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Full text of "Zur entwickelung des Auges der Wirbelthiere / von Leonhard Kessler."

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3 

ZUR 


ENTWIOKELÜNG  DES  AUGES 


DER 


WIRBELTHIERE 


VON 


Dr.  LEONHARD  KESSLER, 

POCENT  AN  DEE  UNIVEBSITAT  DORPAT. 


MIT  9  HOLZSCHNITTEN  UND  6  TAFELN. 


LEIPZIG, 

VERLAG  VON  F.   C.  W.  VOGEL. 
1877. 


INHALTSVEEZEICHNISS. 


Seite 

Vorwort   V 

Litteratiirverzeichniss   VII 

Cap.  I.  Erste  Anlage  des  Sehorgans   i 

Cap.  II.  Entwickelung  der  Linse   7 

Hühnchen   8 

Lacerta   11 

Triton   12 

Säuger   13 

Cap.  III.  Bildung  der  secundären  Augenblase,  der  sog.  Augeublaseuspalte  und  des  Glaskörpers  .   .   .  20 

Hühnchen   21 

Lacerta,  Viper,  Hecht   38 

Säuger   39 

Triton   42 

Cap.  IV.  Entwickelung  der  Linsenkapsel  und  der  Membrana  limitans  interna   45 

1.  Linsenkapsel   45 

Hühnchen   49 

Säuger  ,   58 

2.  Membr.  limitans  int.    .  -   64 

Cap.  V.   Scbluss  der  Augenblasenspalte.    Bildungsendproducte  der  Arteria  centralis.    Glaskörper    .   .  66 

Hühnchen   66 

Lacerta   75 

Säuger   76 

Cap.  VI.  Entwickelung  der  Cornea  ..."   83 

Hühnchen   83 

Triton   88 

Säuger   91 

Cap.  VII.   Entwickelung  der  Iris  und  der  Ciliarfalten   95 

Hühnchen    95 

Triton   101 

Säuger   104 


Erklärungen  zu  den  Tafeln  109 


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in  2014  ' 


Iittps://arcliive.org/details/b21636096 


VORWORT. 


Vorliegende  Blätter  entbalteii  die  Resultate  von  Beobachtungen,  deren  erste  Ergeb- 
nisse schon  in  einer  von  der  Dorpater  medic.  Facultät  im  Jahre  1869  gekrönten  Preisarbeit 
niedergelegt  nur  zum  Theil  in  meiner  Dissertation  (Litteraturverzeichniss  19)  veröffentlicht 
wurden,  und  die  ich  seitdem  nach  Möglichkeit  zu  controliren,  zu  vervollständigen  und 
weiterzuführen  gesucht  habe.  Aus  jener  Preisarbeit  sind  einzelne  Partieen  fast  wörtlich 
in  die  gegenwärtige  übergegangen;  so,  ausser  den  der  Dissertation  entnommenen  in  Capp. 
VI  und  VII,  namentlich  diejenigen  über  die  Entwickelung  des  Glaskörpers  beim  Hühnchen 
und  die  des  Pecten  und  seines  Verhältnisses  zur  Papilla  Nervi  optici;  ebenso  sind  die 
Figg.  9;  15 — 22;  45— 55A.  und  56  —  64  bereits  im  Jahre  1869  gezeichnet. 

Der  schon  bei  den  ersten  Studien  am  Hühnchen  erkannten  Nothwendigkeit ,  noch 
andere  Tliierclassen  in  den  Bereich  der  Untersuchungen  hineinzuziehen  —  zunächst  um 
durch  die  VergleicJuing  die  Bestätigung  oder  Erklärung  gewisser  auffallender  oder  schwer 
zu  deutender  Wahrnehmungen  zu  gewinnen  — ,  hätte  ich  gern  in  ausgedehnterem  Maasse 
entsprochen  als  die  Berufsgeschäfte  und  die  kSchwierigkeit  der  Beschaffung  des  Materials 
es  gestattet  haben.  Letzterer  Umstand  trägt  auch  die  8chidd ,  dass  auch  bei  den  zur  Unter- 
suchung gekommenen  Thieren  gewisse  Entwickeluiigsvorgänge  nicht  in  der  gewünschten 
Continuität  haben  verfolgt  werden  können.  Die  zur  Ausfüllung  der  Lücken  nöthig  gewordenen 
Hypothesen  oder  Vermuthungen  glaube  ich  im  Text  überall  mit  genügender  Deutlichkeit  als 
solche  den  vollkommen  sicheren  und  unzweifelhaften  Beobachtungsthatsachen  gegenüber- 
gestellt zu  haben.    Ich  halte  es  nicht  für  überflüssig ,  dies  hier  ausdrücklich  zu  bemerken. 

Wenn  ich  trotz  der  erwähnten  Lücken  diese  Arbeit  jetzt  schon  der  Oeffentlichkeit 
übergebe,  so  geschieht  es  zum  Theil  um  gewissen  irrthümlichen  Anschauungen  und  Dar- 
stellungen über  die  Entwickelung  des  Auges  entgegenzutreten.  Die  weite  Verbreitung, 
die  denselben  durch  den  Uebergang  in  verschiedene  Hand-  und  Lehrbücher  zu  Theil  geworden, 
und  der  allgemeine  Glaube,  den  dieselben  gefunden  zu  haben  scheinen,  hat  mich  veranlasst, 
dieselben  ausführlicher  zu  besprechen  resp.  zu  widerlegen,  als  sonst  vielleicht  erforderlich 
gewesen  wäre. 


VI 


Die  Art  und  Weise,  wie  ich  zu  meinen  Resultaten  gelangt  bin,  habe  ich  S.  21  und 
S.  53—57  angegeben;  sowol  in  die  mikroskopische  Technik  als  in  die  Methode  der  embryo- 
logischen Forschung  habe  ich  das  Glück  gehabt,  von  Herrn  Prof.  Dr.  E.  Rosenbekg  ein- 
geführt zu  werden.  Wer  aus  dem  Text  sich  überzeugt  haben  wird,  dass  ich  einen  Theil  der 
von  mir  gcAvonnenen  Resultate  nur  jener  von  ihm  gelernten  Methode  zuschreibe,  wird  selbst 
bemessen  können,  zu  wie  grossem  Dank  ich  mich  ihm  verpflichtet  fühle.  —  Auch  des  freund- 
schaftlichen Interesses,  welches  Herr  Prof.  Dr.  Alex.  Rüsenbekg  meinen  Arbeiten  geschenkt 
hat,  gedenke  ich  hier  gern. 

Die  Zeichnungen  auf  den  beigegebenen  Tafeln  sind  sämmtlicli  —  und  zwar,  wo  es 
irgend  darauf  ankam,  bis  auf  jede  einzelne  Zelle  —  mit  dem  Zeichnenprisma  aufgenommene 
Copieen  der  Präparate ;  dadurch,  sowie  durch  die  relativ  starken  Vergrösserungen,  bei  denen 
sich  auch  das  kleinste  Detail  durchweg  mit  der  erforderlichen  Deutlichkeit  hat  wiedergeben 
lassen ,  beabsichtigte  ich  nicht  nur  das  Verständniss  des  Textes  zu  erleichtern ,  sondern  auch 
denjenigen  Lesern,  welchen  eigene  entsprechende  Präparate  nicht  zur  Disposition  stehen, 
eine  selbstständige  Beurtheilung  der  schwebenden  und  Streitfragen  zu  ermöglichen.  Dem 
Herrn  Verleger,  welcher  auf  das  Bereitwilligste  die  Arbeit  mit  diesem  so  wesentlichen  Hülfs- 
mittel  der  Verständigung  und  Förderung  —  wie  ich  hoffe:  richtiger  Vorstellungen  ausge- 
stattet und  die  aus  der  so  sorgfältigen  und  sauberen  Herstellung  der  Tafeln  erwachsenden 
grossen  Kosten  nicht  gescheut  hat,  darf  ich  gewiss  auch  im  Namen  des  Lesers  danken. 
Noch  viel  mehr  aber  drängt  es  mich,  demselben  meinen  persönlichen  Dank  auszusprechen 
und  die  ausserordentliche  Liberalität  und  Liebenswürdigkeit,  mit  welcher  derselbe  allen  meinen 
Wünschen  entgegengekommen  ist,  öffentlich  zur  Anerkennung  zu  bringen. 

Dass  die  im  Text  häufig  wiederkehrenden  Ausdrücke :  proximal  und  distal  einen  dem 
Hirnrohr  näheren  oder  zugewandten,  resp.  von  diesem  entfernteren  oder  abgekehrten  Theil 
der  Anlage  des  Sehorgans  bezeichnen ,  würde  der  Leser  zweifelsohne  auch  ohne  diese  Bemer- 
kung aus  dem  Zusammenhang  ersehen  haben.  Die  bei  den  verschiedenen  Thieren  verschiedene 
Stellung  der  optischen  Axe  zur  Medianebene  und  die  bei  einer  grossen  Zahl  derselben  während 
der  embryonalen  Entwickelung  stattfindende  allmälige  Aenderung  ihrer  Stellung  fordern  den 
Gebrauch  von  Terminis,  deren  Correctheit  diu'ch  diese  Wechsel  nicht  alterirt  wird. 

Die  während  des  Druckes  anfänglich  in  Aussicht  genommenen  „Nachträge''  haben 
sich  mit  Ausnahme  des  Seite  13  angezeigten  sämmtlich  vermeiden  lassen;  daher  habe  ich 
vorgezogen,  dasjenige  was  ich  zu  Seite  13  nachträglich  hinzuzufügen  hatte,  nicht  in  Form 
eines  Nachtrags,  sondern  unter  der  Erklärung  zu  Taf.  IV.  Fig.  55,  auf  welche  es  sich 
beziehen  sollte,  zu  geben,  wo  ich  dasselbe  im  Anschluss  an  jene  Stelle  nachzulesen  bitte. 


TJTTERATUR. 


1.  Ammon,  von.    Die  Entwickeliingsgeschichte  des  menschlichen  Auges.    Graefe's  Arcliiv  für  Ophthalmologie, 

IV.  Bd.  1.  Abth.  1858. 

2.  Arnold,  Julius.    Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Auges.    Heidelberg  1874. 

3.  Entwickelnng  der  Linse,  in  Graefe- Saemisch's  Handbuch  der  gesammten  Augenheilkunde  I.  1. 

Leipzig,  1874.    S.  309  fif. 

4.  Babuchin.    Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Auges,  in  Würzburger  Naturwissenschaftliche  Zeit- 

schrift.   IV.  Bd.  S.  71  flF. 

5.  Würzburger  Naturwissenschaftliche  Zeitschrift  V.  S.  127  resp.  141. 

6.  Baer,  K.  E.  von.    Untersuchungen  über  die  Entwickelnng  der  Wirbeithiere.    Königsberg  1828. 

7.  Barkow.    Anatomisch-physiologische  Untersuchungen,  vorzüglich  über  das  Schlagadersystem  der  Vögel,  in 

Meckel's  Archiv  für  Anat.  und  Phys.  1829. 

8.  Bischoff,  Th.  L.  W.    Entwickelungsgeschichte  des  Hundeeis.    Braunschweig  1845. 

9.    Entwickelungsgeschichte  des  Kanincheneies.  1842. 


10.  Erdl.    Die  Entwickelung  des  Menschen  und  des  Hühnchens  im  Ei.    Leipzig  1845/6. 

11.  FosTER,  M.  und  Francis  M.  Balfour.    The  Elements  of  Embryologie.    London  1874. 

12.  GoETTE,  Alex.    Die  Entwickelungsgeschichte  der  Unke  (bomb,  ign.)  als  Grundlage  einer  vergleichenden 

Morphologie  der  Wirbeithiere.    Leipzig  1875. 

13.  Henle,  f.  G.  J.    De  membrana  pupillari.    Bonnae  1832, 

14.  Bensen,  V.    Ueber  den  Bau  des  Schneckenauges  etc.  in  M.  Schnitzes  Archiv.    II.  Bd.  1866. 

15.  His,  W.    Untersuchungen  über  die  erste  Anlage  des  Wirbelthierleibes.    Leipzig  1868. 


16.    Unsere  Körperform  und  das  physiologische  Problem  ihrer  Entstehung.    Leipzig  1875. 

17.  Huschke,  E.    Ueber  die  erste  Entwickelnng  des  Auges  und  die  damit  zusammenhängende  Cyklopie,  in 

Meckel's  Archiv  für  Anat.  und  Physiol.    Jahrgang  1832. 

18.  Huschke,  Aem.    Commentatio  de  pectinis  in  oculo  avium  potestate  anat.  et  physiol.    Jenae  1827. 

19.  Kessler,  Leonh.    Untersuchungen  über  die  Entwickelung  des  Auges,  angestellt  am  Hühnchen  und  Triton. 

Dorpat  1871. 

20.    Ueber  Entwickelung  des  Auges.    Sitzungsberichte  der  Dorpater  Naturforschergesellschaft.  Vortrag 

vom  3.  Mai  1875.  —  S.  A. 

21.  Kölliker,  Albert.    Entwickelungsgeschichte  des  Menschen  und  der  höheren  Thiere.    Leipzig  1861. 

22.  Handbuch  der  Gewebelehre  des  Menschen.    Leipzig  1867. 

23.    Ueber  die  erste  Entwickelung  des  Sängethierembryo.    Separatabdruck  aus  Band  IX  der  Verhand- 
lungen der  physikalisch-med.  Gesellschaft  zu  Würzbnrg.  1875. 

24.  Kupffer,  C.    Beobachtungen  über  die  Entwickelung  der  Knochenfische,  in  M.  Schultze's  Archiv.   IV.  Bd. 

25.    Die  Entwickelung  der  retina  des  Fischauges,  im  Centralblatt  für  die  medicin.  Wissenschaften- 

-  1868.    No.  41. 

26.  Langerhans,  Paul.    Untersuchungen  über  Petromyzon  Pianeri.    Freiburg  i.  B.    187  3. 

27.  Leuckart,  Rud.    Organologie  des  Auges,  in  Graefe-Saemisch's  Handbuch  der  gesammten  Augenheilkunde. 

IL  Bd.  2.  Theil.    Leipzig  1876. 


VIII 


2S.    Lieberkühn,  N.    lieber  das  Ange  des  Wirbelthierembryo.    Cassel  1S72. 

29.    Manz,  Prof.   Entwickelungsgeschichte  des  menschlichen  Auges,  in  Graefe-Saemisch's  Handbuch  der  gesammten 
Augenheilkunde  II.  2. 

31.  Meyer,  H.    Beitrag  zur  Streitfrage  über  die  Entwickelung  der  Linsenfasern,  in  MüUer's  Archiv.  1S51. 

32.  MiHALKOWics,  V.    Untersuchungen  über  den  Kamm  des  Vogelauges,  in  M.  Schultze's  Archiv.    IX.  Heft  3. 

S.  591  ff. 

33.  Müller,  Heinrich,    lieber  den  Accommodationsapparat  im  Auge  der  Vögel,  in:  Heinr.  Müller's  gesammelte 

und  hinterlassene  Schriften  zur  Anatomie  und  Physiologie  des  Auges;  herausgegeben  von  0.  Becker. 
L  Band.    Leipzig  1S72. 

34.    lieber  das  Auge  des  Chamaeleon,  eod.  loco. 

35.  Müller,  Wilhelm,    lieber  die  Stammesentwickelung  des  Sehorgans  der  Wirbelthiere.    Leipzig  (F.  C.  W. 

Vogel).  1875. 

35a.  Owen.    Comparative  Anatoniy  und  Physiol.  of  vertebrates.    Vol  II.    London  1866. 

36.  Remak,  Robert.    Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der  Wirbelthiere.    Berlin  1851. 

37.  Schenk,  S.  L.    Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Auges  der  Fische,  in  Wiener  Sitzungsberichte.  1867. 

Bd.  55.  Abth.  m.  S.  480  ff. 

38.    Lehrbuch  der  vergleichenden  Embryologie  der  Wirbelthiere.    Wien  1874. 

39.  Schwalbe,  G.    Mikroskop.  Anat.  des  Sehnerven,  der  Netzhaut  und  des  Glaskörpers,  in  Graefe-Saemisch's 

Handbuch  der  gesammten  Augenheilkunde.    I.  1.  S.  321  ff. 
4U.    Schoeler,  Henricus.  De  oculi  evolutione  in  embryonibus  Gallinaceis.  Diss.  inaug.  Dorpati  Livonorum.  1848. 

41.  ^epHOBii. /!,.    0  panBiiTiii  cyMKii  xpycTa.inKa,  im  BoeHHo->ie,i;.   Hjypna.n..  1871.    (Sernoff,  D.  Ueber 

die  Entwickelung  der  Linsenkapsel ,  Inder  russischen  Kriegsiirztlichen  Zeitschrift.  Jahrgang  1871.)   S.  45. 

42.  Sernoff,  D.    Zur  Entwickelung  des  Auges.    Centralblatt  für  die  medic.  Wissenschaft.    1S72.    No.  13. 

43.  Vogt,  C.    Embryologie  des  Salmones.    Neuchatel  1842. 

44.  Waldeyer.    Nagel's  Ophthalmologischer  Jahresbericht.  I. 


( 


ERSTES  CAPITEL. 

ERSTE  ANLAGE  DES  SEHORGANS. 


K.  E.  VON  Baer  entdeckte  zuerst  am  Hühnclien,  dass  die  erste  Anlage  des  Sehorgans 
durch  symmetrische  seitliche  hohle  Hervortreibungen  des  vordersten  Hirnbläschens  gebildet 
wird.  Es  ist  dies  vielleicht  die  interessanteste  Thatsache,  die  über  die  Entwickelung  des 
Auges  iiberliaupt  ermittelt  werden  konnte  -—  eine  Thatsache,  deren  Würdigung  erst  in  neuester 
Zeit  die  Aufmerksamkeit  sich  wieder  zugewendet  hat,  deren  Tragweite  aber  auch  heutzutage 
durch  die  neuerdings  daran  geknüpften  Schlussfolgerungen  wahrscheinlich  noch  nicht  voll- 
ständig erschöpft  und  ausgebeutet  ist. 

Die  erste  Anlage  der  Augen  bildet  also  ursprünglich  einen  integrirenden  Theil  des 
Medullarrohres.  Wann  die  erste  Entwickelung  derselben  oder  ihre  Sonderung  vom  letzteren 
eigentlich  beginnt,  lässt  sich  kaum  genau  bestimmen,  da  das  Medullarrohr  bekanntlich  schon 
vor  dem  vollständigen  Schluss  seines  Kopftheiles  eine  Auftreibung  seines  Vorderendes  zeigt, 
welche  ganz  allmälig  und  unmerklich  ihre  Form  dahin  verändert,  dass  um  die  30.  —  33.  Brüt- 
stunde zuerst  zwei  ,, rundliche  Erhöhungen  an  der  hinteren  Region"  jener  unterdess  zur 
,, vorderen  Hirnzelle"  gewordenen  Auftreibung  deutlich  als  ,,die  ersten  iknfänge  der  Augen" 
erkannt  werden  können  (v.  Baer  6.  S.  23,  24,  vgl.  Remak  36.  S.  17  ff.).  Diese  kleinen 
Hervortreibungen  vergrössern  sich  nun  sehr  rasch  zu,  der  Kugelgestalt  mehr  weniger  sich 
nähernden ,  Blasen  —  den  „primären  Augenblasen",  welche  anfangs  in  weiter  Communication 
mit  dem  Lumen  des  Hirnrohres  stehen  (Taf.  I.  Fig.  1);  diese  Communication  verengert  sich 
jedoch  in  demselben  Maasse,  als  die  Blasen  an  Grösse  zunehmen,  und  zugleich  rückt  die 
Communicationsöffnung  selbst,  oder  vielmehr  der  cylindrische  Canal,  in  welchen,  während 
die  Augenblasen  sich  zugleich  ein  wenig  vom  Medullarrohr  distalwärts  entfernen,  die  ursprüng- 
liche Communicationsöffnung  sich  allmälig  auszieht,  —  i.  e.  der  sog.  AugeuMasensiiel  —  der 
Ventraltläche  sowohl  des  Medullarrohrs  als  der  Augenblasen  immer  näher  (vgl.  Taf.  I.  Figg.  l, 
2,4,  5.  st.  und  7),  so  dass  gegen  Ende  des  2.  Tages  die  Augenblasen  wie  durch  die  von  der 
Riickenseite  her  zwischen  sie  und  das  Medullarrohr  eingedrungenen  Kopfplatten  von  letzterem 

Kessleb,  Wirbelthier-Auge.  1 


2 


abgeschnürt  erscheinen  *)  und  ihre  Verbindung-  mit  diesem  nur  an  der  Bauchfläche  noch  durch 
jenen  relativ  immer  dünner  werdenden  Augenblasenstiel  unterlialten  wird.  Diese  Verbin- 
dung' ist  bekanntlich  eine  bleibende,  da  in  dem  Augenblasenstiel  sich  später  der  Sehnerv 
entwickelt. 

Die  Augenblase  ist  mithin  ein  vorgeschobener,  von  seinem  Mutterboden  sich  niemals 
isolirender  Theil  der  Anlage  des  Centi"alnervensystems,  —  alles,  was  später  aus  dieser  Augen- 
blase hervorgehen  wird,  mithin  genetisch  vollkommen  gleicliwerthig  (homolog)  den  Bildungs- 
endproducten  des  letzteren. 

Keines  der  übrigen  Sinnesorgane  nimmt  seinen  Ursprung  auch  nur  annähernd  in 
ähnlicher  Weise  aus  der  Hirnanlage;  sie  entstehen  vielmehr  sämmtlich  vollkommen  getrennt 
von  der  letzteren  und  treten  erst  nachträglich  durch  die  zugehörigen  Nerven  mit  dem  Centrai- 
nervensystem in  Verbindung. 

Diese  bezüglich  der  Abstammung  durchaus  eigenartige  und  exceptionelle  Stellung  des 
Sehorgans  unter  den  übrigen  Sinnesorganen  scheint  mir  auch  durch  die  entgegenstehende  Dar- 
stellung Goette's  (12)  nicht  Avesentlich  erschüttert;  nach  dieser  soll  die  Augenblase  nicht 
unmittelbar  aus  der  Hirnanlage  hervorgehen,  sondern  aus  einer  dieser  allerdings  sehr  nahe 
stehenden,  von  ihr  aber  durch  eine  Spalte  deuthch  geschiedenen  Zellenmasse  des  oberen 
Keimblattes,  welche  die  gemeinsame  Anlage  der  sogenannten  3  höheren  Sinnesorgane  ent- 
halte und  die  er  daher  als  ,,Sinncsplalfc''  der  die  Anlange  des  Hirns  bildenden  ,,Himplatte" 
gegenüberstellt.  —  Gegen  diese  Auffassung  lassen  sich  aber  aus  Goette's  eigener  Darstellung 


1)  His  (15.  S,  103  ff.;  113;  129  ff.;  131.  132;  und  16.  S.  99  ö'.)  sieht  das  Eiudriugen  dieser  Kopfplattenmasse 
(,.  Zwischenstrang"  —  Iiis)  zwischen  MeduUarrohr  und  Augenblase  als  Ursache  der  Abschnürung  der  letzteren  an;  der  Zwischen- 
strang erfahre  durch  die  Axeubiegung  des  Kopfes  über  den  Endknopf  der  Chorda  eine  solche  Spannung,  dass  er  „in  den  vor- 
springenden Theil  des  Vordcrhirus  einschneidet  und  so  die  Augenblascn  vom  übrigen  Gehirn  abgliedert,"  —  eine  Wirkung,  die 
man  an  einem  entsprechend  vorbereiteten,  das  llirnrohr  und  die  Augenblasen  repräsentirenden  Gummirohr  mit  Hülfe  eines  Fadens 
leicht  nachahmen  könne.  —  Ich  kann  mich  dieser  Anschauung  nicht  auschliessen ;  ein  Blick  auf  meine  Figg.  1  und  2,  in  welchen 
jede  einzelne  Zelle  des  Zwischenstranges"  mit  dem  Zeichnenprisma  nachgezeichnet  ist,  zeigt,  dass  die  Hauptmasse  des  letzteren 
aus  Intercellularsubstanz  besteht,  die  zelligen  Bestandtheile  dagegen  nur  sehr  spärlich  vorhanden  sind  (vgl.  auch  Tat".  V. 
Fig.  67  vom  Hund  und  Schenk'.s  Zeichnungen  von  der  Forelle  37.  P'ig.  1  und  2);  dieser  Beschaffenheit  des  Zwischenstranges 
gegenüber  muss  die  aus  dicht  gefügten  Zehen  bestehende,  in  sich  geschlossene  Wand  des  Hirnrohres  und  der  Augcnblasen 
als  das  relativ  feste,  unnachgiebige  erscheinen  (vgl.  auch  die  Figg.  51 — 53  vom  Triton),  in  welches  die  gewiss  viel  weichere, 
den  Raum  zwischen  llirnrohr  und  Hornblatt  nur  ausfüllende  formlose  Kopfplattenmasse,  bei  einer  etwaigen  Steigerung  der 
Spannung  beider  gegeneinander,  sicherlich  nicht  „einschneiden",  von  dem  sie  vielmehr  wohl  eher  verdrängt  werden  würde  (vgl. 
auch  Taf.  VI.  Fig.  77  von  der  Eidechse,  bei  der  auch  in  den  jüngeren  Stadien  ebenso  wie  in  dem  hier  abgebildeten  älteren 
die  in  Rede  stehende  Kopfplattenschicht  ausserordentlich  dünn  ist) ;  das  wirkliche  Verhältniss  beider  zu  einander  würde  darnach 
das  gerade  umgekehrte  von  dem  sein,  wie  es  in  dem  von  His  proponirten  Experiment  mit  dem  (elastisch-nachgiebigen)  Gummi- 
schlauch und  dem  (unnachgiebigen)  Faden  besteht. 

Sollte  nicht  die  Ursache  der  Verkieiiierung  der  Communicationsöffuung  vielleicht  einfach  in  dem  raschen  Wachsthum 
und  der  allseitigen  Flächenzunahme  der  Wand  des  Hirnrohres  zu  suchen  sein,  in  P'olge  deren  ja  jede  in  der  Wand  vorhandene 
Oeffnung  sich  conceutrisch  verengern  muss?  (vgl.  dazu  den  Schluss  der  Linsengrube  und  die  Verengerung  der  Fupillaröffnung 
—  Cap.  II  und  VII).  —  Uie  Vergleichung  meiner  Fig.  2  mit  Fig.  1  veranschaulicht  diese  Flächenzuiiahme  sowohl  der  seitlichen 
als  der  ventralen  Wand  des  Hirnrolires,  welche  natürlich  auch  die  Uebergangsstelle  des  Hirnrohrs  in  die  Augenblase  mit 
betreffen  und  zur  Verlängerung  des  dadurch  entstehenden  Augenblasenstiels  so  wie  zur  allmäligen  Entfernung  der  Augen- 
blase vom  Hirnrohr  führen  muss;  —  die  Kopfplatten  haben  dann  nur  in  den  zwischen  beiden  entstehenden  (vorgebil- 
deten) Raum  nachzudringen,  nicht  denselben  zu  schaffen.  —  Die  formbildende  Rolle  verbleibt  bei  dieser  Auffassung  dem 
oberen  Keimblatt. 


3 


eine  Reilie  von  Sätzen  geltend  machen,  welche  nicht  nur  gegen  die  von  ihm  daraus  gefolgerte 
genetische  Coordination  des  Sehorgans  mit  dem  H()r-  und  Riecliorgan  sprechen,  sondern  anch 
die  Berechtigung  zur  Aufstellung  einer  ,, Sinnesplatte"  üherhaupt  höchst  fraglich  erscheinen 
lassen.  — •  Nehmen  wir  zunächst  die  „Sinnesplatte''  als  wirklich  existirend  an,  so  ist  doch 
schon  die  Art  und  Weise,  wie  Goette  aus  ihr  das  Sehoigan  einerseits,  das  Hör-  und  Riech- 
organ andrerseits  hervorgehen  lässt,  eine  durchaus  und  wesentlich  verschiedene:  schon 
lange  vor  Beginn  der  Entwickelung  der  Augenblasen  bei  noch  weit  offener  Cerebro-Medullar- 
furche  (wie  die  zugehörige  Fig.  76  Taf.  IV  zeigt),  ,,ist  in  der  Seitenregion  der  vorderen 
Kopfiiälfte  die  Sinnesplatte  (i.  e.  der  Augentheil  derselben)  mit  der  Hirnplatte  verschmol- 
zen" (S.  171),  „spurlos  in  die  Seitentheile  des  Hirns  aufgenommen ,  wiilirend  sie  sowohl 
am  vordersten  Ende  als  auch  zur  Seite  der  hinteren  Hirnhälfte  bestehen  bleibt.  Wo  an  der 
erstgenannten  Stelle  die  breitere  Hirnbasis  sich  der  gleichmässigen  Aufkrümmung  der  ganzen 
Hirnanlage  Avidersetzt,  da  ergänzt  die  Sinnesplatte  die  Seitentheile  des  Hirns  und  ermöglicht 
dessen  seitliche  Ausweitung;  aus  diesen  beiderseitigen  Vorragungen  entstehen  endlich  die 
Augenblasen;  die  vom  Hirne  nicht  absorbirte  Sinnesplatte  producirte  aber  vorne  und  unten 
am  Kopfe  die  Geruchsplatten,  am  Hinterkopf  aber  die  Olirbläschen"  —  (S.  172);  —  und  S.  322  : 
„die  von  der  Hirnplatte  abgesonderte  Sinnesplatte  verhält  sich  an  dem  vorderen  Umfang  und 
an  den  Seiten  der  vorderen  uiul  hinteren  Hälfte  des  Hirnes  verschieden,  indem  sie  an  der 
mittleren  der  bezeichneten  Regionen  mit  demselben  wiederum  verschmilzt,  um  sich  neuerdings 
als  Augcnblase  aus  ihm  (i.  e.  aus  dem  Hirn)  heraus  zu  entwickeln,  davor  und  dahinter  aber 
erst  in  der  Form  der  fertigen  Nasengruben  und  Lab3"rinthbläschen  die  Verbindung  mit  dem 
Centralnervenorgan  aufsucht."  —  Das  heisst  doch  wohl  bei  unbefangener  Betrachtung  eigent- 
lich nichts  anderes  als:  die  Augenblasen  gehen  aus  dem  Hirn  hervor,  das  Riech-  und  Hör- 
organ aber  nicht! 

Dieses  Hervorgehen  der  Augenblasen  aus  dem  Hirn  gilt  nun  a1)er  nicht  etwa  bloss 
in  dem  Sinn,  als  ob  eine  ursprünglich  gesondert  bestanden  habende  Anlage  des  Sehorgans 
als  präforniirle  in  das  sich  sclüiessende  Hirnrohr  aufgenommen  in  der  Wand  dieses  letzteren 
als  eine  in  sich  abgeschlossene  Zellenmasse  sich  zur  Augenblase  weiter  entwickelte;  denn 
nicht  nur  sagt  Goette  (S.  180)  ausdrücklich,  dass  „jene  Verschmelzung  erfolgt  ohne  Spuren 
der  früheren  Sonderung  zu  hinterlassen'^  und  (vgl.  o.)  dass  die  Anlage  des  Sehorgans  sich 
„neuerdings"  aus  dem  Hirn  heraus  entwickelt,  sondern  es  erscheint  sogar  nach  anderen  Stellen 
seines  Textes  sowohl  als  den  dazu  gehörigen  Abbildungen  unwahrscheinlich,  dass  eine  frühere 
Sonderung"  der  Anlage  des  Sehorgans  von  der  Medullarplatte  jemals  besteht;  —  die  resp. 
Abbildungen  nemlich  zeigen,  dass  das  was  Goette  (S.  166)  als  ,,Spalte''  bezeichnet,  welche 
die  Sinnesplatte  ,,von  der  übrigen  Axenplatte  ablöst",  niemals  eine  durchgreifende  Trennung 
dieser  beiden,  eine  wirkliche  Ablösung  der  einen  von  der  anderen  setzt,  vielmehr  nur  eine 
Einkerbung,  Furche  an  der  unteren  Fläche  der  Medullarplatte  ist,  welche  die  Continuität 
und  Einheit  der  letzteren  so  wenig  alterirt,  dass  Goette  selbst  ein  durch  die  über  dieser 
Einkerbung  bestehen  bleibende  Verbindung  seiner  Sinnes-  und  Hirnplatte  stattfindendes  Hin- 
überwandern der  Elemente  der  ersteren  in  die  letztere  annimmt  (vgl.  S.  1C7);  nach  seiner 
Theorie  der  allgemeinen  centrifugalen  Zellenschiebung,  welche  er  auch  bei  den  späteren 


4 


Umbildungen  der  Angenblase  noeli  eine  wiclitig-e  Rolle  spielen  lässt  (vgl.  darüber  unten  Cap.  III), 
dürfte  GoETTE  aber  auch  ein  Hintiberwandern  in  der  entgegengesetzten  Richtung,  also  aus 
der  Hirn-  in  die  Sinnesplatte  nicht  ausschliessen  wollen.  Dieser  Austausch  durch  Hinüber- 
Avandern  würde  doch  gewiss  für  die  relative  Inditferenz  und  Gleichwerthigkeit  der  diesseits 
und  jenseits  der  Einkerbung  gelegenen  Elemente  der  Medullarplatte  und  gegen  die  von 
GoETTE  dieser  „Spalte"  beigelegte  Bedeutung  als  eines  eine  „Sonderung^'  bedingenden  Gebildes 
sprechen.  —  Die  Zweifel  gegen  die  Richtigkeit  der  Deutung,  welche  Goette  seiner  „Spalte" 
gibt,  dürfen  aber  noch  weiter  gehen.  Wenn  diese  Spalte  nemlich  wirklich  die  Grenze  zwischen 
einer  Sinnesplatte  und  Hirnplatte  bildet,  so  kann,  —  wenn  da,  wo  die  dicke  Hirnplatte  der 
Aufwiirtskrüramung  sich  widersetzt,  statt  der  Hirnplatte  der  Augentheil  der  Sinnesplatte  die 
Aufwärtskrümraung  übernimmt,  um  die  Seitenwand  dieses  Tlieiles  des  Hirnrohres  zu  bilden 
(Goette,  S.  172),  —  die  Lage  der  Spalte,  oder  wenn  dieselbe  wieder  geschwunden  ist:  die 
Stelle,  wo  dieselbe  früher  sich  vorfand,  nur  der  Uebergangsstelle  der  Augenanlage  oder 
Augenblase  in  die  veud  ale  Wand  des  Medullarrohres  entsprechen.  Letztere  Stelle,  der  untere 
Rand  der  Anlage  der  Augenblase,  kann  aber  unmöghch  von  der  Medianebene  so  weit  ent- 
fernt und  der  späteren  Schlussstelle  der  Cerebromedullarfurche  so  nahe  liegen,  wie  in  den 
Goette'schen  Zeichnungen  von  der  Unke  die  ,, Spalte"  (vgl.  Goette's  Taf.  IV,  Fig.  76 
u.  A.)  —  es  müssten  dann  bei  diesem  Thier  die  Augenblasen  auf  der  Dorsalseite  des  Hirn- 
rohres sich  entwickeln  —  eine  Annahme,  welcher  der  Satz  Goette's  (S.  323):  „Die  ersten 
Anlagen  der  Augen  entstehen  durch  Abschnürung  der  unteren  seitlichen  Ecken  des  Vor- 
derliirns",  widerspricht. 

Dies  alles  zusammengenommen,  kann  man  sich  des  Gedankens  nicht  erwehren,  dass 
vielleicht  die  in  Rede  stehende  Spalte  mit  der  Anlage  des  Auges  gar  nichts  zu  thun  hat; 
gewisse  Präparate,  die  mir  vom  Hühnchen  vorliegen,  zeigen  eine  (mutatis  mutandis)  ganz 
ähnliche  Bildung  wie  diejenige,  welche  Goette  in  seinen  Figg.  72 — 74  und  81 — 83  als 
,, Spalte"  bezeichnet;  dieselbe  ist  aber  weiter  nichts  als  die  Knickungsfnrche,  welche  den 
ins  Medullarrohr  einzubeziehenden  von  dem  dem  Hornblatt  anheimfallenden  Theil  des  oberen 
Keimblattes  scheidet  und  welche  in  einfachster  und  nothwendiger  Weise  dadurch  entsteht, 
dass  das  Hornblatt  den  sich  erhebenden  nnd  dann  allmälig  bis  zur  Berührung  und  Ver- 
wachsung einander  sich  nähernden  Rändern  der  Medullarplatte  folgt,  wobei  die  Innenfläche 
des  dem  sich  bildenden  Medullarrohr  nächstliegenden  Theiles  des  Hornblattes  an  die  Aussen- 
fläche  jenes  sich  anlegen  muss.  —  Goette's  Befunde  an  den  Knochenfischen,  bei  denen 
diese  Furche  oder  ,, Spalte"  im  Augentheil  der  Sinnesplatte  nur  gegen  die  Oberhaut,  im 
Nasengrnben-  und  Labyrinthbläschentheil  dagegen  gegen  die  Hirnanlage  hin  besonders  deut- 
lich ausgeprägt  ist  (Goette,  S.  188),  scheinen  mir  viel  mehr  zur  Unterstützung  der  von  mir 
so  eben  angedeuteten  Auffassung  der  ,, Spalte"  geeignet  als  zu  derjenigen  Verwerthung, 
welche  Goette  S.  180  denselben  gibt. 

Wenn  demnach  bei  einer  eingehenderen  Prüfung  der  von  Goette  gemachten  Angaben 
die  von  ihm  gewollte  Entstehung  des  Sehorgans  aus  einer  vom  Hirn  gesonderten  Anlage 
als  unhaltbar,  sein  Ursprung  aus  der  Hirnlage  vielmehr  als  aufs  neue  gesichert  erscheinen 
muss,  so  könnte  man  meinen,  wäre  damit  auch  Goette's  Lehre  von  der  Sinnesplatte  und 


der  Coordination  der  3  liüheren  Sinnesorgane  der  Boden  entzogen.  Indess  — ^  S.  179  — 
bezeichnet  Goette  auch  das  Hör-  und  Riechorgan  —  was  man  allerdings  nicht  erwarten 
sollte  -  als  „Theile  des  Gehirns" ;  es  erötitnet  sich  also,  da  die  Augenhlase  sicher  ein  Theil 
des  Gehirnes  ist,  vielleicht  von  dieser  Seite  her  die  Möglichkeit,  für  die  genetische  Coor- 
dination  derselben  eine  neue  Basis  zu  gewinnen.  Aber  dies  wird  von  Goette  selbst  nn- 
möglich  gemacht,  wenn  derselbe  an  genannter  Stelle,  in  welcher  er,  die  Resultate  ans  seinen 
Einzelbeobachtnngen  ziehend,  seine  Grundanschaiiung-  über  das  Wesen  der  Sinnesplatte  zu- 
sammenfasst,  fortfährt:  Man  könnte  also  sagen,  die  3  höheren  Sinnesorgane  wären  „Theile 
des  Gehirns,  welche  sich  allmälig  vom  Mutterboden  absondern  und  selbstständig  werden, 
indem  sich  die  betreffenden  Zellenmassen  an  gewissen  Stellen  concentriren  und  dadurch 
indiffererrfe  Theile  des  oberen  Keimblattes,  welche  später  der  Oberhaut  anheimfallen,  zwischen 
jenen  Anlagen  und  dem  Hirn  zurückbleiben."  —  Abgesehen  nun  davon,  dass  Goette  keine 
Beweise  dafür  beibringt,  dass  die  Zellenhaufen,  welche  die  Anlage  des  Riech-  und  Hör- 
organes  bilden,  wirklich  durch  Concentrirung  und  nicht  durch  locale  Wucherung  entstehen, 
müsste  man,  wenn  man  jene  sich  concentrirenden  Zellenmassen  als  „Theile  des  Gehirns'' 
ansieht,  consequenter  Weise  und  mit  noch  mehr  Recht  auch  diejenigen  ,, Theile  des  oberen 
Keimblattes,  welche  zwischen  jenen  Anlagen  und  dem  Gehirn  zurückbleiben",  in  die  Con- 
centrirung nicht  mit  einbezogen  später  der  Oberhaut  anheimfallen"  so  wie  die  aus  diesen 
hervorgehenden  Theile  der  Oberhaut  selbst  als  ,, Theile  des  Gehirnes"  ansehen.  AVill 
man  sich  dazu  nicht  verstehen,  sondern  die  in  Rede  stehenden  Theile  der  ins  Mednllarrohr 
nicht  mit  aufgenommenenen  Partie  des  oberen  Keimblattes  einfach  als  zum  Hornblatt  (Remak's) 
gehörig  auffassen,  so  muss  man  damit  zugleich  auch  die  ,, Sinnesplatte"  überhaupt  aufgeben; 
denn  die  Anlagen  des  Riech-  und  Hörorgans  liegen  eben  dann  mitten  im  Hornblatt  drin, 
entwickeln  sich  aus  diesem  und  können  mit  der  Anlage  des  Sehorgans,  welche  niemals 
durch  eine  solche  indifferente  Zellenmasse  von  der  Hirnanlage  getrennt  ist,  sondern  sogar 
nach  Goette's  Darstellung  einen  integrirenden  Theil  des  Hirnrohres  bildet,  auf  keinen  Fall 
in  Parallele  gebracht  werden.  Damit  fällt  aber  auch  die  Berechtigung  der  genetischen  Co- 
ordination  und  muss  vielmehr  an  der  durchaus  eigenartigen  Entstehung-  des  Sehorgans  aus 
der  Hirnanlage  selbst  festgehalten  werden. 

Der  für  das  Hühnchen  nachgewiesene  Modus  der  Entstehung  der  Augenblasen  wird 
wahrscheinlich  sich  als  der  auch  für  die  übrigen  Wirbelthierclassen  allgemein  geltende  her- 
ausstellen; für  die  Fische  wird  derselbe  angegeben  von  v.  *Baer '),  C.  Vogt-),  Remak^), 
Schenk^)  und  Kowalewsky,  Owsjannikoff  und  Wagner^),  welche  sämmtlich  für  die  Ent- 
stehung der  Augenblasen  als  hohle  Ausstülpung  des  Medullarrohres  aucii  bei  den  Fischen 
eintreten ;  Kupffer  fand  bei  den  von  ihm  untersuchten  Knochenfisclien  die  Anlage  des  Seli- 
organs  als  solide  Wucherung  des  noch  soliden  Medullarstranges  hervorgehend;  ich  habe 
früher  (19,  S.  6)  bemerkt,  dass  die  ausserordentliche  Kleinheit  der  Höhle  und  relativ 
grosse  Dicke  der  Wand  der  Augenblase  schon  bei  Triton  (s,  meine  Tab.  IV.  Fig.  53)  und 

1)  ß.  II.  S.  311.  2)  43.         3)  36.         4)  37.  S.  4S0  ff.         5)  „Die  Entwickelungsgescliichte  der  Störe"  — 

im  Bulletin  de  l'Acadcmie  Imp.  des  Sciences  de  St.  Petersbourg.    Tome  XIV.  pag.  317  ff.   18G9.  6)  M.  Schultze's 

Archiv  für  Mikr.  Aiiat.  Bd.  IV.  S.  209  ö'. 


ß 


noch  mehr  in  den  resp.  Zeichnung-en  Kupffer's  zu  dem  Gedanken  Veranhissnng  geben,  ob 
nicht  vielleicht  erstere  bei  der  von  Kupffer  ausschliessh'eh  geübten  Betrachtung  der  intacten 
Embryonen  sich  der  Wahrnehmung  entzieht;  sollte  sich  jene  Angabe  aber  bei  der  Unter- 
suchung durch  mikroskopische  Querschnitte  bestätigen,  so  würde  sie  vom  höchsten  Interesse 
sein,  da  sie  mehr  als  alles  andere  gegen  das  von  Goette  behauptete  Hervorgehen  der  Augen- 
anlage aus  einer  Sinnesplatte  beweisen  würde. 

Vom  Triton  zeigen  die  Bildung  der  Augenblase  durch  Abschnürung  einer  Ausstülpung 
des  Hirnrohres  die  Figg.  51—54  (Tab.  IV.)  —  (vgl.  dazu  19.  S.  5  und  G.);  Fig.  51  stellt 
einen  Schnitt  durch  die  sich  ausbauchende  Stelle  des  Hirnes  dar ;  vor  und  hinter  der  Augen- 
anlage des  Embryo,  dem  dieser  Schnitt  entnommen  wurde,  ist  das  Hirnlumen  etwa  um  ein 
Viertheil  schmaler  als  in  Fig.  51;  die  Ausbauchung  hat  also  eben  erst  begonnen;  die  Figg. 
52  —  54  zeigen  die  Abschnürung. 

Für  die  anderen  Thierclassen  hat  mir  Beobachtungsmaterial  aus  so  frühen  Entwickelungs- 
stadien  leider  nicht  vorgelegen;  eine  schon  in  der  Abschnürung  ziemlich  weit  vorgerückte 
primäre  Augenblase  eines  Hiindeembryo  ist  auf  Taf.  V.  Fig.  C5  gezeichnet;  —  so  weit  An- 
gaben anderer  Autoren  darüber  vorliegen,  bestätigen  dieselben  diejenigen  v.  Baer's  ;  so  Bisciioff 
für  Hund  (8)  und  Kaninchen  (9.  S.  112  u.  113)  und  aus  allerneuester  Zeit  Külltker  (23) 
gleichfalls  für  das  Kaninchen. 


Die  nächste  wesentliche  Veränderung  der  Augenblase  nach  erfolgter  Abschnürung 
besteht  nun  darin,  dass  dieselbe  dadurch,  dass  ihr  distaler  Pol  in  das  Lumen  der  Blase 
„hineingestülpt"  und  der  medialen  (proximalen)  Wand  bis  zur  Berührung  genähert  wird,  aus 
einer  Blase  mit  einfacher  Wand  in  ein  Becher-  oder  Napffönniges  doppel wandiges  Gebilde: 
die  „seciindäre  Auge?ihlase"  sich  umbildet.  Der  Auseinandersetzung  des  Details  und  der 
Ursachen  dieser  Umgestaltung,  die  am  besten  mit  der  Glaskörperbildung  gemeinschaftlich 
besprochen  wird,  halte  ich  für  zweckmässig,  die  Betrachtung  der  Entwickelung  der  Linse 
vorauszuschicken. 


ZWEITES  CAPITEL 

MTWICKELUNG  DER  LINSE. 


Von  den  Ermittelungen  der  älteren  Autoren  haben  in  Bezug  auf  die  Entwickelung 
der  Linse  folgende als  den  stufenweisen  Fortschritt  in  der  richtigen  Auffassung  dieses 
Augentheils  bedingend  und  kennzeichnend,  ein  für  alle  Zeit  bleibendes  Interesse: 

HuscHKE  (17.  S,  17  ff.)  entdeckte  zuerst,  dass  behufs  Linsenbildung  die  äussere 
Haut'^  sich  gegen  die  Augenblase  hin  einstülpe  und  zu  einer  Blase  abschnüre,  Hess  aber  aus 
der  Wand  dieser  Blase  nur  die  Linsenkapsel  entstehen.  —  C.  Vogt  (43)  beschrieb  nicht 
nur  die  Einstülpung  und  Abschnürung  genauer,  sondern  constatirte  auch  die  Entwickelung 
der  Linsensubstanz  selbst  aus  der  Wand  dieser  eingestülpten  Blase,  jedoch  in  ziemlich  un- 
bestimmten Ausdrücken  (1.  c.  p.  77:  D'abord  compose  seulement  d'une  mince  couche  de  cel- 
lules  en  pave,  il  (le  cristallin)  se  consolide  tres-vite  et  apparait  alors  sous  la  forme  d'une 
boule  solide  composee  de  grandes  cellules  epidermoidales  transparentes).  —  Nachdem  darauf 
H.  Meyer  in  Zürich  (31.  S.  202  ff.)  an  Schnitten  von  Linsen  neugeborner  Säuger  durch 
i'ichtige  Deutung  der  von  ihm  entdeckten  ,, Kernzone"  erkannt  hatte,  dass  „jede  Linsenfaser 
aus  nur  einer  einzigen  Zelle  entsteht  und  nicht  aus  einer  Aneinanderreihung  von  Zellen", 
gab  endlich  Remak  (36.  S.  90,  91;  vgl.  auch  S.  34,  71,  184)  ein  vollständiges  Linsen- 
Inldmgsgesetz,  welches  im  wesentlichen  für  alle  Wirbelthiere  gilt  und  sich  kurz  dahin  zu- 
sammenfassen lässt:  ,,Das  Hornblatt  verdickt  sich  an  der  Stelle,  wo  es  die  äussere  Fläche 
der  Augenblasen  überzieht,  zu  einer  Scheibe.  Aus  dem  Centrum  derselben  wächst  eine  sack- 
förmige Einstülpung  hervor,  die  sich  alsbald  zu  einer  dickwandigen  Hohlkugel  abschnürt.  — 
Aus  den  cylindrischen  Wandzellen  der  blasigen  Anlage  der  Linse  ejitstehen  durch  Verlänge- 
rung die  Linsenfasern.  Sämmtliche  Linsenfasern  verlaufen  ohne  Unterbrechung  von  der  hin- 
teren Wand  der  Linsenkapsel  zur  vorderen,  beinahe  parallel  der  Sehaxe;  daher  sind  die 
Fasern  um  so  kürzer,  je  weiter  sie  sich  von  der  Sehaxe  entfernen.  In  einiger  Entfernung 
vom  vorderen  Ende  enthält  jede  Faser  einen  Kern.  Da  die  Kerne  nicht  in  gleicher  Höhe 
liegen,  so  entsteht  eine  der  Oberfläche  parallel  laufende  „Kernzone"  (Meyek).    Das  hintere 


8 


Ende  einer  jeden  Faser  berührt  die  Linsenkapsel  unmittelbar,  das  vordere  dagegen  ist  von 
derselben  getrennt  durch  ein  ihr  anliaftendes,  aus  kernlialtigen  Zellen  bestehendes  Epithel. 
Hieraus  ergibt  sich:  class  die  Zellen  der  hinteren  Wand  der  Linsenhlase  die  Linsenfasern, 
die  der  vorderen  dagegen  das  Epilhel  bilden,  welches  im  erwachsenen  Zustande  nur  die 
Innenfläche  der  vorderen  Wand  der  Linsenkapsel  bekleidet/' 

Diesen  Modus  der  Linsenentwickelung  veranschaulicht  Baüuchin  (4.  Taf.  1,  Figg. 
VIII  u.  X)  durch  Abbildungen  von  Linsen  zweier  Hühnerembryonen  (eines  ca.  Stägigen  und 
ungefähr  ßtägigen). 

Die  im  Obigen  ihren  Hauptzügen  nach  kurz  wiedergegebene,  sowohl  auf  sorgfältige 
Verfolgung  des  Vorganges  beim  Ilülnichen  als  auf  zahlreiche  vergleichend -embryologische 
Untersuchungen  gegründete  Darstellung  Remak's  hat  nicht  nur  die  Hauptfragen  über  die 
Entwich elung  zu  einem  befriedigenden  Abschluss  gebracht,  sondern  auch  ein  vollständiges 
Verständniss  der  Anatomie  der  erwachsenen  Linse  ermöglicht;  neuere  Untersuchungen  ver- 
schiedener Autoren  haben  dieselben  bestätigt  und  zum  Theil  im  Detail  noch  genauer  präci- 
sirt.    Ich  habe  denselben  nur  Folgendes  hinzuzufügen; 

Hühnchen. 

Die  zur  Erläuterung  später  zu  besprechender  Entwickelungsvorgänge  entworfenen 
Figg.  2^ — 6  veranschaulichen  nochmals  den  bekannten  (mit  dem  3.  Brüttag  beginnenden)  Process 
der  Verdickung  und  „Knstülpung''  des  Hornblattes,  die  allmälige  Umbildung  der  anfangs 
seichten  ,, Linsengrube''  (Figg.  3  und  4)  zu  einer  Blase  oder  Ilohlkugel,  so  wie  die  Art,  in 
welcher  deren  ursprünglich  sehr  weite,  nach  aussen  gerichtete  Mündung  sich  mehr  und  mehr 
verengt,  um  in  Fig.  7  völlig  sich  zu  schliessen.  Letztere  Fig.  nun  zeigt,  dass  an  der  Schlussstelle 
sich  eine  nicht  unbeträchtliche  Zellerimasse  anhäuft ;  die  Wachsthumsenergie  der  jungen  Linse 
ist  eine  bedeutende :  wie  dieselbe  später  in  der  so  raschen  Verlängerung  der  Zellen  der  medialen 
Hälfte  der  Linsenblase,  der  Production  der  Linsenfasern,  sich  offenbart,  so  in  den  vorhergehenden 
Stadien  durch  die  so  höchst  augenfällige  Flächenverbreiterung,  deren  directe  Folge  die  bis  zum 
Verschluss  fortschreitende  concentrische  Verkleinerung  des  Lumens  des  Linsenhalses  ist  und  durch 
welche  die  den  letzteren  bildenden  Formelemente  nicht  nur  bis  zur  Berührung  einander  genähert, 
sondern  mit  einer  gewissen  Kraft  gegen  einander  gedrängt  und  aufgestaut  werden.  Dabei 
werden  die  Conturen  der  Umbiegungsstellen,  die  während  der  Abschnürung  zu  Grunde  gehen 
müssen,  undeutlicher  und  zwar  immer  zuerst  an  der  Ventralseite  —  so  in  Fig.  7.  A.  und  B., 
wo  die  dorsale  Umbiegungsstelle  noch  wohl  erhalten  und  sehr  deutlich  ist.  -—  In  Fig.  8  ist 
die  Verbindung  zwischen  Hornblatt  und  Linse  gänzlich  geschwunden,  die  Verwachsung  der 
in  die  distale  Linsenwand  übergehenden  Elemente  mit  einander  eine  vollständige,  der  an  der 
Schlussstelle  noch  leicht  concave  Contur  dieser  Linsenwand  ununterbrochen,  scharf  und  rein, 
die  Linse  somit  vollständig  „abgeschnürt",  —  während  der  proximale  (innere)  Contur  des 
Hornblatts  über  der  Mitte  jenes  Zellenhaufens  noch  einen  Defect  aufweist,  und  erst  in 
einem  folgenden  Stadium  —  Fig.  0.  —  in  der  Weise  vollkommen  hergestellt  erscheint,  dass  ein 
gewisser  Ueberschiiss  von  Zellen  aus  der  oben  erwähnten  Masse  weder  der  Linse  noch  dem 


9 


Hornblatt  einverleibt  wird,  sondern  unbenutzt  zwischen  beiden  liegen  bleibt.  —  Ueber  die 
weiteren  Schicksale  dieser  liegen  bleibeiulen  Reste  des  „Linsenstiels"  s.  u. 

Schon  vor  der  Abschnürung'  der  Lima  ist  es  zu  bemerken,  dass  die  Production  und 
das  Waclisthum  in  ihrer  Wand  sich  vorzugsweise  auf  den  am  stärksten  und  weitesten  me- 
dianwärts  eingezogenen  medialen  (proximalen)  Theil  der  Linsenanlage  conccntrirt;  nicht  nur 
schichten  hier  die  Zellen  dicht  zusammengedrängt  sich  in  mehrere  Lagen  übereinander,  was, 
bei  gleichzeitiger  Flächenvergrösserung  des  Organs,  eine  bedeutende  numerische  Zunahme 
der  Elemente  voraussetzt,  sondern  es  beginnt  auch  gleichzeitig  eine  Volumszunahme  der  ein- 
zelnen Zellen;  dieselben  werden  zuerst  mehr  spindelförmig;  die  zugespitzten  Enden  treiben 
immer  mehr  zwischen  die  Zellen  der  angrenzenden  Schichten  hinein.  Indem  nun  die  Ver- 
längerung jeder  einzelnen  Zelle  von  der  den  Kern  enthaltenden  breiteren  Mitte  aus  nach 
beiden  Seiten  hin  ziemlich  gleichmässig  vor  sich  geht,  rücken  die  Kerne  der  der  Höhle  zu- 
nächst und  der  von  ihr  entferntest  liegenden  Schicht  einander  näher  und  schieben  sich  all- 
mälig  in  dieselbe  Zone,  welche  von  den  Kernen  der  mittleren  Zellschichten  urprünglich  schon 
eingenommen  wurde;  so  entsteht  die  „Kernzone".  —  Durch  den  Druck,  den  die  Zellen  bei 
diesem  Vordringen  gegen  einander  ausüben,  wird  das  Protoplasma  derjenigen  in  den  beiden 
Grenzschichten  anfangs  mehr  nach  den  von  der  Keruzone  abgewandten  Enden  der  Zellen 
verdrängt,  so  dass  man  in  dem  Fig.  8  gezeichneten  Stadium  in  diesen  Scldchten  eine  Menge 
exquisit  conischer  Formen  findet,  deren  Spitzen  in  die  Kernzone  hineinreichen;  je  mehr  diese 
aber  durch  die  letztere  und  darauf  auch  durch  die  jenseitige  Grenzschicht  vordringen,  bis 
endlich  jede  Zelle  (auch  die  der  ursprünglich  ein  oder  zwei  mittleren  Schichten)  die  ganze 
Dicke  der  medialen  Linsenwand  durchsetzt,  mit  ihrem  medialen  Ende  also  bis  an  die  Linsen- 
kapsel, mit  ihrem  distalen  bis  an  das  Lumen  der  Linsenhöhle  reicht,  desto  mehr  gehen  alle 
die  genannten  verschiedenen  Zellformen  in  diejenige  sehr  langer  schmaler  Cylinder  über,  welche 
im  Querschnitt  als  sechsseitige  Prismen  sich  erweisen,  und  die  nur  um  den  Kern  herum  eine 
geringe  Auftreibung,  im  ganzen  übrigen  Längsverlauf  aber  die  gleiche  Dicke  zeigen.  Das 
Längenwachsthum  dieser  „Lifise/ifaseni^'  ist  ein  so  rasches,  dass  sie  bereits  am  Ende  des 
4.  Brüttages  die  Höhle  der  Linsenblase  vollständig  ausgefüllt  und  die  Innenfläche  der  distalen 
Wandhälfte  erreicht  haben. 

Die  distale  Wandhälfte  der  eben  abgeschnürten  Linsenblase  besteht,  wie  die  proximale, 
anfangs  aus  mehreren  Zellenlagen,  welche  sich  gleichfalls  wie  in  der  proximalen  allmälig 
in  eine  einzige  Schicht  rangiren;  während  aber  jene  sich  dabei  sehr  verlängerten,  verkürzen 
diese  sich  während  dieser  Umordnung  und  platten  sicli  ab,  so  dass  schliesslich,  wenn  dieser 
Process  —  viel  langsamer  als  in  der  proximalen  Wand,  nemlich  erst  um  den  10.  Tag  herum  — 
abgelaufen  ist,  die  distale  Wand  das  Aussehen  eines  niedrigen  einschichtigen  Epithels  ange- 
nommen hat. 

Aber  nicht  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  zeigt  bei  den  Vögeln  (und  einigen  anderen 
mit  einem  Pecten  versehenen  (?)  Thieren)  die  distale  Linsenwand  das  soeben  angegebene  Ver- 
halten; derjenige  Theil  derselben,  welcher  der  proximalen  Wand  zunächst  liegt,  lässt  viel- 
mehr, wie  die  letztere,  seine  Zellen  in  die  Länge,  zu  Fasern  auswachsen  —  aber  in  einer 
Richtung,  die  allmälig  immer  mehr  zu  einer  auf  die  Sehaxe  und  die  Fasern  der  proximalen 

Kesslek,  Wirbclthier-Auge.  2 


10 


Wand  senkrechten  wird,  vgl.  die  Fig-g.  10.  12.  17.  18.  19.  22;  im  übrigen  aber  ist  die  Art 
der  Entwickelung  dieser  Fasern  ganz  dieselbe  wie  oben  für  diejenigen  der  proximalen  Wand 
angegeben  wurde;  auch  eine  Kernzone''  ist,  wie  Fig.  19  zeigt,  in  ihnen  vorhanden,  welche 
continuirlich  in  diejenige  der  proximalen  Wand  übergeht.  Anfangs  vollkommen  jenseits 
(distalwärts)  vom  Linsenäquator  liegend,  rücken  diese  „radialen  Fasern"  (H.  Müller)  allmälig 
immer  mehr  unter  den  Aequator  —  oder  vielmelir  wohl  in  Folge  der  durch  ihr  Auswachsen  herbei- 
geführten Formveränderung  der  Linse  (vgl.  die  Figg.  12  u.  22  miteinander)  der  Aequator  auf  den 
von  ihnen  gebildeten  Ring  distalwärts  vor,  so  dass  sie  im  völlig  entwickelten  Auge  ziemlich  zu 
gleichen  Theilen  in  der  proximalen  und  distalen  Hälfte  der  Linse  liegen.  —  Aber  auch  noch  bei 
dieser  Lagerung  ist  aus  der  Art,  wie  diese  Fasern  gegen  die  parallel  der  Sehaxe  verlaufenden 
abgesetzt  sind  und  wie  dieselben  allmälig  und  unmerklich  in  die  distale  Wand  (das  sogenannte 
„Epithel")  übergehen,  die  durch  ihre  Lage  in  den  früheren  Stadien  bereits  erwiesene  Zuge- 
hörigkeit zur  distalen  Wandhälfte  deutlich  gekennzeichnet.  Icl»  betone  dieses  Verhältniss 
deswegen,  weil  aus  dem  Umstand,  dass  aus  demjenigen  Theil  der  Wand  der  Linsenblase, 
welcher  bei  vielen  Tliieren  nur  eine  Epithel-äliiiliche  Zellenschicht  liefert,  bei  anderen  auch 
Fasern  producirt  werden,  welche  durch  nichts  als  durcli  ihre  etwas  spätere  Entwickelung 
und  ihre  Stellung  sich  von  den  speciell  sogenannten  „Linsenfasern"  unterscheiden,  es  noch 
auffälliger  und  evidenter  in  die  Augen  springen  muss,  wie  wenig  gerechtfertigt  es  ist,  die 
distale  Linsen  wand,  wie  es  früher  üblich  war,  als  „Linsenepithel''  oder  „vorderes  Kapsel- 
epithel" den  Linsenfasern  als  der  ,, Linse  selbst"  oder  dem  „Linsenkörper"  gegenüberzustellen; 
will  man  die  Bezeichnung  ,, Epithel"  für  jene  AVand  nicht  aufgeben,  so  wäre  das  einzig 
Folgerichtige,  die  Linsenfaseru  als  „Epithel  des  hinteren  (proximalen)  Theiles  der  Kapsel" 
zu  bezeichnen;  —  jedenfalls  aber  leuchtet  die  Incorrectheit  von  Ausdrücken,  wie  des  von 
Babuchin  (dessen  übrige  Darstellung  doch  eine  durchaus  klare  und  richtige  Vorstellung  des 
wirklichen  Sachverhalts  documentirt)  4  S.  85  gebrauchten:  warum  „nur  die  vordere  Wand 
der  Linse  von  flachem  Epithel  bedeckt"  ist  —  ein,  denn  dieses  „Epithel"  ist  ja  selbst  „die 
vordere  Linsenwand". 

Die  Höhle  der  Linsenblase  verkleinert  sich  selbstverständlich  in  dem  Maasse,  wie  die 
proximale  Wand  sich  verdickt;  sie  hört  auf  zu  existiren  von  dem  Momente  ab,  in  welchem 
die  distalen  Enden  sämmtlicher  Linsenfasern  mit  der  distalen  Linsenwand  in  Berührung  ge- 
treten sind;  die  Spur  der  früher  dagewesenen  Höhle  aber  schwindet  nie,  sondern  ist  auch 
im  erwachsenen  Auge  noch  in  dem  (im  Meridionalschnitt  mehr  weniger  halbkreisförmigen) 
Contur  zwischen  der  proximalen  und  distalen  Wand  stets  vorhanden'). 

Abweichende  Ansichten  über  die  Entwickelung  der  Linse  beim  Hühnchen  sind  nicht 
zu  verzeichnen,  mit  Ausnahme  derjenigen  von  His  (16.  S.  87),  dass  die  Linse  sich  bilde 

1)  In  diesem  Sinn  ist  auch  der  Satz  Babüchin's  (4.  S.  85)  berechtigt:  „die  Linse  stellt  stets  eine  Hohlkugel  dar 
mit  ungleich  entwickelten  Wänden,"  —  so  wie  der  folgende:  „Von  der  ursprünglichen  Höhle  ist  nur  eine  blosse  Spalte 
zwischen  der  vorderen  und  hinteren  Wandung  übrig  geblieben,"  —  wenn  man  in  diesem  Satz  „Spalte"  =  Contur  nimmt;  eine 
Spalte  entsteht  nur,  wenn  bei  der  Härtung  die  Linsenfasern  etwas  schrumpfen  und  dadurch  von  der  distalen  Wand  sich  zu- 
rückziehen (so  auch  in  meinen  Figg.  12  und  22;  solcher  Schrumpfung  verdankt  wahrscheinlich  auch  das  in  meinen  Figg.  17 
und  18  über  der  Uebergangsstelle  der  proximalen  in  die  distale  Wand  sichtbare  Lumen  seine  Entstehung;  ich  glaube  nicht, 
dass  dasselbe  im  Lebenden  wirklich  besteht). 


11 


durch  Erhebung  des  Bodens  der  Linsengrube'';  diese  Angabe,  in  Verbindung  mit  seiner 
Zeichnung  15.  Taf.  XI.  Fig.  3.  (ß.  1^)  könnte  leicht  eine  VorsteHung  von  der  Entwicke- 
lung  der  Linse  erwecken,  für  Avelche  ich  in  meinen  Präparaten  keine  Bestätigung  tinde; 
eine  so  starke  Concavität  der  dem  Glaskörper  zugekehrten  Linsenwand  ist  mir  niemals  be- 
gegnet, ich  glaube  vielmehr,  dass  dieselbe  im  lebenden  Embryo  stets  convex  ist;  wo  sie  in 
meinen  Präparaten  einmal  leicht  concav  erscheint  (vgl.  Fig.  7  A),  halte  ich  dies  nur  für  eine 
Folge  nicht  ganz  gelungener  Härtung'). 

Von  der  vollständig  entwickelten  Linse  des  erwachsenen  Vogels  gibt  eine  sehr  genaue 
und  klare  Beschreibung  Heine.  Müller  in  seiner  vortreftlichen  anatomisch-physiologischen 
Abhandlung  „über  den  Accommodationsapparat  im  Auge  der  Vögel''  (33.  S.  180  tf.  und 
S.  191  ff.).  Einige  der  in  dieser  Arbeit  enthaltenen  Angaben  finden  in  der  Entwickelungs- 
geschichte  ihre  Erklärung,  manches,  was  von  ihm  nur  als  Vermuthuiig  ausgesprochen  wurde, 
seine  Bestätigung. 

Lacerta. 

Die  Linse  der  Eidechse  im  erwachsenen  Zustand  stimmt,  wie  u.  A.  durch  Heine. 
MüLLEE  (34.  „Ueber  das  Auge  des  Chamäleon",  S.  149)  bekannt  ist,  mit  der  des  Vogels 
darin  überein,  dass  sie  gleichfalls  einen  äquatorialen  Ring  „radialer"  Fasern  besitzt.  Die- 
selben bilden  sich  ganz  ebenso  wie  dies  für  das  Hühnchen  beschrieben  wiu'de;  auch  der 
Uebergang  der  ursprünglich  mehrschichtigen  distalen  Wandhälfte  in  eine  einschichtige  Zelleii- 
lage  erfolgt  in  der  gleichen  Weise;  cf.  Figg.  77.  80. 

Dagegen  nehmen  die  Entwickelungsvorgänge  in  der  proximalen  Wand  der  Linsenblase 
einen  etwas  abweichenden  Verlauf ;  die  spindelförmigen  Zellen  derselben  liegen  noch  in 
einem  Stadium,  welches  dem  in  Fig.  8  abgebildeten  des  Hühnchens  entspricht,  in  3 — 4 
Schichten  so,  dass  ihre  Kerne  in  der  ganzen  Dicke  der  Wand  unregelmässig  zerstreut  er- 
scheinen, während  sich  beim  Hühnchen  schon  eine  Kernzone  herzustellen  angefangen  hat. 
Die  Verlängerung,  das  Auswachsen  zu  Fasern  beginnt  dann  nicht  gleichzeitig  und  gleich- 
mässig  wie  beim  Hühnchen,  sondern  betrifft  zunächst  nur  die  peripherischen,  in  der  Nähe 
des  Aequators  liegenden  Zellen,  welche  sich  dabei  halbkreisförmig  krümmen,  während  die 
central  gelegenen  zum  Theil  spindelförmig,  zum  Tlieil  unregelmässig  geformt  und  wie  ge- 
bläht erscheinen.  Man  könnte  versucht  sein,  letzteres  als  Wirkung  mangelhafter  Härtung 
anzusehen;  dagegen  spricht  aber  nicht  nur  das  übrige  Aussehen  der  Präparate,  welche  ent- 
schieden als  gelungen  gehärtet  bezeichnet  werden  dürfen,  sondern  auch  der  Umstand,  dass 
bei  den  ebenso  behandelten  entsprechenden  Stadien  vom  Hühnchen  und  den  anderen  Thieren 
solche  gebläht  aussehende  Formen  sich  nicht  vorfinden,  so  wie  der  andere,  dass  dieselben 
bei  älteren  Stadien  von  der  Eidechse,  in  denen  doch  das  gehörige  Durchdringen  der  Er- 
härtungsflüssigkeit wahrscheinlich  noch  schwieriger  ist,  gleichfalls  fehlen. 


1)  Die  genannte  Zeichnung  von  His  zeigt  auch  noch  andere,  sehr  auffallende  Abweichungen  vou  den  Befunden, 
welche  meine  Präparate  durchweg  ergeben;  niemals  habe  ich  in  diesem  Stadium  einen  so  grossen  Glaskörperraum,  noch  auch 
ein  derartiges  Abstehen  des  Umbiegungsrandes  der  Augenblase  von  der  Linsenaulage  wahrgenommen  —  vgl.  Taf.  I.  Figg.  5 
und  6  und  Cap.  III  und  IV. 

2* 


12 


Die  Faserbildung-  schreitet  mir  sehr  laiig-sam  centralwärts  vor;  auch  bei  schon  recht 
alten  Embryonen  findet  man  immer  noch  eine  Anzahl  nicht  umgebildeter  Elemente ;  um  diese 
centrale  Masse  liegen  die  Fasern ,  nach  der  Peripherie  hin  stetig  an  Länge  zunehmend,  — 
beim  Hühnchen  war  das  Umgekehrte  der  Fall  — ,  in  äusserst  regelmässiger  concentrischer 
Anordnung;  jede  Faser  reicht  mit  ihrem  distalen  sowohl  als  mit  ihrem  proximalen  Ende  bis 
an  die  Linsenaxe,  in  der  sie  die  gleichnamigen  Enden  der  entsprechenden  Faser  in  der  an- 
deren Linsenhälfte  berührt,  um  mit  ihr  zusammen  einen  mehr  weniger  mathematisch-genauen 
Kreis  zu  umschliessen ;  s.  Figg.  78  und  80  A. 

Dass  bei  dieser  Anordnung  der  Fasern  um  eine  einzige,  in  der  Linsenaxe  hegende 
Naht  (statt  aller  complicirter  Sternformen)  dennoch  ein  solider,  compacter  Linsenkörper  erzielt 
wird,  ist  nur  möglich  durch  die  von  Heink.  Müller  (1.  c.)  ermittelte  Thatsache,  dass  jede 
einzelne  Faser,  besonders  die  in  den  äusseren  Lagen,  am  Ae(j[uator  sehr  breit  ist,  gegen  den 
proximalen  und  distalen  Pol  hin  aber  sich  verschmälert.  ') 

Im  wesentlichen  denselben  Gang  der  Entwickelung  der  Linsenfasern  wie  die  Eidechse 
und  eine  exquisite  Schichtung  derselben  in  concentrische  Kugelschalen  zeigt 

Triton. 

Siehe  Tab.  IV.  Auch  bei  Triton  finden  sich  in  schon  ziemlich  weit  vorgerückten 
Stadien  noch  im  Centrum  der  proximalen  Wand  Zellen,  die  noch  nicht  als  „Fasern"  bezeichnet 
werden  können ;  desgleichen  scheint,  so  weit  ich,  ohne  diese  Frage  speciell  verfolgt  zu  haben, 
aus  den  Präparaten  ersehen  kann,  die  Anordnung  um  eine  einzige,  in  der  Linsenaxe  liegende 
Naht  die  nämliche  zu  sein  wie  bei  Lacerta.  Die  Tritonenlinse  unterscheidet  sich  aber  von 
der  der  Eidechse  durch  ihre  vollkommene  Kugelgestalt,  welche  bei  letzterer  durch  die  An- 
wesenheit des  Radialfaserringes  beeinträchtigt  wird;  dieser  fehlt  dem  Triton;  bei  ihm  gehen 
die  Elemente  der  —  von  Anfang  an  einschichtigen  —  distalen  Wand,  welche  jenseits  des 
Aequators  aus  schönen  grossen  Quaderzellen  mit  mächtigen  Kernen  bestehen,  proximalwärts 
von  diesem  unter  ganz  allmäliger  Abplattung  und  Verlängerung  (etwa  in  derselben  Weise, 
wie  dies  Becker.  7.  Taf.  IV.  Fig.  13  vom  Frosch  abbildet)  in  die  Linsenfasern  über,  so  dass 
etwa  2/3  der  Oberfläche  der  proximalen  Linsenwand  von  der  distalen  und  nur  Va  von  der 
Kapsel  bedeckt  erscheinen. 

Ueber  die  Entwickelung  der  Linse  des  Triton  habe  ich  früher  schon  Angaben  gemacht 
(s.  19.  S.  10  fi".);  dieselbe  hier  nochmals  zu  besprechen,  veranlasst  mich  die  Darstellung, 
welche  Goette  (12.  S.  326)  von  der  Bildung  der  Linse  bei  der  Unke  gibt.  Diese  lässt 
GoETTE  aus  der  Wucherung  des  Hornblattes  als  einen  ursprünglich  soliden  Körper  hervor- 
gehen, welcher  anfangs  durch  einen  gleichfalls  soliden  Stiel  mit  seinem  Mutterboden  zusam- 


1)  Vgl.  die  abweichenden  Angaben  Leuckaet's  27.  S.  263. 

Von  Schlangen  stand  mir  ein  einziger  Embryo  von  Vipera  berus  zur  Disposition  —  Fig.  76.  Taf.  V;  der  regel- 
mässig gestreckte  parallele  Verlauf  der  gleicbmässig  verlängerten  Zellen  der  proximalen  Wand  und  die  fast  lineäre  Anordnung 
ihrer  Kerne  (die  dicht  an  der  Kapsel  stehen)  schon  in  diesem  so  frühen  Stadium  lassen  einen  von  demjenigen  bei  der 
Eidechse  verschiedenen  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  erwarten.   Vgl.  auch  die  Notiz  bei  H.  Müller  1.  c.  S.  149. 


13 


menhängt.  ,,St'lioii  während  der  Ablösung  der  Linse  haben  die  in  ihrem  Centrum  befindlichen 
Zellen  ihren  g-eg-enseitig-en  Verband  etwas  gelockert,  so  dass,  wenn  man  den  früheren  Zu- 
stand nicht  kennt,  man  von  einer  kleinen,  mit  Zellen  vollgepropften  Höhle  der  Linse  spre- 
chen könnte.  Die  Beobachtung  verlangt  aber  den  Ausdruck,  dass  durch  feine  Lockerung 
und  nachträgliche  Auflösung  jener  centralen,  der  äusseren  Oberfläche  zunächst  gelegenen  (?) 
Zellen  die  Höhle  erst  entstehe"  (Taf.  VHL  159;  XV.  269). 

Die  auffallende  Aehnlichkeit,  •  welche  die  Linsenanlage  in  meinen  Figg.  55  und  56  mit 
den  Figg.  158  nnd  159  Goette's  zeigt,  könnte  zu  dem  Gedanken  verleiten,  dass  bei  Triton 
der  Process  vielleicht  derselbe  sei,  wie  der  von  Goette  für  die  Unke  angegebene.  Dies 
ist  aber  nicht  der  Fall;  die  Linse  des  Triton  bildet  sich  vielmehr  durchaus  nach  dem  von 
Remak  für  den  Frosch  und  von  Schenk  für  die  Forelle  (37)  angegebenen  Modus,  als  ur- 
sprünglich hohler  Körper.  —  Damit  ist  aber  nicht  gesagt,  dass  man  sich  diesen  Hohlkörper, 
die  Linsenblase,  feer  zu  denken  hätte ;  dieselbe  ist  vielmehr  erfüllt  von  einer  Flüssigkeit, 
welche  im  gehärteten  Präparat  als  feinfaseriges  Gerinnsel  erscheint  (vgl.  dazu  Cap.  III);  in 
diesem  sind  in  der  Nähe  der  Innenfläche  der  Blasenwand  kleine  Körperchen  eingebettet, 
welche  nur  als  ausgetretene  Dotterplättchen  gedeutet  werden  können,  die  sich  wohl  auch  bis- 
weilen so  gruppiren,  dass  sie,  umgeben  von  den  Fäden  jenes  Gerinnsels,  Zellen  vortäuschen 
können.  —  Jene  Flüssigkeit  füllt  schon  die  Linsen^/7/^6'  von  Beginn  ihrer  Entstehung  an 
vollständig  aus  und  wird  bei  der  Abschnüriing  der  Linse  in  die  Höhle  der  Linsenblase  mit 
eingeschlossen;  ausserdem  mag  in  die  letztere  auch  noch  eine  oder  die  andere  der  grossen 
ungefügigen  Zellen  hineingelangen,  welche  bei  der  Abschnürung  aus  dem  Verbände  der 
übrigen  herausgedrängt  und  ausgeschieden  wird,  wie  dies  auch  bei  anderen  Thieren  der  Fall 
ist  (s.  u.  S.  1 5)  und  oben  (S.  8)  beim  Hühnchen  als  nach  aussen  hin  geschehend  nachge- 
wiesen wurde.  Die  Anwesenheit  einiger  solcher  Zellen,  von  denen  nur  sehr  wenige  erforder- 
lich sein  würden,  um  die  so  kleine  Höhle  der  Linsenblase  zu  füllen,  berechtigt  aber  selbst- 
verständlich nicht,  eine  solche  Linse  als  solid  zu  bezeichnen. 

Die  von  Goette  gegebenen  Zeichnungen  scheinen  mir  die  Möglichkeit,  dass  es  sich 
mit  der  Linsenbildung  bei  der  Unke  ähnlich  vei'hält  wie  bei  Triton,  nicht  auszuschliessen. 

W.  Müller  (35.  S.  20)  behauptet,  gestützt  auf  seine  Untersuchungen  an  Triton,  dass 
bei  den  Amphibien  die  Linse  ebenso  wie  beim  Hühnchen,  d.  h.  „durch  eine  Einbuchtung 
und  nachfolgende  Abschnürung  des  ganzen  Hornblattes  zu  Stande  kommt."    S.  Nachtrag  I. 

Säuger. 

Die  Entwickelung  der  Linse  bei  Säugern  scheint  nicht  bei  allen  Repräsentanten  dieser 
Classe  ganz  übereinstimmend  vor  sich  zu  gehen.  —  Eingehende  Untersuchungen  über  die- 
selbe sind  bisher  nur  von  Arnold,  an  Rindsembryonen  angestellt,  veröffentlicht  worden.  Der 
Vorgang  verläuft  indess  bei  diesem  Thier  und  beim  Schaaf  mit  einer  eigenthümlichen  Com- 
plication.  Der  Besprechung  derselben  stelle  ich  meine  Beobachtungen  an  Mäuseembryoneii 
voran,  bei  denen  diese  Complication  sich  nicht  findet. 

Die  Figg.  66  und  67  A  zeigen  ohne  weiteres,  dass  bei  {[ex  Maus  die  Linse  nach  dem- 
selben Typus  sich  bildet  wie  beim  Hühnchen:   durch  eine  zu  einer  nach  aussen  offenen 


14 

■  ■ — r 

Grube  sicli  gestaltende  Einbuchtung-  des  über  der  Aussenfläche  der  Augenblase  sich  ver- 
dickenden Hornblattes.  —  Die  Verdickung  des  Hornblatts  scheint  weniger  durch  eine  nume- 
rische Zunahme  der  Zellen  an  dieser  Stelle  zu  erfolgen,  wie  beim  Hühnchen,  sondern  mehr 
durch  ein  schon  jetzt  (Fig.  66)  beginnendes  Längenwachsthum  der  einzelnen  Zellen,  wodurch 
diese  sich  palisadenartig  neben  einander  ordnen,  zum  Theil  mit  alternirend  der  äusseren  oder 
inneren,  sehr  vorwiegend  jedoch  der  letzteren  Fläche  des  Hornblattes  näher  stehenden  Kernen. 
Dass  dabei  die  stärkste  Knickung  der  Einbuchtung  der  Bauchseite,  beim  Hühnchen  dagegen 
der  Rückenseite  näher  liegt  —  und  zwar  ist  dies  auch  schon  in  einem  zwischen  den  in 
Figg.  65  und  66  abgebildeten  liegenden  Stadium  der  Fall  —  ist  gewiss  ein  so  bedeutungs- 
loser Unterschied,  dass  er  die  Berechtigung  obiger  Behauptung  der  wesentlichen  Ueberein- 
stimmung  mit  der  Bildung  beim  Hühnchen  in  keiner  Weise  beeinträchtigt. 

Beim  Sc/iaaf  dagegen  finde  ich  folgendes:  einerseits  zwar  in  den  meisten  Schnitten 
je  eines  Auges  eines  Embryo,  der  ein  wenig  jünger  war  als  der  zu  Fig.  66  gehörige  Mäuse- 
embryo, die  genaueste  Uebereinstimmung  mit  letzterem  Bild  sowohl  in  Bezug  auf  die  Art 
und  Form  der  Einziehung  des  Hornblattes  als  auch  bezüglich  der  cylindrischen  Form  und 
der  radiären,  senkrecht  zur  Oberfläche  gerichteten  Stellung  der  einzelnen  Zellen  der  Linsen- 
anlage, —  ausserdem  aber  auch  noch  eine  anscheinend  dem  Hornblatt  aufgelagerte  Masse 
theils  rundlicher,  theils  unregelmässig  geformter  Zellen,  die  in  den  verschiedenen  Stadien 
verschiedene  Mächtigkeit  und  in  den  einzelnen  Schnitten  einer  Serie  ein  verschiedenes  Ver- 
halten zu  dem  so  eben  erwähnten  eingezogenen  Theil  des  Hornblattes  zeigt;  —  in  dem- 
jüngsten  mir  vorliegenden  Stadium  nämlich  —  Fig.  81  Taf.  VI  —  etwa  3 — 8  Zellen  ent- 
weder in  einer  Reihe  neben  einander  liegend  oder  in  2 — 3  Schichten  übereinander  geschoben, 
und  in  ersterem  Fall  immer,  in  letzterem  nur  in  einigen  Schnitten  deutlich  gegen  die  radiär 
gestellten  Cylinderzellen  des  Hornblattes  abgegrenzt,  in  anderen  aber  ohne  Abgrenzung  zwi- 
schen diese  sich  hineindrängend  oder  aus  ihnen  hervorwuchernd.  Da  in  einer  Serie  von 
Frontalschnitten  der  Linsenanlage  in  diesem  Stadiu^i  diese  Zellenmasse  in  allen  Schnitten 
(nur  in  den  ersten  und  letzten  fehlt  sie  überhaupt  ganz)  ziemlich  in  derselben  Höhe  sich 
vorfindet,  so  resultirt  daraus  die  körperliche  Vorstellung  einer  dem  Boden  der  noch  sehr 
flachen  Linsengrube  aufliegenden,  von  vorn  nach  hinten  verlaufenden  niedrigen  Leiste. 

Li  einem  späteren  Stadium  —  Fig.  82  und  noch  mehr  in  einem  noch  etwas  älteren, 
erscheint  diese  Zellenmasse  (oder  Leiste)  in  dem  Maasse  gewuchert,  dass  sie  die  Linsengrube 
zum  grossen  Theil  ausfüllt;  gegen  die  radiär  gestellten  Zellen  ist  sie  durch  einen  sehr 
scharfen,  starken  Contur  abgesetzt,  der  in  einigen  Schnitten  stellenweise  in  der  Ausdehnung 
von  2 — 3  Zellendurchmessern  dadurch  unterbrochen  ist,  dass  hier  ein  Hinauswuchern  der 
aufgelagerten  Masse  aus  den  radiärgestellten  Zellen  stattfindet;  —  die  einzelnen  Elemente 
zeigen  jetzt  ebensowenig  wie  früher  einen  ausgesprochenen  histologischen  Charakter;  ihr 
grösster  Durchmesser  ist  meist  senkrecht  auf  denjenigen  der  radiärgestellten  gerichtet.  Die 
Auflagerung  ist  in  der  Mitte  der  Linsenanlage  am  mächtigsten,  verschmälert  sich  nach  der 
Peripherie  hin  ein  wenig  und  hat  auch  nach  aussen  hin  eine  leicht  convexe  Obei-fläche. 
Dem  entsprechend  erscheint  auch  bei  Betrachtung  des  intacten  Embryo  die  Linsengrube 
auffallend  flach,  die  etwas  prominirende  Mitte  des  Bodens  derselben  von  einer  schmalen  kreis- 


15 


förmigen  Furche  umgeben,  wie  dies  aucli  von  Böttcher  (Ueber  Entwickelung  und  Bau  des 
Gehörlabyrinths.  Taf.  1.  Fig.  2)  abg'ebiklet  worden  ist. 

Bezüglich  der  weiteren  EntAvickelung  der  Linsenanlage  des  Schaafes  würden  von  grossem 
Interesse  sein  diejenigen  Stadien,  welche  dem  von  mir  Fig.  83  abgebildeten  vorhergehen; 
leider  habe  ich  dieselben  nicht  bekommen  können  und  muss  daher  gleich  zu  jenem,  die  eben 
sich  vollziehende  Abschnürung  der  Linse  darstellenden  übergehen.  Die  Linse  präsenth't  sich 
als  Hohlkugel,  der  dorsal-mediale  Theil  ihrer  Wand  ist,  durch  Verlängerung  der  Zellen,  be- 
reits beträchtlich  verdickt;  die  Abschnürung  geht  auch  beim  Schaaf  (vgl.  o.  S.  8)  in  der 
Weise  vor  sich,  dass  der  Zusammenhang  mit  dem  Hornblatt  zuerst  an  der  Bauch- 
seite des  Linsenhalses  sich  löst,  während  er  an  der  Dorsalseite  noch  vorhanden  ist.  Die 
Zellen  liegen  an  der  Schlussstelle  unregelmässig,  einige  ragen  in  die  Linsenhöhle  hinein 
vor ;  offenbar  werden  auch  hier  eine  Anzahl  Zellen  als  überschüssig  aus  dem*  Zusammenhang 
ausgeschieden,  welche  in  die  Linsenhöhle  hinein  verfallen,  Avährend  zwischen  Linse  und 
Hornblatt  keine  Spur  etwaiger  Ueberreste  des  Linsenhalses  zu  entdecken  ist.  Die  gegen 
die  Wand  scharf  abgegrenzte  Höhle  der  Linsenblase  ist  erfüllt  von  einem  feinfaserigen  Ge- 
rinnsel, wie  es  die  eiweisshaltigen  Flüssigkeiten  im  Embryo  bei  der  Härtung  zu  ergeben 
pflegen;  —  Zellen  finden  sich  in  ihr  nicht.  —  Nur  bei  einem  einzigen  Embryo  vom  Schaaf 
habe  ich  einen  von  dem  soeben  angegebenen  abweichenden  Befund  angetroffen,  den  ich  in 
Fig.  84  wiedergegeben  habe;  das  unterste  oder  V-i  der  Höhle  der  soeben  abgeschnürten 
Linse  erscheint  eingenommen  von  einer  soliden,  compacten  Zellenmasse,  deren  Elemente 
denjenigen,  welche  wir  früher  in  der  Linsengrube  fanden,  nicht  ganz  unähnlich  sind;  in 
einigen  Schnitten  ist  diese  Zellenmasse  gegen  die  Linsenwand  scharf  abgegrenzt,  in  anderen 
Schnitten  fehlt  der  Abgrenzungscontur  an  einigen  Stellen  ventralwärts  hin,  in  noch  anderen 
geht  dieselbe  in  der  genannten  Richtung  continuirlich  in  die  Linsenwand  über;  der  übrige 
Raum  der  Höhle  ist  von  Gerinnsel  erfüllt.  —  In  allen  übrigen  Embryonen,  soAvohl  einem 
—  nach  der  Länge  der  Linsenfasern  zu  urtheilen  gleichaltrigen,  als  einem  anderen  vielleicht 
sogar  noch  etwas  jüngeren,  so  wie  in  sämmtlichen  älteren  finde  ich  von  dieser  Zellenmasse 
keine  Spur,  vielmehr  die  ganze  Höhle  nur  von  Gerinnsel  eingenommen. 

Die  Waclisthumsrichtung  der  Linsenfasern  geht  in  einer  Anzahl  meiner  Präparate  vom 
Schaaf  in  verschiedenen  Entwickelungsstufen  nicht  wie  in  anderen  Schnitten  von  Linsen  der- 
selben Stadien  und  wie  durchweg  in  den  gleichaltrigen  von  der  Maus  in  vorwiegend  gerade 
gestrecktem  Verlauf  distalwärts,  sondern  ein  Theil  auch  der  längsten  Fasern  biegt  mit  starker 
Krümmung  nach  der  Bauchseite  hin  ab,  an  welcher  die  Zellen  auch  ihrerseits  sich  ein  wenig 
verlängert  und  denen  der  dorsal-proximalen  Wandhälfte  entgegenwachsend  zeigen  (s.  Fig.  85). 
Dadurch  entstellt  hier  eine  kurze  „Naht",  ähnlich  denjenigen,  wie  sie  in  der  erwachsenen 
Linse  durch  das  Aufeinanderstossen  der  Fasern  in  den  sogenannten  Linsensternen  abgebildet 
werden  (vgl.  auch  Arnold's  Abbildungen  von  Linsen  8  resp.  1 1  Cm.  langer  Rindsembryonen 
2.  Figg.  18.  u.  19.);  ob  hierin  aber  wirklich  schon  die  Anlage  zu  letztgenannter  Bildung 


1)  Bei  der  Maus  finde  ich  je  l  oder  2  solcher  ins  Gerinnsel  in  der  Linsenhöhle  eingebetteter  Zellen  in  einigen 
Schnitten  derjenigen  Serie,  welcher  Fig.  68  entnommen  ist. 


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vorliegt,  oder  ob  die  Entwickelung-  der  Liijseiisterne  wie  die  des  Radialfaserringes  beim 
Hiibiiclieii  nicht  vielmehr  erst  in  eine  spätere  Zeit  fällt,  müssen  weitere  Untersiichung-en  ent- 
scheiden. 

Nach  dem  voranstehend  Älitgetheilten  wird  man  doch  schwerlicdi  anders  können  als 
auch  des  Schaafes  Linse  anzusehen  als  eine  Bildung,  die  aus  der  Einbuchtung  und  Wucherung 
des  Hornblattes  als  von  vonilierein  hohle  Blase,  sich  abschnürt;  dafür  ist  entscheidend  nament- 
lich der  Umstand,  dass  schon  bei  der  eben  sich  abschnürenden  Linse  die  nur  mit  Flüssigkeit 
gefüllte  Höhle  vorhanden  ist.  Da  nemlich  die  die  Linsenblase  erfüllende  Flüssigkeit  beim 
Hühnchen  und  der  Maus  ganz  sicher  und  selbstverständlich  beim  Schluss  der  Linsengrube 
sich  in  die  Höhle  der  Linsenblase  einschliessende  Amnionflüssigkeit  ist,  das  Grerinnsel  in  der 
Linsenblase  des  Schaafes  aber  mikroskoi)isch  sich  genau  so  ausnimmt  wie  dasjenige  jener 
Thiere,  so  wird  man  wohl  annehmen  dürfen,  dass  der  Inhalt  der  Linsenblase  des  Schaafes 
derselben  Quelle  entstammt  und  in  derselben  Weise  in  die  Linse  hineingelangt,  wie  bei  jenen; 
es  wird  also  wohl  auch  beim  Schaaf  durch  die  fortschreitende  Flächenverbreiterung  des 
Hornblattes  und  der  Linsenanlage  die  Oeffnung  des  durch  die  Einwärtskrümmung  der  letzteren 
zwischen  beiden  entstandenen  kreisförmigen  Knickungswalles  sich  verkleinern,  dieser  Knick- 
ungswall selbst  von  allen  Seiten  her  concentrisch  über  die  Linsenanlage  hin  sich  vorschieben 
und  unter  stetig  zunehmender  Vertiefung  der  Linsengrube  und  Verengerung  ihrer  Oeffnung 
endlich,  wenn  diese  sich  gänzlich  schliesst,  in  die  auf  diese  Weise  sich  bildende  Linsenblase 
sowohl  die  auf  dem  Boden  der  Grube  liegende  Zellen  Wucherung  als  das  in  ihr  befindliche 
Fruchtwasser  miteingeschlossen  werden.  —  Das  Stadium,  in  welchem  die  oben  erwähnte 
kreisförmige  Furche  bei  der  Flächenbetrachtung  wahrzunehmen  ist,  entspricht  dem  Beginn  dieses 
Processes,  der  im  wesentlichen  also  vollkommen  derselbe  ist,  wie  beim  Hühnchen  und  der 
Maus,  wegen  der  oben  beschriebenen  Eigenthümlichkeit  aber  bei  diesem  Thier  wohl  leichter 
verkannt  werden  kann  als  bei  jenen,  —  Warum  die  besprochene  Zellenmasse  nur  in  einem 
einzigen  Embryo  in  der  Linsenhöhle  wiederzufinden  war,  in  demjenigen  von  Fig.  83  aber 
nicht,  bleibt  vorläufig  noch  eine  offene  Frage. 

Wesentlich  versj^hieden  von  der  voranstehenden  ist  die  Auffassung,  welche  Arnold 
durch  seine  Untersuchungen  über  die  Linsenbildung  beim  Rind  gewonnen  hat.  Arnold 
(2;  vgl.  auch  3.  S.  309  —  315)  unterscheidet  in  seinem  jüngsten  Stadium  (9  Mm.  langer 
Rindsembryo),  welches  etwa  dem  von  mir  Fig.  82  gezeichneten  vom  Schaaf  entsprechen  dürfte, 
,,drei  Lagen  der  kugligen  Verdickung  des  oberen  Keimblattes  an  der  Stelle  der  primären 
Augenblase'^ :  „eine  äussere,  mehr  längsstreifige,  eine  innere  radiär  gezeichnete  und  eine 
mittlere  etwas  lichtere  und  gekörnte.'*  ,,Bei  einem  12  Mm.  langen  Embryo  (S.  6)  war  die 
Linse  bereits  vollständig  eingestülpt  und  hatte  sich  von  dem  oberen  Keimblatt  entfernt;  dieselbe 
besass  eine  rundliche  Form ;  ihre  Wand  bestand  aus  länglichen,  körnigen,  kernhaltigen  Körpern, 
welche  in  mehreren  Schichten  angeordnet  waren.  In  der  Mitte  lagen  lichtere  kughge  Körper, 
in  denen  noch  Kerne  kenntlich  waren.  Als  eigentliche  Blase  konnte  somit  die  Linse  nicht 
angesprochen  werden,  vielmehr  erschien  sie  als  ein  solides  Gebilde,  dessen  in  der  Mitte  ge- 
legene Masse  allerdings  andere  morphologische  Eigenschaften  besass  als  die  peripherische. 
Zwischen  Linse  und  Hornblatt  fand  sich  auch  hier  eine  Schicht  eines  lichten  Gewebes,  in  dem 


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schon  einzelne  Gefässe  nachweisbar  waren.^'  —  Bei  einem  15  Mm.  langen  Embryo  erscheint 
die  hintere  Wand  etwas  dicker  als  die  seitlichen  und  die  vordere.  ,,Das  Centrum  der  Linse 
ist  lichter  und  mit  kugligen  Körpern  angefüllt,  deren  Kerne  weniger  deutlich  sind;  die 
Grenze  zwischen  den  wandständigen  und  den  central  gelegenen  Körpern  ist  eine  schärfere 
wie  früher.  Die  Linse  erscheint  bereits  als  eine  im  Centrum  mit  lichter  Masse  gefüllte  dick- 
wandige Blase.  —  —  Sollte  man  sich  auf  Grund  der  mitgetheilten  Wahrnehmungen  eine 
Anschauung  über  die  frühesten  Vorgänge  der  Entwickelung  der  Linse  beim  Rind  machen, 
so  müsste  davon  ausgegangen  werden,  dass  es  sich  zunächst  um  eine  Verdickung  des  oberen 
Keimblattes  handelt  und  zwar  scheint  dieselbe  vorwiegend  auf  Rechnung  der  inneren  Schichte 
dieses  zu  kommen,  während  die  äussere  Lage  sich  mehr  passiv  verhält.  Es  ergibt  sich  aber 
ferner,  dass  diese  Wucherung  ursprünglich  eine  solide  ist  (vgl.  darüber  auch  S.  9.  12  und  17), 
dass  aber  sehr  bald  in  den  mittleren  Abschnitten  der  soliden  Masse  Metamorphosen  eintreten," 
—  in  Folge  deren  die  Linse  ,,nach  vollendeter  Einschmelzung  der  centralen  Zellen  als  Blase 
erscheint.  Während  die  Metamorphosen  an  der  Linse  selbst  ablaufen,  entfernt  sie  sich  vom 
oberen  Keimblatt,  von  diesem  sich  abschnürend.  Ob  die  Höhlenbildung  im  Centrum  der 
Linse  immer  erst  nach  vollendeter  Abschnürung  oder  zuweilen  schon  früher  eingeleitet  wird, 
lässt  sich  nicht  entscheiden.  Möglicherweise  bestehen  in  dieser  Beziehung  Verschiedenheiten 
bei  den  einzelnen  Individuen.'' 

Trotz  der  entgegenstehenden  Auffassung  Aenold's  kann  ich  nicht  umhin,  die  Vor- 
gänge bei  der  Entwickelung  der  Linse  des  Rindes  für  identisch  mit  den  von  mir  für  das 
Schaaf  beschriebenen  zu  halten.  Zur  Erklärung  der  zwischen  unseren  Angaben  bestehenden 
Differenzen  habe  ich  folgendes  geltend  zu  machen:  Von  den  drei  von  Aenold  am  9  Mm. 
langen  Embryo  angegebenen  Schichten  ist  die  äusserste  wahrscheinlich  nur  durch  zufällige 
Auflagerung  beim  Herauspräpariren  des  Embryo  entstanden ;  ich  finde  dieselbe  —  und  in  ihr 
unzweifelhaft  einzelne  Blutkörperchen  —  nur  an  einem  einzigen  Embryo  desselben  Alters 
vom  Schaaf,  vermisse  sie  dagegen  an  den  übrigen  gleichaltrigen,  namentlich  einem  im  intacten 
Amnion  in  Osmiumsäure  gehärteten.  —  Der  von  Arnold  Taf.  1.  Fig.  4  vom  12  Mm.  langen 
Embryo  abgebildete  Schnitt  ist  nicht  durch  einen  Meridian  der  Linse  geführt;  in  einem  Me- 
ridianschnitt könnte  weder  die  Wand  der  Linsenblase  überall  ringsum  gleich  dick  und  die 
Höhle  so  klein  sich  zeigen,  noch  auch,  wenn  derselbe  nicht  so  dick  ist,  dass  die  ganze  eine 
Hälfte  des  Pupillarrandes  der  Augenblase  mit  darhi  liegt,  die  Anlage  des  späteren  Ring- 
gefässes  der  Lis  in  demselben  in  derjenigen  Ausdehnung  zu  sehen  sein,  wie  dies  in  ge- 
nannter Zeichnung  der  Fall  ist;  —  auch  liegt  zwischen  dem  Pol  der  eben  abgeschnürten 
Linse  und  dem  Hornblatt  überhaupt  kein  Gewebe  mittleren  Keimblattes  (s.  u,  und  meine 
Fig.  84);  bei  Schnittführung  in  abweichender,  den  Linsenpol  nicht  treffender  Richtung  aber 
können  möglicherweise  die  Enden  der  in  die  Linsenhöhle  vorwachsenden  Linsenfasern  mit- 
getroffen sein  und  dadurch  das  Bild  von  die  Höhle  erfüllenden  Zellen  vorgetäuscht  werden. 
Letzteres  kann  aber  auch  noch  auf  einem  anderen  Wege  zu  Stande  kommen;  es  ist  bekannt, 
dass  die  Linsenfasern  sehr  leicht  einen  Theil  ihres  eiweissartigen  Inhaltes  in  Forui  von  hellen, 
unregelmässigen  Tropfen  austreten  lassen  (vgl.  Külliker,  „Gewebelehre",  5.  Aufl.  S.  692); 
bei  fehlerhafter  Härtung  geschieht  dies  sowohl  in  der  erwachsenen  als  in  der  embryonalen 

KessiiEr,  Wirbclthier-Auge.  3 


18 


Linse  regelmässig;  in  ersteier  sowie  in  den  älteren  Embryonalstadien  treten  die  Eiweisstropfen 
entweder  in  die  durch  Schrumpfung  der  Fasern  zum  Klaffen  gebrachten  Nähte  (vgl.  Arnolds 
Figg.  18  und  19;  vielleicht  ist  dies  auch  in  der  von  Kölliker  .  in  seiner  „Gewebelehre'' 
Fig.  496  reproducirten  der  Fall)  oder  zwischen  die  Kapsel  und  die  von  ihr  abgehobenen 
Fasern  —  letzteres  geschieht  auch  schon  in  jüngeren  Entwickelungsstadien  (s.  Arnold's 
Figg.  7.  8;  9  —  12;  13-19),  während  in  den  jüngsten,  in  w^elchen  die  Höhle  der  Linsenblase 
noch  weit  ist,  die  Tropfen  sich  vorzugsweise  in  dieser  ansammeln  (so  wahrscheinlich  in  dem 
Präparat')  zu  Arnold's  Fig.  5).  Diese  Eiweisstropfen  sind  in  etwas  dickereu  Schnitten, 
namentlich  wenn  dieselben  stark  gefärbt  sind,  nicht  immer  leicht  von  Zellen  zu  unterscheiden, 
in  dünnen  dagegen  charakterisiren  sie  sich  deutlich  durch  ihr  blasseres  Aussehen,  mehr 
homogenen  Inhalt  und  Kernlosigkeit. 

Falls  meine  Vermuthung,  dass  die  Präparate  Arnold's  die  einen  oder  die  anderen 
der  genannten  Fehler  und  Täuschungsquellen  enthalten,  richtig  ist,  fällt  auch  die  Stütze 
für  seine  Deutungen-),  bei  denen  ihm  ein  Irrtlium  um  so  leichter  widerfahren  konnte, 
als  ein  Theil  der  Präparate  nicht  von  ilmi  selbst  geschnitten  wurde  (s.  2,  Eiideitung 
S.  VI)  und  ihm  somit  gewisse  Orientirungen  erschwert  waren,  und  darf  jedenfalls  der  zur 
Zeit  noch  nicht  sicher  zu  deutende  Befiiiul  an  Schaaf  und  Rind  nicht  als  Beispiel  für  das 
Vorkommen  solider  Bildung  der  Linse  angeführt  werden.  Ganz  insonderheit  falsch  aber 
würde  es  sein,  wollte  man  sich  durch  den  Umstand,  dass  die  ARNOLo'schen  Angaben  in  das 
Gräfe-Sämisch'sche  Handbuch  der  Augenheilkunde  aufgenommen  sind,  zu  der  Vorstellung 
verleiten  lassen,  dass  beim  Menschen  die  Bildung  der  Linse  eine  solide  oder  auch  nur  eine 
ähnliche  wäre  wie  beim  Schaafe  und  Rind. 


1)  Dass  die  Härtung  desselben  nicht  gelungen  ist,  lässt  sich  aus  dem  Umstand  erschliessen,  dass  die  Zellen  der  äusseren 
Lamelle  der  Augenblase  sich  so  schlecht  conservirt  haben,  dass  Arnold  ihre  Existenz  in  Abrede  stellt  (s.  darüber  u.  Cap.  VII). 

Sobald  die  Linsenfasern  einen  gewissen  Grad  der  Entwickelung  erreicht  haben,  gibt  ihr  Aussehen  den  besten  Maass- 
stab für  die  Qualität  der  Härtung  der  Linse  ab;  gut  gehärtet  sind  dieselben,  abgesehen  von  einer  leichten  Anschwellung  um 
den  Kern  herum,  von  gleichmässiger  Dicke  in  ihrem  ganzen  Verlauf;  Anschwellung  der  Enden  dagegen,  Blähungen  oder  Ab- 
hebung von  der  Kapsel  deuten  mit  Sicherheit  auf  Härtungsfehler,  welche  nach  meinen  Erfahrungen  am  leichtesten  durch  An- 
wendung der  Osmiumsäure  vermieden  werden. 

2)  Gegenüber  der  Bemerkung  Abnold's,  dass  die  kuglige  Verdickung  des  Hornblattes  vorwiegend  von  der  inneren 
Schicht  dieses  auszugehen  scheine,  kann  ich  nicht  umhin  auszusprechen,  dass  es  mir  viel  wahrscheinlicher  erscheint,  dass  die 
massenhafte,  den  Boden  der  Linsengrube  deckende  Zellenwucherung  von  der  äusseren  (Deck-)  Schicht  des  Hornblattes  aus- 
geht ;  letztere  scheint  mir  der  einzig  mögliche  Mutterboden  für  jene  zu  sein ;  für  diese  Annahme  spricht  auch  die  Form  und 
die  Stellung  des  Längsdurchmessers  jener  Zellen,  welche  dieselbe  ist  wie  die  der  Deckscliichtzeilen  vor  Beginn  der  Wucherung. 
Ob  die  Deckschicht  sich  am  Aufbau  der  der  Augenblase  anliegenden  Schicht  radiär  gestellter  cyllndrischer  Zellen  auch  be- 
theiligt, oder  ob  diese  ausschliesslich  auf  Rechnung  der  inneren  (Grund-)  Schicht  des  Hornblattes  kommt,  ist  schwer  zu  ent- 
scheiden ;  im  letzteren  Fall  würde,  wenn,  wie  es  den  Anschein  hat,  die  aus  der  Deckschicht  hervorgegangene  solide  Wucherung 
sich  an  der  Bildung  der  Linsenwand  nicht  betheiligt,  beim  Schaaf  ein  Rückschlag  auf  jene  niederen  Thierformen  vorliegen, 
bei  denen  die  Deckschicht  während  der  Linsenbildung  überhaupt  ganz  inactiv  sich  verhält  (Triton,  Forelle). 

Nach  der  von  mir  vorgeschlagenen  Auffassung  erscheint  jene  Wucherung  als  eine  dem  Untergang  gewidmete  Luxus- 
production;  ob  auch  nach  derjenigen  Arnold's?  wage  ich  nicht  zu  entscheiden,  da  aus  seiner  Darstellung  nicht  zu  entnehmen 
ist,  ob  er  die  laterale  Linsenwand  aus  seiner  „äusseren"  Schicht,  oder  wie  sonst  entstehend  denkt. 

Im  Anschluss  an  diese  Hypothesen  über  die  Betheiligung  der  beiden  Hornblattschichten  bei  der  Linsenbildung  erlaube 
ich  mir  noch  die  weitere,  dass  vielleicht  in  denjenigen  Zellen  der  Linsenanlage  der  Maus  (Figg.  68.  69),  deren  Kerne  der  Con- 
cavität  der  Linsengrube  näher  liegen,  die  Repräsentanten  der  in  diesem  Stadium  noch  spärlichen  Deckschicht,  in  den  übrigen 
•diejenigen  der  Gruudschicht  zu  finden  sein  dürften. 


19 


Der  in  Fig.  88,  Taf.  VI.  abgebildete  menschliche  Embryo  setzt  mich  in  die  Lage,  dem 
strict  widersprechen  zn  können.  Derselbe  ist  ca.  3  Wochen  nach  der  letzten  Menstruation  im 
intacten  Ei  ausgestossen  worden;  ich  erhielt  dieses,  nachdem  es  24  Stunden  in  einer  wahr- 
scheinlich mehr  als  einprocent.  Chromsäurelösung  gelegen  hatte.  Auf  der  kleinen  Vorwölbung, 
welche  am  Kopf  des  Embryo  von  der  Augenblase  gebildet  wird,  bemerkte  man  schon  mit 
blossem  Auge  einen  kleinen  dunklen  Punkt;  mit  einer  guten  Hartnack'schen  Lupe  erkannte 
man  deutlich,  dass  derselbe  einer  tiefen  Grube  entsprach;  die  mikroskopischen  Schnitte  haben 
ergeben,  dass  die  Tiefe  so  wie  die  Gestalt  dieser  Grube  —  Linsengrube  —  ganz  dieselbe'  ist 
wie  in  dem  Fig.  67  abgebildeten  Präparat  von  der  Maus.  Auch  die  Dicke  der  Linsenanlage 
ist  beim  Menschen  nicht  viel  beträchtlicher  als  in  jenem.  — 


Ueber  die  Linsenkapsel  s.  Cap.  IV. 


3* 


DRITTES  CAPITEL. 


BILDUNG  DER  SECUNDÄREN  AUGENBLASE,  DER  SOG.  AUGEN- 
BLASENSPALTE  UND  DES  GLASKÖRPERS. 


Der  Erste,  welcher  nicht  nur  die  Gleichzeitigkeit  der  soeben  genannten  Bildungsvor- 
gänge  beobachtete,  sondern  auch  einen  directen  Causalzusammenhang  zwischen  denselben  — 
und  zwar  die  Abhängigkeit  der  beiden  ersteren  von  der  Entwickelung  des  letzteren  —  be- 
hauptete, war  bekanntlich  Schoeler  (40).  Ihm  folgten  zwanzig  Jahre  lang  sämratliche  Autoren, 
welche  diesen  Gegenstand  besprachen,  entweder  einfach  auf  seine  Untersuchungen  sich  be- 
]-ufend,  oder  nach  eigenen  Beobachtungen  bestätigend;  so  vor  allen  Kölliekr  (21)  und  weiter- 
hin dann  Babuchin  (4),  Schenk  (37)  u.  A. 

Ein  Referat  der  ScHOELER'schen  Darstellung  findet  sich  in  Kölliker's  Entwickelungs- 
geschichte;  an  dieses  erlaube  ich  mir  die  folgende  Besprechung  anzuknüpfen,  weil  einerseits  die 
ScHOELER'sche  Auffassung  sich  kaum  bündiger  und  getreuer  wiedergeben  Hesse  ^  andererseits 
dieselbe  den  meisten  Lesern  doch  nicht  aus  dem  ziemlich  seltenen  Original,  sondern  aus  dem 
genannten  KöLLiKER'schen  Werk  bekannt  und  geläufig  sein  dürfte.  In  diesem  heisst  es  S.  280: 
Während  die  primäre  Augenblase  durch  die  Linse  von  vorn  her  eingestülpt  wird,  „geschieht 
dies  kurze  Zeit  darauf  auch  von  unten  her  durch  einen  Fortsatz,  welcher  wohl  unzweifelhaft 
als  eine  Wucherung  der  Cutis  gedeutet  werden  darf.  Anfänglich  erscheint  dieser  Fortsatz 
in  Gestalt  einer  kurzen  und  schmalen  Leiste,  welche  unmittelbar  unter  und  hinter  der  Linse 
die  untere  Wand  der  primären  Augenblase  gegen  die  obere  drängt ;  bald  aber  wuchert  dieser 
Fortsatz  mit  Ausnahme  seiner  Abgangsstelle  von  der  Haut  zu  einem  kugeligen  Gebilde  heran, 
und  dann  ist  die  primäre  Augenblase  nicht  nur  von  vorn,  sondern  auch  von  unten  her  voll- 
kommen eingestülpt,  so  dass  die  vordere  und  untere  die  obere  und  hintere  Wand  derselben 
berührt,  und  erscheint  nun  als  „secundäre  Augenblase",  welche  den  Glaskörper  einschhesst, 
mit  ihrem  vorderen  Rande  die  Linse  umfasst  und  unten  eine  Spalte  zeigt,  durch  welche  der 
Glaskörper  mit  der  Haut  zusammenhängt." 

Nach  diesem  von  Schoeler  (allerdings  nur  nach  Ermittelungen  mit  der  Lupe)  aufge- 
stellten Modus  der  Bildung  des  Glaskörpers,  der  Augenblasenspalte  und  der  secundären  Augen- 


21 


blase  ist  man  unbedingt  berechtigt  zu  erwarten,  in  mikroskopisclien  Schnitten  durch  die  Augen 
von  Embryonen  aus  den  entsprechenden  Stadien  die  Augenblasenspalte  und,  wo  ein  Glas- 
körperraum sicli  schon  gebildet  hat,  auch  diesen  von  einer  Zelleinnasse  ausgefüllt  zu  finden. 

Der  Umstand,  dass  ich  von  einer  solchen  Zellenmasse  in  meinen  Präparaten  aber 
durchaus  nichts  finden  konnte,  überraschte  mich  um  so  mein*,  als  die  allgemeine  Verbreitung, 
welche  die  ScHOELER'sche  Darstellung  gefunden  und  die  so  häufig  wiederkehrenden  Repro- 
ductionen  derselben  durch  die  verschiedensten  Autoren  mich  an  der  Richtigkeit  derselben 
nicht  hatten  zweifehi  lassen,  und  veranlasste  mich,  eine  möglichst  genaue  Untersuchung  der 
in  Rede  stehenden  Vorgänge  vorzunehmen. 

Naclulem  ich  mich  sehi"  bald  überzeugt  hatte,  dass  die  Lupenuntersuchung  und  die 
Betrachtung  intaeter  frischer  Embryonen  unter  dem  Mikroskop  kaum  zu  mehr  als  zur  Orien- 
tirung  im  Allgemeinen  verwerthbar  sein  würde,  habe  ich  mich  ausschliesslicli  dem  Studium 
mikroskopisclier  Sclinitte  in  Chromsäure-  oder  in  Osmiumsäurelösungen  gehärteter  Embryonen 
zugewendet.    Ueber  die  Härtungsmethode  siehe  Cap.  IV. 

Die  Schnitte  fertigte  ich  in  drei  auf  einander  senkrechten  Richtungen  an:  1)  senk- 
recht auf  den  Längsverlauf  der  Augenblasenspalte,  also  annäliernd  parallel  der  Medianebene 
des  Kopfes ;  2)  genau  durch  den  Längsverlauf  der  Augenblasenspalte,  mithin  annäliernd  senk- 
recht auf  die  Medianebene  und  auf  die  Bauchfläche  des  Kopfes;  3)  senkrecht  auf  die  Me- 
dianebene und  parallel  der  als  plan  gedachten  Bauchfläche  des  Kopfes.  —  Obgleich  die  ge- 
nannten Schnittrichtungen  in  den  meisten  Entwickelungsstadien  je  nach  der  in  denselben 
Avechselnden  Gestalt  und  Verlaufsrichtuug  der  Augenblasenspalte  etwas  verschiedene  sein 
müssen,  um  die  letztere  genau  in  ihrem  Längsverlaufe  oder  senkrecht  auf  diesen  zu  treffen, 
und  obgleich  dies  nur  in  den  wenigsten  Fällen  durch  genau  sagittale  oder  genau  frontale 
Führung  des  Messers  zu  erreichen  ist ,  so  erlaube  ich  mir  doch  dieselben ,  der  Kürze  wegen, 
im  Folgenden  als  Sagittal-  mid  Frontal-  und  die  dritte  genannte  Art  als  HorizontaJschnite 
zu  bezeichnen.  —  Die  beiden  ersteren  Arten  werden  am  meisten  zur  Verwendung  kommen; 
denn  während  Horizontalschnitte  nur  durch  Combiniren  sämmtlicher  aus  den  einzelnen  Schnitten 
einer  lückenlosen  Serie  gewonnenen  Bilder  zu  einer  körperlichen  Gesammtvorstellung  ein 
sicheres  Urtheil  über  die  hier  interessirenden  Verhältnisse  ermöglichen,  können  jene,  und 
namentlich  die  Frontalschnitte,  wie  von  selbst  einleuchten  wird,  schon  in  einem  einzelnen 
Schnitt  ein  mehr  weniger  vollständiges  Uebersichtsbild  derselben  gewähren. 

Hühnchen. 

Betrachten  wir  zunächst  eine  Reihe  von  Frontalschnitten,  wie  sie  auf  Taf.  I  abge- 
bildet sind,  in  Bezug  auf  das,  was  an  ihnen  für  die  Entwickelung  des  Glaskörpers  und 
der  Augenblasenspalte  von  Interesse  ist,  so  muss  es  an  Fig.  2,  welche  einen  Schnitt  durch 
die  primäre  Augenblase  in  derjenigen  Gegend  darstellt,  wo  nun  bald  durch  Wucherung  der 
Kopfplatten  die  Bildung  des  Glaskörpers  und  der  Augenblasenspalte  beginnen  soll,  auffallen, 
wie  wenig  von  Kopfplatten  in  dieser  Gegend  überhaupt  vorhanden  ist;  die  Augenblase  ist 
vielmehr  zum  bei  weitem  grössten  Theil  mit  dem  Hornblatt  in  unmittelbarer  Berührung,  nur 
an  der  dorsalen  Fläche  derselben  findet  sich  eine  reichliche  Schicht  des  mittleren  Keimblattes, 


22 


an  der  Bauchfläche  dag-eg-en  nur  1 — 3  Zellen  in  je  einem  Schnitt  an  der  Abgangsstelle  des 
Augenblasenstiels  vom  Medullarrohr ,  durch  welche  letzteres  in  ganz  geringer  Ausdehnung 
vom  Hornblatt  getrennt  wird.    (In  Fig.  1  sind  auch  nicht  einmal  diese  vorhanden.) 

Ein  anderes  Bild  bietet  schon  das  folgende  Stadium,  Fig.  3  —  weniger  zwar  an  der 
Bauchfläche  des  Augenblasenstiels,  wo  die  Kopfplattenzellen  nur  wenig  zahlreicher  erscheinen, 
im  Uebrigen  aber  die  Verhältnisse  dieselben  geblieben  sind,  als  vielmehr  in  derjenigen  Gegend, 
wo  die  Bildung  der  Linse  beginnt;  oberhalb  und  unterhalb  der  Linsenanlage  zeigt  sich  ein 
kleines  dreiseitiges,  offenbar  durch  Faltung  des  Hornblattes  entstandenes  Lumen :  Die  Quer- 
schnitte eines  ringförmig  die  scheibenfönnige  Verdickung  des  Hornblattes  (vgl.  Remak,  36. 
S.  34.  §.  70)  umgebenden  Canals. 

Der  ventrale  Querschnitt  dieses  Canals  verändert  in  den  folgenden  Stadien  sein  Aus- 
sehen sehr  rasch,  das  Lumen  desselben  nimmt  sehr  beträchtlich  zu,  indem  die  Wand  der. 
Augenblase  unterhalb  der  Linsenanlage  sich  mehr  und  mehr  vom  Hornblatt  entfernt;  so  schon 
in  Fig.  4;  gleichzeitig  erscheinen  nun  auch  die  Kopfplattenelemente  an  der  Bauchfläche  des 
Hirnrohres  und  des  Augenblasenstiels  bedeutend  vermehrt;  in  denselben  bemerkt  man  eine 
feinste,  annähernd  frontal  gestellte  Gefässschlinge.  Nur  an  einer  einzigen  Stelle  noch  berührt 
in  Fig.  4  ventralwärts  von  der  Linsenanlage  die  Augenblasenwand  das  Hornblatt;  in  Fig.  5 
ist  auch  diese  Berührung  aufgehoben,  indem  jene  noch  mehr  medianwärts  zurückgezogen 
erscheint.  —  Es  scheint  nun  den  Kopfplatten  nichts  mehr  im  Wege  zu  stehen,  um  in  den 
Raum  zwischen  Linsenanlage  und  Augenblase  einzudringen,  beide  Gebilde  von  einander  zu 
drängen  und  • —  nach  der  bisher  gangbaren  Vorstellung  —  dadurch  dem  Glaskörper  seine 
Entstehung  zu  geben.  —  Fig.  6  zeigt  aber,  dass  dies  nicht  in  der  bisher  gedachten  Weise 
geschieht.  Der  Glaskörperraum  ist  hier  unzweifelhaft  vorhanden  und  in  ihm  der  Glaskörper; 
aber  beide  entstanden  ohne  Zuthun  der  Kopfplattenmasse,  diese  dringt  nicht  weiter  vor  als 
bis  an  die  Bauchfläche  der  Augenblase,  nicht  aber  bis  in  den  Binnenraum  der  letzteren  hin- 
ein. Dieser  erscheint  vielmehr  fast  ganz  zellenleer,  ausgefüllt  nur  von  einer  äusserst  zarten 
Masse,  welche  an  Chromsäurepräparaten  in  dünnen  Schnitten  bei  schwächeren  Vergrösserungen 
nur  wie  ein  leichter  Schatten,  eine  leichte  Trübung  im  Gesichtsfeld  sich  ausnimmt,  durch 
stärkere  Systeme  als  ein  dichtes  Netzwerk  feiner  und  feinster  längerer  und  kürzerer  ganz 
unregelmässig  verlaufender  und  sich  vielfach  verzweigender  und  wieder  zusammenfliessender 
Fasern  aufgelöst  wird,  in  welchem  in  manchen  Schnitten  nicht  eine  einzige,  in  anderen  ein  bis 
höchstens  drei  Zellen  an  irgend  einer  Stelle  des  Glaskih'perraumes  eingebettet  liegen.  —  An 
Osmiumsäurepräparaten  erscheint  die  zarte  Masse  nicht  in  Fasern,  sondern  fein  gekörnt,  im 
Uebrigen  ist  der  Befund  ganz  derselbe. 

Und  diese  Beschaffenheit  zeigt  der  Glaskörper  nicht  etwa  bloss  auf  derjenigen  Ent- 
wickelungsstufe,  bei  welcher  wir  eben  angelangt  sind  (Fig.  6),  er  hat  dieselbe  vielmehr  von 
seinem  ersten  spurenhaften  Auftreten  an  bis  an  das  Ende  der  embryonalen  Entwickelung  (mit 
der  einzigen  Veränderung,  dass  die  Zellen,  welche  vom  3. — 6.  Tag,  wenn  auch  noch  so  spär- 
lich, doch  überhaupt  vorhanden  waren,  vom  6.-8.  Tag  an  gänzlich  aus  ihm  verschwinden). 

Wenn  darnach  von  einer  Auffassung  des  Glaskörpers  als  einer  in  die  Augenblase  vor- 
wuchernden Kopfplattenzellenmasse,  und  der  Möglichkeit  einer  durch  dieselbe  hervorgerufenen 


23 


Einstülpung  der  Angenblase  gänzlich  abgesehen  werden  mnss,  so  liegt  auf  der  Hand,  dass 
auch  die  P^ntstehung  der  Augenblasenspalte  und  die  Umbildung  der  primären  Augenblase 
zur  secundären  einer  anderen  Erklärung  bedarf. 

Ehe  ich  auf  die  verschiedenen  Möglichkeiten,  die  sich  dafür  etwa  geltend  machen 
lassen,  eingehe,  scheint  es  mir,  um  auch  dem  mit  dem  Gegenstande  vielleicht  weniger  ver- 
trauten Leser  eine  selbstständige  Beurtheilung  derselben  zu  erleichtern,  durchaus  geboten,  zu 
versuchen,  ein  möglichst  klares  Bild  von  den  Formveränderungen  zu  geben,  w^eh-he  die  Augen- 
blase bei  ihrer  Umwandlung  zur  secundären  und  der  Bildung  der  Augenblasenspalte  durch- 
läuft, —  und  dies  um  so  mehr,  als  ich  die  neuesten  darüber  gegebenen  Darstellungen  (siehe 
unten)  weder  im  Wort  noch  im  Bild  für  der  Wirklichkeit  entsprechend  halten  kann. 

Ich  glaube,  dass  man  sich  diese  Vorgänge  am  besten  in  folgender  Weise  veranschau- 
lichen kann:  Denken  wir  uns  zunächst  die  sich  einstülpende  Linse  als  dasjenige,  welches 
den  lateralen  (distalen)  Pol  der  Augenblase  einstülpt,  und  ahmen  die  Wirkung  dieses  Drucks 
der  Linse  gegen  die  Augenblase  an  einem  mässig  aufgeblasenen  Gummiballon,  aus  welchem 
bei  Druck  die  Luft  entweichen  kann,  dadurch  nach,  dass  wir  gegen  denselben  mit  einem 
Finger  einen  allmälig  zunehmenden  Druck  in  derjenigen  Richtung  ausüben,  in  welcher  dies 
in  Wirklichkeit  auch  durch  die  Linse  gegen  die  Augenblase  zu  geschehen  scheint  (vgl.  Figg.  3, 
4  und  5),  nämlich  nicht  einfach  vom  distalen  Pol  in  horizontaler  Richtung  proximalwärts,  son- 
dern in  einer  Richtung,  welche  anfangs  nur  sehr  wenig,  allmälig  zunehmend  aber  mehr  von 
der  horizontalen  liinaufwärts  abweicht,  bis  sie  zwischen  der  horizontalen  und  senkrechten 
fast  die  Diagonale  hält,  so  wird  sich  an  der  Gummiblase  unter  dem  ehistülpenden  Finger 
zuerst  eine  kreisrunde  flache  Grube  bilden;  je  tiefer  diese  aber  wird,  und  je  mehr  der  aus- 
geübte Druck  die  Richtung  nach  oben  hin  annimmt  (vgl.  Fig.  4),  desto  deutlicher  wird  an 
der  Bauchfläche  der  Blase  eine  von  dem  am  tiefsten  (i.  e.  am  weitesten  nach  unten  hin) 
gelegenen  l'unkt  des  Grubenrandes  anfangende  und  allmälig  immer  weiter  an  der  unteren 
Fläche  sich  fortsetzende  Einziehung,  die  Bildung  einer  Furche  sich  bemerkbar  machen.  Diese 
Furche  wird  natürlich  an  der  Stelle,  wo  sie  von  der  durch  den  Fingerdruck  gebildeten  Grube 
ausgeht,  am  breitesten  sein,  nach  dem  anderen  Ende  hin  sich  allmälig  verschmälernd  spitz 
auslaufen.')  —  Uebei-wölbt  wird  diese  Furche  selbstverständlich  von  dem  früher  am  tiefsten 
gelegen  habenden  Theil  der  unteren  Wand  der  Blase,  welcher  der  oberen  Wand  um  so  mehr 
sich  nähern  muss,  je  tiefer  die  Furche  wird.  —  Der  an  der  Bildung  der  Grube  und  Furche 
nicht  betheiligte  Theil  der  Blase  geht  mit  abgerundeten  Umbiegungsrändern  in  die  Wandungen 
der  ersteren  über.  (Vgl.  dazu  einige  schematische  Zeichnungen  von  Ammon  (1)  auf  dessen 
Taf.  V  in  folgender  Reihenfolge:  Figg.  16.  15.  14.  17.  13.) 

Dass  die  soeben  beschriebenen  Formveränderungen  im  Allgemeinen  auch  von  der 
Augenblase  bei  ihrer  Umwandelung  aus  der  primären  zur  secundären  durchlaufen  werden, 
ist  eine  Thatsache,  die  schon  durch  die  oben  citirte  Darstellung  Schoeler's  und  Kölliker's 
festgestellt  ist ;  es  handelt  sich  also  nur  noch  darum,  zu  constatiren,  dass  auch  die  im  obigen 
Experiment  als  für  das  Gelingen  desselben  wesentlich  erscheinende  und  insofern  als  Causal- 

1)  Diese  Gestalt  der  Furche  beobachtete  schon  Schoeler  (40);  S.  27  sagt  er:  „Fissura  ad  similitudinem  apparet 
trigoni  paene  aequecrurii,  cujus  acumen  retrorsum,  basis  vero  ad  lentem  spectat." 


24 


moment  an  Stelle  der  dafür  nicht  verwerthbaren  Kopfplatten  eintretende  oben  angegebene 
dorsal-mediane  Einsttilpungsn<7/?/w#^  beim  Andringen  der  Linse  gegen  die  Augenblase  wirk- 
lich vorhanden  ist.  —  Und  dies  dürfte  nach  meinen  Figg,  3 — 7A.  kaum  zu  bezweifeln  sein; 
in  diesen  ist  der  Augenanlage  aucli  in  der  Zeichnung  g-enau  diejenige  Stellung  gegeben, 
welche  sie  bei  horizontaler  Stellung  der  plan  gedachten  Bauchfläche  des  Kopfes  des  Embryo 
in  Wirklichkeit  hat.  Schon  in  Fig.  3  ist  die  Stellung  der  verdickten  Scheibe  des  Horn- 
blattes, deren  Mittelpunkt  etwas  unterhalb  des  Poles  der  Augenblase  liegt,  keine  verticale  mehr, 
sondern  ein  wenig  gegen  die  horizontale  hin  geneigt ;  die  Einstülpung  der  Linse  scheint  somit 
nicht  genau  auf  dem  distalen  Pol,  sondern  ein  wenig  unterhalb  desselben  zu  beginnen.  — 
In  Fig.  4  würde  eine  Linie,  welche  von  der  Mitte  der  Oeffnung  der  Linsengrube  durch  die 
stärkste  Concavität  der  Augenblasengrube  gezogen  gedacht  wird  und  welche  offenbar  die 
Richtung  angil)t,  in  welcher  die  Linsenanlage  am  stärksten  gegen  die  Augenblase  wirkt,  der 
verticalen  fast  näher  liegen  als  der  horizontalen  (vom  Hühnchen  mir  vorliegende  Schnitte  des- 
selben Stadiums  zeigen  genau  dasselbe  Verhältniss  wie  Fig.  4  von  der  Ente);  als  Folge 
dieser  dorsalwärts  gerichteten  Druckwirkung  ersclieint  denn  auch  hier  die  erste  Spur  der 
Furchenbildung  an  der  Bauchfläche,  welche  im  Frontalschnitt  durch  den  Längsverlauf  der 
Furche  natürlich  als  Zurückweichen  der  distalen  Augenblasenwand  vom  Hornblatt  erscheinen 
muss.  Viel  ausgesprochener  als  in  der  vorigen  Figur  erscheint  also  hier  der  ventrale  Theil 
der  Augenblase  als  der  von  der  Wirkung  der  Einstülpung  betroff'ene  (der  in  Fig.  4  mit  asp 
bezeichnete  Raum  ist  eben  schon  Augenblasenfurche  —  erster  Anfang  der  Bildung  der  spä- 
teren „Augenblasenspalte^').  —  Bedeutend  tiefer  schon  präsentirt  sich  der  Raum  der  Furche  in 
Fig.  5;  in  Fig.  6  endlich  ist  ihr  Lumen,  welches  —  nach  unten  hin  nach  wie  vor  von  den 
Kopfplatten  begrenzt,  nach  oben  hin  bisher  von  dem  hinaufgezogenen  Theil  der  ventralen 
Wand  der  Augenblase  dachförmig  überwölbt  wurde,  dadurch,  dass  die  ganze  distale  und  ven- 
trale Wand  der  Augenblase  bis  zur  Berührung  der  dorsalen  und  proximalen  sich  dorsal- 
medianwärts  zurückgezogen  und  zugleich  von  der  Linse  entfernt  hat,  mit  dem  zwischen 
proximaler  Wand  der  Linse  und  Augenblase  neu  entstandenen  Raum,  dem  Glaskörperraum, 
in  einen  gemeinschaftlichen  Hohlraum  zusammengeflossen,  welcher  also  durch  die  innere 
Lamelle  der  Augenblase  und  die  proximale  Wand  der  Linse  begrenzt  wird  und  durch  die  in 
der  unteren  Wand  der  —  jetzt  „secundären"  —  Augenblase  verbliebene,  unterhalb  der  Linse 
breitere,  proximalwärts  nach  dem  Augenblasenstiel  hin  sich  verschmälernde  sogen.  Augen- 
blasenspalte  hindurch  mit  den  Kopfplatten  in  Berührung  steht.  —  (Ein  Sagittalschnitt  in  der 
Richtung  n — n  Fig.  6A  würde  ungefähr  das  Taf.  HI,  Fig.  28  gezeichnete  Bild  geben.) 

Die  richtigen  körperlichen  Vorstellungen,  um  die  es  sich  in  den  verschiedenen  Stadien 
der  in  Rede  stehenden  Umformungen  handelt,  dürften  aus  dem  Voranstehenden  unschwer  zu 
gewinnen  sein  —  zugleich  aber  auch  die  Ueberzeugung,  dass  die  Entstehung  der  Augen- 
blasenspalte  eine  unmittelbare  Folge  der  eigenthümlichen  Art  der  Umbildung  der  primären 
zur  secundären  Augenblase  und  nicht  von  der  Glaskörperbildung  abhängig  ist,  dass  vielmehr 
jene  beiden  Bildungsvorgänge  bereits  abgelaufen  sind,  ehe  derjenige  des  Glaskörperraumes 
und  des  Glaskörpers  seinen  Anfang  nimmt. 

In  die  obige  Darstellung,  die  eigentlich  nur  eine  Beschreibung  der  Vorgänge  selbst 


25 


g-eben  sollte,  wurden  zur  leichteren  Veranschaulichung  auch  bereits  erklärende  Motive  oder 
Causalmomente  mit  eingeführt;  als  solche  nämhch  müssen  in  obigem  Zusammenhange  er- 
scheinen 1)  die  Einstülpung  der  Linse;  sie  sollte  die  Erklärung  dafür  abgeben,  dass  die 
Augenblase  überhaupt  eingestülpt  wird ;  2)  die  Einstülpungsrichtung  derselben ;  sie  erklärte, 
warum  dabei  die  Furche,  resp.  Spalte  sich  bilden  muss.  —  Diese  gilt  es  nun  auf  ihre  Halt- 
barkeit zu  prüfen. 

Was  die  Einstülpungsrichtung  anbelangt,  so  hat  dieselbe  sich  uns  einfach  als  Beob- 
achtungsthatsache  ergeben  und  kann  also  ihr  Vorhanderisein  füglich  nicht  angezweifelt  werden. 

Ganz  anders  aber  steht  es  mit  dem  erstgenannten  Moment,  der  Annahme:  dass  die 
Augenblase  durch  die  sich  bildende  Linse,  das  Hornblatt  eingestülpt  werde.  Ihr  gegenüber 
macht  sich  die  Frage  geltend:  wie  kommt  überhaupt  das  Hornblatt  gerade  an  dieser  Stelle 
dazu,  sich  einzustülpen,  und  zwar  mit  einer  solchen  Kraft,  dass  es  die  Augenblase  vor  sich 
her  nach  innen  treibt?  —  Li  der  That  hat  man  dafür  bisher  noch  keinen  Grund  auffinden 
können  und  hat  sich  daher  auch  in  neuerer  Zeit  die  entgegengesetzte  Auffassung  Bahn  zu 
brechen  begonnen,  dass  die  Einstülpung  der  Augenblase  nicht  nur  unabhängig  von  der  des 
Hornblattes  vor  sich  geht,  sondern  sogar  ihrerseits  als  primärer  Vorgang  zu  der  letzteren 
als  dem  secundären  das  Causalmoment  bildet.  Zweier  Autoren  Darstellungen  sind  es  nament- 
lich, welche  auf  ganz  verschiedenen  Wegen  zu  diesem  übereinstimmenden  Resultat  gelangend, 
hier  einer  eingehenderen  Berücksichtigung  unterzogen  werden  müssen,  diejenige  von  His  (15. 
u.  16)  und  die  von  Goette  (12). 

Nach  His  ist  die  Einstülpung  der  Augenblase  ein  Faltungsvorgang  in  Folge  der  Hirn- 
krümmung. Das  Vorderende  des  Hirnrohres  nämlich  (15.  S.  103  ff.;  S.  113;  S.  129  ff.;  S.  131. 
132  u.  16.  S.  99  ff.)  ist  schon  vor  seinem  Schluss  mit  den  darunter  liegenden  Theilen,  dem 
Endknopf  der  Chorda,  und  durch  diese  mit  dem  Vorderdarmende  verwachsen.  Wenn  nun  das 
Hirnrohr  rascher  in  die  Länge  wächst,  als  die  mit  ihm  verbundenen  Theile,  so  muss  sein 
vorderes  Ende  nothwendig  über  den  Fixationspunkt  i.  e.  den  Endknopf  der  Chorda  hinaus 
vorgeschoben  und  zugleich  abwärts  gebogen  werden,  wobei  —  ebenso  wie  an  einem  unter 
die  gleichen  Bedingungen  versetzten  Gummischhiucli  —  die  geknickte  Stelle  sich  abplattet, 
breiter  wird  als  das  übrige  Medullarrohr,  und  über  jenem  Fixationspunkt  an  der  Bauchfläche 
des  Hirnrohres  eine  Einknickung  oder  Querrinne  sich  bildet.  Diese  Rinne  ist  in  der  Mitte 
am  tiefsten;  der  äussere  Rand  des  Rohres  nimmt  an  ihrer  Bildung  nicht  Theil,  er  überragt 
sie  als  ohrförmig  gebogene  Wulst  (16.  S.  96).  —  Diese  Wulst  ist  nichts  anderes  als  die 
Augenblase,  anderen  unterer  Fläche  jene  Rinne  endet  (16.  S.  100).  —  Bei  der  Vorschiebung 
des  Gehirns  „verlängert  sich  die  untere  Wand  desselben  in  eine  quere,  nach  rückwärts  ge- 
wendete Leiste,  die  Basilarleiste"  (15.  S.  104);  —  „Die  äusseren  Fortsetzungen  der  Basilar- 
leiste  erstrecken  sich  jederseits  auf  die  vorgewölbten  Abschnitte  oder  die  Augenblasentheile 
des  Vorderhirns  und  sie  nehmen  dabei  eine  nach  vorn  convexe  Biegung  an.  Es  entsteht 
hierdurch  an  der  unteren  Fläche  des  Vorderhirns  jederseits  eine  seichte  Grube,  die  nach  rück- 
und  abwärts  sich  öffnet:  die  Augenblasengrube;  sie  leitete  die  Umbildung  der  primären  Augen- 
blase in  die  secundäre  ein";  und  S.  129:  „Indem  die  Augenblasen  an  der  allgemeinen  Ab- 
plattung (sc.  des  Gehirns)  Theil  nehmen,  gestalten  sie  sich  zu  zwei  flachen  und  birnförmig 

Kkssleu,  WirbcltLier-Augc.  4 


26 


beg-renzten,  zvveiblättiigen  Schalen,  deren  oberer  und  vorderer  Rand  weit  über  die  Befestigungs- 
stelle vorragt.    Sie  stellen  so  die  secundären  Augenblasen  von  Remak  vor/' 

So  erwünscht  uns  nach  dem  was  oben  schon  bemerkt  wurde,  eine  Erklärung  der  Bil- 
dung der  secundären  Augenblase  sein  muss,  die  der  Mitwirkung  der  Linsenbildung-  entbehren 
kann,  so  scheinen  mir  doch  die  von  Hts  gemachten  Angaben  zum  Tlieil  vielleicht  leider  zu 
kurz,  zum  Theil  nicht  in  allen  Punkten  haltbar.  Einmal  nämlich  ist  es  nicht  ganz  klar,  ob 
und  welcher  Zusammenhang  zwischen  der  zuerst  durch  die  Hirnkrümmung  entstandenen 
,, Querrinne'',  welche  an  der  unteren  Fläche  der  Augenblase  endet  und  der  als  ,,Augenblaseu- 
grube"  bezeichneten  Vertiefung  besteht;  bildet  sich  die  Augenblasengrube  unabhängig  von 
jener,  so  bleiben  wir  über  die  Ursache  ihrer  Entstehung,  damit  aber  auch  über  die  Ursache 
der  Umbildung  der  primären  Augenblase  zur  secundären  im  Dunkeln;  ist  sie  aber  die  Fort- 
setzung jener  an  der  unteren  Fläche  der  Augeidjlase  endigenden  Querrinne  —  und  ich  müsste 
dies  annehmen,  wenn  ich  nur  den  einen  Umstand  berücksichtigen  wollte,  dass  ich  in  meinen 
säramtlichen  Präparaten  nur  eine  einzig-e  Rinne,  Furche  oder  Vertiefung  an  der  unteren 
Fläche  der  Augenblase  und  des  Augenblasenstiels  finde,  so  ist  nicht  hinreichend  erklärt, 
warum  der  Faltungsprocess  der  primären  Augenblase  so  weit  dorsalwärts,  die  die  primäre 
Augenblase  einstülpende  Wirkung  der  Hirnkrümmung  so  weit  über  den  lateralen  Pol  der 
Augenblase  hinaus  sich  erstreckt,  wie  dies  meine  Präparate  und  Figg.  3 — 7  zeigen.  Anderer- 
seits muss  ich  hier  schon  vorausgreifend  bemerken,  dass  die  Einstülpung  oder  Faltung  der 
Augenblase  sich  vom  lateralen  Pol  aus  ventral-  und  median vvärts  ül)erhaupt  gar  nicht  weiter 
als  bis  auf  das  der  Augenblase  nächstliegende  Stück  des  Augenblasenstieles  erstreckt  —  am 
proximalen  Theil  desselben  ist  keine  Rinne  vorhanden;  eine  median wärts  fortschreitende  Serie 
von  Sagittalschnitten  zeigt  den  Querschnitt  des  Stieles  vielmehr  aus  der  Rinnenform  allmälig 
ins  Queroval,  dieses  in  die  Kreisform,  diese  endlich  in  ein  senkrecht  stehendes  nach  unten 
zugespitztes  Oval  übergehend,  in  welcher  letzteren  Gestalt  er  in  die  Hirnwand  übergeht  (vgl. 
die  schematische  Zeichnung  Liebekkühn's  28  Taf.  VII,  Fig.  34,  in  der  man  nur  das  senk- 
recht stellende  Oval  sich  noch  hinzuzudenken  hat).  Endlich  reichen  die  Angaben  von  His 
nur  bis  zur  Bildung  der  Augenblasengrube",  welche  die  Umbildung  der  primären  Augen- 
blase einleitet".  Von  dieser  Einleitung  bis  zur  vollendeten  Umgestaltung  der  Augenblase 
ist  aber  noch  ein  so  grosser  Schritt,  dass  das  für  jene  beigebrachte  Causalmoment  unmöglich 
ohne  weiteres  auch  als  für  die  letztere,  die  Annäherung  der  späteren  inneren  an  die  Pigment- 
lamelle bis  zur  gegenseitigen  Berührung,  wirksam  gedacht  werden  kann.  Die  Erklärung  des 
Zustandekommens  jenes  ersten  Anfanges  aber  kann  uns  nicht  befriedigen,  wenn  uns  nicht 
zugleich  auch  die  Ermöglichung  des  Verständnisses  der  weiteren  Entwickelungsstufen  ge- 
boten wird.  Immerhin  bleibt  His  das  unbestreitbare  Verdienst,  auch  in  Bezug  auf  dieses 
Organ  das  Forschen  nach  den  embryonalen  Gestaltungen  in  neue  und  fruchtbringend^  Bahnen 
gelenkt  zu  haben. 

Auf  einem  ganz  anderen  Princip  beruht  die  von  Goette  gegebene  Darstellung.  Goette 
macht  ein  bisher  weniger  beachtetes  ursächliches  Moment  für  die  ersten  Bildungsvorgänge 
und  Umformungen  im  befruchteten  Keime  geltend,  nämlich  die  durch  die  fortgesetzte  Thei- 
lung  der  Embryonalzellen  notliwendigerweise  bedingte  Bewegung  der  neugebildeten  Elemente. 


27 


Diese  führt  zu  einer  Zellenverschiebung-  in  centrifug-aler  Richtung-,  deren  erstes  Resultat  die 
Bildung-  der  drei  Keimblätter  ist.  T)iese  centrifug-ale  Zellenschiebung  setzt  sich  nun  nicht 
nur  in  den  Keimblättern,  sondern  auch  in  den  daraus  hervorgegangenen  einzelnen  Organan- 
lagen —  so  auch  im  Hirnrohr  und  in  der  Augenblase  —  fort. 

Die  Umbildung  der  primären  zur  secundären  Augenblase  denkt  Goette  sich  danach 
folgendermaassen  (12.  S.  323):  „Die  durch  die  Absclmürung  geschatfene  mediale  Wand  der 
Augenblase  lässt  einen  Tlieil  ihrer  Zellen  in  die  laterale  Wand  vorrücken ,  wodurch  erstere 
dünner,  letztere  aber  dicker  wird.  Im  Beginn  der  Abschnürung  der  Augenblase  wird  diese  schon 
etwas  verdickte  Aussenwand  mit  einer  convexen  Oberfläche  an  die  Oberhaut  gedrückt,  während 
sie  nach  innen  die  weite  Höhle  ziemlich  eben  begrenzt.  Sehr  bald  plattet  sich  aber  ihre 
Aussenfläche  nicht  nur  ab,  sondern  erscheint  sogar  in  der  Mitte,  wo  sie  am  dicksten  ist, 
nach  innen  eingedrückt,  so  dass  ihre  vorgewölbte  Innenfläche  der  ihr  gegenüber  stehenden 
medialen  Wand  der  Augenblase  beträchtlich  genähert,  die  dazwischen  gelegene  Höhle  in  einen 
spaltartigen  Raum  verwandelt  ist."  —  Die  Ursache  davon  ist  folgende:  ,,Die  in  der  medialen 
Wand  der  Augenblase  centrifugal  sich  bewegenden  Zellen  müssen  nun"  —  Goette  beruft 
sich  dafür  auf  den  ähnlichen  Vorgang  bei  der  Bildung  der  Gastrula,  wobei  die  primäre  Keim- 
blase von  unten  her  eingestülpt  wird  —  ,,vom  Rande  aus  eine  radiär  convergirende  Stoss- 
wirkung  gegen  die  Aussenwand  ausüben,  worauf  die  Masse  derselben  nothwendig  gegen  die 
Höhle  der  Augenblase  ausweichen  muss,  da  der  Widerstand  in  dieser  Richtung  natürlich  viel 
geringer  ist,  als  gegen  die  dicht  anliegende  Oberhaut  hin.  Diese  Vorstellung-  von  den 
Ursachen  der  Einstülpung  der  Augenblase  wird  wesentlich  unterstützt  durch  gewisse  Einzel- 
heiten des  ganzen  Vorganges.  Indem  jene  Einstülpung  fortdauert  und  aus  der  Form  einer 
flachen  Schale  in  diejenige  eines  Napfes  mit  verengter  Oeffnung  (secundäre  Augenblase)  über- 
geht, wird  bekanntlich  nicht  der  ganze  Einstülpungsrand  gleichmässig  zusammengezogen, 
sondern  sein  unterster  Abschnitt  bleibt  darin  vollständig  zurück,  so  dass  dort  von  der  Seh- 
nervenwurzel an  ein  stetig  zunehmender  Ausschnitt  der  zweischichtigen  Blasenwand  entsteht. 
Diese  Bildung  lässt  sich  auf  den  Druck  der  regelmässig  gebildeten  Linse  nicht  zurückfuhren", 
und  ebenso  wenig  kann  man  die  zwischen  Linse  und  Augenblasengrund  eindringende  Glas- 
körperanlage für  die  von  aussen  wirkende  Ursache  erklären,  welche  die  Ausbildung-  des  Ein- 
stülpungsrandes hemmte.  „Nach  der  von  mir  vorgeschlagenen  Erklärung  der  I^iitwickelung 
der  Augenblase  erhellt  es  aber  aus  dem  geringeren  Grade  einer  Einschnürung  an  der  unteren 
Seite  des  Augenblasenstiels,  dass  die  sie  offenbar  verursachenden  Zellenbewegungen  dort  un- 
verhältnissmässig  schwächer  sind,  als  im  übrigen  Umfang  der  ursprünglichen  Basis  der  Augen- 
blase, daher  aber  auch  ihr  Erfolg  oder  die  Bildung  des  Einstülpungsrandes  an  derselben 
Stelle  sehr  gering  sein  muss."  —  (S.  325)  „So  erscheinen  sowohl  die  xibschnürung  vom 
Hirn"  —  diese  erfolgt  dadurch,  dass  „die  anfangs  breite  Basis  jener  runden  Vorragung  von 
oben,  vorn  und  hinten  sich  zusammenzielit  oder  genauer  ausgedrückt:  von  der  sich  aus- 
dehnenden Hirnwand  gegen  die  Schlussseite  des  Hirns  zusammengeschoben  wird"  (S.  323) 
—  „oder  die  Bildung  der  Augenblase  wie  die  Umwandlung  derselben  in  die  B«cherform  mit 
dem  unteren  Ausschnitte  als  die  innig  zusammenhängenden  Folgen  eines  einzigen,  höchst  ein- 
fachen, aber  eigenthümlich  beschränkten  Vorganges  innerhalb  der  bezüglichen  Anlage  selbst, 

4* 


28 


nämlich  einer  bestimmt  gericliteten  Zellenbewegung,  wie  eine  solche  in  grösserem  oder  ge- 
ringerem Maasse  in  der  ganzen  Nervenröhre,  ja  in  allen  sich  ausdehnenden  embryonalen  An- 
lagen als  nothwendige  Wirkung  der  fortdauernden  Theilung  der  Embryonalzellen  besteht''^  — 
(S.  326).  ,,Der  Druck,  den  die  convexe  Aussenwand  der  primären  Augenblase  auf  die  Ober- 
haut ausübte,  indem  sie  dieselbe  eine  Zeit  lang  vorwölbte,  scheint  zwischen  beiden  eine  ge- 
wisse Verbindung  herzustellen.  Denn  sobald  die  betreffende  Fläche  der  Augenblase  einzu- 
sinken anfängt,  folgt  ihr  das  noch  unverändert  anliegende  Stück  der  Oberhaut  und  wird 
gleichfalls  etwas  eingedrückt.  Dass  dabei  jedenfalls  die  mächtige  Wand  der  Augenblase  das 
mechanische  Moment  setzt  und  nicht  die  dünne  Oberhaut,  dürfte  auf  den  ersten  Blick  un- 
zweifelhaft erscheinen.  Die  erste  Einsenkung  der  Oberhaut  mag  aber  die  Ursache  für  eine 
alsbald  an  jener  Stelle  auftretende  Wucherung  derselben  bilden.  Je  mehr  die  p]insenkung 
der  Augenblase  sich  vertieft,  desto  mehr  wird  das  entsprechende  Hautstück  in  deselbe  hin- 
eingezogen." 

Aber  auch  gegen  die  Goette'sche  Construction  der  secundären  Augenblase  lassen  sich 
eine  Reihe  von  Einwendungen  erheben : 

1)  Warara  lässt  die  mediale  Hälfte  der  Augenblasenwand  einen  Theil  ihrer  Zellen  in 
die  laterale  Wandhälfte  vorrücken,  so  dass  letztere  dicker,  sie  selbst  aber  auf  eine  einzige 
Zellenschicht  reducirt  wird?  Die  supponirte  centrifugale  Zellenbewegung  liefert  für  diese 
Verdünnung  keine  Erklärung;  der  von  Goette  angenommene  sehr  geringe  Widerstand  von 
Seiten  des  Lumens  der  Augenblase  würde  im  Gegentheil  sogar  im  etwaigen  Fall  einer  massen- 
haften Production  von  Zellen  in  der  medialen  Wand,  oder  im  Fall  des  Hinübertretens  von 
Zellen  aus  der  Hirnwand,  eine  Vcrdickutiy  der  medialen  Wand  der  Augenblase  ins  Lumen 
der  letzteren  hinein  vollkommen  gerechtfertigt  erscheinen  lassen.  Findet  aber  eine  Vermeh- 
rung der  Elemente  in  der  medialen  Wand  nicht  statt  —  woher  dann  die  centrifugale  Bewe- 
gung? und  zwar  eine  Bewegung  von  solcher  Energie,  dass  von  einer  „Stosswirkung'*  gegen 
die  Aussenwand  die  Rede  sein  kann? 

2)  Nach  welchem  Gesetz  „müssen^'  in  der  medialen  Wand  centrifugal  sich  bewegende 
Zellen  „eine  radiär  convergirende"  Stosswirkung  gegen  die  Aussenwand  ausüben,  welche  zu 
einer  Einziehung,  Grubenbildung  am  lateralen  Pol  führt?  Natürlicher  dürfte  es  scheinen, 
dass  die  centrifugale  Zellenbewegung  in  der  Augenblase  zunächst  zu  einer  weiteren  Ausdeh- 
nung, Wachsthumszunahme  der  Augenblase  nach  dem  Hornblatt  hin,  resp.  einer  Vortreibung 
des  letzteren  ad  maximum,  und  sobald  das  Hornblatt  der  weiteren  Ausdehnung  Widerstand 
zu  leisten  beginnt,  zu  einer  einfachen  Verdickung  der  lateralen  Polwand  führt,  —  oder:  bei 
Hinzunahme  der  Goette'schen  Voraussetzung,  dass  an  der  Bauchfläche  der  Augenblase  die 
centrifugale  Zellenbewegung  gar  nicht  oder  fast  gar  nicht  stattfindet,  mithin  von  hier  aus 
kein  entsprechender  Gegendruck  gegen  die  von  den  übrigen  Seiten  stattfindende  centrifugale 
Bewegung  vorhanden  ist,  zu  einer  Verdrängung  der  ursprünglich  am  Pol  gelegenen  Zellen 
in  den  ventralen  Theil  der  Augenblasenwand  hin. 

3)  Warum  wird  die  Zellenbewegung,  „wie  sie  in  allen  sich  ausdehnenden  embryonalen 
Anlagen  als  nothwendige  Wirkung  der  fortdauernden  Theilung  der  Embryonalzelleii  besteht'', 
in  der  Augenblase  als  „eigenthümlich  beschränkte"  angenommen?  warum  fehlt  dieselbe  gerade 


29 


in  demjenigen  Tlieil  der  Aiigenblase,  wo  man  dieselbe  als  am  energischsten  vor  sich  gehend 
erwarten  sollte,  nämlich  an  der  Bauchseite?  Die  Bauchseite  der  Hirn  wand  entspricht  ja  dem 
früher  axialen  Theil  der  Hirnplatte,  gerade  von  diesem  aber  geht  Goette's  centrifugale  Zellen- 
bewegung doch  in  erster  Linie  aus  —  warum  soll  diese  nun  in  dem  zwischen  der  Augen- 
blase liegenden  Theil  der  Bauchwand  des  Hirnrohres  plötzlich  pausiren  und  nicht  vielmehr 
hier  und  in  seiner  unmittelbaren  Fortsetzung ,  der  ventralen  Wand  der  Augenblasen ,  ebenso 
sich  fortsetzen,  wie  in  der  dorsal-medialen?  Goette  macht  einen  Cirkelschluss ,  wenn  er 
S.  324  ff.  einerseits  aus  dem  Auftreten  der  Furche  oder  Spalte  an  der  Bauchfläche  folgert 
erhellen"  lässt),  dass  „die  Zellenbewegungen  dort  unverhältnissmässig  schwächer  sind  als 
in  dem  übrigen  Tlieil  der  ursprünglichen  Basis  der  Augenblasen",  während  er  andererseits 
gleich  darauf  das  Auftreten  dieser  Furche  als  die  nothwendige  Folge  des  unverhältnissmässig 
Schwächerseins,  der  eigenthümlichen  Beschränkung  der  Zellenbewegung  an  jener  Stelle  der 
Augenblase  hinstellt  —  ganz  abgesehen  noch  davon,  dass  überhaupt  schon  eine  petitio  prin- 
cipii  in  der  (unbewiesenen)  Annahme  vorliegt,  dass  die  centrifugale  Richtung  der  Zellenbe- 
wegungen es  ist,  welche  die  Einstülpung  der  primären  Augenblase  zu  Wege  bringt,  und 
ganz  abgesehen  davon,  dass  Goette  es  ganz  unerörtert  lässt,  warum  seine  centrifugale  Zellen- 
bewegung in  der  medialen  Wand  riickh'iu/ig  geworden  ist,  statt  der  ursprünglichen  Richtung 
von  der  Mitte  der  Axenplatte  nach  der  Nahtstelle  (Dorsalfläche)  des  MeduUarrohres  hin  die 
entgegengesetzte  eingeschlagen  hat? 

4)  Ebenso  wie  den  bisher  genannten  fehlt  die  Begründung  auch  denjenigen  Annahmen, 
aus  welchen  Goette  die  Einstülpung  des  Hornblattes,  die  Linsenbüdung  deducirt.  Ausgehend 
von  der  Behauptung,  dass  es  auf  den  ersten  Blick  unzweifelhaft  erscheinen  dürfte,  „dass 
dabei  die  mächtige  Wand  der  Augenblase  das  mechanische  Moment  setzt  und  nicht  die  dünne 
Oberhaut",  folgert  er  aus  dieser  die  zweite,  dass  letztere  der  ersteren  ,, folgt",  von  ihr  in  ihre 
Vertiefung  „hineingezogen"  wird  und,  um  dieses  zu  ermöglichen,  die  dritte,  dass  der  Druck 
der  convexen  Aussen  wand  der  Augenblase  gegen  das  Hornblatt  zwischen  beiden  eine  gewisse 
Verbindung  herzustellen  scheint.  —  Was  zunächst  den  ersten  der  obigen  Sätze  anbelangt,  so 
gibt  Goette  nicht  weiter  an,  inwiefern  die  Mächtigkeit  der  Wand  das  mechanische  Moment 
dabei  bedingt;  wenn  damit  aber  —  und  dies  scheint  mir,  da  an  sich  doch  eine  dünne 
Wand  ebenso  gut  ein  mechanisches  Moment  setzen  kann,  wie  eine  dickere,  hier  die  einzig- 
mögliche  Deutung  —  der  allgemein  üblichen  Anschauung,  dass  die  Augenblase  durch  das  Horn- 
blatt eingestülpt  werde,  gegenüber  geltend  gemacht  werden  soll,  dass  eine  dickere  Lamelle 
nicht  wohl  durch  eine  dünnere  eingestülpt  gedatdit  werden  kann,  oder  speciell :  dass  die  Mäch- 
tigkeit der  Wand  der  Augeiiblase  eine  solche  Festigkeit,  Widerstandsfälligkeit  derselben  be- 
dingt, dass  ein  Druck  des  dünneren  Hornblattes  gegen  dieselbe  wirkungslos  bleiben  niüsste, 
so  ist  der  Satz  auch  in  diesem  Sinn  nicht  haltbar ;  denn  damit  würde  die  Festigkeit  in  directe 
Abhängigkeit  gesetzt  von  der  absoluten  Dicke  der  resp.  Lamelle,  während  dieselbe  doch 
wohl  nach  einem  allgemein  gültigen  physikalischen  Gesetz  bei  jedem  Körper  in  erster  Linie 
von  der  festeren  oder  lockereren  Verbindung  der  Elementartheilchen  und  deren  leichterer  oder 
schwererer  Verschiebbarkeit  gegen  einander  bedingt  gedacht  werden  muss.  Dieses  Princip 
auf  Gewebslamellen  von  Embryonen  aus  so  jungen  Stadien,  wie  diejenigen,  um  welche  es 


30 


sieh  hier  liandelt,  und  speciell  auf  die  Augenblase  angewendet,  kann  man  annehmen,  dass 
ihre  Widerstandsfähigkeit  gegen  äussere  Eindrücke  und  Einstülpungen  eher  im  umgekehrten 
als  im  geraden  Verhältniss  zu  ihrer  Dicke  steht;  denn  mag  ihre  rasch  gewonnene  Mäclitigkeit 
nun  Folge  von  rapider  Proliferation  aus  ihren  eigenen  P^lementen,  oder  Folge  von  Einwanderung 
der  Zellen  aus  der  Nachbarschaft  (Goette)  sein,  —  jedenfalls  sind  dieselben  in  lebhafter 
Bewegung  und  auch  ohne  äussere  Einflüsse  bereits  in  der  Verschiebung  gegen  einander  be- 
gritfen,  wälirend  in  einer  dünn  bleibenden  und  zugleich  an  Flächenausdehnung  weniger  zu- 
nehmenden Lamelle,  z.  B.  im  Hornblatt,  die  trägere  Bewegung  der  Elemente  das  Zustande- 
kommen einer  festeren  Verbindung  derselben  unter  einander  gestattet,  so  dass  man  sich  die 
relative  Festigkeit  derselben  wahrscheinlich  wohl  grösser  denken  darf  als  diejenige  der  Augen- 
blasenwand.  Dass  unter  diesen  Umständen  die  ahsohiten  Festigkeitswerthe  beider,  die  in 
obiger  Deduction  Goette's  die  maassgebenden  sein  müssten,  sich  vollkommen  unserer  Berech- 
nung entziehen,  wird  man  zugeben.  Damit  hört  es  aber  auch  auf  unzweifelhaft  zu  sein, 
welche  von  beiden  —  wenn  überhaupt  eine  —  das  mechanische  Moment  setzt.  -  Was  ferner 
die  von  Goette  vermuthete  „Verbindung''  zwischen  Augenblase  und  Hornblatt  betrifft,  so 
spricht  gegen  eine  solche  nicht  nur  der  Umstand,  dass  diese  beiden  Lamellen  auch  in  den 
frühesten  Stadien  der  Linsenbildung  beim  geringsten  Härtungsfehler  schon  sich  von  einander 
entfernen  (so  auch  in  Goette's  bezüglicher  Zeichnung  Fig.  1 58)  — ,  sondern  auch  der  andere, 
dass  das  Auseinanderweichen  beider  sehr  bald  darauf,  bei  noch  weit  offener  Linsengrube  in 
Wirklichkeit  und  bleibend  in  einer  Weise  erfolgt,  die  keine  Spur  einer  vorher  bestanden 
habenden  „Verbindung''  beider  erkennen  lässt  (vgl.  meine  Taf.  I,  Figg.  3  -  -  6  und  die  Er- 
örterungen über  die  Bildung  des  Glaskörperraumes). 

Wenn  demnach  die  von  Goette  für  die  von  ihm  vertretene  Auffassung  der  Linsenbil- 
dung beigebrachten  Argumente  nicht  haltbar  sind,  so  folgt  daraus  doch  noch  nicht  ohne  wei- 
teres, dass  auch  jene  Auffassung  selbst  falsch  sein  müsste;  es  käme  nur  darauf  an,  ein  Causal- 
moment  zu  finden,  welches  die  selbstständige  Einstülpung  der  Augenblase,  und  eines,  welches 
das  Hineingezogenwerden  des  Hornblattes  wirklich  zur  nothwendigen  Folge  haben  müsste. 
Ersteres  könnte  man  —  vorausgesetzt,  dass  man  seiner  Theorie  der  centrifugalen  Zellenschie- 
bung sich  anschliesst  —  gegeben  glauben  in  dem  Satz  (S.  32): 

5)  Dass  die  Masse  der  aus  der  medialen  in  die  Aussenwand  der  Augenblase  vordrin- 
genden Zellen  „nothwendig  gegen  die  Höhle  der  Augenblase  ausweichen  muss,  da  der  Wider- 
stand in  der  Richtung  gegen  die  Höhle  der  Augenblase  natürlich  viel  geringer  ist,  als  gegen 
die  dicht  anliegende  Oberhaut  hin",  —  wenn  es  sich  mit  diesem  Causalzusammenhang  nicht 
ähnlich  verhielte,  wie  mit  dem  sub  3  besprochenen ;  nur  aus  dem  Umstand,  dass  der  laterale 
Pol  der  Augenblase  gegen  deren  Hölile  hin  eingestülpt  wird,  können  wir  erscMiessen dass 
der  Widerstand  in  dieser  Richtung  geringer  ist  als  nach  aussen  hin,  als  aprioristische  These, 
wie  Goette  diesen  Satz  hinstellt  (das  geht  aus  dem  „natürlich"  hervor),  ist  derselbe  durch- 
aus ungerechtfertigt,  da  die  absolute  Grösse  des  Widerstandes  in  der  einen  sowohl  als  in 
der  anderen  Richtung  uns  vollkommen  unbekannt  sind.  Natürlich  und  selbstverständlich 
wäre  jene  Annahme  nur,  wenn  die  Höhle  der  Augenblase  ein  leerer  Raum  wäre.  Dies  ist 
nicht  der  Fall;  wir  wissen,  dass  dieselbe,  wie  diejenige  des  ganzen  Medullarrohres  ausgefüllt 


31 


ist  von  einer  Flüssigkeit,  welche  die  Wandungen  derselben  ausgespannt  erhält  (schon  die 
älteren  Autoren  sprechen  von  diesem  „Hii'nwasser" :  Huschke,  v.  Baer,  Ammon);  da  nun 
Flüssigkeiten  nur  in  äusserst  geringem  Grad  compressibel  sind,  so  muss,  so  lange  die  Flüs- 
sigkeitsmenge in  demselben  Maass  zunimmt  wie  das  Lumen  des  Medullarrohres  incl.  Augen- 
blasen, der  Widerstand  in  der  Richtung  gegen  die  Augenblasenhöhle  hin  ehi  fast  absoluter 
sein.  —  In  gewissem  Sinn  umgekehrt  und  andererseits  doch  Avieder  ähnlich  wie  mit  derjenigen 
der  Augenblasenhöhle,  verhält  es  sich  mit  der  Widerstandsfähigkeit  des  Hornblattes ;  für  sich 
allein  gedacht  (wie  im  luftleeren  Raum),  kann  dasselbe  als  dünne,  im  Wachsthum  begriffene 
endjryonale  Geweb slameile  —  mag  man  sich  ihre  rclalivc  Festigkeit  auch  noch  so  gross 
denken  — ■  einer  gegen  seine  Innenfläche  andrängenden  Gewalt  einen  absolut  gewiss  nur  sehr 
geringen  Widerstand  leisten;  aber  dieser  letztere  muss  sehr  erheblich  gesteigert  werden  durch 
den  gleichmässigen  Druck,  unter  welchem  die  ganze  äussere  Oberfläche  des  Hornblattes 
steht,  —  den  Druck,  welcher  entweder  direct  und  unmittelbar  oder  als  fortgeleiteter  auf  die 
Oberfläche  eines  jeden  Körpers  und  so  auch  auf  die  des  Embryo  wirkt:  den  allgemeinen 
atmosphärischen  Oberflächen  druck. 

Ich  glaube,  dass  das  wirkliche  Vorhandensein  der  beiden  genannten  Momente:  die 
Spannung  der  Augenblase  durch  die  darin  enthaltene  Flüssigkeit  und  der  auf  der  Aussen- 
fläche  des  Hornblattes  liegende  Druck  nicht  wohl  bestritten  werden  kann.  Werden  diese 
aber  zugegeben,  so  sind  damit  zwei  in  der  That  rein  mechanisch  wirkende  Factoren  gefun- 
den, mit  deren  Hülfe  es  vielleicht  gelingen  wird,  der  Lösung  der  von  den  neueren  Autoren 
gestellten  Aufgabe:  die  Einstülpung  der  Augenblase  als  den  primären,  diejenige  des  Horn- 
blattes als  den  nothwendig  jener  folgenden  secundären  Vorgang  zu  erklären,  oder  wenigstens 
verständlich  zu  machen,  in  einer  anderen  Weise  als  dies  bisher  geschehen  ist,  näher  zu 
kommen. 

Verfolgen  wir  zu  diesem  Zweck  zunächst  die  Wirkungen  des  oben  erwähnten  Aussen- 
druckes weiter.  Derselbe  tendii't  von  allen  Seiten  her  gleichmässig  das  Hornblatt  nach  der 
Körperaxe  hin  zusammenzudrücken  (centripetal);  dem  tritt  entgegen  derjenige  Druck,  welcher 
in  entgegengesetzter  (von  der  Axe  nach  aussen  hni  —  centrifugaler)  Richtung  durch  die  rasch 
wuchernden  Organanlagen  und  durch  die  noch  indifferenten  Zellen-  und  Flüssigkeitsmassen, 
welche  die  zwischen  jenen  Anlagen  entstehenden  Lücken  und  Lumina  ausfüllen,  gegen  die 
Innenfläche  des  Hornblattes  ausgeübt  wird.  So  lange  diese  beiden  einander  entgegengesetzten 
Druckwirkungen,  zwischen  welche  das  Hornblatt  eingeschoben  ist,  sich  das  Gleichgewicht 
halten,  wird  das  Hornblatt  in  gieichmässiger  Spannung  erhalten  werden;  Formveränderungen 
desselben  können  nur  entstehen,  sobald  eine  Druckdifferenz  eintritt;  letztere  aber  kann, 
da  der  durch  die  Atmosphäre  gesetzte  Aussendruck  als  relativ  constant  angesehen  werden 
muss,  nur  durch  eine  Steigerung  des  Binnendrucks  bedingt  gedacht  werden.  Mag  dieser 
Biunendruck  ein  im  Ganzen  gleichfalls  gleichbleibender  oder  ein  im  Verhältnisse  zu  jenem 
Aussendruck  mit  dem  fortschreitenden  Wachsthum  des  Embryo  im  Ganzen  gleichmässig  zu- 
nehmender sein  —  locale  Schwankungen,  und  zwar  locale  Steigerungen  sowohl  als  locale 
Verminderungen  desselben  sind,  entsprechend  der  periodisch  bald  rascheren  bald  langsameren 
Production  in  den  einzelnen  Organanlagen  gewiss  vorhanden;  wie  erstere  durch  locale  Her- 


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vortreibungen  und  Ausbauchungen,  so  müssen  letztere  durch  Einziehungen  (Aspiration)  des 
Hornblattes  nach  der  Körperaxe  hin  zum  Ausdruck  kommen;  ersteres  z.  B,  über  dem  late- 
ralen Pol  der  rasch  sich  vergrössernden  primären  Augenblase,  letzteres  sobald  dieser  sich  nach 
innen  einstülpt,  die  Convexität,  über  die  das  Hornblatt  gespannt  war,  in  eine  Concavität 
sich  verwandelt;  dabei  kmin  das  Hornblatt  von  der  Augenblase  sich  nicht  entfernen,  weil 
die  einander  entgegen  treibenden  Druckwirkungen  (der  Flüssigkeit  in  der  Augenblasenhöhle 
nach  aussen,  des  Druckes  au  der  Aussenfläche  des  Hornblattes  nach  innen)  sie  aneinander 
pressen,  so  dass  sie,  so  weit  sie  aneinander  liegen,  eine  einheitliche  Scheidewand  zwischen 
jenen  Kräften  bilden. 

Was  nun  aber  die  Einstülpung  oder  Einziehung  der  Au(jenblase  anbelangt,  so  lässt 
diese  sich  auf  dasselbe  Causalmoment  zurückführen,  wie  diejenige  des  Hornblattes.  Wie 
nämlich  der  Druck  der  Atmosphäre  durch  alle  dasselbe  umgebenden  Theile  auf  das  Horn- 
blatt, so  pflanzt  er  sich  durch  dieses  weiter  auf  die  von  ihm  umhüllten  inneren  Theile  des 
Embryo  fort  —  so  auch  auf  die  Augenblasen  und  das  MeduUarrohr.  So  lange  nun  die 
Wand  des  Medullarrohres  und  der  Augenblasen  durch  die  nicht  compressible  Flüssigkeit  hin- 
reichend gespannt  ist,  mit  anderen  Worten:  so  lange  Flüssigkeit  genug  producirt  wird,  um 
das  Lumen  des  rasch  wachsenden  Medullan'ohres  vollkommen  auszufüllen  und  dem  Aussen- 
druck das  Gleichgewicht  zu  halten,  kann  letzterer  eine  Formveränderung  an  ihm  nicht  her- 
vorbringen; sobald  aber  aus  irgend  welchen  Gründen  —  und  vielleicht  trägt  gerade  die  so 
ungemein  schnelle  Vergrösserung  der  Augenblasen  das  Ihre  mit  dazu  bei  —  die  FlUssigkeits- 
menge  relativ  geringer  wird,  muss  —  da  der  mächtig  wirkende  Aussendruck  die  Entstehung 
eines  leeren  Raumes,  oder  das  Fortbestehen  einer  Druckdifferenz  im  lebenden  Körper  be- 
kanntlich nicht  gestattet  —  die  Wand  des  Rohres  oder  der  Augenblasen  in  demselben  Maass 
als  seine  Füllung  abnimmt,  axialwärts  eingezogen  werden. 

Warum  diese  Einziehung  gerade  an  der  Augenblase  und  nicht  an  irgend  einer  anderen 
Stelle  des  Hirnrohres  auftritt,  und  warum  die  EinziehungsncÄ/?^;«^  gerade  diejenige  ist,  wie 
wir  sie  oben  unter  der  nicht  mehr  lialtbaren  Voraussetzung  eines  Druckes  von  Seiten  der 
sich  bildenden  Linse  als  „Einstülpungsrichtung"  in  den  betreffenden  Zeichnungen  erkannt 
haben,  dafür  lässt  sich  freilich  vor  der  Hand  noch  kein  vollkommen  zwingendes  Motiv  nach- 
weisen; doch  dürfte  es  vielleicht  schon  jetzt  als  wahrscheinlich  bezeichnet  werden,  dass  das 
so  weit  lateralwärts  Vorgeschobensein  der  Augenblasen  und  ihre  unmittelbare  Berührung  mit 
dem  Hornblatt  —  und  gerade  die  lateral-ventrale  Partie  derselben  ist  es  ja,  wo  dieses  statt- 
findet und  wo  auch  die  Einziehung  beginnt  —  sie  der  Wirkung  der  entstehenden  Druckdiffe- 
renz in  erster  Linie  und  mehr  exponirt  als  das  von  den  Kopfplatten  mehr  oder  weniger  ge- 
schützte übrige  Medullär-  und  Hirnrohr;  ob  vielleicht  auch  der  Umstand  influirt,  dass  die 
Communicationsöffnung ,  durch  welche  die  Flüssigkeit  aus  den  Augenblasen  ins  MeduUarrohr 
entweichen  kann,  an  der  Bauchseite  gelegen  ist,  muss  gleichfalls  noch  als  hypothetisch  be- 
zeichnet werden. 

Ich  gebe  gern  zu,  dass,  bis  entweder  diese  genannten  Momente  sicher  gestellt  oder 
statt  ihrer  andere  gefunden  sein  werden,  eine  Lücke  in  der  von  mir  versuchten  Deduction 
der  in  Rede  stehenden  Bildungsvorgänge  verbleibt;  nichts  desto  weniger  habe  ich  dieselbe 


33 


nicht  unterlassen  zu  müssen  geg'laubt ,  da  sie  mir  vor  den  übrigen  bisher  versuchten  folgende, 
zum  Theil  aus  dem  Obigen  schon  sich  selbst  ergebende  Vorzüge  zu  haben  scheint,  deren 
wegen  sie  vielleicht  weiterer  Untersuchungen  werth  wäre:  einmal  dass  darin  ein  von  jenen 
vernachlässigter  nicht  wegzuleugnender  Factor  eingeführt  wird,  durch  welchen  wenigstens 
der  erste  Anstoss  zu  diesen  Vorgängen  in  ein  wirklich  rein  mechanisch  wirkendes  Moment 
verlegt  wird;  ferner  dass  darin  die  beiden,  schon  dem  äusseren  Anschein  nach  so  eng  ver- 
bundenen Einstülpungen  des  Hornblattes  und  der  Augenblase  auf  eine  gemeinsame  Ursache 
zurückgeführt,  beide  zu  einem  einheitlichen  Vorgang  combinirt  werden,  was  sich  mehr  em- 
pfehlen dürfte,  als  die  Heranziehung  zweier  verschiedener  Motive  (Goette);  endlich  scheint 
sich  mir  die  darin  gegebene  Auffassung  des  Vorganges  als  einer  ,,EinziehuH(f'  mehr  zu  em- 
pfehlen als  diejenige  einer  „EiNsliilpun(/'  (etwa  in  Folge  einer  ,,Stosswirkung"),  imd  dies 
zwar  sowohl  in  Bezug  auf  die  Augenblase  als  in  Bezug  auf  die  Linsenbildung;  wird  nämlich 
der  resp.  Theil  der  lateralen  und  ventralen  Wand  der  Augenblase  in  die  Höhle  der  letzteren 
als  in  einen  locus  minoris  resistentiae  hineingezogen  (angesogen),  so  dürfte  es  vielleicht 
weniger  befremden,  dass  auch  ein  Theil  der  Zellen  der  medialen  AugenblasenAvand  in  der 
angegebenen  Richtung  nachgezogen  wird  und  während  sie  selbst,  über  der  Flüssigkeit  ge- 
spannt bleibend,  sich  verdünnt,  der  eingezogene  Theil,  die  innere  Lamelle  durch  Aufnahme 
von  Elementen  aus  jener  so  rasch  sich  verdickt.  Dabei  würde  auch  die  bei  der  GoETTE'schen 
Auffassung  als  rückläufig  erscheinende  Richtung  dieser  Zellenwanderung  (vgl.  o.  S.  29)  nicht 
nur  erklärhcli,  sondern  nothwendig  erscheinen,  während  andererseits  die  Entstehung  der  sog. 
Augenblascnspalte  bei  Annahme  einer  „Einziehung"  nicht  weniger  verständlich  is't  als  bei  der 
einer  ^,Einstülpung'%  wofern  nur  die  Richtung  der  ersteren  dieselbe  ist  wie  die  des  S.  23  als 
wirksam  gedachten  Druckes  von  Seiten  der  Linsenanlage.  —  Fast  in  noch  höherem  Grad 
erheischt  die  Einleitung  der  Linsenhildung  die  Vorstellung  einer  „Einziehumf ;  denn  wenn 
auch  bei  den  Amnioten  mit  ihrer  nach  aussen  offenen  Linsengrube  eine  Einstülpung  des 
Hornblattes  als  Folge  enies  Druckes  von  aussen  denkbar  wäre,  so  ist  dies  nicht  möglich 
bei  denjenigen  Thieren ,  bei  denen  die  Linse  nur  aus  der  tieferen  Lage  des  Hornblattes 
sich  entwickelt,  während  die  Deckschicht  nicht  mit  eingestülpt  wird;  von  einem  von  innen  her 
wirkenden  Zug  dagegen  kann  sehr  Avohl  nur  die  innere  Schicht  betroffen  und  von  jener  abge- 
zogen werdend  gedacht  werden  (vgl.  Taf.  IV.  Fig.  55  B),  ja  selbst  die  Vorstellung  einer  ohne 
Bildung  einer  Grube  oder  Höhle,  von  vornherein  solid,  sich  einleitenden  Linsenentwickelung 
würde  dadurch  ermöglicht,  man  braucht  sich  nur  die  Wuclierung  der  Zellen,  welche  jede 
Einstülpung  oder  Einziehung  der  embryonalen  Blätter  zu  begleiten  scheint,  etwas  lebhafter 
zu  denken  als  dies  sonst  der  Fall  ist. 


Sobald  der  eingezogene  Theil  der  Augenblasenwand  sich  dem  nicht  eingezogenen 
dorsal-medialen  bis  zur  Berührung  genähert  hat  und  die  primäre  Augenblasenhöhle  geschwun- 
den ist  (Figg.  5  und  6) ,  beginnt  die  Innenfläche  der  secundären  Augenblase  von  der  Linse 
sich  zu  entfernen.  Der  dadurch  zwischen  diesen  beiden  entstehende  Raum  ist  die  bleibende 
Binnenhöhle  des  Augapfels,  der  Glaskörperraum. 

KussLEK,  Wirbelthiür-Augü,  5 


34 


Warum  Augenblase  und  Linse  auseinandeiweiclien ,  ist  in  Wirklichkeit  nicht  so  leicht 
verständlich,  wie  dies  nach  der  von  Schoeler  gegebenen  Darstellung  (s.  o.  S.  20)  erschei- 
nen musste;  nach  dieser  wurden  Linse  und  Augenblase  durch  die  von  der  Bauchfläche  hei 
vordringende  Zellenmasse,  welche  die  Anlage  des  Glaskörpers  bildet,  einfach  mechanisch 
auseinander  gedrängt  Eine  solche  Zellenmasse  ist  nicht  vorhanden,  und  es  fragt  sich  nun, 
ob  nicht  vielleicht  diejenige  Masse,  welche  wir  anstatt  jenes  ScHOELER'schen  Kopfplatten- 
fortsatzes den  sich  bildenden  Glaskörperraum  ausfüllend  fanden  und  mithin  als  Anlage  des 
Glaskörpers  bezeichnen  mussten,  dieselbe  mechanische  Wirkung  ausüben  kann,  die  jenem 
zugeschrieben  wurde?  —  Um  diese  Frage  beantworten  zu  können,  muss  zuvor  festgestellt 
werden,  welcher  Natur  die  genannte  Masse,  die  Anlage  des  Glaskörpers,  ist? 

Wie  dieselbe  unter  dem  Mikroskop  sich  ausnimmt,  haben  wir  oben  schon  gesehen.  Ganz 
dasselbe  mikroskopische  Bild  bietet  auch  —  nur  dass  die  Zellen  darin  fehlen  —  das  Gerinn- 
sel der  Flüssigkeit  im  Lumen  des  Medullär-  und  Hirnrohres,  dasselbe  Bild  das  Gerinnsel 
in  jedem  Längs-  oder  Querschnitt  eines  Blutgefässes,  soweit  dasselbe  nicht  von  Blutkörperchen 
erfüllt  ist,  dasselbe  endlich  die  Grundsubstanz  der  Kopfplatten,  in  der  die  in  diesem  Stadium 
relativ  spärlichen  Zellen  eingebettet  sind.  Welche  Annahme  liegt  da  näher  als  die,  dass 
der  Glaskörper  aus  derselben  Flüssigkeit  besteht,  wie  die,  der  in  gehärteten  Präparaten  jene 
Gerinnsel  ihre  l^ntsteliung  verdanken  —  mag  dieselbe  je  nach  dem  Ort  ihres  Vorkommens 
als  Blutplasma  oder  als  Transsudat  oder  als  Körperlymphe  zu  bezeichnen  sein,  welche,  in 
den  relativ  zellenarmen  embryonalen  Geweben  so  reichlich  vorhanden,  alle  bei  den  Umfor- 
mungen und  Faltungen  der  zellenreicheren  Grenzkeimblätter  entstehenden  Lücken  und  so 
auch  die  um  und  in  der  Augenblase  sich  bildenden  Falten  und  Hohlräume  ausfüllt.  Und 
wenn  dazu  für  die  oberhalb  der  Linse  gelegenen  Lumina  (Fig.  5)  das  Material  gewiss  hin- 
reichend in  der  gefässreichen  Kopfplattenmasse  über  der  Augenblase  vorhanden  ist,  so  fehlt 
dasselbe  auch  von  der  Bauchseite  her  nicht;  denn  wenn  die  Gefässschlinge,  die  wir  S.  22  als 
in  Fig.  4  schon  vorhanden,  in  Figg  5  und  6  als  in  die  Augenblasenfurche  vorgedrungen  bereits 
kennen  gelernt  haben,  auch  klein  ist,  so  dürfte  bei  der  Dünnwandigkeit  der  Gefässe  in 
diesen  Stadien,  die  Transsudation  aus  demselben  doch  genügen,  um  die  Augenblasenfurche 
und  den  ja  auch  nur  ganz  allmälig  sich  vergrössernden  Raum  zwischen  Linse  und  Irnien- 
fläche  der  Augenblase  zu  füllen. 

Und  die  Zellen ,  die  in  dem  Glaskörpergerinnsel  eingebettet  sind?  —  sind  aus  dem- 
selben Gefässchen  ausgetretene  Blutkörperchen.  Ich  darf  mich  speciell  in  Bezug  auf  diesen 
Punkt  auf  das  zustimmende  Urtheil  von  Fachmännern  berufen,  welche  dieselben  nach  ihrem 
mikroskopischen  Charakter  in  meinen  Präparaten  (z.  B.  dem  in  Fig.  6  A.  gezeichneten)  sofort 
als  solche  erkannt  haben.  Ich  will  aber  hier  gleich  erwähnen,  dass  sie  diesen  Charakter 
nur  zeigen,  so  lange  sie  in  der  Nähe  der  Augenblasenfurche  —  resp.  Spalte  sich  befinden;  je 
weiter  von  dieser  entfernt,  desto  mehr  erscheinen  sie  degenerirt,  kleiner,  protoplasmaärmer, 
unregelmässig  geformt  (so  die  Figg.  6  B.  und  8  dorsal wärts  von  der  Linse  liegenden) ,  schliess- 
lich nur  noch  als  Detritus ;  die  ausgetretenen  Blutkörperchen  scheinen  demnach  ziemlich  rasch 
im  Glaskörper  sich  aufzulösen;  möglich,  dass  eben  durch  dieses  Aufgehen  von  Blutkörper- 
chen in  die  Glaskörperflüssigkeit  diese  die  gallertige  Beschaffenheit  annimmt,  welche  sie  in 


35 


späteren  Stadien  zeigt  und  durch  die  sie  sich  dann  von  der  Körperlymphe  und  dem  Bhit- 
plasma  unterscheidet. 

Der  GLaskörper  wäre  darnach  also  nur  ein  Transsudat  mit  einzelnen  in  dasselbe  g-e- 
langten  Blutkörperchen.  So  wenig  man  nun  anderweitig-  in  der  Entwickelungsgeschichte 
Transsudaten  eine  activ-formative  Wirkung  zuschreibt,  so  wenig  wird  man  auch  annehmen 
w^oUen,  dass  die  beschriebene  flüssige  GlaskÖrperanlage  den  für  ihre  Aufnahme  erforderlichen 
Raum  sich  selbst  schaffe;  und  dies  um  so  weniger,  da  dieser  Raum  zur  Zeit  noch  nach 
unten  hin  offen  ist,  und  nicht  etwa  eine  geschlossene  Blase,  welche  durch  Steigerung  der 
Transsudation  in  dieselbe  eine  stärkere  Spannung  und  Wölbung  erfahren  könnte.  Man  muss 
also  nach  anderen  Ursachen  für  die  Entfernung  der  Augenblase  und  Linse  von  einander 
suchen.  Ich  glaube,  dass  dieselbe  vorwiegend"  auf  die  Differenz  der  Wachsthumsgescli windig- 
keit und  Flächenvergrösserung  beider  zurückzuführen  ist.  Während  nämlich  die  Oberfläche 
der  Augenblase  stetig  an  Ausdehnung  zunimmt,  bleibt,  wie  ein  Blick  auf  die  zugehörigen 
Zeichnungen  ohne  weiteres  zeigt,  die  Linsenblase  in  der  Grössenzunahme  bedeutend  hinter  ihr 
zurück  (ihr  Productionsvermögen  scheint  durch  die  Verlängerung  ihrer  Elemente  zu  Fasern  und 
die  dadurch  bedingte  Verdickung  ihrer  Wand,  sowie  durch  die  Hervorbringung  der  Linsen- 
kapsel zum  grössten  Theil  absorbirt  zu  w^erden).  Denkt  man  sich  nun  den  Umbiegungsrand 
der  Augenblase  an  die  ihre  Oeffnung  ausfüllende  Linse  irgendwie  fixirt,  oder  gegen  diese 
und  das  anliegende  Hornblatt  angestemmt,  so  muss  die  raschere  Fläclienvergrösserung  der 
halbkugelförmigen  Augenblase,  wenn  keine  besonderen  Hindernisse  entgegenstehen,  dazu  füh- 
ren ,  dass  alle  übrigen  Punkte  der  Innenfläche  der  Augenblase  sich  von  der  Linse  mehr  und 
mehr  entfernen  und  das  doppelwandige  napf-  oder  haubenförmige'  Gebilde  allmälig  die 
Gestalt  einer  Hohlkugel  annehmen,  deren  absolut  zwar  grösser,  relativ  zur  Vergrösserung 
der  ganzen  Augenblase  aber  kleiner  werdende  Oeffnung  nach  wie  vor  durch  die  Linse 
geschlossen  bleibt.  Eine  Art  Fixation,  freilich  nicht  im  Sinne  von  Verwachsung,  sondern 
nur  durch  festes  Angedrücktsein  des  Umbiegungsrandes  der  Augenblase  gegen  die  Linse 
anzunehmen,  scheint  mir  aber  durchaus  nicht  unzulässig.  Dafür  spricht  der  Umstand,  dass 
in  allen  nur  einigermaassen  gut  gehärteten  Präparaten  diese  Theile  nicht  nur  dicht  und 
unmittelbar  aneinanderliegen ,  so  dass  ihre  Grenzconturen  in  einen  zusammenfliessen ,  sondern 
in  vielen,  namentlich  den  jüngeren  Stadien  (vgl.  Figg.  7,  8  u.  10)  sogar  der  Umbiegungsrand  der 
Augenblase  gegen  die  Linse  abgeplattet  erscheint;  und  dies  nicht  nur  beim  Hühnchen,  sondern 
auch  bei  anderen  von  mir  untersuchten  Thieren ;  ich  trage  daher  auch  kein  Bedenken,  die  soeben 
besprochene  Formveränderung  der  Augenblase  mir  in  der  angegebenen  Weise  zu  erklären. 

Es  erübrigt  nun  noch  die  Erörterung  der  Berechtigung,  die  wiederholt  erwähnte  Ge- 
fässsclüinge  in  der  Weise  direct  in  Beziehung  zur  Entwickelung  des  Glaskörpers  zu  setzen, 
wie  es  im  Obigen  geschehen  ist.  Diese  Berechtigung  ergiebt  sich  aus  dem  Verlauf  und  der 
Lage  dieses  Gefässes.  Der  Verlauf  desselben  tritt  am  anschaulichsten  in  Frontalschnitten,  wie 
sie  auf  Taf.  I  gezeichnet  sind,  hervor,  s.  Figg.  4 ;  6  A;  7  C;  8;  10.  Aus  den  Kopfplatten 
an  der  Bauchfläche  des  Hirnrohres  hervorkommend,  steigt  das  Gefäss  an  der  Bauchfläche 
des  Augenblasenstiels  empor,  verläuft  dann  horizontal  distalwitrts ,  biegt  unterhalb  der  Linse 
scharf  um,  um  ventral-medianwärts  wieder  zu  derselben  Gegend  zurückzulaufen,  aus  der  es 


36 


aufgestiegen  war;  es  bildet  also  eine  Schlinge  mit  einem  oberen  zuführenden  und  einem 
unteren  zurückführenden  Schenkel.  Dass  man  den  Gesammtverlauf  dieser  Gefässschlinge  so 
schwer  in  einem  dünnen  Schnitt  zur  Ansicht  bekommt,  kann  nicht  Wunder  nehmen,  da  bei 
der  Kleinheit  des  Objects  ja  eine  minime  Abweichung  von  der  erforderlichen  Schnittrichtung 
genügt,  um  das  gewünschte  Resultat  verfehlen  zu  lassen.  In  den  Figg.  4.  5,  6A.  sind  nur 
Theile  dieser  beiden  Schenkel  sichtbar,  die  Umbiegungsstelle  des  Gefässes  ist  nicht  mit  in 
die  gezeichneten  Schnitte  gefallen;  in  den  Figg.  7A.  7  0.  10A.  dagegen  ist  die  Umbiegungs- 
stelle deutlich,  der  aufsteigende  Theil  des  Gefässes  dagegen  in  Fig.  7  nur  gestreift,  jedoch 
zu  erkennen  an  den  schon  durch  ihre  Grösse  so  charakteristischen  Blutkörperchen  bei  v.  in 
Fig.  7  C;  zu  Fig.  10  liegt  derselbe  in  den  beiden  dem  gezeichneten  vorhergehenden  Schnitten. — 
In  den  Figg.  8.  und  10  abgebildeten  Stadien  ist  die  Augenblasenspalte  schon  so  eng,  die 
dieselbe  begrenzenden  Umbiegungsränder  der  Augenblase  so  nah  aneinander  gerückt,  dass 
es  fast  unmöglich  ist  einen  Schnitt  durch  den  Längsverlauf  des  Gefässes  zu  gewinnen,  ohne 
dass  die  Augenblasenränder  mitgetroffen  werden;  dabei  zeigt  sich  der  obere  Schenkel  der 
Gefässschlinge  stets  als  oberhalb  der  Augenblasenränder,  also  als  in  dem  —  in  diesen  Stadien 
auch  an  der  Bauchseite  schon  fast  ganz  abgeschlossenen  —  Glaskörperraum  drinliegend. 
Noch  deutlicher  ergibt  sich  dies  aus  den  Sagittalschnitten  auf  Taf.  III.  Schneidet  man  von 
der  Medianebene  des  Kopfes  distalwärts  fortschreitend,  so  findet  man ,  wie  S.  26  schon  ange- 
geben, den  Augenblasen  stiel  in  der  Nähe  des  Hirnrohres  längsoval,  dann  allmälig  rund 
werdend,  endlich  folgen  Schnitte,  welche  die  schon  von  Eemak  ihm  beigelegte  Dachrinnen- 
form in  sehr  ausgesprochener  Weise  zeigen ,  Taf.  III.  Fig.  23 ;  die  in  verschiedener  Richtung 
um  denselben  verlaufenden  Gefässchen  scheinen  sich  in  der  Nähe  der  Uebergangsstelle  des 
Stiels  in  die  Augenblase  (Taf.  III.  Fig.  24.)  zu  einem  grösseren  Stämmchen  zu  vereinigen, 
welches  sich  hier  erst  in  die  Rinne  des  Augenblasenstiels  legt  und  mit  dieser  ins  Cavum  der 
Augenblase  übergeht  —  Taf.  III.  Fig.  25;  das  in  der  letzteren  Zeichnung  sichtbare  Stück 
des  Gefässes  gehört  dem  oben  als  aufsteigendes  Stück  bezeichneten  Theil  desselben  an.  — 
Taf.  III.  Fig.  26  zeigt  das  Gefäss  im  Anfangsstück  seines  horizontalen  Verlaufs,  Taf.  III. 
Fig.  27  in  der  Mitte  desselben;  hier  berühren  sich  die  Augenblasenränder  unterhalb  des 
Gefässes  schon  vollständig.  —  Unterhalb  der  Spalte  sind  kleinere  Gefässlumina  sichtbar, 
welche  den  unteren,  rückläufigen  Schenkel  der  Gefässschlinge  repräsentiren ;  dieser  letztere 
ist  nämlich  nicht  ein  einheitlicher,  wie  der  obere;  letzterer  entsendet  vielmehr  schon  während 
seines  Verlaufs  über  der  Spalte  feinste  Zweige  durch  die  Spalte  hindurch,  welche  dieselbe 
medianwärts  rückläufige  Richtung  einschlagen ,  wie  der  zuletzt  unterhalb  der  Linse  die  Spalte 
durchsetzende  Stamm  selbst.  —  Diese  Verhältnisse  lassen  sich  schon  in  den  Taf.  III,  Figg. 
23 — 28  dargestellten  jüngeren  Stadien  nachweisen,  noch  leichter  aber  an  etwas  älteren;  so 
in  den  Taf.  III.  Figg.  29—37,  welche  einer  Serie  von  circa  60  Schnitten  durch  das  Auge 
eines  etwa  4tägigen  Hühnchens  entnommen  sind.  Auch  zu  dieser  Zeit  noch  zeigt  der 
Augenblasenstiel  seine  Rinnenform,  und  zwar  sowol  vor  (Fig.  29)  als  bei  (Fig.  30) 
seinem  Uebergang  in  die  Augenblase.  In  dem  zwischen  diesen  beiden  Schnitten  liegenden 
Stück  des  Stieles  tritt  das  Gefäss  in  die  Rinne  (Taf.  III.  Fig.  29  erscheint  es  noch  durch 
eine  Kopfplatten  schiebt  vom  Stiel  getrennt);  Figg.  31  und  32  zeigen  den  Durchtritt  durch 


37 


die  Spalte,  in  Fig.  33  liegt  es  über  derselben  und  g-cht  ein  Zweig-  von  demselben  dnrcli 
die  Spalte  hinaus.  In  Fig.  34  tritt  ein  rothes  Blutkörperchen  durch  die  Gefässwand 
nach  dem  Glaskörper  hin  aus;  in  Fig.  35  schickt  das  Gefäss  sich  zur  Theilung  in  mehrere 
Zweige  an,  welche  in  Fig.  36  sich  vollzogen  hat;  Fig.  37  endlich  zeigt  den  Austritt  des 
letzten  bedeutenderen  Zweiges,  welcher  als  die  Fortsetzung  des  Stammes  angesehen  werden 
kann,  durch  die  Spalte^  repräsentirt  also  die  unterhalb  der  Linse  gelegene  Umbiegungs- 
oder  Uebergangsstelle  des  zuführenden  oberen  Schenkels  in  den  abführenden  unteren  (vgl. 
S.  35);  dass  letzterer  ein  geringeres  Lumen  zeigt  als  jener  (vgl.  Taf.  I.  Figg.  7.  8.  10) 
erklärt  sich  aus  dem  Voranstehenden  genügend. 

Nach  dieser  seiner  Lage  kann  das  in  Rede  stehende  Gefäss,  wenn  es  überhaupt  einen 
Zweck  haben  soll^  doch  wol  nur  in  Beziehung  zum  Glaskörper  gesetzt  werden. 

Ehe  wir  das  Hühnchen  verlassen,  muss  noch  der  Darstellung,  welche  Lieberkühn  (28)  von  der  Entwickelung  des 
Glaskörpers  bei  demselben  gibt,  Erwähnung  geschehen.  Lieberkühn  beginnt  seine  Beobachtung  intacter  Embryonen  unter  dem 
Mikroskop  erst  in  einem  Stadium,  in  welchem  (28.  S.  23)  „die  dem  vorderen  Blatt  der  Augenblase  eng  anliegende  Linse  mit 
einer  noch  deutlichen  Oeffnung"  versehen  ist  (28.  Taf.  L  Fig.  1.);  „vorderes  und  hinteres  Blatt  der  sec.  Augenblase  sind  eng 
aneinander  gerückt  und  noch  von  fast  gleicher  Dicke"  ('?  —  vgl.  meine  Taf.  L  Figg.  .5  und  6) ;  die  Stelle  unterhalb  der  Linse 
„zeigt  noch  nicht  irgend  eine  Einbuchtung  der  Augenblase  und  auch  noch  nicht  die  charakteristischen  in  fast  allen  Abbil- 
dungen dargestellten  einander  entgegengekommenen  Ausläufer  der  Augenblase;  diese  Erscheinung  bietet  sich  erst  im  nächsten 
Stadium  dar".  In  diesem  (Anfang  des  4.  Tages)  „läuft  (28.  S.  13)  unter  die  kreisförmige  Oefinung  (i.  e.  die  Einmündungssteile 
des  Lumens  des  Augenblasenstiels  in  die  Augenblasenhöhle)  „ein  kegelförmiger  Zapfen  hin,  der  mit  breiter  Basis  von  dem 
Gewebe  der  primitiven  Schädelkapsel  unterhalb  des  Hornblattes  ausgeht  und  sich  immer  mehr  zuspitzend  hinter  den  unteren 
Rand  der  Linse  begiebt,  um  sich  hinter  ihr  zu  verlieren.  Dieser  Zapfen  stellt  die  Andeutung  des  Vorganges  dar,  der  von 
den  Autoren  Schoelek,  Kölliker  als  Einstülpung  des  Glaskörpers  beschrieben  ist.  Der  Zwischenraum  zwischen  zwei  einander 
entgegenkommenden  Wülsten  der  Augenblase,  durch  welchen  dieser  Zapfen  geht,  hat  nur  erst  eine  unbedeutende  Tiefe  und 
bildet  die  Anlage  der  Chorioidal-,  Netzhaut-  oder  Augenblasenspalte."  —  Diese  Angaben  (denen  gegenüber  diejenige,  mit  der 
er  sein  nächstes  Cap.  S.  19  beginnt:  „die  erste  Anlage  des  Glaskörpers  erfolgt  schon  viel  früher  als  es  bisher  angenommen 
worden  ist  und  fällt  in  die  Zeit  vor  dem  Auftreten  der  Augenblasenspalte,"  befremdet)  sprechen  ebenso  wie  die  dazu  gehöri- 
gen Abbildungen  seiner  Taf.  L  nicht  zu  Gunsten  der  von  ihm  gewählten  üntersuchungsmethode;  was  durch  diese  ermittelt 
werden  konnte,  ist  naturgetreu  bereits  von  Remak  (36.  Figg.  32—38)  wiedergegeben,  während  die  die  Augenblase  unter- 
halb der  noch  offenen  Linse  geschlossen  zeigenden  Figg.  1  und  2  LiEBERKtJHN's  durchaus  dem  Thatbestand  wider- 
sprechen, daher  denn  auch  seine  aus  diesen  abstrahirten ,  „durch  den  Sehnerven"  (vgl.  28.  S.  80  zu  Taf.  I.  Fig.  2  a)  und 
mithin  auch  durch  die  Augenblasenspalte,  „die  in  der  Verlängerung  des  Nerven  ihre  Lage  hat"  (28.  S.  10),  gelegt  gedachten 
Durchschnittszeichnungen  l  A,  2A  und  6A')  unrichtig  sind,  wie  jeder  mikroskopische  Schnitt  durch  die  resp.  Partie 
eines  gut  gehärteten  Embryo  ohne  weiteres  beweist,  so  [auch  schon  der  von  Lieberkühn  Fig.  9  gezeichnete,  obgleich  der- 
selbe in  nicht  ganz  glücklicher  Richtung  geführt  und  einem  seitlich  stark  comprimirten  Kopf  (letzteres  ist  in  noch  höherem 
Grad  in  Fig.  10  der  Fall)  entnommen  ist.  —  Aus  diesen  Beobachtungsfehlern  resultirt  der  Deutungsfehler,  dass  er 
auf  S.  12  ff.  das,  was  in  W^irklichkeit  optischer  Ausdruck  der  Augenblasenfurche  oder  Augenblasenspalte  ist  (2s.  Taf.  L 
Figg.  1.  2.  3)  „als  grosse  Hirnspalte"  (vgl.  S.  SO  zu  Taf.  I.  Fig.  1.)  oder  „Communication  der  Augenblasenwurzel  mit  der 
Höhle  der  Himblase  (S.  80  zu  Taf.  L  Fig.  2a.)  beschreibt;  —  daher  auch  der  Irrthum  in  Bezug  auf  die  Zeitangabe  des 
ersten  Auftretens  der  Augenblasenfurche  und  der  „ersten  Andeutung  des  Vorgangs  der  Einstülpung  des  Glaskörpers"  (s.  o). 

Ich  schliesse  hieran  gleich  noch  die  Erledigung  einer  anderen  Frage  von  allerdings  mehr  nur  untergeordneter  Bedeu- 
tung, welche  von  Lieberkühn  im  Zusammenhang  mit  seiner  obigen  Darstellung  irrthümlich  behandelt  wird,  nämlich:  Ob  die 
Emstälpung  7-esp.  Einziehung  der  Augenblase  sich  auch  auf  deren  Stiel  fortsetzt  oder  nicht?  Lieberkühn  behauptet  —  und 
Mihalkovics  (32.  S.  594)  bestätigt  ausdrücklich  diese  Bt-hauptung  Lieberkühn's  — ,  dass  dies  beim  Vogelauge  nicht  der  Fall 
sei  (28.  S.  15  und  25),  „man  müsste  sonst  (28.  S.  IG)  bei  gewissen  Einstellungen  eine  dem  entsprechende  Figur  der  Anlage 
des  Opticus  sehen.  Was  als  die  nach  dem  Boden  des  Gehirns  hin  sich  fortsetzende  Rinne  des  Sehnerven  angesehen  zu  werden 
pflegt,  gehört  vielmehr  noch  der  Augenblase  an,  deren  Spalte  in  der  Verlängerung  des  Nerven  ihre  Lage  hat.    An  Quer- 


1)  Und  ebenso  natürlich  auch  der  nach  diesen  entworfene  „Schemat.  Längsschnitt  nach  Lieberkühn"  ,   den  Manz 
(29)  S.  8.  und  12  in  seinen    Figg.  4  und  5  gibt. 


38 


schnitten,  die  durch  den  Opticus  selbst  gelegt  siml,  stellt  sich  dies  mit  vollster  Sicherheit  heraus;  auch  findet  sich  im  Vogel- 
auge keine  Arteria  centralis  retinae  vor,  deren  wegen  eine  solche  Einstülpung  angenommen  worden  ist.  la  so  weit  eine  Rinne 
an  der  unteren  Fläche  des  Sehorgans  sichtbar  ist,  tritt  sie  nur  bis  an  den  Opticus  heran,  setzt  sich  aber  nicht  auf  ihn  fort." 
Dem  gegenüber  muss  ich  meine  entgegengesetzte  Ansicht  (11).  S.  \'i  [28.  S.  II]  und:  Dorpater  medic.  Ztschr.  V.  Bd.  S.  3()0) 
vollkommen  aufrecht  erhalten;  schon  aus  den  soeben  cit.  Stellen  geht  hervor,  dass  dieselbe  nicht  eine  der  Art.  central,  retinae 
wegen  gemachte  Annahme  ist,  sie  stützte  sich  vielmehr  auf  Querschnitte,  wie  sich  einer  derselben  Taf.  III.  Fig.  23  bis  auf 
jede  einzelne  Zelle  genau  mit  dem  Zeichnenprisma  wiedergegeben  findet.  Der  Umstand,  dass  der  hier  unzweifelhaft  rinnen- 
förmigc  Augcnblasenstiel  als  durch  die  ihn  rings  umgebenden  Kopfplattenelemente  von  der  oberhalb  als  angeschnitten  sicht- 
baren (medialen  Wand  der)  Augenblase  getrennt  sich  präsentirt,  lässt  mit  voller  Bestimmtheit  die  Behauptung  zurückweisen, 
dass  das  rinnenförmige  Gebilde  „noch  der  Augenblase  angehört."  Nach  der  oben  gegebenen  Erklärung  der  Furchenbildung  an 
der  Bauchfläche  der  Augenblase  muss  es  leicht  begreiflich  erscheinen,  dass  die  Wirkung  desselben  Causalmomentes  sich  auf 
den  distalen  Theil  des  Augenblasen^/zVZt'.?  erstreckt,  und  hier  um  so  mehr  zur  Wirkung  kommt,  je  weiter  das  Lumen  des 
letzteren  noch  ist;  die  von  der  Einziehung  betroffene  Strecke  des  Stieles  wird  aber  natürlich  um  so  kürzer  sein,  je  kürzer  der 
Stiel  ist.  Meine  bezüglichen  Zeichnungen  (Taf.  I,  Figg.  2,  4 — S)  zeigen,  dass  derselbe  beim  Hühnchen  ausserordentlich  kurz 
ist  (vgl.  dagegen  die  Länge  desselben  bei  der  Maus  Taf.  V.  Fig.  G8,  in  der  nur  ein  Theil  des  Stieles  in  der  Zeichnung 
vorliegt);  dem  entsprechend  hat  auch  die  eingezogene  Strecke  desselben  beim  Hühnchen  eine  so  geringe  Ausdehnung,  dass 
nur  lückenlose  Serien  in  glücklicher  Richtung  geführter,  dünner  Schnitte  deutliche  Bilder  der  Rinnenform  ergeben. 

Meine  Befunde  an  Embryonen  aus  anderen  Tliierclassen  sind  nur  geeignet,  die  im 
Bisherigen  am  Hülmchen  gewonnenen  Anscliaimngen  über  die  Umbildung  der  Augenblase, 
die  Entstehung  der  Augenblasenspalte,  des  Glaskörpers  und  Glaskörperraumes  zu  bestätigen. 
Je  ausführlicher  ich  an  jenem  beschrieben  habe,  desto  kürzer  kann  ich  mich  bei  diesen  fassen. 

Von  Lacerta  habe  ich  jüngere  Stadien  als  das  in  Taf.  VI.  Fig.  77  abgebildete,  in 
welchem  die  proximale  Linsenwand  nur  wenig  mehr  verdickt  ist  als  in  der  Zeichnung  von 
der  Viper  Taf.  VI.  Fig.  76,  nicht  erlangen  können.  Der  Glaskörper  bietet  in  den  Präpa- 
raten von  der  letzteren  sowol  als  in  denen  von  der  Eidechse  dasselbe  mikroskopische  Bild 
wie  derjenige  des  Hühnchens,  mit  dem  einzigen  Unterschied,  dass  bei  der  Viper  im 
obigen  Stadium  gar  keine,  bei  Lacerta  mehr  Zellen  in  demselben  anzutrelfen  sind  als  beim 
Hühnchen.  Die  Zahl  derselben  nimmt  bei  Lacerta  in  den  späteren  Stadien  (anfangs  nament. 
lieh  in  der  Nähe  der  Linse)  noch  bedeutend  zu  (Taf.  VI.  Figg.  80);  vielleicht  hängt  dies 
mit  der  ansehnlich  beträchtlicheren  Entwickelung  des  Blutgefässes  (s.  Fig.  78)  zusammen, 
V.  clches  in  gewissen  Stadien  die  Augenblasen  spalte  vollständig  ausfüllt  (Figg.  77  A  und  B). 
Viele  von  diesen  Zellen  im  Glaskörper  sind  sofort  als  Blutkörperchen  zu  erkennen  cf. 
Figg.  78  und  79. 

Beim  Hecht  finde  ich  in  dem  Glaskörper  eben  sowenig  eine  Spur  von  Zellen,  wie 
bei  der  Viper,  sondern  nur  das  Flüssigkeitsgerinnsel;  auch  Kutffer  (25.  S.  643)  konnte 
„auch  an  Hechtembryonen,  bei  denen  der  Spalt  der  Augenblase  bereits  geschlossen  war, 
eine  bindegewebige  Grundlage  des  Glaskörpers  nicht  bemerken,  der  Glaskörperraum  war  da 
noch  von  Flüssigkeit  eingenommen".  Wenn  Kupffer  unmittelbar  vorher  aber  sagt :  zugleich 
mit  den  Nervenfasern  dringt  auch  Dindegewehe  ein,  welches  die  limitans  interna  bildet'',  so 
kann  ich  dies  nicht  bestätigen;  ich  finde  nur  ein  Blutgefäss,  und  zwar  ganz  in  derselben 
Weise  wie  bei  Hühnchen  und  Eidechse  eintretend;  das  Verhalten  dieses  Gefässes  unter- 
sclieidet  sich  erst  nachdem  es  in  den  Bulbus  eingetreten  ist  von  demjenigen  bei  den  letzt- 
genannten Thieren  dadurch  dass  es  sich  theilt,  um  nur  einen  seiner  Zweige  oberhalb  der 
Augenblasenspalte  nach  dem  ventralen  Linsenrand  hinziehen  zu  lassen,  den  (oder  die?) 


39 


anderen  aber  an  der  Innenfläche  der  medialen  Angenblasenwand  dorsalwärts  zu  entsenden 
(vgl.  ScHEiNK  37,  S.485  und  Fig.  5;  in  meinen  Präjiaraten  liegen  die  Gefässzweige  der  Angen- 
blasenwand unmittelbar  an).  Da  Kupffer  dieses  Gefäss  gar  nicht  erwähnt,  das  von  ihm 
angegebene  13indegewebe  aber  in  meinen  Präparaten  sich  nicht  findet,  muss  ich  vermuthen, 
dass  er  dieses  Gefäss  für  einfaches  Bindegewehe  genommen  hat. 

Säuger. 

Auch  bei  den  Säugern  tritt  ein  Gefäss  durch  die  Augenblasenspalte,  welches  sich 
sofort  nach  seinem  Eintritt  verzweigt;  während  aber  die  Gefässzweige  im  Auge  des  Hecht- 
embryo sich  der  Innenfläche  der  Angenblasenwand  von  vornherein  dicht  anlegen  und  der 
Glaskörper  dabei  vollkommen  gefäss-  und  zellenlos  bleibt,  gibt  derjenige  des  Säugerembryo 
ein  total  anderes  Bild.  Wie  dies  sich  entwickelt,  erlaube  ich  mir,  da  genauere  Mitthei- 
lungen darüber  bisher  noch  so  gut  wie  ganz  fehlen,  im  folgenden  etwas  ausführlicher  dar- 
zulegen, s.  Taf.  V.  und  VI. 

Taf.  V.  Fig.  65  ist  die  primäre  Augenblase  vom  Hundeembryo  dargestellt;  ihre  Ab- 
schnürung ist  noch  nicht  vollendet,  die  Communication  mit  der  Hirnhöhle,  das  Lumen  des 
Augenblasenstiels*  (st)  noch  weit,  der  vom  zweischichtigen  Hornblatt  bedeckte  Pol  schon 
etwas  abgeplattet;  die  Figg.  66  und  67  A  von  der  Maus  zeigen  die  Umbildung  der  primären 
Augenblase  zur  secundären;  der  mit  f  bezeichnete  Theil  ihrer  Wand  ist  derjenige,  welcher 
die  während  der  Einziehung  entstehende  Furche  überdacht;  in  letzterer  ist  das  Gefäss,  die 
spätere  Arteria  centralis,  leicht  an  den  schön  erhaltenen,  grosskernigen  Blutkörperchen  in 
seinem  Lumen  zu  erkennen.  Nicht  weniger  deutlich  tritt  der  Stamm  desselben  bereits  in 
Taf.  V.  Fig.  65  in  der  spärlichen  Kopfplattenmasse  an  der  Bauchfläche  des  Hirnrohres 
hervor,  in  anderen  Schnitten  der  Serie,  welcher  letztgenannte  Zeichnung  entnommen  ist, 
liegt  es  mehr  lateralwärts  getroffen  auch  in  seinem  weiteren  Verlauf  an  der  Bauchfläche  der 
Augenblase  vor.  Schon  in  den  Stadien,  welche  Taf.  VI.  Figg.  81  und  82  gezeichnet  sind, 
hat  es  die  Convexität  der  von  ihm  gebildeten  Schlinge  dorsalwärts  weiter  emporgetrieben; 
in  dem  Taf.  V.  Fig.  67  A  abgebildeten  füllt  es,  im  Querschnitt  bedeutend  gewachsen^  die 
Furche  des  Augenblasenstiels  und  den  zwischen  Innenfläche  der  Augenblase  und  Linsen- 
anlage entstandenen  Winkel  vollkommen  aus,  um  von  hier  in  unmittelbarer  Berührung  mit 
der  Bauchfläche  der  Linsenanlage  lateralwärts  zu  ziehen  (Taf.  V.  Fig.  67  A.  B.  C.  und 
Taf.  VI.  Fig.  83);  während  dieses  Verlaufs  gibt  es  (vgl.  S.  36.)  einen  feinen  Zweig  ab, 
welcher  ventral-medianwärts  nach  derselben  Gegend  hin  zurückläuft,  von  welcher  aus  der 
Stamm  in  die  Augenblase  eingetreten  war  (Taf.  VI.  Fig.  83;  auch  schon  in  Taf.  V.  Fig.  67  A. 
ist  dieser  Zweig  angedeutet).  —  Unterhalb  des  am  weitesten  dorsalwärts  hinaufreichenden 
Theiles  der  Gefässschlinge  beginnt  bei  den  Säugern  die  Augenblasenfurche  oder  -Spalte 
schon  sehr  früh  sich  zu  verengern  resp.  zu  schliessen;  dies  zeigt  Taf.  V.  Fig.  67  B. 
Dieser  Sagittalschnitt  durch  einen  Embryo  aus  demselben  Mutterthier,  welchem  der 
Fig.  67  B.  abgebildete  frontal  geschnittene  Embryo  entstammt,  ist  geführt  in  der  Richtung, 
welche  in  Fig.  67  A.  durch  /. — v  bezeichnet  ist;  im  Centrum  von  Fig.  67  B.  sieht 
man  die  proximale   Linsen  wand   leicht   gestreift,    unterhalb    derselben    das    Gefäss  im 


40 


Querschnitt,  beide  unmittelbar  umschlossen  von  der  inneren  Lamelle  der  Augenblase;  unter- 
halb des  Gefässes  die  Augenblasenspalte ,  einig-e  Kopfplattenzellen  enthaltend.  —  Diesem 
Schnitt  parallel,  mehr  distal wärts  in  demselben  Auge  wie  67  B,  liegt  der  Fig.  67  C. 
gezeichnete :  der  innerste  Ring  ist  die  Wand  der  mit  Amnionflüssigkeit  gefüllt  zu  denkenden 
Linsengrube,  an  der  Eauchfläche  derselben  in  der  hier  natürlich  viel  breiteren ')  Augenblasen- 
spalte  zwei  kleine  Lumina  der  Zweige  der  Art.  central. 

Aus  der  Taf.  V.  Fig.  67  A  -  C.  ist  zu  ersehen,  dass  bei  der  Maus  —  und  dasselbe 
zeigen  die  Schnitte  von  dem  Taf.  VI.  Fig.  88.  gezeichneten  menschlichen  Embryo  —  schon 
bei  noch  weit  offener  Linsengrube  die  innere  Lamelle  der  Augenblase  der  äusseren  bis  zur 
Berührung  sich  genäliert  hat,  die  Umbildung  der  primäi'en  Augenblase  zur  secundären  mithin 
bereits  vollendet  ist.  Von  einem  Glaskörper  und  Glaskörperraum  ist  noch  nichts  vorhanden ; 
derselbe  beginnt  vielmehr  erst  kurz  vor  dem  Schluss  der  Linsengrube  sich  zu  bilden  und 
besitzt  dem  entsprechend  auch  in  Taf.  IV.  Fig.  83  (vom  Schaaf)  nur  eine  sehr  geringe 
Ausdehnung  (vgl.  dagegen  die  Taf.  I.  Figg.  6  und  7  vom  Hühnchen). 

Wenn  in  irgend  einer  Tliierclasse,  so  würde  —  nach  den  bisher  gangbaren  Vorstel- 
lungen über  Entwickelung  und  Natur  des  Glaskörpers  —  man  bei  den  Säugern  eine  binde- 
gewebige Grundlage  desselben  zu  finden  sich  berechtigt  glauben;  dieses  ist  jedoch  nicht  der 
Fall;  vielmehr  ist  es  wiederum  dieselbe,  nur  als  Flüssigkeitsgerinnsel  zu  deutende  Masse 
—  und  zwar  in  einzelnen  Schnitten  (namentlich  beim  Schaaf,  s.  Taf.  VI.  Fig.  83)  diese 
ganz  allein  und  ausschliesslich  — ,  welche  den  Glaskörperraum  bei  Säugern  ebenso  wie 
bei  den  vorhin  besprochenen  Thieren  erfüllt;  in  anderen  Schnitten  finden  sich  vereinzelte 
Zellen,  welche  entweder  noch  als  ziemhch  unveränderte  Blutkörperchen  erkannt  werden 
können,  oder  schon  ein  detritus-artig  degenerirtes  Aussehen  zeigen,  in  noch  anderen  endhch 
sieht  man  Blutgefässe  durch  jenes  Gerinnsel  verlaufen.  Dieser  Befund:  der  Mangel  von 
Bindegewebe,  Kopfplatten  i.  e.  einer  noch  indifferenten  Zellenmasse  mittleren  Keimblattes 
im  Binnenraum  der  Augenblase  kann  denjenigen  nicht  tiberraschen,  der  aus  den  besprochenen 
Zeichnungen  der  Taft'.  V.  und  VI  die  richtigen  körperlichen  Vorstellungen  für  jene  Stadien 
sich  abstrahirt  hat;  aus  denselben  ergiebt  sich  nicht  nur,  dass  in  jenen  Stadien  von  Kopf- 
platten (in  dem  im  vorigen  Satz  angegebenen  Sinn)  in  der  Augenblase  nichts  vorhanden  sein 
kann,  sondern-  auch,  dass  die  Wege  auf  welchen  ein  späteres  Eindringen  etwa  denkbar 
wäre,  bereits  verlegt  sind,  nämlich  einerseits  die  Augenblasenspalte,  und  zwar  in  ihrem 
proximalen  Theil  durch  das  ihr  aufliegende  Gefäss  (s.  Taf.  V.  Fig.  67  B.),  im  lateralen 
breiteren  Theil  durch  die  ventrale  Fläche  der  Linsenanlage  (s.  Taf.  V.  Fig.  67  C),  anderer- 
seits der  Weg  zwischen  der  übrigen  Peripherie  der  Linsenanlage  und  der  Innenfläche  der 
Augenblase  durch  das  unmittelbare  Aneinanderliegen  beider.  Zwar  findet  man  hier  in  ein- 
zelnen Schnitten  ganz  vereinzelte  Gebilde,  die  für  Querschnitte  äusserst  platter  Zellen 
genommen  werden  müssen,  die  offenbar,  da  sie  im  Stadium  von  Taf.  V.  Fig.  66  noch 
nicht  anzutreffen  waren,  eben  im  Vordringen  zwischen  diese  beiden  Lamellen  begriffen  sind; 
ihre  Gestalt,  sowie  der  Mangel  eines  ersichtlichen  Motivs  für  ein  so  energisches  Vordringen 


1)  Vgl.  obeu  S.  23  und  S.  24. 


41 


der  indiffi'rentm  Kopfplatteiielemente  aus  der  Umgebung  des  Auges  machen  es  unwahr- 
scheinlicli,  dass  sie  den  letzteren  angehören;  ich  deute  sie  als  Ausläufer  oder  Anlagen  von 
Gefässsprossen.  Von  diesen  ist  es  ja  bekannt,  dass  sie  niclit  nur  zwischen  Gewebslamellen, 
sondern  anderweitig  auch  in  diese  hinein  wuchern;  und  Gefässe,  von  denen  sie  ausgehen 
könnten,  sind  an  den  hier  in  Rede  stehenden  Stellen  genügend  vorlianden.  Vor  allem  sind 
es  die  sich  entwickelnden  Zweige  der  Arteria  centralis;  diese  nämlich  löst  sich  sofort  nach 
ihrem  Eintritt  in  die  Augenblase  in  mehrere  Aeste  auf,  welche  divergirend  nach  der  proxi- 
malen Linsenwand  und  an  dieser  nach  der  Aequatorialgegend  hinziehen;  selbst  in  dem 
Taf.  V.  Fig.  69  abgebildeten  Stadium ,  in  welchem  die  Linsenfasern  schon  die  distale  Wand 
zu  erreichen  anfangen ,  ist  der  Glaskörperraum ,  der  Abstand  von  Iinientlächc  der  Augenblase 
und  Linse,  noch  so  klein,  dass  derselbe  im  mikroskopischen  Schnitt  durch  die  Längs-  oder 
Querschnitte  dieser  Gefässstämmchen  fast  ganz  ausgefüllt  erschehien  kann;  die  eigentliche 
Glaskörpermasse,  das  Transsudat  aus  diesen  Gefässen  mit  einzelnen  darin  enthaltenen  Blut- 
körperchen, findet  sich  nur  in  den  Lücken  zwischen  den  Gefässen.  Was  in  diesen  Lücken 
etwa  an  stern-  oder  spindelförmigen  (mit  Ausläufern  versehenen)  Zellen  in  einzelnen  Schnit- 
ten angetrotfen  wird,  gehört  entweder  angeschälten  Gefässwandungen  oder  in  der  Bildung 
begriffenen  neuen  Gefässsprossen  an. 

Der  Glaskörper  der  Säuger  besitzt  also  in  seinen  ersten  Entwickelungsstadien  dieselbe 
Beschalf enheit  wie  derjenige  des  Hühnchens,  der  Eidechse,  der  Viper  etc.;  das  mikroskopi- 
sche Bild,  welches  das  Innere  des  GlaskörpenY«?»'/?//«^'.^  bietet^  wird  nur  dadurch  ein  verschie- 
denes, dass  bei  letzteren  Thieren  nur  ein  Gefäss  an  der  Bauchseite  desselben  verläuft, 
während  bei  Säugern  mehrere  Aeste  des  homologen  Gefässstammes  durch  denselben  hin- 
durch gehen. ') 

Diese  Gefässäste  zeigen  in  Bezug  auf  ihr  weiteres  Verhalten  bei  Schaaf  und  Maus 
nur  unwesentliche  Diiferenzen:  beim  Schaaf  nämlich  entwickelt  sich  der  am  meisten  central 
gelegene,  der  als  die  Fortsetzung  des  Stammes  der  Art.  centr.  angesehen  werden  kann,  die 
Art.  hyaloidea  der  Autoren,  am  stärksten  und  verläuft  gerade  gestreckt  bis  an  die  Mitte 
der  proximalen  Linsenwand,  während  die  Nebenäste,  die  sich  reichlich  im  Glaskörper  ver- 
zweigen und  erst  in  der  Gegend  des  Aequators  an  die  Linse  herantreten,  eine  viel  geringere 
Mächtigkeit  erlangen ;  bei  der  Maus  sind  die  letzteren  anfangs  ebenso  stark  wie  der  centrale 
und  gehen  während  des  Verlaufs  durch  den  Glaskörper  nur  spärliche  Theilungen  ein;  im 
wesentlichen  aber  stimmen  sie  bei  beiden  Thieren  darin  überein,  dass  sie  sämmtlich  früher  oder 
später  an  die  Linse  herantreten,  um  dieselbe  und  zwar  zunächst  die  proximale  Wand  der- 


1)  Lieberkühn's  abweichende  Darstellung  s.  28.  S.  39  If.  —  In  Liebeekühn's  (28)  Fig.  52  von  einem  (nach  S.  87 
5  Mm.,  nach  S.  42  11  Mm.  langen)  Schweineembryo,  auf  die  er  sich  bei  seiner  Darstellung  S.  42  stützt,  oder  in  diese  Dar- 
stellung selbst  —  haben  sich  Versehen  eingeschlichen,  welche  sinnstörend  sind ;  Liebeekühn  sagt  nämlich  S.  42  :  „bei  g  setzt 
sich  die  ganze  Anlage  (sc.  für  Linsenkapsel,  Glaskörper  und  Membrana  hyal.)  durch  die  Augenblasenspalte  mit  dem  Gewebe 
der  Kopfplatten  in  Verbindung;"  in  der  genannten  Figur  ist  aber  von  der  Augenblasenspalte  überhaupt  nichts  zu  sehen  und 
am  wenigsten  könnte  dieselbe  an  derjenigen  Stelle ,  wo  der  Buchstabe  g  steht ,  nämlich  an  der  2)o/-Art/fläcii8  des  Augenblasen- 
stlcls,  ihre  Lage  haben.  Dass  in  dieser  Figur  der  nach  unten  gekehrte  der  dorsale,  der  bei  '^  liegende  der  ventrale  Theil  des 
Auges  ist,  ist  abgesehen  von  der  Form  der  Augenblase  schon  daraus  zu  entnehmen,  dass  die  Uebergangsstelle  des  Augen- 
blasenstiels  in  die  Augenblase  stets  der  Bauchfläche  der  letzteren  näher  liegt. 

Kessler,  Wirbelthicr-Auge.  6 


42 


selben,  mit  einem  alliniilig-  immei-  dieliter  vvenlenden  Netz  vorwiegend  meridional  verlaufender, 
vielfach  untereinander  communieirender  Gefässe  zu  umspinnen  (vgl.  21.  Fig.  145).  Bald 
nachdem  dieselben  den  Aequator  passirt  haben,  verlässt  ein  Theil  derselben  die  Linse  und 
schlägt  sich  um  den  Umbiegiingsrand  der  Augenblase  herum  —  Taf.  V.  Fig.  71.  A.  — , 
um  auf  der  Aussenfläche  der  Augenblase  —  zwischen  dieser  und  der  sie  zunächst  umge- 
bcmlcn  (s})äter  in  die  J>ihhnig  der  Iris,  Ciliarfalten  und  Chorioidea  aufgehenden)  Kopfplatten- 
schicht —  medianwärts  zurückzulaufen  s.  Taf.  V.  Figg.  61);  70;  71.  A;  die  übrigen  ziehen 
längs  der  Linse  weiter,  dringen  bis  gegen  den  distalen  Pol  derselben  vor,  biegen  hier,  ohne 
mit  den  von  der  anderen  Seite  entgegenkommenden  zusammenzufliessen ,  scharf  um,  um 
an  der  distalen  Linsenwand  wiederum  in  vorwiegend  meridionaler  Richtung  bis  an  den 
freien  Rand  der  Augenblase  zurück-  und  über  diesen  hinüber  ebenso  zwischen  Augenblase 
und  Kopfplatten  medianwärts  zurückzukehren,  wie  die  erstgenannten  Zweige  ohne  diesen 
Umweg  es  gethan  hatten  vgl,  Taf.  V.  Figg.  68,  69,  70,  71,  73.  Auf  diese  Weise  wird 
also  das  sämmtliche  durch  die  Arteria  central,  in  den  Bulbusraum  gelangte  Blut  über 
den  Rand  der  secundären  Augenblase  hinüber  in  die  Kopfplatten  abgeführt  —  eine  Vor- 
richtung, auf  die  ich  früher  schon  (19  pag.  12,  13.)  in  ähnlicher  Weise  hingewiesen  habe, 
um  die  Entbehrlichkeit  einer  Vefia  centralis  und  hyaloidea  in  diesen  Stadien  erklärlich 
erscheinen  zu  lassen.  An  demselben  Ort  habe  ich  auch  bereits  die  Vermuthung  ausge- 
sprochen, dass  das  Umbiegen  der  Gefässe  ehe  sie  den  Linsenpol  erreichen,  wodurch  die 
ebenso  eigenthümliche  als  zierliche  Anordnung  der  Gefässe  an  der  distalen  Linsen  wand  ent- 
steht, wie  sie  Kölliker  21  S.  294.  Fig.  146  abgebildet  hat,  in  der  Anwesenheit  des 
Linsenstieles  oder,  da  derselbe  bei  Säugern  so  kurz  ist,  dass  von  einem  „Stiel"  eigent- 
lich nicht  gesprochen  werden  kann,  in  dem  noch  Vorhandensein  der  Verbindung  zwischen 
Hornblatt  und  Linse,  seinen  Grund  haben  dürfte.  Die  Schnittserie,  welcher  meine  Fig.  83. 
Taf.  VI  entnommen  ist,  zeigt  deutlicher  als  sich  dies  bei  der  relativ  schwachen  Vergrösse- 
rung  in  dieser  Zeichnung  hat  wiedergeben  lassen,  dass  die  Gefässsprossen  bereits  bis  dicht 
an  die  Abschnürungsstelle  der  Linse  vorgedrungen  sind. ')  Bei  der  Maus  haben  dieselben 
auch  in  den  Figg,  68  und  69  gezeichneten  Stadien  den  Pol  noch  nicht  überschritten. 

Im  schroffsten  Gegensatz  zu  dem  Gefässreichthum  des  embryonalen  Säugerauges  steht 
dasjenige  des  Triton.    Es  zählt  zu  den  wenigen,  in  deren  Inneres  Blutgefässe  niemals  den 


1)  LiEBEEKüHN  (28.  S.  40)  hat  gegen  meiue  Darstellung  geltend  gemacht,  dass  bei  gewissen  Säugern  „ein  ganz  ununter- 
brochenes Gefässnetz  an  der  vorderen  Linsenwand  vorhanden"  sei.  Dass  in  den  schon  weit  vorgerückten  Entwickelungs- 
stadicn,  welche  Lieberkuiix  darauf  bin  untersucht  hat  (Rindsembryo  von  472  Zoll,  Kanninchenembryo  mit  einer  Pupillar- 
öffnung  von  7—8  Mm.  (2^  8.  ^-li  Fig.  4  1),  bei  einigen  Säugern  feine  Gefässchen  auch  über  den  Pol  hinüberlaufcn,  war 
nicht  nur  durch  die  resp.  Zeichnung  Ammon's  (t,  'J'af.  IX.  Fig.  2),  welche  ganz  dasselbe  zeigt,  wie  Lieberkühn's  Fig.  44 
und  die  ähnlichen  IIenle's  (13.  Figg.  1.  2.),  sondern  auch  durch  die  ausdrückliche  Angabe  Köllikbr's  (21,  S.  204):  dass  bei 
diesen  Bogenbildungen  ,,die  Mitte  (der  distalen  Linseuwand)  entweder  von  Gefässen  frei  bleibt,  oder  nichl"  —  bereits  bekannt, 
beweist  aber  doch  durchaus  nicht,  dass  dieselben  auch  in  den  viel  jüngeren  Stadien,  von  welchen  ich  dort  wie  hier  ausschliess- 
ich  gesprochen  habe,  schon  vorhanden  sein  müssten ;  dieselben  können  vielmehr  sehr  wohl  erst  Hachlrä/jlich ,  nach  der  voll- 
ständigen Trennung  und  Entfernung  der  Linse  vom  Hornblatt  aus  den  Spitzen  jener  Gefässbogen  hervorgesprosst  sein.  Ihre 
Anwesenheit  in  späteren  Stadien  ist  also  bedeutungslos.  Die  Bogenbilduug  selbst,  auf  die  es  hier  wesentlich  ankommt,  ist  in 
der  Fig.  44  von  Liebkekühn  ebenso  deutlich  wie  in  denjenigen  bei  A.mmon  und  bei  Kölliker;  —  und  für  Ilnnd  und  Katze 
bestätigt  Lieberkühn  sogar  selbst  ausdrücklich  die  Richtigkeit  der  KöLLiKEU'schen  Abbildung  (28,  S.  41.) 


43 


Weg-  finden.  Vielleicht  g-ehort  es  mit  in  den  Complex  der  Eig'entliümliclikeiten ,  die  sein 
Auge  als  ein  anf  einer  niederen  Stufe  der  Entwickelung-  stehenbleibendes  ckarakterisiren, 
dass  seine  Spalte  nicht  von  einem  differenzirten  Gebilde,  einem  Blutgefäss,  sondern  nur  von 
einigen  weriig-en  Kopfplattenzellen  durchwandert  wird  (Taf.  IV.  Fig.  56.  bei  kpl.),  welche 
dann  in  den  folgenden  Stadien  in  einzelnen  Schnitten  im  Glaskörperraum  anzutreffen  sind ; 
hn  übrigen  ist  der  letztere  auch  nur  mit  formlosem  Gerinnsel  erfüllt,  welches  späterhin 
seinen  einzigen  Inhalt  bildet. ') 


Durch  die  Umbildung  der  primären  Augenblase  zu  einer  doppel wandigen ,  die  Linse 
und  den  Glaskörper  einschliessenden  Hohlkugel  ist  die  bleibende  Gestalt  des  Augapfels 
hergestellt,  die  wesentlichste  Phase  seiner  morphologischen  Entwickelung  zu  einem  gewissen 

1)  Ich  kann  nicht  umhin,  hier  noch  der  von  W.  Müller  gemachten  Angaben  und  Deutungen  über  das  Auge  eines 
XJiieres ,  welches  mir  selbst  leider  nicht  zugänglich  gewesen  ist,  Erwähnung  zu  thun,  nämlich  desjenigen  von  Mijxine.  Nach 
Müller  (35.  S.  Vlll  fi',1  sind  Auge  und  Sehnerv  derselben  paarig;  das  Auge  bildet  ein  Ellipsoid,  welches  seitlich  vom 
Vorderrande  des  Gehirus  an  der  Aussentläche  des  Schädels  liegt,  eingebettet  in  eine  Lage  lockerer  Bindesubstanz,  nach 
aussen  durch  eine  fast  1  Mm  dicke  Muskelschicht  von  der  äusseren  Haut  geschieden.  Im  gehärteten  Präparat  beträgt  der 
grösste  Durchmesser  0,5.  Umgeben  von  einer  aus  straffem  fibrillärem  Bindegewebe  gebildeten  Kapsel,  besteht  es  nur  aus 
einer  secundären  Augenblase  (Retina  und  Pigmentlamelle),  welche  dem  pilzförmig  gestalteten,  durch  einen  dünnen  Stiel  mit 
der  bindegewebigen  Augenkapsel  zusammenhängenden  Glaskörper  (wie  das  Epithel  dem  Bindegewebsstock  einer  Papille)  aut- 
sitzt. „In  der  Mitte  der  lateralen  Fläche  des  Auges  tritt  eine  kurze  Capiliarschlinge  in  den  Glaskörper  ein.  Sie  besitzt  eine 
dünne  bindegewebige  Adventitia,  an  welche  sich  eine  verhältnissmässig  mächtige  Lage  lockeren,  von  feinen  Fibrillennetzen 
durchsetzten  Schleimgewebes  anschliesst.  Die  Netze  zeigen  in  den  Knotenpunkten  veireinzelte  Kerne."  Weiter  schildert 
Müller  das  Sehorgan  von  Myxine  als  eines,  welches  „noch  in  der  Entwickelung  zu  dem  complicirten  Apparate,  welchen  die 
höheren  Vertebraten  besitzen,  begriffen  ist'':  Die  Linse  fehlt  gänzlich,  mit  ihr  die  Iris  und  die  zugehörige  innere  Musculatur. 
Die  Einstülpung  der  lateralen  Wand  der  ursprünglichen  Augenblase  ist  bereits  vorhanden ;  sie  ist  bedingt  durch  die  Ent- 
wickelung einer  papillenartigen  Gefässscblinge ,  welche  gleich  der  ganzen  Mesodermhülle  dem  Gebiet  der  Arteria  ophthalmica 
angehört  und  ihre  Adventitia  in  Schleimgewebe  (i.  e.  Glaskörper)  umwandelt.  „Aus  dem  Fehleu  der  Linse  bei  Anwesenheit 
eines  Glaskörpers  ergibt  sich  der  für  die  Phylogenese  wichtige  Schluss  ,  dass  die  Glaskörperanlage  älter  ist  als  die  Bildung 
der  Linse ;  das  Fehlen  der  Linse  erklärt  sich  einfach  aus  dem  Umstand ,  dass  die  Energie  des  Wachsthums  der  beiden  Augen- 
blasen noch  nicht  so  beträchtlich  ist;  dass  die  Haut  unter  Verdrängung  der  zwischenliegeuden  Muskelanlagen  erreicht  würde." 

Diesen  von  Müller  gegebenen  Deutungen  und  Schlussfolgeruugen  kann  ich  nicht  beistimmen;  denn  was  zunächst 
den  Glaskörper  der  Myxine  betrifft,  so  scheint,  nach  der  obigen  Beschreibung  Müller's  und  seiner  dazu  gehörigen  Fig.  3. 
Taf.  IX,,  auch  für  diesen  die  Annahme  derjenigen  Beschaffenheit  und  derselben  Entstehungsweise,  welche  ich  für  Hühnchen 
u.  s.  w.  nachgewiesen  habe,  mir  sich  mehr  zu  empfehlen,  als  die  von  Müller  angenommene;  schwerlich  dürfte  auch  die 
lockere  Masse  desselben,  deren  Volumen  von  demjenigen  der  Augenblase  etwa  um  das  zehnfache  übertroffen  zu  werden  scheint, 
oder  die  Kraft  jener  „Capiliarschlinge",  wie  Müller  annimmt,  genügen,  die  Umformung  der  primären  zur  secundären  Augen- 
blase zu  bewirken,  während  nichts  dem  im  Wege  steht,  die  dafür  von  mir  gegebene,  gleichfalls  an  die  Anwesenheit  einer 
Linse  nicht  gebundene,  Erklärungsweise  auch  auf  Myxine  auszudehnen.  —  Auch  die  Richtigkeit  der  von  Müller  für  das 
Fehlen  der  Linse  aufgestellten  Erklärung  so  wie  seiner  ganzen  Auffassung  des  Auges  der  Myxine  als  eines  „noch  in  der 
Entwickelung  begriffenen"  scheint  mir  nicht  unanzweifelbar.  Da  Myxine  ein  Schmarotzer  ist,  der  in  seiner  Jugend  ein  freies 
Leben  führte  und  erst  später  in  die  Leibeshöhle  anderer  Fische  eindringt,  um  sich  in  ihr  festzusaugen,  von  einer  ganzen 
Reihe  von  Schmarotzerthieren  aber,  die  vorher  frei  gelebt  hatten,  es  sicher  erwiesen  ist,  dass  ihre  Augen  beim  Uebergang 
in's  Schmarotzerleben  Reductionen  erfahren,  die  bis  zum  vollständigen  Schwund  des  Sehorgans  fortschreiten  können,  so  muss 
so  lange  bis  die  genaue  Erforschung  der  Enlmickelunrj  des  Myxincnauges  den  Gegenbeweis  liefert,  wenigstens  die  Möglich- 
keit offen  gelassen  werden,  resp.  a  priori  es  wahrscheinlicher  erscheinen,  dass  in  dem  von  Müller  beobachteten  Zustand 
nicht  ein  werdendes  ,  sondern  ein  reducirtes  Auge  vorliegt ,  in  welchem  die  Linse  bereits  atrophirt  ist.  Das  von  Müllrr 
für  die  Functiousfähigkeit  des  Myxinenauges  angeführte  Experiment,  „dass  das  Thier  in  tiaches  ruhiges  Wasser  über  Fels- 
grund geworfen,  vorhandene  Steine  beim  Schwimmen  vermeidet",  scheint  mir  an  sich  nicht  beweisend,  da  dies  möglicherweise 
auch  (wie  die  entsprechende  Leistung  einer  der  Augen  beraubten  Fledermaus  gegenüber  den  im  Zimmer  ausgespannten  Fäden) 
auf  Rechnung  des  Tastsinnes  kommen  könnte. 


44 


Abscliliiss  gebracht,  beim  Hühnchen  etwa  am  Ende  des  4.  Tages;  fernerhin  handelt  es 
sich  nun  vorwiegend  um  den  feineren  Ausbau  der  am  Ende  jener  ersten  Periode  für  alle 
Theile  des  8eliorgans  bereits  vorliandenen  Anlagen  durch  weitere  Differeozirungen  oder  Aus- 
scheidungen und  Anbildungen  aus  und  an  jenen  ersten  Anlagen. 

Selbstverständlich  können  jener  Termin  und  die  Scheidung  der  Entwickelungsvor- 
gänge  nach  den  genannten  zwei  Seiten  hin  keine  vollkommen  scharfen  sein,  vielmehr  werden 
in  der  zweiten  Periode  auch  noch  manche  kleine  Formveränderungen  zu  verzeichnen  sein, 
Avähreml  andererseits  schon  gleichzeitig  mit  den  ersten  wesentlichen  Umformungen  wichtige 
Processe  der  anderen  Art  abgelaufen  sind ;  so  die  Bildung  der  Linsenkapsel  und  der  Membr. 
limitans  interna.  Dieselben  sind  bisher  unberücksichtigt  geblieben,  weil  eine  richtige  Auf- 
fassung derselben  nur  nach  genauer  Kenntnissnahme  der  bisher  besprochenen  Entwickelungs- 
vorgänge  und  Verhältnisse  möglich  ist. 


VIERTES  OAPITEL. 

ENTWICKELUNG  DER  LINSENKAPSEL 

UND 

DER  MEMBEAM  LIMITANS  INTERNA. 


I.  Linsenkapsel, 

Die  Geschichte  der  zur  Zeit  herrsclienden  Anschauung'  über  die  Ent Wickelung  und 
Natur  der  Linsenkapsel  ist  folgende: 

RtMAK  (36.  S.  91)  warf  zuerst  die  Frage  auf,  ob  die  sehr  dünne,  dem  Anschein 
nach  ,,structurlose'',  an  die  sog.  memhr.  jjropria  der  Drüsen  erinnernde  Membran,  welche 
die  Wand  der  abgeschnürten  Linse  umschliesst  und  die  Anlage  der  Linsenkapsel  bihlet, 
,,de)u  Honihlatt  oder  den  Kopfplatten  ihre  Entstehung  verdankt!"  —  musste  diese  Frage  aber 
aus  Mangel  an  entscheidenden  unmittelbaren  Beobachtungen  ungelöst  lassen.  ,, Sollte  ich 
(fährt  er  a.  a.  Orte  fort)  dieselbe  nach  Analogieen  beantw^orten,  so  würde  ich  mich  für  die 
Entstehung  aus  den  Kopfplatten  entscheiden.')  —  Kölliker  (21.  S.  279  und  297;  vgl.  auch  22 
§.  1 5)  dagegen  spricht  sich  sowohl  in  Bezug  auf  das  Hühnchen ,  als  noch  bestimmter  in  Bezug 
auf  die  Säuger  dahin"  aus,  dass  die  Linsenkapsel,  ,,da  dieselbe  nie  eine  Zusammensetzung 
aus  Zellen  zeigt,"  nichts  als  eine  Ausscheidung  der  Linsenzellen  selbst  sein  knnn,  —  eine 
Auffassung,  die  auch  von  H.  Müller  (Arch.  für  Ophthalmologie ,  Bd.  IL  Abth.  2.  1856.  S.  60) 
als  wahrscheinlich  angenommen  wird.  —  Damit  war  die  Frage  in  Bezug  auf  die  sog.  „structur- 
lose"  Kapsel  in  einfachster  Weise  erledigt.  Schwierigkeiten  machte  dagegen  der  Nachweis 
der  Entstehung  der  sog.  tunica  vasculosa  lentis  bei  den  Säugerembryonen,  w^elche  nach  den 
bekannten  Angaben  Henle's  (13)  als  geschlossener,  reich  vascularisirter  bindegewebiger,  die 
structurlose  Kapsel  umhüllender  Sack  jetzt  allgemein  angenommen  wird  und  deren  die  hintere 


1)  LiEBERKüHN  (28.  S.  19;  vgl.  auch  S.  23)  spricht  von  einer  „Angabe  Remak's  ,  wonach  die  Linsenkapsel  ein  Aus- 
scheidungsproduct  des  sich  abschnürenden  Hornblattes  ist,"  ohne  die  bezügliche  Stelle  zu  citiren. 


46 


mul  vordere  Linsenwand  deckender  Tlieil  als  Membrana  capsularis  und  papillaris,  der  beide 
verbindende,  die  Aeqnatorialzone  einnehmende  als  Membrana  capsulo-pupillaris  benannt  wer- 
den ;  sclion  der  darin  enthaltenen  Gefässe  wegen  konnte  dieselbe  nur  dem  mittleren  Keimblatt 
entstammen  —  wie  kommt  dieses  in  die  Augenblase  hinein? 

Um  dies  zu  erklären,  stellte  Kölliker  die  Verniutliung  auf,  dass  bei  Säugern  nicht, 
wie  Remak  für  das  Hühnchen  nachgewiesen  und  wie  er  für  dieses  selbst  bestätigen  konnte, 
das  Hornblatt  der  primären  Augenblase  unmittelbar  anliege,  sondern  durch  eine  Kopfplatten- 
schicht von  derselben  getrennt  sei.  Diese  von  vornherein  mit  Gefässanlagen  versehene  Kopf- 
plattenschicht werde  bei  der  Einstüli)img  der  Linse  mit  eingestülpt  und  schliesse  sich 
dann  über  der  vorderen  Fläche  der  sich  abschnürenden  Linse  gleichfalls,  so  dass  diese  sofort 
nach  ihrer  Bildung  von  einer  bindegewebigen,  gefässhaltigen  Hülle  umgeben  sei.  —  Diese 
Hypothese  Köllikek's  machte  die  Anwesenheit  der  sogenannten  bindegewebigen  Kapsel  bei 
den  Sängerembryonen  allerdings  a ollkommen  verständlich;  es  liess  sich  aber  nicht  verken- 
nen, dass  dieselbe  eine  nicht  unwesentliche  Incongruenz  in  die  ersten  Entwickelungs- 
vorgänge  und  Anlagen  des  Sehorgans  der  Vögel  und  Säuger  einführte.  Mit  um  so  grösse- 
rem Interesse  mussten  daher  die  in  den  letzten  Jahren  erschienenen  Arbeiten  über  die 
Entwickelung  des  Auges  und  speciell  der  Linsenkapsel  aufgenommen  werden,  als  sie  diese 
unangenehme  Differenz  in  einer  sehr  einfachen  Weise  eliminiren;  es  sind  die  Arbeiten 
von  Seknoff  (41  und  42)  und  Lieberkühn  (28).  Beide  Autoren  finden  übereinstimmend, 
dass  beim  Hühnchen  ebenso  wie  bei  den  Säugern  zwischen  primärer  Augenblase  und 
Hornblatt  eine  Schicht  mittleren  Keimblattes  vorhanden  ist,  welche  bei  der  Linsenbildung 
mit  eingestülpt  werde  und  das  Material  für  die  Bildung  der  Linsenkapsel  nicht  nur ,  sondern 
auch  des  Glaskörpers,  der  Zonula,  des  grössten  Theils  der  Cornea  und  der  Iris  abgebe. 
Das  Interesse  für  diese  Mittlieilungen  steigert  Sernüff  noch  dadurch,  dass  er  seinen  Ermit- 
telungen eine  histiogenetisch-principielle  Bedeutung  beilegt,  indem  er  die  Linsenkapsel  als 
Repräsentant  der  Cuticularbildungen  überhaupt  nimmt;  lasse  sich  für  die  Linsenkapsel  die 
Entstehung  aus  Bindegewebe  nachweisen,  so  sei  damit  die  bindegewebige  Natur  der 
Cuticulae  überhaupt  erwiesen  und  die  bisher  verbreitete  Lehre  von  ihrer  Entstehung  durch 
Ausscheidung  aus  den  zugehörigen  Epithelzellen  falsch. 

Sernoff  hat  die  ausführliche  Darstellung  seiner  Beobachtungen  in  russischer  Sprache 
veröffentlicht  (41)  und  nur  eine  Zusammenstellung  der  Resultate  derselben  im  Centralblatt 
(42)  gegebeil.  Erstere  ist  den  meisten  deutschen  Gelehrten  unzugänglich  (Lieijerkühn), 
letztere,  wie  Manz  mit  Recht  bemerkt,  zu  kurz,  um  dem  Leser  ein  selbstständiges  Urtheil 
zu  ermöglichen.  Da  mir  dieses  aber  für  die  folgende  Besprechung  durchaus  wünschens- 
werth  erscheint,  so  sehe  ich  mich  genöthigt,  derselben  ein  Excerpt  aus  jener  Arbeit  Sernoff's 
vorauszuschicken.  Die  von  Seenoff  aus  seinen  Befunden  gezogenen  Consequenzen  und  die 
Bedeutung,  welche  auch  von  anderer  Seite  her  (so  von  Waldeyee,  44.  S.  70.  72,  der  sich 
auch  bezüglich  der  bindegewebigen  Natur  der  Linsenkapsel  mit  Sernoff  vollkommen  ein- 
verstanden erklärt)  jenen  Resultaten  beigelegt  wird,  dürften  es  gerechtfertigt  erscheinen 
lassen,  wenn  ich  dasselbe  etwas  ausführlicher  und  möglichst  mit  des  Verfassers  eigenen 
Worten  gebe. 


47 


Sernoff  findet  schon  znr  Zeit  des  allerersten  Anfangs  der  Liusenbildnng  zwischen  Hornblatt  und  Augenblase  eine 
Schicht  mittleren  Keimblatts,  welche  ins  Cavura  der  secundären  Augenblase  mit  eingestülpt  wird ;  anfangs  sehr  dünn,  erscheint 
diese  „Platte"  in  den  meisten  Schnitten  structurlos,  weil  die  Kerne  zerstreut  liegen  und  nicht  in  jeden  Schnitt  fallen;  bald 
jedoch  verdickt  sie  sich  bedeutend  und  wird  kernreicher  in  dem  (auf  dem  Durchscflniitt)  dreieckigen  Raum  zwischen  dem 
Rande  der  secundären  Augenblase  und  dem  zu  einer  Falte  sich  zusammenlegenden  Epidcrmoidalblatt.  (Sernoff's  Tat".  I. 
Fig.  1!  c.|  „Nacli  Maassgabe  der  Abschnürung  der  Linse  dringt  das  Bindegewebe  immer  weiter  und  we  iter  zwischen  ihr  und 
dem  äusseren  Epithel  vor  und  endlich,  wenn  nach  circa  3  Tagen  die  Linse  sich  vollständig  abschnürt,  schliesst  sich  über  ihr 
die  Schicht  des  Bindegewebes."  (Seknoff's  Taf.  1.  Figg.  3  und  5). 

Die  auf  diese  Weise  entstandene,  von  den  Kopfplatten  gelieferte  Umhüllung  der  Linse  ^' 
bezeichnet  Sernoff  (12.  S.  l'J4)  als  „zeitweilige  Linsenkapsel". 

c 

„Auf  diesem  Wege  bildet  sich  auch  diejenige  Membran,  welche  Kölliker  bei  Men- 
schen ,  Babucuin  bei  Hühnchen  gesehen  haben,  und  welche  die  Linse  von  der  Hornhaut  ('?) 

trennt.    (Sernoff's  Taf.  L  Fig.  5.)    Diese  Membran  geht  nicht  nur  über  die  vordere  Oberfläche 

der  Linse  hinweg,  wie  man  früher  glaubte  (vgl.  Babuchin's  Fig.  VHI),  sie  bildet  den  vorderen 

Theil  des  ganzen  Sackes ,  welcher  die  Linse  überzieht ,  welcher  Remak  bekannt  war  und  von 

ihm  für  die  durchsichtige  Kapsel  gehalten  wurde.    In  diesem  vorderen  Theil  des  Sackes  finden 

sich  auch  immer  Kerne  in  ziemlich  bedeutender  Anzahl;  daher  wundert  es  mich,  wie  Remak 

die  Hülle  für  structurlos  halten  und  sie  mit  der  durchsichtigen  Kapsel  erwachsener  Thiere 

identificiren  konnte."    (Rejiak,  1.  c.  S.  91.) 

Während  ihrer  Einstülpung  durch  die  sich  bildende  Linse  bildet  die  bindegewebige 

Platte  an  derjenigen  Stelle  ,  wo  sie  sich  über  den  unteren  ausgeschnittenen  Rand  der  Augen- 
blase (die  Augenblasenspalte)  hinüber  biegt,  eine  Verdickung,  die  auch  den  Ausschnitt  aus- 
fallt.  Die  Bindegewebsmasse.  die  auf  diese  Weise  durch  die  Augenblasenspalte  in  die  Höhle 

des  Auges  eindringt  und  zugleich  den  einen  Theil  des  Sackes,  in  dem  die  Linse  liegt,  bildet, 

verkleinert  sich  in  der  Folge  und  füllt  allmälig  die  Höhle  aus,  die  sich  hinter  der  Linse  bildet, 

die  Höhle  des  Glaskörpers.    Der  Glaskörper  ist  also  „nicht  irgend  eine  von  anderen  Theilen 

separate  Bildung,  sondern  nur  der  hintere  Theil  der  Hülle  der  embryonalen  Linse,  welcher 
in  der  Folge  in  die  Dicke  wächst  und  seine  Consistenz  verändert." 

Wie  die  zwischen  Hornblatt  und  primärer  Augcnblase  hinziehende  dünne  Platte  nur  einen  Theil  der  die  Augen- 
blase umgebenden  Kopfplatten  bildet,  so  bleibt  auch  der  die  abgeschnürte  Linse  umhüllende  bindegewebige  Sack  mit  seinem 
Mutterboden,  den  Kopfplatten,  noch  fernerhin  in  continuirlichem  Zusammenhang 
„durch  Züge  (Bündel,  Massen)  oder  besser  eine  Platte,  die  sich  über  die  Ränder 
der  Retina  hinüber  biegt,  (Seknoff's  Taf.  L  Fig.  5  c,  vgl.  auch  Taf.  L  Fig.  c 
und  7  c).  —  Die  Verbindung  durch  die  Massen,  welche  durch  die  Augenblasen- 
spalte hindurch  gehen  ,  ist  für  die  weitere  Entwickelung  unwichtig,  weil  sie  bald 
mit  dem  Verschluss  der  Spalte  schwindet." 

„Da  die  die  Linse  umgebende  Hülle  im  Linereu  des  Auges  den  ganzen 
Vorrath  von  Bindegewebe  bildet,  welcher  (s.  u)  als  Quelle  für  die  Entwickelung 
der  Hornhaut ,  der  Kapsel ,  der  Zonula  Zinnii  und  des  Glaskörpers  dient  und  in 
der  Folge  verschiedenen  Veränderungen  unterliegt",  so  bezeichnet  Seenoff  ihre 
verschiedenen  Theile  der  Bequemlichkeit  der  Auseinandersetzung  halber,  mit  ver- 
schiedenen Namen  und  unterscheidet  „eine  vordere,  eine  hintere  und  zwei  seit- 
liche Platten  "  (Taf.  L  Fig.  5  g,  f,  h). 

Die  vordere  und  hintere  Platte  erscheinen  (namentlich  letztere)  am  vier- 
ten Brüttag  schon  beträchtlich  verdickt;  ihre  Consistenz  ist  verschieden;  die 
vordere  scheint  consistenter;  „die  hintere,  jetzt  schon  Glaskörper,  wird  sehr  locker, 
so  dass  sie  von  der  MüLLER'schen  Flüssigkeit  zusammenschrumpft;  nur  derjenige 
Theil,  welcher  unmittelbar  der  hinteren  Oberfiäche  der  Linse  anliegt,  hat  eine 
dichtere  Consistenz.    Beide  Platten  enthalten  Kerne  in  bedeutender  Anzahl." 

1)  Die  vordere  Piatie.    Li  der  vorderen  „gruppiren  sich  diese  Kerne 
hauptsächlich  an  ihrer  hinteren  Oberfläche,  die  der  Linse  anliegt";  sie  sind 
„sichtHch  über  den  Rand  der  Retina  aus  der  Masse  der  Kopfplatten  im  Lauf  des  fünften  Tages  hierher  eingewandert;  in 
der  Mitte  des  fünften  Tages  enthält  die  vordere  Platte  eine  vollständige  Reihe  solcher  Zellen  in  die  Masse  der  Platte  einge- 


(bEKNÜF] 


Fig. 


-[I 


(Sernoff's  Fig.  .5.) 


48 


bettet,  näher  zu  ihrer  hinteren,  der  Linse  zugekehrten  Oberfläche; 
unregelmässig  zerstreute  Kerne.   (Sernoff's  Taf.  I.  Fig.  7.) 

Glcichzeiti; 


in  der  übrigen  Masse  des  Gewebes  liegen  nur  einige 


Fig.  3. 


(Seknoi'i''s  Fig.  7.) 


mit  dieser  Einwanderung  der  Zellen  spaltet  die 
vordere  Platte  ihrer  ganzen  Länge  nach  sich  in  zwei  secuudäre  Blätter: 
das  hintere,  ausserordentlich  dünne,  der  Vorderfläche  der  Linse  anlie- 
gende, folgt  dieser,  wenu  man  im  Präparat  die  Linse  mit  Nadeln  nach 
hinten  abzieht  (Sernoff's  Taf.  L  Fig.  7  h,),  während  das  vordere  Blatt 
dabei  an  seinem  Orte  bleibt.  In  der  Gegend  des  Linsenäquators  ver- 
schmelzen beide  Blätter,  Taf.  L  Fig.  7  c.  Das  vordere,  unvergleichlich 
dickere  Blatt  ist  die  spätere  Cornea,  die  seine  hintere  Fläche  deckende 
Zclleureihe  das  Epithel  der  Descemeti.  (Anmerkung  Sernoff's  :  Die  Art 
der  Eutwickeluiig  des  liintcren  Cornea  Epithels,  das  eigentlich  zur  Gruppe 
der  Eudothelien  gehört,  kann  mit  vollem  Recht  auf  die  Entwickelung 
anderer  Endothelicu  übertragen  werden,  wie  z.  B.  des  Endothels  der 
Pliura  und  des  Peritoneums,  um  so  mehr  als  die  Entwickelung  der 
Höhlen  selbst,  in  welchen  diese  Eudothelien  ihren  Platz  haben:  die 
vordere  Augenkammer,  die  Pleura-  und  Peritonealhöhle  aus  einer  Spal- 
tung des  mittleren  Keimblattes  eine  vollkommene  Analogie  darbietet); 
das  hintere  Blatt  ist  die  vordere  Hälfte  der  Linsenkapsel,  erscheint  im 
grössten  Theil  seiner  Ausdehnung  structurlos,  enthält  aber  näher  zum 
Aequator  hin  fast  stets  ovale  Kerne." 

Die  Höhle  zwischen  beiden  Blättern  ist  die  spätere  vordere 
Augenkammer. 

2)  Die  liinkre  Platte.  „Ihre  Verdickung,  d.  h.  das  Auswach- 
sen in  den  Glaskörper,  schreitet  fort  und  das  sehr  schnell.  Der  oben 
erwähnte  Consistenzunterschied  in  den  verschiedenen  Theileu  des  Glas- 
körpers führt  dazu,  dass  um  den  fünften  Tag  aus  ihm  eine  deutliche  Platte  sich  abscheidet,  differenzirt ,  welche  die  hintere 
Oberfläche  der  Linse  überzieht.  Diese  Platte ,  die  hintere  Hälfte  der  Liusenkapsel,  ist  auf  Durchschnitten  durch  zwei  scharfe 
Conturen  angedeutet  und  enthält,  wie  auch  die  vordere  Hälfte,  Kerne.  Sernoff's,  Taf.  L  Fig.  7  k.  An  den  Orten,  wo  die  Kerne 
liegen,  zeigt  die  hintere  Oberfläche  (auf  Durchschnitten  der  hüitcren  Coutur)  gewöhnlich  eine  Erhöhung,  was  nicht  erlaubt,  die 
der  Kapsel  anliegenden  und  eigenthch  dem  Glaskörper  angehörigen  Kerne  mit  denen  zu  verwechseln ,  welche  ins  Gewebe  der 
Kapsel  eingebettet  sind.  Dieser  letztere  Umstand  erlaubt  es,  sich  positiv  über  die  zellige  Natur  der  Kapsel  auszusprechen." 

3)  Die  Seitetiplatten  —  „im  unversehrten  Auge  eine  ununterbrochene  Platte  von  Ringform"  —  Taf.  I.  Figg.  3,  5,  7  c. 
Durch  ihre  Vermitteluug  ist  die  Linse,  in  ihre  Kapsel  eingeschlossen,  gleichsam  in  die  Augenhöhle  hineingehängt.')  Sie  ver- 
dicken sich  vom  3.-5.  Tag  bedeutend,  ihr  von  vornherein  kernhaltiges  Gewebe  wird  schwach  fasrig.  Da  anderweitige  Ver- 
änderungen oder  Difi'erenzirungen  in  ihnen  nicht  eintreten,  ihr  Gewebe  vielmehr  „in  seiner  ganzen  Masse  dem  Anschein  nach 
die  frühere  gleichmässige  Consistenz  behält,  so  „verschwimmen  die  scharfen  Conturen  der  vorderen  und  hinteren  Hälfte  der 
Kapsel  gleichsam  zum  Aequator  der  Linse  hin  und  verschwinden  dem  Blick". 

Im  zweiten  Theil  seiner  Arbeit  behandelt  Sernoff  die  Frage:  ob  die  im  bisherigen  besprochene  Kapsel  „dieselbe 
sei,  welche  bei  ertvaclisenen  Thier en  existirt,  oder  ob  sie  eine  Bildung  sei,  die  eine  andere  temporäre  Bedeutung  habe,  ähn- 
lich der  gefässhaltigen  Kapsel  der  Säuger,  und  von  dieser  letzteren  nur  durch  die  Abwesenheit  von  Gefässen  sich  unterscheide?" 
—  Von  den  zwei  als  möglich  vorauszusetzenden  Veränderungen  nemlich:  entweder  „dass  die  Kapsel  des  fünftägigen  Embryo 
nur  ihre  Kerne  verliert  und  für  das  ganze  Leben  bleibt  —  oder:  dass  sie,  ähnlich  der  gefässhaltigen  Kapsel  der  Säuger,  atro- 
phirt  und  durch  eine  neue  structurlose  ersetzt  wird",  wird  die  erstere  durch  Beobachtung  der  Veränderungen  derselben  von 
5. — 7.  Brüttage  als  die  wirklich  eintretende  bestätigt.  In  dieser  Periode  nemlich  verschwinden  die  Kerne  allmälig  aus  der  Kapsel; 
schon  am  (5.  Tage  findet  man  sie  nur  noch  selten,  sie  ei'scheinen  blass  und  wenig  granulirt.  „Die  Dicke  der  Kapsel  nimmt  in 
dieser  Zeit  unmerklich  zu,  nur  ihre  Conturen  werden  schärfer,  gerader  und  sie  macht  überhaupt  den  Eindruck  einer  dichteren 
Membran."  —  Der  Zusammenhang  mit  dem  das  Auge  umgebenden  Bindegewebe  besteht  fort.  —  „Um  mich  zu  überzeugen, 
dass  die  Kapsel  in  dieser  Periode  structurlos  wird,  untersuchte  ich  die  ganze  Kapsel,  indem  ich  sie  von  der  Linse  abzog,  da 
die  Meridionalschnitte,  deren  ich  mich  gewöhnlich  bediente,  täuschen  konnten,  weil  die  Anzahl  der  Kerne  unbedeutend  ist  und 
sie  nicht  in  jeden  Schnitt  fallen.  Aber  auch  auf  diesem  Wege  konnten  keine  entdeckt  werden.  —  Nun,  nachdem  die  Kapsel, 
welche  beim  Hühnchen  am  fünften  Brüttage  besteht,  alle  Eigenschaften  einer  durchsichtigen  Kapsel  erwachsener  Thiere  erhal- 
ten, während  sie  sich  immer  im  Zusammenhang  mit  der  Quelle,  aus  der  sie  sich  entwickelte  (den  Kopfplatten),  befindet,  blieb 


1)  Vo^  FoSTER  (11)  neuerdings  wieder  als  „ligamentum  Suspensorium  lentis"  beschrieben. 


49 


noch  übrig  sich  zu  überzeugen,  dass  sie  auch  in  späteren  Perioden  nicht  durch  eine  neue  ersetzt  wird;  und  diese  letzte  Hälfte 
der  Frage  wird,  wie  wir  weiter  sehen  werden,  positiv  entschieden:  die  Kapsel  des  sechsten  Tages  bleibt  für  immer." 

Aus  denjenigen  Bindegewebsbündeln,  welche  die  Linsenkapsel  mit  dem  das  Auge  umgebenden  Gewebe,  d.  h.  der  spä- 
teren Cornea  und  der  Gefässschicht  der  Chorioidea  verbinden,  geht  zwischen  dem  8.  und  10.  Tag  die  Iris  hervor;  „ein  Theil 
dieser  Bündel,  der  der  Peripherie  des  Auges  näher  liegt,  welcher  schon  früher  mehr  Kerne  enthielt,  als  der  Theil,  welcher 
sich  an  die  Linsenkapsel  anheftet,  stellt  sich  am  8.  Tage  als  nur  aus  (den  Kopfplattenzellen  ähnlichen)  Kernen  bestehend  dar. 
Diese  Bündel  nehmen  auf  Durchschnitten  allmälig  die  Form  von  Dreiecken  an,  mit  den  Spitzen  gegen  die  Linse  gekehrt.  Die 
Spitze  der  Dreiecke,  dem  Pupillarrand  der  Iris  entsprechend,  ist  nicht  frei,  wie  bei  erwachsenen  Thieren,  sondern  wie  früher 
mit  der  Linsenkapsel  verbunden."  —  „Das  Bündel,  welches  die  Iris  mit  der  Kapsel  verbindet,  wird  im  Maass  der  Entwicke- 
lung  immer  dünner  und  lockerer,  die  Verwachsungsstellen  desselben  mit  der  Kapsel  enger  und  enger,  daher  die  Kapsel,  die 
bisher  dick  erschien  und  keine  scharfen  Conturen  hatte,  an  dieser  Stelle  ein  der  Kapsel  in  ihrer  übrigen  Ausdehnung  ähnliches 
(übei-einstimmendes)  Aussehen  erhält.  Gegen  Ende  des  10.  Tages  atrophirt  dieses  Bündel  und  der  Pupillarrand  der  Iris  wird 
frei.  Die  Kapsel  hat  jetzt  auf  Durchschnitten  in  der  ganzen  Peripherie  der  Linse  ein  gleichmässiges  Ansehen  —  sie  wird  durch 
2  scharfe  Parallelconturen  bezeichnet.  Von  Kernen  oder  fasrigem  Wesen  besitzt  sie  nicht  eine  Spur  —  sie  ist  vollkommen 
structurlos.  Auf  diese  Weise  endet  die  Entwickelung  der  durchsichtigen  Linsenkapsel,  welche  für  das  ganze  Leben  bleibt. 
Die  einzigen  Veränderungen,  die  in  ihr  in  den  folgenden  Perioden  vorgehen,  bestehen  in  ihrer  fortschreitenden  Verdickung, 
eine  Erscheinung,  welche  durchaus  nicht  zu  Gunsten  der  Entwickelung  der  Kapsel  durch  Ausscheidung  aus  Epithelialzellen 
spricht,  wie  Köllikee  glaubt.  —  Die  Eigenschaft  sich  zu  verdicken,  ohne  eine  Structur  zu  erhalten,  besitzen  nach  H.  MCllee's 
Beobachtungen  an  pathologischen  Augen  alle  Glashäutc,  die  in  diesem  Organ  existiren.  Da  man  jetzt  den  Entwickelungsmodus 
einer  derselben  kennt,  kann  man  dreist  die  Deutung  ucgiren,  welche  Köllikee  dieser  Erscheinung  beilegte." 

„Die  Verwachsung  des  Pupillarrandes  der  Iris  mit  der  Kapsel  beim  Hühnchen  ist  keine  diesem  eigenthümliche  Er- 
scheinung. Längst  ist  bekannt,  dass  eine  ebensolche  Verwachsung  bei  Säugern  während  des  Uterinlebens  besteht,  nur  ist  dort 
die  Iris  verwachsen  mit  der  gefässhaltigen  Liusenkapsel  (membrana  pupill),  die  mit  der  Zeit  schwindet,  beim  Hühnchen  dagegen 
mit  der  durchsichtigen,  das  ganze  Leben  bestehenden.  Doch  ist  dieser  Unterschied  sichtlich  kein  wesentlicher  und  weist  im 
Gegentheil  auf  die  vollkommene  Analogie  zwischen  der  durchsichtigen  Kapsel  der  Vögel  und  der  gefässhaltigen  der  Säuger  hin 
und  schliesslich  darauf,  dass  man  auch  bei  Säugern  nicht  zwei  Kapseln  unterscheiden  darf,  sondern  nur  eine,  welche  ganz,  wie 
bei  den  Vögeln,  schliessHch  ihre  Structur  verliert  und  sich  in  die  durchsichtige  verwandelt.  Nur  vollzieht  sich  diese  Verwand- 
lung später  als  bei  Vögeln,  nämlich  gegen  Ende  der  Entwickelung,  während  bei  Hühnchen  die  Kapsel  schon  am  siebenten  Tage 
der  Bebrütung  ihre  Structur  verliert." 

„Die  Umwandlung  der  gefässhaltigen  Kapsel  in  die  durchsichtige,  oder  die  Bildung  einer  structurlosen  Hülle  aus 
Bindegewebe  ist  auch  keine  neue  Erscheinung;  ihre  Möglichkeit  ist  längst  anerkannt.  Ausserdem  ist  dieses  im  Auge  nicht  ein 
vereinzelt  dastehendes  Factum.  Genau  dasselbe  Factum  haben  wir  in  der  Entwickelung  der  Descemeti,  die  in  der  Binde- 
gewebsmasse  zwischen  dem  Fasergewebe  der  Cornea  und  der  Zellenreihe  von  derselben  Eigenschaft,  welche  in  der  Folge  in  das 
hintere  Endothel  der  Cornea  sich  umwandelt,  erscheint.  —  —  Eine  Parallele  zwischen  der  Descemeti  und  der  Linsenkapsel 
zur  Unterstützung  des  Beweises  der  Entstehung  letzterer  aus  Bindegewebe  zu  ziehen,  hatte  ich  um  so  mehr  das  Recht,  als  die 
Aehnlichkeit  der  beiden  Membranen  in  physikalischer  und  chemischer  Beziehung  von  Allen  anerkannt  ist.  —  Aber  auch  abge- 
sehen davon  scheint  mir  die  Art  der  Differenzirung  der  Kapsel  auf  der  hinteren  Seite  der  Linse  aus  der  Glaskörpermasse, 
wobei  die  sich  zeigende  Membran  in  ihrem  Gewebe  Kerne  enthält,  die  später  verschwinden,  schon  ein  hinreichender  Beweis 
dafür  zu  sein,  dass  eine  glasartige,  structurlose  Membran  sich  aus  Bindegewebe  entwickeln  kann  und  dass  die  Kapsel  der  Linse 
nicht  ein  Product  der  Ausscheidung  aus  ihren  Epithelialelementen  ist." 

Diesen  Angaben  Sernoff's  stelle  ich  nun  das  gegenüber,  was  mir  meine  Präparate  in 
Bezng  auf  die  Entwickelung  der  Linsenkapsel  ergeben  haben. 

Hühnchen. 

Primäre  Augcnhlase  und  Hornblatt  sind  in  derjenigen  Ausdelinung,  in  welcher  beide 
später  eingestülpt  werden,  resp.  aus  letzterem  sich  die  Linse  bilden  wird,  nicht  durch  eine 
Bindegewehsjüatte  von  einander  getrennt,  beide  liegen  einander  vielmehr  so  dicht  und  unmit- 
telhar  an,  dass  die  einander  zugekehrten  Begrenz ungsconturen  meist  auf  grosse  Strecken  in 
eins  zusammenfliessen  s.  Taf.  I.  Figg.  1  — 3 ;  wo  sie  sich  —  immer  nur  in  äusserst  geringer 

Kesslek,  Wirbelthier-Auge.  7 


50 


Ausdehnung  —  von  einander  entfernen,  scheint  dies  seinen  Grund  zu  haben  nur  darin, 
dass  die  in  gleicher  Höhe  liegenden  Zellen  des  Hornblattes  und  der  Augenblase  an  den  resp. 
Stellen  sich  nicht  ganz  adäquate  Flächen  zukehren,  die  in  diesem  Stadium  schon  erkenn- 
baren zarten  Begrcnzuiigsschichten  des  Hornblattes  sowohl  als  der  Augenblase  aber  in 
ihrem  Verlauf  aufs  genaueste  der  Form  der  ihnen  zugewendeten  Oberfläche  der  Zellen,  denen 
sie  aufliegen^  entsprechen. 

Die  auf  diese  Weise  entstehenden  kleinsten  Lücken  zwischen  Augenblase  und  Hornblatt 
werden  ausgefüllt  von  der  embryonalen  Körperlymphe  (resp.  Knpfplattenintercelliilarsubstanz) 
—  im  gehärteten  Pi-äparat  von  einem  entsprechenden  structurlosen  Gerinnsel.  —  Vgl.  oben 
Cap.  HL  S.  34.  In  dem  nächstfolgenden  Stadium  tritt  eine  Aenderung  in  den  soeben  ange- 
gebenen Verhältnissen  nur  insofern  ein,  als  das  Hornblatt  an  der  Peripherie  seines  einge- 
zogenen Theiles  eine  schärfere  Knickung  erfährt,  rascher  sich  faltet  als  die  Augenblase; 
in  Folge  dessen  entfernt  sich  natürlich  die  sich  bildende  circuläre  Hornhautfalte  von  dem 
stumpfwinkligeren  Umbiegungsrand  der  Augenblase  (der  Uebergangsstelle  der  äusseren  in 
die  innere  Lamelle),  zwischen  beiden  entsteht  jener  bekannte  ringförmige  Kanal,  siehe  oben 
Cap.  I  und  Taf  1.  Figg.  3  ff.  vk.,  „der  auf  dem  Durchschnitt  dreieckige  Raum''  Sernoff's. 
Dieser  communicrt,  —  ausser  durch  die  Furche  an  der  Bauchfläche  der  Augenblasen  (die 
spätere  Augenblasenspalte),  in  deren  Lumen  sein  Lumen  continuirlich  übergeht  (vgl.  o.  Cap.  I 
und  Taf.  I,  Figg.  3- — 7)  —  weder  mit  den  die  Augenblase  .umgebenden  Kopfplatten ,  noch 
mit  dem  sich  bildenden  Glaskörperraura;  letztere  Communication  (vgl.  Sernoff's  Taf.  I. 
Figg.  3.  5.  7)  tritt  überhaupt  ?ii'e  ein,  erstere  erst  viel  später,  in  einer  Zeit,  zu  der  die 
Linsenkapsel  längst  vorhanden  ist;  die  weiteren  Entwickelungsvorgänge  um  diesen  Raum 
und  an  den  denselben  begrenzenden  Gebilden  sind  nämlich  folgende:  Der  Umbiegungsrand 
der  secundären  Augenblase,  der  anfangs,  während  der  Einstülpung  der  Linse,  dem  nicht 
eingestülpten  Theil  des  Hornblatts  angelegen,  wendet  sich,  je  stärker  die  Krümmung  der 
zur  Hohlkugel  sich  ausdehnenden  secundären  Augenblase  wird,  nach  und  nach  mehr  dem 
Linsenäquator  zu  (vgl.  Taf.  I.  Figg.  4 — 8).  Die  Aequatorialzone  der  Linse  hleiht  dabei 
beständig  in  unmiüelbarer  Berührung  niil  der  Augenblase.  In  späteren  Stadien  (Figg.  10. 
12.  17 — 19)  schiebt  sich  dann  der  Umbiegungsrand  der  Augenblase  vom  Aequator  mehr  an 
die  distale  Fläche  der  Linse  vor,  um  so  mehr,  je  deutlicher  derselbe,  unter  gleichzeitigem 
Aufgehen  des  betreffenden  Theiles  der  Augenblase  in  die  Bildung  des  Irispigmentes,  zum 
Pupillarrand  wird.  In  demselben  Maass  kommt  aber  statt  des  Umbiegungsrandes  allmälig 
der  diesem  nächstliegende  Theil  der  inneren  Lamelle,  resp.  die  hintere  Irisfläche  an  die 
distale  Wand  der  Linse  zu  liegen'),  (vgl.  die  Zeichnung  vom  Erwachsenen,  Taf.  IL  Fig.  22). 

Während  also  der  Abschliiss  des  in  Rede  stehenden  Raumes  nach  dem  Glaskörper 
hin  von  Anfang  bis  zu  Ende  der  Entwickelung  ununterbrochen  fortbesteht,  ist  sein  Verhält- 
niss  zu  den  Kopfplatten  ein  anderes.  Bald  nach  Abschnürung  der  Linse  beginnt  die  Augen- 
blase vom  Hornblatt  zurückzuweichen  —  anfangs  nur  wenig,  so  dass  nur  eine  schmale 


1)  So  zeichnet  es  auch  SEUNorr  in  seiner  Fig.  10  bei  einem  zehntägigen  Hühnerembryo,  während  in  seinen  Figg,  9 
und  11  die  Iris  von  der  Linse  abgehoben  erscheint;  diese  Abhebung  ist  nur  Folge  der  Präparation. 


51 


(zelleiilose)  Flüssigkeits-  (resp.  Gerinnsel)  Schicht  zwischen  beiden  Platz  g-reifen  kann.  Erst 
wenn  die  Anlage  der  Grundsnbstanz  der  Cornea  propria  bereits  vorhanden  ist ,  treten  zwischen 
dieser  und  der  Aug-enblase  Kopfplattenelemente  an  den dreieckigen  Raum''  heran;  ihr  weiteres 
Vorrücken  vollzieht  sich  dann  in  der  eigenthümhchen  Weise ,  wie  ich  dies  früher  schon  (1.  c.  S.  15) 
als  Bildung  des  inneren  Epithels  der  Cornea  beschrieben  habe :  es  ist  in  That  nur  eine  ein- 
zellige Schicht,  welche  an  der  proximalen  Fläche  der  Anlage  der  Grundsubstanz  der  Cornea  aus 
der  Masse  der  Kopfplatte  nach  dem  distalen  Linsenpol  hin  vorrückt;  dieFigg.Taf.il,  11 — 22 
zeigen,  dass  dabei  jener  zellenlose  Raum  seine  Existenz  nicht  einbüsst,  nur  seine  Begrenzung 
wechselt,  indem  an  die  Stelle  des  Hornblatts  zunächst  die  schmale  Anlage  der  Corn.  propr., 
dann  das  innere  Epithel  derselben  tritt,  sowie  der,  vorläufig  noch  ohne  besonderen  Contur 
schwach  bogenförmige  freie  Rand  der  Kopfplatten,  welcher  allmälig  immer  schärfer  sich 
zeichnend,  später  die  vordere  Fläche  der  Iris  und  des  lig.  pectinatum  darstellt;  in  der 
Weise,  wenn  ich  so  sagen  darf,  planlos  in  diesen  Raum  eingestreute  Zellen,  wie  Sernoff 
in  seiner  Taf.  I.  Fig.  7  ahbildct,  finde  ich  in  keinem  meiner  Präparate.  Dass  dabei  der 
ursprünglich  dreiseitig  von  Hornblatt,  Linse  und  Augeid)lase  begrenzte  ringförmige  Canal 
allmälig  zur  vorderen  Augenkammer  sich  erweitert  und  in  jenem  in  der  That  bereits  in 
den  Figg.  3-6  meiner  Taf.  I  die  Anlage  der  letzteren  vorhanden  ist ,  bedarf  nach  allem 
bisherigen  keines  besonderen  Nachweises  mehr  (Capp.  VI  und  VII  werden  dies  weiter  be- 
stätigen). 

Fragen  wir  uns  nun,  was  aus  den  bisher  mitgetheilten  Beobachtungen  für  die  Ent- 
wich elung  der  Linsenkapsel  resultirt,  so  ist  es  zunächst  das  Negative,  dass  die  zwei  von 
Sernoff  aufgestellten  Modi  der  Betheiligung  der  Kopfplatten  dabei  nicht  existiren;  weder 
wird  eine  Bindegewebsplatte  mit  der  Linse  in  die  Augenblase  eingestülpt,  noch  findet  ein 
Zuzug  von  Kopfplattenzellen  durch  die  vordere  Augenkammer  statt,  die  Anlage  der  letzteren 
trennt  vielmehr  die  zum  Aufbau  der  Cornea  vorrückenden  Kopfplatten  von  Anfang  an  von 
der  Linse. 

Ehe  ich  nun  aber  diese  Resultate  zu  der  Behauptung  verallgemeinere,  dass  somit 
überhaupt  das  Material  zu  einer  Entwickelung  der  Linsenkapsel  aus  Zellen  resp.  Binde- 
gewebe fehle,  muss  ich  noch  zwei  Einwänden  begegnen^,  die  möglicherweise  erhoben  werden 
könnten  : 

1)  Dass  ja  auch  meine  eigenen  Taf.  I.  Figg.  8  und  9  Zellen  zwischen  Hornblatt 
und  Linse  zeigen.  Es  sind  dies  offenbar  dieselben  Zellen,  welche  Babuchin  (4)  in  dem  in 
seiner  Fig.  VIII  und  Sernoff  in  dem  in  seiner  Taf.  I.  Fig.  5  abgebildeten  Präparat  vor- 
gelegen haben  und  von  letzterem  als  dem  vorderen  Theil  seiner  bindegewebigen  Linsenkapsel 
angehörige  Kopfplattenelemente  gedeutet  worden  sind,  während  Babuchin  (4.  S.  83)  angibt, 
dass  die  Kopfplatte  allmälig  immer  dünner  werdend,  „unmittelbar  in  eine  zarte,  mit  wenigen 
Kernen  versehene  Membran  übergeht,  welche  die  Pupilhiröffnung  überzieht  —  künftige 
Cornea"^.  —  Diese  Auffassung  ist  jedoch  irrthümlich  ') ;  jene  Zellen  repräsentiren  vielmehr 

1)  Cap.  VI  wird  ergeben,  dass  die  erste  Spur  der  Anlage  der  Cornea  erst  in  einem  Stadium  auftritt,  in  welchem  die 
Linsenfasei'n  bereits  die  distale  Linsenwand  erreicht  haben  (Taf.  I.  Fig.  lOA);  Babuchin's  Fig.  Vlll.  dagegen  gehört  einem 
Stadium  an ,  welches  nur  wenig  älter  ist  als  dasjenige  meiner  Tafel  I.  Fig,  9. 

1* 


52 


den  Rest  des  ,,Li?isenstieles'',  welcher  (vgl.  o.  S.  8  und  9)  bei  der  Abschniirung-  der  Linse 
zwischen  dieser  und  dem  Hornblatt  liegen  bleibt.  Diese  Zellen  entstammen  also  nicht  dem 
mittleren  Keimblatt,  sondern  dem  oberen;  sie  sind  entwickeliingsgeschichtlich  bedeutungslos, 
da  sie  in  keiner  Weise  weiter  zur  Verwerthung  konmien,  sondern  einfach  zu  Grunde  gehen 
(s.  Ca]).  VI.). 

2)  Dass,  wenn  auch  sonst  nirgends,  so  doch  von  der  Bauchseite  her  durch  die  Augen- 
blasenspalte  die  Kopfplatten  einen  offenen  Zugang  zu  der  Linse  haben  und  möglicherweise 
auf  diesem  Wege  Zellen  des  mittleren  Keimblattes  sehr  früh  schon  an  dieselbe  herantreten 
und  bei  der  Bildung  ihrer  Kapsel  sich  betheiligen  könnten.  —  In  Wirklichkeit  geschieht 
aber  weder  das  eine,  noch  das  andere;  weder  finden  sich  in  der  Augenblasenspalte  in  der 
frühen  Zeit,  um  die  es  sich  hier  handelt,  anderweitige  Kopfplattenelemente  ausser  jenem  Blut- 
gefäss (vgl.  0.  Cap.  III),  noch  kommen  in  der  Linserdvapsel ,  wie  sogleich  gezeigt  werden 
wird,  zu  irgend  einer  Zeit  gefonnte  Elemente,  Zellen,  Kerne  oder  dergleichen  vor.  Vielmehr 
geht  die  Bildung  der  Linsenkapsel  —  und  damit  komme  ich  auf  das  Positive  der  Ergebnisse 
meiner  Präparate  —  in  folgender  Weise  vor  sich: 

Das  Hornblatt  zeigt  bereits  zu  der  Zeit,  wenn  eben  die  Verdickung  desselben  über 
der  Augenblase  beginnt,  an  seiner  inneren  (proximalen)  Fläche  einen  Contur,  der  viel  schärfer 
und  stärker  hervortritt  als  derjenige  an  der  äusseren  (distalen)  Fläche  desselben.  Während 
der  T^instülpung  der  Linsenanlage  gewinnt  diese  Begrenzungsschicht  an  Dicke  sowohl  als 
an  Selbstständigkeit,  d.  h.  sie  folgt  nicht  mehr  so  genau  den  ihr  zugewendeten  Conturen  der 
unter  ihr  liegenden  Zellen  (in  dem  Taf.  I.  Fig.  6  gezeichneten  Stadium,  s.  Taf.  1.  Fig.  6  B, 
ist  dies  nur  noch  an  der  Bauchfläche,  über  der  Augenblasenspalte  der  Fall),  sondern  verläuft 
mehr  gestreckt,  gradlinig  (wenn  ich  diesen  Ausdruck  von  einer  gebogenen  Linie  brauchen 
darf)  über  dieselben  hinweg.  —  Die  weiteren  Veränderungen  beschränken  sich  auf  eine  stetige 
Zunahme  der  Dicke,  die  im  erwachsenen  Thier  an  der  distalen  Fläche  der  Linse  beträcht- 
licher erscheint,  als  an  der  proximalen  (Kölliker  21  ,  S.  298).  Zellen  oder  Kerne  sind  in 
ihr  zu  keiner  Zeit  vorhanden. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  meine  vorstehend  mitgetheilten  Befunde  keine  andere' 
Deutung  zulassen,  als  die,  dass  die  Linsenkapsel  ein  Ausscheiduiujsproduet  der  die  Linse 
coNstUuireiiden  Zellen  ist. 

Ich  habe  nun  noch  zu  besprechen  einige  Momente,  welche  Sernoff  zur  ,Mnter- 
stiHzmiy  (vgl.  42,  S.  C4)  des  Beweises  der  Entstehung  der  Linsenkapsel  aus  Bindegewebe" 
beibringt. 

Unter  diesen  verdient  in  erster  Linie  erwähnt  zu  werden  die  Meihode  der  Behandlung, 
da  nur  in  ihr  eine  Erklärung  für  die  höchst  auffalleiule  Thatsaehe  gesucht  werden  kann, 
dass  an  einem  und  demselben  Object  so  vollkommen  entgegengesetzte  Resultate  gewonnen 
worden  sind. 

Sernoff  hat  seine  Ergebnisse  gewonnen  aus  mikroskopischen  Präparaten  von  Hühner- 
embryonen, die  in  MüLLER'scher  Flüssigkeit  erhärtet  waren  (für  Embryonen  unter  4  Tagen 
14tägige  Einwirkung,  für  ältere  eine  längere);  ,,die  Schnitte  wurden  angefertigt,  indem  das 
Object  auf  Hollundermark  oder  Kork  gelegt  wurde,  auf  welchem  es  sich  durch  die  Adhäsion 


53 


der  Flüssigkeit  hält.  Die  Einscliliessiing'  in  Massen,  wie  Wachs,  Talg-  uimI  dergleichen,  er- 
wies sich  als  ungeeignet,  weil  sie  entweder  das  Präparat  austrocknen  oder  es  derart  zusammen- 
drücken ,  dass  die  Schnitte  höchst  unklar  werden.  Bei  solchen  Schnitten  ist  es  wegen  der 
Härte  und  Sprödigkeit  unmöglich^  die  Theile  durch  Nadeln  auseinander  zu  bewegen,  was 
z.  B.  nothwendig-  ist,  um  die  Bindegewebsplatte  zwischen  der  sich  einstülpenden  Linse  und 
der  Augenblase  zu  sehen.  Diese  Membran  wurde  von  den  früheren  Beobachtern  wahrschein- 
lich zum  Theil  deswegen  übersehen,  weil  es  sehr  beliebt  war,  die  Embryonen  in  erstarrende 
Massen  einzuschliessen". 

Was  zunächst  das  Einschliessen,  oder  Nichteinschliessen  der  zu  schneidenden  Objecte 
betrifft,  so  kann  ich  den  von  Sernoff  ausgesprochenen  Ansichten  nicht  beistimmen,  denn: 

1)  braucht  durch  den  Einschluss  weder  ein  irgendwie  nachtheiliger  Druck,  noch  auch 
ein  Austrocknen  des  Objects  stattzufinden.  Ich  habe  mich  zweier  verschiedenen  Methoden 
des  Einschlusses  bedient :  in  früheren  Jahren  derjenigen  des  Einbettens  in  zuvor  in  Alkohol 
erhärtete  Gehirnstücke,  in  den  letzten  Jahren  aber  ausschliesslich  des  Eingiessens  in  eine 
erstarrende  Masse.  Bei  beiden  Methoden  lassen  die  von  Seenoff  gerügten  nachtheiligen 
Wirkungen  sich  sicher  vermeiden:  bei  der  ersteren  dadurch,  dass  man  sich  die  Mühe  und 
den  Zeitaufwand  nicht  verdriessen  lässt,  in  den  Hirnstücken  mit  feinsten  Nadeln  oder  Staar- 
lanzen  eine  der  Form  des  Objects  vollkommen  genau  entsprechende  Höhle  auszuarbeiten  und 
dass  man  dieses  und  das  Einlegen  des  Objects  in  dieselbe  unter  Alkohol  ausführt;  bei  der 
zweiten  dadurch,  dass  man  das  Object  unmittell)ar  nach  seiner  Herausnahme  aus  Alkohol 
in  eine  beim  Erstarren  ihr  Volumen  nicht  verändernde  Masse  eingiesst.  Eine  solche  besitzen 
wir  in  der  BuNGE'schen  Eingussmasse  - —  nähere  Angaben  über  dieselbe  werden  demnächst 
vorliegen  — ,  die  sich  mir  bei  ausscliliesslichem  Gebrauch  derselben  während  der  letzten 
2 — 3  Jahre,  als  allen  Anforderungen  —  mit  Ausnahme  derjenigen  der  Durchsichtigkeit  — 
ganz  vorzüglich  entsprechend  bewährt  hat.  Von  irgend  einem  Einfluss  auf  das  Gewebe, 
der  an  eine  Veränderung  der  Consistenz  des  Objects  (Härte,  Brüchigkeit,  Austrocknung  — 
Sernoff)  in  Folge  des  Einschlusses  denken  Hesse,  habe  ich  weder  beim  Schneiden  und  der 
weiteren  Behandlung  der  Schnitte ,  noch  auch  bei  sorgfältiger  Vergleichung  der  nach  dieser 
Methode  gewoimenen  Präparate  mit  den  in  Gehirn  geschnittenen  auch  nur  eine  Spur  ent- 
decken können ;  dabei  gestattet  ihre  Dünnilüssigkeit  ein  so  genaues  sich  Anschmiegen  an 
das  Object,  dass  ich  z.  B.  in  dem  Taf.  I.  Fig  G.  abgebildeten  Stadium  häufig  die  Linsen- 
grube vollständig  von  ihr  ausgefüllt  gefunden  habe;  ihre  Consistenz  im  erstarrten  Zustand 
ist  für  das  Schneiden  so  äusserst  angenehm,  dass  ich  in  der  That  durch  die  Anwendung 
derselben  die  Gewinnung  nicht  nur  einzelner  dünner  Schnitte  (d.  h.  solcher,  in  denen  nur 
eine  einzige  Zellenschicht  vorliegt),  sondern  namentlich  auch  die  für  viele  Zwecke  unerläss- 
lich  nothwendige  Herstellung  continuirliclier  Serien  solcher  Schnitte  als  höchst  wesentlich 
erleichtert  ansehe,  während  sie  mir  durch  die  SERNOFF'sche  Methode,  bei  der  das  Messer  mehr 
durch  Druck  als  durch  Zug  gegen  das  äusserst  zarte  Object  wirken  muss,  ins  Bereich  der 
fast  unmöglichen  Leistungen  gerückt  erscheint. 

2)  glaube  icli,  dass  das  Einschliessen  der  Objecte  mit  dem  ,,Uebersehen'^  der  Sernoff'- 
schen  Membran  zwischen  Augenblase  und  Linse  durchaus  nichts  zu  thun  hat,  dass  dieselbe 


54 


vielmehr  ihre  selbständige  Existenz  in  Sernoff's  Präparaten  überhaupt  nur  der  Methode  des 
letzteren,  dem  Auseinanderzielien  der  Schnitte  mit  Nadeln,  verdankt.  Ich  kann  nämlich  diese 
vermeintliche  Bindegewebsraembran,  da  sie  in  meinen  Präparaten,  wie  oben  angegeben,  durch- 
weg fehlt,  indem  die  Begrenzungsschichten  des  Hornblattes  und  der  Augenblase  so  dicht  an 
einander  liegen,  dass  zwischen  ihnen  durchaus  nichts  mehr  Raum  finden  kann,  nur  für  eine 
dieser  Begrenzungsschichten  halten,  welche  beim  Auseinanderziehen  mit  den  Nadeln  von 
ihrem  Mutterboden  isolirt  wurde;  und  zwar  ist  es  wahrscheinlich  die  der  Augenl)lase  zu- 
gehörige, denn  nicht  nur  entspricht  ihr  Verlauf  in  den  sämmtlichen  bezüglichen  Zeichnungen 
Sernoff's  durchweg  mehr,  und  in  einigen  sogar  sehr  genau  der  Gestalt  der  Augenblasen- 
grube,  der  Form  des  eingestülpten  Hornblattes  dagegen  so  wenig,  dass  zwischen  ihr  und 
dem  letzteren,  an  der  in  Sernoff's  Fig.  1.  z.  B.  mit  c  bezeichneten  Stelle  ein  leerer  Raum 
bleiben  würde,  sondern  es  löst  sich  auch,  wie  bekannt,  diese  Grenzschicht  der  Augenblase, 
die  spätere  limitans  int.  oder  hyaloidea,  so  leicht  von  ihrer  Unterlage,  dass  sie  schon  durch 
ganz  geringe  Schrumpfungen  des  Glaskörpers  von"  ihr  abgehoben  wird ,  um  diesem  zu 
folgen.  —  Dieses  Verhalten  veranschaulichen  sehr  deutlich  eine  Anzahl  Zeichnungen  von 
Lieberkühn  (28.  Figg.  12.  13.  14.  51.  und  von  Säugern:  Figg.  31.  52)  und  in  geringer 
Ausdehnung  auch  meine  Taf.  I.  Fig.  8,  in  welchen  allen,  so  weit  die  Abhebung  reicht,  die 
scharfe  Begrenzung  an  der  Concavität  der  inneren  Lamelle  fehlt;  in  dicken  Schnitten  wird 
letzterer  Umstand  selbstverständlich  weniger  präcis  hervortreten ,  so  in  Taf.  II.  Fig.  11.  bei 
Lieberkühn.  Wie  sich  in  dieser  Beziehung  Sernoff's  Präparate  verhalten,  darüber  lässt 
sich  aus  seinen  Zeichnungen  kein  Urtheil  gewinnen,  da  diese  zu  wenig  detaillirt  ausgeführt 
sind;  immerhin  scheint  mir  die  Vergleichung  derselben,  namentlich  seiner  Figg.  4 — 7.  mit 
den  genannten  Zeichnungen  Lieberkühn's  und  mit  einigen  meiner  Präparate  —  in  Erman- 
gelung einer  anderen  Erklärungsm(")glichkeit  der  zwischen  unseren  Angaben  bestehenden 
Differenz  —  zu  der  Annahme  zu  berechtigen,  dass  auch  seine  Präparate  in  der  fraglichen 
Beziehung  sich  ebenso  verhalten  dürften,  wie  jene  Lieberkühn's,  es  sich  mithin  hier  um  ein 
von  Seiten  Sernoff's  stattgehabtes  Uebersehen  des  wahren  Sachverhaltes  handeln  würde; 
namentlich  in  seiner  Taf.  I.  Fig.  4  scheint  mir  der  der  Concavität  der  Augenblase  parallel 
verlaufende  Contur  des  Glaskörpers  (Sernoff's  hinterer  Platte  der  zeitweiligen  Linsenkapsel) 
ganz  unzweifelhaft  die  abgehobene  hyaloidea  oder  limitans  int. ,  dieser  Contur  aber  mit  dem, 
was  er  in  seinen  Taf.  I.  Figg.  1^ — 3  als  eingestülpte  Kopfplattenschicht  auffasst,  identisch 
zu  sein.  —  Dass  aber  auch  schon  in  so  frühen  Stadien,  wie  dem  von  Sernoff  Taf.  I.  Fig.  1 
abgebildeten,  die  Grenzschicht  der  Augenblase  leicht,  und  namentlich  leichter,  als  diejenige 
des  Hornblattes,  sich  ablöst,  zeigen  mir  Präparate,  in  denen  gelegentlich  des  Einschliessens 
Verschiebungen  der  Theile  gegen  einander  und  Verletzungen  stattgefunden  haben. 

Die  künstliche  Trennung  zusammengehöriger  Theile  durch  die  Nadelbehandlung  von 
Schnitten  ist  jedoch  nicht  die  einzige  Fehlerquelle,  welche  zu  der  irrthümlichen  Auffassung 
der  Linsenkapsel  als  bindegewebiger  Bildung  Veranlassung  gegeben  hat,  eine  zweite  wohl 
noch  ausgiebigere  liegt  in  den  durch  die  Härtung  der  Objecte  herbeigeführten  Veränderungen, 
resp.  Entstellungen;  ich  glaube,  dass  man  diesen  bisher  viel  zu  wenig  Beachtung  geschenkt 
hat,  und  erlaube  mir  deshalb  hier  einige  Bemerkungen  darüber. 


55 


Kaum  irgend  ein  anderes  Org-an  des  Thierleibes  stellt  einer  untadelhaften  Härtung 
solche  Schwierigkeiten  entgegen,  wie  das  Auge,  zumal  das  embryonale ;  die  ausserordentliche 
Verschiedenheit  des  Gewebes  der  einzelnen ,  dasselbe  zusammensetzenden  Theile :  des  fast 
flüssigen  Glaskörpers,  der  in  etwas  vorgerückteren  Stadien  so  harten,  schwer  zu  durchdringen- 
den Linse,  die  ungemeine  Empfindlichkeit  der  Augenblase,  resp.  Netzhautelemente  gegen  jedes 
zu  viel  oder  zu  wenig  müssen  a  priori  schon  das  Gelingen  einer  alle  diese  Theile  in  ein 
und  demselben  Object  gleich  gut  erhaltenden  Härtung  höchst  fraglich  erscheinen  lassen  und 
spotten  in  der  That  häufig  geiuig  der  Bemühungen,  wenigstens  die  so  deutlich  sicli  marki- 
renden  gröberen  Härtungsfehler  zu  vermeiden.  —  Als  solche  müssen  unbedingt  bezeichnet  * 
werden  jede  Schrumpfung  des  Glaskörpers  und  jede  Faltenbildung  ')  oder  auch  nur  stärkere 
Abhebung  der  inneren  Lamelle  oder  der  Netzhaut.  Die  Tragweite  dieser  Fehler  lässt  sich 
natürlich  nur  aus  der  Vergleichung  mit  Präparaten  erschlicssen,  in  denen  diesell)en  sich  nicht 
finden;  ihre  Wirkung  beschränkt  sich  nicht  auf  die  zunächst  betroffenen  genannten  Theile, 
vielmehr  wird  das  ganze  Bild  auch  dadurch  noch  verämlert,  dass  bei  der  Schrumpfung  Lücken 
entstehen  können,  wo  im  Lebenden  die  Theile  an  einander  lagen,  oder  dass  zwischen 
die  dabei  auseinander  Aveichenden  Theile  oder  Elemente  andere  hineingezogen  werden  ,  die 
ursprünglich  nicht  da  gelegen  hatten.  Hierher  rechne  ich,  um  einige  Beispiele  anzu- 
führen, die  Abhebung  des  Augenblasenrandes  von  dem  Hornblatt  und  der  Linse  bei  Sernoff 
und  Lieberkühn  (Seenoff's  sämmtliche  Figuren,  mit  Ausnahme  von  Fig.  10,  und  Lieber- 
kühn's  Figg.  8.  11.  12.  14.  51)  in  denjenigen  Stadien,  in  welchen  ich  sie  in  meinen  Präpa- 
raten dicht  an  einander  liegend  finde;  —  hierher  das  Gerinnsel,  welches  in  den  eben  ge- 
nannten Figuren  zwischen  Linse  und  Umbiegungsrand  der  Augenblase  sich  findet;  hierher 
die  Zellen  oder  Kerne,  welche  Sernoff  in  seinem  „dreieckigen  Raum''  zeichnet  und  die  eben 
nur  durch  das  Nachdringen  der  Kopfplattenintercellularsubstanz  in  die  entstandene  Lücke 
aus  ihrer  ursprünglichen  Lage  mit  fortgerissen  sein  können;  hierher  die  Entstehung  der 
beiden  spindelförmigen  (dunkler  schattirten)  Lücken  zwischen  der  Kapsel  und  der  hinteren 
Fläche  der  Linsenfasern  in  Seenoff's  Figg.  6  und  7  (siehe  oben  S.  40).  Aber  nicht  /^^ 
nur  Lage  und  Form  der  Theile,  sondern  auch  ihr  mikroskopisches  Aussehen  können  durch 
die  Schrumpfung  so  alterirt  werden,  dass  sie  zu  falschen  Deutungen  Veranlassung  geben; 
es  kann  z.  B.  das  Flüssigkeitsgerinnsel  zwischen  Augenblase,  Linse  und  Hornblatt  eine 
so  deutliche  Faserung  annehmen ,  dass  dasselbe  von  Seenoff  als  Bindegewebszüge,  oder 
Bündel  gedeutet  wird.  Dieses  Gerinnsel,  und  ebenso  der  Glaskörper,  erscheint  natürlich  um 
so  dichter,  auf  ein  je  kleineres  Volum  es  sich  zusammenzieht.  Eine  solche  grössere  Dich- 
tigkeit zeigt  dasselbe  auch  in  einigen  meiner  Präparate  in  einer  gewissen  Ausdehnung, 
nämlich  über  der  Augenblasenfurche;  so  in  meiner  Taf.  I.  Figg.  5 — 7;  dem  entsprechend 
zeigt  meine  Fig.  5  auch  eine  Abhebung  des  Grenzconturs   der  Augenblase,   während  in 


1)  In  welcher  Massenhaftigkeit  diese  bei  ungeeigneter  Beliandluug  der  Objecte  auftreten  kann,  und  was  für  Miss- 
deutungen aus  solchen  Härtungsfehlern  schon  hervorgegangen  sind,  beweisen  am  schlagendsten  die  Abbildungen  Ammon's  (I) 
Taf.  VII  und  seine  auf  die  Anwesenheit  dieser  von  ihm  ausführlich  als  „elevationes  et  impressiones  semilunares  retinae" 
beschriebeneu  Falten  gegründete  Behauijtung :  „die  innere  Fläche  der  retina  ist  (jinifidrl,  wie  die  äussere  Fläche  des  Gehirnes" 
(1.  c.  S.  97  tf.) 


56 


Fig-g.  6  A  lind  B  und  Fig.  7  die  Reduction  auf  ein  geringeres  Volum  ohne  eine  solche 
Abhebung  dadurch  ermöglicht  wird,  dass  das  Hornblatt  über  der  Augenblasenfurche ,  wo 
dasselbe  nicht  dieselbe  Stütze  findet,  wie  sonst  rings  um  die  Linse  durch  den  Umbiegungs- 
rand  der  Augenblase,  dem  schrumpfenden  Gerinnsel  folgend  sich  proximalwärts  einbiegt; 
in  geringem  Grad  findet  dies  übrigens  auch  in  manchen  Präparaten  über  dem  „drei- 
eckigen Raum"  statt  (Taf.  I.  Fig.  6,),  in  diesem  erseheint  dann  auch  jedesmal  das  Gerinn- 
sel in  der  nächsten  Nähe  des  Hornblattes  dichter,  als  in  der  zwischen  Augenblase  und 
Luise  liegenden  Spitze  des  Dreiecks.  Auch  die  Anwesenheit  von  Zellen  oder  Kernen  in  der 
Linseiikapsel  an  der  proximalen  Wand  in  Sernoff's  Präparaten  dürfte  sich  auf  diese  Weise 
erklären  lassen;  mit  dem  schrumpfenden  Glaskörper  nämlich  werden  auch  die  in  demselben 
enthaltenen  Formelemente  näher  an  die  Linse  herangerückt  und  können  diejenigen,  welche 
vorher  schon  in  der  Nähe  der  letzteren  lagen  (vgl.  meine  Taf.  I.  Figg.  6  B;  10  A)  unmittel- 
bar an  diese  lieraiigezogeii  in  etwas  dickeren,  oder  nicht  ganz  senkrecht  auf  die  Trennungs- 
fläche gefallenen  Schnitten,  in  denen  auch  die  Linseiikapsel  weniger  scharf  conturirt  und 
dicker  erscheint,  das  Bild  bieten,  als  ob  jene  Zellen  in  die  Linsenkapsel  eingebettet  lägen. 
In  fehlerfreien  Präparaten  findet  sich,  wie  oben  schon  bemerkt,  niemals  eine  Spur  von  Zellen 
oder  Kernen  in  der  Kapsel. 

Wie  nun  diese  Veränderungen  und  Fehler  der  Härtung  vermeiden?  oder  wenigstens 
auf  ein  unschädliches  Minimum  reducireii?  —  Leider  gelingt  dies  bisweilen  trotz  aller  Sorg- 
falt doch  nicht  ganz  nach  Wunsch.  Ich  habe  mich  vorwiegend  zweier  Härtungsmittel  bedient : 
einer  1  ^/o  Chromsäure-  und  einer  1—  2  ^/o  Osmiumsäurelösung.  In  diese  bringe  ich  die 
Embryonen  oder  nur  den  Kopf  derselben  bis  zum  fünften  Tag  ohne  weitere  Präparation ;  von 
da  ab  aber  werden,  um  die  Härtungsflüssigkeit  möglichst  direct  einwirken  zu  lassen,  zuvor 
die  Augen,  entweder  nach  Eröffnung  des  Eies  in  situ  oder  nach  Uebertragiing  des  Embryo 
in  Jodserum,  herauspräparirt,  was  bei  einiger  Uebung  mit  zwei  möglichst  fehien  Phicetten 
sich  recht  gut  ohne  Verletzung  der  Augeiihäute  thun  lässt.  Die  schwierigere  Ablösung  auch 
der  Sclera,  wie  M.  Schultze  sie  empfiehlt,  schien  mir,  sobald  es  sich  niclit  um  das  Studium 
der  Histiologie  der  Retina  handelt,  nicht  unumgänglich  nothweiidig.  —  In  der  Chromsäure- 
lösung habe  ich  Embryonen  von  1 — 5  Tagen  etwa  8 — 20  Stunden,  vom  5.  Tage  ab  18 — 24 
Stunden  liegenlassen;  eine  über  24  Stunden  hinausgehende  Einwirkung  scheint  auch  für  den 
Bulbus  des  erwachsenen  Thieres  keine  Vortheile  zu  gewähren,  sondern  nur  grössere  Sprödig- 
keit.  Brüchigkeit  und  Schrumpfung  der  Elemente  (Ueberhärtung)  herbeizuführen.  Aus  der 
CrO;ilösung  übertrage  ich  die  Objecte  in  Alkohol,  zunächst  in  45  o/o,  am  folgenden  Tag  in 
70  "/o,  1 — 2  Tage  darauf  in  94  -96  ^jo.  —  Bei  dieser  Behandlung  bemerkt  man  meist  schon 
wenige  Minuten  nach  der  Uebertragung  des  Objects  in  Alkohol  bei  Embryonen  von  mehr 
als  3  Tagen  ein  Zusammenfallen  des  Bulbus  und  zwar  bei  solchen  vom  3.-8.  Tag  ein  Ein- 
sinken des  Hornblattes  (resp.  der  jungen  Cornea)  um  die  Linse  herum  und  ein  Zurück- 
weichen dieser  letzteren  nach  dem  Ceiitrum  des  Auges  hin,  an  den  Bulbis  von  älteren  aber, 
wo  die  Cornea  schon  starrer  geworden,  Grubenbildungen  oder  Faltungen  im  äquatorialen  und 
proximalen  Theil  des  Bulbus,  offenbar  in  Folge  von  Schrumpfung  des  Glaskörpers.  —  Dieser 
und  somit  auch  jener  lässt  sich  ziemlich  sicher  vorbeugen  durch  die  Eröffnung  der  Glas- 


57 

körperliöhle  unmittelbar  vor  dem  Einlegen  in  Alkohol,  Ich  hediene  mich  dazu  einer  feinsten 
Scheere,  deren  Blätter  ganz  spitz  und  dabei  nach  Art  einer  Rasirmesserklinge  flach  geschliffen 
sind.  Da  die  Oeffnung  in  den  Augenhäuten  nur  ganz  minim  zu  sein  braucht,  um  eine  directe 
Einwirkung  des  Alkohol  auf  den  Glaskörper  zu  gestatten,  so  stört  die  Abtragung  eines  solchen 
kleinen  Segments  der  Augenblase,  wenn  sie  an  einer  später  nicht  in  Betracht  kommenden 
Stelle  des  Bulbus  geschieht,  die  weitere  Untersuchung  in  keiner  Weise.  —  Ich  nehme  diese 
Eröffnung  der  Glaskörperhöhlc  (die  man  bei  älteren  Bulbis  wohl  auch  an  zwei  gegenüber- 
liegenden Stellen  ausfuhren  kann)  bei  allen  Embryonen  vor,  die  älter  als  3— 3 '/-i  Tage  sind. 

Bei  der  sehr  energischen  Einwirkung  der  Osmiumsäure  auf  die  Gewebe  genügt  ein  (je 
nach  der  verschiedenen  Grösse  des  zu  härtenden  Objects)  2  — 8  stündiges  Liegenlassen  in 
einem  Quantum  von  Lösung,  welches  das  Volum  des  Objects  um  das  dreifache  übertrifft; 
längere  Einwirkung  scheint  die  Haltbarkeit  des  Objects  zu  beeinträchtigen ;  nach  Heraus- 
nahme aus  der  Osmiumsäure  ist  die  weitere  Behandlung  dieselbe,  Avie  nach  Härtung  in 
CrOilösung.  Eine  ausgezeichnete  Schnittfähigkeit  und  ganz  vorzüglich  schöne  Bilder  habe 
ich  einigemal  dadurch  bekommen,  dass  ich  die  Objecte  vor  der  Uebertragung  aus  der  Osmium- 
lösung in  Alkohol  V2— 1  V2  Stunden  in  CrOslösung  liegen  Hess;  dadurch  wird  nicht  nur  die 
weiterhin  in  verschiedener  Rücksicht  etwas  störende  intensiv  schwarze  Färbung  der  Objecte 
etwas  abgeblasst,  sondern  es  scheint  das  auch  auf  die  Conservirung  des  Gewebes  günstig  zu 
wirken,  so  dass  weitere  Versuche  mit  dieser  Methode  zu  empfehlen  sind.  Das  Anschneiden 
der  Bulbushöhle  geschieht  dabei  gleichfalls  kurz  vor  der  Uebertragung  in  Alkohol. 

Die  bekannte  Fähigkeit  der  Osmiumsäure,  die  Gewebselemente  bis  ins  kleinste  Detail 
zu  conserviren  und  diese,  sowie  die  ganzen  Organanlagen  in  ihrer  Form  und  Lage  zu  er- 
halten, macht  es  möglich,  mit  ihrer  Hülfe  Präparate  zu  gewhmen,  in  welchen  keine  Spur 
von  Abhebung  oder  Faltung  und  Verbiegung  der  hyaloidea  oder  Augenblase  vorhanden  ist; 
dabei  zeigen  dieselben  eine  grosse  Schärfe  und  Reinheit  der  Conturen,  die  vielleicht  mit 
ehiem  dritten  Vorzug  zusammenhängt,  nämlich  dem,  dass  jede  anderweitige  Färbebehandlung 
und  deren  Einwirkungen  auf  die  Gewebe  wegfallen.  —  Auf  eine  weitere  Annehmlichkeit: 
die  für  die  rothen  Blutkörperchen  charakteristische  besonders  intensive  Schwärzung,  welche 
auch  die  vereinzelt  liegenden  sofort  als  solche  erkennen  lässt,  wird  der  Leser  durch  die  Be- 
trachtung meiner  resp.  Zeichnungen  selbst  schon  aufmerksam  geworden  sein.  —  Wegen  der 
genannten  Eigenschaften  bieten  Osmiumsäurepräparate  des  Auges  eine  vorzügliche  Controle 
für  die  mit  andern  Methoden  gewonnenen  Resultate  und  ich  glaube,  dass  letztere  nur  dann 
als  definitiv  gesichert  angesehen  werden  dürfen,  wenn  sie  mit  jenen  übereinstimmen,  oder 
wenigstens  in  Einklang  zu  bringen  sind. 

Mit  der  MüLLER'schen  Flüssigkeit  habe  ich  zuletzt  noch  im  vorigen  Sommer,  um  die 
SERNOFF'schen  Angaben  zu  controliren,  an  einer  grossen  Anzahl  von  Embryonen  in  ver- 
schiedener Weise  experimentirt  —  stets  mit  unbefriedigendem  Erfolg;  die  Bilder  waren  an- 
nähernd dieselben,  wie  sie  Sernoff  und  Lieberkühn  geben.  Die  Schuld  davon  lag  vielleicht 
mehr  noch  in  der  mangelnden  Virtuosität  im  Gebrauch,  als  im  Mittel  selbst,  da  Babuchin 
z.  B.  —  nach  einigen  seiner  Zeichnungen  (4)  zu  urtheilen  —  sehr  schöne  Härtungen  damit 
erzielt  hat;  immerhin  glaube  ich,  dass  die  sehr  rasch  wirkenden  Substanzen  den  postmortalen 

Kesslek,  Wirbelthier-Auge.  H 


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Veränderungen  besser  vorbeng'en  und  gerade  beim  Aug'e  eine  leichtere  Gewinnung  guter  Prä- 
parate ermöglichen,  als  die  erst  nach  Wochen  ihre  Wirkung  beendigenden. 

Zu  Gunsten  der  Entwickelung-  der  Linsenkapsel  des  Hühnchens  aus  Bindegewebe  führte 
Sernoff  (siehe  oben  S.  49)  ferner  an  die  Uebereinstimmung  derselben  mit  der  Membrana 
Descemeti  in  chemischer  uiul  physikalischer  Hinsicht,  —  uiid  endlich  die  vollkommene  Homo- 
logie derselben  mit  der  gefässhaltigen  Kapsel  der  Säuger. 

Lieber  erstere  Parallele  siehe  Cap.  VI.,  die  Nichtexistenz  einer  gefässhaltigen  Kapsel 
bei  Säugern  aber  wird  im  folgenden  soglei(?h  nachgewiesen  werden. 

Säuger. 

Taf,  V.  Fig.  65  zeigt,  dass  beim  Hundeembryo  zwischen  primärer  Augenblase  und 
Hornblatt  durchaus  nichts  von  Bindegewebe  oder  mittlerem  Keimblatt  vorhanden  ist,  das 
Hornblatt  vielmehr  der  Augenblase  so  unmittelbar  anliegt,  dass  die  Grenzconturen  beider  zu 
einer  sehr  feinen  Linie  verschmelzen.  Auch  Fig.  66  zeigt  noch  keine  Spur  von  Kopfplatten- 
elenienten  zwischen  der  Linsenanlage  und  Augenblase.  Erst  in  dem  Stadium  von  Fig.  67 
(s.  Fig.  A)  dringen  —  und  dies  ist  wesentlich  unterscheidend  gegenüber  der  Annahme  einer 
„i¥?yeinstülpung  von  Bindegewebe  während  der  Liiisenbildung"  -  von  der  Peripherie,  von 
der  Bauchseite  her  von  der  Arteria  centralis  ausgehende  Gefässsprossen,  aber  auch  mir  diese, 
zwischen  Linse  und  Augenblase  ein,  während  wo  diese  noch  nicht  vorhanden  sind,  Augen- 
blase und  Linsenanlage  nach  Avie  vor  einander  unmittelbar  berühren.  Wenn  man,  wie  dies 
in  Schnitten  aus  gehärteten  Embryonen  nicht  selten  vorkommt,  Augenblase  und  Linsenanlage 
etwas  von  einander  abgehoben  und  entfernt  findet,  so  ist  dies  nur  Folge  der  während  der 
Härtung  so  leicht  eintretenden  Schrumpfung  der  Objecte;  und  zwar  genügt,  da  durch  die 
letztere  jede  der  beiden  in  Eede  stehenden  Organanlagen  nach  ihrem  Mutterboden:  die  Lin- 
senanlage nach  dem  Hornblatt,  die  Augenblase  nach  dem  Hirnrohr,  beide  also  nach  entgegen- 
gesetzten Richtungen  hin  gezogen  werden  müssen,  schon  ein  ganz  geringer  Grad  von  Schrum- 
pfung, um  eine  solche  Abhebung  zu  bewirken ;  in  dem  dadurch  —  also  künstlich  —  erzeugten 
Zwischenraum  zwischen  beiden  finden  sich  nur  Spuren  derselben  zarten  Masse,  welche 
Cap.  HI  als  aus  der  Gerinnung  der  Körperlymphe  (resp.  des  Glaskörpers)  hervorgehend 
beschrieben  wurde;  letztere  dringt  offenbar  erst  während  der  Schrumpfung  aus  der  Umgebung 
hierher  vor,  denn  in  besser  gehärteten  Präparaten,  in  welchen  keine  Abhebung  eingetreten 
ist,  lässt  sich  auch  mit  starken  Systemen  von  dieser  Masse  nichts  nachweisen  (vgl.  o.  S.  55); 
Zellen  oder  Kerne  habe  ich  —  ausser  den  den  vorhin  erwähnten  Gefässsprossen  angehörigen 
—  in  dieser  Masse  niemals  angetroffen.  Die  einander  zugekehrten  Flächen  der  Augenblase 
und  der  Linsenanlag-e  —  namentlich  der  letzteren  —  zeigen,  wenn  sie  sich  von  einander 
abgehoben  haben,  einen  scharfen  dunklen  Contur,  der  (proportional  der  Zunahme  der  Ver- 
tiefung der  Linsengrube)  allmälig  eine  solche  Stärke  gewinnt,  dass  man  ihn  nicht  mehr  für 
einen  blossen  Begrenzungscontur  halten  kann,  sondern  als  optischen  Ausdruck  einer  beson- 
deren, selbstständig  werdenden  (jxtwzschicht  ansehen  muss,  welche  an  der  Linsenanlage 
selbstverständlich  nichts  anderes  sein  kann,  als  die  sich  entwickelnde  lAw^^wkapsel.  Ihre 
Bestätigung  findet  diese  Auffassung  durch  Präparate  wie  das  Fig.  83  gezeichnete,  in  welchen 


59 


schon  zur  Zeit  der  eben  uMi  vollziehenden  Abschnürung  der  Linse  die  Kapsel  als  voll- 
kommen selbstständiges  Gebilde  unzweifelhaft  vorhanden  ist,  was  in  den  sämmtlichen  Schnitten 
der  Serie,  der  jene  Zeichnung-  entnommen  ist,  besonders  deutlich  dadurch  hervortritt,  dass 
durch  einen  Fehler  in  der  Härtung-  die  Kapsel  etwas  von  den  Linsenfasern  sich  abgehoben 
und  leicht  gefaltet  hat  (in  anderen  Schnitten  von  gleichaltrigen  Schaafsem1)ryonen  liegt  die- 
selbe den  Fasern  vollkommen  glatt  an,  s.  Taf.  VI.  Figg.  84,  85). 

Aber  nicht  nur  im  Beginn,  wie  sich  aus  dem  bisherigen  ergibt,  sondern  auch  im 
weiteren  Verlaufe  ist  die  Entwickelung  der  Linsenkapsel  bei  den  Säugern  vollkommen  über- 
einstimmend mit  derjenigen  beim  Hühnchen;  denn  die  weitere  Ausbildung  derselben  besteht 
auch  bei  den  Säugern  in  nichts  anderem  als  einer  Zunahme  der  Dicke,  in  Folge  deren  all- 
mälig  immer  deutlicher  ein  innerer  und  ein  äusserer  dunklerer  Contur  schärfer  hervortreten, 
zwischen  denen  eine  hellere  structurlose  Suljstanz  liegt.  Die  Dicke  der  Kapsel  ist  bei 
Mäuseembryonen  am  beträchtlichsten  im  äquatorialen  Theil;  im  Präparat  zu  Taf.  V.  Fig.  73 
(Ratte)  beträgt  sie  hier  0,002 — 0,003  Mm.  —  Spuren  einer  Zelle  oder  eines  Kernes  in 
der  Kapsel  finden  sich  in  keinem  einzigen  meiner  Präparate;  wo  immer  die  durch  den 
Glaskörperraum  zwischen  Augenblase  und  Linse  hinziehenden  Gefässe  diese  berühren, 
liegen  dieselben  stets  aufs  deutlichste  ausserhalb  der  Kapsel,  dieser  nur  an.  Vgl.  Taf.  V. 
Figg.  68-73. 

Auch  bei  den  Säugern  also  ist  die  Kapsel  bereits  vor  vollendeter  Abschnürung  der 
Linse  vorhanden,  von  vornherein  structurlos,  gebildet  ohne  Mitbetheiligung  irgend  welcher 
bindegewebiger  Bestandtheile.  ') 

Wie  steht  es  nun  aber  mit  der  Tunica  vasculosa  lentis^!  —  In  der  bisher  allgemein 
angenommenen  Weise,  als  geschlossener  bindegewebiger  gefässhaltiger  Sack  existirt  dieselbe 
überhaupt  nicht.  Gefässe  sind  freilich  auf  der  Linse  in  grosser  Menge  vorhanden  (vgl. 
S.  41.  42),  aber  nicht  das  supponirte  Bindegewebe,  welches  sie  umhüllen,  mit  einander  ver- 
binden und  den  Sack  oder  eine  zweite,  die  structurlose  einschliessende ,  Kapsel  bilden  soll. 
Vielmehr  ist  das  Verhalten  der  Gefässe  zu  der  einzig  und  allein  existirenden  structurlosen 
Kapsel  dasjenige,  wie  ich  es  bereits  angedeutet  habe  und  wie  es  die  genannten  Figg.  70  und  71 
veranschaulichen :  die  Gefässe  verlaufen  vollkommen  isolirt  auf  der  Kapsel,  diese  nur  berüh- 
rend, in  der  Glaskörperflüssigkeit;  überall,  wo  nicht  ein  Gefäss  der  Kapsel  anliegt,  wird 
diese  (die  structurlose)  von  der  Glaskörperflüssigkeit  unmittelbar  bespült.  ^) 

An  der  gsvnzQw  proximalen  Wand  der  Linse  und  im  Aequalorialtheil  derselben  (bis  an 
den  freien  Rand  der  Augenblase)  ist  (bei  Maus,  Ratte,  Katze,  Schaaf)  dieses  Verhältniss  das 
bis  ans  Ende  des  Fötallebens  bleibende  [so  in  den  Taf.  V.  Fig.  73  gezeichneten  Präparaten 
und  einigen  von  einem  noch  älteren  Stadium  vom  Kaninchen  mir  vorliegenden,  in  welchem 
wahrscheinlich  das  Atrophiren  dieser  Gefässe  (vgl.  Cap.  V)  bereits  begonnen  hat] ;  die  bisher 


1)  Die  von  den  Autt.  angegebene  Slrcifung  der  Linsenkapsel  tinde  ich  in  embryonalen  Augen  nicht. 

2)  Am  instructivsten  und  klarsten  zeigen  dies  Schnitte,  welche  senkrecht  auf  den  Längsverlauf  der  die  Linse  umge- 
benden Gefässe  geführt  sind ,  während  im  Meridianschnitt  ein  in  seinem  Längsverlauf  vom  proximalen  Pol  bis  an  den  Aequa- 
tor  getrotienes  Gefäss  die  unmittelbare  Berührung  von  Glaskörper  und  Kapsel,  wie  sie  in  den  Lücken  des  Gefässnetzes  statt- 
findet, dem  Blick  entziehen  kann. 

8* 


 60   • 

ang-eiiommeiie  Menihrana  cajtsidaris  und  capsulo-piipillaris  exislireji  also  bei  den  genannten 
Tliieien  ?nchf. 

An  der  distalen  Linsenwand  liegen  anfangs  (etwa  bis  ans  Ende  des  ersten  Dritttheils 
des  P^mbryonallebens)  die  Gefässe  gleielifalls  in  derselben  Weise,  wie  an  der  jn-oximalen 
Wand  frei  auf  der  Linsenkajisel.  Dies  ist  freilich  in  den  ersten  Stadien  der  Gefässentwicke- 
lung  schwer  zu  erkennen,  und  zwar  deswegen,  weil  in  den  allerfriihesten  (vgl.  Taf.  VI. 
Figg.  83,  85,  68)  es  den  zwischen  Linse  und  Hornblatt  vordringenden  Gewebselementeii 
sich  vielleicht  nicht  mit  voller  Sicherheit  ansehen  lässt,  ob  dieselben  Gefässsprossen  darstellen, 
oder  ob  nicht  vielleicht  ein  Theil  derselben  zum  Aufbau  der  Pupillarmembran  bestimmte  mit- 
wandernde indifferente  Kopfplattenzellen  sind,  in  den  darauf  folgenden  (Taf.  V.  Fig.  69) 
aber  die  Masse  der  letzteren  schon  eine  so  bedeutende  ist,  dass  die  Gefässe  vollständig  von 
denselben  bedeckt  sind.  Mit  dem  Beginn  der  Bildung  der  vorderen  Augenkammer  aber  stellt 
es  sich  sofort  zweifellos  heraus,  dass  die  ganze  zwischen  Linse  und  Hornblatt  gelangte  Kopf- 
plattenmasse —  mit  alleiniger  Ausnahme  einiger  weniger  in  der  unmittelbaren  Nähe  der  Iris- 
anlage liegen  bleibenden  Zellen  —  der  Cornea  angehört  und  da,ss  die  Gefässe  allein  und 
frei,  ohne  irgend  welche  sie  einhüllende  oder  deckende  Membran  auf  der  Linsenkapsel  liegen 
bleiben,  so  dass  der  distale  Theil  der  letzteren  in  den  Lücken  und  Maschen  des  Gefäss- 
netzes  ganz  ebenso  vom  vorderen  Kammerwasser  bespült  wird,  wie  der  proximale  vom  Glas- 
körper. — 

Erst  später,  etwa  von  dem  Taf.  V.  Fig.  71  gezeichneten  Stadium  ab,  bemerkt  man 
dann  in  Schnitten,  in  denen  die  Gefässe  in  der  vorderen  Kammer  nicht  wie  in  Fig.  71  A 
in  ihrem  Längsverlauf,  sondern  mehr  weniger  senkrecht  auf  denselben  geti'offen  sind,  hie 
und  da  zwischen  den  Gefässquersclinitten  einzelne  sehr  platte  langgestreckte,  die  Linsenkapsel 
nicht  berührende  Körperchen,  welche  nicht  den  Eindruck  machen ,  als  ob  sie  bloss  durch  den 
Schnitt  von  einer  Gefässwand  abgeschält  wären;  ihre  zugespitzten  Enden  laufen  in  eine 
äusserst  feine  Linie  aus,  welche  über  die  Gefässe  (und  zwar  über  die  kleinsten  derselben 
ohne  sie  zu  berühren,  s.  Taf.  V.  Fig.  75 A.)  hinwegzieht. 

Diese  feine  Linie  mit  den  eingestreuten  flachen  Körperchen  ist  der  Querschnitt  der 
PiqnHarniemljran. 

Die  ersten  Spuren  der  Pupillarmembran  findet  man  stets  an  der  Peripherie  der  Pupillar- 
öffnung;  die  Vergieichung  der  resp.  Stellen  in  den  Taf,  V.  Figg.  7 IB.  und  70  lässt  es 
wahrscheinlich  erscheinen,  dass  bereits  in  Fig.  70  die  zwischen  dem  inneren  Epithel  der 
Cornea  und  dem  über  den  freien  Rand  der  Augenblase  wegziehenden  Gefäss  frei  liegenden 
2  spindelförmigen  Zellen  mit  zur  Anlage  dieser  Membran  gehören.  Von  hier  aus  schreitet 
ihre  Entwickelung  nach  dem  Linsenpol  hin  vor.  Ob  derselbe  aber  von  ihr  bei  allen 
Thieren  wirklich  erreicht  und  mit  überzogen  wird ,  ist  eine  Frage ,  die  ich  vorläufig  noch 
offen  lassen  muss;  in  den  Stadien  von  Figg.  71  und  72  reicht  die  Pupillarmembran  noch 
nicht  weiter  als  bis  auf  die  Hälfte  der  Strecke  vom  Pupillarrand  bis  zum  Pol.  —  Fig.  7 1 B 
zeigt,  wie  sie  hier  in  der  Nähe  eines  Gefässes,  der  Linsenkapsel  sich  nähernd,  aufhört;  die 
von  dieser  Stelle  nacli  dem  Pupillarrand  hin  liegenden  Gefässe  sind  von  ihr  überzogen,  die 
dem  Pol  näheren  dagegen  verlaufen  frei  auf  der  Kapsel  und  zwischen  den  letzteren  berührt 


61 


im  Präparat  das  Gerinnsel  des  liumor  aqueiis  die  Kapsel  unmittelbar.  —  Auch  in  dem  be- 
deutend weiter  vorgerückten  Entwickelungsstadium  des  Auges  von  einem  10  Cm.  langen 
Katzenembryo,  aus  Avelcliem  ein  Tlieil  der  distalen  Linsenwand  mit  einem  Stück  der  Pupillar- 
membran in  Taf.  V.  Fig.  75  A  abgebildet  ist,  finden  sich  in  der  Nähe  des  Poles  noch  Lücken 
in  der  Membran  und  bei  einem  noch  älteren  Kaninchenembryo  fehlt  dieselbe  nicht  nur  am 
Pol,  sondern  auch  in  grosser  Ausdehnung  um  den  Pol  herum  vollständig,  was  man  mit  voller 
Sicherheit,  wie  bereits  angedeutet,  daran  erkennt,  dass  das  Gerinnsel  des  Kammerwassers 
unmittelbar  die  Linsenkapsel  berührt;  auch  mit  starken  Vergrösserungen  ist  zwischen  beiden 
in  den  betreffenden  Ausdehnungen  durchaus  nichts  zu  entdecken,  was  für  eine  Andeutung 
der  Pupillarmembran  genommen  werden  könnte.  —  Das  Gerinnsel  des  humor  aqueus  ist  in 
meinen  Präparaten  von  Mäuse-  und  Katzenembryonen  viel  heller  und  lockerer  als  dasjenige 
ihres  Glaskörpers  und  von  einer  solchen  Zartheit,  dass  ich  auf  eine  Wiedergabe  desselben 
in  meinen  Zeichnungen  habe  verzichten  müssen. 

Auf  Grund  gewisser  Wahrnehmungen  glaubte  ich  früher  (20.)  die  Pupillarmembran 
als  eine  von  der  Adventitia  der  auf  der  Linsenkapsel  verlaufenden  Gefässe  ausgehende  Bil- 
dung bezeichnen  zu  müssen.  Diese  Ansicht  ist  jedenfalls  eine  irrige  gewesen.  Die  Fig.  71  B 
und  C  gezeichneten  und  andere  diesen  ähnliche  Präparate  haben  mich  überzeugt,  dass  die 
Pupillarmembran  die  Fortsetzung  des  das  Lisstroma  nach  der  vorderen  Augenkammer  hin 
deckenden  Epithels  ist,  welches  letztere  seinerseits  wie  bekannt  und  wie  auch  die  Figg. 
71A,  72,  73  Taf.  V  zeigen,  continuirlich  in  dasjenige  der  Innenfläche  der  Cornea  übergeht. 
Das  innere  Corneaepithel  läuft  also  durch  Vermittelung  des  Lisepithels  in  die  Pupillarmembran 
aus.  Das  erstere  bietet  freilich  im  völlig  entwickelten  Zustand  bei  den  höheren  Wirbeltliieren 
ein  von  demjenigen  der  Pupillarmembran  sehr  verschiedenes  Bild^  in  früheren  Stadien  aber, 
z.  B.  dem  in  Fig.  70  abgebildeten,  sowie  bei  gewissen  niederen  Wirbelthieren  auch  im 
erwachsenen  Zustand  zeigt  der  Querschnitt  jenes  eine  auffallende  Aehnlichkeit  mit  dem  der 
letzteren  (vgl.  Taf.  V,  Figur  74  A  mit  Taf.  IV.  Fig.  64  e). 

Die  in  der  Pupillarmembran  enthaltenen  Körperchen  habe  ich  oben  nicht  als  „Zellen" 
bezeichnet;  je  Aveiter  die  Entwickelung  vorschreitet,  desto  weniger  lässt  sich  in  ihnen  von 
einem  Kern  oder  Kernkörperchen  etwas  entdecken,  desto  glatter  und  blasser  werden  sie,  desto 
mehr  nehmen  sie  sich  nur  wie  zarte  Anschwellungen  der  so  äusserst  zarten  Membran  aus 
(vgl.  Taf.  V.  Fig.  75 A  mit  Fig.  71  B);  es  ist,  als  ob  die  wenigen  Zellen,  die  die  Anlage 
derselben  bilden,  ihr  Protoplasma  flächenhaft  ausfliessen  Hessen  und  je  mehr  mit  dem  fort- 
schreitenden Wachsthum  der  Linse  die  von  der  Membran  zu  deckende  Fläche  sich  vergrössert, 
desto  mehr  auch  die  Reste  dieser  Zellen  zur  Bestreitung  dieser  Leistung  consumirt  würden. 
—  Falls  der  bei  der  Entwickelung  der  Pupillarmembran  in  Wirklichkeit  sich  vollziehende 
Vorgang  der  soeben  vermuthungsweise  angedeutete  ist,  dieselbe  also  nur  einem  —  wenn  man 
es  so  nennen  darf  —  Auflösungsprocess  einiger  in  der  vordem  Augenkammer  liegen  geblie- 
bener Zellen  ihre  Entstehung  verdankt,  so  würde  damit  zugleich  auch  das  Verständniss  für 
die  LelDensunfähigkeit  und  Vergänglichkeit  dieser  Bildung  gegeben  sein. 

Die  Pupillarmembran  wäre  sonach  weiter  nichts  als  ein  kurzlebiger  bedeutungsloser 
Anhang  des  inneren  Cornea-  resp.  Irisepithels,  dessen  Besprechung  in  Zukunft  mit  derselben 


62 


Fülgerichtio'keit  in  einem  hin  mit  diesen  letzteren  vorzunehmen  sein  wird,  wie  die  der  Ent- 
wickelung'  der  Linsenkapsel  gemeinschaftlich  mit  der  der  Linse.  In  dieser  Abhandlung  aber 
musste  aus  Zwcckmässigkeitsrücksichten,  zur  Erleichterung-  des  Nachweises  des  Irrthüralichen 
in  den  bisher  verbreiteten  Anschauung'en ,  wie  die  Linsenkajjsel  nachträglich  in  einem  be- 
sonderen Capitel  so  die  Pupillarmembran  im  Voraus  schon  an  dieser  Stelle  besprochen  werden, 
um  zu  zeigen,  dass  die  ihr  von  den  meisten  Autoren  zugeschriebenen  Beziehungen  zu  der 
auf  der  Linse  verlaufenden  Endausbreitung  der  Arteria  centralis  in  Wirklichkeit  ebenso 
wenig  existiren,  wie  diejenigen  der  genannten  Gefässe  zur  Linsenkapsel,  geschweige  denn, 
dass  die  Entwickelung  dieser  Kapsel  auch  nur  im  Entferntesten  etwas  mit  jener  Membran 
zu  thun  hätte,  von  der  sie  durch  das  zwischen  eingeschobene  Gefässnetz  von  vornherein 
geschieden  ist. 

Damit  fällt  also,  um  auf  die  Linsenkapsel  zurückzukommen,  auch  die  letzte  der  von 
Sernoff  für  die  bindegewebige  Natur  derselben  beigebrachten  Stützen  und  darf  ich  also 
wiederholen,  was  ich  oben  schon  ausgesprochen,  dass  auch  hei  den  Säugereiiihri/onen  ebenso 
wie  bei  den  Vögeln  nur  eine  Art  von  Linsenkapsel,  die  slructurlose,  vorhanden  und  dass  diese 
in  einer  sehr  frühen  Zeit,  nämlich  gleichzeitig^  mit  der  Einstülpung  und  Ahschnürung  der 
Linse,  ohne  irgend  welche  Mithetheiligung  von  Bindegewebe ,  von  vornherein  structurlos  an- 
gelegte Kapsel  auch  die  hlcihcnde  ist,  an  welcher  bis  ans  Ende  des  Embryonallebens  keine 
anderweitige  Veränderung  als  die  der  alluiäligen  Dickenzunahme  vor  sich  geht. 

Es  ist  also  die  Linsenkapsel,  da  ein  anderer  Modus  ihrer  Entstehung  als  der  durch 
Ausscheidung  aus  den  Linsenzellen  nach  dem  Obigen  nicht  wohl  denkbar  ist,  wieder,  wie 
bereits  Kölliker  gethan  hatte,  in  die  Reihe  der  auf  diesem  Wege  aus  den  zugehörigen 
epithelialen  Elementen  hervorgegangenen  Cuticularbildungen  zu  rubriciren. 

Dass  auch  die  Dickenzunahme,  das  Wachsthum  der  Kapsel,  durch  fortschreitende 
Ausscheidung  aus  den  Linsenfasern  herbei  geführt  wird,  lässt  sich  zwar  nicht  stricte  beweisen, 
aber  doch  als  sehr  wahrscheinlich  bezeichnen;  denn  einerseits  ist,  namentlich  für  die  gefäss- 
freien  Linsenkapseln  eine  andere  Quelle  für  die  Zufuhr  des  Wachsthumsmaterials  nicht  vor- 
handen, andererseits  scheint  die  Leichtigkeit,  mit  welcher  post  mortem  die  Seite  17  erwähnten 
,,Eiweisskugeln"  aus  den  Linsenfasern  austreten,  die  Vorstellung  einer  gewissen  Permeabilität 
derselben  für  ihren  eiweissartigen  Inhalt  zu  gestatten,  welche  vielleicht  auch  unter  physio- 
logischen Verhältnissen  zu  einer  Ausscheidung  des  letzteren  nach  aussen  hin  disponirt. 

Das  von  mir  gegen  die  Darstellung  Seenoff's  vorgebrachte  hat  natürlich  iin  Wesentlichen  seine  Geltung  auch  gegen 
die  übrigen  Vertreter  der  bindegewebigen  Natur  der  Linsenkapsel;  ich  erlaube  mir  nun  nur  noch  gegen  einige  Einzelheiten 
in  den  thatsächlichen  Beobachtungen  und  Darstellungen  dieser  Autoren  folgende  Bemerkungen,  von  denen  wenigstens  einige 
vielleicht  insofern  zur  weiteren  Klärung  der  Frage  und  Feststellung  des  wahren  Sachverhaltes  beitragen  können,  als  sie  eine 
Erklärung  dos  Irrthümlichen  der  von  jenen  gegebenen  Deutungen  versuchen  sollen. 

Lh'berkiilin  (28.  S.  19)  gibt  in  Bezug  auf  das  Auge  der  Vogelembryonen  ausdrücklich  an,  dass  auch  er  „vor  Beginn 
der  Einstülpung  der  Linse  zwischen  Hornblatt  und  primitiver  Augenblase  nichts,  dagegen  hinter  der  in  der  Einstülpung  be- 
gritt'enen  Linse  in  wiederholten  Fällen  eine  Fortsetzung  des  Gewebes  der  Kopfplatte  wahrgenommen  habe.  „Bei  den  Vögeln 
ist  also  entweder  vor  der  Einstülpung  in  Wirklichkeit  nichts  vorhanden  oder  das  Vorhandene  ist  zu  schwach  ,  um  mit  den 
gegenwärtigen  Hülfsmitteln  sichtbar  zu  sein."  —  Da  letztere  Möglichkeit  bei  der  vorzüglichen  Leistungsfähigkeit  unserer 
gegenwärtigen  Hülfsmittel  wol  kaum  ernstlich  in  Betracht  kommen  dürfte,  mitbin  zuzugeben  sein  wird,  dass  i'or  der  Eiu- 
tulpung  zwischen  Hornblatt  und  Augenblase  in  der  That  nichts  vorhanden  ist,  so  kann  die  Frage  nur  die  sein:  wie  kommt 


63 


während  der  Einstülpung  die  Fortsetzung  der  Kopfplatten  zwischen  das  Hornblatt  und  die  Augenblase  V  Restünde  diese 
Fortsetzung  aus  Zellen,  so  könnte  man  einfach  an  eine  Zelleuwanderung  denken,  die  hierher  vordringt;  Lieherktihn  gibt 
aber  (S.  20)  ausdrücklich  an,  dass  dieselbe  structurlos  ist,  mit  Verweisung  auf  seine  Figg.  8,  45,  50  und  vou  einem  viel 
späteren  Stadium  Fig.  51,  in  welchen  dieselbe,  „zellenlos,  mit  der  Zwischensubstanz  zwischen  den  Zellkörperu  der  Kopf- 
platten in  continuirlichem  Zusammenhang  steht";  sie  spaltet  sich  „in  2  Abtheilungen,  von  welchen  die  eine  vor  der  Linse 
hinzieht,  die  andere  dagegen  hinter  die  Linse  verläuft  um  sich  in  dem  Glaskörper  zu  verlieren.  In  einem  anderen 
Präparate  befinden  sich  in  dem  noch  ungespaltenen  Stück  bereits  Zellkörper;  [man  sieht  also,  wie  diese  ihren  Weg  den  zell- 
freieu  durchsichtigen  Anlagen  entlang  nehmen."  In  dieser  Darstellung  begegnen  wir  wieder  denselben  beiden  Irrthümcru, 
welche  wir  in  derjenigen  Sernofp's  bereits  kennen  gelernt  haben:  1)  dass  die  aneinanderliegenden  Grenzschichten  des  Horn- 
blatts und  der  Augenblase  (Licberkü/m''s  Figg.  45  und  50)  für  eine  structurlose  Fortsetzung  der  Kopfplatten  genommen  werden 
(vgl.  o.  S.  53.  54.)  —  und  dies  in  einer  so  frühen  Entwickelungsperiode,  in  der  doch  die  Dittereuzirungen  im  mittleren 
Keimblatt  und  speciell  in  den  Kopfplatten  noch  so  wenig  vorgeschritten  sind,  dass  structurlose  Schichten,  „durchsichtige 
Anlagen"  in  demselben  noch  gar  nicht  vorausgesetzt  werden  können ;  es  könnte  sich  also  nur  um  eine  Schicht  der  Zwischen- 
substanz der  Kopfplatten  handeln;  diese  aber  erscheint  in  gehärteten  Präparaten  stets  sehr  hell  und  zart,  während  die 
dunkle  Färbung,  wie  sie  auch  in  Lieberkühn's  Figg.  45  und  50  sich  wiedergegeben  findet,  den  vorhin  genannten  Grenz- 
schichten zukommt,  die  dabei  zugleich  um  so  breiter  und  um  so  weniger  scharf  gegen  einander  abgegrenzt  erscheinen,  je 
weniger  genau  senkrecht  auf  die  Trennungsfläcben  der  Schnitt  geführt  worden  ist;  2)  dass  die  in  2  Abtheilungen  gespaltene 
structurlose  Masse  in  Fig.  51,  „welche  bei  starker  Vergrösserung  als  eine  fein  gestreifte  Substanz  sich  erkennen  lässt"  (28. 
S.  20),  welche  doch  weiter  nichts  ist,  als  das  uns  bekannte,  in  gut  gehärteten  Präparaten  an  diesen  Stellen  gar  nicht 
vorhandene  Gerinnsel  (vgl.  S.  54)  ^ür  die  normale  Weiterentwickelung  des  vermeintlichen  Kopfplattenfortsatzes  der  Figg.  15 
und  50  gehalten  wird.')  —  (Für  den  doppelten  Contur  an  der  proximalen  Fläche  der  Linsenanlage  in  Lieberkühn's  Fig.  8 
weiss  ich  keine  Erklärung;  der  weite  Abstand  der  Linsenanlage  von  der  Augenblase  zeigt',  dass  das  zugehörige  Präparat  nicht 
wohl  erhalten  gewesen  ist.) 

Noch  bestimmter  als  in  Bezug  auf  das  Hühnchen  lauten  in  Bezug  auf  die  Säugerembryonen  Lieberkühn's  ,  Arnold's 
u.  A.  Angaben  über  die  bindegewebige  Natur  der  Linsenkapsel.'-')  Auch  hier  können  wieder  nur  die  Verschiedenheit  der  Be- 
handlung der  Objecte  und  Präparate,  der  verschiedene  Grad  der  Härtung,  'verschiedene  Schnittführung  und  andere  Verschie- 
denheiten der  Untersuchungsmethode  die  Ursache  der  Differenzen  zwischen  den  Angaben  jener  Autoren  und  den  meinigen 
sein.  So  kann  z.  B.  das  Bild,  als  ob  schon  vor  Beginn  oder  während  der  Linsenbildung  Augenblase  und  Hornblatt 
durch"  eine  Gewebsschichte  mittleren  Keimblattes  getrennt  wären  —  Lieberkühn,  28.  S.  19  ff.,  37  ff.  Fig.  27  und  Arnold, 
2.  S.  24  ff.,  S.  30  ff.  Figg.  1  und  2  —  trotzdem  dass  der  Pol  der  Augenblase  in  beträchtlicher  Ausdehnung  unmittelbar  vom 
Hornblatt  bedeckt  oder  die  Linsenanlage  zum  grössten  Theil  mit  der  Augenblase  in  unmittelbarer  Berührung  ist,  dennoch 
erhalten  werden,  wenn  der  Schnitt  nicht  durch  den  Pol,  sondern  in  einiger  Entfernung  durch  diejenige  Gegend  gefallen  ist, 
wo  Augenblase  und  Hornblatt  resp.  Linsenanlage  bereits  von  einander  sich  zu  entfernen  beginnen;  hier  müssen  selbstver- 
ständlich die  von  der  Peripherie  her  zwischen  beide  sich  vorschiebenden  Kopfplatten  mitgetroffen  werden ;  derTaf.VI.  Fig.  82  B 
von  mir  gezeichnete  Frontalschnitt,  der  nicht  vollkommen  senkrecht  auf  die  Medianebene,  sondern  so  geführt  ist,  dass  auf  der 
linken  Seite  die  Mitte  der  Linsenanlage,  auf  der  rechten  dagegen  die  Mitte  der  hinteren  Hälfte  der  Augenblase  in  demselben 
liegt,  veranschaulicht  nicht  nur  die  soeben  genannte  Möglichkeit,  sondern  rechterseits  auch  noch  die  andere,  dass  eine  bereits 
stark  in  der  Einstülpung  begriffene  Augenblase  einen  ganz  ähnlichen  Querschnitt  ergeben  kann,  wie  diejenige,  welche 
liiEBERKÜHN  (28.  S.  38  uud  84)  in  seiner  Fig.  27  als  primitive  bezeichnet. 

Lieberkühn  und  Arnold  geben  (28.  S.  42  ff.;  2.  S.  27)  übereinstimmend  au,  dass  die  ersten  Spuren  der  Linsen- 
kapsel erst  bemerkbar  werden,  wenn  die  Linsenfasern  bereits  die  distale  Wand  erreicht  haben  ^)  und  benutzen  dieses  so  späte 
Auftreten  derselben  als  Argument  dafür,  dass  sie  ein  Erzeugniss  der  Kopfplatten  sei;  es  sei  gar  nicht  verständlich,  wie  die 


1)  Lieberkühn's  irrthümlicher  Darstellung  der  Entwickelung  der  Linsenkapsel  des  Hühnchens  folgt  auch  Foster 
(11.  S.  101  ff'i;  Foster  lässt  aber  aus  der  mit  eingestülpten  Schicht  mittleren  Keimblattes  nur  die  Linsenkapsel  hervorgehen, 
während  die  von  Lieberkühn  und  Sernopp  angenommene  Entstehung  des  Glaskörpers  u.  s.  w.  aus  derselben  ihm  unwahr- 
scheinlich erscheint. 

2)  Arnold  (2.  S.  30  ff.)  bestätigt  die  Existenz  eines  bindegewebigen  Sackes  um  die  embryonale  Linse  der  Säuger, 
welcher  aus  einer  „lichten  Gewebsschichte",  die  bei  12  Mm.  langen  Rindsembryonen  die  Linse  in  ihrer  ganzen  Circumferenz 
einhüllt,  entsteht;  in  diesem  Sack  sollen  bei  12  Mm.  langen  Embryonen  nur  in  dem  vor  der  Linse  gelegenen  Abschnitt  Gefässe 
vorhanden  sein;  im  hinteren  Abschnitt  entwickeln  dieselben  sich  erst  bei  15  Mm.  langen  Embryonen;  dieser  häutige,  Gefässe 
führende  Sack  um  die  Linse  (die  Membrana  pupillaris,  capsulo  pupillaris,  capsularis)  stelle  zu  gewissen  Perioden  des  Fötal- 
lebens ein  einheitliches  Gebilde  dar. 

3)  Beim  Vogel  findet  Lieberkühn  (28.  S.  GO)  „die  Linsenkapsel  in  ihrem  vorderen  Theil"  erst  am  6.  Brüttag. 


64 


um  diese  Zeit  in  der  Metamorphose  schon  so  weit  vorgeschrittenen  Linsenfasern  noch  fortdauernd  mit  ihren  hinteren  Enden 
eine  Membran  für  die  Linse  ausscheiden  sollen.  —  Diese  Deduction  füllt  von  selbst  vor  der  im  obigen  gewonnenen  Erkenntuiss, 
dass  die  Kapsel  scheu  gleichzeitig  mit  der  Linscnblase  sich  bildet;  dass  sie  in  diesen  frühen  Stadien  von  Lieberkühn  und 
Arnold  nicht  wahrgenommen  worden  ist,  kann  seinen  Grund  niögiicherweise  darin  haben,  dass  die  ihnen  vorliegenden  Prä- 
parate nicht  in  der  Richtung  eines  Radius  der  Linsenblase  geschnitten  waren;  nur  genau  in  dieser  Richtung  geführte  dünne 
Schnitte  zeigen  die  Kapsel  unverkennbar  und  in  derjenigen  Schärfe,  wie  ich  sie  in  meinen  resp.  Figuren  (s.  o.)  gezeichnet 
habe;  Zweifel  darüber,  dass  dieselbe  in  meinen  bezüglichen  Präparaten  in  diesem  frühen  Stadium  bereits  vorhanden  ist, 
können  gar  nicht  aufkommen,  da  das  beste  Kriterium  für  die  Entscheidung  dieser  Frage:  die  Vergleichung  der  der  Augenblase 
zugewendeten  Fläche  der  Liusenanlage  mit  der  der  Liusenhöhle  zugekehrten,  an  welcher  eine  besondei-e ,  selbstständige 
Grenzmembran  sich  niemals  bildet,  in  jedem  solchen  Schnitt  selbst  geboten  ist.  Die  Behauptung  Lieberkühn's ,  „dass  die 
Linsenfasern  sich  nach  vorn  gegen  die  Linsenhöhle  hin  ebenso  scharf  abgrenzen,  wie  dies  hinten  der  Fall  ist"  (28.  S.  43  und  5üJ, 
ist  irrthümlich;  das  Verhältniss  ist  vielmehr  so,  wie  es  meine  Figuren  5,  7  A,  8,  66— (39,  70,  83 — 85  wiedergeben. 

Wenn  nach  diesen  Erörterungen  es  gewiss  zugegeben  werden  wird,  dass  nur  in  der  angegebenen  Richtung',  nemlich 
der  eines  Radius  der  Augenblase  und  durch  den  Pol  dieser  letzteren  oder  durch  die  tiefste  Concavität  der  Linsenanlage  ge- 
führte Schnitte  sichere  Aufschlüsse  über  die  hier  in  Rede  stehenden  Verhältnisse  geben  können,  so  dürfte  es  sich  wol  auch 
kaum  bestreiten  lassen,  dass  ein  diesen  Anforderungen  entsprechender  Schnitt,  welcher  Augenblase  und  Hornblatt  in  unmit- 
telbarer Berührung  miteinander  resp.  die  Linsenkapsel  als  bereits  vorhanden  erweist,  mehr  positive  Beweiskraft  besitzt  als 
sämmtliche  entgegenstehende,  in  welchen  zwischen  jenen  beiden  Kopfplattenelemente  vorhanden  sind,  resp.  die  Linsenkapsel 
nicht  zu  erkennen  ist. 

Consequenter  als  irgend  ein  anderer  Autor  führt  W.  Müller  (35)  die  Lehre  von  einer  aus  dem  mittleren  Keimblatt 
stammenden  Linsenkapscl  durch ;  derselbe  behauptet  nicht  nur  für  die  übrigen  Thierclassen,  sondern  (gegen  Lieberkühn)  auch 
für  das  Hühnchen  die  Anwesenheit  einer  „dünnen  und  aus  einer  einfachen  Lage  spindelförmiger  und  netzförmiger  stark  abge- 
flachter Zellen"  bestehenden  Schicht  des  Mesoderm  zwischen  Augenblase  und  Ektoderm  schon  vor  der  Linsenbildung.  Da 
ich  die  Existenz  dieser  Schicht  in  Abrede  stellen  muss,  so  kann  ich  auch  auf  eine  Besprechung  der  von  Müller  (35. 
S.  XXX.  if.)  an  dieselbe  geknüpften  Schlussfolgerungen  und  Betrachtungen  mich  nicht  einlassen. 

Schliesslich  bemerke  ich  noch,  dass,  was  die  Liiiseiikapsel  anbelangt,  ich  in  meinen 
sämmtlichen  Präparaten  ans  anderen  Thierclassen  (Hecht,  Triton,  Eidechse)  nur  Bestätigungen 
der  im  obigen  von  mir  in  Bezug  auf  diejenige  des  Hülinchens  und  der  Säuger  gemachten 
Angaben  finde ;  in  keinem  einzigen  Sclmitt  habe  ich  in  der  Kapsel  auch  nur  Spuren  von 
Zellen  oder  Kernen  oder  sonst  irgend  etwas  entdecken  können,  was  für  ihre  Entstehung 
aus  dem  mittleren  Keimblatt  oder  für  ihre  bindegewebige  Natur  spräche. 


II.  Membrana  limitans  int.  (hyaloidea  Autt.). 

Die  Behauptung,  dass  die  Membr.  hyaloidea  von  dem  mittleren  Keimblatt  geliefert  werde,  wurde  schon  von 
Babuchin  (4.  S.  84  ff.)  mit  voller  Bestimmtheit  ausgesprochen;  Babuchin  überzeugte  sich,  dass,  wie  Schoeler  angegeben,  „die 
Zellenmasse,  aus  welcher  die  Kopfplatte  besteht,  in  die  Höhle  der  secundären  Augenblase  eindringt,  so  dass  bei  jungen  Em- 
bryonen der  Glaskörper  die  unmittelbare  Fortsetzung  der  Kopfplatte  darstellt.  Auf  der  inneren  Fläche  des  Augentheils  der  Platte 
betindet  sich  eine  dünne  Lage  structurloser  Substanz,  welche  eigentlich  nichts  anderes  ist,  als  ausgetretene  Zwischensubstanz, 
die  sich  später  in  die  elastische  Glasmembran  der  Chorioidea  umwandelt.  Diese  Lage  begleitet  den  sich  einstülpenden  Theil 
der  Kopfplatte  und  wird  später  zur  Membr.  hyaloidea.  Folglich  hat  letztere  in  genetischer  Beziehung  dieselbe  Bedeutung, 
wie  die  Glasmembran  der  Chorioidea  und  ist  sonach  nur  metamorphosirte  Begrenzungssubstanz." 

LiEBERKüiiN  und  Arnold  (2.  S.  41  ff'.)  lassen  ihre  Membi'.  hyal.  „als  Grenzmembran  des  Glaskörpers  gegen  die 
Retina"  aus  der  vermeintlich  mit  der  Linse  in  die  Augenblase  sich  einstülpenden  Kopfplatteuschicht  hervorgehen. 

Nach  dem  Avas  ich  in  dem  vorhergehenden  und  in  diesem  Capitel  auseinandergesetzt 
habe,  ist  in  Wirklichkeit  weder  das  von  Babuchin,  noch  das  von  Lieberkühn  und  Arnold 
für  die  Bildung  dieser  Membran  angesprochene  Material  vorhanden.   Dazu  kommt,  dass  die- 


65 


selbe  bereits  zu  einer  Zeit  nacli weisbar  ist,  in  der  vom  Grlaskörper,  geschweige  denn  von 
Zellen  in  demselben  kaum  noch  eine  Spm-  vorhanden  ist  —  so  in  meiner  Fig.  5,  in 
welclier  die  Anwesenheit  dieser  Membran  durch  eine  während  der  Härtung  des  Objectes 
eingetretene  Abhebung  derselben  von  der  inneren  Lamelle  der  Augenblase  in  der  Gegend 
der  Augenblasenspalte  ganz  unverkennbar  deutlich  wahrzunehmen  ist.  In  ausserordentlicher 
Feinheit  ist  dieselbe  aber  auch  schon  in  den  dem  eben  genannten  vorhergelienden  Stadien 
zu  erkennen,  in  denen  gleiclifalls  bereits  die  der  Linse  zugekehrte  Fläche  der  inneren  Lamelle 
der  Augenblase  in  dünnsten  Schnitten  stets  schärfer  begrenzt  sich  zeigt  als  die  der  äusseren 
Lamelle  zugewendete  —  und  zwar  nicht  nur  beim  Hühnchen ,  sondern  auch  bei  Säugern : 
siehe  Fig.  66,  und  weiterhin  Fig.  83.  Die  Entwickelung  dieser  Membran  beginnt  dem- 
nach schon  zu  der  Zeit,  in  welcher  die  innere  Lamelle  der  Augenblase  der  Linse  noch  un- 
mittelbar anhegt,  und  Bildungsmaterial  von  aussen,  von  den  Kopfplatten  her  zu  der  Innen- 
fläche der  sec.  Augenblase  noch  gar  keinen  Zutritt  hat;  das  Material  kann  also  nur  von 
der  Augenblase  selbst  geliefert,  diese  Membran  folglich  nur  ein  Ausscheidungsproduct  der 
inneren  Lamelle  selbst  sein.  Das  zum  Glaskörper  werdende  Transsudat  findet  also  wie  den 
Binnenraum  zu  seiner  Aufnahme,  so  auch  schon  die  Auskleidung  desselben  mit  dieser  limi- 
tans  interna  vorgebildet  vor. 

Diese  vor  der  Entstehung  des  Glaskörpers  schon  vorhandene  Grenzmembran  der  Innen- 
fläche der  Augenblase,  für  welche  unter  entwickelungsgeschichtlichem  Gesichtspunkt  also  die 
Bezeichnung  Membrana  ,,hyaloidea"  als  die  weniger  passende  erscheint,  bleibt  auch  für  alle 
Zeiten  die  einzige  Scheidewand  zwischen  Glaskörper  und  Augenblase  resp.  Retina  '). 

Den  anscheinend  sclilagendsten  unter  den  gegen  die  Wahrscheinlichkeit  des  Hervor- 
gehens der  Limitans  interna  aus  der  Augenblase  vorgebrachten  Einwänden  finde  ich  bei  Foster 
(11);  FosTER  meint,  diese  Membran  könne  nur  ein  Erzeugniss  des  mittleren  Keimblattes  sein, 
weil  sie  continuirlich  den  Pecten  überzieht,  mithin  an  einer  Stelle  vorhanden  sei,  wo  doch 
sicherlich  die  Retina  fehle.  —  Meine  Zeichnungen  Taf.  III.  Figg.  3 1  —37  zeigen  aber,  dass 
da,  wo  „die  Retina  fehlt'',  i  e.  über  der  Augenblasenspalte  und  der  Pectenanlage,  auch  jene 
Membran  fehlt  und  zwar  noch  am  6.  Tage,  also  zu  einer  Zeit,  in  der  sie  auf  der  Augenblase 
selbst  schon  stark  entwickelt  ist.  Die  Umhüllungsmembran  des  Pecten  entsteht  also  später 
als  die  Limitans  interna;  mag  sie  nun,  was  man  wohl  als  das  Wahrscheinlichste  annehmen 
darf,  aus  der  Pectenanlage  selbst  hervorgehen  und  nachträglich  an  der  Basis  des  Pecten  mit 
der  Limitans  interna  confluiren,  oder  anderswie  gebildet  Averden,  so  ist  jedenfalls  der  von 
FosTER  von  dieser  Seite  her  entnommene  Einwand  gegen  meine  obige  Darstellung  unbe- 
gründet. Die  Limitans  interna  gehört  also  zur  Augenhtase,  wie  die  Linsenkapsel  zur  Linse; 
beide  sind  Ausscheidung sprodude  des  oberen  Keimblattes. 

1)  Vgl.  39.  S.  374;  vgl.  dazu  auch  Cap.  V  die  letzte  Anmerkung. 


Kessler,  Wirbeltbier-Auge. 


9 


FÜNFTES  CAPITEL. 


SCHLUSS  DER  AUGENBLASENSPALTE.  BUDÜNGSENDPRODÜKTE 
DER  ARTERIA  CENTRALIS.  GLASKÖRPER 


Hühnchen. 

Wir  nehmen  in  diesem  Capitel  die  Verfolgung  der  an  der  Bauchseite  des  Sehorgans 
ablaufenden  Bildungsvorgänge,  die  uns  bereits  in  Capitel  III  beschäftigt  haben,  wieder  auf. 
Dort  ist  bereits  auseinandergesetzt  worden,  wie  durch  die  Einziehung  des  lateral-ventralen 
Theils  der  Wand  der  primären  Augenblase  zunächst  eine  Grube  und  eine  von  ihr  aus- 
gehende frontal  gestellte  Furche  an  der  Bauchtläche  der  Augenblase  entstand,  wie  dann  diese 
Furche  durch  fortschreitende  Annäherung  des  eingezogenen  Theils  der  Augenblasenwand 
an  den  medial -dorsalen  sich  vertiefte  und  wie  darauf  die  rasche  Flächenvergrösserung  der 
nun  doppelwandigen  „secundären''  Augenblase  eine  stärkere  Wölbung  derselben  und  die  Ent- 
fernung ihrer  Innenfläche  von  der  langsamer  wachsenden  Linse  herbeiführte. 

Diese  rasche  Flächenvergrösserung  der  Augenblasenwand  nach  allen  Seiten  hin  treibt 
auch  die  Umbiegungsränder  beider  Lamellen  in  einander,  von  welchen  die  Furche  an  der 
Bauchfläche  begrenzt  ist,  immer  näher  aneinander  heran,  während  gleichzeitig  das  ursprünglich 
niedrige  flache ,  von  dem  zur  inneren  Lamelle  werdenden  Theil  der  Augenblase  überdachte 
Lumen  dieser  Furche  zum  Glaskörperraum  sich  ausweitet;  statt  der  ursprünglichen  flachen 
Grube  und  der  von  ihr  ausgehenden  Furche  ist  dann  ein  halbkugelförmiger  Hohlraum  (der 
Binnenraum  der  sec.  Augenblase)  mit  einer  an  der  Bauchfläche  seiner  Umwandung  zwischen 
jenen  Umbiegungsrändern  der  Augenblasenlamellen  verbliebenen  schlitz-  oder  spaltförmigen 
Oeffnung  vorhanden ;  am  distalen  Ende  der  letzteren  gehen  die  sie  begrenzenden  Umbiegungs- 
oder  Faltungsränder  der  Augenblase  in  den  Pupillarrand  der  Augenblase  über.  Diese  schlitz- 
förmige Oeffnung  ist  die  sog.  ,,AugenhlasenspaIte".^)    In  dem  Fig.  6  abgebildeten  Stadium 

1)  Diese  Benennung  erscheint  nicht  ganz  glücklich  schon  insofern  als  die  damit  bezeichnete  Bildung  nicht  einem 
Spaltungs-,  sondern  einem  Einziehungs-  und  Faltungsvorgang  ihre  Entstehung  verdankt.  Während  aber  in  der  spätei'en  Zeit 
wenigstens  eine  äussere  Aehnlichkeit  mit  einer  Spalte  vorhanden  ist,  fehlt  auch  diese  Berechtigung  für  die  Bezeichnung  „Spalte" 
in  den  ersten  Stadien  der  Einstülpung  der  Augenblase ,  in  denen  es  in  der  That  nur  um  eine  Furche,  Rinne  —  nicht  um  eine 
Spalte  —  sich  handelt  und  der  Gebrauch  letzteren  Wortes  nur  dazu  angethan  sein  kann ,  irrthümliche  Vorstellungen  zu 
erwecken.  Für  diese  ersten  Stadien  sollte  daher  der  Ausdruck  „Augenblasenspalte"  durchaus  vermieden  werden,  wenn  man 
denselben  auch,  in  Ermangelung  eines  für  alle  Stadien  gleich  passenden  Terminus,  für  die  späteren  vorläufig  beibehält. 


67 


ist  diese  Spalte"  noch  so  breit,  dass  ausser  Schnitten,  welche  das  in  derselben  liegende 
Gefäss  seiner  Länge  nach  treffen  (Fig.  6  A) ,  auch  solche  gewonnen  werden  können ,  in 
welchen  von  diesem  Gefäss  nichts  zu  sehen  ist  (Fig.  6  B) ,  das  Lumen  der  Spalte  ist  in 
letzterem  Schnitt  vollkommen  zellenleer,  nur  von  demselben  Gerinnsel  ausgefüllt  wie  der 
Glaskörperraum,  in  welchen  dasselbe  continuirlich  übergeht. 

Für  die  weiteren  Entwickelungsvorgänge  in  derjenigen  Gegend  des  Auges,  die  uns 
hier  interessirt ') ,  ist  von  der  grössten  Wichtigkeit  der  5.  Brtittag;  denn  auf  ihn  fällt  die 
Entstehung  der  ersten  Anlage  des  Pecten-). 

Werfen  wir  zunächst  einen  Blick. auf  Fig.  41,  welche  einen  Sagittalschnitt  von  einem 
5  Tage  bebrüteten  Hühnerembryo  darstellt^):  das  Gefäss  über  der  Spalte  erscheint,  nament- 
lich im  Vergleich  mit  der  unterdess  beträchtlich  fortgeschrittenen  Grössenzunahme  der  Augen- 
blase, verengt,  kleiner;  über  demselben  erhebt  sich  ein  schmaler,  in  den  Glaskörperraum 
hineinragender  Zapfen,  bestehend  aus  Zellen,  welche  die  Charaktere  der  Kopfplattenelemente 
zeigen,  in  welche  sie  in  der  That  durch  einen  schmalen,  an  den  Seiten  des  Gefässes  hin- 
laufenden Zellenzug  übergehen.  Die  Vorbereitung  zur  Entstehung  dieser  im  Schnitt  als 
Zapfen  erscheinenden  Bildung  —  in  Wirklichkeit  einer  schmalen,  feinen  Leiste,  welche 
der  Augenblasenspalte  aufsitzt  —  ist  bereits  in  den  Figg.  33 — 35  wahrzunehmen,  das  Lumen 
des  Gefässes  erscheint  nicht  mehr  bloss  von  den  in  einfacher  Reihe  liegenden  Zellen,  welche 
seine  Wand  ausmachen,  umschlossen,  die  Zellen  liegen  demselben  vielmehr,  namentlich 
an  der  Dorsalseite,  in  2  —  3  Lagen  auf.  Ob  diese  nun  durch  eigene  Proliferation  jenen 
Zapfen  oder  Leiste  hervorbringen  oder  ob  neuer  Zuzug  von  den  Kopfplatten  aus  durch  die 
Spalte  hindurch  stattfindet,  dürfte  eben  so  schwierig  zu  entscheiden  sein,  wie  die  Frage, 
warum  dieselben  grade  in  dieser  Weise  sich  anordnen,  und  warum  diese  Bildung  nur  über 
den  proximalen  Theil  des  im  Glaskörper  verlaufenden  Gefässes  sich  herstellt,  während  sie 
im  distalen  Theil,  in  Avelchem  doch  viel  mehr  Kopfplattengewebe  neben  dem  Gefäss  in 
der  Spalte  sich  findet  (Figg.  36.  37),  nicht  zu  Stande  kommt.  Letzteres  ergibt  sich,  wie 
schon  aus  denjenigen  von  5  Tage  alten,  so  noch  deutlicher  aus  einer  mir  vorliegenden  Serie 
von  Schnitten  von  einem  fast  6  Tage  (5  Tage  20  Stunden)  bebrüteten  Embryo  :  es  sind  im 
Ganzen  3  Gruppen  von  Bildern ,  welche  man  erhält ,  wenn  man  vom  Pupillarrand  beginnend 
senkrecht  auf  die  Augenblasenspalte  medianwärts  fortschreitend  schneidet:  1)  in  dem  derc 
Pupillarrand  nächstliegenden  Theil  der  Spalte  liegen  die  Umschlagsräuder  der  Augenblase 
dicht  aneinander,  entweder  nur  sich  berührend  (Fig.  38),  oder  schon  in  der  Verwachsung 
mit  einander  begriffen  (Fig.  39);  Kopfplattenelemente  oder  Blutkörperchen  sind  weder  in 
der  Spalte  selbst,  noch  in  dem  über  ihr  liegenden  Theil  des  Glaskörpers  (c.  v.)  vorhanden; 
2)  von  der  Austrittsstelle  des  Gefässes  bis  zu  demjenigen  Theil  desselben,  über  welchem  der 
Pecten  sich  zu  bilden  beginnt,  liegen  Zellen  vereinzelt  und  unregelmässig  zerstreut  oberhalb 


1)  ScHOELER  fertigt  dieselben,  unmittelbar  nach  der  o.  S.  •2:t  citirten  Stelle,  mit  der  kurzen  Bemerkung  ab:  „Crura 
trigoni  pauUatim  propius  obvia  congrediuntur ,  quo  fit  ut  tissura  formam  trigoni  induat  magis  magisque  acuminati.  Tunc 
denique  latera  vel  crura  inter  te  contingunt,  quo  facto  spatium  illud  in  fissuram  simplicem  oblongam  mutatur  (Figg.  8.  17)". 

2)  Syuon. :  Marsupium;  Kamm;  Fächer. 

3)  Fast  dieselben  Bilder  ergab  mir  eine  Schnittserie  von  einem  5  Tage  10  Stunden  bebriiteten. 

9* 


68 


des  Gefässes  in  der  Glaskörpersiibstanz  eingebettet  (Fig.  40);  einige  von  ihnen  sind  als 
Blutkörperchen  zu  erkennen;  von  anderen  lässt  es  sich  nicht  entscheiden,  ob  sie  vielleicht 
degenerirte  Blutköi-perchen  oder  Kopfplattenzellen  sind ;  die  Augenblasenränder  sind  auch  auf 
dieser  Strecke  schon  in  Berührung  mit  einander;  3)  die  dritte  Gruppe  zeigt  die  Anlage  des 
Pecten,  wie  oben  bemerkt  als  Zapfen,  in  dessen  Basis  das  in  hohem  Grad  reducirte  Gefäss 
oft  nur  noch  durch  die  Anwesenheit  eines  Blutkörperchens  zu  erkennen  ist;  und  zwar  erscheint 
im  distalen  Theil  der  Pectenanlage  dieser  Zapfen  gleichmässig  stumpf-konisch,  ähnlich  wie 
in  Fig.  4 1  ,  nur  etwas  höher ;  im  proximalen  Theil  geht  seine  Spitze  in  eine  Anschwel- 
lung Uber,  die  um  den  5.  Tag  herum  im  Querschnitt  noch  spindelförmig,  in  dieser  Serie 
aber  viel  stärker  ausgesprochen  und  fast  rundlich,  knopfförmig  erscheint  (Fig.  42);  sodann 
folgen  einige  Schnitte in  welchen  die  Augenblasenränder  sich  an  der  allmälig  immer 
niedriger  werdenden  Pectenanlage  (Fig.  43),  und  nachdem  diese  gänzlich  aus  den  Schnitten 
verschwunden,  gegen  einander  aufbäumen,  um  allmälig  —  und  zwar  mit  ihrer  dem  Glas- 
körper nächstliegenden  Zellschicht  beginnend  —  in  einander  überzugehen  und  zusammen- 
zufliessen  (Fig.  44).  Diese  letzteren  Schnitte  gehören  derjenigen  Stelle  der  Augenblase  an, 
wo  der  Augenblasenstiel  in  die  Augenblase  übergeht. 

Die  Combination  der  Schnitte  dieser  Serie  ergibt  also  in  Bezug  auf  die  Augenblasen- 
spalte  als  Resultat  der  Veränderungen  des  6.  Tages,  dass,  soweit  die  Umschlagsränder  der 
Augenblase  mit  einander  in  Berührung  getreten  sind,  statt  der  früheren  klaffenden  Spalte 
nur  noch  eine  „Naht"  an  der  Bauchseite  der  Augenblasen  vorhanden  ist.  Nicht  in  Be- 
rührung mit  einander  getreten  sind  die  Ränder  der  Augenblase  aber  1)  im  proximalsten 
Theil  der  Spalte,  soweit  die  Anlage  des  Pecten  distal wärts  reicht;  in  diesem  Theil  kommt 
es  überhaupt  niemals  zu  einer  Annäherung  der  Augenblasenränder  anneinander,  weil  nicht 
nur  der  Pecten  seine  diesen  Theil  der  Spalte  durchsetzende  Verbindung  mit  den  Kopfplatten 
niemals  aufgibt,  sondern  auch  die  ganze  Fasermasse  des  Sehnerveu  später  durch  diese 
Oeffnung  hindurch  zieht;  2)  in  ganz  beschränkter  Ausdehnung  im  Ciliartheil  an  derjenigen 
Stelle,  wo  das  uns  bekannte  Blutgefäss  aus  dem  Glaskörperraum  in  die  Kopfplatten  mis\x\ii\ 
unter  stetig  fortschreitendem  Atrophiren  dieses  Gefässes  verkleinert  diese  Durchtrittsöffnung 
sich  rasch,  die  Reste  des  Gefässchens  in  derselben  schwinden,  die  Augenblasenränder  stossen 
auch  an  dieser  Stelle  zusammen  und  es  steht  dann  der  Verwachsung  der  ganzen  aus  dem  distal- 
wärts  von  der  Pectenanlage  gelegenen  Theil  der  Augenblasenspalte  hervorgegangenen  Naht 
kein  Hinderniss  mehr  im  Wege. 

Was  die  weitere  Entwickelung  des  Pecten  anbelangt,  so  lag  eine  bis  in  die  kleinsten 
Details  gehende  Untersuchung  derselben  nicht  im  Plan  dieser  Arbeit;  ich  gebe  daher  im 
folgenden  darüber  auch  nur  soviel,  als  für  den  vorliegenden  Zweck  zur  Orientirung  über 
dieses  Organ  im  Allgemeinen  und  seine  Beziehungen  zu  seiner  Umgebung  erforderlich  ist. 
Da  ich  mich  dabei  zum  Theil  auf  Lupenbeobachtungen  beschränken  werde,  erwähne  ich  hier 
zuvor  noch  kurz  das,  was  diese  in  den  im  vorhergehenden,  nach  mikroskopischen  Präpa- 
raten bereits  besprochenen  jüngeren  Stadien  mir  ergeben  haben. 

Im  Laufe  des  2.  und  3.  Tages  habe  ich  nichts  gefunden,  w^as  nicht  schon  in  der 
Darstellung  Remak's  enthalten  und  in  seinen  schönen  Abbildungen  veranschaulicht  wäre. 


69 


Von  der  Mitte  des  4.  Tages  an,  wenn  eben  die  Pigmentiriing-  der  Augenblase  beginnt, 
bemerkt  man  in  dem  bekannten  pigmentlosen  Streifen  an  der  Baiichfläche  der  Augenblase  eine 
feine  rotbe  Linie ;  dieselbe  ist,  wenn  man  sofort  nach  Eröffnung  des  Eies  den  Embryo  in  situ 
beobachtet,  namentlich  nach  Entfernung  des  Amnion,  so  lange  das  Herz  noch  pulsirt,  sehr 
deutlich  und  scharf  zu  erkennen,  s.  Fig.  1.    Man  könnte  zweifelhaft  sein,  ob  dieselbe  dem  an 
der  Bauchfläche  der  Augenblase  zurückführenden,  also  oberflächlich  gelegenen, 
oder  dem  die  Spalte  durchsetzenden  innerhalb  der  Augenblase  verlaufenden 
Theil  der  Gefässschlinge  entspricht?    Ich  glaube  letzteres;  denn  einerseits  ist 
jener  Theil  (siehe  o.  S.  37)  wohl  zu  fein,  um  unter  der  Lupe  so  deutlich  und 
dick  sich  präsentiren  zu  können,  andererseits  ist  diese  rothe  Linie  noch  schärfer        Fig.  i. 
und  deutlicher  und  in  derselben  Dicke  bei  der  Betrachtung  von  oben  her  zu  mbrynon?¥agTn 
sehen,  wenn  man  durch  einen  Scheereiischlag  die  obere  Hälfte  des  Bulbus  ab-  seife  umr^nten  be- 
getragen hat  *).   Je  älter  und  undurchsichtiger  der  Embryo  wird,  desto  undeut- 
lieber  wird  jene  rothe  Linie,  bis  sie  zu  Anfang  des  7.  Tages  von  aussen -unten  kaum  noch 
wahrzunehmen  ist,  bei  der  Betrachtung  von  oben -innen  aber  äusserst  fein  und  dünn  und 
hl  der  Basis  des  Pecten  liegend  und  zwar  überhaupt  nur  in  der  Aus- 
dehnung dieses  letzteren  wahrgenommen  Avird,  siehe  Figur  H  a.  und  b ; 
der  pigmentlose  Streif  reicht  um  diese  Zeit  noch  bis  an  den  Pupillarrand ; 
dass  derselbe  in  diesem  Theil  nicht  mehr  einer  Spalte,  sondern  nur  dem 
Mangel  des  Pigments  in  den  sich  bereits  berührenden  oder  schon  mit 
einander  verwachsenden  Umschlagsrändern  der  Augenblase  sein  Dasein 
verdankt,  ist  an  Sagittalschnitten  durch  denselben  leicht  zu  constatiren. 
—  Am  9.  Tage  fängt  dieser  helle  Streif  an  zu  schwinden,  indem  sowohl 
am  Pupillarrand  als  in  dem  dem  Pecten  nächstliegenden  Theil  desselben 
Pigmentirung  eintritt,  und  dies  zwar  so  intensiv,  dass  diese  Stellen  dunkler 
erscheinen  als  ihre  Umgebung 

schwarze  Linien  sich  markiren ;  nur  im  Bereich  der  Process.  ciliares  und 
derL'is  ist  die  Linie  noch  weiss -);  allmälig  schwärzt  sich  auch  diese  Stelle, 
und  dann  ist  auch  in  mikroskopischen  Schnitten  senkrecht  auf  die  früher 
vorhanden  gewesene  weisse  oder  schwarze  Linie  in  der  ganzen  Ausdeh- 
nung vom  Pupillarrand  bis  zum  distalen  Ende  des  Pecten  keine  Spur 
der  früheren  Spalte  oder  des  Pigmentmangels  mehr  zu  finden,  die  Bilder 
vielmehr  vollkommen  denjenigen  gleich,  welche  man  durch  Schnitte  aus 
irgendeiner  anderen  entsprechenden  Stelle  der  Augenblase  erhält-^). 


Fig.  II. 

Hübnerembryo  vom  Anfang  des 

7.  Bruttages, 
a.  nacb  Abtragung  der  oberen 
Bulbushälfte     durch  einen 
Soheerensohlag. 

in  welcher  sie  am  Ende  des  9.  Tages  als        pig™e^tiose  streif  stärker 

»  vergrossert :  p.  proximales  — 

d.  distales  Ende  (Pupillarrand) 
desselben;  —  die  feine  Linie 
in  demselben  bezeichnet  die 
Ausdehnung ,  in  welcher  das 
Gefäss  zu  sehen  ist.  die  punkt- 
förmige Verbreiterung  des- 
selben in  der  Nähe  des  proxi- 
malen Endes  entspricht  wahr- 
scheinlich der  Eintrittsstelle 
des  Gefässes,  während  die  Ver- 
breiterung des  pigraentlosen 
Streifens  in  derselben  Gegend 
die  Eintrittsstelle  desN.opt.  in 
den  Bulbus  (vgl.  Fig.  6.)  be- 
zeichnen dürfte,  vgl.  zu  dieser 
Fig.  Huschke's  (18)  Fig.  6. 


1)  Dies  lässt  sich  mit  einer  allerfeinsten  Scheere  recht  wohl  ausführen,  ohne  dass  irgend  welche  Spuren  eines  etwa 
stattgehabten  Druckes  auf  das  Object  an  den  Rändern  des  zurückbleibenden  Theiles  des  Bulbus  (Faltung  oder  Verbieguug 
derselben)  zu  bemerken  wären. 

2)  Dies  legt  den  Gedanken  nahe,  dass  wie  die  Pigmentirung  so  auch  die  Verwachsung  der  Spalte  in  jenem  Theil 
zuerst  eintritt  und  würde  damit  eine  entwickelungsgeschichtliche  Erklärung  für  das  Vorkommen  von  Ciliar-  und  Iris-Colo- 
bomen  ohne  gleichzeitigen  Defect  in  der  Retina  gegeben  sein. 

3)  Lieberkühn  (2S.  S.  32)  lässt  die  Augenblasenspalte  verwachsen  „unter  Bildung  einer  Falte  der  Netzhaut".  Ich 
finde  eine  solche  Falte  in  meinen  Präparaten  nicht  und  halte  dieselbe  daher  für  ein  Kunstproduct  (vgl.  o.  S.  55.). 


70 


Fig.  III. 

Hühnerembryo  von  9  Tagen, 
nach  Entfernung  der  äusse- 
ren Bedeckungen  der  Bulbi, 
von  der  Bauchfläche  her  ge- 
sehen. 

a.  Die  beiden  Bulbi  in  situ ; 
1.  Schnabel;  2.  Pupille. 

b.  Der  pigmentlose  Streif, 
stärker  vergrössert;  1.  di- 
stales Ende  desselben  am 
Pupillarrand ;  2.  das  im 
Ciliartheil;  3.  u.  4.  das 
in  der  Retina  liegende ; 
4.  das  die  Basis  des  Pecten 
enthaltende  Stück  des- 
selben:  5.  Nerv,  opticus. 


Aus  der  Figur  III  a.  ist  auch  zu  ersehen ,  wie  das  Messer  geführt  werden  muss,  wenn 
man  in  diesem  Stadium  senkrecht  auf  die  Basis  des  Pecten  schneiden  will:  die  als  ^„sagittal^' 
bezeichneten  Schnitte  dürfen  schon  längst  nicht  mehr  parallel  der  Median- 
ebene fallen,  sondern  müssen  dieselbe  unter  einem  schiefen  Winkel  treffen ; 
dazu  kommt  noch  die  der  Bulbuskrümmung  entsprechende  bedeutende 
Convexität  der  Pectenbasis  (siehe  Figur  IV),  aus  welcher  die  Forderung 
erwächst,  dass  jene  Schnitte  gleichzeitig  Ä'*?«'/ schnitte  in  der  Richtung 
des  Krümmungsradius  der  Pectenbasis  sein  müssen,  wenn  die  sämmt- 
lichen  Schnitte  einer  Serie  senkrecht  auf  die  Trennungsflächen  fallen 
sollen ;  um  dieser  Glrundbedingung  für  die  Gewinnung  scharfer  und  klarer 
Bilder  zu  genügen,  ist  also  eine  beständig  fortschreitende  Aenderung 
der  Schnittrichtung  nothwendig. 

Wie  rasch  der  Pecten,  nachdem  er  einmal  angelegt  ist,  in  seinem 
Wachsthum  fortschreitet,  zeigt  Figur  IV.    Das  zu  Grunde  liegende  Prä- 
parat ist  gewonnen  von  einem  8 — 9  Tage  alten  Hühnerembryo ;  nach  Er- 
härtung in  CrO  i  und  Alkohol  wurde  der  übrige  Theil  des  Bulbus  mit  der 
Scheere  allraähg  abgetragen  und  darauf  der  Glaskörper  möglichst  voll- 
ständig durch  Abzupfen  mit  zwei  feinen  Pincetten  entfernt.  Die  kleine, 
frei  in  den  Binnenraum  des  Auges  hinaufragende  Wand  trägt  an  ihrem 
oberen  Rand  einen  schmalen  Saum,  der  zarter  und  durchsichtiger  ist,  als  die  übrige  Masse 
des  Pecten;  der  Lage  nach  würde  derselbe  dem  späteren  sogenannten  Pigmentaufsatz  ent- 
sprechen.   Von  Faltung  ist  noch  keine  Spur  vorhanden.  Vom 
distalen  Ende  der  Basis  des  Kammes  geht  ein  äusserst  feiner 
Strang  bogenförmig  über  die  in  der  Zeichnung  durch  eine  punk- 
tirte  Linie  angedeutete,  im  Präparat  selbst  nicht  mehr  sichtbare 
Verwachsungsspur  der  Augenblasenspalte:  ein  Ueberrest  des  atro- 
phirenden  Theiles  des  Gefässes  und  der  dasselbe  begleitenden 
Kopfplattenelemente  (vgl.  Taf.  III.  Fig.  40.);  im  Strahlenblättchen 
tritt  der  pigmentlose  Streif  noch  deutlich  hervor. 

In  dem  Figur  V.  gezeichneten  Stadium  -  aus  einem  wahr- 
scheinlich circa  10—12  Tage  bebrüten  Ei  —  ist  die  Faltenbildung 
im  vollen  Gang ;  von  den  1 5  vorhandenen  Falten  ist  die  mittelste 
die  stärkste;  je  weiter  von  dieser  entfernt,  desto  niedriger  und  verwaschener  sind  sie;  die 
Faltung  scheint  also  von  der  Mitte  nach  den  beiden  Enden  hin  fortzuschreiten.    Der  unge- 
faltete Theil  des  Pecten  nimmt  sich  dünner  und  durchsichtiger  aus  als 
der  gefaltete,  von  welchem  er  in  CrO  {-Präparaten  durch  eine  etwas 
dunkler  gefärbte,  nicht  ganz  scharf  begrenzte  Zone  getrennt  erscheint. 
Pigment  ist  noch  nicht  vorhanden. 

Am  17.  oder  18.  Brüttag  ist  das  Aussehen  des  Pecten  schon 
fast  dasselbe,  wie  beim  ausgeschlüpften  Hühnchen;  die  Pigmentirung,  die  allmälig  vom  Pig- 
mentaufsatz nach  der  Basis  hin  vorgeschritten  ist,  ist  nur  in  der  Nähe  der  letzteren  noch 


Fig.  IV. 

Pecten  eines  8 — 9  Tage  alten  Hühner- 
embryo.    Vgl.  Huschke's  (18)  Fig.  4 


Pecten  eines  (circa  10  bis 
12  tägigen)  Huhnerembryo. 


71 


nicht  vollständig'.  Die  Falten  (17  an  Zahl  -  im  erwachsenen  Huhn  nach  Huschke's  (18)  An- 
gabe 18)  divergiren  nach  der  Basis  hin,  und  zwar  stärker  im  proximalen  als  im  distalen  Theil; 
die  Längsdurchmesser  der  einzelnen  Falten  haben  annähernd  die 
Richtung  von  Radien  des  Bulbus.  Die  höchste  Höhe  hat  bereits 
die  2.  Falte,  von  dieser  ab  werden  sie  proximalwärts  immer  niedriger, 
am  raschesten  erfolgt  die  Abnahme  bei  den  4  5  letzten  —  alles 
ganz  ähnlich  wie  im  erwachsenen  Thier;  der  bedeutend  höhere 
distale  Rand  fällt  fast  senkrecht,  der  niedrige  proximale  in  der  Weise 
schräg  ab,  dass  die  Basis  länger  ist  als  der  freie  Rand.  —  Ein 

Pecten  eines  17tägigen  Hühner- 

Horizontalschnitt  zeigt  die  Faltung  m  Form  eines  Zickzack  mit  ab-  embryo. 
gerundeten  Ecken  —  Taf.  HL  Fig.  47.  Die  Falten  liegen  schon  ziemlich  dicht  aneinander, 
sodass  die  Flächenansicht  dem  unbewaffneten  Auge  das  Bild  einer  kleinen  massiven  Wand 
darbietet,  deren  innerer  Bau  nur  durch  die  senkrechte  dunklere  Streifuiig  sich  verräth;  aber 
auch  diese  wiid  allmälig  etwas  schwächer  in  dem  Maass  als  mit  zunehmendem  Alter  die 
Pigmentirung  intensiver  wird;  indess  genügt  auch  dann  noch  selbst  eine  schwache  Lupe, 
um  über  den  wahren  Sachverhalt  Aufschluss  zu  geben. 

Der  Pecten  des  erwachsenen  Vogels  wird  gewöhnlich  charakterisirt  als  ,,gefässreiche 
pigmenthaltige  Membran".  Der  Gefässreichthuin  desselben  ist  in  der  That,  wenigstens  beim 
Huhn,  so  kollosal  (vgl.  Taf.  HI,  Figg.  47,  48,  50),  dass  man  vielmehr  sagen  möchte:  er 
besteht  nur  ans,  auf  das  vielfachste  unter  einander  communicirenden,  flächenhaft  angeordneten 
Gefässschlingen,  welche  durch  ein  äusserst  spärliches,  zwischen  eingestreutes,  reichlich 
Pigment  führendes  Bindegewebe  und  durch  eine  zarte  structuiiose  Umhüllungsmembran  zu 
einem  Ganzen  vereinigt  werden.  —  Das  Pigment  ist  amorph,  die  grösseren  und  kleineren 
Körnchen  desselben  bilden  kleine  Gruppen,  welche  darauf  schliessen  lassen,  dass  dasselbe 
in  die  zwischen  den  Gefässen  liegenden  Bindegewebszellen  eingeschlossen  ist;  bisweilen 
findet  man  in  der  Mitte  einer  solchen  kleinen  Gruppe  eine  rundliche  pigmentlose  Stelle,  die 
man  gewiss  für  den  unpigmentirten  Zelleiikern  halten  darf.  -  Der  Verlauf  der  Gefässe  ist 
im  Allgemeinen  ein  von  der  Basis  nach  dem  freien  Rand  hin  gerichteter;  nur  an  letzterem 
selbst  verlaufen  2 — 3  grössere  Gefässe  parallel  mit  diesem,  also  annähernd  horizontal;  da 
das  Gebiet  dieser  letzteren  stets  am  intensivsten  pigmentirt  ist,  so  wird  diese  Zone  auch  als 
„Pigmentaufsatz"  bezeichnet.  —  Feinste  Capillaren  finde  ich  im  völlig  entwickelten  Pecten 
des  Huhnes  gar  nicht ;  der  Durchmesser  der  kleinsten  Lumina  beträgt  immer  noch  das  2  bis 
3  fache  desjenigen  eines  Blutkörperchens.  ')  —  Gespeist  werden  die  sämmtlichen  Gefässe  im 

1)  MiHALKOvicz  (32.  S.  592)  lässt  den  Kamm  bestehen  „aus  einem  Convolut  mannigfach  miteinander  verflochtener 
Haargefässe ,  deren  äusserst  sparsame  Lücken  eine  farblose  Gallertmasse  ausfüllt,  in  der  um  die  Gefässe  herum  zahlreiche 
schwarze  Pigmentkörnchen  abgelagert  sind.  Grössere  Stämme  ziehen  von  der  Basis  zwischen  feineren  Haargefässen  aufwärts, 
jedoch  zeigen  auch  diese  die  Structur  von  Haargefässen."  —  Diese  Beschaffenheit  haben  die  Gefässe  wol  nur  in  jüngeren 
Stadien;  bei  alten  Thieren  finde  ich  die  Wandungen  derselben  von  so  erheblicher  Dicke  (vgl.  Taf.  III.  Fig.  48) ,  dass  die  Bezeich- 
nung „Haargefässe"  nicht  mehr  anwendbar  ist.  —  Die  oben  von  mir  angegebene  Gruppirung  der  Pigmentkörnchen  erkennt  man 
nur  in  Präparaten  von  Objecten,  deren  Härtung  besonders  gut  gelungen  war;  ist  dies  nicht  der  Fall  gewesen,  so  treten  die 
Pigmentkörnchen  zum  Theil  aus  den  Zellen  aus  und  die  Conturen  der  letzteren  sind  dann  nicht  mehr  zu  erkennen.  Ich  werde 
auf  die  Thatsache,  dass  Pigmentzellen  sich  bei  gewissen  Behandlungsarten  schwerer  conserviren  als  pigmentlose,  in  Cap.  VII. 
nochmals  zu  recurriren  genöthigt  sein. 


72 


Pecten  ans  einer  eigens  dazn  vorhandenen  Arterie,  welche  der  Basis  des  Pecten  entlang-  in 
der  Rinne  der  Eintrittsstelle  der  Sehnervenfasern  verläuft.  Um  die  Anwesenheit  dieser  Rinne, 
so  wie  den  Verlauf  und  die  Lage  der  zu-  und  abführenden  Gefässe  des  Pecten  verständlich 
zu  machen,  dürften  folgende  Bemerkungen  über  das  in  einigen  Beziehungen  von  demjenigen 
bei  den  Säugern  abweichende  Verhalten  des  Nervus  opticus  und  seiner  Fasern  beim  Eintritte 
in  den  Bulbus  hier  um  so  mehr  gerechtfertigt  erscheinen,  als  eine  correcte  Vorstellung  gerade 
von  diesen  Verhältnissen  für  das  Verständniss  der  später  anzustellenden  Vergleichung  der- 
selben mit  den  entsprechenden  in  anderen  Thierclassen,  namentlich  den  Säugern,  unumgäng- 
lich nothwendige  Vorbedingung  ist. 

Obgleich  auch  beim  Huhn  der  Querschnitt  des  Opticusstammes  annähernd  kreisförmig 
ist,  so  zeigt  doch  die  Lücke  in  der  Retina,  durch  welche  seine  Fasern  hindurchtreten,  nicht, 
wie  die  entsprechende  Oefifnung  im  Auge  der  Säuger,  die  jenem  Querschnitt  entsprechende 
runde  Form,  sondern  die  einer  frontal  stehenden  breiten  Spalte  mit  abgerundeten  Enden. 
Dies  ist  bedingt  durch  folgendes  Verhalten  des  Opticus :  Die  durch  zahlreiche  bindegewebige 
Septa  in  eine  Menge  abgeplatteter  Bündel  grup])irte  Fasermasse  des  mächtigen  Stammes  des 
Sehnerven  durchbricht  beträchtlich  ventralwärts  vom  medialen  Endpunkt  der  Sehaxe  nicht 
wie  diejenige  der  Säuger  annähernd  in  der  Richtung  eines  Radius  des  Bulbus,  sondern 
unter  schiefem  Winkel  die  Sclera,  dringt  in  die  Chorioidea  ein,  entsendet  nun  aber  nicht,  wie 
dies  bei  den  Säugern  der  Fall  ist,  sofort  auch  die  ganze  Masse  seiner  Fasern  in  gestrecktem 
Laufe  durch  die  Schichten  der  Retina  hindurch  an  deren  Innenfläche,  sondern  nur  die  am 
meisten  dorsal  gelegenen  seiner  Bündel,  welche  die  nach  oben  und  zu  beiden  Seiten  von 
ihrer  Eintrittsstelle  gelegenen  Partien  der  Retina  mit  einer  sehr  mächtigen  Faserlage  über- 
ziehen (Fig.  50.  N.  f.  und  Fig.  46).  Die  ganze  Summe  der  übrigen,  hierzu  nicht  ver- 
brauchten Faserbündel  schlägt  eine  noch  mehr  ventral-distalwärts  gerichtete  Direction  ein 
—  Fig.  46  (N.  0.)  —  um  in  einer  Richtung  fortzulaufen,  die  um  so  mehr  derjenigen 
nach  dem  tiefsten  Punkt  des  Linsenäquators  sich  nähert,  je  mehr  ventral  im  Opticus  das 
resp.  Faserbündel  liegt,  Während  dieses  Laufs  dringen  beständig  dünnere  Faserbündel  in 
die  spaltartige  Lücke  vor,  um  über  beide  Seiten  derselben  auf  die  Innenfläche  der  Retina 
auszustrahlen  (Fig.  49).  Dabei  verschmächtigt  sich  der  Stamm  des  Opticus  immer  mehr  — 
vgl.  Fig.  50.  N.  0.  mit  Fig.  49.  N.  o.  und  Fig.  46;  endlich  dringt  auch  der  letzte  Rest 
der  Fasern  am  distalen  Ende  der  Spalte  durch  diese  hindurch,  um  sich  in  gleicher  Weise 
radiär  über  die  Innenfläche  der  dieses  Ende  umgebenden  ventralen  Retinapartien  zu  ver- 
breiten, wie  die  dorsalen  Bündel  es  am  medialen  Ende  der  Spalte  gethan  hatten. 

Die  Vergleichung  der  beiden  Sagittalschnitte  Taf.  HL  Figg.  50  und  49  ergibt  — 
und  Horizontalschnitte  bestätigen  dies  — ,  dass  die  spaltförmige  Durchtrittsöflfnung  in  der 
Retina  und  Chorioidea  in  ihrer  ganzen  Längsausdehnung  die  gleiche  Breite  hat;  der  cylin- 
drische  Stamm  des  N.  opt.  verwandelt  sich  also  vor  seinem  Eintritt  in  die  inneren  Augen- 
häute in  ein  in  der  Richtung  des  Querdurchmessers  der  Durchtrittsöflfnung,  also  von  vorn 
nach  hinten  stark  comprimirtes,  plattes  Gebilde;  nur  am  proximalen  und  distalen  Ende  der 
Durchtrittsöflfnung  findet  radiäre  Ausstrahlung  statt  (vgl.  Liebekkühn's  (28)  Fig.  18);  die 
über  den  vorderen  und  hinteren  Rand  derselben  in  die  vordere  und  hintere  Bulbushälfte 


73 


ziehenden  Fasern  dagegen  verlaufen  anfangs  vollkommen  parallel.  Durch  ihr  bogenförmiges 
nach  vorn  und  hinten  Auseinanderweichen  innerhalb  der  Durchtrittsölfnung  entsteht  über  der 
Mitte  dieser  letzteren  die  oben  genannte  Rinne  oder  Furche  —  vgl.  Taf.  III.  Fig.  50  bei 
a.  p.  und  Fig.  45  — ,  in  der  die  zum  Pecten  gehörige  mächtige  Arterie  liegt.  Beide,  die 
Arterie  sowol  als  die  Rinne,  reichen  unter  allmäliger  Abnahme  der  Dicke  der  ersteren  und 
der  Tiefe  der  letzteren  vom  proximalen  bis  zum  lateralen  Ende  der  Durchtrittsöffnung  — 
vgl.  Fig.  46  und  Fig.  50  a.  p.  mit  Fig.  49. 

Den  Ursprung  dieses  Gefässes  beschreibt  Barkow  (7)  nach  zahlreichen  Injectionen 
an  verschiedenen  Vogelarten  folgendermassen :  der  äussere  Ast  der  Carotis  interna  löst  sich 
gleicli  nach  seinem  Austritt  aus  dem  Schläfenbein  in  das  grosse  rete  mirabile  ophthalmicum 
auf;  aus  diesem  gehen  die  Artt.  palpebrales  inff.,  ethmoidalis  und  ophthalmica  hervor.  Die 
Art.  ophthalm.  gelangt  an  die  äussere  Seite  des  Nervus  opt.,  bildet  hier  ihrerseits  wiederum 
ein  Wundernetz  :  das  rete  mirabile  pectinis,  dessen  Zweige  die  Sclera  durchbohren  und  dann 
zu  einem  gemeinschaftlichen  Stamm  sich  vereinigen,  welcher  der  ganzen  Länge  des  Fächers 
nach  an  seiner  Basis  verläuft  und  aus  dem  eine  grosse  Anzahl  von  Zweigen  hervorkommt, 
die  in  die  einzelnen  Falten  des  Fächers  eintreten.  ') 

Dieser  Stamm,  oder  die  zu  ihm  sich  vereinigenden  Zweige  des  Wundernetzes  müssen 
natürlich,  um  bis  an  den  Pecten  zu  gelangen,  die  Nervenfaserlage  am  medialen  Ende  durch- 
bohren. 

Der  Ahfluss  des  Blutes  aus  dem  Pecten  findet  in  eine  grosse  Chorioidalvene  statt  — 
Fig.  49  ;  zwei  von  den  CiliarkÖrpern  herkommende  Venen  nämlich  fliessen  in  der  Gegend 
des  distalen  Endes  des  Pecten  zu  einem  mächtigen  Stamm  zusammen,  welcher  (Fig.  49 
Ch.  V.)  in  der  Chorioidea  eine  Strecke  parallel  mit  der  Basis  des  Pecten  medianwärts  läuft, 
um  dann  etwa  in  der  Mitte  der  Längsausdehnung  derselben,  nicht  weit  von  der  Durch- 
bohrungsstelle der  Sclera  durch  den  N.  opt.,  Fig.  46  Ch.  v.,  durch  ein  besonderes  Loch 
in  der  Sclera  an  die  Aussenfläche  des  Bulbus  zu  dringen.  —  Die  Verbindungen  zwischen 
dieser  grossen  Vene  und  den  vom  Pecten  abführenden  Gefässen  sind  in  den  Figg.  46 
(unterhalb  p)  und  49  (v.  v.)  nur  zum  Theil  sichtbar,  da  diese  Gefässe,  nachdem  sie  die 
Nervenfaserschicht  durchbohrt  haben,  stark  geschlängelt  theils  zwischen  den  am  oberflächlich- 
sten gelegenen  Faserbündeln,  theils  zwischen  diesen  und  dem  freien  Rand  der  Retina'-)  sich 
hindurchwinden ;  dieser  ihrer  starken  Krümmungen  wegen  können  sie  nicht  in  grösserer  Aus- 


1)  Dazu  stimmt  die  Angabe  Leuckart's  (27.  S.  224):  „Die  Arterien  des  Fächers  sind  ohne  Zusammenhang  mit  denen 
der  Chorioidea." 

2)  Letztere  Beobachtung  hat  offenbar  Owen  vorgelegen,  wenn  er  (35a.  S.  139)  von  einem  Eintreten  von  Gefässen 
between  the  laminae  of  the  retina  along  the  whole  exteut  of  the  oblique  slit ,  welche  dann  unmittelbar  in  die  Falten  des 
Marsupium  eindringen,  spricht.  Die  Annahme,  dass  es  sich  hier  nicht  um  6'/?itretende,  sondern  um  «(«tretende,  abführende 
Gefässe  handelt,  erscheint  nicht  nur  durch  den  oben  beschriebenen  Zusammenhang  derselben  mit  der  Chorioidalvene,  sondern 
auch  durch  den  Umstand  gerechtfertigt,  dass  Oweu  (1.  c.  S.  141)  selbst  die  arterielle  Zuleitung  ausführlich  ganz  ebenso  be- 
schreibt wie  Barkow.  Auf  derselben  S.  141  (1.  c.)  macht  Owen  die  interessante  Bemerkung:  „The  vessels  of  the  lens  are 
derived  from  those  of  the  marsupium;"  nur  bei  einigen  Vogelarten  reicht  der  Pecten  überhaupt  bis  an  die  Linse;  sollten  bei 
diesen  an  der  Linse  Gefässe  vorhanden  sein  ? 

Kessler,  Wirbelthier-Auge.  10 


74 


dehming  in  einen  Schnitt  fallen,  lassen  sich  aber  in  aufeinander  folgenden  Schnitten  dieser 
Eegion  sicher  verfolgen. ') 

Was  die  Entmickehmg  der  Gefässe  im  Pecten  anbelangt,  so  kann  die  Frage  auf- 
geworfen werden,  ob  dieselbe  dadurch  zu  Stande  kommt,  dass  von  der  Arterie  an  seiner 
Basis  ausgehende  Gefässsprossen  ins  Gewebe  der  Pectenanlage  hineinü-eiben  —  letzteres 
würde  dann  im  Erwachsenen  nur  in  den  zwischen  den  Gefässen  liegenden  Pigmentzellen 
wiederzufinden  sein  —  oder  ob  dieselbe  in  loco,  durch  eine  Differenzirung  des  die  Pecten- 
anlage bildenden  Zellenmaterials  in  Blutzellen,  Gefässwandungen  und  Pigmentzellen  sich  voll- 
zieht? —  Die  Bilder,  welche  mir  von  den  bezüglichen  Stadien  vorliegen,  scheinen  fast  für 
den  letzteren  Modus  zu  sprechen;  man  findet  nämlich  auch  schon  in  den  Fig.  45.  kurz, 
vorhergehenden  Stadien  in  Querschnitten  das  Innere  der  bisher  gleichmässig  dichten  Pecten- 
anlage allmälig  sich  lichtend,  die  Zellen  zeigen  sich  auseinandergewichen  und  in  die  Nähe 
der  Umhüllungsmembran  dichter  zusammengedrängt;  in  der  helleren  Mitte  liegen  Fig.  45 
nur  spärlichere  grössere  runde  Zellen,  die  an  junge  Blutzellen  erinnern.  In  einem  erheblich 
späteren  Stadium,  in  welchem  die  Pigmentirung  des  Pecten  bereits  begonnen  hat,  nach  der 
Basis  hin  aber  noch  kaum  vorhanden  ist,  findet  man  dann  auch  schon  gelblich  gefärbte 
Zellen  i.  e.  vöUig  entwickelte  Blutkörperchen,  wenn  auch  in  der  Gegend  des  späteren  Pig- 
mentaufsatzes sehr  spärlich  und  vereinzelt,  während  gleichzeitig  auch  die  im  Entstehen 
begriffenen  Gefässwandungen  durch  die  regelmässige  Aneinanderreihung  der  in  ihren  Aufbau 
einbezogenen  Zellen  vorzugsweise  in  den  unteren  Theilen  des  Pecten,  im  Pigmentaufsatz 
dagegen  noch  gar  nicht,  sich  bemerkbar  machen ;  einen  Zusammenhang  dieser  jungen  Gefäss- 
wandungen mit  der  Arterie  an  der  Basis  habe  ich  in  diesem  Stadium  nirgends  sicher  nach- 
weisen können,  während  derselbe  von  völlig  ausgewachsenen  Hühnern  mir  in  zahlreichen 
Schnitten  vorliegt. 

Dass  die  Arterie  an  der  Basis  früher  vorhanden  ist,  als  die  Gefässe  in  den  Falten, 
braucht  kaum  noch  bemerkt  zu  werden,  siehe  Fig.  45;  ihre  Herkunft  unterliegt  keinem 
Zweifel,  denn  da  sie  genau  dieselbe  Lage  und  denselben  Verlauf  hat,  wie  der  proximale 
Theil  der  Gefässanlage,  welche  wir  Cap.  III.  S.  35  ff.  durch  die  Augenblasen  spalte  in  den 
Glaskörperraum  sich  erheben  sahen,  und  dieses  Gefäss  in  derjenigen  Ausdehnung,  in  welcher 
die  Pectenanlage  an  dasselbe  anlehnte  (oder  aus  ihm  hervorging?)  in  allen  meinen  Präparaten 
aus  den  verschiedensten  Stadien  —  wenn  auch  in  vielen  nur  mit  einem  sehr  kleinen  Lumen 
—  nachweisbar  ist,  offei>bar  also  niemals  schwindet,  so  kann  diese  Arterie  nur  der  in  einer 
späten  Zeit  zu  mächtiger  Entfaltung  gelangte  persistirende  Theil  jener  uns  wohlbekannten 
Gefässschlinge  sein  ^). 

Wenn  der  distalwärts  von  der  Pectenanlage  gelegene  Theil  dieser  Gefässschlinge 
atrophirt,  so  geht  dann  der  Abfiuss  des  Blutes  aus  dem  persistirenden  Theil  ausschliesslich 
durch  diejenigen  feinsten  Zweige  vor  sich,  welche  S.  36  als  vom  Stamm,  schon  vor  dessen 

1)  Nach  Leydig's  und  A.  Vorgang  gibt  Lieberkühn  (28)  S.  29  an  ,  dass  der  Pecten  „von  einer  grösseren  Arterie 
und  Vene  versorgt  wird ,  die  an  seiner  Basis  entlang  laufen."   Eine  solche  Vene  existirt  nicht. 

2)  Noch  später  als  derjenige  des  Pecten  entwickelt  sich  der  Gefässreichthum  der  Chorioidea  (Fig.  49.  50.  ch) ,  denn 
in  dieser  ist  auch  bei  dem  schon  mehrere  Tage  alten  Küchlein  (Fig.  46)  nur  erst  eine  fast  nur  capillare  Gefässschicht  vorhanden. 


75 


Austritt  iinterlialb  des  Linsenrandes,  durch  die  Aug'enTblasensiJalte  ventralwärts  in  die  Kopf- 
platten abgehend  erwähnt  wurden;  ihnen  entsprechen  nach  Lag-e  und  Verlauf  vollkommen 
diejenigen  Gefässe,  welche  wir  soeben  beim  Erwachsenen  als  abführende  kennen  gelernt  haben; 
letztere  gehen  also  zweifelsohne  aus  jenen  hervor,  indem  ihr  Lumen  proportional  dem  Wachs- 
thum der  Arterie  und  der  übrigen  Pectengefässe  sich  erweitert  und  sie  zugleich  durch  neu 
hinzugekommene  Zweige  vermehrt  und  auch  mit  den  Gefässen  in  den  Falten  selbst  in  directe 
Verbindung  gesetzt  werden. 

Die  Kopfplattenelemente,  welche  ursprünglich  unterhalb  der  Pectenanlage  in  der  Augen- 
blasenspalte  noch  sich  vorfanden,  werden  allmälig,  durch  die  zwischen  ihnen  hindurch  ziehen- 
den Fasern  des  Opticus  auseinandergedrängt,  theilweise  wohl  in  die  dünnen  bindegewebigen 
Blätter  umgewandelt,  welche  die  Nervenbündel  einscheiden,  theilweise  vielleicht  auch  zur 
Bildung  der  Gefässanlagen  verbraucht.  Durch  diese  Bindegewebszüge  und  -Scheiden,  und 
die  sie  begleitenden  abführenden  Gefässe  sowohl  wie  durch  das  zuführende  wird  also  der 
Pecten,  der  im  ausgebildeten  Zustand  bei  flüchtiger  Betrachtung  durch  den  Opticus  und  die 
Nervenfaserschicht  von  seinem  Mutterboden  ganz  isolirt  zu  sein  scheint,  siehe  Fig.  50,  auch  im 
völlig  entwickelten  Thier  in  lebendiger  Verl}indung  mit  jenem  ^  resp.  mit  den  aus  letzterem 
(dem  mittleren  Keimblatt)  hervorgegangenen  gefässreichen  bindegewebigen  Umhüllungen  des 
Auges  erhalten. 

Lacerta. 

Bei  der  Eidechse  bleibt  das  Gefäss,  welches  wir  noch  in  den  Figg.  78.  79,  auf  der 
Rinne  oberhalb  der  sich  berührenden  ümschlagsränder  der  Augenblase  fanden,  nicht  auf 
dieser  liegen ;  das  Fehlen  der  Verbindung  mit  den  Kopfplatten ,  welche  beim  Hühnchen  durch 
die  Augenblasenspalte  hindurch  stattfand,  gestattet  ihm,  sich  mit  einer  leichten  dorsalwärts- 
gerichteten  Convexität  etwas  höher  in  den  Glaskörperraum  zu  erheben ,  Fig.  80  A. ,  während 
gleichzeitig  die  allmälig  stärker  sich  krümmende  Bulbuswand  an  der  Bauchfläche  nach  der 
entgegengesetzten  Richtung,  ventralwärts,  sich  von  ihm  entfernt.  Das  Gefäss  tritt  in  Fig.  80 
an  der  Bauchseite  des  Nervus  opticus  (N.  o.)  und  des  noch  niedrigen,  breitbasigen  kegel- 
förmigen Pecten  in  den  Glaskörperraum  ein,  hat  einen  Durchmesser  von  etwa  3 — 4  Blut- 
körperchen und  tritt  in  der  Nähe  der  Ora  serrata  durch  den  Ciliartheil  aus  der  Augenblase 
wieder  aus  —  Fig.  80  B. ,  um  wohl  in  ähnlicher  Weise ,  wie  beim  Hülmchen  durch  eine 
Ciliar-  resp.  Chorioidalvene  sein  Blut  abführen  zu  lassen.  Bis  auf  diese  kleinen  Durchtritts- 
öfiPnungen  des  Gefässes  und  diejenige  für  den  Nerv,  opt.  ist  die  Augenblasenspalte  schon 
längst  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  spurlos  verwachsen ;  dies  geschieht  bei  der  Eidechse  viel 
früher  als  beim  Hühnchen,  während  die  Vascularisation  des  Pecten  in  eine  ebenso  späte  Zeit 
fällt,  wie  dort;  Fig,  80  ist  noch  nichts  davon  zu  sehen;  sie  scheint  erst  gleichzeitig  mit  der 
endlich  auch  die  im  Ciliartheil  gelegene  Austrittsöffnung  des  Binnengefässes  betreffenden  Ver- 
wachsung der  Spalte,  vielleicht  aber  auch  in  causalem  Zusammenhang  mit  dieser  einzutre- 
ten; die  allmälige  Verengerung  und  der  allendliche  gänzliche  Verschluss  dieser  letzteren 
nämlich  muss  zu  einer  steigenden  Behinderung  und  endlich  zur  Aufhebung  des  Abflusses, 
diese  aber  bei  fortbestehendem  Zufluss  zu  einer  UeberfüUung  des  Gefässes  und  diese,  wenn 

10* 


76 


der  vermehrte  Austritt  von  Blutkörperchen  in  den  Glaskörper  —  (Fig.  80  A.  sind  diese 
reichlich  in  letzterem  vorhanden;  vgl.  Fig.  78)  zur  Verminderung  der  Spannung  der  Gefäss- 
wand  nicht  mehr  ausreicht,  zur  Entwickelung  neuer  Abflussbahnen,  wie  etwa  in  den  eben 
in  raschem  Wachsthum  begriffenen,  dem  Gefäss  dicht  anliegenden  Pecten,  Veranlassung 
geben.  —  Der  im  Glaskörperraum  liegende  Theil  des  Gefässes  scheint  dann  zu  atrophiren 
und  endlich  gänzlich  zu  verschwinden. 

Der  Pecten  ist  in  Fig.  80  noch  vollkommen  pigmentlos,  im  Erwachsenen  aber  intensiv 
schwarz.  Seine  Gestalt  ist  bei  diesem  annähernd  cylindrisch,  mit  zugespitztem  freiem  Ende; 
sein  Längsdurchmesser  übertrifft  den  Querdurchmesser  etwa  um  das  vierfache. 

Von  Schlangen  besitzt  nach  Hülke  (siehe  27.  S.  226)  die  Boa  constrictor  und  die 
Viper  einen  kleinen  Fächer.  Die  grosse  Ueberein Stimmung  der  Fig.  76  gezeichneten  Gefäss- 
anlage  bei  der  Viper  mit  derjenigen  bei  der  Eidechse,  lässt  vermuthen,  dass  auch  die  Ent- 
wickelung des  Pecten  eine  ähnliche  sein  wird;  ich  habe  mir  Material  für  Untersuchungen 
darüber  nicht  verschaffen  können  '). 

Säuger.  > 

Bei  Säugern  erhebt  die  Arteria  centr.  resp.  die  sog.  Art.  hyaloidea  sich  noch  mehr 
dorsalwärts  in  den  Glaskörperraum,  als  bei  der  Eidechse,  so  dass  sie  fast  in  die  optische 
Axe  zu  liegen  kommt.  Es  hängt  dies  einfach  damit  zusammen,  dass  —  was  beim  Hühnchen 
und  der  Eidechse  niemals  der  Fall  ist,  das  Gefäss  von  vornherein  mit  der  Linsenanlage, 
und  zwar  mit  deren  am  meisten  medianwärts  eingezogenen  Theil  nicht  nur  in  Berührung 
tritt,  sondern  vermittelst  der  die  Linse  umklammernden  Verzweigungen  seines  distalen  Endes 
hier  sich  auch  befestigt.  -)  Wenn  dieser  Theil  der  Linsenanlage  sich  dann  allmälig  mehr  dorsal- 
wärts wendet —  vgl.  Figg.  66 — 68;  und  81 — 85  — ,  so  müssen  die  ihm  anhaftenden  Gefässe 
natürlich  folgen  und  mit  ihnen  das  distale  Ende  ihres  gemeinschaftlichen  Stammes,  der 
Arteria  hyaloidea,  die  in  demselben  Maass  an  Länge  zu  nimmt,  wie  die  mediale  Wand  der 
Augenblase  allmälig  von  der  Linse  sich  entfernt. 

Viel  augenfäUiger  als  bei  irgend  einer  anderen  Classe  tritt  bei  den  Säugern  die  durch- 
aus nur  transitorische  Bedeutung  der  ersten  Anlage  der  Binnengefässe  des  Auges  hervor; 
während  nämlich  beim  Hühnchen  und  der  Eidechse  eben  nur  die  zu  keiner  weiteren  Entwicke- 
lung gelangte  Fortsetzung  des  zur  Versorgung  des  Pecten  erhalten  bleibenden  Theils  der 
primitiven,  einfachen  Gefässschlinge  allmälig  wieder  schwindet,  ist  bei  den  Säugern  das  ge- 
sammte  vielverzweigte  und  ausgebreitete  Gefässnetz,  welches  den  Glaskörper  durchsetzt  und 
die  Linse  ziert  und  namentlich  bei  gewissen  Thieren  eine  Mächtigkeit  erreicht,  die  zur  Er- 
wartung eines  bleibenden  Bestandes  zu  berechtigen  scheint,  dem  spurlosen  Untergang  ge- 
weiht;  denn  das  eigentliche  Bildungsendproduct  der  Arteria  centralis,  ihre  bleibende  End- 


I)  Auch  über  die  weitere  Entwickelung  der  bezüglichen  Gefässanlagen  bei  Fischen  muss  ich  mich  aller  weiteren 
Angaben  erhalten,  da  meine  Beobachtungen  darüber  noch  zu  lückenhaft  sind. 

Dass  das  Auge  des  Triton  ohne  Binnengefässe  sich  entwickelt,  wurde  oben  schon  angegeben. 
•2)  Siehe  S.  39—42. 


77 


ausbreitiuig ,  die  Netzhautgefässe ,  haben  mit  dem  bisher  betrachteten  Gefässapparat  nicht 
den  geringsten  genetischen  Zusammenhang,  sondern  entwickeln  sich  völlig  unabhängig  von 
demselben. 

Die  ersten  Spuren  derselben  habe  ich  bei  eben  geworfenen  Ratten  ')  gefunden,  Fig.  87 : 
zwischen  Liraitans  interna  und  Nervenfaserschicht  schiebt  sich  eine  dünne  Schicht  einer 
Zellenmasse  vor,  welche  in  der  Nähe  der  leicht  convexen  Papilla  nervi  optici  aus  2—3  Lagen 
besteht,  je  weiter  von  dieser  entfernt  desto  mehr  sich  verschmälert,  überhaupt  aber  nur  etwa 
auf  das  vierfache  des  Querdurchmessers  des  Sehnerven  rings  um  dessen  Eintrittsstelle  sich 
erstreckt;  in  dieser  Zellenschicht,  den  Nervenfasern  dicht  aufliegend,  verlaufen  feinste  Capil- 
laren,  jedoch  nur  erst  bis  auf  1 — 1 '/^  Opticusquerdurchmesser  Entfernung  von  der  Papille, 
siehe  Fig.  87.  In  einem  der  Schnitte  sehe  ich  ein  Gefässchen  von  2—3  Blutkörperchen 
Durchmesser  vom  Stamm  der  Art.  central. ,  unmittelbar  vor  ihrem  Austritt  in  den  Glaskörper, 
abgehen,  welches  sich  dann  bald  in  jene  Capillaren  auflöst. 

Von  Untersuchungen  über  die  weitere  Entwickelung  der  Netzhautgefässe,  insonderheit 
diejenige  der  Ve?ia  central. ,  glaubte  ich  um  so  mehr  absehen  zu  dürfen ,  als  einerseits  die 
Vermuthung  nahe  liegt,  dass  dieselbe  einfach  in  der  Weise  verläuft,  dass  die  bescliriebenen 
Gefässanlagen  von  der  Papille  aus  in  der  Retina  allmälig  immer  w^eiter  bis  an  die  Ora  ser- 
rata  hin  vortreiben,  während  einzelne  Sprossen  rückläufig  umbiegen  um  das  Blut  zur  Papille 
zurückzuführen  -)  und  hier  zusammenfliessend  die  Vena  central,  constituiren,  —  andererseits 
durch  Ermittelung  des  innerhalb  der  Papilla  optica  stattfindenden  Abganges  der  Anlagen 
der  Retinalgefässe  aus  dem  Stamm  der  Art.  central,  selbst  das  wesentlich  interessirende :  die 
Unabhängigkeit  der  Entwickelung  der  Retinalgefässe  von  den  ursprünglichen  Verästelungen 
der  Centraiarterie  im  Glaskörper  und  um  die  Linse  sicher  constatirt  ist. 

Die  Gefässe  im  Glaskörper  und  um  die  Linse  herum  zeigen  zur  Zeit  des  Beginnes 
der  Bildung  der  Retinalgefässe  noch  keine  merkliche  Abnahme  ihrer  Mächtigkeit,  siehe 
Figg.  73  und  87;  ihr  Atrophiren  muss  indess  sehr  bald  darnach  beginnen  und  offenbar  rasch 
verlaufen. 

Die  Aug enblasensp alte  ist  bei  der  Maus  bereits  im  Stadium  von  Fig.  69  in  ihrer 
ganzen  Ausdehnung  vollständig  verwachsen,  und  ihre  Spur,  wie  eine  Serie  von  Sagittal- 
schnitten  mir  zeigt,  nur  an  dem  Mangel  des  Pigmentes  noch  kenntlich.  Nicht  zur  Berühriaig 
und  Verwachsung  kommen  die  Ränder  der  Augenblasenspalte  nur  am  proximalen  Ende  der 
letzteren  in  derjenigen  geringen  Ausdehnung,  in  welcher  die  Fasern  des  Opticus  incl.  Art. 
central,  durch  dieselbe  in  die  Bulbushöhle  hindurchtreten;  dieser  offenbleibende  Rest  der 
Spalte  nimmt  die  dem  Opticusquerschnitt  entsprechende  Kreisform  an;  ich  werde  denselben 
vorläufig  als  „Papillar-Oeflfnung  der  Augenblase''  bezeichnen.  Dass  in  dieser  wirklich  ein 
Theil  der  früheren  ,, Spalte"  erhalten  geblieben  ist,  geht  auch  daraus  hervor,  dass  auch  in 


1)  Es  ist  möglicli,  dass  dieser  "Wurf  vielleicht  etwas  verfrüht  war,  da  er  in  einer  Mausefalle  stattfand,  in  welche 
das  Mutterthier  sich  hineingezwängt  und  in  der  es  einige  Zeit  zugebracht  hatte;  bei  in  der  Freiheit  geworfenen  würde  man 
vielleicht  eine  weiter  vorgeschrittene  Entwickelung  antreffen. 

2)  Fig.  87  sieht  man  in  der  Peripherie  der  Papille  2  Lagen  feinster  Gefässe  übereinander;  vielleicht  ist  die  eine  von 
ihnen  venös. 


78 


einem  schon  recht  weit  vorgerückten  Stadium:  demjenig-en  von  Fig.  12,  in  welchem  der 
Nervus  opticus  sich  l)ereits  wohl  entwickelt  zeigt,  an  dem  diese  Oeffuung-  begrenzenden 
Rand  der  Augenblase  das  Umbiegen  der  äusseren  (Pigment-)  Lamelle  in  die  innere  noch 
ebenso  deutlich  zu  erkennen  ist,  wie  dies  früher  in  der  ganzen  Ausdehnung  der  Spalte  der 
Fall  war  und  in  Fig.  72  am  Pupillarrand  auch  noch  der  Fall  ist.  In  Papillär-  und  „P«pillar- 
Oeffiiung  der  Augenblase'' persistiren:  in  ersterer  das  abgerundete  breite,  in  letzterer  das  spitz 
auslaufende,  jenes  durch  die  hineingezogene  Linsenanlage ^  dieses  durch  die  eingedrungenen 
Opticusfasern  offen  erhaltenen  beiden  Enden  der  ursprünglich  einheitlichen  „birnförmigen" 
(Remai^,  36.  S.  92)  Oeffnung  der  eben  gebildeten  secundären  Augenblase,  während  in  dem 
zwischen  diesen  beiden  Enden  gelegenen  Theil  durch  gegenseitige  Annäherung  der  Faltungs- 
ränder  zunächst  die  Augenblasen  spalte  resp.  Naht  sich  gebildet  hatte  und  später  völlige 
Verwachsung  eingetreten  ist. 

Es  würde  überflüssig  erscheinen,  auf  die  grosse  Uebereinstimmung  in  den  ersten  An- 
lagen und  auf  die  Homologieen  in  der  weiteren  Entwickelung  der  in  diesem  Capitel  besprochenen 
Bildungen  bei  den  verschiedenen  Thierclassen  hier  nochmals  ausdrücklich  hinzuweisen,  wenn 
nicht  das  Vorliegen  gewisser  abweichender  Darstellungen  und  gegentheiliger  Behauptungen 
besonders  dazu  aufforderte. 

1)  Das  Vorhandensein  einer  der  Arteria  centralis  der  Säuger  homologen  Gefässanlage 
konnte  sicher  nachgewiesen  werden  bei  den  Vögeln  (für  welche  Lieberkühn  (28.  S.  11.  16) 
sie  mit  Bestimmtheit  in  Abrede  stellt),  Eidechsen,  Viper,  Hecht.  —  Nach  Lieberkühn's  (28) 
Fig.  43  existirt  dieselbe  (von  ihm  als  Gefäss  der  Membrana  hyaloidea  bezeichnet)  auch  bei 
Alytes  obstetr.  —  Bei  der  weiteren  Entwickelung  derselben  unterscheidet  sich  bei  Säugern, 
Vögeln,  Eidechse  ein  persistirender  und  ein  zu  Grunde  gehender  Theil  derselben;  ersterer 
reicht  so  weit  wie  die  Berührung  mit  dem  Nervus  opticus:  Arteria  centralis  nervi  optici  der 
Säuger,  Arteria  pectinis  der  Vögel  und  Eidechse;  der  zweite  umfasst  bei  Säugern  die  durch 
den  Glaskörper,  um  die  Linse  und  in  der  vorderen  Augenkammer  verlaufenden  Gefässe,  bei 
Vögeln  und  Eidechse  den  distalwärts  von  der  Pectenanlage  gelegenen  Theil  der  Gefäss- 
schlinge  —  an  seine  Stelle  tritt  dann  die  bleibende  Endausbreitung  der  Arteria  centralis:  bei 
Säugern  die  Retinalgefässe,  bei  Vögeln  und  Eidechse  die  im  Pecten  '). 

2)  Was  die  Augenhlasenspalte  anbelangt,  so  kommt  Lieberkühn  (28.  S.  31.  und  68) 
zu  dem  Schluss:  ,,Es  sind  also  an  dem  Auge  des  Hühnchens  in  späteren  Stadien  der  Ent- 
wickelung 2  Augenblasenspalten  zu  unterscheiden ,  eine  hintere,  die  Kammspalte,  w^elche  in 
dem  Bereich  der  eigentlichen  Retina  ihre  Lage  hat  und  diese  wie  das  Pigmentblatt  durch- 
schneidet, aber  ganz  und  gar  vom  Pecten  eingenommen  wird,  und  eine  vordere,  die  Gefäss- 
spalte,  welche  in  das  Bereich  der  Pars  ciliar,  retinae  und  des  Pigmentblattes  des  Corpus 

1)  Genauere  Beobachtungen  über  die  Entwickelung  dieser  verschiedenartigen  Endausbreituugen  werden  wahrscheinlich 
eine  grössere  Uebereinstimmung  auch  in  Bezug  auf  den  Entstehungs-Modus  derselben  ergeben,  als  aus  den  im  Obigen  mit- 
getheilten  spärlichen  Angaben  für  Hühnchen  und  Säuger  hervorgetreten  ist;  bei  der  so  geringen  Anzahl  von  Stadien,  aus 
denen  mir  darüber  Präparate  vorliegen,  muss  ich  selbst  darauf  aufmerksam  machen,  dass  ich  dieselben  in  Bezug  auf  die 
Frage,  ob  die  Gefässe  aus  dem  Stamm  der  Arteria  centralis  hervorsprossen  oder  in  .loco  entstanden  mit  diesem  erst  nach- 
träglich in  Verbindung  treten,  beim  Hühnchen  oder  bei  den  Säugern  nach  der  einen  oder  der  anderen  Seite  hin  möglicherweise 
irrthümlich  gedeutet  habe. 


79 


ciliare  fällt.  -  Die  Gefässspalte  ist  auch  bei  naliezu  ausgewachsenen  und  selbst  bei  alten 
Hühnern  noch  erhalten.  Sie  hat  aber  relativ  an  Länge  abgenommen,  beginnt  nämlich  dicht 
unter  dem  Irisrand  des  Strahlenkranzes  und  durchzieht  nur  die  Hälfte  oder  den  dritten  Theil 
desselben''  (S.  31)  ').  —  Abgesehen  davon,  dass  ich  im  Obigen  bereits  wiederholt  mich  dahin 
habe  aussprechen  müssen,  dass  auch  beim  Hühnchen  die  distale  Durchtrittsöflfnung  der  embryo- 
nalen Binnengefässschlinge  vollständig  verwächst,  und  dass  der  im  Ciliartheil  länger  als  in 
der  übrigen  früheren  Ausdehnung  sich  erhaltende  weisse  Streif  nur  auf  dem  Mangel  des 
Pigments,  nicht  auf  der  Anwesenheit  einer  Spalte  beruht,  so  würde  doch,  selbst  wenn  die- 
selbe im  Ciliartheil  wirklich  persistirte,  ihr  die  Bezeichnung  ,^Gefäss &'p3i\te^^  kaum  mit  mehr 
Recht  zukommen  als  derjenigen,  welche  Liebeekühn  als  ^^Äöfwzm spalte"  bezeichnet;  denn 
durch  letztere  geht  ja  nicht  nur  der  ursprüngliche  Stamm  der  embryonalen  Arteria  centralis, 
sondern  auch  späterhin  die  gesammte  Zu-  und  Abfuhr  zum  und  vom  Pecten;  durch  diese 
Gefässe  tritt  diese  Spalte  oder  Oeffnung  allerdings  auch  zum  Pecten  oder  Kamm  in  Beziehung 
—  aber  diese  Beziehung  ist  nur  von  untergeordneter  Bedeutung,  die  wesentliche  Bedeutung 
dieser  Oeifnung  liegt  in  ihrer  Beziehung  zum  Sehnerven;  diese  letztere  ist  die  ältere,  ursprüng- 
liche, wie  einfach  daraus  sich  ergibt,  dass  sie  in  den  auf  einer  niedrigeren  Entwickelungs- 
stufe  stehen  bleibenden  Augen,  bei  denen  es  nicht  zur  Bildung  von  Binnengefässen  des  Auges 
kommt  (Triton)  und  bei  denen  durch  diese  Oeifnung  nur  die  Opticusfasern  hindurchgehen, 
die  Oeffnung  also  nur  dieser  wegen  vorhanden  sein  kann,  die  einzige  und  ausschliessliche 
ist.  Einmal  aus  diesem  Grund,  ferner  weil  auch  beim  Huhn  in  der  That  nicht  der  Kamm, 
sondern  der  Nerv.  opt.  (incl.  die  ihn  begleitenden  Gefässe)  diese  „Spalte"  ausfüllt  (s.  Figg.  49 
und  50;  in  Fig.  45  haben  sich  nur  durch  einen  Härtungsfehler,  wie  dies  in  CrOi  leicht 
geschieht,  die  aus  der  inneren  Lamelle  hervorgegangenen  Retinaschichten  und  die  Nerven- 
faserschicht in  die  Höhe  gehoben)  ,  endlich  und  namentlich  weil  auch  bei  Thieren,  die  über- 
haupt keinen  Kamm  besitzen,  eine  der  von  Lieberkühn  als  „Kammspalte"  bezeichneten  voll- 
kommen homologe  Oeffnung  vorhanden  ist,  muss  die  Bezeichnung,  „Kammspalte"  jedenfalls 
fallen  gelassen  und  womöglich  durch  eine  der  wesentlichen  Bedeutung  mehr  entsprechende 
ersetzt  werden :  die  vorhandene  Terminologie  bietet  keinen  ganz  präcisen  kurzen  Ausdruck 
dafür;  Bezeichnungen  wie :  ,, Nervenspalte"  oder  Foramen  opticum  retinae",  an  die  man  etwa 
denken  könnte,  würden  nicht  passend  sein,  erstere:  weil  der  Querschnitt  der  Durchtrittv 
öffnung  bei  den  meisten  Thierclassen  kreisförmig  zu  sein  scheint,  letztere :  weil  der  Terminus 
„Retina"  die  Nervenfaserschicht  mit  in  sich  begreift,  ~  diese  Schicht  ja  aber  selbstverständ- 
lich von  dem  Foramen  nicht  mit  durchsetzt  wird,  vgl.  Figg.  50  und  87;  wie  die  embryonale 
Augenblasenspalte  von  dem  Faltungsrand  der  Augenblase,  dem  Umbiegungsrand  der  Lamellen 
in  einander,  so  ist  auch  im  Erwachsenen  die  von  der  ursprünglichen  Spalte  übrig  gebliebene 
Lücke,  das  in  Rede  stehende  Foramen  begrenzt  nur  von  denjenigen  Retinaschichten,  welche 
aus  den  Augenblasenlamellen  selbst  hervorgegangen  sind  (vgl.  die  bezüglichen  Stellen  i.  e. 
die  Augenblasenränder  in  den  folgenden  Figuren:  22  mit  47,  und  diese  mit  50;  68  mit 
80,  und  diese  mit  87).    Die  Nervenfasern  resp.  die  Papilla  Nervi  opt.  füllen  dies  Foramen 


1)  Dieselbe  Darstellung  gibt  Foster  (11.)  S.  105. 


80 


aus  und  über  den  dasselbe  umgebenden  Augenblasenrand  nach  allen  Seiten  hin  auseinander- 
biegend, verdecken  sie  es  gegen  das  Innere  des  Auges  hin.  —  Diesen  Verhältnissen  dürfte 
vielleicht  die  Bezeichnung:  „Foramen  opticum  der  Augenblase''  oder  die  oben  gebrauchte: 
„Papillar-OefFnung  der  Augenblase"  noch  am  ehesten  gerecht  werden. 


Der  Glaskörper  der  Säuger  zeigt  eine  wesentliche  Gleichartigkeit  seiner  Substanz 
mit  derjenigen  des  Hühnchens,  wie  in  den  früheren  (s.  S.  40  ff.),  so  auch  in  allen  späteren, 
selbst  den  der  Geburt  nahen  Stadien  s.  Fig.  87  c.  v. ;  Veränderungen  gehen  nur  mit  den  in 
demselben  enthaltenen  Blutkörperchen  und  Blutgefässen  vor  sich ;  letztere  schwinden  bekannt- 
lich allmälig  gänzlich  und  ebenso  spurlos  wie  die  die  Linse  umgebenden;  von  den  Verände- 
rungen an  den  in  die  Glaskörpersubstanz  ausgetretenen  Blutzellen  ergeben  meine  Präparate 
von  Mäuse-  und  Katzenembryonen  andere  Bilder  als  diejenigen  des  Schaafes;  während  die 
letzteren  nur  ein  einfaches  Zerfallen  der  Zellen  zeigen,  ähnlich  wie  S.  34  von  denjenigen 
im  Glaskörper  des  Hühnchens  beschrieben  wurde,  macht  sich  in  jenen  als  erste  Veränderung 
eine  Vergrösserung  der  Zellen  bemerkbar,  während  gleichzeitig  die  ursprüngliche  Schärfe 
des  Conturs  schwindet  und  im  Inneren  dunklere  Flecke  sichtbar  werden,  wie  wenn  das 
Protoplasma  an  einzelnen  Stellen  sich  dichter  zusammen  gezogen  hätte. ')  Unter  allmäliger 
weiterer  Zunahme  der  Grösse  der  Zelle  tritt  dann  ein  excentrisch  gelegener  Kern  immer 
deutlicher  hervor,  während  der  übrige  Inhalt  der  Zelle  immer  blässer  wird,  bis  schliesslich 
nur  ein  bläschenartiges  jetzt  wieder  scharf  conturirtes  Gebilde  übrigbleibt,  dessen  Inhalt 
ebenso  hell  und  homogen  erscheint,  wie  die  umgebende  Glaskörperflüssigkeit,  während  der  Kern 
entweder  dicht  an  dem  Grenzcontur  liegt  oder  in  dieseil  eingeschoben;  so  dass  das  Ganze  die 
Form  eines  Siegelringes  erhält-),  oder  vollständig  ausdem  Bläschen  ausgetreten  gefunden  wird. 
Endlich  finden  sich  dann  ganz  vereinzelt  noch  solche  helle  Bläschen ,  von  deren  Kern  über- 
haupt nichts  mehr  zu  entdecken  ist ;  —  schliesslich  schwinden  auch  diese.  -  Da  diese  hellen 
Bläschen  die  letzte  Erscheinungsform  sind ,  unter  der  bei  Maus  und  Katze  geformte  Gebilde 
im  Glaskörper  überhaupt  noch  nachzuweisen  sind ,  so  liegt  der  Gedanke  nahe ,  dass  sie  das 
Schlussglied  der  soeben  angegebenen  Reihe  von  Veränderungen  ^bilden,  unter  denen  die  in 
demselben  befindlichen  Zellen  zur  Auflösung  gelangen  ^).  Das  allendliche  Schicksal  dieser  letz- 
teren ist  also  bei  Maus  und  Katze  dasselbe  wie  bei  Schaafsembryonen ;  ob  die  verschiedenen 
Bilder,  die  ich  über  diesen  Vorgang  beim  Schaafe  einerseits,  bei  Maus  und  Katze  anderer- 
seits^ erhalten  habe,  in  Wirklichkeit  verschiedenen  Processen  oder  nur  einer  verschiedenen 


1)  Sehr  ähnlich  denen,  die  G.  Semmer,  lieber  die  Faserstofifbildung  u.  s.  w.  Inaug.  Dissert.  Dorpat  1874.  Fig.  la 
als  „rothe  Körnerkugeln"  abbildet. 

2)  Aebnlich  wie  in  Semmer's  (1.  c.)  Fig.  IV.  .5  und  Fig.  V.  2,  nur  dass  die  Kerne  im  Verhältniss  zur  Grösse  der 
ganzen  Zelle  kleiner  sind  als  in  Semmer's  Fig.  V. 

3)  Während  Semmer  seine  „rothen  Körnchenkugeln"  als  die  erste  Stufe  einer  progressiven  Metamorphose  deutet,  wür- 
den also  die  von  mir  als  jenen  ähnlich  bezeichneten  Gebilde  der  gleichen  Stufe  eines  rt-gressiven  Processes  angehören.  Ein 
Streit  über  die  Frage,  welche  von  beiden  Deutungen  die  richtige  ist,  könnte  aber  natürlich  erst  beginnen,  nachdem  die  Iden- 
tität beider  Formen  wirklich  vollkommen  sicher  festgestellt  wäre. 


81 


Behandlung'sweise  der  Objecte  —  (von  Scliaafembrjonen  liegen  mir  von  den  vorgerückteren 
Entwickeluiigsstadien  nur  CrO;5-,  von  denjenigen  der  Maus  und  Katze  nur  Osmiurasäure- 
Präparate  vor)  —  ihre  Entstelning  verdanken ,  lasse  ich  unentschieden ;  das  wesentliche 
dass  bei  beiden  die  sämmtlichen  in  früheren  Stadien  in  den  embryonalen  Glaskörper  hinein- 
gelangten Zellen  resp.  Blutkörperchen  im  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  zu  Grunde- 
gehen  und  verschwinden,  und  dass  dann  auch  bei  den  genannten  Säugern  der  Glaskörper 
als  vollkommen  zellenlose  helle  Masse  sich  präsentirt,  die  bei  gleicher  Behandlung  auch 
ganz  das  gleiche  mikroskopische  Bild  darbietet,  wie  der  Glaskörper  des  Hühnchens  (s.  S.  22) 
und  der  übrigen  von  mir  untersuchten  Thiere.  Was  später  und  im  Erwachsenen  etwa  von 
zelligen  Elemente  in  dem  Glaskörper  angetroffen  wird,  kann  nur  als  durch  spätere  erneute 
und  wiederholte  Einwanderungen  von  den  Blutgefässen  (namentlich  der  papilla  optica)  aus 
in  denselben  hineingekommen  angesehen  werden.') 

Schliesslich  kann  ich  nicht  umhin,  hier  noch  ausdrücklich  auf  eine  Consequenz  hin- 
zuweisen, welche  mir  aus  dem,  was  in  diesem  und  im  3.  Capitel  über  die  Entwickelung 
und  Natur  des  Glaskörpers  gesagt  worden  ist,  mit  Notliwendigkeit  hervorzugehen  scheint, 
nämlich  die,  dass  dem  Glaskörper  derjenige  „histologische  Werth^',  der  ihm  bisher  auf 
Grund  seiner  vermeintlichen  directen  Abstammung  aus  dem  embryonalen  Bindegewel)e''  von 
allen  Autoren  beigelegt  worden  ist,  hinfort  nicht  mehr  zugestanden  werden  kann;  derselbe 
ist  in  seiner  ersten  Anlage  —  und  blei1)t  es  auch  —  eben  nur  ein  Transsudat,  welches  aller 
ständigen  Formelemente  entbehrend  durch  die  hineingetretenen  und  in  ihm  zu  Grunde  gehenden 
Blutkörperchen  (resp.  Gefässe)  nur  zu  einer  Aenderung,  Steigerung  seiner  Consistenz,  nicht 
aber  —  etwa  in  der  Weise ,  wie  das  von  Hensen  (Virchow's  Archiv  Bd.  XXXI.  S.  53)  als 
„Secretgewebe"  bezeichnete  aus  einer  ursprünglich  homogenen  gallertigen  Zellenabscheidung 
in  ein  wahi-es  Gewebe  umgewandelt  wird  —  zu  irgend  welcher  Textur  oder  Organisation 
gelangt.  Die  Angaben  einiger  neuerer  Autoren,  welche  im  Glaskörper  Erwachsener  entweder 
gar  keine  oder  nur  höchst  spärliche  Zellen,  jedenfalls  aber  keine  irgendwie  sicher  nachweis- 
bare Textur  vorfanden,  können  daher  auch  nicht  befremden;  im  Gegentheil  steht  zu  er- 
warten, dass  die  Bestätigungen  derselben  in  demselben  Maass  sich  mehren  werden,  als  die 
Voraussetzung,  dass  die  Entstehung  des  Glaskörpers  aus  embryonalem  Bindegewebe  durch  die 
Entwlckelungsgeschichte  ausser  Zweifel  gesetzt  sei  -),  an  Einfluss  auf  die  Deutung  der  Bilder 
verloren  haben  wird.  In  demselben  Maass  weiden  aber  auch  die  schon  vorhandenen  Schwierig- 
keiten ,  die  es  unverkennbar  macht ,  dem  Glaskörper  den  Charakter  und  die  Beschaffenheit  des 
Bindegewebes  zu  vindiciren  %  zur  Unmöglichkeit  sich  steigern  und  wird,  was  von  Seiten  der 

1)  Was  ich  für  den  Glaskörper  des  Hühnchens  bereits  im  Jahre  18(50  und  für  den  der  Säuger  etc.  im  Obigen  auf 
entrvichelungsgesckichtUcliem  Wege  nachgewiesen  habe,  nämlich:  dass  die  Zellen  in  demselben  nur  eingewanderte  Blutkör- 
perchen sind,  hat  Schwalbe  (39.  S.  474)  experimmlell  an  demjenigen  einiger  erwachsenen  Säuger,  u.  A.  auch  dem  des 
Menschen,  festgestellt. 

2)  Vgl.  39.  S.  476. 

3)  Jeder  Versuch  dazu  wird  um  so  mehr  gerade  (W&VerscMedcnheit  zwischen  beiden  hervortreten  lassen,  mit  je  mehr 
Wahrheitsliebe  dabei  zu  Werke  gegangen  wird;  so  wenn  Schwalbe  (39.  S.  476)  sagt:  „Das  Glaskörpergev;cbe  steht  auch  später 
dem  Bindegewebe  am  nächsten,  unterscheidet  sich  von  allem  anderen  Bindegewebe  aber  vor  Allem  durch  den  Mangel  fixer 
Zellen  (Endothelzellen) ,  sowie  durch  das  Zurücktreten  der  Fibrillen  und  die  Massenhaf'tigkeit  der  interfibrillären  Substanz, 
die  dann  ihrerseits  wieder  durch  den  grossen  Wassergehalt  von  der  Kittsubstanz  des  fibrillären  Bindegewebes  sich  unterscheidet. 

Kesslek,  Wirbelthier- Auge.  "  11 


82 


Eiitvvk'keluiigf^g-escliichte  jetzt  sclioii  g-efordert  werden  muss,  dann  auch  vom  rein  anatomischen 
Standpunkt  aus  geboten  erscheinen:  den  Glaskörper  entweder  als  (zellenloses)  Gewebe  (?) 
sui  generis  hinzustellen  oder  ihn  aus  der  Reihe  der  Gewehe  nherhaiipt  ganz  zu  streichen. 

Es  scheint  mir  die  Annahme  die  einfachste,  die  ganze  innerhalb  der  Hyaloidea  zwischen  ihr  und  der  Membran  des  Ceutral- 
canals  liegende  Masse  einem  von  einer  Endothelscheide  umhüllten  primären  Bindegewebsbiindel  gleich  zu  setzen;  nur  hl  der 
endotheliale  Ueberzug  ersetzt  durch  eine  elastische  Membran,  die  Hyaloidea,  -während  im  Innern  die  Fibrillen  durch  die 
ausserordeiitlic/ie  Zunalnnc  der  intcrßtrrillären  Substanz  auseiuauder  //edräiiiit  und  zerstreut  sind."  —  Selbst  durch  diese 
Deutungen,  die  man  doch  gewiss  nicht  als  vollkommen  ungezwungene  wird  bezeichnen  können,  wird  also  als  Tertium  compa- 
rationis  zwischen  Glaskörper  und  Bindegewebe  weiter  nichts  gerettet  als  eine  als  Substitut  eines  endothelialen  Ueberzuges 
fungirende  elastische  Membran  und  die  Fibrillen.  Von  diesen  beiden  aber  hat  die  erstere,  die  limitans  interna,  sich  uns 
(Cap.  IV)  als  Ausscheidungsproduct  der  Augenblase  und  mithin  dieser  zugehörig  erwiesen,  sie  kann  also  als  Beweis  für  die 
bindegewebige  Natur  des  Glaskörpers  füglich  nicht  herangezogen  werden;  und  was  jene  in  der  massenhaften  wasserreichen 
interfibrillären  Substanz  zerstreuten  „Fibrillen"  anbelangt,  so  halte.ich  dieselben  für  Fibrin  fasern,  Gerinnsel,  welche  entweder 
erst  postmortal,  beim  Absterben  des  Auges  so  wie  beim  Austritt  des  Glaskörpers  aus  dem  lebenden  Auge  sich  bilden," oder 
falls  sie  in  diesem  schon  existiren,  in  dem  j^lnjsioloijiselten  Transsudat,  aus  welchem  nach  unserer  Autfassung  der  Glaskörper 
besteht,  doch  wol  ebenso  gut  sich  ausscheiden  können,  wie  dies  in  den  anderweitig  patholoyisek  gesetzten  Trans-  und  Exsu- 
daten viel  rascher  und  massenhafter  geschieht.  —  Diese  Annahme  würde  auch  durch  die  von  einigen  Autoren  angegebenen 
eigenthümlich  regelmässigen  Anordnungen  der  Fibrillen  oder  ausgeschiedenen  Massen,  „der  festen  Substanz  in  der  Glaskörper- 
flüssigkeit" (3!).  S.  403 — 46(i),  falls  dieselben  sich  als  auch  im  Lebenden  vorhanden  bestätigen  sollten,  nicht  unmöglich  gemacht 
werden;  warum  sollten  nicht  die  Fibrinausscheidungen  ebenso  gut  wie  ein  aus  Zellen  hervorgegangen  gedachtes  Gerüst  im 
Glaskörper  irgend  welche  der  regelmässigen  Gestalt  der  Begrenzungswände  des  Hohlraumes,  in  welchem  sie  sich  bilden,  ent- 
sprechende regelmässige  Schichtung  oder  Form  annehmen  können  V  Dies  scheint  mir  a  priori  nicht  undenkbar ,  ich  halte 
aber  die  von  Schwalbe  (1.  c.)  gegen  die  Existenz  jener  Structuren  im  Lebenden  gehegten  Zweifel  für  vollkommen  begründet; 
in  embryonalen  bulbis  habe  ich  auch  in  den  am  weitsten  vorgerückten  Stadien  bei  guter  Härtung  nie  eine  Spur  weder  der 
concentrischen  Schichtung  noch  der  radiären  Septa  auffinden  können;  namentlich  habe  ich  vergeblich  darnach  gesucht  im 
Glaskörper  zweier  menschlicher  Früchte  aus  dem  letzten  Drittheil  der  Schwangerschaft :  eines  Zwillings  von  14"  Länge  und 
eines  Foetus  von  32  Wochen  ;  Stunde  nach  dem  Tode  enucleirt  wurde  von  beiden  Früchten  je  ein  bulbus  in  Osmiumsäure,  der 
andere  in  CrOa  (l»  gehärtet ;  bei  24  stüudigem  Liegenlassen  in  der  letzteren  und  Nachbehandlung  mit  Alkohol  (s.  S.  56)  hatten 
die  intacten  bulbi  vollkommen  ihre  Form  bewahrt  und  einen  Querdurchmesser  von  14  resp.  16  Mm.;;  nach  Durchschneidung  im 
Aequator  erschienen  die  Schnittflächen  des  Glaskörpers  vollkommen  glatt,  die  Glaskörpermasse  durchweg  absolut  homogen ,  opali- 
sirend  leicht  getrübt,  aber  noch  durchsichtig  genug,  um  in  der  einen  Hälfte  die  Linse  und  CiHarfalten,  in  der  andern  die  pap. 
nervi  optici  deutlich  sehen  zu  lassen ;  auch  unter  einer  starken  Lupe  ist  nicht  die  geringste  Andeutung  einer  Zeichnung  im  Glas- 
körper zu  erkennen ;  der  Glaskörper  füllt  seinen  Raum  vollständig  aus,  nirgends  eine  Spur  von  Schrumpfung  oder  Abhebung  von 
der  Retina  (auch  an  den  Schnitträndern  nicht) ;  die  Retina  selbst  vollkommen  glatt  und  ohne  jegliche  Faltungen  liegt  der  Chorioidea 
und  diese  der  Sclera  überall  unmittelbar  und  dicht  an.  Das  mikroskopische  Bild  ist  das  S.  22  beschriebene,  die  Fäserchen  sind 
aber  fast  noch  feiner  als  die  in  den  Präparaten  vom  Hühnchen;  irgend  welche  Verschiedenheit  eines  Theiles  des  Glaskörpers, 
etwa  des  centralen  gegenüber  den  pheripheren  habe  ich  nicht  nachweisen  können,  die  Bilder  der  Schnitte  aus  beiden  schienen  mir 
vielmehr  vollkommen  identisch  zu  sein.  —  Die  Osmiumsäurepräparate  ergeben  dieselben  Bilder,  wie  der  Glaskörper  des  Hühnchens 
bei  dergleichen  Behandlung  (s.  S.  22);  von  Fasern  ist  in  denselben  nichts  zu  entdecken;  dieser  Umstand  spricht  wol  am  ent- 
schiedensten gegen  die  Präexistenz  derselben.  Die  Faserausscheidung  erscheint  darnach  nur  als  eine  Folge  der  Einwirkung  der 
CrOa  resp.  der  ähnlich  wirkenden  angewandten  Reagentien,  als  eine  von  diesen  abhängige  I'orm  der  Gerinnung.  Vielleicht  ist  es 
die  Schnelligkeit,  mit  welcher  starke  (2%)  Osmiumsäurelösungen  härten,  welche  der  Faserausscheidung  vorbeugt  (vgl.  S.  57.  58). 

Für  die  Feststellung  der  normalen  Beschaffenheit  des  Glaskörpers  dürfen  die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  an 
Augen  erwachsener  Menschen  gewiss  nur  mit  Vorsicht  verwerthet  werden;  bei  den  mannigfachen  Schädlichkeiten  und  Reizungen, 
denen  unser  Sehorgan  bei  Lebzeiten  fast  unvermeidlich  ausgesetzt  ist,  muss  wenigstens  die  Möglichkeit,  dass  die  den  auf 
entwickelungsgeschichtlicher  Grundlage  gewonnenen  Voraussetzungen  nicht  entsprechenden  Befunde  pathologische  Folc/ezustände 
jener  Einwirkungen  repräsentiren,  immer  im  Auge  behalten  werden.  —  Da  alle  Analogieen  dafür  sprechen,  dass  unter  dem 
Einfluss  von  Reizungen  eher  eine  Vermehrung  des  Zellengehaltes  (und  vielleicht  auch  der  FibrinausscheidungV)  als  eine  Reduc- 
tion  und  Auflösung  der  normaler  Weise  in  den  gereizten  Organen  etwa  vorhandenen  körperlichen  und  festen  Bestandtheile 
eintritt,  so  würden  auch  unter  diesem  Gesichtspunkt  (ebenso  wie  unter  dem  entwickelungsgeschichtlichen  —  s.  o.)  diejenigen 
Beobachtungen,  welche  einen  Mangel  körperlicher  oder  fester  Elemente  im  Glaskörper  ergaben,  a  priori  mehr  die  Wahrschein- 
lichkeit für  sich  haben,  an  normalen  Objecten  und  nach  richtiger  Methode  angestellt  worden  zu  sein,  als  die  zahlreicheren 
entgegenstehenden.   


SECHSTES  CAPITEL. 

ENTWICKELUNG  DER  CORNEA. 


Von  den  äusserst  spärlichen  Angaben,  welche  über  die  Entwickelung-  der  Cornea  in 
der  Literatur  vor  Beginn  dieses  Decenniums  sich  finden'),  hat  gerade  diejenige,  welche  es 
am  meisten  verdient,  am  wenigsten  der  Berücksichtigung  und  Anerkennung  von  Seiten  der 
Autoren  sich  zu  erfreuen  gehabt;  es  ist  folgende  Beobachtung  Hensen's  (14  a.  S.  420) :  ,, Gleich 
nach  der  Linseneinstülpung  ist  die  Cornea  äusserst  dünn,  nur  eine  Basalmembran  des  Epithels, 
während  die  Sclera  als  Fortsetzung  der  Muskelsehnen  sich  bereits  dunkler  abgrenzt.  Es 
liegt  nun,  so  lange  die  Linse  noch  hohl  ist,  zwischen  Linse  und  Cornea  (?  Hornblatt)  nach 
vorn  von  der  Membrana  pupillaris  ein  Gallertgewebe,  genau  von  derselben  Structur  wie  das 
des  Glaskörpers  in  diesem  Stadium,  während  zu  keiner  Zeit  etwas  ähnliches  an  Sclera  oder 
Chorioidea  sich  findet.  Dies  Gewebe  geht  dann  sehr  bald  in  der  Bildung  der  Cornea  auf, 
welche  vom  Rande  her  sich  verdickt." 

Meine  Untersuchungen  haben  mir  folgendes  ergeben: 

Hühnchen. 

Der  erste  Anfang  der  Corneabildung  fällt  beim  Hühnchen  in  dasjenige  Stadium,  in 
welchem  die  Linsenfasern  eben  die  distale  Wand  erreicht  haben.  Um  diese  Zeit  erscheint 
an  der  Linenfläche  des  Hornblatts  über  dem  dreiseitig  von  Augenblasenrand,  Linse  und  Horn- 
blatt begrenzten  ringförmigen  Raum,  den  wir  als  Anlage  der  späteren  vorderen  Augenkammer 
erkannt  haben  (S.  51),  Fig.  10  B:  v.  k.,  eine  sehr  schmale  structurlose,  bei  Carminbehandlung 
dunkler,  als  das  Hornblatt  und  die  Linsenzellen  sich  färbende  Schicht,  Fig.  10  B:  c.  ]).,  welche, 
in  der  Nähe  des  Augenblasenrandes  am  dicksten,  sowohl  nach  dem  Linsenpol  als  nach  der 
Peripherie  hin  sich  verschmälernd  unmerklich  im  inneren  Contur  des  Hornblattes  sich  ver- 


1)  Ich  habe  dieselben  19.  S.  14  bereits  zusammengestellt;  sie  finden  s'ch'  auch  bei  Lieberkühn  (28.  S.  C)  und  Arnold 
(2.  S.  44  ff).    Ueber  die  neueren  Angaben  siehe  die  Anmerkung  S.  86. 


84 


liert.  Diese  Scliiclit  ist  die  ersh'  Anlage  der  Cornea  propria  (c.  p.).  Sie  delint  sich  rasch 
über  die  Innenfläche  des  Hornblatts,  soweit  dasselbe  bisher  der  Linse  angelegen  hatte 
(Fig.  lOA.),  aus  und  nimmt  dabei  stetig  an  Dicke  zu  —  Figg.  12.  13. 

Kaum  hat  die  structurlose  Schicht  die  Dicke  des  Hornblattes  erreicht  —  etwa  um 
die  Mitte  des  5.  Tages  —  so  beginnt  die  Bildung  des  inneren  Epithels  der  Cornea  in  folgender 
Weise:  Die  Kopfplatten  drängen  sich  zwischen  dem  peripherischen  Theil  der  Anlage  der 
Cornea  propria  und  der  äusseren  Lamelle  der  secundären  Augenblase  hindurch  bis  an  die 
vordere  Augenkammer^  vgl.  Fig.  IIA  mit  Fig.  12.  Von  hier  aus  kriecht  dann  eine  von 
vornherein  einfache  Zellen  schiebt  an  der  Innenfläche  der  Anlage  der  Cornea  propria,  concen- 
trisch  vorrückend,  gegen  den  Mittelpunkt  dieser  Fläche  hin,  Figg.  13  A  und  B:  e.  Am  6. 
Tag  treffen  die  Zellen  von  allen  Seiten  her  in  demselben  zusammen,  und  damit  ist  das  innere 
Epithel  der  Cornea  fertig  hergestellt,  Figg.  14  A  und  B;  vgl.  Fig.  13  B.  e  mit  Fig.  14  B.  e. 
Die  einzige  unbedeutende  Veränderung,  die  an  demselben  weiterhin  noch  stattfindet,  besteht 
darin,  dass  seine  Zellen  näher  aneinanderrücken  und  sich  noch  etwas  mehr  abplatten. 

Die  Anlage  der  Cornea  liegt  anfangs  der  Linse  noch  unmittelbar  an;  schon  am  folgen- 
den Tag  jedoch  beginnt  sie  sich  von  ihr  zu  entfernen ;  letzteres  scheint  eingeleitet  zu  werden 
durch  die  Verdickung  und  das  weitere  Hervorwuchern  der  zwischen  dem  Augenblasenrand 
und  dem  peripheren  Theil  der  Cornea  befindlichen  Kopfplatten  schiebt ;  es  wird  später  weiter 
befördert  durch  die  Bildung  der  Iris  und  die  stärkere  Wölbung  der  Cornea.  —  Durch  das 
Auseinanderweichen  von  Linse  und  Cornea  erweitert  sich  die  vordere  Augenkammer,  die  bisher 
nur  als  ringförmiger  Canal  existirte,  über  die  ganze  distale  Linsenfläche  hin;  ihre  bekannte 
definitive  Gestalt  uml  Begrenzung  erhält  dieselbe  erst  durch  die  noch  später  erfolgende  Bildung 
der  Iris. 

Gleichzeitig  mit  der  Bildung  des  inneren  Epithels  haben  sich  in  dem  soeben  erwähnten 
Theil  der  Kopfplatten  wichtige  Dififerenzirungen  angebahnt;  diejenige,  welche  zuerst  in  die 
Augen  fällt,  ist  die  Anlage  des  Cornealfortsatzes  incl.  Ciliarniuskel;  sie  erscheint  (Figg.  15. 

1 6.  tf.)  als  Verdichtung  des  Gewebes  —  an  Querschnitten  als  dunklerer  Streifen ,  dessen 
Richtung  die  unmittelbare  Fortsetzung  derjenigen  des  inneren  Corneaepithels  bildet  (Figg.  16. 

17.  ).  Dieser  dichtere  Zellenstrich  theilt  die  Kopfplattenmasse  dieser  Gegend  in  eine  —  vom 
Centrum  des  Auges  aus  gerechnet  —  innere  und  eine  äussere  Schicht;  die  innere  wird  die 
Iris  und  Processus  ciliares  bilden  helfen  (s.  Cap.  VII),  die  äussere  liefert  das  Material  für 
den  einzigen  noch  fehlenden  Bestandtheil  der  Cornea:  die  Corneakörperchen. 

Von  dem  zuletzt  genannten  äusseren  Theil  der  Kopfplatten  aus  nämlich  beginnt,  sobald 
die  Bildung  des  inneren  Epithels  vollendet  ist,  eine  Einwanderung  von  Zellen  in  die  structur- 
lose Schicht,  deren  Dickendurchmesser  unterdess  bedeutend  zugenommen  hat.  Die  eindringende 
Zellenmasse  zeigt  auf  dem  Querschnitt  (Fig.  15)  eine  Keilform,  die,  je  weiter  sie  vorrückt, 
desto  spitzwinkliger  sich  auszieht  (Fig.  16).  Der  von  den  jeweilig  am  weitesten  vorgedrungenen 
Zellen  gebildete  Kreis  verkleinert  sich  von  Stufe  zu  Stufe,  er  schwindet  endlich  am  8.  Tag 
durch  Zusammentretfen  der  Zellen  von  allen  Seiten  her. 

Die  Figg.  15 — 18  zeigen,  dass  die  Einwanderung  nur  in  die  mittlere  Zone  der  structur- 
losen  Schicht  stattfindet,  die  dem  Hornblatt  und  dem  Endothel  angrenzenden  Zonen  dagegen 


85 


zellenlos  bleiben;  anfangs  sind  diese  zellenlosen  Zonen  noch  breit  (Figg*.  IC,  17,),  sie  ver- 
schmälern sich  aber  rasch  in  demselben  Grad  wie  die  mittlere,  zellenführende  durch  fort- 
gesetzten Zuzug  von  den  Kojjf platten  aus  auf  ihre  Kosten  sich  verbreitert,  schwinden  jedoch 
niemals  ganz,  persistiren  vielmehr  durch  das  ganze  Leben  hindurch  als  vordere  und  hintere 
Grenzschichfe  (elastica  anter.  und  poster.    Bowman,  resp,  Membrana  Descemeti), 

Früher  als  alle  übrigen  existirt  der  einzige  im  bisherigen  noch  nicht  erwähnte  Be- 
standtheil  der  Cornea :  das  äussere  Epilhel.  Es  entwickelt  sich  in  sehr  einfacher  Weise  aus 
dem  Hornblatt  in  derjenigen  Ausdehnung,  in  welcher  dasselbe  die  abgeschnürte  Linse  und 
die  Anlage  der  vorderen  Augenkammer  deckte.  Die  Veränderungen  in  ihm  gehen  nur  lang- 
sam vor  sich:  von  den  zwei  Schichten,  die  schon  vor  dem  Beginn  der  Corneabildung  im 
Hornblatt  vorhanden  sind,  zeigt  die  äussere,  aus  horizontal  zur  Korperoberfläche  liegenden 
Zellen  bestehende  nur  eine  numerische  Zunahme  und  dichter  Aneinanderrücken  ihrer  Elemente, 
während  diejenigen  der  inneren  Schicht  allmälig  zu  schönen,  grosskernigen  Cylinderzellen 
sich  ausbilden;  erst  gegen  Ende  des  Embryolebens  erscheint  zwischen  beiden  eine  dritte 
Schicht  rundlicher,  wohl  entwickelter  Zellen,  Die  Vermehrung  der  Schichten  im  äusseren 
Epithel  muss  mithin  in  der  Jugendzeit  des  ausgeschlüpften  Vogels  sich  noch  fortsetzen.  Ob- 
gleich also  am  frühsten  vorhanden,  scheint  dieses  Epithel  doch  der  am  spätesten  zur  vollen 
Ausbildung  gelangende  Theil  der  Hornhaut  zu  sein. 

Nach  diesem  kurzen  Ueberblick  über  die  so  eigenartigen  Vorgänge  bei  der  Bildung 
der  Cornea  des  Hühnchens  dürften  noch  folgende  Bemerkungen  über  einige  Einzelheiten  der- 
selben am  Platze  sein. 

Vor  allen  interessirt  die  als  „Anlage  der  Cornea  propria''  bezeichnete  Schicht,  —  Die 
bekannte  regelmässig  schichtweise  Lagerung  der  Corneakörperchen  im  Erwachsenen  nicht 
minder  als  der  eigen thümliche  Process  ihres  Eindringens  in  eine  allem  Anschein  nach  voll- 
kommen homogene  Masse  mussten  die  Frage  nahe  legen,  ob  sich  nicht  vielleicht  in  der 
letzteren  doch  eine  von  vornherein  vorhandene  Zusammensetzung  aus  Lamellen  oder  Schichten 
nachweisen  lasse,  deren,  wenn  auch  kleinste,  Interstitien  die  Erklärung  jener  Erscheinungen 
erleichtern  könnten.  Ich  habe  daher  die  bezüglichen  Präparate  mit  den  stärksten  mir  zugäng- 
lichen HARTNACKSchen  Immersionssystemen  XI  und  XV  untersucht.  Aber  auch  mit  diesen 
ist  es  mir  an  gut  gehärteten  und  namentlich  an  den  mit  Osmiumsäure  behandelten  Präparaten 
nicht  gelungen,  Spuren  einer  Schichtung  oder  überhaupt  irgend  welche  Zeichnung  in  jener 
Masse  zu  erkennen,  dieselbe  erscheint  vielmehr  vollkommen  hyalin ;  dagegen  zeigen  in  etwas 
vorgerückteren  Stadien  solche  Präparate,  die  wahrscheinlich  bei  der  Härtung  etwas  geschrumpft 
sind,  allerdings  eine  Zeichnung,  aus  welcher  auf  die  Anwesenheit  einer  Structur  geschlossen 
werden  kann :  die  noch  zellenfreien  Partien  der  Grundsubstanz  nämlich  bieten  das  Bild  eines 
Netzwerkes  vorwiegend  parallel  den  Corneaflächen,  jedoch  nicht  ganz  gerade  und  regelmässig 
verlaufender,  unter  mehr  weniger  spitzen  Winkeln  in  einander  übergehender  Linien  dar.  Diese 
Linien  könnten  wohl  als  Ausdruck  schmaler  Interstitien  zwischen  äusserst  zarten  Lamellen 
angesehen  werden,  welche  letztere  im  normalen  Zustand  vielleicht  so  dicht  aneinander  geschmiegt 
sind,  dass  Interstitien  nicht  existiren  und  dem  entsprechend  auch  in  gut  gehärteten  Präparaten 
nicht  wahrgenommen  werden,  während  ihre  Entstehung  nei  eintretender  Schrumpfung  der 


86 


Lamellen  leicht  verständlich  ist.  —  Falls  diese  Deutung,  die  ich  vor  der  Hand  freilich  nur 
als  Verrauthung-  hinstellen  kann,  die  richtige  ist ,  die  Lamellen  also  auch  in  der  noch  hyalin 
erscheinenden  Masse  der  Grundsubstanz  schon  vorhanden  sind,  so  würde  auch  der  Process 
des  Eindringens  der  Corneakörperchen  in  dieselbe  resp.  zwischen  die  präforrairten  Lamellen 
derselben  nicht  mehr  absonderlich  räthselhaft  erscheinen  '). 

Von  fast  noch  grösserem  Interesse  ist  die  zweite  Frage:  wie  und  woher  diese  erste 
zellenlose  Anlage  der  Cornea  propria  entsteht?  —  Ich  habe  früher  (19.  S.  16  und  18)  die- 


1)  Lieberkühn  (28.  S.  24)  hat  behauptet,  dass  eine  structurlose  Anlage  der  Cornea  propria,  wie  ich  sie  angegeben, 
überhaupt  gar  nicht  existii-e;  die  ursprüngliche  Zelle nlosigkeit  jener  Schicht  so  wie  das  erst  spätere  Einrücken  der  Zellkörper 
in  dieselbe  seien  vielmehr  nur  scheinbar;  jene  Substanz  erscheine  allerdings  „auf  Durclischniltcn  kernlos" ;  „wenn  man  jedoch 
einen  Streifen  aus  der  Cornea  herausschneidet  und  ihn  zu  einer  Falte  umschlägt,  so  dass  das  Epithel  nach  einwärts  gekehrt 
ist,  so  gelingt  es  doch,  vereinzelte  Kerne  in  der  Grundsubstanz  wahrzunehmen."  —  Lieberkühn  scheint  also  den  Ergebnissen 
dieses  Verfahrens  mehr  Werth  und  Sicherheit  beizulegen  als  demjenigen  der  Durchmusterung  einer  continuirlichen  Serie 
dünner  mikroskopischer  Schnitte  mit  starken  Systemen.  „  Wenn  es  beim  Vogelauge  Schwierigkeiten  macht",  fährt  Lieber- 
kühn fort,  „die  Zcllkorpcr  in  (Inn  Getvche  der  Cornea  zu  dieser  Zeit  zu  finden,  so  sieht  man  sie  dagegen  beim  Säugethier- 
auge  stets  mit  der  gnissleu  Leichtigkeit  und  in  grosser  Zahl  auf  jedem  beliebigen  Durchschnitt,  (vgl.  Fig.  52).  —  Da  nun 
die  Cornea  auch  schon,  wo  sie  homogen  erscheint,  Zellköriier  besitzt,  und  sie  niemals  verliert",  so  könne  er  meiner  „An- 
nahme nicht  beistimmen,  dass  diese  erste  Anlage  nur  aus  Grundsubstanz  bestehe,  in  welche  die  Zellen  erst  nachträglich 
einwandern.  Sie  werden  aber  nur  in  grossen  Mengen  am  Rande  zuerst  leichter  sichtbar,  später  auch  gegen  die  Mitte  zu. 
So  lange  die  Zellkörper  in  der  Cornea  schwer  sichtbar  sind,  dürfte  von  einer  zellfreien  Grenzschicht  nicht  die  Rede  sein; 
erst  wenn  die  Zellen  überall  deutlich  hervortreten"  u.  s.  w. 

Auch  Arnold  (2.  S.  50)  bestreitet  —  auf  Grund  seiner  Untersuchungen  an  7imrf,*embryonen  —  die  Richtigkeit 
meiner  Angaben  über  die  Entwickelung  der  Cornea  beim  Hühnchen  und  Triton;  er  kaAn  meiner  „Annahme",  dass  die  Zellen 
erst  später  einwandern,  nicht  beipflichten,  weil  er  „zu  jeder  Zeit  und  in  jedem  Stadium  der  Entwickelung  nachweisen  konnte, 
dass  das  Gewebe,  aus  welchem  die  Hornhaut  wird,  Kerne  eingebettet  enthält; — mit  zunehmender  Dicke  der  Hornhaut  werden 
sie  zahlreicher  und  von  einer  feinkörnigen  Protoplasmamasse  umlagert"  ('?)..  Auch  bezüglich  der  Bildung  des  Endothels  könne 
er  meiner  „Annahme,  dass  dasselbe  von  den  Seiten  her  über  die  Hornhautfläche  sich  wegschiebe",  nicht  beipflichten;  seinen 
„Beobachtungen  zufolge  entsteht  es  in  loco  gleichzeitig  mit  der  sich  vollziehenden  Scheidung  des  vor  der  Linse  gelegenen 
Fortsatzes  des  mittleren  Keimblattes  in  Cornea  einerseits  und  Membrana  capsulo-pupillaris  und  pupillaris  anderseits."  Diesen 
Darstellungen  gegenüber  habe  icli  zunächst  im  Allgemeinen  nur  daran  zu  erinnern,  dass  es  unzulässig  ist,  die  an  einem  ein- 
zigen Repräsentanten  einer  einzigen  Thierklasse  gewonnenen  Erfahrungen  so  ohne  weiteres  zu  verallgemeinern,  geschweige 
denn  darnach  die  vorliegenden  abweichenden  Befunde  in  anderen  Thierklassen  zu  corrigiren  oder  zu  beanstanden ;  denn  dieses 
Verfahren  involvirt  die  Voraussetzung  einer  bis  in  die  kleinsten  Details  gehenden  absoluten  Identität  der  Entwickelungsvorgänge 
bei  den  aufeinander  bezogenen  Thierklassen  -  eine  Voraussetzung,  welche  consequent  durchgeführt  jeden  Unterschied  zwischen 
diesen  Thicren  aufheben  würde,  und  welcher  somit  nicht  nur  selbstverständlich  die  thatsächlich  bestehende  Verschiedenheit 
dieser  Thiere,  die  doch  nur  durch  eine  irgendwo  beginnende  Divergenz  resp.  Differenzen  der  Entwickelungsvorgänge  zu  Stande 
kommen  kann,  sondern  auch  das  vollkommen  sichere  Ergebniss  der  Entwickelungsgeschichte  entgegensteht,  dass  auch  bei 
einander  anscheinend  sehr  nahe  stehenden  Gliedern  ein  und  derselben  .Thierklasse  noch  viel  weiter  zurück  datirende  und  viel 
fundamentalere  Verschiedenheiten  der  Anlagen  und  Bildungsvorgänge  vorkommen  als  diejenigen,  um  die  es  sich  hier  handelt. — 
Ganz  besonders  aber  verbietet  sich  die  Verallgemeinerung  der  von  Arnold  gemachten  Beobachtungen  insofern  als  nach  diesen 
die  Entwickelung  der  Cornea  im  Zusammenhang  mit  der  Bildung  der  Pupillarmembran  vor  sich  gehen  soll  und  hätte  viel- 
mehr in  diesem  Umstand  gerade  eine  Auffordernng  gefunden  werden  müssen,  diesen  Modus  der  Cornea-  resp.  Endothelbildung 
ausdrücklich  auf  diejenige  Thierklasse  zu  beschränken,  in  welcher  eine  Pupillarmembran  bisher  ausschliesslich  allgemein  an- 
genommen wird:  auf  die  Säuger;  bei  anderen  Thieren  ist  eine  Pupillarmembran  nicht  bekannt  und  um  ihre  iV/cA/existenz 
bei  den  Vögeln  wusste  schon  Kaller  (vgl.  auch  Kölliker  21.  S.  297);  bei  diesen  kann  also  auch  die  Cornea  resp.  das 
innere  Epithel  nicht  durch  Spaltung  eines  Kopfplattenfortsatzes  in  Cornea  und  Pupillarmembran  entstehen  —  abgesehen  davon, 
dass  wie  wir  in  Cap.  IV  gesehen  haben,  auch  der  sich  spalten  und  dadurch  nach  Sernoff's,  Lieberkühn's  Angaben  beim 
Hühnchen  die  Cornea  und  die  Linsenkapsel  liefern  sollende  Kopfplattenfortsatz  überhaupt  gar  nicht  vorhanden  ist. 

Auf  die  vermeintliche  Existenz  und  Spaltung  dieses  Fortsatzes  mittleren  Keimblattes  vor  der  Linse  gründete,  wie 
S.  48  erwähnt,  Sernoff  die  Berechtigung,  die  Entstehung  der  vorderen  Augenkammer  mit  der  Bildung  der  Pleuro-peritoneal- 
höhle  in  Parallele  zu  setzen,  während  W.  Müller  (35.  p.  XXXIII)  dieselbe  „mit  den  Gelenkbildungen  in  eine  Reihe"  stellte. 


87 


selbe  den  vom  mittleren  Keimblatt  gelieferten  Bestandtlieilen  der  Cornea  zug-ezalilt,  in  der 
Meinung,  dass  sie  von  denjenigen  Zellen,  welche  ich  nach  der  Abschnüriing  der  Linse  zwischen 
dieser  und  dem  Hornblatt  (resp.  der  ersten  Anlage  der  Cornea)  liegend  fand  und  damals  nur 
als  durch  die  Angenblasenspalte  hierher  gewanderte  Kopfplattenelemente  zu  deuten  wusste, 
hervorgebracht  werde;  diese  Zellen  Hessen  die  damals  mir  vorliegenden  Präparate  nicht  mit 
derjenigen  Sicherheit  und  Schärfe,  wie  die  seitdem  gewonnenen,  als  stets  bestimmt  ausserhalb 
der  hyalinen  Schicht  liegend  und  scharf  gegen  dieselbe  abgegrenzt  erkennen ;  vielmehr  schien 
mir  das  Protoplasma  einiger  derselben  ohne  recht  scharfe  Grenze  in  jene  Schicht  überzugehen 
(19.  S.  15.  0.)  und  dieses  Verhalten  zur  Annahme  eines  genetischen  Zusammenhanges  zwischen 
diesen  Zellen  und  jener  Schicht  zu  berechtigen,  —  Diese  Auffassung  konnte  insofern  nicht 
befriedigen,  als,  nachdem  die  geringe  Anzahl  jener  Zellen  zur  Herstellung  der  allerersten 
Anlage  der  Grundsubstanz  verbraucht  war,  für  deren  weiteres  Wachsthum  kein  Material  mehr 
vorhanden  war  und  ihre  rasche  und  so  bedeutende  Dickenzunahme,  wie  ich  19.  S.  21  aus- 
drücklich hervorheben  musste^,  vollkommen  unverständlich  blieb.  —  Die  durch  letzteren  Um- 
stand veranlasste  Wiederaufnahme  und  Weiterführung  der  Untersuchungen  über  diese  Frage 
hat  nun  ergeben,  dass  meine  obige  Herleitung  der  in  Rede  stehenden  Schicht  aus  dem  mitt- 
leren Keimblatt  in  der  That  eine  irrthümliche ,  und  sogar  auf  einem  doppelten  Irrthum  be- 
ruhende gewesen  ist:  jene  Zellen  zwischen  Linse  und  Hornblatt  nämlich  haben  weder  an 
der  Bildung  der  Cornea  irgend  welchen  Antheil,  noch  auch  gehören  sie  dem  mittleren  Keim- 
blatt an ;  sie  sind  weder  eine  Fortsetzung  der  die  Augenblase  rings  umgebenden  Kopfplatten 
etwa  in  der  Art^  wie  Babuchin  sich  dies  denkt  (vgl.  o.  S.  51.),  noch  auch  durch  die  Angen- 
blasenspalte hierher  vorgedrungen,  sondern  weiter  nichts  —  als  die  Reste  des  S.  8  und  9 
und  S.  51  bereits  erwähnten  Linsenstiels;  dieser  bildet  unmittelbar  nach  Abschnttrung  der 
Linse  ein  Häufchen  von  Zellen  (Fig.  9),  welche  allmälig  in  demselben  Maass  als  die  ursprüng- 
lich (auch  in  Fig.  9  noch)  vorhandene  Concavität  der  distalen  Linsenwand  an  der  Abschnü- 
rungsstelle  in  eine  Convexität  übergeht,  von  hier  verdrängt  werden  und  über  die  distale 
Linsenfläche  hin  sich  vertheilen  *).  Diese  Zellen  entstammen  also  dem  Hornblatt;  es  würde 
also  auch  jene  hyaline  Schicht,  falls  dieselbe  aus  ihnen  hervorginge,  ein  Derivat  nicht  des 
mittleren,  sondern  des  oberen  Keimblattes  sein. 

Der  früher  von  mir  angenommene  genetische  Zusammenhang  zwischen  beiden  be- 
steht aber  überhaupt  nicht;  gegen  denselben  spricht,  abgesehen  von  den  schon  erwähnten 
Umständen,  nämlich  1)  dass  jene  Zellen  stets  ausserhalh  der  genannten  Anlage  liegen,  und 
2)  dass  das  nach  ihrem  Untergang  erst  beginnende  Dickenwaclisthum  der  bezüglichen  Schicht 
vollkommen  unerklärlich  erscheint  —  auch  noch  3)  dass  die  allerersten  Spuren  der  structiir- 
losen  Schicht  nicht  an  der  Stelle  sich  finden,  wo  jene  Zellen  ursprünglich  lagen  und  auch 
später  am  häufigsten  angetroffen  werden,  nämlich  am  Linsenpol,  sondern  entfernt  von  diesem 
(vgl.  Fig.  1  ü  A.  u.  B.  mit  Fig.  9)  in  der  Nähe  des  Augenblasenrandes,  bis  wohin  die  zu  Grunde 
gehenden  Kerne  nur  ganz  vereinzelt  verschlagen  zu  werden  scheinen  (so  zufällig  in  dem 
Fig.  10  B.  abgebildeten  Schnitt);  4)  dass  es  Thiere  gibt,  bei  denen  zwischen  Linse  und 


1)  Siehe  Babuchin's  (4)  Fig.  VIII. 


88 


Hornblatt  ursprünglich  überhaupt  gar  keine  Zellen  sich  finden,  so  —  s.  o.  Cap.  II.  S.  15  — 
bei  den  Säugern,  bei  denen  der  Ueberschiiss  an  Zellen  bei  der  Abschnürung  der  Linse  in 
die  Höhle  der  letzteren  hinein  verfällt;  bei  diesen  müsste  mithin  das  Material  für  die  Ent- 
wickelung  der  ersten  Anlage  eines  so  wichtigen  Organtheiles,  der  Cornea,  ein  anderes  sein 
als  beim  Hühnchen  —  eine  Annahme,  zu  der  man  sich  schwerlich  verstehen  wird.  Der  so 
eben  erwähnte  Befund  bei  Säugern  kann  vielmehr  nur  dazu  angethan  erscheinen,  in  Bezug 
auf  die  weiteren  Schicksale  der  Linsenstielreste  des  Hühnchens  diejenige  Ansicht  zu  unter- 
stützen, welche  auch  nach  meinen  resp.  Präparaten  von  diesem  selbst  als  die  einzig  zulässige 
erscheint,  nämlich :  dass  dieselben  durchaus  keine  morphologische  Verwerthung  finden,  sondern, 
ebenso  wie  jene  bei  Säugern  in  die  Linsenhöhle  abgesetzten  Zellen,  einfach  sich  auflösend 
zu  Grunde  gehen :  Fig.  9  ist  jeder  Kern  noch  reichlich  von  Protoplasma  umgeben,  Figg.  1 0 
u.  11  erscheinen  die  Kerne  nackt,  in  den  folgenden  Stadien  sind  sie  gänzlich  verschwunden. 

Muss  demnach  sowohl  auf  Grund  der  Beobachtung  am  Hühnchen  selbst  als  aus  Rück- 
sicht auf  die  einschlägigen  Verhältnisse  bei  Säugern,  die  Betheiligung  der  in  meinen  Figg. 
9 — 11  abgebildeten,  von  Babuchin  irrthümlich  als  in  eine  Membran  eingehüllt  dargestellten 
Zellen  beim  Aufbau  der  Cornea  bestimmt  in  Abrede  gestellt  werden,  so  bleibt  für  die  Ent- 
stehung der  hyalinen  Schicht,  da  anderweitige  freie  Zellen,  welche  das  Material  dafür  liefern 
könnten,  an  der  Stelle,  wo  sie  entsteht,  nicht  vorhanden  sind,  nur  die  Möglichkeit,  dass  sie 
durch  Ausscheidung  gebildet  wird.  Diese  Ausscheidung  kann  man  sich  ausgehend  denken 
nur  entweder  von  den  Kopfplatten  oder  vom  Hornblatt.  Die  Figg.  10  B.  und  11  sprechen 
gemss  zu  Gunsten  der  letzteren  Annahme;  denn  während  die  Ausläufer  der  Kopfplatten  nur 
bis  an  den  peripheren  Rand  der  hyalinen  Schicht  heranreichen  und  gar  nicht  abzusehen  ist, 
warum  eine  von  ihren  Elementen  etwa  gelieferte  Ausscheidung  nicht  da,  wo  sie  vor  sich 
geht,  sondern  gerade  an  einer  Stelle,  wo  Kopfplattenelemente  nicht  vorhanden  sind,  sich 
ablagern  sollte,  deckt  das  Hornblatt  die  hyaline  Schicht  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung.  (Vgl. 
auch  Fig.  13  A.) 

Triton. 

S.  Taf.  V.  Die  einzelnen  Bestandtheile  der  Cornea  treten  bei  Triton  in  derselben 
Reihenfolge  auf,  welche  wir  schon  beim  Hühnchen  kennen  gelernt  haben.  Zuerst  vorhanden  ist 
natürlich  auch  hier  das  Epithel.  Die  Vergleichung  von  Fig.  57  h.  mit  Fig.  64  e.  a.  zeigt,  dass 
das  Hornblatt  in  derjenigen  Ausdehnung,  in  welcher  es  die  spätere  Cornea  überzieht,  ausser 
einer  ganz  geringen  Abplattung  seiner  Zellen,  auch  späterhin  gar  keine  Veränderung  erfährt. 

An  das  Epithel  bildet  sich  die  bekannte  hyaline  Schicht,  die  erste  Spur  der  Grund- 
substanz der  Cornea  projma,  an.  Sie  ist  in  Fig.  60  in  der  ganzen  Ausdehnung  des  Epithels 
bereits,  und  zwar  in  gleichmässiger  Dicke  vorhanden.  In  Goldpräparaten  (Fig.  60)  zeigt  sie 
sich  ebenso  hell  und  blass  wie  diejenige  des  Hühnchens  bei  Osmiumbehandlung,  in  Carmin- 
präparaten  (Fig.  61  ff.)  stark  gefärbt  —  in  beiden  aber  absolut  homogen  und  texturlos.  Schon 
sehr  früh  scheint  sie  eine  bedeutende  relative  Festigkeit  zu  besitzen;  in  dem  Fig.  60  B.  ge- 
zeichneten Präparat  hat  sie,  so  dünn  wie  sie  ist,  der  Verletzung,  welche  dasselbe  beim  Ein- 
schliessen  erfahren  hat,  Widerstand  geleistet,  während  das  Hornblatt  gerissen  ist. 


89 


In  dem  Stadium  von  Fig.  60  hat  aiicli  die  Bildung»-  des  inneren  Epilhels  bereits  be- 
gonnen; von  den  Kopfplatten  aus  haben  die  2—3  Schichten  spindelförmiger  Zellen,  welche 
in  concentrischer  Lagerung  die  äussere  Lamelle  der  secundären  Augenblase  umgeben,  sich 
nach  der  vorderen  Augenkammer  hin  vorgeschoben;  die  innerste  von  diesen  Schichten  zieht 
sich  an  der  Aussenfläche  der  Pigmentlamelle  bis  an  den  Pupillarrand  hin^  um  die  Iris  bilden 
zu  helfen ;  eine  zweite  einzellige  Schicht  rückt  in  derselben  Weise  wie  beim  Hühnchen  längs 
der  Innenfläche  der  hyalinen  Schicht  der  Corneaanlage  gegen  deren  Mitte  hin  vor,  welche 
sie  in  einem  zwischen  den  Figg.  61  und  62  gelegenen  Stadium  erreicht. 

Der  damit  gegebenen  Herstellung  des  inneren  Epithels  folgt  unmittelbar  die  bei  Triton 
in  höchst  beachtenswerther  Weise  sich  vollziehende  Einwanderung  der  Corneakörperchen: 
Fig.  62  zeigt  eine  einzellige  Schicht  derselben  schon  fast  bis  an  den  Pol  der  Corneaanlage 
vorgedrungen;  statt  der  einen  hyalinen  Schicht  von  Figg.  61  und  62  sind  jetzt  deren  zwei 
vorhanden,  welche  jene  Zellenlage  zwischen  sich  aufgenommen  haben.  Der  ersten  einge- 
wanderten Zellenlage  folgt  dann  bald  eine  zweite,  dieser  eine  dritte  u.  s.  w.  —  jede  von 
vornherein  mzellig^  von  der  benachbarten  durch  je  eine  Lamelle  hyaliner  Substanz  getrennt; 
mit  der  Zahl  der  einwandernden  Zellenschichten  nimmt  also  auch  die  der  Lamellen  stetig  zu. 
Dies  setzt  sich  so  fort,  bis  die  sehr  ansehnliche  Dicke  der  erwachsenen  Cornea  (Fig.  64) 
erreicht  ist. 

Die  Vermehrung  der  Zahl  der  Lamellen  der  Grundsubstanz  dachte  ich  mir  früher  (19. 
S.  21)  dadurch  zu  Stande  gekommen,  dass  die  ursprünglich  (Figg.  60  und  61)  vorhandene  sich 
spaltet  (Fig.  62),  von  den  zwei  dadurch  entstandenen  jede  wiederum  eine  Spaltung  eingeht, 
um  dem  Eindringen  je  einer  neuen  einzelligen  Schicht  von  Corneakörperchen  ein  Interstitiiim 
zu  bieten  u.  s.  f.  Eingehendere  spätere  Beobachtungen  haben  mir  nicht  die  geAvünschte  Be- 
stätigung für  diese  Erklärung  geboten ;  wäre  dieselbe  richtig,  so  müsste  man  nämlich  erwarten, 
in  Präparaten  von  dem  Fig.  63  gezeichneten  und  etwas  älteren  Stadien  auch  in  den  dem 
inneren  Epithel  näher  liegenden  Laraellen  gelegentlich  den  Spaltungsvorgang  als  eben  sich 
einleitend  oder  vollziehend  zur  Anschauung  zu  bekommen ;  ich  habe  aber  nach  Bildern, 
welche  dies  unzweifelhaft  darthäten ,  vergeblich  gesuclit;  vielmehr  scheinen,  je  näher  der 
Innenfläche  der  Cornea,  desto  mehr  die  Zellenschichten  durchweg  continuirlich  über  die 
ganze  Breite  der  Cornea  hinüberzulaufen,  die  Lamellen  mithin  durch  dieselben  vollständig 
von  einander  getrennt  zu  sein');  nur  in  der  unmittelbaren  Nähe  des  Hornblatts  trifft  man 
Lamellen,  die  in  der  Polgegend  noch  in  grösserer  Ausdehnung,  so  weit  die  Corneakörperchen 
noch  nicht  zwischen  dieselben  vorgedrungen  sind,  sich  berühren ;  doch  auch  hier  wird  man, 
wenn  man  die  Einzelheiten  der  Bilder  genau  ins  Auge  fasst,  nicht  den  Eindruck  sich  voll- 
ziehender dichotomischer  Spaltungen  vorher  einheitlicher  Lamellen  gewinnen,  sondern  den, 
dass  die  numerische  Zunahme  der  letzteren  bewirkt  wird  durch  eine  successiv  sich  wieder- 
holende Neubildung  und  Ablösung  solcher  Schichten  vom  Hornblatt  her,  in  folgender  Weise : 
Wenn  die  zuerst  vorhandene  hyaline  Schicht  eine  gewisse  Dicke  (Figg.  60  und  61) 
erreicht  hat,  wird  dieselbe  vom  Hornblatt  abgedrängt  durch  eine  zweite  an  dieses  sich  an- 

1)  In  sehr  exquisiter  Weise  gewinnt  man  diesen  Eindruck  auch  an  der  Cornea  der  Eidechse  in  dem  Fig.  80  gezeich- 
neten Stadium. 

Kesslek,  Wirbelthier-Auge, 


90 


bildende  hyaline  Schicht;  in  das  zwischen  beiden  Schichten  entstehende  Interstitium  dringt 
von  der  Peripherie  her  eine  einzellige  Lage  der  spindelförmigen  Kopfplattenelemente,  die 
sich  vorher  schon  in  einem  spitzen  Winkel  gegen  das  Hornblatt  am  Rand  der  Corneaanlage 
gestellt  hatten,  ein  (Fig.  62);  sobald  dieselben  von  allen  Seiten  her  im  Pol  der  Cornea  zu- 
sammentreffen, ist  die  erste  hyaline  Schicht  von  der  unterdess  zu  der  gleichen  Dicke  ent- 
wickelten zweiten  vollständig  gesondert.  Ebenso  wie  die  erste  durch  die  zweite,  wird  dann 
die  zweite  durch  eine  dritte  neu  sich  bildende  Schicht  vom  Hornblatt  und  darauf  durch  eine 
zweite  einwandernde  Lage  von  Kopfplattenelementen  von  der  dritten  Schicht  isolirt;  diese 
wieder  vom  Hornblatt  durch  eine  vierte  neue  Schicht  und  von  letzterer  durch  eine  dritte 
Zellenlage  u.  s.  f.  Die  Einwanderung  der  Corneakörperchen  würde  also,  bis  die  definitive 
Zahl  von  Lamellen  und  Zellenlagen  erreicht  ist,  immer  nur  zwischen  die  zuletzt  vom  Horn- 
blatt abgelöste  und  die  eben  in  der  Anbildung  an  dieses  begriffene  hyaline  Schicht  (Lamelle) 
stattfinden.  Nur  zu  dieser  Vorstellung  von  dem  Hergange  passt  auch  der  in  Fig.  64  deutlich 
hervortretende  Umstand,  dass  die  Sclera  —  (alles  was  zwischen  den  beiden  Pigmentschichten 
liegt,  gehört  der  Chorioidea  resp.  Ciliarmuskel  und  Lig.  pectinatum  an)  durch  eine  so  schmale 
Brücke  in  die  Cornea  und  zwar,  wie  man  aus  der  Richtung  des  Längsdurchmessers  der 
Zellen  in  diesem  Uebergangstheil  entnehmen  darf,  nur  in  deren  dem  Epithel  nächstliegende, 
i.  e.  zuletzt  gebildete  Schichten  übergeht. 

Die  zuerst  entstandene  hyaline  Schicht  (Fig.  60)  ist  zur  Membrana  Descemeti  (elast. 
poster.,  inneren  Grenzschicht),  die  letztentwickelte  zur  elast.  anter.  oder  äusseren  Grenz- 
schicht geworden.  *) 

Fragen  wir  schliesslich,  wie  oben  in  Bezug  auf  die  Grundsubstanz  der  Cornea  des 
Hühnchens,  nach  der  Herkunft  der  Masse,  welche  die  Cornealamellen  des  Triton  bildet,  so 
muss  bei  der  Beantwortung  auch  hier  wieder  davon  ausgegangen  werden,  dass  diese  Masse, 
da  dieselbe  auch  bei  Anwendung  der  stärksten  Systeme  weder  in  der  ersten  noch  in  den 
später  auftretenden  Lamellen  jemals  eine  Spur  von  Zellen  oder  Zellenresten  aufweist^  nur 
ein  Ausscheidungsproduct  sein  kann.  Dass  dieses  aus  denjenigen  Zellen  oder  zellenähnlichen 
Gebilden  hervorgehen  sollte,  welche  in  den  Figg.  58  und  59  in  dem  später  zur  vorderen 
Augenkammer  werdenden  Räume  liegen,  ist  nicht  anzunehmen;  denn  abgesehen  von  allem 
anderen  (s.  19.  S.  20  o.)  könnten  dieselben  ja,  wenn  überhaupt  eine,  so  nur  die  allererste 
Lamelle  erzeugen ;  sobald  an  diese  das  innere  Epithel  sich  angebildet  hat,  ist  durch  letzteres  die 
Corneaanlage  gegen  die  Augenkammer  hin  abgeschlossen,  und  das  Material  für  die  folgenden 
Lamellen  müsste  also  von  anderswoher  zufliessen  als  dasjenige  für  die  erste  —  was  gewiss 
Niemand  wollen  wird.  Demnach  dürften  bezüglich  der  Entwickelung  der  Grundsubstanz  der 
Cornea  auch  für  Triton  nur  dieselben  2  Möglichkeiten  in  Betracht  kommen,  welche  oben  für 
diejenige  des  Hühnchens  aufgestellt  wurden  und  wird  wohl  auch  die  Wahl  zwischen  diesen 
beiden  hier  kaum  anders  ausfallen  als  dort;  denn  dass  die  erste  ans  Hornblatt  sich  anbildende 
Schicht  von  den  Kopfplatten  in  der  Umgebung  der  Augenblase,  von  der  Peripherie  her  über 
die  vordere  Augenkammer  sich  vorschiebe,  ist  bei  Triton  nicht  wahrscheinlicher  als  beim 


1)  Da  die  zur  Membrana  Desc.  werdende  Schicht  früher  vorbanden  ist  als  das  innere  Epithel,  so  kann  letzteres 
nicht  als  Matrix  jener  angesehen  werden  (gegen  W.  Müller  35.  S.  38.), 


91 


Hühnchen;  für  die  nach  dieser  ersten  sich  bildenden  Schichten  oder  Lamellen  aber  etwa 
von  den  einwandernden  Zellenlag-en  das  Material  geliefert  zn  denken,  ist  desswegen  unthnn- 
lich,  weil,  wie  oben  dargelegt,  die  zweite  Schicht  am  Hornblatt  früher  vorhanden  ist  als  die 
erste  Zellenlage  zwischen  den  Lamellen. 

Nach  alledem  bleibt  also  wohl  für  die  Entstehung  der  Cornealamellen  des  Triton 
keine  andere  Annahme  übrig,  als  diejenige,  welche  nach  der  eigenthümlichen  Art  und  Weise 
ihres  Auftretens  auch  a  priori  schon  als  die  wahrscheinlichste  erscheinen  muss,  nämlich  die 
durch  successive  schichtweise  Ausscheidung  aus  dem  Hornblatt  selbst. 

Säuger. 

Das  Hornblatt  liegt  bei  Schaafsembryonen  der  Linse  nach  deren  Abschnürung  in 
beträchtlicher  Ausdehnung  unmittelbar  an  —  Taf.  VI.  Fig.  84;  Fig.  85  zeigt  beide  nur 
wenig  von  einander  entfernt,  den  Zwischenraum  ausgefüllt  von  einer  homogenen  lichten  Masse ; 
ausser  dieser  ist  dann  bei  einem  noch  etwas  älteren  Embryo  vom  Rind  Taf.  VL  Fig.  86  noch 
eine  einfache,  der  distalen  Linsenwand  (resp.  Kapsel)  unmittelbar  aufliegende  Zellenschicht 
vorhanden,  deren  Fortsetzung  über  einige  kleine  Gefässlumina  auf  der  Linsenkapsel  und  über 
die  spätere  vordere  Augenkammer  hinweg  bis  in  die  Kopfplattenmasse  zwischen  dem  Um- 
biegungsrand  der  Augenblase  und  dem  Hornblatt  sich  verfolgen  lässt.  Zwischen  diesem 
Zellenzug  und  dem  Hornblatt  finden  sich  auch  in  der  lichten  Masse  Zellen  —  Ausläufer  der 
Kopfplatten  —  eingestreut;  dieselben  reichen  jedoch  nur  bis  zu  der  mit  ck  bezeichneten 
Gegend ;  von  hier  nach  dem  Pol  Inn  ist  die  Masse  vollkommen  homogen  und  zellenlos.  Gegen 
die  vordere  Augenkammer  zeigt  diese  Masse  durchaus  nicht  die  scharfe  Abgrenzung  wie 
die  erste  Anlage  der  Cornea  propria  beim  Hühnchen  und  Triton ;  dies  ist  auch  in  den  Taf.  V. 
Figg.  68  und  69  gezeichneten  Präparaten  von  der  Maus  nicht  der  Fall;  erst  wenn  die  Zellen 
des  Endothels  näher  aneinanderrücken  und  sich  präciser  ordnen  (vgl.  Taf.  V.  Figg.  70  und 
71  A.),  tritt  sowohl  hierdurch  als  auch  durch  das  gleichzeitige  Dunklerwerden  der  inneren, 
dem  inneren  Epithel  nächstliegenden  Zone  ihre  Abgeschlossenheit  gegen  die  Augenkammer  hin 
deutlich  hervor.  Dieses  Dunklerwerden  der  genannten  Zone  beruht  nicht  etwa  auf  einer  leb- 
hafteren Eeaction  derselben  gegen  Osmiumsäiire ,  auf  intensiverer  Färbung,  sondern  darauf, 
dass  hier  bereits  der  Process  begonnen  hat,  durch  dessen  Ablaufen  in  der  Anlage  der  Cornea 
diejenige  innere  Anordnung  sich  herstellt,  welche  für  ihr  Gewebe  im  entwickelten  Zustand 
so  charakteristisch  ist:  die  Corneakörperchen ,  welche  während  und  unmittelbar  nach  ihrer 
Einwanderung  noch  ganz  das  Aussehen  der  indifferenten  Kopfplattenelemente  zeigten  und 
keine  bestimmte  Gruppirung  erkennen  Hessen,  stellen  sich,  unter  gleichzeitiger  Abplattung 
und  Verlängerung  ihres  Querschnittes,  in  immer  deutlicher  hervortretende  continuirliche, 
den  Corneaflächen  concentrische  Schichten  —  im  Querschnitt :  Reihen,  deren  einzelne  Glieder 
durch  längere  oder  kürzere  Ausläufer  und  Fortsätze  mit  einander  sich  verbinden ;  die  Grund- 
substanz erscheint  nun  gleichfalls  in  Form  von  concentrischen  Schichten,  Lamellen,  welche 
alternirend  zwischen  den  Zellenschichten  liegen  und  diese  von  einander  trennen.  Diese  Zellen- 
reihen liegen  dichter  an  einander,  haben  schmalere  Schichten  von  Grundsubstanz  zwischen 
sich,  als  die  noch  unveränderten  Zellen  der  Corneaanlage;  da  nun  in  Osmiumsäure  die  Zellen 

12* 


92 


sieh  dunkler  färben  als  die  Grundsubstanz,  so  müssen  diejenigen  Partien  der  Cornea,  in 
welchen  die  Zellen  resp.  Zellenreihen  dichter  stehen,  auch  dunkler  sich  ausnehmen  (vgl.  Taf.  V. 
Figg.  70  und  71  B.).  —  Von  der  so  eben  beschriebenen  Veränderung  werden  allmälig  sämmt- 
liche  Schichten  der  Cornea  betroffen,  und  zwar  schreitet  der  Process  stetig  in  der  Richtung 
von  dem  inneren  nach  dem  äusseren  Epithel  hin  vor:  Fig.  70  ist  noch  fast  die  ganze  Cornea- 
anlage,  Fig.  71  nur  die  äussere  Hälfte,  Fig.  73  nur  noch  eine  ganz  schmale,  der  elast.  ant. 
unmittelbar  angrenzende  Zone  von  mehr  rundlichen,  den  noch  indifferenten  Kopfplatten- 
elementen ähnlichen  Zellen  eingenommen.  —  Präparate  von  entsprechend  alten  Schaafs- 
embryonen  bestätigen  mir  dies. 

Wenn  ich  nun  zunächst  die  den  Figg.  84 — 86  entnommenen  ßeobachtungsthatsachen 
über  die  Entwickelung  der  Cornea  — -  unter  der  Voraussetzung,  dass  dieselbe  bei  Schaaf  und 
Rind  wesentlich  identisch  ist,  mithin  die  genannten  Figuren  aufeinander  bezogen  werden 
dürfen  —  dahin  deute,  dass  auch  bei  Schaaf  und  Rind  an  den  zum  Corneaepithel  werdenden 
Bezirk  des  Hornblatts  zuerst  eine  hyaline  Schicht,  an  diese  dann  das  innere  Epithel  sich  an- 
bildet und  darauf  sofort  die  Einwanderung  der  Corneakörperchen  in  jene  hyaline  Schicht 
beginnt,  so  kann  dagegen  möglicherweise  der  Einwand  erhoben  werden,  dass  der  Mangel 
eines  bestimmt  abgrenzenden  Conturs  oder  einer  verschiedenen  Färbung  ebenso  gut  zu  der 
Annahme  berechtige,  dass  diese  hyaline  Masse  zwischen  Hornblatt  und  Linse  nur  ein  Theil 
des  die  ganze  vordere  Augenkammer  ausfüllenden  Flüssigkeitsgerinnsels  sei.  Dem  gegenüber 
habe  ich  zu  Gunsten  meiner  Auslegung  anzuführen:  1)  nur  unter  der  Voraussetzung  einer 
gewissen  Abgeschlossenheit  der  ersten  Anlage  der  Grundsubstanz  der  Cornea  propr.  gegen 
die  Augenkammer  hin  ist  es  verstäiuUich,  warum  die  erste  nach  dem  distalen  Pol  hinwandernde 
Kopfplattenzellenschicht  zwischen  diese  Anlage  und  die  Linse,  und  nicht  irgend  wie  in  die 
homogene  Masse  hinein  dringt;  letztere  muss  gegen  die  Augenkammer  hin  eine  Fläche  be- 
sitzen, welche  jenen  Zellen  diesen  Weg  anweist;  —  2)  geht  aus  der,  auch  gerade  auf  das 
Schaaf  sich  beziehenden,  oben  citirten  ganz  bestinunten  Angabe  Hensen's  hervor,  dass  bei 
geeigneter  Behandlung  diese  Masse  als  dem  Hornblatt  anliegendes  „Basalmembran "-artiges 
Gebilde  sich  präsentirt;  es  würde  also  nur  darauf  ankommen,  eine  Behandlungsvveise  der 
Objecte  kennen  zu  lernen,  welche,  ohne  irgend  welche  anderweitigen  nachtheiligen  Einflüsse 
auf  dieselben  auszuüben,  diese  Schicht  schärfer  begrenzt')  hervortreten  lässt. 

Der  soeben  erwähnte  Umstand,  dass  die  erste  Kopfplattenzellenlage  immer  längs  der 
Innenfläche  der  hyalinen  Schicht,  niemals  zwischen  diese  SchicJü  und  das  Hornblatt  vor- 
dringt, ist  noch  in  einer  zweiten  Beziehung  von  Interesse  insofern  als  er  nicht  nur  auf  die 
bereits  erörterte  Abgeschlossenheit  gegen  die  Augenkaramer,  sondern  auch  auf  eine  zur  Zeit  des 
Beginnes  dieser  Zellenwanderung  noch  bestehende  feste  Verbindung  und  innigen  Zusammenhang 
dieser  Schicht  mit  dem  Hornblatt  schliessen  lässt  —  ein  Zusammenhang  der  seinerseits  wieder 
die  Vermuthung  einer  genetischen  Zugehörigkeit  derselben  zum  Hornblatt  nahe  legt  und  aus  dieser 
jedenfalls  am  einfachsten  sich  erklärt.  Dies  zugegeben,  stellt  es  also  auch  für  Schaaf  und  Rind 


l)  Mir  selbst  liegen  Präparate  vor,  welche  gerade  dieser  Forderung  besser  genügen  als  das  Fig.  8(5  gezeichnete; 
dieselben  sind  aber  in  anderer  Hinsicht  nicht  ganz  gelungen,  daher  ich,  obgleich  dieselben  für  mich  überzeugend  sind,  von 
ihrer  VcrwertLuug  nach  aussen  hin  Abstand  nehmen  zu  müssen  geglaubt  habe. 


93 


als  das  wahrscheinlichste  sich  heraus,  dass  die  zellenlose  hyaline  erste  Anlage  der  Grrundsub- 
stanz  der  Cornea  aus  dem  Hornblatt  hervorgeht,  ein  Ausscheidungsproduct  desselben  ist 

Wird  sonach  die  erste  Anlage  der  Cornea  bei  Säugern  in  derselben  Weise  gebildet, 
wie  beim  Hühnchen  und  Triton,  so  muss  man  a  priori  schon  erwarten,  dass  auch  die  weitere 
Entwickelung  eine  wenigstens  wesentlich  mit  derjenigen  jener  übereinstimmende,  d.  h.  durch 
fortgesetzte  Einwanderung  von  Zellen  und  fortgesetzte  Production  von  Grundsubstanz  sich 
vollziehende  sein  wird.  Dass  erstere,  eine  fortgesetzte  Einwanderung  von  Zellen  in  die 
Corneaanlage  wirklich  stattfindet,  dürfen  wir  daraus  schliessen,  dass  die  numerische  Zunahme 
derselben  zu  massenhaft  und  zu  rasch  vor  sich  geht,  als  dass  sie  durch  blosse  Proliferation 
in  loco  erklärt  werden  könnte.  Aber  noch  mehr:  der  Gedanke  liegt  nahe,  dass  unter  den 
Corneazellen  diejenigen,  welche  zuerst  durch  die  S.  91  beschriebene  Veränderung  zu  ihrer 
definitiven  Form  und  Anordnung  gelangen,  die  ältesten,  zuerst  eingewanderten,  und  diejenigen, 
welche  diese  ihre  Entwickelung  am  spätesten  beendigen,  die  zuletzt  hinzugekommenen  sind ; 
da  jene  Veränderung  in  der  dem  inneren  Epithel  nächstliegenden  Schicht  beginnt  und  von 
dieser  stetig  nach  dem  Hornblatt  hin  fortschreitet,  so  müssen  wir  also  hier  (d.  i.  bei  den 
Säugern)  dieselbe  in  der  Eichtung  vom  inneren  Epithel  nach  dem  Hornblatt  hin  stetig  ab- 
nehmende Altersfolge  der  Schichten  annehmen,  welche  wir  bei  Triton  fanden,  und  —  wenn 
wir  die  gleiche  Erscheinung  auf  die  gleiche  Ursache  zurückführen  —  zu  dem  Schluss  ge- 
langen, dass  auch  bei  Säugern  die  einwandernden  Kopfplattenelemente  immer  nur  in  die  dem 
Hornblatt  unmittelbar  anliegende  Zone  der  Corneaanlage  eindringen  und  dass  die  bereits  vor- 
handenen Schichten  (incl.  Membr.  Desc.  und  inneres  Epithel)  um  so  mehr  vom  Hornblatt  sich 
entfernen,  je  mehr  neue  Einwanderungen  sich  zwischen  sie  und  das  Hornblatt  einschieben. 

Was  die  Grundsubstanz  anlangt,  so  hat  Rollett-)  angegeben,  dass  die  die  Cornea- 
lamellen  bildende  helle  Masse''  erst  auftritt,  nachdem  die  ursprünglich  runden  Zellen  sich 
bereits  abgeplattet  haben;  bis  daliin  liegen  dieselben  (und  auch  die  bereits  abgeplatteten 
noch)  „dicht  übereinander,  wie  die  Zellen  in  den  oberen  Lagen  eines  Plattenepithels''.  Ich 
kann  diese  Angabe  nicht  bestätigen;  nicht  nur  bei  Mäuse-  sondern  auch  bei  Schaafsembryo- 
nen  finde  ich  in  allen  Stadien  die  Zelleii  in  der  Hornhaut-Anlage  durch  Zwischensubstanz 
von  einander  getrennt  und  isolirt;  und  zwar  scheint  —  wie  die  ersten  Ausläufer  der  Kopf- 
platten diese  Masse  vorgebildet  vorfanden  (Fig.  86)  —  so  auch  weiterhin  stets  ein  genü- 
gender Vorrath  derselben  vorhanden  zu  sein,  um  die  neu  eintretenden  Zellen  in  sich  aufzu- 
nehmen, wenigstens  findet  sich  in  allen  Stadien  bei  Maus  sowol  als  beim  Schaafe  in  der- 
jenigen Zone  der  Cornea- Anlage ,  in  welche  die  Einwanderung  stattfindet,  i.  e.  in  der  unmit- 
telbaren Nähe  des  Hornblatts  eine  grössere  Menge  derselben  angehäuft  (in  den  Präparaten 
als  hellerer,  zellenloser  Streifen  zwischen  dem  Hornblatt  und  den  Körperchenschichten  er- 
scheinend, vgl.  namentlich  Figg.  70  und  72);  hier  muss  also  eine  fortlaufende  Production 
solcher  Masse  stattfinden,  die  wir  uns  nach  allem  doch  schwerlich'  anderswoher  als  vom 
Hornblatt  ausgehend  denken  können.    So  drängt  also  auch  hier  wieder  Alles  zu  der  Annahme, 


1)  Diese  Deduction  hat  auch  für  das  Hühnchen  und  den  Triton  Gültigkeit  und  kommt  für  diese  als  weiteres  zu  den 
oben  schon  für  die  Ausscheidung  aus  dem  Hornblatt  beigebrachten  Argumenten  hinzu. 

2)  Strickee's  Handbuch  der  Lehre  von  den  Geweben,  S.  1129. 


94 


dass  auch  bei  den  Säug'ern  die  Grandsubstanz  durch  fortgesetzte  Ausscheidung  vom  Hornblatt 
geliefert  werde;  nur  geschieht  dies  hier  nicht  unter  Bildung  solcher  massiger  und  von  vorn- 
herein starrer  Lamellen  wie  bei  Triton,  vielmehr  scheint  erst  später  in  der  anfangs  zarten, 
festweichen,  jeder  Form  der  in  ihr  liegenden  Zellen  sich  anschmiegenden  Substanz  eine  Art 
von  Erstarrung  und  Verdichtung  einzutreten,  durch  welche  dieselbe  sich  consolidirt  und  in 
immer  deutlicher  hervortretende  Schichten  streckt,  und  könnte  vielleicht  auch  dieser  in  dem 
vom  Hornblatt  entferntesten  ältesten  Theil  derselben  zuerst  auftretende  Vorgang  die  Ursache 
der  Abplattung  und  regelmässigen  Reihung  der  Hornhaut-Zellen  sein,  für  welche  man  sich 
in  diesen  Körperchen  selbst  doch  kein  selbstständiges  Motiv  vorhanden  denken  kann. 

Cap.  IV  ist  mitgetheilt  worden,  dass  Seenoff  als  Stützmoment  für  die  bindegewebige 
Natur  der  Linsenkapsel  die  physikalische  und  chemische  Gleichartigkeit  oder  Aehnlichkeit 
derselben  mit  der  Membrana  Descemeti  anführt.  Da  ich  in  jenem  Capitel  die  nicht-hinde- 
(jewehige  Natur  der  Linsenkapsel  unzweifelhaft  festgestellt  zu  haben  glaube,  so  kann  ich 
meinerseits  aus  der  angegebenen  Gleichartigkeit  beider  Membranen,  wenn  überhaupt  einen, 
so  nur  den  Schluss  ziehen ,  dass  auch  die  Membrana  Descemeti  —  und  da  diese  nur  ein  per- 
sistirender  Theil  der  Anlage  der  Cornea  propria  ist,  auch  diese  letztere  nicht-bindegewebiger 
Natur  ist,  —  ein  Ergebniss,  welches  das  auf  entwickelungsgeschichtlichem  Weg  in  dieser 
Hinsicht  von  uns  eniiittelte  also  nur  bestätigen  würde. 

Für  die  Annahme  einer  Conjundiva  corneae  finde  ich  in  der  Entwickelungsgeschichte 
keinen  Anhalt;  denn  nach  aussen  von  der  elastica  anterior  habe  ich  bei  den  von  mir  unter- 
suchten Embryonen  zu  keiner  Zeit  irgend  ein  anderes  Gewebe  als  das  aus  dem  Hornblatt 
sich  bildende  Epithel  allein  nachweisen  können.  —  Die  Gefässe  in  der  embryonalen  Cornea 
liegen,  soweit  meine  Beobachtungen  reichen,  nach  innen  von  der  elast.  anterior  —  vgl. 
Taf.  V.  Figg.  72.  73;  auch  habe  ich  dieselben  niemals  weiter  vorgedrungen  gefunden  als  in 
meiner  Fig.  72. 


SIEBENTES  CAPITEL. 

ENTWICKELUNG  DER  IRIS  UND  DER  CILIAREALTEN. 

(GLIEDERUNG  DER  SECUNDÄllEN  AUGENBLASE.) 


Die  Durchmusterung  der  bezüglichen  älteren  Literatur  ergibt,  dass  v.  Baer  und  Remak  die  einzigen  sind,  welche  die 
Entwickelung  der  in  Rede  stehenden  Theile  zu  verfolgen  gesucht  haben.  Dabei  fand  v.  Baer,  dass  die  vordere  Zone  der  inneren 
Lamelle  der  secundären  Augenblase  sich  verdünne  und  am  7.  Tage  schon  als  Strahlenblättchen  sich  zu  erkennen  gebe,  scharf 
von  der  eigentlichen  Netzhaut  gesondert ;  „an  derselben  Stelle ,  wo  die  Netzhaut  aufhört ,  sieht  man  nun  auch  in  der  dunkelen 
Haut  eine  Trennung  in  Aderhaut  und  Ciliarkörper" ;  er  sagt  aber  selbst ,  dass  er  nicht  ins  Klare  darüber  habe  kommen  können, 
7vie  das  Strahlenblättchen  und  der  Ciliarkörper  sich  bilden  —  ob  durch  „eine  wahre  Trennung  oder  ob  nur  die  Netzhaut  und 
Aderhaut  sich  von  der  Linse  zurückziehen  und  das  Strahlenblättchen  und  der  Ciliarkörper  neu  hinzugekommene  Theile  sind" 
(1.  c.  I.  Theü,  S.  105.  122);  im  II.  Theil  1837,  S.  114  aber  giebt  er  ganz  bestimmt  an:  „die  Netzhaut  sah  ich  zuerst  bis  an 
die  Linse  hinan  reichen,  dann  aber  von  derselben  sich  abziehen,  mit  Zurücklassung  des  Strahlenblättchens".  Letzteres  „scheint 
an  der  Linsenkapsel  aufzuhören  oder  mit  ihr  verwachsen  zu  sein".  Von  der  Iris  giebt  v.  Baer  nur  an,  dass  sie  als  sehr 
schmaler  ungefärbter  Ring  an  der  Oefifnung  der  Gefässhaut  gegen  Ende  des  10.  Tages  entstehe;  zwischen  dem  11.— 13.  Tag 
färbe  sie  sich  vom  Pupillarrand  aus. 

Remak  (1.  c.  S.  35)  begnügt  sich  mit  der  kurzen  Notiz,  dass  der  Anflug  schwarzen  Pigments  auf  der  äusseren  Fläche 
der  Augenblase  (d.  h.  —  wie  aus  dem  folgenden  Satz  sich  ergiebt  —  die  äussere  Lamelle)  die  gemeinschaftliche  Anlage  der 
Chorioidea,  der  Processus  ciliares  und  der  Iris  bilde. 

Einen  wesentlichen  Fortschritt  bildete  die  von  Kölliker  (22.  S.  66(i) ,  offenbar  im  Anschluss  an  seine  so  wichtige 
Ermittelung  der  Herkunft  des  Retinalpigments ,  gemachte  Angabe,  dass  die  Pigmentschicht  an  der  hinteren  Irisfläche  wahi- 
scheinlich  „aus  der  äusseren  Lamelle  der  secundären  Augenblase  sich  entwickelt".  Darnach  würde  also  das  hintere  Irispigment 
dem  Retinalpigment  homolog  sein. 

Ich  habe  19.  S.  22  ff.  in  Bezug  auf  die  Entwickelung  der  Iris  und  Ciliarfalten  des  Hühnchens  und  des  Triton  fol- 
gendes angegeben,  was  ich  auch  jetzt  noch  aufrecht  erhalten  muss: 

Hühnchen. 

Bereits  bei  der  Entwickehiiig  der  Cornea  ist  auseinandergesetzt  worden,  wie  die  Kopf- 
platten sich  zwischen  die  seciindäre  Augenblase  und  das  Hornblatt,  gegen  die  vordere  Linsen- 
fläche hin,  vorschieben ;  der  freie  Rand  derselben  reicht  zu  der  Zeit,  wenn  das  innere  Epithel 
von  ihnen  aus  gebildet  wird,  fast  bis  an  die  Linse  heran;  eine  scharfe  Begrenzung  desselben 
ist  nicht  vorhanden  (vgl.  Fig.  13);  erst  in  einem  folgenden  Stadium,  Figg.  15.  16.,  bildet  die 
der  vorderen  Augenkammer  zunächst  liegende  Zellenschicnt  einen  schwach  concaven  Contur 


96 


zwischen  dem  inneren  Epithel  der  Cornea  und  dem  Umschlag-srand  der  Augenblase,  welcher 
letztere,  der  Linse  anliegend,  etwas  melu-  in  die  vordere  Augenkammer  hinein  vorragt. 

Zu  gleicher  Zeit  hat  in  dem  der  Umbiegungsstelle  nächstliegenden  Theil  der  inneren 
Lamelle  der  Augenblase  eine  Verdünnung  begonnen;  sie  erscheint  am  Ende  des  7.  Tages  — 
Fig.  16.  —  schon  recht  ausgesprochen,  wie  die  Vergleichung  des  Dickendurchmessers  in  der 
Nähe  des  Umbiegungsrandes  mit  dem  des  in  der  Gegend  des  Bulbusäquators  gelegenen  Theils 
ergibt.  —  An  derselben  Figur  (und  noch  mehr  in  den  folgenden  Stadien,  Figg.  17  und  IS) 
springt  es  aber  auch  sofort  in  die  Augen,  dass  mit  dieser  Verdünnung  nichts  weniger  als  ein 
Zurückweichen  des  Umschlagsrandes  der  Augenblase  verbunden  ist,  dass  dieselbe  sich  im 
Gegentheil  weiter  in  die  Augenkammer  vorschiebt,  vgl.  Fig.  22,  dass  also  offenbar  mit  der 
Verdünnung  der  inneren  Lamelle  eine  Flächenverhreitening  dieses  vorderen  Theils  der  secun- 
dären  Augenblase  Hand  in  Hand  geht. 

Die  der  äusseren  Lamelle  zunächst  anliegenden  Elemente  der  Kopfplatten  folgen  in 
gleichem  Schritt  diesem  Vorrücken  des  Pupillarrandes  der  Augenblase;  es  sondert  sich  da- 
durch in  diesem  Theil  der  Kopfplatten  eine  schmale  innere  Schicht  von  einer  äusseren,  be- 
deutend breiteren  (der  Anlage  des  Cornealfortsatzes ,  incl.  Ciliannuskel ,  s.  S.  84);  zwischen 
beiden  Schichten  bleibt  am  freien  Rand  der  Kopfplatten  eine  Anzahl  von  Zellen  liegen,  welche 
weder  der  einen  noch  der  anderen  Schicht  zufallen,  sondern  als  Anlage  eines  selbstständigen 
Gebildes  sich  erweisen,  indem  sie  durch  einen  sehr  leicht  und  deutlich  zu  verfolgenden  Um- 
wandelungsprocess  zum  sog.  Ligamentum  pectitiatim  werden.  Es  fangen  nämlich  die  Fort- 
sätze dieser  Zellen  an,  in  die  Länge  ausgezogen  zu  werden,  wozu  das  Zellprotoplasma  fast  vollstän- 
dig verbraucht  zu  werden  scheint,  wenigstens  gewinnen  diese  Zellen,  die  sich  früher  durch  nichts 
von  den  übrigen  indifferenten  Kopfplattenelementen  unterscheiden,  immer  mehr  das  Ansehen 
blosser  (mit  Kernkörperchen  versehener)  Kerne;  es  scheint  auch  fast,  als  ob  sie  dabei  die 
Fähigkeit  der  Fortpflanzung  einbüssten,  denn  in  demselben  Grad  als  die  Fasern  länger  und 
feiner  werden,  rareficirt  sich  dieses  Gewebe,  bis  es  schliesslich  ein  äusserst  zierliches  Faser- 
netzAverk  darstellt,  in  dessen  Knotenpunkten  jene  anscheinend  nackten  Kerne  liegen,  siehe 
Figg.  18  —  21.  1.  p.;  —  die  einzelnen  Maschen  strecken  sich  allmälig  immer  mehr  in  die 
Länge,  je  mehr  die  Fasern  sich  parallel  zu  einander  lagern.  —  Seine  definitive  Entwickelimg 
erreicht  das  Ligamentum  pectinatum  wohl  erst  im  ausgeschlüpften  Hühnchen ;  dagegen  nimmt 
es  die  Lage  und  Richtung,  welche  es  im  Erwachsenen  beibehält,  schon  ziemlich  früh  ein: 
am  7.  Tage  (Fig.  16)  bildet  der  die  vordere  Augenkammer  begrenzende  Zellenzug  desselben, 
welcher  das  Endothel  mit  dem  Pupillarrand  der  Augenblase  verbindet,  noch  einen  schwach 
concaven  Contur;  am  9.  Tage  (Fig.  17)  aber  ist  die  durch  das  concentrische  Vorrücken  des 
Pupillarrandes  nach  dem  vorderen  Linsenpol  hin  bedingte  spitzwinklige  Stellung  gegen  die 
Cornea  schon  deutlich.    Diese  Stellung  ist  beim  Vogel  die  bleibende. 

Kehren  wii*  zur  Augenblase  zurück,  so  ist  die  nächste  Veränderuug  eine  am  9.  oder 
10.  Tag  in  geringer  Entfernung  vom  Umschlagsrande  auftretende  Faltenhildiing  beider  Lamellen 
(Fig.  18.  p.  c).  Dadurch  wird  in  dem  verdünnten  Theil  der  Augeublase  eine  Sondeiiing  in 
einen  vorderen  und  einen  hinteren  Theil  eingeleitet;  ersterer  wird  (mit  dem  ihm  unmittelbar 
aufliegenden  Theil  der  Kopfplatten)  zur  Iris,  letzterer  (gleichfalls  mit  dem  ihm  unmittelbar 


97 


aufliegenden  Tlieil  der  Kopfplatten)  zu  den  processus  ciliares.  Wie  die  Faltung  beide  Lamellen 
betraf,  so  werden  auch  beide  Lamellen  der  Augenblase  im  vorderen  sowohl  als  im  hinteren 
Theil  in  die  Bildung  der  eben  genannten  Organe  einbezogen. 

In  Bezug  auf  den  Kopfplattenantheil  der  Iris  und  process.  eil.  kann  ich  mich  auf  die 
Bemerkung  beschränken,  dass  von  ihm  aus  selbstverständlich  das  eigenthümliche  Iris-  und 
Ciliargevvebe  (Muskeln,  Bindegewebe,  Gefässe  u.  s.  w.)  gebildet  wird.  —  (Die  Gefässbildung 
in  der  Iris  leitet  sich  schon  sehr  früh  ein;  ein  oder  mehrere  grössere  Lumina  sind  in  den 
Querschnitten  derselben  sichtbar  zu  einer  Zeit,  zu  welcher  in  der  Chorioidea  nur  erst  eine 
Choriocapillaris  existirt);  die  betreifenden  Aiujenblaseiicmtheile  erfordern  eine  eingehendere 
Betrachtung : 

Die  Veränderungen  in  dem  vorderen  Abschnitt  der  Augenblase  bestehen  anfangs  nur 
in  einer  einfachen  Verdünnung  der  inneren  Lamelle;  diese  bietet  schon  um  den  10.  Tag  im 
Querschnitt  das  Ansehen  eines  einfachen  Cylinderepilhels.  Wenn  —  wie  ich  nach  meinen 
Präparatenglaube  —  die  Behauptung  Babuchin's  (I.e.  1863.  Band  IV,  S.  71)  richtig  ist,  dass 
in  der  ersten  Zeit  nach  der  Bildung  der  secundären  Augenblase  die  innere  Lamelle  aus 
schmalen  Körperchen  besteht,  welche  mit  ihren  blassen  Fortsätzen  die  ganze  Dicke  der 
Lamelle  durchlaufen,  letztere  also  von  vorn  herein  eigentlich  nur  aus  einer  einzigen  Zellen- 
scliiclit  besteht  und  ihr  geschichtetes  Ansehen  nur  dadurch  erhält,  dass  die  Körperchen  in 
verschiedenen  Höhen  in  der  Lamelle  liegen,  so  kann  die  eben  erwähnte  Umwandlung  in 
eniem  sehr  einfachen  Vorgang  bestehen:  die  Zellkörper  (resp.  Kerne)  lagern  sich  allmälig 
in  eine  Höhe  neben  einander,  während  zugleich  die  Fortsätze  eingezogen  und  zur  Vergrösse- 
rung  des  Zellenleibes  verwendet  werden.  Der  Ciliar'ik€A  der  inneren  Lamelle  bleibt  auf 
dieser  Entwickelungsstufe  stehen;  im  Iristheil  dagegen  gehen  die  Elemente  allmälig  in  eine 
mehr  runde  Form  über,  während  gleichzeitig  PigmenMi^wwg  in  ihnen  auftritt;  letztere  ist 
in  dem  Fig.  2 1  abgebildeten  Stadium  schon  recht  vorgeschritten,  jedoch  noch  nicht  so  intensiv, 
wie  in  der  äusseren  Lamelle,  Allmälig  werden  durch  diese  Veränderungen  im  Iristheil  die 
Zellen  der  inneren  Lamelle  denen  der  äusseren  immer  ähnlicher,  die  Grenze,  zwischen  beiden 
jedoch  —  so  dicht  sie  auch  an  einander  liegen  (so  dass  sie  bei  schwächeren  Vergrösserungen 
nur  eine  einzige  Schicht  zu  bilden  scheinen)  —  so  wie  die  Umbiegung  der  einen  Lamelle 
in  die  andere  am  Pupillarrand,  bleibt  bis  ans  Ende  des  Embryolebens,  auch  bei  schon  rech' 
intensiver  Pigmentirung,  mit  stärkeren  Vergrösserungen  noch  deutlich  sichtbar.  Es  unterliegt 
wohl  keinem  Zweifel,  dass  bei  passender  Behandlung  (Bleichung)  auch  in  der  erwachsenen 
Iris  sich  diese  2  Schichten  im  Pigment  noch  werden  nachweisen  lassen.  (Unter  den  Säuge- 
thieren  liefern  dazu  geeignete  und  leicht  zu  beschaffende  Objecte  die  Albinos,  namentlich  die 
weissen  Kaninchen.) 

Das  für  den  Ent wickelungsplan  der  Iris  und  Processus  ciliares  des  Hühnchens  Wesent- 
liche lässt  sich  demnach  kurz  dahin  aussprechen :  Iris  und  Processus  ciliares  rcerden  ge- 
bildet durch  die  Betheiligung  zweier  Keimblätter,  des  oberen  und  des  mittleren,  —  specieller: 
der  aus  der  Medullär  platte  stammenden  beiden  Blätter  der  secundären  Augenblase  einerseits 
und  der  Kopfplatten  andererseits. 

Diese  Entstehung  und  Zusammensetzung  der  Iris  und  Processus  ciliares  berechtigt 

Kessle»,  Wirbel thier-Auge.  13 


98 

nun  auch  die  genannten  Bildungen,  eine  andere,  selbstständigere  Stellung  zu  beanspruchen, 
als  ihnen  bisher  angewiesen  zu  werden  pflegte:  Hensen  (1.  c.  in  der  Tabelle  „zu  Seite  423") 
sagt,  dass  corp.  eil.  und  Iris  von  der  Chorioidea  gebildet  werden;  Kölliker  (Gewebelehre, 
5,  Aufl.  S.  659)  bezeichnet  die  Iris  als  vorderen  Abschnitt  der  Gefässhaut;  Henle  (Eingeweide- 
lehre S.  578)  als  vorderen  Theil  der  mittleren  Augenhaut;  die  Processus  ciliares  sind  nach 
Henle  (1.  c.  S.  612)  der  vordere,  ansehnlich  verdickte  Theil  der  Chorioidea.  Nach  dem 
obigen  sind  sie  offenbar  mehr:  sie  treten  durch  die  Betheiligung  der  beiden  Lamellen  der 
secundären  Augenblase  an  ihrer  Bildung  in  eben  so  nahe  Beziehung  zur  Retina,  wie  durch 
die  Betheiligung  der  Kopfplatten  zur  Chorioidea.  Und  fasst  man  die  A/i  des  Hervorwachsens 
der  Iris  und  Processus  ciliares  darauf  hin  genauer  ins  Auge,  so  wird  man  kaum  verkennen, 
dass  ihre  Entwickelung  in  erster  Lhiie  sogar  von  der  Augenblase  ausgeht,  und  dass  die 
Wachsthumsverhältnisse  in  dieser,  namentlich  die  Differenzirungen  in  der  inneren  Lamelle 
den  Impuls  zu  ihrer  Entstehung  geben.  Durch  die  mit  der  Verdünnung  gleichzeitige  Flächen- 
verbreiterung des  vorderen  Abschnittes  der  Augenblase  wird  der  vordere  freie  Rand  nach 
dem  vorderen  Augenpol  zu  vorgeschoben;  die  ihr  zunächst  anliegende  Schicht  des  mittleren 
Keimblattes  wird  nachgezogen  und  dadurch  von  der  Hauptmasse  der  Kopfplatten  abgespalten 
(vgl.  Figg.  16 — 22).  Mag  sie  es  nun  sein,  welche  durch  ihren  Zusammenhang  mit  dem  hinter 
ihr  liegenden  Theil  der  inneren  Schicht  der  Kopfplatten  (der  Anlage  der  Chorioidea)  der 
noch  weiteren  Vorschiebung  des  Augenblasenrandes  als  hemmender  Zügel  entgegenwirkt  oder 
liegt  das  Hinderniss  in  der  Anstemmung  des  Umschlagsrandes  an  die  Linse  *)  —  die  Flächen- 
verbreiterung schafft  sich  durch  Faltenbildung  Raum  und  gibt  so  wiederum  den  Anstoss  zur 
Entstehung  eines  zweiten  Gebildes,  der  Processus  ciliares;  die  Kopfjjlatten  gehen  nur  in 
die  Falten  ein. 

Strict  beweisen  kann  ich  diesen  Causalzusammenhang  freilich  nicht;  aber  die  Verdün- 
nung der  inneren  Lamelle  und  die  Flächenverbreiterung  liegen  klar  zu  Tage,  während  von 
Seiten  der  Kopfplatten  kein  ätiologisches  Moment  aufzufinden  ist.  Auch  noch  im  Erwachsenen 
ist  der  Augenblasenantheil  der  am  weitesten  nach  dem  vorderen  Linsenpol  hin  vorgeschobene 
Theil;  er  bildet  allein  den  Pupillarrand.  Beim  Menschen  überragt  die  Pigmentlamelle  (nach 
Henle,  Eingeweidelehre,  S.  630)  am  Pupillarrand  die  eigentliche  Iris  um  0,1mm. 

In  Bezug  auf  das  im  Auge  vorhandene  Pigment  sei  noch  folgendes  zu  bemerken  ge- 
stattet: die  Verbreitung  des  von  der  secundären  Augenhlase  aus  gelieferten  erstreckt  sich 
am  Ende  der  embryonalen  Entwickelung  auf  die  äussere  Lamelle  in  ihrer  ganzen  Aus- 
dehnung und  auf  den  Iristheil  der  inneren;  sie  setzt  sich  beim  Vogel  in  der  nachembryonalen 
Periode  noch  weiter  fort  auf  denjenigen  Abschnitt  des  Ciliartheils  der  inneren  Lamelle,  welcher 
die  hintere  Augenkammer  begrenzen  hilft.  (Dass  sich  dies  bei  den  Säugethieren  ebenso  ver- 
hält, darf  man  vermuthen  nach  den  von  Flemming  seinen  „Untersuchungen  über  die  Ciliar- 
Muskel  der  Haussäugethiere"  (M.  Schultze's  Archiv  Bd.  III,  Taf.  XXIV)  beigegebenen  Zeich- 

1)  statt  dieser  letzten  Worte  würde  ich  jetzt  lieber  sagen :  oder  liegt  das  Hinderniss  etwa  darin  ,  dass  vielleicht  der 
Pupillarrand  der  Augenblase  durch  fortschreitende  Consolidirung  und  esterwerden  der  an  demselben  ineinander  übergehenden 
Lamellen  bereits  eine  gewisse  Starre  und  Unnachgiebigkeit  erlangt  hat,  welche  eine  weitere  Verkleinerung  der  Pupillaröffnung 
nicht  mehr  gestattet. 


99 


mingen,  nach  welchen  beim  Kätzchen  der  g-anze  Ciliartheil  der  inneren  Lamelle  noch  unpig- 
mentirt  erscheint,  während  bei  den  übrigen,  offenbar  erwachsenen  Thieren  entnommenen 
Bildern  der  in  die  vordere  Angenkammer  sehende  Abschnitt  der  inneren  Lamelle  pig-mentirt 
ist.  Letzteren  finde  ich  auch  bei  einem  menschlichen  Foetus  aus  der  ungefähr  32.  Schwanger- 
schaftswoche noch  unpigmentirt,  während  in  den  2  Zellenschichten  an  der  hinteren  Irisfläche 
die  Pigmentirung  vollständig  und  gleiclimässig  ist.)  Die  Verhreihnig  des  Choi  ioidalpigmenies 
reicht  in  der  Fig.  20  abgebildeten  Fntvvickelungsstufe  bis  an  den  peripheren  Irisrand.  Seine 
Entwickelung  beginnt  an  der  Aussenfläche  der  Chorioidea  und  erstreckt  sich  nach  innen  zu 
nie  weiter  als  bis  an  die  Aussenfläche  der  pigmentlosen  Choriocapillaris ,  welche  es  vom 
Augenblasenpigment  trennt. 

Diese  Gesondertheit  beider  Pigmentarten  lässt  sich  auch  im  erwachsenen  Auge  deutlich 
durch  eine  überall  zwischen  beiden  befindliche  unpigmentirte  Schicht  erkennen:  im  ganzen 
hinteren  Bulbus-Abschnitt  ist  die  Trennung  äusserst  scharf  markirt  durch  die  zwischenliegende 
Choriocapillaris ;  wo  letztere  aufhört,  geht  das  Chorioidalpigment  längs  der  meridional  ins 
Stroma  der  Proc.  ciliar,  hineinziehenden  Gefässe  in  dieses  mit  ein;  nach  vorn  reicht  es  bis 
an  den  peripheren  Irisrand,  wo  es  plötzlich  aufhört;  nur  bei  sehr  stark  pigmentirten  Individuen 
findet  sich  eine  schwache  Fortsetzung  desselben  auf  die  vordere  Irisfläche;  letztere  Pigmen- 
tirung hat  aber  durchaus  keine  specifische  Bedeutung,  hat  mit  dem,  was  man  mit  ,, Irispig- 
ment" zu  bezeichnen  pflegt,  selbstverständlich  nichts  zu  thun,  sondern  ist  der  Pigmentbildung 
gleich  zu  setzen,  welche  auch  in  der  Sclera,  im  Cornealfortsatz  —  und  auch  anderwärts  im 
Körper  in  verschiedenen  Erscheinungsformen  —  in  den  Derivaten  und  als  Derivat  des  mitt- 
leren Keimblattes  angetrofi'en  wird,  am  massenhaftesten  aber  eben  in  der  Chorioidea  vorliegt. 
Nach  der  Entwickelungsgeschichte  haben  wir  eben  überhaupt  nur  2  Arten  von  Pigment  ein- 
ander gegenüber  zu  stellen:  das  gesammte  vom  mittleren  Keimblatt  aus  gelieferte  dem  in 
den  Derivaten  des  oberen  Keimblattes  (specieller  der  Medullarplatte)  in  der  secundären  Augen- 
blase und  in  gewissen  Nervenzellen  (?)  sich  entwickelnden. 

Je  nach  der  Entwickelung  in  den  Derivaten  des  einen  oder  des  anderen  Keimblattes 
ist  vielleicht  auch  die  Grösse  der  einzelnen  Pigmentkörnchen  eine  verschiedene;  wenigstens 
sind  die  in  der  Chorioidea  nach  Rosow  („Ueber  das  körnige  Augenpigment' ^  in  Gräfe's  Archiv 
IX.  Abth.  III,  S.  64)  „unendlich  feiner  und  weniger  stark  conturirt'^  als  die  in  den  ,,Epi- 
thelialzellen  der  inneren  Oberfläche  der  Gefässhaut''  und  als  diejenigen  der  Epithelzellen, 
welche  das  Corp.  ciliare  von  der  Ora  serrata  an  und  die  hintere  Oberfläche  der  Regenbogen- 
haut bedecken". 

Welches  die  ßildungsendproducte  der  secundären  Augenblase  sind,  ist  im  Obigen  in 
extenso  auseinandergesetzt  worden;  aus  diesem  recapitulire  ich  schliesslich  unter  dem  speciellen 
Gesichtspunkt  der  durch  diese  Metamorphosen  hervorgebrachten  allendlichen  Gliederung 
der  secundären  Augenhlase  übersichtlich  folgendes: 

Vom  7.  Tag  an  tritt  im  vorderen  Abschnitt  der  secundären  Augenblase  eine  vom  freien, 
der  Linse  anliegenden  Rand  medianwärts  (rückwärts)  fortschreitende  Verdünnung  der  inneren 
Lamelle  ein,  wodurch  die  letztere  in  2  Abschnitte  sich  sondert: 

13* 


100 


Der  hintere,  im  Dickendur chncsser  wachsende  Theil  der  secimdären  Avgenhlase  liefert 
dnich  Differenzining  sämmtliche  Schichten  der  Retina:  in  der  vorderen,  sich  verdünnenden 
Zone  tritt  am  10.  Tag  durch  Faltenlnldwuj  eine  neue  Sonderung  ein:  der  vor  der  Falte 
gelegene  Theil  beider  Lamellen  der  secundären  Augenblase  wird  zum  Irispigtnent ;  der  hinter 
de?n  vorderen  Faltenrand  gelegene  liefert  durch  die  äussere  Lamelle  das  Pigment,  durch 
die  innere  das  pigmentlose  (theilweise  später  noch  sich  pigmentirende)  Epithel  der  Pars 
ciliaris. 

Der  „Iristheil  der  secundären  Augenblase"  reicht  nach  vorn  bis  an  den  Piipillar- 
rand,  7V eichen  er  (auch  im.  Erwachsenen)  bildet:  ^/^r  „Ciliartheil  der  secundären  Augen- 
blase" reicht  vom  peripheren  Lrisrand  bis  an  die  Ora  serrula,  an  welcher  sie  ohne  scharfe 
Grenze  in  die  „Retina"  übergeht. 

An  die  vorstehend  entwickelte  Gliederung  der  secundären  AugenMase  knüpfen  sich 
folgende  Bemerkungen  in  Betretf  der  Terminologie : 

Die  Bezeichnung  „Reti?ialpigtnent"  scheint  zuerst  von  Babuchin  (1.  c.  Band  IV.  1863. 
S.  84:  ,,pigmentum  retinae")  eingeführt  worden  zu  sein.  Nach  den  Gründen,  die  Bauuchin 
dafür  geltend  macht,  war  er  eigentlich  nur  zur  Bezeichnung:  „Augenblasenpigment"  berech- 
tigt. Dies  erkannte  auch  M.  Schultze^  der  daher  jene  Bezeichnung  zurückweist,  indem  er 
(Bd.  III.  S.  377  seines  Archivs)  sagt:  ,,Ist  die  prim.  Ahl.  auch  ursprünglich  ein  untrennbares 
Ganzes,  so  sondert  sie  sich  doch  sehr  früh  in  2,  in  der  weiteren  Entwickelung  durchaus 
verschiedene  Blätter.  Nur  im  Inneren  erhalten  sich  nervöse  Elemente,  dieses  bildet  die 
Retina  im  bisher  gebräuchlichen  Sinn.  Das  äussere  Blatt  geht  dagegen  seine  besondere 
Metamorphose  ein  und  wird  zu  einer  Schicht  von  Pigmentzellen";  M.  Schultze  entscheidet 
sich  deshalb  dafür:  „bei  der  Herzählung  der  Schicliten  die  Pigmentschicht  coordinirt  als 
eine  besondere  Schicht  zwischen  Chorioides  und  Retina  aufzufülu'en,  eine  Nomenclatur,  wel- 
che dem  Hergebrachten  gegenüber  am  wenigsten  Anstoss  erregen  dürfte."  Dieser  Vorschlag 
hatte  seine  Berechtigung  so  lange  als  unsere  Kenntniss  von  den  Leistungen  der  sec.  Abi. 
ihren  Ausdruck  fand  in  dem  Satz:  die  innere  Lamelle  wird  zur  Retina,  die  äussere  zum 
Pigmentepithel.  Durch  den  Nachweis,  dass  in  die  Production  der  Retina  nur  ein  Theil  der 
inneren,  in  die  Production  des  die  Ret.  deckenden  Pigments  nur  ein  Theil  der  äusseren 
Lamelle  der  sec.  Abi.  aufgeht,  fällt  die  Berechtigung,  die  Bezeichnungen:  „Retina"  und 
innere  „Lamelle"  und  „Retinalpigment"  und  „Augenblasenpigment"  synonym  und  piomiscue 
zu  gebrauchen ;  die  Bezeichnung  „Retina"  darf  erst  von  dem  Stadium  an  eingeführt  werden, 
in  welchem  die  Sonderung  der  inneren  Lamelle  in  den  vorderen  verdünnten  und  den  hin- 
teren sich  verdickenden  Theil  eingetreten  ist;  auf  diesen  letzteren  muss  sie  sich  aber  auch 
beschränken:  ebenso  hat  die  Bezeichnung  Retinalpigment"  ihre  Geltung  erst  von  dem 
Eintritt  jener  Sonderung  an  und  beschränkt  sich  ebenfalls  nur  auf  denjenigen  Theil  der 
äusseren  Lamelle,  welcher  den  zur  Retina  werdenden  der  inneren  Lamelle  deckt.  Vor  der 
beginnenden  Ditferenzirung  dagegen  ist  die  Bezeichnung:  „äussere  und  innere  Lamelle  der 
sec.  Abi."  die  einzig  berechtigte,  eben  weil  in  ihnen  sämmtliche  Bildungsendproducte  der 


101 


sec.  Abi. :  Ret.  und  Retinalpigmeiit  plus  Ciliartlieil  und  Iristlieil  -  potentia,  noch  ungesondert 
enthalten  sind. ') 

Es  leuchtet  von  selbst  ein,  dass  von  dem  soeben  geltend  gemachten  Gesichtspunkt 
aus  auch  die  Bezeichnung  ,,Retinahim\t&'  verworfen  und  statt  dessen  „A/f(/('//blase/iiiim\te" 
gesagt  werden  muss.  Dagegen  gewinnt  der  Terminus  ,,Retiualpigmei)f'^  eine  —  wenn  auch 
beschränktere,  dafür  aber  in  dieser  Beschränkung  um  so  sicherere  —  neue  Berechtigung, 
da  die  Entwickelungsgeschichte  für  diese  Pigmentschicht  den  unzweifelhaften  Nachweis  ilirer 
morphologischen  Zugehörigkeit  zur  Retina  geliefert  hat,  mit  deren  äusserster  Schicht  sie,  wie 
längst  feststeht  (s.  M.  Schultze  1,  c),  zu  einer  auch  „physiologisch  untrennharen  Einheit''' 
verwächst. 

Triton. 

Es  ist  bereits  früher  erwähnt  worden ,  dass  und  wie  die  Verschiedenlieit  im  Wachs- 
thum der  beiden  Lamellen  der  Augenblase  bei  Triton  schon  sehr  früh  sich  geltend  macht. 
Mit  dem  Eintritt  der  Pigmentirung  (der  Kern  bleibt  pigmentlos)  nimmt  der  Dickendurchmesser 
der  äusseren  Lamelle  wieder  etwas  zu,  indem  die  Zellen  derselben  näher  aneinander  rücken 
und  dabei  ihr  früher  spindelförmiger  Querschnitt  in  einen  annähernd  quadratischen  übergeht. 
In  allen  Stadien  ist  die  Pigmentlamelle  <'if>?.schichtig. 

Die  innere  Lamelle  ist  dafür  um  so  mächtiger,  und  bleibt  es  auch  —  Taf.  IV.  Fig.  55  ff. 

Sofort  nach  der  Einstülpung  durch  die  Linse  zeigt  sich  an  der  Innenfläche  der  Augen- 
blase eine  dem  Aequator  parallel  verlaufende  circuläre  Einknichmg ,  Figur  56  flf.;  nur  der 
medianwärts  von  dieser  gelegene  Theil  wird  zur  Retina.  Der  abgeknickte  laterale  (vordere) 
Theil  dagegen  mit  der  dazu  gehörigen  Zone  der  Pigmentschicht  und  einer  entsprechenden 
Zellenlage  der  Kopfplatten  zur  Iris. 

a)  Retina.  Die  ersten  Dififerenzirungsvorgänge  vollziehen  sich  in  dem  Stadium  von 
Fig.  59 ;  die  Art  und  Reihenfolge  derselben  scheint  dieselbe  zu  sein,  welche  Baruchin  (1.  c.) 
für  den  Frosch  angibt.  In  dem  Stadium  von  Fig.  60  A.  hat  die  Bildung  der  Stäbchen  und 
Zapfen  bereits  begonnen. 

b)  Iristheil  der  seeundären  Augenhlase.  Auf  den  Iristheil  setzt  sich  die  Sonderung 
in  Schichten  nicht  fort;  die  den  Bildungszellen  der  Retina  perfecta  morphologisch  gleich - 
werthigen  Zellen  derselben  ordnen  sich  hier  vielmehr  allmälig  in  eine  einzige  Schicht  (vgl. 
das  darüber  beim  Hühnchen  S.  97  Gesagte);  in  demselben  Maasse  verdünnt  sich  der  Iristheil 
und  tritt  die  Knickung  schärfer  hervor  —  s.  Figg.  60  ~  04.  Die  dem  Pupillarrand  nächst- 
stehenden Zellen  platten  sich  ab,  die  an  der  Peripherie  der  Irisanlage  dagegen  werden  stab- 
förmig  (genauer :  keilförmig  —  das  dem  Pigment  zugewendete  Ende  ist  etwas  dicker,  das  ent- 
gegengesetzte etwas  zugespitzt).  —  Noch  bei  der  1,5  Cm.  langen  Larve  ist  der  Uebergang  von 
den  Zellenformen  des  Iristheils  zu  denen  des  Retinaltheils  der  Augenblase  ein  ganz  allmäliger, 
bei  der  Larve  von  3,3  Cm.  (Fig.  63)  dagegen  sind  die  DifFerenzirungen  in  der  Rethia  schon 


I)  Aus  den  angeführten  Gründen  kann  es  auch  nicht  correet  erscheinen,  wenn  W.  Müllee  (35.  S.  34)  die  innere 
Lamelle  als  „retinale"  der  Pigmentlamelle  gegenüberstellt. 


102 


fast  zum  Abscliluss  gelangt,  die  Grenze  zwischen  den  kleinen  Retinaelementen  und,  den 
peripherischen  Iriszellen  ist  schon  deutlich ;  erstere  hören  mit  einem  sanft  abgerundeten  Rande 
auf,  welchem  die  langen  Iriszellen  anliegen.  —  Im  Erwachsenen  tritt  die  Grenze  noch  etwas 
schärfer  hervor  dadurch,  dass  auch  die  Stäbchen-  (und  Zapfen-)  Schicht  bis  an  den  freien 
Rand  hin  sich  entwickelt  hat  einerseits,  andererseits  dadurch,  dass  die  Elemente  in  der 
Retina  sowohl  als  in  dem  Iristheil  sich  dichter  zusammendrängen;  im  WesentUelien  aber 
bleibt  das  Verhältniss  beider  Thelle  zu  einander  dasselbe  :  die  langen  parallel  gestellten 
Zellen  des  Iristheils  liegen  den  nervösen  Elementen  der  Retina  unmittelbar  an,  die  Continuität 
bleibt  eine  ungestörte,  ganz  ebenso  wie  es  beim  Hühnchen  zwischen  der  Retina  und  der 
Pars  eil.  einerseits  und  zwischen  der  Pars  eil.  und  dem  Iristheil  andererseits  der  Fall  ist. 
Die  innere  Fläche  der  Iris  wird  ganz  ebenso  wie  diejenige  der  Retina  von  der  Limitans 
interna  bekleidet ;  dieselbe  geht  über  die  Knickungs stelle  glatt  hinüber.  Es  handelt  sich 
hier  eben  nur  um  eine  ZArnenWihmg  in  einer  ursprünglich  gleichen  Zellenmasse  durch  histio- 
logische  Differenzirung,  welche  eine  Unterscheidbarkeit  der  Iris  von  der  Retina  zu  Wege  bringt. 

Das  Pkjment  im  Iristheil  bleibt  hinter  dem  der  Retina  insofern  in  der  Entwickelung 
zurück,  als  es  keine  einscheidenden  Fortsätze  zu  liefern  hat. 

Die  Betheiligung  der  Kopfplatten  beim  Aufbau  der  Iris  zeigen  die  Figg.  60.  61.  63. 
64.  Die  von  ihnen  gelieferte,  der  Aussenfläche  der  Pigmentzellen  aufliegende  Schicht  besteht 
im  Erwachsenen  aus  1 — 2  Lagen  länghcher  oder  ovaler  Zellen,  die  durch  feine  Ausläufer 
unter  einander,  so  wie  im  peripheren  Theil  der  Iris  mit  dem  Ligamentum  pectinatam  in 
Verbindung  stehen.  Diese  Schicht  geht  continuirlich  in  die  unpigmentirte  der  Chorioidea 
über.  Gefässwandungen  oder  Lumina  habe  ich  in  der  Iris  nicht  nachweisen  können;  die 
Anwesenheit  feinster  Capillaren  kann  man  nur  erschliessen  aus  den  einzelnen  hie  und  da  in 
diese  Schicht  oder  zwischen  sie  und  die  Pigmentschicht  eingelagerten  Blutkörperchen. 

Er'gelmiss :  Das  bereits  am  Hühnchen  erkannte  Bildungsgesetz  für  die  Iris :  Entstehimg 
aus  2  Keimblättern  bestätigt  sich  auch  für  den  Triton ;  die  Mitbetheiligung  des  oberen  Keim- 
blattes, specieller  der  Medullarplatte  durch  die  beiden  Lamellen  der  secundären  Augenblase  tritt 
hier  in  nocli  exquisiterer  Weise  hervor,  indem  der  Augenblasenantheil  die  Hauptmasse  der  Iris, 
der  Kopfplattenantheil  dagegen  nur  eine  höchst  spärliche  (Gefäss-  ?)  Schicht  liefert. 

Die  Vergleichung  der  Entwickelung  und  Entwickelungsendproducte  der  secundären 
Augenblase  des  Tritons  und  des  Hühnchens  ergiebt:  der  Anfang  der  Entwickelung  ist  bei 
beiden  der  gleiche:  hier  wie  dort  Verdünnung  des  vorderen  Abschnittes;  der  Fortgang  ist 
verschieden:  bei  Triton  tritt  im  verdünnten  Theil  keine  weitere  Sonderung  ein,  der  ganze 
verdünnte  Theil,  der  beim  Hühnchen  Iristheil  und  Ciliartheil  der  secundären  Augenblase 
liefert,  liefert  bei  Triton  (mit  einem  minimen  Antheil  der  Kopfplatten  gemeinschaftlich)  ein 
einziges  Gebilde,  das  man  seiner  Function  nach  als  Iris  bezeichnen  mu8S,*dass  aber  seinem 
morphologischen  Werth  nach  der  Iris  lüus  Pars  ciliaris  des  Vogels  homolog  ist;  —  bei 
Triton  bleibt  also  ein  Entwickelungsstadium  stationär,  aus  welchem  beim  Hühnchen  durch 
weitere  Differenzirung  2  Gebilde  entstehen,  von  denen  das  hintere  als  Pars  ciliaris  und 


103 


Pigment  der  Proc.  ciliar,  eine  kaum  definirbare,  das  vordere  dagegen  als  Pigmentschiclit  der 
Iris  eine  wesentliche  optische  Function  besitzt. 

Die  Schicksale  der  secundären  Augenblase  sind  überhaupt  sehr  geeignet,  zu  zeigen, 
wie  weit  die  Begriffe  „Homologie"  und  „Analogie"  auseinanderfallen:  während  als  Theile 
der  Augenblase  betrachtet  der  vordere  und  hintere  Abschnitt  offenbar  homolog  sind,  können 
sie  doch  durchaus  nicht  in  Analogie  gebracht  werden,  da  ihre  Functionen  weit  auseinander 
gehen." 

Von  diesen  meinen  Angaben  bestätigte  LieberkChn  (28)  nur  die,  dass  beim  Hühnchen  in  der  That  beide  Lamellen 
der  sec.  Augeublase  an  der  Irisbildung  sich  betheiligen;  dagegen  bestreitet  er  —  und  noch  entschiedener  thut  dies  Arnold 
(2)  _  sowol  die  Zulässigkeit  der  von  mir  am  Hühnchen  und  Triton  gewonnenen  Ansicht,  dass  die  Bildung  der  Iris  und 
Ciliarfalten  in  erster  Linie  von  der  Augenblase  ausgehe,  als  auch  die  Richtigkeit  meiner  Yorausetzung,  dass  die  Bildung  der 
genannten  Theile  bei  den  Säugern  eine  mit  der  beim  Hühnchen  gefundenen  übereinstimmende  seiia  werde.  —  Da  beide  Autoren 
auch  in  Bezug  auf  ersteren  Punkt  sich  nur  auf  ihre  Befunde  an  Säugern  stützen,  so  werde  ich  denselben  erst  nach  Erledigung 
des  zweiten  besprechen.  In  Betreff  dieses  letzteren  giebt  Lieberkühn  (28.  S.  54)  an,  dass  es  ihm  weder  am  ausgebildeten  Auge 
noch  auch  in  vorgerückten  Embryoualstadien,  und  zwar  schon  in  einem  bulbus  von  (j  Mm.  Durchmesser  (S.ßO.  (il)  nicht  mehr 
gelungen  sei,  im  Bereich  der  Iris  2  Lagen  von  Pigmentzellen,  deren  Existenz  ich  für  das  Säugethier  vorausgesagt  hätte,  auf- 
zufinden; wo  die  2  Blätter  bei  jüngeren  Embryonen  überhaupt  nicht  mehr  im  Bereich  der  Iris  zu  unterscheiden  seien,  müsse 
man  daher  „den  Thatbestand  wol  so  ausdrücken,  dass  das  Zellenmaterial  des  vorderen  Randes  der  sec.  Augenblase  als  eine 
einfache  Lage  pigmentirter  Zellen  weiter  iviichert,  welche  sowol  aus  dem  vorderen  wie  aus  dem  hinteren  Blatt  der  sec.  Augen- 
blase abstammen." 

Ganz  verschieden  von  den  bisher  bekannt  gewordenen  sind  die  Ansichten,  zu  welchen  Arnold  (2)  in  Betreff  der  Iris- 
und  Ciliarfaltenbildung,  durch  seine  Untersuchungen  an  Rindsembryonen  gelangt  ist;  Arnold  lässt  nämlich  das  Augenblasen- 
pigment  nicht  in  der  Pigmentlamelle,  sondern  —  unter  gleichzeitiger  Atroplde  und  schliesslich  voltständigem  ScJmund  der 
äusseren  Lumellen  —  als  seihständige  Schicht  zwischen  den  beiden  Lamellen  der  Augcnhlase  entstehen;  in  einem  Stadium 

—  Arnold's  (2)  Fig.  5;  S.  54.  55  — ,  welches,  nach  der  Entwickelung  der  Linsenfasern  zu  urtheilen,  nicht  älter  ist,  als  die  in 
meinen  Figg.  68  und  8.3  vorliegenden,  sei  an  der  einen  Seite  der  Augenblase  die  Atrophie  der  Pigmeutlamelle  schon  eine  hoch- 
gradige, die  Entwickelung  des  Pigments  schon  ziemlich  vorgeschritten.  Die  Pigmentlage  breite  sich  dann  um  so  mehr  aus 
und  werde  um  so  dicker,  je  mehr  die  Atrophie  der  äusseren  („hinteren"  Arnold's)  oder  Pigmentlamelle  fortschreite ;  bei  18  Mm. 
langen  Rindsembryonen  (einer  zwischen  meinen  Figg.  68  und  69  liegenden  Entwickelungsstufe) ,  bei  denen  die  Pigmentlage 
bereits  eine  continuirliche  sei  und  die  sec.  Augenblase  in  ihrer  ganzen  Circumferenz  umhülle,  erstrecke  sich  der  Schwund  der 
äusseren  Lamelle  schon  ziemlich  weit  nach  vorn  (S.  56.  60)  und  sei  „diese  häufig  nur  noch  an  der  Umschlagsstellc  nachweisbar. 
Zwischen  den  beiden  Lamellen  der  sec.  Augenblase  ist  an  der  Uraschlagsstelle  ziemlich  viel  Pigment  gelegen.  —  Diese  Verhält- 
nisse erfahren  eine  bemerkenswerthe  Veränderung  (S.  61)  erst  bei  70  Mm.  langen  Embryonen:  die  Zellen  der  Umschlagsstelle 
und  der  hinteren  Lamelle  der  Augenblase  sind  vullstündig  geschwunden:,  die  Pipmentschicht  ist  dicker  und  stösst  unmittel- 
bar an  den  vor  ihr  gelegenen  Zapfen  der  Kopfplatten,  von  dem  sie  früher  durch  die  an  der  Umschlagsstelle  gelegenen  Zellen 
der  sec.  Augenblase  getrennt  worden  war".  —  Aber  nicht  nur  die  äussere  Lamelle  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung,  sondern  auch 
„das  vordere  Ende  der  vorderen  (inneren)  Lamelle"  fällt  nach  Arnold  einer  „fortschreitenden  Atrophie"  anheim  —  ein  Process 
der  bei  14  —  20  Cm.  langen  Embryonen  sich  vollzieht,  „während  die  Pigmentschicht  an  Dicke  zunimmt  und  stark  wellig 
wird"  (S.  62).  —  Dieser  seiner  Anschauung  über  das  Verhalten  der  Augenblasenlamellen  und  über  die  Pigmentbildung  ent- 
sprechen nun  auch  die  specielleren  Angaben  Arnold'.s  bezüglich  der  Entwickelung  der  Iris  und  der  Ciliarfalten:  Bei  der 
Bildung  des  corpus  ciliare  betheiligen  sich  (2.  S.  62)  1)  die  Kopfplatten,  2)  die  an  Stelle  der  hinteren  Lamelle  der  sec. 
Augenblase  tretende  Pigmentschicht  und  endlich  3)  derjenige  Theil  der  vorderen  Lamelle,  welcher  zur  pars  eil.  retinae  wird." 

—  Der  Kopfplattenantheil  des  corp.  eil.  (S.  63)  wird  gebildet  von  dem  „vor  der  Umschlagsstelle  der  secundären  Augenblase 
gelegenen  Abschnitt"  der  Kopfplatten  und  kann  ,,als  vorderstes  Ende  der  Chorioidea  aufgefasst  werden";  er  kommt  (S.  64) 
mit  der  Pigmentschicht  in  unmittelbare  Berührung  erst  durch  das  vollständige  Atrophiren  und  Schwinden  der  äusseren  Lamelle, 
welche  ursprünglich  beide  von  einander  trennte.  „Später  treten  in  der  Pigmentlage  des  corp.  eil.  Wachsthumerscheinungen  in 
der  Art  ein,  dass  die  Pigmentanhäufung  zunimmt,  und  zwar  sowol  in  der  Dicke  als  in  der  Flächenausdehnuug.  Im  allgemeinen 
geht  diese  Vermehrung  des  Pigments  Hand  in  Hand  mit  der  Dickenzunahme  und  Wulstung  des  Kopfplattenantheils.  Eine 
Abhängigkeit  dieser  Pigmentbildung  mit  atrophirenden  Vorgängen  in  dem  hinteren  Blatt  der  sec.  Abi.  besieht  nicht,  da  dieses 
zu  der  Zeit  gewöhnlich  vollkommen  geschwunden  ist;  vielmehr  macht  die  Pigmcntbildung  den  Eindruck  eines  mehr  selbstän- 
digen mit  der  Entwickelung  des  corp.  eil.  zusammenhängenden  Vorgangs".  —  Schliesslich  lässt  dann  Arnold  (S.  64),  während 


104 


in  der  Pigmentschicht  und  dem  Kopfplattenabsclinitt  des  corp.  eil.  in  späteren  Perioden  eine  vermehrte  Anbildung  sich 
bemerkbar  macht",  auch  in  der  drittten  Schicht,  welche  an  der  Bildung  des  Ciliarkörpcrs  sich  betheiligt  —  nämlich  dem 
Ciliai'theil  der  inneren  Lamelle  —  eine  Atrophie  eintreten.  —  „Die  Iris  entsteht  (2.  S.  64.  65)  durch  Auswachsen  des  vor 
der  Umschlagsstelle  gelegenen  Abschnittes  der  Koptplatten  in  der  Richtung  gegen  die  Augenaxe.  —  An  der  Bildung  der  Iris 
betheiligt  sich  auch  die  Pigmentschichte,  indem  sie  vom  corp.  eil.  aus  an  der  hintereu  Fläche  der  Iris  vorrückt.'' 

Säuger. 

Ein  Blick  auf  meine  Zeichnungen  Taf.  V.  genügt,  um  zu  überzeugen,  dass  sowohl 
LiEBERKüHNS  als  namentlich  Arnold's  Angaben  irrthümlich  sind,  dass  vielmehr  bei  den  Säugern 
die  beiden  Lamellen  der  Augenblase  an  der  Bildung  der  Iris  und  Ciliarfalten  ganz  in  der- 
selben Weise  wie  beim  Hühnchen  Theil  nehmen.  Die  Figg.  69 — 73  zeigen  die  stetig  fort- 
schreitende Verdünnung  der  inneren  Lamelle  und  die  mit  dieser  Hand  in  Hand  gehende 
Flächenverbreiterung  (vgl.  Fig.  71  A.  mit  Fig.  73)  des  dem  Umschlagsrand  nächstliegenden 
Theiles  beider  Lamellen  der  Augenblase,  und  die  Figg.  72  und  73  auch  bereits  den  Beginn  der 
Faltung  im  Ciliartheil.  Jede  der  beiden  Lamellen  sowohl  als  auch  die  Umschlagestelle  sind 
nicht  nur  in  den  bereits  genannten  Figuren,  sondern  namentlich  auch  in  Fig.  74  in  einer 
Schärfe  und  Deutlichkeit  erhalten,  welche  die  mit  der  beim  Hühnchen  gefundenen  vollkommen 
übereinstimmende  Art  der  Betheiligung  beider  Lamellen  der  Augenblase  beim  Aufbau  der 
Iris  der  Säuger  vollkommen  ausser  Frage  und  endgültig  fest  zu  stellen  um  so  mehr  geeignet 
ist,  als  Fig.  74^  nach  deji  Weit  vorgeschrittenen  Differenzirungen  im  Kopfplattenantheil  zu 
urtheilen,  einem  Stadium  entnommen  ist,  in  welchem  die  Iris  dem  Abschluss  ihrer  Entwicke- 
lung  schon  sehr  nahe  ist  '). 

Die  Pigmentbildunf)  in  der  Augenblase  beginnt  bei  Maus  und  Schaaf  (s.  Fig.  83)  früher 
als  beim  Hühnchen,  nämlich  bereits  vor  der  vollständigen  Abschnürung  der  Linse-);  und 
zwar  tritt  dieselbe  zuerst  in  dem  der  inneren  Lamelle  anliegenden  Theil  der  Zellen  der  Piy- 
mentlameUe  auf  —  s.  Figg.  68.  69.  83.  —  um  von  hier  aus,  den  Kern  umgeheinl^  allmälig 
die  ganze  Zelle  zu  durchsetzen  —  Figg.  70.  71,  —  ein  Vorgang,  der  beim  Hühnchen  be- 
kainitlich  in  der  umgekehrten  Richtung:  von  der  Kopfplattenseite  her  nach  der  inneren  Lamelle 
hhi  fortschreitend,  übrigens  aber  ganz  übereinstimmend  sich  vollzieht.  —  Die  Figg.  72  und 
73  zeigen,  wie  die  Figmentirung  allmälig  durch  die  Umbiegungsstelle  am  Pupillarrand  in  die 
innere  Lamelle  hinein  sich  fortsetzt ;  und  in  Fig.  74  ist  schon  der  ganze  Iristheil  der  inneren 
Lamelle  ebenso  intensiv  pigmentirt,  wie  derjenige  der  äusseren.  Die  Zellengrenzeu  sind  in 
dünnen,  i.  e.  nur  eine  einzige  Zellenschicht  enthaltenden  Schnitten  nach  dem  Eintritt  der 
Figmentirung  ebenso  leicht  zu  erkennen,  wie  vorher  '). 


1)  Das  schon  vor  mehreren  Jahren  angefertigte  Präparat  trägt  auf  der  Etiquettc  nur  die  Bezeichnung  „Kätzchen"; 
die  näheren  Angaben  über  Alter,  Grösse  u.  s.  w.  des  Thieres  sind  mir  verloren  gegangen.  Die  Iris  zeigt  im  vorliegenden 
Schnitt  unter  Hartnack's  Ocularmikrometer  eine  Breite  (vom  Pupillar-  bis  zum  Ciliarrand)  von  (),'J  Mm.  —  Der  Bulbus  war 
in  Osmiumsäure  gehärtet  worden. 

2)  Wenn  dies,  wie  höchst  wahrscheinlich,  auch  bei  Rindsembryonen  der  Fall  ist,  so  würde  in  dem  Umstand,  dass 
in  Arnold's  Fig.  4,  in  welcher  Pigmentirung  noch  nicht  vorhanden,  die  Linse  aber  als  schon  abgeschnürt  gezeichnet  ist,  eine 
weitere  Bestätigung  für  meine  S.  17  und  S.  63  ausgesprochene  Behauptung  liegen,  dass  das  in  jener  Fig.  gezeichnete  Präparat 
kein  Meridionalschnitt  der  Linse  ist. 

3)  Bei  Lieberkühn  (28.  S.  39)  tindet  sich  eine  Angabe,  die  einen  gewissen  Gegensatz  gegen  diejenigen  Arnold's  bildet. 


105 


Die  von  jiing'eren  und  älteren  Stadien  von  Rinds-  und  Schaafsembryonen  mir  vor- 
liegenden Präparate  bestätigen  meine  soeben  auf  Grund  der  Zeichnungen  von  Maus,  Ratte 
und  Kätzchen  gemachten  Angaben  vollkommen  und  will  ich  hier  ausdrücklich  nur  noch  er- 
wähnen, dass  nicht  nur  in  den  Schnitten  von  einem  13  mm.  im  Querdurchmesser  haltenden 
in  Osmiumsäure  gehärteten  Bulbus  eines  Scliaafsembryo ,  sorulern  auch  noch  in  denen  aus 
einem  viel  älteren  Auge,  in  welchem  die  Retinalgefässe  bereits  bis  an  die  Ora  serrata  hin 
entwickelt  sind,  die  beiden  Lamellen  der  Augenblase  im  Ciliar-  sowohl  als  im  Iristheil  bis 
an  den  Pupillarrand  sicher  zu  verfolgen  sind.  Nur  Präparate,  die  im  Schnitt  zu  dick  aus- 
gefallen sind,  oder  die  aus  Objecten  angefertigt  wurden,  welche  bei  der  Härtung  erheblich 
gelitten  haben,  köimen  den  hier  in  Rede  stehenden  wahren  Sachverhalt  verkennen  lassen. 
Eine  gute  Conservirung  dieser  Theile  wird  freilich  um  so  schwieriger,  je  grösser  und  dick- 
wandiger der  Bulbus  wird  und  je  langsamer  somit  die  Erhärtungsflüssigkeiten  bis  zu  den- 
selben durchdringen;  geschieht  dies  aber  nicht  rasch  genug  oder  in  ungenügender  Weise, 
so  tritt,  wie  S.  71  schon  erwähnt  wurde,  ein  Theil  der  Pigmentkörnchen  aus  den  Zellen, 
in  welche  sie  eingebettet  waren,  aus  und  verdeckt,  in  der  Umgebung  derselben  liegen  bleibend, 
deren  Grenzen  und  Conturen  um  so  mehr,  je  reichlicher  das  Pigment  bereits  vorhanden  war 
und  je  massenhafter  es  austreten  konnte;  der  x\ustritt  des  Augenblasenpigments  findet  bei 
Säugerembryonen  anfangs,  i.  e.  so  lange  das  Pigment  nur  erst  in  der  inneren  Hälfte  der 
Zellen  der  Pigmentlamelle  vorhanden  ist,  natürlich  nur  nach  einer  Seite,  nach  der  inneren 
Lamelle  hin,  resp.  in  den  bei  mangelhafter  Härtung  zwischen  beiden  Lamellen  entstehenden 
Zwischenraum  ')  statt  —  daher  die  irrthümliche  Angabe  Arnold's  ,  dass  in  diesem  das  Pig- 
ment entstehe  — ,  später  aber,  je  mehr  die  Zellen  der  Pignientlamelle  ganz  mit  Pigment- 
körnchen sich  füllen^,  nach  allen  Seiten  hin  —  daher  der  vermeintliche  mit  der  zunehmenden 
Pigmententwickelung  Hand  in  Hand  fortschreitende  Schwund  (Arnold  S.  56  u.  s.  w.)  der 
äusseren  Lamelle  oder  das  ,,noch  nicht''  Sichtbarsein  der  Zellengrenzen  (Lteberkühn  S.  39). 

Es  kann  nicht  Wunder  nehmen,  dass  diejenigen  Autoren,  welche  die  Augenblase  ent- 
weder nur  im  Iris-  oder  auch  im  Ciliartheil  in  der  einen  oder  anderen  Weise  verkümmern, 
entweder  nur  als  einfache  Zellenlage  weiter  wu(diern  (Lteberkühn)  oder  beide  Lamellen 
gänzlich  schwinden  lassen  (Arnold),  —  wie  oben  bereits  erwähnt,  nicht  geneigt  sind  anzu- 
erkennen, dass  für  die  Bildung  der  Iris  und  Ciliarfalten  die  Augenblase  diejenige  wesent- 
liche Bedeutung  habe,  welche  ich  ihr  (19.  S.  25  ff.)  zugeschrieben  hatte,  sondern  behaupten, 
dass  die  hervorragendere  Rolle  dabei  dem  Kopfplattenantheil  zufalle;  und  zw^ar  führt  man 
zu  Gunsten  der  letzteren  Ansicht  speciell  noch  an,  1)  dass  „das  Gewebe  der  Kopfi^latten, 
insofern  es  bei  der  Bildung  der  Iris  und  Proc.  eil.  sich  betheiligt,  weiter  nach  vorn  reicht 
als  der  Rand  der  secundären  Augenblase"  (Lieberkühn  28.  S.  53)  oder,  was  damit  gleich- 
bedeutend ist,   dass  die  Pigmentschichte  ,,vom  Corp.  eil.  aus  an  der  hinteren  Fläche  der 


nämlich,  dass  in  einem  Stadium,  in  welchem  „das  Pigment  zu  einem  grossen  Theil  abgelagert  ist,  doch  auch  bei  stärkerer 
Vergrösserung  die  Zellengrenzen  noch  nicht  sichtbar  sind". 

1)  Der  Rest  der  Flühle  der  prim.  Augenblase  (Fig.  UTA.)  ist  schon  zur  Zeit  des  .ersten  Anfangs  der  Pigmentbildung 
fast  vollständig  geschwunden  —  s.  Figg.  68.  (19.  Etwanige  Abhebung  oder  Entfernung  der  beiden  Lamellen  von  einander  in 
Präparaten  aus  späterer  Zeit  ist  stets  Kunstproduct. 

Kessler,  Wirbclthier-Auge.  14 


106 


Iris  vorrückt'''  (Arnold  2,  S.  65).  2)  Dass  „in  späterer  Zeit  die  Pigmentlage  im  Ver- 
liiiltniss  zum  Stratum  vasculosum  doch  nur  einen  geringen  Theil  des  Organs  ausmacht" 
(28.  S.  54). 

Diese  Angaben,  so  weit  sie  nicht  Folge  der  besprochenen  mangelhaften  Conservirung 
der  Augenblase  sind  und  insofern  im  obigen  bereits  ihre  Erledigung  gefunden  haben,  beruhen 
offenbar  auf  der  irrthiimlichen  Meinung,  dass  Alles,  was  an  Gewebe  des  mittleren  Keim- 
blattes vor  dem  Pupillarrand  der  Augenblase  liegt,  zur  Anlage  der  Iris  gehöre;  dies  ist 
nicht  der  Fall;  Osmiumsäurepräparate  zeigen  besser  als  die  mit  CrO.i  behandelten,  dass, 
nachdem  die  Anlage  der  Cornea  sich  abgehoben  hat,  der  freie  Rand  der  Augenblase  —  ab- 
gesehen von  der  Pupillarmembran  und  den  in  ihr  enthaltenen  spärlichen  Körperchen,  aus- 
schliesslich und  einzig  und  allein  von  den  Blutgefässen  bedeckt  ist,  welche  aus  dem  Glas- 
körper und  von  der  Linse  her  über  denselben  umbiegend  oder  gestreckt  hinwegziehend  das 
Blut  der  Arteria  centralis  abführen ;  diese  den  Kopfplattenantheil  der  Irisanlage  durchsetzenden 
(s.  Figg.  70  —74)  Abflussbahnen  der  transitorischen  Endausbreitung  der  Centraiarterie  haben 
zur  Bildung  der  Iris  ebensowenig  eine  Beziehung,  wie  die  mit  der  Irisanlage  überhaupt  gar 
nicht  in  Berührung  tretenden  oder  gänzlich  fehlenden  Endausbreitungen  der  Arteria  centralis 
in  anderen  Thierclassen  und  wie  die  Arteria  centralis  im  völlig  entwickelten  Auge  zu  dessen 
Iris,  sie  atrophiren  und  schwinden  vielmehr  im  Lauf  der  weiteren  Entwickelung  gleichzeitig 
mit  den  Gefässen  im  Glaskörper  und  um  die  Linse  (s.  Cap.  V.  und  Fig.  74  den  dem  Pupillar- 
rand nächstliegenden  Theil).  Der  Kopfplattenantheil  der  Irisanlage  bei  Säugern  besteht  mit- 
hin nur  aus  denjenigen,  selbst  in  Fig.  73  noch  vollkommen  indifferent  erscheinenden  Zellen, 
welche  von  den  Ciliarfalten  an  bis  zum  Augenblasenrand  über  und  zwischen  jenen  Gefässen 
liegen.  Ob  diese  in  den  Maschen  jenes  Gefässnetzes  hie  und  da  um  1  oder  2  Zelleubreiten 
über  den  Pupillarrand  der  Augenblase  vorragen  (Fig.  73)  oder  ebenso  weit  hinter  demselben 
zurückbleiben  (Fig.  72),  ist,  so  lange  jene  Gefässe  existiren,  von  gar  keuier  Bedeutung;  denn 
erst  mit  dem  Schwinden  der  letzteren  kann  der  bisher  von  jenem  Gefässnetz  so  vielfach  durch- 
brochene Kopfplattenantheil  sich  consolidiren  und  nach  der  Pupillaröffnung  hin  einen  ununter- 
brochenen, scharf  und  regelmässig  sich  gestaltenden  Rand  herstellen  und  mit  dem  bisher 
durch  die  Gefässe  von  ihm  getrennt  gewesenen  Augenblasenrand  verwachsen  lassen.  Dass 
dabei  der  Kopfplattenrand  dem  Augenblasenrand  conform  sich  gestaltet,  accommodirt  und 
anlehnt  —  und  nicht  umgekehrt:  dieser  jenem  —  wird  wohl  kaum  bezweifelt  werden.  Dar- 
nach wird  es  aber  dann  auch  nicht  mehr  für  unberechtigt  gelten  dürfen,  den  Augenblasen- 
antheil  als  die  —  einerseits  durch  den  in  sich  geschlossenen  Umbiegungsrand  der  Lamellen  in 
einander  gegen  die  Augenkammer ,  andererseits  durch  die  Abknickung  gegen  den  Ciliartheil  — 
von  vornherein  fest  und  bleibend  begrenzte,  von  der  Augenblase  selbstständig  gesetzte  Basis 
für  die  Irisbildung  anzusehen,  auf  welchem  der  Kopfplattenantheil  derselben  in  wesentlich 
ganz  übereinstimmender  Weise  sich  aufbaut  wie  beim  Hühnchen.  Dass  der  letztere  ,_,in 
späterer  Zeit''  mächtig  wuchert  und  sich  weiter  entwickelt,  während  das  Fundament,  auf 
welchem  er  ruht,  nicht  weiter  wächst,  kann  füglich  nicht  als  Gegenbeweis  gegen  das  ursprüng- 
liche Verhältniss  angeführt  werden;  Fig.  73  zeigt  übrigens,  in  wie  weit  vorgerücktem  Stadium 
noch  der  Augenblasenantheil  ziemlich  dieselbe  Dicke  hat,  wie  der  Kopfplattenantheil,  von 


107 


welchem  ausserdem  noch  die  vorhin  besi3rochenen  Gefässe  billigerweise  in  Abzug  gebracht 
werden  müssen. 

Wurde  von  den  genannten  Autoren  bestritten,  dass  nach  der  Pupille  hin  die  Augen- 
blase die  Grenze  der  Irisanlage  bestimmt,  so  wird  von  ihnen  ebenso  wenig  zugegeben,  dass 
sie  dies  nach  dem  Ciliartheil  hin  thue;  nicht  in  den  Wachsthumsverhältnissen  der  Augen- 
blase, sondern  in  denjenigen  der  Kopfplatten  liege  die  Ursache  der  Faltenbildung  im  Ciliar- 
theil und  somit  auch  der  Gliederung  der  Augenblase.  —  Fig.  75  B.  stellt  ein  Stück  eines 
Meridionalschnittes  durch  den  Ciliartheil  eines  Katzenembryo  (Osmium Säurepräparat)  von 
10  Cm.  Länge  dar;  der  ursprüngliche  Bau  der  Ciliarfalten  ist  aus  dieser  Zeichnung  sofort 
zu  ersehen ;  es  sind  Duplicaturen  der  Augenblasenlamellen,  deren  einander  zugekeln-te  Flächen 
bei  der  Faltung  so  nah  an  einander  zu  liegen  kommen,  dass  zwischen  denselben  nur  für  ein 
Gefässchen  von  capillärer  Feinheit  Raum  bleibt.  Anderweitige  Kopfplattenbestandtheile  sind 
zur  Zeit  in  diesen  Augenblasenfalten  noch  nicht  vorhanden.  Sollte  nun  dieses  feinste  Ge- 
fässchen, welches  den  ganzen  Kopfplattenantheil  in  den  Ciliarfalten  bildet,  wirklich,  wie  jene 
Autoren  wollen,  im  Stande  sein,  die  relativ  mächtige  Augenblasenwand  zu  knicken,  ein- 
zustülpen und  vor  sich  her  in  den  Glaskörperraum  hinein  zu  treiben?  zumal  da  dei'en  Wider- 
standsfähigkeit gegen  einen  Druck  von  Aussen  durch  ihre  gleiclimässige  Wölbung  und  ihre 
Spannung  über  dem  in  ihr  liegenden  Glaskörper  noch  erheblich  gesteigert  werden  muss. 
Wir  müssen  aber  noch  weiter  fragen :  Spricht  überhaupt  irgend  etwas  dafür,  dass  gerade 
über  dem  Ciliartheil  die  Bedingungen  für  die  Herstellung  eines  zur  Einstülpung  und  Falten- 
bildung führenden  Druckes  gegen  die  Augenblasenwand  von  Seiten  der  Kopfplatten  besonders 
günstige  seien,  —  etwa  dadurch,  dass  hier  in  den  Kopfplatten  eine  besonders  rapide  Proli- 
feration stattfände  bei  gleichzeitiger  absoluter  Behinderung  ilirer  Ausbreitung  nach  allen 
anderen  Richtungen  hin?  —  Weder  die  eine  (massenhafte  Proliferation),  noch  die  andere  (Aus- 
breitungsbehinderung) sind  aber  in  Wirklichkeit  vorhanden,  wie  einfach  schon  aus  dem  Umstand 
sich  ergibt,  dass  im  Gegentheil  gerade  über  dem  Ciliartheil  gleichzeitig  mit  der  fortschreitenden 
Vertiefung  der  Falten  diejenige  Rarefication  im  Gewebe  der  Kopfplatten  eintritt,  welche  zur 
Bildung-  des  Ligamentum  pectinatum  und  unter  Entstehung  einer  zwischen  liegenden  zellenfreien 
Lücke  zur  Abspaltung  des  Ciliartheils  der  Kopfplatten  vom  Cornealfortsatz  führt  (Figg.  18-  21)'). 
—  Bei  unbefangener  Betrachtung  dieser  77««/'.?«^//^';?  wird  man  sich  des  Eindrucks  nicht  erwehren 
können,  dass  die  genannte  Rarefication  und  die  Entstehung  des  Ligamentum  pectinatum  nur 
die  Folgen  der  Hineinziehung  eines  Theiles  der  hier  liegenden  Kopfplatten  in  die  sich  bil- 
denden Falten  der  Augenblase  sind. 

Auf  Grund  der  hier  angefülirten  Verhältnisse  darf  wohl  mit  Bestimmtheit  in  Abrede 
gestellt  werden,  dass  die  Bildung  der  Ciliarfalten  und  der  Iris  von  den  Kopfplatten  ausgeht, 
oder  dass  diese  die  Hauptrolle  dabei  spielen;  letztere  kann,  da  andere  Theile  ausser  den 


1)  Die  von  Säugern  Taf.  V.  Figg.  72.  73  gezeichneten  Stadien  sind  zu  jung,  die  Vertiefung  der  Falten  in  ihnen  noch 
zu  unhedeutend,  um  diese  Wirkung  deutlich  hervortreten  zu  lassen;  doch  ist  auch  in  dem  Fig.  7?  dargestellten  Präparate  der 
erste  Anfang  der  Rarefication  schon  zu  erkennen;  vom  Lithographen  ist  dies  übersehen  und  leider  nicht  zum  Ausdruck  ge- 
bracht worden.  — 

14* 


108 


Kopfplatten  und  der  Angenblase  dabei  überliaupt  nicht  concurriien,  folglich  nur  der  Augen- 
hlase  zug-eschrieben  werden. 

Die  Betrachtung  der  letzten  unter  den  morphologischen  Veränderungen  des  embryo- 
nalen Auges  führt  uns  also  zu  demselben  Schluss,  zu  dem  wir  auch  sclion  l)ei  allen  vorher- 
gehenden gelangt  sind :  bei  keiner  derselben  ist  es  uns  möglich  gewesen ,  den  Anstoss  dazu 
in  den  Kopfplatten  zu  finden  —  weder  bei  der  Abschnürung  der  primären  Augenblase  vom 
Hirnrolir  (S.  2),  noch  bei  der  Umbildung  der  primären  zur  secundären  (Cap.  III),  noch  bei 
der  Bildung  des  Glaskörperraumes  und  dem  alhnäliligen  Uebergang  der  Augenblase  aus  der 
Hauben-  in  die  Kugelform  (S.  33  ff.),  noch  auch  endlich  bei  der  Bildung  der  Iris  und  Ciliar- 
f alten  (Cap.  VII);  bei  allen  diesen,  mithin  bei  sämmtliclien  im  Lauf  der  Eiitwickelung  des 
Sehorgans  abspielenden  Gestaltungsvorgängen  ist  es  immer  die  AtK/niblasc,  welche  von  dem 
ursächlichen  Moment,  welches  zu  der  Veränderung  den  Impuls  gibt,  in  erster  Linie  be- 
troffen wird,  die  Umformung  einleitet  uiul  mit  oder  ohne  Betheiligung  der  Kopfplatten  — 
jedenfalls  aber  unbeeinflusst  von  ihnen  —  vollzieht;  die  Kopfplatten  folgen  nur  der  Form- 
Bewegung  der  Auyenblase. 


Erklärungen  zu  den  Tafeln. 


Da  sanimtliche  Figuren  im  Text  ausführlich  besprochen  sind,  so  werden  folgende  kurze  Bemerkungen  und  Verweisungen  auf  jenen 

zur  Orientirung  genügen  : 


Auf  allen  Tafeln  bezeichnen  die  Buchstaben: 

abl.  Augenblase. 

a.  c.    Arteria  centralis. 

a.  p.    Arteria  pectinis. 

asp.    Augenblasenfurche  resp.  -spalte. 

C.  Cornea. 

Cf.  Cornealfortsatz. 

C.  p.    Cornea  propria. 

Ch.  Choi'ioidea. 

c.  V.    corpus  vitreum. 

ch.  cap.  Choriocapillaris. 

ch.  V.  Chorioidalvene. 

e.    Inneres  Epithel  der  Cornea. 

e.  a.    Aeusseres  Epithel  der  Cornea. 

h.  Hornblatt. 

H.  Hirnrohr. 

i.  innere  Lamelle  der  sec.  Augenblase. 

I.  Iris. 

Kpl.  Kopfplatten. 


k.  Linsenkapsel. 
Kn.  Knochenring. 
L.  linse. 

L.  K.  Linsenkapsel. 

L.  p.    Ligamentum  pectinatum. 

Nf.  Nervenfaserschicht. 

N.  o.    Nervus  opticus.  ' 

0.  s.    Ora  sei'rata. 

p.    äussei'e  oder  Pigmentlamelle  der  secund.  Augenblase, 
p.  c.    Processus  cUiares,  Ciliarfalten. 
P.  Pecten. 
r.  Ketina. 
sei.  Sclera. 

st.    Augenblasenstiel ;  in  Fig.  U  B :  Linsenstiel. 

u.    Umbiegungsstelle  oder  Uebergang  der  äusseren  Lamelle 

der  Augenblase  in  die  innere. 
V.  Blutgefäss. 

V.  k.    Vordere  Augenkammer. 


Tafeln  I— III:  Vogel. 


Tafel  I. 


Frontalschnitte;  die  in  den  Figg.  3—8  und  10  a  sind  durch  die  Augenblasenfurche  resp.  Spalte  gefuhrt.  —  Fig.  4  ist  einem  Osniium- 
siiure-,  alle  übrigen  sind  CrOs-Carminpräparaten  entnommen.    Figg.  1 — 3  und  5 — 10  vom  Htlhnchen. 


Fig.  1.  Eben  gebildete  primäre  Augenblase.  Hirnrohr  und 
Augenblase  ausgefüllt  von  dem  Gerinnsel  der  Cerebro- 
spinalflüssigkeit  —  siehe  S.  .30.  —  In  der  Gegend  des 
Ueberganges  der  lateralen  Wand  der  Augenblase  in  die 


dorsale  ist  der  Contur  zwischen  Augenblase  und  Hornblatt 
nicht  scharf  und  rein  genug  gerathen;  derselbe  sollte 
durchweg  so  aussehen  wie  ventralwärts  von  den  Buch- 
staben abl. 


110 


Fig.  2.    In  der  Abschnürung  begirti'ene  prim.  Augoiiblase. 
Fig.    3.    Beginn  der  Linsenbildung  und  der  Umbildung  der 
prim.  Augenblase  zur  secundären. 

Fig.  4.  Von  einem  Entenembryo.  Eben  gebildete  secundäre 
Augenblase. 

Figg.  5—8  zeigen  die  weitere  Entwickelung  und  Abschnürung 
der  Linse  —  vgl.  S.  8  if.  ,  die  Entwickelung  des  Glaskörpers 
—  vgl.  S.  21  £f.  und  die  der  Arteria  centralis  der  Säuger 
homologe  Gefässschlinge  an  der  Bauchseite  der  Augen- 
biase  —  vgl.  S.  35.  30. 

Fig.  7  A.  Die  leinen  Fasern  im  Gerinnsel  des  Glaskörpers 
sind  in  dieser  Figur  nicht  zart  genug  wiedergegeben ; 
dasselbe  gilt  von  Figg.  S;  IIA;  und  Taf.  VI  Figg.  70; 
78;  79;  80  A;  — Fig.  GA  entspricht  in  dieser  Beziehung 
besser  dem  mikroskopischen  Bild. 

Fig.  7  B  und  C  sind  nach  demselben  Präparate  gezeichnet  wie 
Fig.  7  A;  Fig.  7  B:  die  Abschnürungsstelle  der  Linsen- 
blase vom  Hornblatt;  Fig.  7  C  zeigt  den  oberen  und  den 
rückläufigen  Schenkel  der  genannten  Gefässschlinge  unter- 
halb der  Linse.  — 

Fig.  8.    Aus  einem  3  Tage  7  Stunden  bebrftteten  Ei.  — 

Fig.  9.  Reste  des  Linsenstiels  zwischen  Linse  und  Hornblatt 
vgl.  S.  8.  9;  88. 

Fig.  10.  Erstes  Auftreten  der  Anlage  der  Cornea  propria 
(c.  p.),  —  vgl.  S.  83. 

Fig.  10  A  ist  (ebenso  wie  in  Fig.  7  A  und  C)  zwischen  dem 
oberen  und  unteren  Schenkel  der  Gefässschlinge  der  die 
Augenspalte  begrenzende,  in  den  Augenblasenstiel  (st)  con- 
tinuirlich  übergehende  angeschnittene  Umbiegungsrand  der 
Augenblase  sichtbar. 

Tafel  II. 

Siimmtliche  Figg.  sind  nach  CrOs-Carminpräparaten  gezeichnet.  — 

Figg.  11—19  vom  Hühnchen.  — 
Fig.  11.    Anlage  der  Cornea  propria. 

Fig.  11  a  hat  beim  Einschliessen  des  Präparats  die  C.  p.  sich 
an  einer  Stelle  vom  Hornblatt  abgehoben  und  ebenso  wie 
die  an  einer  Stelle  gerissene  Linsenkapsel  nach  der  vor- 
deren Augenkammer  hin  gefaltet. 

Figg.  12—14.  Bildung  des  inneren  Epithels  der  Cornea,  vgl. 
S.  84. 

Fig.  13.    Embryo  vom  5.  Brüttag. 

(Fig.  14  A  sind  die  Conturen  zwischen  Hornblatt  und  C.  p. 
und  zwischen  innerem  Epithel  und  Linsenkapsel  etwas  zu 
stark  gezeichnet.) 

Figg.  15.  IG.  Einwanderung  der  Corneakörperchen  in  die  C. 
p.  —  vgl.  S.  84. 


Fig.  15.    Embryo  vom  7.  Brüttag. 

—  16.       „    „      „    8.     .,  „ 

Figg.  15—21.  Entwickelung  der  Iris  und  Ciliarfalten  -  vgl. 
S.  9.5—97. 

Fig.  17.    Embryo  vom    9.  Brüttag. 

—  18.       ,,    „      „    10.     „  ,, 

—  19-       r,    „      „    12—13  „ 

Figg.  20.  21  von  Turdus  musicus;  das  Auge  ist  in  der  Ent- 
wickelung bedeutend  weiter  vorgeschritten  als  dasjenige 
von  Fig.  19,  die  Entwickelung  des  Chorioidalpigments  aber 
hinter  derjenigen  des  Hühnchens  bedeutend  zurück. 

Fig.  22.  Frontalschnittt  durch  den  distalen  Theil  des  Bulbus 
eines  alten  Hahnes.  In  der  Linse  sind  bei  der  Härtung 
die  Radialfasern  geschrumpft.  Zwischen  den  der  Linse 
anliegenden  Cüliarfalten  und  der  Ora  serr.  linden  sich  noch 
eine  Menge  von  Erhebungen  oder  Wulstungen,  die  ich  als 
„accessorische  Ciliarfalten"  (p.  c.  a.)  bezeichnet  habe;  ich 
habe  sie  nur  bei  alten  Hähnen  gefunden.  —  C.  S.  =  Ca- 
nalis  Schlemii. 

Tafel  III. 

Figg.  23—45  vom  Hühnchen;  Figg.  40  von  einem  wenige  Tage 
alten  Küchlein;  Figg.  47-  50  vom  erwachsenen  Hahn. 

Figg.  23—45  und  49.  50  sind  Sagittalschnitte ;  Fig.  47.  48 
sind  Horizontalschnitte ;  Fig.  40  ist  ein  Frontalschnitt. 

Figg.  23 — 20;  28—44  nach  Osmiumsäure-,  die  übrigen  nach 
Cr  O3  -  Carminpräparaten . 

Fig.  23.    Embryo  von  2^  20h.    Vgl.  S.  38  0.,  und  S.  30. 

Figg.  24—37.  Siehe  S.  30.  37;  vgl.  auch  S.  07.  Schnitte 
senkrecht  auf  den  Augenblasenstiel  (Figg.  23.  24.  29)  und 
auf  die  Augenblasenspalte  und  das  zugehörige  Blutgefäss  (v.). 

Figg.  29—37 :  von  einem  5d  bebrüteten  Embryo.  — 

Figg.  38—44:  „  „  5<l  20ii  bebrüteten  Embryo;  Siehe 
S.  07.  68.  — 

Fig.  45.  Sagittalschnitt  durch  den  Pecten  eines  ca.  IGtägigen 
Hühnerembryo ;  -  die  innere  Lam.  der  Abi.  hat  sich  bei 
der  Härtung  von  der  Pigmentlam.  abgehoben.  —  gz.  Gan- 
glienzellenschicht; m.  Moleculärschicht ;  i.  k;  a.  k:  innere 
und  äussere  Körnerschicht,    vgl.  auch  S.  74. 

Fig.  40.  Frontalschnitt  durch  den  unteren  Theil  des  Pecten 
und  dessen  Arterie  und  den  Nervus  opticus  eines  vor 
wenigen  Tagen  ausgeschlüpften  Küchleins.  —  (Leider  habe 
ich  verabsäumt,  diese  Figur  seitlich  umkehren  zu  lassen, 
wodurch  die  Beziehung  derselben  auf  die  entsprechenden 
aus  jüngeren  Stadien,  z.  B.  auf  die  Figg.  8  und  10  der 
Taf.  I  noch  erleichtert  worden  wäre ;  das  auf  dieser  Tafel 
nach  links  gekehrte,  mit  P  bezeichnete  ist  das  distale, 
der  Linse  nähere  Ende  des  Pecten;  die  mit  N.  0.  be- 


1 


11 


zeichnete  Stelle  des  Nerv.  opt.  entspricht  etwa  der  mit 
st.  bezeichneten  Stelle  des  Augenblasenstiels  der  Fig.  1  (l  A. 

Fig.  47.  Horizontalschnitt  dnrch  einige  Falten  des  Pecten 
eines  erwachsenen  Huhnes.  — 

Fig.  48.  Ein  stärker  vergrössertes  Stiick  aus  demselben  Prä- 
parat wie  Fig.  47. 

Figg.  4!t.  5».  Sagittalschnitte  durch  den  Pecten  und  Nerv, 
opt.  eines  alten  Hahnes;  Fig.  49  hat  man  sich  etwa  in 
der  bei  Fig.  46  mit  49,  Fig.  5Ü  in  der  dort  mit  50  be- 
zeichneten Gegend  liegend  zu  denken.  —  In  den  Figg. 
46  und  30  ist  nur  der  allerunterste  Theil  des  Pecten  ge- 
zeichnet, in  Fig.  49  ist  derselbe  ganz  weggelassen.  — 
Uebrigens  vgl.  zu  den  Figg.  47—50  S.  71—74  und  S.  75.  — 


Tafel  IV. 

Tl-itoii.    Frontalschnitto  (nur  Fig.  59  ist  ein  Horizontalschnitt). 

Figg.  51  —  60  nach  Goldpräparaten,  die  übrigen  nach  CrOa- 
Carminpräparaten.  — 

Figg.  51—54.   Primäre  Augcnblase. 

Fig.  51.    p.  n.  Primitive  Nahrungshöhle  (Remak). 

Fig.  55  A  gibt  von  der  Linsenanlage  des  Triton  eine  falsche 
Vorstellung;  erst  nachdem  diese  von  mir  nach  einem 
fehlerhaften  Präparat  gefertigte  unrichtige  Zeichnung  schon 
auf  den  Stein  gebracht  und  nicht  mehr  zu  corrigiren  war, 
habe  ich  das  Fig.  55  B  gezeichnete  Präparat  aufgefunden. 
Fig.  55  B  ist  also  als  Correctur  der  in  Fig.  55  A  unrichtig 
dargestellten  Linsenanlage  anzusehen.  Ich  habe  es  für 
der  Mühe  wcrth  gehalten,  diese  Correctur  in  einer  sehr 
genau  und  sorgfältig  ausgeführten  besonderen  Figur  zu 
geben,  weil  aus  ihr  bei  Vergleichung  mit  der  folgenden 
Fig.  56  hervorgeht,  dass  die  Anordnung  der  Elemente  in 
einer  einzigen  Schicht,  welche  bei  den  übrigen  von  uns 
betrachteten  Thieren  sowohl  in  der  proximalen  als  in  der 
distalen  Linsenwand  erst  allmähg  im  Laufe  der  Entwicke- 
lung,  und  bei  einigen  Thieren  sogar  recht  spät  erst  durch 
eine  Umordnung  der  Linsenzellen  zu  Stande  kommt,  in 
der  Linsenanlage  des  Triton  die  ursprüngliche,  von  vorn 
herein  vorhandene  ist.  Die  erste  Anlage  und  Entwickelung 
der  Linse  gehen  also  bei  Triton  in  einer  gewissen  ty- 
pischen Einfachheit  vor  sich;  man  kann  bei  Betrachtung 
der  Fig.  55  B  fast  dem  Eindruck  sich  hingeben,  dass  durch 
die  Einziehung  der  Augenblase  die  Zellen  der  tieferen 
Schicht  des  Hornblattes  nach-  und  dadurch  in  die  Länge 
ausgezogen  werden,  dann  von  denen  der  äusseren  Schicht 
sich  lösen,  um  der  immer  tiefer  werdenden  Augenblasen- 
grube  zu  folgen  (Fig..  56). 

Fig.  56  ist  der  Contur  in  der  Linsengrube  zu  hart  und  zu 
scharf. 


Flg.  57.  Von  einem  Embryo  von  3,5  mm.  Länge. 

Fig.  58.  „       ,,          „         „    4,5  mm.  „ 

—  59.  „       „  „         „    5,5      „  „ 

—  60.  „      „  „■        „    1,20  cm.       „    —  Siehe 
S.  SS.  89.  Figg.  61—64.    Siehe  S.  89—91;  101  ff.  — 

Fig.  61.  Larve  von  1,5  cm.  Länge. 

~  <j2.  „       „    1,8    „  „ 

—  6;$.  „       „    3,3    „  „ 

Fig.  A  und  B  sind  nach  demselben  Präparate  gezeichnet ; 
V.  N.  0.  =^  vagina  Nervi  opt.  — 

Fig.  64.    Aus  dem  Auge  eines  alten  erwachsenen  Tritons.  — 
Tafel  V. 

Säuger.    Figg-  .65 — 67.     CrOa-Carmin-,  alle  übrigen  Osmium- 
säurepritparate. 

Fig.  65.   Primäre  Augenblase  vom  Hund.    Siehe  S.  39.  58. 

Figg.  66—73.   Von  Mäuse-  und  Rattenembryonen. 

Fig.  66.  Der  Abstand  der  Linsenanlage  von  der  Augenblase 
erscheint  im  Präparate  noch  geringer  als  in  der  vorlie- 
genden Zeichnung.  —  Siehe  auf  S.  65. 

Fig.  67  A-C.  Siehe  S.  39.  40.  58.  —  Die  Vergleichung  von 
Fig.  67  B  mit  Taf.  III.  Fig.  26  zeigt  die  frappante  Ueber- 
einstimmung  im  Verhalten  der  Arteria  centralis  zur  Augen- 
blasenspalte  bei  Hühnchen  und  Maus  in  diesem  Stadium. 
—  Zu  Fig.  67  A  vgl.  den  die  Augenblasenspalte  7Ücht 
berührenden  Frontalschnitt  aus  demselben  Auge,  den  ich 
19.  Fig.  5.  gezeichnet  habe. 

Fig.  68.  (Vgl.  damit  Babuchin's  (5.)  Fig.  XIIII.)  Unterhalb 
des  Augenblasenstieles  liegt  die  Arteria  central,  im  Längs- 
schnitt vor  (die  Blutkörperchen  sind  im  Schnitt  aus  der- 
selben herausgefallen  und  nur  in  den  Verzweigungen  im 
Glaskörper  und  um  die  Linse  erhalten  geblieben.  —  Siehe 
S.  42. 

Fig.  69.    Siehe  S.  41.  42. 

Figg.  70.  71  zeigen  die  Beschaifenheit  des  Glaskörpers  (vgl. 
dazu  auch  Taf.  VI.  Fig.  87)  und  die  vollkommen  freie 
und  isolirte  Lage  der  Gefässe  auf  der  Linsenkapsel  und 
die  Nichtexistenz  eines  bindegewebigen  Ueberzuges  der 
Linse  sowol  an  der  proximalen  (Figg.  70.  71  A)  als  an  der 
distalen  Wand  (Figg.  70.  71  B). 

Fig.  71  B.  C.    Siehe  S.  60.  61. 

Figg.  72.  73.    Siehe  S.  92.  104. 

Fig.  74.    Siehe  S.  104.    Anm.  1. 

—  75  A.    Siehe  S.  60.  61. 

—  75  B.    Siebe  S.  107.  — 


112 


Tafel  VI. 

Vipera  berus:  Fig.  76;  Lacerta:  Figg.  77—80;  Säug:er: 
Figg.  &i-&8.  - 

Figg.  82  und  87  sind  Osmium-,  die  übrigen  CrOa-Carmin- 
präparate. 

Fig.  70.    Siehe  S.  :('>.  7(i. 

Fig.  77  A  und  B  und  Fig.  79:  Sagittalschnitte  durch  die 
Augenblascn.spalte  und  das  in  ihr  (Fig.  79  über  ihr)  liegende 
Bhitgefäss.  — 


Fig.  78.    Siehe  S.  75,6. 

—  80.    Siehe  S.  Ih. 

Figg.  81 — 85:  vom  Schaaf;  zur  Entwickelung  der  Linse  siehe 
S.  14  ff;  zur  Entwickelung  der  Linsenkapsel  S.  5S.  59;  ' 
zur  Entwickelung  des  Glaskörpers  S.  39.  40. 

Fig.  82  B.    Siehe  S.  iV.i. 

—  86.    Siehe  S.  9L 

—  87.    Siehe  S.  77. 

—  88.  Menschlicher  Embryo  von  ca.  4  Wochen.  Die 
Zeichnung  desselben  verdanke  ich  Herrn  Dr.  C.  Dehio. 
Siehe  über  denselben  S.  19.  — 


Druck  von  J.  13.  Hirsch  f  cid  in  Leipzig. 


Tafel  I 


T?ig.9. 


Tig.lO  A. 


FigMOB. 


T,ifcl  II. 


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Fig.78.  Kg.ßl. 


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