstaben in den Raum 
um den Gegenstand legen. Vielfach kann man auch 
die Aufschrift der Packung oder des Gegenstandes 
so stark hervortreten lassen, daß es keiner weiteren 
Beschriftung bedarf. Und schließlich kann man. 
wenn man ganz raffiniert sein will, die Schrift über- 
oder einkopieren. 


Frage 7. Vor dem Abitur stehend, móchte ich 
mich gern der Berufsphotographie zuwenden. Ich 
besitze schon gute photographische Kenntnisse. Ist 
dieser Existenzzweig überfüllt oder bietet er Aus 
sichten? K. A., Berlin. 
Antwort zu 7. Ihnen auf diese Gewissensfrage 
eine Ja- oder Nein-Antwort zu geben, ist nicht mog- 
lich! Auch die Berufsphotographie ist überlaufen. 
und jeder kámpft schwer um seine Existenz. Es ist 
hier wie überall, nur wirkliches Wissen und Können 
geben den Ausschlag. Vor allem müssen Sie unter 
strenger Schulung das heute sehr weite Gebiet der 
Photographie in allen Sparten beherrschen lernen. 
was immerhin 2—3 Jahre erfordert. Wir würden 
Ihnen auch empfehlen, Sprachen nicht außer acht zu 
lassen, wenn Sie es zum Überdurchschnitt bringen 
wollen. Speziell als Pressephotograph werden Sie 
Sprachkenntnisse unbedingt brauchen. Im übrigen 
bitten wir, unsere Zeitung zu verfolgen. da voraus 
sichtlich dieses Thema des öfteren behandelt wer 
den wird. 


handelt sich hier um Erkenntnisse in der Richtung 
der ganz anders gearteten Aufgaben des gemalten 
und des photographierten Porträts. 

Vortreiflich sind die Sport- und Reportageaufnahmen 
von Rübelt, die zu dem Sonderaufsatz gehören, 80 
die aber bei dem Thema „Sportphotographie“ noch 
zurückzukommen sein wird. 


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| Isochrom ist der Film, von dem Sie alles ver- 
er Fire langen können, der für Sie denkt und exakt 
=a den rasch erfaßten Moment festhalt. Sie kön- 
nen nicht lange überlegen, wie man belichtet, 
denn Sie müssen die Situation blitzschnell er- 
fassen. Ob unter- oder überbelichtet — Isochrom 
mit der geradlinigen ansteigenden Gradations- 
kurve und dem großen Belichtungsspielraum 
gibt auch bei trüber und monotoner Witterung 
kräftige Bilder. | x | 


Für die berufliche Photographie: 


Isochromfilm für alle Tagesstunden 
Superpanfilm, das Material für Theater-Repor- 
tage und Moment-Aufnahmen in nächtlichen 
Straßen. | | EN 


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Man móchte sie die Platte 

der Erfolgreichen nennen; 

leistet sie doch Besonderes | 

und ist als Markenplatte von 

immer gleichmäßiger Quali- | 

tät. Die Allgemeinempfind- 

lichkeit ist außerordentlich | 
| 


Perutz- Super- Rapid - Platte ! 
| 


groß, dazu kommt ein sehr 
bedeutender  Belichtungs- | 
spielraum, der selbst stár- | 
kere Schwankungen in der | 
Helligkeit des Tageslichtes 
und künstlicher Licht- | 
quellen mühelos ausgleicht. 
Die Gradation der Perutz- 
Super-Rapid ist an sich 
weich, so wie es für Por- | 
trátaufnahmen wünschens- 
wert ist, zumal wenn mit 
Tages- od. Kunstlicht effekt- 
voll beleuchtet wird; man 
F. Grainer, München kann aber einfach durch etwas kürzere oder längere Entwicklung 

auch ganz zarte oder auch brillantere Negative bekommen, ganz 

wie es im Einzelfall erforderlich erscheint. Angenehm ist, daf sich 


die Perutz - Super- Rapid -Platte im Entwickler fast beliebig lange š 
„quälen“ läßt, ohne daB Farbschleier auftritt oder unbrauchbare, x 
harte Negative erhalten werden. Obwohl die Aufnahmen auf der | 


PERUTZ-SUPER-RAPID-PLATTE 


in den meisten Fállen kaum einer Retusche bedürfen, sei doch 
darauf hingewiesen, daf sich ihre Schicht besonders leicht mit 
dem Bleistift bearbeiten läßt. Alles in allem ist die Perutz- 
Super-Rapid eine Atelierplatte, die bei einfachster Be- 
handlungsweise ganz hervorragende Ergebnisse gibt. 


Otto Perutz, Trockenplattenfabrik, München, G. m.b. H. 


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PIROSKA MARKOVICH, 
MÜNCHEN 


ZWEI STUDIENAUFNAHMEN 
DER BAYR. LEHRANSTALT 


Ostern! 


Tausende junger Leute stehen vor der Entscheidung, 
welchen Beruf sie ergreifen sollen. Die Wahl fällt 
schwerer denn je. Überall, wo sie anfragen, hören 
sie Warnungen. Jeder Beruf gilt als überfüllt, jede 
Berufsorganisation fühlt sich verpflichtet, zu erkláren: 
„Meidet unseren Beruf!" Aber irgendein Handwerk 
erlernen, irgendeinen Beruf ergreifen тиў die Jugend 
doch. Man kann sie, wie der Leiter der Münchener 
Berufsberatungsstelle sich kürzlich drastisch, aber 
treffend ausdrückte: „.. doch nicht am Tage der 
Schulentlassung in einen Sonderzug verladen und in 
den Starnberger See fahren!" 

Wer junge Leute ohne Ausnahme vor der Ergreifung 
seines eigenen Berufes warnt, versündigt sich an der 
Jugend. 

Nein, was uns not tut, ist eine vernünftige Berufs- 


beratung. Diese aber ist nicht allein Aufgabe der 


örtlichen Berufsberatungsstellen, sondern aller Be- 
rufsorganisationen und Fachschulen, ja jedes ein- 
zelnen  Berufsangehórigen '). Аш die besonderen 
Voraussetzungen und Anforderungen eines Berufes 
hinzuweisen, nur diejenigen, bei denen diese Voraus- 
setzungen erfüllt sind, zuzulassen und die Ungeeig- 
neten rechtzeitig aus den Fachschulen oder der 
Meisterschule auszuscheiden, darauf kommt es an. 
Bedenklich muß es freilich stimmen, wenn ein Be- 
rufsangehóriger die Anforderungen seines Berufes so 
völlig verkennt und in einer verbreiteten Fach- 
zeitung ?) schreibt: „Die Photographie ist, wenigstens 
in unserem Falle, ein Handwerk, wenn auch ein 
Kunsthandwerk. Sie läßt sich also auch ohne 
spezielle Eignung erlernen.“ Hat man 
schon den Mut, die Photographie als Kunsthandwerk 
zu bezeichnen, dann muß man sich auch im klaren 
darüber sein, daß zu ihrer Erlernung und Ausübung 
ein besonderes Talent erforderlich ist. Ebensowenig 
wie ein in künstlerischer Hinsicht gänzlich unbegabter 
Junge jemals eine Kunstgewerbeschule mit Erfolg be- 
suchen wird, dürfte ein Photograph „ohne Eignung“ 
Lichtbilder schaffen, die Anspruch auf irgendwelche 
künstlerischen Qualitäten erheben können. 

Es ist in dieser Zeitschrift?) schon verschiedentlich 
darauf hingewiesen worden, daß jeder Bildnisphoto- 
graph außer einem bestimmten psychologischen Ein- 
fühlungsvermögen unbedingt Geschmack und Blick 
für gute Bildwirkung besitzen muß. Noch weit 
höhere Anforderungen in künstlerischer Hinsicht 
müssen an denjenigen gestellt werden, der sich mit 
Werbephotographie und gestaltender Photographie 
befassen will. 

Aber die Photographie ist ein vielseitiges Fach. Wir 
erinnern an die jetzt in dieser Zeitschrift eingehender 
behandelte Tätigkeit des Photoreporters, für den 
körperliche Gewandtheit, Flinkheit sowie die Fähig- 
keit, das Charakteristische eines Vorganges rasch zu 
erfassen, wesentlicher sind als Sinn für bildmäßige 
Gestaltung. Wir verweisen weiter auf die unzähligen 
Möglichkeiten, die Photographie in den Dienst der 
Wissenschaft zu stellen, wobei naturgemäß eine ganz 


besondere Exaktheit der Arbeitsweise Grunderfor- 
 dernis ist. Und endlich kann, wer lediglich Hand- 
fertigkeit und Sinn für Technik mitbringt, innerhalb 
der Photographie oder der verwandten Kinemato- 
graphie auch eine rein technische Betätigung als 
Laborant, Kinovorführer od. dgl. finden. 

Die Photographie vermag also den verschiedensten 
Talenten geeignete Betätigung zu gewähren. Fach- 
schulen und Lehrmeister müssen es sich nur zur Auf- 
gabe machen, den individuellen Fähigkeiten der ihnen 
zur Ausbildung anvertrauten Schüler und Lehrlinge 
nachzugehen und den einzelnen auf denjenigen Be- 
rufszweig hinzuweisen, zu dem er sich am besten 
eignet. Dr. Schlegel. 
1) Wir verweisen auf die Berufsberatungsblätter von K. Thiene- 
mann, Stuttgart. 


2) „Der Photograph“ 1932, S. 397. 
3 Vgl. insbesondere ‚Atelier des Photographen“ 1932, Heft 10, 
. 81. 


11^ 


ғ”. 


Wiegleb, s. Art. Aufnahmen von Maschinen und Apparaten. 
Beste Detailwiedergabe in Lichtern und Schatten (Abb. 1) 


27 


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Die photographische Aufnahme von Maschinen und Apparaten 


Die Industrie benötigt für Werbung und Verkauf 
stets große Mengen Photographien, und wenn diese 
in größeren Betrieben auch meistens durch eigenes, 
entsprechend ausgebildetes Personal ausgeführt wer- 
den, so ist daneben dem außenstehenden Photo- 
graphen doch öfter Gelegenheit geboten, sich mit 
solchen Aufnahmen zu beschäftigen. Für diese Auf- 
nahmen sind andere Gesichtspunkte maßgebend, als 
sie sonst in der Photographie Geltung haben. Da 
sie objektiv klar und deutlich das Wesentliche der 
Maschine zeigen müssen und das, was sie hinsicht- 
lich der wichtigsten Details charakterisiert, ist natür- 
lich vollstándige Bildschárfe in allen Teilen Bedingung. 
Für leicht transportable kleine Apparate kann für 
die Aufnahme ohne weiteres die geeignete Stelle 
und Beleuchtung gefunden werden, größere Maschinen 
dagegen müssen am Montageplatz in oft ungünstig 
beleuchteten Hallen oder am Standort, dort manch- 
mal in fast gar nicht beleuchteten und engen Räumen, 
aufgenommen werden. Und unter diesen Um- 
ständen stellt eigentlich jede Aufnahme andere 
Probleme. 

Hinsichtlich der Ansicht, die von der Maschine ge- 
zeigt werden soll, ist der Photograph an die Angaben 
des Konstrukteurs gebunden. In den meisten Fällen 
wird die Bedienungsseite der Maschine die wich- 
tigste sein. Personen sind mit aufzunehmen, wenn 
wichtige Bedienungshandgriffe gezeigt werden sollen 
oder um das Größenverhältnis der Maschine zu de- 
monstrieren. Oft wird auch bei Bearbeitungsmaschinen 
verlangt, daß ein rohes und ein bearbeitetes Arbeits- 
stück gezeigt wird. Diese dürfen dann wichtige Details 
nicht verdecken. 

Mit nur einer Objektivbrennweite wird man selten 
auskommen. Natürlich läßt sich jedes Objekt in 
beliebigem Format wiedergeben. Da es jedoch bei 
diesen Aufnahmen auf die deutliche Wiedergabe 
vieler Details ankommt und die Bilder den verschie- 
densten Zwecken genügen müssen, sind kleinere For- 
mate wenig angebracht. Das passendste Format ist 


18 X 24 cm. Handelt es sich um kleinere Objekte, 


wird unter Umständen auch das Format 13 X 18 cm 
genügen. Sollen jedoch die Bilder als Klischeeunter- 
lage dienen, so ist unbedingt das jeweils größere 
Format vorzuziehen. 

Um die verlangte vollkommene Bildschärfe zu er- 
zielen, sind als Objektive moderne Anastigmate zu 
verwenden. Eine größere Lichtstärke ist nicht nötig. 
Es genügt das Verhältnis 1:6,8, denn es muß zur 
Erlangung der erforderlichen Tiefenschärfe doch 
stets mit kleineren Blenden gearbeitet werden. Als 
Brennweiten sind mindestens die folgenden von 30 cm, 
24cm und ein Weitwinkel von 15--18 ст erforder- 
lich. Es ist nun darauf zu sehen, daß normalerweise 
stets Brennweiten gewählt werden, die im Verhältnis 
zum Aufnahmeabstand groß genug sind, die schein- 
bare Verzeichnung zu unterdrücken, d. h. die im 
Vordergrunde befindlichen Maschinenteile nicht über- 
trieben groß gegenüber den im Mittel- und Hinter- 


28 


grund befindlichen Teilen darstellen. Der Konstruk- 
teur der Maschine lehnt solche „verzeichneten“ Auf- 
nahmen ab. Deshalb sind Weitwinkelobjektive nur 
in den ungünstigsten Situationen anzuwenden. 
Hinsichtlich der Beleuchtung muß man sich unab- 
hängig von der vorherrschenden zu machen suchen. 
Nicht zum wenigsten daher, daß in den meisten 
Fällen die Maschinen einen dunklen unaktinischen 
Anstrich besitzen und dadurch bei der meist vor- 
herrschenden einseitigen Beleuchtung unterbelichtete 
Schatten erhalten werden. Mit elektrischen Hilfs- 
lichtquellen ist es ein leichtes, für die Aufhellung 
dunkler Schatten zu sorgen. Zu bevorzugen sind in 
diesem Falle die handlichen Doppelbogenlampen, die 
erstens eine höhere Lichtausbeute gewährleisten und 
zweitens in der Behandlung nicht so diffizil sind wie 
die gasgefüllten Glühbirnen. Auch sind die Bogen- 
lampen meistens mit Einrichtungen versehen, um sie 
an verschiedene Stromstärken anschließen zu können. 
Anschlußmöglichkeiten befinden sich heute in jeder 
kleinen Werkstatt. Auch transportable Kabel von 
beliebiger Länge, die für die Zuführung des Stromes 
zu den kleinen transportablen Werkzeugmaschinen 
gebraucht werden, sind überall vorzufinden. Mit 
Hilfe dieser Lampen ist der Photograph von der vor- 
handenen Beleuchtung unabhängig. Es ist nützlich, 
während der Belichtung die Lampen zu bewegen, 
damit harte Schlagschatten vermieden werden. 
Hinsichtlich des Hintergrundes, vor dem die Ma- 
schine stehen soll, wird in den meisten Fallen ein 
Kompromiß zu schließen sein. In der Montagehalle 
wird der Hintergrund von anderen Maschinen und 
Maschinenteilen eingenommen sein, so daß sich die 
aufzunehmende Maschine nur wenig davon abhebt 
und oft ein mühseliges Suchen auf dem fertigen 
Bilde nötig ist, festzustellen, was nun eigentlich zu 
der abgebildeten Maschine gehört (Abb. 2). Auch 
bei bereits an Ort und Stelle aufgestellten Maschinen 
legt die Baufirma oft Wert darauf, nur die Ansicht 
der Maschine ohne anderes Beiwerk zu erhalten. 
Bei kleineren Maschinen und Apparaten bieten sich 
keine besonderen Schwierigkeiten, einen einwand- 
freien Hintergrund herzurichten. Dazu dienen glatte 
Wände, größere Kartons, Sperrholzplatten u. dgl. 
Bei größeren Maschinen genügen diese Requisiten 
nicht. In den meisten Fällen besitzen die Maschinen- 
bauanstalten Wagenplanen, die dann anentsprechenden 
Stellen oder an Stangen befestigt und hinter der Ma- 
schine aufgespannt werden. Da es nicht möglich ist, 
diese faltenlos auszuspannen, sie auch in den 
meisten Fällen fleckig sind, werden sie während der 
Belichtungszeit durch Hilfskräfte hin und her be- 
wegt. Auf diese Weise verschwinden die Unregel- 
mäßigkeiten in der Fläche, und es wird ein glatter 
Hintergrund erzielt (Abb. 3). Beim Beginn der Mon- 
tagearbeiten der betreffenden Maschine kann nicht 
immer Rücksicht darauf genommen werden, daß sie 
später photographiert werden soll, und es wird dann 
manchmal verlangt, die Maschine im Gegenlicht zu 


photographieren. Auch hier hält eine genügend große 
Plane das Gegenlicht ab. Es empfiehlt sich dann, die 
Plane zum Teil über die Maschine zu ziehen, um un- 
günstiges Oberlicht abzuhalten. In solchen Situationen 
leisten dann ebenfalls die transportablen Lichtquellen 
gute Dienste. Hat an und für sich die betreffende 
Montagehalle starkes Oberlicht, so ist zu versuchen, 
dieses etwas zu dámpfen. Runde und blanke Teile 
erhalten sonst an ihrer oberen Kontur eine starke 
unerwünschte Lichtkante, die keine eindeutige Form- 
darstellung vermittelt. Häufig genügt es, bei Vor- 
handensein eines Laufkranes diesen über die auf- 
zunehmende Maschine fahren zu lassen. Dadurch 
wird reichliches Oberlicht gemildert. 

An das Plattenmaterial für Maschinenaufnahmen 
sind besondere Ansprüche zu stellen. Vorwiegend 
handelt es sich um kontrastreiche Objekte, dunkel 
gestrichene und lackierte Gußkörper mit blank be- 
arbeiteten Metallteilen. Wenn es angeht, mache mah 
die Aufnahme, bevor die Maschinen lackiert sind. 
Auf der matten Grundierungsfarbe fehlen natur- 
gemäß die weiß glänzenden Lichtreflexe des Lack- 
anstriches, und das Resultat ist ruhiger. Das Platten- 
material wird durch diese Verhältnisse bestimmt. 
Es ist gut orthochromatisches und lichthoffreies 
Material zu benutzen. Da es sich in den meisten 
Fällen um unbewegliche Objekte handelt, ist voh 
hochempfindlichen Emulsionen abzusehen. Man achte 
jedoch auf eine silberreiche, nicht zu dünn gegossene 
Schicht, um bei der Entwicklung genügend Spiel- 
raum zu haben, falls die Belichtungszeit nicht richtig 
getroffen ist. Oft wird es auch nicht zu vermeiden 
sein, daß über- und knapp exponierte Partien auf 
einem Negativ vertreten sind. Eine silberarme und 
dünne Schicht würde dann an den überbelichteten 
Stellen zu Solarisationserscheinungen neigen. Die Be- 
lichtungszeit wird sich meistens auf Minuten berechnen 
lassen. Kurze Belichtungszeiten sind zu meiden. Bei 
starken Kontrasten lasse man die blank bearbeiteten 
Teile mit dünner Schlámmkreide streichen oder tupfe 
sie mit Glaserkitt ab. Damit werden die stórenden Re- 
flexe unterbunden. Ein Übermaß dieser Korrektur 
ist jedoch zu vermeiden, denn der Auftraggeber 
will die blanken Konstruktionsteile auf dem Bild 
auch als bearbeitet erkennen können. Es ist daher 
immer zu empfehlen, sich bei der Entwicklung eines 
Ausgleichsentwicklers zu bedienen. Ist das Be- 
dienungspersonal der Maschine mit darzustellen, so 
ist natürlich hochempfindliches Material zu  be- 
nutzen, um zu genügend kurzen Belichtungszeiten 
zu gelangen. 

Da es sich bei der Bildwiedergabe um möglichsten 
Detailreichtum handelt, werden die Negative auf 
glänzenden Papieren kopiert. Auch hier ist auf gut 
durchgezeichnete Lichter und Schatten zu achten. 
Es ist daher Negativgradation und Papiergradation 
in Einklang zu bringen. Leere Lichter und pechige 
Schatten werden vom Auftraggeber abgelehnt. Die 
Abzüge werden auf Spiegelscheiben mit Hochglanz 
versehen. Eine besondere Aufmachung der Bilder 
wird in den wenigsten Fällen verlangt. P Wiegleb, 


Abb. 2 


P. Wiegleb. Aufnahme eines in Spanten stehenden Flug- 
zeugrumpfes, der sich aber von dem unruhigen, detail- 
reichen Hintergrund nicht abhebt, so daB es schwierig 


ist, festzustellen, was eigentlich zu der Maschine gehört 


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Abb. 3 


Durch aufgehängte Planen, die während der Belichtung 


bewegt wurden, ist ein ruhiger Hintergrund erzielt 


29 


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Der Weg zum Reklamephoto 


Mit den Begriffen, Ansichten und technischen Fähig- 
keiten des Porträtphotographen lassen sich im allge- 
meinen keine Reklamephotos machen. Wohl versucht 
er es bisweilen, und hin und wieder glückt ihm auch 
etwas, aber er arbeitet nicht zielbewußt. Meistens 
macht er den Fehler, vom mehr oder weniger maleri- 
schen Stilleben zum Reklamephoto kommen zu 
wollen. Das ist ein falscher Anfang. Er тий mit der 
Komposition und mit dem Materialphoto anfangen. 
Zunüchst Komposition: Hier heifit es, mit irgend- 
welchen Gegenständen, die keinen inneren Zu- 
sammenhang zu haben brauchen, hingegen nur als 
Flächen und Linien gewertet werden, das Bildfeld 
interessant und wirkungsvoll aufzuteilen. Das muß 
man lernen. Ob man mit der Kamera, mittels Photo- 
montage oder kameraloser Photographie komponiert, 
ist gleichgültig. Wichtig ist aber, daß es mit photo- 
graphischen Mitteln erfolgt und nicht mit Bleistift 
oder Pinsel. 

Vor allem strebe man nach neuen Arten der Anord- 
nung und beschrünke sich auf wenig Teile. Wenn 
man dann recht viele Möglichkeiten erschöpfend 
durchbehandelt und photographiert hat, wird man 
voraussichtlich nicht nur einige Sicherheit im Aufbau 
erworben, sondern auch anregendes Bildmaterial kom- 
positioneller Möglichkeiten für sich geschaffen haben. 
Auch dann soll der Reklamephotograph immer weiter 
zur Übung und eigenen Erbauung Kompositionen 
machen. Wer dabei etwas von schópferischer Freude 
gespürt hat, wird ohnehin nicht mehr davon lassen. 
Hat er dann Auftráge und findet beim Nachdenken 
nicht gleich eine Lösung, so kann er sein Bildmaterial 
vornehmen und wird dann, vorausgesetzt, daß dieses 


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Freytag: Materialphoto und Komposition 


30 


Von Heinrich Freytag 


wirklich reichhaltig ist, leichter auf eine gute Idee 
kommen. 

Nicht nur ein Archiv kompositioneller Versuche. 
sondern auch eines von Materialphotos soll der Re- 
klamephotograph besitzen. Das entsteht ganz von 
selbst, wenn er nach den oben genannten Versuchen 
beginnt, Material zu studieren und photographisch 
wiederzugeben. Dabei darf es nichts geben, was er 
als uninteressant ablehnt. Alles ist photographierbar. 
und der Reklamephotograph muß verstehen, alles 
einwandfrei wiederzugeben. Nichts darf ihm zu ein- 
fach und nicht zu kompliziert sein. Scheint ihm 
dieses und jenes schon zu oft gemacht worden zu 
sein, so muf ihm das ein Ansporn sein, es nun 
anders und noch besser zu machen. Beleuchtung. 
Perspektive, Ausschnitt, Verteilung der Tonwerte 
schaffen immer wieder neue Möglichkeiten. Fortge- 
schritten, nutzt er sowohl die tonwertrichtige wie die 
tonwertfalsche Wiedergabe mit Filtern aller Farben, 
mit Nitralicht oder Bogenlicht, kurz, alle photographi- 
schen Möglichkeiten aus. Dann wird er auch ver- 
stehen, die Oberfläche eines Gegenstandes so lebens- 
wahr und interessant wiederzugeben, daf er dem 
Publikum alles Anreizende und Anzupreisende ver- 
mitteln kann. Und nun muß er aus Komposition und 
Materialphoto das Reklamephoto schaffen. Was er 
im Kompositionellen gelernt hat, wird zum Aufbau 
des Materialphotos herangezogen. Die Komposition. 
die interessante und lebendige Anordnung muf dem 
Blickfang dienen, die Kraft und Klarheit der photo- 
graphischen Wiedergabe den Eigenschaften, die 
werbetechnisch wirksam sind. 

Viele Reklamephotos haben nur das eine oder das 
andere. Sie fangen den Blick, ohne weiter zu 
wirken. Zur vollen Werbewirkung gehóren aber 
beide Elemente, wobei sich natürlich in ihrer Aus- 
wirkung Komposition und ‘Materialphoto über- 
schneiden. 

Gewiß gibt es verzweifelte Fälle, in denen die beste 
Komposition und die beste Wiedergabe des Materials 
nichts zu helfen scheinen. Mit trübem Blick versucht 
man wieder einmal, malerisch zu werden, oder greift 
unsicher nach anderen Mitteln. Da geben andere 
Bildelemente neue Möglichkeiten. Wie wäre es 
z. В., wenn man Schatten ausnützte, nicht nur zum 
Aufbau des Bildes, sondern auch zur klareren Be- 
stimmung der Form. Welche seltsamen Effekte gibt 
ein vielfach vermehrter Schatten (durch mehrmaliges 
Verschieben der Lichtquelle) oder auch verzerrter 
Schatten! Dafür eignet sich dann vortrefflich ein 
„Spotlight“, bei dem man die mattierte Glasscheibe 
entfernt, um ein gut gerichtetes Lichtbündel zu 
kriegen, ein kleiner Projektionsapparat oder eine 
einpaarige Bogenlampe. Unsere augenblicklich ge- 
bräuchlichen Nitraphotleuchten geben etwas weiche 
Schatten. Mit Projektionsapparat und Diapositiv läßt 
sich auch eine Schrift, verzerrt oder originell über die 
Unebenheiten der Oberfläche des Gegenstandes hin- 
weggleitend, projizieren. Alles muß eben versucht wer- 


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STUDIENAUFNAHME D. BAYR. LEHRANSTALT IN MÜNCHEN 


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MUTTER UND KIND 


KARL BAHR, DRESDEN 


L. FRITZ, BERLIN 1/1000 SEK. EINER RUGBY-SPIELSZENE IN MELBOURNE 


den, um neue Wege zu finden. Gedanken muß man 
haben und photographisch denken kónnen! Und 
dann noch eins: Wichtig ist es, klar und eindeutig 
den Gegenstand und seine werbenden Eigenschaften 
darzustellen. Beschränken muß man sich auf das, 
was unbedingt nótig ist. Wer móchte heute noch für 
eine Zigarette dadurch werben, daß er sie im 
kitschigen Stillebendasein mit einer Gobelintisch- 
decke, einer Streichholzschachtel und einem Aschen- 
becher darstellt, so daß man nicht weiß, was eigent- 
lich werbend wirken soll. Besser ist es, die Zigarette 
groß in den Raum zu stellen, dem Raucher durch 
Form, Inhalt und Ausstattung Appetit zu machen. 
Je weniger Beiwerk, desto stärker wirkt der Gegen- 
stand. Das muß man sich immer vor Augen halten. 
Auch dann, wenn man mit Schatten- und Schrift- 
kompositionen nur so um sich wirft. Stets wird das 
Einfache mehr wirken als das Komplizierte. 

Und dann тий sich der Photograph davor hüten, 
über der Komposition und der photographischen 
Wiedergabe das Werbemäßige zu vergessen. Diese 
Gefahr ist sehr groß. Und wie beim Porträt oft die 
Charakteristik der Bildmäßigkeit geopfert wird, so 
wird auch beim Reklamephoto gar zu oft ein bild- 
mäßiges, vielleicht geschmacklich einwandfreies 
Photo geschaffen, das aber Werbekraft nicht mehr 
besitzt und daher seinen Zweck verfehlt. 


Bildreporter und was dazugehört 


Bild und Zeit 


Es geht auch mit der Boxkamera. Wer photogra- 
phieren kann und Spürsinn genug hat, herauszu- 
finden, was des Photographiertwerdens lohnt, kann 
Bildreporter spielen mit jeder Kamera. Mag es eine 
Box, eine Rollfilm- oder eine alte Reisekamera sein: 
er wird schon seine Bilder nach Hause bringen. Für 
den, der noch kein Bildreporter ist, ist es auf alle 
Fälle nützlich und lehrreich, sich zunächst einmal 
mit derjenigen Kamera zu versuchen, die er gerade 
hat. Er wird dann selbst sehen, daß es bestimmte 
Arten von Aufnahmen gibt, für die es sich lohnt, 
auch bestimmte Kameratypen anzuschaffen, und er 
wird zur Überzeugung kommen, daß es zwar auch 
mit der Box oder der Reisekamera geht, aber nicht 
immer und nicht unter allen Umständen. 
Bildreporter sein heißt aber auch: immer und unter 
allen Umständen seine Bilder nach Hause bringen 
können. Die besterdachte Bildidee nützt nichts, 
wenn die Ausführung an technischen Mängeln schei- 
tert; nur in ganz extremen Fällen wird sich eine Re- 
daktion erweichen lassen, eine technisch mangel- 
hafte Aufnahme zu reproduzieren. Nur dann näm- 
lich, wenn der abgebildete Augenblick einmalig und 
Gegenstand großen Allgemeininteresses ist. Das ist 
aber bei vorbereiteten Bildreportagen selten. 

Will man sich also, mit einem tiefen Griff in die 
Tasche, so ausstaffieren, daß man der Aufgabe eines 
Bildreporters gewachsen ist, so empfiehlt es sich, 
rechtzeitig zu überlegen, was man wohl reportieren 


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Freytag: Materialphoto 


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Von Walter Stölting 


will und in welche Kategorie von Bildreportern man 
einzurücken Gelegenheit hat. 

Es gibt drei Arten, die im Charakter streng von- 
einander getrennt werden können: das hochaktuelle 
Bild, das aktuelle Bild und das zeitlose Bild. Das 
hochaktuelle Bild ist absolut an den Tag ge- 
bunden; es hat einen zeitlich engbegrenzten Ver- 
wendungsspielraum und kann bestenfalls auch noch 
in einer Illustrierten der náchsten Woche erscheinen. 
Danach bleibt ihm nur noch historisch-dokumentari- 
scher Wert. Zu dieser Gruppe der hochaktuellen 
Bilder gehóren Aufnahmen, wie: Riesenbrand eines 
Gasolinbehälters, Empfang einer auswärtigen politi- 
schen Persónlichkeit, Stapellauf eines neuen Schiffes, 
Fackelzug vor dem Palais des Reichspräsidenten; 
alles einmalige Ereignisse. Die Bilder dieser Ereig- 
nisse sind bildfórmige Nachrichtenübermittlung. 
Die zweite Art ist das aktuelle Bild. Es ist nicht 
an den Tag gebunden, wohl aber an die Zeit, und 
es unterscheidet sich vom hochaktuellen Bild schon 
dadurch, daß es fast niemals allein gebracht werden 
kann. In den allermeisten Fällen ist es Bestandteil 
einer Serie, einer Reihe von Bildern, und es über- 
mittelt nicht Nachrichten schlechthin, sondern ein 
ganzes Wissensgebiet. Es macht einen Querschnitt 
durch dieses Gebiet und zerlegt es in eine Reihe 
von Einzelstadien, die einzeln abgebildet werden 
kónnen. Aktuelle Bilder sind immer Antworten auf 
Fragen, und die Frage muß der Reporter stellen; er 
muß sie so stellen, daß jeder Leser das Gefühl hat: 


31 


»Ja, richtig, diese Frage habe ich mir schon immer 
vorgelegt." Aber — und das ist das Entscheidende — 
diese Frage gilt nur für eine ganz bestimmte Zeit- 
spanne; sie ist aus dem unmittelbaren Zeitgeschehen 
herausgegriffen und hätte in einem, in zwei oder in 
zehn Jahren vermutlich gar keine Bedeutung mehr. 
Beispiel: Ein neues Ernteverfahren ist erfunden — 
das Bild des Erfinders neben seiner Maschine ist 


hochaktuell, eine Bildreihe durch sein Verfahren 


aktuell. Oder: Jarmila Novotna singt die Antonia 
in Hoffmanns Erzählungen — hochaktuell; wie die 
Novotna singt (Einzelbilder von der Art und Weise 
ihres Singens) — aktuell. Oder: Arbeitslager bei der 
Eröffnung — hochaktuell; Arbeitslager und wie man 
dort lebt und schafft — aktuell. Aktuell, weil der 
Stoff an unsere jetzige Zeit gebunden ist, weil er 
sie widerspiegelt und zeigt, wie und unter welchen 
Umständen wir leben. Solche Bilder brauchen nicht 
heute, nicht morgen zu erscheinen — aber in einem 
halben Jahre können sie veraltet sein. 


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Zeiss - Anast. 3,5. „% 9X12-Normaltilm. 18 Uhr 


32 


Die dritte Gruppe ist weder an den Tag noch an 
eine Zeitperiode gebunden, sondern ist immer gültig 
— das ist sowohl das schóne als auch das belehrende 
Bild. Das, was der fortgeschrittene Amateur zu 
knipsen sich bemüht, gehört zu 99 % in diese Kate- 
gorie: der schóne Weg, die alte Dorfkirche, die 
altehrwürdigen Sitten der Wenden, wenn sie Hoch- 
zeit feiern, Berge bei gutem und schlechtem Wetter. 
der Kohlweiflling und wie er wurde — kurz und gut: 
alles, was sich zur Vorkriegszeit ebenso unverändert 
abspielte wie heute und was sich zur Zeit, wo wir 
Mummelgreise sein werden, höchstwahrscheinlich 
noch ebenso abspielen wird wie jetzt. 

Übersieht man so die drei Anwendungsgebiete der 
Pressephotographie — bildmäßige Übermittlung von 
Nachrichten, Beantwortung von Fragen, die durch 
die Zeit bedingt sind, und Belehrung oder ästhetische 
Bereicherung —, dann erkennt man auch sofort die 
drei großen Gruppen von Kameraleuten, die für die 
einzelnen Gebiete arbeiten. 

Das hochaktuelle Bild kann nur von jemandem ge- 
macht werden, der in unmittelbarem Zusammenhang 
mit einem großen Nachrichtendienst arbeitet — also 
vom festangestellten Verlagsphotographen. Sobald 
sich dies oder das ereignet hat oder ereignen wird, 
erhält er seinen Auftrag, fährt hin, knipst und kehrt 
auf schnellstem Wege zu seiner Redaktion zurück. 
Mit ihm zu konkurrieren, ist fast unmöglich, denn es 
geht nur dann, wenn man selbst zufällig Zeuge eines 
Ereignisses wird und Aufnahmen machen kann, noch 
ehe der Verlagsphotograph überhaupt zur Stelle sein 
kann. Aber auch dann geht es nur, wenn man mit 
äußerster Geschwindigkeit das Bild fertig macht und 
zur Redaktion bringt — und es kann immer noch 
sein, daß einem das Bild abgelehnt wird mit dem 
Bemerken: „Wir haben unseren eigenen Mann hin- 
geschickt.“ Es müssen schon ganz besondere Motive 
sein, wenn man finanziellen Erfolg haben will; aller- 
meist ist das Risiko groß. | 

Im Gegensatz dazu steht der zeitlos arbeitende 
Photograph. Für ihn ist alles Motiv, und er kann 
aus Tante Minnas Kochtöpfen ebensogut Kapital 
schlagen wie aus einem zerbrochenen Gartenzaun. 
Aber: sein Gegner ist seine eigene Mittelmäßigkeit. 
Geld machen kann er aus seiner Arbeit nur, wenn 
er ganz Ausgezeichnetes leistet. Die Beherrschung 
von Belichtungszeit, Entwicklungsverfahren, Kopier- 
und Vergrößerungstechnik ist ebenso unerläßlich für 
ihn wie die bildmäßige Auffassung. Wer in der zeit- 
losen Kategorie arbeitet, hat zwar alle Chancen für 
sich, aber auch ungefähr alle Amateure gegen sich. 
Zwischen diesen beiden Kategorien arbeitet der zeit- 
bedingt Schaffende — derjenige, den ich als den 
eigentlichen Bildreporter bezeichne. Denn mit seinem 
Arbeiten тиў er das Konnen der beiden anderen 
Gruppen verbinden: Seine Aufnahmen müssen sowohl 
bildmäßig und ansprechend sein wie die der zeitlos 
Photographierenden als auch bewegt und lebendig wie 
der Festangestellten. Darüber hinaus aber müssen sie 
eine Frage beantworten, was den beiden vorge- 
nannten Gruppen abgeht. 


Der Sportphotograph 


Das Gebiet der Sportphotographie ist für viele eine 
T erra incognita. Technik und Können versagen meist 
an einer scheinbaren Nebensächlichkeit, dem Ein- 
fühlungsvermögen. Wenn mit Frühling und Sonnen- 
schein der sporthungrige Großstädter hinauszieht, 
um in harten Kämpfen Muskel und Gewandtheit zu 
messen, kommt auch das Heer der Photographen, um 
Hochstleistung und Sieger auf der Platte zu ver- 
ewigen. Und da passiert es vielen, daß sie bei 
näherer Betrachtung des Bildes kopfschüttelnd sich 
selbst eingestehen, das Bild gibt nicht jenen hin- 
reißenden Spannungsmoment wieder. 

Woran das liegt? Seltener an mangelnder Technik 
oder Können als an der Unkenntnis der betreffen- 
den Sportbelange. Genau so wenig, wie ein guter 
Musikkenner auch ein guter Musikant zu sein braucht, 
um ein richtiges Urteil abgeben zu können, braucht 
der Sportphotograph nicht alle Sparten des Sports 
zu beherrschen. Wohl aber muß er das Prinzip jedes 
Körpersports verstehen, um instinktiv jenen Moment 
höchsten Ausdrucks zu werten. Er muß z. B. beim 
Tennis Kenntnisse über die Art der Schläge, Technik 
des Ballfluges besitzen, muß wissen, was ein Netz- 
ball oder ein Back- hand ist — nur dann gelingen 
Aufnahmen, die auch den Laien überzeugen. 

Dann die Kamera! Bei Sportarten räumlicher Aus- 
dehnung wird die Kleinkamera trotz ihrer bequemen 


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Meister Najuch am Netz spielt einen schwierigen 
Schmetterball. An der Haltung des Schlägers und der 
Flugbahn des Balls ist deutlich sichtbar, daB der Ball mit 
Exaktheit auf die Mitte des Schlägers treffen wird 


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L. Fritz. Vom Daviscup 1932. Indien — Deutschland.. Der 


Ball ist nur als heller Strich zu sehen. Kamera Rolleiflex 
4x4. 2,8. Blende 4. Belichtung !/,„ Sek. Juni 17 Uhr 


und raschen Handhabung versagen, selbst wenn sie 
über '/se Sekundeneinstellung verfügt. Man mu, 
speziell bei der Pressephotographie, zu oft Vergröße- 
rungen von Negativausschnitten herstellen, die nicht 
so scharf ausfallen, als dies bei größeren Apparaten 
der Fall ist, und muß unter Umständen auch die 
Originalkopie anbieten kónnen. Ferner braucht der 
Sportphotograph eine Kamera mit Schlitzverschluß 
und '/:wo Sekundeneinstellung. Ein schöner Sommer- 
sonnen-Sportsonntag stellt an die Fixigkeit des Photo- 
graphen höchste Anforderungen, denn der inter- 
essierte Leser wünscht seinen bebilderten Sport- 
bericht bereits am Montagmorgen zum Frühstück. 
Deshalb sieht man auch die Herren Sportphoto- 
graphen in ermüdendster Sonnenglut ihren schweren 
13 X 18- Apparat schleppen und bedauert sie. Aber 
sie gerade beliefern die Redaktionen meist am 
schnellsten und besten. 

Anders bei der Leichtathletik. Hier sind die Klein- 
apparate vorzuziehen. Die Leichtathletik wirkt sich 
— außer dem Staffellauf — meist in Einzelleistungen 
aus, Einzelaufnahmen, die sich sehr gut vergrößern 
lassen, vorausgesetzt, daß man mit ganz großen Ge- 
schwindigkeiten arbeiten kann. Ein Diskus z. B. wird 
nur sehr selten in voller Rundung zu sehen sein, er 
wird wie der Tennisball verwischt oder verlängert 
auf die Platte kommen. 

Die Sportphotographie ist vielleicht die schwierigste 
Art der Reportage. Man muß selbst mitschwingen 
im Feuer des Kampfes, тий den Blick für das Zu- 
sammenklingen von Muskelkraft und Durchgeistigung, 
Bewegung und Siegeswillen haben, тий die Geistes- 
gegenwart besitzen, den kritischen Augenblick zu 
knipsen — kann es aber nur, wenn man aus der 
Kenntnis des Sportkampfes heraus jenen Schnapp- 
schuf erahnt, der zur einzigartigen Ausdrucksform 
des Geschehens wird. von Witzleben. 


33. 


— «ша» ο 


Ba". 


= — ее — 


Die Sportbildreportage 


Sportaufnahmen finden heute überall Interesse, ins- 
besondere in der Presse. Dieser ist es aber nicht 
möglich, ihre Photographen zu jeder sportlichen Ver- 
anstaltung hin zuschicken. Häufig obliegt daher der 
Bildbericht Amateuren, die am Ort selbst wohnen, 
sportkundig und sportbegeistert sind und die das 
Risiko von Aufnahmen auch ohne Verwertungsaus- 
sichten freudig auf sich nehmen. Der Berufsphoto- 
graph hingegen, an feste Aufträge gewöhnt, scheut 
merkwürdigerweise dieses Risiko, das sonst jeder auf 
sich nehmen muß, der gegen Honorar und ohne 
feste Verpflichtung an der Presse mitarbeitet, zum 
Ärger mancher Redaktion, die häufig über zwar viele 
gut gemeinte, selten aber über wirklich zufrieden- 
stellende Bilder verfügt. 

Der ateliergewohnte Berufsphotograph, der selten be- 
wegliche Objekte vor das Objektiv bekommt, ist 
sich der Schwierigkeiten und Sonderheiten der 
Sportphotographie pressetauglicher Art nur selten be- 
wußt. Oft bringt er spannungslose, wenn auch sonst 
tadellose Bilder, Gruppenaufnahmen der Sportler 
oder gar gestellten „Sport“, wenn er einen Auftrag 
bekommt. 

Der sportlich geschulte und interessierte Betrachter 
will aber im Bilde Details suchen und erkennen 
können, die ihn speziell interessieren, und merkt 
sehr rasch, wenn ein Sujet gestellt ist oder, wenn 
schon bewegt, dennoch einen sportlich unwichtigen 
Moment wiedergibt. Um nun dem Betrachter die 
Möglichkeit zu geben, das Bild „lesen“ zu können, 
ist für Sportaufnahmen allerschärfste Wiedergabe 


Najuch bei einem sehr schweren Rückhandschlag 
Jca, Compur Doppelamatar 1 6,8, F/13,5. !/,, Sek. 
Mai 17 Uhr 


34 


Von W. May, München 


der sportmäßig wichtigen Einzelheiten erste  Be- 
dingung, und nur Anfänger versteifen sich darauf, 
daß im Klischee dann doch alles „schlechter“ heraus- 
kommt, oder verwechseln Härte mit Schärfe. Ganz 
nebenbei bemerkt bedarf es zu Sportaufnahmen vor 
allem auch eines sportlich geschulten Blicks, über 
den nicht jeder verfügt, der bei einiger Freude am 
Sport aber geübt und ausgebildet werden kann. 
Die Schärfe des Bildes ist in hohem Grade von der 
Abblendung abhängig. Der Blendentechnik ist daher 
gerade in der Sportpraxis höchste Aufmerksamkeit 
zuzuwenden. Die Blende hat die Aufgabe, die für 
den speziellen Fall zweckmäßigste Tiefenschärfe und 
Lichtmenge zu regulieren. Beim sportlichen Ge- 
schehen ist aber die Belichtungszeit vorgemessen 
durch die Schnelligkeit, mit der sich das Objekt be- 
wegt. Daher hat sich die Blende zuerst nach der not- 
wendigen Verschlußgeschwindigkeit zu richten und 
kann nur dann Benutzung finden, wenn genügende 
Lichtfülle es gestattet. Die Aufgabe der Bildbericht- 
erstattung beim Sport ist die, „charakteristische“ 
Momente im Bild festzulegen. Sie im Augenblick 
ihres Ablaufs als charakteristisch zu erkennen oder 
auch nur zu empfinden, das ist die intellektuelle 
Kunst der Berichterstattung. Technische Kunst ist 
es, den sich blitzschnell und unerwartet ergebenden 
und ebenso blitzschnell unwiderruflich entschwun- 
denen Moment bildgerecht einzufangen. Auf den 
Moment und das isolierte wichtige Geschehen dieses 
einen Momentes kommt es an, Nebengeschehnisse 
auf gleichem Felde, Hintergründe usw. sind da- 
neben unwichtig, lenken ab, schwächen im Bilde 
das Sportereignis, auf das es ankommt, so daß man 
sie häufig vermeidet oder entfernt. Daher ist es fast 
immer ratsam, nur wenig abzublenden, um nicht den 
Hintergrund zu scharf zu bekommen, zumal er später 
im Druckbild sowieso infolge der dort geringeren 
Abtonung auffälliger wird. 

Soll andererseits aber das ganze Feld (z. B. zur Kon- 
trolle und Darstellung des Zusammenspiels oder 
wenn es gilt, aus der Stellung der Mannschaften das 
Zustandekommen eines Tors dem Leser auch in 
früheren Phasen noch rekonstruieren zu lassen) 
scharf sein, also Situationen in verschiedener Ent- 
fernung gleichmäßig zur Anschaulichmachung  ge- 
bracht werden, so ist vor allem Aufnahmematerial 
allerhöchster Empfindlichkeit notwendig. Trotzdem 
wird dieser Versuch bei voll offener Blende immer 
nur zum Teil gelingen, was dem angedeuteten Zweck 
dann aber meist dennoch genügt. 

Sport ist Bewegung, und Bewegung ist des Sportes 
Wesen und des Sportbildes Inhalt. Auf das Ver- 
hältnis von Belichtungszeit zur Objektschnelligkeit 
habe ich schon hingewiesen. Sie muß desto mehr 
verkürzt werden, je schneller die Eigenbewegung des 
Objektes ist und je näher es dem Standorte des Re- 
portierenden zueilt. Häufig aber ist man schlechter 
Lichtverhältnisse wegen, die unvermittelt und meist 
im ungeeignetsten Moment einsetzen, gezwungen, 


die Belichtungszeit zu verlängern. Das erreicht man, 
indem man sich weiter vom Objektort entfernt, — 
was aber nur hóchst selten im spannenden Augen- 
blick ratsam und möglich sein wird, selbst dann, 
wenn man sich ordnungsgemäß vorher über jede nur 
denkbare Möglichkeit orientiert hat mit ein paar 
Sprüngen seinen Standort und seine Standhöhe zu 
verändern. In solchen Fällen versuche man, die Be- 
wegung von schräg vorn zu erhaschen oder gar in 
die Achsenrichtung des Apparates zu bringen. Im 
letzteren Falle kann die Belichtungszeit bis zu zwei 
Drittel, im ersteren immerhin noch bis um ein Drittel 
verlängert werden, wenn die Bewegung in einen 
Winkel von 45° gelegt wird. Dies gilt für den weiten 
Spielraum (Fußballplatz usw.). 

In sehr häufigen Fällen wird eine genaue Neuein- 
stellung unmöglich sein, wie dies ja meist bei den 
dauernd bewegten Spielvorgängen (Fußball, Hockey 
usw.) der Fall ist. Hier bleibt auch dem besten und ge- 
lenkigsten Aufnahmetechniker nichts anderes übrig, 
als mit „unendlich“ zu arbeiten. Wenn auf diese 
Weise auch nur kleine Aufnahmen zustande kommen, 
so sind diese doch scharf und vergrößerungsfähig, 
und aus Vergrößerungen läßt sich mancher gute und 
ausgezeichnete „Schnitt“ machen. Und ich kann ver- 
raten, daß sehr sehr viele Aufnahmen, von denen 
sich der Betrachter sagt: wie er nur gerade diesen 
Moment, diese Einzelsituation so kaltblütig und famos 
auf die Platte gebracht hat, in Wirklichkeit gute 
Schnitte sind. 

Einen anderen Weg, seine Kamera auf irgendeinen 
Punkt, irgendein Kennzeichen des Platzes einzu- 
stellen und dann abzuwarten, bis sich gerade hier 
und gerade in der gewählten Entfernung etwas er- 
eignet, was der Aufnahme wert ist, kann ich nicht 
empfehlen. Wenn ja, ist es ein Treffer auf Zero. 

Ist hingegen der Bewegungsspielraum der aufzuneh- 
menden Personen gering (Geräteübungen, Hochsprung, 
Weitsprung, Diskuswurf usw.), so sehe ich nicht ein, 
warum man die Vorteile des Stativs außer acht lassen 
soll. Es mag zugegebenermaßen im großen Spielraum 
hinderlich sein, ja der Aufnahme geradezu gefähr- 
lich werden, wenn es gilt, blitzschnelle Bewegungen 
und Stellungsänderungen zu vollführen. Beim engen 
und abgezirkelten Bewegungsfeld aber habe ich mit 
der Stativverwendung nur beste Erfahrungen gemacht. 
Ähnliches gilt für die Apparate selbst. Der leichte 
bewegliche Kleinapparat ist vor dem weiten Feld das 
Gegebene, ohne daß man deshalb den schwereren, 
zuverlässigeren daheim läßt. Im engen Feld ist das 
Resultat der schwereren Kamera das Sichere und 
vor allem Bessere. Aber die Kleinfilmkamera ist 
auch hier das „Skizzenbuch“, wenn auch selten mehr. 
Es ist für niemand gut, zu wissen, daß er photo- 
graphiert wird. Sagen Sie einem Menschen, daß er 
photographiert wird, und er offenbart Ihnen seine 
persönlichsten Schwächen und Wünsche, selbst wenn 
er Notwendigeres zu tun hätte. Aber ich habe gute 
Erfahrungen damit gemacht, wenn ich mich vorher 
mit dem Sportler, seinem Manager oder Platzmeister 


Bei der etwas flachen Haltung 


Najuch beim Aufschlag. 
des Schlägers ist zu erwarten, daB der Ball mit Effet 


das gegnerische Feld erreichen wird. Die Kraft des 
Schlages liegt im Oberarm, während das Handgelenk 
mit einer kurzen, scharfen Drehung das Effet verursacht. 


verabredete auf eine Stelle oder einen kleinen Raum, 
in den nach bester Möglichkeit der sportliche Effekt 
verlegt werden sollte. Diese Stelle kennzeichnete ich 
mir durch einen Zweig, einen Schneeball, den ich 
dort hinlegte. Ist nun die Entfernung des vorbei- 
eilenden Objektes vorher nicht oder nur ungenau be- 
stimmbar, so ist die Scharfeinstellung mittels der 
Entfernungsskala nach Einschützung festzustellen. 
Die besprochenen Fülle gelten der sportlichen Be- 
wegung. Der Reporter kann aber auch fast bei allen 
Sportarten blitzschnell vergehende Dauer-Augenblicke 
der Stellung (Ruhe) feststellen. Die sportliche Be- 
wegung ist ja nicht kontinuierlich, sie besitzt den so- 
genannten Umkehrpunkt (toten Punkt). Diese schein- 
bare Zufälligkeit ist für den Photoreporter des Sports 
wichtig und nützlich, zumal der Augenblick der verlang- 
samten (sich totgelaufen habenden) Einzelbewegung 
fast immer der photographisch wichtigste Moment 
ist. Solche Aufnahmen lassen sich je nach Verlauf 
und Entfernung mit !/ bis !/;o» Sekunde mit über- 
raschender Präzision und Schärfe festhalten. Sie 
bilden Meisterstücke der Sportphotographie, zu ihrem 
Gelingen gehört ein Wissen um den sportlichen Be- 
wegungsablauf, feine Kräfteabschätzung, große Ein- 
fühlungsgabe in den Körper des einzelnen Sportlers, 
Kaltblütigkeit und dann noch Glück. 

Das klassische Beispiel des „toten Punktes“, an dem 
dieser deutlich gemacht werden kann, ist die be- 


35 


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Hier wird der Ball geschnitten. Die Haltung des Schlügers 
deutet darauf hin, daB die Saitenbespannung über den 
Ball streicht und ein Effet erhält. «Der links geschlagene 
Ball biegt dadurch etwas rechts ab 


kannte antike Plastik des Diskuswerfers. Beim Dis- 
kuswurf liegt der tote Punkt auf dem Moment nach 
dem vollen Zurücknehmen des Armes, in dem der 
Kórperschwung, der in seinem weiteren Verlauf den 
Arm wieder nach vorn wirft, gerade erst einzusetzen 
beginnt. Der so festgelegte Körper zeigt sich in seiner 
größten Verwindung und so in seiner ausdrucks- 
vollsten Haltung. Beim Fußball liegt der tote Punkt 
analog auf dem Augenblick, in dem der ausholende 
Fuß seine Bewegung nach rückwärts vollendet hat 
und nun sich anschickt, nach vorn zum Stoß zurück- 
zukehren, bzw. z. B. da, wo der Fuß, der den Ball 
gestoßen hat, seine höchste Streckung erfährt. Beim Ru- 
dersport ist es der Moment, wo das angezogene Ruder 
freigelassen wird zum Rücklauf, gleichermaßen bei 
Sprüngen vom Gerät oder Hindernis. Beim Hindernis- 
lauf z. B. ist es der Augenblick über der Hürde, rich- 
tiger der höchste Höhepunkt der Sprungkurve, bis 
zu dem die Auftriebskräfte den Körper hinführten, 
die mit ihm ausgelaufen haben, ohne daß schon das 
Fallgewicht eine beschleunigende Fallwirkung seiner- 
seits ausübt. 

Ein Wort noch über Start- und Zielaufnahmen. Es 
sei verraten, daß sie fast immer Treffer sind, weil 
sie nicht allein sportliche, sondern auch psycholo- 


gische Momente darstellen. Beim Start liegt die An- 
spannung in allen Linien der Körper, nicht allein im 
Gesicht, beim Ziel die Abspannung und eventuell die 
Siegerfreude. Man hat nur stets Schwierigkeiten, nahe 
genug an Start oder Spurt heranzukommen, und in 
eine Stellung, die die Physiognomie einzufangen er- 
laubt. 

Es ist auf alle Falle gut, wenn auch nicht immer un- 
umgänglich notwendig, Presseausweise oder Empfeh- 
lungen an die Leiter der Veranstaltung zu besitzen. 
Die erfolgswichtige Bewegungsfreiheit im Gelände 
hängt davon ab, wie sie davon abhängt, auf anstän- 
dige Weise, sagen wir: keck, sein zu können. Es ist 
auch klug, sich nicht dahin zu stellen, wohin eine 
zärtliche Veranstalterregie ihre Pressephotographen 
„kalt“ stellt, gegebenenfalls auf die Vorteile des Kar- 
tenmannes zu verzichten und sich beim Publikum 
niederzulassen, das oft schon aus Neugierde auf die 
Tätigkeit des Pressephotographen besser auf die Karte 
reagiert und liebenswürdiger als die Veranstalter selbst. 
Die Aufnahmen, die man mit dem Brillant- oder 
Spiegelsucher einfängt, werden normalerweise inhalber 
Kórperhóhe gemacht, während man beim Durch- 


. schnittssucher in Augenhöhe abfängt. Möglichkeiten, 


die der Standort zulassen muß. 

Die Presseverwendbarkeit der Aufnahme bedingt, daß 
diese, um auch den Nichtsportlern etwas damit zu 
geben, auch einen ästhetischen oder sensationellen 
Bildwert erhalten soll. Es gibt Hunderte von Tricks, 
eine Aufnahme frappierend zu machen. Man sucht 
z. B. den Himmel in den Hintergrund zu bekommen 
— z.B. bei Sprüngen —, um den Eindruck besonderer 
Höhe des Sprunges zu verstärken, indem so alles aus 
dem Bilde gelassen wird, was dem betrachtenden 
Auge als Anhaltspunkt oder Vergleich für die Sprung- 
höhe gelten könnte (Froschperspektive). Anderer- 
seits nimmt man die Vogelperspektive zu Hilfe, was 
beim Schwimmsport fast unerläßlich ist, bei Ruder- 
regatten, bei einzelnen Freilandspielen (z.B. Tennis) 
sehr wirksame Bilder abgibt und sogar bei leicht- 
athletischen Sportübungen mitunter verblüffende Sen- 
sationalität der reinen Bildwirkung hervorruft, ohne 
daß doch dabei in allen den genannten Fällen der 
sportkundige Betrachter um sein auf die Einzelheit 
abzielendes Bildstudium gebracht werden müßte. 
Wenn diese notwendigerweise nur kurzen Ausfüh- 
rungen dem Leser einen Begriff von den geistigen, 
bildnerischen und pressetechnischen Bedingungen der 
reportierenden Sportphotographie vermitteln konnten, 
haben sie ihren Zweck erreicht, und der Leser, der 
Lust und Begabung in sich verspürt, möge beginnen, 
Erfahrungen und Erfolge auf diesem so zeitgemäßen 
und so überaus interessanten Gebiete zu sammeln. 
Theoretisches Anschauungsmaterial bieten ihm unter 
anderem auch die gut geleiteten Sportzeitungen in 
Menge —- dafür, wie man es machen, und dafür, wie 
man es nicht machen soll. 


Technisches 


Umkehrbüder 

benutzte man bekanntlich unter anderem bei der 
Herstellung von Dreifarbenrasterbildern und Kino- 
positivfilmen (Umkehrfilm). Es wird hierzu unter 
anderem eine Lósung von Kaliumpermanganat mit 
Schwefelsáurezusatz benutzt. Bei diesem Bleichungs- 
prozeß liegt die Tendenz vor, Mangandioxyd auszu- 
Scheiden, das Flecken mit metallischem Glanz ergibt. 
Es tritt eine Gerbung der Gelatine ein, jene begün- 
stigt das Absetzen des Mangandioxyds; die Bleichung 
geht langsamer vonstatten, und das Bad verliert an 
Kraft. Die Kodak-Gesellschaft in London hat ein eng- 
lisches Patent auf ein Verfahren erhalten (British 
Journ. 28/10), das der erwähnten Ausscheidung beim 
Umkehrfilm vorbeugt bzw. dieselbe verringert. Die 
Wirkung des Bades wird dabei gleichmäßiger und 
sicherer, auch hält sich die Lösung länger. Dies wird 
durch gewisse Zusätze zum Permanganatbade erreicht. 
Es kommen hier vornehmlich zwei Hauptgruppen in 
Betracht: die löslichen einfachen Fluoride sowie ihre 
Komplexe, dann die mehrbasischen unorganischen 
Säuren (Phosphorsäure usw.) und ihre Salze. Diese 
alle bringen eine wesentliche Verbesserung des Pro- 
zesses. Das Bleichbad verbleibt klar und länger ge- 
brauchsfähig, gibt nur sehr wenig Schlamm oder 
Schmutz und arbeitet zuverlässiger. Die Gelatine 
wird nicht gehärtet. Dieses Resultat glaubt man dem 


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Umstand zuschreiben zu müssen, daß sich die zu- 
gefügten Substanzen mit den ersten Reproduktions- 
Produkten des Permanganats, die jene Übel уегш- 
Sachen, verbinden. 

Die mehrbasischen Säuren können als solche benutzt 
werden, Wenn in dem Bade schon eine freie Mineral- 
säure vorhanden ist, so können jene auch in Form 
von löslichen Salzen gebraucht werden. Als ein Bad 
mit Zusatz einer mehrbasischen Säure wird das fol- 
gende Beispiel gegeben: Vierprozentige Lósung von 
Kaliumpermanganat 5 Teile, Schwefelsáure (20 proz.) 
5 Teile, Phosphorsáure 2 Teile, Wasser 100 Teile. 
Im allgemeinen genügt ein Zusatz von 1—2 % mehr- 
basischer Säuren oder ihrer Salze zu dem Bleichbad. 
Man kann auch mehr nehmen, aber doch nicht be- 
liebige Mengen; denn es scheinen Zwischenstufen zu 
existieren, wo die Wirkung schlechter wird. Man 
setze z.B. von der Phosphorsäure weniger als 2% 
oder mehr als 8% zu. Es ist selbstverständlich, wenn 
Phosphorsäure als Mineralsäure benutzt wird, also 
wenn die Schwefelsäure durch Phosphorsäure ersetzt 
wird, so braucht das Bad nur einfach aus Kalium- 
permanganat, Phosphorsäure und Wasser zu bestehen. 
Zum Schluß sei noch eine Formel für ein Bad mit 
Fluorid angeführt: Vierprozentige Lösung von Kalium- 
permanganat 50 ccm, Schwefelsäure (20 proz.) 50 ccm, 
Kieselfluornatrium. 2 g, Wasser bis zu 1 |. Р. Н. 


Interphoto L. Fritz. Die ausgezeichnete Aufnahme eines Sturzes bei einem Rennen 


37 


Das Umkehrproblem 

Belichtungsfebler kónnen durch entsprechend ge- 
leitete Entwicklung und durch richtig angepaßte Ko- 
pierung weitgehend ausgeglichen werden; zum Aus- 
gleich von Entwicklungsfehlern stehen neben der nicht 
allzu wichtigen Verstárkungs- oder Abschwächungs- 
möglichkeit nur die sinngemäß gewählten Kopier- 
mittel zur Verfügung. Im modernen Umkehrver- 
fahren, in welchem unmittelbar aus dem belichteten 
Negativ das positive Bild erzeugt wird, konzentriert 
sich die Verbesserungsmöglichkeit auf viel engere 
Grenzen; es wachsen also die Schwierigkeiten des 
Ausgleichs falscher Belichtungen in hohem Grade. 
Die Kinematographie, die inzwischen sehr zurück- 
gegangene Automatenphotographie, die preiswerte 
Vervielfältigung von Dokumenten, Drucksachen usw. 
bedienen sich der Bildumkehrung, der unzählige Ar- 
beiten der letzten Jahre galten und die vor allem 
für die Zukunft der Schmalfilmerei von größter Be- 
deutung ist. Dr. Lummerzheim schildert in anschau- 
licher Weise die im Umkehrproblem liegenden Mög- 
lichkeiten der Bildverbesserung (Jahrb, d. Kino- 
amat, 1933). Neuzeitliche Umkehremulsionen be- 
stehen aus einer Mischung grobkörniger hochempfind- 
licher und feinkörniger niederempfindlicher Bromsilber- 
gelatine; erstere dient zum Aufbau des Negativs, 
letztere für das Positiv, welches dann entsprechend 
feinkörnig und in betráchtlichem Ausmaße vergrößer- 
bar ist. Unter- und Überbelichtung vermag ein nor- 
maler, länger oder kürzer einwirkender Entwickler im 
Umkehrbild nicht auszugleichen; wenn man jedoch 
dem Entwickler ein schwaches Lösungsmittel für 
Bromsilber in geringen Mengen zusetzt, so tritt dies 
bei der nicht allzulange währenden Entwicklung 
eines normal belichteten Films nicht wesentlich in 
Erscheinung und läßt genügend Bromsilber zum Auf- 
bau des positiven Bildes übrig. Wird jedoch ein 
unterbelichteter Film längere Zeit entwickelt, so tritt 
neben der negativen Silberausscheidung auch Brom- 
silberauflösung in beträchtlichem Grade ein, und das 
übrigbleibende Bromsilber liefert dann trotz der ur- 
sprünglichen Unterbelichtung ein normal gedecktes, 
nicht zu dunkles Positiv. Auf diesem Wege lassen 
sich beträchtliche Ausgleiche schaffen, die auch noch 
dadurch unterstützt werden können, daß man die 
zweite Belichtung zur Positivherstellung nicht im 
vollen Tageslicht, sondern dosiert vornimmt, also 
nicht alles noch verfügbare Bromsilber, sondern nur 
einen Teil desselben zum zweiten Bilde benutzt; in 
einem solchen Falle muß man die übriggebliebenen 
Bromsilberreste durch ein Fixierbad entfernen, welches 
bei der völligen Durchentwicklung natürlich nicht ge- 
braucht wird. prodest. 


Verschiedenes 
Photographieren im Gerichtssaal 


Ein Zeuge, der während der Gerichtsverhandlung 
von einem Bildberichterstatter photographiert wurde, 
verlangte von diesem die Herausgabe des Negativs 
und der Kopien mit dem Verbot der Verbreitung 
der Aufnahme. Das angerufene Amtsgericht ent- 
schied aber zugunsten des Berichterstatters. Die „B. 
Z. a. M." schreibt dazu: 


38 


Den Anlaß zu dieser urheberrechtlichen Streitigkeit 
bot ein Strafprozeß in Moabit, in dessen Verlauf der 
Bildberichterstatter einen Zeugen, der in Haken- 
kreuzuniform erschienen war, während der Eides- 
leistung photographierte. Der  Bildberichterstatter 
bekam dafür eine Ordnungsstrafe, die aber das 
Kammergericht aufhob. Daran schloß sich die Klage 
des Zeugen auf Nichtverbreitung der Photographie. 
In der Begründung des Urteils, durch das der Photo- 
graph recht bekam, wird grundsätzlich davon aus- 
gegangen, Photographieren im Gerichtssaal sei zu- 
lässig. Soweit der Photograph jedoch bei der Auf- 
nahme den ungestörten Verlauf der Gerichtsverhand- 
lung oder die Würde des Gerichts verletze, könne 
gegen ihn polizeiliche Maßnahmen ergriffen werden. 


Staatsgefährliches Photographieren 


Aus Prag fuhren die „Singing Babies“, die dort ein 
Konzert gaben, nach Bukarest. Vor der Abfahrt gab 
es herzlichen Abschied, vom Deutschen Theater waren 
der Dramaturg und zwei Schauspieler den Damen 
beim Verstauen ihrer Koffer behilflich, und es wurde 
auch geknipst. Kaum hatte sich der Zug in Be- 
wegung gesetzt, wurden die Herren vom Theater 
und der Bildberichterstatter vom Verkehrsbeamten 
ersucht, ihm zu folgen. Am Bahnhofsausgang wird 
ihnen bedeutet, sie würden wegen unerlaubten Photo- 
EE auf dem Bahnhof bestraft. Das „Prager 

ageblatt' erkundigt sich darauf bei der Polizei, was 
eigentlich zu photographieren verboten oder erlaubt 
sei. Verboten ist das Photographieren aller öffent- 
lichen Gebäude, auch wenn sie historisch interessant 
sind, aller Militärobjekte und der mit ihnen zu- 
sammenhängenden Häuser und Gegenstände, der 
Lokomotiven und Eisenbahnen, der Brücken (mit 
Ausnahme jener, die nicht für kriegstechnische Ope- 
rationen geeignet sind), kurz aller Gebäude, die im 
Kriegsfall irgendeine Rolle spielen könnten. [πίετ- 
essant ist, daß man z. B. auf dem Hradschin nur das 
photographieren darf, was nicht im Dienste der óffent- 
lichen Verwaltung steht. Das Ministerium für natio- 
nale Verteidigung darf man natürlich nicht photo- 
graphieren, dafür aber kann man in jeder Trafik eine 
Ansichtskarte kaufen, auf der das Ministerium zu 
sehen ist. Das gleiche gilt von den Kasernen, deren 
Photographien auf Ansichtskarten in den Kantinen 
zu haben sind. Auf die Frage, warum man hier keine 
Warnungstafeln anbringe, erhült man zur Antwort, 
daß es unmöglich sei, auf Objekte aufmerksam zu 
machen, die im Kriegsfall eine Rolle spielen kónnen! 


Zu unseren Bildbeilagen 


Schulaufnahmen sind als Ergebnis des Unterrichts 
wie als Befähigungsproben des Schülers interessant 
und lehrreich. Zur Beurteilung von beidem wäre 
aber natürlich eine viel größere Anzahl von Arbeiten 
erforderlich, als wir sie hier zeigen können. Immer- 
hin lassen auch diese wenigen Reproduktionen er- 
kennen, daß Konventionelles gemieden wird und daß 
der Schüler eigenen Ideen folgen kann. Anders wären 
sich die Auffassungen auch ähnlicher. Vornehm- 
lich scheint in diesen Aufnahmen auf Raumwirkung 
Wert gelegt zu sein — das wichtigste Moment für 
die Bildwirkung. Und sowohl der gut begrenzte 
große Kopf mit den Händen, die das Gesicht ein- 
fassen, wie der Ausschnitt des am Tisch sitzenden 
jungen Mannes und die beiden Mädchenköpfe mit 
der Bewegung entsprechenden Blickrichtung sind in 
dieser Beziehung bemerkenswert. 

Besonders gut sowohl in der bildhaften Wirkung wie 
in ihrer Natürlichkeit erscheint uns dann die Auf- 
nahme von Bähr. Die ausgezeichnet erfaßte Sport- 
szene und die Aufnahmen von Freytag dienen 
gleichzeitig als Illustrationen zu den folgenden Ar- 
tikeln. Die geschmackvolle Photomontage als Werbe- 
photo von Pecsi konnten wir seiner Publikation 
„Photo und Publizität“ entnehmen. 


JOS. KESSEL, V.K.F., KOLN 


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HANS HOLDT, V.K.F., KOLN 


JOS. KESSEL, V.K.F., 


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DOPPELBILDNIS,’ GESCHWISTER 


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EUG. COUBILLIER, V.K.F., KOLN Portrát des Oberbürgermeisters 


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EHRLICH, 
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KINDER- 
AUFNAHMEN 


AUSDRUCKSSTUDIEN 


ELFE SCHNEIDER 
BERLIN 

ZOOLOG. GARTEN 
GIBBON 


Mit Ernemann Spiegel- 
reflex 9x12, Br. 21 cm. Of. 
nung 4,5, Bel. ½ Sekunde 
heller Innenraum 


BARTROBBE 


Morgensonne. Offnung 
6,3, Belichtung Ys Sek. 
auf Andresa-Platte 


— ———— — — EE. ——— — — — 


E. SCHNEIDER 
BERLIN 


ZOOLOGISCHER 
GARTEN 


HIRSCH- 
KALBCHEN 


Mal, Offnung 4,5. Be- 
lichtung 1 Sek.. auf 
Hauff croma-Platte 


ZWERG- 
ANTILOPEN 


Schwierige Aufn.aus 

Versteck. Juni, Off- 

nung 6,3, Goerz Tele- 
or, Belicht. !4, Sek. 
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Aufnahmen von Kunstobjekten für den Werbegebrauch des 


Kunsthandels 


Der photographische Abzug ist heute in immer 
steigendem Maße zum Offertenmaterial des Kunst- 
handels geworden. Wo nicht direkter Ladenkauf 
vorliegt, sind 90 ?; aller Geschäftsverbindungen und 
Ankäufe durch die Photoofferte des Händlers ein- 
geleitet. Der Kunsthündler versieht sie mit genaueren 
Mitteilungen, hängt ihr eventuell Expertisen und 
Provenienzzeugnisse an und legt sie so dem Inter- 
essenten oder einem anderen Kunsthändler vor. Das 
kunsthändlerische Offertphoto muß also den ersten 
Interessenerfolg für das Objekt erzwingen, eine nicht 
unwichtige Aufgabe, wenn man bedenkt, daf das 
Kunstwerk einmalig ist und dem Betrachter also 
wenig Vergleichsschlüsse beim Versagen der Photos 
hinsichtlich ihrer Deutlichkeit zur Verfügung stehen. 
Die Verständigung zwischen dem auftraggebenden 
Kunsthündler und dem beauftragten Photographen 
ist aber nach meinen eigenen Erfahrungen mit un- 
geheuren Schwierigkeiten belastet, bis sich beide 
aufeinander eingearbeitet haben. Beide reden so- 
zusagen eine verschiedene Sprache, der Kunsthandler 
seine Fach-, der Photograph seine Berufssprache, die 
dem technisch meist ungeschulten Kunstfreund ebenso 
fremd ist wie dem Kameramann die sublime Eigen- 
Schaft des Kunstwerkes. So bleibt keine andere 
Möglichkeit als die, sich entgegenzukommen. Der 
Kunsthändler muß sich wenigstens oberflächlich mit 
den Möglichkeiten der Photoreproduktion und der 


Photograph mit jener besonderen „künstlerischen“ . 


Kritik und Betrachtungsweise bekannt machen, wozu 
der Besuch von Vorträgen und Museen (Objekt- 
studium) empfehlenswert ist. 

Weiter muß der Photograph bedenken, daß das 
kunsthándlerische Offertphoto wieder ап 


und Überlegung das Bild betrachtet und sich nicht 


durch Stimmungsaufmachung beeinflussen läßt. Es 


ist also bei dem Kunsthändlerphoto jede selbständige 
künstlerische Absicht auszuschließen. Das Kunst- 
händlerphoto ist keine kunst- oder stimmungswertige 
Aufnahme, sondern ein durchaus technisch-reproduk- 
tives Aufnahmeverfahren von absoluter Objektivität 
und Objekttreue. 


Er will einzig das Objekt studieren und dies weitest- 
gehend durch Verwendung der Lupe, des Mega- 
skops, des Plastikspiegels, des Scharfen Glases und 
wie sonst noch alle die Apparaturen heißen, mit 
denen der Handel die Photoofferte prüft, um schon 
aus der Offerte z. B. genau den Zustand der Farb- 
fassung an einer Holzskulptur, die Oberfläche einer 
Bronze, die Abblätterungen einer Bildschicht zu er- 
kennen. Somit muß das Kunsthändleroffertphoto 
— ohne eigenwilligen Kunstcharakter — eine äußerst 
klare phototechnische Wiedergabe des Objektes sein 
und kann nur so seine Aufgabe, Objekt-, Transport" 
zu sein, erfüllen. 


einen 
Kunstsachverständigen geht, der mit kühler Prüfung. 


Über die Verwendung des Abzuges zum Zwecke der 
kunsthändlerischen Offerte muß man folgendes wissen: 
Der Abzug dient entweder zur Bild- oder zur Druck- 
offerte. Bei der Bildofferte wird direkt der Abzug 
als Werbematerial an den Kunden weitergegeben, 
bei der Druckofferte dient er als Grundlage für das 
Klischee zum Katalog (besonders bei den Auktions- 
firmen), in der Zeitschrift, im Buch. Im Falle der Bild- 
offerte wird man meist keine Hochglanzabzüge wählen, 


Aufnahme von Fr. van der Smissen, Reproduktionsphoto- 
graph, Darmstadt 


Hans Holbein d. J. Madonna des Bürgermeisters Mayer 
Vorbildliche Aufnahme 


a 


39 


weil sie infolge ihrer unerbittlichen Scharfe stórend 
wirken. Sie geben meist die Epidermis des Bildes 
mit einer unangenehm plastischen und sich vor- 
drängenden Deutlichkeit wieder (2. B. die Pinsel- 
technik bei pastosen Gemälden) und stören dabei 
die Raumillusion der Darstellung empfindlich. Man 
wird also in diesem Falle von Hochglanzabzügen 
Abstand nehmen, falls nicht gerade die Heraus- 
stellung des Technischen (vielleicht bei ergánzenden 
Detailaufnahmen oder Aufnahmen von Signaturen 
auf Gemälden) erwünscht erscheint. In diesem Falle 
wird ja auch der Besteller die Absicht, die er mit 
der Aufnahme verfolgt, bekanntgeben. Man wird 
daher gut tun, vor jeder Aufnahme den Besteller 
zu fragen: „Worauf kommt es bei diesem Kunst- 
werke an?“ Im allgemeinen wird man für die Bild- 
offerte gleichmäßig matte Abzüge auf glattem und 
ungekörntem Papier anfertigen. Viele Auftraggeber 
ziehen das Tageslichtpapier vor, und man versteht 
auch den Auftraggeber, wenn er seiner Offerte die 
delikateren Gold- und Platintonungen des Tages- 
lichtpapiers zugute kommen lassen will. Aber zu- 
nächst leidet das Tageslichtpapier häufig unter un- 
gleichartigen Emulsionen, und dann hält es nicht so 
unbegrenzt wie das Entwicklungspapier. Kopien auf 
Tageslichtpapier eignen sich also nicht sehr für die 
Verwahrung in den Bildarchiven, wie zahlreiche Bei- 
spiele, z. B. im Bildarchiv der Pinakothek in München, 


Kölner Bartmannkrug 


Köhler, Bochum, phot. 


Gute Aufnahme, die den wissenschaftlich festgelegten Typus 
des Kruges komplett erkennen läßt und nebenbei über 
Oberfläche und Technik aussagt 


40 


beweisen. Das Offertphoto aber, das ins Bildarchiv 
eines Kunden übergeht, wirbt noch lange Jahre für 
die offerierende Firma. Daher weise man den 
Kunden in seinem eigenen Interesse auf den Abzug 
auf Entwicklungspapier hin. 

Für die drucktechnische Reproduktion sind die so- 
genannten Hochglanzabzüge noch wichtiger als 
sonstwo. Sie allein geben die Einzelheiten der Bild- 
darstellung — auf die es auch hier insbesondere an- 
kommt — so füllig wieder, daß auch grobe Raste- 
rung ihnen nicht übermäßig abträglich werden kann. 
Auch die Reproduktion in sogenannten „Illustrierten“ 
(halb- oder viertelgeleimtes Papier) und Tages- 
zeitungen (ungeleimtes Papier) gibt bei einer guten 
Hochglanzaufnahme noch deutliche Resultate. Für 
Massenofferten und für Archivaufnahmen, besonders 
alter Meisterbilder, eignen sich immer noch ganz 
außerordentlich gut die Pigment- oder Kohledrucke, 
die daher von Museen und besonders dem eng- 
lischen und amerikanischen Handel bevorzugt wer- 
den. Wer sich speziell auf die Bedienung des Kunst- 
handels einstellt, sollte unbedingt dieses Verfahren 
beherrschen. 

Was das Format der Kunsthandelsaufnahmen angeht, 
so wird sich der Besteller dabei meist vom Verkaufs- 
wert des Objektes beeinflussen lassen. Das große 
Objekt rentiert ja auch viel leichter die luxuriose 
Aufnahme, ohne die es in solchem Falle zu einer 
wirksamen und ernsthaften Offerte auch gar nicht 
kommen kann. Im allgemeinen ist aber die große 
Aufnahme bei den Händlern nicht sehr beliebt. In 
der Praxis geht man selten über das Format 17,5 : 22,5 
hinaus, ein Format, das auch für Archive besonders 
erwünscht ist, wahrend 16:23 als ,,Museumsformat" 
bekannt ist. Das große Format ist zu leicht Be- 
schádigungen ausgesetzt, schwer und nur in Mappen 
statt in Kartothekladen ablegbar, in Papprollen usw. 
umständlich verschickbar und außerdem für die Be- 
trachtung unhandlich. Grofiaufnahmen werden daher 
nur von besonders hochwertigen und  hochinter- 
essanten Stücken hergestellt und nebenbei immer 
noch Versandaufnahmen in Archiv- oder Museums- 
format oder bei Massenangebot auch in Briefformat 
hergestellt. Vorkommen in dieser Hinsicht bei den 
europäischen Händlern der verschiedenen Länder 
Formate wie folgt: 12:17, 19:16, 17,5:12,5 und 
11,5:16 bzw. 18,5:16. Der einzelne Händler hat 
sich oft auch schon ein prinzipielles Format erwählt. 
das er soviel wie möglich für alle Objekte beibehalt. 
Das hat seinen besonderen Vorteil auch dadurch, 
daß Offerten mit mehreren Objekten bei gleichem 
Formate sehr vornehm aussehen. 

Bei der Hochbedeutsamkeit des einzelnen Offert- 
abzuges, der einen in alle Einzelheiten gehenden Ein- 
druck gestatten soll, ist jeder Abzug vor der Ab- 
lieferung durchzuprüfen. Man vermeide vor allem, 
daß Schatten zu dunkel und daher undurchsichtig 
werden oder aber Formen zu scharf und schnittig 
herauskommen. Alle Retuschen sind soviel als nur 
möglich zu vermeiden. Zur Negativretusche nehme 


man den Bleistift in richtig gewähltem Härtegrad, 
tur die Kopieretusche Pinsel und Farbe, letztere zur 
Erzielung matten Gelatineglanzes mit Gummi als 
Bindemittel angerührt. 

Besonders luxuriöse Ausführung der Offerte darf, 
wenn erwünscht, nie auf Kosten der Deutlichkeit und 
Objekttreue der Aufnahme gehen. Man kann even- 
tuell mit der Büttenschere die Aufnahme beschneiden, 
kann sie auf Karton aufziehen, der zum Ton des 
Abzuges abgestimmt ist, aber man vergesse nie, ein 
weißes Rändchen stehenzulassen, denn der Kunst- 
freund liebt die randbeschnittene Photographie genau 
so wenig wie die randbeschnittene Graphik. Das gilt 
auch für Pigmentdrucke. 

Häufig will der Besitzer eines Kunstwerkes sein Bild 
nicht dem Transport in das Atelier des Photographen 
und den sich dabei ergebenden Gefahren aussetzen. 
In seinem Hause selbst steht aber in den seltensten 
Fállen Oberlicht oder ein Binnenhof mit guter Be- 
lichtung zur Verfügung. Um nun Fehlbelichtungen 
zu vermeiden, arbeitet man in solchen Fällen mit 
transportablen Scheinwerfern im verdunkelten Raum. 
Diese Scheinwerfer sind für den Photographen von 


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Romanischer Bischofsstab aus Elfenbein 


Da es bei dieser Aufnahme insbesondere auf die Illustration 
des Rundbogens ankam, ist die Aufnahme gut, trotz 
mancher Schwächen, insbesondere am Knauf 


van Dyck. Genueserin 


Obschon die Aufnahme das Notwendigste gut erkennen 
läßt, leidet sie an undurchsichtigen Schattenpartien im 
Gewand und am rechten Bildrandstreifen 


* 


Gutachten-Abschrift für den Kunsthandel 


Das mir vorgelegte photographicrte Bildnis ciner 
jungen vornehmen Genuescrin, lcbensgrol3 bis unter 
die Knie, in graubraunem Kleid und schwarzer 
Mantilla, stehend vor einem goldbrauncn, rot- 
gefütterten Vorhang (auf Leinwand 157 X 120 cm), 
halte ich für ein charakteristisches, eigenhändiges 
und bedeutendes Werk des Anthonis van Dyck 
aus seiner italienischen Zeit. 


gez. Ludwig Burchard. 


Dem vorstehenden Gutachten von Dr. Ludwig 
Burchard schließe ich mich vollinhaltlich an. Ich 
halte das Bild für ein besonders eigenartiges, ernstes, 
vornehmes Werk aus der besten Zeit des Meisters. 
Berlin, 25. 10. 1928. gez. Bode. 


41 


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уап der Weiden: Geburt 


Ein typisches Beispiel der schlechten Handelsaufnahme. 
Das Objekt stand schräg, daher erscheint das Bild und 
sein Inhalt verkürzt, was der wissenschaftlichen Betrach- 
tung abtráglich ist. Die Abschürfungen des rechten Bild- 
randes drängen sich auf, während die Tiefe des Bildes 
verundeutlicht wird. Die Stifterinnenfigur ist in undurch- 
sichtige Schatten ganz eingehüllt, während die Hirten am 
linken Bildrand im Licht zersprühen 


Kunstobjekten. überhaupt unentbehrlich. Mit ihrer 
Hilfe vermeidet man auch bei glänzenden Gegen- 
ständen, z. B. bei Plastiken mit glänzender Fassung 
und besonders bei frisch gefirnisten Gemälden, un- 
liebsame Reflexe der Objektoberfläche. Bei größeren 
Bildern besteht allerdings die Gefahr, daß sich 
Schattenwürfe bilden, die axial das Bild durch- 
schneiden. Ihre Ursache liegt darin, daß die Kraft 
der beiden seitlich aufgestellten Reflektoren für diese 
mittlere Sphäre nicht mehr ausreichte. Bei fest- 
montierten Kunstgegenständen oder schwer zu be- 
wegenden Plastiken und bei Objekten an dunklem 
Verwahrungsorte ist der transportable Scheinwerfer 
leichten Modells ebenfalls einfach unentbehrlich. Er 
ist ganz entschieden allem Blitzlicht und Magnesium- 
band vorzuziehen. 

Da der Händler an der besonderen Qualität der Auf- 
nahme sehr interessiert ist, scheue man sich nie, um 
die Entfernung von stark glänzenden Rahmen und 
Gläsern über der Bildfläche zu bitten. Die Bitte wird 
sich fast immer durchsetzen lassen, und man ver- 
meidet so am allerbesten jene schwer kontrollierbare 
Überstrahlung im Augenblick der Aufnahme, die die 


42 


ganze Arbeit zerstören würde. Dem Kunsthändler 
macht ja die Ausrahmung keine besonderen Schwie- 
rigkeiten, da er bereit sein muß, in dieser Hinsicht 
auch jedem ernsten Reflektanten entgegenzukommen. 
An den Objekten selbst stören bei Bronzen häufig 
der Patinaglanz und die entstellende Rostblüte oder 
der Rostfraß der Oberfläche. Man muß versuchen. 
ihm zugunsten der Form des Objektes seine Körnig- 
keit zu nehmen. Bei den Bildern ist die Verwerfung 
des Holzes beim Tafelbild, die Verzerrung der Lein- 
wand beim Olbild außerordentlich störend. Auch 
aufgestandene Farbstücke im Bilde, ja sogar auf- 
dringliche Krakeluren sind unangenehm. Derartige 
Erhebungen tragen meist ein unangenehmes Glanz- 
licht an sich und besitzen außerdem ihre eigenen 
störenden Schlag- und Körperschatten. In solchen 
Fällen wird man allerdings gezwungen sein, vom 
Grundprinzip jeder wissenschaftlichen Aufnahme 
— zu denen ja die Kunsthändleraufnahme zählt — 
abzugehen: den objektiven Tatbestand nicht durch 
Negativretuschen zu beeinträchtigen. Man wird sich 
zu allervorsichtigsten und allerfeinsten Retuschen be- 
quemen müssen. 
Farbe ist in den meisten Fällen eine der wichtigsten 
Objekteigenschaften von Kunstwerken. In der photo- 
graphischen Wiedergabe erscheint sie als Tonwert. 
Es wird daher für den Erfolg einer Aufnahme eines 
Kunstobjektes maßgebend sein, ob und inwieweit der 
Photograph einen Blick für die spezifisch photo- 
graphische Farbwiedergabe besitzt und mit dieser Er- 
fahrung zu arbeiten versteht. Farbhochempfindliche 
Platte und Gelbscheibe ersetzen diesen „Blick“ noch 
lange nicht. Der Kunsthändler weiß sehr genau mit 
den Übersetzungen, die die Objektfarben in der 
photographischen tonigen Wiedergabe erleiden, zu 
rechnen. 
Gerade bei der Aufnahme von Kunstgegenständen 
darf die Farbempfindlichkeit der Platte, wie sie die 
Produktion gern herausstellt, nicht übertrieben sein. 
Solches übertrieben farbempfindliches Material ver- 
fälscht die Natur des Objektes durch Übertreibung 
und verkehrte Übersetzung des Tones. Es wäre da- 
her eine Aufgabe der einschlägigen Industrie, endlich 
eine Platte mit einer speziell zur Aufnahme von Ge- 
mälden und Kunstgegenständen geeigneten mittleren 
Farbempfindlichkeit herauszugeben. Heute kommt 
noch meist das Rot der Teniers und Brouwers kalk- 
grau und hebt sich vor den von diesen Malern 
fatalerweise besonders kultivierten kalkigen Stuben- 
wänden kaum mehr ab. Man könnte solche Fälle 
durch die ganze Kunstgeschichte hindurch verfolgen, 
so z. B. wird das grünliche Himmelsblau des Gerard 
David und seines Kreises dunkeldrohend und ver- 
fálscht damit den ganzen Bildeindruck. Auch ein 
besonderes Blau der Nazarener wird undurchsichtig, 
und gar die kräftigeren Farben zahlreicher Moderner 
erleiden tolle Veränderungen, die das Bild nach der 
Photographie mit lichthochempfindlichem  Platten- 
material kaum mehr wiedererkennen lassen. 

H. W. May. 


V 


Zoophotographie 
Von Elfe Schneider, Berlin, Zoologischer Garten 


Die Zoophotographie ist ein eigenes Gebiet, in dessen 
Rahmen es nicht nur darauf ankommt, ásthetisch 
befriedigende, sondern auch wissenschaftlich wert- 
volle  Tierformen und biologisch interessante Be- 
wegungs- und Ausdrucksstudien im Bilde festzuhalten. 
Diese Vereinigung zu erreichen, ist immer mein 
höchstes Ziel und Streben gewesen, seit ich Tiere 
photographiere. Der Berliner Zoologische Garten mit 
seinem überaus reichhaltigen Bestand an Tieren aus 
allen Zonen der Welt, die sich zum Teil in schonen 
Freigehegen tummeln können, bietet dazu eine Fülle 
von Gelegenheiten. Aber gerade die Tatsache, einen 
Tierbestand von über 4000 Tieren zu haben, den man 
in nächster Nähe bequem sehen und beobachten 
kann, erweckt in Laienkreisen häufig falsche Vor- 
stellungen von der Leichtigkeit der Aufgabe, solche 
Aufnahmen zustande zu bringen. Denn es ist ja nicht 
damit getan, daß man das aufzunehmende Tier — in 
freier Wildbahn mit vieler Mühe aufgespürt und be- 
lauscht — nun hier einfach vor der Linse hat und so- 
gleich losknipsen kann. Ach nein, es sind recht viele 
störende Nebenumstände zu berücksichtigen, um ein 
Bild zu bekommen, das allen Anforderungen gerecht 
wird. Welcher Art sind nun diese Anforderungen? 
In erster Linie soll die Aufnahme natürlich technisch 
einwandfrei sein, d. h. scharf, richtig belichtet, mit 
guter Durchzeichnung und richtiger Wiedergabe der 
Helligkeits- und Farbwerte. In zweiter Linie — und 
das gehört nicht mehr zur Technik, sondern zu einem 
Punkt, auf den ich noch später eingehen werde — 
soll das Bild eine harmonische Raumverteilung haben, 
die das Auge des Beschauers entzückt. Das Licht, be- 
sonders das Sonnenlicht in seiner vielseitigen Wir- 
kung, muß aufs schönste eingefangen und ausgenutzt 
werden, damit Glanz und Leben im Bilde sind. Stö- 
rende Schatten von Gittern und Dingen, die in freier 
Wildbahn nicht zu finden sind, müssen vermieden 
werden. Gerade die Gitter sind die schlimmsten 
Feinde der Zoophotographie und wirken ebenso haf- 
lich wie steif danebenstehende Menschen. Mensch 
und Tier, zusammen aufgenommen, ergibt nur dann 
etwas Einheitliches, Verstándliches, wenn irgend- 
eine persönliche Beziehung zueinander besteht, etwa 
als Spielkamerad des Kindes, als Jagdhund in der Be- 
gleitung des Jägers. Weiter muß das Tier in natür- 
lich schöner Stellung, nicht gezwungen, in Ruhe, Be- 
wegung oder Spannung, kurz in allen naturgegebenen 
Ausdrucksformen des Beschauers Auge fesseln. Dabei 
muß das Charakteristische, Eigenartige herausgebracht 
und betont sein; sei es das geschmeidig Gleitende 
des Leoparden, sei es der Sphinxblick der Löwin, 
die durch den Menschen hindurchzusehen scheint, als 
wäre er Luft und hinter ihm die endlose, sonnen- 


* 


Elle Schneider, Berlin, Zoologischer Garten 

Seehund (oben), Offnung 6,3, Bel. „ Sek. bei Mittags- 
sonne, und Seelówe beim Absprung. Sehr geschickte 
Aufnahme, Offnung 6,3, Bel. / % Sek., Mittagssonne. Auf 
Schleussner Super-Ulvi mit Ernemann-Spiegelreflexkamera 


43 


— 25 M 


durchglutete Steppe. Oder aber die bezaubernde An- 
mut der zierlichen Gazelle, der schönen Antilope mit 
aller ihrer stolzen Grazie und den sanften, großen 
Augen, oder die drollige Unbeholfenheit der weichen 
kleinen Raubtierkinder, die groteske Komik der Pin- 
guine, die dramatisch zum Reißen gespannte Stim- 
mung, die den schreienden Brunfthirsch umgibt, oder 
aber die Ruhe und Harmonie schöner, edler Rinder 
und die rührend zärtliche Fürsorge einer Tiermutter. 
Die Natur ist so unendlich reich und wunderbar, und 
wer das alles nicht im Innersten erlebt, wessen Herz 
und Seele nicht davon bewegt wird, der kann keine 
wirklich schönen, lebenatmenden Tierbilder schaffen. 
Und dann: der „göttliche Funken“ muß da sein. Wer 
den nicht hat, dem nützen die glänzendste Technik. 
die größte Routiniertheit nichts, dem hilft der beste 
Apparat, das ausgewählteste Photomaterial nicht. Ich 
sage das nach eigener Erfahrung und Selbstkritik, 
nach Beobachten und Vergleichen anderer, über den 
Durchschnitt herausragender Arbeiten. Die wirklich 
` gute Tierphotographie ist nicht nur eine langgeübte 
Technik, eine geschickte Handfertigkeit, sondern eine 
eigene Kunst, der als Werkzeug die vom menschlichen 
Auge, Herz und Verstand dirigierte Linse dient. 
Außer der Technik geht sie Hand in Hand mit der 
Wissenschaft, denn man muß die Tiere lange in ihren 
Lebensgewöhnheiten und Eigenarten beobachtet haben, 
ehe man von ihnen „sprechen“ kann. Man muß ihren 
Charakter kennen, sie in Ruhe, Erregung und Be- 
wegung studiert haben, muß um ihre Verbreitung, 
Ernährung, ihren Kampf ums Dasein und ihr Liebes- 
spiel wissen. Muß wissen, ob sie in Monogamie, leben, 
wie z. B. der Schwan, die Wildgans usw., oder in 
Polygamie, wie Ente, Rothirsch und alle Herdentiere, 
muß ihre Sorge um die Aufzucht der Jungen beob- 
achtet haben. Muß wissen, daß im Vorfrühling 
Auerhahn und Birkhahn balzen, das Fellkleid des 
Schneehasen im Sommer dunkel umfärbt, der 


Elie Schneider, Berlin, Zoo. Hahnenkampf. 


44 


Ofn. 4,5. Bel. , u Sek. 


sibirische Tiger nur im Winter sein volles reiches 
Haarkleid hat, der Silberfuchs zur Ranzzeit im 
Januar/ Februar am schönsten ausschaut, daß die 
männlichen Vögel meist ein farbenprächtigeres Feder- 
kleid tragen als ihre Weibchen, all das muß man 
wissen und noch vieles mehr, um zur rechten Zeit 
die entsprechenden Bildstudien machen zu können. 
Es ist ein schönes und beglückendes Arbeitsfeld, das 
ich als Tierphotographin des Berliner Zoologischen 
Gartens habe. Befriedigend vor allem auch deswegen, 
weil jede Arbeit, jedes gute Bild in das Bilderarchiv 
Aufnahme findet, das Direktor Dr. Lutz Heck vor 
einigen Jahren gegründet hat. Diese wertvolle Samm- 
lung von Tausenden von Bildern dient in erster Linie 
als Hilfe für wissenschaftliche Forschung, sei es zur 
Illustration von Fachliteratur, sei es als Lichtbilder- 
material für Hochschulen und andere wissenschaft- 
liche Lehrinstitute. Ferner erhalten in beschränktem 
Maße Schriftsteller und Journalisten das jeweils ge- 
wünschte Material, das gleichzeitig eine gute Wer- 
bung für den Zoologischen Garten ist. Alles ein- 
schlágige Werbematerial, wie Postkarten, Führer. 
Plakate, Ausstellungen, hat seinen Ursprung im 
Bilderarchiv. Neben dieser wissenschaftlichen Aus- 
wertung der photographischen Arbeiten haben auch 
zuweilen Künstler (Maler, Bildhauer) Gelegenheit, 
in die Bildermappe Einsicht zu nehmen, um ihre 
eigenen Beobachtungen bei ihrer künstlerischen Ar- 
beit durch unsere vielseitigen Ausdrucks- und Be- 
wegungsstudien zu ergänzen. Dadurch wird ihnen 
manche unnötige Mühe und Zeit erspart. 

Der tiefste Sinn dieses Bilderarchivs liegt wohl in 
der Verbreitung und richtigen Deutung von Tierauf- 
nahmen, die aufklärend und belehrend wirken sollen, 
damit die Menschheit nicht nur mit Freude und Ge- 
nuß, sondern auch mit Verständnis an unserem Tier- 
leben teilnimmt. An dieser Idee mitzuarbeiten, ist 


für mich eine sehr befriedigende Aufgabe. 


Mai, 14'/, Uhr auf Persensofilm 


Kleinbildphotographie 
(Schluß aus Heft 2) 


Zur Beleuchtung dienen Opallampen in Verbindung 
mit Opalscheiben oder einfachen Kondensoren, ferner 
Projektionslampen mit Doppelkondensoren. Opal- 
lampen und Opalscheiben dienen zum Vergrößern 
besonders kontrastreicher Negative. Ersetzt man die 
Opalscheibe durch einen einfachen Kondensor, so 
wird die Beleuchtung kräftiger, die Belichtungszeiten 
kürzer und die Vergrößerung härter (Callier-Effekt). 
Dadurch kann man bereits rein optisch von dünnen 
Negativen kontrastreiche Vergrößerungen erhalten. 
Eine noch wesentlich bessere Lichtausbeute ergeben 
Projektionslampen und Doppelkondensoren. Durch 
besonders kurze Kondensorbrennweite ist eine Lam- 
penverstellung bei verschiedenen Vergrößerungsmaß- 
stäben nicht erforderlich. 

Der ,Praxidos" gestattet eine Vergrößerung von 
zwei- bis zehnfach und ist weiter mit einem auto- 
matischen Vergrößerungsanzeiger ausgestattet. Damit 
ist es leicht, bei Änderung des Vergrößerungsmaß- 
stabes sofort die neue Belichtungszeit zu errechnen. 
Die Belichtungszahlen verhalten sich wie die Qua- 
drate der um 1 vermehrten Vergrößerungszahlen 
oder auch wie die Quadrate der Brennweiten, d. h. 
der Entfernung der Blendenebene des Vergrößerungs- 
objektives von der lichtempfindlichen Papierschicht. 
Bei der Vergrößerung auf gleiche Größe ist diese 2f 
(f = Brennweite); bei vierfacher Vergrößerung 4+1 f 
= 5. Beträgt die Belichtungszeit bei der Vergröße- 
rung auf gleiche Größe 8 Sekunden, so ist die Be- 
lichtungszeit bei vierfacher Vergrößerung gleich: 


x:8 = (5f)? : (2f)? — 25:4, oder 2 = ηλ 


4 
* d^ В == 50 Sekunden. 


Oder ап Hand der nachstehenden Tabelle: 


Entfernung der Ver- 
! grófBerung in Brenn- 
weiten von der 
Blendenebene 


Vervielfaltigungs- 
faktor für dic Be- 
lichtungszeit 


Lineare 
Vergrößerung | 


K- L 


1X | 2 4 
is > | 2! E 6 
2“ 3 9 
2/53 3 12 
3X 4 16 
ο x Ai 20 
4X 5 25 
шах 57 30 
IX 6 36 
6 > | 7 49 
τ ; i 
AN | 
9 * | 10 100 
10 11 121 


g ы -- 50 Sekunden. 


Ist die Belichtungszeit bei einer dreifachen Vergröße- 
rung 20 Sekunden, so muß das gleiche Negativ bei 


Aufiobiges’Beisniel bezogenix= * 


Elfe Schneider, Berlin, Zoo 


Konikstute mit Fohlen (Panjepferdchen der Kosaken) und 
Lama mit Schweinchen. Оһ. 4,5, Bel. „ Sek., schwache 
Sonne, auf Hauff- Ulcroma 


einer siebenfachen Vergrößerung Pw — 80 Sekunden 


belichtet werden, um das gleiche Resultat zu erhalten. 


45 


SR Sa ντ 


Sangermann, V. K. F., Kóln 


Wahl des Papleres 


Über die Technik des Vergrößerns braucht nichts 
weiter gesagt zu werden. Die zur Verfügung stehen- 
den Papiere sind vielerlei Art, so daß für jede Nega- 
tivgradation und jedes Bildmotiv das entsprechende 
Papier gewählt werden kann. Für Vergrößerungen 
kleinen Maßstabes kommen die glatten Papiere in 
glänzend, halbmatt und matt zur Anwendung. 


Größere Bilder wird man auf rauhen und gekörnten ` 


Schichten anfertigen. Es können nicht alle Sorten 
genannt werden, da die Anzahl der Sorten in Brom- 
silber-, Chlorbromsilber- und Porträtgaslichtpapieren, 
die sich für Vergrößerungszwecke eignen, sehr groß 
ist. Diese verschiedenen Arten sind auch fast alle in 
weich, normal und hart arbeitend zu haben. Weiche 
und dünne Negative vergrößert man auf Porträtgas- 
licht- und Chlorbromsilberpapieren unter eventueller 
Benutzung des Kondensors. Normale bis kräftige 
Negative auf Bromsilber bei zerstreutem Licht. Für 
sehr kräftige Negative kommt eventuell das in dem 
Artikel „Verbesserung mangelhafter Negative“ in 
der „Photographischen Rundschau“ 1928, S. 505, be- 
schriebene Verfahren in Anwendung. 

Starke Ausschnittvergrößerungen, bei denen die De- 
tails bereits unterdrückt und unscharf zu werden be- 
ginnen, auch bereits Kornbildung eintritt, wodurch 
ein zerrissenes Aussehen hervorgerufen wird, ver- 
größert man unter Vorschaltung eines Beugungs- 
gitters oder durch Auflegen eines Rasters auf die 
lichtempfindliche Schicht. Dadurch werden die Korn- 


46 


D 


Hànde einer Kunstgewerblerin 


komplexe des Negatives wieder zusammengezogen. 
Durch die Rasterfolie wird ein regelmäßiges und 
künstliches Korn in das Bild gebracht und dadurch 
das unregelmäßige verdeckt. Das Beugungsgitter 
überlagert das scharfe Bild mit einem unscharfen. 
Dadurch erscheinen die Tonflächen geschlossener. 
Kann das Vergrößerungsobjektiv ausgewechselt wer- 
den, so besteht die Möglichkeit, einen Weichzeichner 
zu benutzen, der ebenfalls die Kornbildung unter- 
drückt. An Stelle der käuflichen Weichzeichner kann 
auch eines der alten Periskope verwendet werden. 
Es unterbleibt in diesem Falle die Korrektur der 
Brennweite nach der Einstellung. Der Rodenstocksche 
Bistigmat läßt sich mit gutem Effekt als Weich- 
zeichner benutzen. Auch einfache Menisken können 
für diesen Zweck gebraucht werden. 

Hinsichtlich der Entwicklung richtet man sich nach 
der Gebrauchsanweisung des benutzten Papieres. 
Wert ist unbedingt und unter allen Umständen auf 
die völlige Ausentwicklung zu legen, für die die 
Fabrikanten stets die Entwickungsdauer angeben. Nur 
unter Beobachtung dieses Umstandes werden Ver- 
größerungen voll Kraft und Frische erhalten. Über- 
belichtete und daher nicht ausentwickelte Vergröße- 
rungen können nie das zeigen, was іп dem Klein- 
negativ vorhanden ist. 

Aus der Reihe der Apparate mit automatischer Ein- 
stellung sei noch der „Fam“, Vergroferungsapparat 
von Müller & Wetzig, Dresden, erwähnt. Dieser 
kann ebenfalls bis zum Format 6 <6 cm benutzt 


werden. Er wird mit Beleuchtungslinse oder Kon- 
densor ausgerüstet, gestattet eine Vergrößerung bis 
zu 7,5 Ғасһ und erhält neuerdings auch eine Höhen- 
ausgleichvorrichtung, wodurch der Anwendung der 
verschiedenen Papierkassetten keine Schwierigkeit 
bereitet wird. 

Unter Wegfall von Übertragungsmechanismen wird 
an einem Modell der Firma Andreas Veigel, Stutt- 


Noch einmal Industrieaufnahmen 


Die in Heft 3 gegebenen Hinweise kann ich voll und 
ganz bestätigen. Selbst in einer Industriestadt auf- 
gewachsen, begleitete ich schon als Schuljunge 
meinen Vater zu allen möglichen Industrieaufnahmen 
und habe diesen Sonderzweig der Photographie in 
seinen Eigenarten von Grund auf studieren können. 
Die gestellten Aufgaben sind ebenso verschieden wie 
die Geschmäcker der Auftraggeber, und der Photo- 
graph muß versuchen, seine Kunden nach jeder Rich- 
tung hin zu befriedigen. Aber auch der Auftrag- 
geber, der Wert darauf legt, gute Photos zu erhalten, 
muß etwas dazu beitragen. Er muß helfen, seinem 
Fabrikat ein schönes Äußere zu geben, er muß die 
Maschine frisieren. 

Eine große Fabrik, die jede Maschine mit Verbesse- 
rungen oder veränderten Konstruktionen aufnehmen 
ließ, verstand sich dazu, alle Eisenteile anstatt dunkel- 
grau oder schwarz für photographische Zwecke hell- 
grau und schlecht beleuchtete Stellen, wie die Innen- 
teile der tragenden Untergestelle, weiß anzustreichen. 
Die Aufnahmen durften immer nur während der 
Mittagspause vorgenommen werden. Dies hatte den 
Vorteil, daß die Dampfmaschine, die doch Schwin- 
gungen des Bodens verursachte, abgestellt wurde und 
auch sonst das Arbeiten viel ruhiger vor sich ging. 
Die Größe der benutzten Platten war 24 X 30, 30 40, 
mitunter auch 50 X 60cm, und da die Maschine das 
Format möglichst ausfüllen mußte, wurde viel mit 
Objektivsätzen gearbeitet, um die vorhandene Ent- 
fernung möglichst auszunutzen. Belichtet wurde der 
notwendigen Schärfe wegen mit kleinster Blende. 
Die Pläne als Hindergrund wurden, wie Wiegleb 
schon schrieb, während der Belichtung gut bewegt, 
was aber nicht verhinderte, daß größere Ölflecke sich 
doch als dunkle Stellen markierten. Aber das störte 
nicht weiter, denn der Hintergrund wurde, da Licht- 
drucke angefertigt werden mußten, ausgedeckt. Die 
Trockenplatten mittlerer Empfindlichkeit waren ab- 
ziehbar und mußten zur Verstärkung der Schicht 
nach erfolgter Abdeckung mit rotbrauner Abdeck- 
farbe von Günther Wagner mit einer dicken Gelatine- 
lösung übergossen werden, die nach einer Trocken- 
zeit von 1 bis 2 Tagen abgezogen eine gute Folie er- 
gab, weil für Lichtdruckzwecke stets von der Glas- 
seite kopiert werden muß. 

Die Maschinen standen meist in einer großen Mon- 
tagehalle mit Oberlicht. Das steil herabfallende, mit- 
unter kräftige Licht hatte zur Folge, daß unter der 
Maschine praktisch kein Licht vorhanden war. Um 


gart, automatisch die Scharfstellung durch Einstellung 
von zwei Skalen erreicht. Der Apparat „Exakt“ trägt 
am Apparatgestell eine Vergrößerungsskala und am 
Schneckengang - Einstellring des Objektives eine 
Schürfeskala. Sobald auf beiden Skalen gleiche 
Werte eingestellt sind, ist auch die Scharfeinstellung 
des Negatives erreicht. Eine besondere Beobachtung 
des Bildes ist dabei nicht erforderlich. 


Von Guido Seeber 


dafür einen Ausgleich zu schaffen, wurde der Boden 
unter der Maschine mit fein gesiebten weißen Säge- 
spänen und um sie selbst eine graue, feinkörnige 
Kohle geschüttet. 

Es gibt nun noch ein Mittel, die durch das Ab- 
blenden eines Objektivs bewirkte Kontrastvergröße- 
rung etwas auszugleichen, wenn man nach der er- 
forderlichen Belichtung, die doch mitunter eine Stunde 


y 


H. Schmélz, V. K. F., Kóln 


Maschinenraum in einem Krankenhaus 


47 


dauert, noch kurze Zeit mit ganz offener Blende nach- 
belichtet. Eine Unschärfe ist damit durch die voran- 
gegangene Belichtung kaum zu befürchten. Zur Auf- 
leuchtung eignen sich übrigens auch am Ende einer 
Stange befestigte Zeitlichtpatronen, die allerdings 
während des Abbrennens gut bewegt werden müssen. 
Weiter wäre noch auf eine Methode hinzuweisen, um 
in einer Aufnahme zu zeigen, was sonst nur durch 
zwei möglich ist. Bei Maschinen, die z. B. Sicher- 
heitsvorrichtungen besitzen, wie Schneidemaschinen, 
ist es einfach, durch eine Doppelbelichtung die Schutz- 
vorrichtung sozusagen „visionär“ im Bild zu erhalten. 
Je nach Art der Einrichtung muß mitunter die Schutz- 


vorrichtung hell gestrichen und die Belichtungszeit 
geeignet bemessen werden, z.B. 5:3, d.h. man nimmt 
meist erst die Maschine auf und belichtet nach An. 
bringung der hell gestrichenen Schutzvorrichtung nicht 
zu lange dazu. Es ist bald gefunden, welche Zeit. 
unterschiede bei der Belichtung die besten Resultate 
ergeben. Man muß nur immer daran denken, daß 
einander folgende Belichtungen sich stets addieren. 
so daß bei einiger Überlegung schon ein Schluß aut 
das spütere Negativ gezogen werden kann. Auch 
verschiedene Arbeitsleistungen einer Maschine kónnen 
durch Doppelbelichtungen leicht illustriert werden. 
(Schluß folgt.) 


Die Photographie und die unsichtbaren Strahlen 


Das, was das menschliche Auge als ,Licht" emp- 
findet, ist nur ein kleiner Ausschnitt eines umfang- 
reichen Strahlenbereichs, aus welchem auch heute 
erst Bezirke geringer Ausdehnung zu photographi- 
scher Verwendung gelangen. Es ist noch gar nicht 
so lange her, daß die lichtempfindliche Negativ- 
schicht im wesentlichen nur auf violette und blaue 
Lichtstrahlen reagierte und von den übrigen Be- 
standteilen des weißen Sonnenlichtes — also von 
grünen, gelben und roten Strahlen — praktisch un- 
berührt blieb. Die rote Dunkelkammerbeleuchtung 
beruht auf dieser Tatsache. Es war der Deutsche 
H. W. Vogel, dem es gelang, die Negativschichten 
orthochromatisch, d. h. richtigsehend zu machen 
(1873), und jetzt erst konnte die Photographie 
(immer noch unter gewissen Einschränkungen) bunte 
Gegenstände in Schwarzweiß - Stuten wiedergeben, 
die der Kratt der einzelnen Objektfarben ent- 
sprachen. So wurde auch die Möglichkeit der prakti- 
schen Durchführung der Naturfarbenphotographie 
geschaffen und der Grundstein zu photographischen 
Exkursionen in unsichtbare Strahlenbereiche gelegt. 
Doch wir wollen erst von Strahlen sprechen, die den 
sichtbaren violetten benachbart sind und den Namen 
„ultraviolette“ Strahlen haben. Sie wirken ohne 


weiteres auf unsere gewöhnlichen Halogensilber- 


schichten, soweit diese kurzwelligen Strahlen von 
der Glasmasse des Objektivs durchgelassen werden; 
sie sind also in gewissem Grade an dem Aufbau 
eines jeden Negativs beteiligt. Verwendet man Ob- 
jektive aus ultraviolettdurchlässigem Quarz statt aus 
Glas, so kann man solche Strahlen hauptsächlich zu 
wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirkung 
bringen. Strahlen noch kürzerer Wellenlänge sind 
die Röntgenstrahlen, deren Entdeckung (1895) un- 
geheures Aufsehen erregte; diese Strahlen haben ein 
so starkes Durchdringungsvermögen, daß sie für das 
Auge undurchsichtige Gegenstände mit allen inneren 
Strukturen und Gefügen als Schattenbilder, also 
ohne daß ein Objektiv ein optisches Bild erzeugt, 
auf die Negativschicht bannen. So gestatten diese 


48 


Strahlen die Untersuchung des ungeöffneten leben- 
den Körpers nicht weniger als die Prüfung lebloser 
Stoffe, z. B. gegossener Eisenteile (auf Guffehler). 
In steigendem Maße wird die Röntgenphotographie 
neuerdings in der Museumswissenschaft verwendet: 
der Berliner Gemälderestaurator K. Wehlte konnte 
mit bestem Erfolg Alter, Malweise, Erhaltung bzw. 
spätere Überarbeitung umstrittener Bilder nach- 
weisen, und es klingt ganz phantastisch, daß er 
durch Röntgenaufnahmen zeigen konnte, daß Rem- 
brandts Selbstbildnis einen vom gleichen Maler ge- 
malten weiblichen Kopf mit Haube und Kragen 
überdeckt. 

In der Öffentlichkeit hort man über diese rein 
wissenschaftlichen Untersuchungen weniger als über 
die Infrarotphotographie, welche neuerdings mög- 
lich geworden ist dank der vorher erwähnten Vogel- 
schen Erfindung der Sensibilisierung, fortgetührt 
über das sichtbare Licht hinaus in die Bereiche, die 
den roten Strahlen benachbart liegen. Den ortho- 
chromatischen Schichten Vogels tolgten die panchro- 
matischen (Miethe, König), welche auch die 
roten Strahlen registrieren, und durch Autfinden ent- 
sprechender Sensibilisatoren rückte die Emptindlich- 
keit der Negativschichten nunmehr in das intrarote 
Gebiet weiter. Auch in diesem sind die photographi- 
schen Möglichkeiten verblütfend. Daß dicke Dunst- 
schichten nur von langwelligen, also dem Auge rot 
erscheinenden Strahlen durchdrungen werden, ist 
eine Tatsache, auf der das Morgen- und Abendrot 
beruht, oder die rote Farbe des aufgehenden oder 
untergehenden Mondes unmittelbar über dem Hori- 
zont. Nebel, der dem Auge undurchdringlich er- 
scheint, wird von infraroten Strahlen mühelos durch- 
wandert, und auf Infrarotschichten können wir im 
Nebel unsichtbare Landschaften photographieren. 
Das dem Auge unsichtbare Flugzeug, selbst im 
Nebel blind, wird sehend durch die Infrarotplatte. 
Aber die auf Infrarotwirkung aufgebauten Bilder 
haben ein eigentümliches ungewohntes Aussehen, 
man glaubt eine Mondscheinlandschaft vor sich zu 


haben, Bäume erscheinen fahl und die Schatten 
haben etwas Gespensterhaftes. Die Zeit der künst- 
lichen Mondscheinaufnahmen (es war eine große 
und langdauernde Mode!) ist nun vorbei, und die 
durch Retusche damals erzeugten Effekte können 
jetzt auf natürlichem Wege gewonnen werden. Ein 
Infrarotporträt läßt Augen, Haare und Kleider- 
stoffe völlig verändert erscheinen und rote Schminke 
ist zur Unsichtbarkeit verurteilt. Und wenn der 
Astronom auf solche Schichten die entferntesten 
Nebelgebilde einwirken läßt, so vermag er sie auf- 
zuschließen und Sterne zur Darstellung und dadurch 
zur Erforschung zu bringen, die mit gewöhnlichen 
Platten nicht erfaßbar waren. Aber auch nahe- 
liegende, dem Auge unsichtbare Objekte finden sich 
auf der infrarotempfindlichen Schicht ein; so wur- 
den Gebirgszüge in 200 km Entfernung, so auch die 
englische Küste von der französischen aus mühelos 
photographiert. Bei spiritistischen Sitzungen will 
man die Infrarotphotographie zur Kontrolle heran- 
ziehen; wenn man nämlich durch ein „Schwarzfilter“ 
vor der Lichtquelle alle sichtbaren Strahlen aus- 
schaltet, kann man mit Hilfe der dieses Filter durch- 
dringenden unsichtbaren langwelligen Strahlen un- 
bemerkt Aufnahmen machen. In ähnlicher Weise 
hat man diese unsichtbaren Strahlen zur Sicherung 
von Bankgewölben verwendet (und auf der Berliner 
Stadtbahn schafft man an den Rolltreppen Einrich- 
tungen, welche es ermóglichen, die Treppen in Be- 
wegung zu setzen, sobald ein Benutzer die infra- 
roten „Sperrstrahlen“ durchschreitet). 

Es hat sich auch durch englische Untersuchungen 
herausgestellt, da& diese langwelligen Strahlen viele 


Materialien besser durchdringen als das weiße Tages- - 


licht; so erwiesen sich Leder, Zelluloid und ähn- 
liche Stoffe ohne Füllmasse, Hartgummischichten 
unter einem Millimeter, Kiefernholz unter drei 


Zentimeter Dicke als durchlässig, woraus auch der 
Kamerabau seine Schlüsse ziehen muß; naturfeste 
Hölzer hingegen verwehren diesen Strahlen den 
prodest. 


Durchtritt. 


Zum Photowetibe- 
werb der Deutschen 
Gesellschaft f. Gold- 
schmiedekunst 
(siehe Heft 1) ist nach- 
zutragen, daß auch 
Dr. Walthari Dietz, 
D.W. B., Frankfurt a. M., 
einen erstenPreis, eine 
silberne, handgearbei- 
tete Dose, erhielt. Wir 
kónnen hier zweiseiner 
Aufnahmen zeigen, in 
denen Form und Mate- 
rial vortrefflich тит 
Ausdruck gebracht sind 


49 


Winke und Fragen aus der Praxis 


In jeder Hausfrauenzeitung, in vielen Abendblättern, 
in Beilagen usw. stehen die „praktischen Winke“. 
Sie ersparen viel Ärger, haben nur den großen Nach- 
teil, daß man sie — zu leicht vergißt. Da ist nun 
ein kluger Gegenwartsmensch dazu übergegangen, 
diese praktischen Winke einfach bildlich darzustellen: 
z.B. der Pfropfen einer Parfümflasche sitzt fest im 
Flaschenhals, was soll ich machen? Einfach über 
einer Kerze erwärmen! (Abb.1.) Oder: Der Teppich 
rollt sich an den Ecken. — 1. Aufnahme: Man näht 
Pappe unter die aufgerollte Ecke. 2. Aufnahme: Die 
Pappe wird mit Leim bestrichen. 3. Aufnahme: Die 
Ecke wird mit einem heißen Plätteisen unter einem 
feuchten Tuch  geradegebügelt. (Abb. 2.) Solche 
Photos haften weit besser im Gedächtnis als das 
Wort. Ein neuer Erwerbszweig, da sich bereits viele 
Blätter auf diese „praktischen Winke“ — die sich 
natürlich auf die ganze Technik ausdehnen lassen — 
eingestellt haben. So z. B. „Berliner Hausfrau‘, „Blatt 
der Hausfrau“, „Zeit im Bild“ usw. 


Frage 8. Ich bin Berufsphotograph, habe ein kleines 
Atelier und möchte mich spezialisieren. Wozu raten 
Sie mir? Fr. W. in H. 
Antwort. Die Photographie als Erwerbsquelle ist 
auch heute, trotz der Überfüllung des Berufs, für 
einen findigen Kopf noch immer existenzfähig. Wir 
wollen die reine Porträtphotographie beiseite lassen, 
sie kann zur Zeit nur in Ausnahmefällen als aus- 
reichende Verdienstquelle gelten. Aber: ein guter 
Zweig ist z. die reine Industriephotographie. 
Lesen Sie dazu die Aufsätze in Heft 3 und dem vor- 
liegenden nach. Es gibt auch noch eine Unzahl Be- 
triebe, die sehr gern in ihren Werkstätten auch un- 
bestellte Aufnahmen gestatten und diese erwerben. 
wenn sie wirklich gut sind. Diese rein technischen 
Photos sind auch bei illustrierten Blättern nebst in- 
haltlich erschópfenden Artikeln gut unterzubringen. 
Wenn Sie erst einmal bei ein oder zwei Fabrikations- 
betrieben angekommen sind, werden Sie auf Grund 
dieser Aufnahmen auch weitere Aufträge erhalten. 
Als Nebenverdienst kommen Aufnahmen und Abzüge 
in Frage, die von Arbeitern und Angestellten gern 
gekauft werden, wenn sie „drauf sind“. 


Frage 9. Es ist mir gelungen, einige gute Serien 
in der Presse unterzubringen; was mir aber immer 
Schwierigkeiten macht, ist die Art der Beschriftu 
Gibt es da allgemeingültige Vorschriften? К. in 


Antwort: Nur eine: die richtige Erklarung. 
So mancher Redakteur ist verzweifelt über den Un- 
sinn, der auch auf sonst brauchbaren Photos mit- 
unter verbrochen wird. Manche Photographen ge- 
nieren sich nicht, eine alte Aufnahme dadurch auf 
neu zu frisieren, daß sie ihr eine aktuelle Tendenz 
geben. Jedes Photo muß aber der Wahrheit ent- 
sprechend beschriftet werden, denn es gibt viele 
Menschen, die, wenn sie den Irrtum oder die Táu- 
schung erkennen, sofort und unseres Wissens recht 
deutlich reklamieren. So wurde vor gar nicht langer 
Zeit die Abbildung einer — Opiumpfeife veröffent- 
licht, worauf sofort ein Sturm aus dem Leserkreis 
einsetzte, das sei niemals eine Opiumpfeife, sondern 
eine Wasserpfeife. Der Photograph bestritt dies 
jedoch, und mit Recht; denn in einem bestimmten 
Teil Chinas wird diese Art Pfeifen zur Inhalierung 
des Opiums verwendet. Hätte er jedoch bei seiner 
Beschriftung gleich auf diese Tatsache aufmerksam 
gemacht, wären ihm die Unannehmlichkeiten und 
deren Folgen erspart geblieben. Ferner soll man 
Photos auf der Rückseite nicht mit Bleistift oder 
Tinte bekritzeln (denn es gibt auch unleserliche 
Handschriften), sondern mit Schreibmaschine schmale 
Streifen mit der Inhaltsangabe, und diese nur an 
beiden Enden auf das Bild kleben. Firmenstempel 
oder Eigentümer nicht vergessen, nebst genauer 
Adressen- und Telephonangabe, und zwar auf jedes 
Photo! 


Zu unseren Bildbeilagen 


Von der 1930 begründeten Vereinigung Kölner Fach- 
photographen haben wir in jedem Jahr im Anschluß an 
eine von ihr in Köln veranstaltete Ausstellung einige 
Arbeiten gezeigt, und so enthält auch das vorliegende 
Heft wieder ProbenihresKönnens. Dieinteressantesten 
sind wohl die Aufnahmen Kessels, die vielleicht nicht 
mehr ausgesprochenen Bildnischarakter haben, die aber 
trotzdem für die Lósung des Bildnisproblems lehrreich 
sind. Sie sind ausdrucksvoll und lebendig, überlegt im 
Aufbau und Ausschnitt und dadurch von Bedeutung. 
Holdts und Coubilliers Portráts sind charaktervoll, wie 
die Kinderstudien von Ehrlich frisch und lebendig und 
die Aufnahmen der „Hände“ und des Maschinenraumes 
von beachtenswerter Klarheit sind. Die , Werbephotos* 
sind geschmackvoll und anregend, die Tierstudien von 
Elfe Schneider erstaunlich charaktervoll und lebendig. 


m Nu 
i ` 


Wissenswert und wichtig: 


sm Scharfeinsteller 
und 


yy Auslöseknopf 


ye 


A 
0 


liegen direk f 
nebeneinander! 


unverrückbar fest liegt Contax in beiden Händen; unverrückbar fest während der blitz- 
schnellen Scharfeinstellung und der im Moment darauf folgenden Belichtung. Und ist die 
Schärfentiefe — bei lichtstärksten Objektiven in großer Nähe — noch so schmal, in der un- 
endlich kurzen Pause zwischen Scharfstellen und Knipsen bewegt sich niemand heraus! 


CONTA x“ ist die beste Camera, 
EE die wir Ihnen empfehlen können, 


die Camera für den Tag und für die Nadıt! 


Kleine Mitteilungen. 


Aus der Industrie. 


Leica-Neuheiten. Ein sehr beachtenswertes Zu- 
satzgerät stellt der Leica-Spezialvergrößerungsapparat 
.Valoy" dar, dessen neuartige Filmführung ein 
besonders schnelles und bequemes Arbeiten gestattet; 
er ist für die Verwendung der Leica - Objektive ein- 
gerichtet und kommt damit sehr wohlfeil in Anschaf- 
fung. Ferner werden zwei weitere Typen hergestellt. 
und zwar der, Valy t" für Negative bis 4'/2 X 6 cm 
und der , Var v1" für Negative bis 6'/; X em. 一 
Im Mai wird neben der Standard- Leica und dem 
Modell II noch ein neues Modell herauskommen, 
das cine Erweiterung des letzteren bildet und den 
Wünschen nach langsamen Momenten gerecht wird: 
cine Leica mit Schlitzverschluß für 1—!/s0m Sekunde. 
Ein besonderer kleiner Einstellknopf liefert hier die 
langsameren Gänge 1, '/4 / und / Sekunde. Im 
übrigen verbleibt die Handhabung der Kamera wie 
bisher. 

Ein lange gehegter Wunsch vieler Lcica-Amateure 
ist jetzt Wirklichkeit geworden, nämlich mit der 
Leica Farbenaufnahmen zu machen, die als 
projizierte Bilder betrachtet werden. Die hierzu be- 
nötigten Teile sind in kurzer Zeit lieferbar. Als 
Negativmaterial dient der von der Agfa hergestellte 
Agfacolor-Linsenrasterfilm. Als Aufnahmeoptik wird 
der Hektor 1:12, F/7,3 cm, verwandt. Durch die 
hohe Lichtstárke desselben wird ermoglicht, Moment- 
aufnahmen mit ½, und Үш Sekunde je nach den 
Lichtverhältnissen zu machen. Für die Projektion 
wird dassclhe Objektiv verwandt, dessen relativ 
lange Brennweite es ermöglicht — und dies ist 
der zweite Grund —, je nach Verwendung des Pro- 
jektors ein ausreichend helles Bild bis zu 1,80 m zu 
erzielen, ohne dabei allzu kurzen Projektionsabstand 
in Kauf nehmen zu müssen. Hierbei ist das Linsen- 
raster des Films bis auf etwa die Hälfte des Pro- 
jektionsabstandes nicht zu bemerken, was durch das 
feine Raster des Agfacolor-Films begünstigt ist. Der 
Hektor muß hier eine Geradführung erhalten. Zur 
Aufnahme sowie zur Projektion ist ein Filter zum 
Aufstecken erforderlich. Das „Aufnahmefilter“ ist 


der Sensibilisierung der Emulsion angepaßt, während 
das ,,Wiedergabefilter so abgestimmt ist, daß mit 
den modernen Projektionslampen bei richtiger Span- 
nung des Netzes die Wiedergabe der Farbe möglichst 
naturgetreu ist. Zur Projektion ist das Leica- 
Modell УШ a geeignet (bis Bildgröße von 80 cm 
Breite). Um mit diesem Apparat auch bei ganz 
kurzen Projektionsabständen noch scharf stellen zu 
können, ist Verwendung eines Zwischenringes not- 
wendig. Für größere Bilder dient der Apparat VIH i 
mit 250- Watt- Lampe oder das Modell VIII k mit 
400- Watt- Lampe, deren maximalc Bildbreiten der 
wachsenden Lichtstürke entsprechend 1,20 m bzw. 
1,80 m sind. Die zwischen Glasplatten 5 X 5 cm ge- 
faßten Filme werden mit dem Bildschieber ,Udapa” 
vorgeführt. Zur Projektion der Filmbänder dient der 
gewóhnliche Filmführungsschieber mit halbautomati- 
schem Filmtransport „Uduhs“. h. 


Leitz „Summar“ 1:2. In Kürze werden die Opti- 
schen Werke Ernst Leitz, Wetzlar, cin neues 
Objektiv, das „Summar“ 1:2, Е/5 cm, herausoringen 
das cine Spitzenleistung darstellt. Es ergibt schon 
bei voller Öffnung gestochene Schärfe bis in die Bild- 
сскеп, denn es besitzt eine unübertroffene chroma- 
tische Korrektion und ist frei von sphürischen und 
astigmatischen Zwischenzonen bei vollendeter Koma- 
korrektion und vollkommener Bildfeldebnung. Es ist 
ein Universalobjektiv ersten Ranges, das infolge 
seiner hohen Lichtstärke für jede Art von Kunst- 
licht- und Reportagephotographie ebenso hervor- 
ragend gecignet wie für die allgemeine Amateur- 
photographie ist. Dic automatische Kupplung des 
Objektives mit dem Entfernungsmesser wird selbst- 
verständlich genau wie bei allen anderen Leica- 
Objektiven durch einfaches Einschrauben in den 
Wechsclring erreicht. — Durch dieses neue normal- 
brennweitige lichtstarke Objektiv wird die Bedeu- 
tung des „Hektor“ 1:1,9, F/7,3 cm, keineswegs ge- 
schmälert, da es seinen besonderen Vorzug als lang- 
brennweitiges Objektiv überall da behält, wo cs nicht 
möglich ist, genügend nahe an das Objcktiv heran- 
zugehen, um die bildwichtigen Teile groß genug 
wiederzugeben. | h. 


Rimini." 


Aufnahme auf Hauff- Ultra: Film. 


phot. E. Tupke. 


Eine neue Gradation bei Ergo - Vergrößerungs- 
papieren. So schön die Ergo-Papiere mit den ver- 
schiedenen Luxusoberflichen sind, so gab es doch 
Negative, die ein noch kräftigeres Papier verlangten. 
Mit den neuen Ergo - Rapid - Hart - Papieren können 
wir auch von sehr zarten oder etwas zu flau ge- 
ratenen Negativen tadellose Vergrößerungen selbst 
von Kleinbildaufnahmen machen. Ergo- Rapid - Hart 
hat die hohe Empfindlichkeit von Bromsilberpapieren, 
aber nicht den kalten Bromsilberton, söndern einen 
schönen warmschwarzen Ton. Diesen erreicht man 
mühelos im Voigtländer-Universalentwickler in der 
für Ergo üblichen drei- bis vierfachen Verdünnung. 
Legt man Wert auf reinschwarzen Ton, so arbeitet 
man unverdünnt. Schöne reine Sepiatöne erhält man 
bei nachträglicher Tonung in dem geruchlosen Voigt- 
länder-Sepiatoner. 


Als besonders angenehm empfindet man, daß 
sich Ergo- Rapid- Hart im Entwickler quälen läßt, 
ohne zu schleiern, und daß es auch Maschinentrock- 
nung gut verträgt. Es ist ein Papier, das uns bisher 
gefehlt hat. h. 


Kodak -Roll- und Packfilme. In äußerst vor- 
nehmer Ausstattung, mit prächtigen Illustrationen, ist 
ein neuer Prospekt über die Kodak-Roll- und 
-Packfilme erschienen. Es wird hicrin auf den 
bestens bewährten „Verichrome - Film" hingewiesen. 
Derselbe zeichnet sich bekanntlich durch hohe Emp- 
findlichkeit, stärkste Orthochromasie sowie völlige 
Lichthoffreiheit aus. Wir haben hier eine doppel- 
schichtige Emulsion, wodurch feinste Details sowohl 
in den höchsten Lichtern wie in den tiefsten Schatten 
gewährt sind. Sehr willkommen ist hier ferner der 
große Belichtungsspielraum. Diese hervorragenden 
Eigenschaften machen den -Verichrome:Film zu einem 
Filmtyp ersten Ranges für universelle Verwendung. 
Es kann nur empfohlen werden, sich diesem erst- 
klassigen Aufnahmematerial eingehender zuzuwenden. 


Ein anderer illustrierter Prospekt behandelt den 
neuen „Kodak 020", eine solide und einfachst 
zu handhabende Rollfilmkamera 6 X9 in mäßigen 
Preislagen. Mit einem Griff ist der Apparat auf- 
nahmebereit gestellt. Eine einfache Drehung der 
Frontlinse bringt uns die Scharfeinstellung des Bildes. 
Das Einlegen der Filmspulen erfolgt bequem mittels 
des ausschwenkbaren Filmspulenhalters. Die Objek- 
tive besitzen die hohe Lichtstärke F/4,5. Der Ver- 
schlufj, der bekannte Pronto oder Compur, ist mit 
eingebautem Selbstauslöser versehen; mit Hilfe der 
automatisch nach 12 Sekunden erfolgenden Auslósung 
ist so auch Selbstaufnahme im Bilde ermöglicht. An- 
genchm ist auch das Vorhandensein von Aufsichts- 
und  Durchsichtssucher. Der „Kodak 6020" mit 
Anastigmat F/45, F — 10,5 cm, Pronto - Verschluß, 
kostet nur 65 KM. desgleichen mit Schneider - Xenar 
F/4,5 65 RM usw. Dieser gediegene Apparat wird auch 
anspruchsvollere Kreise vollkommen befriedigen. h. 


Neue Kassette für Platten- und Planfilmgebrauch. 
Von der Kodak liegt uns ein neuer Kassettentyp 
vor, der sowohl den Gebrauch von Platten wie von 
Planfilmen zuläßt. Die Handhabung dieser „Kodak- 
Universal - Kassette“, zu jeder Kamera mit Normal- 
falz passend, ist eine äußerst einfache. Wenn wir 
bisher die üblichen Plattenkassetten für Filme ver- 
wendeten, so ist die Zuhilfenahme besonderer Blech- 
rahmen u. dgl. bedingt, damit der Film plan verbleibt 
und von der Druckfeder der Rückwand nicht ge- 
krümmt wird. Bei manchen derartigen Rahmen wird 


REIN 
PREIS - Schuhbereitschaft und Treffsicherheit 


eingestellten Ziffern sind sichtbar und 
werden durch eingebaufe Lupe noch 
eutlicher. Am Compurverschluf ist nur 
in einziger Hebel zum Spannen und 
; Auslösen. — Einsfellknopf 
gro und griffig, Film- 
transport durch Kurbel- 
bewegung. — Einzig und 
allein bei der Rolleiflex 
DR ist Bedienung ausschlief- 
Séi lich in der Gebrauchs- 
stellung möglich. 


M Fordern Sie 
B Prospekte und 
die Zeitschrift 
А s Rolleiflex- 
А Photographie" 


ASS 22823 


„Die Nebel fallen.“ 


Aufgenommen mit Agfa: 
Chromo: Isorapid s Platte. 


phot. Albert Steiner, St. Moritz. 


das Einbringen des Films auch etwas diffizil, nament- 
lich wenn die Manipulationen in ziemlicher Dunkel- 
heit geschehen. Solche Unbequemlichkeiten sind bei 
dem System der neuen Kodak - Kassette mit ihrer 
wechselseitigen Verwendungsmöglichkeit vermieden; 
das Einlegen des Films geht hier ebenso leicht und 
sicher wie das der Platten vor sich. Wir haben es 
hier mit einer kompendiösen, flachen Metallkassette 
von geringem Gewicht zu tun (6 X em- Format 
wiegt nur 90 g). 

Um die Kassette zu beschicken, zieht man den 
Schieber heraus, rückt einen seitlichen Riegel fort, 
klappt einen Rahmen auf und legt nunmehr die 
l'latten oder den Film cin. Der Rahmen wird dann 


zurückgeklappt, der Riegel wieder vorgeschoben und 
die Kassette geschlossen. Das Metallblech, auf dem 
die Platte oder der Film ruht, ist unten gefedert, so 
daf sowohl die dickere Platte wie der dünne Film 
fest in dem Rahmen lagert. Die Emulsionsschicht be- 
findet sich genau im Fokus. Den Filmen ist hier eine 
völlig plane Lage gesichert. 


Wir haben in dieser Kodak-Kassette eine wirk- 
lich recht praktische und gediegen gearbeitete Ein- 
richtung für den abwechselnden Gebrauch von 
Platten und Filmen, was gewiß oft erwünscht ist. Er- 
wähnt sei noch, daß diese Universalkassetten auch 
billig sind; dic 6 Х9-Каввейе kostet 1,10 RH, 
9 X 12- Format 1,20 RN. P. Hanncke. 


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ANTON MÜLLER, PFAFFENHOFEN BEIM FASSPICHEN UND WASSERBALL 


Um das Photoporträt 


Bemerkungen zur Porträtphotographie der Gegenwart 


Um das Photoporträt hat sich ein Kampf entsponnen. 
Meinungen, Schulen, einzelne Portrütkünstler von 
Eigenart und Selbstündigkeit legen ihre Werke vor, 
verteidigen ihr Sehen, ihre Auffassungen, ihren Stil. 
U nd gerade durch diesen Kampf reiht sich die Photo- 
graphie den Künsten an, beweist sie ihre geistige, 
künstlerische Grundlage, die Abwegigkeit der Mei- 
nung, sie sei nur eine , Technik". бо ist heute die 
Porträtaufnahme zum Problem geworden, hat sie 
sich eingereiht in den großen Geist, der die Zeit be- 
herrscht, in den Stil, der diese zum Sichtbaren ge- 
staltet. 

Stellen wir einmal die Frage: , Was ist ein Photo- 
porträt?“ Legen wir diese scheinbar so einfache 
Frage dem Forum der Porträtkünstler vor, so wird 
der Widerhall der Antworten ein sehr vielgestaltiger 
sein. Die einfachste Antwort ist sicher die: , Ein 
Photoporträt ist die vom Photographen mittels der 
photographischen Technik erzeugte Wiedergabe einer 
menschlichen Erscheinung.“ Betrachten wir die im 
ersten Augenblick so treffend erscheinende Antwort 
aber näher, so sehen wir bald, daß sie nicht zu- 
reichend ist. Sie setzt voraus das Vorhandensein 
der photographischen Apparatur und Technik. Über 
den Begriff der photographischen Apparatur könnte 
vollkommene Klarheit gewonnen werden, obwohl 
schon über die Zahl der zur wirklichen Porträt- 
photographie brauchbaren Apparaturen Zweifel ent- 
stehen könnten, z. B. darüber, ob eine lichtstarke 
Kleinkamera zu einem einwandfreien Porträt genügt 
oder ob nur der schwere Atelierapparat ein solches 
herzugeben imstande ist. 

Auch der Begriff des Photographen könnte eindeutig 
sein, wenn nicht dieser Begriff ebenso wie der des 
Künstlers wenig über das Werk und die Werkfähig- 
keit aussagen würde. Ganz unsicher ist auch die 
Frage der anzuwendenden Technik; z. B.: Genügt der 
billige Film unter allen Umständen? Soll beim Ko- 
pieren hart oder weich gearbeitet werden? Welche 
Art von Retuschen ist zulässig, bzw. soll überhaupt 
retuschiert werden? 

Ganz strittig ist aber der Begriff der „menschlichen 
Erscheinung“. Welche ist nun die porträtfähige „Er- 
scheinung“ des Menschen? In dieser Frage scheiden 
sich die Auffassungen, die Meinungen, die Schulen. 
Ihre Beantwortung enthält zugleich alle Lösungen 
der Apparatur, der anzuwendenden und zulässigen 
Techniken, den Begriff des Photobildners als schaffen- 
der und meinender Persönlichkeit. 

Ein bedeutender Porträtkünstler wurde kürzlich in- 
terviewt. Der Reporter fragte ihn, wie seine künst- 
lerisch so hochwertigen Porträts entständen, welche 
Vorbedingungen sie erforderten. Seine Antwort: 
„Man braucht nur zu wissen, was man will" Was 
ist da der portrütkünstlerische Wille, die darstelle- 
rische Absicht der modernen Porträtphotographie? 


Das Porträt als Ab-Bild 

Die primitivste Form der Porträtphotographie ist die 
einfache „Abnahme“. Abgenommen von der opti- 
schen Erscheinungsform mittels des photographischen 
Apparates. Die Tätigkeit des Photographen be- 
schränkt sich hierbei im wesentlichen auf die Be- 
dienung der technischen Apparatur. Er richtet die 
Beleuchtung her und stellt den Apparat ein, das 
übrige besorgt die physikalische Gesetzlichkeit von 
selbst. Er braucht sich keine Gedanken über Art 
und Ausdruck seines Porträtanten zu machen. Alles 
oder fast alles läßt er die Technik besorgen. Diese Art 
von Photographierern ist heute wohl nur noch ín ent- 
legeneren Landgemeinden zu finden, wo ihr Gewerbe 
dem primitiven Bildgeschmack der Kundschaft genügt. 


Das Porträt als .Bild”. 

Die Darstellung aller natürlichen Erscheinungen im 
„Bild“ besorgten bis zur Erfindung der Photographie 
die Zeichnung und die Malerei. Sie gaben infolge- 
dessen auch für die ersten Porträtphotographen das 
Vorbild ab. „Wie gemalt“ sollten ihre Aufnahmen 
werden. So wurden Hintergründe geschaffen, auf 
Leinwand mit Farben gemalt, wurden Draperien ver- 
wendet, wie sie seit der Renaissance schon auf den 
Malerbildern auftraten, wurden romantische Säulen, 
Möbel und Pflanzen mit ins Bild genommen, wurde 
der zu Photographierende selbst in eine „malerische“ 
Körperstellung versetzt. So gelang im wesentlichen 
ein Gesamteindruck der Aufnahme als Bildblatt, 
während ein Eingehen auf die Persönlichkeit und die 
Einzelzüge des Porträtanten gegenüber der schon 
vorhandenen Vielfältigkeit der dinglichen Erschei- 
nungen auf dem endlichen Bildblatte kaum sinnfállig 
wurde. Vom wirklichen Wesen und der wahr- 
haftigen Wesenheit des Porträtierten ist beim An- 
blick solcher Aufnahmen wenig zu sehen. 

Auch diese pomphafte Art von Porträtphotographien 
kommt heute noch gelegentlich vor, einem altmodi- 
schen, pseudofeudalen Geschmacke entlegener Klein- 
bürgerkreise entsprechend. 


Das formalistische Porträt 

entsprach der Vornehmheit und Aufgeklärtheit von 
gestern. Eine möglichste Zurückhaltung und Un- 
kompliziertheit ist sein Grundsatz. Der Porträtant 
wurde am liebsten en face erfaßt, die Zutaten be- 
schränkten sich oder entfielen, die Figur oder Halb- 
figur trat hervor. Mit dieser Art der Porträtauf- 
nahme erwachte der Instinkt für das Persönliche im 
Porträt. Man beginnt in seinen späteren Blütezeiten 
schon das Charakteristische aufzusuchen, sich Ge- 
danken darüber zu machen, es darzustellen. Wenn 
diese gut bürgerliche Porträtart bald nicht ganz mehr 
genügen wollte, so lag das daran, daß ganz allgemein 
eine plötzliche Aufmerksamkeit für den Menschen 
als Gestalt und innerer Sinn sich Bahn bricht. Der 
Sport schult das Auge für die Gestalt des Äußeren, 
Psychologie und Psychoanalyse wollen das Seelen- 


51 


leben des Menschen erklären, man bemerke Sym- 
metrien und Asymmetrien der menschlichen Er- 
Scheinung, die Gymnastik und Ausdrucksgymnastik 
sowie der neue Theaterstil machen auf die Geste 
als charakteristische Ausdrucksbewegung aufmerk- 
sam, das Kino zeige den sich bewegenden Bild- 
menschen, kurzum, die gebündigte Bewegung und 
Vorstellung formalistischer Art konnte in ihren 
immerhin beschränkenden Grenzen nicht alles mehr 
an Ausdruck und Ausdrücklichkeit erschópfen, was 
das neu erwachte Auge zu sehen wünschte. Man 
muß aber sagen, daß das formalistische Prinzip noch 
nicht zu Ende gebracht ist, дай ihm vielmehr eine 
ideelich neu gespeiste Zukunft zu ruhigerer Minute 
wohl noch bevorsteht. Darum ist es auch hinter- 
gründig noch heute tätig, ist es noch heute lebendig 
in einem zwar verdrängten, aber doch lebendigen 
Bereich von Porträtkünstlern. 


Das artistische Porträt 

unterbrach die ruhige Entwicklung der formalistischen 
Schule zu einer unruhigen Zeit des Nachkrieges. 
Die psychoanalytische Auffassung war der Vater 
seines Geistes, der Plakatstil, in den der Expressio- 
nismus ausartete, die Mutter seiner Form. Ein Film- 
stil von exzentrischer, technischer Trickspielerei war 
beteiligt, die Lage noch zu verwirren. So ist der 
artistische Stil in der Porträtkunst ein typischer 
.Übergangsstil, ein Stil der Experimentiererei und 
letztlich der künstlerischen Unsicherheit. Er gab 
einesteils die Erscheinungsform des Porträtanten bis 
zur Unkenntlichkeit an einen angeblichen Abstrak- 


Suse Byk, Berlin 


52 


tismus, an eine nur Eingeweihten verständliche „Dar- 
stellung seelischer Inhalte und Erscheinungen“ 
(Psychosymbolik) hin, andererseits verfiel er in ver- 
blüffende, aber ungeistige artistische Spielereien mit 
extremen technischen Möglichkeiten der Photographie. 


Der neue Individualismus in der Porträtphotographie 
Das artistische Bild hatte ausgespielt in dem Augen- 
blick, in dem geistig und künstlerisch neue Richt- 
linien gefunden und zielbewußt eingehalten wurden. 
Seine stark stilspielerische Tendenz ging zugrunde 
an der Festigkeit neuer und starker Geistesrichtungen. 
Die Gegenwart der Porträtkunst ist wieder zur Ein- 
fachheit der Absicht zurückgekehrt. Sie will einfach 
den „Menschen“ in der Totalität seines Seins zur 
Anschauung bringen. Ein klarer und vernünftiger 
neuer Beginn. — 

Das Individuum in seiner Vollkommenheit, d. h. in 
seiner äußeren Erscheinung, in seiner inneren Wesen- 
heit, ist ihr Ziel. Sie ist ganz eingestellt auf die Her- 
vorbringung des Wesentlichen und Ausdrücklichen. 
Das Wesen eines Individuums auszudrücken, wie es 
sich im Körperlichen und im Geistigen (Seelischen) 
offenbart, ist ihr Ziel, und sie verfolgt es ohne Zu- 
gestándnisse. In den Dienst dieser Absicht stellt sie 
die dinglichen Zutaten, stellt sie die gewählte Stellung 
und die erlauschte Geste, stellt sie das Spiel der 
Schatten und Töne (als eine geradezu musikalische 
Mitteilungsform, eine Sprache, die über die Worte 
verfügt, Letztlich - Seelisches auszudrücken), stellt 
sie die aktive Hand, die sie ins Porträt mit herein- 
nimmt, die Neigung des Kopfes, den Bildschnitt. 


Das Doppel- und Mehrtachportrát 

Alles individuell Wesentliche erwacht in der Be- 
ziehung, die zwischen Mensch und Mensch, zwischen 
Mensch und Wesen aufgenommen wird. Hierbei 
wird der Mensch aktiv und gibt sich ausdrück- 
lich, weil die Mitteilung unter den Wesen eben durch 
das Sich - Ausdrücken vermittelt wird. Auf diese 
wache und sichtbar werdende Wesentlichkeit eben 
hat es die moderne Porträtphotographie abgesehen. 
So mußte sie endlich, ermutigt vielleicht durch die 
Filmphotographie, die der erste Niederschlag des Be- 
ziehungsbildes war, zum Doppel- oder Mehrfach- 
porträt kommen. Die alte Gruppe war noch die 
einfache Aneinanderreihung von Einzelindividuen, 
wie etwa schon bei Rembrandts „Scharwache“. 
Keine leisen, auf dem Bilde fast zu sehenden seeli- 
schen Beziehungen existierten auf der alten Gruppen- 
aufnahme, höchstens einmal derbe und laute Gegen- 
einanderstellungen, von merkbarer Absichtlichkeit, 
die künstlerisch immer verstimmten. 

Anders das moderne Doppel- oder Mehrfachporträt. 
Hier gehen die Dargestellten still seelisch und kör- 
perlich ineinander über, man ist versucht, diese Art 
von Porträts als seelische Stimmungsbilder zu be- 
zeichnen, man fragt bei ihrem Anblick nicht: Wen 
stellt das dar?, sondern weiß selbst das Bild zu be- 
nennen: Mutter und Kind, oder Bruder und Schwester. 
oder Liebende, oder Mann und Frau. (Heft 3 u. 4 
dieser Zeitschrift brachten z. B. solche Bilder.) 


Es muß gleich auch gesagt sein: Solche Aufnahmen 
sind ein Risiko. Der sublime hintergründige Gehalt, 
der ihre Schónheit ausmacht, die Darstellung des 
Nicht-Aussprechbaren, der abstrakten Beziehung, die 
sie versuchen, sie bedeuten einen Gipfel der Dar- 
stellungskunst, von dem der Absturz ins Kitschige 
nur ganz hóhensichere Künstler nicht bedroht. Auch 
verlangen sie Qualitäten und innere Freiheiten der 
Aufzunehmenden, die nicht jeder Kunde im Atelier 


besitzt. Aber sie sind eine bestandene Probe für die 
Richtigkeit der Absichten einer gegenwärtigen Por- 
trätkunst und bestätigen, daß wir uns fern aller 
Experimentiererei heute auf einem zielführenden, 
gangbaren Wege befinden. 

Die Zeit der Irrtümer ist heute auch in der Porträt- 
photographie vorüber. Ein neuer und stetiger Weg 
ist gefunden — nach oben zu ihrer natürlichen 
Wahrhaftigkeit und ihrem wirklichen Sinne. M. May. 


Zur Entwicklung der modernen Porträtphotographie 


Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich er- 


klären, was ich unter „moderner“ Porträtphoto- 
graphie verstehe. Will der moderne Photograph das 
Alte beseitigen oder nur verbessern — ist es zum 


Aufbau des Neuen hinderlich, und muß es ganz ver- 
worfen werden? Als ich vor mehr als 20 Jahren in 
die Lehre kam, war die Porträtphotographie von 
damals auch „modern“. Und wie finden wir heute 
die Mehrzahl der Bilder jener Zeit? Mit einem 
Lächeln blättern wir in alten Familienalben. Nicht 
die Kleidung ist es, die ,unmodern" wirkt, mehr 
noch sind es Haltung und Ausdruck der Personen, 
die uns befremdet. Gerade in den letzten 20 Jahren 
haben wir gelernt, uns freier zu bewegen, der Sport 
hat unsere Glieder gelockert, wir haben gelernt, uns 
zu entspannen. Bei diesem Wort „entspannen“ 
wollen wir bleiben, wenn wir von der modernen 
Portrátphotographie sprechen. Wir verlangen heute 
von einem guten Bild, daß es den Menschen in 
seinem charakteristischen, uns günstig erscheinenden 
Augenblick wiedergibt. Und dieser Augenblick darf 
nie verkrampft sein, er soll den Abgebildeten ent- 
spannt und doch lebendig zeigen. Dieses neue Bild 
mußte kommen, um mit dem Film Schritt zu halten. 
Wie vor mehr als 20 Jahren der Berufsphotograph 
vom Amateur lernte, der Zeit hatte, sich den geeig- 
neten Augenblick auszusuchen, der seine Angehö- 
rigen, Freunde in vertrauter, nicht wesensfremder 
Umgebung aufnahm, der vor allen Dingen die 
Menschen genau kannte, die er photographierte, so 
lernten wir danach vom Film. 


Meine Antwort auf die am Anfang gestellte Frage 
ist damit gegeben. Das Moderne bedeutet das Fort- 
schrittliche, aber fortschreiten kónnen wir nur, wenn 
etwas vorhergegangen ist. Das „Moderne“ muß 
also auf dem Vorangegangenen aufbauen. Wir müssen 
vergleichen, müssen Fehler, Mängel sehen können, 
um vorwärts zu kommen. Aber das Heute ist ein 
anderes als das Gestern, und gerade wir dürfen 
uns nicht an Vergangenes klammern, müssen den 
Ausdruck unserer Zeit finden. Es war ein langer 
und nicht leichter Weg von dem „Bitte recht freund- 
lich^ zu der heutigen lebendigen Charakteristik. Und 
ich wage es zu behaupten, daß wir das Ziel noch 
nicht erreicht haben. Photograph wie Publikum 
suchen noch. Ein Teil des letzteren möchte noch 
immer das ,,ganz Besondere", und ein Teil der Photo- 
graphen versucht, sich seinem Wunsche zu fügen. 


Bisher hat sich noch jede Kunst, die auf Sensationen 
aus war, überlebt. Ich höre deutlich die Einwände 
mancher Innungsgenossen: Ist Photographie Kunst? 
Ist sie nicht nur Handwerk? Nein, Photographie ist 
Kunsthandwerk, und zwar im besten Sinne des 
Wortes. Handwerkliches kann jeder, der geschickt 
und fleißig ist, erlernen, aber die Kunst des Porträt- 
photographen, welche darin besteht, Menschen zu 
erfassen, d. h. nicht nur äußerlich ihre „schöne Seite“ 


Suse Byk, Berlin 


53 


zu sehen, sondern ihr Wesen schon bei kurzem 
Kennenlernen zu erkennen, das ist nicht lernbar und 
damit kein Handwerk. Der moderne Photograph 
muß die Eigenschaften besitzen, die jeder haben 
muß, der sich berufsmäßig mit Menschen beschäftigt, 
er sei Künstler, Arzt oder Lehrer. Er muß sich in 
den anderen Menschen hineinversetzen können, muß 
ihm seine Eigenart lassen, muß vor allem Geduld 
mit ihm haben. Und trotzdem soll das moderne 
Bild die Note des Photographen tragen. In diesem 
Unterschied der Note liegt der erste Gegensatz zur 
früheren Manier, und der zweite ist, daß der Photo- 
graphierte sich in einem guten Bilde wiederfindet. 
Ist dieses Ziel erreicht, und noch mehr, wenn sich 
die Angehörigen mit dem Bilde unterhalten können, 
dann können wir von dem wirklichen modernen 
Porträt sprechen, von dem Porträt, das neben dem 
lebendigen Filmbild bestehen kann. 

Dazu gehört auch jene Pflege der Technik, die bei 
dem altmodischen Bilde vorbildlich war. Aber auch 


Das Wissen des Photographen 


Als es den Berufsphotographen noch gut ging, ge- 
nügte die richtige Beherrschung des Fachs, um eine, 
wenn auch nicht immer glänzende, so doch aus- 
kömmliche Existenz zu gewährleisten. Mit anderen 
Worten: Das Können war von ausschlaggebender 
Bedeutung. Nun ist zwar das Können heute gewiß 
nicht weniger wichtig, ja, es muß heute sogar größer 
sein als früher, aber es ist noch etwas anderes als 
Voraussetzung für den Erfolg hinzugekommen: das 
Wissen. Wie könnte z. B. — um nur ein Sonder- 
gebiet der Berufsphotographie herauszugreifen — der 
Photoreporter ohne genügendes Wissen von den 
wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen 
Zusammenhängen auskommen? Er muß, wenn er 
erfolgreich sein will, diese Zusammenhänge nicht nur 
kennen, sondern sie unter Umständen sogar voraus- 
ahnen. Er muß genau so wie der Tagesschriftsteller 
(der Journalist) auf allen Gebieten „zu Hause“ sein. 
Was hier vom Photoreporter gesagt wurde, gilt ganz 
allgemein für den Berufsphotographen, auf welchem 
Gebiete er sich auch betätigen möge. Will er sich 
neue Erwerbsmöglichkeiten erschließen, so genügt es 
nicht mehr, ein tüchtiger Fachmann zu sein, sondern 
er muß über eine Reihe von Kenntnissen verfügen, 
die zwar nicht unmittelbar mit seinem Fache zu- 
sammenhängen, die aber trotzdem unentbehrlich 
sind. Was war denn der Grund für die Erfolge 
jener Berufsphotographen, die aus der Amateur- 
photographie kamen? Sie brachten vielfach von vorn- 
herein ein größeres Allgemeinwissen mit, als es dem 
Photographen der alten Schule eigen war, und eben 
dieses größere Wissen befähigte sie, manche Dinge 
anders zu sehen und anders zu erfassen als der nur 
fachlich ausgebildete Photograph. Natürlich wäre es 
unrecht, zu sagen, daß der aus der Amateurphoto- 
graphie kommende Berufsphotograph dem von vorn- 
herein beruflich ausgebildeten Fachmann immer 
überlegen gewesen wäre; es hat zu allen Zeiten Be- 


54 


die Technik ist anders, reicher und weiter geworden, 
und wenn man eine Zeitlang glaubte, auf exakte 
Technik verzichten zu können, so war das ein 
schwerer Irrtum. Der Amateur ,knipst" lebendige 
Bilder (ich spreche hier von der Masse der Ama- 
teure), ohne ein technisch einwandfreies Bild liefern 
zu können, der Berufsphotograph aber muß Lebendig- 
keit und gute Technik vereinigen. Und darum wird 
auch in Zukunft der Amateur den guten Berufs- 
photographen nicht verdrängen können. Wenn in 
den letzten Jahren die Amateurphotographie eine so 
ungeheure Verbreitung gefunden hat, so begrüße ich 
diese Bewegung, denn dadurch wird auch die Freude 
am Familienbild gefördert. Ich spreche aus Erfahrung, 
wenn ich sage, daß gerade der Amateur zum Berufs- 
photographen geht, wenn er ein wirklich gutes Bild 
von sich oder seinen Angehörigen haben will. Immer 
noch ist die photographische Kunst eine werdende, 
die genug Aussichten und Möglichkeiten der Vervoll- 
kommnung bietet. Suse Byk. 


Von H. Kaspar 


rufsphotographen mit sehr guter Allgemeinbildung 
gegeben, die eine Zierde ihres Fachs waren und zu 
dessen Ansehen erheblich beigetragen haben. Der 
Verfasser erinnert sich hierbei früherer Lichtbilder- 
vorträge des Berliner Photographen Titzenthaler über 
seine verschiedenen Reisen. Bilder und Vorträge 
hatten ein so hohes künstlerisches Niveau, daß jeder 
Besucher dieser Vorträge den Eindruck mitnahm, 
den Fachphotographen sei ganz allgemein ein hohes 
künstlerisches Interesse und Verständnis eigen. In 
ähnlicher Weise haben auch andere Berufsphoto- 
graphen gewirkt. 

Man wird also mit Recht den Satz aufstellen können: 
Mit dem Umfange des Wissens wachsen die Erfolgs- 
möglichkeiten. So wird, um nur ein Beispiel mate- 
rieller Art zu erwähnen, der über die gewerblichen 
und industriellen Verhältnisse seines Platzes unter- 
richtete Photograph zweifellos mehr Erwerbsmöglich- 
keiten haben als sein Kollege ohne diese Kenntnis. 
(Der Einfachheit wegen soll hier Bildung mit Wissen 
und Kenntnissen gleichgesetzt werden, obzwar jede 
dieser Bezeichnungen ihre eigene Definition hat.) 
Es ist nun nicht gerade leicht, die Kenntnisse, über 
die der moderne Berufsphotograph verfügen sollte, 
in ein System zu fassen. Trotzdem soll der Versuch 
unternommen werden. 

Fangen wir mit der Beherrschung der photographi- 
schen Technik an. Es genügt heute zweifellos nicht 
mehr, die Aufnahme- und Beleuchtungstechnik, die 
verschiedenen Druckverfahren, Vergrößerung usw. 
zu beherrschen, vielmehr ist auch eine zureichende 
Kenntnis des Nebengebietes der Kinematographie, 
erforderlich. Sie sollte schon deswegen vorhanden 
sein, weil sie gewiß von vielen Kunden beim Photo- 
graphen vorausgesetzt wird. Der Laie sieht den 
Photographen eben als Fachmann an für alle Fragen. 
die irgendwie mit der Photographie zusammenhängen. 
Wie unangenehm aber wäre es für den Photographen, 


wenn er auf eine die Kinematographie angehende 
Frage keine oder nur eine unbestimmte Auskunft zu 
geben wüßte! Und wie könnte er die in der Kine- 
matographie gegebenenfalls liegenden Möglichkeiten 
für sich ausnutzen, wenn er ihre Technik nicht 
kennt! 

Unter den heutigen Daseinsbedingungen sind ferner 
für den Photographen mehr denn je kaufmännische 
Kenntnisse vonnóten. Selbst der Photograph, dessen 
ganze Arbeit auf ein hóheres geistiges Niveau ein- 
gestellt ist, wird nicht umhin können, in kaufmänni- 
schen Fragen Bescheid zu wissen. „Kaufmännisch“ 
ist hier in weitestem Sinne gefaßt; es schließt nicht 
nur das Wissen um die richtige Abwicklung eines 
Geschäftes ein, sondern auch die Kenntnis der hier- 
auf  bezüglichen rechtlichen Fragen. Eine kleine 
rechtskundliche Büchersammlung, die wenigstens die 
Gewerbeordnung (GO.), das Bürgerliche Gesetzbuch 
(BGB.) und das Handelsgesetz (HG.) umfaßt, sollte 
also ebenso zur Ausrüstung des Photographen ge- 
hören wie eine Fachbücherei. Es ist im gegebenen 
Falle eine große Annehmlichkeit (und eine Er- 
sparnis!), nicht erst einen Anwalt zu Rate ziehen zu 
müssen, um sich über diese oder jene Rechtsfrage 
zu unterrichten. 

Nun zum Gebiete der Kunst. Der Blick des Photo- 
graphen, der sich mit Malerei, Plastik, Graphik und 
schließlich Architektur beschäftigt hat, wird natur- 
gemäß ganz anders geschult sein als der des nur 
handwerklich-photographisch erfahrenen. Abgesehen 


F. Perci, Budapest 


von der Bereicherung des Wissens und von dem, was 
die Künste für die geistige Entwicklung des Photo- 
graphen bedeuten können, hat die Beschäftigung 
damit aber auch ihre materielle Seite. Nicht selten 
wird sich das Wissen auf dem Gebiete der Kunst 
unmittelbar praktisch verwerten lassen; soweit das 
nicht der Fall ist, werden sich wenigstens mit künst- 
lerisch interessierten Kunden von vornherein gewisse 
Anknüpfungspunkte ergeben: Der geistige Kontakt 
wird schneller hergestellt sein als ohne die Vermitt- 
lung durch die Kunst. 

Zu den Kenntnissen in der bildenden Kunst, die man 
in weitumfassendem Sinne als ästhetische bezeichnen 
könnte, gehört auch ein genügendes Verständnis für 
Geschmack und Mode. (Daß sich guter Geschmack 
und Mode keineswegs immer decken, braucht dabei 
kaum bewiesen zu werden. Wie wesentlich ist 
schon (besonders für den Bildnisphotographen) die 
Schulung des Auges für die Wirkung der verschiedenen 
Farben! Der mit Farbwirkungen vertraute Photo- 
graph wird einer Rat begehrenden Kundin nicht nur 
zu sagen wissen, wie sich Farben photographisch aus- 
wirken, sondern auch, welche Farbe am besten 
kleidet, welche das Gesicht weicher und welche es 
härter erscheinen läßt, usw. Wie viele Damen haben 
nicht eine Vorliebe für Grün, obwohl der von den 
meisten Grüntönen auf das Gesicht geworfene Schein 
nur allzusehr den Eindruck der „Leiche auf Ur- 
laub^ erweckt! Und ebenso wird vielfach reines 
Weiß bevorzugt, obwohl es — namentlich bei älteren 


TYRE „AD“ 


PNEUMATIK- REKLAME - 


Wirkungsvolles Werbephoto (Photomontage) 


schaftlichen Takt und gesellschaftliche Erfahrung 
voraussetzen. Wie peinlich, wenn er z. B. nicht mit 
den Tischsitten Bescheid weiß oder gar (horribile 
dictu!) dem Fisch mit dem Messer zu Leibe geht. 
mit dem Messer in die Mayonnaise führt und sich 
des gleichen Instruments zum Zerteilen der Kartoffeln 
bedient! Solche Verstöße gegen die gesellschaftliche 
Etikette darf sich allenfalls der Trüger eines ganz 
großen Namens gestatten (man spricht dann nach- 
sichtig von einer „Kaprize“), dem gewöhnlichen Sterb- 
lichen sind sie nicht erlaubt. Es braucht kaum gesagt 
zu werden, daß gesellschaftliche Erfahrung (neben 
guter Allgemeinbildung) dem Photographen manche 
Tür öffnen wird, die ihm sonst verschlossen wäre. 
In der Tat sind die Klassenunterschiede ja heute 
‚nicht mehr so sehr durch den Beruf bedingt wie 
durch die Bildung und die geistigen Interessen. Hier- 
bei mögen auch Sprachkenntnisse erwähnt werden, 
die dem Photographen häufig genug — besonders in 
der Großstadt, in den von Ausländern besuchten 
Bädern und Sommerfrischen usw. — zum unmittel- 
baren Nutzen gereichen werden. Ein Schild am 
Schaukasten: „On parle francais“, „English spoken“, 
oder auch „Si parla italiano“, „Se habla espanol“ 
usw., wird nicht nur manchen Ausländer, sondern 
auch manchen Inländer anlocken. 

Damit ist das Thema „Das Wissen des Photographen“ 
gewiß nicht erschöpft, doch verbietet es der hier zur 
Verfügung stehende Raum, es weiter auszuspinnen. 
Besonders sollte es sich der Nachwuchs angelegen 
sein lassen, sich das größtmögliche Wissen an- 
zueignen. Man ist zwar bis zum letzten Tage seines 
Lebens ein Lernender, doch ist es nichtsdestoweniger 
Tatsache, daß der junge Mensch mehr Zeit und Ge- 
legenheit zum Lernen hat als der von Berufssorgen 
stärker in Anspruch genommene ältere. 

In Verbindung hiermit muß noch etwas gesagt wer- 


Walter Stölting, Milchprobe im Eisenbahnwaggon (erste 


Alkoholprobe). Mit Leica, Hektor 1:1,9, Agfa-Paukine- 
G-Film, 2 x 500 Nitraphot, / Sek., nachts, aus voller 
Bewegung aufgenommen. Metol-Natriumsulfit-Entwickler. 


Damen — die Gesichtsfarbe schmutziggrau ег- 
scheinen läßt. Oder gibt sich jeder Photograph 
Rechenschaft darüber, daß ein quergestreifter Stoff 
die Trägerin dicker (breiter), ein langgestreifter sie 
schlanker aussehen läßt und das großgewürfelte 
Stoffe den Körper der Trägerin oder des Trägers in 
kleine Stückchen aufteilen? 

Die gleichen Gesetzmäßigkeiten gelten naturgemäß 
auch in der Herrenmode. So werden z. B. Herren, 


die sich eines gewissen Leibesumfanges „erfreuen“, 
aber doch schlank aussehen wollen, dunkle Stoffe be- 
vorzugen, weil die dunkle Farbe gewissermaßen einen 
scharfen Trennungsstrich zwischen dem Träger und 
der Umgebung zieht, während die helle Farbe die 
Grenzen verwischt. Das sind natürlich nur Anfangs- 
gründe in den Fragen des Geschmacks und der 
Mode, aber auch sie sind wichtig genug. 

Und nun etwas für den modernen Lichtbildner eben- 
falls sehr Wichtiges: gesellschaftliche Erfahrung! 
Hierin mag alles einbegriffen sein, was man als guten 
Ton bezeichnet. Der auf der Höhe der Zeit stehende 
Photograph wird oft genug an allerlei Veranstaltungen 
teilnehmen oder daran mitwirken müssen, die gesell- 


\ 


den über die schulmäßige Ausbildung bzw. über den 
schulmäßigen Erwerb von Kenntnissen. Gewiß ist 
es dem geistig Beweglichen nicht versagt, sich auf 
rein empirischem Wege (durch Erfahrung) ein reiches 
Wissen anzueignen, doch ist dieser Weg lànger und 
mühevoller als der über die Schule. Während der 
Empiriker die tausend Dinge des Wissens selbst 
ordnen und sichten und auf ihre Eignung für ihn 
prüfen muß, werden sie durch die schulmäßige Aus- 
bildung bereits systematisch geordnet vermittelt. 
Mit Recht ist deshalb jedes Volk und jeder Berufs- 
stand darauf bedacht, sein Schulwesen zur größt- 
möglichen Höhe zu entwickeln. 


Bildreporter und was dazugehört 


1. Der Mann und sein Apparat 

Nicht der Berichterstatter des hochaktuellen Bildes, 
auch nicht der zeitlos Schaffende, der das schöne 
oder belehrende Bild erarbeitet, sondern der Photo- 
reporter des aktuellen Bildes interessiert uns jetzt. 
Er ist, wie ich im ersten Artikel ,Bild und Zeit" 
(Heft 3, 1933) andeutete, der eigentliche Bildjourna- 


56 


list. In der Mehrzahl der Fálle ging sein Weg zur 
Photographie nicht von einer Dunkelkammer-Lehr- 
lingstätigkeit aus, sondern führte zwanglüufig vom 
berichtenden Artikel zum berichtenden Bilde. Erst 
war das Bild Unterstützung und Belebung des Ar- 
tikels, dann wurde die bildhafte Darstellung Haupt- 
sache, und der Artikel schrumpfte allgemach zu 


10—20 Zeilen Text zusammen. 
einmal jemand das Wesen der Bildreportage so: 
„Eine vollendete Bildreportage muß alle Vorgänge so 
wiedergeben, daß überhaupt kein Text und nicht 
einmal eine Bildunterschrift notwendig ist, und 
dennoch muß der Beschauer das Sujet voll und ganz 
verstehen.“ 

Zur Bildreportage gehört also mehr als nur die reine 
photographische Technik: Es gehört dazu eine ge- 
wisse kompositorische Begabung und eine, sagen wir 
ruhig: dichterische Fähigkeit, einen Stoff auszuwählen, 
zu behandeln und mit knappsten Mitteln zum Aus- 
druck zu bringen. Eine illustrierte Zeitung kann drei 
bis acht Aufnahmen bringen; folglich muß in aller- 
höchstens acht Bildern der ganze Stoff verständlich 
dargebracht sein. Mit acht Bildern, aber nicht mit 
acht Aufnahmen. Es gibt Fälle, in denen acht Auf- 
nahmen ausreichen; meistens wird man aber mehr 
brauchen. Dann besonders, wenn man auf die ge- 
stellte Aufnahme verzichtet und unbeobachtet ar- 
beiten will; denn die Gefahr einer verwackelten 
Person, eines vorübergehend verdeckten Gesichts, 
einer wenig oder nichts sagenden Bewegung ist groß. 
Man muß also vom laufenden Band arbeiten, mit- 
unter zehn Aufnahmen von derselben Sache riskieren, 
um hernach die beste auszuwählen. Folglich muß 
man auf die Platte verzichten und den Film wählen. 
Je unbeobachteter man arbeiten will, desto geringere 
Vorbereitungen zur Aufnahme muß man auch treffen. 
Man muß mitunter darin sogar so weit gehen, daß 
man in halbhellen Innenräumen ohne Nitraphotbirnen 
oder Vacublitze arbeitet. Das verlangt natürlich ein 
lichtstärkstes Objektiv. Da aber bei gleicher Brenn- 
weite die Tiefenschärfe um so geringer wird, je mehr 
die Lichtstärke wächst, so bleibt nur die Möglich- 
keit, die Brennweite (und damit das Aufnahme- 
format) zu verringern, um bei möglichst großer Licht- 
stärke zugleich möglichst große Tiefe zu behalten. 
Denn gerade die große Tiefenschärfe ist für Bild- 
reportagen mindestens so wichtig wie die Lichtstärke. 
Durch alle diese Voraussetzungen wird man zwang- 
läufig auf die Kleinbildkameras des Marktes hin- 
geführt; sie besitzen sowohl große Lichtstärken als 
auch kurze Brennweiten und gestatten, Film vom 
Streifen zu verarbeiten. Die Zahl dieser Klein- 
kameras ist Legion, aber nur einige wenige erfüllen 
wirklich die an sie geknüpften Bedingungen. Un- 
abhängig von jeder Bindung an die Industrie soll 
hier versucht werden, einige dieser Apparate auf ihre 
beste Verwendungsmöglichkeit hin zu untersuchen. 
Dabei muß das Wort „beste“ besonders unterstrichen 
werden: denn selbstverstándlich lassen sich mit 
jedem der genannten und auch manchem ungenannten 
Apparat alle übrigen Aufnahmen durchführen. 

Die Kamera mit der unerreichten Schußgeschwindig- 
keit ist die Leica. Ein Vergleich mit der Contax er- 
gibt drei Leica-Aufnahmen in der gleichen Zeit, in 
der zwei Contax-Aufnahmen gemacht werden können. 
Also eignet sich dort die Leica am besten, wo sehr 
schnell hintereinander viele Aufnahmen gemacht 
werden müssen. Wo es dagegen auf höchste Ver- 


Sehr gut definierte. 


Frau Ibo Stölting, Milchkontrolleure im Bahnhofslabora- 
torium, Rolleiflex 1:2,8, Agta-Superpanfitm, 2 x 500 
Nitraphot, '/,, Sek., nachts, gestellt, jedoch aus der Be- 
wegung aufgenommen. 


schlußgeschwindigkeit ankommt, wird die Contax 
wiederum der Leica überlegen sein. Aber das ist 
eigentlich nur bei Rennen der Fall, wo der Bild- 
reporter wenig zu suchen hat und der Bildbericht- 
erstatter in der ersten Schußreihe steht. 

Im Theater ist die Leica ebenfalls der Contax über, 
und zwar aus Gründen der Schneckengangskonstruk- 
tionen für die Objektive. Beim Aufziehen des Ver- 
schlusses kommt man manchmal mit dem Finger 
gegen das spielend leicht laufende Objektiv der 
Contax und dreht es aus der einmal eingestellten 
Entfernung, so daß man im Entfernungsmesser nach- 
kontrollieren muß. Das passiert bei der Leica nicht, 
weil die Aufzugsvorrichtung günstiger placiert ist. 
Im Theater will es so scheinen, als ob die Schlitz- 
verschlüsse mit ihrer Zwanzigstelsekunde Mindest- 
geschwindigkeit ungeeignet seien. Obgleich beispiels- 
weise die Rolleiflex nur 2,8 Lichtstärke besitzt, ist es 
mit ihr möglich, durch Belichtungszeiten von einer 
fünftel Sekunde besser durchexponierte Negative zu 
bekommen, besonders bei Ausgleich-Feinkornentwick- 
lung, die die Empfindlichkeit der Negativemulsionen 
praktisch um die Hälfte heruntersetzt. In bezug auf 
die Verschlüsse trügt hier der Schein: Theaterauf- 
nahmen macht man besser und elastischer mit einem 
Verschluß, der auf „Ball“ gestellt ist, und verwendet 
ein Einbein-Stativ, das sich bequem vor dem Sitz auf- 
stellen läßt. Mit Hilfe des Drahtauslösers belichtet 
man dann verschieden lange, und zwar immer so- 
lange wie möglich. Möglich: das ist die Dauer einer 
Geste. Sobald die Schauspieler ihre Pose ändern, 
läßt man den Verschluß zufallen und bekommt so 
gleichzeitig scharfe und gut durchexponierte Nega- 
tive, die auch Ausgleichfeinkorn vertragen. 


57 


5 
Frau Ibo Stölting, russische Emigrantenkinder beim Unter- 
richt. Rolleiflex, 1:2,8, Agfa-Superpan, 2 Nitraphot, 
17,0 Sek., während richtigen Unterrichts belichtet 


In bezug auf die Schärfentiefekontrolle ist allerdings 
die Rolleiflex sowohl der Leica als auch der Contax 
überlegen. Mit der Rolleiflex ist es sehr leicht, die 
optimale Tiefe zu erzielen, was besonders bei Massen- 
szenen auf der Bühne unumgänglich notwendig ist. 
Selbst bei voller Öffnung und verhältnismäßig nahem 
Sitzplatz an der Bühne ist es móglich, praktisch total- 
scharfe Aufnahmen von vorn bis an den Rundhori- 
zont zu machen. Leider hat die Rolleiflex Rollfilme, 
so daß man oft gerade in den besten Augenblicken 
am Filmende angekommen ist und nun das zweifel- 
hafte Vergnügen hat, im Dunkeln neu einzulegen. 
Für das Theater тий man sich also sehr überlegen, 
ob man lieber weniger sehr gut kontrollierte Auf- 
nahmen mit nach Hause bringen will, oder aber, ob 
man vom langen Streifen arbeiten móchte und dafür 
die Tiefe an Hand des Entfernungsmessers schätzen 
will. Praktisch gesprochen bedeutet das: Wo man 
das Stück zweimal hintereinander sehen und sich die 
Hohepunkte für seine Aufnahmen merken kann — 
Rolleiflex. Wo das nicht möglich ist und man auf 
gut Glück hin arbeiten тий — Leica oder Contax. 
Überhaupt der Entfernungsmesser: Gerade er zieht 
eigentlich die Grenze für die optimale Verwendungs- 
möglichkeit einer Kamera. Man denke bitte, daß er 
nur eine Fläche scharf angibt, zu der man sich die 
Tiefe nach vorn und nach hinten hinzudenken muß 
(für den Tiefenschärfering hat man meist keine Zeit); 
der Spiegel dagegen gibt die volle Tiefe nach vorn 
und nach hinten wieder. 

Das äußert sich in der Praxis so: Bei Reportagen gibt 
es gestellte und unbeobachtete Aufnahmen, und in 
99 von 100 Fällen werden die Aufgenommenen auch 
wissen, daß sie aufgenommen werden. Wo sich ein 
Vorgang stellen läßt (oder wo er gestellt werden 
muß), ist es viel leichter, mit der Rolleiflex zu ar- 
beiten als mit irgendeiner Entfernungsmesserkamera. 


Wo dagegen völlige Unbeobachtetheit notwendig ist. 
muß die Rolleiflex hinter Leica, Contax, Peggy zu- 
rücktreten. 

Hier zwei Fälle aus eigener Arbeit: Meine Frau und 
ich sollten die Berliner städtische Milchkontrolle 
photographieren. Wir arbeiteten der eine mit Leica 
und Hektor 1:1,9, der andere mit Rolleiflex 1 : 2,8. 
Die Zahl der gemachten Aufnahmen war annähernd 
gleich; alle Aufnahmen waren den Kontrollbeamten 
bewußt, einige waren gestellt, die anderen unmittel- 
bar aus der Bewegung bei Kunstlicht gemacht. Für 
die bewegten Aufnahmen war die Leica wesentlich 
bequemer; aber als wir zur Auswahl der fertigen 
Bilder kamen, zeigte es sich, daß mehr Rolleiflex- als 
Leica-Aufnahmen für die Schilderung des Vorganges 
geeignet waren. Die Redaktion wählte schließlich 
fünf Aufnahmen aus, von denen vier mit der Rollei- 
flex und eine mit der Leica gemacht waren. 

Das andere Mal waren auf Bestellung Berliner 
Straßenmädchen aufzunehmen. Ich arbeitete allein, 
und zwar zuerst mit der Rolleiflex. Mit Mühe und 
Not brachte ich drei Aufnahmen nach Hause, von 
denen keine brauchbar war — die Frauen liefen ein- 
fach davon, sobald sie mich mit der Kamera nur von 
weitem gesehen hatten. Als ich den Versuch mit 
Leica und Winkelsucher wiederholte, konnte ich 
nicht nur den Auftrag ausführen, sondern dank der 
schnellen Schußbereitschaft auch sehr hübsche Phasen 
festhalten, bei denen es aber auf Tiefe natürlich gar 
nicht ankam. 

Diese Beispiele lassen sich nach Belieben variieren, 
aber sie zeigen übereinstimmend, daß die Leica über- 
legen ist, wo schnell und möglichst unbeobachtet ge- 
arbeitet werden muf, Чай dagegen die Rolleiflex 
vorteilhafter ist, wo langsam und mit bewußt photo- 
graphierten Menschen gearbeitet werden kann. Im 
letzteren Fall muß man aber wiederum zwei ver- 
schiedene Arten von Aufnahmen unterscheiden: ge- 
stellte oder aus der Bewegung. Für die gestellte 
Aufnahme: Rolleiflex. Für die bewegte um so eher 
Leica, je schneller die Bewegung wird. Dann zeigt 
sich die volle Überlegenheit des Schlitzes über den 
Zentralverschlu8, weil die verhältnismäßig geringe 
Intensität des Lichtes bis zum äußersten ausgenutzt 
werden muß und kann. Wo aber aus einer lang- 
samen Bewegung bei gewöhnlichem elektrischen Licht 
sehr viele Aufnahmen gemacht werden sollen, eignet 
sich die Peggy sehr gut, weil man mit ihrem Compur 
Үш und selbst / Sekunde noch aus freier Hand 
halten kann. | 

Wo gleichzeitig kurzer Moment und große Tiefe 
verlangt werden, reichen Nitraphotbirnen nicht mehr 
aus, und der Vacublitz tritt seine Herrschaft an. 
Für die Rolleiflex gibt es da den wunderschönen 
Auslöser von Hauff, der Compur und Blitz gleich- 
zeitig auslöst, und sinngemäß wird man diese Vor- 
richtung überall da anwenden, wo man auch nor- 
malerweise mit der Rolleiflex leichter zur guten 
Aufnahme kommt. Wo aber, wie zum Beispiel auf 
Bällen oder bei nächtlichen Versammlungen, eine 


а Walter Stölting, Leica- Blitzeinrichtung 


möglichst große Schußbereitschaft außerdem not- 
wendig wird, arbeitet die Rolleiflex mit diesem Aus- 
löser zu langsam und zu unbequem, besonders weil 
man die eine Hand am Auslöser halten тий. 

In diesen Fällen sind Leica oder Contax in Verbin- 
dung mit einer automatischen, fest montierten Blitz- 
einrichtung vorzuziehen. Diese Einrichtung, die 
leider käuflich im Handel nicht zu haben ist und 
die man sich infolgedessen von einer geschickten 
Kamerareparaturwerkstatt anfertigen lassen muß 
(Preis etwa 30 N), besteht aus einem Metallwinkel, 
der oben eine Fassung für den Vacublitz trägt. Zur 
Kamera hin ist eine Leitung vorhanden, die zum 
kombinierten Auslöser führt, der so funktioniert, 


daß er zunächst den Verschluß (mit '/2 Sek.) aus- 
löst und eine Winzigkeit später den Blitzkontakt 
schließt. Das Aufflammen des Blitzes muß so ein- 
reguliert werden, daß es in demjenigen Augenblick 
erfolgt, in dem der Verschluß gerade offen ist. 
Setzt man nun noch einen billigen Reflektor über 
die Blitzfassung, so kann man wie mit einem Ge- 
wehr die schönsten Szenen abschießen. Man hat 
beide Hände für die Kamera frei, und bringt ohne 
weiteres den Blitz immer in die richtige Schußrich- 
tung. Arbeitet man überdies mit dem Weitwinkel- 
objektiv und Blende 6,3 bis 9, so hat man eine Tiefe 
vom nahen Vordergrund bis fast auf Unendlich. 
Walter Stölting. 


Der Berufsphotograph und die Kleinkamera 


Ist das Arbeiten mit der Kleinkamera schon an sich 
ein Fortschritt, garantiert es Erfolg? Nein, es be- 
stehen weder irgendwelche Garantien, noch bedeutet 
das Abgehen von herkömmlichen Mitteln eine ge- 
steigerte Existenzaussicht. Jedoch läßt sich über 
eine Erfolgsmöglichkeit manches sagen, und einige 
Mitteilungen aus der Praxis regen Sie, verehrter 
Kollege, vielleicht zum Nachdenken über die Mög- 
lichkeit, Nutzen aus der Anwendung der Klein- 
kamera zu ziehen, an. Infolge des billigen „Betriebs- 
stoffes“ bedeutet auch ein Mißerfolg eine nicht allzu 
starke Belastung. Die Kleinkamera ist das gegebene 
Mittel mindestens zum Nebenverdienst, sie kann 
aber bei geschickter und rührigster Verwendung auch 
zur Hauptverdienstquelle werden. Aber man muß 
die neuesten Fortschritte der Photographie, die hohen 
Lichtstärken, die höchst gesteigerten Filme, die Aus- 
gleichentwickler, die modernen Bromsilberpapiere 
und nicht zuletzt die neuesten Lichtquellen auch 
anwenden, um alles nur Denkbare herausholen zu 
können. Um bei aktuellen Veranstaltungen nicht 
zu stören, sich nicht unliebsam bemerkbar zu 
machen und doch in vorderster Reihe arbeiten zu 
können, ist ein Stativ fast immer auszuschalten. Bei 
Festabenden, sportlichen oder politischen Feiern, 


Aufzügen usw. ist leicht nicht nur etwas für die 
Presse oder zum Freiverkauf Geeignetes herauszu- 
holen, sondern solche aktuellen Bilder sind auch für 
den Schaukasten, oft gewechselt, erfahrungsgemäß 
ein besonders starkes Anziehungsmittel für unser 
Publikum. 

Leider hat so mancher Amateur das interessante und 
sehr ausbaumögliche Gebiet des aktuellen Photos 
schneller erfa&t und sich eine sichere Existenz ge- 
schaffen als der Berufsphotograph, der hier, wie im 
Handel und in der Amateurarbeit, zu spät seinen 
Nutzen erkannte. Aufer intensiver Bereinigung 
seitens der Innungen muß der Photograph nun 
selbst den Konkurrenten zu verdrängen suchen, in- 
dem er die gleiche Aufgabe besser zu lösen sucht. 
Mögen auch anfangs manche Bildsendungen von den 
„Illustrierten“, den Lokalzeitungen unbenutzt zurück- 
kommen, so wird man bei Ausdauer und guter Lei- 
stung doch bald Beachtung finden und die not- 
wendig gewordenen Unkosten sicher bald herein- 
bekommen. Hauptsache ist, überhaupt mitzumachen 
und nicht den Mut zu verlieren. Mindestens wird 
man durch solche Betätigung in weiteren Kreisen 
bekannt, was für unsere andere Arbeit sicher nicht 
nutzlos ist. 


59 


O. Molsberger. 


Einige handwerkliche Kniffe kónnen dem uneinge- 
weihten Fachmann vielleicht ein Vorwärtskommen er- 
leichtern. In erster Linie тий er alle unsere Licht- 
quellen vom Sonnenlicht über das künstliche Halb- 
watt bis zum modernen Blitzlicht genau kennen und 
in seiner Wirkung sicher einschátzen lernen. Da die 
modernen Kleinkameras mindestens Lichtstärke 3,5 
bei einer erstaunlichen Tiefenschärfe haben, kommt 
man meistens mit Momentaufnahmen aus.  Reicht 
das Tageslicht nicht mehr aus, setzt die Anwendung 
künstlicher Lichtquellen und der Superpanfilme ein. 
Momentaufnahmen von "an Sekunde bei Sonne 
bieten keine Schwierigkeiten, bei trübem Wetter und 
in Abendstunden reichen Superpanfilme mit lang- 
sameren Momenten auch noch durchaus. In ge- 
schlossenen Räumen genügen bei Tageslicht ½ 0 Sek., 
bei Objektivslichtstárken von 1,5, Saalbeleuchtung und 
32' S.-S.-Filmen noch kürzere Belichtungen. Massen- 
versammlungen knipst man mit '/ Sekunde entweder 
vom Stativ oder vom aufgesetzten Apparat, und für 
bewegte Motive bei Sport, Theater, von Rednern 
oder ähnlichem benutzt man Kunstlicht. Ganz be- 


О. Molsberger: „In der Schwimmhalle.” 1. bei Tageslicht, 
2. etwas Tageslicht und Deckenbeleuchtung, ! Sek. bei 1,5. 


60 


Mit Маси aus der Hand, ВІ. 9, % Sek., 


Kamera auf Zeit gedrückt. 


sonders geeignet ist da der Vacublitz als Moment- 
belichter. Der Apparat wird dabei rechtshändig mit 
dem Zeigefinger auf Zeit gestellt, die linke Hand 
hált den Blitzapparat (man kann sich auch bequemer 
ein kleines Brettchen konstruieren, rechts wird der 
Apparat aufgeschraubt und daneben eine kleine 
Batterie mit Schraubgewinde für den Blitz), dann 
drückt man den Apparat auf Zeit, sofort links den 
Blitz und rechts wieder den Zeitverschluß schließend 
— 1, 2, 3, fertig —, nur etwas üben, dann geht es 
schon! Übrigens kann man auch eine Vacublitzlampe 
mit gleichzeitiger Auslösung der Kamera fertig 
kaufen (Hauff). Bei der großen Lichtstärke der 
Vacublitze muß man reichlich abblenden, eine kurze 
Vorbelichtung hat daher keine nachteilige Wirkung. 
Es wäre aber dem Fabrikanten sehr zu empfehlen, 
einen ganz kleinen Vacublitz zu billigstem Preis 
herauszubringen; denn auch Nahaufnahmen sind mit 
dem zu lichtstarken Vacublitz zu leicht überbelichtet 
und zu teuer. Eine billigere Lichtquelle ist die neue 
Matelux - Handlampe mit einer 300-Watt-Birne, die 
durch ihre Konstruktion eine außerordentlich starke 
Leuchtkraft besitzt. Durch einfache Druckschaltung 
läßt sich diese Lampe mit einer Hand bedienen, 
während rechtshändig die Momentauslösung mit 
1/9 bis /ñ Sekunde je nach Abstand von 1 bis 3 m 
leicht auszuführen ist. Wegen der Billigkeit des 
Films kann man auch schnell eine Aufnahme vor- 
sichtshalber wiederholen, auch kann man, solange 
man noch nicht über die nótige Ruhe verfügt, auch 
mal eine Aufnahme bei !/% Sekunde ,,verrei&en" 一 
etwas Lehrgeld muß schon bezahlt werden. Der 
S.-S.-Film gestattet aber selbst bei schwierigsten 
Lichtverhältnissen weitestgehende Ausnutzung, auch 
bei Nachtveranstaltungen in Innenräumen. 

Die Entwicklung erfolgt bei Panfilmen entweder 
durch Pinakryptol-Vorbad oder in der Correx-Dose 
auf Zeit bei 19 in 18 —20 Minuten und Ausgleich- 
entwickler. Eventuelle Überbelichtungen lassen sich 
bei Verwendung der modernen Papiere mit ihren 
vier Härtegraden gut beheben. 

Wichtig ist dann, da aktuelle Photos schnellste Liefe- 
rung erfordern, daß der Film nach 2—3 Minuten 
ausfixiert, nach 5 Minuten gewässert ist. Er kommt 


dann zur Beseitigung aller Unreinlichkeiten in ein 
kurzes Bad von 200 cbm Wasser und einigen Tropfen 
Salzsäure, wird in Zugluft oder mittels Fóhns ge- 
trocknet. Retusche erübrigt sich. Die Glanzkopien 
werden ebenfalls nur kurz gewässert und vertragen 
beim Trocknen viel Hitze. Und in 1'/; —2 Stunden 
ist der ganze Arbeitsprozeß von der Entwicklung 
bis zur Ablieferungsmöglichkeit erledigt. 
Besonders wichtige Ereignisse sind für alle illu- 
strierten Zeitungen von Interesse. Aufnahmen lokaler 
Veranstaltungen gebe man an die Ortszeitungen, die 
am Wochenende heute ja auch meistens illustrierte 
Beilagen herausgeben. Da man dann noch im eigenen 
Geschäft Postkarten zu billigen Preisen von 30 bis 
40 Pf. verkaufen kann, ist das Risiko nicht allzu grof. 
Wer demnach Arbeit nicht scheut, der wird mit 
dieser allerdings nicht ganz leichten Tätigkeit 
sichereren Boden gewinnen und mit dem schönen 
Photographenberuf wieder sein gutes Auskommen 
finden. | 
O. Molsberger, 
Obermeister der Zwangsinnung Halle a. d. S. 


Noch einmal Industrieaufnahmen 


Von Guido Seeber 


Zur Darstellung der Größenverhältnisse einer Ma- 
schine wird, wie der Autor in Heft 3 schon erwähnt, 
meist eine Person mit aufgenommen. Diese Forde- 
rung wird erhoben, wenn die Maschine besonders 
groß ist. Da man aber nicht verlangen kann, daß ein 
Mensch 30—60 Minuten unbeweglich in seiner Lage 
verharrt, ersetzte man früher die Person durch eine 
Figur, die meist dem Panoptikum entliehen wurde. 
Mit einem Monteuranzug bekleidet wurde sie so auf- 
gestellt, als hantiere sie an der Maschine. Da es heute 
diese Museen nicht mehr gibt, muß man nötigen- 
falls seine Zuflucht zu den Figuren der Bekleidungs- 
geschäfte nehmen. 

Vielfach sind es nicht allein Maschinen, sondern 
auch andere Erzeugnisse der Industrie, die für Re- 
klame- oder Katalogzwecke aufgenommen werden 
müssen. Dazu ist zu sagen, daf jede Gegenstandsart 
auch ihre besonderen Anforderungen stellt, die rest- 
los zu erfüllen nicht immer einfach sind. Schon die 
Aufnahme eines Schaufensters bietet mitunter große 
Schwierigkeiten und ist am Tage meist unmöglich, da 
die Scheibe alles reflektiert, so daß es zweckmäßig 
ist, die Aufnahme in der Nacht bei Kunstlicht vor- 
zunehmen. Auch Häuser oder Straßen ohne Men- 
Schen werden oft verlangt. Hier hilft man sich durch 
feste Aufstellung der Kamera, belichtet mit kleinster 
Blende etwa 100—200 kurze Momente. Personen, 
die ganz hell gekleidet sind und von der Sonne be- 
schienen werden, sind zu vermeiden, d. h. man muß 
sie vorübergehen lassen. Am besten werden solche 
Aufnahmen, wo es irgend angeht, aus dem Fenster 
eines gegenüberliegenden Hauses gemacht. Doch darf 
man bei Sonne die Belichtungszeit durch viele sich 
folgende Momente nicht zu lange ausdehnen, weil 


1. Typische Momentaufn. mit Vacu, Bl. 15, 


O. Molsberger. 
1,5 m Abstand. 2. Elektr. Saalbeleuchtung, 1 Sek., bei 3,5 


(SchluB aus Heft 4, S. 48) 


sonst ja die Schatten sich verándern. Auf eine andere 
Eigentümlichkeit möchte ich noch hinweisen, nämlich 
die Aufnahmen von Porzellangegenständen. Die Eigen- 
art dieses Materials wird am besten durch Auf- 
nahmen mit der Lochkamera wiedergegeben. Die mit- 
unter sehr wertvollen Eigenschaften dieser Kamera 
dürften vielen Photographen nicht bekannt sein. Und 
gerade Porzellan eignet sich besonders gut zur Be- 
nutzung dieser Aufnahmeart. Jede Kamera kann 
dazu benutzt werden, nachdem man das Objektiv 
durch ein kleines Loch ersetzt hat, das allerdings mit 
etwas Sorgfalt hergestellt werden muß. Auf keinen 
Fall darf der Lochdurchmesser so groß sein wie die 
Dicke des Materials, in dem man das Loch anbringt, 
weil sonst eine Röhre entsteht, die nicht die besten 
Resultate ergibt. Auch soll das Loch keinen Grat 
aufweisen. Man nimmt zweckmäßig ein Stück 
schwarzen Karton von Postkartenstärke und bringt 
mit dem Brieflocher ein Loch an, das meist 4—5 mm 
Durchmesser hat. Über dieses klebt man ein Stück 
dünnstes Stanniol, wie es in Zigarettenpackungen zu 
finden ist. Dann sticht man mit einer spitzen Маһ- 
nadel ein Loch in dieses Stanniol, indem man es auf 
Aluminium (Kochgeräte der Küche) legt, so daß die 
Spitze der Nadel sich in das Aluminium eindrückt. 
Solche Löcher ergeben die besten Resultate bei einem 
Durchmesser von '/; mm und 15cm Brennweite. Die 
Belichtungszeit muß durch eine Probeaufnahme er- 
mittelt werden, wobei daran erinnert sei, daß bei 
hóchstempfindlichen panchromatischen Platten durch 
das Fehlen des Glases das ganze Spektrum wirken 
kann, also auch das ganze Ultraviolett. Eine Belich- 
tungszeit von 40—60 Sekunden dürfte schon genügen 


61 


und einen ungefáhren Anhalt für weitere Aufnahmen 
geben. Ob das Loch rund, viereckig oder dreieckig 
ist, hat keinen Einflu$; Hauptsache das Material, in 
dem sich das Loch befindet, ist, wie schon gesagt, so 
dünn wie moglich. Die Einstellung kann bei Stativ- 


Verschiedenes 


Zu „Farbenphotographie” 


Zu dem Aufsatz in Heft 3, der einen Überblick über 
»Farbenphotographie" gab, muß folgendes hinzu- 
gefügt werden: 

Das angeblich Pillersche Verfahren ist bereits durch 
Joly (Brit. Patent Nr. 14161) im Jahre 1864 vorbe- 
schrieben worden, ferner verbessert von H. Lake 
(Brit. Patent Nr. 20417) im Jahre 1898, am klarsten 
ist das Verfahren von Louis Dufay (Franz. Patent 
Nr. 520784) im Jahre 1921 beschrieben worden. 
Auch die Eindeckverfahren Pillers sind bereits durch 
weit bessere Lösungen von Powrie (D. R. P. 396 330, 
1924) unter anderem beschrieben worden. Das so- 
genannte Ziehverfahren Pillers zur Herstellung von 
Farbrastern ist bereits 1906 von Ducos du Hauron 
(Franz. Patent Nr. 370 956) unzweideutig beschrieben. 
Eine andere Anmeldung Pillers, welche die Her- 
stellung von Druckwalzen für Farbrasterdruck be- 
treffen, ist durch die britische Anmeldung Nr. 305989 
beschrieben. Auch noch andere nebensächliche Dinge, 
wie Behebung der Parallaxfehler bei der Aufnahme, 
sind durch das Patent Nr. 465376 vorbeschrieben. 
Das ganze Verfahren ist für jedermann frei, aber 
das Verdienst der Ausarbeitung gebührt den drei 
erstgenannten Fachleuten. M. Zeller. 


Eine neue Einheitsbeleuchtung 


Unsere in Heft 1 u. 2 gegebenen Anregungen zur 
Schaffung einer einheitlichen „Standard“-Beleuchtung 
für das Photoatelier haben erfreulicherweise auch bei 
der Industrie Anklang gefunden. Neben Jupiter hat 
jetzt auch die durch ihre Kinoscheinwerfer bekannte 
Firma K. Weinert, Berlin, eine solche Baukasten- 
Beleuchtung herausgebracht, die der Lichtbildner 
durch allmählichen Kauf der einzelnen Lichtquellen 
nach Bedarf aufbauen und erweitern kann. Weinert 
empfiehlt entsprechend unserem Schema in Heft 2: 
A) als Hauptlicht einen Spiegelaufheller von 330 mm 
Durchmesser, mit Bügel und Stativ, für eine Pro- 
jektionslampe von 1000 bis 2000 Watt; B) für die 
Allgemeinbeleuchtung einen Spiegelaufheller von 
00 mm Durchmesser (,Superphot") für Nitraphot- 
lampe von 200 oder 500 Watt; C) für Effektbeleuch- 
tung die ,Supergloreollampe" mit Filterrahmen und 
Zweilinsenoptik für Episkoplampe von 500 Watt; 
D) als Deckenbeleuchtung ein Pendel-Spiegeloberlicht 
für Nitraphotlampe von 500 Watt. 

Samtliche Weinert - Strahler sind mit dem für Kino- 
aufheller seit Jahren bewährten „Lüftungsstreu- 
spiegel" ausgerüstet, der bei sehr reicher Lichtaus- 
beute ein verhältnismäßig weiches, durchmischtes 
Licht gibt. Die zahlreichen Entlüftungsvorrichtungen 
sollen eine lange Lebensdauer des Facettenspiegels 
gewährleisten. 

Der unter B genannte kleinere „Superphot“ - Auf- 
heller verdient besondere Beachtung, da er für 
kleinere Betriebe auch als Hauptlicht an Stelle des 
unter A aufgeführten Strahlers dienen kann. Der 
Durchmesser des „Superphot“ - Facettenstreuspiegels 
beträgt 200 mm, der größte Reflektordurchmesser 
250 mm. Er besitzt ein normales Edison - Gewinde, 
so daß sich sowohl die 500-Watt- als auch die neue 
200-Watt-Nitraphotlampe einschrauben läßt. Er kann 
aber auch mit einer „Spezial - Photolampe" von 
200/390 Watt geliefert werden. In die Lampen- 
zuleitung ist ein Widerstand eingebaut, so daß die 
Lampe während des Einstellens nur mit halber 


62 


kameras so erfolgen, daß man die Mattscheibe ent- 
fernt, die Kamera um 180 ° dreht und durch das Loch 
oder durch die Öffnung der kleinsten Irisblende das 
Objekt nach Entfernung der Linse visiert und zur 
Aufnahme die Kamera wiederum um 180° dreht. 


Stromstärke brennt. Die Speziallampe nimmt in 
dieser Schaltung einen Strom von nur 0,9 Ampere 
auf. Erst unmittelbar vor der Aufnahme wird der 
Widerstand ausgeschaltet. Die Lichtausbeute steigt 
dadurch von 200 auf 390 Watt, die Stromstärke auf 
1,8 Ampere an. Man kann also selbst an eine nor- 
male, mit 6 Ampere abgesicherte Hausleitung bei 
220 Volt unbedenklich drei solcher „Superphot“- 
Strahler anschließen, ohne die Leitung zu überlasten. 
Bei 110 Volt Spannung nimmt die Speziallampe 
(110 Volt angeben!) 1,8/3,6 Ampere auf. An eine 
6-Ampere-Sicherung können also ohne weiteres zwei, 
kurzzeitig auch drei Lampen geschaltet werden, so- 
fern nur eine von diesen mit vollem Strom brennt. 
Für kleinere Ateliers, denen kein besonderer Kraft- 
stromanschluß zur Verfügung steht, vor allem auch 
für die Lichtbildner, die oft in der Wohnung des 
Kunden oder in Theatergarderoben arbeiten müssen, 
stellt der „Superphot“ - Strahler von Weinert einen 
willkommenen Ausweg aus dem leidigen 6-Ampere- 
Dilemma dar. Dipl.-Ing. G. Goebel. 


Zum Werbephoto 


Wirkt das Plakat durch seine Wucht, durch mitunter 
gewaltsame Unterstreichung des Wirkungsmomentes, 
so besteht der Wert des Zeitungs - Werbephotos in 
der liebevollen Betonung des Details in Material und 
Ausarbeitung des ausgebotenen Artikels. In der 
Kamera liegen alle Möglichkeiten, deren eine wahre, 
auf Suggestivität bedachte Reklame bedarf. In der 
Gruppierung der Gegenstände, ihrer Beleuchtung, in 
der wohlberechneten Kontrastierung von Licht und 
Schatten sind Mittel zur Wirkung in Hülle und Fülle 
vorhanden. Der tüchtige Reklamephotograph soll 
nicht bloß mit seinen gegebenen Mitteln vertraut 
sein, sondern auch das heutige  Lebensgetriebe 
kennen, die verschiedenen Schichten der für das be- 
treffende Produkt in Frage kommenden Käufer ge- 
mäß ihrer besonderen Einstellung zu behandeln 
wissen. J. Pecsi in „Photo und Publizität“. 


Zu unseren Bildbeilagen 


Pecsi, Budapest, von dem wir kürzlich schon 
Proben seiner vielseitigen Arbeit zeigen konnten, ist 
im vorliegenden Heft durch das im Licht und die 
silbrigen Töne so reizvolle Mädchenbildnis, einem 
Doppelporträt mit propagandistischem Einschlag und 
der geschickten, wirkungsvollen Werbephotomontage 
für Gummibereifung vertreten. Von G. D. L.- Mit- 
gliedern bringen Schensky, der allbekannte 
Helgoländer Schilderer, einen typischen Fischerkopf 
und R. Gerling, Duisburg, das treffliche Bild 
der Bäuerin in heimischer Tracht. Person, Frank- 
furt, folgt mit zwei Aufnahmen, die in dem ihm 
patentierten Kopierverfahren ausgeführt sind, das 
eine Kräftigung der Kontraste nach eigenem Er- 
messen erlaubt. In dem Frauenkopf wie in der 
lebendigen Aufnahme der Tänzerin kommt der ge- 
steigerte Effekt recht klar zur Geltung. Zur Aus- 
nutzung des Verfahrens gehören Übung und ge- 
nauere Kenntnisse vom Charakter und der Gradation 
der Entwicklungspapiere. Suse B yk, Berlin, zeigt 
dann im Anschluf an ihren in diesem Heft befind- 
lichen Aufsatz sehr ausdrucksvolle Bildnisstudien 
und Anton Müller, Pfaffenhofen, zwei für In- 
dustrie- und Sportaufnahmen vorbildliche, durch Licht 
und Schatten und Bewegung ungewöhnlich lebendige 
Aufnahmen. 


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HUGO ERFURTH, GDL, DRESDEN ó  STAHLHELMER 


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FRANZ GRAINER, GDL, MÜNCHEN 


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PAUL STEIN, G.D.L., KOBLENZ 


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RICHARD GERLING, GDL. DUISBURG 


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ICH BORCHERT, BERLIN 


Idberichte vom Fackelzug am 

l. Márz am Brandenburger Tor und 
3m großen Feuerwerk am 1. Mai auf 
em Tempelhofer Feld in Berlin 


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E. BORCHERT 
Aufnahmen 
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Ausschnitt 
von der Mai- 
feier der Hit- 
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Finkenkrug 


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Über den technischen Ausbau des Vergr3Berungsgerátes 


Mit dem Aufkommen der Feinkornemulsionen und 
Feinkornentwickler ist der Vergrößerungsapparat 
unter den Werkzeugen des modernen Gebrauchs- 
photographen an die erste Stelle gerückt. Er ist zu 
einem Hilfsmittel geworden, dem vielleicht bald eine 
größere Bedeutung zukommt als — der Kamera; 
denn diese liefert schließlich immer nur das Negativ, 
das „Mittel zum Zweck". Erst der Vergrößerungs- 
apparat ermöglicht uns die weitestgehende Aus- 
nutzung des Negativs, die Verwendung kleiner, 
billiger und bequemer Negativformate, die Herstellung 
wirkungsvoller, packender Bilder. 

Ein gutes Vergrößerungsgerät erspart nicht nur Geld, 
sondern, wie wir später sehen werden, auch viel 
mühsame Handarbeit. 

Wir wollen deshalb hier die Bedingungen unter- 
suchen, denen ein moderner, für alle Zwecke der 
Gebrauchsphotographie geeigneter Vergrößerungs- 
apparat entsprechen muß. Dem, der sich ein neues 
Gerät zulegen will, mögen die Ausführungen als An- 
halt dienen, dem, der bereits einen Apparat besitzt, 
sollen sie die Möglichkeit geben, sein Gerät den 
neuen Anforderungen anzupassen. 

Grundsätzlich müssen wir unterscheiden zwischen 
„Großkopierern“ und Vielfach - Vergrößerern. Die 
ersten sind bestimmt für Massenauflagen, kommen 
also in erster Linie in Betracht für Drogisten, Kopier- 
anstalten und Postkartenverlage. Sie arbeiten ge- 
wöhnlich mit automatischer Scharfeinstellung und er- 
geben nur eine beschränkte, vier- bis sechsfache 
LinearvergróBerung. Recht zweckmäßig erscheinen 
für diesen Zweck die veränderlichen Großkopierer 
mit schräg in Tischhöhe liegendem Maskenrahmen 
und Scharfeinstellung auf einschwenkbarer Matt- 
scheibe. Man arbeitet mit diesen Geräten wie mit 
gewöhnlichen Kopierapparaten. 

Mehr als die Großkopierer interessieren uns hier die 
für den Berufslichtbildner geschaffenen Vielfach- 
Vergrößerer. Leider sind sie nicht billig; im Gegen- 
teil, sie kosten gewöhnlich mehr als eine gute 
Kamera. Aber anderseits macht sich erfahrungs- 
gemäß ein gutes Vergrößerungsgerät um so rascher 
bezahlt, je kostspieliger die Anschaffung war. 

Von grundsätzlicher Bedeutung für die Beurteilung 
des Geräts ist das Maß der damit erzielbaren Ver- 
gróBerung. Wir dürfen heute eine mindestens 
20 fache Linearvergrößerung von jedem Apparat 
fordern, selbst wenn sie uns vorläufig nur als Re- 
serve dient. Für Ausschnitte aus Leica-Negativen und 
für Schmalfilmnegative erweist sie sich sehr bald als 
unerlaBlich. Viele Fabriken heben die Möglichkeit, 
mit ihrem Apparat auch Verkleinerungen anzu- 
fertigen, besonders hervor. Praktisch kann man da- 
von jedoch nur sehr selten, gewöhnlich nur bei Paß- 
bildern und Diapositiven, Gebrauch machen. Ein Ver- 
kleinerungsmaßstab 1:2 reicht immer aus. 

Am einfachsten lassen sich erhebliche Vergrofe- 
rungen bis zu 20 fach linear naturgemäß mit hori- 
zontalen Projektionsapparaten erreichen, die auf 


einem Tisch mehr oder weniger weit vom Auffang- 
brett entfernt aufgestellt werden. Diese Geräte be- 
sitzen jedoch so viele Nachteile, daß sie für den 
Berufslichtbildner heute nicht mehr in Betracht 
kommen. Wir wollen uns deshalb hier nur mit den 
senkrechten Geräten beschäftigen. 

Die handelsüblichen Apparate arbeiten teils mit ge- 
richtetem, teils mit direktem zerstreutem Licht. Die 
indirekte Beleuchtung spielt keine Rolle mehr. 
Welcher von den beiden ersten Beleuchtungsarten 
der Vorzug gebührt, ist schwer zu entscheiden und 
hängt in vieler Beziehung vom Hauptarbeitsgebiet 
des Photographen ab. Das vom Kondensor ge- 
bündelte Licht einer Projektionsglühlampe liefert 
harte, kontrastreiche Bilder und eignet sich vor 
allem für flaue Negative und Bromsilberpapier. 

Das von einer Opalglasscheibe zerstreute Licht einer 
Nitra- oder besser noch einer Nitraphotlampe ergibt 
auch von harten Negativen noch weiche, harmonische 
VergróBerungen. Kratzer und Fingerabdrücke auf der 
Glasseite werden von kondensorlosen Geräten nicht 
mit abgebildet. Risse, Schabestellen und Bleistift- 
retuschen in derSchicht dagegen werden von beiden 
Bauarten mit vergrößert. Wenn kondensorlose Ge- 
räte derartige Fehler in der Schicht nicht abbildeten, 
wie das vielfach behauptet wird, so müßten sie auch 
Einzelheiten des Negativs, Áste, Augenwimpern usw. 
„verschlucken“. Das geschieht jedoch nicht, wie man 
durch Versuch leicht feststellen kann. 
Vergróferungsapparate mit zerstreutem Licht er- 
fordern wesentlich längere Belichtungszeiten als Kon- 
densorgeräte. Und zwar betragen diese Zeiten bei 
stärkerer Vergrößerung und normal gedeckten Ne- 
gativen trotz lichtstarker Objektive und trotz der 
Verwendung hochempfindlicher Bromsilberpapiere 
bis zu 5 Minuten. Der Platte schadet das nicht, Film- 
negative dagegen werden dabei so heiß, daß sie sich 
auch unter starkem Druck wellen und unscharfe 
Bilder liefern. Es lag daher nahe, die Vorteile der 
beiden Beleuchtungsarten zu vereinigen und eine 
„gemischte Beleuchtung“ zu schaffen. Eine solche 
Bauart wurde meines Wissens von Leitz eingeführt 
für die Leica-Vergrößerungsapparate. Bei diesen wird 
das Licht einer Opalglühlampe mittels einer Beleuch- 
tungslinse auf das Negativ konzentriert. Wer bereits 
einen Kondensorapparat besitzt, kann diesen ohne 
weiteres für „gemischte“ Beleuchtung umbauen, in- 
dem er die Projektionsglühlampe ersetzt durch eine 
200 - Watt - Opallampe, die überdies eine wesentlich 
größere Lebensdauer besitzt als die empfindliche 
Speziallampe. 

Der Umbau kondensorloser Geräte erfordert etwas 
mehr Arbeit: Die Beleuchtungsscheibe aus Opalglas 
wird entfernt. An ihrer Stelle wird ein Sperrholz- 
brett von 8 mm Stärke eingelegt, das in der Mitte 
einen kreisförmigen Ausschnitt zur Aufnahme des 
Kondensors erhält. Der Durchmesser des Kondensors 
richtet sich nach dem größten zu vergrößernden Ne- 
gativausschnitt. Für das Format 9 X 12 und Teile von 


63 


13 X 18 reicht ein Kondensordurchmesser von 15 cm 
aus. Der Kondensor wird in den Ausschnitt des 
Sperrholzbrettchens eingehüngt und mit ein paar 
Holzschrauben  festgeschraubt. Ist der Abstand 
zwischen der früheren Opalscheibe und dem Negativ 
klein, so brauchen wir die Opalscheibe lediglich 
durch eine Klarglasscheibe zu ersetzen und den Kon- 
densor einfach auf diese Scheibe zu legen. Vor dem 
Umbau ist durch Versuch zu ermitteln, ob der Ab- 
stand zwischen Opallampe und eingelegtem Konden- 
sor genügend groß ist, um das Bildfeld des größten 
Negativrahmens voll auszuleuchten. Apparate mit 
seitlich angeordneten Lampenfassungen müssen für 
gemischte Beleuchtung natürlich mit einer zentralen 
Lampenfassung ausgerüstet werden. 

Durch einen solchen Umbau lief sich die Belichtungs- 
zeit eines Okoli-Gerätes um 75 % herabsetzen, ohne 
daß die Nachteile der reinen Kondensorbeleuchtung 
aufgetreten wären. Es wurde dadurch sogar möglich, 
nasse Platten nach oberflächlichem Abwischen der 
Tropfen ohne Beschädigung der Schicht vier- bis 
fünffach linear zu vergrößern, eine Möglichkeit, die 
für den Pressephotographen von Bedeutung sein 
kann. 

Das Vielfachgerät des Berufslichtbildners darf keine 
automatische Scharfeinstellung besitzen, weil dadurch 
die Vergrößerungsmöglichkeiten viel zu sehr be- 
schränkt werden. Die rasche Scharfeinstellung be- 
reitet heute mittels Lupe oder mittels des „Akri- 
skops" von Dr. Graßmann, Berlin, keine Schwierig- 
keiten mehr. Von grófiter Bedeutung ist die An- 
bringung des Gerätes. Normalerweise soll sich das 
Auffangbrett in Tischhöhe befinden, schon des be- 
quemeren Arbeitens wegen. Es muß aber die Mög- 
lichkeit vorgesehen werden, das Auffangbrett bei- 
seite zu klappen, so daß man das Papier bei Bedarf 
auch auf den Fußboden legen kann. Hängt der Ver- 
größerungsapparat an der Wand, so bringe man ihn 
so hoch wie möglich an, um ausreichenden Abstand 
zwischen Objektiv und Auffangfläche zu erhalten. 
Die Wand hinter dem Gerät muß in einer Breite von 
1,5 m schwarz gestrichen oder verhängt werden, 
damit bei langen Belichtungszeiten kein Nebenlicht 
auf das lichtempfindliche Papier reflektiert wird. 
Säulengeräte nach dem Muster des Leica - Vergröße- 
rungsapparates müssen so eingerichtet sein, daß man 
sie notfalls über die Tischkante hinüberschwenken 
und die Papierkassette auf den Fußboden legen 
kann. 

Papierkassetten mit Glasscheibe sind unzweckmäßig, 
weil die Scheibe stets sauber gehalten werden muß 
und weil sich jeder Kratzer, jedes Bläschen im 
Glase mit abbildet. Viel besser sind Kassetten mit 
verstellbaren Maskenschienen. Das ehemals übliche 
Feststecken des Papiers mit Filmnadeln ist bei senk- 
rechten Geräten nicht mehr erforderlich. Gut ge- 
lagertes Papier braucht man nur einmal mit der 
Schicht nach außen zu rollen oder über eine Kante 
zu ziehen. Es liegt dann von selbst genügend plan. 
Wer ganz sicher gehen will, beschwert die beiden 
Schmalseiten mit schwarzen Vierkanteisen von 20 


64 


X 20 X 300 mm. Ein einfaches Filter aus hellem 
rotem Zelluloid ist zum Ausrichten des Papiers un- 
erláBlich. Wenn es am Apparat nicht vorhanden ist 
und auch nicht nachträglich angebaut werden kann, 
so schiebt man es in einen passenden Gelbfilterhalter 
und setzt diesen während des Ausrichtens vor das 
Objektiv. 

Das korrigierte Vergrößerungsobjektiv braucht keine 
Irisblende zu haben, da wir ja lediglich Ebene auf 
Ebene abbilden und mithin keine Tiefenschärfe be- 
nötigen. Nur bei sehr dünnen Negativen, die eine 
Belichtungszeit von weniger als 5 Sekunden erfordern 
würden, empfiehlt sich die Verwendung einer ein- 
fachen, festen Einsteckblende, die die Lichtstärke des 
Objektivs auf ein Drittel bis ein Viertel herabsetzt. 
Diese Blende ist auch dann sehr nützlich, wenn man 
einzelne Teile des Negativs wührend der Belichtung 
abdecken will und dafür längere Belichtungszeiten 
braucht. 

Über die erforderliche Güte des Vergrößerungs- 
objektivs herrschen die unsinnigsten Anschauungen. 
Allgemein wird behauptet, je weiter man vergrößern 
wolle, ein um so größeres Auflósungsvermógen müsse 
das Objektiv aufweisen. Wohl gilt das für das Auf- 
nahmeobjektiv. Beim Vergrößerungsobjektiv ist das 
Gegenteil richtig, so paradox das zunächst auch er- 
scheinen mag. Je weiter wir die Vergrößerung 
treiben, um so schlechter darf, ja, muß das Objektiv 
sein, um die Abbildung des Silberkorns nach Mog- 
lichkeit zu unterdrücken. Die Frage, von welchem 
Vergrößerungsmaßstab an wir das Korn auf opti- 
schem Wege „verschlucken“ müssen, läßt sich aller- 
dings nicht einmal für ein und dieselbe Negativ- 
emulsion und denselben Entwickler beantworten. 
Abgesehen davon, daß die Körnigkeit jeder Emul- 
sion schwankt, hängt die Kornbildung in hohem 
Maße von äußeren Einflüssen ab.  Überbelichtung, 
zu ausgedehnte Entwicklung bei zu hoher Temperatur 
führen selbst bei Verwendung von Feinkornfilm und 
Feinkornentwickler zu sehr starkem Silberkorn, das 
insbesondere in den Halbtönen der Vergrößerung 
störend sichtbar wird. Man spricht von einem „Zer- 
reißen“ der Halbtöne. Dieses Zerreißen wirkt vor 
allem bei Porträts sehr unschön, weil selbst ein 
zartes Frauenbildnis dadurch leicht einen „un- 
rasierten“ Eindruck macht. Wir müssen also ver- 
suchen, das bei starken Vergrößerungen zutage 
tretende Kornmosaik wieder zu einer einheitlichen 
Fläche zu verschmelzen. 

Dazu dient uns ein Projektionsobjektiv, dessen Auf- 
losungsvermógen nicht mehr ausreicht, um die 
feinsten Einzelheiten der Platte, die Silberkörner, 
scharf abzubilden, d. h. ein billiges, unterkorrigiertes 
Objektiv. Aus der Aufnahmetechnik sind derartige 
Objektive bekannt als „Weichzeichner“. Sie liefern 
zarte Negative mit ruhigen, wenig gegliederten 
Flächen und sehr reizvollen Überstrahlungen der 
Lichter. Verwenden wir einen solchen Weich- 
zeichner im Vergrößerungsgerät, so überstrahlen 
auch hier die hellsten Stellen, d.h. die Schatten des 
Positivs. Zur Kornverschmelzung ist uns diese Über- 


strahlung der Kornzwischenräume in hohem Maße 
erwünscht; die zerrissenen Halbtöne verschwimmen 
wieder zu einheitlichen, allerdings dunkleren Flächen. 
Um so mehr tritt diese Kornverschmelzung ein, je 
flacher die Gradation des Papiers verläuft, je weicher 
also das Papier arbeitet. Einem zu starken Inein- 
anderlaufen der Töne beugen wir durch Wahl eines 
kräftiger arbeitenden Papieres vor. Aber dieses 
Mittel, die Kornverschmelzung zu regeln, reicht nicht 
aus. Wir müssen den Grad der Überstrahlung be- 
einflussen durch Änderung der sphärischen Aberration 
unseres Objektivs. (Da wir nur mit dem gelb-roten, 
also nahezu monochromatischen Licht der Glühlampe 
vergrößern, interessiert die chromatische Abweichung 
des Objektivs hier nicht.) D. h., wir verwenden für 
stärkste Vergrößerungen im einfachsten Falle ein 
sphärisch unterkorrigiertes Objektiv, ein Monokel 
(Zeiss - Punktalglas), dessen Brennweite mindestens 
gleich der doppelten Diagonale des zu vergrößernden 
Bildausschnittes ist. Durch Vorsetzen einer aus 
schwarzem Papier geschnittenen Sternblende decken 
wir einen Teil der Randstrahlen ab. Die Blende darf 
nur so viel Randstrahlen durchlassen, als zur Er- 
zielung der für die Tonverschmelzung erforderlichen 
Überstrahlung unbedingt erforderlich sind. Man darf 
nicht vergessen, daß infolge dieser Überstrahlung 
auch alle dunklen Stellen des  Positivs, Haare, 
Lippen, Augenbrauen und Wimpern, überhaupt alle 
Konturen, weich und sammetartig verlaufen. Für viele 
Zwecke, z. B. für Porträts, ist das nur erwünscht, 
zumal Hautporen, kleine Pickel, vor allem auch Re- 


Е 
И" 


ve Air 


tuschen in der Schicht mit verschwinden und Schatten 
und scharfe Falten stark gemildert werden. 

Man kann bei Verwendung einer solchen unterkorri- 
gierten Vergrößerungsoptik geradezu von einer „opti- 
schen Positivretusche“ sprechen, die gegenüber der 
Aufnahme mit Weichzeichner den großen Vorteil 
hat, daß man ein gestochen scharfes Negativ behält, 
von dem man je nach dem Geschmack des Kunden 
scharfe oder weiche Bilder anfertigt. Aufnahmen 
mit Zeiss- Tessar auf Agfa-Isochrom bleiben z. B. 
selbst bei 15 facher Monokelvergrößerung noch völlig 
„glatt“, ohne irgendwie störend zu verschwimmen. 
Je feinkörniger das Negativ ist, je weniger wir ver- 
größern, je mehr es auf Einzelheiten des Bildes an- 
kommt, um so mehr müssen wir das Vergrößerungs- 
objektiv durch Abblenden der Randstrahlen „korri- 
gieren", bis wir, etwa von der sechsfachen Linear- 
vergrößerung abwärts, zum voll auskorrigierten 
Anastigmaten mit voller Öffnung übergehen können. 
Gewöhnlich werden wir den umgekehrten Weg be- 
schreiten: Wir arbeiten so lange wie möglich mit 
einem korrigierten Anastigmaten. Sobald die Mittel- 
töne des Positivs zerreißen, müssen wir die Korrektur 
unseres Objektivs so weit „verderben“, daß das 
Silberkorn verschwimmt, allerdings auf Kosten der 
Bildschärfe. Diese Einbuße schadet jedoch nicht, da 
die kleinsten Einzelheiten des Bildes ja bereits ge- 
nügend auseinander gezogen sind. Oft genügt es zur 
Dekorrektion bereits, die beiden Objektivhälften zu 
vertauschen. Reicht dies nicht aus, so schaltet man 
ein Beugungsgitter vor das Objektiv, etwa den Lifa- 


SE 
+ 


— 3 


Beispiel infraroter Photographie. Bildmitte und Ferne durch Nebel für das bloBe Auge unsichtbar, sie werden in 


erstaunlicher Klarheit wiedergegeben. 


Das Laubwerk erscheint infolge des notwendigen Filters weiBlich 


65 


Weichzeicher, der für starke Leica - Vergrößerungen 
fast unerläßlich ist. An Stelle des Gitters können 
auch Zeiss - Softar - Linsen oder die Kodak - Weich- 
zeichner Nr. 1, 2 u. 3 zur Dekorrektion des Anastig- 
maten dienen. Als letztes Mittel für extreme Ver- 
größerungen oder starke optische „Retuschen“ bleibt 
das mehr oder weniger abgeblendete Monokel oder 
eine sogenannte Landschaftslinse, ein Periskop, das 
man vielfach noch an ganz alten Kameras findet. 
Solche Objektive sind allerdings in der Regel stark 
abgeblendet, etwa auf 1:11, um „scharfe“ Bilder zu 
liefern. Für Zwecke der Kornverschmelzung επί- 
fernen wir die feste Blende und ersetzen sie durch 
eine vorgeschaltete Sternblende. 

Wer den Selbstbau eines Monokelobjektivs scheut, 
kann statt dessen auch ein Rodenstock-Imagon-Ob- 
jektiv mit Randstrahlenlochblende verwenden, das 
im wesentlichen nichts anderes ist als ein chromatisch 
korrigiertes Monokel. 

Versuche, die der Verfasser mit einer großen An- 
zahl derartiger Objektive angestellt hat, führten zu- 
letzt zur Verwendung eines bereits seit langer Zeit 
im Handel erhältlichen, von Fachphotographen aber 
bisher noch viel zu wenig beachteten Spezialobjektivs, 
des Voigtländer-W-Z-Weichzeichners. Er ist seiner 
Bauart nach ein Periskop mit zentral angeordneter 
Irisblende, mittels deren der Grad der erzielten 
Überstrahlung in weitesten Grenzen geregelt werden 
kann. Bei Abblendung auf FIIR zeichnet der W - Z 
vollkommen scharf, bei Ғ/9 liefert er stärkste Über- 
strahlung, die wir jedoch nur selten anwenden wer- 
den; denn wohlgemerkt, wir verwenden ihn nicht zu 
seinem ursprünglichen Zweck, zur „Weichzeichnung“, 
die etwas aus der Mode gekommen ist, sondern ledig- 
lich zum Zusammenhalten der Töne, zur „Glättung“. 
Das muß immer wieder betont werden: Keine 
„soßigen“ Bilder soll uns der W-Z liefern, sondern 
lediglich einheitliche, unzerrissene Flächen, im 
äußersten Falle glatte ,Puppenkópfe", wie man sie 
früher nur durch mühsame Handretusche erzielen 
konnte. 

Die Brennweite des Vergrößerungsobjektivs wird 
meist viel zu groß gewählt. Im Gegensatz zur Auf- 
nahmeoptik, die aus Gründen einer wahrheitsgetreuen 
Perspektive so lang wie möglich sein soll, braucht 
die Brennweite des korrigierten Vergrößerungs- 
ob jektivs nur gerade so groß zu sein, wie es zur 
Auszeichnung des größten Bildausschnittes unbedingt 
erforderlich ist, d. h. für einen Ausschnitt 9 X 12 cm 
auf keinen Fall größer als 13,5 cm, allgemein etwa 
gleich der Ausschnittsdiagonalen. (Bei unterkorrigier- 
ten Objektiven muß die Brennweite der Randschärfe 
wegen größer, etwa gleich der doppelten Ausschnitt- 
diagonalen sein, wie bereits erwähnt wurde.) Je 


Was ist aktuell? 


Der Bilderdienst der Zeitungen und Zeitschriften 
hat in den letzten Monaten eine durchgreifende Um- 
stellung erfahren. Man konnte sagen, fast über Nacht 
ist die deutsche Bürgerlichkeit darauf gekommen, 


66 


kleiner die Brennweite, um so leichter lassen sich 
erhebliche Vergrößerungen mit geringem Vergrofe- 
rungsabstand erzielen. Das gilt vor allem für Bild- 
ausschnitte. Einen Ausschnitt von 2 X 2 cm aus einer 
9 X 12- Platte werden wir nicht mit 13,5 cm, sondern 
mit dem Vergrößerungsobjektiv für Kleinfilmformate, 
etwa mit 5 cm Brennweite, vergrößern. Für die Wahl 
der Brennweite ist immer die Ausschnitts- 
diagonale maßgebend. Der Rest der Platte wird mit 
schwarzem Papier oder roter Abdeckfarbe abgedeckt, 
um Nebenlicht zu vermeiden. 
Bei nur einem Objektivgewinde am Apparat und 
verschiedenen Z wischenringen ist man stark behindert 
in der Auswahl der Optik. Die wahlweise Verwen- 
dung verschiedener Brennweiten wird wesentlich 
erleichtert, wenn der Vergrößerungsapparat für die 
Aufnahme auswechselbarer Objektivbretter einge- 
richtet ist, auf denen die verschiedenen Objektive in 
Normalfassung mit Holzschrauben befestigt werden. 
Die Lichtstärke des Vergrößerungsobjektives spielt 
eine verhältnismäßig geringe Rolle. Sie richtet sich 
nach der Auflagezahl und der dadurch bedingten 
Belichtungszeit. Etwaigen Anderungen der Papier- 
gradation im Zusammenhang mit der Expositionszeit 
kann man leicht durch Wahl einer geeigneten Papier- 
sorte entgegenarbeiten. 
Zum Schluß noch eine sehr nützliche Einrichtung, 
die wir uns allerdings in den meisten Fällen selbst 
nachträglich am Apparat anbringen müssen: eine 
Vorrichtung, um das Negativ schräg zu stellen. Be- 
kanntlich lassen sich bei Architekturaufnahmen die 
perspektivischen Verjüngungen, das „Stürzen“ von 
Gebäudeteilen infolge „gekippter“ Kamera, oft nicht 
vermeiden; nur bei wenigen Kameras kann man den 
Laufboden und damit die Objektivachse gegen die 
Mattscheibenebene neigen. Ein Negativ mit stürzen- 
den Linien läßt sich jedoch sehr leicht „entzerren“. 
wenn man das lichtempfindliche Papier nicht waage 
recht unter das Objektiv legt, sondern neigt, so daf 
die „ver jüngte“ Seite weiter vom Objektiv entfernt 
ist als die „richtige“. Damit nun infolge der dadurch 
auftretenden Fokusdifferenz keine Unschärfe auf- 
tritt, müssen wir das Negativ ebenfalls neigen, un- 
gefáhr parallel zum Papier. Am einfachsten er- 
reichen wir das durch eine an der Schmalseite des 
Negativrahmens angebrachte Metallschraube, deren 
Muttergewinde in ein kleines Metallstück von 
10 X 20 mm eingeschnitten wird. Dieses Metallstück 
schrauben wir mit zwei kleinen Holzschrauben am 
Rande des Negativrahmens fest. Je weiter wir die 
Metallschraube herausschrauben, um so mehr läßt sich 
das Negativ gegen die Objektivachse neigen und da- 
durch in vielen Fallen — „retten“. 

Dipl.-Ing. Gerhart Goebel. 


daß sie im Bild nicht richtig bedient wurde. Es ist 
das nicht allein auf die Neugestaltung der ganzen 
Reichsordnung zu setzen, diese mußte sich ja in ge- 
wisser Konsequenz des Vergangenen so entwickeln. 


nein, mit dem Begriff Deutschtum ist die ungeheure 
Wandlung geschehen. Wie ein Erwachen erfaßte es 
die Zeitungsleser — wir sehen immer und durch- 
schnittlich die Vorgänge im Ausland, Exotik und 
Andersartiges wird uns wie ein kostbarer Lecker- 
bissen vorgesetzt, wir wissen ganz genau, wie Afrika 
vom Norden nach dem Süden aussieht, kein Winkel 
der Erde, der nicht durchforscht und uns auf großen 
Zeitungsseiten nahe, ganz nahe gebracht wird...., 
aber was weiß ich eigentlich von Deutschland? Was 
wissen die Millionen, die niemals unsere Heimat von 
oben nach unten, von Ost nach West durchstreifen 
konnten, von der Eigenart und tiefen Schönheit der 
einzelnen deutschen Volksstämme und bodenstän- 
digen Landschaft? Auf einmal wurde man sich be- 
wußt, daß man über der Suche nach der fernen Welt 
die eigene Heimat vergessen hatte. 

Das Wort „aktuell“ — durch die Bildberichterstattung 
überhaupt erst sanktioniert — bekam doppelte Be- 
deutung. Nicht allein das Tagesgeschehen, die 
Stimmungsberichte von heute sind aktuell, die photo- 
graphische Durchdringung Deutschlands in seiner 
verschiedenen Lebensäußerung, seine vielgestaltige 
Bevölkerung und ihre Wesensart wurden zur leben- 
digen Neuheit, aus dem zerfurchten Antlitz der 
friesischen Schifferfrau, dem herzlich lächelnden runden 
Gesichtchen des bayrischen Bauernkindes grüßte 
etwas, das uns allen gehört, ein Stück, eine Be- 
glückung des eigenen Vaterlandes. Auf einmal ist 
das alles sehr neu, weil nicht allgemein bekannt, auf 
einmal ist alles Fremde aus fernen Ländern lange 
nicht so interessant wie die Bildserie aus einem 
sagenhaften deutschen Bergland, das Leben der 
Millionärsfrauen in Miami ist farblos gegen die 
gegenwartsnahe Berichterstattung aus St. Pauli. 
Immer schon war das Kriegsgeschrei aller Journa- 
listen und Bildreporter: „Bitte, nur Aktuelles!“ Die 
Grenzen sind enger gezogen. Nicht nur, daß der 
Alltag immer Neues, Umwälzendes vor die Linse 
zerrt, das wichtig zu wissen ist, Zeitungen und Zeit- 
schriften greifen heute lieber nach dem rein deut- 
schen Thema, weil im Volke der große Hunger ist, 
die deutsche Art und Heimat richtig kennenzulernen. 
Damit ist aber der Ruf nach Aktualität nicht er- 
schöpft. Die Vergangenheit Deutschlands wird 
lebendig im photographischen Bild, es gibt anschau- 
licher als aile Worte einen Tatsachenbegriff. Wer 
also seit Jahren Photos sammelte, hat jetzt die beste 
Gelegenheit, sie zu verwerten, denn gute Aufnahmen 
aus lángst vergangener Zeit sind sehr begehrt und 
hochaktuell. Durch das Wiederaufleben solcher 
alten Sammlungen werden auch manchmal Unrichtig- 
keiten der Weltgeschichte korrigiert, vor allem sind 
diese Aufnahmen aber als Vergleich sehr wichtig, 
welche Veränderungen die Photographie überhaupt 
erfahren hat. Und da kommt die überraschende 
Tatsache, daß manches alte Porträt oder Genrebild 
in der gleichen zarten und weichen Auffassung gar 
nicht mehr gemacht werden konnte, die Zeit eine 
Tónung und Linienverwischung von unsagbarem 
Reiz geschaffen hat. 


E. Borchert. Vom historischen Tag in Potsdam. Der 
Reichspräsident beim Eintreffen vor der Nicolai- Kirche 


v. Witzleben. Von der Maifeier auf dem Tempelhofer Feld 


Fragt man weiter, was aktuell ist, dann muß man 
selbstverständlich auf die politische, wirtschaftliche 
und parteiliche Bildberichterstattung hinweisen. Jede 
Zeitung hat die Pflicht, propagandistisch zu wirken, 
Mittler zu sein zwischen Regierung und Volk. Das 
Publikum soll an allem Interesse nehmen, was die 
Staatshäupter, die Ministerien und ihre Ressorts, 
Verbände und Behörden beschließen und in die Tat 
umsetzen. Je mehr das Volk im Bilde sieht, was ge- 
schaffen wird, um so propagandistischer wirbt die 
Zeitung für den Regierungsgedanken, wird die große 


67 


Hrch. Wimmersperg. Ausbesserung der Straßenbahn- 
schienen durch einen Elektroschweißer 


L. Fritz. Kleinste deutsche Schule der Welt auf Sumatra 


Idee in tausend kleinen Bildern ins Volk getragen 
und Gemeingut. Gelegenheiten, wie z. B. der 1. Mai 
1933, der Tag der Arbeit, sind Hochspannung der 
Aktualität, ein gelungener Schnappschuß, der einen 
der führenden Männer unverhofft und unvorbereitet 
auf die Platte bringt, wird begehrtestes Objekt für 
jede Zeitung. 

Dadurch nun, daß heute seitens der Bildredaktionen 
kein sonderlicher Wert auf Auslandsreportage gelegt 
wird, erhalten alle Vorgänge des täglichen Lebens 
einen besonderen Aktualitätswert. Wir befassen uns 
wieder mit uns selber ., der Arbeiter, der die 
Schienen schweift, der Sportler, der sein Bestes her- 


68 


gibt — auch wenn es nicht gerade eine Kanone 
ist —, ein erhaschter Schreckens- oder Freudeaus- 
druck, tausend bewußte oder unbewufite Lebens- 
üuferungen werden zum aktuellen Geschehen, vor 
allem aber das Aufzeigen von Mángeln, die behoben 
werden sollten, oder Dingen, die Anerkennung ver- 
dienen. Es ist ein vóllig neues Gebiet, das sich hier 
der Reportage öffnet, man betrachtet auf einmal 
seinen Freund, seinen Bruder, den Vorgesetzten 
oder Untergebenen auf das rein Menschliche, wir 
denken über uns selber nach. Und dieses Ergründen 
und Ergrübeln, ins Bildhafte umgesetzt, ist, rein 
pädagogisch genommen — Volkserziehung. Darauf 
geht vor allem heute fast jede illustrierte Zeitung 
aus, mitzuarbeiten an dem großen Volksgedanken. 
Darüber darf natürlich die Entwicklung nicht ver- 
gessen werden, denn der Deutsche von heute denkt 
nicht mehr in Lyrik, seine schönsten und er- 
habensten gedanklichen Werke sind die Technik. Er 
denkt praktisch. Der große Träumer und Schön- 
geist von einst ist zum Realwirtschaftler geworden, 
den die Not der Zeit zwingt, sich technisch zu ver- 
vollkommnen. Auch das ist Aktualität. Wir sollen 
und können stolz sein auf unsere Erfindergenies, sie 
und ihre Werke publizistisch aufzuzeigen und zu ver- 
ewigen, ist Anforderung des Tages, also aktuell. 
Jeder Pressephotograph zerbricht sich heute den 
Kopf: „Was ist aktuell?" Wie man sieht, eröffnet 
sich durch die ganze Umstellung unseres Staatswesens 
eine unendlich weite Perspektive, es kommt einzig 
und allein — wie auch sonst immer — nur auf die 
Idee an, und schließlich ist der Erfolg jeder Bilder- 
serie, bebilderten Artikels oder auch des Einzel- 
pressephotos stets in der guten Idee zu suchen. 
Nun, ganz kann man natürlich die übrige Welt auch 
nicht vergessen, dazu ist Rundfunk und drahtlose 
Telegraphie zu weltumspannend, das Leben ist in 
der ganzen Welt genau so reich wie bei uns 
aber die Herren Redakteure suchen auch da nur das 
durchaus Aktuelle. Während man vor gar nicht 
langer Zeit noch sehr großen Wert auf wissenschaft- 
lich Ethnographisches legte, ist diese Forderung in 
den Hintergrund getreten vor dem Schnappschuß 
aus dem vollen Leben anderer Volker, und vor allem 
wird nach irgendeiner Beziehung mit Deutschland 
gesucht. Oder aber die Entwicklung in einem Lande 
findet Interesse, z. B. in China, wie denn fast alle 
Blütter fortlaufend Bildberichte aus dem Fernen Osten 
bringen. Sämtliche ehemals deutschen Kolonien sind 
stark gefragt oder solche, deren Entwicklung mit 
unseren Volksgenossen zusammenhängen, wie z. B. 
Südamerika, Hollündisch-Indien, Siam usw., die über 
eine große deutsche Kolonie verfügen. 

Schulwesen, Arbeitsdienst, Volkswohlfahrt in der 
engeren Heimat, Flugwesen und Jugendbewegung 
sind gesuchte Themen, und damit kann abschließend 
gesagt werden: Aktuell in der Pressephotographie ist 
heute unbedingt alles Heimatliche, jedem Deutschen 
ein Vaterland, das er kennt. L. Fritz. 


Der Bilderredakteur hat das Wort 


Wie muB eine Photoreportage aussehen ? 


„Ja, die Serie ist ganz gut, aber es fehlt — Etwas“. 
Es gibt wohl kaum einen Pressephotographen, der 
das nicht schon mal von dem Bildredakteur zu hören 
bekommen hat, dem er eine Reportage anbot, von 
deren hundertprozentigem Gelingen nach jeder Rich- 
tung hin er überzeugt war. Über das „Weshalb“ 
dieser Angelegenheit soll hier eine kleine Unter- 
suchung angestellt werden, die vielleicht ein bißchen 
dazu beiträgt, dem einen oder anderen zuständigen 
Leser — wie man so schön sagt — auf die Sprünge 
zu helfen. Schließlich ist für den Photoreporter 
neben dem technisch einwandfreien Gelingen einer 
Serie ihr Verkauf das Entscheidende. 

Welche nühere Begründung wird auf die naheliegende 
Frage nach dem „fehlenden Etwas“ gegeben? In 
genauester Fassung wohl: „Es fehlt das Bild!“ 
Welches nun ist das Bild? 

Zwei Antworten gibt es dafür. Erstens das Photo, 
das seine Wirksamkeit nach der rein optischen Seite 
hin löst und zweitens die Aufnahme, die das Jour- 
nalistische am besten trifft. Also, die Wiedergabe 
des Besonderen, Ausgefallenen. Es braucht nicht 
einmal etwas für das Gesamtthema Wesentliches zu 
sein. Auch das Nebensächliche kann für den be- 
trachtenden Laien — und zu dem rechnet sich der 
Bildredakteur immer, da er ja als „Publikum“ 
sieht — als interessant gelten. 

Zu dem nur optisch zu wertenden Hauptbild einer 
Serie ist eigentlich kaum etwas zu sagen. Es ist 
klar, daf hierbei einfach der Blickwinkel entscheidend 
ist, von dem aus die Platte belichtet wird. Es gibt 
tausend Beispiele dafür, die dem sachverständigen 
Leser geläufig sind. Auch das Herausvergrößern 
eines bestimmten Ausschnitts aus einem Bild ist 
natürlich nichts anderes, als ein Schritt auf dem 
Wege zu dem vollkommenen Photo. 

Erheblich mehr läßt sich zu dem „journalistisch“ ge- 
wonnenen Bild sagen. Wie schon oben erwähnt, ist 
rein thematisch Wesentliches dafür nicht notwendig. 
Die Erfahrung lehrt sogar oft das Gegenteil. Der 
Bildredakteur erlebt es so manches Mal, daf ihn der 
Fhotograph bei der Vorlage einer z. B. in einem 
wissenschaftlichen Institut gemachten Reportage auf 
einige wichtige Tatsachen aufmerksam macht, die auf 
irgendeinem der Photos zu sehen sind. Bildmäßig 
hóchst unwirksam, aber: ,... der Herr Professor 
hat mich das extra aufnehmen lassen." 

Schón und gut! Der Herr Professor wird schon ge- 
wußt haben, wie wichtig der Vorgang ist, den er da 
besonders photographieren lief. Wichtig für seine 
Arbeit nämlich. Aber sehr nebensáchlich im Rahmen 
der bildlichen Darstellung. Und das kann mancher 
Photograph nicht verstehen. 

Es soll hier ein Beispiel angeführt werden: Jemand 
geht in ein Radiuminstitut, um dort eine Reportage 


zu machen. Herr Professor X persónlich stellt sich 
für die Aufnahmen zur Verfügung und übernimmt 
liebenswürdigerweise für den photographierenden 
Laien die Führung durch das Labyrinth der Wissen- 
schaft. Das ist natürlich ein sehr notwendiger Um- 
stand, sowohl für den Photographen wie für seine 
Serie, die selbstverstündlich in jeder Beziehung hieb- 
und stichfest sein muß. Wer anders also könnte ihm 
bei seiner verantwortungsvollen Arbeit in geeigne- 
{егет Maße helfen als eben der Fachwissenschaftler? 
Aber — und das ist der springende Punkt — Herr 
Professor X, der große Gelehrte, ist kein Bildreporter 
und muß sich auch seinerseits dem Willen des 
Photographen unterwerfen, der etwas interessant 
findet, was dem Wissenschaftler nebensüchlich. Sonst 
kommt es eben darauf hinaus, dafi der Photograph 
fachtechnisch zwar richtige Darstellungen von irgend- 
welchen Vorgängen nach Hause bringt, die bildmäßig 
jedoch absolut unbefriedigend sind. 

„.. dabei sah der Herr Professor ganz phantastisch 
aus mit den riesigen Asbesthandschuhen, der Schutz- 
brille und dem mächtigen Bleipanzer vor dem Bauch“, 
sagt der Photograph ganz nebenbei. 

»Und weshalb haben Sie diese Aufnahme nicht ge- 
macht?" 

»Der Herr Professor meinte, das sei doch nicht 
wichtig und hätte mit dem Thema nichts zu tun.“ 
Ja, der Herr Professor meinte. 

Da fehlte eben die Energie des Photographen, der 
seiner Serie schuldhaft die Würze nahm. Denn dieses 


L. Fritz. Bei einem deutschen Vortrag in China. Obgleich 
die Frauen kein Wort verstehen, hören sie mit gespannter 
Aufmerksamkeit zu 


69 


Bild von dem gepanzerten Ritter der Wissenschaft 
wäre wahrscheinlich das Bild gewesen. 

Weshalb aber in jeder Serie mindestens ein Photo 
sein soll, das sich bildlich oder thematisch aus den 


эзәәөөө® 
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399000 
529,00 
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7989 
300 


Gummisauger auf dem Prüfstand. 

Ein nach der .optischen” Seite gelóstes Photo. Das Auge 
des Betrachters bleibt an den merkwúrdig geformten 
Flecken hángen. In Verbindung mit einigen mehr sach- 
lichen Photos wird die Serie dem Bilderredakteur irgend- 
wie zusagen 


Verschiedenes 
Hervorrufung in Stuten 


Man kann nicht behaupten, daß Ше 7 weischalen- 
entwicklung, die von Joanovich 1907 an- 
gegeben worden ist, betráchtlichen Eingang in die 
Praxis gefunden hätte oder sogar einer größeren 
Zahl von Lichtbildnern bekannt geworden wäre. Wenn 
auch diese Methode den Entwickler besonders gut 
ausnutzt, so ist sie doch gegenüber der gebräuch- 
lichen Negativhervorrufung umständlicher und nimmt 
als Gegenwert für eine allerdings nur geringe Ar- 
beitserschwerung bezüglich der Negativqualität nur 
die Tatsache in Anspruch, daß knapp belichtete Auf- 
nahmen eine weniger harte Gradation erhalten, als 
wenn sie in normaler Weise hervorgerufen worden 
wären. Diese Zweischalenentwicklung besteht darin, 
daß man den Entwickler nicht in der gebrauchs- 
fertigen üblichen Mischung verwendet, sondern daß 
man nach Art der „getrennt angesetzten Entwickler- 
lösungen“ zuerst in einer Schale die Lösung der ent- 
wickelnden Substanz nebst dem Konservierungsmittel 
Natriumsulfit, in einer zweiten Schale die Alkali- 
lösung wirken läßt. In der ersten Schale läßt man 


70 


anderen heraushebt, soll in einem zweiten Artikel be- 
handelt werden, der sich mit der Seitenaufteilung 
durch den Bildredakteur beschäftigt. 

Wolfgang Schade. 


Eine 800 Jahre alte Mumie wird untersucht — aus Vorsicht 
wird dafür der Gebrauch der Gasmaske vorgeschrieben. 
Ein .journalistisches” Photo. Der Photograph erkannte als 
Journalist das Interesse, das der Beschauer für den Mann 
mit der Gasmaske haben würde. Die Aufnahme erschien 
in der Serie groß aufgemacht als das Bild. 


die hervorzurufende Schicht eine halbe Minute, bis 
sich die Gelatine voll Entwickler gesogen hat; dann 
bringt man sie für die gleiche Zeit, ohne sie vorher 
abzuspülen, in die Schale mit der Alkalilösung, in 
welcher sich nunmehr im Maße der in die Schicht 
eingedrungenen Entwicklerlósung die Hervorrufung 
abspielt. Sollte nach einmaliger Durchführung des 
Verfahrens die Entwicklung noch nicht beendet sein. 
so wird die Schicht kräftig von allen Alkaliresten ab- 
gespült und dann erneut in die erste Schale gebracht. 
Es ist selbstverstándlich, daf man dieses Verfahren 
in weitgehendem Maße abstimmen kann, wenn es 
sich um die Erfüllung besonderer Aufgaben, um die 
Verarbeitung besonderer Negativschichten dreht. 

Während die Zweischalenentwicklung nur  ein- 
oder zweistufig verläuft, wird in neuester Zeit in der 
englischen Literatur (, British Journal of Photo- 
graphy“ und andere) ein mehrstufiges Entwicklungs- 
verfahren ausführlich behandelt, das anders βε- 
artete Wege geht; es ist das sogenannte „Knapp- 
Verfahren“, bei welchem ein alkalifreier Amidol- 
entwickler verwendet wird. Man bringt das Negativ 


Erich Angenendt, 
GDL Dortmund 


Photomontage, 
bestehend aus je 20 
verschieden ausge- 
schnittenen 18 X 24- 
Aufnahmen für die All- 
gemeine Ortskranken- 
kasse Dortmund. Die 
Bilder illustrieren die 
Einrichtungen des In- 
stitutes 


zuerst 40, dann 50, dann 90 Sekunden in die Hervor- 
ruferlósung und läßt es zwischen diesen Zeiten wenig- 
stens 2 Minuten in reinem Wasser liegen, so daß der 
eingesaugte Entwickler noch nachwirken kann. Jede 
Entwicklungsstufe besteht also ous einer kurz 
befristeten normalen Entwicklung und aus einer Aus- 
wirkung des eingesaugten Entwicklers in einem jeweils 
folgenden Wasserbade. Auf diese Weise werden die 
Schattenpartien und die halbgedeckten Teile des 
Negativs völlig ausentwickelt, während die stark be- 
lichteten Stellen unvollkommen hervorgerufen werden 
und nicht zu einer allzu krüftigen Deckung gelangen 
können; denn an diesen Stellen reicht die ein- 
gedrungene Entwicklermenge nicht zur Ausentwick- 
lung. Wir haben es also mit einer „Oberflächen- 
entwicklung" zu tun, wie sie z. B. auch durch die 


Planliegeentwicklung und durch die ihr ähnliche 
Planolentwicklung erstrebt wird. Aber der Erfinder 
August Knapp weist noch auf einen anderen 
Vorteil seiner Methode hin: In dem nach jeder Ent- 
wicklungsspanne zur Wirkung kommenden Wasser- 
bade werden alle Zersetzungsprodukte des Ent- 
wicklers ausgewaschen und machen dem gleich darauf 
neu eindringenden Entwickler die Bahn frei; was zur 
Folge hat, daß er kräftiger wirken, daß deshalb das 
Negativ kürzer belichtet werden kann. Der ver- 
wendete Entwickler besteht auf 100 ccm Wasser, 2,5 g 
wasserfreiem Natriumsulfit, 0,4 g Amidol, er arbeitet 
auch ohne Bromkaliumzusatz schleierfrei. 

Englische Autoren haben sich günstig über diese 
Knapp-Entwicklung ausgesprochen. prodest. 


71 


Von der Tagung der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner 


Am 21. u. 22. Mai hielt die GDL. in Verbindung mit 
einer unten besprochenen Ausstellung im Erfurter 
Museum ihre Jahrestagung ab, auf welcher zwei Vor- 
träge von Dr. Schlegel und Frau Lendvai-Dirksen 
gehalten wurden, von denen der letztere auf be- 
sonderen Wunsch im Wortlaut folgt. 


Das Thema lautete: 


Uber deutsche Porträtphotographie 


Wenn man etwas redet, dann ist das im Grunde und 
streng genommen ein Selbstgesprách. Denn man 
weiß nicht, ob man verstanden wird im wesentlichen, 
denn man redet ja gar nichts anderes, als was man 
selbst ist und erstrebt. Wenn dann das Großartige 
und Seltene eintritt, daß das Ausgesprochene genau 
so gut Eigentum des anderen ist, dann ist einen 
Augenblick lang die Vereinzelung des Menschen auf- 
gehoben, er tritt aus seiner Isoliertheit heraus in die 
Gemeinschaft. Die einzige, die es gibt, und die 
Sehnsucht und Ziel jeder Menschennatur ist. Es gibt 
wohl allerlei Gemeinschaften, die aber immer nur ein 
Teil bleiben, weil sie auf Interessen beruhen. Da 
aber erst, wo diese aufhören, fängt wirkliche Lebens- 
gemeinschaft an. Das aber ist selten, und so bleibt 
alle Rede meistens ein Monolog. In diesem Sinne 
sind meine Worte aufzunehmen. 

Das letzte Mal, als ich die Tagung besuchte — ich 
mußte zweimal entschuldigt fehlen —, hatte ich in 
Hamburg ein starkes Erlebnis: Kurz vor dem Aus- 
einandergehen traf sich die Gesellschaft noch einmal 
vor der Ausstellung ihrer Bilder in der Kunsthalle, 
und ich kam gerade dazu, wie ein der Gesellschaft 
nicht angehöriger, aber ihr verbundener Mann, der es 
bestimmt gut mit ihr meinte, in längeren Ausein- 
andersetzungen feststellte, daß es mit der GDL. und 
ihrer überwiegenden Romantik so nicht weiterginge. 
Wir würden an dieser veralteten Art uns zugrunde 
richten, weil sie nicht in die Zeit passe. Wir sollten 
Anschluß suchen an die internationale Verständi- 
gungssprache der neuen Sachlichkeit, wir hätten von 
merkantilen Gesichtspunkten auszugehen, diese Ge- 
mütstrottelei müsse nun endlich aufhören. Ich sah 
mich um: Alle waren wir grau, klein, verstórt. Er 
hatte in manchem recht, dieser große beredte Mann, 
besonders darin, дай er meinte, wir sollten das Stoff- 
liche besser photographieren lernen, wie es einige 
von unseren jüngst eingetretenen Mitgliedern täten. 
Er meinte damit die begabten Individualisten unter 
uns. Und wir anderen? Abgetan. 

Ich gestehe, in mir zog sich etwas zusammen, und 
ich versuchte leise, einen von uns „veralteten“ 
Romantikern zum Reden zu bringen. Es griff nicht 
durch, denn uns gegenüber stand eine Weltanschau- 
ung mit ihren Erfolgen. Ich habe damals allen 
Mut zusammengenommen und einen Gegenangriff 
gemacht, indem ich mich zu dem festen Glauben 
bekannte: Wenn wir aus Geltungs- und Nutzungs- 
gründen unsere innere Welt und ihren Ausdruck 
verraten, ist es aus mit uns. Lieber wenig sein, un- 
scheinbar, aber echt wollen wir sein. Wir wollen 
uns nicht mit Internationalismen vollstehlen, wenn 
wir leer sind; vielleicht ist es die schöpferische 
Pause. Ein anderes Volk kann und darf vielleicht 
ungeschadet Fremdes unmittelbar aufnehmen, der 
Deutsche kann und darf es nicht. Wir waren damals 
ein kleines trauriges Volk in der Kunsthalle Ham- 
burg, und vielleicht erinnert sich heute dieser oder 
jener an unsere Verlorenheit. Aber gerade Schmerz 
klärt und rafft zusammen, und ich persönlich ver- 
danke dieser Stunde die eindeutige Kampfhaltung 
um unsere innere und äußere Existenz, denn alles 
auf dieser Welt ist zunächst innere Anschauung, die 
dann in jedem Wort, jeder Bewegung, jedem Werk 
in die Außenwelt tritt. Der Photograph und die 


72 


Photographie sind schlagende Beweiskraft für diese 
Tatsache. Denn wenn schon die Wahl des Stoffes 
aus der ungeheuren Möglichkeit der Umwelt eine 
Charakteräußerung ist, so ist das Stoffliche noch 
nicht einmal das Ausschlaggebende, sondern es ist 
das Wie dieses Was, das Mitteilung wird von einem 
Bewußtsein, einer Seele, die formend hinter dem 
Werk steht. 

Man hat lange unfruchtbare Streitfragen über den 
Kunstwert der Photographie geführt, wo es doch 
immer klar zutage gelegen hat, daß sie eine Sprache 
ist sowohl von höchster Trivialitát vergänglichster 
Tagesinteressen als auch, seltener, von tieferen 
Lebensdingen. Photographieren ist kein mechanisches 
Abschreiben, sondern immer das Resultat einer An- 
schauung. Die Augen sehen das, wozu der Mensch 
innerlich reif ist. Glauben Sie nicht, daß Goethe 
aus dem Problem der Metamorphose der Pflanze 
einen Garten anders ansah als etwa ein heutiger 
Gartenarchitekt oder etwa nach dem Nutzen hin 
ein Gemüsehändler? Man ist so tief mit den Dingen 
verbunden, als das eigene Innere tief ist. Und wer 
ergriffen wird von der Tiefe und dem Geheimnis 
des Lebens, dem tritt dieses Leben in sein Wesen, 
sein Gesicht, sein Werk. Hingabe ist alles! Kein 
Werk, das je einen Sinn und Wert hatte, ist ohne 
Hingabe entstanden. Kein Werk wird ohne den 
eisernen Fleiß um die Ausdrucksmittel entstehen. 
Ein gutes Werk ist die Frucht des Dienstes sowohl 
im Geist als auch im Stoff. Beides zusammen, nicht 
eins allein. Weil sonst das Werk die Totalität ver- 
liert. Es ist Körper, Seele und Geist, nicht eines 
allein. Und der schaffende Mensch, hier der Photo- 
graph, hat es in der Hand, ob er alle diese drei 
Aggregatzustände menschlicher Natur in seine Ar- 
beit einbauen will und kann. 

Wollen Sie mit mir einmal ansehen, was Photo- 
graphie auszudrücken vermag und wofür sie zur 
Sprache geworden ist? 

Ein kurzer historischer Rückblick mag uns in 
knappem Abriß sagen, womit die Lichtbildnerei sich 
wesentlich beschäftigt hat bis zu der Zeit, von der 
wir selbst zum großen Teil Zeuge gewesen sind. In 
mächtigem Ausgriff stellte sie gleich am Anfang in 
dem Opus des David Oktavio Hill eine eindring- 
liche Aussage über das menschliche Gesicht ein, die 
Porträtphotographie war plötzlich da Nach dieser 
Höhe folgte eine Zeit der Verflachung, die wir alle 
kennen aus den vergilbten, stockfleckigen, fest- 
kartonierten Bildern in dem geprefiten Lederalbum, 
die nun langsam in Schiebladen und Bodenkammern 
vergessen werden. Da sind merkwürdig sich ähn- 
liche Herren und Damen, erstarrte Kinder vor ge- 
malten Parkkulissen, auf fürstlichen Sesseln, vor 
schwülen Draperien. Alles im Album ist wie eine 
Riesenfamilie, und nur selten merkt man an diesem 
oder jenem Gesicht, daß das Leben immer abgründig 
und erschütternd war und nicht die blanke beruhigte 
Oberflüche bürgerlicher Geborgenheit, die aus dieser 
Familienphotographie in flacher Fortsetzung der ge- 
malten Ahnengalerie eine Konvention machte. Diese 
ültere und jüngere Steinzeit der Photographie wurde 
gelockert und aufgehoben durch Impulse, die von 
der Amateurseite her und spüter durch Einflüsse 
künstlerisch vorgebildeter Einwanderer aus der 
Graphik und Malerei stammten. Das Aktionsfeld 
der Lichtbildnerei erweiterte sich über die Grenzen 
der bisherigen Glashausphotographie hinaus, aus 
neuer Beweglichkeit entdeckte man Neuland des 
Darstellbaren: Reklame im Dienst der Wirtschaft, 
Bildreportage für die Presse, Mikro- und wissen- 
schaftliche Photographie. Optik und Chemie der 
Platte wurden, unendlich vervollkommnet, ein sub- 


Ub. as ` 


tiles Ausdrucksmittel. Fast zu bequem gemacht! Denn 
alles gute Werk will erkämpft sein. 

Und was war nun mit der Portrütphotographie ge- 
schehen? Sehen wir uns die letzten 20 Jahre an, so 
finden wir das abgetane Schönheitsideal jener 
stolzen ,Kunstphotographie", die Lenbach - Hinter- 
gründe in die Platte einzeichnete, die mit pittoresken 
Effekten es der Malerei gleichtun wollte. Man glitt 
in Genußsphäre eleganter parfümierter Frauen, man 
steigerte Männer in bedeutende Posen. Es gab aber 
in dieser Zeit schon in einzelnen Persónlichkeiten 
deutliche Anzeichen für eine innere Wende, die aber 
in dieser Vorkriegszeit mit dem lüchelnden Überfluß 
einer materiell gerichteten Weltanschauung sich nicht 
tonangebend durchsetzte. Nach dem Erdbeben des 
Krieges und seiner zersetzenden Gefolgschaft kam 
die neue Sachlichkeit zum Regiment, die mit ihrem 
Intellektualismus eine internationale Bildersprache 
herbeizuführen suchte. Es hat Jahre gegeben, da 
war eben eine Reihe deutscher Photographen als ver- 
altete Romantik abgetan. Wir wußten, daß es sich 
um ganz andere Dinge handelte. Wir wußten, es 
handelt sich um Weltanschauung. Wir wußten, daß 
die Reizwirkungen. diese aparten Perspektiven, diese 
stofflich ausgezeichnete Wiedergabe im raffinierten 
Bildausschnitt nicht alles waren. Wir standen er- 
starrt unter dem Eindruck des neuen Prophetentums 
mit der Lawine von Schlagworten und wußten: Nein 
— nein — das ist es nicht, was wir sind. Wir sind 
nicht ein, wenn auch noch so gut herausgefetztes 
Stück Natur, wir sind nicht die Blendung einer blen- 
denden Oberfläche. wir sind nicht raffinierte Ab- 
sicht, wir sind nicht Effekt und Sensation um jeden 
Preis, wir sind nicht die Welt fremder Stilmischungen, 
nicht künstliche Primitivität, wir sind nicht diese 
seltsame Lockung bizarrer übersteigerter Formen- 
eleganz. Diese zugespitzte Individualitätssucht war 
eine Verirrung, eine Schuld am eigenen Wesen. 
Wenn wir das wissen, steht der Rückweg offen, wir 
können nicht ohne einen Glauben leben, der eine 
lebendige innere Wirklichkeit ist. Verlieren wir 
dieses Wissen. so ist es mit uns aus. und der furcht- 
bare Ernst der Lage wird von Meister Ekkehard, 
dem Mystiker, klar dargelegt, indem er sagt: „Der 
Vernunft ist nichts so eigen und gegenwärtig und 
nahe als Gott, sie mag sich anderem gar nicht zu- 
kehren: Erst wenn man ihr Gewalt und Unrecht 
antut, kehrt sie sich den endlichen Dingen zu, sie 
wird da geradezu gebrochen und verkehrt. Ist sie 
aber einmal verdorben in einem jungen Menschen 
oder überhaupt in einem, da muß man dann alle er- 
denkliche Sorgfalt daransetzen, um sie nur wieder 
herzugewöhnen und zu ziehen. Denn so eigen und 
natürlich ihr Gott auch ist, ist sie erst einmal aus 
der Bahn geraten, hat sie sich hingewöhnt zu den 
Kreaturen und mit ihnen sich befreundet und ver- 
bildert, so wird sie dieses Teiles dermaßen ver- 
elendet und der Herrschaft über sich beraubt und 
von ihrem edlen Ziel in solchem Maße abgebracht, 
daß aller Fleiß. dessen man fähig ist, kaum ausreicht, 
sie völlig wieder herzugewöhnen: hinfort bedarf es 
steter Hut.“ Das sollen wir im vollen Bewußtsein 
der Lebensgefahr wissen. Wir sind jeder an seinem 
Platz wichtig und verantwortlich, heute mehr denn 
je, wo ein neues Werden anhebt. 


Wir haben gesehen, daß die Photographie immer ein 
Zeitausdruck war, wir haben gesehen, daß ein jedes 
Wesen nur wahrnehmen kann, worauf es von seinem 
Lebenszentrum aus aufmerksam ist. Wenn wir uns als 
Porträtphotographen. die Werke unserer Tage durch- 
prüfend, zu neuer Tat rüsten, so wollen wir daran 
denken, daß es zunächst auf das innere Sehen ankommt. 
Solange wir von Interessen geleitet werden, machen 
wir Lohnarbeit, aber schaffen kein Werk. Wir 
müssen dahin kommen: mit Begeisterung, mit Liebe, 
mit Selbstopfer an die Aufgaben heranzugehen. Es 


gehört Mut dazu, das Menschenantlitz zu deuten. 
Wir haben zu spüren, zu fühlen: Was ist es mit dem 
da vor uns an Wesenhaftigkeit? — Ich füge hier einen 
Abschnitt ein aus dem Vorwort zu meinem Buch 
„Das deutsche Volksgesicht“: „Echte Form wächst 
aus dem Lebendigen, dem Einheitlichen aller Kräfte, 
unbewußt und unschuldig. Es hat Physiognomie, es 
ist anschaulich. Es ist Urkunde. Das Menschen- 
gesicht ist der stärkste Brennpunkt alles dessen, was 
je auf der Erde war und sein wird. In ihm ist das 
Tier, oft so deutlich an der Oberfläche, daß es als 
Adler, Lówe, Fuchs, Eidechse, Fisch erkannt werden 
kann. In ihm tritt auch die Pflanze hervor, da, wo 
die Blutkráfte noch schlummern oder saníter pulsen. 
Es gibt blumenhafte Menschengeschópfe. Das Mineral- 
reich wird im Altersgesicht offenbar, das im knappen 
Sinn des Wortes langsam versteinert, ehe es zurück- 
genommen wird in den Schoß der Erde.“ 


Es gehört eine große innere Stille und Aufmerksam- 
keit dazu, um sich belehren zu lassen von dem Leben 
da vor uns. Ich frage mich: Wie komme ich mit 
meinem Werkzeug heran an die müglichst wahre 
Darstellung? Wie ringe ich der Fülle des möglichen 
das allein Richtige ab. Denken wir einmal daran. 
dafi Verkehrtes und Halbrichtiges in beliebiger Zahl 
und Form sich machen lüfit. Das Richtige hat nur 
eine Moglichkeit. Harter Kampf um das Richtige. 
Das Richtige ist der Volltreffer, Ziel und Preis der 
Arbeit. Die Natur des Handwerklichen, wie Hand- 
habung des J.ichtes, der Optik, der Platte, will er- 
obert sein. Es gibt da keinen Stillstand, und wer 
ehrlich arbeitet, der weiß, daß er immer unterwegs 
ist zu neuen Anstrengungen, neuen Entdeckungen. 
neuen Offenbarungen. Nur im unentwegten Dienst 
um die Gesetzmäßigkeit der Materie lernen wir so 
viel, um sie als Sprache für das innere Erlebnis aus- 
drucksfähig benutzen zu können. Die Einsicht der 
vorigen Zeit suchte die Materie zu beherrschen, um 
sie zu besitzen, und mußte dann erleben die alte 
Wahrheit: „Was hülfe es dem Menschen. so er die 
ganze Welt gewönne und nehme doch Schaden an 
seiner Seele.^ Wir brauchen aus dieser unserer 
deutschen Seele heraus einen Glauben, eine Liebe. 
Wir verkommen ohne diesen Inhalt einer noch so 
schönen und bestechenden Form. Das viel ver- 
lästerte deutsche Gemüt ist nun einmal unser unver- 
brüchlich Teil, und es lag nur verdeckt von dem 
Denkschutt der vergangenen Jahre. Wir wollen mit 
der Gemütskraft nicht in Rausch und Freude einen 
Selbstzweck sehen, denn wir haben keine Zeit zum 
Selbstgenuß und Selbstvergottung. Die Aufgaben 
türmen sich bergehoch um uns, und wir haben einen 
Teil daran. 

Und welche wäre das? Wir wissen, daß Photo- 
graphie eine Mitteilung ist. Wir haben davon zu 
berichten, was heute in den Gesichtern geschrieben 
steht. Wir haben durch Maske, Eitelkeit, Ver- 
worrenheit, Entartung, Bedingtheit bestimmter Ab- 
sichten durchzudringen auf die Wahrheit, auf die 
Wirklichkeit. Nur nahe heran an diese ungeheure 
erschütternde Wirklichkeit, von der, zur Stärkung 
unseres Themas herausgezogen, ein Dürer sagt: „Und 
ich halt’s dafür, je genäuer und geleicher ein Bild 
dem Menschen gemacht würdet, je besser dasselb 
Werk sei.“ Mit dieser Wahrheit ist jene Geistes- 
strömung gerichtet, die in absichtlicher Entfernung 
von der körperlichen Natur eine Abstraktion kon- 
struierte, die sich Expressionismus benannte. O 
— menschliche Vermessenheit! Als ob es eine Ex- 
pression ohne eine Impression geben könnte. Die 
Bildnisphotographie konnte nicht viel damit anfangen, 
weil sie eben doch körperlich darstellen, muß, und der 
Einstrom erschöpfte sich bald in Übertreibungen, 
Kolossalvergrößerungen, Verkürzungen, Überschnei- 
dungen, amüsanten Formen, Spielereien. Die geist- 
reichelnde Wichtigtuerei redete großmütig liberal: 


73 


Alles geht, alles ist erlaubt. Nein — es geht nicht 
alles, wenn man ein inneres Bewuftsein und somit 
einen Lebensstil hat. Wir stehen vor der Moglich- 
keit, daB wir als Volk wieder einen Lebensstil be- 
kommen. indem ein allgemeines Verstündnis über die 
wichtigsten Lebensdinge selbstverstündlich wird. 

Wir stehen mit der Porträtphotographie in den Nach- 
wirkungen einer gewesenen und im Anlauf zu einer 
neuen Zeit. Wir sehen aus den Bildern der Ausstellung, 
aus welcher inneren Schau der betreffende Lichtbildner 
den Bildstoff und seine Formung nahm. Wir sehen auch. 
soweit wir mit der Materie vertraut sind, daß mit 
den verschiedensten technischen Mitteln gearbeitet 
wurde. Die letzten Jahre brachten die Kleinkamera 
mit ihrer großen Lichtstärke und Beweglichkeit zur 
Erfassung kürzester Momente des Ausdrucks, der 
Bewegung, deren Darstellung von der Kinemato- 
graphie Anregung bekam. Neben diesem motorischen 
Flement sehen wir die andere Art, die sich der fest- 
stehenden Stativkamera bedient und mehr das Sta- 
- tische auszudrücken sich bemüht. Wir fragen uns 
hier nun nach den inneren Gesetzen des Porträts. 
Welche Arbeitsweise kann ihnen am ehesten епі. 
sprechen? Wir wollen sie einmal zu analvsieren ver- 
suchen. Mit dem Begriff Porträt verbinden wir die 
Vorstellung der Wiedergabe einer Totalität des dar- 
gestellten Menschen. Der Maler geht so var. daß er 
additiv in vielen Sitzungen langsam das Erfaßte in 
eine Form verdichtet. Er ἠγάπα! zusammen. er 
stilisiert sewissermaßen das in der Bewegung Er- 
faßte in den ruhenden Ausgangspunkt aller Lebens- 
spannungen. (Schluß folgt.) 


Die Ausstellung im Erfurter Museum 


ber die Tahress”hau zu berichten, heißt im vor- 
liegenden Falle schwere Not haben. Denn es muß 
wegen Platzmangels kurz geschehen. So soll denn 
auch vorweggenommen werden. daß die Leistunden 
— gemessen an dem, was тап so im Laufe der Zeit 
außerhalb der GDI. zu sehen bekommt — bestimmt 
durchweg Persönlichkeitswerte sind. Daft aber auch 
rückhlickend und auf die bisherigen Erfahrungen mit 
der GDL. hezogen die Siebung der Ausstellungs- 
hilde- durch die Jury nur absolut Vollendetes an 
die Wand hrachte. 

Die Sonderschau der Lendvai-Dirksenschen 
Arbeiten war ein unsetrühter Genuß. weil (wohl 
zum ersten Male außerhalb Berlins) eine fast sensito- 
metrische Priifung des Gestaltungswillens dieser tüch- 
tigen Lichthildnerin möglich war. Dieser fachliche 
Vergleich mag hier naheliegend «ein. weil tatsächlich 
ein Nacherlehen der zartesten Findrücke beim Ge- 
stalten kindlicher Psyche wie auch der mannigfachen 
Durchdringung der Gesichter von Mönnern und 
Frauen deutscher Lande vor diesen Photos möslich 
ist. Weil dazu das Technische von einem ındewöhn- 
lichen schónferischen Umfang ist. So. daß eben пиг 
der Fachmann fühlen kann. welch ein grnßes tech- 
nisches Miissen scheinbar mühelos überbrückt wird. 
nnd der Laie schon gar nichts mehr von diesen 
Schwierigkeiten merkt. So natürlich, so unbefangen 
leben die Menschenkinder aus den Bildern heraus. 
(Es ist immer ein Glück für ihn und die anderen. 
wenn der Kritiker noch zum Schwärmen verleitet 
wird. Selten genug bietet sich ihm dazu Gelegenheit. 
Aber wo es sich ihm aufdrüngt, darf es auch ehrlich 
genommen werden.) Kurz. wenn das deutsche Volk 
in Zukunft wieder Außerliche Ehren zu verteilen 
haben sollte. diese Sucherin und Erkennerin der 
deutschen Volksseele verdiente wohl, damit über- 
hauft zu werden. 

Von der GDI..-Schau selbst ist zunächst zu berichten, 
daß Franz Grainer, München, der seinerzeit in 
Leipzig sehr ungern Vermißte, einige Damenbildnisse 
ausstellte, deren ausgeglichene Ton- und Formgebung 


74 


außerordentlich wohltuend ist. (Gewissermaßen auch 
darin seine Führereigenschaft dokumentierend.) Von 
Erfurth, Dresden, große Gaslichtdruck- und Ol- 
druckbildnisse, bedacht auf als sicher erkannter Linie 
bleibend. Von Siemsen, Augsburg, fesselt nicht 
nur der gute Hitler-Kopf. Noch überraschender sind 
die lebendigen Kinderfriese, die wirklich hervor- 
ragend komponiert kindliche Temperamente zeigen. 
Zielke, München, als Mann mit farbiger Kultur in 
seinen großen Farbumdrucken in Erinnerung, bringt 
diesmal nur Schwarz Wei. Arbeiten: große Köpfe als 
Licht- und Schattenstudien. Was bei Lazi, Stutt- 
gart — man mag sich zu ihm stellen wie man will —, 
immer wieder besticht, ist die Gewissenhaftigkeit 
seiner Monumentalitäten, die nun allgemach zu 
seinem Stil im besten Sinne des Wortes ausreifen. 
Dagegen hat Fr. Fiedler, Dresden, Ähnliches aus- 
gestellt, wie man es durch die Propaganda für eine 
Kleinkamera jetzt allenthalben sieht. Er schneidet 
— aber eben nur im Vergleich — unter den auf der 
Ausstellung vorliegenden Verhältnissen nicht so 
günstig ab, wie man das von ihm sonst gewöhnt ist. 
Dagegen fesseln Schenskys Arbeiten, auch wenn 
nicht nur Neues vorgebracht wird, immer wieder 
durch die erstaunliche Technik seiner Aquariums- 
aufnahmen. Aber auch Bilder wie die beiden 
„Möven“ beweisen, daß er unnachgiebig um ein- 
dringliche Detaillierung und unverfälschte photo- 
graphische Wahrheit ringt. So bleibt er immer 
wieder der Besten einer. Genja Jonas, Dresden, 
scheint sich nur mehr auf Kinderköpfe zu speziali- 
sieren. Es ist manches gut Gesehene in ihnen. Nur 
auch jetzt wieder nicht zu verstehen, warum gerade 
das mit zu reichlichem Format gesagt werden muß. 
Auch bei Glauer, Oppeln, der schon etwas zu 
gleiche Köpfe in einer Reihe bringt, können einem 
Bedenken über eine allzu reichliche Verwendung des 
Knetgummis zur Unterstreichung der Spitzlichter 
kommen. Wiederholt: Eine solche Beobachtung kann 
natürlich nur im Rahmen einer GDL.- Strenge Gel- 
tung haben. Denn was Gl. macht, wird immer turm- 
hoch über dem üblichen Gesellschaftsporträt schlecht- 
hin stehen. 

Wer die Mai-Nummer der „Koralle“ kennt, wird die 
famose Propelleraufnahme des Postflugzeug der 
„Bremen“ gesehen haben. Eine noch eindringlichere 
Vision eines rasenden Propellers war vonDr. Wolff 
in Erfurt zu sehen. Wohl das Schönste, was an tech- 
nischer Aufnahme bildmäßig überhaupt zu schaffen 
sein kann. An ganz gegensätzlichem Pol versucht 
sich Rosner, Chemnitz, der schlichte Landschafts- 
motive durch lineare Betonung dieser Einfachheit 
und mit vorsichtiger Drucktechnik eindringlich ge- 
staltet. Von den Neuen in dieser Enge namhaft zu 
machen: Hein Gorny, Hannover, der kunstgewerb- 
lich photopraktisch vorgeht, und die Lehrerin der 
Münchner Fachschule, Hanna Seewald. Sie faßt 
große Frauenköpfe mit sauberer Technik an. Nur 
wird sie sich noch dahin bringen müssen, ihre Mo- 
delle nicht nur photographisch, sondern eben über 
dieses Mittel zum Zweck hinaus auch persönlich zu 
crleben. So wie die Dinge jetzt stehen, scheinen die 
oft allzu tadellosen Köpfe unfrei. Weitere neue 
Namen: Kramer, Dresden, Bauer, Karlsruhe, 
und Just, Schweidnitz. Daneben dann bewährte 
Kräfte, wie Angenendt, Dortmund, Back, 
Dresden, Gerling, Duisburg, mit qualitativ ein- 
wandfreien Bildern. 

Im übrigen muß auf den Bericht in der „Photographi- 
schen Chronik“ Nr. 12 verwiesen werden, der er- 
gänzt, was hier nicht unterzubringen war. Im ganzen 
genommen: eine Ausstellung, die für die Aufbau- 
arbeit der GDL. wieder als Plus verbucht werden 
kann. Wolf H. Dóring, DWB. u. GDL. 


MAX GLAUER, G.D.L., OPPELN 


RICHARD GERLING, G.D.L., DUISBURG 


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LENDVAI-DIRCKSEN, G.D.L., BERLIN 


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HANNA SEE WALD. G.D.L, MÜNCHEN ZUM ART 


. MODEPHOTOGRAPHIE 


uelle Presseaufnahmen 

ı der Sonnenwendfeier Die 
lich illuminierte Bismarck- 
te auf den Müggelbergen 
Mitternacht 


ichskanzler Adolf Hitler bei 
-inweihung der Reichsführer- 
ule der NSDAP. in Bernau 
Berlin am 16. Juni 1933 


ІШІ JACOBSEN, 
ERLIN 


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Phot. BORCHERT 


und vom Eintreffen der Dresdner Artillerie in 


Berlin zu Truppenübungen ‘try Döberit2 


PORTPHOTOGRAPHIE 
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.Von der Austragung des ersten Sport- " 
estes der SA am 18. Juni in Berlin. Ein e 
oment vom Handgranatenwerfen 


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UMS Meu AE > | bei dem neuen Ballspiel Corballo in England 


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EIFENFLOCKEN | 


H. FREYTAG, BERLIN WERBEPHOTOS Effekt mit einer Aufnahme. Hintere Flasche von derselben Aufnahme 
Momentaufnahme, mit drei Nitraphotlampen in die Vergrößerung einbelichtet 


. «τα 
— em mes 


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“ 


Der Gebrauchswagen des Photographen 


Seitdem die Reichsregierung die Kraftfahrzeugsteuer 
für fabrikneue Fahrzeuge aufgehoben und weitere 
Mafinahmen zur Lósung des Garagenproblems, der 
Versicherungsírage, überhaupt zur Motorisierung 
Deutschlands angekündigt hat, sollte auch der Licht- 
bildner an den Kauf eines eigenen Fahrzeuges denken, 
das ihm, wie dem Arzt, Anwalt, Kaufmann nicht nur 
Befórderungsmittel, sondern auch ein treuer Helfer 
und Mitverdiener werden kann. So antwortete mir 
ein bekannter Berliner Photograph auf die Frage, 
warum er sich kein moderneres Atelier miete, er 
kaufe sich jetzt zu allererst einen Wagen, dann sei 
die ganze Welt sei Atelier. 

Für Reportage-, Sport- und Modenaufnahmen ist das 
Auto, in das man einfach alles: Mannequins, Kleider, 
Lampen, Kameras und Stative hineinverstaut, fast un- 
erläßlich. Dann fährt man hinaus und sucht sich 
den hübschesten Strand, den reizvollsten See und 
das netteste Landhaus als kostenlose „Dekoration“. 
Außenaufnahmen im Heim des Kunden mit Lampen 
und großer Atelierkamera sind für den Wagen- 
besitzer eine Kleinigkeit, wie er andererseits auch 
seinen Auftraggeber sogar abholen und zum Atelier 
fahren kann (Dienst am Kunden). 

Obgleich oder gerade weil der Verfasser begeisterter 
Motorradfahrer ist, kann er nur jedem Photographen 
dringend raten: Nur kein Motorrad! 

Ein kleines, führerscheinfreies Motorrad kostet voll- 
ständig etwa 1000 ZM. Mit einer solchen Maschine 
lassen sich zwar zunächst recht beachtliche Ge- 
schwindigkeiten erzielen, weil das Motorrad auch auf 
engen, belebten Straßen sich leichter durchwinden 
kann als der Wagen, ein Vorzug, dem aber der unver- 
hältnismäßig hohe Verschleiß gegenübersteht. Eine be- 
kannte Motorenfabrik gibt zu, daß „durch den freien 
Zutritt von Staub und Schmutz und die dadurch auf- 
tretende schmirgelnde Wirkung die Lebensdauer“ 
wichtiger Teile „auf 10000 km Fahrstrecke begrenzt 
ist". Hinzu kommt, daß die Mitnahme von -Gepäck 
immer Schwierigkeiten macht, weil jedes Stück, das 
nicht kunstgerecht und eisern fest gestaut ist, infolge 
der unaufhörlichen Erschütterungen in kurzer Zeit 
völlig zerstört wird. Seife besteht z. B. nach 300 km 
nur noch aus Pulver, ein im Lederköcher mit Watte 
verpacktes Objektiv bloß noch aus völlig verkratzten 
Einzellinsen. Nur wenige Kameras halten ihres 
derben Bezuges wegen den Anforderungen des 
Motorradbetriebes stand, wenn man sie „am Leibe“, 
d. h. in einer Umhängetasche mitführt. Aber auch 
bei diesen leiden sehr bald Beschläge, Kassetten und 
Zubehörteile. 

Der Transport von großen Bildern, Lampen und ähn- 
lichem mit der Solomaschine ist fast ausgeschlossen. 
Beiwagenmaschinen, deren „allmählicher“ Kauf zu- 
nächst sehr verlockend erscheint, entbehren für 
unsere Zwecke vollends jeder Berechtigung. Sie ver- 
schleißen noch mehr als Solomaschinen, kosten mehr 
als ein kleiner Wagen, verbrauchen ebensoviel und 
bieten keinen anderen Vorteil als den, daß sie im 


Winter keine heizbare Garage brauchen. Wer Kraft- 
rad fährt, kommt oft gar nicht, jedenfalls immer 
schmutzig an und kann seine Sachen nur im Ruck- 
sack mitführen. Außerdem sind sehr viele land- 
schaftlich schöne Gegenden, z. B. in Hamburg, in 
Dresden, Warnemünde und vielen anderen Orten 
für Motorräder gesperrt, für Wagen dagegen aus 
naheliegenden Gründen frei. 

Es kommt also für uns nur der Wagen in Betracht. 
Aber welcher Wagen? Wir wollen hier nur die 
Kleinwagen mit einem  Gesamtzylinderinhalt bis 
1000 ccm betrachten. Schlecht ist von den heute auf 
dem Markt befindlichen Kleinwagen keiner. Trotz- 
dem kann ein an sich guter Wagen seinem Besitzer 
nur Ärger und Kosten verursachen, wenn die in 
seiner Stadt befindliche „autorisierte Vertretung“ der 
Fabrik nichts taugt. Jede Fabrik ist bestrebt, schon 
aus Propagandagründen in jeder größeren Stadt 
eine „autorisierte Vertretung" zu halten, die — an- 
geblich — sämtliche Ersatzteile auf Lager führt. In 
Wirklichkeit sind diese „Vertretungen“, „Nieder- 
lagen“ usw. nichts als selbständige kleine Automobil- 
händler, zu denen die Fabrik selbst meist so wenig 
Vertrauen hat, daß sie ihnen Ersatzteile nicht in 
Kommission, sondern nur gegen Nachnahme aus- 
liefert. Dementsprechend denken diese Vertreter 
natürlich nicht daran, ein „reichhaltiges“ Ersatzteil- 
lager zu führen, sondern sie bestellen jeden Ersatz- 
teil einzeln in der Fabrik. Wenn dem Wagen in 
einer Provinzstadt einmal irgend etwas zustößt, so 
muß man gewöhnlich 8 Tage auf den einfachsten Er- 
satzteil warten. Und man kann erleben, daß der 
Vertreter bis zu 300 % Aufschlag auf den Listenpreis 
des Stückes berechnet. Für den Kauf eines Wagens 
empfiehlt sich deshalb leider ein etwas umständ- 
licher Weg: Wir lassen uns zunächst von den in Be- 
tracht kommenden Firmen Unterlagen schicken, nur 
um uns ein Bild vom Äußeren des Wagens zu 
machen. Sämtliche Angaben, von deren Wahrheit 
wir uns nicht bei einer Probefahrt unmittelbar 
durch Augenschein überzeugen können, be- 
handeln wir mit äußerster Skepsis, insbesondere 
alle Zahlenangaben. Der Brennstoffverbrauch wird 
von den Fabriken in der Regel um etwa 20 bis 25 % 
zu niedrig angegeben, die erreichbare und vom 
Tachometer auch angezeigte Geschwindigkeit um 10 
bis 20 % zu hoch. Durch Abstoppen können wir uns 
hiervon leicht überzeugen. Auch die in den Pro- 
spekten angegebene Tragfähigkeit des Fahrzeuges 
entspricht nicht immer der Wirklichkeit. Im „Hand- 
buch“, das man leider erst nach dem Kauf in die 
Hand gedrückt bekommt, steht oft eine wesentlich 
geringere Kilogramm - Tragfähigkeit. Reklamationen 
gegen derartige Mätzchen sind zwecklos. „Angaben 
unverbindlich", „Konstruktionsänderungen vorbe- 
halten", steht ganz klein in jedem Prospekt. 

Offene Wagen, Roadsters und Landaulets mit All- 
wetterverdeck scheiden für unsere Zwecke aus, weil 
sie nicht genug Gepäckraum bieten und nicht ver- 


75 


schließbar sind. Limousinen bieten den meisten Platz 
zum Befördern von Material und Kunden, zum Um- 
kleiden, Schlafen, Übernachten, ja, sie lassen sich 
sogar als fliegende Dunkelkammern zum Platten- 
wechsel und Probeentwickeln einrichten. Eleganter 
als die Limousine wirkt allerdings das Kabriolett, ob- 
gleich es nicht so geräumig ist. Außerdem ist es 
meist teurer als die Serienlimousine. 

Haben wir uns für Bauart und Marke vorläufig ent- 
schlossen, so suchen wir die Fabrikvertretung unserer 
Stadt auf, weil wir später alle Teile durch diese Ver- 
tretung beziehen müssen. Wir lassen uns von der 
Vertretung ein „Handbuch“, eine Beschreibung des 
gewählten Wagens geben. Aus dieser Beschreibung 
ersehen wir sehr bald die Schattenseiten des Wagens. 
Da steht, was man alles beachten muß, was man ,,tun- 
lichst vermeiden soll“ und unter keinen Umständen 
versäumen darf. Vor allem erhalten wir dadurch 
einen Überblick über die erforderliche Wartung und 
Schmierung des Wagens, eine sehr lästige An- 
gelegenheit. Vielfach bekommen wir durch das 
Handbuch ein wesentlich anderes Bild vom Wagen 
als durch den Prospekt, so daß wir unter Umständen 
auf die etwas weniger komfortable Type einer 
anderen Fabrik zurückgreifen. Haben wir das Hand- 
buch eingehend durchstudiert, so lassen wir uns 
einige „Referenzen“ in unserer Stadt aufgeben, Ge- 
werbetreibende, die den Wagen täglich 
beruflich brauchen. Wertvoll ist z. B. das Ur- 
teil eines Gemüsehändlers, der jeden Morgen zur 


Von der Trauung der 50 Paare „Deutscher Christen” in 
der Lazaruskirche in Berlin am 2. Juli 


76 


Markthalle fahren muß, völlig nutzlos dagegen etwa 
das Urteil eines Beamten, der nur am Sonntag ins 
Grüne fährt. 

Man lasse sich ja nicht bluffen durch das zeitliche 
Alter des Wagens; maßgebend allein ist die zurück- 
gelegte Kilometerstrecke. Am besten ist es, wir 
lassen uns den Schriftverkehr des uns als Referenz 
aufgegebenen Wagenbesitzers mit der Fabrik oder 
Vertretung zeigen. Da erleben wir oft Wunder an 
Ungefalligkeit und geringem Entgegenkommen. 
Dann bitten wir den Besitzer, wenn irgendmöglich, 
nötigenfalls auf unsere Kosten, mit uns in die Werk- 
stätte des Vertreters zu fahren und irgendeine kleine 
Reparatur machen zu lassen. Dabei erleben wir 
wiederum die größten Überraschungen. Sowohl hin- 
sichtlich der Sachunkenntnis wie hinsichtlich der 
Langsamkeit des Personals. Bei den meisten Ver- 
tretungen hilft gewöhnlich erst eine Beschwerde bei 
der Fabrik. Oft ist auch diese machtlos. 

Haben wir uns mit eigenen Augen vom Arbeiten 
des (sagenhaften) Kundendienstes überzeugt, so 
dürfen wir an den Kauf denken. Wohlgemerkt, vor 
der Unterzeichnung des Kaufvertrages ist der Händler 
zu allem bereit, nachher zu nichts mehr. Darum ver- 
einbare man, wenn irgend möglich, schriftlich mit 
ihm, daß er bei einer neuen Type sämtliche Ver- 
besserungen, die die Fabrik im Laufe des nächsten 
Jahres herausbringt, kostenlos einbaut. Er wird uns 
dann gewöhnlich auf die Garantie verweisen. Die 
Garantie erstreckt sich jedoch nur auf den kosten- 
losen Ersatz solcher Teile, die im Laufe eines halben 
Jahres schadhaft werden. Der Einbau eines kleinen 
Lagers im Werte von 2 ZM kann 40 AN Arbeitslohn 
kosten. Und dieser Arbeitslohn geht auch inner- 
halb des Garantiehalbjahres zu unseren Lasten. 
Man achte ferner darauf, daß der Wagen polizeivor- 
schriftsmäßig ausgerüstet ist mit Winkern usw. 
Anderenfalls verlange man, daß diese sowie Stoß- 
stangen vorn und hinten im Preise einbegriffen wer- 
den. Der Händler verdient 20 bis 25% am Wagen. 
Er wird, nach einigem Zögern diese Teile, die ihn 
wenig kosten, lieber mitliefern als auf das Geschäft 
verzichten. Aus demselben Grunde nimmt er auch 
häufig einen alten Wagen höher in Zahlung, als er 
ihn verkaufen kann, und gibt auch gern einem 
„Vermittler“ ein paar Prozent ab dafür, daß dieser 
uns zum Kaufe rät und ihm die Adresse des Käufers 
mitteilt. Daher Vorsicht vor ,sachverstándigen" Be- 
kannten! 

Und Vorsicht beim Abschluß der Versicherung! 
Auch hier lassen wir uns am besten Referenzen 
geben. Wer vorsichtig fährt, braucht keine teure 
Kasko-Versicherung. Wenn überhaupt, dann nur eine 
Voll-Kasko-Versicherung! In jedem Falle erforderlich 
ist dagegen eine Haftpflichtversicherung. Man er- 
kundige sich, wie sich die Gesellschaft im Schadens- 
falle verhält. Die meisten Versicherungen lassen es 
auch in klar liegenden Fällen auf einen Prozeß an- 
kommen. Und der Geschädigte stellt dann, um für 
den Zivilprozeß bereits eine Vorentscheidung in 
Händen zu haben, gewöhnlich erst Strafantrag gegen 


Von der Fronleichnams- 
prozession am 15. Juni 1933 
in Berlin 


Die knieenden Nonnen 


Aufnahmen von Borchert 


den Kraftfahrzeughalter. Dieser muf dann die oft 
recht hohe Strafe trotz seiner Haftpflichtversiche- 
rung selber zahlen. 

Jeder Wagen muß zunächst 2000 km „eingefahren“ 
werden, bevor er voll ausgefahren werden darf. Je 


Modephotographie 
Von Hanna Seewald, Lehrerin an der Bayerischen 


Ob es nun Frühling wird, oder Sommer oder Herbst 
oder Winter, immer gibt es für Frauen einen Anlaß, 
sich mit Dingen der Mode zu beschäftigen. Immer 
gönnt man sich ein wenig Zeit, um an Schaufenstern 
zu stehen und unmögliche Wünsche zu hegen, indes 
der dazugehörige Mann energisch weiterstrebt. 

Gürtel gibt es da, mein Gott, mit handgroßen 
Schnallen, Badeanzüge mit phantastischen Rücken- 
ausschnitten, Handschuhe mit den hohen und steifen 
Stulpen aus Wallensteins Zeit; und Jückchen — o, 


langsamer man ihn einführt, um so weniger Stórungen 
treten später auf. Ein moderner Kleinwagen läuft 
heute 50000 km und mehr, ohne daß größere Re- 
paraturen erforderlich werden dürfen, abgesehen 
natürlich von Reifenschäden, für die man die Fabrik 
nicht Von 
erfolgen lasse man sich nicht bluffen. Rennen wer- 
den mit unverkäuflichen Spezialfahrzeugen gefahren. 
Und von einem Wagen, der unter sachverständiger 
Führung bei Zuverlässigkeitsfahrt glänzend 
abschneidet, weiß man nie, wieviel Kosten hinterher 
die erforderliche Instandsetzung verschlingt. 

Wer vor dem Kauf bei seinen Erkundigungen weder 
Zeit, Mühe noch Ärger scheut, dem wird sein Wagen 
viele Jahre lang ein bequemer und bald unentbehr- 
licher Helfer und Mitarbeiter werden. G. Goebel. 


verantwortlich machen kann. Renn- 


einer 


Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München 


was für Jäckchen! Klein, kurz, eng. Aus Pelz; aus 
Leinen; aus allem móglichen Material. Nein, daf so 
ein Mann das nicht begreift, daß man da stehen- 
bleiben und sehen muß! Schaufenster sind immer 
irgendwie aufregend. Die Sorge, ob dies das Rechte 
ist oder jenes, bringt geschmacklich unsichere 
Frauen in jenen sich durchaus nicht immer sym- 
pathisch auswirkenden Zustand von „Nervosität“! 

Aber gibt es zur Erregung solcher Wünsche und 
Vorstellungen nur Schaufenster? Es gibt auch Zeit- 


77 


Elisabeth Wehrle, München 


schriften; Modezeitschriften! Sie sind verbreitet und 
begehrt. Im Gegensatz zur Unruhe der Schaufenster 
kann man sich hier einem friedlichen Auseinander- 
setzen mit sich und dem Gezeigten hingeben. Was 
gezeigt wird, ist so ziemlich alles, was eine Frau 
zum Anziehen brauchen kann. Und wie wird es ge- 
zeigt? Größtenteils photographisch. Nicht mehr ge- 
zeichnet, sondern dem Tatsächlichen, der Wirklich- 
keit nahegerückt und photographiert. Man wäre wohl 
nicht vom Zeichnerischen zum  Photographischen 
übergegangen, hátte man nicht gesehen, wieviel greif- 
barer und gegenstündlicher solche Bilder wirken, 
Sind nicht aber die gezeichneten Figuren in ihrer 
unwahrscheinlichen Schlankheit entschieden phanta- 
sieanregender? Ja, aber gerade dieses ist es, das, im 
Sinne einer guten Bekleidung, in Modeblättern besser 
vermieden würde, damit nicht die Vorstellung, 
„auch so auszusehen“, gar zu lustige Blüten treibt. 

Allerdings kommt es bei photographischen Mode- 
bildern sehr darauf an, eine Frau als Modell zu 
haben, die so gekleidet ist, wie es ihrem Wuchs, ihrer 
Haltung, ihren Bewegungen, aber auch ihrem Wesen 
entspricht; es muß eine Gesamtharmonie spürbar 
sein. Wenn z. B. ein Modehaus seine neuesten Mo- 
delle photographiert haben will, und schickt zur Auf- 
nahme sämtliche Saisonmöglichkeiten samt einem gut 
gewachsenen Mannequin, so kann man natürlich die 
erforderlichen Aufnahmen machen. Aber was den 
Bildern die persónliche Note geben soll, der Charme, 
das Individuelle, das wird vermutlich fehlen. Weil 
der Mannequin sicher sehr gut sein Kleid und was 


78 


darunter ist, in wirkungsvollen Bewegungen zur 
Geltung bringen kann, weil eine Bewegung die 
andere ablóst, in die nächste übergeht, weil immer 
ein Wechsel da ist, der eine Disharmonie zwischen 
Kórper und Kleid sofort in der nächsten Phase einer 
gewandten Bewegung untergehen läßt. Eine Photo- 
graphie aber zeigt dokumentarisch und unbestech- 
lich ein Ganzes, sich nicht mehr Veränderndes. Eine 
Nichtzusammengehórigkeit von Mensch und Kleid 
wird unbedingt fühlbar werden; das Bild läßt un- 
befriedigt — man weiß vielleicht nicht einmal warum. 
Was jede Frau, wenn vielleicht auch unbewußt, an 


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Hanna Seewald, München 


einem gesehenen Kleide besonders fesselt, ist der 
Reiz des Persónlichen, des Einmaligen. Und das 
muf auch die Photographie zeigen. 

Es ist also fast ein kleines Studium nötig, ein kleines 
Studium der Frau und ihrer Kleider, um Modephoto- 
graphie so zu geben, daß sie ihren Zweck erfüllt. 
Der Zweck ist der, besser, persónlicher zu wirken 
als das gezeichnete Bild. Ich glaube, daf das ein be- 
sonderes Gebiet nicht des Photographen, sondern 
der Photographin, nicht des Mannes, sondern der 
Frau sein dürfte. Weil eine Frau rascher das Äußere 
einer Frau erfafit, Fehler und Vorteile sieht, weil 


nicht das Kleinste an Linie und Farbe und Form 
— eben dem, auf das es ankommt — ihr entgeht. 
Weil sie einer Frau sachlicher gegenübersteht als ein 
Mann! Natürlich sind in unserem Beruf auch 
Männer, die das Kapitel „Frau und Kleider“ be- 
herrschen, die Kultur und Geschmack in diesen 
schwierigen Dingen haben und mit Selbstverstünd- 
lichkeit das Wesentliche geben. 

Nun ist durchaus nicht Erfordernis der Modephoto- 
graphie, stets nur ganze Frauenbilder zu bringen. 
Wenn z. B. die Kleider gut sind und die dazugehórigen 
Frauen weniger — warum bringt man dann die 
Kleider nicht allein? Man sieht es nicht oft, aber 
es kann sehr originell wirken. Und ferner: es liegt 
sogar ein besonderer, unbestreitbarer Wert der Photo- 
graphie in der Wiedergabe von Einzelheiten. 

Da ist z. B. die Webart der modernen Strümpfe; 
diese netzartige Durchbrucharbeit kann doch nur an- 
deutungsweise gezeichnet werden; derartiges muß 
photographiert sein, um überzeugend einen Eindruck 
zu vermitteln. Stepperei eines Golfschuhes, Muster 
eines Schleiers, die unendlichen Möglichkeiten der 
Schmuckverarbeitung — wie wollte man das zeichnen? 
Man liest einen Modebericht, und es tanzen verfüh- 
rische und unverstandene Bezeichnungen um einen 
herum. Unverstanden? Ja, aber nur so lange, bis 
man die aufklärende Photographie gesehen hat. 
Zweierlei Möglichkeiten gibt es, diese kleinen und 
wichtigen Dinge zu photographieren. Man kann sie 
rein sachlich aufnehmen; man erschöpft sich darin, 
die technische Wiedergabe aller Details in voll- 
kommenster Sauberkeit zu geben. Leder, Stoff, 
Spitzen, Metall wirken greifbar plastisch. Man nimmt 
eine Beleuchtung, die den Materialwert ins äußerste 
steigert. Und der Gegenstand selbst, er füllt an- 
ständig und ohne Kompliziertheit den Raum. Wenn 
man solche Aufnahmen machen kann, kann man 
schon viel; aber noch nicht alles! Es ist zu bedenken, 
daß die Modeaufnahmen in Zeitschriften nicht nur 
den Zweck haben, den Gegenstand als solchen zu 
zeigen, sondern daß auch ein gewisser Reiz von dem 
Bild ausgehen muß, der uns in der Regel erst ver- 
anlaßt, sich näher mit ihm zu beschäftigen. Dieser 
Reiz liegt in der Auffassung. Ein wenig Phantasie, 
viel Schwung und ein Schuß Extravaganz muß schon 
in dem Photographierenden stecken! 

Strümpfe z. B.: Man kann sie mit einem hellen Ma- 
terial unterlegen, um das Muster gut zu zeigen, man 
kann sie aber auch am Objekt zeigen; am Objekt mit 
den entsprechenden Beinen natürlich. Man kann eine 
Kette auf weißen Samt und man kann sie um einen 
schmalen Hals legen — als Bildabschluß unten die 
Linien eines Schales, oben die Linien eines Mundes. 
Einige Handschuhe liegen flach in guter Raumver- 


Hanna Seewald, München 


teilung auf abstechendem Untergrund; oder ein 
Handschuh sitzt an der Hand, und diese Hand lehnt 
in schöner Form und Haltung gegen ein Gesicht, so 
daß dies über dem Handschuh nur die Augen noch 
zeigt. Es gibt so viele solcher Möglichkeiten, und 
das Arbeiten auf diesem Gebiet ist anregend und 
reizvoll. Aber nie darf vergessen werden, daß die 
wichtigste Grundlage eine saubere, anständige, tech- 
nisch vollkommene Photographie ist. Erst in der Er- 
gänzung vom Handwerklichen und Geistigen wird 
sich der Reiz solcher Bilder voll entwickeln. 

Mode und Photographie der Mode — man kann 
beides nicht voneinander trennen; wenn man das 
eine behandelt, muß man vom anderen erfüllt sein. 
Ob man nicht gern davon erfüllt ist? Ob das nicht 
ein Gebiet ist, in das zu vertiefen manch einem ge- 
geben wäre, ein Gebiet, das geschäftlich angespannt 
werden konnte? Weil doch in Dingen der Mode 
immer wieder noch Geld ausgegeben wird? 


Schnellste Anfertigung von Pressenegativen 


Den nachfolgenden Betrachtungen muß  voraus- 
geschickt werden, daß der Pressephotograph sein 
Negativmaterial auszuwählen weiß. Hier soll nur be- 
handelt werden, wie er seine Aufnahmen rasch und 


sicher zu guten Negativen entwickelt und von ihnen 
einwandfreie Reproduktionsvorlagen anfertigt. 

Für knapp belichtete Aufnahmen, mit denen der 
Pressephotograph in sehr vielen Fällen zu rechnen 


79 


Das aus dem Fixierbad kommende Negativ wird 
unter dem Wasserhahn etwa 20 Sekunden auf beiden 
Seiten gut abgespült. Dann kommt es in eine Schale 
mit Wasser, dem man einige Tropfen einer dicken 
Kaliumpermanganatlósung zugefügt hat, so daf es 
schwach rosa gefärbt ist. Zweckmäßig benutzt man 
hier eine weiße Porzellanschale, da man dann einen 
Farbumschlag am besten erkennen kann. Nach dem 
Einbringen des Negativs verschwindet die Rosa- 
fürbung entweder ganz oder schlägt in Gelbbraun 
um. Das Negativ wird wieder etwa 20 Sekunden ab- 
gespült, während welcher Zeit man frische Per- 
manganatlösung in der Porzellanschale bereitet. Nach 
erneuter Behandlung in Permanganat wird wieder 
20 Sekunden gewassert. Das Negativ ist genügend 
von Fixiernatron befreit, wenn die Rosafärbung be- 
stehen bleibt oder erst nach einigen Minuten um- 
schlágt. Dazu genügt im Durchschnitt eine vier- 
bis fünffache Behandlung mit Permanganat. Nach 
nochmaligem kurzen Abspülen kann das Negativ ge- 
trocknet werden. Wenn es für spüteren Gebrauch 
aufbewahrt werden soll, wässert man es der Sicher- 
heit halber nach dem Gebrauch noch einmal gut aus. 
Nur selten hat man die Zeit, um seine Negative frei- 
willig trocknen zu lassen. Meistens wird man die 
Trocknung beschleunigt durchführen, wofür die be- 
kannte Behandlung mit hóchstprozentigem Alkohol 
am beliebtesten ist. Reiner Äthylalkohol kommt 
wegen seines enormen Preises sehr teuer. Auch hat 
man bei ihm, ebenso wie bei dem billigen Brenn- 
spiritus, zuweilen damit zu rechnen, daß sich die 
Schicht milchig trübt. Man muf dann, um Flecken- 
bildung in der Kopie zu vermeiden, das Negativ er- 
neut einwässern und verliert dadurch beträchtlich an 
Zeit. Hingegen ist Methylalkohol geeignet, der in 
jeder Drogenhandlung zu haben ist. 

Um ein unnótiges Verwüssern des Alkohols durch 
eingeschlepptes Wasser zu vermeiden, entfernt man 
das den Negativen äußerlich auf Vorder- und Rück- 
seite anhaftende Wasser. Sehr gut eignet sich dazu 
der Agfa- Viskoseschwamm, zumal in Gestalt der 
Filmabstreifzange der Agfa, die sich auch bei 
Plattennegativen und Kopien gut bewährt. Auch ein 
weicher Naturschwamm ist geeignet, der aber sorg- 
fältig auf harte Einschlüsse untersucht werden muß, 
die die weiche Schicht zerkratzen können. Ebenso 
eignet sich ein Stück weichen Wildleders für diesen 
Zweck. Mit einem dieser Hilfsmittel beseitigt man 
das Wasser von Vorder- und Rückseite der Negative. 
Hier kommt es zustatten, wenn die Schicht in dem 
vorstehenden Härtefixierbade gegerbt wurde. 

Das Negativ wird darauf etwa zwei bis drei Minuten 
in dem Alkohol gebadet. Danach wird es von dem 
anhängenden Alkohol zum größten Teil durch Ab- 
schleudern befreit und zum Trocknen hingestellt 
bzw. aufgehängt, wenn es sich um ein Filmnegativ 
handelt. In etwa fünf Minuten ist die Trocknung 
beendet, so daß es im allgemeinen nicht nötig ist, sie 
durch Aufblasen von Luft mittels eines Föns zu be- 
schleunigen. Benutzt man Brennspiritus oder Äthyl- 
alkohol und bläst man dann auch noch warme Luft 


auf, so hat man fast immer mit dem Auftreten der 
beschriebenen milchigen Schichttrübung zu rechnen. 
Filmnegative hat man bisher im allgemeinen nur 
durch Aufblasen warmer Luft beschleunigt ge- 
trocknet. Die Alkoholbehandlung hielt man für 
schädlich. Es geht auch bei den meisten Filmen 
nicht an, sie zwei bis drei Minuten in Alkohol zu 
baden, da sie sich dann beim Trocknen stark defor- 
mieren können. Hingegen kann man ein gut von dem 
anhängenden Wasser befreites Filmnegativ ruhig 
etwa 60 Sekunden mit Alkohol behandeln. Dadurch 
wird der Schicht wenigstens ein Teil des Wassers 
entzogen und somit die Trocknung erleichtert, die 
man hier auferdem durch Aufblasen warmer Luft 
beschleunigen kann. Obwohl durch Anwendung des 
Härtefixierbades der Schmelzpunkt der Schicht er- 
heblich erhöht wird, soll trotzdem die auftreffende 
Luft nicht wärmer als etwa 30° C sein. Wichtig ist 
es, den Fimnegativen auf Vorder- und Rückseite an- 
haftenden Alkohol gut abzustreichen. Sonst können 
die Negative Buckel erhalten. 

Mit Alkohol behandelte Filme liegen meistens nicht 
ganz plan, ohne daß dies beim Kopieren stört. 
Außerdem verlieren sie die Neigung zum Krümmen, 
wenn sie für spätere Verwendung aufbewahrt wer- 
den. Da nicht alle Filmfabrikate die Alkoholbehand- 
lung vertragen, mache man erst einen Versuch mit 
einem wertlosen Negativ. 

Bei äußerst eiligen Arbeiten verfährt man so, daß 
man das noch nasse Negativ kopiert. Es unter 


Wasser mit dem gleichfalls eingeweichten Papier in 
Kontakt zu bringen, ist nicht zu empfehlen. Man 


- — ц | 


Gerd Baatz phol. Autounfall 


81 


trockne das Negativ, wie oben beschrieben, auf 
beiden Seiten sorgfältig ab und bedecke seine 
Schichtseite mit einer dünnen Zelluloidfolie. Eine Ver- 
minderung der Schärfe ist dabei nicht zu befürchten. 
Übrigens gibt es auch besondere Naßkopierfolien, 
die bei einigermaßen pfleglicher Behandlung sehr 
oft gebraucht werden können. 

Das Kopieren der nassen Negative gehört bei vielen 
Pressephotographen zur ständigen Arbeitsweise. Eine 
Gefahr für den Bestand des Negativs und die Quali- 
täten der Kopie besteht bei sorgfältigem Arbeiten 
nicht. Hingegen kann es nicht empfohlen werden, 
zur weiteren Zeitersparnis auch noch auf das Fixieren 
zu verzichten, indem man das entwickelte Negativ 
nur mit einem sauren Unterbrechungsbad, z. B. ver- 
dünnter Essigsäure, behandelt und es dann gleich 
kopiert. Das mag nur als äußerster Notbehelf in 
Frage kommen. 

Wie man auf schnellstem Wege von den angefallenen 
Negativen gute Kopien anfertigt, soll in einem 


Möglichkeiten und Wege der 


Die Reklame hat das Ziel, Aufmerksamkeit zu er- 
regen und Verlangen wachzurufen. Dabei ist für den 
Reklamefachmann zweierlei zu überlegen: an welche 
Kreise er sich wenden und mit welchen Eigen- 
schaften seines Gegenstandes er werben muß. Eine 


A τα 


1 > AM с 
Hrch. Freytag. Hintergrund gebogen. Beleuchtung Spot- 
light, der scharfen Schatten wegen ohne Mattscheibe 


82 


späteren Aufsatz behandelt werden. Dafür mag hier 
einmal überschlagen werden, in welcher durchschnitt- 
lichen Zeit ein Negativ fertig zum Kopieren vor- 
liegen kann. Im einzelnen Fall konnen sich natür- 
lich etwas längere oder kürzere Zeiten ergeben: 

Entwicklungsdauer in obigem Hervorrufer 4 Minuten; 


Fixieren im  Hártefixierbad 5 Minuten; Schnell- 
wüsserung etwa 5 Minuten: Alkoholbehandlung 
3 Minuten; Trockendauer bei Platten 5 Minuten. 


Selbst wenn man überall noch etwas Zeit zugibt, be- 
nótigt man rund 25 Minuten bis zu einer halben 
Stunde. Diese Rechnung erfährt in der Praxis immer 
wieder ihre Bestütigung. Dabei kann man in dieser 
Zeit bei einigermaßen geschickter Arbeitsweise be- 
quem ein halbes Dutzend Negative gleichzeitig be- 
handeln und fertigstellen. Beim Naßkopieren ist das 
Negativ bereits in etwa der halben Zeit kopierfähig. 
Der Pressephotograph hat im einzelnen Fall selber 
zu entscheiden, ob diese Arbeitsweise nótig ist, oder 
ob das Negativ vorher getrocknet werden kann. 


Photographie in der Reklame 


Reklame in einer teuren Zeitschrift z. B. wird anders 
aussehen, weil sie sich an andere Kreise wendet, als 
in der billigen Illustrierten, immer aber wird sie 
nach neuen Mitteln und neuen Wirkungen suchen 
müssen. Sie verwendet heute die Photographie nicht 
nur, weil diese billiger ist als die Zeichnung, sondern 
mehr noch wegen der ihr allein eigenen Werte ge- 
nauer Darstellung, welche durch Gruppierung und 
Beleuchtung anziehend und effektvoll gestaltet wer- 
den kann. 

Die einfachsten Aufgaben sind da zu lösen, wo das 
Photo nur als Abbildung im Prospekt, im Katalog, 
als Beilage zur Offerte erscheint. Hier wird eine 
technisch vollendete Aufnahme verlangt, die ge- 
schickt die schónen oder nützlichen Seiten des 
Gegenstandes ohne besondere Effekte ganz klar und 
sachlich zeigt. Der Käufer soll sich ein Bild machen 
kónnen, und da hier meist mehrere Aufnahmen ver- 
schiedener Modelle nebeneinander stehen, soll keines 
durch besondere Wirkungen die andere erschlagen. 
Ein gewisser Stil muß in der Reihe der Photos herr- 
schen, zu denen der begleitende Text dann weitere 
Aufklärung gibt. 

Anders sind die Aufgaben, wenn die Photographie 
als Ausdrucksmittel der Werbung mit anderen Re- 
klamen zu kämpfen hat: im Inserat und im Plakat. 
Hier gilt es, eben zuerst Aufmerksamkeit zu erregen, 
dann überzeugend zu wirken. Beides zu vereinigen, 
ist oft sehr schwer. Und hier steigert sich die Auf- 
gabe von Jahr zu Jahr, weil nur immer wieder Neues 
wirken kann und daher immer wieder neue Ge- 
danken und Bildwirkungen gefunden werden müssen, 
will der Photograph mit dem Wechsel des Reklame- 
stiles Schritt halten. Dazu ist dringend nötig, daß 
er stándig alle Arten von Reklamen in Bild und Text 
betrachtet und ihre Wirksamkeit beurteilen lernt. 
Das Inserat oder das Plakat kann in verschiedener 
Art und Weise photographisch hergestellt werden. 


Zunächst als Materialphoto. Hier soll allein 
die Wiedergabe des Materials Blickfang und über- 
zeugendes Mittel sein. Es muß daher so schön, so 
stofflich echt wie irgend möglich dargestellt, die 
interessanteste Seite und soviel Reiz wie nur denkbar 
abgewonnen werden. Je einfacher, desto eindeutiger 
und desto wirkungsvoller. Das Publikum will keine 
Rätsel raten, alles muß ihm möglichst mundgerecht 
gemacht werden. Im Materialinserat ist das Photo 
unbestritten herrschend, keine andere Technik kann 
hier mit ihm konkurrieren. Ist die blickfangende 
Wirkung mit dem einfachen Materialphoto nicht 
ohne weiteres zu erreichen, müssen andere Bild- 
elemente herangezogen werden, wie Schlagschatten, 
ungewohnte Sicht, Spiegelungen, Ubereinander- 
kopieren, Aneinanderreihen durch Montage usw. Es 
gibt da so viele Möglichkeiten, daß der Photograph, 
der sich eingehend mit diesem Gebiet befaßt, nicht 
in Verlegenheit zu kommen braucht. 

Aber das Materialphoto ist nicht die einzige Mög- 
lichkeit der photographischen Reklame. Stark bevor- 
zugt wird heute daneben das illustrative Re- 
klamephoto. Mit der Zeit ermüdet Material- 
charakteristik allein, und dann gibt es auch eine 
Menge Artikel, die darin gegenüber Konkurrenzfabri- 
katen keine Unterschiede zeigen, wie z. B. bei 
Zigaretten, Seifen usw. Da wird dann eine Beziehung 
zwischen dem Gegenstand und seiner Anwendung 
oder Wirkungsweise geschaffen und diese illustriert. 
Dabei hat die Photographie natürlich sehr mit den 
ganz anderen Möglichkeiten der Zeichnung zu 
rechnen, die nicht so stark an das Gegenständliche 
gebunden ist. Jedoch hat auch hier die Photographie 
noch den Vorteil größerer Überzeugungskraft, den 
man ausnützen muB. Man wird daher auch hier das 
Materialmäßige in den Vordergrund stellen und 
eine interessante Beziehung zu seiner Schönheit oder 
Nützlichkeit schaffen. Mitunter muß man dann sein 
Werbephoto aus verschiedenen Aufnahmen zu- 
sammensetzen. Es empfiehlt sich in den meisten 
Fällen, dann den unbequemeren Weg des Zusammen- 
kopierens zu beschreiten gegenüber der Photo- 
montage, die zwar leichter auszuführen ist, aber in 
den meisten Fällen unangenehme und unphotogra- 
phische Konturen ergibt und auch für den Laien leicht 
unverständlich wird. Zu leicht läßt man sich hier 
zu unklaren oder unlogischen Wirkungen verführen. 
So erschien vor einiger Zeit eine Zigarettenreklame, 
die einen Herrn am Frühstückstisch mit einem Stapel 
Zigarettenschachteln seiner Lieblingsmarke zeigte. 
Das ist falsch, denn kein Mensch denkt daran, sich 
soviel Zigaretten hinzulegen, weil man doch selbst 
wie auch die Fabrik gerade auf die „Frische“ Wert 
legen. Ahnlicher Unlogik begegnet man recht oft. 
Ist nun beim Materialphoto gute Photographie und 
Raumwirkung die Hauptsache, so ist hier der Ge- 
danke alles, der werbekrüftig und photographisch 
richtig dargestellt werden muf. 

Dann die dritte Art photographischer Reklame: die 
Schlagzeilenillustration. Oft wird heute 


Erich Bauer, Karlsruhe 


Werb2photo 


die Überschrift (Schlagzeile) eines Werbetextes so 
gehalten, daß sie zunächst die Blicke des Legenden 
auf sich ziehen soll. Manchmal hat sie gar nichts 
mit dem Gegenstand zu tun, sondern nur diese 
Funktion auszuüben. Einige Worte führen dann über 
zum werbenden Text. Neuerdings verstärkt man 
nun diese Wirkung der Schlagzeile durch ein ent- 
sprechendes Photo. Hier hat dann die Photographie 
nur die Aufgabe, Blickfang zu sein, und daraus läßt 
sich ermessen, wie sie beschaffen sein muB; packend 
und neuartig. Und es ist heute, wo täglich Hunderte 
von guten Photos zu den verschiedensten Zwecken 
verbreitet werden, nicht mehr einfach, diese Auf- 
gabe zu erfüllen. War dort Materialwiedergabe, da 
die Idee alles, so beruht hier die ganze Wirkungs- 
kraft im rein Photographischen. 

Allwöchentlich erscheinen die Illustrierten. Ebenso 
oft wechselt auch das Inserat, soll aber an Vorher- 
gehendes erinnern. So entstand die Serien- 
reklame, die verwendet wird, um das Fort- 
schreiten technicher Vorgänge zu zeigen. Mitunter 
bringt man auch solche Serien, deren erste Teile 


83 


noch keinen Hinweis auf den Gegenstand der Wer- 
bung verraten, der dann zum Schluß genannt wird, 
um die Spannung zu steigern. 

Der Photograph, der Werbephotos machen will, muß 
sich klar machen, welche Grundbedingungen die 
Reklame hat. Gewiß lassen sich bestimmte Regeln 
nicht aufstellen, aber man kann die Grundzüge klar- 
legen und aus der Entwicklung lernen. 

Daß die Photographie immer noch weniger, als es 
ihr eigentlich zukommt, in der Reklame verwendet 
wird, liegt daran, daß der Kameramann zu leicht 


Über deutsche Porträtphotographie 


Streng genommen ist kein Bild, das einen seeli-. 


schen oder kórperlichen Bewegungsablauf darstellt, 
ein Fortrát. Wir konnen visuell im stehenden 
Bild eine Bewegung nur synthetisch darstellen, nicht 
п einem  Teilstück, nicht in einer Phase, Phase 
ist nicht die Totalitát. Hier steht nun der Photo- 
graph vor fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, die 
jede Portrátaufnahme bei gewissenhafter Zielstellung 
zu einem Wagnis macht, denn das Dauernde im 
Menschen, das Wesentliche, das erst in einem Zeit- 
ablauf oder in einer ungeheuren Komprimierung der 
Eigenschaften, also der Grundlage, zum Ausdruck 
kommt, soll in begrenzter Zeit in dem Glücks- 
moment des  Ganz-bei-sich-zu-Hause-Seins erfaßt 
werden. Forderung wáre also, lange zu belichten, 
um dem Menschen Zeit zu sich selbst zu geben. Das 
kann kein Fhotograph, es sei denn, er griffe zu Kunst- 
mitteln, die mit Suggestion gleichlauten, wie es in 
neuester Zeit der Ihnen allen bekannte Lersky mit 
seinen „Köpfen des Alltags" fertigbrachte. Er nahm 
sich Arbeitslose, also die des regelnden Anstoßes durch 
Arbeit Beraubten, also die Zeitlosen, der Zeit ledigen. 
Er ließ sie stundenlang warten, ermüdete sie, be- 
nebelte sie mit dem leichten Narkotikum einer 
Zigarre, einer Tasse starken Kaffees und dramati- 
sierte nun eine Psyche in diese Gesichter herauf, von 
der im Alltäglichen keine Spur war. Es könnte aber 
auch sein, daß Lersky sein eigenes Temperament in 
die Leere dieser Gesichter hineinsuggerierte, die nun 
zum buntschillernden Spiegel fast bühnenhafter Be- 
redtsamkeit wurden. Ich will es offen ausdrücken: 
Bei aller Bewunderung dieses phánomenalen Kónnens 
bin ich Lersky gegenüber, dessen Buch Sie alle 
kennen, in großer Verlegenheit. Die Leistung ist da, 
der Wiederschein der Wahrheit ist da, aber es ist 
nicht Wahrheit selbst, jedenfalls ist der Weg ein 
äußerst gefährlicher und gehört fast in das Gebiet 
der Experimentalpsychologie. — Wenden wir uns dem 
alten David Octavio Hill zu. Auch er exponiert seine 
Menschen in praller Sonne eine halbe Stunde lang 
dem lichtschwachen Objektiv, der unempfindlichen 
Platte. Und welches echteste Leben, welche doku- 
mentarische Gewalt sieht uns aus diesen Bildern an, 
nichts von Starre, Lähmung, Gewalttätigkeit des 
Photographen. Ruhig flieBendes Leben, Beschaulich- 
keit, Charakter. Erklärung ist mir, daß die Menschen 
jener Zeit keine Nerven im heutigen Sinne hatten, 
und daß die Autosuggestion, daß man eben still- 
sitzen müsse, der Suggestion des Photographen helfend 
entgegenkam. Wir sehen hier, daß ein Glaube, ein 
Fürwahr- und Fürrichtighalten große Wirkung tun 
kann und dem Menschen bestimmt mehr dient als 
das Zuleichtmachen, das Abnehmen jeder Verpflich- 
tung, das in dem Zeitalter marxistischer Weltanschau- 
ung die innerlich zusammenhaltende Kraft eines 
Menschen fast zerstört hat. 

Das Hillsche Bild ist echtes Porträt und ist durch 
ein Jahrhundert Leitstern geblieben. Die Arbeits- 
methode aber, so richtig sie sein mag, ist nicht mehr 


84 


das Hauptgewicht auf Bildwirkung und photogra- 
phische Erfordernisse legt und darüber die Werbe- 
wirkung vernachlässigt. Es wäre zu wünschen, daß 
auf diesem Gebiet eine Erziehungsarbeit unseres Be- 
rufsverbandes einsetzte, zu der Wanderausstellungen, 
Vorträge und Preisausschreiben die Mittel sein 
könnten. Lehrreich wäre auch aus berufener Feder 
in unserer Fachpresse eine allmonatliche Kritik der 
in den illustrierten Zeitungen erscheinenden Re- 
klamen, die ja jeder in die Hand bekommt. 


a 


. 


(Schluß des Vortrags von Lendvai- Dirksen 
aus Heft6, 5. 74) 


anzuwenden im  Gegenüberstehen einem neuen 
Menschentypus. Der heutige Mensch ist dezentrali- 
siert und bei allem großen Wissen von der Welt 
auBer sich, weif er wenig von der Welt in sich. Er 
hat keine Herrschaft über sich, was sich in tragi- 
komischer Weise bei jedem von uns vor dem Ob- 
jektiv zeigt, das, wie ich immer wieder finde, für den 
bewußten Menschen den bösen Blick hat. 
Der Photograph geht mit vollkommenen Instru- 
menten zur Überlistung und Überrumpelung über zur 
Jagd auf den kleinen Moment natürlichen Ausdrucks. 
Im Grunde ist es für beide eine Qual, und der Photo- 
graph muß hier mit Aufwendung aller Seelenkräfte 
eine erträgliche Lage schaffen. Hat er die innere 
Festigkeit, die aus einem Fürwahrhalten kommt, aus 
der Ehrfurcht vor der Natur, aus scharf beobachten- 
der Aufmerksamkeit, so wird er den fruchtbaren 
Moment finden. Das Modell gewinnt Vertrauen und 
ist im Grunde froh, wenn es sich in eine Führung be- 
eben kann, die Unruhe, Nerven sänftigt und die 
armonie, das Gleichgewicht herstellt. Der harte 
Kern dieser Einsicht muß wie ein Bekenntnis da- 
stehen: „Ich stehe hier, ich kann nicht anders.“ Ich 
denke hier an eine irgendwo einmal gehörte zynische 
Äußerung, die in Variation des Luther-Wortes lautete: 
„Ich stehe hier — ich kann auch anders." Mit dem 
Liberalismus dieses zersetzenden Wankelmutes der 
Grundeinstellung kann man kein Werk schaffen. 
Gelingt es uns nicht, die für das Portrüt erforderliche 
Ruhe zu bereiten, muf man dazu übergehen, in einer 
Folge von Bildern Wesensmomente zu erhaschen. 
Die aus dieser Gegebenheit entstehende Porträt- 
photographie hat die meisten Vertreter und weist aus- 
gezeichnete Leistungen auf. Die andere Art, die ich 
die statische nennen móchte, scheitert in der Regel 
am allzu bewegten, um nicht zu sagen zerstückelten 
Objekt der Darstellung. Und ich wende mich hier 
zum Gegenstand meiner großen Liebe, dem Menschen. 
der noch in der Einheit des Wesens steht. Es ist 
dies das Kind, das sich noch nicht in die Wirrnis 
der Welt verlor, das Alter, das sich wieder zurück- 
fand, und der Volksmensch, der mit allem Leben, mit 
Gut und Blut der Natur und ihren Rhythmen ver- 
bunden blieb. Die Natur seines Leibes steht im Ein- 
klang mit der Natur der Landschaít, aus der er her- 
auswuchs in eigentümlichem Geprüge. Der Kreislauf 
der Jahreszeiten regelt seine Arbeit in Spannung, Ab- 
spannung und Ruhe. Der Bauer ist eine Totalitat. 
Sein Gesicht ist voller Leben in aller Ruhe. Es ist 
mehr Kraft darin, als ausgegeben wird. Es ist ein 
beredtes Schweigen, es hat Tiefe. Es stellt in jedem 
Augenblick Lebensgeschichte dar, so sehr es immer 
auf ein Gegenwärtiges und Reales gerichtet ist. Es 
geht nicht vom persönlichen Willen, sondern von 
der Kraft aus. Es wirkt schön, weil es unmittelbar 
ist, es verliert auch nicht seine Einheit vor der 
Kamera, und eine längere Belichtung wird leicht er- 
tragen, wenn sie nötig ist. Sie ist aber in dem Maße 
nicht nötig, weil das bäuerliche Wesen immer kon 


zentrisch, nicht exzentrisch ist. Das große Es regiert 
dieses Gesicht, zu dem wir als einzelner Mensch und 
als Volk wieder zurückfinden müssen. Wir haben 
dann Physiognomie, die aus dem Gesetz unserer 
Natur hervorwáchst und um die zu bemühen eine 
neue Zeit Stoff haben wird. Das ist ein weiter Weg 
und bedeutet Wesensrevolution des Einzelnen. 

Es ist ein Wahnsinn, irgendwie sagen zu wollen: S o 
soll und muf es werden. Den Ausgang einer Ge- 
burt kann man nicht voraussagen. Sie ist immer mit 
Not und Gefahr verbunden. Was wir allein sicher 
wissen, ist: äußerste Konzentration der Kräfte, letzte 
Treue gegen sich selbst, gegen unser bestes Wissen: 
das Gewissen. Dieses allein ist imstande, uns das 
innere Urbild zu geben, nach dem motivisch unser 
Leben sich zu formen hat. Was allein von außen 
kommt, verbildert uns im Ekkehardt-Sinn, ver- 
bildet uns. 

Diese meine, hier und da im Laufe der Jahre ge- 
äußerte Erkenntnis traf oft auf den Widerstand der 
Bemerkung: Wenn man so lebe, würde man einseitig, 
man solle und müsse die Welt, das Außen in sich 
hereinlassen, das erst gäbe Entwicklung der Persön- 
lichkeit. Das bestreite ich. Ich glaube nicht an Ent- 
wicklung, sondern an Durchdringung. Alles ist gleich- 
zeitig da, und wir haben nur wach zu werden zur 
Ganzheit des Lebens. Ich wachse nur aus dem Kern 
in die Weite, ich beherrsche alles nur aus diesem 
Punkt. Wer aus dem Zirkelschlag dieses schöpfe- 
rischen Punktes seine Kreise zieht, ist geborgen, wer 
sich kraft der Bestechlichkeit des Gehirns, durch die 
Magie äußerer Suggestionen aus sich herausziehen 
laßt ins alles Mögliche, dessen Gefolge ist Not und 
Verzweiflung. Hier wäre der Einwand, daß gerade 
die äußere Reibung die Kräfte ruft und stählt. Ja, 
das ist so. Das äußere Schicksal kann aber nur dann 
ein organisches Gebilde werden, wenn es von innen 
ergriffen und gestaltet wird. Wir sind daran, als 
Volk zu begreifen, daß das Schicksal mit uns etwas 
vor hat. Werk im höchsten Sinne: zu werden, was 
wir sind. Es ist an uns, zu erfassen in diesem Erd- 
beben deutscher Natur, in diesem Umbruch der Zeit 
— wo das Wesentliche liegt. 

Das Schicksal hat uns in höchster Not des Zerfalls 
einen genialen Menschen gegeben, der diese Not und 
die Notwende und die Notwendigkeiten begriffen 
hat und mit heißem Herzen und kühlem Kopf die 
verworrenen Lebensströme in ihr altes naturgegebenes 
Flußbett zurücklenkt. Jeder, dem die Schicksals- 
stunde unseres Volkes, diese letzte Rettung, in klarem, 
hartem Bewußtsein steht, trägt die unausweichliche 
Verpflichtung zur Mitarbeit an der inneren Neu- 
formung der verfallenden deutschen Physiognomie. 
Wir geben den Glauben und die Hoffnung nicht auf, 
daß sie aus unserer verlorenen Zeit wieder aufersteht 
zu ihrer alten natürlichen Schönheit. 


Wirtschaftliches 


Zusammenschluß im Bild- Berichterstatter - Gewerbe 


Nachdem seit einigen Monaten die Berufsvereini- 

gungen des Bildberichterstattergewerbes, nämlich 

1. Verband deutscher Presse-Illustrationsfirmen e. V. 
(Arbeitgeber), 

2. Verband deutscher Bildreporter e. V. (vorwiegend 
Arbeitnehmer), 

3. Reichsverband der Sportpressephotographen (Spe- 
zialgruppe) 

einträchtig zu gemeinsamer Arbeit und Wahrung 

ihrer Interessen sich zusammengefunden hatten, in- 

dem von den unter 2 und 3 genannten Vereinigungen 

die Vorstände sowie ein Teil der Mitglieder dem 

Verband deutscher Presse- lllustrationsfitmen e. V. 

beitraten, hat das in diesem Verband zusammen- 

geschlossene Gewerbe der deutschen Bildbericht- 


1 


Hrch. Freytag, Berlin 


Werbephoto 


erstatter in der letzten Generalversammlung am Mitt- 
woch, dem 14. Juni, einstimmig beschlossen, die 
Satzung dergestalt zu ändern, daß der Verband den 
Namen Reichsverband deutscher Bild- 
berichterstatter e. V. annimmt. 

Die Umgründung in den Reichsverband geschah im 
engsten Einvernehmen mit der zuständigen Behörde, 
Abteilung II des Reichsministeriums für Volksauf- 
klärung und Propaganda, von der zwei Herren der 
Sitzung beiwohnten. In dem „Reichsverband deut- 
scher Bildberichterstatter e. V." sollen alle deutschen 
Bildberichterstatter ihren Zusammenschluß finden, 
gleichgültig, ob es sich dabei um selbständige Firmen, 
festangestellte Bildberichterstatter oder freie Mit- 
arbeiter handelt. Es werden Fachschaften für die 
Arbeitgeber, für die Arbeitnehmer und für die freien 
Mitarbeiter gebildet. In der letztgenannten Fach- 
schaft wird die in Berlin bestehende „Vereinigung 
freier Mitarbeiter“ aufgehen. Entsprechend den Auf- 
gaben als Reichsverband sollen Orts- bzw. Landes- 
gruppen im ganzen Reich aufgezogen werden. Die 
Gliederung des Verbandes soll im übrigen so er- 
folgen, daß er dem neuen Pressegesetz entsprechend 
sich organisch der Pressekammer angliedern kann. 
So wird der „Reichsverband deutscher Bildbericht- 
erstatter“ als Fachverband der Spitzenorganisation 
„Reichsverband der deutschen Presse“ angeschlossen 
und im übrigen in der Pressekammer eine selb- 
ständige Vertretung erhalten. Der bisherige Vor- 
sitzende des „Verbandes deutscher Presse - Illustra- 
tionsfirmen e. V.", Herr Dr. F. K. Hermann, wurde 
kommissarischer Vorsitzender des ,Reichsverbandes 
deutscher Bildberichterstatter e. V.". Die Geschafts- 
stelle befindet sich in Berlin SW 68, Schützenstr. 67, 
Telephon: A 6, Merkur 5571. 


Sonntagsruhe und BildberichterstaHung 


Die Verordnung des Berliner Polizeiprüsidenten vom 
28. November 1930 betreffend Sonntagsruhe im Ge- 
то жеше enthált einen $ 12 mit folgendem Wort- 
aut: 
„In Betrieben zur Herstellung von Maternkorre- 
spondenzen dürfen gewerbliche Arbeiter an allen 
Sonn- und Festtagen mit Ausnahme des ersten 
Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertages während 
4 Stunden (je Arbeiter) mit Arbeiten beschäftigt 
werden, die für den Betrieb unerläßlich sind und 
nicht an Werktagen vorgenommen werden konnen, 


Die Gründe, die den Berliner Polizeiprásidenten zu 
vorstehender Regelung veranlaßten, lagen selbstver- 
ständlich in weit größerem Umfang für die aktuelle 
Bildberichterstattung vor. Auf Betreiben des „Ver- 
bandes deutscher Presse - Illustrationsfirmen e. V.“, 
jetzigen „Reichsverbandes deutscher Bildbericht- 
erstatter e. V.“, ist daher der vorgenannte Paragraph 
in einer neuen Verordnung des Berliner Polizeipräsi- 
denten durch folgenden Absatz 2 ergänzt worden: 


„Vorstehende Regelung gilt auch für die Beschäfti- 
gung gewerblicher Arbeiter in den Betrieben zur 
Herstellung von Pressebildmatern, Presseklischees 
und Pressephotos. Die als Bildberichterstatter 
tätigen Arbeitnehmer solcher Betriebe einschließ- 
lich der Hilfspersonen dürfen bei der photogra- 
phischen Aufnahme von Ereignissen, Veranstal- 
tungen usw. und der Entwicklung der Aufnahmen 
bis zu 8 Stunden und nach Bedarf auch an den 
ersten Festtagen der drei hohen Feste beschäftigt 
werden.“ 


Der Berliner Polizeipräsident hat also dankenswerter- 
weise die Hemmnisse, die die aktuelle Bildbericht- 
erstattung an Sonn- und Feiertagen behinderten, nun- 
mehr beseitigt. 


Stempelaufdruck beim Versand von Lichtbildern im 
innerdeutschen Drucksachenverkehr 


Wie bekannt, war es bisher nicht gestattet, im 
Drucksachenverkehr auf der Rückseite der von 
den Bildberichterstattern versandten Photos Stempel- 
abdrucke anzubringen, in denen außer dem Firmen- 
namen noch andere Angaben, wie z. B. der Copy- 
right-Vermerk, enthalten waren. Dadurch, daß der 
Urheberrechtsvermerk nicht aufgestempelt werden 
konnte, war dem unrechtmäßigen Gebrauch der 
Photos, d. h. dem Diebstahl solcher Aufnahmen, Tür 
und Tor geöffnet. Die Postbestimmungen besagten 
nämlich, daß durch Stempel gemachte Zusätze in 
Drucksachen ebenso zu beurteilen sind wie Nach- 
tragungen, die handschriftlich oder mit Schreib- 
maschine hergestellt sind. Solche Zusátze waren im 
innerdeutschen Verkehr nur bis zu 5 Punkten ge- 
stattet und konnten in den Druckstücken selbst oder 
auf fest mit ihnen verbundenen Zetteln gemacht sein. 
Umfaßte daher ein Stempelabdruck eine größere 
Wortzahl, so war er unzulässig, und die Drucksachen 
mit solchen Zusätzen unterlagen der Briefgebühr. 
Die Anbringung von entsprechenden im Buchdruck 
hergestellten Zetteln war natürlich jeweils, abgesehen 
von den Kosten solcher Drucke, sehr zeitraubend. 
Um sein Urheberrecht wirksam zu schützen, mußte 
daher der Bildberichterstatter beim Versand ent- 
weder das Briefporto zahlen oder seine Versand- 
kosten durch gedruckte Zettel, mühselig aufgeklebt, 
vermehren. 

Nach monatelangen Verhandlungen des , Verbandes 
deutscher Presse-Illustrationsfirmen e. V.“, jetzigen 
„Reichsverbandes deutscher Bildberichterstatter e. V.“, 
ist es gelungen, den Herrn Reichspostminister davon 
zu überzeugen, daß es im Interesse der deutschen 
Wertarbeit liegt, die Bestimmungen der Postordnung 
abzuándern. Auf Grund des vorgelegten durch- 
schlagenden Beweismaterials konnte sich der Herr 


86 


Reichspostminister der Sachlage nicht verschließen 
und hat Veranlassung genommen, auf Grund einer 
Verfügung im „Amtsblatt des Reichspostministe- 
riums“ Nr. 28, 1933, S. 115, Vervielfältigungen mit 
Stempelaufdruck, wie ihn z. B. die Atlantic-Photo- 
G. m. b. H. laut Abbildung verwendet, im inner- 
deutschen Verkehr als Drucksache zuzulassen. 
Auf diese Weise ist es möglich. geworden, daß bei 
Verwendung bloßen Drucksachenportos Lichtbilder 
mit einem Stempelzusatz zur Sicherung des Urheber- 
rechts versandt werden dürfen. 


Arbeitsgemeinschalft englischer Bilder- 
korrespondenzen 
(Sonderdienst des ,Zeitungs-Verlags* durch United Press) 


London. Unter dem Namen „British International 
Photographic Press Agency" hat eine Reihe bedeu- 
tender, in London ansässiger Bilderkorrespondenzen 
eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, um die Be- 
schaffungskosten des Bildmaterials zu verringern. 
Der Arbeitsgemeinschaft gehören an: Associated 
Press, Barratt's Photo Press, Fox Photos, Keystone 
View Co. und Wide World Photos. 

Nicht beigetreten sind die großen englischen Bilder- 
agenturen Planet News, Topical Press, London News 
Agency und andere. 


Verschiedenes 


Entfernungsmesser an der Pressekamera 


Es soll dem erfahrenen Pressephotographen  zu- 
gestanden werden, daß er sich im Laufe der Zeit 
eine beachtenswerte Sicherheit im richtigen Schätzen 
von Entfernungen angeeignet hat. Trotzdem sieht 
man auf vielen Pressephotos immer wieder, daß die 
Hauptschärfe nicht an der für die Bildwirkung wich- 
tigsten Stelle liegt. Man weiß ja, was bei Aufnahme- 
abständen von etwa vier bis sechs Metern bei licht- 
starker Optik ein Schätzungsfehler von 50 cm bis zu 
einem Meter ausmachen kann, zumal wenn man mit 
Brennweiten über 15 cm arbeitet. 

Die guten Kleinfilmkameras zeigen durch die Kupp- 
lung zwischen Entfernungsmesser und Einstellung 
den sichersten Weg zur Vermeidung von Einstell- 
fehler auf. Es wäre sehr wohl denkbar, auch 
bei der 13 X18-Schlitzverschlußkamera eine solche 
Einrichtung zu verwenden. Eine sehr wertvolle 
Hilfe hat man aber schon dadurch, daß man 
seine Pressekamera wenigstens mit einem zuver- 
lässigen Entfernungsmesser ausrüstet, z. B. dem seit 
neun Jahren bewährten Leitz-Fodis. Man hat hierzu 
nur eine Befestigungseinrichtung an der Kamera an- 
zubringen, was man mit Hilfe eines Schraubenziehers 
leicht selber besorgen kann. Der Entfernungsmesser 
läßt sich dann im Handumdrehen an der Kamera an- 
bringen und wieder abnehmen. 

Die Einstellung nach den Angaben des Entfernungs- 
messers ist praktisch genau so zuverlässig wie das 
Abmessen mit einem Bandmaß, das ja hier nie in 
Frage kommt. Am sichersten arbeitet man so, daß 
man ungefähr einschätzt, aus welcher Entfernung 
man die Aufnahme zu machen hat. Nehmen wir an, 
es seien 6 m. Dann stellt man Entfernungsmesser 
und Objektiv auf diese Entfernung ein. Kurz vor 
der Aufnahme bringt man das Auge an den Ent- 
fernungsmesser. Geht man etwas vor oder zurück 
mit der Kamera, bis man das Aufnahmeobjekt im 
Entfernungsmesser mit nicht mehr doppelten Um- 
rissen sieht, so befindet sich der Gegenstand der 
Aufnahme in der Einstellebene. Auf diese Weise 
arbeitet man schneller, als man es beschreiben kann, 
und das selbst bei sehr kleinen Aufnahmeabständen, 
bei denen man Entfernungen leicht verschätzt. Die 
Ausgabe für den Fodis - Entfernungsmesser macht 
sich bald durch Negative bezahlt, bei denen die 
Schärfe immer an der richtigen Stelle liegt. Ce. 


Sonnenblende — auch bei Regen 


Die Sonnenblende ist ein Hilfsmittel, von dem der 
Pressephotograph nur selten Gebrauch macht, und 
auch nur dann, wenn ihm die Sonne direkt auf das 
Objektiv scheint. Dabei bewührt sich die Sonnen- 
blende bei vielen anderen Gelegenheiten, indem sie 
falsches Licht von der Frontlinse des Objektivs ab- 
hält und dadurch die Brillanz der Negative steigert, 
во bei Aufnahmen am grell besonnten Strand oder 
über Wasserflächen mit starken Reflexen. Auch bei 
Aufnahmen von Fackelzügen kann die Sonnenblende 
wenigstens einen Teil des falschen Lichtes abhalten. 
Gerade bei Aufnahmen dieser Art entdeckt man 
häufig Spiegelflecke infolge von Reflexen innerhalb 
des Objektivs. Wenn sich dieser Fehler auch nicht 
immer ganz vermeiden läßt, so mildert ihn die 
Sonnenblende wenigstens. Außerdem bewährt sich 
eine nicht zu kurze Sonnenblende bei Aufnahmen im 
Regen. Hier hält sie ihn von der Frontlinse ab. 
Wenn der Regen nicht gerade von vorn durch den 
Wind gegen das Objektiv gepeitscht wird, kommt 
kein Tröpfchen auf die Frontlinse. N—n. 


Strichklischees nach Photographien 


Manche Lokalzeitungen bevorzugen für ihren Bildteil 
Darstellungen in Strichmanier. Dem  Bildbericht- 
erstatter erschließen sich hier Verdienstmóglich- 
keiten, wenn er nach seinen Aufnahmen selbst 
Strichvorlagen anfertigt. Das geschieht am  ein- 
fachsten durch Überzeichnen und nachheriges Aus- 
bleichen der Kopie. Einiges Zeichentalent ist aller- 
Pange erforderlich, wenn die Vorlagen brauchbar sein 
sollen. 


Die Kopien fertigt man auf einem matten oder halb- 


matten Bromsilber- oder Gaslichtpapier an. Sie 
brauchen technisch durchaus nicht besonders gut zu 
sein, sondern es genügt, wenn man alle wichtigen 
Einzelheiten auf ihnen erkennen kann. Zum Über- 
zeichnen benutzt man chinesische Tusche. Gearbeitet 
wird mit der Zeichen- oder auch gewöhnlichen 
Schreibfeder. Wenn die Tusche schwer von der 
Schicht angenommen wird, setzt man ihr eine Spur 
Ochsengalle zu. Ist die Zeichnung getrocknet, wird 
die photographische Unterlage ausgebleicht. Dazu 
kann man Farmers Abschwächer (rotes Blutlaugen- 
salz und Bromkalium) benutzen, bei dem jedoch oft 
ein Restbild sichtbar bleibt. Besser ist ein Bleichbad, 
das aus 3 g Thiokarbamid. 3 ccm Salpetersäure und 
100 ccm Wasser besteht. Nach dem Bleichen wässert 
man fünf Minuten und trocknet das Bild. 

Wenn man selber nicht zeichnen kann, so hat viel- 
leicht die Redaktion jemanden zur Hand, der die 
Umzeichnung vornehmen kann, während der Photo- 
graph nachher das Bleichen besorgt. Man kommt 
dann fast immer zu besseren Ergebnissen, als wenn 
ein durchschnittlicher Zeichner die Photographie nur 
als Vorlage für die Anfertigung einer Strichzeichnung 
benutzt. —n. 


Presseplatten 


In den Prospekten amerikanischer und vor allem eng- 
lischer Plattenfirmen findet man oft auch press-plates 
aufgeführt. Man kann sich bei uns unter diesen 
Presseplatten meistens nichts Rechtes vorstellen, ver- 
steht nicht, weshalb von zwei Platten gleicher Emp- 
findlichkeit, beispielsweise von 750° H. & D., die eine 
als Portrüt-, die andere aber als Presseplatte be- 
zeichnet wird. Ein Unterschied besteht aber. Er liegt 
in der verschiedenen Gradation. Dem Bildnisphoto- 
graphen kommt es in erster Linie auf eine lange und 
weiche Tonskala an, dem Pressemann aber gewóhn- 
lich auf kräftiger gehaltene Negative, die sich, zumal 
bei trübem Wetter, auf weichen Emulsionen nur 
schwer erzielen lassen. Ebenso geben manche Por- 
trätemulsionen bei knappen Belichtungen für die 
1 der Bildreportage ungünstig abgestufte Ne- 
gative. 


Bei uns sind als Presseplatten besonders gekennzeich- 
nete Emulsionen kaum im Handel. Trotzdem haben 
wir genügend Platten und Filme, deren Emulsionen 
nicht nur hinsichtlich Empfindlichkeit, sondern auch 
durch ihre kräftige Gradation den Anforderungen 
des Pressephotographen gerecht werden. Irgend- 
welche sonstigen besonderen Eigenschaften weisen die 
Presseplatten nicht auf. 

Seit kurzem stellt die Mimosa in ihrer Pressa-Platte 
ein Aufnahmematerial her, das eine Sonderstellung 
einnimmt: In Empfindlichkeit und Gradation ent- 
spricht es den Anforderungen der Pressephotographie. 
Dazu kommt noch, daß Negative auf der Pressa- 
Platte besonders schnell trocknen, wodurch bei der 
Negativanfertigung an Zeit gespart wird. 

In diesem Zusammenhang mag noch erwähnt sein, 
daß man hier und da in englischen und amerikani- 
schen Preislisten besondere press - papers aufgeführt 
findet. Diese Pressepapiere zeichnen sich auch nur 
durch kräftiges Arbeiten aus. Entsprechende Emul- 
sionen liefert jede unserer Papierfabriken. Die Presse- 
photographen des Auslandes haben also vor uns 
weder im Aufnahme-, noch im Kopiermaterial etwas 
voraus. Ce. 


Das Reklamephoto 


Eine Feststellung von Clarence Ponting: ,In 
England (und noch mehr in Frankreich) wendet man 
sich fast stets an die Künstler und nicht an die 
Photographen, wenn es gilt, ein Reklamebild zu 
schaffen. In Amerika hingegen marschiert die Photo- 
graphie an der Spitze. Solche Reklamephotographien 
müssen künstlerisch sein und die Aufmerksamkeit 
des Käufers auf sich ziehen. Die Größe der Re- 
klamebilder spielt nicht die Hauptrolle, vielmehr die 
im Bilde verkórperte Idee, welche auch den eiligen 
Passanten zwingen muß, seine Schritte zu verlang- 
samen, und ihm nicht gestatten darf, seinen Weg fort- 
zusetzen, ohne den Namen des angebotenen Gegen- 
standes seinem Gedächtnis eingehámmert zu haben.“ 


Zu unseren Bildern 


Mit den Portrüts nehmen wir nochmals Bezug auf 
die Ausstellung in Erfurt, über die im letzten Heft 
berichtet wurde. Dabei beglückwünschen wir auch 
an dieser Stelle noch die beiden erfolgreichen Licht- 
bildner Glauer und Gerlin g zu ihrem 50 jührigen 
Berufs- bzw. 30 jährigen Geschäfts jubiläum. 
folgen dann gute Bildbeispiele zu den Aufsätzen 
„Modephotographie“ und „Reklame“, denen sich 
dann wieder einige vortreffliche Pressephotos, aktuelle 
Sport- und Überblicksaufnahmen anschließen. 

Das Pressephoto haben wir erst mit Beginn dieses 
Jahres in die Interessen unserer Zeitschrift als photo- 
graphische Leistung, als Betätigungsfeld und Er- 
werbsquelle einbezogen. Je mehr wir uns aber mit 
diesem Zweig, je eingehender wir uns mit den 
Bildersendungen und den Reproduktionen in den 
„Illustrierten“ beschäftigen, um so mehr wächst die 
Bewunderung solcher Aufnahmen, in denen wichtige 
Ereignisausschnitte mit all den Erfordernissen, die 
an eine gute Photographie zu stellen sind, lebendig, 
bildhaft, klar und scharf festgehalten sind. Wir 
glauben, daß das gute Pressephoto in manchen Fach- 
kreisen noch nicht so eingeschätzt wird, wie es ihm 
zukommt. Der Pressephotograph ist der absoluteste 
Photograph. Er muß nicht nur sein Handwerk gründ- 
lich beherrschen, er muß auch Einfühlungsvermógen 
in alle Situationen, ein sicheres Auge, Verständnis 
für das Wesentliche, Unternehmungsgeist und Ent- 
schlußkraft besitzen, will er Erfolge haben. Er muß 
photographieren, entwickeln, kopieren, seine Bilder 
verschicken, und dies alles in hóchster Schnelligkeit. 
Von solchen Gesichtspunkten wollen unsere aus- 
gewählten Pressephotos von den nationalen Festtagen 
und die Sportaufnahmen in Heft 6 und dem vor- 
liegenden betrachtet und bewertet werden. 


87 


Kleine Mitteilungen. 


Das „Metaphot“, ein neues mikrophoto- 
d: graphisches Gerät. : 
Von Dr. H. Naumann, Rathenow. 

Für viele Zwecke ist die Mikrophotographic zu 
einer Hilfswissenschaft geworden, die mit einer ge- 
wissen  Selbstverstándlichkeit gehandhabt werden 
muß, wobei die dazu benutzten Instrumente auch von 
Hilfskräften so bedient werden müssen, daß der 
Bruchteil der Fehlresultate gering bleibt. Aus 
diesen Erwägungen heraus ist das in Abb. 1 wieder- 
gegebene „Metaphot“ der Emil Busch AG., Rathe- 
now, entstanden. Der gußeiserne Standfuß ist gleich- 


— — * c | | 
1 д 


Abb. 1. 


zeitig Kamera; er trägt das Mikroskop, das mit dem 
Okular nach unten angeordnet ist. Das am oberen 
Ende des Tubus befindliche, selbstverständlich aus- 
wechselbare Objektiv ragt in die Durchbohrung der 
Tischplatte hincin; oberhalb des Tisches befindet 
sich dio bei jedem guten Mikroskop übliche Beleuch- 
tungsvorrichtung samt einer Nicdervoltglühlampe als 
Lichtquelle. Am Boden des Standfußes ist ein 
Spiegel angebracht, der das Licht auf die pultartig 
befestigte Mattscheibe wirft, so daß der mit dem 
Instrument Arbeitende die Mattscheibe bequem vor 
sich hat und ebenso bequem in das Beobachtungs- 
okular blicken kann, dem cin Teil des Lichtes durch 
ein halbdurchlässiges Prisma zugespiegelt wird. 

Es ist hier nicht der Ort, die bereits an anderer 
Stelle') erschienene ausführliche Beschreibung des 
Gerätes zu wiederholen. Es sei nur betont, daß sich 
am Metaphot Objektive, Okulare und Kondensoren 
beliebiger Herkunft verwenden lassen. Auch Über- 
sichtsaufnahmen ohne Okular können mittels geeig- 
neter Anastigmate bis zu etwa 105 mm Brennweite 
hergestellt werden; für Beobachtungen im aui- 


fallenden Licht läßt sich der Vertikalilluminator an- 


bringen, auch in seiner Form als Univertor ?), wobei 
ein bequemer Wechsel zwischen Hell- und Dunkel- 
feldbeleuchtung im auffallenden Licht gewährleistet 
ist.. Abb. 2 zeigt den Oberteil cines mit dem Uni- 
vertor ausgestatteten Mctaphots. Für diese Auflicht- 
beleuchtung wird eine zweite Lichtquelle auf der in 


1) Flügge: Das „Metaphot“, „Blätter für Untersuchungs- und 
Forscliungsinstrumente* V, 49 (1931). 
2) Hauser: „Der Busch- Univertor*, a. à. O., S. 57. 


tiven Augenfehler auszuschalten. 


der Abb. 1 abgewandten Seite am Fuße des Meta- 
phots angebracht. 

Die Beleuchtung der Objekte geschieht im 
durchfallenden wie im durchfallenden Licht nach 


dem Köhlerschen Prinzip. Es ist also beste 
Gewähr für  überstrahlungsfreie Aufnahmen ge- 
geben, und die zum Instrument  beigegebene 


Gebrauchsanweisung ist so abgefaßt, daß auch 
diejenigen, die mit der Theorie der Mikrophoto- 
graphie noch nicht vertraut sind, zwangläufig die 


Abb. 2. 


Köhlersche Anordnung anwenden. Selbstverständlich 
ist die Benutzung von Lichtfiltern vorgesehen. Busch 
führt für das Metaphot cinen speziellen Filtersatz, 
der von der klassischen Theorie in angenehmer Hin- 
sicht wesentlich abweicht insofern, als die Filter schr 
lichtdurchlässig sind und deshalb eine bequeme Ein- 
stellung und kurze Belichtungszeiten gestatten 2). In- 
folge der geringen Wärmeentwicklung der Nicder- 
voltlampe sind Kühlküvetten höchstens bei ganz 
empfindlichen Lebewesen erforderlich, Das Ве- 
obachtungsokular ist mit Fadenkreuz und einstell- 
barer Augenlinse versehen und gestattet, die subjek- 
Wird in diesem 
Beobachtungstubus scharf eingestellt und das Prisma 
nachher aus dem Strahlengang entfernt, so ist das 
Bild auf der Mattscheibe bzw. Platte scharf, wobei 
die richtige Tubuslänge gesichert ist. Für Moment- 
aufnahmen bewegter Objekte kann das Beobachtungs- 
okular eingeschaltet bleiben; die durch das Prismz 
bedingte Verkürzung der wirksamen Tubuslange 
wird durch einen Zwischenring behoben. 

Über weitere vielseitige Verwendungs- und Aus- 
baumöglichkeiten des Metaphots unterrichtet der 
neue Prospekt 310. 


Neue Lifa-Tabelle. Die Lifa, Augsburg, hat eben 
eine neue Verlängerungsfaktorentabelle L 33 D her- 
ausgebracht, die dem Amateur und dem Fachphoto 
graphen in gleicher Weise wertvolle Dienste leistet. 
Die Emulsionen aller in- und ausländischen Platten und 
Filme wurden im Laboratorium der Lifa jetzt wieder 
neu auf ihre Orthochromasie und Panchromasie 
untersucht und das Ergebnis in übersichtlicher Weise 
in der genannten Liste zusammengestellt, so daß dic 
Verlängerungsfaktoren für die Lifa -Filter ohne 
weiteres abgelesen werden können. Diese Liste L 33 D 
wird gratis abgegeben. Dic Lifa hat sich durch diese 
Tabelle ein Verdienst erworben. 


3) „Phot. Rundschau*{60, 37 (1923). 


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WILLI JACOBSEN, BERLIN 


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AUTOMOBIL- 
WERBEAUFNAHMEN 


GLAUER, OPPELN, G.D.L. 


ART. GRENZLAND 
OBERSCHLESIEN 


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| 
| 


HLOSS TURAWA 


ALTE HOLZKIRCHE 
IN ELLGUTH -TURAWA O.-SCHL. 


MAX GLAUER, OPPELN 


VERARMTER 
OBERSCHLESISCHER 
ARBEITER 


FRAU AUS 
JELLOWA O.-SCHL. 


Schnelle Anfertigung von Reproduktionsvorlagen 


Nachdem in Heft 7 gezeigt wurde, wie man auf 
schnellstem Wege zu kopierfáhigen Negativen kommt, 
soll nunmehr der kürzeste Weg vom Negativ zur re- 
produktionsfáhigen Vorlage aufgezeigt werden. Man 
stellt an sie andere Anforderungen als an die üblichen 
Arbeiten des Fachphotographen. Die Illustrations- 
aufnahme muf alle Einzelheiten des Negatives her- 
ausbringen und eine etwas übernormale Kraft auf- 
weisen. Denn nach einer alten Weisheit bleibt im 
Raster der Reproduktionskamera viel háüngen. 

Als Papiere kommen nur solche mit glánzender Ober- 
fläche in Frage. Chamoispapiere scheiden aus. Ebenso 
wird nur der Anfänger Papiere mit besonders schónen 
Oberflächen aussuchen, die dem Reproduktionstech- 
niker dann das Leben schwer machen. In erster Linie 
wird man kartonstarke Papiere verwenden; denn bei 
den dünnen Sorten ist die Gefahr einer Beschädigung 
zu groß. 

Für die Negativkorrekturen in Gestalt von Ab- 
schwächungen und Verstärkungen steht keine Zeit 
zur Verfügung. Außerdem hat man es nicht nötig, 
sich mit diesen Prozessen zu befassen, die immer 
den Bestand des Negatives gefährden können. Fast 
alle Papiere werden heute in drei oder vier Gra- 
dationen geliefert, so daß man von allen anfallenden 
Negativen, seien sie nun hart, normal oder weich, 
ohne Mühe Kopien anfertigen kann, die der oben 
gestellten Forderung nach besonderer Kraft gerecht 
werden. 

Meistens wird man sich für Bromsilberpapiere ent- 
scheiden. Es besteht aber kein Grund, nicht auch 
hochempfindliche Gaslichtpapiere zu benutzen, wenn 
sie in mehreren Gradationen geliefert werden. Das 
ist jedoch nicht bei allen Papieren dieser Art der 
Fall. Obgleich sie sich im allgemeinen durch Be- 
lichtung und Entwicklung ziemlich willig in der Gra- 
dation beeinflussen lassen, wird man dann doch 
Bromsilberpapieren den Vorzug geben, bei denen 
man durch Wahl der dem einzelnen Negativ an- 
gepaßten Gradation doch sicherer Positive mit der 
erforderlichen kräftigen Abstufung erhält. 

Um die Kopierarbeit möglichst zuverlässig zu ge- 
stalten, ist das Arbeiten mit einem Kopierapparat zu 
empfehlen. Dabei lohnen sich auch die Kosten für 
eine Schaltuhr. Im allgemeinen kommen, auch bei 
hochempfindlichen Gaslichtpapieren, nach wenigen 


Sekunden bemessene Belichtungszeiten in Frage, die 
durch eine Schaltuhr sicherer eingehalten werden als 
bei Betätigung des Schalters von Hand. Man kann 
natürlich auch im Rahmen kopieren, muß dann aber 
dafür sorgen, daß die Kopierbedingungen möglichst 
unverändert bleiben. Man sieht für diesen Zweck 
eine Lampe vor, deren Abstand vom Rahmen man 
unverändert einhalt. Es ist dann möglich, auch hier 
auf Probebelichtungen zu verzichten und dadurch die 
Arbeit zu beschleunigen. 

Über die Entwicklung der Abzüge ist nicht viel Be- 
sonderes zu sagen. Hier ist wieder Klarheit und 
Kraft der Bilder anzustreben. Weiter ist auf die Er- 
zielung eines möglichst neutralen Bildtones zu sehen. 
Grün- oder braunstichige Töne sind zu vermeiden. 
Das fällt bei Benutzung eines zweckmäßig zusammen- 
gesetzten Metol-H ydrochinon-Entwicklers nicht schwer. 
Geeignet ist z. B. die folgende Formel: 2 g Metol, 
40 g wasserfreies Sulfit, 8g Hydrochinon, 30 g wasser- 
freie Soda, 1 g Bromkalium. Die Bestandteile werden 
in etwa 800 ccm Wasser in der angegebenen Reihen- 
folge nacheinander gelóst, worauf man so viel Wasser 
zusetzt, daß man 1 Liter Lösung erhält. Sie wird zum 
Gebrauch mit einem Teil Wasser verdünnt. Diese 
Verdünnung hält man immer ein. Es hat keinen 
Zweck, beispielsweise zu versuchen, durch stärkere 
Verdünnung eine weichere Kopie zu erzielen. Dieses 
Ziel erreicht man sicherer durch die Verwendung 
eines Papieres weicher Gradation. Hier heißt es, 
möglichst unter gleichmäßigen Bedingungen zu ar- 
beiten. Für Versuche hat man keine Zeit. 

Der angegebene Entwickler ist sehr ausgiebig. Man 
kann in ihm eine große Anzahl von Bildern mit 
gleicher Kraft und gleichem Ton hervorrufen. Auf 
der anderen Seite hat es keinen Zweck, den Ent- 
wickler zu strapazieren. Sobald Hervorrufungszeiten 
von mehr als drei Minuten in Frage kommen, nimmt 
man frische Lósung. 

Es ist ratsam, nach der Entwicklung ein saures Unter- 
brechungsbad anzuwenden. Man kann dazu drei- 
prozentige Essigsäure oder eine fünfprozentige Lö- 
sung von Kaliummetabisulfit nehmen. Das Stoppbad 
verhindert ein Fortschreiten der Hervorrufung und 
damit eine Überentwicklung, außerdem das Auftreten 
von Gelbschleier. Man kommt also nicht in die 
Lage, wegen dieser Fehler Bilder nachkopieren zu 


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75 


Vom Deutschen Turnfest in Stuttgart; Fahnenschwingen 


Arbeitsgemeinschaft Stuttgarter Fachphotographen 


89 


müssen. Außerdem ist es angenehm, daß man sich 
in dem Unterbrechungsbad eine Anzahl Bilder an- 
sammeln lassen kann, die man dann auf einmal 
fixiert. 

Das Fixieren der Bilder geht in einem frischen, 
sauren Bade schnell vor sich. Drei bis vier Minuten 
sind ausreichend. Schnellfixierbäder bieten daher 
keine ausgesprochenen Vorteile. Hingegen kann die 
Anwendung eines Härtefixierbades nützlich sein. Die 
Schicht in ihm behandelter Bilder erhält nach dem 
Trocknen eine zähe, lederartige Beschaffenheit. Sie 
nimmt daher Fingerabdrücke weniger leicht an, was 
bei Bildern von Wichtigkeit sein kann, die nachein- 
ander an verschiedene Redaktionen gehen. Eine gute 
Vorschrift für ein Härtefixierbad wurde im vorigen 
Heft gegeben. Es empfiehlt sich jedoch, dem fertigen 
Bad noch die Hälfte Wasser zuzusetzen, da ein für 
Negative bestimmtes Bad nicht von allen Papieren 
schadlos vertragen wird, sondern Blasenbildung ver- 
ursachen kann. Die Anwendung eines Hartefixier- 
bades ist auch dann ratsam, wenn die Bilder Hoch- 
glanz erhalten sollen. Manche Papiere haben aller- 
dings eine so stark gegerbte Schicht, daß es besser 
ist, ein normales Fixierbad zu verwenden. 

Das Wássern der Abzüge ist der Prozeß, der, ab- 
gesehen von der Hochglanzerzeugung, die meiste Zeit 
kostet. Am sichersten und schnellsten wird das Aus- 
waschen mittels eines der bekannten Waschapparate 
besorgt. Hier genügen für eilige Arbeiten fünf 
Minuten. Denn geringe Reste unausgewässerter Salze 
verderben die an sich ziemlich widerstandsfähigen 
Entwicklungsbilder nicht gleich. Bilder, die man nach 
späterer Zeit noch zu verwerten hofft, müssen aller- 
dings besser gewässert werden. Zehn bis fünfzehn 
Minuten sind dazu ausreichend. Notfalls kann man 
das Wässern auch in einer geräumigen Schale vor- 
nehmen. Man bringt die Bilder hinein, und zwar 
in zwei Stapeln, die man während zwei Minuten 
dauernd umlegt. Dann nimmt man den Bildstapel 
heraus, legt ihn auf eine Glasscheibe und preßt mit 
einem Rollenquetscher das Wasser gut aus. Danach 


Willi Jacobsen, Berlin 
Ein guter Ausschnitt: Die marschierenden Turner beim 
Abschluß des Turnfestes in Stuttgart 


90 


wässert man wieder drei Minuten, preßt aus und 
wiederholt das Verfahren noch einmal. Behandelt 
man nun die Bilder noch kurz in einer dünnen 
Kaliumpermanganatlósung, die aber nur ganz zart 
rosa gefärbt sein darf, so ist ihre Haltbarkeit völlig 
ausreichend. 
Um das Trocknen der Bilder zu beschleunigen, muß 
das ihnen auf Vorder- und Rückseite anhaftende 
Wasser möglichst vollständig entfernt werden. Fließ- 
papier ist dazu nicht sonderlich geeignet, da es auf 
der Schicht oft Fäserchen hinterläßt. Dafür bewährt 
sich aber ein weicher Schwamm, z. B. der Viscose- 
Schwamm der Agfa, gut für das beiderseitige Ab- 
trocknen der Bilder. 
Auch hier ist eine Beschleunigung der Trocknung 
durch Anwendung von Alkohol ratsam. Man badet 
die Bilder dazu fünf Minuten in Methylalkohol, den 
man öfter erneuern muß. Dann hängt man sie am 
besten im Durchzug auf. Auch mit dem Fön kann 
man die Durchtrocknung besorgen. Sobald die Bilder 
anfangen, nach der Schichtseite zu rollen, nimmt 
man ihnen diese Neigung, indem man sie nach der 
Papierseite hin entsprechend biegt. Paßt man hierbei 
auf, so liegen die trockenen Bilder fast völlig eben 
und sind dann viel leichter zu glätten als eingerollte 
Kopien. 
Nur wenn es tatsächlich auf die Minute ankommt, 
mag es angehen, noch nicht ganz getrocknete Bilder 
zum Versand zu bringen, wie man das empfohlen 
hat. Denn es kann geschehen, daß die Bilder mit 
Wellen und Beulen versehen in der Redaktion an- 
kommen, was einem guten Eindruck abträglich ist. 
Versendet man nicht ganz trockene Bilder, so trennt 
man sie durch Zwischenlegen von Pergaminpapier 
voneinander. 
Es ist eine umstrittene Frage, ob Pressebilder auf 
jeden Fall Hochglanz haben müssen. Hier hat un- 
bedingt die Mode etwas mitgespielt. Bilder aut 
glatten, glänzenden Papieren lassen sich praktisch 
ebenso tadellos reproduzieren wie Hochglanzabzüge. 
Man muß sich daher überlegen, ob der Mehraufwand 
an Zeit und Arbeit für die Erzeugung des Hoch- 
glanzes angebracht ist. 
Auf schnellstem Wege erzeugt man Hochglanz durch 
Benutzung der bekannten Hochglanzpressen. Die 
Anschaffung eines solchen Gerätes lohnt sich, wenn 
man laufend Hochglanzbilder erzeugt. Bei nicht sehr 
eiligen Arbeiten arbeitet man nach dem alten Ver- 
fahren des Aufquetschens auf Glasscheiben oder ver- 
chromte Metallplatten. Hierbei kann man jedoch 
im allgemeinen die Trocknung nicht durch Aufblasen 
warmer Luft beschleunigen. Denn dabei lösen sich 
die Bilder gewöhnlich vorzeitig von den Rändern her 
ab, wobei die als Muschelbruch bekannte Erscheinung 
auftritt. 
Im allgemeinen werden gewöhnliche, glänzende Ab- 
züge auch ihren Zweck erfüllen. Es ist dabei aut 
Bromsilberpapiere hinzuweisen, deren Emulsion mit 
einer Schutzschicht aus Gelatine überzogen ist. Bilder 
auf diesen Papieren zeigen einen besonders hohen 
Glanz. Im übrigen eignen sich derartige Papiere 
ien ausgezeichnet für Ше Erzeugung von Hoch- 
glanz. 
Bevor man seine Bilder aus dem Hause gehen laßt, 
sehe man sie auf Unsauberkeiten an. Es kostet nur 
sehr wenig Zeit, kleine Fleckchen und Pünktchen mit 
Pinsel und Farbe zu beseitigen. Das Aussehen der 
Bilder gewinnt dadurch jedoch ganz wesentlich. 
Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß für 
schnellste Erledigung aller Negativ- und Positiv- 
arbeiten im Labor dauernd alles bereit sein muf. 
Entwickler und Fixierbad sind immer in ausreichen- 
der Menge vorrütig zu halten. Das gleiche gilt vom 
Papiervorrat. Alle Schalen müssen griffbereit vor- 
handen und — auch sauber sein. Denn mit Neben- 
arbeiten kann man sehr viel Zeit vertrödeln. 
Curt Emmermann 


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Ein Blick auf das Feld der Turner 


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Was ist eigentlich Werbung? 


Heute wird soviel über Werbung geschrieben und ge- 
Sprochen, daß man meinen sollte, die Grundsätze 
müßten jedem geläufig sein. Das ist jedoch nicht 
der Fall. Meistens glaubt man, eine Werbung — móge 
es sich um ein Inserat, um einen Prospekt, ein 
Plakat oder was sonst immer handeln — sei schon 
gut, wenn sie auffalle. Mit der Auffálligkeit allein 
aber ist nicht das geringste erreicht. Denn man kann 
ja auch unangenehm auffallen, und das ist eine Eigen- 
schaft, die den Zweck einer Werbung bestimmt nicht 
erfüllt! 

Da alle Grundsätze der Werbung darauf hinaus- 
laufen, Menschen zu einem bestimmten Zwecke zu 
beeinflussen, mögen sie hier so kurz wie möglich be- 
sprochen werden. Ob die Werbung politische, welt- 
anschauliche oder kaufmännische Zwecke erfüllen 
soll, ist zunächst gleichgültig. Gleichgültig ist auch 
die Art der anzuwendenden Mittel. Die Werbung 
durch die Photographie muß also die gleichen Be- 
dingungen erfüllen wie die durch die Schrift oder 
das gesprochene Wort oder welche Form man sonst 
immer wählen möge. Unrichtig scheint es, zwischen 
Werbung, Reklame und Propaganda Unterschiede zu 
konstruieren. Die Grundsätze der Werbung lassen 
sich nach folgendem Schema ordnen: 
Ausgangspunkt: Sinneswirkung, Aufmerksam- 
keitswirkung, Vorstellungswirkung, Gefühlswirkung, 
Erinnerungswirkung. 

Endpunkt: Willenswirkung. 

Jede Werbung muß eine zureichende Sinnes- 
wirkung haben, d. h. sie muß zunächst durch die 
Sinne wahrgenommen werden können, und zwar 
vollständig. Ein zu kleines oder ungenügend erkenn- 
bares Photo in einer Anzeige hat eine ebenso un- 
zureichende Sinneswirkung wie etwa das des Abends 
schlecht beleuchtete Firmenschild eines Geschäftes. 
Die zureichende Sinneswirkung ist also der Aus- 
gangspunkt jeder Werbung. 
Aufmerksamkeitswirkung kann praktisch 
gleichgesetzt werden mit Kontrastwirkung. 
Ihre Voraussetzung ist: Anders als die anderen. An- 
gesichts der Vielzahl und der Vielfältigkeit der heute 


auf jeden Menschen einstürmenden Werbungen kann 
nur die aus dem Rahmen des Gewohnten und oft 
Gesehenen herausfallende auf Erfolg rechnen. Es 
hätte deshalb nicht den geringsten Zweck, eine be- 
reits vorhandene Werbung nachzuahmen, weil eben 
hierbei die anzustrebende Kontrastwirkung verloren 
ginge. Wie die Kontrastwirkung zu erzielen ist, muß 
sich naturgemäß nach der Lage des Falles richten. 
Ein Beispiel aus der Praxis der Photowerbung: Kos- 
metische Fabriken verwenden gern für ihre Werbung 
Photos hübscher junger Mädchen, bekannter „Film- 
sterne“ usw. Nun hat man solche Photos aber so 
häufig gesehen, daß ihre Wirkung beträchtlich nach- 
gelassen hat. Eine Firma dieser Branche hat nun die 
Kontrastwirkung dadurch erzielt, daß sie auf einer 
ganzseitigen Anzeige in einem illustrierten Blatte 
einen Herrenhut (man sieht einen Teil des Inneren) 
in photographischer Großaufnahme abbildet und von 
ihm ausgehend ihr Haarwasser anpreist. Hier war 
die Kontrastwirkung ohne weiteres gegeben: Das In- 
serat fiel so vollkommen aus dem Rahmen des Ge- 
wohnten heraus, daß es gar nicht übersehen werden 
konnte. Jeder Photograph, der irgendeine für Werbe- 
zwecke bestimmte Aufnahme macht, sollte sich des- 
halb immer fragen, ob ihre Kontrastwirkung genügend 
groß ist, um den beabsichtigten Werbezweck zu er- 
füllen. Das bezieht sich nicht nur auf Personenauf- 
nahmen, sondern auch auf technische. Die Einzelheit 
einer Maschine, von einem besonderen, ungewöhn- 
lichen Standpunkte aus aufgenommen, wird stets viel 
stärker wirken als die konventionelle Gesamtansicht. 
Wo sich Gesamtansichten nicht umgehen lassen, 
sollten sie wenigstens durch eigenartige Detailauf- 
nahmen ergänzt und gehoben werden. Im übrigen 
kann die Aufmerksamkeits- bzw. Kontrastwirkung 
gar nicht stark genug sein. 
Zum dritten Punkt, Vorstellungswirkung: 
Eine Werbung soll gewisse „Ideenassoziationen“ er- 
zeugen, d. h. sie soll gewisse Vorstellungen in uns 
wecken. So bringt z. B. das Bild eines blühenden 
Baumes ohne weiteres die Vorstellung des Frühlings 
hervor, Bilder von Badenden, die des Sommers usw. 
(Schluß siehe S. 96) 


91 


D ER BILDERREDAKTEUR HAT DAS WORT 


W še der .Umbruch” einer modernen Jllustrierten gemacht wird 


Еі ез richtung der Photoreportage 


Wenn in einem vorhergehenden Artikel (Heft6) über 
die Photoreportage als solche gesprochen wurde, so 
sollen diese Zeilen der weiteren Bearbeitung durch 
den Bilderredakteur gewidmet sein. 

Was geschieht mit der von der Redaktion erworbenen 
Bildserie? 

Zunächst wird man einen guten Text bestellen, sofern 
dieser nicht schon vom Photographen mitgeliefert ist. 
Dieser Text wird dann seinem Umfang nach be- 
rechnet und damit genau festgestellt, wieviel Raum 
man nunmehr für die Aufteilung der Bilder zur Ver- 
fügung hat. brigens nicht der einzige Weg. Es 
gibt auch Fálle, in denen zuerst die genaue Bild. 
aufteilung vorgenommen und dann der Text ,nach 
MaB* bestellt wird. 

Selbstverstándlich ist es, daß der Bilderredakteur zu- 
nächst die Entscheidung fällt, über wieviel Seiten die 
Reportage aufgemacht werden soll. Je gehaltvoller 
und je besser die Bilder sind, desto mehr Raum wird 
er ihnen zubilligen. Auch das ist klar. 


Nun zum „Umbruch“ selbst! 

Die Photos liegen ausgebreitet vor seinem Arbeits- 
platz, die — immer neugierigen — Augen des 
Redakteurs überfliegen sie und bleiben an einem Bild 
hängen. An dem Bild, über das in dem vorigen 
Artikel gesprochen wurde. Es ist die bildmäßig inter- 
essanteste Aufnahme, also die, die groß aufgemacht 
auf der rechten Seite stehen muß. 

Weshalb auf der rechten Seite? 

Diese, die sogenannte Aufschlagseite, fällt dem Be- 
schauer beim Durchblättern der Zeitschrift immer 
zuerst ins Auge. Ап ihr ist es also, das Interesse des 
Lesers zu erregen und festzuhalten. Bleibt der Blick 
auf dem groß aufgemachten interessanten Bild hängen 


DAS ENDE DES ZIRKUS SARRASANI: 


„Ich zahlte 47 Steuern 


erklärte Direktor Stosch-Sarra anı r Gründer und Leiter des jetzt aufge losten ] 


5.703.772,55 Am. 


"-——— .. 5... 


Beisplel eines gut auf 


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92 


und liest der Beschauer die Unterschrilten, die ihrer- 
seits natürlich ebenfalls fesselnd sein soll — es wird 
auch darüber spáter noch zu sprechen sein —, so ist 
der Zweck erreicht: Der oberfláchliche Betrachter 
wird vom Thema gefangen genommen, er wird Leser 
und wird die Zeitschrift, die ihn eben unterhält, für 
gut befinden. 

Also: Das interessante Bild kommt groB aufgemacht 
auf, die rechte Seite! Nun ergibt sich, je nach dem 
Format dieses Bildes, eigentlich rein zwangsläufig die 
weitere Aufteilung. Mehr oder weniger abhängig 
vom Geschmack und der künstlerischen Einstellung 
des bearbeitenden Redakteurs. Betrachten wir zum 
besseren Verständnis die hier wiedergegebene Doppel- 
seite der „Kölnischen Illustrierten Zeitung“. Was tällt 
zuerst auf? 

Der Titel. Er ist inhaltlich lebendig, nicht alltäglich 
und zweifellos so gefaßt, daß der Leser neugierig 
wird. Dabei ist die typographische Anordnung derart 
geschickt in das Gesamtbild eingepaßt, daß man sich 
eine andere Lösung nicht denken kann. Er bringt 
auch scheinbar ungewollt sofort zum Ausdruck, daß 
beide Bildseiten zum gleichen Thema gehören. Ein 
sehr wichtiger Umstand. Man sieht in dieser Be- 
ziehung leider oft genug schwere Fehler. Zu kleine 
Überschriften, vielleicht auch noch links an die Seite 
gequetscht und anderes mehr. Letzteres sollte mög- 
lichst auch bei einer alleinstehenden linken Seite 
vermieden werden. Titelüberschriften und Satzblöcke 
gehören in der Regel in die Mitte, also an den 
Bund. 

Natürlich wird auch diese Regel hin und wieder 
durch die Ausnahme bestätigt. Wie schon oben 
erwähnt, ist im großen und ganzen jede Raumaufteilung 
— nicht nur die einer Zeitschrift — eine Frage des 
Geschmacks. 


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getellten zweiseitigen Bliderartikels 


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| 


κ — — — — — 


f un, + 
Es gibt Bilderredakteure, die eine diagonale Anordnung der Photos lieben, ¿Es Ned. 
andere wieder bevorzugen die Umrahmung des Textes. * 


Leser mit einigen Worten näher erklärt werden, was er in dem folgen- 


geachtet, daB das Gesamtbild der Seiten nicht zu wild wirkt. EN 
Vorstehende Feststellungen sind sozusagen das ABC jeder Seitenaufteilung. SW Bn QUA TE 
Das übrige sind kleine Kniffe, die das Bild als Ganzes würzen. ELO A 
Da ist z B. die Unterzeile unter dem eigentlichen Titel. In ihr soll dem SL tS 


den Text ausführlich lesen kann. 


block, was mitunter recht häßlich wirkt. 


Dann ist die Einfügung von dokumentarischen Unterlagen — bei 
unseren hier gezeigten Seiten die Gebührenliste, der Plakatanschlag 
und die Hetzzeichnung — ein beliebtes Hilfsmittel des modernen 


Bilderredakteurs zur Verlebendigung seiner Seiten. 


Kühn gesetzte fette Randlinien oder Verbindungsbalken, über- SUE | 
schneidende und ausgedeckte Figuren (siehe Abbildung) unter- 550: б 
stützen die bildhaft gute Wirkung einer Seite aufs beste. SIE ἢ 
Eine gute Unterstützung der Wirkung eines Photos im ыса 
Rahmen einer Reportage ist weiterhin die іп den letzten SERIE IS 


Typographisch gesehen verhindert 
die Unterzeile das zu starke Drücken der Überschrift auf den Text- 


pepe — 
Dabei wird darauf SS ““ 


Jahren aufgekommene Überschrift über dem hervor- S 


zuhebenden einzelnen Bild. 


immerhin von den 
Redakteuren einiger 
großer Zeitschriften 
des öfteren gern an- 
gewandt. Der „Er- 
ſinder“ ist der leider 
viel zu früh verstor- 
bene Paul Feinhals, 
dessen enormes Kón- 
nen dem deutschen 
Zeitschriftenwesen 
ein gutes Stück auf 
dem Wege vorwärts 
geholfen und mit zu 
dem gemacht hat, was 
es heute ist: ein 
Zweig des Weltjour- 
nalismus, der der 
gleichgearteten aus- 
lándischen Presse bis 
vor kurzem um viele 
ahre voraus war. 
m es mit anderen 
Worten klar zu sagen: 
Die besten ausländi- 
schen Photographen 
sind auch heute noch 
nicht fáhig, eine hun- 
dertprozentige Bild- 
reportage zu machen. 
Trotz der hervor- 
ragenden technischen 
Beherrschung ihres 
Handwerks. Es ist 
der Geist, der noch 
fehlt, der Extraxt 
dessen, was viele unserer Pressephotographen zustande 
bringen, zusammen mit der manchmal fast genial zu 
nennenden phantasievollen Auffassung eines Themas 
durch die deutschen Bilderredakteure. 
Wenn oben die Rede davon ist, daß die deutsche 
Bilderpresse der ausländischen „bis vor kurzem“ um 
viele Jahre überlegen war, so soll damit gesagt sein, 
daß diese gleiche ausländische Zeitschriftenpresse 
ihren heutigen Stand, der in den letzten ein, zwei 
Jahren um vieles besser geworden ist, nur dem Können 
des — deutschen Gebrauchsphotographen zu verdanken 
hat; denn seine Reportagen sind es, die den fremden 
Blättern — vor allem mehreren französischen Zeit- 
schriften — das Gesicht geben. So merkwürdig es 
klingt: Der deutsche Pressephotograph hat noch nie 
soviel Verkaufsmöglichkeiten im Ausland gehabt wie 
zur Zeit. Es gibt da z.B. einige tüchtige deutsche 
Vertriebe, deren Vertreter außerhalb der Grenzen 
Deutschlands sehr gute Erfolge erzielen. Ein Hinweis, 


— — 


Dieses Verfahren hat sich 
zwar noch nicht allgemein durchgesetzt, wird aber 


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FRISCHES BLUT! 


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rechte. 


der vielleicht für die Leser von 
Nutzen ist. 

Doch zurück zum Thema: Es soll 
auch noch ein weniger bekanntes 
Hilfsmittel der Bilderredaktion kurz 
angedeutet werden: die sehroft miß- 
verstandene Photomontage. 

Es ist jammetvoll, zu sehen, was 
manchmal unter diesem Schlagwort 
auf das wehrlose Publikum 1оз- 
gelassen wird. Besonders bitter für 
denjenigen, der weiß, was in Wirk- 
lichkeit zu machen ist. Man kann 
(ohne natürlich zu fälschen) mit Hilfe 
einer Schere und etwas Klebstoff 
aus zwei oder drei minderwertigen 
ein wunderschónes und wirkungs- 
volles Photo zusammenbauen. So 
gut, daß der Photograph der „Ur“- 
Aufnahmen selbst verblüfft ist. Es 
sind dazu ein paar Tricks notwendig, 
vor allem aber ein geübtes Auge, 


- das Möglichkeit und Wirkung sofort erkennt. 


Diese kurzen Ausführungen haben hoffentlich einen 
kleinen Einblick in die Arbeitsweise des Bilder- 
redakteurs gegeben, dessen gutes Arbeiten für die 
moderne Zeitschrift von hohem Nutzen sein kann. 
Denn das ist sicher: Der Laie hat sicherlich bewußt 
keine Ahnung von dem guten Aussehen einer Bilder- 
seite und ihrer Wirkung auf ibn als Beschauer. 
Unbewußt aber wird er sich dadurch zu dem Blatt 
hingezogen fühlen. 

Das, was bier über den bildmäßigen Ausbau der 
Zeitschriften gesagt wurde, gilt natürlich ebenso für 
die bebilderte Zeitung, für illustrierte Prospekte und 
Flugzettel, eben für alle Druckwerke, die mit den 
Erzeugnissen der Gebrauchsphotographie versehen 
werden. Nur der gute Photograph, Hand in Hand 
mit dem guten Bilderredakteur, wird etwas zustande 
bringen, was dem verwóhnten Publikumsgeschmack 
von heute gerecht wird. Wolfgang Schade. 


93 


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Industrieanlage їп Oberschlesien 


Ein Bildbericht vom Grenzland Oberschlesien 
Von Max Glauer, GDL., Oppeln, mit 10 Abbildungen 


Eine betrübende Tatsache: Dem Reisenden, Urlauber, 
Erholungsuchenden ist unser Land ein unbekanntes 
Land! Er glaubt es reizlos und öde, voll Ruß und 
Rauch, Fabrikanlagen und Bergbau. Manchem aber, 
der beamtlich oder aus anderen Gründen gezwungen 
wurde, sein Heim bei uns aufzuschlagen und mit 
Widerwillen in der Hoffnung, nicht lange zu bleiben, 
zu uns kam, ist das Scheiden dann doch recht schwer 
geworden. Denn dieses mißachtete Oberschlesien ist 
nicht nur landschaftlich schón, es hat auch seine 
Geschichte. 

Von den Mongolenschlachten, dem Dreißigjährigen 
Kriege, den drei schlesischen Kriegen Friedrichs des 
Großen, den Befreiungskämpfen gegen Napoleon bis 
zu den Schrecken des Weltkrieges ist es eines der 


Die schöne Landschaft in Oberschlesien 


94 


Hauptschlachtfelder Deutschlands, und mit seiner 
Oder, seinen dichten Forsten, seinen sanften Bergen, 
seinen weiten, von Baum und Strauch, von zahmem 
und wildem Getier belebten Wiesen ist es nicht 
weniger schön als andere Teile unseres deutschen 
Vaterlandes. 

Einem ansässigen Großgrundbesitzer sollte von seinen 
Beamten eine Kassette mit Photographien überreicht 
werden. Ich erhielt den mir sehr willkommenen Auf- 
trag, die Aufnahmen anzufertigen. Mit dem Jagd- 
wagen ging es von Försterei zu Försterei, durch 
urwaldartiges Walddickicht, an wohlgepflegten Wiesen, 
an stillen Weihern vorbei. Zehn Tage war ich unter- 
wegs, die ich nie vergessen werde. Besonders das 
Übernachten in einem alten Barockschlößchen, in 


den Forsthüusern, in Jagdhütten, wo morgens die 
Hirsche bis an die Fenster kamen, in wunderbarer 
Ruhe bei dem erfrischenden Duft und dem Rauschen 
alter Eichen, Buchen und Kiefern und Tannen — das 
war köstlich. 

Mit Hilfe eines Försters, der mir einen mit Kartoffeln 
beladenen Ochsenwagen zur Verfügung stellte, konnte 
ich zahlreiche, gut gelungene Wildaufnahmen machen. 
Nach kurzer Zeit schon folgten die Tiere vertraut 
dem Wagen, in dem ich verborgen saß, aus dem 
von Zeit zu Zeit Kartoffeln fielen, die sofort auf- 
genommen wurden. Bis auf 8, 6 m kamen die Hoch- 
geweihten heran und machten mir die Arbeit leicht. 
Ich benutzte eine Voigtländer-Spiegelreflexkamera mit 
Heliar 4,5, die sich sehr bewährte. — Ein unerschöpf- 
liches Gebiet für den Photographen sind die In- 
dustrieanlagen und der Bergbau. , Wie ein Wald er- 
heben sich manchmal zahlreiche hohe Schornsteine 
über den Kiefernforsten, begrenzen den in Rauch ge- 
hüllten Horizont; Hochófen, Zinkhütten, Steinkohlen- 
gruben reihen sich in buntem Wechsel an Koksófen, 
Walzwerke und Eisengießereien.“ 

Leider hat uns die Teilung Oberschlesiens schwer 
geschädigt, Polen aber ungeheuren Gewinn gebracht. 
Die an Kohlen reichsten Gruben sind verloren, und 
schmerzlich ist es, wenn die Grenzziehung mitten 
durch den Stollen geht und damit ungeheure Schwie- 
rigkeiten heraufbeschwórt. Auch viele Teile des 
Großgrundbesitzes sind durchschnitten. An frucht- 
baren Áckern und wogenden Ahren wird plötzlich 
durch Grenzwachen und Zoll Halt geboten. Da 
werden dann auch wieder die Schrecken der Nach- 
kriegszeit im oberschlesischen Grenzgebiet lebendig. 
Franzosen, Engländer, Italiener und polnische In- 
surgenten hatten die Gewalt, und ich erinnere mich 
noch jener Nacht, in der alle Zugangsbrücken Ober- 
schlesiens von den Polen gesprengt wurden, um das 
Land rechts der Oder ungehindert in ihre Hand zu 
bekommen. Wie die Aufständischen der Polen ge- 
haust haben, konnte ich feststellen, als mir der Auf- 
trag wurde, eines der von den Polen in die Luft 
gesprengten und ausgebrannten Schlösser zu photo- 
graphieren. 

Die Fahrt nach dieser Stelle im Auto in Begleitung 
eines italienischen Offiziers war so eigenartig und 
auch gefährlich, daß ich sie hier kurz einfügen 
möchte. Schon der Weg durch die Wälder und auf 
vollständig menschenleeren Chausseen war an sich 
unheimlich. Man hatte das Gefühl, jeden Augen- 
blick beschossen zu werden. Rasend war die Fahrt, 
bis plótzlich wie aus der Erde gestampft eine Schar 
Franzosen sich quer über die Straße stellte und uns 
die Weiterfahrt verwehrte. Ein polnisch sprechender 
Zivilist führte das Wort, wurde aber von dem 
italienischen Offizier in so scharfer Form zurecht- 
gewiesen, daß er und die Franzosen es vorzogen, die 
Straße freizugeben, so daß wir weiterfahren konnten, 


Kapitale Rot- 
hirsche im ober- 
schlesischen 


Wald 


95 


Max Glauer, Oppeln Burg Tost in Oberschlesien 


allerdings mit gemischten Gefühlen und den Re- 
volver entsichert in der Hand. Ал Ort und Stelle 
angelangt, wurde uns ein Bild der Verwüstung ge- 
boten, wie wir es uns nicht vorgestellt hatten (siehe 
Abbildung). Die verängstigten Einwohner kamen, 
als sie sahen, Чай ihnen keine Gefahr drohte, aus 
dem Getreide, in dem sie sich in ihrer Angst ver- 
borgen hatten, herausgekrochen und erzählten uns 
die grausigen Vorgänge und wie die Polen gehaust 
hatten. Über Trümmer und Lócher kletternd, machte 
ich verschiedene Aufnahmen, und nur die Anwesen- 
heit des italienischen Offiziers hielt die aufstündischen 
Banden ab, irgend etwas gegen mich und meine Ar- 


beit zu unternehmen. Auf die Schreckenszeit der Be- 
satzung durch die Ententetruppen brauche ich hier 
aber nicht einzugehen, erwühnen muf ich aber doch, 
daß der Sturm auf den ,,Annaberg für den Selbst- 
schutz Oberschlesien ein Ruhmesblatt ist und bleiben 
wird. Die Abstimmung war für Polen und Frank- 
reich dann eine arge Enttäuschung, und unvergessen 
bleibt der Tag, an dem, allem Terror zum Trotz, 
nach Bekanntgabe der Resultate die begeisterten 
Massen durch die Straßen zogen und das Deutsch- 
landlied sangen. Der Abzug der alliierten Truppen 
gestaltete sich zu einer Jubelfeier, wie sie auch im 
Rheinland sicher nicht größer und erhebender be- 
gangen wurde. 


Was ist eigentlich Werbung? (Schluß von S. 91) 


Freilich braucht die Gedankenverbindung keine un- 
mittelbare zu sein, auch die mittelbare kann die be- 
absichtigte Wirkung erzielen. Unter Umständen ist 
es sogar besser, wenn der Werbezweck nicht ohne 
weiteres in Erscheinung tritt. Mit anderen Worten: 
Man kann auch Vorstellungen erzeugen, die an- 
scheinend auf etwas ganz anderes als auf den Gegen- 
stand der Werbung hinauslaufen. Durch solche 
scheinbar gegensátzliche Vorstellungen wird manch- 
mal die Neugier sehr stark gereizt. 

Im engen Zusammenhange mit den Vorstellungen 
treten die Gefühle auf. Den Gefühlswirkungen 
kommt deshalb in der Werbung eine große Bedeutung 
zu. In der Tat reagieren die meisten Leute auf be- 
stimmte Einflüsse mehr mit dem Gefühl als mit dem 
Verstande. Die Werbung richtet sich deshalb auch 
in der Regel mehr an das Gefühl als an den urteilen- 
den Verstand. Da nun die Gefühle im Menschen 
außerordentlich vielfältig sind, so gleichen sie einem 
Instrument mit unendlich vielen Tónen — auf dem 
der Werber geschickt zu spielen versteht oder es 
wenigstens konnen soll. Schon Farben konnen be- 
stimmte Gefühle erzeugen. So wirkt, was ja jedem 
Photographen geläufig ist, ein Bild im braunen Ton 
würmer als im schwarzen; grüne Tóne wirken leicht 
giftig, gewisse blaue erzeugen Vorstellungen und Ge- 
fühle von Kálte usw. 

Eine Werbung wird in der Regel von dem Um- 
worbenen nur dann gut aufgenommen, wenn an- 
genehme Gefühle wachgerufen werden. Auch 
hier ein Beispiel: Eine Versicherungsgesellschaft ver- 


Felici, Rom, 


96 


Aufnahme von der Unterzeichnung des Konkordates zwischen Deutschland und dem Papst 


9 — — 


 c-—————X a — . ο TEE 


Vom Reichswehrkonzert und Riesenfeuerwerk in Berlin 


wendet, um die Notwendigkeit einer Lebensversiche- 
rung darzutun, die Aufnahme eines „abgerissen“ aus- 
sehenden Kindes als Werbung. Wird das Kind auf 
den Beschauer sympathisch wirken? Gewiß nicht, 
vielmehr wird das Bild ein Gefühl der Armut, des 
Elends und der damit verbundenen Begleiterschei- 
nungen auslósen; es wird also Gefühle erwecken, die 
der Mensch von sich abzuwehren sucht. Ganz anders 
wirkt dagegen eine Aufnahme, die die Hinterbliebenen 
des Versicherten in behaglichen Lebensumständen 
zeigt: Hier tritt das Angenehme in den Vordergrund; 
der Werbezweck wird durch sympathische Wirkungen 
erreicht. Aus dieser Tatsache haben übrigens die 
Versicherungsgesellschaften eine Lehre gezogen: Wáh- 
rend sie früher unangenehme Gefühle in den zu 
Umwerbenden erweckten, suchen sie heute durch 
sympathische Gefühle zu wirken. 

Die Gefühlswirkung läßt sich erheblich steigern 
durch Kontrastwirkung, z.B. durch Gegenüberstellung 
zweier Photos, von denen das eine die unangenehme, 
das andere die angenehme Seite einer Sache zeigt. 
So zeigten z. В. die amerikanischen Farben- und Lack- 
fabriken in ihrem großen Werbefeldzug zur stärkeren 
Verwendung von Farben und Lacken häufig Wohn- 


stätten in verfallenem Zustande und daneben solche, 


die durch die rechtzeitige Anwendung von Farbe und 
Lack wohlerhalten waren. Allerdings erfordern solche 
Gegenüberstellungen ein gewisses Vertrautsein mit 
den Werbewirkungen, weil es ja darauf ankommt, die 
angenehmen Gefühle zu steigern. Das gleiche gilt 
selbstverstándlich in demselben Maße vom ge- 
sprochenen und geschriebenen Wort. Es ist ein 
großer Unterschied, ob ich z. B. jemandem sage, daß 
alle seine Verwandten vor ihm sterben würden oder 
daß er länger leben werde als alle seine Verwandten. 
Der Sinn ist genau der gleiche, nur hört man im 
ersten Falle „sterben“, und das klingt unangenehm 
im Ohr, im zweiten aber wiegt der freundliche Ge- 
danke „leben“ über. An diesem einfachen Beispiel 
möge der Leser ermessen, auf welche Feinheiten es 
häufig in der Werbung ankommt. 

Auf die Erinnerungswirkung wird der mit 
Werbeaufnahmen beauftragte Photograph nur selten 
von Einfluß sein können, doch soll sie der Voll- 


ständigkeit wegen erwähnt werden. Der Straßen- 
händler, der seine Waren mit großer Zungenfertig- 
keit anpreist, rechnet damit, daß sie sofort gekauft 
werden. Nicht so der Fabrikant eines Marken- 
artikels. Er erwartet nicht, daß der Leser seines In- 
serats oder der Beschauer seines Plakats nun sofort 
in das nächste Geschäft geht und die angebotene 
Ware kauft, sondern seine Werbung geht darauf aus, 
dem kaufenden Publikum den Gedanken an seine 
Ware so vertraut zu machen, daß es gelegentlich 
kauft. Der geschickte Werber wird durch ständige 
Wiederholung des Werbeinhaltes den Gedanken im 
Käufer erzeugen, er kenne die angebotene Ware 
bereits. Tatsächlich „kennt“ jeder Mensch auch ge- 
wisse Artikel und hält sie ohne weiteres auch dann 
für gut, wenn er dafür als Käufer gar nicht in Frage 
kommt. Die ständige Wiederholung der Werbe- 
ankündigungen hat sie ihm vertraut gemacht. . 
Endlich die Willenswirkung. Wenn wir hier 
nur die kaufmännische Werbung in Frage ziehen, so 
ist ihr Endzweck, eine bestimmte Ware zu verkaufen. 
Jede Werbung, die diesen Zweck nicht erreicht, ist 
verfehlt. Das ist zwar eine Selbstverständlichkeit, 
doch wird man oft feststellen, daß der Werbende 
durchaus nicht immer in systematischer Weise auf 
diesen Endzweck hinarbeitet. Nur zu oft stellt er 
sich auf den Standpunkt, die Werbung müsse ihm 
„gefallen“. (Die Eigenliebe spielt hier meist die aus- 
schlaggebende Rolle!) Darauf kommt es natürlich 
durchaus nicht an; maßgebend ist einzig und allein 
die Wirkung auf die dafür in Betracht kommenden 
Kreise. Jede richtig verstandene Werbung muß 
immer aus der Vorstellungs- und Gefühlswelt des zu 
umwerbenden Personenkreises heraus gemacht wer- 
den. Es wird deshalb für den Werbephotographen 
nicht unwichtig sein, zu wissen, auf welchen Personen- 
kreis die Wirkung eines Photos berechnet sein soll. 
Es ist durchaus nicht unmöglich, daß eine bestimmte 
Werbung dem Werber persönlich unsympathisch 
sein und doch eine ausgezeichnete Wirkung ent- 
falten kann. 

Alle diese Werbewirkungen sollen also letzten Endes 
in eine Willenshandlung — kaufmännisch gesehen 
in einen Kauf — einmünden. Sind alle anderen 


97 


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Der geschickt. erfaBte Sturz bei dem Dirt-Track-Rennen in Paris 


Wirkungen richtig berechnet, so wird die Willens- 
wirkung gewissermaßen automatisch zustande kommen. 
Gewiß lassen sich die einzelnen Wirkungen nur selten 
genau abgrenzen; sie werden sich ergänzen oder ver- 
mischen; die eine wird stärker in die Erscheinung 
treten als die andere, oder diese oder jene wird ganz 


Verschiedenes 


Reporterkameras 


Wer sich noch nicht mit der Bildreportage befaßt 
hat, sieht vielfach das Ideal der Reporterkamera in 
der Spiegelreflex. Die Praxis beweist ihm dann sehr 
bald das Gegenteil. Zunächst ist die Haltung in 
Brusthöhe nicht vorteilhaft. Oft wird einem durch 
das Publikum das Blickfeld des Objektivs versperrt. 
Es bleibt dann nur der Ausweg, die Kamera mit 
nach unten gerichtetem Spiegel über den Kopf zu 
halten, wobei manche Aufnahme verwackelt wird. 
Bei vielen Gelegenheiten ist es nachteilig, daß eine 
immerhin meßbare Zeit verstreicht, bis nach dem 
Niederdrücken des Auslösers der Spiegel seine obere 
Lage einnimmt und darauf erst der Verschluß ab- 
rollt. Man arbeitet daher vor allem bei schnell be- 
wegten Objekten nicht immer zuverlässig genug. So 
kann es z. B. geschehen, daß man von einem Renn- 
wagen gerade noch den Schwanz auf der Platte hat. 
Rechnet man dazu noch das meistens hohe Gewicht 
und die Ausmaße der Spiegelreflex, so wird es ver- 
ständlich, daß man als Pressephotograph die Schlitz- 
verschlußkamera bevorzugt. Der meist verwendete 
Ikonometersucher erlaubt es, ein rasch bewegtes Ob- 
jektiv schon zu beobachten, bevor es in das Gesichts- 
feld des Suchers kommt. Der Verschluß läuft sofort 
nach dem Auslösen ab, so daß das Objekt richtig im 
Bild sitzt. 

Seit Jahren bevorzugt der Reporter bei der Schlitz- 
verschlußkamera das Format von 13 X 18cm. Damit 
macht er sich seine Arbeit oft unnütz schwer. Viele 
Reporter sind daher schon zur 9 X 12 - Schlitzver- 
schlußkamera übergegangen. Mit Hilfe moderner 
Vergrößerungsapparate ist es ja auch eine Kleinig- 
keit, Reproduktionsvorlagen in jeder gewünschten 


98 


fehlen. Die hier dargelegten Grundsätze stellen so- 
zusagen das Ideal einer Werbung dar. Wenn sich 
nun auch die ideale Werbung nur selten oder viel- 
leicht niemals erreichen lassen wird, so ist es. doch 
höchst wichtig, die Wege zu ihr zu kennen. 

H. Kaspar. 


Größe anzufertigen, wozu man kaum mehr Zeit be- 
nötigt als zum Kontaktkopieren großer Original- 
negative. Den letzten Schritt nach vorn bedeutet 
die Benutzung der Leica für die Bildberichterstattung. 
Die Kupplung zwischen Objektiveinstellung und Ent- 
fernungsmesser sichert höchste Aufnahmebereitschaft. 
Dadurch büft auch das Arbeiten mit Objektiven 
höchster Lichtstärke seine Schwierigkeiten ein. 

Man kann jedoch nicht schlechthin jedem Reporter 
den Rat geben, seine bisher benutzte Kamera gleich 
in die Ecke zu stellen und dafür nur noch die Leica 
zu nehmen. Wenn es die Mittel erlauben, wird man 
sich aber doch die Leica anschaffen und mit ihr zu- 
nächst neben der alten Kamera arbeiten. Ec. 


Pressephotograph und orthochromatische Photo- 
graphie 


Die Zeiten sind noch nicht vergessen, in denen der 
Bildberichterstatter in erster Linie auf eine möglichst 
hohe Allgemeinempfindlichkeit seines Aufnahme- 
materials sah, während die Farbenempfindlichkeit 
Nebensache war. Man nahm es eben als selbstver- 
ständlich hin, daß die damaligen höchstempfindlichen 
Flatten überhaupt nicht sensibilisiert waren oder doch 
nur eine sehr geringe Farbenempfindlichkeit hatten. 
die sich praktisch nicht auswirken konnte. 

Heute hat sich das Blatt vollständig gewendet. In 
kurzen Zeitabständen hat man die Allgemeinempfind- 
lichkeit unserer Platten und Filme mehrfach ge 
steigert. Dabei hat man immer auch die Farben- 
empfindlichkeit mit erhöht. So liegt, um nur zwei 
Beispiele zu nennen, in der Isochrom - Emulsion der 
Agfa ein hóchstempfindliches Ortho- und in der 


— — ee oe, - EE ee, HP ο u — m mg, e 


ЕЕ- ο ο = ESTAS ШЫ Р τ 


Kodak - SS- Emulsion ein hóchstempfindliches Pan- 
chromaterial vor. 

Die von stark farbenempfindlichen Schichten ge- 
botenen Möglichkeiten kann der Reporter bei vielen 
Gelegenheiten erfolgreich ausnutzen. Ein Beispiel: 
Es sind Aufnahmen von einer Segelregatta zu machen. 
Hell stehen die Segel vor blauem Himmel, an dem 
sich mächtige Wolken zeigen. Bei der Bildbericht- 
erstattung alten Stiles sieht man in den Booten das 
eigentliche Motiv und nimmt keinen Anstof daran, 
daf man durch Benutzung eines Materials ungenügen- 
der Farbenempfindlichkeit eine Aufnahme zustande 
bringt, die vollkommen tonfalsch ist. Derartige Presse- 
photos scheiden heute fast immer von der Annahme 
aus, wenn sie zu gleicher Zeit mit den Aufnahmen 
eines Kollegen auf den Redaktionstisch kommen, der 
sich die Vorteile moderner Emulsionen zunutze zu 
machen weiß. -- 

Ein Filter war früher für den Reporter ein meistens 
sehr überflüssiges Möbel. Es verzögerte bei Platten 
geringer Farbenempfindlichkeit so stark, daß kurze 
Momentaufnahmen meistens ganz unmöglich waren. 
Bei hochfarbenempfindlichen Materialien genügt heute 
für eine gute Tonwertwiedergabe ein helles Filter, 
das nur wenig verzögert, so daß man auch bei weniger 
günstigem Licht noch gefilterte Momentaufnahmen 
machen kann. 

Neben dem angeführten Beispiel ist eine tonrichtige 
Photographie bei vielen anderen Gelegenheiten er- 
strebenswert. Es sei auf den Rasensport hingewiesen. 
Hier haben wir es in der Hand, das Grün des Rasens 
heller als bisher wiederzugeben und dadurch Auf- 
nahmen zu schaffen, die sich von dem Herkómm- 
lichen vorteilhaft unterscheiden. Das gleiche ist bei 


> 


7 


E. Borchert, Berlin 


Wintersportaufnahmen der Fall. Porträts in der 
Offentlichkeit genannter Persönlichkeiten gewinnen 
an Ähnlichkeit durch tonrichtige Wiedergabe. Der 
mit der Zeit gehende Reporter muß also diesem Ge- 
biet notgedrungen sein Augenmerk zuwenden, wenn 
er nicht von einem fortschrittlicheren Kollegen über- 
flügelt werden will. Ec. 


Aufnahmen um die Ecke 


Für den Pressephotographen ist es bei vielen Gelegen- 
heiten vorteilhaft, wenn er seine Tätigkeit möglichst 
unauffällig ausüben kann. Man hat für diesen Zweck 
früher sogenannte Geheimkameras empfohlen, die 
heute jedoch jedes Kind erkennen würde Die 
Kamera als solche zu tarnen, hat daher nur aus- 
nahmsweise Zweck. Es genügt schon, wenn der 
Bildberichterstatter scheinbar etwas anderes zu photo- 
graphieren scheint als das, was er tatsächlich auf- 
zunehmen beabsichtigt. Dazu verhilft ihm die Auf- 
nahme nm die Ecke. 

Besonders einfach lassen sich derartige Aufnahmen 
mit der Leica und dem zugehörigen Winkelsucher 
ausführen. In ihm wird der Gang der Lichtstrahlen 
um 90° geknickt. Man sieht also scheinbar gerade- 
aus, in Wirklichkeit aber seitlich im rechten Winkel. 
Dadurch vermeidet man fast immer, daf man die 
Aufmerksamkeit von Personen auf sich lenkt, die 
man photographieren will. Auch die Scharfeinstellung 
kann man bei den Modellen II und HI der Leica um 
die Ecke vornehmen. 

Bei einer normalen Schlitzverschlußkamera kann 
man die Beobachtung des Aufnahmegegenstandes 
ebenfalls um die Ecke vornehmen. Am Zielstachel 


є 


πα. 


Eigenartiger Ausschnitt von der Landung des Ozeanfliegers Post in Berlin am 16. Juli 


99 


oder Zielrahmen des Durchsichtsuchers muß man 
dazu einen kleinen Spiegel anbringen. Er hat mit 
dem Zielrahmen einen Winkel von 45° zu bilden 
und muß schnell anzustecken und abzunehmen sein. 
Wenn man selber diese kleine Arbeit nicht ausführen 
kann, überträgt man sie einem Mechaniker. Diese 
Einrichtung am Sucher erfüllt ihren Zweck und stellt 
sich ganz bedeutend billiger als ein Umkehrspiegel 
oder -prisma vor dem Objektiv, woran man viel- 
leicht auch denken könnte. En. 


Für unbemerkte Aufnahmen 


ist die Limousine besonders geeignet, wenn ihre 
hinteren Fenster Gardinen haben. Ein Spalt in der 
Gardine gibt genug Raum für Obiektiv und Sucher. 
Selbstverständlich benötigt man dazu einen Fahrer, 
da man nicht selber gleichzeitig lenken und knipsen 
kann. Etwas anderes ist es, wenn man sich mit dem 
Wagen vor einem Gebäude aufstellen kann. Um 
den parkenden Wagen kümmert sich selten jemand, 
und der Photograph im Hintersitz wird kaum be- 
merkt. 

Wenn es geht, wird man die Aufnahme bei geöff- 
netem Fenster machen. Die Spiegelscheibe selber 
stört die Schärfe nicht wesentlich. Wohl aber kann 
das durch Schmutz und Staub erfolgen. Außerdem 
können Reflexe in den Scheiben stören. Bei Auf- 
nahmen durch die Seitenfensterscheibe lassen sich 
Reflexe dadurch vermeiden, daß man die Gardine 
des gegenüberliegenden Fensters zuzieht. Schwierig- 
keiten können in dieser Beziehung Aufnahmen durch 
das rückwärtige Fenster machen. Muß man durch 
die Fensterscheibe photographieren, so putze man 
sie vorher gründlich auf beiden Seiten. 

Bei Aufnahmen aus dem fahrenden Wagen muß man 
kurz genug belichten, um Bewegungsunschärfen zu 
vermeiden. Man belichtet dabei genau so lange, wie 
man von einem festen Standpunkt aus einen langsam 
fahrenden Wagen aufnehmen würde. Bei Aufnahmen 
dieser Art muß man unbedingt mit der Kamera ver- 
traut sein und vor allem Entfernungen sicher schätzen 
können. Denn man überholt eine Person in ein. 
zwei bis drei Sekunden und verpaßt dabei leicht die 
richtige Gelegenheit. Ist das geschehen. so lasse man 
den Wagen halten und mache die Aufnahme, wenn 
die Person den Wagen überholt. Bei den ersten Ver- 
suchen wird man meistens keine vollen Erfolge er- 
zielen, was aber nach einiger Übung in 90 Prozent aller 
Falle möglich ist. Ec. 


Farbige Reproduktionen 


Gelegentlich wird man auch vor die Aufgabe gestellt, 
eine Farbenaufnahme zu machen, nach der im Wege 
des Buch-, Tief- oder Offsetdruckes Drei- oder Vier- 
farbendrucke angefertigt werden sollen. Einer der- 
artigen ungewohnten Arbeit stehen die meisten 
Photographen ratlos gegenüber. Gewöhnlich ver- 
fallen sie dann darauf, nach bekannten Regeln drei 
Teilnegative aufzunehmen und sie der Klischeeanstalt 
einzusenden. Das wird meistens nichts Vernünftiges. 
Es soll von den Schwierigkeiten abgesehen werden, 
die schon bei der Aufnahme mit einer normalen 
Kamera entstehen. Wer hier nicht sehr große Er- 
fahrungen hat, ist auch nicht imstande, Farbauszüge 
auch nur einigermaßen auf ihre Brauchbarkeit zu be- 
urteilen. Außerdem hat dann der Farbätzer keine 
Vorstellung, wie das Original aussieht. 

In solchen Fällen bedient man sich am besten der 
Farbrasterphotographie. z. B. nach dem Agfacolor- 
Verfahren. Die Technik ist an sich nicht schwierig 
und bald zu erlernen. Bei richtiger Belichtung und 
sachgemäßer Entwicklung lassen sich Aufnahmen mit 
guter Farbentreue erzielen. Sehr wertvoll ist meistens 
die Möglichkeit, das Farbendiapositiv mit dem Ori- 


100 


ginal auf Richtigkeit der Farben zu vergleichen, um 
nötigenfalls die Aufnahme wiederholen zu können. 
Von dem Farbrasterdiapositiv fertigt der Reproduk- 
tionstechniker seine drei oder meistens vier Farbaus- 
züge an. Es ist dabei nützlich, wenn das Farben- 
diapositiv etwa um ein Drittel größer ist, als die 
eigentliche Farbenreproduktion werden soll. Keines- 
falls darf man dem Reproduktionsphotographen ein 
zu kleines Diapositiv anliefern, das er vergrößern soll. 

Nn. 


Zu unseren Bildern 


Der kritische Beschauer, der den dargestellten Men- 
schen nicht kennt, wird ein Porträt nur auf Lebendig- 
keit und bildhafte Wirkung beurteilen, wahrend für 
den, dem der Dargestellte nahesteht, die Ahnlich- 
keitsforderung an erster Stelle steht. Diese aber ist 
keine feststehende, sondern veränderliche, abhangig 
von Dauer und Art der Bekanntschaft, von der Nei- 
gung. Abneigung, Gewöhnung. Umgebung — kurz, 
sie ist Gefühlsmomenten unterworfen und damit 
wandelbar. Durch Übung im Erkennen des Sicht- 
baren. Entgegenkommen des Modells, Nachfühlen 
des Seelischen kann der Photograph wohl sein Ziel. 
ein allseitig befriedigendes Resultat. erreichen, wird 
es aber nie mit Sicherheit voraussagen können. Hier 
liegt ia das Problem des Porträts überhaupt, mit dem 
der Photograph dauernd zu Катоѓеп hat, welches 
seine Arbeit so sehr erschwert, daß er sich mehr an 
die Erfüllung der ersten Bildforderungen: Lebendig- 
keit und bildhafte Wirkung, wird halten müssen, 
greifbare Werte, die heute durch kürzeste Moment- 
aufnahmen. bei handlichster Apparatur und licht- 
emofindlichstem Material gegen früher ganz erheblich 
leichter zu schaffen sind. Insofern ist das Mädchen- 
bildnis von Pecsi vortrefflich, lebendig im Aus- 
druck und out im knaopen Ausschnitt, hübsch auch 
das Kinderbild von Hege, ebenso die originelle 
wie lebendige Kinderszene in der Badewanne und die 
Speerwerferin, wahrend Róhr seinen Soldaten 
richtig „komponierte“. 

Besonders hervorgehoben werden muß dann die aus- 
gezeichnete Bildrevortage von Jakobsen, in der 
das Wichtige in größter Klarheit und Schärfe fest- 
gehalten ist. Kein interessierter Photograph kann 
heute vor solchen Leistungen, wie wir sie auch in der 
letzten Zeit wiederholt zeigen konnten, gleichgültig 
bleiben. 

Hinzuweisen ist dann noch auf die interessanten 
Autoaufnahmen von Rumbucher und die Illu- 
strationen von Glauer zu seinem Aufsatz über 
Oberschlesien. 


Die Ausstellung „Die Kamera” 


vom 4. bis 19. November in Berlin wird von der 
Gemeinnützigen Berliner Ausstellungs- 
Messe- und Fremdenverkehrs-Ges. m. 
b. H. unter Mitwirkung der einschlägigen Verbände 
veranstaltet. Sie wird ein umfassendes Bild des 
gegenwärtigen Standes der deutschen Photographie 
sowie des deutschen Druck- und Reproduktions- 
gewerbes geben. Beteiligt sind: 

Reichsverband deutscher Bild-Berichterstatter. Reichs- 
verband deutscher Amateurphotographen. Verband 
deutscher Amateurphotographen-Vereine e. V., Central- 
verband Deutscher Photographen - Vereine und -In- 
nungen, Photographeninnung (Zwangsinnung) zu 
Berlin, Reichsverband des deutschen Photohandels 


e. V., Fachgruppe Photospezialgeschäfte. Fach- 
gruppe Photooptiker, Fachgruppe  Photodrogisten. 
Deutscher Buchgewerbeverein, Deutscher Buch- 


druckerverein E. V., Verband Deutscher Offset- und 
Steindruckereibesitzer e. V., Bund der chemigraphi- 


un Anstalten, Kupfer- und Tiefdruckereien Deutsch- 
nds. 

Adresse: Gemeinnützige Berliner Ausstellungs-, 
Messe- und Fremdenverkehrs - G. m. b. H., Berlin- 
Charlottenburg 9, Ausstellungshallen am Kaiserdamm. 


Mitteilungen des Reichsverbandes Deut- 
scher Bild-Berichterstatter 
Organisation 


Der Vorstand des Reichsverbandes Deutscher Bild- 
Berichterstatter e. V. ist in der Generalversammlung 
vom 17. Juli wie folgt bestellt worden: 


Vorsitzender: Dr. F. К. Herrmann, in Firma 
Atlantic Photo-Gesellschaft m. b. H., Berlin SW 68, 
Schützenstraße 67. 


Schriftführer: Carl Engelmann, in Firma 
Robert Sennecke, Illustrationsverlag, Berlin SW 11, 
Hallesches Ufer 9. 


Schatzmeister: Hermann Hoffmann, in 
Firma Scherls Bilderdienst, Berlin SW 68, Zimmer- 
straße 35 — 41. 


Beisitzer: Wilhelm Braemer, in Firma 
P B Z. Presse-Bild-Zentrale Braemer & Güll, Berlin 
SW 68, Friedrichstraße 214, zugleich Leiter 
der Fachschaft der Bild-Bericht- 
erstatterfirmen. 

Karlheinz Fremke, angestellter Bildbericht- 
erstatter, in Firma PBZ, Presse - Bild - Zentrale 
Braemer & Güll, zugleich Leiter derFach- 
schaft der Angestellten. 

Rolf Petersen, Berlin-Wilmersdorf, Uhland- 
strafe 64, zugleich Leiter der Fach- 
schaft der freien Bildberichterstatter 
undíreien Mitarbeiter derillustrier- 
ten Presse. 


Juristischer Beisitzer: Rechtsanwalt und 
Notar Dr. Al win Conrad, Berlin W 50, Augs- 
burger Straße 7 


Der juristische Beisitzer des Vorstandes des Reichs- 
verbandes Deutscher Bild-Berichterstatter, Herr Alwin 
Conrad, wird alle juristischen Angelegenheiten des 
Reichsverbandes Deutscher Bild-Berichterstatter e. V. 
und seiner Mitglieder in bezug auf Urheberrechts- 
fragen und sonstige Rechtsstreitigkeiten erledigen. 


Ferner wurden bestellt: 


als Leiter der Gruppe Norddeutsch- 
land (vorläufig Hamburg, Bremen, Lübeck, Schles- 
wig-Holstein und Hannover umfassend): Alfred 
Jürgens, Hamburg 39, Himmelstraße 7; 

als Leiter der Gruppe Süddeutsch- 
land (vorläufig Bayern, Baden, Württemberg und 
Rheinpfalz umfassend): Wilhelm Wifi mann, 
München 2 C 1, Pfandhausstraße 8. 


In Vorbereitung ist der Aufbau einer Gruppe Mittel- 
deutschland durch Herrn Max Löhrjch, in Firma 
„Leipziger Presse-Büro“, Leipzig S 3, Fichtestraße 36. 
Ferner hat der Kollege Walter Kretschmar, 
Breslau 13, MoritzstraBe 23, die Fühlungnahme mit 
den Breslauer bzw. schlesischen Bildberichterstattern 
aufgenommen, um eine Orts- bzw. entsprechende 
Landesgruppe Schlesien aufzubauen. 


Regelung der Zulassung von Bildberichterstattern 
bel offiziellen Veranstaltungen 


Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Pro- 
paganda hat in einem Erlaf an die nachgeordneten 
Stellen festgelegt, daß bei Versammlungen, Auf- 
märschen, Kundgebungen, Empfängen und dergleichen 
Veranstaltungen, an denen der Herr Reichspräsident, 
der Herr Reichskanzler, ein Reichs- bzw. Staats- 
minister oder deren Stellvertreter teilnehmen, als 
Bildberichterstatter nur diejenigen Personen zu- 


Hajek-Halke, Berlin 


Photomontage als Werbephoto 


gelassen werden sollen, die vom Reichsverband Deut- 
scher Bild-Berichterstatter e. V. namhaft gemacht wer- 
den und für diese betreffende Veranstaltung besondere 
Ausweise erhalten. Die Leiter solcher Veranstal- 
tungen wenden sich daher jeweils an den Reichs- 
verband Deutscher Bild-Berichterstatter e. V., Berlin 
SW 68, Schützenstraße 67, um mit ihm gemeinsam 
künftig die Zulassung von Bildberichterstattern zu 
regeln. 


Belegphotos für die Reichs - Lichtbildstelle 


Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Pro- 
paganda, Abteilung II, wünscht für den Aufbau der 
Reichs-Lichtbildstelle von allen Pressephotographien, 
die politische Ereignisse darstellen oder den Neu- 
aufbau des Reiches in bezug auch auf Arbeitsdienst 
und ühnliches behandeln, kostenlose Abzüge. Diese 
Belegphotos sind, auf der Rückseite mit entsprechen- 
dem erklärenden Text und dem Stempelabdruck des 
Urhebers versehen, einzureichen an Herrn Referenten 
Kurzbein, Abt. II des Reichsministeriums für 
Volksaufklärung und Propaganda, Berlin W 9, Voß- 
straße 9. Die Belegphotos werden, wie dem Reichs- 
verband Deutscher Bild-Berichterstatter zugesichert 
wurde, auf keinen Fall an Dritte weitergegeben. 
Wenn sich Interessenten für die Aufnahmen finden, 
werden dieselben zwecks Erwerbs der Abdrucks- 
rechte usw. an die Urheber verwiesen. 


101 


Kleine Mitteilungen. 


Aus der Industrie. 


Leitz - Summar 1:2, F/5cm. Die neuen, vornehm 

ausgestatteten Broschüren „Leica, die Kamera der 
Zeit“ und „Ein Zwiegespräch über die auswechsel- 
baren Leica-Objektive" berichten unter anderem, daß 
das ,Summar in zwei Ausführungen geliefert wird: in 
feststehender Fassung (130 RM) und in Versenkfassung 
(155 RM). Da infolge starken Auftragscinganges auf 
Leica, Modell III, die Fabrikation zur Zeit sehr über- 
lastet ist, werden die ersten herauskommenden Serien 
des feststehenden Summars zunächst für Erledigung 
der zahlreichen bereits vorliegenden Aufträge be- 
nötigt, so daß Liefertermin für weitere Aufträge vor- 
läufig nicht anzugeben ist; auch für Lieferung des 
Summars in versenkbarer Fassung ist noch kein end- 
gültiger Termin nennbar. 
Besitzer eines feststehenden „Summar“ können dieses 
jederzeit in ein solches mit Versenkfassung umbauen 
lassen. Im übrigen bringen die oben erwähnten Bro- 
schüren vielerlei, sehr wertvolle praktische Winke 
für die Ausübung der Leica-Photographie, und ganz 
besondere Beachtung verdienen die zahlreichen 
prächtigen Reproduktionen von höchst gelungenen 
Aufnahmen verschiedenen Genres. Vermerkt sei 
noch, daß zu dem Gesamtkatalog 1933 ein kleiner 
Nachtrag erschienen ist, der die jüngsten Leica-Neu- 
erscheinungen enthält. Der großen Zahl der Leica— 
Freunde werden diese instruktiven Schriften mit 
ihren wertvollen Anregungen zu vielerlei Bildstudien 
sehr willkommen sein. h. 


Erhebliche Fortschritte in der Vergrófterungs- 
technik bringt die Erweiterung des Fabrikationspro- 
gramms der Mimosa AG. für Bromsilberpapiere. 
Das beliebte Bromosa- Papier wird jetzt auch in 
einer weichen Gradation geliefert. Dieser 
Härtegrad, der bisher beim Bromosa - Papier fehlte, 
erhöht die Zahl der Bromosa-Gradationen auf vier; 
es gibt also jetzt: weich, normal, hart und 
extra-hart. Die extra-harte Gradation hat cine 
Steigerung in der Härte erfahren, ohne aber an 
Empfindlichkeit cinzubüßen. Es dürfte die emp- 
findlichste überhaupt scin. Lange Belichtungszeiten, 
wie sie bei extra-harten Gradationen sonst meist er- 
forderlich sind, kommen also für Bromosa cxtra-hart 
nicht in Frage. Ein weiterer Fortschritt ist, daß es 
der Mimosa AG, gelungen ist, die Gelbempfindlich- 
keit des Bromosa-Papiers so weit herabzusetzen, daß 
das Papier ohne weiteres bei gelbem Licht ver- 
arbeitet werden kann. Die helle Dunkel- 
kammer wird dadurch mehr und mehr zur Tat- 
sache. Bei gelbem Licht arbeitet es sich sicherer, be- 
quemer und besser als bei rotem Licht. In Zukunft 
wird also der Vergrößerungsraum ebenso hell sein 
wie der Kopierraum. Die Bromosa - Papiere sind 
ferner um verschiedene neue Oberflächen und 
Kornungen bereichert worden, die ebenfalls in 
vier Gradationen gelicfert werden. Besonders mag 
davon die neue Sorte chamois velvet hervor- 
gehoben werden; sie vereinigt Vornehmheit mit 
großer Lebendigkeit des bildlichen Ausdrucks. Mit 
dieser Sorte werden Sie Ihrer Kundschaft etwas sehr 
Reizvolles bieten. 


Rodenstock-Neuheit. Die von der Photoabteiluny 
der Optischen Werke G. Rodenstock in 
München angekündigte Kameraneuheit ist dieser 
Tage erschienen: eine wohlfeile Rollfilmkamera mit 
direkt gekuppeltem Entfernungsmesser! „Claro- 
vid“ heißt die neue Schöpfung. Als Format wurde 
die trotz der vielen Kleinbildmodelle immer noch am 
meisten gängige Bildgröße 6 X 9 gewählt. Bekannt- 
lich ist der größte Prozentsatz aller Fehlaufnahmen 
auf ungenügende Bildschärfe zurückzuführen. Ein 
„scharfes Bild“ ist von jeher die erste und letzte 
Forderung. Andererseits erfordern Aufnahmen mit 
den universellen, lichtstarken Objektiven wegen ihrer 
geringen Tiefenschürfe peinlichst genaue Einstellung. 
Die Rodenstock - „Clarovid“ - Kamera ist daher mit 
einem optischen Entfernungsmesser, der dank seiner 


außerordentlich großen Meßbasis auf das Zentimeter 


genau arbeitet, direkt gekuppelt. Der Objektivtrien 
übertrágt sich automatisch auf diesen Entfernungs- 
messer, so daß gleichzeitig auch das Objektiv auf 
das Zentimeter genau eingestellt ist. Haar- 
scharfe Einstellung erfordert nur 
wenige Sekunden. Die „Clarovid“ hat cin äußerst 
stabiles Spritzgußgchäuse, ist solide und präzise bis 
ins kleinste ausgearbeitet und wird auch den ver- 
wöhntesten Ansprüchen genügen. Durch einfaches 
Niederlegen des Laufbodens springt die Kamera in 


' Gebrauchsstellung auf „Unendlich“. Sie wird mit 


dem dreilinsigen Anastigmaten „Trinar“ 1:45 und 
1:39 und dem unsymmetrischen, vierlinsigen, halb- 
verkitteten „Ysar“ in den gleichen Lichtstärken in 
Pronto -S.- und Compur- 5.- Verschluß ausgestattet 


und ist in den Preislagen von 79—116 RX erhältlich. 


Das Kodak - Doppelklammersystem wird alle 
Photographen und Photohandlungen interessieren, 
die sich mit der Entwicklung von Amatcurfilmen be- 
schäftigen. Ein illustriertes Werbcblatt erklärt uns 
dieses vervollkommnete System näher, die Verarbei- 
tung der Filme wird wesentlich erleichtert, und eine 
Numerierung sowie nachträgliches Sortieren der 
Filme wird umgangen. Der untere Teil der Klammer 
besitzt keine waagerechten Flächen, so daß der Film 
unmittelbar aus dem Trog in den Trockenschrank 


gehängt werden kann, ohne daß Wasser an der 


Klammer haften bleibt und nachher auf den 
trockenen Film läuft. Das Arbeiten ist ein schr 
sicheres, da ein Anschlag zwischen den beiden 
Zangen der Klammer die richtige Lage des Films 
zwangläufig besorgt. Ferner wurden, um Unzuträg- 
lichkeiten mit Orderzetteln auszuschalten, besondere 
Numerierungstäfelehen eingeführt, und zwar solche 
für Filmserien und solche für Bügelserien. Eine 
andere vorteilhafte Einrichtung bildet Kodaks 
Kontroll- und Sortiermethode für den 
Positivprozeß. Es werden hier in einem Sortierkasten 
ebenfalls praktisch numcricrte Täfelchen verwendet. 
— Alle Institute, die sich mit dem Entwickeln und 
Kopieren von Amateurfilmen befassen, werden diese 
Neuerungen freudig begrüßen: man lasse sich die 
instruktiven Prospekte kommen. h. 


Die unreinen Bestandteile des Wassers, z. B. 
Fisen, Kalk, Mangan, Sandkörnchen, Korrosionsteile 
der Wasserleitungen und alle sonstigen nicht ge- 
bundenen Schwebestoffe, sind bekanntlich große 
Schädlinge für die empfindlichen Schichten der Filme, 


R. GERLING, GDL, DUISBURG 


LAZI, G.D.L., STUTTGART 


бигпіцонән epun»xes | ‘edwejyweM оог auDinods 
ωφαο 5159: UOA ‘әашецем оог чол иол "ES" DUNUJJQ A 210 


Duniu2ieg epun»es | 
'Suug^u2i1 U! ueduignieA VOZ sSu»es уш оу: Зәриәаәбае 
-MVOOM INV LHOI1LSNPM 139 NINHVNINV-AIOASOLNIO| ΝΙ 1Η 38 ‘SVLASYS HOIHNI3H 


OLILWIIANVWd 


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AY E В por di 


CS κα ο 
7 L 


Mit Leica, Pan-Tachar 
15 cm, Blende 2,3, Belich. 
tung '/,4. Sekunde, auf SS. 
Film. Aufnahme vom Par. 
kettplatz 


Mit Leica-Hektor, Blende 


2,3, SS-Film, ½ Sekunde. + 
Aufnahme vom Parkett 
1. Reihe 


Szenenausschnitt vom Parkett aus, mit 
Leica -Hektor 7,3, Blende 2,3, SS-Film, 
Belichtung ½ Sekunde 


Mit Leica, Pan-Tachar, 5cm, Blende 3, 
SS-Film, Belichtung '/,, Sekunde 


THEATERAUFNAHMEN 
VON F. A. VON BLUCHER, BERLIN 


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Vom ersten NS-Jug 
inKarlsruhe. Bein MAL 
des Horst We 

MitReise 
sar 4,5, auf 


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GC 


Vom Pfadfindertreffen in Budapest. Vorbeimarsch der 
Nationen. Mit Leica auf SS-Kodak-Panfilm, Elmar δ: 
Filter 2, Belichtung ! Sekunde 


ERICH BAUER, GDL. KARLSRUHE 


Konzert auf dem Adolf-Hitler-Platz beim Nürnberger Relchsparteltag 


BORSIG, ATL., BERLIN 


Wiedergabe des Stofflichen, Oberfláchen- 
schilderung und Raumwirkungen als Vor- 
Studien zum Werbephoto 


Übungsaufnahmen von der Bayerischen 
Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in 
München f 


Theaterphotographie 


Es gibt zwei Arten von Theaterphotographie: die 
echte Aufnahme, welche das Bühnenbild so erfaßt, 
wie es der Zuschauer von seinem Sitzplatz aus er- 
schaut, oder zweitens das bisher fast allein übliche 
Surrogat, das gestellte Bühnenbilder bringt. Die 
Technik der gestellten Bilder dürfte allgemein be- 
kannt sein. Gelegentlich der Generalproben sind 
Scheinwerfer auf die Bühne gerollt, einzelne Szenen 
werden gestellt und mit „Bitte, jetzt stillstehen“, 
„Eine Sekunde alles ruhig", „Bitte, noch einmal" mit 
den üblichen Stativkameras aufgenommen. Solche 
Bilder können recht schön scharf und malerisch 
wirken, und ein geschickter Photograph, der den Be- 
trieb kennt und selbst Ideen hat, kann gute Resultate 
erzielen. Die meisten dieser gestellten Bilder 
wirken jedoch nicht natürlich. Ihnen fehlt die Be- 
wegung, die Illusion der Bühne. Die Bühnenauf- 
nahme soll, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Re- 
klamezwecken dienen. Sie muß auf Blickfang be- 
rechnet sein, einen Moment der Handlung klar 
herausarbeiten. Wir müssen uns also in der echten 
Bühnenphotographie der  Beleuchtungstechnik des 
Theaters anpassen und das Bühnenbild mit der 
Kamera so erfassen, wie es der Regisseur wirkungs- 
voll gestaltet hat. Daß dabei Nachtszenen etwas auf- 
gehellt werden müssen, ist selbstverstándlich. Die 
Beleuchtung darf jedoch nicht monoton wirken. Die 
Sensation, auf die sich die Scheinwerfer und Ram- 
penlichter konzentrieren, muß klar herausgearbeitet 
werden, umrahmt vom Beiwerk der Szenerie. Diese 


v. Blücher. 


echte Bühnenphotographie dient auch dem Schau- 
spieler und Artisten, denn der photographische 
Apparat arbeitet schneller als das menschliche Auge, 
und mancher Künstler ist erstaunt, wenn er einmal 
sieht, wie er „wirklich auf der Bühne aussieht“. Der 
Tánzer erkennt einen kleinen Schónheitsfehler in der 
Bewegung, und der Laie wird durch die Momentauf- 
nahme aus den wirbelnden Saltos des Trapezfliegers 
erst auf die fein durchgearbeitete Technik dieser hals- 
brecherischen Künste aufmerksam gemacht. Solche 
Photos in den Schaukästen der Theater und Varieté- 
bühnen zwingen den Vorübergehenden zum Stehen- 
bleiben, wecken das Interesse. Für den modernen 
Photographen eróffnet sich hier ein neues Schaffens- 
feld. Unter „modernen“ Photographen verstehe ich 
solche, die sich den neuesten Hilfsmitteln der Technik 
nicht verschließen. Die photographische Industrie 
hat in den letzten Jahren die Geräte so vervoll- 
kommnet, daß die echte Theateraufnahme durchaus 
möglich ist. Ein Minimum an Licht genügt heute zur 
Erzielung kopierfähiger Negative. Vier Dinge sind 
dazu nötig: lichtstarke Optik, höchstempfindlicher 
panchromatischer Film, ein die feinsten Lichtaus- 
drücke herausholender Entwickler sowie eine hand- 
liche Schnellschußkamera. 

Die optische Industrie liefert heute eine ganze Reihe 
guter, lichtstarker Objektive, und mit weiterer Fehler- 
korrektur bei diesen Geräten ist wohl noch zu rechnen. 
Das Maximum der für unsere Zwecke praktisch ver- 
wendbaren Lichtstärke ist jedoch mit dem Öffnungs- 


Vom Parkett |. Reihe im .Wintergarten” Berlin, mit Leica-Summar 5 cm, ВІ. 2,2, Bel. La Sek, SS- Film 


103 


Vom Parkett Il. Reihe mit Leica-Summar 5 cm, ВІ. 2,2, Bel. 1/,o Sek., SS. Film 


verhültnis von F/2 (Sonnar von Zeiss, Summar von 
Leitz und Pan-Tachar von den Astrowerken) erreicht 
und in andefer, für Kinozwecke konstruierter Optik 
mit Öffnungsverhältnis über F/1 (Astro) längst über- 
schritten. Bühnenaufnahmen sollen in der Regel 
stark vergrößert werden. Mit der Vergrößerung 
wächst die Plastik des Bildes. Andererseits schwindet 
bei starken Vergrößerungen die Tiefenschärfe, und 
da diese zwangläufig von der Blendenöffnung ab- 
hängt, sind Objektive über F/2 überflüssig, wie sich 
rechnerisch leicht beweisen läßt. Die Tiefenschärfe 
eines Objektives bei gegebener Blende ist kein ab- 
soluter Wert, sondern eine Konventionsgröße, welche 
danach bestimmt werden muß, wie stark man ver- 
größern wil. 

Bei sehr großen Objektivöffnungen ist ein absolut 
scharfes Bild überhaupt weder theoretisch und noch 
weniger praktisch zu erhalten. Denn in der Dicke 
der Emulsion 'selbst bildet sich schon ein Zerstreu- 
ungskreis aus, auch wenn es gelingen sollte, die 
Zone größter Schärfe genau in die Emulsionsschicht, 
deren Dicke etwa '’/ıoe mm beträgt, zu verlegen. 
Kinoobjektive mit Offnungsverhaltnissen um FI 
herum sind auf Grund dieser Erwägungen für Klein- 
kameras nicht. geeignet und daher auch nicht ein- 
geführt. Für größere Formate sind sie infolge der 
für diese notwendig werdenden Abmessungen und 
Gewichte überhaupt unmoglich. 


104 


Es ist in diesem Zusammenhang vielleicht dienlich. 
den Begriff der Tiefenschürfe einmal klarzustellen. 
Unter „Tiefenschärfe“ versteht man 
bekanntlich die Zone der zulässigen 
Unschärfe. Ein Objektiv bildet einen Gegen- 
stand nur dann scharf auf dem Film ab, wenn ein 
ganz bestimmtes Verháltnis zwischen Gegenstands- 
entfernung, Objektiv und Kameraauszug eingehalten 
wird. So wird, wenn wir unser Objektiv auf 5 m 
einstellen, nur dasjenige (der Korrekturgüte des Ob- 
jektivs entsprechend) absolut scharf abgebildet, was 
sich in genau 5 m Entfernung vor der photographi- 
schen Kamera befindet. Jeder davor oder dahinter 
gelegene Punkt erscheint auf dem Film nicht mehr 
scharf, sondern als Zerstreuungskreis. Die Tiefen- 
schärfe eines Objektives läßt sich also nur festlegen, 
nachdem wir festgestellt haben, welcher Grad der 
Unschärfe zugelassen werden soll. Diese darf bei ein- 
zelnen Figuren und Köpfen größer sein als bei Gruppen. 
Als mittlerer Wert ist die von den Kleinkamera- 
firmen angenommene Zerstreuung von !/з mm 2 
brauchbar. Bei großer Öffnung sinkt die Tiefen- 
schärfe sehr schnell ab und damit die erreichbare 
Vergrößerung. Müssen wir aber ein Objektiv ab- 
blenden, um die notwendige Tiefenschärfe zu er- 
halten, so ist der für die große mögliche Lichtstärke 
angelegte Preis unnütz herausgeworfenes Geld. Hin- 
zukommt, daß Objektive mit großem Öffnungsver- 


hältnis in der Regel auch abgeblendet nicht so scharf 


zeichnen wie Linsen, die für geringere Lichtstürken 
von vornherein errechnet wurden. Їп der Photo- 
graphie werden viel Schlagworte vorgesetzt, und eines 
derselben, das für den Kleinkameramann besonders 
erfunden wurde, lautet: „Je kürzer die Brennweite 
der Optik, um so größer die Tiefenschärfe.“ Dieser 
Satz hat absolut genommen seine Richtigkeit. Wenn 
man von einer Stelle aus einen Gegenstand einmal 
mit einer Optik von 5 cm Brennweite und ein zweites 
Mal mit 10 cm Brennweite photographiert, so ist die 
Tiefenschärfe bei dem 5 - ст -Objektiv viermal so 
groß wie bei dem 10-cm-Objektiv, vorausgesetzt, daß 
wir bei beiden Aufnahmen dieselbe Zerstreuungs- 
kreisgröße gestatten. Das Negativbild, das wir mit 
der kurzen Brennweite von dem photographierten 
Objekt erhalten, hat aber geometrisch auch nur ein 
Viertel der Größe des mit der längeren Optik auf- 
genommenen. Wir wollen aber doch als Endresultat 
ein Positivbild einer bestimmten Größe erhalten 
und müssen dementsprechend das kleine, mit der 
5-cm-Optik aufgenommene Negativ auf das Vierfache 
vergrößern, um zu demselben Resultat zu kommen. 
Es ist also, soweit die Tiefenschärfe 
in Frage kommt, wenn die Entfernung 
zwischen Kamera und zu photographie- 
rendem Gegenstand festgelegt ist, 
ganz gleichgültig, mit welcher Brenn- 
weite icharbeite. 
Die in der Vergrößerung vorhandene Tiefenschärfe 
wird stets die gleiche sein. Man sollte jedoch stets 
die Brennweite so groß wählen, daß die Platten- bzw. 
Filmgröße voll ausgenutzt wird, denn der Vergröße- 
rung sind durch das Silberkorn der Emulsion 
Grenzen gesetzt. 
Ich verwende für Bühnenbildaufnahmen aus dem 
Parkett Brennweite 5 cm, für herausgeschnittene 
Szenen und Übersichtsbilder, welche besser vom 
ersten Rang aus aufgenommen werden, 7,3 cm und 
für Gesichtsaufnahmen, welche, wie nebenstehende 
Abbildung zeigt, recht interessant ausfallen können, 
die für Kleinkameras bei einem Öffnungsverhältnis von 
2,3 gerade noch mögliche Brennweite von etwa 15 cm. 
Es wurde schon erwähnt, daß das Silberkorn der 
Emulsion der Vergrößerung Grenzen setzt. Je feiner 
das Korn, um so besser die Vergrößerungsmöglichkeit. 
Leider haben jedoch die empfindlichsten Filme (und 
für die Momentphotographie bei Kunstlicht kommen 
nur diese in Frage) ein relativ grobes Korn. Immerhin 
sind Vergrößerungen zum Format 40 X 50 cm sehr 
wohl möglich, ohne daß das Korn störend auffällt. 
Es ist natürlich erforderlich, daß man zur Erzielung 
bester Resultate dauernd das gleiche Material ver- 
wendet. Ich bin daher bei dem ersten schnellen 
panchromatischen Film, dem Kodak SS, geblieben, 
obgleich später andere Fabrikate ähnlicher Empfind- 
lichkeit und Panchromasie auf dem Markt erschienen 
sind, mit welchen sich sicherlich die gleichen Lei- 
stungen erzielen lassen. 
Die Korngröße des Negativs hängt nicht nur von der 
Größe der in der Emulsion enthaltenen Bromsilber- 


partikel ab, sondern auch von der Intensität, mit der 
sie ausentwickelt werden. Das beim Entwicklungs- 
vorgang gefällte metallische Silber ist zunächst fein- 
körnig, um dann allmählich gröber zu werden, bis 
bei forcierter Überentwicklung durch Anlagerung 
schließlich das „aufgeblähte Korn“ entstehen kann. 
Es gilt also, bei relativ unterbelichteten Aufnahmen, 
wie sie bei Bühnenbildern fast stets unterlaufen, ohne 
Überentwicklung genügend deckende Negative mit 
relativ feinem Korn zu erzielen. Dies ist- möglich 
durch Ausgleichsentwicklung in Verbindung mit 
»Braunentwicklung", d. h. man verwendet einen Ra- 
pidentwickler, der zunächst die Halbschatten heraus- 
holt und dann erst allmählich die Lichter durch- 
zeichnet und der auflerdem ein braunes Silberbild 
erzeugt, welches infolge seiner Färbung erhöhte 
Deckung gegen das Licht des Vergrößerungsapparates 
ergibt. Neben dem unangenehm zu behandelnden 
und giftigen Pyrogallol ist Pyrokatechin für diese 
Zwecke brauchbar. W. Weisermehl referierte schon 
1912 in der ,,Photographischen Rundschau“ über 
diese meines Wissens іп den „Photographischen 
Mitteilungen“ 1907 erstmalig empfohlene Entwickler- 
substanz, die später durch Windisch weiteren Kreisen 
als Ausgleichsentwickler empfohlen wurde. Ge- 
brauchsfertig wird erst seit kurzem auf meine Ver- 
anlassung ein solcher „Braunentwickler“ unter dem 
Namen ,,Ғіпассога“!) in den Handel gebracht. Er 
entwickelt schnell, bei panchromatischen Filmen in 
7 Minuten + 1 Minute Wássern ein gut deckendes 
braunes Negativ von hervorragender Feinheit in der 


Leica-Aufn., Pan-Tachar,15 cm, ВІ. 2,3, Bel."/59,Sek., SS-Film 


Durchzeichnung. Längere Entwicklung erzeugt grobes 
Korn und harte Lichter. Ich verwende ausschließlich 
diesen Entwickler auch für orthochromatisches Ma- 
terial, entwickle dann jedoch zwecks Vermeidung 
von Hárten nur etwa 5 Minuten. 

Zur Zusammenarbeit von Optik und Film gehórt nun 
noch der Apparat. Nach meiner Erfahrung kommt 
für die geschilderte echte Bühnenphotographie nur 


1) Finaccord -Vertrieb Berlin - Zehlendorf West, Bülowstr. 3. 


105 


v. Blacher. Vom Parkettplatz im Wintergarten“ Berlin, 
die Kleinkamera in Frage. Sie allein bietet schnelle 
Schufbereitschaft, hat geringes Gewicht, verarbeitet 
billiges Filmmaterial und besitzt leicht und schnell 
auswechselbare Optik von einer Lichtstärke, welche 
für größere Formate praktisch nicht verwendbar ist 
und daher auch nicht gefertigt wird. Ich persónlich 
bevorzuge die Leica wegen der sicheren Handhabung 
auch im Dunkeln und dem schnell zu betätigenden 
Repetiermechanismus, welchen ich noch durch eine 
von mir konstruierte Schnellspannvorrichtung so weit 
verbessert habe, daß es mir bei schnell bewegten 
Szenen möglich ist, je Sekunde eine Aufnahme zu 
machen’). Wer bewegte Bühnenbilder photographieren 
will, muß schnell sein, wie der Jäger mit der Flinte. 
Der gute Schütze hat beim Schießen beide Augen 
auf, und diese Kunst sollte man auch bei der 
Kamerajagd üben. Das rechte Auge liegt am Sucher, 
das linke beobachtet das gesamte Bühnenbild, der 
2) Diese Schnellspannvorrichtung, die ohne Veränderung der Leica 


an Stelle des Anziehknopfes aufgesetzt wird, kommt jetzt, nach ein- 
jähriger Probezeit in den Handel. 


Ausdruckshilfsmittel im 


Einmal spielte der Hintergrund eine sehr auf- 
dringliche Rolle. Damals, als es ohne gemalte Ge- 
birgs- oder Meereslandschaft, ohne südliche Säulen 


106 


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mit Leica - Summer 5 cm, ВІ. 2,2, Bel. '/,,, Sek., SS - Film 


rechte Zeigefinger hat am Auslóseknopf Druckpunkt 
genommen, um die Kamera ohne Erschütterung aus- 
lósen zu kónnen, sobald das aufzunehmende Objekt 
sich auf der richtigen Stelle im Sucher zeigt. Auch 
beim Kameraschuß muß man „vorhalten“, denn es 
dauert einige Zeit, bis das Telegramm „abdrücken“ 
vom Auge über das Gehirn zum Zeigefinger und von 
diesem wieder in den Rollverschluß gelangt. Das 
richtige Maß des Vorhaltens kann nur die persön- 
liche Erfahrung lehren. Es ergibt sich aus der Ge- 
schwindigkeitsdifferenz zwischen dem „Tempo“ der 
Aufzunehmenden und der „Leitung“ des Photo- 
graphierenden. Bei der Auswahl einer Kamera für 
Bühnenaufnahmen achte man vor allem darauf, daß 
sämtliche Handgriffe vom Einlegen und Herausheben 
des Films bis zum Einstellen von Entfernung und 
Verschlußgeschwindigkeit sich nach dem Gefühl be- 
werkstelligen lassen, da das Auge im dunklen Zu- 
schauerraum als Hilfe dabei meistens ausscheiden 
muß. von Blücher. 


Photobildnis 


und schwere Draperien nicht abzugehen schien. Er 
hat diese Aufringlichkeit heute gründlich eingebüßt, 
weil es uns heute allein auf das ankommt., was Zweck 


und Sinn einer Portrütaufnahme ist: der Mensch, 
das Individuum. So tritt er heute zurück und ganz 
in den Dienst dieser eigentlichen Aufgabe, des Por- 
trüts; er wird wirklich hintergründig. Im Vorder- 
grunde, unbeirrt und alles beherrschend, steht der 
Mensch. 

Darum wählt man selten mehr einen gegenständlichen 
Hintergrund. Im Raume stoßen sich die Dinge, der 
Körper und der Gegenstand, es entstehen gar zu 
leicht Beengungen und Bedrängungen, die die freie 
Natürlichkeit der Menschendarstellung beeintrüch- 
tigen. Es kann sein, daß die Aufnahme eines Ge- 
lehrten, z. B. einen Bücherschrank im Hintergrunde 
zeigt, das Bildnis eines Chirurgen andeutungsweise 
das große Fenster eines Operationsraumes oder ein 
Skelett, sowie das eines Ingenieurs einen Maschinen- 
teil usw. Hier stößt sich nichts, hierbei vereint 
sich Ding und Mensch kraft natürlicher innerer Be- 
ziehungen. Bei solchen Hintergründen wird nichts 
vorgetäuscht, denn die Gemeinschaft zwischen Hinter- 
grundsding und Vordergrundsmensch ist ursächlich. 
Man muß aber bedenken, daß unser Bestreben zu- 
letzt immer sein muß, derartige Zutaten erklärender 
und symbolisierender Art zu vermeiden und vielmehr 
aus dem Menschen selbst das Bildwichtige und Bild- 
mäßige herauszuholen. Wenn einer beim Anblick 
eines Bildes, das keinen ergänzenden Hintergrund 
hat, uns sagt: das ist ein Architekt, das ist ein 
Geistesarbeiter, der da treibt Sport oder jener ist 
Gelehrter, wenn er das Grundlegende einer Persön- 
lichkeit aus dem bloßen Bilde deutlich heraus- 
zufühlen vermag, dann sind wir gute Porträtisten 
und bedürfen keiner Zutaten mehr, außer zum 
Zwecke besonderer Bildwirkungen. Verzichten wir 
aber darauf, den Hintergrund mit mehr oder minder 
beziehungsreichen Zutaten anzufüllen, so bedeutet 
das durchaus noch nicht den Verzicht auf die 
Hintergrundgestaltung überhaupt. 

Der Hintergrund ist in der Porträtphotographie wie 
in der Malerei, wie überhaupt bei jedem ästhetischen 
Anblick ein vollberechtigter und vollwichtiger Teil 
der Gesamtwirkung. Er ist schlechthin bildwichtig 
und kann oft genug bildentscheidend sein. 

Nur zu gelegentlicher besonderer Wirkung lassen wir 
daher den Hintergrund ungegliedert, leer. Er kann 
tonig hell, tonig dunkel belassen sein oder mittel- 
getönt oder schwarz. Es wird auf die Stärke und 
Reichlichkeit der Töne ankommen, die das Porträt 
natürlicherweise dem Apparat darbot. 

Sind die Linien, z. B. des Gesichtes, klar, die Haut 
nuancenreich, die Formen eindeutig, so kann dieser 
natürlich anwesende Reichtum kaum mehr durch 
einen gegliederten Hintergrund erhöht werden. Ist 
die Formdarbietung schwach oder besonders auf- 
dringlich, wird die Situation einen gegliederten Hinter- 
grund verlangen, einesteils um den schwach er- 
scheinenden Gesichtsformen betonende Linien aus 
dem Hintergrunde her zuzuführen, andererseits um 
die vordringlichen Formen durch die Konkurrenz 
der Hintergrundgliederung abzumindern, auf die 
Hauptlinien festzulegen. 


Wie der Hintergrund nun zu gliedern ist, hängt von 
so vielen Momenten ab, daß eine eindeutige Antwort 
nicht gegeben werden kann. Man wählt heute zu 
diesem Zweck gern reine Tonungen. Wie die 
Tönung der Landschaft, die wolkigen Formen des 
Himmels die „Stimmung“ einer Landschaft erst 
eigentlich offenkundig machen, ihren gegenwärtigen 
„inneren Sinn" verdeutlichen, so tönt man auch in 
den Hintergrund der Porträts Streifen des Grundes 
dunkler oder heller, bringt Schatten von Gegen- 
ständen oder ornamental wirkende zur Steigerung 
des Bildhaften hinein. 

Wir können die Stimmung einer Landschaft vielleicht 
mit Worten nie deutlich aussprechen. Sie liegt in 
den Tönen der Luft, den Formen der Wolken, die 
immer wechseln, in der Schwere des Atmens, in der 
Freiheit der Brust, im Maße des Lichts und seiner 
Kraft, seinem Wechsel und seiner Stetigkeit. Und 
doch gibt das Gesamtbild des Anblicks den „Sinn“, 
den „inneren Willen“ der Landschaft wieder. Etwas 
Ungegenständliches, etwas Abstraktes, mit Worten 
nicht zu Beschreibendes. (Schluß folgt.) 


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b 


v. Estorff, Atlantic. Feinde der Ozeandampfer. Reportage 
aus dem Laboratorium in Cuxhaven. Die ins Meer ge- 
senkte Versuchsplatte wird nach etwa einem Monat heraus- 
genommen und der Bewuchs untersucht 


107 


DER BILDERREDAKTEUR HAT DAS WORT 


Was ist das — Photomontage? — Wo ist sie mit Recht und wo 
falsch angewandt? 


Das ist das Gespräch zwischen 
dem Photographen Hans Bittner 
und mir: 

„Ihre Helgoland- Bilder sind er- 
schienen, Herr Bittner. Hier ist 
die Seite. Fällt Ihnen daran etwas 
auf?“ 

„Nein.“ 

„Ich behaupte, daß das tragende 
Bild nicht von Ihnen aufge- 
nommen wurde.“ 
Verständnisloser Blick, aufmerk- 
sames Betrachten des Blattes, 
Kopfschütteln. 

„Sehen Sie es sich nur ganz 
genau an. Fällt Ihnen wirklich 
nichts auf?“ 

Ein zweites energisches „Nein!“ 
„Gut. Ich werde Ihnen be- 
weisen, daß Sie Ihre eigenen 
Bilder nicht kennen.“ 

Ich breite die Photos vor Herrn 
Bittner aus, so wie sie von der 
n Technik“ heruntergekommen 
sind, ihr geistiger Vater sieht 
aufmerksam zu, macht große 
Augen und schließlich seinem 
übervollen Herzen Luft durch 
die Worte: „Ist doch nicht mög- 
lich!“ 

Dies sind die Tatsachen, und im 
folgenden findet der Leser die 
Wiedergabe der Originalseite 
aus der „Kölnischen Illustrierten 
Zeitung“, darunter die zwei ur- 
sprünglichen Photos, aus denen 
die Montage gemacht wurde, 
und auf der nächsten Seite 
die Photomontage selbst in un- 


HELGOLAN 


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Die Seite einer Illustrierten, deren 
Hauptbild eine Photomontage ist 


retuschiertem Zustand. Diese 
Bilder sagen wirklich mehr als 
tausend Worte. 

Was ist das — Photomontage? 
Der wörtlichen Übersetzung 
nach: ,Zusammenbau" von 
Photos. 

Wir kennen alle die vor 
einigen Jahren besonders in 
Magazinen aufgetauchte Art 
jener aus vielen Photos zu- 
sammengestückelten Bilder, 
die in der mehr oder minder 
geschickten Komposition et- 


Die beiden Photos, aus denen die Montage gemacht wurde Was vermitteln sollen, was 
Von dem linken Bild wurde die Figur des Mannes genommen, von dem rechten die Figur der Tänzerin eine einzelne Aufnahme nicht 


108 


gg: е 


auszudrücken imstande ist. 
(Nach Meinung des aus- 
tührenden Künstlers.) Man 
kann das in beschränktem 
Umfang gelten lassen. Aber 
eben nur ganz beschränkt, 
Denn weshalb sollte ein 
Magazin zur Erweiterung 
seines erwünscht bunten 
Themenkreises nicht auch 
einmal einen derartigen, 
mitunterrechtnetten Scherz 
machen? Als ernster Faktor 
in der Bildberichterstattung 
kommt diese Art der Photo- 
montage allerdings nicht in 
Frage. 
Photomontage, wie der Re- 
dakteur der seriósen Bilder- 
zeitschriftsie braucht, istdas 
Hilfsmittel zur Gewinnung 
eines hundertprozentigen 
Photos. Unter Inanspruch- 
nahme vorhandener Auf. 
nahmen, die — zusammen- 
gebaut — das vollkommen 
ausdrücken, was sie im ein- 
zelnen nicht restlos kónnen. 
Dabei darf diese Montage 
— es muf besonders betont 
werden — keine Fälschung 
darstellen. 
Unser oben an Hand von 
Bildern angeführtes Bei- 
spiel zeigt das alles ganz 
klar. Die beiden Tanz- 
aufnahmen wiesen im ein- 
zelnen Mängel auf: Die eine 
läßt nur die Rückseite des 
Tänzers sehen, ohne daß 
sein Gesicht erscheint, die 
andere hat diesen Fehler nicht, dagegen zeigt sie die 
Partnerin höchst unvorteilhaft. Was liegt da näher, 
als die gute Aufnahme der Tänzerin mit der ebenso 
sur des Partners zusammenzubringen? Richtige 
ildauffassung, geschickte Aufteilung im Blatt und 
gute Retusche vervollkommnen das, was eben eine 
Montage, aber keine Fälschung ist. 
Jeder objektive Leser wird zugeben müssen, daß hier 
die Photomontage zu Recht angewandt ist. 
Nun etwas über die „falsche“ Photomontage, die man 
besser gleich als Fälschung bezeichnet. Auch hier 
ein Beispiel: Der damalige englische Außenminister 


retusche. 


Mädchens 


Bildnisaufnahmen mit dem 


Rührige Fachleute haben das Kleinbildwesen längst 
schon für das Bildnis mobilisiert. Неше hat sich 
das so weit entwickelt, daß man Objektive besonders 
für diesen Zweck baut. Es gibt Emulsionen, die in 
Tonwertrichtigkeit und Feinkörnigkeit nichts mehr 
zu wünschen übriglassen und Hilfsinstrumente, z. B. 
Sucher, die bei entsprechender Näherung auftretende 
parallaktische Verschiebung aufheben. Trotzdem 
kann mancher Fachmann sich nicht mit dem Klein- 
bildporträt anfreunden. 

Die Astro - Gesellschaft hat nun ein Instrument ge- 
Schaffen, das die optischen und wirtschaftlichen Vor- 
züge der Kleinbildkamera mit der Möglichkeit ge- 
nauester Bildbeurteilung auf der Mattscheibe ver- 
bindet: das Identoskop. Es ist ein Ansatz zum Leica- 
Körper, der aus einem Objektiv mit 15cm Brenn- 
weite und einer Lichtstárke von 1:2,3, einem an- 
gebauten Tubus besteht, aus dem heraus ein Spiegel 
die Lichtstrahlen mittels eines zweiten Spiegels auf 


Die rohe Zusammenstellung der beiden Einzelteile vor der Negativ-, 
Man beachte, daB die Redaktion den flatternden Rock 
der abgerissenen Figur stehengelassen hat, ebenso die Füße des 


Chamberlain fährt zu einer 
Zusammenkunft mit Musso- 
lini nach Kom. Die beiden 
Staatsmänner treffen sich, 
und zwei Tage später be- 
kommt die deutsche Bilder- 
presse von einer Berliner 
Agentur eine Aufnahme zu- 
gesandt, auf der man Cham- 
berlain mit Italiens Staats- 
chef zusammen sieht. Aber 
— das geschulte Auge des 
Redakteurs stellt fest, daß 
dairgendetwas nichtstimmt. 
Mister Chamberlain ist doch 
ein sehr schlanker Herr, 
während der Gesprächs- 
partner Mussolinis da auf 
dem Bilde ziemlich rund- 
lich und klein sein mu. 
Zugegeben, das Porträt 
stimmt ja. Aber die Figur 
— ja, zum Donnerwetter 
noch mal, das ist doch zur 
Hälfte Briand! Man fischt 
die Aufnahme von der Zu- 
sammenkunft Briands mit 
Mussolini aus dem Archiv 
und stellt fest, daß man sich 
nicht geirrt hat. Der Photo- 
graph,derbesonderstüchtig 
sein wollte, hat ein bißchen 
„montiert“. Er hat einfach 
den Kopf Chamberlains auf 
den Körper Briands geklebt. 
(Ein wirklichesVorkommnis 
übrigens.) Das aber ist die 
Photomontage, die wir nicht 
haben wollen. Sie ist — wie 
schon gesagt wurde — nichts 
weiter als eine Fälschung, 
und sie ist deshalb zu verwerfen. 
Wird aber eine solche Montage doch gemacht, die 
jà — als Aprilscherz oder auch sonst irgendwie — 
wirklich einmal verwendet werden kann, dann ist es 
eine Anstandspflicht des Herstellers, in der Unter- 
schrift unbedingt auf die Tatsache der Montage hin- 
zuweisen. Das ist die verständliche Forderung der 
Bildredaktionen. 
Zusammenfassend sei also noch einmal gesagt: 
Photomontage — ja! Aber nicht als Fälschung, sondern 
zur „Veredlung“ eines Bildes. 

Wolfgang Schade. 


Aufnahmen: Hans Bittner 


Identoskop 


eine Mattscheibe führt, die der Photograph durch 
eine vergrößernde Lupe betrachtet. Man stellt auf 
der Mattscheibe ein und kann die Schärfentiefe wie 
alle anderen Komponenten der Bildwirkung genau 
beurteilen. Dann drückt man auf den Auslöser: Der 
Spiegel klappt sich heraus und gibt den Strahlengang 
zum Leica-Bildfenster frei. Wenn man den Aus- 
löser ganz durchgedrückt hat, löst er den Verschluß 
aus. Es ist also eine Art Spiegelreflex - Kamera mit 
den optischen und wirtschaftlichen Vorteilen der 
Kleinbildkamera. 

Ich habe viele Aufnahmen damit gemacht und war 
erstaunt, wie einfach und sicher das Identoskop 
arbeitet. Die Beurteilung auf der Mattscheibe durch 
die Lupe ist ganz leicht gemacht, man sieht ja ein 
fast so großes Bild wie in einer 9 X 12- Kamera. Der 
Auslöser arbeitet sauber und erschütterungsfrei, selbst 
bei harter Auslösung. — Bei voller Öffnung erhält 
man eine Schärfe, die Vergrößerungen über 24 X 30 


(Mit 2 Abb., siehe Tafelbg.) 


109 


hinaus zuläßt. Allerdings ist dann die Zeichnung 
von einer gewissen Weichheit, die ja aber oft bei 
Porträts erwünscht ist. Die Tiefenschärfe ist natur- 
gemäß ziemlich gering. Schon bei einer Abblendung 
auf 1:4,5 bekommt man eine gestochene Schärfe. 
Für meine Begriffe ist nur die Brennweite etwas zu 
groß. Sie zwingt zu sehr zu engen Ausschnitten. 


Verschiedenes 


Zur Anwendung optischer Belichtungsmesser 


Bei der Bestimmung der Belichtungszeit mittels eines 
Belichtungsmessers auf optischer Grundlage ist es zu- 
nächst wichtig, daß das die Messung vornehmende 
Auge gegen falsches Licht geschützt wird. Die Augen- 
muschel muß also lichtdicht abschließen. Sonst hat 
man große Fehler bei der Messung in Kauf zu 
nehmen. 

Kaum bekannt ist, daß man auch das an der Messung 
nicht direkt beteiligte andere Auge vor falschem 
Licht zu schützen hat. Fällt auf das Lid des ge- 
schlossenen Auges starkes Licht, so wird dadurch 
auch das messende Auge beeinflußt. Und zwar wird 
seine Empfindlichkeit herabgesetzt. Nach Versuchen 
mit mehreren Personen zu urteilen, die mittels des 
Bewi und anderer optischer Belichtungsmesser durch- 
geführt wurden, sinkt die Empfindlichkeit des messen- 
den Auges schon bei mäßig starker Bestrahlung des 
anderen Auges auf die Hälfte bis zu einem Drittel ab. 
Es ist daher zu empfehlen, das unbeteiligte Auge mit 
der Hand abzudecken. Ein leicht durchzuführender 
Versuch wird zeigen, daß dadurch die Empfindlich- 
keit des messenden Auges ansteigt und die Genauig- 
keit der Messung zunimmt. Das gilt ganz besonders 
für Messungen in greller Beleuchtung. 

Endlich mag noch darauf hingewiesen sein, daß die 
Genauigkeit der Messung in hohem Maße von dem 
Reizzustand des messenden Auges abhängt. Man 
beachte daher die Angaben der Gebrauchsanweisung 
bezüglich der für die Augenadaption erforderlichen 
Zeiten. Das ist besonders wichtig, wenn man zur 
Zeit im Freien bei großen Beleuchtungsstärken ar- 
beitet. С. Е. 


„Knapp“ -Entwicklung und Unterbelichtung 


Auf S.70 dieser Zeitschrift wurde auf das Entwick- 
lungsverfahren nach August Knapp hingewiesen, 
das in den englisch sprechenden Ländern dauernd 
an Anhängern gewinnt; in welchem Grade dieses 
Verfahren unterbelichtete Negative zu retten ver- 
mag, ist aus folgender Schilderung („The British 
Journal of Photography" Nr. 3783, S. 670) eines eng- 
lischen Fachphotographen ersichtlich: 

„Auch der beste Lichtbildner belichtet einmal falsch, 
trotzdem er die Lichtverhältnisse in seinem Atelier 
enau kennt. Vor einiger Zeit hatte ich ein Kinder- 
ild anzufertigen, das sehr schnell gebraucht wurde. 
In der Eile belichtete ich nur !/» statt / Sekunde. 
Ich entwickelte das erste Negativ mit meinem ge- 
wohnten Hervorrufer, doch das Ergebnis war un- 
brauchbar; Augen und blondes Haar, alles war eine 
schwarze Masse ohne Einzelheiten. Was war zu tun, 
um die übrigen Negative zu retten? Ich erinnerte 
mich der ,Knapp'-Entwicklung und versuchte die 
empfohlene Methode. An Stelle des vorgeschriebenen 
Amidol-Entwicklers benutzte ich meinen gewohnten, 
krüftig arbeitenden: 


А) Pyrogallol . . . 2 2 . . . . 2 g, 
Mee 2 g. 
Kaliummetabisul fit 5 g. 
gekochtes Wasser 480 g. 

B) Soda (kristall.) 72 g, 
gekochtes Wasser 480 g 


(Zum Gebrauch gleiche Mengen von A und B.) Dies 
ist im allgemeinen ein sehr schnell arbeitender Ent- 


110 


Wollte man z. B. ein Bild machen, das bis zum Knie 
reicht, so brauchte man einen Abstand von 4—5 m. 
Wie man mir mitteilte, wird das Identoskop aber auch 
mit kürzeren Brennweiten gebaut. Auch ist keine 
allzu große Lichtstärke nötig, da man mit unseren 
heutigen Mitteln mit 3,5 und 4,5 durchaus auskommt. 

Heinrich Freytag. 


wickler; meist genügen 60 Sekunden bei einer Tem- 
peratur von 20° C. Die Entwicklung der oben er- 
wühnten unterbelichteten Negative ging folgender- 
maßen vor sich: Ich benutzte zwei Schalen, deren eine 
den nach obiger Formel hergestellten Entwickler ent- 
hielt, die andere reines Wasser, beide Flüssigkeiten 
in einer Temperatur von 20° C; alles Licht wurde 
ausgeschaltet; für die Zeitmessung benutzte ich eine 
Uhr mit Leuchtzifferblatt. Ich legte den Film für 
40 Sekunden in den Entwickler, dann für 2 Minuten 
in das Wasserbad, dann wieder in den Entwickler 
für 50 Sekunden und 2 Minuten ins Wasser, schließ- 
lich nochmals für 80 Sekunden in den Entwickler, 
und nun zum letztenmal für 2 Minuten ins Wasser- 
bad; endlich nach Abspülung in das Fixierbad. Der 
Leser wird denken: eine sehr komplizierte Methode! 
Auch ich dachte das gleiche, aber das Ergebnis be- 
lohnte die aufgewandte Mühe reichlich: Das Negativ 
war fast so tadellos, wie wenn es richtig belichtet 
worden wäre, Ich habe das Experiment inzwischen 
mehrfach wiederholt und jedesmal das gleich gute 
Ergebnis gehabt. Selbstverständlich wird man diese 
Art des Entwickelns nicht stándig gebrauchen. Aber 
als letzte Rettung lohnt sich die Mühe. 

Und nun das Entwicklerrezept selbst, das ich oben 
gab. Es eignet sich vor allem für sehr schnelles 
Arbeiten: Negative, die unter günstigen Bedingungen 
nur /100 Sekunde belichtet sind, können in der 
gleichen Zeit wie Zeitaufnahmen entwickelt werden. 
Ich habe diesen Entwickler in den letzten 12 Jahren 
für alle eiligen Arbeiten verwendet, aber soweit ich 
mich erinnere, habe ich das Rezept niemals weiter- 
gegeben." : prodest. 
Unter Abdecken 

versteht man bekanntlich den nachtráglichen Farb- 
auftrag auf eine Negativpartie, so daf$ diese licht- 
undurchlässig wird und weiß druckt. Erreicht wird 
dieses am einfachsten und schnellsten durch Auftrag 
einer dicken angerührten Farb- „Soße“ der gewöhn- 
lichen Aquarellfarbe „Engelrot“ (Günther Wagner). 
Dieses Abdecken enthebt den Photographen aller 
Sorgen um den oft gewünschten hellen Hintergrund, 
der oft sehr schwer, mitunter überhaupt nicht bei 
der Aufnahme erzielt werden kann, wenn es sich 
etwa um sehr große Gegenstände, wie etwa um Loko- 
motiven, Maschinen usw., handelt (Abb. 1). Gerade 


Abb. 1 Der ausgedeckte Umriß 


Бы O сай 


a-QAbb. 2 


Kontur) 


Reiffede rstrich 


Abb. 3 Abb. 4 


bei solchen Objekten ist es aber mitunter 
schwer, die vielen geraden Konturen exakt 
einzuhalten. Hier hilft man sich so, daß 
man entlang solcher Geraden in unserer 
Lokomotive in Abb. 1, also etwa oben am 
Kessel, am Rauchfang usw., mit Dreieck 
und Reißfederarbeitet. Dereinzuhaltenden 
Kontur entlang wird ein sauberer Strich von 
etwa ?/, bis 1 mm Dicke mit der Reißfeder 
gezogen (Abb.3) und dann mit dem Pinsel die 
Farbe darangesetzt. Überfahrene Stellen als 
solche, an denen die Farbe über die Kontur 
geraten ist, werden mit dem feuchten Pinsel 
von der freien Flüche gegen die abgedeckte 
zurückgeschoben (Abb. 4). — Auch im Posi- 
tiven kann mitunter das Abdecken zur Ent- 
fernung eines stórenden Hintergrundes vor- 
genommen werden. Hier arbeitet man in 
reinem Deckweiß oder einer Mischung von 
Deckweiß mit irgendeiner anderen schwarzen 
Wasserfarbe. Am besten benutzt man die in 
Tuben erhältlichen Temperafarben. Auch das 
„Absetzen“, die unregelmäßige Begrenzung 
usw. ist mit dieser Methode unschwer zu er- 
reichen, wie es etwa Abb. 2 zeigt. Hier wurde 
zum Abdecken reines Temperadeckweiß und 
für die Einfassungslinie eine Mischung von 
Temperadeckweiß und Lampenschwarz ver- 
wendet. Mitunter werden noch heute der- 
artige Bilder gewünscht, die im allgemeinen 
wohl von der Klischieranstalt so hergerichtet 
werden, eine Arbeit, die aber auch ganz gut 
der Photograph durchführen kann, zumal sie 


einigen Gewinn eintrágt und eigentlich keine : 


Zeichenkunst, sondern nur ein „Konturnach- 
fahren“ erfordert. N. 


Industrieaufnahmen mit der Rolleiflex 
(zu nebenstehender Abbildung) 


Ich hatte den Auftrag, einen Schmelzofen 
drei Tage nach dem Loschen unter Be- 
rücksichtigung ganz besonderer Wünsche der 
Techniker zu photographieren. Weder mit 
dem gekoppelten Entfernungsmesser noch 


mit dem  Mattscheibenbild oder mit dem Stativ 
konnte ich etwas anfangen. Wegen der Hitze im 
Innern des Ofens, in dem noch vor kaum 70 Stunden 
1300 — 1400 ° herrschten, mußte sehr rasch gehandelt 
werden. Da die Zeitspanne, nach welcher ein 
Dutzend Arbeiter bereits mit den Abtragungsarbeiten 
beginnen, sehr kurz war, die größten Lichtunter- 
schiede zwischen Tages- und Kunstlicht überbrückt 
werden mußten, die Objekte nach der letzten Auf- 
nahme unwiederbringlich verloren waren, Durch- 
blicke benutzt werden mußten, wo kaum Platz zum 
Bedienen des Verschlusses vorhanden war, konnte 
ich nur mit meiner Rolleiflex 4 X4, die mit dem Blick- 
fenster der 6 X 6 ausgestattet ist, zum Ziele kommen. 
Das Resultat war so überraschend, daß selbst die 
Ingenieure nach Erhalt meiner Photos erklärten: Wir 
haben alle Ihre Aufnahmen bewundert. Vom künst- 
lerischen wie vom technischen Standpunkt können 
sie kaum schöner sein. Nach solchem Ergebnis ist 
mir meine Rolleiflex nur noch lieber geworden. M. 


Vergrößerungen mittels Proxar-Linse 


Werkstätten, denen Amateurarbeiten übergeben wer- 
den, wird es heute im Zeitalter der Kleinbildkamera 
manchmal schwer, einwandfreie Vergrößerungen 
auch vom kleinsten Schmalfilmstreifen anzufertigen. 
Tatsache ist, daß die teuren Vergrößerungsapparate 
in den meisten Fällen nicht dazu eingerichtet sind, 
kleinste Schmalfilmnegative auf dieselbe Größe, 
13:18, zu bringen wie bei einem 6:9- oder 9:12- 
Negativ. Der Grund hierfür liegt bei den Ver- 
größerungsapparaten mit automatischer Scharfein- 
stellung in der begrenzten Höheneinstellung und so- 


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Hans Henschke, Berlin. Aufnahme vom Kliégerrennén auf einer Holzbahn 


mit in der ungenügenden Entfernung des Objektivs 
von dem am Apparat fest angebrachten Bildrahmen. 
Ein idealer Vergrößerungsapparat ist daher heute 
noch immer das Ansatzgerüt mit Kamera 6:9 oder 
9:12, um die Negative auf jedes gewünschte Größen- 
format zu bringen, denn bei ihm ist der Hochein- 
stellung keine Grenze gesetzt. Mit dieser fast un- 
begrenzten Hocheinstellung jedoch vermindert sich 
selbstverstándlich Stárke und Kraft der Lichtquelle um 
ein bedeutendes, und bei dem kleinsten Schmalfilm- 
streifen ist eine einwandfreie Belichtung des Brom- 
silberpapiers kaum mehr moglich. Belichtungszeiten 
von einer Minute und mehr werden notwendig sein. 
Man тиў daher zu einer stárkeren Lichtquelle greifen, 
und wenn früher 60 Watt genügten, werden heute 
100 Watt nicht ausreichen, die ermüdend lange Be- 
lichtungszeit um ein wesentliches herabzusetzen. 
Außer dem langsameren Arbeitsgang machen sich 
aber noch die Nachteile eines größeren Stromver- 
brauchs geltend, und die Hitzeentwicklung einer 
100-Watt-Lampe dürfte für den empfindlichen Film- 
streifen stark ins Gewicht fallen. 

Diese Nachteile werden vermieden, wenn man 
Proxar-Linsen verwendet. Die Brennweite des 
Objektivs wird verkürzt, so daß man bei erträglichen 
Abständen zwischen Papier und Optik zu hinreichen- 
den Vergrößerungsmaßstäben kommt. Die durch die 
Proxar-Linse erhöhte Lichtstärke kann man allerdings 
kaum ausnutzen, da man zur Verbesserung der Bild- 
schärfe meist wieder abblenden muß. Mit einer Zeiss- 
Proxar-Linse ergaben sich folgende Feststellungen: 
Ein Schmalfilmnegativ, mit bloßem Kameraobjektiv 
auf Bildgröße 6:9 gebracht, ergibt bei derselben 
Entfernung der Lichtquelle vom  Bromsilberpapier 


112 


mit Proxar-Linse ein Positiv von 9:12, eine Ver- 
größerung auf 9 : 12 mit bloßem Objektiv eine solche 
von 13:18 mit Vorsatzlinse. Ein weiterer Vorteil 
ist die weichere Zeichnung und vor allen Dingen bei 
ganz starken Vergrößerungen die verhältnismäßig 
geringe Kornentwicklung. 


Kein Photogerät in Flugzeugen 


Der Reichsluftfahrtminister hat nach dem VDZ.-Büro 
eine Verordnung über die Verwendung von Photo- 
gerät im Luftverkehr erlassen. Danach haben Polizei, 
Luftverkehrsunternehmungen und Flugzeugführer dar- 
auf zu achten, daß Fluggäste ohne besondere Er- 
laubnis während des Fluges kein Lichtbildgerät mit- 
führen oder verwenden. Lichtbildgerät ist den Flug- 
gästen abzunehmen und so zu verwahren, daß eine 
Verwendung während des Fluges ausgeschlossen ist. 


Zu unseren Bildern 

Außerordentliche Leistungen stellen die Theater- 
photos von v. Blücher dar. Bei Saalbeleuchtung 
in Sekundenbruchteilen gemacht, geben sie nicht nur 
die Vorführungen selbst in aller Klarheit und Schärfe 
wieder, sondern lassen auch Ausdrucksdeutungen zu. 
wie bei den Jongleuren und dem abspringenden Ar- 
tisten (S. 105). Die vorbildliche Wiedergabe des 
Stofflichen, wie sie besonders für Werbephotos von 
größter Wichtigkeit ist, illustrieren die Schularbeiten 
der Münchner Anstalt. Von den Porträtstudien sind 
neben der bildhaft angeordneten von Gerling. 
der knapp begrenzten, ausdrucksvollen von Lazi 
die Aufnahmen mit der Kleinbildkamera von Frey- 
tag — und von den Reportagen, die des abend- 
lichen Konzertes in Nürnberg und die Bilder mit der 
fahnenschwingenden Jugend hervorhebenswert. 


Mitteilungen des Reichsverbandes Deut- 
Scher Bildberichterstatter 
Organisation 


Die Leitung der Gruppe Mitteldeutschland ist, wie 
bereits mitgeteilt, Herrn Max Löhrich, in Firma Leip- 
ziger Pressebüro, Leipzig S 3, Fichtestraße 36, über- 
tragen. 

Zum Vertrauensmann für die Ortsgruppe Dresden 
ist Herr Erich Hammer, Dresden- A. 16, Blumen- 
straße 106, bestimmt worden. 

Eine Gruppe Westdeutschland ist in Bildung be- 
griffen, deren Leitung in den Händen des Herrn 
Martin Knauer, in Firma Pressephoto Rolf Lantin. 
Düsseldorf, Herderstraße 65, liegt. 


Kennzeichnung deutscher Bildberichte durch ein 
V erbandszeichen 


СЕ 


Dieses Zeichen trägt als wesentlichsten Punkt die Auf- 
forderung: ,Fordert deutsche Arbeit" und soll in 
steter Wiederkehr die Verbraucher deutscher Bild- 
berichte mahnen, bei der Auswahl unter gleich- 
wertigen Photos ein und desselben Themas dem 
deutschen Bild des  Reichsverbandsmitgliedes in 
nationalwirtschaftlichem Interesse unbedingt den 
Vorzug zu geben. Die Mitglieder des „Reichsver- 
bandes Deutscher Bildberichterstatter e. V.“ machen 
durch Abdruck des entsprechenden Stempels auf der 
Rückseite ihrer Bildberichte diese als deutsche 
Arbeit und unbedingt zu bevorzugendes Material 
kenntlich. 

Der im Zeichen abgebildete Adler ist ja Symbol 
aller Deutschen, und der Mann mit der Kamera (aus 
technischen Gründen in ganz einfachen Linien ge- 
zeichnet) ist mit ihm eng verbunden. Beide gehören 
zusammen: Deutscher Adler und deutscher Bild- 
berichterstatter — stellen also ein bedeutsames 
Zeichen für die Mitglieder des Reichsverbandes 
Deutscher Bildberichterstatter dar. 


Berufsausweise für Bildberichterstatter 


Der Reichsminister für Volksaufklärung und Pro- 
paganda hat am 17. August (Geschäftszeichen Il 
2088) eine außerordentlich bedeutsame Entscheidung 
dahingehend gefällt, daß es dem Central - Verband 
Deutscher Photographen-Vereine und -Innungen nicht 
gestattet ist, „Berufsausweise zur Vornahme von Illu- 
strationsaufnahmen für die Presse" auszugeben. 

Der Central-Verband ist in der erwähnten Verfügung 
angewiesen worden, soweit bereits Ausweise aus- 
gegeben waren, diese bis zum 1. September 1933 ein- 
zuziehen und bis zum 3. September dem zuständigen 
Referenten des Propagandaministeriums, Herrn Kurz- 
bein, Bericht zu geben, daß sich keine von den 
Innungen ausgestellten Berichterstatterausweise mehr 
im Umlauf befinden. 

Durch den Erlaß hat der Herr Reichsminister seinen 
Standpunkt dahingehend präzisiert, daß die Bild- 
berichterstatter wegen ihrer überwiegend journalisti- 
schen Betätigung zur Presse zu rechnen sind und 
demzufolge Bildberichterstatterausweise nur von dem 
zuständigen Reichsverband Deutscher Bildbericht- 
erstatter e. V. (Geschäftsstelle Berlin SW 68, Schützen- 


straße 67), der ja ein Fachverband in der Neuorgani- 
sation des „Reichsverbandes Deutscher Presse“ sein 
wird, ausgestellt werden dürfen. 


Einziehung der roten Ausweise des Polizeipräsidiums 
Berlin 


Der Polizeipräsident zu Berlin hat am 2. September 
1933 folgendes Rundschreiben herausgegeben: 

„Die bisher ausgestellten polizeilichen, persönlichen 
und unpersönlichen Bildberichterstatter-Passierscheine 
und die dazugehörigen Personalausweise verlieren 
zum 1. Oktober 1933 ihre Gültigkeit und müssen an 
die Pressestelle des Polizeipräsidiums zurückgegeben 
werden. Zu diesem Zeitpunkt werden neue Karten 
in hellbrauner Farbe ausgegeben. 

Anträge auf Ausstellung solcher Ausweise sind von 
den Firmen oder den selbständig arbeitenden Bild- 
berichterstattern unmittelbar an die Pressestelle des 
Polizeiprásidiums zu richten. Für die in Frage 
kommenden Bildberichterstatter sind die genauen 
Personalien (Vor- und Zuname, Geburtsdatum und 
-ort, Wohnung, Konfession und eventuell Fernsprech- 
anschluß) anzugeben, ferner bei Neuanträgen zwei, 
sonst ein Lichtbild beizufügen. 

Schon jetzt wird darauf hingewiesen, daß die Zu- 
weisung der Bildberichterstatterkarte nach den Grund- 
sätzen des Berufsbeamtengesetzes erfolgt. Die Zahl 
der auszugebenden Karten wird sehr niedrig ge- 
halten, da sonst bei wichtigen Anlässen die An- 
erkennung des Ausweises nicht möglich ist. 


Werbephoto. Schöler -Aufnahme der Bayer. Staats-Lehr- 
anstalt für Lichtbildwesen in München 


113 


Es finden nur diejenigen Illustrationsfirmen Berück- 
sichtigung, die ständig Aktualitäten für die illu- 
strierten Tageszeitungen und Bildberichte fertigen, 
bei denen also das Passieren von polizeilichen Ab- 
sperrungen unerläßlich ist. Die selbständigen Bild- 
berichterstatter müssen ihr Gewerbe angemeldet 
haben und ebenfalls Bildmaterial über ihre Tätigkeit 
vorlegen können. (Es soll dadurch vermieden werden, 
daß sogenannte ,Schwarzarbeiter" den Ausweis er- 
halten.) Bei inländischen Bildberichterstattern wird 
die Zugehörigkeit zum  Reichsverbande Deutscher 
Bildberichterstatter e. V., Berlin SW 68, Schützen- 
straße 67, vorausgesetzt. 

Ich weise besonders darauf hin, daß die Bildbericht- 
erstatterkarte nur in Grof-Berlin Gültigkeit hat und 
nur als Ausweis beim Passieren polizeilicher Ab- 
sperrungen zur aktuellen Bildberichterstattung 
dient, nicht als allgemeine Legitimation gegen- 
über Behórden oder privaten Korperschaften. 

Ich bitte, bei den Anträgen nach diesen Gesichts- 
punkten zu verfahren. 

L A: Burkart, Regierungsrat, 
Leiter der Pressestelle. 


Ergänzend hierzu ist noch zu sagen, daß als all- 
gemeine Legitimation gegenüber Behorden oder pri- 
vaten Korperschaften derjenige Ausweis gelten soll, 
den der Reichsverband Deutscher Bildberichterstatter 
unter Mitwirkung des Propagandaministeriums seinen 
Mitgliedern zur Verfügung stellt. — Ahnlich der 
Regelung der polizeilichen Passierscheine in Berlin 
wird auch im ganzen Reich vorgegangen werden. 


Die Photographie als Berichterstatterin 


Die vom 4. bis 19. November 1933 in Berlin statt- 
findende Ausstellung „Die Kamera“ soll weit über 
den landläufigen Umfang anderer Veranstaltungen 
hinausgehen, um so mehr, als die „Deutsche Arbeits- 
front“ als Mitveranstalterin zeichnet. 

Eine ganze Halle am Funkturm wird allein die Ab- 
teilung „Photographie“ umfassen. Sie schließt sich 
direkt an den großen Empfangsraum des Hauptein- 
ganges der Ausstellung an. In ihr wird die ge- 
schichtliche Entwicklung der Photographie von ihren 
Anfängen bis zur Gegenwart gezeigt. Weiterhin soll 
sie ein vollständiges Bild des gegenwärtigen Standes 
der Photographie im neuen Deutschland wieder- 
geben. 

Im Rahmen des Gesamtbildes wird die Photographie 
als Bildberichterstatterin eine besondere Ausstellungs- 
schau darbieten, wobei ein geschlossenes Ganzes er- 
reicht werden soll. In dieser Hauptschau der Bild- 
berichterstattung werden durch unseren Reichsver- 
band unabhängig vom Urheber die einzelnen Dinge, 
die zur Darstellung kommen, unter besonderen Ge- 
sichtspunkten gesammelt, sich dem Beschauer dar- 
bieten. Als Ideen für die Gesichtspunkte, unter 
denen die Photographie als Berichterstatterin in Er- 
scheinung tritt, schweben unter anderem folgende 
Punkte vor: 

1. Wie entsteht ein aktuelles Bild, und wie kann 
von einem aktuellen Vorgang dieses oder jenes Photo 
gefertigt werden? 

2. Welche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Auf- 
nahme aktueller Vorgänge für den Bildberichterstatter? 
Hier soll die Arbeitsweise des Bildberichterstatters 
vor Augen geführt werden: das Belauschen der Vor- 
gänge, die Verwendung der Leitern im Getümmel von 
Menschen, die Photographie vom Dach aus, die Bild- 
berichterstattung von der Kehrseite aktueller Vor- 
gange, also z. B. Zaungäste sportlicher Veranstal- 


tungen, das Leben und Treiben hinter den Ab- 
sperrungen usw. 

3. Der geführliche Augenblick. Hier soll gezeigt 
werden die Bildberichterstattung іп lebensgefahr- 


lichen Situationen, 2. B. während Revolution und Un- 
ruhen, Photos aus der Besetzungszeit des Rheinlandes, 


114 


Aufnahmen bei Auto- und Bobrennen in unmittel- 
barer Nähe von Unglücksfällen usw. 

4. Photo und Text. Diese gehören zusammen und 
zeigen die journalistische Begabung des einzelnen 
Bildberichterstatters bei der Wiedergabe des Er- 
lebnisses. 

5. Fälschung von Photos und deren Begleittexten. 
Hier sollen Musterbeispiele von Originalbildern unter 
Gegenüberstellung von solchen mit nachträglich hinein- 
kopierten Fälschungen gezeigt werden. Weiter sollen 
Textfälschungen wiedergegeben werden, in denen Bei- 
spiele von Photos mit dem ursprünglichen Text ge- 
zeigt werden, wie ihn der Bildberichterstatter vor- 
gesehen hatte und was daraus durch andere Text- 
unterschrift von gegensätzlich eingestellter Seite ge- 
macht wurde. 

6. Eng zusammen mit Punkt 5 eine Wiedergabe von 
deutschen Photos im Ausland mit für Deutschland 
abträglichen Betextungen, wie sie der bekannte Bilder- 
redakteur Stiewe in seinem Buch ,So sieht uns die 
Welt" gesammelt hat. 

7. Eine Großleistung der deutschen Bildberichterstat- 
tung. Kundgebung vom 1. Mai 1933 mit allen Photos, 
die die deutsche Bildberichterstattung davon fertig- 
gestellt hat, unter dem Gesichtspunkt der nach den 
Aufmarschplünen aufgestellten Bildreporter. 

8. Das Sportphoto. Höchstleistungen der Sportphoto- 
graphie auf allen Gebieten. 

9. Das Genrebild. Als notwendige Ergänzung der 
stándigen Bildberichterstattung, z. B.: Der erste Schnee- 
fall in Berlin, das Leben im Zoo, Bilder von Tieren. 
Photos Kind und Mutter, das Gesicht des Kindes usw. 
10. Der Serien-Photograph und seine Arbeit, wobei 
an Spitzenleistungen gedacht ist. Die Darstellung der 
Serienphotographie ist so gedacht, daß einmal der 
kleine Zeitungsausschnitt genommen wird, nachdem 
der Serien-Photograph die Idee der Bearbeitung des 
Gegenstandes ins Auge faßt, weiterhin die Fülle der 
gefertigten Aufnahmen, vielleicht an Hand von Leica- 
Filmen, dann die daraus ausgewühlten Bilder in ihrer 
Großwiedergabe und zum Schluß der Serienabdruck 
in der illustrierten Presse mit dem dazu verfaßten 
redaktionellen Artikel. 

11. Die Arbeit in der Redaktion des Bildbericht- 
erstatters, gezeigt an Zeitungen mit angestrichenen 
Artikeln für die Tagesarbeit des Photographen. 

12. April-Scherze mit der Kamera, hergestellt für die 
illustrierte Presse. 

Das vorstehende Programm gibt die wesentlichsten 
Gesichtspunkte wieder, die die Arbeitskommission 
für die große allgemeine Ausstellungsschau der 
deutschen Bildberichterstattung niedergelegt hat. 

Bei sämtlichen Bildern wird der Name des Urhebers 
angebracht und eine kurze Betextung gegeben. Die 
Sichtung der gesamten Arbeiten, die dem Reichs- 
verband Deutscher Bildberichterstatter e. V. ein- 
gereicht werden, erfolgt durch eine Ausstellungs- 
kommission unter Mitwirkung von prominenten Bilder- 
redakteuren. Diese neutrale Kommission wird auch 
das Richterkollegium bilden für die Art der Pla- 
cierung der einzelnen Bildberichte im Rahmen der 
allgemeinen Schau. 

Über den Rahmen der allgemeinen Schau hinaus soll 
jedem Mitglied des Reichsverbandes Deutscher Bild- 
berichterstatter Gelegenheit gegeben werden, zwei 
oder drei Bilder rings um die allgemeine Schau als 
Musterbeispiele für ihre eigene Arbeit auszustellen. 
Hier soll jeder Bildberichterstatter das zeigen, worin 
seine eigentliche Stürke liegt, denn jeder einzelne 
schreibt ebenso wie jeder andere darstellende Künstler 
oder wie jeder Schriftsteller seine eigene „Handschrift“ 


Das Kernstück der Ausstellungsabteilung „Die Photo- 
graphie als Berichterstatterin wird eine Bildfunk- 
anlage der Reichspost sein, so daf in diesem Teil 
der Ausstellung besonders lebhaftes Treiben herrschen 
wird. 


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HANS REINKE, CHARLOTTENBURG (DEGEPHOT) 


HITLERJUGEND 


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V. BLUCHER, BERLIN 


HUGO ERFURTH. GDL, DRESDEN MUTTER MIT KINDERN 


HUGO ERFURTH, G.D.L., DRESDEN 


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IDEE ZU EINEM WERBEFOTO 


DR. PAUL WOLFF, FRANKFURT (MAIN) 


Zur Ausstellung Die Kamera" in Berlin 


Von Heiner Kurzbein, Referent im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda 


Fast genau 100 Jahre trennen uns von einer der be- 
deutendsten Erfindungen der Neuzeit, der Erfindung 
der Photographie. Zunächst eine Spielerei. Dann, 
praktisch gesehen, ein trefflicher Ersatz für das Ab- 
zeichnen der Natur, späterhin ein willkommenes 
Mittel zur Herstellung von Familienbildern und 
sinnigem Wandschmuck. Ein volles Jahrhundert hat 
es gedauert, bis sich die Photographie den Platz er- 
oberte, den sie heute innehat: gleich neben der Druck- 
technik, dieser an Wichtigkeit kaum nachstehend, ein 
Kulturfaktor ersten, aber auch allerersten Ranges. 

Wenn am 4. November 1933 die große Ausstellung 
»Die Kamera" in Berlin eróffnet wird, so wird hier 
das erstemal der Versuch unternommen, neben der 
rein bildmäßigen Seite der Photographie, insbesondere 
ihre Beziehungen zum Zeitgeschehen, ihre Aufgaben 
als Nachrichtenmittler und Kulturtráger und ihre 
Auswirkung auf die Masse zu zeigen. Erst die 
schnelle technische Entwicklung der letzten 20 Jahre 
hat jene Schwerpunktsverschiebung innerhalb des 
großen Gebietes der Photographie zugunsten des Bild- 
berichterstatters und des gedruckten Bildes gebracht, 
die Photographie zu dem gemacht, was sie heute ist: 
Ein wichtiger Kulturtráger und Nachrichtenmittler, 
der das gedruckte Wort aufs eindringlichste unter- 
stützt. Es gibt kein Ereignis von Bedeutung mehr, 
bei dem nicht die Linse eines einzigen Bildbericht- 
erstatters die Augen von Millionen vertritt, es diesen 
ermöglicht, am Zeitgeschehen in früher ungeahnter 


Dreimal Brandenburger 


Deutsche Geschichte im Spiegel der aktuellen Photographie 


Drei Aufnahmen sind das hier, die dreimal das 
gleiche Geschehen zeigen: Einzug siegreicher Soldaten 
durch das Brandenburger Tor. Einmal die Heimkehr 
der Sieger von 1870;71, einmal den Einmarsch der un- 
geschlagenen Helden aus dem Weltkrieg, und zum 
dritten den Marsch der siegreichen unbewaffneten 
Mitkámpfer Adolf Hitlers. Dreimal das gleiche Ge- 
schehen, dreimal der gleiche Schauplatz, und doch 
drei verschiedene, ganz verschiedene . Aufnahmen. 
Die folgenden Zeilen sollen eine Untersuchung über 
die Entwicklung der aktuellen Photographie darstellen: 
Aktuelle Photographie? — Es ist hier des öftern über 
dieses Thema gesprochen worden. Wiederholen wir 
noch einmal: Festhalten eines Zeitgeschehens auf der 
Platte. Auch die Aufnahme aus dem Jahre 1871 war 
also im Augenblick ihrer Entstehung aktuell. Heute 
ist sie nur noch historisches Dokument. Das gleiche 
gilt von den beiden anderen hier gezeigten Bildern, 
wenn sie uns auch zeitlich viel näher liegen. Schalten 
wir aber die Tatsache der vergangenen Aktualität aus 
und betrachten wir die drei Photos im einzelnen so, 
als ob sie heute, eben entstanden wären. 

Der erste Eindruck, den man bei der Inaugenschein- 
nahme aller drei Bilder hat, ist: Der Photograph 


Weise teilzunehmen. Daneben ist das Bild zum 
machtvollsten Mittel neuzeitlicher Propaganda im 
Dienste des Staates, der Kultur, der Wissenschaft 
und der Industrie geworden. Das Tatsächliche fest- 
zuhalten, von ihm zu künden und es hinauszutragen 
in die Welt, es den Mitmenschen und den Nach- 
fahren zu übermitteln, dazu ist der Bildbericht- 
erstatter berufen. 

Es bleibt erstaunlich, daß bisher keine der Regie- 
rungen dieses machtvolle Instrument der Aufklärung 
bewußt in ihren Machtkreis eingeschlossen hat. Erst 
der Führung des geeinten Deutschlands blieb es vor- 
behalten, die Aufgaben und Pflichten des Bild- 
berichters fest zu umreißen und dem Kameramann 
den Platz zu geben, der ihm gebührt. Das kürzlich 
herausgekommene Pressegesetz bedeutet eine völlige 
Neuorientierung auf dem Gebiete der Pressephoto- 
graphie. Es erkennt erstmalig die Tätigkeit des Bild- 
berichterstatters in vollem Umfang an und gibt diesem 
alle Rechte — aber auch alle Pflichten — eines Schrift- 
leiters, ihn zum Träger eines öffentlichen Amtes 
machend. Die geplante Verbesserung des Urheber- 
rechtsschutzes für Photographien wird ein weiterer 
Schritt in dieser Richtung sein. 

So wird diese Ausstellung ein Wendepunkt in der 
Geschichte der Photographie bedeuten. Eine Rück- 
schau auf einen langen Entwicklungsgang und gleich- 
zeitig ein Hinweis auf die Aufgaben des Bildbericht- 
erstatters im neuen Deutschland. 


Tor . 


(Mit 3 Abb.) 


— denken wir uns ruhig die Gestalt eines einzigen 
Mannes — ist jedesmal паһег an das Objekt heran- 
gegangen. Zweifellos die erste und wichtigste Fest- 
stellung. 

1871 noch sollte möglichst der ganze Pariser Platz zu 
sehen sein, obwohl dem Photographen unbedingt klar 
sein mußte, daß das Gesamtbild unscharf und ver- 
worren wirken würde, von einer erkennbaren Einzel- 
heit ganz zu schweigen. Ein großer Teil sich be- 
sonders stark bewegender Reiter erscheint total ver- 
wischt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß der 
von Ottomar Anschütz aus Lissa in Posen stammende 
Schlitzverschluß erst 1882 erfunden wurde. Alles in 
allem also ein Photo ohne jede künstlerische oder 
technische Qualität, heute nur noch als Dokument 
interessant. 

Was für ein Fortschritt dagegen schon beim zweiten 
Bild, das vor 15 Jahren gemacht wurde! Der Photo- 
graph hat sich hier vor allem einmal in die Masse der 
Zuschauer hineingestellt, um — wahrscheinlich von 
einer Leiter herunter — Einzelheiten auf die Platte 
bannen zu können. Mit dem Maßstab der technischen 
Vollkommenheit von damals gemessen, ist ihm sein 
Vorhaben auch gelungen. Man erkennt einzelne Ge- 


115 


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18713 Einzug der siegreichen Truppen am 16. Juni 1871 durch das Brandenburger Tor, 


werke des heutigen Hotels Adlon gemacht wurde, zeigt fast den ganzen Pariser Platz. 
sich bewegenden Reiter nur verwischt auf die Platte gekommen. 


Die Aufnahme, die von einem der obcren Stock- 
Durch die notwendig lange Belichtungszeit sind die 
phot. Unbekannt. 


1918: Die ungeschlagenen Weltkriegskämpfer ziehen durch das Brandenburger Tor in Berlin ein. 
schon erheblich näher an das Objekt herangegangen, so daß man einzelne Gesichter und die Bewegung der Massen sieht. Zweifellos ein 


Fortschritt in der Entwicklung der aktuellen Photographie. 


116 


Der Photograph ist zu dieser Aufnahme 


phot. Scherl. 


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19333 Des Reichskanzlers siegrciche Mitkämpfer marschieren durch das Brandenburger Tor. Welche erstaunliche Weiterentwicklung in 
der aktuellen Bildberichterstattung! Abgesehen vou der verbesserten Aufnahmetechnik ist die künstlerische Raumaufteilung zu beachten, die 


dem Gebrauchsphotographen von heute in Fleisch und Blut übergegangeu sein muB. 


sichter, sieht die Bewegung in der Menge der Sol- 
daten und in der Masse der Zuschauer, aber trotz- 
dem — was für ein Durcheinander ist das alles! 
Dabei wird der kritische Beschauer des Bildes auch 
mit dem grófiten Wohlwollen keine Spur irgendeiner 
gewissen — nennen wir es ruhig: künstlerischen Raum- 
aufteilung finden konnen. 

Wie anders liegt das bei der dritten, der jüngsten 
Aufnahme! Hier ist der Photograph noch näher an 
das Objekt herangegangen. Bis ins neunte, zehnte 
Glied fast erkennt man die Gesichter der einzelnen 
SS - Männer. Aber nicht das allein ist das Ent- 
scheidende. Die Bewegung des Bildes ist das Er- 
staunliche, der Rhythmus. Es gehen zwei Diagonale 
durch das Photo: einmal die Linie der marschierenden 
Truppen und zum anderen die Linie der zum Gruß 
ausgestreckten Arme der begeisterten Zuschauer- 
menge. Über dem Ganzen imponierend die Sieges- 
göttin, getragen von den mächtigen Säulen des Tores. 
Ein Musterbeispiel der guten Raumaufteilung also. 


phot. Scherl. 


Die drei hier gezeigten Beispiele aktueller Aufnahmen 
aus verschiedenen Zeitaltern sind natürlich ausgesucht 
und bewußt aufeinander abgestimmt. Trotzdem 
können sie in der großen Linie als typisch gelten. 
Dabei ist es vollkommen gleichgültig. ob man, wie 
hier, Aufmärsche nimmt. Auf dem Gebiet des Sports, 
bei Theaterphotos, bei Innenaufnahmen, überall wird 
man ein ungeheuer anmutendes Vorwärts finden in 
einer Kunst, deren Uranfänge noch nicht 100 Jahre 
alt sind. 
Sicherlich sind die bei dem letzten Photo besonders 
hervorgehobenen technischen Feinheiten fast all- 
gemein den modernen Gebrauchsphotographen іп 
Fleisch und Blut übergegangen, so daß sich die ganze 
Betrachtung eigentlich erübrigte. Trotzdem sollte 
man diesen historischen Rückblick gelten lassen zum 
Lob der heutigen deutschen Bildberichterstatter, zum 
Lob eines Zeitalters, in dem technische Erfahrung 
und technisches Konnen sich mit künstlerischem 
Blick aufs vollkommenste einen. 

| Wolfgang Schade. 


117 


Ich photographiere Hindenburg und Hitler 


Mitte Juni 1933. Die Nachrichten, besonders in aus- 
ländischen Zeitungen, die über den Gesundheitszustand 
des Reichspräsidenten verbreitet wurden, waren ge- 
eignet, tiefste Beunruhigung im deutschen Volke her- 
vorzurufen. 
Meldungen kónnen unwahr sein, der Bildbericht trügt 
nie. So machte ich mich auf nach Ostpreußen. Be- 
kanntlich soll der gerade Weg der beste sein. Ich 
ging diesen, versuchte alles, um die Genehmigung 
zu bekommen, in Neudeck einige Aufnahmen des 
Herrn Reichspräsidenten machen zu dürfen. Aber, 
wie leider so oft in unserem Beruf, scheiterte dieser 
erste Versuch, und ich mußte mich auf meine Spür- 
nase und das Glück verlassen. 
Durch Ausfragen der dortigen Bevólkerung gelang es 
mir wenigstens, festzustellen, daß der Reichspräsident 
bei günstiger Witterung das Gut manchmal verläßt 
und eine etwa einstündige Wagenfahrt unternimmt. 
Es blieb mir also nichts anderes übrig, als Neudeck 
regelrecht zu belagern. 
Tagelanger Regen ließ mich nicht zur Ausführung 
meines Entschlusses kommen. Aber endlich schien 
wieder einmal die Sonne. In möglichst wanderbursch- 
mäßiger Aufmachung, gerüstet mit einem geliehenen 
Fahrrad und meinem ständigen liebsten Begleiter, 
meiner Leica, machte ich mich auf nach Neudeck. 
An stundenlanges Warten haben wir uns jain unserem 
Beruf gewöhnen müssen. Aber was es heißt, zwei 
Tage an einer einsamen Landstraße auf der Lauer 
zu liegen, das weiß nur der, der es selbst erlebt hat. 
Á Endlich am 23. Juni, Spátnachmittag — ich hatte die 
қ Hoffnung für diesen Тар schon fast aufgegeben —, 
\ , sehe ich den einfachen Zweispänner, der mir nach 
Beschreibungen schon bekannt war, vor dem Guts- 
Das Ergebnis der ersten Belagerung hause vorfahren. Aus etwa 200 m Entfernung konnte 
Der Reichspräsident ist also gesund und nicht krank, wie aus ich erkennen, wie Hindenburg neben seiner Tochter, 
Mudische Zeitungen behaupteten. phot. Koch- Westbild. Frau von Brockhusen, im Wagen Platz nahm. Voll 


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Der Volksprisi- 
dent und der 
Volkskanzler 
sind anlABlich 
ein. Spazierfahrt 
Gegenstand be- 
geisterter Huldi- 
gung durch die 
Jugend. 

phot. Koch- 
Westbild, Köln. 


118 


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Erwartung stehe ich an der Ausfahrt des Parkes, aber 
Neudeck hat drei solcher Ausfahrten und — wie ja 
meistens in solchen Fällen — ich wartete an der 
falschen. Auf mein StahlroB vertrauend, nahm ich 
die Suche auf, und schon nach wenigen, bangen 
Minuten erspähte ich den Wagen im wogenden 
Getreidefelde vor mir. 

Der Reichsprásident unterhielt sich mit seiner Tochter 
und dem Kutscher über den Stand der Felder. Den 
Gruß der Bauern erwiderte Hindenburg durch Ziehen 
seines grünen Jägerhütchens. Der Eindruck, den ich 
aus nächster Nähe von dem Reichspräsidenten gewann, 
strafte also alle Gerüchte Lügen, die ihn krank sagen 
wollten. 

An einer mir günstigen Stelle überhole ich das Gefährt, 
springe vom Rad, zücke meine Leica und knipse, sieben 
Meter, vier Meter. Plótzlich hóre ich eine tiefe Stimme, 
die zum Kutscher spricht: „Fahren Sie mal ein bißchen 
langsamer, damit der da sein Ding einstellen kann.“ 
Schnell noch eine Nahaufnahme, bei der sich Frau 
von Brockhusen scheinbar ängstlich hinter dem 
Kutscher versteckt, ein herzliches „Danke schön’, 
und hocherfreut, mit himmelstürmenden Gefühlen 
schwinge ich mich wieder auf meine Tretmaschine. 
Ziel: Die nächste Bahnstation. 

Ein kurzer Bericht wird gemacht, mit dem un- 
entwickelten Negativ eingepackt und per Expreß auf- 
gegeben. Denn 2, Stunden später ist im Westen, 
1200 km von hier, Redaktionsschluß. Was das heißt, 
weiß jeder, der im Zeitungswesen bewandert ist. Ein 
Glückwunschtelegramm am nächsten Tag bestätigt 
den Erfolg. 

Lieber Leidensgefährte, jetzt kommt erst eigentlich 
das, was man Glück nennt. Ich erfahre, daß der 
Reichskanzler in den nächsten Tagen zum ersten 
Male nach Neudeck kommt. Verständigung mit der 
Redaktion und ich bleibe noch. 

Fünf Tage später! Irgend etwas bereitet sich in 
Neudeck vor. Die Absperrmaßnahmen sind verschärft. 
Autos jagen durch die uralten Baumalleen. Wie ein 
Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht: „Hitler 
kommt!“ 

Die SA, SS und der Stahlhelm der umliegenden Ort- 
schaften werden alarmiert. Jetzt heißt es aufgepañt! 
Gegen ı8 Uhr kommt der Reichskanzler im Wagen 
von Marienburg, von der Bevölkerung stürmisch be- 
grüßt. In dieser Begeisterung versuche ich, die Ab- 
sperrkette zu durchschleichen, um die Begrüßung der 
beiden Führer festzuhalten. Es gelingt aber nicht. 
Mit unschuldsvoller Miene will ich klarmachen, was 
ich beabsichtige. „Nur eine einzige Aufnahme!“ Man 
ist und bleibt unerbittlich. Unverrichteter Dinge, aber 
nicht hoffnungslos, verlasse ich die Kampfstätte: 
Geduld, morgen vielleicht gelingt es. 


Der 29. Juni! Schon früh bin ich auf meinem ver- 
trauten Beobachtungsposten. Der Reichskanzler geht 
allein im Park spazieren. Ab und zu kann ich ibn 
zwischen den Baumlücken entdecken, aber nur das 
Auge sieht ibn, für die Kamera ist er unerreichbar. 
Endlich um 9 Uhr fährt der Wagen mit den beiden 
Braunen vor. Die leise Andeutung, die mir von gut 
unterrichteter Seite gemacht wurde, stimmt also. Die 
beiden Führer des Reiches, der greise Feldmarschall 
und der Kanzler, machen eine gemeinsame Wagen- 
fahrt! Das Gelánde ist mir inzwischen bekannt ge- 
worden, ich suche mir eine Stelle, an der mir ein 
Entkommen unmöglich scheint, und nun gilrs. 

Der Wagen kommt, man sieht mich. Der Kutscher 
erkennt mich gleich, wechselt einige Worte mit dem 
neben ihm sitzenden Adjutanten, Herrn von der 
Schulenburg. Verständnisvolles Lächeln! Ich habe 
gewonnen! Ich winke dem Kutscher: Langsamer 
fahren! — und traue meinen Augen nicht, der Wagen 
hält. Nun aber ruhig bleiben! — Schnell Belichtung, 
Blende und Entfernung umstellen. 2,5 m! Das wird 
ein Titelblatt, schieBt's mir durch den Kopf! 


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Der Reichsprüsident und der Reichskanzler bei einer Spazierfahrt in 
Neudeck. phot. Koch - Westbild. 


Nun erst erkennt mich der Reichspräsident. Ich höre, 
wie er zum Kanzler gewandt sagt: ,Das ist der ja, 
der die nette Aufnahme in der letzten »Kólnischen 
Illustrierten« von mir gemacht hat.* 

Ich setze mich neben dem inzwischen wieder an- 
gefahrenen Wagen in Trab. Der Adjutant sieht es 
und läßt Schritt fahren. Ich bitte, noch einige Auf- 
nabmen an der Auffahrt machen zu dürfen und 
passiere stolz neben dem Wagen die Absperrkette. 


Lieber Kollege, nur Sie wissen, wie einem in solchen 
Augenblicken zumute ist. Wenn die Beamten auch 
nur ihre Pflicht tun, es ist herrlich für unsereinen, 
zu wissen: Die da können dich nun nicht mehr 
zurückhalten! 
Der Wagen fährt noch durch eine Gruppe spalier- 
bildender junger Mädchen vom Freiwilligen Arbeits- 
dienst und hält vor dem Hause, Die Herren steigen 
aus, sprechen noch einige Worte miteinander und 
das Auto des Kanzlers fährt vor. 
Schnell noch eine „gestellte“ Aufnahme. Dann die 
herzliche Verabschiedung, und der Reichskanzler ver- 
läßt Neudeck. 
Außer mir — ich hatte jeden eben günstigen Moment 
mit meiner unersáttlichen Kamera festgehalten 一 
hotographierte nur noch der Adjutant des Herrn 
eichskanzlers, Oberleutnant Bruckner. 
Schnell ein Telephongespräch nach Köln. Dann zum 
Flughafen Marienburg. In aller Eile Beschriftung, 
einpacken, aufgeben. Und das Ergebnis: Titel und 
zwei Seiten. Ich: glaube, ein netter Erfolg! 


119 


Momentphotographie aus dem Zuschauerraum 


Im Laufe der letzten Jahre sind die dem Photo- 
graphen zur Verfügung stehenden Geräte und Hilfs- 
mittel: Kamera, Optik, Emulsionen, Entwickler und 
Papiere, in schnellem Tempo vervollkommnet worden. 
Wie auf anderen technischen Gebieten sind Kon- 
struktionen, die zunächst für engbegrenzte Spezial- 
zwecke ausgeführt wurden, von anderen Fabri- 
kationszweigen übernommen und haben dort neue 
Fortschritte ermöglicht. Wie einst der Automobil- 
motor das motorangetriebene Flugzeug ermöglichte, 
hat in ähnlicher Weise die Kinematographie mit ihren 
Spezialkonstruktionen auf die Entstehung und Ver- 
vollkommnung der Kleinfilmkamera eingewirkt. Diese 
wird in der landläufigen Ausführung mit Kinofilm 
beschickt und kann mit lichtstarker Optik ausgerüstet 
werden, die für kurze Brennweiten in einigermaßen 
handlichen Abmessungen herzustellen ist. Die photo- 
graphische Industrie hat lange nach Mitteln gesucht, 
welche die Lichtmenge, die zur Erzeugung eines 
Bildes notwendig ist, in möglichst kurzer Zeitspanne 
voll auf die Emulsion einwirken lassen, um kürzeste 
Exposition und damit die Aufnahme schneller Be- 
wegung zu ermöglichen. Der auffälligste Fortschritt 
auf diesem Gebiet war wohl der Ende vorigen Jahr- 
hunderts von Anschütz verwendete Schlitzverschluß, 
mit dessen Hilfe erstmalig vollendete Aufnahmen des 
Vogelfluges entstanden. Der Schlitzverschluß ist auch 
heute noch nicht übertroffen und bildet ein wesent- 
liches Bestandteil moderner Schnellschuß - Klein- 
kameras. Während Anschütz mit Goerzscher Optik 
von einem maximalen Offnungsverhaltnis von Ε/4,5 
arbeitete, baute später Ernemann lichtstärkere Optik 
mit dem Schlitzverschluß zusammen und ermöglichte 
dadurch Aufnahmen bei ungefähr einem Fünftel der 


v. Blücher. 


Aufnahme aus dem Parkett der „Scala“, Berlin. 


120 


früher erforderlichen Helligkeit (Lichtmenge). Mit 
einem Offnungsverhaltnis von etwa Ғ/2 ist der für 
die Kleinkamera praktisch brauchbare Grenzwert 
erreicht, und nun mußten wieder die Emulsions- 
techniker eingreifen, wenn weitere Fortschritte folgen 
sollten. Wir besitzen seit kurzem Platten und Filme 
mit etwa der acht- bis zehnfachen Lichtempfindlich- 
keit gegenüber dem von Anschütz verwendeten Ma- 
terial, so daf insgesamt eine Steigerung der Leistung 
um etwa das 50fache erreicht wurde. Es kommt 
gleichzeitig hinzu, daß die Platten- und Filmfabriken 
die Farbenempfindlichkeiten der Emulsionen so weit 
verbesserten, daf ihre Eignung für Kunstlicht neue 
Möglichkeiten erschließt. So haben wir denn heute 
für die Momentphotographie im Theater Schlitzver- 
schlußkameras mit lichtstarker Optik F:2 und pan- 
chromatischem Platten- und Filmmaterial von etwa 
26° Scheiner. Während Schlitzverschluß und. Ob- 
jektivöffnung an den Grenzwerten des praktisch 
Brauchbaren angelangt sein dürften, sind Steigerungen 
in der Objektivkonstruktion selbst, d. h. Verbesse- 
rung des Auflösungsvermögens sowie der Empfind- 
lichkeit der Emulsion und insbesondere Verbesserung 
der Kornverteilung (Feinkörnigkeit) bei schnellen 
Emulsionen weiterhin erstrebenswerte Ziele. Immer- 
hin reicht das heute zur Verfügung stehende Ma- 
terial schon aus, um Momentaufnahmen bei günstiger 
Bühnenbeleuchtung herzustellen. Daß solche Auf- 
nahmen, mitten aus der Bühnenhandlung heraus- 
gegriffen, bedeutend lebendiger wirken als mühsam 
gestellte Bilder, dürfte ohne weiteres einleuchten. Es 


ist schwierig, zu definieren, was unter günstiger 


Bühnenbeleuchtung zu verstehen ist. Die üblichen 
Belichtungsmesser, auch die neuen, mit Selenzellen 
arbeitenden Elektroinstrumente, geben integrierte 
Werte über einen Aufnahmewinkel von etwa 40 bis 
60° Sie berücksichtigen nur die Gesamthelligkeit, 
während es bei der Bühnenphotographie darauf an- 
kommt, Kontraste darzustellen. So wird, um ein 
Beispiel zu nennen, eine weiß gekleidete, von Schein- 
werfern beleuchtete Tänzerin vor schwarzem Samt- 
vorhang mit Leichtigkeit technisch vollkommene 
Bilder ergeben, während der Belichtungsmesser in 
einem solchen Fall kaum '/; bis 1 Lux anzeigen 
dürfte. Anders ist die durchschnittliche Helligkeit. 
wenn z. B. schwarz gekleidete Schauspieler oder 
Artisten vor einem hellen Hintergrund auftreten. 
Hier werden wir bei sehr guter Bühnenbeleuchtung 
bis zu 10 Lux messen kónnen, und auch hier sind 
schnellste Momentaufnahmen bis zu /100 Sekunde 
moglich. Weiß oder hell gekleidete Menschen und 
Dinge vor hellem Hintergrund ergeben dagegen nur 
dann eindrucksvolle Bilder, wenn die Beleuchtung 
Licht- und Schattenpartien der Körper besonders 
scharf hervortreten läßt. Es gehört etwas Erfahrung 
dazu, um die Möglichkeit einer Bühnenaufnahme 
voraussehen zu können. Der beste Lehrmeister ist 
der Versuch selbst. 


Erforderlich zur Bühnenmomentphotographie ist eine 
stets schußbereite Kamera, welche ein Minimum an 
Mühe beim Filmwechsel und bei der Spannung des 
Verschlusses beansprucht, damit sich die ganze Auf- 
merksamkeit des Photographierenden auf die Bühnen- 
vorgünge konzentrieren kann und die eindringlichsten 
Szenen herausgegriffen werden können. Unentbehr- 
lich ist die mit dem Entfernungsmesser gekoppelte 
Optik, da die geringe Tiefenschärfe der lichtstarken 
Objektive ein dauerndes Mitgehen auf die Entfernung 
erfordert. Fast gleichwertig ist die Mattscheibenein- 
stellung beim Astro-Identoskop. Der Blendenring 
sollte so angeordnet sein, daß er sich beim Einstellen 
der Entfernung nicht unbeabsichtigt verschieben kann. 
Andererseits muß er leicht faßbar und nach dem Ge- 
fühl verstellbar sein, damit Änderungen auch im 
schlecht beleuchteten Zuschauerraum möglich sind. 
Deutlich fühlbare Marken bei Öffnung F/2,3 und 
Öffnung Е/3,5 erleichtern die Handhabung. Es ist 
selbstverständlich nicht möglich, dauernd bei voller 
Blendenöffnung zu arbeiten, denn bei den Objektiven 
mit kurzer Brennweite ist die erwähnte Maximal- 
apertur von F/2 nicht mehr ausreichend zur Erzielung 
genügender Randschärfe, wenn das aufzunehmende 
Bild eine gewisse Breite oder Höhe besitzen soll. 
Dies ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daß 
die Seitenpartien eines Bildes oder einer Gruppe vom 
Objektiv weiter entfernt sind als die Mitte und daß 
jene daher aus der Schärfenzone herausfallen. Diese 
Entfernungsdifferenz beträgt bei einer vollkommen 
tiefelosen Szenerie und bei einem Objektivwinkel von 
50° schon über 10 %. 

Es kommt allerdings bei der Bühnenphotographie in 
der Regel nicht darauf an, Übersichtsbilder her- 
zustellen, sondern es ist viel wirkungsvoller, wenn 
man einzelne interessante Gruppen heraushebt, und 
dabei ist es nicht nachteilig, daß die Umgebung mehr 
oder weniger verschwindet und nur noch als un- 
wichtige Staffage erscheint. Die beste Wirkung kann 
oft durch das Herausarbeiten einer einzigen Be- 
wegung oder eines Gesichtsausdruckes erzielt werden. 
Wir dürfen und müssen uns hier den Hilfsmitteln 
des Regisseurs anpassen, der das Auge des Zuschauers 
mittels der Bühnen- und Scheinwerferbeleuchtung 
auf die wichtigsten und interessantesten Vorgänge 
hinlenkt. 

Es wurde schon angedeutet, daß eine gewisse Gefahr 
in dem Korn der Emulsionen liegt. Bühnenaufnahmen 
werden in der Regel für Werbezwecke benötigt und 
wirken erst in entsprechend großem Format (etwa 
30 X 40 cm). Diese Bildgröße wird durch etwa zwölf- 
fache Vergrößerung vom Kleinbildnegativ 2,4 X 3,6 mm 
erreicht, wenn gleich bei der Aufnahme der brauch- 
bare Bildausschnitt gewählt wurde. Um dies zu er- 
möglichen, ist es erforderlich, mit Objektiven ver- 
schiedener Brennweite zu arbeiten, da der Photo- 
graphierende im Theater seinen Platz und damit 
die Entfernung zum aufzunehmenden Objekt nicht 
dauernd ändern kann. Die kleinen Filmkameras sind 
mit Objektiven verschiedener Brennweiten aus- 
gestattet, und man muß das Verhältnis der von der 


v. Blücher. Aufnahme aus dem „Wintergarten“, Berlin. 


Optik erfaßten Bildbreite zur Entfernung des Photo- 
graphierenden für seine Optik im Gedächtnis haben, 
um sofort das richtige Objektiv einsetzen zu können. 
Das verbreitete Kunstlichtobjektiv Hektor 7,3 cm der 
Leica fafit z. B. mit Sicherheit ein Bild, dessen Breite 
ein Drittel der Entfernung zwischen Apparat und dem 


v. Blücher. 
Auto in voller Geschwindigkeit bei normaler Bühnenbeleuchtung 


Eine Höchstleistung von Optik, Film und Eutwickler. 


während der Vorstellung aus dem 1. Rang aufgenommen. 


M so Sek. 
„Komische Oper“ Berlin. 


121 


aufzunehmenden Objekt entspricht, während der Auf- 
nahmewinkel einer Optik von 3,5 cm Brennweite eine 
Bühnenbreite deckt, welche der Entfernung bis zum 
Apparat fast gleichkommt. Zur Aufnahme einzelner 
Figuren verwendet man folgerichtig ein Objektiv 
langer Brennweite (etwa 15cm), welches bei einer 
Aufnahmeentfernung von etwa 8 m gerade noch eine 
Figur auf dem Filmformat 2,4 X 3,6 abbildet. Mit 
dem von der Firma Leitz fabrizierten Universalsucher 
läßt sich übrigens in kürzester Zeit für jeden Bild- 
ausschnitt automatisch die zugehörige optimale Brenn- 
weite bestimmen. 

Neben der vollen Ausnutzung des Negativformates 
ist zur Erzielung guter Vergrößerungen auch eine 
möglichst feinkörnige Entwicklung anzustreben. 

Da bei Bühnenaufnahmen mit starken Lichtkontrasten 
zu rechnen ist, muß ein Feinkorn-Ausgleichsentwickler 
zur Hervorrufung verwendet werden. Viele Fein- 
korn - Ausgleichsentwickler bedingen Überexposition. 
Da die Bühnenaufnahmen stets in den Schatten unter- 
belichtet sind, müssen wir einen Entwickler ver- 
wenden, welcher feinkörnige und gut ausgeglichene 
Negative liefert, jedoch außerdem verstärkend wirkt 
und so genügende Deckung erzeugt. Die Deckung wird 
am besten durch Verwendung eines braun entwickeln- 
den Hervorrufers erzielt. Am besten hierfür bewährt 
sich Pyrokatechin in der von Weißermel schon 1907 
in der „Photographischen Rundschau“ empfohlenen 
sulfitfreien bzw.  sulfitarmen Form. Gebrauchs- 
fertig ist ein solcher Entwickler unter dem Namen 
„Finaccord“ auf dem Markt!) Dieser Entwickler 
kann auch verwendet werden, um mit anderen Her- 
vorrufern entwickelten unterbelichteten Aufnahmen 
nachträglich die notwendige Kopierfähigkeit zu ver- 


Ausdruckshilfsmittel im 


Die gegenständliche Beifügung nahm 
früher einen breiten Raum ein. War fast selb- 
ständig, zuweilen fest im Atelier aufgebaut; der Por- 
trätant mußte sich einfach hineinstellen, so dafür 
Raum da war. Heute sind wir mit solchen Zutaten 
sparsam und ehrlicher. Wenn wir heute ein Ding 
vordergründig beifügen, muß es von einem Zweck 
dahin diktiert sein. Solche Zwecke sind z. B. vor- 
nehmlich zwei: 

Die Stütze für die Haltung und die Hervorholung 
eines Ausdruckswertes durch einen dazu geeigneten 
Gegenstand. Im ersteren Falle ist es ein Tisch, 
eine Sitzgelegenheit usw., um eine ungezwungene, 
ausdrucks wertige Stellung des Körpers zu ermög- 
lichen, im anderen ein Buch, ein Bleistift, Arbeits- 
gerät, Rauchmaterial usw. 

Die Kunst der Bildraum komposition 
und der Schnitt. Jedes Bild nimmt einen be- 
stimmten Flächenraum ein. Er ist heute nicht mehr 
identisch mit der Plattengrófie. Wir haben uns über 
Visit, Kabinett usw. zum freien Bildformat durch- 
gerungen. Die andere Auffassung des Bildes, die 
Vergrößerungs- und Verkleinerungsapparaturen haben 


122 


leihen. Zu diesem Zweck wird das Negativ in zehn- 
prozentiger Bichromatlösung, der wenige Tropfen 
Salzsäure als Katalysator zugesetzt werden, gut durch- 
gebleicht, bis zum vollstándigen Verschwinden der 
gelben Farbe gewássert und mit „Finaccord“ wieder 
ausentwickelt. Zur Vergrößerung verwendet man 
am besten Bromsilberpapiere mit Royal - Oberfläche. 
Damit die Vergrößerung „wirkt“, ist es wichtig, sie 
voll auszuentwickeln, daß die Schwärzungen so tief 
wie möglich werden. Da die Lichter hierbei nicht 
zugehen dürfen, ist die Expositionszeit und der gün- 
stigste Härtegrad des Papieres sehr genau auszupro- 
bieren. Auch bei der Vergrößerung kann man das 
Hervortreten des Silberkornes, soweit es sich noch 
bemerkbar machen sollte, herabmindern, indem man 
auf die untere Filmschicht einstellt. Dadurch kommen 
die wenig belichteten Schattendetails gut heraus, und 
die in den tieferen Schichten der Lichter enthaltenen 
groben Kornhauten werden unterdrückt. 

Die technischen Hilfsmittel zur Bühnenphotographie 
stehen zur Verfügung, und es kommt in der Haupt- 
sache darauf an, Auge und Hand durch Übung so 
weit zu schulen, daß eindrucksvolle Bilder schnell 
festgehalten werden können. Damit sich die Sitz- 
nachbarn nicht belästigt fühlen können, sollte man 
nur Kleinkameras mit leise arbeitendem Verschluß 
verwenden, eventuell noch in schalldämpfender Um- 
hüllung. Für die abgebildeten Aufnahmen ist aus- 
nahmslos der normale SS-Film der Kodak-Werke in 
der Leica verwendet, welche zwecks gesteigerter 
Schußbereitschaft mit einem Schnellaufzug ausgestattet 
wurde !). vonBlücher. 


1) ,Finaccord - Vertrieb", Berlin - Zehlendorf - W., Bülowstraße 3. 


Photobildnis 


diese Möglichkeit geebnet. Der Flächenraum des 
Bildes ist heute gangbarerweise viereckig. 

Es gilt nun, in diesen Raum das Porträt so hinein- 
zukomponieren, daß ein ästhetisch befriedigender 
Anblick das Resultat ist. In der Betrachtung des 
Bildes ziehen wir nun in Gedanken und unbewußt 
gewisse Schaulinien. Diagonalen, Parallelen zu den 
Seitenlinien usw. Steht nun ein Objekt so im Raum, 
daß es in seiner Lage mit einer der Diagonalen oder 
einer der Begrenzungslinien überein läuft, so ist eine 
gewisse ruhige Harmonie erzeugt, das Bild ruht in 
sich, spricht uns nicht an, will nichts von uns. 
Stimmen aber die Hauptlinien des Bildes nicht mit 
den Sehlinien der Diagonalen und Randlinien über- 
ein, so hat unser Auge das Bestreben, es unbewußt 
diesen Linien gleichlaufend zu verschieben, es in 
Ruhe zu bringen. So beschäftigt uns das Bild, hat 
einen besonderen Reiz, verlangt unsere aktive An- 
teilnahme. 

Wir werden uns daher moglichst bestreben, diesen 
Reiz unseren Bildern zu verleihen, indem wir die 
Hauptlinien der Darstellung in Widerspruch setzen 
(in einen ästhetischen natürlich) zu den Sehlinien. 


(Schluß aus Heft 9) 


Beim Eintopfgericht in 
der Reichskanzlei 


Franz Gayk phot., in Firma 
Presse - Illustrationen Hoff- 
mann, München-Berlin. 


Die Aufnahme wurde 12*^ 
Uhr gemacht. 1° Uhr wurde 
der erste Abzug schon dem 
Führer vor dem Flug zum 
Erntedankfest nach Bücke- 
berg durch den Reichs- 
Bildberichterstatter Heinrich 
Hoffmann zur Genehmigung 
gezeigt (s. nebenstehende 
Abbildung); bei der Rück- 
kehr war das Bild bereits 
im „Völkischen Beobachter” 
erschienen. 


Deshalb sind wir 2. B. davon abgekommen, das Bild 
mit seiner Mittellinie genau auf die Mittellinie der 
Bildfläche zu versetzen; wir verschieben es nach 
rechts oder links in die Fläche. So bewirken wir 
Spannungsverháltnisse. Wir lassen den Blick nicht 
in die Diagonale fallen, sondern wir verlegen die 
Blicklinie unter diese, über diese oder schrüg diese 
schneidend. Wir lassen den Kopf in seinen Linien 
von hinten nach vorn auf den Beschauer zu (geradezu 
aus der Fláche heraus) wirken oder lassen die Schul- 
tern vom Beschauer tief in die Tiefe der Flüche hinein- 
führen, sie zum Pseudoraum optisch erweiternd. 
Die zeitliche Portrátphotographie beruht auf diesem 
Grundsatz der Bildraumkomposition. 

Gleichem Zwecke dient der Schnitt. Die reizloseste 
Aufnahme gewinnt mitunter durch den Schnitt. Er 
ist die Methode, künstlich und nachträglich - will- 
kürlich die Sehlinien zu bestimmen, indem erst am 
fertigen Bild die Lage der Diagonalen, der Senk- 
rechten, der Waagerechten, der Mittellinie bestimmt 
wird, so zwar, daß die Bilddarstellung selbst dabei 
zu diesen Sehlinien in Spannungsverhältnis versetzt 
wird. 

Zu gleicher Zeit dient der Schnitt der Konzentration 
des Ausdrucks. Er nimmt vom Bild ab, was gleich- 
gültig wäre, konzentriert seine Linien, engt den Raum 
seiner Ausdruckswerte ein und steigert damit ex- 
plosiv ihre Wirkung. Man schneidet den Schnitt 
nach dem Blick aus freier Hand oder gewinnt ihn 
experimentell durch verschiebbare Schablonen, die 
man so lange auf dem Bilde wandern läßt, bis ein 
befriedigender Ausschnitt gefunden ist. 

Die Retusche im Porträt. Die alte Porträt- 
photographie konnte sich in Eingriffen in die doku- 
mentarische Richtigkeit der Abbildung nicht genug 
tun. Sie retuschierte und mufte retuschieren, weil 
der Besteller ein „Scheinbild“ haben wollte, ein 
»Bild" ganz im malerischen Sinne. Das Malerbild in 
seiner glatten Schónheit (durch seine Technik be- 
dingt) war das vergleichsweise Vorbild des photo- 
graphischen Bildnisses. Heute hat man erkannt, daß 
das Malerbild nie das Vorbild sein kann für das im 
Grunde seiner Technik ganz anders geartete photo- 
graphische Bild. Die technische Herkunft ist be- 
stimmend für den Stil, andernfalls entständen höch- 
stens bestmögliche Imitationen und Kopien. Dies hat 
man heute erkannt, und das Photobild arbeitet frei 
nach den ihm „eingeborenen Gesetzen“. Diese Ge- 


setze haben ihm seine besondere Ausdruckswertig- 
keit verliehen, die mit der Ausdrucksmöglichkeit 
eines Malerporträts, z. B. als etwas ganz anderes, gar 
nicht vergleichsweise betrachtet werden kann. 

Der Weg der Ausdruckswertigkeit, die in einer be- 
sonderen und intensiven Art dem Photobildnis 
eigen und möglich ist, wird immer fortgeschritten. 
Er ist der Weg einer künstlerischen (technisch be- 
dingten und unterstützten) Ehrlichkeit, er ist eine 
ideale Synthese zwischen der optischen (wirklichen) 
Erscheinungsform und ihrer künstlerischen, geistigen 
Ausdeutung. So verhält er sich, künstlerisch ge- 
sprochen, ausgleichend zwischen Naturalismus und 
Formalismus. Diese „Ehrlichkeit“ verbietet eigent- 
lich konsequenterweise die Retusche. Sie hat daher 
heute nur eine beschränkte Berechtigung. Haupt- 
sächlich beschränkt sie sich auf zwei Fälle: Einmal 
nimmt sie die von der technischen Apparatur auf- 
genommenen nebensáchlichen „Wirklichkeiten“ oder 
„Richtigkeiten“ fort, die infolge ihrer geringen Aus- 
druckswertigkeit das Bild als Erscheinung beeinträch- 
tigen, zum anderen Male prononziert sie ausdrucks- 
wertige Züge durch leise, tonige Unterstreichung. 
Gerade über die Zulässigkeit der Retusche überhaupt 
oder über das Maß ihrer Zulässigkeit wird heute sehr 
gestritten. Insbesondere beim Porträtbildnis. Es gibt 
Schulen und Meinungen, die die Retusche überhaupt 
ablehnen, und solche, die ihr auch heute noch eine 
sehr große Berechtigung zusprechen. 

Diesen Streit kann man sich selbst überlassen und 
der Meinung sein, daß eine Retusche dann nicht un- 
berechtigt erscheint, wenn sie an der „Wirklichkeit“ 
und Ausdrucksrichtigkeit der photographischen Wieder- 
gabe nichts verfälscht, sondern nur dem bildhaften 
ästhetischen Eindruck des fertigen Werkes dienlich 
ist. Oder dann, wenn sie kleinliche oder ausdrucks- 
wertig mindere Linien, die aber störend die großen 
Ausdruckszüge beeinträchtigen, geschickt entfernt. 
Es konnte nicht Aufgabe dieses Aufsatzes sein, das 
Thema in vollem Umfange zu behandeln. Es konnte 
auch nicht gewollt werden, einen Streit der Meinungen 
hervorzurufen. Nichts anderes war mit dieser nur 
übersichtlichen Darstellung beabsichtigt, als dem ein- 
zelnen Leser Gelegenheit zu geben, sich mit den an- 
geschnittenen Problemen zu beschäftigen und aus der 
persönlichen Stellungnahme, die er sich dabei er- 
arbeitet, Nutzen für seine Praxis zu ziehen. May. 


Bildreporter und was dazugehórt 


lll. Dinge, die man kennen muB 


Mit der Kamera allein ist es nicht getan. Ез gibt 
manches, das man mit Vorteil für seine Arbeit ver- 
wenden kann, und vieles, das man überhaupt nicht 
braucht. Wer sich für eine Kleinbild - Filmkamera 
entschieden hat, wird beispielsweise Schalen für seinen 
Negativproze8 kaum brauchen — nur für die Posi- 
tive sind sie nótig —, und eine Dunkelkammerlampe 
mit allen Schikanen ist vollkommen überflüssig. Ein 


124 


(Vgl. Heft 3 v. 5) 


oder zwei der hellroten Osramlampen genügen, weil 
sie nur für Kontakte oder Vergrößerungen gebraucht 
werden; der ganze Negativprozeß spielt sich von 
A bis Z im Dunkeln oder bei hellem Licht ab. 

Denn dies ist das Erfordernis: Die Negative müssen 
ausreichend belichtet sein, dürfen aber in den Lich- 
tern der Vergrößerungsfähigkeit wegen nicht zu stark 
gedeckt und müssen aus dem gleichen Grunde im 


Kornsofein wie móglich gehalten werden. Letzteres läßt 
sich nur mit Ausgleich-Feinkornentwicklung machen. 
besonders wenn man sich vor Augen hält, daß bei 
den langen Bildstreifen mit ihren ganz unterschied- 
lich belichteten Negativen ja jede individuelle Ent- 
wicklung von vornherein ausgeschlossen ist. 

Man kann gern anderer Ansicht sein, aber ich habe 
fast durchweg sehr gut brauchbare Negative auf diese 
Weise erzielt, und deshalb will ich hier kurz auf 
meine Arbeitsweise eingehen. Ich arbeite ausschließ- 
lich mit Panfilm, und zwar entweder mit Agfa-Pan- 
kine - G- Film oder Kodak - SS- Film. Den Film im 
Dunkeln anzuschneiden, einzulegen und aus der 
Kassette zu nehmen, macht absolut keine Mühe; 
ebenso leicht ist das Einlegen in die bekannte Correx- 
Dose, und zwar in die Leica-Dose für Leica-Filme, in 
die größere Correx-Dose für Rolleiflex-Filme. Ich ent- 
wickle mit Metol- Natriumsulfit ') ohne Bromkali- 
zusatz bei 21—22" C etwa 7 Minuten (solange der 
Entwickler frisch ist) Die Entwicklungszeit ver- 
lángert sich, je ófter der Entwickler gebraucht wird. 
Ich kontrolliere deshalb die Entwicklungszeit später- 
hin folgendermaßen: 

Der Anfang des Leica-Films wird vor dem Einrollen 
in das Correx - Band abgerissen und, nachdem die 
Spule im Entwickler ist und die Dose geschlossen 
wurde, bei hellem Licht in die Eingußöffnung hinein- 
gesteckt, und zwar so, daß ein Stück dieses Films 
vom Entwickler bedeckt wird (siehe Abbildung). 
Ausgleichentwicklung ist Oberflächenentwicklung: Da 
der Filmanfang ja voll belichtet wurde, greift der 
Entwickler hier ebenso langsam an wie die Lichter 
auf dem Filmband in der Dose; die Tiefe der Schwär- 
zung auf dem Filmanfang entspricht also notwendiger- 
weise der Dichte der Lichter auf dem eingelegten 
Film. Gießt man also den gebrauchten Entwickler 
immer wieder in die Vorratsflasche zurück, so kann 
man bei späterem Gebrauch ohne weiteres fest- 
stellen, um wieviel die Entwicklungszeit auszu- 
dehnen ist. 

Der Entwickler wird nach dem Andresen-Rezept zu- 
sammengesetzt: 15g Metol, 75g Natriumsulfit siccum. 
1000ccm Wasser. Bei längerem Gebrauch wird der 
Entwickler opalisierend trübe; es empfiehlt sich dann, 
ihn gelegentlich durchzufiltrieren. Gleichwohl kann 
man ihn mehrere Monate lang benutzen und setzt 
erst dann frischen an, wenn die Entwicklungszeit bis 
25 Minuten ausgedehnt werden mußte. Aber auch 
dann ist der alte Entwickler immer noch als Lösung A 
eines dreiteilig getrennten Metol-Hydrochinon-Pott- 
asche- (oder Soda-) Entwicklers gut verwendbar. 
Immerhin setzt die Ausgleich - Feinkornentwicklung 
reichliche Belichtung voraus. Geht das aus irgend- 
einem Grunde nicht, etwa bei Theateraufnahmen, 
wo die Beleuchtungsstärke regelmäßig sehr gering ist 
(wesentlich geringer jedenfalls, als man glaubt), so 
verzichtet man ausnahmsweise auf die Feinkornent- 
wicklung und benutzt die oben genannte Lösung A 
1) Es kommt sehr wesentlich auf die Qualität des Natriumsulfits an; 


ich verwende nur das sehr teure „Natrium sulfurosum siccum pro 
analysi“. 


Der Probestreifen 
in der Eingußöft- 
nung der Correx- 
dose. Man sieht 
deutlich, daß der 
untere Teil be- 
reits reichlich ge- 
schwärzt ist 


als Basis für einen Metol-Soda-Entwickler (Lösung D: 
200g Soda sicc., 1000 ccm Wasser), indem man vier 
Teile A, einen Teil D und sieben Teile Wasser mengt, 
kein Bromkali zusetzt und bei 18° C 5 Minuten lang 
entwickelt. Bei diesem Entwickler darf man die 
volle Scheiner-Zahl der Negativemulsion als Grund- 
lage der Belichtung nehmen; man holt alles aus dem 
Negativ heraus (darf sich sogar eine kleine Unter- 
belichtung leisten) und bekommt doch keine zu- 
gegangenen Lichter. Vergrößern wird man allerdings 
am besten durch einen Schleier, um das Korn zu 
mildern. 

Aber wo das nicht unumgänglich nötig ist, soll man 
bei der Feinkornentwicklung bleiben, schon deshalb, 
weil panchromatische Emulsionen zur Zeit noch 
etwas gróber im Korn sind als orthochromatische. 
Wührend aber die hochempfindlichen orthochromati- 
schen Filme (z. B. Agfa Isochrom 26° Scheiner) nur 
zwei generelle Anwendungen gestatten, nämlich ohne 
Filter und mit Filter, erlaubt die Panemulsion vier 
Verwendungen: ohne, mit Grün-, Gelb- und Rottilter. 
„Ohne“ bei Tage für schnellste Momente und abends 
bei Kunstlicht, farbtonrichtig mit grünem Filter, mit 
Rotfilter für Weitphotographie durch Dunst und 
sogar Nebel, mit strengem Gelbfilter dagegen für 
Effekte. Trotz der mäßig steilen Gradation kann 
Panfilm mit Rotfilter selbst für Luftbildaufnahmen 
mit Nutzen verwendet werden. Wem hier an stär- 
kerem Kontrast viel liegt (man kann mit hartem 
Papier und hartem Entwickler sehr gut beim Positiv- 
prozeß berichtigen!), der verwendet Metol-Soda-Ent- 
wickler in obiger Zusammensetzung, entwickelt aber 
7—8 Minuten. 

Es gehóren also zur Ausrüstung eines Bildreporters 
mindestens die beiden Agfa-Filter 71 (hellgrün) und 
80 (hellrot) mit drei- bzw. vierfacher Verlängerung 
der Belichtungszeit sowie Gelbfilter 3 oder Orange. 
Dabei ist die Verwendung von Filterfolien vorteil- 
hafter, weil Unschärfen vermieden werden, die mit 


125 


Die Kofferlampe 
der Jupiterlicht- 
Gesellschaft, Ber- 
lin, eines der 
wichtigsten Hilfs- 
mittel für den 
Bildreporter. іт 
herausgeschraub- 
ten Zustand ist im 
Koffer Platz für 
vier Nitraphot- 
birnen, Schraub- 
kupplung, Drei- 
fachstecker, Zu- 
leitung mit Zwi- 
schenstück, Be- 
lichtungsmesser, 
Stativneiger, 15m 
Verbindungskabel 
und noch einiges 
mehr. 


Glasfiltern unvermeidlich sind; man legt die Folie 
von hinten ins Objektiv und hält sie mit einem 
federnden Messingring fest. 

Außerdem ist vorzüglich als Hilfe ein elektrischer 
Belichtungsmesser: Von über 300 Aufnahmen, die mit 
einem „Photolux“ ) bestimmt wurden, waren nur 
zehn nicht ganz einwandfrei, alle aber zu gebrauchen! 
Rechnet man den Anschaffungspreis für dieses In- 
strument auf eventuell verdorbene Bildbänder um, 
so ergibt sich, daß dieser bereits durch 40 Filme 
amortisiert ist. Bei Gegenlichtaufnahmen empfiehlt 
es sich, die Linse des Photolux mit der Hand gegen 
direkt auffallende Sonnenstrahlen abzuschirmen, weil 
sonst eine um etwa 25% zu niedrige Belichtungszeit 
angezeigt wird; weitere Vorsichtsmaßregeln erübrigen 
sich. Das Instrument hat sich als durchaus zuver- 
lässig erwiesen. Abends bei gewöhnlicher Zimmer- 
beleuchtung zeigt es leider nicht mehr an; die ein- 
gebaute Photozelle ist zwar noch empfindlich genug, 
jedoch ist das Mefinstrument des billigen Preises 
wegen sehr einfach gehalten und schlägt darum nicht 
mehr aus. 

Für Aufnahmen in Innenräumen oder des Abends 
arbeitet man meistens mit Nitraphotlicht. Eines 
der vorzüglichsten Hilfsmittel für den Bildreporter ist 
eine Kofferlampe, bei dem, wie der Name schon sagt, 
die Lampen in einen kleinen Handkoffer fest ein- 
gebaut sind (siehe Abbildung). Der Koffer selbst, 
vollkommen feuerfest aus Holz oder Metall her- 
gestellt (Herstellerin: Jupiterlicht AG., Berlin), dient 
als Lampengehäuse und ist innen mit stark reflek- 
tierendem Blech ausgeschlagen; die Lampen sind fest 
eingeschraubt und bleiben während der Aufnahme 
naturgemäß im Koffer; der Deckel, ebenfalls als Re- 
flektor ausgestaltet, gestattet eine mäßige Effekt- 
wirkung. Bei der Fabrikausführung ist der Koffer 
mit einem Schalter versehen, durch den sich die 
Lampen einzeln schalten lassen; da aber ein Bild- 


2) Der neue ,Ombrux* ist sehr universell und mißt auch Zimmerlicht. 


126 


reporter erstens soviel Licht wie überhaupt möglich 
braucht, zweitens aber sowohl an Netzen mit 220 als 
auch mit 100 Volt Spannung arbeiten muf, erscheint 
die Stufenschaltung überflüssig. Statt dessen habe 
ich eine Steckvorrichtung angebracht, die wahlweises 
Parallel- oder Hintereinanderschalten der Birnen ge- 
stattet: die am Schluß folgende Schaltungsskizze 
zeigt, daß normalerweise die Lampe zunächst für 
die höhere Spannung von 220 Volt gestöpselt wird. 
Dadurch wird zwangsläufig bewirkt, daß man sich 
nicht irren kann; brennt die Lampe bei dieser ersten 
Schaltung jedoch dunkel, so wird ein Zwischenstück 
eingesetzt, wodurch sie nunmehr auf 110 Volt ge- 
schaltet wird. Voraussetzung für diese sehr be- 
währte Einrichtung ist jedoch die Verwendung von 
zwei Nitraphotbirnen von 110 (!) Volt Spannung. 
Diese Lampe zeichnet sich dadurch ganz besonders 
aus, daß durch die nebeneinandergesetzten Birnen 
die harten Lichter und die pechigen Schatten voll- 
kommen vermieden werden; vielmehr sind die Lichter 
wie die Schatten zart, und alle Halbtöne sind da. Der 
Koffer paßt auf jedes Stativ und ermöglicht sehr 
rasches und bequemes Arbeiten, vor allen Dingen 
leichten Transport. Er hat Platz genug im Innern, 
um Zuleitungsschnüre von zehn und mehr Meter 
Länge aufzunehmen. 


i 


Die sehr hübsche Einrichtung für Fernauslósung und 
Fernaufzug, mit der selbst die scheuesten Tiere sicher 
photographiert werden kónnen 


Gelegentlich benötigt ein Bildreporter auch eine Fern- 
auslósevorrichtung (siehe Abbildung), damit er die 
Kamera an einem unauffälligen Platze aufstellen und 
von anderswo auslösen kann. (Schluß folgt.) 


Der Standphotograph 
Von Wilhelm Hofinger 


Ganz unbekannt wird der Beruf des Standphoto- 
graphen in Fachphotographenkreisen kaum sein, 
aber über den Umfang seines Tätigkeitsfeldes sowie 
darüber, daß diese Tätigkeit unter Umständen eine 
nicht unbedeutende Einnahmequelle für den rührigen 
ortsangesessenen Berufslichtbildner sein kann, dürfte 
kaum volle Klarheit herrschen. 

Der Standphotograph hat — wie schon sein aller- 
dings nicht sehr schöner Name besagt — in erster 
Linie die Aufgabe, im Rahmen von Filmaufnahmen 
die Standphotos herzustellen. Unter Standphotos 
verstand man früher ausschließlich Bilder gestellter 
Gruppen und Vorgänge aus Spiel- und sonstigen 


Willy Homann, Atlantik, phot. 
mit Plaubel- Makina, F: 2,9, 
Vakublitz. 


Aus einer Reportage „Turnen 
erhält jung“, 60 73 jährige 
beim Training und am Barren. 


Filmen, die meist in unmittelbarem Anschluß an die 
gedrehte Szene im Format 18 X 24 oder 24 X 30 auf- 
genommen wurden. In dem Moment, in dem im 
Atelier das „Licht aus“ oder bei Freiaufnahmen der 
„Schluß“ ertönte, eilte er, in einer Hand die schon 
vor Drehbeginn des Films fertiggestellte Standphoto- 
liste, in der anderen seinen unförmigen Aufnahme- 
kasten, auf den Regisseur zu und brüllte aus Leibes- 
kräften: „Standphoto.“ Das war das Zeichen für alle 
Beteiligten, daß die Szene noch nicht beendet war. 
Die Beleuchter schalteten die Lampen wieder ein, 
der Operateur verließ seinen Platz, um ihn dem 
Standphotographen zu überlassen, die Schauspieler 
nahmen die zuletzt inne gehabten Plätze nochmals 
ein, und der Regisseur ordnete die Gruppe. Grund- 
bedingung für den Standphotographen war raschestes 
sicheres Arbeiten, jede Aufnahme mußte absolut 
sitzen, denn eine Wiederholung war nicht möglich. 
Bis die Platten entwickelt waren, stand längst die 
ganze Dekoration nicht mehr. 

Dann kam die Hauptarbeit: Beschriften der Ne- 
gative und Anfertigung von oft Hunderten von Kon- 
taktkopien, alle mit weißem Rand, alle mit Hoch- 
glanz, alles in kürzester Zeit, oft nur in Stunden, 
denn der Reklamechef wartete darauf vor der Tür. 


Blieb ihm Zeit dazu, dann konnte der Standphoto- 


graph nebenher ganz gut auch auf eigene Rechnung 


127 


. arbeiten: Aufnahmen vom Personal und den Schau- 
spielern, Postkarten usw. Da nicht jeden Tag ge- 
dreht wurde, warfen solche Arbeiten meistens einen 
recht hübschen Nebenverdienst ab. 

Heute halten nur mehr ganz große Filmfirmen 
festangestelMe Standphotographen, die kleineren 
engagieren sie meistens nur für den gerade in Arbeit 
befindlichen Film. Das Tätigkeitsfeld des Stand- 
photographen dagegen hat ganz bedeutenden Um- 
fang angenommen. Zwar existiert die Riesenkamera 
auch heute noch, aber die mit ihr gemachten Auf- 
nahmen stellen nur mehr einen Bruchteil des ge- 
samten photographischen Reklamematerials dar. 
Während der Szene werden zahlreiche Momentbilder 
von verschiedenen Standpunkten aus aufgenommen, 
um sie möglichst restlos zu erfassen, außerdem wer- 
den Werkaufnahmen angefertigt. Das sind Bilder, 
die sowohl die Szene selbst als auch ihre ganze Um- 
gebung darstellen, man sieht auf ihnen sozusagen 
hinter die Kulissen. Solche Aufnahmen sind oft 
nicht unwichtig, wenn aus irgendeinem Grund die 
gleiche oder eine Ersatzszene später nochmals auf- 
gebaut werden soll. Vor allem ist daraus die Be- 
leuchtungsanordnung verhältnismäßig leicht zu 
rekonstruieren. 

Alle diese Aufnahmen muß der Standphotograph 
selbst verarbeiten, vor allem vergrößern. Dazu 
kommen die Filmvergrößerungen, die nach dem ge- 
drehten Negativ selbst in der Größe 18 X24 her- 
gestellt werden. Man wählt dazu besonders inter- 
essante, lebendige Einzelbilder aus dem Filmstreifen, 
die während der Szene photographisch sehr schwer 
in gleicher Güte zu erhalten sind, da einerseits der 
Filmoperateur ja den günstigsten Standpunkt belegt 
hat und keinesfalls gestört werden darf, andererseits 
auch aus einer großen Anzahl von Einzelbildchen 
der verschiedenen Bewegungsphasen eines Gesamt- 
vorganges leicht die eindrucksvollsten herausgesucht 
werden können. 

Aber auch manches Edeldruckverfahren muß der 
Standphotograph beherrschen, vor allem den Brom- 
öldruck, den Umdruck, den Pigmentdruck. Vor Ab- 


schluß mit einer Verleihfirma werden dieser fast stets 
eine Anzahl solcher Edeldrucke aus dem Film vor- 
gelegt. Daß von den Verleihfirmen oft einfarbige 
und mehrfarbige Diapositive, getonte und handkolo- 
rierte Kopien und VergróBerungen als Reklame- 
material verlangt werden, ist bekannt. Allerdings 
pflegen große Verleihe nach Abschluß eines Films 
ihr gesamtes Reklamematerial auf Grund der er- 
haltenen Negative auch oft selbst anzufertigen. 
Bei kleineren Firmen wird der Standphotograph 
sehr häufig auch noch zum Schriftzeichnen oder zur 
Hilfe bei Zeichentrickaufnahmen sowie zu vielen 
anderen kleineren Dienstleistungen herangezogen. 
Daß Aufnahmen von Hauptdarstellern, nach denen 
Klischees für Zeitungen, Illustrierte usw. hergestellt 
werden, ebenfalls ins Ressort des Standphotographen 
fallen. ist selbstverstándlich. Wie man sieht, hat so 
ein Mann keine Ursache, über Mangel an Arbeit zu 
klagen. 


Manche Firmen vergeben diese Arbeiten getrennt, 
d. h. sie engagieren auf Drehzeit einen Photographen, 
der (mit eigenen Apparaten) alle einschlägigen Auf- 
nahmen macht und entwickelt, und lassen dieselben 
dann anderswo ausarbeiten. Einige legen Wert 
darauf, bei Außenaufnahmen die hauptsächlichsten 
Bilder schon am Drehort fertigzustellen. andere 
warten damit bis zur Rückkehr. Regel besteht keine. 
meistens ist dem Aufnahmeleiter in dieser Beziehung 
völlig freie Hand gelassen. Für rührige Photographen 
besteht die unbedingte Möglichkeit, da oder dort ein- 
mal einen solchen Auftrag zu bekommen, besonders 
dann. wenn kleinere Firmen drehen oder wenn 
irgendwo einer der vielen kleinen Gelegenheitsfilme 
entsteht. Allerdings von selbst kommen derartige 
Aufträge nie, da ja die Filmkreise stets selber 
über zahlreiche gute Beziehungen verfügen. Für 
Photographen, die wirklich etwas leisten, ist es 
schon leichter, gelegentlich bei einer Filmfirma als 
Hilfsphotograph unterzuschlüpfen und sich dann 
durch eigene Tüchtigkeit zum Standphotographen 
emporzuarbeiten. Interessant und vielseitig ist dieser 
Berufszweig sicherlich. 


Schriftleitergesetz und Bildberichterstattung 


Von Karl Seidel, Geschäftsführer des Reichsverbandes deutscher Blidberichterstatter e. V., Berlin SW 68 


Mit der Schaffung des Schriftleitergesetzes ist ein 
großer Schritt zur Neuordnung eines für das öffent- 
liche Leben besonders wichtigen Berufsstandes im 
Sinne des ständischen Neuaufbaues des Reiches ge- 
tan. Es ist nunmehr durch Gesetz klar heraus- 
gestellt, daß die Angehörigen des Schriftleiterberufes 
eine öffentliche Aufgabe erfüllen. Von be- 
sonderer Wichtigkeit ist die Bestimmung, daß neben 
Wort und Nachricht jetzt auch dem Bild zuerkannt 
wird, an der Gestaltung des geistigen Inhalts der 
Zeitungen und politischen Zeitschriften teilzuhaben. 
Der 8 4 des Schriftleitergesetzes besagt, daß Mit- 
wirkung an der Gestaltung des geistigen Inhalts deut- 
scher Zeitungen auch dann vorliegt, wenn sie nicht 
im Betriebe einer Zeitung stattfindet, sondern bei 
einem Unternehmen, das zur Belieferung von Zei- 
tungen mit geistigem Inhalt (Wort, Nachricht oder 
Bild) bestimmt ist. Infolgedessen werden die haupt- 
beruflichen Bildberichterstatter in den von den Lan- 
desverbänden der deutschen Presse anzulegenden Be- 
rufslisten geführt werden und haben das Recht, sich 
Schriftleiter zu nennen. Die Zugehörigkeit der Bild- 
berichterstatter zur Berufsorganisation der Presse ist 
jetzt reichsgestzlich geklärt, und der jahrelange Kampf 


128 


der Bildberichterstatterverbände gegen eine Zugehörig- 
keit der Mitglieder zur Handwerkskammer (und damit 
zu den Photographen-Zwangsinnungen) ist zugunsten 
der Bildberichterstatter beendet. Die Eintragung der 
Bildberichterstatter in die Berufslisten der Schrift- 
leiter geschieht nach den gesetzlichen Bestimmungen 
über die Zulassung zum Schriftleiterberuf, die be- 
sagen, daß der Betreffende 

1. die deutsche Reichsangehörigkeit besitzen muß, 
2. die bürgerlichen Ehrenrechte und die Fähigkeit 
zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht verloren hat, 
3. arischer Abstammung ist und nicht mit einer 
Person von nichtarischer Abstammung verheiratet ist, 
4. das 21. Lebensjahr vollendet hat, 

5. geschäftsfähig ist, 

6. fachmännisch ausgebildet ist, 

7. die Eigenschaften hat, die die Aufgabe der geistigen 
Einwirkung auf die Öffentlichkeit erfordert. 

Das Gesetz sieht die Regelung von Ausnahmefällen 
durch den Leiter des Reichsverbandes der Deutschen 
Presse mit Genehmigung des Reichsministers für Volks- 
aufklärung und Propaganda bzw. durch den Reichs 
minister für Volksaufklärung und Propaganda im Ein- 


vernehmen mit der zustündigen obersten Reichs- oder 
Landesbehörde vor. 

$ 20 (3) а des Schriftleitergesetzes verpflichtet die 
Hauptschriftleiter der Zeitungen und politischen Zeit- 
schriften, dafür zu sorgen, daß nur solche Beiträge 
aufgenommen werden, die von einem Schriftleiter 
verfaßt oder zur Aufnahme bestimmt sind. Infolge- 
dessen dürfen in Zukunft nur solche Bildberichte 
veröffentlicht werden, die von einem durch Führung 
in der Berufsliste als Schriftleiter anerkannten Bild- 
berichterstatter eingereicht wurden. Daher hat nur 
derjenige noch die Möglichkeit, Mitarbeiter bei der 
Presse zu sein, der im Hauptberuf als Schriftleiter 
(— Bildberichterstatter) anerkannt ist. Personen, die 
gelegentlich Bildberichte anfertigen, können demnach 
nur noch Mitarbeiter bei hauptberuflichen Bildbericht- 
erstattern sein. 

Nach S 21 sind Schriftleiter, die bei einem Unter- 
nehmen, das zur Belieferung von Zeitungen mit 
geistigem Inhalt (Wort, Nachricht oder Bild) be- 
stimmt ist, tätig sind, für den Inhalt im Umfang ihrer 
Mitwirkung verantwortlich. Es wäre wünschenswert, 
wenn daher bei jedem Bild der Verantwortlichkeits- 
vermerk durch Namensnennung des betreffenden 
Bildberichterstatters gebracht werden müßte. 
Bildberichterstatter sind im Schriftleitergesetz nicht 
etwa nur Schriftleitern gleichgestellt, sondern nach 
dem Wortlaut des Gesetzes sind die Bildbericht- 
erstatter Schriftleiter. Es ist daher notwendig, daß 
jeder Bildberichterstatter sich mit dem Wortlaut des 
Schriftleitergesetzes genauestens vertraut macht, da- 


Verschiedenes 


Schnappschüsse 


Wer im Besitz einer Rolleiflex und einer Leica ist, 

wird festgestellt haben, daß sich unbeobachtete 

Schnappschüsse mit der Rolleiflex leichter ausführen 

lassen. Das liegt daran, daß die Aufzunehmenden 

beim Ansetzen der Leica an das Auge in den 
meisten Fällen aufmerksam werden und sich nun 
entweder in Positur stellen oder — das soll auch 
schon vorgekommen sein — grob werden. Nun 
fabriziert zwar Leitz einen Aufsichtssucher, der aber 
nur für die Objektive von 5 cm Brennweite zu ver- 
wenden war. Auf meine Anregung hin wird dieser 

Sucher voraussichtlich in nächster Zeit auch mit 

einer vorschaltbaren Negativlinse geliefert, so daß 

er nach Vorschalten dieser Linse auch für das Ob- 
jektiv von 3,5 cm Brennweite zu verwenden ist. Für 

Schnappschüsse wird man vorteilhafter dieses Ob- 

jektiv verwenden, weil es wegen der größeren 

Schärfentiefe nicht so sehr auf genaue Schärfenein- 

stellung ankommt, als es bei dem 5- cm - Objektiv 

nötig ist. Die Leica braucht also zwecks Schärfen- 
einstellung nicht erst an das Auge gesetzt zu werden, 
sondern man wird wie nachstehend verfahren: 

1. Objektiv 35 cm auf 6,3 abblenden, Ent- 
fernung auf 4 m einstellen. Die Schärfentiefe 
reicht bei dieser Abblendung von 2,4 bis 12,7 m. 
(Веі dem 5- em- Objektiv reicht bei gleicher Ein- 
stellung und gleicher Blende die Schärfentiefe nur 
von 3 bis 6 m.) 

2. Durch einige Versuche die Entfernung von 3 bis 
4 m schätzen lernen. Nachprüfung der geschätzten 
Entfernung durch den Entfernungsmesser vor- 
nehmen, bis Schätzung richtig erfolgt. Als An- 
haltspunkt kann man sich auch die Abbildungs- 
größe von Personen im Sucher bei Entfernungen 
von 3 bis 4 m einprägen, so daß Fehlschätzungen 
so gut wie ausgeschlossen sind. 


mit er über die rechtliche Stellung seines Berufes voll- 
kommen im klaren ist. Der Wortlaut des Gesetzes 
ist z. B. in der Zeitschrift „Zeitungsverlag“ vom 
7. Oktober 1933 und in der Zeitung „Der Angriff“, 
Berlin, vom 5. Oktober 1933 veröffentlicht, ebenso wie 
er wohl in allen größeren deutschen Tageszeitungen 
erschienen sein wird. 

Auf Grund des S 4 des Schriftleitergesetzes sind die 
Bestimmungen über die „Zulassung zum Schriftleiter- 
beruf“, die „Ausübung des Schriftleiterberufs“, den 
»Verbandsrechtlichen Schutz des Schriftleiterberufs“, 
den ,Strafrechtlichen Schutz des Schriftleiterberufs“ 
und die „Schlußbestimmungen“ des Gesetzes auf die 
Bildberichterstatter — die ja Schriftleiter sind — in 
Anwendung zu bringen. Der Reichsverband Deut- 
scher Bildberichterstatter wird dem Reichsverband 
der Deutschen Presse, als Fachverband dieser Körper- 
schaft öffentlichen Rechts, organisch eingegliedert. Die 
in die Berufslisten der Schriftleiter eingetragenen 
Bildberichterstatter gehören kraft ihrer Eintragung 
dem Reichsverband an. 

Im Gesetz ist den Schriftleitern die hohe Aufgabe 
gestellt, geistig auf die Öffentlichkeit einzuwirken 
und die behandelten Gegenstände wahrhaft dar- 
zustellen und nach bestem Wissen zu beurteilen. 
Diese Aufgabe werden die deutschen Bildbericht- 
erstatter gern zum Wohl des deutschen Volkes er- 
füllen und der nationalsozialistischen Regierung da- 
durch den Dank für den Schutz, der ihnen durch das 
Schriftleitergesetz zuteil wird, abstatten. 


3. Leica umhängen, und zwar unter das Jackett. 
Nur den unteren Jackettknopf zuknópfen, so daf 
die Leica nur mit dem Objektiv und dem Aut- 
sichtssucher aus dem Jackett herauslugt. 

Der Aufsichtssucher läßt sich auch für „Aufnahmen 

über die Köpfe hinweg" gut verwenden. Man braucht 

dann nur die auf den Kopf gestellte Leica mit aut- 
wärts gestreckten Armen zu halten, so daß man den 

Aufsichtssucher von unten betrachten kann. Man 

kann ihn auch als „Winkelsucher“ benutzen, wenn 

man ihn so auf die Halteklemme am Apparat steckt, 
daß das Sucherbild von der Seite her betrachtet 
werden kann. Die Haltung der Kamera ist dann die 
gleiche, als wenn man den Spezialwinkelsucher ver- 
wenden würde, wobei noch diesem Sucher gegenüber 
der Vorteil besteht, daß der Aufsichtssucher für 

Winkelaufnahmen auch für das 3,5-cm-Objektiv zu 

gebrauchen ist. Paul Brandt. 


Eine neue Lichtquelle für Vergrößerungsapparate 


Die meisten der heute benutzten VergróBerungs- 
apparate sind mit Gas gefüllten Lampen, seltener 
mit Bogenlampen ausgestattet. Meist ist es mit diesen 
nur möglich, ziemlich hochempfindliches Material zu 
verwenden. Auf der Suche, diese Mängel zu be- 
seitigen, bin ich schon vor Jahren auf die Verwen- 
dung von Quarzlampen gekommen. In allerneuester 
Zeit hat die Quarzlampen - Gesellschaft in Hanau 
in gemeinsamer Arbeit mit der І.- С. Farben einen 
neuen Brenner unter dem Titel ,Alpina - Strahler" 
herausgebracht, der nicht nur in photographischer 
Beziehung der Quarzlampe ebenbürtig ist, sondern 
dieser gegenüber noch folgende Vorzüge aufweist: 
Derselbe Brenner ist nach Belieben für Gleich- oder 
Wechselstrom verwendbar. Er ist fast unzerbrech- 
lich, enthält wenig Quecksilber, kann also sehr leicht 
versendet werden, brennt in jeder Lage und an 


129 


jedem Steckkontakt, und schließlich ist er auch noch 
billig. Um die Vorteile einer solchen Lichtquelle zu 
zeigen, habe ich ein normales Negativ mit Alpina- 
Strahler und mit Halbwattlampen von ganz gleichem 
Wattverbrauch vergrößert. Auch alle sonstigen 
Verhältnisse waren gleich, nämlich: Entfernung der 
Lichtquelle vom Negativ, Objektiv, Blende, Ver- 
größerungspapier und Entwickler; nur die Ex- 
position war, um ganz gleiche Vergrößerungen zu 
erzielen, eine andere. Sie betrug den achten Teil 
gegenüber derjenigen mit Halbwattlampen. Wir 
brauchen also nur den achten Teil Strom und 
können in einer Stunde soviel wie in acht Stunden 
leisten, gewiß ein großer wirtschaftlicher Erfolg. 
Ist das Negativ mehr gedeckt oder die Vergröße- 
rung eine stärkere, das Material unempfindlicher, 
so verschieben sich die Expositionsverhältnisse 
ganz bedeutend, unter Umständen um ein Viel- 
faches statt 1:8, 1:10 oder 1:30 und mehr. Auch 
gelingt es, Material zu vergrößern, das bisher zu 
solchen Zwecken kaum in Frage kam. Außerdem 
fallen die Vergrößerungen solcher gedeckteren Ne- 
gative besser, durchgezeichneter aus, was eine Re- 
tuscheersparnis bedeutet. Ähnlich, wenn auch nicht 
ganz so günstig liegen die Verhältnisse gegenüber 
den Bogenlampen. Die Übelstände dieser Licht- 
quellen tehlen, wie Einsetzen der Kohlenstifte, Zen- 
trieren des Lichtbogens und vor allem das ungleich- 
mäßige Licht, wodurch Fehlexpositionen vermieden 
werden. 

Viele Erzeuger von Vergrößerungsapparaten bauen 
diese Brenner bereits ein oder schon bezogene Appa- 
rate um. G. Lehmann. 


Von unseren Bildern 


sind die von Hans Reinke besonders reizvoll 
und lebendig. Das ist wirklich die frische, natürliche 
und begeisterte Jugend, die für die Zeit charakte- 
ristisch und der zu begegnen eine Freude ist. Gleich 
hervorragend und als ,Photos vom Zuschauerraum 
aus“ immer wieder überraschend sind dann die Auf- 
nahmen von Blücher. Paul Wolff zeigt dann 
die vorbereitende, im Licht und in der Stoftlichkeit 
gleich gute Studie zu einem Werbephoto und Er- 
turth zwei  Portratdarstellungen, für Ше das 
Streben nach natürlichem Ausdruck kennzeichnend 
ist. Sehr eindrucksvoll sind dann die Textbilder zu 
dem Aufsatz „Dreimal Brandenburger Tor“. Sie 
illustrieren deutlichst den Nutzen, den gerade die 
Pressephotographie aus der sich steigernden Entwick- 
lung der technischen Mittel gezogen hat. Bis noch 
vor kurzer Zeit wären Autnahmen, wie sie von 
Blücher zeigt, unmöglich gewesen, und ohne die 
handliche, stets startbereite Kleinkamera hätten auch 
Koch und Gayk ihre bewunderungswürdigen, 
lebenswahren Bilder nicht schaffen können. 

Auf die farbige Beilage mit Aufnahmen mit der 
Rolleiflex auf Agfacolor-Film sei noch besonders hin- 
gewiesen. 


Aus der Organisation 

Die Mitgliederzahl des Reichsverbandes deut- 
scher Bildberichterstatter ist in der 
letzten Zeit sprunghaft gestiegen. Der Verband um- 
faßt zur Zeit 208 Mitglieder. Eine große Anzahl 
Neuanmeldungen läuft täglich ein. Die Fachschaft 
der freien Mitarbeiter ist die weitaus stärkste Fach- 
schaft des Verbandes, der rund die Hälfte aller Mit- 
glieder angehören. In sechs deutschen Städten, Ham- 
burg, Hannover, Leipzig, Frankfurt, München, Dresden, 
bestehen Ortsgruppen des Reichsverbandes. Die Bil- 
dung weiterer Ortsgruppen wird vorbereitet. 


Die Fachschaft der freien Mitarbeiter 
hält jeden ersten Montag im Monat eine Besprechung 
ab, die im „Roten Haus", Berlin, Nollendorfplatz 3, 


130 


um 18!/; Uhr stattfindet. 
haben Zutritt. 


Notiz. Wie wir erfahren, gab der bisherige Chet- 
redakteur der ,, Neuen Jugend" Mitte Oktober seinen 
Posten auf. Sein Nachfolger wird ein bisher im 
Hause Scherl tätiger Redakteur sein. P. 


Nur Fachschaftsmitglieder 


Fragen aus der Praxis 
Entwicklung von Reisefilmen 


S. KK s Breslau: Sie beklagen sich, daß 
das Entwickeln von angesammelten Reisefilmen in der 
Correx-Dose zu lange dauert. Wir entwickeln in der 
Correx - Dose mit „doppeltgeknöpftem Band“ zwei 
Filmbänder, Rückseite an Rückseite gelegt, gleichzeitig. 
Dies Verfahren spart Zeit und Entwickler. Voraus- 
setzung ist, daß die Filme keine wasserlösliche Rück- 
schicht haben, was ja auch heute bei den wenigsten 
Fabrikaten der Fall ist. Die Probe macht man durch 
Aufdrücken eines angefeuchteten Fingers auf die 
Rückseite. Wasserlösliche Rückschichten kleben ebenso 
wie die lichtempfindliche Emulsion am angefeuchteten 
Finger. Das Entwickeln in der Correx - Dose mit 
einem Rapid-Ausgleichsentwickler (Finaccord) dauert 
6 Minuten plus 1 Minute Wässern, Eintauchen ins 
Fixierbad (tiefe Schale), Auswickeln des Films, der 
im Fixierbad verbleibt, Abspülen und Abtrocknen 
des Correx-Bandes, und in längstens einer Stunde sind 
8—10 Filme entwickelt. 


Empfindliche Hochglanzbilder 


М. S....b, Freiburg: Hochglanzbilder leiden 
durch das Aufkleben mit wasserlóslichem Klebe- 
pasten. Und das Aufziehen mit Klebefolien ist für 
den Kleinbetrieb umständlich, wenn nicht eine gute 
Presse vorhanden ist. Wir verwenden seit etwa 
einem Jahr eine vom Halie-Vertrieb auf den Markt ge- 
brachte Kautschuklösung. Sie hält das Bild sofort 
fest auf der Unterlage und dringt nicht in das Papier 
ein. Man sollte Bilder in den bei den Fachphoto- 
graphen üblichen Umschlägen überhaupt nur an einer 
Kante kleben, damit Formveränderungen des Kartons 
durch Feuchtigkeitsveränderung die Photographie 
nicht verziehen können. B. 


Mitteilungen des Reichsverbandes deut- 
scher Bildberichterstatter 
Verbandsarbelt 


Die ganze Verbandsarbeit mußte sich in den letzten 
Wochen in der Hauptsache auf die Arbeiten für die 
Ausstellung ,Die Kamera" beschrünken, damit eine 
würdige Schau der deutschen Bildberichterstattung 
zustande kommt. Alle anderen Fragen, die nicht un- 
bedingt zu erledigen waren, sind bis nach der Aus- 
stellung ,,Die Kamera" zurückgestellt worden. Nach 
der Ausstellung wird sich der RDB. besonders mit 
der Frage der Neuorganisation des ,Reichsverbandes 
der Deutschen Presse“ beschäftigen und an der An- 
legung der Berufslisten für die Schriftleiter, soweit 
sie die Bildberichterstatter betreffen, mitwirken. 


Mitgliedersperre 


Der RDB. sieht davon ab, zunächst noch weitere 
Mitglieder aufzunehmen. Dieser Entschluß ist be- 
gründet durch das neu geschaffene „Schriftleiter- 
gesetz“. Die hauptberuflichen Bildberichterstatter, 
tür welche die Voraussetzungen des Gesetzes vor- 
liegen, werden in die Berufslisten der Schriftleiter 
eingetragen und gelten dann auf Grund des Schrift- 
leitergesetzes als Reichsverbandsmitglieder. Sobald 
die Organisation dementsprechend aufgebaut ist, 
wird dann auch die Frage der Berufsausweise für die 
Bildberichterstatter geregelt. Vorläufig werden also 
auch vom RDB. keine neuen Ausweise mehr aus- 
gegeben. 


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AKADEMISCHE JUGEND BEIM SPORT 


F. А. VON BLÜCHER, BERLIN, MOMENT- 
AUFNAHMEN V. ZUSCHAUERPLATZ AUS 


Die Ausstellung „Die Kamera" in Berlin 1933 


Ein Uberblick über die Ausstellung unfer besonderer Berücksichtigung der Bildberichterstattung 


Von Dr. Wilhelm RoBmann (Berlin) 


Die am 4. November mit einer ausgezeichneten Rede 
des Reichsministers für Volksaufklärung und Propa- 
ganda Dr. Goebbels eróffnete Ausstellung für Photo- 
graphie, Druck und Reproduktion Berlin 1933 ist 
mitten in die Zeit gestellt und will für die Zeit 
werben. Wohl die wenigsten Menschen haben sich 
einmal überlegt, in welch ungeheurem Ausmaf heute 
Photographien benötigt werden; Personalausweis, 
Dauerkarte, Paß, Reklamebild und der nach Millionen 
zählende Bildbedarf der Presse — all das ist der 
sichtbare Ausdruck dafür, daß das Bild heutzutage 
die Welt beherrscht, daß es in Tausenden von Zei- 
tungen und Zeitschriften tagtäglich zu Millionen von 
Menschen spricht und mit seiner unmittelbaren Ein- 
druckskraft anschaulicher und überzeugender wirkt 
als das geschriebene Wort und der beste Leitartikel. 
Ungeheure kulturelle, volkserzieherische und volks- 
wirtschaftliche Werte ruhen in der Photographie, die 
in etwa sichtbar gemacht zu haben das große Ver- 
dienst der gewaltigen Ausstellung in den Hallen um 
den Witzlebener Funkturm ist. 


Nationale Verwurzelung der Photographie 


Für jeden Einsichtigen, dem das nationale Geschehen 
der letzten neun Monate den Blick geschärft hat, 
war es klar, дай die Ausstellung in besonderer Weise 
in den Dienst der nationalen Aufbauarbeit gestellt 
sein werde. Um das zu ermöglichen, bedurfte es 
nicht einmal allzu vieler Anstrengungen; ist doch 
die Photographie mehr, als man bisher zu ahnen 
vermochte, tief im Nationalen verwurzelt. Nur eine 
zielbewußte Arbeit war notwendig sowie der feste 
und entschlossene Wille, Vorhandenes offenbar 
werden zu lassen, es zu zeigen in seiner wechsel- 
seitigen Beziehung zueinander und untereinander. 
Das ist — die Gerechtigkeit verlangt diese Fest- 


stellung — den Gestaltern der Ausstellung in hohem 
Maße gelungen. Ein ganz besonderes Verdienst füllt 
hierbei dem Referenten im Reichsministerium für 
Volksaufklärung und Propaganda, Herrn Reiner Kurz- 
bein, zu, der in vorbildlicher Weise sich in den Dienst 
dieses Gedankens gestellt und und das Höchstmög- 
liche erreicht hat: den Beweis nämlich, daß die 
Photokunst als wahre Volkskunst „ausgerichtet ist 
auf eine gemeinsame Front, mitzuhelfen am Aufstieg 
und mitzuhelfen, den deutschen Gedanken hin- 
auszutragen" in die äußersten Winkel des eigenen 
Landes, aber auch über die Landesgrenzen hinweg 
zu fremden Völkern. Man gehe einmal durch die 
Ausstellung und betrachte die ausgestellten Bilder 
unter diesem Gesichtswinkel — man wird feststellen 
müssen, daß Blut und Boden, Rasse und: Heimat die 
stärksten Nährböden einer volksbewußten, positiven 
Photokunst sind. 


Zeitgeschehen als Dokument 


Keinen sinnfälligeren Beweis für all das vorher Ge- 
sagte gibt es als die eindrucksvollen Großphotos in 
der Empfangshalle, die Ausschnitte aus der Ge- 
schichte der nationalsozialistischen Bewegung zeigen. 
Kein Beschauer -- und stände er der Partei inner- 
lich auch noch so fern gegenüber — kann sich des 
überwältigenden Eindrucks dieser Bilder entziehen, 
die mit einem Schlag die unendliche Bedeutung der 
Photographie als Zeitdokument beweisen. In meister- 
hafter Aufnahme und in ebenso meisterhafter Ver- 
größerung sind hier Vorgänge aus der Parteibewegung 
festgehalten, wie sie in derartiger Natürlichkeit und 
Ursprünglichkeit nie und nimmer der Pinsel des 
Malers, und wäre er auch noch so begnadet, der 
Nachwelt überliefern könnte. Der Beschauer, der 
unweigerlich in den Bann dieser fluktuierendes Leben 


Aus der Empfangshalle der „Kamera“. 


131 


ausstrahlenden Bilder gerät, glaubt die Menge und 
die Einzelpersonen in natura vor sich zu sehen und 
den Schritt der marschierenden Kolonnen zu hören: 
so daseinsnah, so wirklichkeitstreu sind diese Groß- 
photos, die in glänzendem Licht den Ehrenplatz be- 
haupten. 

Von eindringlicher, beinahe unheimlicher Wucht ist 
der Ehrenraum, der den Gefallenen der national- 
sozialistischen Bewegung gewidmet ist. Von dem 
verdunkelten Gang und um einen rot und weiß ge- 
haltenen Lichthof sieht man eine marschierende SA- 
Kolonne, die irgendwo oben und im Raum ver- 
schwindet: „.. marschier'n im Geist in unseren 
Reihen mit!“ 


Der Bildberichterstatter und sein Werk 

Es hieße Eulen nach Athen tragen oder Wasser in 
die Spree gießen, wollte man noch ein Wort darüber 
verlieren, welche Bedeutung gerade in der heutigen 
Zeit der Bildberichterstatter hat und welche un- 
geheuren Werte in einer von vaterländischen Gesichts- 
punkten diktierten Bildberichterstattung liegen. Schon 
allein der Umstand, daß auch der Bildberichterstatter 
in das neue Schriftleitergesetz mit einbezogen ist, be- 
weist zur Genüge die hohe Aufgabe dieses vielfach 
in der Vergangenheit über die Achsel angesehenen 
Berufes. Doch darüber ist wohl ein Wort zu ver- 
lieren, daß die Ausstellung „Die Kamera“ als die 
erste Ausstellung den Bildberichterstatter eingehend 
zu Wort kommen läßt. Auch das ist eine der Un- 


Minister Dr. Goebbels besichtigt in Begleitung von Heiner Kurzbein 


die Ausstellung. Foto Atlantik. 


132 


verständlichkeiten der letzten vierzehn Jahre, daß 
man den Bildberichterstatter laufen ließ, wie es ihm 
gerade in den Sinn kam, daß man sich seiner nicht 
bediente, um das überzeugende Erzeugnis seines Be- 
rufes, das aktuelle Bild, in den Dienst der nationalen 
Sache zu stellen, wie es ja auch im höchsten Grade 
verwunderlich ist, daß niemand in den letzten Jahren 
auf den doch wirklich naheliegenden Gedanken ge- 
kommen ist, die Photographie in all ihren Auswir- 
kungen mit einzuspannen in den großen Dienst an 
Volk und Staat. 

Zweckphotographie im technischen Sinn — das ist 
die Arbeit der Bildberichterstatter, wie sie in der 
Ausstellung in hervorragender Weise zum Ausdruck 
kommt. Gewaltig ist der Andrang an Photos bei- 
spielsweise in der Redaktion einer illustrierten Zei- 
tung, gering jedoch, äußerst gering die Zahl der 
Bilder, die nach den verschiedensten Ausscheidungs- 
verfahren für die praktische Verwendung noch übrig 
bleiben. Aufschlußreich für Fachleute und Laien 
gleichermaßen der Überblick, der recht sinnfällig zu 
erkennen gibt, welche Schwierigkeiten, welche Ge- 
fahren, aber auch welche Reize der Beruf des Bild- 
berichterstatters mit sich bringt. Persönliche Tüchtig- 
keit und photosicherer Blick, Verständnis für den 
entscheidenden Augenblick, Entschlossenheit und ab- 
solutes Über-der-Situation-Stehen, Geringschätzung 
der Gefahr und der feste Wille, dem Objekt, koste es 
was es wolle, zu Leibe zu gehen und den gewordenen 
Auftrag durchzuführen oder den gewohnten Auftrag- 
geber durch eine wohlgelungene, auf eigene Initiative 
zurückzuführende Aufnahme zu überraschen, das 
sind die unentbehrlichen Eigenschaften, über die 
jeder Bildberichterstatter zunächst einmal verfügen 
muß, soll sein Werk gelingen. All das zeigt an fast 
unübersehbaren Beispielen die Ausstellung, die jedem, 
der es sehen will, die ungeheuren Schwierigkeiten und 
die haushohe Verantwortung des Bildberichterstatters 
offenbart. 


Geschichtliche Erinnerungen 


Gestehen wir es doch einmal ruhig ein: der Aus- 
stellungsbesucher bekommt meist einen gelinden 
Schrecken, wenn er in Ausstellungen geschichtliche 
Abteilungen zu durchwandern hat, die vielfach voll- 
gepfercht sind mit Fachwissen, unverständlich für 
Laien und nicht ausreichend für Fachleute. Anders 
aber auf dieser Ausstellung, bei der ein geschicht- 
licher Rück- und Überblick einfach .eine Naturnot- 
wendigkeit ist. Die Kojen, die von den Anfängen 
der Photographie bis zu ihrer heutigen Vollendung 
handeln, sind geradezu belagert von Besuchern, bieten 
doch gerade sie so viel des Interessanten, zu dem der 
eine oder andere noch persönliche Beziehungen hat, 
daß der Darstellung der Geschichte jeder Schrecken 
genommen ist. Heute hat fast jeder irgendeine Be- 
ziehung zur Photographie, und wäre es auch nur die 
des ,Photographiertwerdens", und da sollte ihm 
nicht erwünscht sein, zu sehen, wie es ehedem zu- 
ging, wie die frühesten Bilder aussahen, mit welchem 
Gerät sie zustande kamen? Alle die historischen 


Sammlungen, die in Pulten und Vitrinen ausgestellt 
sind, die Anfünge der Dreifarbenphotographie, die 
Karikatur in ihrem vergeblichen Kampf gegen die 
aufkommende Photographie, die technische Weiter- 
entwicklung bis zur infraroten Platte — alles das 
sind Dinge, die jeden angehen, an denen jeder seine 
Studien machen kann, und wären es auch nur solche 
lángst vergangener Moden, die doch vielleicht wieder 
auferstehen oder schon zum Teil wieder auferstanden 
sind. 


Lernt die Heimat kennen! 


Eine schier unübersehliche Fundgrube volklichen und 
heimatkundlichen Wissens ist auch jener Teil der 
Ausstellung, der in seinem Hauptgewicht der deut- 
schen Landschaft und dem. deutschen Volksgesicht 
gewidmet ist und in dem die Amateure ihre recht 
hoch entwickelte Kunst zeigen. Man betrachte ein- 
mal die Photos der Reichsbahnzentrale für Fremden- 
verkehrswerbung oder die Abteilung Deutscher Osten, 
man betrachte einmal die zahlreichen wunderbaren 
Bilder von Vertretern fast aller deutschen Land- 
striche oder die besonderen Wettbewerbe „Wer 
kennt Berlin?“, „Wer kennt Deutschland?“, und man 
wird wissen, worauf es ankommt: Nie ist Volks- und 
Heimatkunde sinnfälliger gemacht worden als gerade 
hier, wo der Verehrer deutscher Landschaft ebenso 
befriedigt wird wie der Verehrer deutschen Menschen- 
schlags, wo der Rasseforscher wirklichkeitsnahen und 
untrüglichen Unterricht erhält ebenso wie der 
Trachtenkundige oder der Liebhaber uralten Volks- 
gutes. Es würde den Rahmen dieses nur allgemein- 
überschaulich gehaltenen Berichtes sprengen, wollte 
man hier in Einzelheiten gehen, wollte man Namen 
nennen; nur die großen Richtlinien, die großen Maß- 
stäbe konnten gezeigt werden. 


Druck und Reproduktion 


Das letztere gilt insbesondere für die Abteilungen, 
die sich mit dem zweiten Hauptthema der Aus- 
stellung, mit dem Druck und der Reproduktion, be- 
fassen, wie ja auch mit voller Absicht nicht auf die 
Schau der Photoindustrie und ihrer oft verblüffenden 
Erzeugnisse eingegangen worden ist. Druck und Re- 
produktion sind für diese Ausstellung das, was bei 
anderen Ausstellungen der Vergnügungspark bedeutet: 
hier kommt der Laie in des Wortes wahrster Be- 
deutung auf seine Kosten! Für ihn sind all die Vor- 
gänge beim Druck und bei der Reproduktion „spa- 
nische Dörfer“; er hat wohl eine ungefähre Vor- 
stellung davon, wie der Arbeitsvorgang ist, aber ge- 
sehen hat er das in den allerwenigsten Fällen. Hier 
aber sieht und hört er die Schnellpressen laufen, die 
Früsmaschinen knirschen, hier kann er einen Blick in 
die Setzkästen werfen oder die Herstellung eines 
Buches vom Manuskript bis zum fertigen Band ver- 
folgen, hier kann er eine Steindruckerei in Betrieb 
sehen und sich auch die noch drucknassen Bogen mit 
nach Hause nehmen. Das alles bedeutet ihm im 
höchsten Maße Vergnügen, genau so wie der Ver- 
gnügungspark anderer Ausstellungen, nur mit dem 


cher 0110-0001 
* A ; > l % [e 


terftatter t. J. 


Blick in die „Kamera“. Foto Atlantik. 


einen, aber wesentlichen Unterschied, daß er hier 
kein Geld auszugeben braucht und doch alles ge- 
zeigt bekommt, alles erklärt erhält. Anschauungs- 
unterricht auf unverfängliche Art, der den meisten 
gar nicht zum Bewußtsein kommt, ihn aber doch 
bildet oder seine Kenntnis vertieft, vielleicht besser 
und nachhaltiger, als wenn er bewußt einen Vortrag 
mit Demonstrationen hörte: das im Vorbeigehen 
Erhaschte geht tiefer, haftet nachhaltiger! 


Damit soll dieser Überblick abgeschlossen werden. 
Die Ausstellung ist eine Tat von grófiter Bedeutung. 
Sie zeigt deutsche Qualitätsarbeit, zeigt, daß Deutsch- 
land auf dem Gebiet der Photographie eine kaum 
noch zu überbietende Stufe der Vollendung erreicht 
hat und den Vergleich mit dem Ausland in keiner 
Weise zu scheuen braucht. Zeigt aber auch, daf 
Deutschland friedlicher Wiederaufbauarbeit seine 
Gedanken und sein Handeln widmet. Und so ist 
der Dank, der aus ehrlichem Herzen den Veranstaltern 
der Ausstellung ausgesprochen sei, auch reichlich 
verdient. Der Lohn wird ihrer Arbeit sicherlich 
nicht verwehrt bleiben. R. 


Die Berufsphotographie in der ,, Kamera" 

nimmt eine Sonderstellung unter den verschiedenen 
Gruppen der Ausstellung ein. Sie hat zweifellos, 
schreibt Willy Stiewe in der „D. А. Z“, den 
schwersten Stand. Denn so erfreulich es auch ist und 
so unentbehrlich für die Photoindustrie, daf die 
Amateure ständig im Vormarsch begriffen sind, so 
wesentlich ist doch für die gesamte deutsche Photo- 
kunst der Berufsstand des Photographen. Seine 
Arbeiten sind um so höher zu bewerten, als er nicht 
wie der Amateur in freien Stunden nach seinem 
eigenen Belieben auf die Jagd nach Beute gehen darf. 
Er ist immer ein Sklave des Lebenskampfes, und sein 


133 


Foto Bauer, Karlsruhe. 
Vom Spatenstich in Frankfurt a. M. 


Vom Personenbildnis 


Ein zeitgemäßes photographisches Personenbildnis 
wird nicht nur das äußere Gepräge einer künst- 
lerischen Wirkung tragen, sondern auch eine schópfe- 
rische Tätigkeit erkennen lassen müssen. Der Be- 
schauer will aus dem Bild herauslesen, daf den 
Photographen die Aufgabe irgendwie innerlich be- 
schüftigte, daf er wirklich etwas gesehen hat, was 
er durch seine Auffassung, durch das Licht, die Form- 
und Raumgebung vermitteln wollte. 

Im Gegensatz zur früheren Figurendarstellung sehen wir 
den Lichtbildner in letzter Zeit sich mehr auf Finzel- 
heiten beschränken, so weit beschränken, daß er sich 
beispielsweise nur mit der Wiedergabe des Auges be- 
gnügte. Gewiß ist das Auge einer der ausdrucksvollsten 
und charakteristischsten Darstellungsfaktoren, aber 
eben nur ein Faktor von vielen, die zu einer Bildnis- 
darstellung erforderlich sind. Wollen wir uns aber in 
den Begriff der neuzeitlichen Darstellung vertiefen, 
wollen wir verstehen lernen, wo der Ausgangspunkt für 
künstlerisches Schaffen liegt, dann müssen wir auch die 
Einzelelemente des Aufbaues verstanden haben, und 
ein solches Bildelement ist zweifellos das Auge, das 
wir in den Ausgangspunkt des Aufbaues setzen, um 
den sich die weiteren Bildelemente gruppieren. Wir 
nehmen weitere Einzelteile des Kopfes hinzu, um den 
Begriff „Personenbildnis“ in Wirklichkeit festzulegen. 
Je mehr Einzelteile wir zum Aufbau heranziehen, 
desto schwieriger wird die Aufgabe, sie dem Ganzen 


134 


Objekt bestimmt er nicht selbst, sondern das Motiv 
wird ihm stets vom Auftraggeber gestellt. Eine 
Fabrik, eingekeilt in enger Strafe, soll für den Pro- 
spekt wirkungsvoll photographiert werden: Der Be- 
rufsphotograph hat diese schwierige Aufgabe zu 
lösen. Ein Privatmann, der gar kein Photographier- 
gesicht hat und auf eine interessante Physiognomie 
keinen Anspruch erheben darf, verlangt dennoch vom 
Photographen eine ansprechende Aufnahme. Wieder 
die Aufgabe der Berufsphotographie. Man muf diese 
Tatsache ausdrücklich feststellen, um zu ermessen, 
wie hoch das, was Berufsphotographen auf der Aus- 
stellung zeigen, in Wirklichkeit anzuschlagen ist. Wir 
finden dort Meisterleistungen, die außerordentlich 
hoch zu bewerten sind, berücksichtigt man, unter 
welch schwierigen Umstünden sie geschaffen werden 
mußten. 

Erfreulich ist für jeden Beschauer: Berufsphotograph, 
Bildberichterstatter und Amateur marschieren Schulter 
an Schulter, marschieren in ausgerichteter Front mit 
dem Ziel, der deutschen Lichtbildkunst den einmal 
erworbenen Platz in der Welt unter allen Umständen 
und mit allen Mitteln zu halten. Die Zeit wird 
lehren — und hier beginnen die Aufgaben —, zu 
welchen neuen Ufern die moderne deutsche Photo- 
graphie führt. Das Verdienst der Schau am Kaiser- 
damm ist, einmal zusammengefaßt zu haben, was 
die kultivierte deutsche Photokunst im Verborgenen 
geschaffen hat und zu welchen Zielen sie strebt. 


Foto Bauer, Karlsruhe. 


so einzuschalten, daß dieses als Einheitsgefüge er- 
scheint Wenn wir Augen, Nase und Mund durch 
die Umrisse des Kopfes zu einer Einheit verschmelzen, 
so тий gleichwohl eines dieser Elemente den Grund- 
ton angeben, dem sich die anderen Bildteile unter- 
ordnen. 

Wir brauchen zur deutlicheren Veranschaulichung 
des Gesagten nur mal das Oktober-Heft unserer Zeit- 
schrift vorzunehmen und das Bildnis „Deutsches 
Mädel“ einer genaueren Prüfung zu unterziehen. 
Auge, Nase, Mund, Ohr, Haar und Besatz am Hals- 
ausschnitt sind die Einzelteile, aus denen sich das 
Ganze zusammensetzt. Aber all dieses, das eine oder 
andere mehr oder weniger stärker hervortretend, 
wird dennoch von dem Auge zusammengehalten. 
Von ihm gehen die Verbindungsfäden aus, um mit 
allem anderen Dazugehörigen in einem Akkord aus- 
zuklingen. So wie hier das seelenvolle Auge das 
Ganze beherrscht, kann ein anderes Mal auch von 
anderen wesentlichen Bildteilen die Rolle des be- 
stimmenden Grundtontrágers übernommen werden. 
Es sei nur an die Nasen oder Lippen des Neger- 
typs erinnert, die zuweilen die Charakteristik stürker 
kennzeichnen als deren Augen. Und es kann das 


Charakteristikum einer Persönlichkeit auch durch 


besondere Korpulenz oder Schlankheit, durch eine 
Bewegung usw. zum Ausdruck gebracht werden. 
Bedürfen wir einer stärkeren Betonung des Aus- 
druckes in bestimmter Richtung, so kann auch der 
Lichteffekt zum wirksamsten Hauptbestandteil wer- 
den, besser jedoch nur in jenen Fällen, die sich vom 
Theater und Film nicht allzu weit entfernen. 
Nachdem wir nun schon das Oktober - Heft auf- 
geschlagen haben, wollen wir unsere Betrachtungen 
gleich bei dem anderen Bilde „Mutter mit Kindern“ 
fortsetzen. Hier sehen wir drei Hauptelemente zu 
einer Einheit verschmolzen: Der kleine Trotzkopf 
unten macht eben mit, weil er dabei ist; der Junge 
oben schmiegt sich an die Mutter, weil es sich so ge- 
hört, und die Mutter, sich über der Situation fühlend. 
zieht, alle Einzelelemente beherrschend, in den Be- 
griff zusammen: „Mutter mit Kindern.“ Und keine 
photographierte Mode, keine aufgeriebenen Wolken 
wie ehedem, keine leeren Hintergrundflächen hindern 
uns in der Vertiefung dieser bildlichen Darstellung 
lebendig wirkender Menschen. 


Bereit sein ist alles! 


Foto Bauer, Karlsruhe. 


Falsch wäre es aber, den Gepflogenheiten zurück- 
liegender Zeit folgend, mit diesem Blatt in der Hand 
Gleichartiges aufbauen zu wollen, statt aus solchen 
Arbeiten lediglich Anregungen zu schöpfen, um aus 
eigenem inneren Erleben und Empfinden heraus 
Gleichwertiges zu schaffen. Die Jagd nach Vor- 
bildern, um sie mechanisch zu kopieren, schenken 
wir der Vergangenheit. Photographie ist eine geistige 
Tätigkeit! Man muß heute aus dem Leben, aus der 
Ursprünglichkeit des Gebotenen schöpfen, muß Sinn 
und Auge haben für das, was man als eigenartig oder 
schön empfindet — und für die Form und die Be- 
grenzung, in der man das Gesehene und Empfundene 
zur Anschauung bringen will, seine Entscheidung 
treffen. Spörl, G.D.L. 


Eine Betrachtung über das „sensationelle“ Photo — Die .Gliicksekunde” im Dasein des Gebrauchsphotographen 


Das breite graue Zementband der Autorennbahn 
scheint zu zittern unter den mit nervenzerreißendem 
Knattern dahinbrausenden Wagen. Gebannt hängen 
aller Augen an jenem Bogen, den man die „Todes- 
schleife“ nennt. Wieder und wieder schießen die 
rasenden kleinen Ungetüme in die Kurve hinein. 
Dem Gesetz der Zentrifugalkraft zum Trotz mit fast 
unwahrscheinlicher Sicherheit. Nichts geschieht, Runde 
um Runde. Das gespannte Interesse der Masse ist 
schon im Abflauen. Seltener dreht man den Kopf. 


Man weiß ja — der kommt auch wieder durch, ob- 
wohl er kaum das Gas wegnimmt und geradezu sträf- 
lich leichtsinnig „schneidet“. Aber einer in der 
Menge steht da; magnetisch scheinen seine Blicke an- 
gezogen von der Kurve. Er hat die Entfernung genau 
abgeschätzt von seinem Standort bis zu jenem kriti- 
schen Punkt, wo vielleicht doch noch... Natiir- 
lich denkt der Kameramann den schrecklichen Ge- 
danken nicht zu Ende Natürlich wünscht kein 
Mensch die Katastrophe herbei. Aber es könnte 


135 


„Geistesgegenwart“ des Photographen: Er hat bestimmt die Katastrophe kommen sehen und im richtigen Moment abgeschossen. Foto Scherl. 


doch sein. Und dann ist das Bereitsein eben alles. 
Es ist der Beruf dieses Mannes, der seinen Apparat 
schußfertig in den Händen hält, das auf die Platte 
zu bannen, was als Ereignis wichtig und für die Masse 
„Sensation“ ist. Und wie oft hat eine solche Auf- 
nahme, in der entscheidenden Sekunde geschossen, 
dazu beigetragen, wichtige Aufschlüsse über Vorfälle 
zu geben, die ohne dieses Beweismittel niemals hätten 
geklärt werden können? 

Und weiter stürmen die Rennwagen über die graue 
Straße. Hinein in die Kurve — herum das Steuer — 
die Gummidecke der Reifen schleift kreischend über 
den Zement — durch! Laut heult der Motor auf — 


Der Photograph ‘hat hier genau die Sekunde vor dem Sturz von 
mindestens drei Fahrern durch seine Aufmerksamkeit erwischt. 


136 


schon ist der Spuk verschwunden. — Die Zähne zu- 
sammengebissen, steht der Photograph da. Er wartet. 
Nerven muß der Mann haben! Und seine Augen 
starren gebannt. 

Wieder rast einer heran. Und jetzt — da!! Ein 
tolles Wirbeln, ein Sprung, ohnmächtiges Brüllen des 
Motors, dessen Kraft die in der Luft leerlaufenden 
Räder nicht mehr in der Gewalt hat — eine Wolke 
von Staub, ein Krachen und Splittern. Sekunden 
danach entsetzte Schreie der Hunderte von Menschen. 
Die wenigsten haben den Augenblick des Unglücks 
selbst beobachtet. Ihre Augen erfassen nur noch 
den zerschmetterten, sich ‚überschlagenden Wagen, 
der gleich darauf still liegt, noch ein wenig zitternd 
und rauchend . . . vorbei. 

Aber einer sah es genau. Fühlte sozusagen das 
Nahen der Katastrophe. Er war bereit. Ein leichter 
Druck mit dem Finger, die Platte ist belichtet. Wohl 
steht ihm der Schweiß auf der Stirn, als er mit beben- 
den Händen wechselt. Aber er bleibt beherrscht. 
Er muß das; es ist sein Brot, Bilder nach Hause zu 
bringen, die außergewöhnlich sind. Noch einmal 
drückt er ab und noch einmal. 

Schon eilen Sanitäter und andere Helfer herbei, schon 
trägt man den Verletzten fort — der Photograph 
steht und arbeitet. In diesen Augenblicken ist er 
ein Held seines Handwerks. Vielfach verkannt, oft 
sogar angefeindet. 

Dann, nach manchmal stundenlanger Spannung wegen 
des technischen Ergebnisses seiner Arbeit, hat der 
Photograph endlich die Abzüge vorliegen. Sind die 
Aufnahmen so, daß man sie als „sensationell“ be- 
zeichnen kann, ist alles vergessen, was es an Nerven 
gekostet hat, um zu diesem Ziel zu kommen. Mit 
Recht wird der Schaffende stolz sein auf das Er- 
reichte, das er seinem Bereitsein zu verdanken hat. 
Diese Aufnahme aber, die vielleicht ähnlich dem hier 


gezeigten Beispiel von dem „springenden“ Renn- 
wagen ist, hat nichts mit Glück zu tun. Ich móchte 
beinahe behaupten, daß der Photograph sie intuitiv 
auf die Platte bekam. Er mag das nahende Unheil 
wirklich geahnt haben. Er war also in gewissem 
Sinne nicht so schwer für ihn, das Sensationsbild 
herauszuholen, da er Zeit hatte, die technischen Vor- 
bereitungen zu treffen und zufolge seiner Erwartung 
ruhig und überlegt zu handeln. Auch die Aufnahme 
von dem Sturz der Radfahrer paßt in die Reihe dieser 
Photos, die wohl sensationell und überraschend sind, 
aber nicht so sehr vom Glück abhängig wie das dritte 
Bild, auf dem das vom Auto wegspringende Rad 
sichtbar ist. Den darauffolgenden Zusammenprall der 
Radfahrer mußte der aufmerksame Bildberichterstatter 
kommen sehen. Bei dem vom Wagen wegspritzenden 
Rad hat er tatsächlich in der „Glücksekunde“ — wie 
ich es nennen möchte — abgedrückt. Er konnte 
diesen Unfall weder ahnen noch sehen; denn wir er- 
kennen deutlich, daß das Auto sozusagen noch auf 


allen vier Rädern steht. In der nächsten Sekunde erst - 


wird sich der Wagen um seine eigene Achse drehen 
und dann überschlagen. Diese Aufnahme ist also ein 
reines Zufallsbild, das natürlich ebenso sensationell 
oder sogar wegen seines Seltenheitswertes noch sen- 
sationeller ist als die beiden anderen. 

Diese Betrachtung soll also beweisen, daß auch der 
Gebrauchsphotograph das Glück als Bundesgenossen 
benötigt. Er soll sich aber nicht zu sehr auf die 


Wie bringt der Photograph 
Von Heinrich Freytag, Weimar 


Das Werbephoto muß drei Aufgaben erfüllen, um 
brauchbar zu sein: Es muß die Aufmerksamkeit des 
Beschauers erregen, seinen Blick lenken und eindeutig 
zeigen, worauf es ankommt. Je mehr diese Aufgaben 
durch das Photo allein erfüllt werden, ohne daB andere 


Hilfsmittel nótig sind, desto besser wird das Werbe- 


photo wirken können. Aber natürlich ist es in fast 
allen Fállen ausgeschlossen, ohne jede Schrift aus- 
zukommen Und wenn schon der Werbegedanke klar 
genug durch das Photo mitgeteilt wird, muß doch 
meist Warenname, Fabrikant, Preis oder anderes ge- 
nannt werden. 

Die meisten Photographen sind in der Schriftzeichnung 
nicht bewandert. Eine Beschriftung durch die Hand 
zu übernehmen, wird ihnen daher oft unmöglich sein, 
denn gerade das Werbephoto verlangt sauberste und 
klarste Schrift. Der Photograph kann sich dadurch 
helfen, daß er einem Graphiker die Schrift überläßt. 
Vielfach leidet aber daruhter die Geschlossenheit des 
Werbephotos. In manchen Fällen ist es auch schwer, 
einen entsprechenden Graphiker zu erreichen, z.B. in 
Kleinstädten. Wertvoll wird es daher stets für den 
Photographen sein, wenn er einigermaßen sich selbst 
helfen kann. Und diese Zeilen sollen Wege zeigen, 
um ohne besondere Kenntnisse und Fähigkeiten im 
Schriftmalen seine Werbephotos photographisch und 
dabei originell mit Schrift zu versehen. 


Heinrich Freytag, Weimar, „Weimar Tapeten“. 


Die Komposition führt den Blick zur Schrift. Ein Beispiel, wie man 
jede Beschriftung dadurch vermeidet, daß man die maßgebende Schrift 
im Materialphoto unterbringt. Durch eindringliches Zeigen des Muster- 
buches soll die Lust angeregt werden, Tapeten auszusuchen. 


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„Glücksekunde“ des Bildreporters, der auf der anderen Seite des 
abspringenden Rades stehend, von dem Unheil selbst nichts sehen 
konnte. Foto Scherl. 
launische Göttin Fortuna verlassen. Sein Wahlspruch 
soll doch der in der Überschrift genannte sein. Dann 
wird sich auch Moltkes Wort: „Das Glück bleibt nur 
dem Tüchtigen treu“, des öfteren an ihm bewahr- 
heiten. Wolfgang Schade. 


Schrift im Werbephoto an? 


2 
- М 


137 


schule für 


in Weimar 


Aufnahmen der Staats- 
Handwerk 


und angewandte Kunst 


Vorausgeschickt sei eins: Es íst nicht gleichgültig, wie 
die Schrift aussieht, in den meisten Fállen ist es 
wichtig, dieselbe Schrifttype zu gebrauchen, die die 
Packung der Ware zeigt. Denn dann werden im Er- 
innerungsvermögen des Beschauers Verbindungen an 
frühere Eindrücke hergestellt, die natürlich werbe- 
technisch ausgenutzt werden kónnen. Das soll uns 
gleich ein Fingerzeig sein! Versuchen wir, das Schrift- 
bild der Packung aut photographischem Wege in unser 
Werbephoto zu bringen! 

Es gibt viele Möglichkeiten. Zunächst können wir die 
Packung so mit photographieren, daß ihr Schriftbild 
zur Wirkung kommt. Das wäre das einfachste. Es 
ist schon oft gemacht worden, weil es am nächsten 
Пері. Sehen wir uns daher nach anderen Móglich- 
keiten um. In einer Ebene mit flachen Gegenständen 
entsteht die Schrift, wenn wir eine Vergrößerung 
unserer Schriftaufnahme dazwischen legen. Wir haben 
dann sogar die Wahl zwischen dem positiven und dem 
negativen Schriftbild, können sogar beides im Wechsel- 
spiel bringen! Weiter können wir das Schriftbild in 
unsere Materialaufnahme einkopieren. Auch hier sind 
keine engen Grenzen gezogen. Die verschiedensten 
Wirkungen werden entstehen, wenn das Schriftbild 
ins Negativ einbelichtet oder ins Positiv, in die Ver- 
größerung einkopiert wird. Und auch hier lassen sich 
die interessantesten Kombinationen finden. Wer sich 
damit eingehender beschäftigt, kommt zu mannigfachsten 
und vielleicht auch zu sehr eigenartigen Lósungen. 
Eine andere Art, 
Schriftanzubringen, 
ist die der gelegten 
Buchstaben. Diese 
hellen oder dunklen 
Buchstaben, ganz 
platt oder erhaben 
geprägt, sind leicht 
überall zu be— 
schaffen. Sie haben 
den Vorteil, daß 
man auf dem Matt- 
scheibenbild schon 
die Wirkung der 
Komposition beur- 
teilen kann. Sie 
fügen sich leicht 
und auch klar dem 
Materialphoto ein, 
wenn man sich die 
Mühe macht, ver- 
schiedene Tönun- 
genderBuchstaben, 


σα - 


138 


des Untergrundes und entsprechende Arten der An: 
ordnung des Ganzen auszuprobieren. Sie sehen sauber 
und einfach aus, vorausgesetzt, daf man sie genau 
und gut ausgerichtet legt. Andererseits kann man 
auch durch holprige oder schiefe Anordnungen ori- 
ginelle Effekte erzielen. Legt man sie auf eine Glas- 
platte, so lassen sich bei Beleuchtung mit punktförmiger 
Lichtquelle auch ihre Sehaiten noch einordnen, oder man 
kann mit den Schatten allein arbeiten, die dadurch, 
wie sie über die Oberfläche des Gegenstandes hin- 
weggleiten, wieder ganz andere Möglichkeiten mit- 
bringen. Letzten Enaes kann man sogar allein mit 
den Buchstaben und ihren Schatten ein Werbephoto 
schaffen, das allerdings dann rein graphisch ist und von 
vornherein bewußt auf die wertvollsten Eigenschaften 
des photographischen Werbemittels verzichtet. 


Oben: Heinrich Freytag, Weimar. 
„Scherk“. 
Die weiße Schrift ist aus Lege- 
buchstaben gebildet, die auf eine 
Glasplatte geklebt sind. Das Licht 
einer kleinen Bogenlampe kommt 
von rechts oben und wirft den 
Schatten der Schrift, der sich 
Wieder in der Glasplatte spiegelt. 


Links; Eva Bollert und Christiane 
Slevogt, beide Weimar. 
„Knäckebrot“, 

Zur besonderen Hervorhebung 

der Schrift wurde eine ver- 

größerte Pnotographie der Schrift 
in die Komposition eingebaut. Die 

Schrift springt auf diese Weise 

stark hervor. 


Die Schrift wurde für sich photo- 
graphiert und bei der Vergröße- 
rung in das Materialphoto ein- 
belichtet, 


- 


Die Hilfsmittel, die man dazu braucht, sind 
billig zu beschaffen: einige Sätze Buch- 
staben verschiedener Größe und Schrifttype, 
einige größere Glasplatten, Papiere für den 
Untergrund in verschiedenen Grautónen, 
einige Klötze und Würfel zum Bauen, eine 
kleine Bogenlampe oder einen Linsenschein- 
werfer zum Erzielen scharfer Schatten, vor 
allen Dingen aber Ideen, um .interessante 
Lösungen zu finden und sie ins Photo- 
graphische umsetzen zu können. Einwand- 
freie Beherrschung der Technik, Komposi- 
tionsgabe und Geschmack, schließlich noch 
die Fähigkeit, sich mit einer Materie längere 
Zeit intensiv zu beschättigen und auch 
werbetechnische Forderungen berücksich- 
tigen zu können, sind allerdings Voraus- 
setzung. 


Heinrich Freytag, Weimar, ,, EBt Obst!“. 


Eine eigenartige Lósung der Beschriftung. Durch die un- 
regelmäßigen, aus Apfelsinenschale geformten Buchstaben 
soll der Entwurf lustig und spielerisch wirken. Der Be- 
schauer wird angeregt, selbst aus Apfelsinenschale 
Figuren zu formen. 


Bildreporter und was dazugehórt 


ill. Dinge, die man kennen muB 


Mir sind zwei Fernauslósevorrichtungen bekannt: Die 
eine gestattet Fernauslósung und Fernaufzug für 
Bildtransport und Verschluß der Leica (hergestellt 
Giebmans, Berlin, Güntzelstraße 9), die andere ist für 
jede Kamera mit Compur-Verschluf verwendbar, er- 
möglicht auch gleichzeitiges Auslösen von Kamera- 
verschluß und Blitzlicht (auch Vacu), beschränkt sich 
jedoch auf eine einzige Aufnahme. Fernaufzug für 
mehrere Aufnahmen von der gleichen Stelle aus ist mit 
dieser Einrichtung nicht möglich, und man muß des- 
halb nach der ersten Aufnahme zur Kamera hingehen, 
den Verschluß neu aufziehen und auch den Film 
weiterdrehen. (Diese Einrichtung wird von der 
Firma Dr. Carl Weber, Kiel, Hospitalstraße 4, ge- 
baut.) Die erste Konstruktion arbeitet mit zwei 
Schnurzügen, und zwar löst man mit dem einen den 
Verschluß aus; der andere ist auf eine Trommel ge- 
wickelt, die Trommel ihrerseits auf dem Transport- 
knopf der Leica befestigt — zieht man an dieser 
Schnur, so läuft sie von der Trommel ab, dreht den 
Transportknopf und zieht auch gleichzeitig den Ver- 
schluß wieder auf. Die zweite Konstruktion arbeitet 
mit elektrischer Auslösung, Taschenlampenbatterie 
und beliebig langem Kabel (siehe Abb. S.126). Je 
nach der Art der Aufnahmen wird man sich des 
einen oder des anderen Hilfsgerátes bedienen. 

Für die Dunkelkammer noch zwei Tips: Als Ver- 
größerungsgerät für alle vorkommenden Arbeiten 
genügt ein gewöhnlicher Kleinbildapparat jeder be- 
liebigen Firma; da aber gelegentlich auch Reproduk- 
tionen zu machen sind, habe ich mich für den Valoy 
von Leitz entschieden. Mit diesem Apparat, bei dem 


(Schluß aus Heft 10) 


übrigens das Leica-Objektiv verwendet werden kann, 
reproduziert man auf gewöhnlichen Positivfilm, wenn 
es sich um Strichzeichnungen handelt, oder auf Agfa- 
Dup-Film, wenn Halbtonvorlagen ohne Zeichnungs- 
verlust und ohne Gradationsänderung wiedergegeben 
werden müssen. Es ist erstaunlich, die Leistungsfähig- 
keit dieses Apparates zu kontrollieren: Reproduk- 
tionen von 30—40 cm auf Leica-Format und ein neues 
Positiv wiederum auf 30-40 cm oder sogar noch 
mehr werden anstandslos bewältigt. Diese Methode 
sei hier kurz wiedergegeben. 

Rechts und links neben den Valoy kommen zwei 
Heimlampen mit je einer 75- oder 100 - Watt-Birne; 
nimmt man vom Valoy die Haube ab, so kann man 
das zu reproduzierende Bild im Kondensor sehen 
und durch Verschieben der Lampen richtig aus- 
leuchten (wichtig bei Hochglanz!) Hat man den 
Leica - Negativhalter in den Valoy eingeschoben, so 
stellt man zunächst roh nach diesem Halter die un- 
gefähre Bildgröße ein (Licht jetzt aus der Haube), 
dann schiebt man irgendein altes Negativ in den 
Halter und stellt (immer noch Licht aus der Haube) 
mit Hilfe des Akriskops scharf ein. 

Das Akriskop, von der Firma Graßmann in Berlin- 
Halensee gebaut, ist eigentlich das wichtigste Hilfs- 
gerät für Vergrößerungen und Reproduktionen, das 
es überhaupt gibt: Man stellt mit ihm nàmlich auf 
das Silberkorn der Negativemulsion scharf ein. Fin 
Mikroskop vergrößert das Korn so gewaltig, daß die 
Einstellung momentan erfolgen kann, und da das 
negative Bild ja aus einer Menge von Silberkörnern 
besteht, so ist eine schärfere Einstellung als auf das 


139 


einzelne Korn überhaupt nicht möglich. Durch dieses 
Instrument, das obendrein auch Zeit sparen hilft, ist 
nicht nur allerschárfste Einstellung auch bei ganz 
großen Vergrößerungen und besonders bei über- 
belichteten Negativen moglich, sondern vor allen 
Dingen kann man immer, bei Vergrößerungen wie 
bei Reproduktionen, mit der vollen Objektivöffnung 
arbeiten. 

Hat man nunmehr das Negativ auf der zu reprodu- 
zierenden Vorlage scharf eingestellt, so löscht man 
das Haubenlicht, legt ein Filmstück von etwa 7 cm 
Länge auf den Negativhalter, bedeckt es mit einem 
Streifen schwarzen Papiers, läßt den Kondensor herab 


»ochlagwetter... ." 


21. Oktober 1930. 95 Uhr morgens. Der Fernsprecher 
rasselt. ,Alsdorf bei Aachen schweres Bergwerks- 
unglück. Fórderturm und umliegende Gebäude ein 
Trümmerhaufen.^ So die kurze Meldung. 

Ein Blick auf die Landkarte ist das Nächste Ergeb- 
nis: Entfernung 80 km. Kamera fertigmachen und іп 
Windeseile aufs Motorrad! Ein letzter Blick auf die 
große Uhr an der Ausfahrt des Verlags: οὗ” Uhr! In 
rasender Eile führt der Weg durch die Stadt. Vor- 
übergehende bleiben stehen: „Diese Motorradfahrer!“ 
Alles hilft nichts, ich muß durch. Die letzten Worte, 
die man mir nachrief: „Versuchen Sie, so schnell wie 
móglich zu liefern." 

Na, meine Sporimaschine — immerhin 22 PS — wird 
B schon schaffen. go, zeitweise 100 km zeigt die 

hr. 

Ich jage an den Ortschaften vorüber. Bereits hinter 
Jülich sehe ich Menschen beisammenstehen, ernste 
Gesichter. Sie deuten weiter den Weg. Ап den 
ersten, düster dreinschauenden Fórdertürmen geht es 
schnell vorüber. Die Straße wird belebter. Wagen 
mit Leuten vom Sanitätsdienst, Ärzten und auch schon 


und belichtet nunmehr mit den seitlichen Lampen. 
Positivfilm wird man in Hydrochinon-Pottasche ent- 
wickeln, damit er moglichst hart und kontrastreich 
deckt; Dup-Film dagegen in Ausgleich - Feinkorn- 
entwickler 10 Minuten lang bei 21—22° C. (Sehr 
praktisch, die leere Correx- Dose dazu zu benutzen. 
weil man dann ruhig weiterarbeiten kann; Einguß- 
öffnung durch Korken verschließen.) 
Wer noch ein übriges tun will, schaffe sich eine gute, 
indirekt beheizte Hochglanzpresse an: Damit ist 
er in der Lage, auch sehr rasche Aufträge schnell 
ausführen zu können. 

Walter Stölting. 


Düstere Stunden auch für den Pressephotographen 


Wagen mit Verwundeten kommen mir entgegen, und 
dann — Alsdorf selbst. 

Schaurig. Nie wird man den Eindruck vergessen. 
Vor dem Verwaltungsgebáude drängen sich die 
Menschen. Gerettete, noch eben dem Tode, einem 
schrecklichen Tode entronnen, berichten der auf- 
geregten Menge von den letzten Stunden. Die Leute 
sind selbst zum Teil verwundet, und gespenstisch hebt 
sich das Weiß der Verbände von den rußschwarzen 
Gesichtern ab. 

Ich muß weiter. Noch etwa τοοο m und die eigent- 
liche Unglücksstátte liegt vor mir. Ein furchtbares 
Durcheinander. Absperrung gibt es noch nicht. 
Weinende Frauen und Kinder stehen verzweifelt vor 
dem fast unübersehbaren Trümmerfeld. In fieber- 
hafter Eile arbeiten die Rettungsmannschaften. Gern 
möchte ich helfen, retten, was noch zu retten ist. 
Aber in Köln erwartet man mich. 

Schnell eine Reihe der wichtigsten Aufaahmen und 
dann zurück. Unterwegs kommen mir die ersten 
Kólner Kollegen entgegen. Ein beruhigendes Gefühl: 
Ich habe fast zwei Stunden Vorsprung. 12% Uhr bin 


Foto Helmut Koch (Westbild). Die ersten beiden wenige Stunden nach dem Unglück veröffentlichten Aufnahmen. 


140 


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ich wieder im Verlag, vor dem sich die Menschen 
drángen, um die neuesten Meldungen zu lesen. 

1419 Uhr laufen die Rotationsmaschinen. Meine Bilder 
werden in Zehntausenden von Exemplaren gedruckt; 
der Leser kann sich ein Bild von der fürchterlichen 
Verwüstung machen. Ich selbst bin aber schon wieder 
auf dem Wege nach Alsdorf. Eine Anzahl von Tele- 
grammen, meist aus dem Ausland, verlangen Erst- 
rechtbilder, und so darf nicht gezógert werden. 
Riesige Uberwindung gehórt dazu, all dieses Elend 
auf der Platte festzuhalten. Herzzerreißende Szenen 
spielen sich ab. Täglich kommen mehr Presseleute 
aus ganz Europa. Aber die Arbeit wird uns immer 
mehr erschwert. Die Grubenverwaltung gibt keine 
Auskünfte mehr, läßt die Bildberichterstatter gar nicht 
mehr zur Unglücksstelle. 

Wie ist daran zu kommen? Um die Lösung dieser 
Frage kreisen die Gedanken, denen die ganze 
Atmosphäre der Unglücksstätte und herbstliches 
Schmutzwetter doppelte Schwere aufdrückt. Im Als- 
dorfer Beamtenkasino sitzen die Sanitatsmannschafien, 
müde von der übermenschlichen Anstrengung der 
letzten Tage, und verzehren mechanisch ihr Mittags- 
mahl. Könnte man doch wie sie die Absperrung 
passieren! Kaum ist der Gedanke gefaßt, als ihm 
bereits der Schritt zur Durchführung folgt. Schnell 
ist mit einem dieser jungen Leute die Freundschaft 


Am Eingang zum Unglücksschacht 
Ein junger Mann hat über die Ungewißheit des Schicksals seines 


Vaters die Nerven verloren und versucht in das Verwaltungsgebäude 
einzudringen (rechts) 


hergestellt. Eine ziemliche Überredungskunst gehört 
wohl zu meinem Plan. Aber er gelingt. Als Sanitäter, 
mit der Leica in der Tasche, passiere ich, wenn auch 
klopfenden Herzens, die Absperrkette. Was ich nun 
gesehen habe, läßt sich in Worten nicht schildern. 
Einige Photos, die ich gemacht habe, konnten aus 
leicht erklärlichen Gründen nicht veröffentlicht werden. 
Am Schachteingang brachte man noch dauernd Tote 
ans Tageslicht. In der Waschkaue lagen aufgebahrt 
über 200 tote Knappen, ein unvergeßliches Bild. Wer 
ahnte, daß es gar 274 werden sollten? 

Wenn ich auch photographisch nicht viel erreichte, 
einige neue Aufnahmen konnten doch als Erfolg ge- 
bucht werden. 


‘sess e o ш 1.1... 


Aufregende Tage fanden mit der 
Beisetzung der ums Leben ge- 
kommenen deutschen Brüder ihren 
Abschluß. Lange noch haben mich 
die Eindrücke an Alsdorf erinnert; 
gerade hier ist es mir deutlich zum 
Bewußtsein gekommen, daß unser 
schöner, vielseitiger und inter- 
essanter Beruf auch seine Schatten- 
seiten hat. Man wünscht nur von 
Herzen, daß solche traurigen Er- 
eignisse zu den Seltenheiten des 
Berufslebens gehören, an dem man 
nun einmal mit Leib und Seele 
hängt. Helmut Koch. 


141 


Zur Meinungsverschiedenheit über Tiefenschárfe und dem Artikel „Theater- 


photographie" in Heft 9 


Zu diesem Aufsatz sind uns leider bisher nur Schreiben von zwei 
Wissenschaftlern zugegangen, welche ausführen, daß die Anweisungen 
des Verfassers, soweit sie die Tiefenschärfe bei Vergrößerungen be- 
handeln, unrichtig sind Da Herr von Blücher uns schon bei der 
Einreichung darüber unterrichtete, daß er hier Theorie und Praxis 
nicht in Einklang gebracht hat, um eine Diskussion über die prak- 
tische Brauchbarkeit der Tiefenschärfenformel in der Kleinbildphoto- 
graphie anzuregen, geben wir ihm nochmals Gelegenheit, sich zu 
diesem Punkt zu äußern. (D. Red.) 


Meine Ausführungen über Tiefenschárfe haben leider 
bisher noch zu keinem Meinungsaustausch über die 
Tiefenschärfeausnutzung in der Praxis geführt, wie 
ich es erhoffte. Gegen die Tiefenschärfenformel kann 
und will ich nicht angehen. Sie beweist klar und 
deutlich, daß die Schárfenzone mit dem Quadrat der 
Brennweite abnimmt, und auch für denjenigen, der 
sich mit Algebra nicht abgeben mag, ist es klar, daß 
ein Objektiv mit o langer Brennweite einen Zer- 
streuungskreis vom Blendendurchmesser besitzt und 
mithin kein scharfes Bild im Endlichen ergeben kann. 
Die mathematische Tiefenschärfenformel ist aber, eben- 
so wie alle Tiefenschárfentabellen, für die Bühnen- 
photographie, und nur von dieser soll ja gesprochen 
werden, nicht ohne Kommentar verwendbar, es sei 
denn, daß es sich um die Aufnahme einzelner Figuren 
handelt, also um Portrátphotographie auf der Bühne. 
Hier erhalte ich in der Vergrößerung doppelte Tiefen- 
schürfe bei Verwendung des Objektivs halber Brenn- 
weite!) Praktisch ist die mit der kürzeren Brenn- 
weite aufgenommene und doppelt so stark vergróferte 
Aufnahme minderwertig. Nun kommt es aber bei 
Bühnenbildern selten auf die Tiefenschärfe in Richtung 
der Objektivachse an, die bei Varietéaufnahmen sogar 
oft stórt, da sie abgetretene Artisten mit auf das Bild 
bringt, sondern auf den Verlauf der Tiefenschärfe 
nach der Seite des Bühnenbildes. (Abb) Die Zone 
größterSchärfe verläuft im Kreisbogen um das Objektiv 


1) Der „Große David* schreibt dazu in der neuesten Auflage 5.07: 
„Man bemerkt bei Porträtaufnahmen (mit kurzer Brennweite) häufig 
das rasche Nachlassen der Schärfe nach rückwärts. Damit die Un- 
schärfe nicht störend wird, benutzt man für solche Aufnahmen zweck- 
mäßig Objektive mit langer Brennweite Man erhält 
dann schon ohne Abblendung eine größere Tiefenschärfe.“ 


Verschiedenes 


Schaltskizze für Kofferlampe 110/220 Volt (siehe 
Heft 10, S. 126) 


Die Anordnung ist ohne weiteres klar: Kommt der 
Zweibeinstecker direkt in die zwei unteren Buchsen 
der Dreipol - Steckdose, so liegen beide Birnen in 
Hintereinanderschaltung, können also mit 220 Volt 
gebrannt werden; wird der Zweibeinstecker jedoch 
in die Zweipol - Kupplung des Zwischenstückes ge- 
steckt und jetzt der Dreibeinstecker in die Dreipol- 
Steckdose, dann liegen die Birnen in Parallelschaltung 
цас, dürfen nicht höher als mit 110 Volt belastet 
werden. 


Dreibein- Zweibein- 


stecker stecker 


Zweipolige 
Kupplung 


Zwischenstück Vom Netz 


(bei 110 Volt Netzspannung) 


Zu beachten ist, daß die Ausführung in der an- 
gegebenen Form (Steckdose am Koffer, Steckerbeine 


142 


herum, das Bühnenbild liegt jedoch auf einer Ebene 
senkrecht zur Objektivachse. Nun ist bei den Ob- 
jektiven verschiedener Brennweite der Bildwinkel 
umgekehrt proportional zur Brennweite und die 
Differenz zwischen der Zone gróBter Schárfe und 
dem Bühnenbild bei dem Objektiv von 5 cm viermal 
so groß wie bei dem Objektiv von 10 cm Breunweite. 
Nehme ich mit beiden Objektiven je ein Bild über 
den ganzen Bildwinkel auf, so haben beide Aufnahmen 


K = Kamera; 
B :- scharf auf- 
zunehmendes 
Bühnenbild; 


F — falsche Ein- 
stellung; 
R == Richtige 
Einstellung. 

οκ Die Schärfen- 
zone ist so ge- 
legt, daß die 
größtmöglich»te 
Blendendlinang 
Verwendung 
finden kann. 


die gleiche Tiefenunschárfe. Hole ich jetzt den mit 
der ro-cm- Optik aufgenommenen Ausschnitt als Ver- 
größerung aus der 5-cm-Aufnahme heraus, so erbalte 
ich doppelte Unschürfe. „Die längste Brennweite, 
welche das gewünschte Bild gerade faßt, ist in der 
Kleinkameraphotographie bei Bühnenaufnahmen die 
günstigste.“ 

Meine Aufsätze sind geschrieben aus dem Bestreben 
heraus, in die Praxis der interessanten Theater- 
photographie einzuführen. Meine praktischen Winke 
gebe ich, unbekümmert darum, ob sie in der Theorie 
anecken, so wie der Photograph sie schnell behalten 
und anwenden kann. F. B. 


an der Zuleitung) den Vorschriften der Elektrizitäts- 
gesellschaften und VDE. entspricht; die Stecker- 
beine müssen versenkt in der Lampe sein, und das 
Leitungsende muß von einer Steckkupplung ver- 
schlossen werden. Diese Art der Ausführung ist 
jedoch nur in der Fabrik möglich. 


Birne 110 Volt Birne 110 Volt 


Dreipolige o 
Steckdose 

(fest am 

Koffer?) 


Weiter ist darauf zu achten, daß die drei Pole von 
Stecker und Dose unbedingt so angeordnet sind, wie 
auf der Skizze angegeben, und nicht im Dreieck; der 
Zweibeinstecker muß sich leicht und bequem in die 
beiden Buchsen rechts und links schieben lassen, 
jedoch darf er nicht versehentlich in die mittlere und 
eine untere Buchse gesteckt werden können. Die 
richtige Ausführung wird als „dreipolige Steckdose 


für Erdleitungsanschluß“ geliefert; die falsche da- 
gegen für Drehstromgeräte. 

An unbekannten Netzen stöpselt man zunächst mit 
dem Zweibeinstecker direkt in den Koffer; brennt 
die Lampe jetzt dunkelrot, so wird das Zwischen- 
stück zwischengeschaltet. Stölting. 


Von unseren Bildern 


Kinderaufnahmen im Atelier führen selten zu be- 
friedigendem Ergebnis. Die ungewohnte Umgebung 
und sonstigen Vorbereitungen machen die Kleinen 
befangen, wodurch gerade das, was den Reiz solcher 
Bilder ausmacht, verlorengeht. Außerdem muß 
auch die Geduld des Photographen bei diesen Auf- 
nahmen unerschöpflich sein. Die Bilder, welche 
Hedda Walther und Nicolai hier zeigen. wirken un- 
gezwungen, frisch und durch die Beleuchtung so an- 
ziehend, daß jede Mutter sie dankbar hinnehmen 
würde. Sie weisen auf einen Weg, den der zeit- 
gerechte Photograph heute gehen muß. Auch die 
äußerst lebendigen Pressebilder der letzten Hefte und 
die vorliegenden vom Erntefest. Sport und Theater 
darf der Porträtphotograph nicht mehr übersehen, 
besonders dann nicht, wenn sie auch den Gesichts- 
ausdruck erkennen lassen. in der Bewegung und im 
Licht natürlich und als Bilder klar und abschließend 
wirken. Der Satz: Der Geschmack des Pressephotos 
ist der Geschmack der Allgemeinheit, hat schon 
seine Richtigkeit. 


Mitteilungen des Reichsverbandes Deut- 
scher Bildberichterstatter 


Aus der Organisation 


Die Besprechung zwischen den Vorständen des 
Reichsverbandes der Deutschen Presse und des RDB. 
bezüglich der Eingliederung der RDB. - Mitglieder in 
den Reichsverband der Deutschen Presse auf Grund 
des Schriftleitergesetzes haben zu der Feststellung 
geführt, daß eine geschlossene Überführung des ge- 
samten RDB. nicht möglich ist. Der Vorstand des 
Reichsverbandes der Deutschen Presse muß sich viel- 
mehr in jedem einzelnen Falle eine besondere Ent- 
scheidung vorbehalten. auf Grund der Nachprüfungen, 
inwieweit der Betreffende den behördlichen Be- 
stimmungen auf Grund des Schriftleitergesetzes ent- 
spricht. Der Reichsverband Deutscher Bildbericht- 
erstatter hat daher neue Fragebogen versandt, die 
von iedem schnellstens ausgefüllt zurückzusenden 
sind, da diese Unterlagen für die bevorstehende An- 
legung der Berufslisten dringend erforderlich sind. 
Die schnellste Rücksendung der Fragebogen liegt 
also in eigenstem Interesse der Bildberichterstatter, 
damit ihnen keine Schwierigkeiten erwachsen, wenn 
mit Durchführungsbestimmungen das Schriftleiter- 
gesetz in Kraft tritt. 


Ein gutes Vorbild 


Oft genug noch begegnen die Bildberichterstatter bei 
ihrer Betätigung Instanzen, die wenig Verständnis 
für die Bedürfnisse der modernen Bildbericht- 
erstattung haben. Um so freudiger registrieren wir 
diejenigen Fälle, in welchen den Bildberichterstattern 
jede erdenkliche Unterstützung zuteil wird. So hat 
z. B. die Direktion des Wintergartens in Berlin am 
Donnerstag, dem 9. November, während der Abend- 
vorstellung die gesamte Anlage des Wintergartens 
den Bildberichterstattern zur Betätigung freigegeben. 
Die Mitglieder des RDB. durften sich überall frei 
bewegen, ja sie konnten sogar nach Belieben wäh- 
rend der Vorstellung auf die Bühne gehen. Die 
Direktion des Wintergartens verfolgte dabei den 


Zweck, den Bildberichterstattern unter Beweis zu 
stellen, wie günstig die Lichtverhültnisse in diesem 
Varieté sind. 

Wir hoffen, daB die bessere Erkenntnis der Dinge in 
immer weitere Kreise dringen möge, damit die Bild- 
berichterstatter stets da sein können, wo sie sein 
müssen, um als Chronisten der Zeit lebendige Be- 
richte durch das Bild liefern zu konnen. Die Bild- 
berichterstatter gehóren nun einmal, wenn sie mit 
ihren Aufnahmen die Öffentlichkeit geistig beein- 
flussen sollen. in die vorderste Reihe und an die 
günstigsten Plätze. In der Ausstellung „Die Kamera“ 
hat der RDB. auch auf einer besonderen Tafel diese 
Notwendiskeit unter Beweis gestellt. durch verschie- 
dene Bildberichte von ein und demselben Ereignis, 
nämlich von dem Standnunkt, der bedauerlicher- 
weise den Bildberichterstattern vorseschrieben war. 
und zum anderen Male Bilder. die Berufsangehörige. 
die sich vom Standolatz entfernten, sozusagen auf 
verbotenem Wege sich verschafften. Der Direktion 
des Wintergartens sei an dieser Stelle nochmals ge- 
dankt. denen aber. die noch gewisse Redenen heben. 
Ahnliches zu gestalten, gilt unsere Bitte: ,, Mehr Ver- 
ständnis für die Bildberichterstatter!“ 


Löschuna der Eintragung von Bildberichterstattern 
in der Handwerkerrolle 


Nach dem auf Grund des Kammergerichtsurteils vom 
Jahre 1929 den Bildberichterstattern seitens der Photo- 
graphen-Zwangsinnungen his zum Ablauf des vorigen 
Jahres nur wenig Schwierigkeiten gemacht wurden, 
haben die Innungshestrehungen. die  Bildbericht- 


-erstatter zur Pfichtmitgliedschaft heranzuziehen, An- 


fang dieses Jahres wieder in verstärktem Maße ein- 
gesetzt. Die Innungen slaubten auf Grund der Neu- 
ordnung der Dinge im Rahmen des ständischen Auf- 
baues die Bildherichterstatter für sich in Anspruch 
nehmen zu müssen. Dieser Standnunkt war aber 
absolut nicht zeitgemäß und infolgedessen völlig un- 
haltbar seworden. Durch das Schriftleitergesetz ist 
diese iahrelange Streitfrage eindeutig entschieden. 
Daher hat der Bezirksausschuß zu Berlin, Abt. I. in 
zwei Terminen am 17. November in Sachen der Bild- 
berichterstatterfirmen Alfred Groß. Berlin, und Ro- 
bert Sennecke, Berlin, entschieden. daß den An- 
sprüchen der vorgenannten auf Löschung in der 
Handwerkerrolle stattzugeben ist. Der Standpunkt 
der Handwerkskammer, der sich auf die Innung 
stützte, ist abgewiesen, und die Handwerkskammer 
hat die entstandenen Kosten von je 500 R) zu zahlen. 


i Eine Wanderausstellung der Bildberichterstattung 


Da die Schau der Bildberichterstatter auf der Aus- 
stellung „Die Kamera“ besonderen Anklang gefunden 
hat und die Tafeln mit den Bildberichten ständig 
vom Publikum förmlich belagert wurden, trägt sich 
das Reichsministerium für Volksaufklärung und Pro- 
paganda mit der Absicht, die auf der Ausstellung 
„Die Kamera“ von den Bildberichterstattern ge- 
zeigten Themen in einer Wanderausstellung durch 
etwa 12—15 Großstädte im Reich zu führen, wobei 
außerdem die 16 Großphotos aus der nationalsozia- 
listischen Bewegung, die von Bildberichterstattern 
angefertigte Aufnahmen zeigten, dem Ganzen einen 
besonders würdigen Rahmen geben sollen. Auf An- 
weisung des Propagandaministeriums wurden dic 
Tafeln zunächst auf dem Messegelände in besondere 
Verwahrung genommen, bis weitere Dispositionen 
getroffen werden kónnen. Als erste Stadt für die 
Wanderausstellung ist Königsberg i. Pr. in Aussicht 
genommen, der wohl Danzig, Stettin, Breslau, 
Dresden, Leipzig usw. folgen werden. 


143 


Die Photoindustrie auf der Ausstellung „Die Kamera" 


Außerst glänzend, wie zuvor auf keiner Photoschau 
in Berlin, hob sich die Gruppe der Photoindustrie 
heraus. Die verschiedentlichen Apparate und Ge- 
brauchsgegenstände waren nicht nur vorzüglich zur 
Auslage gebracht, sondern es fanden auch allerlei be- 
lehrende Vorführungen statt. Wir wurden über alle 
wesentlichen Fortschritte, über die Entstehung und 
rationelle Benutzung der verschiedentlichen Werk- 
zeuge sowie über die Erzielung mustergültiger Ne- 
gativ- und Positivbilder unterrichtet. 

Die Agfa zeigte neben ihren bekannten Erzeugnissen, 
schónen Dias und Farbenphotos, ein Modell ihrer 
groBartigen Fabrikanlagen in Wolfen. Ferner wurde 
die maschinelle Linsenherstellung vorgeführt. Außerst 
instruktiv sind die Vergleichsreihen von Bildern in 
verschiedenen Kopierverfahren und Tönungen. Die 
Osram veranschaulichte mit ihren Nitraphot-Auf- 
nahmelampen am lebenden Modell vorbildlich richtige 
und falsche Beleuchtung. In der sehr reichhaltigen 
Kodak- Ausstellung sei neben den Bildbelegen der 
Filme und Papiere bekannten hohen Qualitätsstandes 
vor allem auf die neue wohlfeile, dabei äußerst pra- 
zise gearbeitete Rollfilm-Springkamera „Vollenda 620“ 
hingewiesen. Interessant war auch die historische 
Sammlung der Kodak, ein Vergleich der ältesten mit 
den neuen, wesentlich vervollkommneten Kamera- 
typen. Von den Leitz-Werken sahen wir natürlich 
die weltbekannten Leica-Kameras, dazu diverse Optik, 
Vergrößerungsapparate und anderes Zubehör. Nicht 
übergangen sei die herrliche Sammlung Dr. Wolffs 
von interessanten Vergrößerungen auf Bromsilber- 
papier nach kleinen Leica-Negativen. In dem großen 
Stand von Zeiss Ikon fiel der Blick zunächst auf die 
bewährte Contax- Kamera und die hohen Bild- 
leistungen des Pernox - Films. Sehr sehenswert war 
die Sonderausstellung über die Entwicklung des 
Kamerabaues. Die Stücke sind dem Zeiss Ikon- 
Museum entnommen. Die Trockenplatten- und Film- 
fabrik Otto Perutz zeigte an Vergleichsaufnahmen 
einer Fruchtschale die großen Vorzüge ihres pan- 
chromatischen Materials. Der gute Ruf der Dr. C. 
Schleußner- Fabrikate bekundet sich wieder in den 
neuen höchstempfindlichen Platten und Filmen 


\ 


' 
. 


uf 
uk VERLAG WILHELM KNAPP + HALLE /SAALE uh 


Der diesjährige Weihnachtsprospekt des bekannten 
Spezialverlages für Photographie und Kinematographie 
Wilhelm Knapp, Halle (Saale), liegt der Gesamtauflage 
dieses Heftes bei. Wir empfehlen ihn unseren Lesern 
zur gefl. Beachtung. 


144 


(Tempo Rot26 usw.). Gevaert kam unter anderem 
mit einer bewundernswerten Serie von Bildern auf 
seinem Gevaluxe-Papier, die sich durch ihre samtenen 
Tiefen, ihre plastische Wirkung auffallend heraus- 
heben. Ebner, Stuttgart, war mit seiner form- 
schónen Springkamera, Busch mit Objektivtypen 
für Aufnahme, Projektion und Kino, Romain 
Talbot mit seinem Heimkino- Tonansatz und 
seiner Maton-Kamera vertreten. 

Die Askania-Werke brachten noch unter an- 
derem ihre ausgezeichneten Kino-Aufnahmegeräte, 
Siemens & Halske ihren genial angelegten Re- 
produktions-Automaten für schnelle Herstellung von 
Bromsilberbildern, die Fotokopist-Ges. ihren 
bekannten Kopierapparat, Fiedler, Freudenstadt, 
diverse Beschneidemaschinen, seine anerkannten 
Mati-Kopiergeráte. Weiterhin fanden wir die aus- 
gezeichnete, schnell aufnahmebereite „Rolleiflex“ und 
das Heidoskop von Franke & Heidecke, die 
bewährten Rollfilmkameras der Balda-Werke, 
die universellen Präzisionskameras von Linhof. 
die kompendiösen Spreizen-Klappkameras und Ver- 
groBerungsapparate von Guthe & Thorsch, die 
kleinste Rollfilmkamera ,,Міпі- Ғех< von Kaf- 
tanski, die Springkameras mit Rudolphs Klein- 
bildoptik der Plasmat-Ges, die mannigfachen 
Photogeräte von Kindermann & Co, Photos 
auf Seidenstoffen von Jos. Reichelt, Rollpapier- 
filme von Fischer, Berlin-Lichterfelde. — Von 
großem Umfang waren Voigtländers Dar- 
bietungen. Schon in älterer Zeit waren bekanntlich 
Voigtländers Porträt- und Projektionsobjektive füh- 
rend, daran reihten sich vorzügliche Anastigmate, erst- 
klassige Kameras und später vortreffliche Platten, 
Filme und Papiere. Hier sah man auch Linsenschliff 
und -politur in Betrieb, ferner wurde der Parallaxen- 
ausgleich der neuen Voigtländer - Superb demon- 
striert. Auch das Ihagee-Kamerawerk ist 
sehr vielseitig in praktischen Kameratypen, von 
welchen die neue „Exakta“ besonders hervorgehoben 
sei. Auch Hauffs Erzeugnisse sind weit bekannt; 
neben preisgekrónten Aufnahmen aus Wettbewerben 
in schönen Dias fanden wir noch Hauffs eigenartige 
Blitzlichtpackung, eine Büchse mit Trennraum, in 
der sich nach Hochzug eines Röhrchens das Mischen 
der Pulver bequem vollziehen läßt. Die Pfeil- 
Paviere von Langebartels erfreuen sich seit 
Jahren allgemeiner Anerkennung, die ausgestellten 
Bilder waren von hervorragender Qualität. Auch die 
Byk-Guldenwerke und Lomberg fesselten 
mit ihren prächtigen Bromsilbervergrößerungen und 
Dias nach dem best eingeführten Negativmaterial. 
Herzogs Platten und Filme stellen hochwertige 
Produkte dar: die neuerliche Vervollkommnung des 
Duxochrom-Verfahrens belegen Farbenphotos ver- 
schiedentlichen Bildgenres. Höchst beachtenswerte 
Ausstellungen von Vergrößerungsapparaten boten 
ferner die Spezialfabrik Müller & Wetzig su- 
wie Andreas Veigel. Die Astro-Gesell- 
schaft hatte ihre wertvollen lichtstarken Objektive 
usw. ausgelegt. Recht zahlreich ist die Heimlampen- 
Industrie vertreten, wir nennen hier nur die AEG. 
Siemens & Halske, Efa, dann die uns lang 
vertrauten Atelierlampen von Weinert und der 
Jupiter-Gesellschaft. Selbstredend fanden 
wir in verschiedenen Ständen auch die jetzt so 
stark begehrten Belichtungsmesser verschiedenster 
Systeme vor (Lios, Ombrux, Fokuskop. 
Metrophot usw.). 

Der Raum gestattet leider nicht, auf sämtliche Aus- 
lagen der Industriehallen näher einzugehen, wir be- 
halten uns aber vor, auf Einzelheiten dieser so reich 
beschickten Ausstellung in späteren Artikeln zurück- 
zukommen. Р.Н. 


HAHN-HAHN, BERLIN (DEGEPHOT) EIN WEIHNACHTSBILDNI: 


UNTER DEM CHRISTBAUM 


HAHN-HAHN, BERLIN (DEGEPHOT) 


Wohin steuert die Bildnisphotographie? 


Die Entwicklung der Bildnisphotographie weist von 
jeher die große Hemmung auf, daß sie größtenteils 
von dem persónlichen Geschmack und der Eitelkeit 
des Abzubildenden abhängig ist. Sie hatte bisher, im 
Gegensatz zu anderen Zweigen der Photographie, 
eine Stärke für sich, daß sich der Berufsphotograph 
mit ihr, als der Haupttrügerin seines Verdienstes, ein- 
gehend und immerwährend beschäftigen mußte. 
Wir kennen heute alle die Entwicklungen: von der 
sachlich einfachen Daguerreotypie ging es über das 
erste Aufflammen malerischer Ausdrucksformen zur 
großen gewerblichen Ausnutzung mit vielen minder- 
wertigen Erscheinungen. Eine Revolution setzte um 
die Jahrhundertwende ein, man besann sich auf wirk- 
lich photographische Werte und ging dabei den Weg 
zum Malerischen. Er mußte gegangen werden. Und 
er hat uns viel Gutes beschert. Die sachlichen Strö- 
mungen der letzten Jahre haben dann naturgemäß 
wenig Einfluß auf die Bildnisphotographie gehabt, 
weil man nicht sachlich darstellen kann, wenn das 
Geschatt auf der Freude des Kunden ап seiner 
äußeren Erscheinung beruht. Das durtten nur solche 
Fhotographen, deren Kundenkreis über persönliche 
Eitelkeit erhaben ist, oder solche, die vollkommen 
unabhängig von der Meinung das Dargestellten ihre 
Bildnisse schufen. 

Nun war zunächst eines klar: Dem Kunden mußte 
etwas Neues und anderes geboten werden, wenn man 
die Bildnisphotographie wieder beleben wollte. Denn 
unterdessen war es aus der Mode gekommen, sich 
beim berutsphotographen porträtieren zu lassen. Die 
Amateurphotographie betriedigte das Verlangen nach 
Bildern genügend, und hier war man durch die Freude, 
eigene Frodukte vor sich zu haben, selbst mit unvor- 
teilhaften und technisch schlechten Bildern durchaus 
zutrieden. Nun suchte der Berutsphotograph also 
nach neuen bildwirkungen tür seine Bildnisphoto- 
graphie. Eine Schwesterkunst, jünger als die rhoto- 
graphie, der Film, hatte in viel größerem Maßstabe, 
als es der Photographie bisher möglich war, der 
großen Masse photographische Bildausdrücke ver- 
mittelt. Er hatte es auch geschickter als die Photo- 
graphie verstanden, den Geschmack des Publikums 
zu treffen und immer neu anzuregen und um- 
zuformen. Und nun wirkte er über das Publikum, 
das verlangte, so abgebildet zu werden, wie es seine 
gefeierten Filmstars sah, wieder auf die Geschmacks- 
bildung in der Bildnisphotographie. Die Hautlosig- 
keit — entstanden durch das starke Schminken, die 
unwirklichste Gegenlichtbeleuchtung, ein lange Zeit 
unentbehrliches Mittel des Films, die sentimentale 
und kitschige Pose wurden Trumpf und sind es in 
der Photographie vielfach heute noch, während der 
Film schon längst mit geschmacklich besseren Mitteln 


arbeitet. 


Andererseits hat man auch versucht, das neue „sach- 
liche“ Sehen auf die Bildnisphotographie zu über- 
tragen. Es haben aber tatsächlich wenige nur Bild- 
nisse in diesem Sinne geschaffen. Viele haben sich 
einzelne Teile ausgeborgt: da eine neue Perspektive, 
dort eine neue Raumverteilung. Und meist hat man 
über alledem vergessen, das viel wichtiger als eine 
gute bildmäßige Wirkung der wirkliche Zweck des 
Bildnisses ist: einen Menschen charakteristisch zu er- 
fassen und wiederzugeben. 
Langsam fängt man jetzt an, aufzuráumen mit den 
Gegenlichtern, den Beleuchtungskunststückchen, den 
Porzellankópfen und den unwirklichen Posen. Auch 
der allzu knappe Ausschnitt hat sich zu sehr als 
billige Verlegenheitslósung entpuppt. In vielen Fällen 
kann man Menschen nicht durch die alleinige Ab- 
bildung des Kopfes charakterisieren, meistens muß 
das Verhältnis des Kopfes zum Körper mindestens 
angedeutet werden. Und aus der Fülle der Beleuch- 
tungsmöglichkeiten, die uns das Halbwattlicht be- 
schert hat, kristallisieren sich einige heraus, ähnlich. 
wie wir gewohnt sind, die Gesichter unserer Mit- 
menschen zu sehen: die Beleuchtungen also, die un- 
gefähr dem zerstreuten Tageslicht und Kunstlicht 
gleichen. Alle die raffinierten und süßlichen Be- 
leuchtungen müßten wegen ihrer Unwirklichkeit ver- 
schwinden. 
Die neuartigen panchromatischen Schichten ver- 
pflichten uns geradezu zu einer echten und lebendigen 
Wiedergabe der Hautoberfläche. Durch ihre hohe 
Empfindlichkeit kónnen wir Lichtquellen verwenden, 
die unser Modell nicht durch allzu starke Helligkeit 
storen. Die kleinen beweglichen Lichtquellen ermóg- 
lichen sorgtältigste Beobachtung des Abzubildenden 
im Zusammenspiel der verschiedenen Beleuchtungs- 
und Haltungsmoglichkeiten. Die Kleinbildphoto- 
graphie läßt eine größere Reibe von Aufnahmen 
finanziell tragbar erscheinen. Sic weist uns im 
schnellen Wechsel der lichtempfindlichen Schicht zur 
Serienbildung von Bildnisaufnahmen bei verschiedenem 
Ausdruck, anderer Beleuchtung, veränderter Haltung 
hin. Die optischen Vorteile ihrer kurzen Brennweite 
erlauben verhältnismäßig kurze Momentaufnahmen. 
Und nun schauen wir nochmals zurück! Betrachten 
wir die Meisterwerke eines David Octavian Hill! 
Überlegen wir uns seinen mühseligen Arbeitsgang, 
seine primitiven technischen Hilfsmittel, seine un- 
glaublich langen Belichtungszeiten! Betrachten wir 
die subtile Feinheit einer Daguerreotypie! Und sehen 
wir unsere heutigen technischen Hilfsmittel an, über- 
schauen wir alle die neuen Erkenntnisse, die wir aus 
der Entwicklung der Photographie gewonnen haben. 
Dann müssen wir uns klar werden darüber, was wir 
eigentlich heute leisten müßten! 

Heinrich Freytag. 


145 


Ungenutzte Möglichkeiten lichtstärkster Kleinbildkameras 


Mittwoch, den 29. November 1933 nicht , ich brauche für Reklame . . . ., selbst- 
9 Uhr vormittags: r—r—r—ring, Telephon! verständlich bezahle ien = 

„Hier Intendanz des X Theaters! — Wie Sie gewiß 5 Uhr nachmittags: „Sie werden aus M. ver- 
aus den Zeitungen wissen, haben wir übermorgen die langt!“ Hier Stadtrat DO. ! Ich hörte von 


Premiere von . . ., die uns gelieferten Bilder von der 
Hauptprobe sind nicht befriedigend, sie sind für 
unsere Reklame nicht das Richtige. Ware es Ihnen 
möglich, uns mit Ihrer fabelhaften Bühnenkamera 
aus einer großen Verlegenheit zu helfen? Heute 
1/11 Uhr findet die Generalprobe statt. Selbstver- 
ständlich kommen wir für alle Unkosten auf!“ 

10 Uhr vormittags: r—r—r—ring! 

„Hier der Präsident der X-Gesellschaft! Wie ich gestern 
zufällig hörte, besitzen Sie einen photographischen 
Apparat, mit dem Sie bei normalem Rampenlicht un- 
bemerkt Aufnahmen machen kónnen. Würden Sie 
so liebenswürdig sein, bei unserem heutigen Konzert, 
zu dem wir die weltberühmte Sängerin . . . gewonnen 
haben, einige Aufnahmen zu machen? Uns liegt außer- 
ordentlich viel an solchen Bildern für die künftige 
Propaganda. Selbstverständlich honorieren wir...." 


3Uhrnachmittags: r—r—r—ring! 

»Hier Direktor Z! Verehrter Herr H., Sie haben doch 
kürzlich so fabelhafte Tanzbilder bei uns gemacht. 
Ich habe für nächsten Monat ein ganz erstklassiges 
Kabarettprogramm zusammengestellt. 


Könnten Sie 


meinem dortigen Kollegen, dafi Sie... Nacht- 
kamera..., wir haben demnächst unser Jubiläum .... 
Festschrift, Postkarten .... würden Sie.... Selbst- 
verständlich vergüten wir... .!“ 
Herrschaften, wenn ich jetzt Berufsphotograph wäre! 
— Gewiß, das geht nicht jeden Tag so, aber immer 
noch öfter, als mir lieb ist, ohne daß ich das geringste 
dazu tue, daß man mir solche Aufträge ins Haus 
bringt. Schließlich habe ich ja meinen Beruf und 
beschäftige mich nur in meiner freien Zeit aus Lieb- 
haberei mit der interessanten Nachtphotographie. Ich 
zeige wohl hier und da meine Aufnahmen, sie ge- 
fallen, besser gesagt sie verblüffen, es spricht sich so 
herum, gerade die zahlungsfähigen Kreise inter- 
essieren sich dafür... ja, und wenn ich eben 
Fachphotograph wäre .., ich könnte jetzt nicht 
klagen. Ich würde jedenfalls nicht resigniert fest- 
stellen: Die Kleinbildkamera verdrängt die Atelier- 
kamera, sie ruiniert das Gewerbe (wie es kürzlich in 
einem Fachblatt zu lesen stand). 
Ich würde mit beiden Händen zugreifen, wenn die 
Neuerung so viel taugt, daß sie dem Alten gefähr- 
lich werden kann, würde nach dem Motto: 

Wenn der Prophet nicht zum Berge kommt 

РАЗУ ‚ raus aus dem Atelier gehen, wenn 

die Kundschaft nicht hereinkommt, würde 

für die nötige (illustrierte) Propaganda 
sorgen, daß ich mit meiner lichtstärksten 

Kamera überall photographieren kann, wo 

es gewünscht wird, und würde mein Ge- 

schäft dabei machen! 

Sie lächeln, meine Herren ...., nur ein 
Amateur „wir wissen das besser“, 
Daran zweifle ich nicht, der „berufene“ 
Photograph muß das besser können! 


AA —— — —— eme A —— — 


Schaufenster dekoration. Weder Sensationen noch „schone 
Bilder“ sollen hier gezeigt werden. Es sind lediglich Anregungen, 
auf welchen Gebieten der Berufsphotograph mit Hilfe licht- 
stärkster Kleinbildkameras sein Geschäft beleben kann. 


Contax- Aufnahme mit Sonnar 1:2 Í 5 om, ½ Sek SS - Film 


Im Theater: Die Aufnahme wurde während der Ouvertüre bei ver 
dunkeltem Zuschauerraum und herabgelassenem Bühnenvorhang 
gemacht. Als Beleuchtung dienten nur die Lampen der Noten 


pulte. Contax- Aufnahme mit Sonnar 1:1,5 (re: hts). Foto Heyne. 


146 


Mit Contax - Sonnar, volle Öffnung, 18 Uhr 


Foto Heyne. 


Aber sollte nicht vielleicht einmal gerade der durch 
rein berufliche Anschauungen und Bindungen Un- 
beeinflußte hinsichtlich der kauf máünnnisch gesehenen 
Entwicklungsmöglichkeiten der Kleinbildphotographie 
einen Fingerzeig geben können? Und weiter wird ja 
mit dem eingangs geschilderten Tatsachenbericht 
nichts bezweckt, als darauf hinzuweisen, daß zur Zeit 
die Nachfrage nach „beweglichen“ Kleinbildfachleuten 
noch größer ist als das Angebot. 

Übrigens haben sich einige wenige Berufsphotographen 
diese Konjunktur bereits zunutze gemacht, und sie 
fahren nicht schlecht dabei. Selbstverständlich wer- 
den sie sich im allgemeinen hüten, ihre Erfahrungen 
(und geschäftlichen Erfolge!) preiszugeben, denn so 
weit geht der Grundsatz: Gemeinnutz geht vor Eigen- 
nutz, nun doch nicht, daß man verpflichtet wäre, sich 
eine Konkurrenz großzuziehen! 

Jedenfalls ist es doch erstaunlich — ja, man möchte 
schon sagen betrüblich —, in welch geringem Um- 
fang sich gerade die Berufsphotographen die gewal- 
tigen Fortschritte unserer deutschen optischen, photo- 
chemischen und Kameraindustrie zunutze machen, 
wie wenig bis heute noch von den vielseitigen Mög- 
lichkeiten Gebrauch gemacht wird, beinahe voll- 
ständig unabhängig von den Lichtverhältnissen photo- 
graphieren zu können. Eine Tatsache, die natürlich 


Nächtliche Schnappschüsse: Auch schnellbewegte Szenen (siehe Rad- 
fahrer) sind mit der Ultralichtstärke durchaus keine Zufallstreffer mehr 


Contax-Aufnahme mit Sonnar 1:15, f = 5 cm, ½ Sek. SS-Film 


auch für die Porträtphotographie von großer Be- 
deutung ist. 


Welches sind eigentlich die Ursachen dafür? 


Um es gleich vorwegzunehmen, der Preis einer solchen 
Ausrüstung kann kein ausschlaggebender Hinderungs- 
grund sein. Die Anschaffungskosten für solche 
Qualitätserzeugnisse, die Leistungen über dem Durch- 
schnitt verbürgen, amortisieren sich sehr schnell, vor 
allem solange die Nachtphotographie noch den Reiz 
der Neuheit besitzt. 

Ferner muß endlich einmal damit aufgeräumt werden, 
daß jeder mehr oder weniger gelungene „Zufalls- 
treffer^ aus dem Theater, Varieté oder von nächt- 
lichen Straßenbildern als außergewöhnliche Leistung 
hingestellt und daß solche Bilder zu „Sensationen“ 
gestempelt werden. Dadurch werden viele ab- 
gehalten, sich mit der interessanten und auch lohnen- 
den Nacht- und Bühnenphotographie zu beschäftigen, 
denn es wird fälschlicherweise der Eindruck erweckt. 
als ob diese Aufnahmen mit besonderen Schwierig- 
keiten verbunden seien. Daß mit lichtstärksten Klein- 
bildkameras ein durchaus planmäßiges und zuver- 
lässiges Arbeiten möglich ist, kann der Verfasser 
durch mehrere tausend Aufnahmen aus dem Gebiet 
der Nacht- und Kunstlichtphotographie, insbesondere 
durch zahlreiche Reihenbilder belegen. 

Lediglich die Tatsache, daß die Mehrzahl der Fach- 
photographen sich bis jetzt aus verschiedenen Grün- 
den davon abhalten ließ, sich selbst einmal praktisch 
mit dem Nachtbildwesen zu befassen, läßt es ver- 
ständlich erscheinen, daß die aussichtsreichen Mög- 
lichkeiten zur Geschäftsbelebung erst von so wenigen 
richtig erkannt und ausgenutzt werden. Andererseits 
ist es wohl erklárlich, daß gerade der Fachmann 
einer solchen Umstellung auf Grund seiner bisherigen 
Erfahrungen etwas skeptisch gegenübersteht, scheint 
doch die moderne Kleinbildkamera, insbesondere 
solche mit dem ultralichtstarken 'Objektiv 1 1,5, die 
gewohnten Begriffe von Tiefenschärfe und Belich- 
tungszeit über den Haufen zu werfen. 

Nun ist aber niemandem damit gedient, wenn auf 
Grund althergebrachter Anschauungen in Wort und 
Schrift — beinahe grundsätzlich — gegen alle Neue- 
rungen Stellung genommen wird. Dem einen paßt 
das ganze Kleinbildformat nicht, der andere spricht 
von ,beleidigendem Schürfenabfall" der lichtstärksten 
Optik, dem dritten ist der Film nicht feinkörnig 
genug, und so wird an allem „herumgemeckert“ 
(übrigens ein überwundener Begriff — im neuen 


147 


Staat wird gehandelt!), ohne selbst eigene Erfahrungen 
zu sammeln. Nach lauter , Wenn" und „Aber“ bleibt 
schließlich alles beim alten und damit auch das alte 
Klagelied vom schlechten Geschäftsgang. (Inzwischen 
macht aber der fortschrittlich eingestellte Neuling 
sein gutes Geschäft!) Nein, meine Herren, mit dieser 
negativen Kritik kommt man nicht weiter! 


Wie ist nun Abhilfe möglich? 


„Der wahre Fachmann muß heute die Veränderung 
seiner Lage erkennen", so schrieb die Schriftleitung 
im Vorwort zum 40. Jahrgang und gab mit der Um- 
stellung vom „Atelier des Photographen" zur „Ge- 
brauchsgraphik“ ein nachahmenswertes Beispiel, wie 
man unter Wahrung guter, alter Tradition den An- 
schluß an die Aufgaben der neuen Zeit herstellt. 

Der Geschmack des Publikums hat sich in gleicher 
Richtung geändert. An Stelle des Idealisierenden im 
Bild ist eine stärkere Realistik getreten, nicht mehr 
die in allen Bildpartien gestochene Schärfe gestellter 
Posen imponiert, das bewegte, lebenswahre Photo 
wird bevorzugt. Diese Wandlung ist zweifellos unter 
dem Einfluß der aber Tausend von Kleinbildkameras 
aller Fabrikate in den Händen der Amateure erfolgt. 
Es soll hier nicht die Frage erörtert werden, ob diese 
Entwicklung als Fortschritt zu begrüßen ist oder 
nicht. Der heutige Geschmack wird ebenfalls kein 
Idealzustand von Dauer bleiben. Er wird auch künftig 
von der technischen Weiterentwicklung beeinflußt 
werden. Jedenfalls kann es sich der Lichtbildner 


unter den heutigen Verhältnissen nicht leisten, zu- 
gleich auch „Geschmacksbildner“ sein zu wollen. 
Gewiß ist er dazu berufen, auftretende Mängel aus- 
zugleichen, in erster Linie gilt es aber jetzt, den An- 
schluß an den einmal vorhandenen Geschmack der 
Kundschaft nicht zu verpassen. 
warten, bis es zu spat ist! 


Also nicht wieder 


Beim Tanz: Trotz voller Öffnung 1:1,5 eine ganz erstaunliche Tiefen- 
schärfe von dem vordersten Tanzpaar bis zur Kapelle. Wer aller- 
dings von den interessierenden Zuschauern vorn rechts bis zu der 
Tante hinten links alles gestochen scharf verlangt, muß eben auf 
solche Schnappschüsse bewegter Szenen verzichten. 
nahme mit Sonnar 1:1,5, f=5cm, !/,, Sek. SS-Film. 


Contax - Auf- 
Foto Heyne. 


148 


Das Photogewerbe hat schon einmal eine große 
Chance vorübergehen lassen. Als die Industrie um 
die Jahrhundertwende Handkameras für den Ama- 
teur herausbrachte, lehnte der dazu ,,berufene“ Photo- 
graph den Vertrieb ab, in der Meinung, so eine Ent- 
wicklung aufhalten zu können, die dann doch über 
den Drogisten und Optiker ihren Lauf nahm. Erst 
dadurch, daf er die Verbreitung der Photographie 
anderen Händen überließ, zog er sich eine uner- 
wünschte Konkurrenz groß. Aus Fehlern soll man 
lernen! 

Jetzt droht dem Photogewerbe wieder eine ähnliche 
Gefahr. Während der Fachmann sich der modernen 
Kleinbildkamera gegenüber eine kaum erklärliche Re- 
serve auferlegt, machen sich Neulinge, die nicht den 
Reihen der Fachphotographen entstammen, jede 
Neuerung auf diesem Gebiet mit sichtbarem Erfolg 
zunutze. So war z. B. kein Berufsphotograph unter 
den Interessenten für die Nacht- und Bühnenphoto- 
graphie, die im Laufe der Jahre den Weg zum Ver- 
fasser dieser Zeilen fanden — er ist allerdings nur 
Amateur! —, wohl aber eine Anzahl Amateure, deren 
Namen man heute als Reporter auf diesem Gebiet 
begegnet. Sie haben inzwischen ein Geschäft daraus 
gemacht. Wohl ist es verständlich, daß man seitens 
der Fachkreise diesem unerwünschten Zuwachs eines 
größtenteils notleidenden Gewerbes Schwierigkeiten 
zu bereiten versucht, aber, meine Herren, nicht in der 
Anrufung gesetzlicher Zwangsmittel liegt auf die 
Dauer das Heil, sondern der Berufsphotograph muß 
bessere Leistungen aufweisen! Hier hilft nur eins: 
mit dem Geschmack und Geist der Zeit mitgehen, 
sich auch auf beruflichem Gebiet einmal frei machen 
von allen Anschauungen und Vorurteilen, selbst neue 
Erfahrungen sammeln, denn die eigenen Resultate 
überzeugen am besten! 


Zum Schluß noch das vielseitige Anwendungsgebiet 
Das dem Aufsatz beigefügte Bildmaterial soll ledig- 
lich einige Hinweise geben, wo der Kleinbildkamera- 
mann mit lichtstärkster Optik überall ein Betätigungs- 
feld findet. Das ist aber auch der einzige Zweck der 
gezeigten Aufnahmen. Also kritisieren Sie hier bitte 
nicht Bildmäßigkeit und all die üblichen Forderungen 
-— ich weiß, das können Sie besser, dazu sind Sie ja 
auch Fachleute. Die Bilder zeigen auch keineswegs 
die Grenzen dessen, was heute mit der Ultralicht- 
stärke 1:1,5 und hóchstempfindlichem Panfilm mög- 
lich ist. Es wurden weder bei der Herstellung der 
Aufnahme noch im  Negativ- oder Positivprozeß 
irgendwelche Tricks angewendet, wie sie heute bei 
manchen Bühnenreportern mit Hypersensibilisierung 
des bandelsüblichen Panfilms, Verwendung von be- 
sonderen Hilfsgeräten zu den serienmäßigen Kameras, 
durch Spezialentwickler und Behandlungsmethoden 
üblich sind. Außer zu gelegentlichen Experimenten 
und der Prüfung von Neuerscheinungen fehlt mir 
leider die Zeit zu einer solchen Bearbeitung. Die 
Bildfertigstellung übernimmt stets mein Photohändler 
in der üblichen normalen Weise. Der Berufsphoto- 
graph kann also unter Anwendung all solcher Finessen 


DER SEGNENDE PAPST RÄUMLICH WIRKSAMSTE ITALIENISCHE REPORTAGE 


G. PFANKUCH, BERLIN-CHARLOTTENBURG | 


WERBEFOTOS FÜR ZIGARETTEN 


FOTO CANNIZZI, S. A. CRIMELLA, MILANO 


E. SECCO D'ARAGONA, MILANO 


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WERBEFOTOS FÜR LIKÖR UND PARFÜM 


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LEBENDIGSTE WIEDERGABE DES STOFFLICHEN 


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Auf Gesellschaften: Auch hier überrascht die Ticfenschürfe bei offener 
Blende. Mit irgendwelchen Blitzlichtvorrichtungen würde man sich 
bei solchen Gelegenheiten sehr unbeliebt machen — und außerdem 
wäre es wohl mit weiteren unbemerkten Aufnahmen vorbei! Contax- 
Aufnahme mit Sonnar 1:1,5, f —5 cm, ½ Sek. SS-Film. Foto Heyne. 


die Leistungsfähigkeit des vorhandenen Rüstzeuges 
noch durch eigene Arbeit weiter steigern. 

Das Bild Schaufensterdekoration soll auf ein Gebiet 
hinweisen, das dem Großstadtphotographen reiche 
Betätigungsmöglichkeit bietet. Wie oft äußerten Ge- 
schäftsleute den Wunsch, solche Bilder ihrer nächt- 
lich beleuchteten Geschäftsfassade mit möglichst viel 
Publikum im Vordergrund für ihre Propaganda auf 
Briefbogen, in Katalogen und Inseraten zu erhalten. 
Ein Kaufhaus wollte einen festen Auftrag erteilen, 
bei jedem Dekorationswechsel alle Schaufenster zu 
photographieren. In den Innenräumen sollten laufend 
Schnappschüsse — selbstverständlich ohne Blitz- 
licht — gesammelt werden. 

Das Eingehen auf das eine Bild dürfte wohl genügen, 
um zu zeigen, daß man bei einigem Nachdenken 


Licht - Staffelung 


Ohne irgendwelchen Anspruch auf Vollständigkeit 
der Darstellung zu erheben, möchte ich einige be- 
sonders wesentliche Fragen der Lampenstaffelung. 
d. h. der Gruppierung der Beleuchtungskörper für 
ein modernes Kunstlichtatelier erörtern. Ich gehe 
dabei von den auf der „Kamera“ ausgestellten Neu- 
konstruktionen aus. Zuerst eine Feststellung: Eine 
Fabrik verkauft einen Lampentyp aus, weil sie ihn 
für „überholt“ hält; die andere bringt kurz darauf 


denselben Typ — oder nahezu denselben — unter 
großen Ankündigungen „neu“ heraus. Sagt man 
dann den Erbauern: „Aber, das ist doch — vom 


heutigen Standpunkt betrachtet — „ein totgeborenes 
Kind!“, so bekommt man die Antwort: „Und doch 
ist gerade diese Lampe bisher am meisten verkauft 
worden!“ „Warum?“ 

Weil sich der Käufer, der Berufsphotograph selbst, 
meist nicht klar ist über die Anforderungen, die er 
an die Lampe stellt und stellen muß. Schon die 
Fragen, die er an den Fabrikanten richtet, beweisen 
das. „Mein Atelier ist 6m breit, 8m lang, nach 
Norden gelegen; was für Lampen brauche ich, und 
wie ‚stark‘ müssen sie sein?“ Wenn aber nicht ein- 


Im Restaurant: Hier war die Beleuchtung so „Bar- mäßig“ dunkel, 
daß dem Autor eine Sektwette angeboten wurde, „da ja bei dem 
Licht eine Aufnahme unmöglich sei“. Nun, der Sekt ist fällig gewesen 
und war nicht schlecht! Mit Sonnar 1:1,5, f=5cm, ?/, Sek. aus der 


Hand, Superpanfilm. Foto Heyne. 


über die Bildbeispiele überall recht nette Geschäfts- 
möglichkeiten finden kann. Und wenn Sie erst selbst 
einmal mit einer solchen Kamera arbeiten, werden 
Sie nicht nur eine ganze Reihe weitere Wege zur Um- 
satzsteigerung entdecken, sondern werden auch viel 
bessere Resultate erzielen. Gewiß gehört dazu etwas 
Übung, schließlich ist solch ein Präzisionsinstrument 
keine Knipser-Box. Aber wenn Sie sich als Un- 
kundiger auf ein Fahrrad setzen, können Sie auch 
nicht gleich Rennen gewinnen! 

Jedenfalls ist heute kein Platz mehr für Resignation. 
Unser unvergleichlicher Führer hat jedem einzelnen 
ein Beispiel gegeben, wie man mit dem nötigen 
Schwung und mit Zähigkeit auch an schwerste Auf- 
gaben herangeht. Dann bleibt auch Aufstieg und 
Erfolg nicht aus! W.Heyne. 


mal der Verbraucher weiß, was er braucht, dann ist 
es kein Wunder, wenn auch der Fabrikant nicht nach 
einem klaren Entwickungsprogramm baut, sondern 
bald dies, bald jenes herausbringt und dann versucht, 
ein Bedürfnis für das Erzeugnis zu wecken. 

Ich habe schon früher einmal in dieser Zeitschrift die 
Forderung aufgestellt, eine „Einheitsbeleuchtung“ zu 
schaffen, die allen erdenklichen Anforderungen ge- 
nügt. Eine solche Standardbeleuchtung müßte von 
der Industrie in engster Zusammenarbeit mit einigen 
auf beleuchtungstechnischem Gebiet besonders er- 
fahrenen Lichtbildnern geschaffen werden. Teure 
und unzweckmäßige Sonderkonstruktionen sollten 
nicht mehr hergestellt werden. 

Der Berufsphotograph muß von einer Lampe mehr 
verlangen als der Amateur. Andererseits braucht er 
keinen  ausgesprochenen  Filmscheinwerfer. Seine 
Lampen müssen kräftig, dauerhaft, wirtschaftlich. 
leicht und — außerdem auch noch billig sein. For- 
derungen, die schwer miteinander in Einklang zu 
bringen sind, um so weniger, als der Absatz solcher 
Lampen gering ist. Ein Berufsphotograph, der mit 
kleinen Amateurlampen arbeitet, darf sich nicht 


149 


-— 


---- 


-------- — — — - 


wundern, wenn dies auf seine Kundschaft keinen 
Eindruck macht. Die „Ausstattung des Fachmanns 


spielt eine sehr wichtige, leider viel zu wenig be- 


achtete psychologische Rolle. Deshalb und natürlich 
auch aus Gründen der Lichtverteilung lautet die 
1. Forderung: Ein Berufsscheinwerfer oder -strahler 
muß einen Durchmesser von 300 — 500 mm besitzen, 
selbst wenn er nur eine 500- Watt- Lampe enthált. 
2. Er soll auf einem in weitesten Grenzen, mindestens 
aber zwischen 90 und 190 cm ausziehbaren Stativ 
stehen. Der größte Vorzug des Kunstlichtes gegen- 
über dem Tageslicht liegt ja gerade in seiner be- 
quemen Lenkbarkeit. Wer die Lampe auf einem 
alten Photostativ statt auf einem eigenen Lampen- 
stánder benutzt, verzichtet auf diesen Vorteil. 3. Es 
gehórt zur Ausrüstung eines neuzeitlichen Studios un- 
bedingt ein Effekt- Linsenscheinwerfer mit Punkt- 
lampe, sowohl für Porträt- wie ganz besonders für 
Werbeaufnahmen. Die glänzende Linien- und Kon- 
trastwirkung langer Schlagschatten, wie sie nur der 
„Spotlight“ liefert, sind aus der Reklamegraphik 
längst bekannt. Jeder gute Spot wird heute mit 
einer Projektionseinrichtung versehen, mittels deren 
der Lichtbildner passende Silhouetten (Diapositive) 
für Moden- und Reklameaufnahmen auf den Hinter- 
grund projizieren kann. Als „Gegenlicht“ steht der 
Spot in der vollen Allgemeinbeleuchtung. Er soll 
deshalb möglichst wenig spiegelnde Teile aufweisen 
und am besten matt schwarz lackiert sein. Eigent- 
lich eine selbstverständliche Forderung, wenn man 
bedenkt, daß nur ein schwarzer Lampenkörper die 
von der Glühlampe entwickelte Hitze wirksam ab- 
strahlen kann. Noch auf einen anderen Punkt beim 
Spot muß man achten: Der Lichtkegel muß sich 
ohne Beschneidung durch Masken von einem Grund- 
kreis mit wenigen Zentimetern Durchmesser rein 
optisch auf 1 bis 2 m vergrößern lassen, ohne daß 
dabei die Glühfäden der Lampe mit abgebildet wer- 
den. Von den ausgestellten Scheinwerfern genügte 
nur der Jupiter-Spotlight dieser Bedingung. 4. Wenn 
eine Firma im Prospekt von einem (starken) „Vorder- 
licht“ und einem (schwachen) „Seitenlicht“ schreibt, 
so ist das meines Erachtens irreführend. Besser 
spricht man von einem starken Hauptlicht und einem 
schwachen Nebenlicht. Beide müssen zueinander 


und zu den übrigen Lampen in einem bestimmten 
Verhältnis stehen, das man einfach mit dem hierunter 


^ 


Е 


Weihnachten naht: Eine Armee Glücksschweinchen aus Marzipan. 


150 


angegebenen Kreisschieber ermitteln kann. Nicht auf 
die absolute Stärke der Beleuchtung kommt es an, 
sondern stets auf die relative Intensität der Lampen 
und auf deren zweckmäßige Staffelung Freilich, 
eine schwache Beleuchtung erfordert lange Belich- 
tungszeiten von 1 Sek. und mehr. Dieser Nachteil 
läßt sich jedoch leicht durch lichtstárkere Objektive 
und empfindlicheres Aufnahmematerial ausgleichen. 
Auf die Güte des Bildes hat die Stürke der Lampen 
keinen Einfluß. Im Gegenteil, je schwächer das 
Licht, desto zarter die Übergänge zwischen Licht 
und Schatten, desto geringer die Gefahr eines „Ver- 
brennens“ der Lichter. Deshalb sind viele Licht- 
bildner bereits zur völlig indirekten Beleuchtung 
übergegangen. Kodak hat kürzlich im Rahmen 
ihres Atelierlampenprogramms einen besonderen 
»Weichstrahler" für rein indirektes Licht heraus- 
gebracht (der übrigens in Deutschland fabriziert 
wird). Bei diesem Weichstrahler wird das Licht der 
Glühlampe von einem Spiegel auf einen großen Alu- 
miniumreflektor und von diesem erst auf das Modell 
geworfen. Wer teils mit direktem, teils mit in- 
direktem Licht arbeiten will, benutzt für mittelbare 
Beleuchtung Reflexschirme. Sie sind auf besonderen 
Stativen angebracht und lassen sich in jeder Lage 
feststellen, so daß man das Lampenlicht, bei Moden- 
und anderen Freilichtaufnahmen auch das Tages- 
licht zur Schattenaufhellung beliebig lenken kann. Es 
wurden auf der „Kamera“ Schirme aus glattem, 
bronziertem Eisenblech (Weinert) und solche aus po- 
liertem, gebuckeltem Aluminiumblech (Jupiter) ge- 
zeigt. Bei den letzten wirkt jeder kleine Buckel wie 
ein stark reflektierender Streuspiegel. 

Von den ausstellenden Firmen Efa, Jupiter und 
Weinert hat Jupiter der Frage der „undankbaren“ 
Berufsbeleuchtung besondere Sorgfalt gewidmet. Wir 
finden ein Paar gute „Sonderkonstruktionen für 
Fachphotographen“. Zunächst einen einfachen flachen 
Strahler aus Aluminium mit 400 mm Durchmesser 
und verstellbarer Fassung für Lampen von 500 bis 
2000 Watt. Durch Einsetzen einer stärkeren Lampe 
läßt sich die Anlage leicht für höhere Leistungen 
ausbauen. Die verstellbare Lampenfassung des 
Strahlers erlaubt, die Lichtausbreitung und damit 
auch die Wirkung des Lichts beliebig zu „steuern“. 
Für besonders weiches Licht wird ein Streuschirm in 
einen Einsatzrahmen des Strahlers eingeschoben. 
Statt dessen kann auch ein Blaufilter eingesetzt wer- 
den, um der Überkorrektion der Farbtöne bei Pan- 
platten, die sich besonders in blassen, farblosen 
Lippen zeigt, entgegen zu arbeiten. Neben diesem 
einfachen, als Nebenlicht sehr geeignetem Strahler 
baut Jupiter als Hauptlicht einen Aufhellerschein- 
werfer eigens für Berufsphotographen. Er gleicht in 
seinem Aufbau den großen Filmscheinwerfern, ist 
nur leichter, weniger empfindlich und billiger. Der 
Aufheller besitzt einen verchromten Facettenspiegel 
von 350 oder 500 mm Durchmesser, der ein mittel- 
hartes Licht von ausreichender Tiefenwirkung liefert 
(Industrieaufnahmen!). Er kann mit einer 1000- bis 
2000-Watt-Lampe betrieben werden, die große Aus- 
tührung auch mit 3000 Watt. Beide Typen sind 
natürlich mit verstellbarer Lampenfassung, Streu- 
scheiben, Filterrahmen usw. versehen. Ein solcher 
Aufheller von 1000 bis 2000 Watt als Hauptlicht 
muß der Grundstock der Atelierbeleuchtung sein. 
Zu diesem treten dann die mittels des Schiebers er- 
mittelten Zusatzlampen, insbesondere 5. das Ober- 
oder Kopflicht. Es gibt bei Porträts hübsche Haar- 
reflexe, vor allem aber natürliche Schatten unter 
den Augenbrauen und dem Kinn. Bilder mit Ober- 


licht zeigen nie jene hervorquellenden Augen, die 
man so oft bei zu starker Seitenbeleuchtung findet. 
Das Spiegeloberlicht von Weinert besitzt einen Glas- 
streuspiegel wie alle Weinert-Lampen, außerdem ein 
herausnehmbares Maschendrahtnetz zum Schutze des 
Kunden gegen herabfallende Splitter zersprungener 
Glühlampen, eine Vorsicht, die sehr zu begrüßen ist. 


Während das Weinert - Oberlicht als Decken- und 


»Galgenlampe" geliefert wird, wird das Kopflicht von 
Kodak nur an der Decke befestigt. Es besitzt einen 
sehr zweckmäßigen langen Tubus zur Vermeidung 
von Spiegelungen im Objektiv. 

Bevor man sich eine solche Atelierbeleuchtung an- 
schafft, sollte man sich unter allen Umständen die 
Frage vorlegen, ob die Atelier- oder die Außenauf- 


nahme maßgebend ist. Für den Presse- und Theater- 


photographen kommen ohnehin nur letztere in Frage. 
Aber auch der Moden., der Industrie- und auch der 
Porträtphotograph arbeiten immer mehr „draußen“. 
Wer auBerhalb des Ateliers arbeitet, darf sich natür- 
lich keine schwere „Atelierbeleuchtung“ anschaffen. 
Er baut sich seine Beleuchtungsanlage aus Koffer- 
lampen zusammen, die immer größere Bedeutung ge- 
winnen. Als ,fliegende Atelierbeleuchtung" finden 
sie überall Anwendung. Mit Vacu - Blitzen an Stelle 
der Nitraphotlampen kónnen sie sogar da benutzt 
werden, wo kein Stromanschluß vorhanden ist. Neben 
der bekannten Zweilichtkofferlampe bringt Jupiter 
jetzt eine eigens für den Presse- und Industrie- 
photographen geschaffene leichte Einlichtkofferlampe 
heraus. Sie ist mit seitlichen ,Scheuklappen" ver- 
sehen, damit man sie auch als Gegen- oder Effekt- 
licht verwenden kann. Als Oberlicht wird sie be- 
helfsmäßig an der Decke befestigt, so daß der herab- 
hängende Deckel das Objektiv vor „Blendung“ 
schützt. Mit einem Zweilicht- und zwei bis drei 
Einzellichtkoffern kann man praktisch jeden be- 
liebigen Beleuchtungseffekt erzielen, und gerade für 
diese tragbaren Lampen, die oft an schwach belast- 
bare Netze angeschlossen werden müssen, eignen 
sich die beiden Neuschöpfungen von Osram, die 
billige Type K (200 Watt) und die Type N (500 
Watt) mit dem außerordentlich hohen Lichtstrom 
von 36 Lumen/Watt gegenüber 26 Lumen/Watt bei 
der älteren Nitraphotlampe Type B. 

Natürlich brauchen nicht für jede Aufnahme sümt- 
liche Lampen in der mit dem Kreisschieber er- 
ermittelten Stärke eingeschaltet zu werden. Der 
Schieber gibt nur die wirtschaftlichste und zweck- 
mäßigste Staffelung des Lichtes an, die durch 
Nähern, Entfernen oder durch Vorsetzen von Streu- 
schirmen beliebig fein gestuft werden kann. Die 
kleine Scheibe wird ausgeschnitten und auf der 
großen mittels einer Nadel drehbar befestigt. Und 
zwar darf die Scheibe stets nur so weit gedreht wer- 
den, daß sich der schraffierte Sektor im ebenfalls 
schraffierten „Nebenlicht“-Gebiet befindet. An den 
Marken läßt sich dann leicht die zu einem Бе- 
stimmten Hauptlicht zugehörige Zusatzbeleuchtung in 
Watt ablesen. (Die eingekastelten Wattzahlen gelten 
tür Kofferlampen.) Die so gefundenen Werte sollen 
natürlich nur als Anhalt dienen. 


* 


Jede Lampenfabrik wird den Lichtbildner in be- 
sonderen beleuchtungstechnischen Fragen gern be- 
raten, wenn er ihr nur die wesentlichen Angaben 
macht, z. B.: 

„Ich mache hauptsächlich Porträts / Kinderaufnahmen 
/ Modenaufnahmen, Industrieaufnahmen / Werbeaut- 
nahmen ... 


Лл. dg 


A "E 1 1 
Б. Ον wee) Re 
| a cot WA Ë | 1 | ! ha | 


Von den Vorbereitungen zum Fest: 16000 t (davon 
4000 t Weihnachtskerzen) werden in Deutschland jähr- 
lich hergestellt. 


Im Laboratorium wird geprüft, wie lange die verschieden starken 
Kerzen brennen. 


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2: 


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D а ^e 
222275 “ AA AS 
SAT AER ADA 04° 0.0 0°. 
283222 HIN 


100000 Kerzen warten auf ihren Abtransport. 


151 


Ich arbeite mit ...... Platten / Filmen (panchroma- 
tisch / orthochromatisch!) 
Meine Objektivlichtstärke beträgt F/.... 


Momentaufnahmen von .... Sek. sind / nicht / er- 
forderlich. 
Die höchstzulässige Belichtungszeit darf betragen: 


.. . . Sek. 
Mir steht u Verfügung: Gleichstrom / Wechsel- 
olt. 


strom .... 


ya uptlichr 
V = 


Oberlichy 
7 
O 


N 


{4/2/1949 


Der Höchststrom beträgt .... Amp., da die Leitung 
abgesichert ist mit Sicherungen von Amp. 
(Hóchststrom auf dem Zähler verzeichnet. Im 
Zweifelsfalle gibt das Elektrizitätswerk Auskunft.) 
Die Stromentnahme läßt sich durch einen Kraft- 
stromanschluf auf .... Amp. steigern. 
Die Anlage soll / nicht / tragbar sein. 
Die Anlage darf kosten: rund .... XX." 

Dipl.-Ing. С. Goebel. 


Der Schieber gibt die Stürke der verschiedenen, zu einer 

Atelierbeleuchtung gehórenden Lampen in Watt an. Die kleine 

Scheibe wird ausgeschnitten und mittels Nadel oder Reif- 

zwecke auf der großen drehbar befesti Der schraffierte 

Sektor darf nicht über das ebenfalls schraffierte Nebenlicht- 

gebiet hinaus gedreht werden. Die eingekastelten Werte gelten 
für Kofferlampen. 


Historiker des Augenblicks? 


Ernste und heitere Erlebnisse des modernen Bildreporters 


Von Rolf Marben 


In den ersten Jahren dieses Jahrhunderts konnte man 
bei allen festlichen Anlüssen in Berlin, hüufig sogar 
in der Nähe des Kaisers, einen auffallend kleinen, 
quicklebendigen Herrn im hohen steifen Hut beob- 
achten, der mit einer unfórmigen Kamera hantierte. 
Er war einer der ersten Bildreporter der Reichshaupt- 
stadt. Darüber hinaus war er ein Original. Beides 
ist er geblieben. Und die Schupobeamten freuen sich 
wie einst die Schutzleute, wenn sie ihn sehen, selbst 
wenn er ihnen und allen Absperrmafinahmen hin und 
wieder ein Schnippchen schlägt. „Natürlich, det is 
ja der kleene JroB! . . .* 

Heute hat Alfred Groß ein Archiv von schätzungs- 
weise 60000 wohlbelichteten Platten und mindestens 
die fünfzehnte Kamera in seinem Berufsleben hinter 
sich gebracht. Und immer noch ist er einer der 
aktivsten Bildreporter. Das Archiv seiner Aufnahmen 
ist ein Museum der Zeitgeschichte. Wollte man die 
Bilder aneinanderreihen, so wären sie der Film einer 
Generation — festgehalten in ihren großen Sen- 
sationen. Für den Bildberichterstatter hängt an diesen 
Photos mehr als der optische Eindruck. Für ihn 
spricht jedes Bild die besondere Erinnerung schwerer, 
gehetzter Arbeit, erregender Begleitumstände. 
Alfred Groß, berufsmäßiger Sensationsjäger in aller 
Herren Länder, berichtet ein paar dieser Erinnerungen. 
Da weht so etwas auf wie Kulissenluft. Kulissenluft 
des großen Welttheaters . . . 

»Ja, sehn Sie — da war ich beispielsweise in Buda- 
pest. Damals, als Kaiser Karl von Osterreich am 
Budapester Stephansbrunnen zum ungarischen Herr- 


1) Mit freundlicher Genehmigung der Schriftleitung des „Berliner 
Lokal- Anzeigers“. 


152 


scher gekrönt wurde. Ich hatte alles, was ich für 
meine Aufnahmen brauchte, Platten, Zylinder und 
Bratenrock — nur die amtliche Erlaubnis hatte ich 
nicht. Die hatte nicht einmal der Hofphotograph 
des Kaisers, der lange Schumann, der mit mir ver- 
zweifelt unter der Menge am Stephansbrunnen stand. 
Guter Rat war mehr als teuer. Da fafite Schumann, 
ein Hüne von Kerl, einen raschen Entschluf. Er hob 
mich samt Zylinder und Kamera auf seine Schultern, 
ich turnte mir ein paar Minuten Gleichgewicht zu- 
sammen, hielt meinen Apparat hoch über mich und 
knipste freihändig drauflos. Die Sache klappte, Schu- 
mann und ich teilten uns die Aufnahmen — die Reise 
war doch nicht vergeblich . . . 


Ungeladener Gast beim Kaiser 


Ein andermal. 1914. Hofjagd in der Göhrde. Unter 
den Jagdgásten des Kaisers war auch der öster- 
reichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, 
der kurze Zeit spüter das Opfer des Attentats von 
Serajewo wurde. So sehr ich mich bemühte, ich 
konnte vom Hofmarschallamt keine Erlaubnis zum 
Photographieren erhalten, sie war längst anderweitig 
vergeben. 

Ich schmiedete mit einem Freunde ein kleines Kom- 
plott. Wir gingen zum besten Herrenschneider Ber- 
lins und ließen uns erstmals einen tadellosen, leider 
auch verflixt teuren Jagddreß bauen. Nun sahen wir 
aus wie zwei ehrwürdige, aber nicht ganz sattelfeste 
Nimrods. Wir kauften eine Kiste Riesenzigarren, 
gaben uns die Haltung und das Gebaren zweier 
Rittergutsbesitzer und starteten drei Tage vor der 
Hofjagd in die Göhrde. 


RICHARD GERLING, G.D.L., DUISBURG FAMILIENGR 


J. B. MALINA, BERLIN IN DER KIRCHE 


Eine kleine; halb freiwillige, halb unfreiwillige Ko- 
mödie brachte uns das Glück, in der — Oberförsterei 
unterzukommen. Man hielt uns für Teilnehmer der 
Jagdgesellschaft, man zeigte uns den Rendezvous- 
platz der Jagdgäste. 

Der große Tag kam. Unser Wagen reihte sich in die 
Reihe der Jagdgäste ein, wir folgten den Teilnehmern, 
stiegen aus und drängten uns möglichst nach vorn. 
Man sah uns achselzuckend und tuschelnd hin und 
wieder an, fragte uns aber nicht weiter, da der Kaiser 
jede Sekunde kommen mußte. 

Der Kaiser ist eingetroffen. Wir holen aus großen 
Jedernen Jagdtaschen mit Windeseile unsere Kameras 
und photographieren, was wir überhaupt nur an 
Platten haben. Dann machen wir uns so schnell wie 
möglich davon. 

Aber ich will den Film meiner Berufstätigkeit ein 
paar Jahre weiterdrehen. Da zeigen sich bitterernste 
Situationen. 1929. Rotes Berlin, roter 1. Mai. Un- 
ruhen am Hermannplatz. Ich mit meiner Kamera 
mitten zwischen Schießerei, flüchtenden Menschen- 
massen, vorgehenden Polizeibeamten. Das dürfen 
Sie mir glauben: In dem roten Nachkriegsdeutschland, 
in jenen langen trüben Jahren, hat es manche 
Situation für unsereinen gegeben, die verdammt ge- 
fährlich und nur ein paar Zentimeter weitab von der 
Kugel war... Spuk, der vorüber ist und nun im 
Archiv liegt. Uns noch eine greifbare Erinnerung, 
kommenden glücklicheren Generationen eine War- 
nung 

Mancher Bildreporter wird von seinem Beruf ge- 
zwungen, die Gefahr zu suchen. Davon kann auch 
der Sonderberichterstatter der , Ufa - Tonwoche", Dr. 
Martin Rikli, mancherlei erregende Episoden erzählen. 
Im Jahre 1932 wurde er von der Ufa nach dem ost- 
asiatischen Kriegsschauplatz entsandt. 

Dr. Rikli hatte den Krieg in Schanghai gefilmt und 
war, wieder auf der Rückreise, in Charbin eingetroffen. 
Die japanische Militärkommission sagte hier: „Wenn 
Sie filmen — bitte, alles, was Sie sehen, nur keine 
japanischen Verwundeten!“ Dann gab man dem Deut- 
schen einen Stabsoffizier mit. Der fragte sehr höf- 
lich: „Was wollen Sie aufnehmen?" „Den Flußüber- 
gang der Truppen!“ Der Japaner redet ihm das aus: 
„Kommen Sie lieber mit zum Flugplatz, dort können 
Sie viel interessantere Aufnahmen machen!“ Bitte 
sehr, warum nicht?! . . . 


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Explosionskatastrophe іп Neunkirchen. 


Foto Scherl. 


Auf dem Flugplatz wird Dr. Rikli von dem Platz- 
kommandanten vóllig unverstándlich, aber donnernd 
angebrüllt. Sechs Mann mit aufgepflanztem Bajonett 
nehmen den Deutschen in die Mitte, beschlagnahmen 
die Filmkamera, führen den Kriegsberichterstatter in 
eine Kammer, setzen ihn fest 

Die Situation sieht verteufelt unangenehm aus. Unter 
schwerer Bedeckung geht es nach geraumer Zeit im 
Auto in die Stadt. Endlich, nach Stunden, wird dem 
Deutschen durch einen Dolmetscher lakonisch er- 
öffnet: „Sie werden nicht erschossen!" Und abermals 
nach Stunden erhält er auch sein Aufnahmegerät 
zurück und wird freigelassen. 

Was war des Rätsels Lösung? Zwischen der Militär- 
kommission nebst ihrem Stabe und dem Flugplatz- 
kommandanten bestand seit lángerer Zeit, auf gut 
Deutsch gesagt, erheblicher Krach. Aus irgend- 
welchen Gründen. Um den Flugplatzkommandanten, 
der ein „begeisterter“ Europäerhasser war, zu ärgern, 
hatte man Dr. Rikli freundlichst nach dem Flugplatz 
eingeladen. 

Und immer gilt es in diesem Beruf: Tempo halten, 
Tempo steigern! Ein tragisches Geschehen in diesem 
Frühjahr hat dafür atemraubenden Beweis gegeben. 
In diesem Frühjahr, am 10. Februar 1933, wurde 
Deutschland und die Welt von der grausamen Nach- 
richt erschüttert, daß in Neunkirchen, nicht weit von 
Saarbrücken, der Gasbehälter des dortigen Hütten- 
werkes explodierte und zahlreiche Opfer forderte. 
Die Nachricht traf spät am Tage, ohne nähere Einzel- 
heiten, in Berlin ein. 


Drei Stunden Flug, 20 Minuten Aufnahme 


Am nächsten Morgen um 10 Uhr saß ein junger 


Kameramann des Scherl-Verlages, Stempka, im Sonder- 
flugzeug. Unterwegs, zwischen Nebel und Hagel- 
schauern, erhält er durch Funkspruch neue, wichtigste 
Instruktionen des Verlages: Er soll noch am gleichen 
Tage nach Berlin zurückkehren und bis zum Abend 
Aufnahmen von der Unglücksstätte in Neunkirchen 
bringen 

Uber drei Stunden dauert der Flug. Noch an Bord 
rechnet der Photograph fieberhaft die Zeiten aus — es 
bleibt ihm für die Aufnahmen in Neunkirchen hóch- 
stens eine halbe Stunde Zeit. Zwischenlandung in 
Frankfurt a. M. Zollformalitäten. Dann Landung 


153 


auf dem Saarbrücker Flugplatz. Kein Zollbeamter 
da! 10 Minuten gehen bei Telephongesprächen drauf. 
Endlich ist der Mann zur Stelle. Jetzt ein Taxi! 
Länger als eine halbe Stunde darf die Fahrt nach 
Neunkirchen nicht dauern. Der Chauffeur schüttelt 
den Kopf — eine Dreiviertelstunde ist das allermin- 
deste. Der Photograph verspricht die doppelte Taxe, 
wenn er's schneller schafft. Der Chauffeur jagt wie 
ein Irrsinniger über die winterliche Landstraße. Er 
schafft es. Aber die Explosionsstátte ist in weitem 
Umkreis abgesperrt. Aussteigen! Dauerlauf!! Aus- 
einandersetzungen, Wortkampf mit absperrenden Be- 
amten. Nur noch 20 Minuten für die Aufnahmen. 
Aber jetzt — nirgends an der Unglücksstätte ein er- 
höhter Punkt für die Kamera. Nur ein wüstes 
Trümmerfeld. Eine einzige, halb geknickte Tele- 
graphenstange hángt schief über der Státte des Grauens. 
Der Photograph klettert hinauf, der Chauffeur gibt 


Hilfsstellung, in knapp zwanzig Minuten werden drei 
Dutzend Aufnahmen gemacht. 

Wieder ins Auto, zurück nach Saarbrücken, zum Flug- 
platz. Der Pilot sieht von fern den Wagen, wirft den 
Propeller an. Ab nach Frankfurt. 

Wieder Zwischenlandung. Blitzgesprüch nach Berlin. 
neue Instruktionen vom Verlag: Photograph zurück 
nach Neunkirchen, Aufnahmen dem Piloten nach 
Berlin mitgeben . . In rasender Eile wird eine pro- 
visorische Dunkelkammer zum Umlegen und Ver- 
packen der Platten hergerichtet, hilfreiche Hände 
halten Decken vor Fenster und Türritzen . . . Der 
Pilot reißt die Platten an sich, rast nach Berlin. Die 
Platten treffen rechtzeitig ein. Am nächsten Morgen 
sind die Bilder im „Berliner Lokal-Anzeiger“. 

Auf dem Frankfurter Flugplatz verschnauft sich bis 
zum nächsten Saarbrücker Zuge ein Kameramann. 


Ein Winter- Hilfe Plakat entsteht 


Für Plakate ist die Photographie bisher nur selten 
herangezogen worden. Und wenn es geschah, dann 
waren es Materialwiedergaben. Daher reizte es mich 
ganz besonders, für das große Werk der Winterhilfe 
ein photographisches Plakat zu schaffen. Klar war mir 
folgendes: Es mußte optimistisch wirken und doch 
zum Geben auffordern, es mußte durch stärkste 
Lebendigkeit von den Plakatsäulen herunterrufen, aber 
nicht die Gabe zur Winterhilfe zum Almosen er- 
niedrigen. Und da schwebte mir gleich vor: ein 
frohes Jungengesicht, ein Stück Brot in der Hand und 
ein Brot unterm Arm! Ein Gesicht, das sagen mußte: 
Laßt mich nicht hungern, laßt mich immer so froh 
sein, wie ich jetzt aussehe! 

Wenn man so etwas machen will, kommt es weit mehr 
auf die Beschaffung des Modells, auf seine natürliche 
Umgebung, seine Ungezwungenheit, sagen wir auf die 
regietechnische Arbeit an, als auf das Technische. Im 
Atelier kann man so etwas nicht machen, wo das 
Arbeiterkind sich nicht wohl fühlt, wo es vom Licht 
verwirrt wird und zu einem gezwungenen Ausdruck 
kommt. Ich fuhr also in den Berliner Norden, Gegend 
Alexanderplatz, kaufte mir ein Brot, schnitt einige 
Scheiben ab und suchte nun nach dem Modell. Da 
hatte ich freilich mit manchen Schwierigkeiten zu 
kämpfen, bis ich einen Jungen fand, der dazu paßte 
und mitmachte. Endlich fand ich zwei, die mir ge- 
fielen. Ich setzte sie auf eine Treppe mitten in die 
Sonne, unterhielt mich mit ihnen, während ich meine 
Kamera fertigmachte, und dann waren sie bald so 
vertraut, daß sie froh in das Brot bissen und sich 
nicht mehr anders gaben, als sie waren. Ich machte 
die Aufnahmen aus der Hand mit Elmar 9 cm Brenn- 
weite und Blende 1:6,3 auf Kodak-Panfilm Type 2. 
Am Abend desselben Tages legte ich die ersten Ver- 
größerungen der Propagandaleitung des Winter-Hilfs- 
Werkes vor. Man suchte eine aus, die dann auf 30 X 40 
vergrößert die Druckvorlage abgab, nachdem sie noch 
ein Graphiker beschriftet hatte. Heinrich Freytag. 


Verschiedenes 


ΜΗ dem Verschluß gekuppelter Vacublitz 


In Amerika erfreut sich ein Hilfsmittel für Kunst- 
lichtaufnahmen bei Reportern schon lange einer großen 
Beliebtheit. Es besteht darin, daß ein Foto - Flash- 
Blitz, der etwa unserem Vacublitz entspricht, im Re- 
flektor an der Kamera angebracht und mit dem Ver- 
schluß ausgelöst wird. Derartige Hilfsmittel werden 
seit einiger Zeit auch in Deutschland in den Handel 
gebracht. Zuerst erschien wohl der  Vacublitz- 


154 


Foto Frey tag. 


Plakat zur Winterhilfe. 


Lampenhalter für die Leica von Dr. K. Weber, Kiel. 
Dann haben wir noch den von anderer Seite in den 
Handel gebrachten Koppelblitz. Diese Einrichtungen 
verdienen die Aufmerksamkeit der Reporter, von 
denen sich mancher mit mehr oder weniger Geschick 
ein derartiges Hilfsmittel zusammengebastelt hat. Es 
ist sehr angenehm, daß man die Kamera in beiden 
Händen halten kann, wenn man sich eines dieser 
Hilfsmittel bedient, die recht zuverlässig arbeiten. 

Mphot. 


Neues Panmaterial 


Zur „Kamera“ - Ausstellung zeigte die Firma Otto 
Perutz erstmalig Leistungsproben ihrer Peromnia- 
Emulsion. Es handelt sich bei ihr um eine Pan- 
emulsion, bei der Rot im Verhältnis zu Grün nicht 
übermäßig bevorzugt wird. Dieses Material ist eben 
als Roll- und Packfilm erhältlich, ebenso als Leica- 
Film. Eine Peromnia-Platte ist in Vorbereitung. 
Ebenfalls neu ist der Rectepan-Film von Perutz, bei 
dem man auch auf eine günstige Sensibilisierung Wert 
gelegt hat. Er ist als Leica-Film erhältlich und zeichnet 
sich durch ein ungewöhnlich feines Korn aus. In der 
Empfindlichkeit steht Rectepan dem Peromnia nach, 
so daB er für Bühnenaufnahmen u. dgl, wo es auf 
hóchste Empfindlichkeit ankommt, kaum geeignet ist. 
phot. 


Beseitigung von Lichthöfen 


Der Bildberichterstatter kann es bei Aufnahmen bei 
künstlichem Licht sehr oft nicht vermeiden, daß sich 
Lampen im Gesichtsfeld des Objektives und damit 
später auch im Negativ befinden. Sie erhalten dann, 
zumal wenn das Negativ beim Entwickeln auch noch 
etwas gequält wird, im Negativ eine starke Deckung 
und erscheinen mitsamt ihrer Umgebung im Positiv 
als kreidige, zeichnungslose Flecken. 

Man kann diesen Fehler durch eine Umentwicklung 
oft ganz bedeutend mildern. Das Negativ wird dazu 
ausgebleicht in einer Lösung von 2 g Kupfersulfat und 
3g Bromkalium in 100 ccm Wasser. Es muß voll- 
ständig durchgebleicht werden, was man von der 
Rückseite her kontrolliert. Nachdem man das Ne- 
gativ einige Minuten gewässert hat, bringt man es am 
Tageslicht (aber nicht in direkter Sonne!) in einen 
sehr stark verdünnten und dementsprechend langsam 
arbeitenden Entwickler. Das Bild entwickelt sich 
von der Oberfläche her. Man kontrolliert wieder von 
der Rückseite. Sobald in den hóchsten Lichtern nur 
noch die Spur einer milchigen Färbung zu entdecken 
ist, kommt das Negativ ohne weiteres Abspülen in 
ein saures Fixierbad. In ihm werden die Lichter viel 
stärker aufgehellt, als man zunächst annimmt. 
Dieser an sich seit langem bekannte Prozeß leistet 
Ausgezeichnetes. Allerdings ist es nicht leicht, die 
Rückentwicklung am richtigen Zeitpunkt abzubrechen. 
Bringt man das Negativ zu früh ins Fixierbad, so 
kommt es rettungslos flau aus ihm heraus. Es ist 
daher sehr zu empfehlen, zunächst ein paar Versuche 
mit wertlosen Negativen anzustellen. Es ist immer 
vorteilhaft, lieber etwas zu lange zu entwickeln und 
den ganzen Vorgang notfalls zu wiederholen. Auf 
diese Weise lassen sich auch störende Härten mil- 
dern, die bei Reportageaufnahmen bei Kunstlicht leicht 
auftreten. Ce. 


Neues von der Leica 


Bei Nachtaufnahmen, z. B. Straßen -, Blitzlicht-, Bühnen- 
aufnahmen usw., ist es oft nötig, die Kamera im 
Dunkeln zu handhaben. Sehr praktisch ist dabei der 
schnell zu be- 
tätigende Repe- 
tiermechanis- 
mus, der nun 
durch eine von 
dem Bühnen- 
photographen 
von Blücher 
konstruierte 
Schnellspann- 
vorrichtung so 
weit verbessert 
wurde, daß es 
bei schnell be- 


Abb. 1. 


Leica mit Aufziehknopf 


wegten Szenen 
móglich ist, je 
Sekunde eine 
Aufnahme zu 
machen. Diese 
Schnellspann- 
vorrichtung ist 
bereits ein Jahr MEM 
lang ausprobiert 4 
worden und Abb. 2 Der Schnellspanner 
kommt jetzt in 
den Handel. Sie 
wird an Stelle 
des Anzieh- 
knopfes auf die 
Leica aufgesetzt. 


Oft müssen die 
Aufnahmen 
rasch hinterein- 
ander gemacht 
werden. Es 
kommt dabei 
darauf an, daß 
der Photogra- 
phierende eben- 
so wie der Jäger auf dem Anstand rasche Entschlu8- 
fähigkeit besitzt. Der gute Schütze hat beim Schießen 
beide Augen auf, und ebensosollte auch der Photograph 
zielen. Das rechte Auge sieht in den Sucher, das linke 
beobachtet das Gelände, der rechte Zeigefinger berührt 
den Druckpunkt, um die Auslösung ohne Erschütterung 
zu bewirken, sobald das Objekt sich an der richtigen 
Stelle im Sucher zeigt. Selbstverstandlich ist beim 
Zielen auf bewegte Kórper ein Vorhalten notwendig. 
Zu berücksichtigen ist, daß von dem Eintreten des 
Ereignisses bis zum geistigen Erfassen und bis zum 
Auslósen des Verschlusses einige Zeit vergeht, die 
genügt, den beweglichen Gegenstand auf dem Negativ 
an anderer Stelle erscheinen zu lassen, als er im 
Sucher sichtbar war. Das Maß des Vorhaltens muß 

durch Versuche festgestellt werden. Tr. 


Abb.3. Der an der unveränderten Leica an- 
gebrachte Schnellspanner 


Schnellaufzug für Sport- und Bühnenaufnahmen, vgl. Artikel. 


155 


Bezeichnung von Platten 


Wenn der Reporter unentwickelte Platten an das 
Labor seines Verlages schickt, passieren trotz aller 
Vorsicht gelegentlich Verwechslungen. Um sie zu 
vermeiden, ist es wenig empfehlenswert, die Platten 
auf der Schicht an einer Ecke mit Bleistift zu be- 
zeichnen. Denn die Schrift wird oft verwischt. Auch 
kann man nicht selten mit einem Kräuseln der Kanten 
bzw. Ecken rechnen. 

Hingegen bewährt sich ausgezeichnet die Beschriftung 
der Plattenrückseite mit dem Fettstift. Man benutzt 
einen blauen Stift, dessen Schrift man bei der 
Dunkelkammerbeleuchtung deutlich erkenpt. Selbst 
bei Panplatten kann man die Beschriftung in schräger 
Sicht gegen die Lampe lesen. 

Beim Verpacken legt man die Platten, wie man das 
ja auch so gewohnt ist, Schicht gegen Schicht. Es hat 
zwar gelegentlich auch nichts geschadet, wenn ver- 
sehentlich die Fettschrift gegen die Emulsion zu 
liegen kam. Aber Vorsicht dürfte auch hier am Platze 
sein. Die Fettschrift verändert sich in keinem der 
Bäder und läßt sich von dem fertigen Negativ mühe- 
los entfernen. Mphot. 


Schnelltrocknung von Filmen mit Alkohol 


Der Bildberichterstatter muß seine Negative meistens 
schnell trocknen. Beliebt ist bei Platten die Alkohol- 
trocknung. Man hat sie bisher bei Filmen für nicht 
anwendbar gehalten. Es ist ja auch Tatsache, daß 
ein Film, den man so lange wie eine Platte in Alkohol 
badet, sich rettungslos deformiert und dann nicht 
mehr zu kopieren ist. 

Nun ist es jedoch nicht erforderlich, Filmnegative 
gleich 5 Minuten mit Alkohol zu behandeln. Man 
kann bei ihnen die Trocknung auch durch eine vor- 
sichtigere Alkoholbehandlung wesentlich beschleu- 
nigen. Dazu wird zunächst der Film gründlich ab- 
geledert, um das ihm auf Vorder- und Rückseite an- 
haftende Wasser zu entfernen. Dann zieht man ihn 
etwa 90 Sekunden durch den Alkohol. Die Trock- 
nung erfolgt dann nicht sehr viel langsamer, als wenn 
man eine Platte 5 Minuten mit Alkohol behandelt. 
Die Angabe der Zeit, über die man den Film im 
Alkoholbad belassen soll, ist nicht bindend. Manche 
Fabrikate können auch länger mit Alkohol behandelt 
werden. Hierüber muß der eigene Versuch ent- 
scheiden. Ganz allgemein krümmt sich ein so ge- 
trockneter Film etwas stärker als sonst. Er macht 
deswegen aber beim Kopieren oder beim Vergrößern 
keine Schwierigkeiten. Bewahrt man z. B. so be- 
handelte Leica-Filme einige Zeit in gerolltem Zu- 
stande auf, so liegen sie tadellos. 

Diese Art der Trocknung wird vor allem dem Be- 
nutzer der Kleinfilmkamera Vorteile bieten. Selbst- 
verständlich darf er nicht sein Correx - Band für die 
Alkoholbehandlung verwenden, da es dann bald un- 
brauchbar würde. Man zieht den Film am besten 
durch den Alkohol. Brennspiritus tut seinen Zweck. 
Sobald er reichlich Wasser aufgenommen hat, gießt 
man ihn fort. Ein Entwässern macht mehr Arbeit, 
als die Ersparnis wert ist. Ce. 


Bleistiftretusche von Hochglanzkopien 


Derartige Drucke lassen sich nur schwer retuschieren. 
Am besten geht es noch, wenn man z.B. unmittelbar 
nach dem Aufziehen bzw. Hochglanzpressen mit 
einfachem Lampenschwarz abdeckt, dem ein wenig 
Gummiarabikum zugesetzt ist. Viele Kopien aber 
gehen deswegen verloren oder können nicht vor- 
gelegt werden, weil sie entweder infolge zu geringer 


156 


Belichtung oder zu hart gewählter Gradationsstufe 
des Papiers kalkig und leer in den Lichtern geworden 
sind. Meist sind es ja immer nur die ersten Drucke 
von einem noch unbekannten Negativ. Auch diese 
Bilder kann man mitunter sehr gut durch Bleistift- 
überretusche retten. Die ganz trockenen Kopien 
werden an den kalkigen Lichtern mit einem stumpfen, 
sehr weichen Bleistift übergangen, so daß ein grauer 
gleichmäßiger Mittelton entsteht, der die leeren 
Lichter sehr ausgiebig mildert. N. 


OË p uev 
= 4 αρ} - “κ. 
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Es M - 
4 Pa ` 


E + 1 4 


Hochglanzkopie, die linke Hälfte mit Bleistiftretusche überdeckt. 


Teilbehandlung von Negativen 


Bei manchen technischen Aufnahmen ist es oft not- 
wendig, einzelne Teile (von Maschinen z. B.) heraus- 
zuheben. Ein ganz einfacher Trick, der bei Glas- wie 
Filmnegativen gleich gut angewendet werden kann, ist 
die Teilverstárkung oder Abschwächung. Hierzu 
wird der nicht zu beeinflussende Teil des Negatives 
mit dem sehr billigen echten Asphalt- (nicht Eisen-) 
Lack abgedeckt, was mit Leichtigkeit geschehen kann, 
denn dieser Lack ist gut flüssig und trocknet in etwa 
zwei Stunden. 
Die darunterliegende Schicht wird von keiner wüsse- 
rigen Flüssigkeit noch Säure beeinflußt, so daß das 
Negativ unbehindert behandelt werden kann. Nach 
dem Wässern und Trocknen der Gelatine wird der 
Lack ganz einfach mit Benzin aufgelöst und ab- 
gewischt, ohne Spuren zu hinterlassen. 
Der beeinflußte Teil wird sich nun kräftig vom 
übrigen abheben und der Abzug das gewünschte 
Resultat zeigen. Diese in Graphik und Kunst- 
gewerbe gebräuchliche Anwendung eines Atzgrundes 
ist auch in manchen Fällen für die Photographie 
brauchbar und äußerst einfach, wie ein Versuch 
nach diesen Angaben beweisen wird. 

Alfons Markl. 


Von unseren Bildern 


Das Wesentlichste an den Aufnahmen von Hahn- 
Hahn ist die lebendige Natürlichkeit, die mit den 
heute zur Verfügung stehenden Mitteln leichter zu 
erfassen ist als früher, als das Licht für solche glück- 
lichen Momente meist nicht ausreichte, als Linse und 
Schicht und die schwer bewegliche Kamera den 
„Schnappschuß“ nicht zuließen. Mag auch manchen 
Fachmann genieren, daß die Hände bei dem Kinde 
am Weihnachtsbaum etwas zu groß und unscharf sind, 
so wird er doch zugeben, daß es nicht sehr viel 
Kinderbilder gibt, in denen der entzückte, kindlich 
fröhliche Ausdruck so frisch und echt festgehalten 
ist. Und Ähnliches ist von dem zweiten Kinderbildnis 
zu sagen, bei dem manchem Beschauer die Schatten 


am Mund vielleicht zu schwarz, das Gesicht zu tonig 
erscheinen mag, würde man dies aber retuschieren, 
würde der Ausdruck sofort an Leben verlieren. 
Daher sollten Abhandlungen, die sich mit den neuen 
Mitteln beschäftigen, gerade vom Porträtphotographen 
gelesen und die in ihnen enthaltenen Anregungen in 
die Praxis übernommen werden. Das Familienbildnis, 
eine besonders dankbare, aber auch schwierige 
Porträtform, löst Gerling in der Beleuchtung und in 
der Anordnung so gut, wie dies die Aufgabenstellung 


zuläßt. Eine ausgezeichnete, im Licht und Ausschnitt 
effektvolle Presseaufnahme ist die des segnenden 
Papstes, desgleichen sehr hübsch die „Kinder in der 
Kirche“ von Malina, der in der Wiedergabe des Stoff- 
lichen fast unübertreffliche Fisch von Secco D’Aragona 
sowie die geschmackvollen Werbephotos von Pfankuch 
und der Italiener, die wir Herrn Görlich, Bozen, ver- 
danken, auf die wir im nächsten Heft mit zwei das 
Thema „Werbephoto“ behandelnden Aufsätzen noch 
zurückkommen. 


Zur Meinungsäußerung über Tiefenschärfe mit Bezug auf den Artikel 


„Theaterphotographie” in Heft 9 


Der Verfasser bringt in Heft 11 unter dieser Über- 
schrift sein Bedauern darüber zum Ausdruck, daß 
seine Ausführungen zu diesem Thema in Heft 9 zu 
keinem Meinungsaustausch geführt haben. Nun, dieser 
Aufsatz ließ in keiner Weise erkennen, daß dies damit 
beabsichtigt war. Daher ist man wohl allgemein über 
die in Theorie und Praxis unrichtige Darstellung bzw. 
der Tiefenschärfe stillschweigend hinweggegangen, weil 
man sich sagte: Ein solcher Fehler kann jedem ein- 
mal passieren, wozu also „viel Lärm um nichts!“ 
Deshalb soll in diesem Zusammenhang auch gar nicht 
schamhaft verschwiegen werden, daß dem Unter- 
zeichneten als langjährigem Spezialisten auf dem Ge- 
biete der Nacht- und Theaterphotographie zu Beginn 
der Bühnen - Momentaufnahmen vor reichlich zehn 
Jahren — dem Zeitpunkt des Erscheinens der ersten 
hierzu wirklich brauchbaren Optik in dem Ernostar 
1:1,8 in der Ermanox - Kamera der früheren Erne- 
mann - Werke — bei einer Veröffentlichung darüber 
ebenfalls ein Irrtum unterlaufen ist, der dann von 
Nachfolgern kritiklos übernommen worden ist, so 
daß er sich sogar bis auf den heutigen Tag noch in 
Lehrbüchern bei dem Kapitel Theaterphotographie 
erhalten hat. Doch darüber ein andermal. 

Bei dieser Gelegenheit sei es gestattet, gleich einmal 
auf den letzten Absatz des Artikels „Meinungsver- 
schiedenheiten“ in Heft 11 einzugehen. Der Inhalt des 
Satzes: Meine Aufsätze sind geschrieben aus dem Be- 
streben heraus, „in die Praxis der interessanten 
Theaterphotographie einzuführen“, darf wohl als 
„Anachronismus“ bezeichnet werden, denn „Einfüh- 
rungen“ in dieses Gebiet waren vor zehn Jahren 
modern. Selbst wenn man hierbei nur die Kleinbild- 
photographie im Auge hat, so ist dies bereits 1924 hin- 
reichend in der Fachpresse geschehen, nämlich als mit 
der Ernemann - Bobette und Ernostar 1:2 f —5cm 
die erste Rollfilmkamera mit Kinofilm 18 X 24 cm auf 
den Markt kam, wie den Fachleuten aus dieser Zeit 
ebenfalls noch in Erinnerung sein wird. Die Schrift- 
leitung hat also gewiß bei Annahme des Aufsatzes 
nur die anerkennenswerte Absicht gehabt, damit ihre 
Leser über die inzwischen gemachten „Fortschritte“ 
der Bühnenphotographie zu unterrichten. 

Nachdem nun aber die Schriftleitung in Heft 11 zum 
Ausdruck bringt, daß sie trotz ihrer Bedenken gegen 
die Richtigkeit der Ausführungen des Verfassers die 
in dem Artikel aufgestellten Behauptungen mit der 
ausgesprochenen Absicht gebracht hat, dadurch eine 
Diskussion über das Thema „Tiefenschärfe“ an- 
zuregen, wäre es ja nun wohl an der Zeit, auf den 
Kernpunkt dieser Frage einzugehen. Aber man 
könnte ja auch zunächst die Gegenfrage stellen: 
„Wieso Meinungsverschiedenheiten?“ Jedenfalls konnte 
der Unterzeichnete aus den Außerungen zahlreicher 
Fachleute auf der Ausstellung „Die Kamera“ in Berlin 
feststellen, daß zu den fraglichen Auslassungen, so- 
wohl im Kreise der Theoretiker als auch der Prak- 


tiker — ausnahmsweise — eine einmütige Auffassung 
besteht, nämlich die .... des Gegenteils. Ja, man 
gab sogar der Meinung Ausdruck, der Verfasser wolle 
scherzhafterweise nur die berühmten „Trugschluß- 
anekdoten“ griechischer Philosophen aus dem Zeit- 
alter des Sokrates um eine Neuauflage vermehren, 
deren Reiz bekanntlich darin liegt, daß der Leser 
durch eine Mischung von Falsch und Richtig zunächst 
so verwirrt wird, daß er durch die anscheinend logi- 
schen Schlußfolgerungen zu einem Ergebnis geführt 
wird, das mit den klaren Erfahrungstatsachen in 
krassem Widerspruch steht. Selbstverstündlich be- 
sitzt diese Scheinweisheit der Antike genau so wie 
viele unserer modernen Denksportaufgaben einen 
verborgenen Fehler im logischen Aufbau. 

Die löbliche Absicht der Schriftleitung ist ja nun, 
durch eine Richtigstellung in der Diskussion zu ver- 
hindern, daß Leute, die alles, was schwarz auf weiß 
gedruckt ist, gedankenlos übernehmen, einen Irrtum 
in ähnlicher Weise verbreiten, wie es bereits oben 
angedeutet wurde. 

Der Verfasser gibt also in Heft 11 zu, daß seine so 
allgemein aufgestellte Behauptung über die Tiefen- 
schärfenformel widerlegt wird. In der Theorie ist 
demnach eine Diskussion überflüssig, da der Ver- 
fasser nur Winke aus der Praxis zu geben beab- 
sichtigt. Wo aber ist diese Praxis? Die erneuten 
Ausführungen in Heft 11 sind doch wiederum nur 
theoretische Erörterungen, sie enthalten wiederum die 
unbewiesene Behauptung, daß zwei Aufnahmen mit 
einem 5-cm- und einem 10-cm- Objektiv gleiche 
Tiefenunschärfe besitzen sollen, dadurch kommt 
wiederum ein Trugschluß zustande, und er wäre 
wiederum einfach durch die Tiefenschärfenformel zu 
widerlegen. 

Übrigens hat die wiedergegebene Skizze und die 
daran geknüpften theoretischen Folgerungen mit der 
Tiefenschärfe lichtstärkster Objektive einwandfreier 
Korrektion in der Praxis ebenfalls nichts zu tun. 
Der Unterzeichnete hat während seiner mehr als 
zehnjährigen Beschäftigung mit den verschiedensten, 
lichtstärksten Objektiven für die Zwecke der Nacht- 
und Bühnenphotographie zwar auch zunächst manche 
Zweifel bei scheinbaren Widersprüchen gehabt, hat 
aber letzten Endes auch auf diesem Spezialgebiet die 
Praxis stets in Übereinstimmung mit der Theorie ge- 
funden. Er ist deshalb gern bereit, aus der Praxis 
heraus, und zwar an Hand von Vergleichsaufnahmen, 
nochmals zu diesem Thema Stellung zu nehmen, so- 
bald das hierzu notwendige Bildmaterial zusammen- 
gestellt ist. Zur einstweiligen Beruhigung der Ge- 
müter sei aber auf Grund der bisherigen Erfahrungen 
mitgeteilt, der alte Satz behält seine Gültigkeit: 
„Је kürzer die Brennweite, desto größer 
die Tiefenschärfe, auch bei nachträg- 
licher Vergrößerung auf gleiche Figuren- 
größe!“ W. Heyne, Blasewitz. 


157 


Kleine Mitteilungen. 


Aus der Industrie. 


Über neuere Arbeiten auf dem Gebiete der Infrarot- 
Sensibilisatoren in Deutschland. 


Mitteilung der Т. - С. Farbenindustrie Aktiengesellschaft (Agfa). 


In verschiedenen ausländischen und inländischen 
Zeitschriften sind in letzter Zeit Artikel über aus- 
landische Arbeiten auf dem Gebiete der Sensibilisie- 
rung für das Infrarot erschienen. Über deutsche Ar- 
beiten auf diesem (nicht nur wissenschaftlich inter- 
essanten) Gebiet war bisher keine Veröffentlichung 
erfolgt, weil die deutschen Arbeiten nicht in Patent- 
anmeldungen festgelegt wurden, sondern man es vor- 
gezogen hatte, Platten und Filme, die mit diesen 
Farbstoffen für das Infrarotgebiet sensibilisiert wor- 
den waren, unter Geheimhaltung ihrer Herstellungs- 
art in den Handel zu bringen. Durch diese Veröffent- 
lichungen in den verschiedenen Zeitschriften sah sich 
die I.- G. Farbenindustrie AG. genötigt, ihrerseits in 
deutschen und ausländischen Zeitschriften eine aus- 
führliche Darlegung der Verhältnisse zu bringen und 
die deutsche Priorität für die neueren Farbstoffe 
in Anspruch zu nehmen !). Der entsprechende Artikel 
in deutscher Sprache befindet sich in der „Zeitschrift 
für wissenschaftliche Photographie" 32 (1933), 5. 145. 

Wir legen an dieser Stelle Wert darauf, auf 
diesen Artikel von Dr. Dieterle, Dr. Dürr und 
Dr. Zeh hinzuweisen, damit nicht etwa bei deut- 
schen Forschern und deutschen Interessenten die 
Meinung aufkommt, daß ausländische Firmen auf 
diesem interessanten Gebiet einen Vorsprung be- 
säßen. Wir würden es also begrüßen, wenn dic 
deutsche Forschung sich auch der deutschen Pro- 
dukte bediente, zumal die deutsche Industrie in der 
Lage ist, Materialien gleicher Qualität zu liefern. Ver- 
ständlicherweise ist damit auch für die deutsche In- 
dustrie ein großer Anreiz verbunden, nicht nur auf 
dem vorliegenden Gebiet weiter zu arbeiten, sondern 
auch neue Gebiete, zunächst rein wissenschaftlichen 
Interesses, zu erschließen. 


Neue Lupex - Braunpapiere. Die Gaslichtpapicre 
für direkte braune Entwicklung bei gewöhnlicher Be- 
handlungsweise werden schr geschätzt, vermitteln sie 
uns doch auf diesem Wege treffliche Bilder in recht 
angenehmen Färbungen. Die Agfa hat neuerdings ihr 
.Lupex-Chamois-Braun" vorteilhaft modi- 
fiziert, indem dessen vier Sorten (normal, hart, extra- 
hart, weich) nicht nur in Empfindlichkeit, sondern 
auch in der Gradationsskala mit den altbekannten 
Schwarzweiß - Lupex - Gaslichtpapieren ` gleichstehen. 
Das bringt die große Annehmlichkeit, daß der 
Photograph bei der Verarbeitung beider Papiere 
bei gleichen Expositionen auch gleiche Grradations- 
umfänge erhält. Unsere diesbezüglichen Prüfungen 
mit Photometer ergaben die völlige Übereinstimmung 
der beiden Serien in einer sehr rationellen Wahl der 
Eingrenzung der Skala der vier Härtegrade zuein- 
ander. Eine gute Übersicht über die unterschiedliche 
Gradation der vier Schichten empfängt man auch, 
wenn von ein und demselben Negativ normalen oder 
etwas härteren Charakters Vergleichskopien mit den 
vier Sorten angefertigt werden. Derartige Studien 
sind überhaupt für die Erkennung des best- 


1) Den älteren Farbstoffen der Eastman Kodak Company für das 


nähere Infrarotgebiet Kryptocvanin entsprechen bekanntlich unsere 
etwas später herausgegebenen Sensibilisatoren Ruprocyanin und 
Allocyanin. 


angebrachten Positivmaterials, für die Aneignung 
richtiger Beurteilung der Negativqualitat höchst 
förderlich. Das Einlegen der Lupex - Papiere in den 
Kopicrrahmen kann bei gelber Dunkelkammerlaterne 
geschehen. 

Hinsichtlich der Exposition ist das weiche Papier 
halb, das extraharte doppelt so lange zu belichten wie 
das normale und harte Papier. Für ein normales Ne- 
рабу in 20 cm Entfernung von einer 40-Watt-N itra- 
lampe werden etwa 5 Sekunden benötigt. Bei der 
Entwicklung mit Metolhydrochinon wie folgt: 


Wasser 1 Liter, 
Metol l g, 
Hydrochinon 3 p, 
Natriumsulfit sicc. 13 р, 
Soda sicc. . 26 g, 
Bromkali . . . . . . . lg 


ergab das Lupex- Chamois schöne dunkle Sepia- 
tönung (Entwicklungsdauer etwa 1 Minute), die mit 
dem Chamoisuntergrund zu einer ausgezeichneten 
harmonischen Bildwirkung führten, Das Fixieren er- 
folgt wie üblich in einem sauren Fixierbad (20 proz. 
Fixiernatronlösung mit 2% Kaliummetabisullit - Zu- 
satz). 一 Wünscht man dic Bildtóne mehr nach Braun 
zu, so benutze man den nachstehenden Hydrochinon- 
entwickler, der für den Gebrauch mit drei Teilen 
Wasser zu verdünnen ist. Die Entwicklung gcht 
darin etwas langsamer vor sich (etwa 2 Minuten). 


Wasser 500 cem, 
Hydrochinon 12 g. 
Natriumsulfit sicc. 30 p, 
Pottasche ЕТЕУ 
Bromkali . . + . .. 1 g. 


Man hat es mit den Lupex - Chamois - Papieren 
völlig in seinem Belieben, je nach Wahl des Ent- 
wicklers in gewohnter Arbeitsweise verschiedentliche 
prächtige braune Tonungen sicher und gleichmäßig 
zu erreichen, was bei Forderung von gleichwertigen 
Bildern in größerer Anzahl von besonderer Wichtig- 
keit ist. Dazu tritt noch die hocheinzuschätzende 
tretfliche Variation der Schichten gemäß der vor- 
liegenden Negativqualitáten. P. Hanneke. 


Neuer hochorthochromatischer Kranseder - Film 
26°. Die hohe Empfindlichkeit des modernen Nega- 
tivmaterials erschließt uns mancherlei Bildgenre, das 
uns früher gar nicht oder nur unter gewissen 
günstigen Umständen zugängig war. Für den Presse- 
photographen sowie für das Heimbild sind diese Er- 
rungenschaften von besonderer Bedeutung. Dazu 
tritt noch die lange Haltbarkeit des Materials. Auch 
für den uns jüngst zu Versuchen übermittelten 
neuen Kranseder hochorthochromatischen Roll- 
film 26° Scheiner wird eine Verwendungsdauer von 
2 Jahren garantiert. Die Aufnahme einer Farben- 
tafel in bekannter Anordnung mit Grauskala erwies 
schon ohne Einschaltung eines Grelbfilters eine ganz 
hervorragende harmonische Wiedergabe von Gelb 
bis ins tiofe Grün. Die Bezeichnung „höchst ortho- 
chromatisch" kommt diesem Film mit vollem Recht 
zu. Man wird ohne Filter bei vielen Sujets ein voll- 
kommen befriedigendes Auslangen haben und spart 
damit weiterhin in der Expositionsdauer. Die Mo- 
mentphotographie, die Aufnahme von Innenräumen, 
Genrebildern bei weniger strahlender Kunstbcleuch- 
tung stellen oft Aufgaben dar, wo uns mit mög- 


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»Herbst - Stürme 
um Helgoland.“ 


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Aufgenommen mit 
Agfa - Pan - Platte, 
Oktober, 16 Uhr 
(Sonne), F: 6,3, 
ә Sekunden. 


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- 


lichster Abkürzung der Expositionszeit sehr gedient 
ist. Auch das abendliche Straßenbild gehört dazu. 
Hier spielt auch Lichthoffreiheit des Films eine 
wesentliche Rolle. Der Kranseder-Film besitzt eine 
rote Rückschicht von vortrefflicher Wirkung, wie 
unter anderem praktische Vergleichsaufnahmen eines 
Zimmers gegen das Fenster bei steigender Ех- 
positionsdauer bestens bezeugten. 

Zugleich dokumentierte sich bei letzteren Ver- 
suchen der große Belichtungsspielraum des Kran- 
seder-Films 260. Bei manchen Motiven wird man 
trotz Hilfsinstrumenten über die best angebrachte 
Exposition im Zweifel sein; Fürsorge halber zwei 
Aufnahmen verschiedener Länge zu nehmen, ist nicht 
immer angángig. Man gibt einer ausgedehnteren 
Exposition den Vorzug vor einer kürzeren mit viel- 
leicht völlig unzureichenden Details; aber man 
könnte in ersterer auch zu weit gegangen sein. Da 
ist es dann von Wert, wenn der Film eine ziemliche 
Dehnung der Exposition zuläßt, ohne in Schleierung 
und Bildflauheit zu verfallen. Was den ferneren Cha- 
rakter des Kranseder-Films betrifft, so sind die Ne- 
gative klar und von guter Abstufung, dem brillanten 
Charakter zuncigend, ohne in Härten zu geraten. 
Wir haben hier einen Qualitätsstand, der den meisten 
Photographen wohl besonders sympathisch ist, der 
den üblichen Positivprozessen, auch dem vergrößerten 
Bromsilberbild, voll gerecht werden kann. 

Aus den obigen Daten ist der Schluß zu ziehen, 
daß wir in dem hochorthochromatischen Kranseder- 
Film 26° ein erstklassiges Aufnahmematcrial besitzen, 
das bei hoher Allgemeinempfindlichkeit eine univer- 
selle Verwendbarkeit zuläßt und Negative aus- 
gezeichneten Charakters abgibt, dazu auch modu- 
lationsfähig, in der Verarbeitung leicht und sicher zu 


handhaben. P. Hanneke. 


Laack - Optik. Die Firma Julius Laack 
Söhne, Rathenow, hat über ihre bekannten und 
geschätzten Erzeugnisse ein neues Preisblatt heraus- 
gegeben, das allen Interessenten auf Anfrage kosten- 
los zugesandt wird. Neben den bewährten Objektiv- 


" 


— 


πο 
727 + 
- = Foto F. Schensky, 

lm. Helgoland. 


typen, die die Firma schon seit 30 Jahren liefert, sind 
darin erstmalig viele Neukonstruktionen verzeichnet. 
Von den bereits bekannten Marken seien erwähnt: 
Laack-Anastigmat Dialvtar Serie T, das schärfstens 
zeichnende Momentobjektiv in den Lichtstärken 2.5, 
3,5, 3,8, 4,5, 6,3 und in den Brennweiten 50,0 cm; für 
Sport-, lllustrations- und Pressephotographen sowie 
für Kinoaufnahmezwecke unentbehrlich. Laack- 
Doppelanastigmat Dialytar 3,4, 4,5, 6,3, ein vierlinsiges 
Universalobjektiv höchster Leistung. Laack-Doppel- 
anastigmat Polyxentar 45, 6,8, der sechslinsige 
Doppelanastigmat, mit erhöhter Raumwirkung und 
Tiefenschärfe, für Kenner. Von den neuen Sonder- 
objekiven sind besonders zu erwähnen: Laack-Repro- 
Polyxentar 1:9, das Spezialobjekiv für Vervielfalti- 
gungs- und Reproduktionsarbeiten. Laack-Anastigmat 
Texon 1: 3,5 und 45, ist speziell für Vergrößerungs- 
arbeiten bestimmt. Es sind davon in kurzer Zeit 


viele Tausende verkauft worden. Laack - Hoch- 
leistungs-Projektionsobjektiv 1 : 1,6, die beste Aus- 
stattung für leistungsfähige Projektionsapparate 


bester Konstruktion. Außer den oben erwähnten 
Objektiven stellt die Firma noch eine ganze Reihe 
erstklassiger Objektivtypen her, die für Sonder- 
arbeiten bestimmt sind. Alles Nähere finden Sie im 
neuen Preisblatt der Firma Julius Laack Söhne. 
Rathenow 53, Werkstätten für Präzisionsoptik und 
Feinmechanik. 


Nicola-Perscheid-Porträtobjektive. Der bekannte 
Meister der Lichtbildkunst, Nicola Perscheid, weilt 
zwar seit einigen Jahren nicht mehr unter uns, aber 
seine Ideen sind immer noch wirksam durch die Ob- 
jektive, die von der Emil Busch AG., Rathenow. auf 
seine Anregungen hin konstruiert wurden. Die 
Nicola - Perscheid - Porträtobjektive haben sich seit 
Jahren in allen Weltteilen Verbreitung verschafft. 
und viele bekannte Künstler und Fachphotographen 
arbeiten ständig damit. So urteilte erst vor kurzem 
cin bekannter Kunstmaler und Photograph über 
dieses Objektiv: „Seit mehreren Jahren wird in allen 
meinen Ateliers (Dresden, Görlitz, Cottbus, Liegnitz) 


BYLEI 
TELOS 
SKIOBROM 
BROMOBYK 


des anspruchsvollen Lichtbildners 


„Ozeanflieger Kohl.“ 


Aufgenommen mit Hauff- Photo - Material. 
Aufnahme mit künstlichem Licht, etwa 1 Sek., Bl. 9.) 


Foto Pötschke, Eibau. 


(Atelier- 


ausschließlich mit dem Perscheid-Objektiv gearbeitet, 
das immer wieder meine vollste Begeisterung hervor- 
gerufen hat." Es soll hier keiner übertriebenen, un- 
natürlichen Weichheit das Wort geredet werden, aber 
es ist sicher, daß eine gewisse plastische Weichheit 
bci Porträts eine Lebendigkeit erzielt, die einen voll- 
endet natürlichen Eindruck der Persönlichkeit des 
Aufzunchmenden ergibt. Diese Objektive werden in 
den Brennweiten 21, 30, 36, 42, 48 und 60 cm ab 
Lager geliefert, und cin neuer, kleiner Prospekt mit 
den jetzt geltenden Preisen sowie Angaben über die 
„weckmäßigste Verwendung der Objektive steht 
jedem Interessenten kostenlos zur Verfügung. 


Die Astro - Gesellschaft auf der „Kamera“ - Aus- 
stellung. Die Astro - Gesellschaft m. b. H., Berlin- 
Neukölln, brachte auf der „Kamera“ ihre bestens an- 
erkannten lichtstarken Kinoobjektive zur Auslage. 
ferner die Pantachare mit 1:23 bis 1:1,5 und 
das Tachon von der staunenerregenden Öffnung 
1:095. Eine Neuheit bildete das Identoskop, 
das bercits von uns in einem Artikel in Heft 9 gc- 
bührend gewürdigt wurde: wir finden an dieser Stelle 
auch hervorragende Porträtaufnahmen mit diesem In- 


strument wiedergegeben, die dessen hohe Leistungs- 
fähigkeit überzeugend bekunden. Erwähnt sei ferner 
der bereits scit einiger Zeit eingeführte Entfernungs- 
messcr Fokuskop. Derselbe ist auch mit dem Ob- 
jektiv kuppelbar und arbeitet hervorragend präzise; 
er ermóglicht so automatische Scharfeinstellung des 
Objektivs ohne Entfernungsmesser und Skalaablesen. 
Wir empfehlen Einholung der Prospekte über diese 
exzellenten Erzeugnisse der Astro-Gesellschaft. h. 


Kodaks Vollenda 620 verdient höchste An- 
erkennung, denn wir haben es hier mit einer erst- 
klassigen, äußerst präzise gearbeiteten Rollfilm- 
kamera zu tun. Ein von der Kodak herausgegebener 
neuer illustrierter Prospekt bringt uns nähere Details 
über die hervorragende Ausstattung dieser 6 X 9- 
Springkamera, die mit lichtstarkem Anastigmaten 
und Compur-Verschluß nur 55 RM kostet, ein äußerst 
minimaler Preis für diesen exzellenten Apparat. Die 
Vollenda mit ihrer Schnellfokuskonstruktion ist durch 
Druck auf einen Knopf sofort in Aufnahmebereit- 


schaft gestellt. Wer diesen Apparat einmal in Händen 


gehabt hat, wird dessen äußerst solide Ausführung 
und prompte Funktionierung bewundern. — Eine 
andere neue Druckschrift mit Abbildungen behandelt 
weitere, bereits bestens eingeführte Kodak-Kameras, 
so die ,Brownie-Junior 620", eine 6 X 9- Boxkamera 
für die Jugend (6,90 RM), die reicher ausgestattete 
„Brownie 620" (12,75 RM), die „Kodak-Junior 620" 
für Rollfilm 6 X 9 mit Anastigmat F/7,7 (19,50 ЖИ). 
die „Kodak-Junior 620" in feinerer Ausführung mit 
Anastigmat F/6,3 (32,— AN), sowie die bereits oben 
erwähnte ,Vollenda". Alle diese Apparate stellen 
höchst schätzenswerte deutsche Produkte der Stutt- 
garter Kodak-Werkstátten dar. h. 


Rommels Kartons, Photoalben usw. Oscar 
Rommel & Co. Nerchau (Sa.), ist seit langen 
Jahren in Erzeugnissen für gediegene und geschmack- 
volle Bildaufmachung führend. Eine außerordentlich 
reiche Auswahl steht in Kartons für jedwede Bildart 
und Bildvergrößerungen zur Verfügung, namentlich 
sci auf die herrlichen Büttenbogen und stärkeren 
Naturkartonpapiere zur Hebung der allgemeinen 
Bildwirkung hingewiesen. Für Bildersammlungen sind 
dic „Oroco-Photoalben“ in prächtigen Einbänden be- 
sonders empfchlenswert. Das Einkleben erfolgt zeit- 
gemäß am vorteilhaftesten mittels Klebeecken, die in 
schr praktischen Formungen geboten werden. Des 
weiteren seien dic hochmodernen Hinterlegungs- 
kartons und Fenstermappen in verschiedentlicher 
Aufmachung erwähnt; sehr beliebt sind die Mappen 
mit dem modernen Büttenrandausschnitt, da so das 
Bild hinter dem Büttenrand trefflichst zur Geltung 
kommt. Ferner sind die ,,Oroco-Glaswechselrahmen" 
und ,Oroco-Leistenwechselrahmen” zum raschen und 
bequemen Einrahmen der Bilder hervorzuheben. Die 
Firma Rommel war mit ihrer hochwertigen Fabri- 
katen auch auf der Berliner Kamera - Ausstellung 
bestens vertreten. h. 


Die Lichtbildner schätzen an den Lifa - Massiv- 
gelbglasfiltern (Orthocoloren und Recticoloren) deren 
hervorragende Wirkung, optische Präzision und die 
kurze Verlängerung der Belichtungszeit, die noch 
vicle Aufnahmen aus der Hand gestattet. Da grüne 
Filter ganz allgemein eine bedeutend schlechtere 
Transparenz aufweisen, lehnt die Lifa Grünfilter für 
Ortho-Material ab. Es ist daher nicht zu empfehlen, 
Lifa - Grünfilter für orthochromatisches Material zu 
verwenden. Bei den modernen Pan-Materialien mit 
ihrer übermäßigen Rotempfindlichkeit leisten dagegen 


Grünfilter sehr gute Dienste. Aus diesem Grunde 
liefert die Lifa schon seit über einem Jahrzehnt der- 
artige Grünfilter. Diese speziellen panchromatischen 
Lifa- Grünfilter sind genau den Empfindlichkeits- 
kurven der einzelnen Pan-Emulsionen (die bekannter- 
maßen sehr verschieden sind) angepaßt und geben 
stärkste Filterwirkung. Zur Erzielung einer ton- 
richtigen Wiedergabe ist nur jeweils ein Lifa-Grün- 
filter erforderlich. (Siehe Lifa-Liste L 33 D.) 


Schwarze Schrift auf Photos. Um schwarze 


Schrift auf weißem Bildfeld oder auf hellem Grund 
ins Bildfeld zu kopieren, hat die Firma P. H. Uhl- 
mann, Gera, deren Spezialität Negativbeschriftungs- 
hilfsmittel sind, Schriftrandmaskenstreifen heraus- 
gebracht. Die Streifen zeigen die Schrifttypen glas- 
klar auf tiefschwarzem Grund. Beim Kopieren des 
Negativs auf eine helle oder auf eine ausgekratzteStelle 
am Rand des Negativs befestigt, was auch mittels 
einer Maske geschehen kann, kopieren sie die Schrift 
schwarz auf weißem Rand mit. Viele Photographen 
arbeiten auch so, daß sie den Streifen mit schwarzem 
Papier umkleben und die Schrift in einem zweiten 
Kopiergang ohne Negativ nachbelichten. Diese Ar- 
beitsweise ist besonders bei Probedrucken oder 
kleinen Auflagen empfehlenswert. Durch solches 
Nachkopieren kann die Schrift auch auf eine helle 
Stelle in das Bild selbst gebracht werden, z. B. bei 
Signation. Um Vergrößerungen, z. B. Leica - Auf- 
nahmen, zu signieren oder zu betexten, wird die Ver- 
größerung belichtet und darauf mittels des ab- 
gedeckten Schriftfolienstreifens die Schrift mit, einer 
Lichtquelle nachbelichtet. Beim Vergrößern mit 
solchen Apparaten, bei denen man das Bild während 
der Vergrößerung offen vor sich liegen oder hängen 
hat, kann man auf bequeme Weise so verfahren, daß 
ebenfalls zuerst die Vergrößerung belichtet wird. 
Dann schaltet man die rote Birne oder Glas ein, 
legt die Schriftmaske an die leicht zu beurteilende 
Stelle und belichtet mittels einer besonderen Licht- 
quelle. 

Die Firma Paul Hermann Uhlmann, Gera, sendet 
gern Prospekte über diese und andere Art Photo- 
beschriftung. Wenn Interessenten den gewünschten 
Text, Firma od. dgl. einsenden, liefert die Firma rine 
Schwarzschriftprobefolie zum Preise уоп 1,20 RM, so 
daß man sich von der schönen Wirkung dieser 
Photobeschriftung überzeugen kann. 


Ein Schmalfiln wird Normalfilm! Die Terra 
führte kürzlich in Berlin den Mittelholzer-Film , Der 
erste Tagesflug nach Afrika“ im Beiprogramm vor, 
der starken Beifall bei Publikum und Presse fand. 
In ausgezeichneten Bildern wird ein Reiseflug von 
den Alpen bis zur Sahara aus der Vogelperspektive 
gezeigt. Im Flugzeug umkreist man die markante 
Silhouette des Matterhorn stößt tief in die Täler 
hinein und gleitet dann hinaus in die sonnenüber- 
glänzte Tiefebene der Lombardei. Ein paar wag- 
halsige Aufnahmen vom dampfenden Krater des 
Vesuv, und dann geht der Flug weiter zum Sand- 
mcer der Sahara. Dieser Kulturfilm hat eine etwas 
ungewöhnliche Vorgeschichte. Im Frühjahr führte 
Mittelholzer seinen mit der Siemens-Kinokamera auf- 
genommenen Schmalfilm „Im Flugzeug über die 
Alpen nach der Sahara“ in einem großen Berliner 
Theater vor und fand starken Beifall. Das gab Ver- 
anlassung, Teile aus diesem Schmalfilm auf Normal- 
film umzukopieren. Die umkopierten Filmszenen 
zeigen überraschende Schärfe und Plastik und fügen 


zur Kontrolle 
von Blende 
und Zeit 


für Spannen 
und Belichten 
gleichzeitig 


für 
automatischen 
Filmtransport 


RM 188.- 
und dann Zeiss Tessar 


Siflex 


š IP TO-AUTOMAT 
FRANKE & HEIDECKE BRAUNSCHWEIG 


Leistungssteigerung 


phot. Georg Sommerer, Gräfelfing. 


Aufgenommen auf Perutz- Leica -Spezialfilm. 


sich den mit Normalfilm gedrehten Teilen des Kultur- 
films durchaus gleichwertig an. Für diese glückliche 
Lösung des Schmalfilmproblems ist allerdings cine 
Kinokamera mit leichter, sicherer Bedienung und 
scharf zeichnenden Objektiven, wie sie Mittelholzer 
zur Verfügung stand, Voraussetzung. 


erzıelen Sie mit 


LAACK 


PHOTO- 
OBJEKTIVEN | 


für Aufnahme: 

Doppel- Anastigmat Polvxentar 1:4.5 10.8 
Anastigmat Dialytar Serie T1:2,8 1:35 1:4,5 1:03 
Doppel- Anastigmat Dialytar 1:4,5 [τό 


Projektion: 

Hochleistungs - Projektions - Objektiv 1:1,6 
Laack Kino 1:2 

Vergrößerung: 


Anastigmat Texon 1:35 1:45 
Vergrößerungs- Anastigmat 1:3,5 1:4,5 1:03 


Reproduktion: 
Repro - Polvxentar 1:9 
Weitwinkel Dialytar 1:12 


Voigtlünder - Superb. Den richtipen Augenblick 
zu erschnappen, darauf kommt es an, wenn man mit 
seiner Kamera die großen und kleinen Ereignisse des 
Lebens einfangen will. Da heißt es, auch stets 
„schußbereit“ durchs Leben pilgern. Die Voigt- 
länder - Superb - Kamera, ein neuer Spiegelreflex- 
apparat, geht ncue Wege. Mit einem einzigen Hebel- 
griff stellt man sowohl die Mattscheibe des Suchers 
als auch die Aufnahmcoptik scharf ein, man gleicht 
sogar auch die Parallaxe aus, damit man seine Mo- 
tive vollständig aufs Bild bekommt. Bei Porträtauf- 
nahmen ist das besonders wichtig. Man kann sich 
den Apparat bei jedem Händler ansehen und den 
ausführlichen Prospekt, der alles Wissenswerte über 
diesen interessanten Apparat enthält, verlangen. 


Voigtländer auf der Ausstellung „Die Kamera“. 
Der Voigtländer-Stand war sicher einer der inter- 
essantesten, weil mancherlei gezeigt wurde, was man 
sonst nicht zu sehen bekommt, so z. B. eine Linsen- 
schleiferei in Betrieb. Optiker zeigten den Werdegang 
eines Anastigmaten vom gepreßten Rohglas bis zur 
fertig polierten und zentrierten Linse. Der Besucher 
konnte sehen, wie die Linsen auf Schleifschalen gekittet 
und erst roh, dann fein geschliffen wurden. Der Laie 
ahnt garnicht, welche Unmenge von Arbeit darinsteckt. 
Man konnte sich auch die Meßinstrumente erklären 
lassen, mit denen die Linsen und später die zusammen- 
gebauten Optiken geprüft werden. Eine sehr auf- 
schlußreiche Tafelreihe zeigte, wie umfangreich und 
ausgedehnt diese Prüfungen sind, denn das Voigt- 
länder- Meisterobjektiv ,Heliar^ z. B. muß nicht 
weniger als 106 Prüfungen durchmachen, bis es würdig 
für den Einbau in eine Kamera befunden wird. Daß 
diese Werkstätte in weitesten Kreisen als sehenswert 
empfunden wurde, geht auch daraus hervor, daf? promi- 
nente Mitglieder der Regierung, wie Vizekanzler von 
Papen, längere Zeit der Linsenherstellung beiwohnten. 


— 


Atelierlampen, Effektlampen, Präzisions- 
Strahler, Koffer- und Galgenlampen, 
Reflexschirme in all. Größen. — Prospekte 


kostenlos. 


Jupiterlicht Akt.-Ges. 


Druckschriften kostenlos 


JULIUS LAACK SOHNE, RATHENOW 


QGneisenaustra&e 27 


— Mit großem Interesse wird man auch 
einen Blick in die in vollem Betrieb 
befindliche Kopieranstalt geworfen 
haben, mit welcher Genauigkeit und 
Sauberkeit der Händler die Negative 
und Bilder der Amateure bearbeitet. 
Sehr lehrreich waren die zahlreichen 
Anschauungstafeln, die wichtige photo- 
technische und bildmäßige Fragen ver- 
anschaulichten. Man sah Vergleiche 
von Aufnahmen mit und ohne Gelb- 
filter, ferner wie Vorsatzlinsen dic 
Aufnahmen heranholen, dann den 
Unterschied von kondensorlosen und 
Kondensor - Vergrößerungsapparaten 
usw. 

Auch bildmäßig bot der Stand 
sehr viel Sehenswertes, so über die be- 
sonderen Eigenschaften der einzelnen 
Papiere. — Selbstverständlich war dem 
Stand eine sehr reichhaltige Apparatc- 
und Zubehörschau angegliedert, dar- 
unter die neuesten Kameras, die 
„Superb“ und die „Prominent“. Damit 
man von all dem Guten des Voigt- 
länder-Stands auch etwas mit nach 
Hause nehmen konnte, hatte Voigt- 
länder zwei sehr interessante Druck- 
schriften extra für die Ausstellung 
herausgebracht: einen Gesamtkatalog 
über Voigtländer-Fabrikate und ein 
kleines Heftchen: „Mit Ergo -Rapid in 
der Dunkelkammer“, das über dic 
Fragen der Vergrößerungstechnik be- 


richtet. Man kann behaupten, daß der |||!!! | w'NélgétndeP SUPERB 1:35 
Voigtländer-Stand ganz besonders in- Ё — — w 

i ü ; — W 5 rm Е 
HH ang Tr | Sie brauchen nur hier zu drücken 


Der moderne Reporter verwendet für seine Aufnahmen den neuen, unvergleichlichen 


Peromniafilm, 


der als Leicafilm, Roll- und Filmpack in den nächsten Tagen im 


Handel erscheint. Er ist rectepanchromatisch, d.h. er gibt alle Farben 
in idealer Annáherung an den Eindruck des menschlichen Auges 
wieder. Er ist nur so viel rotempfindlich, als es gerade richtig 
und gut ist, er ist aber auch hervorragend grünempfindlich. 


Ohne Filter Porträtaufnahmen von kaum gesehener Lebendigkeit und 


Wahrheit Ohne Filter tonwertrichtige, verblüffend naturgetreue 
Wiedergabe aller Farbwerte. Doppelte Emulsionsschicht, also außer- 


ordentlicher Belichtungsspielraum. Hervorragende Allgemeinempfind- 


lichkeit, tadelloser Lichthofschutz, vorzügliches Verhalten im Ent- 
wickler machen diese panchromatische Emulsion zu einem beispiellos 
lelstungsfahigen Universalmaterial 

für alle — für alles — per omnia! 


Otto Perutz, Trockenplattenfabrik, München, G. m. b. Н. 


Halie-Neuheiten! Der Halic-Betrieb in B.-Kamnitz 
(Nordböhmen) ist stets bemüht, neue, praktische 
Hilfsmittel für die Photographie in den Handel zu 
bringen, Außer den bereits bekannten Radierungs-, 
Bromölkorn- und Gemälderastern ist in letzter Zeit 
ein ganz originelles Geweberaster mit zweierlei 
Struktur und schwarzer Umrandung erschienen. — 
Als besonders praktische Neuheit wird das Halie- 


Das 


Identoskop 


mit Astro- 1 
(auc h 111) 
Bildfeld - 


'orträt 1:2,3, mit der Leica 
licht direkte 
auf Mattscheibe mittels fünffach 


vergrößernder Lupe. 


150 mm, in Verbindung 
, das gegebene Universal- Aufnahmegerät, ermög 


und Schärfeneinstellung 


Lieferbar auch mit Astro - Ostar f: 3,5, 
Astro-Fernbildlinse f:5, 400 mm. 


125 oder 135 mm, oder mit 


ASTRO. Gesellschaft m. b. H. 


Berlin - Neukölln, Lahnstraße 30. 


Telegramm - Adresse: Astrooptik Berlin. 


— Als besondere scherzhafte Überraschung, speziell 


„Springball.“ 


Photographiert mit 
der Leica - Kamera, 
Elmar 5 cm, 

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Foto 
Lothar Rübelt, Wien. 


Universalmaskengerät (verstellbar) sowie der Kopier- 
und Vergrößerungsrahmen mit elastischer Gummi- 
zwischenlage anerkannt. — Weitere Neuheiten sind 
das Halie-Trockenklebband zum Aufzichen und Bc- 
festigen von Bildern aller Art sowie die Halie-Präge- 
masken, in welchen die Bilder zuerst belichtet und 
dann vertieft oder erhaben geprägt werden können. 


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Flächen-Leuchten 


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für Weihnachten geeignet, gelten die Halic - Photo- 
scherzkarten. Die Firma versendet hiervon Muster- 
packung gegen Voreinsendung von 20 Pf. in Brief- 
marken. — In letzter Zeit erschienen die Trocken- 
photofarben, die billiger und praktischer als die bis- 
herigen flüssigen Farben sind. — Die Halie - Artikel 
sind fast in allen Photogeschäften erhältlich. Man 
verlange kostenlos Prospekte! 


Neue Kodak - Kamerapreise. Auf Grund eines 
allgemeinen Beschlusses des Reichsverbandes der 
deutschen photographischen Industrie hat die Kokak 
folgende Preisänderungen vorgenommen. Die „Kodak- 
Vollenda 620“ mit Optik F/4, und Compur- - Ver- 
schluf kostet jetzt 67 AN, der „Kodak- Junior 620“ 
F/7,7 22,50 RM. Der ,Kodak- Junior 620" F/6,3 mit 
Pronto-S.- Verschluf ist fort efallen, an seiner Stelle 
werden zwei neue Modelle herauskommen, über die 
noch nähere Mitteilungen erfolgen. ; 


Neue Druckschriften der Osram. Von der Osram 
ist eine neue illustrierte Preisliste „Osram-Lichtquellen 
für photographische Zwecke“ herausgekommen, die 
äußerst instruktiv ist und auch vielerlei praktische 
Ratschläge bringt. — Sehr lesenswert ist ferner der 
neue Prospekt „Ап die Benutzer von Osram-Dunkel- : 
kammerlampen“, der uns allerlei sehr nützliche Winke Nikolai-Kirche in Potsdam. 


zum Entwickeln der Platten und Filme gibt. — Eine Die Ausleuchtung dieser Sáulenhalle durch Flutlicht bringt 


weitere neue illustrierte Broschüre: ,Licht, das ver- feierlichen Charakter dieser Architektur zu festlich 
kaufen hilft“, behandelt die Laden- und Firmenschild- SERGE ERR esnebender Wirkung. 


beleuchtung. 


Osram - Weihnachtskerzen, Die Osram-Kerzen wird und jede Wartung und Kontrolle sich erübrigt, 
finden wir bereits seit langen Jahren am Christbaum dann bezüglich Kosten die Annehmlichkeit einer nur 
vor. Gestaltung und Wirkung kommt derjenigen der einmaligen Anschaffung. Der Preis einer kompletten 
alten Wachskerzen gleich, aber Osram bringt den Osram - Weihnachtskette mit 16 anschlußfertigen 
großen Vorteil. daß Feuergefährlichkeit ausgeschaltet Kerzen und zwei Reservelampen beträgt nur 14,50 RN. 


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Foto Hedda Hammer, Hamburg. 
Aufgenommen mit Meyer - Satz - Plasmat 4,5/15,3. 


Man verlange den diesbezüglichen Prospekt „Zehn 
Gründe, weshalb man Osram-Weihnachtskerzen den 
Vorzug geben soll“, h. 


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Verschiedenes. 


Deutsche Photohándlerschule in Dresden. Sci: 
dem 15. September sind 36 junge, lernbegierige Photo- 
handler eifrig tätig, um sich die notwendigen Kennt. 
nisso in der photographischen Theorie und Praxis an- 
zucignen. Schon in den ersten 14 Tagen wird emp- 
funden, wie wertvoll es für einen jungen Photo- 
händler ist, grundlegend über das große Gebiet der 
Photographie in Vorträgen und praktischen Übungen 
unterrichtet zu werden. Bald werden dem einzelnen 
die wichtigen Zusammenhänge zwischen der Theorie 
und der Praxis klar und damit ein tieferes Ver- 
ständnis für alle Vorgänge und Erscheinungen ge- 
geben. Dic gesammelten Erkenntnisse wirken sich 
später als unendlich wertvoll in der Berufsarbeit aus 
und tragen einmal zur Hebung des Standes und 
weiter zur Ausbreitung der Amateurphotographie bei. 
In der Zeit vom 3. Januar 1934 bis 3l. Marz 
1934 findet der 18. dreimonatige Lehr- 
gang statt. Prospekte und nähere Auskunft durch 
die Geschäftsstelle der Deutschen Photohändler- 
schule in Dresden, Zinzendorfstraße 47. 


„Foto und Volk", von Willi Stiewe, heißt ein ar 
eben im Verlag von Wilhelm Knapp, Halle (Saale). 
erschienenes Buch, welches Wege weist, wie die 
Amatcurphotographie den Zielen des neuen Staates 
nutzbar gemacht werden kann. Ein Prospekt darüber 
liegt der Cresamtauflage dieses Heftes bei. 


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Verantwortlich für den Textteil: F. Matthies- Masuren in Halle (S.), Advokatenweg 4; 


für den Anzeigenteil: Alwin Lauffer-Klemich in Halle (So, Mühlwex 19. — Druck von Wilhelm Knapp in Halle (S.). 


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UND DES SUDDEUTSCHEN PHOTOGRAPHEN -VEREINS 


Schriftleiter: F. Matthies- Masuren in Halle (Saale). 


Verlag von Wilhelm Knapp in Halle (Saale), Mühlweg 19. 


Monatlich ein Heft 


40. Jahrgang Heft 12 Dezember 1933 


Bezugsbedingungen: Monatlich erscheint ein Heft zum Preis von RM. 1,20 im Abbonnement. Gebühr für Versendung 

in Umschlag mit Pappeinlage RM. 0,15; für Ausland Kreuzbandporto. — Anzeigenpreis: Für 1mm Höhe der 43 mm 

breiten Spalte RM. 0,15. — Erfüllungsort Halle. — Anzeigenaufträge an Wilhelm Knapp in Halle (Saale), Mühlweg 19. 
(Fernsprecher: 26467 und 28382, Postscheckkonto: Leipzig Nr. 214; Reichsbank-Girokonto.) 


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