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Full text of "Ausführliches Handbuch der Photographie"

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Ausführliches  Handbuch 


der 


PHOTOGRAPHIE 


von 


Ho&at  Dr.  Josef  Maria  Eder. 


Mit  über  2000  Abbildungen  und  zahlreichen  Tafeln. 


Erster  Band,  erster  Teil. 


Dritte  gänzlich  umgearbeitete  und  vermehrte  Auflage. 


Halle  a.  S. 

Verlag  von   Wilhelm  Knapp. 

1905. 


Geschichte 


PHOTOGRAPHIE 


Hofrat  Dr.  Josef  Maria  Eder, 


MK  148  Abbildungen  und  12  Tafeln. 


Dritte  gänzlich  umgearbeitete  und  vermehrte  Auflage. 


Halle  a.  S. 

Verlag   von   Wilhelm   Knapp. 
1905. 


Vorwort. 


Das  älteste  Quellenwerk  über  die  Geschichte  der  physikalischen 
Erkenntnis  des  Lichtes  und  seiner  Wirkungen  lieferte  wohl  Priestley 
in  seiner  „Geschichte  der  Optik"  (1772),  worin  er  auch  einige  spär- 
liche Mitteilungen  über  die  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes  bringt. 
Ebermaiers  „Versuch  einer  Geschichte  des  Lichtes  und  dessen  Ein- 
fluß auf  den  menschlichen  Körper"  (1799),  sowie  Horns  ,,Über  die 
Wirkungen  des  Lichtes  auf  den  lebenden  menschlichen  Körper  mit 
Ausnahme  des  Sehens"  (1799)  bringen  viele  historische  Notizen,  aber  sie 
sind  fast  nur  von  Interesse  für  die  Physiologie.  Über  ältere  Theorien 
des  Lichtes  überhaupt,  sowie  in  chemischer  Beziehung,  findet  sich  in 
Johann  Carl  Fischers  großer  „Geschichte  der  Physik"  (1801  bis  1806, 
8  Bände)  sehr  viel  Bemerkenswertes,  von  dem  auch  hier  einiges  benutzt 
wurde.  Ähnliches  gilt  von  Gmelins  „Geschichte  der  Chemie"  (1799) 
und  Fischers  „Physikalischem  Wörterbuch"  (1801  bis  1825,  9  Bände). 
Ganz  ausgezeichnete  und  schätzenswerte  Behelfe  lieferten  aber  Link 
und  Heinrich  in  ihren  von  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften  in 
Petersburg  gekrönten  Preisschriften  „Über  die  Natur  des  Lichtes"  (1808), 
in  welchen  nicht  nur  eigene  Beobachtungen  mitgeteilt,  sondern  auch  mit 
anerkennenswerter  Sorgfalt  ältere  Angaben  registriert  wurden.  Dieses 
Werk  wurde  fast  gänzlich  in  das  vortreffliche  Sammelwerk  Landgrebes 
„Über  das  Licht"  (1834)  eingeordnet  und  letzterer  bringt  im  allgemeinen 
so  ziemlich  dieselben  älteren  und  die  bis  zum  Jahre  183ii  erweiterten 
Literaturnachweise  nebst  ausführlicher  Inhaltsangabe  einer  großen  Anzahl 
älterer  Mitteilungen.  Eine  wertvolle  Bereicherung  der  photochemischen 
Literatur  bot  G.  Snckows  „Commentatio  physica  de  lucis  effectibus 
chemicis"  (Jena  1828),  welche  mit  dem  Motto  „Nihil  luce  obscurins" 
versehen  und  Döbereiner  gewidmet  ist.  Die  Schrift  wurde  mit  einem 
Preise  von  der  Universität  Jena  gekrönt.  Nach  Suckow  bearbeitete 
auch  noch  J.  Fiedler  selbständig  die  ältesten  Quellen.  Seine  lateinische 
Dissertationsschrift  „De  lucis  effectibus  chemicis  in  corpora  anorgnnica" 
(1835)    ist   mit   höchst  verdienstlicher  Sorgfalt   verfaßt.      Dieser  Autor 

157187 


VI  Vorwort. 

Übertrifft  in  einzelnen  Teilen  seiner  historischen  Schilderung  weitaus 
seine  Vorgänger  und  er  fußt  übrigens  mehr  auf  Priestleys  „Geschichte 
der  Optik",  als  dies  seine  Vorgänger  getan  haben.  Eine  wesentliche 
Stütze  bei  der  Bearbeitung  der  Geschichte  der  Photochemie  des  19.  Jahr- 
hunderts bietet  auch  Karstens  Literaturbericht  der  Photochemie,  welcher 
in  den  „Fortschritten  der  Physik  pro  1845"  erschienen  ist.  Es  ist 
vielleicht  die  Bemerkung  nicht  überflüssig,  daß  die  Lehr-  und  Hand- 
bücher der  „Photographie"  mich  bei  der  vorliegenden  Arbeit  ganz  im 
Stiche  ließen,  da  selbst  in  den  berühmten  Werken  Hunts  (Research es 
on  light)  und  Becquerels  (La  lumiöre)  die  historischen  Notizen  gänz- 
lich unzulänglich  sind  und  W.  J.  Harrisons  „History  of  Photography" 
(1888)  die  Zeit  vor  Daguerre  ganz  oberflächlich  behandelt.  Daß 
Fouques  Geschichte  (La  v6rit6  sur  Pinvention  de  la  Photographie,  1867) 
nichts  als  die  Erfindungen  Niepces  behandelt,  ist  wohl  bekannt. 

Da  die  Vorbehelfe  durchaus  nicht  ausreichend  waren,  so  mußte 
ich  eine  Unzahl  alter  Schriften  Band  für  Band  durchsehen  und,  mit 
großem  Zeitaufwand,  unter  den  absonderlichsten  Titeln  photochemische 
Arbeiten  aufsuchen,  um  das  Substrat  für  meine  „Geschichte  der  Photo- 
chemie" zu  beschaffen,  von  welcher  ich  im  Jahre  1881  das  erste  Frag- 
ment in  der  „Photographischen  Korrespondenz"  publizierte;  die  erste 
Auflage  meiner  „Geschichte  der  Photochemie",  welche  als  erstes  Heft 
meines  ausführlichen  Handbuchs  der  Photographie  im  Jahre  1891  er- 
schien, enthielt  zum  ersten  Male  diese  Studien  als  zusammenhängendes 
Ganzes  und  ich  kann  wohl  sagen,  daß  ich  damit  die  Geschichte  der 
Photographie  in  der  Vor-Daguerreschen  Zeit  begründet  habe.  In- 
wieweit ich  bei  meinen  historischen  Quellenstudien  vollständiger  als 
meine  Vorgänger  bin,  zeigt  der  einfache  Vergleich.  Es  sei  bemerkt, 
daß  alle  späteren  Geschichtsschreiber  auf  diese  meine  Quellenstudien 
sich  stützen. 

Sehr  gründliche  weitere  Quellenstudien  stellte  im  Anschluß  an 
meine  grundlegende  l^iblikation  General  Waterhouse  in  London  an, 
welcher  eine  Keihc  von  Abhandlungen  in  „The  Photographic  Journal' 
1901  bis  1903  unter  Benutzung  meiner  Publikation  veröffentlichte  und 
zwar  „Notes  on  Early  Tele -Dioptrie  Lens-Systems,  and  the  Genesis  of 
Telephotography"  (The  l^hotographic  Jouinal,  Vol.  XXVI,  Nr.  1),  ferner 
„Notes  on  the  Early  History  of  the  Camera  Obscura"  (The  Photogr. 
Journal,  Vol.  XXV,  Nr.  9),  „Historical  notes  early  Photographie  optics" 
(The  Journal  of  the  Camera  Club,  September  1902)  und  „The  beginnings 
of  photography.  A  chapter  in  the  history  of  the  development  of  photo- 
graphy with  the  Salts  of  silver"  (The  Photogr.  Journal,  Vol.  XLIII, 
June  1903),  durchwegs  sehr  ernste  und  exakte  Forschungen. 


Vorwort.  vn 

Auch  andere  benutzten  meine  historischen  Quellenstudien,  ver- 
schwiegen jedoch  die  Quelle,  aus  der  sie  scIiöpfteD  und  schrieben  auch 
in  anderen  Fällen  mit  Sachunkenntnis  aus  zweiter  Hand  ab,  —Wahres 
und  Falsches  kritiklos  vermengend,  wie  ich  in  der  „Photngraphischen 
Korrespondeuz"  1891,  S,  148  und  254  nachgewiesen  habe;  wir  haben 
uns  mit  ihnen  nicht  weiter  zw  befassen.  Dagegen  sind  Jerome  Harri- 
sons  „A  History  of  Photography  "  {Bratiford  1888)  sowie  John  Werges 
„The  evohition  of  photography"  (London  1890)  gut  und  gewissenhaft 
gearbeitete  Bücher,  insoweit  der  Anteil  Englands  und  Amerikas  an  der 
Erfindung  der  Photographie  im  19.  Jahrhundert  in  Betracht  kommt.  In 
interessanter  Schilderung,  aber  begrenzt  auf  einen  kleinen  Kreis  von 
Erfindern  der  Photographie,  sind  R,  Colsona  „Mömoires  nriginaux  des 
cröateurs  de  la  Photographie",  Paris  1898,  geschrieben.  Er  beschränkt 
sich  auf  Nicephore  Niepce,  Daguerre,  Bayard,  Talbot,  Niepce 
de  St  Victor,  Poitevin,  bearbeitet  deren  Biographien  und  Arbeiten 
mit  Sorgtalt,  nimmt  jedoch"  auf  andere  Erfinder  keine  Rücksicht.  Der 
Anteil  deutscher  und  österreichischer  Erfinder  an  dem  Fortschritte  der 
Photographie  ist  sämtlichen  dieser  englischen  und  franKÖsischen  Autoron 
leider  großenteils  unbekannt  geblieben.  Deshalb  sah  ich  mich  veranlaßt, 
der  Entwicklungsgeschichte  der  Photographie  in  ihrer  internationalen 
Gesamtheit,  insbesondere  auch  nach  Daguerre,  in  diesem  Werke 
besondere  Aufmerksamkeit  zu  widmen  und  ich  war  bemüht,  unter 
genauestem  Quellenstudium  gröttte  Objektivität  bei  der  Abfassung  meiner 
Geschichte  der  Photographie  walten  zu  lassen. 

Meine  „Geschichte  der  Photographie"  ist  in  drei  Etappen  ent- 
standen: zuerst  bis  zur  Wende  des  18.  Jahrhunderts,  welches  Fragment, 
wie  erwähnt,  1881  publiziert  wurde.  Dann  wurde  von  mir  im  Jahre 
1891  die  Entwicklung  der  Photocbemie  bis  Daguerre  und  Niepce 
veröffentlicht  (s.  o.)  und  hierauf  erfolgte  die  erste  quellenmältigc  er- 
schöpfende Behandlung  des  Gesamtgebietes  der  Photographie  mit  genauen 
Literatur-  und  historischen  Nachweisen  in  meinem  „Ausführlichen  Hand- 
buch der  Photographie";  dieses  Work  diente  mir  auch  als  Vorarbeit  für 
die  Geschichte  der  modernen  photographischen  Verfahren.  An  der  Hand 
dieses  Materials  konnte  ich  nun  in  der  vorliegenden  dritten  Auflage 
meiner  Geschichte  zum  ersten  Male  den  Vei-such  wagen,  die  Erfindungs- 
geschichte der  Photographie  bis  zum  Ende  des  19.  Jahrhunderts  zu 
schildern.  Ich  unternahm  es  auch,  eine  Anzahl  von  Inkunabeln  und 
Porträten,  welche  auf  die  Geschichte  der  Photographie  Bezug  haben,  in 
guten  Reproduktionen  dem  Werke  beizugeben,  da  diese  zum  Teile 
äußerst  selten  geworden  und  schwer  zugänglich,  ja  fast  vorschotlen  sind. 
Diese  Inkunabeln  der  Photographie  sind  nur  an  wonigen  Urten,  nämlich 


vm  Vorwort, 

besonders  in  Paris,  London  und  "Wien  auffindlich;  namentlich  die  Samm- 
lungen der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien,  der 
Photographischen  Gesellschaft  und  der  k.  k.  Technischen  Hochschule  in 
"Wien  enthalten  höchst  schätzbares  Material,  welches  zum  Teile  schon  seit 
1839  aufgesammelt,  aber  bisher  nicht  verarbeitet  wurde  und  in  weiteren 
Kreisen  fast  ganz  unbekannt  ist.  Zu  besonderem  Danke  bin  ich  dem  Prä- 
sidium der  Pariser  Photographischen  Gesellschaft  und  dem  Pariser 
Photo-Club,  der  Londoner  Photographic  Society,  General  "Water- 
house  in  London,  Prof.  Vidal  in  Paris,  Herrn  Davanne  in  Paris,  Herrn 
Braun  in  Domach,  Herrn  J.  Demaria  in  Paris,  6.  E.  Brown  in  London 
und  vielen  anderen  verehrten  Fachkollegen  verbunden,  welche  meine 
historischen  Nachforschungen  in  entgegenkommender  Weise  förderten. 
Obwohl  meine  „Geschichte  der  Photographie"  wohl  die  voll- 
ständigste sein  dürfte,  welche  bisher  versucht  wurde,  so  kann  sie  doch 
nicht  erschöpfend  sein,  da  der  mir  zur  Verfügung  stehende  Raum  zu 
einem  breiteren  Behandeln  nicht  ausreicht.  Das  Eingehen  in  allzu 
kleine  Einzelheiten  würde  auch  die  Übersicht  meiner  Schilderung  stark 
beeinträchtigt  haben. 

Wien,  im  März  1905. 

Der  Verfasser. 


Inhalt. 


»Ic  Geschichte  der  Photographie. 

Ssits 

Erstes  Kapitel.  Von  Aristoteles  (4.  JahrbuDdert  vor  Cbr.)  bis  zu  den  Alchimisten  1 
Zweites  Kapitel.    YerauDhe  mit  Naturselbstdnick  im  16.  und  17.  Jahrhundert      20 

Drittes  Kapitel.    Zur  Geschichte  der  Camara  obscum 26 

Viertes  Kapitel.    Zur  Geschichte  des  stereoskopischen  Sehens 3!) 

Fünftes  Kapitel.    Erfindung  des  Projektionsapparates  im  17.  Jahrhundert      .      40 
Sechstes  Kapitel.    Photochemische  Studien  der  Saturforscber  des  17.  Jahr- 
hunderts bis  BeBtuscheff 45 

Siebentes  Kapitel.     Phosphoreszenzerscheinungen  der    „ Louchtsteine "   nnd 

Entdeckung  der  IJchtempfiDdlicbkeit  der  Silbersalze 48 

Achtes  Kapitel.    Photochemische  Forschungen  im  18.  Jahrhundert  bis  Beccarius 
und  Benzins  (1757)  nebst  einem  Exkurse  über  den  damaligen  Stand  der 

Kenntnisse  von  der  Unbeständigkeit  der  Farben 54 

Neuntes  Kapitel.    Von  der  Oyphantie  (1761)  bis  za  Scheele  (1777)     ...      61 
Zehntes  Kapitel.     Von   Priestley   (1777)  bis  Senebier  (1782),    nebst   einem 
Exkurse  über  die  damalige  Verwendung  lichtempfindlicher  Verbindungen 

in  der  Magie 69 

Elftes  KapiteL     Von  Scopoli  (1783)  bis  Rumford  (1798) 78 

Zwölftes  Kapitel.    Von  Vaoquelin  (1798)  bis  üavy  (1802) 92 

Dreizehntes  KapiteL     Studien    von  Sage  (1803),  Link  und  Heinrich   über 
die  Satur  des  Lichtes  (1804—1808)    bis  zu  Gay-Lussac  und  Thenard 

(1810) 106 

Vierzehntes  Kapitel.    Entdeckung  der  Photographie  in  natürlichen  Farben 

durch  Seebeck  (1810)  bis  zur  Bekwintmachung  der  Daguerrcotypie  (1839)     117 
Fünfzehntes  Kapitel.      Spezielle   Untersuchungen    über    die   Wirkung  des 

Lichtes  auf  organische  Verbindungen 146 

Sechzehntes  Kapitel.    Nicephore  Niepce  und  Dagnerre 153 

SiehzehntesKapitel.  Die  photographischen  Porträt-  und  Sekundeoanf nahmen  209 
Achtzehntes  Kapitel.  Erfindung  dps  Petzvalschon  Porträtobjektives  .  ,  .  230 
Neunzehntes  Kapitel.    Emporblühen  der  Photographie  als  Gewerbe    .    .    .     240 

Zwanzigstes  Kapitel.    Kolorierung  von  Daguerreotypien 236 

EinundzwanzigsteaKapitel.   Erfindung  der  Photographie  mit  Papiernegativen 

und  Papierpositiven 237 

Zweiundzwanzigstes  Kapitel.    Rückwirkung  der  Erfindung  der  Daguerreo- 
typie,  Talbotypie  und  der  ältesten  photo mechanischen  Verfahren   auf  ias 

graphische  lUust rat ions verfahren 251 

DreiundzwanzigstesKapitei.  Photographische GIasnegative,Niep^typie usw.    257 


X  Inhalt. 

Seite 
Vierundzwanzigstes  Kapitel.     Einführung  des  Kollodiums    in  die  Photo- 
graphie       261 

Fünfundzwanzigstes  Kapitel.     Direkte  Kollodiumpositive  in  der  Kamera  .  269 
Sechsundzwanzigstes    Kapitel.      Das    Bade  -  Kollodium  -  Trockenverfahren 

und  die  Erfindung  der  alkalischen  Entwicklung 271 

Siebenundzwanzigstes  Kapitel.    Stereoskop  -  Photographie 281 

Achtundzwanzigstes  Kapitel.    Mikrophotographie 284 

Neunundzwanzigstes  Kapitel.     Photogrammetrie  und  Ballonphotograph ie. 

I.  Photogrammetrie 289 

II.  Photographie  vom  Luftballon  aus 291 

Dreißigstes  Kapitel.    Bromsilbergelatine 294 

Einunddreißigstes  Kapitel.     Die  photo- elektrischen  Fernseher 313 

Zweiunddreißigstes  Kapitel.     Orthochromasie 315 

Dreiunddreißigstes  Kapitel.    Künstliches  Licht  in  der  Photographie      .     .  326 
Vierunddreißigstes  Kapitel.    Kopierverfahren  mit  Silbersalzen      ....  334 
Fünfunddreißigstes  Kapitel.    Kopierverfahren  mit  Eisensalzen.  —  Licht- 
pauserei. —  Platinotypie 340 

Sechsunddreißigstes  Kapitel.     Photographische  Verfahren  mit  Chromaten. 

—  Einstaubverfahren.  —  Pigmentdruck.  —  Gummidruck  ...*...  344 
Siebonunddreißigstes    Kapitel.      Photokeramik,    Emailbilder    mittels    des 

Kollodium-  und  des  Einstaubverfahrens 356 

Achtunddreißigstes  Kapitel.    Auers  Natursolbstdruck  und  Kobells  Galvano- 

graphie 360 

Noununddreißigstes  Kapitel.    Heliogravüre  mittels  geätzter  oder  galvanisch 

behandelter  Daguerreotypplatten 369 

Vierzigstes  Kapitel.     Erfindung  der  Photogalvanographie  für  Kupferdruck - 

und  typographische  Vervielfältigung 374 

Einundvierzigstes    Kapitel.      Herstellung    von    Heliogravüren    mittels    des 

Aspbaltverfahrens.     Anfänge  der  Halbton -Stahlätzungen 385 

Zweiundvierzigstes    Kapitel.      Heliographische    Stahl-    und    Kupferätzung 

mittels  des  Chromat -Leim  Verfahrens 390 

Dreiundvierzigstes  Kapitel.  Photolithographic.  —  Zinkographie.  —  Algraphie  397 

Vierundvierzigstes  Kapitel.     Lichtdruck 405 

Fünfundvierzigstes  Kapitel.    Photograpbischo  Metallätzung  für  Buchdruck- 
klischees. —  Halbtonbilder.  —  Photozinkotypie,  Kupferätzung  und  Autotypie  409 

Sechsundvierzigstes  Kapitel.     Dreifarbenphotographie 426 

Siebenundvierzigstes  Kapitel.     Photochromie 441 

Achtund vierzigstes    Kapitel.      Photographische    Fachliteratur,    Fachgesell- 
schaften und  Bildungsstätten 451 


Verzeichnis  der  Illustrationstafeln. 


Tafel  I:        Daguerreotypie   von    Lerobours  &  Secrotan    in  l'aiis   aus  dem 

Jahro  1850  {Aosicht  von  Paris) 233 

Tafel  II :  Lichtdrnckreproduktiou  einer  „  KaIoty|iio "  (<Jlil<irEilbei'k<i|>ie  oacb 
einem    Papiernegativ)    von    Fos:  Talbot    aus    seinem   Werke 

„Pencil  of  naturc"  1844 246 

Tafel  III:     Helit^ravure  auf  geätzter  DaguerreotyppUtte  von  J.  Berres  1840.    370 

Tafel  IV:     Photogalvanograpliie  von  Paul  Protsch  1857 375 

Tafel  V:       £iste  Probe  der  Generalstabskarte  des  k.  u.  k.  MilitärgeographiBuhcn 

Institutes  1860.    Photogalvanographic  vom  Pigmentrelief  ...    383 
Tafel  VI:      .Heliographie"    auf   Stahl    (Hiepce   de  St.  Victors  Asphaltver- 
fahren).    Fortrat  des  Marsulialls  Randon  naub  oiaer  Aufnabme 
dea  Pbotographen  Cremiöre  in  Paris  (Mitte  der  fünfziger  Jahre)    385 

Tafel  Vll:    Heliogravüre  in  Kupfer  von  Fos  Talbot  1859     - 390 

Tatul  VIU:  Heliogravüre  von  K,  Kliü  vom  Jahro  1880 394 

Tafel  IX:     Lichtdnifckreproduktion  einer  „Lithophotographie"  (Asphaltverfahren) 

von  Lemercier,  I.erebours,  Barreswil  l\:  Davanne  (1853). 

Nach  einem  photographiKohen  Papiornegativ  von  LeseciJ  (1852)     398 

Tafel  X :       Licbtdruckreproduktion    einer    Photolithographio    in    Halbton    von 

Poitevin  (mittels  CbronieiireiU  direkt   auf  den  Stein  kopiert, 

1857) 400 

Tafet  SI:  Llcbtdnick  {Faksimile -Reproduktion)  von  Tessie  du  Motay  und 
Mareohal  (1867),  nach  uinor  Aufnahme  von  Wegener   und 

Mottu 405 

Tafel  XII:  Faksimilo-Eeproduktion  einer  direkten  I'hotocliromio  auf  einer 
chlorierton  Silberplatte  von  Niopce  de  8t.  Victor  (ausgestellt 
in  der  Pariser  Weltausstellung  1867) 443 


Verzeichnis  der  Text- Illustrationen. 


Seite 
Fig.  1.  Reproduktion  einer  goldenen  Alchimisten -Medaille  vom  Jahre  1647  .  14 
Fig.    2.    Silberne  Denkmünze  des  Alchimisten  Kronemann,  ca.  1670—1680  .      15 

Fig.    3.    Goldene  Alchimisten -Medaille  vom  Jahre  1716 16 

Fig.    4.    Faksimile  der  Handschrift  Boccones 22 

Fig.    5.    Naturselbstdruck  von  „filix  ramosa",  ausgeführt  vom  Zistorziensermönch 

Boccone  1685 •     .    .     .    .      23 

Fig.    6.    Naturselbstdruck  eines  Geraniurablattes,  ausgeführt  vom  Zisterzienser- 
mönch Boccone  1685 24 

Fig.    7.    Porträt  Leonardo  da  Vincis.    Gemälde  in  den  üffizien  zu  Florenz 
(nach   einer   Originalphotographie   von  Alinari   in  Florenz,   mit 

dessen  Genehmigung  reproduziert) 28 

Fig.    8.    Daniel  Barbaro,  venetianischer  Edelmann,  welcher  um  das  Jahr  1568 
zuerst  eine  Sammellinse  in  der  Camera  obscura  benützte.     (Nach 
einem  Stich  von  Hollar  des  von  Tizian  gemalten  Porträts.)  .     .      30 
Fig.    0.     Poi*trät  Johann  Baptist  Portas  (nach  einem  alten  Kupferstiche)     .      32 
Fig.  10.    Johann  Zahns  kleine  transportable  Camera  obscura  (1665) ....      36 

Fig.  11.    Kirch ers  Camera  obscura  (1671) 37 

Fig.  12.    Kamera  in  Tischform  (aus  dem  18.  Jahrhundert) 38 

Fig.  13,  14.    Zahns  Abbildungen  der  Laterna  magica  (1665) 41 

Fig.  15.    Darstellung  der  Laterna  magica  nach  Athanasius  Kirchors  „Ai*s 

magna  lucis  et  umbrae",  2.  Aufl.    Amsterdam  1671 42 

Fig.  16.    Skizze  der  Laterna  magica  nach  Dechales*  Cursus  seu  Mundus  Mathe- 

maticus,  2.  Aufl.   1690 44 

Fig.  17.    Heinrich  Schulze  (*  1687,  1 1744) h2 

Fig.  18.     Saussure-Denkmal  in  Chamonix  (nach  einer  Photographie  von  .1  ullieu 

freres  in  Genf) 84 

Fig.  19.    Angebliche  Versuchsanordnung  Charles'   (1780)    zum  Kopieren    von 

Silhouetten  auf  Chlorsilberpapier  im  Sonnenlicht 101 

Fig.  20.     Humphry   Davy    (^1778,   11829).      Nach    einem    Stahlstiche    von 

C.  Preisel  nach  H.  Howards  Gemälde 103 

Fig.  21.     Joseph  Nicephoro   Niepce.      Heliogravüre   von   Dujardin    nach 
einem  Gemälde  von  Leonard  Borger.     (Aus  ,Mus6e  rotrospectif 

de  la  Classe  12  [Photogi-aphie]'*.    Paris  1903.) 155 

Fig.  22.     Nicophore  Niepces  "Wohnhaus  in  Dras  bei  Chalon.     (Photographie 
von  George  E.  Brown  in  London.)    —    Tafel  mit  der  Inschrift, 
daß  dies  das  Haus  ist,  wo  Niepce  1822  die  Photographie  entdeckte     158 
Fig.  23.    Kardinal  d'Amboise.     Reproduktion  einer  Heliogravüre  von  Nice- 

phore  Niepce  vom  Jahre  1824.  —  Asphaltprozeß 161 

Fig.  24.     Gebäude  von  Daguerres  Diorama  in  Paris,  Rue  de  Marais  Nr.  15    .     163 
Fig.  25.    Reproduktion  eines  Originalbriefes  von  Daguerre 164 


Vei'zeiohniB  der  Taxt-lllustrationeii.  Xin 

SaiM 

Fig.  26.    DaguBrres  Diorama 165 

Fig.  27.    LouJB  Jacquee  Daguerre.    Baprodnktion  nach  einer  Lithographie 

von  Aubert     (Aus  „Uusee  retroBpectif  de  la  Claase  12  [Fboto- 

gniphie]".   PariB  1903.) 166 

Fig.  28.    Uodell  der  Büate  Dagnerres,  für  das  Moaumeat  in  Bry-sor- Marne 

von  Elisa  Bloch  ausgeführt 167 

Fig.  29.    Interieur  der  Kirche  in  Bry-sur- Marne.    Im  Hintergründe,  hinter  dem 

Altare,  ein  von  Daguerre  gemaltes  Diorama 168 

Fig.  30.    Faksimile  der  SchluBklausel    des   Vertrages   zwischen    Niepce   und 

Daguerre  und  ihre  Unterschiiften 173 

Fig.  31.    Friedhof  in  Saint  Loup  de  Tarennes  bei  Chälon,  in  welchem  Nice- 

pbore  Niepce  und  seine  Frau  begraben  Bind.    (Photographie  von 

George  E.  Brown  in  London.) 180 

Fig.  32.    Denkmal  Nicephore  Niepces  in  Chäloo-sur-Saöne 1S2 

Fig.  33.  Porti&tbüBte  Nicephore  Niepces,  von  dessemSobnelsidore  modelliert  183 
Fig.  34.    Reproduktion   des  Kahinettsohreibens   von    Kaiser  Ferdinand  I.   an 

seinen  Überstkämmerer  Grafen  Czernin 200 

Fig.  35.    Original-Daguerreotyp-Eamera  aus  dem  Jahre  1839  mit  dem  Siegel 

und  der  üntatschrift  Daguerres 202 

Fig.  36.    Querschnitt  durch   Daguerres    pbotographische  Originalkamera   mit 

Chevaliers  Objektiv  und  Spiegel  hinter  der  Visieracheib« .     .    ,     203 

Tig.  37.    DaguerreB  Queokeitbertasten 203 

Fig.  38.  Daguerre,  nach  einer  Daguerreotypie  aus  dem  Jahre  1848  .  .  204 
Fig.  39,    Grabdenkmal  Daguerres   ain  Friedhofe   zu  Bry-am-Mame.     (Nach 

einer  Photographie  von  Demaria  in  Paris.) 20ü 

Fig.  40.  Daguerre-MonumentamCamotplatzinBry-sur-Mame.  (Errichtet  1897.)  206 
Fig.  41.    Daguerre -Monument,  errichtet  von  der  „Photographie  Association  of 

America"  in  Washington  1890 207 

Fig.  42.    Die   Tuillerien ,    noch    alnem    von    Daguerre    selbst    hergestellten 

Dagneireotyp 208 

Fig.  43.    J.F.W.  Herschel  («1792,  tl8"l) 210 

Fig.  44.    Dagoerreotypomanie,  nach  einer  alten  Lithographie  von  Maurisset  (1839)    21 1 

Fig.  45.    John  W.  Draper 213 

Fig.  46.    Eines    der   ersten    photographischen   Portrate.      (Faksimile    nach    der 

Daguerreotypie  desR,  Cornelius  in  Philadelphia  vom  November  1839)  215 
Fig.  47.     „ Sekunden bild",  Daguerreotyp,  auf  Jodchlorplatten  aufgenomuien  von 

den  Oebrüderu  Natterer  io  Wien  1841 218 

Fig.  48.    „ Sekundenbild *,  Daguerreotyp,  auf  Jodchlorplatten  aufgenommen  von 

den  Gebrüdern  Natterer  in  Wien  1841 219 

Fig.  49.    Josef  Potzval  ('1807,  1 1891) 221 

Fig.  50.    Petzvals  erste  Kamera  mit  Portiatobjektiv 222 

Fig.51.    Friedrich  Ritter  von  Voigtländer  (*  1812,  11878) 223 

Fig.  52.     PetEval-Monuinent  iu  den  Arkaden  der  Wiener  önivcrsitiit     .    .    .    224 

Fig.  53.    Bibliothekar  Anton  Martin  (»1812,  1 1871) 225 

Fig.  54.    Daguen'eotypaufnahma  mit  Petzvals  erstem  Porträtobjektiv  und  einer 

provisorischen  Kartonkamera.    Wien  l&ll 226 

Fig.  55.  Voigtläuders  leicht  transportable  Kamera  mit  Visierlupe  ....  227 
Fig.  56.     Daguerreotypie,  aufgenommen  mitteU  emes  abgeblendeten  Petzval- 

schen  Porti^tobjektives  und  mit  Voigtländers  Metallkamera  im 

Jah«  1842 227 


XIV  Verzeichnis  der  Text -Illustrationen. 

Seite 
Fig.  57.     Optiker  Dietzler   in  Wien    (nach   einem  Kollodium  negativ   aus  den 

1850er  Jahren) 228 

Fig.  58.    Daguerreotypie ,  aufgenommen  in  einem  offenen  Gange.    Wien  ca.  1844    230 

Fig.  59.    Daguerreotypie  (Atelieraufnahme)  vom  September  1848 231 

Fig.  60.    Daguerreotypie  des  Palazzo  Foscari  in  Venedig.    Aufgenommen  im 

Jahre  1848     .    . 232 

Fig.  61.    Goldmine   in   Kalifornien,   nach   einer   Daguerreotypie   ca.    1857    von 

.    Farraud  in  New-York 233 

Fig.  62.     Aktstudie.    Daguerreotypie  eines  Pariser  Photographen  vom  Jahre  1849    234 
Fig.  63.  .  "W.  H.  Fox  Talbot  (nach  einem  Daguerreotyp  von  Claudet)    .     .     .    238 

Fig.  64.    Fox  Tal  bot  (*  1800,  1 1877) 239 

Fig.  65.    Bayard.  —  Direkte  photographische  Aufnahme  in  der  Kamera  auf 

einem  mit  Jodkalium  getränkten  Chlorsilberpapier  (1839)      .     .     .    241 

Fig.  66.    Robert  Hunt  (*  1807,  1 1887) 245 

Fig.  67.    Kopie  eines  Papiernegativs  (Skulpturen  in  Reims)  von  C h.  M  a r  v  i  1 1  e  1854    248 
Fig.  68.    Adjutant  des  Fürsten  Danilo  von  Montenegro.    Nach  einem  Papier- 
negativ von  A.Jovanovits.     Belgrad  (1850  oder  1852).     .     .     .    249 
Fig.  69.    Photographie  nach  einem  Papiernegativ  aus  dem  Werke  Maxime  du 
Camps,  „Egypte,  Nubie,  Palestine  et  Syrie".   Das  positive  Papier- 
bild wurde  1852  von  Blanquard-Evrard  in  Lille  mittels  des 

Gallussäure -Entwicklungsprozesses  hergestellt 253 

Windmühle  in  Flandern.    Papiemegativ  und  Kopie  von  Blanquard- 
Evrard  in  Lille  (Juli  1855) 254 

Titelblatt  der  ersten  von  Paul  Pretsch  photomechanisch  illustrierten 

.    Kunstzeitschrift  (1856) 255 

Niepce  de  St.  Victor.     (Nach  einer  Stahlheliogravüre  von  Riffaut 
in  Paris  1855  mittels  des  von  Niepce  de  St.  Victor  verbesserten 

Asphaltprozesses.) 259 

Aufnahme  auf  einer  Taupenotschen  Kollodium -Eiweiß -Trockenplatte 

von  A.  Ferrier  im  Jahre  1857.  .(Der  Brienzer  See  in  der  Schweiz.)    272 
Dßr  JCuhstall  in.  der  sächsischen  Schweiz.    Nach  einer  Aufnahme  auf 

Kollodiumtrockenplatte  von  H.  Krone  im  Jahre  1856 273 

Auf  nähme,  auf  einer  Tannintrockenplatte  1869.    (Ansicht  von  Nagasaki, 

Japan,  aufgenommen  von  W.  Burg  er.) 275 

Aufnahme  auf  einer  Tannintrockenplatte  von  Graf  Wilczek,  gelegent- 
lich der  Polarexpedition  1872.     (Sibirische  Jägerhütte.)    ....    276 
C.  Russell  (*1820,  f  1887).     (Nach  einer  Aufnahme  von  Thomsen 

in  London.) 278 

Daguerireotyp- Stereoskopbilder   von   Lamicho    in   Paris    nach    einer 

Plastik  von  Pradier  (aus  dem  französischen  Kunstverlage,  ca.  1852)    282 
Illustrierte  Annonce  eines  Verkaufsladens  für  Stereoskopbilder  aus  dem 
Jahre  1858,  welche  in  den  damaligen  Tages-  und  Wochenblättern 

erschien 283 

Mikrophotographie  von  Froschblut,   Daguerreotyp  von  Nachet  (1856) 

unter  Mitwirkung  von  Foucault  und  Duboscq 285 

Reproduktion,  photomikrographischer  Depeschen  durch  den  elektrischen 

Projektionsapparat  während  der  Belagerung  von  Paris 287 

Laussedats  erster  photogram  metrischer  Apparat  (1859) 290 

Gaspard  Felix  Tournachon,  genannt  Nadar 292 

R.L.Maddox  (♦1810,  1 1902) 296 


Fig. 

70. 

Fig. 

71. 

Fig. 

72. 

Fig. 

7.S. 

Fig. 

74. 

Fig. 

75. 

Fig. 

76. 

Fig. 

77. 

Fig. 

78. 

Fig. 

79. 

Fig. 

80. 

Fig. 

81. 

Fig. 
Fig. 
Fig. 

82. 
83. 
84. 

Verzeiobnis  der  Text-  Illuatrationen.  XT 

Fig.  85.  Eiste  Kopien  aut  Bder-Fizzighellis  ChlorsilbcrgelatiDepapier  mittels 
Entwicklung,  heimstellt  von  Dr.  Just  in  Wien  mit  SchlotterhoB' 

KopiermasohiDe  1883  (VerkleineruDg  '/,  linear) 303 

Fig.    86.    Franz  Freiherr  von  UchatiuB  ('1811,  1 1881) 305 

Fig.    87.    Positives  Bild  einer  Aufnahme  von  Janssen  mit  dem  photograpbischeD 

Revolver  .beini  Vennadurch  gange  am  8.  Dezember  1874    ....    307 

Fig.    88..  Eadweard  Muybridge  ('1830,  t  ISO*) 308 

Fig.    89.     Mnyhridges  Rennbahn 309 

Fig.    90.    Serienphotographie  eines  galoppierendenPferdea von Muybridgo  zuPalo 

Alto  in  Kalifornien.   Aufgenommen  1877  aof  nassen  Kollodium  platten     309 

Kg.  91  und  92.    Die  zu  Ehren  Mareys  geprägte  Plaque 310 

Flg.    93.     MomentphotograpbieeinesfliegendengtorchesTOnO.Aoschutz(1884)     311 

Fig.    94.     Professor  H.  W.Vogel  r  1834,  tl89ö) 31G 

£1g.    95.    Soonenapektrum,  aufgenommen  mit  reinem  und  gefärbtem  Brom silber  von 

H.W.Vogel  1874.    Reproduktion  nncb  einer  Original  Photographie    318 

Fig.    96.    Gaston  Braun  in  Domach 321 

flg.    97.    Eine  der  ersten  orthocbromatiscben  Oemäldereproduktionen  auC  Eoain- 

kollodium  {nasses  Badeverfahren)  von  G.  Braun  vom  Jahre  1880.    332 
Fig.    98.    Die  Katakomben  von  Paria,    Aufnahme  von  Nadar  pere  mittels  des 

galvanischen  FlammenbogenK  (1862)  auf  nassen  Kollodium  platten    .327 
Fig.    99.    Adolf  Ost,    aufgenommen  mit   seinem    elektrischen  Belencbtungs- 

apparate  1884 328 

Flg.  100.    Photographie  bei  Nacht  von  A.  Liebert  in  Paris  vom  Jabre  1880  .    329 
Fig.  101.    Porträtaufnabme  Prof  Poggendorffs  beim  Liebte  von  brennendem 
Magnesiunband  auf  nassen  Kollodium  platten  1864  durch  Carl  Sock 

in  Berlin 330 

Fig.  102.    Aufnahme  eines  Sarkophages  in  den  Katakomben  von  Lemberg  bei 

Hagnesiumlicht  von  Fr.  von  Reisinger  (1867) 331 

Fig.  103.    Die  Tropfsteinhöhle  bei  Adalsberg  in  Krain.    ^Der  Kalvarienberg"  und 
Fig.  104.    ,Der  Tanzsaal".    Aufnahmen  bei  Magneai umlicht  von  Em.  Mariot 

in  Graz  (1868) 332 

Fig,  10&.    Erste   Probe  des  Pizzighellisohen    Platin-Auskopiervertabrans   in 

Banjaluka  (1887) 342 

Fig.  106.     Mungo  Ponton  {'1801,  +  1880) 346 

Fig.  107.     Alphons  Louis  Poitevin  (*  1819,  1 1882) 347 

Fig.  108.    Joseph  'Wilson  Swan,  geb.  1828 351 

Fig.  109.  Autotypie  nach  einem  Pigmentdruck  mit  doppelter  Übertragung  von 
Swan  (1866),  nach  einer  Porträtaufnabme  auf  nasser  Kollodium- 
platte     352 

Kg.  110.    Edgar  Hanfstängl 354 

Fig,  Hl.  Kaiser- Franz  Josef  I.  von  Österreich,  (Pbotokeramilt  ala  doku- 
mentarische Photographie  im  Schlußstein  eines  Houumentalbaues.)    358 

Fig.  112.    Alois  Auer  (•  1813,  1 1869) 360 

Fig.  113,     Probe  von  Auers  Natursei bstd ruck 361 

flg.  114.    Farnkraut  (Caenopteris  japonica)  in  Auers  Naturselbstdruck    .     ,     .     363 
Fig,  115.    Auers  Naturselbstdruck  (Abbildueg  des  Friiblings-AdonisJ  vom  Jahre 

1853 304 

Fig.  116.    Franz  von  Kobell  (*  1803,  1 1875) 365 

Fig.  117,     Autotypiscbe  Reproduktion  der  ersten  Kobeilsclien  Galvanograpble    366 
Fig,  118.     Franz  HaofataDgl  <*  1804,  t  1877) 367 


XVI  Verzeichnis  der  Text -Illustrationen. 

S«ite 

Fig.  119.  Basrelief  der  Notre- Dame -Kirche  in  Paris.  Druck  nach  einer  geätzten 
Dagueixeotypplatte  von  Fizeau  (1841  oder  1842).  Aus  „Excur- 
sions  Daguerriennes^.     Paris   chez  Rittner  et  Goupil,    Lere- 

hours,  Bosange  1842 372 

Fig.  120.    Poitevins  erste  photochemische  Gravüre  auf  geätzten  Daguerreotyp- 

platten  im  Jahre  1847 373 

Fig.  121.    Paul  Pretsch  (*  1808,  1 1873) 375 

Fig.  122.    Photogalvanographisches    Buchdruckklischee    (nach    einer   Natui'auf- 

nahme)  von  Paul  Pretsch  1860 377 

Fig.  123.    Mannor- Relief  Pretschs,  angefertigt  im  Auftrage  des  ^ Vereins  der 

Wiener  Buchdnickerei-Faktore"  1888  von  Ella  Weher  .  .  .  378 
Fig.  124.  Helioplastie  oder  Photogalvanographie  (Tiefdrack)  von  Poitevin  1855  379 
Fig.  125.    Helioplastie  von  A.  Poitevin  (1855)  mittels  Photogalvanographie  nach 

einem  photographischen  Leimrelief  (Buchdruck -Klischee)      .     .     .    380 

Fig.  126.    Walter  Bentley  Woodbury  (♦  1834,  1 1885) 382 

Fig.  127.    Napoleon  HI.   Nach  einer  Stahlätzung  von  Niepce  de  St.  Victor, 

welche  von  A.  Riff  au  t  in  Paris  feiliggestellt  wurde 387 

Fig.  128.    Heliographische  Stahlätzung  mittels  Niepce  de  St.  Victors  Prozeß 

nach  einer  Natuitiufnahme  geätzt  von  Ch.  Negro  (1854)     .    .     .     388 
Fig.  129.    Gebäude  des  Deputieiienkongresses  in  Madrid.    Autotypie  nach  einem 
von  einer  mit  Eisenchlorid  geätzten  Kupferplatte  hergestellten  Ab- 
drucke von  Fox  Talbot  (1858) 391 

Fig.  130.    Karl  Klic,  geb.  1841 395 

Fig.  131.    Reproduktion  einer  Lithophotographie  von  Lemercior,  Lerebours, 

Barreswil  und  Davanne  vom  23.  Februar  1853 399 

Fig.  132.    Faksimile  der  ersten  Photozinkographie  (Umdiuckverfahren)  vom  Jahre 

1859  vom  Obei-sten  Sir  Henry  James 403 

Fig.  133.    Josef  Albert  (»1825,  1 1886) 406 

Fig.  134.    Jakob  Husnik,  geb.  1837 407 

Fig.  135.     „Poilal  Saint -Trophime*.    Photographie  und  „Gravüre  panicouogra- 

phique  en  relief  von  Ch.  Negre  in  Paris 411 

Fig.  136.     Carl  Angerer,  geb.  1838 413 

Fig.  137.    Zinkotypie  nach  einer  Zeichnung  auf  Raster -Schabpapier      ....    415 
Flg.  138.    Zinkotypie  nach  einem  hinter  gewebtem  Netzstoffe  aufgenommeneu 

photogiaphischen  Halbtonnegativ  von  Jaffe  1877 417 

Fig.  139.    Erster  Verauch  der  Autotypie  von  Georg  Meisenbach  in  München 

aus  dem  Jahre  1882  nach  seinem  D.  R.  P.  Nr.  22  244  vom  9.  Mai  1882  420 
Fig.  140.    Georg  Meisenbach.    (Photographie  von  Gebr.  Lutz el  in  München.)    421 

Fig.  141.    Frederik  Ives,  geb.  1856 422 

Fig.  142.    Louis  Ducos  du  Hauron,  geb.  1837 431 

Fig.  143.    Charles  Gros 435 

Fig.  144.    Gabriel  Lippmann,  geb.  1845 446 

Fig.  145.     Erste  Poi-trät-Photochromie  nach  dem  Li  pp  mann  sehen  Vorfahren. 

Aufnahme  nach  der  Natur  von  den  Gebrüdern  Lumiere  (1893)  .    447 

Fig.  146.    Auguste  Lumiere,  geb.  1862 448 

Fig.  147.    Louis  Lumiere,  geb.  1864 449 

Fig.  148.     Titelblatt  einer  der  ältesten  photographischen  Fachzeitschriften     .    .    453 


ERSTES  KAPITEL. 

VON  AEXSTOTELES  {4.  JAHEHÜNDEET  VORCHE.)  BIS  ZU 
DEN  ALCHIMISTEN. 


Das  Licht,  die  Ursache  der  Sichtbarkeit  alles  Erschaffenen,  dies 
gemeinsame,  so  segensreiche  Eigentum  aller  Geschöpfe  des  Weltalls, 
hat  in  der  N^atur  eine  zu  wichtige  BestimmuDg,  als  daß  die  nähere 
Untersuchung  seiner  Eigenschaften  der  Aufmerksamkeit  des  geistreichsten 
Volkes  im  Altertums  hätte  entgehen  können.  Den  Griechen  verdanken 
wir  nicht  bloß  die  Entdeckung  der  Gesetze,  welche  das  Licht  bei  seiner 
Bewegung  durch  gleichartige  und  ungleichartige  Mittel,  und  wenn  es 
von  polierten  Flächen  zurückgeworfen  wird,  befolgt,  sondern  sie  allein 
erkannten  unter  allen  Tölkern  des  Altertums  auch  aus  der  Natur  dieser 
Gesetze,  daß  die  Optik  eine  mathematische  Disziplin  sei  und  versuchten 
es  zuerst,  den  unendlich  feinen,  sich  unseren  Sinnen  als  unkörperlich 
darstellenden  Stoff  des  Lichtes  unter  die  Herrschaft  der  Mathematik  zu 
bringen. 

Lehrreich  ist  in  dieser  HiDSicht  die  Geschichte  der  Lehre  vom  Sehen.  Nach 
E.  'Wiedemann')  waren  es  zwei  Hauptansicbtea ,  die  im  Altertom  über  den  Yor- 
gang  des  Sehens  tiestenden:  die  eine,  von  Plato  veTtreteae,  läßt  von  den  Augen 
fühlfädenartige  Strahlen  aasgehen  und  die  gesehenen  Gegenstände  gleichsam  von  ihnen 
betasten,  die  andere,  von  Demokrit  und  Aristoteles  verfochtene,  dagegen  von 
den  Gegeaatändeu  selbst  die  Lichtstrahlen  aussenden,  welche  dann  die  Augen  treffen; 
eine  vennittelnde  Ansohanuog  läßt,  wie  Avicenna  angibt,  Sehstrahlen  von  dem 
Ange  ausgeben,  die  sich  mit  der  leuchtenden  Luft  vereioeo,  welche  dann  als  'Werk- 
zeug dient 

Bekanntlich  siegte  im  Altertum  die  erstere  Ansicht,  Euklid  und  Ptotemäus 
nahmen  sie  an. 

Die  gewöhnliche  bisherige  Ansicht,  wie  wir  sie  in  den  verschiedensten  Ge- 
schichten der  Physik  vertreten  finden,  war,  daß  Ibn  al  Eaitam  (AI  Husen),  ge- 
storben 1038,  der  erste  gewesen  sei,  der  wieder  die  richtige  Aristotelische  Anschauung 
sich  zu  eigen  gemacht;  in  der  Tat  bespricht  und  begründet  dieser  arabische  Gelehrte 
anch  die  Ansicht,  daß  das  Sehen  durch  Lichtstrahlen  geschehe,  auf  das  eingehendste. 

1)  Eine  vollslündigere  Behandlung  des  Gegenstandes  findet  sich  in  Wiede- 
manns  innalen,  Bd.  39,  S.  470  (1890). 

Eder,  Handbach  der  Photogniphio.    I.  TeU.    3.  Anfl.  1 


2  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

Indes  zeigt  ein  eingehenderes  Studium,  daß  Ibn  al  Hai  tarn  Vorgänger  und  Zeit- 
genossen gehabt  hat,  die  dieselbe  teilten.  Es  waren  die  arabischen  Ärzte  und  Philo- 
sophen, die  sich  auf  Aristoteles  stützten  und  als  Mediziner  zu  der  richtigen  An- 
sicht geführt  wurden. 

Nach  den  Schriften  der  lauteren  Brüder  (Ichwän  AI  Safä,  sec.  X  n.  Chr.) 
geht  das  Licht  von  den  Körpern  aus,  durchdringt  die  durchsichtigen  Körper,  nimmt 
ihre  Farben  auf  und  führt  diese  den  Augäpfeln  zu,  die  dann  mit  deren  Farben  ge- 
färbt werden.  Die  andere  Ansicht,  daß  von  den  Augen  Strahlen  ausgehen,  wird  als 
töricht  verworfen. 

Wenn  es  aber  bequemer  ist,  so  sprechen  die  Araber  auch  noch  von  Sehstrahlen, 
so  gerade  Ibn  al  Haitam  in  seiner  über  die  Gestalt  (die  Konfiguration)  der  Welt 
handelnden  Schrift,  die  sich,  wie  er  selbst  sagt,  an  Ptolemäus  anschließt. 

Ibn  Roschd  (Averroes,  gestorben  1198)  sagt  übrigens  sehr  passend  in  seinem 
Kommentar  zur  Meteorologie  des  Aristoteles  (lib.  III,  cap.  II):  Da  der  mit  der  Per- 
spektive sich  Beschäftigende  zu  demselben  Resultate  gelangt,  mag  er  die  eine  oder 
die  andere  Anschauung  annehmen,  und  da  in  der  Schrift  über  die  Seele  gezeigt  ist, 
daß  das  Sehen  nicht  durch  Strahlen,  die  vom  Auge  ausgehen,  geschieht,  so  ist  os 
passender,  daß  man  in  der  Perspektive  nach  dieser  (d.  h.  der  richtigen)  Ansicht 
verfährt.     (Jahrbuch  f.  Phot.  1893  S.  318.)   - 

Mit  der  Lehre  vom  Sehen  hängt  auch  die  Kenntnis  der  Sammellinsen  und 
Brillen  zusammen. 

Im  Altertum  kannte  man  wohl  die  Sammellinsen,  wie  Funde  von  derartigen 
Bergkristall-  oder  Glaslinsen  in  Niniveh,  Pompeji  usw.  zeigen.  Man  nimmt  an,  daß  sie 
als  VergrÖßerungs-  oder  Brenngläser  gedient  haben,  worauf  Stellen  in  den  Schriften  von 
Plinius  und  Seneca  hindeuten.  Ein  in  Tyrus  gefundenes  und  in  Athen  aufbewahrtes 
Stück  Bergkristall,  welches  seinerzeit  als  Lupe  oder  gar  als  Brille  gedeutet  wurde, 
diente  wohl  nur  als  Knopf.  Der  grüne  Smaragd,  durch  den  Kaiser  Nero  (nach  Pli- 
nius) die  Gladiatorenkämpfe  betrachtete,  war  aber  (entgegen  der  häufig  ausgesprochenen 
Meinung)  keine  Brille,  sondern  wahrscheinlich  nur  ein  Schutzglas  gegen  zu  grelles 
Sonnenlicht,  wie  E.  Bock  aus  verschiedenen  Gründen  annimmt.  Die  erste  zweifel- 
lose Angabe  über  Brillen  findet  sich  bei  Roger  Bacon  im  Jahre  1276  (E.  Bock, 
Die  Brille  und  ihre  Geschichte.  Wien  1903;  Wilde,  Geschichte  der  Optik  1838  S.  92). 

Die  Entwicklung  der  Lehre  vom  Sehen  und  die  Entwicklungs- 
geschichte der  geometrischen  Optik,  welche  Wilde  in  seiner  „Geschichte 
der  Optik"  (1838)  trefflich  ausführt,^)  soll  hier  nicht  in  Betracht  ge- 
zogen werden,  sondern  ich  stelle  die  Frage  über  die  ersten  Begriffe 
der  griechischen  Philosophen  über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  die 
Materie  in  den  Vordergrund. 

Die  Theorien  Piatos,  Epikurs  und  Hipparchs  über  das  Licht 
und  das  Sehen,  wonach  das  Sehen  durch  ein  Ausströmen  der  Bilder-  und 
Lichtstrahlen  aus  den  Augen  (analog  dem  Tasten)  geschehe,  daß  das 
Licht  aus  dem  Auge  wie  aus  einer  Laterne  erfolge,  war  dem  Entdecken 
von  Tatsachen,  welche  ins  Gebiet  der  Photochemie  schlagen,  ungünstig. 


1)  Vergleiche  auch:   Ferd.  Rosen  berger.  Geschichte  der  Physik  in   Grund- 
zügen mit  synchronistischen  Tabellen.     Hraunscliweig  1882. 


Tod  Aristoteles  (4.  Jabrhuidort  vor  Chr.)  bis  zu  den  Alchimiaten.  3 

Empedocles  erklärte  das  Licht  als  einen  Körper,  aber  dem  trat 
später  Aristoteles  (*384,  1322  v.Chr.)  entgegen  und  hielt  das  Licht 
und  die  Farben  nicht  für  körperliche  AusHüsse  aus  den  leuchtenden 
Oegenständen ,  sondern  erklärte  das  Sehen  durch  eine  Bewegung  des 
durchsichtigen  Kittels  zwischen  dem  Auge  und  dem  Gesehenen. 

Es  ist  kein  Zweifel,  daß  Aristoteles  so  tief  wie  wohl  kein  anderer 
Philosoph  des  Altertums  über  das  innere  Wesen  des  Lichtes  dachte. 
Was  er  über  die  Fortpflanzung  des  Lichtes  sagt,  ist  in  der  neuesten 
Zeit  fast  über  jeden  Zweifel  erhoben  worden;  wie  weit  er  aber  in  dem 
schwier^ten  Gebiete  der  Optik,  in  der  Farbenlehre,  seiner  Zeit  voraus- 
geeilt ist,  erhellt  schon  daraus,  daß  seine  Lehre  selbst  heutigen  Tages 
bei  einer  höchst  vervollkomnineten  Technik  ihre  Verehrer  finden  konnte. 

Aristoteles  hat  seine  Untersuchungeu  über  das  Licht  in  den  drei 
Abhandlungen  „Über  das  Licht",  „Über  die  Sinne"  und  „Über  die 
Farben"  niedergelegt  Für  uns  hier  ist  die  Schrift  „Über  die  Farben" 
die  wichtigste,  welche  zwar  mitunter  nicht  dem  Aristoteles  selbst, 
sondern  seinem  SchUler  Theophrast^)  oder  der  peripatetischen  Schule 
zugeschrieben  wird,  aber  nach  dem  Urteile  anderer  (welche  sich  auf 
das  Urteil  Plutarchs  stützen ^j  ganz  bestimmt  von  Aristoteles 
selbst  stammt. 

Die  erste  Beobachtung  über  den  Einfluß  des  Sonnenlichtes  auf  die 
Veränderungen  der  Materie  mag  wohl  an  Pflanzen  gemacht  worden  sein. 
Die  Erfahrung,  daß  das  Sonnenlicht  zum  Grünen  der  Gewächse  not- 
wendig ist,  dürfte  wohl  so  alt  sein,  als  das  Menschengeschlecht. 

Aristoteles  (4.  Jahrh.  t.  Chr.)  deutet  in  verschiedenen  Stellen 
seiner^Schriften  seine  Ansicht  hierüber  an.  Deutlich  spricht  er  sich  in 
seinem  Buche  nregt  %q(a(ia%<ov  (Von  den  Farben),  Kap.  V,  darüber  aus: 
„ .  .  .  Diejenigen  Teile  der  Pflanzen  aber,  in  denen  die  Feuchtigkeit 
nicht  mit  den  Sonnenstrahlen  gemischt  wird,  bleiben  weiß  ....  Des- 
wegen auch   an  den   Pflanzen   alles,    was   über  der  Erde  steht,   zuerst 

1)  Theophrast  erhielt  nacli  dem  Tode  des  Aristoteles  die  gesamte  Bibliothek 
des  Aristoteles  mit  EiascbluB  seiner  Handschi  iftea.  Voa  diesem  vererbte  sie  sich  n-eiter 
und  soll  dann  über  100  Jahre  in  einem  Keller  aus  Furcht  vor  Beraubuog  verborgen 
und  zuletzt  vergessen  worden  sein.  Erst  um  100  v.  Chr.  soll  ein  reicher  Bücher- 
liebbaber,  AppellikoD  von  Teoa,  sie  entdeckt,  nach  Athen  geliracbt  und  sie  dort 
veröffentlicbt  haben.  Bei  der  Einnahme  von  Athen  diirob  Sulla,  87  v,  Chr.,  wurde 
sie  von  diesem  nach  Eoin  gebracht.  Erst  hier  soll  um  70  v.  Chr.  Androoikos  von 
Rhodos  die  Schriften  neu  geordnet,  einen  Katalog  dazu  verfertigt  und  sie  in  den  Zu- 
stand gebracht  haben,  io  dem  mir  sie  besitzen  (Metaphysik  des  -Aristoteles,  Ausgabe 
Kirchmann,  1871,  5). 

2)  Dia  Kritiken  über  die  Echtheit  dieser  Schrift  a.  Wilde,  Geschichte  der  Optik, 
J83Ö.  I,  9. 


4  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

grün  ist,  unter  der  Erde  aber,  Stengel,  Wurzel  und  Keime,  die  weiße 
Farbe  haben.  Sowie  man  sie  aber  von  der  Erde  entblößt,  wird,  wie 
gesagt,  alles  grün  .  .  .  Stark  aber  färben  sich  die  Teile  der  Früchte, 
welche  gegen  die  Sonne  und  Wärme  stehen."^)  Ferner  war  er  sich 
des  Einflusses  des  Lichtes  auf  die  Färbung  der  menschlichen  Haut  wohl 
bewußt.  Freilich  geht  er  zu  weit,  wenn  er  die  schwarze  Farbe  der 
Neger  von  der  Intensität  des  Sonnenlichtes  ableitete.  Daß  die  Ansicht 
des  Aristoteles  aber  originell  ist,  geht  hervor  aus  dem  Vergleiche  mit 
Herodot  (4.  Jahrh.  v.  Chr.),  welcher  als  Erklärung  hierfür  bekanntlich 
die  „schwarze  Samenfeuchtigkeit*^  der  Äthiopier  angenommen  hatte, 
während  Onesicritus  noch  in  viel  späterer  Zeit  geneigt  war,  die 
schwarze  Farbe  von  dem  vom  Himmel  herabfallenden  heißen  Regen- 
wasser abzuleiten.2) 

Die  zerstörende  Wirkung  des  Lichtes  auf  gewisse  Malerfarben  und 
speziell  auf  den  Zinnober  war  schon  vor  zwei  Jahrtausenden  bekannt. 
Yitruvius,  der  berühmte  römische  Baukünstler  des  Cäsar  und  des 
Augustus  (1.  Jahrh.  v.  Chr.),  schrieb  in  seinem  Werke  „De  architectura" 
(dem  einzigen  dieser  Art  aus  dem  Altertume  auf  uns  gekommenen), 
YII,  9,  über  den  Zinnober ' (minium)  folgendes:  „Wenn  man  sich  des- 
selben zum  Putz  der  Bekleidung  in  Zimmern  bedient,  so  behält  er  seine 
Farbe  unveränderlich.  Allein  an  offenen  Orten  (Peristylen,  Hörsälen) 
und  an  dergleichen  Orten,  wo  Sonne  und  Mond  hinein  scheinen  können, 
verdirbt  er  sogleich,  als  er  von  den  Strahlen  derselben  getroffen  wird; 
er  verliert  an  Stärke  und  Lebhaftigkeit  der  Farbe  und  wird  schwarz. 
Dieses  erfuhr  unter  anderen  auch  der  Schreiber  Faberius:  Er  wollte 
sein  Haus  auf  dem  Aventin  sehr  zierlich  ausgemalt  haben  und  ließ  alle 
Wände  im  Peristyl  mit  Zinnober  anstreichen;  nach  vier  Wochen  aber 
sahen  diese  so  unansehnlich  und  buntscheckig  aus,  daß  er  sie  mit  einer 
anderen   Farbe   übermalen    lassen    mußte.     Wer  jedoch    mehr   Sorgfalt 

1)  V.  Humboldt  machte  1792  in  den  Annalen  der  Botanik  von  üsteri,  St.  3, 
S.  237  auf  diese  Angabe  des  Aristoteles  aufmerksam;  er  ließ  aber  den  Aristoteles 
mehr  sagen,  als  er  wirklich  sagt,  worauf  Heinrich  in  seinem  AVerke  „Von  der 
Natur  und  den  Eigenschaften  des  Lichtes",  1808,  S.  33  hinweist.  Goethe  gibt  in 
seiner  „Geschichte  der  Farbenlehre"  (Hempelsohe  Ausgabe  Bd.  XXXVI,  S.  22)  eine 
Übersetzung  der  einschlägigen  Stelle  des  griechischen  Originales. 

2)  Weitere  historische  Notizen  über  die  älteren  Ansichten  von  der  Entstehung 
der  verschiedenartigen  Hautfarbe  der  Menschenrassen  in  älteren  Quellenwerken  s. 
Landgrebe,  „Über  das  Licht"  1834,  S.  373.  Ferner  Ebermayer,  „Versuch  einer 
Geschichte  des  Lichtes  und  dessen  Einfluß  auf  den  menschlichen  Körper",  1799,  S.  183 
und  199.  (Lateinische  Ausgabe  desselben:  Comnientatio  de  lucis  in  corpus  humanum 
efficacia",  1797);  ferner  Hörn,  „Über  die  Wirkungen  des  Lichtes  auf  den  lebenden 
menschlichen  Körper  mit  Ausnahme  des  Sehens",  1799. 


Von  Aristoteles  (4.  Jahrhuiidart  vor  Chr.)  bis  zu  den  Alchimisten.  5 

darauf  verwenden  nnd  den  Zinnoberanstrich  dauerhaft  machen  will, 
der  lasse  erst  die  angestrichene  Wand  trocknen  und  überziehe  sie  dann 
vermittelst  eines  Borstenpinsels  mit  punischem,  am  Feuer  zerlassenem 
Wachs,  das  mit  etwas  öl  angemacht  ist  .  .  .  Dies  heißt  auf  griechisch 
^Kausis"  und  ein  solcher  Überzug  von  Wachs  gestattet  weder,  daß  der 
Mondschein  noch  Sonnenstrahlen  die  Farbe  des  Anstrichs  wegnehmen." 
Feraer  erörtert  Vitruvius,  VI,  7,  die  Frage,  gegeo  welche  Himmels- 
richtung die  Gebäude  gerichtet  sein  sollen  und  bemerkt,  man  solle  die 
Bildersftle,  die  Werkstätten  der  Sticker  (plumariorum  textriniae)  und 
Maler  gegen  Mittemacht  richten,  damit  die  Farben  derselben  während 
der  Arbeit  unverändert  bleiben. 

Ob  Flinius  (1,  Jabrh.  n.  Chr.)  bei  seinen  Worten:  „Das  Silber 
wird  durch  Mineralwässer  gefärbt,  auch  durch  salzhaltige  Luft,  z.  B.  an 
den  Eüsteu  des  Mittelmeeres  in  Spanieu"  (Naturgeschichte  XXXHI,  55, 3), 
das  Nachdunkeln  von  etwa  gebildetem  Chbrsilber  am  Lichte  gemeint 
hat  —  wie  manche  Autoren  annehmen  — ,  erscheint  mir  sehr  zweifel- 
haft, da  hierbei  wohl  der  Schwefelwasserstoff  mitgewirkt  haben  dürfte. 
Fliuius  XXXVII,  Buch  18:  „Eigentümlich  ist,  daß  mauche  Smaragde 
mit  der  Zeit  verderben,  ihr  Grün  verlieren  und  auch  von  der  Sonne 
leiden."  Dagegen  weist  folgende  Stelle  deutlich  auf  die  Kenntnis  einer 
Veränderung  der  Farben  durch  das  Licht  hin;  Plinius  sagt  XXXIII,  40: 
„Dem  Miniumanstrich  (Ziunober?)')  ist  die  Einwirkuug  der  Sonne  und 
des  Mondes  nachteilig."  Übrigens  ist  diese  Angabe  fast  wörtlich  aus 
dem  Werke  des  Vitruvius  entnommen.  Auch  über  die  erwähnte  Wachs- 
malerei äußertsichFliniusähnlich  wie  letzterer.  Plinius  XXI,  Buch  49, 
bleicht  Wachs  „unter  freiem  Himmel  bei  Sonnen-  und  Mondschein". 
Fr  bespricht  jene  Methode  der  enkaustischen  Malerei,  wobei  man  das 
Wachs  am  Feuer  zergehen  läßt  und  sich  des  Pinsels  bedient:  „Eine 
Malerei,  welche  an  den  Schiffen  nicht  im  geringsten,  weder  von  der 
Sonne,  noch  vom  Seewasser,  noch  vom  Winde  leidet"  (XXXV,  41). 

Bei  den  alten  Schriftstellern  lassen  sich  keine  weiteren  Angaben 
über  die  Veränderlichkeit  anderer  Farben  auffinden,  was  sich  wohl 
daraus  erklären  läßt,  daß  neben  der  roten  Farbe  nur  spärlich  andere 
verwendet  wurden.  Die  rote  Farbe  war  nach  Plinius  (XXXII,  7,  117) 
lange  Zeit  die  einzige,  mit  welcher  die  alten  Gemälde  (sogenannte 
Monochromata)  ausgeführt  wurden,  und  zwar  diente  hierzu  insbesondere 
Minium  und  Kötel.  Ja  sogar  auch  später  noch,  als  man  diese  ur- 
sprüngliche Art  der  Malerei  verlassen  hatte,  herrschten  die  lichtreichen 
Farben  Rot  und  Gelb  noch  vor,  denn   man   malte  jetzt,  wie  Plinius 

1)  Plinius  verwechselt  häufig  Mennige,  Zinnober  und  Ockev. 


6  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

(XXXV,  7,  50)  erzählt,  mit  vier  Farben,  nämlich  Weiß,  Schwarz,  Rot 
und  der  ockerartigen  Farbe  Atticum.^)  Dioscorides  beschreibt  im 
Kap.  32  des  1.  Buches  über  den  Vorgang,  das  Terpentinöl  zu  bleichen: 
^Man  nimmt  vom  lichteren,  stellt  es  in  einem  irdenen  Gefäße  an  die 
Sonne,  mischt  und  rührt  tüchtig,  bis  Schaum  sichtbar  wird,  worauf  es 
mit  Harzen  zu  versetzen  und  im  Notfälle  an  die  Sonne  zu  bringen  ist." 
Übrigens  liegen  neue  Untersuchungen  über  die  von  den  alten  Römern 
verwendeten  Farben  vor,  wozu  in  Pompeji  das  Material  gefunden  wurde.*) 
Sie  bestanden  vorwiegend  aus  gelbem  und  rotem  Eisenocker,  Zinnober^ 
Mennige,  Massicot,  Berggrün  (Kupferkarbonat),  einer  Art  blauer  Glas- 
f ritte,  Kohle  und  Manganoxyd.  Von  diesen  Farben  war  wohl  besonders- 
der  Zinnober  geeignet,  eine  Farbenänderung  im  Lichte  deutlich  bemerk- 
bar zu  machen.  Weniger  verständlich  ist  es,  warum  die  Veränderlich- 
keit des  Drachenblutes  und  des  Indigoblau,  welche  Farben  höchst  wahr- 
scheinlich auch  bekannt  und  in  geringerem  Grade  in  Verwendung  waren, 
nicht  weiter  beobachtet  wurde. 

Es  erscheint  sehr  auffallend,  daß  die  alten  Schriftsteller,  insbeson- 
dere Aristoteles,  Vitruvius,  Plinius,  wohl  viel  von  der  Purpur- 
schnecke und  der  Purpurfärberei  schreiben,  aber  nirgends  erwähnen, 
daß  bei  dem  Entstehen  der  ganzen  Farbenpracht  die  Sonne  mitwirken 
muß.  Auch  im  Talmud,  worin  wiederholt  von  Purpur  und  der  Purpur- 
schnecke gesprochen  wird,  ist  nichts  davon  erwähnt.  (S.  Bergel,  Studie 
über  naturwissenschaftl.  Kenntnis  der  Talmudisten.  1880.  19,  50.)  Über 
den  großen  Einfluß  der  Sonnenstrahlen  auf  den  Purpur  tindet  sich  die 


1)  Vergleiche  Magnus,  „Die  geschichtliche  Entwicklung  des  Farbensinnes"^ 
1877,  S.  14;  ferner  Wiegmann,  „Die  Malerei  der  Alten  in  ihrer  Anwendung  und 
Technik*,  1836,  S.  210. 

2)  üntei-suchungen  wurden  vorgenommen  von  Chaptal  (Annales  de  Chimie, 
1809,  LXX),  Davy  (Philosoph  Transact  1815,  Gilberts  Annal.  f.  Physik,  1816), 
Geiger  (Magazin  für  Pharmazie,  XII,  135),  Junius,  „Von  der  Malerey  der  Alten", 
1770,  Schafheutel  pinglers  Polytechn.  Journ.  Bd.  95,  S.  76),  Artus  (Der  Technolog, 
1877,1,25).  Zusammengestellt  in  Keim  „Die  Mineralmalerei",  1881,  und  Wiegleb 
„Die  Malerei  der  Alten",  1836.  Femer  sind  als  Quellenangaben  über  die  Farben  der 
Alten  zu  nennen:  Rochette  („De  la  peinture  sur  mur  chez  les  anciens"  im  „Journal 
des  Savans",  1833),  Roux  („Die  Farben,  ein  Versuch  über  Technik  alter  und  neuer 
Malerei",  1824),  Böttiger  („Ideen  zur  Archäologie  der  Malerei",  1811),  Walter  („Alte 
Malerkunst",  1821),  Fernbach  („Die  enkaustische  Malerei",  1845),  Rhode  („Über 
die  Malerei  der  Alten",  1787),  Fiorelli  („Kleine  Schriften",  1806),  Grund  („Die 
Malerei  der  Griechen" ,  1810).  Über  die  Technik  der  Gemälde  in  Pompeji,  Herculanum 
und  Stabiae  herrschten  seit  dem  Erscheinen  der  „Pitture  antiche  d'Ecrohano  e  contori"- 
(1757)  bis  zum  Erscheinen  von  Helbigs  „Wandgemälde  der  vom  Vesuv  verschütteten 
Städte  Campaniens*'  und  Donners  Abhandlung  „Über  die  antiken  Wandmalereien 
in  technischer  Beziehung"  (1868)  Streitigkeiten,  welche  letztere  den  Streit  entschied. 


Von  Aristoteles  (4.  Jahrhundert  vor  Chr.)  bis  zu  den  Alchimisten.  7 

älteste,  mir  bekannt  genordene,  Angabe  in  einer  Schrift  mit  dem  Titel 
Icoria,  nelobe  von  der  als  Schriftstellerin  berühmten  Tochter  des 
griechiscbeD Kaisers CoDstanttnVin.,  Endo xia  MacremboIiti8sa,Etide 
des  10.  Jahrhunderts  geschrieben  ivurde  und  von  welcher  ein  Manuskript 
in  der  Bibliothek  zu  Paris  liegen  soll.*)  Eudoxia  beschreibt,  wie  das 
zu  färbende  Zeug  in  die  Farbbrühe  getaucht  wird  und  fährt  fort:  „Die 
Purpurfarbe  wird  alsdann  erst  vortrefflich,  wenn  man  das  Zeug  in  die 
Sonne  bringt.  Denn  die  Sonnenstrahlen  geben  ihr  noch  ein  großes 
Feuer,  machen  die  Farbe  dunkler  und  ihr  Glanz  wird  durch  das  Feuer 
von  oben  zu  seiner  größten  YolIkommeDbeit  gebracht" 


Unter  den  Alchimisten  machten  sieb  verworrene  Ansichten  über 
den  Einfluß  der  Sonne  geltend;  es  waren  ihre  Anschauungen  vielleicht 
weniger  durch  reale  Natiirbeobachtungen  gebildet  wurden,  als  durch 
astrologische  Spekulationen.  Immerbin  legten  diese  Ideen  die  ersten 
Keime  zu  den  Anfangen  der  Photochemie,  weshalb  wir  uns  eingehender 
mit  diesem  interessanten  Gegenstande  befassen  wollen. 

Das  Bestreben  der  Alchimisten  ging  nicht  nur  dahin,  einen  Stoff 
zu  finden,  der  die  Metalle  in  Gold  verwandeln  könne,  sondern  dieser 
Stoff  sollte  auch  Krankheiten  heilen  und  das  Leben  verlängern,  weshalb 
man  ihn  auch  den  Stein  der  Weisen  nannte. 

Manche  Alchimisten  meinten,  es  haben  die  Gestirne  und  deren 
Konjunktionen  einen  Einfluß  auf  das  Gelingen  des  „großen  Werkes". 

Julius  Firmicus  Maternus  (4.  Jahrhundert),  der  das  Wort 
„Alchimie"  zuerst  gebraucht  haben  soll,  hielt  es  für  wichtig,  daß  ein 
Alchimist  unter  einem  guten  Stern,  dem  Saturn,  geboren  sein  müsse; 
dann  bringe  er  das  Talent  dazu  mit:  „Wenn  er  in  dem  Hause  des 
Merkur  gewesen  ist,  so  bringt  er  die  Gabe  der  Astronomie;  das  Haus 
der  Venus  bringt  Gesang  und  Fröhlichkeit;  das  Haus  des  Martis 
bringt  Liebe  zu  den  Waffen  und  Instrumenten;  von  dem  Hause  des 
Jupiter  kommt  Anlage  zum  Gottesdienst  und  Bechtsgelehrsamkeit;  von 
dem  Hause  des  Saturn  wird  die  Wissenschaft  der  Alchimie 
erlangt"*) 

1)  Hierauf  machte  zuerst  3.  Bischoff  iu  seioem  „Versuche  einer  Geschichte 
der  Färbekunst"  (1780),  S.  19,  aufmerksam.  Obiges  Zitat  ist  dleseni  Werke  ent- 
□ommen.  Das  Buch  der  Priozessiu  Eudoxia  wurde  ayäter  von  Villoison  im 
1.  Band  der  „Aneodota  Graeca"  (1781)  herausgegeben.  —  Eine  ausgezeicbnete  histo- 
rische Studie  über  Purpur  unter  Berücksieb tiguog  seiner  Lichtempfindlichkeit  schrieb 
Dr.  Dedekind  in  Wien,  Das  Werk  erschien  in  frauzüsischer  Sprache:  Dedekind, 
La  pourpre  veiie  et  sa  valeur  pour  I'interpretetion  des  ecrits  des  anciens.    Paris  1899. 

2)  Nach  Wieglebs  Geschichte  des  Wachstums  der  Chemie,  1792,  Seite  52. 
Wiegleb  fügt  die  Note  zu:  „Es  führt  Kircher  an,  daB  in  dem  Manuskript  von 


8  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

Auch  in  Kailid  Rachaidibis  alchimistiscbem  Werk  ^Das  Buch 
der  drei  Wörter^  wird  im  6.  Kapitel  „Von  der  Observation  der  Planeten 
in  dem  Werk  der  Alchimie"*)  gesprochen  und  zwar  heißt  es  daselbst, 
daß  nur  in  gewissen  (dort  näher  auseinandergesetzten)  Stellungen  der 
Sonne  am  Himmel 2)  „das  Werk  der  Alchimie  vollbracht  wird".  Daraus 
geht  hervor,  daß  der  Autor  die  direkte  Mitwirkung  des  Sonnenlichtes 
gar  nicht  in  Rechnung  zieht. 

G.  Clauder  hielt  es  für  sehr  notwendig,  daß  man  bei  der  Be- 
reitung des  „Universal- Steines"  die  rechte  Jahreszeit  einhalte.  In  seiner 
1677  erschienenen  „Abhandlung  von  dem  Üniversal-Steine"*)  erwähnt  er, 
der  „Weltgeist"  (Astralgeist)  sei  um  die  Äquinoktien  am  fruchtbarsten; 
besonders  günstig  sei  das  Frühjahr -Äquinoktium,  der  April  und  Mai, 
nicht  minder  die  Zeit  des  Sommers,  da  die  Sonne  im  Löwen  ist  Doch 
müsse  dabei  die  Konstellation  der  Gestirne  beachtet  werden. 

Auch  Petrus  de  Zalento*)  sagt:  „Fange  nur  unter  dem  rechten 
Einfluß  der  Gestirne  an,  worauf  viel  bei  deinem  Werke  ankommen 
wird." 

Vielleicht  könnte  man  in  dem  dunklen  Geheimnisse  des  Hermes 
Trismegistus  die  Wurzel  über  den  Glauben  mancher  Alchimisten  an 
den  Einfluß  der  Gestirne  auf  chemische  Prozesse  suchen.  Diese  vor 
ungefähr  4000  Jahren  von  den  „Dezimalgrößen"  verfaßte,  nach  dem 
Mythus  auf  einer  Smaragdtafel  eingegrabene  Schrift,  wurde  von  den 
Mystikern  aller  Zeiten  hoch  geschätzt  und  vielfach  zu  deuten  versucht 

Die  Lesart  der  betreffenden  Stelle  ist  schwankend,  überall  aber 
heißt  es:  „Der  Vater  des  Dinges  ist  die  Sonne,  der  Mond  ist  seine 
Mutter,  der  Wind  hat  es  in  seinem  Bauche  getragen,  und  die  Erde  hat 
es  ernährt  .  . .  Steige  mit  dem  größten  Scharfsinn  des  Verstandes  von 
der  Erde  zum  Himmel  hinauf  und  dann  wieder  zur  Erde  zurück  und 
zwinge  die  oberen  und  unteren  Kräfte  in  eins  zusammen;  so  kann  die 


Firniicus'  Werken  in  der  Vatikanschen  Bibliothek  bei  dieser  Stelle  kein  Wort  von 
Alchimie  vorkommt,  und  daß  also  wahrscheinlich  solches,  zur  Begünstigung  der 
Alchimie,  von  Abschreibern  fälschlich  eingeschaltet  sei.    Mundus  subterraneus.  11,235.* 

1)  Kailid  Rachaidibis  „Güldenes  Buch  der  dreyeu  Wörter**,  Wien  1751. 
(Zugleich  mit  Gebers  „Chymischen  Schriften'*  als  Anhang  herausgegeben,  Wien  1751. 
Seite  242.) 

2)  Unser  Autor  erwähnt  drei  Stellungen:  ^Die  erste  ist,  wann  die  Sonne  in  den 
Widder  tritt  und  in  ihrer  Erhöhung  ist,  die  zweite,  wann  sie  in  dem  Löwen  ange- 
troffen und  die  dritte,  wie  sie  in  dem  Schützen  betroffen  wird." 

3)  Abgedruckt  in  Schröders  „Neuen  Alchimistischen  Bibliothek**.  1774.  Bd.  4, 
Seite  222. 

4)  Ibid.  Bd.  4,  S.  159. 


Von  Aristoteles  (4.  Jahrtiuadert  vor  Chr.)  bis  zu  den  AlcliimisteD.  9 

Ehre  der  ganzen  Welt  erlangt  werden  und  der  Mensch  wird  nicht  mehr 
so  rerocbtet  Bein."') 

In  manchen  alten  Sammlungen  findet  sich  noch  der  Schlußsatz 
des  Hermes:  „Obiges  ist  das  ganze  Werk  der  Sonne."  ^) 

Diese  Sprache  ist  sehr  dunkel.  Die  Alchimisten  deuteten  darin 
„Sonne"  und  „Mond"  als  Gold  und  Silber  und  verstehen  unter  dem 
„Werk  der  Sonne"  die  Bereitung  des  Goldes.  *)  Viele  andere  Kommen- 
tare wurden  noch  gegeben.^)  Dem  astrologischen  Aberglauben  mag 
diese  Stelle,  ebenso  wie  eine  ähnliche,  gleichfallB  uralte,  des  Ostanes, 
welche  mit  koptischen  Buchstaben  in  den  Trümmern  einer  Säule  des 
Tempels  zu  Memphis  gefunden  worden  ist,  entsprechen.  Sie  lautet  in 
deutscher  Übersetzung  des  von  Kopp ^)  mitgeteilten  lateinischen  Textes: 
„Himmel  oben,  Himmel  unten.  Sterne  oben,  Sterne  unten.  Dieses 
nimm  und  du  bist  glücklich." 

Bei  den  späteren  Alchimisten  findet  sich  in  ähnlicher  Weise  sehr 
oft  die  Mitwirkung  der  Sonne,  z.  B.  das  Stellen  von  Mixturen  und  dergl. 
an  die  Sonnenstrahlen  Torgescbrieben.  Allein  da  man  fast  immer  beigefügt 
findet  „oder  an  sonst  einen  warmen  Ort",  mitunter  auch  das  Eingraben 
in  einen  warmen  Misthaufen  {wo  doch  Licht  gänzlich  ausgeschlossen 
ist)  zu  demselben  Zweck  empfohlen  wird,^)  so  muß  man  annehmen,  daß 
dieselben  bei  den  Sonnenstrahlen  nur  die  gelinde  erwärmende  Kraft  aus- 
nutzen wollten. 

Im  16.  und  17.  Jahrhundert  war  die  sogenannte  Sonnendestillation, 
namentlich  in  südlichen,  wärmeren  Ländern,  sehr  üblich.  Man  stellte 
den  Destillierapparat,  nämlich  Kolben  mit  Helm  und  Vorlage,  auf  er- 
wärmten Sand  in  die  Sonne  und  suchte  den  Einfiuß  des  Sonnenlichtes 
dadurch  zu  verstärken,  daß  man  durch  gehörig  angebrachte  Spiegel  ein 
Zurückwerfen  der  Sonnenstrahlen  auf  das  Destilliergefäß  veranlaßte. 
Namentlich  eine  so  bereitete  Aqua  Rubi,  die  als  Augenwasser  diente, 
war  in  Italien  damals  sehr  gewöhnlich. 

Der  Alchimist  Geber  spricht  im  1.  Buch  seiner  „Chymischen 
Schriften"  wohl  vom  Einfluß  der  Gestirne  auf  die  alchimislischen  Pro- 


1)  Nach  Wiegleb,  Geschichte  des  Wachstums  der  Chemie.    1792.    S.  59,  is( 
dies  KriegsmanDS  Origioal- Lesart. 

2)  Schmieder  (Geschichte  d.  Alcheuiie.  1832.  S.  30),  welcher  die  Inschrift  nach 
dem  gTheatriun  chemicum"  abdruckt. 

3)  Vergl.  Schmtedei-  a.a.O. 

4)  Vergl.  Kopp,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Chemie.  ISC'J— 1870.    S.  3S3. 

5)  Beiträge  Kiir  Geschiebte  der  Chemie.    1869— läTä,    S,  385. 

6)  Dierbach,  Beitrage  zur  Kenotuis  diis  Zustandes  der  Pharmazie  im  16.  uud 
17.  Jahrhundert.    Kästner,  Bepeitorium  f.  d.  Pharmazie.    1829.   XXXII.    52, 


10  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

zesse:  „Desgleichen  auch  das  Wesen  und  die  Vollkommenheit  kommt 
von  denen  Sternen,  als  von  den  erstbewegenden  und  vollbringenden 
Materien  der  Gebährung  und  Zerstöhrung  zu  einen  Wesen  und  nicht 
das  Wesen  der  Gestalten  .  . .  Denn  ein  jedes  Ding  erlangt  in  seinem 
Wesen  augenblicklich  aus  einem  besonderen  Stand  der  Sterne,  was  ihnen 
dienlich  .  .  .''^)  Etwas  weniger  mystisch  und  verworren  lautet  eine^ 
andere  Stelle  im  23.  Kapitel  „Vom  Golde",  woselbst  erzählt  ist:  „Und 
darum  merken  wir  aus  dem  Werke  der  Natur,  dass  man  auch  durch 
Kunst  das  Kupfer  in  Gold  verwandeln  kann;  denn  wir  haben  in  den 
Kupfererzen  gesehen,  von  welchen  das  Wasser  herabfloss,  dass  es  die 
allerdünnsten  und  subtilsten  Kupferschuppen  mit  sich  führet  und  die- 
selbigen  mit  stetigen  Zulauf  wusch  und  reinigte,  danach  das  Wasser  zu 
fli essen  aufhörte,  haben  wir  wahrgenommen,  dass  dieselbigen  Schuppen 
mit  dem  truckenen  Sand  drey  ganze  Jahre  sind  gekocht  worden,  unter 
welchen  dann  hierauf  recht  gutes  wahrhaftiges  Gold  man  gefunden  hat 
Dahero  haben  wir  vermeinet,  dass  selbige  durch  das  Wasser  wären 
gereiniget  und  gesäubert,  durch  der  Sonnen  Wärme  aber  und  des  Sandes 
Trockenheit  gleichmäßig  digerirt  und  zur  Gleichheit  gebracht  worden".  2). 

Aus  dieser  Stelle  geht  hervor,  daß  Geber  den  Sonnenstrahlen  und 
zwar  der  „Wärme  der  Sonne"  die  Kraft  zuschreibt,  die  Metallveredlung 
von  Kupfer  in  Gold,  wenigstens  im  Vereine  mit  anderen  Agentien,  zu 
bewirken.  Ferner  reinigt  Geber  die  „Cerussa"  durch  „Congeliren  an 
der  Sonnen  oder  gelindem  Feuer". •'*)  Außerdem  sind  noch  viele 
astrologische  Ansichten  über  den  Einfluß  der  Gestirne  auf  das  Gelingen 
alchimistischer  Arbeiten  zerstreut,  aber  von  einer  Lichtwirkung  finde 
ich  nichts  erwähnt. 

Hanss  Heinrich  Helcher  schreibt  in  seinem  1718  erschienenen 
„Aurum  potabile  oder  Gold-Tinctur,  dessen  Praeparation,  dass  sie  sicher, 
sammt  des  Goldes  Vortrefflichkeit  und  Analogie  mit  unserem  Körper^ 
Würkung  und  Gebrauch  curative  so  wohl  als  praeservative"  im  IL  Kapitel: 
„Von  des  Goldes  Vortrefflichkeit  und  Nutzen  in  der  Medicin"  .... 
„Denn  keines  unter  den  Metallen  ist  ja  reiner,  fixer,  schwerer  und 
perfecter  als  das  Gold  ....  Das  gar  in  aniniam  und  Spiritus  sich  solviren 
lässt  und  das  vitae  principium  in  sich  wie  ein  Feuer  hat,  so  ihm  vom 
Himmel  mitgetheilet  worden.  Dahero  vielleicht  die  Philosophie  die  Sonne 
vor  ein  fliessendes  Gold  oder  gar  vor  die  grosse  Tinctur  gehalten^)  und 


1)  Geben  Curieuse  Vollständige  Chymische  Schriften.    Wien  17.51.    S.  17. 

2)  Ibid.  S.  56. 

3)  Ibid.  S.  287. 

4)  Morhoffii  Oratio  de  Laudibus.     Aurip.  21. 


Von  Aristoteles  (4,  Jahrhundert  vor  Chr.)  bis  zu  den  Alchimisten.  1 1 

desswegen  das  Oold  mit  der  Sonnen  Himmels- Zeichen  io  ibren  Büchern 
bemerket,  anzudeuten:  Dass  gleich  wie  die  Sonne  im  Himmel  ihre 
Würkung  in  die  grosse  Welt,  absonderlich  in  das  wachsende  edle  Metall 
des  Goldes')  auf  die  kräftigste  Art  hat:  Also  auch  das  Qold  ala  ein 
concentrirtes  Licht  und  Sohn  der  Sonnen,  in  der  kleinen  Welt,  dem 
Menschen,  wenn  wohl  soMret,  exciudiret  und  lebendig  oder  Tohabilisch 
gemacht  worden,  grosse  Würkung,  gleich  der  Sonnen  ausübe,  welches 
unnöthig  mit  Exempel  zu  beweisen,  weil  viel  Bücher  voller  Wunders- 
würdigen  Curen  davon  vorhanden." 

Ferner  ist  daselbst  aus  Brandaus  Universal -Medicin  (K.  1,  S.  3) 
zitiert:  „Im  Oolde  sein  die  fUmehmsten  principia  und  mineralia  .  .  . 
nämlich  die  herrliche  fruchtbare  Wärme  der  Sonne,  die  Feuchte  des 
Mondes  ....  wohnhaStig .  .  .  Gold  ist  ein  Sohn  der  himmlischen  Sonne; 
was  die  Sonne  in  der  grossen  Weit  Gutes  thut  mit  ihren  wahren  ge- 
seeligten  Strahlen,  das  kann  ihr  Sohn  das  Gold  mit  seinem  subtilen 
feurigen  Schwefel  auch  in  der  kleinen  Welt,  welche  der  Mensch  ist, 
verrichten  .  .  .  Wo  Licht,  da  ist  auch  Wärme,  wo  Wärme  ist,  da  ist 
auch  Leben,  wo  Leben,  da  ist  allerley  Würkung,  Kraft,  Seegen  und 
Fruchtbarkeii" 

Auffallend  ist  das,  daß  mitunter  gewarnt  wird,  das  „philoBophische 
Salz",  d.  i.  das  zur  Herstellung  der  Quintessenz  dienende  goldhaltige 
Gemenge  (resp.  Salz),  an  die  Luft  zu  setzen.  Es  sollte  nachts  zum 
Trocknen  an  die  freie  Luft,  tagsüber  aber  in  ein  luftiges  Zimmer  gestellt 
werden,  oder  an  einen  vor  der  Sonne  geschützten  Ort.*)  Diese 
Angabe  dürfte  mit  der  Lichtempfindlichkeit  der  Goldsalze,  welche  viel- 
leicht den  Alchimisten  bekannt  war,  in  Zusammenhang  zu  bringen  sein. 

Dagegen  drücken  aber  manche  Alchimisten  unzweifelhaft  ihren 
Glauben  daran  aus,  daß  die  Lichtstrahlen  günstig  auf  das  Elixier  wirken. 
Henricus  de  Rochas*)  sagt,  der  „himmlische  Universalgeist",  welcher 
das  Elixier  belebe,  könne  der  Materie  besonders  durch  die  „Wärme  und 
Strahlen  der  Sonne,  des  Mondes,  anderer  Planeten,  des  Taues  .  .  .  usw." 
einverleibt  werden.     Pater  Spies  von  Köln*)  spricht  davon,  daß  die 

1)  Friedrich  GeiBlers  Baum  des  Lebens  oder  Bericht  vom  wahren  A uro  pota- 
bili.  §  14.  S.  31,  et  Johann  Christophori  Steeb  Elexir  SoHs  et  vitae.    §20. 

2)  Vergl.  Becher,  oben  zitierte  Ausgabe  S.  164  und  175. 

3)  Aufgenommen  in  Tbeatram  Cbyuiicnm,  Bd.  6;  auch  Bechers  „Chymische 
CoDCordanz"  (Leipziger  Ausgabe.  Iia5.    S.  146). 

4)  AnaBecher  a.a.O.  S.  135.  — Spies  fügte  io  seiner  „Concordantz"  (a.  a.  0.) 
hinzu:  , Hieraus  ist  zu  ersehen,  wie  der  Tau,  die  Strahlen  der  Sonne,  die  Ein- 
flüsse der  Planeten  ....  gleichsam  ein  Instrument  und  Mittel  ist,  durch  welches  die 
himmlischen  Kräfte  sich  mit  der  Erden  verbinden." 


12  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

Kräfte  des  Elixiers  und  dessen  natürliches  Feuer  durch  die  Strahlen 
der  Sonne  vermehrt  werden.  Sendivogius^)  sagt,  die  Urmaterie  der 
Metalle,  das  „Mercurium  der  Philosophen^,  werde  „durch  die  Strahlen 
der  Sonne  und  des  Mondes  in  der  Luft  regiert^  .  .  .  Femer  unterscheidet 
er  (sich  an  Hermes  anschließend)  die  „Hitze^  der  Sonne  von  der  im 
Zentrum  der  Erde  verborgenen  „Hitze^ ;  himmlische  und  irdische  Hitze, 
Salz  und  Wasser  sollen  sich  vereinigen  und  dann  werden  „alle  Sachen 
auf  Erden  erzeuget". 

Zum  Schlüsse  sei  noch  eines  mystischen  Spruches  eines  Alchimisten 
am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  erwähnt.,  welchen  ich  als  handschrift- 
liche Notiz  eines  Adepten  in  den  „Handschriften  für  Freunde  der  ge- 
heimen Wissenschaften  von  M.  J.  F.  v.  L**  1794"  in  der  Bibliothek  des 
bekannten  spiritistischen  Schriftstellers  Baron  Hellenbach  fand,  welcher 
sich  auch  viel  mit  Alchimie  befaßte  und  mehrere  Handschriften  von 
Alchimisten  besaß.  Es  wird  daselbst  das  Licht  für  den  Urgrund  der 
Dinge  gepriesen  mit  den  Worten: 

„Gott  wohnt  und  wirkt  im  Lichte 

Das  Licht  im  Geiste 

Der  Geist  im  Salze 

Das  Salz  in  der  Luft 

Die  Luft  im  Wasser 

Das  Wasser  in  der  Erde." 

Die  Alchimisten  liefern  also  wenige  positive  Daten  über  die  Natur 
der  Wirkung  des  Lichtes  auf  die  Materie  und  über  die  Natur  der 
Silbersalze  im  speziellen,  lenkten  aber  dennoch  die  Aufmerksamkeit  auf 
das  Sonnenlicht. 

In  dieser  Hinsicht  gewähren  die  uns  erhalten  gebliebenen  Denk- 
münzen und  Medaillen,  welche  die  Taten  und  Ideen  der  Alchimisten 
symbolisch  darstellen,  einen  höchst  interessanten  Einblick  in  die  Den- 
kungsweise  der  Goldmacher  alter  Zeit.  Für  uns  erscheint  es  interessant, 
•daß  hierbei  die  Abbildung  der  Sonne  (zugleich  Symbol  für  Gold)  eine 
wichtige  Rolle  spielt,  aber  daneben  finden  sich  auch  andere  Symbole, 
welche  auf  verschiedene  andere,  den  Alchimisten  bekannte  Metalle 
Bezug  haben.  Zum  besseren  Verständnisse  der  symbolischen  Darstel- 
lungen, welche  man  an  solchen  alchimistischen  Gold-  und  Silber- 
medaillen findet,  sei  eine  Übersicht  der  wichtigeren  und  bei  den  Alchi- 
misten gebräuchlichsten  Symbole  der  von  ihnen  verwendeten  Stoffe  und 
Agentien  noch  angeführt: 


1)  Becher  a.  a.  0.,  S.  152  und  155. 


Von  AriBtoteles  (4.  Jahrhundert  vor  Chr.)  bis  za  den  Alchimisten.  13- 

Krone:  Im  allgemeinen  die  Vollendung  des  großen  Werkes. 
Einzelne  Dinge  worden  mit  folgenden  Zeichen,»)  die  sieben  MetaUe 
auch  mit  besonderen  Namen  belehnt: 

Eisen  —  Mars Ol       (. 

Zinn  =  Jupiter 4      "^T 

Gold  =  ApoUo  oder  Sonne O      (5f 

Silber  =•  Diana  oder  Mond ^     -^ 

Blei  =  Saturn Q       ]        i 

Quecksilber  —  Merkur 9      Y      ^ 

Kupfer  -  Venus Q      9      9 

Luft ^ 

Erde V 

Wasser V  ^""""^ 

Feuer A 

Salz 0 

Alaun Q     Ö 

Salpeter (]) 

Titriol 0^. 

Asche X* 

Schwefel ^     ■^ 

Materia  prima ^inf 

Arsen ^O  ^^ 

Antimon O 

Ätzkalk ^      JL 

Zinnober 35" 

Die  eingehendsten  Studien  über  Alchimisten-Münzen  und' 
Medaillen  verdanken  wir  A,  Bauer  in  Wien,  welcher  den  reichen 
und  durch  außerordentliche  Seltenheit  hervorragenden  Österreichischen 
Besitz  wiederholt  schilderte.^) 

1)  Ein  und  derselbe  Gegenstand  konnte,  wie  die  eine  Beihe  von  Beispielen 
enthaltende  Tabelle  leigt,  durch  verschiedene  Zeichen  versinnlicht  werden,  doch  ist 
immer  nur  ein  einzelnes  dieser  Zeichen  anwendbar. 

2)  A.  Bauer,  Wiener  numismatische  Zeitschrift  Bd.  29,  S.  323.  —  A.  Bauer, 
Chemie  und  Alchimie  in  Österreich  bis  zum  Beginn  des  19.  Jahrhunderts.   Wien  1885 


14 


Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 


Zwei  dieser  Medailleo  (in  Inusbruck,  ouiuiBiuatische  Sai 
des  Ferdinandeums)  bestehen  nach  A.  Bauer  aus  Gold  und  stammen 
aus  dem  Jahre  1647;  sie  enthalten  unter  anderem  das  Sonnen  zeichen. 
Fig.  1  zeigt  die  Vorder-  und  KückansiL'ht  einer  solchen  Medaille,  welche 
ohne  Zweifel  alchimistischen  Ursprungs  ist;  es  war  eine  Gelegenheit.s- 
medaille,  etwa  eine  Vermählungsmedaille,  durch  welche  vielleicht  auch 
ein  politisches  Bündnis  verherrlicht  werden  sollte. 

Die  äußere  Umschrift  lautet:  LILIA  ■  CUM  ■  NIÜEO  ■  COl'ULAN- 
TUR  ■  FULVA  ■  LEONE  (Feuergelbe  Lilien  verbinden  sich  mit  dem 
schneeweißen  Löwen),  die  innere  Umschrift:  SIC-LEOMANSUESCET- 


SIC  -  LILIA -FÜLYA.VIRESCENT- 1647    (So    wird    der   Low 
werden,  die  gelben  Lilien  stark  werden). 

Revers:  Im  Mittelkreise  ein  schreitender  Mann,  in  der  linken  Hau 
das  Zeichen    des   Eisens   (Mars),    in    der   rechten    einen    Degen    (£ 
mistisch  zuweilen  das  Zeichen  für  Feuer)  nebst  der  Umschrift:   AI 
FVRNES  CäPIAM  RVRSVSQVE  IN  PR^LIA  SVRGAM  (Wütend  w 
ich  die  Waffen  ergreifen  und  wieder  ?.üv  Sehlacht  auferstelien).     Dies 
innere  Kreis  ist  von  sechs  anderen  kleinen  Kreisen  umgeben  mit  ( 
Plrtnetenzeichen   der  Metalle:    Gold,   Silber,    Quecksilber,   Kupfer,   Blqj 
und  Zinn.     Die  Umschriften   zu  diesen  Zeichen   lauten    wie  folgt; 


bei  R.  Leuhne 
die  Abbildung^ 
Holder. 


-  A.  Bauer,  Die  Adelsdiplome  östevrcicbiBcber  Alubimisten  t 
iuiger    Medaülfu    alchimistischen    Ursprungs,      Wien    1S93 


Von  Aiistolelea  (4.  Jahi'hundert  vor  Chr.)  bis  tu  den  AlchimiKteii.  15 

das  Gold  (Zeichen  der  SooDe):  A  MARTE  OBSCVROR  (vom  Eisen 
werde  ich  verdunkelt);  für  das  Silber:  MARTIS  HORRORE  DEFICIO 
(durch  des  Krieges  Schrecken  schwinde  ich);  für  das  Quecksilber: 
PEDIBVS  MARS  ABSCIDIT  ALAS  (von  Merkurs  [Quecksilber]  Füßen 
hat  das  Eisen  die  Fiügel  weggeschnitten);  bei  dem  Zeichen  des  Kupfers 
steht  im  Umkreis:  MARTI  CONJVNGOR  (durcli  das  Eisen  werde  ich 
zusammengefügt);  beim  Zinn  beißt  es:  A  MARTE  DEFENDOR  (durch 
das  Eisen  werde  ich  verteidigt)  und  beim  Blei:  A  MAßTE  LIGOR 
(vom  Eisen  werde  ich  gebunden). 

Fig.  2  zeigt  einen  Aliliimisten -Taler  des  Alchimisten  Baron 
V.  Kronemann,  welcher  vorgab,  aus  Quecksilber  Gold  und  Silber  her- 
stellen zu  können  und  der  um  das  Jahr  1679  Gelegenheitsmünzen  aus 


Fig.  2.    SUlMme  Denkmi 


Silber  verfertigte,  welche  sich  im  Kaiserlichen  Münzkabinett  in  Wien 
befinden.  Kronemann,  welcher  als  Schwindler  entiarvt  und  gehängt 
wurde,')  versah  eine  dieser  originellen  Münzen  mit  dem  Bilde  der 
strahlenden  Sonne,  schrieb  dazu  Tandem  (endlich)  und  in  der  Richtung 
der  Strahlen:  per  me  (durch  mich).     Vielleicht  wollte  er  andeuten,  daß 


1)  Christian  WiDielm  Baron  v.  Kronemann  gab  vor,  aus  Quecksilber  Go)d 
und  Silber  auf  alchimistischem  Wege  hei'stelicn  zu  künnen,  und  lauschte  mit  Keinen 
Prozessen  seinen  Gönner,  wie  Köhler  sogt,  so  lange  ..das  füistlirhe  Silber  Geschirr 
und  des  Ober  Hör  Predigers  D.  Lilions  b ergeschossenes  Capital''  dazu  ausreichte. 
Später  wurde  er  entlarvt  und  aut  dem  roten  Turm  der  Festung  Blassenburg  fest- 
gesetzt, laborierte  dort  In  seiner  Gcfangeiiechaft  und  verbrauchte  dabei  das  Silbei', 
welches  er  durch  Erbrechen  der  Schränlce  aus  den  alten  silbernen  „Willkonimen- 
Krügen"  entnahm.  Damit  verschaffte  er  sieh  endlich  den  roten  Rock  eines  Soldaleu 
naineas  Hans  Poltzens  und  floh  nuE  banibergsches  Gebiet,  wo  ihn  der  Bischof  fest- 
nehmen heB  und  wieder  auf  einem  mit  Ochsen  bespannten  Karren  in  die  Frohnfeste 
nach  Kuimhach  brachte,  wo  er  in  demselben  roten  Uniformrock  gehangt  wurde. 


rstes  Xapit?. 

Sonnenlicht    zum    großen    Werk    erforderlich   sei,    vielleicht   ist 
Sonnen  reichen  nur  das  Symbol  des  Goldes  zu  erblicken.    Die  Rücksei 
der  Medaille  tragt  wieder  die  Sonne  und  die  Symbolik  der  drei  Grun3 
Prinzipien  {A.  Bauer  a.  a.  0.). 

Noch  eine  andere  merkwürdige  goldene  Alchimisten  -  MedailleT" 
welche  16'/,  Dnkaten  schwer  ist,  befindet  sich  im  Kaiserlichen  Münz- 
kabinelt  in  Wien  und  stammt  aus  dem  Jahre  1716.  Es  sol!  vor  einer 
Anzahl  gläubiger  Zeugen  in  diesem  Jahre  die  Umwandlung  von  Blei  in 
Gold  gelungen  sein.  Auch  hier  trägt  die  Medaille  eine  symbolische  Figur 
der  Sonne  mit  der  Inschrift:  „Aurea  progenies  plumbo  prognata  parente" 
(„Ein  goldener  Nachkomme,  entsprossen  einem  bleiernen  Vater").  Wir 
bringen  die  Abbildung,  Fig.  3, 
nach  Alexander  Bauers 
Werk  „Die  Adelsdokumente 
österreichischer  Alchimisten 
und  Abbildungen  einiger  Me- 
daillen alchimistischen  Ur- 
sprungs" (Wien  1893  bei 
Holder). 

Die  Rückseite  dieser 
Medaille  trägt  eine  lateinische 
Inschrift,  welche  deutsch  lau- 
tet :  „Die  chemische  Dmwand- 
liing  des  Saturn  zur  Sonne, 
d.  h.  des  Bleis  zu  Golde, 
wurde  beobachtet  zu  Inns- 
bruck am  31.  Dezember  1716 

Tig.  3.    Oolilene  AlcLiinisten-ModnillB  roiu  Jahre  1716.         Unter    der  Obsorge  Sr.  DllTCh- 

laucht  des  Pfalzgrafen  vom 
Rhein  Carl  Philipp,  Oberstküchenmeisters  Sr.  Heiligkeit  des  römischen 
Kaisers,  Kurfürsten  von  Bayern,  Herzogs  von  Jülich,  Cleve  und  Bergen, 
Statthalters  von  Tirol  usw.  usw.,  und  wird  in  dieser  Münze  zum  ewigen 
Andenken  daran  dem  Schlosse  Ambras  und  der  Nachwelt  gewidmet" 
(Bauer,  Die  Adelsdokumente  österreichischer  Alchimisten  und  Ab- 
bildungen einiger  Medaillen  alchimistischen  Ursprungs,  Wien  1893; 
vergl.  auch  Schmieders  „Geschichte  der  Alchimie"). 

Wenn  man  auch  bei  den  Alchimisten  nur  unklare,  mystische  Vor- 
stellungen über  den  Einfluß  der  allbelebenden  Sonne  und  der  Astrologie 
auf  das  Gelingen  der  chemischen  Veredlungsprozesse  unedler  Metalle 
in  Gold  und  Silber  findet,  so  waren  diese  Ideen  dennoch  der  Aus- 
gangspunkt für  zahlreiche  chemische  Experimente,  welche  im  17.  Jahr- 


Von  Aristoteles  (4.  JahrhuDdert  vor  Cfar.)  bis  zn  den  Alcbimisten.  1' 

huDdert  zur  Entdeckung  phosphoreszierender  Körper  und  im  18.  Jahr- 
hundert zur  Entdeckung  der  Lichtempfindlichkeit  der  Silbei-salze  führten, 
wie  in  der  Folge  gezeigt  werden  wird. 


Die  eigentlichen  chemischen  Eigenschaften  der  Gold- 
und  Silbersalze  und  ihr  Verhalten  gegen  Licht  blieben  aber  lange 
unbekannt 

Die  erste  Andeutung  über  die  Eigenschaft  der  Silbersalze,  sich 
mit  organischen  Substanzen  zu  schwärzen,  findet  sich  im  IS.Jahrhnndert 
bei  dem  Grafen  Albert  von  Bollstädt,  genannt  Albertus  Hagnus 
(*  1193,  t  1280).  Dieser  war  einer  der  gelehrtesten  Männer  des  Mittel- 
alters und  galt  auch  als  einer  der  berühmtesten  and  ältesten  Alchimisten.  >) 
Er  war  in  Schwaben  gebürtig,  trat  in  den  Orden  der  Dominikaner,  lehrte 
in  verschiedenen  Klöstern  in  Köln,  Hildesheim,  Begensburg,  war 
Theologieprofessor  in  Paris  und  zog  schließlich  nach  Köln,  wo  er  sich 
während  der  letzten  Jahre  seines  Lebens  ganz  den  Wissenschaften  wid- 
mete. Wegen  seiner  vielseitigen  Bildung  wurde  er  durch  den  Beinamen 
Albert  der  Große  oder  auch  des  „Doctor  universalis"  geehrt.  Seine 
chemischen  und  mineralogischen  Schriften  waren  im  Mittelalter  äußerst 
geschätzt  und  seine  in  aristotelische  Philosophie  eingekleideten,  natur- 
gemäß höchst  unsicheren  chemischen  Begriffe  verraten  gründlichen 
Scharfblick.  Er  kannte  von  Metallen  nur  das  Quecksilber,  Blei,  Zinn, 
Silber,  Kupfer  und  Gold  und  erklärte  das  alchimistische  Gold,  das  ihm 
zu  Gesicht  gekommen,  für  Betrug.  In  seinen  Schriften  ist  zuerst  das 
salpetersaure  Silber  erwähnt.  In  seiner  Schrift  „Compositum  de 
compositis"  sagt  der  berühmte  „Doctor  universalis"  von  der  salpeter- 
sauren SUberiösuug  folgendes:  „Sie  färbt  die  Haut  des  Menschen  mit 
schwarzer,  schwer  zu  entfernender  Farbe."  ^  Er  beobachtete  wohl 
als  Erster  diesen  chemischen  Schwärzungsprozeß  der  Silbersalze,  jedoch 
ohne  zu  erkennen,  daß  er  durch  Lichtwtrkung  beschleunigt  werde. 

Das  als  Mineral  hier  und  da  vorkommende  Chlorsilber  oder  „Hom- 
silber"  beschreibt  zuerst  der  in  Sachsen  geborene  und  als  Direktor  in 
Meißen  wirkende  Georgius  Fabricius  in   seinem  Werke   „De  rebus 

1)  Unter  anderem  l)eschreibt  Albert  der  Große  in  seiner  Sühritt  „de  niine- 
ralibus  mundi"  unter  der  Aufschrift  ,Ignis  volans"  das  Scbießpulver  und  seine  Hcr- 
steiluog  aus  Schwefel,  Kohle  und  Salpeter.  —  Es  sei  bemerkt,  daO.  die  Schriften 
seines  Zeitgenossen  Roger  Baco  (s.  unten]  gleichfalls  deutliche  Spuren  der  Kenntnis 
des  Schießpulvers  enthalten  (s.  Wiegleh,  Geschichte  des  Wachstums  und  der  Er- 
findung der  Chemie,  1792,  I,  S.  137). 

2)  Kopp,  Geschichte  der  Chemie.   IV,  S.  203. 

Eder,  Huidbacb  der  Pholognphie.    1.  Teil.    3.  AuS.  2 


18  Erster  Teil.    Erstes  Kapitel. 

raetallicis",  welches  im  Jahre  1566  gedruckt  worden  ist;^)  dort  wird  zum 
ersten  Male  und  zwar  weitläufig  von  einer  Art  Silbererz  unter  dem  tarnen 
„Homsilber*'  (d.  i.  Chlorsilber)  gesprochen,  welches  die  Farbe  und  Durch- 
scheinbarkeit  des  Hornes,  die  Schmelzbarkeit  und  Weichheit  des  Wachses 
hat.  Außer  diesen  Angaben  über  das  Hornsilber  konnte  ich  aber  in 
diesem  Werke  keine  Äußerung  finden,  welche  zur  Annahme  berechtigt, 
daß  Fabricius  die  Veränderung  des  Hornsilbers  (Chlorsilber)  im  Lichte 
kannte.  ^) 

Genauere  Angaben  über  das  von  Albertus  Magnus  entdeckte 
Silbemitrat  machte  der  berühmte  Arzt  Angelus  Sala  (der,  geboren  in 
Vicenza,  größtenteils  in  Deutschland  und  in  der  Schweiz  lebte),  welcher 
diese  Silberverbindung  unter  dem  Titel  „Magisterium  argenti"  oder 
„Cristalli  Dianae"  beschrieb.  Derselbe  hatte  große  Verdienste  um  die 
Fortschritte  der  Chemie  und  ihre  sichere  Anwendung  bei  der  Bereitung 
der  Arzneimittel;  er  beschreibt  in  seinen  „Opera  medico  chimica*'  (I.Auf- 
lage zu  Frankfurt  1647;  zu  Rom  1650;  2.  Auflage  1682)  die  Darstellung 
des  sogenannten  Höllensteins  durch  Schmelzen  des  salpetersauren 
Silbers.  Die  Bereitung  des  Cfilorsilbers  („salzsauren  Silbers")  hatte  der 
zu  seiner  Zeit  berühmte  anhaltische  Leibarzt  Oswald  Croll  (CroUius) 
aus  Hessen  angegeben  und  er  bezeichnete  es  (wegen  seiner  Eigenschaft, 
beim  Schmelzen  eine  hornartige  Masse  zu  geben)  mit  dem  Namen  künst- 
liches „Hornsilber"  oder  Luna  Cornea.  (Crollius,  Basilica  chymica, 
Frankfurt,  1.  Aufl.  1608  usw.;  vergl.  Wiegleb,  Geschichte  der  Chemie, 
1792,  I,  S.  218;  Gmelin,  Geschichte  der  Chemie,  I,  1797,  S.  291.) 


1)  Das  Werk  des  Fabricius  ist  in  dem  Sammelwerke  „De  omni  rorum  fossi- 
lium  genere,  gemmis,  metallicis  etc."  von  Gessnerus  (in  Zürich  1566),  welches  sich  in 
der  Wiener  Hof  bibliothek  voi'findet,  enthalten.  (In  der  ersten  Auflage  meiner  „Geschichte 
der  Photographie"  war  die  Jahreszahl  verdruckt  und  ist  jetzt  richtig  gestellt.    E.) 

2)  Ich  erwähne  dies  ausdrücklich,  weil  Arago  (Sämtliche  Werke,  deutsche 
Ausgabe  von  Hankel,  VII,  S.  385)  dem  obigen  Zitat  noch  hinzufügt:  „Diese  Substanz 
ging  unter  dem  Einflüsse  des  Lichtes  aus  Gelblichgrau  in  Violett .  .  .  über."  Diese 
Worte  erwecken  den  Glauben,  es  habe  Fabricius  schon  dieses  Verhalten  erkannt 
und  ausgesprochen  (was  jedoch  nicht  der  Fall  ist);  in  diesem  Sinne  wurden  Arago s 
Angaben  oft  (mit  oder  ohne  Quellenangabe)  abgedruckt  und  man  schrieb  bis  in  die 
neueste  Zeit  allgemein  dem  Fabricius  eine  Entdeckung  zu,  die  er  gar  nicht  gemacht 
hat.  —  Ich  war  der  erste,  welcher  die  in  der  Literatur  durch  viele  Jahrzehnte  fest- 
gelegte irrige  Meinung,  daß  Fabricius  die  Lichtempfindlichkeit  des  Chlorsilbers  ge- 
kannt haben  soll,  richtig  stellte  (1.  Auflage  meiner  „Geschichte").  Noch  in  dem  1898 
erschienenen  Werke  von  Colson,  „Memoires  originaux  des  createurs  de  la  Photo- 
graphie" ist  (S.  7)  diese  irrtümliche  Ansicht,  daJi  Fabricius  die  Bräunung  des  Chlor- 
silbers am  Lichte  entdeckt  haben  soll,  enthalten.  Später  bestätigte  Waterhouse^ 
welcher  gleichfalls  das  Werk  von  Fabricius  studiert  hatte,  völlig  meine  Darstellung 
(The  phot.  Journal,  Juni  1903). 


Von  AiiBtoteles  (4.  Jahrhondeit  vor  Chr.)  bis  zu  den  Alchimieten.  19 

Der  bekannte  Alchimist  Johann  Rudolf  Glauber  (*  1604, 
f  1668),  der  Entdecker  des  nach  ihm  benannten  „Glaubersalzes",  er- 
wähnt 1658  in  seiner  „Explicatio  Miraculi  Mundi":  „Wann  man  auss 
dem  Salpeter  und  Vitriol  ein  stark  Wasser  destilliret  und  in  demselben 
ein  wenig  Silber  solviret,  gemein  Regenwasser  zuschüttet,  das  Aqua 
fort,  damit  zu  brechen,  so  ferbet  heraach  solches  Wasser  nicht  allein 
alle  harte  Höltzer  dem  Ebenholtz  gleich,  sondern  auch  das  Beltzwerk 
und  Gefeder  kolscbwarz". ') 

Glauber  übersah  ebenso,  wie  Albertus  Magnus,  daß  bei  diesen 
Prozessen  das  Licht  die  Hauptrolle  spielt  und  auch  Boyle  (Mitglied 
der  Royal  Society,  *  1626,  f  1691)  gibt  in  seinen  „Experimentis  et 
considerationibus"  1660  an,  es  sei  die  Luft  (und  nicht  das  Licht)  die 
Ursache  der  Schwärzung  des  Hornsilbers.  Er  führt  femer  als  eine 
wenig  bekannte  Tatsache  au,  daß  die  Goldsolution  Haut,  Nägel,  Elfen- 
bein usw.  dauerhaft  purpurrot  färbe  und  bemerkte  auch  hier  nicht  den 
Einfluß  des  Lichtes. 

Es  ist  überhaupt  eine  eigentümliche  Erscheinung,  daß  die  alten 
Gelehrten,  selbst  jene,  welche  sich  speziell  mit  dem  Lichte  beschäftigten, 
so  äußerst  spärliche  Andeutungen  über  dessen  chemische  Wirkung 
galjen.  Dies  gilt  nicht  nur  von  den  alten  Griechen,  sondern  auch  von  den 
Arabern  (At  Farabi,  Ebu  Haithem,  Jacobus  Alkindi,  Dscheber 
■f  765,  Ebu  Zohr  f  1168,  Abulcasem  f  1122)  und  auch  Alhazen, 
welcher  in  der  iUitte  des  11.  Jahrhunderts  lebte  und  ein  Buch  über  das 
Licht  schrieb,  tut  in  dieser  Beziehung  keine  Erwähnung.*) 

Auch  berühmte  Gelehrte  späterer  Zeit,  wie  Roger  Baco  (*1214, 
+  1294),  Porta,  der  Erfinder  der  Camera  obscura  {•1545,  11615), 
Kepler  (*  1571,  +1642),  Huyghena  (*  1625,  f  1695),  Newton  ('  1642, 
+  1727),  welche  die  Optik  in  neue  Bahnen  drängten,  übersahen  den 
Einfluß  des  Lichtes  auf  die  innere  Beschaffenheit  der  Uaterie. 

Im  16.  und  17.  Jahrhundert  aber  tauchten  die  Anfänge  der  Camera 
obscura  und  des  Naturselbstdruckes  auf,  welche  beide  für  die  Erfindungs- 
geschichte der  Photographie  von  solcher  Bedeutung  sind,  daß  wir  darauf 
näher  eingehen  wollen. 

1)  Glaaber,  „Opera  chymica",  1658,  S.  160. 

2)  Risner  gab  1570  in  Basel  das  Buch  „Thesaurus  Opticae"  heraus,  worin 
die  arabiscben  Forscher  berücksichtigt  und  ihre  Angaben  über  das  Licht  mitgeteilt 
sind.    (Fiedler,  De  lucis  effectibuB  chemicis,  1834,  S.  2.) 


ZWEITES  KAPITEL. 

VEESÜCHE  MIT  NATUESELBSTDEUCE  IM  16.  UND 

17.  JAHEHUNDEET. 


Nach  der  Erfindung  der  Buchdruckerkunst  im  15.  Jahrhundert  er- 
hielt die  Methode  der  Illustration  von  Druckschriften  mit  geschnittenen 
Holztafeln  (Holzschneidekunst)  größte  Bedeutung,  ebenso  der  Kupfer- 
stich. Zahlreiche  Werke  des  16.  Jahrhunderts  sind  in  dieser  Weise 
illustriert.  Schon  damals  kamen  die  Naturforscher  und  die  Heraus- 
geber botanischer  Werke,  veranlaßt  durch  die  großen  Kosten,  welche 
die  Illustration  derselben  mittels  des  Holzschnittes  oder  Kupferstiches 
verursachte,  auf  den  Gedanken,  ob  es  nicht  möglich  sei,  die  Pflanzen, 
Blätter  usw.  unmittelbar  selbst  zum  Abdruck  zu  benutzen. 
Die  frühesten  Arbeiten  dieser  Art  scheinen  auch  tatsächlich  für  die  da- 
malige Zeit  —  so  schlecht  und  primitiv  sie  waren  —  genügend  gut 
gewesen  zu  sein,  da  man  ihrer  vielfach  in  älteren  Schriften  rühmend 
erwähnt  und  das  Yerfahren  zur  Nachahmung  empfohlen  findet,  wie 
insbesondere  aus  den  interessanten  Studien  zur  Geschichte  des  Natur- 
selbstdruckes von  K.  Kampmann  1)  hervorgeht. 

Die  älteste  Nachricht  über  die  Erzeugung  dieser  Ectypa  plan- 
tarum  findet  sich  in  dem  Kunstbuche  des  Alessio  Pedemontese 
(nach  anderen:  Alexis  Pedemontanus),  Milano  1557,  welches  1593 
von  Hans  Jacob  Wecker,  Stadtarzt  zu  Kolmar,  ins  Deutsche  über- 
setzt wurde.  Im  Jahre  1664  beschreibt  Mr.  de  Moncoys  („Journal 
des  voyages*^,  Lyon,  Yol.  II)  die  Art,  Pflanzen  abzudrucken,  wie  er  es 
selbst  in  Rom  von  einem  Dänen,  namens  Welgenstein  (oder  Welken- 
stein) gelernt  hat,  und  in  dem  Buche  „Nützlicher  und  curieuser 
Künstler'',  Nürnberg  1728,  ist  das  Rezept  „Ein  natürliches  Laub  mit 
allen  Adern  abzudrucken",  in  derselben  Weise  angegeben  wie  bei 
Pedemontese.  Um  diese  Zeit  finden  sich  solche  Beschreibungen 
überhaupt    häufig.      Der   Provisor    der    Mainzer    Hofapotheke,    Ernst 


1)  Eders  Jahrbuch  für  Photographie  1S99. 


Tereuche  mit  Natuiselbstdrucb  im  16.  und  IT.  Jahrbuodert.  2t 

Wilhelm  MartiuB,  gab  im  Jahre  1785  sogar  eia  eigenes  Werkchea 
unter  dem  Titel  „Neueste  Anweisung,  Pflanzen  nach  dem  Leben  ab- 
zudrucken", Wetzlar,  8",  heraus,  und  J.  Conr.  Gütle  bringt  in  seinem 
Werke  „Über  die  Kupferstecherei",  1793,  S.  119,  die  Beschreibung, 
Pflanzen  abzudrucken,  nach  dem  Buche  des  Martius. 

Im  Jahre  1798  erschien  zu  Brandenburg  J.  H.  A.  Dunkers 
„Pflanzenbelustigung  oder  Anweisung,  wie  man  getrocknete  Pflanzen 
auf  eine  leichte  und  geschwinde  Art  sauber  abdrucken  kann"  mit  fünf 
schwarzen  und  fünf  kolorierten  Abbildungen;  es  erlebte  sogar  zwei 
Auflagen,  und  noch  im  Jahre  1809  gibt  Graumüller  in  Jena  seine 
„Neue  Methode  von  natürlichen  Pflanzenabdrücken  in-  und  ausländischer 
Gewächse"  heraus. 

Das  Verfahren  zur  Herstellung  dieser  Abdrücke  bestand,  den  Be- 
richten der  oben  angeführten  Autoren  nach,  in  der  ersten  Zeit  darin, 
daß  die  getrockneten  Pflanzen  in  den  Kauch  einer  Öllampe  oder  einer 
Kerze  gehalten  wurden,  bis  sie  vollkommen  und  gleichmäßig  berußt 
waren;  dann  wurden  sie  zwischen  zwei  Blätter  weiches  Papier  gelegt 
und  so  lange  mit  dem  Falzbein  oder  der  Hand  üt>erfahren ,  bis  sich  der 
Ruß  den  Papieren  mitgeteilt  hatte,  wodurch  eventuell  zwei  Abdrücke 
zugleich  entstanden.  Später  wendete  man  an  Stelle  der  Rauchschwärze 
entweder  die  gewöhnliche  Schwärze  der  Buch-  oder  Kupferdrucker, 
oder  auch  eine  andere,  mit  zähem  Firnis  vermischte  beliebige  (rote, 
braune  usw.)  Farbe  an  und  erhielt  auf  diese  Weise  minder  vergängliche 
Abdrücke.  Diese  Ectypa  waren  aber  desungeachtet  noch  sehr  mangel- 
haft und  unvollkommen,  und  ihre  Anfertigung  ging  sehr  tangsam  von 
statten,  da  das  Einscbwärzen  der  Pflanzen  mit  dem  Buchdruckerballen 
viel  Zeit  raubte.  Auch  bot  noch  der  Umstand  der  weiteren  Verbrei- 
tung ein  großes  Hindernis,  daß  man  sehr  viele  Pflanzen  gleicher  Art 
vorbereitet  haben  mußte,  um  die  nötige  Zahl  von  Abdrücken  zu  er- 
zielen, da  eine  und  dieselbe  Pflanze,  selbst  bei  der  sorgfältigsten  Be- 
handlung, nur  sehr  wenige  gute  Abzüge  erlaubte.  Bei  den  auf  diesem 
Wege  erzielten  Naturselbstdrucken  waren  demnach  die  Pflanzen  in  ihrer 
Struktur  entweder  einfarbig,  schwarz,  braun  oder  auch  rot  abgedruckt 
und  wurden  später  auch  durch  Handmalerei  mit  den  entsprechenden 
Farben  koloriert  Da  aber  die  oft  sehr  dicke  Epidermis  der  meisten 
Blattarten  das  eigentliche  Blattgeäder  (das  Skelett)  nicht  deutlich  genug 
hervortreten  ließ,  geriet  man  bald  auf  den  Einfall,  die  Blätter  zu 
obigem  Zwecke  zu  skelettieren  oder  zu  mazerieren,  d.  h.  die  obere 
und  untere  Blatthaut  durch  Mazerierung  (Fäulung)  im  Wasser  oder 
durch  eine  chemische  Beize  hinweg  zu  schaffen,  um  so  ein  vollkommen 
reines  Blattgerippe  zu  erhalten;    Antonio   Mizaldi  (1560)  soll    einer 


22 


Erster  Teil.    Zweites  Kapitel. 


I 


der  ersten  gewesen  sein,  welcher  das 
Skelettieren  anwendete,  und  dem 
Marc  Aurel  Severin  {Nürnberg 
1645)  gelang  es  sogar,  das  Blatt  einer 
Opuntia  dergestalt  zu  präparieren, 
„daß  alles  Fleisch  hinweg  und  nur 
die  harten  fibrae  geblieben  sind". 

Auf  diese  Weise  illustrierte  alte 
Werke  sind  nichts  Seltenes,  und  finden 
sich  solche  in  den  meisten  größeren 
Bibliotheken.  Besonders  reich  an 
solchen  ist  aber  die  Wiener  k.  k.  Hof- 
bibliothek. Als  eines  der  ältesten 
wäre  hier  die  aus  dem  Jahre  1685 
stammende  Handschrift  zu  nennen, 
welche  von  dem  Zisterziensermönch 
Silvio  Boccone  stammt  und  folgen- 
den Titel  trägt  „Disegni  Naturali  et 
Originali  consacrati  Alla  Sua  Maesta 

^'    Cesarea     di    Leopoldo    Prirao    usw. 

•^  Monaco  Cisterciense".^)  {Folioband, 
42  Tafeln  mit  82  Pflanzenabbildungen. 
Wiener  Hofbibliothek,  Nr.  11102.) 
Die  Widmung  an  Kaiser  Leopold  I. 
enthielt  den  Text:  „Eurer  Eaiserl. 
Majestät  untertänigster  ergebenster 
Diener  im  Herrn  Don  Silvio 
Boccone,  Zisterziensermönch":  In 
Fig.  4  bringen  wir  das  Faksimile 
dieser  alten  Handschrift  mit  dem 
Namenszuge  Boccone s. 

Diese  ältesten  uns  erhalten  ge- 
bliebenen Versuche  des  Naturselbst- 
druckes sind  in  dem  vorliegenden 
Werke  zum  ersten  Male  reproduziert 
und  zwar  bringen  wir  in  Fig.  5  und  6 


1)  Auf  deutsch:  Natürliche  und  Ori- 
ginalzeichnuDgen  gewidmet  Sr.  heil.  Kaiserl. 
Majestät  Leopold  L,  dem  unbesiegten  und 
unermüdlichen  Vorkämpfer  der  katholischen 
Religion. 


Versaohe  mit  Natntselbstdi-uok  i 


l  und  17.  JabrbuDdert. 


23 


Faksimiles  der  BooooDiscben  in  Driictschwarze  ausgeführten  Natur- 
selbstdrucke  von  Pflanzen.  >) 

AIb  zunächst  bemerkenswerte  Arbeiten  müssen  die  Werke  des  Prof. 
Enipbof  genannt  werden.  Prof.  Job.  Hieron.  Knipbof  betrieb  1728  bis 
175?  nachweislich  den  Naturselbstdriick  geschäftsmäßig  und  hatte  sich  zu 
diesem  Zwecke  mit  dem  Buchdrucker  und  Buchhändler  C.  R  Funke  in 


.    NBtimelbstdruok 


Erfurt  eine  eigene  Druckerei  eingerichtet,  aus  welcher  sehr  viele  solcher 
Werke  hervorgingen,  die  zumeist  noch  in  der  Wiener  Hofl)ibliothek  vor- 
handen sind.    Bemerkenswert  ist  auch  die  Publikation  von  Seligmann^) 

1)  Photoziokotypieo  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versucbsao statt  m  ^Vieo. 

2)  Das  im  Jahre  1748  in  Müroberg  vom  Kupferstecher  M.  SeligmanD  gedruckte 
Werk  enthält  Pflanzenbilder,  wie  solche  ilia  Natur  selbst  abdruckt.  Wie  dieselben 
hergestellt  wurden,  ist  genau  besehrieben  in  dem  Werke  von  Ernst  Martins,  Wetzlar 
1784,  und  in  Job.  Conr.  Gütle,  1793,  S.  Hfl. 


1748  und  anderen.     Alle    diese    Abdrucke    sind    diiRh    Emfarben    dei 
Pflanze    und    Abdrücken   auf   Papier    hergestellt       Es   lag    somit    keiq 


Tersnche  mit  Natnrselbstdnick  im  16.  uod  17.  Jahrhundert.  25 

eigentliches    graphisches  Druckverfahren  mit  Anwendung  einer  festen, 
genügend  konstanten  Druckform  vor. 

Immerhin  mag  in  diesen  Vorarbeiten  der  Keim  zu  dem  1853  von 
dem  Direktor  der  Wiener  Hof-  und  Staatsdruckerei,  Hofrat  Auer, 
erfundenen  14 atorselbstdruck  gelegt  worden  sein;  der  Auersche  Natur- 
selbstdruck beruht  auf  der  Herstellung  vertiefter  Druckformen,  welche 
durch  mechanischen  Abklatsch  der  Naturobjekte,  zumeist  mit  folgender 
galvanoplastischer  Abformung,  erzeugt  werden,  und  liefert  Abdrücke, 
welche  weit  höheren  Ansprüchen  entsprechen  und  auch  für  die  Anfänge 
der  photomechanischen  Verfahren  (s.  Pretschs  Photogalvanographie, 
sowie  Woodburydruck)  von  Bedeutung  waren. 


Erster  l!«!.    Zweites  Kapitel. 

1748  und   anderen.     Alle    diese    Abdrücke   sind    durch    Einfärben    d» 
Pflanze   und   Abdrücken   auf   Papier    hergestellt.      Es   lag    somit    keia 


Bücpona  1985. 


Versuche  mit  NatnrselbaUruck  im  16.  und  17.  Jahrhundert.  25 

eigentliches   graphisches  Drackverfahren  mit  Anwendung  einer  festen, 
genügend  konstanten  Drnckform  vor. 

Immerhin  mag  in  diesen  Vorarbeiten  der  Eeim  zu  dem  1852  von 
dem  Direktor  der  Wiener  Hof-  und  Staatsdruckerei,  Hofrat  Auer, 
erfundenen  Naturselbstdruck  gelegt  vrorden  sein;  der  Auersche  Natar- 
selbstdnick  beruht  auf  der  Herstellung  vertiefter  Druckformen,  welche 
durch  mechanischen  Abklatsch  der  Naturobjekte,  zumeist  mit  folgender 
galvanoplastischer  Abformung,  erzeugt  werden,  und  liefert  Abdrücke, 
welche  weit  höheren  Ansprüchen  entsprechen  und  auch  für  die  Anfänge 
der  photoraechanischen  Verfahren  (s.  Pretschs  Fhotogalvanographie, 
sowie  Woodburydruck)  von  Bedeutung  waren. 


DEITTES  KAPITEL. 

ZUR  GESCHICHTE  DER  CAMERA.  OBSCURA- 


Als  der  Erfinder  der  Camera  obscura,  der  Vorläuferin  des  photo- 
graphischen Apparates,  galt  lange  Zeit  der  im  16.  Jahrhundert  lebende 
neapolitanische  Gelehrte  Giovanni  Baptista  della  Porta.  Jedoch 
war  die  Camera  obscura  ohne  Zweifel  viel  früher  bekannt  Einige  be- 
haupten, die  Camera  obscura  sei  schon  von  dem  englischen  Franzis- 
kanermönch Roger  Bacon  (*  1214, +1294)  im  13.  Jahrhundert  erfunden 
worden  (?).  Derselbe  war  einer  der  scharfsinnigsten  Naturforscher  und 
Philosophen  seiner  Zeit,  dem  man  die  Erfindung  der  Camera  obscura, 
des  Teleskopes,  der  Brillen  (s.  S.  2),  eines  sich  selbst  bewegenden 
Wagens,  einer  Maschine  zum  Fliegen,  die  Erfindung  des  Schieß- 
pulvers usw.  zuschreibt.  Er  kam  in  den  Verdacht  der  Zauberei  und 
schickte  1266  seinen  SchtUer  Johannes  nach  Rom,  um  sich  von  diesem 
Verdacht  zu  reinigen.  Wenn  auch  in  Roger  Bacons  Schriften  sich 
Stellen  finden,  welche  als  Andeutungen  auf  die  Camera  obscura  von 
manchen  gedeutet  werden,  so  läßt  sich  doch  nicht  beweisen,  daß  er 
tatsächlich  diese  Erfindung  gemacht  habe. 

Goethe,  welcher  in  seiner  „Farbenlehre"  (1810,  Bd.  II)  sich  eingehend  mit 
Bacon  befaßte,  äußert  die  Ansicht,  daß  viele  Äußerungen  dieses  weitschauenden 
und  geistig  lebhaft  wirkenden  Mannes  (welchem  man  auch  die  Erfindung  des  SchieB- 
pulvers  zuschreibt)  nur  Schlußfolgerungen,  vielleicht  Phantasiegebilde  sind,  welche 
über  das,  was  er  und  seine  Zeit  leisteten,  weit  hinausgingen.  „Wem  bekannt  ist,  wie 
der  Menschengeist  voreilen  kann,  ehe  ihm  die  Technik  nachkommt,  der  wird  hier 
nichts  Unerhörtes  finden",  bemerkt  Goethe  und  fährt  fort:  „Durch  die  von  Roger 
Bacon  beschriebenen  Gläser  soll  man  nicht  allein  die  entferntesten  Gegenstände  ganz 
nah,  die  kleinsten  ungeheuer  groß  im  eignen  Auge  wahrnehmen;  sondern  diese  und 
andere  Bilder  sollen  auch,  hinaus  in  die  Luft,  in  die  Atmosphäre  geworfen,  einer 
Menge  zur  Erscheinung  kommen.  Zwar  ist  auch  dieses  nicht  ohne  Grund.  So 
mancherlei  Naturerscheinungen,  die  auf  Refraktion  und  Reflexion  beruhen,  die  viel 
später  erfundene  Camera  obscura,  die  Zauberlaterne,  das  Sonnenmikroskop  und  ihre 
verschiedenen  Anwendungen  haben  sein  Vorausgesagtos  fast  buchstäblich  wahr  ge- 
macht, weil  er  alle  diese  Folgen  voraussah.  Aber  die  Art,  wie  er  sich  über  diese 
Dinge  äußert,  zeigt,  daß  sein  Apparat  nur  in  seinem  Geiste  gewirkt  und  daß  daher 
manche  imaginäre  Resultate  entsprungen  sein  mögen/' 


Zur  Geschichte  der  Camera  obscura.  37 

Eine  etwas  deutlichere,  aber  immerhin  noch  recht  unklare  Stelle, 
welche  als  Beechreibung  einer  Camera  obscura  betrachtet  werden  könnte, 
findet  sich  in  einem  Werke  des  Architekten  CaesareCaeaariano,  welcher 
1521  zu  Como  einen  Kommentar  zum  Werke  des  Vitruvius  erscheinen 
ließ.  Er  macht  gelegentlich  der  Erläuterung  einer  mißverstandenen 
Stelle  des  Vitruvius  eine  Bemerkung,  welche  darauf  hindeutet,  daß  der 
Benediktinermönch  SomFapnuzio  (auch  DomFanuce  genannt)  bereits 
die  Camera  obscura  gekannt  habe;  Caesariano  schreibt,  daß  Papnuzio 
in  einem  dunklen  Zimmer  eine  konkave,  in  der  Mitte  durchbohrte 
Scheibe  am  geschlossenen  Fenster  angebracht  und  dann  auf  einem 
Papier  gefärbte  Objekte  erhalten  habe.  Es  läßt  sich  nur  feststellen, 
daß  dies  vor  dem  Jahre  1531  gewesen  ist  Immerhin  ist  die  Beschrei- 
bung so  dunkel,  daß  manche  Geschichtsschreiber')  sie  nicht  als  zweifel- 
lose Schilderung  der  Camera  obscura  gelten  lassen  wollen. 

Dagegen  findet  sich  die  erste  klare  Schilderung  in  den  Manuskripten 
des  berghmten  italienischen  Künstlers  Leonardo  da  Yinci  ("'1452, 
-|-1519},2)  der  im  Codex  atlanticus  (vergl.  Manuskripte  L.  da  Vincis 
Vol.  D.  fol.  8  und  in  der  Nationalbibliothek  zu  Paris;  E.  MUntz  (s.  unten 
Fußnote  1)  schreibt:  „Wenn  die  Fassade  eines  Gebäudes,  oder  ein  Platz, 
oder  eine  Landschaft  von  der  Sonne  beleuchtet  wird  und  man  bringt  auf 
der  gegenüberliegenden  Seite  in  der  Wand  einer  nicht  von  der  Sonne 
getroffenen  Wohnung  ein  kleines  Löchlein  an,  so  werden  alle  erleuchteten 
Gegenstände  ihr  Bild  durch  diese  Öffnung  senden  und  werden  umge- 
kehrt erscheinen."  An  einer  andern  Stelle  wendet  Leonardo  da  Vinci 
seine  Beobachtung  sogleich  auf  die  Deutung  des  Auges  als  Camera 
obscura  an,  indem  er  sagt:  „Die  Erfahrung  darüber,  wie  die  Gegen- 
stände ihre  Bilder  oder  unterbrochenen  Widerscheine  in  das  Auge  und 
die  helle  Feuchtigkeit  desselben  senden,  offenbart  sich,  wenn  die  Bilder 
der  erleuchteten  Gegenstände  durch  eine  kleine  runde  ößhung  in  eine 
sehr  dunkle  Wohnung  eintreten.  Du  wirst  alsdaon  diese  Bilder  auf 
weißem  Papier,   welches  nicht  weit  von  der  Öffnung  in  der  gedachten 

1)  Vergl.  Priostley,  Geschichte  der  Optik  1772;  Fischer,  Geschichte  der 
Physik  1801  bis  1806;  Waterhouse,  Tbe  Phot.  Journal  1901,  Bd.  25  S.  2TÜ,  terner 
The  Joarual  of  the  Camera  Club  1902,  Bd.  Iti  S.  llö;  Eugene  Müntz,  Prametlieus 
1899,  S.  204,  aus  den  Publikationen  der  frauzöaisohen  Akademie  der  Inschriften.  — 
Die  Original  stellen  aus  den  einschlägigen  Schriften  Boger  Bacons,  Caesarianos. 
Portas  {1558  uod  1589),  Barbaros  usw.  sind  bei  'Waterbouse,  „Notes  on  the  early 
history  of  the  Camera  obscura"  {The  Phot.  Journ.  11101,  Bd.  23  Nr.  9)  abgedruckt. 

2)  In  den  „Künstler-Monographien'-,  welehe  von  H.  Knackfuß  (Verhig  von 
Velbagen  &  Klasing)  herausgegeben  werden,  handelt  der  33.  Band  von  Leonarda 
da  Vinci  (1898). 


28  Erster  Teil.    Drittes  Kapitel. 

Wohnung  aufgestellt  ist,  auffangen  und  wirst  alle  die  erwähnten  Gegen- 
stände auf  diesem  Papier  mit  iiiren  eigentümlichen  Gestalten  und  Farben 
erblicken,  aber  sie  werden    kleiner  sein  und  das  oberste  nach  unten 


gekehrt,  wegen  der  erwähnten  Dtin-hschneidnng  Wenn  diese  Bilder 
von  einem  durch  die  Sonne  erleuchteten  Orte  entstehen,  werden  sie 
wie  eigens  auf  dem    Papier  gemalt  erscheinen.     Letzteres   muß   sehr 


Zur  Geschichte  der  Camera  obsoura.  29 

dönn  sein  und  von  der  Rückseite  betrachtet  werden;  das  Lochelchen 
aber  muß  in  eine  kleine,  sehr  düDne  Eisenplatte  gemacht  sein."  Eine 
beigegebene  Figar  zeigt,  wie  sich  die  Strahlen  schneiden,  so  daß  Oben 
Unten  und  Rechts  Linlts  wird,  und  hinzugefügt  wird:  „ebenso  macht 
es  der  Strahl  in  der  Pupille". 

Diese  klare  Beschreibung  Leonardo  da  Vincis  und  die  darin 
dokumentierte  Erkenntnis  der  Wirkung  der  Camera  obscura  hebt  sich 
so  vorteilhaft  gegen  die  dunklen  Schilderungen  seiner  Vorgänger  ab, 
daß  man  mit  E.  Muntz  (a.  a.  0.)  übereinstimmen  kann,  wenn  er 
sagt:  „Es  kann  danach  kaum  ein  Zweifel  daran  sein,  daß  Leonardo 
da  Vinci  das  Prinzip  der  Camera  obscura  mit  seiner  gewöhnlichen 
Durchdringungskraft  gekannt  und  wahrscheinlich  entdeckt  hat,  die  Ehre 
dieser  und  so  vieler  anderer  Entdeckungen  und  Erkenntnisse  gebührt 
seinem  Genie.  Aber  eine  andere  Frage  ist,  ob  seine  Entdeckung  wirk- 
lieb der  Mit-  und  Nachwelt  zum  Nutzen  gedient  hat,  ob  nicht  diese 
wie  so  viele  andere  Erkenntnisse  Leonardos  nutzlos  in  seinen  Schriiten, 
die  bekanntlich  schwer  lesbar  sind  und  erst  in  den  letzten  Jahren  voll- 
ständiger im  Drucke  erschienen  sind,  verborgen  gelegen  haben.  Ohne 
Zweifel  wird  er  einigen  Personen  seines  Umganges  die  Wander  der 
dunklen  Kammer  gezeigt  haben,  aber  wir  wissen  nicht,  ob  diese  die 
Kunde  weiter  verbreitet  haben,  ob  z.  B.  Papnuzio  davon  gehört,  oder 
ob  die  Erfindung  unabhängig  von  Leonardos  erster  Entdeckung  durch 
andere  von  neuem  gemacht  wurde." 

In  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  wurde  die  Camera 
obscura  auch  zur  Beobachtung  astronomischer  Erscheinungen  mehrfach 
verwendet. 

In  Deutschland  machten  mit  Hilfe  der  Lochkamera  Erasmns 
Beinhold  (1540)  und  seine  Schüler  Gemma  Frisius,  Moestlin  u.  a. 
Beobachtungen  der  Sonnenfinsternis.  1550  veröfi'entlichte  Hieronymus 
Cardano  in  seinem  Buche  „De  Subtilitate",  S.  107,  ein  Verfahren,  um 
durch  Einfügung  einer  Glasscheibe  (orbem  e  vitro),  worunter  vermutlich 
eine  Linse  verstanden  ist,  in  die  Fensterladen  einer  dunklen  Kammer 
diese  zu  verbessern. 

Hieraus  geht  hervor,  daß  der  neapolitanische  Naturforscher  Johann 
Baptiste  Porta  (*i538,  fl^lS)  nicht  der  erste  Erfinder  der  Kamera 
ist,  was  oftmals  angegeben  wurde.  Möglicherweise  hat  Porta  diese 
Erfindung  von  neuem  gemacht,  vielleicht  hat  er  durch  jemand  anderen 
Kenntnis  von  ihr  erhalten,  aber  so  viel  ist  gewiß,  daß  Porta  in  der 
ersten  Ausgabe  seiner  „Magia  naturalis"  1553  die  Kamera  ohne  Linse 
(Lochkamera)  genau  beschrieb;  er  war  sich  der  Vorteile  der  Camera 
obscura  sowie  ihrer  Wirkungsweise  wohl  bewußt  und    machte  diesen 


optischen   Apparat    durch    seine    viel   gelesenen  Schriften    in   ■ 
Kreisen  bekannt. 

Die  erste  lilare.  keinen  Zweifel  gestattende  Beschreibung  einer 
Kamera  mit  einer  bikonvexen  Linse  muß  dem  venetianischen  Edelmann 
Daniel  Barbaro  zugeschrieben  werden,  der  1568  in  seinem  Werke 
„La  pratiea  della  prospettiva^',  S.  102,  die  Verbindung  der  Linse  mit 
der  Camera  obstmra  schildert.')  Er  benutzte  das  Brillenglas  eines  alten 
fernsichtig  gewordenen  Miiniu's  iiml   lH.-;i>lin.'iVjt   kl;ir  di'ii  Klickt  der  Lii^ 


und  die  Anwendung  zum  perspektivischen  Zeichnen,  ferner  bespricht 
er  die  Wirkung  der  Abbiendung  der  Linse,  um  das  Bild  schärfer  zu 
machen.  Diese  Publikation  erfolgte  21  Jahre  vor  der  Veröffentlichung 
der  2.  Auflage  von  Portas  .,Magia  naturalis^',  in  weicher  dieser  die 
Anwendung  der  Kamera  mit  der  Konveslinse  wie  ein  von  ihm  ent- 
decktes Geheimnis  beschreibt.  In  Fig.  8  bringen  wir  ein  von  Water- 
house  in   London  ausfindig  gemachtes   Bild  Daniel  Barbaros    nach 


1)  WaterhoQBe,  Tbe  Joui'aal  ot  the  Cameta  Clnb  1903,  S.  124. 


M 


Zur  Geschichte  der  Camera  obscnni.  31 

einem  Kupferstich,  den  Hollar  nach  dem  Tiziansctiea  Gemälde  an- 
gefertigt hat.  (Nach  „The  Photographic  Journal",  Toi.  XLIII,  Nr.  8,  1903.> 

Aach  Giovanni  Battista  Benedetti,  ein  venetiauischer  Patrizier 
kannte  diese  Anwendung  (1585)  und  beschrieb  sie  vor  Porta.  Letzterer 
gab  erst  in  seiner  2.  Ausgabe  der  „Magia  naturalis"  vom  Jahre  1589, 
6.  Kap.,  eiue  li^cbilderuag  der  Camera  obscura  mit  Linse.  Einen  An- 
spruch auf  die  Erfindung  der  Camera  obscura  kann  Porta  also  nicht 
machen.  Sein  Verdienst  ist  lediglich,  sie  durch  eine  klare  volkstümliche 
BeschreibiiDg  zuerst  in  weiten  Kreisen  bekannt  gemacht  zu  haben. 

Der  Neapolitaner  J.  B.  Porta  ist  eine  der  interessantesten  Erschei- 
nungen des  16.  Jahrhunderts.  Er  gibt  in  seiner  „Magia  naturalis",  deren 
erste  Ausgabe  (1553)  er  in  seinem  15.  Lebensjahre  schrieb,  ein  treues 
Gemälde  des  damaligen  Zustandes  der  Physik  und  behandelt  in  zwanzig 
Büchern  die  verschiedenartigsten  Gegenstände  mit  einem  wunderlichen 
Gemisch  von  Aberglauben  und  Zuversicht  Da  er  unter  anderem  auch 
über  die  Hexeusalbe  (lamiarum  unguentum)  geschrieben  hatte,  so  erregte 
er  über  Anzeige  einea  Franzosen  den  Yerdacht  des  römischen  Hofes, 
bei  welchem  er  als  Magier  und  Giftmischer  angeklagt  wurde.  Porta 
wurde  zu  seiner  Verteidigung  nach  Rom  berufen  und  versicherte,  er  habe 
diese  Abbandtung  nur  in  der  Absicht  verfaßt,  um  den  Betrug,  den  man 
mit  der  darin  besprocbeneu  Sache  gespielt  habe,  aufzudecken.  Er  wurde 
zwar  von  der  Anklage  freigesprochen,  aber  die  von  ihm  in  seinem  eigenen 
Hause  errichtete  „Akademie  der  Geheimnisse"  wurde  auf  Befehl  des 
Papstes  aufgehoben.  Er  machte  dann  viele  Reisen  durch  Italien,  Frank- 
reich und  Spanien,  um  seine  Kenntnis  der  Natur  zu  erweitem  und 
die  schnell  aufeinander  folgenden  Auflagen  seines  Werkes  immer  voll- 
kommener einzurichten. 

Das  Porträt  Johann  Baptist  Portas  in  seinem  63.  Lebensjahre  ist 
in  Fig.  9  (Photozinkotypie  nach  dem  Originale)  nach  einem  alten  Kupfer- 
stiche, der  in  der  Kala.  Fideikommißbibliothek  in  'Wien  vorhanden  ist, 
abgebildet  Die  Symbole  der  vielseitigen  Gelehrsamkeit  umgeben  das 
Bildnis  Portas.  Man  erkenot  in  der  Umrahmung  die  Andeutung  der 
Diüge,  über  welche  er  schrieb;  über  die  Verwandlung  der  Metalle,  über 
Arzneien,  über  „die  Destillierkunst",  über  „allerhand"  Tiere,  Spiegel- 
gläser, über  die  Ursachen  der  Wunderdinge,  über  die  wundertätige 
Macht  der  Gestirne  usw.  Er  kannte  auch  die  optische  Projektionskunst 
mittels  der  Laterna  magica  (s.  fünftes  Kapitel). 

Ein  anderes  Porträt  Johann  Baptist  Portas  findet  sich  auch 
in  seinem  Werke  „La  fisonomia  dell'  huomo  et  la  Celeste"  (mir  liegt 
die  im  Jahre  1668  in  Venedig  erschienene  Ausgabe  vor),  in  welchem 
die  Menschen-  und  die  Tierphysiognomie  verglichen  und  mit  zahlreichen 


Drittes  Kapitel 

üliistrationen    erläutert   ist,    ferner   auch    die  Sternbilder    des  Himm^ 
«rörtert  sind. 

Sein  Hauptwerk  ist  jedoch  die  erwähnte  „Magia  naturalis'' 
daselbst  schreibt  Porta  in  dem  Kapitel  über  Brenn-  und  andere  Spiegi 


Zur  Geschichte  der  Camera  obscura.  33 

auch  eingehend  über  die  Camera  übscura  und  zwar  ist  seine  DarsteUungs- 
weise  interessant  genug,  um  sie  im  Wortlaut  nach  der  2.  Auflage, 
welche  im  Jahre  1715  in  Nürnberg  ins  Deutsche  übertragen  wurde,') 
wiederzugeben.  Wir  bringen  ein  Faksimile  des  Textes  in  dieser  Nürn- 
berger Ausgabe  von  Portas  „Magia  naturalis"  nachstehend  auf  S.  33 
bis  35  zum  Abdruck.«} 

Der  Priester  Franciscus  Maurolycus  (•1494,  f  1575),  ein  renom- 
mierter Lehrer  der  Mathematik  in  Messina,  befaßte  sich  mit  dem  Strahlen- 
gange des  Lichtes  in  der  Camera  obscura  und  fand  in  seiner  1575  heraus- 
gekommenen Schrift  „Photismj  de  lumine  et  urabra"  die  Auflösung  der 
Frage,  welche  seit  Aristoteles  die  Optiker  bemüht  hatte,  wie  es  zugehe, 
daß  das  Bild  der  Sonne  in  einem  verfinsterten  Zimmer  rund  erscheint, 
wenngleich  die  Öffnung,  wodurch  die  Strahlen  gehen,  eckig  ist^) 

Auch  Gaspar  Schott  beschreibt  in  seiner  „Magia  universalis 
naturae  et  artis",  Würzburg  1657,  die  Kamera  mit  und  ohne  Linse 
und  gibt  theoretische  und  optische  Erläuterungen. 

Zur  Zeit  Portas  wurde  meist  ein  ganzes  Zimmer  als  Camera 
obscura  eingerichtet,  aber  man  machte  später  auch  transportable  Kameras. 

Die  erste  Notiz  über  eine  kleine  transportable  Kamera  findet  sich  in 
dem  umfangreichen,  der  Optik  gewidmeten  Werke  des  Prämonetratenser- 
mönches  Johann  Zahn,  „Oculus  artiücialis  teledioptricus  sive  tele- 
scopium  ex  abditis  rerum  naturalium  et  artificialium  etc.  adeoque  tele- 
scopium.  Herbipoli  1665".  Zahn  beschreibt  die  Camera  obscura, 
welche  er  mit  (in  Röhren  gefaßten)  Linsen  versah;  dabei  berücksichtigte 


1)  Joh.  Baptistae  Fortae,  Nobilis  Neapalitani,  Magia  naturalis,  oderEauB-, 
EuDst-,  Dad  Wunder -Buch;  nach  dem  vermehrten  in  XX.  Büchern  besteheodea 
latein.  Exemplar  ins  Hochteutache  übersetzt,  an  vielen  Orten  verbessert  und  mit  neuen 
Eapfem  und  Figuren  gezieret.    Nürnberg  ITlü. 

■  2)  Priestley,  Geschichte  der  Optik.    Deutsche  Ausgabe,  1776,  S,  30. 
3)  Die  betreffende  Stelle  in  Portas  ,. Magia  naturalis"  lautet: 

t>ao  VI.  (Copirel. 

9Sonankm8EBöc(fun9mMf)o5l=@pfegeK, 

I.  b.  3tl<  tum  &fiti)9el/ 

^^  iwitirBtljm  /  reotro  «ir  nc*  ^'  mon  im  mvm  OHrt  feptll 

21»  ieli4ennsiit()(©iilcfttriel)lm/  """''  ""*  auf'rbalk  im  »«di  bet 

te  luglfi*  f<bt  laliig  im»  reunl)«biir<  ®™"<;  V'>>«J  mbjtmirmit 

lid)  (mil  mi  imoae  man  Die  Btäfte  ttiilingatben. 

Mirninuife in  9tuut  1«  Dtuilid; f an  9)i<m mai^intmnn  Simmn  nOtSniller 

«NnDtnlniint.  in/ 

Eder,  Handbucb  Im  PhotognipMe.    I.  Teil.    3.  Anll.  3 


34 


Erster  Teil.    Drittes  Kapitel. 


1900 


^ae  fitUt\^t^tnU^u^l 


10/  unt>  ia(fe  au(b  Me  (letnften  S6ci)lem 
ni(t)t  Dtten  /  bamit  ia  fein  Siecht  binein 
f6nne/  unb  t>ad  gan^^  ^or^abm  Den 
Dei:be.  (Sin  icdb  aber  mu§  hian  bobren/ 
mit)  beo  einer  (Spannen  meit  mocben/ooc 
toeldjed  ein  $lecb  /  e^  fep  üon  Q31eo  oDet 
bon^upffec/  etn>an  fo  Dicf  altf  ein^a^ 
pier/  f^O  anA^macbct  n)irb/  Darinnen  in 
Der  Ritten  ein  fUineretf  runbed  io^  i  fo 
0rD§  Q\i  ein  fleiner  ^infler  /  gemacbet 
»erben  fan/  unDmuflen  gegen  baffeibige 
Mtn>eber  eine  meifTe  ^anb/  ober  ^a« 
pier/  oDer  ein  n>ei([e^  leinene^  Q:ucbbin^ 
geri(i}tet  werben.  3luffolcbe^eifen)irb 
alle^/  n)ai(  auf  ber  @a(fen  bon  bem  $a« 

i^e^  £ie(btbeOrablec  mirb/  aucb  bieSeut 
0iiuf  ber  halfen  geben  umgef  ebrtju  fe^ 
|)fnfebn/  n>ie  bie£eufe/  (b  bie^ijffe  ge# 
gen  un^  febren ;  gehalten  aucb  alleä  n^atf 
recbttf  ifl/ aUbier  Imcf^/unbintt  einem 
S2Bart/aUed  üerfebrt  erfcbeinen  Wieb« 
Unb  iwar  »erben  biefe  Q3ilber  um  fo  Diel 
gr6fTer  fe^n  /  te  weiter  fte  bon  bem  Socb 
abfuben :  ® o  balö  ober  \>0A  Rapier  o« 
Der  bie  weiffe  t^afel  ndber  }u  bem  {locb 
gebracbt  wirb/  fo balb  wirb aOeg  f lemer 
ober  beutlicber  unb^beüer ;  bod)  mu^  man 
(icb  etwasi  im  3inimer  aufbatten/  unb 
werben  bie  ^ilDnuJTcn  nicbt  alfebalb  er^ 
f^einen/  bieweil  bat)  flarcfe  jicdbt  W  ^u^ 
gen  bergeflalt  einnimmt/  baß  %i  nicbt  nur 
Drinnen  ifl  /  unb  (um  ®eben  bilfft/  wenn 
man  wui  cFlicb  fi^bet ;  fonbern  aucb  nocb 
Unges  brtnnen  bleibet  /  wenn  (ad  (geben 
f6on  furuber  ifl ;  wie  W  frfabrung 
fl jrlicb  bejeuget :  S)enn  wenn  man  in 
ber  (Sonne  gebet  /  unb  (leb  gegen  einen 
finflemOrt  febret/  bleibet  ba<  Siecht  fo 

(latcf  in  un0  /  bap  man  bafelb^  ntcbttf 


ober  mit  grcffer  OTtube  etwa«  (ieber/  ncfl 
bie  ^ugen  nocb  i^oOfinb  Don  ber  »ortooi 
Siegung  bcö  £iecbt0 :  ^enn  aber  Die  a» 
gemacb  »ergebet/  fo  fan  man  imsSuiif 
(fein  gar  beutUicbfeben-  9?unab€cml 
icb  ^^i  Knige  melben  /  watf  icft  noc^  alb 
teit  Derfcbwiegen  /  aucb  bi((tc6  |u  «ec» 
fcbweiaen  gebalten.  9{emticb  wenn  mos 
ein£infen^@la6bon&oflaO  in  batfSoA 
fe|et  /  fo  wirb  man  aOetf  »ief  beutlicber 
feben  /  f a  fo  gar  Die  9}2enfcben  /  fo  Draofi 
fen  geben  im  ® eficbt  /  aucb  ibre  färben/ 
jfkiber/  @eberben  unballetf  foDeutlkf» 
erf ennen  /  oii  wenn  man  nabe  Dabeo  w6 
re:  ^elibe^alletf  einen  bermaffen  erloi 
Oiget/  bap  \Ai  fo  etf  feben/  (icb  ni^t  g» 
nug  bruber  üerwHnbern  f  Snnen* 

2«  ^enn  wan  aber  wiB 

m%i  droffer  unb  DeutUdier 

feben/ 

fo  (leBe  man  einen  Spiegel  gegen  Dal 
^ocb  /  ber  nicbt  bie  (gtrablen  wA  ei» 
anber  fireuet  /  fonDetn  jufammen  \olS/i 
unb  Dereiniget:  ^Ttit  Demfelben aebe omb 
fo  lang  berbeo  unb  baDon/  big  man  Dil 
recbte@r6|Te  bel^ilbetf/  wie  etf  anf&k 
fdber  ifl  /  burcb  ge  wiffe  Slnnäberung  x^% 
bem  0)2ittetpunct  erlanget.  Unb  went 
einer  nun  recbt  ^cbtung  brauf  gebea 
wirb/  fo  wirb  er  feben  f Annen/  me  Die 
Q^dgel  fliegen  /  wie  ber  ^immel  mic 
2Bolcf en  eingefprenget  /  unb  fonflm 
f^5n  blau  iß  /  wie  Don  Sferne  (icb  Dit 
^erge  erzeigen  /  ja  er  wirb  auf  eumi 
f  leinen  runben  ^idi^letn  Detf^apterl/fö 
man  über  ^^t  Socb  ßeOen  fan  /  gleicbfan 
einen  furzen  begriff  Don  ber  2Belt  (iN 

ben/  bap  man  ftdb  Drüber  freuen  »icb: 

SDb(6 


Zur  Geschichte  der  Camera  obscura. 


93on  aüetSanb  gpicgtln  unb  ®\ifan.       gei 

nttlialti  Dtm  CDiiltilpumt  M  @|iieatli  gtjtn  DM  toi  gcMi  /  unH  tit  SBilDic 

iinbDimftll»D9«nalxifI.   SiMmoo  auf  eint  «gtnQbnflilientit^afilCaiim 

alxc  tMitn  fiawn  «ud«  tum  Q)IitteI«  faden  la(|en  /  baburefe  iwar  ettvat  auf* 

puncf  /  fo  fiebet  man  twof  Die  ©acben  at[i(btet/  abergan^Duncfet  unD  oMMit 

grilftc  unD  auftttiittet  /  nie  fk  an  (ii^  tontmen  erfttienm. 

fiiblien  AnD  /  gbec  ni(il  fo  Diuiliii.  b.  2Bic  baben  offi  eine  »ei|Te  ^afel 

1-  ^mMi  ran  li  gegeben/  fcbcot  gegen  bat  £o(t)  gefleOet/  unb  ab 

«flerfabceni(l/ba«35iienu«eine(2>in<    «"fbiifelbe  gef*auel/  ba  mulenem 
porfommen/  atee  negen  Der  wt<itfAt 


nierfabcenifi/ba<!8ilbnu«  einee3>ia> 
gen  cbet  eine«  !9ienf(ien  nel  ab> 

gSenn  et  nue7Ä'b°"e' Saiten  te*l  fl^^^''^^iBM'Z^^ 

Anli«  n.if4en:  aBel4e<?enn  tein  ge.  ?'"L'l?"Ä«nl?"  ""'  """"* 

tingrtSailffBMe  in.    gjemli^eDfoBe  """  ÄLSRS,  crnnr.  «(,,  ... 

Dle®mneanbeffl3en(letf*einen/uiib  .  c..aufna4f»igenbe5Bnfi_abee_g». 


um  ba<M  genlne  !Bi>bet  abetünenr 
((ten  lieben  /  Die  man  obautlen  niD : 
St)ie(e  fug  bit  Sonne  befleaNen  niibt 
abec  bo«  toi),  eegen  ba<  tocb  Obet 
«bet  fön  man  ein  n>ei||es  <pai>iec  auf> 
fttUen/  unb  ben  !9)en(4en  fo  lange  an 
bem  üeibl  bin  iHib  niebei  nibei  imb 
»eitec  liibten/  bigcecmittellibet®«» 
ne  fein!8ilimui|IÄ  Müfonimen  an  obi 
gemelbtem^apinrMrfteHet.  aBecnwi 
nabkn  tan/  batff  nur  bie  ?acbtn  aufi 


6ete5an:  ^^mlicbman  mugin  batf£o4 
ein  Petrpcdiv  flcllen  /fo  au0  lauter  buct/ 
U4)ien  @l(!fern  beliebet :  3lul  Dieftm 
mug  bat  !Silbnii«  in  einem  $olI<S|iie> 
gel  lauen/  unb  biefet  meitec  bauon  fio 
ben  /  aU  fein  !D!iUelpuncI  autirügets 
&i  ueiben  bie  gilbet  uvatumgerebrt 
binein  abec  aufregt  »ieber  berank  foN 
Un  /  twgen  neit  fib|}ebenben  Mittel* 
punUi  2Genn  nun  Obec  iu  toA  eiv 
wifle«  'Popiet  gelleget  «titb  /  fo  falen 
bie  ^ilb«  bec  auimiciigeti  !&inge  fo 


®<iein  auf  btm  ^apiet  nicbi  onbeet  nU 
«n  !8ilb  in  bem  Spiegel  iu  feben  ID. 
^.  SBil  man  ab«  baben 
SaSaaeifdaaufiietfi^ters 
mmtai 


- umfon|l»et< 

fuiie  /  baS  bie  eitctelliitite  /  bornul  bit 
eUfer  Im  Peripeaii  unb  bo«  im{ioll< 
(Spiegel  gefeblilfennioiben/einegenifre 
Proportion  baben  muffen,  ^te  man 
«bet  biefe  eclangen  foOe/  ipirb  baomt 


<bi|lbiefe<einegroffe£un|i/bieeiuit>ie<'  mit mebcem  eitltanetben 

im  wiliKtt/  ab«  tiiiti  nlom  atHim.      u  Sitr  woOt'! »!'  du«  ''^%,. 


36 


Ereter  Teil.    Drittes  Kapitel, 


er  den  Einfluii  der  Brennweiten  der  hierzu  verwendeten  Sammellinj 
auf   die  Bildgröße   und  Bilddistanz  und  gibt  deutliche   Figurei 
Apparate.     S.  180    bildet  er  mehrere  Systeme  handlicher  Kameras  i 
Linsen   (H)    und   schräg   gestelltem    Umkehrungsspiege!    (cd)    \ 
unsere  Reproduktion   Fig.  10  zeigt;    bei  dieser  Anordnung    wurde 
Bild  nach  oben   (a  b)   in  aufrechter  Stellung  entworfen. 

Eine  andere  sehr  interessante  Abbildung  einer  solchen  transportableü 
Kamera,  welche  den  Zweck  hatte,  im  Freien  aufgestellt  zu  werden  und 
das  Zeichnen  und  Malen  von  Landschaften  zu  erleichtem,  findet  sich 
in  dem  Werke  des  gelehrten,  namentlich  in  der  Optik  wohlbewanderte! 
Jesuiten    Athanasius    Eircher;    „Ars    magna    lucis    et   umbrai 


rig.  lü. 


X.  Libras  digesta,  quibus  admirandae  lucis  et  umbrae  in  mundo,  atqt 
adeo  universa  natura,   vires  efTectus  (pie  uti   nova,   ita  varia  novoi 
reconditiaram([ue    speciminum    exhibitione,    ad    varios   mortalium 
niandnntur.     Editio  aitera  priori  multo  auctior."     Amsterdam   1671. 

Athanasius  Kircher  (*16ül,  fl680),  einer  der  vielseitigsten 
naturkundigen  Naturforscher  und  Mathematiker  seiner  Zeit,  war  aus 
dem  Fuldaschen  gebürtig;  er  lehrte  zuerst  in  Würzburg  und  später  im 
Jesuitenkiillegium  zu  Rom  die  Mathematik.  Die  erste  Auflage  seiner 
„Ars  magna  Incis  et  umbrae"  erschien  164Ö  zu  Rom  und  wurde  zur 
damaligen  Zeit  als  ein  Meisterstück  angesehen,  trotzdem  es  von  Anfang 
bis  zu  Ende  voll  Spielwerk  steckt.  Kircher  entdeckte  zwar  keine 
Eigenschaften  des  Lichtes,  aber  immerhin  verdankt  ihm  die  Optik  vieles 
—  darunter  eigentümliche  Beschreibungen  und  Abbildungen  der  Cami 


^amej^^J 


Zar  Geschichte  der  Camera  abscura. 


obscura  und  Laterna  magica  (s.  u.)-     Wir  entnebmen   der  zweiten   in 
Amsterdam  1671    erschienenen  Ausgabe   seiner     Ars  magna     {S    709) 


38  Ei'Ster  Teil.    Drittes  Kapitel. 

Kapitel  IV  {„De  parastasi  per  spocierum  in  obscurum  locum  immie- 
siorem")  die  Schilderung,  wie  in  einer  Dunkelkammer  verschiedene 
Dinge  ähnlich  abgebildet  werden  (s.  Fig.  11).  Aus  dieser  Figur  ersieht 
man,  daß  am  Boden  der  Kamera  eine  Öffnung,  durch  welche  der  Zeichner 
ins  Innere  gelangte,  sich  befand  und  es  ist  angedeutet,  wie  das  ver- 
kehrte Bild  der  Naturobjekte  auf  dem  Papier  oder  der  Leinewand  im 
Innenraum  der  Camera  obscura  entsteht. 

Zur  ErfinduDg  des  Dunkelkastens  wird  im  „Jouni.  of  the  Phoi  Society 
of  London-'  IBöT,  Bd,  4  S.  129  mitgeteilt:  In  einem  Briefe  von  Sir  Henry  Wooton 
an  Lord  BaooD  findet  aicli  aasführlich  angegeben,  daß  der  berülimte  Astronom  und 
Mathematikei  Johannes  Kepler  in  IJnz  (Kepler,  »löTl,  tlÖ30,  kam  1612  als 
Professor  nath  Linz)  ein  Zeit  hafte,  das  drehbar  und  an  einer  Seite  mit  einem  Loch 
lOQ  beiläufig  l'/j  Zoll  Durchmesser  versehen  war,  in  welches  er  eine  Röhre  mit 
einem  konvexen  Glase  steckte,  und  die  dadurch  auf  ein  Papier  projizierten  Bilder  mit 
der  Feder  nachfuhr  —  Vergl.  auch  TVaterhouse,  Notes  on  the  early  history  of  the 
cameia  obscura  (Tho  PJiot  Journal  llIOl,  Bd.  2ö,  Nr.  9). 

Eine  andere  tragbare  kleine  Kamera 
wurde  1679  von  Bobert  Hooke  be- 
schrieben und  Marco  Antonio  Cellio 
gab  16y7  eine  tragbare  Kamera  an,  die 
vorzüglich  dazu  diente,  Kupferstiche,  Ge- 
mälde und  Schattenrisse  geschwind  ab- 
zeichnen zu  können.  Daß  das  Bild  in 
der  Camera  obscura  nicht  immer  die 
Natur  absolut  genau  wiedergibt,  sondern 
häufig  in  der  Perspektive  tauseht,  be- 
merkte Georg  Busch  1775. 
W.  Hooper  beschreibt  in  seiner  „Ratinal  recreations,  in  wich  the 
princlples  of  nurabres  and  natural  philosophy  are  clearly  elucitated" 
(London,  1,  Autlage  1755;  die  2.  Auflage,  welche  mir  vorliegt,  erschien 
1782),  Bd.  II,  S.  36  (Tafel  3)  eine  originelle  in  Tischform  gebrachte 
Camera  obscura  mit  Reflex ionsspiegel  (s.  Fig.  12},  welche  zeigt,  wie 
verschiedene  Abarten  der  Kamera  als  Belustigungs-  und  Belehnings- 
mittel  in  weite  Kreise  gelangten. 

Alle  diese  Schriften  zeigen,  daß  nach  der  Erfindung  der  Camera 
obscura  wesentliche  Verbesserungs versuche  am  optischen  Teil  im  17.  und 
IS.  Jahrhundert  kaum  auftreten.  Die  5Iodilikationen,  denen  wir  begegnen, 
bezichen  sich  in  der  Regel  auf  den  mechanischen  Teil.  Der  Fortschritt 
nach  der  optischen  Seite  sollte  von  England  ausgehen;  dort  verüfFentlichte 
1812  W.  H.  WollHston  seine  in  Form  eines  Meniskus  geformte  Glaslinse 
und  hob  deutlich  die  Wichtigkeit  eines  bestimmten  Blendenortes  hervor, 
und  15  Jahre  darauf  gab  G.  B.  Airy  in  seiner  klassischen  Arbeit  die 
Theorie  des  Astigmatismus  für  das  einfache  Objektiv  der  Camera  obscura. 


VIERTES  KAPITEL. 

ZUR  GESCHICHTE  DES  STEBEOSKOPISCHEN  SEHENS. 


Die  Prinzipieo  des  stereoskopiscben  Sehens,  nach  welchen 
die  Bilder  der  Körper,  welche  mittels  beider  Augen  gesehen  werden, 
durch  Vereinigung  zweier  ungleicher  Bilder  entstehen,  welche  von  jedem 
Auge  erblickt  werden,  erkannte  bereits  Euklid  vor  mehr  als  2000  Jahren, 
und  etwa  500  Jahre  später  handelte  der  berühmte  alte  Physiker  Galenus 
den  Gegenstand  des  doppeläugigen  Sehens  vollständiger  ab  als  Euklid. 

Leonardo  da  Vinci  hat  in  seiner  Abhandlung  über  das  Malen, 
welche  in  Mailand  1589  nach  seinen  hinterlassenen  Manuskripten  heraus- 
gegeben wurde,  ganz  deutlich  auf  die  ünähnlichkeit  der  Bilder  sich 
bezogen,  welche  von  jedem  Auge  erblickt  werden,  und  dies  als  den 
Grund  angegeben,  daß  die  vollendetsten  Gemälde  doch  nie  das  Relief 
wie  beim  doppeläugigen  Sehen  von  Naturobjekten  geben. 

Porta  erwähnt  in  seiner  „Magia  naturalis"  im  Kapitel  „über  die 
Strahlenbrechung"  (Buch  5  und  6)  die  Sätze  Euklids  und  die  Ansichten 
Galenus',  und  erläutert  diese  Ausführungen  mit  Figuren  so  deutlich, 
daß  wir  nicht  nur  die  Grundsätze,  sondern  auch  die  Konstruktion  des 
Sfereoskopes  erkennen.^)  Spater  kam  diese  Erfindung  in  Vergessenheit 
und  wurde  erst  in  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  wieder  auf- 
gegriffen {s.  u.). 


1)  Vergl.  Brewster,  The  stereoscope.  London  1850;    deutsch  Weimar  1862. 


FÜNFTES  KAPITEL. 

EEHNDUNG  DES  PEOJEKTIONSAPPAEATES 

IM  17.  JAHEHUNDEET. 


Als  Erfinder  des  Projektionsapparates  („Latema  magica"  oder 
„Zauberlaterne"  genannt)  wird  in  der  Hegel,  jedoch  mit  Unrecht,  der 
bereits  auf  S.  36  erwähnte  Jesuit  Athanasius  Kircher  genannt.^) 
Das  Prinzip  der  Laterna  magica  hat  wohl  schon  Porta  im  16.  Jahr- 
hundert gekannt  und  Schaustellungen  damit  vorgeführt 

J.  B.  Porta  soll  nicht  nur  wirkliche  Naturobjekte  in  seinem  Dunkel- 
Zimmer  projiziert  haben,  sondern  auch  verschiedene  auf  dünnes  Papier 
entworfene  Zeichnungen,  welche  mittels  durchfallendem  Sonnenlicht  er- 
hellt waren.  Zugleich  machte  er  die  Zeichnungen  beweglich  und  konnte 
dadurch  dem  Bilde  jede  beliebige  Bewegung  geben:  ein  Kunststück, 
das  in  der  damaligen  unwissenden  Zeit  übernatürlich  erscheinen  mußte. 
Auf  diese  Art,  sagt  Porta,  habe  er  zum  Erstaunen  der  Zuschauer 
Vorstellungen  von  Jagden,  Schlachten  usw.  hervorgebracht.  Kircher 
erzählt,  daß  er  nach  des  Portas  Manier  einmal  eine  vortreffliche  Vor- 
stellung der  Kreuzigung  Christi  gesehen  habe  und  auf  gleiche  Weise 
wurde  der  Kaiser  Rudolph  von  seinen  Mathematikern  mit  einer  Pro- 
zession aller  Kaiser,  von  Julius  Cäsar  bis  auf  ihn  selbst,  belustigt.*) 

Die  erste  Beschreibung  und  Abbildung  der  Zauberlaterne  mit 
künstlicher  Beleuchtung  verdanken  wir  dem  bereits  oben  (S.  83)  er- 
wähnten deutschen  Prämonstratensermönch  Johann  Zahn.  Er  schildert 
in  seinem  bereits  oben  erwähnten  „Oculus  artificialis  teledioptricus*', 
1665,  S.  256,  einen  transportablen  Projektionsapparat  und  erläutert  ihn 
durch  die  in  Fig.  13  und  14  im  verkleinerten  Maßstabe  reproduzierten 
Illustrationen;  man  ersieht  aus  denselben,  daß  er  seiner  Laterna  magica 
jene  Form  gegeben  hatte,  welche  noch  heute  unseren  Projektionsapparaten 
zugrunde  liegt. 


1)  Rosenberger,  Geschichte  der  Physik,  II.  Teil,  S.  120. 

2)  Priestley  a.  a.  0. 


Erfindung  des  Frojektiansapparatas  im  17.  Jahrhundert. 


41 


Athanasias  Kircher  beschrieb  die  Zauberlaterne  gleichfalls 
(jedoch  etwas  später)  und  brachte  die  Frojektionskunst  zur  Kenntnis 
der  weitesten  Kreise;  er  ergänzte  die  Experimente  Portas  und  anderer 
und  führte  mit  seiner  Zauberlaterne  dasselbe  bei  Nacht  und  in  mancher 
Richtung  effektvoller  durch,  als  dies  durch  Porta  bei  Tageslicht  ge- 
schehen war. 

Kirchor  gab  in  der  2.  Auflage  seines  Werkes  ,,Ars  magna  lucis 
et  umbrae"  (1671)  zwei  Abbildungen  der  Zauberlaterne,')  wovon  wir 
eine  in  Fig.  15  reproduzieren. 

Dazu  gibt  Kircher  folgende  Beschreibung:  Man  fertige  einen 
hölzernen  Kasten  ABOD  (s.  Fig.  15)  und  setze  auf  ihn  eine  Esse  L, 
damit  der  Rauch  der  Lampe  im  Inneren   des  Kastens   durch   L  ent- 


gen  der  Latema  magic 


(1665). 


weichen  könne.  Die  Lampe  hänge  oder  stelle  man  im  Kasten  in  der 
Höhe  der  Öffnung  H  auf  und  setze  in  die  letetere  eine  Röhre,  einen 
Tubus,  ein.  Dieser  Tubus  müsse  an  der  Vorderseite  /  eine  recht  gute 
Linse  enthalten,  am  Ende  der  Rohre  aber,  nämlich  an  der  Kasten- 
■öffnung  H  (in  foramine  vero  seu  in  fine  tubi  H)  habe  man  eine  Glas- 
platte zu  befestigen,  auf  welcher  mit  durchsichtigen  Wasserfarben  irgend 
ein  Bild  gemalt  sei.  Dann  werde  das  Licht  der  Lampe,  die  Linse  und 
das  verkehrt  einzusetzende  Glasbild  (vergl.  aber  Fig.  15)  durchdringend, 
gegenüber   auf   einer   weißen  Mauer   ein   aufrechtes    und 

1)  Athaaasius  Kircher  erwülmt  in  der  ei*sten  Ausgabe  seim 
luds  et  umbrae'  (1G46)  noch  nichts  von  der  Zimberlaterne ;  erst  die  ; 
erscbieaene  zn'ette  Ausgabe  enthält  Beschreibung  und  AbbilduDg  derse! 


Erster  Teil    Fünftes  Kapitel. 

furbiges  Bild  entwerfen.     Damit  aber  die  Lichtstärke  recht  groß  werde, 
müsse  man  hinter  der  Flamme  einen  Hohlspiegel  anbringen. 

Die  Boziebimg  dieser  Beschreibang  zu  der  beigegebeneo  Abbildung 
ist  unzweideutig;  nur  die  aufrechte  Stellung  der  Lichtbilder  hat  man 
nach  dem  Text  dem  Kupferstecher  zur  Last  zu  legen.  Eine  Projektion 
des  Lichtbildes  kann  aber  oflenbar  auf  diese  Weise  (bei  der  ange- 
gebenen Lage  der  Glasbilder  außerhalb   der  projizierenden  Linse)  nicht 


Aus  dieser  Tatsache  folgert  Prof  Reinhardt,  welchem  wir  eine 
gründliche  Studie  über  die  Geschichte  der  Projektionslaterne  verdanken,') 
dali  Athanasiiis  Kircher  von  dem  Gang  der  Lichtstrahlen  in  der 
Projektionslaterne  keine  ganz  klare  Vorstellung  hatte  und  die  Zauber- 
Interne  nur  anderswo  gesehen  und  rieht  erfunden  habe.  Allerdings 
schreibt  sich  Kircher  auch  das  Verdienst  zu,  durch  seine  in  der  ersten 

ihardt,    ,Üfaer  den   Erfinder   des  Projektionsapparates"  (Promethens 


1)    ßei 

190J,  S.  314). 


Erfindaog  des  Projektiaaeap parates  im  17.  Jabrhundert.  43 

Auflage  der  Ars  magna  lucis  et  umbrae  gegebene  Darstellung  der 
Wirkungsweise  der  Linsen  in  den  optischen  Apparaten  die  Eonstruktion 
der  magischen  Laterne  veranlaßt  zu  haben.  An  dieser  Stelle  überliefert 
er  uns,  worauf  Reinhardt  zuerst  aufmerksam  machte,  eine  interessante* 
historische  Notiz,  die  der  Yerfasser  bisher  noch  nirgends  wiedergegeben 
gefunden  hat.  Kircher  erzählt  nämlich  (S.  768  der  zweiten  Ausgabe), 
daß  auf  Grund  seiner  Schrift  ein  nicht  unbedeutender  dänischer  Mathe- 
matiker Thomas  Walgenstein  (Walgenstenius)  eine  „verbesserte'^ 
Latema  magica  erfunden  und  sie  an  verschiedenen  Orten  Italiens  öffent- 
lich gezeigt  habe.  Vielen  vornehmen  Leuten  in  Italien  und  insbesondere 
in  Rom  hätte  dieser  mit  großem  Nutzen  solche  Zauberlaternen  verkauft. 
Freilich  kann  man  aus  der  Kircherschen  Beschreibung  und  Abbildung 
nicht  erkennen,  wie  die  Laterne  des  Walgenstein  ausgesehen  hat 
Aber  ein  anderer  Schriftsteller  des  17.  Jahrhunderts  hilft  hier  aus. 

In  dem  Werke  „Cursus  seu  Mundus  Mathematicus"  des  Claude 
Fran9ois  Milliet  Dechales  (1.  Aufl.  1674,  2.  Aufl.  1690),  und  zwar 
im  3.  Bande  der  2.  Auflage  auf  S.  696,  berichtet  der  Verfasser,  daß  im 
Jahre  1665  ein  gelehrter  Däne  zu  Lyon  eine  Laterne  vorgeführt  habe, 
durch  welche  man  „bei  Nacht  von  einer  kleinen  Zeichnung  (prototypus) 
ein  recht  großes  deutliches  Abbild  auf  einer  Mauer  erzeugen  könne", 
und  zwar  geschehe  dies,  allem  Vermuten  nach,  durch  zwei  Linsen. 
Dieser  in  der  Optik  wohlbewanderte  Däne  ist  unzweifelhaft  der  von 
Kircber  genannte  Thomas  Walgenstein,')  der,  wie  es  scheint,  mit 
seiner  Wunderlateme  ganz  Europa  bereist,  aber  bei  seinen  Vorfübrungen 
von  Lichtbildern  die  innere  Einrichtung  seiner  Laterne  nicht  Öffentlich 
bekannt  gemacht  hat.  Reinhardt  ist  der  Ansicht,  daß  sich  daraus 
auch  das  phantastische  Bild  Eirchers  und  dessen  Unklarheit  über  die 
Optik  dos  Apparates  erklärt  Auch  Dechales  gibt  in  seinem  Werke 
nur  eine  Skizze,  die  hier  nach  einer  Photographie  wiedergegebene 
Figur  16.  Er  erklärt  aber  in  völlig  zutreffender  Weise  die  Entstehung 
des  Lichtbildes.  Nach  der  Skizze  und  der  beigefügten  Erläuterung  steht 
das  Objektes  innerhalb  der  Brennweite  der  Linse  CD:')  Durch  diese 
erhält  man  auf  derselben  Linsenseite  ein  virtuelles  Bild,  welches  von 
CD  um  mehr  als  die  Brennweite  absteht  Dieses  virtuelle  Bild  von  AB 
ist  das  Objekt  für  die  Linse  EF  und  befindet  sich  zwischen  der  ein- 
fachen und   der  doppelten  Brennweite  der  Linse  EF.     Daher  entwirft 

1)  OfFeobar  derselbe  geniale  Düne,  der  \ 
„Welgeastein"  zitiert  wird  und  in  Rom  um 
demoDStrierte  {a.  S.  20). 

2)  Die  OriginaJabbildung  bezeichnet  diese  Linse  r 
Tcrselieu  des  Holzschneiders  zurück  zuführen  ist. 


44 


Erster  Teil.    Fünftes  Kapitel. 


die  letztere  von  AB  ein  vergrößertes,  reelles  und  umgekehrtes  Bild  KL, 
welches  um  mehr  als  die  doppelte  Brennweite  der  Linse  EF  von  dem 
Ende  des  Tubus  entfernt  ist.  Dieser  Tubus  konnte,  wie  Dechalos 
ausdrücklich  hervorhebt,  verkürzt  und  verlängert  werden,  um  auch  bei 
verschiedenen  Entfernungen  des  Schirmes  oder  der  weißen  Mauerfläche 
vom  Apparat  immer  ein  deutliches,  scharf  begrenztes  Bild  darauf  zu 
erhalten.  Auch  hierfür  hat  Dechales  die  richtige  Erklärung.  Er  be- 
spricht ferner  die  Wirkungsweise  des  Spiegels  und  die  notwendige 
Größe  der  Linsen  CD  und  EF^  von  denen  die  erstere  kleine,  die  andere 
große  Brennweite  haben  müsse,  und  zeigt  endlich,  daß  von  der  Flamme 


Fig.  16.    Skizze  der  Lateroa  magica  nach  Dechalos'  Carsus  sea  Mundns  Mathematicns,  2.  Aufl.  1690. 


ON  selbst  weder  ein  aufrechtes  noch  ein  umgekehrtes  Bild  entstehen 
könne,  wenn  die  Dimensionen  der  Laterne  richtig  gewählt  seien,  son- 
dern daß  ein  wohlbegrenzter  Lichtkreis  als  Gesichtsfeld  auf  dem  Schirm 
sich  ergeben  müsse.  Erst  nachdem  er  dies  alles  selbst  entdeckt  hätte^ 
habe  ihm,  so  erzählt  Dechales,  der  Erfinder  gestattet,  das  Innere  dei 
Laterne  zu  besichtigen  und  auszumessen. 

Dem  Dänen  Thomas  Walgenstein  schreibt  Reinhardt  die  Ehre 
zu,  der  Erfinder  der  Laterna  magica  und  der  Projektionskunst  zu  sein. 
Es  dürfte  jedoch  Reinhardt  in  dieser  Wertschätzung  Walgensteins 
zu  weit  gegangen  sein,  indem  man  wohl  Zahn  (nebst  Porta)  als  Er- 
finder des  Projektions  Verfahrens  mittels  der  Zauberlaterne  in  erster  Linie 
nennen  muß. 


SECHSTES  KAPITEL. 

PHOTOCHEMISCHE  STUDIEN  DEK  NATUEFOKSCHEE 
DES  17.  JAHRHUNDERTS  BIS  BESTUSCHEFF. 


Die  Naturforscher  des  17,  Jahrhunderts  griffen  zuerst  die  an  der 
Pflanzenwelt  durch  das  Licht  hervorgerufenen  Verändeningen  auf.  Ray 
war  einer  der  eisten,  welche  (1686)  die  grüne  Farbe  der  Blätter  dem 
Einflüsse  des  Sonnenlichtes  zuschrieben  und  hierbei  die  Wirkung  des 
Lichtes  von  jener  der  Luft  unterschieden.^)  Andere  Autoren  vor  Ray, 
wie  Grevius  (Anatome  plantaruni),  Scharroc  (Histor.  Propagat.  Vege- 
tabilium  etc.),  sahen  die  Luft  als  die  Ursache  der  grünen  Farbe  an 
und  nach  J.  Vossius  (De  lucis  natura  et  proprietate,  1662)  war  nur 
die  Wärme  die  Ursache,  warum  Pflanzen  und  Tiere  in  sonnigen  Gegen- 
den lebhaft  geiarbt  sind.=) 

Die  Tatsache,  daß  durch  das  Licht  das  Bleichen  von  Leinen  usw. 
wesentlich  befördert  wird,  war  schon  im  Altertum  bekannt  und  zwar 
nicht  nur  den  Griechen  und  Romern,  sondern  auch  den  alten  Ägyptern 
und  Indem.  Über  die  hierbei  auftretenden  Erscheinungen  machte  der 
Akademiker  Ed.  Mariotte  ('1666,  f  1684)  zutreffende  Beobachtungen. 
In  seinem  „Traitö  de  la  nature  des  couleurs",  Paris  1688,  sagt  er:  „Es 
gibt  viele  gelbe  und  dunkle  Materien,  welche  sich  bleichen,  wenn  man 
sie  wechselweise  netzt  und  an  der  Sonne  trocknet.  Sind  sie  sodann  weiß 
und  bleiben  sie  lange  unbefeuchtet  an  der  Luft,  so  werden  sie  gelb". 3) 

Im  17.  Jahrhundert  wurden  neuerdings  Angaben  über  die  Farbe 
der  Purpurschnecke  (s.  S.  10)  und  deren  Verhalten  gegen  Licht  ge- 


1)  Bay,  Historia  Flantarum.  Loadioi  ICßß.  I,  S.  15.  Die  ürsacbe,  daß  die 
Pflanzen  im  Fiostem  ihre  grüne  Farbe  verlieren,  schreibt  er  mehr  dem  Mangel  an 
Liebt,  aJs  au  Luft  und  Wärme  zu.  Dies  zeigen  seine  Worte:  ,Nobis  tamen  not)  tam 
aer  quam  lumen  luniinisve  actio  coloris  in  plautarum  foliis  viridis  causa  esse  videtur" 
....  ,,.W  hane  autem  colorem  inducendum  non  rei^uiritur  calor,"  —  Die  nähere  Be- 
schreibung dieser  Versuche  s.  Bancrofts  ,,Färbebuch-'  {Deutsche  Ausgabe,  1817,  1, 86). 

2)  Goethes  „Geschichte  der  Farbenlehre"  (Hern  pclscbe  Ausgabe).  XXXVI,  S.  191. 

3)  Ibid.  XXXVI,  S.  984. 


46  Erster  Teil.    Sechstes  Kapitel. 

macht  und  zwar  verdanken  wir  dieselben  dem  Engländer  William 
Cole  in  Mineherd,  welcher  an  den  Küsten  von  Somersetshire  und  Süd- 
walis  purpurführende  Schaltiere  (Buccinum)  entdeckte.  Er  beobachtete, 
daß  der  Saft  derselben,  auf  Leinwand  oder  Seide  gestrichen,  diese  anfangs 
grünlich  färbe  und  daß  an  der  Sonne  diese  Farbe  in  rascher  Folge 
dunkelgrün,  hell  purpurn  und  (bei  heiterem  Himmel  nach  einigen 
Stunden)  dunkelpurpurrot  wird.  Cole  fand  auch,  daß  jede  dieser 
Farbennuancen  stehen  bleibt,  wenn  man  das  gefärbte  Zeug  in  einen 
finsteren  Baum  bringt;  ferner  beobachtete  er  das  Auftreten  eines 
Knoblauchgeruches  während  der  Zersetzung  im  Lichte.  Cole  sandte 
im  November  1684  einige  Proben  von  derartig  gefärbtem  Leinenzeug  an 
die  königliche  Sozietät  nach  London  und  beschrieb  seine  Erfahrungen 
näher.  ^) 

Weder  Cole  noch  Röaumur,  welcher  sich  viele  Jahre  später  mit 
demselben  Gegenstande  beschäftigte,  scheinen  von  den  Angaben  ihrer 
Vorgängerin  Eudoxia  Kenntnis  gehabt  zu  haben.  R6aumur  fand  eine 
große  Menge  von  Buccinum  an  der  Küste  von  Poitou  und  teilte  im 
Jahre  1711  in  seiner  Abhandlung  ,,Sur  une  nouvelle  pourpre"  mit,  daß 
das  Licht  bei  der  Bildung  der  roten  Farbe  eine  große  Rolle  spielt.  =^) 
Nach  seinen  Beobachtungen  ist  der  frische  Saft  der  Tiere  gelblich  und 
wird  erst  an  der  Sonne  violett  und  schließlich  purpurrot  Luft  allein 
bewirkte  im  Dunklen  die  Färbung  nicht  und  auch  das  vom  starken 
Feuer  ausgestrahlte  Licht  erwies  sich  bezüglich  des  Rötungsprozesses 
nur  wenig  wirksam,  obgleich  es  weit  wärmer  als  Sonnenlicht  war.®) 
Besonders  rasch  erfolgte  die  Rötung  in  dem  durch  ein  Brennglas 
konzentrierten  Sonnenlichte.  Er  zog  aus  seinen  Versuchen  den 
Schluß,  „man  müsse  einen  weit  höheren  Wärmegrad  des  Feuers 
anwenden,  wenn  man  an  dem  Safte  dieselben  Veränderungen  hervor- 
bringen wolle,  die  man  mit  der  Wärme  des  Sonnenlichtes  bewirken 
kann." 

Im  Jahre  1707  hatte  der  königliche  Leibarzt  Lemery  (*1677, 
fl743)  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Kristallvegetationen  aus  Salz- 
lösungen im  allgemeinen  gerichtet.^)     Petit  bemerkte  1722,  daß  die 


1)  Coles  Brief  .,Observations  on  tbe  purple  fislr^  wurde  1685  in  den  Philo- 
sophlcal  Transa(*tions  (Bd.  J5,  S.  1278)  veröifeDtlicht.  Auch  übersetzt  im  „Journ.  des 
S^avans'S  1686,  S.  356. 

2)  Histoire  de  TAcadeniie  Koyale  des  Sciences.  Paris  1711.  S.  6. 

3)  Die  betreffende  Stelle  lautet  wörtlich :  „Sans  doute  la  chaleur  du  soleil  beau- 
coup  plus  subtile  <j[ue  celle  d'un  feu  de  bois,  est  plus  propre  a  agiter  les  plus  fines 
particules  de  la  liqueur''. 

4)  Hifetoire  d«:  rAcad«.'mie  Rovale  des  Sciences.  Paris  17(.)7.  S.  299. 


Fhotochemische  Stadien  der  Natarforschei  des  17.  Jithrh.  bia  BestuscbefF.        4? 

Aufiösungeii  von  Kalisalpeter  und  Salmiak  im  Sonnenschein  schönere 
Vegetationen  gaben  als  im  Schatten.') 

Im  Jahre  1725  erfand  der  russische  Großkanzler  und  spatere 
Feldmarschall  Graf  Bestuscheff  (*1693,  f  1766)  seine  „Tinctura  tonico- 
nervina",  bei  deren  Darstellung  er  die  Mitwirkung  des  Lichtes  in  An- 
spruch nahm.  Es  war  dies  ein  früher  sehr  geschätztes  Arzneimittel 
und  wnrde  in  Rußland  als  Gebeimmittel  um  so  teurer  verkauft,  weil 
man  die  Flüssigkeit  für  goldhaltig  hielt;  später  kam  die  Vorschrift  durch 
einen  Laboranten  an  Lamotte,  der  die  Komposition  in  Frankreich  ver- 
kaufte (deshalb  auch  Lamottesche  Goldtropfen  genannt).  Die  russische 
Kaiserin  Katharina  kaufte  später  den  Erben  Bestuscheffs  das  Ge- 
heimnis ab  und  ließ  die  Bereitung  der  Eisentinktur  bekannt  machen. 
{Näheres  über  die  Geschichte  dieses  Präparates  s.  Troramsdorffs  Journal 
der  Pharmazie,  1881,  S.  60,  und  Kerner,  Annalen  der  Chemie  und  Phar- 
mazie, XXIX,  S.  68.)  Bestuscheffs  OriginalvorscbrifC  bestand  darin,  daß 
er  das  aus  Schwefelkies,  Roßschwefel  und  Quecksilbersublimat  weitläufig 
bereitete  sublimierte  Eisenchlorid  an  der  Luft  zerfließen  ließ  und  in  dem 
vierfachen  Gewicht  Alkohol  löste.  Diese  tiefgelbe  Lösung  wurde  in  ver- 
schlossenen Flaschen  dem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  bis  sie  weiß  wurde. 
(Reduktion  des  Eisenchlorides  zu  Chlorür.)  Es  war  auch  damals  schon 
bekannt,  daß  der  im  Lichte  entfärbte  Liquor  sich  im  Dunkeln  bei  Luft- 
zutritt wieder  goldgelb  färbt. 

Bestuscheff  fand  also  nicht  nur  als  Erster  die  Lichtempfind- 
lichkeit der  Eisensalze  und  beobachtete  die  Reduktion  derselben 
vom  Ferri-  zum  Ferrosalz,  sondern  er  beobachtete  auch,  daß  er  eine 
Art  Lichtreaktion  vor  sich  hatte,  welche  nachher  im  Dunkeln  wieder 
(bis  zu  einem  gewissen  Grade)  rückgängig  wurde. 

1)  Histoire  de  l'Acadettiie  Eoyale  des  Sciences.  Paris  1T22.  S.  129.  Auch 
Ciells  Chemische  Annalen.  II,  S.  136. 


SIEBENTES  KAPITEL. 

PHOSPHOEESZENZEESCHEINUNGEN  DEK  „LEUCHT- 
STEINE" UND   ENTDECKUNG  DEE  LICHTEMPFIND. 

LICHKEIT  DEE  SILBEESALZE. 


Aus  den  Schriften  von  Aristoteles  und  Plinius  ersehen  wir, 
daß  die  alten  Griechen  und  Römer  mehrere  im  Dunkeln  leuchtende 
Körper  kannten;  vom  Leuchten  der  See,  des  Fleisches  und  einiger 
Schwämme  (oder  faulem  Holz)  macht  Aristoteles  Meldung  und  Plinius 
erzählt  von  leuchtenden  Edelsteinen.  Daß  der  Diamant  in  einer  mäßigen 
Wärme  leuchtet,  wußte  Albertus  Magnus  und  vielleicht  noch  andere 
vor  ihm.^)  Erst  im  17.  Jahrhundert  wurden  die  künstlichen  phosphores- 
zierenden Körper,  „die  wunderbaren  lichteinsaugenden  und  licbtaus- 
strömenden  Leuchtsteine"  entdeckt.  Den  Anfang  machte  im  Jahre  1602 
bis  1604  der  alchimistischen  Arbeiten  ergebene  Schuster  Casciorolo 
in  Bologna,  welcher  das  Leuchten  des  zwischen  Kohle  geglühten  Schwer- 
spates, eines  Minerals,  das  in  der  Umgebung  von  Bologna  vorkommt, 
zuerst  beobachtete  und  dadurch  den  sogenannten  „Bononischen  Leucht- 
stein" entdeckt  hatte. 2)  Yon  nun  an  ging  man  mit  einem  an  Manie 
grenzenden  Eifer  auf  neue  Entdeckungen  dieser  Leuchtsteine  aus,  so 
daß  mancher  Geschichtsschreiber  der  Physik  (z.  B.  Heinrich  a.  a.  O.) 
sagte,  „man  könne  die  zweite  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  wohl  die 
phosphorische  Epoche  der  Naturlehre  nennen".  Man  w^ar  bestrebt,  die 
alten  Leuchtsteine  zu  verbessern  und  neue  zu  finden^)  und  jede  Ent- 
deckung in  dieser  Richtung  machte  damals  enormes  Aufsehen. 

Durch  einen  eigentümlichen  Zufall  fand  ein  Amtmann  zu  Großen- 
hain in  Sachsen,  Christian  Adolph  Balduin,  im  Jahre  1674  eine 
neue  Art  von  Leuchtsteinen,     Er  wollte  in  alchimistischen  Absichten 


1)  Placidus  Heinrich,  Die  Phosphoreszeoz  der  Körper  oder  die  im  Dunkeln 
bemerkbaren  Lichtphänomene  der  anorganischen  Natur.  1811,  S.  9. 

2)  J.  Fr.  Gmelin,  Geschichte  der  Chemie  seit  dem  Wiederaufleben  der  Wissen- 
schaften bis  ans  Ende  des  18.  Jahrhunderts.  Göttingen  1798.  Bd.  II,  S.  117. 

3)  Landgrebe,  Wirkungen  des  Lichtes.  1834,  S.  125. 


PhosphoreeHDEerBoheinoDgaii  der  „Leuohtsteine"  usw.  49 

„den  Weltgeist  auffangeo"  (s.  S.  11).  Zu  diesem  Ende  hatte  er  allerhand 
hygroskopieobe  Dinge  der  atmosphätischeo  Luft  aasgesetzt,  unter  anderem 
auch  eine  Auflösung  von  Kreide  in  Salpetersäure  (Calci nrnuitrat),  die 
nach  dem  Abtrocknen  rasch  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  anzieht  So  oft 
das  Salz  zerfloB»en  irar,  zog  er  durch  Destillation  seinen  vermeinüicbea 
„Weltgeist"  davon  ab  und  setzte  den  Rückstand  der  Luft  wieder  aus.^) 
Bei  dieser  Gelegenheit  war  es  zußUlig  geschebeD,  daß  der  Rückstand 
in  der  Retorte  bei  Glühhitze  zu  stark  erhitzt  worden  war;  als  nun  die 
Retorte  zerschlagen  und  die  Stücke  davon  im  Laboratorium  umber- 
geworfen  worden,  bemerkte  Balduin,  daß  einige  Stücke  der  geglühten 
Materie  im  Dunkeln  leuchteten. 

Darüber  stellte  bemach  Kunkel,  der  davon  Nachricht  erhielt, 
neue  Versuche  an  und  beschrieb  das  Verfahren  dergestalt,*)  daß  man 
den  „ Balduinschen  Phosphor"  (d.  i.  geglühtes  Caiciumnitrat)  ohne  Um- 
stände bereiten  konnte. 

Wenige  Wochen  nach  dem  Bekanntwerden  des  Balduinschen  Phos- 
phors reiste  Kunkel  (wie  er  selbst  schreibt)  nach  Homburg  und  nahm 
einen  leuchtenden  Scherben  von  Balduins  Phosphor  mit  Als  er  den- 
selben zeigte,  sagte  man  ihm,  daJJ  ein  verunglückter  Kaufmann,  der 
sich  Doktor  Braad  nennen  ließ  und  sich  auch  mit  der  Medizin  abgab, 
gleichfalls  eine  Materie  gemacht  habe,  welche  allezeit  bei  Nacht  leuchte. 
Brand  hatte  (um  das  Jahr  1671  oder  1675),  um  sich  wieder  aufzu- 
helfen, ZuQucht  zur  Verfertigung  des  Steins  der  Weisen  und  chemiHoher 
Arzneien  genommen;  er  machte  unter  anderem  auch  Versuche  der 
Destillation  und  Erhitzung  von  menschlichen  Harn  und  entdeckte  bei 
dieser  Gelegenheit  den  Phosphor.  Als  Kunkel  die  kleine  Menge  des 
von  Brand  zufällig  erhaltenen  Phosphors  gesehen  hatte,  schrieb  er  diese 
Neuigkeit  an  Kraft  bei  Dresden.  Dieser  setzte  sich  sofort  auf  die  Post 
und  reiste  ohne  Vorwissen  Kunkels  nach  Homburg,  kaufte  heimlich 
dem  Brand  sein  Verfahren  um  200  Taler  ab,  mit  dem  Versprechen,  es 
niemand  weiter  zu  lehren.  Aus  diesem  Grunde  scheiterten  die  Ver- 
suche Kunkels,   selbst  einen  Vertrag  mit  Brand  abzuschließen  und 

1)  J.  eil.  Wiegleb,  Geschichte  des  Wachstums  und  der  Erfindungen  in  der 
Chemie,  1.  Bd.,  2.  TcU.    1790,  8.  39. 

2)  Ch.  Ad.  Balduini,  Aui-UDi  superius  et  iofeiius  et  phosphorus  liermeticus 
soti  Magnus  lumioaris.  Frft.  et  Lips.  1675.  —  Ebenso:  Kunkels  Laboratorium  cby- 
micnm,  S.  656.  Ephem.  med.  phya.  nat.  Curios.  Aon.  IV.  ia  app.  p.  91.  —  Wiegleb, 
Gesohichte  des  Wachstums  und  der  Erfindungen  in  der  Chemie,  I,  Bd.,  2.  Teil.  1790, 
S.  40.  —  Eunkel  gibt  irrtümlich  1677  als  die  Zeit  der  Ei'findung  des  Balduinschea 
Phosphors  an;  es  ist  dies  aber  ein  Sclireibfehlor,  da  Balduin  in  der  zitierten  Schrift 
schon  1675  das  Präparat  beschrieben  hat. 

Edsr,  Himdboch  der  Pbotogiaphie.    I.Teil.    8,  Aufl,  4 


53  Enter  Teil.    8i«bentea  Kapital. 

des  Lichtes  auf  Silbersalzen  „schreiben"  könne,  nimmt  die  spätere  Bezeidl 
nung  „Photographie"  vorweg!    Schalzes  Abhandlung  war  fast  gänzlia 


vergessen  oder  früher   nie  gewürdigt  worden,  was   an  der  schwierigen 
Zugänglichkeit  der  Quelle  gelegen  haben  mag.     Beccarius,  Sche^^ 


Jl 


nicht  oder  nur      oem       una  anch  Friestley,  oei  seiner  xi'i<; 

veröffentlichten  „Oeachichte  der  Optik"  den  damaligen  Ereignissen  näher 
stand,')  führt  wohl  Schutzes  Beobachtungen  an,  bringt  sie  aber  chrono- 
logisch in  eine  falsche  Stellung,  indem  er  Beccarius  vor  Schulze 
stellt;  überhaupt  fehlen  bei  Prieetleys  Zitaten  die  Jahreszahlen.  Auch 
Fiedler  (De  lucis  effectibus  chemicis,  1835)  macht  sich  desselbea 
Anachronismus  schuldig.  Ton  den  neueren  Autoren  scheint  keiner  die 
Arbeit  Schulzes  gekannt  zu  haben  und  der  Verfasser  dieser  „Geschichte 
der  Photographie"  war  der  erste,  welcher  auf  Grund  seiner  Quellen- 
studien den  deutschen  Naturforscher  Schulze  als  den  Erfinder  der 
Photographie  in  ihren  ersten  Anfängen  nachgewiesen  hatte.  ^)  Fig.  17 
zeigt  das  Forträt  Schalzes  in  einer  Autotypie  nach  einem  alten 
Kupferstiche,  welchen  der  Verfasser  bereits  in  der  vorigen  Ausgabe 
dieser  „Geschichte''  mittels  beliograpbischer  Reproduktion  bekannt  ge- 
macht hatte. 

1)  ,The  hiator;  and  preseut  State  oF  discoveriea."  London  1772.  DeatsohQ 
Ausgabe:  .Oescbichle  and  gegenwärtiger  Stand  der  üptik*.  Gberaetzt  und  mit  Ad- 
mcrkongen  versehen  von  0.  S.  £IUget,  1776,  8.277. 

2)  Dieaer  erste  Nachweis  vui'de  geführt:  Eder,  Fhotographiscbe  Korrespon- 
denz, 1881,  S.  18. 


ACHTES  KAPITEL. 

PHOTOCHEMISCHE  FOESCHUNGEN  IM  18.  JAHKHUNDEKT 

BIS  BECCAEIUS    UND    BONZIUS   (1757)    NEBST   EINEM 

EXKUESE  ÜBEE  DEN  DAMALIGEN  STAND  DEE  KENNT- 

NISSE  VON  DEE  UNBESTÄNDIGKEIT  DEE  FARBEN. 


Die  oben  erwähnten  (s.  S.  46)  Arbeiten  R6aumurs  regten  den 
Oeneralinspektor  der  Marine  und  französischen  Akademiker  Duhamel 
du  Monceau  (*  1700,  f  1782)  im  Jahre  1736  zu  neuen  Untersuchungen 
über  den  PurpurfarbstoflF  gewisser  Konchylien  an.  ^)  In  seiner  Abhand- 
lung „Quelques  experiences  sur  la  liqueur  colorante  que  fournit  le 
Pourpre,  espöce  de  coquille  qu'on  trouve  abondamment  sur  les  cdtes 
de  Provence'' 2)  beschreibt  er  eine  ganz  ähnliche  Farbenveränderung 
(Rötung)  des  weißen  Konchyliensaftes  am  Sonnenlichte  wie  sein  Vor- 
gänger; im  Finstern  erfolgte  die  Rötung  nicht.  Er  überzeugte  sich, 
daß  die  dunkle  Wärme  keine  Farbenänderung  bewirkt,  das  Feuer  nur 
in  höchst  geringem  Grade,  •'^)   wogegen  die  Sonne  den  Saft  oder  eine 


1)  Priestley  nennt  in  seiner  „Geschichte  der  Optik*'  (von  der  weiter  unten 
wiederholt  die  Rede  sein  wird)  Duhamel  du  Monceau  den  ersten,  welcher  sah, 
„daß  im  Lichte  die  Farbe  und  der  innere  Bau  einiger  Körper  verändert  wird".  Diese 
Angabe  ist  nach  meinen  Untersuchungen  über  die  Geschichte  der  Photochemie  nicht 
zutreffend,  da  anderen  Foi*schern  die  Priorität  dieser  Beobachtung  der  chemischen 
Lichtwirkung  gebührt.  —  Vergl.  die  Angaben  verschiedener  Autoren  über  Purpur  in 
der  erschöpfenden  Monographie  „Le  pourpre**  von  Dedekind,  Fußnote  auf  S.  10 
dieses  Werkes. 

2)  Histoire  de  rAcademio  royale  des  sciences.  Paris  1736,  S.  49.  —  Die  Auf- 
findung dieser  nur  selten  und  mit  wenigen  Worten  erwähnten  Abhandlung  ist  sehr 
erschwert,  weil  sie  in  den  sonst  sorgfältig  bearbeiteten  Werken  Ebermayers,  Hein- 
richs (Von  der  Natui*  und  den  Eigenschaften  des  Lichtes.  Preisgekrönte  Abhandlung. 
Petersburg  1808)  falsch  zitiert  („de  dato  1711  und  1746 **)  ist.  Diese  Angaben  seien 
hiermit  rektifiziert.  S.  auch  Landgrobe,  „Über  das  Licht",  1834,  S.  471,  woselbst 
die  Versuche  Duhamels  ausführlich  beschrieben  sind. 

3)  „ ce  qui  prouve  que  le  Soleil  agit  d'une  fa<,'on  tres-singuliere  et  trös 

efficace  sur  le  suc  colorant  dont  il  s'agit.  •* 


Pbotoohemisohe  FoischangsD  im  18.  Jahrb.  bis  Beccarius  a.  BodzIob  nsn.       55 

damit  getränkte  Leinwand  in  einigen  Minuten  purpurn  firbt  Die  Rötung 
im  Lichte  geschah  auch,  wenn  das  Zeug  in  ein  Glas  eingeschlossen 
war,  nicht  aber,  wenn  es  mit  dem  dünnsten  Blech  bedeckt  war.  Zu 
seinem  Erstaunen  bemerkte  er,  daß  unter  ziemlich  opakem  blauen 
Papier  die  Rötung  in  der  Sonne  rasch  und  intensiv  geschieht,  in  weit 
höherem  Grade  als  unter  verhältnismäßig  mehr  durchscheinendem  gelben 
oder  roten  Papier,  was  die  erste  (allerdings  unsichere)  Angabe  über  die 
differente  chemische  Wirkung  des  verscbiedeurarbigea  Lichtes  vorstellt 

Um  diese  Zeit  —  jedenfalls  vor  1737  —  wurde  die  erste,  mir 
bekannt  gewordene,  Beobachtung  über  die  Lichtempfindlich keit  der 
Quecksilbersalze  durch  den  Berliner  Professor  Kaspar  Neumann(*  1683, 
-f- 1737)  gemacht  In  seinen  nachgelasseaea  chemischen  Schriften')  findet 
sich  die  Angabe,  daß  in  den  Sonnenstrahlen  das  versüßte  Quecksilber 
<QuccksiIberchlorür,  Kaiomel)  dunkelfarbig  wird.  Daselbst  heißt  es: 
„Bedencklicb  ist,  dass  der  mercur.  duicis  (Ealomel)  an  der  Sonne 
schwartz  wird."  Neumann  verfolgte  diese  Eigentümlichkeit  des  Lichtes 
nicht  weiter,  da  er  bei  der  Silbersolution  wohl  erwähnt,  daß  sie  die 
Haut  schwärzt,  aber  nicht,  daß  das  Licht  hierbei  mitwirkt 

Im  Jahre  1737  teilte  Heilot  (*1685,  tl766)  der  Pariser  Aka- 
demie, deren  Mitglied  er  war,  seine  Beobachtungen  über  eine  neue 
sympathetische  Tinte  mit  («Sur  une  nouvelle  encre  sjmpatique")  und 
machte  dabei  bekannt,  daß  Schrittzüge,  welche  mit  verdünnter  Chlor- 
goldlösung auf  weißes  Papier  gemacht  wurden,  an  der  Luft  (Hellot 
sagt  nicht:  am  Licht!)  nach  wenigen  Stunden  ganz  dunkelviolett 
wurden  („Violet  fonc6  presque  noir").  Schloß  er  hingegen  das  be- 
schriebene Papier  in  eine  Büchse,  so  kameu  die  Schriftzüge  selbst  nach 
mehreren  Monaten  nicht  zum  Vorschein;  nach  dieser  Zeit  aber  wurden 
sie  allmählich  sichtbar.  Von  großem  historische»  Wert  erscheint  seine 
weitere  Bemerkung,  daß  er  ein  gleiches  an  verdünnter  Silbernitratlösung 
beobachtet  habe.  Eine  mit  solcher  Lösung  auf  weißes  Papier  gemachte 
Schrift  war  unsichtbar  und  kam  erst  nach  drei  bis  vier  Monaten  zum 
Vorschein,  wenn  das  Papier  in  einer  Büchse  verwahrt  war,  sie  erschien 
aber  schon  im  Verlauf  einer  Stunde  schieferfarbig,  sobald  man  das 
Papier  an  die  Sonne  legte. 

Bei  Hellot  begegnen  wir  zum  ersten  Male  der  Angabe,  daß  ein 
mit  Silbemitrat  imprägniertes  Papier  im  Finstern  weiß  bleibt,  in  der 
Sonne  aber  schon  nach  einer  Stunde  dunkelgrau  wird;  ferner  daß  solches 
Papier  auch  im  Finstem  eine  allmähliche  Zersetzung  erleidet  und  dabei 

1)  Neumauns  „ Praeli^otioDeB  CbjmLcae",  herausgegeben  voa  Zimmerniaon 
1740,  Berlin,  8.  1612. 


56  Erster  Teil.    Achtes  Kapitel. 

nachdunkelt  So  richtig  diese  Beobachtung  war,  so  wenig  befriedigend 
ist  die  hierfür  gegebene  Erklärung.  Heilot  nahm  nämlich  an,  dafi  die 
Sonne  bloß  das  Yerdunsten  der  Säure  befördere  und  daß  die  Salpeter- 
säure seiner  Meinung  nach  immer  etwas  schwefelhaltig  ist  und  aus 
diesem  Grunde  nach  dem  Yerdunsten  der  Salpetersäure  das  Silber  sich 
schwärze,  weil  alle  Schwefel  Verbindungen  Silber  schwärzen.*) 

Über  die  Eigenschaft  des  Lichtes,  auf  farbige  Stoffe  zerstörend  zu 
wirken,  machte  Kapitän  Dufay  (*1698,  f  1739)  in  den  Memoiren  der 
Pariser  Akademie  im  Jahre  1737  einige  Mitteilungen :  „Unter  den  Bei- 
spielen, die  ich  anführen  könnte,  will  ich  nur  einer  taSetenen,  karniesin 
gefärbten  Gardine  erwähnen,  die  lange  an  einem  Fenster  gehangen 
hatte;  alle  Stellen,  die  sich  den  Fensterscheiben  gerade  gegenüber  be- 
fanden, waren  gänzlich  entfärbt,  wogegen  die  vom  Rahmen  bedeckten 
bei  weitem  nicht  so  verblichen  waren;  außerdem  zeigte  sich  auch  noch, 
daß  in  den  entfärbten  Teilen  selbst  die  Seide  zerstört  war  und  daß  die 
Gardine  da  weit  leichter  zerrissen  werden  konnte,  wogegen  man  an 
anderen  Stellen  ungefähr  die  gewöhnliche  Kraft  anwenden  mußte.**  *) 

Über  die  Veränderungen  der  Farben  im  Lichte  mögen  wohl  auch 
die  alten  Maler  reiche  Erfahrungen  gesammelt  haben.  Dies  ist  um  so 
wahrscheinlicher,  als  Heraclius  in  seiner  aus  der  Mitte  des  13.  Jahr- 
hunderts stammenden  Schrift  „Von  den  Farben  und  Künsten  der  Römer" 
verschiedene  organische  Farbstoffe  (Krapplack,  Tournesol,  Drachenblut, 
Karmin,  Lack  von  Brasilholz,  Farbstoff  der  Veilchen)  bei  den  Maler- 
farben erwähnt. 3)  Bei  Cennino  Cennini  findet  sich  in  der  Tat  schon 
in  seinem  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  erschienenen  „Buch  von  der 
Kunst  oder  Traktat  der  Malerei"^)  eine  Warnung  vor  der  Verwendung 
des  Drachenblutes  („laß  es  stehen  und  kümmere  dich  nicht  allzuviel 


1)  Histoire  de  TAcademie  royale  des  sciences,  1737,  S.  101.  Die  auf  Silber- 
lösuiig  sich  beziehende  Stelle  lautet:  „La  dissolution  de  l'argent  fin  dans  l'eau  forte, 
qu'on  a  affaiblie  ensuite  par  l'eau  de  pluye  distillee,  fait  aussi  une  ecriture  luvisible, 
qui  tenue  bien  enfermee,  ne  devient  lisible  qu'au  bout  de  trois  ou  quatre  mois;  mais 
eile  paroit  au  bout  d'une  beure  si  on  Texpose  au  soleil,  parce  qu'oa  accelere  Feva- 
poration  de  l'acide.  Les  caracteres  faits  avec  cette  Solution  sont  de  couleur  d^ardoise^ 
parce  que  l'eau- forte  est  un  dissolvant  toüjours  un  peu  sulphureux  et  que  tout  oe 
qui  est  sulphureux  noircit  l'argent." 

2)  Histoire  de  l'Academie  royale  des  sciences.  1737,  S.  253.  Dieses  Zitat  findet 
sich  auch  in  Berthollets  „Elements  de  l'art  de  la  teinture**,  Paris  1791,  und  in 
der  nach  der  zweiten  Ausgabe  dieses  Werkes  veranstalteten  deutschen  Übeiisetzang 
„Anfangsgründe  der  Färbekunst **,  Berlin  1806,  S.  149. 

3)  Quellenschriften  zur  Kunstgeschichte.  IV.  „Heraclius  etc."  Herausgegeben 
von  II g.     1873. 

4)  Quellenschriften  zur  Kunstgeschichte.  I.  „Cennino  Cennini  etc.*  Übersetzt 
von  Ilg.     1871. 


PhotoohemiBohe  FoTBcbnngen  im  18.  Jahrb.  bis  Beccarius  a.  Bonzius  usw.       57 

darum").  Tom  Qammilaok  heißt  es,  daß  „die  Luft  seine  Feindin  sei"; 
beim  Safran:  „Biehe,  daß  er  die  Luft  nicht  schaue,  da  er  soDst  Rcbnell 
seine  Farbe  verliert*'.  Michel  Angelo  Biondo  führt  in  dem  „Traktat 
von  der  hoohedlen  Malerei"  (1549)  bei  der  Aufzählung  der  in  der 
Malerei  gebräuchlichen  Farben,  neben  Lack  und  Indigo,  keine  der  er- 
wähnten Fflanzenfarben  mehr  an.') 

Weitere  Aufechlü&se  hierüber  gibt  das  im  Jahre  1740  in  franzö- 
sischer Sprache  und  1747  iu  deutscher  Übersetzung  erschienene  Werk 
des  französischen  Jesuitenpaters  Castel  ('  1688,  f  1757):  „Die  auf  lauter 
Erfahrungen  gegründete  Farbenoptih"  (Halle)  Aufschluß. 

Daselbst  heißt  es  Seite  127:  „Mir  ist  ein  Mabler  bekannt,  dessen 
Geschmack  und  Geschicklichkeit  in  Portraiten  ich  sehr  hoch  halte. 
Dieser  zeigte  mir  seine  Anstalten,  allwo  er  wenig  Farben  hatte  und 
meldete,  dass  er  weder  Carmin  noch  Lack  noch  Zinnober  zu  roth  nähme, 
auch  kein  frisches  gelb  brauchete,  sondern  er  nähme  zu  blau  und  grün 
allein  Preussisch  blau  und  zu  allem  roth  und  violett  ein  braun-roth 
mit  gewissem  gelb,  mittel  massiger  Güte,  dessen  Namen  ich  vergessen 
habe."  Gelegentlich  der  damals  üblichen  Manier  berühmter  Maler,  in  den 
Bildern  das  Rot  und  Grün  vorherrschen  zu  lassen,  heißt  es  Seite  128: 
„Er  (der  erwähnte  Porträtmaler)  wies  mich  aber  auf  das,  was  wahr 
und  unvergänglich  sei.  Diese  Farben  (die  gelben  und  roten)  seyen 
falsch.  ...  Diesem  fügte  er  bey,  dass  Lack,  Carmin,  Zinnober  und  andere 
stark  hervorragende  Farben  nicht  Körper  genug  hätten,  noch  sich 
lange  halten  können  und  dass,  wer  damit  arbeitete,  an  die 
Nachwelt  nicht  dächte." 

Vom  Gummigutt  schreibt  Castel  Seite  97:  „Die  Mahler  halten 
nichts  davon,  weil  die  Farbe  nicht  beständig  genug  ist" 

Daß  sich  Castel  der  bleichenden  Wirbung  der  Sonne  wohl  be- 
wußt war,  zeigt  die  Stelle  (S.  171):  „Was  Leinwand  heisset,  wird  weiss 
von  Luft,  von  Sonne,  von  Thau  und  von  Lauge.  Auf  gleiche  Weise 
gehet  es  mit  Wachs,  Wolle  und  viel  anderen  Dingen  an." 

Die  Überzeugung  von  der  ungemein  großen  Kraft  des  Lichtes  riß 
Castel  zu  der,  wie  mir  scheint,  für  einen  Jesuitenpater  des  18.  Jahr- 
hunderts gewagten  Äußerung  hin  (S.  169):  „. .  Denn  Gott,  der  ein  reines 
Licht  ohne  einigen  Zusatz  von  Finsterniss  ist,  war  an  sich  schon,  ehe 
alle  Dinge  entstunden.  Indem  nun  alle  Dinge  durch  Licht  entstanden 
und  gewircket  seyn,  haben  sie  durch  das  Liclit  und  folglich  von  Gott, 
der  das  Licht  geschaffen  hat,  ihren  Ursprung:  ihre  Formen  und  Gestalten 

1)  QueUenBchrirten  !iur  Euastgescbicbte.  V. 


58  Erster  Teil.    Achtos  Kapitel. 

aber  kommen  aus  der  Finstemiss  her,  weil  sie  in  Materie  bestehen;  die 
Materie  aber  an  und  für  sich  selbst  finster  und  unbelebt  ist.** 

Über  die  Natur  der  Lichtwirkung  hatten  die  damaligen  Physiker 
eine  höchst  rohe  Vorstellung.  So  schreibt  der  Mathematik-  und  Physik- 
Professor  am  Gymnasium  zu  Zürich  und  Akademiker  J.  J.  Scheachzer 
{*1672,  f  1733)  in  seiner  ,,Physica  oder  Naturwissenschaft"  (1.  Auflage 
1703;  4.  Auflage  1743;  letztere  ist  hier  zitiert)  im  28.  Kapitel,  Seite  239, 
über  das  Bleichen  gefärbter  Zeuge:  „Durch  vielmaliges  Waschen  und 
Trocknen  wird  die  Leinwand  an  der  Sonne  weiss,  weilen  nämlich  durch 
die  Befeuchtung  allerhand  ünreinigkeiten  von  denen  wässerigen  Theilen 
verschlungen  und  bey  erfolgender  Trocknung  sammt  diesen  aus  denen 
Löchlein  der  Tücher  weggejaget  werden,  daher  denn  diese  bey  erfolgen- 
dem Verlust  der  ihnen  anklebenden  irdischen  Ünreinigkeiten  noth wendig 
säuberer  und  weisser  werden.  Die  lebhaften  und  hohen  Farben  an 
seidenem  und  taffetenem  Zeuge  verlieren  sich  leichtlich  an  freyer  Luft 
und  noch  eher  an  der  Sonne,  von  denen  sie,  wie  man  zu  reden  pflegt, 
ausgezogen  werden;  welches  nämlich  also  zugehet,  dass  durch  kräftige 
Wirkung  der  Sonnenstrahlen  die  kleinsten  Farb-Theilgen,  so  den  Seiden- 
oder anderen  Fäden  anhängen,  nach  und  nach  weggejagt  und  eigentlich 
zu  reden,  gleichsam  abgeschaben  werden." 

Im  Jahre  1757  veröffentlichte  Johann  Baptist  Beccarius  (auch 
irrtümlich  Beccaria  genannt,  Professor  der  Physik  in  Turin,  *1716, 
f  1781)  mehrere  interessante  Beobachtungen,  welche  er  über  die  Wirkung 
des  Lichtes  auf  Chlorsilber  gemacht  hatte.  ^)  Ihm  kommt  die  Priorität  der 
Entdeckung  der  Lichtempfindlichkeit  des  Chlorsilbers  zu.  Frisch 
präzipitiertes  Hornsilber,  sagt  er,  ist  weiß,  nach  und  nach  aber  wird  es 
beinahe  violettblau.  Eine  in  einem  Glase  aufbewahrte  Probe  wurde  nur 
an  der  dem  Fenster  zugekehrten  Seite  blau,  die  entgegengesetzte  war 
aber  noch  weißlich,  wurde  aber  auch  violett,  als  man  dem  Glase  eine 
halbe  Umdrehung  gab.  Er  kam  dadurch  zur  Überzeugung,  daß  das 
Licht  und  nicht  die  Luft,  wie  er  zuvor  glaubte,  die  Farbenveränderung 
bewirkt  habe.  Um  sich  hiervon  vollends  zu  überzeugen,  belegte  er  die 
dem  Fenster  und  Licht  zugekehrte  Seite  des  Glases  mit  einem  Streifen 
schwarzen  Papieres.  Am  andern  Tage  fand  er,  daß  diejenigen  Teile, 
auf  welche  das  Licht  wirken  konnte,  violett  waren,  die  von  Papier  be- 
deckten aber  noch  weißlich.  —  Die  Versuchsweise  Beccarius'  erscheint 


1)  Beccarius  et  Bonzius,  „De  vi  quam  ipsa  per  so  lux  habet  mm 
colores  modo  sed  etiam  texturam  remm  salvis  interdum  coloribus  immutandi.*  ÜNji 
Bononensi  Scientiarum  et  Artium  lustitutio  atque  Academia  Commentarii,  ITSf^ 
IV,  S.  74. 


^otocbenüBobe  Foreohungeit  im  18.  Jahrh.  bis  Beooariod  u.  Bonzius  oaw.       59 

ganz  analog  mit  jener  Schulzes,  nach  welcher  letztgenannter  vor 
30  Jahren  mit  seinem  kreidehaltigen  Silbermagma  experimentiert  hatte. 

G.  Bonzius  schloß  hieran  mannigfache  Versuche  über  die  Wirkung 
des  Lichtes  auf  farbige  Bänder  usw.,  die  er  zugleich  mit  Beccarius 
veröffentlichte. 

Aus  den  Versuchen  des  Bonzius  gebt  hervor,  daß  manche  Farben 
von  dem  Lichte  (ohne  daß  Hitze  oder  Luft  mitwirkte)  beträchtlieli  ver- 
Sodert  werden.  Als  verschiedenfarbige  Bänder  einige  Tage  lang  den 
Sonnenstrahlen  ausgesetzt  wurden,  verblaßten  namentlich  die  violetten, 
dann  die  rosenfarbigen,  blauen  und  grünen  sehr.  Im  Finstem  aber 
änderten  sie,  bei  weit  höherer  Temperatur  als  jener  der  Sonnenstrahlen, 
die  Farbe  nicht,  sondern  verloren  nur  an  Olanz.  Daß  die  Luft  zu  dieser 
Veränderung  nichts  beitrug,  schloß  Bonzius,  weit  in  einem  luftleeren 
Rezipienten  das  Verbleichen  ebenso  gut  vor  sich  ging  wie  vorher.  Das 
durch  ein  Brennglas  konzentrierte  Licht  von  Fackeln  war  unwirksam. 
Die  etwaige  Mutmaßung,  daß  das  Sonnenlicht  nur  die  Farbteilchen 
zerstreue,  widerlegte  Bonzius  durch  die  Bemerkung,  daß,  wenn  er 
seine  Bänder  auf  weißes  Papier  gegen  das  Licht  legte,  die  Farben  auf 
beiden  Seiten  verbleichten,  ohne  daß  man  doch  auf  den  Stellen  des 
Papieres,  wo  sie  gelegen  hatten,  etwas  finden  konnte. 

Daß  das  letzte,  uns  überflüssig  erscheinende  Experiment  am  Platze 
war,  beweist  folgende  Stelle  in  A.D.Richters  „Lehrbuch  einer  für 
Schulen  fasslichen  Naturlehre"  (Leipzig  1769),  wo  S.  134  gelegentlich 
der  Färberei  gelehrt  wird:  „Diejenige  Materie,  deren  farbige  Tbeile 
allzugrob  sind,  dass  sie  in  den  Zwischenräumen  von  den  Fasern  der 
Sachen  nicht  eindringen  können,  geben  eine  undauerhafte  Farbe,  die 
in  der  Luft  und  in  den  Sonnenstrahlen  leicht  wegflieget  und  ver- 
schiesset"  Eine  ähnliche  rohe  Vorstellung,  trotzdem  sie  durch  Bonzius 
sohon  längst  widerlegt  war,  äußert  aber  selbst  noch  J.  Bischoff  in 
seinem  „Versuch  einer  Geschichte  der  Färbcrkunst"  (1780).  Dem  chrono- 
logischen Qange  vorgreifend,  sei  hier  auch  bemerkt,  daß  Bischoff 
nur  jene  farbigen  Zeuge  für  echt  erklärt,  welche  durch  12  Tage  der 
Luft,  dem  Regen  und  Sonnenschein  ausgesetzt  werden  können,  ohne 
eine  merkliche  Veränderung  zu  erleiden.  Dies  sind  Anforderungen, 
welche  sehr  berechtigt  sind,  aber  unsere  modernen  Farbstoffe  nicht  aus- 
halten dürften. 

Gewissermaßen  als  Anhang  zu  diesem  Kapitel  mögen  noch  einige 
Bemerkungen  über  den  damaligen  Stand  der  Kenntnisse  von  den  Ver- 
änderungen, welche  die  Malerfarben  im  Lichte  erleiden,  beigefügt  sein. 

Pernety  sagt  in  seinem  1760  in  Paris  erschienenen  „Dictionaire 
portatif  de  peinture"  (deutsch:  „Haudioxicon  der  bildenden  Künste  etc.'- 


60  Erster  Teil.    Achtes  Kapitel. 

Berlin  1764,  S.  182,  291  und  Anhang  S.  93),  daß  manche  Farben  sehr 
unbeständig  seien:  So  verschwindet  das  Schüttgelb  in  kurzer  Zeit,  be- 
sonders wenn  das  Gemälde  der  freien  Luft  oder  den  Sonnenstrahlen  aas- 
gesetzt ist;  das  Berlinerblau  wird  mit  der  Zeit  grünlich;  der  Colombin- 
lack  (aus  Brasilienholz)  verändert  sich  allmählich;  der  Zinnober  dauert 
nicht  an  der  Luft  (!)  und  ebenso  verhält  sich  der  „feine  Lack**  (?). 
Daraus  folgt,  daß  man  so  ziemlich  zur  Erkenntnis  der  Yeränderliehkeit 
der  vegetabilischen  Farblacke  gekommen  war  und  den  Einfluß  des  Ldchtes 
auf  den  Zerstörungsprozeß  bemerkt  hatte. 


■s^f^' 


NEimTES  KAPITEL. 

VON  DER  GTPHÄNTIE  (1761)  BIS  ZU  SCHEELE  (1777). 


Das  im  Jahre  1761  geschriebene  Werk  „Gyphantie  oder  die  Erd- 
beschreibung, Ulm.  Auf  Kosten  der  Bartbolomäischen  Handlung", 
welches  von  Tiphaine  de  la  Roche  verfaßt  wurde  (dessen  Name  mit 
versetzten  Buchstaben  im  Titel  ausgedrückt  ist),  enthält  gewisse  phan- 
tastische Andeutungen  über  die  Möglichkeit,  photographiscbe  Bilder  zu 
erzeugen  und  machte  deshalb  selbst  in  neuester  Zeit  viel  von  sich  reden. 
Diese  Fhantasmagorien  wurden  wegen  ihrer  „Genialität"  sehr  bewundert 
Ich  kann  darauf  nicht  mehr  Wert  legen,  als  auf  die  modernen  natur- 
wissenschaftlichen Phantasie  rem  an  e  Jules  Yernes,  da  Tiphaine,  den 
alchimistischen  Jargon  der  damaligen  Zeit  nachahmend,  wahrscheinlich 
die  ihm  gewiß  nicht  unbekannt  gebliebene  Entdeckung  Schulzes  oder 
Beccarius'  ausmalte.  Dieser  Zusammenhang  von  Dichtung  und  Wahr- 
heit ist  den  bisherigen  Historiographen  der  Photographie  entgangen; 
man  nahm  den  Satiriker  viel  zu  ernst,  weil  man  die  Quellen,  aus  denen 
er  offenbar  geschöpft  hat,  nicht  kaonte  und  deshalb  in  seinem  Buche 
das  erste  Auftreten  einer  originellen  Idee,  nämlich  die  Erzeugung  von 
Bildern  mittels  des  Lichtes,  anzutreffen  glaubte. 

Auf  die  „Gyphantie"  legen  Mayer  und  Pierson  in  ihrem  Werke 
„La  Photographie  consid6rSe  comme  art  et  comme  industrie,  histoire  de 
sa  döcouverte,  ses  progrös,  ses  applications,  son  avenir,  1862",  nicht 
wenig  Wert  Folgendes  Zitat  aus  der  Gyphantie  entnehme  ich  dem 
Photogr.  Archiv,  1863,  S.  107,  da  die  Stelle  daselbst,  wie  Rösner  be- 
stätigt {ibid.  S.  276),  korrekt  abgedruckt  ist:  Während  eines  Tages  wird 
Tiphaine  in  den  Palast  der  Elementargeister  geführt  und  ihr  Oberhaupt 
weiht  ihn  in  ihre  Arbeiten  und  Geheimnisse  ein.  „Du  weißt",  sagt 
es  zu  ihm,  „daß  die  Lichtstrahlen,  von  den  verschiedenen  Körperu 
zurückgeworfeu ,  ein  Bild  geben  und  die  Körper  auf  allen  glänzenden 
Flächen,  z.  B.  auf  der  Netzhaut  des  Auges,  im  Wasser  und  in  den 
Spiegeln  abbilden.  Die  Elementargeister  haben  diese  flüchtigen  Bilder 
zu  fixieren  gesncht    Sie  haben  einen  sehr  feinen  Stoff  zusammengesetzt, 


62  Erster  Teil.     Neuntes  Kapitel. 

der  sehr  klebrig  und  sehr  geeignet  ist,  trocken  zu  werden  und  sich  zd 
erhärten;  mit  Hilfe  desselben  wird  in  einigen  Äugenblicken  ein  Gemälde 
gemacbt.  Sie  übeiziehen  mit  diesem  Stoffe  ein  Stück  Leinwand  und 
briDgen  diese  vor  die  Gegenstände,  welche  sie  abbilden  wollen.  Die 
erste  Wirkung  der  Leinwand  ist  diejenige  eines  Spiegels;  man  sieht 
darin  alle  nahen  und  fernen  Körper,  wovon  das  Liebt  ein  Bild  ent- 
werfen kann.  Aber  was  ein  Spiegel  nicht  vermag,  die  Leinwand  hält 
durch  ihren  klebrigen  Überzug  die  Bilder  fest  Der  Spiegel  gibt  ans 
zwar  die  Gegenstände  getreu  wieder,  aber  er  behält  keinen  znrüt^; 
unsere  Leinwand  gibt  sie  nicht  weniger  getreu  wieder,  aber  hält  sie 
auch  alle  fest  Diese  Aufnahme  der  Bilder  ist  das  Geschäft  des  ersten 
Augenblickes,  die  Leinwand  nimmt  sie  auf.  Man  nimmt  dieselbe  auf 
der  Stelle  weg  und  bringt  sie  an  einen  dunklen  Ort  Eine  Stunde 
später  ist  der  Überzug  getrocknet  and  man  hat  ein  Gemälde,  welches 
um  so  viel  schätzbarer  ist,  weil  keine  Kunst  die  Wahrheit  desselben 
erreichen  und  die  Zeit  es  auf  keine  Weise  beschädigen  kann.  "Wir 
nehmen  aus  der  reinsten  Quelle,  aus  dem  Stoffe  des  Lichtes,  die  Farben, 
welche  die  Maler  aus  verschiedenen  Materien  ziehen,  welche  die  Zeit 
niemals  unverändert  läßt.  Die  Genauigkeit  der  Zeichnung,  die  Mannig^ 
faltigkeit  des  Ausdruckes,  die  mehr  oder  minder  kräftigen  Finaelstriohe, 
die  Abwechslung  in  den  Schattierungen,  die  Regeln  der  Perspektive, 
dies  alles  überlassen  wir  der  Natur,  welche  mit  jenem  sich  immer  gleich- 
bleibenden, sicheren  Gang  auf  unsere  Leinwand  Bilder  malt,  welche  die 
Augen  täuschen  und  die  Yernnuft  zweifeln  machen,  ob  die  sogenannten 
wirklichen  Dinge  nicht  eine  andere  Art  von  Trugbildern  sind,  welche 
Augen,  Obren,  Gefühl,  ja  al!e  Sinne  zusammen  täuschen."  —  «Der 
Elementargeist  ging  dann  auf  einige  physikalische  Eigenschaften  ein: 
zuerst  über  die  Natur  des  klebrigen  Körpers,  welcher  die  Stralilen  aaf- 
iangt  und  zurückhält;  zweitens  über  die  Schwierigkeiten  seiner  Bereitung 
und  Anwendung;  drittens  über  das  Spiel  des  Lichtes  und  dieses  g^ 
trockneten  Körpers;  drei  Probleme,  die  ich  den  Physikern  unserer  Tage 
vorlege  und  ihrem  Scharfsinne  anheimstelle." 


Wenn  wir  uns  wieder  ernsteren  Arbeiten  zuwenden,  so  linden  wir 
eine  nicht  uninteressante  Schilderung  über  die  Wirkungen  des  Lichtes 
in  Jos.  Fr.  Meyers,  Apotheker  zu  Osnabrück  (*1705,  f  17ß.'i),  „Chy- 
mische  Versuche  zur  näheren  Erkenntnis  des  ungelöschten  Kalches,  der 
elastischen  elektrischen  Materie,  des  allerreinsten  Feuerweseny  und  der 
ursprünglichen  allgemeinen  Säure"  (Hannover -Leipzig  1764).  Daselbst  ,' 
wird  im  20.  Kapitel,  Seite  119,  untersucht,  „was  das  Causticum  sei  und 
woraus  es  besteht"  und  die  Ansicht  ausgesprochen,  daß  das  „Ätzende" 


im  Kalk  und 

halte,  welche  beim  tilüben  a  dem  Feuer  aLifgenommen  werden  und 
daß  die  „Materie  des  Lichtes"  aller  Wahrscbeinlichkeit  nach  dasselbe 
sei,  wie  die  „reinea  Feuerteilcben ".  Mejer  fährt  fort:  „daß  der  feurige 
Teil  des  Caustici  die  Materie  des  Lichtes  sein  könne,  könnten  vielleicht 
wohl  ein  paar  nicht  unbekannte  Erfahrungen  wahrscheinlicher 
machen  . . .  Eine  graascbwärzlicbe  Farbe  nimmt  die  präzipitierte  Luna 
Cornea  an,  wenn  sie  in  einem  fest  verschlossen en  Glase  in  den  Sonnen- 
schein gesetzt  wird  . . .  Wenn  man  eine  Solution  des  Quecksilbers  in 
Vitriolsäure  zu  Kristallen  anschießen  lasset;  so  wird  dieses  Vitriolum 
mercurii  auch  in  verschlossenen  Gefäßen  an  der  Sonne  schwarz; 
der  weiße  Sublimat,  der  aus  eben  dieser  Solution  entstehet,  wenn  man 
sie  zuletzt  mit  starkem  Feuer  abtreibet,  wird  ebenfalls  an  der  Sonne 
schwarz."  Diesen  Farbenveränderungen  am  Lichte  stellt  Meyer  jene 
gegenüber,  welche  Silbernitrat  und  Ealomel  beim  Übergießen  mit  Kalk- 
wasser erleidet  (wodurch  beide  ebenfalls  schwarz  werden)  und  er  zieht 
den  Schluß,  „daß  die  Veränderung  durch  das  Causticum  des  Kalk- 
wassers" gleich  jenen  des  Lichtes  seien;  denn  „die  Materie  des  Lichtes 
dringet  durch  das  durchsichtige  Glas  und  schwärzet  diese  (d,  i,  die  licbt- 
empfindhche  Substanz)  ebenso  wie  das  Causticum".  Daß  das  Schwärzen 
der  genannten  chemischen  Verbindungen  durch  Kalkwasser  auf  einen 
ganz  andern  Grund  zurückzuführen  ist  {Entstehung  von  Silberoxyd, 
Quecksilberoxydul)  als  die  Schwärzung  im  Lichte,  und  daß  es  bloßer 
Zufall  ist,  daß  die  Produkte  in  beiden  Fällen  schwärzlich  sind,  braucht 
wohl  nicht  hervorgehoben  zu  werden.  Diese  Anschauung  —  so  falsch 
sie  auch  ist  —  hatte  jedenfalls  Originalität  für  sich  und  repräsentiert 
eine  der  ersten  Theorien  der  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes. 

Aus  diesen  Äußerungen  Meyers  zeigt  sich,  daß  die  Kenntnis  der 
Veränderlichkeit  der  Silber-  und  Quecksilbersalze  schon  vor  dem  Jahre 
1764  allgemein  verbreitet  war.  Ferner  scheint  hervorzugehen,  daß  eine 
pbotochemische  Zersetzung  des  Quecksilbersulfates  schon  vor  Meyer 
bekannt  war;  mir  war  es  jedoch  nicht  möglich,  eine  diesbezügliche 
ältere  Angabe  zu  finden. 

Merkwürdigerweise  begegnen  wir  schon  in  den  sechziger  Jahren 
des  18.  Jahrhunderts  einer  technischen  Verwendung  des  Silbersalpeters 
zur  Herstellung  von  Zeichnungen  auf  allerlei  Objekten  unter  Mitwirkung 
der  Sonne  und  zum  Schwarzförben  der  Haare.  Lewis  schreibt  in  seiner 
„Historie  der  Farben"  (aus  dem  Englischen  durch  Ziegler,  1766,  S.  61): 
„Man  bedient  sich  der  salpetersauren  Silberlösung  zu  Zeichnungen  auf 
Bein,  Marmor  und  weißem  Achat,  die,  wenn  sie  den  Sonnenstrahlen 
ausgesetzt  werden,  nach  und  nach  erst  rot,  dann  purpurfarbig,  dann 


64  Erster  Teil.    Neantea  Kapitel. 

braua  und  endlich  schwarz  werden."  —  J.  6.  Wallerius,  Profeesor  der 
Chemie  in  Upsala  (*1709,  f  1785),  erwäbot  in  dem  1765  erschienenen 
zweiten  Teil  seiner  „Chemia  physica"  (Kap.  XXV,  §  4,  Adhi.  2), 
man  könne  rote  Haare  durch  16  fach  verditnate  SilberlöBung  scbwux 
färben. ') 

Im  Jahre  1771  erwähnt  Marggraf  in  den  „Memoires  de  Berlin" 
(1771,  S.  3),  daß  der  aus  dem  Dekokte  von  Färberröte  (ßubia  tinctori^ 
dmcli  Alaun  und  Kaliumkarbonat  erhaltene  rote  Farblack  ungleich  dauw- 
hafter  ist  und  nicht  so  leicht  verschießt,  als  der  aus  Femambuk.*) 

In  den  Jabren  1771  und  1772  machte  sich  das  Fingreifen  Priest- 
leys  in  der  Entwicklung  der  Photochemie  geltend.  Dieser  große  Ge- 
lehrte gab  in  seiner  „History  and  present  state  of  discoveries  relating 
to  Vision,  light  and  colours,  1772")  die  erste  zusammenfassende  Schil- 
derung der  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes,  die  freilich  ziemlich 
unvollkommen  war,  da  sie  sich  nur  auf  Duhamel,  Beccarius,  Schalse 
und  Bonzius  bezog.  Fs  ist  auch  diesem  Gegenstande  kein  eigraieg 
Kapitel  gewidmet,  sondern  es  sind  die  chemischen  Wirkungen  im 
2.  Kapitel  der  6.  Periode  bei  den  „Beobachtungen  vom  Bononischoi 
Phosphorus"  besprochen.  Aus  den  ihm  vorliegenden  BeobachtDngen 
schloß  Friestley:  ,,Daß  das  Licht  eine  wirkliche  Substanz  ist,  welche 
aus  materiellen  Teilchen,  die  von  den  leuchtenden  Körpern  aosfohren, 
bestehe,  scheint  gleichfalls  durch  solche  Versuche  bestätigt  za  werden, 
aus  denen  erhellet,  daß  die  Farbe  und  der  innere  Bau  einiger  Köipw, 
dadurch,  daß  sie  dem  Lichte  ausgesetzt  werden,  verändert  wird."  Schon 
ein  Jahr  vor  dem  Erscheinen  seiner  „Geschichte  der  Optik",  aber  in 
diesem  Werke  noch  nicht,  sondern  erst  1775  veröffentlicht/)  bemerkt 
Friestley,  daß  grüne  Pflanzenteile  aus  Kohlensäure  SauerstoSgas  ent- 
wickeln, ohne  aber  die  Rolle,   welche  das  Licht  hierbei  spielt,   zu  er- 


1)  Aucti  zitiert  in  Macquera  , Chemischem  Wörterbuch".  Deatsche  Übw- 
setzung  von  Leonhardi,  1772.    Bd.  5,  S.  46  Anmerkung. 

2)  Aucii  abgedruckt  im  , Taschenbuch  für  Scheidekünstler  und  Apotheker  Ifir 
1781%  S.  46. 

3)  Deutsche  Ausgabe:  , Geschichte  und  gegenwärtiger  Zustand  der  Optik",  äbor- 
setzt  und  mit  Zusätzen  begleitet  von  Klügel  (1776),  Die  Zusätze  Klügeii  siiid 
sehi'  zahlreich  und  erhöhen  den  Wert  des  Buches  bedeutend,  gegenüber  dem  «w- 
lisch en  Original. 

4)  Eipenmanta  and  observations  relating  to  various  branches  of  natura 
sophy  etc.   London  1775.   I,  S,  33,  II,  S.  61.    Deutsche  Ausgabe  1780.    Die  weiteregJ 
Un totsuch ungen   über  die  Wirkung  des   Lichtes   auf  Pflanzen   (ins I ".'sondere   Bi 
1778,  Duhamel,  Tessier  1783,  Senebier  1782  bis  1791  usw.)  f,i(i.l  in  diesem  ge-  t 
Bobichtlichen  Essay  niolit  anfgenommon,  weil  sie  ins  Gebiet  der  flbuiMii Physiologie  ' 
gehöi-en.    Verg).  übrigens  Landgrebe,  ,Über  das  Licht",   1834.    S.  SliO.  ' 


kennen;  daS 

das  Sonneolicbt  Dötig  i       beobi    itete  e      IngenboasB  im  Jahre  17B6. 

Als  Hooper  im  Jahre  1775  in  dem  „Pocket  Ledger  von  Wearsly" 
ein  „Yer^ren  auf  Glas  mit  Sonnenlicht  zu  scbreibea"  mitteilte,  glaubte 
vielleicht  mancher  in  der  Literatur  nicht  Bewanderte,  es  sei  darin  etwas 
Nenes  geboten.  Hooper  löste  Kreide  in  Scheidewasser  bis  zur  Honig- 
dicke auf  und  fügte  konzentrierte  Silberlösung  hinzu.  „Man  schneide 
dann  aus  einem  Blatt  Papier  die  Buchstaben,  welche  man  erscheinen 
lassen  will,  heraus  und  leime  dieses  Blatt  auf  die  Flasche  (mit  der 
Silberlösung];  steile  diese  hernach  derart  an  die  Sonue,  daß  die  Strahlen 
durch  die  ausgeschnittenen  Teile  des  Fapieres  hindurch  gehen  können... 
Die  Stellen  des  Glases,  durch  welche  die  Strahlen  gehen,  werden  schwarz, 
während  die  von  Papier  bedeckten  Stellen  weiß  bleiben.  Man  muß 
Sorge  tragen,  daß  die  Flasche  die  ganze  Zeit  hindurch  nicht  bewegt 
werde."*)  Diese  Angabe  stimmt  fast  ganz  mit  dem  Experimente  Schutzes 
überein  und  jene  neueren  Autoren,  welche  auf  Grand  dieser  Angabe 
Hooper  die  Priorität  des  ersten  photographischen  Versuches  zuschreiben, 
müssen  vielmehr  Schulze  diese  Priorität  zuerkennen. 

Im  Jahre  1776  veröffentlichte  Torbern  Olof  Bergmann,  der 
Nachfolger  von  Wallerins  an  der  Universität  zu  Upsala  (•  1735,  f  1784), 
die  Resultate  seiner  Untersuchungen  über  die  durch  Oxydation  des 
Zuckers  erhaltene  Oxalsäure  (damals  Zuckersäure  genannt)  in  der 
Schrift  „De  acido  sacchari".  Darin  ist  zum  ersten  Male  von  der  Licht- 
empfindlichkeit  der  oxalsauren  Metallsalze  die  Rede,  indem  die 
Beobachtung  mitgeteilt  wird,  daß  das  durch  Oxalsäure  aus  schwefel- 
saurer oder  salpetersaurer  Quecksilberlösung  gefällte  schwerlösliche  weiße 
Pulver  („Hydrargyrus  saccharatus")  an  der  Sonne  schwarz  wird.*) 
Auch  verdanken  wir  Bergmann  die  Angabe,  daß  sich  schwefel- 
saures und  oxalsanres  Silber  am  Lichte  schwärzt  Diese  Be- 
merkungen sind  in  Bergmanns  „Opuscula"  17T9  aufgenommen  und 
weiter  unten  sind  die  diesem  Werke  entnommenen  Zitate  ausführlich 
mitgeteilt 

Yon  nachhaltiger  Wirkung  waren  die  Arbeiten  des  berühmten 
schwedischen  Chemikers  Scheele  für  die  Entwicklung  der  Photocheraie. 


1)  Die  OriginalabhaDdlDDg  soll  io  den  ,Ratio[i&l  Recreations"  eischicDon  und 
die  Hitteilong  daa  , Pocket  Ledger'  nur  jenem  Juumal  entlehnt  seia.  lob  folge  bier 
der  MitteÜDOg  Welmanns  im  , Bulletin  de  1b  Sociöte  Fran^üse  de  Photographie*, 
1857,  S.  316;  auch  Ereotzera  ,Jahresbericbt  der  Photographie  pro  1857",  8.447. 

2)  Auch  zitiert  in  Macqners  , Chymisohem  Wörterbuch*.  Deutsche  Über- 
BatzuDg  von  Leonhardi,  1762,  Bd.  4,  S.  165.  Ferner  Bergmanns  „Opnacula*  usw. 
s.  weiter  unten. 

Eder,  Bsodbioh  dei  Photogr^hie,    I.  Tail.    9.  Aufl.  5 


66  Erster  Teil.    Neuntes  Kapitel. 

Die  Versuche,  welche  Scheele  (*1742,  tl786)  im  Jahre  1777 
über  die  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes  anstellte  und  in  seiner 
„Chemischen  Abhandlung  über  Luft  und  Feuer"  beschrieb,^)  werden  oft 
erwähnt  und  zwar  um  so  häufiger,  als  man  —  allerdings,  wie  aus 
meiner  Darstellung  erhellt,  in  irrtümlicher  Weise,  da  schon  vor  Scheele 
eine  beträchtliche  Anzahl  von  photochemischen  Prozessen  bekannt  war 
—  den  Beginn  der  Photochemie  von  Scheele  datiert^)  Jedenfalls  aber 
gebührt  ihm  das  Verdienst,  seine  Experimente  mehr  als  seine  Vorgänger 
planmäßig  und  zielbewußt  angestellt  und  die  Photochemie  des  Sonnen- 
spektrums begründet  zu  haben.  Er  stellte  seine  Experimente  an,  um 
den  Nachweis  zu  erbringen,  daß  das  Licht  zusammengesetzt  sei,  und 
zwar,  daß  esPhlogiston  enthalte,  und  er  fand,  daß  Silberoxyd,  Queck- 
silberoxyd und  Goldoxyd  in  dem  Brennpunkte  eines  Brennglases 
oberflächlich  in  Metall  übergeführt  werden  („Phlogiston  aufnehmen"); 
hierzu  bemerkt  er,  daß  bei  diesem  Prozesse  wohl  die  Wärme  mit- 
wirken könne.  Scheele  beobachtete  ferner,  daß  Salpetersäure  im 
Sonnenlichte  in  drei  Stunden  rot  wird,  nicht  aber  in  dunkler  Wärme 
erst  nach  vier  Wochen.  •'^) 

Scheele  machte  die  ersten  genannten  Angaben  über  die  Photo- 
chemie des  Chlorsilbers  und  benützte  schon  Chlorsilberpapier  zu  seinen 
Experimenten.  Er  erkannte  das  verschiedene  Verhalten  des  im  Licht 
geschwärzten  und  des  unveränderten  Chlorsilbers  gegen  Ammoniak  und 
dadurch  war  die  Kenntnis  eines  Fixationsmittels  für  Chlorsilberbilder 
gegeben,  welche  aber  leider  viele  Dezennien  hindurch  unbeachtet  blieb. 

Über  das  Chlorsilber  spricht  sich  Scheele  mit  folgenden  Worten 
aus:  „Ich  präzipitierte  eine  Silberauf lösung  mit  Salmiak.  .  .   Das  weiße, 


1)  Scheele,  Aeris  atque  ignis  cxamen  chemicum,  Upsala  et  Lips.  1777,  S.  62. 
Deutsch:  „Chemische  Abhandlung  von  der  Luft  und  dem  Feuer";  1.  Auflage  1777, 
2.  Auflage  1782.  —  Deutsche  Ausgabe  von  Scheeles  sämtlichen  Werken,  von 
Hermbstädt,  Berlin  1973.  §61,  62  u.  ff.,  S.  132  u.  ff.  —  Landgrebe  („Über  das 
Licht**,  1834,  S.  4)  datiert  diese  Angaben  Scheeles  von  1773;  diese  Zeitangabe  ist 
nicht  gerechtfertigt  und  ohne  Zweifel  irrtümlich. 

2)  Z.B.  Landgrebe  in  seinem  berühmten  Buche  „Über  das  Licht**,  1834,  S.  3. 
Becquerel,  „La  Lumiere**,  1868,  II,  S.  45.  Hardwich,  „Manual  der  photogr. 
Chemie**,  1863,  S.  6.  Muspratts  „Enzyklopädisches  Handbuch  der  technischen 
Chemie".    Bearbeitet  von  Kerl  und  Stohmann.    1878    V,  S.  1077  u.  a. 

3)  Die  Priorität  dieser  Entdeckung  wird  nicht  selten  Priestley  zugeschrieben. 
Jedoch  scheinen  Scheele  und  Priestley  zugleich  und  unabhängig  bezüglich  dieses 
Verhaltens  der  Salpetersäure  gearbeitet  zu  haben.  Es  ist  ein  Irrtum  Hunts,  daß  selber 
in  seinem  „Manual  of  Photography**  (1834,  335)  diese  Entdeckung  vom  Jahre  1786 
datiert,  welcher  Fehler  in  „Abridgments  of  Spccifications  relating  to  Photography* 
der  „Patents  for  inventions**  (1861,  Y)  überging. 


Ton  der  Qyphantie  (1761)  bis  vi  Schaele  (1777).  67 

getrocknete  Präzipitat  förbte  sich  an  der  Sonne  oberflächlich  schwarz . . . 
Darauf  goß  ich  von  dem  kaustischen  Ammoniakspiritus  auf  dieses,  dem 
Ansehen  nach  schwarze  Fuber  und  setzte  es  in  die  Digestion.  Dieses 
Menstruum  löste  sehr  viel  von  dem  Homsilber  auf  (=  Chlorsilber),  doch 
blieb  ein  zartes  schwarzes  Pulver  zurück.  Dieses  gewaschene  Pulver 
wurde  von  einer  reinen  Salpetersäure  größtenteils  aufgelöst,  welche 
dadurch  flüchtig  wird')...  Also  ist  die  Schwärze,  welche  das  Chlor- 
silber vom  Lichte  erhält,  reduziertes  Silber." 

Er  konstatierte,  daß  das  Chlorsilber  im  Finstern  unverändert  blieb. 
Es  entging  dem  scharfsinnigen  Chemiker  auch  nicht,  daß  sich  bei  der 
Schwärzung  des  Chlorsilbers  im  Lichte  Salzsäure  (richtiger  Chlor)  ent- 
wickela  müsse:  „Da  sich  aber  kein  Silber  in  metallischer  Form  mit 
Salzsaure  verbinden  kann,  so  folget,  daß  soviel  als  jedes  Teilchen  des 
Hornsilbei-s  auf  seiner  Oberfläche  in  Silber  verkehret  wird,  daß  auch 
ebensoviel  Salzsäure  sich  scheiden  muß."  Er  beobachtete  auch,  daß 
gewaschenes  Chlorsilber,  unter  Wasser  dem  Lichte  exponiert,  an  das 
Wasser  Salzsäure  abgibt;  ferner  gibt  er  an,  daß  es  sich  unter  Salpeter- 
säure in  der  Sonne  nicht  schwärzt  Aus  einer  Chlorgoldlösung  sah 
er  nach  14  Tagen  durch  die  Sonne  Metall  ausscheiden. ^J 

Scheele  ließ  zuerst  das  Sonnenspektrum  auf  Chlorsilber- 
papier einwirken  und  fand,  daß  das  Hornsilber  in  der  violetten  Farbe 
weit  eher  schwarz  als  in  den  anderen  Farben  wird,  „weil  der  Silber- 
kalk das  Phlogiston  von  dem  violetten  Lichte  eher,  als  von  den  übrigen 
Strahlen,  scheide."^} 

Strich  er  ein  Glas  mit  schwarzer  Farbe  an  und  stellte  es  tagelang 
in  den  Sonnenschein,  so  wurde  das  Hornsilber  nicht  schwarz,  obgleich 
das  Glas  sich  erhitzte.  Bloß  wärmende  Strahlen,  z.  B.  die  eines  Stuben- 
ofens, brachten  die  Schwärzung  selbst  nach  zwei  Monaten  nicht  hervor. 

Diese  Erscheinungen  erklärte  er  dadurch,  daß  er  annahm,  das 
Licht  sei  wohl  nicht  reines  Phlogiston  {d.  i.  das  „Principium  imflam- 
mabile"),  aber  enthalte  das  Phlogiston  neben  Wärme  als  Beatandteil 
und  dieses  verbinde  sich  mit  dem  „Silberkalk";  nach  dieser  Ansicht 
wurde  das  Licht  durch  das  Chlorsilber  zerlegt  —  also  nicht,  wie  man 
heute  sagt,  das  Chlorsilber  durch  das  Licht  —  und  dem  Lichte  ein 
Bestandteil  entzogen.  Diese  Ansicht  lag  ganz  im  Geiste  der  damals 
herrschenden  Newtonschen  Emissionstheorie,  verbunden  mit  der  Phlo- 
gistontheorie. 

1)  D.  h.,  daß  aus  ihr  sieh  rote  Dämpfe  von  Untersalpetersäure  entwickelten. 

2)  Scheeles  sämtliche  Werke.  DeutBcbe  Auspbe  von  Hocmbatädt 
§  61 ,  S.  132. 

3)  Ibid.  §  66,  S.  141. 


68  Erster  Teil.    Neootes  Kapitel. 

In  der  englischen  Übersetzung  von  Scheeles  Werk,  welche 
Richard  Eirwan  mit  Noten  versah,  drückt  schon  der  letztere  seine 
großen  Zweifel  über  die  Ansicht  aus,  daß  das  Licht  aus  Phlogiston  und 
Feuer  bestehe  und  zwar  u.  a.  aus  dem  Grunde,  „weil  das  Brennbare 
sonst  nicht  durch  feste  Körper  dringt,  wie  das  Lacht  und  andererseits, 
weil  das  Licht  weder  die  Metalloxyde  im  allgemeinen  und  noch  den 
Braunstein  reduziere."  Kirwan  glaubte  vielmehr,  daß  das  Licht  von 
einer  starken  Bewegung  des  elementaren  Feuers  entspringe,  wodurch 
das  Brennbare  in  denen  dem  Lichte  ausgesetzten  Körpern  ausgetrieben 
werde,  z.  B.:  „treibe  das  Licht  aus  der  Salzsäure  im  Homsilber  das 
Brennbare  aus,  welches  sich  mit  dem  Silberoxyd  verbinde".^) 


1)  Chemical  Observations  and  Experiments  on  air  and  fire;  by  Scheele^ 
translated  by  Forster;  to  which  are  odded  notes  by  Kirwan,  1780.  Auch  im  Aus- 
znge  Crells  „Neueste  Entdeckungen  in  der  Chemie*^,  1782.  Y,  231. 


'  i 


ZEHITTES  KAPITEL. 

VON  PBIESTLEIY  (1777)  BIS  SENEBIBE  (1782),  NEBST 
EINEM  EXKÜESE  ÜBER  DIE  DAMAUGE  VERWENDUNG 
LICHTEMPFINDLICHER  VERBINDUNGEN  IN  DEE  MAGIE. 


Um  dieselbe  Zeit,  in  welche  Scheeles  Uotersachungen  über  die 
photochemischen  Wirkungen  des  Lichtes  fallen,  beschäftigte  sich  Priest- 
ley  mit  Yersachea  über  die  Ursache  der  freiwilligen  Rötung  der  Salpeter- 
saure.  £r  beschrieb  seine  Versuche  später  sehr  unistäDdlich. ')  Als 
Resultat  der  Yersucbe  fand  er,  daß  die  Salpetersäure  nur  schwierig 
in  der  Wanne,  aber  rasch  im  Sonnenlichte  sich  rot  färbe,  und  im  Fiustem 
mehrere  Tage  lang  einem  beträchtlichen  Grad  von  Hitze  unterworfen, 
farblos  bleibt  La  Friestley  bekanntlich  ein  eifriger  Anhänger  der 
Phlogistontheorie  war,  so  nahm  er  an:  das  Licht  wirke  hier  gleich 
dem  Phlogiston;  wie  dieses  zugehe,  lasse  sich  zwar  noch  nicht  bestimmt 
sagen,  doch  sei  es  aus  vielen  chemischen  Versuchen  erwiesen,  daß  das 
Licht  Phlogiston  enthalte  (wie  wir  heute  sagen,  reduzierend  wirke). 

Opoiz  ergänzte  1777  die  älteren  Angaben  Dnfays  (1737)  sowie 
Bonzius'  (1757)  und  zeigte,  daß  die  FarbstoGFe  auf  Zeugen,  B&ndem 
usw.  nicht  durch  einfache  Wirkung  der  Luft  ausbleichen,  sondern  daß 
das  Licht  die  Ursache  davon  sei;^  er  sagt  femer,  das  Wachs  werde  im 


1)  Priestley,  Eipenments  and  Observations  on  different  Einds  at  Air,  London 
ITT5— 1777.  Vol.  III,  Sect.23;  ferner:  ErperimeDtB  and  ObservatioDB  relatiDg  to 
varioos  braoohes  of  Natural  Fhiloeopby.  London  17S9.  Toi.  I  und  Toi.  III,  SeoL  32. 
—  Ferner:  PhUosopL  Transact  f.  1799.  II,  8.  139;  Grens  Jonmal  der  Physik,  H, 
S.  94  und  3G0.  Im  Auszuge  Link  (Über  die  Natur  des  Liditas,  180S,  S,  36)  und 
Heinrich  (Von  der  Natur  des  Lichtes,  1808,  S.  79). 

2)  Opoix,  .ObservatioDB  phyBico-chymiqaes  snr  los  couleurs",  Paria  1777; 
deutsche  Ausgabe;  ,Fhyaikalisch- chemische  Beobachtungen  über  die  Farben",  Wten- 
Leipzig  176G,  S.  65.    Daselbst  heißt  es:   , Gefärbte  Körper  entfärben  sich  nach  und 

nach  an  der  Luft  oud  verlieren  nach  einer  gewissen  Zeit  ihre  Farbe  gänzlich 

Es  läßt  sich  aber  leicht  zeigen,  daB  nicht  die  Lnft  die  Ter&ndenmg  bei  gefärbten 
Körpern  hervorbnoge:  denn  die  Farben  halten  sich  an  einem  dunklen  sehr  Inftvolleu 
Orte  sehr  gut...    Also  zerstSret  nicht  die  Lnft,  sondern  das  Licht  die  Farben." 


70  Erster  Teil.    Zehntes  Kapitel. 

Lichte  gebleicht,  „weil  es  das  Brennbare  (Phlogiston)  verliere",  d.  !• 
weil  es  oxydiert. 

Die  Lichtempfindlichkeit  der  Oxalsäureverbindungen  entdeckte 
Bergmann  und  beschrieb  sie  zuerst  1776  (s.  o.).  Seine  sämtlichen 
Beobachtungen  über  ähnliche  Gegenstände  sind  in  seinem  1779  erschie- 
nenen „Opuscula  physica  et  chemica"^)  aufgenommen.  Daselbst  heißt 
es  Bd.  1,  S.  379  der  deutschen  Übersetzung:  „Die  Sonnenstrahlen 
machen  das  zuckersaure  (oxalsaure)  Silber  dunkel."  Ferner  beschreibt 
er,  wie  Quecksilberoxyd  mit  Oxalsäure  ein  „salziges  Pulver  gibt,  welches 
weiß,  sich  in  dem  Wasser  kaum  auflöset,  und  das  in  den  Sonnenstrahlen 
schwarz  wird".  Dasselbe  Salz  erhielt  er  beim  Fällen  von  Quecksilber- 
sulfat und  Nitrat  mit  Oxalsäure  und  er  beobachtete  schon,  daß  das 
Gemisch  von  Oxalsäure  mit  Quecksilberchlorid  lichtempfindlich  ist:  „Der 
Sublimat  gibt  auf  diese  Art  (Zusatz  von  Oxalsäure  zu  seiner  Lösung) 
auch  ein  Pulver,  allein  nur  wenig  und  langsam  und  welches  in  der 
Sonne  dunkel  wird."  Diese  Angabe  wurde  später  von  Plantö  1815 
viel  präziser  gefaßt;  immerhin  ist  Bergmann  als  der  Entdecker  der 
Lichtempfindlichkeit  zahlreicher  Oxalsäureverbindungen  hoch  zu  schätzen. 

Vom  schwefelsauren  Silber  wußte  er,  daß  es  sich  schwärzt,  aber 
langsamer  als  Chlorsilber:  „Durch  Yitriol  oder  Salzsäure  wird  die  Lösung 
von  Silber  in  Salpetersäure  weiß  gefällt;  allein  im  ersten  Fall  hängen 
die  niedergeschlagenen  Teile  nicht  so  zusammen  und  werden  in  der 
Sonne  langsamer  schwärzer."  Die  allgemeinen  Ansichten  Bergmanns 
über  das  Wesen  des  Lichtes  sind  der  Phlogistontheorie,  deren  eifriger 
Vertreter  er  war,  angepaßt.  Folgende  Stelle  (Bd.  II,  S.  427)  charak- 
terisiert dies  näher:  „Es  ist  bekannt,  daß  die  Pflanzen  im  Dunkeln  ver- 
welken und  Farbe  verlieren,  werden  sie  aber  wieder  den  Sonnenstrahlen 
ausgesetzt,  so  erholen  sie  sich  bald  wieder.  Denn  das  Licht  bestehet 
aus  einer  Materie  von  Wärme  mit  einem  Übermaß  von  Phlogiston  .  .  . 
Nach  der  verschiedenen  Lage  der  Pflanzen  in  Rücksicht  des  Lichtes- 
und  ihrer  verschiedenen  Kraft,  Licht  und  Wärme  zu  zerlegen,  müssen 
ungleiche  Wirkungen  entstehen". 

Die  Ansicht,  daß  im  Lichte  ein  zusammengesetztes,  brennbares  Wesen 
enthalten  sei,  wurde  schon  im  Jahre   1782   von  Seile   angezweifelt,*) 


1)  Torberni  Bergman,  „Opuscula  physica  et  chemica.  Holm.,  Ups.  et  Above 
1779 — 1790"  (6  Bände).  Deutsche  Ausgabe:  „Bergmannu,  Kleine  physische  und 
chemische  Werke;  nach  dem  Tode  des  Verfassers  herausgegeben  von  Hebenstreit^ 
aus  dem  Lateinischen  von  Tabor.     Frankfurt  a.  M.  1782  —  1788.*' 

2)  „Neue  Beiträge  zur  Natur-  und  Arz nei wissen schaft " ,  Berlin  1782,  S.  200. 
(Dieses  Zitat  entnehme  ich  Ebermayers  „Versuch  einer  Geschichte  des  Lichte8% 
1799,  ferner  Fischer,  „Geschichte  der  Physik'^,  VII.  Band.) 


Toa  PrieaÜBy  (1777)  bis  Senebier  (1782)  usw.  71 

jedoch  wurde  keine  bessere  Erklärung  der  cheniisehen  Wirkung  des 
Lichtes  gefunden.  Sogar  Lavoisier,  welcher  die  Bedeutung  der  Rolle 
des  Lichtes  in  der  Natur  wohl  erkannte  und  in  überschwenglichen 
Worten  pries,')  hatte  darüber  nur  höchst  unvollkommene  Begriffe.  Er 
glaubte  an  einen  materiellen  LichtstofT,  welcher  sich  mit  einigen 
Pflanzenteilen  verbinde  und  deren  Farbe  verursache.  Durch  die 
Experimente  BerthoUets  mit  Ghlorsilber  (s.  u.)  geleitet,  sprach  er  die 
Ansicht  aus,  „der  LichtstofF  bat  eine  große  Affinität  zu  dem  säure- 
erzeugenden  Stoffe,  so  daß  ersterer  sieh  mit  letzterem  verbinde  und 
durch  den  Beitritt  des  Wärmestoffes  in  einen  gasförmigen  Zustand  ver- 
setzt werden  könne".  *) 

Eine  eigentümliche  Angabe  teilte  Göttllng  im  „Taschenbuch  für 
Scbeidekünstler  und  Apotheker  auf  das  Jahr  1781",  S.  189,  mit:  „Man 
will  die  Beobachtung  gemacht  haben,  daß  Seide,  Haare,  Baumwolle 
u.  dergl.  ebenfalls,  so  gut  als  grüne  Blätter  der  Pflanzen,  unter  einer 
Glocke  mit  Wasser,  der  Sonne  ausgesetzt,  Lebensluft  (Sauerstoff)  geben (!?)." 

Die  wahre  Bereitung  der  Bestuscheffschen  Nerventinktur  (a, 
S.  47)  und  der  de  la  Motteschen  Goldtropfen  aus  Eisencblorid  und 
Alkohol  war  von  Professor  Murray  in  Göttingen  durch  einen  Auszug 
eines  Schreibens  aus  Petersburg  vom  19.  April  1780  in  weiteren  Kreisen 
bekannt  gemacht  worden.*)  Dadurcli  war  der  Anstoß  zu  weiteren 
Modifikationen  bei  der  Herstellung  dieser  Flüssigkeit  gegeben. 

Im  Jahre  1782  änderte  Klapproth  die  Vorschrift  für  die  Bestu- 
scheffsche  Eisentinktur,  indem  er  das  sublimierte  Eisenchlorid  in  Äther 
statt  in  Alkohol  löste,  welche  gelbe  Lösung  er  ebenfalls  im  Lichte  ent- 
färbte; er  erhielt  auf  diese  Weise  eine  „kräftigere  Tinktur",  als  mit 
Alkohol.  Er  beobachtete  auch,  daß  die  ätherische  Eisenchlorid- 
lösung sich  rascher  als  die  alkoholische  im  Lichte  entfärbt;^)  er  sucht 
die  Lichtwirkung  dadurch  zu  erklären,  „daß  diese  Tinktur  wirklich  die 


1)  Er  sagt:  „Organisation,  Empfiadong,  willkürlichä  Bewegung,  Leben  existieren 
nur  auf  der  Oberfläche  der  Erde  und  an  den  Stellen,  zu  welchen  Licht  gelangt.  Man 
möchte  sagen,  daß  die  Fabel  von  dem  Feuer  des  Prometheus  der  Ausdruck  einer 
philosophischen  Wahrheit  ist,  welchar  gar  nicht  von  den  Alten  herrührte.  Ohne  Licht 
war  die  Natur  ohne  Leben,  tot,  unbeseelt.  Ein  gütiger  Gott  veibroitete  auf  der 
Oberfläche  der  Erde  Organisation,  Empfindung  und  Denken  durch  das  Licht,  welches 

2)  Lavoisiers  „System  der  antijihlogistiscben  Theorie  (1789)".  Deutsch  von 
Hermbstädt,  1792.   I,  S.  228. 

3)  Taschenbuch  für  Scbeidekünstler  und  Apotheker  auf  das  Jahr  17St,  S.  160. 

4)  Seiles  Neue  Beiträge  zur  Natur-  und  Arznei  wissen  Schaft,  1782,  S.  1782. 
Gmelin,  Geschichte  der  Chemie,  1799.  111,  790.  Taschenbuch  für  Scbeidekünstler 
auf  1784,  160. 


72  Erster  Teil.    Zehntes  Kapitel. 

Sonnenstrahlen  zerlegt,  das  Pblogiston  daraus  abteilt  und  mit  sich  ver- 
bindet". 

Ein  Anonymus  bemerkt  hierzu,^)  daß  auch  nicht  sublimiertes 
Eisenchlorid  eine  gelbe  (allerdings  trübe)  ätherische  Tinktur  gebe,  welche 
aber  an  der  Sonne  die  Farbe  nicht  ändere  (?). 

In  der  1782  von  Wenzel,  einem  der  verdienstvollsten  Chemiker 
des  18.  Jahrhunderts,  herausgegebenen  „Lehre  von  der  Verwandtschaft 
der  Körper"  finden  sich  viele  Löslichkeitsbestimmungen,  darunter  S.  436, 
daß  Silbernitrat  in  Weingeist  „im  Verhältnis  100:240  sich  auflöst  % 
was  für  die  spätere  Kollodiumphotographie  von  Belang  ist. 

Im  Jahre  1782  veröffentlichte  auch  A.  Hagemann  in  Bremen 
seine  „Zufällige  Bemerkung,  die  blaue  Farbe  des  Guajacgummis  be- 
treffend".') Er  teilte  die  Beobachtung  mit,  daß  gepulvertes  Guajac- 
gummi  (-Harz),  welches  in  einem  Glasgefäße  in  der  Nähe  eines  Fensters 
aufbewahrt  worden  war,  nach  einigen  Wochen  an  der  äußeren  Fläche, 
welche  dem  Fenster  zugekehrt  und  vom  Lichte  berührt  war,  blau  ge- 
färbt wurde,  während  das  gegen  die  Wand  gekehrte  und  das  „inwendige" 
Pulver  ihre  natürliche  Farbe  behielten.  Wurde  etwas  von  dem  Pulver 
auf  Papier  ausgebreitet  und  belichtet,  so  änderte  es  sehr  bald  seine 
Farbe  und  wurde  schmutzig  aschgrau  (etwas  grünlich),  aber  nicht  blau. 
Bei  Luftabschluß  aber  (z.  B.  in  Barometerröhren)  wurde  es  blau,  und 
zwar  im  Schatten  schöner  blau  als  in  der  Sonne.  „Was  konnte  natür- 
licher seyn,  als  bey  dieser  Erscheinung  auf  das  Homsilber  zu  fallen?^ 
fragt  Hagemann  und  erklärt  nach  Scheeles  Theorie  die  Erscheinung 
dadurch,  daß  das  Ouajacharz  dem  Lichte  das  Phlogiston  entziehe 
und  dann  blau  werde,  dagegen  an  der  Luft  „durch  die  Feuerluft" 
die  blaue  Farbe  verliere,  da  „das  Brennbare  wieder  entzogen  werde" 
(Oxydation). 

Diese  Angabe  Hagemanns  ist  von  nicht  geringer  historischer 
Bedeutung,  wenn  man  erwägt,  daß  Ni6pce  zu  Beginn  seiner 
Arbeiten  nach  seinem  eigenen  Geständnis  mit  Guajac  arbeitete  und 
daß  überhaupt  die  erste  sichere  Angabe  über  die  Lichtempfindlichkeit 
der  Harze  von  Hagemann  datiert  Diese  Priorität  gibt  Senebier 
zu,  welcher  dadurch  zum  weiteren  Studium  anderer  Harze  angeregt 
worden  sein  mochte,  und  direkt  oder  indirekt  schöpfte  auch  Ni6pce 
aus  derselben  Quelle  und  gelangte  zum  epochemachenden  Asphalt» 
prozeß. 


1)  Crells  Chemiscbe  Annalen ,  1784,  S.  341.    Auch  „Taschenbuch  für  Sdieids^ 
künstler  und  Apotheker  auf  das  Jahr  1786'',  S.  46. 

2)  Crells  „Neueste  Entdeckungen  in  der  Chemie*,  1782.  V,  70. 


Gerechtei 

Gründlichkeit  n  ui  i       acDe  oeneDiers;*/  aieseioen       la  ror 

die  Entwicklung  der  Pbotocbemie  von  höchster  Bedeutung,  al  «eben 
TOB  dem  hoben  Werte  für  die  Pflanzenphysiologie.  J.  Senebier  {•  1742, 
-f- 1809)  war  anfangs  Prediger  in  Genf  (1765)  und  Chancy,  dann  seit 
1773  Oberbibliotbekor  der  Stadt  Genf.  Wir  verdanken  ihm  Angaben 
über  die  Veränderung  der  Farbe  der  Hölzer  im  Lichte,  welche  sich  dabei 
dunkler  färben,  wie  Tannen-,  Linden-,  Rosen-,  Eichen-,  Berberitzen-, 
Femambukholz  usw. 

Er  beschrieb  das  Nachdunkeln  des  Guajacholzes  (des  „Franzosen- 
bolzes", wie  es  in  der  deutschen  Übersetzung  genannt  ist)  im  Lichte, 
wie  es  im  zerstreuten  Lichte  blau,  im  Sonnenlichte  graugrün  wird; 
Senebier  gesteht  aber  selbst  Hagemann  die  Priorität  dieser  Angabe 
zu.*)  —  Ferner  verdanken  wir  Senebier  die  erste  Kunde  von  der 
Yeränderung  vieler  anderer  Harze  im  Lichte.  Einige  bleichen  aus,  wie 
Mastix,  Sandarak,  Gummi  animae,  Weihrauch.  Andere  werden  dunkler, 
wie  Gummigutt,  Ammoniakharz,  Guajacharz;  diese  Angaben  nebst  den 
älteren  von  Hagemann  mögen  Ni6pce  bei  seinen  Versuchen  geleitet 
haben  und  die  Entdeckung  der  Lichtempfindlichkeit  des  Asphaltes  mag 
sich  unmittelbar  an  die  Kenntnis  der  von  Senebier  beobachteten  Tatr 
Sachen  geknüpft  haben,  obschon  man  dem  letzteren  ebenso  wenig  wie 
Hagemann  die  Ehre  dieser  Anerkennung  erwiesen  hat. 

Senebier  konstatierte,  daß  der  alkoholische  Auszug  von  den 
grünen  Pflanzenteilen  (Chlorophyll)  in  nur  halb  gefüllten  Flaschen  durch 
das  Sonnenlicht  schon  in  20  Uinuten  entfärbt  wird;  dagegen  widerstand 
die  Tinktur  in  vollkommen  angefüllten  und  luftdicht  verschlossenen 
Flaschen  der  stärksten  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  durch  vier  Monate 
vollkommen,  ebenso  wenn  die  grüne  Flüssigkeit  mit  Stickstoff  dem 
Lichte  exponiert  wurde.  Er  fand  ferner,  daß  die  BlkohoUscben  Tinkturen 
von  BlumenbUttem,  wie  Jonquillen,  Rosen,  Ranunkeln,  Safran,  im 
Lichte  mehr  oder  weniger  gebleicht  werden;  ebenso  die  Lösungen  von 
Drachenblut,  Cochenille,  Gelbholz,  Alkannawurzel,  SafQor,  Kermes, 
Gummilack  usw.  Die  rote  alkoholische  Dracbenblutlösung  verlor  die 
Farbe  gänzlich,  die  alkoholischen  Lösungen  von  Alkannawurzel,  Safflor, 
Kermes,  Cochenille  verwandelten  die  rote  Farbe  in  Gelb.    Die  wässerigen 


1)  Senebier,  .Hemoirei  physico-obimiques  sui  l'iaflaeDC  de  Ib  lamiere  solaire 
ponr  tnodifter  lea  etres  des  trois  regnsB  de  la  nature*.  Oaneve  1782.  Deutsche  Aus- 
gabe, Leipzig  1785.  Im  Auszüge:  ,Crells  NeoeBte  Eutdeokungen  iu  der  Cbemie''. 
1783.    XI,  211. 

2)  Senebier,  Deatscbe  Aueg^  (PhjBikalisch-ohemisobe  AbliandlaDgan  über 
den  EJDfluB  des  SonneDlicbtes).   II,  S.  2l2. 


74  Erster  Teil.    Zehntes  Kapitel. 

Lösungen  von  Alkanna,  Kermes  und  Cochenille  erlitten  (im  Oegensatz 
zu  der  alkoholischen)  keine  Veränderung  in  der  Sonne.  Die  Blumen- 
blätter der  Damaszener  Rose  färbten  Weingeist  ziegelrot;  diese  Tinktur 
wurde  im  Lichte  anfangs  violett,  dann  die  Farbe  ganz  zerstört;  einige 
Tropfen  Säure  hinderten  aber  die  Zerstörung  der  Farbe  in  der  Sonne. 
Die  Blumenblätter  der  Rosen,  welche  durch  das  Extrahieren  mit  Wein- 
geist weiß  geworden  waren,  gewannen  ihre  Farbe  wieder,  wenn  sie  an 
einem  finsteren  Orte  an  der  Luft  ausgebreitet  worden  waren,  welcher 
Prozeß  durch  Licht  beschleunigt  wurde;  über  Quecksilber  in  einer 
Atmosphäre  von  Stickstoff  aber  ging  diese  Regeneration  der  Farbe  nicht 
vor  sich,  selbst  nicht  im  Sonnenlichte.  Ähnlich  verhielt  sich  die  rote 
Haut  der  Pfirsiche  und  Pflaumen. 

Bei  diesen  Farben  Veränderungen,  namentlich  bei  den  •  Tinkturen 
aus  Blumenblättern,  wurde  die  Notwendigkeit  des  Lichtes  dadurch  nach- 
gewiesen, daß  die  Entfärbung  nicht  eintrat,  als  man  die  Wärme  eines 
Ofens  statt  Sonnenlicht  einwirken  ließ.  Auch  die  Entfärbung  des  Blatt- 
grüns war  bei  60  Grad  C.  bei  Lichtausschluß  nicht  zu  bewirken. 

Senebier  beobachtete,  daß  die  Öle  am  Lichte  zähflüssig  und 
schmierig  und  zugleich  gebleicht  werden;  daß  gelbes  Elfenbein,  gelbe 
Seide  und  Wachs  an  der  Sonne  bleichen.  Auch  die  Veränderlichkeit 
der  Malerfarben  bespricht  Senebier  und  erwähnt,  daß  Zinnober  unter 
Wasser  in  der  Sonne  in  kurzer  Zeit  mißfarbig  wird.^)  Er  fügt  hinzu, 
daß  die  Wasserfarben  der  Maler  der  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen 
weit  besser  widerstehen,  wenn  sie  mit  einer  Hausenblasenauflösung 
bedeckt  und  dann  gefimist  werden,  als  wenn  sie  ohne  Hausenblase 
gefirnist  werden. 

Weißer  Salpetergeist  (Salpeteräther)  wird  nach  Senebier  im  Liebte 
gelb  und  noch  flüchtiger,  d.  h.  bildet  salpetrige  Säure. 

Über  die  Veränderungen  des  Cblorsilbers  im  Lichte  äußert  er  sich 
sehr  ausführlich: 2)  Das  in  einem  durchsichtigen  verschlossenen  Glase 
befindliche  Homsilber  fing  schon  nach  einigen  Sekunden  an,  sich  violett 
zu  färben;  nach  einer  Minute  hatte  diese  Farbe  an  Intensität  zugenommen^ 
drang  aber  nicht  tief  in  die  Masse  des  Silbers  ein;  nach  Verlauf  von 
einer  Stunde  war  sie  in  eine  Umbrafarbe  übergegangen  und  erhielt  nun 
keine  weiteren  Veränderungen  mehr.  Nur  das  Sonnenlicht  brachte  sie 
hervor,  denn  wenn  man  solches  vollkommen  abhält  und  das  Hornsilber 
dann  der  Hitze,  der  Kälte,  der  Feuchtigkeit  oder  sehr  trockener  Luft 


1)  Senebier,  Deutsche  Ausgabe  (Physikalisch -chemische  Abhandlungen  tLb$ar 
den  Einfluß  des  Sonnenlichtes).    III,  S.  12,  82,  92,  104,  108. 

2)  Ibid.  III,  S.  94. 


Von  PrieeUey  (1777)  bis  Senebier  (1782)  usw.  75 

aussetzt,  ja  selbst  es  ia  die  Toricellische  Leere  bringt,  so  bleibt  es  toU- 
kommen  weiß.  Wenn  man  es  aber  in  einen  so  schwach  erleuchteten 
Raum  bringt,  wo  das  Licht  einen  so  geringen  Zutritt  hat,  daß  man 
kleine  Schrift  kaum  darin  lesen  kann,  so  wird  das  Homsilber  erst  nach 
Verlauf  von  8 — 10  Tagen  gefärbt.  Ließ  man  durch  eine  Sammellinse 
konzentriertes  Licht  auf  das  Hornsilber  fallen,  so  färbte  es  sich  augen- 
blicklich. Legte  man  auf  letzteres  ein  bis  drei  Stücke  feines  Papier 
und  ließ  es  von  der  Sonne  bescheinen,  so  färbte  sich  das  Homsilber 
nach  einigen  Minuten;  unter  yier  Blättern  färbte  es  nicht  mehr. 

Ein  Stück  Nußholz  von  V^  Linie  Dicke  verhinderte  die  Färbung 
des  Homsiibers,  auf  welchem  es  lag;  aber  ein  Stuck  Tannenholz  von 
derselben  Dicke  ließ  die  Färbung  zu,  ohne  Zweifel  wegen  seiner  größeren 
Poren  im  Vergleich  zum  Nußholz.  Zwölf  Olastafeln  von  7i  Linie  Dicke 
verzögerten  nur  die  Färbung,  ohne  sie  aufzuhalten.  Auch  2  Zoll  Wasser 
zwischen  zwei  Glastafeln  hinderten  nicht,  daß  das*  Homsilber  sich  nach 
3  Minuten  violett  färbte. 

Bezüglich  der  Wirkung  des  Sonnenspektrums  fand  Senebier  (in- 
dem er  die  Versuche  in  einem  verdunkelten  Zimmer  vornahm),  daß  das 
Hornsilber 

vom  violetten  Lichte  innerhalb  15  Sekunden 

„     purpurfarbenen  Lichte  „         25         „ 

„     blauen  „  „         29         „ 

„    grünen  „  „        37        „ 

„    gelben  „  „  S'/j  Minuten 

„     orangefarbenen      „  „         12  „ 

„     roten  „  „         20  „ 

gefärbt  werde.  Die  drei  letztgenannten  Farben  brachten  nie  eine  so 
intensive  Färbung  wie  Violett  hervor.  Senebier  bemerkt  auch,  daß 
die  Farben  des  Prismas  dem  Hornsilber  zwar  eine  violette  Farbe  mit- 
teilen, die  aber  mehr  einen  Stich  ins  Blaue  hat  und  daß  diese  Farbe 
desto  heller  wird,  je  weniger  brechbar  die  Strahlen  sind  (gegen 
Rot  zu).  Dadurch  war  die  erste  Andeutung  gegeben,  daß  sich  das 
Cblorsilber  in  den  Spektralfarben  verschiedenfarbig  förbt  und  Senebier 
erscheint  somit  als  der  erste  Vorläufer  der  Seebeckschen  Entdeckung, 
daß  das  Spektrum  auf  Cblorsilber  sich  in  seinen  natürlichen  Farben 
reproduziert.  Außerdem  beobachtete  er,  daß  das  durch  rot  und  violett 
gefärbte  Flüssigkeiten  dringende  Licht  einen  großen  Teil  der  Wirksam- 
keit auf  Chlorsilber  verloren  hat 

Diese  Erscheinungen  erklärte  Senebier  dadurch,  daß  das  Licht 
ähnlich  wie  das  „Brennbare"   wirke,  d.  b.   analog  „dem  Dampf  der 


76  Erster  Teil.    Zehntes  Kapitel. 

Schwefelleber  und   der  Kohlen",    mit  anderen   Worten,   er   faßte    die 
chemische  Lichtwirkung  als  Reduktion  auf. 

Das  exakte  Studium  der  chmischen  Wirkungen  des  Lichtes  im 
18.  Jahrhundert  erreichte  mit  Senebier  den  Höhepunkt;  in  seinen 
Schriften  sind  ebenso  viele  als  wertvolle  selbständige  Beobachtongmi 
niedergelegt,  welche  bis  zum  heutigen  Tage  ihren  vollen  Wert  behalten 
haben  und  größtenteils  später  gar  nicht  mehr  weiter  verfolgt  worden, 
so  daß  man  Senebiers  Schriften  als  wahre  Fundgruben  wenig  ge- 
kannter Tatsachen  bezeichnen  muß. 

Was  war  aber  aus  den  älteren  Beobachtungen  Schulzes,  Heilots 
usw.  geworden?  Dieselben  sind  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
nur  in  den  fernliegendsten  Literaturzweigen  fort  tradiert  worden  und 
vom  Hauptschauplatze  der  Chemie  und  Physik  verschwunden.  Dagegen 
hatte  sich  die  Magie  und  Tasehenspielerei  dieser  Erscheinungen  be- 
mächtigt und  in  dieser  Richtung  will  ich  einige  Proben  nachweisen. 

Wiegleb  schreibt  in  seinem  „Natürlichen  Zauberlexikon"  (3.  Auf- 
lage, 1784,  S.  458)  vor,  man  soll  zur  Herstellung  von  „sympathetischer 
Tinte  von  Silber"  in  folgender  Weise  verfahren:  „Es  wird  in  einem 
Quentchen  Scheidewasser  soviel  Silber  aufgelöst,  als  möglich  ist;  her- 
nach wird  die  Auflösung  mit  2  bis  3  mahl  soviel  destillirtem  Wasser 
vermischt  Die  Buchstaben,  welche  damit  auf  Fappier  geschrieben 
werden,  bleiben  nach  dem  Trocknen  unsichtbar;  legt  man  aber  das 
Pappier  an  die  Sonne,  so  werden  sie  bald  nach  Yerfliessung  einer 
Stunde  in  einer  schwärzlichen  Farbe  erscheinen."  Ferner  ist  die  in 
diesem  Werke  Seite  42  angegebene  Methode,  „das  Angesicht  schwarz 
zu  machen",  wegen  ihrer  Originalität  bemerkenswert:  ,;Man  bestreiche 
das  Angesicht  mit  Scheidewasser,  worin  fein  Silber  aufgelösst  worden, 
nachdem  man  diese  Auflösung  vorher  mit  sehr  vielem  (wenigstens 
100  mahl  so  viel)  Wasser  verdünnt  hat  und  lasse  sich  hernach  von  der 
Sonne  bescheinen:  so  wird  man  auf  eine  Zeit  lang  zum  Mohren  ge- 
macht^' In  ähnlicher  Weise  lautet  das  Rezept  Seite  514,  „Ebenholz 
nachzumachen'^,  indem  man  Holz  mit  Silberlösung  bestreicht  und  an 
der  Luft,  sonderlich  aber  an  der  Sonne  wohl  abtrocknet  und  schließli<d& 
mit  Wachs  poliert. 

Wer  erkennt  hier  nicht  sofort  die  Angaben  Glaub ers  von  1658 
und  Heilots  von  1727  wieder? 

In  Joh.  Sa m.  Halles  „Magie  oder  die  Zauberkräfte  der  Natur", 
1784  (I,  S.  148),  wird  ein  Verfahren,  mittels  „der  magischen  Kraft  der 
Sonne  eine  Schrift  mitten  in  einem  Wasserglase  schwarz  zu  zeichnen^, 
als  besonders  geeignet  zur  „Belustigung'^  empfohlen;  es  ist  hierin  int 


Von  PriesÜoy  (1777)  bis  Senebior  (1782)  usw.  77 

wörtlich  die  Entdeckung  Sohulzes  nacbgedrucbt  worden,  natürlich  ohne 
Nennung  dee  Autore. 

Derselbe  VOTsuch  wurde  auch  in  Poppes  „Neuem  Wunder- Schau- 
platz (1839,  I,  323)  anter  dem  Titel  „Wie  man  auf  eine  besondere 
Art  in  einer  Flässigkeit,  welche  sich  in  einem  Glase  befindet,  eine 
Schrift  zum  Vorschein  bringen  kann"  beschrieben. 

unzählige  Male  wurde  in  ähnlichen  Büchern  Hellots  sympathe- 
tische Tinte,  welche  am  Licht  erscheint,  beschrieben  und  die  I^rbung 
des  Elfenbeins  mit  Silberlösung  an  der  Sonne  war  unter  anderem  auch 
Accum  ein  willkommener  Seitrag  zu  seinen  „Chemischen  Unterhal- 
tungen" (1819,  S.  9),  in  welchen  auch  der  weiter  unten  erwähnte  Ver- 
such der  Reduktion  von  Gold  aus  seinen  Lösungen  durch  Eohle  in  der 
Sonne  (ursprünglich  von  Kumford  1798  herrührend)  zur  Unterhaltung 
empfohlen  wird, 

Ich  will  mich  hier  mit  der  Anführung  dieser  Proben  begnügen, 
so  verlockend  es  auch  ist,  die  Entwicklung  der  Pbotocbemie  bis  in  die 
entlegeneren  Winkel  der  Literatur  in  ausgedehntem  Maße  zu  verfolgen. 


ELFTES  KAPITEL. 

VON  SCOPOLI  (1783)  BIS  EUMFOED  (1798). 


Im  Jahre  1783  wurde  vom  Bergrat  Scopol!  in  Pavia  die  erste 
mir  bekannt  gewordene  Beobachtung  über  die  Veränderung  von  Biut- 
laugensalz  im  Lichte  veröfifentlicht.  ^)  Er  versetzte  eine  Lösung  von 
Blutlaugensalz  mit  etwas  Essigsäure  und  setzte  sie  dem  Sonnenlichte 
aus;  „die  Flüssigkeit  wurde  alsbald  grün  und  nach  15  Minuten  sonderte 
sich  etwas  Berlinerblau  ab''.  Ein  Teil  des  Berlinerblau  legte  sich  beim 
Fortsetzen  des  Versuches  an  das  Glas,  „dort,  wo  es  von  der  Sonne  be- 
rührt wurde",  fest  an.  Im  Finstern  schied  sich  bei  37  —  66  Grad  C. 
nichts  aus.  „Man  sieht  also  dadurch  die  Wirkung  des  Lichtwesens  auf 
die  färbende  Materie  aller  Körper",  schließt  Scopoli,  „von  welcher  sie 
ohne  Zweifel  einen  Bestandteil  ausmacht." 

Eine  wichtige  Entdeckung  auf  dem  Gebiete  der  Photochemie  machte 
Berthollet  im  Jahre  1785.  Er  sah  nämlich  aus  Chlorwasser,  welches 
im  Lichte  stand,  Gasbläschen  aufsteigen,  welche  er  als  „reinste  Lebens- 
luft" erkannte;  im  Finstern  konnte  er  selbst  bei  100  Grad  C.  diese  Zer- 
setzung nicht  herbeiführen.  ^)  Diese  Entdeckung  führte  elf  Jahre  später 
zur  Konstruktion  des  ersten  chemischen  Photometers  (s.  u.). 

In  seiner  Abhandlung  „De  Tinfluence  de  la  lumiöre"  sagt  nämlich 
Berthollet: 

„Alle  diese  Wirkungen  des  Lichtes  (d.  i.  auf  die  Vegetation,  auf 
Salpetersäure  und  Hornsilber)  hat  man  dem  Phlogiston  beigemessen, 
allein  weitere  Fortschritte  der  Chemie  haben  diese  Hypothese  unzu- 
reichend und  unnütz  gemacht."  Um  zu  ermitteln,  worin  eigentlich  die 
Wirkungen  des  Lichtes  bestehen,  stellte  er  mehrfache  Versuche  an: 

„Ich  habe  eine  mit  dephlogistinierter  Salzsäure  (Chlorwasser)  ganz 
angefüllte  Flasche,  deren  Hals  durch  eine  Röhre  mit  einem  pneuma- 
tischen Apparate  verbunden  war,  dem  Lichte  ausgesetzt;  bald  nachher 


1)  Crells  „Die  neuesten  Entdeckungen  in  der  Chemie",  1783.  YIII,  S.  1. 

2)  Histoire  de  TAcademie  Royale  des  Sciences.  Paris  1785.  S.  290.    Lichten- 
bergs Magazin.    IV,  S.  2,  40. 


Flüssigkeit  hervorbrechen  und  nach  Verlauf  einiger  Tage  fand  ich  in 
dem,  an  der  Köhre  befiodliehen  Gefäße  eine  gewisse  Quantität  eines 
Gases,  die  die  reinste  Lebensluft  war.  So  wie  sich  die  Luft  aus  der 
Säure  entwickelte,  so  verlor  sie  auch  ihre  gelbe  Farbe,  so  daß  sie  end- 
lich völlig  vie  reines  Wasser  anzusehen  war."  In  diesem  Zustsnde 
bleichte  sie  die  blauen  vegetabilischen  Farben  (Lackmus)  nicht,  sondern 
machte  sie  nur  rot  und  behielt  überhaupt  sehr  wenig  von  ihrem  Geruch, 
sie  brauste  mit  den  Alkalien  und  mit  einem  Worte,  die  dephlogistinierte 
Salzsäure  (Ghlorwasser)  war  nun  nichts  mehr,  als  gemeine  (Salzsäure, 
Chlorwasserstoff).  Durch  dieses  Verfahren  suchte  BerthoUet  auch  zu 
bestimmen,  wieviel  Salzsäure,  Wasser  und  Sauerstoff  vorhanden  sind. 

Eine  mit  schwarzem  Papier  umhüllte,  mit  derselben  Flüssigkeit 
gefüllte  Flasche  erlitt  keine  Änderung  und  „es  wurde  keine  Luft  ent- 
wickelt". Bei  100  Grad  C.  entwich  wohl  Chlorgas,  aber  dieses  wurde 
in  eine  Vorlage  ganz  von  kaltem  Wasser  verschluckt  und  gab  „keine 
Lnft";  der  Rückstand  im  Kolben  hatte  nicht  die  Eigenschaft,  mit  fixem 
Alkali  (Pottasche  usw.)  aufzubrausen.  Ein  zweiter  Kolben  mit  Chlor- 
wasser, welcher  direkt  auf  glühenden  Kohlen  erhitzt  wurde,  gab  neben 
entweichendem  Chlorgas  auch  ein  wenig  Sauerstoff  und  einen  Rückstand, 
welcher  mit  Alkalikarbonat  etwas  brauste.    (Anwesenheit  von  Salzsäure.) 

„Dieser  Versuch  zeigt  deutlich",  folgert  BerthoUet,  „daß  nicht 
allein  das  Licht  ganz  anders  als  die  Wärme  wirket,  sondern  daß  es 
auch  die  Eigenschaft  besitzet,  der  Lebensluft,  die  sich  im  gebundenen 
Zustande  befindet,  Elastizität  zu  geben  (gebundenen  Sauerstoff  gasförmig 
frei  zu  machen)  und  daß  hierin  seine  Torzügliciie  Wirkung  bestehet" 

Dies  fand  BerthoUet  durch  seine  Versuche  mit  Salpetersäure 
bestätigt,  aus  welcher  in  der  Sonne  sich  nach  einigen  Tagen  eine  be- 
trächtliche Menge  Sauerstoff  entwickelte,  während  in  der  Wärme,  nach 
seiner  Ansicht,  nur  „nitröses  Gas"  entwich. 

Im  Jahre  1786  vervollständigte  Scheele  seine  frühere  Angabe, 
sowie  die  Priestleys  über  die  Zersetzung  der  Salpetersäure  am  Lichte.') 
Er  beobachtete  nämlich  hierbei  die  Entwicklung  von  SauerstofTgas,  was 
ihm  früher  entgangen  war;  als  er  nämlich  den  Stöpsel  einer  in  der 
Sonne  gestandenen,  nicht  ganz  vollgefüllten  Flasche  öffnete,  entwich  mit 
Heftigkeit  ein  Gas,  welches  er  als  Sauerstoff  erkannte.  Dieser  Versuch 
fällt  in  das  Sterbejahr  des  berühmten  Scheele. 

1)  Scheele,  .ObaervatloD  aur  l'air  qni  se  degage  de  I'acido  nilrcux  expose  au 
soleü".  Joontal  de  Physiquc,  SXIX,  8.  231.  Creils  Chomischo  Annalen,  1786. 
St  4,  S.  332. 


80  Erster  Teil.    Elftes  Kapitel. 

Berthollet  wiederholte  den  Versuch  noch  in  demselben  Jahre 
und  bestätigte  ihn;  er  fand  auch,  daß  Phosphor  durch  Chlorwasser  im 
Lichte  rot  und  oxydiert  wird.  Von  hohem  Interesse  ist  seine  Beobach- 
tung, daß  Chlorsilber,  im  Wasser  belichtet,  Gasbläschen  bildet,  „allem 
Anscheine  nach  Lebensluft".  Das  Silber  soll  aber  nicht  zu  Metall 
reduziert  werden,  „sondern  noch  immer  etwas  Lebensluft  zurückhalte^." *) 

Die  betreffende  Stelle  lautet  wörtlich: 

„Setzt  man  Hornsilber,  mit  Wasser  übergössen,  dem  Lichte  aus, 
so  wird  die  Oberfläche  schnell  schwarz  und  es  reißen  sich  eine  Menge 
kleiner  Bläschen  von  unten  los,  die  allem  Anscheine  nach  Lebensluft 
sind . .  .  denn  diese  ist  nicht  fest  an  dem  Silberkalke  gebunden.  Der 
Silberkalk  ist  indessen  nicht  in  seinen  metallischen  Zustand  zurück- 
gekehrt, er  behält  noch  immer  etwas  Lebensluft  zurück"  .  . .  weil  die 
völlige  Eeduktion  der  Metalloxyde  zu  Metall  immer  nur  schwierig 
geschehe. 

Nach  diesen  Angaben  ist  Berthollet  der  erste,  welcher  die  An- 
sicht aussprach,  daß  im  Lichte  das  Silberchlorid  nicht  in  metallisches 
Silber,  sondern  in  Silberchlorür  oder  Silberoxychlorür  übergeht,  welche 
Meinung  später  oftmals  wieder  auftauchte. 

Aus  allen  seinen  Versuchen  schloß  er  nicht  allein,  daß  das  Licht 
ganz  anders  als  die  Wärme  wirkt",  sondern  daß  es  auch  die  Eigen- 
schaft hat,  „der  Lebensluft,  die  sich  im  gebundenen  Zustande  befindet, 
Elastizität  zu  geben  und  daß  hierin  seine  vorzüglichste  Wirkung  be- 
stehet", d.  h.  daß  es  gebundenen  Sauerstoff  gasförmig  frei  macht  Die 
Erklärungsversuche  der  Phlogistiker  erklärt  er  für  unzureichend  und 
veraltet. 

Übrigens  modifizierte  er  später  seine  Ansichten  hierüber  bedeutend  *) 
(siehe  unten). 

Bindheim  teilte  1787  mit,  daß  eine  Silberlösung,  welche  durch 
graues  Papier  filtriert  wurde,  rascher  etwas  metallisches  Silber  ausscheide^ 
als  sonst.  3) 

Robinson  suchte  experimentell  zu  erforschen,  ob  die  Salpeter- 
säure durch  denselben  „GrundstofT  des  Lichtes"  dampfend  (d.  i.  gelb  und 


1)  Joarnal  de  Physique,  1786.  XXIX,  S.  82.  Lichtenbergs  Magaziii^ 
IV,  2,  40. 

2)  «Essai  de  statique  chimique^  1803.  Im  Auszuge:  Landgrebe,  ,Über  das 
Licht*,  1834.   S.  7. 

3)  Chemische  Annalen,  1787.  Auch:  Taschenbuch  für  Scheidekünstler  und 
Apotheker  auf  das  Jahr  1788,  S.  23.  Diese  Stelle  nimmt  nur  indirekt  Bezug  auf 
die  Photographie;  sie  steht  aber  mit  dem  Verderben  der  Silberbäder  durch  sohleohte 
Filtrierpapiere  im  Zusammenhang,  weshalb  ich  sie  hier  aufnehme. 


rtiQClimdJ    gl  ••       f     uuica     ntuuuDU     i  aiiUDi        <><i     u        i        ~.ai> 

werden.  Er  ließ  daa  SoDnenlicht  durch  ein  mit  farbloser  Salpete  ire 
gefQllteB  Olas  ftilleii  und  dann  auf  Silbemitrat  (-Papier?)  einwirken, 
indem  er  erwartete,  daß  das  Sonnenlicht  keine  oder  eine  schwächere 
WiikoDg  auf  das  Silbersalz  ausüben  werde,  wenn  es  bereits  eine  dieser 
WirknngeD  hervorgebracht  hätte.  In  der  Tat  fand  er  eine  merkliche 
Termindemng  der  Wirkung  des  Lichtes,  durch  die  Einschaltung  der 
Salpetersäure.  Leider  muBte  Robinson  im  Jahre  178?  seine  Experi- 
mente infolge  seiner  zerrütteten  Gesundheit  unterbrechen.') 

Es  läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  Bobinson  schon  ganz  deutlieh 
jene  Idee  aufgefaßt  hatte,  welche  viel  später  Draper  u.  a.  zur  Auf- 
stellung des  Satzes  bewogen,  daij  vom  Licht  bei  einer  chemischen 
Aktion  ein  Teil  seiner  Strahlen  ausgelöscht  und  demselben  teilweise 
oder  ganz  die  Fähigkeit  genommen  wird,  dann  noch  weitere  chemische 
Wirkungen  herTorzubringen. 

Im  Jahre  1788  beschäftigte  sich  Chaptal  wieder  mit  den  Salz- 
regetationen  und  gab  an,  die  metallischen  Salze  (Eisen-,  Zinkvitriol) 
vegetieren  besonders  an  der  dem  Lichte  zugewendeten  Seite. 

In  seiner  Abhandlung  „über  den  Einfluß  der  Luft  und  des  Lichtes 
auf  die  Vegetation  der  Salze"^)  erwähnt  Chaptal:  .,Es  ist  wirklich  eine 
sehr  auffallende  Erscheinung,  wenn  man  sieht,  daß  die  verschiedenen 
aufgelösten  salzigten  Stoffe  an  den  Wänden  hinaufklettern  .und  sich  am 
Ende  sogar  über  den  Rand  derselben  hinstürzen.  Diese  von  der  Kri- 
stallisation himmelweit  veischiedene  Erscheinung,  die  sich  nicht  im 
flüssigen  Wesen  ereignet,  sondern  beim  bereits  gebildeten  Salze  erstlich 
sichtbar  wird ,  wenn  es  sein  Eristallisationswasser  verloren  hat,  ist,  was 
ich  die  „salzigte  Vegetation"  nenne." 

Bei  den  Arbeiten,  die  Chaptal  in  seiner  OFSzin  im  Großen  vor- 
nahm, bemerkte  er  gewöhnlich,  daß  die  Salze,  besonders  die  metallischen, 
an  der  dem  lichte  entgegengesetzten  Seite  vegetieren.  Dies  erregte  seine 
Aufmerksamkeit  und  die  Neigung,  eigene  Versuche  deshalb  anzustellen. 
Er  nahm  zu  diesem  Ende  mehrere  gläserne  Schalen,  von  welchen  er 

1)  Bnohners  und  Kastners  ßopertorium  für  die  Pharmazie,  1822.  XIII,  44, 
■US  Blacks  Vorles.  I,  412.  RobiasoQ  eraähnto  ferner:  ,.£s  würde  zwockniäBig 
Min,  die  Bchwärzeade  Er&ft  der  Sonnenstrahlen,  die  duroh  Ssipetersiure  gegangen 
^d,  mit  d«r  jener  zq  vergleichen,  welche  durch  ebensoviel  Wasser  kommen.  Die 
fitrahlsD  wirken  bedeutend  auf  die  entere,  alwr  nicht  nuf  das  letztere."  —  NB.  Die 
Publikation  der  Tersache  Robinsons  datiert  ungefähi  10  Jahre  später  als  die  An- 
■tellnng  derselben. 

2)  ,,  Observation B  sur  l'influence  de  l'air  et  de  la  lumiere  dans  la  Vegetation 
d«s  mIs."  Jounal  de  Fhysiqne,  1TS6.  XXXIII,  S.  207.  Lichtenbergs  Magazin. 
Tn,  8. 1Ö3. 

Bdfli,  HMaocä  da  Phologi^hi*.   I.  Teil,   'A.  Aufl.  6 


80 


Erster  Teil.    Elftes  Kapital. 


BerthoUet  wiederholte   den  Versuch  no' 
und  bestätigte  ihn;  er  fand  auch,  daß  Fbosphr 
Lichte  rot  und  oxydiert  wird.    Von  hohem  Int 
tung,  daß  Cliloreilber,  im  Wasser  belichtet,  < 
Anscheine  nach  Lebensluft".     Das  Silber 
reduziert  werden,  ^sondern  noch  immer  etwa' 

Die  betreffende  Stelle  lautet  wörtlich: 

„Setzt  man  Homaiiber,  mit  Wasser 
so  wird  die  Oberfläche  schnell  schwan  i 
kleiner  Bläschen  von  unten  los,  die  all 
sind . .  .  denn  diese  ist  nicht  fest  an  d 
Silberbalk  ist  indessen  nicht  in  sein< 
gekehrt,  er  behält  noch  immer  etwa.-' 
völlige  Reduktion  der  Metallozyde 
geschehe.  ., 

Nach  diesen  Angaben  ist  Be^  i.in 

sieht  aussprach,  daß  im  Lichte  d 
Silber,  sondern  in  SüberchlorQr  v 
Meinung  später  oftmals  wieder  » 

Aus  allen  seinen  Versuch' 
ganz  anders  als  die  Wärme  v 
Schaft  hat,  „der  Lebenslott,  d' 
Elastizität  zu  geben  und  da' 
stehet",  d.  h.  d&B  ea  gebnnri 
ErklärangBTersnche  dn  Pb 
veraltet. 


.-,  ,|ie  Ve?"*?' 

•  !iv   der  Sclia'^ 

liist  allen  Auf' 

ilmllj    24  Stundi'Ti 

■  ■;t,  bloß   an  der  or- 

:   .iiiiikicn  Stellen  aucli 

[|ir  dergleichen  zeigte. 

i^iiiiul  solche  Grenzlinien 

:.iiach  die  Vegetation  am 

■  :■:>  Salzarten  (Metall-,  Erd- 

..    K'.;?lVr-.    Zinkvitriol,     Soda, 

-  '\xS.  Salpeter,  üeersalz,  Zinn- 

:  :~:  ä«ner  Vegetation  annimmt, 

■  Ur:  bald  Krusten  oder  Blätter- 

iLecc-jE  bildeten,  oder  sicli  kon- 


Übrigens  modifiztt " 
(siehe  unten). 

Bindheim  teilt< 
graues  Papier  filtriert 
i  sonst  *^ 

Robineon  n 
säiire  darvh  dcoea' 


lii;  Wiriuns  von  Licht  ankommt, 
izi  vüe  Verdoustimg  ermöglicht 
■»iTüe  aber  von  Chaptal  durch 


■  rtTÄ  auf: 

-vsz-i^^haft  znischen  Luft,  Uclit 
•  il<se  letzteren  emporhebt  und 
«secwirienr  Ist  dies  eine  wlrk- 
r  lisrin  der  Luft  und  des  Lichtes 
r»cw  wagte  aber  Chaptal  nicht 
i  &^sS  des  Lichtes  auf  Vegetation 


i.i*-f*aif  Ciiptals  im   Februar    1789 
*  „.„j^  kitüfnstffa^i'  Natur,  daß  nämlich 

^»A^  **•«  *  *•  l»wie.'    Jouniil  de  Phy- 


-opoli  (1783)  bis  Rumford  (1798).  81$ 

'^'^obachtiingen  über  Salzvegetation  der 

"**  zwei  Abhandlungen,  denselben 

"^Rr  letztere  habe  ebenfalls 

.  nämlich  daß  Luft  und 

und  gefunden,  daß  der- 

1   einer  unmerklichen  Ver- 

Nach  Diz6  sollen   die  Vege- 

I   statten  gehen.     Durch  diese 

■  die  Salzvegetation  an  den  vom 

.lul   besser  vor   sich  geht,    als    im 

M'tersäure  kam  Priestlov  1789  noch- 

."  Salpetersäure  sich   in   der  Hitze  auch 

■"  dieses,  für  uns  hier  nicht  weiter  inter- 

='».    <laß    die   Dämpfe   von  Wasser,  Weingeist, 

■iKiero   von  Kampher  sich  an   den  Wänden  von 

>tärksten  niederschlagen,   wo  letztere  vom  Lichte 

>   Angaben   über  das  Verhalten  des  Chlorwassere  im 
iiissure  1790  zur  Konstruktion  des  ersten  chemischen 
>i  an.=') 

u-c   ß6noit   de   Saussure    (*  1740   in  Couches   bei    Genf, 
..  (ienf)  war  Professor  in  Genf  und  machte  sich   hochverdient 
Koülogie,  Physik  der  Erde,  Pflanzengeographio  und  erstreckte 
•gründlichen  Studien  namentlich  auf  die  Höhen  der  Alpen.    Wegen 
incr  Verdienste  um  die  Erforschung  der  Alpen  wurde  Saussure  ein 
Denkmal  in  Chamonix  in  Frankreich  gesetzt,  welches  in  Fig.  18  (nach 
einer  Photographie  von  JuUieu  Fröres  in  Genf)  abgebildet  ist  und 
bei  welchem  ein  Bergführer  an  der  Seite  des  Forschers  auf  den  Gipfel 
des  Montblanc  weist.    Er  machte  Versuche  zur  Messung  der  Sonnen- 
strahlen auf  hohen  Bergen  und  beobachtete,  daß  die  Quantität  der  Gas- 
entwicklung mit  der  Intensität  des  Lichtes  gleichen  Schritt  halte  und 


1)  Philosophical  Transactious.  1870.  134.  Grens  Journal  der  Physik,  1790. 
II,  94,  350. 

2)  Annales  de  Chimie,  1790.  II,  S.  92.  Grens  Journal  der  Physik,  1790. 
I,  497.  Grolls  Chem.  Annal.  1790.  1,  r>4ü.  Er  machte  auch  die  Beobachtung,  daß 
der  Laubrrosch,  im  Finstem  gehalten,  ein  dunkleres  Grün  annimmt. 

3)  „Effets  chimiques  de  la  lumiore  sur  une  haute  montague  compares  avec  ceux. 
qa*on  observe  dans  les  plaines.*^  Memoires  de  TAcadcmio  de  Turin,  1790.  IV,  S.  441. 
Crells  Chemische  Annalen,  179G.   I,  350. 


82  Erster  Teil.    Elftes  Kapitel. 

jede  zur  Hälfte  oben  und  unten  mit  schwarzem  Taffet  belegte.  Diese 
Schalen  füllte  er  mit  Salzlösungen  und  setzte  sie  auf  Tische  in  einem 
wohlverschlossenen  Zimmer,  welches  nur  Licht  durch  eine  kleine,  in 
den  Vorhang  gemachte  Öffnung  erhielt.  Die  Gefäße  waren  dabei  so  an- 
geordnet, daß  bloß  die  unbedeckten  Teile  das  Licht  auffangen  konnten, 
während  die  bedeckten  in  einer  fast  gänzlichen  Finsternis  lagen.  Der 
Luftzug  war  möglichst  vermieden,  indem  er  Zimmer  ohne  Kamine  wählte 
und  alle  Ritze  in  Türen  und  Fenster  auf  das  sorgfältigste  verstrich. 

Chaptal  stellte  über  200  Versuche  an  und  fand,  daß  die  Vege- 
tation sich  nirgends  anders,  als  an  der  erleuchteten  Seite  der  Schale 
zeigt.  Diese  Erscheinung  war  so  auffallend,  daß  bei  fast  allen  Auf- 
lösungen die  Salze  in  einigen  Tagen,  ja  oft  innerhalb  24  Stunden 
mehrere  Linien  über  die  Oberfläche  der  Flüssigkeit,  bloß  an  der  er- 
leuchteten Stelle  erhoben,  während  sich  an  den  dunklen  Stellen  auch 
nicht  die  mindeste  Spur  irgend  einer  Kruste  oder  dergleichen  zeigte. 
Am  strengsten  beobachteten  Eisen-  und  Zinkvitriol  solche  Grenzlinien 
und  an  den  hellsten  Stellen  war  auch  gewöhnlich  die  Vegetation  am 
stärksten.  Es  wurden  in  dieser  Eichtung  viele  Salzarten  (Metall-,  Erd- 
und  Alkalisalze)  untersucht.  (Eisen-,  Kupfer-,  Zinkvitriol,  Soda, 
schwefelsaures  Kali,  Alaun,  essigsaurer  Kalk,  Salpeter,  Meersalz,  Zinn- 
salz usw.)  Die  Gestalt,  die  jedes  Salz  bei  seiner  Vegetation  annimmt, 
bot  sehr  sonderbare  Verschiedenheiten  dar:  bald  Krusten  oder  Blätter- 
chen,  bald  Nadeln,  welche  Netze  und  Maschen  bildeten,  oder  sich  kon- 
zentrisch vereinigten  oder  Quasten  bildeten  usw. 

Daß  es  hierbei  nicht  nur  auf  die  Wirkung  von  Licht  ankommt, 
sondern  daß  auch  die  Luft  zutreten  und  die  Verdunstung  ermöglicht 
sein  muß,  ist  wohl  selbstverständlich,  wurde  aber  von  Chaptal  durch 
eine  Reihe  von  Experimenten  bewiesen. 

Schließlich  wirft  Chaptal  die  Fragen  auf: 

„Ist  es  wohl  eine  Art  von  Verwandtschaft  zwischen  Luft,  Licht 
und  den  salzigen  Substanzen,  welche  diese  letzteren  emporhebt  und 
macht,  daß  sie  ihrer  Schwerkraft  entgegenwirken?  Ist  dies  eine  wirk- 
liche Art  von  Lebenskraft,  welche  der  Zutritt  der  Luft  und  des  Lichtes 
erweckt?"     Die  Beantwortung  dieser  Fragen  wagte  aber  Chaptal  nicht 

Diz6  dagegen  sah  1789  keinen  Einfluß  des  Lichtes  auf  Vegetation 
der  Salze  im  luftleeren  Eaume.  *) 

Er  machte  über  die  Abhandlung  Chaptals  im  Februar  1789 
mancherlei   Bemerkungen,    zunächst    historischer   Natur,    daß   nämlich 


1)  ^Sur  la  cristallisatioQ  des  sels  par  raction  de  la  lumiere.**    Joamal  de  Pby- 
sique,  1789.   XXXIV,  S.  105.    Voigts  Magazin.  VH,  S.  61. 


Akademie  vorgelegt  und  daB  Petit  1722  zwei  Abhandlungen,  denselben 
Gegenstand  betreffend,  veröffentlicht  habe.  Der  letztere  habe  ebenfalls 
dieselbe  Schlußfolgerung  wie  Chaptal  gezogen,  nämlich  daß  Luft  und 
licht  zu  dieser  Operation  unentbehrlich  seien  und  gefunden,  daß  der- 
gleichen Vegetationen  nicht  anders,  als  bei  einer  unmerklichen  Ter- 
dampfung  der  Flüssigkeiten  statt  haben.  Nach  Diz6  sollen  die  Vege- 
tationen auch  im  Dunkeln  sehr  gut  von  statten  gehen.  Durch  diese 
Versuche  ist  aber  nicht  widerlegt,  daß  die  Salzvegetation  an  den  vom 
Lichte  getroffenen  Stellen  rascher  und  besser  vor  sich  geht,  als  im 
Dunkeln. 

Auf  die  Zersetzung  der  Salpetersäure  kam  Priestley  1789  noch- 
mals znrUck  und  fand,  daß  die  Salpetersäure  sich  in  der  Hitze  auch 
ohne  Licht  färbe  und  Btudierte  dieses,  für  uns  hier  nicht  weiter  inter- 
essante Verhalten  näher.'] 

Dorthes  fand  1790,  daß  die  Dämpfe  von  Wasser,  Weingeist, 
Äther  usw.  und  insbesondere  von  Kampher  sich  an  den  Wänden  von 
Qlasgefäßen  dort  am  stärksten  niederschlagen,  wo  letztere  vom  Lichte 
getroffen  werden,*) 

Berthollets  Angaben  über  das  Verhalten  des  Ghlorwassers  im 
Lichte  regten  Saussure  1790  zur  Konstruktion  des  ersten  chemischen 
Photometers  an.'O 

Horace  B6noit  de  Saussure  (•  1740  in  Couches  bei  Genf, 
•f-1799  in  Genf)  war  Professor  in  Genf  und  machte  sich  hochverdient 
um  die  Geologie,  Physik  der  Erde,  Pflanzengeographie  und  erstreckte 
seine  gründlichen  Studien  namentlich  auf  die  Höhen  der  Alpen.  Wegen 
seiner  Verdienste  um  die  Erforschung  der  Alpen  wurde  Saussure  ein 
Denkmal  in  Chamonix  in  Frankreich  gesetzt,  welches  in  Fig.  18  {nach 
einer  Photographie  von  Jullieu  FrÖres  in  Genf)  abgebildet  ist  und 
bti  welchem  ein  Bergführer  an  der  Seite  des  Forschers  auf  den  Gipfel 
des  Montblanc  weist  Er  machte  Versuche  zur  Messung  der  Sonnen- 
strahlen auf  hohen  Bergen  und  beobachtete,  daß  die  Quantität  der  Gas- 
entwicklung mit  der  Intensität  des  Lichtes  gleichen  Schritt  halte  und 


1)  Philosopbical  Traosactiona.  187Ö.  134.  Grens  Journal  der  Physik,  1T90. 
U,  94,  350. 

2)  AnndeB  de  Chimie,  1790.  11,  S.  92.  Grens  Journal  der  Physik,  1790. 
I,  497.  Crella  Cbein.  Ännal.  1790.  1,  .W6.  Er  machte  auch  die  Beobachtung,  daß 
der  Laa'bfrosch,  im  Fiugtern  gehalten,  ein  duoklcros  Grün  annimoit. 

3)  ,ERets  cbiniqnes  de  la  luraiöre  sur  une  haute  moutagee  compares  avec  ceux. 
qa'on  observe  dans  les  plaineB."  Memoirea  de  rAoademie  de  Turin,  1700.  IV,  S.  441. 
Örells  CbemiBche  Annalen,  1796.    I,  350. 

6* 


84 


Enter  Teil.    EIFtes  Kapitel. 


schlug  vor,  auf  diese  Reaktion  bin  ein  Pbotometer  zu  konstruieren. 
Auf  dem  Montblanc  zersetzte  sich  das  Chlorwasser  wegen  der  größeren 
Intensität  des  Lichtes  schneller,  als  unter  sonst  gleichen  Umständen  in 


der  Ebene.  Bekanntlich  griff  in  neuerer  Zeit  (185Ö)  Witwer  wieder 
auf  die  Verwendung  des  Chlorwassers  zur  Photometrie  zurück;  die 
Priorit&t  der  Idee  gebührt  8aussure,  worauf  der  Verfasser  dieser  ( 


T  dieser  Qt^m 


schichte  zuer  .  , 

ohemiscben  Lichtm.,.ang  genannt  zu  werden  verdient,  untereucbte  auch 
die  Wirkong  des  Lichtes  auf  farbige  Körper  auf  dem  Giganti  und  zu 
Cbamonix  und  zwar  wählte  er  die  unten  erwähnten  geerbten  Stoffe 
auf  Senebiere  Bai  Dieselben  wurden  von  11  bis  2  übr  der  Sonne 
ausgesetzt  In  der  Tat  waren  DitTerenzen  bemerklieb,  die  Saussure 
ziffernmäßig  ausdrückte,  indem  er  nach  Grundsätzen  verfuhr,  deren  er 
sich  bei  der  Konstruktion  des  Cyanometers  und  Diaphanometers  bediente. 


auf  dem  Oiganti 

Blaßrosenrotes  Seidenband  .    .    . 

2,45 

2,73 

Hocbrosenrotes         „ 

6,43 

8,86 

Violettes 

Blaues                       „ 

0,61 
1,16 

2,05 

Grünes                      „ 

0,93 

— 

Grünes  Papier    .... 

1,43 

7,68 
0,61 

Himmelblaues  Papier  .    . 

0,61 

Berberitzenbolz  .... 

5,46 

9,11 

mittlere  Zahlen     2,83  5,17 

Alle  Farben  bleichten  aus;  nur  Berber! tzenholz  und  grünes  Papier 
wurden  braun.  Auf  dem  Berge  war  also  die  Lichtwirkung  entschieden 
energischer  als  in  der  Ebene.  Daß  nicht  alle  Farben  im  selben  Ver- 
hältnis gleich  rasch  verändert  werden  (z.  B.  grünes  Papier  5  bis  6  mal 
mehr,  blaues  dagegen  in  beiden  Fällen  gleich),  glaubt  Saussure  darauf 
zurückführen  zu  können,  daß  bei  gewissen  Farben  der  Feuchtigkeits- 
gehalt eine  größere  Bolle  spielt  als  bei  anderen. 

Auch  Senebier  trat  jetzt  wieder  mit  pbotochemiscben  Ver- 
suchen hervor  und  studierte*}  die  Rolle,  welche  die  Luft  bei  der  Ver- 
änderung der  Ole  im  Lichte  spielt.  Er  setzte  am  26.  April  1790 
reines  Baumöl ,  teils  bei  Luftabschluß  und  teils  bei  Luftzutritt  der  Ein- 
wirkung des  Lichtes  aus.  Das  Baumöl  wurde  bald  braun,  dann 
vrieder  weiß,  wurde  sehr  ranzig  und  zähflüssig  {nach  ungefähr  einem 
Uoaat);  später  erlitt  es  keine  weitere  Umwandlung  mehr;  bei  Luftaus- 
schluß zeigte  sich  nach  fast  einem  Monat  noch  gar  keine  Veränderung, 
dann  setzte  sich  eine  grüne  Materie  ab  und  noch  später  erfolgte  eine 
Vffländerang,  welche  der  vorherbeschriebenen  gleich  ist.  Er  folgerte: 
„Das  Licht  b^Unstigt  die  Verbindung  des  Sauerstoffes  mit  dem  öle, 

1)  Eder,  Photogr.EorreBpoudeDZ.  1881.  S.  128.  —  Später  schrieb  C.Chiatoai 
eine  historiBoho  Studie  über  Saussnro  und  die  Aktinometrie  (Beiblätter  z.  d.  A.DDal. 
d.Fh;«ik.  1S03.  S.386). 

2)  Amul.  de  Cbim.  Bd,  U,  S.  89.    Crella  Chemisclie  AnntdeD,  1T96.  I,  S.  71. 


86  Erster  Teil.     Elftes  Kapitel. 

weil  es  schneller  an  der  Luft  und  dem  Lichte  zugleich  als  durch  Luft 
an  einem  dunklen  Orte  verdickt.  Es  scheint,  daß  das  bloße  Licht  allein 
das  öl  nicht  ranzig  macht,  so  lange  der  Zutritt  der  Luft  nicht  statt- 
findet." Ferner  sagt  er:  „Ich  bemerkte,  daß  die  fetten  öle,  die  leicht 
gefrieren,  besonders  Baumöl,  das  bei  7  —  8  Grad  R.  schon  gefriert, 
nicht  bei  —  50  Grad  R.  gefror,  nachdem  es  während  des  Sommers 
der  Wirkung  der  Luft  und  des  Lichtes  ausgesetzt  worden  war;  da- 
durch nähert  es  sich  den  trocknenden  Ölen,  die  nur  sehr  schwer  ge- 
frieren.'* 

Im  Jahre  1791  veröffentlichte  Berthollet  sein  wichtiges  Werk 
über  Färberei  und  Bleicherei  unter  dem  Titel  „E16ments  de  Tart  de  la 
teinture",  Paris.  ^)  Darin  wird  mit  Rücksicht  auf  den  Bleichprozeß  mit 
Chlor  gezeigt,  daß  beim  Ausbleichen  der  organischen  Farbstoffe  der 
Sauerstoff  eine  große  Rolle  spiele,  indem  er  sich  mit  den  Farbteilen 
vereinige,  gewissermaßen  verbrenne  und  blasser  mache. 2)  Berthollet 
setzte  die  Versuche  Senebiers  fort  und  suchte  zu  ermitteln,  ob  beim 
Zerstören  der  Farbstoffe  im  Lichte  Sauerstoff  absorbiert  werde  oder 
nicht.  Er  füllte  ein  Fläschchen  zur  Hälfte  mit  einer  alkoholischen  Auf- 
lösung von  Blattgrün  und  stellte  dasselbe  umgestürzt  in  Quecksilber; 
als  er  dasselbe  dem  Sonnenlichte  aussetzte,  wurde  die  Farbe  zerstört 
und  zugleich  war  das  Quecksilber  in  der  Flasche  gestiegen:  „Der  Sauer- 
stoff war  demnach  absorbiert  worden  und  hatte  sich  mit  den  Farbteilen 
verbunden."  Weiter  sagt  er:  „Befindet  sich  in  dem  Glase,  worin  die 
Flüssigkeit  enthalten  ist,  kein  Sauerstoffgas,  so  zeigt  das  Licht  keine 
Einwirkung  auf  die  Farbteile;  das  Stickgas  erleidet  keine  Verminde- 
rung"... „Ich  setzte  Lackmustinktur,  sowohl  im  Dunkeln,  als  im  Lichte, 


1)  Deutsche  Übersetzung  von  Göttling  unter  dem  Titel  ^Handbuch  der  Färbe- 
kunsf*.  Jena  1792.  Zweite  französische  Ausgabe  1804  und  deren  deutsche  Über- 
setzung (von  Gehlen),  Berlin  1806. 

2)  BerthoUets  Entdeckung  der  Chlorbleiche  hatte  die  nachhaltigsten  Folgen 
für  die  Entwicklung  der  Bleicherei.  Hier  erwähne  ich  einer  nebensächlichen  Kleinig- 
keit, welche  wohl  nur  entfernt  in  das  Gebiet  der  Photographie  einschlägt:  das  Bleichen 
alter  vergilbter  Kupferstiche  usw.,  welche  photographisch  reproduziert  werden  sollen. 
Hierüber  sprach  sich  schon  Göttling  1791  und  Madame  Massen  1795  aus 
(Scherer,  Allgemeines  Journ.  d.  Chemie,  1799.  II,  2,  500)  und  in  dem  ^Handbuch 
für  Fabrikanten,  Künstler,  Handwerker  usw.**  (oder  das  Neueste  und  Nützlichste  der 
Chemie),  1799.  II,  12,  ist  unter  dem  Titel  „Anwendung  der  dephlogistinierten  Salz- 
säure zum  Bleichen  der  Kupferstiche,  alten  Bücher  usw.»*  das  Verfahren  sehr  ein- 
gehend beschrieben:  Man  legte  das  Blatt  in  Chlorwasser  durch  ^U  —  ^U  Stunde,  nahm 
behutsam  heraus,  zog  durch  frisches  Wasser  und  trocknete  in  Löschpapier  eingeschlagen 
zwischen  zwei  Brettern.  —  Später  wurde  dieses  Verfahren  unzählige  Male  nach- 
erfanden. 


lange  Zeit  UQveräodert  und  verminderte  nicht  das  Gas,  die  zweite  da^ 
gegen  verlor  viel  von  ihrer  Farbe,  wurde  gerötet  und  der  Sauerstoff 
großenteils  absorhiert  Es  hatte  sich  etwas  Kohlensäure  gebildet,  die 
ohne  Zweifel  die  Umänderung  der  blauen  Farbe  in  die  rote  be- 
wirkte." 

Daraus  schließt  Berthollet,  daß  bewiesen  sei,  „daß  das  Licht 
die  Absorption  des  Sauerstoffe  durch  die  Farbteile  begünstige." 

Die  Kenntnis  von  lichtempfindliclien  Queeksilbersalzen  war  1786 
durch  die  Entdeckung  von  Hahnemanns  „löslichem  Quecksilber^ 
{Mercurius  solubilis  Hahnemanni)  vermehrt  worden.  Der  beim  Ver- 
mischen von  salpetersaurer  Quecksilberoxydullösung  mit  Ammoniak  ent- 
stehende schwarze  Niederschlag  muß  nämlich  im  Dunkeln  getrocknet 
werden,  damit  er  tief  schwarz  bleibe  und  sich  kein  metalHscbes 
Quecksilber  beimenge.  Hahnemann  sah  wohl,  daß  in  der  Sonne 
sein  Präparat  teilweise  zu  Metall  reduziert  wird,  er  wußte  aber 
nicht,  daß  dies  im  Schatten  nicht  geschiebt.  Es  war  ihm  dem- 
nach die  Licbtempfindlichkeit  dieser  Verbindung  eigentlich  nicht  be- 
kannt') 

Nähere  Daten  über  photocbemisclie  Zersetzung  von  Quecksilber- 
salzen wies  Fourcroy  im  Jahre  1791  nach.^)  Er  fand,  daß  der  graue 
Niederschlag,  welcher  durch  wenig  Ammoniak  in  schwefelsaurer  Queck- 
silberoxydullösung hervorgebracht  wird,  im  Sonnenlichte  partiell  zu 
Metall  reduziert  wird,  während  ein  anderer  Teil  in  ein  dunkles,  in 
Ammoniak  lösliches  Pulver  übergeht,  welches  sich  nicht  weiter  reduziert 
Wurde  viel  Ammoniak  zur  Fällung  des  Quecksilbersalzes  verwendet,  so 
entsteht  ein  nach  Fourcroy  dunklerer  Niederschlag,  welcher  im  Lichte 
vollständig  reduziert  wird.") 


1)  Die  genaue  Vorschrift  Habnomanas  ist  in  Crells  ChemiacheQ  Aotialea, 
1790,  8.  22,  mitgeteUt. 

2)  „Snr  les  differeota  etats  du  Bulfate  de  mercure,  sar  la  preuipitation  de  ce 
wl  par  rammoaiaqne  etc.''    Ancales  de  cbimie,  1791.    X,  S.  203,  312. 

3)  Die  diesbezügliche  Stelle  lautet:  „Iiorsqu'on  vorse  de  lammoDiaque  datis 
nne  diraolotioii  de  sulfate  (oxyduls)  de  mercure  neutrc  et  bleu  pur,  od  obtient  un 
prioipite  gris  trea-abondant,  qui,  exposö  sur  sud  filtre  aux  rayons  du  soloii,  se  reduit 
«a  partis  eo  meronre  coulant;  uae  autre  poition  de  ce  precipitö  restc  od  poudre 
grise  forc^e,  stus  se  redoire:  cette  derniere  se  redisaout  completemeot  daos  Tammo- 
uiiqne ....  Ce  däp6t  cooipose . . . .  q'b  iieu  ou  ne  se  prosente  dana  cet  etat  et  aiosi 
meUngB,  qae  lorsqu'oo  ne  met  que  pcu  d'amnioniaque  dans  la  dissolutiou  de  Sulfate 
mercniiel  bien  nentre.  8i  au  contraire  un  met  beaucoup  de  cet  alcali,  od  a  un  pre- 
dpitä  ....  beaooonp  plus  noir  et  qui  bo  reduit  compiottement  par  le  contaot  de  la 
Jnmien  et  m-tont  lorsqu'oa  Texpose  aux  rayons  du  solell,^- 


88  Erster  Teil.    Elftes  Kapitel. 

Im  Jahre  1792  legte  Yasalli  der  „Academie  royale  des  Sciences 
de  Turin"  seine  Untersuchungen  über  Chlorsilber  vor.^)  Er  stellte  zu- 
erst ganz  sicher,  daß  nicht  nur  dem  Sonnenlichte,  sondern  auch  dem 
Kerzen-  und  Lampenlichte  eine  chemische  Kraft  zukomme,  nämlich  die, 
das  Chlorsilber  zu  färben,  wenn  auch  sehr  schwach.*)  In  einem  Nach- 
trage gibt  er  bekannt,  daß  das  durch  eine  Sammellinse  konzentrierte 
Mondlicht  ebenfalls  das  Chlorsilber  schon  nach  4  Stunden  dunkler  färbe 
und  daß  beim  Bleichen  des  Wachses  Wasser  überflüssig  sei.')  Salpeter- 
und  Kochsalzkristalle  sollen  nach  seinen  Angaben  immer  an  der  dem 
Lichte  zugewendeten  Seite  anschießen. 

In  dem  „Journal  für  Fabrik,  Manufaktur  und  Handlung"  vom 
August  1792  (S.  65)  findet  sich  von  einem  ungenannten  Autor  ein 
„Versuch  einer  kurzen  Einleitung  in  die  Farbenlehre  und  Färberei", 
worin  sehr  viel  von  der  bewunderungswürdigen  Wirkung  des  Lichtes 
auf  die  Körper  gesprochen  wird  und  zwar  unter  anderem,  daß  es  „eine 
bekannte  Sache ^^  sei,  daß  die  in  einer  Waidkupe  oder  Indigkape  ge- 
färbte Wolle  anfangs  grün  sei,  aber  sobald  sie  von  den  Lichtstrahlen 
getroffen  wird,  sich  in  Dunkelblau  verwandelt  Femer:  „Die  Blätter 
von  zwey  Arten  Firniß-  oder  Lackbäumen  (Toxicodendron  triphyllum. 
Folio  sinuato  rubescente  und  T.  triphyllum  glabrum)  enthalten  einen 
milchigen  Saft,  welcher,  wenn  man  ihm  dem  Lichte  aussetzt,  sich  in 
sehr  schönes  Schwarz  verwandelt,  die  Leinwand  färbt,  ohne  sie  zu  zer- 
fressen und  anzugreifen,  auch  der  Lauge  widersteht...  Die  Orseille 
erlangt  durch  Zinnauflösung  eine  desto  dauerhaftere  Farbe,  je  mehr 
solche  ins  Scharlachrot  zieht . . .  Die  Orangefarbe  von  Orleans  oder  Bocoa 
und  das  schöne  Gelb  von  den  Avignonschen  Beeren  und  der  Curcuma 
weichen  sehr  geschwind  vor  der  Einwirkung  des  Lichtes." 

Im  Jahre  1793  teilte  J.  ß.  Trommsdorff  mit,^)  daß  das  benzoe- 
saure  Silber  „an  der  Luft  unverändert  bleibt,  aber  an  den  Sonnenstrahlen 
braun  gefärbt  wird". 

Eigentümlich  ist  die  von  Buonvicino  (Bonvoisin)  im  Jahre 
1793    gemachte    Behauptung,    daß    der    „gelbe    mineralische   Turbith" 


1)  Memoires  de  T Academie  royale  des  sciences  de  Turin,  1790 — 1791,  8.  186. 
Crells  Chemische  ADnalen,  1795.  11,  S.  80.  Trommsdorff,  Journal  der  Phannazie, 
1796.  ni,  S.  337. 

2)  „So  viel  ist  nun  klar,  daß  das  Licht  unserer  Verbrennungsprozesse  dem 
Homsilber  dieselbe  Farbe  mitteilt,  wie  das  Sonnenlicht,  nur  zeigt  sich  der  Unter- 
schied, daß  das  erstere  längere  Zeit  braucht  und  keine  so  dunkle  Farbe  hervorbringt, 
wie  die  letztere . . . ." 

3)  Memoires  de  l'Academie  royale  de  Turin,  1793.  S.  287.  Crells  C&emisohe 
Ajinalen  1795.   II,  142. 

4)  Trommsdorff,  Journal  der  Pharmazie,  1793.   Bd.  I,  S.  174. 


(basisch  sohv 

dabei  aogar  in  einer  bermet  h  verschlossen  Bohre  an  Gewicht  za- 
nebmen  soll.*)  Die  Fblogistontheorie  mag  ihn  verleitet  haben,  an  diese 
Zanafame  (Phlogistonanhiahme?)  zu  glauben.  Tronimsdorff,  welcher 
von  diesen  Angaben  keine  Kenntnis  gehabt  zu  haben  scheint,  teilte  im 
Jahre  1796  ebenfalls  mit,  daß  der  gelbe  Niederschlag,  „welcher  ent- 
steht, wenn  man  die  Auflösung  des  Quecksilbers  in  Salpetersäure  durch 
Glaubersalz  fällt"  (d.  i.  Turbith),  an  den  Sonnenstrahlen  oberflächlich 
„sobmatzig  grünlichgrau"  wird,  ohne  etwas  von  einer  Gewichtszunahme 
zu  erwähnen.  Erst  1799  widerlegte  Humboldt  die  Angabe  Buon- 
tIcIdos  bezüglich  der  Gewichtszunahme  und  fand,  daß  der  Turbith  im 
Lichte  nicht  schwerer  wird.') 

1794  trat  Göttling  mit  der  wunderlichen  Sehaupttmg  hervor, 
daß  das  SanerstofFgas  durch  Sonnenlicht  nicht  nur  verschlechtert,  son- 
dern beinahe  ganz  in  StickstofTgas  umgewandelt  werde.  *)  Er  bedachte 
nicht,  daß  unsere  ganze  Atmosphäre  iu  diesem  Falle  schon  längst  in 
Stickgas  umgewandelt  sein  müßte.  Gren*)  und  später  Söckmann') 
traten  gegen  diese  unrichtige  Angabe  auf  und  widerlegten  sie  gründlich. 

Die  Eigenschaft  der  Metalle,  aus  ihren  Lösungen  durch  redu- 
zierende Substanzen  metallisch  niedergeschlagen  zu  werden,  brachte  eine 
Engländerin,  Frau  Fulhame,  auf  den  Gedanken,  dies  bei  der  Bereitung 
Ton  veigoldetem  oder  versilbertem  Seidenzeuge  zu  benützen  und  ver- 
anlaßte  sie  zu  einer  Reihe  interessanter  Versuche  über  diesen  Gegen- 
stand. Nach  der  l^tigkeit  der  Prinzessin  Eudoxia  sehen  wir  zum  zweiten 
Maie  in  einem  Zeitraum  von  drei  Jahrhunderten  eine  Frau  in  die  Ent- 
wicklung der  Fhotochemie  mit  Erfolg  eingreifen. 

In  ihrer  verdienstvollen  Schrift:  „An  Essay  on  Combustion,  with 
a  view  to  a  new  art  of  dying  and  patnting.  Whcrin  the  pblogistic  and 
antiphlogiBtio  hjpotheses  arc  proved  erroneous",  1794,  beschreibt  Frau 
Fulhame")  neben  vielen  anderen  Yersucheu  die  verschiedenen  Mittel, 


1)  HemoiTes  de  l'Aoademie  royale  de  Turin,  1793.  S.  297.  Es  mag  hier  eine 
Terweohslang  von  Seite  Bnonvioinos  mit  dem  lichtem pfindlichon  Queciisilberoxydul- 
Bals  Fonroroys  BtattgefuDdea  haben. 

2)  Humboldt,  „Versuche  über  die  Zerlegung  des  Luftkretaea",  1799.  S.  234. 

3)  Göttling,  „Beitrag  7W  antiphlogistischeo  Theorie",  1794,  6.  51.  4uch 
HeinriDh,  „Ober  das  Liobt",  1808.  S.  89. 

4)  Nenea  Joaroal  der  Phjaib,  1795.    II,  492. 

5)  BBokmann,  „Terauche  über  den  Phosphor  naw,",  1800.  S.  204. 

6)  Dentsohe Übersetzung  voq  Lentia,  Göttiogen  1798,  Im  Auszüge:  Scherera 
„Allgameinee  Journal  der  Chemie",  1708.  I,  420.  SieLe  anch  Heinrich.,  „Von  der 
Nator  und  den  Eigenschaften  des  Lichtes",  1808.  S.  106.    la  eluem  Arükel:  „Neue 

le  mit  der  fiednktioQ  der  Metalle  in  Beziehung  auf  Färhekunsf'  ist  im  „Hand- 


90  Erster  Teil.    Elftes  Kapitel. 

die  Metalle  auf  nassem  Wege  zu  reduzieren,  und  wie  auf  Seidenzeug, 
welches  mit  Goldchlorid-  oder  Silbernitratlösung  getränkt  ist,  im  Lichte 
die  Salze  zu  Metall  reduziert  werden. 

Im  8.  Kapitel  behandelt  sie  die  Reduktion  der  Metalle  durch  Licht. 
Zunächst  wird  hierin  gezeigt,  daß  das  Wasser  allein  keine  Reduktion 
der  Gold-  oder  Silberlösung  zu  bewirken  vermag  und  daß  auch  Licht 
allein,  bei  Abwesenheit  von  Wasser,  die  Gold-  und  Silbersalze  reduziere; 
hingegen  Wasser  und  Licht  zugleich  den  Effekt  unfehlbar  hervorbringen. 
Bei  diesen  Versuchen  wurde  ein  Stück  Seidenzeug  in  Goldchlorid-  oder 
Silbemitratlösung  getaucht  und  den  Sonnenstrahlen  ausgesetzt,  während 
das  Zeug  mit  Wasser  benetzt  wurde.  Das  mit  Goldlösung  imprägnierte 
Zeug  änderte  bald  seine  Farbe  in  ein  schwaches  Grün,  dem  ein  Purpur 
folgte  und  schließlich  bildete  sich  nach  ^j^  bis  1  Stunde  ein  Überzug 
von  reduziertem  Gold.  Mit  der  Silberlösung  wurde  das  Zeug  rötlich- 
braun  und  schließlich  (nach  ungefähr  4  Stunden)  schwärzlichgrau.  Als 
aber  während  des  Versuches  das  Seidenzeug  mit  Weingeist  anstatt  mit 
Wasser  feucht  erhalten  wurde,  trat  beim  Gold  keine,  beim  Silber  eine 
sehr  schwache  Reduktion  ein,  welche  der  Feuchtigkeit  des  Weingeistes 
und  der  Luft  zugeschrieben  wurde.  Bei  einem  andern  Versuche  wurde 
das  mit  Silbernitrat  getränkte  Seidenzeug  in  der  Wärme  getrocknet  und 
dem  Sonnenlichte  ausgesetzt;  das  Zeug  erhielt  nach  weniger  als  einer 
Stunde  eine  rötlichbraune  Farbe,  die  am  dritten  Tage  in  Schwarz  über- 
ging. Auch  dieser  Effekt  wurde  der  Feuchtigkeit  der  Atmosphäre  zu- 
geschrieben. 

Aus  ihren  Versuchen  zog  Frau  Fulharae  den  Schluß: 

„Daß  Wasser  zur  Wiederherstellung  der  Metalle  durch  Licht  un- 
umgänglich notwendig  sei'';  „daß  Licht  bei  dieser  Wiederherstellung 
gerade  so  wirke,  wie  Wasserstoff,  Schwefel  und  Kohle";  „daß  das  Licht 
diese  Wirkung  nur  durch  Zersetzung  des  Wassers  hervorbringe". 

Die  Angaben  der  Madame  Fulhame  sind  originell  und  von  Wich- 
tigkeit; sie  gaben  zu  Rumfords  Versuchen  Anlaß  und  waren  die 
indirekte  Veranlassung  zu  heftigen  Angriffen  gegen  die  Anhänger  der 
Theorien  von  den  chemischen  Lichtwirkungen. 

Mittlerweile  war  die  Hypothese  aufgetaucht,  daß  das  Licht  aus 
^inem  modifizierten  Wärmestoff  bestehe.  Girtaner  sprach  zuerst  1795 
in  seinen  „Anfangsgründen  der  antiphlogistischen  Theorien",  S.  14, 
diese  Ansicht  aus  und  Link  („Beobachtungen  und  Betrachtungen  über 


buch  für  Fabrikanten,  Künstler,  Handwerker  usw.",  1800.  III,  54,  ohne  Nennung 
des  Autors  oder  einer  Quelle,  der  nämlichen  Vei-suche,  wie  die  der  Frau  Fulhame 
und  Rumfords,  Erwähnung  getan,  nämlich  über  das  Verhalten  von  2ieugen  gegen 
Oold-  und  Silberlösungen  unter  Mitwirkung  von  Licht  oder  WasserstofiFgas. 


und  leugnete  in  seinen  „Nachträgen  zu  den  Orundziigen  der  neuen 
chemischen  Theorie"  (Jena  1796,  S.  18}  jeden  besonderen  chemischen 
Einfluß  des  Lichtes,  selbst  au!  die  Pflanzen,  und  sucht  alle  diese  Er- 
scheinungen auf  Wärmewirkung  zurückzuführen.  Er  erklärte  alle  mit 
dieser  Hypothese  nicht  übereinstimmenden  Beobachtungen  für  irrtümlich 
und  die  zu  ihrer  Bestätigung  augeführten  Experimente  für  fehlerhaft.^) 

Auch  Graf  von  Bumford  schloli  sich  dieser  Ansicht  an  und 
suchte  sie  durch  seine  Experimente  (diese  sind  nicht  originell,  sondern 
zum  großen  Teile  die  der  Madame  Fulhame)  zu  stützen. 

Er  leugnete  1798  schlechtweg  jede  besondere  chemische  Licht- 
wirkuDg  und  behauptete,  daß  alle  Veränderungen,  welche  die  Körper 
unter  dem  Einflüsse  des  Sonnenlichtes  erleiden,  keineswegs  durch  eine 
Wirkung  des  „Lichtstoffes",  sondern  durch  die  damit  verbundene  Er- 
wärmung hervorgerufen  werden.*)  Es  scheinen  ihm  die  Arbeiten  seiner 
Vorgänger  (insbesondere  über  Chlorsilber,  Salpetersäure,  Chlorwasser) 
nicht  bekannt  gewesen  zu  sein,  denn  die  esperimen teile  Begründung 
seiner  Ansicht  ist  trotz  der  W^eitschweifigkeit  eine  sehr  mangelhafte. 
Rumford  operierte  mit  Seidenbändern,  welche  mit  Gold-  oder  Silber- 
solution  getränkt  waren,  ferner  mit  ätherischer  Goldchloridiösung,  sowie 
mit  Gemengen  von  Goldclilorid  mit  Kohle,  Terpentinöl  usw.,  aus  welchen 
in  der  Sonne  Metall  reduziert  wurde.  Da  zufallsweise  in  diesen  Fällen 
tatsächlich  die  Reduktion  durch  bloße  Erwärmung  auch  im  Einstem 
erfolgt  und  Bumford  entgegengesetzte  Beobachtungen  nicht  kannte,  so 
läßt  sich  sein  Irrtum  erklären. 

Juch  wiederholte  1799  mit  sehr  geringen  Abänderungen  Bum- 
fords  Versuche  und  kam,  wie  zu  erwarten  war,  zu  denselben  Schluß- 
folgerungen: Das  Licht  wirkt  nicht  anders  als  Wärme.  ^) 

Diese  Irrtümer  hatten  jedoch  keinen  nachteiligen  Einfluß  auf  die 
Entwicklung  der  Photochemie. 

1)  FiBcber,  „Geschichte  der  Physik",  1806.    Bd.  VII,  S.  12. 

2)  Rmaford,  „Ao  inquiry  coDcomlng  tbe  chemical  propertius  that  have  been 
attribntot  to  Light"  Philosophical  Transatt.  1798.  S.  1.  Gilberts  Annalen,  II, 
8.  271,  273.  Crells  Chemische  Annalon,  1709.  I,  S.  «5,  II,  S.  120.  Auch  abge- 
dmokt  in  Lftudgrebo,  „Über  das  Licht",  1S31.   S.  8. 

3)  Jaoh,  „Versuch  über  die  Wiederhei-stelluDg  des  Goldes-.  Scherer,  Jonma] 
der  OismiD,  1799.  Ill,  S.  399.    Auch  Laadgrebe,  ,.Über  das  Licht",  1S34.  8.  16. 


ZWÖLFTES  KAPITEL. 

VON  VAUQUELIN  (1798)  BIS  DAVT  (1802). 


Im  Jabre  1798  entdeckte  Vauquelin  das  Chrom  und  die  Chrom- 
säure und  machte  zugleich  die  Beobachtung,  daß  die  Chromsäure  mit 
Silber  ein  karminrotes  Salz  („un  pr6cipit6  du  plus  beau  rouge  de  car- 
minau")  bildet,  welches  dem  Licht  ausgesetzt  purpurrot  (pourpre)  wird.^) 
Ich  erinnere  daran,  daß  Ponton  1839,  offenbar  an  Yauquelins  An- 
gabe anknüpfend,  die  Lichtempfindlichkeit  des  Silberchromates  photo- 
graphisch verwerten  wollte  und  dabei  die  Lichtempfindlichkeit  des 
Kaliumbichromates  auf  Papier  entdeckte;  aber  das  Verdienst,  die  Licht- 
empfindlichkeit der  ersten  Chromsäureverbindungen  entdeckt  zu  haben, 
gebührt  Vauquelin.  Demnach  erscheint  es  ungerecht,  den  Anteil  an 
der  Entdeckung  der  Photographie  mit  Chrom  Verbindungen  nur  Ponton 
zuschreiben  zu  wollen.  Vauquelin  darf  ebensowenig  wie  Suckow 
(s.  u.)  in  der  Geschichte  der  Photochemie  vergessen  werden. 

Vauquelin  untersuchte  auch  die  von  Scheele  im  Jahre  1784 
zuerst  dargestellte  Zitronensäure  näher  und  beschrieb  deren  Salze, 
darunter  das  Silbersalz,  von  welchem  er  sagt,  daß  das  zitronensaure 
Silber  unter  dem  Einflüsse  der  Sonnenstrahlen  eine  „der  Tinte  ähnliche 
schwarze  Farbe"  annimmt.  2) 

Fabroni  bemerkte  im  Jahre  1798,  daß  die  Blätter  der  Aloe  einen 
Saft  enthalten,  welcher  sich  an  der  Luft  —  „das  Licht  mag  ihn  treffen 
oder  nicht"  —  allmählich  purpurviolett  färbt,  welchen  Farbstoff  er  für 
sehr  echt  hielt.  Von  den  anderen  organischen  Farben  bemerkt  er,  daß 
der  Scharlach  zu  den  edlen  Farben  gehöre,  „da  er  fast  keine  Ver- 
änderung durch  Einwirkung  der  Luft  oder  des  Lichtes  erleide",  daß  der 
Saflor  mit  Unrecht  zu  den  edlen  Farben  gezählt  werde,  da  er  unter 


1)  „Sur  une  Douvelle  substance  metallique."  Annales  de  Chimie,  1798.  XXV, 
S.  21.  Im  Jahre  1809  machte  er  diese  Angabe  präziser,  indem  er  sagte,  „dieses 
Salz  (das  Silberchromat)  bräunt  sich  am  Lichte ^^  (Annales  de  Chimie,  Bd.  70,  8.  70). 

2)  Scherers  Journal  der  Chemie,  1798.  U,  2,  717.  Tro m ms dorffs  Journal 
der  Pharmazie,  1800.  VIT,  95. 


dem  Einflafl  <  -  »_ ,  .^_         

und  die  anderen      ose  ihr  Violett  an  der  Sonne  bald  in  Blau  verwandeln.*) 

Mittlerweile  waren  genügende  empirische  Beobachtungen  über  die 
obemischen  Wirkungen  des  Lichtes  gesammelt  worden,  um  die  Über- 
einstimmung  derselben  mit  den  verschiedenen  Hypothesen  über  das  Wesen 
des  Lichtes  zu  prüfen.  Hauptsächlich  drehte  sich  der  Streit  darum,  ob 
dem  Lichte  eine  besondere  Materie  zugrunde  liege  (Newtons  Theorie) 
oder  ob  es  durch  bloße  Ätherschwingungen  vemnlaßt  werde  (Huygens' 
Theorie).  Die  damals  herrschende  Ansicht  ist  in  Oehlers  „Physika- 
lischem Wörterbuch"  (Leipzig  1798.  Bd.  2,  S.  902)  sehr  gut  wieder- 
gegeben.   Ich  führe  deshalb  die  betreffende  Stelle  wörtlich  an: 

„. . .  Es  scheint  mir  doch,  als  oh  eine  nähere  Bekanntschaft  mit 
der  Ghymie  jeden  für  das  Emanationssystem  geneigter  machen  müsse; 
daher  denn  auch  die  meisten  Chymisten  nicht  nur  eine  Lichtmaterie 
annehmen,  sondern  auch  dieselbe  zu  ihren  besten  Theorien,  ein  wesent- 
liches Ingrediens,  gebrauchen  ...  Es  gibt  in  der  Tat  Erscheinungen, 
TTobey  das  Licht  Verwandschaften  gegen  andere  Stoffe  zu  äußern  und 
Veränderungen  in  der  Mischung  und  Zersetzung  der  Körper  hervor- 
zubringen scheint,  die  man  schwerlich  einem  bloßen  Zittern  des  Äthers 
zuschreiben  kann."  Als  Beleg  wird  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  das 
GrQnen  der  Pflanzen,  auf  die  Veränderung  des  Silbersalzes,  sowie  der 
Farbstofie  usw.  angeführt 

Diese  Ansicht  stimmt  mit  der  von  Kries,  dem  Herausgeber  und 
Kommentator  von  Eulers  Briefen,  einige  Jahre  vorher  präzisierten  Hypo- 
these aberein,  welcher  ebenfalls  sagt:  „Man  hat  Wirkungen  des  Lichtes 
wah^nommen,  die  sich  unmöglich  aus  bloßen  Schwingungen  erklären 
lassen  und  die  es  mehr  als  wahrscheinlich  machen,  daß  das  Licht  bei 
sehr  Tielen  Prozessen  der  Natur  als  etwas  Körperliches  mitwirke."^ 
Die  Beweise  hierfür  suchte  sich  Kries  aus  den  damals  bekannten  photo- 
ohemischen  Erscheinungen  zu  holen. 

Davy  stellte  1799  die  Ansicht  auf,  daß  das  Licht  ein  eigener 
Stoff  sei,  der  sich  mit  den  Körpern  zugleich  mit  dem  Sauerstoff  zu 
Oxyden  verbinde;  das  Sauerstoffgas  sei  eine  Verbindung  von  Sauerstoff 
und  Ijcht»)    Diese  Angaben  erklärte  er  selbst  später  (1802)  für  übereilt 

1)  Scherers  Jonraal  der  Chemie,  1798.  11,  2,  644.  Auch  im  Auszug  ohne 
Qaellenaogibe:  Buidbuch  Tür  Fabritaaten ,  EüQstler  ub<[t.  oder:  Das  Neacste  und 
Nfitiliohite  der  Chemie.  Fabrik wiBBenscbaft  usw.  179d.  11,  109. 

2)  Enlerg  Briete  aber  Terschiedenc  OegeDstände ,  aufs  neue  iiborsetzt  and  mit 
AnmutoDgeu  mid  Zosätzea  von  Kries  1T92.    Bd.  1,  S.  204,  42.  Brief. 

3)  Davy,  ,An  eseay  on  heat,  light  and  the  combmaticiDS  o(  light".  Nichols. 
JOBT.  1799.    IT,  395.    Gilberts  Anualen,  1S02.    XII.  S.  574. 


94  Erster  Teil.     Zwölftes  Kapitel. 

Das  Jahr  1800  war  reich  an  Beobachtungen  und  Experimenten 
auf  dem  Gebiete  der  Chemie.  Buch  holz  beobachtete  die  Schwärzung  des 
kohlensauren  Silberoxydes  am  Lichte.^)  Er  fand,  daß  die  Schwärzung 
dieser  Verbindung  immer  nur  oberflächlich  erfolge  und  es  gelang  ihm 
selbst  nach  drei  Monaten  und  bei  täglichem  dreimaligen  Umrühren  nicht, 
die  Schwärzung  der  ganzen  Masse  durch  und  durch  mitzuteilen;  auch 
war  kein  Gewichtsverlust  wahrzunehmen. 

Abildgaard,  Arzt  in  Kopenhagen  (*1740,  f  1801),  erwähnte  schon 
in  einem  Briefe  an  Hermstädt  vom  14.  Dezember  1797,  daß  eine 
halbe  Unze  rotes  Quecksilberoxyd  im  Torricellischen  Vakuum  einer 
Glaskugel  nach  drei  Monaten  sich  braun  bis  grau  gefärbt  habe.  Im 
Jahre  1800  publizierte  er  die  Sache  und  zeigte,  daß  rotes  Quecksilber- 
oxyd sich  an  der  Sonne  oberflächlich  schwärze,  daß  dieser  Prozeß  selbst 
im  Vakuum  vor  sich  gehe  und  daß  dabei  sich  ein  Gas  ausscheide 
(Sauerstoff),  dessen  Natur  er  aber  nicht  erkannte. 2)  Böckmann  stellte 
Versuche  über  den  Einfluß  des  Lichtes  auf  den  Phosphor  an  5)  und 
beobachtete  die  Entstehung  eines  roten  pulverigen  Beschlages  an  den 
dem  Lichte  zugekehrten  Seiten  eines  Glasgefäßes,  in  welchem  sich  ge- 
wöhnlicher Phosphor  in  einer  Stickstoff-  oder  Wasserstoff- Atmosphäre 
befand.  Der  Niederschlag  bildete  sich  bei  gleichzeitiger  Einwirkung  von 
Wärme  und  Licht  rascher  als  in  der  Kälte,  erfolgte  aber  nicht  bei 
Ausschluß  von  Licht.  Fast  gleichzeitig  beschäftigte  sich  Parrot  mit 
demselben  Gegenstande;  er  fand,  daß  sowohl  freier,  als  unter  Wasser 
befindlicher  Phosphor  in  der  Sonne  sich  gelb  färbt  und  daß  ein  in 
blauer  Lackmustinktur  befindlicher  Phosphor  diese  Veränderung  rascher, 
als  in  gelber  Safrantinktur  erleidet.*) 

Girtanner  trat  in  einem  Briefe  an  Trommsdorff^)  gegen  die 
Meinung  auf,  daß  der  Lichtstoff  nur  ein  „bewegter  WärmestoflP'  sei, 
weil  sich  auf  Grund  dieser  Annahme  nicht  erklären  lasse,  warum  das 
Chlorsilber  vom  violetten  Strahl  rascher  als  vom  roten  gefärbt  werde 
und  warum  das  Chlorwasser  bei  einer  Temperatur  unter  dem  Gefrier- 
punkte in  der  Sonne  mehr  Sauerstoff  entwickelt  als  an  einem  warmen 
Orte,  wenn  der  Himmel  umwölkt  ist. 


1)  Gilberts  Annaion.  XII,  S.  574,  581. 

2)  Abildgaard,  „Über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  das  roto  Quecksilberoxyd*, 
Gilberts  Annalen,  1800.  IV,  S.  489.     Annales  de  chimie.  XXXII,  S.  193. 

3)  Bock  mann,  „Versuche  über  das  Verhalten  des  Phosphors  in  verschiedenen 
Gasarten".    Erlangen  1800.    Ferner  Scherer,  Journal  der  Chemie.  V,  S.  243. 

4)  Voigts  Magazin  für  den  neuesten  Zustand  der  Naturkunde,  1800.   IV,  S.  121. 
Aach  Landgrebe,  Über  das  Licht,  S.  71. 

5)  Troramsdorff,  Journal  der  Pharmacio,  1800.  VIII,  163. 


Angabe  über  die  Licbtemp&Ddlichkeit  von  Uolybdänsäure.  Daniel  Jäger 
beschrieb  viele  Farbenversuche  in  den  „Anzeigen  der  Kurfürstlichen 
ökonomischen  Gesellschaft  zu  Leipzig,  von  der  Michaelismesse  des  Jalires 
1800"*)  und  unter  anderem  erwähnt  er,  daß  ein  mit  Lösung  von  molybdun- 
saarem  Kali  imprägnierter,  dann  in  kalter  Zinnsalzlösung  getauchter 
KattoDStreif^n  „eine  hellblaue  Farbe  von  mattem,  etwas  unreinem  Aus- 
sehen annimmt,  , . .  welche  an  der  Sonne  und  Luft,  anstatt  zu  verschießen 
and  matter  zu  werden,  mehr  als  noch  einmal  soviel  Intensität  bekommt. 
Die  grönlichen  Schattierungen  .  .  .  gingen  dann  gewöhnlich  ins  Blaue 
aber,  erlangten  aber  im  Schatten  und  in  feuchter  kalter  Luft  nach 
einiger  Zeit  ihr  vorheriges  Aussehen  völlig  wieder". 

Easteleyn  fand,  daß  eisenhaltige  Salmiakblumen  in  der  Sonne 
die  Farbe  ändern  und  dunkler  werden.^) 

Im  „Handbuch  f(ir  Fabrikanten,  Künstler,  Handwerker  usw.  für 
1800"')  findet  sich  die  Bemerkung,  daß  Fernambukholz  und  Blauholz 
ihre  Güte  völlig  verlieren,  wenn  man  sie  dem  Liebt,  der  Luft  und  den 
Sonnenstrahlen  lange  aussetzt,  und  daß  sie  dann  eine  schlechte  braune 
Farbe  geben...  „Will  man  sie  gut  behalten,  so  muß  man  sie  vor 
der  freien  Luft,  dem  Lichte  und  den  Sonnenstrahlen  soglultig  in  Acht 
nehmen." 

Von  der  größten  Tragweite  war  Herschels  Untersuchung  im 
Jahre  1800  über  die  ungleiche  Verteilung  der  Wärme  im  Sonnen- 
spektram  und  die  Entdeckung  der  unsichtbaren  ultraroten  Wärme- 
stratilen,*)  welche,  wenn  auch  viel  bestritten,  unendlich  viel  Anregung 
in  das  Studium  der  Eigenschaften  des  Lichtes  brachte  und  die  Veran- 
lassung zn  vielen  Experimenten  war. 

An  sie  knüpfte  sich  Ritters  Entdeckung  der  unsichtbaren  ultra- 
violetten chemischen  Strahlen  am  22.  Februar  1801,  die  er  zuerst  in 
dem  Intelligenzblatt  der  Erlanger  Literaturzeitung  1801,  Nr.  16,  ver- 
öffenÜichte.^)  Als  er  Papier  mit  feucbtem,  frischbereitetem  Chlorsilber 
überstrich  und  in  einem  dunklen  Zimmer  das  Sonnenspektrum  darauf 
einwirken  ließ,  sah  er,  daß  die  Wirkung  zuerst  im  Ultraviolett  begann 

1)  Anoh  Soheror,  Allgemeines  Journal  der  Chemie,  1802.    VIII,  14. 

2)  Soherei,  Allgemeines  Jouraat  der  Chuinie,  1800.    IV,  2.  540. 

3)  Uit  dem  zweitea  Titel:  „Da^  Neueste  und  Nützlichste  aus  der  Chemie, 
FabiikwiasenBchaft,  Apothekerkunst  miw."    111,  9. 

4)  Pbüosophical  Transact.  1800.  S,  2  und  2.')ö.  Gilberts  Annalen.  VII,  S.  137. 
6)  Bitter,  „Versuche  über  das  Sonnenlicht".    Gilberts  .Ajinalen,  1801.  VlI, 

8.527  Ikarxe  Notiz),  1802.  XU,  S.  409.  Sehr  ausfilhrlieh  auch  in  Landgrehes 
Teik  „Ü^T  das  Liohl",  S.  26  mitgeteilt. 


96  Erster  Teil.    Zwölftes  Kapitel. 

und  dann  erst  sich  gegen  das  Violett  fortsetzte.  Er  entdeckte  nicht  nur 
die  Zersetzung  des  Chiorsilbers  im  Ultraviolett,  sondern  beobachtete  auch, 
daß  Chlorsilberpapier,  weiches  zuvor  am  zerstreuten  Tageslichte  ein  wenig 
gedunkelt  worden  war,  im  violetten  Ende  des  Spektrums  dunkler,  im 
roten  aber  heller  werde,  welche  Beobachtung  zuerst  auf  den  Gegensatz 
der  chemischen  Wirkung  des  roten  und  violetten  Lichtes  hindeutet 
Er  fand,  ,,daß  die  Schwärzung  hinter  dem  Grün  aufhört  und  daß  die 
Lichtwirkung  im  Orange  und  Rot  in  wahre  Oxydation  des  bereits 
reduzierten  oder,  was  dasselbe  ist,  in  die  Betardation  oder  Aufhebung  der 
Reduktion  übergeht".  Spektralviolett  und  Rot  mittels  eines  Brennglases 
gemischt,  reduziert  das  Chlorsilber,  „was  zeigt,  daß  die  reduzierenden 
Strahlen  im  weißen  Licht  in  weit  größerer  Menge  zugegen  sein  müssen, 
als  die  oxydierenden". 

In  demselben  Jahre  machte  Leroux  nochmals  —  wie  es  scheint, 
ohne  von  Abildgaards  Publikation  Kenntnis  zu  haben  —  die  Angabe. 
daß  eine  mit  rotem  Quecksilberoxyd  gefüllte  Flasche  an  der  dem  Lichte 
zugekehrten  Fläche  durch  Desoxydation  geschwärzt  werde.^)  Ganz  zur 
selben  Zeit  veröffentlichte  auch  Robert  Harup,  welcher  sich  angeblich 
schon  seit  1797  mit  Studien  über  den  Einfluß  des  Lichtes  auf  Queck- 
silberverbindungen beschäftigte,  seine  Resultate, 2)  nämlich  daß  rotes 
Quecksilberoxyd  und  Kalomel  beim  Aussetzen  an  die  Sonnenstrahlen 
reduziert  werden  und  daß  diese  Erscheinung  auch  in  hermetisch  ver- 
schlossenen Glasröhren  vor  sich  gehe.  Leroux  und  Harup  müssen  aber 
die  Priorität  ihrer  Angabe  an  Abildgaard  abtreten,  der  seine  Arbeiten 
ein  Jahr  früher  veröffentlichte.^) 

Im  Jahre  1801  wurde  von  Christian  Samuel  Weiß  ein  nunmehr 
schon  sehr  selten  gewordenes  Büchlein,  „Betrachtung  eines  merkwürdigen 
Gesetzes  der  Farbenänderung  organischer  Körper  durch  den  Einfluß  des 
Lichtes",  herausgegeben  (Leipzig  1801),  worin  erzeigt,  daß  die  Farben- 
änderung, welche  organische  Stoffe  im  Lichte  erleiden,  entgegengesetzt 
jener  sei,  welche  an  unorganischen  Körpern  beobachtet  werden.*)    Nach- 


1)  Trommsdorf,  Journal  der  Pharmacie  1801.  IX,  S.  164,  aus  Joom.  de  la 
Soc.  de  pharm,  de  Paris.    III,  433. 

2)  London  Medical  Review  and  Magazine.  Bd.  V.  1801.  Auch  Nicholsons 
Journal  of  Natural  Philosophy,  Chemistry  and  the  Arts.     1802.  V,  545. 

3)  Dies  ist  hier  ausdrücklich  erwähnt,  da  Hunt  wiederholt  die  Priorität  gänzlich 
Harup  zuschreibt  und  auch  irrtümlich  Bollay  (1803)  als  den  ersten  nennt,  welcher 
die  Lichtempfindlichkeit  des  Kalomel  gefunden  habe,  was  gleichfalls  irrtümlich  ist 

4)  Ich  folge  hier  der  Angabe  Fiedlers  (De  lucis  effectibus  chemiois,  1886. 
8.  6),  ohne  sie  mit  dem  zitierten  Originalwerk  von  TVeiß  verglichen  zi\  haben,  da 
ich  mir  dieses  nicht  verschaffen  konnte. 


1797  TOD  der  medizinischen  Fakultät  in  Göttingen,  ihre  Beobachtungen 
and  Ansichten  über  den  Einfluß  des  Lichtes  auf  organische  Eörper  ver- 
öCEentlicht  hatten,  suchte  Weiß  das  allgemeine  Qesetz,  nach  welchem 
das  Licht  die  Farben  lebender  Päauzen  und  Tiere  verändert,  aufzu- 
stellen. Weiß  stellt  zunächst  eine  eigentümliche  Ansicht  über  die 
Farben  selbst  auf:  Er  nimmt  an,  daß  das  Licht  aus  mehreren  spezi- 
fisch Toneinander  verschiedenen  Lichtgrundstoffen  bestehe;  ein  farbiger 
Körper  strahlt  das  Licht  zurück,  mit  welchem  er  „keine  chemische  (!) 
Verwandtschaft "  hat,  z.  B. :  der  rote  Körper  also  das  rote  Licht, 
gegen  welches  er  keine  Verwandtschaft  äußert,  dagegen  er  alles  übrige 
Liebt  einsaugt  Es  führt  somit  Weiß  alle  rein  optischen  Farben- 
erscheinungen  auf  chemische  Verwandtschaften  des  Lichtes  zurück  und 
schießt  somit  bei  der  Aufstellung  seiner  chemischen  Theorie  des  Lichtes 
weit  über  das  Ziel  hinaus.  Eine  Farbenänderung  eines  Körpers  im 
Lichte  betrachtet  Weiß  als  eine  Veränderung  seiner  chemischen  Ver- 
wandtschaft gegen  das  frei  einstrahlende  Licht.  „Wenn  nun  ein  Körper 
dadurch,  daß  er  dem  Liebte  ausgesetzt  war,  seine  Verwandtschaft  gegen 
den  freien  LichtstoS  ändert,  so  kann  dies,  wofern  er  dabei  keine  anderen 
Hischungsverhältnisse  erlitt,  als  die  des  mehreren  eingeprägten  IJcht- 
stotfes  nach  chemischen  Gesetzen  keine  andere  Veränderung  sein, 
als  die  der  mehreren  Sättigung  mit  dem  Lichtstoffe.  Ein  unorganischer 
Körper  (ohne  Lebenskraft)  wird,  wenn  er  durch  das  Licht  nichts  als 
eine  Farbenänderung  erleidet,  notwendig  weniger  Verwandtschaft  gegen 
das  &eie  Licht  äußern,  nachdem  er  ihm  eine  Zeitlang  ausgesetzt  worden 
war,  als  vorher.  Eine  Folge  davon  ist,  daß  er  mehr  Licht  als  vorher 
reflektiert,  d.  h.  seine  Farbe  heller  wird,  daß  er  verbleicht"  (Bleichen 
von  Leinwand,  Knochen  usw.).  „Ganz  anders  ist  es  in  der  lebenden 
ozeanischen  Natur";  die  Gesetze  sind  entgegengesetzt  der  toten  Materie. 
Durdi  den  Einfluß  des  Lichtes  wird  die  Verwandtschaft  hier  vermehrt: 
„Je  mehr  der  lebende  Körper  des  Tier-  oder  Pflanzenreiches  dem 
Lichte  ausgesetzt  ist,  desto  dunkler  wird  seine  Farbe,  desto  mehr  Licht- 
stoff  vermag  er  einzusaugen."  „Das  Licht  wirkt  wie  ein  Reiz  auf  die 
Lebenskraft  der  Organismen  und  die  Folge  davon  ist,  daß  die  Sekretton 
des  Pigmentes  auf  der  Oberfläche  verändert  wird.  Das  Pigment  erhält 
eine    besondere   Uischung,    so    daß    seine   Verwandtschaft    gegen    den 


1)  Ebetmaier,  „Versuche  cioer  Oesobiclite  dos  Liuhtes  in  Kucksicht  sQims 
)  auf  die  gesamte  Natur  und  nuf  den  menschlichen  Kurier,    außer  dem 

Gemchto".    Ofinabriick  1799. 

2)  Ernst   Hörn,    Über    die   Wirkungen    dcK    Lichtes  auf   den  menschlichen 
Eibpet,  mit  Ausnahme  des  Sehens.''  Künif^berg  1T09. 

IT  Pholognphle.    I.  Teil.    3.  AqQ.  7 


98  Erster  Teil.    Zwölftes  Kapitel. 

freien  Lichtstoflf  vermehrt  wird.''  „Dieser  Reiz  kann  mechanisch 
sein**  —  einerlei  ob  nach  Newtons  oder  Eulers  System  — :  immer 
wird  der  erleuchtete  Körper  gestoßen  werden.  Es  kann  das  Licht 
aber  auch  als  chemischer  Beiz  auf  den  lebenden  Organismus  ein- 
wirken, da  sich  der  LichtstofF  auch  mit  der  belebten  Materie  ver- 
binden kann. 

Ich  habe  diese  Ansichten  von  Weiß  etwas  ausführlicher  wieder- 
gegeben, weil  man  vortrefflich  den  Geist  der  Theorien  der  damaligen 
Zeit  hieran  erkennt.  Wir  finden  einerseits  die  Ansicht  festgehalten  von 
der  „Lichtmaterie",  welche  sich  chemisch  verbinden  oder  trennen  kann 
und  die  sogar  als  eine  zusammengesetzte  Materie  erklärt  wird;  andererseits 
finden  wir  in  merkwürdiger  Yorahnung  späterer  Ergebnisse  der  Wissen- 
schaft die  Anschauung  vertreten,  daß  das  Licht  sowohl  mechanisch  als 
chemisch  wirken  könne.  Die  starre  Sonderung,  mit  welcher  die  da- 
maligen Gelehrten  die  tote  Materie  vom  lebenden  Organismus  behandelt 
wissen  wollten,  die  Theorie  der  „Lebenskraft*',  welche  alle  chemischen 
Gesetze  der  Materie  aufhebe  oder  verkehre,  kommt  auch  in  der  Theorie 
von  Weiß  zum  prägnanten  Ausdruck. 

Von  Interesse  erscheint  die  ebenfalls  im  Jahre  1801  von  Des- 
mortiers  gemachte  Entdeckung,^)  daß  Berlinerblau  im  Lichte  bei  Luft- 
abschluß (nämlich  mit  Nußöl  angerührt  und  mit  Wasser  bedeckt)  die 
Farbe  verliert  und  weiß  wird,  an  der  Luft  aber  sofort  wieder  die 
blaue  Farbe  annimmt. 2)  Er  stellte  folgende  Schlüsse  auf:  1.  Die  Ent- 
färbung rührt  von  keiner  Zersetzung  des  Öles,  sondern  von  einer  Ver- 
änderung der  Oberflächen  her,  die  durch  das  Niedersinken  der  Masse 
und  das  Erlöschen  der  Lichtkügelchen  in  den  feinen  Blättchen  und 
Zwischenräumen  der  Farbesubstanz  bewirkt  werde.  2.  Zur  Wieder- 
herstellung der  Farbe  wird  weder  die  Luft,  noch  irgend  einer  ihrer 
Bestandteile  oder  eine  fremde  Beimischung  derselben  erfordert;  sie  er- 
folgt ebensogut  im  luftleeren  Baume.  3.  Wärme  ohne  Licht  hindert  sie 
und  zerstört  sogar  die  Farbe.  Eine  bloße  innere  Bewegung  ihrer 
Teile,  wie  sie  auch  bewirkt  werden  mag,  stellt  die  Farbe  nach 
der  Stärke  des  Lichtes  und  der  Bewegung  schneller  oder  langsamer 
wieder  her.  Diese  Entdeckung  wird  meistens  Chevreul  (1849)  zu- 
geschrieben, während  Desmortiers  diese  Angabe  schon  48  Jahre  früher 
machte. 


1)  Desmortiers,  „Recherches  sur  la  decoloration  spontanee  du  bleu  de 
Pmsse",  Paris  1801.  Gilberts  Annalen.  X,  8.  363.  S  eher  er,  Journal  der  Giemie. 
X,  S.  114. 

2)  Desmortiers  schrieb  auch  das  neuerliche  Blauwerden  einer  lichtwirinuig  so. 


ihrem  Schieime  darob  Einwirkung  des  Sonnenlichtes,  welchem  er  eie 
in  Boateillen  aussetzte.^] 

Kurze  Zelt  nach  Ritters  Publikation  (siehe  die  Fußnote  auf  S.  59) 
machte  Wollaston  bekannt  (1802),  daß,  ähnlich  wie  nach  Herschel, 
unsichtbare  wärmeerregende  Strahlen  jenseits  des  Kot  vorkommen,  auch 
jenseits  des  Violett  unsichtbare  Strahlen  von  anderer  Art  vorkommen, 
welche  sich  durch  ihre  chemische  Wirksamkeit  auf  Chlorsilber  aus- 
zeichnen. >)  Er  nannte  damals  zuerst  die  brechbarsten  Strahlen  des 
Spektrums  die  „chemischen  Strahlen"  —  welche  Bezeichnung  ihnen 
spiter  blieb  —  und  hielt  an  dieser  Bezeichnung  mit  Nachdruck  fest,") 
namentlich  deshalb,  weil  er  mit  ßitters  Einteilung  in  oxydierende 
und  reduzierende  Strahlen  nicht  einverstanden  war.  Es  war  nämlich 
'Wollaston  schon  1802  bekannt,  daß  das  Guajakharz  von  den  violetten 
Strahlen  lebhaft  afGziert  wird,  und  zwar  hierbei  eine  Oxydation  erleidet, 
während  nach  Bitter  den  violetten  Strahlen  nur  eine  reduzierende 
Wirkung  zukommen  sollte.  Seine  damaligen  Angaben  sind  jedoch  bei 
weitem  nicht  so  eingehend  wie  jene  Bitters  und  erst  mehrere  Jahre 
später  trat  Wollaston  mit  näheren  Details  hervor. 

Angeregt  durch  Bumfords  Angaben,  „das  Licht  bewirke  nur 
durch  Erwärmung  einen  chemischen  Effekt",  stellte  Harup  im  Jahre 
1802*)  Tenucbe  mit  Quecksilbersalzen  an  und  Überzeugte  sich,  daß 
das  Sonnenlicht  die  Schwärzung  des  Quecksilberoxydes  bewirke,  sobald 
letzteres  sich  in  durchsichtigen  Glasgefäßen,  nicht  aber,  wenn  es  sich 
in  undurchsichtigen  Ge^en  befindet.  Ferner  fand  er,  daß  bei  Luft- 
zutritt and  Gegenwart  von  Feuchtigkeit  die  Veränderung  des  Queck- 
silberoxydes  im  lichte  nicht  wesentlich  beschleunigt  werde  und  daß 
das  Licht  (entg^en  der  Wärme)  immer  nur  an  der  Oberfläche  wirke. 
Zur  weiteres  Aufklärung  der  Bumfordschen  Behauptung  versuchte  er 
Kinium  und  Bleizucker  (sowohl  für  sich  allein  als  mit  Kohle  gemischt) 
im  Lichte  zu  reduzieren,  aber  ohne  Erfolg,  woraus  er  schloß,  daß  dem 

1)  Das  Nweste  and  NützIichstB  der  Chomie,  Fabrik wisseoscbaft,  Apotbeker- 
koiiat  nBW.  1801.  IV,  135.  Die  Origiaalabhtuidlaiig  ist  mir  nnbckaiuit,  da  das 
sitieite,  gani  eohlecht  redigierte  Journal  in  bezug  auf  Quellenangaben  böubst  leicht- 
fertig yoiptsg. 

2)  Wollaaton,  „A  method  of  eiamining  refrtictive  and  diaperaive  powers  by 
priamatio  refleotioii."  Fhilosophical  TransacL  1802.  8.  370.  Gilberts  Annalon. 
XXXI,  a  416  UDd  XXXIX,  S.  291. 

3)  Gilberts  AnnaleD  der  Physili,  1811.    XXIX,  2Q1. 

4)  NiobolBODS  „A  Journal  of  Natural  Philosopby,  Chemistrj  aod  tbe  Arta", 
1802.  V,  246.  ;       ,,.  .  .  .,,: 


100  Erster  Teil.    Zwölftes  Kapitel. 

Lichte  eine  spezifische  Wirkung,  welche  verschieden  von  der  der  Wärme 
ist,  zukomme. 

Vom  Jahre  1802  datiert  die  Erfindung  der  Photographie  auf  Papier 
und  Leder  durch  Thomas  Wedgwood. i)  Thomas  Wedgwood  ist  der 
viertälteste  Sohn  des  Josiah  Wedgwood  (1771  — 1805),  Begründer  der 
neueren  englischen  Tonwarenindustrie.  Ein  Stammbaum  findet  sich  in 
dem  Werke  von  R.  B.  Litchfild  „Tom  Wedgwood  the  first  photographer 
an  account  of  his  life,  his  discovery  and  his  friendship  wit  Samuel 
Taylor  Coleridge  including  the  letters  of  Coleridge  to  the  Wedgwoods". 
London,  Duckworth  and  Co.  1903.  Viele  Autoren  nennen  dies  Jahr 
als  das  der  Erfindung  der  Photographie  überhaupt,  was  ich  mit  Rücksicht 
auf  Schulze  (1727)  nicht  zugeben  kann.  Sehr  häufig  schreibt  man 
die  Arbeit  Wedgwood  und  Davy  zu,  während  Davy  bloß  die  Ver- 
suche Wedgwoods  beschrieb  und  mit  einem  Anhang  versah,  was 
schon  der  Titel  der  1802  erschienenen  Originalabhandlung:  „Bericht 
über  eine  Methode,  Gemälde  auf  Glas  zu  kopieren  und  Profile  auf 
Silbernitrat  durch  die  Wirkung  des  Lichtes  zu  machen,  erfunden  von 
T.  Wedgwood  und  beschrieben  von  H.  Davy",  genügend  klar  macht 
Die  Angabe,  daß  der  französische  Gelehrte  Charles  selbständig  mit 
oder  vor  Wedgwood  Silhouetten  in  Paris  photographiert  habe^  ent- 
behrt ebenfalls  jeder  Begründung. 

In  Aragos  Bericht  über  das  Daguerreotyp ,  welchen  er  der  französischen 
Akademie  der  Wissenschaften  am  19.  August  1839  vorlegte  (Comptes  rendus  IX,  250), 
findet  sich  die  Angabe,  daß  erst  in  den  ersten  Jahren  des  19.  Jahrhunderts  die  ersten 
Spuren  der  Kunst,  Lichtbilder  zu  fixieren,  gefunden  werden.  „Um  diese  Zeit",  fährt 
Arago  foi-t,  „bediente  sich  unser  Landsmann  Charles  bei  seinen  Vorlesungen  eines 
grundierten  Papieres,  um  mit  Hilfe  des  Sonnenlichtes  Silhouetten  zu  erhalten.  Charles 
ist  gestorben,  ohne  das  angewandte  Präparat  zu  beschreiben,  und  da  der  Geschicht- 
schroiber  der  Wissenschaften  sich  nur  auf  gedruckte,  authentische  Dokumente  stützen 
darf,  so  muß  man  billigerweise  die  ersten  Grundziige  der  neuen  Kunst  auf  Wedg- 
wood ...  .  zurückführen.*'  Gegen  diese  Erwähnung  Charles'  hätte  ich  gar  nichts 
einzuwenden,  wenn  ich  irgendwo  hätte  die  Jahreszahl  auffinden  können,  in  weiche  das 
Experiment  Charles'  fällt,  was  von  Belang  ist,  da  Charles  viele  Jahre  lang  Privat- 
vorlosungen über  Experimentalphysik  in  Paris  hielt  und  ei-st  1823  starb.  (Poggendorlf, 
Biographisch  -  literarisches  Handwörterbuch,  1862.  I,  421.)  Arago  faßt  nun  seine 
Angabe  derart  unbestimmt,  daß  man  unwillküriich  zur  Meinung  verleitet  wird,  Charles 

1)  „An  account  of  a  method  of  copying  paintings  upon  glass  and  of  making 
profilos  by  the  agency  of  light  upon  nitrate  of  silver.''  Journal  of  the  Royal  Institution, 
1802,  I,  S.  170.  Gilberts  Annalen,  1803.  XIII,  S.  113.  —  In  fast  allen  deutschen 
Büchern  wird  die  Zeit  der  Veröffentlichung  von  Wedgwoods  Methode  fäsohlich  in 
das  Jahr  1803  verlegt.  Dieser  Irrtum  findet  seine  Erklärung  in  dem  Umstand,  daß 
die  Abhandlung  erst  im  Jahre  1803  in  einigen  deutschen  Journalen  erschien ,  während 
das  englische  Original  ein  Jalir  früher  gedruckt  worden  war,  ohne  daß  dies  in  der 
deutschen  Übersetzung  ari^eüierkt  woideii  wäre. 


man  4ber  den  Zeitpunkt  der  ExperbD«Dte  völlig  im  UobJaren.  AUerdingB  sagt  Gaston 
Tissandier  in  seinem  „Lee  merveilles  de  la  Pbotograpbie"  (Paris  18T4.  8.  15), 
daB  Professor  Charles  „um  das  Jahr  1780"  die  Camera  obscura  zu  rudimentären 
Photogrqthieu  verwendet  habe,  indem  er  Silhouetten  von  Personen  auf  mit  Cblorailber 
bestriohoaes  Papier  fallen  ließ.  Tissandier  gibt  sogar  eine  Abbildung  (a.  a.  0.  S.  14), 
um  in  demODStrieren,  wie  dieser  Vorgang  sich  vielleicht  abgespielt  haben  mag,  welche 
ninstration  wir  (Fig.  19)  reproduzieren.  Es  Bei  aber  ausdrücklich  erwähnt,  daB  diese 
Abbildung  der  Phantasie  Tiasandters  entstammt  und  daß  die  angebliche  Jahreszahl 
dieser  Charlesachea  Demonstrationen  (1780)  von  Tissandier  nirgends  durch  eine 
Quellenangabe  gestützt  ist  und  wohl  ebenso  der  Phantasie  dieses  Autors  entstammt,  wie 
die  beigegebene  Abbildung.  Ich  stelle  dagegen  folgende  Teimutung  auf:  Charles  hat 
ganz  einfach  'Wedgwoods  Abhandlung   gelesen,  sich  danach   gerichtet   und  daraus 


Flg.  19.    Angsblichi 


tat  ChlDrsüberpspi 


„in  den  ersten  Jahren  dieses  Jahrhundoris"  ein  Yorlesungsexperiment  gemacht  Mit 
dieser  einbohen  Annahme  schwindet  sofort  alias  GeheimaisvoUe  an  dem  Torgange 
Charles',  dessen  Eigenschaften  als  Mitglied  und  Bibliothekar  der  Pariser  Akademie 
dei  Wisaenaohaflen  die  Annahme  der  Geheimniskrämerei  ausschließt. 

Ich  will  hier  nicht  erörtern,  ob  Wedgwood  in  jener  Gesellschaft, 
welche  sich  vielleicht  hauptsächlich  mit  dem  Studium  photographischer 
FrozeBSO  beschäftigt  haben  mag,  nämlich  der  „Lunatic  Society"  in  England, 
die  Idee  za  seinen  Experimenten  geholt  bat, ')  da  ich  mich  nur  an  die 
anroittelbar  eingreifenden,  streng  historischen  Tatsachen  halte. 

1]  Im  Jahre  1863  machte  die  Mitteilung,  daß  die  Photographie  angeblich 
berdta  am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  (um  das  Jahr  1791)  durch  Watt  und  dessen 
Ktarbeiter  Bonlton  erfunden  worden  sein  soll,  viel  Aufsehen.  Tats&cblich  bestand 
sn  dieaer  Zeit  ia  Krmingham  eine  Gesellschaft,  welche  sich  „Lunatic  Society"  nannte, 


102  Erster  Teil.    Zwölftes  Kapitel. 

Fig.  20  zeigt  ein  Porträt  Humphry  Davys  in  seinen  jungen 
Jahren.  ^) 

Ein  Porträt  Wedgwoods  findet  sich  in  der  Biographie  „Tom 
Wedgwood,  the  first  Photographer",  London  1903.«) 

Wedgwood  tränkte  Papier  oder  Leder  mit  einer  Siibemitrat- 
lösung,  wonach  am  Lichte  rasch  eine  Schwärzung  eintrat  „Wenn  der 
Schatten  einer  Figur  auf  die  präparierte  Fläche  geworfen  wird,  so  bleiben 
die  gedeckten  Stellen  weiß,  während  die  anderen  Teile  sich  schnell 
schwärzen.*'  Er  kopierte  Glasgemälde,  wobei  er  sah,  daß  das  durch 
rote,  gelbe  und  grüne  Gläser  gegangene  Licht  viel  schwächer,  als  das 
durch  blaue  gegangene  wirkte.  Das  Lichtbild  konnte  „weder  durch 
bloßes  Wasser,  noch  durch  Seifonwasser**  entfernt  werden.  „Die  holzigen 
Fasern  der  Blätter  und  die  Flügel  der  Insekten  können  auf  diese  Weise 
sehr  genau  abgebildet  werden."  Die  Bilder  konnte  er  leider  nicht 
fixieren;  sie  mußten  im  Dunkeln  aufbewahrt  werden.  Wedgwood  hatte 
sein  Hauptaugenmerk  auf  das  Kopieren  des  Bildes  der  Camera  obscura 
gelenkt,  allein  er  fand  es  „zu  schwach,  um  in  einer  mäßigen  Zeit  eine 
Wirkung  auf  das  Silbernitrat  hervorzubringen*'. 

Davy  fügte  noch  hinzu:  „  .  .  .  Ich  fand,  daß  die  Bilder  kleiner 
Gegenstände,  welche  durch  das  Sonnenmikroskop  hervorgebracht  sind, 

ohne  Schwierigkeit  kopiert  werden  können'' „Bei  Vergleichung  der 

Wirkungen,  welche  das  Licht  auf  Chlorsilber  hervorbringt,  mit  denen 
auf  Silbemitrat,  erschien  es  evident,  daß  das  Chlorsilber  das  empfind- 
lichere sei  ....  Auf  beide  wirkt  das  Licht  schneller,  wenn  sie  naß 
sind."     Davy  erzeugte   das  Chlorsilberpapier   durch  Aufstreichen   des 


deren  Mitglieder  auch  Wedgwood,  Watt,  Priestley  u.  a.  wareD.  (Kreutzers 
Zeitsch.  f.  rhotogr.  1863.  Bd.  7,  S.  129.  Phot.  News.  1863,  Nov.  1864.  Bull.  Soc. 
fraiK?.  de  Phot.  1864.  13,  81.)  Die  „Birmiogham  Daily-Post*'  brachte  am  16.  Juli  1863 
die  Nachricht,  daß  man  daselbst  Photographien  von  dem  Fabriksorte  Soso  gefunden 
habe,  welche  die  Gebäude  in  dem  Zustande  am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  darstellten. 
Es  war  von  vornherein  unwahrscheinlich,  daß  diese  Nachricht  sich  bestätigen  wurde, 
weil  tatsächlich  Wedgwood  noch  im  Jahre  1802  das  Fixieren  der  photographischen 
Bilder  nicht  kannte;  auch  konnte  James  Watt  von  einem  photographischen  Eopier- 
prozeß  nicht  viel  gewußt  haben,  sonst  hätte  er  bei  seiner  ungefähr  um  das  Jahr  1802 
beschriebenen  Methode,  Briefe  zu  kopieren  (s.  Das  Neueste  und  Nützlichste  usw.  1802. 
Y,  124),  nicht  den  gewöhnlichen  Weg  mit  Kopiertinte  angegeben.  In  der  Tat  stellten 
sich  nachher  die  angeblich  sehr  alten  Bilder  als  Daguerreotypien  und  Talbotypien 
späteren  Ursprungs  heraus. 

1)  Die  Biographie  Davys  siehe  Thorpe,  Humphry  Davy,  Poet  and  Philosopher. 
Cassel  k  Co.  Lim.  London  1901  und  A.  Bauer,  Humphry  Davy  (1778—1829),  Yortrag 
im  Yer.  zur  Yerbr.  naturw.  Kenntnisse  (44.  Jahrg.  Heft  5.  1904)  in  Wien. 

2)  Yergl.  femer  Meteyon  „Wedgwood  and  his  works"  1874;  femer  £.Mehe- 
gaid,  „Memorials  of  Wedgwood*^  1870;  Smiler:  Josiah  Wedgwood.   1894. 


Chlorsitber-N      .       q       uum  .*    aarcu    uaivucuivu  utn»  rapwi 

mit  Silbemitrat  und  dann  mit  verdünnter  SalzsSure;  er  zog  jedoch 
trotzdem  das  Silberaitrat,  wegen  Beiner  Auflöslicbkeit  im  Wasser,  dem 
GhlorsUber  vor. 

Sarj  Tersprach,  Versuche  über  das  Fixieren  des  Lichtbildes  anzu- 
stellen, um  die  Uethode  nutzbar  zu  machen.  Seine  Bestrebungen  miß- 
langen and  Dary  ließ  nichts  mehr  von  weiteren  pfaotographischen  Ver- 


saohen  Temehmen.  Es  ist  wahrscheinlich,  dal!  D&vj  sich  gar  nicht 
mehr  am  die  Sache  kümmerte,  sondern  durch  seine  für  die  Entwicklung 
der  Chemie  so  außerordentlich  wichtigen  elektrochemischen  Experimente 
and  Entdeckungen  tod  dem  photochemischen  Gebiete  ganz  abgezogen 
wurde. 

Die  Publikationen  Wedgwoods  und  Davys  waren  allmählich  in 
Yergessenheit  gekommen  und  erst  37  Jabre  später  wurden  sie  von 
Arago  in  dem  der  französischen  Akademie  vorgelegten  Memoire  über 
die  Dagameotypie  (1839)  hervorgezogen;    damals    wurden    die  beiden 


104  Erster  Teil.    Zwölftes  Kapitel. 

Engländer  als  die  Erfinder  der  Photographie  proklamiert  und  ihnen  der 
höchste  Ehrenplatz  in  der  Geschichte  dieser  Kunst  angewiesen. 

Ich  aber  kann  als  unbefangener  Geschichtschreiber  den  beiden 
Männern  diese  Priorität  nicht  zuerkennen  und  muß  sie  in  die  Reihe 
jener  Forscher  auf  dem  Gebiete  der  Photochemie  stellen,  welche  schon 
bekannte  Tatsachen  mit  mehr  oder  weniger  eingehendem  Vorstudium  in 
einer  vielleicht  neuen  Richtung  weiter  ausbildeten.^) 

Was  ist  also  das  Neue  an  Wedgwoods  Beobachtung  und  Davys 
Kommentar  ? 

Die  Lichtempfindlichkeit  des  kreidehaltigen  Silbernitrates  hatte 
Schulze  (1727),  die  des  Chlorsilbers  Beccarius  (1757)  entdeckt. 
Heilot  hatte  die  Veränderung  des  mit  Silbernitrat  imprägnierten  Papieres 
(1737),  Scheele  die  des  mit  Chlorsilber  bestrichenen  Papieres  kennen 
gelehrt  (1777).  Senebier  (1782)  hatte  nach  seinem  Vorgänger  Scheele 
den  Unterschied  in  der  Wirkung  farbigen  Lichtes  genau  studiert 
Schulze  und  Beccarius  haben  gezeigt,  daß  man  durch  aufgelegte 
Schablonen  aus  undurchsichtigen  Stoffen,  Schriften  und  Zeichnungen 
auf  Chlorsilber  im  Lichte  kopieren  kann  und  Wedgwood  fand,  daß  zu 
solchen  Kopien  sich  auch  Blätter  und  Mosaiks  aus  farbigem  Glas  eignen, 
während  Davy,  statt  der  Schablone,  mikroskopische  Objekte  in  ein 
Sonnen mikroskop  einschaltete  und  auf  das  lichtempfindliche  Papier  in 
einiger  Distanz  projizierte. 

Die  Verwendung  der  Lichtempfindlichkeit  des  Silbersalz -Papieres 
zum  Kopieren  von  Blättern,  Schattenrissen  und  Glasgemälden  und  die 
Idee  des  Kopierens  der  Bilder  in  der  Kamera  durch  Wedgwood,  die 


1)  R.  B.  Litchfield  widmet  Wedgwood  ein  ganzes  Buch,  wohn  dieser  als 
erster  Photograph  gefeiert  wird  (,Tom  Wedgwood,  the  first  Photographer.**  —  An 
account  of  his  life,  his  discovery  and  his  friendship  with  Samuel  Taylor  Ck)leridge 
includiog  the  lettors  of  Coleridge  to  the  Wedgwoods,  by  Litchfield,  London  1903 
mit  einem  Porträte  Wedgwoods).  —  Lichtenfeld  bespricht  die  von  Eder  zuerst 
gegebene  Schilderung  der  Versuche  Schul zos  (s.  S.  51)  und  meint,  daß  die  damaligen 
unvollkommenen  Versuche  nicht  so  weitgehend  seien,  um  als  Photographie  bezeichnet 
werden  zu  können.  Er  bemüht  sich,  das  Verdienst  der  Erfindung  der  Photographie 
Wedgwood  und  Davy  zuzuerkennen.  [Dazu  bemerke  ich,  daß  Schulze  allerdings 
die  Fixierung  nicht  kannte,  aber  auch  Wedgwood  und  Davy  kannten  sie  nicht, 
trotzdem  wurden  diese  von  verschiedenen  Autoren  stets  als  erste  Erfinder  der  (noch 
nicht  fixierenden)  Photographie  genannt;  diese  Priorität  müssen  beide  letzteren  nunmehr 
nach  meinen  historischen  Forschungen  an  Schulze  abtreten  und  diesem  den  Buhm 
der  ersten  Herstellung  einer  Photographie  lassen ,  während  die  Priorität  der  Erfindung 
der  oben  erwähnten  photographischen  Lichtbilder  auf  gesilbertem  Papier,  von  Sil- 
houetten ,  von  Bildern  des  Sonnenmikroskopes  unzweifelhaft  Weedwood  und  Davy 
gebührt  (Eder).] 


Ä)ibil(luDg  de.  .  uBtanae  aes  äonnenmikroskopes  auroD  Uarj  sind 
die  YerdieoBte,  fOr  welche  wir  ihnen  dankbare  Erianerung  bewahren. 
Es  darf  auch  nicht  verschwiegen  werden,  daß  Wedgwood  und 
Dgry  auf  die  wichtige  Entdeckung  des  alten  Sclieele,  nämlich  daß 
sich  weißes  Chlorailbet  in  Ammoniak  gänzlich  löst,  im  Lichte  ge- 
schwärztes aber  einen  schwarzen  Rückstand  von  Silber  hinterlä&t,  ver- 
gessen hatten  oder  sie  nicht  kannten,  was  bei  der  großen  Verbreitung 
der  Schriften  Scheeles  (von  welchen  ja  auch  eine  englische  Aasgabe 
Toriag)  nicht  genug  wundernehmen  kann.  Dadurch  wäre  ein  Fixier- 
mittel der  Chlorsilberbilder  gegeben  gewesen,  welches  Davy  ausdrücklich 
als  nicht  aufgefunden  bezeichnete.  Diese  Vernachlässigung  der  Arbeiten 
seines  Vorgängers  von  Seite  Davya  zog  schwere  Folgen  für  die  Ent- 
wicklung der  Photographie  nach  sieb.  Die  offen  eingestandenen  Miß- 
erfolge Davys,  die  Anzeige,  daß  er  sich  mit  der  Frage  der  Fixierung 
der  Lichtbilder  eingehender  beschäftigen  wolle  und  der  Mangel  irgend 
welcher  Resultate  der  Versuche,  schrehten  die  Zeitgenossen  ab,  sich 
an  der  Lösung  einer  Aufgabe  zu  versuchen,  an  welcher  eine  wissen- 
schaftliche Qröße  ersten  Ranges,  wie  Davy,  gescheitert  war  und  so 
Tei^ngen  viele  Jahre,  bis  die  Fixierung  der  Silberbilder  aufgefunden 
wurde. 


DBEIZEHNTES  KAPITEL. 

STUDIEN  VON  SAGE  (1803),  LINK  UND  HEINEICH  ÜBER 
DIE  NATUE  DES  LICHTES  (1804—1808)  BIS  ZU  GAY- 

LUSSAC  UND  THENAED  (1810). 


Die  Lichtempfindlichkeit  des  natürlichen  Bealgar  (Schwefelarsen) 
wurde  von  Sage  im  Jahre  1803  bekannt  gemacht,  und  zwar  beobachtete 
er  sie  an  einem  jener  Figürchen  (Pagoden),  welche  die  Chinesen  aus 
diesem  von  Japan  stammenden  Mineral  verfertigen  und  welche  im  ge- 
schliffenen Zustande  eine  schöne  purpurrote  Farbe  besitzen.  Es  zeigte 
sich,  daß  die  Pagode  dort,  wo  sie  das  Licht  unmittelbar  berührt  hatte, 
den  Glanz  und  die  rote  Farbe  verlor  und  sich  mit  einem  orangegelben 
Beschlag  bedeckte,  der  leicht  abfiel  (sogenannte  Verwitterung);  wo  das 
Licht  nicht  einwirkte,  war  das  ursprüngliche  Aussehen  gewahrt  Das 
in  der  Solfatora  in  oktaedrischen  Kristallen  sublimierte  Realgar,  welches 
unter  dem  Namen  Arsenikrubin  bekannt  ist,  verwitterte  ebenfalls  im 
Lichte.^)  Hier  liegt  die  Beobachtung  einer  physikalischen  Wirkung, 
eine  Änderung  des  Molekularzustandes,  keine  rein  chemische  Licht- 
wirkung vor. 

Im  Jahre  1803  beschrieb  Boullay  die  Zersetzung  von  Queck- 
silberchlorid am  Lichte.  Eine  konzentrierte  Lösung  dieses  Salzes  in 
Wasser  zersetzte  sich  nach  tagelanger  Einwirkung  der  Sonne,  indem 
sich  etwas  Sauerstoff  entwickelte  und  die  Flüssigkeit  Lackmustinktor 
rötete,  was  also  das  Entstehen  einer  freien  Säure  (Salzsäure)  andeutete; 
einige  in  der  Lösung  enthaltene  Quecksilberchloridkristalle  verloren  ihre 
Durchsichtigkeit  und  waren  im  Wasser  nicht  mehr  völlig  löslich.  Nach 
langer  Lichtwirkung  hinterblieb  ein  grauer  Rückstand.^) 

Im  selben  Jahre  veröffentlichte  Johann  Quirin  Jahn,  Mitglied 
der  k.  k.  Akademie  der  bildenden  Künste  in  Wien,  eine  „Abhandlung 


1)  Scherer,  Allgemeines  Journal  der  Chemie.  X,  115,  aus  Tillochs  Philosoph. 
Magaz.  Bd.  XIII,  Nr.  49,  S.  42. 

2)  Gehlens  Journal.  Bd.  2,  S.  91. 


übtT  das  Bluit    ,_  -^u  _     ui^Qg  der  ueie  sor  ueiniBivcvj  -   i     o, 

worin  erwähnt  ist,  daß  z.  B.  Leinöl  im  Sonnenscheia  sich  klärt  und 
durch  die  Sonnenwärme  noch  mehr  gebleicht  wird.  Über  spezielle 
Ijcbtwirkuog  i3t  aber  nii^nds  etwas  erwähnt,  sondern  Sonnenschein 
mit  warmer  Witterung  identifiziert. 

Im  Jahre  1803  erschira  Bertbollets  berähmtes  Werk  «Essay 
de  statique  chirnique**,  welches  1811  in  deutscher  Übersetzung  unter 
dem  Titel:  „Versuch  einer  chemischen  Statik"  herausgegeben  wurde. 
In  diesem  Werke  sind  die  chemischen  Lichtwirkungen  erwähnt  und 
neue  Hypothesen  zur  Erklärung  derselben  aufgestellt 

„DerWärmestoff  unterscheidet  sich",  sagtBerthollet,  «darum  vom 
Lichte,  daß  er  weit  leichter  ist,  und  auch  von  solchen  Körpern,  welche 
das  Licht  durchlassen,  verschluckt  wird"  ....  «Es  gibt  einige  chemische 
Yerbindungen,  die  von  det  Wärme  und  vom  Lichte  ungleiche  Wirkungen 
zn  erleiden  scheinen  und  die  also  dazu  führen  möchten,  beide  als  zwei 
verschiedene  Stoffe  zu  betrachten."  Dazu  fdhrt  Berthollet  das  Chlor- 
wasser und  die  Salpetersäure  an.  —  Vom  gelben  Blutlaugeusalz 
sagt  er,  es  zersetze  sich  in  der  Sonne  unter  Entwicklung  von  Blau- 
sänre  und  Ausscheidung  eines  blauen  Niederschlages. 

Er  teilt  dann  neue  Versuche  über  Chlorsilber  mit  Chlorsilber, 
unter  Wasser  dem  Lichte  exponiert,  verlieh  dem  Wasser  eine  saure 
Reaktion  und  enthielt  Salzsäure,  aber  kein  Chlor.  Das  Gas,  welches  hier- 
bei an&Dgs  entweicht,  sei  nicht  (wie  er  1786  angegeben  hatte)  Sauer- 
stoff, sondern  bloß  Luft  „Meine  Vermutung  war  also  unbegründet", 
föhrt  Berthollet  fort,  „daß  in  diesem  Falle  der  Sauerstoff  durch  die 
Einwirkung  des  Lichtes  dahin  bestimmt  wurde,  das  Metall  zu  verlassen 
und  den  gasförmigen  Zustand  wieder  anzunehmen"  (S.  208).  Da  er 
beim  Erhitzen  von  geschwärztem  Chlorsilber  nur  das  Entweichen  von 
Salzsfiuredämpfeu  bemerkte  (und  kein  Chlor),  so  schloß  er,  daß  „das 
Licht  bloß  die  Trennung  eines  Teiles  der  Salzsäure,  die  in  dem  Salz- 
säuren Silber  gebunden  ist,  veranlasse  und  daß  Wärme  aHein  denselben 
Erfolg  za  bewirken  scheine." 

Das  Ohlorsilber  soll  im  Flnstem  bei  vielem  Luftzutritt  sich  ebenso 
wie  im  Lichte  schwärzen,  was  eine  irrtümliche  Beobachtung  war.^) 

Zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  lenkten  die  wesentlich  erweiterten 
Kenntnisse  der  Chemie  und  Optik  und  speziell  die  einander  entgegen- 

1)  Die  Angabe  Berthollets,  daß  der  Luftzag  dos  Chlorgilber  echwarzo,  soll 
nach  Bitter  ihre  Eotstehang  dem  zufolligea  üm^tando  verdankcD,  daß  der  Luftzug 
darok  ainea  bereite  beim  Feuer  gebrauchten  Blasebalg  erzeugt  wurde  und  dieser 
KoUenstanb  v<»i  eich  gab.  (Fischer,  Über  die  Wirkaog  des  lichtes  auf  HorosUbor. 
1814.    8.26.) 


DBEIZEHNTES  KAPITEL. 

STUDIEN  VON  SAGE  (1803),  LINK  UND  HEINEICH  ÜBER 
DIE  NATUE  DES  LICHTES  (1804—1808)  BIS  ZU  GAY- 

LUSSAC  UND  THENAED  (1810). 


Die  Lichtempfindlichkeit  des  natürlichen  Bealgar  (Schwefelarsen) 
wurde  von  Sage  im  Jahre  1803  bekannt  gemacht,  und  zwar  beobachtete 
er  sie  an  einem  jener  Figürchen  (Pagoden),  welche  die  Chinesen  aus 
diesem  von  Japan  stammenden  Mineral  verfertigen  und  welche  im  ge- 
schlifTenen  Zustande  eine  schöne  purpurrote  Farbe  besitzen.  Es  zeigte 
sich,  daß  die  Pagode  dort,  wo  sie  das  Licht  unmittelbar  berührt  hatte, 
den  Glanz  und  die  rote  Farbe  verlor  und  sich  mit  einem  orangegelben 
Beschlag  bedeckte,  der  leicht  abfiel  (sogenannte  Verwitterung);  wo  das 
Licht  nicht  einwirkte,  war  das  ursprüngliche  Aussehen  gewahrt  Das 
in  der  Solfatora  in  oktaedrischen  Kristallen  sublimierte  Realgar,  welches 
unter  dem  Namen  Arsenikrubin  bekannt  ist,  verwitterte  ebenfalls  im 
Lichte.^)  Hier  liegt  die  Beobachtung  einer  physikalischen  Wirkung, 
eine  Änderung  des  Molekularzustandes,  keine  rein  chemische  Licht- 
wirkung vor. 

Im  Jahre  1803  beschrieb  Boullay  die  Zersetzung  von  Queck- 
silberchlorid am  Lichte.  Eine  konzentrierte  Lösung  dieses  Salzes  in 
Wasser  zersetzte  sich  nach  tagelanger  Einwirkung  der  Sonne,  indem 
sich  etwas  SauerstofT  entwickelte  und  die  Flüssigkeit  Lackmustinktur 
rötete,  was  also  das  Entstehen  einer  freien  Säure  (Salzsäure)  andeutete; 
einige  in  der  Lösung  enthaltene  Quecksilberchloridkristalle  verloren  ihre 
Durchsichtigkeit  und  waren  im  Wasser  nicht  mehr  völlig  löslich.  Nach 
langer  Lichtwirkung  hinterblieb  ein  grauer  Rückstand.  2) 

Im  selben  Jahre  veröffentlichte  Johann  Quirin  Jahn,  Mitglied 
der  k.  k.  Akademie  der  bildenden  Künste  in  Wien,  eine  „Abhandlung 


1)  Scher  er,  Allgemeines  Journal  der  Chemie.  X,  115,  aus  Tillochs  Philosoph. 
Magaz.  Bd.  XIH,  Nr.  49,  S.  42. 

2)  Gehlens  Journal.  Bd.  2,  S.  91. 


über  das  BImi  .  migang  aer  ueie  zar  ueimaiOTt^y  -   ioiio, 

worin  erwähnt  L»,  daß  z.  B.  Leinöl  im  SoanenscheiD  sich  klärt  und 
dorcb  die  Son&enwärme  noch  mehr  gebleicht  wird.  Über  spezielle 
Lichtwii^nng  ist  aber  nirgends  etwas  erwähnt,  Bondem  Sonnenschein 
mit  warmer  Witterung  identifiziert. 

Im  Jahre  1803  eischien  BerthoUets  berühmtes  Werk  „Essay 
de  fltatique  chimiqoe",  welches  1811  in  deutscher  Übersetzung  unter 
dem  Titel:  „Yersuch  einer  chemischen  Statik"  herausgegeben  wurde. 
In  diesem  Werke  sind  die  chemischen  Lichtnirkungen  erwähnt  und 
neue  Hypothesen  zur  Erklärung  derselben  aufgestellt. 

,Der Wärmestod*  unterscheidet  sich",  sagt  Berthollet,  „darum  vom 
Lichte,  daß  er  weit  leichter  ist,  und  auch  von  solchen  Eörpem,  welche 
das  licht  durchlassen,  verschluckt  wird"  ....  „Es  gibt  einige  chemische 
Terbindungen,  die  von  der  Wärme  und  vom  Lichte  ungleiche  Wirkungen 
zu  erleiden  scheinen  und  die  also  dazu  fuhren  möchten,  beide  als  zwei 
verschiedene  Stoffe  zu  betrachten."  Dazu  führt  Berthollet  das  Chlor- 
Wasser  und  die  Salpetersäure  an.  —  Vom  gelben  Blutlaugensalz 
sagt  er,  es  zersetze  sich  in  der  Sonne  unter  Entwicklung  von  Blau- 
sSore  und  Ausscheidung  eines  blauen  Niederschlages. 

Er  teilt  dann  neue  Versuche  über  Cblorsilber  mit.  Chlorsilber, 
anter  Wasser  dem  Lichte  exponiert,  verlieh  dem  Wasser  eine  saure 
Reaktion  und  enthielt  Salzsäure,  aber  kein  Chlor.  Das  Oas,  welches  hier- 
bei anfangs  entweicht,  sei  nicht  (wie  er  1786  angegeben  hatte)  Sauer- 
stoff, sondern  bloß  Luft  „Meine  Vermutung  war  also  unbegründet", 
fährt  Berthollet  fort,  „daß  in  diesem  Falle  der  Sauerstoff  durch  die 
Einwirkung  des  Lichtes  dahin  bestimmt  wurde,  das  Metall  zu  verlassen 
und  den  gasförmigen  Zustand  wieder  anzunehmen"  (S.  208).  Da  er 
beim  Erhitzen  von  geschwärztem  Chlorsilber  nur  das  Entweichen  von 
Silzsänredämpfen  bemerkte  (und  kein  Chlor),  so  schloß  er,  dal!  „das 
IJcht  bloß  die  Trennung  eines  Teiles  der  Salzsäure,  die  in  dem  salz- 
Battren  Silber  gebunden  ist,  veranlasse  und  daß  Wärme  allein  denselben 
Erfolg  zu  bewirken  scheine." 

Das  Ghlorsilber  soll  im  Finstern  bei  vielem  Luftzutritt  sich  ebenso 
wie  im  Liebte  schwärzen,  was  eine  irrtümliche  Beobachtung  war.') 

Zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  lenkten  die  wesentlich  erweiterten 
Eenntiiisse  der  Chemie  und  Optik  und  speziell  die  einander  entgegen- 


1)  Di»  Angabe  BerthoUets,  daß  der  Luftzug  das  Clilorsilber  scimiirze,  soll 
nach  Bitter  ihre  Entstebnug  dem  zufülligen  Umslande  vcrdaatea,  dalt  der  Luftzug 
doroh  einen  bereits  beim  Feuer  gebrauchten  Jilasebalg  erzeugt  wurde  nod  dieser 
ICoUenatanb  von  sich  gab.    (Fischer,  Über  die  Wirkung  des  lichtes  auf  Hornailbor. 


DBEIZEHNTES  KAPITEL. 

STUDIEN  VON  SAGE  (1803),  LINK  UND  HEINEICH  ÜBER 
DIE  NATUE  DES  LICHTES  (1804—1808)  BIS  ZU  GAY- 

LUSSAC  UND  THENAED  (1810). 


Die  Lichtempfindlichkeit  des  natürlichen  Realgar  (Schwefelarsen) 
wurde  von  Sage  im  Jahre  1803  bekannt  gemacht,  und  zwar  beobachtete 
er  sie  an  einem  jener  Figürchen  (Pagoden),  welche  die  Chinesen  aus 
diesem  von  Japan  stammenden  Mineral  verfertigen  und  welche  im  ge- 
schliffenen Zustande  eine  schöne  purpurrote  Farbe  besitzen.  Es  zeigte 
sich,  daß  die  Pagode  dort,  wo  sie  das  Licht  unmittelbar  berührt  hatte, 
den  Glanz  und  die  rote  Farbe  verlor  und  sich  mit  einem  orangegelben 
Beschlag  bedeckte,  der  leicht  abfiel  (sogenannte  Verwitterung);  wo  das 
Licht  nicht  einwirkte,  war  das  ursprüngliche  Aussehen  gewahrt  Das 
in  der  Solfatora  in  oktaedrischen  Kristallen  sublimierte  Realgar,  welches 
unter  dem  Namen  Arsenikrubin  bekannt  ist,  verwitterte  ebenfalls  im 
Lichte.^)  Hier  liegt  die  Beobachtung  einer  physikalischen  Wirkung, 
eine  Änderung  des  Moiekularzustandes,  keine  rein  chemische  Licht- 
wirkung vor. 

Im  Jahre  1803  beschrieb  Boullay  die  Zersetzung  von  Queck- 
silberchlorid am  Lichte.  Eine  konzentrierte  Lösung  dieses  Salzes  in 
Wasser  zersetzte  sich  nach  tagelanger  Einwirkung  der  Sonne,  indem 
sich  etwas  Sauerstoff  entwickelte  und  die  Flüssigkeit  Lackmustinktor 
rötete,  was  also  das  Entstehen  einer  freien  Säure  (Salzsäure)  andeutete; 
einige  in  der  Lösung  enthaltene  Quecksilberchloridkristalle  verloren  ihre 
Durchsichtigkeit  und  waren  im  Wasser  nicht  mehr  völlig  löslich.  Nach 
langer  Lichtwirkung  hinterblieb  ein  grauer  Rückstand.  2) 

Im  selben  Jahre  veröffentlichte  Johann  Quirin  Jahn,  Mitglied 
der  k.  k.  Akademie  der  bildenden  Künste  in  Wien,  eine  „Abhandlung 


1)  Scherer,  Allgemeines  Journal  der  Chemie.  X,  115,  aus  Tillochs  Philosoph. 
Magaz.  Bd.  XIII,  Nr.  49,  S.  42. 

2)  Gehlens  Journal.  Bd.  2,  S.  91. 


über  (las  Bleu  .      .__        •uignng'  aer  ueie  zur  ueimiutu«^  ~   xovof 

woriD  erwähat  ».,  daß  z.  B.  Leinöl  im  SonnenBcheia  sich  klärt  und 
dnrcb  die  SonneDwärme  noch  mehr  gebleicht  wird.  Über  spezielle 
Liohtwirkong  ist  aber  nirgeDcIs  etwas  erwähnt,  sondern  Sonnenschein 
mit  warmer  Witteniog  identifiziert. 

Im  Jahre  1803  erschien  BerthoUets  berühmtes  Werk  „Essay 
de  statique  chimiqae",  welches  1811  in  deutscher  Übersetzung  unter 
dem  Titel:  „Yersaoh  einer  chemischen  Statik"  herausgegebea  wurde. 
In  diesem  Werke  sind  die  chemischen  Lichtwirkungen  erwähnt  und 
neue  Hypothesen  zur  Erklärung  derselben  aufgestellt. 

„Der  Wärmestoff  unterscheidet  sich",  ssgtBerthotlet,  „darum  vom 
Lichte,  daä  er  weit  leichter  ist,  und  auch  von  solchen  Körpern,  welche 
das  Lidit  durchlassen,  verschluckt  wird"  ....  „Es  gibt  einige  chemische 
Yerbiodungen,  die  von  der  Wärme  und  vom  Liebte  ungleiche  Wirkungen 
zu  erieiden  scheinen  und  die  also  dazu  führen  möchten,  beide  als  zwei 
verschiedene  Stoffe  zu  betrachten."  Dazu  führt  Berthollet  das  Chlor- 
wasser und  die  Salpetersäure  an.  —  Yom  gelben  Blutlaugensalz 
sagt  er,  es  zersetze  sich  in  der  Sonne  unter  Entwicklung  von  Blau- 
sfioze  und  Ausscheidung  eines  blauen  Niederschlages. 

Er  teilt  dann  neue  Versuche  über  Chlorsilber  mit.  Cblorsilber, 
unter  Wasser  dem  Lichte  exponiert,  verlieh  dem  Wasser  eine  saure 
Beaktion  und  enthielt  Salzsäure,  aber  kein  Chlor.  Das  Gas,  welches  hier- 
bei anfangs  entweicht,  sei  nicht  (wie  er  1786  angegeben  hatte)  Sauer- 
stoff, Boodem  bloß  Luft  „IKeine  Vermutung  war  also  unbegründet", 
fährt  Berthollet  fort,  „daß  in  diesem  Falle  der  Sauerstoff  durch  die 
Einwirkung  des  Lichtes  dahin  bestimmt  wurde,  das  Metall  zu  verlassen 
und  den  gasförmigen  Zustand  wieder  anzunehmen"  (S,  208).  Da  er 
beim  Erhitzen  von  geschwärztem  Chlorsilber  nur  das  Entweichen  von 
Salzsäuredämpfen  bemerkte  (und  kein  Chlor),  so  schloß  er,  daß  „das 
IJcht  bloß  die  Trennung  eines  Teiles  der  Salzsäure,  die  in  dem  salz- 
sauren Silber  gebunden  ist,  veranlasse  und  daß  Wärme  allein  denselben 
Erfblg  zu  bewirken  scheine." 

Das  Ghlorsilber  soll  im  Finstem  bei  vielem  Luftzutritt  sich  ebenso 
wie  im  Liebte  schwärzen,  was  eine  irrtümliche  Beobachtung  war.^) 

Zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  lenkten  die  wesentlich  erweiterten 
Kenntnisse  der  Chemie  und  Optik  und  speziell  die  einander  entgegen- 


1)  Die  Angabe  BerthoUets,  daß  der  Luftzug  das  Chloreilber  schwärze,  soll 
naob  Bitter  ibre  Entstehang  dem  zufälligen  Umstando  verdanken,  daß  der  Luftzug 
dnnth  einen  1>eieilit  beim  Feuer  gebrauchten  Itlasebalg  erzeugt  wurde  und  dieser 
Kohlenatanb  von  sich  gab.  (Fischer,  Über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  Hornsilber. 
1814.    S.26.) 


DBEIZEHNTES  KAPITEL. 

STUDIEN  VON  SAGE  (1803),  LINK  UND  HEINEICH  ÜBER 
DIE  NATUE  DES  LICHTES  (1804—1808)  BIS  ZU  GAY- 

LUSSAC  UND  THENAED  (1810). 


Die  Lichtempfindlichkeit  des  natürlichen  Bealgar  (Schwefelarsen) 
wurde  von  Sage  im  Jahre  1803  bekannt  gemacht,  und  zwar  beobachtete 
er  sie  an  einem  jener  Figürchen  (Pagoden),  welche  die  Chinesen  aus 
diesem  von  Japan  stammenden  Mineral  verfertigen  und  welche  im  ge- 
schlifTenen  Zustande  eine  schöne  purpurrote  Farbe  besitzen.  Es  zeigte 
sich,  daß  die  Pagode  dort,  wo  sie  das  Licht  unmittelbar  berührt  hatte, 
den  Glanz  und  die  rote  Farbe  verlor  und  sich  mit  einem  orangegelben 
Beschlag  bedeckte,  der  leicht  abfiel  (sogenannte  Verwitterung);  wo  das 
Licht  nicht  einwirkte,  war  das  ursprüngliche  Aussehen  gewahrt  Das 
in  der  Solfatora  in  oktaedrischen  Kristallen  sublimierte  Bealgar,  welches 
unter  dem  Namen  Arsenikrubin  bekannt  ist,  verwitterte  ebenfalls  im 
Lichte.^)  Hier  liegt  die  Beobachtung  einer  physikalischen  Wirkung, 
eine  Änderung  des  Moiekularzustandes,  keine  rein  chemische  licbt- 
wirkung  vor. 

Im  Jahre  1803  beschrieb  BouUay  die  Zersetzung  von  Queck- 
silberchlorid am  Lichte.  Eine  konzentrierte  Lösung  dieses  Salzes  in 
Wasser  zersetzte  sich  nach  tagelanger  Einwirkung  der  Sonne,  indem 
sich  etwas  Sauerstoff  entwickelte  und  die  Flüssigkeit  Lackmustinktar 
rötete,  was  also  das  Entstehen  einer  freien  Säure  (Salzsäure)  andeutete; 
einige  in  der  Lösung  enthaltene  Quecksilberchloridkristalle  verloren  ihre 
Durchsichtigkeit  und  waren  im  Wasser  nicht  mehr  völlig  löslich.  Nach 
langer  Lichtwirkung  hinterblieb  ein  grauer  Rückstand.  2) 

Im  selben  Jahre  veröffentlichte  Johann  Quirin  Jahn,  Mitglied 
der  k.  k.  Akademie  der  bildenden  Künste  in  Wien,  eine  „Abhandlung 


1)  Scherer,  Allgemeines  Journal  der  Chemie.  X,  115,  aus  Tillochs  Philosoph. 
Magaz.  Bd.  XIII,  Nr.  49,  S.  42. 

2)  Gehlens  Journal.  Bd.  2,  S.  91. 


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über  das  Blei*  _,  '■)n">g  ''^^  ueie  zur  «jeinnuwiuj  ^   x     a, 

woriD  erwähnt  ist,  daß  z.  B.  Leinöl  im  SonDeoschein  eicb  klärt  und 
dnrcb  die  Sonneowänne  noch  mehr  gebleicht  wird.  Über  spezielle 
Liohtwirkang  ist  aber  nirgends  etwas  erwähnt,  sondern  Sonnenschein 
mit  warmer  Witterung  identifiziert. 

Im  Jahre  1803  erschien  BerthoUets  berühmtes  Werk  „Essay 
de  statiqae  ohimique",  welches  1811  in  deutscher  Übersetzung  unter 
dem  Titel:  „Versuch  einer  chemischen  Statik"  herausgegeben  wurde. 
In  diesem  Werke  sind  die  chemischen  Licht  Wirkungen  erwähnt  und 
neue  Hypothesen  zur  Erklärung  derselben  aufgestellt. 

„ Der  W&rmestoff  unterscheidet  sich",  sagt  Bertbolle  t,  „darum  vom 
Lichte,  daß  er  weit  leichter  ist,  und  auch  von  solchen  Körpern,  welche 
das  Licht  durchlassen,  verschluckt  wird"  ....  „Es  gibt  einige  chemische 
Verbindungen,  die  von  der  Wärme  und  vom  Lichte  ungleiche  Wirkungen 
zu  erleiden  scheinen  und  die  also  dazu  führen  möchten,  beide  als  zwei 
verschiedene  Stoffe  zu  betrachten."  Dazu  führt  Berthollet  das  Chlor- 
wasser  und  die  Salpetersäure  an.  —  Vom  gelben  BlutlAugensalz 
sagt  er,  es  zersetze  sich  in  der  Sonne  unter  Entwicklung  von  Blau- 
säure and  Ausscheidung  eines  blauen  Niederschlages. 

Er  teilt  dann  neue  Versuche  über  Chlorsilber  mit.  Cblorsilber, 
anter  Wasser  dem  Liebte  exponiert,  verlieh  dem  Wasser  eine  saure 
Reaktion  and  enthielt  Salzsäure,  aber  kein  Chlor.  Das  Gas,  welches  hier- 
bei anfangs  entweicht,  sei  nicht  (wie  er  1786  angegeben  hatte)  Sauer- 
stoff, sondern  bloß  Luft  „Meine  Vermutung  war  also  unbegründet", 
ßihrt  Berthollet  fort,  „daß  in  diesem  Ealle  der  Sauerstoff  durch  die 
Einwirkung  des  Lichtes  dahin  bestimmt  wurde,  das  Metall  zu  verlassen 
und  den  gasförmigen  Zustand  wieder  anzunehmen"  (S.  208).  Da  er 
beim  Erhitzen  von  geschwärztem  Chlorsilber  nur  das  Entweichen  von 
Salzsänredämpfen  bemerkte  (und  kein  Chlor),  so  schloß  er,  daß  „das 
licht  bloß  die  Trennung  eines  Teiles  der  Salzsäure,  die  in  dem  Salz- 
säuren Silber  gebunden  ist,  veranlasse  und  daß  Wärme  allein  denselben 
Erfolg  zu  bewirken  scheine." 

Das  Cblorsilber  soll  im  Finstem  bei  vielem  Luftzutritt  sich  ebenso 
wie  im  Liebte  schwärzen,  was  eine  irrtümliche  Beobachtung  war.^) 

Zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  lenkten  die  wesentlich  erweiterten 
Kenntnisse  der  Chemie  und  Optik  und  speziell  die  einander  entgegen- 

1)  Die  Angabe  BerthoUets,  daß  der  Luftzug  das  ChlorsUber  sdiwürze,  soll 
Dadi  Bitter  ihre  Eatstehnng  dem  zufülligen  ümKlaado  verdanken,  daß  der  Luftzug 
doToh  MDen  bereits  beim  Feaer  gebrauchten  Blcisebalg  erzeugt  wurde  und  dieser 
KoUenstaab  von  sich  gab.  (Fischer,  Über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  Homsilber. 
1814.    8.26.) 


108  Erster  Teil.    Dreizehntes  Kapitel. 

gesetzten  Hypothesen  über  die  Natur  des  Lichtes  die  Aufmerksamkeit 
der  gelehrten  Gesellschaften  auf  diesen  Gegenstand.  Man  hatte  seit 
langer  Zeit  die  sich  gegenseitig  widersprechenden  Hypothesen  von 
Newton,  welcher  das  Licht  materiellen  Ausflüssen  der  leuchtenden 
Körper  zuschreibt;  ferner  von  Euler,  nach  welchem  das  Licht  durch 
eine  von  den  leuchtenden  Körpern  hervorgebrachte  zitternde  Bewegung 
des  Äthers  entsteht.  Der  Begründer  der  neuen  Chemie,  Lavoisier, 
hatte  angenommen:  daß  in  der  Natur  ein  besonderer  Stoff  als  die 
wirkende  Ursache  der  Erscheinung,  welche  wir  mit  dem  Namen  des 
Lichtes  bezeichnen,  vorhanden  sei;  Lavoisier  nahm  an,  daß  dieser 
LichtstoflF  chemischen  Verwandtschaften  unterworfen  sei,  denen  zufolge 
er  sich  mit  anderen  Körpern  verbände,  sich  von  ihnen  trenne  und  merk- 
liche Modifikationen  hervorbringe  (s.  Seite  71). 

Im  allgemeinen  behauptete  Berthollet:  das  Licht  wirke  nur 
insofern,  daß  es  „in  eine  Verbindung  trete",  daß  „es  die  Menge  von 
Wärmestofif  hergegeben  habe,  woran  es  dem  entwickelten  Gase  mangelte 
und  daß  es  durch  Erhöhung  der  Temperatur  dessen  Ausdehnsamkeit 
verstärkt  habe"  .  .  .  „Durch  diese  Bemerkungen  wird,  dünkt  mich,  die 
Einerleiheit  der  Substanz  des  Lichtes  und  des  Wärmestoffes  bewiesen." 

In  dieser  Zeit  zog  Thomas  Toung  (namentlich  1801  bis  1803)  die 
von  Grimaldi  (1665),  Huyghens  (1690)  und  Euler  (1746  und  1752) 
schon  früher  aufgestellte  und  fast  vergessene  ündulationstheorie  aus  der 
Dunkelheit  hervor  und  verlieh  ihr  durch  eingehende  Untersuchungen 
(Beugungs-  und  Interferenz-Erscheinungen)  eine  neue  Stütze.  Er  konnte 
jedoch  seine  Anschauung  nicht  zum  Durchbruch  bringen.  Man  blieb 
bei  der  alten  New  ton  sehen  Anschauung,  daß  das  Licht  aus  konkreten 
Teilen  besteht,  die  mit  ungeheurer  Schnelligkeit  vom  leuchtenden 
Körper  ausgesendet  werden.^)  Toung  suchte  seine  Ansicht  durch  mehr- 
fache Experimente,  insbesondere  Interferenz -Erscheinungen  betreflfonde, 
zu  stützen.  Er  fand,  daß  auch  die  unsichtbaren  ultravioletten  Strahlen 
Interferenz -Erscheinungen  zeigen.  In  seinen  „Versuchen  und  Berech- 
nungen zur  physikalischen  Optik"  1804 2)  schrieb  er: 

„Um  die  Eigenschaften  der  ultravioletten  Strahlen  mit  denen  des 
sichtbaren  Lichtes  besser  vergleichen  zu  können,  war  ich  begierig,  die 
Wirkungen  ihrer  Reflexion  von  dünnen  Luftplättchen,  welche  die  wohl- 
bekannten Farbenringe  hervorzubringen  pflegen,  zu  untersuchen.  Za 
dieser  Absicht  brachte  ich  mittels  des  Sonnenmikroskopes  ein  Bild  von 


1)  Poggendorf  fs  Geschichte  der  Physik.  1879.    S.  646. 

2)  Philosoph.  Transactions  of  the  Roy.  Soc.  of  London.  1804.    Deutsch:  Oilberti 
Annal.  1811.    Bd.  39,  S.  262  und  282. 


^^ 


Farben  n  II  anc« 

in  eine  Aoflösnng  tod  salpeteresurem  Silber  getaucht  hatte  und  das  von 
dem  Uikroskop  etWa  9  Zoll  entfernt  war.  Während  einer  Stunde 
worden  Teile  von  drei  dunklen  Ringen  deutlich  sichtbar;  sie  waren 
Bcbmäler  als  die  hellsten  Ringe  des  Farbenbildes  und  kamen  in  ihrer 
Breite  sehr  nahe  mit  den  Ringen  des  violetten  Lichtes  überein,  das 
durch  Beihilfe  eines  violetten  Glases  erschien  ....  Doch  ist  der  Versuch 
hinreichend,  die  Ähnlichkeit  der  unsichtbaren  und  sichtbaren  Sonnen- 
Btrahleo  zu  bestätigen  und  zu  zeigen,  daß  sie  eben  demselben  aUge- 
meinen  Gesetze  (wie  die  sichtbaren  Strahlen)  unterworfen  sind." 

Zur  Klärung  der  Ansichten  über  das  Licht  schrieb  die  Eaiserl. 
Akademie  der  Wissenschaften  in  St  Petersburg  am  22.  August 
1804  eine  Preisfrage  aus  und  sollte  der  Preis  von  500  Rubeln  dem- 
jenigen Naturforscher  zugeschrieben  werden,  welcher: 

„Die  lehrreichste  Reihe  von  neuen  Versuclien  über  das  Licht  als 

Materie;  über  die  Eigenschaften,   welche  man   berechtigt  sei,   diesem 

Stoffe  zuzuschreiben;   über  die  Verwandtschaften,   in  welchen  er  mit 

anderen  organischen  oder  nicht  organischen  Körpern  zu  stehen  scheint; 

und  über  die  Modifikationen  und  Erscheinungen,  welche  sich  in  diesen 

Substanzen  infolge  der  Verbindungen  zeigen,  welche  der  Lichtstoff 

mit  ihnen  eingegangen  ist," 

gemacht  und  der  Akademie  bis  zum  Jahre  1806  mitgeteilt  haben  wird. 

Den  Preis  erhielten  zwei  deutsche  Naturforscher,  nämlich:  Heinrich 

Friedrich  Link,  Professor  in  Rostock,  und  Placidus  Heinrich,  Professor 

im  Stifte  St  Emmeram  zu   Regensburg;   die  Schriften   sind    in   einem 

Bande  „Über  die  Natur  des  Lichtes"  (St.  Petersburg,  1808)  publiziert. 

Beide    Schriften    legen    das    Hauptgewicht    auf    die    Behandlung    des 

chemischen  Teiles  der  Lichtwirkung  und  sind  deshalb  für  die  Oe- 

schichte  der  Photochemie  von  hoher  Wichtigkeit. 

Link  wiederholte  viele  ältere  Versuche  über  die  Lichtempändlich- 
keit  der  Silberverbindungen  und  fand  auch  neue  Tatsachen,  z.  B.  daß 
Ghlonilber  im  Lichte  sich  unter  konzentrierter  Schwefelsäure  oder  starkem 
Alkohol  langsamer  schwärzt  als  unter  Wasser  und  daß  selbst  eine  Kälte 
von  — 60  Grad  die  Schwärzung  nicht  aufhält;  er  studierte  die  bereits 
Ton  Bnchbolz  (1800)  entdeckte  Lichtenipfindlichkcit  des  kohlensauren 
Silbers,  welches  durch  Wärme  ebenso  wie  durch  Licht  desoxydiert 
werde.  Er  bestätigt  die  von  Le  Sage  1803  (Scherers  Journal.  Bd.  10, 
S.  116)  gefundene  Erscheinung,  daß  Schwefelarsen  im  Liebte  blasser 
wird,  sovrie  die  tou  Desmortiers  1801  (s.  S.  98)  angegebene  Licht- 
empfindlichkeit des  Berlinerblau  und  fand,  daß  Zinkoxyd  im  Lichte 
donkler  wird. 


110  Erster  Teil.    Dreizehntes  Kapitel. 

Ohne  wesentliche  neue  experimentelle  Beobachtungen  mitzuteilen, 
stellte  Link  das  vorhandene  Versuchsmaterial  geschickt  zusammen  und 
fand,  daß  das  Licht  manche  Körper  desoxydiert*(Silber-, Quecksilber-, 
Goldverbindungen),  andere  aber  oxydiert  (Guajak,  Dippels  tierisches 
■öl,  Blattgrün);  er  sagt,  das  „verbundene  Licht"  gibt  sich  durch  keine 
<5hemische  Erscheinung  zu  erkennen  und  die  Freunde  des  Vibrations- 
systemes  werden  durch  chemische  Versuche  keineswegs  widerlegt;  freilich 
hat  die  Chemie  auch  keine  Beweise  dafür. 

Über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  organische  Körper  sagt  Link 
nicht  mehr,  als  Ebermaier  in  seiner  1799  erschienenen  Schrift  „Ver- 
such einer  Geschichte  des  Lichtes  in  Rücksicht  seines  Einflusses  auf 
"die  gesamte  Natur"  mitteilte. 

Betreffs  der  chemischen  Wirkungen  des  farbigen  Lichtes  knüpfte 
Link  an  die  bereits  erwähnten  Arbeiten  Herschels  und  Ritters  an, 
welcher  erstere  am  roten  Ende  des  prismatischen  Spektrums  besonders 
viele  Wärmestrahlen  nachwies,  während  letzterer  neben  dem  violetten  Ende 
nicht  leuchtende  chemische  Strahlen  (Ultraviolett)  auffand.  Link  sprach 
schließlich  die  Ansicht  aus,  daß  die  blauen  und  violetten  Strahlen  an  und 
für  sich  und  nicht  vielleicht  deshalb  stärker  wirken ,  weil  ihnen  anders 
geartete  eigene  „chemisch  wirkende  Strahlen"  beigemengt  seien.  Ferner 
schloß  er  aus  der  Tatsache,  daß  kohlensaures  Silber  hinter  rotem  Glase 
rascher  als  hinter  blauen  Gläsern  sich  schwärzt,  daß  in  diesem  Falle 
die  „wärmenden  Strahlen"  die  Zersetzung  besser  durchführen  und  sagt 
schließlich  wörtlich:  „Der  Ausdruck  , chemische  Strahlen'  paßt 
also  nicht  ganz  für  die  an  den  violetten  liegenden,  da  die 
an  den  roten  liegenden  ebenfalls  und  auf  eine  völlig  ähn- 
liche Art  chemisch  einwirken".  Link  spricht  also  —  obschon 
auf  ganz  unzulängliche  Experimente  gestützt  —  einen  wichtigen  Satz 
der  Photochemie  in  merkwürdig  scharfer  Voraussicht  deutlich  aus, 
welcher  Satz  erst  in  der  neuesten  Zeit  durch  zahlreiche  Experimente 
erwiesen  wurde,  nachdem  man  in  der  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  lange 
Zeit  die  irrtümliche  Ansicht  hegte,  daß  die  chemische  Wirkung  nur 
den  blauen  und  violetten,  sowie  ultravioletten  Strahlen  zukomme. 

Heinrich  geht  in  seiner  Abhandlung  von  der  Wirkung  des  lichtee 
auf  Körper  und  Geist  des  Menschen ,  sowie  auf  Pflanzen  aas  und  be- 
spricht später  die  chemischen  W^irkungen  des  Lichtes,  die  er  ähnlich 
schildert  wie  Link.  Er  schreibt  gleichfalls  dem  Lichte  sowohl  Oxydation 
als  Desoxydation  verschiedener  Körper  zu,  kommt  aber  zu  dem  nicht 
haltbaren  Satze,  daß,  „wenn  Licht  mit  dem  Körper  sich  Torbindet, 
das  Säureprinzip  frei  wird" ;  daß  bei  photochemischen  Prozessffli  Sfiuren 
frei  werden  (z.  B.  bei  Chlorsilber  bei  Gegenwart  von  Wasser  usw.),  ist 


zu  Terallgemeinern ,  in  welchen  Fehler  Heinrich  verfallen  ist 

Besonders  bemerkenswert  erscheint  auch  die  Angabe  von  Hein- 
rich {%.  a.  0.  8.  87)  über  die  Licbtempändlichkeit  einer  Lösung  von 
Ferrocyankalium  („blaugesäuerter  Pottasche"),  „welche  im  Sonnen- 
schein zersetzt  wird,  indem  ein  Teil  der  Blausäure  als  Gas  entweicht 
und  der  andere  Teil  als  „ blaugesäuortes  Eisen"  (Berlinerblau)  nicder- 
fSllt".  Später  wurde  diese  Angabe  Heinrichs,  ebenso  wie  die  noch 
ältere  Ton  Scopol!  (S.  7S)  und  BertboUet  (S.  107)  übersehen  und  ähn- 
liche Beobachtungen  neuerdings  veröffentlicht,  ohne  die  Priorität  Hein- 
richs za  beachten.  >) 

Wenn  auch  —  mit  unrecht  —  das  Werk  von  Link  und  Heinrich 
g^enw&rtig  ganz  vergessen  ist  und  die  Ergebnisse  nicht  den  Erwar- 
tungen entsprachen,  welche  an  den  Wortlaut  der  Preisausschreibung  zu 
tnQpfen  waren,  so  darf  man  doch  den  Einfluß  dieser  Preisschrift  auf 
die  weitere  photochemiscbe  Forschung  nicht  unterschätzen,  indem  zum 
ersten  Male  das  vorhandene  Beobachtungsmaterial  ziemlich  erschöpfend 
und  übersichtlich  zusammengefaßt  worden  war. 

Inzwischen  waren  die  Ezperimcnte  über  die  chemischen  Wir- 
kungen des  Idchtes  von  mehreren  Seiten  fortgesetzt  worden.  Campeel 
zeigte  1804,  daß  das  Licht  keineswegs  zum  Kristallisieren  so  notwendig 
ist,  als  manche  glaubten,  indem  z.  B.  Glaubersalz  immer  in  den  dunkel- 
sten Nächten  die  besten  Kristallisationen  gebe.^) 

Ausführliche  Untersuchungen  über  die  Zersetzung  von  Metall- 
chloriden in  alkoholischen  und  ätherischen  Lösungen  durch  das  Licht 
verdanken  wir  Gehlen  1804^),  dessen  Resultate  in  folgendem  zu- 
sammengefaSt  sind: 

1.  Eine  Lösung  von  sublimiertem  Eisenchlorid  in  Alkoholäther 
bildet  im  Lichte  farbloses  Chlorür  und  Chloräther.  (Vergl.  S.  47  u.  71.) 

2.  Eine  Lösung  von  trockenem  salzsauren  Uran  in  absolutem 
Alkohol  gab  eine  „schön  zitronengelbe  Auflösung'',  welche,  „den  Sonnen- 
strahlen aasgesetzt,  schon  in  einigen  Sekunden  verändert  wurde;  sie 
wurde  grünlich  trübe  und  schied  einen  schmutzig  grünen  (in  Wasser 
löslichen)  ITiederscblag  aus".  Der  Äther  wurde  entfärbt,  enthielt  nur 
noch  eine  Spar  Metall  und  war  sauer.  Gehlen  schloß,  „es  war  hier 
also  oxjdnliertes  salzsaures  Uran  entstanden,   welches   sich  in  Äther 


1)  Z.  B.:  Fischer  in  Breslau  (KastDors  Archiv  f.  gesamte  Naturkuode.  1836. 
Bd. IX,  B.346). 

2)  Hioholsons  Joonial.  II,  117.    Gilberts  Anoalen.  16,  245. 

3)  Oehlea,  ,Über  die  Farben veräDderung  der  in  Xther  aufgelösten  Salzsäuren 
«  dimth  du  Sonnenlicht*.  Neues  Allgemeines  Journal  der  Chemie.  Bd.3,  S.566. 


112  Erster  Teil.    Dreizehntes  Kapitel. 

unauflöslich  zeigte;   durch  Erhitzen  mit  Salpetersäure  wurde  es  unter 
Entwicklung  von  Salpetergas  wieder  gelb". 

3.  Die  Lösung  von  Chlorkobalt  in  Äther  ist  lichtbeständig. 

4.  Chlorkupfer  löst  sich  in  Äther  zu  einer  hellgelbgrünen  Flüssig- 
keit auf.  Die  Auflösung  bleicht  sehr  leicht  aus  und  geht  durch  Bräun- 
lichgelb in  Gelb  und  zuletzt  in  gänzliche  Farblosigkeit  über.  Wasser 
fallt  die  Lösung  weiß.  Er  erkannte  dies  als  „salzsaures  Kupfer,  fein 
Minimum  der  Oxydation",  d.  i.  eine  Eeduktionserscheinung  des  Kupfer- 
chlorids zu  Chlorür. 

5.  Trockenes  Platinchlorid,  in  einem  Gemisch  von  Äther  und 
Alkohol  gelöst,  wurde  in  der  Sonne  heller.  Das  Glas  wurde  auf  der 
unmittelbar  den  Sonnenstrahlen  ausgesetzten  Seite  mit  einem  äußerst 
dünnen  Häutchen  reduzierten  Metalls  von  Platinglanz  überzogen,  welches 
aus  regulinischem  Platin  bestand.  Zuletzt  war  die  ursprünglich  dunkel- 
braunrote Flüssigkeit  strohgelb  geworden;  weiter  ging  die  Farbenände- 
rung nicht.     Ähnlich  verhielt  sich  eine  rein  ätherische  Lösung. 

Die  im  Lichte  zersetzte  Lösung  enthielt  Platinchlorür,  wie  Gehlen 
ganz  richtig  vermutete. 

Gehlen  schloß:  „Aus  dem  vorhergehenden  erhellt,  daß  alle  Farben- 
änderungen ätherischer  Metallsalzauflösungen  im  Sonnenlicht  auf  einer 
Desoxydation  beruhen.  Man  wird  daher  fragen,  wo  der  Sauerstoff 
bleibe,  den  das  Oxyd  verliert?  Meinen  Beobachtungen  zufolge  wirft 
er  sich  auf  den  Äther  und  bringt  darin  Veränderungen  hervor.  Letz- 
terer nimmt  dem  Geruch  nach  Salpetersäure  an"  ....  „Ich  dachte  an- 
fangs, daß  sich  bei  der  Ausbleichung  gleichzeitig  kohlensaures  Gas 
bilden  würde,  allein  ich  habe  keine  Veranlassung  gefunden,  es  zu 
glauben."  —  Wir  müssen  noch  besonders  hervorheben,  daß  Gehlen 
in  dieser  Abhandlung  zuerst  die  Lichtempfindlichkeit  der  Uran-,  Kupfer- 
und  Platinverbindungen  bekannt  gemacht  hat. 

Im  Jahre  1805  veröffentlichte  Theodorus  von  Swindern  eine 
ausgedehnte  Abhandlung  „über  die  Atmosphäre  und  ihren  Einfluß  auf 
die  Farben".^)  Es  finden  sich  daselbst  zerstreut  folgende  Angaben 
über  die  Wirkung  des  Lichtes  auf  die  Farben  vor. 

1.  Die  gelbgrüne  Indigoweiß -Lösung  der  Indigo -Farbekörper  wird  an  der  Luft 
blau,  erleidet  aber  bei  Luftausschluß  (in  einer  ganz  yollgefüllten  Flasche)  im  Sonnen- 
lichte keine  Veränderung. 

2.  Die  grüne  Tinktur,  welche  durch  Ausziehen  von  Spinatblättem  mit  Alkohol 
erhalten  wii-d,  ändert  in  ganz  vollgefüllten,  wohl  verschlossenen  Flaschen  ihre  Farbe 


1)  „Disputatio  chemica-phisica  inaugui-alis,  de  Atmosphaera,  ejusque  in  oolorea 
actione".  Groningae  ap.  Spoormaker.  1805.  Übersetzt  in  Trommsdorffs  Journal 
der  Pharmacie.  1809.  XVIII,  221. 


dio  grflne  Taxie  um  bo  mebr,  Je  mebr  Ljalt  sie   im  VerbtUtDlBSe  zur  i'l       gkeit 
eUen. 

3.  Dippels  tierisches  Öl  färbt  Bieh  nur  bei  Gegenwart  von  Dift  im  liobte 
aoliwui;  bei  Lnitabsohlafi  oder  im  SticlistofTgas  zeigt  sicli  im  Lichte  sellist  nach 
14  Ti^n  keine  Veiäodemng. 

4.  WeiBer  Wein  vei^dert  am  Liebte  aeiae  Farbe  nicht;  weder  bei  Gegenwart 
TOD  Sanerttotf,  noch  bei  Gegenwart  von  Stickstoff. 

6.  Abkochungen  ans  der  Rinde  der  Stechpalme  (lies:)  und  aus  der  peruvischen 
Kode  erieiden  bei  Gegenwart  von  SnuerstofTgas  eine  größere  Veränderung  der  Farbe 
als  in  dem  SticbttofF,  und  diese  Veränderung  war  wiederum  viel  großer,  wenn  die 
naschen  dem  Lichte  aosgesetit  wurden. 

6.  Berbeiitzenboti  (fietberis  vulgaris]  zeigte,  in  einer  Sauerstoff -Atmosphäre 
dem  lichte  ausgesetzt,  eine  viel  größere  VerUodening  der  Farbe,  als  unter  sonst 
gleichen  Umständen  io  einer  Stickstoff- Atmosphäre  (Anschluß  an  Senehier). 

?.  Beim  Bleichen  der  Leinenieuge  wird  die  Wirkung  des  Saaerstoffa  durch  das 
liett  gar  sehr  nnterstntit,  indem  es  jedem  Sachkundigen  bekannt  ist,  daß  die  Körper 
desto  besser  nnd  geschwinder  bleichen,  ja  stärker  das  Liebt  darauf  wirkt,  ja  daß 
anoh  daa  Hondlioht  sich  hierin  ausnehmend  wirksam  beweist. 

8.  Wird  ein  Oemtsoh  von  BlutlaugeosaU  und  Eisenvitriol  mit  Chlorwasser 
versetzt,  so  fBrbt  es  sich  sofort  schön  blau.  Wird  diese  Flüssigkeit  in  halbvollen 
Haschen  dem  Lichte  aasgesetzt,  so  bildet  sich  ein  schwarzgriiner  Bodensatzi  in  ganz 
gefnllteo  Tlaschen  scheidet  sich  der  gewöhnliche,  schön  blaue  Niederscblsg  aus. 

9.  Ammoniak  löst  bei  Gegenwart  von  Luft  metallisches  Kupfer  mit  blauer 
Farbe.    Diese  Reaktion  erfolgt  im  Sonnenlicht  bedeutend  rascher  als  im  Finstem. 

Weitere,  recht  interessante  Angaben  über  das  Yerbalteo  ätherischer 
Eisenchloridlösung  machte  Pfaff  1805.i) 

Die  Beobacbtang  durch  die  Kombination  gewisser  Glassorten,  das 
Zosammenatellen  der  gebrochenen  „chemiscbeQ"  und  „optischen"  Strahlen 
za  erreichen,  erbannte  der  deutsche  Physiker  Johann  Wilhelm  Ritter, 
welcher  als  Hitglied  der  bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften  damals 
in  München  lebte.    Bitter  schrieb  im  September  1.S05  an  van  Uons^): 

„  .  . .  loh  habe  mit  achromatischen  Prismen  gefunden,  daß  die 
chemischen  Strahlen  des  Lichtes  vollkommen  die  nämlichen  Berechuun- 
gm  und  Zerstreuungen  befolgen  wie  diejenigen  Strahlen,  von  denen  der 
größte  Teil  uns  als  leuchtend  erscheint .  .  .  ." 

Es  ist  kein  Zweifel,  daß  hiermit  jene  Entdeckung  gemacht  war, 
welche  nach  mehr  als  30  Jahren  zur  Konstruktion  von  photograpbischen 
Objektiven  führte,  bei  welchen  der  optische  Brennpunkt  mit  dem  chemi- 
schen znsammenßillt 

Im  Jahre  1808  kam  Bitter  gelegentlich  seiner  Polemik  mit  Wünsch 
(„Bemerkungen  zu  Wünschs  Abhandlung  über  Herschels  Versuche 

1)  Oehlens  Jonmal  der  Chemie.  ISOö.  Y,  oOO. 

2)  IHd.  1806.  VI,  157. 

>d*T,  Hulbaob  ia  Photogrqbie.    I.  Te[I.    3.  i-nfl.  8 


114  Elster  Teil.    Dreizehntes  Kapitel. 

von  der  Sonderung  der  Lichtstrahlen*')  nochmals  auf  das  Chlorsilber 
zurück.')  Er  meint,  es  sei  bekannt,  daß  völlig  trockenes  Hornsilber 
sich  weder  im  violetten  noch  weißen  Lichte  färbt  (?  ?),  ebensowenig 
wie  durch  Ofenwärme  (Scheele).  Wohl  aber  wird  feuchtes  oder  unter 
Wasser  gehaltenes  Hornsilber  leicht  geschwärzt.  Ferner  gibt  er  an, 
daß  im  Winter  die  Reduktion  des  Homsilbers  (unter  übrigens  gleichen 
Umständen)  rascher  vor  sich  geht  als  im  Sommer(?).  Auf  den  so  wahr- 
scheinlichen Einfluß  der  verschiedenen  Tageszeiten  habe  er  bis  jetzt 
noch  nicht  acht  gegeben,  wiewohl  sich  hierbei  Diflferenzen  erwarten 
ließen.  ^)'  Es  müsse  ferner  von  Interesse  sein,  an  möglichst  heiteren  Tagen 
gleichzeitige  und  völlig  gleich  veranstaltete  Lichtversuche  mit  Hornsilber 
oder  anderen  lichtempfindlichen  Substanzen  in  großen  Höhen  und  in 
großen  Tiefen  gleichzeitig  angestellt  zu  sehen,  indem  sich  die  Resultate 
gewiß  beträchtlich  von  denen  unterscheiden  würden,  die  man  hier  unten 
in  bloß  dichterer  und  dünnerer  Luft  (unter  der  Luftpumpe)  erhalten 
würde.  ^)  Sonst  habe  die  Notwendigkeit  der  Gegenwart  der  atmosphä- 
rischen Luft  zum  Schwarzwerden  des  Homsilbers  im  Lichte  dieselbe 
Bedeutung,  wie  wenn  sie  (nach  Ritters  damaliger  Ansicht)  zur  Wirksam- 
keit galvanischer  Ketten  erfordert  wird.  Auch  die  chemische  Wirkung 
des  Lichtes  reduziert  sich  zunächst  auf  eine  Wasserzersetzung  durch 
Elektrizität  und  wie  erst  eine  verhältnismäßig  sehr  starke  Elektrizität 
imstande  ist,  Wasser  unabhängig  von  Luftgegenwart  zu  zersetzen,  so 
wird  auch  erst  ein  durch  Linsen  verstärktes  Licht  imstande  sein,  Horn- 
silber bei  Abwesenheit  alles  freien  SauerstoflFes  zu  schwärzen. 

Hier,  wo  Ritter  von  der  experimentellen  Forschung  abläßt  und 
sich  auf  das  Gebiet  der  Spekulation  begibt,  ist  er  augenscheinlich  von 
wenig  Glück  begleitet.  Ihn  führten  voreilige  und  sehr  wenig  begrün- 
dete elektrische  Hypothesen  auf  den  Irrweg.  Es  muß  aber  hervor- 
gehoben werden,  daß  Ritter  bei  seinen  Betrachtungen  über  den  Ein- 
fluß von  großen  Höhen  auf  die  Kraft  der  chemischen  Wirkungen  des 
Lichtes,  das  später  von  Bunsen  entdeckte  und  eingehend  studierte 
Gesetz  von  der  Absorption  der  chemischen  Lichtstrahlen  in  der  Atmo- 
sphäre vorgeschwebt  sein  mag. 


1)  Gehlens  Journal  für  Chemie  und  Physik.  1808.  Bd.  6,  S.  659.  Auch  in 
Landgrebes  „Über  das  Licht'',  1834,  33,  abgedruckt. 

2)  Ritter  scheint  nach  dieser  Äußerung  die  Versuche  Saussures  mit  seinem 
chemischen  Photometer  (s.  Seite  83)  nicht  gekannt  zu  haben. 

3)  Hier  erwähnt  Ritter  eines  Versuches  von  Oiobert,  nach  welchem  das 
Chlorsilber  im  Vakuum  seine  Weiße  im  Lichte  vollkommen  behielt.  Diese  Angabe 
Oioberts  ist  aber  unrichtig  und  Senebier  hatte  schon  viel  früher  das  Biohtige  ge- 
funden, nämlich  daß  die  Färbung  des  Chlorsilbers  im  Vakuum  ebenüedls  stattfindet 


Henri  Aagust  Vogel  im  Jahre  1806  zuerst  einige  Mitteilungen  ia 
Beinei  „Abhandlung  über  das  Fett  und  über  einige  arzneyliche  Präparate, 
die  davon  verfertigt  werden". >)  Er  sagt:  „Man  neiß,  daß  das  frische 
Schweinefett,  gut  gereinigt,  ohne  Qeruch  mit  einem  faden,  milden  Oe- 
Bchmack  begabt  ist  Wenn  man  es  zwei  Monate  lang  den  Sonnen- 
strahlen aoBsetzt,  eo  nimmt  es  einen  ranzigen,  sehr  durchdringenden 
Gemcb  an,  einen  Boharfen  Geschmack,  der  lange  Zeit  im  Halse  kratzt, 
und  es  TerSodert  seine  weiße  Farbe  in  eine  gelbe,  ohne  daß  es  jedoch 
eine  Säure  annimmt  Setzt  man  es  den  Sonnenstrahlen  und  zugleich 
dem  EinfiuEse  der  Luft  ans,  so  finden  dieselben  Erscheinungen  statt, 
aber  das  Fett  wird  dadurch  zugleich  auch  sauer.'- 

Im  Jahre  1809  finden  wir  in  Hermbstädts  „Bulletin  des  Neuesten 
and  Wissenewürdigsten  aus  der  Naturwissenschaft"  (Bd.  II,  Seite  130) 
einen  Artikel  über  „das  Bleichen  der  Knochen  «nd  des  Elfenbeins", 
wdcber  von  unserem  Standpunkte  aus  beachtenswert  erscheint  Es 
wird  angefahrt,  daß  tierische  Knochen  und  Elfenbein  mit  der  Zeit 
wenn  sie  an  der  lAift  und  an  dunklen  Orten  aufbewahrt  werden,  nach- 
güben  oder  wohl  braun  werden;  daß  sie  hingegen  an  der  Sonne  sich 
nach  und  nach  weiß  bleichen.  Vergl.  auch  S.  73.  Deshalb  wird  vor- 
geschlagen, das  Elfenbein  usw.  mit  schwacher  Kalilauge,  dann  mit  Chlor 
Torzableicben  und  im  Sonnenlicht  die  völlige  Bleiche  zu  geben.  Das 
licht  wirke  dadurch,  „weil  es  den  Sauerstoff,  der  die  gelbe  Farbe  er- 
zeugt, wieder  verjagt". 

Im  selben  Jahre  erfolgte  eine  für  die  Photochemie  sehr  wichtige 
Pablikation,  nämlich  die  Entdeckung  der  Lichtreaktion  des  Gemisches 
von  Chlor-  nnd  Wassei^tof^as,  und  zwar  verdanken  wir  den  berühmten 
französischen  Chemikern  Gay-Lussac  und  Thenard  die  ersten  Ver- 
suche über  die  Beförderung  der  chemischen  Reaktion  von  Chlorgas 
anf  Wasserstoffgas  und  Äthjlen  (ölbildendes  Gas)  durch  Licht,  an 
welche  sich  später  solche  über  ähnliche  Reaktionen  zwischen  Chlor  und 
organischen  Substanzen  anschlössen  und  die  den  Ausgangspunkt  für 
die  spätere  Konstruktion  des  Chlorknallgas -Fhotometers  von  Bunsen 
bildeten. 

Qay-Lussac  und  Thenard  legten  nämlich  am  27.  Februar  1809 
ihre  „Untersuchungen  über  die  Natur  und  die  Zersetzung  der  Salzsäure 


])  .DiBsertation  chemico-pbarmaceotique  sur  Ia  graisse,  et  sar  quelques  medica- 
B  qni  an  däriVBat."  Vorgelegen  vor  der  „Societe  de  pharmacie  de  Paria".  1806. 
am«dorff8  Joarnal  der  Pharmacie.    1807.   XVI,  I,  173. 


116  Erster  Teil.    Dreizehntes  Kapitel. 

und  der  oxygenierten  Salzsäure"  vor.  (Original:  „M6m.  de  phys.  et  de 
<5himie  de  la  Soci6t6  d'Arcueil";  Gilberts  Annal.  1810.  35,  8.) 

Sie  wiederholten  die  Versuche  Berthollets  über  die  Lichtempfind- 
lichkeit des  Chlorwassers.  Fourcroy  zeigte,  daß  Chlorgas  weder  in 
Licht  noch  Hitze  zersetzt  wird.  Gay-Lussac  und  Thenard  sagten: 
„Wir  haben  hier  also  einen  Körper  kennen  gelernt,  der  an  sich  weder 
durch  Licht  noch  durch  Wärme  zu  zersetzen  ist,  aber  unter  Mitwirkung 
von  Wasser  durch  jedes  der  beiden  sehr  leicht  zerlegt  wird",  nämlich  in 
Dampfform  bei  schwacher  Rotglut  .  .  .  ., Vergleicht  man  die  Wirkungen 
des  Lichtes  mit  denen  der  Wärme,  so  kann  man  nicht  umbin,  zuzu- 
geben, daß  überhaupt  beide  die  gleiche  Wirkung  hervorbringen.  Diesen 
Schluß  hatte  schon  Graf  von  Rumford  gezogen  ..." 

....  „Wir  machten  zwei  Mischungen,  deren  jede  aus  gleich  viel 
oxygeniert- salzsaurem  Gas  (=  Chlor)  und  aus  ebensoviel  WasserstoflFgas 
bestand,  .  .  .  Die  eine  setzten  wir  an  einen  vollkommen  dunklen  Ort, 
die  andere  in  das  Sonnenlicht,  welches  an  diesem  Tage  sehr  schwach 
war.  Nach  mehreren  Tagen  war  die  Farbe  der  ersteren  noch  grün  und 
die  Mischung  schien  keine  Veränderung  erlitten  zu  haben.  Die  zweite 
wurde  dagegen  in  weniger  als  einer  Viertelstunde  völlig  entfärbt  und 
war  fast  ganz  zersetzt.  .  .  .  Wir  machten  aufs  neue  Mischungen  von 
oxygeniert -salzsaurem  Gas,  teils  mit  Wasserstoff,  teils  mitölbilden- 
dem  Gas  .  .  .  und  setzten  beide  Mischungen  in  die  Sonne;  dieses  war 
kaum  geschehen,  so  entzündeten  sie  sich  plötzlich  mit  einer  äußerst 
starken  Detonation  und  zertrümmerten  die  Flaschen,  deren  Bruchstücke 
weit  umhergeschleudert  wurden.  Zu  unserem  großen  Glücke  hatten 
wir  diesen  Versuchen  nicht  recht  getraut  und  im  voraus  Maßregeln 
der  Vorsicht  genommen,  um  uns  gegen  jeden  Zufall  zu  sichern."  — 
„Kohlenoxyd  ist  ohne  Wirkung  auf  Chlor."  (?)  —  ...  „Auch  aaf  Farb- 
stoffe scheint  das  Licht  dieselbe  Wirkung  zu  haben,  welche  eine  Wärme 
von  150  —  200  Grad  auf  sie  äußert."  .  .  „Es  ist  sehr  möglich,  daß  das 
Licht  auch  auf  Pflanzen  bloß  so  wirkt,  wie  die  Wärme,  nur  mit  dem 
wesentlichen  Unterschiede,  daß  die  Wärme  die  Temperatur  erhöht,  das 
Licht  dagegen  ebenso  (wie  in  dem  Chlorwasser)  auf  einige  Teile  eher 
als  auf  andere  wirkt  und  dadurch  eine  Ungleichheit  der  Temperatur 
hervorbringt,  welche  dem  Spiele  der  organischen  Kräfte  sehr  günstig 
zu  sein  scheint." 


vibäzeentes  eafxtel. 
entdeckung  der  photographie  in  natürlichen 
färben  durch  seebeck  (1810)  bis  zur  bekannt- 
machung der  daguerreotypie  (1839). 


Die  Entdeckung  der  Photographie  in  natürlicben  Farben  auf  Chlor- 
silb^  verdanken  wir  dem  vorzüglichen  deutschen  Physiker  Johann 
Thomas  Seebeck  gelegentlich  seiner  Versuche  mit  dem  Sonnenspoktrum. 
Er  war  zu  seinen  Arbeiten  durch  Goethe  in  Weimar  angeregt  worden, 
da  dieser  anläßlich  der  Herausgabo  seiner  Farbenlehre  lebhaften  Yer- 
kefar  mit  verschiedenen  Gelehrten,  unter  anderen  auch  mit  dem  in  Jena 
lebenden  Seebeck  pflegte. 

Bei  seineu  Studien  über  die  Farbenlehre  befaßte  sich  Goethe 
eingehend  mit  der  Newtonschen  Theorie  über  das  Spektrum;  Goethe 
vertiefte  sich  eehr  in  den  historischen  Teil  der  Farbenlehre  (von  den 
alten  Griechen  bis  auf  seine  Zeit)  und  suchte  auch  durch  neu  angestellte 
optische  Experimente  seine  Farbenlehre  zu  stützen.  Aus  diesem  Anlasse 
kam  Goethe  mit  Johann  Thomas  Seftbeck  ('1770,  f  1831)  in 
FOhlung.  Seebeck,  welcher  in  Berlin  und  Oöttingen  Medizin  und 
ITatoTwissenBchaften  studiert  hatte  und  1S02  in  Göttingen  zum  Doktor 
derHedizin  promoviert  worden  war,  lebte  in  den  Jahren  1802  bis  1810 
als  wohlhabender  Privatmann  in  Jena,')  wo  er  sich  vorzüglich  mit 
physikalischen  Arbeiten  beschäftigte.  Als  Resultat  seiner  Studien  über 
die  cbemischeii  Wirkungen  des  Sonnenspektrums  sandte  Seebeck  eine 
Abhandlnng  „Wirkung  farbiger  Beleuchtung"  an  Goethe,  welche  dieser 
im  Anhang  zn  seiner  „Geschichte  der  Farbenlehre",  die  im  Jahre  1810 
erschien,  aofiiahnL 

Daselbst  beschreibt  Seebeck  die  Wirkung  des  Spektrums  auf 
Leocbtsteine,  und  daran  schließt  sich  die  für  die  Geschichte  der  Photo- 


1)  Spitei  ROg  er  uaob  Bairenth  und  Nürcberg  aad  war  seit  1818  Mitglied  der 
der  'Wisseasohafteo  und  hielt  sich  dann  io  Berlia  auf. 


118  Ei-ster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

graphie   sehr   wichtige  Abhandlung  Seebecks,   „Von   der  chemischen 
Aktion  des  Lichts  und  der  farbigen  Beleuchtung". 

Seebeck  schreibt:^)  .  .  .  „Als  ich  das  Spektrum  ....  auf  weißes, 
noch  feuchtes  und  auf  Papier  gestrichenes  Homsilber^)  fallen  ließ  und 
15  bis  20  Minuten  ....  in  unveränderter  Stellung  erhielt,  so  fand  ich 
das  Hornsilber  folgendermaßen  verändert  Im  Violett  war  es  rötlich- 
braun (bald  mehr  violett,  bald  mehr  blau)  geworden  und  auch  noch 
über  die  vorher  bezeichnete  Grenze  des  Violett  hinaus  erstreckte  sich 
diese  Färbung,  doch  war  sie  nicht  stärker  als  im  Violett;  im  Blauen 
des  Spektrums  war  das  Hornsilber  rein  blau  geworden  und  diese  Farbe 
erstreckte  sich  abnehmend  und  heller  werdend  bis  Grün:  im  Gelben 
fand  ich  das  Hornsilber  mehrerenteils  unverändert,  bisweilen  kam  es 
mir  etwas  gelblicher  vor  als  vorher;  im  Rot  dagegen  und  mehreren- 
teils noch  etwas  über  das  Rot  hinaus  hatte  es  eine  meist  rosenrote 
oder  hortensienrote  Farbe  angenommen.  Bei  einigen  Prismen  fiel  diese 
Rötung  ganz  außerhalb  dem  Rot  des  Spektrums  ....  Wenn  am  Lichte 
grau  gewordenes,  noch  feuchtes  Hornsilber  ebenso  lange  der  Einwirkung 
des  prismatischen  Sonnenbildes  ausgesetzt  wird,  so  verändert  es  sich  im 
Blau  und  Violett  wie  vorhin;  im  Roten  und  Gelben  dagegen  wird  man 
das  Hornsilber  heller  finden,  als  es  vorher  war,  zwar  nur  wenig  heller, 
doch  deutlich  und  unverkennbar.  Eine  Rötung  in  oder  hart  unter  dem 
prismatischen  Rot  wird  man  auch  hier  gewahr  werden  ....  Das  salz- 
saure Silber  wurde  unter  den  violetten,  blauen  und  blaugrünen  Gläsern, 
wie  am  Sonnen-  oder  Tageslichte  grau  und  zwar  nach  der  Verschieden- 
artigkeit der  Gläser  auch  verschieden  nuanciert  ....'* 

Der  Physiker  Seebeck  war  also  (abgesehen  von  Senebier, 
welcher  weitaus  weniger  genaue  Angaben  über  die  Photochromie 
auf  Chlorsilber  machte),  der  Erste,  welcher  entdeckte,  daß  das  Chlor- 
silber fähig  sei,  alle  natürlichen  Farben  des  Sonnenspektrams 
und  die  farbiger  Gläser  anzunehmen;  er  erkannte  die  Fähigkeit  des 
im  Lichte  grau  angelaufenen  Chlorsilbers  («og.  Silbersubchlorid),  im 
gelben  Lichte  heller  (gelblich)  zu  werden  und  auch  die  anderen  Farben 
wiederzugeben;  daß  er  auch  bei  „weißem  Chlorsilber"  die  Farben- 
empfindlichkeit beobachtete,  ist  wohl  darauf  zurückzuführen,  dafi  sein 
Spektrum  mit  diffusem  weißen  Licht  vermischt  war,  wo  sich  Silber- 
subchlorid bilden  konnte,  welches  die  Farben  wiedergibt;  reines  weißes 
Chlorsilber  in  einem  reinen  Spektrum  färbt  sich  nur  im  brechbareren 


1)  Goethes  Werke  ^Zur  Farbenlehre ''.   Tübingen,  in  der  Cottasöhen  Bach- 
handlung.    18ft.    (Ausgabe  von  Hempel,  Berlin.   Band  36,  S.  431.) 

2)  =  Chlorsilber. 


Ende  dunkel,  — ^-e  -«  .v^ ,  .. 

auch  die  älteren  Physiker,  wie  Scheele  u.  a-,  bei  ähnlichen  Versuchen 
nicht  beobachtet  hatten  und  G.  H.  Pfaff  später  nicht  gelang  (s.  u.). 
Seebeck  entdeckte  aach  die  chemische  Wirkung  der  üherroten  (infra- 
roten) Strahlen  und  sein  Verdienst  in  dieser  Richtung  bleibt  unver- 
gänglich, wenn  auch  seine  Zeitgenossen  seine  Entdeckung  wenig  be- 
achteten. 

Im  Jahre  1819  wies  er  ausdrücklich  darauf  hin,  daß  das  mit  ver- 
schiedenen Glassorten  erzeugte  prismatische  Spektrum  nicht  nur  bezüg- 
lich der  W&miewirkung,  sondern  auch  in  der  chemischen  Wirkung  auf 
Chlorsilber  verschieden  ist,  was  auf  die  verschiedene  Licbtab&orption  in 
Crown-  und  Flintgläsem  im  violetten  und  ultravioletten  Spektrum  zurück- 
zafQhren  ist') 

Seebeck  stellte  im  Interesse  der  Qoetheschen  Farbenlehre  noch 
zahlreiche  andere  Versuche  an.*)  Ich  erwähne  hier  nur  seine  Beoh- 
achtuDg  (gleichfalls  in  Goethes  Farbenlehre  a.  a.  0.  publiziert),  daß  rotes 
Qaeoksilberozyd  in  blauen  Gläsern  sich  im  Sonnenlichte  reduziert 
(„in  graaes  unvollkommenos  Oxyd"   übergeht),   in   gelben  Gläsern  aber 


1)  Beebeok,  ,Über  die  nngleicho  Erregung  der  Wurme  im  piismati sehen  Sonneu- 
bilde".  (Torgelegt  der  Berliner  Akademie  im  Uärz  181!);  Journal  f.  Physik  u.  Cbem. 
von  Sobweiggar.  1824.  Bd.  40,  S.  146.)  —  Im  Jahre  1835  führte  HeDlei  die  Ter- 
snohe  über  den  EinfluB  der  Natur  des  Prismas  auf  das  Spektrum  genauer  durch.  Er 
studierte  die  Wirkung  des  Sonnenspektrums,  welches  durch  verschiedenartige  Flüssig- 
keits-  ond  Olasprismen  erhalten  wurde,  auf  ein  mit  Gummiwasser  bestrichenes  und  mit 
Chlornlber  öbersiebtes  Papier.  Es  zeigten  sich  Unterschiede  sowohl  in  bezug  auf  die 
Ansdehnnng  der  SchwBraung,  als  auf  die  Lage  des  Maximums  und  die  Zeit,  in  welcher 
duaelbe  Enst«nde  kommt.  Die  Zeit  war  bei  Wasser  und  Weingeist  last  Null,  beim 
Hint^u  2,3  Min  ,  bei  Crownglas  1,5  Min.,  beim  Terpentin-  und  Kassiaül  12 — 13  Minu- 
ten. Das  Hazimnm  der  Schwärzung  lag  beim  Spektrum  des  Wassers  mitteu  in  Vio- 
lett nahe  am  Blau,  bei  dem  des  Wassers  mitteu  im  Violett,  bei  dem  des  Kassiaöles 
23  linien  mBerhalb  des  violetten  Bandes  (Annal.  d.  Phys.  u.  Cbem.  von  Foggendorff. 
1635.  35,  S7a 

2)  Als  Schopenhauer  im  Jahre  1830  im  BegiifTe  war,  die  lateinische  Bear- 
baitoiig  seiner  Farbenlehre  herauszugeben,  ging  er  zu  Dr.  Scebeck  an  der  Berliner 
Akademie,  welcher  damals  als  der  erete  Physiker  Deutschlands  galt.  Scboponhauei 
befn^  ihn  am  seine  Meinung  über  die  Streitsache  zwischen  Goethe  ond  Newton. 
fieebeek  ,war  außerordentlich  vorsichtig,  ließ  mich  versprechen,  daß  ich  nichts  von 
dem,  was  er  sage,  drucken  und  veröffentlichen  würde,  und  zuletzt,  nachdem  ich  ihn 
hart  ins  Osdilnite  gebnuht  hatte,  gestand  er,  daß  Goethe  in  der  Tat  vollkommen 
lecdit  nnd  Newton  unrecht  habe,  aber  daß  seine  Sache  nicht  sei,  der  Welt  das  zu 
sagen'.  Bohopenhauer  fügt  hinzu:  ,Er  starb  seitdem,  der  alte  Feigling.  —  Die 
Waliriieit  bat  einen  harten  Stand  nnd  schweren  Fortgang  m  dieser  schlechten  Welt ..." 
(SohopenhsDsrB  |Dber  das  Sehen  und  die  Farben".  Vorrede  Frauenstadts  zur 
dritten  Auflage,  1870,  8.  XT.) 


120  Ei-ster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

nicht,  und  daß  sich  Salpetersäure  und  Bestuscheffs  Nerventinktur 
(s.S. 47  u. 71)  in  farbigen  Gläsern  analog  verhält.  Im  darauf  folgenden 
Jahre  (1811)  knüpfte  Seebeck  an  die  Versuche  von  Thenard  und 
Gay-Lussac  über  Chlorknallgas  an  und  schreibt^): 

„.  . .  Ich  füllte  eine  gelbrote  und  dunkelblaue  Glasglocke  mit  diesen 
Gasarten  (Cl  +  H)  und  setzte  sie  dem  Sonnenlichte  aus.  In  der  dunkel- 
blauen Glocke  erfolgte  sogleich  eine  Zersetzung,  doch  ohne  Explosion, 
und  in  einer  Minute  längstens  war  sie  beendigt  ...  In  der  gelbroten 
Glocke  ging  die  Zersetzung  sehr  langsam  vor  sich." 

Seebeck  war  auch  der  Erste,  welcher  1812  beobachtete,  daß  das 
Licht  des  indianischen  Weißfeuers  die  heftige  Vereinigung  von  Chlor 
und  Wasserstoff  bewirkt,  so  daß  VerpuflTung  eintritt.*) 

Im  Jahre  1813  erschien  zu  Leipzig  eine  Streitschrift  von  C.H.  Pfaff, 
Professor  zu  Kiel,  über  „Newtons  Farben theorie,  Herrn  von  Goethes 
Farbenlehre  und  den  chemischen  Gegensatz  der  Farben*',  worin  der 
Autor  ganz  richtig  bemerkt,  daß  er  nicht  begreifen  könne,  wie  See- 
beck, nachdem  er  doch  gefunden,  daß  Chlorsilber  sich  im  Spektrum 
verschieden  färbe,  sich  mit  bloßen  Scheinfarben  (nach  Goethe)  der 
Farbenlehre  abfinden  könne;  Pfaff  bemerkt  hierzu,  er  selbst  habe  die 
natürlichen  Farben  des  Spektrums  auf  Chlorsilber  nicht  erhalten  können 
(s.  0.),  zweifle  aber  nicht  an  der  Richtigkeit  der  Beobachtungen  See- 
becks. Er  stellte  auch  Versuche  mit  schwefelsaurem  Quecksilber, 
Lackmustinktur  usw.  an  und  fand:  „In  den  meisten  Fällen  scheint 
zwar  das  violette  und  blaue  Licht  desoxydierend  zu  wirken,  während 
rotes  Licht  meistens  oxydierend  wirkt  (Chlorsilber,  Quecksilbersulfat, 
Lackmus,  Bestuscheffs  Tinktur),  dagegen  scheinen  ihm  bei  Guajak- 
tinktur  und  Phosphor  die  violetten  Strahlen  oxydierend  zu  wirken**. 

Gay-Lussac  und  Thenard  ihrerseits  faßten  bereits  im  Jahre 
1811  in  ihrer  „Recherches  physico-chimique*'  (1811.  II,  S.  186)  über 
die  vergleichende  Wirkung  von  Licht  und  Wärme  bei  chemischen  Pro- 
zessen ihre  Beobachtungen  folgendermaßen  zusammen '^): 

1.  Die  Gold-  und  Silberauf lösungen ,  in  Beiührung  gebracht  mit  ölen,  Äther 
und  Kohle,  werden  zersetzt  durch  Licht;  sie  werden  es  auch  durch  eine  Hitze  von 
100  Grad  C,  wie  Rumford  bewiesen  hat. 

2.  Das  trockene  oxydiert  salzsaure  Gas  (Chlor)  wird  weder  durch  das  leb- 
hafteste Licht  zersetzt,  noch  durch  die  größte  Hitze. 

3.  Die  liquide  oxydierte  Salzsäure  (Chlorwasser)  wird  durch  ein  nicht  sehr 
starkes  Licht  zersetzt,  sie  wird  es  auch  durch  eine  Wärme  nahe  der  Donkelrot- 
glühhitze. 


1)  Schweiggers  Journ.  1811.  11,  S.  262. 

2)  Ibid.  1812.  Bd.  5,  S.233. 

3)  S.  auch  Schweiggers  Journ.  f.  Chem.  u.  Phys.  1811.  Nr.  219  (V,  233). 


de  wild  ea  «ich  dDicb  '      i  W&rme       t  gleich  der  duDkelraten  Olnt. 

B.  Das  oxydiert  sklzunra  Gas,  mit  Hydrogengas  oder  hydrogeniertem  Kobleo- 
ozydgas,')  verpufft  bei  Berührung  der  Sonneiistrahlen;  es  verpufft  auch  bei  einer 
Hitia  von  ISS  bia  160  Oi«d, 

6.  Du  oxydiert  aalzware  Salz,  Termischt  mit  Wasserstofigas,  zorsetit  sich 
UoB  langsam  bei  zerstreutem  Lichte.  Diese  zwei  Gaaarten  wirken  nur  langsam  oder 
gw  nicht  anfeiniuider  unter  120  Grad. 

7.  Du  Bohwarae  Qaooksüberoxyd  bildet  sich  um  in  Quecksilber  und  rotes 
Qneoksilberoxyd  am  lichte;  diese  Teriinderung  erfolgt  durch  die  Wärme. 

8.  Braunes  Bleioxyd,  und  ohne  Zn'eifel  auch  die  Oxyde  von  Silber,  Gold  und 
Hatina  lersetzen  sich  im  Lichte,  sie  zersetzen  sieb  auch  durch  die  Wärme. 

9.  Die  rosige  Farbe  des  Safflor  wurde  lerstärt  durch  das  Licht  und  schmutzig 
"weiß;  dieselbe  Tetlinderung  erlitt  sie  durch  eine  flitze  von  160  Grad  in  einer  Stunde. 

10.  Die  violette  Farbe  des  Campechebolzes  wurde  zersetzt  durch  das  Licht  und 
war  Totgelb  und  matt;  sie  wird  auch  rot,  gelb  und  matt  durch  eine  Hitze  von 
180  Ond  in  1  '/>  Stunden. 

11.  Die  nte  Farbe  des  Brasilienholzes  wurde  zersetzt  und  beinahe  weiß  durch 
das  Licht;  aie  wurde  ebenso  veifindert  durch  eine  Hitze  von  100  Grad  in  2  Stunden. 

12.  Dia  Orangefarbe  des  Curcuma  wurde  zerstört  durch  das  Licht  und  ward 
roBtfivbig;  es  entstand  gleichfalls  Eostfarbe  in  1 '/,  Stunden  durch  eine  Hitze  von 
200  Grad. 

13.  Endlich  die  gelbe  Farbe  des  Wau  wurde  ockerfarbig  durch  das  Licht;  sie 
erlitt  dieselbe  Veränderung  in  2  'j.  Stunden  bei  210  Grad  Wärme. 

Schließlich  behaupteD  Oay-Lussac  und  Thenard,  daß  Licht 
Iceine  chemische  Wirkung  äußert,  welche  nicht  auch  durch  größere  oder 
geringere  Hitze  faerrorgebracbt  wird. 

Diese  Behauptung  gab  später  Anlaß  zu  baufigeu  Sontroversen, 
welche  zeigten,  daß  die  Ansicht  Qay-Lussacs  und  Thenards  in 
vielen,  aber  nicht  in  allen  Fällen  richtig  ist,  was  auch  Davy  im 
folgenden  Jahre  feststellte. 

Die  bereits  von  Link  und  Heinrich  ausgesprochene  Ansicht,  daß 
das  licht  bald  oxydierend  bald  reduzierend  wirke,  bestätigte  Woliaston 
(1811)  durch  Yersuche  mit  Guajakharz  und  Papier,  welches  mit  alko- 
holisdier  Gaajaktinktur  bestrichen  war;  letzteres  wurde  im  Violett  des 
Spektrums  grün  gefärbt  (oxydiert),  im  Rot  dagegen  wurde  die  grüne 
Farbe  wieder  gebleicht;  daraus  folgert  Woliaston,  „daß  die  Strahlen, 
welche  aas  dem  Cblorsilber  ein  Weichen  des  Sauerstoffes  bewirken 
{d.  L  Redaktion),  beim  Ouajak  ein  Verschlucken  desselben  erzeugen."^ 
Er  nannte  deebalb  die  brechbaren  Strahlen  „chemisch  wirksame"  Strahlen 

1)  ^Olbildeodes  Gas,  ferner  die  bei  der  Zersetzung  von  Alkohol  in  glühenden 
Bahren,   sowie  bei  der  trockenen  DestillatioD   vcgetabilischor  oder   tierischer  Stoffe 


2)  Gilberts  Annateo.   Bd.  39,  S.  291  (1811). 


122  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

und  spricht  sich  gegen  die  seinerzeit  von  Ritter  gebrauchte  Bezeichnung 
„reduzierende  Strahlen"  aus.     (Vergl.  S.  96.) 

Auch  Ruhland  teilte  in  seinen  „Fragmenten  zu  einer  Theorie 
der  Oxydation"  mit,^)  man  habe  gefunden,  daß  das  Sonnenlicht  die 
Verwitterung  kristallwasserhaltiger  Kristalle  befördert,  und  sagt,  das 
Licht  wirke  auch  oft  oxydierend:  „so  wird  die  Oxydation  in  der  galva- 
nischen Säule  und  damit  ihre  Wirksamkeit  nach  Bucholtz  (Gilberts 
Annalen,  Bd.  9)  durch  das  Licht  erhöht,  so  oxydiert  sich  Eisen  am 
Lichte  schneller  als  im  Dunkeln." 

Im  Jahre  1811  erfolgte  die  Neubegründung  und  Entwicklung  der 
Undulationstheorie  des  Lichtes  durch  Toung,^)  welche  Tatsache  für 
die  mathematische  Optik  von  höchster  Tragweite  war,  auf  die  Photochemie 
aber  keine  Förderung  übte. 

Im  Jahre  1815  betrat  ein  neues  Genie,  Fresnel,  den  Schauplatz 
der  Wissenschaft  und  unterstützt  von  Arago  erfocht  er  nach  hartem 
Kampfe  den  glänzendsten  Sieg  der  Undulationstheorie  über  die  Emissions- 
theorie ^)  und  hiermit  wurde  auch  in  der  Folge  eine  Ansicht  zum  FaUe 
gebracht,  nach  welcher  sich  ein  „Teil  des  Lichtstofifes"  mit  chemischen 
Stubstanzen  verbinde.  Nach  Fresnel-Aragos  Anschauung  wurde 
deutlich  gesagt,  daß  bei  der  chemischen  Wirkung  des  Lichtes  auf  Silber- 
salze usw.  keine  Vereinigung  der  „Teile  des  Lichtes"  mit  denen  der 
Körper  stattfinde,  auf  welche  es  wirkt  Die  Entscheidung  in  dieser 
Frage  fiel  also  nicht  durch  chemische  Versuche,  sondern  war  eine 
Konsequenz  der  auf  mathematisch -physikalischem  Wege  erhärteten  undu- 
lationstheorie des  Lichtes. 


Die  allgemeinen  Betrachtungen  über  die  Natur  der  chemischen 
Prozesse,  welche  die  stärker  brechbaren  Strahlen  des  Sonnenspektrums 
und  andererseits  die  weniger  brechbaren  Strahlen  verursachen,  wurden 
von  verschiedenen  Seiten  fortgesetzt: 

Davy  wendete  sich  in  seinem  im  Jahre  1812  erschienenen  Werke: 
„Elemente  des  chemischen  Teiles  der  Naturwissenschaften^  (englische 
Ausgabe  1812,  deutsche  Ausgabe  1814)  im  IL  Kapitel  gegen  die  Theorie 
Gay-Lussacs  und  Thenards,  daß  die  chemische  Wirkung  des  Lichtes 
der  Wärmewirkung  gleicht;  indem  er  darauf  hinweist,  daß  Ghlorsilber, 
Chlorwasser,  Chlor  +  Wasserstoffgas  und  angefeuchtetes  rotes  Qaeck- 
silberoxyd  gerade  in  den  kältesten  Strahlen  des  Spektrums  (d.  L  im 


1)  Schweiggers  Jouni.  f.  Chemie  und  Physik.    1811.   I,  470. 

2)  Gilberts  Annalen.   Bd.  39,  S.  156  (1811). 

3)  Poggendorffs  Geschichte  der  Physik.    1879.   S.  646. 


Viulolt)  ; 

Strahlen  die  hydiogenierenden  Strahlen  oeonen",  während 
das  „flobfarbene  aDgefeuchtete  Bieioxyd"  ia  den  weniger  brechbaren 
Strahlen  sich  mehr  verändere  als  im  Violett,  ebenso  wie  auch  Queck- 
silberoxjdul  durch  die  weniger  brechbaren  Strahlen  rot  werde, 
indem  eine  Oxydation  vor  sich  gehe. 

Auch  Davy  bekannte  sich  zu  der  später  oft  behaupteten  An- 
nahme, daß  die  brechbaren  Strahlen  reduzierend,  die  weniger  brech- 
baren aber  oxydierend  wirken,  welche  Ansicht  nach  dem  Stande  der 
damaligen  photochemischen  Kenntnis  viel  Wahrscheinlichkeit  für  sich 
hatte,  aber  bereits  zu  jener  Zeit  von  TVoUaston  u.  a.  (s.  o.)  bekämpft 
und  auch  in  neuester  Zeit  experimentell  widerlegt  wurde. 

Davy  fand  auch  1812,  daß  Kohlenoxyd  und  Cfalorgas  sich  in  der 
Sonne  verbinden,*)  und  A.  Vogel  in  Paris  studierte  das  Verhalten  des 
Phosphors  (vergl.  Böokmann  S.  94)  und  der  Phosphorverbindungen 
gegen  Licht  genau;  der  letztere  entdeckte  die  Lichtempfindlichkeit  des 
Fhosphorwasserstoffes*)  und  studierte  im  folgenden  Jahre  die  Wirkung 
des  Sonnenlichtes  auf  Phosphor,^)  welcher  sich  nach  seinen  Beobachtungen 
auch  unter  Wasser,  im  Vakuum,  sowie  in  einer  StickstofT-  und  Wasser- 
stoff-Atmosphäre in  roten  Phosphor  verwandelt,  wobei  die  violetten 
Strahlen  des  Spektrums  rascher  als  die  roten  wirkten,*)  woran  sich 
Shniiche  Beobachtungen  von  Ruhlaud  anschlössen,  welche  er  in  einer 
Abhandlnng,  „Über  den  Einfluß  des  Lichtes  auf  die  Erde",  im  Jahre 
1813  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Hünchen  vorlegte.*} 

A.  Vogel  in  Paris  machte  femer  Versuche  über  das  wässerige, 
mit  etwas  Alkohol  versetzte  blaue  Infusum  von  Veilchen,  welches  im 
blauen  lichte  rasch,  im  roten  langsam  die  Farbe  verliert,  was  auch 
beim  Infusum  von  Hohnblumen  der  Fall  ist.    Weiter  fand  er:*) 

„Das  sauerkleeeaure  (oxalsaure)  Kupferoxyd -Natron  hat  die  merk- 
wGrdige  Eigenschaft,  im  Sonnenlicht  sehr  schnell  und  im  Schatten 
allmählich  grün,  dann  schwarzbraun  zu  werden,  ohne  von  seinem 
Gewichte,  seiner  Form  und,  wie  es  scheint,  von  seinem  Glänze  etwas 
zu  TerlierraL" 

1)  Schweiggers  Journ.  f.  Chom.  u.  Fhys.  1813.  IX,  S.  199. 

2)  Ibid.  1812.  8. 404. 

3)  Ibid.  Vn,  S.  95. 

4)  A.  Vogel  in  Ännales  de  Chimie.  1813.  Bd.  84,  S.  225.  TrommsdorffH 
Jbnm.  der  Fhannao.  XZU,  2,  209.  Schweiggers  Joum.  t.  Chem.  u.  Phys.  1813. 
vn,  9D.  —  Veigl.  Booh  Brugnatelli  (Bchweiggers  Joum.  1813.  VlI,  98). 

5)  Sohveiggers  Journ.  f.  Chem.  a.  Fbys.  1813.  IX,  S.  229. 

6)  Ibid.  1813.  VU,  8.  21. 


124  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

Weitere  Experimente  von  A.  Vogel  beschrieb  Ruhland  in  Schweig- 
gers Journal!)  (1813.  IX,  S.  236).    A.  Vogel  in  Paris  fand: 

1.  Daß  frische  Kristalle  von  phosphorsaurem  Natron,  Glaubersalz, 
Eisenvitriol  hinter  blauem  Glas  schneller  effloreszierten  als  hinter  rotem. 

2.  Phosphor  in  „reinem  nitrösem  Gas''  (salpetrige  Säure?)  ist 
lichtbeständig. 

3.  Alkoholische  Tinktur  von  roten  Nelken  wurde  in  einigen 
Tagen  hinter  dem  blauen  Glase  weiß,  hinter  rotem  war  sie  um  die- 
selbe Zeit  noch  sehr  purpurfarbig.  Mit  dieser  Tinktur  gefärbte  Baum- 
wollepapiere zeigten  dieselben  Unterschiede.  Die  Blumenblätter  von 
papaver  rhoeas  (Klatschrose)  bleichten  hinter  blauem  Glase  in  einigen 
Tagen  aus,  hinter  rotem  änderten  sie  ihre  Farbe  nicht.*)  —  Die  fetten 
öle  werden  im  Lichte  allmählich  sauer.    (Vergl.  S.  115.) 

4.  Phosphor  und  Ätzkali  entwickelten,  hinter  blauem  Glase  be- 
lichtet, viel  Gas  und  lösten  sich  auf;  hinter  rotem  fanden  diese  Er- 
scheinungen weit  schwächer  statt 

5.  Die  Lösung  von  Eisenchlorid  in  Äther  verliert  in  einigen 
Minuten  hinter  blauem  Glase  die  goldgelbe  Farbe,  hinter  rotem  bleibt 
sie  den  ganzen  Tag  unverändert.  (Vergl.  S.  47,  71  u.  111.)  Da  dieselbe 
chemisch  sehr  lichtempfindlich  ist,  „so  könnte  sie  vielleicht  einmal  ein 
guter  Lichtstärkemesser  werden". 

6.  Die  Lösung  von  Kupferchlorid  gibt  genau  dasselbe  Phänomen 
hinter  farbigem  Glase. 

7.  Eine  gesättigte  Auflösung  Quecksilberchlorid  in  Äther  ver- 
ändert sich  im  Lichte  hinter  rotem  Glase  nicht,  hinter  blauem  und 
ungefärbtem  Glase  scheidet  sich  eine  Menge  kleiner  Kristalle  ab.  Der 
Niederschlag  färbte  sich  mit  Ätzkali  schwarz,  „was  beweist,  daß  der 
Absatz  salzsaures  Quecksilber- Protoxyd"  (Calomel)  war.  (Vergl.  S.  63.) 
—  Die  Auflösung  in  absolutem  Alkohol  verhält  sich  ähnlich,  zersetzt 
sich  aber  langsamer. 

8.  Schwefelammonium,  in  Flaschen  hinter  blauem  und  rotem 
Glase  dem  Lichte  ausgesetzt,  erleidet  nur  hinter  Blau  eine  Veränderung 
(nach  zwei  Monaten  belegen  sich  die  Wände  mit  einer  Schicht). 

Es  verdient  auch  erwähnt  zu  werden,  daß  der  später  genannte 
Chemiker  Döbereiner  im  Jahre  1813  fand,  daß  sich  unterchlorigsaure 
Alkalien  (Javellesche  Lauge)  und  Chlorkalk  im  Lichte  rascher  als  im 


1)  S.  auch  Gilberts  Annalen.  1814.  XVm,  S.  375. 

2)  Infolge  der  ErkenntDis  des  Ausbleichens  von  organischen  Farbstoffen  bei 
Belichtung  mit  komplementären  Farben  und  ihrer  Beständigkeit  hinter  Gläsern  derselbea 
Farben,  kann  man  A.Vogel  als  Vorläufer  der  „photographischen  Ausbleioh* 
verfahren ^^  der  neuesten  Zeit  erklären  (vergl.  spätere  Kapitel). 


■^      Dimkein  vari 


K,  S.  18). 

Die  Lichtempfindlichkeit  des  Silberalbuminates  ßnde  ich  zum 
ersten  Haie  im  Jahre  1812  in  einer  Abhandlung  erwähnt,  deren  Titel 
dies .  wohl  nicht  erraten  ließe. 

In  Beiner  „Kritik  der  von  dem  Herrn  Professor  Grindel  fortge- 
setzten Versuche  über  die  künstliche  Bluterzeugung"  machte  K.W.  Fische  r 
in  BreelBu  im  Jahre  1812  zuerst  >)  auf  die  Lichtempfindlichkeit  des  in  der 
Photographie  so  wichtigen  Silberalb  uminat  als  eine  bekannte  Erscheinung 
aufmerksam:  „Wenn Silberanflösuug  mit  tierischen  Flüssigkeiten,  nament- 
lich mit  Eiweiß,  vermischt  mit  dem  Liebte  ausgesetzt  wird,  so  verbindet 
sich  das  Silber  in  einem  schwach  oxydierten,  aber  nicht  regulinischen 
Znstand  mit  der  tierischen  Substanz  und  färbt  sie  schwarz,  wie  schon  längst 
bekannt,  doch  ist  diese  Färbung  anfangs  bräunlich-rot  und  gebt  erst 
spät,  oft  erst  nach  mehreren  Tagen,  in  dunkelbraun  und  wie  schwarz 
über".  Wozu  er  in  einer  Anmerkung  beifügt:  „Wie  jeder,  der  sich 
mit  Silberauflösong  die  Hände  befleckt,  leicht  beobachten  kann.  Nur 
mofi  dann  die  Silberauflösung  oder  wenigstens  die  Säure  nicht  stark 
vorherrschend  sein,  denn  ist  dies  der  Fall,  so  werden  die  Flecken  auf 
der  Haut  bald,  obgleich  schmutzig  schwarz."  —  Man  ersiebt  hieraus, 
daß  Fischer  schon  vrußte,  daß  der  photographische  Schwärzungsprozeß 
durch  Gegenwart  von  freier  Salpetersäure  stark  beeinflußt  wird. 

Die  Kenntnis  der  Lichtempfindlichkeit  der  Silberverbindungen 
wurde  durch  die  Spezialstudie  von  Fischer  „Über  die  Wirkung  des 
Lichtes  auf  Homsilber"  {Nürnberg,  1814)  nennenswert  erweitert.  Die 
Schrift  entliält  einen  guten  historischen  Rückblick  und  die  ausführliche 
Beschreibung  eigener  Tersuche. 

Da  diese  Schrift  bereits  äußerst  selten  geworden  ist,  so  sollen  im 
Nachstehenden  die  wichtigsten  Befunde  mitgeteQt  werden. 

1.  a)  Das  Schwärzen  des  Silbemiuriates  ist  auKschliefllieh  "Wirkung  dea  Lichtes. 
(Dassdbe  liatte  Link  gesagt)  —  Scheele,  Seoebier.  Vassali,  Heinrich  nod 
Baoholti  hielten  die  Wärme  für  mitwirkend.  Nach  Bitter  soll  Chlorsilber  bei 
OOnd  C.  aich  nicht  ärben.  Bertboilet  sagte,  ancb  Luftzug  bewirkt  Schwärzung; 
nach  Bitter  aber  nur,  insofern  er  beim  Feuer  bereits  gebraucht  worden  ist  und 
Eohlenstanfa  von  sieh  gibt  (S.  lOT). 

b)  Es  Orbt  sich  Cblorailber  selbst  bei  — 16  bis  18  Grad  R.  Wärmeerhöhung 
alleia  bewirkt  keine  Färbung  und  Licht  wirkt  auf  geschmolzenes  Cblorsilber  nicht  ein. 

2.  Die  I^bnng  des  Chlorsilbers  gebt  von  liläul  ich  grau  in  Rotbraun  über.  — 
Nwdt   der  Beschaffenheit   (d.  b.  Beinbeit   des  Präparates)   findet  ein   verschiedener 

I)  Vorgelesen  in  der  medizinischen  Sektion  der  schlesiscbcn  Gesellschaft  für 
vataiiliidiaohe  Eoltor  am  25.  April  1812.  Schweiggers  Joum.  f.  Chemie  n.  Physik. 
1813.  IX,  403. 


126  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

Farbenwechsel  statt.  „Bei  einem  Präparat,  welches  einen  Überfluß  an  Salzsäure  hatte 
und  in  großen  Stücken  schnell  getrocknet  war,  brachte  auch  das  Sonnenlicht  nicht 
eher  eine  Färbung  hervor,  als  bis  es  naß  gemacht  wurde.* 

3.  Durch  TVasser  wird  zwar  die  Färbung  des  Chlorsilbers  erleichtert  und  be- 
schleunigt, aber  zur  Hervorbringung  dieser  Erscheinung  ist  es  dennoch  nicht  unum- 
gänglich notwendig,  denn  sie  erfolgt  unter  jeder  ungefärbten  Flüssigkeit  und  in 
trockener  Luft.  Fischer  bewies  dies  an  geschmolzenem  Chlorsilber,  ^)  welches  von 
ilim  unter  Schwefelsäure,  Salpetersäure,  Alkohol -Äther,  Nußöl  exponiert  und  dadurch 
in  allen  Fällen  bis  rotbraun  gefärbt  wurde.  Am  schnellsten  allerdings  durch  Wasser, 
am  langsamsten  unter  Nußöl.  Auch  in  über  Chlorcalcium  getrockneter  Luft  färbt  sich 
Chlorsilber. 

NB.  Scheele  fand,  daß  Chlorsilber  unter  Salpetersäure  sich  nicht  färbt  (Fischer 
meint,  er  habe  rote  Salpetersäure  gehabt). 

4.  a)  ^Die  Natur  dieser  Erscheinung  (Färbung)  ist,  daß  das  Chlorsilber  durch 
das  Licht  zersetzt  und  der  eine  Bestandteil,  die  oxydierte  Salzsäure,  ausgeschieden 
wird,  welche  entweder  in  luftförmigem  Zustande  entweicht  oder  sich  der  Flüssigkeit 
mitteilt. 

(Gilbert  hatte  diese  Ansicht  zuerst  ausgesprochen:  Chlor  entweicht,  bildet  mit 
dem  Wassei-stoff  des  Wassers  Salzsäure  —  Scheele,  Senebier,  Berthollet,  Hein- 
rich, Bucholtz,  konstatierten  einfach  Lösung  von  Salzsäure.) 

Fischer  fand,  daß  nicht  nur  an  Wasser,  sondern  auch  an  Alkohol,  Äther, 
Salpetersäure  das  Chlorsilber  im  Lichte  Chlor  abgibt,  welche  Flüssigkeiten  dann  auf 
Silbernitrat  reagieren. 

Während  das  trockene  Chlorsilber  sich  in  der  Sonne  schwärzt,  entwickelt  sich 
ein  Geruch  nach  Chlor.  Auch  Chlorsilber  -f- Nasser  nimmt  nach  8 — 14  Tagen  den 
Chlorgeruch  an;  es  bleicht  Pflanzenfarben  (Lackmus,  Curcuma).  Auch  trockenes, 
geschmolzenes  Chlorsilber  entwickelt  (allerdings  langsamer)  Chlorgas.  Alkohol  nimmt 
Gemch  nach  Chloräther  an,  wie  ihn  nur  Chlor  erteilt  Es  scheidet  sich  demnach 
Chlor  (und  nicht  Salzsäure)  aus. 

b)  Reines  geschmolzenes  Chlorsilber  verlor  Vsoo  ^^  Gewicht  nach  4  Wochen 
Belichtung  (von  10  g  0,02  g). 

5.  Die  Veränderung,  welche  das  Chlorsilber  durch  die  Schwärzung  erleidet,  ist, 
,,daß  es  aus  dem  Zustande  einer  neutralen  Verbindung  in  den  eines  basischen  Salzes 
übergeht.  Der  von  der  Salzsäure  befreite  Anteil  Silber  nämlich  verbindet  sich  mit 
dem  unzorsetzten  Muriat  zu  einem  Salze  mit  Überschuß  der  Grundlage*  (d.  h.  Silber- 
subchlorid!  ! !). 

Er  stützte  dies  durch  folgende  Experimente: 

a)  Geschwärztes  Chlorsilber  wird  durch  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  nicht 
aufgehellt,  weshalb  kein  Silberoxyd  frei  geworden  sein  kann  (wie  Berthollet, 
Bucholtz,  Gilbert  annahmen). 

b)  , Wurde  Salpetersäure  auf  vollkommen  geschwärztes  Chlorsilber  getan,  so 
bildete  sich  eine  Sil  berauf  lösung;  jedoch  nur  dann,  wenn  das  Muriat  (Chlorsilber)  voll- 
kommen geschwärzt  war  und  besonders,  wenn  die  Färbung  anfangs  unter  Wasser 
geschah;  war  sie  hingegen  nicht  ganz  vollendet,  so  löste  die  Salpetersäure  kein  Silber 
auf.  In  keinem  Falle  wurde  das  Chlorsilber  entfärbt,  selbst  wenn  Salpetersäure  etwas 
Silber  aufnahm,  in  welch'  letzterem  Falle  die  Farbe  allerdings  etwas  lichter  wurde. '^ 


1)  Er  nennt  geschmolzenes  Chlorsilber  konsequent  „Homsilber^,  das  gefBllte 
^salzsaures  Silber'. 


u^sflb'bte;  der  BQctetend  ist  silbergrau,  in  Salpetersäure  ganz  löslich  (so  wie  Scheele 
umahm,  entgegen  Bertbollets  Ansicht).  Dies  zeigt  nicht,  wie  Scheele  glaubt, 
d&B  Ammoniak  einfach  das  im  Lichte  entstandene  Silber  aTü^cheidet,  „soudsni,  daH 
das  Ammoniak  selbst  zum  Teil  zersetzend  auf  das  Muriat  einwirkt  und  ein  Teil 
Bäbar  wssoheidet*. 

,Daa  Produkt  der  Flrbnog  kann  nicht  als  eine  bloß  mechanische  Verbindung 
Ton  nnEerwbEtem  Jfnriat  und  freiem  Silber  angesebcn  werden,  sonst  müBte  die  Salpeter- 
Blim  das  freie  ^ber  anflSsen  und  dadurch  die  weiße  Farbe  herstellen  können,  was 
niobt  gMchieht*  Die  , chemische  Verbindung  zwischen  zersetztem  imd  unzersetztem 
Homt  ist  so  innig,  dafi  Salpetersäure  nicht  im  Stande  ist  sie  zu  trennen". 

6.  Über  dsn  Gegensatz  der  Oxydation  im  Bot  und  der  Reduktion  im  Violett 
hSlt  sioh  Fischer  zweifelnd  and  reserviert. 

7.  Jede  Art  licht  bringt  diese  Wirkung  (Färbung  und  Reduktion)  hervor.  Am 
nsohestm  Bonnen-,  dann  Tageslicht;  Blau  uod  Violett  wirken  rasch.,  Rot  langsamer, 
dann  kommt  Flammen-,  und  zuletzt  Mondlicht. 

Im  Jahre  1814  wurde  das  bereits  von  Courtois  (1811)  entdeckte 
Jod  Ton  Davy  genauer  untersucht  und  seine  Verbindung  mit  Silber, 
das  io  der  Photographie  so  wichtige  Jodsilber,  entdeckt') 

UtiYj  berichtete  am  20.  Januar  1814  der  kg!.  Gesellschaft  zu 
London  ober  verschiedene  Eigenschaften  des  Jod.  „Der  neue  StoEf 
schlügt  salpetersau  res  Silber  zitronengelb  nieder."  . .  .  „Das  Licht  wirkte 
noch  rascher  auf  dieses  Silbersaiz,  als  auf  Hornsilber  und  gibt  einen 
Körper,  Shnllch  dem,  welcher  bei  Erhitzung  dieses  eigentümlichen 
Stoffte  mit  Silber  gebildet  wird."')  Davy  dürfte  sein  Jodsilber  mit 
flbeischdssigem  Silbernitrat  dargestellt  haben,  weil  sieb  sein  Frfiparat 
im  Lichte  rasch  veränderte,  was  hekanntiich  nur  in  diesem  Falle 
eintritt 

Steffens  erhielt  während  seines  Aufenthaltes  in  Paris  im  Frühling 
1814  dnzcb  Gay-Lussac  etwas  Jod  (damals  eine  große  Rarität),  mit 
welchem  er  in  Gemeinschaft  mit  Link  und  Fischer  Versuche  anstellte. 
Die  drei  genannten  Chemiker  beobachteten,  daß  Silberlösungen  durch 
Jod  geSItt  werden  und  daß  der  Niederschlag  große  Ähnlichkeit  mit 
Ghloisilber  habe,  sagten  aber:  „Sowohl  die  präzipitierte  (liebt  grünlich- 
gelbe) als  die  geschmolzene  Verbindung  (Jodsilber)  behält  im  Lichte 


1)  Die  deatsoheo  Chemiker  waren  in  der  Bezeichnung  des  Chlors  und  Jods  sehr 
MOblureD.  Einige  sagten,  „die  Cblorine",  „die  Jodiae",  andere  „das  Chlorin  oder 
Jodln"  oder  „das  Chlor  oder  Jod",  Die  Behandlung  derselben  als  Feminina  wurde 
fibrigens  bald  fallen  gelassen,  insbesondere  infolge  des  energischen  Protestes  Büch- 
ners g^^  die  Anomalie,  gegen  welchen  der  Sprachgebrauch  und  die  Analogie  in 
a  nnd  fremden  Sprachen  wäre  (Buchners  Repertor.  Pharm.  1823  XIV,  450). 
IT  mu'  dsr  Ausdruck  „das  Chlor  und  Jod"  bald  allgemein. 

3)  SohwaiggersJoom.  f.  Chemie  u.  Physik.    1814.   XI,  68;  aus  Thomaens 
ils  of  philoB.  1814. 


128  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

seine  Farbe".^)  Diese  Beobachtung,  welche  entgegengesetzte  Resultate 
ergab,  als  Davy  erhalten  hatte,  erklärt  sich  dadurch,  daß  die  letzt- 
genannten Chemiker  offenbar  das  Jodsilber  mit  überschüssigem  Jod- 
kalium gefällt  hatten;  das  verschiedene  Verhalten  des  nach  der  einen 
oder  der  anderen  Art  gefällten  Jodsilbers  gegen  Licht  war  den  damaligen 
Forschern  nicht  aufgefallen. 

Der  Umstand,  daß  das  Jodsilber  sich  im  Lichte  viel  weniger 
energisch  schwärzt,  als  Chlorsilber,  lenkte  die  Aufmerksamkeit  der 
Physiker  von  ersterem  ab  und  es  wurde  bei  photochemischen  Versuchen 
bis  zu  Daguerres  Experimenten  wenig  beachtet.  BouUay  hatte  wohl 
im  Jahre  1827  das  Doppelsalz  von  Jodsilber  mit  Jodkalium  entdeckt  und 
beobachtet,  daß  es  im  Lichte  eine  blasse  blaue  Färbung  annehme 
(Ann.  d.  Chemie  u.  Physik.  Bd.  37,  S.  37),  allein  die  photochemische 
Zersetzung  dieses  Doppelsalzes  ist  eine  sehr  geringe. 

Das  Jod  und  die  Jodsalze  erhielten  zunächst  nur  eine  Bedeutung 
in  der  Medizin,  nicht  aber  in  der  Photochemie.  Dadurch,  daß  Dr.  Coindet 
in  Genf  im  Jahre  1820  das  Jod  als  Mittel  gegen  Kropf  empfahl,  wurde 
eine  große  Verbreitimg  und  eine  namhafte  Preissteigerung  desselben 
verursacht. 

Die  Physiker  dagegen  befaßten  sich  damals  stets  mehr  mit  dem 
Chlorsilber,  welches  sich  im  Lichte  viel  rascher  schwärzt  als  Jodsilber. 


In  der  Folge  häuften  sich  einzelne  Beobachtungen  über  die  Licht- 
empfindlichkeit verschiedener  Substanzen. 

Bei  seinen  „Versuchen  über  die  wechselseitige  Wirkung  einiger 
Ammoniaksalze  und  des  oxydiert  salzsauren  Quecksilbers"  (=HgCl,) 
beschrieb  L.  A.  Planche^)  im  Jahre  1815  die  Wirkung  des  Lichtes 
auf  eine  Mischung  von  Ammoniumoxalat  und  Quecksilberchlorid -Lösung. 
Er  mischte  gleiche  Volumina  einer  kalt  gesättigten  wässerigen  Lösung 
von  Ammoniumoxalat  und  Sublimat,  füllte  damit  eine  kleine  Woalfsche 
Flasche  zu  neun  Zehnteilen  an  und  brachte  ein  Gasentbindungsrohr  an. 
Als  er  die  Flasche  dem  starken  Sonnenlichte  aussetzte,  trübte  sich  die 
Mischung  nach  zwei  Minuten.  Sie  wurde  nach  und  nach  milchartig, 
setzte  dann  eine  gewisse  Menge  „salzsaures  Quecksilber  in  Minimum'^ 
(Calomel)  ab.  Jetzt  begann  „die  Oberfläche  der  Flüssigkeit  aufzuwallen^ 
und  durch  eine  schwache  Bewegung  derselben  entbanden  sich  Blasen 


1)  Sohweiggers  Journ.  f.  Chemie  u.  Physik.   1814.   XI,  133. 

2)  Journal  de  Pharmacie.    1815.    8.  49.    Auch  Trommsdorffs  Jonnud  der 
Pharmacio.    XXV,    1.    195. 


Mm  KoLIens:  >o,  ^»e  undenfbrndnng  dauerte  mehrere  Stnnden  und 
aodaDn  wurde  die  Flfiseigkeit  hell. 

Daß  diese  beiden  Salze  sich  tataäcblicb  unter  dem  Einflüsse  des 
Lichtes  zersetzen,  bewies  Planche  dadurch,  daß  er  eine  Probe  der 
Lösung  im  FiOBtern  stehen  ließ  und  selbst  nach  acht  Tagen  nicht  die 
genngste  Ver&ndeTong  bemerken  konnte.  Der  Zutritt  des  Lichtes, 
schließt  er,  scheint  zur  wechselseitigen  Zersetzung  des  ätzenden  Sub- 
limates und  des  sauerkleesauren  Ammoniaks  notwendig  zu  sein. 

Auf  diese  Reaktion  stützte  sich  später  das  Ederscbe  Photometer 
mit  Qaeoksilberaalzen. 

Ober  die  Lichtempfindlichkeit  von  Mangansalzen  berichtete  zuerst 
Brandenburg.  Er  gab  1815  an,^)  „daß  die  mit  reiner  Schwefelsäure 
bereitete,  viel  freie  Säure  enthaltende,  rötlich  klare  Manganauflösung, 
wenn  sie  einen  oder  mehrere  Tage  hindurch,  unter  dem  Zutritte  des 
lichtes  und  der  atmosphärischen  Luft,  ruhig  gestanden  hatte,  zuerst 
Irfibe  wurde,  bald  darauf  aber  ihrer  Farbe  völlig  beraubt  war". 

Schweigger  bemerkt  hierzu, ^j  daß  er  ebenfalls  beobachtet  habe, 
daß  schön  rote  schwefelsaure  Manganauflösung ^)  nur  im  Lichte  entfärbt 
wurde  und  daß  die  entfärbte  Lösung  im  Finstern  niemals  wieder  die 
rothe  Farbe  zurückerhielt  Proniberg,  welcher  die  Mangansäure  später 
(1824)  genauer  untersuchte,*)  gab  an,  daß  die  wässerige  Lösung  dereelben 
lichtempfindlich  sei  (sieb  entfärbt). 

Aber  auch  dem  Yerbalten  organischer  Substanzen  gegen  Licht 
wurde  gesteigerte  Aufmerksamkeit  zugewendet 

Über  die  grüne  Substanz  der  Pflanzen  stellten  Peiletier  und 
Caveton  im  Jahre  1817  nähere  Versuche  an  über  das  „grüne  Pflanzen- 
haiz",  wie  es  durch  Alkohol',  Äther  usw.  ausgezogen  wurde.  Die  alko- 
holische Lösung  der  grünen  Substanz  gab  mit  Kalk,  Tonerde,  Magnesia- 
salzen usw.  grüne  Lackfarben,  auf  welche  das  Licht  im  allgemeinen 
keinen  nachteiligen  Einfluß  äußerte,  nur  die  grüne  Materie  der  Fichte 
und  Tanne  erlitt  eine  Veränderung."')  Buchner  bemerkte  in  einer 
Notiz  zu  dieser  Abhandlung,  daß  er  dch  vor  einigen  Jahren  ebenfalls 
mit  diesem  Gegenstande  beschäftigt  habe,  daß  das  grüne  Pigment  von 
verschiedenen  Wasserpflanzen,  durch  Alkohol  ausgezogen  und  auf  Papier, 
Ldnwand,  BanmwoUe  und  Seide   aufgetragen,   an   der  Sonne  äußerst 

1}  Bohweiggers  Joum.  f.  Chemie  und  Physik.    1815.    XTV,  348. 

2)  Ibid.  S.  377. 

S)  OSanbar  Bohwefelsautes  Mangaao.xyd  Debeo  Oxydul  eathalteni].    (Eder.) 

4)  SohweiggerB  Jount.    ltJ24.    Bd.  41 ,  S.  Stid. 

5)  Jonmal  de  Fbann.  K.XI,  1H17.  Buohuer,  Repertorium  fürdie  Pharmacic. 
1818.  IV,  394. 

Ed*T,  Hudbnok  der  Fhotognphle.    I.  Tsil.    S.  Aufl.  9 


130  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

schnell  vorschieße  und  sich  ins  Blaßgelbe  oder  schmutzig  Braune  vor- 
ändere. ^) 

Im  Jahre  1818  untersuchte  Brugnatelli  die  aus  Harnsäure  ent- 
stehende Purpursäure  näher  und  fand,  daß  die  wasserhaltigen  farblosen 
Kristalle  derselben  im  Sonnenlichte  .{auch  beim  Erwärmen)  sich  rot 
färben.  Wenn  sie  aber  alles  ihr  Wasser  verloren  haben,  färbt  sie  das 
Sonnenlicht  nicht  mehr  und  die  Wärme  zerstört  sie,  ohne  daß  sie  eine 
rote  Farbe  annehmen.  2) 

Vom  Jahre  1818  ab  müssen  wir  der  Tätigkeit  von  Theod.  Frei- 
herr von  Grotthuss  (*  1785,  f  1822),  welcher  seine  naturwissenschaft- 
liche Ausbildung  in  Leipzig  und  Paris  genoß  und  als  Privatgelehrter 
auf  seinem  Erbgut  Geddutz  im  Wilnaisch- litauischen  Gouvernement  in 
Rußland  lebte,  unser  Augenmerk  zuwenden:  Bereits  im  Jahre  1818  fand 
derselbe,  daß  das  Rhodansilber  vom  Lichte  geschwärzt  wird,  jedoch 
weniger  als  Chlorsilber,  ■'^)  und  im  Oktober  1818  legte  er  der  „Kur- 
ländisehen  Gesellschaft  für  Literatur  und  Kunst"  eine  Abhandlung  „über 
die  chemische  Wirksamkeit  des  Lichtes"  vor,"*)  worin  er  allgemeine 
photochemische  Sätze  aufstellt,'')  welche  originell  waren,  aber  sich  in 
der  Folge  als  unhaltbar  erwiesen. 

Grotthuss  suchte  die  chemische  Lichtwirkung  mit  der  galvanischen 
Wirkung  in  Zusammenhang  zu  bringen,  nachdem  Davy  und  Berzelius 
(1810)  auf  den  Zusammenhang  chemischer  und  elektrischer  Kräfte  hin- 
gewiesen hatten.  Anknüpfend  an  die  Berzcliusscho  elektrochemische 
Theorie  hielt  Grotthuss  die  positive  Elektrizität  (+E)  und  die  negative 
Elektrizität  ( —  E)  für  die  wahren  Bestandteile  des  Lichtes  und  sprach 
die  Ansicht  aus,  daß  das  Licht  die  Bestandteile  vieler  Verbindungen 
trennt  und  sie  zwingt,  sich  mit  der  elektrischen  Materie  zu  verbinden. 

Er  suchte  die  zu  seiner  Zeit  bekannten  photochemischen  Erschei- 
nungen unter  4  Gesetze  zu  bringen  und  stellte  zur  Begründung  seiner 
Theorie  zahlreiche  neue  Experimente  an,  welche  die  Kenntnis  der  Licht- 
empfindlichkeit chemischer  Substanzen  wesentlich  vermehrte.  Die 
4  Gesetze  von  Grotthuss  sind: 

1.  Aus  gewissen  AuflösuDgcn,  besonders  solchen,  welche  dissoziieren,  trennt 
das  Licht  die  nächsten  Bestandteile,  so  daß  die  durch  die  Trennung  entstehende  neue 
Verbindung  die  unter  den  gegebenen  Umständen  möglichst  große  Differenz  der  Lös- 


1)  Büchner,  Repertorium  für  die  Pharmacic.    1818.   IV,  396. 

2)  Annales  de  Chimio  et  de  rhysicjue.    1888.    VIII,  201.    Schwoiggers  Joum. 
für  Chemie  und  Physik.    1818.    Xxiv,    309. 

3)  Schweiggers  .Tourn.  f.  Phys.  u.  Chem.    1818.   XX,  S,  240. 

4)  Im  Auszuge  in  Gilberts  Annal.  Phys.    1S19.   Bd.  61'.  S.  .50. 

5)  Vergl.  auch  Grotthuss'  ^Physisch -chemische  Forschungen*  (Nürnberg  1820). 


^       lif1il-i>i(    jaii>t. 


in  der  Sonne  n     ber  trüben  altt  im  Fiostem,   .nobet  f>icb  basisch  Balzsaurcs  ZinD- 
oxydol  anascbeidet*,  während  das  saure  Salz  gelost  blei>>t.) 

2.  In  Sauerstoff-  and  Chlor -VerbindurgOD,  welche  von  dem  T.ichte  zersetzt 
Verden,  desoxydiert  oder  decbloriert  das  Ucbt  gewöhnlich  den  ponderablen  eloktro- 
podtiven  Bestandteil  oder  verhindert  dessen  Oxydation  oder  Chlorierung;  gleicIiKcitig 
oxydiert  und  chloriert  «8  den  elektronegativen  oder  indiiferenten  Bestandteil,  (Beispiel : 
Cblorwlber  bildet  im  Liebte  zuerst  freies  Chlor  uod  dieses  durch  Einwirkung  auf 
VasBer  Silislnre,  , indem  der  Sancrstoff  des  ^'assers  sich  mit  der  -|-E  des  Lichtes 
und  das  Silber  mit  der  —  E  des  Lichtes  verbindet»;  Entrurbuug  der  Eisentinktur.) 

3.  Anf  Verbindungen,  deren  Bestandteile  einer  Hydiogeniening  oder  Dehydro- 
geniemng  (WaseeTstofTentziehung)  fähig  sind,  wirkt  das  Licht  in  der  Art,  daß  der 
riektrogeoitiTe  Bestandteil  hydrogenicrt  wird,  während  eg  den  elektropositiven  Be- 
standteil dehydrogeniert,  indem  es  zugleiuh  seine  impondcrablen  Elemente  (+E) 
den  dadurch  eotsteheaden  neuen  VcrbindungeD  chemisch  abtritt  (Beispiel:  Wässerige 
Jodstirke  wird  im  Uohte  farblos,  indem  sich  JodirasaerstofT  bildet.') 

4.  WeDD  das  Licht  mit  SaacrstofT  und  gewissen  Salzlösungen  in  Wirkung  tritt, 
wellte  schon  für  sich  alleiu  eine  Veränderung  durch  das  Licht  oder  eine  diesem  gleiche 
Beaktian  eriitten  haben,  so  desoxydiert  es  die  imponderable  -}-  E  dos  Saueistoffgases 
und  oxydiert  den  nächsten  elektropositiven  Bestandteil  des  Salzes  usw.  usw.  (Bei- 
spiel: Die  blutrote  Losung  von  Eisensulfocyanid  wird  durch  Licht  allein  entfärbt, 
bei  Gegenwart  von  Luft  und  Licht  nbcr  wieder  gerätst.) 

Diese  Thesen  von  Orotthuss  fanden  wenig  Anklang  bei  seinen  Zeitgenossen; 
sie  gerieten  ganz  in  Vergessenheit,  als  die  Berzeliussche  dualistische  elektrochemische 
nieorie  sp£ter  fallen  gelaasen  werde.-)  Jedoch  darf  man  nicht  übersehen,  daß  die 
Orondidee,  welche  Grotthuss  in  seine  photochemiscbcn  Thesen  legte,  nicht  gänzlich 
den  nenesten  Anschauungen  der  [ihyslk  all  scheu  Chemie  ferno  steht:  Uelmholtz  hat 
1884  TOn  neuem  darauf  hingewiesen,  daß  die  chemischen  Ätflnitätskiüfte  wesentlich 
elektrischer  Natur  sind;")  die  moderne  loncntheorie  von  Arrhenius  nimmt  elektrisch 
geladene  Ionen  an  und  die  elektromagnetische  Lichttheorie  kommt  auf  den  Znsammen- 
hang zwischen  Licht  und  Elektrizität  zurück  —  freilich  in  ganz  anderem  Sinne  als 
dies  Grotthuss  sich  vorstellte,  welcher  wenig  Glück  mit  der  Anwendung  der  elektro- 
chemischen Theorie  aui  die  Photographie  hatte. 

Im  Jabre  1819  entdeckte  Sir  John  Herschel  die  imterschwef- 
ligsauren  Satze  (Hyposulfite)  und  beschrieb  deren  EigeDschaften  im 
„The  Edinburgh  Philosophical  Journal".  1819.  I,  S.  8  und  396.  Für 
UDsereQ  GegecBtand  ist  von  besonderem  Interesse  die  Anführung  der 
Tatsache,  daß  „das  gefällte  Chlorsilber  in  allem  tlUssigen  Hyposulfit 
löslich  ist"  und  dait  das  Natriumsalz  das  Gbloi-silber  leicht  und  in  großen 
Quantitäten  löst  Diese  Beobachtung  Herschels  wurde  merkwürdiger- 
weise weder  von  den  Zeitgenossen,  noch  von  späteren  Forschem,  weiche 
sich  mit  der  Lichtemp&ndlichkeit  der  Silberverbindungen  befaßten,  zum 

1)  Diese  Baaktion  wurde  später  als  ein  bloßes  Entweichen  des  Jod  durch 
WlTmewirkung  erkannt  nnd  ist  dos  Beispiel  somit  nicht  /utrctfend. 

2)  Vei^l.  Traobe,  GrundriU  der  physikalischen  Chemie,  1904. 

3)  H.  T.  Helmholtz,  Faradays  Rede,  Vorträge  nnd  Itoden.   1884.  S.  302. 


132  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

Fixieren  von  Lichtbildern  auf  Silberpapier  ausgenützt.  Weder  Daguerre 
noch  Niepce  hatten  bis  zur  Veröffentlichung  der  Daguerreotypie  (1839) 
die  fixierenden  Eigenschaften  der  Hyposulfite  gekannt  und  sogar  der 
Landsmann  und  Zeitgenosse  Herschels,  der  verdienstvolle  Forscher 
Talbot,  versuchte  das  Fixieren  seiner  Bilder  auf  Chlorsilberpapier  mit 
den  verschiedenartigsten  Salzen,  kam  aber  nicht  auf  die  Idee,  das  unter- 
schwefligsaure  Natron  zu  verwenden.  Als  aber  im  Jahre  1839  alle  Welt 
von  der  Erfindung  der  Daguerreotypie  sprach  und  auch  Talbot  viele 
Experimente  anstellte,  kam  Herschel  zur  Kenntnis  dieser  photographischen 
Methoden  und  machte  seinerseits  erst  im  Jahre  1839  die  Beobachtung, 
daß  das  Hyposulfit  ein  ausgezeichnetes  Fixiermittei  sei.  (Vergl.  weiter 
unten.) 

Im  Jahre  1821  entdeckte  Faraday,  daß  sich  Jod  mit  ölbilden- 
dem  Gas  (Äthylen)  zu  einer  kristallisierenden  Verbindung  vereinigt, 
wenn  man  beide  den  Sonnenstrahlen  aussetzt^)  und  daß  sich  Kohlen- 
stoffperchlorid  unmittelbar  aus  Äthylen  und  Chlorgas  darstellen  läßt, 
wenn  man  das  zuerst  hierbei  entstehende  öl  mit  überschüssigem  Chlor- 
gas den  Sonnenstrahlen  aussetzt.-) 

Im  selben  Jahre  fand  Henry, 3)  daß  das  Sumpfgas  im  Finstern 
durch  Chlor  nicht  zersetzt  wird,  sondern  nur  unter  der  Mitwirkung  dos 
Lichtes. 

Kastner  erwähnt,  an  Robinsons  ältere  Angabe  (s.  S.  80)  an- 
knüpfend, daß  die  Lichtstrahlen,  welche  durch  Wasser  gegangen  sind, 
(las  Hornsilber  (Chlorsilber)  purpurschwärzlich  färben,  während  in  der- 
selben Zeit  und  unter  sonst  gleichen  Bedingungen  das  durch  Salpeter- 
säure gegangene  Licht  das  Hornsilber  kaum  grau  werden  ließ,  d.  h. 
letzteres  absorbierte  viel  mehr  chemisch  wirksame  Strahlen  als  Silber 
—  eine  Bestätigung  der  Robinsonschen  Vermutung  (1787).*) 

Über  die  Zersetzung  wässeriger  Silbernitrat -Lösungen  stellten  Wit- 
fing  und  Zimmermann  Versuche  an. 

Witting  studierte  das  Verhalten  der  Silbernitrat-Lösung  gegen 
einige  Gase  und  fand,^)  daß  Kohlenoxyd,  Wassei*stoff,  Phosphorwasser- 
stofigas  auch  im  Schatten  Färbungen  und  Präzipitate  geben,  dagegen  bei 
mit  Kohlensäure  gesättigtem  Wasser  mit  Silbernitrat  im  Schatten  selbst 


1)  Annais  of  Philos.    1821.   Janur.    Schweiggers  Journal  für  Chemie   und 
Physik.    1821.   XXXI,  490. 

2)  Schweiggers  Journal  für  Chemie  und  Physik.    1821.   XXXIII,  231. 

8)  Annais  of  Philos.    1821.   September.   Schweiggers  Journal  für  Chemie  und 
Physik.   XXXIII,  233. 

4)  Buch ner  und  Kästners  Repertorium  für  die  Pharmacia.    1822.   XIH,  44. 

5)  Buchners  Repertorium  für  die  Pharmacie.    182.3.    XIV,  467. 


nach  kurzer  Zeit  eine   violette  Färbung  (anfangs   ohne  Niederschlag] 
entstehe.*) 

Im  Jahre  1823  studierte  Rudolf  Brandes  die  kampfersauren  Salze 
näser  and  fand,  daß  das  Silbersalz  weiß  ist,  im  Liebte  aber  ins  Bräun- 
liche geht*) 

,  Durch  den  im  Jahre  1821  bei  Gießen  gefallenen  sogen.  Blutregen 
angeregt,  ontemahm  W.  Zimmermann  weitere  Untersuchungen  über  die 
„wisserigen  Meteore"  (Regenwasser).  Er  fand  in  denselben  einen  geringen 
Salzgehalt  and  organische  Substanzen.  Er  spricht  im  Laufe  seiner  Unter- 
sacfaang  von  einer  merkwürdigen  Verschiedenheit,  welche  die  Meteor- 
wSsser  gegen  Silbemitrat  zeigen.  Entweder  gaben  die  mit  Silbernitrat- 
lösang  versetzten  Wässer  eine  Trübung  oder  nicht.  Im  ersteren  Falle 
donkelt  entweder  die  Trübung  aro  Sonnen-  oder  Tageslicht  ins  Blau- 
graue,  Violette  und  setzt  schließlich  einen  schwärzlichen  Bodensatz  ab 
(Zimmermann  Echließt  dann  auf  vorwaltende  Chloride),  oder  es  ändert 
sich  die  Farbe  ins  Gelbrote,  Weinrote  und  endet  mit  Purpur,  schließ- 
lich setzt  sich  ein  violettbrauner  Niederschlag  ab  (Schluß:  daß  Chloride 
und  organische  Substanzen  zugegen  sind).") 

Im  zweiten  Falle  durchlaufen  die  mit  Silbersalz  gemischten  Wässer 
denselben  Kreis  von  Gelbrot  zu  Purpur  (Vorwalten  der  organischen 
Substanz),  oder  sie  bleiben  unverändert  und  zeigen  nur  etwa  einen  An- 
klang ans  Rötliche  (das  Wasser  ist  arm  an  organischer  Substanz  und 
an  Chloriden). 

Weitere  Versuche  über  photochemische  Prozesse  verdanken  wir 
Johann  Wolfgang  Döbereiner  (*  1780,  f  1849),  welcher  erst  Pharma- 
zeut, dann  chemischer  Fabrikant  war  und  seit  1810  als  Professor  der 
Chemie,  Pharmazie  und  Technologie  an  der  Universität  zu  Jena  wirkte. 
In  seiner  „Pneumatischen  Chemie"  (182ö.  5.  Teil,  S.  103)  erwähnt  er, 
daS  ein  Gemisch  von  Jod,  Alkohol  und  schwefliger  Säure  sich  nur  im 
Sonnenlichte  rasch  entfärbt  und  lange  Schwefelkristalle  ausscheidet. 

Es  gelang  Döbereiner  1826  das  Clilorplatin  aus  seiner  Lösung 
im  Liebte  zu  reduzieren,  indem  er  die  Lösung  mit  einer  Solution  von 
neutralem  weinsaurem  Natron  bis  zur  beginnenden  Trübung  vermischte 
und  dann  durch  mehrere  Tage  dem  Sonnenlichte  ausset/.te.  Das  Platin 
wurde  dem  größten  Teile  nach  reduziert  und  lagerte  sich  auf  der  inneren 
Fläche  der  Röhre  in  Gestalt  von  dünnen  schwarzgrnuen  Plättchen  ab.   Als 


1)  Bas   Vfaxeei,  resp.  die  Kohlensäure,  müssi'n  mil  eigaDischt.>n  Substanzeu 
veniDTeinigt  gewesoD  s«in. 

2)  SahweiggorB  Joura.  f.  Chem.  uud  Physik.    1823.   XXXVIII,  21)ö. 

3)  KaBtnor,  Aroliiv  für  die  gesamte  Naturlehie.    1821.    I,  2.')7. 


134  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

er  die  Röhre  entleerte  und  hierauf  mit  Wasserstoff  füllte,  so  nahm  das 
reduzierte  Metall  eine  schöne  Silberfarbe  an.  Bei  diesem  Reduktions- 
prozeß wird  nach  Döbereiner  die  Weinsäure  in  Kohlensäure  und 
Ameisensäure  verwandelt.^) 

Im  Jahre  1826  entdeckte  Baiard  das  Brom.  Er  beschreibt  in 
seiner  „Memoire  sur  une  substance  particuliöre  contenue  dans  i'eau  de 
la  mer"  (Annal.  Chim.  Phys.  1826.  Bd.  32,  S.  337)  verschiedene  Brgra- 
salze,  wie  Bromkalium,  Bromammonium  usw.  und  sagt  über  das  Brom- 
silber: „Salpetersaures  Silber  bringt  in  brom wasserstoffsauren  Salzen 
einen  käsigen  Niederschlag  von  Bromsilber  hervor.  Diese  Verbindung, 
welche  eine  blaß -zeisiggelbe  Farbe  besitzt,  schwärzt  sich,  wenn  sie 
noch  feucht  dem  Lichte  ausgesetzt  wird,  aber  weniger  leicht  als  Chlor- 
silber".    Das  bromsaure  Silber  fand  er  ziemlich  lichtbeständig. 

Eine  Verwendung  des  Bromsilbers  zu  photographischen  Prozessen 
wurde  aber  erst  nach  der  Publizierung  der  Daguerreotypie  gemacht {s.  u.). 

Fischer^)  publizierte  im  Jahre  1826  zuerst  die  Beobachtung,  daß 
Silbernitrat  im  Lichte  mit  verschiedener  Farbe  reduziert  wird,  je 
nach  der  Natur  der  beigemengten  organischen  Substanzen;  bei  Gegen- 
wart von  Gummi  wird  die  Färbung  rotbraun  bis  dunkelviolett,  mit 
Zucker  ganz  schwarz.  Stärke  zeigt  das  Mittel.  Dadurch  wurde  die 
Beobachtung  Grindels  über  die  photochemischen  Eigenschaften  des 
Silberalbuminates  ergänzt. 

Im  Jahre  1826  untersuchte  Casaseca  die  Einwirkung  des  salpeter- 
sauren Silberoxydes  auf  vegetabilische  Substanzen,  insbesondere  auf 
Lösungen  von  Gummi,  Zucker,  Stärkenmehl,  Wein,  Alkohol,  Galläpfeln, 
Kaffee,  Tee,  Süßholzwurzel.  Erfand,  daß  insbesondere  Tee,  Kaffee  und 
Galläpfel-Infusum  aus  Silberlösungen  rasch  metallisches  Silber  reduziere 
und  daß  Ammoniak,  Kali  und  Natron  diese  Reduktion  sehr  befördere.*) 
„Das  Licht  scheint  bei  diesen  Reaktionen  keine  Rolle  zu  spielen,  sagt 
Casaseca,  wie  ich  mich  durch  einen  direkten  Versuch  überzeugte." 

Brandes  und  Reimann  knüpften  an  Zimmermanns  Versuche 
mit  Silbernitratlösung  an  und  operierten  mit  Lösungen,  die  1  Proz. 
Silbernitrat  enthielten.  Bei  diesen  Versuchen  wurde  Wasser  mit  den 
betreffenden  organischen  Substanzen  längere  Zeit  in  Berührung  gelassen, 


1)  Schweiggers  Journal  f.  Phys.  u.  Chem.  1826.  47,  122.  Auch  Kastners 
Archiv  für  die  gesamte  Naturlehre.   9,  342. 

2)  Kastners  Archiv  für  die  gesamte  Naturlehre.    1826.   Bd.  IX,  8.  345. 

3)  Journal  de  Pharmacie.  April  1826  209.  Trommsdorffs  Neues  Journal  der 
Pharmacie.  1826.  XIII,  216.  —  Man  darf  nicht  übersehen ,  daß  die  stärker  reduzierende 
Kraft  alkalischer  Gerbstoffe  in  der  Photographie  (gelegentlich  der  Eiafahning  der 
alkalischen  Hervorruf ung)  später  eine  große  Kollc  spielte. 


salz  veisetzt 

Das  Resultat  war  folgendes:^) 


-^Ä-ä^ 

Veränderung  im  Tagoslicht« 

Veränderung  im 

Finstern 
nach  2  Wochen 

DUb 

lastmideii 

n*ch 
IM  Stund«! 

nath  3— 4  Tagen 

OrtDM  Blatt 

i&tL    nrbuiig 

gesättigt  rote 

dunkel  rioletter  Nieder- 

geringer violet- 

Fftrfung 

schlag  in  der  geklärten 
Lösung 

ter     Nieder- 
schlag 

Blnmanataiib 

do. 

do. 

galbrote  trühe  I/iaung 

seh  wach  bräun- 

detKainilleD 

licher  Boden- 
satz 

keine     Ände- 

schwach wein- 

brSunlicbo Florken  in  der 

gelbliche    Fär- 

rung 

gelbe  Färbung 

gelben  Flüssigkeit 

bung 

Kork 

rötlich    opali- 

braunrot  opa- 

röÜich  opalisierend  ohne 

keino  Änderung 

liaiorend 

Usiorend 

Niederschlag 

Papi« 

keine     Ände- 

schwach   vio- 

purpurfarbigo Flocken 

kaum  merklich 

rung 

lette  Färbung 

vorändert 

Zucker 

schwach  brau- 

stark braun 

pu  rpu  rfarbo  norllud  unsatz 

violette  Fitrbuug 

ne  Färbung 

aus  klarer  I^sung 

ohne  Siodor- 
scliia« 
keine  Änderung 

Gnnum 

keine     Ände- 

violette   Fär- 

grau violett 

rung 

bung 

Leim 

do. 

rötlicho    Fär- 

i-otlichbraunor     Nieder- 

keino  Yoriiude- 

bung 

suhlag  aux  der  geklär- 
ten Flüssigkeit 

rung 

Äther,    Alko- 

do. 

keine  Verände- 

rötlicblicho Fiirbuug  und 

keine  Verände- 

boloderithe- 

rung 

Ausscheidung    einiger 

rung 

risohe  Öle 

schwärzlicher  Flocken 

Leder 

keineVerände. 

^icbwach  gelb- 

brauner   Bodensatz    aus 

höchst  geringer 

rang 

lichrote  Ellr- 
bung 

d.  entfärbten  Flüssigkeit 

Bodensatz 

Roher  Eang 

schwach   röt- 

vermehrte 

koine  Verände- 

liohe Trübung 

Trübung 

rung 

B(die      Holi- 

schwach  grau- 

meh r  grüulii.-h. 

schwacher  Nioder^hlag 

ein        geringer 

eaeigsÜDre 

braune  Trü- 

Trübung 

in  der  sr-hwach  grün- 

griinl. Beden- 

bung 

lichen  Flüssigkeit 

satz 

Aus  diesen  Versuchen  schließen  die  Vcrfassui',  dalt  die  »leisten  organischen 
Stofie  unter  BegÜDStiguug  dos  Ijchtes  zersctaeud  auf  das  salitetersaure  Kilbor  wirken 
und  daß  die  versehledcD farbigen  Trübungen  und  Niedci'si.'lilii;;(>  wolil  dazu  dienen 
ktanen,  la  fieaktioneo  benutzt  zu  werden. 

Im  Jahre  1827  veröffentlichte  Ür.  (justav  f^uckow  eine  f^okriinte 
Preissohiift  „De  lucis  effectibus  chemicis  in  corpora  orf^anica  et 
organis  desbitata'^,  woriD  er  insbesondere  dicduroli  das  Licht  bewirkten 
Abscbeidangsprozesse  in  organischen  Körpern  (Pflanzen  usw.)  besprach 
and  sioh  bauptsäcblich  auch  auf  ältere  Yersiiciie  an<lcrer  Natiiifürscher 
bezog.    (Über  die  Erweiterung  dieser  Schrift  im  Jahre  1832  s.  u.) 


1)  TrommadorrfB  Neues  Jourual  der  Pharniacic. 


ISaii.   XLI,  lOll. 


136  Erster  Teil.     Vierzehntes  Kapitel. 

Gustav  Wetzlar  1)  veröffentlichte  im  Jahre  1828  „Beiträge  zur 
chemischen  Geschichte  des  Silbers",  worin  er  insbesondere  das  Subchlorid 
des  Silbers  ins  Auge  faßte.  Da  diese  Versuche  für  lange  Jahre  maß- 
gebend blieben,  so  muß  hier  näher  auf  sie  eingegangen  werden.  Unter 
den  Biiduügsarten  des  Subchlorides  führt  er  die  Einwirkung  des  Lichtes 
auf  Chlorsilber  an.  Er  sagt,  daß  man  bis  dahin  das  geschwärzte  Chlor- 
silber meistens  für  ein  Gemenge  von  metallischem  Silber  mit  Chlorsilber 
gehalten  habe,  wozu  der  Scheelesche  Versuch  Veranlassung  gab,  nach 
welchem  Ammoniak  das  Chlorsilber  auflöst  und  metallisches  Silber 
zurücklasse.  Wetzlar  bemerkte  nach  der  24 stündigen  Einwirkung  von 
Sonnenlicht  auf  Chlorsilber  mit  Wasser  einen  starken  Chlorgeruch  (was 
allerdings  Fischer  schon  im  Jahre  1814  konstatiert  hatte);  er  fand, 
daß  im  Lichte  geschwärztes  Chlorsilber  mit  Salpetersäure  nicht  lichter 
wird,  was  nach  seiner  Ansicht  geschehen  müßte,  wenn  die  Schwärzung 
durch  metallisches  Silber  herbeigeführt  wäre.  Er  nennt  das  im  Lichte 
entstandene  dunkle  Chlorsilber  „Silbersubchlorid".  Dieses  spaltet 
sich  nicht  nur  mit  Ammoniak,  sondern  auch  beim  Kochen  mit  starker 
Kochsalzlösung.  Auch  Eisenchlorid  und  Kupferchlorid  stellt  die  weiße 
Farbe  des  Chlorsilbers  wieder  her.  Diese  Abhandlung  Wetzlars  ver- 
anlaßte  Fischer  zu  einer  Gegenschrift  „Über  die  Natur  der  Metall- 
reduktionen" (Breslau,  bei  Max  &  Co.,  1828),  worin  er  seine  berech- 
tigten Prioritätsansprüche  mit  bezug  auf  seine  im  Jahre  1814  erschienene 
Schrift  (s.  0.)  geltend  macht. 

Wetzlar  schrieb  am  26.  Oktober  1827,  daß  das  aus  wässerigen 
Lösungen  kristallisierte  Chlorsilber- Chlornatrium  nicht  lichtempfindlich 
sei.2)  ^^ Merkwürdig  ist  es,  daß,  während  das  Hornsilber  von  allen  Silber- 
salzen das  empfindlichste  gegen  den  Einfluß  des  Lichtes  ist,  die  Ver- 
bindung desselben  mit  dem  Chlornatrium  nicht  im  mindesten  vom  inten- 
sivsten Sonnenlichte  affiziert  wird.  Auch  die  Lösung  des  Doppelsalzes 
erleidet  im  Lichte  durchaus  keine  Veränderung."  Diese  Angabe  ist 
insofern  von  Interesse,  als  die  Löslichkeit  von  Chlorsilber  in  Chlornatrium 
Daguerre  zuerst  benützte,  um  seine  Photographien  auf  Metall  mit  Koch- 
salzlösung zu  fixieren. 

Mitscherlich  fand  1827,  daß  das  salpetersaure  und  das  schwefel- 
saure Silberoxydammoniak  an  der  Luft  bei  Lichtabschluß  unveränderlich 
sind,  aber  im  Tageslichte  geschwärzt  werden.^) 


1)  Journal  d.  Chem.  u.  Pliysilr  von  Schwoigger-Seidel.  1828.  XXV,  8.467. 

2)  Schweiggers  Joarn.  f.  Chemie  und  Physik.    1827.   51,  371. 

3)  Poggendorffs  Annal.    1827.   9,  413.   Berzelius,  Jahresbericht  über  die 
Fortschritte  der  physischen  Wissenschaften.   8,  183. 


Botdeobung  der  Photographie  io  natüilichon  Farben  diiiLh  Scebeck  uuw.     137 

Es  warde  nacheinander  die  Ltchtempfindlicbkeit  des  salpetrig- 
saaren  Silbers  von  Hess,')  des  ctiinasauren  Silbers  von  Henry  und 
Feisson^,  des  borsaaren  Silbers  von  Rose,^)  des  pyropbosphorsauren 
Silbers  von  Stromeyer,*)  des  Qbercblorsauren  Silbers  von  SeruÜas,*) 
des  brenztmnbensauren  Silbers  von  Berzelius,")  des  milchsauren  Silbers 
von  Felouze  and  Qay-Lussac')  entdeckt. 

Ldwig  fand,  daB  eine  Lösung  von  Quecksilberbroniid  sich  im 
Sonnenlichte  in  Qaecksilberbromür  und  Brom  wasserstoffsäure  „ohne 
Zweifel  nnter  Freiwerdung  von  Sauerstoff"  zei'setzt.  Nach  Zusatz  von 
Salmiak  konnte  er  keine  Zersetzung  walirnehmen.^) 

Über  die  Licbtemplindlichkeit  der  Quecksilbersaize  äußerten 
aicfa  femer  Carbonell  betrefiend  das  weinsaure  Quecksilberoxydkali,^) 
Harff  betreffend  das  essigsaure,"*)  Oxalsäure,  woinsaure,  brenzweinsaure, 
i^lsanre,  benzoesaure  und  zitronensaure  Quecksilber,")  E.  G.  Burk- 
bardt  über  ungefähr  dieselben  Salze'^)  und  Artus  bezüglich  des  Queck- 
silberjodürs  im  Jahre  1836;  es  ist  zu  bemerken,  daü  diese  Autorer. 
TOD  ihren  Yoigängem,  welche  die  Lichtempfindlich  keit  einiger  dieser 
Quecksilbersalze  bereits  früher  beschrieben  hatten  und  welche  wir  oben 
angeführt  haben,  nichts  erwähnen. 

Der  bereits  auf  S.  133  erwähnte  Professor  Döbereiner  beschäftigte 
sich  viel  mit  photocbemtscben  Arbeiten.  Er  beschrieb  182IJ  die  Licht- 
empGndlichkeit  des  Platinchlurids  in  alkoholischer  Lösung,  sowie  des 
Natriamplatincblorids,  gemischt  mit  Alkohol  und  Ätzkali.''*) 

Femer  teilte  im  Jahre  1831  Döbereiiier  in  seiner  Abhandlung 
„Zar  chemischen  Eenntni»  der  Imponderabilien  in  der  anorganischen 
Natur"  zahlreiche  schätzbare  Beobachtungen  mit.'^)     Er  fand,  daß  das 


1)  Poggendorffs  Anoal.    1SS8.    Bd.  12,  S.  2Ö1. 

2)  Joum.  de  Pbarmae.    1829.  S.  ;iOO. 

3)  Poggeudor/fs  Aonal.    18%   Üü.  l!l,  S.  l.')3. 

4)  SohweiggerB  JourDal.    1830.   Bd.  58.  S.  128. 

5)  AddbI.  de  cbim.  et  de  pbys.    1831.    IM.  lli,  S.  :J02. 

6)  PoggeDdorffs  Anoal.    IK35.    Bd.  30,  S.2T. 

7)  Annal.  da  ohim.  et  phys.    1H33.    IW.  52,  S.  JIU. 

8)  PoggendorffB  Ännalen.     1828.     XIV,  485. 

9)  Journal  de  Fbarmacie.    1833.    UuchncrN  l^H;rt<)l'.  für  Pbarjnauiu.    1S34. 
Bd.  47,  8.  71. 

10)  Die  IJohtempfindlicbkeit   des  ossigsauren  t^HCutsillerox.vdiilK    butto   buii^il^ 
Oarot  (JouTD.  de  Fbarmacie.    1826.    S.4Ü4)  urwäbnt. 

11)  Archiv  d.  Pharmacie.    1836.    Bd.  .'.5,  S.  246. 

12)  „Über  TerbiDdtmgea  der  Quecheilberoxydn  mit  orf^-anisdiun  Säurta'',  Aii'Uiv 
d.  FbwnuKrie  von  Brandes.   1837.   Bd.  II,  S.  2.'iO. 

13)  Scbweiggors  Journal  d.  Chemio  n.  i'by»ik.    1828.   Bd.  54,  S.  -114  u.  41l>. 
U)  Ibid.  1831.   Bd.  62,  S.  8ö. 


138  Erster  Teil.    Viorzohntes  Kapitel. 

purpurrote  oxalsaure  Manganoxyd  (Manganioxalat)  im  Lichte  (sowie 
in  der  Wärme)  rasch  zersetzt  wird. 

Von  viel  größerer  Bedeutung  ist  die  von  Döbereiner  in  der- 
selben Abhandlung  (1831)  veröffentlichte  Entdeckung  der  Lichtempfind- 
lichkeit des  Oxalsäuren  Eisenoxyds  (Ferrioxalat),  welcher  photo- 
chemische Prozeß  für  die  spätere  Erfindung  der  Cyanotypie,  des  Platin- 
druckes usw.,  sowie  für  die  zahlreicher  Photometer  von  den  nachhaltigsten 
Folgen  war. 

Döbereiner  beobachtete,  daß  eine  Lösung  von  oxalsaurem  Eisen- 
oxyd beim  langen  Aufbewahren  oder  mehrstündigen  Erwärmen  nicht 
verändert  wird.  In  der  Sonne  aber  entwickeln  sich  in  kurzer  Zeit  reich- 
lich viele  Bläschen  von  Kohlensäure.  Die  Flüssigkeit  wird  nach  und 
nach  trübe  und  setzt  unter  fortwährender  Gasentwicklung  kleine 
glänzende,  zitronengelbe  Kristalle  von  Ferrooxalat  oder  oxalsaurem 
Eisenoxydul  ab  (er  nannte  dieses  Produkt  „ Licht- Humboldtit").  Er 
stellte  auch  fest,  daß  auf  1  Äquivalent  Kohlensäure  2  Äquivalente  oxal- 
saures  Eisenoxyd  ausgeschieden  werden.^) 

Gleichzeitig  teilte  Döbereiner  mit,  daß  Platinchlorid  mit 
Oxalsäure  im  Lichte  metallisches  Platin  nebst  Kohlensäure  und  Salz- 
säure gibt,  sowie  daß  Goldchlorid  und  Oxalsäure  sich  im  Lichte  rascher 
als  im  Dunkeln  zersetzt  (a.  a.  0.)  und  die  braune  Auflösung  von  Iridium- 
salmiak in  einer  Mischung  mit  Oxalsäure  lichtempfindlich  sei. 

Die  später  in  der  Photographie  als  Entwickler  so  wichtige  Pyro- 
gallussäure  stellte  Braconnot  im  Jahre  1831  rein  her*)  und  fand 
auch,  daß  dieselbe  aus  Silbernitratlösungen  rasch  metallisches  Silber 
reduziert,  Gallussäure  dagegen  nur  sehr  allmählich. 

Im  Jahre  1832  haben  wir  ein  photochemisches  Werk  zu  verzeichnen, 
welches  ähnlich  wie  dasjenige  von  Link  und  Heinrich  (s.  S.  109)  einen 
Gesamtüberblick  über  die  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes  zu  geben 
beabsichtigte:  Nämlich  „Die  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes^' 
(Darmstadt  1832)  von  dem  deutschen  Naturforscher  Dr.  Gustav  Suckow, 
welcher  ebenso  wie  Döbereiner  Professor  an  der  Universität  zu  Jena 
war.  Dieses  Werk  Suckows  war  eine  Erweiterung  seiner  älteren  (auf 
S.  135  erwähnten)  Schrift     Er  teilt  den  Stoff  nach  der  Phlogistontheorie 


1)  Über  die  Zersetzung  dieses  Salzes  im  farbigen  Lichte  hat  Suckow  (Über 
die  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes.  1832.  S.  27)  Versuche  angestellt  und  gefunden, 
daß  die  Zersetzung  am  raschesten  im  weißen  und  violetten  verläuft,  langsamer  im 
blauen  und  noch  langsamer  im  grünen.  Gelbes  und  orangerotes  Licht  brachten  keine 
Veränderung  hervor. 

2)  Schwoiggers  Journ.  1831.  Bd.  02,  S.  455.  Annal.  de  chim.  et  pbys. 
Bd.  46,  S  206. 


onmittelbar  auf  die  Hiscfaung  der  Stoffe  bezogen  werden"  (z.  B.  Ver- 
einigDDg  tod  Chlor  und  Wasserstoff)  usw. 

Frofeesor  Suckow  Dimmt  einen  hervorragenden  Platz  in  der  Ge- 
schichte der  Photochemie  ein,  denn  er  war  der  Erste,  welcher  entdeckte, 
daß  das  Ealiumbicliromat  iii  Mischung  mit  einer  organischen 
Substanz  lichtempfindlich  sei.  Wenn  ich  auch  konstatiert  habe,  daß 
die  Lichtempfindlichkeit  des  Süberchromates  bereits  vonVauquelin 
im  Jahre  1798  gefanden  worden  war  (s.  Seite  92),  so  ist  doch  für  die 
Geschichte  der  Photographie  die  Entdeckung  von  hoher  Wichtigkeit, 
daß,  wie  bereits  im  Jahre  1832  von  Suckow  konstatiert  wurde,  die 
cbromsauren  Salze  auch  bei  Abwesenheit  von  Silber  liclitemp&nd- 
lich  sind,  wenn  man  organische  Substanzen  zusetzt,  indem  dann  im 
lichte  niedrigere  (grüne)  Oxydationsstufen  des  Chroms  entstehen.  Die 
betreffende  Stelle  im  angegebenen  Buche  Suckows  lautet: 

„Setzt  man  eine  Auflösung  von  zweifach  chromsaurem  Kali  und 
zweifach  schwefelsaurem  Kali  der  Einwirkung  des  Sonnenlichtes  aus 
und  bestreut  das  efRoreszierte  Salz  an  verschiedenen  Stellen  mit  gepulvertem 
Zucker,  so  bildet  sich  die  schönste  farbige  Moos  Vegetation.  . .  .  Durch 
die  Beleuchtung  wird  nämlich  in  diesem  Prozesse  ein  Teil 
des  Säurestoffs  der  Chromsiiure  ausgeschieden,  so  daß  dadurch 
grünes  (!)  chromsäuerliches  Kali  gebildet  wird."  Gleichzeitig 
erwähnt  er,  daß  diese  Erscheinung  nur  hinter  blauem  und  violettem  Glase, 
nicht  aber  hinter  gelbem  hervortritt. 

Diese  Entdeckung  Suckows  wurde  bis  jetzt  in  der  Geschichte 
der  Photographie  gänzlich  übersehen. 

Das  Silbemitrat  wird  nach  Suckow  (Über  die  chemische  Wirkung 
des  läcbtes.  1832.  35]  sowohl  in  festem,  als  in  gelöstem  Zustande  im 
lachte  and  zwar  insbesondere  im  violetten,  blauen  und  grünen,  redu- 
ziert; nach  längerer  Lichtwirkung  scheiden  sich  kleine  Fütter  von 
metallischem  Silber  ab.  Er  erwähnt  ferner,  daß  die  Anwendung  einer 
wässerigen,  mit  Gummi  und  Tusche  vermischten  Silbernitratlösung  als 
Zücbentinte  auf  Leinwand  usw.   auf  der  Zersetzung  im  Lichte  beruht 

Suckow  schreibt  über  das  Jodsilber  a.  a.  0.: 

„Unter  denselben  Bedingungen  und  gleichzeitiger  Zersetzung  des 
Wassers,  aber  etwas  langsamer  als  im  Chloi-silber,  findet  tm  Jodsilber 
nach  anhaltender  Beleuchtung  sowohl  des  farblosen,  als  auch  einiger 
Arten  des  farbigen  Lichtes  und  xwar  besonders  durch  das  violette  und 
blatte,  nicht  aber  durch  das  rote  und  gelbe,  eine  mit  Bräunung  be- 
ginnende und  mit  Schwärzung  des  Salzes  endigende  partielle  Keduktion 
des  SUbers  statt."    (Tergl.  S.  127  und  128.) 


140  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

Rotspießglanzerz  verliert  nach  Suckow  (a.  a.  0.)  an  der  Sonne 
seine  Durchsichtigkeit;  die  an  der  Oberfläche  beginnende  Trübung  setzt 
sich  allmählich  dann  von  selbst  ins  Innere  fort.  —  Der  übrige  Teil  des 
Buches  Suckows  ist  den  Einwirkungen  des  Lichtes  auf  den  Pflanzen- 
und  Tierorganismus  gewidmet  und  hat  für  uns  hier  kein  spezielles 
Interesse. 

Im  Jahre  1833  war  Liebig  der  Entdeckung  des  Fixations- 
mittels  für  Chlorsilberbilder  so  nahe  gekommen,  daß  er  ohne 
Zweifel  die  präzise  gestellte  Anfrage  —  „wie  läßt  sich  aus  einem 
Lichtbilde  auf  Chlorsilberpapier  das  unzersetzte  Chlorsilber  derartig  ent- 
fernen, daß  es  hinterher  nicht  mehr  nachdunkelt?'  —  sofort  beant- 
wortet hätte. 

Er  beschrieb  ein  „Verfahren,  um  Zeichnungen  oder  Flecken  von 
sog.  unverlöschlicher  Tinte  (salpetersaures  Silberoxyd)  aus  Zeugen  zu 
bringen".^)  Dies  bestand  darin,  daß  die  schwarze  Stelle  mit  Chlor- 
wasser behandelt  wurde,  bis  sie  weiß  war,  dann  wurde  sie  mit  Ätz- 
ammoniak Übergossen.  „Wenn  man  versäumte,  das  gebildete  Chlor- 
silber durch  Ammoniak  hinwegzunehmen,  fügt  Liebig  hinzu,  so  würde 
man  nach  dem  Trocknen  die  Flecken  ebenso  schwarz  als  anfangs  wieder 
erscheinen  sehen." 

Im  Jahre  1834  erschien  das  gute  Sammelwerk  von  Landgrebe, 
„Über  das  Licht",  welches  in  meiner  vorliegenden  Geschichte  häufig 
angeführt  ist.  Im  selben  Jahre  veröffentlichte  F.  P.  Dulk  seine  nunmehr 
sehr  selten  gewordene  lateinische  Schrift  über  die  chemischen  Wirkungen 
des  Lichtes:  „De  lucibus  efifectibus  chemicis.  Commentatio,  qua  viro  illu- 
stratissimo  Trommsdorff  ad  festa  doctoratus  semisecularia  condecorundo 
gratulata  ordo  philosophorum  in  Universität«  Regimontana,  interprete 
F.  P.  Dulk.  Regimontii.  1843."  Wir  müssen  diese  Schrift  besonders 
beachten,  weil  Dulk  seine  Aufmerksamkeit  insbesondere  den  chemischen 
Wirkungen  des  farbigen  Lichtes  zuwendete.  Er  weist  darauf  hin,  daß 
man  Gegensätze  in  der  Wirkung  der  beiden  Enden  des  Farbenspektroms 
nachzuweisen  suchte  (s.  Ritter  usw.,  oben).  Dulk  suchte  der  Frage 
durch  Untersuchungen  über  das  Verhalten  verschiedener  Substanzen  unter 
farbigen  Gläsern,  während  einer  Beobachtungsdauer  von  3  Monaten,  näher 
zu  treten.  Seine  Versuche  ergaben,  daß  Quecksilberoxyd  unter  &rb- 
losem  Glase  (indem  es  sich  schwärzt)  0,9  Proz.  an  Gewicht  verloren  habe, 
dagegen  unter  violettem  Glase  0,5  Proz.,  unter  grünem  0,2,  unter  rotem 
0,1  Proz.     Chlorsilber  hatte  sich  hinter  rotem  Glase  nicht  verändert, 


1)  Aiioalen  der  Pharmacie.  V,  290.    Erdmanns  Journal  für  teohnisohe  and 
ökonomische  Chemie.    1883.   XVIIl,  348. 


bbt  Da  Dulk  fand,  daß  sein  im  Liebte  gedunkeltes  Cblorsilber  voq 
SalpetersSare  unter  Auflösung;  von  Silber  weiß  gefärbt  werde  (Gegensatz 
zu  Fiscber  and  Wetzlar!),  so  schloß  er,  dalt  im  Liebte  metallisches 
Silber  gebildet  werde.  Silberoxyd  wurde  nur  hinter  weißem, 
violettem  und  grünem  Glase  (nicht  hinter  rotem)  redu7Jert.  Die  Schluß- 
folgerungen Dalks  aus  seinen  Versuchen  (deren  wichtigste  hier  mit- 
geteilt sind)  waren:  Das  weiße  Licht  wirkt  am  stärksten,  dann  folgt 
das  violette  und  grdne;  eine  verschiedenartige  Einwirkung  der  ent- 
gegmgesetzten  Enden  des  Spektrums  auf  chemische  Verbindungen  nahm 
er  nicht  an. 

In  das  Jabr  1834  fällt  auch  die  Publikation  einer  unbedeutenden 
Notiz  durch  den  Pfarrer  Philipp  Hoffmeister,  welcher  unbestimmte 
Ideen  über  die  Herstellung  von  Lichtpausen  durch  ..einen  Firnis'^  (?) 
entwickelte,  ohne  dabei  nur  im  entferntesten  einen  Erfolg  nachweisen 
zu  können  oder  nur  annähernd  so  weit  zu  kommen,  als  Wedgewood 
oder  Niepce  nachweislich  mit  der  Erzeugtmg  der  Lichtbilder  bis  dahin 
schon  gekommen  waren.')    Wir  würden  auf  die^e  Publikation  mit  einem 

1)  Dia  angebliche  Rrfiudung  dur  Photograpliio  diircb  den  Pfarrer  Philipp 
Hoffmeister  erregte  iu  den  letzten  .luliren  vorübergeheud  die  Aufmerksamkeit. 
Hoffmeister  bitte  eiae  Selbst biograiihk-  vcrfaCt,  welulio  in  der  Fortsetzung  von 
Strieders  GelehrtenlexikoD  iKassül.  18(i3.  ISd.l,  8.  Ül)  euthalten  ist  und  auf  welche 
das  KasselerTageblatt  vum  19.  Okt.  18:^7  uuil  siiäk-r  photographisi^he  Fachjournale 
(Phot.  Coiresp.  leST.  S.  .'ilS.  Pbot  Naohrirliteii.  18tiU.  S.  :t87)  aufmurksam  machteu: 
in  dieser  Biographie  erhebt  üoffmetster  den  Anspruch,  der  Erfinder  der  Photo- 
graphie in  sein;  er  sagt.  Dicht  Daguerru,  soiiduni  ihm  i;abühre  die  Priorität 
der  Erfindnng,  und  Hofrat  Honnlukc,  der  Herausgeber  des  „Allgenieinou  An- 
leiger  and  Nationalieitung  der  Deutschen",  trat  leblinft  für  die  Ansprüclio  IIi)ff- 
maisters  ein. 

Hoffmeister  hatte  iin,,Aligemeincn  Anzeiger  und  Satiunalmtung  der DoutMuhen" 
(Heraiugeber  Hennicke  zu  Gotha)  im  Jahre  IS34  (Nr.  mt)  einen  Artikel  „Von  den 
Orenien  der  Holzschneidekunst,  Rnwic  auch  einige  Worte  über  schwarze  Hilder"  ge- 
sohiieben,  worin  er  sagt:  „Man  erlaube  dem  Unterzeichneten  (HolTmcisterl  utnige  An- 
deutungen, wie  durch  die  Sonne  selbst  Geniälde  und  Kiijireiäticbe  hervorzubringen 
seien.  Jedermann  weiß,  wie  manche  . .  ,  Farben  duirh  die  Sonne  verlilcicbon',  denke 
man  sich  daher  eine  Tafel  mit  einer  solulicn  Farbe  bestrichen,  auf  welche  licslimmte 
Oestdten  Schatten  werfen,  den  Sonnenstrahlen  nusgesetzt,  so  würde  dadurch  1)ald  ein 
monoobromatJaohes  OemtUde  entstehen,  dem  mau  tmi'  durch  einen  Firnis  Festigkeit 
an  geben  brancbte.  Femer  konnte  man  eine  Tafel  mit  einem  Firnis  ül>cr/ieben,  dei' 
in  der  Sonne  angenhlicklich  trocknet,  im  Schatten  aber  noch  fest  genug  ist,  um  einen 
Farbenstaub  aiininebmen  und  so  mit  leichter  Mühe  vielfarbige  Gemälde  hervorbringen. . . 
Kidliob  lieBe  sich  bei  einer  Kupferplatte  oder  beim  Steindrucke  die  Sonne  als  Enpfer- 
steoher  gebranohen,  da  sie  jede  Feuchtigkeit  schneit  anzieht  and  ein  Atzwusser  ent- 
weder befördert  oder  desaeii  Kraft  aufhellt,  den  Stein   zni-  Ann3liim>  der  Scliwiirzu 


134  Erster  Teil.    Vierzehntes  Kapitel. 

er  die  Röhre  entleerte  und  hierauf  mit  Wasserstoff  füllte,  so  nahm  das 
reduzierte  Metall  eine  schöne  Silberfarbe  an.  Bei  diesem  Reduktions- 
prozeß wird  nach  Döbereiner  die  Weinsäure  in  Kohlensäure  und 
Ameisensäure  verwandelt.^) 

Im  Jahre  1826  entdeckte  Baiard  das  Brom.  Er  beschreibt  in 
seiner  „Mömoire  sur  une  substance  particulidre  contenue  dans  Teau  de 
la  mer"  (Annal.  Chira.  Phys.  1826.  Bd.  32,  S.  337)  verschiedene  Brgm- 
salze,  wie  Bromkalium,  Bromammonium  usw.  und  sagt  über  das  Brom- 
silber: „Salpetersaures  Silber  bringt  in  bromwasserstofFsauren  Salzen 
einen  käsigen  Niederschlag  von  Bromsilber  hervor.  Diese  Verbindung, 
welche  eine  blaß -zeisiggelbe  Farbe  besitzt,  schwärzt  sich,  wenn  sie 
noch  feucht  dem  Lichte  ausgesetzt  wird,  aber  weniger  leicht  als  Chlor- 
silber".    Das  bromsaure  Silber  fand  er  ziemlich  lichtbeständig. 

Eine  Verwendung  des  Bromsilbers  zu  photographischen  Prozessen 
wurde  aber  erst  nach  der  Publizierung  der  Daguerreotypie  gemacht  (s.  u.). 

Fischer^)  publizierte  im  Jahre  1826  zuerst  die  Beobachtung,  daß 
Silbernitrat  im  Lichte  mit  verschiedener  Farbe  reduziert  wird,  je 
nach  der  Natur  der  beigemengten  organischen  Substanzen;  bei  Gegen- 
wart von  Gummi  wird  die  Färbung  rotbraun  bis  dunkelviolett,  mit 
Zucker  ganz  schwarz.  Stärke  zeigt  das  Mittel.  Dadurch  wurde  die 
Beobachtung  Grindels  über  die  photochemischen  Eigenschaften  des 
Silberalbuminates  ergänzt. 

Im  Jahre  1826  untersuchte  Casaseca  die  Einwirkung  des  salpeter- 
sauren Silberoxydes  auf  vegetabilische  Substanzen,  insbesondere  auf 
Lösungen  von  Gummi,  Zucker,  Stärkenmehl,  Wein,  Alkohol,  Galläpfeln, 
Kaffee,  Tee,  Süßholzwurzel.  Erfand,  daß  insbesondere  Tee,  Kaffee  und 
Galläpfel -Infusum  aus  Silberlösungen  rasch  metallisches  Silber  reduziere 
und  daß  Ammoniak,  Kali  und  Natron  diese  Reduktion  sehr  befördere.*) 
„Das  Licht  scheint  bei  diesen  Reaktionen  keine  Rolle  zu  spielen,  sagt 
Casaseca,  wie  ich  mich  durch  einen  direkten  Versuch  überzeugte." 

Brandes  und  Reimann  knüpften  an  Zimmermanns  Versuche 
mit  Silbernitratlösung  an  und  operierten  mit  Lösungen,  die  1  Proz. 
Silbernitrat  enthielten.  Bei  diesen  Versuchen  wurde  Wasser  mit  den 
betreffenden  organischen  Substanzen  längere  Zeit  in  Berührung  gelassen, 


1)  Schweiggers  Journal  f.  Phys.  n.  Chem.  1826.  47,  122.  Auch  Kästners 
Archiv  für  die  gesamte  Naturlehre.   9,  342. 

2)  Kastners  Archiv  für  die  gesamte  Naturlehre.    1826.   Bd.  IX,  S.  345. 

3)  Journal  de  Phannacie.  April  1826  209.  Trommsdorffs  Neues  Journal  der 
Pharmacie.  1826.  XIII,  216.  —  Man  darf  nicht  übersehen ,  daß  die  stärker  reduzierende 
Kraft  alkalischer  Gerbstoffe  in  der  Photographie  (gelegentlich  der  Einführung  der 
alkalischen  Hervorrufung)  später  eine  große  Bolle  spielte. 


salz  Tonetet 

Das  Resultat  war  folgendes:') 


Te 

12  9t<ud«n 

ftuderuDg  im  Tageslichtt: 
L>iS™^,»     !       ■"«'h  3-4  Tagen 

Veränderung  im 

Finsteni 
nach  2  Wochen 

Orflnea  Blatt 

rtÜ.    rarbung 

gesättig,  roie 

dunkel  violetter  Nieder- 

geringer violet- 

Fitrbu.ig 

schlag  in  der  geklärten 
Lösung 

ter     Nieder- 
schlag 

do. 

do. 

gclbrote  trttbo  Usung 

schwach  bräun- 

der EatnüleD 

licher  Boden- 
satz 

Lycododiam 

fceiae     Ändo- 

schwach  wein- 

bräunliche Flocken  in  der 

gelbliche    Fär- 

rong 

gelbe  Fiirbuag 

gelben  Flüssigkeit 

bung 

Kork 

rötlich    opali- 

braunrot  opa- 

lütUch opalisieiend  olinc 

kcino  Änderung 

lisiereDd 

lisierend 

Niederschlag 

P»pier 

keine     Aede- 

schwach    vio- 

purpurfarbige FloL'koD 

kaum  merklich 

ruDg 

lette  Fiirbung 

verändert 

Zucker 

schwach  brau- 

stark braun 

)>urpurfavbcnorl)wtuiisatz 

violette  Färbung 

ne  Jlrbuug 

aus  klarer  Losung 

ohne  Nieder- 
scblag 
keine  Änderung 

ßnaimi 

keine     Ände- 

violette    Fär- 

grau violett 

rung 

bung 

Leim 

do. 

rütlicho    Fär- 

keine Veründe- 

bung 

schlag  aus  der  geklär- 
ten Flüssigkeit 

rung 

Äther,    Alla- 

de. 

keineVorTinde- 

rötliublicho  Färbuiig  und 

keine  Verände- 

holoderäthe- 

ruDg 

Ausscheidung    einiger 

rung 

riiche  Öle 

schwärzlii-her  Flocken 

Leder 

keineVerftnde- 

schwach  «elb- 

brauner    Bodensatz    ans 

höchst  geringer 

rui-g 

lichrote  Fär- 
bung 
vermehrte 

d.  entfärbten  Flüssigkeit 

Bodensatz 

Roher  Es8ig 

schwach    rdt- 

purpurroter  Niodorsehlaj; 

keine  Verände- 

lioheTriibuDg 

Trübung 

rung 

Bohe      HolE- 

schwach  grau- 

inohr grün  lieb. 

schwacher  Niederschlag 

ein       geringer 

essigsäare 

braune  Trü- 

TrübuHg 

in  der  schwach  grün- 

grünl. Boden- 

bung 

lichen  Flüssigkeit 

satz 

Ana  diesen  Versuchen  schließen  die  Vcrrnsscr,  dnll  die  meisten  organischen 
Stoffe  unter  Begünstigung  des  Lichtes  zersetzend  auf  das  Salpetersäure  Kilber  wirken 
und  daB  die  verschieden farbigec  Trübungen  und  Niederscliliigc  wohl  dazu  dienen 
kOomii,  zn  Beaktionen  benutzt  zu  werden. 

Im  Jahre  1827  veröffentlichte  Dr.  (justav  8uckow  eine  pekrüntc 
PreiBschrift  ,,De  lucis  effectibus  cliemicis  in  corpora  organica  et 
org;anls  desbituta",  worin  er  insbesondere  dieciiiroli  lia^i  Licht  bewirkten 
Abscheidungsprozesse  in  organisclien  Körpern  (Ptlanzon  usw.)  besprach 
and  sich  hauptsächlich  auch  auf  altere  Vcrsuclio  anderer  Naturforscher 
bezog.     (Über  die  Erweiterung  dieser  Schrift  im  Jahre  1882  s.  u.) 


1)  TrommsdorffB  Nouos  Journal  der  Phannacio.    lB2l).   XII,  100. 


144  Erster  Teil.    VierzehDtes  Kapitel. 


Substanzen,  mit  welchen  die  Experimente 
gemacht  werden: 
8.  Chloroxyd  .     .    \ 


Wirkung: 

werden  in  Chlor  und  Sauerstoff  zersetzt. 

gibt  Sauerstoff  ab  (?). 
verliert  Sauerstoff. 

wird  reduziert. 


9.  Chlorige  Säure 

10.  Schwefelsäure 

11.  Salpetei-säure 

12.  Gold  und  Silber  mit  ätherischen  Ölen 

gemischt 

Über  die  chemischen  Wirkungen  des  farbigen  Lichtes  macht  Fiedler  nur 
eine  kleine  Notiz,  nach  welcher  das  violette  Licht  den  größten  Effekt  ausüben  soll, 
welcher  dem  des  weißen  Lichtes  nahe  kommt;  dann  folgt  das  blaue,  grüne  und 
rote  Licht. 

Im  Jahre  1836  veröfiFentlichte  Theodor  von  Torosiewicz  in  Lem- 
berg  einen  sehr  bemerkenswerten  Artikel  über  das  Aufbewahren  der 
Arzneimittel  in  gefärbten  Gläsern.^)  Er  weist  darauf  hin,  daß  schon 
mehrmals  in  chemisch  -  pharmazeutischen  Zeitschriften  das  Bedürfnis 
erörtert  wurde,  den  Glasgefäßen  in  der  Offizin  und  in  der  Materialien- 
kammer solche  Beschaffenheit  zu  geben,  daß  sie  vor  dem  verändernden 
Einfluß  des  Sonnenlichtes  geschützt  seien. 

^Es  ist  jedem  Apotheker  bekannt,  fährt  Torosiewicz  fort,  daß  nicht  nur  die 
durch  das  Licht  leicht  und  geschwind  zur  Entmischung  geeigneten  Präparate,  als: 
Ohlorwasser,  Blausäure,  tierisches  Dippelöl  usw.,  sondern  auch  die  meisten  vegeta- 
bilischen Pulver,  wenn  sie  in  durchsichtigen  Gläsern  aufbewahrt  werden,  mit  der  Zeit 
eine  wesentliche  Veränderung  erleiden...  um  diesem  Übel  abzuhelfen»  gab  man  den 
hölzerneu  Büchsen  vor  den  gewöhnlichen  Gläsern  den  Vorzug  und  schlug  vor,  die 
Gläser,  worin  die  erwähnten  Flüssigkeiten  aufbewahrt  wurden,  mit  schwarzer  Farbe 
anzustreichen  oder  die  sogenannten  Hyalitgläser  zur  Aufbewahrung  der  Arznei- 
mittel zu  verwenden,  ja  selbst  die  Ärzte  verschreiben,  wenn  eine  Mischung  der  Arznei 
Blausäure  enthält,  das  Fläschchen  mit  schwarzem  Papier  zu  umkleben.  Auch  die 
Homöopathen  müssen  nach  der  Voi'schrift  die  mit  Blausäure  potenzierten  Streukügelchen 
in  ganz  vollen,  mit  schwarzem  Papiere  beklebten  Fläschchen  aufbewahren*^.  .  .  Die 
schwarzbestrichenen  Gläser  aber  reiben  sich  bald  ab,  und  überhaupt  sei  die  schwarze 
Flasche  dem  Kranken  zuwider;  Hyalitgläser  seien  zu  kostspielig  und  die  ündurch- 
sichtigkeit  ist  unbequem.  Deshalb  empfiehlt  Torosiewicz,  auf  die  Angaben 
Scheeles,  Berards,  Suckows  (daß  Chlorsilber  hinter  rotem  und  pomeianzen- 
gelbem  Glase  nicht  gefärbt  wird)  gestützt,  durchsichtige  goldgelbe,  orange  oder  rot 
gefärbte  Gläser  zur  Aufbewahrung  aller  gegen  das  Licht  empfindlichen  Substanzen. 
Wegen  der  geringeren  Kostspieligkeit  wendete  er  gelbe  Gläser  an  und  stellte  damit 
eine  Reihe  von  Versuchen  an ,  indem  er  verschiedene  Substanzen  in  weißen  und  gelben 
Gläsern  an  die  Sonne  setzte  und  die  Veränderungen  in  beiden  beobachtete. 

Chlorwasser  in  weißem  Glase  wurde  nach  8  Tagen  wasserklar  und  enthielt 
keine  Spur  freies  Chlor;  in  gelbem  Glase  war  es  noch  nach  12  Tagen  grünlich  und 
zeigte  alle  ursprünglichen  Eigenschaften. 

Ätherische  Eisenchloridlösung  war  in  weißem  Glase  nach  24  Standen  entftrbt, 
in  gelbem  noch  nach  20  Tagen  unverändert. 


1)  Buchner,  Repertorim  f.  d.  Pharmacie.    1836.    Bd.  57,  S.  335. 


in  w«     D  (  nach       Tagen  an  t      üo^  '^  werden;  in 

dem  gelben  GUh  mi  nach  lui-u.  Mooat  noch  keine  VerEnderang  ein. 

Das  unter  allen  fttherisobea  Ölen  am  sotuiellsten  doich  Lnft-  und  liohtEntritt 
Bioh  Terttndemde  Tieröl  behielt  in  Toligarülltan  gelben  Flaacbea  aeine  WasserUarheit. 

QneokmlbeijodüT  mit  Elcbweinefett  vermisobt')  wnrde  in  weiBem  Qlase  fast  in 
einer  Itinnte  an  der  Oberfikobe  dunkler  und  im  Verlanfe  von  15  Minuten  fut  gran- 
■obwan.  In  gelbem  Glaae  nahm  die  Salbe  erst  am  anderen  Tage  eine  etvas  dunUera 
gr&oliohe  Tabo  an  der  Seite  an,  welcho  dem  Lichte  zugewendet  war  (das  gelbe  Olas 
sobatite  also  niobt  Töllig). 

Das  DSbereinersohe  Oemisch  von  Platincblorid  und  Ealkwasser  blieb  in 
gelbem  Glase  mebrere  Stunden  lang  nnverändert,  in  weiSem  trübte  es  sich  binnen 
3  Minuten. 

1)  Damals  häufig  in  der  Medizin  benatzt. 


■1«,  BMfhaab  dB  Fhotagnpbls.    I.  I*il.    :^.  Aufl. 


FÜNFZEHNTES  KAPITEL. 

SPEZIELLE  UNTEESUCHUNGEN  ÜBER  DIE  WIRKUNG 
DES  LICHTES  AUF  ORGANISCHE  VERBINDUNGEN. 


In  Jacob  Rouxs  „Die  Farben.  Ein  Versuch  über  Technik  alter 
und  neuer  Malerei,"  1824,  wird  hingewiesen,  daß  die  Ursache  des 
Nachdunkeins,  Entfärbens  (Verbleichen)  und  Rissigwerdens  der  Öl- 
gemälde teils  im  Gebrauche  künstlich  bereiteter  öle,  teils  in  der  Wahl 
und  in  den  Verbindungen  der  Farbenkörper  zu  suchen  ist.  Als  sehr 
unhaltbar  bezeichnet  Rouxs  den  Karmin,  wogegen  er  den  Krapplack 
die  haltbarste  unter  den  pflanzlichen  Farben  nennt. 

Er  bedauert,  daß  die  Maler,  Rubens  und  einige  andere  aus- 
genommen, sich  um  die  genaue  Kenntnis  der  Farben  nicht  bemühten 
und  daß  selbst  an  vielen  Gemälden  späterer  Künstler,  z.  B.  an  den 
Porträten  Graffs  (*1736,  f  1813)  die  Farben  teils  zersprungen  und 
verblichen,  teils  nachgedunkelt  sind.  Über  die  Veränderlichkeit  von 
Malerfarben  im  Lichte  finden  sich  bei  späteren  Autoren  noch  mannig- 
faltige Andeutungen.^) 

Boussingault  teilte  1825  aus  Santa  F6  de  Bogota,  wo  viel 
Orlean  bereitet  wurde,  einiges  über  sein  näheres  chemisches  Verhalten 
mit  und  erzählt,  daß  die  Indianer  und  Caraiben  wohl  auch  mit  einem 
Gemisch  von  Fett  und  Orlean  sich  die  Haut  färben,  daß  diese  aber 
den   Chica  (Farbstoff  aus  Bignonia  Cbica)  vorziehen,   nicht  nur  weil 


1)  Montabert  fand  Gutti,  Chromgelb,  Indigo  usw.  in  Wachs  vollkommen 
haltbar,  in  Ölfarben  aber  nicht  (Traite  complet  de  la  peintnre.  Paris  1829.  Bd.  8). 
Nach  Enirim  ist  Zinnober  in  Wachsfarben,  ebenso  Drachen blnt  gegen  Luft  und  licht 
haltbar  (Die  Malerei  der  Alten.  1839.  S.  166).  —  George  Field  sagt,  dafi  Karmin 
nnd  Cochenille,  welche  sich  an  Licht  und  Luft  rasch  verändern,  ein  halbes  Jahr- 
hundert unverändert  bleiben ,  wenn  man  Luft  und  Licht  ausschließt  („Chromatognqihie.* 
Weimar  1836).  Vom  Chromgelb  sagt  er  (a.a.O.),  daß  es  lange  Zeit  aioh  in 
der  Sonne  hält,  aber  durch  unreine  Luft  dunkler  wird;  außerdem  erwähnt  er  noch 
viele  Pigmente. 


nvuwiai  ivi  18t,  sondem  aoch  nicht  so  schnell  an  der 
Sonne  Terbleicht') 

Schübler  und  Frank  schrieben  1825  über  Pflanzenpigmente.») 

Decoardemanche,  Apotheker  in  Caen,  empfahl  1826  getrocknete 
ErSnter  nnd  Blumen  bei  AueBchluß  von  Feachtif^keit  und  fest  gepackt 
ao&nbewabren  und  licht  abzuhalten.  Auch  Tegetabilische  Pulver  sollen 
in  damit  TollgefUUten  und  schwarz  gemachten  Gläsern  aufbewahrt  und 
außerdem  an  einem  finsteren  Orte  aufbewahrt  werden,  denn  ohne  diese 
Yormoht  würde  das  lacht  noch  eine  Veränderung  bewirken.*)  —  In 
Bachners  „Bepertorium  für  die  Pharmacie"  (1826.  Bd.  24,  S.  287)  ist 
diesem  Artikel  eine'  Nachschrift  angefügt  und  bemerkt,  daß  der  Ein- 
floß des  Lichtes  auf  völlig  trockene  Substanzen  nicbt  so  energisch  ist, 
als  man  im  allgemeinen  annimmt  Die  Hauptursachen  der  von  selbst 
erfolgenden  Verderbnis  organischer  Substanzen  seien  unstreitig  Feuch- 
tigkeit und  Wärme  (Hinweisung  auf  Herbarien).  In  verschlossenen 
Qef&6en  und  einer  völlig  trockenen  Luft  (mit  gebranntem  Kalk  ge- 
trocknet) halten  sich  Blumen  selbst  unter  dem  Einflüsse  des  Lichtes 
sehr  lange. 

Serullas  fand,  daß  sich  Chlor  und  Cyanwaserstoff  im  Sonnen- 
lichte verbinden.^) 

Dr.  G.  Sprengel  in  Outtingen  suchte  im  Jahre  1828  den  etwaigen 
Einfluß  des  Lichtes  auf  den  Grund  und  Boden,  speziell  auf  die  Acker- 
krume ins  Auge  zu  fassen.^)  Er  erwähnte,  daß  auch  durch  das  Sonnenlicht, 
speziell  die  violetten  und  blauen  Strahlen  desselben ,  die  Desoxy- 
dation einiger  Bestandteile,  namentlich  bei  Gegenwart  von  kohlen- 
Btoffhaltigen  Verbindungen,  befördert  werde,  „so  daß  z.  B.  aus  dem 
Eisenoxjde  Eisenoxydul  entsteht,  wenn  es,  dem  Lichte  ausgesetzt,  mit 
Hnmus  u.  dergl.  in  Berührung  kommt".  Allerdings  spiele  das  Sonnen- 
licht eine  bei  weitem  wichtigere  Bolle  beim  Pflanzen wachstume,  worauf 
Sprengel  näher  eingebt  und  u.  a.  erwähnt,  daß  in  der  Regel  die  dem 
Sonnenlicht  ausgesetzt  gewesenen  Pflanzen  nahrhafter  sind,  als  die  im 
Schatten  gewachsenen,  weil  sich  unter  dem  Einfluß  des  Lichtes  mehr 
Stärke,  Eiweiß,  Kleber  und  Zucker  bilden  soll. 


1)  Ann.  de  chimie  et  de  phy^iqne.    XXVIII,  440.    Kaatnera  Archiv  für  die 
gMunte  Natarlehre.  1825.  VI,  33. 

S)  S.  LkDdgrebe,  Über  das  Licht   S.  276. 

3)  Jottrnal  de  Phsnnacie.    Mai  1826.  276.    Büchner,  Repertoriam  f.  d.  Phar- 
maöa.    1626.  XXIV,  284. 

4)  Zoent  Aniial.  d.  Cheni.  u.  Physik.    1827.    Bd.  35,  S.  291,  daan  ausföhrlicher 
Oii.  1828.  Bd.  38,  S.371. 

5)  Erdmanns  Journal  f.  techoische  und  ökonomische  Chemie.  1828,  HI,  413. 

10« 


148  Erster  Teil.    Fünfzehntes  Kapitel. 

Diesen  Gegenstand  behandelte  Sprengel  später  in  seiner  „Chemie 
für  Landwirte,  Forstwirte  und  Kammeralisten",  1830,  noch  weiter.^) 
Er  bemerkte,  daß  das  Vorkommen  von  Eisenoxydul  und  Manganoxydul 
im  Boden  die  Folge  der  Lichtwirkuog  sei  und  stellt  die  folgende  (nicht 
bewiesene)  Behauptung  auf:  Hat  das  Licht  ungehinderten  Zutritt  zum 
Humus,  so  bildet  sich  infoige  der  verlangsamten  Verbrennung  des 
abgefallenen  Laubes  usw.  Kohlensäure  und  Wasser,  wird  dagegen  der 
Lichtzutritt  durch  eine  dichte  Blätterdecke  der  Wälder  gehemmt,  so  er- 
folgt schnellere  Verbrennung  unter  Bildung  von  Humussäure  (??).  Außer 
diesen  wenig  exakten  Angaben  finden  sich  viele  recht  interessante  und 
zutreffende  Bemerkungen  über  die  Abhängigkeit  des  Pflanzenwachstums 
vom  Lichte. 

Prof.  W.  A.  Lampadius  stellte  in  einer  1830  erschienenen  kleinen  Abhandlang, ''^) 
^Über  die  durch  Imponderabilien  bewirkte  Veränderung  des  chemischen  Verhaltens 
der  Körper*^,  u.  a.  einige  Beobachtungen  über  die  Wirkungen  des  Lichtes  zosammen 
und  zwar: 

1.  „Die  von  Kästner  gemachte  Beobachtung,  daß  Kalk,  eine  Zeit  vom  Sonnen- 
lichte bestrahlt,  eine  stärkere,  das  Pflanzenwachstum  befördernde  Kraft  besitze,  als 
nicht  bestrahlter.  Er  hat  diese  Beobachtung  in  seinem  „Oewerbefreunde**  bekannt  ge- 
macht.   Es  wäre  wohl  sehr  der  Mühe  wert,  diesen  Versuch  zu  wiederholen  .  .  ." 

2.  Die  Anwendung  verwitterter  und  von  der  Sonne  lange  Zeit  bestrahlter  Mine- 
ralien sei  besser,  als  die  nur  mechanisch  zerkleinerter.  Lampadius  will  hier  wohl 
nicht  mit  voller  Sicherheit  dem  Lichte  eine  große  Rolle  zuschreiben. 

3.  „Die  Entfärbung  mehrerer  fetten  Öle,  welche  in  ganz  mit  ihnen  gefüllten 
Flaschen  durch  Sonnenlicht  erfolgt." 

4.  Die  plötzliche  Erzeugung  von  Fettsäure,  welche  man  z.  B.  wahrnehmen  kann, 
wenn  man  frische,  gut  ausgewaschene  Butter  unter  dem  ausgeleerten  Rezipienten  der 
Luftpumpe  durch  das  Sonnenlicht  etwa  15  Minuten  schmelzend  erhält. 

Im  Jahre  1831  untersuchte  Robiquet  ein  hellbläulich  grau  sehr 
haltbar  gefärbtes  Zeug  und  fand,  daß  die  Farbe  desselben  mittels  des 
durch  Lichteinwirkung  geschwärzten  Chlorsilbers  hervorgebracht  war. 
Er  versuchte  nun  auf  diesem  Wege  diese  Farbe  hervorzubringen,  indem 
er  Zeug  mit  Silbernitratlösung  tränkte,  nach  dem  Trocknen  in  eine 
Lösung  von  Chlorkalzium  oder  auch  von  Chlorkalk  tauchte  und  die  mit 
Chlorsilber  bedeckte  Oberfläche  der  Einwirkung  des  Lichtes  aussetzte, 
worauf  sich  die  Farbe  entwickelte. 

Ein  Färber  stellte  einige  Versuche  dieser  Art  im  großen  an,  sie 
mißlangen  indes  aus  folgenden  Umständen:  „Soll  nämlich  die  Farbe 
an  allen  Stellen  gleich  ausfallen,  so  muß  die  ganze  Oberfläche  des 
Zeuges  auf  einmal  dem  Lichte  ausgesetzt  werden,  und  das  konnte  der 


1)  Das  betreffende  Kapitel,  „Vom  Licht ^^,  ist  auch  in  Erdmanos  Jonmal  fir 
technische  und  ökonomische  Chemie.  1830.  172  abgedruckt. 

2)  Erdmanns  Journal  f.  technische  und  ökonomische  Chemie.    1830.  YIII,  322. 


.  tu  I  Der  werkBtfitte  nicht  bewerkstelligen.  Er  »  te 
das  Zeag  nur  Btellenweise  nacheinander  dem  Lichte  aus  und  so  harn 
es,  d&B  das  Zeug  fleckig  erschien.  Unter  günstigen  Umständen,  meinte 
Bobiqnet,  würde  der  Versuch  vollständig  gelingen.'") 

Zier  untersuchte  1832  u.  a.  das  Verhalten  des  orangeroten  Palm- 
ties  gegen  Licht*)  und  fand:  „Wenn  man  Palmöl  in  eine  enge  weiße 
GlasrCfare  drückt,  diese  von  beiden  Seiten  luftdicht  sciiließt  und  dann 
dem  Sonnenlichte  aussetzt,  so  wird  im  Verlaufe  mehrerer  Wochen  die 
Farbe  dee  Öles  kaum  verändert  Etwas  schneller  findet  eine  Veränderung 
statt,  wenn  man  dem  öle  etwas  Wasser  gibt  und  dann,  wenn  es  die 
Sonnenwfirme  flüssig  gemacht  hat.  Öfters  schüttelt.  Läßt  man  aber 
auf  eine  sehr  dünne  Lage  des  Öles  Licht  und  gleichzeitig  Luft  ein- 
wirken, so  findet  schneller  eine  Entfärbung  statt  und  das  Ol  wird  endlich 
ganz  weiß." 

Lampadius  wiederholte  den  Versuch  im  selben  Jahre^)  und  fand, 
dafi  eine  ungefähr  1  Linie  hohe,  in  einem  Glastellcr  befindliche  Falmöl- 
achiobt  durch  den  Einfluß  der  direkten  Strahlen  der  Julisonne  nach 
kaum  12  Stunden  vollständig  weiß  gebleicht  war  und  auch  den  Veilchen- 
geroch  gerloren  hatte.  Die  Wärme  der  Sonnenstrahlen  hatte  während 
der  Bleiohung  das  Palmfett  ganz  verflüssigt.  In  dickerer  Schicht  oder 
nitdit  ganz  geschmolzenem  Zustande  dauert  die  Entfärbung  länger. 

Uerk  gab  1833  eine  einfachere  Bereitung  von  Santonin  an  und 
fand,  daß  die  wpißen  Kristalle  desselben  im  Sonnenlichte  gelb  werden.'*) 

Im  Jahre  1834  unterzog  auch  Hermann  Trommsdorff,  der  Sohn, 
das  Santonin  einer  eingehenden  Untersuchung.  Er  bestätigt,  daß  die 
farblosen  Kristalle  sich  an  der  Ltift  bei  Liohtausschluß  nicht  verändern, 
dag^en  den  Sonnenstrahlen  ausgesetzt  in  wenigen  Minuten  gelb  werden.'') 

In  ihrer  Untersuchung  „Über  das  Berberin"  besprachen  Buchner, 
Vater  und  Sohn,  die  Verwendbarkeit  desselben  zu  Färberzwecken*)  und 
SoBerten  sich: 

„Ein  Übelstand  betrifft,  me  üie  meisteu  gulbeo  vcgi'labilischen  Farbec,  auch 
du  BeiberiDgelb,  Dänilich  das  so  xchnelle  Verbleiclien  an  dvr  Soddo.    Setzt  man  ein 

1)  Jonni.  d.  Pbormacie.  Uara  1831.  Erdmanns  Journal  für  techoische  und 
SkoDomisohe  Cliemie.    1831.   X,  41T. 

2}  ErdmaDDB  Journal  f.  («cbmiivbe  uqe)  Ökimumiache  Clinmie.    1833.  XIV,  33. 

3)  IWd.  1832.  XIV,  455.  Weitere  Notizen  über  dieses  Bleit-hvorfaürun  gali 
Michaelis  in  Fofgendorffs  A.nDalei].  Bd.  17,  S.  633  (auch  KrdmanDs  Journid. 
KB3.  Bd.  17,  S.  219),  indem  er  der  Lichtbleicbe  eiue  Schwefelsäure  bleiche  voran- 
geban  liaL 

4)  Bnchoera  Bepertorium.   46.  Ö.     Berzelitis.  Jabresborieht.  14,  321. 

5)  Annalan  der  Fharmacie.    1834.    11.  190. 

6)  Bnchner,  Repertoriimi  t.  d.  Phnrmaoie.    183,'..    Bd.  '>].  S.  27. 


150  Erster  Teil.    Fünfzehntes  Kapitel. 

mit  Berberin 'Auflösung')  überstrichenes  Papier  nur  einige  Stunden  den  Sonnenstrahlen 
aus,  so  wird  man  dessen  Farbe  schon  merklich  abgeschossen  finden,  und  so  geht  es 
auch  mit  gefärbten  Geweben.  Wider  alles  Erwarten  verbleichten  die  mit  Zinnsalz  ge- 
beizten noch  stärker  als  die  mit  bloßem  Berberin  gefärbten.  Auch  die  mit  Kupfer- 
vitriol gebeizten  schießen  bald  ab;  am  wenigsten  findet  dieses  bei  den  gallierten  (mit 
Oerbstoff  gebeizten)  Zeugen  statt,  ja  wir  möchten  sagen,  daß  sie  dadurch  (wenigstens 
die  Seiden  und  Schafwolle)  nur  an  Schönheit  der  Farbe  gewinnen.  Überhaupt  behält 
die  Seide  und  mitunter  auch  die  tierische  Wolle  am  längsten  ihre  Farbe,  und  wenn 
sie  sich  an  der  Sonne  etwas  verändert,  so  wird  sie  deswegen  nicht  unangenehmer.*^ 

Landerer  in  Athen  teilte  1835  mit,  daß  phospborhaltiges  öl 
im  Finstern  selbst  nach  l^g  Jahren  keinen  roten  Phosphor  ausscheide, 
dagegen  nach  dreimonatlicher  Einwirkung  des  Lichtes  sich  viel  roter 
Phosphor  an  den  Glaswandungen  ausgeschieden  hatte. 2) 

Henry  und  Boutron-Chalard  fanden  1836,  daß  das  Licht 
ziemlich  schnell  auf  Nikotin  wirkt  und  die  farblose  Flüssigkeit  braun- 
gelblich macht.  *^) 

Berzelius  fand  1836,  daß  der  gelbe  und  rote  Farbstoff,  den  das 
Laub  der  Bäume  im  Herbste  enthält,  ein  dunkelgelbes,  schmieriges  Fett 
ist,  dessen  Lösungen  durch  Lichf  leicht  bleichten.*) 

Von  großem  Werte  sind  Chevreuls  chemische  Untersuchungen 
über  die  Theorie  der  Färbekunst. ^)  Er  studierte  die  Veränderungen, 
welche  die  Hauptagentien,  nämlich  das  reine  Wasser,  die  Atmosphäre, 
das  Sonnenlicht  und  die  Wärme  unter  bestimmten  Umständen  bei  den 
auf  Zeugen  befestigten  FärbestoflFen  hervorbringen  können.  Dabei  unter- 
suchte er  insbesondere,  welchen  Anteil  der  Sauerstoff  der  Atmosphäre 
und  die  Feuchtigkeit  auf  die  Zerstörung  der  Farben  durch  das  Licht 
nehmen. 

Chevreul  beschreibt  seine  Versuche  folgendermaßen:  £s  wurden  baumwollene, 
seidene  und  wollene  Garne  und  Oewebe,  welche  mit  Curcumä,  Orlean,  Saflor,  Orseille, 
Indigoschwefelsäure,  Indigo  und  Berlinerblau  gefärbt  waren,  auf  Pappendeckel  befestigt 
und  dem  direkten  Sonnenlichte  unter  folgenden  Umständen  ausgesetzt: 

1.  In  einer  Flasche,  welche  luftleer  gemacht  war  und  überdies  Chlorcalciam 
enthielt 

2.  In  einer  Flasche,  welche  mit  Chlorcalcium  getrocknete  Luft  enthielt 

3.  In  einer  Flasche,  welche  mit  Wasserdampf  gesättigte  Luft  enthielt 

4.  In  der  Atmosphäre. 


1)  Das  Berberin  ist  der  gelbfärbende  Bestandteil  des  Berberitzenstmaohes. 

2)  Buchner,  Repertorium  f.  d.  Pharmacie.    1835.   Bd.  54,  8.371. 

3)  Journal  de  Pharmacie.   1836.    Nr.  12.    Dinglers  Polytechnisches  Journal. 
1837.   Bd.  65,  S.  433. 

4)  Berzelius,  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  physischen  Wisaenachaftoii. 
XVII,  300. 

5)  Journal  de  Chimio  medicale.    1837.   92.    Dinglers  PolytechnisoheB  Journal. 
1837.   65,  63. 


6>  Inti:  rJ  &e,  weicbe  mit  Cblorcalraum  getroctcetes  WoaseratofFgas  entbielt 
7.  In  einer  Fluche,  welche  mit  Wasserdampf  gesättigtea  WasaerstolTgas  enthielt. 
Die  allgemeioen  Resultate,  welche  diese  Versuche  liefortea,  uarca  rolgeodc: 

1.  Deruf  Baomwolle,  Seide  und  Wolle  befestigte  Indigo  lilUt  xicb,  wenn  er  im 
laftteeren  Baume  dem  Licht  ausgesetzt  wird,  während  das  Berliuecblau  auf  denselben 
Stoffen  unter  gleichen  ümatSnden  weiß  wird.  —  Cuicumii,  anf  diesen  Stoffen  befestigt. 
Terllodert  siob  im  luftleeren  Baume  unter  dem  Einflüsse  ties  Lichtes,  n'hhrend  die 
Oneille  sich  hält. 

2.  Man  glaubt  allgomeiD,  ea(^  Chevrcul,  daS  die  tierische  "Wolle  die  gtüßto 
Verwsndtsohaft  zn  den  Pigmenten ,  hin);egen  der  Holzstoff  (Baumwolle,  Leinen,  Hanf) 
die  geringste  bat  Diese  Ansicht  ist  jedoch  durchaus  uicht  im  allgemcinea  richtig,  wie 
US  folgendem  hervorgeht;  Im  trockenen  luftleeren  Räume  hat  das  Licht  keine  Wirkung 
auf  Orlean,  welcher  auf  Baumwolle  und  Ecide  befestigt  ist,  während  es  merklich  aoT 
solchen  wirkt,  der  auf  Wolle  befestigt  ist.  Im  Wassevdampf  vcriindert  das  IJ übt  den 
Kot  Wolle  und  Seide  befestigten  Satlor  innerhalb  einer  Zeit,  wo  die  damit  gefärbte 
Baomwolle  ihre  rosenrote  Farbe  beibcliält:  die  einzige  Voränderung,  welche  sie  dann 
erieidet,  ist  ein  Stich  ins  Violette.  —  Im  Waeserdampf  verändert  das  Liebt  die  auf 
Wolle  und  Beide  befestigte  Orseille  nicht,  wiilirend  sie  sich  auf  Baumwolle  entrdrbt.  — 
Im  trockenen  luftleeren  Räume  verändert  üaa  Licht  die  auf  Seide  befestigte  Indigo- 
schwefelslnre  nicht,  wohl  aber  die  auf  Wolle  und  Baumwolle  befestigte.  —  In  trockener 
Loft  und  Atmosphäre  verändert  sich  diese  auf  Seide  bufestigle  Säure,  jedoch  bei 
weitem  nicht  so  leicht  als  auf  anderen  Stoßen.  —  Der  auf  StotTen  befestigte  Indigo 
leigt  unter  dem  Einflüsse  des  Lichtes,  der  trockenen  Luft  und  Atnicsphäro  gerade  das 
umgekehrte  Verhalten  von  der  Indigoschwefolsäure;  denn  jener  ist  weniger  beständig 
anf  Seide  als  anf  Baumwolle  und  Wolle. 

3.  Im  Inftleeren  Räume  scheint  das  Sonaenlicht  auf  Indigo,  Orseille  und  Saflor 
fast  gar  nicht  einzuwirken.  —  In  trockener  Luft  bringt  die  Einwirkung  des  Lichtes 
aber  ganz  andere  Yerimdemngcn  hervor,  doch  sind  sie  nicht  bei  allen  Farbstuffen 
gleich  anifallend.  Die  Veränderung  ist  bei  Berllnerllau ,  auf  liaumwolle  gefärbt,  wenig 
merklich;  sie  ist  es  mehr  bei  dem  auf  Seide  und  Wolle  gcfurbten  Indigo.  Der  auf 
Wolle  nnd  Baumwolle  befestigt  ist,  veründcrt  sich  nur  wenig,  mehr  der  auf  Seide  be- 
(eBtigte.  Mit  Indigoscbwofcl säure  gefärbte  Seide  wiid  weni^;  gebleicht,  hingegen  sehr 
stvlt  die  damit  gefürbte  Wolle  und  Raumwolle.  Die  Orseille  wird  auf  der  Baumwolle 
lervtört,  während  sie  auf  der  Seide  und  Wolle  eine  röllichc  Spur  hinterläßt.  Oilean 
bleibt  anf  der  Baumwolle  sehr  rot,  wird  aber  auf  Wolle  vollkommen  zerstürt.  Das 
Onrcnmagelb  nnd  Saflorrot  werden  auf  allen  drei  Stoffen  vollkommen  zerstört.  — 
Ijoht  und  feuchte  Lutt  hingegen  bringen  auf  Stoffen,  die  mit  Berlinerbl.iu  gerärht  sind, 
keine  viel  größere  Wirknng  hervur,  als  Licht  und  trockene  Luft;  dasscihu  ist  der  Fall 
bei  Indigo,  auf  Wolle  befestigt;  ferner  auch  hei  Orseille  und  Saflor  auf  den  dii^i 
Stoffen,  bei  dem  Orlean  jedoch  bloß  auf  Wolle  und  Seide  und  selbst  bei  Ourcumü  auf 
allen  drei  Stoffen.  —  Licht  und  feuchte  Luft  verändern  hint;egeii  weit  mehr  als  Licht 
nnd  trockene  Luft  den  Indigo  auf  Baumwolle  und  die  Indigoscbwe  fei  säure  auf  den 
im  Stoflen;  besonders  auffallend  ist  der  Unterschied  k-i  Seide  und  Wolle.  Curcumä 
nnd  Oileao  auf  Baumwolle  sind  unter  den)  Einflüsse  des  Lichtes  viel  veränderlicher  in 
fenohtar  als  in  trockener  Luft.  —  Die  Wirkung  des  Lichtes  und  der  Atmosphäre  ist 
beü&ofig  diaaelbe,  wie  die  des  Lichtes  und  der  trockenen  Luft  auf  Bc  rl  in  erblau ,  auf 
den  mof  Wedle  befestigten  Indigo  und  auf  den  Sauer.  Sie  ist  hingegen  stärker  auf 
Indigo,  4er  anf  Baumwolle  und  Seide  befestigt  wurde,  auf  die  Iiidigoscliwefolsiiure, 


152  Erater  Teil.    Fünfzehntes  Kapitel. 

welche  auf  Seide  befestigt  wurde,  auf  die  Orseile,  den  Orlean  und  die  Gorcamä.  Sie 
ist  fast  gleich  deijenigen  des  Lichtes  und  der  feuchten  Luft  auf  die  Indigoschwefel- 
säure bei  Baumwolle  und  Wolle,  auf  den  Indigo  bei  Baumwolle  und  Seide  und  auf 
den  Orlean.  Sie  ist  stärker  auf  die  Orseille,  den  Saflor,  Orlean  und  besonders  die 
Gurcumä.  —  Licht  und  Wasserdampf  bleichen  das  auf  den  Stoffen  befestigte  Berliner- 
blau schneller  als  bloßes  Licht.  Außerdem  entsteht  in  der  Flasche,  welche  den 
Wasserdampf  enthält,  ein  brauner  Niederschlag,  welcher  in  der  Flasche,  worin  man 
den  trockenen  luftleeren  Raum  herstellte ,  nicht  stattfindet.  Das  Licht  und  der  Wasser- 
dampf verändern  das  Gurcumä,  den  auf  Baumwolle  und  Wolle  befestigten  Orlean,  die 
auf  Baumwolle  befestigte  Orseille  und  doch  schwächen  sie  nur  wenig  das  Saflorrot 
auf  Baumwolle  und  kaum  die  auf  Seide  und  Wolle  befestigte  Orseille.  —  Die  mit 
Gurcumä,  Orlean,  Saflor  und  Orseille  gefärbten  Stoffe  verhalten  sich  im  Wasserstoff 
wie  im  luftleeren  Räume.  —  Das  Licht,  das  Wasserstofi^gas  ;und  der  Wasserdampf 
geben  zusammen  fast  ähnliche  Resultate,  wie  das  Licht  und  der  Wasserdampt 

Hinsichtlich  der  Theorie  des  Bleichens  geht  aus  diesen  Verauchen  hervor,  daß 
man  mit  Ausnahme  der  mit  Berlinerblau  gefärbten  Stoffe  keinen  der  oben  angeführten 
durch  das  Licht  vollkommen  entfärben  kann  und  daß  man  höchstens  die  mit  Gurcumä, 
Orlean,  Saflor  und  Orseille  gefärbte  Baumwolle  an  der  Luft  vollkommen  weiß  wird 
bleichen  können. 

Rückblick. 

Blicken  wir  zurück  auf  die  Bestrebungen  und  Tendenzen  jener 
Naturforscher,  welche  sich  in  der  bis  jetzt  beschriebenen  Epoche  mit 
den  chemischen  Wirkungen  des  Lichtes  befaßten,  so  ergibt  sich,  daß  die 
Ausnutzung  der  Photocheraie  zur  Erzeugung  von  Lichtbildern  —  sei  es 
durch  Kontakt,  sei  es  in  der  Camera  obscura  —  schließlich  ganz  in  den 
Hintergrund  getreten  war.  Man  studierte  photochemische  Prozesse  bald 
im  Interesse  der  Theorie  des  Lichtes,  bald  zur  Verwertung  für  Zwecke 
der  Pharmazie  oder  der  Chemie,  aber  trotz  der  zahlreichen,  höchst 
wichtigen  Beobachtungen  über  die  Natur  der  chemischen  Lichtwirkungen, 
deren  volle  Bedeutung  man  erst  viel  später  erkannte,  war  man  der  Er- 
zeugung von  Photographien  und  deren  Fixierung  nicht  näher  gerückt, 
als  zu  Zeiten  Schulzes  oder  Wedgewoods,  ja  in  den  Schriften  der 
Naturforscher  der  damaligen  Zeit  finden  sich  nicht  einmal  ernste  Be- 
strebungen zur  Lösung  dieses  Problems  angedeutet 

Um  so  größer  ist  das  Verdienst  der  beiden  französischen  Forscher 
Niepce  und  Daguerre,  welche  jahrzehntelang  mit  bewunderungs- 
würdiger Ausdauer  im  stillen  an  der  Erzeugung  von  Lichtbildern  in  der 
Camera  obscura  und  an  deren  Fixierung,  sowie  an  der  Herstellung  von 
Druckplatten  auf  photographischem  Wege  arbeiteten;  in  der  Tat  wurde 
die  Welt  durch  die  Veröffentlichung  der  „Daguerreotypie"  im  Jahre  1839 
aufe  äußerste  überrascht.  Wie  die  Erfindung  Niepce  und  Daguerres 
aus  unbedeutenden  Anfangen  sich  entwickelte,  soll  im  folgenden  ge- 
schildert werden. 


SECHZEHNT£S  KAPITEL 
NICfePHORE  NIEPCE  UND  DAGUERRE. 


Joseph  Nic^phore  Niepce*)  war  am  7.  März  1765  in  Ghälon- 
SDT-SaOne  in  Frankreich  geboren.^)  Er  erhielt  mit  seinem  älteren  Bruder 
Claude  und  dem  jUngeren  fiemard  eine  Eorgfültige  Erziehung  und 
war  von  seinem  Täter  für  den  priesterlichen  Stand  bestimmt  Im  Friester- 
semiiur  „Pöres  de  l'Orafoire"  absolvierte  er  seine  Studien,  wirkte  dann 
als  Lehrer  an  demselben  Seminar,  da  er  noch  zu  jung  war,  um  die 
Prieeterweihe  zu  empfangen. 

Die  französische  Revolution  und  die  damit  verbundenen  Kriege 
waren  die  Yeranlsseung,  daß  er  eine  militärische  Laufbahn  einschlug 
und  1789  in  die  französische  Armee  eintrat;  am  10.  Mai  1792  war  er 
Leutnant  Er  machte  unter  dem  General  Frottier  1794  die  Feldzüge 
in  Italien  mit  und  verwaltete  1795  — 1801  den  Distrikt  Nizza.  In  Nizza 
erkrankte  er  an  einer  epidemischen  Krankheit,  heiratete  nach  seiner 
"Wiederherstellung  seine  Pflegerin  und  verließ  den  Militärdienst  Sein 
Bruder  Claude  Niepce,  welcher  gelernter  Mechaniker  war,  ging  zur 
See.  Beide  Brüder  kehrten  in  ihr  Vaterhaus  im  Jahre  1801  zurück 
und  beschäftigten  sich  mit  der  Konstruktion  einer  Maschine,  welche  als 


1)  Die  SehieibweiM  Niepce  wurde  von  ibm  (Nicephorn)  selbst  bei  seinen 
Briefen  g«br>Dobt  und  ist  ancb  vod  Fouque  in  seinem  Werke  „La  verite  sut  l'iuventioD 
de  U  Photographie'*  darcbgefiihrt  worden.  Dagej;en  bediente  sieh  der  hus  derselben 
Skinilie  stammeDde  Cooein  Nicepboru  Niepces  —  d.i.  Niepce  de  St.  Victor  — 
der  Schimbweise Niepce  ebne  Akzentes  (sowohl  für  sich,  aU  mit  Bezug  auf  Nici'pharu 
Niepoe),  so  daB  in  der  Familie  Niepce  auf  die  Anwendung  des  Akzent  wenig 
Gewicht  gtiegt  worden  zu  sein  aohemt.  Diese  Schroibwei)^  Xiepoe.  weli'ber  sieb 
Miepoe  de  St  Victor  stets  in  Drucliwerlien  bediente,  ist  in  obigem  Kapitel  bei- 
Mialtem  woidem  Die  Schreibweise  Niöpce,  die  sich  mitunter  findet,  ist  jeilM'li 
gut  falsch. 

2)  ESne  eehr  auafährliobe  Lebensbosch roibunf;  Joseph  Nicephore  Niepces 
vanbuilmi  wir  Ernst  Lacao,  welcher  in  der  Zoitecbrift  ,La  Lumiöre".  18r>6. 
B.15t,  164,  167,  170  wertvolle  biographiscbe  Daten  lieferte.  —  Das  meist  benutzte 
Qnellenwnk&bra  Niepce  ist  aber  FonqueSr  La  Teriti'Surl'bventioD  de  laPbotogr.  1867. 


154  Ei-ster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

Motor  für  große  Schiffe  dienen  sollte  und  durch  die  Entzündung  von 
Lycopodiumstaub  gemischt  mit  Luft  in  Bewegung  gesetzt  wurde.  Diese 
Maschine  nannten  sie  „Pyr6olophore"  und  erhielten  mittels  eines 
Dekretes  von  Napoleon  am  20.  Juli  1807  (datiert  von  Dresden)  ein  Patent 
auf  ihre  Erfindung.  Femer  beschäftigten  sich  die  Brüder  Nicöphore 
und  Claude  Niepce  noch  mit  der  Herstellung  von  Indigoblau  aus 
Färber-Waid  („pastel"),  worauf  die  französische  Regierung  die  öffentliche 
Aufmerksamkeit  gelenkt  hatte;  sie  waren  jedoch  nicht  imstande,  die  zu 
einer  Verwertung  im  großen  erforderliche  Menge  des  Farbstoffextraktes 
zu  gewinnen. 

Inzwischen  hatte  die  Erfindung  der  Lithographie  nicht  nur  in 
Deutschland,  sondern  auch  in  Frankreich  großes  Au&ehen  gemacht 
Die  Lithographie  war  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  von  Alois 
Senefelder  erfunden  und  um  das  Jahr  1802  durch  den  Erfinder  selbst, 
allerdings  ohne  Erfolg,  nach  Frankreich  gebracht  worden;  gegen  1812 
interessierte  sich  der  Graf  Charles  Philibert  de  Lasteyrie-Dussaillant, 
ein  angesehener  französischer  Agronom  und  Schwiegersohn  des  be- 
rühmten General  La  Fayette,  mit  mehr  Erfolg  für  die  Lithographie. 
Er  ging  im  Jahre  1812  nach  München,  um  diese  neue  Kunst  zu  er- 
lernen, kehrte  aber  nach  Frankreich  infolge  des  unglücklichen  Krieges, 
den  Napoleon  gegen  Rußland  führte,  zurück.  Nach  der  Restauration 
(1814)  begab  er  sich  wieder  nach  Bayern,  nalim  Arbeiter  auf,  kaufte  litho- 
graphische Utensilien  und  errichtete  hierauf  in  Paris  eine  lithographische 
Anstalt.  Jetzt  erst  wurde  die  Lithographie  in  Frankreich  mit  Enthu- 
siasmus aufgenommen  und  zahlreiche  Personen  wollten  diese  neue 
Methode  versuchen. 

Auch  Nicöphore  Niepce  interessierte  sich  für  die  Lithographie 
und  versuchte  im  Jahre  1818  Kalksteine  zu  diesem  Zwecke  zu  verwenden, 
wie  der  Sohn  Nicöphores  (Isidore  Niepce')  viele  Jahre  später  mit- 
teilte; er  überzog  die  Steine  mit  einem  Firnis  und  gravierte  und  ätzte 
Zeichnungen  mittels  einer  Säure  ein.  Jedoch  hatten  die  ihm  zur  Ver- 
fügung stehenden  Steine  kein  genügend  feines  und  zu  unregelmäßiges 
Korn  und  er  ersetzte  sie  durch  Platten  von  Zinn.  Wir  wissen  nur  aus 
den  späteren  Mitteilungen  seines  Sohnes  Isidore,  daß  Nicöphore 
Niepce  damals  schon  die  Platten  mit  Firnissen  einer  eigenen  Zusammen- 
setzung überzog  und  hinter  transparent  gemachten  Zeichnungen  dem 
Lichte  am  Fenster  aussetzte.  Da  Nic6phore  Niepce  gegen  niemanden, 
außer  seinem  Bruder  und  seinem  Sohne,  über  seine  Experimente  Er- 
wähnung tat,  so  liegen  keinerlei  Dokumente  aus  jener  Zeit  vor.    Jeden- 


1)  S.  Fonque,  La  v('?rit6  sur  TinventJon  de  la  Photographie.    1867.   S.  49. 


Lau  mepcesichin  qbd  jaoTen  isia — loio 
nti  mehr  mit  ihren  mecbanischen  Erfindungeo,  besondere  mit  dem 
Pyrtolophore,  als  mit  heliographiBCheii  Versuchen.  Claude  Niepce  war 
L816  ntoh  PaiiB  übergeeiedelt.  Nicöphore  war  demzufolge  mit  seinen 
Versuchen  auf  sieh  selbst  angewiesen  und  machte  wieder  Versuche  mit 


Fig.  31.  Josoph  Sio^i 
Halioenvnre  von  DnJBrdin  nach  vinom  ( 
(Au  i|lIu4o  rötroapectif  de  ]■  Claeas  i: 


der  Lithographie.  Den  Gang  der  Arbeiten  Nicöpliores  finden  wir  in  der 
Eorreepondenz  mit  seinem  Bruder  Claude,  nelche  wichtige  Dokumente 
für  die  Geschichte  der  Photographie  sind. ')  In  dem  Briefe  vom 
1.  April  1816   sprach  er  die  Hoffnung  aus,  die  Farben  eines  Bildes 


1)  DieselbeD  sind  in  dem  Werke  Foi 
FlioUigniphie.    1667)  veröffentlicht. 


156  Ei-stei  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

fixieren  zu  können;  am  12.  April  spricht  er  von  einer  Art  künstlichem 
Auge,  welches  schließlich  nichts  anderes  als  eine  Camera  obscura  ist; 
am  22.  April  teilt  er  seinem  Bruder  mit,  daß  ihm  ein  Unfall  zugestoßen 
sei,  indem  ihm  die  Linse  an  seiner  Kamera  zerbrochen  sei;  im  Briefe  vom 
5.  Mai  teilt  er  die  Schwierigkeiten  mit,  mit  welchen  er  bei  der  Beschaffung 
einer  neuen  Linse  zu  kämpfen  hatte.  Zum  Glück  fand  sich  ein  Sonnen- 
mikroskop seines  Großvaters  vor,  dessen  eine  Linse  eine  brauchbare 
Brennweite  für  die  Kamera  Niepces  hatte. 

Am  9.  Mai  1816  schreibt  Nic6phore  Niepce  seinem  Bruder 
Claude,  daß  er  Bilder  bloß  mittels  Sonnenlicht  erhalten  habe. 
Bereits  am  19.  Mai  1816  schickte  er  zwei  heliographische  Platten 
an  Claude  und  am  28.  Mai  vier  andere.  Am  2.  Juni  1816  schrieb  er 
an  Claude,  daß  er  eine  Substanz  (die  er  nicht  nennt)  gefunden  habe, 
welche  sehr  lichtempfindlich  ist,  und  spricht  die  Hof^ung  aus,  daß  er 
mit  diesem  Prozeß  und  mittels  Säuren  die  auf  metallischen  Platten 
erhaltenen  Bilder  ätzen  und  auf  diese  Weise  Gravuren  herstellen  könne, 
welche  zur  Vervielfältigung  geeignet  sein  dürften. 

Daraus  ergibt  sich,  daß  Nic6phore  Niepce  bereits  im  Mai  1816 
die  Heliographie  erfunden  und  Proben  davon  abgesendet  hat 

Die  Art  und  Weise,  wie  Nic6phore  Niepce  experimentierte,  geht 
aus  einem  Briefe  hervor,  welchen  er  am  16.  Juni  1816  an  seinen  Bruder 
Claude  richtete.  Nic6phore  schreibt:  „Ich  habe  gelesen,  daß  eine 
alkoholische  Lösung  von  Eisenchlorid,  welche  schön  gelb  ist,  im 
Sonnenlichte  bleicht  und  im  Schatten  seine  ursprüngliche  Farbe  wieder 
annimmt.  Ich  imprägnierte  mit  dieser  Lösung  ein  Stück  Papier,  welches 
ich  trocknete;  die  dem  Tageslichte  ausgesetzte  Partie  wurde  gebleicht, 
während  die  vor  Licht  geschützten  Stellen  gelb  blieben.  Aber  diese 
Lösung  zieht  zu  viel  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  an;  ich  wendete  sie 
nicht  mehr  an,  weil  mir  der  Zufall  eine  bessere  Substanz  finden  ließ. 
—  Bedeckt  man  ein  Stück  Papier  mit  einer  Schicht  von  „Safran  de 
Mars"  und  setzt  es  Chlordämpfen  aus,  so  wird  es  schön  gelb  und 
bleicht  rascher  als  das  vorige  aus.  Ich  habe  beide  in  die  Camera 
obscura  gebracht,  .  .  .  aber  kein  Lichtbild  erhalten;  vielleicht  habe  ich 
nicht  genügend  lange  Zeit  gewartet."  Nic6phore  versuchte  auch 
Braunstein  (Mangansuperoxyd),  welcher  in  Chlorgas  farblos  wird,  im 
Lichte  zu  entfärben.  Am  20.  April  1817  schreibt  Nic6phore  Niepce, 
daß  er  auf  die  Verwendung  des  Chlorsilbers  Verzicht  geleistet  habe 
und  an  dessen  Stelle  eine  andere  Substanz  gebrauchen  wolle. 

Nic6phore  Niepce  hatte,  wie  aus  demselben  Briefe  hervorgeht, 
in  einem  Werk  über  Chemie  gelesen,  daß  Guajakharz,  welches  gelb- 
lich grau  ist,  im  Lichte  schön  grün  wird,  daß  es  neue  Eigenschaften 


tu  I  ui  Zustande  zu  seiner  AaflOsniig  ein  t  ker 
rektifizierter  Alkohol  notweadig  ist,  als  in  seinem  ursprünglichen  Zu- 
stande. Er  präparierte  Papiere  mit  Guajak  und  erhielt  allerdings  ein 
Lichtbild,  allein  seine  Versuche,  die  Bilder  mit  Alkohol  zu  fixieren 
waren  vergeblich.  Ferner  Irs  er  in  Klaproths  „Dictionnaire  de  chimie", 
daß  A.  Vogel  die  Lichtempfindlichkeit  des  Phosphors  ^)  genau  beschrieb 
und  hoffte  durch  Anwendung  von  ,,  Alcohol  de  Ijimpadius",  d.  i.  Schwefel- 
kohlenstoff, das  Lichtbild  zu  fixieren,  da  Nicöphore  Niepce  äußerte, 
daß  hierin  nur  der  weiße  Phosphor  (nicht  aber  der  rote  Phosphor, 
welcher  im  Lichte  entsteht)  löslich  ist*) 

Daraus  geht  hervor,  daß  Nicöphore  Niepce  in  den  pboto- 
ohemiBchen  Forschungen  der  damaligen  Zeit  seine  Anregung  fand,  und 
daß  seine  Idee,  Asphalt  als  lichtempfindliche  Substanz  zu  verwenden, 
wahrscheinlich  durch  die  von  Hagemann  im  Jahre  1782  zuerst  ge- 
fondene  und  von  späteren  Naturforschern  mit  Vorliebe  weiter  unter- 
suchte Lichtempfindlichkeit  des  Guajakharzes^)  veranlaßt  worden  war; 
Nic6phore  Niepce  hat,  wie  aus  seinen  Briefen  hervorgeht,  beim 
Guajak  die  Fixierung  der  Lichtbilder  mittels  Alkohol  versucht,  aller- 
dinga  mit  schlechtem  Erfolge:  die  auffallende  Farbenänderung  des 
Gu^aks  ließ  jedoch  Zweifel  über  eine  erfolgte  Licbtwirkimg  nicht  auf- 
kommen. Daß  zahlreiche  andere  Harze  aber  auch  lichtempändlich  sind, 
hatte  bereits  Senebier  im  Jahre  1782  gezeigt  (s.  S.  73).  Bei  seinen 
weiteren  Versuchen  mag  Nicöphore  Niepce  wahrscheinlich  auch  auf 
den  Asphalt  gekommen  sein,  der  ihm  wohl  zur  Hand  gewesen  sein 
dürfte,  weil  er  (wie  oben  erwähnt)  schon  im  Jahre  1813  Gravuren  in 
llMall  ätzte  und  bekanntlich  die  als  Ätzgrund  verwendeten  Firnisse 
damals  —  ebenso  wie  heute  —  zumeist  Asphalt  enthielten. 

Im  Jahre  1817  begab  sich  Claude  Niepce  nach  London,  um 
den  „Pyröolophore"  zu  verwerten. 

Leider  sind  nur  wenige  Briefe  von  Nicöphore  Niepce  aus  der 
Zeit  vom  Juli  1817  bis  Mai  1826  erhalten,  so  daß  über  die  Fortschritte 
der  Heliographie  in  diesem  Zeiträume  nicht  viel  bekannt  ist.  Jedoch 
arbeitete  er  emsig  in  seinem  Hause  in  Gras  bei  Chälon   an   seinen 


1)  Dieselbe  war  von  Bäcimaon  im  Jahre  18iK)  zuerst  angegebco  und  von 
A.  Togel  im  Jafaie  1612  geoauer  studiert  worden  (s.  o.). 

2)  Es  ist  nicht  anintereasant,  daß  von  Poirsoo  im  Jahre  1836  diosu  Metlindo 
dM  XopiereDB  auf  einer  Schicht  Phosphor  (auf  ätoin)  uud  FLviejcn  des  Bildes  von 
lOtam  Phosphor  mit  Bohwefelkohlenstoff  oeuetdiogs  nacberfundca  wurde.  (Phot  Mitt. 
Bd.  23,  8. 129.) 

3)  Hiarher  gehorea  die  von    mir    bereits  oben   Damhatt  gemachten   spüt^ron 
:  Senobier  (1762)  S.  72,  Wollaston  (1802)  S.  ü!)  u.  ff. 


158 


Ei-sler  Teil.    Scdizebntes  Eapite 


photograpbischea  Experimenten;  dieses  Wohnhaus  Niepces,  welches 
später  als  Museum  der  Arbeiten  Niepces  erhalten  und  mit  einer  In- 
schrift versehen  wurde,  ist  in  Fig.  22  abgebildet. 

Aus  einem  Briefe  vom  19.  Juli  1822  von  Nicöphore  Niepce  an 
seinen  Bruder  Claude  erfahren  wir,  daß  der  erstere  ein  Porträt  PiusVII. 
auf  Glaa  reproduziert  hatte,  weiches  die  Bewunderung  aller  erregte, 
weiche  die  Keproduktiou  sahen.  Der  Oeneral  Poncet  du  Maupas,  ein 
■Cousin  der  beiden  Niepce,  sah  das  Porträt  und  erbat  es  sich  von 
Nic6phore  Niepce-  Er  nahm  es  auf  seinen  Beisen  mit  und  als 
■eines  Tages  ein  Bewunderer  dieser  Arbeit  die  Glasplatte  zufällig  aus 


^^M  die»  im  H: 

L 


■der  Hand  fallen  ließ,  zerbrach  sie  und  so  ging  die  ältwte  Photo- 
.gntphie  von  Nicöphore  Niepce,  welche  in  fremde  Eande  gelangte, 
verloren. ') 

In  einem  anderen  Briefe,  vom  3.  September  1824,  teilte  Nic^phore 
mit,  daß  es  ihm  gelungen  sei,  die  Umrisse  einer  Ansicht  in  der  Camera 
-obscura  abzubilden. 

In  der  Tat  besitzt  das  Museum  in  Chälon-sur-Saöne  zwei  Zinn- 
platten,  wovon  die  eine   eine  Landschaft  zeigt,   die  andere  ein  Bild 

1)  Ponque,  luvention  de  la  Pliologratihie,  S,  108.  —  Auch  Chevronl.  lA 
•verite  sar  Tinvention  de  la  PiioWgraphie.    (Joarna!  do  Savants.  1873.) 


1 


%HstDa  mui  <eaE,  mit  der  Aogabe  „Dessin  hSliograpIiique,  in- 
TeDt6  par  J.  N.  Niepoe  1825". 

Um  diese  Zeit  beginnen  die  Beziehungen  zwischen  Nic6phore 
Niepce  undDaguerre  Der  Oberst  Niepce.  ein  Cousin  Nic6phores, 
kam  am  12.  Januar  1826  nach  Paris  und  begab  sich  zu  den  damals  sehr 
berfibrnteo  Optikern  Tincent  und  Charles  Chevalier,  um  optische 
OegenstSnde,  namentlich  eine  Camera  obscura  mit  einem  „Prieme  md- 
nisque'*')  zu  kaufen,  um  welche  ihn  Nioöphore  ersucht  hatte.  Oe- 
sprSchaweise  erwähnt  der  Oberst,  daß  sein  Cousin  Nic6pbore  sich  mit 
Versnchen  beschäftigte,  die  Bilder  der  Camera  obscura  zu  fixieren  und 
er  »igte  ihnen  eine  Probe  einer  Heliographie  Niepces,  welche  ihr 
£iBt«anen  errate.  Charles  Chevalier  teilte  seinerseits  mit,  dass  auch 
in  Paris  sich  ein  Maler,  namens  Daguerre^  mit  derselben  Idee  befasse. 

Nan  ereignete  sich  ein  höchst  merkwürdiger  Zufall,  welchen 
Arthnr  Chevalier  in  seinem  Werke  ,,Etude  sur  la  vic  et  les  travaiix 
ioitmtiflques  de  Charles  Chevalier"  (Paris  1862)  erzählt  Einige  Tage 
tMch  dem  Besuche  des  Oberst  Niepce  kam  zu  den  Optikern  Chevalier 
tön  fremder  junger  Mann,  welcher  eine  billige  Camera  obscura  kaufte 
und  ftoflerte:  „es  tue  ihm  sehr  leid,  dal)  seine  Mittel  ihm  nicht  erlauben, 
•ioe  beseere  Kamera  (Appareil  ä  prisme)  zu  kaufen,  denn  mit  einem 
solohen  hoffe  er  das  Bild  auf  der  matten  Scheibe  der  Kamera  besser 
ftzieren  ed  kfinnen".  Gleichzeitig  wies  er  positive  Bilder  auf  Papier 
▼or,  Ton  welchen  er  sagte,  daß  sie  durch  Lichtwirkung  hergestellt  seien. 
SpUer  brachte  er  an  Chevalier  ein  Fläschchen  mit  einer  braunen,  an- 
gebtiob  lichtempfindlichen  Flüssigkeit.  Chevalier  konnte  kein  Resultat 
damit  erhalten,  auch  Daguerre  nicht  (dem  Chevalier  davon  erzählt 
hatte),  man  wartete  auf  die  Rückkehr  des  Unbekannten  .  .  .  jedoch  ver- 
geblich; er  kam  niemals  wieder. 

Jedoch  sprach  Chevalier,  nach  diesen  erfolglosen  Versuchen  mit 
der  branneo  Flüssigkeit,  mit  Daguerre,  daß  auch  Nic6phore  Niepce 
äcb  mit  heliographischen  Yersuchen  befasse;  er  gab  dem  Daguerre 
die  Adresse  Niepces  und  riet  ihm,  sich  mit  demselben  in  Verbindung 
ZQ  setzen.  Daguerre  wies  anfangs  diesen  Vorschlag  zurück,  aber 
sp&ter  besann  er  sich  eines  anderen  und  schrieb  einige  Tage  nachher 
(gegen  Ende  Januar  1826)  an  Nic^phore  Niepce. 

Nic6phore  Niepce  hatte  inzwischen  seine  heliographischen  Ar- 
beiten  fortgesetzt  und   im  Jahre  1824   ein  Porträt  auf  Zinn  (Porträt 

1)  Diesas  „Piisme  mönisque"  war  ein  von  den  Brüdein  Chevalier  erfnndenea 
optiacAws  iDstnunent  mit  einem  Glaskörper,  welcher  cineiseitR  konkav,  andererseits 
konvex  war. 


160  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

des  Kardinals  Georges  d'Amboise,  Minister  Louis'  XII.)  hergestellt.  Be- 
treffs dieser  Gravüre  erfahren  wir  zum  ersten  Male,  durch  die  Mit- 
teilung seines  Sohnes  Isidore  Niepce,^)  die  Methode,  welche  Nic6- 
phore  damals  angewendet  hatte;  es  war  eine  Lösung  von  Asphalt  in 
Dippels  animalischem  öle,-)  welche  auf  die  Zinnplatte  aufgetragen 
war  und  durch  „ein  Lösungsmittel"  fixiert  und  dann  geätzt  wurde. 
Nic6phore  sendete  die  Platte,  um  sie  tiefer  zu  gravieren,  an  Lemattre, 
einen  geschickten  Pariser  Graveur.  Diese  Photographie,  ohne  Zweifel 
die  älteste  photographische  Reproduktion  (Heliogravüre)  schenkte  später 
Isidore  Niepce,  der  Sohn  Nic6phore  Niepces,  dem  Museum  in 
Chälon.  Bei  der  Pariser  Weltausstellung  1900  war  diese  Heliogravüre 
in  der  Klasse  12  (Mus6e  rötrospectif,  Photogr.)  ausgestellt  und  ist  im 
Bericht  des  Ausstellungskomitees ^)  abgebildet;  mit  Genehmigung  dieses 
Komitees  wurde  diese  erste  Heliogravüre  in  Fig.  23  für  diese  „Geschichte" 
reproduziert.  Am  1.  Januar  1827  schickte  Niepce  an  Lemattre  bereits 
zwei  Kupferplatten,  welche  zum  Ätzen  bereit  waren,  und  kurz  da- 
nach fünf  mit  Essigsäure  schwach  geätzte  Zinnplatten,  und  schreibt,  daß 
er  insbesondere  sich  damit  beschäftigte,  mittels  der  Kamera  Gravuren 
zu  erhalten. 

Mittlorweile  war  der  in  London  befindliche  Bruder  Claude  er- 
krankt und  Nic6phore  reiste  über  Paris  nach  London.  Er  hielt  sich 
einige  Tage  in  Paris  auf,  und  sah  (1827)  nicht  nur  Daguerre,  sondern 
auch  Lemaitro.  In  dieser  Epoche  spricht  Nic6phore  enthusiastisch 
von  dem  Diorama  Daguerres  (s.  u.)  und  teilt  in  einem  Briefe  vom 
4.  September  1827  an  seinen  Sohn  Isidore  mit,  daß  Daguerre  die 
Bilder  der  Camera  obscura  auf  phosphoreszierenden  Substanzen 
aufgefangen  habe,  „welche  Substanz  begierig  Licht  aufeaugt,  aber  nicht 
lange  zurückhalten  kann". 

Als  Nicöphore  nach  London  kam,  traf  er  seinen  Bruder  Claude 
schwer  krank  an.  Gelegentlich  eines  Aufenthaltes  in  Kew  lernte  er  das 
Mitglied  der  Royal  Society  in  London,  Francis  Bauer,  kennen,  und 
wünscht  durch  ihn  ein  „Memoire"  nebst  Gravuren  der  Royal  Society 

1)  Brief  Isidore  Niepces  an  Fouque  vom  10.  März  1867,  also  vienig  Jahre 
später!    (Fouque  a.  a.  0.  S.  122.) 

2)  Es  scheint  mir  keiu  bloßer  Zufall  zu  sein,  daß  Nicephore  Niepce  gerade 
Bippels  animalisches  Ol  (durch  trockene  Destillation  von  Knoohen  erhalten)  zur  Auf- 
lösung benutzte,  sondern  es  mag  ihm  die  Beobachtung  älterer  Chemiker  über  die 
IJchtempfindlichkeit  dieses  Öles  bekannt  gewesen  sein  (s.  8.  110  und  113;  Swindern 
im  Jahre  1805  und  Link  im  Jahre  1808);  die  Idee  liegt  nicht  so  fem,  dafi  man  die 
Lichtempiindlichkeit  dieses  Otes  mit  jener  des  Asphalts  kombiniere. 

3)  Rapport  du  Comite  d'installation.  Musee  retrospectif  de  la  Glasse  12  Exposit 
universelle  1900.   Paris  1903.    S.  11. 


.D  monu        ai  :  aROui,  a         ii     ■- 

biDgendcai  Haierei  re._.jafile  Saguerre  die  ttel  zu  seinen  pboto- 
graphisohen  Experimenten  und  zur  Fortführung  des  Betriebes  seiner 
Uotemehmtuig,  bis  1839  eine  Feuersbrunst  das  Diorama  und  seine 
Einrichtang  zerstörte  (s.  weiter  unten). 

Fig.  26  veranschaulicht  (nach  Tissandier,  Los  merveilles  de  la 
Photographie,  Paris  1874)  eine  sdcbe  Vorführang  im  Daguerre- 
Diomna  im  Jahre  1822. 


Das  BioramA  Baguerres  bestAnd  aus  Oemald£ii  woi  n  d  o  \ndeniDgen  d 
dw  Beleuchtung  (Tages  und  Abend beleuchtang  ugw  )  LunsÜtch  uacfageahmt  \iurdeD 
m  auzelnen  Fftllen  war  damit  das  Terscbwinden  und  Sicbtbarn erden  der  Fguren 
TnirnndeD  Diese  Effekte  wurden  dadurch  erreicht  daß  dte  Btidflache  auf  beiden 
Seiten  bemalt  Tind  bald  von  vom  bald  von  ni<.kwkrts  beleuchtet  war  £a  kam  dann 
das  Bild  eines  nnd  deBselben  OegenslandeB  uoter  geänderten  Umstäiideii  zum  Tor 
u^Mui,  E  B  der  Vbbdv  im  aoflaUenden  Licht  f  ir  den  Tag  im  diircbgelassenen  Li  bt 
fOr  die  Nuht 


In  Fig.  27  sehen  wir  ein  Portrat  Daguerres,  aus  dem  Ende  der 
swanriger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  stammend;  die  in  Fig.  28 
abgebildete  Daguerre-Büste  {s.  S.  167)  stellt  ihn  gleichfalls  aus  jener 
Zeit  dar. 


Ein  vohlerbaltenes  Panoramagemälde  von  Daguerres  Hand  be- 
findet sich  hinter  dem   Altar  der  Kirche  in   Bry-sur- Marne,    welches 


162  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

graphische  Ätzungen.  Betreffs  der  letzteren  sagte  Nic6phore  ausdrück- 
lich, daß  die  Gravuren  durch  Druckerschwärze  auf  Papier  vervielfältigt 
werden  können;  nähere  Details  über  die  Herstellung  gab  er  nicht  an.') 
Im  Januar  1828  kehrte  Nicöphore  nach  Frankreich  zurück;  Claude 
starb  zu  Kew  Green  am  10.  Februar  desselben  Jahres. 

Niepce  sandte  dann  durch  Mr.  Aiton  Proben  seines  Verfahrens 
dem  englischen  Könige  ein,  aber  mit  keinem  besseren  Erfolge.  Er 
wohnte  nicht  weit  von  Kew  und  während  seines  Aufenthaltes  machte 
er  ein  Bild  von  der  Kirche  in  Kew,  welches  sich  noch  im  British 
Museum  befinden  soll. 


Wir  müssen  uns  jetzt  etwas  näher  mit  Daguerre  befassen. 

Louis  Jacques  Mand6  Daguerre  war  am  18.  November  1787 
zu  Cormeilles-en-Parisis  in  Frankreich  geboren.*) 

Daguerres  Vater  war  erster  Gerichtsdiener*)  in  Gormeilies-en- 
Parisis  (Seine- et- Oise),  verließ  aber  diesen  Ort  und  zog  nach  Orl6ans 
als  Beamter  der  Königlichen  Staatsdomäne.  Der  junge  Daguerre,  der 
Talent  zum  Zeichnen  zeigte,  trat  im  Alter  von  16  Jahren  ins  Atelier 
des   renommierten  Dekorationsmalers  Degatti,   leistete  Gutes   in  Per- 


1)  Bei  seinem  Aufenthalte  in  England  (1827)  gab  Niepce  einem  Herrn  Cussel 
in  Kew  bei  London  eines  seiner  Bilder.  Der  letztere  schrieb  auf  die  Rückseite  de» 
Bildes:  „Dieses  Prototyp  (ohne  Zweifel  irrtümlich  statt  „Phototyp")  wurde  mir  zu 
Kew  im  Jahre  1827  von  Herrn  Niepce  gegeben,  dem  man  die  Erfindung  dieser 
Kunst  verdankt ^^  Jos.  EUis  zu  Bnghton  hatte  das  Bild  noch  Ende  der  fünfziger 
Jahre  in  den  Händen  Cussels  gesehen  und  wünschte  es  zu  erwerben,  was  ihm  dieser 
abschlug,  da  er  selbst  hohen  Wert  auf  den  Besitz  desselben  legte.  £11  i 8  ließ  jedoch 
das  Bild  nicht  mehr  aus  den  Augen  und  als  Cussel  zu  Beginn  der  sechziger  Jahr» 
gestorben  und  dessen  Nachlassonschaft  verkauft  worden  war,  stellte  er  NachforsdiaDgen 
danach  an  und  fand  das  Bild  in  den  Händen  eines  Trödlers,  welcher  es  für  ein» 
Silberplatte  gehalten  hatte.  Die  Bückwand  war  abgekratzt  worden,  am  sich  davon  zu 
überzeugen,  aber  er  erkannte  in  der  Folge,  daß  das  Metall  Zinn  nnd  nicht  Silber  seiy 
welchem  Umstände  allein  es  zuzuschreiben  sein  dürfte,  daß  das  historisch  wichtige 
Stück  nicht  in  dem  Tiegel  eines  Schmelzers  seinen  Untergang  gefanden  hat:  Ellis 
kaufte  das  Bild  und  bewahrte  es  mit  Sorgfalt  auf.  Es  war  eine  in  der  Camera  obscara 
auf  einer  asphaltierten  Zinnplatte  erhaltene  Reproduktion  eines  Stiches.  (Fhotogmph. 
News.  Juli  1862.   Horns  Photogr.  Journ.  Bd.  19,  S.  4.) 

2)  Yergl.  über  Daguerres  Biographie  auch  Colsons  „Meraoires  originaax 
des  creatures  de  la  Photographie",  Paris  1898;  femer  Blanqaart-Evrard,  La  Photo- 
graphie ses  Origines,  Lille  1870.  —  Mentienne,  La  decoarerte  de  la  Photographie 
en  1839.  Paris  1892.  —  In  Poggendorffs  „Biogr.-liter.  Handwörterbache  aar  Ge- 
schichte der  exakten  TVissenschaften '^  (1863, 1,  S.  509)  ist  das  Geburtsjahr  Dagaerrea 
irrtümlich  mit  1789  angegeben. 

3)  Es  ist  nicht  richtig,  daß  Daguerres  Eltern  Bauern  in  der  Nonnandie 
waren,  wie  mitunter  angegeben  wird. 


\  naieaciraing,  arbeitete  später  in  Oemeinsc  t  mit  Pr^Tost 
an  vielen  PanoraiDen  (Rom,  Neapel  usw.)  und  assoziierte  sich  mit  Bouton 
1822  Eur  Erfindung  und  Konstruktion  seines  Dioramas. 

Dag^uerre  behandelte  die  Liebt-  UDd  BeleuchtungsefFekte  mit 
Btannenswerter  Oeschicblichkeit  und  stattete  eine  Anzahl  von  Opern 
aof  Pariser  Bühnen  aus.  Insbesondere  wurde  er  dnrch  das  von  ihm 
erfundene  Diorama  bekannt,  welches  er  im  Jahre  1822  iu  Paris 
errichtete. 

Dagaerres  Diorama  befand  sich 
in  Paris,  Rue  de  Uarais  Nr.  15.  Es 
war  ein  einfaches  Hans  mit  einem 
Halfflvtelier  und  ist  in  Fig.  24  ab- 
gebildet') 

Daselbst  führte  Daguerre  auch 
die  Direktionsgeschäfte  seines  Unter- 
nehmens. Trotzdem  daH  ihn  damals 
schon  seine  Versuche  zur  Herstellung 
von  Lichtbildern  sehr  in  Anspruch 
nahmen,  leitete  er  sein  Diorama  auch 
geschäftlich,  wie  untenstehend  fahsirail 
abgedruckter  Brief  Daguerres  vom 
Jahre  1630,  dessen  Original  sich  iu 
den  Sammlungen  der  Wiener  Photo- 
graphischen  Oesellscbaft  befindet,  zeigt 

Das  in  Fig.  25  reproduzierte 
Schreiben  Daguerres  lautet  in  deut- 
scher Sprache: 

Paris,  1.  Jnli  1830. 
"Werter  Herr  Dauptainf 
Da  M  mir  gestom  onmoglich  war  den  lützten  Wechsel  von  548  Franks  zu 
beiahlen,  so  habe  ich  mich  zu  deo  Herren  Camus  uod  Cotu  begeben  und  sie 
gebeten  mir  bis  morgen  Freitag  Zeit  zu  lassen,  was  die  Herren  gerne  auf  ein  Wort 
T(m  Ihnen  tun  werden.  Haben  Sie  die  Gofälligkeit  und  übergeben  Sie  dieses  Wort 
dem  Obeibnnger. 

Ihr  ganz  ergebener 

Dagu.rr.. 
Eenen  Camus  nnd  Cotn,  Rue  des  Arcis  Nr.  17. 

Man  ersieht  aus  diesem  Schreiben,  daß  Daguerre  damals  manch- 
mal in   Oeldverlegenheit  war;    trotzdem    konnte   er  als  ziemlich  wohl- 


1)  Nach  Tennaut  and  Wards  „The  Photomini ature",  Mftrz  1904,  S.  550. 


164 


Erster  Teil.    Sechzehntes  Ki^)itel. 


Bi 


xi^rama. 


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Fig.  26.    Reproduktion  eines  Originalbriefes  von  Dagaerre. 


Nioephora  Niepoe  und  Dagaerre. 


16& 


habend  gelten.  Du  Ertrfignis  des  Dioramas  und  der  damit  zosammen- 
iden  Malerei  verschaffte  Dagaerre  die  Mittel  zu  seinen  photo- 
.  Experimenten  und  zur  Fortführung  des  Betriebes  seiner 
Dotemehmnng,  bis  1839  eine  Feuersbrunst  das  Diorama  und  seine 
iESnrichtimg  zentSrte  (s.  weiter  unten). 

Hg.  26  TeranBchauUcht  (nach  Tissandier,  Les  merreilles  de  la 
Photographie,  Paris  1874)  eine  solche  Vorführung  im  Daguerre- 
DiMama  im  Jahre  1822. 


Fig.  2fl, 


Das  Diorama  Dagnerres  beBtaiid  aus  <ieniäl<lcn,  worin  dio  Aaderungon  in 
der  Belenohtnng  (Tiges-  nnd  Abeadbeleuchtuoi;  luw.)  küustlicli  iiacbgeabmt  wurden; 
in  einulnaD  IVIen  war  damit  das  Veracbwinden  und  Sicht banvurdeo  der  Figuren 
nrbandeii.  Diese  Effekte  wurden  dadurch  erreicht,  daß  die  Bildfläche  auf  beiden 
3«teii  bemalt  nnd  bald  von  vom,  bald  voa  rückwärts  beleuchtet  war.  Es  kam  dann 
daa  BiU  einea  und  desselben  Gegenstandes  unter  geänderten  Umständen  zum  Vor- 
Mhein,  i.  B.  derTeaaT  im  auffallenden  Licht  Tür  den  Tag,  im  durch  gelassenen  licht 
Ht  die  Naohi 


In  Fig.  27  sehen  wir  ein  Porträt  Daguerres,  aus  dem  Ende  der 
zwanäger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  stammend:  die  in  Fig.  28 
ibgebildete  Daguerre-Büste  (s.  f:;.  167)  stellt  ihn  gleichfulls  aus  jener 
Zrat  dar. 


Ein  wohlerhaltenes  Panoramagemälde  von  Daguerres  Hand  be- 
findet sich  hinter  dem  Altar  der  Kirche  in  Brr-sur-Marne.    welches 


.'.it .  

Erater  Teil.    Seohxehntes  Kapitel. 

über    Anregung     eines    Fräalein    von    Rigiiy    entstand,     welche    zu 
Daguerrea    Zeit    in    Ery    lebte.      Diese    sehr   gelehrte    Dame')    oblag 


wissenschaftlichen    Studien    und    nahm    Unterricht    in    Astronomie 
Laplace  und   ßouvard.      Sie    interessierte   sich    für  Daguerre    und 

1)  Sie  starb  1B57  auf  ibrem  Schlosse  Bry  im  Aller  ^ 


2  Jahren. 


Ftfttz  tÜT  da-  — Id  zu  i ffea,  ließ   sie  auf  ihre  Koi         eii    i  Z 

btit  in   der  Kirche  hinter  dem    Altar  machen.     Daguerre  ar    i 


{geführt. 


Monate    eifrig,     oft    fünfzehn    Stunden    in     einem     Tage    an 

BUde,    welches    das    Innere    einer    gotischen   Kathedrale    vor- 

nd  den  guten  perspektivischen  ESekt  seiner  „Diorama"  erkennen 


-jäMd 


Erster  Teil.    SecbEohntes  Kapitel. 

läßt^)     Fig.  29  zeigt  die  Reproduiction   dieses   Interieurs   nach   ein^ 
Photographie,   welche  Herr  Demaria  in    Paria   dem  Verfasser  diesef" 
„Geschichte''  freundlictist  zur  Verfügung  stellte. 

Aber  neben  diesen  liiinstteriscben  Arbeiten  beschäftigte  sich 
Daguerre  auch  anhaltend  mit  physikalischen  Studien,  besonders  über 
das  Lieht  und  dessen  Wirkungen.  Er  scheint  jedoch  damals  bloß  mit 
phosphoreBüierenden  Substanzen  gearbeitet  zu  haben  (s.  o.)  und  seine 
Studien  wendete  er  hauptsächlich  der  Camera  obscura  zu.  Daguerre 
verbesserte  die  Camera  obscura  dadurch,  daß  er  an  Stelle   der  früher 


allgemein  gebräuchlichen  bikonvexen  linse  die  von  Wollaston  (1812) 
eingeführte  neuere  Form  der  periskopischen  Linse  (s.  Kap.  „Objek- 
tive") wählte;  die  optischen  Behelfe  lieferte  ihm  der  renommierte  Optiker 
Charles  Chevalier  im  Palais-Royal  in  Paris,  mit  welchem  er  auch 
öfter  verkehrte.  Es  wurde  bereits  oben  mitgeteilt,  wie  Chevalier  die 
Veranlassung  bot,  daß  sich  Niepce  und  Daguerre  einander  näherten, 
in  Korrespondenz  und  in  persönlichen  Verkehr  traten. 


1)  Ueotieane,  ,Ia  Decouverte  de  la  Pbotogr.  ea  1839* 
—  G.  E.  Brown,  ,T5ie  Amateur-Photographer"  1904,  Bd. ; 


Paris  1892  (F.  Dnpol^^H 


.  i(     r  Del         ttB,   inlol)^  der  gegei       i 

Beeoqnis,  sa  riel  von  des  gewonnenen  Resultaten  preiszugeben,  ein 
sehr  zorQekbaltender.  Nic6phore  Niepce  brachte  die  Angelegenheit 
im  Jahre  1829  zur  Entscheidung,  indem  er  an  Daguerre  einen  An> 
tng  stellte,  sieb  mit  ihm  zu  vereinigen  zur  weiteren  Vervollkommnung 
der  heliographischen  Prozesse. 

Am  14.  Dezember  1829  wurde  ein  notarieller  Vertrag  zwischen 
Nic6phore  Niepce  und  Daguerre  geschlossen,  zu  welchem  Zwecke 
Dagaerre  eigens  nach  Gh&lon  gekommen  war.  In  diesem  Vertrage, 
welcher  tod  Niepce  and  Daguerre  unterzeichnet  wurde,  beißt  ee  im 
1.  Artikel:  „Zwischen  Niepce  und  Daguerre  wird  eine  Oesellschafl 
getnldet,  tun  zusammen  zu  wirken  fUr  die  Verbesserung  der  von 
M.  Niepoe  gemachten  und  von  Daguerre  vervollkommneten 
Bifindang. 

Bm  der  hiBtarächeo  Wichtigkeit  dieses  Vertrages  geben  wii-  densolbcD  genau 
wiedsr: 

QrundUgea  dos  vorläufigeo  Vertrages 
zwiiohen  dan  Ünteraeichneten,  Herrn  Joseph  Nlcephore  Niepcu,  Grimdbcsitiur, 
wohnlwlt  m  CUlon-anr- Saune,  DejiartemeDt  Ssüno-et-Loirc,  eiuerKuitK  und  Ilemi 
Lonii  Jsaqnes.  Hände  Daguerre,  Kunstmaler,  Uitgliod  der  ßhri'tilegion,  Ver- 
walter des  Diorcniaa,  wohnhaft  zu  Paris  im  Diorama,  andererseits, 
wdohe,  um  die  Bildnag  einer  von  ihnen  geplanten  Oeselbeliart  herbe izufiihrcu,  vor- 
Unllg  folgendee  festgeBetst  haben: 

Ben  Niepce  hat  in  dem  Bestreben,  durch  ein  neues  Uittel  uhne  Zuhilfe- 
nahme eines  Zeichoera  die  Anak'hteo.  welche  die  Natnr  bietet,  zu  fixieron,  Unter- 
mafanngen  angestellt .  deren  Resultate  in  zahli'eichen  die  Erfindung  beHtUtigenden 
Froben  vorliegen.  Diese  Erfindung  besteht  in  der  von  selbst  vor  sich  gehenden  Be- 
pTodoktiOD  der  in  der  Duntelkammer  aufgenommenen  Bilder. 

HerrDagnerre.  dem  er  Mitteilung  von  seiner  Erfindung  gemacht  bat.  erbietet 
siah,  da  er  ihren  Wert  mit  Interesse  anerlannt  hat,  zumal  .sie  einer  grolJen  VorvoU- 
kaaunnnng  fShig  ist,  sich  mit  Hoirn  Nit;pce  zu  vereinigen,  um  diese  Vcrvollkoinm- 
mmg  iD  erreichen  und  alle  nur  müglichcu  Vorteile  aus  liieseni  neuen  Industriezweig 
n  ziehen. 

Nach  dieser  Auseinandersetzung  haben  die  Kontrahenten  in  folgender  Weise 
die  TOrlSoflgea  und  grundlegenden  Satzungen  ihrer  Vereinigung  festgesetzt: 

Art.  1.  Unter  der  Firma  Niepoo-Daguerre  wird  zwischen  Jen  Herren 
Niepoe  nnd  Dagaerre  eine  Oosellschaft  zur  gemeiiis<.'baftlicben  Arbeit  an  der  Yur- 
voOkomnuiDDg  der  erwähnten,  von  Herrn  Niepco  gemaubten  und  von  Herrn 
Daguerre  vervollkommaeteo  Eiünduug  gegründet. 

Art.  2.  Die  Daoer  dieser  Gesellschaft  wird  mit  lü  Jahren  vom  14.  Dezumber 
das  laufenden  Jahres  ab  festgesetzt;  vor  diesem  Termin  kann  die  (iesellschaft  ohne 
beidwantige  Zostimmung  der  Parteien  nicht  aufgelöst  wcrdi.>n.  Im  Fall  d<^s  Ablebens 
^e>  der  b«den  Geselhichaftcr  tritt  für  dcoselben  in  die  Gesollsuhaft  für  den  Host 
dw  noch  nioht  abgelaufenen  10  Jahre  sein  Rech Lsn ach fotger  ein:  auch  darf  im  Fall 
dea  Ablebana  eines  der  beiden  Teilhaber  die  enfilhntc  Erfindung  nur  uuter  den  beiden 
Namen,  welche  in  Ait.  1  angegeben  sind,  veröffentlicht  u-erdcn. 


170  Ereter  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

Art.  3.  Sofort  nach  der  Vollziehung  des  gegenwärtigen  Vertrages  hat  Herr 
Niepce  Herrn  Daguerre  unter  dem  Siegel  des  Geheimnisses,  welches  hei  einer  in 
allen  Kosten,  Schäden  und  Zinsen  hestehonden  Konventionalstrafe  zu  wahren  ist,  das 
Prinzip,  auf  welchem  seine  Erfindung  heruht,  mitzuteilen  und  ihm  die  genauesten 
und  eingehendsten  Dokumente  über  die  Natur,  die  Anwendung  und  die  verschiedenen 
Verwendungen  der  sich  daran  anknüpfenden  Verfahren  zur  Verfügung  zu  stellen,  um 
dadurch  mehr  Übereinstimmung  und  Beschleunigung  in  die  Untersuchungen  und  Ver- 
suche zu  bringen,  welche  auf  die  Vervollkommnung  und  Ausnutzung  der  Ei-findung 
gerichtet  sind. 

Art.  4.  Herr  Daguerre  verpflichtet  sich,  bei  Vermeidung  der  erwähnten  Kon- 
ventionalstrafe, das  größte  Schweigen  zu  bewahren,  sowohl  hinsichtlich  des  grund- 
legenden Prinzips  der  Eifmdung,  als  hinsichtlich  der  Natur,  der  Verwendung  und  An- 
wendungen der  Verfahren,  welche  ihm  mitgeteilt  werden  sollen,  und  aui^erdem  so 
viel  als  möglich  an  den  für  nötig  erachteten  Verbesserungen  mitzuarbeiten  unter  Ein- 
setzung seiner  Kenntnisse  und  seiner  Talente. 

Art.  5.  Herr  Niepce  bringt  in  die  Gesellschaft  ein  und  übereignet  derselben 
seine  Erfindung,  welche  den  AVert  der  Hälfte  des  Ertrages  dai'stellt,  dessen  sie  fähig 
ist,  und  Hen-  Daguerre  bringt  eine  neue  Anordnung  der  Dunkelkammer,  seine 
Talente  und  seine  Geschicklichkeit  ein,  welche  der  anderen  Hälfte  des  erwähnten  Er- 
trages gleich  geachtet  werden. 

Art.  ().  Sofort  nach  Ausfertigung  des  gegenwärtigen  Vertrages  hat  Herr 
Daguerre  unter  dem  Siegel  des  Geheimnisses,  welches  bei  einer  in  allen  Kosten, 
Schäden  und  Zinsen  bestehenden  Konventionalstrafe  zu  wahren  ist,  Herrn  Niepce 
das  Prinzip  mitzuteilen,  auf  welchem  die  Vervollkommnung  beruht,  welche  er  an 
der  Dunkelkammer  angebracht  hat,  und  ihm  die  genauesten  Dokumente  über  die  Natur 
der  erwähnten  Vervollkommnung  zur  Verfügung  zu  stellen. 

Ali;.  7.  Die  Herren  Niepce  und  Daguerre  haben  zur  gemeinsamen  Kasse 
je  zur  Hälfte  die  zur  Gründung  dieser  Gesellschaft  nötigen  Geldmittel  einzuzahlen. 

Art.  8.  Sollten  die  Gesellschaftor  es  für  angebracht  halten,  die  erwähnte  Er- 
findung mittels  des  Prozesses  des  Graviereus  zur  Anwendung  zu  bringen,  d.  h.  die 
Vorteile  festzustellen,  welche  für  einen  Graveur  aus  der  Anwendung  der  erwähnten 
Verfahren  entspringen  könnten,  so  verpflichten  sich  die  Herren  Niepoe  und  Daguerre, 
keine  andere  Persönlichkeit  als  Herrn  Lemaitre  zur  Ausführung  der  erwähnten  An- 
wendung zu  wälilen. 

Art.  9.  Dei  Abschluß  des  endgültigen  Vertrages  ernennen  die  Gesellschafter 
unter  sich  den  Direktor  und  den  Kassierer  der  Gesellschaft,  welche  ihren  Sitz  in  F^s 
hat.  Der  Direktor  hat  die  von  den  Gesellschaftern  festgesetzten  Unternehmungen  zu 
leiten,  der  Kassierer  die  durch  den  Direktor  im  Interesse  der  Gesellscl^aft  ihm  über- 
wiesenen Guthaben  einzuziehen  und  Zahlungsanweisungen  zu  bezahlen. 

Alt.  10.  Das  Amt  des  Direktors  und  das  des  Kassiei-ers  laufen  auf  die  Daaer 
des  gegenwärtigen  Vertrages.  ^Wiederwahl  ist  zulässig.  Eine  Entschädigung  für  ihre 
Müh  waltung  hat  weder  der  Direktor  noch  der  Kassierer  zu  beanspruchen,  doch  kann 
ihnen  ein  Gewinnanteil  als  Entschädigung  bewilligt  werden,  wenn  bei  Abschluß  des 
endgültigen  Verti-ages  von  den  Gesellschaftern  so  bestimmt  werden  sollte. 

Art  1 1 .  Jeden  Monat  hat  der  Kassierer  dem  Direktor  seine  Abrechnungen  und 
die  Bilanz  der  Gesellschaft  darzulegen,  und  alle  Halbjahre  teilen  die  Gesellsohafter 
den  Gewinn  unter  sich  in  der  weiter  unten  festgesetzten  "Weise. 

Art.  12.  Die  Abrechnungen  des  Kassierei-s  und  die  Bilanz  sind  alle  Hallyahre 
durch  die  Gesellschafter  zu  prüfen,  zu  vollziehen  und  zu  entlasten. 


fritantai  Erfindi  ,  Tie  diqeDigoD,  welche  an  der  Donkelumtner  angebraottt  werdaa, 
tind  nnd  bleiben  SUgeDtum  der  beiden  Oesellschaiter,  welche,  nenn  sie  zu  dem  Ziele, 
wdohee  sie  sich  geatellt  haben,  gelangt  Bein  werden,  auf  Grundlage  des  gegenwärtigen 
ToTtrag»  einen  endgültigen  Vertrag  unter  sich  abschliellen  werden. 

Art  14.  Der  Gewinn  der  Oeaellschaftur  nus  dem  ßeinertmg  der  GexellBchaft 
liat  TOT  Hüfte  au  Herrn  Niepue  bIb  Erfinder,  zur  HStrte  nn  Herrn  Daguerre  für 
■aiDe  TervoUkoromnnngen. 

Art  15.  Alle  Streitigkeiten,  welche  zwischen  den  GcsdlschaFterD  aus  dem 
gcgenwirtigen  Vertrage  entstehen  lionnten,  sind  mit  Ausscblul!  der  Ani'ufung  dea 
Oeriohtaa  endgültig  dnrcb  BubiedBricbter  zu  entBcheiiicn,  welche  von  beiden  Teilen  in 
gfitliofaer  Vereintnmng  gemäß  Art.  51  des  I^ndeagesetzbuchea  zu  bcrurea  sind. 

Art.  16.  Im  Falle  der  AaflÖsung  der  Gesellüchaft  ist  die  Liquidation  dnrcb  den 
Eassiera'  naob  gütlicher  Vereinbarung  allein,  odor  durch  beide  Gesellschafter  gemein- 
BebafUioh,  oder  endlich  darch  eine  dritte  Person  auszufüln-en ,  welche  aie  in  gütlicher 
TereinbaniDg  bestimmen,  oder  welche  durch  den  zuständigen  Richter  auf  Anrufen  des 
gwohlftatührendon  Teilhabers  bestimmt  wird. 

Genehmigt  und  unterschriftlich  anerkannt. 


J.  N.  Niepce. 


Genehmigt  und  nnterscbriftlich  anerkannt. 


Kingetragen  ins  Register  zu  Chilon-sur-  SaCno  den  U.  Man  1830,  f.  32  V.  C.  9 
md  ff.    Empfangen  fünf  Francs  50  Centimes,  einschlicniich  des  Zehuten, 

Decordeaux. 

Die  SchlaBklausel  dieses  wichtigen  Vertrages  bringen  wir  im  ge- 
treuen Fakeimile  (Fhotozinkotypie)  in  Fig.  30,  worin  auch  die  authen- 
tischen Unterschriften  J.  N.  Niepces  und  Daguerres  ersichtlich  sind. 

In  Artikel  3  dieses  Vertrages  verpflichtet  sich  Niepce,  die  Prin- 
zipien seiner  Erfindung  genau  zu  beschreiben.  Da  dieses  Aktenstück 
eiiialten  ist,  so  wissen  wir,  daß  Niepce  bereits  vollkommen  genau  die 
beliographische  Asphaltmethode  kannte. 

Diese  „Notioe  snr  l'Heliographie  von  Niccphore  Niepce.  welche  als  Nach- 
trag «n  dem  erwähnten  Verlrtige  vom  Jahre  1829  geschrieben  wurde,  war  von 
Daguerre  selbst  veröffentlicht  worden  und  zwar  in  seiner  „Hiätorique  et  description 
des  prooedea  du D agner reotypo  et  du  Diorama;  par  Daguerre.  Pariu  1839.'-  Dieselbe 
findet  eich  auch  abgedruckt  in  Foui^ues  zitiertem  "Werke,  Ich  gebe  dic^  Stelle  in 
extenso  wieder.    Nicephore  Niepce  schrieb: 

Die  Entdeckung,  die  ich  gemacht  habe  und  die  icb  mit  dem  Nauicn  Heliographie 
besdohne,  besteht  darin,  die  durch  die  Camera  obscnra  aufgenommenen  Bilder  durch 
die  Tirtung  des  Lichts  mit  den  Abstufungen  der  Tinten  von  Schwarz  bi.s  zu  \\'eiß 
TOD  BBlbst  aofiufassen. 

Grundbegriff  dieser  Entdeckung. 

Das  Licht  im  Zustand  seiner  Zusoniniensetznng  und  Zerlegung  wirlit  chemisch 
«nf  verschiedene  Körper.  Es  wird  von  denselben  eingesogen,  vereinigt  sich  mit  ihnen 
and  teilt  ihnen  neue  Eigenschaften  mit.  So  vermehrt  dasselbe  die  natürliche  Dicht- 
brit  üniger  dieser  Körper,  es  macht  sie  sogar  fest  und  mehr  oder  weniger  unauf- 


1  der  Ur     v      der  EntaeokuDg. 

Erster  Stoff.    Zaberei  tnng. 

Die  eiBte  Sobatuiz,  welche  ioh  uwende,  dtqenige,  mit  welcher  mein  Verfahreu 
am  beatan  gifiekt  oud  die  mehr  onmittelbu'  zur  Hervorbriogung  der  Wirkung  beitragt, 
ist  der  AspliKlt  oder  das  sogenaiiate  Jadeopech,  welches  anf  folgeode  Weise  in- 
bemtet  wird: 

loh  fülle  ein  Olaa  mit  diesem  pulveriBJarteu  Pech  bie  zur  Hälfte  und  gieBe  so- 
dann Tropfen  für  Tropfen  Laveodelöt  darauf,  bis  das  Pech  nichts  mehr  einsangt  und 
non  eben  ganz  davon  durohdrangen  ist  Sodann  gieBe  ich  noch  so  viel  von  diesem 
■tfaerischen  Ol  danui,  daß  es  ungefähr  drei  Linien  hoch  über  der  Mischung  steht, 
die  man  alsdann  indectt  und  einer  mäßigen  Wärme  aussetzt,  bis  das  noch  darauf 
gegoeBene  Stherisohe  öl  von  dem  FärbestofT  des  Judenpechs  gesättigt  igt  Wenn  dieser 
I^rais  nicht  die  nötige  Konsistenz  hat,  so  läßt  man  ihn  in  einer  Kapsel  verdunsten, 
indem  man  ihn  vor  Feuchtigkeit  schützt,  die  ihn  verändern  und  am  Ende  zersetzen 
würde.  Diese  Unannehmlichkeit  ist  besonders  in  der  feuchten  und  kalten  Jahreszeit 
für  die  Camera  obecora  zu  befürchten.  *) 

Wenn  man  eine  kleine  Masse  dieses  Firnisses  mit  etuem  Ballen  von  sehr  zaitem 
Leder  kalt  aaf  eine  gut  polierte  Meta) I platte ,  die  mit  Silber  plattiert  ist,  aufträgt,  so 
gibt  sie  diesem  eine  schSne  rote  Farbe  und  verbreitet  sich  darüber  ais  ein  sehr  dünner 
nnd  gleichförmiger  Überzug.  Man  legt  hierauf  die  Tafel  auf  eine  heiße  Platte,  welche 
mit  I^tier  mehrfach  überdeckt  ist,  dem  man  dadurch  seine  Feuchtigkeit  vorläufig  ge- 
nommen bat,  und  wenn  der  Firnis  nicht  mehr  klebrig  ist,  so  zieht  man  die  Platte 
znräok,  um  sie  wieder  kalt  werden  und  bei  einer  gemäßigten  Teoiperstur,  geschützt 
Tor  dem  EänfloB  einer  feuchten  Luft,  vollends  trocknen  zn  lassen.  Ich  darf  nloht 
vergessen  za  bemerken,  daß  hauptsächlich  diese  Vorsicht  unerläßlich  ist,  wenn  man 
den  I^mis  aufträgt.  In  diesem  Falle  genügt  jedoch  eine  leichte  Scheibe,  in  deren 
Hittelpookt  ein  kurzer  Stift  befestigt  ist,  welchen  man  io  dem  Munde  hält,  um  die 
Feuchtigkeit  des  Atems  abzuhalten  und  zu  verdichten. 

Die  so  vorbereitete  Platte  kaun  unmittelbar  hierauf  der  Einwirkung  des  Lichtes 
ausgesetzt  werden-,  aber  auch  wenn  dieselbe  hiulüngliche  Zeit  zur  Entn-ickelung  der 
Wirkung  ausgesetzt  war,  so  zeigt  doch  nichts  die  wirkliche  Existenz  derselben  an. 
denn  der  Eindruck  bleibt  unbemerkbar. 

Es  handelt  sich  daher  darum ,  das  Bild  zu  entwickeln,  und  hierzu  gelangt  mau 
nur  mit  Hilfe  eines  Auflosungsmittels. 

Von  dem  Auflösuugsmittel, 
a)  Dasselbe  zu  bereiten. 
Da  dieses  Anflösungsmittel  nach  dem  Resultat  eingerichtet  werden  muß,  das 
man  in  erhalten  wünscht,  so  ist  es  schwer,  die  Verhältnisse  seiner  Zusammensetzung 
mit  Genani^eit  zu  bestimmen,  aber  unter  gleichen  Umständen  ist  es  besser,  daß  es 
«D  wenig  zu  sohwaoh  als  zu  stark  sei.  Dasjenige,  welches  ich  vorzugsweise  anwende, 
ist  ana  einem  Teil  Lavendelöl  und  sechs  Raumteilen  weißem  Steinöl  oder  Borgnapbta 
raaammengeBetct  Die  Mischung,  welche  zuerst  milchig  ist,  -wird  nach  zwei  bis  drei 
lagen  ganz  helL  Sie  kann  mehrere  Male  hintei-einander  gebraucht  werden;  sie  ver- 
liert ihre  auflösende  Eigenschaft  erst  dann,  wenn  sich  die  Sättigung  nähert,  was  man 


1)  Diese  Abhandlung  wurde  im  Monat  Dezember  niedergeschrieben 


174  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

daran  erkennt,  daß  die  Flüssigkeit  trüb  und  dunkelfarbig  wird;  man  kann  sie  aber 
destillieren  und  wieder  so  gut  als  früher  machen. 

Wenn  die  Platte  oder  Firnistafel  aus  der  Camera  obscura  genommen  ist,  so 
gießt  man  in  ein  Gefäß  von  Weißblech,  welches  1  Zoll  tief  und  länger  und  breiter 
als  die  Platte  ist,  eine  so  große  Quantität  von  diesem  Auflösungsmittel,  daß  die  Platte 
ganz  davon  bedeckt  wird.  Man  legt  diese  in  die  Flüssigkeit,  und  wenn  man  sie  unter 
einem  gewissen  Winkel  in  schiefem  Licht  beobachtet,  so  sieht  man  den  Eindruck 
nach  und  nach  erscheinen  und  sich  allmählich  enthüllen,  obgleich  noch  von  dem  öl 
vordunkelt,  das  mehr  oder  weniger  von  Firnis  gesättigt  darüber  fließt.  Sodann  nimmt 
man  die  Platte  heraus  und  stellt  sie  senkrecht  auf,  um  das  Auflösungsmittel  gut  ab- 
fließen zu  lassen.  Wenn  nichts  mehr  horabfließt,  so  schreitet  man  zu  der  letzten 
Operation,  die  nicht  weniger  wichtig  ist. 

Von  der  Abwaschung. 
Art  des  Verfahrens  dabei. 

Es  genügt  hierzu  eine  sehr  einfache  Vorrichtung,  die  aus  einer  Tafel  besteht, 
welche  vier  Fuß  lang  und  etwas  breiter  als  die  Platte  ist.  Diese  Tafel  ist  ihrer 
Länge  nach  von  zwei  Leisten  umgeben,  die  einen  hervorstehenden  Rand  von  zwei 
Zoll  Höhe  bilden.  Sie  ist  an  ihren  oberen  Enden  an  einem  Träger  befestigt,  mit 
Scharnieren,  die  es  möglich  machen,  sich  nach  Gefallen  auf-  und  abwärts  zu  bewegen, 
um  dem  Wasser,  welches  man  darauf  gießt,  die  nötige  Geschwindigkeit  zu  geben. 
Das  untere  Ende  der  Platte  mündet  sich  in  ein  Gefäß,  das  bestimmt  ist,  die  herab- 
fließende Flüssigkeit  aufzunehmen. 

Man  legt  die  Platte  auf  diese  abwärts  geneigte  Tafel  und  verhindert  das 
Herabgleiten  derselben  durch  zwei  kleine  Häkchen,  welche  jedoch  nicht  über  die 
Dicke  der  Platte  her\'orragen  dürfen.  Man  muß  in  der  gegenwärtigen  Jahreszeit 
(Winter)  darauf  bedacht  sein,  lauwarmes  Wasser  zu  nehmen.  Man  schüttet  dasselbe 
nicht  auf  die  Platte  selbst,  sondern  oberhalb  derselben,  auf  das  Brett,  damit  es  dort 
einen  Fall  habe  und  die  letzten  Teile  des  an  dem  Firnis  anhängenden  Öls  wegnehme. 

Das  Bild  ist  dann  vollständig  entwickelt  und  erscheint  überall  mit  großer 
Schärfe,  wenn  die  Operation  gut  ist,  und  besonders  wenn  man  sich  einer  vervoll- 
kommneten Camera  obscura  bedienen  konnte.  *) 

Anwendungen  des  heliographischen  Verfahrens. 

Da  der  angewendete  Firnis  mit  gleichem  Erfolge  auf  Stein,  Metall  und  Glas 
gebraucht  werden  kann,  ohne  daß  die  Behandlung  irgend  eine  Veränderung  erlitte, 
so  werde  ich  mich  nur  bei  der  Art  der  Anwendung  auf  plattiertem  Silber  und  auf 
Glas  verweilen,  indem  ich  ein  für  allemal  darauf  aufmerksam  mache,  daß  bei  den 
Abdrücken  auf  Kupfer  man  ohne  Schaden  der  Fimismischung  einen  Beisatz  von  ein 
wenig  Wachs,  in  Lavendelöl  aufgelöst,  geben  kann.*) 


1)  Diese  Bemerkung  des  Herrn  Niopce  war  nur  hypothetisch,  nnd  die  Er- 
fahrung hat  gezeigt,  daß  die  achromatische  Camera  obscura,  obwohl  sie  den  Büdem 
eine  größere  Reinheit  gibt,  doch  nicht  die  große  Schärfe  bei  ihnen  hervoiigelxracht 
hat,  die  Herr  Niepce  gehofft  hatte.  Anm.  von  Dagnerre. 

2)  Es  ist  zu  bemerken,  daß  die  Abdrücke,  Ton  denen  Herr  Niepce  spricht, 
immer  durch  die  Berührung  mit  Kupferstichen,  die  auf  die  Aufnahmsmaterie  gelegt 
wurden,  entstanden  sind,  und  daß  die  Anwendung  des  Wachses,  von  dem  er  spricht, 
die  Wirkung  der  Auflösung  des  Judenpechs  in  der  Camera  obscura,   wo  das  licht 


r  tu  s«!  ,  wi  n  sein«r  weiDen  Farbe  und  seiner  Beschaffenheit.  üewiO  ist, 
dxB  DKoh  dem  ibwascben,  vorausgesetzt,  daß  der  Abdruck  gut  trocken  ist,  das 
Bwaltat  Bchon  befriedigend  ist  Indessen  wäre  zu  wünschen,  daß  man  durch 
Schwänen  der  Platte  sioh  alle  Abstufungen  der  Tinten,  von  Schwarz  bis  zum  WeiB, 
venchaffen  könnte.  Ich  habe  mich  daher  mit  diesem  Ge^enGtiinde  beschäftigt,  indem 
ich  miofa  Anfanp  einer  Auflösang  von  Scbwefelleber  (sulfure  de  (lotasse)  beilieiitu; 
allein  wenn  diese  konzentriert  ist,  go  greift  sie  dun  Firnis  an.  und  wenn  man  sie 
mit  Wwser  verdännt,  so  rötet  sie  nur  das  Metall.  Dieser  doppelte  Mißstand  nötigte 
mich,  auf  dieses  Mittel  lu  verzichten.  Die  Sabstonz,  die  icb  jetzt  mit  einer  größeren 
Hoffnung  auf  Erfolg  anwende ,  ist  dn.<  Jod.')  da.s  die  Eigenschaft  bat.  bei  gewöbnlicbcr 
Tempeiatni  der  Luft  zu  verdunsten.  Um  die  Platte  durch  dieses  A'erfahren  zu 
schw&cxen.  mnB  man  sie  nur  gegen  eine  der  inneren  Wände  eines  oben  geöffneten 
Kastens  stellen  and  einige  Kömer  Jod  in  eine  längs  dm  entgegengesetzte n  Seite  an- 
gebrachten Füge  auf  den  Boden  des  Ka-stens  legen. 

Van  bedeckt  ihn  alsdann  mit  einem  Olose,  nm  den  Erfolg  zu  beobachten,  der 
sich  zwar  weniger  schnell,  aberdcstn  sicherer  zeigt.  Miui  kann  dann  den  Firnis  mit 
Alkohol  wegnehmen  und  es  bleibt  keine  Spur  des  ursprünglichen  Eindrucks  übrig. 
Da  dieses  Verfahren  für  mich  noch  ganz  neu  ist,  so  beschränke  ich  mich  auf  diese 
einfache  AHoderung,  bis  die  Erfahrung  mich  in  den  Stand  gesetzt  hüben  wird, 
ntthere  Details  darüber  zu  sammeln. 

Zwei  Versuche  mit  Ansichten  auf  Gins,  in  der  Cumtini  obscura  genommen, 
haben  mir  Erfolge  dargeboten,  die,  obwohl  noch  mangelhaft,  mir  doch  bemei  kons  wert 
Bdüenen,  weil  diese  Art  der  Anwendung  sich  leichter  vervollkommnen  und  in  der 
Folge  von  ganz  besonderem  Interesse  werden  kann. 

Bei  dem  einen  dieser  Versucht'  bat  dos  Licht,  das  mit  geringerer  Intensität 
gewirkt  hatte,  den  Firnis  in  der  Art  gelöst,  daß  die  Abstufungen  der  Tinten  sich 
viel  besser  darstellten  durch  „TransmiEsion",  d.  i.  gegen  das  Liebt  gesehen,  s<i  daß 
daa  Kid  die  bekannten  Wirkungen  des  Dioramas  bis  zu  einem  gewissen  Punkt 
hervorbringt 

Bei  dem  anderen  Versache  dagegen,  wn  die  Wirkung  des  Lichtes  mehr  inten- 
sive Kraft  hatte,  blieben  die  hellsten  Partien,  da  sie  von  dem  Auflü^ungs mittel  ntclit 
aag^riffan  wurden,  durchsichtig  und  die  Verschiedenheit  der  Tinten  rührte  einzig 
and  allein  von  der  Dichtigkeit  der  mehr  oder  weniger  dunkeln  I^'en  des  Firnisses 
her.  Wenn  daa  Bild  durch  Keflcxion  in  einem  Spiegel  auf  <ler  gefirnißten  Seiti'  und 
noter  einem  bestimmten  Winkel  gesi-hon  wird,  so  bringt  dasselbe  viel  Effekt  ben-or, 
irthrend  dasselbe  durch  Transmissiiui  gesehen  nur  ein  verworrenes,  farbloses  Bild 
TOtsteIH,  nnd  was  noch  merkwürdig  dabei  ist,  es  scheint  die  einzelnen  Farben  gewiss<^r 
OegensUnde  wiederzugeben.  Wenn  ich  über  diesen  bemerke iis werten  Vnistiind  nach- 
dachte, 80  glaubte  ich  daraus  Schlüsse  zii'hen  zu  dürfi.'n,  die  es  erlaubten,  die  Theorie 


adion  sehr  geschwächt  hinkommt,  neuti-alisiert  hütte;  für  seine  Kuiifotstichnbd rücke 
aber  war  die  üntermischung  dieses  Wachses  freilich  nicht  hinderlich,  da  er  sie  drei 
Üb  vier  Stunden  den  vollen  Strahlen  der  Sonne  aussetzte.      Anm.  von  Daguerre. 

1)  Es  ist  von  Wichtigkeit,  zu  bemcrkcD,  daß  die  Anwendung  dos  Jods,  die 
BsiT  Niapoe  machte,  um  seine  Platten  zu  schwärzeu.  beweist,  daß  ihm  die  Eigen- 
adiift  diaaer  Snbetanz,  sich  in  Berührung  mit  Silber  durch  Licht  zu  zersetzen,  un- 
bekannt war,  da  er  im  Gegenteil  dasselbe  hier  als  ein  Mittel  angibt,  seine  Bilder  zu 
fisaVi.  Anm.  von  Daguerre. 


176  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

Newtons  über  die  Erscheinung  gefärbter  Ringe  damit  in  Verbindung  zu  bringen.  Es 
würde  hierzu  genügen,  wenn  man  annehmen  würde,  daß  irgend  ein  prismatischer 
Strahl,  z.  B.  der  grüne,  wenn  er  auf  die  Substanz  des  Firnisses  einwirkt  und  sich 
mit  ihm  verbindet,  ihm  den  nötigen  Grad  von  Auflöslichkeit  gibt,  um  zu  bewirken, 
daß  nach  der  doppelten  Operation  des  Auflösungsmittels  und  des  Waschens  die  dadurch 
gebildete  Schicht  die  grüne  Farbe  zurückstrahle.  Übrigens  ist  es  lediglich  Sache 
der  weiteren  Beobachtung,  zu  ergründen,  was  an  dieser  Hypothese  Wahres  ist,  und 
die  Sache  scheint  mir  an  und  für  sich  so  interessant,  daß  sie  wohl  die  Mühe  neuer 
Untersuchungen  und  genauerer  Prüfungen  wert  wäre, 

Bemerkungen. 

Obgleich  die  Anwendung  der  zur  Vollbringung  der  Operation  nötigen  Mittel, 
wie  ich  sie  oben  angeführt  habe,  unzweifelhaft  keine  Schwierigkeiten  darbietet,  so 
könnte  doch  demungeachtet  der  Fall  eintreten,  daß  es  im  Anfang  nicht  vollständig 
glücken  würde.  Ich  glaube  daher,  daß  es  gut  sein  wird,  zuerst  im  Kleinen  zu  arbeiten, 
indem  man  Kupferstiche  mit  zerstreutem  Lichte  nach  der  folgenden  sehr  einfachen 
Methode  kopiert.  Man  firnißt  den  Kupferstich  nur  an  der  anderen  Seite  des  Blattes, 
um  ihn  gut  durchsichtig  zu  machen.  Wenn  er  vollkommen  trocken  ist,  so  legt  man 
ihn  mit  der  rechten  Seite  auf  die  gefirnißte  Platte  mit  Hilfe  eines  Glases,  dessen 
Druck  man  dadurch  schwächt,  daß  man  die  Platte  unter  einem  Winkel  von  45  Grad 
neigt.  Man  kann  auf  diese  Art  mit  zwei  so  zubereiteten  Kupferstichen  und  vier 
kleinen  silberplattierten  Tafeln  mehrere  Versuche  in  einem  Tage  machen,  selbst  bei 
trüber  AVitterung,  vorausgesetzt,  daß  das  Lokal  vor  Kälte  und  hauptsächlich  vor 
Feuchtigkeit  geschützt  ist,  die,  ich  bemerke  es  wiederholt,  den  Firnis  so  verdirbt, 
daß  er  schichtenweise  von  der  Platte  fällt,  wenn  man  sie  in  das  Auflösungsmittel 
legt.  Aus  diesem  (Jrunde  mache  ich  während  der  schlechten  .Jahreszeit  von  der 
Camera  obscura  keinen  (iebrauch.  Wenn  man  die  Versuche,  von  denen  ich  soeben 
gesprochen  habe,  foi*tsetzt,  so  wird  man  bald  vollkommen  imstande  sein,  alle  Hand- 
griffe des  ganzen  Verfahrens  auszuführen. 

Bozüglicli  auf  die  Art  der  Anwendung  des  Firnisses  muß  ich  erinnern,  daß 
man  ihn  nur  in  einer  Konsistenz  gebrauchen  darf,  die  hinreichend  ist,  um  eine  kom- 
pakte und  zugleich  so  dünne  Schicht  als  möglich  zu  bilden,  weil  er  so  der  Wirkung 
des  Auflösungsmittels  besser  widersteht  und  zugleich  für  die  Eindrücke  des  Lichtes 
lun  so  empfindlicher  wird.  Hinsichtlich  des  Jods,  um  die  auf  plattiertem  Silber  hervor- 
gebrachton Bilder  zu  schwärzen,  wie  hinsichtlich  der  Säure,  um  auf  Kupfer  zu  ätzen, 
ist  OS  wesentlich,  daß  der  Firnis  so  sei,  wie  er  oben  in  dem  zweiten  Versuch  auf 
Glas  boschrioben  worden  ist,  denn  dadurch  wird  er  viel  weniger  durchdringbar,  sowohl 
für  die  Säure  als  für  die  Dämpfe  des  Jods,  besonders  in  denjenigen  Teilen,  wo  er 
seine  voll«.'  Durchsichtigkeit  behalten  hat,  denn  nur  unter  dieser  Bedingung  kann  man 
auch  mit  dem  besten  Apparat  hoffon,  zu  einem  vollständig  gelungenen  Resultat  zu 
gelangen. 

Zusätze. 

Wenn  man  die  gefirnißte  Platte  wegnimmt,  um  sie  trocknen  zu  lassen,  so  muß 
man  sie  nicht  allein  vor  Feuchtigkeit  sicherstellen,  sondern  sie  auch  vor  der  Be- 
rührung des  Lichtes  schützen. 

Bei  Erklärung  der  Versuche  mit  zerstreutem  Lichte  habe  ich  nichts  über  diese 
Art  von  Versuchen  auf  Glas  gesagt.  Ich  will  dies  nachholen,  um  einer  Yerbeeeerang 
zu  erwähnen,  die  denselben  eigen  ist.  Sie  besteht  einfach  darin,  imter  die  Olaqdatte 
ein  schwarzes  Papier  zu  legen,  und  zwischen  die  Platte,  auf  der  gefimiAten  Seite, 


Till  ilen  EnpfM  .mi  TOa  J       e  sn  li       ,  mi  we    len  aer  ^Tipisr- 

Btiob  Toriter  geleimt  und  gut  anfgeapaunt  Hein  mufi.  Diese  Vorrichtong  hat  lor 
Folge,  dftfi  das  Bild  viel  lebhafter  als  auf  einem  weJBeo  Onuide  erscheint,  was  nur 
'  dam  beibigen  kann,  die  Schnelligkeit  der  Wirkung  zu  vergrößern,  und  farner,  daß 
der  Tiniia  nicht  einer  Besohldigutig  durch  die  unmittelbare  Berührung  mit  dem  Kupfer- 
stich aoBgesetit  ist,  wie  bei  dem  andern  Verfahren,  ein  Mißstand,  der  bei  warmer 
WHtsmng  nicht  leicht  m  rermeiden  ist,  wenn  auch  der  Fimia  ganz  trocken  war. 

Allein  dieser  Übelstand  wird  durch  den  Torteil,  welche  die  Terauche  auf 
SUbfliplatten  darbieten,  wohl  aufgewogen;  daB  diese  letzteren  der  'Wirkung  des  Ab- 
mschens  leicht  widerstehen ,  während  es  eine  Seltenheit  ist,  daB  diese  Operation  die 
Kider  auf  Qlas  nicht  mehr  oder  weniger  beschädige,  aus  dem  natürlichen  Onmde, 
ymi  der  I^niis  eich  diesem  Btoff  wegen  seiner  Beschaffenheit  und  seiner  vollkom- 
menen Politur  weniger  anhängen  kann.  Es  würde  sich  daher,  um  diesen  Obelstand 
m  beseitigen,  darom  handeln,  den  Firnis  zu  verbessern,  klebriger  (pIns  mordant)  zn 
machen,  und  ich  glaube  dies 'weniptens  so  weit  zustande  gebracht  zu  haben,  daß  es 
mir  erianbt  ist,  darüber  jetzt  schon  ein  urteil  zu  allen,  da  die  Versuche  noch  zu 
neu  and  wenig  zahlreich  sind. 

Dieser  neue  Firnis  besteht  in  einer  Auflösung  von  Jod  enpech  indem  Dippel- 
aohan  tierischen  Ole,  welche  man  bei  der  Lnfttemperatur  bis  zu  dem  Grad  der  er- 
foideiliohen  Konsistenz  verdunsten  läßt.  Dieser  Firnis  ist  fettiger,  zäher  und  stärker 
geSrbt  als  der  andere,  und  man  kann  ihn  sogleich,  nachdem  er  aufgetragen  ist,  der 
Einwirkung  des  lichtes  aassetzen,  welches  ihn  schneller  festzumachen  scheint,  weil 
die  gioße  Flflohtigkeit  des  animalischen  Öls  viel  schnelleres  Trocknen  bezweckt 

Doppelt  ausgefertigt 
deo  6.  Dezember  1829.  gez.  J.N.  Niepoe. 

Wir  heben  hervor,  daß  also  bereits  im  Jahre  1829  Niepce  metal- 
ÜBche  Silberplatten  deD  Joddämpfen  aussetzte,  allerdiogs  nur  zu 
dem  Zwecke,  um  die  blanken  Stellen  des  Silbers,  auf  welchem  sich  ein 
Aipholt- Lichtbild  befindet,  zu  schwärzen,  damit  die  Schatten  des  Bildes 
besser  wiedergegeben  werden ;  die  lichter  bildeten  die  durch  den  im 
lichte  unlöslich  gewordenen  Asphalt  geschützten  Stellen. 

Diese  „Notice  sur  l'h61iographie"  von  N.  Niepce  ist  die  erste 
gcmwae  Beschreibung  eines  photographischen  Prozesses  und  er  ist 
80  gut  durchgearbeitet,  daß  man  danach  ganz  gute  heliographische 
Atoongen  herstellen  kann.  Allerdings  ist  die  Herstellung  von  Bildern 
in  der  Camera  obscnra  nur  nach  tagelanger  Belichtung  möglich  und 
der  Prozeß  somit  f&r  photographische  Naturaufnahmen  in  der  Kamera 
pnktisch  nicht  geeignet  Es  ist  bemerkenswert,  daß  Niepce  seine  wirk- 
lich neue  Erfindung  dem  Baguerre  bekannt  machte,  daß  aber  damals 
Dagnerre  ron  seinen  Erfahrungen  nichts  an  Niepce  mitteilte. 

Sowohl  Niepce  als  Daguerre  arbeiteten  eifrig  an  der  Verbesse- 
ninf;  der  Methode.  Dann  macht  Daguerre  am  21.  Mai  1831  brieflich 
Niepoe  die  Mitteilung,  daß  das  Licht  auf  das  Jodsilber  einwirke,')  was 

1)  Dagneire,  Historique  et  descrtption  des  procedes  du  Daguerreotype.  1839. 


178  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

er  entdeckt  haben  mag,  wenn  jodierte  Silberplatten  teilweise  geschätzt 
am  Lichte  gelegen  haben.  Louis  Figuier  erzählt  in  seiner  „Exposition 
et  histoire  des  prineipales  d6couyertes  scientifiques  modemes^^  (Bd.  I, 
S.  15),  wie  Daguerre  zufällig  die  Lichtempfindliehkeit  jodierter  Silber- 
platten bemerkte:^)  „Eines  Tages  lag  zufallig  ein  silberner  Löffel  auf 
einer  jodierten  Silberplatte  und  es  zeichnete  sich  derselbe  durch  das 
Licht  vollständig  ab."  Daguerre  forderte  Niepce  auf,  dieses  neue 
Mittel  zur  Lichtbilderzeugung  zu  benutzen.  Aus  den  Briefen  von 
Niepce  an  Daguerre  vom  24.  Juni  1831  und  8.  November  1831  geht 
hervor,  daß  der  erstere  keine  befriedigenden  Resultate  erhielt,  aber 
einmal  ein  negatives  Bild  in  der  Kamera  auf  Jodsilberplatten  erhalten 
hatte.  Auch  aus  den  Briefen  Niepces  vom  29.  Januar  und  3.  März 
1832  ergibt  siv^h,  daß  nicht  Nic6phore  Niepce  die  Lichtempfindlich- 
keit der  jodierten  Silberplatten  entdeckt  habe,  sondern  daß  Daguerre 
es  war,  der  das  Jod  nicht  als  Mittel,  gewisse  Teile  eines  schon  fertigen 
Bildes  zu  schwärzen,  sondern  als  das  eigentliche  lichtempfindliche  Mittel 
anwendete;  Daguerre  war  es  somit,  welcher  die  Jodsilberplatte 
zuerst  als  die  lichtempfindliche  Schicht  bezeichnete,  aus  der  das  Bild 
sich  photographisch  erzeugen  läßt 

Daguerre  selbst  hatte  schon  zur  Zeit  der  Yeröffentlichung  seines 
Verfahrens  durch  die  Pariser  Akademie  (1839)  befürchtet,  daß  später 
Zweifel  auftauchen  könnten,  wem  die  Ehre  der  Entdeckung  der  Licht- 
empfindlichkeit jodierter  Silberplatten  gebühre.  Deshalb  legte  er  1839 
der  Pariser  Akademie  die  Briefe  Nic6phore  Niepces  an  ihn  (Da- 
guerre) vor,  ließ  sie  durch  Arago  beglaubigen  und  publizierte  sie 
schon  1839.  Auszüge  dieser  Korrespondenz  sind  in  allen  frühesten 
Publikationen  über  die  Daguerreotypie  enthalten,  auch  in  den  deutschen 
Übersetzungen.  -) 

Auszüge  aus  den  Briefen  des  Herrn  Niepce  Vater  an  Herrn  Dagaerre. 

St.  Loup  de  Varennes,  den  24.  Juni  1831. 
Mein  Herr  und  wertester  Associe! 
Schon  seit  langer  Zeit  erwartete  ich  Nachrichten  von  Ihnen  mit  einer  so  großen 
Ungeduld,  daß  ich  Ihre  beiden  Briefe  vom  10.  und  21.  verflossenen  Monats  nur  mit 
dem  größten  Vergnügen  erhalten  und  lesen  konnte.  Für  den  Augenblick  besohifinke 
ich  mich,  den  vom  21.  zu  beantworten,  weil  ich  mich  seit  dessen  Emp&ng  mit 
Ihren  Versuchen  auf  Jod  beschäftigt  habe,  und  mich  mm  beeilen  will,  Ihnen  die 


1)  Daguerre,  welcher  gar  keine  naturwissenschaftliche  Bildung  genossen 
hatte,  wußte  augenscheinlich  nichts  von  der  Entdeckung  der  Lichtempfindliehkeit  des 
Jodsilbers  durch  Davy  im  Jahre  1814  (s.  dieses  Werk  S.  127). 

2)  Z.  B.  Daguerre,  Geschichte  und  Beschreibung  des  Ver&dizena  der 
Daguerreotypie  und  des  Dioramas,  nach  dem  Original  aus  dem  Franxdoaohen  über- 
setzt. Karlsruhe  1839.  S.  72. 


I  t  DSmlioheo  Veisucben  bescbUtigt;  allein  ohne  Hoffnung  aul  Er- 
ftdg,  indem  idt  es  als  eine  fast  anmögliche  Sache  lietrachtete ,  die  aufgefafitan  Bilder 
Vnf  one  daneifaafte  Weise  festznstelleD,  wenn  man  es  auch  dahin  bringen  wörde, 
lioht  nnd  Bohattoa  in  ihre  natnriiche  OidnuDg  zu  bringen.  Meine  desfalla  angestellten 
Tsnoobe  batlen  ganz  denselben  Erfolg  mit  denen,  die  ich  bei  der  Anwendung  dea 
Süberoxyd  eriulten  hatte,  und  die  schnelle  WiAung  war  der  einzige  leelle  Vorteil, 
den  diese  beiden  SubstanEen  mir  darzubieten  suhienen.  Indessen,  mein  Herr,  habe 
ich  im  vorigen  Jahre,  nach  Ihrer  Abreise  von  hier,  das  Jod  neuen  Veisachen  unter- 
worfen, aber  nach  euer  anderen  Yerfabrungsweise;  ich  teilte  Ihnen  die  ßesultate 
mit,  und  Ihre  wenig  befriedigende  Antwort  entschied  mich,  meine  Terauche  nioht 
veiter  foitauaetzan.  Es  scheint,  daB  Sie  unterdessen  die  Frage  von  einem  weniger 
ludfnnngsloeen  Gesichtapnnkt  aus  betrachtet  haben,  und  ich  habe  daher  keinen  Anstand 
genranmen,  Uuer  an  mich  gerichteten  Aufforderung  zu  entsprechen  usw. 

(gez.)  J.N.  Niepce. 
Für  gleichlautende  Abschrift: 
Arago.         Daguerre. 

St  Loup  de  Tarennes,  den  8.  November  1831. 
Hein  Herr  nnd  werter  Associe! 

Beiüglich  aof  die  Beantwortung  Ihres  Briefes  vom  21,  Mai  in  meinem 

BnokBchraben  vom  24.  Juni  d.  J.  habe  ich  eine  lange  Reihe  von  Versuchen  mit  Jod 
in  Verbindung  mit  plattiertem  Silber  angestellt,  ohne  übrigens  jemals  zu  dem  Resultat 
m  gelaiv^,  welches  das  Desoxydation smittel  mich  hoffen  ließ.  Mit  allen  Änderungen, 
die  ich  an  dem  Verfahren  vornahm,  und  mit  allen  den  veischiedenartigen  Eombina- 
timen  mehrerer  Verauchsarten  war  ich  im  Erfolg  doch  nicht  ^üctlicher.  Ich  hab« 
mm,  für  meinen  Teil  wenigstens,  die  absolute  Unmöglichlielt  erkannt,  die  umgekehrte 
Ordnmig  der  Snten  auf  ihren  oatüriichen  Zu.stand  surückzoführen ,  und  besonders 
■nah  etwas  mehr  als  ein  flüchtiges  Bild  der  Gegenstände  zu  erhalten.  Übrigens, 
m^  Herr,  iat  dieser  ungünstige  Erfolg  gaoz  derselbe,  den  meine  Versuche  mit 
Hetalloxyden  mir  schon  längst  geliefert  hatten,  und  der  mich  bestimmte,  davon  ab- 
fogeben.  Ich  wollte  endlich  das  Jod  in  Verbiodung  mit  Zinn  setzoo,  ein  Verfahren, 
das  mir  anfangs  günstigen  Erfolg  zu  versprechen  schien.  Ich  hatte  mit  Erstaunen, 
jedoch  nur  ein  einziges  Mal,  bei  einem  Versuch  in  der  Camera  obscura  die  Bemer- 
kiing  gemacht,  daß  das  Licht  in  umgekehrter  Ordnung  auf  das  Jod  wirkte,  so  näm* 
lioh,  dafi  die  Tinten  oder  vielmehr  Ijcht  und  Schatten  sich  in  ihrer  natürlichen 
Oidnong  darstellten.  Ich  weiS  nicht,  wie  und  warum  dieser  Erfolg  sich  ergab,  ohne 
d»B  ioh  ihn  mit  Einhaltung  desselben  Verfahrens  wieder  erzeugen  konnte.  Allein 
dicM  Anwendnngsart  wBre  hinsichtlich  der  Festbaltung  dos  gewonnenen  Bildes  doch 
•0  mangelhaft  als  vorher  geblieben.  Auch  bin  ich  nach  einigen  anderen  Versuchen 
auf  dieeem  Funkt  geblieben,  und  ich  muß,  offen  gestanden,  lebhaft  bedauern,  so 
lange  Zeit  einen  unrichtigen  Weg  verfolgt  zu  haben,  und  was  noch  schlimmer  ist, 
so  ohne  allen  Nutzen  usw. 

(gez.)  J.N.  Niepce. 

Für  gleichlautende  Abschrift: 
Arago.         Daguerre. 

Leider  vmrde  Nic6phore  Niepce  bereits  am  5.  Juli  1833  seinen 
Aibeiten  entrissen;   er  starb    am  Gehirnschlage  auf  seiner  Besitzung 


180 


Erster  Teü.    Seoluehiites  Kapitel. 


Gras  zu  Chälon,  ohne  die  Früchte  seiner  Bemühungen  genossen  zu 
haben.  In  Fig.  31  ist  der  Friedhof  in  Saint  Loup  de  Varennes  bei  Chälon 
mit  den  Gräbern  Nicfephore  Niepces  und  seiner  Gattin  nach  einer 
Photographie  von  George  W.Brown  abgebildet  Vor  seinem  Geburts- 
hause in  Chälon  wurde  im  Jahre  1885  eine  Statue  Nicöphore  Niepces,') 
welche  durch  öffentliche  Subskription  zustande  kam  (s.  Fig.  32),  errichtet 
In  Chälon  ist  das  Wohnhaus  Niepces  mit  einer  Gedenktafel  versehen 
worden  und  im  Museum  daselbst  sind  die  Apparate  und  ältesten  photo- 
graphischen Proben  Niepces  aufbewahrt 


■fliÜfl 


"^"ülb--- 


IPhdtogmphtB  von  0«orge  W.  Brown  in  Undon.) 

In  Fig.  33  bringen  wir  das  Büd  Nicöphore  Niepces  i 
von  seinem  Sohne  Isidore  modellierten  Büste. 

Nach  dem  Tode  Nic6phore  Niepce  trat  sein  Sohn,  nämlich 
laidore  Niepce,  das  Erbe  des  Vaters  an  und  nahm  im  Kontrakt  mit 
Daguerre  den  Platz  Nic6phores  ein,  Jedoch  bestand  Daguerre  auf 
einem  Zusatz  zu   dem   ersten  Eontrakte  vom  Jahre  1829,   indem    er 

1)  Nach  A.  Davanne,  Nicephore  Niepoe,  Inveiitear  de  k  Pholographie. 
ConfereDoe  faite  ■  ChäloD-Bur-Saöne,  poar  riaanguratioii  de  la  statne  de  Nicephore 
Niepce,  le  22.  juin.  1885.    Paris,  Gauthier-VilUts  1685. 


gaa  I       jren  nioni  aai         i  rruat 
B  erwXbj.„ti,  ond  es  wurde  im  Eiaverständnis  mit  Isidore  Niepce 
die  GeseUatdiaft  nicht  mehr  „Niepce-Daguerre",  eondern  „Dagnerre 
et  Isidore  Niepce"  benamit.') 

Wie  Isidore  Niepce  in  seiner  „Historique  de  la  deocuverte  im- 
promptement  nominto,  Da^ruerreotypie,  Paris  1841"  mitteilt,*)  zeigte 
ihm  Dagaerre  in  Paris  (im  Jahre  1837)  Proben  von  Lichtbildern, 
welche  Dagnerre  unter  Anwendung  von  Jod  und  Quecksilber  er- 
balten hatte.    Somit  war  in  diesem  Jahre  die  Photographie  auf  jodierten 


1)  Der  Wortlaut  des  Zusatzes  (vom  9.  Mai  1835)  zum  älteren  Kontrakte  ist 
der  fidgende: 

Zusatz-Artikel. 
Zwisohen  den  anteneichiieten  Louis  Jacques  Uande  Dsgaerre,  Knuste 
maler,  Ut^ed  der  Ehrenlegion,  Vorwalter  des  Dioramas,  wohnhaft  su  Paris,  und 
Jacqnea  Marie  Joseph  Isidore  Niepce,  Gnindbeaitzer,  wohnhaft  lu  Cbfilon- 
sni-8aöne,  Soha  des  Terstorbenen  Herrn  Nic^phore  Niepce,  a[s  einziger  Erbe 
desselben  nach  Art  2  dea  proTisoriachen  Vertrages  vom  14.  Dezember  1829,  ist  fest- 
gesetst,  wie  folgt: 

1.  DaB,  weil  die  Erfindung,  um  welche  es  sich  handelt,  durch  die  Mit&rbeit 
im  Hern  Dagnerre  wesentliche  Verbesserungen  erfahren  hat,  die  genannten  Oe- 
seüscliafter  anericennen,  daB  die  Erfindung  auf  dem  Punkte  angelangt  ist,  wohin  sie 
dieselbe  tu  bringen  wänschten  und  daß  weitere  Verbesserungen  nahezu  unmöglich 
Sdn  dürften, 

2.  Dafi,  weil  HerrDagaerro  auf  Onmd  zahlreicher  Versuche  aaertannt  hat, 
daS  es  möglich  ist,  ein  noch  günstigeres  Resultat  hinsichtlich  der  Schnelli^eit  mittels 
uaes  von  ihm  entdeckten  Verfahrens  zu  erzielen,  welches,  bei  Voraussetzung  eines 
BJcheren  Erfolges,  die  Onrndlsge  der  im  provisorischen  Vertrage  vom  14.  Dezember 
1629  auseinandergesetzten  Entdeckung  ersetzen  wurde,  der  Art.  1  des  erwähnten  pro- 
Tisorisohen  Vertrages  aufgehoben  und  wie  folgt  ersetzt  werden  soll: 

Art  1.  Von  den  Herren  Dagnerre  und  Isidore  Niepce  wird  unter  der 
Kma  Daguerre  und  Isidore  Niepce  eine  Oesellsclisft  gegründet  zur  Ausnutzung 
der  von  Herrn  Dagaerre  und  dem  verstorbenen  Nicephore  Niepce  gemachten 

An  den  übrigen  Artikeln  dea  provisorischen  Vortrages  wini  durch  Vorstehendes 
nichts  geändert. 

In  doppelten  Exem)>laren  an  die  Unterzeichneten  ausgefertigt,  den  9.  Hai  1835, 
so  Faris. 

Genehmigt  und  unterschriftlich  anerkannt  J,  Niepce.        Dagnerre. 

2)  £s  ist  dies  eine  Streitschrift,  welche  sich  gegen  Daguerre  wendet  und  die 
Verdienste  Niepces  als  eigentlichen  Erfinder  der  Photograpliio  in  den  Vordergrand 
■teQt  nnd  namentlich  die  Unterdrückung  des  Namens  Niepce  bei  der  Veröffentlichung 
der  gemeinsahaftlichen  Erfindung  unter  dem  Namen  ,^Daguerreotypie"  tadelt,  obschon 
m  leibst  im  Vertrage  vom  Jahre  1837  dies  zugestanden  hatte.  Später  hob  Isidore 
Niepoe  hervor,  er  habe  dies  unter  dem  Drucke  der  Verhältnisse  getan,  weil 
Dagnerre  alle  Geheimnisse  Niepces  kannte. 


SeChMhnfeB  Kapitel. 

8iIbeq)]atteo  und  die  Hervomifung  des  latenteo  Lichtbildes  mit  Queck- 
BÜberdämpfen  erfunden  worden. ')     Am  13.  Juni  1837  wurde  ein  neuei 


Fl(.32.    Daiikiul  Miciplioce  Xiepo«*  in  Cblluo-nu-Sadae. 


1)  Die  Eifiadnng  des  Entwicklongsprozesses  mit  Quecksilber  soll  Daguerre 
Ginem  eigentümlichen  Zufall  verdankeu.  Jodsilberplatlen  geben  bei  sehr  langer  Be- 
lichtoiig  in  der  Kamera  ein  siebtbares  Bild,  bei  kurzer  nicht  Daguerre  soU 
eines  Tages  eine  Anzahl  zu  kurz  belichteter  Platten,  die  noch  kein  Bild  zeigt«o,  in 
einen  alten  SchranJc  gelegt  haben.    Einige  Wachen  darauf  Dahm  er  eine  Platte  benuis 


defiuitiTer 

schlössen,   worin  Dagaerre  das  Becht  erhielt,  daß  der  neue  Prozeß 

den  Namen  Dagnerree  allein  führen  solle. 

Der  Tertng  lautot: 

Iah,  Unteraeichneter,  erkläre  durch  diese  gegenwärtige  Urkunde,  da&  Herr 
LoniB  Jaoqaes  Mande  Dagaerre,  Maler,  Uitglied  der  Ehrenlegioa ,  ra  meiner 
Kenntnis  ein  Verfahren  gehracht  hat,  dessen  Erfinder  er  ist  Dieses  Verfahren  hat 
mo  Zweck,  das  in  der  Bnnkelkammer  erzeugte  Bild  zu  fixieren,  nicht  mit  Farben, 


Flg.  88.     ForMUflil«  NicJplioTs  Niep< 


und  fand  eu  seinem  Erataunen  ein  Bild  darauf.  Er  vermutete  sofort,  daß  der 
Schrank  etwas  enthalten  müsse,  was  das  Bild  erzeugt  habe.  Der  Schrank  enthielt 
Terscfaiedene  Chemikalien,  darunter  uuch  eine  Schale  mit  Quecksilber.  Daguerre 
nahm  nnn  ein  Ding  nach  dem  anderen  heraus,  das  Quecksilber,  welches  er  nicht 
beaohtete,  aber  nicht;  immer  wieder  erhiL'lt  er  nach  einigen  Stunden  Ijegen  ein  Bild. 
Der  Schrank  schien  wie  behext,  bis  er  uoillich  auf  das  anfangs  unbeachtete  Quect- 
sSber  anfmerkaam  wurde.  Jetzt  kam  er  auf  die  Vermutung,  dafi  die  Dümjife  des- 
■elben  (denn  Quecksilber  verdampft  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur)  eine  Wirkung 
usüben.  Er  setzte  eine  belichtete  .Todsilberplatte  zur  Probe  Queoksilberdämpfen  aus 
und  es  i^Iang  die  Hervorrufung  des  Bildes,  weU'he  von  fundamentaler  Wichtigkeit 
fÖT  den  Dignerreotypieprozeß  ist.  (Liebig,  Comhili  llagazine.  Vul.  XII.  S.30.3; 
Togels  Lehrbnoh  der  Photographie.    1878.   S.  4.) 


184  Erster  Teil.    Sechzehntes  E!apitel. 

sondern  mit  einer  vollkommenen  Abstufung  der  Töne  des  Weiß  bis  zum  Schwarz. 
Dies  neue  Verfahren  hat  den  Vorteil,  die  Gegenstände  60  bis  80  Mal  rascher  dar- 
zustellen als  dasjenige,  welches  Herr  Joseph  Nicephore  Niepce,  mein  Vater, 
erfunden  und  Herr  Baguerre  vervollkommnet  hat,  und  zu  dessen  Ausnutzung  ein 
vorläufiger  Gesellschaftsvertrag  vom  14.  Dezember  1829  vorliegt,  durch  welchen  fest- 
gesetzt ist,  daß  das  erwähnte  Verfahren  wie  folgt  veröffentlicht  werden  solle: 

Verfahren,  erfunden  von  Herrn  Joseph  Nicephore  Niepce  und  verbessert 
von  Herrn  L.  J.  M.  Daguerre. 

Nach  der  Mitteilung,  welche  er  mir  gemacht  hat,  willigt  Herr  Daguerre  ein, 
der  nach  dem  oben  erwähnten  provisorischen  Vertrage  gegründeten  Gesellschaft  das 
neue  Verfahren,  dessen  Erfinder  er  ist  und  an  dem  er  Verbesserangen  angebracht 
hat,  unter  der  Bedingung  zu  überlassen,  daß  dasselbe  bloß  den  Namen  Daguerre 
tragen  soll,  jedoch  nur  gemeinschaftlich  mit  dem  ersten  Verfahren  veröffentlicht 
werden  darf,  damit  der  Name  des  Herrn  J.  Nicephore  Niepce  für  alle  Zeiten, 
wie  sich's  gebührt,  bei  dieser  Erfindung  Erwähnung  findet. 

Durch  den  gegenwärtigen  Vertrag  ist  und  bleibt  festgesetzt,  daß  alle  Artikel 
und  Grundlagen  des  provisorischen  Vertrages  vom  14.  Dezember  1829  in  Gültigkeit 
bleiben. 

Nach  diesem  neuen  Übereinkommen  zwischen  den  Herren  Daguerre  und 
Isidore  Niepce,  welches  den  endgültigen  Vertrag  bildet,  von  welchem  im  Art.  9 
des  provisorischen  Vertrages  die  Rede  ist,  haben  die  Genannten,  da  sie  willens  sind, 
ihre  verschiedenen  Verfahren  zu  veröffentlichen,  dazu  den  Weg  der  Subskription 
ausersehen. 

Die  Ankündigung  der  Veröffentlichung  erfolgt  durch  die  Tagesblätter.  Die 
Subskriptionsliste  wird  am  15.  März  1838  aufgelegt  und  am  15.  April  desselben  Jahres 
geschlossen. 

Die  Zeichnung  geschieht  in  Posten  von  1000  Francs. 

Die  Liste  wird  bei  einem  Notar  ausgelegt,  welchem  das  Geld  von  den  Sub- 
skribenten einzuhändigen  ist,  deren  Zahl  im  Maximum  auf  400  festgesetzt  wird. 

Die  Subskriptionsbedingungen  werden  möglichst  günstig  au^^tellt,  die  Ver- 
fahren können  jedoch  erst  dann  veröffentlicht  werden,  wenn  wenigstens  100  Einzel- 
beträge zur  Zeichnung  gelangt  sind;  sollte  dies  nicht  eintreten,  so  werden  die  Ge- 
sellschafter sich  nach  einem  anderen  Wege  der  Veröffentlichung  umsehen. 

Wenn  sich  vor  Eröffnung  der  Zeichnung  Gelegenheit  zum  Verkauf  der  Ver- 
fahren bieten  sollte ,  so  darf  derselbe  zu  keinem  niedrigeren  Preise  als  200000  Francs 
ausgeführt  werden. 

Doppelt  ausgefertigt,  genehmigt  und  unterschrieben  zu  Paris,  den  13.  Juni 
1837,  im  Hause  des  Herrn  Daguerre  im  Diorama. 

Isidore  Niepce.      Daguerre. 

Daguerre  und  Niepce  wendeten  sich  noch  im  Jahre  1837 
wiederholt  an  Kapitalisten  und  Kunstliebhaber,  um  ihre  Erfindung  zu 
verwerten;  diese  Bemühungen  waren  ebenso  vergeblich  als  eine  am 
15.  Mai  1838  veranstaltete  Subskription. 

Nachdem  der  Versuch  der  Verwertung  der  Daguerreotypie  auf  dem 
Wege  der  Subskription  erfolglos  war,  so  dachten  Daguerre  und  Niepce 
daran,  ihre  Methode  der  französischen  Regierung  anzubieten.  Daguerre 
wendete  sich  an  Dominique  Fran9ois  Jean  Arago,  welchen  er  gegen 


^das  Värspi-E  »oug  l       ma  .u .  .        11,  b„   uvu 

Hethode  einweihte.  Es  jiet  ein  großes  Glück,  daß  Arago  so  großes 
Yersttodiiis  für  die  Erfindung  hatte,  welche  er  begeistert  aufnahm. 
Bereits  am  7.  Januar  1839  teilte  Arago  die  Erfindung  der  Daguerreo- 
tjpie  der  IranzösiBchen  Akademie  der  Wissenschaften  mit.  Das  Geheim- 
nis war  aber  nicht  gut  gehütet  worden  und  bereits  am  6.  Januar  1839 
hatte  die  ^Ozzetta  de  France"  eine  Notiz  darüber  publiziert,  allerdings 
ohne  irgendwelche  Details. 

Durch  Vermittlung  tod  Arago  und  anderen  einflußreichen  Personen 
kamen  Daguerre  und  Isidore  Niepce  mit  dem  französischen  Uinister 
des  Innern,  Tannegui  DuchStel,  zusammen;  es  kam  ein  vorläufiger 
Vertrag  am  14.  Juni  1838  zustande,  worin  Daguerre  und  Niepce 
ihre  beliographischen  Prozesse  dem  französischen  Staate  verkauften  und 
wofQr  Daguerre  eine  lebensläaglicbe  jährliche  Pension  von  6000  Francs 
und  laidore  Niepce  eine  Pension  von  4000  Francs  erhalten  sollten. 

Dieser  Gesetzesentwurf  lautet: 

Lonia  Philipp,  König  der  Franzosen, 
Allen  unseni  Gruß  zuvor! 
Va  hsben  befohlen  und  befehlen,  daß  der  Uesetxesentwnrf,  dessen  Inlialt  hier 
folgt,  in  nnserm  Namen  der  Kammer  der  Beputierten  durch  unsern  Minister,  Staats- 
Sabettie  des  Departement  des  Innern,   vorgelegt  werde,   welchen  wir  beauftragen, 
die  Beweggründe  auseinanderzusetzen  und  die  Verhandlungen  zu  unterstützen. 

Erster  Artikel. 
Der  am  14.  Jnni  1839  provisorisch  geschlossene  Vertrag  zwischen  dem  Minister 
dee  Innern,    auf  Staatsauftrag  handelnd,   und  den  Herren  Daguerre  und  Niepce, 
SoliD,  ist  dem  g^enwärtigen  Gesetz  beigefügt  und  bewilligt. 

Zweiter  Artikel. 
£b  ist  dem  Herrn  Baguerie  eine  jährliche  und  lebenslängliche  Pension  von 
6000nsnc8  bewilligt;  dem  HermNiepce,  Sohn,  eine  jährliche  und  lebenslängliche 
Fffiisioii  von  4000  Francs. 

Dritter  Artikel. 
Diese  Pensionen  sollen  in  da.s  Buch  der  Zivil pensionon  des  öffentlichen  Schatzes 
«n^ptragfln  werden,  die  Veröffentlichung  des  gegenwartigen  (iesotzes  angenommen. 
Sie  werden  zur  Hälfte  auf  die  Witwen  der  Herren  Dnguerre  und  Niepce  rückfiillig. 
Gegeben  im  Palast  der  Tuilcrien,  den  15.  Juni  1839. 

Unterzeich  not  Louis  Philipp. 
Für  den  König: 
Der  Btaatsmiuister- Sekretär, 

X'nterzoichnet  Ducbatel. 
Zwiaabea   den    Unterzeichneten,   Herrn  Duchatel,   Staatsminister- Sekretär, 
«m  einer  Seite,  und  den  Herren  Daguerre  (Louia- Jacques -Mandö)  und  Niepce, 
fiohn  (Joeeph  Isidore),  von  der  anderen  Saite,  fand  folgende  Üboreinkunft  statt; 


186  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

Artikel  1.  Herr  Baguerre  und  Niepce  machen  sich  verbindlich,  in  die 
Hände  des  Ministeriums  des  Innern  ein  gesiegeltes  Paket  zu  legen,  das  Geschichtliche 
und  die  genaueste,  ausführlichste  Beschreibung  des  benannten  Verfahrens  enthaltend. 

Art.  2.  Herr  Arago,  Mitglied  der  Kammer  der  Deputierten  und  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften,  welcher  schon  die  Bekanntschaft  besagter  Verfahrungsarten 
gemacht  hat,  wird  vorläufig  alle  Teile  des  gesagten  Depots  untersuchen  und  ihre 
Richtigkeit  prüfen. 

Art.  3.  Das  Depot  wird  nicht  eher  eröffnet  und  die  Beschreibung  des  Ver- 
fahrens nicht  eher  der  Öffentlichkeit  überliefert  werden,  als  nach  Annahme  des  hier 
besprochenen  Gesetzesentwurfs;  alsdann  muß  Herr  Daguerre,  wenn  es  verlangt 
wird,  und  in  Gegenwart  einer,  vom  Ministerium  des  Innern  ernannten  Kommission, 
operieren. 

Art.  4.  Herr  Daguerre  macht  außerdem  sich  auch  verbindlich,  auf  dieselbe 
Art  die  Mitteilung  des  Verfahrens  des  Malens  und  der  physikalischen  Apparate, 
welche  seine  Erfindung  des  Diorama  charakterisiert,  zu  geben. 

Art.  5.  Er  wird  verpflichtet,  der  Öffentlichkeit  alle  Vervollkommnungen  der 
einen  oder  anderen  Erfindung,  welche  er  in  der  Folge  noch  macht,  zu  überliefern. 

Art.  6.  Als  Preis  der  gegenwärtigen  Abtretung  macht  sich  der  Herr  Minister 
des  Innern  verbindlich,  bei  den  Kammern  für  Herrn  Daguerre,  welcher  es  annimmt, 
eine  jährliche  und  lebenslängliche  Pension  von  sechstausend  Francs  zu  erbitten. 

Für  Herrn  Niepce,  welcher  es  gleichfalls  annimmt,  eine  jährliche  und  lebens- 
längliche Pension  von  viertausend  Francs. 

Diese  Pensionen  werden  in  das  Buch  der  Zivilpensionen  des  öffentlichen 
Schatzes  eingeschrieben  werden.  Sie  werden  zur  Hälfte  auf  die  "Witwen  der  Herren 
Daguerre  und  Niepce  rückfällig. 

Art.  7.  In  dem  Fall,  daß  die  Kammern  nicht  in  der  wirklichen  Sitzung  den 
Gesetzosentwurf  besagter  Pensionen  bewilligen,  so  würde  die  gegenwärtige  Überein- 
kunft mit  vollem  Recht  für  nichtig  erklärt,  und  den  Herren  Daguerre  und  Niepce 
würde  dann  ihr  versiegeltes  Paket  zurückgegeben  werden. 

Art.  8.  Der  gegenwäiiige  Vertrag  wird  einregistriert  werden,  vermittelst 
einer  festgesetzten  Gebühr  von  einem  Franken. 

Dreifach  in  Paris  gemacht,  den  14.  Juni  1839. 

Beglaubigte  Unterschrift: 


Beglaubigte  Unterschrift: 
Beglaubigte  Unterschrift: 


Gezeichnet  Duchatel. 


Gezeichnet  Daguerre. 


Gezeichnet  I.  Niepce. 

Für  die,  mit  dem  Original,  welches  dem  Gesetzesentwurf  beigefügt  ist,  über- 
einstimmende Kopie, 

der  Staatsminister- Sekretär  des  Departements  des  Innern, 

Gezeichnet  Duchatel. 

Es  wurde  eine  Kommission  zur  Prüfung  dieses  Gesetasentwuib 
eingesetzt,  deren  Bericht  wir  hier  folgen  lassen,  und  zwar  war  der 
Referent  in  der  französischen  Deputiertenkammer  Herr  Arago. 


nenoiit 
m*)  EUT  Prüfung  des  Oegetzentworls  über  die  Bewilligung  einer  jäbr- 
liohen  and  lebenalänglichen  Pension  von  6000  Fr.  an  Herrn  Daguerre,  und  einer 
Bolchen  T<ai  4000 Fr.  an  Herrn  Niepce,  Boha,  für  Abtretung  der  von  ihnen  gemachten 
Erfindung  zoi  Fixierung  der  Camera  obscura- Bilder. 
Entattet  in  der  franzäsiscben  DeputiertenkaromeT  am  3.  Juli  1839  von  Arago, 
Deputierten  der  Ost- Pyrenäen. 
Maine  Herren! 
Das  Interesse,  welches  durch  die  Erfindung  erregt  ward,  die  Herr  Daguerre 
neolioli  dem  Fabliknm  bekannt  machte,  war  in  dieser  VerKammlung  so  wie  überall, 
groB,  lebhaft  ond  einstimmig.    Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  erwartet  die  Kammer 
Ton  ihrer  Kommission  wohl  auch  nur  eine  einfache  Billigung  des  Gesetz  Vorschlages, 
den  der  Herr  Hioister  des  Innern  vorgelegt  bat    Noch  reiflicher  Überlegung  inde^isen 
schien  der  Auftrag,  den  Sie  uns  erteilt  haben,  ues  andere  Pflichten  aufzuerlegen. 

Bei  allem  Beifall,  den  wir  der  glücklichen  Idee  gehen  müssee,  den  Erfindern 
eine  Nationalbelobnung  zu  bewilligen,  da  ihr  iDlerease  durch  die  gewöhnlichen 
Fatentgesetze  uiotit  hinlänglich  gesichert  sein  würde,  so  glaubten  wir  doch  gleich  bei 
Betietnng  dieses  neuen  Weges  den  Beweis  liefern  zu  müssen,  mit  welcher  Vorsicht 
und  Soi^alt  die  Kammer  zu  Werke  geht. 

Wenn  man  die  Erfmdung  des  Genies,  über  die  wir  heute  beschließen  sollen, 
«ner  genanen  und  strengen  Prüfung  unterwirft,  i<o  wird  man  dadurch  jene  eiteln 
MittelmSfligkeiten  sicher  entmutigen,  die  sonst  aui^h  dai-uacb  streben  möchten,  in 
diese  Tersanunlung  ihre  Produkte  zu  schleudern,  die  zum  Teil  gemein  und  spurlos 
TOiübei^bend  sind.  Man  wird  dadurch  beweisen,  daß  Sie  Belohnungen,  die  von 
Ihnen  im  Namen  des  National  ruh  ms  gefordert  werden  könneu,  in  eine  höhere  Stelle 
n  bringen  wissen,  daß  Sie  aber  nie  sich  dazu  herben  werden,  den  Glanz  der- 
selben dnrch  deren  Verschwendung  zu  vermindern. 

Aus  diesem  Wenigen  wird  die  Kammer  ersehen,  welche  Beweggründe  uns 
veranlaBten,  zu  untersuchen: 

1.  ob  das  Verfahren  des  Herrn  Daguerre  unbestritten  eine  Erfindung  ist; 

2.  ob  diese  Erfindung  der  Altertumskunde   und  den   schönen  Künsten   Dienste 
von  Wert  M  erweisen  imstande  ist; 

3.  ob  sie  gemeinnützig  werden  kann,  und  endlich 

4.  ob  man  hoffen  darf,  daß  die  Wissenschaften  Vorteil  daraus  ziehen  werden. 
Hierauf    gibt   Arago    eine    Skizze    älterer   Versuche     mit    der 

Kamera,  sowie  geschichtliche  Notizen  über  Wedgewood  usw.,  weiche 
jedoch  durchaus  nicht  erschöpfend    sind,    sowie    die   Anfünge   der  ■ 
Arbeiten  Niepce  und  Daguerres.     Arago  fälirt  dann  fort: 

Der  Oesellschafts vertrag  der  Herren  Niepce  und  Daguerre  über  die  ge- 
monaame  Betreibung  der  phatogmphischi'n  Melhodcn  wurde  am  14.  Dezember  182!> 
in  öffentlioher  Form  niedergeschrieben.  Die  sjiäteren  Verträge  zwischen  Herrn 
Isidoi  Niepce,  Sohn,  als  Erbe  seines  Vaters,  und  Herrn  Daguerre  erwähnen 
erstens  Vervollkommnungen,  die  der  Pariser  Maler  der  Methode  des  Physikers  von 
Qillon  beibrachte,  und  zweitens  ganz  neue,  von  Herrn  Daguerre  entdeckte  Ver- 

1)  Diese  Kommission  bestand  aus  den  Uen'cn  Arago,  Ktienne,  Karl, 
Yatont,  de  Beanmont,  Tournouer,  Franz  Delessert,  Combarel  de  Leyval 
tmd  Titei 


188  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

fahrungsweisen ,  die  den  Vorteil  darbieten ,  „daß  sich  (dies  sind  die  eigenen  Worte  einer 
der  Urkunden)  die  Bilder  mit  einer  60  oder  80 fach  größeren  Geschwindigkeit,  als  bei 
dem  früheren  Verfahren,  erzeugen**.  Biese  werden  mehrere  Bedingungen  des  Ver- 
trages (zwischen  dem  Herrn  Minister  des  Innern  einerseits  und  den  Herren  Daguerre 
und  Niepce,  Sohn,  anderseits),  der  dem  Gesetzesvoi'schlag  beigelegt  ist,  erklären. 

Man  wird  in  dem,  was  wir  soeben  von  den  Arbeiten  des  Herrn  Niepce 
sagten,  ohne  Zweifel  die  einschränkenden  Worte:  „für  die  photographische  Kopierung 
der  Kupferstiche",  bemerkt  haben.  Herr  Niepce  hatte  nämlich  in  der  Tat  nach 
einer  Menge  fruchtloser  Versuche  fast  selbst  die  Hoffnung  aufgegeben,  die  Bilder 
der  Camera  obscura  festhalten  zu  können,  weil  die  Präparate,  deren  er  sich  bediente, 
unter  den  Einwirkungen  der  Lichtstrahlen  nicht  schnell  genug  schwarz  wurden,  weil  er 
10—12  Stunden  brauchte,  um  eine  Zeichnung  zu  erzeugen;  weil  während  so  langen 
Zeiträumen  die  aufgetragenen  Schatten  sich  oft  verrückten  und  von  der  linken  auf 
die  rechte  Seite  der  Gegenstände  sich  lagerten;  weil  diese  Bewegung  überall,  wo 
sie  vorkam,  eine  ausdruckslose  gleiche  Färbung  erzeugte;  weil  in  den  Erzeugnissen 
einer  so  mangelhaften  Methode  aller  Effekt,  der  aus  dem  Kontrast  von  Schatten  und 
Licht  entsteht,  verloren  ging;  weil  man  femer  auch  ohne  diese  zahllosen  Hindernisse 
nicht  immer  sicher  war,  zum  Ziele  zu  gelangen,  und  weil  nach  unzähligen  Vorsichts- 
maßregeln oft  unerklärliche,  zufällige  Ursachen  bewirkten,  daß  man  bald  ein  leid- 
liches Resultat,  bald  ein  unvollständiges  Bild ,  das  hier  und  da  leere  Bäume  hinterließ, 
erhielt;  weil  endlich,  den  Sonnenstrahlen  ausgesetzt,  die  Schichte,  auf  welcher  das 
Bild  sich  zeichnete,  wenn  sie  nicht  schwarz  wurde,  sich  trennte  und  in  kleine 
Schuppen  verteilte. 

Wenn  man  alle  diese  Unvollkonmienheiten  durch  Darlegung  der  Art  und  Weise 
ihrer  Beseitigung  darstellte,  so  würde  man  eine  ziemlich  vollständige  Aufzählung  der 
Verdienste  haben,  die  sich  Herr  Daguerre  durch  Erfindung  seiner  Methode,  nach 
einer  unendlichen  Reihe  von  mühsamen,  mißlichen  und  kostspieligen  Versuchen  er- 
worben hat. 

Die  schwächsten  Strahlen  wirken  auf  die  Substanz  des  Daguerreotyp.  Die 
Wirkung  stellt  sich  schneller  dar,  als  daß  die  Sonnenschatten  Zeit  hätten,  sich  auf 
eine  bemerkliche  Weise  zu  verändern.  Die  Erfolge  sind  gewiß ,  wenn  man  sich  nach 
sehr  einfachen  Regeln  richtet.  Endlich  vermindert  der  Eindruck  der  Sonnenstrahlen, 
auch  wenn  er  jahrelang  auf  die  einmal  fertigen  Bilder  wirkt,  weder  die  Reinheit 
noch  den  Glanz  oder  die  Harmonie  dei*selben. 

Ihre  Kommission  hat  die  nötigen  Vorbereitungen  getroffen,  daß  an  dem  Tage, 
wo  der  Gesetzesvorschlag  zur  Beratung  kommt,  alle  Mitglieder  der  Kammer,  wenn 
sie  dazu  Lust  haben,  die  Erzeugnisse  des  Daguerreotyp  prüfen  und  sich  selbst  eine 
Idee  von  der  Nützlichkeit  dieser  Erfindung  machen  können.  Bei  Betrachtang  mehrerer 
dieser  Gemälde,  die  Ihnen  vorgestellt  werden  sollen,  wird  jedermann  an  den  außer- 
ordentlichen Nutzen  denken,  welcher  daraus  hätte  gezogen  werden  können,  wenn  man 
während  der  Expedition  nach  Ägypten  ein  so  genaues  und  schnelles  Mittel  der  Dar- 
stellung gehabt  hätte;  jeder  wird  von  der  Betrachtung  hingerissen  werden,  daß,  wenn 
die  Photographie  im  Jahre  1798  bekannt  gewesen  wäre,  wir  heutzutage  getreue 
Abbildungen  einer  großen  Anzahl  von  Denkmälern  besitzen  würden,  deren  die  ge- 
lehrte Welt  durch  die  Habgier  der  Araber  imd  die  Roheit  gewisser  Beisender  jetit 
auf  inmier  beraubt  ist. 

Um  die  vielen  Millionen  von  Hieroglyphen,  die  selbst  auf  der  Außenseite  die 
großen  Monumente  von  Theben,  Memphis,  Kamak  usw.  bedecken,  abznzeiohneni 
würde   man   ganze  Jahrzehnte   und  Scharen  von  Zeichnern   nötig  haben.    IGt  der 


Dagneneotyi  <i       ubuu       ~  .       u>«~n  _  au  g«      . 

nhren.  Bewilligen  Sie  dem  ii  tut  von  Ägypten  2  oder  3  Dagnerreache  Apparate, 
nnd  bald  werden  &uf  mehreren  der  großen  Tafeln  unseres  berühmten  Werkes,  dos 
dem  Znge  naoh  Ägypten  sein  Dasein  verdankt,  Massen  von  Hieroglypben,  wie  sie 
noh  in  der  Wirklichkeit  dort  vorfinden,  die  Stelle  ersonnener  oder  bloß  nach  dem 
VttgeßhT  gemachter  einnehmen,  nod  es  w^^rden  diese  Zeichnungen  an  Treue  und 
Wahiheit  der  Lokaltöne  überall  die  Werke  der  geschicktesten  Maler  übertreffen,  und 
da  ihre  Entstehnng  nach  den  Regeln  der  Geometrie  geschehen  ist,  so  vird  es  mit 
Este  einer  geringen  Zahl  gegebener  Verbältnisse  müghch,  die  wahren  GröBen  der 
höchsten  Teile,  der  luzugSnglichsten  Gebäude  daraus  absuleiten. 

Diese  Betrachtungen,  in  denen  die  Gelehrten  und  Kunstler,  welche  die  Armee 
des  Orients  mit  so  viel  Eifer  und  Erfolg  begleitet  hatten,  auch  nicht  den  Schatten 
einer  Geringschätzung  erblicken  können,  ohne  in  Selbsttäuschung  zu  geraten ,  müssen 
die  Gedanken  ohne  Zweifel  auf  die  Arbeiten  leiten,  die  gegenwärtig  in  unserem 
Vateriande  selbst  unter  der  Aufsicht  der  fiommission  für  historische  Denkmäler  ge- 
macht werden.  Ein  Blick  reicht  hin,  um  die  anfierorde etliche  Rolle  zu  erkennen, 
die  das  photographiache  Verfahren  bei  dieser  großen  nationalen  Unternehmung  spielen 
moB;  man  wird  zugleich  begreifen,  dalt  dieses  neue  Vorfahren  sich  durch  Sparsam- 
keit anazeichnen  wird,  ein  Verdienst,  das,  beiläufig  gesagt,  selten  mit  der  VervoU- 
komninnng  der  Produkte  der  Kunst  gleichen  Schritt  hält. 

Fragt  man  sich  endlich,  ob  die  Kunst,  für  sich  selbst  betrachtet,  einige  Fort- 
Bchritta  durch  die  Prüfung  und  Fertigung  dieser  Bilder  erwarten  darf,  die  aus  dem 
Feinsten  nnd  Zartesten,  was  die  Natur  besitzt,  aus  den  Strahlen  des  Lichtes  ent- 
BpTOsaen  und,  so  gibt  uns  Herr  Paul  Delaroche  die  Antwort.  In  einer  auf  unsere 
Bitte  abgefaßten  Note  erklärt  dieser  berühmte  Maler,  daß  die  Daguerresche  Methode 
jn  der  Verwirklichung  gewisser  wesentlichen  Forderungen  der  Kunst  so  weit  ge- 
kommen ist,  dafi  sie  selbst  für  die  ausgezeichnetsten  Maler  ein  Gegenstand  der  Be- 
obachtung und  des  Studiums  werden  wird".  Was  er  am  meisten  an  den  photo- 
gnqihischen  Bildern  hervorhebt,  ist  das,  daß  die  Einzelheiten  derselben,  deren 
Vollendung  man  sich  nicht  vorstellen  kann,  ,in  nichts  die  Ruhe  des  Ganzen  stören 
nnd  auf  keine  Weise  dem  Totaleffekt  schaden".  „Die  Richtigkeil  der  Striche",  fährt 
Herr  Delaroche  fort,  „die  Genauigkeit  aller  Formen  ist  in  den  Daguerreschen 
Gemälden  so  voUständig,  als  nur  immer  möglich,  und  man  erkennt  darin  gleichzeitig 
ein  michtiges,  kraftvolles  Modell,  und  ein  in  Farbetiton  und  Wirkung  gleich  reiches 
Ganzes.  Der  Haler  findet  in  diesem  Verfahren  ein  leichtes  Mittel,  Studieusamm- 
InngsD  zn  machen,  die  er  auf  anderem  Wege  nur  mit  einem  großen  Aufwand  von 
Uühe  und  Zeit,  und  doch  nicht  in  gleicher  Vollkommenheit,  erhalten  kann,  so  groß 
anoh  sein  Talent  sein  mag."  —  Nachdem  Herr  Delaroche  mit  schlagentlen  Beweisen 
die  Meinungen  derer  bekämpft  hatte,  die  sich  einbildeten,  die  Fhutcgraphie  werde 
unseren  Künstlern  und  besonders  unseren  geschickten  Kupferstechern  Schaden  bringen, 
sohÜeBt  derselbe,  seine  Note  mit  der  Bemerkung;  „Nach  allem  diesem  ist  die  bt;- 
wnndeiungswnrdige  Erfindung  des  Herrn  Daguerre  ein  unendlicher  Dienst  fiir  die 
Künste*.  Wir  wollen  nicht  in  den  Fehler  verfallen,  einem  Zeugnisse  der  Art  noch 
etwas  beizufügen. 

Man  erinnert  sich  ohne  Zweifel,  daß  unter  den  Fragen,  die  wir  am  Anfang 
gegenwärtigen  Berichts  uns  vorgelegt  haben,  auch  die  war,  ob  die  photographische 
Ifethode  gemeinnützig  werden  könne. 

Ohne  das,  was  an  der  Sache  bis  zur  Annahme  und  Terkundung  des  Gesetzes 
geheim  bleiben  muß  und  soll,  zu  verraten,  ki5nnen  wir  sagen,  daß  die  Flächen,  auf 


190  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

welchen  das  Licht  die  bewundernswerten  Gemälde  des  Herrn  Daguerre  erzeugt, 
plattierte  Tafeln  sind,  d.  h.  Kupferplatten,  die  mit  einem  dünnen  Silberplättchen 
überzogen  sind.  Es  wäre  ohne  Zweifel  vorzuziehen  gewesen,  nicht  nur  für  den 
Vorteil  der  Reisenden,  als  auch  aus  dem  ökonomischen  Gesichtspunkte,  daß  man  sich 
des  Papieres  hätte  bedienen  können.  Das  mit  chlor-  oder  schwefelsaurem  Silber 
getränkte  Papier  war  auch  wirklich  die  erste  Substanz,  auf  welche  die  Wahl  des 
Herrn  Daguerre  fiel;  allein  der  Mangel  an  Empfindlichkeit,  die  Undeutlichkeit  der 
Bilder,  die  geringe  Sicherheit  für  den  Erfolg  imd  die  Zufälle,  die  sich  oft  bei  der 
Operation,  die  Licht-  in  Schattenpartien  und  imigekehrt  zu  veiwandeln,  ereigneten, 
mußten  auch  einen  so  geschickten  Künstler  von  der  Fortsetzung  dieser  Versuche  auf 
Papier  zurückschrecken.  Wäre  er  auf  diesem  ersten  Wege  fortgeschritten,  so 
würden  seine  Bilder  zwar  vielleicht  in  Sammlungen  als  Erzeugnisse  von  Versuchen 
in  den  Sonderbarkeiten  der  Physik  sich  zeigen ,  allein  gewiß  würde  sich  die  Kammer 
nie  damit  zu  beschäftigen  gehabt  haben.  Wenn  übrigens  3  oder  4  Francs,  was  eine 
Platte,  wie  sie  Herr  Daguerre  in  Gebrauch  hat,  kostet,  ein  zu  hoher  Preis  scheinen 
sollte,  so  muß  man  hinzufügen,  daß  diese  nämliche  Platte  nacheinander  hundert 
verschiedene  Gemälde  aufzunehmen  imstande  ist. 

Der  außerordentliche  Erfolg  der  gegenwärtigen  Methode  des  Herrn  Daguerre 
steht  im  Zusammenhang  mit  dem  Umstände,  daß  die  Operation  mit  einer  äußerst 
dünnen  Schicht  des  Stoffes,  auf  einem  wahren  Häutchen  vollzogen  wird.  Wir  haben 
uns  daher  mit  dem  Preis  der  Stoffe,  die  dazu  verwendet  werden,  nicht  zu  be- 
schäftigen; derselbe  würde  wegen  seiner  Kleinheit  in  der  Tat  gar  nicht  zu  be- 
stimmen sein. 

Ein  einziges  Mitglied  der  Kommission  hat  den  Künstler  in  Tätigkeit  gesehen, 
und  hat  auch  selbst  die  Operation  vollbracht  Daher  geschieht  es  unter  der  persön- 
lichen Verantwortlichkeit  dieses  Deputierten,  wenn  wir  der  Kammer  die  Daguerreo- 
typio,  betrachtet  von  dem  Gesichtspunkte  der  leichten  Ausführbarkeit,  beschreiben. 

Die  Daguerreotypie  enthält  nicht  eine  einzige  Verrichtung,  die  nicht  jedermann 
vollbringen  könnte.  Sie  setzt  durchaus  keine  Kenntnis  der  Zeichenkunst  voraus  und 
fordert  auch  keine  besondere  Geschicklichkeit  in  der  Hand.  Wenn  man  sich  Punkt 
für  Punkt  nach  gewissem,  sehr  einfachen  und  sehr  wenig  zahlreichen  Vorschriften 
richtet,  so  gibt  es  niemand,  dem  es  nicht  ebenso  gewiß  und  ebenso  gut,  als  Herrn 
Daguerre  selbst,  gelingen  wird. 

Die  Schnelligkeit  der  Methode  hat  vielleicht  am  meisten  Erstaunen  im  Publikum 
erregt.  Li  der  Tat  sind  kaum  10 — 12  Minuten  in  der  trüben  Witterungszeit  des 
Winters  notwendig,  um  die  Ansicht  eines  Monuments,  eines  Stadtviertels,  einer 
Landschaft  aufzunehmen. 

Im  Sommer  bei  schönem  Sonnenlicht  kann  diese  Zeit  auf  die  Hälfte  vermindert 
werden.  Im  mittäglichen  Klima  werden  gewiß  2  —  3  Minuten  genügen.  Allein  wir 
müssen  dabei  bemerken,  daß  unter  diesen  10—12  Minuten  im  Winter,  diesen  5  bis 
6  Minuten  im  Sommer  und  diesen  2  —  3  Minuten  in  südlichen  Gegenden  nur  die 
Zeit  verstanden  ist,  während  welcher  die  Platte  das  Linsenbild  aufnehmen  muß. 
Hierzu  muß  noch  die  Zeit  gerechnet  werden,  die  erforderlich  ist,  um  die  Camera 
obscura  auszupacken  und  aufzustellen,  die  Platte  herzurichten  und  die  kleine  Operatioii 
vorzunehmen,  um  das  Gemälde,  wenn  es  aufgetragen  ist,  für  die  Einwirkungen  des 
Lichtes  unempfänglich  zu  machen.  Zu  allen  diesen  Verrichtungen  zusammen  durfte 
eine  Zeit  von  einer  halben  bis  zu  dreiviertel  Stunden  nötig  sein.  Diejenigen,  die 
neulich,  als  sie  gerade  im  Begriff  waren,  eine  Reise  anzutreten,  erklärten,  sie  wollten 
jeden  Augenblick,   wo   die  Chaise  Steigungen   zu  überwinden  hätte,   benutzen,   um 


iricbtw  de 

reniger  De  d  mu  Mob  in  Ti  bi  ,  wenn  man,  übemsclit  ron  den  mein* 
1  Brlolgen.  die  aiob  durch  den  Abdruck  von  Seiten  und  Zeichnungen  der 
iltesten  VeAe  ergaben,  hoffte,  die  photographischeu  Bilder  könnten  dorcb  litho- 
p^thiBoliB  Abdrucke  wiedergegeben  und  vervielfacht  werden.  Nicht  allein  in  der 
moralischen  Welt  hat  jede  Eigenschaft  ihre  Uängel,  der  Grundsatz  findet  auch  bei 
den  Kfinaten  s^ne  Anwendung.  Die  Vollendung,  Zartheit  und  Harmonie  der  Licht- 
bilder und  Wirkungen  der  vollkaramenen  Glätte  und  unbetecfaenbaren  Dünne  des 
Übenoges,  auf  welchem  Herr  Daguerre  operiert  Reibt  oder  tupft  man  derartige 
Oeinilde,  oder  unterwirft  man  sie  dem  Brück  der  Presse  oder  Walze,  so  sind  sie 
unwiederbringlich  zerstört.  Würde  es  uns  aber  auch  jemals  einfallen,  ein  Spitzen- 
band stark  hin  und  her  zu  zerren  oder  die  Flügel  eines  Schmetterlings  zu  reiben? 

Der  Akademiker,  der  schon  seit  einigen  Monaten  die  Zubereitung  kennt,  durch 
welche  die  schönen  Zeichnungen ,  die  gegenwärtig  unserer  Prüfung  unterworfen  werden 
sollen,  erzeugt  werden,  glaubte  bis  jetzt  noch  keinen  Vorteil  aus  dem  Geheimnis 
liehen  zu  dürfen,  das  ihm  durch  das  uhrenvollc  Zutrauen  des  Herrn  Daguerre 
mitgeteilt  worden  ist  Er  glaubt,  daß,  bevor  er  die  weitere  Laufbahn  der  Nach- 
foraohtingen,  die  das  photographiscbe  Verfahren  dem  Physiker  eröffnet,  betreten 
dürfe,  die  Delikatesse  von  ihm  fordere,  zuerst  abzuwarten,  bis  eine  Nationalbetobnung 
der  Allgemeinheit  der  Beobachter  dieselben  Hilfsmittel  za  weiterer  Forschung  in  die 
H&nde  gegeben  hätte.  Wenn  wir  demnach  von  dem  wissenschaftlich eo  Nutzen  der 
Erfindung  unseres  Landsmannes  reden,  so  können  wir  allerdings  nur  Vermutungen 
ansdrüeken.  Die  Tatsache  selbst  übrigens  ist  klar  und  handgreiflich,  und  wir  haben 
nicht  sehr  zu  besoi^n,  daB  die  Zukunft  uns  Lügeo  strafen  werde. 

Die  Vorrichtung,  auf  welcher  Herr  DaguL'rre  arbeitet,  ist  ein  für  die  Ein- 
wiAnng  des  Lichtes  viel  empfänglicheres  Reaktion smittel,  als  alle,  deren  man  sich 
lüsher  bedient  hat  Niemals  hatte  diis  Licht  des  Mondes,  wir  meinen  nicht  im  natür- 
Itdieo  Zustand,  sondern  vereinigt  im  Brennpunkt  des  grüßten  Linsenglases,  oder  im 
Brennpunkt  des  gröBten  Spicgolglo-ses ,  irgend  einen  erheblichen  physischen  Effekt 
hervorgebracht  Die  von  Herrn  Daguerre  zubereiteten  Platten  bleichen  übrigens 
unter  der  Einwirkung  derselben  Lichtstrahlen  und  der  nachfolgenden  Bebaudlung  so 
sehr,  dafi  man  sich  der  Hoffnung  hingeben  darf,  da«  wir  photographische  Karten 
von  onserm  Tmbanten  (Hond)  werden  machen  können.  M^in  wird  also  in  einigen 
Hinuten  eine  der  schwierigsten,  langwierigsten  und  mißlichsten  astronomischen 
Arbeiten  ausführen  können. 

Ein  wichtiger  Zweig  der  beobachtenden  und  berechnenden  Wissenschaften, 
nimlich  der,  welcher  von  der  inneren  Wirksamkeit  (intensiven  Kraft)  des  Lichtes 
handelt,  die  Photometrie  (Lichtmossung)  Eiat  bis  jetzt  wenig  Fortschritte  gemacht. 
Der  Physiker  kann  es  leicht  dahin  bringen,  die  Wirkungen  zweier  Lichlarten,  die 
nebeneinander  sind,  und  die  er  zugleich  erblickt,  zu  vergleichen;  allein  man  bat  nur 
nnToUkommene  Mittel,  diese  Vergleich ungen  zu  bewerkstelligen,  wenn  die  Bedingung 
der  gleichzeitigen  Erscheinung  nicht  vorhanden  ist;  wenn  man  ein  Licht,  da^  im 
Angenblick  sichtbar  ist,  und  ein  anderes,  das  erst  dann,  wenn  das  erstcre  ver- 
schwanden ist,  zum  Vorschein  kommt,  vergleichen  soll. 

Die  künstlichen  Lichti[ucllen,  die  der  Beobachtci'  in  dem  eben  erwähnten 
Falle  nir  Verglelchnng  zu  Hilfe  nehmen  muß,  sind  selten  mit  der  Beständigkeit  und 
Feetif^eit  begabt,  die  wünschenswert  ist;  selten,  und  besondei's  wenn  es  sich  von 
Oesliinen  handel* ,  haben  unsere  künstlichen  Liclitquellen  die  n<)tige  weiße  Farbe. 
Deshalb  bestehen  so  große  Differenzen  zwischen  den  Bestimmungen  der  verglichenen 


192  Ei-stei  Teil.    Sechzehotes  KapiteL 

Lichtstärken  der  Sonne  und  des  Mondes  und  der  Sonne  und  der  Sterne,  die  durch 
gleich  ausgezeichnete  Gelehrte  gegeben  sind;  deshalb  sind  die  wichtigsten  Folgen, 
die  sich  aus  diesen  letzteren  Vergleichungen,  bezüglich  auf  die  niedere  Stellung  er- 
geben, die  unsere  Sonne  unter  den  Milliarden  von  Sonnen,  mit  denen  das  Firmameiit 
übersäet  ist,  einnehmen  muß,  noch  mit  gewissen  Vorbehalten  umwirrt,  von  denen 
selbst  die  Werke  der  Schriftsteller,  die  durchaus  nicht  ängstilch  sind,  sich  nicht 
freigehalten  haben. 

Wir  wollen  nicht  anstehen,  es  zu  sagen,  die  von  Herrn  Daguerre  entdeckten 
Reaktionsmittel  werden  die  Fortschritte  einer  der  Wissenschaften  beschleunigen,  die 
dem  meoschlichen  Geiste  zur  größten  Ehre  gereichen.  Mit  ihrer  Hilfe  kann  der 
Physiker  von  nun  an  den  Weg  durch  Bestimmung  absoluter  Intensitäten  betreten; 
er  kann  die  verschiedenen  Lichter  durch  ihre  Wirkungen  beurteilen.  Wenn  er  es 
für  gut  findet,  so  kann  ihm  dieselbe  Tafel  die  Einwirkung  der  blendenden  Sonnen- 
strahlen, der  dreimalhunderttausend  Mal  schwächeren  Strahlen  des  Mondes  und  der 
Strahlen  der  Gestirne  zeigen.  Er  kann  diese  Einwirkimgen  vergleichen,  entweder 
indem  er  die  stärkeren  Lichtstrahlen  mit  Hilfe  der  ausgezeichneten  Mittel,  die  erst 
neu  entdeckt  worden  sind ,  deren  nähere  Bezeichnung  hier  aber  nicht  an  ihrem  Orte 
wäre,  schwächt,  oder  indem  er  z.  B.  die  glänzendsten  Strahlen  nur  eine  Sekunde 
wirken  läßt  und  je  nach  Bedarf  die  Wirkimg  der  übrigen  Strahlen  bis  zu  einer 
halben  Stunde  verlängert.  Wenn  die  Beobachter  ein  neues  Listrument  zum  Studium 
der  Natur  anwenden,  so  ist  das,  was  sie  davon  gehofft  haben,  immer  eine  Kleinig- 
keit gegenüber  der  Folge  von  Entdeckungen,  zu  denen  das  Listrument  den  Ursprung 
gab.    Darin  muß  man  hauptsächlich  auf  den  Zufall  rechnen. 

Sollte  dieser  Gedanke  paradox  scheinen  ?  Einige  Beispiele  werden  die  Richtig- 
keit desselben  beweisen. 

Einige  Kinder  befestigen  zufällig  zwei  Linsengläser  von  verschiedenen  Brenn- 
punkten an  den  beiden  Enden  eines  Rohrs.  Sie  bringen  dadurch  ein  Instrument 
hervor,  das  entfernte  Gegenstände  vergrößert  und  sie  darstellt,  als  wenn  sie  sich 
genähert  hätten.  Die  Beobachter  nehmen  dieses  Mittel  mit  der  einzigen,  geringen 
Hoffnung  auf,  Gestirne,  die  man  von  alters  her  kannte,  die  man  aber  bis  dahin 
nur  unvollkommen  hätte  studieren  können ,  ein  wenig  besser  sehen  zu  können.  Kaum 
aber  ist  es  gegen  das  Firmament  gekehrt,  so  entdeckt  man  Miriaden  neuer  Welten, 
so  dringt  man  in  die  innere  Beschaffenheit  der  sechs  Planeten  der  Alten  ein  und 
findet  sie  ähnlich  der  unserer  Erde,  mit  Bergen,  deren  Höhe  man  mißt,  mit  Atmo- 
sphären, deren  Veränderungen  man  verfolgt,  mit  Naturerscheinungen,  der  Bildung 
und  Zerstörung  von  Eispolen,  ähnlich  denen  der  Erdpole,  mit  Bewegungen  tun  die 
Achse,  ähnlich  denen,  die  bei  uns  die  Abwechslung  von  Tag  und  Nacht  erzeugen. 
Auf  den  Satumus  gerichtet,  zeigt  der  Tubus  der  Kinder  des  Brillenhändlers  von 
Middelburg  dort  eine  Erscheinung,  deren  Sonderbarkeit  alles  übertrifft,  was  die  leb- 
hafteste Einbildungskraft  sich  vorstellen  kann.  Wir  meinen  jenen  Ring  oder,  wenn 
man  lieber  will,  jene  Brücke  ohne  Pfeiler  von  71000  Stunden  Durchmesser  und 
11000  Stunden  Breite,  die  den  Körper  des  Planeten  auf  allen  Seiten  umgibt,  ohne 
sich  ihm  auf  irgend  einer  Seite  auf  mehr  als  9000  Stunden  zu  nähern.  Hfttta  wohl 
jemand  vorhersehen  können,  daß  man  durch  das  Femrohr,  das  zur  Beobaohtung  der 
vier  Monde  des  Jupiter  angewendet  werden  sollte,  entdecken  würde,  daß  die  lichi- 
strahlen  sich  mit  einer  Geschwindigkeit  von  8000  Stunden  in  der  Sekunde  bewegen, 
daß,  verbunden  mit  den  geteilten  Instrumenten,  es  dazu  dienen  würde,  den  Beweis 
zu  liefern,  daß  es  keine  Sterne  gibt,  deren  Licht  in  weniger  als  drei  Jahren  m  uns 
kommt,   daß   femer,   wenn   man  mit  seiner  Hilfe  gewisse  Beobachtungen,  gewiSBe 


Sohhuse  kommt,  omB  aar      xhl,  dnrob  den  wir  in  i      im  Angenbliot  gewisse  neb 
Stdlm  erUioken,  von  diesen  vor  Milliooeu  von  Jabren  ansgegangen  war,  mit  i      ei 
Woitan,   d&E  ^eee  Nebelwolken  durch  die  aubzesaive  Fortpflanzong  des  Liohta  von 
der  Eide  ans  mehrere  HiUiooen  von  Jahren  nach  ihrer  völligen  Vemichtaug  sicht- 
bar mnd? 

Du  Befaiohr  für  benaofabarte  Oegenatlnde,  das  Mikroskop,  könnte  sa  analogen 
BoBediuigen  Anlafi  geben,  denn  die  Natur  ist  nicht  weniger  bevondeningswert  ond 
venahiedenutig  in  ihren  kleinsten  Teilen,  als  in  ihrer  ünermeBlichkeit  Wenn  man 
das  IGkroskop  znerst  zur  Beobachtung  gewisser  Insekten  anwendet,  von  denen  die 
NatoAnndigen  nur  wünschen  möchten,  daß  sie  ihre  Gestalt  TergroBem  könnten,  um 
üe  genaoer  duich  Zeichnnngen  darstellen  zu  können,  so  hat  dssselbe  nacheinander 
und  onTennatet  in  der  Laft,  im  Wssser,  überhaupt  in  allen  flüssigen  Gegenständen, 
diese  Üerohen,  diese  fremdartigen  Oeschöpfchen  entdeckt,  durch  die  man  hoffen  darf, 
künftig  önmal  die  ersten  Anhaltspunkte  zu  einer  vernünftigen  Erklärung  der  Lebens- 
ereoheinnngen  %a  entdecken.  Neulich  auf  kleine  Bruchstücke  der  härtesten  und  festesten 
Steine,  ane  denen  die  Oberfläche  unserer  Erde  zusammengesetzt  ist,  gerichtet,  bat 
das  Uikroakop  den  eistaonten  Blicken  der  Beobachter  gezeigt,  daB  diese  Steine  einst 
lebten,  dafi  sie  eine  ans  unzähligen  Milliarden  solcher  nur  mit  dem  Mikroskop  erkenn- 
baren Lerchen  lusammengefügte  Masse  sind. 

Man  wild  sich  erinaern,  daß  die»e  Abschweifung  dazu  bestimmt  war,  diejenigen 
Personen  zu  enttäuschen,  die  mit  Unrecht  die  wissenschaftlichen  Anwendungen  der 
Entdeckung  des  Herrn  Dagnerre  auf  den  jetzt  schon  voraussichtlichen  Stand  be- 
Bohrinken  woUten,  von  dem  wir  einen  Umriß  gezeichnet  haben;  wohl,  die  Wirklich- 
keit rechtfertigt  schon  unsere  Hoffnungen.  Wir  könnten  z.  B.  von  einigen  Ideen 
reden,  die  man  über  die  schnellen  Mittel  für  die  Aufsuchung  gehabt  hat,  die  der 
Topograph  der  Iichtbilder-Erzeugung«methode  entlehnen  könnte,  allein  wir  gehen 
auf  kfiizerem  Wege  zu  unsenn  Ziel,  indem  wir  eine  einzige  Beobachtung  hier  miU 
teilen,  die  Herr  Dagnerre  uns  gestern  gemacht  hat,  daß  nämlich  die  gleichweit 
von  dem  Uittag  entfernten  Stunden  des  Morgens  und  des  Abends,  wo  die  Sonne 
also  ^eiohhoch  über  dem  Horizonte  steht,  doch  nicht  gleich  günstig  für  die  Erzeugung 
der  photegr^ihischen  Bilder  sind. 

Bo  erzeugt  sich  das  Bild  zu  ollen  Jahreszeiten  und  bei  scheinbar  ganz  gleichen 
atmosphlrischen  Verhältnissen  um  7  Uhr  des  Morgens  ein  wenig  schneller,  als  um 
5  Ühi  abends,  um  8  Uhr  schneller  als  um  i  Uhr,  um  9  Uhr  schneller  als  um  3  Uhr. 
Wenn  wir  dieses  Resultat  als  richtig  annehmen,  so  hat  der  Meteorologe  ein  Element 
mehr  in  seinen  Tafeln  aufzunehmen,  und  zu  den  früheren  Beobachtungen  über  den 
Stand  des  Thermometers,  Barometers,  Hygrometers  und  der  Durchsichtigkeit  der  Luft 
moB  er  noch  ein  Element  hinzufügen,  dos  jene  Instrumente  nicht  angeben,  er  darf 
noch  eine  besondere  Absorption  nicht  vergessen,  welche  nicht  ohne  Einfluß  auf  viele 
andere  Erscheinungen  sein  kann,  selbst  auf  die,  welche  in  das  Gebiet  der  Phj'siologie 
und  Mediiiu  gehören. 

Wir  wollen  es  versuchen,  meine  Herren,  alles  das,  was  die  Erfindung  des 
Berm  Dagnerre  Interessantes  darbietet,  nnter  die  vierfache  Beziehung  der  Neuheit, 
der  Nfltiliohkeit  für  die  Kunst,  die  Schnelligkeit  der  Ausführung  und  des  kostbaren 
Hüfnoittelfl,  das  die  Wissenschaft  daran  finden  wird,  zu  stellen.  Wir  haben  uns 
bam'&ht,  Ihnen  unsere  Dherzengungen  mitzuteilen,  weil  sie  lebhaft  und  aufrichtig 
aind,  wall  wir  alles  mit  der  getreuen  Genauigkeit  untersucht  und  geprüft  haben,  die 
uns  durch  Ihre  Wahl  znr  Pflicht  geworden  ist,  weil  femer,  wenn  es  möglich  gewesen 

n  PhDtDgnphlB.   I.  Tnl.   3.  Anfl,  13 


192  £rstei-  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

Lichtstärken  der  Sonne  und  des  Mondes  und  der  Sonne  und  der  Sterne,  die  durch 
gleich  ausgezeichnete  Gelehrte  gegeben  sind;  deshalb  sind  die  wichtigsten  Folgen, 
die  sich  aus  diesen  letzteren  Vergleichungen ,  bezüglich  auf  die  niedere  Stellung  er- 
geben, die  unsere  Sonne  unter  den  Milliarden  von  Sonnen,  mit  denen  das  Firmameiit 
übersäet  ist,  einnehmen  muß,  noch  mit  gewissen  Vorbehalten  umwirrt,  von  denen 
selbst  die  Werke  der  Schriftsteller,  die  durchaus  nicht  ängstlich  sind,  sich  nicht 
freigehalten  haben. 

Wir  wollen  nicht  anstehen,  es  zu  sagen,  die  von  Herrn  Dagu er re  entdeckten 
Reaktionsmittel  werden  die  Fortschritte  einer  der  Wissenschaften  beschleunigen,  die 
dem  menschlichen  Geiste  zur  größten  Ehre  gereichen.  Mit  ihrer  Hilfe  kann  der 
Physiker  von  nun  an  den  Weg  durch  Bestimmung  absoluter  Intensitäten  betreten; 
er  kann  die  verschiedenen  Lichter  durch  ihre  Wirkungen  beurteilen.  Wenn  er  es 
für  gut  findet,  so  kann  ihm  dieselbe  Tafel  die  Einwirkung  der  blendenden  Sonnen- 
strahlen, der  dreimalhunderttausend  Mal  schwächeren  Strahlen  des  Mondes  und  der 
Strahlen  der  Gestirne  zeigen.  Er  kann  diese  Einwirkimgen  vergleichen,  entweder 
indem  er  die  stärkeren  Lichtstrahlen  mit  Hilfe  der  ausgezeichneten  Mittel,  die  erst 
neu  entdeckt  worden  sind ,  deren  nähere  Bezeichnung  hier  aber  nicht  an  ihrem  Orte 
wäre,  schwächt,  oder  indem  er  z.  B.  die  glänzendsten  Strahlen  nur  eine  Sekunde 
wirken  läßt  und  je  nach  Bedarf  die  Wirkung  der  übrigen  Strahlen  bis  zu  einer 
halben  Stunde  verlängert.  Wenn  die  Beobachter  ein  neues  Listrument  zum  Studium 
der  Natur  anwenden,  so  ist  das,  was  sie  davon  gehofft  haben,  immer  eine  Kleinig- 
keit gegenüber  der  Folge  von  Entdeckungen,  zu  denen  das  Instrument  den  üi*sprung 
gab.    Darin  muß  man  hauptsächlich  auf  den  Zufall  rechnen. 

Sollte  dieser  Gedanke  paradox  scheinen?  Einige  Beispiele  werden  die  Richtig- 
keit desselben  beweisen. 

Einige  Kinder  befestigen  zufällig  zwei  Linsengläser  von  verschiedenen  Brenn- 
punkten an  den  beiden  Enden  eines  Rohrs.  Sie  bringen  dadurch  ein  Instmment 
hervor,  das  entfernte  Gegenstände  vergrößert  und  sie  darstellt,  als  wenn  sie  sich 
genähert  hätten.  Die  Beobachter  nehmen  dieses  Mittel  mit  der  einzigen,  geringen 
Hoffnung  auf,  Gestirne,  die  man  von  alters  her  kannte,  die  man  aber  bis  dahin 
nur  unvollkommen  hätte  studieren  können,  ein  wenig  besser  sehen  zu  können.  Kaum 
aber  ist  es  gegen  das  Firmament  gekehrt,  so  entdeckt  man  Miriaden  neuer  Welten, 
so  dringt  man  in  die  innere  Beschaffenheit  der  sechs  Planeten  der  Alten  ein  und 
findet  sie  ähnlich  der  unserer  Erde,  mit  Bergen,  deren  Höhe  man  mißt,  mit  Atmo- 
sphären, deren  Veränderungen  man  verfolgt,  mit  Naturerscheinungen,  der  BUdung 
und  Zerstörung  von  Eispolen,  ähnlich  denen  der  Erdpole,  mit  Bewegungen  um  die 
Achse,  ähnlich  denen,  die  bei  uns  die  Abwechslung  von  Tag  und  Nacht  erzeugen. 
Auf  den  Satumus  gerichtet,  zeigt  der  Tubus  der  Kinder  des  Brilienhändlers  von 
Middelburg  dort  eine  Erscheinung,  deren  Sonderbarkeit  alles  übertrifft,  was  die  leb- 
hafteste Einbildungskraft  sich  vorstellen  kann.  Wir  meinen  jenen  Ring  oder,  wenn 
man  lieber  will,  jene  Brücke  ohne  Pfeiler  von  71000  Stunden  Durohmesser  und 
11000  Stunden  Breite,  die  den  Körper  des  Planeten  auf  allen  Seiten  umgibt,  ohne 
sich  ihm  auf  irgend  einer  Seite  auf  mehr  als  9000  Stunden  zu  nahern.  Hfttta  wohl 
jemand  vorhersehen  können,  daß  man  durch  das  Femrohr,  das  zur  Beobaohtung  der 
vier  Monde  des  Jupiter  angewendet  werden  sollte,  entdecken  würde,  daß  die  lichi- 
strahlen  sich  mit  einer  Geschwindigkeit  von  8000  Stunden  in  der  Sekunde  bewegen, 
daß,  verbunden  mit  den  geteilten  Instrumenten,  es  dazu  dienen  würde,  den  Beweis 
zu  liefern,  daß  es  keine  Sterne  gibt,  deren  Licht  in  weniger  als  drei  Jahren  sa  uns 
kommt,   daß   femer,   wenn   man  mit  seiner  Hilfe  gewisse  Beobachtungen,  gewiBBe 


Sddnne  krärnnt,  uß  aer  Staun,  auiob  den  wir  in  einem  Augenblick  gen      i  nebel 
BtoUen  etUickeii,  von  diesen  toi  UUlioDen  von  Jahren  auBgegangen  war,  mit  andei 
Worten,  iaS  diese  Nebelwolken  durch  die  BukiesnTe  Fortpflaitziuig  des  Lichts  ron 
der  Erde  sos  mehrere  Uilliooen  von  Jahren  nach  ihrer  völligen  Vernichtung  mcht- 
iar  und! 

Das  Sehrohr  für  benachbarte  OeganslAiide,  das  Mikroskop,  könnte  lu  analogen 
BoKikaBgfn  AnlaB  geben,  denn  die  Natur  ist  nicht  weniger  be wund enings wert  und 
TOBdiiedenartig  in  ihren  kleinatan  Teilen,  als  in  ihrer  ünermeQlichkeit.  Wenn  man 
dis  IGkioekop  cnent  mr  Beobachtung  gewisser  Insekten  anwendet,  von  denen  die 
Natnrkiuidigen  nur  wünschen  mochten,  daß  sie  ihre  Gestalt  vergröBem  könnten,  am 
aie  gauner  dorch  Zeiohnungen  darateUen  zn  können,  so  hat  dasselbe  nach^nandei 
md  nnrennutet  in  der  Luft,  im  Wasser,  überhaupt  in  allen  flüssigen  Qegenstbnden, 
diese  !Gerotien,  diese  fremdartigen  Geschüpfchen  entdeckt,  durch  die  man  hoffen  darf, 
künftig  eönmal  die  ersten  Anhaltspunkte  zu  einer  vernünftigen  Erklärung  der  Lebens- 
eisoheinnngen  lu  entdecken.  Neulich  auf  Ueine  Bruchstücke  der  härtesten  und  festesten 
Bteine,  ans  denen  die  Oberfläche  unserer  Erde  zusammengesetzt  ist,  gerichtet,  hat 
das  Mikroskop  den  erstaunten  Blicken  der  Beobachter  gezeigt,  daQ  diese  Steine  einst 
lebten,  daB  sie  eine  aus  unzähligen  Milliarden  solcher  nur  mit  dem  Mikroskop  erkenn- 
baren inerohen  zusammengefügte  Masse  sind. 

Han  wird  sich  erinnern,  daß  diese  Abschweifung  dazu  bestimmt  war,  diejenigen 
Personen  zu  enttäuschen,  die  mit  Unrecht  die  wissenschaftlichen  Anwendungen  der 
Entdeckung  des  Herrn  Daguerre  auf  den  jetzt  schon  voraussichtlichen  Stand  be- 
aohränken  wollten,  von  dem  wir  einen  Umriß  gezeichnet  haben;  wohl,  die  Wirklich- 
keit rechtfertigt  schon  unsere  Hoffnungen.  Wir  künuten  z.  B.  von  einigen  Ideen 
reden,  die  man  über  die  schnellen  Mittel  für  die  Aufsuchung  gehabt  hat,  die  der 
Topograph  der  Lichtbilder- Bizeugung^methode  entlehnen  könnte,  allein  wir  gehen 
auf  kürzerem  Wege  zu  unserm  Ziel,  Indem  wir  eine  einzige  Beobachtung  hier  mit- 
teilen, die  Herr  Daguerre  uns  gestern  gemacht  bat,  daß  nämlich  die  gleicbweit 
Ton  dem  Mittag  entfernten  Stunden  des  Morgens  und  des  Abends,  wo  die  Sonne 
also  ^eichhoch  über  dem  Horizonte  steht,  doch  nicht  gleich  günstig  für  die  Erzeugung 
der  photographischen  Bilder  sind. 

So  erzeugt  sich  das  Bild  zu  allen  Jahreszeiten  und  bei  scheinbar  ganz  gleichen 
atmosphärischen  Verhältnissen  um  7  Uhr  des  Morgens  ein  wenig  schneller,  als  um 
6  übr  abends,  um  8  Uhr  schneller  als  um  4  Uhr,  um  9  Uhr  schneller  ab<  um  3  Uhr. 
Wenn  wir  dieses  Resultat  als  richtig  annehmen,  so  hat  der  Meteorologe  ein  Element 
mehr  in  seinen  Tafeln  aufzunehmen,  und  zu  den  früheren  Beobachtungen  über  den 
Stand  des  Thermometers,  Barometers,  Hygrometers  und  der  Durchsichtigkeit  der  Luft 
mufl  er  noch  ein  Element  hinzufügen,  das  jene  Listnimente  nicht  angeben,  er  darf 
noch  wie  besondere  Absorption  nicht  vergessen,  welche  nicht  ohne  Einfluß  auf  viele 
andere  Ersoheinongen  sein  kann,  selbst  auf  die,  welche  in  das  Gebiet  der  Physiologie 
nnd  Hadiän  gehören. 

Wir  wollen  es  versuchen,  meine  Herren,  alles  das.  was  die  Erfindung  des 
HeiTU  Daguerre  Interessantes  darbietet,  unter  die  vierfache  Beziehung  der  Neuheit, 
der  NSUichkeit  für  die  Kunst,  die  Schnelligkeit  der  Ausführung  und  den  kostbaren 
BtUBmittals,  das  die  Wissenschaft  daran  finden  ivird,  zu  stellen.  Wir  haben  uns 
bem&ht,  Ihnen  onaere  (iberzeugungen  mitzuteilen,  weil  sie  lebhaft  und  aufrichtig 
sind,  wül  wir  alles  mit  der  getreuen  Genauigkeit  untersucht  und  geprüft  haben,  die 
uns  doich  Ihre  Wahl  mr  Pflicht  geworden  ist,  weil  femer,  wenn  es  möglich  gewesen 
Kdar,  BmBmk  der  Fhota(iHiliI>.   I-  Teil.  3.  Aufl.  13 


194  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

wäre,  die  "Wichtigkeit  der  Daguerreotypie  und  die  Stelle,  die  sie  in  der  Achtung  der 
Menschen  einnehmen  wird,  zu  verkennen,  alle  unsere  Zweifel  hätten  schwinden 
müssen,  wenn  man  den  Eifer  betrachtet,  mit  welchem  fremde  Nationen  sich  an- 
schickten, ein  irriges  Datum,  eine  zweifelhafte  Tatsache,  den  leichtesten  Verwand 
zu  benutzen,  um  Prioritätsfragen  zu  erheben,  um  es  zu  versuchen,  zu  der  Krone 
von  Entdeckungen,  mit  denen  jede  sich  schmückt,  noch  den  Strahlenkranz  hinzu- 
zufügen, der  stets  die  Erfindung  der  photogi*aphischen  Bilder  umgeben  wird.  Ver- 
gessen wir  es  nicht,  zu  verkünden:  jeder  Streit  über  diesen  Punkt  hat  aufhört, 
und  zwar  weniger  noch  hinsichtlich  der  anerkannten,  ganz  unbestreitbaren  Vorzugs- 
rechte, auf  die  sich  die  Herren  Niepce  und  Baguerre  stützen,  als  hauptsächlich 
in  Beziehung  auf  die  unglaublichen  Vervollkommnungen,  die  Herr  Dag.uerre  erfunden 
hat.  "Wenn  es  nötig  wäre,  so  würden  wir  nicht  verlegen  sein,  Zeugnisse  der  aus- 
gezeichnetsten Männer  Deutschlands  und  Englands  vorzulegen,  von  denen  alles,  was 
bei  uns  hinsichtlich  der  Erfindung  unseres  Landsmanns  Schmeichelhaftes  gesagt  worden 
ist,  verschwinden  müßte.  Frankreich  hat  diese  Entdeckung  adoptiert,  vom  ersten 
Augenblick  hat  es  sich  stolz  gezeigt,  die  ganze  Welt  damit  freigebig  beschenken 
zu  können. 

Auch  waren  wir  nicht  überrascht  durch  den  Eindruck,  den  eine  Stelle  in  den 
Motiven  zum  Gesetzesentwurf  beinahe  allgemein  unter  dem  Publikum  hervorgebracht 
hatte,  eine  Steile  nämlich,  die  auf  einem  Mißverständnis  beruht,  und  anzudeuten 
scheint,  daß  die  Regierung  mit  dem  Erfinder  gemarktet  habe,  und  daß  die  pekuniären 
Bedingungen  des  Vertrags,  der  Ihnen  zur  Genehmigung  vorgelegt  wird,  das  Resultat 
einer  Preisherabsetzung  seien.  Es  ist  nötig,  meine  Herren,  den  Tatbestand  her- 
zustellen. 

Das  Mitglied  der  Kammer,  dem  der  Herr  Minister  des  Innern  unbedingte 
Vollmacht  gegeben  hatte,  hat  nicht  mit  Herrn  Daguerre  gefeilscht  Ihre  Unter- 
handlungen drehten  sich  ausschließlich  um  die  Frage,  ob  die  Belohnung,  die  der 
geschickte  Künstler  so  wohl  verdient  hat,  in  einer  ständigen  Pension  oder  in  einer 
einmaligen  Summe  bestehen  solle.  Gleich  anfangs  bemerkte  Herr  Daguerre,  daß 
die  Bestimmung  einer  einmaligen  Summe  dem  Vertrag  das  mißliche  Ansehen  eines 
Verkaufs  geben  würde.  Nicht  so  ist  es  mit  einer  ständigen  Pension.  Mit  einer  Pension 
wird  der  Krieger,  der  auf  dem  Feld  der  Ehre  verstümmelt  worden  ist,  der  Beamte, 
der  auf  seinem  Posten  ergraut  ist,  belohnt,  mit  Pensionen  belohnen  Sie  die  Familien 
von  Cuvier,  Jussieu,  ChampoUion. 

Solche  Erinnerungen  mußten  auf  den  edlen  Charakter  des  Herrn  Daguerre 
einwirken,  er  entschied  sich  dafür,  eine  Pension  zu  verlangen.  Nach  dem  Wunsche 
des  Herrn  Ministers  des  Innern  war  es  übrigens  Herr  Daguerre  selbst,  der  den 
Betrag  derselben  auf  8000  Fr.  festsetzte,  die  zwischen  ihm  und  seinem  Teilhaber, 
Herrn  Niepce  Sohn,  hälftig  teilbar  sein  sollten,  der  Teil  des  Herrn  Daguerre  wurde 
indessen  auf  6000  Fr.  erhöht,  teils  wegen  der  diesem  Künstler  auferlegten  besonderen 
Verbindlichkeit,  das  Verfahren  der  Ausführung  und  der  Beleuchtung  der  Gemälde 
des  dermalen  in  Asche  gelegten  Dioramas  bekannt  zu  machen,  teils  noch  auAerdem 
wegen  der  Verpflichtung,  die  er  übernommen  hat,  dem  Publikimi  alle  Vervollkomm- 
nungen mitzuteilen,  mit  welchen  er  seine  photographischen  Methoden  noch  wird 
bereichem  können.  Die  Wichtigkeit  dieser  Verbindlichkeit  wird  niemand  zweifelhaft 
erscheinen,  wenn  wir  bemerken,  daß  es  nur  eines  kleinen  Fortschrittes  bedarf,  um 
Herrn  Daguerre  in  den  Stand  zu  setzen,  die  Bildnisse  von  lebenden  Personen  ver- 
mittels seines  Verfahrens  hervorzubringen.  Was  uns  betrifft,  so  haben  wir,  weit 
entfernt  von  der  Besorgnis,  daß  Herr  Daguerre  anderen  Forschem  die  Sozge  für 


aa      uDg  fiberlaasen  werde,  vie       br  gesnoht,  Beinen  Eiier 

-T  g en  es  frei,  dies  war  der  Beweggrund,  der  in  uns  den  Wunsch 

9  möchten  die  Pension  für  den  Zugriff  nicht  unterworfen  und  unabtrathar 
Uein  mi  haben  gefunden,  daB  dieser  Antrag  nach  den  Bestimmungen  des 
OesetieB  vom  22.  Floreal  des  Jahres  VH  und  der  Verordnung  vom  7.  Thermidor  des 
.Jihres  X  üb«rfIüBBig  wire. 

Die  Kommisaion  beschränkt  sich  daher  darauf,  mit  Stimmeneinbelligkeit  den 
Aatng  auf  wörtliche  Annahme  des  Gesetxesvorschlags  der  Regierung  zu  stellen. 

b  der  Pairekammer  referierte  der  berühmte  Chemiker  Gay- 
LoBsac  mit  ebenso  wanuen  Worten;  wir  lassen  den  Bericht  wdrtiich 
folgen: 

Bericht 
der  Spenalkommission ')  der  Fairakammer  zur  Prüfung  des  GesetzesvorschlagB  über 
Erwerbung  des  Geheimnisses  des  Herrn  Daguerre  zur  Fixierung  der  Bilder 
der  Camera  obscura. 
Erstattet  m  der  Sitzung  vom  30.  Juli  von  Herrn  Gay-Lussac, 
Meine  Herren! 
AUes,  was  zum  Fortschreiten  der  Zivilisation,  zum  physischen  oder  moraliacben 
Besten  der  Menschheit  beiträgt,  muß  stets  der  Gegenstand  der  aufmerksamen  Beob- 
atdktoDg  einer  fiegierung  sein,  welche  die  Wichtigkeit  der  Schicksale  erkennt,   die 
ihrer  Leitung  anvertraut  sind;  und  diejenigen,  welche  durch  vom  Glück  begünstigte 
Anstrengungen   diese  Aufgabe  vollbringen   lielien,   müssen   ehrende  Belohnungen   für 
ihre  Leistungen   erhalten.     Aus  diesem   Grunde   sichern   bereits   schützende   Gesetze 
über  das  Schiifteigentom  und  das  Eigentum  des  Gewerbfleißes  den  Erfindern  Be- 
lohnungen EU,  die  im  Verhältnis  zur  Wichtigkeit  der  Dienste  stehen,  welche  sie  der 
OeseÜBchaft  geleistet  haben;  eine  Art  der  Belohnung,  die  um  so  gerechterund  ebren- 
voUer  iat,  als  sie  in  einem  bloß  freiwilligen  Beitrag  gegen  geleistete  Bienste  besteht, 
nnd  weil  me  unabhängig  ist  von  den  Launen  der  Gunst 

Wenn  indessen  dieses  Mittel  zur  Ermutigung  unter  den  meisten  Verhältnissen 
das  beste  ist,  so  gibt  es  doch  einige,  wo  es  unanwondbsr  oder  zum  wenigsten  un- 
genügend ist,  und  andere,  wo  große  Entdeckungen  glänzendere  und  ausgezeichnetere 
Belohnungen  verlangen. 

Von  dieserArt,  meine  Herren,  scheint  uns  die  Entdeckung  des  Herrn  Daguerre 
zn  sein,  nnd  als  solche  wurde  sie  nicht  nur  von  der  königlichen  Regierung  erkannt, 
welche  dieselbe  zum  Gegenstand  des  gegenwärtig  Ihnen  zur  Genehmigung  vorliegenden 
OesetseeTorechlags  gemacht,  sondern  auch  von  der  Dcputiertenkammer,  die  diesen 
Voraohlag  sohon  gesetzlich  genehmigt  hat. 

Die  Entdeckung  des  Herrn  Daguerre  ist  Ihnen  durch  die  Resultate  bekannt, 
die  Ihnen  vorgelegt  worden  sind,  und  durch  den  Bericht  des  berühmten  Gelehrten 
in  dar  Depntiertenbammer.  dem  das  Geheimnis  anvertraut  worden  ist.  Es  ist  die 
Eosst,  das  Bild  der  Camera  obscura  auf  einer  Metallplatte  festzustellen  und  es  zu 
sdulten. 

Tfir  wollen  übrigens  es  gleich  anfangs  bemerken,  ohne  jedoch  das  Verdienst 
dieser  sohSnen  Erfindung  irgend  verringern  zu  wollen,  die  Palette  des  Malers  ist 

1)  Diese  Kommission  war  zusammengesetzt  aus  den  Herren  Baron  Athalin, 
BSBBon,  Oay-Lussac,  dem  Marquis  von  Laplaco,  dem  Viccmte  Simeon,  dem 
fiUon  Thenard  und  dam  Grafen  von  Noe. 


194  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

wäre,  die  Wichtigkeit  der  Daguerreotypie  und  die  Stelle,  die  sie  in  der  Achtang  der 
Menschen  einnehmen  wird,  zu  verkennen,  alle  unsere  Zweifel  hätten  schwinden 
müssen,  wenn  man  den  Eifer  betrachtet,  mit  welchem  fremde  Nationen  sich  an- 
schickten, ein  irriges  Datum,  eine  zweifelhafte  Tatsache,  den  leichtesten  Vorwand 
zu  benutzen,  um  Prioritätsfragen  zu  erheben,  imi  es  zu  versuchen,  zu  der  Krone 
von  Entdeckungen,  mit  denen  jede  sich  schmückt,  noch  den  Strahlenkranz  hinzu- 
zufügen, der  stets  die  Erfindung  der  photogi-aphischen  Bilder  umgeben  wird.  Ver- 
gessen wir  es  nicht,  zu  verkünden:  jeder  Streit  über  diesen  Punkt  hat  aufgehört, 
und  zwar  weniger  noch  hinsichtlich  der  anerkannten,  ganz  unbestreitbaren  Vorzugs- 
rechte, auf  die  sich  die  Herren  Niepce  und  Daguerre  stützen,  als  hauptsächlich 
in  Beziehung  auf  die  unglaublichen  Vervollkommnungen,  die  Herr  Dag.uerre  erfunden 
hat.  Wenn  es  nötig  wäre,  so  würden  wir  nicht  verlegen  sein,  Zeugnisse  der  aus- 
gezeichnetsten Männer  Deutschlands  und  Englands  vorzulegen,  von  denen  alles,  was 
bei  uns  hinsichtlich  der  Erfindung  imseres  Landsmanns  Schmeichelhaftes  gesagt  worden 
ist,  verschwinden  müßte.  Frankreich  hat  diese  Entdeckung  adoptiert,  vom  ersten 
Augenblick  hat  es  sich  stolz  gezeigt,  die  ganze  Welt  damit  freigebig  beschenken 
zu  können. 

Auch  waren  wir  nicht  überrascht  durch  den  Eindruck,  den  eine  Stelle  in  den 
Motiven  zum  Gesetzesentwurf  beinahe  allgemein  unter  dem  Publikum  hervorgebracht 
hatte,  eine  Stelle  nämlich,  die  auf  einem  Mißverständnis  beruht,  und  anzudeuten 
scheint,  daß  die  Regierung  mit  dem  Erfinder  gemarktet  habe,  und  daß  die  pekuniären 
Bedingungen  des  Vertrags,  der  Ihnen  zur  Genehmigung  vorgelegt  wird,  das  Resultat 
einer  Preisherabsetzung  seien.  Es  ist  nötig,  meine  Herren,  den  Tatbestand  her- 
zustellen. 

Das  Mitglied  der  Kammer,  dem  der  Herr  Minister  des  Innern  unbedingte 
Vollmacht  gegeben  hatte,  hat  nicht  mit  Herrn  Daguerre  gefeilscht.  Ihre  Unter- 
handlungen drehten  sich  ausschließlich  um  die  Frage,  ob  die  Belohnung,  die  der 
geschickte  Künstler  so  w^ohl  verdient  hat,  in  einer  ständigen  Pension  oder  in  einer 
einmaligen  Summe  bestehen  solle.  Gleich  anfangs  bemerkte  Herr  Daguerre,  daß 
die  Bestimmung  einer  einmaligen  Summe  dem  Vertrag  das  mißliche  Ansehen  eines 
Verkaufs  geben  würde.  Nicht  so  ist  es  mit  einer  ständigen  Pension.  Mit  einer  Pension 
wird  der  Krieger,  der  auf  dem  Feld  der  Ehre  verstümmelt  worden  ist,  der  Beamte, 
der  auf  seinem  Posten  ergraut  ist,  belohnt,  mit  Pensionen  belohnen  Sie  die  Familien 
von  Cuvier,  Jussieu,  Champollion. 

Solche  Erinnerungen  mußten  auf  den  edlen  Charakter  des  Herrn  Daguerre 
einwirken,  er  entschied  sich  dafür,  eine  Pension  zu  verlangen.  Nach  dem  Wunsche 
des  Herrn  Ministers  des  Innern  war  es  übrigens  Herr  Daguerre  selbst,  der  den 
Betrag  derselben  auf  8000  Fr.  festsetzte ,  die  zwischen  ihm  und  seinem  Teilhaber, 
Herrn  Niepce  Sohn,  hälftig  teilbar  sein  sollten,  der  Teil  des  Herrn  Daguerre  wurde 
indessen  auf  6000  Fr.  erhöht,  teils  wegen  der  diesem  Künstier  auferlegten  besonderen 
Verbindlichkeit,  das  Verfahren  der  Ausfühmng  und  der  Beleuchtung  der  Gemälde 
des  dermalen  in  Asche  gelegten  Dioramas  bekannt  zu  machen,  teils  noch  außerdem 
wegen  der  Verpflichtung,  die  er  übernommen  hat,  dem  Publikum  alle  Vervollkomm- 
nungen mitzuteilen,  mit  welchen  er  seine  photographischen  Methoden  noch  wird 
bereichem  können.  Die  Wichtigkeit  dieser  Verbindlichkeit  wird  niemand  zweifelhaft 
erscheinen,  wenn  wir  bemerken,  daß  es  nur  eines  kleinen  Fortschrittes  bedarf,  um 
Herrn  Daguerre  in  den  Stand  zu  setzen,  die  Bildnisse  von  lebenden  Personen  ver- 
mittels seines  Verfahrens  hervorzubringen.  Was  uns  betrifft,  so  haben  wir,  weit 
entfernt  von  der  Besorgnis,  daß  Herr  Daguerre  anderen  Forschem  die  Soige  für 


nifflar.  inanng  überlassen  «erde,  vielmehr  ge;  ht,  b  bd  ISfer 
.  Va  gestehen  ea  frei,  dies  war  der  Beweggnuid,  der  in  ans  den  Wunsch 
nregte,  Sie  möchten  die  Pension  für  den  Zogriff  nicht  unterworfen  und  unabtretlmr 
edUren,  tläeia  wir  haben  gefanden,  daß  dieser  Antrag  nach  den  Bestimmungen  des 
OesetuB  Tom  22.  Floreal  des  Jahres  VII  and  der  Verordnung  vom  7.  Thermidor  des 
.Jttme  Z  fibeitlüsBig  w&re. 

Die  Kommission  besohrinkt  sich  daher  darauf,  mit  Stimmeneinhelligkeit  den 
Anlng  auf  wartliohe  Annahme  des  Oesetxesvoiscblags  der  Regierung  eu  stellen. 

In  der  Fairskftmmer  referierte  der  berühmte  Chemiker  Gay- 
LnsBao  mit  ebenso  warmeo  Worten;  wir  lassen  den  Berictit  wörtlich 
folgen: 

Bericht 

der  Spexialkommission ')  der  Pairskammer  zur  Prüfung  des  Gosotzesvorscblags  über 

Enrflrbong  des  Geheimnisses  des  Herrn  Daguerre  zur  Fixierung  der  Bilder 

der  Camera  obscuia. 


i  der  Sitzung  vom  30.  Juli  von  Herrn  Oay-Lussac. 
Meine  Herren! 

Alles,  was  zum  Fortschreiten  der  Zivilisation,  zum  physischen  oder  moralischen 
Beaten  der  Uenschheit  beitrtigt,  muß  stets  der  Gegenstand  dar  aufmerksamen  Beob- 
achtni^  einer  Begieniug  sein,  welche  die  Wichtigkeit  der  Schicksale  erkennt,  die 
ihier  Lettong  anvertraut  sind;  und  diejenigen,  welche  durch  vom  Glück  begünstigte 
Anstrengungen  diese  Aufgabe  vollbringen  helfon ,  müssen  ehrende  Belohnungen  für 
ihre  Lrästongen  erhalten.  Aus  diesem  Grunde  sichern  beroits  schützende  Gesetze 
über  das  Schrifteigentum  und  das  Eigentum  des  Gewerbflcilles  den  Erfindern  Be- 
lohnungen m,  die  im  Verhältnis  zur  Wichtigkeit  der  Dienste  stehen,  welche  sie  der 
Gesellschaft  geleistet  haben;  eine  Art  der  Belohnung,  die  um  so  gerechter  und  ebien- 
ToDei  ist,  als  sie  in  einem  bloß  freiwilligen  Beitrag  gegen  geleistete  Dienste  besteht, 
lud  «eil  sie  unabhängig  ist  von  den  Launen  der  Gunst. 

Wenn  indessen  dieses  Mittel  zur  Ermutigung  unter  den  meisten  Verhältnissen 
das  beste  ist,  so  gibt  es  doch  einige,  wo  es  unanwendbar  oder  zum  wenigsten  un- 
genögend  ist,  und  andere,  wo  große  Entileckungen  glänzendere  und  aiLsgezeichnetere 
Belohnungen  verlangen. 

Von  dieser  Art,  meine  Herren,  scheint  uns  die  Entdeckung  des  Herrn  Daguerre 
zu  sein,  ond  als  solche  wurde  sie  nicht  nur  von  der  königlichen  Regierung  erkannt, 
«nlche  dieselbe  lum  Gegenstand  des  gegenwärtig  Ihnen  zur  Genehmigung  vorliegenden 
OeBebesTOiBchlagB  gemacht,  sondern  auch  von  der  Deputierten  Lämmer,  die  diesen 
ToiBohlag  schon  gesetzlich  genehmigt  bat. 

Die  Entdeckung  des  Herrn  Bagucrru  ist  Ihnen  durch  die  Resultate  bekannt, 
die  Ihnen  vorgelegt  worden  sind,  und  durch  den  Bericht  dos  berühmten  Gelehrten 
in  der  Depntiertenkammer.  dem  das  Geheimnis  anvertraut  worden  ist.  Es  ist  die 
Kunst,  das  ffild  der  Camera  obscura  auf  einer  Metallplatte  festzustellen  und  es  zn 
eiiialten. 

Wii  «ollen  übrigens  es  gleich  anfangs  bemerken,  ohne  jiniocli  dns  Verdienst 
dimer  sohönen  Erfindung  irgend  verringern  zu  wollen,  die  Palette  dos  Malers  ist 


1)  Diese  Kommission  war  zusammengesetzt  aus  den  Herren  Baron  Athalin 
Besson,  Oay-Lnssac,  dem  Marquis  von  Laplaco,  dem  Vicomte  Simeon,  dei 
Bueo  Thenard  ond  dem  Grafen  von  Noe. 


196  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

nicht  sehr  reich  an  Farben ,  Schwarz  und  WeiB  bilden  dieselbe  allein.  Das  Bild  mit 
den  natürlichen  und  abwechselnden  Farben  wird  lange  Zeit,  vielleicht  auf  immer, 
eine  unbeantwortete  Anforderung  an  den  menschlichen  Scharfsinn  bleiben.  Wir 
wollen  uns  aber  nicht  vermessen,  hierdurch  unüberschreitbare  Grenzen  zu  setzen; 
die  Erfindung  des  Herrn  Daguerre  zeigt  eine  neue  Keihe  von  Möglichkeiten. 

Berufen,  unsere  Ansicht  über  die  Wichtigkeit  und  die  künftigen  Folgen  der 
Erfindung  des  Herrn  Daguerre  zu  erklären,  haben  wir  dieselbe  auf  die  Vollkommen- 
heit der  Resultate  selbst,  auf  den  Bericht  des  Herm  Arago  in  der  Deputierten- 
kammer und  auf  neue  Mitteilungen  gegründet,  die  wir  von  diesem  Gelehrten  und 
von  Herrn  Daguerre  selbst  erhalten  haben.  Unsere  Überzeugung  von  der  Wichtig- 
keit dieser  neuen  Erfindung  ist  vollständig  geworden,  und  wir  würden  uns  glücklich 
schätzen,  sie  der  Kammer  mitteilen  zu  können. 

Es  ist  gewiß,  daß  durch  die  Erfindung  des  Herrn  Daguerre  die  Physik  jetzt 
im  Besitz  eines  für  die  Einflüsse  des  Lichtes  außerordentlich  empfänglichen  Reak- 
tionsmittels ist,  daß  sie  dadurch  ein  neues  Instrument  besitzt,  welches  für  die  In- 
tensität des  Lichts  und  der  Lichterscheinungen  dasselbe  ist,  was  das  Mikroskop  für 
kleine  Gegenstände  ist,  und  daß  es  Gelegenheit  zu  neuen  Untersuchungen  und  zu 
neuen  Entdeckungen  geben  wird.  Schon  hat  dieses  Reaktionsmittel  den  Eindruck  des 
schwachen  Mondlichts  sehr  deutlich  aufgenommen,  und  Herr  Arago  hat  die  Hoff- 
nung gefaßt,  eine  Karte  dieses  Erdtrabanten  (des  Mondes)  zu  erhalten,  die  von  ihm 
selbst  gezeichnet  ist. 

Die  Kammer  hat  sich  durch  die  ihr  vorgelegten  Proben  überzeugen  können, 
daß  die  Basreliefs,  die  Statuen,  die  Monumente,  mit  einem  Wort  die  tote  Natur, 
mit  einer  für  das  gewöhnliche  Verfahren  der  Zeichnung  und  Malerei  unerreichbaren 
Vollkommenheit  dargestellt  sind,  mit  einer  Vollkommenheit,  gleich  der  der  Natur 
selbst,  weil  in  der  Tat  die  Gemälde  des  Herrn  Daguerre  nur  die  treuen  Abbildungen 
derselben  sind. 

Die  Perspektive  einer  Landschaft  und  jedes  Gegenstandes  ist  mit  einer  mathe- 
matischen Genauigkeit  dargestellt;  kein  Fehler,  kein  selbst  ganz  unbemerkter  Zug 
entgeht  dem  Auge  und  dem  Pinsel  dieses  neuen  Malers,  und  da  drei  oder  vier  Hinuten 
hinreichen,  sein  Werk  zu  vollenden,  so  kann  ein  Schlachtfeld  mit  seinen  aufeinander 
folgenden  Phasen,  mit  einer  für  jedes  andere  Mittel  unerreichbaren  Vollkommenheit 
dargestellt  werden. 

Die  industriellen  Künste  werden  zur  Darstellung  von  Formen,  die  Zeichenkunst 
zu  vollkommenen  Mustern  der  Perspektive  und  des  Studiums  von  licht  und  Schatten, 
die  Naturwissenschaften  zum  Studium  der  einzelnen  Gattungen  und  ihrer  Organisation 
gewiß  von  dem  Verfahren  des  Herrn  Daguerre  häufige  Anwendung  machen.  Feiner 
ist  die  Frage  ihrer  Anwendbarkeit  zur  Darstellung  von  Porträts  fast  gelöst,  und  die 
Schwierigkeiten,  die  noch  zu  überwinden  bleiben,  sind  gemessen  und  lassen  keinen 
Zweifel  an  einem  günstigen  Erfolg  übrig.  Indessen  muß  man  nicht  vergessen,  daß 
die  farbigen  Gegenstände  nicht  mit  ihren  eigenen  Farben  dargestellt  sind,  und  daß, 
da  die  verschiedenen  Lichtstrahlen  nicht  auf  die  gleiche  Weise  auf  das  Keaktions- 
mittel  des  Herrn  Daguerre  einwirken,  die  Harmonie  von  Schatten  und  licht  in  den 
kolorierten  Gegenständen  notwendig  verändert  wird.  Dies  ist  ein  Hallpunkt,  der  von 
der  Natur  selbst  der  neuen  Erfindung  bestinmit  ist. 

Dies,  meine  Herren,  sind  die  bereits  gesicherten  Vorteile  und  die  der  Eifollang 
nahestehenden  Erwartungen  von  der  Erfindung  des  Herrn  Daguerre.  Indessen  waren 
doch  Erkundigungen  bezüglich  auf  die  Ausführung  des  Verfahrens  notwendig,  und 
die  Konmiission  glaubte  dies  auf  keine  sicherere  und  glaubwürdigere  Weise  eifaalten  sn 


{nerre  ^eloli  um  nch  anTertrante,  und  aal  den  apster  aucb  der  Uen  i  r 
dn  Innern  und  die  andere  Kammer  ihr  Vertrauen  übeTtnigen.  Herr  A  rago  begab  äcb 
■nf  KJnladnng  des  Heim  Prttaideiitea  in  die  Sitzung  der  Eotomissioa  and  bestätigte  dort 
mit  weiteren  nenen  Details  du,  was  er  in  seinem  interessanten  Bericht  gesagt  hatte. 
Eb  ist  demnach  gewiß,  daB  die  Ausführung  des  Verfahrens  des  Herrn  Dagnerra 
sehr  wenig  Zeit  und,  nach  Anschaffung  der  nötigen  Geräte,  die  tmgefSbr  400  Fr. 
kosten,  nnr  eine  imbedeatende  Ausgabe  erfordern  werde.  Nach  einer  kleinen  Zahl 
TOD  Vetsaohen  wird  jeder  unfehlbar  das  Bild  zostande  bringen,  da  Herr  Arago  selbst, 
nachdem  er  eingeweiht  war,  sogleich  mit  einem  Meisterstück  den  Anfang  gemacht  hat, 
daa  man  ohne  Zweifel  lu  sehen  sehr  begierig  gewesen  wäre;  allein  es  ist  den  Flammen, 
die  das  Diorama  vernichteten,  nicht  entgangen. 

Wenn  es  neuer  Beweise  bedürfte,  so  könnte  der  Berichterstatter  Ihrer  Kommission 
hiniufägen,  daß  HerrDaguerre  ihn  anch  znm  Uilwisser  des  Geheimnisses  seines 
VerUirens  gemacht  and  ihm  das  ganze  Verfahren  beschrieben  hat  Er  kann  ver- 
aichera,  daS  das  Verfahren  nicht  schwierig  ist,  und  leicht  durch  Personen,  die  im 
Zeichnen  ganz  nnerfahren  sind,  aasgeführt  werden  kann,  wenn  man  nach  den  Vor- 
•ohiitten,  die  Herr  Dagnerre  veröffentlichen  wird.  Versuche  macht.  In  seinem  eigenen 
Interesse,  sowie  in  dem  des  Verfahrens  ist  der  Erfolg  notwendig,  und  man  darf 
nicht  cweifeln,  daB  Herr  Daguerre  es  sich  angelegen  sein  lassen  wird,  dies  zn 
bewahrheiten. 

Dir  Berichterstatter  fügt  noch  hinzu,  daB,  obwohl  er  nicht  selbst  das  Verfahren 
probiert  hat,  wie  sein  ehrenwerter  Freund,  Herr  Arago,  er  doch  durch  die  Beschrei- 
bnng,  die  ihm  davon  gemacht  wurde,  beurteilen  kann,  daß  dasselbe  sehr  schwierig 
anfcnfinden  sein  und  einen  großen  Zeitaufwand,  zahllose  Versuche  und  hauptsächlich 
eöne  Beharrlichkeit  bei  jeder  Probe  in  Anspruch  nehmen  mußte,  die  sich  durch 
ongOnstige  Erfolge  nicht  beugen  läßt,  und  nur  starken  Seelen  eigen  ist.  Das  Ver- 
fahren ist  in  der  Tat  aus  einer  Reihenfolge  von  mehreren  Operationen  zusammen- 
gesetst,  die  nicht  notwendig  miteinander  -verbunden  zu  sein  scheinen,  und  deren 
'Wuknng  nicht  nnmittelbar  nach  jeder  einzelnen,  sondern  est  nach  ihrer  gesamten 
Zosammenwirkong  erkennbar  wird.  L'nd  wahrlich,  wenn  HerrDagnerre  sein  Ver- 
fahren allein  hätte  ausüben  oder  es  nur  ganz  zuverliLssigen  Leuten  anvertrauen  wollen, 
BO  hätte  er  nicht  zu  besorgen,  daß  es  ihm  weggerafft  werde.  Vielleicht  wird  man 
fragen,  nnd  die  Frage  ist  auch  wirklich  schon  gestellt  worden,  warum,  wenn  das 
Yerfahreu  das  Herrn  Dagnerre  so  schwierig  zu  finden  ist,  er  es  nicht  selbst  benützt, 
tud  wamm  bei  so  weisen  Gesetzen,  die  ebenso  das  Interesse  der  Erfinder,  als  jenes 
des  öffentlichen  Wohls  sichern,  die  Regierung  sich  entschieden  hat,  die  Erfindung 
m  erwerbeD,  um  sie  dem  Publikum  zu  überguben?  Wir  werden  auf  beide  Fragen 
antworten. 

Der  Hanptvorteil  des  Verfahrens  des  Herrn  Daguerre  besteht  darin,  schnell 
und  dennoch  sehr  genau  Bilder  von  Gegenständen  hervorzubringen,  entweder  um  sie 
an  erhallen,  oder  auch  um  sie  durch  Eupferstechcrei  oder  Lithographie  zu  verviel- 
fiUtigen;  nnd  es  bt  daher  begreiflich,  daß  das  Verfahren  in  den  Händen  eines  Ein- 
■igen  keine  ztueichende  Nahrung  gefunden  hätte. 

Dagegen  dem  Pablikum  äbergeben,  wird  das  Verfahren  unter  den  Händen  des 
Haleis,  Aiohitekten,  Reisenden,  Nnturhiitterikers  eine  Menge  von  Anwendungen  finden. 

Im  Besitze  eines  Einzigen  würde  es  femer  lange  Zeit  auf  demselben  Sland- 
pookt  bleiben  und  vielleicht  verblühen;  dem  Publikum  übergeben,  wird  es  groß  und 
Tollkommen  werden  durch  das  Zusammenwirken  aller. 


198  Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 

Aus  diesen  verschiedenen  Rücksichten  ist  es  daher  nützlich,  daß  es  Eigentum 
der  Allgemeinheit  werde.  Die  Erfindung  des  Herrn  Daguerre  muBte  femer  die  Auf- 
merksamkeit der  Regierung  fesseln  und  dem  Erfmder  eine  feierliche  Belohnung 
erwerben.  Für  diejenigen,  die  nicht  gleichgültig  gegen  Nationalruhm  sind,  die  es 
wissen,  daß  ein  Volk  nur  durch  die  großem  Fortschritte,  die  es  m  der  Zivilisation 
macht,  gegenüber  den  andem  Völkern  glänzen  kann,  für  diese,  sagen  wir,  ist  das 
Verfahren  des  Herm  Daguerre  eine  große  Entdeckung.  Sie  ist  der  Ursprung  einer 
neuen  Kunst  inmitten  einer  alten  Zivilisation;  sie  wird  Epoche  machen  und  als  ein 
Titel  des  Ruhms  bewahrt  werden.  Sollte  sie  vom  Undank  der  Mitwelt  begleitet  auf 
die  Nachwelt  übergehen?  Nein!  möge  sie  vielmehr  als  ein  glänzender  Beweis  des 
Schutzes,  den  die  Kammern,  die  Juliregierung  und  das  ganze  Land  großen  Erfindungen 
angedeihen  lassen,  auf  die  Nachwelt  übergehen. 

In  der  Tat  ist  es  eine  Handlung  der  Nationalfreigebigkeit,  welche  der  Gesetzes- 
vorschlag zugunsten  des  Herm  Daguerre  ausspricht.  "Wir  haben  demselben  ein- 
stimmig unsere  Zustimmung  gegeben,  aber  nicht  ohne  im  Auge  zu  haben,  wie  wichtig 
und  ehrenvoll  eine  vom  Jjand  bewilligte  Belohnung  ist.  "Wir  bemerken  dies  zu  dem 
Zweck,  um  nicht  ohne  einiges  Bedauem  daran  zu  erinnern,  daß  Frankreich  sich  nicht 
immer  so  dankbar  gezeigt  hat,  und  daß  nur  zu  viele  schöne  und  nützliche  Arbeiten, 
nur  zu  viele  Werke  des  Geistes  ihren  Erfindern  nur  einen  oft  unfruchtbaren  Ruhm 
ertragen  haben.  Es  sind  dies  übrigens  keine  Anklagen,  die  wir  stellen  wollen,  es 
sind  dies  nur  Verirnmgen,  die  man  beklagen  muß,  um  neue  zu  vermeiden. 

Meine  Herren!  Nachdem  wir,  so  viel  an  uns  lag,  die  Wichtigkeit  der  Erfindung 
des  Herm  Daguerre  gewürdigt  haben,  bleibt  uns  die  Überzeugung  fest,  daß  sie  neu, 
reich  an  Interesse  und  künftigen  Folgen ,  und  würdig  der  hohen  Gunst  der  National- 
belohnung ist,  die  ihr  von  der  Deputiertenkammer  bereits  bewilligt  wurde.  Die  Kom- 
mission war  einstimmig  für  wörtliche  imd  einfache  Annahme  des  Gesetzesvorschlags, 
und  sie  hat  mich  als  ihren  Berichterstatter  beauftragt,  darauf  bei  Ihnen  den  Antrag 
zu  stellen. 

Das  Gesetz  wurde  in  der  Deputiertenkammer  am  3.  Juli  1839,  in 
der  Pairskammer  am  30.  Juli  angenommen.  Hierauf  teilte  Arago  in 
der  Sitzung  der  Pariser  Akademie  der  Wissenschaften  am  19.  August 
1839  die  genaue  Beschreibung  der  heliographischen  Prozesse  von  Niepce 
und  der  Daguerreotypie  mit  und  diese  Mitteilung  wurde  unter  enormem 
Zudrang  des  Publikums  mit  Enthusiasmus  aufgenommen. 

Während  der  Bekanntmachung  der  Daguerreotypie  war  Hofrat 
von  Ettingshausen,  Professor  der  Physik  an  der  Wiener  Univer- 
sität, in  Paris  anwesend.  Ettingshausen  hatte  die  Methode  Daguerres 
von  diesem  selbst  erlernt  und  brachte  sie  nach  Osterreich.  Als  die  nähere 
Beschreibung  in  den  Journalen  bekannt  wurde,  befaßte  sich  in  Wien 
insbesondere  der  damalige  Assistent  bei  der  Lehrkanzel  für  Physik  am 
Polytechnikum  und  spätere  Bibliothekar  A.  Martin,  sowie  Professor 
Dr.  J.  J.  Pohl  (damals  Student),  Apotheker  Endlicher,  Begierangsrat 
Schultner,  sowie  Wawra  (Vater  des  Kunsthändlers)  mit  der  Anferti- 
gung von  Daguerreotypien.  Aus  diesem  Kreise  ging  in  der  Folge 
A.  Martins  „Repertorium    der  Photographie"  (1846)  hervor,  welches 


lUe  selbst  gei    ohten  Erfahnuigen  besprach,  zugleich  genaue  Angaben 
Aber  die  Poblikationen  anderer  Forscher  machte. 


WUirend  dieser  ganzen  Epoche  hielt  sich  Baguerre  in  Paris  auf. 
Bis  tarn  Jäiae  1839  wohnte  er  Rue  de  Marais  Nr.  15,  dem  Qeb&ade 
Beines  Dioramas,  aof  dessen  Ertragnis  er  angewiesen  war.  Im  Jahre 
1839  brach  ein  Brand  aus  (s.  S.  165  u.  194),  der  dieses  Haus  einäscherte, 
wobei  die  unersetzlichen  Erstlingsarbeiten  Daguerres  zugrunde  gingen, 
unter  anderem  auch  das  Frobebild,  das  Daguerre  gemeinschaftlich  mit 
Arago  angefertigt  hatte,  um  diesen  von  dem  Wesen  und  der  Bedeutung 
seiner  Erfindung  zu  unterrichten.  Im  Sommer  1839  wohnte  Daguerre, 
welcher  verheiratet  war,  Boulevard  St  Martin  17,  wo  er  gerne  im 
Kreise  seiner  Bekannten  weilte,^)  aber  auch  die  weitere  Yerwertung 
seiner  Erfindung  nicht  außer  acht  ließ  und  die  im  zuteil  werdenden 
Ehrungen  in  freudigem  Genießen  seines  Erfolges  entgegennahm. 

Der  Kaiser  tob  Österreich  Ferdinand  I.  war  auBer  dem  französischen 
StealsoberitHipt  wohl  derarsto  Uonarch,  welcher  besonderes  Interesse  an  Daguerres 
Eifiiidang  solort  nacli  ihrem  Bekanntwerden  bekundete  und  Daguerre  mit  Ehren 
aoBEffltiuiete,  und  zwar  auf  Gmnd  eines  Vortrage»  vom  24.  August  1839  des  Haus-, 
Httf-  and  Staatskanzlers  Fürsten  von  Metternich,  welcher  mit  scharfem  Blick  die 
k&nftige  Bedantnng  dar  Photographie  erfaßt  hatte.  Durch  das  fretindhche  Entgegen- 
kommen des  Hofrates  im  k.  n.  k,  Österreich.  Oberatkänuuereramte,  Freiharm  Dr. 
TOn  Weckbecker  in  "Wien,  war  dem  Verfasser  dieses  Werkes  das  Studium  der 
bisher  unbekannten,  Daguerre  betreffenden  Akten  des  kaiserl.  Oberatbämmereramtes 
eimög^cht.  Kaiser  Ferdinand  I.  hatte  noch  im  Auguat  1639  durch  die  französisolie 
Botschaft  eine  der  ersten  Proben  Daguerres  erhalten,  für  welche  der  Kaiser  in 
mnnifisenteater  Weise  eine  wertvolle  Elircngabe  als  Gegengeschenk  an  Daguerre 
m  fibennitteln  befahl. 

Du  «allerhöchste  Kabinettsch reiben"  des  Kaisera  Ferdinand  I.  an  seinen 
Oberatkammerer  Grafen  Czernin  vom  2.  September  1839  {Zahl  1275;  6ö/2),  welches 
die  eigmhiudige  Unterschrift  des  Kaisers  trägt  und  in  nachstehender  Fig.  34  faksimil 
wprodniiert  ist,  lautet:  (s.  S.  200). 

Es  wurde  nun  die  kaiserliche  Schatzkammer  laut  Note  vom  4.  September  1839 
(Z.  1492;  65/2)  angewiesen,  die  „große  goidene  Künstlermedaille"  (,de  aite 
merito"),  jadoch  24  Dukaten  schwer,  anfertigen  und  gravieren  zu  lassen.  Dieses 
Dekret  enOiSlt  die  interessante  Stelle: 

.Da  nun  nach  der  bestehenden  Vorschrift  anf  der  Medaille  der  Nsrue 
des  Betheilten  eingravirt  werden  soll,  die  geheime  Haus-,  Hof-  und  8taats- 
kanilej  sich  aber  nirgends  von  dem  Taufnamen  des  Daguerre  Kenntniß  ver- 
sohaften  konnte,  so  dürfte  ein  löbliches  k.  k.  Oberatkämmereramt  es  angemessen 
finden,  den  bereits  in  anderen  Gelegenheiten  angewendeten  Ausweg  zu  ergreifon 
und  ee  der  k  k.  Bothschaft  zu  Paris  zn   übertragen,    die  Namen  des  Daguerre 


1)  Paris  Photograph  1891,  S.  24. 


200 


Erster  Teil.    Sechzehntes  Kapitel. 


/'<f^J'. 


^'Ä'-^X.*''»-». 


^^uf^^^^^^ 


(gk^^eS^ä.^ 


Fig.  S4.    Reproduktioii  des  Kabinettschreibens  Ton  Kaiser  Fwdinand  I. 
an  seinen  Oberstkämmerer  Grafen  Czernin. 

auf  die  ihm  bestimmte  Medaille  graviren  zu  lassen,  damit  die  üebersendaiig  dieser 
Gnadengaben ,  um  deren  baldige  Uebermachung  die  geheime  Hof-  und  8taata- 
kanzley  hiemit  ersucht,  nicht  aufgehalten  werde.'' 

Wien,  den  4.  September  1839. 

In  Verhinderung  des  Herrn  Haus-,  Hof-  und  Staatskanzlers: 

Ottenfels. 
5418 

An  das  löbliche  k.  k.  Oberstkämmereramt 


NioS[Aore  Niepce  nnd  Dsgaeire.  301 

Famer  lifttte  die  kaberlicb-kÖDiglicbe  Schatzkammer  am  4.  September  1839 
den  Auftrag  erhalten,  inr  Atuwahl  drei  „Chiffredosen"  der  kaiserlichen  Kabinetts- 
kanalei  Tormlegen,  jede  im  Preise  von  1200  Gnlden  Konventionamünze  (daB  sind 
ärfca  2400 Mark);  es  beteiligten  eich  die  Hofjuweliere  M.  Biedermann,  Bei  Satto 
nnd  Piote  &  Eöohert  an  dieser  Auswahliiendiiiig  der  kostbaren  Schnupftabakdoee. 
Es  «nrde  die  Dose  der  k.  k.  Hofjuweliere  Piote  &  ESchert  aasgewtthlt,  für  welche 
die  Becbnnng  aaf:  4  Brillanten  3Vt  Ot  (230  Golden),  83  BrillanteD  13"/,a  Ct 
(777  Onldeu),  Golddose  und  Facon  {193  Gnlden)  lautete  wie  aus  der  Zuschrift  des 
Oberatkümmereiwntes  an  die  k.  k.  geheime  Haus-,  Hof-  nnd  Staatskanztei  vom 
7.  Sept.  1^9  (Z.  1494)  hervorgeht.  Mit  der  Fertigstellung  nnd  Versendung  der 
24  Dukaten  schweren  großen  Künstle rmedaille  an  Daguerre  hatte  es  aber  seine 
Schwierigkeit,  da  der  Tautname  Daguerres  damals  in  Wien  nicht  bekannt  war,  wie 
ans  der  Note  des  k.  Obeistkäramerers  von  Kaymond  vom  7.  Sept  1839  an  die 
k.  k.  geheime  Hans-,  Hof-  nnd  Staatskanzlei  (Z.  1494)  hervorgeht  und  welche  lautet: 
Note 
an  die  k.  k.  geb.  Hans-,  fiof-  und  Staatiikanzlei. 

7.  September  1839. 

Mit  ah.  Eabinettsch reiben  vom  2.  d.  M.  haben  S.  k.  k.  Majestät  dem  Kernt 
Daguerre  in  Paris  für  eine  Probeabbildung  der  von  ihm  erfundenen  Licbtieich- 
nongeo  eine  grofie  goldne  Künstle rmedaille  und  eine  Cbiffredose  im  Werthe  von 
1200  ß.  zum  Geschenke  zu  bestimmen  geruhet. 

In  den  Anlagen  beliebte  die  p.  nebst  einer  solchen  Chiffredose  eine  24  4^ 
sohiTere  Künstlennedaille  zur  beliebigen  weiteren  Versendung  an  Herrn  Daguerre 
zu  empfangen  nnd  ich  habe  bezüglich  der  Medaille  nur  zu  erwähnen,  dafl  selbe  mit 
Tanf-  und  Zunamen  des  Empfängers  u.  z.  ersteren  im  Dativ  und  in  lateinischer 
Sprache  gravirt  werden  muß,  welches  zu  veranla^^n  der  kais.  Bothachaft  in  Paris- 
gefilügst  anfgelragen  werden  dürfte,  indem  der  Tanfname  Dsguerre's  hierorts  nicht 
bekannt  ist,  nnd  mit  der  Absendung  dieses  kaiserl.  Geschenkes  füglich  wohl  nicht 
zngewartet  werden  kann,  bis  darüber  eine  bestimmte  Angabe  eingeholt  werden  könnte. 

Vidi  Sacken.  v.  Raymond. 

Man  erkennt  darans,  wie  außerordentlich  man  am  Wiener  Kaiserhofe  die  Er- 
findung Daguerres  schätzte  nnd  seinen  ersten  Dagueireotypien  Anerbonnuog  zollte 
—  in  einer  Weise,  wie  man  sonst  nur  hervorragende  Künstler  zu  ehren  pflegte;  es 
liegt  demnach  hier  die  eiste  offizielle  Anerkennung  der  Photographie  als  Kunstleistung 
TOD  AUerhöohster  Stelle  vor. 

Die  Erfolge  Daguerres  waren  in  jeder  Beziehung  außerordent- 
lich günstige.  Er  wurde  Offizier  der  französischen  Ehrenlegion  und 
erntete  viele  Ehren;  dabei  vergaß  er  aber  nicht  der  finanziellen  Seite. 
Er  sog  auB  dem  Terkauf  von  Dagueneotjp- Kameras  und  Hilfsapparaten 
elDSD  hohen  Gewinn. 

Daguerre  hatte  sich  zum  kommerziellen  Vertrieb  seiner  Kameras 
1839  mit  dem  Eamerafabrifcanten  Giroux  in  Paris  verbunden.  Diese 
Kameras  trugen  als  Garantie  die  Unterschrift  Daguerres  und  das  Siegel 
▼on  Giroux  nnd  auf  dem  Holzkasten  der  Kamera  war  ein  Zettel  b&> 
festigt  mit  folgendem  Vermerk:  „Aucun  appareil  n'est  guaranti  s'il  ne 
porte  la  signatuie  de  Mr.  Daguerre  et  le  cachet  de  Mr.  Oirous.    Le 


202  Erster  Teil.    Sechzebntos  Kapitel. 

DaguerreotTpe,  ex6cut6  sous  la  direction  de  sod  auteur,  tk  Farie,  chez 
Alph.  Qiroux  et  Cie.,  Rue  de  Coq.  St.  Honor6,  No.  7."  Fig.  35  zeigt 
das  Bild  einer  derartigen  Daguerreschen  Originalkamera,  i)  Man  er- 
kennt die  verschiebbaren  ineinanderstechenden  Holzkasten  und  dos  durch 
eine  einfache  Metallklappe  verschließbare,  stark  abgeblendete  photo- 
graphische Objektiv,  eine  einfache  achromatische  Linse  des  Optikus 
Chevalier  in  Paris. 

Es  ist  bemerkenswert  und  für  den  gut  entwickelten  Geschäftssinn 
Daguerres  charakteristisch,  daß  er  am  14.  August  1839  (also  einige 
Tage  bevor  sein  Verfahren  in  der  Pariser  Akademie  öffentlich  bekannt 
gegeben  wurde)  ein  englisches  Patent  (unter  Nr.  8194)  nahm  und  zwar 
für  die  Daguerreotypie  „invented  bj  Messrs.  Louis  Jacques  Mand^ 
Daguerre  and  Joseph  Isidore  Niepce,  junior". 

Dieses  englische  Privile- 
gium kaufte  dann  Glaudet*)  und 
verwertete  es,  indem  er  bemüht 
war  die  Belichtungszeit  abzukür- 
zen und  in  der  Tat  wichtige 
Verbesserungen  im  Daguerreo- 
tj'pieprozeß  einführte  (s.  n.). 
Claudet  brachte  durch  seine 
geschickten  Leistungen  die  Da- 
guerreotypie  in  England  zu 
hohem  Ansehen  und  wurde  in 
der  Folge  zum  Hofphotographen 
der  Königin  von  England  und 
des  Prinzen  Albert  (185.^)  ernannt;  ein  gelungener  von  Claudet  her- 
gestellter Daguerreotyp  zeigt  das  charakteristisch  aufgefaßte  Fortr&tTal- 
bots  und  es  ist  weiter  unten  (bei  Talbot)  in  diesem  Werke  reprodusieri 
Die  Daguerreotypie  fand  im  Publikum  außerordeDtliohes  Intereese 
und  sie  wurde  noch  im  Jahre  1839  auch  außerhalb  Frankreichs  prak- 
tisch eingeführt;  ihre  Hilfsapparate  fanden  demgemäß  reißenden  Absitz. 
Ein  Apparat  (Kamera  samt  Linse,  Silberplatten ,  Chemikalien  usw.) 
kostete  über  400  Francs;  Onginal-Daguerreotypien  aus  Paris  worden 
in  Deutschland  und  anderwärts  gegen  Ende  des  Jahres  1839  mit  60  bis 
120  Francs  bezahlt:  auch  die  Photographen  verkauften  ihre  eigenen 
Daguerreotypien  in  dieser  Zelt  um  ungefähr  20  bis  35  Mark. 

1)  Autotypie  Dach  einer  in  den  SammlungeD  der  t.  k.  Graphischeo  Lahr-  und 
Versuchsanstalt  m  Wien  boGndlichen  Originalbamera  Ton  Dagnerre-Oiroax  in  Paiis. 

2)  Ernoeuf,  Les  !□  venteure  <iu  gaz,  et  de  1a  Photographie.  Paris  1877.  ai46. 


Eolzkutan  mit  CheraUerscber  einfacher  Uose,')  welche  aus  einer  Flint- 
nnd  EroDglaalinse  verkittet  war  (Fig.  36).  Eid  Spiegel  hinter  der  Tisier- 
■cheibe  richtete  für  den  von  oben  daraufblickenden  Beschauer  das  ver* 
kehrte  £amerabUd  aofrecht.  In  dieser  Kamera  wurden  die  mit  Jod- 
dftmpfen  ger&ucherten  versilberten  Platten  belichtet  und  zwar  anfangs 
viele  Hinoten  bis  eine  halbe  Stunde  lang  und  mehr,  so  daß  man  sich 
saerst  nur  mit  der  Aufnahme  lebloser  Gegenstände  (Architekturen, 
Plastiken,  Landscbaften)  begnügen  mußte.  Dann  wurden  die  belichteten 
Jodsilberplatten  den  Dämpfen  von  schwach 
erwärmtem  Quecksilber  ausgesetzt 

Das  Fixieren  geschah  anfangs  mit 
heiSw  Kochsalzlösung,  welche  wohl  ziem- 
lich gut  fixierte,  aber  die  Bilder  unansehn- 
lich machte.  Hierzu  diente  der  „Queck- 
silberkasten";  er  war  aus  einem  hölzernen 
Q,  mit  eingesetztem  schalenartigen. 


Flg.  96.     Qunchnltt  dsnh  DagneiTm  pholographische 
«  mit  ChsTkUere  ObjektiT  aml  Spiegel  hintei 
der  Vi*jarecbel)>«. 


vertieften  Boden  aus  Eisen,  weicher  das  Quecksilber  aufnahm  (Fig.  37). 
Eine  untergestellte  'Weingeistlampe  diente  zum  Erwärmen  des  Queck- 
silbers und  ein  Thermometer  gab  die  richtige  Temperatur  an.  Die  be- 
lichtete Platte  wurde  schräg  oben  angebracht,  der  Deckel  des  Queck- 
BÜberkastens  geschloBsen  und  nun  kam  unter  dem  Einfluß  des  Queck- 
aÜberdampfes  das  Bild  zum  Vorschein. 

Eine  vorzügliche  Daguerreotypie,  welche  ungefähr  1848  entstanden 
nnd  in  Fig.  38  reproduziert  ist,  gibt  ein  lebensfrisches  Bild  Daguerres 


1}  Ober  die  Geschichte  der  Erfindung  von  Chevalic 
Bohr,  Iboorie  und  Oeachichte  des  photograp bischen  Objektiv! 


i  Objektiv  s.  M.  ■ 


I 

h 


Knter  TeS.    SeobzehiiteB  Kapitel. 

aus  dieser  Zeit ')     Schon   in  den  vierziger  Jahren  des  vorigen  Jal 

hünderts  zog  sich  Daguerre,  vielfach  geehrt  und  reichlich  belohnt," 
von  den  Geschäften  zurück.  Er  hielt  sich  auf  eeinem  Landbesitze  in 
Petit-Bry-sur-Marne  auf.  wo  ihn  zahlreiche  Besuche  aus  allen  Ländern 
aufsuchten  und  wo  er  auch  am  10.  Juli  1851  an  dem  Bersten  einer 
Pulsadergeschwulst  plötzlich  starb.  Daguerre  hinterließ  keine  Nach- 
kommen, er  hatte  aber  seine  Nichte 
Eulalia  Daguerre,  spätere 
Madame  Courtin,  adoptiert,  wel- 
che seine  Kunstobjekte  und  sein 
Vermögen  erbte. 

Ein  Monument,  geschm 
mit  dem  Porträt- Medaillon  Da- 
guerres,  wurde  am  Friedhof 
in  Petit-Bry-sur-Marne  durch 
die  „Soci6t6  libre  des  beaux  Arta' 
deren  Mitglied  Daguerre  wb 
ein  Jahr  nach  seinem  Tode  (4.  Nov.' 
1852)  errichtet  Fiß.  39  zeigt  dieses 
Grabdenkmal  nach  einer  Photo- 
graphie von  Demaria  in  Paris. 
Eine  größere,  in  Bronze  ge- 
gossene Büste  Daguerres  (aus- 
geführt von  Elisa  Bloch)  kam 
durch  eine  internationale  Sub- 
skription am  Carnotplatz  in  Bry- 
sur-Marne  am  27.  Juli  189' 
Enthüllung.») 

Eine  Abbildung  des  Origini 

entwurfes  dieser  Büste  findet  sieb 

auf  S.  167  (Fig.  2ö)  dieses  Werkes.     Fig.  40  zeigt  das  fertige  Daguerre- 

Monument  in  Bry-sur-Marne.     Auch  in   seinem   Geburtsort  Carmeilles 


1)  Diestw  Poiträl  Daguerres,  welohea  in  „The  Tearbook  o(  Photogra|)by" 
Mayatl  (I84(>)  Kugescbriel)t>a  wird,  soll  Dich  George  S.  Brown  (,The  Pbotogram" 
1903,  S.  333;  Tennant  aod  Wards  „The  Photoniiniature",  März  1904)  nicht  von 
Mayall  (1846)  herrühren,  sondern  eine  Daguorreotyple  von  dem  Amerikaner  Cbarles 
Meade  (1848)  sein;  jedenfalls  ist  dieses  Bild  eines  der  letzten  Porträts  Daguerres. 
—  Von  Daguerre  existieren  mehrere  Portrfila.  Ein  gutes  Porträt  ist  die  Photo- 
graphie Daguerres  in  Nadas  ., Paris-Photograph"  1891,  erst«  Nummer  (S.  23),  und 
Ewar  ist  ea  eine  heliographische  Reproduktion  einer  mittels  Dagnerreotypie  hergesteUteo 
Portratanfnahme  Daguerres. 

2)  Bull.  Soo.  Franc.  1897,  S.  308  und  320. 


IT  Digaonooljpia 


-mnrde  das  .^.^       i       .  -       1     a  aarcn  ein  ueoKmai  g       rt*j  nnu 

auch  AmeriL_  besitzt  eio  Daguerre-Honument,  das  die  „Phot  ihic 
AssociatioD  of  America"  1890  zu  Washington  errichtete  und  dessen 
Abbildang  in  Fig.  41  reproduziert  ist-^ 


Es  fanden  zu  wiederholten  Malen  Kontroversen  statt,  ob  Nic^phore 
Niepce  oder  Daguerre  das  größere  Verdienst  an  der  Erfindimg  der 


Heliographie  gebühre.  Nach  meiner  Überzeugung  gebührt  unbestreitbar 
Nic6phore  Niepce  das  Verdienst,  zuerst  Photographien  in  der 
Kamera  erzeugt  und  Aspbaltbilder  mit  geeigneten  ölen  fixiert 


1)  Phot  Arohiv,    1S83.   S.  213. 

2)  Naoh  ADthon;»  Fliotogiaphic 


1-  21 ,  Februarheft  1 


206 


Eieter  Teil.    Seobzebntes  Kapitel. 


zu  haben  und  er  ist  auch  der  unzweifelhafte  Erfinder  derHelio-, 
graphie,  welche  zur  photomecbamschen  TervielFältigung  von  Bildern 
mitteis  des  Pressend  ruck  es  geeignet  ist.  Daguerre  hatte  zwar  schon 
seit  1824  Versuche,  Lichtbilder  zu  erzeugen,  angestellt;  aber  seine  Be- 
mühungen waren  vor  dem  Jahre  1829  ohne  Erfolg.  Erst  nachdem  er 
vollen  Einblick    in    die  neuen  Ideen   und  Experimente  Niepces   ge- 


(KniDEilet  1897.) 


nommen  hatte,  entwickelte  und  modifizierte  er  dieselben  höchst  glückli« 
und  gestaltete  sie  derartig  um,  daß  er  in  verhältnismäßig  kurzer  Be- 
lichtuagszeit  Bilder  in  der  Camera  obscura  erhalten  konnte.  Allerdings 
finden  sich  sowohl  bei  Niepces  als  bei  Daguerres  Methode  Silber- 
platten als  Grundlage;  beide  verwenden  Jod,  aber  (wie  oben  ges 
wurde)  in  ganz  anderer  Weise.  Das  großartige  Verdienst:  das  Jod^ 
Silber  zuerst  als   lichtempfindliche  Substanz    in   der  Cam 


II  Der-        I 
Jod^H 


.^~w.  KU  ^Boen,  Qie  iioeciang  aer  au^wiok- 
long  des  kaum  sichtbaren  Bildes  mittels  Quecksilberdampf, 
and  die  Entdeckung  des  Fixierens  der  Silberbilder  gebührt 
Tollkommen  alleio  Daguerre.  Die  ÄbDlichkeit  der  beiden  Metbodeo 
l&Bt  Termaten,  daß  ohne  Niepces  Ideen  Daguerre  schwerlich  die  nach 


ihm  benannte  Eunst  würde  erfunden  haben;  wahrscheinlich  wäre  aber 
aach  andererseits  die  kostbare  Entdeckung  Niepces  ohne  Daguerres 
Mitwirkung  unfruchtbar  geblieben.  Die  Geschichte  der  "Wissenschaft  muß 
gerecbterweise  die  Namen  beider  Männer  in  inniger  Verbindung  nennen 
nnd  Niepce  und  Daguerre  haben  gleiche  Ansprüche  auf  die  Öffentliche 
Dankbarkeit. 


206 


Erstet  Teil.    Sechzehotes  Kapitel. 


ZU  haben  und  er  ist  auch  der  unzweifelhafte  Erfinder  der  Helio^ 

graphie,  welche  zur  photomechanischen  Vervielffiltigung  von  Bildern 
mittels  des  Presseiidruckes  geeignet  ist.  Daguorre  hatte  zwar  schon 
seit  1824  Versuche,  Lichtbilder  zu  erzeugen,  angestellt;  aber  seine  Be- 
mühungen waren  vor  dem  Jahre  1829  ohne  Erfolg.  Erst  nachdem  er 
vollen  Einblick   in   die  neuen  Ideen   und  Experimente  Niepces  ge- 


.Errtohlot  1897.) 


nommen  hatte,  entwickelte  und  modifizierte  er  dieselben  höchst  glücklii 
und  gestaltete  sie  derartig  um,  daß  er  in  verhältnismäßig  kurzer  Be- 
lichtungszeit Bilder  in  der  Camera  obscura  erbalten  konnte.  Allerdings 
finden  sich  sowohl  bei  Niepces  als  bei  Daguerres  Methode  Silber- 
platten als  Grundlage;  beide  verwenden  Jod,  aber  (wie  oben  gezeigt 
wurde)  in  ganz  anderer  Weise.  Das  großartige  Verdienst:  das  Jod- 
silber zuerst  als    lichtempfindliche  Substanz    in  der  Game» 


1 


.„~.„.  ,  ^4Den,  aie  iiaev»ang  aer  auiwiuk- 
lang  des  kaam  sichtbaren  Bildes  mittels  Quecksilberdampf, 
and  die  Entdeckung  des  Fizierens  der  Silberbilder  gebührt 
Tollkommen  allein  Daguerre.  Die  Ähnlichkeit  der  beiden  Uethodea 
)£fit  Termaten,  daß  ohne  Niepces  Ideen  Daguerre  schwerlich  die  nach 


I  ifPhoIographi 


ihm  boiannte  Kunst  wurde  erfunden  haben;  wahrscheinlich  wäre  aber 
sooh  andererseits  die  kostbare  Entdeckung  Niepcesj  ohne  Daguerres 
Mitwirkung  unfruchtbar  geblieben.  Die  Geschichte  der  Wissenschaft  muß 
gerechterweise  die  Namen  beider  Männer  in  inniger  Verbindung  nennen 
mid  Niepce  und  Daguerre  haben  gleiche  Ansprüche  auf  die  öfTentliche 
Dmkbaikeit. 


212  Erster  Teil.    Siebzehntes  Kapitel. 

zu  vermieten  und  auch  etliche  besetzt,  —  eine  zahllose  Prozession  von  Neugierigen, 
sowie  ein  Dampfapparat  sind  rechts  oben  auf  unserem  Blatte  wiedergegeben.  Ob 
durch  die  vor  der  Dampfkamera  vorbeitanzende  Reihe  die  Momentbilder  Anschütz' 
vorgeahnt  sind,  bleibe  dahingestellt.  Die  Menschheit  zerfällt  nach  der  Andeutung 
des  Bildes  (siehe  links)  in  Daguerrotypomanen  und  Daguerrotypolatres,  —  also  sagen 
wir,  in  Daguerreverrüokte  und  Daguerreentzückte.  Die  (damals  neuen)  Eisenbahnen 
und  Dampfschiffe  fehlen  nicht  auf  dem  Blatte,  —  wir  sehen  einen  Train  und  ein 
Schiff  bloß  mit  Kameras  beladen;  Fabrikationsnummer  2(X),  250  und  300  sind  be- 
sonders im  Bilde  hervorgehoben.    Auch  der  Ballonphotograph  ist  da.^^ 

In  der  Tat  wurde  die  von  den  Earrikatarenzeichnern  vorgeahnte 
Photographie  vom  Luftballon  aus  von  Nadar  in  Paris  (s.  u.)  mit 
Erfolg  ausgeführt  und  viele  andere  dieser  Träume  erfüllt,  nur  erwies 
sich  die  Photographie  den  bildenden  Künsten  nicht  schädlich,  sondern 
forderlich. 


Die  ersten  Porträtaufnahmen  auf  Daguerreotjpplatten. 

Die  reinen  Jodsilberschichten,  welche  Daguerre  bei  seinem  Ver- 
fahren anwendete,  erforderten  ziemlich  lange  Belichtungszeiten  und  die 
lichtarmen  französischen  einfachen  Linsen  waren  gleichfalls  einer  kurzen 
Belichtung  nicht  förderlich.  So  kam  es,  daß  zur  Zeit  der  Bekannt- 
machung des  Daguerreotypieverfahrens  man  die  Herstellung  photo- 
graphischer Porträts  nicht  erreichen  konnte;  auch  Daguerre  selbst  be- 
gnügte sich  mit  Landschafts-,  Architekturaufnahmen  oder  dergl.  Dies 
schloß  aber  nicht  aus,  daß  allerorts  Versuche  mit  der  Porträtphotographie 
gemacht  wurden,  besonders  «in  Amerika,  wo  die  Begeisterung  für  die 
neue  Lichtbildnerei  besonders  hervortrat.  Man  hatte  damals  (1839)  aller- 
dings die  Abkürzung  der  Belichtungszeit  durch  Verbesserung  des  Da- 
guerreotypieprozesses  noch  nicht  erreicht,  aber  in  Amerika  erhielt  Prof. 
John  W.  Draper  in  New  York^)  1839  durch  enorm  lange  Exposition 
im  vollen  Sonnenlichte  die  erste  photographische  Porträtaufnahme  auf 
Daguerreoty pplatten ;  allerdings  unter  größter  Bemühung  des  Porträtierten 
(des  Assistenten  Drapers),  welcher,  das  Gesicht  mit  weißem  Puder 
bedeckt,  mit  geschlossenen  Augen  eine  halbe  Stunde  im  Sonnenlichte 
sich  vor  die  Kamera  setzte.  2) 


1)  John  William  Draper  war  Doktor  der  Medizin  (*5.  Mai  1811  bei  Liver- 
pool in  England),  ab  1836  Professor  der  Chemie  und  Physik  am  Uampdeo  8idney 
College  in  Yirginien  (Amerika),  dann  (1839)  Professor  an  der  Universität  New  York; 
er  starb  1882.  Eine  Biographie  samt  Porträt  findet  sich  in  The  American  Journal  of 
Photography  1861,  S.  238. 

2)  Harrison,  History  of  Photogr.  1888,  S.  26. 


..jier  Anfbabme,  welche  20  Jabre  nach  semeo  Erstlings- 
▼enocben  mit  Daguerreotypplatten  angefertigt  wurde.  ^) 

Gleichzeitig  mit  Draper  befand  sieb  in  New  York  im  Jahre  1839 
ein  genialer  Mann,  welcher  einen  merkwärdigen  Lebenslauf  hinter  sich 
hatte:  der  damals  schon  berühmte  Amerikaner  Uorse,  der  Erfinder 
des   Schreibtelegraphen,    welcher    sich    gleichfalls    für    Daguerreotypie 


interessierte.  Samuel  Morse  (*  1791,  f  1872)  war  ursprünglich  Kaier, 
hielt  sieb  1811  bis  1813  zur  Ausbildung  in  der  Malerei  in  London 
auf,  kehrte  hierauf  nach  Amerika  zurück,  um  seine  Kunst  in  Süd- 
Carolina  und  New  Turk  auszuüben  und  hielt  sich  dann  1829  bis  1832 
wieder  in  Europa  auf.  Gelegentlich  der  langen  Seefahrt  während  der 
3  nach  Amerika  faßte  er  die  erste  Idee  zu  seinem  Telegraphen, 


1)  Dia  Porbltirafnahnie  war  mittels  Dassem  Kollodium  in  New  York  hergestallt 
lud  »igt  die  damals  lieüebte  Auffassung  dor  Posierung  bei  PorträtaufnahineD.  (The 
American  Joani.  ol  Phot  1861,  S.  233.) 


214  Erster  Teil.    Siebzehntes  Kapitel 

von  welchem  er  1835  das  erste  Modell  der  New  Yorker  Universität  vor- 
legte. Seine  Beschäftigung  mit  der  elektrischen  Telegraphie  hinderten  ihn 
nicht,  sein  Interesse  auch  der  Photographie  zuzuwenden.  Im  Vereine  mit 
Draper  gründete  er  sogar  ein  geschäftsmäßig  betriebenes  Daguerreotyp- 
atelier  in  New  York 

Im  April  1839  eröffneten  Dr.  Draper  und  Prof.  Morse  ihr  photo- 
graphisches Porträtatelier  („Porträtgalerie")  auf  dem  Dache  des  Univer- 
sitätsgebäudes in  New  York;  es  war  das  erste  photographische  Porträt- 
atelier der  Welt.  Das  beste  Publikum  New  Yorks  drängte  sich  zum 
Porträtieren  und  man  zahlte  gerne  Minimalpreise  von  5  Dollar  für  eine 
kleine  Daguerreotypie.  i) 

Diese  historisch  beglaubigte  Schilderung  der  Geschichte  der  ersten  Drapersohen 
Porträtphotographie  wurde  im  Jahre  1893  verwirrt.  Es  war  nämlich  zur  Weltaus- 
stellung in  Chicago  das  Poi'trät  der  Schwester  Sir  "William  Harsch  eis  eingesandt 
worden,  welches  von  Draper,  Professor  an  der  New  Yorker  Universität,  auf  dem 
Dache  eines  der  Gebäude  derselben  im  Jahre  1840  angefertigt  worden  war.  Die  Dame, 
deren  Photographie  es  ist,  lebte  damals  noch,  sie  war  87  Jahre  alt.  (Jahrb.  f.  Phot. 
1894,  S.  384.)  Bei  diesem  Daguerreotyp  fand  sich  der  Vermerk:  „Dieses  ist  das  erste 
Sonnenbild  von  einem  menschlichen  Antlitz,  was  man  je  bekommen  hat^^;  ferner  ist 
besagt,  daß  das  Bild  im  Jahre  1840  angefeitigt  wurde.  (Vergl.  J.  J.  Sachse,  Jahr- 
buch f.  Phot.  1894,  S.  257.) 

Nun  liegt  hier  jedenfalls  ein  Irrtum  vor,  denn  es  kann  als  erwiesen  gelten, 
daß  Dr.  Drap  er  bereits  im  Herbst  1839  das  Porträt  seines  Assistenten  im  vollen 
Sonnenlichte  photographierte  und  diese  Daguerreotypie  soll  heute  noch  existieren. 
(J.  Werge,  The  ovolution  of  Photography.  1890,  S.  108.)  Offenbar  war  von 
Herschels  Schwester  im  Jahre  1840  in  dem  Porträtatelier  Drapers  tmd  Horses 
eine  Porträtaufnahme  gemacht  worden,  welche  allerdings  keinen  Anspruch  machen 
konnte,  eine  Erstlingsarbeit  zu  sein. 

ungefähr  zur  selben  Zeit  (Sachse  meint,  es  sei  dies  sogar  vor  Drapergewesen 
[vergl.  Jahrb.  f.  Phot.  1894^  S.  257],  was  aber  unrichtig  ist),  nämlich  im  Herbste 
1839,  stellte  Joseph  Saxton  in  Philadelphia,  ein  Attache  des  Münzamtes  der 
Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  und  Mitglied  der  American  Philosophical  Society 
in  Philadelphia,  im  Vereine  mit  dem  Lampenmacher  und  Klempner  Robert  Cornelias 
Versuche  mit  Daguerreotypie  an;  letzterer  versuchte  im  November  1839  mit  einer 
Opernglaslinse  als  Objektiv  die  Aufnahme  seines  Selbstporträts.  Er  stellte  die  Kamera 
auf  einem  Stuhle  in  hellem  Sonnenscheine  ein;  nachdem  er  scharf  eingestellt  hatte 
und  die  jodierte  Silberplatte  eingelegt  war,  nahm  er  den  Deckel  von  der  Linse  and 
lief  schnell  vor  die  Kamera  und  setzte  sich  auf  den  Stuhl,  nach  etwa  fünf  Minaten 
sprang  er  wieder  auf  und  schloß  die  Linse.  Nach  Entwicklung  der  Platte  erschien 
auf  der  Platte  das  Bild  einer  menschlichen  Figur. 

Der  Lampenmacher  hatte  sein  eigenes  Bildnis  aufgenommen,  also  eines  der 
ersten  menschlichen  Porträts  durch  Einwirkung  des  Lichtes  erhalten.  Eine  Kopie  des 
Porträts  ist  hier  beigefügt  (s.  Fig.  46);  man  bemerkt,  daß  die  Figur  nicht  in  der  Mit6e 
sitzt,  was  daher  kommt,  daß  Cornelius  in  der  Eile  sich  nicht  ordentlich  aaf  den 
Stuhl  gesetzt  hat    Dieses  Bild  ist  in  der  American  Philosophical  Society  am  6.  De- 


1)  J.  Werge,  The  evolution  of  Photography,  London  1890,  S.  108. 


mr,  wulnje   >r  V  mluDg  voi^ezeigt  wurde,  ist  bezeugt,  erstens  von  CoTDelios 

selber  (f  am  10.  August  ]603  im  Alter  von  85  Jahren)  nnd  niehreren  noch  lebeDden 
Zsagen,  welche  in  der  damaligen  Yersammlnng  anwesend  waren. 

Die  eDorm  langea  Belichtungszeiten,  welcbe  Draper  bei  seinen 
ForträtauihahmeD  aDwendeii  mußte,  wurden  für  den  im  vollen  Sonnen- 
scbeio  ruhig  Sitzenden  so  quälend,  daß  Draper  blaue  Gläser  oder  ein 


(Fkkdmil*  naoli 


rhiladelphii 


blsaes  Flüssigkeitsfilter  von  ammoniakalischer  Eupferlösung  zwischen 
Glasplatten  vor  das  Gesicht  setzte,  um  die  Wärmestrahlen  auszuschalten 
and  die  Sonnenhitze  einigermaßen  erträglich  zu  machen.  >)  Jedoch 
btlrgerte  sich  diese  umständliche  Prozedur  nicht  ein. 

1)  W.  Draper  in  New  York  publizierte  18-10.  daß  man  Porträts  in  vollem 
Sonnenliohte  unter  Benutzung  von  Spiegeln  als  Lichti-eüektoreD  macheo  könne.  „Dk 
nun  aber  das  Ange  das  reQektierte  Sosnenlicbt  unmöglich  lange  ertragen  kann,  so  ist 
M  umimgSiiglioh  nötig,  die  licbtstrahlen  durch  ein  blaues  Medium  zu  leiten,  welches 


216  Erster  Teil.    Siebzehntes  Kapitel. 

Auch  die  erste  Angabe  über  Vergrößeruugsverfahren  dürfte  wahrscheinlich  auf 
Prof.  Drap  er  zurückzuführen  sein,  welcher  1840  im  ,,  American  Repository  of  Arts^' 
schrieb :  „  Man  macht  mittels  eines  sehr  kleinen  Apparates  Aufnahmen  auf  sehr  kleinen 
Platten.  Diese  werden  nachträglich  mittels  eines  feststehenden  Apparates  auf  das  ge- 
wünschte Format  vergrößert.  Diese  Anordnung  wird  wahrscheinlich  die  Ausübung 
der  Kunst  sehr  erleichtem''  (Phot.  Archiv  1895,  S.  297).  [Vergl.  Drapers  gesammelte 
Schriften.]  Jedoch  erschien  die  Daguerreotypie  für  das  Yergrößerungsverfahi'en  viel 
weniger  geeignet  als  die  später  erfundene  Talbotypie  (s.  w.  u.). 

Draper  arbeitete  viel  auf  dem  Gebiete  der  wissenschaftlichen 
Photographie  und  stellte  auch  die  ersten  Mondphotographien  auf 
Daguerreotypplatten  her.  ^) 

Unter  den  geschilderten  Verhältnissen  konnte  man  eine  Entwick- 
lung der  photographischen  Porträtierkunst  nicht  erwarten,  sondern  es 
mußten  weitere  grundlegende  Erfindungen  chemischer  und  physikalischer 
Art  gemacht  werden.  Die  Empfindlichkeit  der  Daguerreotypplatten  konnte 
nur  dadurch  erhöht  werden,  daß  man  von  der  reinen  Jodsilberschicht 
Daguerres  abging  und  kombinierte  Haloidverbindungen  des  Silbers 
wie  Jodbrom-  oder  Jodchlorsilber  einführte;  die  Priorität  dieser  Arbeiten 
gebührt  Goddard  in  England,  Kratochwila  in  Wien  und  den  Ge- 
brüdem Natterer  in  Wien. 

Die  Vermehrung  der  Helligkeit  der  photographischen  Objektive 
verdanken  wir  dem  genialen  Mathematiker  Prof.  Petzval  in  Wien,  dem 
Erfinder  des  Porträtobjektives.  Mit  diesem  Namen  ist  der  Ruhm  ver- 
knüpft, die  Porträtphotographie  ermöglicht  zu  haben  und  zwar  schon 
ein  bis  zwei  Jahre  nach  dem  Bekanntwerden  der  Daguerreotypie. 

Die  wichtige  Entdeckung,  daß  die  Lichtempfindlichkeit  von 
Daguerreotypplatten  wesentlich  gesteigert  werde,  wenn  man 
sie  nicht  mit  reinen  Joddämpfen  räuchert,  sondern  Brom  nebst 
Jod  verwendet,  verdankt  man  John  Frederick  Goddard,  Lehrer 
(„Lecturer*')  an  der  Adelaide  Gallery  in  London.*)     Er  war  der  erste, 

ihnen  ihre  Wärme  und  den  unerträglichen  Glanz  nimmt.  Ich  benutze  hierzu  blaues  Olas 
oder  eine  Lösung  von  Eupferoxydammoniak  in  Behältern  aus  Tafelglas  von  1  Zoll  Dicke.*^ 
(Philosoph.  Magaz.  Sept.  1840,  S.  217;  Dinglers  Polytechn.  Joum.  Bd.  78,  8.  120.) 

1)  Nach  Drap  er  beschäftigten  sich  später  namentlich  Warren  de  la  Rue, 
dann  Rutherford  (New  York),  Gould,  Pickering  mit  der  HimmeUphoto- 
graphie,  auf  welche  Details  hier  nicht  näher  eingegangen  werden  kann. 

2)  Werge,  Tho  evolution  of  Photogr.  1890,  S.  79.  —  Eine  irrtümliche  Dar- 
stellung, welche  auf  Personenverwechselung  beruht,  gibt  J.J.Sachse  im  „Jahrbuch 
f.  Phot.^^  1894,  S.  258;  er  schreibt  die  Einführung  des  Brom  einem  Dr.  Paul  Beck 
Goddard,  Professor  an  der  Universität  in  Pennsyivanien,  zu,  welcher  wohl  mit 
Daguerreotypie  sich  befaßt  hatte ,  jedoch  mit  dem  Erfinder  der  bromjodierten  Platten, 
dem  John  Frederick  Goddard,  nichts  gemein  hat.  Ein  Porträt  John  Frederick 
Goddards  gibt  Werge  (a.  a.  0.  S.  27),  während  ein  solches  von  Dr.  Paul  Beck 
Goddard  in  „American  Journ.  of  Photographie^^  Juli  1883,  S.  308  enthaltea  if 


welcher  die  .._-„_„_ug  tvu  nroni  in  aer  i  utsnwixy  i  uer  loumvu- 
kett  mitteilte  and  zwar  in  einem  kurzen  Briefe,  welchen  er  am  12.  De- 
zember 1840  an  die  „Literary  Gazette"  richtete;  er  teilte  mit,  daß  die 
KombinatiOD  von  Brom  mit  Jod  die  Empfindlichkeit  der  Daguerreotyp- 
platteD  beträchtlich  steigere.  Die  Ehre,  das  Brom  in  die  Photographie 
eingeflihrt  za  haben,  muß  aber  Goddard  mit  dem  Wiener  Eratochwila 
teilen.  Der  Beamte  Kratochwila  in  Wien  machte  anfangs  Oktober 
1840  die  Erfindung,^)  daß  man  mit  einer  Mischung  yon  Jod  mit  Brom 
and  Cblor  empfindlichere  Daguerreotypplatten  als  mit  Jod  allein  erhalte 
und  publizierte  dies  in  der  „Wiener  Zeitung"  vom  19.  Januar  1841. 

Franz  Kratochwila,  Beamter  der  k.  k.  Uofkriegsbuchhaltung  in 
Wien,  hatte  im  Jahre  1840  die  Beobachtung  gemacht,  daß  eine  jodierte 
Silberplatte  an  Empfindlichkeit  mindestens  das  fünffache  gewinnt,  wenn 
man  sie  den  Dämpfen  von  Bromchlor  (welches  noch  die  Hälfte  Brom 
enthielt)  aussetzt  Er  erzielte  Daguerreotypien  in  wenig  Sekunden  und 
zeigte  sie  im  September  1B40  den  Professoren  Liebig  und  Wöhler, 
welche  ihren  Beifall  äußerten.  Bei  Anwendung  von  Fetzvals  Linse 
konnte  er  im  Zimmer  Porträts  bei  trübem  Wetter  in  8  Sekunden  er- 
halten. Er  sprach  die  Hoffnung  aus,  daß  „die  kühnsten  Wünsche,  selbst 
belebte  Straßen  in  Zeit  eines  Augenblicks  darstellen  zu  können,  erfüllt 
werden  mögen".  ^ 

Dieser  Anteil  Eratochwilas  an  der  Einführung  des  Broms  in 
die  Photographie  scheint  meinen  Torgängem  in  der  Geschichtsschreibung 
der  Photographie  unbekannt  geblieben  zusein.  Z.B.erwähnt  J.Harrison 
in  seiner  „History  of  Photography",  Bradford  1888,  nur  Goddard.  — 
Zweifellos  hat  aber  Kratochwila  seine  Jodbromchlorplatten  wohl  früher 
hervorragenden  Gewährsmännern  gezeigt  als  Goddard,  letzterer  hat  je- 
doch die  Sache  in  der  Literatur  früher  publiziert,  somit  gebührt  Goddard 
die  Ehre  der  ersten  Veröffentliclning,  wenn  auch  Kratochwila  seine 
Versuche  mit  Brom  früher  ausgeführt  und  in  engerem  Kreise  vorgewiesen 
hat.  Nicht  nur  Bromjod  und  Bromjodcblor,  sondern  auch  Jodchlor 
wurde  zum  Empfindlich  machen  der  D3guerreot}'pplatten  benutzt,  um 
höhere  Liohtempfindlichkeit  zu  erzielen,  als  dies  mittels  Jod  allein  möglich 
ist  Manche  schreiben  die  Empfindlichkeitssteigerung  der  Silberplatten 
durch  Jodchlor  dem  Franzosen  Glaudet  (S.  202)  zu,  jedoch  mit  Unrecht 
Claudet  hat  gar  keine  dokumentierten  Ansprüche  auf  die  erste  Einfuh- 
nmg  Ton  Jodchlor  in  der  Daguerreotypie,  trotzdem  dies  Harrison  (S,  26) 


1)  Nach  dei  Angabe  seioea  Zeitgenossen  Berres  in  WieD  (Ding).  PolTtecbn. 
Jotim.  1841,  Bd.  81,  8.  161). 

2)  Wiaoer  Zeitung  vom  18.  Januar  ISll,  S.  139. 


218 

und  alle  englischen  und  franitösischen  Autoren  Echreiben,  sondern  es  g 
biilirt  diese  Priorität  den  Gebriidem  Natterer.  Die  Gebrüder  Johann  und 
Josef  Natterer  in  Wien')  steigerten  die  Empfindlichkeit  der  Daguerreo- 
typplatten  durch  Anwendung  eines  Gemisches  von  Jod  und  Chlor 
derartig,  daß  sie  mitteis  eines  Petzval-Objektivs  in  weniger  als  einer 
Sekunde  Lichtbilder  gewinnen  konnten,  was  Berres  (Dinglers  Polytech. 
Journ.  1841,  Bd.  81,  S.  151)  bestätigte.  Eine  der  Original -Daguerreo- 
typien')  der  Gebrüder  Natterer,  welche  im  Jahre  1841  angefertigt 
wurden,  bat  den  Kaiser  Joaefplatz  in  der  Kaiserlichen  Hofburg  in  Wien 
zum  Gegenstand  und  zeigt  die 
Volksmenge,  welche  auf  dem 
Platze  herumstand  (s.  Fig.  47). 
Die  zweite  Natterersche  Da- 
guerreotypie  (1841)  zeigt  das  an 
benachbarter  Stelle  aufgenom- 
mene, ziemlich  verschwommene 
Bild  einer  Gruppe  von  beritte- 
nen kaiserlichen  Burggendarmen, 
welche  jedoch  während  der  Auf- 
nahme ruhig  standen;  die  Belich- 
tung dürfte  wohl  nicht  länger  als 
1  Sekunile  gedauert  haben(Fig,48). 
Diese  Daguerreotypien  zeigen  trotz 
ihrer  Unvollkommenheit  wohl 
zum  ersten  Male  die  Photogra- 
phien von  Slraßenszenen,  welche 
in  kaum  einer  Sekunde  gelangen. 
Die  Ansicht,  daß  wir  in  diesen 
Bildern  zwei  der  allerältesten 
„  Sekundenbilder "  aus  der  An- 
fangszeit der  Photographie  vor 
uns  haben,  wird  durch  den  Umstand  bekräftigt,  daß  die  älteste  eben- 
solche Momentphotographie,  welche  im  „Musöe  retrospectif  der  Glosse  12 
(Photographie)"  bei  der  Pariser  Weltausstellung  1900  von  dem  über  die 
ältesten  photographischen  Dokumente  der  Geschichte  der  Photographie 


1)  Der  eine  der  Gebrüder,  Doktor  der  Mediiio  Johann  Natteror  (1821  bis 
1900),  war  der  in  der  GeBubicbte  der  Chemie  wotilbokanute  Erfioder  der  Kompressions- 
pumpe  Eur  VerflÜBsigung  der  Kohlensäure.  (Vergl.  die  Biographie  Natterers,  welche 
A.  Bauer  in  der  .Chemiker- Zeit UDß*  1901  etscheinen  lieB;  auch  Jahrb.  f.  Phot.  1891.) 

2)  Diese  Origitiale  sind  in  den  Sammlungen  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und 
Versnchaan stall  in  Wien  vorhanden. 


Jahre  1843  stammt')  (DaguerreotTpie  vom  „Pont  neuf).  Alle  anderen 
FablikationeD,  welche  die  Anwendung  von  Halogengemischea  aus  Jod, 
Brom  Bod  Chlor  zum  Gegenstand  haben,  Bchließen  somit  keine  weiteren 
Priorltätsanspracbe  in  sieb.*) 

Prof.  Berres  Teröffentliclite  das  Verfahren  der  Gebrüder  Natterer 
in  der  „Wiener  Zeitung"  vom  24.  März  1841  S.  610.  Bemerkenswert 
ist  die  an  dieser  Stelle  gemachte  Mitteilung,  daß  die  Gebrüder  Natterer 
einen  Kupferstich   beim  Lichte  zweier  Öllampen    nach   35  Minuten 


dauernder  Belichtung  auf  Jodchlor- Daguerreotypplatten  photographiert 
hatten,  während  mit  Jodplatten  diese  Aufgabe  nicht  gelöst  werden 
konnte.  Es  scheinen  somit,  gemäß  dieser  Publikation,  die  Gebrüder 
Natteret  auch  die  erste  photographiscbe  Reproduktion  bei  gewöhn- 
lichem Lampenlicht  gemacht  zu  haben. 


1)  Bapport  du  Comite  d'inatallation  Musee  retrospectif  de  Photogr.  Exposition 
BDirsn^  Paris  1900  (ausgegeben  1003). 

2)  Dies  gilt  z.  B.  toq  den  Publikationen  Claudets  über  Bromjod  vom  lü.  Juni 
1641  (Hiilosoph.  Hagaz.  Anz.  1841),  welohcin  von  manchen  Autoreu  mit  Unrecht  die 
Piioritit  der  Einführung  der  Kombinatioo  von  Bi-om  mit  Jod  zum  SenBibilisieren  dar 
Klbeiptatten  zogescbriebea  wird  (vorgl.  ^.  217). 


ACHTZEHNTES  KAPITEL. 

EEFINDUNG  DES  PETZVALSCHEN  POETEÄTOBJEKTIVES. 


Zur  Zeit  der  Erfindung  der  Daguerreotypie  arbeitete  man  aus- 
schließlich mit  einfachen  Linsen  (Chevaliers  französische  Linse),  welche 
weder  besonders  lichtstark  war,  noch  bei  großer  Öffnung  genügend 
scharfe  Bilder  gab.^) 

Optiker  Plössel  in  Wien  kopierte  gegen  das  Jahr  1840  die 
Daguerresche  Kamera  und  Linse  mit  verbesserten  Krümmungsradien, 
ohne  jedoch  eine  wesentlich  größere  Helligkeit  der  Objektive  zu  erzielen. 
Die  geringe  Helligkeit  der  französischen  photographischen  Objektive, 
mit  welcher  Daguerre  seine  Kameras  versah  und  welche  von  vielen 
Optikern  koipert  wurden,  bewogen  den  Wiener  Universitätsprofessor 
Josef  Petzval  (angeregt  durch  den  Professor  der  Physik  an  der  Wiener 
Universität  Dr.  Ettingshausen)  die  Type  des  Chevalier- Objektivs  ganz 
zu  verlassen  und  sich  mit  der  Berechnung  eines  lichtstarken  Objektivs 
zu  befassen. 

Josef  Max    Petzval 2)    war   am    6.  Jänner  1807    in    Szepes- 


1)  Chevaliers  Objektiv  arbeitete  mit  einer  vorgesetzten  Blende  tmd  besaß  eine 

f 
wirksame  Öffnung  =77- 

2)  Eine  vorzügliche,  eingehende  Biographie  Prof.  J.  Petzvals,  die  um  so 
interessanter  ist,  als  bisher  über  Petzvals  Leben  wenig  bekannt  war,  veröffentiiohte 
Dr.  Ermenyi  im  „ Photographischen  Zentral blatt"  (VIIl,  S.  247).  Sogar  der  Oeburtstag 
Petzvals  war  bis  vor  kurzem  strittig,  und  es  wurde  z.  B.  im  Nekrologe,  den  K  8aeß 
in  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien  dem  verstorbenen  Akademie- 
mitgliede  hielt  (Almanach  Wien,  kais.  Akad.  d.  Wiss.  1892,  Bd.  42,  S.  182),  hingewieaen, 
daß  widersprechende  Angaben  hierüber  vorliegen.  Zu  wiederholtem  Male  erwähnte  iofa, 
daß  mir  Petzval  selbst  unter  Betonung  der  Tatsache,  daß  er  von  deutschen  Eltern 
geboren  sei,  ausdrücklich  das  Datum  und  Jahr  seiner  Geburt,  nämlich  den  6.  Jftnner 
1807,  in  die  Feder  diktiert  hatte.  Von  mancher  Seite  wurde  dieses  Datum,  welches 
ich  auch  in  meinem  „Handbuche  der  Photographie^^  (Bd.  1,  2.  Abt.,  S.  40)  pubUsiert 
habe,  angezweifelt,  weil  der  Geburtstag  seiner  zwei  anderen  Bruder  nachweislich 
gleichfalls  am  6.  Jänner  anderer  Jahre  fiel;  man  meinte,  es  sei  doch  höchst  unwahr- 
scheinlich, daß  alle  drei  Söhne  in  einer  Familie  ihren  Geburtstag  am  „hefligen  Drei- 


Im  Jabre  1826  kam  Petzral  an  die  damals  deutsche  ümversität  in 
Fest  (Bodapest);  daselbst  war  er  als  Ingenieur  tätig,  habilitierte  sich 
und  wDTde  1835  Professor  der  höheren  Mathematik  in  Pest  und  von 
da  1837  an  die  Wiener  Huiversität  berufen;  seit  1849  war  er  Mitglied 
der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaft,  emeritiert  1878.  Er  starb  am 
17.  September  1891. 


Fig.  4 


Joiof  Pat 


kBaigstage"  hätten.  Nun  zeigten  direkte  Nachfarscbimgea ,  welcbe  Dr.  Ermeuyi  in 
SiepeB-B6li,  im  Oebortsorte  PetzvaU,  im  Zipser  Komilat  io  Dngam  anstellto,  doB 
der  GeboTtatag  Petivals  in  den  pfarramtliohen  Kirchenbüchern  t»tfiächlicb  auf  den 
&  Jlnner  1807  laotet,  so  daß  die  Frage  im  Sinne  meiner  Angaben  nunmehr  endgültig 
ortMbieden  int.  Die  drei  Gebrüder  Fetzval  hießen  bei  ihren  Bekannten  Beiner- 
Hit  mit  Ritoksioht  auf  ihren  Gebnrtst^  scherzweise  „Die  heiligen  drei  Könige". 
Dr.  Ermänji  bringt  in  seiner  Petzval-Biographie  eine  Fülle  von  authentischen 
Httteilnngen  ans  dam  Leben  und  der  wissenschaftlichen  Arbettstätigkeit  Petzvals, 
walohe  biognphtaohe  Studie  höchst  anerkennenswert  ist.  J.  M.  Eder.  (Fbot  Korresp. 
1902,  8.305.)  —  Vergl.  auch  über  PetzvaU  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Optik: 
M.  TOD  Bohr,  Theorie  and  Geschichte  des  photogr.  Objektives.  ISill). 

1)  Das  Zipaer  Komitat  in  Ungarn  war  damals  fast  ganz  von  einer  deutschen 
Bvrtikenuig  bewohnt,  wie  Petzval  selbst  dem  Herausgeber  dieser  Geschichte  mit- 
teiHs.    E. 


222  Srster  Teil.    Achtzehntes  Kapitel. 

Fig.  49    zeigt   die    Reproduktion   eines   lithographischen    Porträts 
Petzvals')  iingelahr  aus  jener  Zeit,  als  er  sein  Porträtobjektiv  erfand. 

Angeregt  durch  Prof.  Ettingshausen  (s.  S.  198)  verlegte  sich 
Petzval  18.^9  auf  die  Berechnung  eines  lichtstarken  photographischea 
Objektives  und  hatte  bereue  im  Mai  1840  sein  berühmtes  Porträt- 
objektiv und  ein  lichtstarkes  Landschaftsobjektiv  (das  spätere  „Ortho- 
skop") auf  Grund  eingehender  Forschungen  und  tiefsinniger  Berech- 
nungen fertig  gerechnet.')  Die  Ausführung  übertrug  er  dem  Optiker 
Friedrich  Voigtländer  in  Wien,  welcher  im  Herbst  1840  die  Linse 
lieferte.")  Diese  wurde  an  eine  höchst  primitive  Kamera  aus  Pappen-  ^^ 
deckel  angebracht  und  der  Apparat  mit  einer  Baumschraube   befestigfa^^J 

Der  Verfasser  der  vorliegenden  Geschichte  machte  in  der  photographischen 
Fachliteratur    zuerst  aufmerksam,    daß   der  Fetzvalsche  OHginalapparat 


1)  Ein  Hoderes  gules  Porträt  von  Petzval  findet  sich  aach  in  HornigB  Ptufl 
Jahibucb  für  1878,  sowie  mehrere  seiner  Porträte  in  Ermeofie  Baoh  .Petzva^l 
Leben  und  Verdienste",  II.  Aufl.  Kalb  a.  S.  1003.  ' 

2)  Joseph  Petzval  bemerkte  mit  Recht  in  seinem  , Bericht  über  dio  Ergeb- 
nisse einiger  diopCrischer  üotcrsuchungen"  (1S43,  S.  26):  ,LiDseDverbiadun(,'en  sind 
ganz  launenhafte  und  widerhoarige  Gebilde,  die  bei  gewissen  Anordnungen,  infolge 
bestehender  at!geine[Der,  meist  im  Baue  kamplizierter  Funktionen  tiof  versteckter 
Gesetze  bald  gnr  kein  gutes  Bild,  bald  ein  anvermeidlicb  gsknimnites  oder  verzogenes 
geben  .  .  .  Nur  in  enger  Verbindung  mit  der  Wissenschaft  wird  der  praktische  Optiker 
den  Gipfel  der  Kunst  ersteigen." 

3)  Biographie  Friedr.  v.  Voigtländers  s.  dieses  Handbuch,  Bd.n, 
S.  41.    -    Phot  Korresp.  1878,  S.  93.   —    Pbot.  Mitt.,  Bd.  15,  S.  28.  —  T.  Bo] 
Theorie  und  Geschichte  des  photogr.  Objektives,  1899. 


deB  k.  k.  Technologiscben  Gewerbemuseums  (Museum  der  österreichisctien 
Arbeit)  in  Wien  befindet  und  bescbrieb  ihn  näher.  Fig.  50  zeigt  das 
Bild  dieser  ältesten  Petzralschen  Kamera.') 

Der  Optiker  Friedrich  Ritter  tod  Voigtländer*)  in  Wien  er- 
seogte  mit  großer  Präzision  die  Petzvalschen  PortrStobjektive,  welche 


VoigHSnder  (1812—1879). 


in  Tausenden  von  Exemplaren  in  die  Welt  gesandt  wurden;  und  so 
erwarb  sich  Toigtländer  bedeutende  Verdienste  um  die  Einführung 


1)  Te^  Eders  Jahrb.  f.  Pbot.  1896,  S.  470. 

2)  Johann  Friedrich  Voigtlttnder  (•1779  in  Wien,  t  1859)  führte  die 
ToUubaiBohen  peiiskapischan  Brillengläser  zuerst  in  Deutschland  und  Österreich  ein, 
Bein  Sohn  Pater  Wilhelm  Friedrich  Toigtländer  (*  1812  in  Wien)  konstruierte 
1840  dM  Too  PetEval  berechnete  pholographisohe  Porttätobjektiv.  Er  errichtete  eine 
npäaebe  Fabrik  1649  in  Brannschweig,  wurde  1866  in  Österreich  geadelt,  führte  die 
WimerVabiik  Üb  1868  fort,  gab  letztere  dann  auf  und  übertrug  d 
ai&oea  Sohn«  Friedrich;  er  starb  1878. 


der  lichtstarken  Objektive.     Fig.  51  zeigt  das  Porträt  Voigtländera  1 
Autotypie  nach  einer  Porträtphotographie. 


ng.G:.'.     P*liTsl-XDnniB(!Bt  in  Acn  Artaden  i< 


Petzvals  Porträtobjektiv   zeigte  schon   in    seiner   ursnrünglichen 
Form  eine  16  mal  größere  Helligkeit  als  die  von  Daguerre  verwi 


Etfiodang  des  Petivalschen  FiirtriitolijektiveK. 


225 


französische  Lioee  und  ennöglicbte  dadurch  eigentlich  erst  die  allgemeine 
Einführung  der  Porträtphotographie ,  da  nunmehr  unter  Verwendung 
lichtstarker  LiiiBen  in  Kombination  mit  den  enipfiodlichen  Jodbrom-  oder 
Jodchlorplatten  die  Belichtungszeit  bei  Porträtaufnahmen  (auf  Daguerreo- 
^plattm)  auf  15  bis  30  Sekunden  bei  gutem,  auf  1  bis  l'/t  Minuten 
bei  schlechterem  Lichte  reduziert  wurde. 

Die  Photographische  Gesellschaft  in  Wien  setzte  Petzval  in  aa- 
betracht  sdner  außerordentlich  großen  Verdienste  um  die  photographische 
Optik  ein  Denkmal  in  den  Arkaden  der  Wiener  Universität  (s.  Fig.  52), 
an    welcher    er    so    lange   und 
erfolgreich    tätig    war.      Dieses 
Denkmal   wurde    anläßlich    des 
Jubiläoms  des   40jährigen  Be- 
standes   der   Wiener   Photogra- 
phischen Gesellschaft  im  Jahre 
1901  feierlich  enthüllt')    Später 
wurde  eine  Straße  in  Wien,  im 
IV.  Bezirke,    nach    Petzvals 
Namen  benannt*) 

Petzval  machte  die  ersten 
Proben  mit  seinem  von  Voigt- 
iSnder  ausgeführten  Objektive 
anter  Mitwirkung  eines  der  her- 
vorragendsten £enner  der  Photo- 
graphie, dem  damaligen  Kustos 
nnd  späteren  Bibliothekar  am 
Wiener  k,  k.  Polvtechnikum 
Anton  G.  C.  Martin,    wohl 

einem  der  ersten  Aniateurphoto-  Fig..-a  BiwiwhLiai  Anton  MKrtin 

grapben    Österreichs,     Martin,  "     "'  '' 

welcher  auch  als  Fachschriftsteller  große  Verdienste  sich  erwarb  (s.  weiter 
nnten),  anterBtiitzte  Petzval  sowie  Voigtländer  bei  ihren  ersten  Ver- 
suchen.    Fig.  53  zeigt  das  Porträt  A.  Martins.'^) 

Im  „Museum  der  österreichischen  Arbeit"  in  Wien  beßndon  sich 
Probebilder  ans  der  damaligen  Zeit  und  Fig.  54  zeigt  ein  von  Voigt- 
länder in  Wien  mit  dem  von  ihm  angefertigten  Petzval-Objektiv  und 
einer   improvisierten    Kartonkamera   aufgenommenes    Porträt    aus   dem 

1)  Phot.  Korresp.  19Ü2,  S.  Täß. 

2)  Eders  Jahrb.  f.  Phot  1904,  8.  249. 

3)  Ein  aDderas  Porträt  Autou  Martins  ündct  siuli  in  Hoiuigs  Phot  -Tahr- 
bnch  187fl.  —  Vergl.  Poggeodorffs  BiogrAjiL - literar,  TTaadworlicrbuch  Bd.  '1  u.  3. 

Edai,  Hiadbocfa  dar  PholoRnphis.    I.  Toil.    ;).  AiiD.  13 


226  Erster  Teil.    Aohtzehntes  Kapitel. 

Jahre    1841    (Belichtungszeit    3^^  Minuten).      Voigtländer    in    Wid 
fortigte   nicht   nur  die  von   Petzval   berechneten  Objektive,')  sondef 
auch  die  dazu  gehörigen  Kameras  an,  welche  er  ganz  aus  Messing  t 
fertigte. 

Die  Voigtländersche  Daguerreotypkamera    (zirka  1842)    war   ein 
der   ersten   leicht   transportablen,   ganz   aus  Metall  gefertigten   „Hai 
kameras"    welche   leicht  auseinander  zu  nehmen   und   aufzustellen  ' 
(Fig.  55).      Das   Plattenforniat    war    riimi   (Fig.  56   zeigt   ein    mit   einfl 


solchen  Kamera  aufgenommenes  Daguerreotyp);  die  enipfiudliche  PI« 
war  im  erweiterten  Teile  der  konisch  geformten  Kamera  angebracl 
vorn  war  das  Objektiv  mit  Deckel,  rückwärts  eine  Linse,  durch  welei 
man  (unbehindert  durch  seitliches  Licht)  das  Visierscheibenbild  am  I 
weiterten  Kamerateile  betrachten  konnte. 

1|  SpSter  traten  Doch  die  Wiener  Optiker  Dietzler  (s.  S.  228),  Eckliof, 
Frokeach,  Waibt  und  'Weingartshofer  in  "Wien  mit  flhnlicbeii  ObjektiTen  auf, 
obne  ]e<]o(^il  Toigtliinder  bedenteode  Eoukurreaz  zd  machen.  (Vei^t.  Bd.  II,  Abt.  I 
dieses  Werkes ) 


Erfindung  des  Pctivalseheii  Porträtobjeklives 

Die  in  Fig.  56  abgebildete  Land- 
schafts-Dagueireotypie  wurde  mit  dem 
Petzval-Voigtländerschen  Fortrut- 
objektir  bei  starker  Abblendung  im 
Jahre  1812  aufgenommeo. 

Fetzvale  Porträtobjektiv  war 
ebenso  wie  Chevaliers  langen  nur 
für  die  optischen  Strahlen  achroniati- 
siert;  alle  diese  photographischen  Ob- 
jektive zeigten  „Fokusdifferenz", 
was  zuerst  Antoine  Fran9ois  Jean 
Claudet  ('1797,  f  1867)  genau  er- 
faßte, wonach  er  im  Verein  mit  dem 
praktischen  Optiker  Lerebours  1846 
auf  der  Grundlage  des  empirischen 
Problerens  Objektive  ohne  Fokusdifferenz  konstruierte,  eine  Verbesserung, 
welche  in  der  Folge  auch  Voigtländer  an  den  Petzvalschen  Porträt- 
objektiven  anbrachte  und  von  allen  Optikern  akzeptiert  wurde. 


.♦S,?^,, 


Erster  Teil.    Aohteehntes  EapiteL 

Bis  zur  EntdeckuDg  der  Dagaerreolypie  war  Juan  der  Ansicht,  daß  eine  1 
unser  Auge  achromatisierte  Linse  auch  fiir  pbotogi'apbiscbe  Zwecke  eise  biolänglid 
Acbromasie  besitze.    Der  erste,  welcher  beobachtete,  daß  der  optische  Brennpunkt 
einer  derartigen  Linse  mit  dem  cbemisuheD  Brennpunkt  der  „  photographiscb  wirken- 
deo*  Strahlen  nicht  identisch  ist,  war  Townson,  welcher  im  Jahre  1839  darüber  _ 
im  „Philoa.  Magazin"  (Bd.  15,  S.  381)  schrieb. 

Auch  Bibliothekar  A.  Martin  bemerkte  1840  die  Fekusdifierenz,  welche  jedoa 
damals  von  den  praktischen  Photographen  wenig  beachtet  wurde. 

Ansfiibrlicher  befaßte  sich  Claudet  (1844)  und  Cnndell  (1844)')  mit  dies 
Gegenstände  und  gaben  eiue  Tabelle  über  die  versi-hiodene  Lage  des  chemischen  n 


FIs.  ST.    Optlkec  Dlsulec  in  Wien  mach  «inoui  KolIodiornnsgaClT  tat  dro  IBUioc  Jibmi 


optischen  Brennpunktes  oder,  wie  man  auch  kurzweg  sagt,  des  , chemischen  Fokus*. 
—  Clandet  machte,  wie  erwähnt,  am  20.  Mai  1844  auf  die  TerBohiedeoheit  der 
I^s  des  optischen  und  photographischen  Brennpunktes  —  foyer  optiqae  und  foyer 
photegenique  oder  chimique  —  aufmerksam  und  kam  1849  und  1850  auf  den  Oegen- 
sländ  zurück;*)   er  bemerkte,   daß   für   verschiedene    photographiscbe  Pri- 

1)  PhiloB.  Magaz.  Bd.25,S.24;  Bd.  25,  8.173.   Dinglersjoura.  Bd,  92,S.371. 

2)  Compt.  rend.  Bd.  18,  S.  954.  Vergl,  die  späteren  Abhandlungen  Claudets 
(Compl.  rend.  18.  OL-tober  und  20.  Dezember  1847  und  1851,  Bd.  32,  a  130).  — 
Ferner  „Becberches  sur  1a  theoiie  des  principanx  pbenomenes  de  Photographie  par 
Claudel",  Paris  1849;  aus  .Nouvelles  recherches  sur  la  difference  entre  les  (oyers 
visuels  et  photogenique  et  sur  leur  ooostante  Variation".  Paris  1351.  —  TergL  auch 
den  Bericht  Claudets  in  „Revue  Photograph ique".  1857.  8.  250. 


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Erfindong  des  PetzvalacheD  Portiütobjaktives.  229 

psT&te  die  wirksamBten  Bttahlen  im  Spektrum  sehr  weit  auseinander- 
liageD  kÖDnen. 

Angeregt  durch  die  UnterBuchuDgen  Claudets  fertigte  der  PariBer  Optiker 
LereboQrs  (•1807,  tl673)  1846  Objektive  ohne  Fokasdiffercni  an  und  asBoziierte 
sieh  BpSter  mit  dem  Ingeoienroffizier  Secretan  zur  Erzeugung  ihrer  aktinisch-kor- 
rigiertea  Objektive.')  Ihnen  folgteo  dann  die  anderea  Optiker,  insbesondere  auch 
Toigtl&Dder  bei  den  von  ihm  ausgeführten  Fetzvalscheu  PortrMobjekÜven. 

Der  Ertolg  des  von  Petzval  erfundenen  und  vom  Optiker  Voigt- 
länder in  Wien  vorzüglich  ausgeführten  Porträtobjektives  war  ein 
aoHerordentlicher:  alle  Optiker,  insbesondere  aucli  die  französischen  (z.B. 
Jamin)  und  englischen  (insbesondere  von  Davidson  und  Boß), 
kopierten  dieses  durch  kein  Patent  geschützte  Objektiv,  welches  übrigens 
dem  Erfinder  wenig  materiellen  Erfolg  einbrachte.  Petzval  geriet 
Sinter  mit  Yoigtländer  in  Streit,  ließ  dann  beim  Optiker  Dietzler 
in  Wien,  dessen  Porträt  in  Fig.  57  abgebildet  ist,  seine  Porträtobjektive, 
sowie  die  „Orthoskope"  genannten  Landschattslinsen  eizeugen  und 
wendete  sich  schon  in  den  sechziger  Jahren  von  der  Photographie  ab, 
um  sich  nur  mit  mathematischen  und  anderen  wissenschaftlichen  Studien 
zu  be&ssea.  (Die  ausführliche  Geschichte  seines  Objektives  s.  Bd.  II 
dieses  Werke*) 

Petzval,  dem  man  viele  mathematische  und  physikalische  Unter- 
SQcbungen  verdankt,^  starb,  wie  bereits  erwähnt,  am  17.  September  1891. 
Er  gilt  mit  Recht  als  der  Vater  der  modernen  photograpliischen  Optik. 

1)  Vergl,  M.  V.  Rohr,  Theorie  und  Geschichte  d.  [ihot.  Objektivs  lö99,  S.  101. 

2)  V6rgl.ErmeD)-i,Dr.  Josef  PetzvalsLeboo  u.  Verdienste.  Hallea.S.  1903. 


NEUNZEHNTES  KAPITEL. 
EMPORBLÜHEN  DP^R  PHOTOGRAPHIE  ALS  GEWERBE.! 


Durch  die  Vervollkommnung  des  chemisclieo  und  optischen  Teile 
der   Dnguerreotypic    übten    buld   sehr    viele  DiletfiiTiten,    Kiiii-<tlt.'[    undf 

Geli.'liiic  ihc   riiiiiiiL't:i|)liir  für  ihre  Zwecke   iiii'-    mi'l   m  .1   m. -i 


Emporblühen  der  PLotogrnphie  als  Gewerbe.  '231 

Gegenstande  von  Experimenten;  aber  auch  die  Berufsphotogrspbie,  das 
photographische  Gewerbe,  begann  sich  in  raschem  .Anwachsen  zu  ent- 
wickeln. In  den  vierziger  Jahren  begnügte  man  sich  wohl  meistens, 
bei  Portriitaufnabmen  das  Modell  ins  Freie,  an  einen  offenen  Gang  oder 
Balkon  zu  stellen  und  unbekümmert  um  das  Beiwerk  zu  daguerreo- 
typieren.  Fig.  58  zeigt  eine  im  übrigen  recht  hübsche  Daguerreotypie 
aus  dieser  Zeit,  und  das  eiserne  Geländer  eines  offenen  Gang^  verrat, 


mit  wie  geringen  Hilfsmitteln  man  damals  arbeitete.  Man  wagte  sich 
aber  auch  an  schwierigere  Aufnahmen,  wie  das  in  Fig.  59  reproduzierte 
Daguerreot}'p  einer  Frau  mit  ihrem  Kinde  zeigt.  Später  entstanden 
Ateliers  mit  Vorhängen  und  Draperien. 

Ein  großes  Renommee  hatten  französische  Daguerreotypisten, 
insbesondere  die  bereits  S.  229  erwähnten  Optiker  und  Dugiicrreotypisten 
Lerebonrs  und  Secretan,  „Opticicns  de  l'Observatoire  et  de  la 
Marine"  in  Paris.     X.  P.  Lcrebours  hatte  schon  im  Dezember  1839 


Enter  Tdl.    Neaniwhntes  Eapital. 

große    Daguerreotypapparate    konstruiert,    welche    Bilder    von    12  x  Ifl 
franKÖs.  Zoll  ergaben.    Erarbeitete  anfangs gemeinsclmftlich  mit  Gaud)n,n 


-mi^.  -I- 


1)  „Demiera   perfeclionnenients   apportes  au   Daguerreoljpe   par  Gaudin  i 
LerebouTs",  3.  Ausg.  Paris  1842. 


232 

große   Dagi 
französ.  Zoll 


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1)  »De 
Lerebours" 


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matisdier  Instromento  in  Paris,  Place  du  Pont-Neuf  13, >)  verband  sich 
spater  mit  Secretaa;*)  beide  waren  Optiker  des  astronomischen  Obser- 
vatoriums nnd  der  Marine  und  besaßen  außer  ihrem  Verkaufsgeschäft 
für  optische  Apparate  nnd  Utensilien  für  Daguerreotypie  ein  photo- 
graphisches  Atelier  in  Paris,  Bue  de  l'Est  23.  Dieses  Atelier  hatten  sie 
um  das  Jahr  1845  eröfihet  und  es  war  eine  Beihe  von  Jahren  im 
besten'  Betriebe.  Eine  der  vorzüglichsten  Panorama-Daguerreo- 
typien  (Ansicht   von  Paris),  welche  je  gemacht   wurden,  stammt   von 


Lerebonrs  und  Secretan  aus  dem  Jahre  1850.  Sie  befindet  sich  in 
den  Sammlungen  des  technologischen  Kabinetts  der  k.  k.  Technischen 
Hochschule  in  Wien  und  ist  in  Tafel  I  in  Autotypie  wiedergegeben. 

In  England  arbeitete  A.  Claudet,  welcher  (wie  bereits  auf  S.  202 
erwähnt)  von  Daguerre  unmittelbar  nach  dem  Bekanntwerden  der 
Daguerreotypie  eine  Ausführungslizeni;  für  England  erworben  hatte  und 
von   Frankreich   nach   England    übersiedelt   war.      Er    war   praktischer 

1)  Traite  de  Photographie,  deroiers  perfectioDDemeots  apportes  au  Daguerreo- 
^pe,  par  N.  P.  Lereboura.  Paris  1843. 

3)  lallte  de  pbMigt.  par  Lerebours  et  Secret&D,  5.  Aufl.  Paris  1640. 


234 


r  Teil.     NeuEzehntes  Kapitel. 


Photograph  in  London  und  arbeitete  auf  dem  Gebiete  der  pbotograpbischen 
Chemie  (s.  S.  217)  und  der  Optik  (s.  S.  227).  Sehr  renommiert  war 
der  englische  Photograpli  J.  E.  Mayall,  dessen  Daguerreotypieii  vom 
Jahre  1851  nocli  bei  der  Londoner  Weltausstellung  1862,  wo  sie  aus- 
gestellt waren,  Anerkennung  fanden.  Äußer  diesen  wenigen  hier  ge- 
nannten Üaguerraotypisten  gab  es  noch  viele  andere,  deren  Aufzählung 
liier  zu  weit  fuhren  würde.  Wir  begnügen  uns,  einige  interessante  Proben 
in  getreuen  Reproduktionen  in  Fig. CO  und  61  zu  publizieren,  weil  sie  im 


Zusammenhange  mit  den  oben  abgebildeten  Daguerreotypien  den  Stand 
der  photograpli isclien  Produktion  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts 
erkennen  lassen,*) 

Eine  Arcliitekturaufnabme  in  ziemlich  großem  Formate  vom  Jahre 
1848  zeigt  die  Reproduktion  der  sehr  gelungenen  Daguerreotypie  Fig.  60 
(Palazzo  Foseari  in  Venedig). 

1)  Proben  aus  deu  Ateliers  von  Lambert  in  Paria,  Lerebours  und  Secretao 
in  Paris,  vom  Maler  Martio  Tbeyer  io  Wien  Irafiiideit  sich  an  der  LabrkaDzel  für 
mechaniscbe  Teclinologie  an  der  k.  k.  Technischen  lloubschule  iu  Wien;  andbre  große 
Kollektionen  alter  Dagiierreotypien  sind  in  deo  Sammliuigen  der  k.  k.  Graphischen 
Ijehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien  zu  sehen. 


EoipoTblühen  der  Photugra|>hie  als  Gewerbe.  235 

Eine  interessante,  in  Amerika  hergestellte  Daguerreotypie  aus  der 
Uitte  der  filnfeiger  Jabre  ist  in  Fig.  61  abgebildet.  Es  ist  dies  das 
Bild  einer  Qoldmine  in  Kulifornien,  eioe  Aufnahme  des  Kew  Yorker 
Photographen  C.  Farrand,  nach  einer  in  SnelHnj^  Photographic  and  fine 
Art  Journal,  New  York  1857,  S.  209  ii.  217,  publizierten  photographischen 
Salzpapierreproduktion. 

In  die  vierziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  fallen  die  von 
Paris  aasgebenden  ersten  Versuche,  die  Daguerreotypie  für  Aktstudien 
des  men&ohtichen  Körpers  zu  benutzen,  sei  es  um  sie  als  Hilfsmittel  den 
bildenden  Künsten  zur  Verfugung  zu  steilen  oder  um  lukrative  Ver- 
lagsartikel  zu  finden.  Die  ältesten  mir  untergekommenen  derartigen 
Dagneireotypien  datieren  von  den  Jahren  1844  bis  1849  und  gehören 
tD  den  technisch  vollendetsten  Daguerreotypien ,  welche  uns  aus  der 
itbmaligen  Zeit  erhalten  blieben.  Sie  tragen  nur  den  Namen  und  das 
.Alter  des  porträtierten  Uodells  und  scheinen  für  die  Kreise  der  Bild- 
planer,  Maler  und  Amateure  bestimmt  gewesen  zu  sein.     Kg.  62  zeigt 

.  TOU  einer  dieser  ältesten  photugraphischen  Aktstudien  aus  der  Blütezeit 
-^pr  Daguerreotypie  eine  Reproduktion,  welche  wohl  nur  zum  Teile  die 

-■  'gtofie    Zartheit    und    gute    Modellierung    der    Originul- Daguerreotypie 
Sriedeizugeben  vermag. 


ZWANZIGSTES  KAPITEL. 

KOLORIEEUNG  VON  DAGUEREEOTYPIEN. 


Das  Kolorieren  der  Daguerreotypbilder  scheint  schon  im  Jahre 
1841  ziemlich  verbreitet  gewesen  zu  sein.  Es  geschah  die  Farbengebung 
durch  Auftragen  höchst  feiner  Farbpulver.  Im  Dezember  1842  ver- 
öffentlichte Beard  Mittel  zur  technischen  Vereinfachung  des  Bemalens 
von  Daguerreotypien,  um  „unter  Anwendung  von  Patronen  und  Farben- 
staub"  das  Kolorieren  vorzunehmen.^) 

Der  erste,  welcher  vom  Kolorieren  der  Daguerreotypbilder  mit 
Farben  sprach,  soll  der  Maler  Isenring  in  St.  Gallen  gewesen  sein;  er 
hat  nach  A.  Martin'-^)  den  ersten  Anstoß  hierfür  gegeben,  jedoch  machte 
er  über  die  von  ihm  geübte  Methode  nichts  bekannt.  Wahrscheinlich 
trug  auch  er  Staubfarben  auf,  wie  es  alle  späteren  Koloristen  von 
Daguerreotypien  machten  und  damit  ganz  hübsche  Effekte  erzielten. 

1)  Dinglors  Polytechn.  Journ.  Bd.  87,  S.  316. 

2)  Martin,  Ropertorium  der  Phot.  184G-1848.   Bd.  II,  S.  98. 


EmiTNDZWANZiaSTES  KAPITEL. 

ERFINDUNG  DER  PHOTOGRAPHIE  MIT  PAPIER- 
NEGATIVEN UND  PAPIERPOSITIVEN. 


Die  Degnerreotypie  litt  an  einem  fundamentalen  Nachteil:  Sie 
gab  in  der  Camera  obscura  immer  nur  ein  einziges  photographisches 
Bild,  welches  einer  Tervielfaltiguag  durch  einfache  photographische 
Eopierprozesse  unfähig  war.  Erst  durch  die  Erfindung  sogenannter 
photograpliiscber  Negative,  welche  man  anfänglich  mittels  lichtempfind- 
licb  gemachten  Papieres  erzeugte,  und  von  welchem  man  beliebig  viele 
Abzüge  kopieren  konnte,  trat  die  Photographie  in  die  Beibe  der  ver- 
vielMtigenden  graphischen  Künste  oder  Gewerbe. 

Es  gebührt  dem  Engländer  William  Henry  Fox  Talbot,  einem 
reichen  Privatgelehrten,  das  Verdienst,  die  Photographie  mit  lichtempfind- 
lichen Papieren,  somit  die  Herstellung  von  Papiemegativen ,  erfunden 
und  in  die  Praxis  eingeführt  xa  iiaben. 

Fox  Talbot  wurde  im  Februar  1800  geboren,  als  Sohn  des 
William  Davenport  Talbot.  Er  machte  sorgfältige  Studien  am 
Trinity- College  in  Cambridge  und  widmete  sich  besonders  mathematischen 
Studien.')  Talbot  wohnte  in  seinem  Familiensitze  Lacock  Abber  bei 
Ghippenham  (Wiltshire)  in  England,-)  war  1832  bis  1834  Parlaments- 
mitglied, seit  1831  auch  Mitglied  der  Royal  Society  in  London. 

Ein  gutes  Porträt  Talbots  zeigt  Fig.  63,  welche  nach  einem 
Daguerreotyp  von  Glaudet  reproduziert  ist,*)  während  das  in  Fig.  64 
abgebildete  Porträt  Talbots  ihn  in  seinen  späteren  Lebensjahren  zeigt. 
(Nach  einer  Heliogravüre  aus  der  vorigen  Auflage  von  Eders  Geschichte 
der  Photographie.) 

1)  Veigl.  Poggendorffs  Biograpli.  liierarisches  Ilaiiilwörterbuch  1863.  Bd.  2, 
8.1066. 

2)  Daselbst  wobot  jetzt  Talbutü  Sohu,  C.  H.  Talbot,  dessen  Freundlichkeit 
iah  ixm  Behr  sehöne  Talbotscbe  Kupfer- Helio^^ravüren  verdanife.    E. 

3)  Nach  ,Tho  Photogr.  Journal",  April  1901.  Das  Klischee  verdankt  der  Verf. 
der  Trrandliahluit  der  „Ko^al  Photographie  Society  of  Great  Britnin". 


238 


Erster  Teil.    Ei nund zwanzigstes  Kapitel. 


Fox  Talbot  hatte  bei  einer  Reise  nach  Italien  Ja  den  Jahren 
1823  und  1824  die  Camera  obsciira  als  Hilfsmittel  zum  Zeichnen  von 
Landschaften  benutzt,  indem  er  die  Lichtbilder  auf  transparentem  Papier 
auffing  und  es  mit  Bleistift  kopierte;  er  war  jedoch  nicht  imstande,  hier- 
bei eine  befriedigende  Zeichnung  zu  erhalten,  und  als  er  im  Oktober  1833 
wieder  nach  Italien  reiste  und  sich  am  Gomosee  aufhielt,  versuchte  er  es 
mit  dem  Skizzieren  mittels  WolUstons  Camera  lucida,  aber  auch  dieses 
Verfahren  bereitete  ihm  große  Schwierigkeit  und  er  erzielte  einen  recht 


geringen  Erfolg  damit.  Da  reifte  in  Talbot  der  Plan,  ohne  daß  er  von 
den  analogen  Bestrebungen  Xiepces  und  Daguerres  Kenntnis  hatte. 
Ans  Bild  in  der  Camera  obscura  auf  chemischem  Wege  zu  fixieren. 
Da  er  aus  der  chemischen  Literatur  wußte,')  daß  Silbemitrat  licht- 
empfindlich sei,  so  begann  er  nach  seiner  Rückkehr  nach  England  im 
Januar  1834  mit  seinen  Studien.  Er  versuchte  der  Beihe  naoh  Silber- 
nitrat-,  dann  Chlorsllberscli lebten   auf  Papier.     Anfangs  strich  er  den 


1)  Diese  Schilderung  gibt  Tal  bot  selbst  in  der  Vorrede  seines  nanmdir  iußent 
selten  gewordeneD  ^'erkes  ,Tlie  pcncil  of  nnturc*,  l»DdoD  1844,  dis  mir  Mia  der 
Bibliothek  der  k.  k.  Graph,  Lehr-  nnd  Versuchsanstalt  in  Wien  lur  VerfügUDg  stand.    K. 


Erfindong  der  Photographie  mit  Pa|Jieriiegativen  und  I'apierposiliven.       239 

feuchten  Chlorsilberniederechlag  auf  Papier,  dann  schlug  er  den  besseren 
Weg  ein:  er  tränkte  Papier  zuerst  mit  starker  Kochsalzlösung,  trocknete 
und  badete  in  Silbernitratiösung.  So  geejget  dieses  Papier  auch  zum 
Kopteren  von  Zeichnungen  im  Kontakt  (Kopierrahmen)  waren,  so  war 
es  doch  zu  wenig  empfindlich  für  Naturaufnahmen  in  der  Camera 
obscura,  selbst  wenn  Talb^it  mehrere  Stunden  lang  beliclitete. 

Im  Jahre  1834  machte  Sir  H.  Davy,  welcher  schon  zwanzig  Jahre 
früher  die  Veränderlichkeit  des  Jodsilbers  im  Liebte  erkannt  liatte,  an  Fox 


Ke-i^-    Fux  Tiilbnt  i'IHii.  -HhTTi. 

Talbot  die  Mitteilung,  daß  Jodsilber  lichtempfindlicher  sei  als  Clilor- 
silber  (vergl.  S.  127).  Jedocii  fand  Talbot  bei  seinen  Experiiuenten  zu 
seiner  Überraschung  gerade  das  Gegenteil:  das  Jodsilberpapier  schwärzte 
sich  bei  seinen  Versuchen  am  Lichte  weniger  laseli  als  dsis  C'iiloryilber. 
Er  beobachtete,  daß  überschüssiges  Jüdkalium  su^ur  die  Lichtempfind- 
lichkeit des  Silbersalzes  fast  ganz  aufhebt  und  kam  in  Konsequenz  dieser 
Beobachtung  auf  den  Gedanken:  photographischo  ('hlorsilberbilder  mit 
JodkaliamlöBung  zu  fixieren,  ein  allerdings  sehr  unvollkommenes  Fixier- 
mittel,  wie  auch  Kochsalz  ihm   als   eine  Art  Fixiermittel   bekannt  war. 


240  Erster  Teil.    Einundzwanzigstes  Kapitel. 

Während  dieser  ganzen  Zeit  befaßte  sich  Tal  bot  nur  nebenbei 
mit  photographisehen  Experimenten,  da  er  sich  insbesondere  in  mathe- 
matische und  physikalische  Untersuchungen,  namentlich  in  das  Studium 
optischer  Phänomene  bei  gewissen  Kristallen,  Interferenzerscheinungen 
des  Lichtes  usw.  vertiefte. 

Als  am  6.  Januar  1839  eine  vorläufig  allgemeine  Mitteilung  durch 
die  Journale  ging,  daß  Daguerre  die  Lichtbildnerei  erfunden  habe, 
trat  Talbot  (ohne  irgendwie  Details  von  Daguerres  Verfahren,  die 
erst  im  August  publiziert  wurden,  zu  kennen)  mit  seinen  bisherigen 
photographischen  Arbeiten  an  die  Öffentlichkeit  und  schrieb  einen  Brief 
an  die  königliche  Gesellschaft  in  London  am  30.  Januar  1839,  worin 
er  seine  Methode  der  Herstellung  von  Lichtbildern  auf  Chlorsilberpapier 
und  die  approximative  Fixierung  mit  überschüssiger  starker  Kochsalz- 
lösung beschrieb. 

Dieser  erste  Bericht  Talbots  vom  Januar  1839  an  die  Boyal 
Society  erschien  als  Separatabdruck  im  Buchhandel:  „Some  account  of 
the  Art  of  photogenic  Drawing,  or  the  process  by  which  natural  objects 
may  be  made  to  delineate  themselves  without  the  aid  of  the  artist's 
pencils.''     (London,  B.  J.  E.  Taylor,  1839.) 

Am  20.  Februar  1839  teilte  Talbot  in  einem  Briefe  an  Biot, 
Mitglied  der  französischen  Akademie  der  Wissenschaften,  mit,  daß  er 
seine  Chlorsilberbilder  mit  Jokalium-  oder  starker  Kochsalzlösung  oder 
einem  ganz  besonders  wirksamen  Präparat  fixiere,  welches  ihm  Herschel 
mitgeteilt  hatte,  das  er  aber  vorläufig  noch  geheim  halten  müsse.  Am 
1.  März  1830  teilte  Talbot  mit,\)  daß  Ferrocyankalium  ein  Fixiermittel, 
wenn  auch  ein  unsicheres  sei,  und  machte  gleichzeitig  die  Mitteilung, 
daß  das  oben  erwähnte  ausgezeichnete  Herschelsche  Fixiermittel  das 
unterschwefligsaure  Natron  sei.^)     (Vergl.  S.  131  und  209.) 

Das  Bromsilberpapier  wendete  Talbot  gleichfalls  schon  anfangs 
1839  an  und  schrieb  am  15.  März  1839,  daß  es  sehr  lichtempfindlich 
sei  und  in  der  Camera  obscura  durch  direkte  Schwärzung  ein  Bild 
gebe.  Alle  diese  Erfindungen  Talbots  betrafen  aber  nur  das  direkte 
Auskopierverfahren  und  dieses  konnte  an  Lichtempfindlichkeit  mit  den 


1)  Compt.  reiid.  1839.  Bd.  8,  S.  341. 

2)  Schien  dl  datiert  in  seiner  höchst  oberflächlich  zusammengescbriebenen 
„Geschichte  der  Photographie'^  das  erste  Bekanntwerden  der  Verwendbarkeit  des  onter- 
schwef ligsauren  Natrons  als  Fixationsmittel  falsch;  er  gibt  nämlich  (S.  48)  an,  daß 
Herschel  dieses  Fixiersalz  im  Jahre  1840  empfahl,  während  in  Wirklichkeit  diese 
Erfindung  von  Herschel  bereits  im  Jahre  1839  gemacht  und  dies  durch  Talbot, 
mit  dem  er  im  regen  Verkehre  gestanden  hat,  unterm  1.  März  1839  der  Pariser 
Akademie  mitgeteilt  wurde.    (Vergl.  Eder,  Phot.  Korresp.  1891.  S.  151.) 


iiiiuigHTenuihja  mii  ij 


uueiuHinpiiHi  I 


agnerrea 
konkomerea.*) 

Talbot  entdeckte  S[äter,  vrie  weiter  uateo  erwähnt  ist,  auch  die  lichtem pfiod- 
licUwl  de»  Cbromatleimes,  ferner  die  heliograpbische  StahUtzaag  sowie  die  Kupfer- 
Uiniig  inittelB  lichtempfiadlicher  Chromlaimschichten  und  war  ein  anQorordentlloIi 
fruclitbarer,  wisaenscbaftlich  vielseitig  gebildeter  Entdecker  pbotographischer  Prozeeae, 
mlohe  Kr  die  gesamte  photographischa  Praxis  die  weittrageodste  Bedeutung  erlangten. 

Talbot  nahm  auf  alle  seine  ErfindimgeD  Patente  und  hielt  an 
seinen  Erfinderrechten  fest;  er  verfolgte  alle  jene,  welche  seine  Ver- 
fahren ohne  seine  Erlaubnis  ausübten.*)  Diese  Strenge  war  dem  Fort- 
schritte der  Photographie  keineswegs  förderlich,  und  Lord  Rosse,  Prä- 
sident der  Royal  Society,  und  Sir  Charles  Eastlake,  Präsident  der 
kdniglichen  Akademie  in  England,  schrieben  1852  an  Talbot  und  legten 
ihm  nahe,  er  möge  im  Interesse 
der  Kunst  und  Wissenschaft  etwas 
milder  vorgehen.  Talbot  antwor- 
tete, daß  er  einwillige,  auf  seine 
Patentrechte  zu  verzichten  und  die- 
selben als  freies  Geschenk  dem 
Publikum  abtrete,  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  Punktes,  d.  i.  der 
Aosnutzang  seiner  Erfindung  zu 
geschäftlicher  Verwertung  oder  Ver- 
kanfazwecken;  damit  trennte  er  die 
gracbäfüiche  Ausbeutung  von  der 
wissenschaftlichen  und  künstleri- 
schen Anwendung  und  es  konnte 
jedermann  mitTalbots  patentierten 

Verfobren  arbeiten,  ohne  eine  Klage  wegen  Patentverletzung  fürchten 
ztt  mtissen.    (Phot  News.  Oct.  1877;  Colson  a.  a.  0.  S.  82.) 

Der  Amatenrphotograph  und  Beamte  im  fraazöEischcn  Finanzministerium  (Paiis) 
Bayatd  ('1801  in  Breteuil  [Oise]  in  Frankreich.  tl887  in  Nemours)  hatte,  unab- 
hftogig  von  Talbat,  ein  originelles  phutographisches  Verfahren  auf  Papier  im  Mai 
1639  erfunden  und  einen  Monat,  bevor  Duguerre  seine  Erfindung  publizierte,  be- 
kannt gemacht.  Bayard  beobachtete,  daü  ein  am  Liebte  geschwärztes  Ohlorsilbcr- 
papier  nach  dem  Baden  in  Jodkaliumlüsung  beim  weiteren  Belichten  ausgebleiubt  wird 
(Alnpaltung  von  Jod  aus  dem  Jodkalium  und  Addition  zum  Silbersubchlorid)  und  so- 


BAynrd.  —  Direkte  photographische 
DO  in  der  Kunem  snf  einem  mit  Jod. 
n  gotrOnktoD  Chlunübetpspior  [mS). 


1)  Compt.rend.  1830.  Bd.  8,  S.  409. 

2)  Dadurch,  daß  Talbot  jedes  einnelno  Verfahren  und  jede  kleine  Verbesserung 
anfangs  durch  ein  Patent  für  sich  zu  behalten  suchte,  wurden  die  besten  E.xperimen- 
tatoren  bewogen,  ihre  ferneren  Versuche  aufzugeben,  was  sehr  zu  beklagen  ist.  Erst 
t^Um  gib  er  seine  Patente  frei  und  hob  dadurch  diese  IlenunDisse  einer  weiteren 
Fonolmng  auf. 

Ed«r,  Baalbneh  dar  Photographie.    I.  Teil.   3.  Anll.  IQ 


242  Erster  Teil.    Einundzwanzigstes  Kapitel. 

mit  direkte  positive  Photographien  liefert,  welche  er  in  der  Camera  obscara  her- 
stellte. Einige  von  Bayard  in  Paris  erzeugten  derartigen  Bilder  —  eines  ist  in 
Fig.  65  reproduziert  —  wurden  im  ,,Moniteur  officiel*  vom  24.  Juni  1839  beschrieben.*) 
Dieses  originelle  Verfahren  kam  aber  ganz  in  Vergessenheit,  weil  es  sich  an  Empfind- 
lichkeit mit  dem  Daguerr eschen  nicht  messen  konnte  und  von  Talbots  ,Ealo- 
typie«*  überflügelt  wurde.    (Bull.  Soc.  fran9.  1887.  S.  167.) 


Den  beschleunigenden  Einfluß  von  Tannin  auf  den  Schwärzungsprozeß 
von  gesilbertem  Papier  scheint  der  englische  Geistliche  Reverend  J.  B.  Reade  im  Jahre 
1839  entdeckt  zu  haben,  jedoch  arbeitete  er  in  äußerst  mangelhafter  Form ,  indem  er 
Schreibpapier  zuerst  mit  Qalläpfelabsud  tränkte,  dann  Silbernitrat  auftrug  und  dieses 
Papier  sofort  naß  zur  Horatellung  von  naturhistorischen  Objekten  in  der  Solarkamora 
benutzte.    Er  stellte  die  so  erhaltenen  Bilder  im  April  1839  in  der  Royal  Society  ans.*) 

Man  würde  aber  Read  es  Arbeit  überschätzen,  wenn  man  ihm  die  Entdeckung 
der  Entwicklung  eines  latenten  Lichtbildes')  zuerkennen  wüixie  (wie  dies  Harrison 
und  sein  Abschreiber  tut,  s.  Fußnote  2);  er  sah  in  der  Wirkung  des  Oerbstoffis  nur 
die  Beschleunigung  (Sensibilisierung)  eines  photographischen  Schwärzungsprozesses, 
ohne  daß  er  die  Entwicklungsfähigkeit  des  latenten  Lichtbildes  auf  Silbersalzen  irgend- 
wie erkannt  hätte. 

Bei  seinen  weiteren  Versuchen  kam  Talbot  (im  Anschloß  an  den 
Daguerreotypieprozeß)  nochmals  zu  dem  von  Daguerre  in  die  Photo- 
graphie praktisch  eingeführten  Jodsilber,  aber  alle  diese  Arbeiten 
Talbots  erhielten  erst  praktische  Bedeutung  durch  seine  Entdeckung: 
daß  ein  wenig  oder  nicht  sichtbares  (latentes)  Jodsilberbild 
durch  Gallussäure  entwickelt  und  gekräftigt  werde. 

Talbot  kam  auf  dieses  Verfahren  bei  seinen  vielfältigen  Proben 
einigermaßen  duich  Zufall,  indem  er  mehrere  photographisch  behandelte 
Blätter  Papier,  um  sie  auf  ihre  Empfindlichkeit  zu  prüfen,  nur  kurze 
Zeit  in  der  Kamera  ließ  und  von  denen  er  eines,  auf  welchem  kaum 
eine  Spur  zu  erblicken  w^ar,  beiseite  legte.  Als  er  es  später  wieder  zur 
Hand  nahm,  sah  er  mit  Erstaunen  eine  vollkommen  ausgeführte  negative 
Zeichnung  darauf  entstanden.  Glücklicherweise  erinnerte  er  sich  voll- 
kommen der  Bereitungsart  dieses  Blattes  und  er  konnte  somit  seine 
Entdeckung  verfolgen.     Er  gab  ihr  wegen  der  überraschenden  Schön- 


1)  Vergl.  Bull.  Soc.  fran9.  1887.  S.  167  u.  174.  Femer  Colson,  „Memoires 
originaux  des  creatures  de  la  Phot.*.  Paris  1898. 

2)  Encyclopaedia  Britannica,  8.  Auflage,  Artikel  Photography,  S.  545;  anch  mit- 
geteilt in  Harrisons  „History  of  Photography '^  1888.  S.  31;  von  da  abgeschrieben 
unter  Yerschweigung  der  Quelle  in  Schiendls  Geschichte  der  Photographie;  aus- 
führlicher behandelt  John  Werge  diese  Arbeit  in  seiner  ,,Evolution  of  Phot*  (1890) 
und  bringt  auch  ehi  Porträt  Rev.  J.  B.  Reads,  welcher  am  12.  Dezember  1870  starb. 

3)  Dies  ist  schon  deshalb  unzulässig,  weil  Read  nur  mit  Silbemitrat  und 
Gallussäure  entwickelte;  das  £ntwicklungsyerfahren  des  latenten  LichtbUdes,  welches 
später  Talbot  fand,  knüpft  sich  aber  an  Jod-,  Brom-  oder  Chlorsilber.    (£.) 


griediisdieii  : — 16;  =  schöo). 

Fox  Talbot  Dsbm  auf  seiaen  „Kalotypprozeß"  ^)  am  8.  Februar 
1841  (Nr.  8842)  ein  englisches  Patent  Sein  Yerfahren  bestand  darin, 
daß  er  zuerst  sein  Papier  mit  Silbemitrat,  dann  mit  Jodkaliutn  and 
endlich  mit  ,,OalIoBilbernitrat"  überzog;  unter  dieser  Bezeichnung 
Terstand  er  eine  wässerige  Lösung  von  Silbemitrat,  welcher  Oallussäure 
□nd  Essigsäure  zugesetzt  waren.  Er  exponierte  dann  in  der  Kamera, 
wobei  während  der  relatir  kurzen  Belichtungsdauer  kein  (oder  fast 
kein)  Bild  sichtbar  war;  es  erschien  eist  beim  neuerlichen  Bestreichen 
mit  Oallosilbernitrat  Zum  Fixieren  benutzte  Talbot  anfänglich 
BromkatiumlSsung,  später  (1.  Juni  1843)  Fiziematroo;  er  nahm  hierauf, 
sowie  auf  das  Transparentmachen  der  Papiemegative  mit  Wachs  und 
Erhöhung  der  Empfindlichkeit  der  Kalotyppapiere  durch  Unterlegen 
warmer  Eisenplatten  ein  englisches  Patent  (1.  Juni  1843,  A.  9753). 

Nachdem  Talbot  so  ein  negatives  Bild  erhalten,  d.  b.  ein  solches, 
auf  dem  die  wei&en  Teile  des  abgebildeten  Gegenstandes  schwarz  wieder- 
gaben waren,  machte  er  davon  positive  Abdrücke  auf  Chloreilber- 
papier.  —  Dieses  Verfahren  erfuhr  nach  und  nach  durch  verschiedene 
aoBgezeichnete  Operateure  bedeutende  Verbesserungen.  (Siehe  den  II.  Band 
dieew  Werkes  S.  63.)  Insbesondere  wurde  die  „Kalotypie",  oder  wie 
man  Talbot  zu  Ehren  meistens  sagt  die  „Talbotypie",  durch  den 
Franzosen  Blanquard-Evrard  gefördert  (s.  S.  246 ff.). 

Die  unbestrittene  Priorität  der  Erfindung  transparenter  photogra- 
phischer Negative,  welche  in  der  Kamera  hergestellt  und  durch  Fixieren 
auf  Chlorsilberpapier  in  beliebiger  Anzahl  vervielfältigt  werden  können, 
gebührt  also  nach  dieser  Schilderung  dem  Engländer  Talbot 

Talbot  publizierte  auch  das  erste  mit  photographischen  Papier- 
bildern illustrierte  Werk  (s.  S.  250). 

Die  erste  Anwendung  des  Kalot}'pprozesses  zur  Herstellung  von 
YergröSerungen  machte  Talbot^)  im  Jahre  1843.    Er  erwähnte  in 


1)  Dingl.  Polytechn.  Journ.,  Bd.  81 ,  S.  356  w.  363;  Philosoph.  Magazin,  1841, 
aeS.  —  Über  Talbots  Kalotypverfabren  erschien  eine  Broschüre;  „Lichtbilder 
(Fortitts)  mt  Papier  in  ein  bis  zwei  Miauten  darzustellen,  van  Talbot,  Physiker  in 
London.    (Aacbea  ISil,    Verlag  der  Rosohützschen  Buchhandlung  [P.  Fagot].)" 

2)  Dm  .Kalotypverfahren'  wurde  von  seinem  Erfinder  William  Henry  Fox 
Talbot  am  8.  Februar  1641  in  England  zum  Privilegium  angemeldet,  ist  mit  29.  Juli 
1841  nnterzeiohiiet  und  am  17.  August  d.  J.  registriert  Das  „Liverpool  Photographie 
Joantal*  teilte  es  1857,  S.  114,  als  geschichtlich  wichtiges  Attenstück  ausführlich. 
mit,  woraus  es  in  andere  Zeitschriften  überging  (z.B.  Dinglers  Polytechn.  Joum., 
Bd.  71,  a  468). 

3)  Ikigiifiohes  Patent  vom  1.  Juni  1843. 


244  Erster  Teil.    Einundzwanzigstes  Kapitel. 

seiner  Paten tbeschreibung,  daß  man  nach  einem  kleinen  Ealotyppositiv 
mittels  Linsen  ein  vergrößertes  Papiernegativ  erhalten  könne,  welches 
in  der  gewöhnlichen  Weise  kopiert  wird. 

Dies  war  der  Anfang  zu  der  modernen  Vergrößerungsphotographie. 

Fox  Talbot  beschäftigte  sich  in  den  letzten  Jahren  seines  Lebens 

mit  wenig  erfolgreichen  Versuchen ,  Photographien  in  natürlichen  Farben 

zu  erhalten  und  starb  am  17.  September  1877  auf  seinem  Landgute  zu 

Lacock  Abbey,  Wilts  (England)  im  Alter  von  77  Jahren.^) 

Linotypien.  Photographische  Reproduktionen  (zumeist  Vergrößerungen)  auf 
Leinwand  zum  Zwecke  der  Ausführung  in  Farben  waren  mittels  einer  Variante  der 
Talbotypie  (Chlorsilber  oder  Jodbromsilber  auf  Leinwand  mit  Gallussäure  oder  Pyro- 
gallolent Wicklung)  hergestellt.  J.  Lüttgens  in  Hamburg  gibt  an,  dieses  Verfahren 
schon  1856  ausgeführt  zu  haben.  —  Schon  1863  wurde  in  Frankreich  ein  aus  Amerika 
stammendes  Verfahren  von  Disderi  ausgeübt,  bei  welchem  das  auf  die  Leinwand 
direkt  vergrößerte  Porträt  in  Farben  hergestellt  wurde.  Conte  Bentiviglio  erzeugte 
auch  schon  186S  lebensgroße  Photographien  auf  Leinwand,  welche  dann  mit  Ölfarben 
weiter  ausgeführt  wurden.  Vergrößerungen  bei  elektrischem  Lichte  auf  Leinwand 
stellte  speziell  Winter  in  Prag  (später  in  Wien)  her.  (Eders  Jahrb.  1889.  8.72 
und  421 ,  Linographie.) 

Man  studierte  im  Anschluß  an  Talbots  Publikationen  die  Wirkung 
verschiedener  Entwicklersubstanzen  auf  die  Jodsilberschichten  und  wen- 
dete die  Aufmerksamkeit  den  in  wässeriger  Lösung  wirkenden  photo- 
graphischen Entwicklern  zu,  welches  Verfahren  allmählich  an  die  Stelle 
der  von  Daguerre  eingeführten  Bildentwicklung  mit  Quecksilberdampf 
trat.  Wichtig  war  für  die  Folge  die  Entdeckung  Robert  Hunts  (1840), 
daß  Eisenvitriol  geeignet  sei,  Lichtbilder  auf  Jod-,  Brom-  und  Chlor- 
silber entwickeln  zu  können.  Bekanntlich  war  es  gerade  das  Ent- 
wicklungsverfahren mit  Eisenvitriollösung,  welches  die  mehrere  Jahre 
später  erfundene  Photographie  mittels  „nassem  Kollodium"  zur  größten 
Leistungsfähigkeit  brachte. 

Robert  Hunt,  gestorben  im  Alter  von  80  Jahren  am  17.  Oktober  1887  in 
London,  war  Kustos  der  Bergbau -Archive  am  Museum  der  praktischen  Zoologie  und 
Professor  der  mechanischen  Wissenschaften  in  der  Bergbau- Akademie  zu  LondOD. 
Seine  wissenschaftlichen  photochemischen  Untersuchungen  über  die  verschiedeDSten 
organischen  und  anorganischen  lichtempfindlichen  Substanzen ,  welche  er  seit  den  vier- 
ziger Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  in  der  uneigennützigsten  Weise  veröffentlichte, 
waren  für  die  damals  noch  in  den  Kinderschuhen  steckende  Photochemie  außerordent- 
lich nutzbringend  und  haben  viele  Jahre  lang  vielen  seinen  Nachfolgern  als  Orondlage 
bei  ihren  Forschungen  gedient.  Seine  wichtigsten  Publikationen  sind:  Robert  Haat, 
Besearches  on  light  an  examination  of  molecular  changes  produced  by  influence  of  the 
solar  rays.  1844;  Researches  on  light  in  its  chemical  reactions.  London  1864;  M^nn^l 
of  Photogr.  1841,  2.  Aufl.  1851,  3.  Aufl.  1854;  The  practice  of  Photography  1857. 


1)  Phot.  Archiv  1877.  S.  169.    Camera  obscura,  2.  Jahrg.  1901,  S.  840;  femer 
British  Journ.  of  Phot.  1877. 


und  Vonoch:  ilt  naon  eii  n  Porträt  H.  Uunts,  nelchee  die  Londoner  KotsI  E^oto- 
graphjo  gooiaty  dem  Veifuser  des  voTliegaadeD  Werkes  freandüchBt  zur  Terfägnng 
geateUt  hatte. 

BobertHunt  zeigte  zuerst,  daß  man  auf  reinem  Brom-,  Chlor-  oder 
Jodsilberpapier  Bilder  mit  Eisen  vi  tri  Öllösung  hervorrufen  könne  (vergl. 
Bd.  n  d.  „Handbuches"  1897,  S.  56.  Er  nannte  sein  Negativpapier,  welches 
unter  Zuhilfenahme  von  Bemsteinsaure ,  Kochsalz  und  Quiumiarabikum 
hergestellt  nnd  mit  Eisenvitriol 
SD  entwickeln  war,  Knergiatyp- 
oder  auch  Ferrotyp-Papier, 
ein  mit  Bromkalium  und  Fluor- 
natriam  erzeugtes  Fluorotyp- 
Fapier.  Überhaupt  war  Fluor- 
kftlium  oder  -natrium  als  Be- 
schleuniger damals  beliebt  Wood 
jodierte  1844  das  Papier  mit  Jud- 
eisen-Sirap,  bestrich  mit  Silber- 
nitmt  und  exponierte  feucht;  das 
durch  Doppelzersetzung  entstan- 
dene salpetersaure  Eisenoxydul 
brachte  das  Bild  nach  längerem 
Liegen  von  selbst  zum  Vor- 
schein; er  nannte  den  Prozeß 
„Katalysotype"  (a.  Bd.  II, 
2.  Aufl.,  S.  129). 

Allerdings  gelangt  das  Ent- 
wlcklnngaverfabren  mit  Eisen- 
salzen bei  Fapierbildem  und 
Eiweißbildem  (s.  diese)  weniger 
günstig  zur  Wirkung,  jedoch 
erwies  sich  der  Eisenvitriol -Entwickler  bei  dem  später  entdeckten  Kollo- 
diomreifahren  fUr  die  Abkürzung;  der  Belichtungszeit  höchst  nützlich, 
weshalb  seiner  Einführung  in  die  Photographie  besondere  Beachtung  zu 
schenken  ist 

In  Frankreich  erregte  die  Talbotypie  anfangs  wenig  Aufmerk- 
samkeit; einige  schlecht  ausgefallene  Yersuche,  bei  welchen  zufolge 
Anwendung  grobfaserigen  Papiercs  die  übermäßig  grobe  Papierstruktur 
die  Feinheiten  der  Photographie  zerstörte,  erweckten  die  Ansicht,  daß  ein 
onTermeidlJcher  Fehler  dem  Verfahren  anhafte;  in  der  Tat  waren  die 
damaligen  Daguerreotypien  diesen  Talbotschen  Bildern  an  Feinheit  aoßer- 


»7,  tl887). 


246  Erster  Teil.    Einundzwanzigstes  Kapitel. 

ordentlich  überlegen.  Trotzdem  hielt  Talbot  mit  Recht  an  der  Über- 
zeugung fest,  daß  die  Zukunft  der  Photographie  in  der  Ausarbeitung 
eines  Negativ  Verfahrens  in  der  Camera  obscura  liege,  da  man  nur  auf 
diesem  Wege  die  Möglichkeit  der  Vervielfältigung  habe.  Er  war  auch 
der  erste,  welcher  eine  Publikation  in  Buchform  mit  photographischen 
Original-Naturaufnahmen  im  Text  illustrierte.  Talbot,  „The  Pencil  of 
Nature",  Verlag  von  Longmann,  Brown,  Green  and  Longmans,  London 
1844,  welches  Silberkopien  auf  Salzpapier  enthält  (s.  S.  251). 

Tafel  n  zeigt  die  verkleinerte  Reproduktion  einer  solchen  photo- 
graphischen Illustration  des  Talbotschen  Werkes  vom  Jahre  1844;  es 
ist  eine  Ansicht  der  Pariser  Boulevards  und  ein  nunmehr  schon  stark 
vergilbter  Abdruck  auf  Chlorsilberpapier  resp.  sog.  Salzpapier  ^) ;  das 
Bild  ist  in  aller  seiner  Unvollkommenheit  eines  der  ältesten  Dokumente 
der  Photographie  mittels  Papiemegative  und  eine  seltene  Inkunabel  der 
Photographie. 

Reade  sprach  die  Ansicht  aus,  daß  Talbot  seine  (Reades)  Arbeiten  über 
die  beschleunigende  Wirkung  gekannt  habe  und  darin  die  Anregung  zu  seiner  Methode 
mit  Jodsilber-  und  Gallussäure -Entwicklung  gefunden  habe.  Jedoch  läßt  sich  dies 
nicht  beweisen;  Tal  bot  bezieht  sich  niemals  auf  Reade  und  es  ist  sehr  fraglich,  ob 
er  diese  Arbeiten  gekannt  hat,  wie  denn  überhaupt  nicht  nur  Talbots  Chemikalien 
zur  Herstellung  der  Kalotypien  ganz  andere  als  die  von  Reade  benutzten  waren, 
sondern  auch  bei  Talbots  Prozeß  ein  wahrer  photographischer  Entwicklungsprozeß 
eines  latenten  Lichtbildes  auf  Jodsilber  vorliegt,  bei  Reade  aber  nicht  (s.  8.  242). 

Ein  Dilettant  in  Lyon  namens  Blanquard-Evrard  verfolgte  in 
Frankreich  zuerst  zielbewußt  die  Idee,  die  Talbotsche  Erfindung  zu 
verbessern  und  in  die  photographische  Praxis  einzuführen.  Während 
Talbot  bei  seinen  Jodbrom -Papieren  die  Entwicklersubstanz  (Oallus- 
säure)  gleich  von  vornherein  in  der  sensiblen  Schicht  hatte  und  dieselbe 
nach  der  Belichtung  ein  zweitesmal  aufgoß,  erkannte  Blanquard- 
Evrard,  2)  daß  Jodbromsilber  mit  Silbeinitrat  (ohne  Gallussäure)  be&sere 
sensible  Schichten  für  das  Negativ  verfahren  liefere,  und  daß  man  kürzere 
Belichtungszeiten  und  reinere  Bilder  erziele,  wenn  man  die  Anwendung 
von  Gallussäure  als  Entwickler  gänzlich  nach  der  Belichtung  verlegt *) 

Auf  dem  Gebiete  d^r  Photographie  verdankt  man  Blanquard- 
Evrard  mancherlei  Förderung,  insbesondere  dadurch,  daß  er  das  Ent- 
wicklungsverfahren von  Jodbrom-  (oder  Chlorsilber-) Papieren  mit  Oallus- 
säure  als  Schnellkopier-Verfahren  für  größere  Auflagen  von  Silber- 
kopien einführte  (s.  S.  252). 


1)  Das  Original  befindet  sich  in  den  Sammlungen  der  k.  k.  Oraphisohen  Lehr- 
nnd  Tersuchsanstalt  in  Wien. 

2)  Blanquard-Evrard,  Traite  de  Photographie  sur  papier.   Paris  1851. 

3)  VergL  Bd.  U,  2.  Aufl.,  S.  128  dieses  Werkes. 


photognphif  le  Kopie»  talt  zur  Vervielfältigung  von  photographisoben 
FapienLegativen  in  Lille  errichtet  hatte  und  geschäftlich  betrieb,  wird  auf 
8.  252  gesprochen.  Um  sein  Verfahren  auch  in  England  zu  verwerten, 
rerband  sich  Blanqaard-Evrard  später  mit  Sutton  und  gründete 
1655  in  England  auf  Veranlassung  und  unter  dem  Schutze  des  Prinzen 
Albert  von  England  eine  photographische  „Druckerei",  vrorin  sein  Schnetl- 
kopier-  und  Entiricklungsverfahren  ausgeübt  wurde.  Gleichzeitig  förderte 
Blanquard  die  Photographie  durch  zahlreiche  fachliche  PublikationeD.') 

Die  TalbotTpie  fand  also  in  der  Landschans-  und  Architektur- 
Pbotographie  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  allmählich  woitere 
Verbrettung  und  wurde  noch  lange  über  die  Zeit  der  Glasnegative 
hinaus  vielfach  geübt,  bis  sie  dem  Eollodiumverfahren  auf  Glas  (s.  d.) 
weichen  mußte. 

GnteTalbotypien  (Landschaften)  hatten  P.H.Bird(1851),R.E.Turner 
in  England  u.  a.  zu  Beginn  der  fünfziger  Jahre  vielfach  erzeugt.  Eine 
schSne  Kollektion  von  guten  Papiernegativen,  welche  Ch.  Marville  1854 
in  Frankreich  aufnahm,  widmete  Herr  Pricans  in  Genf  den  Samm- 
lungen der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien.  Sie 
haben  das  Format  27x36  cm.  In  Fig.  67  ist  eine  Reproduktion  in 
verkleinertem  Maßstabe  abgebildet,  welche  zeigt,  daß  diese  Art  der 
Photographie  schon  recht  vollkommen  war.  Andere  Talbotypien  wurden 
bei  der  Londoner  Weltausstellung  1862  ausgestellt  Auch  zahlreiche  Photo- 
graphen Frankreichs,  Deutschlands,  Österreichs  und  anderer  Länder, 
selbst  des  Orients  übten  die  Tatbotyple  aus.  Während  Frankreich  und 
England  die  Photographie  nach  Westen  trugen,  war  Wien  (dank  dem 
Zentrum  der  Photographie,  welches  die  Amateurphotographen  und 
Forscher  Bibliothekar  Martin  am  Wiener  Polytechnikum  und  Ettings- 
hausen  an  der  Wiener  Universität  in  ÖBterreieh  schufen)  der  Ausgangs- 
punkt zahlreicher  Jünger  der  Photographie  nach  den  östlichen  Staaten, 
namentlich  den  unteren  Donauländern,  wie  Serbien.  Charakteristisch 
dafür  ist  die  in  Fig.  68  (in  Autotypie)  wiedergegebene  Photographie 
nach  einem  von  Jovanovits*)  in  Belgrad  im  Jahre  1858  aufgenommenen 

1)  BlanqDSTd-Evrard,  Procedös  empbyes  pour  ubtenir  les  epreuves  de  phot. 
rar  papier.  1847.  —  Tmite  de  phot.  sur  papier.  1851  und  andere  Publitfttionen. 

2)  AnastftS  Jovanovits,  geboren  1817  in  Bulsarien,  w«r  seioorzeit  Ober- 
bofmeister  des  im  Jahre  1868  ertnordeten  Fürsten  Michael  Obrecowits  von  Serbien. 
Et  lebt«  die  grÖfite  Zeit  seines  Thebens  in  Bel|;rad  und  kam  )}äuflg  nach  'Wien,  wo 
er  im  Jahre  1899  im  Älter  von  82  Jahren  starb.  Er  war  einer  der  ersten  Äraateur- 
photogni^en,  welcher  die  Photographie  zirka  1810  in  ^'ieti  durch  den  Bibliothekar 
Martin  kennen  gelernt  und  dann  nach  Serbien  und  Montenegro  gebracht  hatte. 
(PhoL  Korresp.  1899.  8. 731.) 


Erster  Teti    Eiiiundtvaiisigstes  Kapitel. 

Papiernegativ:  das  gelungene  Porträt  eines  Montenegriners,  des  Adju-J 
tanten  des  Fürsten  Danilo  von  Montenegro  in  seiner  Nationaltraclit  ' 
Solche  wohl  konservierten  Talbotypie-Papiernegative  sind  gegenwärtig 


Bchon  selten  geworden,  um  so  mehr  als  sie  niir  noch  in  den  fünl 
Jahren   des  vorigen   Jahrhunderts  zahlreich   angefertigt  wurden,  aber 
schon  gegen  Ende   der  fünfziger  und  Anfang  der  sechziger  Jahre  voll- 
ständig von  den  ohne  Zweifel  zartere  Details  aufweisenden  GlasnegatlTen, 


infzig«^^^^ 

I.  aber  ' 

11- 

M 


inebesondei  -■■>       cva,  >iuuib       nui       ,  o»i.ui  u<    c 

Zeit  tauchte  in  iiio<  Der  Form  die  Photographie  auf  Papieme  itiven 
mit  QelatineemnlBion  -  Überzug  wieder  auf  und  fand  vielfoch  praktiBche 
TerwendoDg. 


PupCunepttiT  vun  P.  JovknoTits,  Belgrad  (1850  oi 


VerbesseTDiig  des  Entwicklungsverfahrens  durch  Einführung 

der  Pyrogallussäure. 

Es   maß    hervorgehoben   werden,   daß    die  Entwicklungsvorgänge 

dieser  Zeit   (Qalluasäare  und  Silbernitrat)  nur   die  sog.   „physikalische 

BntwioUnng"  (wie  man  später  sagte)  umfaßten,  d.  h.  es  wurde  auf  he- 


250  Erster  Teil.    Emundzwanzigstes  Kapitel. 

lichtetes  Jod-,  Brom-  oder  Ghlorsilber  ein  Gemisch  von  Silbemitrat- 
löstmg  und  der  (namentlich  nach  dem  üblichen  Ansänem  mit  Essigsäure) 
langsam  reduzierend  wirkenden  Gallussäure  aufgegossen;  dieses  Gemisch 
zersetzt  sich  unter  Ausscheidung  von  metallischem  Silberpulver  langsam 
und  das  Silberpulver  lagert  sich  im  Entstehungszustande  an  die  Bild- 
stellen (dasselbe  Prinzip  kommt  beim  nassen  Kollodiumverfahren  zur 
Anwendung). 

Die  wichtige  Beobachtung,  daß  die  (von  Braconnot  1831  ent- 
deckte) Pyrogallussäure  bei  photographischen  Entwicklungsprozessen 
(Talbotypie,  Niep9otypie)  einen  viel  rascher  und  kräftigeren  Entwickler 
als  die  Gallussäure  abgibt,  machten  völlig  unabhängig  voneinander  imd 
gleichzeitig  im  Jahre  1851  der  Physiker  Begnault  in  Paris,  Professor 
am  Goll6ge  de  Fran9e,  und  der  Chemiker  Jiistus  Liebig,  damals  an  der 
Universität  Gießen.  Begnault  entwickelte  seine  Papiemegative  mit 
einer  wässerigen  Pyrogalluslösung  (1  :  1000)  und  legte  seine  Bilder 
anfangs  1851  der  „Soci6t6  heliographique"  in  Paris  vor,  wo  sie  durch 
ihre  Kraft  und  schöne  Modellierung  der  Halbtöne  besondere  Aufmerk- 
samkeit erregten.^)  Auch  Liebig  fand  selbständig  dasselbe  Ergebnis *) 
und  damit  war  ein  wichtiger  Schritt  zur  Abkürzung  der  Belichtungs- 
zeit bei  Anwendung  rapiderer  Entwickler  gegeben.^)  Die  Pyrogallus- 
' säure  wurde  bei  der  Talbotypie  und  Niep9otypie  und  anfangs  im  nassen 
Kollodiumverfahren  als  Entwickler  verwendet,  mußte  später  bei  letzterem 
Verfahren  dem  Eisenvitriol -Entwickler  weichen;  dagegen  blieb  die  Pyro- 
gallussäure als  Verstärker  (s.  Silberverstärkung  von  Kollodiumplatten)  in 
Verwendung  und  gewann  später  dadurch  wieder  steigende  Bedeutung, 
daß  man  sie  in  Form  von  alkalischem  Entwickler  im  Trockenplatten- 
verfahren  mit  großem  Erfolg  verwendete. 

1)  La  Lumiere.    Februar  1851,  S.  3. 

2)  Dinglors  Polytechnisches  Journal.   Bd.  123,  S.  158. 

3)  Vergl.  Eder,  Photogr.  Korresp.  1891.  S.  153  u.  256. 


ZWEIÜNDZWAKZIGSTES  EAFITEIi. 
EÜCKWIEKÜNG    DER    ERFINDUNG    DER   DAGTJERREO- 
TTPIB,  TALBOTTPIE  UND  DER  ÄLTESTEN  PHOTOMECHA- 
NISCHEN VERFAHREN   AUF    DAS   GRAPHISCHE    ILLU- 
STRATIONSVERFAHREN. 


Die  Daguerreotypie  lieferte  nur  Eiozelauf nahmen,  deren  Verviel- 
fältigung fast  unüberwindliche  Schwierigkeiten  darbot.  Trotzdem  wurden 
Original-Daguerreotypien  zunächst  von  Landschafts-  und  Architektur- 
aafnahmen  von  den  Illustratoren  schon  1839  als  willkommene  Vorlagen 
benutzt;  insbesondere  in  der  Lithographie,  aber  auch  im  Stahlstich.  Der- 
artigQ  Publikationen  aus  den  vierziger  und  fünfziger  Jahren  des  vorigen 
Jahrhunderts  sind  nicht  selten  und  man  bemerkt  an  ihnen  eine  gute 
Schalung  für  Auffassung  der  Perspektive  und  richtiger  Formen. 

Die  wahre  Erschließung  des  photographischen  Illnstrationswesens 
and  Kunstverlages  war  an  die  Einführung  des  Talbotschen  Negativ- 
verfahrens  geknüft,  weil  dieses  die  rein  photographische  Vervielfältigung 
leicht  ermöglichte. 

Eine  der  ersten  auf  rein  photographischem  Wege  illustrierten  Publi- 
kationen stammt  von  Talbot,  welcher  unter  dem  Titel  „The  pencii  of 
nature"  bei  Longmann,  Brown  und  Green  in  London  1844  ein  Buch 
in  Quartformat  mit  12  Photographien  auf  Salzpapier  erscheinen  ließ. 
Dieses  seltene  Werk >)  beweist,  daß  Talbot  Architekturen,  Landschaften, 
Flastiken  und  kunstgewerbliche  Gegenstände  (Porzellan)  in  getreuen 
photographischen  Abbildungen  dem  lesenden  Publikum  vermitteln  wollte. 
In  Tafel  II  bringen  wir  eine  Lichtdruck-Reproduktion  einer  dieser  Tafeln, 
welche  leider  schon  sehr  stark  vergilbt  sind,  aber  immerhin  als  erste 
Anffinge  der  Buchillnstrationen  großes  Interesse  erwecken. 

Blanquard-Evrard  war  der  erste,  welcher  erkannte,  daß  das 
Aoakopierverfahren  auf  Chlorsilberpapier  für  Zwecke  der  Buchillustration 

1)  Ein  Exemplar  davon  befindet  sieb  in  der  Bibliothek  der  k.  k.  Oraphiscben 
Ldlu-  und  Tersuchsanstalt  in  Wien. 


252  Erster  Teil.    Zweiundzwanzigstes  Kapitel. 

zu  langsam  ist  und  welcher  für  diesen  Zweck  sein  (ursprünglich  für 
Papiernegative  bestimmtes)  Entwicklungsverfahren  von  Jodbrompapier 
mit  Gallussäure- Entwickler^)  in  die  Praxis  einführte  (s.  S.  246). 

Blanquard-Evrard  gab  im  Jahre  1851  im  Vereine  mit  einem 
Kunstfreunde  Hippolyte  Fockedey  ein  „Photographisches  Album 
des  Künstlers  und  Amateurs"  (Album  photographique  de  Tartiste 
et  de  Tamateur)  heraus.  Bedeutender  war  das  von  Blanquard-Evrard 
photographisch  illustrierte  Reisewerk  von  Maxime  du  Camp,  betitelt: 
Egypten,  Nubien,  Palästina  und  Syrien,  welches  1852  erschien  und 
zu  welchem  du  Camp  die  Papiernegative  erzeugt  und  Blanquard- 
Evrard  in  Lille  die  Kopien  geliefert  hatte.  Dieses  Werk,  eine  Inku- 
nabel der  Photographie,  wurde  nur  in  20  Exemplaren  gedruckt  und  ist 
längst  vom  Büchermarkt  verschwunden.*) 

Fig.  69  ist  eine  Reproduktion  einer  dieser  seltenen  Photographien 
aus  dem  Werke  Maxime  du  Camps.  Das  positive  Papierbild  war 
1852  von  Blanquard-Evrard  in  Lille  mittels  des  Gallussäure- Ent- 
wicklungsprozesses hergestellt  worden  und  hat  sich  bis  heute  besser  als 
andere  Kopien  mit  Chlorsilberpapier,  welche  durch  Auskopieren  ohne 
Entwicklung  hergestellt  sind,  gehalten. 

Eine  andere  sehr  gelungene  Landschaftsaufnahme  auf  einem  Papier- 
negative  von  Blanquard-Evrard  ist  die  in  Fig.  70  abgebildete  flan- 
drische Windmühle,  welche  vom  Juli  1855  stammt  und  in  der  Zeit- 
schrift „La  Lumiöre"  (1855.  S.  115)  abgebildet  ist.  Wir  verzichten  auf 
weitere  Abbildungen  von  Photographien  aus  dieser  Epoche,  weil  die 
gegebenen  Beispiele  vollständig  genügen. 

Um  diese  Zeit  photographierte  auch  August  Salzmann  in  Jeru- 
salem und  gab  ein  Werk  über  diese  Stadt  und  ihre  Monumente  heraus 
(Paris,  Gide  et  Baudry),  welches  mit  180  Foliotafeln  gleichfalls  in  der 
„Imprimerie  photographique"  von  Blanquard-Evrard  in  Lille  erschien.*) 

Freilich  wurde  die  photographische  Illustration  für  den  Buch  -  und 
Zeitschriften -Verlag  erst  dann  in  moderne  Bahnen  gelenkt,  als  die  photo- 
mechanischen Verfahren  so  weit  entwickelt  waren,  um  den  Druck  mittels 
Druckerschwärze  in  Kupfer-  oder  später  Buchdruckpressen  zu  er- 
möglichen. 


1)  ^Elles  resultaient  de  ce  que  Timage  etait  combinaisoa  d'argent  et  d'adde 
gallique*  (Blanquard-Evrard,  La  Photographie,  ses  origines  etc.    1870.   S.  187). 

2)  Die  Bibliothek  von  Lille  soll  ein  Exemplar  davon  besitzen  (Blanquard- 
Evrard,  La  Photographie,  ses  origines  etc.  1870.  8. 187).  Mir  kam  nur  ein  Blatt  sa 
Gesicht,  das  in  Fig.  69  abgebildet  ist.    Eder. 

3)  Blanquard-Evrard  war  schon  1854  in  der  Lage^  einen  anaAlinll^Afii 
Katalog  seines  photographischon  Kunstverlages  herauszugeben;  dieser  Verlag  aoheiiit 
sich  übrigens  nicht  lange  gehalten  zu  haben. 


aU(n  Wi  tkmij^  Wlf  QBS  pÄJffilime  llfllSU  BlWtlÄTWlÄhrisni 


254 


Elster  Teil.    ZnehindzwanEigsteB  Kapitel. 


Hier  sollen  auch  gleich  die  Anfange  der  Buch  Illustration  auf  pboto- 
mechanischem  Wege  erwähnt  werden,  obwohl  hiermit  dem  Gange  der 
geschichtlichen  Entwicklung  vorgegriffen  wird. 


Die  erste  mir  bekannte,  auf  photomechaniscfaem  Wege  illustriei 
Druckschrift  ist  Berres'  Broscliüre  über  Daguerreotjpätznng  („Photo- 
typ nach  der  Erfindung  des  Professors  Berres"  mit  5  Tafeln  und  2  Blatt 
Text.   Wien,   August  1840).     Sie  enthält:   den  Dom  too  SL  Stepbai 


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1 


BSolnrirkiuig  anf  das  graphische  llluBtratiDDBTei&hrea.  255 

'««T  il  NEW   ERA    IN    ART.  [n™.»..k 


tarn  FEOTo.cuHio.curEic  tiocisi 


PHOTOGRAPHIC  ART  TREASURES; 

NATURE   AND  ART     illuitutc»  n     ART   AND   NATURE. 


3  SwlBtD  MHin  tl  Si^u  taa  ((Kt  |Mvq^  id  Hfl  enpii  ^  %  V»!  (um  Htty^tni. 


Tif.  n.     TitolbUtt  der  erilen  Ton  Faul  Fretsch  photomecliuiiBch  illnstrierten  KoMtnitachiilt  (1866). 


254 


Erster  Teil.    Z^reiundzwanzigstes  Kapitel. 


Hier  sollen  auch  gleich  die  Anfange  der  BucbillustraHon  auf  photo 
mechanischem  Wege  erwähnt  werden,  obwohl  hiermit  dem  Gange  dM 
geschichtlichen  Entwicklung  vorgegriffen  wird. 


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PtpiHDs^tiv  und  Kop 


Die  erste  mir  bekannte,  auf  photomechanischem  Wege  illustrieitÄt] 
Druckschrift  ist  Berres'  Broschüre  über  Daguerreotypätzung  („Photo- 
typ nach  der  Erfindung  des  Professors  Berres"  mit  5  Tafeln  und  2  Blatt 
Text.  Wien,  August  1840).    Sie  enthält:  den  Dom  Ton  St  Stephan  i; 


to- 
-att 
in  Ö^^H 


NEW    ERA    IN    AKT. 


fATEIT  riOTO-CUTMO-CUrilC    riOCESS, 


PHOTOGRAPHIC  ART  TREASURES; 


ART   AND   NATURE. 


S  Pate»  M<te  ■(  s«ri.  h.  ct^  j^tan^  .« >^  criF^  ii  4<  |iM  («I  jtnnt» 


iviuiHiB  IT  tiE  riTUT  pB(iT«^iLTi>».ai*rBic  cowin, 


Df.Tl.     liMbUtt  In  enlen  Ton  Fanl  Pcetscb  photcmechncisch  UlnstrierUn  KnostieitBchriR  (ieG6). 


256  Erster  Teil.    Zweiundzwanzigstes  Kapitel. 

Wien  und  zwei  andere  Architekturansichten,  eine  Reproduktion  eines 
Kupferstiches  und  eines  Schabblattes. 

Diese  Publikation  war  jedoch  nur  in  einer  kleinen  Auflage  gedruckt 
worden,  weil  die  Platten  höchstens  200  Abdrücke  aushielten,  auch  war  das 
Bildformat  klein  (s.  weiter  unten).  Dagegen  war  wohl  das  erste,  auf  photo- 
mechanischem Wege  mittels  heliographischem  Kupferdruck  illustrierte 
Werk  großen  Folioformates  die  von  Paul  Pretsch  bei  seinem  Aufent- 
halt in  London  (s.  weiter  unten)  gegründete  Zeitschrift  „Photographic  Art 
Treasures  or  Nature  and  Art,  illustrated  by  art  and  nature".  A  Miscel- 
laneous  Selection  of  Subjects  from  Choice  Photographic  and  other  Originals 
by  the  Most  Eminent  Photographers;  stamped  in  nature's  moulds". 
Inventor:  Pretsch.  Published  by  the  Patent  Photo -Galvanographic  Com- 
pany. London,  December  1856.  Das  Format  war  für  damalige  Ver- 
hältnisse enorm  groß,  nämlich  38  x  55  cm.  —  Mir  liegen  zwei  Jahrgänge 
(1856  und  1857)  mit  19  Foliotafeln  aus  den  verschiedensten  Gebieten 
vor,  welche  in  vorzüglicher  Weise  mittels  Pretschs  Verfahren  in 
Kupferdruck  illustriert  sind.  Es  ist  dies  wohl  der  erste  Versuch  eines 
im  großen  Stile  angelegten,  mittels  photographischen  Druckverfahrens 
illustrierten ,  periodisch  erscheinenden  und  künstlerischen  Zwecken  gewid- 
meten Tafelnwerkes.  Wir  bringen  in  Fig.  71  die  verkleinerte  Reproduk- 
tion des  Titelblattes  des  ersten  Heftes  von  „Photographic  Art  Treasures". 

Auch  die  Textillustration  in  Halbtonmanier  (s.  weiter  unten)  war 
von  Pretsch  für  den  Buchverlag  erfolgreich  ins  Werk  gesetzt  worden 
und  daran  schlössen  sich  viele  ähnliche  Publikationen,  welche  mannig- 
fache Gebiete  betrafen;  jedoch  ist  hier  nicht  der  Platz,  dies  eingehend 
zu  erörtern.  Über  die  Geschichte  der  Erfindung  der  photomechanischen 
Illustrationsverfahren  (Berres,  Poitevin,  Talbot,  Pretsch  u.  a.)  wird 
in  späteren  Kapiteln  dieses  Werkes  ausführlich  gesprochen  werden. 


DREI  UM  DZ  W  ANZIOSTES  KAPITEL. 
PHOTOGEAPHISCHE  GLASNEÖATIVE,  NIEPpOTTPIE  usw. 


Die  Kunst,  Bilder  auf  Glas  zu  erzeugen,  war  von  Niepoe  de 
St  Victor  im  Jahre  1847  erfunden  worden.')  Ihm  zu  Ehren  wurde 
diese  Methode  nN'iep9otypie''  genannt,  obscbon  die  Bezeichnung 
„Glasbilder"  sich  bald  meht  einbürgerte.  Dadurch,  daß  das  Papier 
durch  das  völlig  transparente  Glas  ersetzt  wurde,  erhielt  man  weitaus 
schönere  Negativmatrizen  als  auf  dem  mehr  oder  weniger  grobkörnigen 
Papiere,  welches  man  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  bei  weitem 
nicht  mit  so  feiner  Struktur  fabrizieren  konnte  als  gegenwärtig. 

Niepce  de  Saint  Victor  (geboren  26.  Juh  1805  in  Saint  Cyr 
bei  Chdlon-snr-Saöne)  war  der  Vetter  Nicäphore  Niepces,  obwohl 
dieser  ihn  stets  als  seinen  Onkel  ansprach.  Er  besuchte  die  Kavallerie- 
schule  zu  Sanmur,  war  1843  Dragonerleutnant  und  debütierte  mit 
Fllrbereiversacben ,  da  er  zufällig  darauf  kam,  daß  ein  mit  Ammoniak 
behandelter  Essigfleck  die  krapprote  Uniform  verbesserte  und  die  Farbe 
des  Krapp  dadurch  belebt  wurde.  Er  gab  ein  einfaches  Rezept,  miß- 
farbig  gewordene  krapprote  Militäruniformen  aufzufrischen  und  man 
förderte  nunmehr  offiziell  seine  Experimente. 

Am  13.  April  1845  trat  Niepce  de  Saint  Victor  zur  Pariser 
Mnnisipalgarde  über;  er  wohnte  in  der  Kaserne  der  Vorstadt  Saint 
Martin,  wo  er  sich  ein  chemisches  Laboratorium  einrichtete. 

Seine  erste  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Paris  am  25.  Ok- 
tober 1847  überreichte  Arbeit  betraf  die  Kondensation  von  Joddämpfen 
aof  die  Zeichnung  eines  Kupferdruckes  anf  Papier  und  Umdruck  des 
Joddampf  bildes  auf  Metall  (s.  Bd.  4  dieses  Werkes).  Dann  machte  er 
seine  wichtige  Erfindung  der  Photographie  auf  Glas  (1847).  Im  Februar 
1848  brannte  die  Kaserne,  in  der  er  wohnte,  ab;  sein  Laboratorium 
und  alle  Apparate  wurden  zerstört.    Im  Juli  1848  kam  er  als  Kapitän 


1)  Compt  reud.  Oot  1847,  Bd.  25,  S.  586  und  Bd.  26,  S.  637.    Dinglers  Jonm. 
Bd.  107,  S.  58  und  Bd.  109,  S.48.    JahrW.  f.  Cbemie.    184S.    S.  232. 


258  Erster  Teil.    Breiundzwanzigstes  Kapitel. 

in  ein  Dragonerregiment,  kehrte  1849  zur  „Garde  Republicaine "  nach 
Paris  zurück,  wurde  für  seine  wissenschaftlichen  Arbeiten  Bitter  der 
Ehrenlegion  und  erhielt  auch  einen  Preis  von  2000  Franken  von  der 
Soci6t6  d'encouragement.  Er  arbeitete  die  Asphaltmethode  seines  Vetters 
Nic6phore  Niepce  aus  und  brachte  die  Stahlheliogravüre  auf  eine  hohe 
Stufe.  In  seinen  Werken  „Recherches  photographiques"  Paris  1855 
und  „Trait6  pratique  de  gravure  höliographique  sur  acier  et  sur  verre" 
Paris  1856  sind  Porträts  Niepce  de  Saint  Victors  (nach  seiner 
Methode  von  ßiffaut  in  Stahl  geätzt)  enthalten,  wovon  wir  eines  in 
Fig.  72  in  Autotypie  reproduzieren.  Dann  befaßte  er  sich,  angeregt 
durch  Becquerel  (1848)  mit  Heliochromie  und  mit  Asphaltheliogravüre 
(1853  — 1855),  wurde  1854  Chef  d'escadron  und  Kommandant  desLouvre 
in  Paris.  Er  hatte  Zeit  zu  seinen  Experimenten  und  experimentierte 
unter  anderm  auch  mit  der  Photographie  mit  üransalzen.^)  Dann 
wurde  er  zufolge  Änderung  des  politischen  Regimes  von  der  Begierung 
pensioniert,  arbeitete  aber  unermüdlich  und  uneigennützig  auf  dem 
Gebiete  der  wissenschaftlichen  Photographie  weiter;  er  starb  1870. 

Anfangs  (1847)  versuchte  Niepce  bei  seinen  Olasnegativen  Stärke- 
kleister als  Bindemittel  der  Jodsalzschicht,  die  er  auf  Olas  auftrug,  er- 
kannte aber  dann,  daß  Eiweiß  vorzuziehen  sei;  auch  Gelatine  hatte  er 
versucht,  kam  jedoch  wieder  davon  ab,  weil  sich  die  Schicht  im  essig- 
salpetersauren  Silberbade  ablöste.  Durch  Zusatz  von  Honig,  Sirup  oder 
Molke  zum  Albumin  erzielte  er  später  größere  Empfindlichkeit  De 
Br6bisson  setzte  dem  Eiweiß  Dextrin,  Groll  Gummiarabikum  zu, 
und  es  entstanden  zahlreiche  Varianten  dieses  Verfahrens  (s.  Bd.  11  dieses 
Werkes).  Es  lief  aber  die  Darstellung  solcher  Glasnegative  im  wesent- 
lichen stets  darauf  hinaus,  daß  eine  kleisterartige  Schicht  mit  Jodsalzen 
vermischt,  auf  Glas  aufgetragen  und  dann  durch  Baden  in  einer  Silber- 
nitratlösung in  Jodsilber  umgesetzt,  belichtet  und  mit  Gallussäure  (im  Sinne 
des  von  Talbot  erfundenen  Hervorrufungsverfahrens)  entwickelt  wurde. 

1849  beschrieb  Blanquard-Evrard  (vergl.  S.  252)  dasselbe  Yer- 
fahren  wie  Niepce  mit  geringen  Modifikationen*)  und  machte  aufmerk- 
sam, daß  die  Albuminplatten  sowohl  trocken  als  naß  verwendet  werden 


1)  Niepce  de  Saint  Victor  entdeckte  die  Lichtempfindlichkeit  dos  üranyl- 
nitrates  auf  Papier  und  arbeitete  auf  dieser  Grundlage  photographische  Eopierproxesse 
aus  (März  1858  der  französischen  Akademie  der  Wissenschaften  überreicht),  wobei  er 
allerdings  ältere  Vorarbeiten  von  Burnett  vom  Jahre  1857  vor  sich  hatte  (8.  dieses 
Handbueh  Bd.  4,  S.  263). 

2)  Compt  rend.  Bd.  29,  S.  215.  Annal.  Cbem.  und  Pharmao.  Bd.  72,  S.  179« 
Dinglers  Joum.  Bd.  114,  8.  123.  —  Andere  Modifikationen  s.  Blanquard-Evrards 
„Traite  de  photogr.  1851". 


können.     ] 

Eiweifiplatt  i  entwickdt  hatte,  diircli  Eisenvitriol.')    Le  Oray>)  benutzte 

entweder  Eisenvitriol  oder  Pyrogallol  und  aus  seinen  Publikationen  geht 


hervor,  daß  der  Albuminprozeß  anfangs  der  fünfziger  Jahre  schon  eine 
groBe  Anwendung  für  positive  Glasstereoskopen  (s.  u.)  fand. 

1)  Compt.  read.  Bd.  37,  S.  305. 

2)  Le  Gray,  Traite.   Neue  Aoflage.   S.  117. 


260  Erster  Teil.    Dreiundzwanzigstes  Kapitel. 

Auch  Talbot  beschäftigte  sich  mit  der  Niep90typie  (s.  Bd.  11,  1897, 
S.  149).  Bemerkenswert  ist  das  Eingreifen  Poitevins  (s.  u.),  welcher 
konsequent  die  Einführung  der  Gelatine  in  den  Negativprozeß  ver- 
folgte, jedoch  unglücklicherweise  mit  solchen  sensiblen  Schichten  (Jod- 
silber) und  Entwicklern  (Gallussäure)  arbeitete,  welche  in  der  Vereini- 
gung mit  Gelatine  sich  besonders  ungünstig  verhalten,  so  daß  es  ihm 
entging,  wie  vorteilhaft  in  gewissen  Fällen  die  Gelatine  als  Bindemittel 
photographischer  Silbersalzschichten  sich  verhält 

Poitevin  überzog  eine  Glasplatte  mit  GelatinelösuDg,  tauchte  nach  dem  Er- 
kalten in  eine  Siiberacctatlösung  und  trocknete  die  Platte  vollkommen ,  während  sie  vor 
Licht  geschützt  war.  Wenn  sie  gebraucht  werden  sollte,  wurde  sie  zuvor  Joddämpfen 
ausgesetzt,  wie  eine  Daguerreotypplatte ;  alsdann  ließ  er  noch  einige  Zeit  verstreichen, 
um  der  Platte  Zeit  zu  lassen  noch  etwas  empfindlicher  zu  werden,  und  brachte  sie 
dann,  die  Kückseite  mit  einem  schwarzen  Tuch  belegt,  in  die  Kamera.  Die  Empfind- 
lichkeit war  viermal  geringer  als  bei  einer  Jodbrom -Daguerreotypplatte.  Um  das  Bild 
sichtbar  zu  machen,  wurde  sie  von  Poitevin  durch  1  bis  ly.  Stunden  in  eine 
Vio  pi'ozentigo  Gallussäure-  oder  Eisenvitriol -Lösung  getaucht  Fixiert  wurde  mit 
Fixiernatron.  (Compt.  rend.  Bd.  33,  S.  (U?.  Jahrber.  f.  Chem.  1850.  S.  196;  ausführ- 
lich: Poitevin,  Traito  des  impressions.    1883.   8.53.) 

An  und  für  sich  hatte  das  Poitivinsche  Negativ  verfahren  mit 
Gelatineschichten  gar  keine  praktischen  Erfolge  aufzuweisen;  es  ist  nur 
als  Vorläufer  der  modernen  Gelatineplatten  von  Interesse. 

Alle  diese  Verfahren  vorschwanden  bald  wieder  aus  der  photo- 
graphischen Praxis.  Sie  waren  zu  wenig  lichtempfindlich,  gestatteten 
gegenüber  der  Daguerreotypie  keine  entscheidend  kürzere  Belichtungszeit 
und  waren  in  der  technischen  Durchführung  umständlich  und  nicht  sicher. 
Am  längsten  hielt  sich  noch  das  Eiweißverf ahren ,  freilich  nicht  als 
Negativprozeß,  sondern  zur  Herstellung  von  Diapositiven  und  Projek- 
tionsbildern. 

Das  Negativverfahren  wurde  erst  mit  dem  Auftauchen  der  Kol- 
lodiummethode vollständig  umgestaltet  und  nur  dieses  Verfahren  ver- 
drängte definitiv  die  Daguerreotypie,  sowohl  wegen  der  Kürze  der 
Belichtungszeit,  als  auch  wegen  der  außerordentlichen  Feinheit  der 
Bilddetails  und  wegen  der  Möglichkeit  einer  raschen  Vervielfältigung 
durch  photographische  Kopien. 

In  dieser  Übergangszeit  von  der  Daguerreotypie  zur  Photographie 
mit  Papiornegativen  und  zum  nassen  Kollodiumverfahren  starb  Daguerre, 
ohne  daß  er  in  der  letzten  Zeit  auf  die  Umwälzung  der  photographi- 
schen Verfahren  irgend  einen  Einfluß  genommen  hätte. 


TIESÜNDZWANZiaSTES  KAPITEL. 

ErNFÜHKUNG  DES  KOLLODIUMS  IN  DIE  PHOTOGRAPHIE 


Seit  der  Entdeckung  der  Schießbaumwolle  durch  Scbönbein  und 
BSttger  (1846)  und  der  Löslichkeit  gewisser  Scbießbaurawollsorten  iu 
Äther-Alkobol  durch  Baudia  (1846)  und  Floris  Domonte,  Menard, 
Meynard  und  Begelow  (1847),  beschäftigten  sieb  viele  Chemiker  mit 
diesen  intercBsanten  Stoffen,  für  welche  man  alsbald  verschiedene  tech- 
nische Verwendungen  fand  (vergl.  Bd.  II,  1897,  S.  165  (F.). 

In  der  Photographie  hatte  Gustave  le  Gray')  zuerst  im  Juni 
1850  eine  ätherische  Lösung  der  Kollodiumwolle  angewendet,  das  auf 
Glas  aufgetragene  durchsichtige  Häutchen  als  pbotographischen  Bild- 
träger empfohlen  und  in  seiner  1850  ersohienenen  Broschüre  „Tratte 
pmtique  de  Photographie  sur  papier  et  sur  verre.  Paris"  sehr  unklar 
folgendermaßen  beschrieben:  „Ich  erfand  ein  Verfahren  mit  Kollodium 
auf  Glas  mit  Fluorwasserstoff- Methylather,  Fluorkalium  und  Ftuor- 
natrinm  gelöst  in  40grädigem  Alkohol,  gemischt  mit  Äther  und  mit  Kollo- 
dium gesättigt;  ich  mache  dann  mit  essig- salpetersaurem  Silber  empfiod- 
lidi  und  erhalte  so  in  der  dunklen  Kammer  Bilder  in  20  Sekunden  im 
Schatten.  Ich  entwickele  das  Bild  mit  einer  sehr  schwachen  Lösung 
von  Eisenvitriol  und  fixiere  mit  Hyposulät  Ich  hoffe  mit  diesem  Pro- 
zesse eine  sehr  große  Empfindlichkeit  zu  erreichen.  Durch  Anwendung 
von  Ammoniak  und  Bromkalium  erhalte  ich  große  Verschiedenheiten 
im  Erfolge."») 

Le  Grajs  Formel  ist  praktisch  unausführbar,  weil  Fluorkalium 
kein  photographisches  Bild   gibt  und   Fluorwasserstoff- Äther  überhaupt 

1)  Die  öfters  vorkommende  Schreibart  ^Legray"  ist  falsch. 

2)  Ich  teile  diese  historisch  iricbtige  Stelle  tLusführlich  mit,  weil  Schiendl 
in  seiner  bekanntlicti  sehr  anverläSlichen  , Geschichte  der  Photographie"  S.  57  unter 
Anfflhmagsieicben  diese  Stelle  ganz  falsch  Tviedergibt;  er  hat  das  Buch,  über  welches 
er  sohrieb  und  zitierte,  offenbar  nie  in  der  Hand  gehabt,  sondern  aus  zweiter  Hand 
unkorrektes  abgeschriebeu,   wie  ich  ,Phot  Eorresp."  1891,  S.  148  n.  254  nachwies. 

Eder. 


262  Erster  Teil.    Vierundzwanzigstes  Kapitel. 

nicht  bekannt  war.  Le  Gray  hat  somit  nur  das  Verdienst,  als  erster 
auf  die  Möglichkeit  der  Verwendung  des  Kollodiums  in  der  Photographie 
hingewiesen  zu  haben.  Nach  seinen  Angaben  ist  aber  ein  erfolgreiches 
Arbeiten  wohl  nicht  möglich. 

Gustave  le  Gray  war  ein  französischer  Maler,  welcher  durch 
Errichtung  eines  photographischen  Ateliers,  wozu  ihn  der  Verkehr  mit 
Poitevin  angeregt  haben  soll,  seine  finanzielle  Lage  verbessern  wollte. 
Trotzdem  sein  bei  der  Barriöre  de  Clichy  gelegenes  Atelier  in  Paris 
ihm  nicht  viel  abwarf,  experimentierte  er  doch  viel  mit  der  Herstel- 
lung von  Negativen  auf  Glas  und  verfiel  auf  die  Idee  Kollodium 
anstatt  Eiweiß  oder  Gelatine  für  die  Herstellung  der  Jodsilberschichten 
zu  verwenden.  Wenn  auch  seine  ersten  Angaben  über  das  Kollodium- 
verfahren höchst  unsicher  waren,  so  gelang  ihm  doch  bald  die  Her- 
stellung von  Negativen  bei  relativ  kurzer  Belichtung  und  er  arbeitete 
augenscheinlich  bald  mit  dem  verbesserten  Jodkollodium,  über  das  er 
in  der  zweiten  Auflage  seines  Buches  schrieb;  er  machte  ganz  gute 
Kollodiumnegative  und  hatte  Zuspruch  des  Publikums.  Le  Gray  sah 
sich  in  der  Folge  wegen  schlechten  Geschäftsganges  veranlaßt,  sein 
photographisches  Atelier  aufzugeben.  Er  verließ  Paris,  schiffte  sich  nach 
Ägypten  ein,  versuchte  es  wieder  mit  der  Malerei  und  wurde  schließlich 
von  der  ägyptischen  Regierung  als  Zeichenlehrer  in  einer  Schule  in  Kairo 
angestellt.  Das  Mißgeschick  verfolgte  ihn;  er  fiel  durch  einen  Unfall 
vom  Pferde,  brach  sich  einen  Fuß  und  starb  bald  darauf  1882. 

Das  Verdienst,  das  Kollodium  verfahren  zuerst  öffentlich  verständ- 
lich gemacht  und  brauchbare  Vorschriften  publiziert  zu  haben,  gebührt 
Fred.  Scott  Archer  (f  Mai  1857  zu  London),  welcher  das  nasse 
Kollodium  verfahren ,  wie  es  im  wesentlichen  noch  heute  ausgeübt  wird, 
im  März  1851  in  „The  Ghemist^  publizierte,  nachdem  er  schon  seit 
1849  seine  Aufmerksamkeit  dem  Kollodium  zugewendet  hatte.  Er  machte 
eine  große  Anzahl  sehr  schöner  Kollodiumnegative.  Archer  wurde  mit 
Le  Gray  in  einen  Prioritätsstreit  über  die  Erfindung  des  Kollodium- 
verfahrens verwickelt,  welcher  sich  mehrere  Jahre  hinauszog.  Le  Gray 
suchte  in  der  zweiten  Ausgabe  seines  „Trait6"  sein  Prioritätsrecht  durch 
den  Nachweis  zu  wahren,  daß  er  schon  vor  Herrn  Archer  (avant  , 
M.  Archer)  das  Kollodium  verwendet  habe,  aber  der  Zufall  spielte  ihm 
einen  neckischen  Streich.  Statt  „avant  M.  Archer*'  las  der  Setzer: 
„avant  de  marcher",  und  so  erfuhr  die  Welt  mit  Staunen,  daß  Le  Gray 
schon  „vor  dem  Gehen  ^  sich  des  Kollodiums  bedient  habe.^)  Erst  1854 
konnte  Le  Gray  diesen  Druckfehler  berichtigen. 

1]  Lo  Gray  1850;  zweite  Auflage,  ^Traite  nouveau  des  procedes  sor  pqpier 
etverre*^  (olme  Jahreszahl,  aber  wahrscheinlich  1852  oder  1853  ersohienen),  8.90. 


und  mcht  seine  Ansprüche  im  „The  Liverpool  and  Manchester  pbotogr. 
Joam."  1857.  S.  121  za  begründen,')  wobei  er  auch  von  Fanny 
Archer*)  unterstützt  wurde. 

Archers  Anhänger  benannten  das  EollodiumTerfahren  nach  dem 
Torschlage  Bellocs  „Archerotypie".^)  Jedenfalls  machten  sich  Archer 
sowie  später  die  Engländer  Ery  und  Bingham  um  die  Einführung 
dieses Terfabrens  in  die  Praxis  verdient  Bingham  wurde  im  Jahre  1851 
von  der  englischen  Regierung  nach  Paris  gesandt,  um  dort  ausgestellte 
Indastrieartikel  aufzunehmen.  Hier  fertigte  er  mittels  des  Eollodium- 
verfohrene  in  kurzer  Zeit  2500  Photographien  an,  was  solches  Aufsehen 
hervorrief,  daß  alle  Photographen  sich  beeilten,  das  Dagueiresche  Ter- 
fihren  beiseite  zu  werfen  und  das  neue  zu  adoptieren.*) 

F.  Scott  Archer  erfand  auch  das  Abziehen  der  KoUodiumhäut^ 
chen  mit  Guttapercbalösung,  so  daß  er  Negativfolien  gewann,  die  leicht 
an&ubewahren  waren;  er  nahm  ein  englisches  Patent  (vom  24.  August 
1855)  auf  diese  Erfindung,  welche  später  in  mannigfachen  Yarianten 
namentlich  für  Lichtdruck  und  direkte  Kopierung  auf  Metall  zu  Ätz- 
zwecken Anwendung  fand. 

Scott  Archer  starb  im  Mai  1857  ohne  ein  Yermögen  zu  hinter- 
lassen, so  daß  seine  Zeitgenossen  in  England  für  seine  Witwe  und 
Kinder  eine  Subskription  einleiteten,  welche  747  Pfund  Sterling  ei^ab; 
femer  setzte  die  englische  Regierung  den  Kindern  eine  Jahrespension 
TOD  50  Pfund  Sterling  aus,  mit  der  Begründung,  daß  der  Vater  „der 
Entdecker  eines  wissenschaftlichen  Prozesses  von  großem  Werte  für  die 
Nation  sei,  von  welchem  der  Erfinder  wenig  oder  keinen  Profit  gezogen 
hatte"  {Harrison,  A  History  of  Pbotogr.    1888.    S.  40). 

1854  machte  Mille t  zuerst  positive  Bilder  auf  Email  mittels  Kollodium,  welche 
er  in  der  fremösiscben  Akademie  der  ■Wissenschaften  zeigte. ') 

Aooh  Monckhovens  Vollständiges  Handbuch  der  Photographie.  1864.  Deutsch  von 
De  Both,  S.164. 

1)  Auch  SnellingR  Phot.  Joum.  1857.  8.  2S6.  Kreutzer,  Jahrber.  f.  Fhot. 
1857.  S.506.  —  Archer  hat  auch  zuerst  anf  KoUodiam negativen  durch  Bebaudeln 
mit  QaeokBÜberchloridschÖDe  Effekte  erzielt  (Hörn,  Phot.  Jouni.,  Bd.  15,  S.36).  Ihm 
gflbfihrt  Bomit  die  Entdeckung  der  chemischen  Verstärkung  der  Negative.  — 
Arohers  erste  Arbeiten  siod  publiziert  im  „Chemist*^  (1351),  Äthenaeum,  La  Lumiere 
(1861  und  1852),  Hnmphreys  Journal  (1851  u.  ff.)  u.  a. 

2)  Bevue  photogr.  1857.  Bd,  2.  S.  207.  Kreutzer,  Jahrber.  f.  Phot  1857.  8. 506. 

3)  Beiloo,  Les  quatre  branches  de  1«  Phot  Paris  1858.   S.  165. 

4)  Vogel,  Die  Photographie  auf  der  Londoner  Weltausstellung.    1863.   S.  32. 

5)  Coemos.  März  1854.  S.  261.  Dingler,  Bd.  131,  S.  467.  —  Trotzdem  er- 
hlalteD  Qlover  und  Bold  in  Liverpool  am  20.  Februar  1857  auf  ganz  dasselbe  Ver- 
blureD  öii  Patent  (Dingler,  Bd.  147,  8.157). 


264  Erster  Teil.    Vierundzwanzigstes  Kapitel. 

Im  Jahre  1856  wurden  zuerst  in  Manchester  unendlich  verkleinerte  Porträte 
und.  Schriften  auf  EoUodium  hergestellt,  die  erst  unter  dem  Mikroskop  sichtbar 
wurden.^)  Früher  noch  war  die  Erzeugung  photographischer  Yergrößeiiingen  nach 
mikroskopischen  Präparaten  bekannt  geworden ,  wobei  man  sich  des  Kollodiums  bediente. 

Im  Verlaufe  der  fünfziger  Jahre  hatte  der  EoUodiumprozeß  im 
Negativ  verfahren  eine  solche  Ausbreitung  gewonnen,  daß  er  zu  Beginn 
der  1860  er  Jahre  schon  fast  allgemein  ausgeübt  wurde  und  zwar  in 
Verbindung  mit  dem  gerade  beim  Eollodiumverfahren  vorzüglich  wir- 
kenden Eisenentwickler,  welcher  den  in  den  fünfziger  Jahren  dominieren- 
den Pyrogallolentwickler  in  den  Hintergrund  gedrängt  hatte. 

In  der  Londoner  Weltausstellung  1862  waren  Momentbilder  auf 
EoUodiumplatten  (Schiffe,  Wellen,  Wolken)  von  englischen  Fhotographen 
(Breese,  Wilson)  und  von  französischen  (Ferrier,  Warnod  u.  a.)  aus- 
gestellt, welche  damals  viel  Aufsehen  machten. 

Das  nasse  Eollodiumverfahren  beherrschte  von  den  sechziger  Jahren 
bis  in  die  achtziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  vollständig  den 
photographischen  Negativprozeß.  Die  Handhabung  dieses  Verfahrens 
ist  keineswegs  leicht;  es  erfordert  viele  Umsicht  und  Erfahrung  und 
wird  insbesondere  von  Berufsphotographen  in  ausgedehntestem  Maße 
für  alle  photographischen  Aufnahmen  verwendet 

Eünstlerische  Photographie. 

Schon  in  den  ersten  Berichten  der  französischen  Eommission  1839 
über  die  Daguerreotypie  (s.  S.  187)  erkannte  man,  daß  die  Photographie 
in  den  Händen  des  Malers  wie  des  Gelehrten  viele  Anwendung  finden 
werde.  Auf  den  berühmten  Maler  Paul  Delaroche  machte  die  über- 
raschende Naturtreue  und  Zartheit  der  ersten  Daguerreotypie,  welche 
er  sah,  einen  so  überwältigenden  Eindruck,  daß  er  nach  einem  Be- 
suche bei  Daguerre  beim  Fortgehen  zu  diesem  sagte:  „La  peintore 
est  morte  ä  partie  de  ce  jour.^^)  Diese  etwas  stark  übertriebene  Meinungs- 
äußerung scheint  Delaroche  aber  keineswegs  so  ernst  gemeint  zu  haben, 
denn  er  erblickte  ja  schon  1839  in  Daguerres  Erfindung  keinen  Feind 
der  Malerei,  sondern  „einen  großen  Vorteil  für  die  Eünste**.") 

Die  Mehrzahl  der  Maler  aber  dachte  anders,  da  sie  in  der  Daguerreo- 
typie anfangs  eine  schlimme  Eonkurrentin  der  bildenden  Eunst  sahen. 
Die  Daguerreotypie  war  aber  noch  weit  entfernt  davon,  wirklich  in  die 
Beihe  der  Eünste  eintreten  zu  können  und  der  prononzierte  Ansspracfa 
Delaroches  konnte  sich   auch  später  nicht  bewahrheiten.     Viel  be- 

1)  La  Lumiere.    1856.   S.  16.    Kreutzer,  Jahrber.  f.  Phot   1856.   S.  188. 

2)  Paris.  Photograph.   1902.   S.  329. 

3)  F.  Schiffner,  Wiener  Photograph.  Blätter.    1898.   8.  251. 


rerfahrena,  Le  Gray,  obgleich  dos  NegatiTrerfabrea  die  kQn&tlet  he 
Photographie  schon  wesentlich  weiter  gebracht  hatte. 

Ton  dem  Pbotographen  Le  Gray,  welcher  selbst  auch  Maler  war, 
stammt  aach  der  vor  60  Jahren  getane  Ausspruch:  „La  Photographie 
est  appel6e  ä  an  grand  rdle  dans  le  progrös  de  l'ari  Son  resultat 
imm6diat  sera  de  ddtruüe  les  införioritös  et  d'^lever  les  artistes  de 
talent"  >) 

Der  englische  Haler  Octarian  Hill  nahm  in  den  Jahren  1843 
bis  1845  Einzelportr&te  und  Porträtgruppen  zu  Studienzwecken  mittels 
der  lalbotypie  auf*)  und  bekundete  eine  Auffassung,  welche  der  An- 
ordnung entspricht,  die  Maler  ihren  Modellen  geben  und  auch  der  Auf- 
fasanng  modemer  Knnstphotographea  adäquat  ist 

Man  führt  als  alte  Beispiele  künstlerischer  Photographie  Arbeiten 
der  englischen  Photographen  Mayalls  (aus  den  Jahren  1845  und 
1848),  Beilander  and  Robinson  an;  namentlich  letzterer  wirkte  an- 
regend und  pflegte  zirka  1860  auch  mit  Erfolg  die  Kompositions- Photo- 
graphie;'} auch  der  Bildhauer  Adam  Salomon,  der  später  Photograph 
wurde,  errate  durch  seine  künstlerische  Auffassung  der  Photographie 
damals  Aufeehen,  namentlich  gab  er  1867  den  Antrieb  zu  stimmungs- 
vollen Porträten  mit  guter  Beleuchtung  und  erwogener  Wirkung  des 
Hintergrundes,*)  und  wirkte  auch  publizistisch  für  die  künstlerische 
Photographie. 

In  der  deutschen  Fachliteratur  lenkte  schon  im  Jahre  1856 
C.  B.  Wigand  die  Aufmerksamkeit  auf  die  pbotograpbischen  Porträts 
in  künstlerischer  Beziehung  und  empfahl  das  Kunststudium  den  Pboto- 
graphen.^) 

Als  Künstler  fühlten  und  betrachteten  sich  schon  Ende  der  fünf- 
ziger Jahre  des  19.  Jahrhunderts  insbesondere  englische  Photograpben, 
wie  1859  aus  der  Abhandlung  Alfred  H.  Walls  über  das  Yerhältnis 
der  Photographie  zur  Kunst    hervorgeht,*)    während   anderseits  viele 

1)  Paris.  Photograph.    1892.   S.  328. 

2}  Deatsohe  Photogr.  ZeitQDg.    1904.    S.23Ö. 

3)  H.  P.  Robinson,  ,Piotorial  Effect  in  Photography,  belog  tints  od  compo- 
Moa  and  obiarososoura  for  photogropbers".  London  1869.  Mit  Musterbildern.  — 
BobinBon,  ,Piotare  Haking  by  Photography".  Loodon  und  New  York  1684.  — 
Bobinaon,  .Art  Pbotograpby  in  shorC  Chapters".  London  1890.  —  Elo  Porträt 
Henry  Peach  Bobiosons  befindet  sich  in  The  Pbotograpb.  Times.  1897.  S.  205; 
a«iie  Antobiographie  ebenda  S.  497. 

4)  H.  P.  Robinson,  Yearbook  of  Phot.    1871. 

5)  Hörn,  Photogr.  Jonraal.    1856.    Bd.  5,  S.  88;  Bd.  6,  S.  7. 

0)  Geleaan  am  15.  Dezember  1859  vor  der  lyiodoner  Photogr.  Oesellscbaft. 


266  Erster  Teil.    Vierundzwanzigstes  Kapitel. 

Kunstkritiker,  z.  B.  Frank  Howard,  der  Photographie  in  ihren  An- 
sprüchen als  Kunst  ablehnend  gegenüber  standen. 

Der  Einführung  des  Kollodiumverfahrens  worden  im  engen  Zu- 
sammenhange mit  der  Vervollkommnung  der  photographischen  Technik 
durch  die  künstlerische  Photographie  die  Wege  geebnet 

Das  Verdienst,  die  Photographie  mit  Bedacht  unter  künstlerische 
Gesichtspunkte  gebracht  und  sie  in  ausgesprochener  Weise  unter  diese 
Gesichtspunkte  gerückt  zu  haben,  gebührt  unstreitig  Disderi  in  Paris. 
Er  hat  auch  das  Verdienst,  in  die  Stilentwicklung  der  Photographie 
zuerst  einen  merkbaren  Fluß  gebracht  zu  haben. ^) 

In  Frankreich  wirkte  namentlich  Disderi  als  Vorkämpfer  der 
künstlerischen  Photographie.  Er  hatte  1853  sein  „Manuel  operatoire 
de  photogr.''  publiziert,  worin  er  die  technische  Seite  der  Photographie, 
namentlich  zur  „  Augenblicksphotographie " ,  beschrieb  und  gab  1855 
eine  Kollektion  von  Reproduktionen  von  Ausstellungsobjekten  im  ^Palais 
de  rindustrie''  und  „Palais  de  Beaux  Arts"  heraus.  Damals  schon  be- 
faßte sich  Disderi  in  seinen  „Renseignements  photographiques"  (1855) 
mit  der  künstlerischen  Seite  der  Photographie  und  es  erschien  1862 
auch  von  ihm  ein  Buch  „Die  Kunst  in  der  Photographie*'.*) 

Anfangs  retuschierte  (oder  kolorierte)  man  nur  die  positiven  Bilder, 
in  meist  sehr  unkünstlerischer  Manier.  Die  Erfindung  der  Negativ- 
retusche durch  den  Photographen  Raben  ding  in  Wien  (1860)  war  von 
großem  Nutzen  für  die  Photographie.  Dieser  war  der  erste,  welcher 
die  Negativretusche  regelmäßig  in  seinem  Geschäftsbetriebe  der  Porträt- 
photographie  einführte,  und  die  Positivretusche  tunlichst  vermied.  Die 
Positivretusche  und  das  Bemalen  der  Papierbilder  (was  sich  auf  Albumin- 
papier schwer  ausführen  ließ)  trat  mehr  und  mehr  zurück.  Das  glänzende 
Albuminbild  mit  seinen  purpurvioletten  Farben  tönen  wurde  modern,  bis 
es  von  den  neueren  Emulsions-,  Platin-,  Pigment-  und  Gummidrücken 
verdrängt  wurde. 

Den  größten  Aufschwung  erfuhr  die  Porträtphotographie  durch 
die  Einführung  der  Porträt-Visitkartenbilder,  welche  zuerst  von  Dis- 
deri, sowie  von  Delessert  in  Paris  (beiläufig  1855)  in  die  Mode  ge- 
bracht und  in  Wien  hauptsächlich  von  Ludwig  Angerer  am  das 
Jahr  1857  eingeführt  wurden.  Die  Kopien  wurden  auf  Albaminpapier 
hergestellt     Die   photographischen   Ateliers  hatten   enormen  Zuspruch 


1)  Br.  Meyer,  Phot.  Korresp.   1895.    S.  442. 

2)  Disderi,  ,,L'art  de  la  Photographie;  avec  une  introdaction  par  Lafaa  de 
Camarsac.'^  Paris  18G2.  —  Disderi,  Die  Photographie  als  bUdende  Kunstf  deuftach 
von  Weiske.    Düsseldorf  1864. 


and   konntBi         <   i  j       öd  suangen  Kaom  loigen;   aie  puoi 

gnqibiBobe  Yisitkarte  war  um  das  Jahr  1860  bo  in  Mode,  daß  mac  bei 
BesQohen  solche  Photographien  statt  gedruckter  Yisttkarten  abgab. 

Disderi  scheint  auch  der  erste  gewesen  zu  sein,  welcher  mit  der 
EinAhnmg  der  photographiachen  Visitkarten  einen  umfassenden  photo- 
grapbischen  Betrieb  einführte,  indem  er  die  Porträts  nicht  einzeln  ver- 
kaufte, Bondem  die  Visitbilder  im  Dutzend  für  20  bis  25  Franken  abgab; 
er  erlangte  große  Popularität  und  erwarb  ein  großes  Termögen.  Über- 
haupt waren  die  sechziger  Jahre  für  den  Berufsphotographen  und  Por- 
tritisten  die  goldene  Epoche. 

Große  Porträts  der  Mrs.  Cameron,  in  Paris  1867  ausgestellt, 
welche  gänzlich  unscharf  und  von  wirklich  künstlerischer  Wirkung 
waren,  wurden  schon  damals  anerkannt,')  fanden  aber  erst  in  viel 
spUeren  Jahren  volle  "Würdigung. 

Diese  Schilderung  macht  selbstverständlich  keinen  Anspruch  auf 
ToUst&adigkeit,  da  ja  auch  zahlreiche  Kunstphotographen  in  Deutsch- 
land und  Österreich  entstanden.  Weitere  Kreise,  namentlich  von  kunst- 
sümigen  Amateurphotographen ,  beschäftigten  sich  allerdings  erst  nach 
der  Einfßhrung  der  photographischen  BromsilbergelatiDe-Trockenplatten 
und  anderen  einschneidenden  Yerbesserungen  der  photographiscben 
Technik  und  der  angewandten  Photochemie  mit  den  verschiedensten  Pro- 
blemen der  küuBtlerischen  Photographie,  da  ja  die  Vereinfachung  und 
Erleichterung  der  Manipulationen  hierbei  eine  wichtige  Rolle  spielte. 


Das  nasse  Eallodiumverfahren  ist  zu  bekannt,  als  daß  es  an  dieser 
Stelle  näher  geschildert  zu  werden  braucht. i')  Silberbad  und  Entwick- 
lungsart  blieben  sich  in  der  seit  der  Erfindung  verflossenen  Zeit  von  mehr 
als  50  Jahren  ziemlich  gleich.  Am  meisten  Änderung  machte  die  für 
das  Endresultat  besonders  wichtige  Salzung  des  Kollodiums  mit  Jod- 
and  Bromsalzen  mit.  Anfangs  versuchte  man  es  mit  Kaliumiodid  und 
-bromid,  sowie  mit  Ammoniumsalzen,  welche  sich  jedoch  nicht  beson- 
ders bewährten.  Von  Wichtigkeit  war  die  Einführung  der  Kadmium- 
salze  ins  Negativkollodium  durch  Laborde  im  Jahre  1853,  besonders 
in  Gemischen  mit  Älkalijodiden ,  wobei  haltbare  und  empfindliche  Kol- 
lodien erzielt  wurden;  man  erkannte  empirisch,  daß  Kadmium-  und 
Aikalijodide  (resp.  Bromide)  günstig  zusammenwirken;  die  wahre  chemi- 


1)  Phoi  Archiv.    1867.    S.  170. 

2)  Die  auafiihiliche  Beaohreibiuig  des  Kollodium verfahrsDs  siehe  dieses  Eaod- 
\mA  Bd.IL 


268  Erster  Teil.    Vierondz wanzigstes  Kapitel. 

sehe  Zusammensetzung  der  hierbei  entstehenden  Eadmiumdoppelsalze 
wurde  erst  später  (von  J.  M.  Eder  1876^)  ermittelt. 

Als  Yerstärkungsmethode  kam  zuerst  die  Quecksilberverstärkung 
(Archer  1851)  in  Verwendung,  dann  die  Uranverstärkung  (Ferricyanide 
+  Urannitrat)  von  Seile  (1865);  die  Verstärkung  mit  Ferricyaniden 
+  Bleinitrat  (Bleiverstärkung)  sowie  mit  Ferri-  und  Kupfersalzen  (Eder 
und  Töth  1876);  mit  Bromkupfer -Silbemitrat  (Abney  1877);  mit  Silber- 
nitrat und  Metol  oder  Hydrochinon  (Baron  Hübl  1890  und  1892)  usw. 
(s.  Bd.  II,  1897,  S.  263  und  264). 

Das  „nasse  Eollodiumverfahren '^  verlangt,  daß  die  koUodionierte 
und  im  Silberbade  sensibilisierte  Platte  noch  naß,  mit  anhängender 
Silberlösung,  in  der  Kamera  belichtet  und  in  noch  feuchtem  Zustande 
mit  Eisen -Entwickler  übergössen  werde.  Naturgemäß  muß  eine  solche 
Platte  wenige  Minuten  vor  ihrer  Verwendung  von  Fall  zu  Fall  präpa- 
riert und  spätestens  binnen  Y,  ^^^  ^  Stunde  verarbeitet  werden.  Dies 
war  für  Porträtaufnahmen  ebenso  störend  wie  für  Landschafts-  und 
Architekturaufnahmen;  für  Exkursionen  mußten  geräumige  Wagen  oder 
Dunkelzelte  mitgeführt  werden,  in  welchen  der  Operateur  sich  ein- 
schließen konnte.  Dazu  kamen  die  Störungen,  welche  die  Sommerhitze 
(durch  zu  rasches  Eintrocknen  und  Bildung  von  Flecken  aller  Art)  ebenso 
wie  große  Kälte  (Einfrieren  der  Silberlösung)  verursachten,  Schwierig- 
keiten, welche  der  heutige  Photograph  kaum  ahnt 

Trotzdem  erhielt  man  damals  prächtige  Negative  und  wenn  auch 
jetzt  das  nasse  Kollodiumverfahren  für  Porträt-  und  Landschaftsphoto- 
graphie  ganz  verdrängt  ist,  so  hat  es  wegen  der  schönen  Zeichnung 
der  Bilddetails  in  Licht  und  Schatten,  sowie  wegen  der  Klarheit  der 
Bilder  seinen  Platz  in  Reproduktionsanstalten  (Autotypie,  Lichtdruck, 
Zinkätzung  usw.)  behauptet 

1)  Phot  Korresp.    1876.   S.  92. 


FÜNFTTKDZWAHZIGSTES  KAPITEL 
DIEEKTE  KOLLODIUMPOSirrVE  IN  DEE  KAMERA. 


Eine  tecboiscbe  Spezialität  des  KoIlodiumprozeBses  wurde  die  Her- 
stellang  direkter  positiver  Bilder  in  der  Kamera;  es  handelte  sich 
hierbei  am  keinen  neuen  photographischen  Prozeß  (s.  S.  263),  sondern  um 
gewöhnliche  Negative,  welche,  sehr  dünn  erzeugt  und  mit  schwarzem 
Hintergnind  versehen,  im  autTallenden  Lichte  als  positive  Bilder  er- 
schienen. Diesen  Prozeß  verwendete  mau  zur  Zeit,  wo  die  Daguerreo- 
^ie  bereits  im  Rückgang  war. 

Solche  positive  Eollodiumbilder  auf  schwarzer  Wachsleinwand  legte 
zuerst  die  Firma  Wulff  &  Co.  in  Paris  im  Jahre  1853  der  Akademie 
der  französischen  Wissenschaften  vor  und  nannte  sie  Pannotypien 
(vom  lateinischen  pannus  =  Tuch) ;  die  Firma  verkaufte  das  Terfahren 
für  100  Franken.  Das  Terfahren  wurde  jedoch  bald  allgemein  bekannt 
nnd  viele  Berufsphotographen  betrieben  es  gewerbsmäßig,  jedoch  ver- 
schwand die  Pannotypie  aus  den  Ateliers  um  das  Jahr  1859  wieder, 
da  es  von  den  Albuminbildem  verdrängt  wurde. 

Die  Pannotypien  hielten  sich  schlecht,  wegen  der  Unbeständig- 
keit der  schwarzen  Wachsleinwand,  welche  als  Unterlage  diente;  es 
sind  nicht  viele  Proben  derselben  erhalten  gehlieben. 

Bei  der  Herstellung  direkter  Positive  in  der  Kamera  ver- 
drängte allmählich  die  schwarz  lackierte  Eisenplatte  als  Unterlage  die 
«ideren  Stoffe. 

Während  man  früher  wohl  alle  hellen  Kotlodi umpositive  auf 
schwarzem  Grunde  Melainotypen')  nannte,  bezeichnete  man  schon 
KU  ende  der  fünfziger  oder  anfangs  der  sechziger  Jahre  hauptsächlich 
die  Bilder  auf  Eisenblech  damit  oder  wählte  den  gegenwärtig  allgemein 
flblichen  Namen  Ferrotypien.^) 

1)  Von  dem  griechischen  ft(Xa;  =  schwarz. 

2)  Tom  lateinischen  ferrum  ^  Eisen. 


270  Erster  Teil.    Fünfundzwanzigstes  Kapitel. 

Die  Eisenplatte  hat  vor  den  übrigen  Stoffen  den  Vorzug,  daß  sie 
steif  und  unzerbrechlich,  somit  leichter  zu  behandeln  ist;  sie  läßt  sich 
leicht  zerschneiden  und  in  Broschen,  Medaillons  usw.  bequem  einfügen. 

Die  „Melainotypen''  wurden  zuerst  von  Hamilton  L.  Smith  in 
Nordamerika  beschrieben  und  von  ihm  und  Griswold  in  Peekskill  im 
Staate  New  York  eingeführt  Ersterer  nahm  ein  Patent  und  überzog 
nach  demselben  eine  Metallplatte  mit  einer  eingekochten  Mischung  von 
57  Teilen  Asphalt  und  1000  Teilen  Leinöl  nebst  Umbra  oder  LÄmpen- 
schwarz;  darauf  wurde  ein  Kollodiumbild  erzeugt. 

Das  Smithsche  Patent  erwarb  Peter  Neff  im  Jahre  1857,  welcher 
die  Fabrikation  der  Platten  bis  1863  betrieb;  im  selben  Jahre  begann 
Griswold  die  Fabrikation,  die  unter  dem  Namen  „Perrotypplatten" 
Handelsartikel  waren;  sie  wurden  von  Gelegenheitsphotographen  zur 
sog.  „amerikanischen  Schneilphotographie"  verarbeitet  (s.  Bd.  II  d.  Hdb.). 

Später  (um  1900)  tauchten  die  Ferrotypien  wieder  vorübergehend 
in  Form  von  Bromsilbergelatineplatten  und  sog.  photographischen  Auto- 
maten auf,  bei  welchen  die  Belichtung  (Magnesiumblitzlicht),  Entwick- 
lung und  Fixierung  automatisch  erfolgte;  solche  Automaten  waren  bei 
größeren  Ausstellungen  in  verschiedenen  Städten  im  Betriebe,  lieferten 
aber  nur  mittelmäßige  Produkte.  Auch  für  solchen  raschen  Bedarf  an 
Gelegenheitsbildern  verdrängte  das  Bromsilberpapierbild  die  Ferrotypie. 


SECHSVNOZWANZiaSTES  KAPITEL. 

DAS  BADE-KOLLODIÜM-TßOCKENVERFAHBEN  UND  DIE 

EEFINDmJG  DER  ALKALISCHEN  ENTWICKLUNG. 

Die  Sehnsacht  aller  Fhotographen,  iosbesondere  bei  Exklusionen, 
in  Stelle  des  „nassen"  ein  Trockenverfabren  einzuführen,  erscheint 
nach  dem  Gesagten  leicht  verständlich. 

Da  die  gesilberte  Kollodiura-Badeplatte  sich  mit  anhängendem 
SUberbade  überhaupt  nicht  trocknen  läßt  (Zerfressen  der  Schichten  unter 
Bildung  von  Eristallisationserscheinungen),  und  nach  dem  Waschen  mit 
Wasser  and  Trocknen  seine  Empfindlichkeit  fast  ganz  einbüßt,  so  suchte 
man  „Präservative'',  welche  die  Empfindlichkeit  der  trockenen  KoUo- 
diamscbicht  bewahren  sollten. 

Die  Geschichte  des  Bade-Kollodium -Trockenverfahrens  ist  im 
n.  Bande  dieses  Werkes  ausführlich  beschrieben.  Es  sei  hier  nur  er- 
wähnt, daß  nach  mehreren  wenig  gelungenen  Versuchen  der  Franzose 
Tanpenot  den  ersten  wesentlichen  Portschritt  mit  seiner  Kombination 
von  Kollodiumscbichten  mit  Eiweißüberzug  machte. 

Das  Taupenot-Verfahren  bestand  darin,  daß  eine  im  Silbemitrat- 
bade empfindlich  gemachte  Eollodi umschiebt  gewaschen,  mit  Eiweiß 
überzogen  und  getrocknet  wurde.  Dann  mußten  die  Platten  nochmals 
in  ein  Silberbad  gebracht  und  getrocknet  werden;  sie  hielten  sich 
mehrere  Wochen  lang. 

•  Das  EoUodium-Eiweißverfahren  hatte  Taupenot  Ende  1855 
publiziert^)  und  die  ersten  Proben  im  Herbste  1855  bei  Gelegenheit  der 
Hitteilnng  seines  Verfahrens  ausgestellt,  wo  sie  durch  ihre  Schönheit 
viel  An&eben  machten. 

Taupenot*)  starb  in  jungen  Jahren;  Bilder  aus  seinem  Nachlasse 
worden  noch  auf  der  Londoner  Weltausstellung  1862  (in  der  photo- 
gnphiscfaen  Abteilung)  als  Sehenswürdigkeit  ausgestellt. 


1)  Compt.  rend.  1856.  Bd.  41,  S.  383.  —  La  Lumiere,  8.  Sept.  1855. 

Sf  Tanpenot  war  Professor  der  Chemie  und   Physik   am  Prytonee  imperial 

von  La  FlSche  (Dep.  Sarthe  in  Frankreich).     Er  starb  im  Oktober  1856  in 

1  32  Jahren. 


272 


Ereter  Teil.    SeohsuodEwaozigBtes  KaiüteL 


Das  Taupenot-Vejfahren  hatte  sich  schon  um  1855  Freunde  ( 
Würben  und  es  gab  in  den  Händea  geschickter  Photographen  recht  gute 
Resultate  bei  Landschaftsexkursionen,  wobei  man  freilich  lange  Zeit 
(oft  mehrere   Minuten)   exponieren    mußte.      Der  Franzose   A.  Ferrier 


machte  z.  B.  im  Jahre  1857  Aufnahmen  an  den  Schweizer  Seen  und 
Fig.  73  zeigt  die  ReproduktiOD  einer  seiner  hübschen  Aufnahmen  des 
Brienzer  Sefö  auf  Taupenotplatten.  In  England  arbeiteten  J.  Mudd 
und  J.  Sidebotham  u.  a.  mit  diesem  Kollodium -Eiweiß -Trocken- 
verfahreu. 


J 


Beginn  der  IStiOer  Jahre  zur  Landscliaftsphot  raphie  am  meisten  in 
Gebrauch,  konnte  jedoch  die  Verwendung  des  nassen  Eollodiumverfabrens 
nicht  einschränken.  Ton  den  zahlreichen  Varianten,  welche  über  dieses 
Yerfohren  publiziert  wurden  (s.  Bd.  II),  selten  wir  hier  ab. 

Ungefähr  gleichzeitig  mit  dem  Taupenot-Verfahren  wurde  im 
November  1855  der  Zusatz  von  Harz  zum  Kollodium,  behufs  Her- 
stellang  von  Trockenplatten,  von  Robiquet  nnd  Duboscq  empfohlen 
und  das  Harztrocken  verfahren  von  dem  französischen  Abb6  Desprats 


aasgearbeitet.  An  Abb6  Desprats  Vorgang,  welcher  mit  Jodkollodiiim 
arbeitete,  knüpften  mehrere  an.  Einer  der  ersten  Pbotographen ,  welcher 
inDeatechland  mit  der  Herstellung  von  Jodbromkolloiiium-Bade-Trocfcen- 
platten  mit  reichlichem  Bromsilbergehalt  sich  befnßte  und  sclion  1856 
fafibscbe  Landschaftsaufnahmen  (mit  saarer  Pvrogaliol-  und  Silbernitrat- 
Entwicklung)  herstellte,  war  Hermann  Krone  in  Dresden.')  Fig.  74  zeigt 
eine  solche  Aufnahme,  welche  sicherlich  zu  den  ersten  Trockenplatten- 
anfnabmen  der  Welt  zählt.  Später  wandte  sich  Krone  aber  auch  dem 
Taopenotschen  Eiweiß  verfahren  und  seinen  Modifikationen  7A\. 

1)  S.HornsPliot.JouninI  185fi.  Bd.  ,>,  S.  46.  —  Bull.  fioc.  Frao^.  1857.  S.24.'). 

Xdat,  Budtinoh  dor  Photographie.    I.  Teil.   .X  AaO.  18 


274  Erster  Teil.    Sechsundzwanzigstes  Kapitel. 

Bichard  Hill  Norris  in  England  war  wohl  der  erste,  welcher 
den  Nutzen  eines  Gelatineüberzuges  als  Präservativ  für  Kollodium - 
Trockenplatten  erkannte;  er  nahm  am  1.  September  1856  ein  englisches 
Patent  (Nr.  2029)  auf  sein  Verfahren;  es  bestand  darin,  daß  jodierte 
Kollodien  in  der  üblichen  Weise  gesilbert  und  dann  in  eine  wässerige 
Lösung  von  Gelatine,  Gummi  oder  anderen  vegetabilischen  schleimigen 
Substanzen  getaucht  wurden,  um  die  Poren  der  Kollodiumhaut 
beim  Trocknen  offen  und  die  Schicht  im  sensiblen  Zustande  zu  erhalten. 
Er  erkannte  auch,  daß  man  nach  dem  Übergießen  mit  Gelatine  die 
Kollodiumhaut  in  Folien  vom  Glase  abhebtn  könne. 

Der  Hill  Norris-Prozeß  ist  nicht  nur  deshalb  beachtenswert, 
weil  der  Nutzen  der  Gelatine  und  die  Rolle  der  Präservative  für  die 
Struktur  der  Kollodiumschicht  in  ihm  klar  erkannt  sind,  sondern  weil 
mit  seiner  Hilfe  die  erste  schwunghafte  Fabrikation  von  photographischen 
Trockenplatten  erfolgte.  Der  offizielle  österreichische  Referent  über 
die  Londoner  Weltausstellung  1862  und  spätere  Universitätsprofessor 
V.  von  Lang  schreibt:  „Die  von  Norris  zubereiteten  Trockenplatten 
sind  fertig  für  die  Belichtung  fast  in  allen  größeren  Städten  Englands 
in  dem  Handel  und  sie  sollen  gute  Resultate  geben."  ^) 

Das  Kollodium -Ei  weiß  verfahren  wurde  dann  vom  Tanninverfahren 
des  englischen  Majors  Russell  (1861)  verdrängt,  weil  es  sicherer  und 
einfacher  auszuführen  war  und  weil  die  Bilder  sich  schneller  und 
kräftiger  hervorrufen  ließen.  Die  empfindlich  gemachten  Kollodium- 
schichten wurden  bei  diesem  Verfahren  gut  gewaschen  und,  so  lange  sie 
noch  naß  waren,  mit  einer  Lösung  von  Tannin  Übergossen  und  hierauf 
geti'ockuet.  2)  Schöne  Proben  dieses  Verfahrens  waren  1862  in  der 
Londoner  Weltausstellung  zu  sehen. 

Wie  schwierig  es  mit  den  damaligen  Mitteln  war,  eine  einiger- 
maßen genügend  empfindliche  Trockenplatte  herzustellen,  beweist  eine 
Preisausschreibung  der  ^larseiller  Photographischen  Gesellschaft  vom 
Jahre  1862,  worin  ein  Preis  von  500  Francs  für  ein  Trockenverfahren 
ausgesetzt  war,  „welches  gestattet,  im  vollen  Sonnenschein  ein  Bild 
einer  Straße  in  Bewegung  zu  erhalten". 

In  den  sechziger  und  siebziger  Jahren  des  19.  Jahrhunderts  wur- 
den bei  allen  Reisen  und  größeren  Exkui-sionen  solche  nach  dem  einen 
oder  andern  Verfahren  hergestellte  Bade -Kollodium -Trockenplatten  ver- 
wendet, welche  bei  sehr  langer  Belichtung  schöne  Resultate  gaben, 
aber   große  Anforderung   an   die  Geschicklichkeit    und  Erfahrung   des 


1)  österr.  Ausstellungsbericht  der  Londoner  "Weltausstellung  1862,  Klasse  14. 

2)  Phot.  News  1861.  S.  135. 


Das  Bade-Kollodimn-TrockeiiTerfahreii  nnd  die  alkaliüche  Entnicklaog.     275 

Operateni«  stellten.  Der  damalige  Arbeitsvorgang  sei  an  zwei  Beispielen 
erläutert  Die  Aufnahme  Fig.  75  geschah  in  Nagasaki  in  Japan  (1868) 
von  W.  Burger  auf  Tanninplatten,  welche  in  Wien  präpariert  und 
^4  Jahre  später  in  Japan  exponiert  wurden;  die  Belichtungszeit  betrug 
mit  einem  klein  abgeblendeten  Voigtländer-PetzTalschen  Porträte 
objektiT  sieben  Minuten. 

Eine  andere  Aufnahme  auf  Tannintrockenplatten  zeigt  Fig.  76.  Die 
von  Burger  in  Wien  im  April  1872  präparierten  Platten  wurden  während 
der  sibirischen  Reise  des  Grafen  Wilczek  in  Wien  von  diesem  im 
September  1872  (l^/..  Stunde  bei  Sonne  in  Anbetracht  des  Zurückgehens 


des  Licbteindruckes  bei  langer  Anfbewalirung)  mit  Dallmeyors  Triplet- 
objektiv,  kleinste  Blende,  exponiert  und  im  Dezember  1872  in  Wien 
mit  saurer  Pyrosilbernitrat- Entwicklung  hervorgerufen. 

Das  Russellsche  Tanninverfalireu  erfuhr  mannigfache  Abände- 
rungen. Man  ersetzte  das  Tannin  durch  Gallussäure,  führte  Morphium 
und  andere  Alkaloide  als  Präservativ  ein,  versuchte  Überzüge  mit 
gummi-  und  zuckerhaltigen  Gemischen,  mit  Kaffee-  oder  Teeabsuden, 
Bier  und  Eiweiß,  ohne  daß  man  wesentlich  weiter  kam. 

Entwickelt  wurde  anfangs  (im  Sinne  der  alten  Tiilbotypie)  mit 
Pyrogaliussäure  unter  Zusatz  von  Silbernilrat  und  Zitronen-  oder  Essig- 
säure, also  mit  „physikalischer  Entwicklung".  Von  Wichtigkeit  waren 
nur  die   Verbesserungen    des   Entwicklungs Verfahrens    solcher 

18* 


'  Trocienptal 

schritt  beim  Herrorrofen  der  Negative  beslaDd  io  der  Eiafuhrimg  der 
alkalischen  Pyrogaliol-Entwicklung. 

Die  Erkenntnis,  daß  man  mit  Pyrogallol  ohne  Zusatz  von  Silber- 
nitrat die  Eoliodiamtrockenplatten  eDtwickeln  konnte,  machte  Wardley, 
ein  Asastent  des  Pbotographen  Mudd. 

Im  Jahre  1861  teilte  Modd  suerst  mit,  daß  man  Kollodinra-Albammtrocken- 
platteD  (mit  Jodbiomailber)  mit  reiner  wässeriger  PyrogallusSBure  ('/tproz.)  ia  allen 
Datails  eotwickelo  hÖDDe,  ohne  dali  man  Silbemitrat  and  Säure  luzusetzCD  braucht 
(Wiot  News.  Bd.  B,  8.  386;  Kreutzers  Zeitacbr.  18CI.  Bd.  4,  S.  131).  —  Das  ganze 
TerdieoBt  des  Voischlags  wurde  aber  nachher  voaMudd  seinem  Assistenten  Wardley 
ZDgesohriebeD.  Später,  ani  23.  Oktober  I8Ö1,  machte  Wbarlow  Simpsaa  auf 
diesen  EntwicUungamodos  aufmerksam  und  nies  aut  dessen  theoretiscbe  Tragweite 
hin,  da  damit  der  Beweis  geliefert  war,  (lall  die  Troutcnplatten  auch  ohne  die  Gegen- 
wart yaa  Silberoitrat  entwickelt  werden  können.  Das  Bild  entwickelt  aich  auf  Albumiu- 
platten  schnell  und  sebr  vollkommen,  muO  aber  mit  Pyrogallol,  Silbornitrat  und 
Zitronensäure  gekrüftigt  werden.  Nach  Simpson  gelingt  diese  Art  von  Entwicklung 
aach  auf  Fotbergill- Platten,  auf  Tanninplatten  und  auf  Norris' Ti-ockeni.latten, 
welche  letztere  nicht  einmal  eine  S^iur  freies  Silbeinitrat  enthalten.  (Brit.  Joum.  Bd.  8, 
S.  376.    Ereatzers  Zeitschr.  Bd.  S,  S.  103.) 

Anthony  aus  New  York  steigerte  1862  die  Empfindlichkeit,  in- 
dem er  die  Tanniuplatten  vor  der  Belichtung  den  Dämpfen  verdünnten 
Ammoniaks  aussetzte,  während  Glover  dasselbe  nach  dem  Belichten 
Toroabm.  Im  Jahre  1862  entdeckte  Major  Russell')  und  mit  ihm  fast 
gleichzeitig  Leahy,  wahrscheinlich  durch  obige  Beobachtungen  angeregt, 
die  alkalische  Fyro-Entwicklung,  welche  an  Empfindlichkeit  die  saure 
GalloB-  oder  Pyrogaliol-Entwicklung  übertraf.  Damit  war  die  wichtigste 
Verbesserung  in  der  Hervorrufung  gegeben,  welche  erst  im  Emulsions- 
prozeS  ihre  vollen  Früchte  trug.  Russell  verfolgte  zielbewußt  seine 
EntdeckuDg  und  seinen  Arbeiten  ist  die  Einführung  der  alkalischen 
Entwicklung,  ohne  welche  die  spätere  Photographie  mit  Bromsilber- 
Emttlsionen  in  ihrem  Anfangsstadium  nicht  ausführbar  gewesen  wäre, 
in  erster  Linie  zu  verdanken.^) 

In  der  S.Auflage  von  Major  Rüssel  Is  Werk  „Tanninprozeß'",  1863, 
finden  wir  die  Wirkung  des  Ammoniaks  im  Entwickler,  sowie  die 
Rolle  eines  Zusatzes  von  Bromkalium  als  Verzögerer  beschrieben  und 
aach  Alkalikarbonate  wurden  damals  schon  im  Pyro- Entwickler  ver- 
wendet Besonders  bemerkenswert  ist  die  von  Russell  beim  fort- 
gesetzten Arbeiten  mit  seinem  alkalischen  Entwickler  gemachte  und 
sp&ter  auch  publizierte  Beobachtung,   daß  man   dem  Jodbromkollodium 

1)  Brit  Joum.  of  Pbüt.  lö.  Nov.  1862. 

2)  Leahy  in  Dublin  hat  später  nichts  mehr  von  i4ii:b  hören  lassen. 


DSunditwaDzigstes  Kapitel. 

reichlioli  Bromsalz  zusetzen  müsse,  Ja  schließlich  versuchte  er  mit  Erfolg 
sogar  reines  BromkoUodium  (s.  Bd.  II).     Er  erkannte   also  die  Übei 
legenheit  des  Bromsilbers  über  das  Jodsilbei-  beim  sog.  „chemischen*'! 
Entwicklungs Vorgang  —  eine  Erfahrung,  welche  später  (im  EmiilsioBg-.! 
verfahren)  aUgemein  bestätigt  wurde. 

In  Fig.  77  bringen  wir  das  Porträt  des  verdienstvollen  Engländeia.l 
Major  C.Russell  (•  1820,  f  16.  Mai  1887). 


Erfindung  der  Kollodium-Emulsion. 
Den  Gedanken,  eine  lichtempfindliche  Silbersalz -Emulsion  zu  er-"" 
zeugen,  welche  ein  sensibilisierendes  Silberbad  entbehrlich  macht,  sprach 
Oaudin  im  Jahre  1853  zuerst  aus.  Er  schrieb  in  der  Zeitsclirift  „La 
Lumiere"  {20.  August  1853):  „Die  ganze  Zukunft  der  Photographie 
scheint  in  einem  lichtempfindlit-hen  Kollodium  zu  liegen,  welches  man 
in  eine  Flasche  tun  und  auf  Glas,  Papier  usw.  ausgielien  kann,  um 
damit  unmittelbar  oder  am  andern  Tage  positive  oder  negative  Bilder 
zu  erbalten,"  Offenbar  schwebte  ihm  dabei  schon  die  Jod-  und  Chlor- 
silber-Emulsion  vor,   welche  er  im  April  1861   beschrieb   und   damals 


Da>  Bide-KoUodiom-Trockenverrabi'eD  nod  die  alkalische  Eotwicklung.      279 

„Photogene"  nannte ')  und  darch  YenuUcheQ  von  JodBalzkolIodium 
(respektive  Salmiakkollodium)  mit  Silbernitrat  oder  Fluorsilber  darstellte. 
Diese  erste  Kollodium -Emulsion  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  fand 
Oaudin  mitunter  so  empfindlich  wie  nasse  Platten  und  glaubte  sie  mit 
besonderem  Vorteil  auf  Papier  in  der  Kamera  verwenden  zu  können. 
Für  das  Ghlorsilberkollodium ,  welches  er  mit  Salmiak  und  Silbernitrat 
erzeugte,  stellte  er  die  Verwendung  statt  gewöhnlichem  gesilberten 
Positivpapier  in  Aussicht 

Kurz  zuvor  (Uärz  1861)  hatte  Beliini  im  Journal  „L'Invention" 
eine  äther- alkoholische  Schellack-  oder  Sandaraklösung,  welche  Jod- 
bromsilber nebst  milcbsaurem  Silber  und  Jodeisen  enthielt,  zum  Fhoto- 
graphieren  empfohlen.  Zur  selben  Zeit  tauchte  der  Emulsionsprozeß 
auch  in  England  auf,  wurde  aber  geheim  gehalten,  und  Sutton  schrieb 
wiederholt  von  den  guten  Kesultateii,  welche  mit  dem  Prozesse  ohne 
Silberbad  von  Kapt.  Üixon  erhalten  wurden;*)  dieser  Prozeß  wurde 
am  29.  April  1861  in  England  privilegiert^) 

Als  brauchbares,  selbständiges  Verfahren  tauchte  das  später  so 
vielfach  genannte  Bromsilber-Emulsions verfahren  mit  Kollodium  auf. 
Diese  Methode  der  „Photographie  ohne  Silberbad''  wurde  im  Sep- 
tember 1864  von  B.  J.  Sayce*)  und  W,  B,  Bolton^^)  in  Liverpool 
entdeckt  und  später  von  ihnen  genauer  in  den  Photographic  News  be- 
schrieben. In  der  späteren,  nicht  wesentlich  veränderten  Vorschrift  vom 
Jahre  1865  beschreibt  Sayce  fast  alle  noch  versuchten  Modifikationen 
der  EoUodium-Emulsion.  Es  war  also  von  Sayce  schon  1865  die  Idee 
des  separaten  FäUens  und  Waschens  des  Bromsilbet^  und  dessen  nach- 
tragliche Emulsionierung  gegeben. 

Damals  befaßte  sich  Oarey  Lea  sehr  verdienstlieh  mit  photo- 
cfaemischen  Studien  über  Emulsionen,  Entwickler,  verschiedene  Mole- 
kularzustände des  Silbers  usw.  Carey  Lea  (*  1823  in  Philadelphia, 
■f  ebenda  1897)  war  ein  reicher  amerikanischer  Grundbesitzer,  später 
Häusermakler.     Er  studierte   im  Pennsylvania- Institut  Chemie,  befaßte 


1)  Phot.  Newa.  1861.  Bd.  i>,  S.  403  und  Phot.  Notes  18C.1.  Bd.  6,  S.  156,  nach 
La  Lnmiere  15.  April  1861.  Gaudin  gab  bereits  AodeutUQgen  zur  Herstellung  von 
Photogene  mit  Eollodium  und  Gelatine. 

2)  La  Lumiere.  ISei.  8.  37. 

3)  Patent  Nr.  1074.  Abridgoments  of  specifications  relating  to  Photograpby. 
PartU. 

4)  B.J.  Sayce  war  Amatear|)botograpb ,  s|>äter  Präsident  der  Liverpool  Amateur 
Photographie  Asaociatioii.  Er  starb  1895  (s.  Nekrolog:  Brlt.  Journ.  of  Phot  1895, 
a340). 

5)  W.  B.  Bolton  ('  1848  in  York,  t  Mai  1899),  Biographie  s.  Brit  Joum. 
Phot  Alman.  1900.  S.  683-,  sein  Porlhit  im  Brit.  Journ.  of  l'hut.  vom  19.  Mai  1899. 


280  Erster  Teil.    Sechsundzwanzigstes  Kapitel. 

sich  seit  1864  mit  Photographie,  arbeitete  viel  mit  Bromsilberkollodium, 
mit  Hervorrufung  von  AgJ,  AgBr  und  AgCl  mit  verschiedenen  Ent- 
Tvicklersubstanzen  und  studierte  die  Modifikationen  des  metallischen 
SUbers.1) 

Die  Bromsilber- Emulsioa  mit  Silbemitrat-Überschuß  wurde  anfangs 
immer  mit  einem  „Präservativ**  kombiniert.  Sutton  veröfientlichte  zuerst 
1871  einen  Bromsilber-Kollodiumprozeß^)  ohne  Präservativ,  der  bloß  in 
einer  ungewaschenen,  mit  Silbernitrat- Überschuß  hergestellten  Emulsion 
bestand. 

Schon  die  Entdecker  des  Bromsilber -Emulsionsverfahrens  wendeten 
gleich  zu  Beginn  ihrer  Versuche  die  alkalische  Pyrogallus- Entwicklung 
an,  welche  Russell  im  Jahre  1862  zuerst  angegeben  hatte  (s.  S.  277). 

Am  16.  Jänner  1874  (Brit  Journ.  of  Phot.)  empfahl  Bolton  das 
Waschen  des  Bromsilberkollodiums  durch  Fällen  desselben  mit  viel 
Wasser.  Der  Geistliche  Reverend  Canon  Beechey  veröffentlichte  (Brit 
Journ.  of  Phot.  1.  Okt.  1875)  eine  Methode  der  Erzeugung  von  Brom- 
silberkollodiumplatten  mit  Pyrogallussäure-Präservativ  und  veranlaßte 
deren  Fabrikation  für  den  Handel.  Jedoch  fanden  diese  EoUodium- 
trockenpiatten  nur  in  der  Landschaf tsphotographie  Verwendung;  sie 
konnten  aber  an  Empfindlichkeit  mit  den  nassen  Eollodiumplatten  nicht 
konkurrieren  und  fanden  deshalb  keinen  Eingang  in  die  PorträtatelierS) 
trotz  zahlreicher  Bemühungen  Abneys,  Carey  Leas,  Warnerkes, 
Chardons  und  anderer. 

Die  Kollodium -Emulsionsplatte  wurde  in  der  Porträt-  und  Land- 
schaftsphotographie  später  von  der  Gelatinetrockenplatte  gänzlich  ver- 
drängt 

In  der  Reproduktionsphotographie  wurden  jedoch  durch  die  Er- 
findung der  Albertschen  orthochromatischen  Kollodium -Emulsion  dem 
Bromsilber  neue  Gebiete  erschlossen  (Reproduktion  von  Gemälden,  Drei- 
farbenphotographie,  s.  d.). 


1)  Biographie  Leas  s.  Brit.  Jouni.  of  Phot.  1897.  S.312;  Phot  Mitt.  Bd.  34,  8.104. 

2)  Brit.  Joui-n.  of  Phot.  1871.  S.312. 


SIEBENTTirDZWAKZIGSTES  KAPITEL. 

STERBOSKOPPHOTOGEAPHIE. 


Über  die  Prinzipiea  des  stereoskopischen  Sehens  wurde  bereits 
auf  S.  39  UitteiluDg  gemacht. 

Kurz  vor  Erfindung  der  Daguerreotypie  war  (1838)  von 
Wbeatstoae  das  Spiegelstereoskop  erfunden  worden;  bald  darauf  er- 
setzte David  Brewster  (*  1781  in  Schottland,  t  1866)  im  Jahie  1844 
die  Spiegel  durch  Prismen  und  stellte  ein  viel  handlicheres  Stereoskop 
her,  welches  später  Eelmholtz  verbesserte. 

Im  Oktober  1856  eiscbieiieD  in  „Tbe  Time^i''  Briefa  von  Wheatstone  und 
Brewster  über  die  Erfinduagsgeschichte  des  Stereosk opee  infolge  einer  in 
dieser  Zeitung  aufgestellten  Behauptong,  daß  Jaines  Glliot  bereits  1834  das  Stereo- 
skop eifDDdeo,  aber  erst  1839  ausgeführt  habe,  und  zwar  in  Form  zweier  kleiner 
IiÖohei  in  einem  Earteablatte.  Wbeatstoae  nabm  aber  dementgegen  das  Verdienst 
der  Erflndnng  des  Steraostopes  für  sieb  in  Anspruch  und  berief  sich  auf  seinen  Auf- 
SBti  in  der  Pbilosopbical  IVansactions  1838.  Brewster  führt  an,  daß  bereits  Euklid, 
Galen,  Porta,  Aiiuilonius  behaupteten,  die  von  einem  Gegenstände  in  den  Angen 
enfafehenden  verschiedenen  Bilder  erzeugen  ein  Relief.  Wheatstone  hielt  seine 
Prioritätsansprtiche  aufrecht  (Kreutzers  Jahresbericht  über  Fortschr,  d.  Phot.  1857. 
S.  637). 

Die  Daguerreotypie  wurde  frühzeitig  zur  Herstellung  photogra- 
pfaisoher  Stereoskopbilder  benutzt  und  waren  solche  schon  Ende  der 
vierziger  und  anfangs  der  fünfziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts') 
Gegenstand  der  Ausführung  in  den  photographiscbeu  Geschäfts- Ateliers. 
Man  erzeugte  kleine  stereoskopische  Daguerreotypbilder,  montierte  sie  auf 
Karton  mit  gegenübei^estellten  einfachen  Sammellinsengläsern,  welche 
die  stereoskopische  Betrachtung  der  Bilder  ermöglichten;  das  Ganze  war 
zum  Znsammen  klappen  eingerichtet  und  nahm  nicht  mehr  Raum  als 
ein  kleines  Notizbuch  ein. 

Brewster  erfand  das  Linsenstereoskop  und  beschrieb  es  zuerst 
im  April  1844  in  der  Royal  Society  zu  Edinburgh  und  Heß  auch  eine 
„doppeläugige   Kamera    zur   p ho togtap bischen    Aufnahme    von   Porträts 


i)  Tergl.  Poggendorff,  Biograpb.- literarisches  Handwörterbuch.  ; 


lEigsta 


r^ile 


und  Kopieren  von  Statuen"  anfertigen.  Damals  interessierte  man  sid 
wenig  für  die  Saclie.  Erat  als  Brewster  ein  in  England  gefertigt 
Probeinstrnment  im  Jahre  1850  nach  Paris  brachte  und  dem  Abb^ 
Moigno,  d&ni  vielseitig  erfahrenen  Verfasser  eines  Werkes  über  „Antiqtu 
moderne",  ferner  dem  Optiker  Soleil  und  dessen  Schwiegersohn  Du- 
boscq  zeigte,  wurde  der  Wert  des  Instruments  zuerst  in  Paris  voll 
gewürdigt,  wie  Brewster  selbst  erzählte.  Duboscq  in  Paris  fing 
sogleich  an,  das  Linsenstereoskop  für  den  Verkauf  zu  verfertigen  und 
führte  eine  Reihe  der  schönsten  stereoskopischen  Daguerreotypien  lebender 
Personen,  Statuen,  Blumensträuße  und  Gegen:^tände  der  Naturkunst  aus. 
zu  deron   Bewuiuierun"  Taiisende  von  Perwonen  herhfiatrüiiiten. 


Die  Reproduktion  eines  hübschen  derartigen  Stereoskop-Daguei 
typbildes  nach  einer  Statue,  wie  sie  um  das  Jahr  1851  in  den  Paris 
Kunsthandlungen  verkauft  wurden,  zeigt  Fig.  78. 

Erst  über  Paris  zurück  nach  London  wurde  das  Stereoskop  185ifl 
in   England   gebräuchlich')   und   erregte   in  der  großen  Industrie- äb0!^ 
Stellung  in  London   1S51    die  Aufmerksamkeit  der  englischen   Königj 
und  in  der  Folge  stieg  die  Nachfrage  nach  Stereoskopen  enorm. 

Mit  welcher  Regsamkeit  man  damals  die  Einführung  der  Stereoskq 
bilder  in  Paris  betrieh,  gebt  aus  einer  illustrierten  Annonce  eines  Tei 


1)  Brewster,  The  Stereoseope,  London  1850;  deutsch:  Weimar  1882. 


VntMuAeas 

welche  ia  den  dsmaligea  Tages-  und  Wochenblättern  erschiea  (Fig.  79). 

Man  führte  Stereoskopbilder  zuerst  in  Daguerreotypie,  bald  darauf 
aber  (in  den  fünfziger  Jahren)  aucli  als  photographische  Papierbilder  in 
„Talbotypie"  aus,  wobei  freilich  bei  dem  damaligen  Stande  der  photo- 
graphischen  Technik  die  Daguerreotypbilder  an  Feinheit  weitaus  die 
Fapierkopien  übertrafen  und 
deshalb  besonderen  Anklang  G^^ 
im  Pablikum  fanden.  " 

Erst  durch  die  Erfindung 
derKoUodiumphotographie  w  ur- 
den  die  Stereoskopbilder  Ge- 
genstände des  Massenverlages. 
Insbesondere  die  englische 
,Fhotograpbic  and  Stereoscopic 
Company",  welche  1862  das 
Monopol  zum  Fhotographieren 
von  Kunst-  und  Industriegegen- 
stSttden  bei  der  Londoner  Welt- 
aosstellung  1862  hatte,  ver- 
breitete schöne  Stereoskopbilder 
in  allen  Eunstläden  Europas. 

Später  wurde  die  weitere  Einführung  der  Stereoskoppbotographie  durch 
die  Erfindung  der  Bromsilbertrockenpiatten  wesentlich  gefördert  und 
man  wendete  die  Stereoskopie  in  den  verschiedensten  Zweigen  der  Kunst 
und  Wissenschaft  an,  wobei  wir  nur  die  Anwendung  in  der  Mikroskopie, 
Fbotogrammetrie  und  Radiographie  und  die  Versuche  zur  Einführung 
der  Stereoskopie  im  Projektionsverfahren  erwähnen.*) 

1]  Paris -Fhotograjibe  IS94,  S.  24. 

2)  Über  Fortschritte  der  Stereos kopie  tu  neueror  Zeit  s.  E<lers  Jahrbücher  für 
Photographie. 


ACHTXTNDZWANZIGSTES  KAPITEL. 

MIKKOPHOTOGEAPfflE. 


Von  den  verschiedenen  wissenschaftlichen  Anwendungen  der  Photo- 
graphie, welche  sich  an  die  Vervollkommnung  des  Negativ  Verfahrens 
knüpften,  seien  hier  nur  zunächst  einige  wenige,  jedoch  charakteristische 
Zweige  der  wissenschaftlichen  Photographie,  nämlich  die  Mikrophoto- 
graphie, Photogrammetrie  und  die  Photographie  vom  Luftballon  aus, 
erwähnt 

Die  Mikrophotographie  auf  Daguerreotypplatten  wurde  um 
das  Jahr  1840  ungefähr  gleichzeitig  in  Frankreich  und  England  versucht 

Einer  der  ersten,  welcher  seit  Davy  und  Wedgewood  (s.  S.  102) 
mikroskopische  Bilder  mittels  Daguerreotypie  photographierte  und  fixierte, 
scheint  Berres  in  Wien  (s.  S.  219)  am  5.  April  1840  gewesen  zu  sein; 
er  machte  seine  Aufnahmen  mittels  des  Mikroskopes  auf  Silberplatten, 
ätzte  sie  mittels  seines  heliographischen  Ätzverfahrens  (s.  S.  254)  und 
versuchte  die  Vervielfältigung  durch  Pressendruck.  Von  anderer  Seite 
wird  angegeben,^)  daß  der  erste,  welcher  Mikrophotographien  erzeugte, 
AI.  Don n 6  zu  Paris  war.  Dieser  legte  schon  im  Jahre  1840  der  fran- 
zösischen Akademie  der  Wissenschaften  Abbildungen  verschiedener  mikro- 
skopischer Objekte  vor,  die  er  mittels  des  Daguerreotypieverfahrens  photo- 
graphiert  hatte.  Er  benutzte  ein  Chevaliersches  vertikales  Mikroskop, 
bei  welchem  die  austretenden  Strahlen  mittels  eines  Prismas  mit  totaler 
Reflexion  horizontal  in  eine  photographische  Kamera  projiziert  wurden, 
um  die  Schärfe  zu  verbessern,  schaltete  er  blaue  Gläser  ein  (Mittel  gegen 
Fokusdifferenz) ;  er  brachte  auch  eine  Konkavlinse,  gleichsam  als  Pro- 
jektionsokular an,  um  die  Vergrößerung  weiter  zu  treiben  (Monpillard 
a.  a.  0.).  Zu  gleicher  Zeit  stellte  Dancer  in  London  mittels  des  Sonnen* 
mikroskops  vergrößerte  Objekte  photographisch  dar,  und  1841  erzielte 
Richard    Hodgson    daselbst    gute    Daguerreotypien    mikroskopischer 


1)  Vergl.  Monpillard,  ^ Notes  sur  Thistoire  de  la  Photomicrographie'^  (Moste 
retrospectif  de  la  Cl&sse  12.    Photographie  Rapport  da  comite  d'instanatfoo 
universelle  Paris  1900). 


bindang  mit  Läoa  Foucault  seinen  „Atlas  d'aDatumie  microscopique" 
herauszugeben.  Die  ursprünglichen  roikrophotograptiischen  Aufnahmen 
machte  Donn6  unter  Beihilfe  von  L6on  Foucault')  in  Paris  mit  dem 
Sonnenmikrosbop  auf  Daguerreotrpplatten ,  stellte  jedoch  Zeichnungen 
Dach  seinen  Originalphoto^phien  her,  da  es  damals  unmöglich  war, 
die  Photographien  zn  vervielfältigen. 

Bertsch  in  Paris  führte  1851  die  horizontalen  miktrophoto- 
graphischen  Apparate  ein.  Ferner  befaßte  sich  der  Optiker  Nachet  in 
Paris  seit  Anfang  der  fünfziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  mit 
Mikrophotographie  und  stellte  1856  unter  Mitwirkung  von  Foucault 
und  Duboscq  z.  B.  eine  Mikrophotographie  von  Froschblut  auf  Da> 
guerreotypplatten  her,  welche 
bewunderungswürdig  scharf  ist 
und  auf  der  retrospektiven  Aus- 
Btellong  in  Paris  (Weltausstellung 
1900)  Aufsehen  erregte;  Fig.  80 
zeigt  die  Reproduktion  dieser 
Mikrophotographie. ') 

Als  man  nach  Talbots 
Verfahren  Papiemegative  anfer- 
tigen und  Kopien  auf  Ghlorsilber- 
papier  in  beliebiger  Zahl  her- 
stellen lernte,  wendete  man  das 
Verfahren  auf  die  Mikrophoto- 
graphie an  und  schon  184?  soll 
Carpenter  der  Versammlung 
der  British  Association  derartige  Mikrophotographien  auf  Papier 
vorgelegt  haben.')  Jedoch  befriedigten  diese  Bilder  wenig,  weil  das 
grobe  Papierkom  der  Papieraegative  eine  getreue  Wiedergabe  der  zarten 
mikroskopischen    Struktur    verhinderte.      Erst    die  Photographie    auf 

1)  Foucault  (Sohn  eines  Buch bäiidlers  in  Paris,  geloren  181!»,  war  seit  18 J5 
Badakteur  de»  wisseDschartlichen  Ti'iles  des  Journal  des  Debats),  »elcher  durch  seinen 
berühmten  Pendelversucli  (zur  Deiiionstration  <lcr  Bewegung  der  Erde)  bekannt  ist, 
beschäftigte  sich  ungeföhr  Beit  1843  mit  Dagueireotyiiie :  er  konstruieito  mit  Donnö 
nnen  Apparat  zu  mütixiskopischen  Demonstrationen  (Compt.  rend.  I844J. 

2)  Vergl.  ,Reoueil  desTravaux  seientifl([ues  Lüon  Foucault ■■  vonC.  M.  «iariel 
und  Bartrand,  Paris  1878;  ferner  Stuniieys  Phot.  Annual.  1898.  S-ITO.  Foucault 
tieschrieb  gemeinschaftlich  mit  Donne  ein  photodektrischcs  UlkrDsko|>  (1843). 

3)  J.  Oerlach,  Die  Photographie  als  Hilfsmittel  mikioskopi.scher  Forschung, 
Leipzig  1863.  —  Ferner  das  französische  Werk  von  Jloilessier,  „La  Fhotogra|ihie 
appliqaee  aus  reclierchea  micrographiques ",  Paris  1860  (deutsche  Ausgabe  1868). 


O.a-  «so'.vvhi  mittels  d*r=r  Ei-a-eüJ-  a'is  des  KolI-^diumverfahreiiS'  erm-js:- 

lic-hte  die  Einführun::   der  Phot'.crajjLie  als  Hilfsmittel  mikroskopis-zher 

Forscrjun;:  und  bereite  1S53  und  1S54  sah  man  viele  gelungene  Mikr> 

phvtograjihien.  um  '.ve>;he  sich   unter  anderen  der  Optiker  Xache:  in 

Paris  (lSo4i  ;:r.Jie  Vfridienste  er'.varb.     In  Wien  befaßten  >ieh  um  die 

Mitte   des    v.jrjsren   Jaljrbundfrts   die    Professoren    des   Polvteohnikums 

J.  J.  Pohl  Mfid  Weselskv.  in  Erj^riand  Hod^son.  Shadboldt.  Kinsrslev. 

Jlu.vjey  urjd  Allen  Wenharn  ruit  Mikrophotographie,  deren  Fortschritte 

if.it  der  a!]::enjejrjen  Enf.vickiun;;  «ierT^iitik  und  Photographie  Schritt  hielt 

und  ii:  s^ätereij  Jahreij  höcjjst  '.vic-htii'e  Ergebnisse  zutage  forderte. 

In*b':soridere   war  o^;   di«.-  Einführung  der  sehr  vollständig  korri- 

;.'i':it':n    Ap'.'f.hroiiiat-Obiektive   und    Projektions-Okulare    der   optischen 

Anstalt    T".  Zeili    in    Jena,    welche    die    Leistungsfähigkeit    der   mikro- 

>k'»pis<^-hen    Linsen sy>ten je   enorm   steigerte.     Femer  fanden    die  ortho- 

f'hronjati^f-hen    Br'»njsilberge!atineplatten    und    Lichtfilter    verschiedener 

Art   ^fe;:en  Ende   des   P-».  Jahrhunderts    au«-h   in   der  Mikrophotographie 

mir  irr-illtem  Erfol'jo  Anwr-ndun?:   nian  führte  grüne,  «reibe  und  blaue 

Liehtfilter   ein.    und    ph«»tographierte   für   Spezialzwecke   mit   schmalen 

Spf'ktralbezirken  ini  opti>ch  hellen  Tf-il  des  Spektrums.    A.  B.  Stringer*) 

benutzte    Lir-ht    vom    üufJersten    Violett    und    Ultraviolett   zu    speziellen 

phoT'.'njikr"'„'r}»phi.-ehen   Aufnalimen.    welche    er    der   Royal   Microscopie 

>"'i"ty    im    Aj^iü    ll*Oo    vr.rl'-i'te.      1(»04    führte   A.  Kühler-)   in   der 

.\Tj-*a!'  v.-n  Z«  ifl  .Miki«»|.h'.t'jL'rap|jien  so^ar  mittels  monochromatischer 

iiina-. : 'li-rt.-]-  Li-lit-trahleri.  di"  vnn  elektri>chen  Funkenentladungen  aus- 

;:eh^nd  aut  -f;*ktialarialytis»-ii»:iji  \V»;L''e  als  Lichtquelle  frei  von  anderen 

L:'"lj^-TMh!»-n   i-'»!i"rr   wurd'-n.  »•rf'ilL'rf'ir-h  durch. 

I':  I-  '^-' :::.*•■•  •;•  r  Mki-iii/-  L'iaph:«;  iu  i.fnf.'H.'T  Zeit  sind  in  Edors  ,Jahr- 
>'i-ii'ir:  :■.:  i'i.'t  -.'aii:.:--  ••; 'l.it'-.'.-n .  !'•!!. »-r  mj  -i"!!  \V»?rkon  von  Dr.  R.  Neuhauß, 
.I>i"  Mi;  «■■{■l.'it  ji.i:  iii--  IIu.:-  ;i.  S.  IVjI)  'ir.-i  -I/.-hrlnicli  der  Mikrophutogniphie* 
il;.  Aiill.i::'-.  Ji.'.i  .'.-'::.■•'.•':.  ]S(»"^i:  I'r.  Kai-»'i  lin;r,  Loljibu«;h  der  Mikrophotographie 
tlJ'.'iIirj  ]■."■:;  :  M.t:  kTimr.  ■■! -Tui  ij'i'.-T-cii'T.  Di»- Mikro{i)i"tograpbie  als  Hilfsmittel 
naTiir.\i--!,>- l..'4:T::-::f-:  I"  i-hM  .>;  Ii;il!- a.  >.  HOOi,  I'rinjile,  Practical  Photomicro- 
grai'liy  f-*.  .\'.l!;i^".  L'frj'!  -.';  )>''-';.  MMjiiülard,  La  Mi«.TO]jhotographie  (Paris  1899), 
Marhot.  T:  li'-'   i.i:i-t:-ju<-  -U-  |.ij' r-,M:i":r'^..pi;'.TogiiiiiIjio  'Paris  lÖ'X)). 

Die  L'piDe  Feinlieit  der  KollodiumbiMer  ermöglichte  die  Her- 
stellun;:  inikr«iskoiii>fli  v^.-rkleinfrtei-  Bildchen  (Photomikrographien) 
durch  Dagron  in   Pari>  in  d».!i  s<:chzi;rer  Jahren.^) 

■ 

.'Jj  S  t  «•  i  j! .  l»i»f  <ij'Ti-- l.v  I'j'J'.'kti'jii'jknnst  im  l)inn:st»?  der  Wissenschaften. 
Hall»;  a.  S.   l^^sT. 


Mikrophotogrnph  io. 


287 


Der  Franzose  Dagron  machte  sich  Dicht  nur  durch  seine  Mikro- 
photographien,  sondern  1870  wahrend  des  deutsch -französischen  Krieges 
durch  eine  kühne  Ballonfahrt  und  durch  die  binnchtung  der  Tauben 
po&t  nach   der  zeruierten  Hauptstadt  einen  Namen      Wahrend   der  Be 


lagerung  von  Paris  fuhr  Dagron  aus  der  eingeschlossenen  Htadt  mit 
dem  Lnitbalion  „Niepee"  auf,  landete  in  Tours  und  richtete  einen 
Depeschendienst  mit  Brieftauben  ein,  durch  welchen  Hunderttausende 
von  Depeschen  in  das  belagerte  Paris  befördert  wurden.  Auf  eine  große 
Fläche  wurden  Tausende  von  Nachrichten ,  die  vorher  mittels  Buchdruck 
auf   großen    Bogen    erzeugt    worden   waren,    zusammengestellt.     Von 


288  Erster  Teil.    Achtundzwanzigstes  Kapitel. 

diesen  bedruckten  Flächen  wurde  ein  scharfes  Negativbild  auf  Glas 
aufgenommen  und  dieses  wiederum  mittels  des  Dagronschen  Verfahrens 
auf  ein  nur  sechs  Quadratzentimeter  großes  Gelatinehäutchen  mikro- 
skopisch-photographisch reduziert.  Das  mit  Depeschen  bedeckte  Häutchen 
wurde  abgezogen,  zusammengerollt  und  in  einen  Federkiel  geschoben, 
welchen  man  zwischen  den  Flugfedern  einer  Brieftaube  befestigte,  die 
man  nun  von  Paris  nach  Tours  schickte.  Auch  in  Tours,  später  Bor- 
deaux, wurden  gleichartige  Gelatinehäutchen  wie  in  Paris  angefertigt, 
in  Federkielen  wohl  verschlossen  und  den  nach  Paris  zurückkehrenden 
Tauben  angeheftet.  Dort  wurden  die  Depeschen  mit  dem  Apparate  von 
Dubosq  in  einem  dunklen  Räume  (Fig.  81)  bedeutend  vergrößert  an 
eine  weiße  Wand  projiziert  und  entziffert.  Eine  Anzahl  von  Schreibern 
war  zugleich  beschäftigt,  den  Inhalt  der  photographischen  Mitteilungen 
zu  kopieren  und  durch  die  zugänglichen  Postverbindungen  weiter  zu 
befördern.  Alle  photographischen  Kegierungs-  und  Privatdepeschen, 
welche  Dagron  zu  Tours  und  Bordeaux  anfertigte,  wurden  für  jede 
Taubenpostsendung  in  zwei  Stunden  vollendet.  Die  einzelnen  Häutchen 
trugen  die  Abbildung  von  12  bis  16  verkleinerten  Folioseiten  und  ent- 
hielten durchschnittlich  3000  bis  4000  Depeschen.  Das  zu  dieser  Korre- 
spondenz verwendete  Material  war  so  leicht,  daß  man  einer  Taube 
18  Häutchen  anheften  konnte,  welche  im  ganzen  gegen  60000  Depeschen 
enthielten  und  zusammen  kaum  ein  Gramm  wogen.  Die  gesamte  Korre- 
si)ondenz,  welche  auf  diesem  Wege  zwischen  Paris  und  Südfrankreich 
vermittelt  wurde,  umfaßte,  wie  erwähnt,  hunderttausende  von  Mit- 
teilungen. In  Paris  und  Tours  wurden  die  gegenseitig  ankommenden 
Depeschen  vervielfältigt  und  in  der  Gesamtsumme  von  mehreren  Mil- 
lionen Exemplaren  an  die  Adressaten  bestellt. 


yEUinJin>ZWANZIGST£S  KAPITEL. 
PHOTOGRAMMETRIE  UND  BÄLIX)NPHOTOGRAPHIE. 


I.  Photogram metrie. 
Den  mathemathischen  Grundcedaukeü ,  aus  richtig  gezeichneten 
perspebti Tischen  landschaftlichen  Bildern  geometrische  Pläne  zu  kon- 
struieren, hatte  schon  Lambert  in  Straßburg  (f  1772)  ausgesprochen. 
Der  Franzose  Beautemps-Beauprö  führte  in  diesem  Sinne  schon  in 
den  Jahren  1791  bis  1793  topographische  Karten  aus  Freihandzeich- 
DODgen  von  Küstenstrichen  aus  und  zwar  von  einem  Teile  des  Van- 
diemensland  und  der  Insel  Santa  Cruz,  welche  er  damals  bereiste.  Als 
dann  in  den  Jahren  183?  bis  1840  eine  französische  Espedition  von 
Dnmont-d'ürville  mit  den  Korvetten  „rAstrolabe"  und  „Zölte"  unter- 
nommen wurde,  hatte  Beautemps-Beaupr6  bereits  im  Jahre  1835 
Instruktionen  für  die  Marineoffiziere  und  die  hvdrograpbischeD  Ingenieure 
ausgearbeitet,  worin  die  Prinzipien  der  Bildmeßmetiiode  niedergelegt 
waren.  Somit  war  das  Bildmeßverfahreu  schon  vor  der  Erfindung  der 
Photographie  bekannt. 

Als  im  Jahre  1839  anläßlich  der  Entdeckung  der  Daguerreotypie 
Arago  seine  Denkschrift  der  französischen  Deputiertenkammer  in  Paris 
vorlegte  (s.  S.  184),  erwähnte  er:  „Wir  könnten  z.  B.  von  einigen  Ideen 
reden,  die  man  über  die  schnellen  Mittel  für  die  Aufsuchung  gehabt 
bat,  die  der  Topograph  der  Lichtbildererzeugungsmethode  entlehnen 
könnte  . .  ."  (s.  S.  193).  Die  Photogram  metrie  wurde  aber  erst  seit  1851 
von  dem  französischen  Genieoffizier  A.  Laussedat  (späteren  Oberst 
und  Director  honoraire  der  Ecole  des  arts  et  metiers  in  Parts)  definitiv 
ausgebildet  und  in  die  Praxis  eingeführt,  so  daß  er  als  Vater  dieses 
Verfahrens  bezeichnet  werden  kann.  Seine  erste  bedeutende  Publikation 
über  di«  Prinzipien  der  Photogram  metrie  erschien  im  Jahre  1854  unter 
dem  Titel  „Memoire  sur  l'emploi  de  la  chambre  claire  dans  les  recon- 
naisaances  topographiques"  (Paris),  welche  in  den  „Memorial  de  l'0£ßcier 
du  g6nie  (Nr.  16),  rodigö  par  les  soins  du  comitö  des  fortifications"  mit 
Approbation  des  französischen  Kriegsnii nisters  erschienen  und  in  Nr.  17 
Kdsi,  Hwidbncb  der  l'hoIc^Bphi«.   I.  Toil.   :i.  Anfl.  IJ 


290  Elfter  Teil.    NeunondzwanziKstes  Kapitel. 

(Paris  1864)  eine  FortsetzuDg  enthielt  Laussedat  selbst  beschreibt  in 
Nadars  „Paris-Photograpbe"  {1891 — 1893)  die  Geschieht»  dieser  seiner 
Arbeiten;')  es  finden  siuh  zahlreiche  gelungene  lUustrationea  der  ersten 
photogrammetrischen  Instrumente  Laussedats  sowie  die  ersten  in 
Frankreich  ausgeführten  photogrammetrischen  Aufnahmen  selbst. 

Das  erste,  einfache  Modell  des  von  A.  Laussedat  im  Jahre  1859 
verwendeten  photogrammetrischen  Apparates  ist  in  Fig.  82  abgebildet; 
es  war  vom  Mechaniker  Brumer  in  Paris  ausgeführt  und  das  „ComiK- 
des  fortificationb  in  I< rankreich  bezog  fünf  Exemplare  desselben.^)  Der 
Plan  des  Dorfes  de  Buc  bei  \eisailles  wurde  im  Mai  1861  im  Maße 
1 :  2000  photogrammetrisch  auf- 
genommen.') 

Laussedat  machte  1861 
vom  Dache  der  Polytachoiscben 
ächule  sowie  von  der  Kirche 
St.  Suiptce  aus  Aufnahmen  eines 
Teiles  von  Paris  und  entwarf 
danach  Pläne,  die  an  Genauig- 
keit den  vorhandenen  Plänen 
Dicht  nachstanden ;  man  er- 
blickt hier  die  Anfänge  der 
Photogrammetrie  für  Aufnahme 
von  Architekturwerken.  Das 
französische  Kriegsministerium 
griff  die  Methode  auf  und 
führte  sie  unter  allen  Staaten 
zuerst  ein.  In  Italien  arbeitete 
Prof.  Porro  seit  1855  an  der 
Photogeodäsie  und  in  l'reußen  wurden  18(i7  über  Anregung  des  Generals 
Wasserschieben  die  Mittel  zu  photogrammetrischen  Probearbeiten  vom 
Kriegsniinister  genehmigt  und  Meydeubauer  auch  mit  diesen  Yersuchen 
betraut  (Aufnahme  von  Freyburg  a.  d,  ünstrut  samt  Umgebung);  Meyden- 
bauer  wurde  später  Vorstand  eines  eigenen  vom  preußischen  Unterrichts- 
ministerium erhaltenen  Institutes  für  Photogrammetrie  in  fierlin.  Im 
Jahre  1875  wurden  in   Italien  Mappierungen  durch  den  Oeneralstabs- 


Appurat  a«60). 


1]  In  Paiis-Photographe  16!>2.  S.  241  findet  sieb  ma  Portrüt  Laussedata. 

2)  A.  Lausspdat,  Paris-Photofraplie  1802.  S.  47 1. 

3)  Auch  CbcvüliLT  iTbaute  iu  den  fÜDfüiger  Jahren  einen  phatographiaoliea 
MsBtiscli,  wovon  ein  ExempUr  im  k.  k.  militär- technischen  Komitee  in  Wien  vor- 
banden ist  (vergl.  PoUaok,  Mitteilung  der  k.  k.  Geographischen  Oesellschatt  in  Vkd. 
1891.  Heft  4).  —  Verg!.  Eders  Jahrb.  f.  l'hot.  1897.  S.  506. 


Fbotognunmetrie  aod  Ballon  Photographie.  291 

Leutnant  Kanzi,  später  durch  Paganini  gemacht  Dann  folgten  ÖBter- 
reich  (iosbesoDdere  Viocenz  Follack,  Baarat:  im  k.  k.  Eisenbahn- 
minist^um,  Prof.  Schell  an  der  Technischen  Hochschule  in  Wien,  Frofl 
Doleial  an  der  Bergakademie  in  Leoben  und  Oberst  Baron  HQbl  vom 
Uilitär- geographischen  Institut  in  Wien),  Deutschland  (Prof.  Eoppe  in 
BraonBchweig  u.  a),  England  und  andere  Staaten  mit  der  Einführung 
der  Pbotogrammetrie. ') 

IT.  Photographie  vom  Luftballon  aus. 

Die  Photographie  vom  Luftballon  aus  tauchte  in  Frankreich  zuerst 
als  scherzhafte  Idee  auf  in  einer  Karikatur- Lithographie  (s.  S.  211). 
Einige  Jahre  nachher  erschien  ein  hamoristiBch  geschriebenes  Buch  von 
Andraud  „üne  deroidre  annexe  au  Palais  de  rindustrie"  (Paris,  Verlag 
von  Guillaumin,  1855),  in  welchem  zum  ersten  Male  auf  die  Mög- 
lichkeit hingewiesen  ist,  mittels  der  Photographie  und  eines  Luftballons 
(ballen  captif)  Bilder  aus  der  Vogelperspektive  herzustellen,  jedoch  be- 
schränkte sich  Andraud  lediglich  auf  den  Ausdruck  seiner  damals  phan- 
tasievoll erscheinenden  Idee,  ohne  an  ihre  Realisierung  zu  denken.^ 

Ohne  von  diesem  Buche  Kenntnis  zu  haben,  entschloß  sich  der 
Fhotograph  Gaspard  Felix  Tournacbon,  genannt  Nadar  in  Paris^) 
im  Jahre  1858  im  Ballon  captif  aufzusteigen,  um  photographische  An- 
sichten der  Erde  aus  der  Vogelperspektive  zu  gewinnen;  er  hatte  den 
Plan  gefaßt,  in  einer  Höhe  von  mehreren  hundert  Metern  von  seinem 
Fesselballon  aus  eine  exakte  photographische  Terrainkarte  herzustellen. 
TJm  sich  die  Ausführung  seines  Projektes  zu  sichern,  nahm  Nadar, 
dessen  Porträt  in  Fig.  83  gebracht  ist,  mehrere  Privilegien  iu  Frank- 
reich, England*)  und  anderen  Staaten. 


1)  Tei^,  Lausaedat,  Recherches  sur  les  instrumeots,  len  metbodea  et  le  dessin 
topogn^hiques.  Paris  1903.  —  Laussedat,  La  meteophotographie.  Paris  1899.  — 
T.  Pollaot,  Über  photographisobe  Meßkunst  (Mitteilungen  der  t.  k.  Geographischen 
Q«8ellBcbaft  in  TVien  1891).  —  Paganini,  FotogrsmmetTJe.  Milane  1901.  — 
C.  Eoppe,  Photogrammetrie  und  internationale  Wolken messung.  Brauoschweig  1S96. 
—  C.Koppe,  Die  Photogrammetrie  «der  Bildmeßkunat.  Weimar  1889.  —  Meyden- 
baner,  Das  Denkmälerarchiv  und  seine  Herstellung  durch  das  Meßbild  verfahren.  Denk- 
Bohrift.  1896.  —  Prof.  Gd.  DoleJal,  Die  Anwendung  der  Photographie  in  der  praktischen 
Mefiknnst  Halle  a.  S.  1896.  —  Prof.  Ed.  Dolezal,  Die  Photographie  und  Photo- 
grammetrie ün  Dienate  der  Denkmalpflege  und  das  Deokmälerarchiv.    Halle  a.  S.  1699. 

2), Über  die  Geschichte  der  Photographie  vom  l.uttbalion  aus  a.  Gaston 
TisBandier,  La  Photographie  en  Ballou.   Paris  188li. 

3)  Nadar,  „Artiate  en  Da^ucrreotypic ''i  wie  er  sich  nannte,  hatte  in  den 
nnfdger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  Nein  Atelier  In  Paris,  ßue  St.  Lazara  113. 

4)  Das  englische  Patent  Nadars,  Nr.  2425,  für  seine  Bai  Ion  Photographie  ist 
v«m  29.  Oktober  1858  datiert. 


Erster  Teil.    NeuDondKWBDüigates  Kapitel. 

Die  Austilhrung  der  BalionphotograpLie  bereitete  Nadar  großai 
Schwierigkeiten;  er  arbeitete  mit  dem  nassen  Kollodium  verfahren  und 
versuchte,  in  einer  kleinen  photographischen  Dunkelkammer,  welche 
durch  ein  orangegelbes  Leinwandfenster  erhellt  war,  im  Luftballon  seine 
Platten  zu  präparieren;  das  Schwefelwasserstoff  haltige  Wasserstoffgas, 
mit  welchem  sein  Ballon  gefüllt  war,  wirkte  neben  anderen  Mißständen 
schädlich  auf  die  gosilberten  Kollodi umplatten.  Trotzdem  gelang  ihm 
die  Photographie  des  Dorfes  Petit  ßicetre,  an  welcher  man  trotz  aller 
Flecken  und  kleinen  Fehler  im  Negativ  deutlich  die  Häuser  erkennen 
konnte.  Damit  war  das  Problem  der  aerostatischen  Photographie  durch 
Nadar  praktisch  gelöst. 

Nadar  wurde  1859  eing»< 
laden,  die  Bai  Ion  Photographie 
italienisch -französischen  Krieg  dl 
niilitärisohen  Zwecken  dienstbi 
zu  machen,  er  fühlte  sich  jedoch 
teils  seines  Verfahrens  nicht  genug 
sicher,  um  diese  Operationen  im 
Feldzuge  einleiten  zu  können,  teils 
wollte  er  als  radikaler  Republi- 
kaner dem  Kaiser  Napoleon  lU. 
hei  seinem  Feldzugc  nicht  folgen. 
Dagegen  wurde  im  amerikaniscbea 
Sezessionskrieg  im  Jahre  1861 
von  den  Amerikanern  mit  Erfolg 
der  Luftballon  zur  Erkennung  der 
F[    S3    i.n   .iitj  Peiii  T^uinnchoii  feindlichen     Stellungen     benutzt, 

^•eniinni  Nn.inr.  nachdem   General   Mac   Clellaa 

die  Luftschiffer  LaMontain  und 
Allon  gewonnen  hatte.  Im  Jahre  1862  wurde  auch  die  Photographie, 
durch  die  Ünionisten- Armee  zu  Rekognoszierungen  vom  Ballon  auB' 
herangezogen')  und  zwar  im  Mai  1862,  als  sie  vor  Richmond  lag.  "Sa 
wurden  von  der  Aufnahme  des  Terrains  zwei  Abdrücke  gemacht,  jedw 
derselben  in  64  numerierte  Vierecke  zerschnitten:  ein  Exemplar  erhielt 
der  General  Mac  Clellan,  das  andere  die  Luftschiffer.  Am  1.  Juai> 
1862  stieg  der  Ballon  350  m  über  das  Schlachtfeld,  setzte  sich  tele*.j 
graphisch  mit  dem  Generalqnartier  in  Verbindung  und  rapportierte 
der  Hand  der  photographischen  Karten  genau  die  Bewegungen  dw' 
Feindes.  Zum  Erfolg  des  Generals  Mae  Clellan  trug  wesentlich  dii 
Anwendung  des  Luftballons,  der  Photographie  tmd  Telegraphie  bei- 


■ch  I 

4 

4 


nutzte  den  Luftballon  Henri  Giffard,  weK'her  beim  Hippodrom  in 
Paris  anter  der  Leitung  Ärnauds  stand.  Dieser  Ballon  captif  konnte 
sich  bis  200  m  Höbe  erheben  und  Nadar  erzielte  von  ihm  aus  schöne 
präzise  Photographien  des  Triuntphbogetis  in  Paris  mit  den  umgehenden 
StraSenzttgen.  Diese  Leistungen  waren  entschieden  das  Beste,  was  in 
dieser  Richtung  mit  dem  nassen  Kollodiumvorfahren  erreicht  wurde. 

Mit  der  Gelatinetrockenplatte  gestaltete  sich  der  Arbeitsvorgang 
weseDtlich  einfacher.  Die  ersten  Versuche  mit  solchen  Platten  und  dem 
frei  fliegenden  Ballon  machte  Triboulet  am  8.  Juli  1879  in  einer 
Höhe  von  500  m  über  Paris;  leider  öfTneten  die  Zollbeamten  der  Pariser 
ZolUnie  die  Kassetten,  um  den  Inhalt  zu  revidieren  und  vernichteten 
dadurch  seine  Aufnahmen.  Die  ersten  erfolgreichen  Aufnahmen  im 
freien  Baiion  stellte  am  14.  Juni  1880  Desmarets  her,  welcher  mit 
einem  Apparate  von  24  cm  Fokus  und  Momentverschluß  die  ersten  ge- 
lungenen Negative  auf  Brorasilbergelatineptalten  erhielt.  Es  folgten 
dann  V.  Shadboidt  und  W.  Dale  (1883)  in  England,  Tissandier 
ond  G.  J.  Ducom  {19.  Juni  1885)  in  Frankreich,  V.  Silberer  in  Wien 
(16.  September  1885)')  und  andei-e;  A.  Batut  versuchte  1887  die  „Photo- 
graphie aSrienne"  mittels  eines  Drachenfliegers,  an  dem  er  eine  Kamera 
in  die  Lufl  steigen  ließ-)  und  daran  schlössen  sich  zahlreiche  Arbeiten 
der  neuesten  Zeit  an. 


1)  Phot.  Eorresp.  188ö.  S.  388.  —  Tu  der  Wiener  ,,Allg.  Sportzeitung'-  Nr,  30 
vom  25.  September  188.'),  S.  895,  sowie  in  oineni  der  Nr.  48  vom  28.  November  1886 
beigegebeDeD  Separatdnicke,  S.  1—4,  verficht  V.  Silberer,  der  Herausgelwr  dieser 
Zeitung,  Heine  Priorität,  in  Österreich  diu  erste  Bai  Ion  Photographie  hergestellt  zu  haben. 

2)  La  Natnr«,  2(J.  Februar  1887. 


DREISSIOSTES  KAPITEL. 

BEOMSILBEEÖELATINE, 


Die  Versuche  Poitevins  (1850)  Leim  als  Bindemittel  für  Silber- 
salze im  Negativprozeß  zu  verwenden  (s.  S.  260),  waren  so  ziemlich 
erfolglos  geblieben.  Auch  die  im  Jahre  1853  von  Gaudin  ausgesprochene 
Idee,  Emulsionen  mit  verschiedenen  Bindemitteln,  unter  anderem  auch 
mit  Gelatine  herzustellen  (s.  S.  279),  brauchte  lange  Jahre  zur  Ver- 
wirklichung. Es  war  vorerst  die  Erkenntnis  der  Tatsache  notwendig, 
daß  das  Bromsilber  (nicht  Jodsilber)  den  Hauptbestandteil  solcher 
Emulsionen  bilden  muß,  ferner  daß  die  große  Lichtempfindlichkeit  des 
Bromsilbers  nur  mit  chemischen  Entwicklungsprozessen  (wie  alkalisches 
Pyrogallol)  zur  Geltung  komme.  Dann  erst  war  es  möglich,  daß  die 
Verwendung  der  Gelatine  (an  Stelle  des  Kollodiums)  als  Bindemittel  bei 
der  Emulsionierung  des  Bromsilbers  vollen  Erfolg  haben  konnte.  Aber 
gerade  diese  Erkenntnis  wurde  erst  spät,  nach  vielen  mißlungenen  Vor- 
versuchen, gewonnen. 

W.  H.  Harrison  veröffentlichte  im  Jahre  1868  in  seinem  kurzen 
Artikel  „The  Philosophy  of  Dryplates"  (Brit  Journ.  of  Phot  17.  Januar 
1868)  halb  mißlungene  Versuche  mit  Bromjodsilber,  das  er  in  Gelatine 
emulsifizierte,  damit  Platten  übergoß,  trocknete  und  mit  alkalischem 
Pyrogallol -Entwickler  entwickelte.  Er  bemerkte  aber,  „das  Bild  kam 
schnell,  war  von  großer  Intensität,  aber  die  rauhe  und  unebene  Ober- 
fläche der  Schicht  machte  es  wertlos".  Er  versuchte  durch  Vermehnmg 
des  Gelatinegehaltes  seine  Emulsionen  zu  verbessern,  konnte  aber  dann 
kein  Bild  erhalten  —  ein  Beweis,  daß  er  schlecht  experimentierte 
und  durch  die  Publikation  seiner  Mißerfolge  eher  von  weiteren  Ver- 
suchen mit  Gelatine -Emulsion  abschreckte  und  nach  dieser  Sachlage 
wohl  nicht  Anspruch  auf  einen  Förderer  und  noch  weniger  auf  einen 
Erfinder  der  Gelatinetrockenplatten  erheben  kann. 

W.  Jerome  Harrison  erwähnt  mit  großer  Genauigkeit  in  seiner  «Histoiy  of 
Photography*^  1888.  S.  59,  dieser  nur  balbgelungenen  Erstlingsarbciten  W.  H.  Harri- 
so ns  mit  Bromsilbergelatine.    C.  Schien  dl  bemächtigte  sich  dieser  Angabe  Harri- 


BromHÜbergelatiDe.  295 

Bons  und  Terschwieg  die  wahre  Quelle,  aas  welctier  er  schöpfte.  Er  begnfigte  sich 
aber  nicht,  seinen  Voi;gIiiger  (ohne  ihn  zu  zitieren)  abzuschreiben,  sondeni  schoB 
Übers  Ziel,  indem  er  W.  H.  Harrisons  Verdienste  um  die  Erfindung  der  Oelatine- 
EmoltiOD  übeischStzte.    Eder. 

Als  Erfinder  der  modernen  Bromsilbergelatine- Emulsion  muß  der 
englische  Amateurphotograpb,  der  Arzt  Dr.  B.  L.  Maddox  bezeichnet 
werden.')  Richard  Leaoh  Maddox  (*  4.  August  1816  in  Bath  in 
England,  f  11.  Hai  1902  in  Fortsmouth)  stndierte  in  England  Medizin, 
lebte  einige  Jahre  in  Eonstantinopel,  -wo  er  als  praktischer  Arzt  tätig 
war  and  sich  1849  verheiratete.  Er  ging  dann  nach  England  zurück, 
be&ßte  sich  mit  Mikrophotographie  und  erhielt  1853  von  der  Fbotogra- 
pfaiscfaen  Gesellschaft  in  London  und  1865  bei  der  Internationalen  Aus- 
stellung in  Dublin  Medaillen  fflr  seine  Mikrophotographien.  Während 
seiner  Tätigkeit  als  Arzt  in  England  arbeitete  Maddox  auch  emsig  als 
Amatettrphotograph.  Er  schrieb  eine  Heihe  von  Artikeln  photographi- 
schen Inhalts  für  The  British  Journ.  of  Phot,  dessen  Herausgeber  sein 
Frennd  war;  seine  wichtigste  Mitteilung  war  aber  jene  über  gelungene 
Versuche  mit  Bromsilbergelatinetrockenplatten. 

Am  8.  September  1871  richtete  R-  L.  Maddox  die  erste  Notiz  über 
die  Darstellung  von  BromsUbergelatine-Emulsion  an  das  British  Journal 
of  Photography  and  händigte  gleichzeitig  dem  Herausgeber  dieses  Journals, 
Herrn  Taylor,  einige  Negative  (Landschaften,  Ansichten  usw.]  eio,^) 
welche  nach  dem  neuen  Verfahren  hergestellt  waren  und  die  erst^i  ge- 
langenen  Versuche  mit  Bromsilbergelatine- Trockenplatten  repräsentieren. 

Dr.  Maddox  zog  aus  seiner  Erfindung  nicht  den  geringsten 
pekuniären  Nutzen  und  befand  sich  in  den  letzten  Jahren  seines  Lebens 
in  keineswegs  glänzenden  Verraögensverhättnissen ,  so  daß  die  englischen 
Photographen  und  Amateure  ihm  ein  Ehrengeschenk  von  8000  Mark 
widmeten.  Er  erntete  die  dankbare  Anerkennung  der  Fachgenossen, 
zuletzt  namentlich  anläßlich  der  Überreichung  der  „Progress-Medal" 
der  London  Royal  Fhotogr.  Society  1901.  Ein  Jahr  darauf  starb  Maddox 
im  86.  Lebensjahre  in  Portsmouth,  Grafschaft  Southampton  (England). 
Kg.  84  zeigt  das  Porträt  Maddox'  nach  einer  Heliogravüre,  welche 
dem  III.  Bande  (Auflage  1886)  von  Eders  Ausführlichem  Handbuch 
der  Photographie  beigegeben  war. 


1)  Über  Dr.  K.  L.  Maddox  und  die  Erfindung  der  Gelatine-Emulaionsplatien 
siehe  auch  „Photography"  (190i.  S.  56,  mit  Forträt).  Vcrgl.  auch  W.  Jerome  Harii- 
son,  ,A  Hiatory  ot  Photography".  Bradtord  1888.  Femer  Brit.  Jouro.  of  Pliot.  1901. 
8.  425. 

2)  Brit.  Journ.  of  Phot.  1871.  Bd.  18,  S.  422;  auch  Phot.  Korresp,  1874. 
Bi  11,  3.  124. 


296  Erster  Teil.    DreiUigstes  Kapitel. 

Es  dauerte  zwei  Jahre,  bisMaddox'  Erfindung  von  anderer  Seite 
neu  aufgegriffen  und  verbessert  wurde.  King  gab  am  14.  November 
1873')  eine  nähere  Bei%chreibung  des  Gelatine -EmulRiunsprozesses  und 


g.xi     H  L.  UhJ 


führte  das  Auswaschen   der  löslichen  Salze  aus   der  Gelatine-Emalsion 
ein.     In  derselben  Nummer  der  Zeitschrift  empfahl  Johnston  das  lös- 

1)  Bril,  Joiira,  o[  l'liot.  1873.  Bd.  20.  S,  512:  aiieli  Phot.  Korreap.  1874.  Bd.  11, 
S.  12d;  spater  ausführliclier  Brit.  Journ.  of  i'hot.   1871.   Hd.  21 ,  S.  294. 


als  hochwichtig  anerkannt  und  als  Regel  bei  der  Herstellung  von  Ge- 
latine-Emulsion  in  der  Folge  festgehalten. 

Durch  Burgess  wurde  die  erste  Gelatine -Emulsion  im  Juli  1873 
in  den  Handel  gebracht;  sie  war  im  British  Journal  of  Fhutography 
vom  25.  Juli  1873  annonciert.  Die  Formel  zu  dieser  Emulsion  wurde 
damals  von  Burgess  nicht  bekannt  gegeben.  Ihm  gebührt  aber  das 
Verdienst,  der  erste  gewesen  zu  sein,  welcher  wirklieb  Gelatine- Emul- 
mon  in  einer  praktisch  entsprechenden  Qualität  herstellte. 

Von  da  ab  wurden  die  damals  noch  keineswegs  rapiden  Brom- 
silbei^latineplatten,  welche  an  Empfindlichkeit  mehr  oder  weniger  jener 
einer  nassen  Kollodiumplatte  gleichkamen,  namentlich  in  England  ver- 
snchsweise  zu  Landschaftsaufnahmen,  ab  und  zu  auch  zu  Forträtaiif- 
nahmen  verwendet. 

Das  allgemeine  Interesse  wurde  durch  den  Papst  Leo  XIIL  1877 
auf  die  Trockenplatte  gelenkt 

Es  war  nämlich  eioe  diT  ersten  pralitisohen  Leistungeo  der  B romsil berge latine- 
photograpbie,  daG  man  Papst  Leo  XIII.  nebst  Gefolge  im  Garten  des  Vatil>anii  in  Rom 
anf  einer  derartigen  Platte  im  Zeitraum  von  einer  Sekunde  aufiiabm.  Dos  Bild  gelang 
TortrefflJch  and  befriedigte  den  Papst  so,  dal!  er  es  durch  folgendes  latoinisclie  Gcdiubt") 
aosieicbnetei 

Ars  photographiea. 
Expressa  solis  speculo 
Nitens  imago,  quam  bene 
Frontis  decus,  vim  luniinum 
Refert  et  oiis  gratlani! 
0  mira  virtus  ingenü 
Novmiique  nionstmnil  iniaginem 
Naturae  Apelles  aomulus 
Non  pulchriorem  pingeret. 
Diese  schönen  lateinischen  Verse  lauten  in  deutscher  Chersetzung  etwa  so : 
Die  photugraphische  Kunst. 
Vom  Sonnenspiogel  hingelioucbt 
Erscheint  ein  glänzendes  Bild,  wie  schön 
Strahlt  es  die  Stirn,  das  Augenlicht, 
Des  Mundes  Anmut  hold  zurück! 
0  wunderbare  Geistesmacht! 
Ein  neu  Gebilde  der  Natur, 
TVie  selbst  Apellcs'  Meisterhand 
Es  schöner  nicht  hervorgebracht! 


1)  BriL  Jonm.  ot  Phot.    1873.   Bd.  20,   S.  544;   auch  Phot.  Korresp.    1874. 
Bd.  11,  S.  126. 

2)  PhotographiscBea  Archiv,  22.  Band.  1881.  S.  120. 


298  Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 

Mittlerweile  wurden  die  chemischen  Vorgänge  bei  der  Erzeugung 
von  Bromsilbergelatine  und  die  Mittel,  ihre  Empfindlichkeit  zu  steigern, 
genauer  studiert. 

Bennett  teilte  am  29.  März  1878  mit,  daß  eine  Emulsion  durch 
eine  andauernde  Digestion  bei  32  Orad  C.  an  Empfindlichkeit  bedeutend 
gewinnt,^)  oder,  wie  man  sagte,  daß  dadurch  „die  Emulsion  reift**. 

Van  Monckhoven  zeigte  im  August  1879,^)  daß  die  Steigerung  der 
Empfindlichkeit  der  Bromsilber- Emulsion  bei  andauernder  Digestion  mit 
einer  molekularen  Änderung  verknüpft  sei.  Er  führte  bei  dieser  Gelegen- 
heit die  früheren  Angaben  von  Stas  (1874)  über  die  verschiedenen  Modi- 
fikationen des  Bromsilbers  an  und  machte  die  belangreiche  Entdeckung, 
daß  das  Reifen  des  Bromsilbers  durch  Ammoniak  wesenüich  beschleunigt 
wird.  Die  ammoniakalische  Methode  wurde  dann  von  J.  M.  Eder  aus- 
gebildet, durch  dessen  Untersuchungen  1880  die  Methode  mit  Silberoxyd- 
ammoniak zur  Ausführung  geeignet  gemacht  virurde.  Eder  machte  auch 
im  selben  Jahre  den  günstigen  Einfluß  von  Ammoniak  und  kohlensaurem 
Ammoniak  auf  das  Reifen  der  Emulsion  in  der  Kälte  bekannt;  er  ließ 
1881  nach  seinen  Angaben  sogenannte  harte  Oelatinesorten  erzeugen 
(zuerst  von  der  Gelatinefabrik  in  Winterthur),  welche  namentlich  von 
Deutschland  aus  rasche  Verbreitung  bei  der  Herstellung  von  Emulsionen 
fanden  und  wegen  ihrer  größeren  Widerstandsfähigkeit  große  Vorteile 
gegenüber  den  weichen  englischen  Gelatinesorten  boten.  Im  Jahre  1882 
gab  Hendorson  eine  kalte  Emulsionsmethode  an.  Die  Siede-Emulsion 
wurde  besonders  durch  Abney  studiert  und  in  England  kultiviert,  während 
die  ammoniakalische  Methode  in  Deutschland,  Osterreich  und  Frankreich 
Eingang  fand.  Es  vermehrten  sich  die  anfangs  vereinzelten  Fabriken  in 
allen  Ländern  und  schon  zu  Beginn  der  achtziger  Jahre  entstanden  höchst 
leistungsfähige  Trockenplattenfabriken,  welche  sich  zu  Großbetrieben  ent- 
falteten und  für  deren  Betrieb  Millionen  von  Mark  investiert  worden. 

Um  diese  Zeit  (zirka  1880)  verschwand  ziemlich  vollständig  die 
nasse  Kollodiumplatte  aus  den  Ateliers  der  Porträt-  und  Landschafts- 
photographon  und  blieb  nur  mehr  in  photographischen  Eeproduktions- 
anstalten  in  Anwendung. 

Entwickler  und  Fixierer  für  Bromsilbergelatine. 
Anfänglich  entwickelte  man  Bromsilbergelatine-Troekenplatten  aus- 
schließlich mit  Pyrogallolammoniak- Entwickler,  welchen  man  von  dem 
Kollodiumverfahren  übernommen  hatte,  dann  kam  der  Eisenoxalat-Ent- 
Wickler  in  Verwendung. 

1)  Brit.  Joura.  of  Phot.  1878.  Bd.  25,  S.  146;  auch  Phot  Korresp.  1878  u.  1879. 

2)  Bull.  Soc.  Fran^.  1879.  Bd.  25,  S,204;  auch  Phot.  Korresp.  1879.  Bd.ie,  8.149, 


BromsilbergeUtiDe.  299 

Bereits  1877  hatte  Carey  Lea  für  JodbromchlorBilberpapiere  (keine 
EmnlsioQ)  veiscbiedene  EDtwicklersubstanEen  und  besooders  wirksam 
das  Ferroozalat  gefunden.')  Er  löste  gefällteB  Perrooxalat  in  kochender 
Ealiamoxalatlösung  und  erklärte  es  fdr  wenig  empfehlenswert,  Eiaen- 
Titriol  mit  Ealiumoxalat  zu  mischen  und  empfahl  1880  verschiedene 
komplizierte  Eisen -Entwickler,  weiche  neben  Oxalat  noch  Phosphate, 
Salfite,  Borate  usw.  enthielten,*)  da  ihm  entgangen  war,  daß  die  beste 
Wirkung  der  einfache  Eisenoxalat- Entwickler  abgebe.  Eder  zeigte  im 
NoTemher  1879,  daß  das  Gemisch  von  Lösungen  von  Eisenvitriol  und 
Ealiumoxalat  trotz  des  durch  Doppetzereetzung  entstehenden,  jedoch  indifFe- 
renten  Ealiumsulfates  die  beste  Wirkung  zum  Entwickeln  von  Getatine- 
trockenplatten  abgibt;*)  die  Einführung  dieses  leicht  zu  behandelnden 
Entwicklers  leistete  der  Verbreitung  der  Gelatinetrocken  platten  damals 
starken  Vorschub*)  und  es  blieb  Eders  Oxalat-Entwicklor  als  Normal- 
Entwickler  für  photographische  Sensitometrie  bis  heute  in  Verwendung. 

Es  wurde  auch  der  Pyrogallol- Entwickler  verbessert,  indem  im 
Jahre  1882  Berkeley  schwetligsaures  Natron  im  Pyrogallol -Entwickler 
eittf&hrte,  und  im  Jahre  1887  brach  sich  das  von  Abney  bereits  1880  in 
photographischer  Beziehung  untersuchte  Hydrochinon  als  Entwickler  in 
der  Praxis  Bahn.  Die  ersten  Angaben  über  den  Einfluß  der  Isomerie 
der  vom  Benzol  sich  ableitenden  Entwickler  auf  ihr  photographisches 
Entwicklervermögen  rühren  von  Eder  und  T<5th  (1880)  her,  welche 
die  photographiscben  Entwickler-Eigenschaften  der  drei  isomeren  Ver- 
bindungen Hydrochinon,  Brenzkatechln  und  Resorzin  feststellten^) 
und  den  alkalischen  Brenzkatechin-Entwickler  als  Entwickler  von  Broni- 
silberplatten  einführten;  hiermit  war  von  den  letztgenannten  zum  ersten 
Male  festgestellt,  daß  die  Para-  und  Orthostellung  der  Hydroxylgruppen 
eine  größere  Entwicklerfunktion  äußert  als  die  MetaStellung. 

In  der  Folge  wurden  weitere  Fortschritte  in  der  Entdeckung  neuer 
organischer  Entwickleisubstanzen  gemacht,  namentlich  von  Andresen 
in  Berlin  mit  der  Entdeckung  der  Entwicklerfunktion  von  Amidover- 
bindungen.  Den  ersten  Schritt  machte  die  Berliner  Aktiengesellschaft 
Ar  Anilinfabrikation  mit  der  Einführung  des  Eikonogen-Entwicklors 
(amidonaphtolsulfosaures  Natrium)  durch  Dr.  Andresen  im  Jahre  1880. 

1)  Brit.  Journ.  of  Phot.  1877.  S.  192  u.  304;  auch  l'hot.  Archiv.  1877. 

2)  Ibid.  1880;  Phot.  Archiv.  1880.  S.  104. 

3)  Phot  Korresp.  1879.  S.  223.  —  In  einem  Schreiben  vom  7.  Mai  1880  an 
das  Brit  Jonrn.  of  Phot  gab  Lea  zu,  daß  dasGomisch  von  Eisenvitriol  und  Kali  um- 
oxalat  den  anderen  bomplizierteren  Eisen -Entwicklern  vorzuziehen  sei. 

4)  üiea  erwähnt  unter  anderem  auch  H.  W,  Vogel  in  den  ,Photogr.  Notizen». 
1880.  S.  1. 

ö)  Pbotogr.  Korresp.   1880.  8.  191. 


300  Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 

In  rascher  Reihenfolge  geschah  die  Entdeckung  des  Metol,  Glyzin 
und  Amidol  1891  durch  Hauff  in  Feuerbach,  des  Paramidophenol 
(Andresen  1888),  der  Adurole  durch  Lüppo  Gramer  (1899),  sowie 
der  zahlreichen  neuen,  vortrefflichen  Entwicklersubstanzen,  wobei  sich 
außer  den  genannten  Firmen  noch  Schering  in  Berlin  und  Luraidre 
in  Lyon  betätigten.  Die  Tiieorie  dieser  Entwicklersubstanzen  wurde 
besonders  durch  Andresen,  dann  auch  durch  Lumiöre  und  Seyewetz 
begründet  und  wissenschaftlich  vertieft. 

Der  Fixierprozeß  wurde  durch  die  Einführung  der  sauren  Sulfite 
ins  Fixierbad  (A.  Lainer  in  Wien  1889)^)  gefordert,  was  namentlich 
zur  Verhinderung  der  bei  organischen  Entwicklern  leicht  entstehenden 
Gelbschleier  von  Wert  war  (vergl.  andere  Verbesserungen  Bd.  III  dieses 
„Handbuches"). 

Einführung  der  Films. 

In  den  letzten  Jahren  wurde  durch  Einführung  biegsamer,  leichter, 
unzerbrechlicher  Films  der  Photographie  auf  Reisen,  sowie  den  kine- 
niatographischen  Aufnahmen  großer  Vorschub  geleistet. 

Das  Arbeiten  mit  Glasplatten  ist  bei  Eeisen,  ihres  hohen  Gewichtes 
wegen,  beschwerlich.  Das  alte  „Negativpapier",  welches  wegen  seines 
geringen  Gewichtes  unleugbare  Vorteile  bot,  versuchte  man  bereits  in 
den  achtziger  Jahren  durch  biegsame  „Films"  aus  Kollodium  und  ge- 
härteter Gelatine  zu  ersetzen.  2) 

Uoodwin  reichte  1887  ein  amerikanisches  Patent  auf  solche  Films 
ein,  erhielt  aber  das  Patent  zufolge  mannigfacher  Streitigkeiten  erst 
1898.  Andererseits  befaßten  sich  auch  Eastman  und  Walker  mit  der 
Erzeugung  von  Eollfilms,  welche  sie  1888  in  größeren  Mengen  auf 
den  Markt  brachten,  nachdem  sie  die  ersten  Gießmaschinen  für  Films 
aufgestellt  hatten;  sie  verwendeten  zuerst  Zelluloidfolien  und  führten 
1890  die  Rollfilms  mit  Kollodiumgelatine- Unterlage  ein  (Kodakfilms). 
Von  da  ab  entwickelte  sich  unter  Beteiligung  verschiedener  Fabrikanten 
die  Photographie  mit  Films  für  Landschaftsaufnahme,  sowie  zur  Kinemato- 
graphie (s.  Bd.  III)  und  gewann  große  Bedeutung  in  der  angewandten 
Photographie. 

Auch  entsprechend  dünnes  Papier  mit  Bromsilbergelatine  über- 
zogen fand  um  1900  wieder  Aufnahme  in  die  photographische  Praxis, 
da  mittlerweile  die  Fabrikation  ziemlich  „strukturlosen"  Papieres  Fort- 
schritte gemacht  hatte. 


1)  Phot.  KoiTesp.  1880.  S.  171. 

2)  Vergl.  die  Details  dieser  Erfindung  Bd.  III,  3.  Aufl.,  S.  586.  —  Femer  Jahr- 
buch f.  Phot.  1903.  S.  476. 


Das  firomeilberpapier  gibt  bei  geeigneter  Behandlung  scböne 
schwärzliche  positive  Bilder,  weshalb  es  nicht  nur  für  Kontaktkopien, 
sondern  auch  im  Vergrößenmgs verfahren  vielfach  seit  zirka  1880,  beson- 
ders aber  gegen  Ende  des  19.  Jahrhunderts  verwendet  wurde. 

Um  die  Farbe  der  Bromsilberbilder  zu  ändern,  kamen  Tonungs- 
oder Färbungsmethoden  der  Bromsilber- Entwjcklungskopien  in  Anwen- 
dung. Sie  wurden  von  der  Verstäikungsmethode  der  Koltod lumnegative 
übernommen  und  zwar  die  braune  Urantonung  findet  ihren  Aus- 
gangspunkt in  der  Seileschen  Methode  der  Verstärkung  von  Kottodium- 
negativen  (s.  S.  268),  während  die  Blau-  und  Grüntonung  mit  rotem 
Blutlaugenaalz  und  Eisenchlorid  usw.  auf  die  Angaben  von  Eder  und 
T<ith  (Phot  Korresp.  1876.  S.  201  u.  221)  zurückzuführen  sind,  welche 
zuerst  angaben,  daß  ein  derartiges  Gemisch  auf  metallische  Silberbilder 
anter  Bildung  von  Berünerblau  reagieren.  Die  diesen  Farbungs-  und 
Verstärkungsmethoden  zu  Grunde  liegende  chemische  Keuktion  des  roten 
Blutlaugensalzes  auf  metallisches  Silber  steüle  zuerst  Eder  (Phot.  Korresp. 
1876.  S.  26)  fest,  nämlich  die  primäre  Umwandlung  von  Ferricyaniden 
in  Ferrooyanide;  daran  schlössen  sich  neuere  Tonnngsverfahren  von 
Namias,  Ferguson  usw.  (s.  Bd.  III,  5.  Aufl.,  S.  545  u.  636). 

Das  Bromsilbergel tttinepapier,  als  Mittel  zum  Schnell- 
kopieren  und  der  raschen  Herstellung  von  positiven  Bildern,  begann 
um  das  Jahr  1880  in  der  photngraphischen  Praxis  sich  einzubürgern, 
insbesondere  beim  Vergrößerungsverfahren;  es  kam  sehr  erwünscht,  weil 
man  früher  (für  die  unempfindlichen  älteren  Papiere  mit  Gallussäure  oder 
saurem  Pyrogallol-Entwickler)  mit  kostspieligen,  enorm  kräftigen  künst- 
lichen Lichtquellen  (Oxyhydrogen-,  elektrisches  Licht)  arbeiten  mußte, 
sobald  die  „Solarkamora"  der  alten  Photographen  mit  direktem  Sonnen- 
licht nicht  zur  Verfügung  stand.  Beim  Bromsilbergelatinepapier  war 
nnr  ein  einfaches  Skioptikon  mit  Petroleumlicht  nutwendig  und  dies 
erleichterte  das  Vergrößerungsverfahren  sehr.  Als  im  Jahre  1884 
Walker  und  Eastman  die  erste  Gießmaschine  für  Bromsilbergelatinc- 
papier  aufstellten,  begann  die  Erzeugung  desselben  im  großen  und  zwar 
bald  in  verschiedenen  Ländern.  Für  Massenproduktion  war  die  Er- 
findung der  Kopierautoraaten  (Schnellkopiermaschine)  von  Bedeutung. 

Der  erste,  welcher  einen  den  Anforderungen  der  Praxis  entsprechen- 
den Kopierautomaten  konstruierte,  war  der  Ingenieur  Schlottcrhoß') 
in  Wien,  welcher  im  Jahre  1883  einen  Exponierautomaten  patentieren 

1)  Phot  Korresp.  1883.  S.  532-  1884.  S.  330.  —  Deut'^thes  Reichspalent 
Nr.  26620  vom  15.  April  1883. 


302  Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 

ließ,  bei  welchem  das  Vorbeischieben  des  empfindlichen  Papieres  und 
die  Exposition  mittels  eines  Uhrwerkes  erfolgt  und  als  Lichtquelle  so- 
wohl künstliches  als  Sonnenlicht  dient 

Arbeitete  er  mit  dem  weniger  empfindlichen  Chlorsilberpapier,  so 
konnte  Schlotterhoß  (*1852,  tl892)  im  zerstreuten  Tageslicht  und 
bei  elektrischem  Licht  400  bis  500  Kopien  in  der  Stunde,  bei  Gaslicht 
60  Kopien  in  der  Stunde,  bei  Cyanotypie  und  Platinotypie  30  Kopien 
im  direkten  Sonnenlicht  in  der  Stunde  anfertigen,  wonach  sie  entwickelt 
und  fixiert  wurden.  Diese  Maschine  stellte  der  Erfinder  beim  Fabrikanten 
photographischer  Papiere  Dr.  Just  in  Wien  auf  und  lieferte  versuchs- 
weise große  Auflagen  von  Serienbildem,  sowohl  auf  Bromsilber-  als 
auf  Chlorsilbergelatinepapier.  Damals  aber  fand  diese  Erfindung  wenig 
Verständnis;  es  fehlte  an  einem  entsprechenden  Absatzgebiete  für  die 
großen  Auflagen  von  derartigen  Entwicklungsbildern,  so  schön  sie  auch 
waren.  Auch  die  zum  ersten  Male  von  Schlotterhoß  1883  gemachte 
Anwendung  des  Schnellkopierverfahrens  in  der  Kriminalphotographie 
fand  keine  weitere  Förderung,  trotzdem  es  der  Wiener  Polizeidirektion 
1883  gelungen  war,  mittels  der  während  der  Nacht  in  Schlotterhoß' 
Maschine  illustrierten  Steckbriefen  die  Agnoszierung  und  Verhaftung 
eines  gefährlichen  Anarchisten  (Stellmacher)  herbeizuführen,  was  die 
Wiener  Polizeidirektion  wohl  sehr  freute;  aber  trotzdem  wurde  das  Ver- 
fahren damals  nicht  weiter  eingeführt  Auch  der  Kunstverlag  verhielt 
sich  damals  passiv  und  so  verlor  Schlotterhoß  mit  seiner  Erfindung 
sein  ganzes  Vermögen,  ohne  sie  selbst  in  den  praktischen  Betrieb  auch 
nur  einführen  zu  können. 

Der  Kopierautomat  wurde  in  Berlin  durch  die  Neue  Photogr. 
Gesellschaft  1893  zur  sogenannten  „Kilometerphotographie"  für  Illu- 
strationszwecke verwendet  und  gelangte  für  polizeiliche  Zwecke  im  Jahre 
1896  von  amtswegen  in  Paris  im  Erkennungsamte  durch  Bertillon 
zur  Durchführung. 

Chlorsilbergelatine  mit  Entwicklung. 

Das  Verfahren  der  Herstellung  von  Diapositiven  und  Papier- 
bildem  mittels  Chlorsilbergelatine  und  chemischer  Entwicklung  wurde 
von  J.  M.  Eder  und  G.  Pizzighelli,  zu  jener  Zeit  Hauptmann  an  der 
photographischen  Abteilung  des  k.  k.  technisch -admininistrativen  Militär- 
komitees in  Wien,  im  Jahre  1881  zuerst  angegeben.  Ersterer,  damals 
Assistent  am  chemischen  Laboratorium  der  Technischen  Hochschule  in 
Wien,  hatte  beobachtet,  daß  belichtetes  Chlorsilber  viel  rascher  von 
Ammoniumferrocitrat  geschwärzt  werde,  als  nicht  belichtetes,  und  hatte 
Pizzighelli  zum  gemeinschaftlichen  Studium  der  Chlorsilbergelatine  und 


m 


Chlorsilberkollodium  mit  chemischer 
Entwicklang  angeregt  Die  Ergeb- 
nisse waren  erfolgreich')  und  sie  be- 
legtes die  praktischen  Besultate  durch 
eine  Reihe  von  Diapositiven  in  der 
Wiener  photographischen  Ausstellung 
18S1,  wo  man  zum  ersten  Male  die 
roten,  dann  die  warmen  braunen  bis 
olivgrflnen  Farbentöne  des  Silberbil- 
des sah,  welche  dieses  Yerfahren  gibt 
Derartige  Chlorsilberplatten  stellten 
1883  Cowan,  dann  Edwards  in 
London  und  Dr.  Just  in  Wien  fabrik- 
mäßig her*)  unii  man  rerwendete  sie 
Tietfach  für  Diapositive.  Just  war 
der  erste ,  welcher  Chlorsilbergelatine- 
pt^ier  auf  Grund  von  Eders  und 
Pizzighellis  Angaben  erzeugte;  er 
kopierte  sie  bereits  1883  im  Schlot- 
terhoBschen  Eopierautoniaton  mit 
Chlorbrom  und  Fig.  85  zeigt  solche 
Proben  aus  der  damaligen  Zeit  Dann 
brachte  Liesegang  in  Dusseldorf 
„Panpapier",  d.  i.  Chlorsilbergelatine 
in  den  Handel  und  erst  1903  er- 
folgte in  Leipzig  (Linnekampfs 
„Aristophot- Gesellschaft")  die  Wie- 
dererstehung  des  Chlorsilber- Maschi- 
nen-Kopierverfahrens  fürZweckedes 
Kunstverlages,  indem  man  die  röt- 
lichen Bildtöne  zur  Geltung  brachte. 
Chlorbromsilbergelatine, 
welche  empfindlicher  als  reine  Chlor- 
sUbergelatine  ist,  aber  immer  noch 
viel  wärmere  braune  Töne  gibt  als 
reine  Bromsilbergetatine,  wurde  zu- 
erst von  J.  M,  Eder  1883  beschrieben 
und  in  „Phot  News"    1883.   S.  98 


ii 


■     *9^  ■ 


1)  SitzuDgsbcr.  d.  Kais.  Ibad.  d.  Wissenschafteo  in  Witio  1881.    Fbot.  Eorre- 
spoodeoz  1881. 

2)  Vergl.  Eders  Ansf.  Handb.  d.  Pliot.  Bd.  III,  5.  Aufl.,  S.  715  u.  741. 


304  Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 

zur  Herstellung  von  Entwicklungsbildern  empfohlen;  sie  eroberten  sich 
bald  das  Gebiet  der  Diapositiverzeugung  für  optische  Projektionen  mittels 
des  Skioptikons  und  fanden  sehr  große  Verbreitung  in  den  Kreisen  der 
Pachphotographen  und  Amateure.  Diese  Chlorbromplatten  für  Diapositive 
wurden  zuerst  in  England  fabriksmäßig  erzeugt  (vergl.  Bd.  III  dieses 
Werkes),  während  Eders  Chlorbrompapier  erst  sechs  Jahre  nach  dessen 
Publikation  von  englischen  Fabrikanten  als  „Alphapapier",  später  in 
Amerika  als  „Veloxpapier",  in  Deutschland  (Liesegang)  als  „Tula- 
papier",  als  „Lentapapier"  (Neue  Phot.  Gesellschaft  in  Berlin)  usw.  im 
großen  hergestellt  und  in  die  photographische  Praxis  eingeführt  wurde 
(s.  Bd.  III). 

Photographische  Serienbilder  und  Projektion  von  Serien- 
bildern (Kinematograph). 

Das  Bromsilberverfahren  ermögliclite  die  bequeme  Herstellung  von 
Momentaufnahmen  und  damit  auch  die  Herstellung  von  Serienbildem 
und  deren  Projektion,  wovon  schließlich  gegen  Ende  des  19.  Jahr- 
hunderts diejenigen  auf  langen  Zelluloidstreifen  die  meisten  Erfolge  er- 
zielten. Die  Anfänge  der  optischen  Darstellungen  von  Serienbildern 
reichen  weit  zurück. 

Die  erste  Vorrichtung  für  Reihenbilder  hat  Plateau,  Professor  der 
Physik  in  Gent  (*  14.  Oktober  1801  in  Brüssel,  f  ani  15.  September  1883 
in  Gent),  erfunden  und  die  Prinzipien  seines  Phenakistikop  oder 
Phantaskop  in  seiner  Dissertation:  Sur  quelques  propri6t6s  des  im- 
pressions  produites  par  la  lumiero  (Liöge  1829)  angegeben. 

Man  hat  auch  eine  Stelle  in  den  Dichtungen  des  alten  lateinischen 
Dichters  und  Naturforschers  Lucretius  Carus,  welcher  99  bis  65  v.Chr. 
lebte,  daiiin  gedeutet,  daß  derselbe  die  Wiedervereinigung  von  Reihen- 
bildern kannte.^) 

Die  betreflTende  Stelle  lautet: 

^QiukI  superest,  non  est  minim  simulaera  moveri 
hrachiaque  in  numerum  jactaro  et  cetera  membra; 
quippe  ubi  prima  perit  «iliu<[ue  est  altera  nata 
inde  statu,  prior  hie  gestum  mutasse  videtur; 
scilieet,  id  fieri  celeri  ratione  imtandumst.* 

Die  Übersetzung  lautet  etwa: 

„Wundere  sich  übrigens  nicht,  daß  IJilder  sich  scheinen  zu  regen, 
Scheinen  nach  Ordnung  und  Maß  Glieder  und  Arme  zu  werfen; 
Nämlich  das  eine  vei*sch\vind(jt,  und  kommt  statt  dessen  ein  andres 
Anders  gestellt,  und  nun  scheint  jenes  Gebärde  zu  ändern; 
Denn  es  versteht  sich,  daß  dies  im  schnellsten  Momente  geschehe.* 

1)  Sachers,  Phot.  Korresp.  1807.  S.  1. 


kannte  and  ~.  Aber  sie  sogar  eine  Notiz  pnblizierte:  „Sur  le  paBsage 
de  Lacröce,  oü  l'on  a  cru  voir  une  description  du  fantanscope"  (Bibl. 
ani¥.  S6r.  IV.  T.  XX.  1852). 

Durch  die  vage  Angabe  von  Lacrez  wird  jedoch  das  Verdienst 
Plateaus,  welcher  ein  sehr  verdienstvoller  Forseber  auf  dem  Gebiete 
der  Optik  war  und  infolge  Überanstrengung  seiner  Augen  im  39.  Jahre 
erblindete,  nicht  geschmälert 

Die  nächste  bedeutende  Verbesserung  machte  Simon  Stampfer 
(•18.  September  1792  zu  Windisch  Matrei,  Professor  der  praktischen  Geo- 
metrie am  polytechnischen  In- 
stitut in  Wien)  im  Jahre  18S4; 
er  beschrieb  die  strobosko- 
pischen  Scheiben  und  die 
damit  erzielten  optischen  Täu- 
scbongsphäaomene  in  den 
Jahrbüchern  des  Wiener  poly - 
teohnischen  Institutes  1834. 

Der  erste,  welcher  Serien- 
bilderinForm  von  Bewegungs- 
bildem  mittels  eines  Stamp- 
ferschen  „Stroboskopes"  an 
die  Wand  projizierte  und  da- 
durch einer  größeren  Anzahl 
von  Zuschauern  gleichzeitig 
Torführte,  war  Franz  vor 
Uchatius,')  der  spätere  Feld- 
marachall- Leutnant  und  Er- 
finder der  nach  ihm  benannten 

StahlbrOnzegeSchUtZe.  Der-  Pig.  Sf,      Fram  Freiherr  von  Ochstlus, 

selbe  legte  am  4.  April  1853  <•'*'"■  +"*«" 

(„Ber.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch. 

in  Wien"   1853,   S.  482)  das  Resultat  seiner  Versuche  vor,   welche  er 

im  Jahre  1845  im  Auftrag  des  Obersteu  von  Hauslaab  (Erzieher  der 

Söhne  des  Erzherzogs  Franz  Karl)  begonnen  hatte. 

Fraoz  Freiherr  von  Uchatiuh,  desseo  Porträt  in  Fig.  8K  gebracht  ist,  wurde 
1611  in  Iheresienfeld  bei  Wiener  Neustadt  in  N'ieder-ÖGterreicb  als  Sobn  eines  Straßen- 
mrätera  geboren.  Er  ließ  sieb  froiwillig  als  Unter -Kanonier  (1S29)  asttentiereoi 
•todierte  dann  im  Bombardier -Corps  Mathematik,  Mechanik  und  Chemie,  besnohte 


1)  Vergl.  0.  Volkmer,  Wiener  Phot.  Blätter  1897.  S.  92;  Sachera  ,Zut  Ge- 
der  objektiven  Dantellnng  von  Reihenbildern".  Phot.  Eorresp.  1897.  S.  1. 
,  BmdbDch  der  PhotOKnrhie.   I.  T«i1,   B.  ^nfl.  2i) 


306  Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 

später  das  Wiener  Polytechnikum,  kam  1841  in  die  GeschützgieBerei,  erfand  den 
^Uchatius-Stahl^  und  führte  die  Stahlbronze  (1879)  in  der  österreichisohen  Armee 
ein.  Uchatius  wurde  zum  Generalmajor  ernannt  und  in  den  Freihermstand  erhoben. 
Leider  ergaben  die  Versuche ,  Belagerungsgeschütze  größeren  Kalibers  aus  Stahlbronze 
zu  erzeugen,  einige  Anstände,  und  der  Versuch,  ein  28  Zentimeter -Kanonenrohr  zu 
erzeugen,  schritt  nur  langsam  vorwärts.  Diese  anscheinenden  Mißerfolge  und  eine 
Mitteilung  des  Reichskriegsministeriums,  daß  zur  Erzeugung  der  ganz  großen  Kaliber 
keine  Kredite  beim  Keichsrate  angesprochen  werden  können,  brachte  üohatius  so 
aus  der  Fassung,  daß  er  sich  am  4.  Juni  1881  das  Leben  nahm.  (Vergl.  Oberst 
vonObermayer,  „Geschichte  der  technischen  Militär- Akademie  1904;  femer  Frei- 
herr von  Lenz,  Uchatius.  "Wien  1903).  —  Für  uns  ist  der  von  üohatius  er- 
fundene „Apparat  zur  Darstellung  beweglicher  Bilder  an  der  Wand*'  von  besonderem 
Interesse.  Derselbe  war  nach  dem  Prinzip  der  stroboskopischen  Scheibe  konstruiert 
und  ist  von  Uchatius  1853  publiziert  worden. 

Die  Bilder  waren,  so  wie  die  der  Stampferschen  Scheiben,  auf 
einem  Kreise  angeordnet,  aus  freier  Hand  gezeichnet,  aber  transparent 
und  feststehend.  Yor  jedem  Bilde  befand  sich  ein  Objektiv,  welches 
dasselbe  auf  den  Schirm  projizierte,  sobald  das  Bild  durch  die  mittels 
einer  Kurbel  im  Kreise  bewegte  Lichtquelle  (Drummondsches  Licht) 
mit  Kondensorlinse  belichtet  wurde.  Der  Apparat  war  vom  Verfertiger, 
dem  Optiker  Prokesch  in  Wien  (Lairngrube  46,  jetzige  Gumpendorfer- 
straße  im  VL  Bezirke),  zu  beziehen.  Auch  der  Prestidigitateur  Döbler 
benutzte  einen  solchen  Apparat  bei  seinen  Projektionen. 

Es  wurden  ganz  nette  bewegliche  Bilder  erzielt,  welche  die  Aus- 
führbarkeit dieser  Methode  bewiesen;  durch  die  Einführung  der  photo- 
graphischen Serien  aufnahmen  und  Momentbilder  konnte  die  Methode 
später  vervollkommnet  werden;  Uchatius  ist  aber  ohne  Zweifel  der 
erste  Erfinder  derartiger  Kinematographen  gewesen. 

Im  Jahre  1864  erfand  Ducos  du  Hauron  in  Frankreich  eine 
Art  von  Kinematograph  (s.  S.  319),  welcher  aber  niemals  in  der  Praxis 
verwendet  wurde.  Über  Formen  des  alten  Zoetropes  findet  sich  ein 
Patent  der  Vereinigten  Staaten  vom  Jahre  1867,  Nr.  64117  und  (von 
Brown)  1869,  Nr.  93594.  Ch.  Wheatstone  hatte  schon  1870  einen 
Apparat  für  diesen  Zweck  konstruiert.  Später  konstruierte  Beynaud 
sein  „Praxinoskop"  (in  Paris)  um  das  Jahr  1882. i)  Allerdings  war 
der  Apparat  sehr  unvollkommen  und  die  Bilder  bewegten  sich  ruckweise. 

Inzwischen  machte  die  Herstellung  photographischer  Serienbilder 
bemerkenswei'te  Fortschritte  und  zwar  z  nächst  auf  dem  Oebiete  der 
Astrophotographie. 

Der  französische  Astronom  Prof.  Janssen  in  Paris  bediente  sioh 
der  Momentphotographie  zur  bildlichen  Darstellung  der  Positionen  dee 
Planeten  Venus  bei  seinem  Yorübergange  vor  der  Sonne.  Er  benutzte  im 

1)  Phot  News.  1882.  S.  675,  aus  „La  Nature*. 


Jfthre 1874  ( 

BeTolrer",  in  -weicii  auf  eine  sich  drehende  lichtempfindliche  Platte 
in  rascher  Anfeinanderfolge  eine  Anzahl  von  aebeneinander  befindlichen 
Uomentau&iahmen  gemacht  wurde.  Fig.  87  zeigt  eine  Serie  Ton  Fhoto- 
graphiea  der  Venus  während  ihres  Torüberganges  vor  der  Sonne  in  latei^ 
Tallen  tod  70  Sekunden  (Faksimile  nach  einer  Photographie  von  Janssen 
in  Harens  „Developpement  de  la  m^thode  grapbique.  Paris  1884".)') 

Die  ersten  STstematiBcben  in  r^elmäßigen  Intervallen  bergcBtellten 
Photographien  von  Menschen  oder  Tieren  in  Bewegung  machte  der 
Amerikaner  U n y bridge 
(dessen  Porträt  Fig.  88  zeigt) 
in  Kalifornien  durch  An- 
regung des  Oouvemeurs 
Leiand  Stanford.^  Er 
b^ann  seine  Versuche  auf 
den  Ztlchtereien  zu  Palo 
Alto  in  Kalifornien  im 
Jahre  1877  und  1878. 

Muybridge  ließ  ein 
Pferd  auf  einer  Rennbahn 
traben,  und  zwar  vor  einer 
Beihe  von  zwölf  bis  dreißig 
nebeneinander  befindlichen 
Kameras,  welche  automa- 
tisch arbeiteten,  wie  dies 
in  Fig.  8d  angedeutet  ist 
Auf  der  mit  Kautschuk  ge- 
plasterten  Rennbahn  wareo 

Fäden  gespannt,  welche  zum  Momentverschluß  der  Kamera  führten. 
Der  Verschluß   wurde  mittels  Elektrizität  in  Funktion  gesetzt,   sobald 


photographlwhen  Bei 


1)  8.  Eder,  Die  Monientphotographie ,  2.  Aufl.  Etile  a.  S.  1886.  S.  88. 

2)  S.  Eder,  Momentpliotograpliie ,  2.  Aufl.  1386.  S.  141.  Die  ältesteD,  sehr 
gelungenen  Serien  Photographien  Muybridges  erschieoea  in  dem  Werlie:  Animal 
looamotiaD.  An  electro-photographiQ  invoBtigiLtiDD  of  consecutire  pbasea  of  animal 
movemeots.  1872 — 1885.  ByEadweard  Huybridge.  Published  under  the  anapicea 
ot  the  ünivereity  o£  Penneylvania.  Plates.  Tlie  Plates  printed  by  tbe  Photo-Oravure 
Comptny.  Philadelphia  1867.  Autbora  Editioo,  welches  mit  zahlreicbeQ  OroB-Folio- 
Liehtdraoken  nach  diesen  Serien  Photographien  iUuEtriorl  ist  Eia  Exemplar  dieses 
Werkes  befindet  sich  in  der  Bibliotbeli  der  k.  k.  Staatsgenerbeschula  im  1.  Bezirk  in 
Wiea.  Eine  Neu-Auflage  dieses  Werkes,  mit  Autotypien  illustriert,  erschien  unter 
dem  Titel  „Aniuials  in  motion"  1899  in  London,  n'ovon  sich  auch  ein  Exemplar  in 
dar  Bibliothek  der  t.  k.  GraphisoheB  Lehr-  und  Versucbsanstalt  in  Wien  befindet 
[Hnybiidge  starb  am  8.  Uai  1904  im  74  Lebensjahr  (Phot.  'Wocheubl.  1904.  S.  175).] 

20» 


308 


Erster  Teil.    I)r«BigsteB  Kapitel 


das  Pferd  einen  dieser  Fäden  bei  seinem  Laufe  entzweiriß  oder  auch  nai 
berührte.  Dadurch  wurde  eine  Kamera  nach  der  anderen,  sobald  das 
Pferd  vorbeikan],  zur  Aufnahme  geöffnet  und  dreißig  aufeinanderfolgende 
Photographien  während  des  Laufes  erhalten.  Je  nach  der  Schnelligkeit  _ 
des  Tieres  folgten  die  Aufnahmen  in  Zwischenräumen  von  1  bis  '/loo  ^ 
künden  aufeinander. 

Neben  dieser  Reihe  automatisch  funktionierender  Kameras 
fanden  sich  fünf  andere,  welche  während  des  Experiments  an  ■* 
schiedenen  Stellen  der  Batu 
aufgestellt  waren.  Daduro 
erhielt  Muybrldge  verschieß 
dene    Ansichten    des   in   Bo* 


wegung  befindÜ 

Fig.  90  zei 

blieksbilder   des 

„Sallie  Gardner' 


ichen  Pferdes. 
igt  die  Augen- 
Rennpferdes 

welches  sich 


Iti  m  pro  Sekunde  bewegte 
und  in  Zwischenräumen  von 
Y,;  Sekunde  aufeinanderfol- 
gend aufgenommen  wurde. 
Im  Originale  sind  die  Kon- 
turen aber  nicht  so  scharf  wie 
in  unserer  nach  dem  photo- 
graphischen Originale  verkleU-_ 
uert  ausgeführten  Illustratioi 
—  Die  Richtigkeit  der  Muy 
brid  gesehen  Serienaufnaf 
men  wurde  anfangs  ang( 
zweifelt,  aber  mittels  desobf 
erwähnten  Reynaud sehen  „Praxinoskops"  wurde  der  Beweis  dej 
Korrektheit  erbracht. 

Muybridge  selbst  projizierte  im  MSrz  188Ü  in  der  Royal  Soci( 
in  London  seine  Bilder  mittels  eines  ähnlichen  Apparates,  welcher  duw 
elektrisches  Licht  beleuchtet  war.  Im  Jahre  1891  demonstrierte  May- 
bridge  diese  Bilder  in  Wien  und  Berlin  mittels  eines  Apparates,  welche 
von  ihm  selbst  konstruiert  und  verbessert  worden  war;  er  benutzte 
elektrisches  Ucht  Muybridge  projizierte  auch  seine  Bewegungsbilder 
(Diapositive)  auf  eine  große  Fläche  und  setzte  die  Serien  zu  kontinuier- 
lichen Bewegungsbtldern,  welche  allerdings  ziemlich  unvollkommen 
waren,  zusammen.  Muybridge  urdnete  seine  Diapositive  auf  einer 
Scheibe   nahe   der   Peripherie   an   und    ließ  sie  den   Projektionsappant 


«^ 


passieren.')  -j      .«gv,  *»  ^, . 

die  weit  empfindlicheren  BromsilbertrockenplatteD. 

Die  wissenschaftliche  Seite   der  Bewegungsbilder  kultivierte  ins- 
besondere der  fimzösische  Arzt  Jules  Marey,  Professor  am  College 


de  Franke  (*1830  zu  Beanne,  f  1904  in  Paris),  der  sich  speziell  der 
Physiologie  der  Bewegungen  beim  Menschen  und  bei  den  Tieren  wid- 
mete. Er  analysierte  nach  Bekanntmachung  der  Arbeiten  von  Janssen 
and  Uaybridge  die  Bewegungserscheinungen  bei  Menschen  und  Tieren, 
wozo  er  eigene  chronographische  Apparate    konstruierte.     Er  wendete 


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Tif.  90.    B«rianphati>«[ajihie 


»of  diese  sehr  verwickelten  und  sehr  flüchtigen  Vorgänge  die  mathe- 
matische Analyse  an  und  erfand  eine  Anzahl  höchst  sinnreicher  Apparate 
Kam  Registrieren  aller  Kegungen  des  Lebens:  der  Puls-  und  Herzschläge, 
der  Bew^ungen  der  Atemorgane,  Arterien,   Muskeln  und  des  Gehens. 


1)  Edars  Jahrbuch  f.  Phot.  1892.  S.  a&d.  —  Die  Erfolge  der  Muybridgoschett 
]^iÖ"kti<»ieD  von  photographischen  Sericnbildern  warea  aber  niclit  ganz  befriedigend 
(8.  Bruno  Hejer,  DeutBche  Phot-Ztg.  1891 ,  ,Über  Angenblicka-EeiheDaufnahmen"). 


310 


Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 


Er  erfand  1888  den  Chronophotographen ,  aus  welchem  später  der  Kinn 
matograph  entstand.  Marey  war  langjähriger  Vorsitzender  der  Soci6t6 
fran^aise  de  Photographie  und  nahm  lebhaften  Anteil  bei  der  Inszenie- 
rung der  photographischen  Abteilung  auf  der  Pariser  Weltausstellung  1900. 
Seine  wissenschaftlichen  Freunde  und  Verehrer  ließen  eine  ihm  gewidmete 
künstlerische  Plaque  prägen  (1902),  welche  sein  Bildnis  und  die  Symbolik 
der  von  ihm  erfundenen  Apparate  und  Forsch ungsreaul täte  zeigt.  Wir 
bringen  in  Fig.  91  und  92  die  Vorder-  und  Rückseite  dieser  Plaque.^ 

Sehr  gi'olle  Verdienste  um  den  Fortschritt  der  Serienphotographie, 
sowie  der  Momentphotographie  im  allgemeinen  erwarb  sich  0.  AnschütK 
in  Lissa  in  Posen,  später  in  Berlin  (s.  d.  Handbucli.   Bd.  I.  2.   S.  592). 


fr 

^H  0.  Ansch  (itz  wur  Berufsphotograph  und  hatte  sein  photographisches 

^H  Atelier  in  Polnisch  Lissa.    Er  vervollkommnete  die  Momentphotographie 

^B  durch   Einführung  des   (allerdings   nicht   von   ihm   erfundenen)   Schlitz- 

^H  verschlusses,   welcher  unmittelbar  vor  der  photographischen  Platte  an- 

^H  gebracht  war.     Er  befaßte  sich   1882  mit  Einzelmomentaufnahmen  und 

^H  erregte  1884  großes  Aufsehen  mit  seinen  Momentbildem  von  fliegenden 

^1  Tauben    und  Störchen,    welche    eine  damals   unerreichte  Deutlichkeit 

^H  und  ansehnliche  Größe  besaßen.*)    Er  schuf  dadurch  ein  enorm  wert- 

I    ^ 

L 


1)  Marey  schrieb  eine  groQere  Zahl  Werke  über  die  Bewegung:  Physiologie 
la  circaJRlioD  da  sang.  —  Da  mouvemeot  d&ns  los  foDctioDS  de  la  vie. 

La  machine  animocle  locomotioD  airieDoe  et  terresire.  —  Developjiement  de  U 
methode  giapbique  par  la  Photographie  (Paria  1884).  —  Le  vol  des  oiseaui.  —  L« 
locomotion  et  la  Photographie.  Paria  1886.  —  La  inoovoment,  Paris  1894.  —  Ljt 
chronophotographie.    Paria  1899.  —  Fonctioos  et  organes.    Paris  1902. 

2)  S.  Eders  Mo menl Photographie.   188fi.  2.  Äull.  S.  161. 


ToUcs  Material  für  das  Studium  des  Tierlebens  und  die  Mechanik  dea^ 
Hoges.  "Rg.  93  xeigt  die  Reprodnktion  einer  dieser  Originalphotograpfaien, 
velcfae   bahnbrechend    waren    fUr    die   weitere   Verrollkommnung   der 
Uomentpbotographie. 

Seit  1886  verlegte  sich  Anschütz  auf  die  Darstellung  von  Tieren 
tmdUenacheii  in  Bew^oQg  mittels  zuBammenhäDgenderSerienaafDahmen. 


Fif.  93.    Homentpliotogiiiphie  i 


eDd«  StorchM  vi 


Es  wurden  z.  B.  im  Auftrage  der  preußischen  Regierung  Pferde  in  ver- 
sohiedenen  Gangarten  (24  Aufnahmen  in  ^4  Sekunde)  aufgenommen; 
die  Original  au  FaahmeD  waren  sehr  klein  (2  bis  4  qcm)  und  wurden 
nachher  vergrößert  —  Die  optische  Bereinigung  dieser  Serienphoto- 
graphien  zu  „lebenden"  Bewegungsbildem  gelang  Anschütz  weitaus 
vollkommener  und  präziser  als  allen  seinen  Vorgängern.  Er  benutzte 
gleichfalls  Diapositive,  welche  allerdings  nicht  an  eine  Wand  projiziert, 
sondern  in  der  Durchsiebt  von  einem  größeren  Publikum  gleichzeitig 
betrachtet  werden  konnten.  Bei  der  ersten  Form  des  „elektrischen 
Scbnellaehers",  welchen  Anschütz  im  Jahre  1887  erfand  und  in  Berlin 
und  Wien  ausstellte,  waren  die  Keihenbilder  (Glasdiapositive)  kreisförmig 


312  Erster  Teil.    Dreißigstes  Kapitel. 

auf  einer  Stahlscheibe  angeordnet.^)  An  der  höchsten  Stelle  befand 
sich  eine  Opalscheibe,  hinter  welcher  mittels  einer  Geißlerschen  Röhre 
die  Beleuchtung  des  Bildfeldes  erfolgte. 

Diese  Art  der  elektrischen  Beleuchtungsvorrichtung  war  auch  bei 
der  neuen  Form  des  Anschützschen  Elektrotachyskops  (1890)  beibe- 
halten, während  die  Form  des  Stroboskops  geändert  wurde.  Statt  der 
rotierenden  Scheibe  ist  eine  rotierende  Trommel  (eine  Art  Rad)  ange- 
wendet, wodurch  einerseits  der  Apparat  handlicher  und  weniger  volu- 
minös wird,  und  anderseits  nebeneinander  verschiedene  Bilder  dem 
Beschauer  vorgeführt  werden,  während  bei  der  Scheibenform  bloß  eine 
Bilderserie  betrachtet  werden  konnte  und  dann  die  Diapositive  aus- 
gewechselt werden  mußten. 

Der  Elektrotachyskop  bestand  aus  einer  rasch  beweglichen  Trommel, 
auf  welcher  eine  Anzahl  durchsichtiger  Bromsilbergelatinebilder  (auf 
biegsamen  Blättern)  angebracht  war.  Die  Lichtquelle  (Geißlerscbe 
Röhre)  befand  sich  hinter  dem  Diapositive,  und  eine  zwischen  Licht- 
quelle und  Diapositiv  eingeschaltete  Milchglasscheibe  milderte  das  auf- 
blitzende Licht  der  von  dem  elektrischen  Funken  durchflossenen  Oeißler- 
sehen  Röhre. 2) 

In  der  neuesten  Zeit  wendete  man  sich  wieder  mit  durchschlagendem 
Erfolge  der  Projektion  photographischer  Serienbilder  zu.  Die  neueren 
Kinematographen  von  Edison,  Lumiöre  u.a.  sind  mit  Hilfe  von 
aufgerollten  Filmstreifen  erzeugt  und  die  populärste  und  verbreitetste 
Art  war  die  von  den  Gebrüdem  Lumiöre  in  Lyon  zu  Ende  des  19.  Jahr- 
hunderts ausgeführte  Konstruktion.  Später  folgten  mannigfache  Ver- 
besserungen und  Vereinfachungen  dieser  Apparate,  z.  B.  von  Ernemann 
in  Dresden,  welche  (sowie  verschiedene  Varianten  anderer  Erfinder)  in 
Eders  Jahrbüchern  für  Photographie  beschrieben  sind. 


1)  Eders  Jahrbuch  f.  Phot.   1888.  S.  176;  1891.   S.  35. 

2)  Vergl.  Eders  Ausf.  Haudb.  d.  Photogr. 


EINITNBDKEISSIGSTES  KAPITEL. 

DIE  PHOTO-ELEKTRISCHEN  FERNSEHER 


Die  ueaeren  Versuche  der  Übertragung  des  Linsenbildee  richteten 
sich  hauptsächlich  auf  die  Konstruktion  von  Eopiertelegrapbeo  usw., 
bei  welchen  au!  der  Aufnabmestation  eine  oder  mehrere  liehtempfind* 
liehe  Zellen  eingeschaltet  sind.  Die  Apparate  beruhen  auf  der  Ver- 
Snderung  des  Leitwiderstaodes,  auf  Fhotoelektrizität,  auf  radiophontschen 
'Wirkungen,  deren  historischen  Entwicklungsgang  R.  Ed.  Liesegang  in 
seinen  „Beiträgen  zum  Problem  des  elektrischen  Fernsehens"  (1899) 
schildert  Wir  wollen  hier  nur  von  dem  merkwürdigen  Verhalten  des 
Seleos  g^;en  Licht  sprechen.  Von  besonderem  Interesse  ist  die  h]nt- 
deckang  des  Einflusses  des  Lichtes  auf  das  elektrische  Leitungs- 
Termögen  des  Selens  und  anderer  Körper,  welche  das  „elektrische 
Pemseben"  ermöglichte.  Die  Übertragung  eines  optischen  Linsenbildes 
auf  weite  Distanzen  hat  Goethe  vorgeahnt,  er  schreibt  im  10.  Gesang 
seines  „Beinecke  Fuchs": 

.Höret  DUD  weiter  vom  Spiegel,  darin  die  Stelle  des  Glases 
Ein  Beryll  vertrat,  von  großer  Klarheit  uod  Schönheit, 
Alles  zeigte  sich  driun,  und  wenn  es  meilenweit  vorging, 
War  es  Tag  oder  Nacht." 

Dieses  Fhantasiegebilde  Goethes  sollte  im  19.  Jahrhundert  seine 
Verwirklichung  finden,  indem  man  vom  Selen  ausging. 

Das  Selen  wurde  im  Jahre  1817  von  Berzelius  entdeckt.  Es 
kommt  in  zwei  Ailotropien  vor,  nämlich  als  glasiges  oder  amorphes 
und  kristallinisches  Selen.  Glasiges  Selen  ist  ein  amorphes,  rötliches 
Faiver,  kommt  aber  auch  in  glänzenden,  dünnen  Platten  vor,  die 
rubinrot  durchscheinen.  Durch  Erhitzung  desselben  erhält  man  das 
kristallinische  Selen,  welches  eine  dem  Blei  ähnliche,  matte,  metallische 
Oberfläche  und  kristallinische  Struktur  bat. 

1852  wies  der  deutsche  Physiker  Hittorf  nach,  daß  die  metallische 
Kodifikation  ein  merkwürdiges  Verhalten  gegen  den  elektrischen  Strom 
zdge  und  die  Elektrizität  leite.     Er  bemerkte  ferner,  daß  das  Sonnen- 


314  Erster  Teil.    Einunddreißigstes  Kapitel. 

licht  auf  den  Übergang  des  glasigen  Selens  in  das  metallische  von 
großem  Einfluß  sei.  Letztere  Beobachtung  ist  für  die  folgenden  Unter- 
suchungen von  besonderem  Interesse. 

Willoughby  Smith  benutzte  im  Jahre  1873  das  Selen  wegen 
seines  hohen  Widerstandes  bei  einer  Methode  des  Messens  und  Zeichen- 
gebens während  der  Legung  von  unterseeischen  Kabeln.  Versuche  er- 
wiesen, daß  das  Selen  den  verlangten  Widerstand  in  vollem  Maße 
bietet  —  manche  Stücke  hatten  bis  1400  Millionen  Einheiten  — ,  einen 
Widerstand,  der  demjenigen  eines  von  der  Erde  nach  der  Sonne 
reichenden  Telegraphendrahtes  gleichkommen  würde.  Da  man  aber 
fand,  daß  der  Widerstand  außerordentlich  wechselnd  war,  mußten  Ver- 
suche gemacht  werden,  um  die  Ursache  dieser  Veränderlichkeit  zu 
bestimmen.  Hierbei  entdeckte  May,  Willoughby  Smiths  Gehilfe, 
daß  der  Widerstand  des  Selens  geringer  war,  wenn  es  dem  Lichte 
ausgesetzt  wurde,  als  wenn  es  im  Dunkeln  war. 

So  fand  er,  daß  das  Licht  die  elektrische  Leitungsfähigkeit  beein- 
flußt und  daß  man  die  moderne  Elektrotechnik,  z.  B.  auch  das  Telephon, 
in  den  Dienst  der  Lichtwirkung  stellen  könne.  Die  ersten  gelungenen 
Versuche  dieser  Art  bewogen  Smith  im  Jahre  1873  zu  folgender 
enthusiastischer  Äußerung:  „Mr.  Preece  hat  uns  erzählt,  daß  mit  Hilfe 
des  Mikrophons  das  Laufen  einer  Fliege  so  laut  gehört  werden  kann, 
daß  es  dem  Trampeln  eines  Pferdes  auf  einer  hölzernen  Brücke  gleicht; 
aber  ich  kann  Ihnen  etwas  erzählen,  was  nach  meiner  Ansicht  noch 
wunderbarer  ist,  nämlich,  daß  ich  mit  Hilfe  des  Telephons  einen  Licht- 
strahl auf  eine  Metallplatte  fallen  hörte." 

Werner  Siemens  entdeckte,  daß  es  gewisse  Formen  des  Selens 
gibt,  welche  außerordentlich  empfindlich  gegen  licht  sind,  so  daß  schon 
ganz  geringe  Licbtintensitäten  genügten,  um  das  Leitungsvermögoi  des 
Selens  für  den  elektrischen  Strom  erheblich  zu  steigern.  In  neuerer 
Zeit  lernte  man  sehr  empfindliche  Selenzellen  konstruieren,  welche  zur 
Photometrie,  elektrischen  Übertragung  von  Lichtwirkungen,  zum  Photo- 
phon und  Verwertung  der  sprechenden  elektrischen  Bogenlampe  za 
Zwecken  des  elektrischen  Fernsehers  führten.^) 


])  Vergleiche  hierüber:  Ernst  Ruhmer,  ^Das  Selen  und  seine  Bedeatang 
für  Elektrotechnik**.  Mit  besonderer  Berücksichtigung  der  drahtlosen  Teiephonie. 
Verlag  von  F.  &  M.  Harrwitz,  Berlin  1902. 


Z  W  El  U  M  DDBEISSiaSTES  KAPITEL. 
OETHOCHEOMASTE. 


Die  WirkuDg  des  Sonnenspektrums  auf  photographische  Schichten 
wurde  bald  nach  der  Entdeckung  der  Daguerreotypie  studiert  und  zwar 
f&r  jodierte  und  bromierte  Daguerreotypplatten  von  Herschel  (1840 
und  1842),  Draper  (1842),  Hunt  (1843),  wobei  Herschel  zuerst 
fand,  daß  Bromsilber  weiter  gegen  QrQo  zu  empfindlich  ist  als  reines 
Jodsilber.  Die  Physiker  J.  Müller  (1856)  und  Schultz-Sellack  (1871) 
tintersuchten  gleichfalls  das  Verhalten  der  Kollodiumplatten  gegen  das 
Spektrum. 

Im  Jahre  1873  befaßte  sich  Professor  H.W.Vogel  in  Berlin, 
Assistent  für  Chemie  und  Physik  an  der  Berliner  Universität,  von  1864  ab 
Professor  für  Photographie  an  der  Kgl.  Oewerbeakademie  zu  Berlin  (der 
späteren  Technischen  Hochschule),^)  mit  Versuchen  über  die  chemische 
Wirkung  des  Sonnenspektrums  auf  Jodsilber,  Bromsilber  und  Chlor- 
Silber,  nachdem  er  von  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften  einen 
kleinen  Spektrographen  für  seine  Versuche  erhalten  hatte.  Er  wendete 
seine  Aufmerksamkeit  den  damals  im  Vordergrunde  des  Interesses  stehen- 
den trockenen  Bromsilber- Eollodiumplatten  zu,  welche  damals  schon  in 
England  für  den  Handel  erzeugt  und  in  verschiedener  Weise  präpariert 
wurden;  namentlich  war  man  auf  Vermeidung  der  Lichtböfe  bedacht, 
an  welchen  die  Eotlodiumptatten  stark  litten,  und  mau  versuchte  dies 
durch  verschiedene  Zusätze  zu  hindern.  Eine  solche  Handelssorte  der 
Ton  Wortley  in  England  fabrizierten  Platten  enthielt  als  Präservativ 
Gummi,  Gallussäure  und  Urannitrat,  sowie  einen  gelbroten  Farbstotf, 
welcher  das  Eindringen  von  aktinischem  Licht  durch  die  Schicht  und 
Entstehung  von  schädlichen  Lichtreflexen  von  der  Glasunterlage  ver- 
hindern sollte,  und  wirklich  zeigten  derartige  Platten  auch  verminderte 
lichtböfe  bei  Landschaftsauüiabmen.  H.  W.  Vogel,  dessen  Porträt 
Fig.  94  bringt,   bemerkte  1873  nun,   daß  solche  Platten  eine  merklich 


1)  Vergl.  Phot.  Korresp.  : 


316 


Erster  Teil.    ZneiunddreiBigsteB  Kapitel. 


gesteigerte  Grünempfindlichteit  im  Spektrum  besilzen,  was  bis  dabin 
unbekannt  war.  Mit  großem  Scharfsinn  erfaßte  er  diese  Erscheinung 
als  spezifische  Wirkung,  nämltcli  als  Empfindliciikeitssteigeriing  durch 
beigemengten  Farbstoff  auf  und  konstatierte  alsbald  bei  Korallin,  daß 
dieser  Farbstoff  (welcher  Gelb  und  Grün  absorbiert)  auch  das  damit 
gefärbte  Bromsilberkollodium  für  Gelb  und  Grün  empfindlich  macht 
Grüne  Anilinfarben  sensibilisierten  Bromsilberkollodium  bis  ins  Rot 


und  so  machte  H.  W.  Vogel  die  enorm  wichtige  Kntdeekiing'l  < 
Farbensensibilisatiiren  oder  optischen  Sessibilisatoren,  weld 

1)  Schiondl  schilileit  in  seioer  „Gescblchte  der  Pliotograpliie'  die  Entd« 
der  fftrbeuempfirKl Hellen  Vi^rfahren  ganz  falsch.  Da  derselbe  wegeu  eiolger  sofaarfi^ 
wenn  auob  berechtigter  Kritiken,  welolie  ihm  H.  W.  Vogel  (Phot.  Mitt.l  angedeihen 
ließ,  eia  persoalicliei'  Uegner  Vogels  war  und  auch  L.  Schrank  in  Wien,  der  Be- 
rater Schiendls.  ptT.sönlicbe  Differenzen  mit  dem  stets  etwas  lebhaften  und  eine 
Spitze  Feder  filhreDden  aber  saehlich  im  Hecbte  beÜndlicben  Prof.  Vogel  hatte,  HO 
soheiat  Schieodl  den  klareu  objektiven  Blick  verloren  zu  haben.  Auf  S.  ]6& 
seiner  .Gesobioble"  bebauptet  Schiendl,  daß  H.W.Vogel  ,auf  Grund  der  von 
Schultz-Scilack  im   Jahre    ISTl    veröffentlichten   Beobachtungen 


1 


för  die  Drelfarbeaphotographie  von  Fundamentaler  Bedeutuo);  war. 
H. W.Vogel  publizierte  1873  seine  Entdeckung')  und  legte  in  der 
Silzang  des  „Berliner  Vereins  zur  Förderung  der  Photographie"  vom 
17.  Oktober  1873  seine  ersten  Spektrumphotographien  auf  farbeusensi- 
biliaiertem  Bromsilberkollodium  vor.  Er  stellte  1874  mit  seinem  kleineo 
Spektrograpben  ve^lnicbende  Aufnahmen  an,  welche  die  Befunde  von 

1873  bestätigten  and  die  Belege  für  seine  ausführliche  Abhandlung  in 
Poggendorffs  Anualen  darboten.    Fig.  95  zeigt  die  B«produktion  dieser 

1874  beigestellten  Vogelschen  Spektrumphotographie,  mit  denen  er 
„die  Steigerung  der  Lichtempfindlichkeit  der  Silberhaloidsalze  für  ge- 
wisse Farben  durch  beigemengte  Absorptionsmittel  (Farbstoffe)"  bewies. 
Seine  Entdeckung  verfolgte  H.  W.  Vogel  konsequent  und  machte  in 
seiner  Abhandlung  „Über  die  chemische  Wirkung  des  Sonnenlichtes 
auf  Silberhaloidsalze"  in  Poggendorffs  Annalen  der  Physik  und 
Chemie.  1874.  Bd.  153,  S.  218  genaue  Angaben  über  das  Verhalten 
von  reinem  Bromsilber-,  Jodsilber-  und  Chlorsüberkollodium  gegen 
das  Sonnenspektrum ,  beschrieb  die  Wirkung  des  Korallins,  Naphtalinrot, 
Anilinrot,  Anilingrün  (Methylrosanilinpikrat)  und  Aldehydgrün.  Diese 
historisch  höchst  interessanten  Photographien  schenkte  H.  W.  Vogel 
dem  Verfosser  dieses  Werkes;  sie  sind  in  den  Sammlungen  der 
k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  mit  Vogels  Rand- 
bemerkungen aufbewahrt  und  es  dürfte  kein  Duplikat  davon  existieren, 
weshalb  die  Reproduktion  in  Autotypie  (Fig.  95)  besonderes  Interesse 
gewinnt 


(d.i.  Vogels)  farbenempfind  liebes  Kollodium  verfahren  im  Hai  1881  veröffentlicht  habe 
nad  zitiert  hierbei  die  „Berichte  der  deutschen  chemischeii  Gesell  seh  att"  (1871)  und 
Pogg.  Ann.  (1871).  Es  tritt  hier  der  sonderbare  Fall  ein,  daß  die  Quelle,  auf  welche 
nah  der  Antor  bezieht,  in  keinerlei  Weise  eio  Wort  enthält,  welches  rechtfertigen 
würde,  doB  Schiendl  die  Selbständigkeit  der  Eotdeckuag  H.  W.  Togela  leugnen 
darf.  Wenn  man  nämlich  die  Quelle,  auf  nelche  sich  Schiendl  bezieht,  studiert, 
so  findet  man  eine  Abhaadlang  Schultz-Sellacks  über  Verhalten  von  Jodsilber  usw. 
g£^n  das  Spektrum,  aber  es  wird  die  Togelsche  berühmte  Entdeckung  der  farben- 
emp&ndlichen  Photographie  nicht  tangiert.  U.  W.  Vogel  steigert  die  FarbeaenipfLnd- 
liohkeit  durch  den  zielbewußten  Zusatz  vonFarbstoffen  zum  Brom  Silber.  Schultz- 
Sellack  benutzte  das  alte  Verfahren  der  Jodbrom-  und  JodchlorkoUodien  ohne 
den  geringsten  Zusatz  eines  sensibilisierendeti  Farbstoffes.  Deshalb  ist 
das  letztere  zn  den  wahren  orthochromatischen  Aufnahmen  ganz  unbrauchbar,  während 
die  Vogelsohe  Entdeckung  einen  völligen  Umschwung  bei  der  photographischen 
Wiedergabe  farbiger  Objekte  bewirkte.  Sowohl  B.  W.  Vogel  als  Eder  haben  übrigens 
SolLiendl  in  Fhot.  Eoriesp.  18»1.  S.  1D4  und  Phot.  Mitt.  Bd.  27,  S.  243  und  325 
korrigiert 

1)  Ber.  d.  deutsch,  ehem.  Oes.  1873.  Bd.  6,  S.  1305;  Phot.  Mitt.  Bd.  9,  S.  236. 


318 


Enter  TeS.    ZweiunddreiBigHtea  Kapitel. 


H. W.Vogels  wichtige  Entdeckung  wurde  anfangs  von  tnebrerea 
Seiten  angezweifelt.  So  z.  B.  wiederholte  Monckhoven,  welcher  über 
größere  Spektrugraphen  als  Vogel  verfügte,  die  Sensibilisierungsversuche 
mit  negativem  Erfolge  und  dies  Mißlingen  erweckte  Zweifel  an  der 
Richtigkeit  von  Vogels  Angaben;  erst  später  stellte  es  sich  heraus, 
daß  Monckhoven  mit  zu  lichtarmen  Spektren  großer  Dispersion  ge- 
arbeitet hatte,  bei  welchen  die  Wirkung  der  damals  bekannten,  nicht 
sehr  kräftigen  Farbensensibilisatoren  nicht  recht  hervortrat,  während  sie 
in  H.  W.  Vogels  kleinem  Spektralapparat   ä   vision  directe  mit  starker 


und   auf  eine  kleine  Fläche  zusammengedrängter  Lichtwirkung  der  Be- 
obachtung nicht  entgangen  war. 

Auch  Carey  Lea,  welcher  mit  farbigen  Gläsern  die  Vogelschen 
Sensibilisierungsversuche  wiederholte,  erzielte  Mißerfolge')  und  Vogel 
geriet  mit  den  Genannten ,  sowie  Spiller  in  verechiedene  Kontroversen, 
in  welchen  er  die  Kichtigkeit  seiner  Angaben  über  Farbensensibilisatoren 
verteidigte  (Phot.  MitL  Bd.  11). 

Der  erste,  welcher  Vogel  mit  einer  Bestätigung  seiner  Befände 
zu  Hilfe  kam,  war  der  französische  Physiker  K.  Becguerel  (Comj 
rend.   1874.   Bd.  79  (3),  S.  183),   welcher  im  Sinne  der  Vogeli 


1)  Brit.  Jonm.  ol  Phot.  Mari  1874;  Phot.  Mitt  Bd.  II.  8.  27  « 


97. 


] 


mehrere  Sensibi       ruD|      reifen    fand;    dann    fand  Waterhonse    t 
EoBin  als  GrOnsensibilisator  bei  EolIodiumplatteD  (Phot  Mitt  1876. 
Bd.  13,  8.  17). 

Es  ist  höchst  merkwürdig,  daß  VogeU  Entdeckung  der  photo- 
graphischen  Farbensenaibilieatoren  zuerst  in  Frankreich  (und  nicht  in 
DeatBohland)  der  photographischen  Praxis  nutzbar  gemacht  wurde  und 
zwar  durch  die  Erfinder  des  photographischenDreifarbendruokeV) 
Daoos  du  Hauron  und  Gros,  welche  mit  ihren  Ideen  den  Eortschritten 
bei  der  Hei^llung  orthochromatiBcher  Platten  vorausgeeilt  waren. 

Der  Franzose  Louis  Ducog  du  Hauron  (*  1837  in  Langen  in  der 
Oironde),  welcher  große  Verdienste  um  die  Fortschritte  im  Dreifarben- 
druck hat  (s.  unten),  wendete  sein  Interesse  mit  Erfolg  der  Einführung 
der  Farbensensibilisatoren  in  die  photographische  Praxis  zu.  Ducos 
hatte  seit  1859  sich  mit  der  Photographie,  namentlich  der  Herstellung 
photographischer  Serienbilder  befaßt  und  eine  Art  Einematographen 
erfunden  (s.  S.  306),  den  er  durch  französische  Patente  vom  1.  März  und 
3.  Dezember  1864  schützen  ließ.  Er  erkannte  schon  damals  die  Bedeutung 
der  Prinzipien  der  Dreifarbenphotographie  und  nahm  am  23.  Xovember 
1868  ein  Privilegium  auf  ein  pbotographisches  Dreifarbenverfahren. 

Bei  diesem  Verfahren  Ducos'  mußten  drei  Matrizen  hergestellt 
werden,  welche  hinter  farbigen  Gläsern  hergestellt  wurden  und  welche 
nicht  nur  das  Blau  und  Violett,  sondern  auch  das  Gelh,  Bot  und  Grün 
des  Originals  deutlich  wiedergeben  mußten.  Hierzu  waren  photo- 
graphisohe  Platten  notwendig,  welche  stark  fUr  Grün,  Gelb  und  Bot 
empfindlich  waren.  Dies  gelang  erst  infolge  Vogels  Entdeckung  der 
optischen  Sensihilisatoren;  Ducos  larbte  demzufolge  seine  Platten  mit 
Farbstoffen  und  machte  am  6.  September  1875  der  „Sociötö  d'agricul- 
tare,  soiences  et  arts  in  Agen"  die  Mitteilung,  daß  er  mit  Chlorophyll 
arbeite,  dessen  sensibilisierende  Wirkung  für  das  rote  Ende  des  Spektrums 
Edmond  Becquerel  entdeckt  hatte;  dann  benutzte  er  auch  Vogels 
Eorallin  als  Grünsensibilisator. 

Die  Brüder  A.  und  L.  Ducos  du  Hauron  gaben  im  Jahre  1878 
eine  Broschüre  über  „Photographie  des  couleurs"  heraus  und  stellten 
ihre  Torsohriften  darüber,  um  Aufnahmen  hinter  grünem  oder  orange- 
Euhigem  Glas  zu  machen,  folgendermaßen  zusammen.')  Sie  sagten, 
daß  das  bromierte  Eollodium  mit  dem  von  Waterhouse  empfohlenen 
Eosin  viel  kürzere  Belichtungen  gab  als  mit  Chlorophyll  und  Eorallin 


1)  S.  d. 

2}  Aach  in  Phot.  Archiv.  1876.  S.  109  abgedruckt. 


320  Erster  Teil.    Zweiunddreißigstes  Kapitel. 

und  teilten  genau  ihren  Arbeitsvorgang  mit.  Derselbe  bestand  darin, 
daß  Kollodium  mit  Bromkadmium  gesalzen,  mit  Eosin  gefärbt  und  dann 
im  Silbernitratbade  sensibilisiert  wurde.  Die  belichtete  Platte  wurde  mit 
Eisenvitriol  entwickelt  (s.  Bd.  II  dieses  Handbuchs).  Die  Geschichte 
der  Dreifarbenphotographie  und  der  Anteilnahme  Louis  Ducos  du 
Haurons  an  diesem  Verfahren  sowie  die  Erfindung  der  Anaglyphen 
wird  in  einem  späteren  Kapitel  geschildert  werden.  Hier  sei  nur  er- 
wähnt, daß  die  Arbeiten  dieses  verdienstvollen  Forschers,  dessen  Porträt 
wir  gleichfalls  weiter  unten  bringen,  auch  für  die  orthochromatischen 
(farbentonrichtigen)  Aufnahmen  einfarbiger  Photographien  von  Ein- 
fluß waren. 

Auch  Ch.  Cros^),  von  welchem  ein  Porträt  im  Kapitel  über 
„Dreifarbenphotographie''  gebracht  wird,  hat  Studien  über  die  Klassi- 
fikation der  Farben  und  die  Mittel,  alle  Schattierungen  durch  drei 
Negative  (entsprechend  Kot,  Gelb,  Blau)  wiederzugeben,  veröffentlicht 

Der  erste,  welcher  diese  nassen  EosinkoUodiumplatten  mit  saurer 
Eisenvitriol-Entwicklung  zur  farbentonrichtigen  Wiedergabe  von  farbigen 
Gemälden  (für  einfarbige  Photographie  und  zwar  Pigmentdrucke)  an- 
wendete, war  der  Franzose  Braun  in  Domach,  welcher  schon  seit 
zirka  1877  mit  diesem  Verfahren  arbeitete. 2) 

Der  Sohn  Adolf  Brauns,  Gaston  Braun  (geboren  am  30.  De- 
zember 1845  in  Mülhausen  in  Elsaß),  der  jetzige  Chef  der  Kunstverlags- 
anstalt Ad.  Braun  &  Co.  in  Dornach  (Fig.  96),  befaßte  sich  seit  1869 
mit  Vorsuchen  über  Dreifarbenphotographie  von  Cros  und  Dacos  da 
Hauron  und  wendete  mit  Farbstoffen  (Eosin)  gefärbtes  Bromsalzkollo- 
dium (Badeverfahren)  mit  saurer  Eisenvitriol -Entwicklung  zur  Oemälde- 
reproduktion  seit  1877  an,  indem  er  sich  an  den  Arbeitsgang  Doeos 
du  Haurons  anlehnte.  Im  Jahre  1878  reproduzierte  G.  Braun  zum 
ersten  Male  mittels  solchem  orthochromatischen  Kollodium  die  Gemälde- 
galerien der  Museen  zu  Madrid  und  Petersburg,  bei  welchem  die 
korrekte  Gelb-  und  Blauwirkung  das  Staunen  der  Fachwelt  erregte. 

Braun  photographierte  im  Jahre  1880  zahlreiche  Gemälde  im 
Mus6e  de  TEremitage,  verglich  die  Vorteile  der  mit  Eosinbromsilber- 
kollodium- Badeplatten  hergestellten  Reproduktionen  mit  den  mangelhaften 
Resultaten  des  alten  nassen  Jodsilberkollodiumverfahrens.  Fig.  97  zeigt 
eine   dieser  ältesten  Braun  sehen  Reproduktionen,   und  zwar  die  des 


1)  Compt.  rend.  Bd.  88,  Nr.  3,  S.  119;  Nr.  8,  S.  378.   Phot.  Korresp.  1879.  8. 107. 

2)  Ducos  du  HauroD  scheint  die  Bedeutung  orthochromatischer  Yeifiliran 
(z.  B.  des  Eosinkollodiuuis)  für  farbentonrichtige  monochrome  Reproduktionen  nicht 
gewürdigt  zu  haben,  sondern  hattt  stets  nur  die  Anwendung  zum  DreitobenproMfi 
im  Auge. 


Ortbochromasie. 


321 


Gemäldes  von  G^rard  Dow  „Die  Leserin"  ans  dem  Uusöe  de  TGremi- 
tage,  welche  Aufnabme  aus  dem  Jahre  1880  stammt  und  mit  gefärbtem 
Bromsalzkollodium,  getresotem  Silberbade  und  saurer  Eisenvitriol 'Ent- 
wicklung hergestellt  ist. 

Jedoch  dachte  damals  kein  Besicbtiger  der  Braunseben  Bepro- 
doktioneii  an  die  praktische  Verwendung  der  FarbstofFsensibilisatoreD 
za  farbeotonrichtigen  Aufnahmen,  und  mau  glaubte,  Braun  habe  be- 


Fis.9 


sondere  Bromjodsalze  in  seinem  Negativkollodium,  da  er  über  sein 
Verfahren  völliges  Stillschweigen  beobachtete.  Der  Kunstverlag  Brauns 
verdankt  seinen  Weltruf  aber  der  zum  ersten  Male  erfolgten  Einführung 
orthochromatischer  Prozesse  bei  Geraäldereproduktionen;  dazu  kam  noch 
gleichzeitig  die  Einführung  des  von  Swan  verbesserten  Pigmentverfahrens, 
worauf  wir  weiter  unten  noch  Kurückkommen  werden. 

ttW.  Vogel,  der  Schöpfer  der  Photographie  mit  Farbensensibili- 
Batoren,  wendete  erst  später  —  aufmerksam  gemacht  durch  die  Leistungen 
des  Braunschen  Kunstverlages  —  seine  Aufmerksamkeit  auf  die  An- 
wendung des  Eosinbronisilborverfahrens  zur  Herstellung  von  farbenton- 

Id*T,  Uudbucb  der  Photo^nphia.    I.Teil.    :!.  Ann.  21 


Erster  Teil.    ZweiunüdreiUigstes  Kapitel. 


emiilde  usii^^H 


richtigeD  Negativen  bei  Aufnahme  farbiger  Gegenstande,  wie  GemäW 
H.W.Vogel  publizierte  1884  ein  dem  Ducos  du  Hauronschen  ähn- 
liches nasses  Kollodiuraverfahren  mit  Eosin   in   Jen   „Photographischen 
Mitteilungen"  und  lenkte  die  Aufmerksamteit  der  Reproduktionsphoto- 
graphen  auf  die   Vorteile   dieses  Verfahrens,    welches  noch   heute   yqpiJ 
Braun    in  Dornach    und  Uanfstaengl    in   München    ausgeübt,   soni 


aber  von   der  „ isochromatischen "   Kollodium-Emulsion  Dr.  E.  Albertf 
verdrängt  wurde. 

Dr.  E.  Albert  in  München  versuchte  mit  größtem  Erfolge   18: 
das  Kollodium-EmulBionsveriahren  der  Reproduktionstechnik  dienstbi 
zu  machen  und  ^bte  die  Bromsilberkoüodium- Emulsion  mit  Eosinsilbl 
oder  ähnlichen  Eosinfarben,  nm   sie  hierdurch  für  Griin  und  Gelb  i 
sensibilisieren,   worauf  er  die  Negative  mit  alkalischem  EntwicU 
hervorrief.    Dadurch  paßte  er  das  Verfahren  dem  modernen  EmulsioBfti 
verfahren  an  und  erzielte  größere  Empfindlichkeit    Er  trat  im  Jahre  1883 
mit  seinem  Verfahren  zuerst  durch  seine  bei  der  Internationalen  Kunst- 
ausstellung in  Mönchen  (1883)  gemachten  Aufnahmen  hervor  und  ernteta, 


Orthochromaste.  323 

großen  Beibll.  Erst  acht  Jahre  später  brachte  er  seioe  Emulsion  ia 
den  Handel  (Pbot  Korresp.  1888.  S.  261). 

Die  Darstellimg  der  Bromsilber -Emulsion  selbst  hielt  E.  Albert 
geheim:  sie  war  erst  durch  die  Publikationen  von  Jonas  aus  dem 
Laboratorium  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Yersuobsaustalt  in  Wien 
and  BaroD  Hübl  (milit&rgeographisches  Institut  in  Wien)  experimentell 
ermittelt  und  publiziert  worden.  Gut  brauchbare  Rot-  und  Grün- 
sensibilisatoren  für  Kollodium -Emulsion  gab  zuerst  E.  Talenta  im 
Xthylviolett  (1899)  uod  anderen  Farbstoffen  an,')  welche  in  die  Fabri- 
kation TOD  Emulsionen  f(ir  direkte  Dreifarben- Autotypie  Eingang  fanden. 

Die  von  H.  W.  Togel  im  Jahre  1873  entdeckten  optischen  Sen- 
sibilisatoren  waren  bei  Kollodiumplatten  gut  zur  Geltung  gelangt,  da- 
gegen bei  Bromailbergelatine  boten  sich  Schwierigkeiten  dar,  weil  die 
letzteren  auf  die  damals  bekannten  Farbensensibilisatoren  sehr  wenig 
reagierten  und  Vogel  selbst  hielt  dies  für  eine  besondere,  allerdings 
ungünstige  charakteristische  Eigenschaft  der  Qelatineplatten ,  so  daß  er 
anfänglich  ihre  Fähigkeit,  sich  durch  Farbstoffe  gut  sensibilisieren  zu 
lassen,  in  Zweifel  zog.  Im  Jahre  1882  fanden  aber  die  Franzosen 
Attout,  genannt  Tailfer,  und  Olayton,  daß  Eosin  (Tetrabrom- 
flttoresceinnatrium)  die  Bromsilbergelatineplatten  stark  grünempfindlich 
mache;  sie  nahmen  ein  französisches  Patent  vom  13.  Dezember  1882, 
Nr.  152615,  und  brachten  derart  präparierte  Trockenplatten  in  den 
Handel  Sie  beschrieben  auch  in  ihrer  Fatentbeschreibung  sowohl  den 
Znsatz  d^  Farbstoffes  in  die  Emulsionsmasse  selbst,  als  das  naohherige 
Baden  mit  der  Farbstofflösung  unter  Zusatz  von  etwas  Ammoniak  und 
Alkobl,  erkannten,  daß  der  Farbstoff  sich  innig  mit  der  Bromsilber- 
gehitine  verbinde  und  sich  nicht  mehr  auswaschen  lasse.  ^) 

V,  Schumann  gab  kurz  darauf  an,  daß  Cyanin  (bereits  für  Kollo- 
dium als  Sensibilisator  bekannt)  auch  Gelatineplatten  rotempfindlich 
mache  und  H, W.Vogel  kombinierte  ChinoUurot  und  Cyanin  (Chinolin- 
blau),  erzielte  Sensibilisierung  im  Rot,  Gelb  und  Grün,  nahm  Patente 
und  brachte  diese  farbenempßndlichen  Gelatineplatten  unter  dem  Namen 
„Azalinplatten"  in  den  Handel,  wobei  er  die  Zusammensetzung  des 
Azalins  geheim  hielt. 

Attouts  Eosinplatten  hatten  den  Fehler,  daß  sie  bei  der  Repro- 
duktion farbiger  Objekte  das  Grün  zu  bell  und  das  Gelb  zu  dunkel 
wiedergeben;  die  Azalinplatten  waren  wohl  f(ir  die  verschiedenen  Farben 

1)  Yergl.  Eder  und  Valenta,  Beiträge  zur  Fhatochemia  und  Spektralanalyse, 
Wieo  DDd  Halle  a.  S.  190i.  ID.  S.  131.  —  Phot  Korresp.  1899.  S.  336. 

2)  Vergl.  Eder,  Phot.  Korres|i.  1904.  S,  215. 


324  Erster  Teil.     Zweiunddreißigstes  Kapitel. 

qualitativ  besser  sensibilisiert,  jedoch  drückten  die  ChinolinfarbstofFe  die 
Gesamterapfindlichkeit  der  Schicht  und  es  waren  sehr  dunkle  Gelb- 
scheiben zur  Kompensation  der  allzugroßen  Blauempfindlichkeit  und 
Hebung  der  relativen  Gelbempfindliehkeit  notwendig. 

J.  M.  Eder  entdeckte  im  Jahre  1884  gelegentlich  systematischer 
spektrographischer  Untersuchung  der  Farbstoffe  der  Eosinreihe,  daß  dem 
Erythrosin(Tetrajodfluoresceinkalium)  eine  besonders  günstige  Wirkung 
in  Gelb  und  Grün  zukommt/)  so  daß  bei  Reproduktion  farbiger  Gegen- 
stände die  Relation  zwischen  Grün  und  Gelb  richtig  kommt;  dabei  be- 
hielten die  Bromsilbergelatineplatten  ihre  hohe  Gesamtempfindlichkeit 
und  waren,  teils  ohne,  teils  mit  hellgelben  Dämpfungsfiltern  verwendbar. 
Er  teilte  diese  seine  Befunde  in  uneigennütziger  Weise  der  wissen- 
schaftlichen Welt  mit-)  und  legte  die  Grundlage  für  die  allgemeine  An- 
wendung des  Verfahrens,  so  daß  es  bald  Gemeingut  aller  Trocken- 
plattenfabrikaten  wurde.  Solche  Erythrosinplatten  wurden  nach  Eders 
Angaben  zuerst  in  der  Trockenplattenfabrik  von  Löwy  &  Plener  in 
Wien  (1884)  fabriziert  und  „orthochromatische  Platten"  genannt: 
in  der  Folge  wurde  dieser  Farbstoff  sehr  allgemein  bei  der  Fabrikation 
orthochromatischer  Platten  in  allen  Ländern  eingeführt  und  repräsen- 
tiert die  p]ryth rosinplatte  die  bis  heute  wegen  ihrer  hohen  Gesamt- 
enipfindlichkeit  am  meisten  verwendete  Type  von  Platten,  und  sie  war 
es  zum  teile,  welche  der  „farbentonrichtigen  Photographie"  Bahn  brach. 

Edor  ließ  in  der  Trockenplattenfabrik  von  Löwy  mit  Erythrosin  sensibilisierte 
Enuilsion  erzeugen,  mit  welcher  er  1884  Gomäldt^reproduktionen  und  wohl  auch  den 
ersten  orthochroniatisch  aufgenommenen  altägyptischen  vergilbten  Papyrus  (aus  dem 
,,Papyros  Kaiiiei'^,  den  Prof.  Karabacek  damals  herauszugeben  begann)  mit  gelb- 
empfindlichen Platten  herstellte.  Die  Aufnahmen  auf  Erythrosinplatten  waren  von 
Eder  in  Frankfurt  a.  M.  und  in  Wien  ausgestellt  worden. 

Anfangs  meinte  man,  daß  die  Sensibilisatoren  lichtunechte,  oder 
fluoreszierende,  oder  scharf  begrenzte  Absorptionsstreifen  besitzende 
Farbstoffe  sein  müssen.  Eder  zeigte  (1884),  daß  dies  nebensächlich  sei. 
Die  Sensibilisatoren  wirken  vielmehr  wegen  ihrer  molekularen  Vereini- 
gung mit  Bromsilber,  indem  er  z.  B.  in  den  schwärzlichen  und  sehr 
lichtechten  Nigrosinen  verwendbare  Rotsensibilisatoren  fand. 

Mit  eingehenden  Studien  über  das  l)esonders  schwierig  zu  sensi- 
bilisierende Gebiet   des   äußeren  Spektralrot  befaßten    sich   mit  Erfolg 


1)  Eder  verteidigte  seine  Prioritätsansprüche  betreffs  Auffindung  des  Erythrosins 
als  Sensibilisator  in  einer  Polemik,  siehe  Eder,  „Zur  Geschichte  der  orthoohromit 
Photographie  mit  Erythrosin*'  Phr.t.  Korresp.  1890.  S.  455;  auch  Eder  und  Yalenta, 
Beiträge  zur  Photochemie  und  Spektralanalyse.   1904.   III.  S.  78. 

2)  Sitzungsberichte  d.  kais.  Akad.  d.  AViss.  AVien  1884.  Bd.  90,  S.  1097. 


Oiibochiomasie.  325 

insbesondere  E.  Valenta  sowie  Eberhard  seit  1897  zufolge  ihrer  an 
der  Wiener  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Yersuchsanstalt  unternommenen 
UntersuohuDgen;')  damals  erzeugte  man  ^panchromatische  Platten" 
(das  sind  Platten,  welche  für  Rotorange,  Gelb  und  Grün  sensibilisiert 
Bind)  durch  Uischen  Terschiedener  SeoBibilisatoren.  Ttfiethe  fand  1903 
die  günstige  sensibilisierende  Wirkung  von  Farbstoffen  der  Isocyanin- 
gmppe,  and  führte  „  Äthylrot "  als  Sensibilisator  für  panchromatische 
Platten  ein,  welchen  alsbald  die  Sensibilisatoren  Orthuchrom  T.,  Pina- 
chrom von  Dr.  König  in  Höchst  a.  Main  {s.  Jahrb.  f.  Phot.  1903,  1904; 
auch  Phot  Korresp.)  n.  A.  folgten  und  besonders  für  Zwecke  der  Drei- 
fiirbenpbotographie  vorteilhaft  sind. 

Eine  zusammenfassende  Darstellung  der  Wirkung  zahlreicher  Sensi- 
bilisatoren und  Beschreibung  der  Typen  der  Handelssorten  von  ortho- 
und  panchromatischen  Platten  sowie  ihrer  Geschichte  findet  sich  auf 
Ghrnnd  eigener  Arbeiten  in  Eder  und  Valenta,  Beiträge  zur  Photo- 
chemie und  Spektralanalyse.     Wien  und  Halle  a.  S.  1904. 


1)  Vergl.  Eder  und  Valenta,  Beitr^e  zur  Photocheiiiie  und  Spoktialanalys 
■Wien  und  Halle  a.  S.  1304. 


DBEIÜNDDREISSIGSTES  KAPITEL. 

KÜNSTLICHES  LICHT  IN  DEE  PHOTOGEAPHIE. 


Dor  Physiker  See  bock  beobaclitote  schüii  1812,  daß  beuf^alisches  WeiBfeuer 
stark  aktinisches  Licht  ausseude  und  Chlorknallgas  zur  Explosion  bringe  (s.  S.  120). 

Die  erste  pliotographische  Koproduktion  auf  Daguorrootypplatten  beim  Lichto 
gewöhnlicher  Olhimpen  dürften  die  Gebrüdor  Nattorer  1841  versucht  haben 
(s.  S.  211)). 

Das  „  0  X  y  h  y  d  r 0  g  e  n  -  K  a  I  k  1  i  c  h  t  ** ,  bei  welchem  mittels  des  SauerstofiTgebläKes 
ein  Kalkzylinder  zur  heftigsten  Weißglut  erhitzt  wird  und  dann  blendend  weißes  licht 
gibt,  war  zur  Zeit  der  Daguerreotypie  unter  dem  Nam(?n  Drummondsches  Kalklicht 
längst  bekannt,  —  In  allen  Literaturquellen  findet  man  als  Erfinder  des  Xalkliohtes 
Thomas  Druminond  182JP)  bezei(^hnot.  Das  ist  aber  irrtümlich.  Schon  zu  Leb- 
zeiten Drum  monds  war  dit?  rrioritätsfrage  erörtert  worden,  und  es  ist  der  Offenheit 
Drummonds  zu  verdanken,  wenn  wir  darüber  eine  schriftliche  authentische  Wider- 
legung dieses  Irrtumes  anführen  können,  üuerney  (Sir  (Joldsworthy)  (*1793, 
t  l.S7r>)  cntdockto  das  Kalklieht,  welches  mit  Drummonds  Namen  belegt  wurde. 
weil  dieser  es  biii  s««inen  trigunomt.'trisehon  Arbeiten  auf  Irland  in  den  Jahren  1826 
bis  1827  zuei-st  ••ffentlieh  benutzte.  Drummond  selbst  konstatiert,  daß  er  gar  kein 
Anrecht  an  dtT  Erfindung  habe.  Der  Erfinder,  welcher  sein  Licht  vor  dem  Herzog 
von  Sussex  und  König  Leopold  zeigte,  wurde  denn  auch  mit  der  Medaille  des 
wissensehaftlieheu  Vereins  l)edaeht  (Jahrb.  f.  Phot.  1002.) 

Die  starke  chemische  Wirkung  des  elektrischen  Bogenlichtes  wurde  gleichfalls 
heim  ChN»rknallgas  gemacht  und  zwar  von  Brande  (Annales  de  Chimie  et  de  Physique 
Bd.  19.  S.  20.")).  In  der  Daguerreotypie  scheint  djis  Bogenlicht  zuerst  von  Silliman 
uml  (loove  versucht  worden  zu  sein:  sie  photographierten  im  November  1840  bei 
elektriseliem  Bogenlieht  von  HO  Daniell- Elementen  ein  Medaillon.  Berres  (s.  S.  284) 
hatte  es  schon  184n  zur  Mikrophotographie  benutzt. 

Fizeau  und  Foucault  wiesen  1844  nach,  daß  die  chemische  Leuchtkraft  des 
Drummondschen  Kalkliehtes  geringer  als  jene  des  elektrischen  Bogenlichts  von 
40  Elementen  sei;  sie  verglichen  die  Helligkeit  von  Kalklicht,  elektrischem  Licht  und 
Sonnenlicht  sowohl  optisch  als  photographisch  auf  Daguern^otypplatten  und  fanden 
zum  ersten  Male,  daß  ehemische  und  optische  Helligkeit  der  Lichtquelle  nicht  pro- 
portional sei  (Aimal.  de  Chim.  et  de  Phys.  (3)  Bd.  11,  S.  370),  w^as  auch  Bunsen 
und  Roscoe  (1859)  hei  ihren  Studien  über  Wirkung  der  Leuchtgas-  und  Kohlen- 
oxydflamme  auf  Chlorknallgas  festlegten. 


1)  Edinburgh  .lourn.  of  Science.   1S2G.  S.  319. 


KüDsUibbea  Ucbt  in  der  Pbotographie.  337 

WfihreDd  das  Kalklicht  später  nur  für  VergrolleriingB|ihotograpliie  und  Pro- 
jektionen Varweadang  faod  und  allniählich  außer  Gebrauch  knm,  erregte  das  elek- 
trische Bogen!  icht  bteigende  Aofmerksamkeit, 


Die  prattisclie  Anwenduii!;  des  elektrisclien  Bogenüclits  zur  Photo- 
graphie lebender  Personen  scheint  \on  A.nl  ree  Millet  und  Leborgne 
1851  inauguriert  worden  zu  sein  (Conipt.  rend.  Bd.  33,  S.  501).  Später 
(1852)  beschäftigten  sich  Lucenay  sowie  Oaudin  und  Delama Ire  (1854) 
in  Paris  mit  solchen  Porlrätaufnahmen  und  wendeten  ihre  Aufmerksam- 


328  Erster  Teil.    Dreinnddreifligstes  Kapitel. 

keit  passenden  Reflektoren  und  Scliirmeo  zu.  Nadar  photograpli; 
1861  und  1862  die  berühmten  Katakomben  im  untorirdischen  Paria 
beim  Liebte  des  galvanischen  Flaramenbogens,  was  damals  großes  Aut- 
seheii  erregte.')  Fig.  9M  zeigt  eine  dieser  merkwürdigen  Aufnahmen 
Nadars,  welche  er  unter  großen  Schwierigkeiten  unter  Benutzung 
nasser  Kollodium  platten  hergestellt  hatte. 

Auch  Adolf  Ost  in  Wien  bescbäftigte  sich,  damala  Diit  der  PortiiLtphotographie 

bei  elektrisohem  Lii:bte  und  stellte  am  17.  Mai  186-1  geluDgeae  Bilder  suj  (Phot 
Korreep.  1864.  S.  11).  Er  arbeitete  mit 
zwei  gotraltigen  Batterien ,  deren  eine  mit 
SOBunsenscben  Elementen  das  Baapt- 
liuht  lieferte,  während  eine  kleinere  von 
40  Elementen  zum  Aufhellen  der  Schat- 
te uportien  diente.  Blaue  transparente 
Halbkugeln  von  Glas  machten  das  grelle 
Licht  für  die  Augen  ertrilgl icher.  Fig.  !i9 
Eeigt  eine  solche  Aufnahme  bei  elektiU 
scbem  Bogenliuhte  (Porträt  Oat: 
7  Sekunden  Belichtungszeit, 
men  im  Jahre  1861  in  A 
•  Atelier.    (Vergl.  S.  33ii.) 

Aber  erat  die  Einführung  der 
Dynamomaschine  ermöglichte  die  in- 
dustrielle aUgemeioore  Verwertung  des 
elektrischen  Bogenlichtes.  Van  der 
Weyde  führte  die  „Photographie  bei 
Nacht"  (1876  bis  1878)  ein  und  betiieb 
bei  der  Pariser  Weltausstellung  1878  ein 
reguläres  Port rätgesc hilft  für  Aufnabmen 
bei  elektrischem  Licht;  dann  folgte  Lie- 
ben in  Paris,  welcher  im  Jahre  187'J 
ein  elelitrisches  Naebtatelier  (mittels 
einer  Grammeschen  Dynamomaschine) 
errichtete  und  durch  Anwendung  groSer 
weißer  Betlektoron  das  Licht  selbst  »ur 
Aufnahme  ganzer  Figuren  erfolgreich 
verwandte.     Fig.  100   üeigt  eine  dit 

PortrStanfiiahmen  bei  elektrischer  Beleuchlang  aus  diesem  Atelier. 

Dieses  VerfolireD  der  eIcktri«cheD  Beleuchtung  bei  photographisohen  Auft 

verlireitete  sieh  später  auch  in  Reproduktionsateliers,  Kopier-  und  VergröBei 

anstftlteo. ') 

Dem  elektrisuhen  I.icht  erwuchs  die  größte  KonkTirrenz  im  Mugoesium. 

1)  Ve^l.  Paris  Fhotogiaphe.  1893.  S.  294  ff. 

'2)  Die  erste  für  umfangmchea  kommerziellen  Betrieb  eingerichtete  VergröBeni 
anstaJt  zur  Borsletlnng  von  vergrößerten  Photographien  auf  Leinwand  hatte  M.L.Wii 
(1824  bis  1899)  in-Wien  1877  einfe-eriebtel  i;s.  S.  244). 


Künstliches  Licht  Id  der  i^iotogiiiphie.  3-9 

Bonseu  mid  Uoscoe  machten  ISüD  auf  die  betieatenJo  cheinisclie  Wirkung 
de»  breDneoden  Magnesiums  aufmerksam. 


Faat  g1eii:hzuitj;,'  mit  den  Genannten  mauhte  Croukcs  dieselbe  Bt^baclitun;:  und 
TSTSDchte  :wfoii:  das  M3Rui;siumliulit  zu  {iliotoßraphischen  Aurnabmeii  /.u  l>enntzi'n. 

Erst  um  das  Jalir  läfil  wurde  das  älagneüium  in  ausged<4intcreni  Malte  [ihoto- 
graphiach  rem'eDdct.  weil  es  mittk'i'we ilf  in  gröHi'n.'n  Mpngt-n  in  den  Handel  ^<'l>radit 
worden  war. 


330 


Erster  Toil.    Dreiunddreiliigstes  Kapitel. 


Zur  Erzeugung  von  photographischon  Porträtaufnahmen  wuide  das  Magnesium- 
licht  von  Brothers  in  Manchester  mit  Erfolg  verwendet.  Er  nahm  ein  Porträt  von 
Prof.  Farad ey  vor  dem  versammelten  Publikum  nach  einer  Vorlesung  in  der 
„Royal  Institution'^  auf.  Im  Juli  18G4  wurden  in  ßerlin  ungefähr  zur  selben  Zeit 
die  ersten  gelungenen  Versuche  durch  II.  W.  Vogel  in  Gegenwart  von  Carl,  Suck, 
Romelc,  Poggendorff  gemacht  und  zwar  wurde  auf  nassen  Kollodiumplatten 
ein  Porträt  Poggendorffs  in  55  Sekunden  Belichtungszeit  hergestellt.  Eins  der 
wenigen  erhalten  gebliebenen  derartigen  Bilder  ist  in  Fig.  101  in  gleicher  Größe 
reproduziert. 

Piuzzi  und  Smith  machton  1865  interessante  Aufnahmen  im  Innern  der  grölten 
ägyptischen  Pyramide  mit  Magnesiumlicht. 

Nadar,  welcher  zuerat  die  Pariser  Kata- 
komben bei  elektrischem  Lichte  photographicrt 
hatte  (s.  S.  .'327),  bediente  sich  später  bei  Auf- 
nahme der  unterirdischen  Kaualbauten  der  Ein- 
fachheit halber  des  Magnesiumlichtes.  Leth  in 
Wien  nahm  (um  das  .fahr  18(35)  den  Sarkophag 
der  Maria  Theresia  in  der  Kaisergruft  abends 
gleichfalls  bei  Magnosiumlicht  und  Fr.  von  Roi- 
singtM'  1807  Stoinieliefs  und  Sarkophage  in  den 
Katakomben  von  Lemberg  auf.  Fig.  102  zeigt 
eine  Keproduktion  dieser  letzteren  Aufnahme. 

Das  Innere  der  Tro]if8teinhöhlo  in  Adels- 
berg wurde  vom  Photographen  Em.  Mariot  in 
(iraz  im  Jahre  18()8  beim  Lichte  brennenden 
Mag[iesiunibandes  auf  nassen  Kollodium  platten 
photegraphiert;  wir  bringen  in  Fig.  103  und 
Fig.  1<M  Reproduktionen  dieser  nunmehr  schon 
äußerst  selten  gewordenen  Aufnahmen  in  gleicher 
Fiir.  101.  (JrölJe. 

i>ortruia»f,.ahn.oiMuf.  i'off;;o,Miorffsbeim  j^j^  ^^^^^^  Angaben  zur  Erzeugung  eines 

nassen  KoiKidiumpl:itton  i^<u  iiuieh  Carl  sehnell verbrennenden  Zündsatzes  mit  Magno- 
Sui  k  in  ».riiii.  siumpulvor,  was  man  später  Magnesiamblitz- 

lieht  nannte,  rühren  von  Traii  Taylor  im 
Jahre  18'i.')*)  lier  (Misi-hiing  V(m  Magn^siumpulver  mit  Kaliumchlorat,  Schwefel  und 
Selnvefelantiinon).  Diese  Vt'rsueho  hatten  jedoeh  zu  keiner  ])raktischen  Verwertung 
in  der  Purträtphotoj^raphic  usw.  geführt,  weil  dieser  die  geringe  Empftndlichkeit  des 
damals  allgemein  verwendt.'ten  nassen  Kollodiumverfalirens  und  der  zu  jener  Zeit 
hohe  Preis  des  Majrnesiuinpulvers  entgegenstand;  diese  Versuche  Trail  Taylors  ge- 
rieten deshalb  in  VtM-gosenheit. 

Ein  Versuch  Larkins.  das  Magnosiumpulvor  in  Lami)en  zu  verbrennen 
(186(3).  erwies  bitrh  als  wertlos. 

Die  nächsten  Vei  suche  mit  Mischungen  von  Mag[iesium])ulver  mit  reinem  Ealinni- 
chlorat  machte  dann  <i.  A.  Ken  von  im  Jahre  1SS3;  er  beobachtete  auch  den  be- 
deutenden photügrai»hisehen  EtYekt,  den  der  in  Sauerstoff  verbrennende  Magnesiumdraht 
hervorbringt  und  machte  auch  Puilrätauf nahmen  bei  derartigem  Lichte;  zugleich 
bemerkte  er,  daß  man  auch  Gemenge  von  Magnesiumpulver  und  Kaliumcblorat 


1)  Phot.  Xew<.   IS»".:..   S.  .=sr.«>.     !Mi..t.  Wofhonhl.   1SS:V   S.  71». 


KünBtlioheB  Licht  in  der  Photognpbie.  331 

■QT  KnengoDg  eines  brillantea  lächtea  verwendeo  känne;  er  wui'de  jedoch  durch  die 
beim  Abbienaen  auftretende  RauoheatwickluDg  abgebalten,  diese  Beobachtaug  weiter 
in  verfolgen  (Brit.  Joum.  of  Phot  1883.  B.  61). 

Dia  FhotogT^hie  mit  Hignesiumpulver  in  Form  von  iBIJttlicht".  wie  man 
es  daDQ  nannte,  gelangte  erst  durch  die  Arbeiten  J.  Gaedicbea  und  A.  Hiethes  in 


Berlin  1887  zum  Äufaoliwunge  (s,  u.)  und  bald  beschäftigte  sich  alle  Welt  damit,  da 
die  von  denselben  ompfohleneu  Ex|>loKiviiiis::huugen  von  Maguesiumpulver  (Magnesium, 
Ealiumohlorat,  Schwefel antimon  uod  später  andere  Mischungen,  s.  u.)  tatsächlich 
bliUschnell  verbrennen  und  auf  Bronisilbergelatineplntten  Momentbilder  von  Porti-äten, 
Oiuppen  usw.  geben. 


332  Erster  Teil.    Dwianddreifligstes  Kapitel. 

Ungefähr  zur  selben  Zeit  beschäftigte  sich  Meydenbauer  mit  Veisiichen  i 
selben  Art.    NacUdem  Giiedicke  UDd  Mietlie  den  nciicrliclieQ  Anstoß  zur  Ma, 


A  Ma«oeii umliebt  von  Km.  1 


BlitKlioiitphotographio  gegeben  hatten,  lernte  man  die  vortrefFüubea  Eigenacbartea 
durch  eine  Flamme  geblnsuneD  reinen  Maguetiiiimpulvers  kennen. 

T.  N.  Arm Btro Dg  machte  nümÜGh  kurz  nach  dem  Bekanntwerden  des  Oaediuke- 
Miethesohen  Blitzpulvei's  ilarauf  unfmerkaara.  dal!  reines  Magnesjumpulvur,   diri'kt 


« 


durcU  eine  lichtflamnie  gebloseo.  eio  iotensiveB  Licht  gibt  (Bht.  .loum.  of  Phot  1887. 
S.  77),  wonach  eine  groBe  Anzahl  von  verschiede  Den  ,  Blitzpul  vern"  uud  ^Maguesium- 
blitKlampen"  angegeben  wurden,  was  (ebenso  wie  die  Versuche  mit  AlumiDiumUiti- 
licbt]  iu  einem  andern  Bande  dieses  Werkes  bepschrieben  ist. 


mbliti- 

ä 


Künatlichas  Licht  in  der  Photographie.  333 

Wfihrend  früher  Aufaahmen  ohne  Tageslicht  als  kuriose  Selten- 
heit galten,  wurde  durch  die  Einführung  des  Magnesiuniblitzlichtes  die 
Aofhahme  von  Porträten,  Qruppen  luid  Interieurs  bei  künstlichem  Licht 
zum  Gemeingat  aller  und  bürgerte  sich  rasch  ein. 

Die  EifiadnBg  dea  AuerschoD  Oasglühlichtes  bracbte  nicht  nur  einen 
Umschwung  in  der  modernen  Belcuchtungstecbnik  mit  sich,  sondern  forderte  die 
KopierrerfklireD  mit  Brom-  und  Chlorsilber,  namentlich  aber  vereiofachte  es  das 
VergrÖSeruDgsT erfahren  auf  Broms ilberplatten.  Dr.  Karl  Aner  Bitter  von  Wels- 
bacb  ist  der  Sohn  dea  Erfinders  des  Katurselbstdruclies,  des  einstmaligen  Direktors 
der  Wiener  Hot-  und  Staatadmekerei  Alois  Aner  Rittor  von  Welsbach  (a.  diesen). 
Ersteier  studierte  Chemie  bei  Prof.  Bungon  in  Heidelberg  und  begaoa  dortselbat  seine 
ünteranohnugan  der  seltenea  Erden  (Laatliau,  Cerium,  Thorium,  Zirkonium),  die 
er  in  Wien  bei  Prof.  Lieben  weiterführte,  wo  er  auch  seine  Erfindung  des  Oasglüh- 
liditeB  zur  AosFuhning  brachte  (1865).  Anfangs  benutzte  er  Gemische  voa  Zirkon-^ 
und  Lanthanoxyd  zum  Imprügnieren  seiner  OlühmäDtcl,  jedoch  erst  im  Jahre  1891 
entdeckte  Aner,  daß  ThoriumoxTd  mit  kleioeu  Mengen  Cerluinoxyd  weit  bessere  Eigen- 
flohaften  besitze.  Mit  diesen  Gemischen  wird  der  rührenformige  aus  BaumwoUfäden 
gewebte  Mantel  imprägniert,  welcher  geglüht  wird,  wonach  das  Skelett  der  fcuor- 
bestindigen  Erde  als  der  eigentliche  Glühkürper  zurückbleibt;  dieser  wird  durch  eine 
Bnnsen-Oaaflamme  oder  dergleichen  zuui  hellen  Leuchten  gebracht.  Diese  Form  der 
.Incandescenz- Beleuchtung"  fand  in  der  ganzen  Welt  Verbreitung.  (Vergl,  Offizieller 
aateireich.  Katalog  zur  Weltausstellung  io  Paris  1900.  Heft  8.  Klasse  75.  S,  32.)  Die 
Anwendung  des  Ligroingasea  (anstatt  I.:eucbtga.s)  für  Auersche  Glühkärper  und  zum 
photographischen  Vergrößerungs-  sowie  Projektions  verfahren  erfand  der  Mechaniker 
Fabricius  in  Wien  im  Jahre  1889  (PhoL  Korresp.  Bd.  26,  S.  271). 


VIEBUNDDBEISSIGSTES  KAPITEL. 

KOPIEEVEEFAHREN  AUF  SILBERSALZEN. 


Das  Auskopierverfahren  auf  mit  Silbersalzen  imprägniertem  Papier 
reicht  in  den  ersten  Anfängen  auf  Heilot  1737  (s.  S.  55),  Scheele 
1777  (s.  S.67),  Wedgwood  und  Davy  1802  (s.S.  102)  zurück.  Talbot 
(s.  S.  237)  beschrieb  für  Kopierverfahren  das  Chlorsilberpapier,  welches 
er  durch  Tränken  von  Papier  mit  Kochsalz  und  Silbernitratlösung 
herstellte,  und  er  war  der  erste,  welcher  nach  den  Angaben  Herschels 
das  Fixieren  solcher  Kopien  beschrieb  (s.  S.  240).  Talbot  fand  auch, 
daß  Bromsilberpapier  zum  Auskopierverfahren  brauchbar  sei  (1839, 
s.  S.  240),  jedoch  blieb  man  beim  Chlorsilberpapier,  das  kräftigere 
Schwärzen  gab. 

Durch  Talbot  und  Herschel  war  somit  die  Grundlage 
unserer  photographischen  Kopierverfahren  auf  Chlorsilber- 
papier und  Bromsilberpapier  gelegt  worden. 

Den  beiden  Engländern  gebührt  das  Verdienst,  den  photographisohen 
Prozeß  auf  Papier  lebensfähig  gemacht  und  das  beste  Fixiermittel,  näm- 
lich unterschwefligsaures  Natron,  gefunden  zu  haben. 

Tal  bot  erkannte  auch  die  große  Wichtigkeit  jener  Kopierprozesse 
auf  Papier  zu  den  Zwecken,  welche  wir  kurzweg  als  Lichtpauserei 
bezeichnen.  Er  legte  nicht  nur  1839  Kopien  von  Zeichnungen  vor  (s- 
oben),  sondern  am  23.  März  1840  übersendete  er  der  französischen 
Akademie  der  Wissenschaften  getreue  photographische  Kopien  von  alten 
Schriften  und  Dokumenten,  welche  im  Kopierrahmen  hergestellt  waren 
und  deren  Genauigkeit  und  Leserlichkeit  auch  die  Mitglieder  der 
Academie  des  Beiles -Lettres  zur  vollen  Anerkennung  veranlaßte.  *) 

Auch  Daguerre  hatte  eine  Methode  angegeben,  um  Chlorsilber- 
papier herzustellen.  Biet  teilte  diese  Methode,  welche  Daguerre 
schon  seit  1826  gekannt  haben  soll,  in  der  Sitzung  der  französischen 
Akademie  der  Wissenschaften  vom  18.  Febniar  1839  mit*)    Er  tr&nkte 

1)  Compt.  rend.  Bd.  10,  S.  4a'). 

2)  Ibid.  1839.  Bd.  8,  S.  246. 


Kopierverfahren  auf  SilbersalEen.  335 

Papier  mit  „Salseäure-Äther" ,  dann  mit  Silbernitrat  Bas  Fixieren 
geschah  in  sehr  unroIUommener  Weise  durch  Waschen  mit  Wasser. 
Die  Methode  Daguerres  mit  Salzsäure -Äther  fand  jedoch  keinen  Ein- 
gang in  die  pbotographieche  Praxis. 

(Über  die  gleichfalls  im  Jahre  1839  publizierte  Methode  Bayards, 
doioh  Eopieren  direkte  positive  Kopien  zu  erbalten,  haben  wir  schon  an 
anderer  Stelle  berichtet  [s.  S.  241];  vergl.  ferner  Bd.  U  dieses  Werkes.) 

Da  die  Beschreibung  der  Einzelheiten  der  Erfindungsgeschichte 
der  Silber- Auskopier  verfahren  in  Bd.  IV  S.  3  dieses  Werkes  gegeben 
ist,  so  kann  der  Yerfasser  sich  hier  auf  das  Wichtigste  beschränken. 

Taylor  teilte  1840  mit,  daß  man  ein  verbessertes  Kopierpapier 
erhalte,  wenn  man  das  mit  Kochsalz  gesalzene  Papier  mit  salpeter- 
aanrem  Silberoxyd-Ämmoniak  imprägniert;  >)  Tal  bot  beschrieb 
1844  ein  ganz  ähnliches  Yerfahren.^)  In  neuester  Zeit  (1903)  führte 
E.  Valenta  das  ammoniakalische  Silber  für  Celloidinpapier  ein  und  er 
fond,  daß  sich  dasselbe,  insbesonders  für  Gelloidinmattpapiere,  welche 
für  Pladntonung  bestimmt  sind,  eigne,^) 

Die  erste  Mitteilung  betreffe  des  Überziehens  von  Papier  mit  Sub- 
stanzen, welche  der  Rauheit  und  Porosität  der  Papierschicht  entgegen- 
wirken und  dadurch  Bilder  von  größerer  Feinheit  im  Silberkopierprozeß 
bewirkten,  verdanken  wir  Blanquard-Evrard.  Derselbe  befaßte  sich 
mit  dem  im  Jahre  1847  bekannt  gewordenen  Niepceschen  Negativ- 
verfahren  mittels  Eiweiß-  oder  Stärkeschichten  auf  Glas  (s.  S.  257)  und 
fand  im  Jahre  1850,  daß  Albumin,  ferner  Milchseriim  sowohl  für  Negativ- 
papier mit  Hervorrufun^,  als  auch  für  Positiv-Auskopierpapier  günstig 
wirken.  Blanquard-Evrard  legte  seine  Methode  mit  Albuminpapier 
für  positive  Abdrücke  am  27.  Mai  1850  der  französischen  Akademie  der 
Wissenschaften  vor  (Compt.  rend.  1850.  Bd.  30,  S,  663)  und  beschrieb 
Q.  a.  die  Präparation  von  Positivpapier  mit  Eiweiß,  welches  er  mit 
Ghlomatrium  salzte  und  mit  konzentrierter  Silberlösung  (1:4)  sensi- 
bilisierte.*) 

Somit  waren  schon  anfangs  der  fünfziger  Jahre  die  Präparations- 
metboden  des  Positivpapieres  mit  Albumin,  Stärke  und  Gelatine  bekannt, 
und  femer  war  bereits  die  Aufmerksamkeit  auf  den  Zusatz  von  orga- 
nischen Säuren  zu  den  Silberkopierpapieren  gelenkt.     Im  Jahre  1856 

1)  Athenaeum  Nr.  670.    Diogler.  Poljtecho.  Journ.  Bd.  77,  8.467. 

2)  Repert  of  pat.  in v.  Jan.  1844.  47.    Diogler,  Polytechn.  Joum.  Bd.  92,  S.  44. 

3)  Hiotogr.  Korreap.  1903.  S.  230. 

4)  Blanquard-Evrard  ist  aisu  der  Eifiuder  des  Albumin papiers  für  das 
photographiHche  Kopier veriahreo  und  nicht  I.e  Gray  oder  Talbot,  wie  in  Uokenntma 
dar  Sachlage  manche  achrieben. 


336  Erster  Teil.     Vierunddreißigstes  Kapitel. 

studierte  Hardwich  das  Verhalten  des  Silberzitrates  im  positiven 
Kopierprozeß  genauer  (Journ.  Phot.  Soc.  London,  Bd.  3,  S.  6;  Kreutzer, 
Jahresber.  f.  Phot.  1856.  S.  23).  Er  präparierte  Papier  mit  einer  Mischung 
von  Natriumzitrat,  Chlorammonium  und  Gelatine  und  sensibilisierte  es 
durch  Baden  in  Silbernitratlösung.  Hardwich  fand,  daß  das  beim 
Silbern  entstehende  Silberzitrat  das  Bild  günstig  beeinflußte. 

Alle  diese  Kopierprozesse  wurden  später  praktisch  verwendet.  Zu- 
nächst wurde  das  Stärke -Chlorsilberpapier  bevorzugt,  dann  (anfangs  der 
sechziger  Jahre)  das  einfach,  später  das  doppelt  albuminierte  Papier, 
während  die  gelatinierten  Papiere,  sowie  die  Chlorozitratpräparation  da- 
mals wenig  Beachtung  fanden. 

Adolf  Ost  (s.  S.  328)  in  Wien  erfand  1869  das  haltbar  gesilberte 
Albuminpapier,  welches  durch  Zusatz  von  viel  Zitronensäure  zum  Silber- 
bade hergestellt  war. 

Die  Anwendung  des  Stärkekleisters  als  Zusatz  zur  Salzpmpara- 
tion  des  Kopierpapiers  führte  de  Brebisson  ein  (Horns  Phot  Journ. 
1854.  Bd.  2,  S.  6  und  47).  Er  überzog  Papier  mit  gekochter  Tapioka- 
stärke,  welcher  er  Chloride  zusetzte. 

Nachdem  die  erwähnten  Kopierpapiere  (insbesondere  Albumin- 
papier), welche  mittels  des  Badeprozesses  sensibilisiert  werden,  durch 
beiläufig  25  bis  30  Jahre  ihre  Herrschaft  behaupteten,  erwuchs  ihnen 
durch  die  haltbaren  Emulsionskopierpapiere  eine  starke  Konkurrenz 
(vergl.  Bd.  II,  S.  490).  Den  stärksten  Impuls  gaben  die  Arbeiten 
G.AVharton  Simpsons (1865),  \velcher  das  Chlorsilber-Emulsionskopier- 
verfahren (das  später  ,,Celloidinverfahren''  genannt  wurde)  ausarbei- 
tete, sowie  die  Versuche  J.  B.  Obernetters  in  München  (1867  und  1868), 
das  Kollodiumpapier  fabriksmäßig  darzustellen.  A.  Ost  führte  das  Über- 
tragungsvorfahren von  Chlorsilberkollodiumbildern  auf  anderer  Unter- 
lage ein. 

Der  bayrische  Photochemiker  J.  B.  Obernetter  (*1840,  flSST), 
welcher  auf  zahlreichen  Gebieten  der  photographischen  Reproduktions- 
technik erfinderisch  sich  betätigte,^)  war  nicht  nur  der  erste,  welcher 
Chlorsilberkollodium  (wenn  auch  nur  vorübergehend)  fabriksmäßig  er- 
zeugte, sondern  er  lieferte  auch  die  ersten  Massenauflagen  zur  Illustration 
deutscher  photographischer  Fachjournale.  Er  wies  auf  die  große  Fein- 
heit der  Bilder  hin  und  erbrachte  die  ersten  Beweise,  daß  Chlorsilber- 
kollodiumbilder an  Haltbarkeit  die  bald  vergilbenden  Albuminbiider  über- 
treffen. Allerdings  blieben  die  Fachphotographen  bis  zirka  1890  beim 
Albuminkopierpapier,  welches  für  fast  alle  Zwecke  der  Kopierung  nach 


1)  S.  FAers  Jahrb.  f.  Phot.   ISSS.  S.  440  (mit  Porträt). 


Kopierverlahren  auf  SUbeKalieu.  337 

Fortrfit-  und  Landschaftsaufnahmen  diente  und  dessen  allmäbliolies 
Vergilben  man  nie  ein  unabänderliches  Übel  hinnahm. 

Die  starke  Terbreitung  der  Ämateurphotographie,  zufulge  der  Ein- 
ftlhrung  des  Bromsilbergelatine- Trockenverfahrens,  machte  das  Bedürfnis 
nach  haltbaren  und  bequem  zu  verarbeitenden  Kopierpapieren  zu  einem 
dringlichen,  und  um  das  Jahr  1890  eroberten  sich  sowohl  Chlorsilber- 
gelatine- Emuisionspspiere  („Aristopapiere")  als  auch  Chlorsilberkollo- 
diumpapiere („Celloidinpapiere")  den  Markt,  so  daü  der  Konsum 
derartiger  Papiere  bald  deigenigen  der  älteren  Eiweiß-  und  Stärkepapiere 
übertraf.  Die  Fabrikation  der  modernen  Oelatinechlorozitrat-Kopierpapiere 
hatte  Abney  1882  angeregt  (s.  Bd.  IV,  S.  161);  im  großen  Maßstabe 
stellte  Emil  Obernetter  in  München,  der  Sohn  J.  B.  Obernetters, 
seit  1884  Gelatinecblorsilberpapier  her  (s.  Bd.  IV,  S.  162)  und 
legte  dadurch  den  Qrund  zu  der  später  namentlich  in  England  und 
Frankreich  im  großen  Mallstabe  betriebenen  Erzeugung  von  Chlorsilber- 
gelatine Auskopierpapier  (Aristopapier).  Es  entstanden  in  der  Folge 
zahlreiche  Celloidin-  und  Aristopapierfabriken. 

Die  erste  große  Celloidinpapierfabrik  (mit  Barj'tstrich)  dürfte 
Kurz  in  Wernigerode  in  Deutschland  1890  errichtet  haben. 

In  diesen  Emulsionen  („ Celloidin "  und  „ Aristo")  bestand  die 
Mischung  aus  Chlorsilber,  Silbernitraf  eventuell  Zitrat  oder  Tartrat 
nebst  freier  Zitronen-  bezw.  Weinsäure. 

Dann  wurde  die  Zusammensetzung  der  Gelloidinpapiere  Spezial- 
bedürfnissen  angepaßt.  Der  ehemalige  Fachlehrer  der  k.  k.  Graphischen 
Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien,  F.  Hrdliöka,  fabrizierte  nach 
seinem  Patente  spezielle  Kopierpapiere  für  flaue  Negative,  bei  welchen 
der  Zweck,  Abkürzung  der  Gradation,  durch  Chromatzusätze  zum 
Chlorsilberkollodiura  erreicht  wurde.  E.  Valenta '-}  untersuchte  die 
Wirkung  verschiedener  Zusätze  auf  die  Gradation  der  Kopierpapiere 
and  führte  Uranyl-  und  Eupfersalze  zum  selben  Zwecke  ein  (1895); 
während  er  zu  hart  kopierende  Emulsionen  durch  Zusatz  von  Sitber- 
pbospat-Emulsion  weicher  stimmte.-)  Gleichzeitig  studierte  Valenta 
die  Hervorrnlüngsprozesse  für  ankupierte  Silberphosphatpapiere,-')  nach- 
dem er  1893  die  Entwicklung  von  Chlorsilberemulsionspapieren  (Aristo- 
and  Celloidinpapier)  mittels  saurer  Phenolentwicklung  beschrieben  hatte.*) 

Ein  anderer  Fortschritt  war  die  Einführung  von  schwefelfreiem 
Pflanzeneiweiß  zur  Herstellung  von  „Protalbinpapier"  durch  Lilien- 

1)  S.  Bd.  IV,  S.  U4. 

2)  Photogr.  Korreaii.   1900.  S.  317. 

3)  Ebenda. 

4)  EderB  .lahrb.  f.  Tliot.   1893.  S,  ö3. 

Edar,  HMidbQCh  iler  fhototcmphip.    I.Teil.    :!.  Aufl.  22 


338  Erster  Teil.     Vieruuddreißigstes  Kapitel. 

feld  in  Wien  im  Jahre  1897  (s.  Bd.  IV,  S.  174),  wodurch  die  Haltbar- 
keit der  Bilder  gesteigert  wurde.  Das  mit  Kaseinpräparaten  hergestellte 
„Casoidinpapier"  (Kasein -Emulsion)  erfand  Buss  1903  in  der  Schweiz. 
Alle  diese  Emulsionen  wurden  nicht  nur  zu  Glanz-,  sondern  auch  zu 
Mattpapier  verarbeitet. 

Die  positiven  Papierbilder  auf  Chlorsilberpapier  weisen  in  der 
Regel  einen  unschönen  Farbenton  auf,  der  sich  dem  Ziegelrot  nähert 
Das  Schönen  und  Dunkelfärben  der  Bilder  geschah  anfangs  ver- 
mittelst Schwefel,  welcher  mit  Silber  dunkles  Schwefelsilber  bildet. 

In  den  vierziger  Jahren  war  nur  das  Färben  der  Papierpositive 
mittels  Schwefelung  durch  Fixiernatronbäder,  welche  infolge  eingetretener 
Zersetzung  Schwefel  ausschieden,  bekannt.  Alte  Fixiernatronbäder  färben 
die  Papierkopien  allmählich  braun. 

Das  Schönen  (Tonen)  der  positiven  Silberbilder  mit  Ooldsalzen 
wurde  ungefähr  zwischen  1847  — 1850  eingeführt. 

Die  Methode  des  Vergoldens  von  Chlorsilberpapierbildem  mit  Sei 
d'Or  (d.  i.  Xatriumaurothiosulfat),  welche  Fizeau  für  die  Daguerreotyp- 
platten  bekannt  gemacht  hatte,  soll  zuerst  1847  von  P.  E.  Mathieu  ein- 
geführt worden  sein  und  ist  in  seiner  „Auto -Photographie^'  benannten, 
im  Jahre  1847  erschienenen  Broschüre  zum  ersten  Male  publiziert^) 

Auch  Le  Gray  empfahl  in  seiner  Broschüre  „Traite  pratique  de 
Phof'  (Juni  1850)  das  Schönen  der  positiven  Chlorsilberbilder  mit  einer 
Lösung  von  Chlorgold  in  Fixiernatron.  Humbert  de  Molard  beschrieb 
1851  als  Erster  die  getrennten  Goldbäder  (Chlorgoldlösung  und  Kreide), 
indem  er  vergoldete  und  dann  erst  Fixiernatron  anwendete  (vergl. 
Bd.  4,  S.  6). 

Der  Zusatz  von  Blcisalzen  zu  den  Fixierbädern,  welcher  später 
auch  in  den  gemischten  Tonfixierbädern  für  Celloidin-  und  Aristopapier 
eine  Rolle  spielte,  hatte  Valicourt^)  im  Jahre  1851  zuerst  empfohlen; 
er  beobachtete,  daß  Fixiernati'on  gemischt  mit  Bleiazetat  die  Ent- 
stehung violetter  Töne  bei  Chlorsilberkopien  verursache,  was  auch 
Henderson»)  (1862)  bestätigte. 

Die  gründliche  Kenntnis  der  chemischen  Vorgänge  beim  Fixieren 
und  Vergolden  von  Silberkopien  wurde  insbesondere  durch  eingehende 


1)  Ich  folge  hier  den  Angaben  in  Hlanquavd-Evrards:  La  Photographie, 
origines,  ses  progios,  ses  ti-ansfurmations.  Lille  1870.  S.  182.  [Bevor  ich  diese  Qnelie 
kannte,  hatte  ich  die  Priorität  des  Vergoldens  von  Papierbilderu  Le  Gray  1850  «i- 
geschrieben,  s.  dieses  Handbuch  l>d.  4,  S.  0.     E.] 

2)  Valicourt,  Manuel  de  Phot.   1851.  S.  345. 

3)  Eders  Jahrbuch  f.  Phot.  18i»5.   S.  484. 


Eopierrerfahren  auf  Silbersalien.  339 

UntersuchuDgen  von  Davanne  und  Girard  („Recherches  sur  la  forma- 
tion  des  epreares  photograpbiques."    Paris  1864)  aogebahnt 

Die  Einführung  der  Scbwefelcyanide,  namentlich  des  Rhodati- 
kglinms  und  - ammoDiums,  im  Touungs-  und  Fixierbade  erfolgte  von 
Heynier  im  Jahre  1863  (s.  Bd.  4,  H.  9).  Bewährt  haben  sich  die 
Bbodanide  in  der  photographischen  Praxis  namentlich  bei  den  Goid- 
bädern  fdr  die  modernen  Emulsionskopierpapiere,  und  zwar  sowohl  beim 
getrennten  Tonungs-  und  Fixierungsprozeß,  als  auch  mitunter  als  Zu- 
sats  zu  den  gemischten  Gold  -Ton  -  Fixierbädern,  bei  welchen  das 
FixiernatroD  als  Hauptfaktor  beim  Fixierungsprozesse  wirkt.  Saure 
Thiokarbamidgoldbäder  wurden  von.  Hälain')  und  von  £.  VaJenta*) 
einge^rt.  Andere  Verbesserungen  der  Touungsprozesse  gehören  der 
neuesten  Zeit  an  und  brauchen  hier  wohl  nicht  weiter  erwähnt  zu 
werden.  Durch  Ginführung  der  TonfixierpalroDen  und  fertig  gemischten 
„Tönungen"  ist  eine  Vereinfachung  der  Manipulationen  erreicht  worden 
und  von  mehreren  Fabriken  wurde  an  der  Wende  des  19.  Jahrhunderts 
die  Erzeugung  solcher  Präparate  aufgenommen  und  dadurch  ein  neuer 
Zweig  der  chemischen  Industrie  geschaffen. 


1)  Bull.  8oc.  fran;.   19<i2.  S.  223. 

2)  Photogr.  KorroBp.  19U2.  S.  650. 


FÜNFÜNDDREISSIGSTES  KAPITEL. 

KOPIEEVEEFAHEEN  MIT  EISENSALZEN.  —  LICHT 

PAUSEEEI.  —  PLATINOTTPIE. 


Die  Lichtempfindlichkeit  gewisser  Ferrisalze  (Eisenoxydsalze), 
insbesondere  des  mit  organischen  Substanzen  gemischten  Eisen  Chlorides, 
war  schon  lange  bekannt,  wie  der  Verfasser  bereits  nachgewiesen  hat 
(s.  S.  47). 

Insbesondere  war  Döbereiner  (1831)  mit  seiner  Entdeckung  der 
Lichtempfindlichkeit  des  Ferrioxalatos  bahnbrechend  gewesen  (s.  S.  157). 

Zu  photographischen  Kopierprozessen  wurden  organische  Ferrisalze 
(besonders  das  später  so  häufig  verwendete  zitronensaure  Eisenoxyd 
und  Blutlaugensalz)  zuerst  von  Sir  John  Herschel  im  Jahre  1842 
mit  Erfolg  versucht^)  und  genau  beschrieben;  die  hiermit  begründeten 
Kopierprozesso,  besonders  aber  dieCyanotypie  oder  der  photograpbische 
Blaudruck,  wurden  für  das  Lichtpausverfahren  von  hoher  Wichtigkeit 

Herschel  beobachtete  und  beschrieb  die  Lichtempfindlicbkeit  der 
mit  Ferrizitrat  und  -tartrat  bestrichenen  Papiere;  er  wendete  besonders 
auch  das  braune  zitronensaure  Eisenoxydammoniak  (Ammoniumferri- 
zitrat)  an,  dessen  photochemische  Reduktion  zu  Ferrosalz  er  feststellte 
und  wobei  er  nachwies,  daß  das  unbelichtete  Ferrisalz  mit  rotem  Blut- 
laugensalz  sich  nicht  bläut,  wohl  aber  mit  dem  belichteten  (Prinzip  des 
Lichtpauseverfahrens  der  „Cyanotypie'\  vergl.  Bd.  4,  S.  202).  Oelbes 
Blutlaugensalz  gibt  hierbei  positive  Lichtpausen  (Herschel),  ein  Ver- 
fahren, welches  sj)äter  von  Pellet  zu  seinem  Gummi-Eisenlicbtpaus- 
prozeß  (1877)  verwertet  wurde  (s.  Bd.  4,  S.  248).  Die  große  Reaktions- 
fähigkeit der  Eisenlichtbilder  erkannte  Herschel,  indem  er  feststellte, 
daß  das  im  Lichte  entstandene  Ferrosalz  aus  Lösungen  von  Edelmetall- 
Salzen  (Silber,  Gold)  metallische  Niederschläge  ausscheidet  Dadurch 
legte  er  1842  den  Grund  zur  sog.  Argentotypie,  welche  mit  geringen 

1)  Herschel,  „Od  the  Action  <.)f  the  Solar  S|)ectrum*,  Phil.  Traosaot  1842. 
Auch  Photogr.  Archiv.   1864.   S.  467. 


Kopier  verfahren  mit  EiHeaBalzeti.  —  Lichtpauserei.  —  Platiootypie.        341 

XoderuDgen  1889  in  England  als  „Kallitjpie"  neu  erstand  and  auch 
im  „Sepiablitz-Licbtpanspapier"  in  neuerer  Zeit  durch  Arndt  und 
Troost  (1895)  wieder  praktisch  verwendet  wurde.  Sowohl  für  die 
Ai^ntotypie  als  für  die  LichtpauBerei  wurde  in  neuerer  Zeit  die 
Kopierzeit  wesentlich  abgekürzt  durch  die  Einfübrung  des  grünen 
Ammoniumferrizitratee  durch  E.  Valenta  1897.') 

Die  veiechiedene  Reaktionsfähigkeit  der  Fern-  und  Ferrosalze 
gegen  Tannin,  Gallussäure  usw.  führte  zur  Herstellung  sog.  „Tinten- 
bilder" oder  des  Gallus-Eisenkopierprozeases,  dessen  Anfänge, 
auf  Poitevins  Publikation  (20.  Mai  1859,  Bull.  Soc.  Frant;.  Phot)  zu- 
rückzuführen sind  und  um  das  Jahr  1880  zur  tabriksmäBigeD  Herstellung 
4ron  Gallus-Eisenlichtpausen  mit  schwarzen  Linien  auf  weißem  Grunde 
führte  (8.  Bd.  4,  S.  256). 

Die  von  Garnier-Salraon  entdeckte  Eigenschaft,  daß  Ferrizitrat 
im  Lichte  seine  hygroskopischen  Eigenschaften  ändere  (1858),  hat  wenig 
Anwendung  gefunden,  obschon  man  Einstaubverfahren  und  photo- 
graphische Pigmentprozesse  damit  ausführen  wollte  (s.  Bd.  4,  S,  207): 
die  Wirkung  war  schlechter  als  bei  dem  auf  der  Lichtempfindlichkeit 
der  Chromate  begründeten  Einstaubverfahren. 

Dagegen  gewann  die  oben  erwähnte  Herschelsche  Idee,  mittels 
belichteter  Ferrisalze  an  den  Bildstellen  (wo  sich  Ferrosalze  bilden)  Edel- 
metalle niederzuschlagen,  große  Bedeutung  für  die  künstlerische  Photo- 
graphie, als  für  diesen  Prozeß  die  Platinsalze  einbezogen  wurden. 
Die  Platinotypie  beruht  auf  der  Anwendung  eines  Gemisches  von 
Ferrioxalat  mit  Platinsalzen,  am  besten  mit  Kaliumplatincblorür. 

Die  Platinotypie  wurde  Im  Jahre  1873  von  William  Willis*)  in 
England  erfunden  und  als  neuer  „pbotographischer  Druck"  am  5.  Juni 
1873  in  England  patentiert  (Nr.  2011).  Er  beschrieb  sein  Verfahren  in 
der  Weise,  daß  er  Papier,  Holz  usw.  mit  einer  Mischung  von  Ferri- 
oxalat oder  -tartrat  mit  Platin-,  Iridium-")  oder  Goldsalzen  überzog, 
welches  nach  dem  Belichten  unter  einem  Negative  in  Lösungen  von 
Katiumoxalat  oder  Ammoniumosalat  getaucht  wurde,  worin  sich  das 
Bild  entwickelte.  Als  Platinsalz  verwendete  er  Kaliuniplatinchlorür 
oder  -Chlorid  oder  auch  Platinbromid,  Willis  nahm  Verbesserungs- 
patente vom  12.  Juli  1878  (Nr.  2800,  Zusatz  von  Blf^isalzen  zur  Eisen- 


1)  PhotofU.  Korresp.   1897. 

2)  Eid  Foittiit  des  um  die  Eiafühtuog  neuer  photogra|ihisclioi'  Verrahren  sehr 
verdieaten  Engläadei's  Willinm  Willig  findet  sich  in  Brit.  .lourn.  Phot  Almanac. 
1905.  S.  86. 

3)  Nach  Pizzigbelli  und  Hübl  (Die  Platiootyin« 
bei  diesem  Prozeil  kein  Bild,  dagegen  geben  Palladiumüs 


342 


Erster  Teil.    Fünfunddreiltigstee  Kapitel. 


Platinmiscliung,   Entwickeln  der  belichteten  Papiere  in  einer  Miscbungl 
von  Kaliuraoxalat  mit  Kaliumplatinchloriir).    In  seinem  späteren  Pate 
vom  15.  aiärz  18S0  (Nr.  1117)  ließ  Willis  alle  diese  Zusätze  von  Blei-fl 
^Izen  usw.  zu  der  empfindlichen  Schicht  weg;  er  vermehrte  den  GehalO 
der  emptindlichen  Eisen-l'latinmischunf;an  l'latinsalz  und  umging  dadurch 
die  Beimengung  dieses  Sal- 
zes in  die   Entwicklungs- 
flüssigkeit.  (Weitere  Änd< 
rungen  und  Verbessenini 
im  Platin- Kopierprozeß 
Bd.  4,  S.  214.) 

Mittels  des  „Platio- 
druckes"  oderder„PlaHnü- 
typie"  wurden  in  London 
schon  Ende  der  siebziger 
Jalire    unter   der   Mitwir-_ 
kung    des   Erfinders    sei 
schöne  Pliotogi'aphlen  her- 
gestellt, ohne  daß  ein  siobi 
res  Verl'atiren  zur  Hei-sti 
hing  der  sensiblen  I'latii 
papiere  allgemein  bekai 
gewesen  war. 

Erst  durch  die  voo' 
der  Wiener  Photographi- 
schen Gesellschaft  preis- 
-  gekrönte  Abhandlung  der 
österreichi  sehen  Offis 
(!.  Pizzighelli  und  Bf 
Hübl,  welche  im  Ji 
1882  erschien  {„Die 
tinotypie",  2.  Aufl.  188^ 
wurde  das  Verfahren  genau 
bekannt  und  veröffentlicht; 
der  Hauptmann  der  Geniewaffa  G.  Pizziglielli  (s.  S.  302)  war  datnala 
Leiter  der  piiotographiscben  Abteilung  des  k.  und  k.  technisch-admini- 
strativen Militärkomitees  in  Wien  und  der  Artilleriehauptmann  Arthur 
Freiherr  von  Hübl  (später  Oberst  und  Vorstand  im  k.  und  k.  militär- 
geographischen  Institute  in  Wien)  oblag  technisch-wissenschaftlichen 
Studien  an  der  Wiener  Technischen  Hochschule;  bei  ihren  Versuchen 
wurde  das   Willissche    Prinzip  festgehalten,   nämlich   das   Platinpapier 


?ie^^ 


^mit  FeiTioxa 

folgter  Belichtung  mit  heißer  Ealtumoxalatlösung  zu  entwickeln.  Mit 
der  Anwendung  von  DoppelsaUen  des  Ferrioxalates  hatten  die  Genannten 
damals  keine  guten  Resultate  erzielt.  Im  Jahre  1887  fand  aber  Pizzi- 
ghelli  die  Bedingungen,  unter  welclien  FerrioxaJat- Doppelsalze  bei  der 
Präparation  von  Platinot^'ppapier  gute  Dienste  leisten,  und  bemeikte, 
daß  durch  Beimengung  von  Natriunioxalat  usw.  in  die  empfindliche 
Schicht  die  reduzierende  Kraft  des  im  Lichte  entstandenen  Ferrooxalates 
derartig  gesteigert  wird,  daß  ohne  weitere  Anwendung  einer  Entwick- 
lungsflüssigkeit ein  schwarzes  Platinbild  entsteht')  Da  damals  Haupt- 
mann Pizzighelli  in  Banjaluka  in  Bosnien  stationiert  war,  so  stammen 
diese  ersten  Versuche  des  „direkten  Platin-Auskopierverfahrens" 
ohne  Entwicklung  aus  dem  Okkupationsgebiete  in  Bosnien,  von  wo  auch 
die  ersten  gelungenen  direkten  Platinkopien  stammen,  welche  Pizzi- 
ghelli dem  Herausgeber  dieser  „Geschichte"  im  Jahre  1887  sandte  und 
wovon  eine  Probe  In  Fig.  105  abgebildet  ist 

Weitere  Verbesserungen  des  Platindruckes  waren  das  Ergebnis 
der  Untersuchungen  von  A.  Lainer,-)  Baron  Hübl*)  u.a. 

Die  ersten  Piatinpapiere  brachte  (1880)  die  englische  Platino- 
type-Comp.  (London)  in  den  Handel;  es  waren  dies  anfangs  „Heili- 
Entwicklungspapiere",  zu  welchen  1892  die  „Kalt-Entwicklungspapiero" 
kamen.  Später  wurden  auch  in  Österreich  (Dr,  Just  1883)  und  Deutsch- 
land (Hesekiel,  Jakobi  u.  a.)  Piatinpapiere  fabriziert  Bei  diesen 
Handelssorten  von  Platiupapieren  wurde  namentlich  auf  die  Stärke  und 
Testur  des  Papiers  (glatt,  mehr  oder  weniger  rauh,  dickes  Aquarell- 
papier,  Pyramidenkompapier  usw.)  Rücksicht  genommen  und  dadurch 
kam  man  den  Anforderungen  der  künstlerischen  Photographie  (nament- 
lich für  größere  Bildformate)  entgegen.  Bald  begann  man  es  als  nütz- 
lich zu  empfinden,  daß  diesen  Platinpapieren  eine  allerdings  sehr 
schöne,  aber  etwas  kalte  grauschwarze  Färbung  eigentümlich  war  und 
es  wurden  Mittel  und  Wege  gefunden,  um  die  Farbe  der  Platindnicke 
(teils  mittels  gewisser  Zusätze  zur  Präparation  der  empfindlichen  Schicht. 
teils  durch  Tonnngsprozesse)  ins  Braune  oder  in  andere  Nuancen  zu 
variieren  (s.  Bd.  IV  dieses  Werkes). 

1)  Phot.  Korresp.  1887  und  186>i. 

2)  Piiot.  Korresp.   1804.  S.  .'ilS. 

3}  Hübl,  Der  Platindnick.    rn95;  ferner  l'hot  Korrosp.   1K94.  S.  .".5."i. 


SEGHSÜNDDBEISSIGSTES  KAPITEL. 

PHOTOGEAPHISCHE  VERFAHEEN  MIT   CHROMATEN.   — 
EINSTAUBVERFAHREN.  —  PIGMENTDRUCK.  —  GUMMI- 

DRUCK. 


Im  Jahre  1798  entdeckte  Vauquelin,  daß  die  Chromsäure  mit 
Silber  ein  karminrotes  Salz  bildet,  welches  im  Lichte  dunkler  wird 
(s.  S.  92). 

Prof.  Suckow  war  der  erste,  welcher  im  Jahre  1832  beobachtete, 
daß  chromsaure  Salze  auch  bei  Abwesenheit  von  Silber  lichtempfind- 
lich sind,  wenn  man  organische  Substanzen  zusetzt  (s.  S.  139). 

Aber  erst  als  durch  die  Erfindung  der  Daguerreotypie  von  vielen 
Seiten  Versuche  mit  lichtempfindlichen  Salzen  unternommen  wurden, 
begann  der  Engländer  Ponton^)  im  Jahre  1839  seine  Versuche  wieder 
mit  ehromsaurem  Silber,  offenbar  an  Vauquelins  Angaben  anknüpfend. 
Ponton  versuchte,  die  Lichtempfindlichkeit  des  Silberchromates  photo- 
graphisch zu  verwerten  und  machte  bei  seinen  Experimenten  die  Beob- 
achtung, daß  Papier,  mit  doppelt  chromsaurem  Kali  getränkt  (auch  bei 
Abwesenheit  von  Silbersalzen),  durch  die  Lichtstrahlen  gefärbt  werde. 
Ponton  beschreibt  diese  Versuche  im  Jahre  1839  in  seinem  Berichte 
an  die  „Royal  Society  of  Scottish  artists".^)  Fixiert  wurde  das  Bild 
durch  bloßes  Auswaschen,  indem  das  von  der  Sonne  gefärbte  Salz  seine 
Auflöslichkeit  im  Wasser  verliert  (vergl.  Bd.  4,  S.  307). 

Wie  aus  diesen  Angaben  hervorgeht,  entdeckte  also  Ponton  die 
Farben  Veränderung  des  mit  Bichromat  getränkten  Papieres;  das  Wesen 
des  hierbei  vor  sich  gehenden  chemischen  Vorganges  wurde  allerdings 
von  ihm  unrichtig  aufgefaßt.  Auch  erkannte  Ponton  die  für  die 
Photographie    viel    wichtigere    Lichtempfindlichkeit   der   Gemenge   von 


1)  Mungo  Pontou,  geboren  im  Jahr»?  1801  in  England,  starb  am  3.  August 
1880  in  Clifton. 

2)  Edinb.  new  philosuph.  Journ.  1839.   S.  169. 


Photographidche  Verfahren  mit  Ch]v>uiiiten.  —  Einstau bvcrf ah rea  usw.      345 

Kaliumbichromat  mit  Oelaüne,  Gummi  usw.  keineswegs,  sondern  diese 
Kntdeckang  wurde  erst  später  gemacht.') 

Becquerel  versuchte  das  Verfahren  Pontons  zu  verbessern  und 
arbeitete  durch  Anwendung  von  Stärkekleister  und  Behandeln  des 
Chrombildes  mit  Jod  auf  das  deutlichere  Sichtbarwerden  des  Chrom- 
bildes  hin.    (Compt.  rend.  1840.   Bd.  10,  S.  469.) 

Auch  Hunts  Versuche  (1843),  mittels  eines  Gemisches  von 
Kaliumbichromat  und  Kupfervitriol  eine  bessere  Auskopiermethude  auf 
Papier  zu  finden  *)  {sogen.  „Chromatypprozeß"),  führten  zu  keinem 
praktischen  Ergebnisse,  ebensowenig  dessen  „Chromo-Cyanolypprozeß", 
bei  welchem  Hunt  ein  Gemisch  von  Kaliumbichromat  und  Blutlaugen- 
salz auf  Papier  auftrug.*) 

Der  Entdecker  der  Li chtemptind  liebkeit  eines  Gemisches  von 
Kaliumbichromat  und  Gelatine  ist  Fox  Talbot,  welcher  am 
28.  Oktober  1852  ein  englisches  Patent  zur  Herstellung  von  photo- 
graphischen Stahlätzungen  mit  Hilfe  dieser  Cbromatmischung  nahm  und 
sein  Verfahren  in  den  französischen  „Comptes  rendus"  im  Jahre  1853 
genau  publizierte;  er  machte  bekannt,  daß  Chromatgelatine  im 
Lichte  unlöslich  wird,')  d.  h.  die  Quellbarkeit  in  kaltem  Wasser 
verliert.  In  der  betreffenden  Abhandlung,  welche  den  Titel  „Gravüre 
pbotographique  sur  l'acier"  führt,  beschreibt  Talbot  als  lichtempfind- 
liche Schicht:  Leim  und  Kaliumbichromat,  welches  er  auf  eine  polierte 
Stahlplatte  auftrug  und  mittels  einer  W^eingeistlampe  trocknete,  darauf 
legte  er  ein  Diapositiv,  kopierte  in  der  Sonne  einige  Minuten,  bis  die 
Abbildung  „gelb  auf  braunem  Grunde"  entstand,  wusch  mit  Wasser, 
wonach  das  Lichtbild  (nach  Talbots  genauer  Beschreibung)  „meist 
etwas  erhaben  hervortritt,  da  an  den  vom  Lichte  veränderten  Stellen 
das  Wasser  das  Chromsalz  wegnimmt  und  die  r.«imscbicht  etwas  auf- 
quellen macht".     Durch    diese   Schicht    hindurch  ätzte  Talhot  mitteis 

1)  Diese  Bemerkung  muH  mit  De^ug  auT  maocbi-  obeiiläcliliclie  und  iritüinliolie 
SohilderUDg  der  liisturischen  Entwicklung  der  I'liotograpbie  mit  Chromsalzen  gcmaolil 
werden,  in  welcher  es  fälBchüch  heiOt:  Pootiin  sei  dei*  Eutdecker  der  Liuhtenipßnil- 
liohkeit  der  Chromgelatine.  Solche  Irrtümer  über  die  Entdeckungsgt'Sthichte  der 
Chromatpholographie  schreiben  leider  mnnche  Autoren  voneinander  ab  und  verbruituri 
sie  dftduTCh  in  der  Literatur.  Die  leb  Icrhaf teste  Scbilderung  findet  sich  nameotlicli 
in  «ner  ganz  un verläßlichen  sogenannten  ,OfSt;hichtü  der  Pbotogi'apbie''  (1891)  von 
Sohiendl  abgedruckt,  was  icb  in  der  ,Photogr.  Korrespondenz"  (1^91.  ä.  15li  au^- 
fohrlieh  richtigstellte.     (Eder.) 

2)  Hunts  Bcsearehes  oii  Lij^Ut.  I8öl.  S,  ITÖ,  Athcniiiuii.  1843.  N'r.  8:^ii. 
Dinglers  Polytechn.  Jouni.   Bd.  !H),  S.  4i;f. 

3)  VergL  Hunts  Manual  ot  Ptu,tot;r. 

4)  Compt,  rendus.  Bd.:i(i,  0.78".    Diiijjler.s  I'iJylediii..liHLrii,  Bd.  iL'8.y.2iHi. 


346 


Ereter  Toll.    SeclisunddreiBigsteB  Kapitel. 


PliitineliloridlÖsung.      Um    Halbtonbilder    zu    ätzen,    brachte    Talbotl 
zwischen   Diapositiv    und    emptindliche  Schicht   einen    feinen    Netzstoff 
(schwarze    Gnze)    und    legte    somit    das    Fundament    nu    dem    späteren 
Rasten-erfahren;    er    bemerkt,    daß    man    auch    Photoziiikotypien    und 
Photo! ithographien  mittels  dieses  Prozesses  erhalten  könne  und  erwähl 
dies  in  der  englischen  Paten tbeschreibiing, 

Die  Talbotsche  BeolK 
achtung  der  Qnellbarkeit  de| 
belichteten  Chromatgelatineiäd 
Wasser  nutzte  Paul  Pretscq 
(It-rj4)    in     Wien     zi 
heliographischen  MethM 
aus.  indem  er  eine  Platte  mi^ 
Tjeim,   Kaliumbichromat   uiu 
.Silberverbindungen    überzt^j^ 
bcliclitete,   in  Wasser  wusch 
und  das  erzielte  Relief  mittels 
Galvanoplastik  oder  Ste- 
reotypieabformte. SeinengJ 
lisches   Patent  (Nr,  2373)  i 
vom  9. November  1854  dati« 
das  französische  Patent  erhiol 
Protsch  erst  im  Juli  ISöfij 
Der  Franzoso  Alphon 
Louis  Poitevin  machte si 
um  die  Einführung  der  Phol 
graphie  mit  Chromaalzen  i 
Fi- loü    Mdi. -0  [•niiii.h  sondere   Verdienste; 

i-i-OL.  »isHn  dierte    mit   grölltem   £rfol| 

die    Reaktion    der  Obromal 
mit   organischen   Substauzen    im   Lichte    und   erfand   den   LichtdruoH 
(1855)    sowie    den    Pigmentdruck.      Zunächst    nahm    Poite 
Dezember   185ä   ein   englisches  Patent    auf  eine   neue   pliotographisc 
Druckmethode,  welche   nach   der  Patentbeschreibung   das  Prinzip  i 
Lichtdruckes  darstellt. 

Poitevin  erwähnt  daselbst,  es  sei  eine  Mixtur  von  „Albutnij 
Kibrine,  Oumnüarabikum,  Gelatine  oder  Ühniichen  Substanzen 
Kaliumbichromat"  zu  machen,  auf  diese  Schiebt  ein  Hild  zu  kopien 
die  Platte  anzufeuchten  und  fette  Farbe  aufzutragen,  „welche  nur  i 
den  belichteten  Stellen  adhüriere';  man  könne  den  so  erhaltenen  Druol 
auf  dieser  zuerst  erzeugten   Bildfliiclie   belassen  oder  nach  der  Art  c 


Pbotograpbische  Verfahren  mit  Ohroinaten.  —  Ei QsUub verfahren  usw.      347 

lithogrftphien  AbdrUcke  davon  herstellen  und  verschiedene  Unterlagen, 
z.  B.  lithographische  Steine,  Metall,  Glas,  Holz  usw.  zur  Bilderzeugung 
rerwenden.  Ferner  erwähnt  Poitevin  in  derselben  Patentbescbreibung : 
man  könne  farbige  Kopien  erhalten,  wenn  man  eine  Farbe  (Pigment) 
mit  einer  der  oben  genannten  Mixturen  vermenge  und  nach  der  Be- 
lichtung die  vom  Lichte  nicht  veränderten  Stellen  wegwasche.  Han 
könne  Kopien  in  verschiedenen  Fai-ben  mittels  dieser  Methode  herstellen. 

Photographische  Drucke, 
welche  nach  diesem  Patente 
beigestellt  waren , ')  stellte 
Poitevin  in  der  Pariser  „Ex- 
position universelle"  im  Jahre 
1855  aus;  diese  Methoden  und 
die  in  der  Patentbeschreibung 
ausgesprochenen  Prinzipien 
repräsentieren  aber  unzweifel- 
haft die  Grundlagen  desL  i  c  b  t  • 
druckes  und  des  Pigment- 
druckes und  wir  müssen  in 
Poitevi  n  ')  den  hervorragend- 
sten Erfinder  dieser  photo- 
graphiscben  Methoden  nebst 
Talbot  und  Pretsch  ehren. 

Alphons  Louis  Poiteviu, 
dessen  Portiut  ia  Fig.  107  abge- 
bildet ist,')  <^arde  hS19  zu  Coiitlans 
im  Satthe- Departement  in  Frank- 
reich    geboren.     Er    atudieilc    in 

Calais,    später   an    der    Ecole    ceu-  Fii.K:.    Aiphuna  Louis  Poitovin. 

trale  in  Paris  insbesondere  Chemie 
und   Hechauib.      1843    erhielt   er 

das  Diplom  eines  Zivilingenieui'it ,  l'rat  als  Chemiker  in  den  Salinen  (Salines  iialio- 
nalea  de  l'Est)  iu  den  Staatsdii^nst  und  begann  164S  in  seiner  freien  Zeit  mit 
photograph lachen  Versuchen.  Das  erste  Ergebnis  seiner  Studien  war  die  Gal\ano- 
gn^hie  auf  Deguerreotypplatten  (s.  u.),  dann  fand  er  ein  gleiolifalls  für  Dagiiorrcotyp- 
platten  bestimmtes  photoche  misch  es  <>raviervBrfaliron  auf  vergoldeten  Metallplatten 
(8.  o.),  wofür  er  die  silberne  Medaille  der  Sociote  d'Eneouragemi'nt  des  Arts  erhielt. 


1)  Als  Fürbomittel   war  Tusche   benutzt  (s.  Simpson.   Swaus   Pigmentdriick. 
Deutsch  von  Vogel.    Berliu  I8(i8.  S.  10). 

2)  Poitevin  meldet  wohl  auch  185.5  ein  Patent  auf  eine  photogalvanogruphische 
Methode  an  (datiert  vom  13.  Dezember  l>i:jD),  also  wesentlich  später  als  Pretsch. 

3)  Ein   anderes  Porträt  Poitevius    findet   sich    in  Paris-Photographe.    lS9i». 


348  Erster  Teil.     Sechsunddreißigstes  Kapitel. 

Poitevin  wurde  1850  Ingenieur  in  der  Fabrik  Pereire  in  Lyon  und  kam  1850  nach 
Paris.  Poitevin  beschäftigte  sich  eingehend  mit  den  photographischen  Eigenschaften 
des  Chromleims,  erfand  die  Prinzipien  des  Lieh tdnickes  und  Pigmentdmckes,  während 
ihm  mit  der  Ei*findung  der  Photogalvanographie  Pretsch  um  wenige  Monate  zuvor- 
gekommen war.  Die  meiste  Aufmerksamkeit  widmete  Poitevin  der  direkten  Photo- 
lithographie in  Halbton  auf  gekörntem  Stein  mittels  Chromeiweiß -Schichten  (s.  u.). 
Er  errichtete  im  Oktober  1855  eine  photolithographische  Druckerei ;  dies  Unternehmen 
erwies  sich  als  wenig  erfolgreich,  da  Poitevin  die  Technik  der  Lithographie  zu  wenig 
beherrschte.  Er  trat  deshalb  mit  dem  Inhaber  der  bemhmten  Pariser  lithographischen 
Anstalt  Lemercier  in  Vorbindung,  verkaufte  ihm  seine  Patente  (s.u.)  imd  führte 
auf  diesem  Umwege  seine  Ei*findung  erfolgreich  in  die  Praxis  ein.  Später  veröffent- 
lichte Poitevin  zahlreiche  wichtige  Verbesserungen  auf  dem  Gebiete  der  Chromat- 
photographie,  der  Photographie  mit  Eisonsalzen,  der  Photochemie  mit  Silberphoto- 
chlorid usw.  Er  erhielt  aus  dem  von  dem  Mäcen  Herzog  von  Luynes  gestifteten 
Preis  für  seine  Erfindung  der  Chromatphotographie  (Kohlebildor)  10000  Franken  (s.  u.), 
doch  waren  alle  diese  unregelmäßigen  Einnahmen  nicht  genügend,  die  bedeutenden 
Opfer  zu  ersetzen,  welche  Poitevin  der  Durchfühi-ung  seiner  Ei'findungen  brachte, 
so  dal)  er  18GU  sich  genötigt  sah,  wieder  als  Zivilingen icuV  Dienst  zu  nehmen.  Er 
leitete  die  Glasfabriken  in  Folembnin,  ging  zur  Ausbeutung  von  Silbererzen  nach 
Kefoun-Theboul  nach  Afrika,  zog  schließlich  nach  dem  Tode  seines  Vatere  wieder 
nach  Contlans,  wo  er  ein  bescheidenes  Anwesen  hatte. 

Auf  der  internationalen  Ausstellung  in  Paris  im  Jahre  1878  wurde  Poitevin 
zum  „Colloborateur  Universal''  ernannt  und  ihm  ein  Honorar  von  7000  Franken  nebst 
einer  goldenen  Medaille  in  Anerkennung  seiner  Verdienste  um  die  Fortschritte  der 
Photographie  ausgesetzt.  Diese  Summe  soll  ihm  aber  nie  ausbezahlt  worden  sein.^) 
Dagegen  hatte  ihn  die  Sociöte  d'oncouragement  in  Paris  wiederholt  ernstlich  gefordert, 
zuletzt  durch  Verleihung  des  vom  Mar(|uis  von  Argenteuil  gestifteten  Preises  von 
120<K)  Franken.  Die  letzten  Jahre  seines  Ix3bens  verbrachte  i^oitevin  in  seinem 
(inburtsorto  und  zwar  in  sehr  bescheidenen  Verhältnissen ,  bis  sich  1880  die  Symptome 
einer  Geliinierweichung  einstellten,  welcher  er  am  4.  März  1882  erlag. 

Die  von  Poitevin  im  Jahre  1855  ausgestellten  photographischen 
Kopien  mittels  Druckerschwärze  hatten,  so  unvollkommen  sie  auch  waren, 
die  Aufmerksamkeit  des  Herzogs  von  Jju ynes  in  Paris  erregt,  welcher 
hierin  die  Möglichkeit  erblickte,  unveränderliche  Drucke  zu  billigem 
Preise  auf  photograpischem  Wege  herzustellen.  Um  die  Lösung  dieses 
Problems  zu  beschleunigen,  gab  derselbe  im  Jahre  1856  eine  frucht- 
bare Anregung,  indem  er  Preisaufgaben  mit  Prämien  von  8000  und 
2000  Franken  zur  Herstellung  unveränderlicher  photographischer  Drucke 
stellte.2)     (Siehe  Bd.  4,  S.  311.) 

Der  damalige  Vorsitzende  der  Pariser  EMiotographischen  Oesellschaft, 
der  Chemiker  Regnault,  leitete  1856  das  Programm  dieses  Preises  mit 
den  Worten  ein:   „Von  allen  Stoßen,  die  uns  die  Chemie  kennen  gelehrt 

1)  Phot.  Archiv.  ISS2.  S.  94;  Phot.  Korresp.  1882.  S.  04.  Ferner:  Poitevin, 
Traite  des  Impressions  i>hotogr.     Paris  1883.   2.  Aiitl. 

2)  Bull.  Soc.  fran^.  Phot.  IS.'Hk    8.211. 


Photographische  Verfahren  mit  ChroinattD.  —  Eitistaiib verfahren  usw.      349 

bat,  ist  der  EobleDstoff  der  beständigste  und  derjenige,  der  allen 
chemiBChen  Reagenden  in  der  Temperatur  unserer  Atmosphäre  am  besten 
widersteht  —  Der  gegenwärtige  Zustand  der  alten  Manuskripte  beweist 
uns,  daB  die  in  der  Gestalt  von  Lampenschwarü  auf  dem  Papiere  fixierte 
Kohle  jahrhundertelang  unverändert  bleibt.  Wenn  man  es  daher  er- 
möglichte, photugrapbische  Bilder  in  Kohle  herzustellen,  so  würde  man 
für  deren  Haltbarkeit  dieselbe  Grundlage  haben,  wie  für  unsere  ge- 
druckten Bücher,  und  das  ist  die  größte,  die  man  hoffen  und  wünschen 
kann." 

Hiermit  war  die  Direktive  für  Arbeiten  mit  Druckverfahren  mittels 
Kohle  oder  Druckerschwärze  gegeben,  welche  nicht  ohne  Einfluß  fär 
die  Entwicklung  dieser  Metboden  und  darunter  auch  des  Pigmentdruckes 
war.  Bis  zum  Jahre  1859  waren  zur  Bewerbung  um  den  Preis  des 
Herzogs  von  Luynes  mehrere  Arbeiten  eingelangt  und  zwar  von 
1.  Testud  de  Beauregard,  2.  Garnier  und  äalmon  und  3.  Pouncy. 

Von  den  Genannten  stellte  Testud  de  Beauregard  einige  gute 
Proben  aus,  brach  aber  aus  einem  unbekannten  Grunde  ab,  als  er  vor 
der  Kommission  arbeitete;  er  wurde  deshalb  nicht  weiter  berUi^k sichtigt 
Die  Herren  Garnier  und  Salnion  arbeiteten  erfolgreich  vor  der  Kom- 
mission und  zwar  mittels  eines  Einstaub  Verfahrens  (s.  u.)  und  Pouncys 
Arbeiten  wurden  von  der  Kommission  nach  seinen  Mitteilungen  geprüft, 
da  er  verhindert  war,  persönlich  zu  erscheinen. 

Gelegentlich  der  Prüfungsarbeiten  konstatierte  aber  die  von  der 
Pariser  Photographischen  Gesellschaft  eingesetzte  Jurj-,  daß  der  gemein- 
same Vater  aller  dieser  prämiierten  Methoden  Poitevin  mit  seinen  oben 
angegebenen  neuen  Verfahningsarten  war. 

Demgemäß  erhielt  auch  Poitevin  eine  goldene  Medaille;  Garnier 
und  Salonion  sowie  Pouncy  erhielten  je  eine  silberne  Medaille. 

Der  Engländer  John  Pouncy  stellte  in  der  ^London  Photographic 
Society"  im  Jahre  1858  Pigmentdnicke  aus  {s.  Journ.  Pbot  Soc.  1858. 
Dezember,  S.  91),  deren  Darstellung  er  damals  geheim  hielt.  Er  nahm 
jedoch  gleichzeitig  (de  dato  10.  April  1858  Nr.  780)  ein  englisches  Patent 
anf  dieses  Verfahren,  nach  welchem  hervorgeht,  daß  er  „vegetabilische 
Kohle,  Gummiarabikum  und  Kaiiumbicbroniat"  als  Bildschichte  für  die 
Papierpräparation  verwendete  oder  die  Kohle  durch  Bitumen  oder  andere 
Pigmente  ersetete,  um  lichtechte  Photographien  zu  erhalten.  Daß 
Pouncys  Gummidrucke  tatsächlich  in  dieser  Weise  hergestellt  worden 
waren,  geht  aus  einem  Briefe  seines  Mitarbeiters  Portbury  hervor, 
welchen  dieser  am  23.  November  1860  in  der  „Photographic  News" 
veröffentlichte.  —  Dieser  Pigmeniprozeß  mittels  Gummiarabikum  und 
Chromaten   ist  jedoch   schon    von  Poitevin   (s.  oben)   erwähnt  worden 


350  Erster  Teil.    Sechsunddreißigstes  Kapitel. 

und  „Pouncys  Pigmentverfahren''  deckt  sich  mit  dem  durch  Poite- 
vins  Patentbeschreibung  publizierten.^)  Trotzdem  erhielt  Pouncy  wegen 
der  guten  Ausführung  der  Bilder  einen  Teil  des  Preises  des  Herzogs 
von  Luynes  zuerkannt.  Immerhin  kann  Pouncy  als  der  praktische 
Gründer  des  Gummidrucks  gelten. 

Schließlich  wurden  bei  dieser  Preisverteilung 2)  Garnier  und 
Salmon  berücksichtigt,  wegen  eines  Einstaubprozesses  mit  Chromsalzen, 
Zucker,  Eiweiß  oder  Gummi  und  Kohlenpulver,  dessen  Beschreibung  sie 
am  30.  Juni  1S58  zu  Händen  des  Sekretärs  der  Pariser  Photographischen 
Gesellschaft  deponierten  und  welcher  tatsächlich  originell  war.') 

Die  Preisausschreibung  des  Luynesschen  Preises  wurde  verlängert 
und  im  Jahre  1862  erhielt  Poitevin  den  Luynesschen  Preis  im  Be- 
trage von  2000  Franken. 

Trotz  dieser  erstgenannten  Preisarbeiten  des  Jahres  1858  gelang 
es  damals  nicht,  mittels  des  Poitevinschen  Pigment-Prozesses  Halbton- 
bilder tadellos  zu  reproduzieren,  sondern  der  Erfolg  beschränkte  sich 
auf  die  Wiedergabe  linearer  Zeichnungen. 

Den  Grund,  warum  beim  Poitevinschen  Pigmentprozeß  und  allen 
ähnlichen  Methoden,  bei  welchen  das  Bild  an  der  Schichtoberfläche  er- 
zeugt und  durch  Wegwaschen  der  unveränderten  Partikel  fixiert  wird, 
die  Halbtöne  zerstört  werden,  erkannte  zuerst  Abb6  Laborde.*) 

Nachdem  Laborde  die  Ursache  der  Zerstörung  der  Halbtöne  beim 
Poitevinschen  Pigmentprozeß  erkannt  hatte,  schlug  J.  C.  Burnett  am 
22.  November  1858  im  „Photographic  Journal"  Bd.  V,  S.  84  ein  Mittel 
zur  Abhilfe  vor,  indem  er  ganz  richtig  bemerkte,  daß  man  das  Pigment- 
papier von  der  Rückseite  belichten  müsse,  damit  die  Pigmentbildstellen 
an  der  Unterlage  haften. 

Alle  diese  Methoden  aber,  bei  welchen  durch  die  Papierschichte 
belichtet  werden  mußte,  gaben  nicht  die  gewünschte  Feinheit  und  Schärfe 
der  Bilder,  weshalb  Fargier  zum  ersten  Male  auf  die  Idee  kam,  die 
belichtete  Chromat- Pigmentschichte  mit  der  Bildfläche  auf  eine  andere 
Unterlage  zu  übertragen  und  hierbei  das  Oberflächenbild  festzuhalten. 
Fargiers  im  September  1860  in  Frankreich  patentierter  Pigmentdruck- 
prozeß ^)  bestand  darin,  daß  er  die  mit  Chromat  empfindlich  gemachte 

1)  Auch  Seely.  der  Heraus^^ober  des  Americau  Jourual  of  Photograpby,  sohlug 
die  Verwendung  von  Chromat -Gummi  vor  (18r)8),  ohne  damit  etwas  Neues  za  sagen. 

2)  Bull.  Süc.  franv.  Phut.    1S62.    ^.  [)\). 

3)  S.  Eders  Handbuch.    Bd.  IV.  lieft  13. 

4i  Bull,  de  la  See.  fran«,-.  de  Phot.  1858.  S.  213.  Liesegang,  Der  Kohle- 
druek.   1JS84.    S.  8. 

5)  Bull,  de  la  Soo.  franc.  de  Phut.    isGO.    S.  3U. 


Pignipnt-Oe 

Platte  io  warmes  Wasser  tauchte,  worin  sieb  die  nicfat  belichtete  Gelatine 
löste,  während  die  im  Lichte  unlöslich  gewordenen  Bildstelleo  mit  allen 
Details  und  Halbtönen  am  Kollodion  haften  blieben,  welches  sich  in 
Hautform  von  der  ersten  Unteriage  ablöste  und  auf  eine  andere  Unter- 
lage (z.  B.  ein  Blatt  Papier)  übertragen  wurde. 

Fargier  legte  der  Pariser  Photographischen  Gesellschaft  wieder- 
holt Proben  von  Pigmentbiidern  vor  (1861)  und  erhielt  von  ihr  für  seine 


,Bph  w 


Studien  auf  dem  Gebiete  des  Pignientdruckes  und  seine  ingeniöson  Vor- 
bessernngen  desselben  im  Jahre  18G2  einen  Preis  von  600  Franken 
(Ball.  Soc.  fran?.  Phot.  1863.  S.lOl). 

Ein  wichtiger  Schritt  in  der  Entwicklung  des  Pignientverfahrens 
geschah  durch  den  Engländer  J.  W-Swan,  welcher  den  Ühertragungs- 
prozeß  einführte. 

Joseph  Wilson  Swan,  geboren  am  31.  Oktober  182S  in  Munder- 
land (England)  in  New  Castle,  verbesserte  das  Pigment  verfahren  und 
arbeitete  mit  unermüdlicher  Ausdauer  an  der  Vorvolikommmiug  dieser 
Methode;  man  verdankt  den  größten  Teil  <ier  praktischen  Erfolge,  welche 


Erster  Teil.    Seohsanddre 


nijin  später  mit  'leni  Figmentverfahren  erzielte,  den  Bemühungen  Swantf 
iniiem   er  das  einfaclio  und  doppelte  Überlragungsverfaliren  der  Pigment-  ' 


bilder  auf  Glas  und  Papier  einführte  (s.  Bd.  IV  dieses  Handbuches). 
errichtete  später  in  Gemeinschaft  mit  Mawson  eine  der  ersten  Bi 
silbergelatinetroekenplatten-Fabriken   in   England,     Auch   erfand   S 


J 


die  clcktrisr  uioDiampe  mit  9cblin  mtSrinig  gewandem  iLobieD  ien 
und  er  wurde  wegen  seiner  vielfachen  Verdienste  vom  englischen  König 
Eduard  im  Jahre  1904  in  den  Adelsstand  erhoben. 

J.  W,  Swan,  dessen  Porträt  in  Fig.  JOS  abgebildet  ist,  beschäftigte 
sich  seit  1864  mit  dem  Pigmentverfahren,')  das  er  sich  unterm  29.  Fe- 
bmar  1864  (Nr.  503)  in  England  patentieren  ließ.  Fig.  109  zeigt  die 
Reproduktion  eines  von  Swan  selbst  im  Jahre  1866  hergestellten  ge- 
InngeneD  Pigmentbildes  mit  doppelter  Übertragung  {Kautschukpapier); 
die  Originalpigmentdrucke  Swans  aus  der  älteren  Zeit  sind  sehr  selten 
geworden,  da  eine  Feuersbrunst  die  Arbeitsstätte  und  Sammlungen 
Swans  Ende  des  19.  Jahrhunderts  zerstörte.  W.  Benyon  Winsor  in 
London  kaufte  Swans  Patent  und  gründete  die  englische  „Autotype 
Comp.",  welche  nur  die  Fabrikation  und  Verarbeitung  der  Pigment- 
papiere betrieb,  während  Adolf  Braun  das  französische  Patent  Swans 
erwarb. 

Braun  in  Domach  (Elsaß)  befaßte  sich  damals  mit  der  Wieder- 
gabe der  Skizzen  alter  Meister  aus  dem  Louvre  und  versuchte,  die  ver- 
schiedenen Farben  (Braun,  Rot  und  Orau)  der  Originale  mittels  eines 
TOD  Rousseau  erfundenen  heliographischen  Prozesses  zu  reproduzieren. 
AI9  Swan  ihm  auseinandersetzte,  daß  er  durch  sein  Pigmentdruck- 
verfahren  nicht  bloß  die  Farben  der  Originale  nachahmen,  sondern 
wirklich  genau  denselben  Farbstoff,  wie  er  zu  den  Originalen  verwendet 
worden,  benutzen  könne,  und  eine  Kopie  eines  in  Kotstift  ausgeführten 
Originals  mit  wirklicher  Kotkreide  (Blutrot)  sab,  da  war  er  ganz  hin- 
gerissen von  dem  Verfahren,  das  er  von  da  ab  zur  Wiedergabe  von 
Studien  alter  Meister  verwendete,  welche  Reproduktionen  heute  Welt- 
ruf in  allen  Malerschulen  haben. 

In  Deutschland  führte  Franz  Hanfstängl  jun.  (Sohn  des  Gründers 
der  Konstanstalt  s.  S.  367)  zuerst  den  Pigmentdruck  im  Großbetriebe 
för  den  Kunstverlag  ein  und  pflegte  auch  alle  modernen  photograpbi- 
scheo  Verfahren;  sein  Porträt  zeigt  Fig,  110. 

Von  da  ab  kam  das  l'igraentverfahren  zur  höchsten  Blüte  und 
wurde  eines  der  wichtigsten  Verfahren  für  den  Kunstverlag  (Braun  in 
Dornacb,  Hanfstängl  in  München,  die  Autotype  Comp,  in  London  u.  a.) 
and  für  die  künstlerische  Photographie. 

Die  hervorragende  Schönheit  von  Kohledrucken  auf  Glas  führte  zu 
der  Verwendung  des  Kohledruckprozesses  bei  Herstellung  von  Transparent- 
bildem  und  bei  der  von  Duplikaten  und  Modifikationen  von  Negativen. 

1)  Vergl,  Swan  ,Meia  Anteil  am  Verfaliren  ;iur  Herstellung  von  Koblebildern' 
(/■hrbooh  f.  Photographie.  189-1.  S.  275),  —  Die  Biographie  Swans  a.  Brit.  Journal. 
1901.  &a90. 

Zdar,  ■■K«:1i  der  PhotoRmpliio.    [.Teil.    :I.  Anll.  23 


354 


Erster  Teil.    SechBunddreiBigstes  Kapitel. 


Swaii  wandte  auch  das  Pigmentdmckverfahreii  zur  Gravierung 
von  Eupferplatten  an,  worauf  zwei  Methoden  beruhen,  nämlich  die  Ätz- 
methode, bei  welcher  ein  Pigmentbild  (Negativ)  als  Itzgrund  wirkt  und 
man  geätzte  Heliogravüren  erhält,  und  die  früher  zur  Anwendung 
gekommene,  von  Swan  und  Woodbury  ganz  besonders  ausgebaute 
Methode,    bpi    welcher    das   Relief    eines    positiven    Pigmentbildes    die 


Mutrizc  für  t-in  Galvanu  bildet.    (Verf;!.  weiter  unten  l'hotogalvanographie 
und  KiiCsi-'lic  Heliogravüre.) 

Der  tlummidruc'k  gibt  bei  weitem  nicht  die  prünise  Reproduktion 
der  feinsten  Bilddetailn,  aber  an  künstlerischer  Gesamtleistung  nament- 
lich gröDerer  Bilder  von  geschlossener  Licht-  und  Scbattenwiikang 
lassen  sich  mitGnmmidniek  vorziigliehe Resultate  erhalten.  SeitPounoy 
war  das Tertahreii  vergessen;  auch  Bollmanns  Empiehlung  der  Qnmmi- 
Pigmentbilder  IfiftS  (vergl.  Bd.  4,  S.470)  hatte  keinen  Erfolg.  Erst  1889 
lenkte  Artigiie  die  Aufmerksamkeit  auf  direkte  Halbton  -  Kopierverfiüiren, 
indem  er  ein  ^Sammetkohlepapier"  (Cbarbon  velours)  emphbl  (s.  Bd.  * 
S.  460).     Es   war  aber  dies  kein   eigentlicher   „Gummidruck",  sondern 


die  Wiederbelebung  dee  ben  geschah  mit  Rouill6-Ladev€zes  Bro- 
achiire  „Sepia-Photo  et  Sanguine- Photo".  Paris  1894.  Dann  worde 
iDsbesoodere  im  „Wiener  Camera  Club"  von  Watzek,  Philipp  von 
Soboeller,  Baron  Albert  von  Rothschild  u.  a.  der  Gummidruck 
als  Änsdrncksmittel  künstlerischer  Photographie  propagiert  und  zwar 
mit  Anwendung  von  mehrJachen  Kopierungen  zur  Erzeugung  guter 
Mittflltöne  und  Schatten.  Der  Gumroidrnck  fand  in  der  Folge  in  allen 
Ländern  viel  Yerbreitung  in  der  künstlerischen  Photographie,  wurde 
in  zahlreichen  Werken  beschrieben')  und  war  auf  allen  Ausstellungen 
stark  vertreten. 

Die  effektvolle  Kombination  von  Platinotypie  mit  Gummidruck 
wurde  zuerst  an  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in 
Wien  von  Professor  H.  Keßler  ausgeführt  und  waren  derartige  Bilder 
in  der  Pariser  Weltausstellung  1900  unter  den  Schauobjekten  der  ge- 
nannten Anstalt  ausgestellt') 

Marion  in  Paris  teilte  im  Jahre  1873  der  Pariser  Photographischen 
Gesellschaft  mit,")  daß  kopierte  Pigmentpapiere  beim  Anpressen  auf  ein 
anderes  unbelichtetes  Pigmentpapier  das  unlösliche  Lichtbild  gewisser- 
maßen auf  das  zweite  übertragen;  diese  ^Mariotypie"  ist  der  Ursprung 
der  von  Manly  später  erfundenen  „Ozotypie".*) 

Die  chemische  Beaktiun  des  Lichtes  auf  Chromate  bei  Gegenwart 
organischer  Substanzen  war  anfänglich  trotz  vielseitiger  praktischer  An- 
wendungen der  Chromleini verfahren  noch  wenig  studiert,  so  daß  sich 
die  Photographische  Gesellschaft  in  Wien  veranlaßt  sah,  im  Jahre  1877 
einen  Preis  für  eine  kritische  Studie  über  die  Lichtreaktionen  der 
chromsauren  Salze  auf  Albuminoide,  Gelatine  usw.  auszuschreiben;  es 
erhielt  1878  die  Konkurreozarbeit  Eders  den  Preis^),  in  welcher  die 
gerbende  Wirkung  des  im  Lichte  entstandenen  Chromichromates  (Chrom- 
dioxyd =CrOg)  als  der  Grund  der  ünlöslichkeit  der  Chromatgelatine  usw. 
sichergestellt  wurde.") 

1)  Behrens,  ner  Ouniuiidruck.  2.  AulL  Berlin  1903.  —  Gaediuke,  Der 
Ouinmidtuck.  2.  Aufl.  Berlin  1903.  —  Kösters,  Der  Gummidruck,  Halle  a.  S.  1904. 
—  Rapp,  Praktische  Anleituag  zur  .\usäbuag  des  Guiatntdnickea,  Wien  l'JOO.  — 
Silberer,  Anleitung  znra  Gummidrock.  Wien  1903.  —  Hotmeister,  Th-,  Der 
Onmmidracb.  Halle  a.  S.  imH. 

2)  Edeis  Jahrb.  f.  Phot.   1902.  Ö.  271. 

3)  BuU.  Sog.  fran?.  1873.  S.  95. 

4)  Vergl.  Eders  Jahrbuch  f.  Phot,   1!100.  S.  ÖO;  ferner  1901  bis  ItlOO  u.  ff. 
:>)  Vergl.  Bd.  IV.  S,  473. 

6)  Phot.  Korresp.  1878.  —  Auch  selbständige  Bi'OSchüre  in  Eder,  Über  die 
ReaktioD  der  Chromsäure  und  Chromate  auf  QelatiDC,  Gummi,  Zucker  usw.  in  ihren 
Beziehnngen  zur  Chronifttphotographic.  Wien  1878. 

23* 


SIEBENÜNDDREISSIGSTES  KAPITEL. 

PHOTOKERAMIK,  EMAILBILDER  MITTELS  DES  KOLLO 
DIUM-  UND  DES  EINSTAUB  VERFAHRENS. 


Der  Pariser  Photograph  Lafon  de  Camarsac  hatte  im  Jahre  1855 
zuerst  bekannt  gemacht,  daß  man  das  mittels  des  nassen  Kollodium- 
verfahrens  (mit  Entwicklung)  hergestellte  Silberbild  (Kollodiumhäutchen) 
mit  Chlorgold  oder  Chlorplatinlösung  behandeln  müsse,  um  durch 
chemische  Substitution  Gold-  und  Silbermetall  ins  Bildhäutchen  zu 
bringen,  die  beim  Einbrennen  auf  Email  bessere  Farbennuancen  geben, 
als  Silber,  welches  gelbe  Töne  gibt  (Compt.  rend.  Bd.  40,  S.  1266; 
Dinglers  Polytechn.  Journ.  Bd.  137,  S.  271). 

Lafon  de  Camarsac  in  Paris  hatte  sein  Verfahren  weiter  be- 
trieben und  1862  in  Paris  „Images  photographiques  inaltörables  sur 
6niaux  et  sur  porcelaine  vitrifi6es  comme  les  peintures  de  Sövres*  aus- 
gestellt. 1) 

C.  M.  Tessi6  du  Motay  und  Mar6chal  stellten  später  nach  dem- 
selben Verfahren  photographische  Emailbilder  (eingebrannt  im  Porzellan- 
ofen) her  und  legten  sie  in  Paris  vor.  (Bull. Soc. frauQ.  Phot.  S.März  1865. 
S.  59  u.  175.) 

Dieses  Prinzip  des  Einbrennens  vergoldeter  oder  platinierter  KoUo- 
diumbilder  wandte  auch  Grüne  in  Berlin  1868  an  und  bezog  auBer 
Gold-  und  Platinsalzen  auch  Iridium-  und  Palladiumchloridlösung  zur 
Substitution  der  Silberbilder  und  anderer  Edelmetallbilder  behufs  Ände- 
rung der  Nuance  beim  Einbrennen  auf  Glas,  Email  oder  Porzellan  ein 
(Phot.  Mitt.   Bd.  5,  S.  20). 

Eine  merkwürdige  photochemische  Reaktion  von  Eisensalzen  wurde 
von  Henri  Garnier  und  Alphons  Salmon  (de  Chartres)  im  Jahre 
1858  entdeckt.     Dieselben  beobachteten,   daß  das  Ferricitrat  im  Lichte 


1)  Vergleiche:  Lafon  de  Camarsac.  Application  de  I'heliographie  aux  arts 
ceramiques  aux  omaux.  ä  la  Joaillene.  aux  vitraux  ou  transformation  des  desnos 
photographiques.  Memoire  prosentc  ä  1  academie  des  science.s.  Paris  1855.  —  Lafon 
de  Camarsac.  „Portraits  photographiques  sur  email.''     Paux. 


seine  Löslicbkeit  und  hygroskoptscheß  Eigeaschaften  ändert.  >)  Darauf- 
hin gründeten  die  Genannten  das  erste  Ginstaubrerfahren,  mittels 
welchem  sie  Kopien  herstellten  und  in  der  Pariser  Photographiscben 
Gesellschaft  uowobl  Papier-  als  Glasbilder  dieser  Art  ausstellten;  sie 
nannten  das  Verfahren  „ProcM6  au  cbarbon".  —  Sie  teilten  mit,  daß 
das  Ferricitrat  sowohl  auf  Papier  als  auf  Glas  an  den  vom  Lichte  ge- 
troffenen Stellen  in  Wasser,  sowie  alkoholhaltigem  Wasser  oder  Glyzerin 
eine  geringere  Löslicbkeit  erbalte.  Sie  trugen  auf  die  Kopie  mittels 
eines  Tampons  KienruB  oder  ein  anderes  gefärbtes  trockenes  Pulver 
oder  Metallsalze  auf,  welche  nur  an  den  nicht  belichteten  Stellen, 
die  klebrig  bleiben,  haften;  durch  Hauchen  unterstützten  sie  den  Prozeß. 
Fixiert  wurde  das  Bild  durch  Waschen  mit  Wasser,  wobei  das  Eisen- 
salz sich  auflöste  und  das  Einstaubpulver  am  Papier  ziemlich  gut  haften 
blieb.    Schließlich  wird  dieses  Kohlebild  mit  Gummilösung  bedeckt. 

Dasselbe  Prinzip  wendete  Poitevin  1860  an;  er  fand,  daß  auch  ein 
Gemisch  von  Eisenchlorid  und  Weinsäure  zu  Einstaubbildem  verwendet 
werden  könne  und  zwar  benutzte  er  dies  nicht  nur  für  gewöhnliche  Farb- 
pulver, sondern  auch  für  Metalloiyde  (Porzellanfarben).  Das  eingestaubte 
Bild  wurde  durch  Übergießen  mit  Rohkollodium  abgelöst  und  auf 
Porzellan  eingebrannt   (Bull.   Soc.  fran9.  Phot.    18G0.    S.  147  und  304). 

Das  Einstaub  verfahren  mit  hygroskopischen  Eiseosalzen  fand  aber 
wenig  Anwendung  in  der  Photographie. 

Viel  fruchtbarer  erwiesen  sich  die  Einstaubverfahren  mit 
hygroskopischen  Gummi-,  Honig-  und  Zuckermischungen  mit  chrom- 
sauren  Salzen. 

Garnier  und  Salmon  kamen  selbst  im  Jahre  1859  von  der  Ver- 
wendung lichtempfindlicher  Eisensalze  im  Einstaiib verfahren  ab  und  be- 
nutzten als  hygroskopische  Schicht  eine  Mischung  von  Ämmonium- 
bichromat  und  Zucker  (Bull.  Soc.  fram;.   185ft.  S.  135  und  35T). 

Nachdem  diese  wichtige  Entdeckung  der  Chromat-Einstaubver- 
fahren  gemacht  war,  so  lag  die  Idee  nahe:  zum  Einstauben  Metalloxyde 
und  Porzellanfarben  zu  verwenden,  welche  im  Porzellanofen  auf  Email 
oder  Glas  eingebrannt  werden  konnten. 

Der  erste,  welcher  diese  Idee  aufgriff,  war  Dr.  F.  Joubert,  welcher 
im  Januar  1860  die  Methode  mit  einer  Schicht  von  Ammoniumbichromat, 
Honig  und  Albumin  (Engl,  Patent  vom  20.  Januar  1860,  Nr.  149)  angab; 
er  staubte  mittels  Emailpulver,  wusch,  fixierte,  trocknete  und  brannte  mit 
gewissen  Vorsichtsmaßregeln  ein.*)  Die  Methode  wurde  später  publiziert 
(Phot  News.  1862.   S,  125)  und  in  zahlreichen  Varianten  nachgemacht. 

1)  Bull,  de  la  Soo,  franc-  de  Phot.    IS.'iS.   S.  22Ü.    (Julilieft.) 

2)  Vcrgl.  Martin,  Handbuch   der  Kmail].liot.    IW7.    .S.  4<]. 


Erster  Teil.    SiebenanddreJSigBtea  Kaiiitel. 

J.  Wvard  beutete  das  Chromat-Einstaubverfahren  in  London  1860 
zuerst  ans  und  erzeugte  durch  Einstauben  mit  Emailfarben  Bilder  auf 
Glas  und  englischem  Porzellan  als  Handelsprodukt. 

Auch  J.  R.  Übernetter  arbeitete  das  Einstaub  verfahren  niil 
Chronmt-Uummi  aus  (1864:   s.  Bd.  4  S.  tiSi).  und  insliesondere  Jul 


i 


0  FliolDgnphi 


Leih    in    Wien    erzielte    1864   sehr  schöne  photographische  Pon 
hilder,  welche  er  in  verschiedenen  Nuancen  einbrannte. 

Gegenwärtig  ist  die  Pliolokeramik  ein  Industriezweig  gewardfli 
und  wird  in  Bölmien,  Sachsen.  Frankreich,  England  und  anderen  Ländi 

ausgeübt 


li  Über 
lai'  1885. 


,  Methmle  f 


.  UoDdl),  d.  Kmiiil|iliutogrBpliie 


hndeD  die  eingebrannten  EmaUbilder,  indem  man  sie  neb  den  anderen 
üblichen  Dokumenten  in  den  Schlußstein  von  Monumentalbauten  ein- 
schloß, damit  späteren  Qenerationen  unzerstörbare  photographische  Bilder 
Übermittelt  werden.  Dieser  Vorgang  dürfte  zuerst  in  Wien  eingehalten 
worden  sein,  indem  ein  sehr  gelungenes,  von  J.  Leth  hergestelltes,  in 
Porzellan  eingebranntes  Porträt  des  Kaisers  von  Österreich,  Franz  Josef  I., 
im  Schlußstein  des  k.  k.  österreichischen  Museums  t^r  Kunst  und  In- 
dustrie in  Wien  (I.  Stubenring)  am  1.  September  1871  eingemauert 
worde.'}  Ein  Duplikat  dieses  photokeramischen  Porträts  befindet  sich 
in  den  Sammlungen  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in 
Wien  und  ist  in  Fig.  111  reproduziert 


1)  Vei^.  Phot  Korresp.  1871.  S.  55  and  1895  S.  544. 


ACHTTTNDDREISSIGSTES  KAPITEL. 

AUERS  NATUßSELBSTDRUCK  UND  KOBELLS 
OtALVANOGRäPHIR 


Die  ältesten  Vorsuche  des  Natiiiselbstdrucbes  wurden  besonders 
auf  K.  31  dieses  Werkes  bescbrioben.  Erst  die  Einführung  der  tialvatKi- 
piastik  1837  durch  Jacobi  er- 
müglichtc  die  Abformung  von 
NaturobjektoD,  wie  Pflanzen, 
beziehungsweise  deren  Abklat- 
sche in  Blei  und  Kupfer  auf 
olektroiytischem  Wege.  Der 
Direktor  der  k.  k.  Hof-  and 
Staatsdruckerei  in  Wien,  Hof- 
rat Alois  Äuer')  (e.  Porträt 
Fig.112),  wendete  die  Galvano- 
plastik zum  Naturselbstdruck 
io  vollkommenster  Weise  an. 
Er  ist  der  Erfinder  dieses  Ver- 
fahrens, und  der  Leiter  der 
;;8lvanop]astischen .  Abteilung 
der  k.  k.  Hof-  und  Staats- 
druckerei, Faktor  Andreas 
Fip,  iiL>.   Aii.i-  Aii-T  i-isi:!.  -:■  intpi..  Worring,     staud    Auer    bei 

diesen  Arbeiten  zur  Seite  und 
kann  als  Mitertinder  des  Xatursolbstdrut-kes  gelten.  Auer  rcrvieißiltigte 
(1852)  plastische  Gegenstände,  hauptsächlich  Spitzen,  Pflanzen  und  kleine 
Tiere,  durch  Selbstdruck  in  der  Weise,  daß  der  Gegenstand  in  Blei  ge- 
preßt und  von  dieser  Tiefforni  auf  galvanoplastischem  Wege  wieder  «ne 
Tiefdruck  platte  beigestellt  wird.  Ein  Abdruck  dieser  Platte  in  derEapfer- 
druckpresse  zeigt  naturgemall  dieselbe  Erhabenheit  wie  das  abgefonnte 

u  WuLsbach.  f,'eb.  II.  Mai  ISKi  in  WV!s,  184]  Direktor 
Wien.  gost.  10.  Juli  I«6!l. 


1)  Alois  .\iier.  liiniT  ' 
dor  Huf-  und  Siaatsd rucke roi  : 


Oripnal  iina  gioi  so  ein  ganz  getreues  Faksimile.  (Näher  aarüber  siede 
Auer,  „Die Entdeckung  des Natiu-Belbstdrackos  oder  die  Erfindung  usw.", 
Wien  1853,  auch  1854,  auch  Auers  polygraphische  iliustrierte Zeitschrift 
flFaust"   1854.)     Im  Jahre  1853   entstand   ein  Prioritätsstreit   um   diese 


Erfindung,  indem  in  einigen,  in  Deutschland  erscheinenden  Zeitungen 
eine  Notiz  erschien,  daß  der  in  Wien  angeblich  erfundene  Naturselbst- 
druck schon  viir  20  Jahren  in  Kopenhagen  von  einem  Goldschmied  mit 
Namen  Peter  Kyhl  entdeckt  worden  sei,  und  dalJ  eine  vollständige 
Erklärung  der  Verfahrungsweise,  von  46  Abbildungen  begleitet,  in  der 


362  Erster  Teil.    Achtunddreißigstes  Kapitel. 

königlichen  Kupferstichsammlung  in  Kopenhagen  liege.  Hierauf  antwortete 
Au  er  mit  dem  in  der  k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  gedruckten  „Eigen- 
tumsstreit bei  neuen  Erfindungen  usw.*'  und  dem  dazu  gehörigen  sepa- 
raten Bande,  enthaltend  25  Blätter  Abdrücke  nach  Kyhl  (nach  dem 
Originale  genau  kopiert  in  der  k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  in  Wien): 
,,Ein  sprechender  Beweis,  wie  wenig  dieser  Mangelhaftigkeit  zufolge  das 
Verfahren  des  Goldschmiedes  Kyhl  mit  der  Erfindung  des  Naturselbst- 
druckes der  Wiener  Hof-  und  Staatsdruckerei  verglichen  werden  könne."  ^) 

In  der  Tat  muß  Au  er  als  der  Erfinder  des  Naturselbstdruckes  be- 
zeichnet werden,  welcher  die  Methode  zu  einer  Höhe  der  Leistungs- 
fähigkeit an  der  Wiener  Hof-  und  Staatsdruckerei  brachte,  wie  sie 
nirgends  erreicht  wurde.  Einige  Beispiele  in  Fig.  113  und  114  zeigen 
die  t'berlegenheit  der  in  Blei  gepreßten  und  galvanoplastisch  zu  Tief- 
druckplatten umgewandelten  Abdrücke  von  Baumblättern,  welche  die  zarte 
Struktur  erkennen  lassen  und  im  Originale  (Kupferdruck)  noch  weitaus 
zarter  erscheinen  als  in  unserer  autotypischen  Reproduktion. 

Sehr  bemerkenswert  ist  auch  der  als  Beilage  zu  Auers  poly- 
graphisch-illustrierter Zeitschrift  „Faust"  vor  einem  halben  Jahrhundert 
publizierte  Naturselbstdruck  eines  Famkrautes  (Fig.  113).  Einen  anderen 
besonders  hübschen  Naturselbstdruck  (autotypische  Reproduktion)  zeigt 
Fig.  114. 

Als  Au  er  die  ersten  Proben  des  Naturselbstdruckes  im  Februar 
185H  in  der  Sitzung  der  zoologisch -botanischen  Gesellschaft  in  Wien 
durch  Anton  Ritter  von  Perger  vorlegen  ließ,  da  gerieten  alle 
anwesenden  Mitglieder  in  freudiges  Erstaunen.  In  der  Tat  erschienen 
die  Naturselbstdrucke  sehr  naturtreu  und  waren  in  ihren  Farben  bunt 
aus  der  Tiefdruckplatte  (nach  Art  farbiger  Kupferstiche)  gedruckt  — 
Es  wurden  in  dieser  Manier  verschiedene  prächtige  botanische  Werke 
von  der  k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  in  Wien  herausgegeben,  z.  B. 
die  Phvsiotypia  ])lantarum  austriacarum  von  Pokorny  und  Ettings- 
hausen  (1856),  die  Blattskelette  der  Dikotyledonen  von  Ettingshausen 
und  verschiedene  andere  AVerke  ähnlicher  Art.*)    Die  im  Jahre  1873 

1)  Andere  unmotivicite  PrioritütsaDspriiehe  bekämpfte  Auer  in  seiner  Brosobäre 
..Das  Benehmen  eines  jungen  Engländers'^.   Wien  1854. 

2)  Vergl.  die  Festschiift  zur  Feier  des  einhunder^ährigen  Bestandes  der 
k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  iu  AVicu.  19()4.  —  Über  die  Biographie  Auers  siehe 
Prof.  Arthur  W.  Unger,  „Die  Ciuschichte  der  k.  k.  Hof-  und  Staatsdrackarei*. 
Archiv  f.  Buchgew.  1905.  Februar-  und  Märzheft.  —  Auer  hatte  gegen  das  Eode 
seiner  Direktion  der  Hof-  und  Staatsdruckerei  Differenzen  mit  dem  Finanzministerium, 
die  er  in  der  nur  in  wenigen  Exemplaren  erhaltenen  Schiift:  „Mein  DienstiobeD, 
JI.  Teil*^  sehildci-t. 


364  Erster  Teil.    AchhinddreiBigstes  Kapitel. 

erschienenen  weiteren  fünf  Bände  der  Physiotypia  waren  wolil  nur  mehr  J 
ein  letzler  Vcisiu.'li.  liiose  Teolinik,  wolclie  seinerzeit  so  viel  verdiente  Er- 


folge aufeuweisen  gehnbt  halle,  nicht  gänzlich  eingehen  zu  lassen, 
Die  photomecbaniBchen  Reproduktiun.'s verfahren  hatten  mittlerweile 
ihren  enormen  Kortsi'hritleii  den  Natu rselbstd ruck  bedeutend  überholt 


1 


Der  AuerBcne  Naturselbstdnick  rauli  als  Vorläufer  der  Wooa- 
burytTpie  bezeichnet  werden,  da  Woodbury  dasselbe  Prinzip  des 
Abpressens  von  Reliefe  in  Blei  anwendete,  jedoch  anstatt  der  Natur- 
gebilde  pbotographische  Leimreliefs  benutzte. 

Im  Zu&amraenbang  mit  dem  Naturselbstdruck  und  dem  sich  daraus 
ableitenden  pbotomechantscben  Verfahren  steht  die  von  Franz  v.  Kobell 
1840  erfundene  Galvanograph ie:  seine  ersten  Versuche  mit  der  galvano- 
plastiscben  Nachbildung  von 
Malereien  in  Tuschmanier 
legte  V.  Kobell  im  Uärz 
1840  der  bayrischen  Aka- 
demied^r  Wissenscliaften  vor 
nnd  beschrieb  seine  Metbodo 
später  in  einer  1642  erschie- 
nenen broschüre*)  an  der 
Hand  verschiedener^  Zeich- 
nungen. Er  malte  mit  Spiköl 
und  Porzellan  färben  auf  Ue- 
tallplatten,  so  daß  die  Zeich- 
nung massig  erhaben  ent- 
stand, und  formte  dieselbe 
galvanoplastisch  ab.  Kobell 
erzielte  auf  diese  Weise  Tief- 
druckplatten in  Tuschmanier 
ohne  Ätzung,  welche  in  der 
Kupferdruckpresse  verviel- 
fältigt werden  konnten. 

Dr.  Franz  vor  Kobell. 
geboren  19.  Juli  1S03  in  MüDcheii. 

war  1823  Attjunkt,  182«  Professor  Fk-,  ii6.    Krsii.  ron  K,.i.Hl  ciati,  tiB75). 

der  Mineralogie  an  der  Universität 

iu  Hilncbon  und  leistete  B  er  vorragendes  auf  den  Gebieten  der  Kristallographio  und 
Mineralogie,  sowie  der  analytischen  Cbemio.  Er  war  auch  küDstleriseh  vielseitig  er- 
folgreich tätig,  veröffentlichte  Gedichte  iu  oberbayrischer  Mundarf)  und  beschäftigte 
sich  von  1830  ab  im  Vereine  mit  C.A.Steinbeil,  welcher  sich  bekanntlich  später 
sehr  große  Verdienste  um  die  Entwicklung  der  photi^nipbiscben  Opfik  (Erfindung  dei' 


1)  Franz  von  Kobell,  Die  Galvauograpbie,  eine  Metbodo,  gemalte  Tusch- 
bilder dnrch  galvanische  Kiiprer|>ktian  im  Drucke  zu  ven-ielfoltigeu.  Miindien  1^3, 
—  2.  Aufl.  München  1846.  —  Vergl.  auch  die  Beschreibung  des  KobelliOhen  Ver- 
fahrens in  Martins  Repertoriam  der  Galvanoplastik  und  Galvanoategie  lB6ti. 

2)  Vergl.  Alois  Dreyer,  „Franz  von  Kobell,  sein  I..ebQa  und  seine  Dich- 
tungen".    Miincben  Ht04. 


366  Ki'ster  Teil.     Achtitnddraißiptes  Kapitel. 

Ajilatiatc  aav!.)  erwai'b,  mit  der  Pliotographie  und  war  mit  den  grapljii)clii.'u  KünstaB 
wolil  vertraut.  Dies  brachte  ihn  auf  die  Idee  der  Galvanographie,  welehe  zw  Zeit 
dar  Erfindung  allgeuieine  Aufmerksamlceit  errsgte  und  in  die  Praxis  der  verviel- 
fiUtigeodeD  Eiioste  überging.  In  deu  splitereo  I.ebenyaliren  befiiGto  sicli  jedoch 
Koliell  nicht  inebr  aiit  diesen  graphischen  Arbeiten,  sondern  wendete  sicli  aus- 
ä<:hlieQlicb  seinen  mitieralogisuben  Stadien  üu.  Er  starb  am  13.  M&rz  1875  zu  Uü-^a 
□ingeii.  Fig,  116  zeigt  ein  PurtrSt  Prof.  Franz  von  Kobella  nach  eioeui. 
Verfasser  freundlichst  nur  Verfügung  gestellten  Klisdieo  von  Hofrat  Hanfstilugl  inl 
Müncbi-u. 

Franz  von  Kobell  publizierte  in  seiner  Broschüre  „Die  Galvano- 
graphie"  I84L'  einifff  Bildiirnben.  we!fl).\'  liekiiiulfjii.  ilal!  im  Malen  Rirl 


galvannftraphische  Zwecke  mit  einer  gewissen  Freiheit  gearbeitet  werd 
liflQn.  Eine  Probe  iler  Erstlingsversuche  mit  Galvanographie,  welche  ^ 
iliesem  AVerke  entnehnien,  ist  in  Fig.  117  {in  Autotypie)  reproduziert 

Ti-otz  aller  technischer  Fertigkeiten  des  Künstlers  erreichte  Kobelf 
selbst  mit  seiner  Galvanographie  keineswegs  eine  hoho  VollkonmienbeiB 

Unabhängig  von  Kobell  hatte  Jacobi  am  T.August  1840  id 
St.  Petersburg  der  niseischen  Akademie  Proben  von  Galvanographiei 
vorgelegt,  welche  nach  demselben  Prinzip  wie  die  Kobellscl 
gestellt  waren,')  und   »uch  Hoffmann  in  Kopenhagen  hatte  dieseUt 


1)  Hartin,    Sepertorium    dw  <1alvanotilastik  uuo  Galvaniistegie.  Wien  191 


Hfltbode  angaben.  Das  Terdienst,  die  GKlvanograpbie  zu  einem  känet- 
lerischen  VMTifllfälti^ngGverfahren  ausgearbeitet  und  in  den  Kunstverlag 
eingeführt  zu  haben,  haben  zwei  junge  Münchener  Künstler;  Schön inger 
und  Frejrmann,  welche  das  Verfahren  verbesserten')  und  im  Jahre  1843 
ihre  erste  gelangene  Oalvanographie  (Porträt  Tizians)  verö&ntlicbten. 
Im  Jahre  1849  verband  sich  Schöninger  gemeinsam  mit  Hanfstängl 
in  Hünchen. 


Der  berühmte  Maler  und  Lithograph  Professor  Kranz  Uanfstäugl 
in  München  (geb.  1804,  gest.  1877)  hatte  seit  1819  sicli  mit  Litho- 
graphie befaßt  und  errichtete  18ü4  eine  eigene  tithograpliische  Anstalt 
in  München,  in  welcher  er  1848  oder  1849  Franz  von  Kobeils 
Oalvanographie  einführte  und  einen  großen  Kunstverlag  besaß.  Daselbst 
wurde  Oalvanographie  bis  zum  Jahre  1853  betrieben  und  zahlreiche 
Kunstblätter  (Originale  und  Gemäldoreproduktionen)  im  großen  Formate 
erschienen  in  dieser  Reproduktionsart  So  z.  B.  hat  die  Oalvanographie  von 
dem  Kubenschen  „Kolumbus"  ein  Formal:  von  50x66  cm,  während  die 

1)  S.  Martin  a.  a.<t. 


368  Erster  Teil.     Achtunddreißigstes  Kapitel. 

Galvanographie  nach  der  Flüggenschen  „Prozeßentscheidung"  55x71  cm 
Bildgröße  befaßt  und  nahezu  40  Figuren  aufweist.  —  Der  erfolgreiche 
Wettbewerb  der  neuen  photographischen  Reproduktionsverfahren  bewog 
Franz  HanfstängP)  1853  seine  lithographisch -galvanographische  An- 
staltaufzulösen, trotzdem  er  sie  in  hoher  Vollendung  betrieb;  er  führte 
in  diesem  Jahre  den  photographischen  Kunstverlag  in  München  ein. 
Wir  bringen  das  Porträt  Franz  Hanfstängl  in  Fig.  118. 

Die  Galvanographie  wurde  auch  unter  Auer  in  der  Wiener  Hof- 
und  Staatsdruckerei  betrieben  und  die  Zeitschrift  „Faust"  (1859  u.  AT.) 
enthält  sehr  hübsche  Proben  derselben,  namentlich  vom  Maler  Ranfti; 
auch  F.  Theyer*-^)  in  Wien  (1843)  sowie  von  Würthle  in  Salzburg  be- 
schäftigten sich  vorübergehend  damit.  Jedoch  gaben  alle  diese  Institute 
Ende  der  fünfziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  die  Galvanographie 
auf  und  wandten  sich  photographischen  Methoden  zu  (vergl.  Hanf- 
stängl S.  353).  Damit  erlosch  diese  Technik,^)  welche  ohne  Zweifel  die 
erste  Anwendung  der  galvanischen  Abformung  zeichnerischer  Reliefs 
repräsentiert  und  als  nächstverwandter  Vorläufer  der  Photogalvanographie 
für  uns  besonderes  Interesse  beansprucht 

Vergleicht  man  das  Wesen  der  Eobellschen  Galvanographie, 
bei  welchem  Reliefzeichnungen  auf  blanken  Kupferdruckplatten  erzeugt, 
galvanisch  abgeformt  wurden  und  dann  zu  Tiefdruckplatten  (für  die 
Kupferdruckpresse)  verwendet  mit  dem  Prinzip  der  späteren  Photo- 
galvanographie, so  erkennt  man  die  völlige  Analogie  dieser  Methode 
der  bildenden  Kunst  mit  der  später  auftauchenden  Photogalyanographie, 
und  zwar  erinnert  Kobells  Methode  am  meisten  an  das  Prinzip  von 
Woodburys  Photogalvanographie  (Abformung  eines  auf  Kupferplatten 
erzeugten  Pigmentreliofs,  das  mit  heißem  Wasser  ausgewaschen  wird), 
und  dann  in  zweiter  Linie  an  Pretschs  Photogalvanographie,  bei 
welcher  ein  gequollenes  Loimrelief  abgeformt  und  als  galvanoplastische 
Druckplatte  benutzt  wird. 

1)  Hiügraphie  Franz  Hanfstängl  samt  Porträt  s.  Leipziger  Illustrierte  Zeitung 
10.  März  1904. 

2)  Franz  Theyer  in  Wien  hatte  gelegentlich  der  21.  Versammlung  deutsoher 
Naturforscher  und  Ärzte  in  Graz  C^lvanographien  ausgestellt.  Er  hatte  im  Vereine 
mit  Dr.  E.  Weidele  ein  galvanoplastisches  I^boratorium  1842  in  Wien  errichtet  und 
daselbst  auch  Kobells  Galvanographie  eingeführt.  (Vergl.  ^Verzeichnis  der  bei  der 
21.  Versammlung  deutscher  Xaturfoi-scher  und  Ärzte  in  Graz  ausgestellten  Produkte 
der  Galvanoplastik  aus  Theyers  I^boratorium)". 

3)  Wiederbelebung  durch  Hubert  Herkomer  und  Henry  Thomas  Cox 
(Eders  Jahrb.  f.  Phot.  1897.  S.  479). 


NEÜKTmDDB£ISSIGST£S  KAPITEL 

HELTOGKATUEE  MHTELS  GEÄTZTEE  ODER  GALVANISCH 
BEHANDELTBE  DAGUBREEOTTPPLATTEN. 


Seit  Niepces  ErstlingsTerBucbea,  photograpbische  Äsphaltbilder 
iD  Metallplatten  zu  ätzen  und  hierdurch  Druckformen  für  graphische  Ver- 
vielialtigung  in  Druckpressen  zu  schaffen,  erfolgte  kein  Fortschritt  auf 
dem  Gebiete  der  photomechanischen  Terfahren,  bis  die  Erfolge  der 
Daguerreotypie  die  Aufmerksamkeit  der  Physiker  erweckten.  Mehrere 
derselben  beschäftigten  sich  mit  dem  interessanten  Problem,  „Stiche 
in  MetaJlpJatten  durch  den  bloßen  Einfluß  der  Sonnenstrahlen,  in  Ver- 
bindung mit  chemischen  Verfahrungsarten  hervorzubringen". 

Es  begannen  in  Paris  und  Wien  zwei  Forscher  vollständig  unab- 
abbängig  voneinander  Versuche,  Daguerreotypplatten  für  Druckzwecke 
Tertieft  zu  ätzen.  Der  eine  derselben,  Donna  in  Paris,  legte  zu  Anfang 
des  Jahres  1840  der  Pariser  Akademie  der  Wissenschaften  Probeblätter 
von  geätzten  Daguerreotypplatten  vor,  hielt  jedoch  sein  Verfahren  ge- 
heim; Daguerre  sprach  sich  mißmutig  über  diese  Leistungen  aus  und 
bemerkte  in  der  Sitzung  des  Pariser  Institutes,  man  werde  durch  Ätzen 
seiner  Bilder  nie  etwas  der  Vollkommenheit  sich  Näherndes  auf  Papier 
im  Druck  erhalten.  Mittlerweile  hatte  auch  Dr.  Josef  Berres,  Professor 
der  Anatomie  an  der  Wiener  Universität,  ähnliche  Versuche  unter- 
nommen, und  erhielt  schon  am  5.  April  1840  die  erste  ziemlich  ge- 
lungene Ätzung  (das  Bild  einer  mittels  Drummondschem  Ealklicbte 
hergestellten  Mikrophotographie  eines  Pflanzendurchschnittes,  später  auch 
figürliche  Darstellungen).  Er  teilte  in  der  Wiener  Zeitung  vom  18.  April 
1840.  S,  737  dem  wissenschaftlichen  Publikum  seine  erfolgreichen  Ver- 
suche mit  und  legte  am  30.  April  1840  Prohehilder  seines  Verfahrens 
in  der  Sitzung  der  k,  k.  Gesellschaft  1  der  Wiener  Ärzte  vor,  Donnö 
hatte  inzwischen  nichts  über  seine  Methode  verlauten  lassen;  Berres 
aber  publizierte  eine  Broschüre  über  seine  „Büdätzkunst"  am  3.  August 
1840  {„Phototyp  nach  der  Erfindung  des  Professor  Berres"  1840;  die 
seltene  PubÜkation   ist  samt  5  Probebildern  in  den  Sammlangen  der 

Edar,  Hmndbiict  der  Photographie.    l.Teil.    3.  Aufl.  iJ4 


370  Erster  Teil.    Neununddreißigstes  Kapitel. 

k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien  vorhanden),  worin 
er  hoflBnungsvolI  von  dem  Nutzen  seiner  Erfindung  für  Kunst  und 
Wissenschaft  sprach. 

Die  Berresschen  Ätzungen  wurden  bei  späteren  Versuchen  vom 
Kupferstecher  Jos.  Axmann  in  Wien  nachgeätzt  und  künstlerischer 
Vollendung  zugeführt,^)  während  die  diesem  Werke  in  Heliogravüre- 
Reproduktion  beigegebene  Inkunabel  von  Berres  keine  wesentliche 
Retuscheüberarbeitung  aufweist. 

Nach  einer  Mitteilung  von  A.Martin  ätzte  Berres  mittels  Salpeter- 
säure, später  mit  elektrischen  Strömen  2)  und  er  arbeitete  so  unermüdlich 
in  der  Verfolgung  seines  Zweckes,  daß  er  sehr  anerkennenswerte 
Resultate  erhielt. 

Das  Verfahren  .von  Berres  (Ätzung  von  Daguerreotypbildem  mit 
Salpetersäure)  ist  in  dem  Sitzungsprotokolle  der  Sitzung  der  Gesellschaft 
der  Ärzte  in  Wien  vom  80.  April  1840  (Wiener- Zeitung  1840.  S.  833) 
vollinhaltlich  und  genau  beschrieben,  (ferner  in  Dinglers  Polytechn. 
Journ.  Bd.  77,  S.  207  und  317  und  Bd.  79,  S.  388)  und  die  Priorität 
der  ersten  Publikation  dieses  photographischen  Ätzprozesses  gebührt 
ohne  Zweifel  Berres.  Auch  Grove,  welcher  selbst  viel  Erfahrung 
mit  Galvanokaustik  besaß  und  eine  Methode  der  galvanischen  Ätzung 
eines  Daguerreotypbildes  ausarbeitete,  nennt  Berres  als  den  ersten, 
welcher  ein  Verfahren,  Lichtbilder  (soll  heißen  Daguerreotypbilder)  zu 
ätzen,  bekannt  machte. 

Die  Berresschen  Heliogravüren  waren  wesentlich  besser,  als  die 
Donnöschen  (vergl.  Dingl.  Polytechn.  Journ.  1841.  Bd.  41,  S.  156). 

In  der  Beilage  Tafel  III  reproduziere  ich  eines  dieser  im  Juli  1840 
hergestellten  Blätter,  welches  eine  Wiener  Architekturaufnahme  (Partie 
einer  Häuserreihe  in  der  Leopoldstadt  am  Donaukanal)  darstellt  und 
zeigt,  daß  Berres  mit  seiner  Ätzmethode  verhältnismäßig  sehr  weit 
gekommen  ist,  weiter  als  irgend  ein  in  ähnlicher  Richtung  arbeitender 
Experimentator  damaliger  Zeit  (wie  auch  eine  ihm  von  der  Soci6t6 
d'encouragement  verliehene  silberne  Medaille  beweist);  dabei  hielten 
seine  Photogravureplatten  über  200  Abdrücke  aus. 

Diese  Probebilder  (Aufnahmen  nach  der  Natur)  sind  nach  unserem 
heutigen  Begriffe  wohl  noch  ziemlich  unvollkommen,  zeigen  aber  immer- 


1)  Es  existieren  vom  Jahre  1843  solche  geätzte  Daguerreotyp-Heliogravureii 
(eine  Gemäldereproduktion :  Falazzo  in  Verwendung  mit  Staffage)  mit  der  SigDitnr 
»Nach  Prof.  Berres  Vorätzung  vollendetes  Daguerreotyp  von  Jos.  Axmann*. 
(Über  Axmann  s.  Bodensteins  „ Hundert  Jahre  Kunstgeschichte  Wiens  in  den 
Regesten*  1898.) 

2)  A.  Martin,  Repcrtorium  der  Photographie  1846.  U.  S.  75. 


Eup     Titriolbade  auf  gaWanopli         lem  Wege  Kupfer  zue 
niederschlagen  wird  (nicht  so  rasch  auf  die  Jodsilberfläche);   man  i         t 
auf  die  Weise  ein  detailliertes  rotes  Eupferbild.i) 

Poitevin  nutzte  ein  solches  Kupferbild  für  die  Drucktechnik  aus. 
Er  fixierte  die  galvanoplastiscb  behandelte  Dagiierreotypplatte  mit  Fixier- 
natroQ,  wusch,  trocknete,  erhitzte  bis  zur  beginnenden  Oxydation  des 
Kupferbildes,  goß  Quecksilber  auf,  welches  vom  Kupferoxyd  abgestoßen, 
vom  blanken  Silbermetall  aber  aufgenommen  wurde,  legte  Blattgold  auf, 
welches  am  Amalgam  adbärierte  und  beim  neuerlichen  Erhitzen  eine 
Vergoldung  gab;  dann  ätzte  er  mit  Salpetersäure  das  KupferbÜd  samt 
dem  untenliegenden  Silbermetall  durch  und  nur  die  Vergoldung  hielt 
stand;  so  erhielt  Poitevin  seine  erste  „Gravüre  photochiraique "  im 
Jahre  1847,  welche  als  Tiefdruckplatte  in  der  Kupferdruckpresse  gedruckt 


wurde  und  am  7,  Februar  1848  der  Pariser  Akademie  vorgelegt  wurde, 
nebst  andern  ähnlichen  Atzungen.  Fig.  120  gibt  eine  Abbildung  dieser 
historisch -interessanten  Ätzung.') 

DieÄtzungen  Poitevins  gelangen  nur  nach  Strichzeichnungen  und 
blieben  hinter  Berres'  alten  Arbeiten  zurück.  (Poitevin  selbst  gab  das 
Verfahren  bald  auf  und  verwendete  später  das  Chroraatverfahren,  s.  u.) 

Dann  kam  das  Berressche  Verfahren  und  die  ihm  verwandten 
Methoden  allmäblich  in  Vergessenheit.  Die  Zeit  der  photomechanischen 
Druckverfahren  war  noch  nicht  gekommen,  es  fehlte  damals  an  Interesse 
daran,  da  die  gesamte  Aufmerksamkeit  der  Ausbildung  der  eigentlichen 
photographischen  Verfahren  zugewendet  wurde. 


1)  Dieselbe   Angabe   machte    übrigens  Hucb  Becquerel   1848  (Compt  rend. 
Bd.  27,  S.  13). 

3)  Poitevin,  Traite  de  rimpressioD  pbotograpbique.    Paria  1862.   3.  4  bis  9. 


VIERZIGSTES  KAPITEL. 

EKFINDUNG  DEK  PHOTOGALVANOGEAPHIE 
FÜR  KUPFERDEUCK-  UND  TYPOGRAPHISCHE 

VERVIELFÄLTIGUNG. 


Herstellung  von  Heliogravüren  mittels  der  Photogalvano- 

graphie  nach  Chromleimreliefs. 

Alle  Methoden  der  Photogalvanographie  beruhen  auf  dem  Prinzip 
der  Abformung  eines  photographischen  Keliefbildes  und  sind  auf  die 
grundlegende  Methode  der  Kobel Ischen  Galvanographie  (s.  S.  365)  zurück- 
zuführen. Während  Kobel  1  abgestufte,  abgetönte  Bildreliefis  mit  dem 
Pinsel  aus  freier  Hand  auf  versilberten  Kupferplatten  erzeugte  und  durch 
galvanischen  Abklatsch  eine  Tiefdruck  platte  herstellte,  wird  bei  den  photo- 
graphischen Prozessen  dieser  Art  das  Bildrelief  durch  Lichtwirkung  erzeugt 

Die  Erfindung  der  Abformung  von  Reliefs,  welche  auf  photo- 
graphischem  Wege  hergestellt  sind,  mittels  Galvanoplastik  und  der  Ver- 
wendung solcher  Druckformen  zum  Abdrucke  in  der  Kupfer-  oder  Buch- 
druckerpresse muß  dem  Wiener  Paul  Pretsch  zuerkannt  werden. 

Paul  ProtschjM  dessen  Porträt  wir  in  Fig.  121  (nach  einer  Photographie  von 
Fritz  Tjuckhardt  iu  Wien  zirka  1870)  bringen,  war  im  Januar  1808  in  Wien  ge- 
boren: er  war  gelernter  Buchdnioker,  kam  im  Auslände  in  Druckereien  viel  hemm 
und  wurde  Neujalir  1842  von  Direktor  Auer  iu  die  Huf-  und  Staatsdruckerei  in  Wien 
aufgenommen,  1850  nach  London  und  Paris  geschickt  und  neuerdings  1851  zor  Leitung 
der  Staatsdruckorei- Angelegenheiten  wUbrend  der  Weltausstellung  nach  TiOndon  gesendet 
Nach  1)  Monaten  kehrte  er  nacb  Wion  zurück  und  arbeitete  an  seiner  Idee,  die  Keliefa, 
welche  beim  Aufquellen  belichteter  Kaliumbiehromat- Leimschichten  in  kaltem  Wasser 
cntsteben,  galvanoplastisch  abzuf(»rmen.') 


1)  Vei^l.  Wurzbaeh,  Lexikon.  Bd.  23,  S.  280.  Ferner  Fritz,  Festschrift 
zur  Enthüllungsfeier  der  Gedenktafel  für  Paul  Pretsch.  Wien  1888.  —  Photogr. 
KoiTesp.  1874.   S.  47. 

2)  Genaue  Arbeitsvorschriften  bat  Pretsch  nie  publiziert.  Wir  kennen  jedoch 
seinen  Arbeitsgang  genau  durch  die  VeröfTcntlichungen  seines  Schülers  Leipold, 
Staatsdnickereidirektor  in  Lissabon  (Phot.  Korresp.  1874.  S.  180).  —  Vergl.  femer 
,Phot.  Korresp."  1874.  S.  46. 


*'Stffii(faing  der  BiDtogalTanognpbra  IQr  IDipferirniA  osw 


Flg  132      PholDgalvaDOgiBphucbB  Bnchdin 


378 


Erster  Teil.    Vierzigs 


i  Kapitel. 


diiroh  die  Anwendung  der  Photographie  auf  die  Beohachtun^  astronomisohev  Vorgang»^ 
kultivierte,')  trat  voriibei^liend  mit  Pretsch  in  Terbinduug;  es  ersohicnea  mehrere 
pbotogalvanographisch  reprodozierte  Nataraufo ahmen  von  LandBcharteo ,  sowie  Ab- 
bildungea  von  Statuen  und  Gemälden  ( Buchdruck kÜGohiiee),  weluhe  die  Signatur 
„De  la  Rue  und  Pretsch"  zeigen.  Äüein  es  Bleute  sieb  kein  dauernder  Erfolg  ein. 
Ptetsch  erhielt  I8B5  in  Rücksicht  auf  die  Wichtigkeit  seiner  Erfindung  von 
dem  damaligen  österreichisuhen  Staats Diiniiteri um  (Schmerling)  einen  ünter- 
stütKungsbeitrag,  der  Ihn  in  ilcn  Stand  setzen  sullte,  seine  Vei-suche  zur  Vervoll- 
kommnung seiner  Erfindung  foiUusetzun,  Auch  wurde  dieselbe  Jonen  größeren  In- 
stituten, dereo  Publikationen 
mit  artistisahen  Beilagen  ver- 
bunden sind,  zur  versuohs-  ' 
weisen  Änweodung  empfohlen.  J 
Er  war  auch  an  dem  k.  k.  geo-  | 
graphisuhcD  lostitute  i 
aucheo  beschäftigt,  I^andkarten 
mittels  der  Buchdruckerpresse 
von'ieltältigen.  Hierzu  war 
r  seine  Methode  nicht  sehr 
I   gBOLgnflt.     Prel 

lir  gani  entmutigt,  fand  ja-* 

doch  wieder  Anstcüuug  i 

Hof-  und  Staatsdruukerei;  sein 

zerrütteter  Organismus  vei'sagte 

aber  den  BietisC  und  er  konota^ 

keine  hervorragenden  Reaultal 

ei'zicleo ,  so  dall  er  xum  Sobloa 

nur     mehr    mit    Eorrekturei 

lesen  sich  befaßte;  er  starb  K 

20.  August  1873.     Der  Verein 

der  Wiener  Bucbdruckerei-Fak- 

tore  ließ    188S   von  der  Bild- 

hauerin  Ella  Wober  ein  Marmor -Medaillon  mit  dem  Porträt  Pretschs  anfertigen, 

welches  im  Lokale  dieses  Vereins  angebracht  ist.     Fig.  123  zeigt  die  Reiirodoktion 

dieses  Retief  -  Porträts  von  Paul  Pretsch,  „des  Erfindera  der  Pbotogalvanographis". 

Pretsch s  Erfindung  fand  mehrfach  Nachahmer.  In  äbnUchec  I 
Weise  mittels  Galvanograpbie  nach  Chromgelatitiereliefs  arbeiteten  Dallas] 
in  London')  und  Ndgre  in  Paris.")     N^gre  scheint  der  erste  gewdse&a^ 


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I*  isr  Wisnor  Uui 


1)  De  la  Rue  machte  zuei'st   bei  der  BonDenSaBtemia  am  IS.  Jali  1860  i 
glänzendem  Erfolge  Oebraucb  vom  photographischen  Kollodium  verfahren. 

2)  Buncan  Dallas  hatte  sich  ein  Jahr  nach  Pretsch  einen  dorn  Pretsch^ 
Verfahren  analogen  photogalvaoischen  Prozeß  patentieren  lassen  und  suchte  PrioiiUI 
anspriiche  geltend  zu  machen,  welche  von  Fr.  Leipold,  einem  Schüler  Pretaabl^ 
und  Direktor  der  ^Impressa  naciooai*  (d.  i.  Staatsdruokerei)  in  Lissabon  und  ander 
zugunsten  Pretschs  zurückgewiesen  wurden.    (Phot  MitL  1874.  Bd.  II,  S.  lOT.) 

3)  Negres   Photogalvanographien   waren    1862    bei   der   Londoner  Weltsni 
Stellung     ausgestellt,     zeigten     aber     harle     Konturen     und     grobkörnige     Mittott9l 


ErfiadoDg  der  PhotogalvauogTBphie  für  Kupferdruck  u 


379 


zu  eein,  welcher  die  mit  grobem  Bunzelkom  Tersehenen  Chromatgelatiae- 
bilder  auf  Zink  amdruckte  und  mittels  Oillota  Terfabren  der  Zinkotypie 
durch  Ätzen  druckbar  machte  (s.  u.). 

Auch  Poitevin  kam  auf  die  Idee,  die  Quellreliefs  vou  Chromat- 
LeimBchichteo  galvanoplastisch  abzuformea  und  zu  Kupferdruckplatteu 
(Tiefdruck)  zu  benutzen.  Er  arbeitete,  wie  es  Bcheint,  ohne  Eenntuis 
voD  Fretschs  frühereo  Arbeiten  zu  haben,  mit  dem  Pretsch-Verfahren 
und  nahm  am  26.  August  1855  ein  französisches  Patent  auf  seine 
„Helioplastie",  wie  er  das 
Verfahren  bezeichnete.  Der 
Erstlingsversuch  Poitevins 
zur  Herstellung  seiner  Helio- 
plastie,  welchen  er  aus  dem 
Jahre  1854  datierte,')  ist  in 
Fig.  124  wiedergegeben.  Es 
ist  dies  die  Reproduktion  einer 
Strichzeichnung  (Tiefdruck  mit- 
tels der  Kupfer  druck  presse  ge- 
druckt); auch  gelegentlich  der 
Weltausstellung  1855  stellte 
Poitevin  mehrere  Helio- 
plastien  für  Tief-  und  für 
Buchdruck  aus;  Fig.  125  zeigt 
ein  derartiges  Klischee  Poite- 
vins, welches  mittels  Buch- 
druckpresse vervielfältigt  wor- 
den war-    Weitere  Fortschritte 

in  dieser  Methode,  namentlich  bezüglich  Halbtonbildern,  hat  Poitevin 
nicht  gemacht,  sondern  Pretsch  blieb  es  überlassen,  seine  Methode 
technisch  lebensfähig  und  geeignet  zur  künstlerischen  Reproduktion  von 
Naturaufnahmen  i 


Fig.  124.    HeUo|iluCie  od«  Photogslviuiogniphia  (Hetdruck) 


Poitevin  erklärte  irrtümlioberweise  seinen  Prozeß  der  Photogalvanograpliie 
als  ein  prinzipiell  anderes  Verfahren  als  Fretschs  Methode,  weil  (nach  Poitevin) 
Pretsch  aus  der  belichteten  Chromgelatine  die  an  belichteten  Stellen  weg- 
genasoben  haben  soll,  so  daß  die  belichteten  als  ßelief  übrig  blieben,  während 
Poitevin  Quellreliefs  benutzte  (Poitevin,  Trait6  de  l'iinpression  pbotographique 
Sana  sels  d'argent.  Paris  1862.  S,  5).  Diese  Ansicht  Poitevins  ist  eben  unriobtig, 
denn  Pretsch  hatte  auch  Quell reliefs  benutzt^),  so  daß  beide  Prozesse  wirklich  dem 


(H.  W.  Vogel,   Die  Photographie   auf  der  Londoner  'Weltausstellung  18G2.    Braun- 
schweig 1863.  S.  38) 

1)  Poitevin,  Traite  de  rimprimcrie  photogr.  1862.  S.  58. 


380  Erster  Teil.    Vierzigstes  Kapitel. 

Wesen  nach  identisch  waren  und  Fretsch  somit,  da  er  sein  Patent  früher  nahm, 
die  Priorität  gebührt.  Pretsch  kam  mit  seinem  fertigen  photogalvaDogrephischen 
Verfahren  im  Oktober  1854  nach  London  und  nahm  sofort  ein  englisches  Patent, 
welches  vom  9.  November  1854  datiert  ist.  Poitevios  Patent  (französisches  Brevet 
d'invention)  ist  vom  27.  Äagust  1855;  in  England  erhielt  Poitevin  mit  Rücksicht  auf 
Pretschs  Priorität  kein  Patent  anf  die  Pbotogslvanographie.  —  Pretsch  verteidigte 
seine  unzweifelhafte  Priorität  in  einem  Schreiben  in  Horna  Photographischen  Journal 
vom  Jahre  1857. 


Die  Photogalvanographie  von  Pretsch  hat  die  Schwierigkeit,  dafi 
mao  ein  gequollenes  Leimreliof  abformen  mußte,  bei  welchem  die  er- 
habenen Stellen  aus  unverändertem  Leim,  die  vertieften  Stellen  aber  ans 
im  Lichte  gehärteten  Leim  gebildet  wurden.  Dabei  waren  natui^mSS 
die  erhabenen  Stellen  sehr  verletzlich,  so  daß  die  dadurch  verursacbtOL  ' 
Schwierigkeiten  nicht  leicht  bewältigt  werden  konnten;  man  gab  die 
Fretsch -Methode  allmählich  auf.') 


1)  Der  Letzte,  nelcher  die  Pretsch-Hethode  noch  praktiscli  anwendete,  wer 
(.'ipold  in  Ussabon,  ein  Schüler  Pretschs. 


Erfladnag  der  Photogalvanograph ie  für  Kiipferdrack  nsw.  381 

Fontaine^)  änderte  1862  das  Pretscb-Verfahren,  indem  er  die 
belichtete  Cbromatgelatine  auf  Kupferplattea  mit  warniem  Wasser  aue- 
wusch, anstatt  in  kaltem  Wasser  Quellreliefs  herzustellen. 

Joseph  Wilson  Swan,  welchem  der  Figmentdruck  die  größte 
Förderung  verdankt  (s.  S.  351),  erfand  auch  jene  photomechani&che 
Kethode,  bei  welcher  der  von  ihm  erfundene  Übertragungsprozeß 
des  Pigmentbildes  eine  Bolle  spielt.  Er  nahm  am  <>.  Juli  1865  (Nr.  1791) 
ein  englisches  Patent  auf  ein  Verfahren  des  „ Photo- Mezzotint- 
Srucbes",  bei  welchem  Pigmentbilder  auf  Glas  oder  Metall  übertragen 
und  mit  warmem  Wasser  entwickelt  wurden,  wonach  das  Pigmentrelief 
mittels  Galvanoplastik  in  Kupfer  abgeformt  wurde.  Er  stellte  so  Halb- 
tonklischees für  den  Buchdruck  und  lithographischen  Pressendruck  her, 
welche  mit  gewöhnlicher  fetter  Buchdruckfarbe  zu  drucken  waren. 
Dieses  Verfahren  kam  aber  nie  recht  zur  praktischen  Durchführung, 
weil  es  in  dieser  Form  keine  befriedigenden  Resultate  gab,  und  Swan 
selbst  ging  später  zu  anderen  photomechauischen  Verfahren  über. 

Einen  großen  Impuls  empfingen  die  photomechanischen  Ver- 
fahren, namentlich  behufs  Erzeugung  von  zarten  Halbtonbildern,  durch 
W,  B.  Woodburv  anfangs  der  sechziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts. 
Walter  Bentley  Woodburv  wurde  zu  Manchester  am  26.  Juni  1834 
geboren;  er  führte  in  seiner  Jugend  ein  abenteuerliches  Leben  und 
ging  im  Alter  von  15  Jahren  als  Goldgräber  In  die  Goldfelder  Austra- 
liens 1849,  hatte  jedoch  dort  kein  Glück,  wurde  dann  1853  Berufs- 
photograph, wanderte  1859  nach  Java  aus,  wo  er  mit  großem  Erfolge 
den  nassen  Eollodiumprozeß  ausübte  und  kehrte  schließlich  1863  nach 
England  zurück,  wo  er  an  der  Vervollkommnung  der  photomechauischen 
Prozesse  arbeitete  und  ungefähr  20  Patente  erwarb,  wovon  der  „Wood- 
burydruck"  enormen  Erfolg  hatte.  W.  B.  Woodbury  starb  zu  Margot 
am  5.  September  1885  und  ist  in  Abney  Park  Cemetery,  London, 
begraben.«) 

Woodbury^)  änderte,  wahrscheinlich  ohne  von  der  einigermaßen 
ähnlichen,  aber  viel  unvollkommeneren  Arbeitsmethode  Fontaines 
Kenntnis  zu  haben,  die  Reliefmethode  mit  Chromgelatinereliefs  in  der 

1)  Bull.  So(;.  frang.  Phot.  1862. 

2)  Harrison,  A  History  of  Photography.  London  1888.  S.  135;  weiteres  British 
Journal  of  Photography.  1885.  S.  167,  581  u.  596,  and  The  Photographic  News.  1885. 
S.  578  ü.  600. 

3)  Ungefähr  gleichzeitig  mit  Woodbury  TYiaobte  J.  W.  Swan  die  gleiche  Er 
finduDg;  letzterer  trat  jedoch  zagunsten  des  ersteren  zurück,  weil  Woodbury  seine 
Erfindung  früher  bekannt  gemacht  hatte.  (Vergl.  Phot.  News.  1865,  8.  387,  397,  489, 
502  and  512.) 


Erster  Teil.    Vieraigstes  Kapitel. 


382 

Weise,  daß  er  die  belichteten  Schichten  (nach  Art  des  Pigment verfahrensV^ 
mit  warmem  Wasser  auswusch,  also  an  den  unbeüchteten  Stellen  die  un- 
veränderte Gelatine  entfernte,  so  daß  die  erhabenen  Stellen,  das  Relief, 
von  der  im  Lichte  gehärteten  Chromatgelatine  gebildet  wurden.  Diese 
ist  wideratandsiahiger  gegen  mechanische  Pressung,  sowie  gegen  chemische 
Einflüsse.  In  Erkenntnis  dieser  Tatsache  nahm  Woodbury  in  Gemein- 
schaft  mit    Asbton    ein    englisches    Patent    vom    23.  September   1864. 


KlB.  l'.«. 


Nr.  2338,   worin   er  die  Abformung  solcher   Reliefs  mittels   Galran« 
plastik   in  Kupfer  vornahm  und   von  diesen  Hohlformen  mittels  eint 
transparenten  Farbe  (z.  B.  Tusche  und  Gelatine)  AbdrUcke  auf  Papii 
usw.   erzeugte.     In   späteren   Patenten   (vom    12.  Januar  1866,  Nr.  105j 
U.  Februar   1866,    Nr.  505;    8.  Mai   1866,    Nr.  1315;    24.  Juli   186«,' 
Nr,  1918    u.  a.)    führte    er   diese   Erfindung    weiter    ans    und    gelangte 
scblielilich    zu    seiner    in    die    photographische   Industrie   eingeführten 
Methode  der  Photoglyptie  oder  des  Woudburydruckes,  bei  welchem 
der  galv an o plastische  Weg  der  Abformung  des  Pigmentreliefs  verUi 
und  die  mechanische  Abformung  des  Leimreliefs   mittels  hydraui 
.  Bleiplatten  und  Druck  von  solchen  Bleidruckformen 


rlaaaeq^^l 


Edoi:  ■UBMUcine  an  .      tograpni«>, 


h  t "  Frclie   de   üe'-e-g   ta''b  au   dr-a  JU   in.    /-i  ^    iicti  i  cmie«!  i 


ErfindaDg  der  PhotogBlvaaographie  für  Kupferdruck  nsw.  383 

flüssiger  Gelatinetn&ehfarbe  erfolgte,  wobei  Halbtonbilder  von  größter 
YoUeDduDg  erzielt  wurden,  welche  durch  ihre  Feinheit,  durch  die  Ab- 
weseoheit  tod  Koro  oder  RaBter  den  höchsten  Anforderungen  ent- 
sprachen. In  England,  Frankreich,  Belgien  wurde  in  den  siebziger 
Jahren  der  Woodburydruck  in  größtem  Umfange  ausgeübt;  die  Zartheit 
dieser  Beproduktionen  ist  bei  großer  Beständigkeit  unübertroffen.  Nur 
die  Unmöglichkeit,  solche  Bilder  in  den  ^Text  von  Zeitschriften  und 
Büchern  zu  drucken')  und  die  langsame  Produktion  gaben  später  dem 
Lichtdruck  (Schnellpresseadruck)  das  Übergewicht,  so  daß  letzterer 
schon  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  den  Woodburydnick  ver- 
drängte. 

Woodbnry  ließ  1872  eine  Methode  pateotieren,  am  photograpbiscbe  Druck- 
platten tmittelB  Beiner  'WiHidbarytypie)  auf  Kylindnachen  Walzen  heriastelleo  und 
dem  Zylioder-Drsckverfahren  dienstbar  zu  machen  (eagllBches  Patent  Nr.  3654 
vom  4.  Dezember  1872). 

Der  Photograpb  Schielhabel,  genannt  Mariot,*)  in  Graz  aber 
erkannte  in  der  auf  S.  382  beschriebenen  älteren  photogalvanoplastischen 
Methode  von  Wood  bury  ein  vorzügliches  Hilfsmittel  für  photographischen 
Kupferdruck.  Er  stellte  1867  Probeplatten  durch  galvanisches  Abformen 
von  Pigmentbildem  (offenbar  angeregt  durch  Swans  und  "Woodburys 
damals  bereits  bekannte  Erfindungen)  her  und  sendete  als  Probebild  eine 
Aufnahme  nach  der  Natur,  sowie  Linearreproduktion  an  das  k.  und  k. 
militär- geographische  Institut  in  Wien  ein.  Daselbst  würdigte  man  die 
Bedeutung  dieses  Verfahrens  zur  Herstellung  von  Landkarten,  berief 
Mariot  nach  Wien  und  begann  im  Jahre  1869  im  großen  Maßstabe  die 
Herstellung  von  Generalstabskarten  mittels  derartiger  „Heliogravüre", 
wie  man  dieses  Verfahren  der  Photogalvanographie  in  der  Folge  daselbst 
nannte.  Der  Freundlichkeit  des  k.  und  k.  militär- geographischen  Insti- 
tutes in  Wien  verdankt  der  Verfasser  eine  der  ersten  Proben  von  öster- 
reichischen Generalstabskarten  in  Photogalvanographie  vom  Jahre  1869, 
welche  ein  Stück  einer  Karte  von  Ungarn  darstellt  und  von  der  Original- 
kupferplatte als  Beilage  (Tafel  V)  für  das  vorliegende  Werk  gedruckt  wurde. 
Hiermit  war  diese  Art  des  photographischen  Kupferdruckes  zuerst  unter 
allen  Staaten  von  der  österreichischen  Regierung  der  Praxis  der  Karto- 
graphie nutzbar  gemacht  und  mit  bestem  Erfolge  durchgeführt  worden. 

Diese  Einführung  der  Photogalvanographie  durch  das  österreichische 
Kriegsministerium  am  k.  und  k.  militär- geographischen  Institute  ermög- 

1)  Man  muß  die  Woodburybiider  wegen  des  anbattendeo  Schmntzrandea  be- 
schneiden und  aaf  Earton  aufziehen. 

2)  Ein  Porträt  samt  Biographie  von  Mariot  findet  sich  in  Hornigs  Phot. 
Jahibnch  1885. 


384  Erster  Teil.    Vierzigstes  Kapitel. 

lichte  die  ungewöhnlich   rasche  iind  präzise  Herstellung  von  General- 
stabskarten. 

Das  militär-geographische  Institut  in  Wien  spielt  eine  große  Rolle  in 
der  Goschichto  der  graphischen  Reproduktionsverfahren.  Es  war  1806  als  typo- 
graphische Anstalt  gegründet,  1818  durch  Einführung  der  Lithographie  erweitert 
worden ,  1839  wurde  das  „Institute  geografico  militare*^  in  Mailand  damit  versohmolzen, 
1862  durch  Ritter  von  Schönhaher  die  photographische  Methode  eingeführt,  und 
bereits  1865  Photolithographien  mittels  der  Schnellpresse  gedruckt.  Mariot  führte 
(1869  —  1891)  die  Heliographie  und  Chemigraphie  ein;  die  erstere  wurde  namentlich 
durch  Wilh.  Reese  (1871  — 1883)  für  die  Praxis  der  Photographie  brauchbar  ge- 
macht. Besondere  Verdienste  um  die  Hebung  der  wissenschaftlichen  Seite  der  Photo- 
graphie an  diesem  Institute  gebühren  0.  Volkmer  und  (seit  1886)  Oberstleutnant 
ßarou  HübL  dessen  vorzügliche  wissenschaftlichen  Arbeiten  aus  der  letzten  Zeit 
Photogram mctrie,  farbenempfindliches  Yerfahren,  Platinprozeß,  Rasterdmcke  auf  ge- 
schummertem oder  lavicrtem  Terrain,  Zeichnungen  auf  Aluminium  usw.  betreffen. 

Später  verwendete  auch  die  Österreichisch -ungarische  Bank  {bis 
1903)  die  galvanoplastische  Abformung  von  photographischen  Pigment- 
bildreliefs zur  Herstellung  von  Banknoten,  aber  im  Jahre  1903  wurde 
von  dieser  Methode  wieder  abgesehen  und  man  kehrte  wieder  zum 
reinen  Kupferstich  zurück;  auch  für  den  Kunstverlag  verlor  diese 
Methode  ihrer  Bedeutung^)  und  zwar  in  demselben  Maße,  als  die 
Heliogravüre  mittels  Ätzung  eniporblühte. 


1)  Woodbary  suchte  die  Methode  zwar  zu  verbessern,  s.  Brit  Joam.  Phot 
1870.  S.  3S6. 


,.He!iograpliie"  auf  Stahl  (Xiepiii:  de  St.Vi. 


i  Asphalt -VeiCalircii). 


Portnit  des  Marschalls  Randoi 


nach  einer  Aofnaliniu  des  Photographen 
(Mitte  der  fünfziger  Jahre). 


EINTTI7DVZEBZIGSTES  KAPITEL. 

HERSTELLUNG  VON  HELIOGEAVTJßEN  MITTEI^  DES 
ASPHALTVERFAHEENS.     ANFÄNGE  DER  HALBTON- 
STAHLÄTZUNGEN. 


Die  ersten  Versuche  der  beliograpfaiscben  Ätzung  von  Stahlplatten 
basierten  (abgesehen  von  der  Ätzung  der  Daguerreotypplatten,  s.  S.  369) 
auf  der  Anwendung  des  lichtem pfindlicben  Asphaltes  als  Ätzgrand. 

Niepce  de  Saint  Victor,  der  Vetter  Nicephore  Niepces,  setzte 
die  von  letzterem  1843  begonnenen  Versuche  der  hellogiaphischen 
Metallätzung  mittels  des  Asphalt  Verfahrens  im  Jahre  1S53  fort 
(vgl.  S.  258),  nachdem  er  die  Überzeugung  gewonnen  hatte,  daß  die 
Ätzung  von  Daguerreotypplatten  allzu  große  Schwierigkeit  darbietet. 
Niepce  de  Saint-Victor  verband  sich  mit  dem  Pariser  Graveur 
Lemaitre  und  sie  beide  ersetzten  das  Zinn,  welches  Nicephore 
Niepce  anfangs  benutzt  hatte,  durch  Stahlplatten,  und  schon  am 
23.  Mai  1853  legte  Niepce  de  Saint  Victor  der  Pariser  Akademie 
seine  erste  Abhandlung  über  seine  Verbesserungen  des  Aspbaltprozesses 
vor.i)  Er  konnte  im  Anfange  nur  Koproduktionen  in  Strichmanier  in 
seiner  Stablätzung  ausführen,  kam  also  im  wesentlichen  zuerst  nicht 
weiter  als  sein  Vetter  Nicephore  Niepce  (s.  S.  173).  In  der  Mitte 
der  fünfziger  Jahre  trat  er  aber  mit  schönen  Halbtonätzungen  nach 
photographischen  Naturaufnahmen  an  die  Öffentlichkeit,  welche  damals 
entschieden  das  Schönste  waren,  was  die  photographische  Halbton- 
Metallätzung  (für  die  Tiefdruckpresse)  damals  leistete.  Tafel  VI  zeigt 
die  Reproduktion  einer  solchen  Niepceschen  Halbton -Heliogravüre 
(Ätzung  nach  einer  photographischen  Asphaltkopie  auf  Stahl),  das  Porträt 
des  französischen  Marschalls  Randon,  welche  eine  überraschende  Voll- 
endung der  zarten  Mitteltöne  aufweist.  Niepces  Verdienst  bei  seinen 
heliographischen  Halbton -Stahlätzungen  bestand  in  der  Einführung  des 

1)  Vergl.  Bd.  IV,  S,  583  dieses  Werkes. 

Bdsr,  Hmdlinch  der  PhotognjhiB.    I.  TbU.    5.  Aufl.  25 


386  Erster  Teil.    Einundvierzigstes  Kapitel. 

den  Künstlern  wohlbekannten  alten  Aquatinta- Korns  in  die  photo- 
graphische Technik,  welchem  er  die  zarten  Halbtöne  verdankt 

Niepce  de  Saint  Victor  kombinierte  die  Asphaltbilder  auf  Stahl 
mit  aufgestäubtem  und  eingeschmolzenem  Harzstaub  im  Sinne  der  Aqua- 
tinta-Manier.^)  Dieses  zarte  Korn  erklärte  er  für  unerläßlich,  sobald 
man  Halbtonbilder  für  den  heliographischen  Druck  (Tiefdruckplatten) 
geeignet  und  druckfähig  machen  wolle  und  wies  in  seiner  Publikation 
über  Heliographie  im  Jahre  1856  ausdrücklich  darauf  hin.*)  Niepce 
de  St.  Victor  erzeugte  das  Aquatinta-Korn  durch  Aufwirbeln  von 
Harzstaub  in  einem  Kasten  mittels  eines  Blasebalgs.  Er  legte  die  Stahl- 
platte hinein,  ließ  den  Harzstaub  auffallen  und  schmolz  ihn  an.  Da- 
durch wurden  feine  Halbtöne  und  eine  gute  Druckfähigkeit  der  in  den 
Vertiefungen  rauhgeätzten  Platten  erzielt. 

Seit  der  Mitteilung  Niepce  de  St.  Victors  am  23.  Mai  und 
einer  zweiten  am  21.  Oktober  1853  hatten  sich  in  Paris  mehrere  Per- 
sonen mit  der  praktischen  Ausübung  des  heliographischen  Stahlstiches 
beschäftigt,  insbesondere  Charles  Nögre,'^)  Baldus,  Benjamin  De- 
lessert  (stellte  in  der  Weltausstellung  1855  in  Paris  Reproduktionen 
nach  Dürer  aus)  und  Riffaut,*)  von  welchem  letzteren  die  prachtvolle 
Halbtonätzung  in  Stahl  des  auf  Seite  259  in  Fig.  72  autotypisch  repro- 
duzierten Porträts  von  Niepce  de  St  Victor  aus  des  letzteren  Werke 


1)  Aquatinta- Manier.  Joh.  Heinr.  Meynier,  in  seiner  ^Anleitung  zar  Ätx- 
kunst'^,  1804,  sagt  über  dieselbe:  „Die  Aquatinta -Manier  unterscheidet  sich  von  der 
gemeinen  Radierkunst  und  der  Crayon- Manier  darin,  daß  die  Schatten  weder  durch 
Schraffieren  noch  durch  Punktieren,  sondern  —  wenn  ich  mich  so  ausdrücken  darf 
—  durch  einen  Harzflor  hervorgebracht  werden,  mit  welchem  man  die  Platte  über- 
zieht und  der  das  Scheidewassor  nötigt,  das  Kupfer  ganz  rauh  anzufressen.  Man 
arbeitet  darauf  mit  Deck-  und  Harzfimissen  und  gibt  nur  diejenigen  Teile,  welche 
schattiert  werden  sollen,  der  Wirkung  des  Ätzwassers  preis**  usw.  Um  den  Harz- 
staub  auf  die  Platte  zu  bringen,  bediente  man  sich  zuerst  gewöhnlicher  Siebe,  und 
schreibt  sich  speziell  Meynier  die  erste  Anwendung  des  sogenannten  Staubkastens 
zu,  sagt  aber  selbst:  „Ob  ich  mir  gleich  die  Erfindung  dieser  Maschine  mit  Beoht 
zueignen  kann,  so  erfuhr  ich  doch  in  der  Folge,  daß  viele  Künstler,  die  in  Aqoatinti 
arbeiten,  sich  ähnlicher  Kasten  bedienen,  ich  habe  aber  nie  einen  von  ihnen  ge- 
sehen^ usw.  Dieses  sogenannte  Staubkorn  wird  in  neuerer  Zeit  bei  dem  Heliogravüre - 
Ätzverfahren  angewendet.  Ycrgl.  K.  Kampmann,  Titel  und  Namen  der  versohiedenen 
Reproduktionstechniken.    (Ostcrr.  -  ungar.  Buchdruckerzeitung  1891.) 

2)  Niepce  de  St  Victor,  Traite  pratique  de  gravure  heliographique.  Paris 
185G.  S.  44. 

3)  Negre  erfand  auch  die  photographlsche  Mctalldekoration  (eine  Art  Damas- 
zierung) auf  photographischem  Wege,  indem  er  Asphaltbilder  auf  Metall  erzeugte, 
entwickelte  und  galvanisch  vergoldete.  £r  erhielt  auch  auf  demselben  Wege  vertiefte 
Druckplatten.    (Bull.  Soc.  fran9.  1856.  S.  334;  Kreutzers  Jahresber.  1856.  S.  119.) 

4)  Vergl.  La  Lumiere.  1854.  S.  159  und  1855.  S.  43. 


Eine  andere  Probe  der  Niepceschen  Halbtonätzungen  in  Stahl, 
welche  Niepce  de  Saint  Victor  hergestellt  und  in  den  Ateliers 
von  A.  Riffaut  in  Paris  von  Künstlerhand  überarbeiten  ließ,  ist  das 
Porträt  Napoleons  III.,    welches  bei   Goiipil  in  Paris  verlegt  war 


388  Erster  Teil.    Einu  od  vierzigstes  Kapitel. 

und  Tom  Ende  der  fünfziger  Jahre  stammt  Ein  Abdruck  davon  be- 
findet sich  in  den  Sammlungen  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und 
YersucbsaDstalt  in  Wien.  —  Die  genaue  Beschreibung  des  Arbeitsvor- 
ganges ist  in  dem  bereits  niederholt  erwähnten  Buche  von  Niepce  de 
St  Victor:  „Traitö  pratique  de  gravure  hSIiographique.  Paris  1856" 
enthalten. 

Die  Niepcesche  Stahlätzmethode  wurde  sehr  erfolgreich  auch  von 
dem  Hofphotographen  des  Kaisers  Napoleon  III.,  namens  L.  Cremiere, 
gepflegt.  Die  in  dessen  Atelier  {Paris,  Rue  Laval  28  befindlich  gewesen) 
verfertigten  Platten  wurden  bei  Sarazin  gedruckt. 

Proben  von  heliographischen 
Stahlätzungen  (offenbar  mittels  des  As- 
phaltverfahrens) von  Bald  us,Riffaut, 
Nögre  finden  sich  in  der  Zeitschrift 
,,La  Lumiöre".  1854.  S.  67,  159,  167 
und  203  und  1855.  S.  67. 

Charles  N&gre  in  Paris  war 
einer  der  ersten  Maler,  welche  die 
Photographie  zu  künstlerischer  Repro- 
duktion verwerteten.  Im  Januar  1854 
begann  er  Studien  mit  Niepce  de 
St  Victors  Prozeß  und  gab  noch  im 
selben  Jahre  ein  hübsches  mit  Stahl- 
heliogravuren  ( Asphaltprozeß)  illustrier- 
tes Album  von  Halbtonbildern  heraus,*) 

Nati^nfnahnie  geilet  vm,  üh.  \ögro  (1864).        WOVOn    wir   eine   Probo  iU  Flg.  128    lU 

gleicher  Große  (in  Autotypie)  repro- 
duzieren (vergt.  auch  N^gres  Arbeiten  über  Photogalvancgraphie  S.  378, 
sowie  seine  Zinkhochätzungen  weiter  unten). 

Baldas  (um  1S54)  benutzte  das  Niepcesche  Aspb^tver&hreD  zor  Uentellnng 
einer  Kopie  (nach  einem  Diapusitiv)  auf  Kupfer,  jedoch  ätzte  er  nicht  mit  SSnnn 
oder  dergleichen,  sondern  gBlvanokaustisuh ,  d.h.  er  hängte  die  mit  dem  Asphaltbild 
(auf  Äquatiata-Kom)  vei^ehene  Kupfer  platte,  verbunden  mit  dem  pouitiven  Pol  einer 
galvanischen  Batterie,  in  eine  Salzlösung,  wobei  an  der  Anode  das  Hetall  aufgelöst, 
d.  i.  galvanisch  geatzt  wurde;  durch  Abdecken  der  Halbtöne  mit  Denkgnuid  konnte 
man  iu  Stufen  ätzen,  ebenso  nutzte  man  die  gröBere  oder  kleinere  Entfernung  der  Elek- 
troden (Krummbiegeo  der  Kathode)  zur  Regulierung  der  abgestnften  Ätzung  aus.*) 


1}  La  [.umiera.  1854.  21.  Oktober  1854.  S.  165.  —  Eine  hübsche  Heliogravüre 
von  Ch.  Negre  findet  sieb  in  Monokhuven,  Traite  general  de  Photographie.  2.  Aofl. 
18^6  (Paris,  Gaudin  et  frere). 

2)  Cosfflos,  Revue  encycloped.  3.  Jahrg.  S.  615;  Liebiga  Jahresbericht  1854. 
S.  202;  Keßler.  Photographie  auf  Stahl,  Kupfer  usw.  Berlin  1856. 


wichtigen  Einflu»  »^  Aquatiota-Eom  beim  Drui  in  der  Kupfer^ 
druckpres6e  und  auch  Talbot  (b.  u.)  scheint  dii  n  günstigen  Effekt 
bei  seinen  ersten  heliographischen  Kupferätzungen  nicht  gekannt  zu 
haben;  wenigstens  schreibt  er  in  seiner  ältesten  Publikation  über 
photographischen  Stahlstich  nichts  darüber  und  hat  auch  (wie  man  an 
seinen  Druckproben  sieht)  in  den  sechziger  Jahren  noch  nicht  das 
Aquatinta-Korn  benutzt  Und  doch  ist  gerade  dieses  von  fundamentaler 
Bedeutung  für  den  guten  Abdruck  heliographisober  Halbtonätzungen. 


ZWEITJNDVIERZIGSTES  KAPITEL. 

HELIOGEAPHISCHE  STAHL-  UND  KUPFEElTZUNG 
MITTELS  DES  CHKOMAT-LEIMVEEFAHKENS. 


Talbots  heliographische  Stahl-  und  Eupferätzungen. 

Der  Entdecker  der  Lichtempfindlichkeit  des  Kaliumbichromat- 
leimes  und  der  Veränderung  der  Löslichkeit  (Quellbarkeit)  in  Wasser 
nach  der  Belichtung  war  Fox  Talbot  (s.  S.  345).  Er  zog  aus  seiner 
Beobachtung  sofort  die  Konsequenz,  daß  belichtete  Ghromleimschichten 
auf  Metallplatten  wie  ein  deckender  Ätzgrund  gegen  wässerige  Ätzilüssig- 
keiten  fungieren  müssen,  und  erfand  die  erste  derartige  heliographische 
Ätzmethode,  indem  er  Chromleimbilder  mittels  Platinchloridlösung  in 
Stahlplatten  einätzte  und  Tiefdruckplatten  erhielt,  welche  in  der  Kupfer- 
druckpresse druckbar  waren  (s.  S.  346).  Später  erkannte  Talbot,  daß 
das  Eisenchlorid  ein  besseres  und  billigeres  Ätzmittel  für  Stahl  und 
insbesondere  für  Kupfer  abgibt.  Da  es  gleichzeitig  die  wichtige  Eigen- 
schaft besitzt,  auch  in  großen  Konzentrationen  die  unlöslichen  Chromat- 
leimbilder  nicht  zu  zerstören,  ja  sogar  gerbend  auf  den  Leim  zu  wirken, 
so  arbeitete  Talbot  auf  dieser  Grundlage  eine  neue  heliographisohe 
Kupferätzung  für  Halbtonbilder  aus  (vergl.  Bd.  IV  dieses  Handbuches). 

Ein  Erstlingsdruck  von  Talbot  nach  einer  derartigen  helio- 
graphischen, mittels  Eisenchlorid  geätzten  Kupferplatte  ist  in  Phot  News. 
1858.  Bd.  1,  Nr.  10  enthalten  —  ein  unansehnliches,  aber  trotzdem  für 
die  Geschichte  der  Photogravure  trotz  seiner  CTnvollkommenheit  äußerst 
interessantes  Bildchen,  welches  wir  in  Autotypie  in  gleicher  Größe  in 
Fig.  129  reproduzieren. 

Vom  selben  Charakter,  aber  doch  schon  merklich  besser  ist  eine 
heliographische  Kupferätzung,  oder,  wie  Talbot  es  nannte,  ein  „Photo- 
glyph  nach  Talbots  patentiertem  Prozeß''  vom  Jahre  1859.  Tafel  ¥11 
zeigt  das  Faksimile^)  dieser  Heliogravüre.     Es  stellt  die  Toilerien  in 


1)  Heliogravüre  yod  Blechinger  und  Leykauf  in  Wien. 


Bei  Ti 

leim  wird  die  : sible  Schicht  auf  die  Mi    llplatte  exttff    ^SQQ)  bin 

einem  Dispositiv  belichtet  nnd  die  unentwickelte,  jedoch  im  Liebte  mehr 
oder  veniger  gehärtete  Bildscbicht  mit  Eisenchlorid  durchgeätzt,  wobei 
entsprechend  der  mehr  oder  weniger  starken  Härtung  der  Chromleim- 
schicht im  Lichte  ein  abgestuftes  Kalbtonbild  entsteht  Da  dieses  Ätz- 
TOrfahren  schwierig  zu  handhaben  ist,  so  nahmDujardin  das  Kopieren 
und  Ätzen  nach  mehreren  verschieden  stark  durchgezeichneten  Dia- 
positiven in  mehreren  aufeinanderfolgenden  Stufen  vor')  und  erzielte 
damit  bei  seinen  Ätzungen  größeren  Tonreichtum. 

Die  Photogalvanographie  war  später  von  Rousselon  in  Paris 
(siebziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts)  weiter  ausgfliildet  und  in 
die  ReproduktionsaiiBtalt  Goupila  {später  von  Boussod  uiu^Vaiadon 
in  Paris  übernommen  worden)  —  wahrscheinlich  auch  neben  Dujardins 
Ätzprozeß  —  eingeführt  worden  und  ergab  vorzügliche  Resultate  deä 
photographischen  Halbtonkupferdruckes  (Photogravure),  welche  im  Kunst- 
vertag große  Berühmtheit  erreichten.  Alle  diese  Methoden  wurden 
jedoch  durch  die  von  Karl  Eli£  in  Wien  im  Jahre  1879  erfundene, 
auf  dem  Pigmentverfahren  basierende  heliographische  Kupferätzmethode 
übertroffen,  welche  mindestens  ebenso  schöne  Resultate  auf  einfacherem 
und  sicherem  Wege  als  die  früheren  Halbton ätzmethoden  liefert  Kliö 
Übertrug  ein  Figmeutbild  auf  eine  mit  Aquatinta-Korn  (s.  S.  386)  ver- 
sehene Eupferplatte,  entwickelte  es  mit  warmem  Wasser  (Auswaseh- 
verfahren)  und  ätzte  dann  das  Bild  mit  Eisenchlorid -Lösungen  ver- 
schiedener Konzentration  ein.  Die  so  erzielten  Halbtonbilder  sind  von 
besonderer  Präzision  und  besitzen  großen  Reichtum  an  Büddetails  und 
Halbtönen.  Sie  beherrschen  deshalb  den  Kunstverlag  der  Neuzeit,  so- 
weit pbotographische  Kupferdrucke  in  Betracht  kommen, 

Kliiis  Methode  der  Heliogravüre. 
Den  Höhepunkt  der  Heliogravüre  mittels  der  Atzmethode ,  sowohl  an 
Schönheit  der  Resultate  als  Sicherheit  und  Raschheit  der  Durchführung, 
erzielte  also  der  Maler  und  Journalzeichner  K.  KliC  in  Wien,  welcher 
das  Pigment-ÜbertragungsVerfahren  auf  gestaubte  (gekörnte) 
Kupferplatten  anwendete,  mit  dem  Ätzverfabreu  kombinierte  und 
durch  diese  Erfindung  seine  Voi^änger  überflügelte.  Die  erste  Vorfüh- 
rung seiner  Heliogravüren  geschah  durch  KIi5  selbst  in  der  Plenarver- 
sammlung  der  Wiener  Fhotographischen  Gesellschaft  am  7.  Oktober  1879.^) 

1)  Vergl.  Bd.  4,  S.  501  dieses  ^Handbuclies". 

2)  Phot  Korreap.  1879.  S.  192. 


394  Erster  Teil.    Zweiundvierzigstes  Kapitel. 

Er  machte  nur  die  kurze  Mitteilung,  daß  seine  ,,Heliogravuren"  (es 
waren  schöne  Halbtonbilder,  in  der  Kupferdruckpresse  gedruckt)  „in 
massivem  Kupfer  durch  Ätzen  erzeugt  sind**;  gleichzeitig  legte  er  be- 
druckte Baumwolltücher  vor,  welche  in  der  Neunkirchner  Zeugdruckerei 
mittels  der  von  ihm  auf  heliographischem  Wege  hergestellten  Kupfer- 
walzen bedruckt  worden  waren.  Im  November  1880  stellte  Kilo  helio- 
graphische Reproduktionen  von  Porträts  und  anderen  Aufnahmen  nach 
der  Natur  aus.^) 

Eine  sehr  hübsche  Heliogravüre  von  Kliß  aus  dem  Jahre  1880, 
den  Dom  von  Florenz  mit  dem  Campanile  darstellend,  zeigt  Tafel  VIII. 
Zum  Druck  dieser  Heliogravurbeilage  diente  ein  von  der  Originalplatto 
abgenommenes  Galvano. 

Karl  Klic  (sprich:  Klitsch),  geboren  am  31.  Mai  1841  in  Arnaa  in  Böhmen, 
studierte  an  der  k.  k.  Malerakademie  in  Prag  unter  Prof.  Engerth.  Er  half  seinem 
Vater,  der  ein  Chemiker  war,  ein  photogra])hisches  Atelier  in  Brüon  einrichten  und 
leinte  dort  die  Photographie  kennen.  18()7  folgte  er  einem  Ruf  als  Zeichner  nach 
Pest,  später  nach  Wien  und  zeichnete  mit  chemischer  Tusche  für  Hochätzung,  ins- 
besondere erfreute  er  sich  als  Karikaturenzeichner  für  Witzblätter  («Der  Floh"  usw.) 
einer  großen  Beliebtheit;  diese  Zeichnungen  wurden  in  Wiener  Ätzanstalten  geätzt, 
bis  er  selbst  (1873  —  74)  Zinkhochätzungen  machte.  Seine  Versuche  mit  Heliogravüre - 
Kupferätzung  begann  er  um  das  Jahr  1875  und  trat  im  Jahre  1879  damit  in  Wien 
an  die  Öffentlichkeit.  Er  übte  selbst  sein  Verfahren  praktisch  in  Wien  aus,  ohne  bei 
seinem  kleinen  Betriebe  (in  welchem  er  nur  die  hehographischen  Platten  ätzte,  ohne 
die  dazu  gehörige  Kupferdruckerei  selbst  zu  betreiben)  günstige  finanzielle  Erfolge  zu 
erzielen.  Deshalb  löste  er  seine  Wiener  heliographische  Anstalt  auf  und  ging  nach 
Frankreich,  dann  nach  England,  wo  er  viele  Jahre  lang  lebte  und  sein  Verfahren 
einführte.  Klio.  dessen  Porträt  in  Fig.  130  gebracht  ist,  blieb  bis  1899  in  England, 
arbeitete  an  der  Ausarbeitung  der  Rembrandt- Heliogravüre  und  dem  Drucke  gerasterter 
Heliogravureplatten  in  Schnellpressen,  wobei  er  so  viel  Vermögen  erwarb,  daß  er  sich 
nach  Wien  (Hietzing)  zurückzog.  Er  hielt  sorgsanä  alle  die  Ergebnisse  seiner  Studien 
geheim. 

Die  ersten  heliographiscben  Kupferätzungen  Eli 6s  fanden  wohl 
in  Wien  bald  ihre  Würdigung,  weil  derselbe  auch  einzelne  Heliogravüren 
auf  Bestellung  ausführte,  publizierte  und  heliographische  Eupferplatten 
abgab.  Da  er  aber  stets  allein  oder  unter  Heranziehung  weniger  Per- 
sonen, unter  Wahrung  seines  Fabrikationsgeheimnisses  arbeitete,  so  kam 
nur  eine  verhältnismäßig  geringe  Anzahl  seiner  Heliogravüren  in  künst- 
lerische Kreise;  die  Folge  davon  war,  daß  man  KliCs  Methode  anfangs 
im  Auslande  nicht  besonders  beachtete.  Kliö  übte  auch  seine  Methode 
selbst  nicht  intensiv  aus,  er  ließ  sogar  einen  größeren,  für  die  Publi- 
kationen der  kaiserlichen  Sammlungen  in  Wien  bestimmten  Auftrag  teil- 
weise unausgeführt,  sondern  beschäftigte  sich  fortwährend  mit  Experi- 

1)  Phot.  Korresp.  1886.  S.  226. 


DBEITTKOVIERZiaSTES  KAPITEL. 

PHOTOLITHOGBAPHIE  —  ZINKOGKAPHIE  —  ALGRÄPHIE. 


Wir  wollen  davon  absehen,  daß  Nicöphore  Niepce  der  Ältere 
Beine  photographischen  Yersucbe  mit  Hcbtempfindlichen  Harzen  in  den 
Jabren  1815—1816  mit  dem  lithographischeD  Steine  begann.  Er  ver- 
suchte also  wobl  die  Pbotolithographie,  erzielte  aber  keine  brauchbaren 
Resultate  und  gab  das  Verfahren  zugunsten  der  photograpfaischen 
Metallätzung  ganz  auf.  Es  ist  also  wobl  nicht  zu  rechtfertigen,  wenn 
manche  in  ihm  gewissermaßen  den  Erfinder  der  Pbotolithographie  sehen 
wollen.  Allerdings  war  der  Ausgangspunkt  zur  Herstellung  von  Photo- 
tithographien  lange  nach  dem  Tode  Niepces  das  von  ihm  erfundene 
photographische  Asphalt  verfahren. 

Die  ersten  gelungenen  Versuche  zur  Herstellung  von  Halbton- 
Fhotolithographien  mittels  des  Aspbaltverfahrens  rühren  von  Le- 
mercier,  Lerebours,  Barreswil  und  Davanne  in  Paris  her,  welche 
die  ersten  Versuche  1852  veröffentlichten;  ersterer  war  der  berühmte 
Pariser  Lithograph,  Lerebours  war  der  bekannte  photographische 
Optiker  (s.  S.  231)  und  die  beiden  letzten  waren  Chemiker  und  Amateur- 
photographen. Es  hatten  sich  die  richtigen  Männer  zu  gemeinsamer 
Arbeit  zusammengefunden,  welche  auch  bald  hübsche  Photohtbographien 
zustande  brachten.  Sie  überzogen  lithographische  Steine  mit  Asphalt, 
belichteten  unter  einem  Papi ernegativ,  wuschen  mit  Terpentinöl  und 
erzielten  druckfertige  Photolithographien.  ^) 

Es  erschien  eine  nur  mehr  in  wenigen  Exemplaren  erhaltene 
Kollektion^)  dieser  direkten  Asphalt- Photolithographien  1853  unter  dem 

1)  Die  Einzelheiten  dieser  Methode  publizierten  Lemercier,  Lerebours, 
Barreswil  und  Davanne  im  Februar  18d4  im  Bulletin  de  la  Soc.  d'enoouragement 
(1854,  S.  84);  s.  auch  Bd.  4  dieses  Handbuchs  S.  606;  ferner  Dinglets  Polytechn. 
JoDm.  Bd.  132,  S.  6ö.  — Insbesondere:  Barrosiril  und  Davanne,  Die  Anweadoag 
der  Chemie  auf  die  Pliotographie,  2.  Aufl.,  deutsch  von  Schmidt,  1860,  S.  461. 

2)  Ein  Exemplar  ist  in  den  Sammlungen  der  li.  k,  tiraphiecbeu  Lebr-  und 
Terauchsanstalt  in  Wien  eutbalten. 


398  Erster  Teil.    Dreiundvierzigstes  Kapitel. 

Titel  „Lithophotographie  ou  impressions  obtenues  sur  pierre  a  l'aide 
de  la  Photographie  par  M.  M.  Lemercier,  Lerebours,  Barreswil  et 
Davanne",  Impr.  Lemercier,  Paris  (Verlag  Goupil  &  Co.,  Gide  & 
Baudry  in  Paris).  Das  erste  Heft  enthielt  Photolithographien  im 
Formate  40  x  57  cm  mit  Architekturphotographien  von  Straßburg  (nach 
photographischen  Negativen  vom  Jahre  1851),  Chartres  (Photographie 
1852),  Neuviller,  Beauvais  usw.  Diese  aus  dem  Buchhandel  ver- 
schwundene Publikation  ist  die  älteste  in  Halbtonmanier  photolitho- 
graphisch illustrierte  Tafel.  Tafel  IX  zeigt  die  Lichtdruckreproduktion 
eines  Details  einer  Aufnahme  der  Kathedrale  in  Chartres;  man  erkennt, 
daß  diese  Asphalt- „Lithophotographien"  Drucke  von  merkwürdiger  Kraft, 
allerdings  mit  etwas  grobem  Korn  in  den  Halbtönen,  lieferten,  welche 
besondere  Beachtung  verdienen.  Wir  müssen  in  ihnen  die  ersten  ge- 
lungenen Versuche  des  Druckes  von  direkt  auf  Stein  kopierten  Halbton- 
photographien  in  der  Steindruck  presse  erblicken. 

Eine  gelungene  Probe  von  Versuchen  der  „Lithophotographie*' 
(„Impression  obtenue  directement  sur  pierre  par  la  Photographie^, 
Druck  bei  Lemercier)  zeigt  auch  das  in  Fig.  131  im  Maßstab  V» 
mittels  Autotypie  reproduzierte  photolithographische  Halbtonbild  (Archi- 
tekturaufnahme). Es  ist  ein  Originalprobedruck  der  lithographischen 
Anstalt  Lemercier  in  Paris,  welchen  Herr  Braun  in  Domach  freund- 
lichst dem  Verfasser  dieses  Werkes  zur  Verfügung  stellte^)  und  der  mit 
dem  Datum  vom  23.  Februar  1853  signiert  ist  Die  nicht  ganz  sicheren 
Manipulationen  und  das  Waschen  der  voluminösen  Steine  mit  dem  da- 
mals ziemlich  kostspieligen  Terpentinöl  waren  ein  Hindernis  der  Ver- 
breitung dieser  Methode,  welche  übrigens  später  mit  großem  Erfolge 
von  neueren  Photographen  (s.  u.)  wieder  aufgegriflfen  wurde. 

Bald  aber  trat  durch  Poitevins  Erfindung  des  Chromeiweiß- 
verfahrens auf  Stein  die  Asphaltmethode  in  den  Hintergrund,  weil  ee 
sicherer  war,  kürzere  Belichtung  erforderte  und  zum  Waschen  nur 
Wasser  brauchte,  eine  Errungenschaft,  welche  bald  Beachtung  fand. 

In  den  ersten  Monaten  des  Jahres  1855  hatte  Poitevin  die 
Eigenschaft  der  belichteten  Gemische  von  Kaliumbichromat  mit  Gtelatine, 
Eiweiß,  Gummi  usw.  entdeckt,  an  den  belichteten  Stellen  das  Wasser 
abzustoßen  und  die  fette  Druckerschwärze  festzuhalten,  während  die 
unbelichteten  Stellen  ihre  ursprüngliche  Löslichkeit  oder  Quellbarkeit 
im  Wasser  bewahrten.  Poitevin  erkannte  (1855)  mit  großem  Scharf- 
sinne die  Tragweite  seiner  Beobachtung  und  erfand  damit  das  Prinzip 


1)   Dieser  Erstlingsdruck   befindet  sich  derzeit  in  den  Sammlungen  der  k.  k. 
Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  "Wien. 


,  Lichtdntt       ,  _B  »  „.  ....      .,  . 

des  Pigmentdmckes  (s.  S.  347). 

Die  eiste  praktisohe  Auweaduiig  tod  Ealiumbichromat-Oumtni  zum  diiekten 
KoiuereD  auf  Stein  behttfe  HeiBtellung  tod  PhotolitbographieD  soll  nach  vereinzelten 
Angaben  ein  Amerikaner  namens  Josef  Dison  1841  in  Massach UBetts  gemoobt  haben 
(HarrisoD,  History  of  Phot.  1888,  8.  99);  die  erste  VeröSentlicbiuig  über  das  Ver- 


fahren im  ^Scientific  American"  erfolgte  im  Jahre  1854,  ohne  daß  die  Sache  in  der 
FnaiB  bekannt  oder  von  ihr  aufgegriffen  wurde. 

Poitevin  hatte  im  August  1855  sein  Tetfahren  in  Frankreich 
und  anderen  Staaten  patentieren  lassen^)  und  sich  dann  ganz  der  Yer- 
Tollkommnuog  der  Photolitbographie  —  auch  für  den  Halbtonprozeß 
auf  gekörntem  Stein  —  gewidmet     Zur  Ausnutzung  seines  Verfahrens 

1)  Vgl.  Poitevin,  Traite  de  l'imprimerie  pbotogr,  sana  seis  d'argent.,  Paris 
1862.  S.  79.  —  Poitevin,  „Bull.  Sog.  fran?.  de  Phot,  Februar  1857. 


400  Erster  Teil.    Dreiund vierzigstes  Kapitel. 

verkaufte  er  im  Oktober  1857  alle  seine  Patente  um  20000  Francs  an 
einen  der  hervorragendsten  Pariser  Lithographen,  Lemercier,^)  in  dessen 
Steindruckerei  in  der  Folge  zahlreiche  Photolithographien  in  Strich- 
manier, sowie  in  Halbton  nach  photographischen  Naturaufnahmen  her- 
gestellt wurden.  Poitevins  Vorgang  war  folgender:  Er  überzog  den 
(für  Halbtonbilder:  gekörnten)  Stein  mit  einer  Lösung  von  Ealium- 
bichromat  und  Eiweiß,  verteilte  die  Schicht  mittels  Tamponieren,  trock- 
nete, belichtete  unter  einem  Negativ,  wusch  mit  Wasser,  trug  fette 
Farbe  auf  (oder  trug  zunächst  fette  Farbe  auf  und  wusch  dann),  wobei 
die  Farbe  nur  an  dem  im  Lichte  unlöslich  gewordenen  Stellen  haftete, 
nicht  aber  an  den  feuchten.  Der  Stein  wurde  dann  mit  angesäuerter 
Flüssigkeit  in  der  den  Lithographen  bekannten  Weise  geätzt  und  gedruckt. 

Man  erhielt  damit  gute  Photolithographien;  diese  Halbtonbilder  auf 
gekörntem  Stein  waren  sehr  schön,  so  zart  an  Mitteltönen  und  tief  in 
den  Schatten,  daß  auch  moderne  Beproduktionstechniker  staunen,  wenn 
sie  diese  nunmehr  schon  selten  gewordenen  Photolithographien  Poite- 
vin-Lemerciers  sehen. 

Lemercier  druckte  vor  Zeugen  über  700  Abdrücke  von  einem 

Steine.     Die  in  Tafel  X  in  Lichtdruck  gebrachte  Faksimilereproduktion 

dieser    Inkunabel  2)   der    Halbton -Photolithographie    beweist   die    hohe 

Leistung  damaliger  Arbeit. 

Ernst  Conduche  stellte  theoretische  Betrachtungen  an,  daß  beim  Poitevin- 
schen  Verfahren  durch  mechanische  Abnützung  des  Chromeiweißbildes  die  Steine  bald 
zugrunde  gehen  und  nur  jene  Photolithographien  beim  Druck  widerstandsfähig  seien, 
bei  welchen  die  lithographische  oder  fette  Seife  direkt  mit  dem  lithographischen  Stein 
in  Berührung  komme,'')  ohne  daß  er  jedoch  brauchbare  Vorschläge  in  diesem  Sinne 
gemacht  hätte. 

Lemercier  scheint  seine  größten  photolithographischen  Verlags- 
blätter nur  mittels  des  Poitevinschen  Chromeiweißes  gemacht  zu  haben. 
Es  existieren  viele  photolithographische  Halbtonbilder  aus  den  fünfziger 
Jahren,  welche  die  Signatur  ^mise  sur  pierre  par  Lemercier**  („procöd^ 
Poitevin")  tragen. 

Lemercier  legte  der  Pariser  Photographischen  Gesellschaft  am 
20.  Juli  1860  als  Neuheit  Photolithographien  vor,  welche  von  zwei 
Steinen  (Halbton-  und  Kraftplatte)  gedruckt  waren. 

In  Poitevins  ,,Trait6  de  Timpression  photographique^,  1862, 
S.  79,   sind  zahlreiche  Verlagswerke   Lemerciers   zitiert,   welche   mit 


1)  Ein  Porträt  von  Böse  Joseph  Lemercier,  des  Gründers  der  lithographischen 
Anstalt  Lemercier  in  Paris,  findet  sich  in  Pennell,  Lithography  and  Litho- 
graphers, London  1808. 

2)  Blanquart-Evrard  a.a.O. 

3)  La  Lumiere  1856.  S.  54;  Hörn,  Phot.  Joum.  Bd.  VI.  1856.  8.  10. 


I,iclitdnaukii?|iroiluttii)n  einer  rhotiilitliogr.i|i!iie  in  llallit'»»  von  l'uitov 
(mittel  ChmmciwL'ill  direkt  avit  den  Slein  kc)].iei't;  185T). 


«Tina  i       «.        ■■■.  -**iii    »m  getuiii     u  uo  iicigi:        .i  iiuu. 

Übrigens  stellte  Lemercier  bei  der  Fai  r  Weltausstellung  18S2 
sowohl  Fbotolithographien  mittels  des  Asphaltverfabrens  als  des  Foite- 
Tiuschen  ChromeiweißTerfahrena  aus. 

Niepoe  de  Saint  Victor  erzeugte  aach  eioe  Art  gravierter,  mittels  Aepbalt- 
verfabreDB  vertiette  ZeichnoDgen,  um  VerzieruDgeo  herrorz abringen,  sowie  am  Ab- 
drücke dnvon  in  der  litbographiscbea  Fresse  zu  erhalten  (Comptes  Tonim  1856,  Bd.  43, 
8.  674  and  912;  Kreutzer,  Jahresber.  1856,  8.  120). 

Im  Jahre  1855 — 56  hatte  auch  Macpherson  die  Wichtigkeit 
des  gekörnten  Steines  in  der  Asphalt -Fhotolitbographie  erkannt  und 
publiziert  Diese  Methode  wurde  später  besonders  von  Karl  von 
Giessendorf  in  Wien  kultiviert 

Karl  von  Gieaseodorf  in  Wien  befaßte  sich  eingeheod  mit  dam  Asphalt- 
verfahren  von  Lemercier.  Er  arbeitete  Ende  der  fünfziger  Jalire  in  der  Hof-  ond 
Staatsdmcbsrei  in  Wien,  vo  er  Jedoch  nur  spärJich  Beschäftiguog  fand,  verbesserte 
die  Methode  (Asplialtbopieo  auf  gekörntem  Stein  in  Halbtonmanier)  anfangs  dei 
sechziger  Jahre  und  führte  sie  in  der  lithographischen  Äostalt  Reiffenstein  &  Rosch 
in  Wien  ein;  1864  waren  solche  Dmcke  in  der  Wiener  phatogrsp bischen  Ausstellung 
ZQ  sehen.  ReiffeDStein  übertraf  nach  Giesssndorfs  lod  (1866)  seineo  Lehrer 
weit,  aber  aueh  diese  Arbeiten,  au  welchen  sich  später  L.  Schrank  beteiligte,  fanden 
damals  trotz  ihrer  Güte  wenig  Verständnis  und  rerschwanden  allmählich  wieder;  auch 
der  von  Beiffensteio  mittels  dieser  Druckteehnik  im  Jahre  1866  durchgeführte 
photolithographische  Farbendruck  wurde  nur  kurze  Zeit  gepflegt. 

Dies  ist  historisch  bemerkenswert,  weil  es  die  Anfange  des  spateren 
„Orell-FüBali-Verfahrens"  sind,  bei  welchem  es  sich  gleichfalls  um 
farbigen  photolithographisehen  Druck  in  Halbtonmanier  (allerdings  mit 
sehr  viel  Handarbeit  des  Zeichners  verquickt)  handelt  und  mittels 
welchem  riesige  Auflagen  (namentlich  Städteansichten)  verbreitet  wurden. 

Ein  direktes  Eopierrerfahren  auf  gekörntem  Stein  mittels  Gummi- 
arabikum, Zucker  und  Ealiumbichroniat  ließen  sich  J.  A.  Cutting  und 
L.  H.  Bradford  in  Boston  1858  privilegieren;')  sie  kopierten  direkt 
auf  den  mit  der  Chromgummischicht  versehenen  Stein  unter  einem  Dia- 
positiv, wuschen  mit  Seifenwasser,  wobei  der  nichtbelichtete  Gummi  ent- 
fernt und  der  Stein  geeignet  gemacht  wurde,  die  fette  Farbe  an  diesen 
Stellen  anzunehmen.  Dann  wird  der  belichtete  Gummi  mit  heißem  Wasser 
entfernt  und  das  durch  die  Wirkung  der  Seife  positiv  gemachte  Bild  in 
der  Staindruckpresse  gedruckt  In  Snellings  Photographic  and  fine  Art 
Journal  1858  S.  117,  254,  289  und  321  sind  hübsche  Proben  dieser 
merkwürdigen  Technik  enthalten,  welche  wegen  ihrer  schwierigen  Aus- 
führung sich  in  der  Praxis  nicht  einbürgerte  und  in  Vergessenheit  kam. 


1)  Engl.  Patent  vom  US.  Februar  1858  Nr,  3.'37;SnelliDgs  Photographie  and  flne 
Art  Journal  1858.   S.  337. 

Ed«r,  Hudbocfa  ilocPhatognpbie.   I.  T^l.   S.  Aufl.  26 


402  Erster  Teil.    Dreiundvierzigstes  Kapitel. 

Das  photolithographische  Uradruckverfahren^)  von  chro- 
mierten  Papieren  erfand  Asser  in  Amsterdam  1857. 

Eduard  Isak  Asser  (geboren  1809  in  Amsterdam,  gestorben  1894) 
studierte  die  Rechte,  wurde  1832  zum  Doctor  juris  promoviert  und  war 
Advokat.  Er  interessierte  sich  für  die  Daguerreotypie,  kam  nach  Paris, 
um  photographische  Apparate  zukaufen,  versuchte  Niepces  photolitho- 
graphischen Asphaltprozeß  und  kannte  Poitevins  Chrom -Eiweißkopier- 
verfahren auf  Stein.  Er  war  der  erste,  welcher  auf  mit  Stärkekleister 
gestrichenem  und  mit  Bichromat  sensibilisiertem  Papiere  photographische 
Kopien  mit  fetter  Farbe  für  das  Umdruckverfahren  auf  Stein  er- 
zeugte und  solche  Proben  1859  der  Pariser  Photographischen  Gesellschaft 
einsandte;  er  stellte  sein  später  verbessertes  Verfahren  bei  Ausstellungen 
in  Paris,  Wien  und  Amsterdam  aus  und  erhielt  zahlreiche  Medaillen. 2) 

Kurz  nach  Asser  teilte  J.  W.  Osborne  am  30.  November  1859 
der  philosophischen  Gesellschaft  der  englischen  Kolonie  Victoria  mit, 
daß  man  mit  photolithograpliischem  Übertragungspapiere,  welches  mit 
Chromat-Gelatine-Eiweiß-Gummi  oder  Asphalt  präpariert  ist  und  auf 
welchem  man  ein  Fettfarbenbild  erzeugt,  mit  Leichtigkeit  Photolitho- 
graphien ausführen  könne.  Er  empfahl  namentlich  Eiweißpapier,  welches 
mit  Kaliumbichromat  und  Gelatine  überzogen,  getrocknet,  kopiert,  mit 
fetter  lithographischer  Umdruckfarbe  eingewalzt  und  mit  einem  nassen 
Schwamm  entwickelt  wurde.  Osborne  hielt  dieses  Verfahren  (welches 
er  übrigens  1863  verbesserte)  für  neu,  erwähnte  aber,  daß  auch  Asser 
ein  Umdruckverfahren  erfunden  habe.  Die  Osbornesche  Methode 
fand  jedoch  mehr  Eingang  in  die  Praxis.  Auch  Oberst  Henry  James 
in  Southampton  beschrieb  1860  ein  photolithographisches  ümdruck- 
papier  mit  Chromatgummi.^)  Reines  Chromatgelatinepapier  (ohne  Eiweiß) 
empfahl  J.  Waterhouse  1868.  G.  Märkl  in  Wien  legte  die  Gelatine- 
schicht des  Umdruckpapieres  nach  unten  und  die  Chromat- Eiweißschicht 
nach  oben  (1876). 

Die  Photolithographie  wurde  namentlich  für  Reproduktion  von 
Plänen,  Karten,  Linearzeichnungen  bald  vielfach  verwendet  und  im 
Vereine  mit  dem  Schnellpressensteindruck  entwickelte  sich  diese  Methode 
zu  einer  der  billigsten  und  für  Massenproduktion  leistungsfähigsten  in 
dem  Steindruckgewerbe.  Auf  die  Einzelheiten  und  weiteren  Verbesse- 
rungen des  photolithographischen  Umdruckverfahrens  kann  hier  nicht 
näher  eingegangen  werden;  es  sei  nur  erwähnt,  daß  man  häufig  Halb- 

1)  Vergl.  Kamp  mann,  Geschichte  der  Photolithographie  mittels  ümdniok- 
papieres  (Eders  Jahrbuch  f.  Photogr.  1896.  S.  293). 

2)  Aiinuaire  general  et  international  de  la  Photogr.  1895.  S.  141. 

3)  British  Journ.  of  Phot  1860.  S.  240. 


stein  übertrug;  eioeQ  neuen  Wi  schlug  A.  Albert  1897  ein,  indem 
er  Ton  glattem  photolithographischen  Getatinepapier  auf  gekörnten  Stein 
umdmckte.  Im  übrigen  sei  auf  die  Beschreibung  dieser  mannigfachen 
Methoden  in  A.  Albert>)  „Verschiedene  Reproduktionsverfahren  mittels 
lithographischen  und  typographischen  Druckes"  1899  verwiesen. 

Die  Einführung  des  photographischen  Zinkflachdruckes,*)  der 
sogenannten  Photosinkographie,  bei  welcher  die  Abdrucke  analog  wie 
beim  lithographischen  Stein  in  der  Steindruckpresse  gemacht  werden, 
verdankt  man  Sir  Henry  James. 


Der  englische  Oberst  Sir  Henry  Jnmes  in  Southampton  machte 
1859  die  ersten  gelungenen  Versuche  der  Übertragung  eines  auf  Chromat- 
leim  oder  Gummi  hergestellten  Fetttarbenbildes, ^)  wie  er  selbst  in  der 
Vorrede  zu  A.  d.  C.  Scotts  „Photozinkographie"  (1862)  erwähnt^)   Die 

1)  August  Albert,  Professor  au  der  li.  k.  Graphischen  Ijehr-  und  VereucliB- 
aostait  in  Wien. 

2)  OberdieGeaohichtedesZJnkflaohdnickesB.  Kampmann,  Phot.EorreE|>.  1890. 
8. 267  u.  ff, 

3)  Cbromatgelatine  wurdo  auf  Papier  aufgetragen,  unter  einem  Negativ  kopiert, 
mit  fetter  Farbe  überzc^n  und  mit  Wasser  und  einem  Schwamm  entwiutelt.  Es 
bleibt  an  den  belichteten  Stellen  ein  Bild  in  fetter  Umdruclifarbe  stehen. 

4)  VergL  die  Zeitschrift  ,Eageneering''  Juni  1888.  —  Edera  Jahrbuch  f.  Pbot 
1889.  8.67. 


404  Erster  Teil.    Droiund vierzigstes  Kapitel. 

erste  mittels  Umdruck  Verfahrens  hergestellte  Photozinkographie   ist  in 
Fig.  132  abgebildet. 

James  kopierte  dann  für  Gladstone  einige  alte  Handschriften  und 
Urkunden  und  legte  1859  als  Beispiel  eine  kleine  Urkunde  aus  der 
Zeit  Eduards  I.  seinem  Jahresberichte  1859  bei,  dem  bald  andere  Arbeiten 
folgten.  Zur  selben  Zeit  erfuhr  James,  daß  Osborne  ein  Patent  für 
Photolithographie  nehmen  wolle,  und  er  kam  zur  Überzeugung,  daß  das 
Prinzip  dasselbe  sei,  wie  bei  seiner  (James')  Photozinkographie,  von 
welcher  James  in  seinem  Berichte  gesagt  hatte,  das  Verfahren  sei  für 
Zink  oder  Stein  anwendbar.  Da  aber  James  seinen  Bericht  über  Photo- 
zinkographie hatte  drucken  lassen  und  dieser  Bericht  im  Dienstwege  an 
viele  englische  Ingenieure  und  Behörden  geschickt  worden  war,  so  kann 
James  als  der  erste  gelten,  welcher  die  Photozinkographie  mittels  üm- 
druckverfahren  erfand. 

Im  September  1861  hielt  dann  Oberst  James  einen  Vortrag  über 
„Photozinkographie"  vor  der  British  Association;^)  es  wurde  ein  mit 
fetter  Druckfarbe  hergestelltes  Gummibichromatbild  auf  Zink  (oder  Stein) 
übertragen  und  dieses  Verfahren  zur  Vervielfältigung  in  dem  Landes- 
aufnahmeamt in  Southampton  (England)  schon  damals  eingeführt  Er 
ätzte  das  Fettbild  mit  Gummiwasser  und  Phosphorsäure. 

In  England  wurde  im  kartographischen  Institut  durch  Oberst 
James  die  Herausgabe  von  alten  wertvollen  Handschriften  in  Photo- 
zinkographie erfolgreich  betrieben. 

Sir  Henry  James'  Photozinkographien  waren  in  der  Pariser 
Ausstellung  1867  vorzüglich  vertreten,  z.B.  Reproduktionen  von  National- 
manuskripten, Faksimile  einer  alten  Shakespearehandschrift,  die  Land- 
vermessung von  Jerusalem  usw. 

Die  Verwendung  von  Aluminiumplatten  als  Ersatz  des  photo- 
graphischen Steines  gehört  der  neuesten  Zeit  an;  hier  sei  nur  kurz  er- 
wähnt, daß  für  die  Photoalgraphie  wieder  eine  der  ältesten  photo- 
graphischen Methoden  in  moderner  Form  zur  Geltung  kam:  nämlioh  die 
direkte  Kopierung  von  Linear-  oder  Autotypienegativen  auf  Aluminium- 
blech, welches  mit  Chromatleim  oder  -Eiweiß  überzogen  war  (zuerst 
für  algraphische  Autot}'pie  durchgeführt  von  Kegierungsrat  Fritz,  Vize- 
direktor der  Hof-  und  Staatsdruckerei  in  Wien);  es  ist  dies  eine 
Reminiszenz  an  Talbots  erstes  Verfahren,  welches  auf  S.  345  und  393 
beschrieben  ist 


1)  S.  British    Association  Keport   von   der   Versammlung  1861.   S.  263;    aach 
Brit.  Journ.  Phot.  Bd.  7,  S.  240;    Kreutzers  Zeitschrift  f.  Phot  1861.  Bd.  3,  8.  24. 


Lidifdra'k  iFiiks 


milc-KcpriKlulitiuii)  voi 
iiac'li  piiier  Aufnalimf  i 


,■■  du  Motii>-  »ml  Uai 
■ciu-r  unii  Mütfii. 


■  I 


VIESUNDVIERZIGSTSS  KAPITEL. 

UCHTDEUCK. 


Die  grundlegende  Idee  zum  „Lichtdruck"  finden  wir  schon  bei 
Foitevin  beschrieben  {s.  S.  346).  Er  erkannte,  daß  eine  mit  Bichromat- 
Gelatine  überzogene  Platte  nacb  deren  Belichten  unter  einem  Negativ 
und  Feuchten  mit  Wasser  fähig  wird,  nur  an  den  belichteten  Stellen 
lette  Farbe  anzunehmen;  man  kann  dann  direkte  Abdrücke  von  Bolchen 
Schichten  auf  Papier  machen.  Dieses  Verfahren  fand  aber  verhältnis- 
mäßig spät  Eingang  in  die  Druckpraxis.  Die  Photolithographie,  Zinko- 
^pie,  Heliogravüre  war  früher  praktisch  durchgeführt,  bevor  man  den 
„üchtdruck"  unmittelbar  von  der  Chromgelatineschicht  ausübte. 

Erst  im  Jahre  1865  wurde  das  Verfahren  von  den  Franzosen 
G.  M.  Tessifj  du  Uotay  und  Ch.  Raph.  BIar6chal  in  Metz  auf 
Kupferplatten  unter  der  Bezeichnung  „Phototypie"  und  zwar  nur 
vorübergehend  benutzt,  da  die  Oelatineschicht  auf  der  Metallunterlage 
(Kupferblech)  für  einen  Auflagedruck  nicht  genügend  haftete  und  eich 
bald  losschälte.  Immerhin  lieferten  die  Genannten  recht  hübsche  Licht- 
drucke, jedoch  nur  in  kleinen  Auflagen,  meist  für  den  eigenen  Bedarf 
an  Musterblättern  (sie  hatten  eine  Glasmalerei  in  Betrieb),  so  daß  wenige 
derartige  Drucke  bekannt  wurden.')  Eine  Keproduktion  eines  von  Tessi6 
du  Motay  und  Mar6chal  im  Jahre  1867  hergestellten  Lichtdruckes') 
von  Metallunterlage  geben  wir  in  Tafel  XI  nach  einem  Porträt  von 
Wegener  und  Mottu  in  Amsterdam.  Die  Reproduktion  in  etwas  ver- 
kleinertem Maßstabe  erfolgte  mittels  Lichtdruck  in  der  k.  k.  Graphischen 
Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien;  man  erkennt,  daß  diese  ersten  prak- 
tischen Lichtdrucker  mit  der  Schwierigkeit,  die  zarten  Mitteltöne  wieder- 
zugeben, zu  kämpfen  hatten,  da  diese  Inkunabeln  des  Lichtdrucks  ziem- 
liche Härten  in  den  Halbtönen  aufweisen;  sie  müssen  aber  trotzdem 
schon  als  ganz  respektable  Leistungen  erklärt  werden. 

1)  Vergl.  Phot.  Korresp.  1868.  8.  274, 

2)  AuB  den  Sammlungen  der  Wiener  Photographisclien  Gesellschaft. 


40H 


Erster  Teil.    VierundN'ierJiigfrteB  Kajiitel. 


Der  Liclitcliuck')  wurde  erst  durch  die  wichtigen  VerbeBseruoj 
welche  der  Photograph  Josef  Albert  in  München  (geboren  5.  März 
18125,  gestorben  5.  Mai  1886)  schuf,  lebens-  und  leistungsfähig  gemacht. 
Er  wendete  Glasplatten  als  Trager  der  Chroniatgeiatlne  an  und  erzielte 
das  Festhalten  der  Drucksehicht  durch  Verwendung  einer  Chromat- 
gelatine-Vorpräparation.  Albert  erweckte  das  Interesse  der  ganzen 
Fachwelt  durch  seine  in  der  III.  deutschen  photographischen  Ausstellung 
in  Hamburg  1868  ausgestellten  Drucke,  welche  nahezu  allgemein  als 
_  „  Albert  otypien"  bezeichnet 
wurden. 

Jüsef  Albert,  dessen  PortrfU 
Fig.  1cl3  zeigt,  war  der  Soho  eiaes 
KieiaingeDieurK  in  Mitnchea,  beBUchte 
tias  Gymnasiom,  später  ilaa  Polytecb- 
iiikum  (Baufach)  Müncben.  Er  lernte 
lioi  eiaem  der  ersteu  danialigca  Mün- 
choner  PliotO!,'rapheii ,  Lösoherer, 
rlas  Dagaeireoly piereil,  erriulitete  ein 
Atelier  1850  in  Äugsiiurg,  gmb  dum 
Tür  deu  K II  Hut  Verlag  (zirka  1861t)  groBe 
lili'itugi'apbiscbe  Rc|)roduktioueii  von 
Kaulbaob,  Soliwind  usw.  heraus 
und  trendoto  io  der  Uitte  der  seclizlger 
Jalire  des  vorigen  Jahrliunderts  seine 
^anze  Aufmerksamkeit  dcDi  photo- 
iiiecbnnisDheQVerfahi'en  zu,  was  ihn  zur 
Verbessoi'ung  des  Licbldmcks  flibrte, 
.lo^ef  Albort  fand  die  vcrstAndoisvollo 
l'urderaug  des  käaiglicb  bayeiisohen 
Hofes  und  wurde  dureli  Orden  uud 
zahlreiche  AuHstelluiigsproise  aoage- 
:«:icbnot.  Er  war  auch  der  etBte, 
welcher  den  Drei  färbe  nliclitdruot  pnV- 
tisch  mit  bestem  Erfolge  durohführte 
Is.  d,)-  J-  Alberls  LicbtdruckaDstslt 
eitorgeführt.  Sein  Sohn,  E.  Albert, 
Ürei färbe nautotypie  und  führte  die 


Fis.  laa.  joM.1 


wurde  nach  seinem  Tode  von  seiner  Witwe  ^ 
befalite  sieb  inshosondero  mit  Heliogitivure  ui 
urthochnunatiscbe  Kollodiuiiieraulsion  Iq  die  Beproduktionstecbuik  ein  (s.  S.  322). 

Auch  Professor  J.  Husnik  in  Prag  {Porträt  s.  Fig.  134),  damals 
in  Tabor  in  Böhmen,  hat  bolrächtlicben  Anteil  an  der  praktischen  Aus- 
gestaltung des  Lichtdruckes  genommen,  denn  auch  er  erzielte  bereits 
1868  so  nennenswerte  Erfolge  im  Auflagedruck,  daß  J.  Albert  sich 

1)  Über  die  Erfiudungsgosehicbte  des  Liehldruckes  und  seiner  Varianten  bandelt 
Ausfiihrlicli   das  Werkchen    von  August  Albert   ,Die  vei-schiedenen  Methoden 
lichtdruekes",  1900.  Verlag  von  W.  Knapp,  nalle 


iden  des     i 


veranlaflt  f 

desselben  mit  dem       nigen  zu  vereitiij 

Jakob  Hnunik  wurde  1837  in  'Wojpeinik  bei  Pilsen  io  BÖhmeD  geboren  und 
kam  nach  Absolvicrang  der  deutschen  Oberiealechule  in  Frag  and  der  Ualerakademie 
in  Antwerpen  im  Jahre  1864  als  Zeiphenprofessor  nach  Tabor,  spater  »u  die  Oberreal- 
schule  nach  Prag.  In  den  siebziger  Jahren  des  vorigen  Jahrbuoderta  bot  ihm  der  Direktor 
der  Hof-  und  Staatsdruckerei,  Hofrat  Bock,  an,  an  dieser  Analall  seine  Eiperimeate 
über  Lichtdruck  fortzusetzen  ,imd 
Deue  Versuche  mit  Photoiinko- 
typie,  pbotograpbischer  Kupfer- 
KtzuDg,  Heliogravore  usvr.  an- 
zustellen,  welcher  Einlidang  er 
folgte  und  die  Resultate  dann  auch 
ID  mehreren  selbständipn  Werken 
publizierte.  Von  ihm  ging  auch 
die  Errichtung  einer  Bcproduk- 
tionsanstalt  in  Prag  aus,  welche 
insbesondere  Autotypie  betrieb, 
wo  er  als  fachmännischer  Berater 
wirkte.  Nachdem  Huenik  1889 
in  Pension  ging,  beteiligte  er  sich  , 
als  Gesellschafter  an  der  k.  und 
k.  EofkunsUnstalt  „Huanik  & 
Häusler"  in  Frag. 

Gegen  Ende  1868 
führte  Max  Gern  oaer,  Stein- 
drucker  in  München,  den 
Lichtdruck  auf  lithographi- 
schen Steinen  durch,  was 
er  als  ,,Photolithograpbie" 
bezeichnete.  Er  vereinigte 
sich  im  Sommer  1869  mit 
Ohm  und  Großmann  in 
Berlin     zur     geschäftlichen 

Ausbeutung  des  Verfahrens  und  bezeichnete  dasselbe  als  „Licht- 
druck", welcher  Name  sich  allgemein  einbürgerte.  M.  Gemoser  gab 
sich  als  Erfinder  des  Lichtdruckes  aus,  jedoch  machte  Albert  in 
München  mit  Erfolg  dagegen  seine  Prioritätsansprüche  geltend.^) 

Da  jedoch  mit  dem  Hand  pressendruck  das  Verfahren  zu  wenig 
leistungsfähig  war,  faßte  Jos.  Albert  die  Idee,  den  Schnellpressen- 
druck durchzuführen,  und  ließ  nach  eigenen  Angaben  in  der  Maschinen- 
fabrik von  Faber  &  Co.  (jetzt  Faber  &  Schleicher  in  Offenbach  a.  M.| 
die  erste  Lichtdruckschnellpresse  anfertigen,   welche  im  Jahre  1873  in 


BoiDik,  geb.  1 


I)  Phot  Mitteil.  1869  und  1870, 


408  Erster  Teil.    Vierandvierzigstes  Kapitel. 

Betrieb   gesetzt   wurde    und   den  Lichtdruck  zur  Massenproduktion  ge- 
eignet machte.^) 

In  Wien  wurde  der  Lichtdruck  durch  den  Hofphotographen  J.  Löwy  1872 
eingeführt,  welcher  1881  in  Österreich  die  erste  Lichtdruokschnellpresse  aufstellte.*) 

Ernest  Edward  in  England  scheint  zuerst  den  Lichtdruck  von 
mehreren  Platten  und  in  mehreren  Farben  ausgeübt  zu  haben;  er 
nahm  hierauf  ein  englisches  Patent  vom  8.  Dezember  1869  (Nr.  3543); 
er  fügte  auch  etwas  Alaun  zur  Lichtdruckschicht,  um  sie  für  die  Pro- 
zeduren besser  zu  härten,  und  nahm  später  noch  ein  anderes  Patent 
auf  farbigen  Lichtdruck. 

Durch  den  Lichtdruck  wurde  allmählich  der  Woodburydruck  ver- 
drängt; beide  können  nicht  gleichzeitig  mit  dem  Lettemsatz  in  der 
Buchdruckpresse  gedruckt  werden,  sondern  müssen  separat  gedruckt 
werden.  Der  Lichtdruck  gewann  aber  durch  den  Umstand,  daß  er 
ohne  weiteres  auf  Blätter  mit  beliebigem  Papierrand  gedruckt  werden 
konnte,  einen  großen  Vorsprung  vor  dem  Woodburydruck,  weil  letz- 
terer stets  im  Bildformat  knapp  zugeschnitten  und  dann  aufkartoniert 
werden  muß.  Dadurch  eignet  sich  der  Lichtdruck  viel  besser  zur 
Buchillustration;  er  arbeitet  auch  rascher,  und  so  verdrängte  er  gegen 
Ende  des  19.  Jahrhunderts  den  Woodburydruck,  bis  dem  Lichtdruck  — 
trotzdem  man  auch  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  versuchte,  ihn  in 
der  Buchdruckpresse  druckbar  zu  machen  ^)  —  sein  gefährlichster  Kon- 
kurrent heranwuchs,  d.  i.  die  Autotypie  und  Duplexautotypie  (s.  d.). 


1)  Die  beste  Schilderung  der  Geschichte  des  Lichtdruckes  ist:  A.  Albert, 
„Die  verschiedenen  Methoden  des  Lichtdruckes",  1900,  Verlag  von  W.  Knapp, 
Halle  a.  S. .  dessen  Ausführungen  auch  obiger  kurzen  Schilderung  zugrunde  gelegt  sind. 

2)  Vergl.  Die  Großindustrie  in  Österreich ,  Bd.  6.  —  Geschichte  der  Photographie 
und  der  photomechanischen  Verfahren  von  J.  M.  Eder,  1900. 

3)  S.  über  „Lichtdruck  in  der  Buchdruckpresse **  Arthur  W.  Ungar,  Phot 
Korresp.  1902.  S.  152;  Österr.-Ung.  Buchdr.-Ztg.  1902.  S.  181;  Archiv  f.  Baofagew. 
1902.  8.  182.  —  A.  "W.  Unger,  Professor  an  der  k.  k.  Gi-aphischen  Lehr-  und  Ver- 
suchsanstalt in  Wien,  bezog  in  seine  Versuche  auch  „Duplexlichtdruck*'  und  die  An- 
wendung von  Stereotypplatten  als  Träger  der  Lichtdruckschicht  ein. 


FVimjNDVIEIlZiaSTES  KAPITEL. 

PHOTOGEAPmSCHE  METALLÄTZUNG  FÜE  BUCHDEUCK:- 

KLISCHEES  —  HALBTONBILDER  —  PHOTOZINKOTYPIE, 

KUPPEKÄTZUNG  UND  AUTOTYPIE. 


Die  Anwendung  des  Zinkes  für  die  Zwecke  der  Hochätzung  war 
sclioa  1822  angeregt  worden,  doch  benutzte  man  in  der  Folge  die  Zink- 
platten  auch  vielfach  für  Tiefdruck.  Die  naheliegende  Idee,  das  Sene- 
feldersche  Steindruckverfabren  für  Zinkhochätzung^)  zu  verwenden, 
durfte  zuerst  Blasius  Höfel  in  Wien  (1840)  gehabt  haben,  welcher 
dieses  Verfahren  auch  praktisch  durchführte,  1842  der  österreichischen 
Nationalbank  anbot,  ohne  aber  durchzudringen.  Erst  Qillot  in  Paris 
brachte  1850  die  Zinkotypie  auf  eine  höhere  Stufe.  GiUot  nannte 
seine  Zinkhochätzungen  „Fanikonographien",  welcher  Name  jedoch 


1)  Hochätzung  auf  Kupfer  oder  Ettypographte  cannte  A.  Dembour, 
Graveur  in  Metz,  1834  ein  von  ihm  erfundenes  Verfahren,  erhaben  auf  Kupfer  zu 
atzen.  Derselbe  malte  die  Zeichnung  auf  einer  Kupferpktte  mit  fettem  IacIc  und 
ätzte  den  Grund  heraus;  ea  dürfte  dieses  wohl  eine  der  ersten  PubliHtiouen  über  die 
sogenaunte  Hochätzung  fUr  Buohdruok  sein.  (Deutsch  voa  H.  Meyer,  1835,  mit 
8  Bildern.)  Die  Benutzung  galvanischer  Metallniederschläge  als  eine  Art  Ätzgnind 
ging  von  dem  Dänen  C.  Pill  aus.    Er  nannte  sein  Verfahren  Cheniitypie.    C.  Pül 


beschreibt  es  in  seinem  Werke  1846  wie  folgt;    ,Zink 


wird  nun  auf  einer  solchen  polierten  Zinkplatte  eine  Radierung  oder  Gravierung 


geführt  und  die  entstandene  Vertiefung  mit  ei 


1  positives  Metall,  es 


äu  Metalle  ausgegossen  (eii 


gesohmolzen)  und  die  ursprünglich  positive  Zinkplatte  darauf  mit 
in  die  Tiefe  geätzt,  so  daS  die  früher  vertieft  erscheinende  Zeicbnuug  jetzt  als  er- 
habener Stempel  hervortritt  Dieses  ist  nur  deswegen  möglich,  weil  die  in  den  Ver- 
tiefungen eingeschmolzene  Metallkompcsition  vermöge  der  zwischen  beiden  Metallen 
bestehenden  galvanischen  Wirkung  durch  die  Säure  nicht  angegriffen  wii-d,  die  nur 
das  positive  Zink  uigreift"  Kegre  in  Paris  erfand  1867  ein  Verfahren,  bei  welchem 
eine  Stabiplatte  mit  einem  Asphalt-  oder  Chromleimbild  überzogen,  ein  photo- 
graphisches  Bild  hergestellt  und  dann  galvanisch  vergoldet  wurde;  natürlich  schlägt 
sich  das  Oold  nur  an  den  bloBgelegten  Stellen  nieder  und  man  konnte  (nach  Ent- 
fernung des  Asphalt'  oder  Leimgrundes)  das  Goldbild  ins  Metall  ätzen  (Phot.  Archiv 
1867.  S.  171). 


410  Ei-ster  Teil.    Fünf  und  vierzigstes  Kapitel. 

allmählich  außer  Gebrauch  kam.  Man  nannte  diese  Methode,  auf  Zink 
übertragene  Zeichnungen  hochzuätzen,  nach  ihrem  Erfinder  meistens 
^Gillotage". 

Oillot  hatte  1850  die  Asphaltmethode  auf  Zinkplatten  zur  Her- 
stellung von  Photozinkotypien  verwendet. 

Firmin  Oillot  wurde  1820  zu  Brou  bei  Chartrcs  (Eure  et  Jjo\t)  in  Frankreich  ge- 
boren. Seine  Eltern  waren  Ackerbauer  und  konnten  ihn  nur  elementare  Schulbildung 
genießen  lassen.  Er  hatte  aber  einen  klaren  Verstand,  Lust  zur  Arbeit  und  wurde  in 
kurzer  Zeit  einer  der  besten  Lithographen  (Arbeiter)  von  Cliaiires.  Er  etablierte  sich 
in  Paiis  1874  als  Litliograph  und  verfolgte  seit  1850  ohne  zu  rasten  die  Verbesserung 
der  Erßndung,  die  seinen  Namen  berühmt  gema(^ht  hat.  Die  ei-ste  Idee  Oillots  war 
die:  einen  lithographischen  Druck  in  ein  typographisches  Klischee  umzuwandeln.  Dies 
g«»lang  ihm,  indem  er  mittels  fetter  Farbe  auf  einer  Zinkplatte  einen  Umdruck  von 
einem  Stich  oder  einer  Lithographie  machte,  mit  Säuren  die  blanken  Stellen  tief  ätzte 
und  die  fetten  Stolk*n  intakt  erhielt.  —  Auf  diese  Weise  bekam  er  ein  Relief  und  aus 
der  Zinkplatto  entstand  ein  typographisches  Klischee. 

Das  ^Journal  avenscene**  erfaßte  die  großen  Vorteile,  welche  das  Verfahren 
für  illustrierte  Zeitungen  bot,  gab  sein  xylographisches  Atelier  auf  und  betraute 
(lillot  mit  allen  seinen  Zeichnungen.  Seitdem  ist  die  Gillotage  so  tief  in  die  Praxis 
eingedrungen,  daß  jetzt  sehr  viele  Illustrationen,  die  früher  auf  Hotz  geschnitten 
wurden,  auf  chemigraphiscliom  AVego  horgosteiit  werden.  Firmin  Gillot  starb  im 
Juni  1872.  Charles  Gillot,  sein  Sohn,  pflegte  durch  die  Verbesserungen,  die  er 
an  dem  von  seinem  Vater  erfundenen  Verfahren  gemacht  liat,  glänzend  die  Traditionen, 
die  ihm  überliefert  worden  waren. 

Kr  war  der  ei-ste,  der  die  Photographie  für  diese  Ali  Gravierung  benutzte,  indem 
er  ein  (ilasnegativ  machte  und  davon  ein  Positiv  auf  einer  mit  einem  lichtempfind- 
lichen Lack  überzogenen  Zinkplatte  herstellte.  Die  unbelichteten  Stellen  des  Laokes 
wurden  bei  der  Entwicklung  aufgelöst,  worauf  die  blankgo wordenen  Metallpartien 
geätzt  werden  konnten,  (l)ictionnaire  encycloptkliquo  et  biographique  de  Tlndustrie  et 
des  Arts  iudustriels,  par  E.  0.  Lami.    1885.  Tome  V.   R.  470.) 

Bei  Gillot  lernten  zalilroicho  Personen  seit  1850  die  Zinkätzung 
lind  die  Schüler  Gillots  brachten  sein  Verfahren  mehr  oder  weniger 
klar  zur  weiteren  Kenntnis. 

Gillot  blieb  stets  in  Fühlung  mit  den  Fortschritten  der  Photo- 
graphie und  arbeitete  eine  kurze  Zeitlang  auch  mit  dem  vielseitig  er- 
fahrenen Pariser  Heliographen  Ch.  Nögre  (s.  S.  378  und  386).  Dieser 
hatte  in  den  fünfziger  riahron  des  vorigen  Jahrhunderts  eine  ähnliche 
llethodo  wie  Pretsch  (s.  S.  375)  zur  Herstellung  von  photographischen 
Halbtonklischees  für  die  Buchdruckpresse  ausgearbeitet.  Nögre  nannte 
sein  Verfahren  „Gravüre  paniconographique  on  relief"  und  scheint  es 
für  Gillot  in  Paris  (Quai  Saint- Michel  23)  ausgeübt  zu  haben,  vreloher 
seine  Zinkhochätzungen  im  allgemeinen  als  „Panikonographien"  be- 
zeichnete. Man  erkennt  in  dem  in  Fig.  135  abgebildeten  Faksimile  einer 
solchen  Panikonographic  das  Runzelkorn  wie  beim  Pretschschen  Pro- 
zesse, jedocli  war  das  gerunzelte  Chronigolatinebild  nicht  galvanoplastisch 


PhfrtoBniphigel.p  Metallätttinf,'  für  »iiHi'JruplcklischriPÄ,  —  UdbtonUlder  uan-.     411 


F      IJo         lorUl     n        T    ph 


412  Erster  Teil.    Fünf  und  vierzigstes  Kapitel. 

abgeformt,  sondern  auf  Zink  übertragen  und  mit  Oillots  Methode  hoch- 
geätzt worden,  so  daß  man  hierin  die  ältesten  Methoden  der  photozinko- 
graphischen  Halbton  verfahren  mit  natürlicher  Körnung  der  Bildstellen  er- 
blicken kann.  Diese  Art  der  photographischen  Halbtonzinkätzung  stammt 
aus  den  fünfziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts;  jedoch  sind  nur  sehr 
wenige  Zinkätzungen  dieser  Art ^)  ausgeführt  worden,  da  das  Verfahren 
für  die  Praxis  teils  zu  kompliziert,  teils  zu  roh  erschien. 

In  Wien  machten  in  der  Hof-  und  Staatsdruckerei  unter  Hofrat 
Auer  anfangs  der  fünfziger  Jahre  sowohl  Earl  von  Oiessendorf  als 
auch  der  Kupferdrucker  Tomassich  (1859  oder  1860)  Versuche  mit 
Atzungen  auf  Zink,  zunächst  in  Form  von  Chemigraphie  (Zeichnung 
und  Umdruck  auf  Zink).  1865  erzeugte  Oiessendorf  zum  ersten  Male 
Halbtonhochätzungen  mittels  Asphaltkopierung  auf  gekörntem  Zink;^)  sie 
zeigten  jedoch  etwas  rohe  Töne  und  bereiteten  zu  jener  Zeit  auch  große 
Schwierigkeiten  beim  Drucken. 

Der  Maler  und  Photograph  Karl  Bapt.  v.  Szathmary,  welcher 
einen  Atlas  für  Rumänien  unter  dem  Fürsten  Cusca  ausführte,  an  dem 
auch  Carl  Angerer,  damals  Zeichner  und  Techniker  im  militärgeo- 
graphischen Institut,  mitarbeitete,  ist  als  einer  der  ersten  zu  nennen, 
welche  die  Zinkographie  in  die  Praxis  einführten  (1862). 

Ein  großes  Verdienst  um  die  Einführung  und  Vervollkommnung 
der  Zinkotypie  hat  Carl  Anger  er  in  Wien.  Im  Jahre  1865  oder  1866 
wurde  in  Wien  ein  Modejournal  „Iris''  gegründet,  welches  von  Carl 
Angerer  und  Hugo  Würbel,  einem  Schüler  Oiessendorfs,  mittels 
„Decalcographie"  illustriert  wurde.  Dieses  Verfahren  war  einfach  und 
gestattete  Zeichnungen  auf  Zink  herzustellen.  (Die  Zinkplatten  wurden 
mit  Graphit  geschwärzt,  mit  weißer  Gummideckfarbe  dünn  überzogen, 
die  Zeichnung  eingeschabt,  mit  fetter  Farbe  und  Benzin  übergössen, 
mit  Wasser  behandelt,  mit  Asphalt  gestaubt  und  angeschmolzen;  dann 
wurde  die  Zeichnung  eingeätzt.)  Das  Journal  hielt  sich  nicht;  auch  bei 
illustrierten  Witzblättern  fand  die  Zinkographie  damals  wenig  Anklang. 
C.  Anger  er,  welcher  ein  vorzüglicher  Terrainzeichner  war,  ging  ins 
Ausland,  kam  zu  Gillot  und  kehrte  (1869)  nach  Wien  zurück.  Ein 
groiJer  Aufschwung  der  Hochätzkunst  ging  von  Österreich  im  Jahre 
1870  aus,  als  C.  Angerer  ein  von  dem  Verfahren  Gillots  wesentlich 
verschiedenes  Ätzverfahren   fand,   welches   er    „Chemigraphie'^   nannte 


1)  Die   in    Fig.  135    reproduzierte    Original  -  Pbuto  -  Panikonographie   Ndgres 
stammt  aus  den  Sammlungen  der  Photographischen  Gesellschaft  in  Wien. 

2)  A.  Albert,    „Verschiedene    Reproduktionsverf ahren ** ,    1900,    Veriag    von 
\V.  Knapp,  üalJe  a.  S. 


das  spi  .„-        ..      .»  .^  ,       j_ 

methode"  zum  ünteiiH.iiiflde  von  Oillots  „französischer  Ätzmetbode" 
bezeichnet  wurde. >)  Angerers  Yerfahren  wich  von  der  lithographischen 
Behandlungsart  der  befeuchteten  Zinkplatte  gänzlich  ab,  er  machte  die 
erste  Ätzung  sehr  tief  und  arbeitete  mit  trockener  Deckung  und  Ein- 
stauben mit  Harzen  von  verschiedenen  Schmelzpunkten. 

Carl  Angerer  (s.  Fig.  136),  einer  der  erfolgreichsten  Vorkämpfer 
der  Fhotozinho^pie,  wurde  1838  in  Wien  geboren,  erlernte  Lithographie 


und  Buchdruck,  wirkte  anfänglich  am  k.  k.  militargeograpbischen  Institute 
mit  kartogi'aphischem  Zeichnen  und  Gravierarbeiten,  trat  dann  aus  dem 
Verbände  des  Institutes  und  widmete  sich  der  Zinkhocliätzung,  welche 
er  sehr  förderte.  1870  gründete  er  mit  seinem  Schwager  Göschl  die 
chemigraphische  Kunstanstalt  in  Wien,  welche  später  den  Titel  einer 
k.  k.  Eufkiinstanstalt  erhielt  und  eine  der  hervorragendsten  Pflegestätten 

1)  C.  Angerer  hat  Bein  Terfahien  der  Zinkätzung  „nach  der  Wiener  Methode' 
selbst  Qie  publiziert;  sie  ist  jedoch  in  dem  Buche  von  Morch  .Haodbuch  der  Chemi- 
graphie nnd  Photocheniiji^phie''  Düsseldorf  (1886)  nebst  der  französischen  Methode 
genau  and  zutreffend  geschildert. 


■» 


414  Erster  Teil.     FünfunJ vierzigstes  Kapitel. 

[  der  photomechanischen  Verfahren  wurde.    Derzeit  wird   sie  von    de 

Sohne  Alexander  Angerer  erfolgreich  geleitet. 

Anfang  der  siebziger  Jahre  führte  C.  Anger  er  auch  die  Phot 

zinkotypie  ein,  zu  welcher  ja  längst  durch  Oberst  James  (Umdruck ve 

fahren,  s.S.  403),  sowie  durch  das  alte  Niepcesche  Asphaltverfahren  (s.  < 

die  Wege  vorgezeichnet  waren.   Damais  beschränkte  sich  die  Photozink 

typie  nur  auf  lineare  Zeichnungen.     Halbtonklischees  für  Bucharas 

tl  waren  wohl  schon  von  Paul  Pretsch  (s.  S.  375)  sowie  Nögre  (s.  S.  3' 

■f\  und  386)  erzeugt  worden,  aber  die  Herstellung  erschien  für  einen  ind 

!!&  striellen  Betrieb  zu  umständlich. 

Den  unzweifelhaft  größten  Einfluß  auf  das  Illnstrationswesen  errang  die  Phol 
graphie  durch  die  Erfindung  der  Halbtonklischees,  welche  in  der  Buchdruck presso  z 
gleich  mit  den  Lettern  gedruckt  werden  konnten.  Dio  in  den  siebziger  Jahren  b 
kannten  rein  photographischen  Methoden  dieser  Art  waren  unvollkommen,  so  daß  ni; 
es  vorzog,  auf  sogenanntes  ^ Kornpapier ^  mit  umdruckfähigen  Farben,  fetter  Krci 
oder  Tusche  zu  zeichnen  und  die  Zeichnungen  mechanisch  auf  Zink  umzudnioken  ui 
zu  ätzen.  Solches  Kornpapiar  wurde  von  der  englischen  Firma  Maclure  &  Ma 
H  donald  von  London  aus  für  lithographische  Zwecke  in  den  Handel  gebracht  (ca.  187< 

jj  C.  Angerer  verbesserte  das  Kornpapior,  und  sein  Vordienst  ist  es,  die  Kreide-  ui 

^  Schabmanier -Zeichnungen   in    den    Buchdruck   eingeführt   zu   haben.     Er  nahm  a 

5.  Juli  1877  ein  österreichisches  Privilegium  auf  sein  Kornpapierverfahren,  und  vic 
ji  Künstler  der  damaligen  Zeit  (Katzler,  Klic,  Juch,  Weixelgärtner  u.  a.)  zeic 

\  ncten  als  Illustratoren  auf  derartigem  Papier,  welches  das  beste  seiner  Art  war  ai 

j.  blieb.     1880  brachte  Anger  er  zuerst  das  sogenannte  Schabpapier  mit  Raster  in  d< 

I  Handel,  welches  für  Herstellung  von  Zeichnungen  für  Buchdruckklischees  besondc 

geeignet  war. 

!■  Noch  um  das  Jahr  1880  war  der  beliebteste  Weg,   welchen  man  zur  typ 

graphischen  Illustration  von  Büchern  und  Zeitschriften  einschlug,  das  Abzeiohm 
von  Vorlagen  (Piiotographien  und  Bilder  aller  Art)  auf  solches  Koni-,  Raster*  od 
Schabpapier  mit  fetter  Kreide,  Umdruck  auf  Zink  und  chemigraphisohe  Hochätzan 
Fig.  137  zeigt  eine  Chemitypie  (Zinkklischoe) ,  welche  durch  Zeichnen  auf  Anger 
und  Gösch Is  Raster- Schabpapier  zirka  1880  hergestellt  wurde.  Man  erkennt 
derselben  deutlich  dio  Technik  dieses  Halbton -Zeichenverfahrens,  welches  die  Perio 
des  Überganges  von  den  mittels  Halbtonzeichnung  erhaltenen  Chemigraphien  zu  d 
modernen  i*ein  photographischen  Halbtunätzungen  für  Buchdruckklischees  (Autotyp 
charakterisiert.*) 

Auf  die  Zerlegung  von  Halbtonbildern  durch  Yerwendang  n 
Netzen  oder  Kastern  dachte  man  im  technischen  Betriebe  der  Erzeugui 
von  Buchdruckklischees  damals  kaum,  trotzdem  der  geniale  Talb< 
schon  im  Jahre  1852  das  Einkopieren  eines  Netzstoffes  zwischen  Negal 
und  heliographischer  Platte  empfohlen  hatte,  um  druckfahige  Halbto 
klischees  zu  erhalten  (s.  S.  346;   ferner  Bd.  4.    2.  Aufl.   S.  497). 


I' 


I)  Das  Zeichen -Umdruck  verfahren  findet  übrigens  auch  heute,  hanptsBchli 


für  industrielle  Zwecke,  noch  vielfach  Anwendung. 


In  TaiuukB  irtio  i  Binti  aucb  bereiis  Uj  platten  witnai,  weivoe 
mit  feinen  opaken  Linien  oder  sehr  feinem  Eorn  versehen  sind,  dem- 
nach gebührt  Talbot  (1852)  die  Ehre  der  Erfindung  des  [Stofirasters, 
der  Unien-  und  Erenzraster.') 

Talbot  erwähnte  noch,  daB  man  seinen  hfliographischen  Atz- 
und  Rasterprozeß  nicht  nnr  auf  Stahl,  sondern  aucb  auf  Zink  oder 
lithographischen  Stein  anwenden  kdnne 

Einfache  Linienraster  sind  in  dem  französischen  Patent  von 
M.  Bercbtold  vom  14.  Dez.  1857  beschrieben^  Er  benutzte  Glas- 
platten, welche  mit  einer  undurchsichtigen  Schicht  überzogen  und  in 


diese  parallele  Linien  eingerissen  waren.  Sie  wurden  entweder  auf  die 
mit  lichtempfindlichem  Asphalt  überzogene  Metallplatte  gelegt  und  nach 
halber  Belichtung  gekreuzt,  oder  es  wurde  eine  gekreuzte  Kopie  (Kreuz- 
raster)  auf  Eollodiumtrockenplatten  erzeugt  und  diese  auf  die  Metall- 
kopie kopiert 

C.J.  Burnett  gab   1858   Methoden   «1er  Rasterphotograpbie   mit 
gekreuzten  und  nicht  gekreuzten  Glasrastem  an.^ 


1)  C,  Grebe,  Geschiclite  der  Ilastor.    Zeitschr.  f.  Reproduktionsteobnik  1899. 
.  —  Vergl.  auch  Gamble,  The  Pbotographio  Journal  1897.   8.126. 

2)  BuU.  Soc.  frani;.  1859.  S,  116,  211  u.  2C5;    Grebe  a.  a.  0.  S.  21. 

3)  Journ.  Pbot  Soc.  London  1858.  Nr.  74,  S.  98. 


416  Erster  Teil.    Fünfundvierzigstes  Kapitel. 

Die  Verwendung  von  gewebten  Netzen  zur  Hei-stellung  der  Raste- 
rierung  von  Halbtonklischees  findet  sich,  wie  schon  erwähnt,  zuerst  in 
Fox  Talbots  Patent  vom  Jahre  1852  (s.  S.  346);  er  verwendete  ein- 
kopierte Netze.  Seidengaze,  Canevas,  gewebte  Mosquitonetze, 
Drahtnetze  usw.  für  Rasterzwecke  wurden  später  mehrfach  angegeben.^) 

Die  Brüder  Edward  und  James  BuUock  erhielten  am  17.  No- 
vember 1865  ein  englisches  Patent  (Nr.  2954),  bei  welchem  sie  nach 
dem  Original  zunächst  ein  Diapositiv  herstellten,  dann  dasselbe  mit 
einem  Raster  (z.  B.  Gazestoff)  zusammenbrachten  und  von  dieser  Kombina- 
tion das  durch  Netz  zerlegte  Negativ  photographierten.  Diese  „reticulated 
Negatives''  kopierten  sie  auf  Übertragungspapier  (Chromatverfahren)  und 
stellten  Druckplatten  für  Litho-  und  Zinkographie,  Photogalvanotypie 
oder  heliographische  Ätzprozesse  her.  Sie  verwendeten  auch  die  ein- 
fachen Linienraster  im  Aufnahnieverfahren  in  der  Kamera. 

Moritz  und  Max  Jaff6  in  Wien  griffen  wieder  auf  den  Talbot- 
schen  Netzstofif  zurück,  den  sie  in  der  Kamera  vor  der  empfindlichen  Platte 
einschalteten.^)  Sie  erhielten  am  1.  März  1877  ein  Österreich -ungarisches 
Privilegium  für  ein  Photozinkotypie verfahren  in  Rastermanier,  wobei 
sie  die  Idee  zum  Ausdruck  brachten ,  direkte  in  der  Kamera  gerasterte 
Negative  zu  erzeugen,  indem  sie  den  Netzstoff  (Müllergaze)  bei  der 
photographischen  Aufnahme  in  der  Kassette  dicht  vor  der  gesilberten 
Platte  ausspannten;  als  Klischee  dieser  Art  wurde  ein  Porträt  in  der 
Wochenschrift  des  niederösterreichischen  Gewerbevereins  1877  abgedruckt 
und  ist  aus  Fig.  188  ersichtlich. 

Mit  diesen  gewebten  Gaze-  und  Netzstoffen  ließen  sich  jedoch 
nur  minderwertige  Resultate  erzielen.  Man  kann  in  Fig.  138  deutlich 
wahrnehmen,  daiJ  mittels  dieses  Verfahrens  nur  sehr  grobe  Bilder  er- 
zeugt werden  konnten  und  dal)  ferner  die  Lichter  erst  durch  Metall- 
retusche  aufgesetzt  werden  mullten.  Das  in  Fig.  189  abgedruckte  erste 
autotypische  Klischee  von  Meisenbach  läht  schon  die  große  Überlegen- 
heit der  (Jlasraster  erkennen. 

Eine,  allerdings  niciit  ganz  klar  beschriebene  Methode  der  Er- 
zeugung von  rastrierten  Bildern  für  Druekklischees meldete  Frederick 
von  Kgloffstein  am  28.  November  1865  in  England  (unter  Nr.  3053) 

1.)  Mathey  (1«()4).  Kiewic  (ISHÜj,  vorgl.  Jahrbuch  f.  Phot  1892.  8.474; 
feiner  in  Wood  hur  ys  Patent  vom  4.  Dezember  1S72  (Nr.  36j0),  in  dem  einkopierte 
Mosquitonetze  verwendet  weixlen.  .lat'fe  (1S77),  Thevoz,  Gamble  (s.  Orebe, 
Zeitschr.  f.  Keproduktioiiätechnik.  181^9.  S.  19),  ferner  mit  gekreuzten  Kupferdrähtan 
nhid.  h>.  l20).  —  AVoodbury  gab  später  dieses  Verfahren  mit  MüS«iuitooetzeo  auf. 

'2f  Eders  Jahrb.  f.  Phot.  ISSU.  S.  L'20  mit  Illustration. 


;iim   Pdtenti  . 

äußerst  fein  in  Stahl  gravierte  Lineaturen  benutzt  zu  haben,   welche 
wohl  zu  fein  waren,  um  mit  Erfolg  verwendet  werden  zu  können.^ 


1)  Abridgement  of  SpecificatioB  relat.  to  Phot.    London  1872.  S.  127. 

2)  Grebe  a.a.O. 

3)  Siehe  Anthonys  Photographic  Bulletin  1695.  8.  136,  Eders  Jahrb.  : 
8.  470. 

Edar,  Hudbiich  der  Fhotogmpbi«.    1.  T«U.   3.  AaD.  27 


418  Erster  Teil.     Fünfundvierzigstes  Kapitel. 

Eine  starke  Förderung  erfuhr  das  Verfahren  der  Erzeugung  von 
J^uchdruckklischees  durch  J.  W.  Swan,  welcher  in  der  Patentspezifikation ^) 
seines  „Photoinezzotint-Druck"  (vergl.  S.  381)  folgende  wichtige  An- 
gaben macht:  Um  nach  einem  gewöhnlichen  Negativ  Halbtonklischees 
mittels  Chromatleim  und  galvanischer  Abformung  dos  Reliefs  zu  ge- 
winnen, versieht  er  (Swan)  die  Oberfläche  der  Platte  mit  einer  Reibe 
paralleler  gleich  weit  voneinander  entfernter  Linien  oder  mit  Lineaturen. 
welche  sich  schneiden;  die  Plattenoberfläche  soll  durch  zahlreiche  Striche 
oder  Punkte  die  Fähigkeit  erhalten,  die  Druckfarbe  zu  halten. 

Swan  sagt  (a.  a.  0.):  Diese  Lineaturen  oder  Pünktchen,  welche 
gleich  weit  oder  nahezu  gleich  weit  voneinander  abstehen  müssen,  „mache 
ich  in  oder  auf  das  Negativ  selbst" ;  oder  „ich  mache  diese  Linien  oder 
Pünktchen  auf  dem  Kollodiumhäutchen,  auf  welchem  das  Chromatleini- 
reliof  hergestellt  wird".  Daraus  geht  hervor,  daß  Swan  über  den  Talbot - 
Vorschlag  sich  emporhob  und  die  Herstellung  rastrierter  Negative  ins 
Auge  faßte;  er  spricht  auch  davon,  daß  er  mit  einer  Rastriermascbiue 
auf  einer  mit  undurchsichtigem  Grunde  überzogenen  Glasplatte  Lineaturen 
erzeugt  und  „davon  auf  gewöhnlichem  Wege  ein  Negativ  anfertigt*^; 
ferner  erwähnt  er  auch  Kornplatten  (statt  Lineaturen),  welche  er  mit 
Harzstaub  erzielte.  Von  der  Bedeutung  solcher  Glasrastor  und  ihrer 
Einschaltung  in  den  Strahlengang  der  Kamera  vor  die  photograpbische 
Platte  spricht  übrigens  Swan  bei  diesem  Anlasse  nicht. 

Waterhouso  versuchte  die  Herstellung  von  photozinkotypiscben 
Halbtonklischees  1868  dadurch,  daß  er  die  Kopien  auf  Chromatgelatine- 
papier  mittels  fetter  Umdruckfarbe  herstellte  und  dann  auf  gekörntes 
Zink  übertrug. 2) 

William  August  Legge  und  George  E.  Desbarats  kopierten 
ein  Negativ  mit  einem  mit  Korn  unterbrochenen  Häutchen  und  über* 
trugen  dieses  auf  Stein  oder  Zink  (Englisches  Patent  vom  25.  Mai  1871, 
Nr.  1409);  die  „  Legge typie'',  bei  welcher  das  Negativ  mit  einem  Netz- 
häutchen  kopiert  und  auf  Zink  übertragen  wurde,  diente  zu  Illustrations- 
beilagen für  den  Daily  Graphic  1^^73.  Bei  einer  anderen  Methode, 
welche  Hello -Engraving  oder  Photo- Engraving  genannt  wurde  and  seit 
1873  in  Amerika  ausgeübt  wurde,  sollen  die  Gitter  schon  bei  der  Original- 
aufnahme vor  die  Negativplatte  gebracht  werden,  jedoch  war  der  Ver- 
fasser nicht  in  der  Lage,  hierfür  Nachweise  aufbringen  zu  können. 

Zu  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  waren  sehr  verschiedene  Baster- 
und   Kornsysteme    für    photographische    Buchdruckklischees    erfunden 


1)  Phot.  Korresp.  1866.  S.  155. 

2)  Phüt.  News.  18(kS.   S.  355. 


worden.')   ( 

gegebenen  Äutotypieverfahren,  wie  Ives'  alter  Photoblockmi  ode  (Patent 
1878),  der  Moßtypie,  Petits  Simili-Gravure,  siehe  Eders  Jahrbuch 
für  Phot.  1887.  S.  332,  und  Grebe,  ZeilscLrift  für  Keproduktioostechnik. 
1899.  S.  19. 

1879  erhielt  J.  W.  Swan  ein  englisches  Patent  auf  ein  neues 
Relief  verfahren.  Swan  zerlegte  die  Halbtöne  entweder  durch  ein 
Basterkopierverfahren  oder  ein  Aufnabnieverfahren,  wobei  er  den  Kastor 
entweder  vor  die  empfindliche  Platte  oder  vor  das  Original  (Diapositiv) 
brachte.  Jedesmal  wurde  der  Raster  während  der  Exposition  um  einen 
gewissen  Winkel  gekreuzt.  Diese  Rastennethoden  wurden  von  Swan 
auch  für  andere  Verfahren,  z.  B.  für  das  Chromatverfahren  auf  Zink, 
Kupfer  usw.,  empfohlen  (Grebe  a.  a.  0.)- 

Sehr  große  Erfolge  erzielte  Keisenbach  in  München  mit  seiner 
Auto^pie,  wobei  die  durch  Unregelmäßigkeiten  der  Lineaturen  ver- 
ursachten Mängel  dadurch  beseitigt  wurden,  daß  er  nach  seinem  deut- 
schen Reichspatente  Nr.  22414  vom  9.  Mai  1882  ein  nach  dem  Originale 
hergestelltes  Diapositiv  mit  einer  parallel  schraffierten  durchsichtigen 
Lineaturplatte  in  Eontakt  brachte  und  diese  Platte  nach  erfolgter  halber 
Behchtung  um  90"  drehte,  dann  weiter  belichtete,  wodurch  auf  dem 
erzeugten  Negative  gekreuzte  Linien  entstanden.  Später  wurde  auch 
von  Meisenbach  das  gerasterte  Negativ  in  einer  einzigen  Aufnahme 
direkt  nach  dem  Originale  (durch  Einschalten  der  Lineaturplatten  in  die 
Kamera  vor  die  sensible  Platte)  erzeugt/)  jedoch  ist  diese  Art  der  Her- 
stellung von  Autotypienegativen  nicht  in  der  Patentschrift  enthalten. 
Meisonbacbs  Arbeiten,  welche  er  durch  die  ErrichtuDg  einer  Auto- 
typieanstalt in  München  in  die  Praxis  mit  großem  Erfolge  einführte, 
gaben  dem  Verfahren  der  Erzeugung  von  Halbtonklischees  für  Buchdruck 
einen  großen  Aufschwung.  Von  dem  mit  ihm  vereinigten  Ritter  von 
Schmädel  rührt  der  nunmehr  allgemein  eingebürgerte  Name  „Auto- 
typie" her.  Von  großem  Interesse  ist  der  in  Fig.  139  abgebildete 
erste  Versuch  Meiseubaehs  mit  seiner  Autotypie,  welcher  als  recht 
gelungen  bezeichnet  werden  muß. 

Meisenbach  wurde  1841  zu  Nürnbei-g 
Bich  der  Eupreratocbertuost,  worin  er  bcsonde 

1)  Ives  (Phot.  News.  1883.  S.  498;  Edeis  Jahrb.  1887.  S.  335}  stellt  n.  B. 
ein  Wacbsrelief  durch  Abklatsch  von  eintni  pbotogiap bischen  Gelatinerelief,  welches 
künstlich  achratflert  wurde,  her;  Petit  ritzte  dcD  Raster  mit  konischen  Nadeln  ein 
usw.;  man  batte  also  mechanische  und  nicht  optische  Methoden  der  Bastrierung 
durchgeführt. 

2)  Pbot.  Korresp.  1883.  S.  154  und  18H4.  S.  17S. 

27» 


420 


Erster  Teil.     Fünf  und  vierzigstes  Kapitel. 


Bedeutuag  erlangte.     Im  Jalu'e   1873  nach  Müncbeu   übersiedelt,   gründete   er 
daraaf  elae  ziokographisolie  Atzuastalt  und  begann  im  Jalire  1S79  mit  den  Tersuchi 
der    dire^en   Reproduktioa    vaa  Halbtonbildern    vermittelst  Basters.     Das    bezüglj 
Patent  wurde  im  Friihjalir  1881  erteilt    und   die   damaligen  Autotypien  mit  LiDien- 
rastern  hergestellt,  welabe  auf  photographiBchem  Woge  vod  einer  gezogenen  Euprer- 
[ilatte  gewonnen  worden  waren.    Im  Jahre  1884  gelaug  es  Eittor  vonBohmSdel,  mi 
einer  zu  diesem  Zwecke  konstruierten  Lioiieruiascbina  die  ersten  Glasraster  zu 
(vergl.  Levy  S.  423),  und  vom  Jahre  1889  ab  wurden  sümtliche  Autotyjiienegati 


li  IStÜ, 


Ereiursstera  hergestellt,  worüber  Verüffentlichnngeu  allerdings  nicht  ststtfandon,  M 
(Jamals  die  Arbeitsmethode  noch  ziemlich  geheim  gehalten  wurde.  Im  Frübjihr  Iq 
durch  Eraukheit  gezwungen,  zog  sich  Meisen  bach  von  den  GescMrten  £uräck,  n«li 
sein  Sohn  mit  Ritter  von  Schmädel  zusammen  übernahm,  welcher  bis  dahio  i 
Vertrieb  der  Autotypien  unter  der  Firma  , Autotype-Compagnie"  geleitet  hatte. 
Jahre  1893  kam  dann  die  Vereinigung  mit  H.  Ritfarth  &  Co.  in  Berlin  i 
Heisenbach  sen.  lebt  auf  seinem  lAndsitz  in  der  Nähe  Münohens. 

Angerer  and  Göschl  in  Wien  erfanden  zur  selben  Zeit  ein  i 
facberes  und  billigeres  Aiitotypieverfabren  für  Bucbdruck,  mittels  welchd 


sie  schon  18  iv     n^^.su  «      s  .       _       .. 

dadurch  hersteliwü,  dfiß  sie  bei  der  Aufnahmo  des  Origi  18  den  mit 
parallelen  Lioiea  versehenen  Olaeraeter  vor  der  lichtempfindlichen  Platte 
in  der  Kamera  anordneten  und  nach  halber  Belichtung  um  90  <>  drehten. 
Dadurch  erhielten  sie  unmittelbar  ein  Rastemegativ  und  umgingen  die 
Erzeugung  eines  Rasterdiapositivs,  was  eine  Vereinfachung  des  Prozesses 
bedeutete. 


Fi^,  140.    Qaaig  UeisBDbacb.    IFhotogrepbie  VOD  Oebr.  Lfltzel  io  MOncban.) 

C.  Angerer  ließ  sein  Halbtonverfahren  in  Österreich- Ungarn, 
Frankreich,  England  1884  patentieren;  in  Deutschland  wurde  das  Patent 
auf  Grund  einer  Einsprache  Meisenbachs,  welcher  nachwies,  daß  er 
selbst  diese  Vereinfachung  bereits  erfunden  und  .ausgeübt  habe,  ver- 
weigert^) Mit  seinem  Verfahren  erzielte  C,  Angerer  vorzugliche 
Resultate.  Er  belichtet«  damals  zweimal  unter  Drehung  des  Linienrasters. 
Später  kam  man  von  der  Unterbrechung  der  Belichtung  ab,  und  es 
wurde  die  amerikanische  Methode  der  einmaligen  Belichtung  hinter 
einem    Ereuzraster  mit  veränderlichem   Abstände  allerorts  eingeführt 


1)  Phot.  Korreap.  1884.  8.  J80  und  1885.  8.  454;  Phot.  MitteU.  Bd.  21 ,  S.  188. 


422  Erster  Teil.    Fiinfoniivieiüigstes  Kapitel. 

Ein  großer  Fortschritt  geschah  in  der  Autotypie  durch  die  Einführung! 
der  gekreuzten  Glasraster,  deren  Anfange  weit  zurückreichen  (s.  S.  416), 
die   aber  erst  spät   ihre  dominierende  Stellung  in   der  Autotypie    sich 
errangen. 

Der  Amerikaner   Frederik  Ives   in  Philadelphia,  dessen  Port 
in  Fig.  141  abgebildet  ist,   betälite  sich   seit  1878   mit  Erzeugung    von 
Buchdruck klischees  in  Halbtonnianier  und  rastrierte  anfangs  auf  n 
nischem  Wege  seine  Druckformen.'}    Er  uur  mit  diesem  seinem  mech» 


nischen  Verfahren  der  Haibtonätüung  nicht  zufrieden  und  begann  1888 
Versuche  der  Herstellung  von  Rasterklischees  auf  optischem  Wege  i 
einfachen  Lineaturen  für  die  Buchdruckpresse.    Er  forderte  die  Autoty] 

1)  Das  Verfahren,  dos  Ives  in  Amerikn  am  12.  August  187S  patentieren  ließ 
(s.  Pbot.  Newa.  !883.  S.  4US),  bestatitl  darin,  tlaü  ein  plioto(;raphische3  Cbromgelatine- 
relief  gleichmäßig  eingeseliwär^t  wuril«,  äwu  alwr  anf  gekörntes  oder  erhaben  im 
Korn  geprelltes  Papier  fest  angedruckt  wurde,  wobei  sich  ein  Abdract  ergab,  d*r 
einer  KreidezoicbiiuDg  äiinlicb  war,  auf  Me lall  überdnickt  und  zu  BacbdractlilischeM 
verarbeitet  wurde.  Probedrucke  nach  diesem  Ivcsschen  Yerfahrpn  sind  in  EderB 
Jahrbuch  für  Pholographic  ISÖll,  1[.  Teil,  abgebildet.  ~ 


i  der  nach 

der  modernen  Autotypie.  YoFüberge  nd  befaü  er  sieb  mit  dem  ein- 
fachen Linienraster  und  stellte  1885  in  der  „Novelties  Exhibilion"  in 
Philadelphia  solche  Bilder  aus,  bei  welchen  die  einfachen  Lineaturen  in 
variierender  Dicke  Licht  und  Schatten  gaben.i)  und  1894  schlug  Ives 
dieses  Verfahren  für  Dreifarbenautotypie  vor/)  obwohl  er  im  übrigen 
schon  längst  zum  Kreuzraster  übergegangen  war.  Bereits  im  Jahre  1886 
hatte  Ives  die  Vorteile  der  kreuzweise  iibereinandergelegten  und  ver- 
kitteten Baster  erkannt:  er  stellte  sie  anfänglich  selbst  auf  photograpbisch 
geschwärzten  Kollodiumplatten  mittels  einer  Liniierm aschine  her  und 
erzeugte  1S88  damit  Kupferhalbtonklischecs')  mittels  des  amerikanischen 
Fischleim  Verfahrens  (s.  d.).  Da  diese  Autotypklischees  sich  besonders  gut 
drucken  ließen,  so  verband  sich  Ives  mit  Levy  in  Philadelphia,  welcher 
1890  sich  ganz  der  Fabrikation  der  gekreuzten,  jetzt  allgemein  verwen- 
deten Olasraster  widmete  und  sie  in  den  Handel  brachte  (vergl.  S.  439). 

Max  Levy,  goborea  am  9.  Mär;  1857  in  Detroit  (Amerika)  von  deutschen 
Eltern  aus  der  Umgebung  von  Pilsen  m  Böhmen,  war  Photograph,  ging  nach  Balti- 
more, wo  er  mit  seinem  Bruder  LouJs  Edward  Levy  1875  eio  photographistche» 
Reproduktionsatelier  errichtete;  in  deo  Jahren  ISSl  bis  1885  erzeugten  sie  durch 
direktes  Kopieren  mit  Chromat- Albumin  und  Atzen  Zinkotypien.  Dann  wurden 
Meisenbaclis  Glas-Lineari-aster  eingerührt;  1886  machte  Lary  in  Aiperika  seine 
gel:renzten  „Half-tone-Screeus";  1888  verbesse lie  er  die  liniiermascbine  und  brachte 
tadellose  gekreuzte,  in  Olas  geätzte  Raster  in  vei-schiedener  Feinheit  in  den  Handel, 
wobei  er  sich  mit  Ives  verbimden  hatte.  Lev;  hniierte  zuerst  die  Glasraster  dia- 
gonal, um  möglichst  wenig  Abfall  zu  geben.  Levy  ließ  außer  dem  Sreuzraster  auch 
eineu  TterlinienraBter  osv.  patentieren.  (Vergl.  Qrebe,  Zeitschr.  f.  Reproduktions- 
technik. 1899.  S.  19;  femer  Brit  Jouni.  ot  Phot.  1904.  S.  1116.) 

Die  amerikanischen  gekreuzten  Levyraster  kamen  1891  nach 
Europa  und  wurden  zuerst  von  Meisenbach  in  Älünchen,  dann  von 
Angerer  und  Göscbl  in  Wien,  E.  Albert  in  München,  Husnik  in 
Prag  u.a.  eingeführt.   Über  die  Geschichte  der  Kornraster  s.  Grebe  a.a.O. 

J.  Wheeler  eriand  1897  einen  Kornraster  ohne  Pigment,  der 
später  Verbreitung  fand  und  mit  welchem  die  ersten  praktischen  Ver- 
suche an  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in 
Wien  durchgeführt  wurden.*)  Die  Darstellung  dieses  Korurasters  erfolgt, 
indem  man  Glas  dem  Rauche  verglimmender  Birkenrinde  aussetzt,  wo- 
durch sich  ein  Niederschlag  bildet,  der  dann  der  Ätzflüssigkeit  ungleichen 
Widerstand  bietet 


1)  Offenbar  durch  richtif^en  Rasterabstaud  von  der  empfindlichen  Platte  i] 
Kamera  bei  der  Negativorzeugung  bewirkt 

2)  Phot.  Korresp.  1894.  S.  395. 

3)  Eders  Jahrb.  f.  Phot  1895.  S.  449. 

4)  Phot  Korresp.  1899.  S.  717  mit  Ill.-Beil. 


4:24  Erster  Teil.    Fünfundvierzigstes  Kapitel. 

Man  verließ  in  der  Folge  das  ältere  Sj'^stem  der  zweimaligen  Ex- 
position mit  Drehung  der  Linearraster;  die  Kreuzraster  bürgerten  sich 
rasch  ein  und  beherrschten  bald  die  ganze  Autotypie.  Außer  den 
amerikanischen  Rastern  finden  in  neuerer  Zeit  die  von  Haas  in  Frank- 
furt a.  M.,  ferner  von  E.  Gaillard  in  Berlin  erzeugten  deutschen  Olas- 
raster  vielfach  Verwendung. 

Aber  der  Kreuzraster  kann  nur  dann  zur  vollen  Wirkung  ge- 
langen und  wirklich  schön  das  Halbtonbild  in  Punkte  und  Striche 
harmonisch  auflösen,  wenn  er  im  richtigen  Abstände  von  der  empfind- 
lichen Platte  und  mit  richtigen  Blendenöffnungen,  der  Objektive  ver- 
wendet wird;  nur  bei  Berücksichtigung  und  Erkenntnis  der  hierbei 
geltenden  optischen  Verhältnisse  können  gute  Autotypienegative,  wie 
man  sie  für  die  moderne  Autotypie  verlangt,  erhalten  werden. 

Wenn  auch  die  Empirie  allmählich  viele  Praktiker  auf  die  richtigen 
Blendenformen  und  Rasterabstände  führte,  so  kam  doch  erst  System  in 
die  Sache,  als  die  Theorie  der  Autotypie  erkannt  wurde.  Die  erste 
gründliche  Studie  über  die  Theorie  des  Rasters  im  Autotypieverfahren 
in  rein  geometrischer  Darstellung  verdankt  man  dem  Vorstande  des 
englischen  Landvermessungsinstitutes  in  Ganada,  dem  „Surveyor- 
General  of  Canada"  E.  Deville,  welcher  in  der  „Royal  Society  of 
Canada"  am  17.  Mai  1895  über  „the  Theory  of  the  Sreen  in  the  Photo- 
mechanical  Process*'  einen  Vortrag  hielt  und  in  der  Zeitschrift  der 
Society  veröffentlichte.^) 

In  diesem  Stadium  der  Autotypie  arbeitete  man  anfänglich  mit 
der  zinkographischen  Umdruckmethode  (von  Chromgelatinepapier); 
jedoch  war  diese  für  feines  Raster  zu  wenig  präzise  und  man  ging 
(z.  B.  bei  C.  Angerer  u.  a.)  bald  auf  das  direkte  Kopierverfahren  auf 
Metall  über.  Das  Asphaltverfahren  war  zu  unempfindlich  und  man  grifiT 
zum  Chromat- Eiweißverfahren;  die  mit  Kaliumbichromat  und  Eiweiß 
überzogenen  Zinkplatten  wurden  hinter  dem  Rasternegativ  belichtet, 
mit  fetter  Farbe  oder  Harzschichten  überzogen,  dann  mit  Wasser  und 
einem  Schwamm  entwickelt  und  eingeätzt. 2)  Einen  wesentlichen  Fort- 
sehritt der  Präzision  der  Ätzungen  brachte  die  Einführung  des  ameri- 
kanischen Emailprozesses  mit  sich. 

Als  Erfinder  des  amerikanischen  Kupfer-Emailprozesses, 
bei  welchem  mittels  Chromatvcrfahren  direkt  auf  Metall  kopiert  and 
das  Bild  vor  dem  Ätzen  eingebrannt  wird,  gilt  gewöhnlich  der  schon 

1)  Transactions  of  the  Royal  Society  of  Canada,  Vol.  I,  Seotion  IIL  1895. 
S.  29;  auch  Phot.  Mitteil.  Bd.  36. 

2)  Gebräuchliche  Vorschriften  hierfür  s.  Eders  Rezepte  und  Täbellan  bei 
AV.  Knapp  in  Halle  a.  S.  6.  Aufl.   1905. 


.r 


mehrmals  er 

Lande,  worin  di_  .  *Pro:  ._  zuerst  praktische  Anwendung  fand,  allgemein 
gilt,  Bo  ist  eie  wohl  richtig.  Der  YollstSndigkeit  halber  sei  erwähnt, 
daß  H.  W.  Hyslop  im  „American  Joam.  of  Phoi"  1S96.  S.  362  An- 
sprüche auf  die  Priorität  des  Kupfer- Emailverfahrens  machte, 
ohne  sie  zu  beweisen.  Seine  erste  Publikation  und  Beschreibung  des 
FischleimrerfahreDS  erschien  anfangs  1892  im  „  Artist  Printer"  in 
Chicago,*)  jedoch  scheint  Ives  viel  früher  die  praktischen  Ergebnisse 
dieses  Verfahrens  in  die  Öffentlichkeit  gebracht  zu  haben.  Ives  machte 
schon  um  das  Jahr  1888  Kupfer- Halbton- Et iscbees  und  hatte  eine  An- 
stalt zur  Erzeugung  derselben  gegründet.  Er  führte  zuerst  das  direkte 
Kopieren  auf  chromiertem  Fischleim ^)  oder  Eiweiß  nach  Bastemegatiren 
auf  Kupferplatton,  Auswässern  und  nachfolgendes  Einbrennen  (Emaillieren) 
bis  zur  Bräunung  der  Bildschicht  ein,  wonach  er  mit  Eisenchlorid  ätzte; 
diesem  Ätzmittel  leistet  die  partiell  verkohlte  organische  Bildschicht  weit- 
aus besseren  Widerstand  als  vorher.  Derartige  Autotypien  weisen  große 
Zartheit  und  Feinheit  der  Zeichnung  auf. 

Kupfer-  und  Messingptatten  vertragen  das  „  Einbrennen "  des 
Chromleimbildes  besonders  gut  und  deshalb  stellte  man  zuerst  derartige 
Klischees  in  Kupfer  oder  Messing  mittels  Eiseuchloridätze  her.  Zink- 
platten  werden  beim  Einbrennen  dagegen  häufig  kristallinisch  und  ätzen 
sich  mit  Eisenchlorid  schlecht,  so  daß  man  anfänglich  nur  sehr  schwer 
damit  re&ssierte.  Durch  Einführung  einer  passenden  Salpetersäureätze 
und  Wahl  eines  mit  kleinen  Mengen  fremder  Metalle  legierten  Zinkes 
gelingt  es,  die  Zinkotjpie  dem  amerikanischen  Emailverfahren  anzupassrai. 
Gewisse  amerikanische  Zinkarten  sind  zufällig  in  richtigem  Verhältnisse 
etwas  kadmiumhaltig  und  eignen  sich  dadurch  ohne  weiteres  für  das  Ver- 
fahren, aber  jedes  Zink  kann,  wie  Novak  an  der  k.  k.  Graphischen  Lehr- 
und  Versuchsanstalt  in  Wien  nachwies,*)  durch  passende  Legierung  mit 
kleinen  Mengen  Kadmium  für  den  „ Emailprozeß "  nutzbar  gemacht  werden, 
so  daß  die  Methode  allgemein  verwendbar  ist.  Die  moderne  Autotypie 
bedient  sich  insbesondere  des  Zinkes,  des  Kupfers  und  des  Messings. 

1)  Man  verdantt  ihm  auch  die  Erfiodung  der  Parallax- Stereoskopie  (s.  Eders 
Jahrb.  t.  Phot.  1903.  S.  383). 

2)  Phot.  Archiv.  1896.  S.  300. 

3)  Sog.  amerikanischer  Fiaohleim,  welcher  heim  Entwickeln  im  kalten  Wasser 
leicht  ISalicb  Ist. 

4)  Pbot  Korresp.   1900.  S.  r>62. 


SECHSTJND VIERZIGSTES  KAPITEL. 

DEEIFAEBENPHOTOGEAPHIE. 


Der  farbige  Buchdruck  reicht  zurück  bis  zum  Jahre  1457  und 
wurde  von  Schöffer  in  seinem  Psalterium  angewendet,  doch  infolge 
der  ungenügenden  Hilfsmittel  in  späteren  Jahren  durch  Handmalerei 
ersetzt.  Allerdings  bestand  dieser  Farben-  oder  Buntdruck  nur  im 
Nebeneinanderdrucken  der  Farben  und  nicht  im  Ubereinanderdrucken 
derselben.  Von  der  Zeit  an,  als  Senef eider  den  Steindruck  erfand, 
wurde  der  Farbendruck  fast  nur  mehr  durch  die  Lithographie  erledigt 
und  dabei  die  Farben  nicht  nur  nebeneinander,  sondern  auch  über- 
einander gedruckt.  Die  Kenntnis  der  sog.  Grundfarben  führte  allmählich 
zum  modernen  Dreifarbendruck. 

Die  ersten  Angaben  über  die  Grundfarben,  welche  allen  Farben- 
empfindungen zugrunde  liegen, i)  machte  Antonius  de  Dominis  1611 
in  seiner  Abhandlung  „De  radiis  visus  et  lucis  in  vitris  perspectivis  et 
ivide"  (Venedig);  er  bemerkte,  daß  die  Farben  durch  Absorption  des 
weißen  Lichtes  entstehen.  Schwarz  sei  eine  Beraubung  des  weißen 
Lichtes,  und  Rot,  Grün  und  Violett  (das  noch  heute  gültige  Farben- 
system der  additiven  Dreifarbensynthesen)  seien  Grundfarben,  aus 
welchen  sich  die  übrigen  zusammensetzen. 

Der  Jesuit  Franziskus  Aquilonius,  welcher  1613  eine  Schrift 
über  Optik  herausgab,  zeichnete  eine  Art  Farbenschema  mit  Zugrunde* 
legung  der  Grundfarben  Rot,  Gelb  und  Blau  (Halbkreise  verbinden  die 
Farben  und  deuten  die  Synthesen  an)  und  der  Engländer  Waller  machte 
1686  Untersuchungen  über  subtraktive  Farbensynthesen,  d.  i.  Mischen 
von  Pigmentfarben.  Isaak  Newton  zerlegte  bekanntlich  das  Licht  in 
das  Farbenspektrum  und  addierte  Rot,  Gelb  und  Blau  des  Sonnen-* 
Spektrums  zu  Weiß  (additive  Farbensynthese). 

Die  erste  praktische  Anwendung  des  Dreifarbendruckes  mit  roten, 
gelben  und  blauen  Druckfarben  machte  der  in  Frankfurt  am  Main  1667 
geborene  Kupferstecher  Jakob  Christoph  Le  Blon. 


1)  Wir  folgen   hier   C.  Grobes   „Zar  Geschichte   der   Dreifarbessyntheaen * 
(Zeitschr.  f.  Reproduktionstechnik.  1900.  S.  130). 


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stechen,  ging  zunächst  nach  Rom,  später  nach  Amsterdam.  Hier  stellte 
er  sich,  angeregt  durch  Newtons  Lehre,  die  Aufgabe,  farbige  Kupfer- 
stiche durch  Übereinanderdruck  von  sieben  Platten  in  den  Newton- 
schen  Farben  herzustellen.  Natürlich  mußte  ihm  dies  langwierige  Ver- 
fahren große  Schwierigkeiten  bereiten,  und  er  versuchte  deshalb  bald  die 
Zahl  der  Druckplatten  zu  verringern.  Schließlich  gelangte  er  zu  der  festen 
Überzeugung,  alle  möglichen  Nuancen  durch  den  Druck  von  nur  drei 
Platten,  und  zwar  in  den  Farben  ßot,  Gelb  und  ßlau,  erzielen  zu  können. 
Er  ging  nach  London  und  veröffentlichte  1722  die  ersten  Mitteilungen 
über  sein  Farbendruekverfahren  unter  dem  Titel  „D  coloritto,  or  the 
harmonj  of  colouring  in  painting,  reduced  to  meclianical  practise  under 
easy  precepts  and  infallible  rules".  Le  Blons  Schrift  hatte  indessen 
— ■  da  sie  ziemlich  schleierhaft  geschrieben  war  —  nur  wenig  Erfolg. 
Erst  in  Paris,  wohin  Le  Blon  17.37  übersiedelte,  fand  er  eine  Anzahl 
Schüler  und  ein  Publikum,  welches  sich  für  seine  Bestrebungen  lebhaft 
interessierte.  1740  gewährte  ihm  der  König  ein  Privileg  unter  der 
Bedingung,  daß  er  seine  Platten  in  Gegenwart  einer  Kommission  schaben 
und  drucken  und  alle  Geheimnisse  seiner  Kunst  preisgeben  solle.  Im 
Mai  1741  starb  Le  Blon,  74  Jahre  alt,  in  Paris,  nachdem  er  sein 
ganzes  Leben  voll  Mühe  und  Arbeit  seiner  Erfindung,  dem  Dreifarben- 
druck, gewidmet  hatte. 

Der  im  Anfang  des  neunzehnten  Jahrhunderts  wieder  aufblühende 
Farbendruck  (Chromolithographie  usw.)  lenkte  die  Aufmerksamkeit  zurück 
auf  die  Gesetze  der  Farbenmischung.')  1835  druckte  H.  Weishaupt 
nach  mehrjährigen  Vei-suchen  die  erste  Dreifarbenlithographie 
(Chrisfuskopf  nach  Hamling). 


Das  vorhin  erwähnte  Grundfarbensystem,  bestehend  aus  Rot,  Grün 
und  Violett,  wurde  auf  Grund  additiver  Misch  versuche  von  Chr.  Wünsch 
1792  eingeführt-)  und  wurde  dann  die  Basis  von  Thomas  Youngs 
berühmter  Empfindungstheorie,')  nach  welcher  das  menschliche  normale 
Auge  drei  verschiedene  Nervenarten  besitzt,  welche  bei  ihrer  Reizung 
rote,  grüne  und  violette  Farbenempfindungen  auslösen,  was  insbesondere 
von  Heimholtz,')  Maxwell,  König,  Exner  u.  a.  weiter  festgestellt 
wurde. 

1)  Grebe  a,  a,  0. 

2)  Gilberts  Annal.  17D2.  Bd.  34,  S.  10. 

3)  Helmlioltz,  Handbuch  der  physiologischen  Optik,  II.  iufl.   1896.  S.  364. 

4)  Poggündorff,  Annal.  Ba.  87,  S.  45. 


428  Erster  Teil.    Sechsand  vierzigstes  Kapitel. 

Einen  anderen  Weg  schlug  D.  Brewster^)  ein,  welcher,  1831 
durch  Farbenversuche  auf  subtraktiver  Basis  irregeleitet,  die  Hypothese 
aufstellte,  es  gäbe  nur  drei  homogene  Farben  im  Spektrum,  „rote,  gelbe 
und  blaue",  und  jedes  dieser  Lichter  liefere  Strahlen  von  jeder  Brech- 
barkeit innerhalb  der  Grenzen  des  Spektrums.  Diese  Ansicht  wurde 
jedoch  bald,  besonders  von  Helmholtz,*)  wissenschaftlich  widerlegt, 
allein  die  Druckpraxis  akzeptierte  die  Brewsterschen  Farben,  weil 
nach  dem  gegenwärtigen  Stande  der  Druckfarbentechnik  nur  die  Farben 
Gelb,  Rot  und  Blau  günstige  Mischtöne,  namentlich  in  den  gelben 
Nuancen,  ergeben. 

Der  erste,  welcher  den  Gedanken  der  Farbenwiedergabe  mittels 
Anwendung  von  dreifarbigen  Lichtfiltern  faßte  und  auch  publizierte, 
war  der  berühmte  englische  Physiker  Prof.  J.  Clerk  Maxwell,  und 
zwar  gelegentlich  eines  Vortrages:  „Über  die  Theorie  der  drei  Grund- 
farben" in  der  Royal  Institution  in  London  am  17.  Mai  1861.  Er 
besprach  die  Youngsche  Theorie  der  sogen,  drei  Grundfarben,  welche 
in  ihrer  Mischung  alle  Farben  des  Spektrums  gaben.  Unter  anderem 
machte  Maxwell  folgenden  Versuch  der  Projektion  von  teils  zeichnerisch, 
teils  photographisch  hergestellten  Diapositiven  hinter  roten,  grünen  und 
blauen  Lichtfiltern :  ^)  „Drei  photographische  Bilder  eines  gefärbten  Bildes, 
welche  durch  drei  gefärbte  Lösungen  aufgenommen  waren,  wurden  in 
die  Kamera  gebracht  und  gaben  Bilder,  welche  die  roten,  grünen  und 
blauen  Teile  abgesondert  darstellen,  so  wie  sie  durch  jede  derToung- 
schen  Nervenreihen  abgesondert  gesehen  wurden.  Wenn  diese  über- 
einander gelegt  wurden,  sah  man  ein  gefärbtes  Bild,  welches,  wenn  die 
roten  und  grünen  Bilder  ebenso  vollständig  photographiert  worden  wären 
als  die  blauen,  ein  getreu  gefärbtes  Bild  des  Originals  gewesen  wäre.** 
„Durch  Auffindung  photographischer  Stoffe,  welche  für  die  weniger  brech- 
baren Strahlen  empfindlich  wären",  fügte  Maxwell  hinzu,  „würde  durch 
die  Darstellung  der  Farben  der  Gegenstand  bedeutend  verbessert  werden." 

Daraus  geht  hervor,  daß  der  erste,  welcher  die  Möglichkeit  der 
Wiedergabe  der  Farben  durch  photographische  Dreifarbennegative ,  die 
mittels  farbigen  Filtern  hergestellt  waren,  bewies,  Maxwell  (1861)  war. 
Allerdings  richteten  sich  seine  Experimente  hauptsächlich  auf  Diapositive; 
jedoch  erwähnte  er  auch  ausdrücklich  der  auf  Papier  aufgetragenen 
Farben,  indem  er  sagte,  daß  „mittels  der  Farbenskala  (Youngschen 
Grundfarben)  man  aucli  Farbengleichungen  für  gefärbte  Papiere  erhalten 

1)  Indrod.  ad.  |»hilos.  iiatur.,  §  1820. 

2)  Poggendorff,  Aonal.  Bd.  8ü,  8.501. 

3)  S.  Brit.  Jouru.  of  Pliot.  1861.  S.  270;  Kreutzers  Zeitschr.  f.  Photogr.  in 
Wien.  Bd.  V,  S.  143. 


geben,  die  irgend  eine  IhiBuuung  eingeht". 

James  Clerk  Mszwell  (geboren  am  13.  Juni  1831  in  Edinburgb,  gestorben 
am  5.  November  1879  in  Cambridge)  studierte  am  TrJuity  College  in  Manchester  bis 
18&4,  wanl  1856  Professor  im  Maiiabal  College  in  Aberdeen,  1860  am  Eings  College 
in  LoDdon,  resigDierte  186S,  beiog  seine  Güter  in  Schottland,  wurde  1871  Professor 
für  Experimentalphysik  an  der  TJniveraität  in  Cambridge,  woselbst  er  starb.  Er  be- 
faßte sieb  mit  Astronomie,  Elektrizitfit,  MagDetismns  und  Optik  und  seine  wissen- 
sohaftlicben  Arbeiten  sind  von  gröBter  Bedeutung  geworden.']  Maxwell  ist  Insbeson- 
dere durch  die  Begründung  der  elektro magnetischen  I.ichttheorie  berühmt  geworden. 
In  der  ündulationstheorie  des  Lichtes  {s.  S.  108)  wurden  die  Lichtwellen  ab  duicb 
elastische  Schwingungen  des  Äthers  entstanden  angesehen.  Nach  der  elektromagne- 
tischen Lichttbeorie  sind  aber  die  Licbtwellen  nicht  elastischer,  sondern  elektro- 
magnetischer Katur.  Die  erste  Andeutung  einer  Beziehung  zwischen  der  Lichtbenegung 
und  elektromagnetisoheD  Yorgäogeu  wurde  darin  gefunden,  daü  das  Verhältnis  der 
elektromagnetischen  2ur  elektrostatischen  Stromeinheit  eine  GroQe  von  der  Dimension 
einer  Geschwindigkeit,  und  daß  der  Wert  dieser  Geschwindigkeit  derjenigeu  der  Licht- 
fortpflaazung  gleich  ist.  Maxwell  zeigte  durch  beioe  im  Geiste  Faradays  durch- 
geführte mathematische  Theorie  der  elektromagnetischen  Erscheinungen,  daß  das  eben- 
genan Ute  Verhältnis  die  Geschwindigkeit  darstelle,  mit  welcher  eioe  elektromagnetische 
Störung  sich  im  freien  Raum  ausbreiten  müsse.  Dieses  theoretische  Resultat  bildete 
den  Grund  und  Boden  für  seine  elelitromagne tische  Lichttbeorie,  io  welcher  das  Licht 
als  ein  periodischer  elektromagnetischer  Vorgang  angesehen  wird.  Die  Versuche  von 
Hertz,*)  in  erster  Linie  die  wirkliche  Herstellung  schneller  elettromagnetiscier 
SchwinguDgen  und  der  experimentelle  Beweis  ihrer  wellen  form  igen  Ausbreitung  mit 
einer  derjenigen  des  Lichtes  gleichen  Geschwindigkeit,  fernerhin  die  weiteren  Versuche, 
welche  das  in  jeder  Beziehung  gleiche  Verhalten  von  Licht-  und  elektromagnetischen 
Wellen  zeigten,  hat>en  die  Faraday-Maxwellschen  theoretischen  Resultate  so  über- 
zeugend bewiesen,  daJJ  an  ihrer  Richtigkeit  Zweifel  nicht  mehr  möglich  sind.')  — 
Das  1873  veröffentlicbte  Fundamental  werk  Maiwells  (Treatise  on  Electricity  and 
Magnetism)  ist  unter  dem  Titel  , Lehrbuch  der  Elektrizität  und  des  Magnetismus" 
1883  deutsch  von  Weinstein  erschienen.  Seine  elektromagnetische  Theorie  wird  jetzt 
besonders  in  der  mathematischen  Form  angewendet,  die  ihr  durch  Heaviside')  und 
Eertz^)  gegeben  wurde.  Die  Maxwellsche  elektromagnetische  Lichttbeorie  lieB  auch 
wieder  jene  alten  Theorien  aufleben,  welche  das  latente  Silberhaloidbild  auf  eine 
elektrische  Polarisation  der  belichteten  Moleküle  zurückführten  (Focy,  Testelin, 
Cherill,  Bolton,  Davanne,  R.  E.  Liesegang)°)  und  wozu  rielleicbt  Grotthus 
den  ersten  Grund  gelegt  hatte  (s.  S.  130). 

Auch  Henry  Collen  in  England,  welcher  Lehrer  für  Malerei  bei 
der  Königin   von  England   war,  hat  (1865)   einen   dem  Maxwellschen 


1)  Vergl.  Life  of  Maxwell,  by  Campbell  &  Garnett,  London  1882;  Poggon- 
dorff,  Biograph.-literar.  Eandwörterb.  189S.  Ul.  Bd,  S.  889. 

2)  Wiedemann,  Annal.  d.  Phys.  1888  und  1893. 

3)  Vergl.  H.  Starke,  Experimentelle  Elektrizitätslehre.    Leipzig,  B.  G.  Teubner 
1904.   S.  330  und  338. 

i)  Philosoph.  Magazine  Serie  5,  Bd.  19.  1888. 

6)  Göttinger  Nachrichten  1690. 

6)  R.E.  Liesegang,  Photocbemische  Studien  1.  1894.  8.37. 


430  Erster  Teil.     Sechsundvierzigstes  KapiteL 

analogen  Vorschlag  zur  Herstellung  von  Dreifarbenphotographien  ge- 
macht; er  wollte  drei  Negative  in  den  „Brewsterschen  Haiiptfarben '' 
(bei  rotem,  gelbem  und  blauem  Liclite)  machen,  danach  farbige  Dia- 
positive herstellen  und  diese  übereinander  legen.^) 

Baron  Ransonnet  in  Wien  faßte  gleichfalls  1865  den  Gedanken, 
mit  drei  Grundfarben  auf  photographischem  Wege  Dreifarbendrucke  zu 
erzeugen, 2)  ließ  sich  jedoch  durch  die  mangelnde  Farbenempfindlicbkeit 
der  Kollodiumplatten  von  weiteren  Versuchen  abschrecken  und  scheint 
über  die  Idee  des  photolithographischen  Dreifarbendruckes  nicht  hinaus- 
gekommen zu  sein,^)  welchen  er  in  einigen  Proben  auch  praktisch  durch- 
fülirte  und  bereits  auch  eine  graue  Tonplatte  als  vierte  Platte  (Schluß- 
platte)  zur  Anwendung  brachte  (Vierfarbendruck). 

Da  sich  der  direkten  Photographie  in  natürlichen  Farben  so  große 
Schwierigkeiten  entgegensetzten,  daß  die  Experimentatoren  sich  ab- 
schrecken ließen,  diese  Bahn  weiter  zu  verfolgen,  so  suchte  man  die 
Lösung  auf  indirektem  Wege  mittels  des  photographischen  Dreifarben- 
druckes mit  mehr  oder  weniger  guten  Erfolgen. 

Im  Jahre  18G8  und  18G9  wurde  die  Idee,  farbige  Objekte  in 
natürlichen  Farben  durch  tJbereinanderdrucken  von  drei  verschieden- 
farbigen Bildern  —  wovon  das  eine  blau,  das  andere  gelb  und  rot 
ist  —  herzustellen,  von  zwei  Franzosen  Ducos  du  Hauron  und  Gros, 
und  zwar  von  jedem  selbständig,  ohne  daß  einer  von  den  Arbeiten  des 
anderen  Kenntnis  hatte,  aufgegriffen  und  der  praktischen  Verwirklichung 
zugeführt. 

Ducos  du  Hauron,  über  welchen  wir  bereits  auf  S.  319  dieses 
Werkes  gesprochen  haben  und  dessen  Portrüt  Fig.  142  zeigt,  nahm  am 
23.  November  1868  darauf  ein  Privilegium  und  machte  praktische  Ver- 
suche, weldie  er  später  im  Jahre  18G9  publizierte  (s.  u.)  und  worauf 
auch  auf  S.  319  dieses  Werkes  schon  hingewiesen  wurde. 

Bei  diesen  Versuchen  wurden  drei  Matrizen  hergestellt,  welche 
den  drei  „Grundfarben"  Rot,  Gelb  und  Blau  entsprachen;  nach  diesen 
Toilnegativen,  welche  in  der  gegenwärtig  allgemein  bekannten  Weise 
hinter  komplementären  (blau,  grün  und  orange)  Lichtfiltern  hergestellt 
worden  waren,  wurden  die  einfarbigen  roten,  gelben  und  blauen  Kopien 
und  zwar  Pigmentbilder  hergestellt  und  durch  Übereinanderlegen  zum 
polychromen  Farbenbilde  vereinigt,  d.  i.  ganz  im  Sinne  des  später  so 
mächtig  gewordenen  modernen  Dreifarbendruckes  und  der  Dreifkrben- 


1)  Brit.  Journ.  nf  Phot.  27.  Okt.  l.s«)').  S.  .")47. 

2)  Schrank.  IMiot.  Korresp.   1S».)'J.   S.  11  »0  uiul  H33. 
;j)  Eder.  Jahrb.  f.  Photogr.    IbO').   S.  :LM<. 


(liaposilivi 

Couleurs  en  Photographie  et  en  ]     ticiiHer  rh6liochromie  au  charbon", 

Paris  1870. 

Louis  Ducos  du  Hnuron  nahm  also  bedeutenden  Einfluß  auf 
die  Portschritte  in  der  Dreifarbenphotographie.  Von  ihm  rühren  die 
ersten,  mit  einigem  Erfolge  durchgeführten  Versuche  de9 photographischen 
Dreifarbendruckes  her  und  er  zeigte  am  7.  Mai  1869  seine  ersten  Drei- 
farbenphotographien   in   der  Pariser  Photographischen  Öesellscbaft  vor. 


Dabei  wurde  konstatiert:')  „das  von  Ducos  als  Probe  vorgelegte  Bild 
des  Spektrums  ist  sicherlich  noch  weit  von  Vollkommenheit,  ist  aber 
niciitsdestoweniger  eine  Bestätigung  seiner  Auseinandersetzungen." 

Merkwürdigerweise  machte  unabhängig  von  Ducos  zur  selben 
Zeit  auch  Charles  Gros  in  Paris  dieselbe  Erfindung  und  legte  sie 
gleichfalls  der  Pariser  Pliotographi sehen  Gesellschaft  vor,  in  deren 
Zeitschrift  auch  beide  Mitteilungen  enthalten  sind. 

Im  September  1891  ließ  Ducos  du  Haui'ou  seine  Auaglyphen  patentieron, 
bei  welchen  mit  grünen  und  roten  Augengläsern  die  steieosliopischo  Wirkung  von  rot 


I)  Pbot.  Korresp.  1869.  8.  19Ü. 


432  Ei*ster  Teil.    Sechsund  vierzigstes  Kapitel. 

und  blau  übereioandergedruckten  Bildern  wahrnehmbar  ist  (The  Photograinm.  18Ü7. 
S.  85  mit  Porträt). 

Ducos  du  Hauron  brachte  (1894)  diese  sogen.  „  Anaglyphen*  von  Paris  aus 
in  den  Handel  (Jahrb.  f.  Phot.  1895.  S.  404).  Dr.  du  Bois-Reymond  bemerkt  hierzu 
(Phot.  Rundschau.  1894.  S.  199),  daß  im  Jahre  1853  W.  Roll  mann  in  Poggendorffs 
Annalen,  Bd.  90,  S.  180  genau  dasselbe  Verfahren  beschrieben  hat,  freilich  für 
Zeichnungen.  Auch  entwarf  Roll  manu  die  Bilder  um  einen  gemeinschaftlichen 
Mittelpunkt,  während  Ducos  den  Bildern  eine  kleine  Verschiebung  gibt.  Ferner  ver- 
öffentlichte J.  C.  d'Almeida  in  Paris  (1858)  sein  Verfahren,  Stereoskopbilder  zu 
projizieren.  Er  brachte  in  eine  Latcrna  magica  je  ein  rotes  und  grünes  Glas  und 
entwarf  mit  jedem  eine  Stereoskopansicht;  die  Zuschauer  setzten  Brillen  mit  rotem 
und  grünem  Planglas  auf,  um  das  Bild  stereoskopisch  zu  sehen.  —  Daraas  geht 
hervor,  daß  Ducos  mehrere  Vorgänger  bei  seinen  Anagiyphen  hatte,  er  verfolgte 
jedoch  diese  Erfindung  der  Anagiyphen  bis  zur  Vervollkommnung  unter  Heranziehung 
der  Autotypie. 

Ducos  du  Hauron  schrieb  mehrere  grundlegende  Werke  über  die  Farben- 
j)hotographie:  Les  couleurs  cn  Photographie.  18ü9.  —  Les  couleurs  en  Photographie 
et  on  particulior  l'heliochromie  au  charbon.  1870.  —  1/heliochromie.  1875.  —  Traite 
pratique  de  Photographie  des  couleurs.  1878  (Gauthi  er -Villars).  —  Vorgl.  femer 
Dumoulin,  Les  couleurs  reproduites  en  Photographie.   1876. 

Ducos  du  Hau ron  faßte  in  seinem  letzten  Werke  „Photographie  des  couleurs*, 
Paris  1900  (mit  seinem  Porträt),  seioe  Erfahrungen  über  Drei  färben  Photographie  zu- 
sammen und  gab  auf  S.  44  den  Nachweis  seiner  Erfindungspatente. 

Der  wahre  Fortschritt  des  photographischen  Dreifarbendrucks  stellte 
sich  aber  erst  nach  der  Entdeckung  der  optischen  Sensibilisatoren  durch 
H.  W.  Vogel  (s.  S.  314)  ein.  Ducos  färbte  nach  Vogels  Vorgang  seine 
Platten  mit  Farbstoöcn  und  machte  am  6.  September  1875  der  „Soci6t6 
d'agriculture,  sciences  et  arts  in  Agen"  die  Mitteilung,  daß  er  mit 
Chlorophyll  arbeite,  dessen  sensibilisierende  Wirkung  für  das  rote  Ende 
des  Spektrums  Edmond  Becquerel  entdeckt  hatte  (s.  S.  318).  Die  mit 
Farbstoffen  versetzten  Bromsilberplatten  können  aber  für  Rot,  Qelb  und 
Grün  empfindlich  gemacht  werden,  worüber  schon  auf  S.  319  berichtet 
wurde. 

Josef  Albert  in  München,  vergl.  S.  406,  wendete  zuerst  das  Drei- 
farbensystem für  Lichtdruck  in  der  Praxis  an  (1877)  und  stellte  ge- 
lungene Proben  von  Dreifarbenlichtdruck  aus^);  es  blieb  aber  nur  bei 
vereinzelten  Versuchen.  '^) 

Ducos  du  Hauron  setzte  seine  Versuche  fort  und  teilte  im  Jahre 
1878^^)  mit,  daß  man  jedes  photographische  Verfahren  für  Zwecke  des 
Dreifarbendruckes  benutzen  könne.    „Wir  können",  sagt  Ducos,  „sie 


1)  Die  bayerische  Wocheuschrift   „Kunst  und  Gewerbe**    brachte  Ende  1877 
eine  kurze  Beschreibung  von  Alb  ort  s  Verfahren. 

2)  Vergl.  Ilusuik,  Phot.  Korresp.  1878.  S.  1. 

3)  S.  Ducos  duHaurons  auf  Seite  -131  zitierte  Broschüre;  femer  in  deatsoher 
Übersetzuug  Phot.  Archiv.  1878.  S.  132. 


wähten  iinl 

Liohtdrook,  dem  Staubverfahren,  dem  ChlorBilberverfahren, 
mit  Anwendung  geeigneter  Tonbäder  usw."  Ducos  bevorzugte  damals 
den  Pigmentdruck  1)  and  zwar  mit  drei  Farben:  Karmin,  Beriinerblau 
und  Chromgelb,  trotzdem  ihm  das  genaue  Fassen  der  Kopien  viele 
Schwierigkeiten  machte.  Ducos  stellte  nicht  nur  Dreifarbenpigment- 
drucke  auf  Papier  her,  sondern  auch  polychrome  Bilder  auf  Glas,  Fenster- 
bilder  usw.,*)  und  nahm  so  ziemlich  die  Prinzipien  aller  Yarianten  des 
Dreifarbendruckes  vorweg,  welche  sich  mit  der  Verbesserung  der  Re- 
produktionsphotographie  in  der  Hand  verschiedener  späterer  Erfinder 
oder  Experimentatoren  ergaben. 

Die  Brüder  A.  und  L.  Ducos  du  Hauron  legten  ihre  EIrfahrungen 
in  ihrem  „Trait6  pratique  de  Photographie  des  couleurs",  Paris  1878,^ 
nieder,  wobei  sie  die  orthochromatischen  EoUodiumverfahren  bei  der 
Herstellung  der  Negative  hinter  dem  Graufilter  und  Orangefilter  be- 
nutzten und  Eosinkollodium  einführten  (s.  S.  320). 

In  der  „Ersten  internationalen  Ausstellung  für  Farbenphotographie 
in  Paris  1904"  waren  derartige  Dreifarbenphotographien  von  Ducos 
du  Hauron  aus  den  siebziger  Jahren,  zum  Teil  nach  der  Natur 
aufgenommen,  ausgestellt^) 

Zur  selben  Zeit  hatte  auch  Gh.  Gros  völlig  selbständig  über  Drei- 
farbenphotographie  gearbeitet  und  bereits  am  2.  Dezember  1867  der 
französischen  Akademie  der  Wissenschaften  ein  versiegeltes  Paket  mit 
seiner  Abhandlung,  welche  die  Erzeugung  der  drei  Teilnegative  und 
deren  Synthese  zu  einer  Dreifarbenphotographie  zum  Gegenstände  hatte, ^) 
überreicht  Aber  von  seinem  Verfahren  verlautbarte  nichts,  bis  bekannt 
wurde,  daß  Ducos  du  Hauron  das  Verfahren  der  Dreifarbenphoto- 
graphie am  23.  November  1868  hatte  patentieren  lassen.  Dann  ver- 
öffentlichte Ducos  du  Hauron  im  Journal  „Le  Gers"  (März  1869) 
eine  Abhandlung  über  dasselbe  Thema  der  Dreifarbenphotographie,  und 
Gros   behandelte  im   Februar   1869    im  Journal   „Les  mondes"   von 


1)  Die  Methode  der  Heliogravüre  erwähnt  Ducos  nioht  ausdrücklich,  allein 
er  erkannte  ohne  Zweifel  die  allgemeine  Anweniibarkeit  des  Dreifarbendruckes.  Die 
Methode  der  Dreifarbenheliogravure  wurde  1894  auf  Anregung  dei  Obersten  J.  "Watar- 
house  im  Survey  of  Indi«  Office  zu  Calcutta  (d.  i.  dsm  britischen  geographischen 
Institute)  wohl  zuerst  (i*)  aufgegriffen  und  unter  Beteiligung  des  dortigen  Heliographen 
A.  W.  Turner  wurden  heliographisclie  Drei farbenkupf erdnicke  —  unter  anderem  auch 
für  Landkarten  --  beigeateUt  (Eders  Jahrbuch  f.  Phot  1895.  8.  22). 

2)  Phot.  Archiv.  1878.  S.  162. 

3)  Auch  im  Phot.  Archiv.  1878.  8.  109  abgedruckt. 

4)  Phot.  Korresp.  1904.  S.  251. 

5)  BolL  8oo.  tranp.  1869.  S.  177. 

Edei,  HmdliiGhdaTPli«togny>>^   I.  Ted.  3.  Aufl.  28 


434  Erster  Teil.    Sechsundvierzigstes  Kapitel. 

Moigno  dieselbe  Idee.  In  der  Sitzung  der  Pariser  Photographischen 
Gesellschaft  vom  7.  Mai  1869  konstatierte  Davanne,  daß  beide  Erfinder 
gleichzeitig  und  unabhängig  voneinander  dasselbe  Thema  bearbeitet 
hatten.^) 

Ch.  Gros  hatte  seine  Versuche  in  dem  Atelier  eines  reichen 
Amateurs,  des  Herzogs  von  Ghaulnes,  ausgeführt  und  der  berühmte 
Pariser  Heliograph  Dujard in  befaßte  sich  (1878)  damit,  heliographische 
Druckplatten  zur  Vervielfältigung  der  von  Gros  gemachten  Auf- 
nahmen farbiger  Objekte  herzustellen. 2) 

Du  cos  kannte  nur  die  Methode  der  Verwendung  der  drei  ge- 
färbten Gläser  bei  der  photographischen  Aufnahme,  während  Gros 
schon  (lanijils  auch  die  Herstellung  der  Dreifarben  teilnegative  durch 
monochrome  Beleuchtung  der  Originale  bei  der  Aufnahme  im  Auge 
hatte.-*)  Dagegen  hatte  Ducos  du  Hauron,  wie  Davanne  konstatierte, 
(iio  ersten  mehr  oder  weniger  gelungenen  und  tatsächlich  praktisch 
ausgeführten  Droifarbenphotographien  der  Pariser  Photographischen  Ge- 
sellschaft am  7.  iMai  1869  vorgelegt  (farbiges  Spektrum,  s.  S.  430  und  431) 
und  damit  in  dieser  Beziehung  Gros  den  Vorrang  abgelaufen. 

Mittlerweile  erschienen  die  oben  erwähnten  Publikationen  Ducos 
du  Ilaurons  (s.  S.  432)  und  Ende  der  siebziger  Jahre  trat  Gh.  Gros*) 
(l\)rträt  s.  Fig.  Ho)  wieder  mit  Studien  über  die  Klassifikation  der  Farben 
und  die  Mittel,  alle  Schattierungen  durch  drei  Negative  (entsprechend 
Rot,  Golb,  Blau)  wiederzugeben,  in  die  Öffentlichkeit;  er  wendete 
Flüssigkeitslichtfilter  an.     Er  schreibt: 

„Ich  beschäftige  mich  bereits  seit  geraumer  Zeit,  photographische 
Schichten  zu  finden,  welche  für  Strahlen  aller  Farben,  insbesondere 
jedoch  für  orangeroto,  grüne  und  violette  empfindlich  sind.  Um  diese 
Strahlen  zu  erhalten,  benutze  ich  durchsichtige  Wannen,  die  mit  Salz- 
lösungen gefüllt  sind,  welche  das  zusammengesetzte  Licht  sieben 
(tamisent)." 


Louis  Ducos  du  Hauron  verfolgte  den  Dreifarbendruck  aber  mit 
mehr  Ausdauer  als  Gros  und  wirkte  auch  durch  seine  zahlreichen  Publi- 
kationen besondei-s  anregend  und  förderlich  (s.  S.  432).  Er  vereinigte 
sich  1879  mit  Josef  Albert  zu  gemeinsamer  Arbeit  und  auch  J.B.  Ober- 
notter in  München  versuchte  den  Dreifarben lichtdruck,  jedoch  ohne 

1)  Bull.  Soo.  frauv.  1809.   S.  12:1 

2)  Phot.  Korresi).  187^).  S.  107. 

3)  Bull.  Süc.  frang.  1869.  IS.  170. 

4)  Compt.  roud.  Bd.  88,  Xr.  :3,  S.  110;  Nr.  8,  S.  378.   Pliot.  Korrcsp.  1879.  S.  107. 


"Venvendon  , 

schickt  aufi..jtzte  und  sie  dadurch  unschädlich  zu  mtichen  wußte. 

Louis  Ducos  du  Hauron  erntete  keine  materiellen  Früchte 
seiner  Erfindungen  und  erlebte  kein  sorgenfreies  Alter.  Deshalb  setzte 
ihm  die  französische  Regierung  in  Anbetracht  der  Verdienste  eine  aller- 
dings bescheidene  Pension  von  1200  Francs  aus.  Die  tristen  Yerhaltnisse 
des  verdienten  Uannes  bestimmten  die  Wiener  PhotoKraphische  Gesell- 
schaft, Ducos  du  Hauron  im  Dezember  1904  eine  Ehrengabe  zuzu- 


Fig.  143.    Chi 


wenden,  deren  Betrag  durch  eine  Sammlung  unter  den  hervorragenden 
mit  Dreifarbendruck  sich  befassenden  österreichischen  Ätzanstalten  und 
Buchdruckereien  und  von  der  genannten  Gesellschaft  aufgebracht  wurde.') 
Auch  Leon  Vidal  in  Paris  beschäftigte  sich  schon  in  den  siebziger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  erfolgreich  mit  der  Herstellung  von 
Dreifarben-Pigmentbildem;  er  war  auch  der  erste,  welcher  farbige 
Eombinationsdrucke  von  Chromolithographie  mit  einem  braunen 
Pigmentbilde  herstellte,  insbesondere  aber  Chromolithographien  mit  einem 

1)  Phot.  Korresp.  1905.  S.  24. 


436  Erster  Teil.    Sechsundvierzigstes  Kapitel. 

schließlich  aufgedruckten  schwärzlichen  Woodbury druck  kombinierte, 
welcher  durch  seine  Transparenz  hervorragend  schöne  Bildeffekte  bei  in 
Goldbronze  unterlegten  Reproduktionen  von  Goldschmiedearbeiten  (mit 
Edelsteinen)  gab,  eine  Technik,  welche  wohl  heute  wegen  ihrer  Schwierig- 
keit aufgegeben,  aber  immer  noch  für  diesen  Zweck  unübertroffen  ist^) 

Mittlerweile  hatten  C.  Angerer  und  Göschl  in  Wien,  sowie 
Goupil  in  Paris  (welche  Firma  gegenwärtig  Boussod&  Va laden  heißt) 
Vier-  und  Fünffarbenzinkotypien  hergestellt,  ohne  eine  strenge  Aus- 
lese der  Farbenkomponenten  auf  rein  photographischem  Wege  zu  er- 
reichen; man  erzielte  schöne  farbige  Bilder,  aber  nur  mit  Hilfe  von 
viel  Handretusche. 

Der  photographische  Dreifarbendruck  erhielt  durch  das  tatkräftige 
Eingreifen  H.  W.  Vogels  1891  einen  neuen  Impuls,  namentlich  als  er 
sich  mit  allem  Eifer  auf  die  Vervielfältigung  der  Dreifarbendrucke  warf. 

H.  W.Vogel  hatte  18852)  die  Theorie  des  Dreifarbendruckes  er- 
weitert Der  Lithograph  Ulrich  in  Berlin  arbeitete  1890  mit  Versuchen 
über  Farbenlichtdruck  nach  diesen  Prinzipien  3)  und  stellte  Proben  auf 
der  Kongreßausstellung  in  Berlin  1890,  sowie  im  Verein  zur  Förderung 
der  Photographie  aus,  wobei  er  eine  vierte  Lichtdruckplatte  in  Schwarz 
als  Hilfsplatte  verwendete.  Er  vereinigte  sich  mit  E.  Vogel,  dem  Sohne 
H.  W.  Vogels,  zur  Verwertung  dieses  „Vierfarbenlichtdruckes"  und  da 
erklärte  sich  die  Firma  H.  Kurtz  in  Newyork  bereit,  die  Methode  zu 
kaufen  und  für  Autotypie  zu  verwenden,  welche  für  das  Buchgewerbe 
verwendbarer  als  Lichtdruck  erscheint 

Nachdem  Ernst  Vogel  in  Berlin  die  verschiedenen  Lichtfilter  und 
Farbensysteme  ausprobiert  hatte,  ging  er  nach  Newyork,  wo  er  mit 
H.  Kurtz  die  ersten  künstlerisch  wirklich  befriedigenden  Dreifarben- 
drucke im  Jahre  1892  herstellte  und  eine  reine  Dreifarbenautotypie  im 
Januarheft  der  Phot  Mitteilungen  1893  publizierte  (mit  der  Signatur 
E.  Vogel-Kurtz);  mit  der  Herstellung  und  dem  Druck  von  Dreifarben- 
autotypien befaßte  sich  über  Anregung  von  Vogel  besonders  Büxen- 
stein  in  Berlin. 

Mittlerweile  hatte  sich  auch  E.  Albert  in  München  mit  der  Drei- 
farbenautotypie unter  Anwendung  der  Kreuzraster  befaßt  und  nahm  vom 
9.  April  1901  ab*)  ein  deutsches  Reichspatent  Nr.  64806  für  zwei-  and 
mehrfarbige  Autotypie  und  Photolithographie;  er  ließ  sich  die  jeweilige 

1)  Die  Ergtlingsarbeiten  Vi d als  auf  diesem  Gebiete  befinden  lioh  in  den 
Sammlungen  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Yersuchsanstalt  in  Wien. 

2)  H.W.Vogel,  Die  Thotographie  farbiger  Gegenstände.    Berlin  1885. 

3)  Phot.  Mitt.  Bd.  28,  S.  201;  Bd.  29,  S.  85.  —  Phot  Korresp.  1893.  &  125. 

4)  Phot.  Korresp.  1893.  S.  175. 


Drehung  de        ^^^  .  uoi  auu     oid  umioi  lu    u,  g u.  ^^^ 

blauTiolettem  lichtfilwr  um  einen  Winbel  von  je  30  G:  ,  um  ]tfoir6e- 
bildung  beim  Übereinanderdrucken  der  Gelb-,  Kot-  und  Blauplatte 
bintanzubalten ,*)  patentieren;  später  erwarb  dieses  Patent  Büxenstein. 

Mit  dem  Drei-  und  Yierfarbendruck  in  Autotypie  beschäftigten  sieb 
intensiv  auch  Angerer  und  Göachl  (Wien),  Husnik  (Prag),  Vilim 
(Prag),  Meisenbach  und  Riffarth  (Berlin)  und  viele  andere  Institute, 
80  u.  a.  auch  die  k.  k.  Graphische  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien. 
Biese  Arbeiten  gehören  der  neuesten  Zeit  an,  in  welcher  allmählieh  der 
Breifarbendruck  über  den  Vierfarbendruck,  wenigstens  beim  Autotypie- 
verfahren, Bo  ziemlich  den  Vorrang  gewann. 

Ben  Brei-  und  Vierfarbenlichtdruck  kultivierten  in  neuerer  Zeit 
Wilhelm  Weißenberger  in  St.  Petersburg,  J.  Löwy  in  Wien  und 
die  k.  k.  Graphische  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien  u.  a. 
zur  Herstellung  von  Gemäldereproduktionen. 

Sehr  schöne  Effekte  gibt  auch  die  Dreifarbenheliogravure,  welche 
als  künstlerische  Reproduktion  (von  Ölgemälden)  in  großem  Formate 
wohl  zuerst  1904  von  der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Versuchs- 
anstalt in  Wien  ausgestellt  wurde.*) 


Auch  die  Herstellung  polychromer  Bilder  mittels  der  photo- 
graphischen Eopiermethoden  unter  Zugrundelegung  der  subtraktiven 
Brei&rbenmethode  wurde  erfolgreich  durchgefilhrt  Man  zog  hierzu 
sowohl  den  Gummidruck  (wiederholtes  Übereinanderdrucken  von  gelben, 
roten  und  blauen  Schichten;  vergl.  S.  335),  als  auch  den  Pigmentdruck 
(vergl.  S,  347 ff.)  heran.  In  letzterem  Falle  werden  drei  Häutchen,  gelb, 
rot  und  blau,  seien  es  Figmentfolien  oder  seien  es  Chromgelatinekopien, 
welche  durch  Tränken  mit  Farbstofflösungen  tingiert  wurden,  zur 
Deckung  gebracht  Hier  machten  sich  besonders  die  Arbeiten  von 
Seile  und  die  der  Gebrüder  Lumiöre  sowie  die  von  Krayn  (Neue 
Fhotographische  Gesellschaft  in  Berlin)  u.  a.  bemerkbar.') 

Eombinationsdrucke. 
Um  bei  der  Erzeugung  vielfarbiger  Reproduktionen  eine  größere 
Leistungsfähigkeit  und  Raschhoit  zu  erzielen,   werden  heute  in  zabl- 

1)  An  E.  Alberta  Patent  knupftoa  sich  langwierige  Streitigkeiten.  Tergl.  Fhot. 
Korresp.  1898.  S.  107;  ferner  Bruno  Meyer,  Saoliverständiger  u.  D.  R.  P.  Nr.  64806. 
Weimar  1902. 

2)  Phot.  Korreap.   1904.  S.  369. 

3)  B.  diauB  .Handbaoh*,  Bd.  UI,  5.  AdA..  S.  702. 


438  Erster  Teil.    Sechsund  vierzigstes  Kapitel. 

reichen  Fällen  verschiedene  photoraechanische  Druckprozesse  oder  solche 
mit  anderen  Druckmethoden  kombiniert.  So  werden  für  Massenauflagen 
(bei  Ansiclitskarten  u.  dergl.)  Farbensteindruck  oder  -Holzschnitt  mit 
Autotypie,  bei  Kunstblättern  Farbensteindruck,  Algraphie,  Lichtdruck 
und  Heliogravüre  in  verschiedenartiger  Kombination  angewendet  Den 
ersten  Anstoß  zu  solchen  Arbeiten  gaben  wohl  die  mittels  Farben- 
steindruck und  Lichtdruck  verfertigten  Blätter  von  H.  Eckert  und 
A.  L.  Koppe  in  Prag  1873,  während  Leon  Vidal  1874  den  Farbendruck 
zur  Herstellung  von  Unterlagen  für  Kohledruck,  später  für  Woodbury- 
drucke  benutzte  (s.  S.  435).  1877  betrieben  Otto  Troitzsch  und 
E.  Gaillard  in  Berlin  schon  geschäftsmäßig  den  von  den  genannten 
Pragern  versuchsweise  durchgeführten  Kombinationsdruck  von  Lichtdruck 
und  Chromolithograpie  und  nannten  ihn  „Heliochromographie"  (auch 
„Troitzschotypie'').  In  der  Folge  befaßte  man  sich  häufiger  mit  den 
Kombinationsdrucken.  Unter  anderen  brachten  sehr  schöne  Blätter 
J.  Lüwy  in  Wien,  Meißner  &  Buch  in  Leipzig,  die  k.  k.  Hof-  und 
Staatsdruckerei  in  Wien,  welche  besonders  die  Verbindung  von 
Chromolithographie  (sechs  und  mehr  Farbenplatten,  später  auch  algra- 
phische)  mit  Lichtdruck  oder  auch  Heliogravüre  kultivierte.  Einen 
wesentlichen  Fortschritt  gegenüber  diesen  älteren  Methoden  bedeuteten 
die  von  der  k.  k.  Giaphischen  Lehr-  und  Versuchsanstalt  in 
Wien  1897  gedruckton  Kunstblätter,  welche  zum  ersten  Male  den  Drei- 
farbenlichtdruck mit  Heliogravüre,  dann  auch  Dreifarbensteindruck  und 
-Algraphie  mit  Heliogravüre  verbunden  zeigten. 

Dreifarbenprojektion  und  Chromoskop. 

Die  Anregung  Maxwells  zur  Farbenprojektion  griff  auch  Ducos 
du  Hauron  auf  und  boschrieb  in  seiner  Schrift  „Les  Couleurs  en 
Photographie"  18()9  das  Prinzip  der  Dreifarbenprojektionsbilder,  ohne 
jedoch  solche  praktisch  zu  demonstrieren.  1885  konstruierte  von  Bezold 
einen  Apparat,  in  welchem  drei  farbige  Bilder  mit  Hilfe  von  drei  Spiegeln 
übereinander  projiziert  wurden,  sowohl  für  direkte  Beobachtung,  als 
auch  für  Projektion.  Die  Ausführung  des  letzteren  Apparates  wurde 
indes  dur(»h  Zeitmangel  verhindert.     (Grebe  a.  a.  0.) 

1888  erhielt  die  Methode  der  additiven  Dreifarbensynthese  einen 
erneuten  Anstoß  durch  die  tatkräftigen  Bemühungen  des  Amerikaners 
Friedrich  Eugen  Ives  in  Philadelphia,  welcher  1888  solche  Drei- 
farbenbilder mit  einer  dreifachen  Projektionslaterne  aus  drei  photo- 
graphischen Diapositiven,  rot,  grün   und  violett,  öffentlich  projizierte,^) 


1)  Journal  of  tbe  Fraukliu  Institute  1889.   S.  .öS. 


■1.- 


meldet  auch  am  7.  Februar  1890  ein  amerikanisches  Patent  an  auf  sein 
Verfahren:  mittels  dreier  ProjektjoDslaternen,  welche  auf  dieselbe  Stelle 
einer  weißen  Wand  gerichtet  sind,  drei  hinter  Rot-,  Grün-  und  Violett- 
filtern hergestellte  Diapositive  genau  übereinander  zu  projizieren  und 
hierbei  diese  Diapositive  mit  rotem,  grünem  und  blau  violettem  Lichte 
zu  erleuchten.') 

Frederic  Eugene  Ives  (s.  S.  422)  wurde  im  Jahre  1856  in  Litch- 
field,  Conn.  (Amerika)  geboren,  trat  mit  12  Jahren  als  Lehrling  in  eine 
Druckerei  ein,  war  dann  Buchdrucker  in  Itbaka  (N.Y.),  befaßte  sich  mit 
Amateurphotographie,  wurde  mit  18  Jahren  Photograph  der  Corell  Uni- 
versität, wo  er  bis  1878  blieb  und  sich  dann  dem  Studium  der  Verbesserung 
der  photomechanischen  Verfahren  zuwendete  und  zuerst  die  mechanische 
Zerlegung  von  photographiscben  Chromgelatinereliefs  in  Punkt  and  Strich 
ausbildete  und  praktisch  in  der  Crosscup-West  Engraving  Comp,  in 
Philadelphia  einführte  und  Halbtonklischees  für  Druckereien  erzeugte; 
später  wirkte  er  bahnbrechend  für  die  moderne  Autotypie  (s.  S.  423) 
mittels  Kreuzraster  (optische  Zerlegung  der  Halbtonbilder  in  Punkte 
und  Striche)  und  erfand  das  Ein  brenn  verfahren  mit  Chromatfiscbleim 
(„amerikanisches  Emailverfahren")  für  Kupferautotypieklischees;  er  publi- 
zierte 1888  einen  Dreifarbenprozeß  („composite  heüochromie")  und  ließ 
ihn  1890  patentieren.  Er  reiste  später  nach  England,  besuchte  dann 
auch  Wien  und  machte  von  da  aus  in  Europa  sein  Photochromoskop 
bekannt,  welches  das  erste,  wirklich  schöne  Resultate  zeigende  Instrument 
für  additive  Dreifarbenbilderzeugung  war.')  Fig.  141  auf  S,  422  zeigt 
das  Porträt  Fred,  E.  Ives'  nach  einer  Photographie  von  Gutekunst') 
Seine  Apparate  (Kromskope)  fertigte  er  nicht  nur  für  Projektion  an, 
sondern  auch  für  direkte  Okular-Beobachtungen,  so  daß  Ives  alle 
Formen  der  Dreifarbenphotographie  erfolgreich  förderte. 

In  der  Dreifarben projektion  folgten  1892  Vidal,*)  1894  Gray*) 
und  Nachet,*)  letzterer  mit  einer  Kombination  für  stereoskopiseben 
Effekt,  1895  Niewenglowsky ')  und  Zink,«)  1898  Porter»)  mit  einer 


1)  S.  Eders  Jahrb.  f.  Phot,   1891.  S.  174. 

2)  Pbotogr.  Koriesp.  1893.  S.  .^72;  vergl.  feruei-  über  das  Photoebiomoskup  für 
liie  auditive  FarbeDaynthes«  dieses  „HsDdbuub"  Bd.  111,  5.  Aufl.,  S,  710. 

3)  Nach  Phot.  Times.  22.  April  1892.  8.  209. 

4)  Eders  Jahrbuch,  1893.  302. 

5)  Brit  JoufD.   1894.  26. 

6)  Moniteur  de  la  Phot.   1894.   135. 

7)  Eders  Jahrbuch.  1896.   115. 

8)  Deutsche  Phot-Zeitnng.   1895.  67. 

9)  Eders  Jahrbuch.  1898.  277. 


440  Erster  Teil.    Sechsundvierzigstes  Kapitel. 

Kombination  von  Kinetoskop  und  Ghromoskop,  über  deren  Möglichkeiten 
sich  bereits  1895  VidaH)  geäußert  hatte.  1899  folgten  ähnliche 
Methoden  von  Friese  Green^)  und  in  neuester  Zeit  Miethe^  in 
Berlin,  welcher  wohl  die  vollkommensten  Dreifarbenprojektionen  dieses 
Systems  erzielte,  mit  zahlreichen  Naturaufnahmen  (Porträten  und  Land- 
schaften 1902  und  1903).  Alle  diese  Projektionen  beruhen  auf  den 
Grundfarben:  Rot,  Grün  und  Blauviolett. 

1891  publizierte  der  Engländer  Scott  eine  Projektionsmethode 
mit  additiver  Vierfarbensynthese.  Eine  solche  würde  sich  auf  die  Basis 
der  Heringschen*)  Empfindungstheorie  zu  stellen  haben;  da  aber  keinerlei 
praktische  Vorteile  dabei  herausstehen,  so  soll  hier  nicht  näher  darauf 
eingegangen  werden. 

Einen  ganz  anderen  Weg  hatten  Ducos  du  Hauron^  1868, 
McDonough«)  1892  und  Joly  1894  eingeschlagen.')  Bei  diesen  Ver- 
fahren wurde  die  additive  Synthese  durch  Nebeneinandersetzen  kleiner 
Farbenelemente  (Rot,  Grün  und  Violett)  erzielt.  Auf  dem  gleichen 
Prinzip  beruhen  die  neueren  Verfahren  von  Brasseur  und  Sampolo^ 
1897,  der  „International  Colour  Phot.  Co.",  New-Jersey»)  1900  und 
endlich  auch  die  Dreifarbenweberei  des  Polen  Szczepanik^®)  1900. 

Es  fand  also  die  Dreifarbenphotographie  vielseitige  Anwendung. 

1)  Eders  Jahrbuch.  1895.  269. 

2)  Brit.  Journ.   1899.  729. 

3)  Ibid.   1899.  524. 

4)  SitzuDgsbor.  der  "Wiener  Akad.  vom  15.  Mai  1874. 

5)  Franz.  Patent  Nr.  83001.   1868. 

6)  Eders  Jahrbuch.  1896.  419.  —  Über  die  Geschichte  und  techDisohe  Durch- 
führung der  Mc  Donough-Jolyschen  indirekten  Farbenphotographie,  nebst 
genauem  Ausweise  der  einschlägigen  Patente,  schreibt  Snow den  "Ward  in  ,The  phot 
Journal**.   190().  ßd.  25,  S.  141. 

7)  Über  die  Farbenphotographie  nach  Becquerel,  Clerk-Maxwell, 
Ives,  das  Ghromoskop,  Jolys  Prozeß  usw.  gibt  ,The  Brit.  Journ.  Phot  Almanao* 
1899.  S.  059  eine  gute  historische  Zusammenstellung. 

8)  Brit.  Journ.   1895.  600;  D.  R.  P.  Nr.  94051.  1894. 

9)  Ibid.  1897.  217. 

10)  Ibid.  Almanach  1900;  dieses  Unternehmen  reüssierte  nicht,  sondern  kam 
1905  in  Konkurs. 


SIEBENUNDVIEKZiOSTES  KAPITEL. 

PHOTOCHROMIE. 


Die  erste  Andeutung  über  Entstehung  von  natürlichen  Farben 
durch  Licbtwirkung  macht  Senebier  1782,  indem  er  die  Beobachtung 
mitteilte,  daß  Chlorsilber  im  violetten  Lichte  mehr  einen  Stich  ins  Blaue, 
gegen  das  Ende  des  Spektrums  aber  hellere  Nuancen  annehme  (s.  S.  75). 

Der  Physiker  Seebeck  in  Jena  war  aber  der  erste,  welcher  im 
Jahre  1810  genau  und  deutlich  feststellte,  daß  das  Sonnenspektrum  auf 
Chlorsilberpapier  Farbeanoancen  erzeuge,  welche  jenen  Spektralfu-ben 
ähnlich  seien,  von  welchen  es  getroffen  wurde  (s.  3.  118). 

Sir  John  Herschel  machte  weitere  Beobachtungen  in  dieser  Rich- 
tung; er  bemerkte  im  Februar  1840,  daß  ein  mit  Chlorsilber  behandeltes 
und  im  Sonnenlichte  geschwärztes  Papier  unter  dem  Einflüsse  der 
Strahlen  des  Spektrums  im  Roten,  Grünen  und  Blauen  analoge  Farben 
annahm.  Diese  Erfahrungen  fanden  jedoch  ebenso  wenig  Anklang  wie 
jene  Seebecks,  da  die  ganze  Welt  von  der  Unmöglichkeit  einer  Lösung 
des  Problems  überzeugt  war  und  die  durch  Herschel  beobachtete  Tat- 
sache für  etwas  bloß  Zufälliges  hielt i) 

Edmund  Becquerels  Untersuchungen  über  Pbotochromie  — 
1847,  1848  und  1855  —  übertrafen  alle  Torhergehenden.  Er  bereitete 
seine  empfindliche  Schicht,  indem  er  eine  polierte  Silberplatte  in  die 
Lösung  eines  Metallchlorids  oder  in  Chlorwasser  tauchte;  es  bildet  sich 
eine  violette  Schicht  von  Sübersubcblorid ,  welche  unter  dem  Einflüsse 
farbiger  Gläser  oder  des  Spektrums  den  empfangenen  Eindruck  annimmt 
und  so  lange  festhält,  als  man  eine  nachfolgende  Lichteinwirkung  ver- 
meidet 

Alexander  Edmund  Becquerel,  geboren  zu  Paris  am  24.  März 
1820  als  Sohn  des  Physikers  Antoine  Cesar  Becquerel,  gestorben 
1892,*)  gab  schon  im  Alter  von  19  Jahren  eine  Methode  eines  elektro- 

1)  Vergl.  Philosoph.  Traueact.  1S40.  S.  28.  —  Atheuaeum  Nr.  631. 

2)  V6^1.  Puis  Photognpb.    1891.   S.  5S. 


442  Erster  Teil.    Siebenundvierzigstes  Kapitel. 

chemischen  Aktinometers  an;^)  er  photographierte  das  Spektrum,  das 
Infrarot  usw.  und  veröffentlichte  seine  ersten  Untersuchungen  über 
Phütochromie  auf  Daguerreo typplatten. '^)  Im  Jahre  1853  wurde  er  Pro- 
fessor der  Physik  am  Conservatoire  des  arts  et  miHiers;  1878  wurde  er 
Na(!hfolger  seines  Vaters  am  Pariser  Museum.^) 

Niepce  de  Saint  Victor  befaßte  sich  von  1851  bis  1866  mit 
Becqucrels  Methode  der  Heliochromie  auf  chlorierten  Silberplatten, 
verbesserte  das  Verfahren  und  erhielt  glänzendere  und  lebhaftere  Farben 
als  seine  Vorgänger.*) 

Wird  eine  blank  polierte  Silberplatte  durch  Einwirkung  von  Chlor  mit  einer 
dünnen  S(»hiclit  von  Silbeisubchlorid  (Silborphotouhlorid)  üborzog«»n,  so  voräudert  sie 
sich  unter  dem  Kinfluss«i  des  Sonnenspektrums  derartig,  dalJ  die  affizierteii  Stelion 
Failuuinuancün  zeigen,  ähnlich  den  farbigen  Strahlen,  von  denen  sie  gotroffeu  wurden. 
Die  „Chluritu'ung**  der  Öilberplatte  kann  auf  verschiedene  AVeise  mit  wechselndem 
Krfolge  vorgfjnommen  werden: 

Man  tau(^}ito  die  Silberplatte  in  eine  l^ösung  von  Eisenchlorid  oder  Kupferoblorid 
(Hocquorel),  ein  Gemenge  von  beiden  oder  in  eine  erwärmte  liösung  von Ghlorkalium 
und  Kupfervitriol,  wusch  sie  nach  einigen  Sekunden  und  ti'ocknete;''')  oder  mau  hielt 
sie  über  Chlorwasser,  bis  sie  eine  weililiche,  schwach  rosenrote  Farbe  angenommen 
hatte  (Hecquerel). 

Becquorel  zog  die  Chlorierung  auf  galvanischem  Wege  vor:  Die  Silberplatte 
wird  als  positiver  Pol  in  verdünnte  Salzsäure  (1  : 8)  getaucht  (der  negative  J*ol  ist  ein 
Platinbloch);  sie  nimmt  im  Zeitraum  einer  Minute  allmählich  eine  graue,  gelbliche, 
violette,  iiläuli<>he  Farbe  an,  die  dann  in  derselben  Reihenfolge  sich  wiederholt;  in 
dem  Augenblick,  bevor  das  Violett  zum  zweiten  Blau  übergeht,  wird  die  Operation 
unterbrochen,  die  i^latte  abgespült  und  über  einer  Weiugeistllamme  getrocknet.  Diese 
Silberplatte  gibt  jetzt  alle  Farben  des  Spektrums  wieder;  das  Blau  und  Violett  am 
äch("»nsten.  das  Gelb  am  schwächsten.  Erwärmen  auf  lUT)  Grad,  wodurch  die  Schicht 
rosenrot  wiixi,  erhöht  die  Empfindlichkeit,  namentlich  für  Gelb.")  Die  Empfindlichkeit 
der  Chlorsilberschicht  gegen  farbiges  licht  hängt  von  der  Dicke  der  Schicht  und  der 
Konzentration  der  Chlorierungslösung  ab;  außerdem  von  der  Reinheit  des  Silbers, 
welches  nicht  einmal  10  Prozent  Kupfer  enthalten  soll,  "j  Kupferchlorid  erteilt  den 
P'arben  größere  I^bhaftigkeit  als  Ciilorwasser  allein.  Bei  der  Anwendung  von  ver- 
dünntem Chlor  wird  l>esonders  das  Gelb  reproduziert,  konzcutrierteB  Chlorwasser  ^bt 


1)  Compt.  rend.  18811.   S.  1-15. 

2)  Annales  de  Chim.  et  J'hys.  \H^\H.  3.  Bd.  22,  S.  451 ;  Poggendorffs  AdiiäI. 
Bd.  77,  S.  512. 

3)  Ausführlicher  Nektrolog  s.  Fabres  Aide -Memoire  de  Phot.  1892.    S.  52. 

4)  Compt.  rend.  1851,  1852,  1859  u.  ff. 

5)  Niepce    de  St.  Victor,  Compt.  rend.  Bd.  31,  S.  491. 

Ü)  Ausführlicheres  s.  außer  a.  a.  0.  den  Bericht  Bec quereis  in  der  Sitzung 
der  Photogr.  Gesellschaft  zu  Paris  am  18.  Dezember  1857;  auch  Heinlein,  Photo- 
graphikon,  S.  384:  Dingler,  Polytechn.  Journ.  Bd.  134,  S.  123.  —  Phot  Aroh.  1868. 
S.  300. 

7;  N  iepce:  außer  a.  a.  (.>.  s.  Martin,  Band  buch  d.  Photogr.  1857.  S.  311.  Erste 
und  zweite  Abhandlung. 


!-lt(.'|H'oiJtiktioi 


'iner  direkten  1' 

von  Nie,., 
ti'llt  in  der  Pariser  ■\Vt;ltaiisstelliliiK  1SG7). 


)  de  St.  Victor 


mit  einer  olLlovierleii  SilbeLi>liitfo 


Enpfervitiol    Ist   empieb  eir.     Spater  cblonerte  Mepce    mit  iJbiorbkiJt;  die: 

alkali§ohe  Bad  ist  ciobt  so  empfindiich,  ist  aber  sehr  einracb.  Sebr  begünstigt  wird 
die  Empfindlichkeit  einer  prSparierteD  Silberplatte,  wenn  man  sie  vor  der  ExpoHition 
mit  einer  gesättigten  Lösung  von  geschmolzenem  Chlorblei  in  Dextrinlösung  überzieht.') 

Die  schönsten  Pbotochromieti ,  welche  überhaupt  auf  chlorierten 
metallischen  Silberplatten  erzeugt  wurden,  rühren  von  Niepce  de  Saint 
Victor  her,  welcher  bei  der  Pariser  Weltausstellung  im  Jahre  1862 
und  jener  im  Jahre  1867^  solche  ausstellte. 

Eine  dieser  Niepceschen  Heliochromien  (ein  farbiges  Muster)  vom 
Jahre  1867  ist  im  Besitze  des  Verfassers  und  zeigt  jetzt  nach  fast 
40  Jahren  noch  unverändert  große  Lebhaftigkeit  der  Farben ;  es  ist  mittels 
eines  Gemisches  von  Ghlorblei  und  Dextrin  geschützt.  Diese  Original- 
photographien  in' natürlichen  Farben  auf  metallischen  Silberplatten  gehören 
zu  den  größten  Seltenheiten,  weshalb  der  Verfasser  als  bemerkenswertes 
Dokument  der  Geschichte  der  Photogr».phie  eine  solche  Aufnahme  chromo- 
lithographisch als  getreues  Faksimile  reproduzieren  Heß  (Tafel  XII). 

Gleichzeitig  ist  hiermit  dokumentiert,  daß  die  direkten  Photo- 
chromien  auf  Silbersubchlorid  nicht  von  selbst  zurückgehen,  wohl  aber 
werden  sie  im  Lichte  rasch  grau. 

Die  Versuche,  Photochromien  mit  Silberchlorür  auf  Papier  zu 
erzeugen,  hatte  insbesondere  Poitevin  angestellt  und  auf  die  älteste 
Form  der  Seebeckschen  Versuche  zurückgegriffen.')  Er  beobachtete, 
daß  durch  geeignete  Zusätze  —  namentlich  sauerstoflhaltige  Salra  — 
das  violette  Sitberchlorid  auf  Papier  bessere  farbige  Bilder  gibt 

Poitevin  erzeugte  auf  gewöhnlichem  photographischen  Rohpapier 
zuerst  eine  Chlorsilberschicht,  indem  er  d^selbe  auf  Kochsalz,  dann 
auf  Silberaitratlösung  schwimmen  ließ.  Nach  dem  Abwaschen  des  freien 
Silbemitrates  wird  das  Papier  in  sehr  verdünnte  Zinnchlorürlösung  ge- 
legt; die  Schale  muß  dann  5  bis  6  Minuten  dem  zerstreuten  Tageslichte 
ausgesetzt  werden,  worauf  das  Papier  herausgenommen  und  gut  abge- 
waschen wird.  Um  die  EmphndUchkeit  des  auf  dem  Papiere  erzeugten 
violetten  Silbersubchlorides  zu  erhöhen,  wird  es  mit  einer  Mischung  von 
Ealiumbicbromat  und  Kupfersulfat  bebandelt.    Die  im  Dunklen  getrock- 

1)  4.  Abhandlung.  Conipt  rend.  1862.  Bd.  54,  8.281  und  299.  Kreutzer, 
Zeitschrift  f.  Photogr.  3.  Jahrg.  S.ö;  auch  He  in  lein  a.  a.  0. 

2)  Tergl.  Pbot.  Korresp.  18IJ7.  S.  190. 

3)  Reines  Chlorsilber  (auf  Papier)  wird  im  Ultraviolett  deutlich  violett  gefSrbt. 
im  sichtbaren  Spektrum  aber  langsam  giaiiviolett  gefärbt;  wurde  ea  zuvor  dem  zer- 
streuten Tageslichte  ausgesetzt  (also  violettes  Subohlorid  gebildet),  so  gibt  es  die 
Spektralfarben  mit  denselben  Farben  wieder,  wobei  allerdings  Qelb  und  Orün  sehr 
blaß  und  kaum  sichtbar  sind.    (Becqueiel,  Pbot.  Arch.  1868.  S.  300.) 


444  Erster  Teil.    SiebenundTierzigstes  Kapitel. 

neten  Papiere  geben  unter  farbigen  Glasgemälden  und  im  Vergrößerungs- 
apparate farbige  Abdrücke,  welche  mit  Schwefelsäure  fixiert  werden 
können.^)  Später  hatte  sich  besonders  Saint-Florent')  mit  ähnlichen 
Versuchen  befaßt.  R.  Kopp  (gest.  1891)  schloß  sich  Poitevins  Verfahren 
an  und  verbesserte  die  Farbenwiedergabe  durch  Zusatz  von  Quecksilber- 
nitrat zur  Papierpräparation  ,'^)  wobei  er  sich  des  Badeverfahrens  bediente. 

Auch  Chlorsilber-Emulsionspapiere  sind  geeignet  zur  Wieder- 
gabe der  Farben.  Die  ersten  unsicheren  Angaben  hierüber  stammen  aus 
dem  Jahre  1857.  Man  erhielt  auf  Chlorsilberkollodium  mitunter  farbige 
Bilder;  nach  dem  Fixieren  mit  Cyankalium  sollen  die  Farben  nach  der 
Einwirkung  der  Dämpfe  von  Chlorjod  hervortreten.*)  Präziser  ist  die 
Angabe  Simpsons,  welcher  beobachtete,  daß  am  Lichte  schiefergrau 
angelaufenes  Chlorsilber-Kollodiumpapier  (welches  wir  jetzt  Cel- 
loifiinpapier  nennen,  also  Silberchlorür  enthält)  sich  unter  verschiedenen 
Gläsern  vei-schiedenfarbig  färbt.  Unter  Rubinglas  wird  es  rot,  unter 
Anilingrün  ebenfalls  grün  usw.^) 

Dieselbe  Angabe  wurde  viel  später  für  alle  modernen  Ghlorsilber- 
Kollodium-  und  -  Gelatine -Auskopiei-papiere  (Uelloidin-  und  Aristopapier) 
bestätigt  gefunden.*') 

Dr.  Wilhelm  Zenker  in  Berlin  (*  1829,  tl899)  faßte  in  seinem 
„Lehrbuch  der  Photochromie''  (Berlin  1868)  alles  bis  dahin  ver- 
öfTentlichte  Material  über  Photochromie  zusammen  und  stellte  zuerst  die 
nachher  so  bedeutend  gewordene  Theorie  der  durcli  stehende  Lichtwellen 
erzeugten  dünnen  Blättchen  auf;  auch  Rayleigh  (1887)  erklärte  die  Ent- 
stehung der  Bec  quer  eischen  Farbenphotographie  durch  stehende  Wellen. 

Erst  Professor  Otto  Wiener  in  Aachen  gelang  es  1889,  stehende 
Lichtwellen  experimentell  sicher  nachzuweisen;  ferner  gab  er  durch  seine 
scharfsinnigen  Studien  über  „Farbenphotographie  durch  Eörperforben 
und  mechanische  Farbanpassung  in  der  Natur**  1895  eine  einwandfreie 
Erklärung  des  Zustandekommens  der  Farben  beim  Belichten  von  Silber- 
chlorürpapieren.'O  Er  zeigte,  daß  Zenkers  Erklärung  der  Theorie  stehen- 
der Lichtwellen  nicht  für  alle  diese  Verfahren  Geltung  habe.    Es  wirkten 

1)  De  Roth,  Fortschritto  der  Photogr.  18C8.  S.  22;  Compi  rend.  1866. 
Bd.  Ol,  S.  11. 

2)  Bull.  d.  societe  frang.  phot.  1874;  Photogr.  Korresp.  1874.  Bd.  II,  8.  65. 

3)  Eders  Jahrb.  f.  Phot.  1893.  S.  432. 

4)  Testud  de  Beauregard,  Kreutzer,  Jahrosbor.  Photogr.  1857.  S.  302; 
Bull.  SOG.  franv.   1857.  S.  110,  vorgl.  Diamond,  ITeinlein,  Fhotographikon,  8.390. 

5)  Simpson,  Photogr.  Korresp.  1866.  Bd.  3,  S.  100. 

G)  S.  E.  Valenta,  Die  Photographie  in  natürlichen  Farben  mit  besondexer  Be- 
rücksichtigung des  Lippmaunschen  Verfahrens.  Halle  a.  S.  1894;  ftrner  Eders 
Jahrbücher  f.  Photogr.  1891.  S.  538  und  1892.  S.  332. 

7)  0.  Wiener,  Ann.  d.  Phys. 


beim    Becqi: 

Schicht  von  chlorürhaltigem  Silberchlorid)  hende  Wellen  im  Vereine 
mit  sogenannten  Körperfarben  mit,  bei  Seebecks  und  Foitevins  Fapier- 
blldem  aber  sind  die  Farben  der  Bilder  aosschließüch  Körperfarben. 

Die  „Körperfarben"  entstehen  im  Lichte  nach  Wiener  in  folgender 
Weise :  *)  Eine  lichtempfindliche  Substanz  kann  nämlich  nur  durch 
Farbenstrahlen  verändert  werden,  die  sie  absorbiert.  Ein  lichtempfind- 
licher roter  Körper  wird  daher  durch  rote  Strahlen  nicht  verändert 
werden,  denn  er  wirft  sie  zurück,  und  ebenso  bleibt  ein  lichtempfind- 
licher gelber  and  blauer  Eörper  im  gelben  und  blauen  Lichte  unver- 
ändert. Hat  daher  eine  lichtempfindliche  Substanz  die  Fähigkeit,  bei 
der  Einwirkung  des  LichteB  verschiedene  Färbungen  anzunehmen,  so 
wird  sie  sich  unter  dem  Einflüsse  von  roten,  gelben,  grünen  Strahlen 
so  lange  verändern,  bis  sie  rot,  gelb,  grün  geworden  sind  und  die 
Färbung  bleibt  dann  bei  weiterer  Belichtung  stehen.  Dem  Poitevinschen 
Silberchlorür  kommt  diese  Eigenschaft  zu  und  dadurch  wird  das  Zustande- 
kommen der  Farben  erklärlich;  aber  alle  diese  Süberchlorürphoto- 
chromien  sind  unfisierbar,  weil  die  Fixiermittel  die  Farben  zerstören. 

Es  mußte  zufolge  dieser  Yoraussetzungcn  bei  diesen  Forschungen 
die  Photochromie  nach  zwei  verschiedenen  ßiohtungcn  verfolgt  werden : 
1.  Die  Photochromie  nach  der  Interferenzmethode,  welche  zu  Lippmanns 
Methode  führte,  und  2.  die  Photochromie  mittels  des  Ausbloicbverfahrens. 

Das  große  Verdienst,  Photochromien  erzeugt  und  auch  fixiert 
zu  haben,  gebührt  dem  Physikprofessor  an  der  Sorbonne  in  Paris 
Gabriel  Lippmann.  Derselbe  ist  am  16.  August  1845  unweit  Luxemburg 
geboren,  studierte  in  Heidelberg,  wo  er  1873  zum  Dr.  phil.  promoviert 
wurde,  dann  in  Paris  1875,  war  Schüler  am  „Lyc§e  Napoläon"  und  an 
der  „Ecole  normale  sup."  in  Paris,  seit  1878  Professor  an  der  Sorbonne. 
Er  befaßte  sich  mit  wissenschaftlichen  Untersuchungen  über  Elektrizität 
und  Optik  und  trat  in  seinem  Bericht  an  die  Pariser  Akademie  der 
Wissenschaften  vom  2.  Februar  1891  mit  seiner  berühmten  Methode 
der  Photographie  in  Farben  mit  der  sogenannten  Interferenzmethode 
hervor,')  bei  welcher  stehende  Lichtwellen  zur  Wirkung  kommen. 
Fig.  144  zeigt  das  Porträt  Prof.  Lippmanns. 

Bei  Lippmanns  Methode')  wird  bekanntlich  eine  Glasplatte  mit 
„komloser"  {resp.  möglichst  feinkörniger)  Schicht  von  Bromsilber  über- 

1)  Vergl.  O.Wiener,  innal,  d.  Physik,  femer  Eders  Jahrb.  f.  Phot  1896. 
8.  55.  —  BaroD  Eübl,  Die  Farbenphotographie  mit  Eilfe  des  Ausbleich verf ab reos 
{Riet  Korresp.   1904.  8.  103). 

2)  Compt  rend.  1891.  Bd.  112,  S.  274. 

3)  Über  die  Geschichte  der  Lippmannschen  Photochramie  („Interferenzpboto- 
diromie")  Bohreibt  Jourdan  im  „Brit  Jouro.  ot  Phot."  1900.  S.  613. 


446 


Erster  Teil,    Siebennndvieriigstea  Kapitel. 


zogen,  getrocknet  und  mit  Quecksilber  hintergosaen ,  das  als  Spie 
dient  Das  auffallende  Licht  bildet  mit  dem  reflektierten  stehende  Licbt- 
wellen.  Beim  Entwickeln  bilden  sicli  spiegelnde  Silberniederschläge, 
welche  durch  Reflexion  wieder  die  entsprechenden  Interferenzen  mit 
den  dazugehörigen  Farben  erzeugen. 

Anfangs  arbeitete  Lippmann  mit  Taupenotschen  Eiweißptatts 
die  Brüder  Lumierf  in  Lyon  stellten  1892  zueret  gelungene  Lippmannl 
Photochromien  auf  feinkörniger  Bromsübergelatine  her,   teilten  ih] 


Methode  am  23.  März  1892  der  „Soci6t6  des  sciences  ioduBtrieliea  i 
Lyon"  mit/)  welche  Publiltatioii  aber  in  weiteren  Kreisen  unbekannf' 
blieb,  so  daß  E.  Vatenta  in  Wien  gleichzeitig  und  unabhängig  davon 
an  derselben  Methode  arbeitete  und  gleichfalls  dos  Verfahren  publizierte.') 
Von  nun  ab  wurden  Gelatineeniulsionen  für  diesen  Zweck  toi 
wendet  und  den  Gebrüdern  Lumif>re  in  Lyon  gelang  die  erBR 
Porträtaufnabme  einer  lebenden  Person  in  nstürlicben  Farbe] 
im  Sommer  1893,  welche  sie  in  der  Internationalen  Photographis 


1)  Edere  Jahtb.  f.  Phot.  1894.  S.  450. 

2)  Phot.  Konesp,  Sept.  1892.  S.  435. 


Ausstellui 

aof  einem  Tische  ruhend,  mit  einer  griinen  Rebenwand  als  Hintergrund, 
auf  dem  Tische  ein  Glas  Rotwein).  Fig.  145  zeigt  die  autotypische 
Schwarzreproduktion  dieser  Photochromie,  welche  besonderes  Interesse 
verdient,  weit  sie  das  erste  photographische  Bildnis  eines  menschlichen 
Antlitzes  in  natürlichen  Farben  zum  Gegenstande  hat,  welche  in  direkter 
Aufnahme  nach  der  Natur  hergestellt  wurde. 

Fig.  146  und  Fig.  147  zeigen  die  Porträte  der  Brüder  Auguste 
Lumi^re  (geboren  am  17.  Oktober  1862  zu  Besannen  im  Departement 
du  Doubs  in  Frankreich)  und  Louis  Lumi^re  (geboren  am  5.  Oktober 
1864  in  Besan<;oD),  welchen  man  diese 
Leistung  und  auch  schöne  Landschafts- 
aufnahmcn  nach  Lippmanns  Ver- 
fahren,'} sowie  wichtige  Förderung 
der  indirekten  Dreifarbenphotographie 
(Diapositivverfahren),  der  kinemato- 
graphischen  Projektion  und  Verbesse- 
rungen in  zahlreichen  photographischen 
Prozessen*)  verdankt. 

Durch  diese  Arbeiten  der  Ge- 
brüder Lumi^re  war  das  Problem 
der  Herstellung  von  Photochromien 
mit  Naturaufnahmen  in  der  Kamera, 
sowie  die  Fixierbarkeit  der  Bilder  ge- 
löst und  die  Pariser  Weltausstellung 
1900  brachte  schöne  solche  Photo- 
graphien in  natürlichen  Farben  von 
Lippmann,  Lumiöre  undNeuhaulS     fMt-  »ä.  Erswi'ortrut-ptuiochmuMoimchdein 

>.j      ,.  111.1  1  .       Lippmannschon  Verfahroü.    AuTniihme  nach  der 

inBerim,  welch  letzterer  auch  zuerst    „^jq^  ,„^  ^„„  oebrüiierD  Luniii.ro  (isoai. 

die  Lamellenbildung  bei  Lippmanns 

Interferenz-  Methode  experimentell  auf  dem  Wege  der  Mikrophotographie 

nachwies. 

Die  Farbenkopiermethoden  oder  Photochromie  mittels  des 
Ansbl  eich  Verfahrens  beruhen  darauf,  daß  die  liebtempündlichen 
Farbstoffe  nur  von  jenen  Lichtarten  ausgebleicht  werden,  welche  sie 
absorbieren,  während  sie  von  Licht  gleicher  Farbe  nicht  zerstört  werden. 
Über  das  Bleichen  von  organischen  Farbstoffen  in  verschiedenfarbigem 
Lichte  hatte  bereits  Ä.  Vogel  (1813)  einige  Versuche  angestellt  (s.  S.  123 


1)  Jahrb.  f.  Phot.  1894.  S.  447. 

2)  Vergl,  Eders  Jalirbüoher  f.  l'hot. 


448 


Erster  Teil.    Siebennnd vierzigstes  Kapitel. 


und  124).    Jedoch  hatte  das  photocbemiscbe  Prinzip  dieser  Prozesse  erst 
Herschel  erkannt. 

Herschel  machte  1842  Studien  über  die  Wirkung  des  Sonnen- 
Bpcktrums  auf  Pflanzenfarben')  und  stellte  auf  Grund  seiner  Beobach- 
tungen fest,  daß  Farbstoffe  in  der  Regel  von  jenen  farbigen  Lichtstralilen 
zerstört  werden,  welche  die  komplementäre  Farbe  zu  ersteron  besit/.cn; 
er  führt  als  Beispiel  an,  daß  orangegelbe  Farbstoffo  am  stürkaten  von 
blauen  Strahlen  zei"stört  werden;  blaue  Farbstoffo  durch  rotes,  orange- 
farbiges und  gelbes  Licht;  purpurne 
und  nelkenrote  Farbstoffe  durch 
gelbes  und  grünes  Licht 

Die  Sache  kam  aber  in  Ver- 
gessenheit, bis  Wieners  gründliche 
Untersuchungen  (s.  S.  445)  sie  wie- 
der in  den  Vortiergrund  stellten  und 
die  Theorie  der  Entstehung  Ton  Kör- 
perfarben durch  Lichtwirkung  sicher- 
stellten. 

AVas    die    gcscliiclitliche    Ent- 
wicklung    dos    Ausbleich  Verfahrens 
anbelangt,    so    sind    die   VerufTent- 
lichungcn  von  R.  Ed.  Liesegang  auf 
diesem  Gebiete  noch  nicht  genügend 
gewürdigt.      In   seinem    „Photogra- 
phischen Archiv"  empfahl  genannter 
Forscher  bereits  1889  (Nr.  633,  328) 
die  drei  Gnindfarben  Kot,  Gtelb  und 
FL-  Uli    AuKusio  i.nmiüro  (ijoi,  iHj")        ^'''"  '^"^  Pflpier  ZU  mischoD.  Gleich- 
zeitig gibt  er  eine  vollkommen  rich- 
tige Erklärung  dafür,  wie  bei  dcrartigcu  Farhgc mischen  die  Farben  des 
bestrahlenden  Tjichtes  zustande  kommen.    In  seinem  „Photograpbiecben 
Ahnanach  für  1891"  hat  dann  R.  Ed.  Liesegang  diese  Notiz  dadurch 
erweitert,  dall  er  hinzufügte:    „Der  (Aus;l)leich-)Prüzeß  geht  im  Sauer- 
stoff 1-a.scher  vor  sich."    Wenige  Jahre  spiiter  veröfl'entlichte  R.  Ed.  Liese- 
gang-)   eine   Reihe   von    Untersuchungen,    welche    sich    auf    die   Be- 
schleunigung des  Ausbleichcns  vei-schicdoner  Anilinfarben   bei  Zusatz 
verschiedener  Chcmikulicn  {z.  B.  Zinnohlorür,  Oxalsäure,  Hydroxjlamin, 

ll  HersL'hcl  „Üu  thn  Ai'tiun  of  tlic  l'avN  of  thc  SuIat  Sjiectram  on  vegetaUe 
(■'"lours".  riiilosoiiliii:.  Trausaut.  1843.  —  Vergl.  auch  Hunt  .Researchee  on  Light* 
IMJ.  S.  IT«.'. 

L';  riiotogr.  Archiv.  1^93.  Kr.  72D  uud  730. 


Angeregt  durch  Wieners  Untersuchungen  {s.  S.  445)  stellte  Vallot 
zum  ersten  Male  1A95  Photocbromien  mittels  des  sogenannten  „Ausbleich- 
Terfahrens"  her.*)  Er  mischte  (geleitet  von  der  Idee,  den  Dreifarbendrack 
im  Ausbleichverfahren  anzuwenden)  lichtunechte  rote,  gelbe  und  blaue 
TeerfarbstoSe  (Änilinpurpur ,  Gurcuma  und  Viktoriablau)   und  bestrich 


damit  Papi 
wurde  bei 
unter  farbi 


welches  Dunmehr  schwärzlich  geförbt  war;   diese  Schicht 
Belichten  (Sonnenlicht) 


bigen  Transparentbilde 
blauen  Lichte  blau,  im  gelben  Lichte 
gelb,  im  roten  Lichte  rot,  indem  z.  B. 
das  rote  Liebt  den  blauen  und  gelben 
Farbstoff  ausbleicht  und  nur  den 
roten  übrig  laßt  usw.  Dieser  Prozeß 
Tallots  litt  aber  an  sehr  geringer 
Licbtempfindlichkeit. 

Karl  Worel  in  Graz  sowie 
R.  Neuhauß  in  Berlin  trachteten,  die 
notwendige  Belichtungszeit  dadurch 
abzukürzen,  daß  sie  oxydierende  Sub- 
stanzen suchten,  die  das  Ausbleichen 
der  Farbstoffe  beschleunigen,  die  also 
als  Sensibilisatoren  wirken  und  sich 
nach  erfolgter  Exposition  wieder  ent- 
fernen lassen. 

K.  Worel  verwendet  als  Zusatz  zu 
dem  Oemiaclie  roter,  gelber  und  blauer  Teer-  Fig.  UT. 

Huiben  ätherisohe  Öle,  besonders  einon  Be- 
standteil des  Auisöles  —  das  Anethol  —  und  erzielt  zwar  nicbt  hohe  Empfindlichkeit, 
kann  aber  das  Verfahren  auob  für  Papierbilder  benutzen.  Er  legte  dem  Orazer  Eluh 
der  Aniateurphotograpben  am  12.  November  HIOl  eine  Kollektion  Photographien  in 
Körperfarben  (sowohl  E am eraaaf nahmen  als  Kontaktdi'ucke)  vor  und  publizierte  sein 
VerTahren  am  13.  März  1902  im  Auz^ger  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Wien.') 

B.  Neubaaß  trat  mit  seinem  Terfahren  in  der  „Photogr.  Rundschau"  (Januar 
1902}  hervor  und  teilte  mit,  daß  er  vomelimlich  oxydierende  Substanzen  —  Wasser- 
stoffsuperoxyd, Peraulfat  usw.  —  als  Zusatz  zur  Farbstoffmischung  benutzt  und  damit 
eine  sehr  bedeutende  Steigerung  der  Lichtem pfind Heb keit  erzielt,  vorausgesetzt,  daß 


e  UnmlSra  Igeb.  lB6ti. 


1)  NenbauD,  Pbot.  RundBchau.  1903.  S.  2!58. 

2)  Boniteur  de  la  Pbot.  1895;  Jahrb.  f.  Phot  1890.  S.  499. 

3)  Vergl.  Jahrb.  f.  Phot,  1902.  8.  544. 

d«T,  UiiDdbnch  der  EniolOKr»|ilue.    I.  Teil.    3.  Aafl. 


450  Ei-ster  Teil.    Siebenund vierzigstes  Kapitel. 

die  FarbstofTe   mit  Gelatine  auf  Glas  übertragen  und  die  Schichten  noch  feucht  be- 
lichtet werden.^) 

J.  Szczepanik  in  Wien  benutzt  auch  dreierlei  Farbstoffe,  verwendet  sie  aber 
nicht  in  Mischuug,  sondern  trägt  sie,  mit  einem  geeigneten  Bindemittel  (Gelatine, 
Kollodium  usw.)  vereint,  in  Schichten  übereinander  auf  Papier  auf.*) 

Während  beim  Ausbleichverfahren  die  zerstörende  Wirkung  des 
Lichtes  zur  Herstellung  farbiger  Kopien  benutzt  wird,  kommt  bei  anderen 
Prozessen  die  Erzeugung  von  Farbstoffen  aus  ihren  Leukobasen  durch 
photochemische  Oxydationsprozesse  zur  Verwendung;  reduziert  man 
z.  B.  die  wässerige  Lösung  von  rotem  Rhodamin  mit  Zinkstaub  und 
Essigsäure  (eventuell  unter  Zusatz  von  Natriumazetat),  so  entsteht  die 
farblose  Leukobase,  welche  nun  mit  Äther  ausgeschüttelt,  mit  Kollodium 
vermischt  und  auf  Papier  aufgetragen  wird.  Im  Dunklen  bleibt  die 
Schicht  farblos,  beim  Belichten  wird  aber  die  Leukobase  unter  Sauer- 
stoffaufnahme wieder  rot.  Ähnlich  verhalten  sich  verschiedene  andere 
Farbstoffe.  Diese  Lichtempfindlichkeit  von  Leukobasen  hatte  0.  Gros 
in  Leipzig  1901  entdeckt, 3)  derselbe  Forscher,  welcher  gemeinsam  mit 
Prof  Ostwald  die  „Katatypie"  im  Jahre  1902  erfand.^)  Durch  das 
eingehende  Studium  der  photochemischen  Färbung  von  Leukobasen 
durch  Entstehung  der  entsprechenden  roten,  gelben,  blauen  usw.  Farb- 
stoffe kam  E.  König  1904  zu  einem  Kopier  verfahren  für  Dreifarben- 
druck, der  sog.  „Pinakotypie''.^) 

Diese  Verfahren  sind  jedoch  noch  alle  praktisch  unfertig  und  wir 
begnügten  uns,  ihre  historische  Entwicklung  festzustellen. 


1)  Vergl.  Jahrb.  f.  Phot.  1903.  S.  48. 

2)  Phot.  Korresp.  1902. 

3)  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie.   1901.   Bd.  37,  S.  157. 

•l)  Phot.  Korresp.  1903.  S.  53,  1)8,  113;  ferner  Eders  Jahrb.  f.  Phot  1903  u.ff. 

5)  Ibid.  1904.   S.  521. 


ACHTUNDVIEEZIGSTES  KAPITEL. 

PHOTOGEAPHISCHE  PACHLITERATUIt,  FACHGESELL- 
SCHAFTEN  UND  BILDUNGSSTÄTTEN. 


Zur  Orientierung  über  den  Einfluß,  welchen  die  ältesten  plioto- 
grapbischen  Fachzeitschriften,  Vereine  und  Bildungsstätten  auf  die  Photo- 
graphie übten,  seien  hier  einige  kurze  Mitteilungen  angeschlossen,  welche 
keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit  machen  wollen.') 

Die  ältesten  photographischen  Fachjoiirnale  sind  in  Amerika  ent- 
standen. Die  erste  speziell  der  Photographie  gewidmete  Fachzeitschrift 
der  Welt  erschien  in  Boston  unter  dem  Titel:  „The  Daguerreotype. 
A  magazine  of  foreign  literature  and  science.  Compiled  chiefly  from 
the  poriodical  publieations  of  Engtand,  France  and  Germany"  in  drei 
Bänden  von   1847  bis  1819. 

Nachdem  diese  älteste  photographische  Fachzeitschrift  nach  drei- 
jährigem Bestände  eingegangen  war,  gründete  S.  D.  Humphrey  in 
Newyork  ein  neues,  der  Daguerreotypie  gewidmetes  Journal  unter  dem 
Titel:  „The  Dagiierreian  Journal.  Devoted  to  the  Daguerreian  and  photo- 
genic  arts."  Es  begann  im  November  1850  zu  erscheinen,  änderte  im 
Jahre  1853  seinen  Titel  und  erschien  als:  „Huniphreys  Journal  of  the 
Daguerreotype  and  Photographic  arts  and  the  sciences  and  arts  per- 
taining  to  Heliography  (8  Bände,  V— XII)  1853—1862"  und  von  da 
ab,  redigiert  von  Prof.  John  Towler,  als;  „Humphreys  Journal  of 
Photography  and  the  atlied  arts  and  sciences.  Edited  by  John  Towler" 
(1862  bis  1870). 

1)  Die  ältere  photogiaphische  Fachliteratur  vou  1839  bis  1860  registrierte  Ernst 
Ainandus  Zuchold,  welcher  übrigens  tiicbt  sehr  verlüDJiche  Angaben,  namentlich 
die  ältereo  Zeitschriften  betreffend,  gab,  in  seiner  „Bibliotheca  photographica",  Leipzig 
1860  (Selbstverlag).  Dnnn  gab  Hornig  in  soinem  „Photogra|)h.  Jahrbuch"  1877  u.  ff. 
Literatur  Verzeichnisse,  welche  bis  in  die  achtziger  Jahre  des  19. -labrbnndorts  reichen, 
heraus.  Der  verdienstvolle  Präsident  der  Wiener  Photographiachen  Oeseilscbaft,  Regie- 
mugarat  Prof.  Dr.  E.  Hornig,  verwendete  viele  Zeit  und  Mühe  auf  diese  Zusaminen- 
itdluugen. 


452  Erster  Teil.    Achtundvierzigstes  Kapitel. 

Huraphreys  Journal  blieb  jedoch  nicht  ohne  Konkurrenz,  indem 
zu  Beginn  des  Jahres  1851  H.  H.  Snellings  „The  Photographic  and 
fine  Art  Journal''  (H.  H.  Snelling,  Editor.  New-York,  95  Duane-Street; 
London,  Trubner  &  Co.,  N.O.,  Paternoster  Row.)  herausgegeben  wurde, 
welche  Zeitschrift  in  der  I.  Serie  bis  1853,  in  der  11.  Serie  von  1854 
bis  ca.  1860  erschien.  Snelling  starb  im  Alter  von  80  Jahren  am 
24.  Juni  1897  zu  Saint  Louis  in  Nordamerika.  Fig.  148  zeigt  das 
Titelblatt  eines  Bandes  dieser  Zeitschrift. 

Auch  in  Frankreich  veranlaßte  das  heranwachsende  Interesse  an 
der  Photographie  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  die  Gründung 
von  photographischen  Vereinigungen  und  Fachzeitschriften.  In  Paris 
wurde  die  „Soci6t6  Heliographique  de  Paris"  1851  gegründet  (von 
de  Monfort),  welcher  Niepce  de  St  Victor,  Ed.  Becquerel,  Che- 
valier, Le  Gray,  Regnault  u.a.  als  Gründer  angehörten.  Die  Vereins- 
zeitschrift war  das  Journal  ,,La  Lumiöre"  (erster  Jahrgang  Paris  1851), 
von  der  ungefähr  12  Bände  (in  nummerierten  Exemplaren  ^)  erschienen, 
welche  für  die  damalige  Zeit  sehr  wichtig  sind. 

Das  erste  deutsche  photographische  Journal  wurde  im  Jahre  1854 

von  W.  Hörn  begründet  (s.  S.  456). 

VoD  wisseuschaftlichen  photographischcn  Fachvereinen  erlangte  besondere  Be- 
deutung für  die  Entwicklung  der  Photographie  die  im  Jahre  1853  gegründete  Londoner 
Photograph isohe  Gesellschaft  mit  dem  ^Journal  of  the  Photographie  Society  of  Ijondon*^ 
(vom  März  1853  ab);  die  Royal  Photographic  So<'iety  ging  aus  den  Versammlungen 
einiger  Photographeii  hei*vor,  die  sich  in  den  Jahren  1851  und  1852  in  den  Räumen 
des  ^Art  Journal**  zusammenfanden.  Die  Gründung  einer  Photographic  Society  er- 
folgte am  20.  Januar  1853  im  Hause  der  ^Society  of  Arts*^.  Einige  Mitglieder  wollten 
am  Oründungstage  die  Resoluti(m  einbringen,  nicht  eine  neue  Gesellschaft,  sondern 
nur  eine  neue  Abteilung  der  ^Society  of  Ails"  zu  gründen;  die  Stimmung  für  eine 
unabhängige  Gesollsciiaft  behielt  aber  die  Oberhand.  So  wurde  die  Photographio  Society 
gegründet.  Zu  ihrem  ersten  Vorsitzenden  wählte  sie  Charles  Eastlake.  Bereits 
am  3.  Januar  1854  fand  die  erste  photographische  Ausstellung  statt.  Die  KönigiD 
Viktoria  und  der  Prinzgemahl  Albert  erschienen  mit  Gefolge;  das  Interesse  der  Königin, 
überhaupt  dos  Königshauses,  für  die  Photographie  erkaltete  seitdem  nicht.  Eirte 
Vereinszeitschrift  wurde  unter  dem  Titel  ^Photographie  Journal''  herausgegeben,  stürzte 
die  Society  aber  allmählich  in  Schulden,  die  sic^h  im  Jahre  1860  auf  7500  Mk.  beliefen, 
von  da  ab  aber  durch  Sparsamkeit  vermindert  wurden.  ISüO  war  die  Zahl  der  Mitglieder 
und  die  finanzielle  Lage  derart  gebessert,  daß  man  daran  denken  konnte,  eigene  Vereins- 
räume in  Great  Russell  Street  50  zu  beziehen.  Im  August  1894  verlieh  die  Königin 
von  England  der  Gesellschaft  den  Titel  „Royal  Photographic  Society  of  Great  Britain*^.') 

In  Frankreich  wurde  am  15.  November  1854  in  Paris  die  „Sooi6t6 

fran9aise  de  Photographie''   gegründet;   dieselbe  überflügelte   bald   alle 


1)  Ein  komplettos  Exemplar  dieser  Zeitschrift  befindet  sich  in  der  Bibliothek 
der  k.  k.  Graphischen  Lehr-  und  Vei^uchsanstalt  in  Wien. 

2)  Phot.  Rundschau.  1903.  S.  169. 


anderen   äH 


langte  durch  ihr  seit  1855  erscheinendes  Vereinsorgan    , Bulletin  de  la 


«atüEi  phutu^raphiHChüD  Fbchieitschtüton. 


SociM  franijaise  de  Phot",  sowie  durch  Preisausschreibungen  einen 
großen  und  bleibenden  Einfluß  auf  die  Fortschritte  auf  dem  Gebiete 
der  Photograpbie  (s.  u.). 


45-i-  Erster  Toil.     Achtundvierzigstes  Kapitel. 

Auch  in  Bombay  in  Britisch -Ostindien  wurde  1855  eine  photo- 
graphische (lescllschaft  gegründet,  welche  das  „Journal  of  the  Photo- 
graphie Society  of  Bombay"  herausgab. 

In  Schottland  wurde  1856  eine  photographische  Gesellschaft  ge- 
bildet, deren  Schutzherr  Prinz  Albert  und  deren  Vorstand  Sir  David 
Browster  war,M  abgesehen  von  kloinen  Vereinen,  die  in  verschiedenen 
Orten  für  längere  oder  kürzere  Zeit  ihre  Wirksamkeit  entfalteten. 

Die  Leistungen  der  Photographie  wurden  dem  großen  Publikum 
zuerst  auf  den  internationalen  allgemeinen  Weltausstellungen  in 
London  (1851)  und  Paris  (1855)^)  u.  ff.  vorgeführt,  woran  sich  die 
zahlreichen  Fachausstellungen  der  photographischen  Gesellschaften 
in  London  (s.  o.),  Paris,  ferner  Birmingham  (Sept.  1857)  usw.  an- 
schlössen und  wortvolle  Anregungen  gaben. 

Hier  sind  insbesondere  die  erfolgreichen  Preisausschreibungon  und 
zaiilreichen  Anregungen  der  Pariser  Photographischen  Gesellschaft;  zu 
erwähnen.  Den  gnHUen  Krfolg  hatten  die  Preisausschroibungen  des 
Herzogs  von  Luynes  vom  »Tahre  185(>.  Der  Herzog  hatte  die  ersten 
1855  ausgestellton  photographischen  Kopien  in  Paris  gesehen  und  wollte 
angesiclits  der  allerdings  noch  sehr  unvollkommenen  Proben  die  Lösung 
(los  Problems,  unveränderliche  photographischo  Drucke  herzustellen, 
beschleunigen.  Er  schrieb  185G  durch  die  Pariser  photographische 
(Jesellschaft  zwei  Preise  aus: 

Der  eine  })estand  aus  8000  Franks  und  betraf  die  Lösung  der 
Aufgabe,  Ijichtbilder  —  ohne  daU  die  menschliche  Hand  bei  der  Zeich- 
nung helfen  mullte  —  mittels  der  Kupferd rucker-  oder  der  Steindruck- 
pressc  zu  vervielfältigen.  Der  Einschreibungstermin  wurde  am  I.Juli 
1859  geschlossen.  —  Ftdls  kein  Bewerber  nach  dem  Urteil  einer  von 
der  Soci6tr  fran^aise  de  i)hotographie  zu  Paris,  an  welche  die  Abhand- 
lungen zu  schicken  waren,  gewählten  Kommission  den  Bedingungen  des 
Progranimes  in  der  Art  entsprochen  hatte,  daß  ihm  der  große  Preis  zu- 
erkannt werden  könnte,  ist  dieselbe  berechtigt,  einen  Teil  jener  Summe 
zui'  Aufmunterung  demjenigen  oder  denjenigen  l^ersonen  zu  überweisen, 
welche  zur  Lösung  der  Aufgabe  am  meisten  beigetragen  haben,  entweder 
durch  Entdeckung  neuer  Methoden,  oder  durch  Verbesserung  der  schon 
bekannten.  Der  zweite  Preis  von  2000  Franks,  dessen  Bewerbungszeit 
mit  dem  1.  Juli  1858  ablief,  war  demjenigen  bestimmt,  welcher  inner- 
halb zweier  Jahre  hinsichtlich  des  Kopierens  der  positiven  Bilder  und 

1)  .lourn.  Phot.  Soc:.  London.  Bd.  :i.   18o().  S.  48. 

■J)  Dio  Berichte  der  Jury  der  Abteilung  ^Photoj^fraphio*'  auf  der  allgemeinen 
Ausstellun^r  in  Paris  1835  (Bcriuhtei-statter  Benj.  Delessert  und  Louis  Savene) 
cr.sthioui>n  1857  (s.  „La  Lumioro"  1857.  S.  43  u.  IT.). 


^^^  deren  Erlu 


Entdeckung  neuer  Verfahningsarten  oder  durch  ein  vollständig  ätudiam 
der  verschiedenen  cbemiBchen  uod  physikalischen  Wirkungen,  welche 
bei  den  angewendeten  Verfahrungsarten  eine  Koiie  spielen,  oder  zur 
Veränderung  der  Bilder  beitragen.  Es  war  ferner  bestimmt,  daß  die 
Abhandlungen  und  Bel^stücke  im  Archive  der  Gesellschaft  aufbewahrt 
werden  sollen,  i) 

Diese  Preise,  welche  wohl  nicht  alle  1858,  sondern  zum  Teile  viel 
später  verteilt  wurden,  förderten  nachhaltig  das  Pigment  verfahren,  den 
Gummidruck  und  die  photomechanischen  Verfahren  mit  Chromatgelatine  i 
sie  waren  ein  Ansporn  für  die  Arbeiten  Poitevins  und  anderer  Forscher, 
wie  insbesondere  bei  der  Geschichte  des  Pigmentprozesses  usw.  er- 
wähnt ist.*) 


Im  Jahre  1861  erfolgte  die  Gründung  der  Photographischen 
Gesellschaft  in  Wien,')  deren  erster  Präsident  A.  Martin  (s.  S.  225  und 
247)  war.  Als  Vereinszeitschrift  diente  anfangs  Kreutzers  „Zeitschrift 
für  Photographie",  von  1864  ab  Schranks  „Photographische 
Korrespondenz".*)  Die  Wiener  Photographischc  Gesellschaft  rief  auch 
am  17.  Mai  1864  eine  photographische  Spczialausstellung  in  Wien 
ins  Leben,  welche  die  erste  dieser  Art  in  Österreich  und  Deutschland 
war  und  daselbst  in  ähnlicher  Weise  befruchtend  für  die  Förderung  der 
Photographie  wirkte,  wie  dies  bei  den  englischen  und  französischen 
Ausstellungen  der  Fall  war.^) 

In  dieselbe  Zeit  (1863)  fallt  die  Gründung  des  Vereins  zur  Förderung 
der  Photographie  in  Berlin,  io  welchem  Professor  H.  W.  Vogel  mit 
größtem  Erfolge  seine  Tätigkeit  entwickelte  und  die  „Photographischen 
Mitteilungen"  gründete. 

Während  alle  diese  Gesellschaften  hauptsächlich  mit  der  wissen- 
schaftlichen  und   künstlerischen   Seite    der  Photographie  sich   befaßten, 

1)  BuU.  Boc.  fran?.  1S5Ö.  S.  214. 

2)  Veigl.  S.  348  diesea  Buches,  sowie  Edeis  ausführl.  Handb.  d.  Photogr, 
Bd.  4.  2.  Aufl.  S.  311. 

3)  Vergl.  Phot.  Korresp.  1901.  S.  727. 

4)  Diese  ging  später  in  den  BesiU  von  Professor  Hornig  über,  der  sie  von 
1870  bis  1885  herausgab  und  sie  dann  der  Wiener  Pbotographisohen  Gesellschaft  als 
Schenkung  widmete. 

5)  Im  Jahre  10O4  veranstaltete  die  Wiener  Photograph  isohe  Gesellschaft  in 
Reminiszenz  dieses  Ereignisses  eine  große  Ausstellung  im  k.  k.  oaterr.  Museum  für 
Eonst  uod  Industrie  ia  Wien, 


456  Erster  Teil.     Achtundvierzigstes  Kapitel. 

wurde  1S76  in  Weimar  der  Deutsche  Photographenverein  durch 
K.  Schwier  gegründet,  welcher  auch  die  gewerblichen  Interessen  durch 
Unterstützungsfonds  für  Prinzipale  und  Gehilfen  usw.  ins  Auge  faßte. 
In  der  Folge  wurde  in  Wien  1882  ein  Verein  gegründet  („Verein  photo- 
graphischer Mitarbeiter'*),  welcher  in  erster  Linie  den  Zweck  verfolgte, 
durch  Stellenvermittlung  und  eine  Krankenkasse  für  die  Gehilfen  zu 
sorgen,  und  in  der  Folge  entstanden  auch  an  anderen  Orten  ähnliche 
Vereinigungen. 

Es  folgten  dann  noch  zahlreiche  Fachvereine,  welche  die  Photo- 
graphie in  künstlerischer,  wissenschaftlicher  und  gewerblicher  Richtung 
nachhaltig  fc)rderten. 

Anfangs  waren  die  Fortschritte  der  Photographie  besonders  in 
französischen  Zeitschriften  (z.  B.  den  Comptes  rendus  der  Pariser  Akademie 
der  Wissenschaften)  sowie  in  der  englischen  Literatur  zu  finden.  Das 
Dingler  sehe  polytechnische  Journal  brachte  seit  1839  viele  dieser 
Artikel  in  deutscher  tibersetzung.  Das  erste  in  deutscher  Sprache  er- 
schienene Lehrbuch  der  Photographie  „Repertorium  der  Photographie 
Wien  1846*'  gab  im  Jahre  1846  A.  Martin  in  Wien,  Kustos  (später 
Bibliothekar)  am  k.  k.  Polytechnischen  Institute  in  Wien  heraus,  nach- 
dem er  selbst  seit  der  Entdeckung  der  Photographie  einer  der  ersten 
Amateurphotographen  war  und  am  Wiener  Polytechnikum  viele  An- 
regung gab  (vorgl.  S.  225).  Der  Photograph,  Maler  und  k.  k.  technische 
Beamte  Wilhelm  Hörn  in  Prag  gab  1854  das  erste  deutsche  „Photogr. 
Journal,  Magazin  praktischer  Erfahrungen  auf  dem  Gebiete  der  Photo- 
graphie'' (Verlag  0.  Spamer  in  Leipzig)  heraus  (1854—1865,  Bd.  1  —  23). 
In  den  Jaiiren  1855  — 1857  publizierte,  angeregt  durch  Martin,  der 
Bibliotheksbeamte  des  Wiener  Polytechnikums  Karl  Josef  Kreutzer 
einen  ,,Jahresbericlit  über  die  Fortschritte  und  Leistungen  im  Gebiete 
der  Photographie  mit  genauer  Nachweisung  der  Literatur"  (Wien), 
wonach  er  1860  die  „Zeitschrift  für  Photographie  und  Stereoskopie^ 
gründete,*)  welche  anfangs  das  Organ  der  Wiener  Photographischen 
Gesellschaft  war,  während  später  (ab  1864)  die  „Photographische 
Koirespondenz''  hierzu  diente.  In  England  wurde  1854  das  „Liverpool 
Photographie  Journal*' 2)  gegründet,   das   1856  in  die  große  englische 


1)  Ki'fuitzrr  kam  in  seinen  späteren  lA'bensjahren  als  Bibliothekar  nach  Graz, 
wo  er  in  oinom  Aufali  von  Goisteszerrüttung  durch  Selbstmord  1863  eudete.  Bibliotheks- 
l^oanuer  Lukas  des  Wiener  Polytechnikums  in  Wien,  welcher  kurze  Zeit  gemein- 
sdiaftlich  mit  Kreutzer  dio  Zeitschrift  i-edigiert  hatte,  führte  die  von  Kreutzer  ge- 
gründete Zeitschrift  weiter,  welche  1864  zu  erscheinen  aufhörte. 

*J)  Vorgl.  Biit.  .louni.   Phot.  1001.  S.  350. 


wurden  in  London  1856  „The  Photographie  News"  gegründet,  die  noch 
hente  bestehen.  An  diese  schlössen  sich  in  Deutschland  das  von  Liese- 
gang gegründete  „Photogr.  Archiv"  (1860—1897)  und  H.  W.  Vogels 
„Photogr&iihieche  Mitteilnngen"  an,  weichen  zahlreiche  andere  Fach- 
joumale  folgten. 

Die  erste,  der  Anwendung  der  Photographie  in  der  medizinischen 
Wissenschaft  gewidmete  Fachzeitschrift  war  die  „Revue  mödico- 
photographique  des  hospitaux  de  Paris",  gegründet  von  Dr.  de 
Uontm^ja;  deren  1.  Jahrgang  1869  erschien  und  z.  B.  im  Jahrgang 
1875  mit  Woodburydrucken  reich  illustriert  war. 

Yon  der  größten  Bedeutung  für  die  künstlerische  Entwicklung  der 
Photographie  wurden  die  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  19.  Jahrhunderts 
gebildeten  Vereinigungen  von  Amateurphotographen,  inabesondere  die 
Amateurklubs  in  London,  Wien,  Paris  usw.  Die  Ausstellungen  der 
Aaiatearphotographen  sowie  die  Publikationen  in  photographisch -künst- 
lerischer Richtung  in  ihren  Vereinsorganen  wirkten  im  besten  Sinne 
vorbildlich  auf  die  Weiterbildung  der  Photographie  als  jüngsten  Zweig 
künstlerischen  Schaffens.  Diese  Epoche  der  künstlerischen  Photographie 
gehört  der  Gegenwart  an  und  es  genügt,  dieselbe  hier  anzudeuten. 
Mit  dem  Aufschwünge  der  Amateiirphotographie  ging  ein  rasches  Erapor- 
blöhen  der  photographischen  Industrie  (Fabrikation  von  Apparaten,  photo- 
graphischen Platten  usw.)  Hand  in  Hand.  Auch  verdankt  die  Photo- 
graphie zahlreiche  wichtige  Erfindungen  und  Neuerungen  der  rastlosen 
Tätigkeit  der  Araateurphotographen. 

Die  Entwicklung  der  Photographie  und  ihrer  Hilfswissenschaften 
vollzog  sich  auf  allen  Gebieten  außerordentlich  rasch.  Die  photo- 
graphiscbe  Technik,  sowie  die  Anwendung  der  Photographie  im  Ge- 
werbe, in  der  Kunst  und  Wissenschaft,  darunter  auch  der  Medizin  und 
Chirurgie,^)  nahmen  einen  ungeahnten  Aufschwung,  namentlich  seitdem 
die  Photographie  einerseits  ein  wichtiges  Hilfsmittel  für  das  Buchgewerbe 
und  das  Ulustrationswesen  und  anderseits  durch  die  enorme  Lichtempfind- 
liohkeit  der  Bromsilbergelatineplatten  im  Vereine  mit  ihrer  leichten  An- 
wendbarkeit die  Photographie  ein  Gemeingut  aller  Gebildeten  geworden 


1)  Herausgeber  dieses  Blattes  waren  Sir  William  Crookes,  John  Trail 
Taylor,  W.  C.  Bolton  u.a. 

2)  Es  sei  liier  nur  die  Photographie  mit  RöDtgeostralilen  (entdeckt  von  Prof. 
W.  C- BÖDtgeo  im  Jahre  1895),  die  Radiotherapie  (vörgl.  Dr.  L.  Freund,  Grundriß 
der  gesamten  Badiotherapie,  Wien  1003,  Verlag  Uiban  und  Seh  warzenberg)  usw. 
erwäfaoL 


458  Erster  Teil.     Achtundvierzigstes  Kapitel. 

war;    auch   sei   hier   nur   kurz   die  Wichtigkeit   der   polizeilichen    und 
gerichtlichen  Photographie  erwähnt. 

Die  älteste  photographische  Privatlehranstalt  in  Deutschland  war 
wohl  die  von  Dr.  J.  Schnauß  in  Jena  gegründete.  Er  eröflhete  seine 
Anstalt,  welche  er  15  Jahre  innehatte,  am  1.  Mai  1855  mit  zwölf 
Schülern,  welche  einzelne  praktische  Methoden,  insbesondere  das  da- 
mals noch  nicht  allgemein  bekannte  nasse  Kollodiumverfahren,  gegen 
ein  Honorar  von  20  bis  25  Taler  erlernten.  ^) 

Die  erste  photographische  Schule  für  Zwecke  der  Armee  wurde 
wohl  in  England  zu  Chatom  in  der  Grafschaft  Kent  im  Jahre  1856  er- 
richtet und  zwar  für  junge  englische  Offiziere,  die  mit  den  topographischen 
Arbeiten  betraut  worden  waren.  Gleichzeitig  wurden  ausgedehnte 
chemische  und  physikalische  Laboratorien  sowie  große  photographische 
Arboitssäle  hierfür  eingerichtet,*^)  woran  sich  später  das  photographisch - 
kartographische  Institut  in  Indien  (Calcutta)  unter  Leitung  des  verdienst- 
vollen Oberst  Waterhouso  anschloß.  In  Europa  gelangte  später  beson- 
ders das  k.  k.  Militärgeogj'aphische  Institut  in  Wien  zu  hoher  Bedeutung. 

Die  Bedeutung  der  Photographic,  sowohl  zu  Zwecken  der  eigent- 
lichen Fachphütographio,  als  auch  für  die  graphischen  Kunstgewerbe 
und  die  Wissenschaft,  wurde  auch  durch  ihre  Einbeziehung  als  Lehr- 
gegenstand in  staatlichen  Unterrichtsanstalten  anerkannt.  Zuerst  wurde 
in  Berlin  eine  Lehrkanzel  für  Photochemie  und  ein  photochemisches 
Laboratorium  an  der  Kgl.  Gewerbeakademie,  welche  später  zur  Kgl.  Tech- 
nischen Hochschule  umgewandelt  worden  war,  errichtet;  der  berühmte 
H.  W.Vogel  war  1865  Dozent,  187,S  daselbst  Professor  und  ein  frucht- 
barer Förderer  der  Photographie,  welcher  zahlreiche  Schüler  ausbildete; 
sein  Nachfolger  im  Lehramte  ist  Prof.  Mio t he.  In  Dresden  wirkt  seit 
vielen  Jahren  erfolgreich  Prof.  Hermann  Krone  an  der  Kgl  Tech- 
nischen Hochschule;  auch  in  Wien  waren,  ebenso  wie  in  Paris  und 
London,  Dozenten  für  Photographie  an  höheren  Lehranstalten  tätig,  und 
zwar  an  der  Technischen  Hochschule  in  Wien  zuerst  Dr.  E,  Hornig, 
Präsident  der  Wiener  Photographischen  Gesellschaft,  später  (seit  1880) 
J.  M.  Eder,  in  Paris  Prof.  Vidal  an  der  Ecole  des  arts  et  metiers,  in 
London  insbesondere  Abney  u.  a.  An  den  deutschen  Hochschulen  be- 
tätigten sich  namentlich  die  berühmten  Chemiker  Bunsen  und  Roscoö 
mit  photochemischen  Untersuclmngon  und  in  neuerer  Zeit  die  Schule 
des  Universitätsprofossors  Ostwald  in  I>eipzig,  ferner  Luther,  Nernst 
und  andere  verdienstvolle  Forscher,  deren  Aufzählung  zu  weit  führen 


1)  Biographie  von  Dr.  J.  Schnauß  s.  Phot.  Korix>sp.  1894.  S.  365. 
*J)  .lourn.  Phot.  Sog.  iA)n(lon.  1S.")0.  Bd.  3,  S.  7:5. 


photo chemische  Prozesse. 

Die  erste  selbständige  staatliche  Unterrichtsanstait,  welche  nebst 
einer  wissenschaftlicb-photocheniischen  Versuchsstation  eine  ausschließ- 
lieh der  Photographie  und  den  verwandten  Fächern  gewidmete  Lehr- 
anstalt ist,  wurde  in  Wien  errichtet,  und  zwar  anfänglich  unter  dem 
Titel  „kaiserlich  königliche  Lehr-  und  Versuchsanstalt  für  Photographie 
und  Reproduktionsverfahren  in  Wien",  welche  über  Initiative  des  Unter- 
richtsministers Dr.  Freiherr  von  Gautseh  nach  allerhöchster  kaiser- 
licher Entschließung  vom  27.  August  1887  aktiviert  und  am  1.  März 
1888  eröffnet  wurde  (die  Geschichte  dieser  Anstalt  ist  im  Beiblatt  zum 
Centralblatt  für  gewerbliches  Unterrichtswesen  in  Österreich  1898  ent- 
halten), wobei  Ministerialrat  Graf  V.  Baillet-Latour  (später  Unterrichts- 
minister) als  Referent  fungierte.  Im  Jahrs  1897  wurde  auch  der  Buch- 
druck, die  Heliogravüre  und  die  Lithographie  an  dieser  Anstalt  ein- 
geführt, und  ihr  Titel  in  ,,k.  k.  Graphische  Lehr-  und  Versuchsanstalt" 
geändert.  Die  Organisation  dieser  Anstalt,  welche  (wie  aus  den 
Akten  ersichtlich  ist)  J.  M.  Eder  selbständig  ausgearbeitet  und  im  Auf- 
trage des  ünterrichtsmin isters  durchgeführt  hatte,  war  vorbildlich  für 
andere  der  Photographie  gewidmeten  Lehranstalten  geworden.  Diese 
gehören  der  neuesten  Zeit  an  und  betätigen  sich  alle  in  reger  Wechsel- 
wirkung mit  den  Berufs-  und  Fachphotographen,  Amateuren  aus  allen 
Kreisen  der  Wissenschaft  und  Kunst,  den  privaten  photomechanischen 
Reproduktionsanstalten,  den  staatlichen  militärisch -kartographischen  In- 
stituten und  den  Staats-  oder  Reichsdruckereien  an  der  weiteren  Aus- 
bildung der  Photographie  im  eifrigen  Wettbewerbe. 

Die  Photographie  hat  sich  ganz  entsprechend  ihrem  Wesen  und 
ihrem  Entwicklungsgange  einen  unbestrittenen  Platz  in  der  Reihe  der 
Künste  und  Wissenschaften  errungen.  Sie  ist  zu  einem  unentbehrlichen 
Faktor  im  modernen  Geistes-  und  Kunstleben  geworden. 


Autoren  -  Register. 


Abildgaard  94.  96 
Abney  2(>8.  280.  298.  299. 

337.  458 
Abiilcasem  19 
Accum  77 
Airy  38 
Alton  162 
AI  Farabi  19 
AI  Husen  1 
Albort,  A.  403.  406.  408. 

412 

—  E.  280.  322.  323.  396. 
406.  423.  436.  437 

~  J.  406.  407.   432.  434 
Albert  der  Große  s.  Alber- 
tus Magnus 

—  Prinz  von  England  4.54 
Albertus   Magnus   17.    18. 

19.  48 
Alhazen  19 
Alinari  28 
Alkiudi  19 
Allen  292 

Almeida,  J.  C.  d'  432 
Ambuise,  Georges  d'  160. 

161 
Andraud  291 
Andresen  299.  300 
Andronikos  3 
Angerer,  A.  414 

—  C  412.  413.  414.  420. 
'421.423.424.  436.  437 

—  L.  266 

—  V.  395 
Anschütz    212.  310.    311. 

312  I 

Anthony  20').  277.  417        , 
Appelikon  3 


Aquilonius  281.  426 
Arago  18.  100.   103.    122. 

178.  179.  184.  185.  186. 

187.  196.  197.  198.  199. 

289 
Archer,  Fanny  263 

—  Scott  262.  263.  268 
Argenteuil,    Marquis    von 

348 
Aristophot-Ge8ell8chaft303 
Aristoteles  1.  2.  3.  4.  6. 

33.  48 
Armstrong  332 
Arnaud  293 
Arndt  341 
Arrhenius  131 
Artiguo  354 
Artus  6.  137 
Ashton  382 
Asser  402 
Athalin  195 
Attout-Tailfor  323 
Aubert  166 
Aubree  327 
Auer  von  Welsbach,  Alois 

25.  333.  360.  361.  362. 

363.  364.  365.  368.  374. 

412 

—  Karl  333 
Averroes  2 
Avicenna  1 
Axniann  370 

Bacon,  Lord  38 

—  Roger  2.  17.  19.  26.  27 
Baillet- Latour,  Graf  459 
Baiard  134 

Balduiu  48.  49.  .ÖO 


Baldus  386.  388 
Bancroft  45 
Barbaro  27.  30 
Barreswil  397.  398.  399 
Batut  293 
Baudin  261 
Baudry  252.  398 
Bauer,  A.  13.  14.  16.  102. 
218 

—  Francis  160 

Bayard  VII.  241.  242.  335 
Beard  236 
Beaumont,  de  187 
Beauregard,  Testud  de  349. 

444 
Beautemps-Beaupre  289 
Beccarius    (Beooaria)    52. 

53.  54.  58.  59.  61.  64, 

104 
Becher  11.  12 
Beck  407 
Becquerel,  A.  C.  441 

—  A.  E.  VL  66.  258  3ia 
319.'  345.  373.  432.  440. 
441.  442.  443.  444.  445. 
452 

Beechey  280 
Begelow  261 
Behrens  355 
Bellini  279 
Belloc  263 
Benedetti  31 
Bennett  298 
Bentinglio  244 
Berard  144 
Berchtold  415 
Beigel  6 
Bergman,  T.  0.  85.  70 


Brkfley  2fm 
Borna  217.  2ia  Ü19.  254. 

256.  284.  326.  369.  37a 

371.  373 
BerthoUet  56.  71.  78.  79. 

80.  83.  86.  87.  107.  108. 

111.  116.  125.  126.  127 
BertilloD  302 
Bertrand  285 
BensolL  285 
Berxelias     30.    131.    136. 

137.  149.  150.  313 
BessoQ  195 
Bestasoheff  47.  71.  120 

Bezold  Vda  438 
Bezzen  berger  142 
Biedern) Bun  201 
Bindheim  80 


Biot  240.  334 

Bire  247 

Bischoff  7.  59 

Black  81 

Blanquard  -  Evrard       162. 

243.  246.  247.  251  252. 

253.  254.  258,  335.  338. 

400' 
Biecbinger  390.  395.  396 
Bloch  167.  204 
Boccone  22.  23.  24 


Bodansteiff  370 
Bois-Reymond,  ' 


1  354 


BoUay  96 

Bollm 

Bollstädt,  Graf  (=  Albertus 

Hagiins)  17 
Bolton,  W.  B.   279.    280. 

429.  457 
BoDDet  64 

Bonvoisin  ^  BucDvictno 
Bondns  54.  58.  59.  64.  69 
BoBange  371.  372 
Böttger  261 
BOttiger  6 


BOUltOD    101 

Boassinganlt  146 
Bouasod  393.  395.  396.  436 
BoutoD  163 
BontroD-Cbalard  150 
Boavard  166 
Boyle  19 

Braconnot  138.  250 
Bradford  401 
Brand  49.  50 
Braudau  11 
Brande  326 
Brandenburg  129 
BrandcB  133.  134.  137 
Brasseur  440 
Braua,  A.  320.  353 

—  G.  Vm.  320.  321.322. 
396.  398 

Brebisson ,  de  258.  336 

Breese  264 

Brewater     39.    281.    282, 

42S.  430.    154 
Biothera  H30 
Brown  306 

—  G.  E.   vm.   158.   168. 
180.  204 

BruckmanD  396 
Hrüdar    Jauterö  2 
Brilon  iit..l]i   123.  130 
Brumer  290 
Buchholz  94.  109 
Buchner    81.     127.    129. 

130.  132. 137.  144.  147. 

149.  I.')0 
Bueholz  122.  125.  126 
Bnllock,  E.  416 

—  J.  416 

BuDBen  114.115.326.326. 

329,  333.  458 
BoonTicino  (=  Bonvoisin) 

89 
Bürger,  W.  275 
Burgpss  297 
Barkbaidt  137 
Bomett  258.  350.  415 
BüBoh  38 
Bufis  338 
BuiensUin  436.  437 


Cai     rsac,  Lafon  de  356 
CameroD  267 
Camp,  du  252.  253 
Campeel  111 
Camus  163 
CarboneU  137 
Cardani  29 

Carl  Philipp  (Pralzgrsf)  16 
Carpenter  285 
Casaseca  134 
CaBciorolo  48 
Caatel  57 
Cavaton  129 
Ceüio  38 

Cenoino,  Oenoiai  56 
GhampollioD  194 
Chaptal  6.  81.  82.  83 
Qiardon  280 
Charles  100.  101 
CiiauIncM    Herzog  von  434 
Cherill  429 

Chevalier  159.  202.   203. 
220.  227,  284.290.452 

—  Arthur  159 

—  Charles  159.  168 

—  Vinoent  159 
Chevroul     98.     150.     15i, 

158 
Chistoni  85 
Utauder  8 
Claudat    202.    217.    21!l, 

227,  228.  229.  233.  237. 

238.  371 
Clayton  323 
Coiudet  128 
Cole  46 
Coleridge  104 
Collen  429 
Colsoü  VU.  18.  162.  241. 

242 
Combarel  de  Leyval  187 
Conduche  400 
Cornelius  214.  2iri 
Cota  163 
Courtin  204 
Conrtois  127 
Cowan  303 
Cox  368 


462 


Autoren  -  Register. 


Grell  47.  07.   G8.   73.  78. 

79.  8:).  87.  88.  91 
CromirTe  388 
CroU  (Crollius)  18 
Crookes  329.  457 
Cros  319.  320.  430.  431. 

433.  431.  43;") 
Cimdall  375 
Cundell  228 
Cusca,  Füi-st  412 
Ciissel  162 
Ciitting  401 
Cuvior  194 
Czerniii,  Graf  199.  200 

Da^'roii  286.  287.  288 
Daguerre,  Eulalia  204 
—    I^uis    VI.    VII.    128. 

132.  130.  141.  142.  152. 

ir)3.  159.  100.  101.  102. 

103.  104.  ir»5.  100.  167. 

108.  109.  170.  171.  172. 

174.  17.^).  177.  178.  179. 

180.  181.  182.  183.  184. 

185.  180.  187.  188.  189. 

190.  191.  192.  193.  194. 

19.').  190.  197.  198.  199. 

201.  202.  203.  2ai.  205. 

200.  207.  208.  209.211. 

mImi       <_|XU.        ^I^\J>        Miitf'X.       i^ÖtJ» 

238.  240.  241.  242.  244. 
200.  204.  .334.  335.  309 

Dalo  293 

Dallas  378 

Dallmeyer  275 

Dancer  2S4 

Danilo,  Fürst  248.  249 

Dauptaia  1()3 

Davaiine  VIII.   180.    339. 

:V,)7.  398.  399.  429.  4.34 
Davidson  229 
Davv  0.  53.  93.  HK.).  102. 

103.  104.  105.  121.  122. 

123.  127.  12S.  130.  178. 

239.  284.  331 
Donhalcs  43.  44 
Derordeaux   171 
DtH-uurdcmanche  147 
Dedekind  7.  54 


Dogatti  162 
Del  Satto  201 
Delamaire  327 
Delaroche  189.  204 
Deles.sert    187.    206.  387. 

454 
Dcmaria  VIII.    168.    2ai. 

205 
Dombour  409 
Doniokrit  1 
Desbarats  418 
Desinarets  293 
Desinortiei"8  98.  109 
Desprats  273 
Deville  424 
Diamond  444 
Dierbach  9 

Dietzler  226.  228.  229 
Dingler  1.50.210.217.228. 

230.  243.  250.  257.  258. 

203.  335.  345.  370.  372. 

397.  442.  456 
Dioscoridos  6 
Dippol  110.  113.  160 
Disdcki  244.  200.  207 
Dixon  279.  399 
Dize  82.  83 
Döbereiner   V.    124.    133. 

134.  137.  138.  145.  340 
Dübler  300 
Dolezal  291 

Douiinis,  Antonius  de  426 
Donionte  201 
Donuo  211.284.285.309. 

370 
Donner  6 
Dorthes  83 
Dow  321 
Draper  81    212.  213  214. 

215.  210.  315 
Dreyer  305 

Drumniond  300.  32().  309 
Dsolieber  19 

Dubosq  273.  2S2.  285.  288 
Duchutol  185.  180 
Duconi  293 

Dufav  50.  09 

I 

Duhamel  du  Monceau  .54.    i 
04 


Dujardin  392.  393.  434 
Dulk  140.  141 
Dumont-d'Urville  289 
Dumoulin  432 
Dunker  21 
Dürer  386 

Eastiake  241.  452 
Kiistman  300.  301 
Eberhard  325 
Ebermaier  V.  4.    54.   70. 

97.  110 
Ebu  Haithem  19 
Ebu  Zehr  19 
Eckert  438 
Eckling  226 
Eder  20.  53.  85.  104.  129. 

221.  223.  225.  247.  240. 
244.  250.252.261.268. 
283.  280.  290.  295.  298. 
299.  301.  302.  303.  304. 
307.  .309.  310.  312.  317. 
323.  324.  325.  336.  337. 
338.  345.  350.  355.  368. 
.396.  402.  403.  408.  416. 
417.  419.422.423.424. 
425.  430.  433.  439.  440. 
444.  445.  4.50.  455.  458. 
459 

Edison  312 

Edward  408 

Edwards  303 

EglofEstein,  von  416 

Elliot,  James  281 

EUis  162 

Empodocles  3 

Endlicher  198 

Engerth  394 

Epikur  2 

Erdmann   140.    147.  148. 

149 
Ermonyi  220. 221 .  222. 229 
Ernemann  312 
Ernoeuf  202 
Etienne  187 
Ettingshausen    196.    220. 

222.  247.  362 
Eudoxia    MacremboUtuBa 

7.  46.  89 


Faber    k    Co.    (Faber   & 

Schleicher)  407 
Faberins  4 

Fabricins  17.  18.  333 
FabroQi  92 
Fagot  343 

F&radaylSl.  133.330.429 
Fargier  350.  351 
Farraud  233.  235 
Fei-dinaDd  dei'  Erste  199 
FergtuoD  301 
Fernbacb  6 
Ferner  264.  272 
Fiedler  V.  19.  53.  9(5.  142. 

144 
f^ield  146 
Figuier  178 
Florelli  6 
Fischer,  J.  C.  V.  27.  70. 

107.  111 
-  N.  W.  125.    126.   127. 

134.  136.  141 
Fizeau  209.  320.  338.  371. 

372 
Flüggen  368 
Fookedey  252 
Fontaine  381 
Foreter  68 
Fothe^l  277 
Foucault  2S."i.  326 
Fouque  VI.  153.  154. 155. 

158.  160.  101.  171 
Fourcioy  87.  88.  110 
Frant  147 
Frauenstädt  119 
Fresnel  122 
Frenod  457 
Frey  mann  3<i7 
Frisina  29 
Fritz  374.  401 
Fromberg  129 
Frottier  153 
Frey  263 

FoUuune  89.  90.  91 
Fonke  23 


Uatllard  424.  438 
Oaleniis  39.  281 
Oamble  415.  416 
Gariel  285 
Garoier    341.    349.    350. 

356.  357.  392 
Oatot  137 
Gandin  232.  278.  279.  294. 


327 

Ganthier-Villars  i: 


1. 208. 


Gautscli,  Freiherr  von  459 
Gaj-Lusaac  106. 115.  110. 

120.  121,  122.  127.137. 

195 
Geber  8.  9.  10 
Gehlen  86.  100.  111.  112. 

113.  114 
Gehler  93 
Geiger  6 
Geißler  11.  312 
Genioser  407 
Gerlaeh  285 


mtt,  hu 


arPlLöi 


graphische  VIII. 
— Wiener  Photographi  sehe 

455 
GeBsnerus  18 
Gide  &  Baudry  252.   398 
Giessendorf,  von  401.  412 
GifTard  293 
Gilbert  91.  93,  94.95.98. 

99.  100.  108.  111.  HO. 

121.  122.  124.  126.  130. 

427 
Gülot,  C.  410 
—  F.  379.  409.  410.  412. 

413 
Giobei't  114 
Girard  339 
Oiroux  201.  202 
Girtniier  90.  94 
Gladstoue  104 
ülauber  19.  76 
Olover  263.  277 
Gmelb  V.  18.  48.  71 
Goddard,  J.  F.  210.  217 


Ooetne  4.26.45.  Il7.  118. 
119.  120.  313 

Ooldflworthy  326 

Goodwin  300 

Goove  326 

Göschl413.  415.  420.423. 
436.  437 

OötÜing  71.  86.  89 

Gould  216 

Ooupil  371.  372.  387.  393. 
398.  436 

Oraff  140 

Gramme  328 

Graphische  Lehr-  uod  Ver- 
sachsanstalt 437.  438. 
459. 

Grauniüller  21 

Gray  439 

Orele  415,  416.  417.419. 
423.  426.  427.  438 

Greene,  Fliese  440 

Gren  69.  83.  89 

Grevius  45 

Grimaldi  108 

Grindel  125.  134 

Griswold  270 

Groll  258 

Gros  450 

Groß  mann  407 

Grotthus  130.  131.  429 

Grove  370.  371 

Grund  6 

Grüne  356 

Ouerney  326 

Guillaumin  291 

Gatekunst  439 

Oütle  21.  23 

Uaa.s  424 

Hagemann  72.  73.   157 

Hahnemann  87 

Halle  76 

Hamling  427 

Hantstängl  322.  353.  354. 

3f>6.  367.  368.  390 
Hankel  18 
Hardwich  66.  336 
Harff  137 


464 


A  utoren  -  Register. 


IIarri8onVI.VlI.212  217. 

242.  263.  294.  295.  381. 

399 
HaiTwitz  314 
Harup  96.  99 
Hauff  300 
Hauron,  Ducos  du,  A.  433 

—  L.  306.  319.  320.  322. 
430.  431.  432.  433.  134. 
43;').  438.  440. 

Hauslaab  von  305 
Häusler  407 
Heaviside  429 
Hebenstreit  71 
Ileinleiu  442.  443.   144 
Heinrich  V.  4.  48.  53.  54. 

69.  89.   106.   109.   110. 

111.  121.  125.  126.  13S 

Helain  339 

Holbig  6 

Helcher  10 

llellenbaoh  12 

Ilellot  55.  56.  76.  77.  104. 

334 
Helmholtz   131.   281.  427. 

428 
Hempel  IIS 
Henderson  298.  3:H8 
Henuicke  141 
Henrv  132.  137.   150 
Heraclius  56 
Hering  440 
Herkomer  368 
Herrn bstaedt   66.    67.    71. 

94.  115 
Hermes  Trisniegistus  8.  9. 

12 
Herodot  4 
Horseliel,  Fr.  W.  209 

—  .lohn  95.  99.  110.  113. 
131.  132.209.  210.  240. 
315.  334.  340.  341.441. 
448 

—  Williams  Sehwesti»r  214 
Hertz  429 

Hesekiel  343 
Hess  137 
HeBler  119 
Hill  265 


Hipparch  2 

Hittorf  313 

Hodgson  284.  286 

Höfel  409 

Hoffmann  366 

Hofifmeistor  141.  142 

Hofmeister  355 

Hof-  und  Staatsdruckerci 

438 
Holder  14.  16 
Hollar  30.  31 
Ilomberg  50 
Hooke  38 
Hooper  38.  65 
Hörn  V.  4. 97.  162.2()3.265. 

273.  336.  380.  400.  452. 

456 
Hornig  222.  225.  3vS3.  451. 

455.  458 
Howard  103 

—  F.  26() 
Howlett  375 
Hrdlicka  337 

Hübl,  Freiherr  von    2C>8. 

291.  323.341.342.343. 

384.  445 
Humboldt,  vou  4.  89 
Humphrey  2()3.  451.  452 
Hunt  VI.  66.  96.  244.  245. 

315.  345.  448 
Husnik  406.  407.  i23.  432. 

437 
Huxlev  286 
Huyghens  19.  93.  108 
Hyslop  425 

Ihn  al  Haitani  1.  2 

Ibn  Rosciid  2 

Hg  56 

Ingeuhouss  65 

Institut,  Militär-  geogra- 
phisches 384 

Isenring  236 

Ives  419.  422.  423.  425. 
438.  439.  440 

Jacobi  360.  366 
Ja£fe,  Max  416.  417 

—  Moritz  416 


Jäger,  Daniel  95 

Jahn  106 

Jakobi  343 

James,  Sir  Henry  402.  403. 

404.  414 
Jamin  229 

Janssen  306.  307.  309 
Javelle  124 
Johannes  26 
Johnston  296 
Joly  440 
Jonas  323 
Joubert  357 
Jourdan  445 
Jovanovits  247.  249 
Juch  91.  414 
JuUieu  83 
Junius  6 
Jussiou  194 
Just  302.  303.  343 

Kaiserling  286 
Kailid  Rachaidibi  8 
Eampmann  20.  386.  402. 

403 
Karabaeek  324 
Karl  187 
Karsten  VI 
Kasteleyn  95 
Kastner  81.  111.  132.  133. 

134.  147.  148 
Katharina  (Kaiserin)  47 
Katzler  414 
Kaulbach  406 
Keim  6 
Kenyon  330 
Kepler  19.  38 
Keri  66 
Kemer  47 
Keßler  355.  388 
Kiewic  416 
King  296 
Kingsley  286 
Kircher  7.  36.  37.  40.  41. 

42.  43 
Kirwan  68 
Klaproth  71.  157 
Klid  354.  393.  394.  395. 

396.  414       ' 


JCnacfefaB  27 

Knapp  406.  408.  412 

Kniphof  23 

Knjrim  146 

EobeU,  von  365.  3Ö6.  367. 

368.  374 
Eächert  201 
Köhler  15 

—  A.  286 
König,  A.  427 

—  E.  325.  450 
Kopp  9.  17.  444 
Koppe  291.  438 
Kösters  355 
Kraft  49 
Kratoohwila  216 
Kreutzer  65. 102.263.264. 

277.  281.  336.  386.  401. 

404.  428.  «3.  444.  454. 

456 
Krios  03 
Krone  273.  458 
KronemaDn  15 
Knokel  49.  50 
Kurtz  436 
Kurz  337 
Kybl  361.  362 


L., 


1  12 


La-Fayette  154 
La  Hontain  292 
I-aborde  267.  S.W 
Lacan  153 
Lainer  300.  343 
Lambert  234.  289 
Lami  410 
lAinicbe  282 
I^motte  4? 
Lampadius  148.  149 
Lacderer  150 
lÄndgrebo  V.   4.  48.  53. 

54.  64.  66.  80.  91.  94. 

95.  114.  140.  147 
Lang,  V.  von  274 
Laplace  166 
—  Ifarquia  195 
Larkina  330 


von  154 
Lanssedat  289.  290.  291 
Lavoisier  71.  108 
Le  Blon  426.  427 
Le  Gray  259.    261.    262. 

26.">.  335.  338.  452 
IjO  TUoyne  259 
Lea,  Carey  279.  280.  299. 

318 
Leahy  277 
Lebotgne  327 
Lecbner  14 
Leggo  418 

Leipotd  374.  378.  380 
Lemaitre  100..  170.  385 
Lemercier  348.  392.  397. 

398.  399.  400.  401 
Lemery  46.  83 
LenhsTd  396 
Untin  89 
Lenz,  von  306 
Leo  XIII.,  Papst  29T 
Leouhardi  64.  65 
Leopold  der  Erste  22 

—  König  326 
I^reboura  227.  229.  231. 

232.  233.234.371.372. 

397.  398.  399 
Leroux  96 
Leth  330.  3.58.  359 
Levy,  L.  E.  423 

—  Mai  420.  423 
Lewis  63 

Leykauf  390.  395.  396 
Lichtenberg  78.  80.  81 
Lieben  333 
Liebert  328.  329 
Liebig  140.  183.  217.  250. 

388 
Lienekampf  303 
Lieaegang  303,  304,  350. 

457 

—  R.  E,  313.  -129.  446 
Lilien  15 

Lüienfeld  337 

Link   V.   53,   69.  90.  106, 

109,  110.  111.  121.  125. 

127,  1.^,  160 


Litchfteld  100.  104 
LoDgnian,  Brown  &  Green 

246.  251 
Loscberer  406 

Louis  PhUipp  (König)  185 

Löwig  137 

Löwy  324.  396.  408.  437. 

438 
Lacenay  327 
Lackliardt  374 
Lucretius  Carus  304,  305 
Lukas  456 
Lumiere    300,    312.  437. 

446 

—  A.  447.  448 

—  L.  447.  448 
Lüppo-Cramer  300 
Luther  458 
Lüttgens  244 
Lützel  421 

Luynea,  Herzog  von  348. 
349,  350,  452 

Hac  Olellan  292 

Maclure  k  Macdonald  414 

Macdonald  414 

Macplicrson  401 

Macquer  64.  65 

Maddox  295.  290 

Manly  355 

Hanzi  291 

Marechal  356.  405 

Marey  307.  309.  310 

Marggraf  64 

Marion  355 

Mariot  330.  332.  383.  884 

Maiiotte  45 

Märkl  402 

Mark  tanner  -  Tnmeretscher 

286 
Martiu  198.  225.  228.  236. 

247.  357.  365,  366.  367. 
370.  371.  372.442.45.5. 
456 

Martius  21,  23 
Marville  247.  248 
Maschek  396 


Bl«r,  [iMidbnch  d>r  Pholographia.    I.Teil,    3.  An9, 


466 


Autoren  -Register. 


Massen  86 
Maternus  7 
Mathet  28t) 
Mathey  416 
Mathieu  338 
Maurisset  211 
Maurolycus  33 
Mawson  3r)2 
Max  &  Co.  136 
Maxwell    427.    428.    429. 

438.  440 
May  314 

Mayall  204.  234.  265 
Mayer  61 
Mo  Donough  440 
Meade  204 
Mehegard  102 
Meisenbach  396.  416.  419. 

420.  421.  423.  437 
Meißner  &  Buch  438 
Menard  261 
Mentienne  162.   M"8 
Merk  149 
Meteyon  1(.)2 
Mctteruich  (Fürst)  199 
Meydonbauer  290.    291. 

332 
Meyer,   Bruno   266.    309. 

437 

—  11.  409 

—  Josef,  F.  «2.  ()3 
Meyuard  261 
Meynier  339.  38(5 
Alichaolis  149 

Michel  Angelo  Biondo  r>7 
Miethe  325.  331.  332.  140. 

4ÖS 
Millet  263.  327 
Mitsclicrlich  136 
Mizaldi  21 
Moostlin  29 
Moiguo  282 
Moitessier  285 
Molard,  de  338 
Monckhoven,  van  263.  25)8. 

318.  38s 
Muncoy,  de  20.  43 
Moiifört.  de  452 
Moupilhir.!  2S1.  28»*. 


Mens,  van  113 

Montabert  146 

Montmeja,  de  457 

Mörch  413 

Morhoff  10 

Morse  213.  214 

Motay,  Tessie  du  356.  405 

Motte,  de  la  71 

Mottu  405 

Mudd  272.  277 

Müller  315 

Müntz  27.  29 

Murate  427 

Murray  71 

Muspratt  66 

Muybridge  307.  308.  309 

Xachot  285.  286.  439 
Nadar  204.  211.  212.290. 

291.  292.293.327.328. 

330 
Namias  301 
Napoleon  111.  387 
Nattorer21().218.219.326 

—  Johann  218 

—  Josef  218 
Neff  270 

Negre  378.  386.  388.  392. 
109.  410.  411.  412.  414 

Nerust  458 

Xero  2 

Neue  Photographische  Ge- 
sellschaft 302 

Neuhauß  286.  447.  449 

Neumann  55 

Newton  19.  93.  98.  108. 
117.  119.  120.  426.  427 

Nicholson  9ti.  99.  111 

Niepc«',  Bernard  153 

—  Claude  153.  154.  155. 
156.  157.  158.  160.  162 

—  de  St.  Victor  VI  1.  153. 
257.  258.  259.  385.  386. 
387.  388.  101.  402.  411. 
142.  443.  452 

—  Isidore  154.  KW).  180. 
181.  18.3.  184.  185.  186. 
1^7.  188.  189.  194.  198. 
202.  23S 


Niepce,  Nic^»phore  VI.  VII. 
72.  73.  132.  141.  142. 
152.  153.  154.  155.  156. 
157.  158.  159.  160.  161. 
162.  168.  169.  170.  171. 
172.  174.  175.  177.  178. 
179.  180.  181.  182.  1S3. 
184.  187.  205.  20<i.  207. 
257.  258.  335.  369.  :tö5. 
397 

—  (Oberst)  159 
Niowenglowsky  439 
Noe  (Graf)  195 
Norris,  Hill  274.  277 
Novak  425 

Oberniayor,  von  306 
Obernetter,  Emil  337 

—  J.  B.  336.  337.358.  434 
Obreuowits,  Fürst  Michael 

247 
Ohm  407 
<.)nesicritus  4 
Opoix  m 
Orell-Füssli  401 
Osborne  402.  404 
Ost  .328.  336 
Ostanes  9 
Ostwald  450.  458 
Ottenfels  200 

Paganini  201 

Papuuzio  (=  Panuce)  27. 

29 
Parrot  94 
Pedemontesc  {=  Pedemon- 

taiius)  20 
Peisson  137 
Pellet  340 
Pelletier  129 
Pelouzc  137 
Pennell  400 
Pei^er,  von  362 
Pernety  59 
Petit  46.  83.  419 
Petzval  216. 2ia  220. 221. 

222.  223.  224.  225.  226. 

227.  229.  275 
Pfaff  113.  119.  120 


■ph  0  fog  lapli  e  II  -  Verein, 

Deutscher  456 
Photographie  Society  Lon- 
don VIII 
Piazii  330 
FickeriDK  210 
Pierson  61 
PÜL  409 
Piote  201 

Pins  vir.  (Papat)  158 
Pizzigbelli  302.  303.  341. 

342.  343 
Planche  128.  129 
Plantü  70 
Plateau  304.  SOTi 
Piatinotype  Co.  343 
Plato  1.  2 
Plener  324 
PUnins  2.  5.  ü.  48 
PlöBsel  220 
Plnt&Tch  3 
Pocy  429 
Poggendorff  100.  108.  119. 

122.  136.  137.  149.  162. 

225.  237.  281.  317.  330. 

427.  428.  429.  442 
Pohl  198.  286 
Poirson  157 
Poitevio    VII.    256.   260. 

262.  294.  341.  346.  347. 

348.  349.  350.  356.  372. 

373.  379.  380.  392.  398. 

399.  400.  401.  402.  405. 

443.  444    445.  45:'. 
Pokomy  362 
PoUact  290.  291 
PollzenB  15 

Poncet  du  Maupas  158 
Ponton,   Munyo    112.    344. 

345.  346 
Poppe  77 
Porro  290 
Porta  19.  26.  27.  29.  30. 

31.  32.  33.  39.  40.  41. 

44.  281 
Portbury  349 
Porter  439 
Pouncy  349.  350.  354 


PreecB  314 
Proisel  103 


Pretsch  2:,.  255.  256.  346. 

347.  348.  368.  374.  375. 

376.  377.  378.  3'9.  380. 

381.  392.  410.  414 
Prevoat  163 
Pricam  247 
Priestley  V.  VI.   27.  33. 

40.  53.  64.  66.  89.  79. 

83.  102 
Prinelc  28ti 
l*roke8(!h  22H.  306 
Rolemäua  1.  2 

Rabendiiig  26Ö 
ßaodon  385 
RaufU  368 
Bansonnet  430 
Rapp  355 
Ravene  454 
Ray  45 
Rayleigh  444 
Raymond,  von  201 
Reade  242.  246 
Beaumur  46.  54 
Regnault  250.  348.  4.'i2 
fieiSensteia  401 
Reilander  265 
Reimanu  134 
Reinhardt  42.  43.  44 
Reinhold  29 

Reisinger,  von  330.  331 
Remole  330 
Reynaud  306.  308 
Rhodo  6 
Richter  59 

Riffarth  396.  420.  436 
Riiraut258.  259.  386.387. 

388 
Rigoy,  von  166 
Risner  19 
Ritter  95.   99.   107.   110. 

113.  114.  122.  125.  140 
Riltuer  371.  372 
HobinsoD  80.  81,  132 
—  e.  1*.  265 
Robi.iuct  148.  149.  273 


Rohr,  von  203.  221.  222. 

229 
Rollmann  432 
Röntgen  457 
Rosch  401 
Roschutz  243 
Rosooe  326.  4.58 
Rose  137 
Rosenberger  2.  40 
Rösner  61 
RoB  229 
Rosse  241 
Roth,  de  263.  444 
Ruthschild  (BiirüLi)A.  355 
Rouill^-T-wlovJ'zc  355 
Rousseau  353 
Röusaelon  393 
Roux  6 
—  Jakob  146 
Rubens  146.  367 
Rudolph  (Kaiser)  40 
Rue,  Warreo  de  la  216. 

376.  378 
Ruhland  122.  123.  124 


Ruhni. 


■  314 


Rumford   77.  78.  90.  91. 

99.  116.  120 
RosselL  274.  275.277.278. 

280 
Rutheifoid  21<j 

Sauhets  304,  505 

Sachse  214.  L'16 

Sacken  201 

Sage,  Le  106.  109 

Saint-Floiynl  444 

Sala  18 

Salnion  341. 349. 350. 356. 

357 
SalomoD  265 
Salz  mann  252 
Sanipolo  440 
Sarazin  388 

Saussure  83.  84.  &-j,  114 
Saston  214 
Sayce  279 

30* 


468 


Aatoi*en  -  Register. 


Schafheutol  (> 

Scharroc  4.') 

Scheele  52.  61.65.  66.67. 

68.  69.  72.  79.  92.  104. 

105.  114.  119.  125.  126. 

127.  136.  144.  334 
Scholdracko  99 
Schell  291 
Scheror   86.   89.    91.   92. 

93.  94.  95.  106.  109 
Schering  300 
Scheuchzer  50 
Schiolhahel  (  -  Mariot)  383 
Schienen    210.    242.    261. 

294.  316.  317.  345 
Schififnor  264 
SchlotterlioH  .301.  302.  .303 
Schmädel,  vou  419.  420 
Sclimerling  378 
Schmieder  9.  16 
Schnaub  458 
S(;hoellcr,  von  ',)7h) 
SchöfFer  426 
Schönboin  2()1 
Schönhabor  3S4 
Schöninger  367 
Schoponhaut^r  119 
Schott,  (Jaspar  33 
Schrank  316.401.4.30.455 
Schröiler  H 
Schübler  147 
Scluiltner  198 
Schultz -Sollack  315.  316. 

317 
Schulze,  Joh.  Heinr.  50.51 . 

52.  53.  59.  61.  ()4.  65. 

76-  77.  100.  104.  1.52 
Schumann  323 
Srhwoijrg^T  119.  120.  122. 

123.  12.5.  127.  128.  129. 

130.  132.  1.33.  134.  136. 

137.  1.3S 

Schwier  358.  456 
Schwind  406 
Scopol!  78.  111 
Scott  403.   140 
Socrotan  229.  231.  233.234 
Soehcik  7.'».  117.  118.  119. 
120.  32r,.  441.  443.  145 


Soely  350 

Seguier,  de  209 

Seidel  136 

Seligmann  23 

Seile  70.  71.  268.301.437 

Sendivogius  12 

Senebier  53.  64.  ()9.  72.  73. 

74.  75.  76.  85.  86.  104. 

113.  114.  118.  125.  126. 

157.  441 
Soneca  2 

Senefelder  154.  409.  426 
Senillas  137.  147 
Severiu  22. 
Seyowotz  300 
Shadboldt  28().  293 
Sidobotham  272 
Siemens  314 
SillMMor  293.  355 
Sillinian  326 
Sinu^on  195 
Simp.son  347.  444 

—  Wharton  277.  336 
Smilor  102 

Smith  330 

—  II.  L.  270 

—  Willoughby  314 
Sncning235.  263.  401.452 
Solei  l  282 

Spanier  456 
Spencer  37() 
Si)ios  11 
Spiller  318 
Sprengel  147.  148 
Stampfer  305.  306 
Stanford  307 
Starke  429 
Sta-s  298 
Stech  11 
Steff«'ns  127 
Stein  286 

Steinheil,  C.  A.  365 
Stellmacher  302 
Stohmaiin  66 
Strieder  141 
Stringer  286 
Stromcver  137 
Sturm«»v  285 
Suck  330 


Suckow  V.  92.   135.  138. 

139.  140.  144.  344 
Sueß  220 
Sulla  3 

Sussex,  Herzog  von  326 
Sutton  247.  279.  280 
Swan  321.  347.  351.  352. 

353.  354.381.383.418. 

419 
Swindern,  von  112.  KK) 
Szathmary,  von  412 
Szczopanik  440.  450 

Tabor  70 

Talbot ,  C.  II.  237 

—  Fox  VII.  132.202.237. 
238.  239.240.241.  242. 
243.  244.  246.  251.  256. 
258.  260.  285.  334.  335. 
345.  .346.  347.  375.  376. 
389.  390.  391.  392.  393. 
404.  414.415.416 

—  W.  I).  237 
Taupenot  27 1.272. 273. 446 
Tavlor  240.  295.  335 

—  Trail  33().  457 
Tennant  163.  204 
Tessior  64 
Testelin  429 

Thenard  106. 115.116.120. 

121.  122.  195 
Theophrast  3 
Thevoz  416 
Theycr,  F.  368 

—  M.  234 
Thomsen  127.  278 
Thorpo  102 
Tilloch  106 

Tipliaine  de  la  Roche  61 
Tissiindier  101.  165.  291. 

292.  293 
Tizian  30.  31.  367 
Toma-ssich  412 
Torusiowiüz,  von  144 
Tüth  268.  299 
Tournachou  (=Nad«r)291. 

292 
Tournouer  187 
Towler  451,  452 


'Pranbe  131 
Tribonlet  293 

Troitzsoh  438 
TrommadorC  47.   88.   89. 

92.94.96.112.115.123. 

128.  134.  135 

—  Hermann  149 
Trooat  341 
Trubnor  *  Co.  452 
Toroer  247.  433 

Uchaüns,  von  305.  306 
Ulrich  436 
ünger  362,  408 
ürban    &    Schwarzen  boi^ 
457 

TaladOD  393.  39.^.  396 
ValeDta323.334.325.335. 

337.  339.  341.  436.  444. 

446 
Talicourt  338 
Tallot  449 
Vaasalli  86.  12.') 
Vatout  187 

Tauqnelia  92.  139.  344 
Verne  61 
VidaJ  VIII.  435.  436.  438. 

439.  440.  458 
Vilim  437 
Viiloison  7 
Vinci,  Leonardo  da  27.28. 

29.  39 
Vitet  187 

Vitruvius  4.  5.  6.  27 
Vogel,  A.   123.  124.  157. 

447 

—  B.  436 

—  H.A.  1!.^ 

—  H.  W.  183.  263.  299. 
315.  316.  317.  318.  319. 
321.  322,  323,  330.  347. 
379.  392.  432.  430.  4r,ä. 
457.  458 

Voigt  82,  94 
Voigtläoder  209,  222,  223, 

224.  225,  226.  227.  229. 

275 


Ritter  von  223 

—  "W.  223.  224 
Voltmer  iOf>.  384 
VosBius  45 

Waibl  226 

Walgenstein    (=  Walgen- 

steoios)  43.  44 
Walker  300.  301 
Waller  426 
WalleriuB  64.  6.T 
Walls  265 
Walter  6 
Ward  163.  204 

—  Soowden  440 
Wardley  277 
Wamerte  280 
Warnod  264 
Wasaersfhleben  290 
Waterhouae  VI.  VIII.  18. 

27.    30,    38.    319.   402. 

41 S.  433.  458 
Watt  101.  102 
Watzek  335 
Wawra  198 
Weber  378 
Wecker  20 
Wedgwood,  Josiah  100 

—  Thomas  100,  101.  102. 
103.  104.  lOj.  141,  142. 
152.  187.  284.  334 

Wegener  405 
Weidele  368 
Weingartshofer  226 
WeiosteiD  429 
Weishaiipt  427 
Weiska  266 
Weiß,  C.  S.  96,  97.  98 
Weiflenberger  437 
Weixelgärtner  415 
Welgenstein     (=  Welken- 

Btein)  20.  43 
Welmann  65 
Wenham,  Allen  286 
Wenzel  72 
Werge  VII.  214.  216,  212 


Wetzlar  136.  141 
Weyde,  van  der  328 
Wheatatone  281.  306 
Wheeler  423 
Wiedemann  1.  429 
Wiegleb  6.  7.  9,   17.  18. 

49,  50.  76 
Wiener  444.  445.  448.  449 
Wigand  265 
WUczek,  Graf  275.  276 
Wilde  2.  3 
Willis  341.  342 
Wilson  264 
Winsor,  W.  B.  353 
Winter  244 

—  M.  L.  328 
Witting  132 
Witwer  84 
Wühler  217 
WoUaston  38. 99.  121.123. 

157.  168.  238 
Wood  245 
Woodbury  25.  354.    365. 

368.  381.  382.  383.  416 
Wooton  38 
Worel  449 
WorriDg  360 
WotUey  315 
Woulf  128 
WulfE  i  Co.  269 
Wünsch  113.  427 
Würbel  412 
Würthle  368 
Wurzbach  374 
Wyard  358 

Voung  108.  122.  427.  428 

Zahn  33.  36.  40.  41.  44 
Zalento,  Potrua  de  8 
Zeiß  280 
Zenker  414 
Zic'gler  63 
Zier  149 
Zimmermann  ."i5 

—  W.   132.   133.   134 
Zink  439 

Znohoid  451 


Sach- Register. 


Achromatisühos  Objektiv  202.  227 
Ackererde  im  Lichte  123.  147.  148 
Adurol- Entwickler  300 
Äther,  Oxydation  im  Lichte  135 
Ätliylen,  Lichtwirkung  auf  115.  11().  121 
Äthvlrot  als  Sensibilisator  325 
Äth  vi  violett  als  Sensibilisator  323 
Ätzmethode,  französische  413 

—  Wiener  413 

Ätzung,  galvauokaustische  371 

—  von  Daguerreotypplatton  'M'ß 
Akademie  der  (leheimnisse  31 
Aktiuometer,  photochemischer  442 
Aktstudien,    erste    photographische   231. 

235 
Albertütypio  406 
Albumin  alslJindemittel  der  Silberschichte 

258 
Papier  33.').  33(; 

—  —  Einführung  335 

—  —  haltbar  gesilbertes  330 

Prozel)  für  die  Aufnahme  258.  25i» 

Alcannarot  71 

Alchimie  7.  8.  i).  10.  11.  12.  13.  14.  15. 
16 

Alchimisten -Denkmünzen  12.  13.  14.  15. 
16 

Medaillen  12.  13.  14.  15.  16 

Symbole  13 

Aldehydgrün  als  Sensibilisator  317 

Algraphie  397.  JOJ 

Alkalischer  Pyro- Entwickler  s.  d. 

Alkohol  deLampadius  (—Schwefelkohlen- 
stoff) 157 

—  Lichtempfindlichkeit  135 

Aloe,  Lichtwirkung  auf  den  Saft  02 
Alphapajüer  304 


Aluminiumlicht  332 
Amidol- Entwickler  299.  300 
Ammoniak  im  Entwickler  277 

—  in  der  Emulsion  298 

—  Räucherung  der  Negativplatten  277 
Ammonium ferrociti-at,    Wirkung  auf   be- 
lichtetes Chlorsilber  302 

Anaglyphen  432 

Anethol  s.  Anisöl 

Angesicht,  Schwärzung  mit  Silbemitrat  76 

Anilinfarben,   grüne,  als  Sensibilisatoren 

316 
-^  Lichtempfmdlichkeit  448.  449 
Anilingrün  als  Sensibilisator  317 
Anilinrot  als  Sensibilisator  317 
Animalisches  Öl  (Tieröl),  Dippels   113. 

145.  160.  177 
Anisöl  in  der  Photochromio  449 
Antimonverbindungen ,     Lichtempfindlicli- 

keit  143 
Antiphlogistou  90 
Apparat  zur  Darstellung  beweglicher  Bilder 

306 
Aqua  rubi  9 

Aquatintamanier  386.  388.  389 
Archerotypie  263 
Argentotypie  340 
Aristopapier  336 
Arsen  -Verbindungen ,  Lichtempfindlichkeit 

106 
Arsenikrubin,  Lichtwirkung  auf  106 
Arzneimittel,  Verderben  im  Liohte   144. 

145 
Asphalt  73.  161.  171.  369.  385.  397 

—  Entdeckung  der  Lichtempfindliohkeit  73 

—  in  der  Photographie  161 

—  —  Tieröl,  Lichtwirkuog  160 


—  -HeliograTure  385.  38(i 

—  -Photolithographie  307.  398.  399.  400. 

401 

—  -Prozeß,     Niflpces    heliograpliisohei' 

171.  173.  174.  175,  176,  177.  2b8 
Astigmatismaa  38 
ABtropbotographie  216.  37S 
Ateliers  bei  bünGtlichem  Licht  s.  Nacbt- 

ateliers 
Atmosphäre,  GinfloB  auf  Farbeo  112 
Attioum  6 
Augen  blicksphotograpbie  s.  Momentphoto- 

gropbie 
Auableich  verfahren  124. 445. 447.  446,  449 
AnskopiaiTerfabreo  240 
Autotypie  409,  414.  415.  416.  417.  418, 

419.  420.  421.  422.  423.  424.  425 

—  von  Meisenbach  419.  420.  421 
Azatinplatten  323 

Bade-KollodiuDitrockenverfabrea  271 
Ballonphotographie  291.  292.  293 

—  im  Kriege  292 

-~  mittels  Gelati aetrockeu platten  293 

nassem  Kollodium  292,  293 

Bui  knoten  druck  384 

Baumol  im  Licht  85 

Beogaliscbes  Weißfeuer  s.  d. 

Bsrberin  149 

Berberitzenhoiz ,  Licbtwirkung  113 

BerggrüD  6 

Bergkrystall  2 

Berliaeibbu  78.  98,  109,  111 

—  Entdeckung  78 

—  in  Nuflöl,  Lichtwirkung  98 
Beugungserdcheinuiigou  108 

Bild,  virtuelles,  bei  der  Projekitoii  43 
Bilder,  beliographischCi  Niepcos  156 
Bildnießkunst  s.  Photogramtneti'ie 
BiWungsstätten  s.  Lehranstalten 
Biographie  von  Daguerre  162.  169.  178. 
184.  18,'>.  199,  207 

Hunt  244,  245 

Klic  394 

-= V.  Eobell  365.  366 

Le  Oray  262 

Niepce  de  St.  Victor  257,  258 


Fetzval  220.  221 

Poitevio  347.  348 

Talbot  237.  344 

Uchaiius  3a^ 

—  —  B,  unter  den  betreffenden  Autoeen- 

Birkenrindenrsuch ,  Verwendung  zur  Her- 
stellung von  Eornrastein  423 

Blattgrün  s.  Chlorophyll 

Blausäure,  Licbtwirkung  145 

Bleichen  von  Leinen,  Seide,  Elfenbein, 
Knochen  usw.  45.  57.  58.  113. 
115 

Bleisalze  im  Fixierbade  338 

—  Licht  empfindlichkeit  121 
Bleiverstärkung  268 

Blenden,  erste  Anwendung  in  Objektiven 
38 

Blitzlicht  a.  Magnesium  licht 

Blumenblätter,  Liebtempflndlichkeit  alko- 
holischer Extrakte  73,  74 

—  Hegeneration  der  Farbe  74 
Blumen  farbstoffe  73.  74 
Blutlaugensalz,  gelbes  107 

—  Lichtempfinülichkeit  78.  113 
Blutr«gen  133 

Bogenlampe,  sprechende  314 
Bogeniicbt  in  der  Photographie  326.  327. 

328 
BoDonischar  Leuchtstein  48 
Brasilholz  121 
Braunstein,  Entfärbung  15r) 
Brenikatechic  -  Entwickler  299 
Brieftaubenpost  288 
Brille,  Geschichte  2 
Broni,  Entdeckung  134 
Brunicblor  in  der  Dagueireotyi)ie  217 
Bmmid,  lösliches,  in  der  Emulsion  297 
Broiiijod  in  der  Daguerreotypie  217 
Bromkalium  als  Fixieriuittel  243 

—  —  Voi'zögerer  277 
Bromsalze  im  Kollodiumprozeß  267 
Bromsaures    Silber,    Uchtempfindlichkeit 

134 
Bromsilber,  Eigenschaften  134 
im  Spektrum  315 
-Gelatine  294 
-Emulsion,  Erfindung  295.  296.  297 


472 


Sach  -  Register. 


Broinsüber- Emulsion,     feinkörnige,     für 

Photochromie  440 

im  Handel  297 

Empfindlichkeitssteigorung    durch 

Reifen  298 
Papier  240.  334.  335 

—  —  erste  Anwendung  240 

für  Schnellkopierung  301.  302 

—  Vergrößerung  301 

Buccinum  (Purpurschnecke)   16 
Buchdruck -Klischees  von  Pretsch  376. 
3  i'  ( .  o  1 8 

—  -Scliwärze  im  Naturselbstdruck  21 
Buchillustration,     Anfang    der    photogra- 
phischen 2r)l.  252.  254 

Calciumnitrat,  geglühtes  leuchtet  4U 
Calomel  (Quccksilberchlorür)  s.  Kalomol 
Camera  obscura  2()  — 38.  156.  15U 

erstes  Auftreten  26 

in  Tischform  38 

mit  Linse  27.  30 

—  —  —  Reflexiousspiogol  38 

—  —  transportable  36.  38 

Verbesserung  durch  Dagu er re  168 

Zeichnen  mit  der  36.  38 

zur  astronomischen  Beobachtung  29 

Campecheliülz  121 
Canevas  in  der  Autotypie  4H) 
Carmin,  Lichtempfiiidlichkeit  56 
Casoidinpapier  338 
Celloidinpapier  336.  337 

—  mit  Chromatzusatz  337 
Cerussa  10 

Chemigrai^hic   112.  413 
Chemischer  Entwickler  s.  d. 
Chemische  l.ichtwirkuug  s.  Licht 
Cheraity|)io  409 

Chica- Farbstoff  146 

Chininsalze,  Lichtempfindlichkeit  137 

Chinolinblau  323 

Chinolinrot  323 

Chlor,  Lichtempfmdlichkeit  86 

—  Einwirkung  auf  organische  Substanzen 

im  Lichte  s.  Chlor  bleich  um,' 
Chlorblcichung  Sli 

Chloi-bromsilbergelatinepapier  303.  304 
Clilororasjiliotr.meter  von  Bert  hol  et  t  78. 

7!K  So.  81 


Chlorgold,  Lichtempfindlichkeit  67 

Chlorjodsilberpapier  241.  242 

Chlorknal  Igasph  otometer  von  Bunsen  115. 

116.  120 
Chlorophyll ,  Lichtempfindlichkeit  3.  4.  64. 

65.  73.  110.  129.  147.  148 

—  Sensibilisator  319 

Chlorsaures  Kali  beim  Magnosiumlicht  330. 

331 
Chlorsilber,  Bräunung  am  Lichte  18.  67. 

107.  140.  141.  156 

—  Lichtempfindlichkeit,  Entdeckung  durch 

Beccarius  58.  88 

—  mineralisches  17.  18 

—  Photographie  in  natürlichen  Farben  auf 

118 

—  Verhalten  gegen  das  Spektrum  67.  74 

—  Zersetzung  im  Lichte  s.  Bräunung 
Chlorsilbergelatine  mit  Entwicklung  302. 

303 

Papier  s.  Aristopapier 

Chlorsilberkollodium  papier  s.  Celloidin- 
papier 

Chlorsilberpapier  238.  239.  240.  334 

—  in  der  Photometrie  95 
Chlorwassor  im  Lichte  78.  79.  80.  83.  84 
Chrom,  Entdeckung  92.  344 
Chromate,  Entdeckung  der  Lichtempfind- 
lichkeit 139.  344 

—  und  organische  Stoffe,   Verhalten  im 

Licht  355 
Chromatleim,     Entdeckung     der     Licht- 
empfindlichkeit durch   Talbot  241. 
345 

—  in  der  Stahl-  und  Kupferätzung  399 
Chromatographie  146 
Chromatypprozeß  345 
Chromatzusatz  zum  Celloidinpapier  s.  d. 
Chromgelatine    in    der   Photographie   s. 

Pigmentdruck 

Chrom  ich  romat  (=  Chromdio:cyd)  355 

Chromocyanotypprozeii  345 

Chromolithographie,  kombiniert  mit  Pig- 
ment -  oder  Woodburydruck  435. 436 

Chromoskop  438.  439.  440 

Chromsaures  Kali  s.  Chromate 

Chromsäure  -  Verbindungen ,  Lichtempfind- 
lichkoit  92.  344 

Clironophotographic  309.  310 


—  -PapiM  U2 

Colombinlsck  60 
Ciistalli  Dianae  s,  Silberoitrat 
Corciuna,  LichtempÜndlichkeit  88.  121 
Cyanin  ala  Seasibilisator  323 
Cyacotjpie  340 

Dagnarreian  Journal  451 

Daguerres    Ehrung   durch    den    Kaiser 

von  Österreich  199.  201 
Daguerreotyp - ÄtEong  von  Berrea  254. 

256.  369.  370.  371 

Donne  369.  370 

Fizeau,    Claudel    und    Grove 

371.  372 

Poite»in  372.  373 

Dagnerreotype,  The  451 
Dagnerreotypie  100.  103.  178.  179.  109 

—  Bericht  Äragoa  187  —  195 
Gay-Lussac  195  —  198 

—  Entwicklung  durch   Quecksilber    178. 

181.  182 

—  Erhöbung  der  Lichtem pfindlicbkeit  216. 

217.  218.  219 

—  erstes  deutsches  Werk  über  198.  190 

—  Gesetz  in  Frankreich  185.  186.  198 

—  in  Österreich  198 
Daguerreotypien  202.  208 

—  Kolorieren  236 

—  Vergolden  209 
Daguerreotypheliogravure  s.  Daguerreotyp- 

ätzuDg 
Daguerreotypkamoraa  201.  202.  203 
Daguerreotypomanie  211.  212 
Daguerreotypstereoskopie  281.  282.  283 
Damaszierung,  photographische  386 
Dampfkondensation  im  Licht  83 
Deoaicograpbie  412 
Denkmal  Daguerres  204.  206.  206.  207 

—  N.  Niepces  182 

—  Petzvals  225 

Depeschen,  photo mikrographische  288 
Dextrin  als  Bindemittel  der  Süberschichte 

2ö8 
Diorama  ie3.  164.  165.  199 

—  Brand  des  199 

Drachenblut,  Lichte mpfindlicbk ei t  der  al- 
koholischen Losung  56.  73 


Dreifarben- Druck,  photographischer  319. 

320.  426 
^  -Gummidruck  437 
-Heliograyure  433 

—  -Kupferstich  426.  427 

-  -Lichtdruck  432.  436 
.  -Lithographie  427 

■  -Photographie  426-440 

■  —  von  Gros  433.  434 

Duoos  du  Hauron  430.  431. 

432.  433.  434.  435 
■ Vidal  435 

-  —  auf  orthochromatischen  Platten317. 

319.  320 

■  -Pigmentdruck  437 

—  -Projektion  438.  439.  440 
-Theorie  427.  428,  429.  430 


:iiihoh 


76 


Gctypa  plantaram  20 

Ei konogenentni ekler  299 

Einbrennen  des  Chromatleimbildes  425 

EinsUabvertahren  344.  349.  357.  358.  359 

—  mit  Chromaten  357 
Eisenchlorid,  Lichtem p&ndlichkeit  47.71. 

72 

—  Umwandlung  im  Lichte  47.  71 

—  -Ätzung  in  der  Heliogravüre  391 
Eisenocker  6 

Eisenoxalateut Wickler  s.  Ferroosalat 
EisonojydatioQ  im  Lichte  122 
Eisensalze,  Lichtempfindlichkeit    47.    71. 

111.  113.  124.  138. 
Eisensulfocyanid,  Lichtempfindlichkeit  131 
Eisentinktur,  Bostuscheffscho  71 
Eisenvitriol,   Entdeckung  als  Entwickler 

244.  245.  259 
Ektypographie  409 
Elektrizität  und  Licht  130.  131.  313 
Elektrotochyskop  312 
Eloktiotyp  vou  Pretsch  376 
Elfenbein,  Bleichen  von  115 
Eniailbilder,  eingebrannte  356.  357.  358 
in  Schlußsteinen  usw.  359 

—  mittels   Einstaub  verfahren    356.    357. 

358 

Kollodiumverfaliren  356.  357.  358 

Emmissioustlieori«  67 


474 


Sach  -  Register. 


Empfindlichkeit  von  Arsen  -,  Blei  -,  Chrom  -, 
Gold-,  Kupfer-,  Quecksilber-  und 
Silberverbindungen  s.  d. 

Empfindlichkeitsmesser  s.  Photometer, 
Sensitometer. 

Emulsion,  Geschichte  der  294.  295 

—  Kalte  Methode  298 

—  Siodemethode  298 
Energiatyppapier  245 

Entwickler    für    Bromsilbergelatine    298. 

299.  300 
Entwicklung,  alkalische  271.  277 

—  Anwendung  von  Pyrogallussäure  249. 

250 

—  chemische  298.  299.  300 

—  j)hysikalische  242.  243.  246.  249.  275 
Eosin  als  Sonsibilisator  319.  323 
Erythrosin  als  Sensibilisator  324 
Excursions  Daguerrienncs  371.  372 

Farben:  Atticum  6 

—  Berggrün  6 

—  Berliuerblau  s.  d. 

—  blaue  (Jlasfritte  6 

~   Brasilholzlack  7)6.  9.') 

—  Carmin  50 

—  C'olombinlack  (K) 

—  Drachenblut  56 

—  Eisenocker  6 

—  Fernambuk  64.  95 

—  Gummilack  57 

—  Indigo  57 

—  Krapplack  5() 

—  Mfinganoxyd  6 

—  Massicot  6 

—  Memiige  6 

—  Rötel  5 

—  Safran  57 

—  Schüttgelb  60 

—  Tourncsül  5() 

—  Veilchenfarbe  56.   123 

—  Waid  154 

—  Zinnober  5.  6.  57.  60 

—  Kenntnis  der  Unbeständigkeit  54.  56. 

57.  59.  f)0 

—  Lehre  im  Altoi-tum  3.  117 

—  Lichtempfindlichkoit  112.  113 

—  —  s.  a.  unter  den  betreffenden  Namen 

der  Farben 


Farben -Photographie  s.  Photographie 

Änderung  organischer  Stoffe  96 

Autotypie  436.  437 

Farbenlehre  117.  200 

—  Geschichte  117 

—  Goethes  117 
Farbensensibilisatoren   8.  Sensibilisatoren, 

optische 

Farbensynthese,  additive  426 

Farbentonrichtige  Photographic  s.  Ortho- 
chromasie 

Färberei,  Geschichte  59.  88 

—  Theorie  149.  150.  151.  152 
Färberröte  64 

Farbiges  Licht,  Wirkungen  s.  licht 

—  —  Wirkungen  in  der  Photo -Elektri- 

zität 130.  313 
Farbige    Gegenstände,    Reproduktion    s. 

Orthochromasie 
Farblacke,    Verändening    im   Lichte    60. 

88 
Farbteilchen.  Zerteilung  durch  Licht  59 
Faust  (Zeitschrift)  368 
Fernambukholz  64.  95 
Fernseher,  photoolektrischer  313.  314 
Ferridcyankalium  s.  Blutlaugensalz 
Ferrioxalat,  Lichtem pfindlichkeit  138.  340 
Ferrisalze  s.  Eisensalze 
Ferrocyankalium  111 

—  als  Fixiermittel  240 
Ferrooxalat  als  Entwickler  299 

in  der  Sensitometrie  299 

Ferrotypie  269.  270 

—  mit  Automaten  270 
Ferro typpapier  245 
Ferrotypplatten  270 

Fette,  Lichtwirkung  auf  115 
Films,  Einführung  300 
Firnis.  Lichtempfindlichkeit  140.  141 
Fisch  leimverfahren  425 
Fixieren  der  Lichtbilder    103.    104.   105. 
131.  209.  240 

— mit  Kochsalz  240 

Fixiernatn)u,  Entdeckung  131.  209.  240 
Fluorotyppapier  245 
Fokus,  chemischer  227.  228 

—  optischer  227.  228 

Differenz,  Entdeckung  227.  228 

Fruschblut,  Mikrophotographie  285 


OallDs-EisenkopierprozeQ  341 

Klure  als  Entwickler  242.  243.  246. 

258.  259 
Galvsaisoher  Flamin  eobogen ,  AafDahmeo 

beim  lichte  des  326.  327.  328 
Oalvanismus  and  Licht  130.  131 
Galvanograpbie  von  Eobell  360.  365.  3SG. 

367.  374 

Theyer  u.a.  in  Wien  368 

Galvanoplastik  in  der  Dagnerreotypie  372 
Gaslieht  in  dar  Photographie  333 
Gasglühlicht  333 
Gelatine  als  Bindemittel  der  SilbeTschtchte 

258 

—  Einfühning  ioden  Negativprozefidui'ch 

FoiteviD  260 

—  -Chlorsilberpapier  s.  Aristopapier 

—  -fioltodiumprozoQ    s.    Eill-Norris- 

Prozeß 
Gemäldereproduktion    von    Braan    320. 

321.  322 
Gerbstoffe,  albalische,  io  der  Photographie 

134 
Geschichte  der  Brille  2 

—  —   Camera  obacura  26 

Fürberoi  5.  5'J.  88 

Heliographie  346 

Photographie  h.  d. 

—  des  Natm-selbstdruckes  20.  21.  22.  23. 

24.  360.  361.  362 
Projektionsapparates    40.    41.   42. 

43.  44 
Oeaetz  über  die  Dagnerreotypie  185.  186 
Gestirne  in  der  Alchimie  fl.  10 
Gillotago  410 

Glas,  bhiues,  gegen  Fokusdifferenz  284 
Gläser,  farbige,  Verhalten  versohicdonev 

Substanzen  unter  140.  144 
Glas-Bilder  a.  Glasnegative 
Negative,  Erfindung  257 

—  -Raster  422.  423,  s.  a.  Autotypie 

—  -Stereoakopon,  positive  25!) 
Glaubersalz  ID.  89 
Glühlicht,  elektrisches  s,  Licht 

—  Gas-  333 
Glyolnentwickler  300 

Gold,   Herstellung  aus  unedlen  Metallen 
10.  15 


14.  15 
Goldsalze,  chemische  Eigenschaften  17 

—  Licbtempflndlichkeit  in  der  Alchimie 

11,  55.  66.  121 
Goldsolution ,  Färben  mit  19 
Ooldtinktur  in  der  Alchimie  10 
Goldtropfen,  Lamottescbe  47.  71 
Gravüre,    photochemische   (G.    photochi- 

miqne)  373 
Guajac-Gummi,  Lichtwirkung  72 

—  -Harz  99.  156.  157 

Holz,  Nachdunkeln  73.  121 

Gunimiarabicam  als  Bindemittel  der  Silber- 
schichte 258 

Gummidruck,  ErBndung  344.  350.  351. 
354.  355 

Gummigutti  57 

Gummilack,  Lichtompfindlichkeit  57 

Gypbautie  61 

HaSbtonätziiDg  s.  Autotypie 
Halbtonklischees  von  Pretsch  376 
Harze,  Veränderung  im  Lichte  73 
HarztrockenverfahroQ  von  Desprats273 
Hausonblase  als  Farbenlirnis  74 
Heliochromie    von    Niepce    de    Saint 

Victor  443 
Heliochromographie  438 
Heliographie  157.    159.    171.    172.    173. 

174.  175.  176.  177.  206 

—  Geschichte  a.  d. 

—  von  Pretsch  346 
Heliogravüre,  erste  160 

—  farbige  316 

—  mittels   geatzter  oder   galvanisch  be- 

handelter Dagucrrtüt^  p platten  869 

—  mittels  der  Photogalvanographie  nach 

Chrom  leimreliefs  374 

—  von  Khi  393    m   295   396 

Sehielhabel  gen.  Mariot  383 

Talbot  390.  391.  393 

Talbots  Nachfolgern  292.  293 

Helioplastie  379 
Herbarien,  Auf l« Währung  147 
Hexensalbe  31 
Hill-Norris-Prozeß  274 
Hohlspiegel  im  Projektionsapparat  44 


478 


Sach  -  Evegister. 


Lichtmessung,  chemischo  85.  95 
Lichtpauserei  334.  340.  34L  342.  343 
Lichtreaktion  auf  ein  Gemisch  von  Chlor 
und  Wasserstoff ,  Entdeckung  der  115 

Lichtstoff,  materieller  71 
Lichtstrahlen  1.  2 

Lichttheorie,  elektrochemische  130.  131 
Lichtwirkung  auf  Alkanna  71 
alkoholische  Lösungen  von  Blumen- 
blättern s.  d. 

—  —  anorganische  Substanzen  142.  143 

—  —  Avignonsche  Beeren  88 
Berberin  149 

IJrasilholz  121 

—  —  Canipccheholz  121 

Cochenille  71 

Curcuma  88.  121 

—  —  Farben  s.  d. 

—  —  Haut  des  Obstes  74 

—  —  Hautfarbe  4 

die  Materie  2.  3.  4.  19.  108.  109.  1 10 

Elfenbein  74 

Essig  135 

Gummi  135 

Holz  85 

Holzessigsäure  135. 

—  -  -  Hornsilber  s.  d. 

—  —  Kernies  74 

Kork  135 

Leder  135 

—  —  liCim  135 

—  —  Lycopodium  135 
Malerfarben  s.  d. 

—  —  Mohnblumeninfusum  123 

—  —  Nicotin  150 

Öle  71.  85.  8G.  99.  107.  148.  149 

organische  Stoffe  9G.  97.  9S.  129. 

135.  Uü.  149.  150 

Orieans  88.  150.  151 

Orseille  85.  150.  151 

Palmöl  149 

Papier  85.  135 

Pflanzen   3.   4.   04.   05.    110.    12^).   1 

147.  148 

Rocou  8S 

SafÜor  121 

—   —  Salpeteräthor  74 

Sautouin  149 

Schweinefett  115 


Lichtwirkung  auf  Wachs  74 

Wau  121 

Zinnober  4 

Zucker  135 

—  bei  chemischen  Prozessen  120.  121 

—  chemische,  Auff&ssung  als  Reduktion  76 
Ligroingaslicht  333 

Linotypie  244 

Linsen  in  der  Camera  obscura  s.  d. 

—  Wirkung  in  optischen  Apparaten  43 
Stereoskop  281 

Literatur,  photographische  450.  451.  452. 

453.  454.  455 
Lithographie,  Erfindung  154 

—  Versuche  Niepces  154 
Lithophotographie  398.  399 
Lochkamera  s.  Camera  obscura 
Löslichkeitsbestimmung   von    Silbcrnitrat 

in  Alkohol  72 

Luft  als   Ursache   der   grünen  Pflanzen- 
farbe 45 

Lumiere,  La  452 

Luna  Cornea  =  Hornsilber,  s.  d. 

Magie  und  Photochomie  09 

—  Lichtempfindlichkoit  in  der  69.  76.  77 
Magisterium  ai'genti  =>  Silbemitrat 
Magnesiumblitzlicht  330.  331 
Maguesiumliüht  328.  329.  330.  331.  332 

—  Aufnahmen  von  Höhlen,  Gräbem  usw. 

330.  331.  332 

—  Geschichte  329.  330 
Malerfarben,  Veränderlichkeit  im  Licht  60. 

74.  80.  146 

Malerei  der  Alten  5.  6.  54.  56 

—  enkaustische  5 
Manganoxyd  6 

Mangansalzu,  Lichtempfindlichkeit  129 

Mariotypie  355 

Massicot  6 

Melainotypie  269.  270 

Mennige  5.  Ü 

Mercurium  der  Philosophen  12 

Morcurius  solubilis  Hahnemanni  87 

Mctallätzung,  photographische,  für  Bacb- 

druckklischees  409 
Metalle,  Oxydation  im  Licht  8.  licht 
Metallsalze,  Farbenveränderong  ätherischer 

[iisungen  im  Lichte  111 


lösong  133 
Metbybosanilinpikrat  317.  318 
Metole&twickler  300 
Mikrophotographie  384.  285.  286.  287. 2« 

—  Fortschritte  286 

—  mit  ultraviolettem  Ijoht  286 
Mikrokoskopappanite  384.  2^ 
Mibrospiache  Bilder  auf  Kollodium  2G4 
von  Uagron  bei  der  Belagerung 

von  Paris  287.  288 
Hiuiam  a.  Zinnober 
Volke  als  Sensibilisator  2&8 
Moljbdänsäure,  LicbtempflndJichkeit  95 
HomeutbiMer  auf  Kollodium  264 
Momentphotographie  2(j6.  304.  312 

—  erste,    auf  Daguerreotypplatten    218. 

219 

—  8.  a.  Sekunden  bilder 
Mond  in  der  Alchimie  9 

—  -Photographie,  erste  216 
Monochromata  5 

HoBqnitonetz  in  dar  Autotypie  410 
Moßtypie  419 

MülJergaze  in  der  Autotypie  416 

Kachtateliers  328 

Naphtalinrot    in   der  orthochromatischen 

Photographie  317.  318 
Nasses  Kollodium  verfahren  r.  Kollodium 
Natursalbstdruck,  Auers  360.  361.  362 

—  erstes  Bekanntwerden  20.  360 

—  im  16.  Jahrhundert  20.  21.  22.  23.  24 

—  Vorginger  des  photomecbantschen  Ver- 

Mirens  25 
Negativpapier  300 
Nager,   Erkiärung  der  schwarzen  Farbe 

im  Altertum  4 
Nicotin,  Lichtwirkung  150 
NiepfOtypie  257.  258.  260 

Objektive,  lichtstarke  220.  222.  226 

—  Geschichte  220 
Ocker  5 

öle ,  Bleichen  im  Lichte  74, 85. 86.  09. 107 

Optik,  physikalische  108 

Orell-FüGli-Druck  401 

Organische  Substanzen  im  Licht  s.  Licht 

Orleans  88.  150.  151 

OrseiUe  88.  150.  151 


Orthochromasie  315.  319.  321.  326 

Orthochromatische  Photographie  s.  Ortho- 
chromasie 

Orthochromatische  Platten  324 

Orthoskop  222.  229 

Oxalsäure  Hetallsalze,  Lichtwirkung  auf 
65.  70 

—  Verbindungen  als  Photometer  78.  79. 


.  115 
Oxalsäure  65 
Oxalsaures    Eisenosyd,    Quecksilberoxyd, 

Silber  s.  Oxalsäure  Matallsalze 
Oxydation  Im  Licht  s.  Licht 
Oiyhydrogen- Kalklicht  326 
Ozotypie  355 

Palmöl  149 

Panchromatische  Platten  325 
Paniken ographie  409 
Pannotypie  269 

Panorama  von  Paris  in  Daguarreotypie  233 
-Gemälde  von  Daguerre    165.  166. 
167.  168 
Panpapler  303 

Papier,  Vergilben  im  Lichte  85.   135 
Papier-Negative,  Erfindung  237 
—  transparente  243 
-Positive,  Erfindung  237 
Paramidophenol  -  Entwickler  3O0 
Pflanzen,  Abdrucke  in  Naturael batdruck 
20,  21.  22.  23.  24.  362 
-  Ausbleichen  im  Dunkeln  70 
—  grüne  Färbung,  Erklärung  im  Altertum 
3.  4.  45.  64.  65 

■  Physiologie  73 

■  Wirkung  von  Licht  auf  70 
PUanzeneiweiS  S.  Protalbiu 
Phantaskop  304 

Phen  akisti  kop =Phantaskop 

Phlogistou   66.    67.    68.  69.  70.  78.  89. 

13S.  139 

Phosphor,  Balduinscher  s.  Leuchtstein 
.  Entdeckung  49 

■  Veränderung  durch  Chlorwasser  80 

'  Wirkung  des  Lichtes  auf  04.  123.  124 
Phoaphoreazenzerscheinung    der    Leacbt- 
steine  48.  49 
veiachiedeuer  Körper  48.  49 


480 


Sach  -  Register. 


Phosphorverbindungen ,  Lichtempfindlicli- 

keit  132 
Photoalgraphie  404 
Photochemio  1.  45.  66.  133.  152 

—  des  Sonnenspektrums  Gü 

—  Geschichte  der  64 

—  von  Chlorsiiber  06 

—  —  Goldsalzen  66 

Quecksiibersalzen  s.  Quecksilber 

Silbersalzen  s.  d. 

Photochemische  Gravüre  von  Poitevin 

372.  373 
Photochlorid  des  Silbers  442 
Photochromio  117.  118.  441.  445.  450 
Photoelcktrizität  s.  Galvanismus 
Photogalvanographie  368. 374.378.381.383 

—  für  Kupferdruck-  und  typographische 

Vervielfältigung  374 

—  im    militär  -  geographischen    Institute 

383.  384 

—  von  Dallas  378 

Fontaine  381 

Negre  378 

Poitevin  s.  Helioplastie 

Protsch  3(«.  374.  375.  376.  378. 

380 

Sfibielhabel  383 

Woodbury  368 

Photogonc  -  Emulsion  279 
Photogeodäsie  s.  Photogram metrie 
Photoglyptie  s.  Woodburydruck 
Photogrammetrie  289.  290.  291 

—  Apparat  290 

—  Geschichte  290 
Photographie,  Aorienno  293 

—  Aerostatische  s.  Ballonphotographio 

—  angebliche  ci-sto  Entdeckung  der,  auf 

Papier  102 

—  Anspruch  Hoffjnoisters  auf  die  Er- 

iindung  der  141.  142 

—  auf  Bromsilbergelatino  294 

— von  Harri son  294.  295 

Glas  286 

metallischen  Silberplatton  161 

Papier  100.  102.  237.  241 

— mittels  Sonnenmikroskoj)  102 

nach  Bayard  241.  242 

Zinn  158.  159.  160 

—  bei  künstlichem  Licht  s.  d. 


Photographie  bei  Nacht  328 

—  Emporblühen  als  Gewerbe  230.  235 

—  Erfindung  durch  Daguerre  178 

—  erste  Erfindung  51 

—  in  natürlichen  Farben  117. 433. 441. 450 
Entdeckung  117.  118.  119 

—  —  s.  a.  Dreifarbenphotographie 

—  künstlerische  264.  265.  266.  267.  355 

—  medizinische  457 

—  mit  Drachenflieger  293 

Papiemegativen ,    -positiven    237. 

240.  241.  250 
Röntgenstrahlen  457 

—  ohne  Silberbad  279 

—  vom  Luftballon  s.  Ballonphotographie 

—  Vorahnung  s.  Gyphantie 
Photokeramik  356.  357.  358 
Photolithographie  397.  398.  399.  400.  401. 

102 

—  von  Gemoser  407 

Photometer,  erstes  chemisches  78.  79.  83. 
115 

—  Verwendung  bei  der  Mont-Blanc- Be- 

steigung durch  SauBSure  83 
Photometrie  =  Lichtmessung 
I^hoto  -  Mezzotintdruck  381 

—  -Mikrogi-aphie  von  Dagron  286.287. 

288 
Photophon  314 
Phototyp  von  Berres  370 

Niepoe  162 

Phototypie  von  du  Motay  u.  Marechal 

405 
Photozinkographie  403.  404.  413.  414 
Photozinkotyjiie  409 
Physiotypia  plantarum  362 
Pigmontdruck   344.  346.  347.  349.  350. 

351.  352.  353.  354 

—  Einführung  353.  354 

—  in  der  Heliogravüre  354.  393.  394 

—  Übertragungsprozeß    von  Swan  351. 

352.  353 

—  von  Poitevin  346.  347.  348.  349 

Pouncy  349.  350 

Pinachrom  als  Sensibilisator  325 
Pinakotypie  450 

Planeten  in  der  Alchimie  7.  8.  9 
Platinchlorid,    Lichtempfindliohkvit    112. 
133.  138 


oation  von  355 

—  =  Platinotypio 

PlRÜDotypie  340.  a41.  342.  313.  Sm 

PlatiDEalze,  Lkbt Wirkung  auf  137.  341. 
342.  343 

Flatiav(;rfaliren,  direkt  kopidTemlcK  343 

Polizei  Photographie  302 

Porträt,  erstaa  photographisohes  in  Ame- 
rika 214.  215 

Aufnahme    auf    Daguerreotypplatteo 

209.  212.  213.  214.  215 

—  —  ei'SM  in  natürlichen  Farben  446.  )47 

—  -Objektive,  Eräpdnng  220.  22,'j.  22t) 

—  -Photographie  209.  215.  230.  231 

—  —  bei  eiektrisohein  Liebte  327 
Positive,  direkte  242.  260 


a  der  I 


I.  270 


—  Bilder  auf  Email  263 
Präservative  im  Trocltenverfabren  271 .  280 
Praxinoakop  306.  308 

Frei saussob reiben    iibor  die   Lebie    vom 

Licht  10!) 
PreuUiscb'Blau  s.  Berliuerblau 
Priucipium  iDllamniabiie  67 
Prismen,  aohromatischo  113 

—  aus  voTschiedeDen  Medieu,  EiDlluß  auf 

das  Spektrum  119 

—  -Stereoskop  281 
Prieme- menisque  l'iO 
Pi'ojektion  der  Serienbilder  s.  d. 

—  mikroskopisober  Bilder  287.  288 
Projektionsapparat,  bewegliche  Bilder  beim 

40 

—  Erfindung  40.  42 

—  Geschichte  40.  42 

—  mit  kÜDStliohem  Licht  40 
Sonnenlicht  40 

—  —  verschiebbaren  Tubus  44 
I'rolalbinpapier  337 

Puqiur,  Wirkung  dos  Lichtes  auf  (i,  7. 
45   4t>   54    J.5 

—  häuri.  130 

—  Schnecke  C    7.  i'> 

Verhalten  des  Saftes  im  Licbl  45.  46 

Pustlicht  332 

Pjrcolophoio  1j4.  155.  157 
lyrogaflol  als  fntwickler  259.  273.  280. 
y'i 

Edei,  Handbuch  dar  FhoUgimpbie.    I.  Teil.    3. 


—  ohne  Silbernitrat  im  Unttvickler  277 
Pyrogailussäure,  Entdeckung  der  138 

—  in  der  Daguerreotypie  249.  250 
Entwicklung  249.  250 

({uocksilber,  apfelsauroa  137 


-  bi'enj weinsaures  137 
137 


—  oialsaures  137 

—  weinsaures  137 

—  zitrone  asaures  137 
Quecksilberchlorid  lüli 
Queckailberräucherkaaton  203 
Quocksilberosyä ,  rotes,  Lichtwirkung  119 

—  Scbivfirznog  in    der  Torricellischen 

Leere  94 
Queeksüberoxydkali,  weinsaures  137 
Quectailberoiydul,  essigsaures  137 
Quecksilbersalzo,  Lichtemplindlichkeit  55. 

63.  65.  66.  70.  87.  96.  99.  119.  121. 

124.  128.  129.  137.  140 
Quecksilber -Verstärkung  268 

Radiotherapie  457 

Raster  415.  416.  417.  418.  419.  420.  421. 
422.  423 

Phetogi-aphie  s.  Autotypie 

Realgar,  Lichtempßndlichkeit  106.  109 

Keibenbilder  s,  Serienbildcr 

ßeigewerk,  photographisch  illustriertes 
252.  253.  254 

Reproduktion  l)ei  Lampenlicht  219 

ßeproduktioLsphotograpbie  321.  322.  415 

Besoreiu  als  Entwicklet  299 

Revolver,  pbotographischer  307 

Rhodansilber,  Lichtempfindlichkeit  130 

fioeou  88 

ßollfilms  300 

Eöntgen strahlen  457 

ßotel  5 

ßotlack  64 

Rotspieflglanzerz ,  Lichtwirkung  140 

Riibia  tinutoria  64 

Biickwirkung  der  Erfindung  der  Daguerre- 
otypie, Talbotypie  und  der  ältesten 
pliolomechani sehen  Verfahreu  auf  das 
giapbische  lllusti'ations verfahren  251 
■ao.  31 


482 


Sach  -  Register. 


Hafllor  121 
Safran  57 

—  de  Mars  156 

Salmiakblumen,    Veräudoruug   im  Lichte 

95 
Salpeter  bei  Magncsiumlicbt  s.  Zündsätze 
Salpeterätber  74 

Salpetersäure,  Licbtwirkung  66.  69.  80.  81 
Salzsäure,  Lichtem pfindlichkeit  116 
Samonfeuchtigkeit,  schwarze  4 
Sammellinse  2 

Santonin,  Lichtempfiudlichkeit  149 
Sauei-stoff  71 

—  -Abgabe  organischer  Substanzen  71 

—  -Gas,  entsteht  bei  der  Ammoniakzer- 

setzung im  Lichte  79 

—  —  Zusammensetzung  93 
Lichtwirkung  89 

Schablonen,  Kopieren  auf  Kreide -Silber- 
nitratschlamm 51.  104 

Schabpapier  s.  Chemigraphie 
Schießbaumwolle  261 
Schießpulver,  Kenntnis  17 
Schlitzverschluß  310. 
Schnellkopiermaschine  s.  Kopierautomat 
Schnellkopierverfahren  246.  247 
Schnellphotographie,  amerikanische  271» 
Schnellseher,  elektrischer  311.  312 
Schönen  der  Papierbilder  338 
Schüttgelb  60 
Schwefelarsen  =  Real  gar 
Schwefelcvanide  im  Tonbade  339 
Schweinefett,  Lichtwirkung  11") 
Schwerspat,  leuchtender  18 
Sehen,  I^hre  vom  1.  2.  3 

—  stereoskopisches  39 

—  Vorgang  1.  2.  3 
Sehstrahlen  1.  2 

Seidengaze  in  der  Autotypie  416 
Seidenzeuge,     Herstellung    metallischer 

Xiedei-schläge  auf  89.  90.  91 
Sekuudeubilder  218.  219 
Selen,  elektrisches  Leitungs vermögen  313. 

314 

—  Entdeckung  313 

—  Tolephouie  mit  314 
Sensibilisatoren ,  Entdeckung  der  optischen, 

durch  H.W.Vogel  315.  316 
Sepia  -  Blitz  -  Lichtpauspapier  34 1 


SerienbiMcr  304.  305.  306.  307.  .308  300. 

310.  311.  312 

—  Photographie    von    Anschütz    310. 

311.  312 

Marey  309.  310 

Muybridge  307.  308.  309 

—  Projektion  304.  305.  306.   308.    300. 

311.  312 
Silber,  benzoesaures  88 

—  borsaures  137 

—  brenztraubensaures  137 

—  chemische  Geschichte  136 

—  chromsaures  344 

—  kohlensaures  94.  109 

—  railchsaures  137 

—  phosphorsaures  im  Celloidinpapior  337 

—  pyrophosphorsaures  137 

—  salpetersaures  17.  18.  19 

Färben  der  Haare  mit  63.  64 

Färben  mit  19 

—  überchlorsaures  137 

—  Wirkung  auf  Mineralwässer  5 

—  zitronensaures  s.  Celloidinpapier 
Silberalbuminat,  Lichtempfindlichkoit  125 
Silberchlorür  443 

Silberchromat,  Lichtempfindlichkoit  92. 
139 

Silberhaloidsalze,  Steigerung  der  Licht- 
empfindlichkeit durch  Farbstoffe  317 

Silbermuriat  =  Homsilber 

Silbornitrat  als  sympatketiscbo  Tinte  s. 
Tinte 

—  auf  Papier  238.  239 

—  schwärzt  die  Haut  19 

—  und  Kreide.  Vorsuch  Schulzos50.  51 

—  Wirkung  auf  organische  Substanzen  134 
vegetabilische  Substanzen    134. 

135 

—  s.  a.  Silbei-salze 

—  -Flecken,  Entfernung  aus  Stoffen  140 
Verbindungen,  Allgemeines  über  deren 

Lichtompfindlichkeit  s.  Silbersalze 

Silberoxyd  141 

Silberoxydammoniak,  salpotersaiires,  Ko- 
pierpapier mit  335 

Silberphotochlorid  442 

Silberplatten,  jodierte  metallische  177 

Silbersalze,  chemische  Eigenschaft  17. 18. 
19