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Full text of "Die thiericshen [i.e. thierischen] Parasiten des Menschen : im Anhang Tabellen enthaltend die wichtigsten Merkmale der Parasiten, Diagnosen und Angaben über die Therapie der durch die Parasiten hervorgerufenen pathologischen Erscheinungen"

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https://archive.org/details/b21719251 


DIE  THIERICSHEN 

PARASITEN  DES  MENSCHEN. 


Im  Anhang 


Tabellen 


enthaltend  die  wichtigsten  Merkmale  der  Parasiten, 
Diagnosen  und  Angaben  über  die  Therapie 
der  durch  dieParasiten  hervorgerufenen  pathologischen  Erscheinungen. 


Bearbeitet 

von 


Dr.  Arnold  Brass, 

ssisteut  am  zoologischen  Institut  zu  Leipzig. 


Mit  6 lithographischen  Tafeln. 


CASSEL, 

Verlag  von  Theodor  Fischer. 


1834. 


Alle  Rechte  Vorbehalten. 


R52.TIO 


Vorwort. 


Das  vorliegende  Werkchen  ist  nickt  dazu  bestimmt,  eigene 
Untersuchungen  über  die  im  Menschen  vorkommenden  Parasiten  und 
die  durch  diese  hervorgebrachten  Störungen  zu  bringen,  sondern  es  ist 
im  Wesentlichsten  eine  Zusammenstellung  der  wichtigsten  bekannten 
Thierformen,  welche  im  Körper  des  Menschen  und  auf  demselben 
schmarotzen;  allerdings  sind  an  verschiedenen  Stellen  eigene  Beob- 
achtungen und  Befunde  mitgetheilt  worden,  ebenso  ist  die  Behandlung 
des  Stoffes  eine  von  ähnlichen  Arbeiten  abweichende. 

In  erster  Linie  bezweckte  ich  mit  diesem  Werkchen  den  Stu- 
clirenden  der  Medicin  und  Naturwissenschaft  und  endlich  auch  dem 
praktischen  Arzte  eine  Arbeit  in  die  Hand  zu  geben,  in  welcher  das 
Wichtigste  über  die  menschlichen  Parasiten,  ihre  Entwickelung 
u.  s.  w.  in  knappster  Form  zusammengestellt  ist.  Jene  grossen 
Parasitenwerke  von  Leuckart,  Küchenmeister  und  Zürn,  Stein  u.  A. 
sind  nicht  einem  Jeden  leicht  zugänglich,  besonders  dürfte  der  prak- 
tische Arzt  nicht  immer  in  der  Lage  sein,  das  eine  oder  das  andere 
dieser  Werke  zur  Hand  zu  haben,  deshalb  soll  diese  Arbeit  für  den 
Handgebrauch  bestimmt  sein.  Dadurch,  dass  dem  Text  von  der 
Verlagsbuchhandlung  sechs  lithographirte  Tafeln  beigegeben  sind, 
deren  Figuren  ich  meist  nach  Originalen  zeichnete,  hat  das  Werk- 
chen wohl  sehr  an  Brauchbarkeit  gewonnen.  Ich  statte  dem  Herrn 
Verlagsbuchhändler  Fischer  hier  für  die  sorgfältige  Ausstattung 
meinen  besten  Dank  ab. 

Die  Arbeit  ist  aber  andererseits  auch  derartig  verfasst,  dass  sie 
nicht  nur  von  Fachleute  verstanden  und  benutzt  werden  kann,  jedoch 
soll  sie  keineswegs  dazu  dienen,  die  in  unseren  Tagen  so  bedauerlich 
auftretende  Kurpfuscherei  zu  unterstützen.  Hingegen  soll  es  mich 
freuen,  wenn  sie  dazu  beiträgt,  den  Arzt  und  den  Lehrer  zu  veran- 
lassen, in  den  Kreisen,  wo  Beide  zu  wirken  haben,  den  Laien  auf  die 
Gefahren  aufmerksam  zu  machen,  welche  ihm  durch  eine  Infection  mit 


VI 


den  häufigsten  Parasiten  drohen;  leider  ist  es  immer  noch  der  Fall; 
dass  diesen,  das  Leben  des  Menschen  so  häufig  vernichtenden  Thier- 
formen viel  zu  wenig  Beachtung  geschenkt  wird,  sehen  wir 
doch  täglich  und  stündlich,  wie  die  Verordnungen,  welche  dazu  bei- 
tragen sollen,  die  Verbreitung  eines  der  gefährlichsten  Parasiten,  der 
Trichina  spiralis , zu  hemmen,  überall  in  der  leichtsinnigsten  Weise 
missachtet  und  von  Laien  gar  zu  wenig  respectirt  werden.  Ein 
Grund,  dass  der  Laie  solchen  Vorkommnissen  gegenüber  noch  eine 
indifferente  Stellung  einnimmt,  liegt  darin,  dass  er  von  jenen  Seiten, 
die  auf  ihn  einzuwirken  vermögen,  also  von  Seiten  der  Lehrer  und 
der  Aerzte,  zu  wenig  Aufschluss  erlangt,  Lehrer  und  Aerzte  finden 
aber  nun  leider  auf  den  Universitäten  nicht -immer  diejenige  Unter- 
weisung in  der  Lehre  von  den  Parasiten  des  Menschen  und  den 
durch  dieselben  hervorgerufenen  Krankheitserscheinungen,  welche  für 
sie  durchaus  wünschenswerth  und  nothwendig  wäre. 

Für  den  Arzt  sind  lediglich  die  den  Tabellen  beigefügten  Krank- 
heitsbilder und  Bemerkungen  über  die  Therapie  bestimmt,  ich  habe 
nur  wenige  Mittel  angegeben,  jedoch  sind  die  angeführten  vollkom- 
men erprobt  und  auf  den  Organismus  des  Menschen  von  möglichst 
wenig  störender  Wirkung. 

Wenn  diese  Arbeit  den  praktischen  Arzt  schliesslich  dazu  an- 
zuregen vermöchte:  seine  Erfahrungen  über  vorkommende  Parasiten 
im  Menschen,  sowie  diejenigen  über  darauf  bezügliche  Aetiologie, 
Diagnose  und  Therapie,  soviel  als  thunlich,  zusammen  zu  stellen  und 
diese  Aufzeichnungen  einem  der  bedeutenden  Helminthologen  zur 
weiteren  Verfügung  zu  übermitteln,  so  wäre  ihr  Zweck  vollkommen 
erreicht.  Dank  der  Arbeit  zahlreicher,  allbekannter  Forscher  hat 
sich  zwar  an  vielen  Stellen  Licht  über  dies  so  schwierige  Kapitel 
aus  der  Biologie  und  Pathologie  verbreitet  — aber  es  bleibt  noch 
viel  zu  arbeiten  übrig. 


Leipzig,  im  Mai  1884. 


Der  Verfasser. 


Alphabetisches  Verzeichniss. 


A. 

Aasfliege 

Acanthocephali 

Acarina 

Acarus  folliculorum 

Amoeba  coli 

Amphistoma  hominis 

Anchylostama  duodenale  .... 

Anguillulidae 

Anguillula  intestinalis  .... 

Ang.  stercorialis 

Annelides 

Anthomyia 

Anthomyia  meteorica 

Aphaniptera 

Arachnoideae 

A.  Chincha 

Argas  persicus 

Argas  reflexus  columbarum . . . 

A.  Talaji 

Artbropoda 

Ascaridae 

Ascaris  lumbricoides 

Ascaris  mystax 

Asilus  crabroniformis 

B. 

Balantidium  coli 

Bandwürmer 

Bandwurm,  bewaffneter  .... 
Bandwurm,  feister  od.  unbewaffneter 

Bettwanze 

Bibionidae 

Biesfliegen 

Blumenfliegen 

Blutegel 

Blutegel,  medizinischer  .... 

Blutfadenwurm 

Bodo 

Bothriocephalus  cordatus'  . . . 
Bothriocephalus  cristatus  . . . 

Bothriocephalus  latus 

Brachycera 

Branchiobdellidae 

Bremse,  blinde 

Brummfliege 

Brotkapseln 

Bursaridae 


C. 

Caryophyllaeus 19 

Cercarien 48 

Cercomonas 13 

Cestodes 19 

Chritlioptes  monunguiculosus  . . 97 

Chrysops  coecutiens 115 

Ciliata 15 

Cilien 12 

Cimex  lectularius 105 

Coccidien 11 

Contractile  Vacuolen 16 

Culex  annulatus 116 

Culex  pipiens  116 

Culicidae 116 

Cysticercus  acantliotrias  ....  48 

Cysticercus  cellulosae 29 

D. 

Darmtrichine 68 

Dauer-Cysten 8 

Dermanyssus  avium 94 

Dermatobia 110 

Dermathophili 89 

Diptera 105 

Distoma 49 

Distomeae 49 

D.  Buskii  dicrocoelium  ....  54 

Distoma  conjunctum 55 

D.  crassum 54 

Distoma  haematobium  ....  55 

Distoma  hepaticum 49 

Distoma  heterophyes 55 

D.  hominis 110 

Distoma  lanceolatum 54 

D.  noxialis 110 

D.  oculi  humani 54 

D.  ophthalmobium 54 

D.  sinense 55 

D.  spatulatum 55 

Dochmius  duodenale 63 

Dracunculus  medinensis  .... 

E. 

Echinococcus 44 

E.  altricipariens 44 

E.  endogena 44 

E.  exogena 42 


107 

79 

89 

89 

9 

56 

63 

77 

78 

78 

81 

110 

114 

111 

86 

96 

95 

95 

96 

86 

57 

57 

60 

114 

17 

19 

22 

32 

105 

116 

110 

110 

81 

84 

76 

13 

40 

40 

35 

106 

81 

115 

107 

42 

16 


YI 


Echinococcus  granulöses  . . . 

E.  hydatidosus 

E.  multilocularis 

E.  scolecipariens 

E.  simplex  

Echinococcusblasen 

Echinococcuskrankheiten  . . . 

Echinorhynchus  gigas  .... 

Ectoplasma 

Endoplasma 

Enkelblasen 

Eustrongylus  gigas  .... 

F. 

Facettenaugen 

Faden  wärmer 

Filariadae 

F.  bronchialis 

F.  hominis  oris 

F.  labialis 

F.  lacrymalis 

F.  lentis 

Filaria  loa 

Filaria  medinensis 

Fil.  oculi 

F.  trachealis 

F.  sanguinis 

Filzlaus 

Finne 21, 

Flagellata 

Fliegen 

Flöhe 

Fünfmund,  bandwurmähnlicher 

G. 

Gamasidae 

Geissei  thierchen 

Gerstenmilbenlarve,  einklauige 

Gewitterfliege 

Gliederfüssler 

Gliederwürmer 

Gnathobdellidae 

Goldfliege 

Gregarina  . 

Gregarinen 

Grubenkopf  

H. 

Haarbalgmilben 

Haematopoda  pluvialis  . . 
Haementaria  officinalis  . . . 

Halteren 

Hemiptera 

Hexapoda  

Hippobosca  equina  . , . . . 

Hirudinei 

Hirudo  Ceylonica 

H.  medicinalis 

Hirudo  vorax 

Holzbock 

Hundebandwurm,  dreigliedriger 
Hundezecke 


1. 

Infection  durch  Amöben  ....  12 

Infusorien 12 

Insecten 98 

Ixodes  americauus 95 

Ixodes  ricinus . 91 

Ixodidae  94 

K. 

Käfermilben 93 

Katzenspulwurm 60 

Kleiderlaus 102 

Kopflaus 101 

Krätzmilben 90 

Krätzmilbe,  beschuppte  ....  93 

Krätzmilbe,  kleine 93 

Krätzmilbe,  gemeine 90 

Kratzer 79 

L. 

Laufmilben 96 

Läuse 100 

Lausfliege  des  Wildes 114 

Leberegel,  grosser 49 

Leptus  autumnalis 96 

Ligula 19 

Linguatulida 86 

Lipoptena  cervi 114 

M. 

Madenwurm 60 

Mallophaga 104 

Melophagus  ovinus 114 

Menschenbiesfliegen 110 

Menschenfloh 111 

Miescher’sche  Schläuche  ....  11 

Milben 89 

Monas 13 

Monostoma 49 

Monostoma  lentis 49 

Mundfeld 16 

Musca  anthropophaga 109 

M.  cadaverina 107 

M.  caesar 107 

M.  domestica 106 

M.  vomitoria 107 

Muscaria 114 

Muscidae 106 

Muskeltrichine 72 

Mutterblase 42 

N. 

Nemathelminthes 56 

Nematodes  56 

Nemocera 115 

O. 

Ocellen 99 

Oestridae 110 

Ornithomyia  avicularia  ....  114 
Oxyuris  vermicularis 60 


. 42 

44 

. 44 

. 42 

42 

42 

. 45 

80 

16 

. 16 

. 43 

. 63 

. 99 

56 

73 

76 

. 76 

. 76 

. 75 

75 

75 

. 73 

75 

. 76 

. 76 

. 103 

28,  33 

. 13 

. 106 

. 111 

. 87 

. 93 

. 13 

. 97 

. 114 

. 86 

81 

. 81 

. 107 

9 

10 

. 35 

. 89 

. 115 

. 85 

99 

. 104 

. 98 

. 114 

81 

83 

. 84 

83 

. 94 

. 41 

. 94 


VII 


p. 

Palissadenwürmer  ...  . . 

Pediculidae . . 

Pediculus  capitis 

P.  vestimenti 

Peitschenwurm 

Pelzfresser 

Pentastoma  taenioides  . . . . 

Peristom 

Pferdeegel 

Pferdelausfliege 

Pfriemenschwanz 

Phtirius  inguinalis 

Phtirius  pubis 

Plathelminthes 

Plattwürmer 

Proßlottis 

Protozoen 

Pseudonavicellen  

Psorospermien 

Pulex  irritaus 

Pupipara 

R. 

Rainey’sche  Schläuche  . . . . 
Raubfliege,  hornissenartige  . . . 

Redien 

Regenbremse 

Rhabditisformen 

Rhynchobdellidae 

Rhynchota 

Rhizopoden 

Riesenkratzer 

Riesenpalissadenwurm 

Rundwürmer 

S. 

Sandfloh  

Sarcophaga  carnaria 

Sarcopsylla  penetrans 

S.  minor 

Sarcoptes  scabiei  communis  . . . 

S.  squamifera 

Sarcoptidae 

Saugwürmer 

Saumzecken 

Saumzecke,  persische 

Schafzecke 

Schmeissfliege,  graue 

Schnabelkerfe 

Schwärmer 

Schwarzfliege,  amerikanische  . . 
Scolex 


Simulia  pertinax 116 

Sporen 8 

Sporocysten 48 

Spulwurm 57 

Stechfliege 114 

Stechmücken 116 

Stechmücke,  gemeine 116 

Stigmen 99 

Stomoxys  calcitrans 114 

Strongylidae 62 

Strongylus  duodenalis 63 

Strongylus  longevaginatus  ...  63 

Stubenfliege 106 

T. 

Taenia  cucumerina 39 

Taenia  echinococcus 4L 

Taenia  flavopunctata 40 

Taenia  lophosoma 40 

Taenia  madagascariensis  ....  40 

T.  mediocanellata 32 

Taenia  nana 40 

Taenia  saginata 32 

Taenia  solium 22 

Taenia  tenella 40 

Tanystomata 114 

Tochterblasen 42 

Trematodes 48 

Trichina  spiralis 67 

Trichine 67 

Trichocephalus  dispar 65 

Trichomonas 14 

Trichomonas  intestinalis  ....  15 

Trichomonas  vaginalis  ....  14 

Trichotrachelidae 65 

Trombidium  autumnalis  ....  96 

Trombididae 96 

Y. 

Vermes 18 

Vogellausfliege 114 

Yogelmilbe 94 

W. 

Waldlaus,  amerikanische  ...  95 

Wanzen 104 

Wimperinfusorien 15 

Würmer 18 

Z. 

Zecke,  gemeine  .......  94 

Zecken  . 94 

Zungenwürmer 86 

Zweiflügler 105  115 


62 

100 

101 

102 

65 

104 

87 

16 

83 

114 

60 

103 

103 

18 

18 

19 

6 

10 

10 

111 

113 

11 

114 

48 

115 

57 

81 

100 

7 

80 

63 

56 

112 

107 

112 

93 

90 

93 

90 

48 

95 

95 

114 

107 

100 

8 

116 

19 


» 


' 

' 


Einleitung. 


Wenn  wir  auch  die  Pflanzen  und  Thiere  als  organisirte  Wesen 
der  übrigen  Körperwelt  unseres  Planeten  gegenüberstellen,  so  sind 
wir  uns  doch  stets  des  Abhängigkeitsverhältnisses  der  ersteren  von 
den  letzteren  bewusst.  Am  auffallendsten  tritt  uns  dieses  Verhält- 
niss  bei  den  Pflanzen  entgegen,  indem  deren  Existenz  der  Regel 
nach  ausschliesslich  an  das  Vorhandensein  anorganischer  Stoffe  ge- 
knüpft ist. 

Die  Thierwelt  stand  vielleicht  hinwiederum  zunächst  ganz  voll- 
kommen in  Abhängigkeit  von  der  Pflanzenwelt  und  bei  einer  grossen 
Anzahl  von  Thierformen  ist  dieses  auch  heute  noch  der  Fall.  Das 
Thier  verlangt  eben  eine  organische  Nahrung  und  daher  ist  seine 
Existenz  durchaus  an  die  der  Pflanzen  geknüpft.  Die  ersten  Thiere 
waren  entschieden  Pflanzenfresser  und  erst  nachdem  die  letzteren 
eine  gewisse  Ausbreitung  erfahren  hatten,  entsagten  einzelne  Gruppen 
der  ausschliesslichen  Pflanzenkost  und  verzehrten  thierische  Stoffe, 
wodurch  sie  entweder  Räuber  oder  Parasiten  wurden,  falls  sie  sich 
nicht  von  thierischen  Ausscheidungsprodukten  resp.  Aas  ernährten. 

Im  Laufe  der  Zeit  sind  nun  die  Verhältnisse  der  organischen 
Welt  um  so  complicirtere  geworden,  je  nachdem  sich  die  verschie- 
denen Formen  der  Organismen  vermehrten,  je  nachdem  die  Existenz- 
Bedingungen  für  die  grössere  Anzahl  von  Formen  verschieden  wurden. 
Zunächst  treten  zwei  oder  mehrere  Organismen  — häufig  gleiche 
oder  ähnliche  — in  eine  Wechselbeziehung,  welche,  wenn  wir  so 
sagen  dürfen,  freundschaftlich  oder  feindlich  sein  kann.  Das  Ver- 
hältniss  ist  ein  freundschaftliches  zu  nennen,  wenn  Thiere  oder 
Pflanzen  nur  in  Gemeinschaft  mit  anderen,  oft  unter  einem  Schutz- 
verhältnisse, die  Bedingungen  für  ihre  Existenz  erfüllt  finden.  So 
pflanzen  sich  z.  B.  Meereskrabben,  zum  Zwecke  des  Schutzes,  lebende 
Algen  auf  ihre  Schalen;  Thiere  finden  durch  Uebereinstimmung  von 
Form  und  Färbung,  auf  und  zwischen  Pflanzen,  Schutz  und  Deckung; 
Insekten  sind  nothwendig  zur  Befruchtung  vieler  Pflanzen  u.  s.  w. 
Ein  feindschaftliches  Verhältnis  tritt  ein,  wenn  eine  Art  auf  Kosten 
der  anderen  lebt,  dabei  kann  entweder  dem  passiven  Theil  durch 
den  andern  die  Bedingung  zur  Weiterexistenz  genommen  werden 
oder  er  wird  direct  vernichtet,  fällt  dem  anderen  zur  Beute  anheim, 
was  wir  als  Raubverhältniss  zu  bezeichnen  pflegen,  öder  endlich 

l 


2 


sein  Fortbestehen  ist  möglich,  aber  er  muss  den  änderen  Theil  er- 
nähren, der  letztere  schmarotzt  in  oder  auf  dem  ersteren. 

Bei  einem  solchen  Schmarotzerverhältniss  können  auch  wieder 
verschiedene  Grade  unterschieden  werden. 

Im  schlimmsten  Fall  lebt  der  Schmarotzer  von  dem  Körper  des 
Wirthes  bis  zu  einem  Zeitpunkt,  in  welchem  sein  Körper  eine  Orga- 
nisation besitzt,  die  ein  Weiterschmarotzen  entbehrlich  macht,  in 
welchem  aber  andererseits  der  Körper  des  Wirthes  zu  einer  Weiter- 
existenz nicht  mehr  befähigt  ist.  Ein  solcher  Fall  tritt  z.  B.  bei 
Schlupfwespenlarven  ein,  welche  in  den  Larven  anderer  Insekten 
bis  zu  ihrer  Verpuppung  leben,  in  welchem  Stadium  dann  der  als 
Wirth  dienende  Raupenkörper  vollständig  vernichtet  ist  und  für  die 
weitere  Entwickelung  des  Parasiten  nicht  mehr  in  Betracht  kommt. 

Ein  weiteres  Schmarotzerverhältniss  ist  jenes,  bei  welchem  eine 
Art  längere  Zeit  oder  während  der  Dauer  ihres  Lebens  auf  oder  in 
einer  zweiten,  weiterlebenden  Art  schmarotzt;  es  ist  dieser 
Parasitismus  in  mannigfachen  Modificationen  weit  verbreitet.  Es 
parasitiren  Pflanzen  auf  und  in  Pflanzen  oder  Thieren,  Thiere  auf 
oder  in  Pflanzen  oder  Thieren.  Dazu  können  dann  schliesslich  Para- 
siten selbst  wieder  Parasiten  beherbergen. 

Wo  im  Thierreiche  Parasitismus  zu  beobachten  ist,  da  finden 
wir  stets,  dass  der  Schwächere  auf  oder  in  dem  Stärkeren  lebt  und 
in  den  bei  weitem  meisten  Fällen  parasitirt  eine  niedriger  organi- 
sirte  Form  bei  einer  höher  organisirten. 

Die  Anzahl  der  thierischen  Parasiten  ist  eine  äusserst  grosse, 
besonders  sind  es  die  niedrigen  Thiere,  welche  das  Gros  des  Schma- 
rotzerheeres stellen,  während  von  den  Wirbelthieren  nur  wenige 
Formen  als  Parasiten  bekannt  sind  (z.  B.  Myxine,  Fierasfer  und 
Trachurus,  drei  Fische,  von  denen  Myxine  an  und  in  anderen 
Fischen  lebt,  Fierasfer  in  der  Leibeshöhle  der  Holothurien  und  Tra- 
churus bei  Quallen  sein  Dasein  fristet).  Die  Gruppen  der  Proto- 
zoen, Würmer  und  Insekten  liefern  die  meisten  Parasiten  und  be- 
sonders gehören  die  Parasiten  des  Menschen  diesen  drei  Gruppen  an. 

Fragen  wir  nun  zunächst  nach  den  Ursachen,  wrelche  einen 
Parasitismus  bedingen  und  nach  den  Bedingungen  unter  denen  der- 
selbe stattfinden  kann,  so  haben  wir  dabei  die  folgenden  Hauptmo- 
mente ins  Auge  zu  fassen. 

Zunächst  muss  der  Körper  des  Parasiten  durch  seinen  ana- 
tomischen Bau  befähigt  sein,  sich  auf  dem  Körper  oder  innerhalb 
der  Organe  seines  Wirthes  weiter  entwickeln  zu  können;  in  der 
Regel  finden  wir  daher,  dass  der  Parasit  bedeutend  kleiner  ist,  als 
das  Wirthsthier,  dass  weiterhin  sein  äusserer  Körperbau  so  be- 
schaffen ist,  dass  seine  Existenz  durch  die  Functionen,  welche  der 
Körper  des  Wirthes  auszuüben  hat  und  fortwährend  ausübt,  nicht 
in  Frage  gestellt  wird.  Die  inneren  Organe  des  Parasiten  müssen 
derartig  beschaffen  sein,  dass  sie  sich  schnell  den  oft  plötzlich  ver- 
änderten äusseren  Bedingungen  anzupassen  vermögen.  — Da  die 
Nahrung  fortwährend  reichlich  vorhanden  ist,  so  sind  alle  jene  Or- 
gane unnöthig,  welche  dem  Thiere  den  Erwerb  der  Nahrung  er- 


3 


möglichen  sollen  und  welche  während  dieses  Nahrungs-Erwerbes  vor 
feindlichen  Angriffen  schützen  müssen.  Wir  sehen  daher,  dass  sich 
die  Sinnesorgane  und  das  Nervensystem  mit  sammt  dem  Bewegungs- 
apparate bedeutend  vereinfachen,  ja,  zum  Theil  findet  vollständiger 
Schwund  derselben  statt. 

In  dem  Masse,  wie  diese  sogenannten  animalischen  Organe 
schwinden,  tritt  eine  Yergrösserung  und  ein  energischeres  Functio- 
niren  der  vegetativen  Organe  ein.  Während  also  die  Leichtigkeit 
des  Nahrungserwerbes,  die  Fortdauer  des  Nahrungszuflusses  die  Ur- 
sachen sind,  dass  sich  ein  schwächeres  Thier  von  einem  grösseren, 
besser  organisirten  ernähren  lässt,  ist  es  Bedingung,  dass  der  Wirth 
erstens  viel  Ueberschuss  an  abzugebender  Nahrung  hat,  dass  ferner- 
hin seine  Organe  widerstandsfähig  genug  sind,  um  Parasiten  beher- 
bergen zu  können.  Wir  finden  daher  meist  den  Verdauungsapparat, 
die  äussere  Haut  und  die  Musculatur  als  Hauptsitze  der  Parasiten. 
Nur  in  seltenen  Fällen  werden  das  Nervensystem  und.die  Sinnesorgane 
als  Wohnplatz  von  diesen  letzteren  aufgesucht. 

Der  Parasitismus  kann  in  verschiedenen  Formen  auftreten. 
Entweder  ist  er  ein  constanter  oder  ein  temporärer. 

Constanter  Parasitismus  zeichnet  sich  dadurch  aus,  dass  die 
betreffenden  Schmarotzer  höchstens  nur  eine  sehr  kurze  Zeit  ihres 
gesammten  Lebens  ausserhalb  ihres  Wirthes  verbringen.  Meist  sind 
es  nur  die  Eier-  und  Jugendzustände  eines  Parasiten,  welche  sich 
frei  entwickeln,  um  dann  in  einen  Wirth  übergeführt  zu  werden 
und  hier  zur  vollständigen  Reife  zu  gelangen.  In  anderen  Fällen 
sind  aber  auch  die  Eier-  und  die  Jugendstadien  an  einen  Wirth 
gebunden  und  der  betreffende  Parasit  hat  sein  freies  Leben  voll- 
ständig eingebüsst.  In  diesem  extremsten  Falle  hat  sich  der  Körper 
durchaus  an  die  schmarotzende  Lebensweise  angepasst  und  stellt 
im  Grossen  und  Ganzen  nur  einen  Verdauungs-  und  Geschlechts- 
Apparat  dar. 

Zu  den  temporären  Parasiten  gehören  meist  Thiere,  welche 
eine  Reihe  von  Umwandlungen  durchmachen,  ehe  sie  ihre  definitive 
Gestalt  erlangen.  Aus  der  Reihe  dieser  Metamorphosen  lebt  dann 
gewöhnlich  ein  Glied  auf  oder  in  anderen  Thierformen  als  Parasit. 
So  ist  es  z.  B.  mit  den  Schlupfwespen  der  Fall,  von  denen  die 
Larven  in  anderen  Insekten  leben,  während  die  Puppen  und  die 
ausgebildeten  Thiere  kein  parasitirendes  Leben  führen. 

Temporärer  Parasitismus  kann  aber  auch  bei  Thieren  eintreten, 
welche  für  gewöhnlich  gar  keine  Schmarotzer  sind,  die  aber  in 
irgend  einem  Stadium  ihres  Lebens  durch  Zufall  in  den  Organis- 
mus eines  anderen  Tbieres  oder  auf  den  Körper  eines  solchen  ge- 
langen und  welche  nun  auf  Kosten  desselben  parasitirend  weiter 
leben.  Dies  tritt  z.  B.  bei  den  Larven  vieler  Fliegen  ein,  welche 
meist  in  faulenden  organischen  Stoffen  leben,  welche  aber,  wenn  sie 
unter  die  Haut,  in  die  Athmungswege  oder  in  den  Verdauungskanal 
höherer  Thiere  kommen,  dort  vorübergehend  parasitiren  können. 

Nach  dem  Orte,  an  welchem  sich  die  Schmarotzer  bei  ihren  Wir- 
then  aufhalten,  unterscheidet  man  Ecto-Parasiten  undEnto-Parasiten. 

l* 


4 


Erstere  leben  auf  dem  Körper  und  sind  zum  Tlieil  nur  tem- 
poräre Gäste,  welche  gelegentlich  die  Säfte  eines  höheren  Thieres 
aufsaugen,  um  dann  sofort  wieder  ein  freies  Leben  zu  führen,  wie 
dies  z.  B.  beim  Blutegel,  bei  vielen  Flöhen  und  Fliegen  der  Fall 
ist.  Zum  Theil  verbringen  sie  aber  auch,  wie  z.  B.  viele  Milben 
und  Läuse  ihr  ganzes  Leben  auf  ein  und  demselben  Wirthe,  unter 
dessen  Hautbedeckung,  wie  Schildern,  Schuppen,  Haaren  oder  Federn, 
sie  Schutz  suchen  und  dessen  Blut  sie  und  ihre  Larven  aufsaugen. 

Diese  beiden  Gruppen  der  Ecto  - Parasiten  zeigen  einen  voll- 
ständig entwickelten  Körperbau  und  sind  nur  wenig  von  anderen, 
nicht  parasitirenden  Arten  unterschieden,  während  andere  temporäre 
Schmarotzer  sich  während  ihres  Parasitismus  in  ihrem  Aeusseren  so 
verändern,  dass  sie  von  nahe  verwandten  Arten  vollständig  ver- 
schieden sind.  So  parasitirt  z.  B.  eine  Krebsgruppe,  die  Rhizoce- 
phalen  bei  höheren  Thieren  nnd  verliert  während  des  parasitirenden 
Lebens  die  Bewegungsorgane  und  die  Sinnesorgane  vollständig, 
während  sich  der  vegetative  Organapparat  mächtig  entwickelt. 

Zu  den  Ento-Parasiten  zählen  wir  meist  Formen,  welche  con- 
stant  schmarotzen  und  höchstens  einmal  vorübergehend  ein  freies 
Leben  führen.  Sie  sind , da  sie  im  Inneren  anderer  Thiere  leben, 
meist  vollkommen  an  das  parasitirende  Dasein  angepasst.  Der 
Körper  zeigt  auch  nur  rudimentäre  animalische  Organe,  dahingegen 
stark  entwickelte  Verdauungs-  und  Geschlechts -Apparate.  Meist 
durchlaufen  die  Ento-Parasiten  eine  mehr  oder  minder  complicirte 
Metamorphose , ehe  sie  zur  Geschlechtsreife  gelangen.  Die  ver- 
schiedenen Zwischenglieder  in  der  Entwickelung  brauchen  nicht  in 
einem  und  demselben  Wirth  zur  Entwickelung  zu  kommen,  sondern 
es  erstreckt  sich  in  der  Regel  der  Lebenslauf  eines  solchen  Para- 
siten auf  mehrere  Wirthe. 

Es  giebt,  wie  wir  sehen  werden,  allerhand  Uebergangsformen 
zwischen  freilebenden  Thieren,  temporären  und  constanten  Schma- 
rotzern, ja  die  Verhältnisse  können  sich  derart  compliciren,  dass 
von  einer  Art  nur  das  eine  Geschlecht  schmarotzt,  wie  dies  z.  B. 
bei  mehreren  blutsaugenden  Mücken  der  Fall  ist.  Bei  einigen 
Würmern  und  Krebsen  sind  die  Männchen  so  klein  und  unscheinbar, 
dass  sie  dem  Fortpflanzungsgeschäft  nur  obliegen  können,  wenn  sie 
direct  im  Weibchen  und  meist  direct  in  dessen  Geschlechtsapparate 
parasitiren. 

Beim  Menschen  hat  man  bis  jetzt  ungefähr  100  verschiedene 
Ecto-  und  Ento-Parasiten  gefunden.  Zu  den  ersteren  gehören  einige 
Würmer  und  dann  eine  grosse  Anzahl  von  Insekten.  Meist  leben 
dieselben  auf  oder  in  der  Epidermis,  unter  den  Haaren  verborgen 
und  in  den  Talgdrüsen  versteckt.  Nur  sehr  selten  ist  das  Leben 
des  Menschen  durch  dieselben  direct  bedroht  und  meist  kann  sich 
derselbe  durch  einfache  Reinlichkeit  von  ihnen  befreien.  Die  Ento- 
Parasiten  stammen  aus  der  Gruppe  der  Protozoen  und  der  Würmer, 
nur  wenige  Arthropoden  parasitiren  vorübergehend  in  dem  Körper 
des  Menschen.  Die  grösste  Anzahl  der  Parasiten  lebt  in  dem  Darm- 
kanal, einzelne  Formen  finden  sich  hauptsächlich  in  dem  Muskel- 


5 


fleisch  und  unter  der  Haut,  andere  wieder  kommen  in  fast  allen 
Organen  vor.  Die  Ento-Parasiten  können  in  vielen  Fällen  für  das 
Leben  des  Menschen  verderblich  sein,  besonders  wenn  sie  in  edleren 
Organen  des  Körpers  wohnen  oder  in  kolossalen  Massen  einzelne  Or- 
gane überfallen. 

Sie  durchlaufen  entweder  alle  Entwickelungsstadien  im  Körper 
des  Menschen  oder  es  sind  ein  bis  mehrere  Zwischenwirthe  noth- 
wendig,  in  denen  die  Jugendstadien  oder  die  geschlechtsreifen  Thiere 
parasitiren. 

Von  vielen  Schmarotzern  im  Menschen  kennt  man  die  Jugend- 
stadien und  die  volle  Entwickelung  derselben  noch  nicht. 


Die  Protozoen  (Tafel  i). 

Zu  den  Protozoen  zählen  wir  Formen,  von  denen  nicht  direct  zu 
sagen  ist,  ob  sie  Thiere  oder  Pflanzen  sind.  Jedenfalls  haben  wir 
aber  bei  denselben  die  Grenze  des  Thier-  und  Pflanzenreichs  zu 
suchen.  Der  Körper  dieser  niedrigsten  Lebewesen  wird  als  ein- 
zellig bezeichnet,  das  heisst,  ein  äusserlich  einfach  construirter  und 
innerlich  nicht  in  einzelne,  neben  einander  liegende,  gleichartige 
Theile  zerfallender  Körper  vermag  alle  Functionen  eines  höheren 
Organismus  auszuführen. 

Der  Körper  aller  höheren  Thiere  besteht  aus  einer  mehr  oder 
weniger  grossen  Anzahl  von  Elementen,  den  Zellen,  deren  jede  in 
ihrem  allgemeinen  Baue  Verhältnisse  aufweisst,  wie  sie  uns  der 
gesammte  Körper  der  Protozoen  zeigt.  Jene  Angaben,  wonach  ein 
einheitlich  construirtes,  nicht  weiter  differe nzi rtes  Pro- 
toplasma, alle  Hauptfunctionen  eines  Lebewesens  ausführen  soll, 
habe  ich  in  keinem  Falle  bestätigt  gefunden.  Ich  finde  im  Gegen- 
theil  auch  in  der  Körpersubstanz  der  einfachsten  Protozoen  mehrere 
Haupt-Differenzirungen  des  Protoplasma’s.  Es  ist  des  letztere  in 
concentrischen  Schichten  im  Protozoen-Körper  angeordnet  und  es 
sind  diesen  Schichten  je  verschiedene  Functionen  zuzuschreiben. 

Bei  der  weniger  eingehenden  Betrachtung  des  Protozoen-Körpers 
vermittelst  eines  guten  Mikroskopes,  kann  man  cenlral  einen  Kern 
und  um  diesen  herum  eine  helle  Plasma-Zone  unterscheiden.  Der 
letzteren  liegt  dann  ein  körnig  ausgebildetes  Plasna  auf,  welches 
seinerseits  wieder  von  einer  hellen  Schicht  umgebei  wird.  Ganz  zu 
äusserst  ist  häufig  noch  eine  mehr  oder  minder  fiste  Membran  zu 
erkennen  und  von  dieser  heben  sich  verschieden  gestaltete  Bewegungs- 
Apparate  ab. 

Der  Kern  spielt  bei  der  Ernährung  und  Tortpflanzung  eine 
Hauptrolle.  Eine  jede  Vermehrung  des  Körpern  wird  durch  mehr 
oder  minder  energische  Kerntheilung  eingeleite.  Die  dem  Kerne 
aufgelagerte  helle  Schicht  hat  die  Function  (br  Assimilation  der 
Nahrung.  Diese  Nahrung  wird  durch  die  kö'nige  Schicht  reprä- 
sentirt  und  sind  die  grösseren  und  kleineren  Körnchen,  welche  in 
grosser  Anzahl  in  eine  helle  gallertartige  Gnndmasse  eingebettet 
erscheinen,  theils  direct  aufgenommene  Nahring,  theils  schon  Assi- 
milationsproducte  der  centralen  hellen  Schiht.  Den  hellen  peri- 
pherischen Schichten  sind  die  Functionen  ter  Athmung  und  Be- 
wegung zuertheilt 


7 


Die  Bewegungen  können  sich  dadurch  compliciren,  dass  ver- 
schiedene Hülfsmittel  zum  Zwecke  derselben  in  Anwendung  gebracht 
werden.  Wir  können  dann  von  eigenen  Bewegungsapparaten  sprechen 
und  finden  als  solche  entweder  lange  und  spitze,  oder  kurze  und 
breite  Fortsätze  des  äusseren  Protoplasma  in  Anwendung  gebracht, 
die  sogenannten  Pseudopodien.  Durch  Ausstülpung  derselben  und 
Nachfliessen  der  gesammten  Körpermasse  wird  das  betreffende  Indi- 
viduum vorwärts  bewegt.  Weiterhin  kommen  zum  Zweck  der  Fort- 
bewegung gröbere  oder  feinere  Flimmerhaare,  die  sogenannten  Cilien, 
in  Anwendung.  Dieselben  treten  entweder  in  der  Ein-  und  Zwei- 
Zahl  oder  zu  vielen  Hunderten  und  Tausenden  neben  einander  auf. 
Im  letzteren  Falle  sind  sie  entweder  über  den  gesammten  Körper 
oder  nur  auf  einzelne  Schichten  desselben  vertheilt. 

Die  Protozoen  theilt  man  im  Allgemeinen  ein  in:  Rhizopoden 
und  Infusorien.  Den  Letzteren  fügt  man  die  Gregarinen  bei,  eine 
Gruppe,  welche  ich  nach  meinen  Untersuchungen  vollständig  auf- 
lösen  und  zum  Theil  von  den  Protozoen  trennen  muss. 

Bei  den  Menschen  hat  man  Amöben  und  Infusorien  als  Para- 
siten angetroffen.  Jedenfalls  kennt  man  noch  nicht  alle  im  Menschen 
parasitirenden  Protozoen  und  ebensowenig  kennt  man  genau  die  Ent- 
wicklungsgeschichte und  die  Abstammung  derselben.  Da  es  mir  trotz 
aller  Mühe  nicht  gelungen  ist,  lebende  Protozoen  aus  dem  Körper 
des  Menschen  zu  erhalten,  so  kann  ich  über  die  im  Menschen  be- 
obachteten Formen  nur  referirend  berichten,  werde  aber  meine  Unter- 
suchungen an  verwandten  Arten  hier  im  Auszuge  kurz  mittheilen. 

Da  die  zu  den  Protozoen  zu  stellenden  Bacterien,  welche  für 
das  Leben  des  Menschen  oft  so  verhängnissvoll  werden,  neuerdings 
eine  so  unendlich  mannigfaltige  Literatur  hervofgerufen  haben,  so 
verweise  ich  hier  auf  die  neue  Arbeit  von  Zopf  über  die  Spalt- 
Pilze,  in  welcher  Arbeit  alles  Bemerkenswerthe  zusammengestellt 
ist.  Ueber  die  Therapie  der  durch  Bacterien  verursachten  Krank- 
heiten ist  zur  Zeit  noch  sehr  wenig  zu  sagen.  Kann  man  nicht  lokal 
durch  Anwendung  von  Desinfections-Mitteln  die  Entstehung  neuer 
Spaltpilzmassen  verhüten  und  die  schon  entstandenen  Heerde  zer- 
stören, so  muss  man  darauf  bedacht  sein,  durch  Herabsetzung  der 
Körpertemperatur,  durch  entsprechende  Ernährung  und  schliesslich 
symptomatische  Behänd  lungsweise  den  betreffenden  Patienten  von 
den  sich  in  ihm  befindlichen  Spalt-Pilzen  zu  befreien.  Viel  leichter 
als  das  Heilen  dieser  sogenannten  Infections- Krankheiten  ist  das 
Verhüten  derselben,  dadurch,  dass  man  auf  eine  reine  Zusammen- 
setzung der  Athmungsluft  und  der  aufzunehmenden  festen  und  flüssigen 
Nahrung  bedacht  ist.  Auf  alle  weiteren  Momente  kann  an  dieser 
Stelle  nicht  näher  eingegangen  werden. 


Rhizopoden  (Tafel  I). 

Nur  verhältnissmässig  wenige  Formen  derselben  sind  als  Para- 
siten im  menschlichen  Organismus  bekannt.  Von  den  uns  bekannt 


8 


gewordenen  wissen  wir  aber  auch  so  wenig,  dass  eine  einheitliche 
und  umfassende  Zusammenstellung  derselben  nicht  möglich  ist.  Ich 
bin  fest  davon  überzeugt,  dass  wir  bei  genauer  Untersuchung  viele 
amöbenartige  Individuen  innerhalb  der  Organe  des  Menschen  finden 
werden,  wenn  es  uns  erst  einmal  gelungen  ist,  durch  geeignete 
Reagentien  den  Körper  dieser  Protozoen  innerhalb  der  von  ihnen 
überfallenen  Gewebe  sichtbar  zu  machen.  Vorläufig  kann  nur  auf 
das  von  Anderen  gesammelte  Material  hier  hingewiesen  werden. 

Die  Untersuchungen  über  den  Bau  und  die  Entwicklung  der 
parasitirenden  Amöben  müssten  an  lebenden  Individuen  ausgeführt 
werden.  Ein  solches  Studium  ist  aber  nur  möglich,  wenn  man  die 
betreffenden  Formen  aus  dem  lebenden  'Menschen  oder  aus  ganz 
frischen  warmen  Leichen  erhält,  da  dies  nun  mit  grossen  Schwierig;- 
keiten  verknüpft  ist,  werden  uns  genauere  Kenntnisse  über  Leben 
und  Bau  der  parasitirenden  Amöben  vorläufig  noch  unklar  bleiben. 

Die  parasitirenden  Rhizopoden  sind  ohne  feste  Membran  und 
im  ausgebildeten  Individuum  ohne  bestimmte  Form.  Kalk  und 
Kieselsäure-Skelete  fehlen,  während  sie  bei  den  freilebenden  Formen 
sehr  häufig  Vorkommen.  Die  innere  Leibesmasse  setzt  sich  aus 
einem  central  gelegenen  runden  Kern  und  aus  den  oben  angegebenen 
Schichten  zusammen.  Die  Fortpflanzung  geschieht  durch  einfache 
Theilung  und  durch  Bildung  von  Schwärmern  oder  Sporen.  Bei  der 
Schwärmerbildung  (Fig.  2 — 4)  geht  der  Körper  vorher  in  ein  Ruhe- 
stadium über,  das  heisst,  er  rundet  sich  ab,  umgiebt  sich  mit  einer 
festeren  Membran  und  liegt  so  bewegungslos  an  einer  Stelle  im 
Organismus.  Innerhalb  dieser  Membran  zerfällt  dann  das  Proto- 
plasma der  Amöbe  in  mehrere  bis  viele  besondere  Theile,  die 
Schwärmer.  Ein  jeder  Schwärmer  besitzt  einen  Kern,  welcher  aus 
einem  Theilungs- Stück  des  ursprünglichen  Amöbenkernes  hervor- 
gegangen ist.  Um  diesen  Kern  herum  liegt  dann  noch  ein  helles 
Plasma.  Die  Bewegung  geschieht,  wenn  die  Schwärmer  noch  klein 
sind,  durch  eine  oder  zwei  Cilien,  wenn  sie  grösser  werden,  durch 
Pseudopodien  (Fig.  6,  b,  c). 

Die  Sporen  (Fig.  5,  6,  7,  9,)  werden  in  Dauer-Cysten  gebildet 
und  zwar  entwickelten  sich  innerhalb  einer  ein-  und  mehrfachen 
stärkeren  Hülle  oft  zwanzig  bis  hundert  äusserst  kleiner  Sporen. 
Dieselben  entstehen  ganz  ähnlich  wie  die  Schwärmer,  sind  auch 
ähnlich  wie  diese  gebaut,  erweisen  sich  aber  gegen  äussere,  schäd- 
liche Einflüsse  bedeutend  resistenter.  Fig.  1,  Tafel  I zeigt  uns  eine 
frei  bewegliche,  ausgebildete  Amöbe,  welche,  da  sie  aus  dem  Darm 
eines  höheren  Wirbelthieres  stammt,  wohl  einen  ähnlichen  Bau  auf- 
weisen dürfte,  wie  die  in  dem  Menschen  vorkommenden  Formen. 
Figur  2 stellt  ein  Ruhestadium  einer  Amöbe  dar,  central  liegt  der 
Kern,  um  diesen  herum  das  helle  Plasma,  welches  die  Assimilation 
besorgt,  dann  folgt  die  körnige,  als  Nahrung  dienende  Schicht,  zu 
äusserst  endlich  wieder  ein  helles  Plasma,  dem  die  Function  der 
Athmung  und  Membranbildung  zukommt.  Figur  3 und  4 stellen 
die  Bildung  von  Schwärmern  dar,  es  zerfällt  hier  das  Plasma  in  nur 
wenige  Theile,  welche  gleichförmig  ausgebildet  sind  und  schliesslich 


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die  äussere  Membran  durchbrechen,  um  dann  als  selbständige  Thiere 
wieder  weiter  zu  leben.  Figur  5 und  6 bezeichnen  die  Bildung  von 
Sporen,  es  zerfällt  dabei  der  Körper  der  Amöbe  in  eine  grosse  An- 
zahl von  kleinen  Gebilden  (Fig.  6.  b,  c),  welche  nach  dem  Verlassen 
der  Cyste  auch  wieder  zu  Amöben  heranwachsen.  Man  hat  solche 
amöbenartige  Protozoen  hauptsächlich  im  Darm  und  in  den  Darm- 
drüsen gefunden,  jedoch  ist  man  in  der  Kenntniss  der  einzelnen 
Formen  noch  sehr  weit  zurück,  weil  es  nicht  leicht  ist,  die  Ent- 
wickelung einer  bestimmten  Art  genau  zu  verfolgen.  Mir  ist  dies 
bei  freilebenden  und  unter  sehr  günstigen  Umständen  parasitirenden 
Amöben  erst  nach  jahrelangen  Bemühungen  gelungen.  Ich  darf 
nach  meinen  Beobachtungen  wohl  mit  vollem  Recht  behaupten,  dass 
die  Untersuchungen,  welche  viele  Forscher  über  die  in  höheren 
Wirbelthieren  schmarotzenden  Protozoen  gemacht,  wesentliche  Be- 
richtigungen erfahren  müssen. 

Mat  hatnun  die  parasitirenden  Rhizopoden  in  verschiedene  Gruppen 
zu  theilen  versucht,  in  die  eigentlichen  Rhizopoda  und  in  die  Sporozoa; 
da  aber  nach  meinen  Untersuchungen  die  Rhizopoden  in  genau  der- 
selben Weise  wie  die  Sporozoen  Dauercysten  und  Sporen  bilden 
können,  so  will  ich  mich  hier  nur  darauf  beschränken,  die  bekannt 
gewordenen  Formen  aus  dieser  Gruppe,  ohne  Angabe  ihrer  syste- 
matischen Stellung  nebeneinander  zu  besprechen. 

Amoeba  coli. 

In  dem  Dickdarm  eines  russischen  Bauern  und  in  dem  Stuhl- 
gänge einiger  Patienten  will  man  zahlreiche  Amöben  in  dem  Darm- 
schleim gefunden  haben;  dieselben  kamen  in  ungeheuren  Massen 
vor  und  bewegten  sich  langsam  durch  ausgestülpte  helle  Pseudo- 
podien. Nach  den  Zeichnungen,  welche  mir  vorliegen,  glaube  ich  • 
mit  Bestimmtheit  annehmen  zu  können,  dass  der  feinere  Bau  dieser 
Protozoen  ziemlich  vollständig  dem  der  in  Figur  1 dargestellten 
Amöben  entsprach.  Die  Amöben  ernähren  sich  im  Darm  von  den 
feinen  organischen  Speisetheilen,  von  den  Epithelzellen  der  Schleim- 
haut, den  Blutkörperchen  u.  s.w.  Die  Kranken  litten  an  hochgradiger 
Dysenterie  ind  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  dieselbe  durch 
den  fortwährenden  Reiz,  welchen  die  Amöben  auf  die  Darmschleim- 
haut ausübten,  hervorgerufen  worden  war.  Darüber,  wie  die  Amöben 
in  den  Darm  gelangt  waren,  ist  nichts  bekannt  geworden,  ebenso- 
wenig über  die  Entwickelung  derselben. 

Zu  den  Sporozoen  hat  man  die  Gregarinen,  Psorospermien  und 
die  Coccidien  gezählt  und  ausserdem  die  Rainey’schen  und  die 
Miescher’schen  Schläuche  in  diese  Gruppe  aufgenommen. 


Gregarina  (Tafel  I). 

Was  die  Abtheilung  der  Gregarinen  anbelangt,  so  erscheint  mir 
diese  Gruppe  mehr  denn  je  als  sehr  zweifelhafter  Natur,  die  ein- 
fachsten Formen  derselben  werden  wir  wohl  zu  den  Amöben  stellen 


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müssen.  Die  in  dieser  Gruppe  vereinigten  höheren  Formen  sind 
nach  meinen  Untersuchungen  ganz  von  den  Protozoen  zu  trennen 
und  mit  den  in  den  Cephalopoden  schmarotzenden  Dicyemiden  als 
Zwischengruppe  zwischen  Protozoen  und  Spongien  einzuschalten. 
Der  zunächst  einzellige  Körper  der  Gregarine  zerfällt  schliesslich, 
nachdem  er  sich  abgerundetund  mit  einer  Membran  versehen  hat,  in  eine 
grosse  Anzahl  peripherisch  gelagerter,  kleiner,  an  beiden  Enden  zuge- 
spitzter Körperchen,  welche  oft  eine  sichelförmige  Gestalt  haben  und  als 
Pseudonavicellen  beschrieben  worden  sind.  Aus  den  letzteren  gehen 
dann,  ebenso  wie  aus  den  Sporen  der  Amöben,  wieder  neue  Individuen 
hervor.  Jene  sogenannten  Gregarinen  (Fig.  22,  23),  an  welchen 
man  einen  vorderen  Kopfabschnitt  und  einen  hinteren,  grösseren 
Zellkörper  unterschied,  habe  ich  als  zweizeilig  kennen  gelernt.  Der 
Kopftheil  k stellt  die  eine  Zelle  dar,  er  zeigt  einen  deutlichen  Kern 
und  ein  auch  sonst  differenzirtes  Plasma;  wir  werden  nicht  fehlgehen, 
wenn  wir  ihn  den  Ectodermzellen  eines  höheren  Thieres  gleich- 
setzen. Der  hintere  Körperabschnitt  h besteht  aus  einer  grossen 
Zelle  mit  deutlichem,  hellem  Kern  und  körnig  oder  dotterartig  aus- 
gebildetem Protoplasma.  Dies  körnige  Plasma  stellt  die  Nahrung 
der  Gregarinen  dar,  was  man  auf  sehr  einfache  Weise  dadurch  be- 
stätigen kann,  dass  man  die  Individuen  hungern  lässt,  indem  man 
dem  Wirthsthiere  die  Nahrung  entzieht.  Nach  einigen  Tagen  er- 
scheint dann  die  hintere  Körperzelle  der  Gregarine  vollständig 
körnchenfrei  und  nur  von  einem  hellen,  concentrisch  geschichteten 
Protoplasma  gebildet.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  wir  es 
hier  mit  zweizeiligen  Individuen  zu  tliun  haben.  Die  eigentlichen 
Gregarinen  besitzen  nur  einen  einzelligen  Körper  und  nähern  sich 
in  ihrem  Bau  und  ihrer  Entwickelung  den  Amöben. 

Die  Pseudonavicellen  (Fig.  24  b)  lassen  im  Inneren  häufig  stäb- 
chenförmige Ausbildungen  des  Plasmas  erkennen;  es  scheinen  diese 
Stäbchen  zum  grössten  Theile  aus  Kernsubstanz  zu  bestehen,  wenig- 
stens habe  ich  bei  Amöben  ähnliche,  helle,  glänzende  Gebilde  in 
den  Dauercysten  gefunden  und  für  dieselben  bestimmt  nachweisen 
können,  dass  sie  aus  Kernplasma  bestanden.  Die  Pseudonavicellen 
wären  daher  den  Sporen  der  Amöben  vollkommen  identisch  zu  setzen. 

Psorospermien. 

In  verschiedenen  Organen  des  höheren  Wirbelthierkörpers,  be- 
sonders in  der  Leber  des  Kaninchen  und  in  der  Muscuktur  hat  man 
längere,  oft  schon  mit  blossem  Auge  sichtbare  Schläuche  angetroffen, 
deren  körniger  Plasmainhalt  auch  in  eine  grössere  Anzahl  von  Sporen 
zerfallen  war.  Diese  Sporen  zeigten  einen  hartschaligsn  Bau  und 
sollen,  was  ich  jedoch  stark  in  Zweifel  ziehen  muss,  vollständig 
kernlos  sein.  Man  bezeichnet  diese  Sporen  als  Psorospermien. 
Aus  denselben  sollen  sich  amöbenartige  Individuen  entwickeln. 
In  den  Psorospermienschläuchen  findet  man  ebenfalls  glänzende, 
stäbchenförmige  Gebilde  oder  das  Innere  der  Psorospermien  wird 
von  einer  gleichmässig  hellen  Masse  erfüllt,  neben  welcher  an  einem 


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Pole  zwei  elliptische  Körper  liegen.  Diese  letzteren  sollen  einen 
langen  dünnen  Faden  enthalten,  welcher  durch  eine  Oeffnung  nach 
aussen  hervorgestreckt  werden  kann. 

Coccidien  (Tafel  I). 

Als  solche  hat  man  eiförmige  oder  kugelige  psorospermienartige 
Gebilde  beschrieben,  welche  in  niederen  Thieren,  unter  Umständen 
auch  im  Menschen  schmarotzen.  Die  ausgebildeten  Individuen  be- 
sitzen einen  amöbenartigen,  membranenlosen  Körper  und  leben  haupt- 
sächlich innerhalb  der  Zellen  höherer  Thiere;  nachdem  sie  sich  von 
dem  Inhalt  der  Zelle  eine  längere  Zeit  hindurch  ernährt  haben, 
runden  sie  sich  kugelig  ab  und  bald  darauf  entwickeln  sich  aus  dem 
gesammten  Plasmainhalt  eine  Anzahl  von  Sporen,  welche  eine  sichel- 
förmige Gestalt  annehmen  und  unter  Umständen  mit  einer  dünnen  Schale 
ausgerüstet  sein  können.  Innerhalb  dieser  Psorospermien  treten 
dann  nach  einiger  Zeit  auch  wieder  mehrere  gebogene,  helle  stäb- 
chenförmige Gebilde  auf,  die  man  als  die  eigentlichen  Sporen  anzu- 
sehen hat,  aus  welchen  neue  Individuen  hervorgehen. 

Diese  wenigen  Notizen  mögen  genügen,  denn  solange  uns  nicht 
die  vollständige  Entwicklungsgeschichte  dieser  niederen  Parasiten 
vollkommen  klar  ist,  dürfen  wir  uns  über  die  Natur  derselben  keinen 
unbegründeten  Vermuthungen  hingeben. 


Die  Raiuey’schenuudMiescher’sclien  Schläuche  (Taf.  I,Fig.l2,  13). 

Man  findet  innerhalb  der  Musculatur  bei  Mäusen,  Schweinen, 
Piindern  und  Schafen  schlauchförmige  lange  Gebilde,  deren  Inhalt 
aus  einer  grösseren  Anzahl  verschieden  geformter  Gebilde  besteht, 
welche  an  die  Psorospermien  erinnern.  Von  den  letztgenannten  Pro- 
tozoen hat  man  im  Körper  des  Menschen  einige  coccidienartige 
Formen  gefunden. 

Was  nun  die  Krankheitserscheinungen  anlangt,  welche  die  Rhi- 
zopoden  hervorrufen,  so  richten  diese  sich  natürlich  auch  nach  dem 
Sitze  und  der  Häufigkeit  der  eingewanderten  Protozoen.  Haben 
dieselben  den  Darm  als  hauptsächlichen  Wohnsitz,  so  erzeugen  sie 
daselbst  eine  mehr  oder  minder  heftiger  Dysenterie  und  Ulcerationen, 
welche  dadurch  zu  Stande  kommen,  dass  die  Epithelzellen  voll- 
ständig durch  einwandernde  Rhizopoden  zerstört  werden  und  die 
letzteren  dann  die  Darmwandungen  perforiren  um  in  weitere 
Organe  einzudringen.  Es  werden  dabei  die  Erscheinungen  heftiger 
Darmkatarrhe  auftreten,  welche  auf  den  Gesammtorganismus  äusserst 
schwächend  wirken  können.  Künstlich  hat  man  solche  Darmerschei- 
nungen bei  Hunden  dadurch  erzeugt,  dass  man  amöbenhaltiges 
Wasser  injicirte. 

Innerhalb  der  Musculatur  werden  die  eindringenden  Amöben 
durch  Zerstörung  der  Muskelfasern  Functionshemmungen  bedingen 
können.  Auf  alle  Fälle  werden  die  Amöben  dadurch  so  äusserst 
bedenkliche  Folgen  hervorrufen,  dass  sie  sich  unter  den  so  sehr 


12 


günstigen  äusseren  Existenzbedingen  so  rapid  vermehren.  Es  werden 
anfänglich  einige  wenige  Schwärmer  gebildet  und  diese  lassen  nach 
einiger  Zeit  durch  fortgesetzte  Theilung  eine  grosse  Anzahl  neuer 
Schwärmer  aus  sich  hervorgehen.  Diese  directe  Bildung  neuer 
Schwärmer  wird  erst  eingestellt,  wenn  die  Existenzbedingungen  un- 
günstigere werden. 

Eine  Infection  durch  Amöben  und  amöbenartige  Individuen 
erfolgt  sehr  wahrscheinlich  durch  den  Genuss  amöbenhaltigen  Trink- 
wassers, wenigstens  kann  man  auf  diese  Weise  bei  Mäusen  Infectionen 
hervorrufen.  Nach  meinen  Untersuchungen  bin  ich  berechtigt  anzu- 
nehmen, dass  eine  grosse  Anzahl  für  gewöhnlich  frei  lebender  Rhi- 
zopoden  unter  Umständen  als  Parasiten  im  Körper  höherer  Thiere 
auftreten  kann.  Vielleicht  sind  die  gleich  zu  erwähnenden  Monas-, 
Cercomonas  und  Trichomonas-Arten  nur  Schwärmsporen  von  Rhi- 
zopoden. 


Die  Infusorien  (Tafel  I). 

Die  Infusorien  sind  durch  einen  äusserlich  festbegrenzten  Kör- 
per charakterisirt.  Sie  zeigen  nicht  jene  mannigfachen  Formver- 
änderungen, wie  wir  sie  bei  den  Amöben  gewahren.  Ihre  Fortbe- 
wegung geschieht  durch  eine  bestimmte  Anzahl  von  Flimmerhaaren 
(Cilien),  welche  mit  dem  peripherischen  Plasma  in  Verbindung  stehen 
und  von  diesem  aus  zu  ihren  Bewegungen  veranlasst  werden.  Der 
innere  Bau  dieser  Protozoen  ist  charakterisirt  durch  das  Auftreten 
von  ein  oder  mehreren  Kernen,  um  welche  herum  auch  wieder  ein 
helles  Plasma  gelagert  ist.  Nach  aussen  zu  liegt  die  aufgenommene, 
aus  Algen  oder  fein  vertheilter  organischer  Substanz  bestehende 
Nahrung  und  in  hellen,  stark  lichtbrechenden  Körnchen  die  schon 
assimilirte  Reservenahrung.  Ganz  peripherisch  finden  wir  das  streifig 
oder  säulenartig  ausgebildete  Bewegungsplasma,  welches  sich  in  die 
Cilien  hinein  erstreckt.  Der  ganze  Körper  kann  von  einer  festeren 
Plasma  - Membran  umgeben  sein,  in  welcher  sich  ein  oder  mehrere 
Oeffnungen,  die  als  Mund  und  After  functioniren,  vorfinden. 

Ausserdem  treten  in  dem  körnigen  Plasma  hin  und  wieder  ein 
bis  mehrere  contractile  Vacuolen  (Fig.  18  v)  auf,  über  deren  Func- 
tionen man  noch  nicht  klar  ist.  Diese  Vacuolen  stellen  Hohlräume 
dar,  welche  von  einer  körnchenfreien  hellen  Plasma -Masse  erfüllt 
werden;  zumTheil  scheinen  sie  als  Excretionsapparate  zu  functioniren. 

Die  Fortpflanzung  geschieht  durch  Theilung,  wobei  sich  auch 
zunächst  der  Kern  und  das  ihm  anliegende  Plasma  in  zwei  Theile 
abschnüren,  worauf  schliesslich  die  peripherischen  Schichten  der 
Kern  theilung  entsprechend  zerfallen.  Der  Theilung  kann  die  Ver- 
schmelzung zweier  Individuen  vorangehen,  welchen  Vorgang  man 


Anmerkung:  Zopf  beobachtete  das  massenhafte  Auftreten  freier  Amöben  in 
der  Musculatur  der  Schweine,  er  hat  den  betreffenden  Parasiten,  welcher  sich 
durch  einige  Schwärmer  weiter  fortgepflanzt,  als  Haplococcus  reticulatus  bezeichnet. 


13 


als  Conjugation  zu  bezeichnen  pflegt.  Sporenbildung  ist  nur  selten 
bei  Infusorien  beobachtet  worden. 

Als  Parasiten  treten  Infusorien  bei  niederen  und  höheren  Wirbel- 
thieren  auf. 

Für  viele  aus  dem  Körper  des  Menschen  bekannte  Infusorien 
steht  es  absolut  noch  gar  nicht  fest,  dass  sie  bestimmte,  wohl  cha- 
rakterisirte  Arten  repräsentiren,  wir  müssen  im  Gegentheil  nach 
allen  neueren  Untersuchungen  annehmen,  dass  besonders  die  hier 
kurz  geschilderten  Flagellaten  zum  Theil  Jugendzustände  anderer 
Protozoen  sind.  Von  einigen  Flagellaten  habe  ich  es  mit  aller 
Sicherheit  nachweisen  können , dass  sie  zu  einer  gewissen  Zeit  ihre 
Geissein  einziehen  und  zu  amöboiden  Formen  werden. 

Man  hat  mehrere  Gruppen  der  parasitirenden  Infusorien  zu 
unterscheiden  versucht,  eine  wirkliche  Berechtigung  besitzt  aber 
blos  die  der  Ciliaten,  zu  denen  das  Balantidium  gehört.  Wir  werden 
daher  im  Folgenden  die  Gruppe  der  Flagellaten  oder  Geisselthier- 
chen  als  eine  Ordnung  der  Infusorien  zwar  besprechen,  müssen  da- 
bei aber  immer  der  zweifelhaften  Stellung  derselben  eingedenk  sein. 

a.  Flagellata,  Geisselthierchen  (Tafel  I). 

Der  Körper  derselben  ist  sehr  klein,  meist  lang  gestreckt  oder 
bimförmig  gestaltet  und  besitzt  an  einem  Pole  constant  ein  bis 
mehrere  feine  Geissein,  welche  sich  als  Fortsätze  des  peripherischen 
Protoplasmas  darstellen  und  durch  pendelartiges  Hin-  und  Her- 
schwingen das  gesammte  Individuum  vorwärts  bewegen.  Ausser 
diesen  längeren  Wimpern,  welche  stets  am  vorderen,  sogen.  Mund- 
Pole  des  Protozoen  stehen,  verläuft  bei  einigen  Formen  seitlich  am 
Körper  desselben,  gegen  den  hinteren  Leibespol  zu  ein  flimmernder 
Saum  oder  es  finden  sich  am  vorderen  Körperende  eine  grössere 
Anzahl  von  feinen  Cilien  vor;  am  hinteren  Leibesende  können  dann 
noch  ein  oder  zwei  weitere  Cilien  auftreten.  Die  Flagellaten  pflanzen 
sich  durch  Theilung  fort  und  zeigen  hierbei  Verhältnisse,  welche 
ganz  deutlich  an  die  Schwärmer  der  Rhizopoden  erinnern. 

Cercotnonas.  KfLonas»  Modo  (Fig.  14,  15). 

Cercomonas. 

Der  Körper  ist  länglich,  bimförmig,  zugespitzt  oder  spindel- 
förmig, vorn  mit  einer  einfachen  längeren  Cilie  ausgestattet,  hinten 
häufig  in  einen  feinen  Endfaden  ausgezogen.  Man  hat  ausser  Cer- 
comonas noch  die  beiden  Gattungen 

Monas  und  JBodo 

unterschieden.  Der  Körper  der  ersteren  soll  oval  sein,  vorn  eben- 
falls mit  einer  Geissei  ausgestattet,  an  deren  Grunde  zwei  kurze, 
feine,  flimmernde  Härchen  sitzen.  Einzelne  Monas -Arten  sollen  in 
der  Mundhöhle  des  Menschen  Vorkommen,  besonders  zwischen  den 
Zähnen,  woselbst  sie  innerhalb  der  sich  zersetzenden  organischen 
Substanzen  leben;  mir  ist  es  jedoch  noch  nicht  gelungen,  aus  der 


14 


Mundhöhle  typische  Flagellaten  zu  Gesicht  zu  bekommen.  Bei  der 
Gattung  Bodo,  deren  anderes  Körperende  mit  zwei  Geissein  ausge- 
rüstet ist,  hat  man  auch  eine  ganze  Anzahl  von  sogenannten  Arten 
beschrieben,  trotzdem  aber  leider  Nichts  mehr  zu  verwerfen  ist,  als 
die  Aufstellung  neuer  Arten,  wenn  man  von  den  betreffenden  Formen 
höchstens  1 Präparat  und  dies  noch  nicht  einmal  mit  besten  op- 
tischen Hilfsmitteln  zu  Gesicht  bekommen  hat.  Man  kann  gerade 
bei  den  niederen  Protozoen  eine  ganze  Unsumme  von  verschiedenen 
Formen  innerhalb  derselben  Species  nachweisen  und  man  muss  bei 
der  Sucht  vieler  Forscher,  neue  Arten  schaffen  zu  wollen,  um  ihren 
Namen  hinter  denselben  verewigt  zu  sehen,  äusserst  vorsichtig  in 
der  Annahme  derselben  sein.  Von  den  Zeichnungen  welche  uns 
über  diese  niederen  Parasiten  des  Menschen  vorliegen,  behaupte  ich 
mit  aller  Bestimmtheit,  dass  sie  zum  Theil  ungenau,  zum  Theil 
falsch  sind.  Man  hat  unterschieden:  Monas  crepusculus,  M.  globu- 
tus,  M.  lens,  M,  elongata;  Bodo  socialis,  B.  intestinalis,  B.  saltans, 
B.  urinarius;  Cercomonas  biflagellata,  C.  globulus,  C.  intestinalis,  C. 
accuminata. 

Die  als  Cercomonas  von  verschiedenen  Orten  des  Körpers  be- 
kannt gewordenen  Individuen  besitzen  eine  so  unverkennbare  Aehn- 
lichkeit  mit  mir  sehr  wohl  in  ihrer  Entwickelung  bekannten  Schwärm- 
sporen  von  Amöben,  dass  ich  sie  als  solche  ansehen  möchte;  die 
Angaben,  welche  Tham,  Zunker,  Lampl  u.  s.  w.,  sowie  von  älteren 
Eorschern  Ehrenberg  und  Dujardin  machen,  sind  so  einseitig  und 
berücksichtigen  die  allgemeinen  Entwickelungsverhältnisse  dieser 
Parasiten  so  wenig,  dass  ich  vorziehe,  sie  ganz  zu  übergehen  und 
nur  auf  das  Vorkommen  solcher  Protozoen  im  Organismus  hinweise. 

Alle  die  genannten  Protozoen  besitzen  eine  Körperlänge  von 
0,001  bis  0,01  mm.  Man  fand  besonders  die  als  Cercomonas  in- 
testinalis bezeichneten  in  den  Stuhlgängen  der  Cholera-  und  Typhus- 
Kranken,  sowie  überhaupt  bei  verschiedenen  Diarrhöen,  ferner  bat 
man  einmal  ähnliche  Individuen  in  dem  Inhalt  einer  Echinococcus- 
blase aus  der  Leber  gefunden,  und  Lampl  giebt  uns  Abbildungen 
von  der  letzteren,  welche  sich  vollständig  mit  denen  decken,  welche 
mir  von  sich  theilenden  Amöben-Schwärmern  bekannt  sind. 

Trichomonas  (Tafel  J). 

Der  Körper  der  Trichomonasarten  ist  ebenfalls  oval,  an  einem 
Pole  zugespitzt  und  mit  2 — 4 Geissein  ausgestattet,  ausserdem 
findet  sich  an  einer  Seite  desselben  ein  flimmernder  Saum  oder  eine 
mit  mehreren  Wimpern  besetzte  Linie.  Aus  dem  Körper  des  Men- 
schen sind  zwei  Formen  bekannt  geworden  und  ausserdem  hat  man 
mehrere  Trichomonasarten  aus  der  Mundhöhle  constatiren  wrollen. 

Trichomonas  vaginalis  (Tafel  I,  Fig.  16). 

Man  hat  in  dem  sauer  reagirenden  Vaginal-Schleime  der  Frauen 
länglichovale  Protozoen  gefunden,  deren  vorderes  Körperende  mit 
1—3  Cilien  ausgestattet  ist,  der  Leib  ist  bauchig  oval,  am  hinteren 
Körperende  etwas  zugespitzt,  etwa  0,01  mm  lang;  vom  vorderen  Ende 


15 


reicht  bis  zur  Mitte  des  Körpers  ein  aus  6 — 7 Cilien  bestehender 
Flimmersautn  und  ausserdem  will  man  eine  grössere  Anzahl  borsten- 
artiger Fortsätze  beobachtet  haben.  Die  Individuen  scheinen  sich 
durch  einfache  Theilung  zu  vermehren,  was  ich  daraus  schliesse, 
dass  man  einige  beobachtete,  welche  sich  scheinbar  mit  den  Schwanz- 
fäden aneinander  gelegt  hatten.  Man  findet  diese  Parasiten  ziem- 
lich häufig,  sowohl  bei  Frauen,  welche  an  Gonorrhöe  leiden  als  auch 
bei  solchen,  deren  Vaginal-Sehleim  nur  Eiterkörperchen  enthält;  be- 
sonders häufig  sind  sie  in  den  sehr  stark  sauer  reagirenden  Secreten. 
Ob  diese  Parasiten  pathologische  Veränderungen  hervorrufen,  muss 
zur  Zeit  noch  dahingestellt  bleiben. 

Trichomonas  intestinalis  (Tafel  I,  Fig.  17). 

Diese  Species,  welche  der  längeren  Geissein  entbehren  soll, 
gleicht  in  ihrem  allgemeinen  Körperbau  der  T.  vaginalis,  nur  be- 
steht der  vordere  Wimpersaum  aus  einer  grösseren  Anzahl  feiner 
Cilien.  Besonders  hat  man  diesen  Parasiten  in  den  Stuhlgängen 
der  typhösen  und  der  an  chronischen  oder  akuten  Diarrhöen  lei- 
denden Patienten  gefunden,  auch  will  man  ihn  in  der  Mundhöhle 
beobachtet  haben. 

Ob  dieser  Trichomonasart  krankheitserzeugende  Eigenschaften 
zukommen,  ist  noch  sehr  fraglich,  wahrscheinlich  tritt  sie  blos  se- 
cundär  bei  verschiedenen  Krankheiten  auf. 

Steinberg  hat  sich  auch  wieder  veranlasst  gefühlt,  als  Tricho- 
monas elongata,  caudata  und  flagellata,  drei  weitere  sogenannte 
Arten  aus  der  Mundhöhle  zu  beschreiben. 


b.  Ciliata,  Wimperinfusorien  (Tafel  I). 

Bei  den  Ciliaten  hat  man  es  mit  wohl  charakterisirten  Infusorien- 
formen zu  thun  und  kann  hier  kein  Zweifel  darüber  herrschen, 
dass  die  in  dieser  Gruppe  vereinigten  Individuen  und  Arten  ausge- 
bildete Individuen  erkennen  lassen,  welche  keine  weiteren  Umwand- 
lungen mehr  erfahren.  Der  Körper  dieser  Infusorien  lässt  eine 
ganze  Anzahl  von  Differenzirungen  erkennen,  Difterenzirungen,  welche 
wir  zum  Theil  auch  schon  bei  den  Amöben  besprochen  habeD.  Im 
Inneren  des  Leibes  liegt  ein  wohlunterscheidbarer  grösserer  Kern, 
welcher  ein  bis  mehrere  Kernkörperchen  eingeschlossen  enthält. 
Ueber  die  Function  des  Kernes  sind  wir  noch  nicht  vollkommen 
genau  unterrichtet,  soviel  steht  jedoch  fest,  dass  von  ihm  aus  die 
Vermehrung  des  Individuums  eingeleitet  wird,  denn  erst,  nachdem 
sich  der  Kern  getheilt  hat,  geht  auch  die  Trennung  des  übrigen 
Zellinhaltes  vor  sich  und  zwar  ganz  entsprechend  den  Theilungs- 
stücken  des  Kernes. 

Um  den  Kern  herum  liegt  ein  helles  Plasma,  welchem  die 
Functionen  der  Assimilation  der  Nahrung  zukommen  und  welches  ich 
als  E r n ä h r u n g s - P 1 a s m a bezeichnet  habe,  dann  folgt  die  Haupt- 
leibesmasse, welche  aus  einer  zähflüssigen  Grundsubstanz  besteht, 
in  welcher  die  aufgenommene  Nahrung  abgelagert  wird.  Diese 


16 


Nahrung  findet  sich  besonders  in  den  dem  Kern  zunächst  gelegenen 
Schichten,  während  jene  Theile,  die  weiter  von  dem  Kern  entfernt 
sind  (meist  der  vordere  oder  hintere  Körperpol),  eine  mehr  oder 
minder  grosse  Anzahl  stark  lichtbrechender  Körperchen  enthalten, 
die  aus  Assimilationsproducten  bestehen  und  als  Reservematerial 
aufgespeichert  werden.  Ich  habe  ihnen  die  Bezeichnung  Nah- 
rungsplasma gegeben. 

In  dieser  körnigen  Schicht  treten  dann  auch  die  sogenannten 
contractilen  Vacuolen  auf,  es  sind  dies  hohle  Räume,  welche  in  der 
Grundsubstanz  dadurch  entstehen,  dass  die  Körnchen  von  gewissen 
Stellen  zurückgedrängt  werden.  Ob  diesen  Vacuolen  bei  den  In- 
fusorien excretorische  Functionen  zukommen,  muss  vorerst  noch 
dahingestellt  bleiben. 

Man  hat  die  eben  genannten  Schichten  als  Endoplasma  be- 
zeichnet und  sie  den  peripherischen  Schichten  (dem  Ectoplasma) 
gegenübergestellt. 

Die  peripherischen  Schichten  bestehen  in  der  Regel  aus  ho- 
mogen erscheinenden  oder  nur  ganz  feinkörnigem  Plasma;  ihnen 
liegen  die  Functionen  der  Athmung  und  Bewegung  ob,  die  Bewegung 
wird  durch  feine  oder  stärkere  Cilien  bewirkt,  welche  über  den  ge- 
sammten  Körper  oder  über  bestimmte  Theile  desselben  verbreitet 
sind.  Es  sind  diese  Cilien  auch  nur  Plasma-Fortsätze,  welche  mit 
dem  unterliegenden  Plasma  in  Verbindung  stehen  und  von  hier  aus 
in  Bewegung  gesetzt  werden.  Dies  sogenannte  Bewegungsplasma 
ist  in  feinen  Streifen  und  Bändern  über  den  Körper  der  Infusorien 
verbreitet,  es  ercheint  daher  die  Aussenseite  dieser  Thiere  fein  ge- 
rieft oder  gestreift.  Was  nun  die  äusserste  Schicht  anlangt,  so  hat 
man  dieselbe  als  Cuticula  bezeichnet,  ist  aber  in  dieser  Bezeich- 
nung oft  zu  weit  gegangen',  denn  die  Schicht  ist  nicht  resistent 
wie  es  die  Cuticular- Ausscheidungen  anderer  Zellen  sind,  sondern 
sie  zerfällt  im  Wasser  vollständig  und  dabei  gewahrt  man,  wenn 
man  den  Process  des  Zerfalls  unter  dem  Mikroskop  betrachtet,  dass 
sie  zu  äusserst  nur  ein  verdichtetes,  in  regelmässig  kleinsten  Theilen 
angeordnetes  Plasma  darstellt. 


BurSaridae. 

Die  Gestalt  ist  von  der  oberen  Fläche  gesehen  oval,  an  den 
beiden  Polen  etwas  zugespitzt,  von  oben  nach  unten  zusammenge- 
drückt, die  äussere  Form  ist  verhältnissmässig  starr,  weil  die  äussere 
Körperschicht  von  einer  festeren  cuticulaähnlichen  Plasmamasse  ge- 
bildet wird.  Das  innere  Plasma  lässt  alle  die  eben  besprochenen 
Differenzirungen  erkennen.  Der  Kern  ist  meist  sichelförmig  ge- 
bogen, oder  oval,  oder  auch  rundlich.  Am  vorderen  Körperpole  liegt 
das  Mundfeld  (Peristom),  welches  muldenförmig  vertieft  erscheint 
und  in  seinem  Grunde  eine  kurze  röhrenförmige  Oeffnung  besitzt, 
welche  man  als  Schlund  und  Mundöffnung  bezeichnet.  Am  Rande 
des  Peristoms  stehen  Wimpern  und  zwar  sind  die  nach  der  Körper- 
mitte zu  gelegenen  grösser  und  kräftiger  als  die  am  seitlichen  Rande 


17 


des  Peristoms  befindlichen.  Diese,  um  das  Peristom  sich  herumziehende 
(adorale)  Wimperzone  verläuft  ziemlich  gerade  und  nicht  wie  bei 
verwandten  Familien  spiralig  nach  hinten.  Im  Uebrigen  ist  der 
Körper  auf  seiner  ganzen  Oberfläche  dicht  mit  feinen  Cilien  besetzt. 


Balantidium. 

Das  Peristom  verläuft  in  das  vordere  Körperende  aus,  es  ist 
spaltförmig,  nach  vorn  zu  etwas  erweitert,  in  seinem  Grunde  liegt 
die  Mundöffnung,  an  welche  sich  in  einigen  Fällen  ein  kurzes,  rudi- 
mentäres Schlundrohr  ansetzt. 

Balantidium  coli  (Tafel  I,  Fig.  18,  19). 

Der  Körper  ist  kurz  eiförmig,  bis  0,1  mm  lang  und  0,07  mm 
breit.  Der  Kern  ist  nierenförmig  und  in  der  Regel  mehr  in  der 
vorderen  Körperhälfte  gelagert;  meist  sind  zwei  Vacuolen  (F)  vor- 
handen. Die  unverdaulichen  Nahrungstheile  werden  am  hinteren 
Körperpol  durch  den  sogenannten  After  ausgeschieden.  Balantidium 
coli  findet  sich  hauptsächlich  und  meist  in  grosser  Menge  im  Dick- 
darm und  Blinddarm  des  Schweines  und  ist  in  mehreren  Fällen 
auch  beim  Menschen  constatirt  worden;  beim  Menschen  hat  man 
es  oft  in  den  Stuhlgängen  der  an  heftigen  Diarrhöen  Erkrankten 
gefunden.  Die  Fortpflanzung  geschieht  auch  durch  Theilung,  viel- 
fach nach  vorhergegangener  Conjugation.  Es  scheint,  dass  diese 
Infusorien  auch  Dauercysten  bilden  können,  wobei  die  Individuen 
ihre  Cilien  einziehen,  sich  kugelig  abrunden  und  dann  äusserlich 
eine  feste  resistente  Cuticulahülle  abscheiden.  In  dieser  Form  sind 
dann  die  Infusorien  äusserst  widerstandsfähig  gegen  äussere  Ein- 
flüsse und  scheint  ihre  Verbreitung  nur  durch  diese  Cysten  vor  sich 
zu  gehen.  Es  ist  nicht  constatirt,  ob  diese  Infusorien  die  Ursachen 
der  Darmleiden  sind,  in  deren  Gefolge  man  sie  gefunden  hat,  man 
will  allerdings  mit  der  Zunahme  der  Infusorien  im  Darm  auch  eine 
Steigerung  der  Diarrhöen  constatirt  haben.  Bemerkenswerth  ist, 
dass  man  das  Balantidium  coli  nur  bei  wenigen  nordischen  Volks- 
stämmen gefunden  hat  (Schweden,  Norwegen). 

Die  Therapie  vergl.  in  den  Schlusstabellen. 


2 


Vermes,  Würmer. 

Die  grösste  Anzahl  der  in  dem  Menschen  schmarotzenden  Thiere 
gehört  den  verschiedenen  Ordnungen  der  Würmer  an,  sehr  viele  der 
letzteren  sind  für  das  Leben  des  Menschen  durch  ihr  Auftreten  in 
den  verschiedenen  Theilen  des  Organismus  äusserst  verhängnissvoll, 
andere  rufen  nur  leichtere  Störungen  hervor  und  von  noch  anderen 
weiss  man,  dass  sie  gar  keine  Unbequemlichkeiten  durch  ihre  An- 
wesenheit erzeugen.  Mit  Ausnahme  der  Egel  schmarotzen  die  Würmer 
im  Innern  des  Organismus. 

Der  Körper  der  Würmer  ist  weich,  ohne  festes  zusammenhängendes 
Skelet  und  in  der  Regel  bilateral  symmetrisch  ausgebildet.  Vielfach 
lässt  sich  am  Wurmkörper  eine  Gliederung  erkennen,  die  theils 
äusserlich  ist,  theils  sich  aber  auch  auf  den  inneren  Bau  erstreckt. 
Die  innere  gegliederte  Ausbildung  wird  als  Segmentation  bezeichnet 
und  enthält  ein  solches  inneres  Segment  in  gewissen  Körperab- 
schnitten je  dieselben  Organe  oder  Organtheile. 

Die  äussere  Gliederung  braucht  nicht  mit  der  inneren  zusammen- 
zufallen. Die  äusseren  Segmente  entbehren  jene  wiederkehrenden 
Körperanhänge  wie  wir  solche  z.  B.  constant  als  Gliedmassen  u.  s.  w. 
bei  den  Insekten  finden. 

Als  äussere  Bewegungsorgane  finden  wir  höchstens  kurze  Stummel 
entwickelt,  welche  noch  mit  rückwärts  gestellten  Borsten  ausgerüstet 
sein  können.  Meist  werden  die  Bewegungen  durch  Streckung  und 
Krümmung  des  gesammten  Körpers  ausgeführt.  Aeussere  Haft- 
apparate sind  in  Form  von  Saugnäpfchen  und  Haken  bekannt.  Da 
der  Körper  vollständig  nackt  ist,  sind  die  Würmer  an  das  Leben 
im  Wasser  oder  an  feuchten  Orten  gebunden.  Auf  die  so  wech- 
selnde, innere  Organisation  wird  bei  Besprechung  der  einzelnen  pa- 
rasitirenden  Formen  eingegangen  werden.  Ebenso  ist  die  Entwicke- 
lung in  den  bestimmten  Fällen  jedesmal  zu  betrachten. 


Plathelminthes,  Plattwürmer. 

Der  Körper  ist  blattartig,  entweder  einfach  und  ungegliedert 
oder  in  mehr  und  minder  zahlreiche,  aufeinanderfolgende  und  häufig 
selbständige  Segmente  zerlegt.  Aeussere  Bewegungsorgane  fehlen, 
dafür  ist  aber  der  vordere  Leibesabschnitt,  der  sogenannte  Kopf, 
meist  durch  besondere  Saugscheiben  oder  einen  Hakenkranz  ausge- 


19 


zeichnet,  vermittelst  welcher  Apparate  sich  der  Körper  dieser  Para- 
siten im  Wirthe  anheftet. 


Cestodes,  Bandwürmer . 

Es  sind  dies  durchweg  im  Inneren  von  anderen  Thieren  lebende, 
mund-  und  darmlose,  lange,  platte,  meist  gegliederte  Thierformen, 
nur  sehr  wenige  derselben  sind  ungegliedert  (wie  die  in  Fischen 
vorkommenden  Ligula,  Caryophyllaeus).  Meist  ist  der  Körper  durch 
eine,  auch  äusserlich  scharf  markirte,  Quergliederung  in  zahlreiche, 
hintereinanderliegende  Abschnitte  getheilt.  Der  vorderste  dieser  Ab- 
schnitte wird  als  Kopf  (Scolex)  bezeichnet;  derselbe  ist  mit  rund- 
lichen oder  länglichen  Saugnäpfen  und  vielfach  mit  einem  einfachen 
oder  doppelten  Kranze  von  Hafthaken  ausgerüstet;  seltener  ist  er 
rüsselartig  ausgezogen  und  mit  Widerhaken  besetzt.  Auf  ihn  folgt 
nach  hinten  zu  ein  dünner,  als  Hals  bezeichneter  Abschnitt,  welcher 
durch  Sprossung  die  Glieder  hervorgehen  lässt.  Ein  solches  Glied 
(Proglottis)  kann  als  Individuum  aufgefasst  werden,  indem  es  nach 
Ablauf  einer  gewissen  Zeit  selbständig  wird  und  beiderlei  Ge- 
schlechtsproducte  zur  Entwickelung  bringt.  Die  reifen  Proglottiden 
lösen  sich  meist  ab  und  verlassen  den  Körper  des  Wirthes,  in 
welchem  der  Kopf  und  die  unentwickelten  Glieder  Zurückbleiben. 

Was  nun  die  Anatomie  dieser  Würmer  anlangt,  so  finden  wir, 
dass  der  Verdauungs- Apparat  und  die  Sinnesorgane  vollständig  fehlen. 
Die  Thiere  haben  ja  auch  den  ersteren  nicht  nöthig,  weil  sie  direct 
in  einem  reichlichen  Nahrungsmaterial  leben  und  aus  diesem  durch 
die  äussere  Haut  hinreichend  genug  aufzunehmen  vermögen.  Dass 
Sinnesorgane,  wie  Augen  Ohren  u.  s.  w.  fehlen,  ist  leicht  erklärlich, 
denn  dergleichen  Apparate  würden  unseren  Thieren  absolut  nicht 
von  Nutzen  sein. 

Die  äussere  Haut  zeichnet  sich  durch  eine  gewisse  Festigkeit 
und  Elasticität  aus.  Sie  besteht  aus  einer  ganz  zu  äusserst  ge- 
legenen hellen,  porösen  Cuticula,  welche  als  schützende  Hülle  gegen 
die  Einwirkung  verdauender  Säfte  anzusehen  ist,  was  sich  daraus 
folgern  lässt,  dass  Verletzungen  derselben  die  Auflösung  der  be- 
treffenden Glieder  zur  Folge  haben.  Selten  ist  die  Cuticula  ge- 
schichtet, sehr  häufig  aber  längs  gestreift  und  von  zahlreichen  feinen 
Porenkanälchen  durchsetzt.  Unter  dieser  peripherischen  Haut  liegt 
eine  Subcuticularschicht,  welche  aus  länglichen  Zellen  besteht,  die 
als  matrix  der  äusseren  Cuticula  aufzufassen  sind.  Nach  einigen 
Forschern  wird  die  Beziehung  dieser  inneren  Schicht  zur  Cuticula 
in  Abrede  gestellt  und  der  Subcuticularschicht  die  Function  eines 
Bindegewebes  zugeschrieben.  Unter  dieser  letzteren  Schicht  be- 
findet sich  der  sogenannte  Hautmuskelschlauch,  welcher  aus  über- 
einanderliegenden Quer-  und  Längs-Muskelfasern  zusammengesetzt 
wird.  Stark  entwickelt  sind  die  Längsmuskelfasern,  die  musculi 
longilutinales.  (Durch  die  Contraction  der  Längs-  und  Quermuskel- 
fasern werden  die  Bewegungen  der  Bandwürmer  veranlasst.)  Unter 
diesem  äusseren  und  ziemlich  starken  Muskelschlauch  liegen  dann 

2* 


20 


die  inneren  Organe  der  Cestoden.  In  den  äusseren  Schichten  sind 
noch  Abscheidungen  von  Kalk  und  Chitin  zu  bemerken.  Die  Kalk- 
körperchen, welche  meist  von  rundlicher  Form  sind,  finden  sich 
besonders  in  den  äusseren  Muskelschichten,  den  sogenannten  Rinden- 
schichten. Es  scheinen  diese  Kalk-Concretionen  aus  einem  Ueber- 
schuss  von  gelösten  Kalksalzen  in  dem  Cestodenkörper  herzurühren. 
Die  Cuticula  bildet  an  einzelnen  Stellen  Härchen  und  kurze 
Stacheln  oder  am  Kopf  die  klauenartig  gekrümmten  Haken.  Die 
Haken  entwickeln  sich  ebenso,  wie  die  Stacheln  auf  einem  kleinen 
subcuticularen  Kegel;  im  Innern  des  Körpers  können  sie  noch  durch 
fuss-  oder  sohlenartige  Fortsätze  befestigt  sein.  Das  Wachsthum 
der  Haken  geht  von  der  Innenfläche  aus. 

Die  von  dem  Muskelschlauch  allseitig  umgebene  Centralschicht 
wird  als  Mittelschicht  bezeichnet.  In  derselben  liegen  alle  wich- 
tigeren Organe,  die  Keimdrüsen  und  der  sonstige  Geschlechtsapparat, 
das  Gefässsystem  und  die  Nerven. 

Die  Anatomie  werden  wir  am  Besten  an  einem  bestimmten  Bei- 
spiele kennen  lernen  und  sind  hier  nur  noch  einige  allgemeine  Be- 
merkungen über  die  Entwickelung  der  Cestoden  vorauszuschicken. 

Schon  seit  langer  Zeit  hat  man  der  Entwickelung  der  Cestoden 
die  grösste  Beachtung  geschenkt  und  hat  gefunden,  dass  sie  eine 
so  complicirte  Metamorphose  durchmachen  und  dass  die  verschie- 
denen Zwischenformen  oft  so  verschieden  von  einander  gebaut  sind, 
dass  wir  uns  nicht  wundern  können,  wenn  frühere  Forscher  die 
wunderbarsten  Ansichten  über  die  Entwickelung  gehegt  haben. 

Es  ist  bei  den  Cestoden  fast  ausnahmslos  Regel,  dass  die  ver- 
schiedenen Entwickelungsformen  unter  verschiedenen  Bedingungen 
und  in  verschiedenen  Wirthen  zur  Ausbildung  gelangen.  Die  End- 
form findet  man  meist  in  dem  Darm  eines  höheren  Thieres,  sie 
stellt  uns  das  geschlechtsreife  Individuum  dar,  welches  durch  die 
Production  einer  enormen  Menge  von  Eiern  die  Weiterentwickelung 
neuer  Individuen  einleitet.  Bei  den  Bandwürmern  werden  die  Eier 
in  den  meist  aufeinander  folgenden  Segmenten  hervorgebracht  und 
es  ist  dabei  Regel,  dass  die  hinteren  Segmente  die  reifen  Eier  ent- 
halten, während  in  den  vorderen  entweder  noch  gar  keine  oder  die 
ersten  Anlagen  derselben  vorhanden  sind.  Die  Glieder  entwickeln 
sich  vom  Kopf  aus  und  scheinen  der  Kopf  und  die  ersten  Hals- 
glieder scheinbar  vollständig  indifferent,  wenigstens  lassen  sich  histo- 
logisch in  ihnen  keine  deutlichen  Gewebselemente  bestimmen,  aus 
denen  die  Eier  und  Spermatozoen  später  hervorgehen.  (Wir  müssen 
jedoch  annehmen,  dass  auch  in  den  Kopf-  und  Hals-Segmenten 
schon  Zellen  vorhanden  sind,  welche  die  Urkeimzellen  für  die  Ge- 
schlechtsproducte  repräsentiren.) 

Die  Endglieder  einer  Bandwurmkette  sind  vollständig  mit  Eiern 
angefüllt,  die  mittleren  Glieder  enthalten  neben  den  weiblichen  auch 
die  männlichen  Geschlechts  - Apparate.  Die  letzteren  verschwinden 
jedoch  mehr  und  mehr  in  den  Endgliedern,  nachdem  eine  wechsel- 
seitige oder  Selbst -Befruchtung  der  mittleren  Glieder  stattge- 
funden hat. 


21 


Durch  Ablösung  gelangen  nun  die  letzten  Glieder  mit  dem 
Kothe  nach  Aussen,  bewegen  sich  eine  Zeit  lang  selbständig  und 
gehen  dadurch,  dass  sie  an  Gräsern,  Kräutern  u.  s.  w.  in  die  Höhe 
kriechen  und  mit  diesen  gefressen  werden , in  den  Darm  eines 
Pflanzenfressers  oder  eines  Omnivoren  über.  Im  Magen  derselben 
wird  der  Muskelschlauch  des  betreffenden  Bandwurmgliedes  gelöst 
und  die  befreiten  Eier,  aus  denen  die  Embryonen  ausschlüpfen, 
gelangen  in  den  Darmabschnitt,  wo  sich  Embryonen  mit  einigen 
Häkchen  anheften  und  wo  sie  versuchen,  durch  die  Wandungen 
hindurchzudringen.  Ist  ihnen  letzteres  gelungen,  so  gelangen  sie 
alsbald  in  den  Blutstrom,  und  mit  diesem  in  die  verschiedensten 
Organe  des  Körpers.  In  diesen  Organen  runden  sie  sich  ab,  bilden 
nach  aussen  eine  feste  Haut  und  wachsen  innerhalb  derselben  zur 
sogenannten  Finne  heran.  Diese  Finne  bleibt  nun  solange  in  dem 
betreffenden  Organe  liegen,  bis  dasselbe  von  einem  Fleischfresser 
gelegentlich  als  Nahrung  aufgenommen  wird.  Dann  gelangt  die 
Finne  in  den  Magen  und  Darm  des  letzteren,  die  Cyste  um  sie 
herum  wird  verdaut,  sie  stülpt  den  früher  gebildeten  Kopftheil  vor, 
heftet  sich  mit  den  Haken  oder  mit  den  Saugscheiben  desselben  an 
der  Darmwandung  an  und  wächst  hier  wieder  dadurch,  dass  sich 
vom  Kopftheile  aus  Glieder  nach  hinten  bilden,  zu  einem  geschlechts- 
reifen  Bandwurm  heran. 

Die  Ausbildung  von  hintereinander  liegenden  Segmenten  hat 
viele  Forscher  zu  der  Frage  veranlasst,  wie  nun  der  Körper  der 
Bandwürmer  aufzufassen  sei,  ob  als  einheitlicher  oder  ob  als  ein 
aus  mehreren  Individuen  zusammengesetzter.  Aus  verschiedenen 
anatomischen  und  physiologischen  Gründen  müssen  wir  annehmen, 
dass  die  einzelnen  Glieder,  auch  wenn  sie  geschlechtsreif  werden, 
nicht  selbständige  Individuen  sind,  sondern  dass  sie  mit  dem  übrigen 
Körper  im  Zusammenhänge  ein  Individuum  repräsentiren.  Die  Gründe, 
welche  hauptsächlich  hierfür  sprechen,  liegen  einestheils  in  der  Aus- 
bildung des  Nervensystems  und  des  Wassergefäss-Apparates,  andern- 
theils  aber  auch  darin,  dass  es  Bandwürmer  giebt,  welche  nicht  jene 
Gliederung  zeigen. 

Man  hat  unter  den  Cestoden  verschiedene  Familien  unter- 
schieden. Die  erste  umschliesst  die  Taeniaten,  zu  welchen  die 

Taenia  soliurn,  T.  saginata,  T.  echinococcus,  T.  cucumerina  u.  s.  w. 
gehören.  Der  Kopf  dieser  Formen  ist  kugelicli  oder  bimförmig,  stets 
mit  vier  musculösen  Saugnäpfen  ausgerüstet.  Ausserdem  trägt  der- 
selbe meist  noch  einen  einfachen  oder  doppelten  Hakenkranz,  welcher 
auf  einem  einziehbaren  Stirnzapfen  (Rosteilum)  aufsitzt.  Die  Ge- 
schlechtsorgane münden  an  den  Seiten  des  Körpers  aus. 

Die  erste  Gruppe  der  Taeniaten  bildet  die  Blasen-Bandwürmer 
(Cystotaeniae).  Der  Körper  derselben  ist  entweder  wie  beim  kleinen 
Hunde-Bandwurm  (Taenia  echinococcus)  nur  wenige  mm  lang,  oder 
aber,  wie  bei  der  Taenia  saginata,  oft  in  einer  Länge  von  4—5  m 
entwickelt.  Aus  den  Eiern  schlüpfen  kleine  Embryonen  hervor, 
welche  eine  Embryonal-Blase  erzeugen,  von  der  aus  sich  ein  oder 
viele  Köpfchen  nach  Innen  entwickeln. 


22 


Die  zweite  Gruppe  wird  von  den  Cystoiden  gebildet.  Bei  diesen 
ist  der  finnenähnliche  Zustand  durch  eine  kleine  Blase  repräsentirf,. 
welche  keine  wässerige  Flüssigkeit  enthält. 

Die  zweite  Familie  ist  diejenige  der  Gruben-KÖpfe  (Bothrio- 
cephalidae).  Dieselben  sind  dadurch  ausgezeichnet,  dass  an  den 
Seiten  des  Kopfes  zwei  lange,  flache  Sauggruben  auftreten  und  dass 
die  Geschlechtsorgane  nicht  an  den  Seiten  der  Proglottiden,  sondern 
auf  der  Fläche  derselben  ausmünden.  Bei  dem  Menschen  kommt 
blos  einer  aus  dieser  Gruppe  als  Parasit  vor. 

Die  übrigen  Familien  der  Cestoden  schmarotzen  nicht  im  Menschen. 
Die  Ligulidae  leben  in  der  Leibeshöhle  der  Wasservögel  und  Fische. 
Die  Tetrarhynchidae,  deren  Kopf  mit  vier  vorstiilpbaren  und  mit  Wider- 
haken bewaffneten  Rüsseln  versehen  ist,  leben  ebenso  wie  die  Te- 
traphyllidae  als  Geschlechtsthiere  im  Darm  der  Haie  und  Rochen. 


Taenia  sölium.  Der  beivaffnete  Banclivnrm  (Tafel  II). 

Dieser  Bandwurm,  dessen  Finne,  wie  wir  noch  sehen  werden, 
im  Schweinefleische  lebt,  ist  oft  ein  sehr  gefährlicher  Gast  im 
Körper  des  Menschen  und  unter  allen  Umständen  sobald 
als  möglich  aus  demselben  zu  entfernen. 

Der  Körper  der  Taenia  solium  ist  in  der  Regel  U/2 — 3 m lang. 
Es  schwankt  sein  Gewicht  zwischen  10  und  25  g;  die  Anzahl  der 
Glieder  kann  bis  zu  850  steigen,  der  Kopf  (Fig.  9—13)  ist  unge- 
fähr so  gross  wie  ein  kleiner  Stecknadelkopf.  An  seinem  vorderen 
Ende  trägt  er  einen  kleinen,  erhabenen  Stirnzapfen,  welcher  mit  22 
bis  32  Haken  ausgerüstet  ist,  welche  in  zwei  Reihen  an  geordnet 
sind.  An  den  Seiten  des  Kopfes  finden  sich  vier  kräftige  Saugnäpfe 
(Fig.  12,  13). 

Der  auf  den  Kopf  folgende  Hals  ist  sehr  dünn  und  erweitert 
sich  nur  ganz  allmählich.  Seine  Aussenfläche  scheint  unter  dem 
Mikroskop  durch  ganz  feine  Querlinien  in  einzelne  Theile  gegliedert. 
An  den  Hals  setzen  sich  nach  und  nach  die  folgenden  Glieder  in 
immer  weiteren  Entwickelungs- Stadien  an.  Die  Breite  dfer  Glieder 
wächst  vom  Hals  gegen  das  Ende  des  Thieres  zu  in  einer  ungefähren 
arithmetischen  Progression.  Während  die  ersten  Glieder  ca.  1ji  mm 
Breite  haben,  ist  die  der  geschlechtsreifen  Glieder  ungefähr  fünfzig 
Mal  grösser. 

Auf  Tafel  II  finden  wir  die  verschiedenen  Theile  einer  Taenia 
solium.  Fig.  11  stellt  uns  einige  Glieder  aus  verschiedenen  Stellen 
einer  Bandwurmkette  dar;  a ist  der  Kopf  mit  dem  Hals  und  einigen 
folgenden  Gliedern,  dann  folgen  einige  weiter  entwickelte  Proglot- 
tiden (b)  und  schliesslich  die  halbreifen  (c),  die  geschlechtsreifen 
(d,  e)  und  die  abgegangenen  (f)  Glieder.  Fig.  13  zeigt  uns  den 
stark  vergrösserten  Kopf  von  oben  gesehen.  Das  Rostellum  mit 
dem  Hakenkranz  und  die  Saugscheiben  sind  sofort  erkenntlich.  In 


Fig.  14  sind  ein  grosser  und  ein  kleiner  Haken  stärker  vergiössert 
dargestellt  worden. 

Der  Kopf  hat  die  Hauptfunction,  den  Körper  des  Bandwurms 
in  dem  Darme  zu  befestigen.  Alle  weiteren  Organe  fehlen  ihm 
oder  sind  vollständig  rudimentär  geworden.  Zwischen  den  Saug- 
näpfen liegt  innerhalb  des  Kopfes  das  Centrum  des  Nerven- 
systems; dasselbe  besteht  aus  einer  einfachen  Queicommissur  und 
zeigt  im  Inneren  einer  ganglienartigen  Anschwellung  verschiedene 
Ganglienzellen.  Von  diesem  Centralnervensystem  aus  verlaufen  dann 
zwei  Hauptnervenstämme,  welche  neben  dem  gleich  zu  besprechenden 
Wassergefässsystenr  liegen,  durch  den  ganzen  Körper  hindurch  und 
geben  in  den  einzelnen  Proglottiden  nach  verschiedenen  Seiten 
kleine  Nervenzweige  ab. 

Es  werden  von  diesem  Nervensystem  aus  natürlich  hauptsäch- 
lich die  Muskeln  innervirt.  So  gehen  von  dem  Centralorgan  be- 
sondere Nervenstämmchen  und  Nervenfasern  nach  dem  Rostellum 
und  den  Saugnäpfen  hin. 

Von  Sinnes-Organen  ist  am  Kopfe  absolut  nichts  zu  be- 
merken. Dass  Mund,  Darm  u.  s.  w.  fehlen,  ist  schon  erwähnt  werden, 
es  bleibt  uns  hier  nur  noch  ein  Apparat  zu  besprechen  übrig,  es 
ist  das  sogenannte  Gefässsystem  des  Bandwurmes.  Dasselbe 
liegt  auch  mit  einem  ringförmigen  Anfangstheil  im  Kopfe  und  von 
diesem  Ringe  aus  verlaufen  nach  hinten  zu  neben  den  Nerven- 
stämmen  an  den  Seiten  der  Mittelschicht  zwei  Gefässstämme  durch 
die  ganze  Proglottidenkette  hindurch.  Im  Kopfe  selbst  gehen  von 
den  Ringgefässen  mehrere  Gefässstämmchen  nach  den  verschiedenen 
Kopftheilchen  hin.  Die  Gefässe  des  hinteren  Leibestheils  stehen 
untereinander  durch  Queranastomosen  (Fig.  19,  a)  in  Verbindung. 
Was  die  Gefässe  für  eine  physiologische  Bedeutung  besitzen,  ist  zur 
Zeit  noch  nicht  genau  festgestellt.  (Bei  anderen  Bandwürmern  liegt 
anstatt  eines  Ringes  ein  ganzes  korbartiges  Gefässsystem  im  Kopf- 
theile  und  die  Gefässstämme  des  weiteren  Leibesabschnittes  werden 
durch  zahlreiche  kleinere  Längs-  und  Quergefässe  miteinander  ver- 
bunden.) 

Die  Glieder  des  ungefähr  1 cm  langen  Halses  lassen  keine  be- 
merkenswerthen  Differenzirungen  im  Inneren  erkennen.  Auch  die 
ersten  Glieder  des  folgenden  eigentlichen  Leibesabschnittes  sind  zu- 
nächst noch  sehr  einfach  construirt  und  erst  in  ungefähr  75  mm 
Entfernung  vom  Kopfe  bemerkt  man  in  den  Proglottiden  die  ernsten 
Differenzirungen.  Wenn  man  die  Glieder  zwischen  zwei  Objekt- 
trägern etwas  presst,  so  gewahrt  man  im  Inneren  derselben  kleine 
Verdickungen,  welche  nach  und  nach  stärker  hervortreten,  je  weiter 
wir  uns  vom  Kopfe  in  der  Gliederreihe  entfernen. 

Es  sind  diese  schon  äusserlich  durchscheinenden,  innerlichen 
Verdickungen  die  ersten  Anlagen  des  Geschlechtsapparates..  Be- 
sonders sind  es  die  weiblichen  Geschlechtsorgane,  welche  durch  die 
Ansammlung  zahlreicher  Eier  im  Uterus,  zunächst  einen  scharfen 
in  der  Längslinie  des  Körpers  verlaufenden  Stamm  und  dann  in 
halbreifen  und  reifen  Gliedern  eigenthümliche  dentritische  Figuren 


24 


innerhalb  der  einzelnen  Proglottiden  hervorbringen  (Figg.  1,  c,  d,  g; 
16,  17,  18,  19,  22.).  Diese  Figuren,  welche  um  so  schärfer  hervor- 
treten, je  mehr  sich  die  Glieder  der  Reife  nähern,  sind  für  die  Be- 
stimmung der  Bandwürmer  von  allergrösster  'Wichtigkeit.  Der  einen 
Kranken  behandelnde  Arzt  hat  sich  von  dem  Aussehen  der  reifen 
Glieder  zu  überzeugen  und  nach  diesem  die  betreffende  Bandwurm- 
Species  zu  bestimmen.  Besonders  ist  die  Unterscheidung  der  Taenia 
solium  (Fig.  18)  von  der  weiter  unten  zu  besprechenden  Taenia 
saginata  (Tafel  III,  Fig.  1,  14)  von  grösster  Wichtigkeit,  denn  Taenia 
solium  kann  für  das  Leben  des  betreffenden  mit  ihm  behafteten 
Patienten  sehr  gefährlich  werden , während  die  Taenia  saginata 
höchstens  vorübergehende  Beschwerden  hervorrufen  kann.  Wenn 
wir  nun  die  Glieder  der  Taenia  solium  in  gewissen  Zwischenräumen 
vom  Kopfe  ab  untersuchen,  so  finden  wir  dabei  folgende  Verhältnisse. 
Denken  wir  uns  einen  Bandwurm,  dessen  Körper,  wie  dies  nicht 
selten  vorkommt,  ca.  850  verschiedene  Glieder  aufweist,  und  unter- 
suchen wir  die  Glieder  innerhalb  einer  Strecke  von  30  zu  30  cm, 
so  ergiebt  sich  äusserlich  ungefähr  Folgendes:  Auf  den  Kopf,  der 
ungefähr  1 mm  Breite  besitzt,  folgt  der  Hals  mit  nicht  ganz  ^ mm 
Durchmesser.  Die  auf  den  ca.  1 cm  langen  Hals  folgenden  Glieder 
haben  zunächst  auch  nur  0,5  mm  Durchmesser  und  eine  Länge  von 
ungefähr  0,01  mm.  Innerhalb  der  ersten  30  cm,  vom  Halse  an  ge- 
rechnet, nimmt  der  Durchmesser  der  Glieder  bis  auf  21/3  mm  zu 
(Fig.  11,  b).  Die  Länge  der  Glieder  ist  dabei  ganz  allmählich  von 
0,01  mm  auf  beinah  1,5  mm  gestiegen.  Die  Anzahl  der  Glieder 
innerhalb  der  ersten  30  cm  beträgt  ungefähr  400.  Gehen  wir  wieder 
30  cm  weiter  (Fig.  11,  c),  so  finden  wir,  dass  sich  die  Breite  der 
Glieder  hier  fast  verdoppelt  hat  und  dass  die  Länge  der  letzten 
Glieder  auf  dieser  Strecke  ca.  2,3  mm  beträgt.  In  der  dritten 
Körperstrecke  von  30  cm  steigt  die  Breite  der  Glieder  bis  zu  ca. 
63  mm  (Fig.  11,  d)  und  die  Länge  ist  auf  ungefähr  3,5  mm  gestiegen; 
damit  ist  aber  auch  die  grösste  Breite  der  Glieder  erreicht  und  jetzt 
beginnen  dieselben  nur  noch  nach  und  nach  in  die  Länge  zu  wachsen 
und  nehmen  gegen  das  Ende  des  Tliieres  zu  wieder  langsam  an 
Breite  ab,  so  dass  die  reifen  und  abgestossenen  Glieder  (Fig  11, 
e,  f,  g)  ungefähr  11 — 13x/2  mm  lang  und  zwischen  5 — 7 mm  breit  sind. 

Eine  genaue  Bestimmung  und  für  die  Diagnose  im  Ganzen  und 
Grossen  sicherere  ist  die  Bestimmung  der  Fläche  eines  Bandwurm- 
gliedes. Man  nimmt  die  durchschnittliche  Länge  eines  reifen,  ab- 
gegangenen Gliedes  und  multiplicirt  sie  mit  der  Zahl  der  Breite 
desselben  Gliedes.  Bei  Taenia  solium  erhält  man  dann  ein  Product, 
welches  kleiner  als  100  ist.  Die  durchschnittliche  Länge  ist  unge- 
fähr 13  mm,  die  Breite  7,5  mm,  das  Product  aus  diesen  beiden 
Zahlen  ist  97,5.  Bei  Taenia  saginata  erhalten  wir  auf  diese  Weise 
ein  Product,  welches  höher  als  150  ist.  Was  nun  die  Entwickelung 
der  Geschlechtsapparate  anlangt,  welche  für  die  Bestimmung  und 
Unterscheidung  der  Bandwürmer  von  grösster  Wichtigkeit  sind,  so 
sehen  wir  die  ersten  deutlichen  Anlagen  derselben  in  den  Gliedern, 
welche  ungefähr  7 — 8 cm  vom  Kopfe  entfernt  sind. 


25 


In  einem  jeden  Bandwurmglied  entwickeln  sich  die  männlichen 
und  weiblichen  Geschlechtsapparate  nebeneinander  und  nacheinander, 
sodass  wir  es  bei  den  Bandwürmern  mit  typischen  Zwittern  zu  tlinn 
haben.  Man  kann  zwischen  den  keimbereitenden  Apparaten  (Hoden 
und  Eierstöckern)  und  den  Ausführungsgängen  der  Geschlechts- 
apparate Unterschiede  machen. 

Der  männliche  Geschlechtsapparat  (Fig.  19,  20). 
Derselbe  besteht  aus  Samen-  oder  Hodenbläschen  (s)  und  den  Aus- 
führungsgängen derselben  ( vd ).  Die  Samenbläschen  stellen  sich 

als  kleine,  rundliche  Gebilde  dar  von  durchschnittlich  0,15  mm  Durch- 
messer, sie  liegen  durch  den  ganzen  mittleren  Theil  des  Bandwurm- 
gliedes zerstreut,  besonders  dicht  gedrängt  in  der  Nähe  der  Gefäss- 
stämme,  weit  auseinander  und  einzeln  auftretend  in  der  Mitte  des 
Gliedes.  In  ihnen  entwickeln  sich  die  Spermatozoen  als  büschel- 
artige Gebilde  vom  Rande  oder  den  Seitentheilen  des  Bläschens 
aus.  Von  einem  jeden  Bläschen  führt  ein  feiner  Gang  gegen  das 
Innere  des  Gliedes.  Die  Gänge  benachbarter  Bläschen  vereinigen 
sich  miteinander,  solche  Vereinigungen  gehen  immer  weiter  und 
weiter,  endlich  treten  sie  mit  einigen  wenigen  Ausführungsgängen 
zu  einem  gemeinsamen  Vas  deferens  zusammen,  welch  letzteres 
nun  den  schliesslichen  Ausführungsgang  für  die  Spermatozoen  bildet, 
das  Vas  deferens  (<rZ),  geht  in  horizontaler  Richtung  von  der  Mitte 
Des  Gliedes  aus  als  gewundener  Schlauch  gegen  einen  Gliedrand 
hin.  An  diesem  Rande  liegt  nun  eine  beutelartige  Erweiterung  in 
deren  hinteres  Fnde  das  Vas  deferens  eintritt.  Die  Erweiterung  (c) 
wird  als  Cirrusbeutel  bezeichnet.  Das  Vas  deferens  geht  in  einigen 
Windungen  durch  diesen  tiefen  Beutel  hindurch,  seine  Wandungen  er- 
scheinen hier  dicker  und  sind  im  Inneren  mit  feinen  Chitinspitzen 
besetzt.  Das  Endstück  des  Vas  deferens  dient  als  Begattungs-Organ 
und  wird  nach  aussen  hervorgestülpt.  Dem  hervorgestülpten  Theile 
hat  man  die  Bezeichnung  Cirrus  (Penis  p)  beigelegt.  Meist  erfolgt 
eine  Befruchtung  desselben  Gliedes  dadurch,  dass  der  Cirrus  sich 
umbiegt  und  in  die  nebenliegende  weibliche  Geschlechtsöffnung  ein- 
dringt; seltener  tritt  eine  Befruchtung  aufeinanderfolgender  Glieder  ein. 

Die  wr  e i b 1 i c h e n G e s c h 1 e c h t s - A p p a r a t e (Fig.  19,  20, 
21,  22),  legen  sich  später  an,  als  die  männlichen.  Auch  hier  müssen 
wir  zuerst  die  keimbereitenden  Organe  von  einigen  Nebenapparaten 
und  den  Ausführungsgängen  trennen.  Wir  haben  zu  unterscheiden 
einen  paarigen  Eierstock  (e)  und  einen  einfachen  Dotterstock  (ds). 
Der  Eier-  oder  Keimstock  legt  sich  als  doppeltes,  fächerförmig  aus- 
gebreitetes Organ  an  und  zwar  liegen  die  Keim-Stöcke  in  der  unteren 
Hälfte  des  Gliedes,  ungefähr  symmetrisch  gegen  die  Längsachse 
desselben.  Sie  bestehen  aus  zahlreichen,  neben  einander  liegenden 
Schläuchen,  welche  nach  Aussen  blind  endigen,  im  Inneren  zusammen- 
treten und  mit  einigen  gemeinsamen,  verästelten  Ausführungsgängen 
in  die  Theile  des  Uterus  (i u ) hineinmünden.  Unter  den  Keimstöcken 
liegt  der  unpaare  Dotter  stock  (ds).  Er  bildet  ein  längliches, 
dem  unteren  Gliedende  aufliegendes  Organ  und  mündet  mit  einem 
kleinen  Ausführungsgange  in  die  Ausleitungswege  der  Geschlechts- 


26 


organe.  Er  ist  ähnlich  wie  der  Eierstock  aus  kleinen  schlauch- 
förmigen Drüsen  zusammengesetzt.  Innerhalb  der  Keimstockschläuche 
gelangen  die  primitiven  Eizellen  zur  Entwickelung.  Die  Eizellen 
besitzen  einen  grossen  Kern,  eine  scharf  umgränzte  Membran  und 
um  diese  herum,  einen  hellen  Plasmahof.  Innerhalb  der  Dotterstöcke 
werden  die  Dotterzellen  gebildet  und  scheinen  dieselben  die  Function 
zu  haben,  später  durch  Anlagerung  an  die  austretenden  Eier  diesen 
das  nöthige  Nahrungsmaterial  zu  verschaffen. 

An  Neben-Apparaten  haben  wir  die  Schalendrüse  (Fig.  21,  s) 
zu  erwähnen,  welche  sich  als  ein  kleines,  kugeliges  Gebilde  darstellt, 
welches  zwischen  den  beiden  Keimstöcken  und  dem  Dotterstock  ge- 
legen ist  und  welches  sowohl  mit  dem  Fruchthälter  als  auch  mit 
den  keimbereitenden  Organen  in  Verbindung  steht.  (Von  einigen 
Autoren  wird  die  Schalen drüse  als  Mehlis’scher  Körper  bezeichnet, 
früher  hat  man  sie  als  Saamentasche  aufgeführt).  In  ihr  geht  viel- 
leicht die  Befruchtung  der  Eier  vor  sich,  sowie  die  Umhüllung  der- 
selben mit  dem  Dotter  und  der  Schale.  Die  letztere  soll  nach 
Leuckart  von  den  umlagernden  Drüsenzellen  abgeschieden  werden. 
Die  Eier  gelangen  dann  durch  einen  kurzen  Gang  aus  dieser 
Schalendrüse  in  den  Fruchthälter,  Uterus,  wo  sie  sich  anhäufend 
sammeln  und  in  welchem  die  Entwickelung  des  Embryo  vor  sich  geht. 

In  die  Schalendrüse  mündet  auf  der  unteren  Seite  der  Aus- 
führungsgang des  Dotterstocks  ein,  und  am  anderen  Pole  der  ge- 
meinsame Gang  der  Keimstöcke  und  der  Vagina  (Fig.  21,  v).  Diese 
letztere  tritt  nun  mit  dem  Einführungsgang  der  Keimstöcke  in  Ver- 
bindung, erweitert  sich  dann  kurz  darauf  zu  einem  kleinen  Bläschen, 
dem  Receptaculum  seminis  (r),  verläuft  bogenförmig  um  einen  Keim- 
stock herum  und  legt  sich  als  längerer  Ausführungsgang  unter 
das  Vas  deferens.  Sie  mündet  innerhalb  des  Cirrus-Beutels;  es 
führt  das  trichterförmige  Ende  dieses  Abschnittes,  in  welches  auch 
das  Vas  deferens  ausmündet,  die  Bezeichnung:  Geschlechts- 
Kloake. 

Geschlechtsreife  Glieder  treffen  wir  vor  dem  mittlern  Band- 
wurm-Abschnitte an.  Hier  erfolgt  auch  die  Begattung  und  darauf 
Schwund  der  Saamenbläschen,  während  andererseits  der  Fruchtbe- 
hälter durch  die  sich  in  demselben  ablagernden  Eier  mehr  und  mehr 
anschwillt  und  die  spätere  charakteristische  Form  annimmt.  Anfangs 
ist  dieser  Uterus  ein  einfacher,  in  der  Längsachse  des  Gliedes  ver- 
laufender Schlauch,  welcher,  wie  schon  erwähnt,  mit  einem  kurzen 
Ausführungsgange  in  die  Schalendrüse  mündet  und  durch  diese  mit 
der  Vagina  in  Verbindung  steht.  Solche  Verhältnisse  zeigen  uns 
die  Glieder  im  4.  bis  5.  Hundert  vom  Kopfe  an  gerechnet.  Bei  den 
folgenden  Gliedern  bemerkt  man  nun,  wie  zunächst  von  dem  ein- 
fachen Uterus  aus,  kleine  Aussackungen  nach  rechts  und  links  auf- 
treten,  welche  immer  länger  werden  und  sich  nach  und  nach  durch 
Anfüllung  mit  Eiern  schärfer  hervorheben  (Figg.  17,  19,  22).  Bei 
Taenia  solium  gehen  auf  jeder  Seite  vom  Uterus  7 bis  10  solcher 
Schläuche  ab.  Dieselben  gabeln  sich  bald  und  oft  zu  wiederholten 
Malen,  so  dass  wir  schliesslich  vom  Uterus  ein  Bild  erhalten,  welches 


27 


einem  einfachen  Stamme  vergleichbar  ist,  von  dem  aus  verschiedene 
Aeste  mit  Zweigen  abgehen  (Fig.  18). 

Die  Ausführungsgänge  der  Geschlechtsorgane  liegen  abwechselnd 
bald  auf  der  einen  Seite,  bald  auf  der  andern  Seite  der  Gliederkette 
und  markiren  sich  durch  eine  kleine  papillenartige  Erhebung  dicht 
unter  der  Mitte  des  Gliedes.  Die  reifen  Glieder  lösen  sich  von  der 
Bandwurmkette  los  und  gelangen  entweder  durch  selbständige  Be- 
wegungen oder  mit  dem  Kothe  nach  aussen,  kriechen  frei  beweg- 
lich eine  Zeitlang  umher  und  werden  dann  event.  vom  Schweine 
gefressen.  Die  Eier  gelangen  im  Darm  zur  weiteren  Entwickelung, 
indem  die  Embryonen  aus  ihnen  ausschlüpfen  und  selbständig  werden. 
Sie  durchbrechen  die  Darmwandung,  kommen  in  den  Blutstrom, 
durch  den  sie  dann  in  den  verschiedenen  Organen  abgelagert  werden. 

Für  den  Menschen  wird  die  Taenia  solium  deshalb  so  verhäng- 
nisvoll, weil  sich  die  Kette  im  Darme  vorwärts  bewegt  oder  durch 
ihre  Bewegungen  Brechreiz  hervorbringt,  wobei  dann  die  reifen  Glieder 
durch  die  Darmbewegung  gegen  den  Magen  zu  gedrängt  werden 
und  schliesslich  in  diesen  gelangen.  Nun  wird  die  Aussenschiclit 
der  Glieder  verdaut,  die  Eier  werden  frei  und  die  Embryonen 
schlüpfen  im  Darm  des  betreffenden  Patienten  aus,  kommen  in  den 
Blutkreislauf  und  werden  in  die  verschiedensten  Organe  verschleppt, 
woselbst  sie  Krankheiten  hervorrufen,  welche  wir  weiter  unten  zu 
besprechen  haben  werden. 

Die  Entwickelung  der  Taenia  solium.  Die  primitiven 
Eier,  welche  im  Keimstocke  zur  Entwickelung  gelangt  sind,  treten 
durch  den  Ausführungsgang  desselben  in  den  gemeinsamen  Gang, 
welchen  die  Vagina,  die  Ausführungsgänge  der  Dotterstöcke  und 
der  Schalendrüse  bilden,  und  darauf  in  den  Uterus  ein.  Sowie  die 
Eier  an  dem  Vaginalgang  vorbeikommen,  werden  sie  durch  Sperma- 
tozoen  befruchtet,  dann  lagert  sich  ihnen  das  Dottermaterial  auf, 
welches  aus  dem  Dotterstocke  kommt  und  schliesslich  umhüllt  sich 
die  ganze  Masse  mit  einer  äusseren  dünnen  Membran,  worauf  der 
Uebertritt  in  den  Uterus  erfolgt.  Ein  Uterusei  stellt  sich  als  kleines 
Bläschen  dar,  in  welchem  ein  grosser  Keimfleck  liegt  und  welches 
von  einer  stärkeren,  geschichteten  Hülle  umgeben  wird.  Um  diese 
Eier  herum  sieht  man  dann  noch  drei  grosse  kernhaltige  Zellen  und 
zwischen  diesen  eine  körnige,  zähe  Flüssigkeit. 

Die  Zellen  zerfallen  und  bilden  so  das  Nahrungsmaterial  für 
das  eingeschlossene  Ei.  Später  wird  der  Inhalt  und  die  Membran 
um  das  Ei  herum  gallertig  und  das  Ei  liegt  dann  als  bräunliches, 
rundliches  Gebilde  innerhalb  des  Uterus.  Im  Ei  selbst  gehen  alsbald 
Veränderungen  vor  sich,  welche  wir  als  Eifurchung  zu  bezeichnen 
pflegen,  deren  Verlauf  aber  noch  nicht  genau  erforscht  worden  ist. 
Das  Resultat  dieser  Furchung  ist  ein  kleiner,  rundlicher  Embryo 
von  ungefähr  0,02  mm  Durchmesser  (Fig.  23).  Im  reifen  Ei  wird 
der  kleine  Embryo  von  einer  starken  geschichteten  Schale  umhüllt 
(Fig.  23,  b);  dieses  Ei  liegt  dann  schliesslich  noch  in  einer  weiten 
zarten  Membran,  innerhalb  welcher  sich  noch  die  körnigen  Reste 
der  oben  erwähnten  drei  Nährzellen  befinden.  Das  Ei  mit  Schale 


28 


besitzt  einen  Durchmesser  von  0,036  mm.  Im  Inneren  des  Embryo 
gewahrt  man  6 kleine  Chitinhäkchen,  welche  später  zur  Anheftung 
hervorgestülpt  werden  (Fig.  4).  Im  Darm  des  Wirthes  wird  nun, 
wie  erwähnt  wurde,  ein  solcher  Embryo  frei  und  nachdem  er  sich 
in  einem  Organ  abgelagert  hat,  durchläuft  er  Veränderungen,  welche 
zur  Bildung  der  sogenannten  Finnen  führen. 

Es  bildet  sich  an  einer  Seite  des  Embryo  eine  kleine  Einbuch- 
tung (Fig.  5),  welche  bald  tiefer  und  tiefer  nach  innen  wuchert  (Fig.  6), 
gleichzeitig  umgiebt  sich  der  Embryo  mit  einer  dünnen  Membran, 
die  sich  blasenartig  von  ihm  abhebt  (Fig.  7,  8),  sodass  diese  Blase 
in  die  äussere  zweite  frei  hineinragt.  Die  innere  Blase  bildet  nun 
die  eigentliche  Finne,  das  heisst,  den  Kopf  und  den  Halsabschnitt 
des  zukünftigen  Bandwurmes  aus.  Die  oben  erwähnte  Einstülpung 
derselben  erweitert  sich  am  unteren  Ende  schwach  blasenförmig  und 
entwickelt  hier  im  Grunde  der  Blase  den  Hakenkranz,  an  den  Seiten 
derselben  die  vier  Saugnäpfe.  Ist  dies  geschehen,  so  bemerkt  man, 
wie  der  Halstheil  nach  und  nach  sich  gliedert  und  faltet,  sodass 
der  Kopf  mit  dem  Hals  eingerollt  in  der  Finne  liegt.  Isoliert  man 
die  Finne,  z.  B.  aus  dem  Muskelfleisch  und  quetscht  sie  ganz  wenig 
zwischen  zwei  Objektträgern  oder  lässt  man  sie  längere  Zeit  im 
Wasser  liegen,  welches  ungefähr  Bluttemperatur  hat,  so  stülpt  sich 
der  umgefaltete  Hals  und  Kopftheil  nach  aussen  hervor  und  der 
Hakenkranz  sammt  den  Saugnäpfen  liegt  jetzt  am  vorderen  Theile 
des  zapfenartigen  Finnenkörpers  (Fig.  24  a).  Eine  ebensolche  Aus- 
stülpung erfolgt  im  Darme,  wenn  finniges  Schweinefleisch  genossen 
wurde.  Es  werden  dann  die  äusseren  Blasen  gelöst,  die  Finnen 
werden  frei,  sie  stülpen  sich  aus  und  heften  sich  sofort  mit  den 
Hakenkränzen  und  den  Saugnäpfen  an  der  Darmwandung  an.  Der 
hintere  blasenartige  Theil  schnürt  sich  vom  Halsstück  ab,  er  wird 
verdaut  und  darauf  beginnt  am  Hals  die  Production  der  späteren 
Glieder.  Die  weitere  Entwickelung  des  Bandwurms  bis  zur  Pro- 
duction von  geschleclitsreifen  Gliedern  geht  innerhalb  10  bis  18 
Wochen  vor  sich,  es  werden  dann  später  täglich  5 bis  15  Glieder 
reif,  deren  jedes  ungefähr  50,000  Eier  enthalten  kann. 

Die  durch  Taenia  solium  hervorgerufenen  Krankheiten. 

Die  directe  Ursache  einer  Krankheitserscheinung  durch  Taenia 
solium  ist  in  der  Einführung  von  reifen  Gliedern  oder  Eiern  in  den 
Magen  des  Menschen  zu  suchen.  Diese  Einführung  kann  auf  ver- 
schiedene Weise  geschehen.  Erstens  tritt  Selbst-Infection  ein,  wobei 
die  Glieder  entweder  bei  Brechreiz  in  den  Magen  gelangen  oder  bei 
welcher  die  reifen  Glieder  zerdrückt  werden,  die  Eier  an  den  Fingern 
oder  an  der  Nahrung  hängen  bleiben  und  so  in  den  Darmkanal  des 
Menschen  gelangen.  Im  zweiten  Falle  werden  die  Eier  von  aussen 


Anmerkung:  In  den  reifen  Schweinefinnen  ist  zu  constantiren,  dass  sich 
der  Kopf  von  der  inneren  Blase  aus  entwickelt,  er  ist  (Fig.  8,  a)  an  einer  Seite 
eingewachsen,  der  Hals  erscheint  zunächst  doppelt  gefaltet  und  erst  am  oberen 
Pole  stülpt  sich  der  Kopf  eiu. 


29 


her  aufgenommen  und  sind  dieselben  wohl  ebenfalls  aus  reifen  Pro- 
glottiden  auf  die  Nahrung  übertragen.  Früchte  und  Salat,  Brot, 
Fleisch  u.  s.  w.  können  dann  die  Infectionsheerde  sein.  Vorauszu- 
setzen ist  dabei  natürlich,  dass  diese  reifen  Proglottiden  und  Eier 
von  einem  mit  Taenia  solium  behafteten  Individuum  herrühren. 

Die  Finne  der  Taenia  solium,  welche  wir,  wenn  sie  sich  in  den 
Organen  des  Menschen  findet,  als  Cysticercus  cellulosae  bezeichnen, 
wird  dadurch  zu  einem  nicht  zu  entfernenden  Feind  des  Menschen- 
lebens, dass  sie  auch  in  edleren  Organen  des  Körpers,  im  Gehirn, 
im  Rückenmark,  den  Augen  und  dem  Herzen  zur  Ausbildung  ge- 
langt. Es  werden  dadurch  selbstverständlich  die  allerverschiedensten 
Störungen  hervorgerufen,  je  nachdem  die  Finne  in  der  Ein-  oder 
Mehrzahl  eingewandert  ist,  und  je  nach  den  Theilen  der  Organe,  in 
denen  sie  sich  festgesetzt  hat.  Am  unangenehmsten  sind  immer 
die  Erscheinungen,  welche  auftreten,  wenn  das  Central-Nervensystem 
Sitz  der  Finne  ist. 

Die  Anzahl  Finnen,  welche  sich  im  Organismus  ablagert,  kann 
auf  3000  wachsen.  Die  Meisten  derselben,  vielleicht  gehen  in 
das  Binde-  und  Unterhaut-Zellgewebe.  Vielleicht  3 Procent  der- 
selben finden  sich  in  dem  Gehirn  und  den  Gehirnhäuten.  30  Pro- 
cent in  den  Muskeln,  nur  Wenige  in  den  Lungen,  in  den  Gefässen 
und  im  Herzen.  In  anderen  Fällen  wieder  ist  das  Verhältniss  um- 
gekehrt, indem  der  bei  Weitem  grösste  Theil  sich  im  Gehirn  und 
Rückenmark  befindet  und  weniger  häufig  in  den  übrigen  Organen 
und  im  Unterhaut-Zellgewebe  Finnen  gefunden  werden. 

Leber,  Milz  und  Niere  scheinen  wenig  günstige  Orte  für  Cysti- 
cercen  zu  sein.  Das  Heranwachsen  des  Cysticercus  in  den  Organen 
dauert  sehr  verschieden  lange,  schon  nach  x/4  Jahr  können  Finnen 
in  der  Musculatur  soweit  heranreifen,  dass  der  Kopf  zur  Weiter- 
entwickelung befähigt  ist.  Im  Auge  hat  man  das  Wachsthum  der- 
selben 2 Jahre  hindurch  verfolgt.  Die  Lebensdauer  des  Cysticercus 
im  Gehirn  ist  in  einzelnen  Fällen  ziemlich  genau  zwischen  10  und 
20  Jahren  constatirt  worden. 

Gehirnkrankheiten.  Da  der  Cysticercus  cellulosae  bei 
seinem  Eintritt  in  das  Gehirn  nur  1/io  mm  Durchmesser  hat,  werden 
die  Symptome  selbstverständlich  nicht  direct  nach  der  Einwanderung 
auftreten,  sondern  erst  dann,  wenn  das  Wachsthum  des  Cysticercus 
beginnt,  da  dieses  Wachsthum  nun  so  lange  fortdauert  bis  eine 
Blase  von  ungefähr  Bohnengrösse  gebildet  ist,  so  werden  sich  die 
Krankheitserscheinungen  um  so  mehr  compliciren,  je  weiter  das 
Wachsthum  vor  sich  geht.  Die  Störungen  werden  entweder  directe 
sein,  hervorgebracht  durch  den  Druck,  welchen  die  Finnenwandung 
auf  die  umliegenden  Gehirntheile  ausübt  und  zweitens  indirect  da- 
durch, dass  die  local  entstehenden  Entzündungen  weiteren  Umfang 
annehmen  können.  Die  einfachsten  Symptome  stellen  sich  als  Schwindel- 
anfälle, Ohrensausen,  Sehstörungen  und  vorübergehende  Lähmungen 
dar.  Dann  folgen  Gehirnkrankheiten  der  allerverschiedensten  Art, 
je  nachdem  der  betreffende  Cysticercus  in  verschiedenen  Gehirn- 
theilen  sich  befindet.  Es  treten  die  schwersten  Fälle  von  Wahnsinn 


30 


ein,  von  Tobsucht  und  von  Apoplexie.  Im  Rückenmark  können  die 
Cysticercen  die  Ursachen  von  Lähmungen  und  Epilepsie  sein.  Epi- 
lepsie kann  auch  auftreten,  wenn  die  Cysticercen  auf  einen  beliebigen 
Nerven  ein  wirken. 

Da  die  Krankheits-Erscheinungen  so  äusserst  verschiedene  sind 
und  mit  jenen  übereinstimmen,  bei  welchen  ganz  andere  Ursachen 
zu  Grunde  liegen,  so  ist  eine  sichere  Diagnose  so  gut  wie  gar  nicht 
zu  stellen.  Wir  können  höchstens  sagen,  es  ist  sehr  wahrscheinlich, 
dass  Hirn-Cysticercen  vorhanden  sind,  wenn  gleichzeitig  Cysticercen 
unter  der  Haut  gefunden  werden,  wenn  die  Lähmungserscheinungen, 
die  epileptischen  Anfälle  u.  s.  w.  nach  und  nach  auftreten  und  zwar 
bei  Kranken,  welche  schon  ein  höheres  Alter  erreicht  haben  und 
bei  denen  die  Erblichkeit  der  betreffenden  Krankheit  ausgeschlossen  ist. 

Es  fehlen  uns  zu  einer  genauen  Statistik  leider  alle  weiteren 
Angaben,  denn  der  practische  Arzt  wird  nur  in  den  seltensten  Fällen 
eine  so  eingehende  Section  vornehmen  können,  wie  sie  für  die  Be- 
stimmung des  Cysticercen-Vorkommens  durchaus  nothwendig  wäre. 

Eine  weitere  Vermuthung,  dass  obengenannte  Krankheitser- 
scheinungen durch  Hirn-Cysticercen  hervorgerufen  wären,  liegt  dann 
nahe,  wenn  der  betreifende  Patient  von  der  Taenia  solium  bewohnt 
wird  oder  wenn  in  seiner  Umgebung  ein  mit  einer  solchen  Taenia 
Behafteter  vorhanden  ist. 

Im  Auge  finden  sich  die  Cysticercen  in  den  allerverschiedensten 
Theilen,  unter-  und  innerhalb  der  Netzhaut,  in  der  hintern  Augen- 
kammer und  in  der  vorderen,  entweder  direkt  dem  Augenbulbus 
angelagert  oder  mehr  central  im  Glaskörper  ru  s.  w.  Im  Auge  sind 
sie  leicht  zu  diagnosticiren,  weil  man  vermittelst  des  Augenspiegels 
nicht  allein  die  Form,  sondern  auch  die  Bewegung  derselben  genau 
beobachten  kann.  Grade  innerhalb  des  Glaskörpers  hat  man  des  öfteren 
beobachtet,  dass  sich  der  Kopftheil  vorstülpt  und  wieder  zurückzieht. 

Die  Störungen,  welche  die  Finne  im  Auge  veranlasst,  richten 
sich  ebenfalls  wieder  nach  dem  Sitz  und  der  Grösse  derselben.  Be- 
findet sie  sich  in  den  brechenden  Medien,  so  werden  sich  Erschei- 
nungen einstellen,  welche  den  Trübungen  dieser  Theile  gleichen, 
befindet  sich  der  Cysticercus  jedoch  innerhalb  oder  unter  der  Netz- 
haut, so  werden  Sehstörungen  schwerer  Art  auftreten,  schliesslich 
Erblinden,  Entzündungen  u.  s.  f. 

Ueber  die  Störungen,  welche  die  Cysticercen  in  anderen  Organen 
hervorbringen  ist  zur  Zeit  noch  wenig  bekannt;  es  wird  sich  hier 
natürlich  auch  immer  darum  handeln,  in  welchen  Theilen  des  be- 
treffenden Organs  sie  abgelagert  sind.  So  können  sich  z.  B.  im 
Herzen  die  Krankheitserscheinungen  verschieden  verhalten,  je  nach- 
dem die  Cysticercen  in  den  Kammern,  im  Pericard,  in  der  äusseren 
oder  inneren  Muskelschicht,  in  den  Klappen  oder  in  den  Anfängen 
der  Gefässstämme  zur  Entwickelung  gelangen.  Sitzen  die  Cysti- 
cercen im  Paricard  oder  in  den  Klappen,  so  kann  die  Auscultation 
oft  wünschenswerten  Aufschluss  geben.  Die  Zufälle,  welche  durch  die 
Infection  des  Herzens  hervorgebracht  werden,  sind  natürlich  auch 
ganz  verschiedener  Art.  Liegen  die  Cyst.  unter  oder  in  den  Klappen, 


31 


so  werden  Stauungserscheinungen,  Klappen-lnsufficienzen  u.  s.  w. 
zu  diagnosticiren  sein.  Allgemein  werden  diese  Krankheiten  durch 
Angstgefühl,  Beklemmung,  Herzklopfen,  Athemnoth  und  Ohnmacht 
zu  Tage  treten.  Man  kann  bei  ihrem  Auftreten  jedoch  erst  mit 
einiger  Sicherheit  auf  die  Anwesenheit  von  Cysticercen  schliessen, 
wenn  solche  innerhalb  des  Auges  oder  unter  der  äusseren  Haut 
sicher  nachzuweisen  sind. 

Was  nun  die  Therapie  anlangt,  so  ist  diese  leider  durchaus 
ungünstiger  Art.  In  jenen  Fällen,  wo  das  Herz,  das  Gehirn  und 
Rückenmark  oder  ein  grösserer  Nervenast  von  Cysticercen  befallen 
ist,  kann  der  betreffende  Arzt  absolut  gar  nicht  wirksam  eingreifen. 
Leichter  ist  es  bei  den  Augen-Cysticercen,  weil  man  hier  von 
aussen  mehr  oder  minder  leicht  an  den  Parasiten  gelangen  kann. 

Viel  wichtiger  als  Therapie  ist  die  Prophylaxis.  Zunächst  ist 
es  Pflicht  des  Arztes,  seine  Patienten,  wenn  sie  mit  einem  Band- 
wurm behaftet  sind,  so  schnell  als  möglich  von  diesem  zu  befreien 
und  sich  genau  davon  zu  unterrichten,  ob  der  betreffende  Bandwurm 
die  Taenia  soliuin  oder  eine  andere  Art  ist.  Ist  der  Patient 
von  einer  Taenia  solium  befallen,  und  hat  er  Brechreiz  gehabt,  so 
ist  sofort  durch  Abführmittel,  sowie  durch  Antihelminthica  der  Darm 
von  den  geschlechtsreifen  Gliedern  des  Bandwurmes  und  von  diesem 
selbst  zu  befreien.  Es  darf  dem  Arzt  dann  nicht  genügen,  vielleicht 
blos  einen  Theil  eines  Bandwurmes  abgetrieben  zu  haben,  sondern 
er  muss  sich  durch  eine  fortgesetzte  Kur  davon  überzeugen,  dass 
auch  der  Kopftheil  aus  dem  Patienten  entfernt  ist.  Da  gleichzeitig 
mehrere,  unter  Umständen  bis  15  Bandwürmer  der  Species  solium 
den  Darm  bewohnen  können,  so  hat  der  behandelnde  Arzt  auch  in 
der  Folge  seinen  Patienten  noch  genau  zu  überwachen,  und  diesen 
mit  den  Symptomen,  durch  welche  die  Anwesenheit  eines  Bandwurmes 
charakterisirt  wird,  bekannt  zu  machen,  damit  eine  Entfernung  des 
Parasiten  rechtzeitig  vorgenommen  werden  kann.  Es  ist  leider  der 
Fall,  dass  viele  Aerzte  der  Anwesenheit  eines  Bandwurmes  zu  wenig 
Gewicht  beilegen  und  dass  sie  den  betreffenden  Patienten  nicht 
genau  darüber  belehren,  wie  er  sich  vor  einem  solchen  unangenehmen 
Gast  zu  bewahren  hat.  Es  ist  uöthig,  dass  die  abgegangenen  reifen 
Glieder  des  Bandwurmes  möglichst  sorgfältig  aufgesucht  und  sofort 
vernichtet  werden.  Man  hat  sich  dabei  zu  hüten,  dieselben  mit  den 
Fingern  anzufassen  und  zu  drücken,  weil  dadurch  eine  Uebertragung 
der  so  gefährlichen  Eier  stattfinden  könnte. 

Weiterhin  soll  nur  genau  untersuchtes  Schweinefleisch  roh  ge- 
nossen werden.  Es  sündigt  hier  die  Sanitätspolizei  oft  sehr,  denn 
es  würde  ihr  ein  Kleines  sein,  betreffs  der  Untersuchung  finnigen 
Schweinefleisches  gleiche  Bestimmungen  zu  treffen,  als  die  sind, 
welche  trichinöses  Fleisch  betreffen.  Auch  der  Genuss  rohen  Obstes 
und  der  verschiedenen  Salate  sollte  insofern  möglichst  modificirt 
werden,  als  diese  Nahrungsmittel  vorher  gut  abzuwaschen  sind.  Dem 
Trinkwasser  ist  deshalb  Beachtung  zu  schenken,  weil  häufig  in  jene 
Brunnen,  welche  in  der  Nähe  der  Aborte  liegen,  reife  Bandwurm- 
glieder gelangen. 


32 


Taenia  saginata  (s.  mediocanellata).  Der  feiste  oder  unbewaffnete  Band- 
wurm (Tafel  III). 

Der  Kopf  der  Taenia  saginata  unterscheidet  sich  sehr  wesent- 
lich von  dem  der  Taenia  soliuni,  er  entbehrt  vollständig  des  Haken- 
kranzes und  ist  nur  mit  4 flacheren  Saugnäpfen  ausgestattet  (Fig.  6). 
Ausserdem  ist  der  Kopf  grösser  als  der  der  Taenia  solium,  indem 
er  bis  2x/a  mm  im  Durchmesser  haben  kann.  Vor  der  Stirn  be- 
findet sich  häufig  ein  kleiner  sogenannter  Stirnsaugnapf.  In  einigen 
Fällen  ist  der  Kopf  schwarz  pigmentirt.  Der  Hals  ist  kurz  und 
breit  und  zeigt  sehr  bald  eine  deutliche  Gliederung.  Die  Proglot- 
tiden  sind  überall  stärker  entwickelt,  als  bei  Taenia  solium,  beson- 
ders zeichnen  sich  die  reifen,  abgehenden  Glieder  durch  ihre  Grösse 
aus.  Dieselben  sind  ungefähr  13—20  mm  lang  und  12 — 14  mm 
breit.  Wenn  wir  also  auch  hier  das  Product  aus  Längen-  und 
Breiten-Maassen  ziehen,  so  erhalten  wir  eine  Zahl,  welche  stets  höher 
als  150  ist.  Die  Länge  des  ganzen  Bandwurmes  kann  bis  6 m be- 
tragen.*) Die  Glieder  sind  in  verschiedenen  Zonen  des  Körpers  na- 
türlich auch  wieder  verschieden  weit  entwickelt.  Jene,  welche  di- 
rect an  den  Halsabschnitt  anstehen,  und  die,  welche  innerhalb  einer 
Entfernung  von  5 — 7 mm  von  dem  Kopfe  liegen,  lassen  äusserlich 
noch  gar  keine  Differenzirung  erkennen,  erst  vom  vielleicht  140. 
Gliede  ab  bemerkt  man  das  Auftreten  eines  dunkleren  Längsstreifen 
in  der  Mitte  des  Gliedes,  welcher  Streifen  die  Anlage  der  Ge- 
schlechtsorgane ist.  Die  Glieder  reifen  zwischen  dem  200. — 500. 
Gliede  allmählich  heran,  vom  500. — 900.  beginnt  die  Entwickelung 
der  Eier  und  Embryonen,  sowie  der  U ebertritt  derselben  in  den 
Fruchtbehälter.  Dann  vom  900. — 1200.  Gliede  bemerkt  man  voll- 
ständig vollgepfropfte  Uterusschläuche.  Vom  1200.  Gliede  ab  un- 
gefähr lösen  sich  die  Proglottiden  von  der  Bandwurmkette  los.  Die 
Eier  werden  aber  schon  vorher  ausgestossen  und  trifft  man  daher 
nur  selten  abgegangene  Glieder,  welche  noch  voll  von  Eiern  sind, 
in  Folge  dessen  werden  dann  die  abgehenden  Glieder  stets  kleiner 
sein,  als  diejenigen,  welche  noch  mit  der  Kette  im  Zusammenhänge 
sind.  Die  Proglottiden  zeigen  noch  längere  Zeit  nachdem  sie  den 
Wirth  verlassen  haben  freie  Beweglichkeit  und  allerhand  Formver- 
änderungen.  Es  wird  dabei  das  hintere  abgestumpfte  Ende  als  eine 
Art  Saugnapf  benutzt,  der  sich  anheftet,  worauf  sich  das  vorher 
ausgestreckte  Glied  zusammenzieht  und  weiter  bewegt. 

Was  die  Anatomie  der  Taenia  saginata  anlangt,  so  brauchen 
wir  dieselbe  nicht  ausführlich  zu  betrachten,  weil  sie  im  Wesent- 
lichen mit  derjenigen  der  Taenia  solium  übereinstimmt.  Für  unsere 
Zwecke  wird  es  genügen,  wenn  jene  Verschiedenheiten,  welche  der 
Bau  des  Uterus  aufweist,  hier  genauer  mitgetlieilt  werden.  Wäh- 
rend wir  bei  der  Taenia  solium  einen  Uterus  fanden, 
welcher  aus  einem  Längsstamme  bestand,  an  wel- 


'*)  Die  Angaben,  dass  dieser  Bandwurm  9—13  m lang  werden  könne,  be- 
ruhen auf  Irrthum. 


33 


chen  sich  seitlich  8 — 10  Paar  Nebenäste  ansetzten, 
finden  wir  bei  Taenia  saginata  einen  Längsstamm, 
von  dem  aus  eine  grosse  Menge  von  Seitenästen  ab- 
gehen; die  Anzahl  derselben  schwankt  jederseits 
zwischen  15  und  25.  Die  abgehenden  Aeste  ver- 
zweigen sich  sehr  schnell  und  bedeutend  häufiger, 
als  die  der  Taenia  solium. 

Während  die  Finne  der  Taenia  solium  bis  jetzt  nur  bei  dem 
Schweine  und  beim  Menschen  gefunden  ist,  findet  sich  die  der  Taenia 
saginata  bei  dem  Rinde  und  einigen  anderen  Wiederkäuern.  Es 
scheint,  dass  sich  die  Rinder  nur  in  den  ersten  Jahren  mit  Taenia 
saginata  inficiren  können.  Eine  solche  Infection  geschieht  am  leich- 
testen dort,  wo  der  Mensch  mit  den  Heerden  eng  zusammenlebt. 
Der  Mensch  besitzt  den  Bandwurm,'  die  Eier  desselben  werden  an 
die  Futterkräuter  verschleppt  oder  es  kriechen  die  abgegangenen 
reifen  Glieder  an  denselben  in  die  Höhe  und  gelangen  so  gelegent- 
lich in  den  Magen  eines  Kalbes  oder  Rindes;  in  dem  Verdauungs- 
apparat desselben  schlüpfen  dann  die  kleinen  Embryonen  aus  und 
gelangen,  ebenso  wie  die  der  Taenia  solium,  in  den  Blutstrom,  und 
durch  denselben  in  die  verschiedenen  Organe.  Die  Eier  der  Taenia 
saginata  unterscheiden  sich  nur  wenig  von  denen  der  Taenia  so- 
lium. Sie  sind  auch  klein,  blasenförmig,  aber  etwas  mehr  oval. 
Die  Eischale  ist  nicht  ganz  so  stark,  wie  die  bei  Taenia  solium. 

Bei  dem  Rinde  kommen  nun  die  ßhakigen  Embryonen  in  den 
verschiedensten  Organen  zur  Ablagerung,  sie  entwickeln  sich  hier 
in  ähnlicher  Weise  wie  die  Finnen  der  Taenia  solium;  sie  bilden  in 
der  inneren  Kapsel  durch  Einstülpung  den  Kopf  und  den  Hals.  Der 
eingestülpte  Kopftheil  erweitert  sich  an  seinem  unteren  Ende  auch 
blasenförmig  und  bildet  hier  an  dem  Rande  der  Blase  4 kräftige 
Saugnäpfe,  am  Boden  der  Blase,  den  schon  oben  erwähnten  kleinen 
Stirnsaugnapf.  Der  Halskopftheil  entwickelt  sich  an  der  Einstülpungs- 
stelle der  äusseren  und  inneren  Bläsenwandung  und  stülpt  sich  von 
hier  aus  handschuhfingerartig  in  die  letztere  ein. 

Die  Finnen  werden  vom  Menschen  beim  Genuss  des  rohen 
Rindfleisches  (Beefsteak  ä la  tartare  und  nicht  durchgebratenes 
Rostbeef)  aufgenommen,  im  Magen  wird  die  Finnenwandung  gelöst 
und  der  Kopf  ausgestülpt,  worauf  er  sich  dann  später  im  Dünn- 
darm anheftet  und  zu  einer  Bandwurmkette  heranwächst.  Im  Men- 
schen sollen  die  reifen  Proglottiden,  in  allerdings  äusserst  sel- 
tenen Fällen,  ebenfalls  durch  Erbrechen  in  den  Magen  zurückge- 
bracht werden  und  sich  dann  ebenso  verhalten,  wie  die  Glieder  von 
Taenia  solium  und  die  aus  ihnen  hervorgehenden  Cysticercen.  Zu 
erwähnen  ist,  dass  die  Finnen  der  Taenia  saginata  innerhalb  der 
Musculatur  oft  nur  sehr  schwer  aufzufinden  sind.  Ich  habe  häufig 
im  stark  finnigen  Rindfleisch  lange  nach  Finnen  suchen  müssen. 

Da  die  abgehenden  Proglottiden,  wie  schon  erwähnt  wurde, 
eine  ziemlich  bedeutende  Eigenbewegung  haben,  so  kommt  es  öfter 
vor,  dass  sie  gleich  nach  dem  Verlassen  des  Afters  auf  dem  Körper 
des  Menschen  herum  wandern  und  dann  gelegentlich  auf  dem  Bauche 

3 


34 


oder  auf  der  Brust,  ja  selbst  im  Gesicht  entdeckt  werden.  Bei 
Frauen  und  Mädchen  hat  man  beobachtet,  dass  Proglottiden 
in  die  Vagina  hereingekrochen  waren.  Bei  Darmgeschwüren  und 
wenn  Perforationen  der  Darmwandung  stattgefunden  haben,  kann 
es  Vorkommen,  dass  Bandwurmstücke  in  die  Leibeshöhle  gelangen, 
auf  andere  Weise  kann  aber  niemals  ein  Theil  eines  reifen  Band- 
wurmes in  das  Innere  des  menschlichen  Organismus  kommen. 


Es  werden  also  die  Proglottiden  zur  Bestimmung  ber  betreffenden 
Arten  äusserst  wichtig  sein.  Um  eine  ganz  genaue  Diagnose  stellen 
zu  können  ist  es  nöthig,  die  Proglottiden  einer  eigenen  Behandlung 
zu  unterwerfen. 

Man  tödtet  das  Object  in  Warmen  40%  Alcohol  und  legt  das 
Glied  24  Stunden  in  eine  Karminlösung,  wie  solche  zur  Färbung 
von  Schnitten  verwandt  werden.  Dann  bringt  man  dasselbe  kurze 
Zeit  in  verdünntes  Glycerin,  dem  man  einige  Tropfen  Salzsäure  zu- 
setzt. Nach  vielleicht  ^Mündigem  Liegen  in  einer  solchen  Mischung 
legt  man  die  Glieder  in  concentrirteres  Glycerin  und  mit  diesem 
zwischen  zwei  Objektträger,  innerhalb  welcher  man  sie  ganz  wenig 
quetscht.  Man  wird  sich  nun  sehr  bald  über  die  Formen  der  Uteri 
unterrichten  können.  Es  ist  angezeigt,  nicht  die  abgegangenen 
Glieder  zu  nehmen,  weil  bei  denselben  die  Uteri  schon  von  Eiern 
entleert  sind,  sondern  man  veranlasst  das  Abgehen  der  reifen  Glieder, 
dadurch,  dass  man  dem  betreffenden  Patienten  leichte  Abführmittel, 
Hering,  schwache  Antihelmin tliica  verordnet.  Hat  man  sich  davon 
überzeugt,  welche  Bandwurmarten  vorliegen,  so  schreitet  man  un- 
verzüglich zur  vollständigen  Entfernung  derselben.  Häufig  er- 
scheinen übrigens  auch  sogen.  Patienten,  welche  sich  einbilden,  einen 
Bandwurm  zu  beherbergen,  der  Arzt  hat  sich  daher  niemals  auf 
blosse  Aussagen  zu  verlassen,  sondern  die  Beschaffung  abgegangener 
Glieder  direct  zu  fordern.  Gurkenkerne  u.  s.  w.  können  Täuschungen 
veranlassen ! 

Die  Lebensdauer  der  Taenia  saginata  beträgt  zwischen  20  und 
35  Jahren.  Schon  nach  54  Tagen  hat  man  die  Bildung  reifer  Glieder 
bemerkt,  nachdem  vorher  lebensfähige  Finnen  verschluckt  werden 
waren.  Sowohl  die  Taenia  saginata,  als  auch  die  Taenia  solium 
heften  sich  im  Dünndarm  des  Menschen  mit  dem  Kopftheile  zwischen 
den  Darmzotten  an  und  lassen  ihre  Gliederketten  meist  lang  in  den 
Darm  hinein  hängen.  Wohl  nur  selten  und  erst  nach  vorherge- 
gangenem Reize  findet  eine  Aufrollung  oder  Zusammenknäulung  des 
Bandwurmes  statt. 

Die  Beschwerden,  welche  Taenia  saginata  hervorbringt,  sind 
gar  verschiedener  Art  Viele  Personen,  welche  mit  ihr  behaftet 
sind,  haben  gar  keine  Ahnung  von  dem  Gaste,  den  sie  ernähren 
müssen,  bei  anderen  treten  leicht  Magen-  und  Darmbeschwerden 
ein,  welche  sich  nach  und  nach  bis  zu  heftiger  Kolik,  Erbrechen  u.  s.  w. 
steigern  können.  In  noch  anderen  Fällen  tritt  Schwindel,  Ohnmacht, 
ja  selbst  vorübergehende  Geistesstörung  ein,  so  dass  man  von  einer 


35 


eigenen  Bandwurmmelancholie  geredet  hat.  Darmentzündungen 
können  dadurch  anftreten,  dass  durch  heftige  Bewegungen  des  Band- 
wurmes andauernde  starke  Reize  auf  die  Darmschleimhaut  ausgeübt 
werden,  Bleiches  Gesicht,  leichte  Abmagerung,  Schatten  um  die 
Augen,  Kollern  im  Leibe,  Aufsteigen  eines  Knauls  von  dem  Darm 
gegen  den  Schlund  zu,  werden  hin-  und  wieder  (nicht  immer) 
als  Zeichen  für  die  Anwesenheit  eines  Bandwurmes  angesehen  werden 
können. 

Was  die  Therapie  anlangt,  so  werden  wir  über  die  anzuwen- 
denden Mittel  im  Schlusskapitel  berichten.  Die  Prophylaxis  ist 
eine  ähnliche,  wie  bei  der  Taenia  solium  und  lautet  einfach:  Man 
vermeide  den  Genuss  des  rohen  und  ungaren  Fleisches  der  Wieder- 
käuer. Eine  Infection  durch  Eier  ist  nicht  ausgeschlossen,  wenn- 
gleich sie  auch  nur  ganz  vereinzelt  stattfinden  mag.  Es  ist  um  eine 
solche  zu  verhüten,  darauf  zu  achten,  dass  die  abgehenden  reifen 
Glieder  möglichst  beachtet  und  vorsichtig  vernichtet  werden. 


JBotliriocephalns  latus.  Der  Grnbenkopf  (Tafel  III). 

Der  dritte,  bei  dem  Menschen  häufig  vorkommende  Bandwurm 
ist  der  oben  genannte.  Er  ist  in  einzelnen  Gegenden,  wie  z.  B.  in 
Schweden,  Finnland,  Petersburg,  in  den  Ostseeprovinzen  und  in  der 
westlichen  Schweiz  äusserst  verbreitet.  Seltener  ist  er  in  Schleswig- 
Holstein,  in  Ostpreussen  und  Pommern,  in  Belgien  und  Holland,  sehr 
selten  findet  er  sich  im  Innern  von  Deutschland  und  Frankreich. 
In  Haparanda  sollen  fast  in  jeder  Familie  Mitglieder  von  diesem 
Bandwurme  bewohnt  werden.  In  Genf  trat  er  seiner  Zeit  bei  25  Pro- 
cent aller  Einwohner  auf  und  in  Petersburg  befindet  er  sich  in 
15  Procent  der  Bevölkerung. 

Die  Länge  des  Bothriocephalus  latus  ist  äusserst  beträchtlich, 
sie  kann  bis  gegen  9 m betragen  und  besteht  dann  ein  solcher  Band- 
wurm aus  circa  3000 — 4000  Gliedern.  (Stein  zeichnet  und  beschreibt 
ein  Exemplar,  an  dem  er  genau  4133  Proglottiden  zählte.) 

Der  Kopf  (Fig.  8,  9)  ist  seitlich  plattgedrückt,  mandel-  oder 
spatelförmig,  auf  dem  Querschnitt  ungefähr  elliptisch,  er  trägt  keinen 
Hakenkranz,  ist  aber  mit  zwei  mächtigen,  vorn  und  hinten  gelegenen 
Sauggruben  ausgerüstet.  (Die  Sauggruben  liegen  also  nach  den 
breiten  Seiten  der  Glieder  zu).  Die  Länge  des  Kopfes  kann  2 — 2^2  mm, 
seine  Breite  bis  1 mm  betragen.  Seine  Gestalt  ist  je  nach  Con- 
traction  der  Musculatur  eine  wechselnde.  Die  Ränder  der  an  den 
schmalen  Seiten  verlaufenden  Sauggruben  sind  je  auf  der  einen  Seite 
eingerollt  und  auf  der  andern  Seite  scharf  vorspringend.  Auf  den 
Kopf  folgt  ein  ungefähr  4 — 5 mm  langer  Halsabschnitt,  an  dessen 
unterem  Theil  schon  eine  leichte  Querfältelung  erkennbar  ist. 

Die  Glieder  des  Bothriocephales  latus  (Fig.  2,  b — 1,)  sind  stets 
Bedeutend  breiter  als  lang,  sie  unterscheiden  sich  schon  hierdurch 
von  den  Gliedern  der  oben  besprochenen  Taenien,  was  sie  aber 
vollständig  von  diesen  trennt,  ist  1.,  die  Ausbildung  der  Geschlechts- 

3* 


36 


organe  und  2.,  die  Lagerung  der  Ausführungs-Oeffnungen  derselben. 
Auf  die  Geschlechtsorgane  haben  wir  weiter  unten  zurückzukommen 
und  sei  hier  nur  vorläufig  bemerkt,  dass  die  Ausführungsöffnungen 
derselben,  nicht  wie  bei  den  oben  beschriebenen  Taenien,  an  den 
Seiten  der  Glieder  liegen,  sondern  dass  sie  sich  auf  der  breiten  Fläche 
der  Proglottiden  befinden  und  zwar  nahe  am  oberen  Rande  derselben. 

Vom  Halse  an,  oder  eigentlich  schon  vom  Kopftheile  ausgehend, 
bemerken  wir  in  der  Mitte  des  Thieres  einen  zunächst  feinen  und 
dann  immer  deutlicher  hervortretenden  Parenchym-Streifen.  Dieser 
Streifen  trennt  sich  in  den  Gliedern,  welche  3 — 4 cm  vom  Kopfe 
entfernt  sind,  in  einzelne  Stücke,  von  denen  je  eins  auf  ein  Seg- 
ment kommt.  Zunächst  zeigen  diese  letztgenannten  Stücke,  in  denen 
wir  die  erste  Anlage  der  Geschlechtsorgane  zu  sehen  haben,  ein 
ungefähr  biscuitförmiges  Aussehen,  (ca.  im  200.  Gliede  vom  Kopfe 
an  gerechnet),  die  Figur  streckt  sich  nun  etwas,  wird  in  der  Mitte 
wellig  und  zeigt  am  hinteren  Ende  zwei  kleine,  seitliche  Flügel, 
und  zwischen  diesen  eine  Erweiterung.  Die  Schlängelung  im  mitt- 
leren Theile  wird  (bis  zum  500.  Gliede  ungefähr)  immer  weiter  und 
schliesslich  treten  an  Stelle  der  Windungen  einige  breite,  lappige 
Gebilde  auf. 

Die  Grösse  der  Bandwurmglieder  nimmt  in  einer  beständigen 
Progression  vom  Kopf  gegen  das  letzte  Drittel  des  Bandwurms  zu; 
während  die  Glieder  am  Halse  ungefähr  1ji — Vs  mm  Breite  und 
Vao — Vs o mm  Länge  haben,  sind  die  reifen  Glieder  ungefähr  13 — 15, 
ja  bis  24  mm  breit  und  ca.  5 — 6 mm  lang,  gegen  das  Leibesende 
zu  nimmt  die  Breite  der  Glieder  allmählich  wieder  ab  (Tafel  III, 
Fig.  2). 

Die  einzelnen  Glieder  setzen  sich  nicht  scharf  gegeneinander 
ab.  Mit  den  Gliedern  der  sonst  im  Menschen  vorkommenden  Band- 
würmer, besonders  der  oben  besprochenen,  können  sie  bei  einiger 
Vorsicht  gar  nicht  verwechselt  werden,  weil  die  Seitenränder  glatt 
sind  und  nicht  jene  deutlich  vorspringenden  papillenartigen  Er- 
höhungen zeigen. 

Was  die  Anatomie  anlangt, -so  weicht  dieselbe  vielfach  von  der 
der  Taenien  ab.  — Ueber  das  Nervensystem  ist  noch  wenig  be- 
kannt. Das  Wasser gefässsystem  besteht  im  Kopf  aus  einem 
engmaschigen  Netze;  in  den  Gliedern  finden  sich  zwei  Hauptlängs- 
stämme, von  denen  es  noch  nicht  sicher  ist,  ob  sie  durch  Quer- 
Anastomosen  verbunden  werden.  — Unter  der  äusseren  Cuticula 
liegt  eine  äussere  Rindenschicht,  in  welcher  zahlreiche,  dunkele 
Körner  zerstreut  Vorkommen.  Dann  folgt  eine  Muskelschicht,  welche 
von  der  centralen  Mittelschicht  durch  einen  hellen  Saum  geschieden 
ist.  In  der  Mittelschicht  liegen  hier  wie  bei  den  Taenien  die  Längs- 
gefässstämme  und  die  Geschlechtsorgane. 

Die  Geschlechtsorgane  zeigen  sich  abweichend  von  denen 
der  Taenien  gebaut,  sie  münden  mit  drei  Oeffnungen  nach  aussen, 
von  denen  die  oberste  zum  männlichen  Geschlechtsapparate  führt, 
die  zweite,  direct  unter  dieser  liegende,  in  die  Vagina  überleitet, 
während  die  dritte,  etwas  weiter  nach  unten,  aber  auch  in  der 


37 


Mittellinie  des  Gliedes  liegend,  die  Oeffnung  für  den  Austritt  der 
Eier  aus  dem  Uterus  ist  (Fig.  17).  Wir  müssen  auch  hier  unter- 
scheiden zwischen  weiblichen  und  männlichen  Geschlechtsapparaten 
innerhalb  derselben  Glieder. 

Der  männliche  Geschlechtsapparat  (Fig.  16)  besteht 
auch  wieder  aus  den  Samenbläschen  (A),  welche  zahlreich  zerstreut 
im  mittleren  Theile  des  Gliedes  liegen.  Aus  ihnen  führen  feine 
Kanälchen  in  ein  gemeinsames  Vas  deferens  (yd).  An  der  Einmün- 
dungsstelle der  Kanälchen  in  das  letztere  findet  sich  eine  erweiterte 
Blase,  aus  welcher  dann  das  mehrfach  gewundene  Vas  deferens 
herausführt.  Dieser  Samenleiter  mündet  in  den  Cirrusbeutel  (c), 
welcher  sich  aus  einer  Anzahl  spiralig  gewundener  Ringmuskeln  auf- 
baut und  verläuft  in  demselben  als  korkzieherartig  gewundener 
Kanal.  Das  Ende  des  Vas  deferens  dient  als  Copulationsorgan  und 
hängt  aus  dem  Cirrusbeutel  heraus  (Fig.  17  c ),  da  wo  der  Samen- 
leiter in  den  Cirrusbeutel  Übertritt,  wird  er  von  einer  taschenartigen 
Hülle  umlagert,  welche  von  einigen  Autoren  als  Samentasche,  von 
anderen  als  Ringmusculatur  angesehen  wird.  Der  Cirrus  befindet 
sich  auf  der  vorderen  Fläche  des  Gliedes,  das  Vas  deferens  ver- 
läuft durch  die  Mittelschicht  nach  hinten  hindurch  und  dann  auf 
der  Rückseite  des  Gliedes,  parallel  der  Rindenschicht  nach  unten. 
Die  in  den  Samenbläschen  erzeugten  Spermatozoen  sind  sehr  klein, 
stecknadelartig  gebildet.  Der  Durchmesser  der  Samenbläschen  be- 
trägt 0,1— 0,2  mm. 

Die  weiblichen  Geschlechtsorgane  (Fig.  17).  Wäh- 
rend die  männlichen  Geschlechtsdrüsen  in  der  Mittelschicht  zur 
Ausbildung  gelangt  sind,  finden  wir  die  weiblichen  Geschlechts- 
drüsen, oder  Ovarien  (ov)  als  breites,  lappiges  Organ  im  unteren 
Theile  des  Gliedes  gelegen  und  die  Dotterstöcke  ( ds ) als  zahlreiche 
kleine  Bläschen  in  der  Rindenschicht  vertheilt.  Unter  den  Keim- 
stöcken liegt  eine  kleine  Drüse,  die  Schalendrüse  (s).  An  der  Zu- 
sammentrittstelle der  Ausführungsgänge  der  Keimstöcke,  der  Dotter- 
stöcke und  Schalendrüse  liegt  ein  kleines  Bläschen,  welches  als 
receptaculum  seminis  gedeutet  werden  muss.  Daneben  liegt  eine 
Blase  (r),  in  welcher  sich  die  Eiweissvorräthe  und  Dottermassen 
sammeln,  um  an  die  Eier  abgelagert  zu  werden.  Dicht  über  dieser 
kleinen  Erweiterung  gehen  zwei  Gänge  ab,  der  eine  nach  hinten, 
in  den  Uterus  oder  Fruchthälter  (m),  der  andere  nach  vorn  in  die 
Samentasche,  aus  welcher  er  alsdann  als  Vagina  (v)  nach  aussen 
führt.  Nachdem  die  Eier  aus  den  Keimstöcken  ausgetreten  sind, 
werden  sie  mit  Eiweiss-  und  Dottermaterial,  sowie  mit  dem  Secret 
der  Schalendrüse  umgeben,  dann  gelangen  sie  in  den  Uterusgang, 
werden  bei  dem  Eintritt  in  denselben  befruchtet  und  nun  als  fort- 
pflanzungsfähige Keime  in  dem  Uterus  aufgespeichert. 

Der  Uterus  (u)  macht  zahlreiche  Windungen  nach  rechts  und 
links,  geht  jedoch  nie  über  die  Mittelschicht  hinaus.  Die  Win- 
dungen werden  um  so  undeutlicher,  je  mehr  sie  sich  mit  Eiern  voll- 
pfropfen. 

Die  Eier  gelangen  schliesslich  durch  einen  besonderen  Aus- 


38 


führungsgang  (a),  welcher,  wie  oben  erwähnt  wurde,  etwas  unter- 
halb des  Cirrus  und  der  Vagina  nach  aussen  mündet,  ins  Freie. 

Die  Entwickelung  der  Eier.  Mehrere  Jahrzehnte  hindurch 
hatten  sich  eine  Reihe  von  Medicinern  und  Zoologen  abgemüht,  die 
Entwickelungsgeschichte  von  Bothriocephalus  latus  zu  erforschen  und 
besonders  den  Zwischenwirth  kennen  zu  lernen,  durch  welchen  der 
Mensch  inficirt  wird,  aber  erst  in  diesem  Jahre  ist  es  gelungen,  die 
Frage  zu  einer  gewissen  Lösung  zu  bringen,  indem  man,  wie  wir  gleich 
sehen  werden,  die  Fische  als  Träger  der  Finnen  erkannte.  Nach- 
dem sich  die  Uteri,  vollständig  mit  Eiern  vollgepropft  haben,  müssen 
dieselben  aus  den  reifen  Proglottiden  in’s  Wasser  gelangen,  woselbst 
sie,  nach  ungefähr  6 — 8 Wochen,  die  Embryonen  aus  sich  hervor- 
gehen lassen.  Die  Embryonen  (Fig.  14)  gelangen  dann  in  das  Innere 
von  Knochenfischen  und  hat  Braun  aus  Finnen,  welche  sich  in 
Hechten  vorfanden,  direct  bei  Menschen  Bandwürmer  erzeugt. 

Die  Eier  wachsen  im  Uterus  aus  kleinen  bläschenförmigen  Ge- 
bilden zu  ovalen  Körperchen  heran  (Fig.  13).  Aeusserlich  wird  ein 
solches  Ei  von  einer  Chitinhülle  umgeben,  welche  an  einem  Pole 
einen  kleinen  deckelartigen  Verschluss  besitzt.  Innerhalb  dieser 
Hülle  bildet  sich  durch  Furchung  ein  runder  Embryo  aus,  welcher 
im  Inneren  6 Chitinhaken  ausgebildet  zeigt  und  nach  Aussen  zu 
von  einer  Wimperhülle  umgeben  ist.  Nachdem  die  Wimperhülle  all- 
seitig ausgebildet  ist,  erfolgt  der  Austritt  des  Embryo  aus  der  Ei- 
schale und  der  U ebertritt  in  das  umgebende  Wasser.  In  dem  letz- 
teren bewegt  sich  der  flimmernde  Embryo  (Fig.  14)  längere  Zeit 
frei  umher  und  sucht  auf  diese  Weise  in  den  Verdauungsapparat 
eines  Fisches,  eines  Hechtes  z.  B.,  zu  gelangen.  Die  Flimmerhülle, 
deren  einzelne  Haare  gegen  früher  übrigens  bedeutend  kürzer  ge- 
worden sind,  wird  nun  abgestreift  und  der  innere  Theil  des  Embryo 
mit  den  6 Haken  dringt  durch  die  Darmwandung  hindurch,  kommt 
in  der  Musculatur  oder  in  verschiedenen  Organen  des  Fisches  zur 
Ruhe  und  bildet  hier  eine  Finne,  welche  der  äusseren  Kapsel  ent- 
behrt, die  aber  den  Kopf  ebenfalls  nach  Innen  eingestülpt  hat 
(Fig.  11).  Dieser  Kopf  stülpt  sich  nach  aussen  hervor,  zeigt  an 
den  Seiten  die  länglichen  Sauggruben  (Fig.  7),  hat  aber  nach  Braun 
an  seinem  abgerundeten  Hinterende  niemals  ein  Anhängsel,  auch 
ist  von  einer  Gliederung  nichts  zu  bemerken.  Aus  dem  Fischfleisch 
gelangen  dann  diese  Bothriocephalus  scolices  in  den  Darm  des 
Menschen  oder  in  den  anderer  Fischfresser,  woselbst  sie  sich  än- 
saugen  und  die  Bildung  eines  Bandwurmes  beginnen.  Der  Band- 
wurm ist  nach  Braun’s  neuesten  Untersuchungen  schon  nach  un- 
gefähr 3 Wochen  geschlechtsreif,  wenigstens  entleert  er  zu  der  Zeit 
den  grössten  Theil  seiner  Eier,  welche  mit  dem  Kotli  nach  aussen 
und  dann  event.  wieder  in’s  Wasser  hineingelangen.  Welche  Fiscli- 
arten  alle  die  Zwischenwirthe  für  den  Bothriocephalus  latus  sind, 
ist  noch  nicht  sichergestellt.  Ausser  dem  Hecht  und  der  Quappe 
werden  es  vielleicht  einige  Karpfenarten  und  Raubfische  sein. 

Die  Beschwerden,  welche  der  Bothriocephalus  hervorruft,  sind 
im  Grossen  und  Ganzen  dieselben,  wie  bei  den  vorhergehenden 


3'J 


Bandwurmarten.  Erwachsene  sollen  vielfach  gar  keine  Beschwerden 
haben,  während  bei  Kindern  und  jüngeren  Personen  Verdauungs- 
beschwerden, Schwindel,  Herzklopfen  u.  s.  w.  eintreten.  Von  Cysti- 
cercen  dieses  Bandwurms  ist  natürlich  der  Mensch  vollständig  befreit. 


Die  sporadisch  im  Menschen  vorkommenden  Bandwürmer. 

Ausser  den  eben  besprochenen,  allgemein  verbreiteten  Band- 
wurmarten, gibt  es  noch  mehrere,  welche  vorübergehend  im  Menschen 
Vorkommen.  Meist  finden  sich  dann  die  betreifenden  Bandwürmer 
unter  normalen  Verhältnissen  innerhalb  des  Darmes  verschiedener 
Hausthiere,  des  Hundes,  der  Ente  u.  s.  w.  Es  sind  noch  G eigentliche 
Taenien  und  2 Bothrioceplialen  als  Parasiten  beim  Menschen  be- 
kannt geworden. 


Taenia  cacumerina.  Kürbiskemartiger  Bandwurm  (Tafel  III,  Fig.  18). 

Bei  Hunden  kommt  neben  anderen  Bandwürmern  ein  bis  25  cm 
langer,  dünner  Bandwurm  vor,  welcher  als  Taenia  cucumerina  be- 
zeichnet wird,  weil  die  reifen,  abgehenden  Glieder  (Fig.  18,  e)  un- 
gefähr die  Form  von  Kürbiskernen  haben. 

Im  Darm  der  Katzen  lebt  ein  ganz  ähnlich  gebauter  Bandwurm, 
welcher  nur  etwas  kleiner  und  schwächer  gebaut  ist  und  deshalb 
als  Taenia  elliptica  zu  einer  besonderen  Gattung  erhoben  wurde. 
Mir  scheint  nach  solch  wenig  stichhaltigen  Gründen  eine  solche 
Trennung  nicht  angezeigt,  weil  es  bekannt  ist,  dass  mehrere 
Cestoden  in  verschiedenen  Wirthen  leicht  ein  verschiedenes  Aeussere 
annehmen. 

Was  nun  diese  beiden  Bandwürmer  auszeichnet,  ist  das  Vor- 
handensein von  doppelten  Geschlechtsapparaten  in  jedem  Gliede. 
Es  werden  ungefähr  120  Glieder  gebildet  und  schon  sehr  bald  be- 
merkt man  in  denselben  die  Anlage  der  Geschlechtsapparate  und 
die  beiden  an  den  Seiten  des  Gliedes  liegenden  Ausführungsöffnungen 
derselben  (Fig.  18  f,  gg).  Von  der  Taenia  cucumerina  weiss  man, 
dass  ihre  Embryonen  (Fig.  15)  das  Finnenstadium  in  der  Hundelaus 
durchlaufen.  Die  Läuse  nehmen  die  Eier  dadurch  auf,  dass  die- 
selben mit  dem  Ivotlie  nach  Aussen  gelangen  und  nun  wieder  an 
den  Haaren  hängen  bleiben,  von  wo  aus  sie  leicht  in  die  Haarpara- 
siten übertragen  werden  können.  Von  dem  Hunde  bekommt  der 
Mensch  unter  Umständen  die  Finne  direct  dadurch,  dass  der  Hund 
die  mit  denselben  behafteten  Parasiten  zerbissen  hat  und  den  Inhalt 
der  Parasiten  mit  der  Schnauze  und  Zunge  auf  den  Menschen 
überträgt. 

Was  die  Anatomie  anlangt,  so  haben  diese  Bandwürmer  einen 
rundlichen  Kopf,  welcher  mit  3 — 4 Reihen  Haken  ausgestattet  ist 
und  vorn  einen  mit  einem  Rostellum  versehenen  Rüssel  besitzt, 
welcher  vorgestreckt  und  zurückgezogen  werden  kann.  Der  Hals 


40 


jst  sehr  fein  und  die  ersten  Glieder  setzen  sich  wenig  scharf  von 
ihm  ab.  Ungefähr  vom  25.  Gliede  ab  bis  zum  70.  erfolgt  die  Bildung 
und  allmälige  weitere  Entwickelung  der  Geschlechtsapparate.  Die 
nachfolgenden  Glieder  sind  dann  schon  mit  mehr  oder  minder  ent- 
wickelten Eiern  angefüllt  und  besitzen  eine  hellrosenrothe  Farbe. 
Die  Anatomie  dieser  Glieder  ist  aus  der  Figur  18,  Tafel  III,  zu 
ersehen. 

Krankheitserscheinungen  ernsterer  Art  sind  in  den  seltenen 
Fällen,  in  denen  diese  Bandwürmer  bei  den  Menschen  vorgefunden 
wurden,  nicht  bekannt  geworden. 


Taenia  flavopunctata. 

Diese  Bandwurmform  hat  für  uns  wenig  Interesse.  Sie  wurde 
seiner  Zeit  einige  Male  in  Amerika  gefunden  und  ist  in  keinem 
vollständigen  Exemplare  bekannt,  die  Glieder  sind  kurz,  ungefähr 
1 mm  lang  und  2—3  mm  breit.  Die  mittleren  Glieder  zeigen  nach 
hinten  zu,  je  in  der  Mitte  einen  gelben  Fleck,  welcher  durch  das 
samenerfüllte  Receptaculum  erzeugt  wird.  Die  Geschlechtsöffnung 
scheint  in  allen  Gliedern  auf  derselben  Seite  zu  liegen. 


Taenia  nana  (Taf.  III,  Fig.  19 — 22). 

Auch  dieser,  kaum  3 cm  lange  und  0,5  mm  breite  Bandwurm 
ist  erst  einmal  bei  dem  Menschen  gefunden  worden  und  zwar  in 
Aegypten,  er  kann  uns  daher  auch  wenig  interessiren.  Es  sei  nur 
bemerkt,  dass  der  Kopf  (Fig.  20)  4 Saugnäpfe  und  1 Rüssel  trägt, 
welcher  mit  einem  Hakenkranz  bewaffnet  ist,  während  der  Leib  aus 
ungefähr  150  Segmenten  besteht,  welche  eine  geringe  Länge  haben 
und  sich  allmälig  vom  Kopfe  gegen  das  hintere  Ende  zu  verbreitern. 


Taenia  madagascariensis. 

In  dieser  Taenia  haben  wir  eine  Form  vor  uns,  welche  einige 
Male  auf  Madagaskar  in  dem  Menschen  gefunden  wurde.  Die  Länge 
desselben  beträgt  ungefähr  8 cm.  Ueber  den  Kopf  und  Hinterleib 
ist  nichts  bekannt,  die  reifen  Glieder  sind  quadratisch  und  beläuft 
sich  die  Gesamtzahl  der  Segmente  auf  ungefähr  120  bis  150.  Auch 
die  im  Menschen  einmal  gefundene 


Taenia  lophosoma  und  Taenia  tenella. 
wollen  wir  hier  blos  dem  Namen  nach  anführen. 

Von  Bothriocephalus  sind  einige  weitere  Arten  beim  Menschen 
bekannt  geworden. 

So  Bothriocephalus  cordatus  und  Bothrioce- 
phalus cristatu s.  Bothriocephalus  cordatus  ist  be- 
deutend kleiner  als  Bothriocephalus  cristatus.  Der  Kopf  ist  kurz 


41 


und  abgeplattet  und  an  ihn  setzen  sich  sofort  Glieder  an,  welche  die 
Anlage  der  Geschlechtsapparate  zeigen ; schon  3 cm  vom  Kopfe  ent- 
fernt werden  die  Glieder  geschlechtsreif.  Man  hat  300  bis  nahe  an 
700  Glieder  gefunden  und  ist  das  reife  Bandwurmglied  ungefähr 
quadratisch,  während  die  vorhergehenden  Glieder  bedeutend  breiter 
als  lang  sind.  Der  Bandwurm  ist  bei  Grönländern  häufig  beobachtet 
worden;  der  Zwischenwirth  desselben  scheint  auch  in  Fischen  zu 
suchen  zu  sein. 

Ueber  Bothriocephalus  cristatus  ist  so  gut  wie  gar 
nichts  bekannt,  weshalb  wir  ihn  auch  nur  kurz  erwähnen  wollen. 


Taenia  echinococcus.  Dreigliedriger  Hundebandwurm. 

(Tafel  IV,  Fig.  1-10). 

Ebenso  wie  Taenia  solium  durch  ihre  Finnen  das  Menschen- 
leben gefährdet,  können  es  die  Embryonen  und  Jugendzustände 
dieses  kleinen  Bandwurmes  thun,  welcher  oft  in  grossen  Mengen  im 
Darm  unserer  Haushunde  lebt  und  mit  dessen  kleinen,  reifen  Glie- 
dern der  Mensch  sehr  leicht  inficirt  wird.  Der  Bandwurm,  welcher 
die  sogenannte  Echinococcus-Krankheit  veranlasst,  ist  ein  kleines, 
nur  aus  3 Gliedern  bestehendes  Thier.  Die  Gesamtlänge  desselben 
beträgt  3 bis  4 mm  (Fig.  1).  Die  Farbe  ist  weisslich,  deshalb  ge- 
wahrt man  die  mit  den  Faeces  nach  Aussen  gelangenden  Thiere  auf 
den  Kothballen  des  Hundes  und  neben  denselben  verhältnissmässig 
leicht.  Das  erste  Glied  des  Bandwurmes  (Fig.  2)  trägt  den  Kopf 
und  Hals  dieses  Parasiten,  das  zweite  Glied  enthält  die  Anlage  der 
Geschlechtsorgane,  das  dritte  ist  das  geschlechtsreife.  — Der  Kopf 
besitzt  vorn  ein  kurzes,  mit  Haken  bewaffnetes  Rostellum  und  an 
den  Seiten  4 Saugnäpfe.  Aus  dem  Kopfe  verlaufen  2 deutliche 
Längsgefässtämme  durch  die  Glieder  hindurch.  Die  Geschlechts- 
organe bestehen  in  den  reifen  Gliedern  auch  wieder  aus  den  ge- 
getrennten  männlichen  und  weiblichen. 

Die  männlichen  Geschlechtsorgane.  Aus  ungefähr 
60  Hodenbläschen  treten  feine  Kanälchen  aus,  welche  sich  vereinigen 
und  mit  einem  einzigen,  stark  gewundenen  Samenleiter  ( vd ) in  den 
grossen  Cirrusbeutel  (c)  einführen , aus  dem  der  Cirrus  oft  weit 
hervorragt. 

Die  weiblichen  Geschlechtsorgane  bestehen  aus 
einem  Ovarium,  einer  Schalen-  und  einer  Albumindrüse,  sowie  aus 
zahlreichen  Dotterstöcken.  Die  Ausführungsgänge  dieser  Geschlechts- 
apparate münden  sämmtlich  in  eine  kleine  Blase  ein,  von  der  aus 
der  Vaginalkanal  (v)  nach  aussen  führt.  Der  letztere  ist  in  der 
Mitte  bauchig  aufgetrieben  und  mündet  unter  dem  Cirrus  aus. 

Die  Eier  (Fig.  3),  welche  gerade  nicht  in  allzu  grosser  Anzahl 
(bis  600)  ausgeschieden  werden,  finden  sich  bei  den  nach  aussen  ge- 
langenden Würmern  besonders  im  unteren  Theile  des  letzten  Gliedes; 
sie  sind  von  einer  starken  Hülle  umgeben,  in  welcher  dann  direct 
der  Embryo  liegt. 


Für  den  Menschen  werden  nun,  wie  schon  erwähnt  wurde,  grade 
die  Embryonen  verhängnisvoll.  Dieselben  besitzen  auch  wieder 
6 Chitinhäkchen,  vermittelst  derer  sie  sich  am  Darm  anheften,  dann 
durch  den  Darm  hindurchgehen  und  in  verschiedenen  Organen  zur 
Ruhe  kommen.  Besonders  sind  es  beim  Menschen  Leber  und  Lunge, 
welche  zu  Wolmplätzen  ausgesucht  werden  und  in  welchen  die  oft 
mächtig  werdenden  Echinococcusblasen  zur  Entwickelung  gelangen. 
Aus  den  kleinen  6 hakigen  Embryonen  wird  zunächst  nach  ungefähr 
4 Wochen  ein  kugeliges  Körperchen  von  ungefähr  1 mm  Durch- 
messer. Im  Inneren  dieser  Körperchen  (Fig.  4)  bemerkt  man  ein 
kugeliges,  Säugethierei  ähnliches  Bläschen,  aus  dem  sich  dann  später 
die  Echinococcusblase  entwickelt.  Die  Blase  wächst  zunächst  viele 
Wochen  lang  heran,  ohne  im  Inneren  weitere  Differenzirungen  zu 
zeigen.  Ihr  Inhalt  ist  anfänglich  dotterartig  und  wird  nach  und 
nach  vollkommen  klar.  Der  innere  Belag  einer  solchen  Blase  (Fig.  5) 
wird  aus  sternartigen  Zellen  gebildet,  in  denen  ein  grosser  Kern 
bemerkbar  ist,  später  wird  diese  Innenfläche  zu  einer  parenchyma- 
tösen Keimschicht,  von  welcher  sich  konische,  zugespitzte  Wimpern 
nach  innen  erheben,  nach  aussen  liegt  eine  häufig  mehrfach  ge- 
schichtete Cuticula;  aus  der  inneren  Parenchymschicht  gehen  später 
die  Brutkapseln  u.  s.  w.  hervor.  Eine  solche  Blase  wird  als  Mutter- 
blase  (Fig.  8)  bezeichnet.  Ist  dieselbe  bis  zur  Grösse  einer  Kirsche 
herangewachsen,  so- treten  auf  der  Innenwandung  kleine  Wucherungen 
auf,  welche  nach  und  nach  heranwachsen;  dieselben  werden  bald 
im  Inneren  hohl  und  bilden  nun,  nach  länger  andauerndem  Wachs- 
thum, kleine  Bläschen  innerhalb  der  Mutterblase,  bleiben  jedoch 
mit  derselben  durch  kurze  Stiele  im  Zusammenhang.  Diese  Blasen 
sind  die  sogenannten  Brutkapseln  (Fig.  7,  b,  c),  aus  deren 
Wandungen  die  Köpfchen  (welche  später  im  Darm  zu  neuen  Taenien 
heranwachsen)  entstehen.  Neben  diesen  Brutkapseln  können  sich 
von  der  Blasenwandung  noch  nach  Aussen  zu  secundäre  Ecliino- 
coccenblasen  bilden  (Fig.  8,  au);  dieselben  entstehen  wahrscheinlich 
auch  aus  Theilen  der  inneren  Parenchymschicht,  stülpen  sich  dann 
vor  und  schnüren  sich  häufig  vollkommen  von  der  ursprünglichen 
Blase  ab  (E.  granülosus,  s.  Simplex,  s.  exogena,  s.  scolecipariens), 
so  dass  der  gesammte  E.  ein  traubiges  Aussehen  gewinnt. 

Die  Brut  kapseln  lassen  aus  sich  die  Köpfchen  hervor- 
gehen. 

Die  Brutkapseln  können  sich  in  neue  Echinococcus- 
blasen (T  o c h t e r b 1 a s e n)  umwandeln. 

Die  Köpfchen  können  gleichfalls  zu  Tochterblasen 
werden. 

Bildung  der  Scoleces:  Man  hat  verschiedene  Ansichten 
über  die  Entwickelung  der  Köpfchen  innerhalb  dieser  Kapseln  aus- 
gesprochen. Eine  Anzahl  von  Gelehrten  nimmt  an,  dass  die  Wuche- 
rung aus  der  ein  Köpfchen  hervorgeht,  gegen  das  Innere  der  Binse 
erfolgt;  Leuckart  berichtet  hingegen  mit  Bestimmtheit,  dass  die 
Köpfchen  in  der  Regel  nach  aussen  aus  den  Brutkapseln  sich 
entwickeln  und  dass  sie  später  event.  in  dieselben  zurückgestülpt 


43 


werden  können.  Dem  sei  nun,  wie  ihm  wolle,  soviel  steht  fest,  dass 
die  erste  Anlage  der  Köpfchen  von  der  inneren  Parenchymschicht 
der  Brutkapseln  ausgeht,  dieselbe  verdickt  sich  anfangs,  bildet  dann 
eine  kleine  Hervorwölbung,  aus  der,  ähnlich  wie  bei  den  Finnen 
der  eben  besprochenen  Taenien,  die  Köpfchen  hervorgehen.  Ein 
solches  Köpfchen,  deren  sich  in  den  verschiedenen  Brutkapseln  viele 
Tausende  bilden  können,  stellt  sich  als  kleiner  Hohlzapfen  dar 
(Fig.  9)  von  ungefähr  0,3  mm  Länge  und  0,1  mm  Breite;  vorn  be- 
sitzt dasselbe  ein  kurzes  Rosteilum,  welchem  der  Hakenapparat  an- 
sitzt; dieser  Hakenapparat  besteht  aus  drei  Reihen  kleiner  Häkchen, 
welche  bedeutend  kleiner  in  ihren  Fussstücken  gebaut  sind,  als  die 
Haken  der  Taenia  solium  (die  fussartige  Sohle  fehlt  häufig  noch, 
die  Wurzelfortsätze  sind  kurz  und  schlank);  unter  dem  Haken- 
apparat sitzen  vier  kleine  Saugnäpfe,  in  der  Gegend  derselben  ist 
der  Kopf  etwas  verdickt,  dann  verjüngt  er  sich  wieder  nach  hinten 
zu  und  sitzt  schliesslich  mit  einem  kurzen  Stielchen  der  Brutkapsel 
an.  Im  Inneren  verläuft  unter  dem  Hakenkranz  ein  Ringgefäss, 
von  dem  aus  vier  Längsgefässe  nach  hinten  abgehen.  Nur  diese 
Köpfchen  vermögen,  wenn  sie  in  den  Darm  der- Hunde  kommen, 
neue  Taenien  zu  bilden.  In  vielen  Fällen  wird  ihre  Entwicke- 
lung gehemmt  und  bleiben  die  Echinococcusblasen  dann  steril,  man 
bezeichnet  dieselben  in  diesem  Falle  als  Accphalocysten. 

Mit  den  Brutkapseln  und  den  Köpfchen  können  nun  innerhalb 
der  grossen  Echinococcusblasen  Veränderungen  vor  sich  gehen,  die 
schliesslich  zur  Bildung  neuer  Blasen  innerhalb  der  ursprünglichen 
Mutterblasen  führen,  man  bezeichnet  diese  secundär  entstehenden 
Blasen  als  Tochterblasen,  und  finden  sich  ihrer  oft  Tausende 
innerhalb  derselben  Mutterblase  vor.  Die  Tochterblasen  können 
ebenfalls  wieder  neue  Blasen  aus  sich  entstehen  lassen,  welche  man 
als  Enkel  blasen  bezeichnen  darf;  innerhalb  der  Tochterblasen 
entstehen  dann  die  Köpfchen  auch  wieder  in  neuen  Brutkapseln. 

Die  Wandung  der  Brutkapseln  ist  verhältnissmässig  sehr  dünn 
und  wenn  die  Entwickelung  der  Köpfchen  oder  die  der  Brutkapseln 
innerhalb  der  Mutterblase  zu  schnell  vor  sich  geht,  so  kann  es 
Vorkommen,  dass  die  Kapselwandungen  platzen  und  die  Köpfchen 
zum  Theil  frei  werden,  zum  Theil,  auf  Stielen  neben  einander  an- 
geordet,  frei  in  das  Innere  der  Mutterblase  hineinragen  (Fig.  8,  kl). 

Wenn  sich  eine  Brutkapsel  loslöst,  so  kann  sie  sich  unter  Um- 
ständen in  ihren  Wandungen  verdicken  und  dann  als  Tochterblase 
innerhalb  der  Mutterblase  auftreten  (Fig.  8,  cd).  Die  Wandung 
derselben  zeigt  dann  eine  gleiche  Ausbildung  wie  die  der  Mutter- 
blase, zu  äusserst  liegt  eine  geschichtete  Cuticularschicht,  nach 
innen  auch  wieder  eine  parenchymatöse  Keimschicht. 

Die  frei  gewordenen  Köpfchen  bilden  sich,  wie  wir  schon  er- 
wähnten, unter  Umständen  ebenfalls  zu  Tochterblasen  aus  (Fig.  8, 
ko),  der  in  ihrem  Inneren  befindliche  Hohlraum  erweitert  sich,  die 
Haken  werden  nach  und  nach  abgeworfen , die  Saugnäpfe  ver- 
schwinden und  es  entsteht  nun  eine  kleine  Blase,  von  nicht  ganz 
x/2  mm  im  Durchmesser,  welche  sich  auch  nach  und  nach  ver- 


44 


grössert  und  in  ihren  Wandungen  denselben  Bau  zeigt  wie  die 
Mutterblase  und  ebenso  wie  diese  aus  ihren  Wandungen  neue  Köpf- 
chen hervorgehen  lässt.  Viele  dieser  Tochterblasen  können  auch 
wieder  steril  bleiben,  ja,  es  können  unter  Umständen  sämmtliche 
dies  Verhalten  zeigen,  wir  haben  dann  natürlich  keine  fortpflanzungs- 
fähigen Echinococcen  vor  uns. 

Jene  Echinococcen,  welche  im  Inneren  Tochterblasen  entwickelt 
haben,  werden  als  Eck  hydatidosus,  s.  endogena,  s.  altricipariens 
bezeichnet. 

Als  Eck  multilocularis \ hat  man  Formen  derselben  angeführt, 
welche  sich  nicht  als  einfacher  Blasenkörper,  sondern  als  eine  An- 
häufung kleiner  Bläschen  darstellen,  die  in  grosser  Anzahl  neben 
einander  liegen  und  innerhalb  eines  weichen  Stroma’s  zu  einer 
kugeligen  Masse  zusammengedrängt  liegen ; besonders  sind  dieselben 
in  der  Leber  des  Menschen  gefunden  worden. 

Betrachten  wir  das  Innere  einer  Blase,  so  finden  wir  ausser 
der  hellen,  stark  kochsalzhaltigen  Flüssigkeit,  von  welcher  sie  erfüllt 
ist,  meist  noch  feinen  Detritus,  welcher  von  dem  Zerfall  des  einen 
oder  anderen  Köpfchens  herstammt.  Daneben  können  Fetttröpfchen 
und  chitinige  Häkchen  in  mehr  oder  minder  grosser  Anzahl  gefunden 
werden.  Die  Flüssigkeit  der  Ech.-Blasen  giebt  beim  Kochen  keinen 
eiweissartigen  Niederschlag.  In  allen  Blasen  treten  oft  eine  ganze 
Reihe  von  Veränderungen  ein.  Es  können  die  Tochterblasen  durch 
Druck  platzen,  wobei  dann  die  Köpfchen,  welche  nun  frei  werden, 
absterben,  verfallen,  verkalken  oder  auch  ganz  zerfallen.  Die  Wan- 
dungen der  Mutterblasen  verstärken  sich  alsdann  meistens  ganz 
bedeutend  und  zeigen  eine  ziemlich  regelmässig  concentrische 
Schichtung. 

Auch  die  normale  Ech.-Blase  zeigt  eine  Schichtung  und  erweist 
sich  in  den  äusseren  Theilen  fester  als  in  den  inneren.  Nach  dem 
Eintrocknen  nimmt  eine  solche  Blasenwand  im  Wasser  sehr  schnell 
wieder  ihre  ursprünglichen  Eigenschaften  an. 

Für  den  Arzt  ist  es  von  Wichtigkeit,  eine  Kenntniss  des  In- 
halts der  Blasen  und  der  Zusammensetzung  ihrer  Wandung  zu 
haben,  weil  er  oft  die  sich  stark  erweiternden  Blasen  mit  dem  Troi- 
cart  anstechen  muss,  um  ihren  Inhalt  möglichst  ablaufen  zu  lassen. 
Eine  mikroskopische  Untersuchung  und  eine  chemische  Analyse  der- 
selben wird  in  den  meisten  Fällen  unumgänglich  nöthig  sein,  weil 
nur  durch  eine  solche  Untersuchung  die  Diagnose  richtig  gestellt 
werden  kann. 

Zur  Weiterentwickelung  der  in  den  Kapseln  sich  bildenden 
Scoleces  ist  es  nun  unbedingt  nothwendig,  dass  eine  Brutkapsel  mit 
ihren  Scoleces  oder  nur  ein  solcher  Scolex  in  den  Verdauungs- 
apparat des  Hundes  gelangt.  Daselbst  wird  der  Kapseltheil  ver- 
daut und  aus  den  kugeligen  Brutkapseln  werden  die  ebenfalls 
kugeligen  Scoleces  frei.  Sie  stülpen  dann  ihre  Saugnäpfe  und  den 
Hakenkranz  hervor  und  heften  sich  an  der  Darmwandung  an.  Inner- 
halb des  Darmes  bleibt  blos  der  Kopf  mit  dem  Halstheile  zurück; 
später  schnüren  sich  an  ihm  die  zwei  letzten  Glieder  ab,  welche 


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dann  wieder  geschlechtsveif  werden  und  neue  Eier  produciren.  Die 
Ausbildung  des  ungefähr  1/3  mm  im  Durchmesser  habenden  Köpf- 
chens zu  dem  3 — 4 mm  langen  Wurm  geht  erst  innerhalb  7 — 9 
Wochen  vor  sich,  so  dass  nach  dieser  Zeit  wieder  reife  Glieder 
entleert  werden  können. 

Was  nun  die  Krankheiten  anlangt,  welche  die  Entwicke- 
lung des  Echinococcus  hervorruft,  so  sind  dieselben  zum  Theil  leich- 
terer, zum  Theil  schwerer  Natur,  je  nachdem  die  Echinococcen  in 
verschiedenen  Organen  zur  Entwickelung  kommen. 

In  den  bei  Weitem  meisten  Fällen  ist  die  Leber  der  Sitz  der 
Echinococcenblase,  dann  folgen  die  Lungen  und  die  Pleura',  die 
Nieren,  Blase  und  Geschlechtsorgane,  Gehirn  und  Rückenmark, 
Knochen  und  Circulationsapparat,  Omentum  und  äussere  Haut. 

In  vielen  Fällen  bleiben  die  Echinococcenblasen  steril,  in  den 
meisten  Fällen  aber  bilden  sie  sich  zu  wallnuss-  bis  kindskopfgrossen 
Blasen  aus  und  verursachen  natürlich  je  nach  ihrer  verschiedenen 
Grösse  in  den  verschiedenen  Organen  verschiedene  Störungen. 

Da  die  Leber  der  hauptsächlichste  Sitz  der  E.-Blasen  ist,  und 
der  practische  Arzt  auch  wohl  in  den  bei  Weitem  meisten  Fällen 
Krankheitserscheinungen  zu  Gesicht  . bekommt,  welche  in  der  An- 
wesenheit eines  E.  in  der  Leber  ihren  Grund  haben,  so  wollen  wir 
hier  zunächst  und  hauptsächlich  den  Leber-Echinococcus  berücksich- 
tigen.— Jene  kleinen  Embryonen  finden  entweder  durch  die  Gallen- 
gänge oder  durch  die  Pfortader  ihren  Weg  in  das  Lebergewebe, 
sind  sie  einmal  darin  eingedrungen,  so  werden  sie  zunächst  wenig 
Beschwerden  hervorrufen,  weil  ihre  Grösse  eine  sehr  geringe  ist, 
sowie  sie  jedoch  anfangen  zu  wachsen,  werden  sie  sich  auch  nach 
und  nach  bemerkbar  machen  und  es  ist  klar,  dass  Ech.- Säcke  von 
der  Grösse  einer  Faust  bis  zu  der  eines  Kindskopfes,  wie  sie  ver- 
hältnissmässig  häufig  Vorkommen,  bedeutende  Störungen  hervorzu- 
rufen im  Stande  sind.  Wenn  dann  gar  ein  solcher  Ech.  ein  Gewicht 
von  mehreren  Pfunden  erreicht,  ja,  wenn  dasselbe,  wie  es  vorge- 
kommen ist,  bis  auf  30  Pfund  steigt,  so  können  durch  den  Druck, 
welchen  eine  solche  (im  letzten  Fall  bedeutend  grosse)  Blase  auf 
die  nebenliegenden  Organe  ausübt,  nicht  blos  Leberleiden,  sondern 
auch  eine  ganze  Reibe  anderer  Beschwerden  hervorgebracht  werden.*) 

Eine  grosse  Anzahl  von  Ech. -Blasen  werden  in  der  Leber  gar 
keine  Störung  hervorrufen,  viele  derselben  findet  man  erst  bei  der 
Section.  Meist  sitzen  die  Blasen  in  der  Gegend  des  Hypochon- 
drium  oder  Epigastrium  oder  in  der  unteren  Rippenbogengegend; 
in  zahlreichen  Fällen  ist  es  aber  auch  das  tiefer  liegende  Gewebe, 
welches  von  ihm  aufgesucht  wird. 


*)  Luschka  schildert  einen  Leber -Ech.  von  30  Pfund  Schwere,  den  er  im 
Körper  einer  60jährigen  Frau  fand,  der  ganze  Sack  wurde  von  einigen  Tausend 
Tochterblasen  ausgefüllt,  welch’  letztere  von  der  Grösse  einer  Faust  bis  zu  der 
einer  Erbse  herabgingen.  Köpfchen  und  Haken  fehlten.  Ech.-Blasen  von  8 — 15  Pfund 
Schwere  sind  öfter  gefunden  worden.  Die  Anzahl  der  Tochterblasen  kann  in  den- 
selben bis  auf  einige  wenige  heruntergehen. 


46 


Die  Krankheitserscheinungen  werden  davon  abhängen,  ob  der 
Ech.  schnell  oder  langsam  wächst,  im  ersteren  Falle  wird  das  Leber- 
Parenchym  zurückgedrängt  und  es  können  sich  in  demselben  Abs- 
cesse  bilden;  sind  in  der  Leber  Eiterheerde  entstanden,  so  tritt  Ent- 
zündung der  Cystenwandung  des  Ech.-Sackes  ein,  die  Leber  ver- 
wächst an  den  betreffenden  Stellen  mit  den  benachbarten  Organen, 
wrorauf  häufig  ein  Durchbruch  gegen  die  in  der  Nähe  gelegenen 
hohlen  Organtheile  erfolgt,  so  nach  dem  Magen  und  Darm,  ja,  nach 
dem  Uterus,  der  Scheide  und  der  Harnblase,  sowie  nach  der  Brust- 
höhle zu.  Wenn  der  Ech.  nach  unten  wächst,  so  bewirkt  er  durch 
Druck  auf  die  unteren  Leibesorgane  eine  Reihe  von  Verdauungs- 
beschwerden , Schmerzen  in  den  Därmen , Erbrechen  oder  Ver- 
stopfung. Durch  Druck  auf  die  Gallengänge  wird  in  allerdings 
seltenen  Fällen  Icterus  hervorgerufen.  Durch  Druck  auf  die  Blut- 
gefässe entsteht  hin  und  wieder  Ascites.  Dass  die  Störungen,  welche 
durch  Eindringen  des  Sackes  in  die  Pleurahöhle  erzeugt  werden, 
meist  sehr  ernster  Art  sind,  liegt  auf  der  Hand,  erfolgt  noch  un- 
glücklicher Weise  ein  Platzen  des  Ech.-Sackes  gegen  die  Bauch- 
höhle zu,  so  treten  schnell  schwere  Lungen-  und  Pleura-Leiden  ein, 
welche  das  Leben  des  Kranken  bedrohen.  Lungengangrän,  Cavernen- 
bildung,  Pleuritis,  Lungenentzündung  sind  die  directen  Folgen  eines 
solchen  Durchbruchs.  Ebenso  ist  die  Prognose  eine  sehr  schlechte, 
wenn  der  Ech. -Sack  mit  den  grossen  Gefässstämmen  verwachsen  ist 
und  ein  Durchbruch  in  die  Gefässe  erfolgt.  Es  können  dann  unter 
Umständen  die  Tochterblasen  durch  die  Venen  in  das  Herz  gelangen 
und  hier  einen  sicheren,  mehr  oder  minder  schnellen  Tod  herbei- 
führen. In  den  Arterien  werden  sie  Verstopfungen  derselben  ver- 
anlassen und  die  Bildung  von  Tromben  verursachen. 

Durchbrüche  nach  dem  Magen,  dem  Darm,  der  Blase  werden, 
wenn  die  Zerreissungsstelle  eine  kleine  ist,  schmerzlos  sein  und 
meist  gar  nicht  bemerkt  werden;  die  Ech.-Blasen  werden  dann  mit 
dem  Harn  oder  durch  Erbrechen  u.  s.  w.  entleert,  ist  die  Perfo- 
rationswunde jedoch  gross,  so  ist  ein  Uebertritt  des  Darminhaltes 
in  die  Blase  zu  befürchten  und  es  treten  dann  Eiterungen  mit  ihren 
vielfach  schweren  Folgen  ein. 

Platzt  eine  Ecli.-Blase  gegen  die  Bauchhöhle  zu,  so  erzeugt  ihr 
austretender  Inhalt  Peritonitis,  welche  tödtlich  werden  kann. 

Verschmilzt  der  Ech.  mit  der  äusseren  Bauchwand,  so  tritt 
Entzündung  ein,  auf  welche  Vereiterung  und  Durchbruch  nach 
Aussen  erfolgt.  Es  können  sich  dabei  mehr  oder  minder  lange 
Fistelgänge  bilden.  Der  Ausgang  der  Peritonitis  kann  tödtlich  sein. 

Die  Diagnose  der  Leber-Ech.  ist  nicht  leicht,  sicher  sind  ohne 
Weiteres  nur  die  oberflächlichen,  langsam  wachsenden  und  keine 
grösseren  Störungen  hervorrufenden  Lebergeschwülste  als  Ech.- 
Blasen  zu  diagnosticiren,  beim  Percutiren  kann  man  die  Anwesen- 
heit des  Ech.  - Hydatidosus  dadurch  constatiren,  dass  man  auf  ein 
leichtes  Schwirren  achtet  (Hydatiden-Schwirren),  welches  sich  dem 
aufliegenden  Finger  bemerkbar  macht  und  durch  die  Schwingungen 
der  Tochterblasen  erzeugt  wird.  Am  sichersten  ist  die  Diagnose 


47 


wenn  man  eine  Punction  vornehmen  kann,  worauf  man  dann  durch 
Untersuchung  der  abgelaufenen  Flüssigkeit  leicht  die  Anwesenheit 
einer  Ech.- Blase  bestimmen  kann.  Näher  kann  hier  nicht  auf  die 
verschiedenen  Erscheinungen  eingegangen  werden;  in  grösserer  Aus- 
führlichkeit ist  dies  Kapitel  in  dem  Werk  von  Küchenmeister  und 
Zürn  „Die  Parasiten  des  Menschen“  behandelt  worden. 

In  der  Milz  nimmt  der  Ech.  meist  auch  beträchtliche  Grössen 
an  und  sind  die  Erscheinungen,  welche  er  im  Körper  hervorruft, 
ganz  ähnlicher  Art  wie  beim  Leber-Echinococcus. 

In  den  Nieren  treten  Ech.  noch  seltener  auf  und  dann  meist 
nur  in  einer  Niere;  sie  bewirken  in  dem  betreffenden  Nierentheile 
Atrophie  und  event.  Durchbruch  nach  dem  Nierenbecken  zu;  ist  ein 
solcher  Durchbruch  erfolgt,  so  können  die  ausgestossenen  Blasen 
eine  ganze  Reihe  von  mehr  oder  minder  heftigen  Leiden  der  Harn- 
wege erzeugen  und  unter  Umständen  das  Leben  des  Patienten  ge- 
fährden. 

In  den  anderen  Organen  sind  die  Störungen  welche  der  Ech. 
hervorruft,  je  nach  den  betreffenden  Organen  verschieden;  im  Ge- 
hirn und  Rückenmark  treten  bei  Anwesenheit  von  Ech.-Blasen  ähn- 
liche Krankheitserscheinungen  auf,  wie  jene  waren,  welche  wir  bei 
dsm  Cysticercus  cellulosae  besprochen  haben.  Hat  ein  Ech.  das 
Centralnervensystem  zu  seinem  Sitz  erkoren,  so  wird  nur  in  seltenen 
Fällen  Heilung  dadurch  erfolgen,  dass  die  Blase  steril  bleibt  und 
eine  gewisse  Grösse  nicht  überschreitet. 

Hat  sich  ein  Ech.  in  dem  Inneren  der  Röhrenknochen  festge- 
setzt, so  wird  er  sich  langsam  ausdehnen;  an  den  Stellen,  wo  er 
die  Knochenwandung  berührt,  wird  dieselbe  resorbirt  werden  und  es 
wird  die  letztere  schliesslich  so  dünn,  dass  es  bei  der  ersten  besten 
Gelegenheit  zu  einer  Fractur  kommt. 

Bei  allen  Ech.-Krankheiten  ist  die  Prognose  eine  sehr  schlechte, 
denn  auch  dort,  wo  es  gelingen  sollte,  durch  operative  Eingriffe 
die  Ech.-Blase  zu  entfernen,  wird  man  stets  Entzündungen  der  um- 
liegenden Gewebe  und  Organe  zu  befürchten  haben.  Wie  häufig 
der  Ech.  in  einzelnen  Gegenden  vorkommt,  ist  daraus  zu  ersehen, 
dass  1li  bis  4 Procent  der  zur  Section  gelangenden  Leichen  den- 
selben enthalten. 

Ueberall  dort,  wo  ein  inniges  Zusammenleben  des  Menschen 
mit  dem  Hunde  stattfindet,  wird  auch  der  Ech.  bei  dem  ersteren 
häufig  Vorkommen,  es  ist  bemerkenswert^,  dass  die  Frauen  mehr 
an  demselben  zu  leiden  haben,  als  die  Männer,  welcher  Umstand 
wohl  dadurch  veranlasst  wird,  dass  die  zahlreichen  Schoos-  und 
Luxushunde  von  Seiten  der  Frauen  allerhand  Liebkosungen  erfahren, 
geküsst  werden,  Gesicht  und  Hände  lecken  dürfen  u.  s.  w.  Es  ist 
unbedingt  nötliig,  dass  grössere  Vorsicht  bei  dem  Halten  der  Hunde 
beobachtet  wird  und  dass  jene  Hunde,  welche  von  der  Taenia  echi- 
nococcus  bewohnt  sind,  sofort  aus  der  Nähe  des  Menschen  entfernt 
und  solange  fern  gehalten  werden,  bis  die  Taenien  aus  ihrem  Darm 
vollständig  abgetrieben  sind. 

Es  ist  der  Bandwurm  des  Echinococcus  nicht  mit  jenem  Band- 


48 


wurm  zu  verwechseln,  welcher  ebenfalls  in  dem  Darm  des  Hundes 
lebt  und  dessen  Finne  im  Gehirn  der  Schafe  zu  sogenannten  Blasen- 
würmern heranwächst.  Diese  Blasenwürmer  bewirken,  wie  bekannt, 
die  Drehkrankheit  der  Schafe;  die  zugehörige  Taenia  coenurus  ist 
ein  bis  30  cm  langer  Wurm,  welcher  sich  sofort  von  der  nur  wenige 
mm  langen  Taenia  echinococcus  unterscheidet. 


Cysticercus  acantliotrias. 

Ohne  den  Bandwurm  zu  kennen  hat  man  eine  Finne  aus  dem 
Gehirn  und  Muskelfleisch  des  Menschen  beschrieben.  Sie  gleicht 
dem  Cysticercus  cellulosae,  zeichnet  sich  aber  von  diesem  durch 
den  Besitz  eines  dreifachen  Hakenkranzes  aus. 

Dieser  Cysticercus  istj  nur  in  einem  Falle  bekannt  geworden, 
vielleicht  auch  nur  eine  Varietät  des  Cysticercus  cellulosae  gewesen, 


Trematodes.  Saugwürmer. 

Der  Körper  dieser  Parasiten  ist  ungegliedert,  meist  blattförmig, 
seltener  drehrund.  Der  Darmkanal  ist  verzweigt,  afterlos,  am  Bauche 
liegen  meist  Saugscheiben. 

Die  Entwickelung  der  Trematoden  vom  Ei  bis  zum  ausgebil- 
deten Individuum  ist  meist  complicirter  als  die  der  Cestoden,  indem 
die  Trematoden  vielfach  durch  drei  Wirthe  hindurch  gehen.  In 
seltenen  Fällen  entschlüpft  dem  Ei  ein  Embryo,  der  sich  ohne 
Weiteres  zur  ursprünglichen  geschlechtsreifen  Form  entwickelt.  In 
anderen  Fällen  gehen  aus  den  meist  ins  Wasser  gelegten,  kleinen 
Eiern  contractile  oder  bewimperte  Embryonen  hervor,  welche  sich 
selbständig  weiter  bewegen  und  in  einen  ersten  Wirth  (Schnecke 
z.  B.)  gelangen.  Hier  bilden  sich  au§  den  Embryonen  längere,  ver- 
ästete  Schläuche  (Keimschläuche),  die  Sporocysten  oder  Redien, 
deren  Inhalt  in  Zellhaufen  zerfällt,  die  sich  zu  geschwänzten  Formen, 
den  Cercarien,  umbilden  (aus  den  ersten  Schläuchen  können  auch 
zunächst  Töchterschläuche  hervorgehen,  welche  dann  geschwänzte 
Cercarien  produciren).  Als  Cercarien  verlassen  sie  den  als  Amme 
zu  bezeichnenden  Keimschlauch  und  wandern  wieder  in’s  Wasser, 
wo  sie  sich  frei  bewegen  und  von  einem  Wurme,  einer  Schnecke, 
Fischen  oder  Fröschen  u.  s.  w.  aufgenommen  werden,  resp.  sich  in 
dieselben  einbohren.  In  diesem  zweiten  Wirthe  verlieren  sie  den 
Schwanz  und  kapseln  sich  in  eine  häutige  Cyste  ein.  Mit  dem 
Fleische  dieses  zweiten  Wirthes  gehen  die  Cysten  nun  eventuell  in 
den  Darmkanal  eines  dritten  über,  die  Hüllen  werden  hier  verdaut 
und  die  ungeschwänzte,  geschlechtslose  Distomee  dringt  durch  die 
Darmwandung  hindurch  und  gelangt  an  die  Stelle  ihrer  endlichen 
Ausbildung  (Augenhöhle,  Lunge,  Blase  u.  s.  w.).  Der  zweite  Zwischen- 
wirth  kann  jedoch  auch  fehlen,  so  dass  aus  der  Cercarienform  die 
Geschlechtsform  hervorgeht. 


49 


Distomeae. 

Die  Distomeen  besitzen  ein  bis  zwei  Saugnäpfe,  jedoch  keine 
Hakenkränze.  Die  Jugendformen  leben  meist  in  Mollusken,  die  Ge- 
schlechtsthiere  im  Darme  der  Wirbelthiere. 

Beim  Menschen  sind  ungefähr  9 verschiedene  Distomeen  beob- 
achtet worden.  Die  häufigsten  derselben  leben  im  Körper  der 
Aegypter,  der  Chinesen,  seltener  findet  man  Vertreter  dieser  Gruppe 
im  Körper  der  Mittel-  und  Nord-Europäer. 


Monostomum. 

Der  Körper  derselben  ist  platt,  Kopf  und  Leib  nicht  von  einander 
abgesetzt,  der  Mund  ist  bewaffnet  oder  unbewaffnet  und  wird  von 
einem  schwachen  Saugnapf  umgeben,  ein  Bauchsaugnapf  fehlt,  von 
inneren  Organen  ist  zunächst  der  wenig  entwickelte  afterlose  Darm 
zu  erwähnen.  Das  Wassergefässsystem  öffnet  sich  am  hinteren 
Leibesende.  Die  Geschlechtsorgane,  von  denen  wir  auch  männliche 
und  weibliche  in  demselben  Individuum  finden,  sind  ähnlich  ent- 
wickelt wie  bei  den  Taenien  und  liegen  die  Ausführungsöffnungen 
derselben  auf  der  Bauchfläche,  die  männlichen  dicht  am  Mundsaug- 
napf, die  weiblichen  etwas  zurück. 

Die  ersten  Stadien  leben  vielleicht  in  Mollusken , bei  Fischen 
und  Amphibien,  seltener  beim  Menschen.  Als  Zwischenwirthe  dienen 
dann  Säugethiere  und  Vögel  und  als  definitive  Wirthe  für  die  ge- 
schlechtsreifen  Thiere  haben  wir  ebenfalls  Warmblüter  anzusehen, 
in  deren  Darm  und  anderen  Organen  Monostomum  vorkommt. 

Monostomum  lentis 

ist  einmal  in  mehreren  Exemplaren  in  der  Linse  des  menschlichen 
Auges  gefunden  worden. 


Distoma. 

Der  Leib  besitzt  einen  vorderen  und  einen  hinteren  Saugnapf. 
Der  vordere  ist  um  den  Mund  herumgelagert,  der  hintere  liegt  un- 
gefähr in  der  Mitte  des  Leibes.  Als  Wirthe  für  die  Jugendformen 
dienen  niedere  Wasser-Mollusken  und  andere  Wasserbewohner. 

Distoma  hepaticum.  Der  grosse  Lcberegcl  (Tafel  IV,  Fig.  11 — 19). 

In  dem  Körper  der  Menschen,  der  Einhufer,  der  Wiederkäuer, 
Schweine  und  Nager  kommt  dieser,  oft  grosse  Verwüstungen  an- 
richtende Parasit  in  verschiedener  Häufigkeit  vor.  Von  der  oft  er- 
schreckenden Häufigkeit  giebt  uns  die  Statistik  Mittheilungen,  welche 
uns  mittheilt,  dass  in  einem  Jahre  in  England  nahe  an  2 Millionen 
Schafe  zu  Grunde  gegangen  und  dass  in  einzelnen  Gegenden  Eu- 
ropa’s  in  feuchten  Jahren  oft  20—75  Procent  der  Rinder  ein  Opfer 
von  Distoma  hepaticum  werden.  Solchen  Vorkommnissen  gegen- 
über müssen  wir  das  Auftreten  von  Distoma  hepaticum  im  Körper 

4 


50 


des  Menschen  als  sporadisch  bezeichnen.  Da  aber  auch  das  Leben 
des  Europäers  häufig  durch  diese  Parasiten  in  Gefahr  kommt,  so 
wollen  wir  die  Anatomie  von  Distoma  hepaticum  genauer  be- 
trachten. Der  Körper  ist  blattartig  flach,  sein  Vorderende  kugel- 
förmig; auf  diesen  sogenannten  Kopfabschnitt  folgt  ein  durchschnitt- 
lich 30  mm  langer  Leib,  der  ungefähr  12  mm  breit  ist.  Vom  Kopf 
setzt  er  sich  gleich  scharf  ab  und  erreicht  seine  grösste  Breite 
etwas  vor  der  Mitte  der  gesammten  Körperlänge  (Fig.  11).  Zu 
äusserst  liegt  auch  wieder,  wie  bei  den  Cestoden  eine  Epidermis, 
welche  von  einer  Cuticula  und  der  unter  dieser  liegenden  Subcuti- 
cular- Schicht  gebildet  wird.  Die  erstere  ist  häufig  gestreift,  die 
letztere  besteht  aus  nebeneinander  liegenden  Längszellen,  zwischen 
denen  zahlreiche  Drüsen  ausgebildet  sind.  Nach  aussen  wird  der 
Körper  unseres  Distoma  hepaticum  an  Rücken-  und  Bauchfläche  von 
zahlreichen,  in  Querreihen  angeordneten  Schüppchen  und  Stacheln 
bedeckt,  deren  Spitzen  nach  vorwärts  gerichtet  sind.  Unter  der 
Epidermis  liegt  ein  Bindegewebe,  das  aus  grossen  Zellen  besteht 
und  ausserdem  ein  Muskelapparat,  welcher  aus  Längs-  und  Ring- 
muskeln, sowie  aus  quer  durch  den  Körper  hindurchgehenden  Bün- 
deln gebildet  wird. 

Vorn  am  Körper  ist  der  Haftapparat  in  Gestalt  zweier  Saug- 
näpfe entwickelt,  der  vordere  derselben  (a)  ist  ungefähr  2 mm  breit, 
der  hintere  (b)  erreicht  einen  Durchmesser  von  1,5  mm.  Central 
im  vorderen  Saugnapfe  liegt  die  Mundöffnung,  welche  in  den  Darm- 
apparat hereinführt.  An  der  Mundöffnung  tritt  ausserdem  noch 
ein  blindsackartiges  Anhängsel  auf,  dessen  Functionen  noch  nicht 
klargestellt  worden  sind. 

Der  Mund  führt  in  den  vorderen  als  Pharynx  bezeichneten  Ab- 
schnitt, welcher  aus  einer  ungefähr  0,5  mm  langen,  musculösen 
Röhre  gebildet  wird,  in  deren  Wandung  einzelne  Drüsen  zu  be- 
merken sind.  Der  Verlauf  der  Muskeln  in  diesem  Pharynx  ist 
ziemlich  complicirt  und  kann  hier  nicht  näher  darauf  eingegangen 
werden.  An  diesen  Schlund  schliesst  sich  ein  kurzes,  unpaares 
Darmstück  an,  welches  sich  dann  in  zwei  Theile  gabelt,  welche  als 
Hauptstämme  durch  den  Körper  hinziehen  und  im  Endabschnitt 
desselben  blind  endigen.  Sie  geben  von  vorn  bis  hinten  hin  äusserst 
zahlreiche  Seitenblindsäcke  ab,  welche  regelmässig  dendritisch  ge- 
theilt  sind  und  in  die  Seiten  des  Leberegels  verlaufen  (Fig  10). 
Als  Nahrung  dienen  sehr  wahrscheinlich  Blutkörperchen  und  Blut- 
serum. 

Das  Nervensystem  besteht  aus  einem  doppelten  Ganglien- 
paare, welches  im  Kopftheile  direct  hinter  dem  Mundsaugnapf  liegt 
und  durch  eine  Quercommissur  verbunden  wird.  Von  ihm  aus  gehen 
schwache  Seitenästchen  nach  den  Saugnäpfen  u.  s.  w.  und  dann 
zwei  Hauptnerven  durch  den  ganzen  Körper  hindurch,  woselbst  sie 
Seitennervenästchen  abzugeben  scheinen.  Sinnesorgane  fehlen  den 
ausgebildeten  Parasiten.  — Vom  Wasser  gef  ässsystem  kennt 
man  die  Seitenstämme  und  ein  an  dieses  sich  anschliessendes  feines 
Gefässnetz,  welches  in  verschiedenen  Districten  im  Körper  einge- 


51 


lagert  ist.  Die  Gefässnetze  laufen  in  mehreren  Seitenzweigen  zu- 
sammen, diese  Seitenzweige  vereinigen  sich  dann  zu  einem  kurzen 
Endstücke,  welches  in  der  Mitte  des  Rückens  verläuft  und  am  letzten 
Ende  des  Hinterleibes  nach  aussen  mündet. 

Die  Geschlechtsorgane  sind  getrennt  von  einander;  es  tritt, 
trotzdem  das  Distoma  hepaticum  ein  Zwitter  ist,  keine  Selbstbe- 
fruchtung ein. 

Die  männlichen  Geschlechtsorgane  (Fig.  13).  Sie 
bestehen  aus  den  Hodenkörperchen,  einem  Hodenröhrensystem,  zwei 
Kanälchen,  welche  zu  den  Samenleitern  zusammentreten,  dazu  kommt 
eine  Samenblase  und  nach  aussen  zu  ein  ductus  ej aculatorius , wel- 
cher durch  den  Copulationsapparat  hindurchgeht.  Die  Hodenkör- 
perchen werden  aus  kleinen  blinden  Röhrchen  gebildet,  die  in  der 
Bauchfläche  des  Thieres  liegen  und  von  zwei  Punkten  ausgehend, 
sich  spalten,  schlängeln  und  durch  einander  verlaufend,  in  der  Mitte 
des  Körpers  ein  ungefähr  13  mm  breites  und  8 mm  langes  Feld 
einnehmen.  In  ihnen  werden  aus  den  Kernen  besonderer  Samen- 
zellen spiralige  Fäden  gebildet,  welche  sich  in  einer  grösseren  An- 
zahl von  Röhren  sammeln,  welche  in  die  beiden  Hodenkanälchen  (v) 
Zusammenflüssen.  Der  Copulationsapparat  besteht  aus  dem  Cirrus- 
beutel und  dem  Cirrus  (c),  welcher  als  längeres,  gewundenes  Gebilde 
vorgestülpt  werden  kann.  Die  Spitze  ist  stets  nach  vorn  und  rechts 
gedreht.  Die  Ausführungsöffnungen  der  männlichen  Geschlechts- 
organe liegen  im  Ivopftheile  zwischen  Mund  und  Bauchsaugnapf,  am 
vorderen  Rande  des  letzteren. 

Die  weiblichen  Geschlechtsorga n'e  (Fig.  13).  Bei 
denselben  haben  wir  auch  wieder  die  bei  den  Cestoden  schon  be- 
sprochenen verschiedenen  Abtheilungen  zu  unterscheiden.  Mit  zwei 
Oeffnungen  mündet  der  Apparat  nach  aussen,  die  eine  derselben 
liegt  auf  dem  Rücken,  die  andere  ventral,  dicht  unter  der  Aus- 
mündungsöffnung  der  männlichen  Geschlechtsapparate.  Es  beginnt 
der  Apparat  mit  der  Begattungsscheide  (Laurer’scher  Kanal,  Va- 
gina) mit  einer  trichterförmigen  Erweiterung  auf  dem  Rücken  des 
Individuum,  geht  dann  als  kurzer,  ungeschlängelter  Kanal  nach  vorn 
und  mündet  in  einer  Erweiterung  aus,  welche  als  Atrium  (a)  des 
Eileiters  bezeichnet  wird  und  als  Uterus  functioniren  soll.  Um  den 
letzteren  herum  liegt  ein  drüsenförmiges  Organ,  welches  man  als 
Eierschalendrüse  bezeichnet.  Aus  dem  Atrium  des  Eileiters  treten 
nun  eine  ganze  Reihe  von  Kanälen  aus  (resp:  münden  in  dasselbe 
ein),  von  denen  die  einen  aus  dem  Eierstocke  kommen,  in  welchem 
die  primitiven  Eier  gebildet  werden.  Der  Eierkeimstock  ist  ein 
verästelter  Schlauch,  welcher  sich  aus  lauter  kleinen  blinden  Säckchen 
zusammensetzt.  Daneben  befindet  sich  das  Dotterstockpaar  ( d ), 
welches  aus  zwei  grossen  flügelförmigen  Organen  zusammengesetzt 
ist,  die  von  der  Bauch-  bis  zur  Rückenfläche  und  vom  Bauchsaug- 
napf bis  zum  Hinterleibesende  sich  erstrecken.  An  den  Seiten- 
rändern liegen  kleine  runde  Dotterbläschen,  welche  mit  kleinen 
Ausführungskanälchen  zu  mehreren  zusammentreten;  es  führen 
schliesslich  diese  Ausführungsgänge  in  einige  wenige  und  dann  in 

4* 


52 


einen  gemeinsamen  Kanal  über.  Jede  Dotterstockshälfte  besitzt 
solch  einen  Längsstamm,  welcher  vom  vorderen  Rande  des  Bauch- 
saugnapfes bis  zum  hinteren  Leibesende  geht.  In  dem  vorderen 
Theile  desselben  befindet  sich  ein  querer  Vereinigungsstamm,  wel- 
cher in  der  Mitte  eine  Anschwellung  zeigt,  die  als  Dotterbeutel  be- 
zeichnet worden  ist;  es  stellt  sich  diese  Tasche  als  kurzer,  herz- 
förmig erweiterter,  rundlicher,  gemeinsamer  Gang  dar,  von  dessen 
Mitte  aus  ein  kleiner  Kanal  in  das  Atrium  des  Eileiters  führt.  Aus 
diesem  Atrium  gehen  dann  die  Eier,  nachdem  sie  sich  in  demselben 
mit  verschiedenen  Secreten  und  den  Spermatozoen  vereinigt  haben, 
in  den  letzten  Gang  über,  welcher  als  Eileiter  oder  Eiergang  zu 
deuten  ist;  zunächst  verläuft  derselbe  gerade,  dann  aber  in  vielen 
Windungen  und  Schlingen  (sogenannter  Uteruskanal).  Ueber  die 
Deutung  der  verschiedenen  Theile  des  weiblichen  Geschiechtsappa- 
rates  ist  man  noch  nicht  ganz  klar  und  mag  ich  mich  deswegen 
hier  an  dieser  Stelle  nicht  direct  der  einen  oder  anderen  Ansicht 
anschliessen.  Die  Geschlechtsapparate  münden  dorsal  mit  einer 
kleinen  Oeffnung. 

Die  Entwickelung  der  Embryonen.  Schon  in  der 
Einleitung  ist  gesagt  worden,  dass  die  verschiedenen  Distomeen  in 
ihrer  Jugend  2—3  Wirthe  bewohnen  und  zum  Theil  freilebend  sind. 
Aus  den  reifen  Eiern  von  Distoma  hepaticum  (Fig.  14)  bildet  sich 
ein  kleiner  Embryo;  die  Eier  selbst  sind  ungefähr  0,14  mm  lang 
und  0,08  mm  breit,  ihre  Form  ist  hinten  zu  gespitzt,  vorn  flach  ge- 
wölbt und  gedeckelt.  Die  Schale  der  reifen  Eier  erscheint  doppelt 
eontourirt,  innen  grünlich,  aussen  röthlich.  Die  Entwickelung  des 
oben  erwähnten  kleinen  Embryo  geht  in  den  befruchteten  Eiern 
entweder  im  Körper  des  Wirthes  oder  ausserhalb  desselben  im 
Wasser  vor  sich.  Aus  dem  Keimbläschen  des  Eies  und  jedenfalls 
auch  aus  den  diesem  zunächst  liegenden  Plasma-Massen  entsteht 
ein  Häufchen  von  Keimzellen,  welche  äusserlich  von  Dotter-Material 
umlagert  werden.  Aus  diesem  Keimfleck  bildet  sich  ein  längerer, 
ovaler  Embryo  aus,  von  nicht  ganz  x/io  mm  Länge.  Derselbe  liegt 
etwas  gekrümmt  an  der  einen  Seite  des  Eies  (Fig.  15),  er  wird 
von  einem  dunkeln  Wimperkleide  bedeckt,  welches  später  seine 
Functionen  ausübt.  Der  Embryo  sprengt  den  Deckel  des  Eies  und 
kriecht  heraus,  wobei  sein  vorher  gefalteter  Körper  glatt  wird 
und  eine  feste  Form  annimmt.  Dieselbe  ist  kegelförmig,  jedoch 
wird  die  breite  Seite  des  Kegels  nach  vorn  gehalten.  Seine  Länge 
beträgt  nun  das  Doppelte  der  oben  erwähnten.  Vermittelst  der 
Wimperhaare  schwimmt  der  Embryo  im  Wasser  herum,  wobei  die 
vorhandene  vordere  Kopf- Pappille  eingezogen  ist.  Am  vorn  ver- 
breiteteren Ende  befindet  sich  ausserdem  ein  kleiner  Pigmentfleck, 
welcher  als  Augenfleck  gedeutet  werden  kann  und  eine  X förmige 
Gestalt  besitzt.  Dieser  Embryo  gelangt  nun  nach  Leuckart’s  neue- 
sten Untersuchungen  in  den  Körper  einer  kleinen  Wasserschnecke 
(Limnaeus  minutus).  Nach  dem  Einwandern  verliert  der  Embryo 
durch  Abblättern  die  Epidermiszellen,  er  wird  oval  oder  kugelig 
und  biisst  seine  Beweglichkeit  ein.  Auf  diesem  Stadium  entwickeln 


sich  eine  Reihe  von  Zellen  weiter,  welche  zunächst  im  hintern 
Leibesabschnitt  des  Embryo  lagern  und  sich  nach  und  nach  durch 
Wucherung  durch  den  ganzen  inneren  Körper  erstrecken.  Es  sind 
die  Keimzellen,  aus  denen  dann  später  die  weiteren  Entwickelungs- 
stadien vom  Distoma  hervorgehen.  Es  bilden  sich  aus  denselben 
sogenannte  Redien,  welche  nach  ungefähr  2 Wochen  entstehen  und 
zu  5 bis  8 in  einem  Schlauch  auftreten.  Der  Leib  derselben  (Fig.  14) 
ist  cylindrisch  und  besitzt  am  verjüngten  Hinterende  2 zapfenför- 
mige Vorsprünge.  Vorn  zeigt  sich  ein  Kopfabschnitt,  welcher  frei 
beweglich  ist,  entwickelt.  In  diesen  Redien  werden  auch  wieder 
eine  Anzahl  von  neuen  Keimen  gebildet,  welche  die  erste  Anlage 
des  definitiv  ausgebildeten  Thieres  sind.  Diese  Neubrut , welche 
allerdings  einem  geschlechtsreifen  Leberegel  wenig  ähnelt,  wird  als 
Cercarien  (Fig.  18)  bezeichnet.  Die  Cercarien,  welche  zu  15 — 20 
innerhalb  einer  Redie  entstehen,  besitzen  einen  elliptisch  gestalteten 
Körper,  an  welchem  sich  ein  Schwanz  als  Anhang  ansetzt.  In  diesen 
Eercarien,  deren  äusserer  Körper  nicht  mit  Stacheln  besetzt  ist, 
findet  sich  ein  auf  die  Seitentheile  des  Leibes  ausgedehntes  Organ 
welches  aus  neben  einanderliegenden  Körnchenzellen  gebildet  wird. 
Aus  diesen  Körnchen  entwickelt  sich  später  eine  Cyste  um  das  Thier 
herum.  Wie  aber  nun  die  Weiter-Entwickelung  dieser  Cyste  ist, 
das  steht  noch  nicht  ganz  fest.  So  viel  ist  sicher,  dass  die  Jugend- 
formen von  Distoma  hepaticum  erst  in  dem  Leibe,  eines  Warm- 
blüters zu  Geschlechtsthieren  heranreifen.  Die  Cercarien  besitzen 
ausser  einem  Kopfstachel  und  dem  äusserst  beweglichen  Schwanz- 
anhang schon  die  Anlage  des  Verdauungs- Apparates  («),  während 
vom  Geschlechts  - Apparat  noch  nichts  zu  bemerken  ist.  Es  ist 
möglich,  dass  die  Cercarien  ihre  Cysten  in  einem  zweiten  Wasser- 
thiere  entwickeln  und  dann  mit  diesem  in  den  Darm  der  Wieder- 
käuer gelangen*).  (Weiteres  vergleiche  man  im  Nachtrag.) 

Im  Menschen  erzeugen  nun  die  Distomeen,  ebenso  wie  im  Körper 
der  Wiederkäuer  u.  s.  w.  dadurch  Krankheiten,  dass  sie  in  den  ver- 
schiedenen Organen,  besonders  aber  in  der  Leber,  zur  Ablagerung 
gelangen,  indem  sie  von  dem  Zwölffingerdarm  durch  die  Gallenwege 
in  die  Gallengänge  Vordringen.  Die  Gallengänge  werden  entweder 
erweitert  oder  verstopft.  Sind  nun  eine  grosse  Anzahl  von  Cer- 
carien eingedrungen,  so  werden  natürlich  durch  die  Reize,  welche 
sie  auf  die  Gallengänge  ausiiben  und  durch  die  Stauungen  in  diesen 
Gängen,  Entzündungen  und  blasenartige  Erhebungen  der  Leber- 


*)  Die  Entwickelung  der  übrigen  Distomeen  geht  meist  in  ganz  ähnlicher 
Weise  vor  sich,  wie  es  eben  vom  Leberegel  mitgetheilt  wurde.  Aus  dem  Embryo 
entwickelt  sich  entweder  eine  mund-  und  darmlose  Sporocyste,  aus  welcher  dann 
eine  Redie  hervorgeht,  welche  mit  Mund  und  Darm  ausgestattet  ist.  Aus  dem 
Embryo  kann  aber  auch  sofort  eine  solche  Redie  hervorgehen.  Diese  Redien  werden 
nun  die  Ammen  von  neuen  Entwickelungsstadien ; in  ihnen  keimen  entweder 
wieder  Redien,- aus  denen  dann  Cerearienformen  hervorgehen,  oder  es  entwickeln 
sich  aus  den  Redien  direct  Cercarien,  welche  dann,  sowie  sie  in  einen  Wirth 
kommen,  noch  einige  Entwickelungen  erfahren,  auch  noch  einmal  den  Wirth 
wechseln  können,  dann  aber  die  geschlechtreifen  Thiere  produciren. 


54 


kapsel  gebildet.  Gleichzeitig  tritt  Schwund  der  Leberzellen  ein 
und  in  Folge  dessen  werden  die  schwersten  Leber-Krankheiten  her- 
vorgerufen. Aus  der  Leber  geht  der  Leberegel  in  den  Blutstrom 
über  und  kann  an  verschiedenen  Stellen  der  Blutbahn  Störungen 
hervorrufen.  Ueber  den  schliesslichen  Austritt  aus  dem  Körper  des- 
Menschen  ist  noch  gar  nichts  bekannt. 

Eine  Diagnose  ist  schwer  zu  stellen,  falls  man  nicht  zufällig 
Eier  von  Distomeen  im  Kothe  oder  Gallen -Erbrechungen  findet. 
Als  ein  Hauptort  der  Infection  durch  Leberegel  ist  das  Narenta- 
Thal  in  Dalmatien  bekannt.  Der  practische  Arzt  wird  aber  nur 
äusserst  selten  Gelegenheit  haben,  Fälle  von  durch  Distoma  Erkrankten 
zu  behandeln. 

Bei  Menschen  ist  noch  beobachtet  worden : 

Distoma  lanceolatum. 

Diese  Form  gleicht  in  ihrem  Aeusseren  und  in  ihrer  Entwicke- 
lung dem  Leberegel,  nur  ist  sie  bedeutend  kleiner  und  myrthen- 
blattförmig  gestaltet.  Die  Länge  des  Gesammt  - Körpers  beträgt 
ungefähr  8—10  mm.  Derselbe  ist  glatt  und  hakenlos,  vorn  stärker 
zugespitzt,  dann  sich  schnell  verbreiternd  und  wieder  langsam  gegen 
das  stumpfe  Hinterende  zu  abnehmend.  Bei  dem  Menschen  ist 
diese  Form  nur  in  wenigen  Fällen  bekannt  geworden  und  da  sie 
keine  schwereren  Störungen  verursacht,  wird  sie  auch  wohl  häufig 
übersehen  worden  sein.  Niemals  wurde  sie  aber  in  unreifen  Indi- 
viduen (wie  Distoma  hepaticum)  in  der  menschlichen  Haut  ein- 
gekapselt gefunden.  Das  Hauptwohnthier  derselben  ist  das  Schaf. 

Distoma  oculi  humani  (D.  ophthalmobiam). 

Man  hat  einen  Fall  aus  dem  Anfang  dieses  Jahrhunderts  an- 
geführt, bei  welchem  in  dem  Auge  eines  5 Monate  alten  Kindes  4 
Distomeen  zwischen  der  Linse  und  Linsenkapsel  entdeckt  wurden. 
Die  Thierchen  waren  ungefähr  1 mm  lang  und  zeigten  durch  das 
Vorhandensein  der  Saugnäpfe  und  des  gegabelten  Darmes  an,  dass 
sie  zu  einer  Trematodenart  gehörten,  welcher  ist  fraglich. 

Distoma  crassum  (D.  Buskii  dicrocoelium). 

Als  eine  solche  Distomee  ist  von  Cobbold  ein  4 — 6 cm  langer 
ungefähr  2 cm  breiter  Wurm  beschrieben,  welcher  einen  dicken, 
breiten,  vorn  zugespitzten , hinten  abgerundeten  und  äusserlieh 
glatten  Körper  besitzt.  Die  Saugnäpfe  liegen  nahe  beieinander,  die- 
Darmäste  gehen  bis  in’s  letzte  Hinterleibsdrittel  und  die  Geschlechts- 
Öffnung  liegt  gleich  vor  dem  Bauchsaugnapf.  Der  Wurm  ist  bei 
einigen  Chinesen  und  bei  einem  englischen  Missionär  und  dessen 
Frau,  welche  lange  in  China  gelebt  hatten,  gefunden  worden,.  Die 
reifen  Thiere  wanderten,  ohne  grosse  Störungen  zu  veranlassen,, 
aus.  Die  Infection  hatte  wahrscheinlich  durch  Salat,  dann  Austern 
und  frische  Seefische  stattgefunden. 


55 


Distoma  sinense  (D.  spatulatum.) 

Im  Körper  eines  Chinesen  fanden  sich  innerhalb  der  Gallen- 
gänge schmale,  platte,  stachellose  Distomeen,  welche  die  Ursache 
des  Todes  gewesen  waren.  Der  Kranke  war  zuletzt  dyspnoisch  und 
hatte  seit  14  Tagen  an  fcbris  continua  gelitten. 

Distoma  conjundum. 

Dasselbe  wurde  bei  einem  Muhamedaner  aus  Kalkutta,  welcher 
2 Monate  schon  am  Fieber  gelitten  hatte,  gefunden.  In  den  Leber- 
lappen waren  zahlreiche  Distomeen  zerstreut,  jedoch  waren  Gallen- 
blase und  Gallengänge  frei  davon.  Von  der  vorigen  Art  unter- 
scheidet sich  diese  durch  das  mit  Stacheln  besetzte  Aeussere. 

Distoma  heteropliyes. 

Im  Darm  einer  Knabenleiche  fand  Bilharz  eine  Anzahl  von 
Distomeen,  welche  einen  rothbraunen,  vorn  ovalen  und  spitzen, 
hinten  stumpfen  Leib  besassen. 

Distoma  liaematobium. 

Dieser  Parasit  hat  dadurch  ein  grösseres  Interesse,  dass  er  an 
der  Nord-  und  Ostküste  von  Afrika,  von  Kairo  bis  zum  Kapland 
sowie  auf  den  afrikanischen  Inseln  sehr  häufig  vorkommt.  Bei 
Fellah’s,  Kopten  und  Nubiern,  seltener  bei  Negern  hat  man  diese 
Distomee  gefunden. 

Vor  allen  anderen  bis  jetzt  besprochenen  Distomeen  zeichnet 
sich  D.  liaematobium  dadurch  aus,  dass  die  Geschlechter  getrennt 
sind,  Männchen  und  Weibchen  kommen  nebeneinander  vor.  Das 
Männchen  ist  12— 14  mm  lang  und  ungefähr  1 mm  breit,  vorn  liegt 
ein  Mundsaugnapf,  kurz  dahinter  der  Bauchsaugnapf,  auf  welchen 
dann  der  lange  platte  Leib  folgt.  Da  die  Seitenränder  des  Körpers 
sich  nach  aussen  Umschlagen,  erscheint  derselbe  cilindrisch;  seine 
Aussenfläche  ist  mit  Wärzchen  und  Spitzen  besetzt.  Die  Geschlechts- 
öffnung liegt  dicht  hinter  den  Saugnäpfen,  von  ihr  aus  geht  ein 
kurzes,  gemeinsames  Vas  deferens  nach  innen  und  verzweigt  sich 
schliesslich  bis  zu  den  dicht  gedrängten  Hodenbläschen,  welche  dem 
sich  gabelnden  Darm  anhängen.  Das  Weibchen  ist  15—19  mm  lang, 
der  Leib  desselben  ist  platt,  schlank  und  mehr  cylindrisch,  vorn  ist 
er  spitzer,  nach  hinten  zu  verbreitert  er  sich  allmählich.  Die  Darm- 
schenkel verlaufen  nicht  vollständig  getrennt,  sondern  vereinigen 
sich  bald  wieder  zu  einem  spiralig  gewundenen  Darmblindschlauch. 
Die  Eier  liegen  massenhaft  nebeneinander,  sind  ungefähr  0,1  mm 
lang  und  0,04  mm  breit,  an  einem  Rande  häufig  mit  einem  dorn- 
artigen Fortsatz  ausgestattet.  Die  Weibchen  heften  sich  an  dem 
Körper  des  Männchen  an  und  sollen  sich  augli  nach  der  Befruch- 
tung von  diesen  nicht  trennen;  das  Männchen  schlingt  die  Seiten 
seines  Leibes  mantelartig  um  das  Weibchen  herum. 

Im  Körper  des  Menschen  finden  sich  unsere  Distomeen  in  ver- 
schieden grosser  Anzahl  und  zwar  leben  sie  hauptsächlich  in  den 
Blutgefässen  des  Körpers  von  Blutserum  und  Blutkörperchen.  Da 


56 


dieselben,  von  der  Blutbahn  weitergetragen,  besonders  in  den  Capil- 
laren  zur  Ablagerung  gelangen,  so  werden  sie  hauptsächlich  da 
grosse  Störungen  veranlassen,  wo  die  Capillaren  sich  reich  ver- 
zweigen und  wo  das  umliegende  Gewebe  ein  sehr  empfindliches  ist. 
Es  treten  daher  meist  schwere  Gehirnleiden  ein,  chronischer  Blasen- 
katarrh und  stellenweise  heftige  Kolikschmerzen.  Der  Urin  ist  mit 
einem  blutig  schleimigen  Exsudat  vermischt  und  durch  das  Blut- 
harnen wird  schliesslich  chronische  Anämie  erzeugt.  In  der  Niere 
und  der  Blase  treten  Steinbildungen  auf  und  diesen  Bildungen  ent- 
sprechend compliciren  sich  dann  die  Krankheitserscheinungen  noch 
weiter.  Ausserdem  können  Darmleiden,  Pneumonie  und  Störungen 
im  Gefässapparat  stattfinden.  Aeusserlich  sind  die  Kranken  schon 
durch  die  bleiche  Hautfarbe  und  durch  das  welke  zusammengefallene 
Aussehen  kenntlich.  Der  Tod  tritt  durch  Erschöpfung  ein. 

Auf  welche  Weise  die  Infection  geschieht  , ist  nicht  genau  zu 
bestimmen.  Es  scheint  die  Distomeenbrut  dadurch  aufgenommen  zu 
werden,  dass  dieselbe  in  jungen  kleinen  Mollusken  und  Wasserin- 
secten  lebt,  welche  beim  Trinken  verschluckt  werden.  Auch  der 
Genuss  der  Wasserpflanzen  und  Wasserthiere  (Schnecken,  Muscheln) 
kann  die  Ursache  einer  Infection  durch  Distomeenbrut  sein.  Die 
Therapie  besteht  in  der  Prophylaxis.  Es  ist  darauf  zu  achten,  dass 
das  Trinkwasser  stets  filtrirt  oder  gekocht  wird,  dass  Wasserpflanzen 
und  Thiere  niemals  roh  genossen  werden,  es  wird  dann  möglichst 
eine  neue  Einwanderung  von  Distomeen  vermieden  und  kann  so 
Heilung  hervorgerufen  werden.  Zweckmässig  ist  auch  das  Aus- 
wandern der  Patienten  aus  der  Gegend,  wo  die  Distomeen  häufig  sind. 

Amphistoma  hominis. 

Amphistoma  gehört  zu  den,  äusserlich  den  Blutegeln  ähnlichen 
Thieren,  welche  einen  bimförmigen,  vorn  schlanken,  hinten  erwei- 
terten Leib  besitzen,  dessen  Vorder-  und  Hinterende  je  einen  Saug- 
napf trägt.  Die  Würmer  sind  zahlreich  im  Dickdarm,  im  Coecum 
und  Colon  ascenäens , aber  niemals  im  Dünndarm  gefunden  worden. 
Sie  saugen  sich  an  der  Darmschleimhaut  fest  und  ziehen  aus  dieser 
direct  das  Blut  durch  Saugen  aus. 


Nemathelminthes.  Rundwürmer. 

Der  langgestreckte  Körper  ist  drehrund,  schlauch-  oder  faden- 
förmig, nicht  gegliedert,  höchstens  geringelt.  Das  vordere  Ende  ist 
mit  Papillen  oder  Haken  ausgestattet.  Die  Rundwürmer  sind  meist 
getrennt  geschlechtliche  Parasiten,  Die  Entwickelung  geht  ent- 
weder direct  oder  vermittelst  einer  Metamorphose  vor  sich. 


Ufematodes.  Vadenuiiirmer . 

Der  Körper  ist  langgestreckt,  drelirund,  spul-  ode.’  fadenförmig, 
der  Darmkanal  mit  Mund  und  After  versehen.  Am  vorderen  Kör- 


57 


perende  sind  Papillen  oder  Spitzen,  Haken  und  Stacheln  ausge- 
bildet. Meist  legen  die  Nematoden  Eier  ab,  seltener  entwickeln 
sich  diese  im  Körper  schon  zu  Embryonen.  Die  Jugendformen 
leben  in  der  Regel  an  anderen  Orten  als  die  geschlechtsreifen  Thiere; 
die  ersteren  besitzen  häufig  Bohrapparate,  welche  später  verloren 
gehen.  Die  Entwickelung  ist  eine  sehr  wechselnde.  Die  Jugend- 
formen können  sich  in  dem  Körper  anderer  Thiere  bis  zu  einem 
gewissen  Stadium  entwickeln , sich  daselbst  auch  eventuell  ein- 
kapseln; gehen  sie  nun  in  ein  anderes  Thier  über,  so  bilden  sie 
sich  in  diesem  erst  zu  geschlechtsreifen  Individuen  aus.  Andere 
Nematoden  entwickeln  sich  in  feuchter  Erde  zu  sogenannten  Rhab- 
ditiden,  welche  nun  erst  in  den  Körper  eines  spät  eren  Wirt  lies  ein- 
dringen.  Solche  Rhabditisformen  können  auch  geschlechtsreif  werden, 
einige  Nachkommen  erzeugen,  welche  dann  in  höhere  Thiere  ein- 
wandern und  hier  zur  ausgebildeten  Nematode  heranwachsen. 

Ascaridae, 

Der  Körper  der  Ascariden  ist  verhältnissmässig  kurz  und  schlank, 
bei  den  einzelnen  Formen  von  sehr  verschiedener  Länge.  Während 
z,  B.  der  Pfriemenschwanz  höchstens  10  mm  lang  wird,  erreicht  der 
Spulwurm  eine  Länge  von  30 — 38  cm,  ja  bis  40  cm.  Der  Kopf  ist 
oft  durch  drei  papillentragende  Mundlippen  ausgezeichnet,  eine  der- 
selben liegt  mehr  dorsal,  zwei  sind  ventral  gelegen.  Die  Hinter- 
leibesenden zeigen  bei  den  verschiedenen  Geschlechtern  verschie- 
denen Bau;  während  das  der  Weibchen  ziemlich  schlank  ist,  finden 
wir  das  der  Männchen  meist  hakenförmig  herumgebogen  und  mit 
1—2  hornigen  Stacheln,  sowie  auch  häufig  mit  einem  lappenartigen 
Haftapparat  ausgerüstet.  Was  die  inneren  Organe  anlangt,  so 
wollen  wir  dieselben  gleich  bei  dein  Spulwurm  näher  besprechen. 
Ueber  die  Entwickelung  und  die  Jugendformen  ist  man  nur  bei 
einigen  klar  geworden.  Es  scheint  bei  denselben  nicht  immer  nöthig 
zu  sein,  dass  die  Eier,  nachdem  sie  nach  aussen  gelangt  sind,  eine 
Brut  hervorgehen  lassen,  welche  erst  eine  Zeit  lang  frei  lebt  und 
dann  in  ein  höheres  Thier  übertragen  wird,  sondern  es  können  die 
Eier  direct,  im  Körper  des  Menschen  z.  B.,  Embryonen  bilden,  welche 
sich  im  Darm  weiter  entwickeln  und  geschlechtreif  werden,  wie  dies 
beim  Pfriemenschwanz  der  Fall  ist, 

Ascaris  lumbricoiäes.  Der  Spulwurm  (Tafel  IV,  Fig.  20 — 24). 

Im  Darm  des  Menschen,  besonders  in  dem  der  Kinder  findet 
sich  dieser  weit  verbreitete  Parasit  in  wenigen  oder  in  Hunderten, 
ja  Tausenden  von  Exemplaren  vor;  während  die  kleinsten  derselben 
nur  wenige  mm  lang  sind  und  dem  blossen  Auge  als  zarte,  weisse 
läserchen  erscheinen,  erreichen  die  grösseren  derselben  eine  durch- 
schnittliche Länge  von  20 — 30  cm.  Die  Spulwürmer  sind  getrennten 
Geschlechts  und  kennzeichnen  sich  die  geschlechtsreifen  Individuen 
durch  eine  verschiedene  Ausbildung  ihres  Körpers.  Die  Männchen 
sind  stets  die  kleineren  sie  werden  etwa  27  cm  lang  und  sind  leicht 


58 


daran  zu  erkennen,  dass  das  Hinterleibsende,  welches  die  Ge- 
schlechtsöffnung trägt,  in  Form  eines  kurzen  Hakens  nach  der  Bauch- 
seite zu  umgeschlagen  ist  (Fig.  22);  das  Ende  ist  stumpf,  mit 
einigen  Papillen  auf  der  breiten  Fläche  versehen  und  zeigt  nahe  am 
ventralen  Rande  eine  Art  Kloakenöffnung  (c),  durch  welche  die  Ge- 
schlechtsproducte  und  der  Darminhalt  entleert  werden.  Ausserdem 
ragen  über  diese  kleine  Endscheibe  aus  der  Kloakenöffnung  zwei 
gebogene,  dünne  Chitinstacheln  (Spicula)  hervor,  welche  bei  der 
Copulation  eine  innigere  Fixirung  des  Männchens  und  Weibchens  be- 
werkstelligen. Die  Weibchen  sind,  wie  bemerkt,  die  grösseren,  sie 
erscheinen  in  der  Mitte  des  Leibes  oft  mehr  aufgetrieben,  das  hintere 
Leibesende  ist  spitz,  das  vordere  ist  gerade,  die  Geschlechtsöffnung 
liegt  hinter  dem  vorderen  Leibesdrittel. 

Die  äussere  Haut  ist  bräunlich  oder  von  einer  schmutzig 
gelbrothen  Farbe,  sie  wird  von  einer  äussereü  Cuticula  (Fig.  24  cu) 
gebildet,  welche  ziemlich  derb  ist  und  über  einer  weichen,  feinen 
körnigen  Subcuticularschicht  liegt.  Der  Hautmuskelschlauch,  wel- 
cher auf  die  letztgenannte  Schicht  folgt,  ist  stark  entwickelt  und 
besteht  der  Hauptsache  nach  aus  einer  kräftigen  Längsmusculatur. 
An  den  Seiten  sieht  man  zwei  längs  verlaufende  Linien,  welche  von 
den  Excretionsorganen,  die  direct  unter  der  Haut  von  vorn  nach 
hinten  verlaufen,  gebildet  werden  (Fig.  24  S). 

Das  Nervensystem  wird  aus  einem  Nervenringe  gebildet, 
welcher  um  den  Schlund  herum  gelagert  ist  und  nach  hinten  zu 
Ausläufer  entsendet;  im  Schwanzende  soll  noch  ein  weiteres  Gang- 
lion (das  Schwanzganglion)  vorhanden  sein.  Sinnesorgane 
scheinen  vollständig  zu  fehlen,  höchstens  können  kleine  Papillen  am 
Mund-  und  Endabschnitt  des  Körpers  als  Tastapparate  angesprochen 
werden.  Der  Verdauungsapparat  beginnt  am  vorderen  Körper- 
ende mit  einer  kleinen  Mundöffnung,  um  welche  herum  die  drei 
Mundlippen  stehen,  deren  Ränder  mit  feinen  chitinigen  Zahnleisten 
ausgestattet  sind.  Der  Oesophagus  ist  lang  und  weit,  auf  dem  Quer- 
schnitt dreikantig,  er  wird  von  einzelnen,  starken  Muskelbündeln 
umlagert.  Der  auf  ihn  folgende  Darm  verläuft  ziemlich  gerade  und 
lässt  keine  weiteren  Abschnitte  an  sich  erkennen.  Auf  Querschnitten 
zeigt  der  vordere  Leibesabschnitt  central  den  dreikantig  ausgebil- 
deten Oesophagus,  um  welchen  ringförmig  das  Central  - Nerven- 
system gelagert  ist.  Der  mittlere  Leibesabschnitt  (Fig.  24)  lässt  auf 
Querschnitten  den  Darm  als  flaches,  breites  Gebilde  (d)  erscheinen 
unter  welchem  die  Geschlechtsorgane  (Cr)  und  Keimdrüsen  liegen. 
Alle  Querschnitte  zeigen  genau  oben  und  unten  die  Mittellinien,  an 
denen  sich  eine  Quermusculatur  ansetzt.  An  den  Seiten  lassen  sich 
die  erwähnten  Excretionsorgane  erkennen.  Als  solches  dient 
ein  jederseits  unter  der  Haut  verlaufendes,  helles  Gefäss,  welches 
mit  einem  hellen,  körnchenreichen  Inhalt  erfüllt  ist.  Im  vorderen 
Körpertheile  vereinigen  sich  die  beiden  Gefässe  und  entsenden  dann 
eine  kurze  Ausgangsröhre  nach  der  Bauchseite,  woselbst  sich  die 
Ausführungsöffnung,  der  Poms  excretorius,  findet. 

Die  Geschlechtsorgane  stellen  sich  beim  Männchen  als 


59 


ein  langes  unpaares,  sehr  vielfach  aufgewundenes,  röhrenförmiges 
Organ  dar,  welches  als  Hoden  functionirt  und  schliesslich  in  ein 
einfaches  Vas  deferens  übergeht;  in  dem  gewundenen  Endabschnitt 
bilden  sich  die  Spermatozoen,  welche  sich  als  Zellen,  niemals  aber 
in  Faden-  oder  Haarform  repräsentiren.  Die  Zellen  führen  amö- 
boide Bewegungen  aus  und  gelangen  vermittelst  derselben  in  das 
obere  Ende  der  weiblichen  Keimröhre.  Das  Vas  deferens  dient  in 
seinem  unteren  Theile  als  Ductus  ejaculatorius.  Als  Begattungs- 
organ dienen  die  oben  erwähnten  Stäbchen  (Spicula)  die  durch  zwei 
Muskeln  vorgestreckt  und  zurückgezogen  werden  können.  — Die 
weiblichen  Geschlechtsorgane  zeigen  im  Inneren  einen  doppelten, 
vielfach  gewundenen  Schlauch,  welcher  die  Keime  producirt;  all- 
mählich gehen  dieselben  in  dicker  werdende  Abschnitte  über,  welche 
wir  als  Eileiter  bezeichnen  können.  Die  Eileiter  treten  schliesslich 
zusammen,  bilden  in  ihren  Endstücken  einen  Uterus,  welcher  mit 
einer  kürzeren,  engeren  Scheide  am  vorderen  Theile  des  Körpers 
mündet.  Die  Eier  bilden  sich  in  Schnüren  hintereinander  innerhalb 
der  Ovarien,  sie  sind  zunächst  rundlich,  schliesslich  platt  und  dann 
oval.  Nachdem  sie  befruchtet  worden  sind,  gehen  sie  durch  die  Ei- 
leiter nach  dem  Uterustheile  hin  und  werden  hier  von  einer  Schale 
umhüllt  (Fig.  23  a). 

Wie  die  Weiterentwickelung  der  Eier  vor  sich  geht,  ist  noch 
nicht  genau  bekannt,  man  weiss  zwar,  dass  sich  der  Dotter  zer- 
klüftet, zuuächst  zwei,  dann  mehrere  Furchungskugeln  bildet,  welche 
sich  dann  energisch  wieder  theilen  und  schliesslich  einen  kleinen 
Embryo  aus  sich  hervorgehen  lassen,  der  nach  vielleicht  12  Monaten 
vollständig  ausgebildet  ist,  dann  das  Ei  verlässt  und  auf  irgend  eine 
Weise  wieder  in  den  Körper  des  Menschen  zurückgelangt,  wo  wir 
aber  die  junge  Ascaridenbrut  zu  suchen  haben,  ist  zur  Zeit  noch 
nicht  festgestellt,  es  ist  nur  Thatsache,  dass  die  niedere  Volksklasse 
und  die  Kinder  der  höheren  Stände  sehr  häufig  mit  Spulwürmern 
behaftet  sind.  Nach  diesem  Umstand  hat  man  vorausgesetzt,  dass 
vielleicht  das  rohe  ungeschälte  Obst  derjenige  Stoff  sei,  welcher  die 
Embryonen  weiter  verbreitet. 

Die  Krarikheitserscheinungen,  welche  der  Spulwurm  hervorruft, 
sind  nur  in  wenigen  Fällen  sehr  heftige,  meist  sind  es  leichtere  Ver- 
dauungsbeschwerden und  ein  unangenehmer  Kitzel  in  dem  Ver- 
dauungsapparat, oft  aber  auch  gelinderer  oder  heftigerer  Kopf- 
schmerz, welcher  durch  das  massenweise  Auftreten  der  Spulwürmer 
hervorgerufen  wird.  Bei  Kindern  soll  er  ausserdem  Epilepsie  her- 
vorrufen  können  und  hat  man  Gehirnerscheinungen  der  verschie- 
densten Art  mit  der  Anwesenheit  von  Spulwürmern  in  Zusammen- 
hang gebracht.  Im  Dünndarm  des  Menschen  kann  er  durch  con- 
stanten  Druck  auf  die  Darmwandungen  Perforationen  der  letzteren 
erzeugen  und  zu  Abscessen  und  Hernien  Anlass  geben.  Durch  die 
entstandene  Darmöffnung  tritt  dann  der  Wurm  aus,  worauf  der 
Abscess  zur  Heilung  gelangt.  Bei  Kindern  gewahrt  man  bei  An- 
wesenheit zahlreicher  Würmer  eine  blasse  Gesichtsfarbe  und  tief 
umschattete  Augen.  ' 


60 


Es  können  jedoeli  auch  ernstere  Krankheitserscheinungen  durch 
den  Spulwurm  dadurch  hervorgerufen  werden,  dass  einzelne  Indi- 
viduen desselben  aus  dem  Darme  auswandern  und  in  andere  Organe 
übertreten.  Besonders  gern  kriechen  kleine  Spulwürmer  in  den 
ductus  cliöledoclms  u.  s.  w. , auch  hat  man  beobachtet,  dass  die- 
selben durch  den  Oesophagus  in  die  Nasen-  und  Rachenhöhle  hinein- 
gelangen und  dann  von  hier  aus  unter  Umständen  in  die  Tuba 
Eustachii  oder  in  den  Kehlkopf  und  die  Luftröhre  u.  s.  w.  wandern. 
Auch  in  den  Nieren,  sowie  in  der  Vagina  und  der  Blase,  endlich 
auch  in  der  Musculatur  hat  man  Ascariden  hin  und  wieder  aufge- 
" fanden.  Sind  die  Würmer  in  edlere  Organe  hineingelangt,  so  können 
natürlich  die  Störungen,  welche  sie  hervorrufen,  bedenklicher  Ai't 
werden. 

Die  Prophylaxis  ist  solange  noch  unsicher,  als  wir  nicht 
die  Verbreitung  der  Jugendformen  wie  der  Würmer  kennen.  Die 
Therapie  werden  wir  in  den  am  Schlüsse  angeführten  Tabellen 
angeben. 

Ausser  beim  Menschen  kommt,  der  Spulwurm  noch  bei  ver- 
schiedenen Säugethieren  vor,  so  beim  Rinde  und  Schweine,  jedoch 
hat  man  die  in  den  letzteren  vorkommenden  Spulwürmer,  da  sie 
kleiner  sind,  als  die,  welche  im  Menschen  gefunden  werden,  als  eine 
Varietät  des  A.  lumbricoides  angesehen. 

Ascaris  mystax.  Katsenspuhvurm. 

Bei  vielen  Fleischfressern,  der  Katze,  dem  Hunde,  dem  Wolfe, 
Fuchse  u.  s.  w.  kommt  im  Darm  ein  dünner,  langgestreckter  Spul- 
wurm vor,  dessen  Männchen  5 — 6 cm,  dessen  Weibchen  12 — 13  cm 
lang  ist.  Am  Kopf  befindet  sich  ein  mit  drei  rundlichen  Lippen 
besetzter  Mund,  an  jeder  dieser  Lippen  zeigen  sich  vorne  zwei  spitz 
zulaufende  Zipfel  und  ausserdem  grössere  Chitinzähnchen.  Hinter 
dem  abgesetzten  Kopfe  befinden  sich  zwei,  ungefähr  3—4  mm  lange, 
seitlich  gelegene  Membranen  von  zusammen  ungefähr  herzförmiger 
Gestalt.  Das  Männchen  ist  durch  das  .spiralig  aufgerollte  Hinter- 
leibsende charakterisirt.  An  diesem  hinteren  Körperabschnitt  finden 
sich  zahlreiche  Papillen  und  zwei  dünne,  stark  gekrümmte  Spicula. 
Die  Geschlechtsöffnung  des  Weibchens  liegt  ungefähr  zu  Ende  des 
vorderen  Leibesdrittels.  Das  Weibchen  von  Ascaris  mystax  ist  als 
Ascaris  marginata  beschrieben  worden.  Die  Entwickelungsgeschichte 
ist  nicht  genau  bekannt.  Die  Würmer  finden  sich  unter  Umständen 
auch  im  Körper  des  Menschen. 

Oxyuris  vermicidaris.  Der  Ffriemcnschivanz , Madenmmn 
(Tafel  V,  Fig,  1-7). 

Der  Körper  dieser  Würmer  ist  klein  und  schlank,  am  Vorder- 
ende etwras  verdickt,  am  hinteren  spitz  auslaufend;  das  Weibchen 
wird  ungefähr  10  mm  lang,  das  Männchen  erreicht  nur  eine  Länge 
von  vielleicht  3 — 5 mm.  Aeusserlich  unterscheiden  sich  Männchen 
und  Weibchen  ausser  durch  die  verschiedene  Grösse  auch  schon 


61 


durch  die  verschiedene  Körperform.  Während  der  Körper  des 
Weibchens  (Fig.  2)  seine  grösste  Dicke  im  vorderen  Leibesdrittel 
erreicht  und  sich  nun  allmählich  verjüngt  und  schliesslich  in  einen 
spitzen  schwanzartigen  Anhang  endigt,  ist  der  Körper  des  Männchens 
(Fig.  3)  fast  an  allen  Stellen  ziemlich  gleich  stark;  während  weiter- 
hin das  Weibchen  gerade  gestreckt  sein  kann,  ist  der  Körper  des 
Männchens  am  Hinterende  hakenförmig  umgebogen  und  führt  nur 
ein  Spiculum  (ni). 

Der  vordere  Körpertheil  zeichnet  sich  durch  eine  Hautauf- 
treibung aus  und  trägt  an  seiner  Spitze  die  Mundöffnung,  welche 
von  drei  kleinen  Lippen  umgeben  wird.  Der  Mund  führt  in  eine 
anfangs  enge,  dann  aber  weiter  werdende  Speiseröhre  (s),  welche 
durch  einen  starken  Muskelschlauch  zu  einem  Pumpapparat  umge- 
wandelt ist  und  sich  in  ihrem  letzten  Abschnitte  blasenförmig  zu 
einem  Schlund  erweitert.  An  diesen  letzteren  setzt  sich  mit  einer 
kleinen  Anschwellung  der  Darmkanal  an  und  verläuft  ziemlich  gerad- 
linig durch  den  Körper  hindurch,  um  beim  Weibchen  ungefähr  auf 
3ji  der  ganzen  Körperlänge,  beim  Männchen  am  Ende  des  Körpers 
nach  aussen  zu  münden. 

Die  weiblichen  Geschlechtsapparate  (Fig.  2,  u,  v) 
bestehen  bei  jungen  Thieren  aus  zwei  fadenförmigen  Ovarien,  welche 
einige  Schlingen  beschreiben  und  dann  in  die  Eileiter  übergehen. 
Die  letzteren  sind  etwas  erweitert  und  bilden  schliesslich  ein  als 
Uterus  (m)  functionirendes  Stück.  Der  eine  Uterus  ist  nach  vorn, 
der  andere  nach  rückwärts  von  der  Geschlechtsöffnung  iy)  gelagert. 
Die  Uteri  führen  in  eine  zunächst  blasig  aufgetriebene,  dann  röhren- 
förmige Vagina.  Die  Geschlechtsöffnung  liegt  im  vorderen  Leibes- 
abschnitt. 

Der  männliche  Geschlechtsapparat  (Fig.  3,  h)  stellt 
ein  unpaares,  schlauchförmiges  Organ  dar,  dessen  oberes  Ende  als 
Hoden  functionirt,  während  das  untere  Ende  zur  Ejaculation  des 
Sperma’s  dient.  Als  Copulationsorgan  finden  wir  ein  Chitinspiculum. 

Die  reifen  Thiere  bewohnen  oft  zu  vielen  Tausenden  den  Dünn- 
darm des  Menschen,  begatten  sich  hier  und  gehen  dann  in  den 
Blinddarm  über,  wo  sie  die  Eier  weiter  entwickeln  und  woselbst  die 
Weibchen  von  den  reifen  Eiern  (8000 — 12000)  ganz  vollgepfropft 
werden  und  dadurch  bedeutend  grösser  und  dicker  erscheinen.  Diese 
Weibchen  ziehen  nun  weiter  durch  den  Darmkanal  hinab  und  legen 
ihre  Eier  zwischen  den  Schleimhautfalten  des  Enddarms  ab,  oder 
gelangen  zu  Hunderten  oder  Tausenden  mit  dem  Koth  nach  aussen. 
Die  Eier  (Fig.  5)  sind  oval,  seitlich  etwas  abgeflacht  0,05  mm  lang, 
0,02  mm  breit.  Das  in  ihnen  enthaltene  Dottermaterial  theilt  sich 
und  bildet  schliesslich  einen  kleinen,  in  der  Eihaut  aufgerollten 
Embryo,  welcher  nur  die  Eischale  zu  durchbrechen  braucht,  um 
zum  Weiterleben  befähigt  zu  sein. 

Aus  dem  Darmkanal  wandern  die  Pfriemenschwänze  häufig  aus 
und  gelangen  dann  entweder  durch  den  Oesophagus  in  die  Mund- 
höhle, wie  dies  häufiger  bei  Kindern  beobachtet  ist  (?)  oder  sie  ver- 
lassen den  Körper  durch  den  After  und  treten  lei  Frauen  und 


62 


Mädchen  in  die  Vagina  über,  in  welcher  sie  dann  bis  zu  dem  Uterus 
hinaufkriechen  und  selbst  in  diesen  eindringen. 

Wie  schon  erwähnt  lebt  der  Pfriemenschwanz  nur  im  Körper 
des  Menschen,  er  muss  direct  vom  Menschen  auf  den  Menschen 
wieder  übertragen  werden  und  diese  Uebertragung  geschieht  eben 
, durch  die  Eier.  Die  sich  im  Enddarm  befindenden  Weibchen  er- 
zeugen durch  ihre  Bewegungen  einen  heftigen  Juckreiz,  welcher 
besonders  des  Abends  und  Nachts  in  der  Bettwärme  äusserst  lästig 
wird.  Da  nun  der  Mensch  auf  alle  äusseren  Reize  mit  den  Fingern 
juckend  und  kratzend  reagirt,  so  werden  die  aus  dem  After  aus- 
tretenden  Weibchen  zerdrückt  und  die  frei  werdenden  Eier  dann 
durch  die  Finger  entweder  direct  auf  den  Mund  übertragen  oder 
indirect  durch  die  Nahrung  dem  Magen  einverleibt.  Besonders 
heftig  tritt  die  Infection  durch  den  Madenwurm  hei  jenen  Personen 
auf,  welche  die  üble  Angewohnheit  haben,  ihre  Nägel  des  Morgens 
durch  Kauen  wieder  auf  ein  Minimum  zu  reduciren.  Der  practische 
Arzt  hat  daher  seine  Patienten  direct  auf  diese  Unsitte  aufmerksam 
zu  machen,  um  dadurch  eine  Selbstinfection  möglichst  zu  verhüten. 
Die  Weiterverbreitung  geschieht  aber  auch  sehr  leicht  dadurch, 
dass  durch  ein  Individuum  in  der  Umgebung  Eier  auf  Nahrungs- 
mittel übertragen  werden  und  sich  so  auf  verschiedene  Individuen 
verschleppen.  Tritt  also  in  einer  Familie  bei  mehreren  Mitgliedern 
unser  Madenwurm  auf,  so  kann  man  sicher  sein,  dass  das  Dienst- 
personal oder  die  Vorsteherin  des  Hauswesens  mit  denselben  be- 
haftet ist,  worauf  natürlich  der  Arzt  in  solchen  Fällen  genau  zu 
achten  hat.  Um  eine  Ansteckung  zu  vermeiden  ist  auf  peinlichste 
Reinlichkeit,  besonders  der  Hände  und  Nägel  zu  halten. 

Die  Krankheitserscheinungen  sind  ganz  verschiedener  Art;  meist 
weiss  es  der  Mensch  gar  nicht  einmal,  wenn  er  den  Pfriemen- 
schwanz beherbergt,  häufig  wird  er  durch  ein  Jucken  im  Enddarm 
und  After  auf  diese  Parasiten  aufmerksam.  Bei  geeigneten  Vorsichts- 
m assregeln  bleibt  es  bei  diesen  leichten  Erscheinungen.  Tritt  aber 
fortwährend  wieder  Selbstinfection  ein,  so  können  allerhand  Darm- 
beschwerden und  Nervenleiden  hervorgerufen  werden.  Bei  den 
Kranken  tritt  häufig  eine  Melancholie  ein,  die  sich  beträchtlich 
steigern  kann  und  sie  zu  allen  Arbeiten  unfähig  macht.  Die  Ent- 
wickelung der  jungen  Brut  geht  im  Körper  nach  wenigen  Tagen 
vor  sich  und  schon  nach  Verlauf  von  ungefähr  14  Tagen  finden  sich 
geschlechtsreife  Weibchen  auf  den  Fäces.  Besonders  zu  Ende  des 
Winters  scheint  die  Entwickelung  am  energischsten  vor  sich  zu 
gehen,  wenigstens  hat  man  um  diese  Zeit  die  meisten  an  Oxyuris 
leidenden  Kranken  constatirt. 


Strongylidae,  JPalissadenwiirmer  (Tafel  VI,  Fig.  1—4). 

Die  Mundöffnung  ist  von  Papillen  umgeben,  entweder  eng  oder 
in  eine  chitinige,  weite  Mundkapsel  führend,  an  deren  Rändern 
Spitzen  und  Haken  entwickelt  sein  können.  Um  die  männliche 
Geschlechtsöffnung  liegt  eine  schirmförmige  Bursa,  in  welcher  Muskel- 


63 


rippen  verlaufen  und  welche  am  Rande  'mehrere  Papillen  trägt.  Als 
Begattungsorgane  dienen  meist  zwei  Spicula. 

ft 

Eustrongylus  gigas.  Der  Riesenpalissadenwurm. 

Das  Männchen  ist  ungefähr  13  bis  höchstens  40  cm  lang,  wäh- 
rend das  Weibchen  30 — 90  cm  lang  sein  kann  und  dann  eine  Dicke 
von  1 cm  erreicht.  Der  Körper  ist  walzenförmig  und  von  röthlicher 
Farbe.  Der  Kopf  ist  stumpf;  um  den  eckigen  Mund  herum  stehen 
sechs  kleine  Wärzchen.  Der  Oesophagus  ist  verhältnissmässig  kurz 
und  musculös,  neben  ihm  verlaufen  vorn  drei  Längskanälchen,  welche 
sich  hinten  theilen  und  blind  endigen.  Der  Darm  geht  ohne  Bie- 
gung durch  den  Körper  hindurch.  Der  männliche  Geschlechts- 
apparat mündet  mit  dem  Darm  innerhalb  der  Bursa;  als  Copula- 
tionsorgan  ist  ein  Spiculum  vorhanden.  Die  weibliche  Geschlechts- 
öffnung liegt  ventral  ungefähr  5 — 7 cm  hinter  dem  Kopf.  Die  Keim- 
drüse ist  einfach  fadenförmig  und  besonders  im  hinteren  Leibesende 
vielfach  geschlungen;  an  dieselbe  setzt  sich  ein  einfacher,  mehrere 
mm  dicker  Uterus  an,  welcher  schliesslich  durch  die  2 cm  lange 
Vagina  nach  aussen  führt.  Die  Eier  sind  braun,  an  einem  Pole 
etwas  abgeplattet,  ungefähr  0,07  mm  lang  und  0,04  mm  breit.  Der 
Riesenpalissadenwurm  findet  sich  in  dem  Nierenbecken  des  Hundes, 
Pferdes,  Rindes,  bei  Ottern  und  Mardern,  selten  in  dem  des  Men- 
schen. Hin  und  wieder  kann  er  auch  im  Harnleiter  oder  in  der 
Harnblase,  sowie  in  der  Bauchhöhle  Vorkommen. 

Beim  Menschen  kann  natürlich  ein  solcher  Parasit  grosse  Stö- 
rungen hervorrufen,  indem  er  das  Nierengewebe  zerstört.  In  Folge 
dessen  treten  Abmagerung  und  Harnleiden  ein.  Der  Harn  ist  blutig 
und  enthält  häufig  Eiter  oder  Gerinnsel,  welches  aus  der  von  dem 
Wurm  befallenen  Niere  herrührt.  Die  Patienten,  deren  allerdings 
nur  wenige  bekannt  sind,  klagten  über  Schmerzen  in  der  kranken 
Niere  und  über  eine  Bewegungsempfindung,  welche  durch  den  Wurm 
hervorgerufen  worden  war. 

Strongylus  longevaginatus. 

Derselbe  ist  bis  jetzt  nur  einmal  in  der  Lunge  eines  Knaben 
gefunden  worden.  Das  Männchen  ist  ungefähr  16  mm,  das  Weibchen 
bis  25  mm  lang  und  0,5 — 0,7  mm  dick.  Der  Mund  wird  von  sechs 
grossen  Papillen  umgeben;  die  Bursa  ist  zweilappig,  die  zwei  Spi- 
cula sind  sehr  lang.  Die  weibliche  Geschlechtsöffnung  liegt  un- 
mittelbar vor  dem  After;  die  inneren  Keimorgane  sind  einfach. 
Ueber  die  Entwickelung  ist  zur  Zeit  noch  nichts  bekannt. 

Strongylus  duodenalis  (Tafel  VI,  Fig.  1 — 4).; 

Dieser  als  Anchylostoma  duodenale  oder  Dochmius  duodenale 
bekannte  Wurm  findet  sich  hauptsächlich  in  südlicheren  Ländern, 
besonders  in  Aegypten,  Brasilien,  Italien  und  in  der  Schweiz.  Neuer- 


64 


dings  wurde  er  bei  den  am  Gotthard- Tunnelbau  beschäftigten  Ar- 
beitern und  Beamten  gefunden.  Er  scheint  sich  langsam  nach 
dem  Norden  hin  zu  verbreiten,  wenigstens  hat  man  ihn  in  Wien 
und  auch  an  anderen  Orten  bei  italienischen  Arbeitern  gefunden. 

Männchen  und  Weibchen  sind  verschieden  gebaut.  Ersteres  ist 
6—10  mm,  letzteres  12 — 18  mm  lang,  das  Kopfende  ist  etwas  nach 
hinten  gebogen  und  ausserdem  ist  der  Leib  des  Männchens  meist 
noch  in  der  Mitte  geknickt. 

Charakteristisch  ist  die  Ausbildung  des  Saugapparates  am  vor- 
deren Kopfende  (Fig.  3),  dasselbe  ist  vorn  etwas  abgestutzt  und 
zeigt  eine  glockenförmige  Vertiefung,  welche  mit  einem  Chitinüber- 
zug ausgerüstet  ist  und  in  welcher  eine  Anzahl  von  Stacheln  zum 
Zweck  des  Nahrungserwerbes  auftreten.  Am  vorderen  Rande  dieser 
Mundkapsel  befinden  sich  vier  Stacheln,  diesen  gegenüber  noch 
zwei  kleinere  und  ausserdem  weiter  nach  innen  zu  noch  zwei  spitze 
Fortsätze.  Mit  der  Mundkapsel  wird  ein  Stückchen  der  Darm- 
schleimhaut aufgesaugt,  die  Stacheln  stechen  ein  Blutgefäss  an, 
worauf  das  ausfliessende  Blut  in  den  Darm  eingepumpt  wird.  Der 
Verdauungsapparat  beginnt  mit  einem  kräftigen,  musculösen  Schlund, 
welcher  als  Saugapparat  uient  und  in  den  ziemlich  gerade  ver- 
laufenden Darm  überführt. 

Die  Geschlechtsorgane  sind  ähnlich  gebaut,  wie  bei  den  oben 
besprochenen  Arten.  Die  weibliche  Geschlechtsöffnung  liegt  etwas 
hinter  der  Leibesmitte,  die  männliche  auch  wieder  am  hinteren 
Leibesende,  woselbst  sie  von  einer  häutigen,  flachen  Bursa  umgeben 
wird  (Fig.  4).  Die  Entwickelung  der  Eier  ist  nicht  genau  bekannt, 
aus  den  ovalen  0,05  mm  langen  zartwandigen  Eiern  schlüpft  schon 
nach  Verlauf  eines  Tages  ein  kleines  Würmchen  aus,  welches  um- 
herkriecht und  schliesslich  ins  Wasser  gelangt,  um  dann  mit  dem 
Trinkwasser  oder  mit  der  aufgenommenen  Nahrung  in  den  mensch- 
lichen Körper  zurückzukehren.  Man  kennt  noch  nicht  genau  die 
Umwandlungen,  welche  der  Palissadenwurm  im  Darm  des  Menschen 
erfährt.  Wahrscheinlich  durchläuft  er  erst  ein  Ruhestadium,  indem 
er  sich  kürzere  Zeit  in  der  Darmwandung  einkapselt  und  dann  aus 
dieser  Kapsel  wieder  mit  vollkommen  entwickelten  inneren  Organen 
in  den  Darm  zurückkehrt. 

Die  Krankheiten,  welche  der  Palissadenwurm  hervorbringt,  sind 
sehr  verschieden,  je  nachdem  mehr  oder  minder  zahlreiche  Würmer 
im  Darm  auftreten.  Da  dieselben  die  angerissene  Darmschleimhaut 
öfter  verlassen,  so  treten  Nachblutungen  aus  den  Wunden  ein  und 
in  Folge  dieses  constanten  Blutverlustes  werden  die  Patienten  im 
hohen  Grade  chlorotisch,  da  ausserdem  noch  die  Verdauung  ge- 
schwächt ist,  und  sehr  mangelhafte  Ernährung  stattfindet,  so  wird 
der  Körper  schwach  und  arbeitsunfähig.  Man  ist  geneigt  gewesen, 
jenes  Siechthum,  welches  die  Arbeiter  des  Gotthardtunnels  befiel, 
einzig  und  allein  auf  die  Störungen  zurückzuführen,  welche  der 
Palissadenwurm  im  Organismus  hervorruft,  man  ist  darin  aber  wohl 
zu  weit  gegangen  und  hat  die  Nebenumstände,  welche  mit  auf  die 
Erschlaffung  der  Arbeiter  hinwirkten,  zu  wenig  beachtet;  die  Gruben- 


65 


luft,  angefüllt  mit  Stickgasen,  die  fortwährende  Feuchtigkeit  und 
die  Exhalation  der  gesprengten  Gesteine,  mögen  wohl  das  Meiste 
dazu  beigetragen  haben,  dass  der  Körper  der  Arbeiter  so  schnell 
dahinsiechte. 

Man  kann  die  Therapie  hier  auch  wieder  in  die  Prophylaxis 
und  in  die  directe  eintheilen.  In  jenen  Gegenden,  wo  der  Doch- 
mius  in  grösserer  Anzahl  vorkommt,  thut  man  gut,  das  Trink- 
wasser und  die  aufzunehmende  Nahrung  möglichst  zu  reinigen. 
Ersteres  sollte  man  niemals  unfiltrirt  geniessen,  letztere  stets  ge- 
kocht und  gut  gereinigt.  Da  sich  die  Eingeborenen  in  den  befallenen 
Districten  sicher  nicht  dazu  verstehen  werden,  durch  Anlage  guter 
Wasserwerke  die  Gefahr  einer  Infection  möglichst  herabzusetzen, 
so  hat  sich  der  in  jenen  Gegenden  aufhaltende  Europäer  selbst  um 
die  Beschaffung  guten  Trinkwassers  zu  kümmern. 


Trichotrachelitlae. 

Der  fadenförmige,  dünne  Leib  ist  meist  nur  von  geringer 
Grösse,  oft  mikroskopisch  klein,  er  jst  lang  gestreckt,  rund  und  mit 
einem  schwachen,  langen  Vorderabschnitt  versehen,  an  dessen  Spitze 
die  papillenlose,  kleine  Mundölfnung  liegt.  Der  After  befindet  sich 
fast  am  hinteren  Körperende. 

Die  männlichen  Individuen  treten  in  ihren  Grössenverhältnissen 
bedeutend  hinter  den  weiblichen  zurück,  ja  sie  sind  oft  so  klein, 
dass  sie,  wie  z.  B.  bei  den  in  der  Ratte  vorkommenden  Tricho- 
somum  crassicauda  als  Parasiten  direct  in  den  weiblichen  Geschlechts- 
organen leben. 

Trichocephalus  dispar.  Der  Peitschenwurm  (Tafel  V,  Fig.  8 — 10). 

Der  Peitschenwurm  ist  einer  der  häufigsten  Parasiten  des 
Menschen,  in  dessen  Blinddarm  er  lebt,  ohne  gerade  grössere  Stö- 
rungen hervorzurufen.  Seinen  Namen  verdankt  er  der  eigentüm- 
lichen Ausbildung  seines  Körpers.  Das  vordere  Ende  ist  äusserst 
zart  und  langgestreckt.  Nachdem  er  ungefähr  2 — 2,5  cm  in  gleicher 
Stärke  bestanden  hat,  verdickt  er  sich  allmählich  gegen  das  hintere 
Leibesende  zu.  Beim  Männchen  ist  das  letztere  spiralig  aufgerollt, 
beim  Weibchen  aber  ist  es  peitschenstielartig  gestreckt;  durch  das 
ansitzende,  gekrümmte,  dünne  Vorderende  gewinnt  dann  bei  diesem 
Thiere  der  Körper  das  Aussehen  einer  Hetzpeitsche. 

Die  Würmer  leben  niemals  frei  im  Darm,  sondern  sie  ver- 
senken das  vordere,  dünne  Körperende  in  die  Darmschleimhaut, 
aus  welcher  sie  dann  mit  dem  hinteren  dicken  Leibesabschnitt 
herausragen. 

Was  die  Ausbildung  der  inneren  Organe  anlangt,  so  verläuft 
der  Verdauungsapparat  ziemlich  gleichmässig  durch  den  Körper 
hindurch,  der  Oesophagus  ist  nicht  so  musculös  ausgebildet,  wie 
derjenige  der  oben  besprochenen  Nematoden. 

Wenn  wir  den  Abschnitt  des  Verdauungskanales,  welcher  sich 

5 


66 


durch  den  Hals  hindurchzieht  und  dann  am  Ende  des  Halsab- 
schnittes mit  einer  Einschnürung  in  den  etwas  erweiterten  Magen 
überführt,  als  Oesophagus  bezeichnen  wollen,  so  ist  derselbe  durch 
eine  bedeutend  lange  Entwickelung  ausgezeichnet,  denn  der  Hals- 
abschnitt beträgt  mehr  als  die  Hälfte  der  gesammten  Körperlänge. 
Der  im  Hals  liegende  Theil  des  Verdauungsapparates  besitzt  ein 
wellenförmiges  oder  geringeltes  Aeussere,  setzt  sich  dann  am  Ende 
des  Halsabschnittes  mit  einer  Einschnürung  scharf  gegen  den  etwas 
erweiterten  Magen  ab;  aus’  dem  letzteren  tritt  nun  das  Darmrohr 
heraus  und  verläuft  beim  Weibchen  mit  einigen  Schlängelungen  bis 
zum  hinteren  Leibesende.  Beim  Männchen  führt  der  Darm  unge- 
fähr in  der  Mitte  des  Hinterleibes  in  einen  grossen,  starken,  mus- 
culösen  Schlauch,  bildet  die  Kloake,  welche  in  ihrem  unteren  Theile 
nach  Aussen  umgestülpt  werden  kann  und  dann  ein  Copulations- 
organ  bildet.  Als  weiteres  Copulationsorgan  dient  ein  Spiculum. 

Die  männlichen  Geschlechtsorgane,  welche,  wie  oben 
erwähnt  wurde,  in  die  Kloake  münden,  stellen  sich  als  einfache  in 
eine  Schlinge  herumgelegte  Hoden  dar,  an  welche  sich  ein  zunächst 
enges,  dann  blasig  erweitertes  Vas  deferens  anschliesst. 

Die  weiblichen  Geschlechtsapparate  (Fig.  9)  sind 
auch  verhältnissmässig  einfach  gebaut.  An  der  Stelle,  wo  der  vordere 
Verdauungsapparat  sich  gegen  den  Magenabschnitt  absetzt,  liegt 
die  äussere  Geschlechtsöffnung  ( v ),  an  welche  sich  die  Vagina  an- 
setzt. Die  letztere  verläuft  in  einigen  Windungen  nach  hinten  und 
schwillt  dann  zu  einem  erweiterten  Uterus  an,  an  den  sich  der 
Keimapparat  in  Form  eines  dünneren,  vielfach  geschlängelten  Ova- 
riums  (ov)  anschliesst.  Der  Uterus  reicht  fast  bis  zum  hinteren  Leibes- 
ende; es  läuft  das  Ovarium  vom  Uterus  zunächst  geradlinig  nach 
vorn  bis  zur  Ausmündungsstelle  der  Vagina,  biegt  dann  um  und 
geht  in  zahlreichen  Windungen  nach  dem  hinteren  Leibesende 
zurück,  es  endigt  hier  in  der  Nähe  der  Afteröffnung  mit  einer 
knopfförmig  angeschwollenen  Erweiterung. 

Die  Würmer  leben  im  Coecum,  selten  im  Colon  oder  im  Rec- 
tum. Die  Eier  (Fig.  10)  werden  im  Körper  ausgeschieden,  gelangen 
mit  den  Fäces  nach  Aussen  und  entwickeln  sich  im  Wasser  oder 
in  feuchter  Erde  nach  längerer  Zeit  (4 — 18  Monate).  Die  kleinen 
Embryonen,  welche  dadurch  ausgezeichnet  sind,  dass  das  vordere 
Leibesende  das  dickere  ist,  hat  man  in  ihrer  Weiterentwickelung 
noch  nicht  verfolgt,  ob  ein  Zwischenwirth  nöthig  ist,  kann  nicht 
mit  Bestimmtheit  gesagt  werden.  Man  findet  unseren  Peitschen- 
wurm in  20 — 30  Procent  sämmtlicher  zur  Section  kommender  Leichen, 
meist  allerdings  in  nur  wenigen  Exemplaren,  häufig  aber  auch  bis 
zu  Tausend  und  darüber. 

Was  für  Krankheiten  durch  dieselben  erzeugt  werden,  ist  noch 
nicht  ganz  klar,  dass  sie  jedoch  geeignet  sind,  Darmkatarrh  hervor- 
zubringen, ist  sicher.  Ob  sie  auch  Geistesstörungen  verursachen, 
wie  dies  einige  Forscher  annehmen,  muss  noch  dahingestellt  bleiben. 
Es  ist  zu  bemerken,  dass  bei  Geisteskranken  häufig  grosse  Mengen 
von  Peitschenwürmern  gefunden  wrerden. 


67 


Die  Anwesenheit  dieser  Würmer  im  Körper  wird  am  Besten 
durch  den  Nachweis  von  Eiern  in  den  Faces  constatirt.  Die  Eier 
sind  elliptisch,  vorn  und  hinten  etwas  zugespitzt  und  mit  kleinen 
Deckelchen  versehen.  Die  Schale  ist  stark  und  doppelt  contourirt 
(Fig.  10). 

Trichina  spiralis.  Die  Trichine  (Tafel  V,  Fig.  11 — 20). 

Schon  seit  längerer  Zeit  hatte  man  in  den  Muskeln  des  Men- 
schen kleine  Kalkablagerungen  gefunden,  ohne  zunächst  über  ihre 
Herkunft  orientirt  zu  sein.  Als  dann  Paget  1835  in  denselben 
kleine,  spiralig  aufgerollte  Würmer  fand,  wurde  den  Thieren  mehr 
Aufmerksamkeit  geschenkt  und  der  englische  Forscher  Owen  be- 
richtete ausführlich  über  dieselben,  er  gab  ihnen  den  Namen  Tri- 
china  spiralis.  Trotzdem  man  den  Wurm  hin  und  wieder  in  der 
Musculatur  der  menschlichen  Leichname  fand,  hielt  man  ihn  für 
einen  vollständig  harmlosen  Parasiten  im  Körper  des  Menschen.  Im 
Jahre  1860  bestätigte  Zenker  dann  das  Factum,  dass  dieser  kleine 
Wurm  die  Ursache  einer  Zahl  von  Krankheitserscheinungen  sei. 
Es  gelang  Zenker  auch  gleichzeitig  den  Wirth  nachzuweisen,  welcher 
die  Trichine  bis  dahin  beherbergt  hatte  und  von  dem  aus  sie  auf 
den  Menschen  übertragen  worden  war.  Seit  jener  Zeit  sind  es  be- 
sonders die  Arbeiten  von  Leukart,  Pagenstecher,  Vircliow  und 
Zenker,  welche  uns  über  die  Entwickelung  und  Anatomie  der  Tri- 
chine vollständigen  Aufschluss  gegeben  haben.  Nach  den  Unter- 
suchungen dieser  Forscher  sind  es  wohl  hauptsächlich  Ratten,  welche 
als  die  gefährlichsten  Verbreiter  der  Trichine  anzusehen  sind.  Bei 
ihnen  finden  sich  sehr  häufig  Muskeltrichinen  vor,  dieselben  werden 
nach  dem  Tode  eines  Individuums  direct  auf  eine  Anzahl  andere 
übertragen,  weil  die  Ratten  ihre  Todten  einfach  auffressen.  Durch 
die  Wanderlust  der  Ratten  gelangen  die  Trichinen  in  die  verschie- 
densten Gegenden  hinein.  Da  nun  die  Ratte  ein  steter  Begleiter  des 
Menschen  ist  und  der  Mensch  unter  seinen  Hausthieren  das  Schwein 
überall  mit  eingeführt  hat,  so  sind  hierdurch  die  Bedingungen  ge- 
geben, durch  welche  der  Mensch  inficirt  wird.  Von  den  Ratten 
werden  die  Trichinen  auf  die  Schweine  übertragen,  indem  die  letz- 
teren, wo  sie  immer  können,  die  Ratten  fangen  oder  todte  fressen. 
Der  Mensch  erhält  die  Trichine  wieder  durch  den  Genuss  des 
Schweinefleisches,  sowohl  des  rohen,  als  auch  des  nicht  vollständig 
gekochten.  Der  Mensch  ist  aber  nicht  allein  befähigt,  die  Trichine 
aufzunehmen,  sondern  sie  scheint  unter  Umständen  in  jedem  Säuge- 
thiere  Vorkommen  zu  können,  wie  dies  durch  Verfüttern  an  die 
verschiedensten  Thiere  constatirt  worden  ist.  Gleicherweise  hat 
man  Trichinen  auch  in  jenen  Raubthieren  gefunden,  welche  Ratten 
fressen.  Die  Ratten  inficiren  sich  vielleicht  wieder  durch  Schweine- 
fleisch, welches  in  Abdeckereien  abfällt. 

Für  die  Entwickelung  der  Trichine  werden  zwei  Wirthe  in 
Anspruch  genommen.  Das  Schwein  erhält  z.  B.  die  Trichine  aus 
dem  Körper  der  Nager  oder  dadurch,  dass  es  mit  Abfällen  von 


68 


geschlachteten  trichinösen  Schweinen  gefüttert  wird.  In  dem  Darm 
des  Schweines  werden  die  eingekapselten  Trichinen  geschlechtsreif; 
die  Brut  derselben  durchbricht  die  Darmwandung  und  gelangt  in 
der  Musculatur  zur  Ruhe,  umgiebt  sich  dort  mit  einer  häutigen 
Kapsel,  um  welche  später  Kalk  abgeschieden  wird;  innerhalb  dieser 
festen  Hülle  bleibt  die  Trichine  jahrelang  lebendig,  bis  sie  dann 
durch  einen  Zufall  mit  dem  Fleisch  wieder  in  den  Darm  eines  an- 
deren Thieres  gelangt,  dort  von  neuem  geschlechtsreif  wird  und 
eine  neue  Brut  erzeugt.  Man  unterscheidet  daher  die  geschlechts- 
reife  Darmtrichine,  die  wandernden  Embryonen  derselben  und  die 
ruhenden  Muskeltrichinen. 

Die  Darmtrichine  (Fig.  11  — 14).  Man  unterscheidet  die 
fortpflanzungsfähigen  männlichen  und  weiblichen  Individuen  derselben 
sehr  leicht  an  der  verschiedenen  Grösse,  indem  die  ersteren  (Fig.  9) 
1 J/a  mm,  die  letzteren  (Fig.  14)  3 — 4 mm  lang  sind.  In  ihnen  sind 
die  Geschlechtsproducte  zur  vollständigen  Reife  gelangt,  und  nach- 
dem dieselben  abgesetzt  worden  sind,  gehen  die  Trichinen  nach 
6—8  Wochen  zu  Grunde.  Bei  dem  Weibchen  liegt  die  Geschlechts- 
öffnung vor  der  Leibesmitte,  beim  Männchen  am  hinteren  Leibes- 
ende und  wird  beim  letzteren  von  zwei  Papillen  umgeben.  Was  die 
sonstige  Anatomie  unserer  Würmer  anlangt,  so  ist  zu  bemerken, 
dass  der  äussere  Körper  von  einer  glatten,  zarten  Cuticula  über- 
zogen ist  und  dass  unter  derselben  ein  schwach  entwickelter  Haut- 
muskelschlauch zur  Entwickelung  gelangt.  Der  Verdauungskanal 
beginnt  mit  einer  einfachen  Mundöffnung  am  vorderen  Leibesende, 
der  Oesophagus  reicht  bis  fast  zur  Mitte  des  Körpers  und  wird  von 
einem  Schlauch  umgeben,  dessen  Wandungen  aus  grossen  Zellen 
gebildet  werden.  Man  hat  diesen  Schlauch  als  Zellkörper  bezeichnet 
und  schreibt  ihm  secretorische  Functionen  zu.  Auf  den  Oesophagus 
folgt  ein  anfänglich  weiter  und  dann  immer  enger  werdender  Magen- 
abschnitt, welcher  mit  zwei  kleinen  blinddarmartigen  Anhängseln 
ausgestattet  sein  soll.  Der  Darm  ist  zunächst  einfach,  schlauch- 
artig und  endet  mit  einem  musculösen  Abschnitt  durch  die  Kloake 
nach  Aussen.  Die  Kloake  stellt  sich  als  Spalt  am  hinteren  Leibes- 
ende dar.  Ueber  das  Nervensystem  ist  noch  wenig  bekannt  ge- 
worden, ebenso  wenig  über  den  excretorischen  Apparat.  Am  mäch- 
tigsten entwickelt  sind  die  Geschlechtsorgane,  welche  den  ganzen 
inneren  Körper  erfüllen. 

Der  männliche  Geschlechtsapparat  ist  höchst  einfach 
gebaut,  er  stellt  auch  wieder  einen  blind  endigenden,  geknickten 
Schlauch  dar  (h),  welcher  mit  einer  kleinen  Anschwellung  versehen, 
im  hinteren  Körpertheil  liegt.  Derselbe  verläuft  nach  vorn,  biegt 
sich  dann  um  und  geht  mit  einem  dünnen  Vas  deferens  in  die 
Kloake  über. 

Die  weiblichen  Geschlechtsapparate  sind  ganz  ähn- 
lich gebaut,  das  einfache  Ovarium  liegt  ebenfalls  in  dem  hinteren 
Leibesende,  läuft  dann  eine  Strecke  weit  nach  vorn,  schnürt  sich 
darauf  ab  und  geht  in  den  Uterustheil  über,  welcher  mit  einer 
kurzen  Vagina  abschliesst,  deren  Vulva  sich  am  Ende  des  Oeso- 


69 


phagus  nach  Aussen  öffnet.  Nach  der  Begattung  gelangen  di  Eier, 
nach  Leuckart  400  auf  einmal,  zur  Reife,  die  Embryonen  (Fig.  15) 
entwickeln  sich  vollständig  und  verlassen  das  Weibchen  als  leben- 
dige Individuen.  Nachdem  sie  kurze  Zeit  frei  in  dem  Darm  gelebt 
haben,  durchbrechen  sie  die  Darm wandung  und  wandern  in  die  dem 
Darm  zunächst  liegende  Musculatur  aus  (Fig.  17),  sie  dringen  in 
die  Muskelfasern  ein  und  wachsen  hier  noch  etwas  heran,  werden 
aber  nicht  geschlechtsreif.  So  stellen  sie  die  Muskeltrichinen  dar, 
welche  dort,  wo  sie  zur  Ablagerung  gelangen,  liegen  bleiben,  sich 
aufrollen  und  mit  einer  kleinen  Kapsel  umhüllen,  welche  von  einer 
hellen,  serumartigen  Flüssigkeit  umgeben  ist  (Fig.  18,  19).  In  der 
Flüssigkeit  bilden  sich  nach  und  nach  länglich  runde  Körperchen 
oder  Kerne  aus,  oder  es  wird  der  Gesammtinhalt  ganz  feinkörnig. 
Da  die  Kapsel  ruhig  an  ihrer  Stelle  verharrt  und  da  der  Wurm 
in  derselben  sich  nicht  bewegt,  so  wird  sie  vom  Organismus  wie 
ein  Fremdkörper  behandelt,  d.  h.  mit  einer  zunächst  dünnen,  dann 
immer  dicker  werdenden  Kalkschicht  umhüllen.  Die  Kapsel  kann 
schliesslich  bis  zu  0,3  mm  Länge  heran  wachsen  und  besitzt  eine 
Breite  von  0,1 — 0,2  mm.  Wenn  man  ein  Stück  trichinöses  Fleisch 
zwischen  zwei  Glasplatten  fein  ausbreitet  und  quetscht,  so  kann 
man  die  eingekapseltcn  Muskeltrichinen  meist  mit  blossem  Auge 
ohne  Schwierigkeit  erkennen  (Fig.  16).  Die  Muskeltrichine  unter- 
scheidet sich  von  der  Darmtrichine  zunächst  durch  verschiedene 
Grösse,  sie  wird  selten  über  1 mm  lang,  das  hintere  Leibesende  ist 
stärker  als  das  vordere,  das  letztere  ist  spitz,  das  erstere  stumpf 
abgerundet.  Die  Geschlechtsorgane  sind  rudimentär  und  entwickeln 
sich  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade  weiter.  In  ihrer  Kapsel  bleibt 
nun  die  Muskeltrichine  sehr  lange  am  Leben.  Man  will  constatirt 
haben,  dass  sie  länger  denn  30  Jahre  lebensfähig  geblieben  ist, 
sicher  weiss  man,  dass  sie  15  — 18  Jahre  leben  bleiben  kann. 
Auch  gegen  äussere  Einflüsse  sind  die  Muskeltrichinen  sehr  resistent. 
In  faulendem  Fleische  blieben  sie  mehrere  Monate  lebendig.  Lässt 
man  das  Fleisch  frieren,  so  zeigt  sich,  dass  ihnen  niedere  Tempe- 
raturen wenig  schaden.  Eine  Temperatur  von  beinahe  0 Grad  er- 
tragen sie  bis  2 Monate  lang.  Höhere  Temperaturen  tödten  sie 
sofort,  wenn  sie  über  60  Grad  betragen.  Schwache  Räucherung 
und  besonders  jene  künstlichen  Conservirungsmethoden  schaden 
ihnen  wenig,  jedoch  sterben  sie  bald,  wenn  die  Räucherung  durch- 
geht und  bei  der  sogenannten  heissen  Räucherung.  Im  gepökelten 
Fleische  sterben  sie  erst  nach  ungefähr  1 Monat,  im  schlecht  ge- 
pökelten Fleisch  oft  erst  nach  2 Monaten. 

Dieser  Widerstandsfähigkeit  haben  es  die  Trichinen  auch  zu 
danken,  dass  sie  eine  so  weite  Verbreitung  gefunden  haben  und 
verhältnissmässig  leicht  in  neue  Wirthe  übertragen  werden  können. 

Die  früher  gehegte  Ansicht,  dass  sie  im  Speck  nicht  vorkämen, 
ist  neuerdings  durch  das  Auffinden  von  eingekapselten  Trichinen  im 
amerikanischen  Speck  und  Schinken  widerlegt  worden. 

Die  Erscheinungen,  welche  nach  der  Auswanderung  der  Trichine 
auftreten,  sind  ganz  verschiedener  Art.  Selten  wird  ein  Mensch 


70 


Trichinose  zeigen,  meist  werden  mehrere  Personen  durch  den  Ge- 
nuss des  trichinösen  Fleisches  inficirt  sein;  es  kann  der  Arzt  mit 
Sicherheit  auf  Trichinose  schliessen,  wenn  gleichzeitig  in  einem  Ort 
oder  in  einem  Stadttheil  mehrere  Personen  die  gleich  zu  besprechenden 
Krankheitserscheinungen  zeigen. 

Die  aus  genossenem  trichinenhaltigem  Schweinefleisch  frei  wer- 
denden Darmtrichinen  rufen  zunächst  durch  die  Bewegung,  welche 
sie  auf  der  Darmschleimhaut  ausüben,  leichtere  Darmbeschwerden 
hervor.  Schon  nach  ungefähr  3 Tagen  bemerkt  man  die  ersten 
Störungen , bis  dahin  sind  die  Trichinen  geschlechtsreif  geworden 
und  es  findet  im  Darm  die  Begattung  statt.  Die  ersten  Erschei- 
nungen bestehen  in  Magendrücken  und  leichter  Uebelkeit,  diese  Er- 
scheinungen können  aber  auch  erst  nach  längerer  Zeit  eintreten 
und  scheint  es  von  der  persönlichen  Anlage  des  betreffenden  Pa- 
tienten zunächst  abzuhängen.  Die  folgenden  Erscheinungen  charak- 
terisiren  sich  durch  Appetitlosigkeit,  Durstgefühl  und  Erbrechen, 
es  treten  Erscheinungen  eines  heftigen  Magenkatarrhs  und  Dyspepsie 
auf,  schliesslich  erfolgt  mehr  oder  minder  heftiger  Durchfall,  welcher 
längere  Zeit  anhalten  kann.  Die  Schweissabsonderung  ist  in  den 
ersten  Tagen  meist  heftig.*) 

Am  7.  Tage  treten  die  charakteristischen  Oedeme  der  Augen- 
lider auf,  wenige  Tage  später  folgen  die  ersten  heftigeren  Muskel- 
erscheinungen. Es  sind  ziehende  und  reissende  Schmerzen,  worüber 
die  Patienten  klagen;  äusserlich  bemerkt  man,  dass  die  Muskeln 
angeschwollen  und  hart  sind,  jeder  Druck  auf  dieselben,  sowie  Be- 
wegungen steigern  die  Schmerzen,  es  können  dann  unwillkürliche 
Muskelcontractionen  stattfinden.  Natürlich  wird  es  sich  immer 
darum  handeln,  welche  Muskeln  am  stärksten  von  den  wandernden 
Trichinen  überfallen  sind.  Als  dem  Darm  zunächst  liegend  ist  es  be- 
sonders das  Zwerchfell,  welches  zuerst  durchsetzt  wird,  von  hier  aus 
werden  die  Intercostalmuskeln  überfallen,  dadurch  treten  Athmungs- 
beschwerden  ein,  welche  sich  bis  zu  Erstickungszufällen  steigern 
können.  Es  tritt  dann  auch  leicht  Lungenentzündung  in  diesem 
Stadium  ein.  Durch  die  Einwanderung  in  die  Kehlkopfs-,  Zungen- 
und  Gaumenmuskeln  werden  Schlingbeschwerden  und  Heiserkeit 
hervorgerufen ; mehr  oder  minder  heftige  Bronchialkatarrhe  sind 
dabei  häufig.  In  den  Extremitätenmuskeln  sind  die  Störungen  be- 
sonders dadurch  unangenehm,  dass  bei  willkürlichen  Bewegungen 
die  Schmerzen  oft  heftig  gesteigert  werden,  und  da  besonders  die 
Beugemuskeln  befallen  werden,  so  finden  Contractionen  derselben 
statt,  und  eine  jede  Streckung  der  Extremitäten  ist  von  heftigen 
Schmerzen  begleitet.  In  den  Extremitäten  treten  schliesslich  Oedeme 
ein.  Die  Hauterscheinungen  sind  charakterisirt  durch  heftiges 
Jucken,  besonders  in  den  Extremitäten.  In  der  4. — 5.  Woche  tritt 
meist  der  Tod  ein,  es  kann  derselbe  aber  auch  erst  mehrere  Wochen 


*)  Bald  zu  Anfang,  besonders  aber  im  späteren  Verlaufe  ist  die  Temperatur 
erhöht  (bis  40,5  Grad)  und  die  Pulsfrequenz  eine  gesteigerte  (130),  Frösteln  und 
heftige  Schüttelfrostanfälle  sind  die  Anzeichen  des  beginnenden  Fiebers. 


71 


später  erfolgen.  Oft  ist  es  ein  Erstickungstod  welcher  eintritt, 
da  die  Kranken  nicht  mehr  zu  athmen  vermögen,  weil  besonders 
die  Athemmusculatur  inficirt  ist.  Zu  Schluss  tritt  vielfach  Schwinden 
des  Bewusstseins  und  Deliriren  auf. 

Es  scheinen  nicht  alle  Glieder  gleichmässig  zur  Infection  dis- 
ponirt  zu  sein,  ebenso  treten  die  Krankheitserscheinungen  nicht 
überall  mit  derselben  Heftigkeit  auf.*) 

Die  Genesung  kann  nach  der  ersten  Woche,  meist  aber  nach 
der  4. — 5.,  spätestens  nach  der  17.  erfolgen.  Es  gehen  dann  lang- 
sam die  Darm-  und  Muskelerscheinungen  zurück  und  damit  tritt 
auch  allmähliches  Wohlbefinden,  Schlaf,  freies  Athmen,  ungehinderte 
Bewegung  und  verbesserte  Verdauung  ein. 

Wie  viel  Trichinen  nöthig  sind,  um  bei  einem  Menschen  Er- 
scheinungen der  Trichinose  hervorzurufen,  ist  absolut  nicht  zu  sagen. 
Bei  Kaninchen,  deren  vier  je  60  Trichinen  aus  demselben  Muskel- 
fleisch erhielten,  traten  bei  zweien  deutliche  Kennzeichen  der  Tri- 
chinose ein,  während  die  beiden  anderen  ungehindert  weiter  lebten. 
Auch  vom  Menschen  sind  Fälle  bekannt,  wo  grosse  Mengen  tri- 
chinösen Fleisches  genossen  wurden,  ohne  dass  schädliche  Wirkungen 
auftraten. 

Der  directe  Nachweis  von  freilebenden  Trichinen  im  Körper 
ist  nicht  immer  leicht  und  sicher  zu  führen,  ja  selbst  in  den  Leichen 
der  an  Trichinose  Gestorbenen  sind  häufig  gar  keine  Trichinen  nach- 
gewiesen. Figur  20,  Tafel  V,  ist  nach  einem  Präparat  gezeichnet, 
welches  vor  mehreren  Jahren  einem  in  Leipzig  an  Trichinose  ver- 
storbenen Docenten  entnommen  wurde.  Der  Patient  starb  unter 
den  schwersten  Erscheinungen  einer  Trichinose  und  gleichzeitig  mit 
ihm  erkrankten  eine  grössere  Anzahl  von  Personen,  welche  von  der- 
selben trichinösen  Wurst  gegessen  hatten.  Neun  verschiedene  Herren 
untersuchten  das  frisch  eingeschickte  Fleisch,  aber  in  den  Hunderten 
von  Präparaten,  welche  gemacht  wurden,  fand  sich  nur  eine  lebende 
Muskeltrichine  vor.  Die  Ursache  dieser  entschieden  höchst  auffälligen 
Erscheinung  dürfte  darin  zu  suchen  sein,  dass  durch  den  Druck, 
welchen  die  einwandernden  Trichinen  in  dem  inficirten  Muskel  her- 
vorriefen, das  Bindegewebe  derartig  zu  wuchern  angefangen  hat, 
dass  die  eingewanderten  Trichinen  erdrückt  wurden. 

Will  man  Trichinen  im  kranken  Körper  direct  nachweisen,  so 
hat  man  erstens  die  Fäces  und  das  event.  Erbrochene  auf  darin  vor- 
handene freie  Trichinen  zu  prüfen.  Weiterhin  kann  man  durch 
Excision  eines  kleinen  Muskelstücks  event.i  in  diesem  unter  dem 
Mikroskop  Trichinen  erkennen.  Ist  dies  nicht  möglich,  so  kann 
man  unter  Umständen  von  dem  Fleisch,  von  welchem  der  Patient 
genossen,  eine  Probe  untersuchen  oder  man  kann  durch  die  gleich- 


*)  Von  20  Kaninchen,  welche  gleichaltrig  und  gleich  kräftig  waren  und 
welche  sämmtlich  mit  einer  gleichen  Anzahl  von  Trichinen  inficirt  wurden,  starb 
das  erste  am  13  .Tage,  zwei  weitere  starben  4 Tage  später,  während  alle  übrigen 
mit  dem  Leben  davon  kamen.  Einige  derselben  zeigten  keine  Presslust,  andere 
frassen  ungestört  weirer,  auch  die  Muskel-  und  Athmungs-Erscheinungen  traten, 
in  den  verschiedenen  Fällen  verschieden  auf. 


72 


zeitige  Erkrankung  mehrerer  Personen  mit  mehr  oder  weniger 
grosser  Sicherheit  auf  die  Anwesenheit  der  Trichinose  schliessen. 

Der  Nachweis  von  Muskeltrichinen  in  den  Muskeln  ist  übrigens 
gar  nicht  so  leicht  zu  führen,  am  besten  untersucht  man  die  Mus- 
keln in  folgender  Weise:  Man  schneidet  mit  der  Scheere  aus  dem 
Muskel,  längs  der  Fasern  desselben,  ein  kleines  Stückchen  heraus, 
legt  dasselbe  in  Kochsalzlösung  oder  Speichel  auf  den  Objectträger 
und  zerzupft  es  nun  mit  zwei  Nadeln  derartig,  dass  die  Muskel- 
fasern in  einer  dünnen  parallelen  Schicht  gelagert  sind,  dann  deckt 
man  das  Präparat  mit  einem  Deckglas  zu  und  untersucht  es  zu- 
nächst bei  schwacher  Vergrösserung  (30 — 50fach)  und  dann  bei 
stärkerer.  Sind  die  Muskeltrichinen  frisch  eingewandert,  so  ge- 
wahrt man  sie  zwischen  den  Muskelfasern  gestreckt  oder  gebogen 
zwischen  Sarcolemm  und  Fleischstoff.  Später  nimmt  die  Muskel- 
trichine, nachdem  sie  eine  Zeitlang  herangewachsen  ist,  innerhalb 
der  Muskelfaser  eine  gekrümmte,  spiralige  Gestalt  an,  wodurch  die 
Hülle  der  Muskelfaser  aufgebaucht  wird.  Oberhalb  und  unterhalb 
der  Trichine  geht  die  Muskelfaser  bald  zu  Grunde  und  aus  dem 
der  Trichine  anlagernden  Sarcolemm  bildet  sich  die  Kapsel  um  den 
spiralig  aufgerollten  Wurm.  Oberhalb  und  unterhalb  dieser  Kapsel 
scheiden  sich  bei  gut  genährten  Individuen  bald  Fettmassen  aus. 
Die  eigerollte  Trichine  wird  dann  innerhalb  eines  Zeitraumes  von 
1 — llj2  Jahren  vollständig,  von  Kalkablagerungen  umgeben;  in  diesem 
Stadium  vermag  sie  allen  äusseren  Einflüssen  zu  widerstehen. 

Jedenfalls  wird  die  Trichine  häufiger  Vorkommen  als  man  an- 
zunehmen geneigt  ist,  denn  wenn  auch  wirklich  einmal  einige  wenige 
Trichinen  in  den  Darm  hinein  gelangen,  so  wird  deren  Brut  keine 
bedeutenden  Störungen  hervorrufen  und  der  betreffende  Patient  wird 
mit  einigen  leichten  Darmbeschwerden  und  rheumatismusähnlichen 
Schmerzen  davonkommen. 

Was  nun  die  Mittel  anlangt,  welche  bei  der  Trichinose  ange- 
wendet werden,  so  bestehen  dieselben  höchstens  in  Brech-  und 
Abführmitteln,  um  den  Darm  möglichst  zu  entleeren  und  die  reifen 
Darmtrichinen  aus  ihm  herauszuschaffen.  Am  wichtigsten  ist  die 
Prophylaxis,  denn  bei  einiger  Vorsicht  ist  es  kaum  möglich,  dass 
man  sich  mit  lebenden  Trichinen  inficirt.  Jene  Polizeiverordnung, 
wonach  die  Schlächter  angehalten  sind,  die  geschlachteten  Schweine 
vor  dem  Verkauf  durch  den  Fleischbeschauer  untersuchen  zu  lassen, 
gewährt  absolut  keine  hinreichende  Sicherheit.  Wenn  ein  Fleisch- 
beschauer täglich  bis  30  Schweine  untersuchen  soll,  so  kann  er  bei 
den  Untersuchungen  nicht  mit  der  Genauigkeit  verfahren,  welche 
wünschenswerth  wäre.  Jeder  Fachmann,  der  sich  einmal  mit  Tri- 
chinenuntersuchungen beschäftigt  hat,  weiss,  wie  mühsam  es  oft  ist, 
selbst  in  notorisch  trichinösem  Fleische  Trichinen  nachzuweisen.  Es 
ist  zum  mindesten  nöthig,  dass  man  bei  einer  Trichinenuntersuchung 
die  Zwerchfell-  und  Zwischenrippenmuskeln  berücksichtigt,  die  Kau- 
muskeln und  die  Augenmuskeln  genau  untersucht  und  soll  man 
aus  den  verschiedenen  Muskelpartien  stets  mehrere  Präparate  an- 
fertigen. Weiterhin  ist  zu  bedenken,  dass  zwischen  den  Muskel- 


73 


fasern  eingelagerte  Fett-  und  Bindegewebstheile  so  täuschend  einer 
eingekapselten  Trichine  ähneln,  und  man  die  letztere  oft  neben  dem 
Bindegewebe  so  leicht  übersieht,  dass  selbst  geübte  Mikroskopiker 
vorübergehend  irre  geführt  werden 

Um  sich  vor  der  Infection  mit  Trichinen  zu  schützen,  ist  es 
nöthig,  dass  man  niemals  Schweinefleisch  isst,  welches  nicht  voll- 
ständig durchgekocht  oder  gebraten  ist.  Dasselbe  darf  im  Inneren 
keine  blutig  rothen  Stellen  mehr  zeigen,  daher  sind  besonders  jene 
flüchtig  gebratenen,  aus  gehacktem  Rind-  und  Schweinefleisch  zu- 
bereiteten Fleischklöschen  zu  vermeiden.  Zweitens  esse  man  keinen 
Schinken  und  keine  ungekochte  Schweinewurst,  ohne  dass  dieselben 
gründlich  und  längere  Zeit  warm  geräuchert  worden  sind.  Auch 
flüchtig  gepökeltes  Schweinefleisch  kann  eine  Trichineninfection  her- 
vorbringen. Um  dem  Eintreten  einer  Trichinenepidemie  vorzubeugen, 
ist  hauptsächlich  darauf  zu  sehen,  dass  trichinenkranke  Schweine 
möglichst  wenig  geschlachtet  werden,  es  ist  daher  nöthig,  dass  diese 
Hausthiere  ein  möglichst  gesundes  Futter  erhalten.  Niemals  sollten 
Schweine  mit  den  Abfällen  von  geschlachteten  Schweinen  und  dem 
Spülwasser  von  Schlächtereien  gefüttert  werden.  Alle  Fleischnahrung, 
welche  man  denselben  giebt,  muss  gut  gekocht  werden.  In  den 
Schweineställen  ist  die  Pflasterung  derartig  anzulegen,  dass  Ratten 
und  Mäuse  möglichst  wenig  Schlupfwinkel  finden.  Endlich  sollte 
das  Fleisch  von  trichinösen  Schweinen  dadurch  unschädlich  gemacht 
werden,  dass  es  an  Seifensiedereien  u.  s.  w.  abgegeben,  auf  keinen 
Fall  aber  durch  blosses  Verscharren  in  die  Erde  unschädlich  zu 
machen  gesucht  wird. 


Filariadae,  Fadenwürvner. 

Um  den  Mund  stehen  entweder  2 Lippen  oder  es  fehlen  die- 
selben, häufig  sind  6 Mundpapillen  und  eine  hornige  Mundkapsel 
vorhanden.  Am  After  stehen  4 Paar  Papillen  und  oft  eine  unpaare. 
Entweder  ist  ein  Spiculum  entwickelt  oder  es  finden  sich  2 un- 
gleiche Spicula  vor. 

Filaria  medinensis.  Der  Fadenwurm. 

(Dranunculus  med.) 

In  den  Tropen,  besonders  an  der  Westküste  von  Afrika,  hat 
man  unter  der  Haut  des  Menschen  ziemlich  häufig  die  Weibchen 
eines  Wurmes  kennen  gelernt,  welcher  bei  nur  0,5— 1,7  mm  Dicke 
eine  Länge  von  60 — 80  cm,  ja  (nach  Schneider  sogar  bis  4 m?)  be- 
sitzt. Da  die  Männchen  dieses  Wurmes  zur  Zeit  noch  nicht  be- 
kannt sind,  so  müssen  wir  uns  hier  auf  die  Schilderung  der  Weib- 
chen beschränken. 

Der  Körper  dieses  Faden wurmes  ist  gelblich  weiss,  ziemlich 
gleichmässig  cylindrisch  und  endet  mit  einem  spitzen,  ventral  um- 
gebogenen Hintertheil;  der  Kopf  ist  stumpf  abgerundet  und  trägt 
central  eine  kleine  chitinige  Vertiefung,  wmlche  von  4 Papillen  um- 


74 


geben  wird  und  an  deren  dorsaler  und  ventraler  Seite  eine  grössere 
Lippe  vorspringt.  Die  dreieckige  Mundöffnung  liegt  im  Grunde 
dieser  Vertiefung.  Der  Verdauungsapparat  durchzieht  als  lange, 
gerade  Röhre  den  ganzen  Körper  und  endigt  blind. 

Die  weiblichen  Geschlechtsapparate  bestehen  aus  einem 
geraden,  neben  dem  Darme  verlaufenden  Uterus,  an  welchen  sich 
das  gewundene,  röhrenförmige  und  kurze  Ovarium  ansetzt. 

Da  eine  Vagina  fehlt  und  eine  äussere  Geschlechtsöffnung  nicht 
vorhanden  ist,  so  ist  die  junge  Brut  erst  im  Stande  den  Körper 
der  Mutter  zu  verlassen,  wenn  derselbe  an  einer  Stelle  zerreisst, 
was  gewöhnlich  kurz  nach  dem  Austreten  des  Wurmes  aus  seinem 
Wirthe  erfolgt.  Die  jungen  Medinawürmer  sind  etwas  grösser  als 
1js  mm  und  besitzen  einen  durchschnittlichen  Durchmesser  von 
1/i o o mm.  Sie  müssen  zur  Weiterentwickelung  ins  Wasser  gelangen 
und  scheinen  daselbst  in  kleinen  Wasser-Arthropoden  (Cyklops- 
Arten)  einen  Zwischenwirth  zu  finden.  Hier  wachsen  sie  zunächst 
um  das  Doppelte  ihrer  Länge  heran,  dann  häuten  sie  sich,  werfen 
den  früheren  langen  und  spitzen  Schwanz  ab,  worauf  das  Hinterleibs- 
ende eine  verjüngte,  abgestutzte  Gestalt  annimmt  und  sich  mit  3 
kleinen  Häkchen  ausgerüstet  zeigt.  Mit  diesen  kleinen  Arthropoden 
(Krebsen)  kommt  nun  die  Medinawurmbrut  durch  das  Trinkwasser 
in  den  Darm  des  Menschen,  hier  bleibt  dieselbe  bis  zur  Geschlechts- 
reife (ungefähr  1 Jahr  lang).  Anfänglich  zeigen  diese  Darmwürmer 
eine  vollkommene  Ausbildung  des  Verdauungsapparates.  Schliesslich 
im  Darm  scheinen  sich  Männchen  und  Weibchen  zu  begatten,  worauf 
dann  die  letzteren  die  Darmwandung  durchsetzen  und  sich  bis  unter 
die  Haut  des  Menschen  durchbohren.  Im  Unterhautzellgewebe 
wachsen  die  Weibchen  nach  und  nach  mächtig  heran,  der  Darm- 
apparat und  die  äusseren  Geschlechtsapparate  werden  rudimentär. 
Die  Embryonen  entwickeln  sich  weiter,  dann  erst  erfolgt  die  Aus- 
wanderung des  Wurmes.  Derselbe  reizt  durch  Andrücken  mit  dem 
Kopfe  die  Oberhaut,  diese  entzündet  sich,  es  bildet  sich  ein  Eiter- 
heerd,  welcher  schliesslich  nach  Aussen  durchbricht,  worauf  der 
Medinawurm  einen  Ausweg  aus  dem  Körper  hat. 

Meist  finden  sich  mehrere  dieser  Würmer  im  Körper  desselben 
Menschen  vor.  Man  hat  dieselben  bis  50  in  einem  Individuum  ge- 
funden. In  Ostindien  und  Oberägypten,  dann  am  Senegal  und  in 
Arabien,  Abessinien,  Nubien,  Guinea  und  durch  Ueberschleppung 
auch  in  Amerika  (Brasilien)  kommt  er  in  manchen  Gegenden  in 
kolossaler  Menge  vor.  An  einigen  Orten  innerhalb  der  angegebenen 
Districte  soll  er  vollständig  fehlen,  in  anderen  wieder  Epidemien 
hervorrufen  und  zwar  besonders  in  heissen  und  dann  regenreichen 
Jahren  zur  Regenzeit,  in  Aegypten  nach  der  Nilüberschwemmung. 

Die  Krankheitserscheinungen,  welche  dieser  Parasit  hervor- 
bringt, bestehen  theils  in  den  furunkelartigen  Hautentzündungen 
und  den  Abscessbildungen  beim  Durchbruch  des  Wurmes,  theils  in 
heftigen  Schmerzen  in  der  Umgegend  derjenigen  Organe,  welchen 
der  Wurm  anliegt,  denn  die  Würmer  finden  sich  in  den  verschie- 
densten Körperregionen,  meist  an  der  Ferse  und  am  Unterschenkel, 


75 


seltener  am  Oberschenkel,  im  Praeputium,  am  Rumpf,  an  den  Armen 
und  am  Kopf.  Am  letzteren  Orte  sind  besonders  die  Nase,  Lippen, 
Zunge  und  Schläfengegenden  der  Sitz  des  Parasiten.  Als  allge- 
meine Erscheinungen  treten  Darmbeschwerden,  wie  Leibschmerzen, 
Uebelkeit,  Erbrechen  u.  s.  w.  ein.  Es  können  verschiedengradige 
Fieber  auftreten.  Von  Nervenerscheinungen  sind  besonders  heftiges 
Jucken  in  der  Haut  und  Krampferscheinungen  bekannt.  Durch 
Druck  auf  die  Nerven  und  Blutgefässe  des  befallenen  Theils  können 
Ernährungsstörungen  einzelner  Organe  oder  auch  des  ganzen  Kör- 
pers vorhanden  sein.  Sowie  nun  die  Abscessbildung  vor  sich  geht, 
kommt  ein  Theil  des  Wurmkörpers  durch  die  sich  bildende  Oeffnung 
hervor;  ist  der  Abscess  gross,  so  kann  der  Wurm  mit  einem  Male 
in  geknäultem  Zustande  ausgestossen  werden.  Nach  dem  Austritt 
des  Wurmes  können  an  der  Stelle  des  Abscesses  länger  dauernde 
Eiterausscheidungen,  Verjauchungen  mit  den  Erscheinungen  einer 
Septikämie,  bei  Verletzung  der  Knochenhaut,  Periostitis,  sowie  Ge- 
fäss-  und  Nervenerkrankungen  eintreten.  Ein  Gleiches  wird  auch 
stattfinden,  wenn  man  den  Wurm  abreisst  und  ein  Stück  desselben 
in  der  Wunde  zurückbleibt. 

Man  entfernt  die  Würmer  dadurch,  dass  man  einen  leichten 
Hautschnitt  macht  und  das  eine  Ende  des  Wurmes  zu  erlangen 
sucht;  unter  sorgfältiger  Reinhaltung  der  Wunde  wickelt  man  dann 
den  Wurm  langsam  um  ein  Stäbchen  auf.  Dieses  Aufwickeln  muss 
jedoch  sehr  vorsichtig  geschehen,  damit  der  Wurm  nicht  etwa  ab- 
reisst und  durch  Abscessbildung  neue  Störungen  hervorruft. 

Nach  Bertholin’s  und  Küchenmeisters  Ansicht  sollen  die  feurigen 
Schlangen,  welche  in  der  Bibel  häufig  erwähnt  werden,  mit  unserem 
Medinawurm  identisch  sein.  Die  alten  Griechen  und  Römer  hatten 
ihn  jedenfalls  gekannt. 


Filaria  loa. 

Dieser  ungefähr  3 cm  lange,  weisse  Wurm  findet  sich  an  der 
Westküste  von  Afrika  und  Amerika  unter  der  Conjunctiva  der 
Neger.  Er  dürfte  auch  als  Ml.  oculi  s.  lacrymalis  bezeichnet  werden. 
Da  sich  derselbe  an  vielen  anderen  Orten  des  Körpers  unter  der 
Haut  findet,  so  hat  man  vielfach  vermuthet,  dass  er  die  Jugendform 
der  filaria  medin.  sei.  Der  Mund  soll  unbewaffnet  und  rund  sein, 
das  vordere  Leibesende  spitz,  das  hintere  schmal  und  mit  einer 
kegelförmigen  Vertiefung  auslaufend  — sonst  ist  über  den  Wurm 
nichts  bekannt.  Da  derselbe  seinen  Wohnsitz  in  der  Orbitalgegend 
aufgescblagen  hat,  so  kann  er  durch  Druck  und  Reizung  heftige 
Schmerzen  im  Auge  veranlassen. 

Aus  verschiedenen  Organen  des  Menschen  sind  einzelne  Faden- 
würmer beschrieben  worden,  über  deren  Natur  und  systematische 
Stellung  vorläufig  noch  wenig  zu  sagen  ist.  Wir  wollen  dieselben 
daher  nur  ganz  kurz  im  Zusammenhänge  behandeln. 

Als  Filaria  lentis  wird  ein  kleiner  Fadenwurm  aus  der  Linse 
des  Menschen  beschrieben.  Man  hat  ihn  bis  zu  3 Stück  in  einigen 


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wenigen  Fällen  in  der  Linsenkapsel  gefunden.  Die  Würmer  hatten 
lA/a — 11  mm  Körperlänge,  das  Kopfende  war  etwas  zugespitzt,  das 
hintere  Leibesende  zeigte  sich  aufgetrieben  und  mit  einer  dünnen, 
gekrümmten  Spitze  versehen.  Es  wäre  jedenfalls  sehr  wünschens- 
wert , wenn  die  practischen  Aerzte  bei  vorkommenden  Linsen- 
trübungen und  Katarakten,  solchen  Wurm  Vorkommnissen  möglichste 
Beachtung  schenkten  und  die  betreffenden  Individuen,  in  vielleicht 
50°/o  Spiritus  aufbewahrt,  den  Autoritäten  zuschickten. 

Als  Filaria  labialis  hat  man  aus  der  Oberlippe  eines  Mannes 
einen  dünnen,  3 cm  langen,  weiblichen  Fadenwurm  bezeichnet.  Der 
Mund  desselben  soll  von  4 Papillen  umgeben  gewesen  sein;  das 
hintere  Leibesende  zeigte  sich  keulig  aufgetrieben;  die  Geschlechts- 
öffnung lag  4 mm  vor  dem  letzten  Körperabschnitt.  Es  ist  fraglich, 
ob  der  betreffende  Wurm  überhaupt  den  Filarien  zuzuzählen  ist. 

Filaria  hominis  oris,  wurde,  aus  dem  Munde  eines  Kindes 
stammend,  von  Cobbold  beschrieben.  Der  scheinbar  geschlechtlich 
noch  nicht  zur  Reife  gelangte  Wurm  besass  eine  Länge  von  13,3  cm. 

Als  Filaria  bronchialis  lernte  man  aus  den  Bronchialdrüsen  des 
Menschen  einen  25  mm  langen  Wurm  kennen,  dessen  Körper  seit- 
lich etwas  zusammengedrückt  war,  vorn  spitz  zulief  und  am  Kopf- 
ende 2 kleine  Haken  zeigte.  Von  einigen  Forschern  wurde  er  als 
identisch  mit  Strongylus  longevaginatus  angesehen.  Es  kann  meiner 
Ansicht  nach  aber  auch  eine  Fliegenmade  gewesen  sein,  wie  solche 
fortwährend  noch  für  Würmer  gehalten  und  als  solche  beschrieben 
werden! 

Filaria  trachealis  wurde  in  der  Trachea  und  dem  Larynx  einer 
Leiche  gefunden;  ihre  Länge  betrug  0,5  mm.  Da  weiter  von  diesen 
Würmern  nichts  bekannt  geworden  ist,  so  muss  es  dahingestellt 
bleiben,  ob  sie  wirklich  zu  den  Filarien  gehörten  oder  nicht. 


Filaria  sanguinis.  Der  Blutfadenwurm  (Tafel  V,  Fig.  21). 

Aus  dem  Blute  des  Menschen  und  besonders  aus  den  Arterien 
der  Nierenwände  und  des  Harnapparates  hat  man  kleine  unge- 
geschlechtliche  Würmer  kennen  gelernt,  welche  man  mit  obigem 
Namen  bezeichnete.  Die  durchschnittliche  Länge  derselben  betrug 
ungefähr  ^3  mm,  die  grösste  Dicke  etwa  0,006  mm.  Der  Kopftheil 
ist  etwas  abgestumpft,  der  Hinterleib  spitz,  oft  in  eine  Spitze  aus- 
gezogen.*) 

Als  Geschlecbtsthiere  sollen  Fadenwürmer  anzusehen  sein,  welche 
im  Inneren  verschiedener  krankhafter  Geschwülste  aufgefunden 
worden  sind.  Der  geschlechtsreife  Wurm  (?)  ist  fein  und  ungefähr 
8 cm  lang;  die  Jungen  werden  als  lebendige  Brut  zur  Welt  ge- 
bracht, leben  dann  längere  Zeit  im  Blute  des  Menschen  und  zwar 
in  solchen  ungeheuren  Mengen,  dass  jeder  Tropfen  bis  20  Indi- 
viduen aufweist.  Dieselben  verlassen  den  Körper  darauf  durch  die 


*)  Eine  jede  Krähe,  deren  Blut  man  untersucht,  zeigt  ähnliche  Würmer,  oft 
in  kolossaler  Masse. 


77 


Nieren  und  Harnwege,  gelangen  nach  Aussen  und  scheinen  einen 
Zwischenwirth  aufzusuchen,  von  dem  aus  sie  wieder  in  den  Körper 
des  Menschen  zurückkehren.  Man  hat  sie  in  Brasilien,  Australien, 
Aegypten,  West-  und  Ostindien  und  China  gefunden;  es  sollen  in 
einzelnen  Distrikten  bis  x/io  der  Einwohner  von  ihnen  befallen 
werden.  Da  sie  aus  dem  Blute  des  Menschen  häufig  in  den  Körper 
blutsaugender  Insecten,  besonders  der  Muskito’s  übergehen,  so  ist 
es  nicht  unmöglich,  dass  sie  auch  durch  solche  weiter  verbreitet 
werden, 

Die  Krankheitserscheinungen,  welche  diese  Filaria  hervorruft, 
sind  häufig  schwerer  Art,  meist  treten  verschiedene  Nierenleiden 
auf,  so  Haemathurie,  welche  mit  leichtem  Fieber  beginnt,  dann  sich 
durch  Schmerzen  in  der  Nieren-  und  Lendengegend  charakterisirt 
und  durch  von  Zeit  zu  Zeit  blutigen  Harn  leicht  diagnosticirt 
werden  kann.  Es  scheinen  durch  die  Würmer  directe  Sprengungen 
der  Nierencapillaren  hervorgebracht  zu  werden  und  wird  durch  Zer- 
setzung des  Blutes  weiterhin  Eiweiss  in  löslicher  Form  im  Harn 
auftreten.  Der  letztere  zeigt  auch  häufig  eine  trübe,  milchigweisse 
Färbung,  welche  durch  die  feinen  Reste  der  Epithelzellen,  Blut- 
und  Eiterkörperchen,  coagulirtes  Eiweiss  u.  s.  w.  hervorgerufen  wird. 
In  einem  derartig  beschaffenen  Harn  findet  man  stets  zahlreiche 
Individuen  unseres  Fadenwurms.  Die  Nierenkrankheit  hat  Ver- 
dauungsstörungen, Appetitlosigkeit,  mangelhafte  Ernährung,  Anämie 
und  Chlorose,  sowie  Oedeme  im  Gesicht  und  an  den  Füssen  zur 
Folge,  häufig  tritt  der  Tod  in  Folge  der  Darmblutungen  oder  nach 
anhaltenden  Diarrhöen  ein.  — Da  man  im  Hunde  ganz  ähnliche  Fi- 
larien vorgefunden  hat  und  von  diesen  die  Geschlechtsformen  kennt, 
welch’  letztere  in  den  Herzhöhlen  dieser  Thiere  leben,  so  möchte  es 
nicht  unwahrscheinlich  sein,  dass  diese  mit  obigen  Filarien  identisch 
sind,  was  allerdings  von  einigen  Forschern  geleugnet  wird,  weil  die 
Grösse  der  Parasiten  eine  verschiedene  sein  soll.  Da  nun  aber  die 
Grösse  der  Parasiten  je  nach  dem  jedesmaligen  Wirth  wechselt,  so 
ist  dies  immer  noch  kein  Beweis  dagegen,  dass  die  Annahme  einer 
Identität  ungerechtfertigt  sei. 

Weil  man  die  Entwickelung  unseres  Wurmes  noch  nicht  genau 
kennt,  so  ist  die  Prophylaxis  auch  nicht  anzugeben,  es  kann  hier 
nur  wiederholt  gesagt  werden,  dass  man  möglichst  vermeide, 
in  jenen  Gegenden  ungekochte  Nahrungsstoffe  oder  unfiltrirtes 
Wasser  zu  sich  zu  nehmen.  Die  Therapie  ist  gleichfalls  nicht  an- 
zugeben, weil  es  nicht  möglich  ist,  die  Filarien  aus  dem  Blut  zu 
entfernen. 


A.nguillulidae% 

Zu  diesen  zählen  wir  meist  freilebende  Formen  von  geringer 
Körpergrösse.  Einige  leben  auf  oder  in  Pflanzen  parasitirend  und 
nur  sehr  wenige  innerhalb  höherer  Thierformen.  Der  Oesophagus 
zeigt  eine  doppelte  Anschwellung,  der  Darm  ist  einfach,  die  Männ- 
chen besitzen  zwei  gleichartige  Spicula;  das  Hinterleibsende  des 
Weibchens  ist  spitz,  häufig  pfriemenförmig,  der  Keimschlauch  kann 


78 


hintereinander  Sperma  und  dann  Eier  erzeugen;  die  Eier  kommen 
in  der  Regel  im  mütterlichen  Organismus  zur  Entwickelung.  Der 
Embryo  durchläuft  zunächst  ein  Larvenstadium  und  aus  dieser 
Larve  entwickelt  sich  nach  erfolgter  Häutung  die  geschlechtsreife 
Anguillula.  Die  Larven  leben  meist  in  faulenden  organischen  Sub- 
stanzen oder  sie  kriechen  frei  umher  und  kommen  auf  die  Nahrung 
verschiedener  Wirbelthiere,  in  deren  Körper  sie  dann  übergehen. 

In  den  faulenden  Substanzen  oder  im  Körper  eines  höheren 
Wirthes  verwandeln  sie  sich  in  die  geschlechtsreifen  Thiere  (meist 
Zwitter)  und  die  Brut  derselben  wandert  dann  aus  dem  Wirthe  aus 
und  bildet  wieder  die  oben  beschriebenen  Larven.  Viele  dieser 
Anguillulalarven  sind  gegen  äussere  Einflüsse  äusserst  widerstands- 
fähig, sie  vermögen  vollständig  einzutrocknen,  nach  kurzer  Zeit,  nach- 
dem man  sie  angefeuchtet  hat,  ruhig  wieder  weiter  zu  leben  und  in 
der  Entwickelung  fortzufahren.  So  hat  man  eingetrocknete  Larven 
nach  6 — 7,  ja  nach  20  Jahren  wieder  aufleben  sehen.  Beim  Men- 
schen hat  man  die  als  Anguillula  stercoralis,  Kothälchen  oder 
ang.  intestinalis,  Eingeweideälchen  bezeichneten  vorgefunden. 


Anguillula  intestinalis. 

Nach  Leukart’s  neuesten  Untersuchungen  soll  zwischen  ang. 
intestinalis  und  der  als  ang.  stercoralis  bezeichneten  Art  ein  ver- 
wandtschaftliches Verliältniss  insofern  bestehen,  als  ang.  intestinalis 
diejenige  Form  repräsentirt,  welche  wahrscheinlich  hermapliroditisch 
ist,  während  sich  die  ang.  stercoralis  frei  entwickeln  kann  und  eine 
Generation  hervorgehen  lässt,  welche  aus  männlichen  und  weiblichen 
Individuen  besteht. 

Die  Fäces  eines  im  Julius-Hospital  zu  Würzburg  aufgenommenen 
Kranken,  welcher  längere  Zeit  in  französischen  und  englischen 
Diensten,  in  Mexico  und  Atschin  gelebt  hatte,  wurden  untersucht 
und  es  fanden  sich  in  denselben  grosse  Mengen  kleiner  Würmchen 
(in  jedem  Stuhlgang  vielleicht  mehr  denn  eine  Million).  Die  Würm- 
chen besassen  einen  runden  Kopf,  schmalen,  spitzen  Schwanz,  eine 
Oesophagusanschwellung  und  die  Anlage  der  Geschlechtsorgane. 
Der  Oesophagus  war  in  3 Abschnitte  getheilt  und  zog  sich  fast 
durch  die  halbe  Länge  des  Thierchens  hin  (die  Länge  der  Würmer 
betrug  etwas  mehr  als  x/2  mm  und  ihre  Dicke  0,02  mm).  Nachdem 
diese  frei  gewordenen  Würmchen  kurze  Zeit  einer  geeigneten  Wärme 
(26 — 28°  R.)  ausgesetzt  worden  waren,  entwickelten  sich  aus  ihnen 
schon  nach  30  Stunden  männliche  und  weibliche  Formen,  nachdem 
vorher  eine  Häutung  erfolgt  war.  Die  Männchen  waren  0,58  und 
die  Weibchen  0,57  mm  lang.  Das  Kopfende  der  Würmer  wrar  ab- 
gerundet und  ohne  Lippenansätze,  die  Mundöffnung  rundlich,  der 
sich  an  sie  anschliessende  Oesophagus  in  3 scharfe  Abschnitte  ge- 
gliedert und  setzte  sich  in  das  Darmrohr  fort. 

Das  Hinterleibsende  des  Männchens  stellt  einen  hakenförmig  ein- 
gekrümmten Zapfen  dar,  welcher  mit  einem  niedrigen,  spitzen  Fort- 
satz endigt,  es  sind  2 Spicula  und  3 Paar  kleine  Papillen  vorhanden. 


79 


Das  Hinterleibsende  des  Weibchens  ist  schlank,  kegelförmig  und 
in  eine  fadenartige  Verdickung  ausgezogen.  Der  Uterus  ist  doppelt 
und  füllt  sich  kurz  nach  der  Begattung  mit  Eiern,  welche  sich 
unter  Umständen  vollständig  im  Uterus  zu  Embryonen  weiter  ent- 
wickeln können.  Die  Embryonen  sind  oft  frei  im  Uterus  und 
wachsen  innerhalb  des  mütterlichen  Organismus  etwas  heran.  Nach 
Ablauf  eines  Tages  zeigten  sich  die  Embryonen  sämmtlich  voll- 
ständig entwickelt  und  wuchsen  nach  und  nach  zu  einer  gewissen 
Grösse  heran  (von  Vs — Vs  mm).  Nun  häuten  sie  sich  und  verlieren 
dabei  ihr  Aussehen,  welches  an  die  Rliabditisformen  der  Frosch- 
Nematoden  erinnert.  Sie  werden  zu  kleinen,  selbständigen  Würmern 
und  ähneln  so  den  Strongyliden  und  Filarien.  Nach  der  Häutung 
erscheint  der  Schwanz  kurz,  schlank  und  zeigt  seitlich  2 gleiche 
Spitzchen.  Der  Oesophagus  wird  zu  einem  einfachen  Rohr,  welches 
in  der  Leibesmitte  in  den  Magen  Übertritt.  Die  oben  bemerkten 
3 Abschnitte  lassen  sich  nur  sehr  schwer  noch  unterscheiden.  Diese 
Larven  zeigen  nach  einigen  Tagen  eine  Länge  von  ungefähr  5 mm. 
Nach  kurzer  Zeit  gingen  sie  zu  Grunde,  d.  h.  sie  verhungerten. 
Jedenfalls  müssen  sie,  um  sich  weiter  entwickeln  zu  können,  in  den 
Darm  eines  Wirthes  gelangen  und  da  setzt  Leuckart  wohl  auch  mit 
vielem  Recht  voraus,  dass  sie  wieder  in  den  Darm  des  Menschen 
zurückgehen  und  dort  als  ang.  intestinalis  geschlechtsreif  werden. 
Von  den  geschlechtsreifen  Anguillulae  hat  man  bis  jetzt  nur  Weib- 
chen entdeckt  und  scheint  es,  dass  der  Hermaphroditismus  dieser 
Formen  übersehen  ist  und  die  männlichen  Geschlechtsproducte  vor 
der  Bildung  der  Eier  in  denselben  Keimdrüsen  zur  Reife  gelangten. 

Vollständig  klar  ist  allerdings  die  Entwickelungsgeschichte  dieser 
Würmchen  trotz  der  Untersuchungen  Leuckart’s  noch  nicht. 

Besonders  sind  es  die  tropischen  Gegenden,  in  denen  diese  An- 
guillula  vorkommt.  So  hat  man  sie  in  Cochinchina  und  neuerdings 
auch  bei  den  St.  Gotthardts-Arbeitern  gefunden,  woselbst  sie  neben 
Dochmius  duodenale  im  Darm  zahlreich  aufgefunden  worden  ist. 

Die  Krankheitserscheinungen,  welche  dieser  kleine  Parasit  her- 
vorruft, bestehen  in  einer  heftigen  Diarrhöe,  welche  sich  endemisch 
über  ganze  Districte  erstrecken  kann.  Man  hat  diese  Diarrhöe  als 
Cochinchina-Diarrhöe  bezeichnet. 

Wie  die  Würmer  immer  wieder  in  den  menschlichen  Körper 
gelangen,  ist  noch  nicht  bekannt  und  ebensowenig  sind  therapeu- 
tische Versuche  bekannt  gemacht  worden. 


Acanthocephali.  Itrataer. 

Der  Körper  dieser,  im  Menschen  glücklicherweise  verhältniss- 
mässig  sehr  selten  auftretenden  Parasiten  ist  schlauchförmig,  meist 
quer  gerunzelt.  Die  inneren  Organe  bestehen  nur  aus  einem  gang- 
lienartigen Nervensystem,  welches  in  der  gleich  zu  besprechenden 
Rüsselscheide  liegt  und  eine  Reihe  Nerven  nach  hinten  und  vorn 
entsendet,  weiterhin  aus  dem  Geschlechtsapparat  und  dem  Haut- 
muskelschlauch. Sinnesorgane  und  Verdauungsapparat  fehlen  voll- 


ständig.  Ein  Gefässsystem  ist  durch  2 Längsstämme  und  eine 
grössere  Anzahl  von  verzweigten  Kanälen  gebildet. 


EcJiinorhyncJius  gigas.  Der  Iiiesenkratzer. 

Dieser  Wurm,  welcher  die  Grösse  eines  Spulwurms  erreichen 
kann,  soll  einmal  im  Dünndarm  eines  9jährigen  Knaben  gefunden 
worden  sein,  ausserdem  hat  man  einige  wenige  Fälle  angeführt,  wo 
echinorhynchusartige  kleine  Würmer  im  Darmkanal  eines  Menschen 
beobachtet  wurden.  Da  aber  eine  grosse  Menge  von  Thieren  Echino- 
rhynchen  beherbergt,  und  die  bei  Menschen  beobachteten  Formen 
niemals  von  competenten  Forschern  beschrieben  worden  sind,  so  ist 
es  schwer  zu  sagen,  welcher  Species  die  bstreffenden  Würmer  an- 
gehört haben. 

Wenn  wir  hier  trotz  alledem  auf  die  Anatomie  eines  solchen 
Parasiten  näher  eingehen,  so  geschieht  es  deshalb,  um  den  Arzt  in 
einem  möglicher  Weise  vorkommenden  Falle  einen  Anhaltepunkt 
zur  Bestimmung  dieser  Parasiten  zu  geben. 

Im  Darm  der  Schweine  lebt  der  oben  genannte  Parasit  meist 
zu  vielen  Individuen  neben  einander  und  bewirkt  daselbst  oft  heftige 
Verdauungsstörungen.  Was  diesen  Kratzer  sofort  von  dem  Spul- 
wurm unterscheiden  lässt,  ist  die  Anwesenheit  eines  eigenthümlichen 
Haftapparates  am  Kopftheile.  Der  gegen  den  Leib  etwas  abgesetze 
Kopf  besitzt  an  seinem  vorderen  Ende  einen  einstülpbaren  Rüssel, 
welcher  an  der  Spitze  eine  grössere  Anzahl  von  Haken  zeigt.  Dieser 
Rüssel  wird  vorgestreckt  und  heftet  sich  mit  den  rückwärts  ge- 
krümmten Haken  in  der  Darmschleimhaut  fest.  Der  Wurm  saugt 
dann  wie  die  Bandwürmer  aus  dem  Darm  die  Nahrung  auf  osmo- 
tischem Wege  durch  die  äussere  Körperoberfläche  auf.  Durch  ein 
Paar  Muskeln  kann  der  Rüssel  theilweise  zurückgezogen  werden  und 
liegt  alsdann  innerhalb  der  sogenannten  Rüsselscheide. 

Was  die  übrigen  Organe  der  Echinorhynchen  anlangt,  so  sind 
vorzüglich  die  Geschlechtsapparate  zu  bemerken.  Die  Echinorhynchen 
sind  getrennten  Geschlechts.  Die  männlichen  Geschlechtsorgane, 
welche  sich,  ebenso  wie  die  weiblichen,  am  Grunde  der  Rüsselscheide 
anheften,  bestehen  aus  einem  Paar  rundlichen  grossen  Hoden,  die 
in  zwei  musculöse  Samenleiter  übergehen,  welch’  letztere  noch 
mit  verschiedenen  Drüsen  ausgestattet  sein  können.  Der  Copu- 
lationsapparat  besteht  aus  einem  kegelförmigen  Gebilde,  welches  in 
einer  glockenartigen  Bursa  zurückgezogen  liegt. 

Die  weiblichen  Geschlechtsorgane  bestehen  aus  einer  äusseren, 
in  der  Nähe  des  Endabschnittes  gelegenen  Vulva,  welche  in  eine 
kurze  Scheide  überführt  und  an  welche  sich  der  Uterus  in  Gestalt 
einer  nach  oben  offenen  Glocke  ansetzt.  Von  dieser  Glocke  aus 
zieht  sich  bis  zum  Rüssel  hin  ein  Bindegewebsstrang  ( ligamentum 
sasgjensoriiwi),  an  denselben  und  theilweise  von  ihm  umlagert  liegt 
das  Ovarium,  welches  von  zwei  Säcken  dargestellt  wird,  die  im 
vorderen  Körperabschnitt  mit  einander  communiciren.  In  diesen 
Säcken  entwickeln  sich  die  Eier  an  bestimmten  Keimstellen,  sie 


81 


fallen  dann  in  die  Leibeshöhle  und  kommen  schliesslich  durch 
Pumpbewegungen  des  glockenförmigen  Uterus  in  die  Scheide,  durch 
welche  sie  nach  Aussen  befördert  werden. 

Die  Eier  gelangen  mit  dem  Kotlie  nach  Aussen  und  werden 
von  Insektenlarven  aufgenommen  (besonders  sind  die  Maikäferlarven 
als  Träger  derselben  bekannt).  Hier  entwickelt  sich  im  Darm  der 
Larve  der  kleine  Embryo,  welcher,  nachdem  er  frei  geworden  ist, 
mit  Hilfe  eines  Stachelapparates  den  Darm  des  Engerlings  durch- 
bohrt und  in  der  Leibeshöhle  desselben  einen  weiteren  Wohnort 
findet.  Die  Engerlinge  werden  nun  wieder  vom  Schweine  verzehrt 
und  im  Magen  derselben  werden  die  Echinorhynchusembryonen  frei, 
worauf  sie  in  dem  Dünndarm  des  Schweines  zur  weiteren  Entwicke- 
lung und  zur  Geschlechtsreife  gelangen. 

Da  der  Mensch  fiir  gewöhnlich  keine  lebenden  Engerlinge  zu 
verzehren  pflegt,  ist  es  klar,  dass  der  Echinorhynchus  nur  durch 
einen  wunderbaren  Zufall  in  den  Körper  desselben  gelangen  könnte. 
Die  Prophylaxis  und  die  Therapie  braucht  für  diesen  Schmarotzer 
nicht  weiter  angegeben  zu  werden. 


Annelides,  Gliederwürmer. 

Der  Körper  ist  rund  oder  von  oben  nach  unten  abgeplattet, 
äusserlich  geringelt  und  im  Inneren  in  hintereinanderliegende  Me- 
tameren  zerlegt.  Bewegungsapparate  sind  als  Haftscheiben  (Blutegel) 
oder  Borsten,  welche  auf  kurzen  Extremitätenstummeln  sitzen,  aus- 
gebildet. Die  Fortpflanzung  geschieht  geschlechtlich  oder  bei  kleinen 
Chaetopoden  durch  Sprossung. 

Hirudinei.  Blutegel » 

Körper  kurz,  im  Querschnitt  ungefähr  halbmondförmig,  äusser- 
lich geringelt  oder  platt.  Am  vorderen  und  hinteren  Leibesende 
je  eine  Saugscheibe.  Mehrere  äussere  Ringel  entsprechen  einem 
inneren  Segmente.  Die  Mundöffnung,  welche  mit  Chitinkiefern  be- 
wehrt sein  kann,  liegt  ventral  in  oder  unter  dem  vorderem  Saug- 
napfe. Die  Blutegel  sind  Zwitter. 

1.  Familie.  RhynclioMellklae.  Vorderes  Leibesende  durch  einen 
Rüssel  innerhalb  der  Mundhöhle  ausgezeichnet.  Jchthyobdellidae, 
Fischegel.  Clepsinidae  mit  der  mexikanischen  officinellen  Haemen- 
taria  mexicana. 

2.  Familie.  Gnathöbdellidae , Kopf  mit  3 Kiefern,  Blut  röthlich. 
Hirudo,  mit  95  Ringeln.  H.  medicinalis,  medicinischer  Blutegel, 
wird  erst  im  3.  Jahre  geschlechtsreif. 

3.  Familie.  JBranchioldellidae , Körper  cylindrisch,  wenig  seg- 
mentirt. 

Eigentlich  sind  die  Egel  nicht  zu  den  typischen  Parasiten  des 
Menschen  zu  zählen,  sondern  sie  sind  Räuber,  welche  gelegentlich 
einmal  den  Menschen  überfallen  und  sein  Blut  saugen,  welche  aber 
ebensogut  an  jedes  andere  warmblütige  Thier  gehen.  Der  auf 

6 


82 


Ceylon  fortkommende  Blutegel  lebt  auf  Bäumen,  sonst  sind  diese 
Thiere  Wasser-  und  Sumpfbewohner.  Was  die  innere  Organisation 
der  Blutegel  anbelangt,  so  beginnt  der  Darmapparat  mit  einem 
am  vorderen  Leibesende  befindlichen  Mundtheile,  welcher  durch  die 
Anwesenheit  eines  Saugnapfes  und  in  der  Regel  3 chitiniger  Sägen 
ausgezeichnet  ist.  Der  Oesophagus  stellt  einen  kräftigen  muscu- 
lösen  Apparat  dar,  welcher  zum  Einsaugen  des  Blutes  dient.  Der 
Darmapparat  zeigt  innerhalb  der  verschiedenen  Metameren  Aus- 
buchtungen, welche  sich  nach  beiden  Seiten  blindsackförmig  absetzen. 
Der  After  liegt  dorsal  am  hinteren  Leibesende,  unter  demselben, 
ventral  gelegen,  befindet  sich  der  Schwanzsaugnapf,  welcher  bei  der 
Fortbewegung  des  gesammten  Organismus  Verwendung  findet.  Als 
Excretionsorgane  functioniren  eine  Anzahl  schleifenförmiger  Kanäle, 
von  denen  die  mittleren  Körpersegmente  je  ein  Paar  enthalten.  Die 
als  Kanälchen  entwickelten  Organe  knäulen  sich  in  Schleifen  und 
Schlingen  auf  und  münden  entweder  mit  einer  freien  Oeffnung  in 
die  Leibeshöhle  oder  in  den  Gefässapparat  hinein.  Aeusserlich  münden 
sie  seitlich  an  der  Bauchfläche  mit  einem  kleinen,  blasig  aufge- 
triebenen Ausführungsgange.  Das  Gefässsystem  besteht  aus  2 Längs- 
stämmen, welche  vielleicht  aus  einer  Umbildung  der  Leibeshöhle 
hervorgingen.  Unter  sich  stehen  die  Längsgefässe  mit  Ringgefässen 
und  Anastomosen  in  Verbindnng;  die  einzelnen  inneren  Organe 
werden  von  feinen  Gefässnetzen  überzogen.  Das  Blut  ist  häufig  roth 
gefärbt,  jedoch  ist  die  Farbe  nicht  an  Blutkörperchen  gebunden, 
sondern  sie  ist  in  der  Blutflüssigkeit  gelöst. 

Die  männlichen  Geschlechtsorgane  bestehen  aus  einer 
grösseren  Anzahl  von  Hodenbläschen,  welche  mit  kleinen  Ausfüh- 
rungsgängen in  2 seitlich  verlaufende  Samenleiter  einführen;  in 
mehreren  Segmenten  ist  je  ein  Paar  derselben  gelegen.  Die  beider- 
seitigen Samenleiter  treten  in  der  Mitte  des  Vorderleibes  zusammen 
und  gehen  durch  einen  hakenförmigen  Copulationsapparat  nach  Aussen. 
Dieser  letztere  Apparat  steht  mit  einer  stark  entwickelten  Drüse 
in  Verbindung  und  ist  entweder  ein  zweihörniger,  vorstiilpbarer 
Sack  oder  ein  dünnerer,  umgebogener  Schlauch. 

Der  weibliche  Geschlechtsapparat  befindet  sich  nur  in 
einem  Körpersegment  und  besteht  aus  einem  gemeinsamen  Oviduct, 
an  welchen  sich  2 bläschenförmige  Ovarien  anschliessen  können ; 
nach  Aussen  zu  öffnet  er  sich  in  der  Medianlinie  des  Körpers 
mit  einer  etwas  erweiterten  Scheide.  Die  Eier  werden,  nachdem  eine 
wechselseitige  Befruchtung  der  Individuen  stattgefunden  hat,  in  so- 
genannten Cocons  abgelegt.  Sie  werden  zusammengeballt  und  dann 
mit  dem  Secret  einiger  Hautdrüsen  umsponnen.  Auch  das  Sperma 
wird  in  Form  eines  Packetes  (Spermatophore)  ausgeschieden  und 
durch  das  Secret  einiger  Drüsen  umhüllt. 

Das  Nervensystem  besteht  aus  dem  Gehirn,  welches  über  dem 
Schlund  gelegen  ist  (oberes  Schlundganglion),  von  dem  aus  2 Nerven- 
stränge zu  einem  unter  dem  Schlund  gelegenen  Ganglion  führen 
(unteres  Schlundganglion).  Von  diesem  verlaufen  dann  unter  dem 
Verdauungsapparat  2 Hauptnervenstämme  dicht  neben  einander  bis 


83 


zum  hinteren  Körperpole.  In  jedem  Segment  bilden  dieselben  gan- 
glionäre  Anschwellungen,  welche  wieder  durch  Quercommissuren  ver- 
bunden sind.  Als  sympathisches  Nervensystem  liegt  über  und  neben 
der  Ganglienkette  ein  Nervenpaar,  welches  an  den  Darm  und  die 
Blindsäcke  desselben  zahlreiche  Verzweigungen  abgiebt.  Von  den 
Sinnesorganen  sind  besonders  die  Augen  zu  bemerken,  welche  in 
Gestalt  von  Pigmentflecken  und  mit  einem  lichtbrechenden  Körper 
ausgestattet,  auf  dem  Rücken  in  einer  Bogenlinie  paarweise  durch 
mehrere  Ringe  hindurch  angeordnet  sind.  Beim  Blutegel  liegen 
ausserdem  noch  an  den  vorderen  Segmenten  grosse  helle  Blasen,  an 
welche  ein  Nerv  herantritt,  welcher  mit  feinen  Härchen  endet.  Die 
Functionen  dieser  Sinnesorgane  sind  unbekannt. 

Die  Befruchtung  der  Blutegel  erfolgt  meist  wechselseitig  und 
wird  die  Spermatophore  vermittelst  des  Copulationsapparates  in 
die  weibliche  Scheide  hineingeschoben  oder  in  den  Geschlechts- 
öffnungen eingeklebt.  Wie  schon  erwähnt,  werden  die  Eier  in  Co- 
cons  zusammengesponnen;  innerhalb  dieser  Cocons  entwickeln  sich 
aus  ihnen  die  Embryonen,  welche  zunächst  das  Coconmaterial  auf- 
fressen und  etwas  heran  wachsen,  worauf  sie  frei  in’s  Wasser  ge- 
langen und  nun  auch  sogleich  ihr  räuberisches  Leben  beginnen.  In 
dieser  jungen  Brut  finden  wir  schon  vollständig  alle  Organe  des 
ausgebildeten  Thieres  angelegt. 

Rirudo  Ceylonica. 

Der  flache  Körper  ist  an  beiden  Enden  spitz  und  äusserlich 
so  geringelt,  dass  von  5 äusseren  Ringen  ungefähr  immer  ein  inneres 
Segment  begrenzt  wird.  Der  Mundsaugnapf  wird  aus  einer,  vom 
Mundinnern  ausgehenden,  ringförmigen  Anschwellung  gebildet.  Die 
Kiefer  zeigen  je  30  kleine  Zähnchen,  ein  Kiefer  liegt  median  in  der 
Lippenfläche,  die  beiden  anderen  seitlich  nach  dem  Bauch  zu  ge- 
kehrt. Dieser  Egel  lebt  in  vielen  Gegenden  Südasiens,  auf  Ceylon, 
sowie  auf  vielen  Inseln  zwischen  Asien  und  Australien,  ebenso  in 
den  Nilgerries,  Chili  u.  s.  w.  Er  bewohnt  nicht  das  Wasser,  son- 
dern findet  sich  auf  der  Erde  unter  Blättern,  im  Gebüsch  und  auf 
Bäumen.  Die  Thiere  bewegen  sich  ziemlich  schnell  und  überfallen 
Menschen  und  warmblütige  Thiere,  an  welche  sie  entweder  direct 
herankriechen  oder  auf  welche  sie  von  den  Sträuchern  und  Bäumen 
herunterfallen.  Da  sie  in  enormen  Mengen  Vorkommen  und  sich 
nicht  leicht  abstreifen  lassen,  wenn  sie  einmal  angebissen  haben, 
so  sind  sie  eine  Plage  in  den  von  ihnen  bewohnten  Landstrichen. 

Man  entledigt  sich  ihrer  entweder  durch  schnelles  Abstreifen, 
ehe  sie  sich  angebissen  haben,  oder  durch  Auftröpfeln  von  Citronen- 
säure,  Tabakslauge  u.  s.  w.  Ob  Ueberstreuen  mit  Salz  hier  denselben 
Effect  hat  wie  beim  medicinischen  Blutegel,  ist  nicht  bekannt. 

Rirudo  vorax.  Der  Pferdeegel. 

Körper  nicht  stark  abgeflacht,  äusserlich  47  Ringe  zeigend ; die 
Farbe  ist  oben  olivenartig  bis  bräunlich.  Der  Rücken  wird  von  6 

6* 


84 


Reihen  schwarzer  Punkte  überzogen,  der  Bauch  ist  grau  mit  einer 
braungelben  Längsbinde;  der  Bauchsaugnapf  ist  gross;  die  Kiefer 
sind  nicht  fein  gezähnelt  und  können  daher  nur  zum  Anreissen 
weicher  Schleimhäute  dienen.  Der  Pferdeegel  wird  in  Gräben  und 
Teichen  Süddeutschlands,  Südeuropas  und  Nordafrikas  gefunden. 
Er  ist  jedoch  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  bei  uns  als  Pferdeegel 
bekannten,  in  mitteldeutschen  Teichen  so  oft  vorkommenden  Aulostoma 
gulo,  welcher  von  Weichthieren  lebt. 

Der  Egel  ist  deshalb  so  gefährlich,  weil  er  in  seiner  Jugend 
durch  das  Trinkwasser  in  die  Mund-  und  Rachenhöhle  grösserer 
Warmblüter  und  auch  des  Menschen  gelangt.  An  den  Schleim- 
häuten dieser  Höhlen  beisst  er  sich  sehr  rasch  fest  und  bleibt  lange 
daran  haften,  so  dass  man  ihn  noch  nach  mehreren  Wochen  auf 
diesen  Schleimhäuten  sitzend  gefunden  hat.  Beim  Menschen  erzeugt 
er,  wenn  er  nicht  entfernt  werden  kann,  Heiserkeit  und  Hustenan- 
fälle. Sitzt  er  auf  dem  Kehlkopf  in  der  Nähe  der  Stimmritze,  so 
kann  er  Erstickungsfälle  veranlassen,  ausserdem  Kehlkopfsentzün- 
dungen, Trachealblutungen,  schliesslich  Abmagerung,  ja  selbst  Tod 
hervorrufen.  Ausserdem  hat  man  ihn  bei  in  Teichen  badenden 
Frauen  innerhalb  der  Vagina  gefunden.  Der  Egel  wird  aber  nicht 
allein  beim  Trinken  aufgenommen,  sondern  es  gelangt  die  junge, 
kaum  sichtbare  Brut  desselben  auch  durch  den  Genuss  von  Wasser- 
pflanzen in  den  Körper  des  Menschen  und  der  Thiere. 

Aus  dem  Inneren  des  Körpers  lassen  sich  die  Würmer  nur 
sehr  schwer  entfernen.  Da  man  es  nicht  wagen  kann,  sie  vermittelst 
einer  Pincette  abzureissen,  so  muss  man  es  versuchen,  durch  In- 
jection  von  concentrirter  Salzlösung  oder  gutem  Cognac  in  die 
Leibeshöhle  des  Wurmes  denselben  zum  Absterben  und  Loslassen 
zu  bringen.  Es  sind  solche  Operationen  selbstverständig  nicht  leicht 
ausführbar,  wenn  der  Wurm  weit  hinten  am  Kehlkopf  oder  gar  in 
die  Trachea  gelangt  ist. 

Hirado  medicinalis.  Der  niedicinische  Blutegel 

Man  kann  denselben  eigentlich  nicht  als  einen  Parasiten  des 
Menschen  betrachten,  sondern  er  ist  als  ein  Raubthier  anzusehen, 
welches  neben  anderen  Warmblütern  gelegentlich  auch  einmal  den 
Menschen  überfällt;  man  hat  seine  Blutgier  zu  therapeutischen 
Zwecken  auszunutzen  gewusst.  Die  3 Kiefer  sind  je  mit  80 — 90  sehr 
feinen  scharfen  Zähnchen  bewaffnet.  Der  als  Magen  zu  deutende 
1.  Darmabschnitt  besitzt  11  Paar  Seitentaschen.  Der  äussere  Körper 
ist  in  95  deutliche  Ringe  gegliedert.  Je  ein  Paar  Augen  liegen 
auf  dem  1,,  2.,  3.,  5.  und  8.  Ringe.  Die  männliche  Geschlechts- 
öffnung befindet  sich  vorn  zwischen  dem  24.  und  25.,  die  weibliche 
etwas  weiter  zurück  zwischen  dem  29.  und  30.  Ringe.  Die  Cocons 
werden  in  einer  spongiösen  Schale  in  feuchte  Erde  abgelegt,  die 
junge  Brut  braucht  bis  zur  Geschlechtsreife  ca.  3 Jahre. 


85 


Haementaria  officinalis. 

Dieser  zu  den  Rüsselegeln  gehörende  Blutsauger  wird  in  Mexico 
häufig  an  Stelle  unseres  officinellen  Blutegels  verwendet.  Der  Körper 
desselben  ist  vorn  zugespitzt,  er  trägt  einen  21ippigen  Mundsaug- 
napf, über  welchem  die  Mundöffnung  liegt.  In  der  Mundhöhle  be- 
findet sich  ein  kräftiger,  lang  vorstreckbarer  Rüssel,  welcher  vorn 
mit  einer  feinen  Spitze  endigt.  Das  2.  Leibessegment  trägt  ein 
Paar  Augen.  5 äussere  Leibesringe  gehen  auf  ein  inneres  Segment. 
Die  junge  Brut  kommt  unterhalb  des  napfartig  sich  auf  Steine  an- 
legenden Egelkörpers  zur  Entwickelung  und  wird  auch  vielleicht 
noch,  wie  die  unserer  Clepsinen,  von  der  Mutter  einige  Zeit  mit 
herum  getragen. 


Arthropoda,  Gliederfüssler. 

Der  Körper  der  Arthropoden  ist  mit  nur  sehr  wenigen  Aus- 
nahmen äusserlich  streng  bilateral  - symmetrisch  gebaut.  Er  ist 
lieteronom  (nicht  gleichmässig)  gegliedert  und  trägt  entweder  an 
allen  Segmenten  oder  an  nur  einzelnen  derselben  gegliederte  An- 
hänge, welche  theils  als  Kauwerkzeuge,  theils  als  Hülfsapparate  für 
die  Respirationsorgane  und  endlich  als  Bewegungsapparate  dienen. 
Die  äussere  Körperbedeckung  besteht  aus  einer  festen  chitinigen 
Hülle,  welche  ausserdem  in  Borsten,  Stacheln,  Dornen  u.  s.  w.  aus- 
gezogen sein  kann,  oder  unter  Umständen  eine  grössere  Menge  von 
Kalksalzen  eingeschlossen  enthält.  Als  Nervensystem  findet  sich 
stets  ein  über  dem  Schlund  gelegenes  Gehirn  und  ein  unter  dem 
Schlund  gelegenes  Ganglion,  sowie  eine  Bauchganglienkette,  welche 
auch  unter  Umständen  die  verschiedensten  Verschmelzungen  zeigen 
kann.  Die  Geschlechter  sind  getrennt.  Aus  den  Eiern  entwickelt 
sich  entweder  ein  dem  Mutterthier  ähnlich  gebildetes  Individuum 
oder  eine  Larve,  welche  erst  nach  mehreren  Metamorphosen  in  die 
definitive  Geschlechtsform  übergeht. 

Aus  der  Gruppe  der  Krebse  kennen  wir  bei  dem  Menschen 
keine  Schmarotzer,  die  Milben  stellen  einige  wenige,  die  Onycho- 
phoren  und  Myriopoden  keine,  die  Hexapoden  oder  eigentlichen  In- 
secten  eine  grössere  Anzahl.  Im  Grossen  und  Ganzen  schmarotzen 
nur  wenige  Arthropoden  in  inneren  Organen  des  Körpers,  einige 
leben  in  der  äusseren  Haut,  andere  auf  derselben  und  wieder  an- 
dere überfallen  nur  gelegentlich  den  Menschen,  um  von  seinem 
Blute  zu  leben. 


Arachnoidea. 

Der  Körper  zerfällt  meist  in  2 Haupttheile,  welche  selten  eine 
tiefere  Segmentirung  zeigen.  Der  Kopf-  und  Brustabschnitt  ist 
zum  sogenannten  Cephalothorax  verschmolzen,  zeigt  vorn  2 Kiefer- 
paare und  ausserdem  4 Beinpaare.  Flügel  fehlen  vollständig.  An 
den  Cephalothorax  setzt  sich  der  Hinterleib  entweder  mit  einem 
breiten  Stücke  an  (Milben)  oder  mit  einem  Stiele  (Spinnen). 

Linguatnlina.  Zangenwiirmer  (Taf.  VI,  Fig.  5—8). 

Parasiten  mit  wurmförmig  gestrecktem,  geringeltem  Körper. 
Um  den  kieferlosen  Mund  stehen  2 Paar  von  Klammerhaken  (Fig. 
7 und  8),  welche  an  kurzen  rudimentären  Beinstummeln  angebracht 


87 


sind  und  mit  diesen  Extremitäten  in  kleinen  Taschen  verborgen 
liegen , aus  welchen  sie  eventuell  etwas  hervorgestülpt  werden 
können.  Die  äussere  Haut  ist  geringelt  und  lässt  zahlreiche  Drüsen 
erkennen,  deren  Functionen  noch  nicht  klargestellt  sind.  Wegen 
ihrer  einfachen  Organisation  sind  die  Zungenwürmer  lange  Zeit  zu 
den  Würmern  gestellt  worden,  Von  inneren  Organen  bemerkt  man 
bei  ihnen  die  Athmungsorgane  gar  nicht.  Das  Gefässsystem  und 
der  excretorische  Apparat  sind  angedeutet.  Die  Mundöffnung  liegt 
ventral,  sie  wird  von  einem  Chitinring  umgeben  und  führt  zu  einem 
gerade  durch  den  Körper  hindurch  laufenden  Darmrohre,  welches 
im  hinteren  Leibesende  mit  dem  After  endet.  Unterhalb  des 
Schlundes  liegt  das  untere  Schlundganglion,  welches  um  den  Schlund 
herum  eine  Commissur  entsendet,  die  aber  nicht  in  ein  Gehirn  Über- 
tritt; es  ist  dies  über  dem  Schlund  durch  eine  einfache  Mark- 
brücke angedeutet.  Von  Sinnesorganen  ist  nur  ein  aus  mehreren  Pa- 
pillen gebildetes,  am  vorderen  Körperende  gelegenes  Tastorgan  zu 
erwähnen.  Sehorgane  fehlen  vollständig.  Die  Geschlechter  sind 
getrennt.  Die  männlichen  Geschlechtsorgane  bestehen  aus  einem 
unter  dem  Darm  liegenden  Hoden,  von  dem  aus  ein  kurzes  Rohr 
herausführt,  welches  sich  gabelt,  den  Oesophagus  umfasst  und 
dann  mit  einem  doppelten  Begattungsorgane  in  Verbindung  tritt. 
Die  Geschlechtsöffnung  liegt  nahe  am  Munde.  Die  weiblichen  Ge- 
schlechtsorgane bestehen  aus  einem  unmittelbar  über  dem  Darm 
liegenden,  unpaaren  Eierstocke,  von  welchem  zum  vorderen  Leibes- 
ende zwei  dünne  Eileiter  abgehen,  welche  bald  in  eine  taschenartige 
Erweiterung  überführen,  von  der  aus  ein  einfaches  weiteres  Rohr, 
welches  als  Eibehälter  und  als  Vagina  dient,  zum  hinteren  Leibes- 
theil verläuft  und  in  der  Nähe  des  Afters  ausmündet. 

Die  Weibchen  sind  bedeutend  grösser  als  die  Männchen.  Im 
geschlechtsreifen  Zustande  finden  wir  die  Zungenwürmer  in  den 
Lufträumen  vieler  Warmblüter  und  Amphibien. 


Pentastoma  taenioicles.  Bandwurmähnlicher  Fünfmund. 

Der  Körper  des  Weibchens  ist  7—13  cm,  der  des  Männchen 
2 — 21/2  cm  lang;  die  Gestalt  ist  lanzettförmig,  vorn  breit,  hinten 
allmälig  schmäler  werdend  und  mit  einer  stumpfen  Spitze  endend. 
Ungefähr  90  Querfalten  sind  hinter  einander  angeordnet  und  lassen 
den  Körper  fein  segmentirt  erscheinen.  Am  vorderen,  abgerundeten 
Kopftheile  liegen  ventral  2 kleine  Tastpapillen  und  die  länglich 
runde  Mundöffnung. 

Seitlich  dieser  Mundöffnung  und  etwas  nach  hinten  liegen 
jederseits  2 Schlitze,  in  welche  die  oben  erwähnten  Extremitäten- 
stummel zurückgezogen  sind  (Fig.  8).  Die  letzteren  Taschen  wurden 
trüher  fälschlich  für  weitere  Mundöff'nungen  gehalten.  Die  zwei- 
gliederigen Fussstummel  sind  mit  hornigen  Klauen  ausgerüstet.  Die 
inneren  Organe  zeigen  ungefähr  das  oben  geschilderte  Verhalten. 
Die  geschlechtsreifen  Thiere  leben  in  den  Nasenhöhlen  und  Stirn- 
sinus des  Wolfes,  Fuchses  und  Hundes. 


Nach  Leuckart’s  eingehenden  Untersuchungen  über  die  Ent- 
wickelungsgeschichte dieser  Thiere,  ist  die  Stellung  der  Zungen- 
würmer erst  klar  geworden.  Sie  legen  in  die  Athmungsorgane  ihrer 
Wirthe  die  Eier  (nach  Leuckarts  Angabe  bis  zu  500,000)  ab,  diese 
Eier  kommen  mit  dem  Nasenschleim  nach  Aussen  auf  verschiedene 
Pflanzen,  die  Embryonen  werden  frei  und  gelangen  mit  den  Pflanzen- 
theilen  eventuell  in  den  Magen  von  Kaninchen  und  Hasen,  sein- 
selten  einmal  in  den  des  Menschen.  Hier  kommt  die  junge  Brut 
zur  weiteren  Entwickelung,  sie  durchsetzt  die  Darmwandung  und 
geht  in  die  Leber  über,  wo  sie,  von  einer  Kapsel  umhüllt,  ein  Larven- 
stadium durchläuft. 

Sind  die  Larven  in  der  Leber  oder  auch  in  anderen  Organen, 
wie  in  den  Mesenterialdrüsen,  in  dem  Peritoneum,  in  den  Lungen, 
bis  zu  einem  gewissen  Entwickelungsstadium  herangereift  (innerhalb 
ca.  5 Monaten),  so  fangen  sie  an  beweglich  zu  werden,  nachdem 
sie  sich  vorher  des  Oefteren  gehäutet  haben.  Nun  durchbrechen 
sie  die  Kapselwandung  und  gehen  durch  die  betreffenden  Organe  hin- 
durch in  die  Leibeshöhle  hinein.  Von  der  Leibeshöhle  aus  wandern 
sie  meistens  durch  das  Zwerchfell  in  die  Lunge  und  die  Athmungs- 
wege  und  dann  nach  Aussen.  Werden  sie  nun  von  Hunden  mit 
der  Nahrung  wieder  aufgenommen,  oder  bleiben  sie  an  der  Nase 
der  betreffenden  Thiere  haften,  so  trachten  sie  danach,  in  die  Nasen- 
höhle und  Stirnsinus  hineinzugelangen,  wobei  man  beobachtet  hat, 
dass  die  in  den  Magen  gelangenden  Zungenwürmer  die  Magenwan- 
dung durchbohrten,  durch  das  Zwerchfell  und  durch  die  Lunge  hin- 
durch gingen,  dann  in  den  Bronchien  und  der  Luftröhre  weiter 
krochen  und  schliesslich  durch  die  Choanen  in  den  Nasenraum  er- 
wanderten. 

Diese  in  der  Leber  vorgekommenen  und  später  frei  werdenden 
Jugendzustände  hat  man  als  Pentastoma  denticulatum  bezeichnet. 
In  den  Stirnhöhlen  werden  nun  die  Thiere  wieder  geschlechtsreif 
und  beginnen  einen  neuen  Entwickelungscyclus.  Als  Pentastoma 
constridum  hat  man  besonders  einen  Zungenwurm  in  der  Leber  der 
Neger  beschrieben,  welcher  vielleicht  auch  nur  ein  Jugendstadium 
von  Pentastoma  taenioides  war. 

In  dem  Körper  der  Thiere  rufen  die  Larven  dieser  Schmarotzer 
dadurch  grosse  Störungen  hervor,  dass  sie  häutig  in  beträchtlicher 
Anzahl  in  den  inneren  Organen  eingekapselt  liegen  und  beim  Aus- 
tritt aus  diesen  Organen  grosse  Verwüstungen  in  denselben  an- 
richten,  was  meist  den  Tod  der  betreffenden  Individuen  zur  Folge 
hat.  Beim  Menschen  erzeugt  die  geschlechtsreife  Form  Nasenbluten, 
heftigen  Katarrh  und  mehr  oder  minder  intensive  Kopfschmerzen. 
Die  in  der  Leber  Eingekapselten  können  heftige  Leberleiden  her- 
vorbringen und,  wenn  sie  die  Brusthöhle  und  die  Lungen  durch- 
wandern, Lungenblutungen,  Entzündungen  u.  s.  w.  hervorrufen. 

Die  Prophylaxis  hat  sich  darauf  zu  beschränken,  dass  bei  Hun- 
den möglichst  die  Anwesenheit  von  Pentastoma  in  der  Nase  con- 
statirt  und  die  betreffenden  Individuen  dann  sofort  der  geeigneten 
thierärztlichen  Behandlung  übergeben  werden. 


89 


Bei  diesen  Hausthieren  kann  man  mit  Sicherheit  auf  die  An- 
wesenheit von  Pentastoma  schliessen,  wenn  dieselben  häufig  mit  den 
Pfoten  die  Nase  reiben,  viel  niesen,  schlechte  Laune  haben,  beissen 
und  umherstreifen.  Es  liegt  natürlich  dem  Arzt  ob,  die  Familie, 
welche  er  behandelt,  auf  die  Gefährlichkeit  der  Hunde  soviel  als 
möglich  hinzuweisen,  denn  grade  der  Hund  und  das  Schwein  über- 
liefern dem  Menschen  die  meisten  und  die  gefährlichsten  Parasiten. 


Acarina;  Milben.  (Taf.  VI.) 

Der  Körper  derselben  ist  gedrungen  und  ungegliedert,  Kopf, 
Brust  und  Hinterleib  sind  zu  einem  Stück  verwachsen,  meist  sind 
heissende  oder  saugende  Mundwerkzeuge  vorhanden;  als  Bewegungs- 
organe dienen  4 Bein- Paare;  als  Athmungsorgane  meist  Tracheen. 
Die  Milben  sind  getrennten  Geschlechts. 

Dermatophili.  Haarbalgmilben. 

Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  der  Hinterleib  geringelt.  Tra- 
cheen fehlen. 

Acarus  fölliculorum.  Die  Haarbalgmilbe.  (Taf.  VI.  Fig.  9). 

Innerhalb  der  Talgdrüsen  der  Haut  findet  man  häufig  kleine, 
langgestreckte  Milben,  welche  erst  bei  starken  Vergrösserungen 
ihren  eigentlichen  Bau  erkennen  lassen.  Das  Männchen  hat  unge- 
fähr eine  Länge  von  0,3  mm  und  eine  Breite  von  0,04  mm.  Das 
Weibchen  wird  0,4  mm  lang  und  0,05  mm  breit.  Am  vorderen 
Leibestheil  gewahrt  man  den  Kopfabschnitt  etwas  abgesetzt,  dann 
folgt  der  Brustabschnitt,  an  welchem  die  4 stummelförmigen  Bein- 
Paare  zur  Ausbildung  gelangt  sind.  Das  letzte  schwach  abgesetzte 
Bein-Glied  trägt  eine  längere  und  2—3  kleinere  Krallen.  Der  Hin- 
terleib setzt  sich  direct  an  den  Brustabschnitt  an,  ist  ungefähr 
2Vs  Mal  so  lang  als  dieser  und  zeigt  eine  ganz  feine  Ringelung; 
das  Hinterleibsende  ist  stumpf  abgespitzt.  Am  Kopftheile  finden 
wir  einen  nur  sehr  schwer  zu  analysirenden  Kau-Apparat;  dorsal 
liegen  2 Platten,  dann  folgen  2 sich  horizontal  bewegende  und  mit 
den  Platten  durch  Gelenke  verbundene  Oberkiefer,  unter  diesem 
liegen  ein  Paar  Unterkiefer,  die  sich  auch  wieder  horizontal  be- 
wegen und  aus  2 kurzen,  gebogenen  Chitinstäben  bestehen.  An 
ihnen  sitzen  seitlich  die  beiden  3gliederigen  Kieferfühler  an,  und 
schliesslich  findet  sich  noch  ein  unpaares  stiletförmiges  Gebilde, 
welches  zwischen  den  Unterkiefern  liegt  und  als  Mundklappe  be- 
zeichnet wird.  Der  Mund  führt  in  einen  kurzen  Schlundkopf,  auf 
welchen  eine  ebenfalls  sehr  kurze  Speiseröhre  folgt,  die  in  den,  im 
Brustabschnitt  liegenden  Magen  überführt.  Der  Enddarm  ist  wieder 
kurz  und  mündet  mit  dem  After  direct  hinter  dem  Brustabschnitt 
nach  Aussen.  Von  einem  Nerven-  und  Gefässsystem , sowie  von 
einem  Athmungsapparat  hat  man  bis  jetzt  noch  nichts  entdeckt. 


90 


Augen  sollen  vorhanden  sein.  Wie  viel  Eier  abgelegt  werden,  weiss 
inan  noch  nicht  genau,  man  nimmt  an,  dass  jeweilig  nur  1 Ei  zur 
Reife  gelangt,  in  diesem  entwickelt  sich  dann  der  Embryo,  worauf 
dasselbe  durch  einen  am  vorderen  Abdomen  gelegenen  Spalt  nach 
Aussen  abgelegt  wird.  Der  Embryo  häutet  sich  schon  im  Ei  ein- 
mal und  verlässt  das  Ei  als  Obeinige  Larve ; dieselbe  wächst  heran, 
häutet  sich  noch  einmal  und  bildet  dann  eine  8beinige  Larve,  aus 
welcher  nach  einer  3.  Häutung  die  definitiven  Thiere  hervorgehen  *). 

Ob  die  Haarbalgmilbe  wirklich  beim  Menschen  Entzündungen 
der  Balgdrüsen,  Acne  und  anderen  Ausschlag  hervorbringt,  ist 
fraglich ; dass  eine  verwandte  Haarbalgmilbe  bei  Hausthieren  häufig 
räudeartige  Krankheiten  erzeugt,  ist  hinwiederum  sicher.  Vor  einer 
Infection  mit  diesen  Thieren  kann  man  sich  wohl  kaum  schützen, 
ein  jeder  Erwachsene  wird  eine  mehr  oder  minder  grosse  Anzahl 
derselben  in  seinen  Talgdrüsen  beherbergen.  Es  ist  höchstens  zu 
bemerken,  dass  man  sich  davor  hüte,  mit  Hunden,  welche  an  der 
Acarusräude  leiden,  in  Berührung  zu  kommen. 

Sarcoptidae.  Krätzmilben. 

Die  Sarcoptiden,  welche  beim  Menschen  als  Krätzmilben,  bei 
den  Thieren  als  Räudemilben  bezeichnet  werden,  leben  unter  der 
Haut  der  Säugethiere.  Dabei  ist  zu  bemerken,  dass  alle  auf  Säuge- 
thieren  vorkommenden  Sarcoptiden -Arten  auch  unter  Umständen 
auf  den  Menschen  übertragen  werden  können  und  bei  demselben 
die  Erscheinungen  einer  mehr  oder  minder  heftigen  Krätze  hervor- 
rufen.  Auf  den  Menschen  sind  wenigstens  die  Krätzmilben  des 
Hundes,  Pferdes,  Schafes,  des  Kaninchen  und  die  der  Ziege  direct 
übertragen  worden.  Es  scheint  jedoch,  dass  die  Milben  auf  ver- 
schiedenen Wirthsthieren  ihre  Grösse  und  Gestalt  etwas  ändern, 
welcher  Umstand  Veranlassung  gegeben  haben  mag,  eine  ganze  Reihe 
sogenannter  Arten  zu  unterscheiden. 

Sarcoptes  scabiei  communis.  Die  gemeine  Krätzmilbe. 

(Tafel  VI,  Figg.  10,  11). 

Dieselbe  kennen  wir  aus  der  Haut  des  Menschen,  des  Pferdes, 
des  neapolitanischen  Schafes  und  des  Löwen.  Das  Männchen  wird 
bis  0,23  mm.  das  Weibchen  bis  0,45  mm  lang,  ersteres  erreicht  eine 
Breite  von  0,19  mm,  letzteres  eine  solche  von  0,35  mm.  Der  Kopf 
ist  gegen  den  Hinterleib  verhältnissmässig  scharf  abgesetzt,  was 
darin  seinen  Grund  hat,  dass  er  als  Grabinstrument  benutzt  wird. 
Von  oben  gesehen  überdeckt  den  ganzen  Kopf  ein  flaches  Schild, 


*)  Die  oben  für  die  Haarbalgmilbe  des  Menschen  gemachten  anatomischen 
Angaben  sind  aus  Küchenmeister  nach  Cooker  entnommen.  Letzterer  machte 
seine  Untersuchungen  an  den  Haarbalgmilben  verschiedener  Thiere ; Verfasser 
kann  jedoch  seine  gewonnenen  Resultate,  soweit  sie  die  menschlichen  Haarbalg- 
milben betreffen,  nicht  vollkommen  mit  Cooker’s  Untersuchungen  in  Einklang 
bringen  und  behält  sich  eine  Publication  über  die  Anatomie  der  menschlichen 
Haarbalgmilben  vor. 


91 


welches  an  der  Vorderspitze  etwas  ausgezackt  ist,  unter  dem  Schild 
liegen  dann  ein  Paar  Kiefer,  welche  scheerenförmig  ausgebildet  sind, 
so  zwar,  dass  jeder  Kiefer  aus  zwei  übereinanderliegenden,  von  oben 
nach  unten  sich  bewegenden  Hälften  gebildet  wird.  Unter  diesem 
Kieferpaar  liegt  die  Unterlippe  und  zu  Seiten  derselben  stehen  ein 
Paar  kräftige,  kurze  Taster  (Figg.  lla,b). 

An  diesen  Kopfabschnitt  setzt  sich  dann  der  übrige  Körper 
breit  an.  Die  allgemeine  Form  desselben  ist  in  der  Aufsicht  fast 
kreisförmig  oder  elliptisch,  von  oben  nach  unten  stark  abgeplattet 
und  fein  quer  geringelt.  Seitlich  neben  dem  Kopf  stehen  zwei  kurze, 
stummelförmige  Beinpaare,  welche,  wie  der  Kopf  mit  einigen  starren 
Borsten  besetzt  sind  und  die  an  ihrem  Endgliede  eine  längere,  mit 
einem  Saugnapf  endende  Haftscheibe  tragen.  Die  anderen  2 Bein- 
paare stehen  etwas  hinter  der  Körpermitte  nach  hinten,  sie  sind 
beim  Weibchen  mit  Borsten  besetzt,  während  das  letzte  Beinpaar 
beim  Männchen  ebenfalls  ein  Paar  Haftscheiben  trägt.  Auf  dem 
Bücken  zeigt  das  Weibchen  der  Krätzmilbe  eine  Reihe  von  schup- 
penartigen Chitinfortsätzen,  ausserdem  kommen  auf  dem  Rücken 
bei  beiden  Geschlechtern  Borsten  vor. 

Unter  der  Haut  bohren  nun  diese  Milben  ungefähr  centimeter- 
lange  Gänge,  in  welche  das  Weibchen  die  Eier  neben  einander  ab- 
legt, meist  20 — 24  Stück  in  einen  Gang.  Die  Längsaxe  der  Eier, 
deren  Länge  ungefähr  0,14  mm  ist,  liegt  rechtwinklig  zur  Längsaxe 
der  Gänge.  Im  Ganzen  werden  ungefähr  50  Eier  von  einem  Indi- 
viduum abgelegt.  Aus  diesen  Eiern  entwickeln  sich  nun  in  4 — 7 
Tagen  kleine  Obeinige  Larven,  welche  noch  ungefähr  7 Wochen 
innerhalb  der  Gänge,  in  welche  sie  abgelegt  wurden,  bleiben;  sie 
häuten  sich  wählend  dieser  Zeit  dreimal,  bekommen  schliesslich  ihre 
8 Beine  und  verlassen  dann  den  ursprünglichen  Gang,  um  ein  selb- 
ständiges Leben  weiterzuführen.  Sie  begatten  sich,  die  Weibchen 
graben  den  Eiergang,  legen  ihre  Eier  ab  und  sterben  kurze  Zeit 
darauf  am  Ende  der  gegrabenen  Gänge.  Die  Gänge  werden  sämmt- 
lich  in  den  unteren  Schichten  der  Epidermis  angelegt  und  leben 
die  Thiere  von  den  jungen  Epidermiszellen. 

Die  Erscheinungen,  welche  die  Krätzmilben  in  dem  Körper  des 
Menschen  hervorrufen,  sind  sehr  verschieden  je  nach  der  Menge 
der  eingewanderten  Milben  und  je  nach  dem  Grade  der  Reinlichkeit, 
welche  das  betreffende  Individuum  seinem  Körper  angedeihen  lässt. 
In  leichten  Fällen  tritt  nur  an  den  direct  befallenen  Stellen  ein 
heftiges  Jucken  auf,  dadurch  veranlasst,  dass  die  Nervenpapillen 
durchbissen  werden  und  sich  in  den  frisch  gebohrten  Gängen  Ex- 
sudate bilden  und  kleine  locale  Entzündungen  entstehen.  Auf  dem 
Milbengang  bildet  sich  eine  kleine  Pustel,  welche  nach  wenigen 
Tagen  vertrocknet,  worauf  sich  dann  die  Epidermis  abschuppt.  Der 
Ausschlag  braucht  nicht  durch  ein  besonderes  Secret  der  Milbe 
hervorgerufen  zu  werden,  wie  man  annimmt,  sondern  er  wird  meiner 
Ansicht  nach  durch  die  in  dem  Gange  abgelagerten  Fäces  erzeugt, 
welche,  wie  jeder  unter  die  Haut  eingeschobene  Fremdkörper  fast 
constant  Entzündungen  hervorrufen. 


92 


Bei  der  beginnenden  Pustelbildung  reagirt  der  Patient  meist 
durch  Jucken  und  Kratzen  und  dadurch  wird  dann  die  Menge  des 
sich  ausscheidenden  Exsudates  vergrössert.  Es  können  innerhalb 
der  Epidermis  kleine  Blutungen  stattfinden,  wodurch  nun  natürlich 
die  localen  Entzündungen  gesteigert  werden  und  die  kleinen  Pusteln 
sich  allmälig  vergrössern,  sodass  schliesslich  furunkelartige  Ge- 
schwüre entstehen  können.  Durch  das  Gerinnen  der  austretenden 
Lymphe,  des  Blutes  und  Eiters  aus  den  kleinen  Pusteln  bilden  sich 
nach  und  nach  Schorfe  und  besonders  bei  unreinlichen  Individuen 
ein  Grind,  welcher  mehr  oder  minder  grosse  Hautstrecken  über- 
deckt. Aeusserst  schwere  Fälle  der  Krätze  hat  man  bei  Norwegern 
gefunden  und  dieselbe  als  norwegische  Krätze  bezeichnet.  Bei  der- 
selben zeigten  sich  zunächst  an  Händen  und  Füssen  rothe  Flecken, 
dann  kleine  Pusteln,  schliesslich  bedeckte  sich  die  Epidermis  mit 
Schuppen  und  endlich  mit  dicken  Krusten,  welche  sich  nach  und  nach 
über  alle  Körpertheile  ausbreiteten.  An  den  Beugeflächen  der  Arme 
und  Beine,  an  Händen  und  Füssen,  am  Kopf  und  dem  Nacken  ent- 
standen graugrüne,  bis  7 mm  dicke,  äusserst  feste  Krusten,  unter 
denen  die  Haut  stark  entzündet  und  fortwährend  feucht  war.  Die 
Nägel  an  Händen  und  Füssen  degenerirten,  die  Kopfhaare  fielen 
zum  Theil  vollständig  aus  und  erst  nach  langer  Zeit  trat  Besse- 
rung ein. 

Die  Heftigkeit  hängt  natürlich  von  der  Anzahl  der  Milben  ab, 
ausserdem  ist  sie  bedingt  durch  die  betreffenden  Hautpartien  selbst, 
indem  an  zarthäutigen  Körperstellen  die  Einwanderung  der  Milben 
in  bedeutenderer  Anzahl  erfolgt  und  diese  Stellen  ausserdem  durch 
stattfindendes  Jucken  und  Kratzen  viel  leichter  in  einen  entzünd- 
lichen Zustand  versetzt  werden  können.  Man  erkennt  die  Krätze 
durch  die  Anwesenheit  der  Milben,  aber  es  ist  wenigstens  eine  gute 
Loupe  zur  Auffindung  derselben  nöthig.  Die  Weibchen  sind  zur 
Geschlechtsreife  am  grössten  und  wühlen  die  längsten  Gänge  in  der 
Haut.  Vorn  in  einem  solchen  Gange  gewahrt  man  bei  der  Unter- 
suchung mit  einer  guten  Loupe  die  rundlichen  kleinen  Eier,  von 
denen  die  vordem  die  älteren  sind,  zwischen  den  Eiern  liegen  kleine 
bräunliche  oder  gelbliche  Ballen,  es  sind  die  Kothballen  der  Milbe, 
welche  letztere  am  äussersten  Ende  des  Ganges  anzütreffen  ist. 
Nach  aussen  mündet  solch  ein  Gang  mit  einer  kleinen  Oeffnung, 
durch  welche  die  junge  Brut  auskriecht.  Die  Männchen,  welche 
kleiner  als  die  Weibchen  sind,  wühlen  sich  nur  ganz  kurze  Röhren 
und  bleiben  selten  länger  als  3 Tage  an  demselben  Orte.  Die 
Jungen  nagen  zahlreiche  2 — 3 mm  lange  Gänge  in  die  Haut  ein, 
welche  schräg  von  der  Epidermis  zur  Cutis  verlaufen.  Um  eine 
Milbe  aus  dem  Gange  herauszubringen,  öffnet  man  einen  solchen 
mit  der  Nadel  und  holt  auch  mit  derselben  unter  Zuhülfenahme 
der  Loupe  die  Milbe  hervor.  Als  zweites  diagnostisches  Merkmal 
ist  das  Auftreten  der  Pusteln  zwischen  den  Fingern,  an  den  Beuge- 
seiten der  Arme  und  Beine  und  eine  gesteigerte  Hautreizung  bei 
Bettwärme  zu  merken. 

Die  Prophylaxis  hat  sich  darauf  zu  beschränken,  den  innigen 


93 


Verkehr  mit  Krätzkranken  möglichst  zu  vermeiden  und  nicht  allein 
mit  krätzkranken  Menschen,  sondern  auch  mit  krätzkranken  Haus- 
thieren ; nur  die  penibelste  Reinlichkeit  kann  oft  vor  einer  Infection 
schützen,  denn  die  Milben  bleiben  nicht  nur  auf  dem  Körper  haften, 
sondern  sie  gehen  auch  auf  die  allerverschiedensten  Kleidungsstücke 
über,  weshalb  die  Kleidungsstücke  Krätzkranker  stets  ordentlich 
desinficirt  werden  sollten.  Besonders  scheinen  verschiedene  äthe- 
rische Oele  z.  B.  Ol.  Rosismar.,  0.  tanaceti  u.  a.  das  Leben  der  Milbe 
zu  vernichten  und  die  Auswanderung  zu  verhüten.  Ausserdem  ge- 
nügt ein  längeres  Erwärmen  der  Kleidungsstücke  bis  zu  einer  Tem- 
peratur von  70 — 80  Grad. 

Sarcoptes  squamifera.  Die  beschuppte  Krätzmilbe. 

Männchen  und  Weibchen  sind  etwas  grösser  als  die  der  Species 
S.  scabiei;  ihren  Namen  haben  sie  daher  erhalten,  dass  das  Weib- 
chen auf  dem  Rücken  eine  Anzahl  in  Reihen  gestellter  Chitin- 
schuppen besitzt,  welche  von  dreieckiger  Gestalt  sind  und  ungefähr 
vom  vorderen  Körperdrittel  an,  die  Mitte  des  Rückens  überziehen. 
Auf  dem  hinteren  Rückentheil  stehen  weiterhin  14  kräftige  Dornen 
und  ausserdem  auf  der  Bauchfläche  3 solche  zwischen  dem  2.  und 
3.  Beinpaare.  Die  Milben  finden  sich  beim  Schwein,  bei  der  Ziege, 
bei  dem  Hunde  und  anderen  Säugethieren.  Bei  den  Hausthieren, 
besonders  bei  Schweinen,  Ziegen  und  Schafen  verursacht  die  Krätz- 
milbe starke  Krustenbildung  auf  dem  Körper,  weshalb  dieselbe  von 
einigen  Forschern  auch  als  die  Urheberin  der  sogenannten  Norwe- 
gischen Krätze,  welche  wir  oben  besprochen  haben,  angesehen  wird. 

Sorcoptes  minor.  Die  Heine  Krätzmilbe. 

Männchen  und  Weibchen  sind  ungefähr  um  die  Hälfte  kleiner 
als  die  eben  besprochenen  Krätzmilben.  Das  Männchen  wird  0,18 
mm  lang  und  0,14  mm  breit,  während  beim  Weibchen  die  ent- 
sprechenden Dimensionen  0,25  mm^  und  0,20  mm  sind.  Der  Rücken 
des  Weibchens  zeigt  auch  wieder  eine  grössere  Anzahl  kleiner 
Schuppen,  von  denen  nur  wenige  beim  Männchen  Vorkommen.  Es 
finden  sich  12  Rücken-  aber  keine  Brustdornen.  Die  Thiere  leben 
in  der  Haut  räudiger  Katzen  und  Kaninchen ; nur  selten  in  der  des 
Menschen. 

Gama&idae.  H äj'trni  i Iben. 

Die  zu  dieser  Familie  gehörenden  Milben  leben  auf  dem  Körper 
der  Säugethiere,  Vögel  und  Insecten.  Sie  besitzen  scheerenförmige 
Kieferfühler  und  frei  hervorstehende  Kiefertaster.  Als  Athmungs- 
organe  functioniren  Tracheen,  als  Excretions-Organe  2 Harngefässe 
(Malpighi’sche  Canäle).  Augen  sind  nicht  bekannt.  Die  behaarten 
Beine  sind  mit  Klauen  und  oft  mit  blasenförmigen  Haftscheiben 
ausgerüstet.  Auf  dem  Menschen  schmarotzt  nur  die  Vogelmilbe 
und  auch  diese  nur  vorübergehend. 


94 


Dermanyssus  avium.  Die  Vogclmilbe. 

Das  Männchen  ist  etwas  über  J/ä  mm,  das  Weibchen  häufig  bis 
1 mm  lang.  Die  Breite  des  Männchens  beträgt  0,2  mm,  die  des 
Weibchens  0,28  mm.  Der  Körper  der  Milben  ist  länglich  rundlich, 
trägt  8 Beine,  deren  Endglieder  einen  mit  einer  Kralle  und  einer 
gelappten  Haftscheibe  ausgerüsteten  Fuss  besitzen.  Die  Larven  sind 
auch  Obeinig.  Die  Farbe  ist  je  nach  dem  eingesogenen  Blute 
weisslich-gelblich,  braun  bis  blutroth.  Bei  Tage  sitzen  die  Milben 
in  ihren  eigenen  Verstecken  und  überfallen  des  Nachts  die  Vögel 
ev.  auch  Säugethiere  und  den  Menschen.  Da  die  Milben  in  den 
Federviehstallungen,  sowie  in  Schwalbennestern  sehr  häufig  in  grosser 
Anzahl  Vorkommen,  so  ist  der  Mensch  stets  in  Gefahr,  von  ihnen 
überfallen  zu  werden,  wenn  er  die  erst  genannten  Stellen  aufsucht 
oder  wenn  er  Nachts  in  Zimmern  schläft,  über  deren  Fenstern  mil- 
benhaltige Schwalbennester  sind.  Durch  den  Stich,  den  die  Milbe 
mit  ihrem  am  Kopfe  befindlichen  Bohr-  und  Saugapparate  in  die 
Haut  macht,  entsteht  an  der  betreffenden  Stelle  eine  kleine  Haut- 
entzündung event.  Pustel;  ob  sich  die  Milben  aber,  wie  man  in 
einem  Falle  angenommen  hat,  in  die  Haut  einbohren  und  hier  grosse 
Beulen  und  ein  sehr  schmerzliches  Jucken  hervorbringen,  muss  noch 
dahingestellt  bleiben.  Man  hat  diese  Krankheit  als  Acariasis  be- 
zeichnet. 

lacodidae.  Zecktn. 

Der  Körper  ist  gross,  mit  festem  Rückenschild;  die  Mundwerk- 
zeuge bestehen  aus  den  zu  einem,  mit  Widerhaken  versehenen, 
langen  Rüssel  umgebildeten  Maxillarladen;  die  8 Beine  sind  gleich 
lang  und  tragen  je  2 Klauen  und  Haftlappen;  die  Athmung  ge- 
schieht durch  Tracheen,  deren  Eingangsöffnungen  (Stigmen)  hinter 
dem  4.  Beinpaare  liegen.  Die  Weibchen  sind  bedeutend  grösser  als 
die  Männchen;  die  Geschlechtsöffnung  liegt  bei  den  ersteren  an 
der  Brust. 

Ixodes  ricinus.  Holzbock,  gemeine  Zecke,  Hundesecke. 

Das  Männchen  wird  bis  2 mm  lang,  das  Weibchen  ist,  wenn  es 
noch  nicht  gesogen  hat,  nur  ein  Weniges  grösser,  schwillt  aber 
während  des  Blutsaugens  bis  zu  12  mm  Länge  an.  Das  Weibchen 
ist  gelbroth,  während  das  Männchen  dunkelbraun  bis  schwarz  ge- 
färbt ist.  Die  Unterlippe  ist  löffelförmig  und  mit  Zähnen  besetzt, 
über  ihr  liegen  die  Kiefer,  welche  mit  nach  rückwärts  gerichteten 
Zähnen  ausgerüstet  sind  und  zum  Durchstechen  der  Haut  dienen. 
Die  Zecken  halten  sich  im  Walde  auf,  woselbst  sie  am  Laub  der 
Bäume  oder  unter  dem  Laub  auf  der  Erde  sitzen;  sie  werden  ge- 
legentlich von  Säugethieren  oder  dem  Menschen  abgestreift,  suchen 
dann  auf  dem  Körper  derselben  einen  ruhigen  Platz  aus,  woselbst 
sie  sich  mit  ihrem  Kopfe  in  die  Haut  eingraben  und  nun  allmäh- 
lich voll  Blut  saugen.  Nach  ungefähr  8-10  Tagen  geht  das  Thier 
von  selbst  wieder  fort  und  hinterlässt  weiter  keine  Spur  seiner 
Thätigkeit.  Reisst  man  jedoch  die  Zecke  gewaltsam  von  der  Haut 


95 


los,  so  bleibt  der  mit  Widerhaken  versehene  Saugapparat  in  der 
Haut  stecken  und  erzeugt  dann  natürlich  eine  locale,  heftige  Haut- 
entzündung und  einen  kleinen  Eiterherd,  durch  welchen  der  Stachel 
entfernt  wird.  Bestreicht  man  die  Zecke  mit  Oel,  so  verstopft  man 
ihre  Athemlöcher  und  zwingt  sie  dadurch,  ihre  Thätigkeit  ein- 
zustellen. 

Ixodes  americanus.  Amerikanische  Waldlaus. 

Dieselbe  ist  etwas  grösser  als  unsere  Zecken  und  zeichnet  sich 
vor  diesen  durch  den  Besitz  von  Augen  aus,  welche  unseren  ge- 
schlechtsreifen  Zecken  fehlen.  Das  Vorkommen  u.  s.  w.  ist  das  gleiche, 
wie  bei  unseren  Zecken. 


Argas.  Sanmzeckeu. 

Der  Körper  derselben  ist  schildförmig  und  trägt  auf  der  unteren 
Seite  des  Bruststückes  einen  sehr  kleinen  Kopf,  die  Kiefertaster 
sind  4gliederig,  drehrund,  die  Beine  ohne  Haftscheiben. 

Argas  reflexus  columbarum. 

Der  Körper  dieser  Zecken  ist  gross  und  auf  der  Oberseite 
muschelförmig  flach  ausgehöhlt;  die  Farbe  ist  gelb,  an  den  Rändern 
weisslich;  die  Fussglieder  haben  nur  zwei  starke  Klauen,  jedoch 
keine  Haftscheiben ; der  Rüssel  ist  kurz  pfriemenförmig.  Die  Thiere 
leben  in  Italien,  Frankreich  und  sehr  vereinzelt  auch  in  Deutsch- 
land innerhalb  der  Taubenställe  im  Holz-  und  Mauerwerk  ver- 
borgen. Während  der  Nacht  überfallen  sie  die  Tauben  und  gele- 
gentlich auch  den  Menschen. 

An  der  Stelle,  wo  die  Zecke  Blut  gesaugt  hat,  tritt  nach  einiger 
Zeit  eine  kleine,  rundliche  Anschwellung  auf,  welche  stark  juckt 
und  nach  einzelnen  Berichten  jahrelang  bestehen  bleiben  soll.  Es 
sollen  sich  dann  innerhalb  einer  gewissen  Entfernung  kleine  Haut- 
erhabenheiten bilden.  Wo  die  Zecken  in  grosser  Anzahl  Vorkommen, 
werden  sie  äusserst  lästig.  Die  Schmerzen  nach  einem  Stich  sollen 
sich  nicht  blos  auf  die  betreffende  Localität  erstrecken,  sondern 
sich  über  den  zunächst  liegenden  Körpertheil  ausbreiten.  Durch 
Jucken  und  Kratzen  werden  die  Reizerscheinungen  natürlich  ge- 
steigert, es  können  sich  sogar  grössere  Blasen  an  den  betreffenden 
Stellen  bilden.  Um  sich  vor  den  Zecken  zu  schützen,  hat  man  die 
Lage  der  Schlafzimmer  so  zu  wählen,  dass  sie  von  Taubenställen 
möglichst  entfernt  sind.  Gründliche  Reinlichkeit  und  möglichstes 
Zustopfen  aller  Schlupfwinkel  der  Zecken  würden  das  geeignetste 
Mittel  gegen  ihre  Einwanderung  sein.  Perubalsam  und  das  schon 
früher  einmal  erwähnte  Rainfarrenöl  hält  sie  fern. 

Argas  persicus.  Persische  Saumzecke. 

Dieselbe  wird  4—6  mm  lang,  besitzt  einen  platten,  herzförmi- 
gen Körper  von  rothbrauner  Farbe,  auf  der  Rückenfläche  zeigen 
sich  zahlreiche  kleine,  weisse  Grübchen. 


96 


Sie  soll  besonders  in  Persien  in  der  Stadt  Miana  Vorkommen 
und  nach  dieser  Stadt  auch  die  Bezeichnung  Miana-Wanze  oder 
Giftwanze  von  Miana  erhalten  haben.  Ausserdem  soll  sie  sich  noch 
in  Aegypten  finden.  Sie  bewohnt  die  WohDräume  des  Menschen 
und  überfällt  die  letzteren  während  der  Nachtzeit,  um  sich  an 
ihnen  vollzusaugen.  Der  Biss  hat  die  Bildung  einer  schmerzhaften 
und  juckenden  Wunde  zur  Folge;  es  sollen  diese  Thiere  daher  von 
den  Einwohnern  sehr  gefürchtet  sein  und,  wenn  sie  in  grosser  An- 
zahl Vorkommen,  die  Menschen  zwingen,  ihre  Wohnungen  zu  ver- 
lassen. Die  Eingeborenen  behaupten,  dass  der  Biss  dieser  Zecken 
unter  Umständen  den  Tod  zur  Folge  haben  könnte,  was  jedoch  noch 
nicht  bestätigt  worden  ist. 

Bestreichen  des  Körpers  mit  den  oben  angeführten  Mitteln  und 
das  Schlafen  in  beleuchteten  Zimmern  dürfte  wohl  einigen  Schutz 
gegen  die  Ueberfälle  dieser  Parasiten  gewähren. 

Als  ähnliche  gelegentliche  Schmarotzer  auf  Menschen  hat  man 
die  in  Columbien  vorkommende  Argas  Cliinclia  und  die  in  Cen- 
tral-Amerika  sich  findende  Argas  Talaje  beschrieben.  Dieselben 
sollen  ganz  ähnlich  wie  die  oben  beschriebene  Persische  Saumzecke 
den  Menschen  überfallen  und  gleiche  Erscheinungen  durch  ihren 
Biss  bei  ihm  hervorrufen. 


TrombUlidae.  JLaufmilben . 

Der  Körper  derselben  ist  weichhäutig  und  lebhaft  gefärbt;  die 
Kieferfühler  sind  stiletförmig  oder  selten  scheerenförmig;  die  Taster 
dgliederig,  beinartig  und  mit  Endklauen  versehen;  die  Beine  sind 
stark,  lang  und  behaart,  sie  enden  mit  Krallen  und  Haftlappen;  die 
Athmung  geschieht  durch  Tracheen,  zu  welchen  2 Athmungsöffnungen 
führen,  die  an  der  Basis  der  Kieferfübler  liegen.  Die  ausgebildeten 
Milben  laufen  auf  der  Erde  oder  an  Pflanzen  herum,  die  kleinen 
6beinigen  Larven  derselben  saugen  parasitirend  an  Pflanzen,  an 
Insecten  oder  auch  gelegentlich  an  höheren  Thieren  und  an  dem 
Menschen. 


Trombidium  autumnale.  Leptas  autumnalis. 

Zu  verschiedenen  Jahreszeiten,  besonders  aber  im  Herbste  über- 
fallen den  Menschen  kleine,  x/2  mm  grosse  Milben,  deren  Geschlechts- 
thiere  noch  nicht  genau  bekannt  sind,  welche  jedoch  unter  Um- 
ständen auch  auf  Arthropoden  zu  schmarotzen  pflegen.  Der  Körper 
ist  oval,  mit  grossem  Kopf  und  über  und  über  mit  längeren  isolirt 
stehenden  Borstenhaaren  bedeckt.  Die  Mundwerkzeuge  sind  lang 
vorstreckbar,  an  dieselben  setzt  sich  eine  musculösere  Saugscheibe 
an,  die  Augen  sind  deutlich  entwickelt,  die  Geschlechtswerkzeuge 
jedoch  vollständig  rudimentär.  Diese  Milbenlarven  halten  sich  auf 
Gras  und  Kräutern,  im  Moose  u.  s.  w.  auf  und  werden  von  hier  aus 
auf  den  menschlichen  Körper  übertragen,  woselbst  sie  durch  ihren 
Biss  kleine  Hautentzündungen  hervorrufen.  Man  berichtet  über 
einen  epidemischen  Hautausschlag  in  einer  dänischen  Stadt,  welcher 


97 


durch  diese  Milbe  hervorgerufen  war.  An  den  Bissstellen  entstehen 
.kleine  Papeln  und  etwas  über  die  Haut  sich  erhebende  Plaques  von 
2 — 5 mm  Durchmesser,  welche  eine  hell  zinnoberrothe  Färbung 
zeigen  und  eine  sammetartige  Oberfläche  besitzen.  In  der  Kegel 
finden  sich  mehrere  Milben  zusammen,  wodurch  dann  an  den  be- 
treffenden Stellen  kleine  Geschwüre  gebildet  werden,  welche  zum 
Theil  wohl  dadurch  hervorgerufen  und  verschlimmert  werden,  dass 
durch  Jucken  und  Kratzen  die  Leiber  der  eingebohrten  Milben 
abreissen,  während  die  Saugwerkzeuge  sitzen  bleiben  und  nun 
durch  einen  eiterigen  Zerfall  der  Umgebung  nach  aussen  be- 
fördert werden.  Leichte  Fiebererscheinungen  sollen  hin  und  wieder 
ebenfalls  auftreten.  Auf  Martinique,  an  der  Muskitoküste  und  an 
der  Hondurasbai  haben  ähnliche  Milben  bei  Soldaten  und  Ansied- 
lern verschiedene  Hautausschläge  hervorgerufen,  in  deren  Gefolge 
sich  häufig  schlimme  Geschwüre  einstellten. 

Man  bekommt  die  Milben  durch  Waschung  mit  Karbol wasser, 
Glycerin  oder  durch  Einreiben  der  überfallenen  Körperstellen  mit 
Oel  oder  Perubalsam  leicht  wieder  von  der  Haut  herunter. 


Ghrithoptes  monunguiculosus.  Einklauige  Gerstenmilbenlarve. 

Dieselbe  ist  als  die  Urheberin  einer  endemisch  auftretenden 
Hautkrankheit  constatirt  worden  und  zwar  bei  Arbeitern,  welche 
Gerste  verladen  hatten.  Die  letztere  enthielt  zahlreiche  solcher 
Milbenlarven,  welche  ein  zimmtrothes  Pulver  bildeten.  Die  hervor- 
gerufenen Krankheitserscheinungen  waren  ähnliche,  wie  bei  den 
oben  geschilderten  Milben.  Hautröthung,  kleine  Bläscheübildung 
und  Eczeme  stellten  sich  im  Weiterverlaufe  ein.  Fieber  waren  in 
einigen  Fällen  vorhanden.  Nach  2 — 3 Tagen  verschwanden  die 
Milben  und  die  Krankheitserscheinungen  hörten  auf. 

Endlich  schildert  Mericourt  eine  der  Gattung  CJieyletus  ange- 
hörige  Milbe,  welche  im  Eiter  aus  dem  Ohre  eines  kranken  Matrosen 
vorkam. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  auf  der  Haut  des  Menschen 
dann  und  wann  einmal  Milben  Vorkommen  und  vorübergehend  para- 
sitiren.  Es  brauchen  diese  Milben  nicht  gerade  von  Hause  aus 
Blutsauger  zu  sein,  sondern  sie  können  zunächst  auf  Pflanzentheilen 
leben  und  nur  durch  die  Günstigkeit  der  Nahrungsverhältnisse  auf 
Thiere  übergehen.  Ausserdem  hat  man  behauptet,  dass  Milben,  wie 
z.  B.  die  Käsemilbe,  in  den  Magen  gebracht,  Katarrhe  desselben 
hervorrufen  sollen. 

Aus  der  Gruppe  der  Spinnen  und  Scorpione  kennen  wir  keine 
Schmarotzer  auf  dem  Körper  des  Menschen , wir  wissen  nur,  dass 
einige  Spinnen  durch  ihren  Biss  Vergiftungen  im  menschlichen 
Organismus  hervorrufen  können,  wie  dies  von  der  Tarantel  und 
einer  in  den  kirgisischen  Steppen  vorkommenden  Art  bekannt  ist. 
Letztere  soll  allerdings  durch  ihren  Biss  selbst  das  Leben  des 
Menschen  gefährden.  Die  Scorpione  gebrauchen  den  Stachel  am 

7 


98 


Ende  ihres  Hinterleibes  auch  nur  als  Wehr  und  ist  deswegen  in 
Südeuropa  Buthus  occiclentalis  besonders  gefürchtet. 


Hexapoda.  Insecten. 

Eine  grosse  Anzahl  freier  Insecten  leben  als  Parasiten  auf 
Menschen  und  Thieren  und  ebenso  leben  eine  Menge  von  Insecten- 
larven  im  Inneren  tbierischer  Organe. 

Der  von  einer  festen  Chitinhülle  umgebene  Körper  der  Insecten 
ist  in  der  Regel  mehr  oder  minder  scharf  segmentirt,  die  Segmente 
sind  meist  in  3 Körperabschnitte  getrennt,  den  vordersten  Abschnitt 
bildet  der  Kopf,  in  welchem  mindestens  4 Segmente  aufzufinden 
sind.  In  dem  folgenden  Brustabschnitte  sind  constant  3 Segmente 
mit  einander  verschmolzen  und  der  Hinterleib  oder  das  Abdomen 
wird  aus  10  weiteren  Segmenten  gebildet.  Bei  den  vollständig  ent- 
wickelten Insecten  sind  nur  der  Kopf-  und  Brustabschnitt  mit  Glied- 
massen versehen.  Am  Kopftheile  bilden  dieselben  die  beiden  Fühler, 
die  Oberkiefer  (Mandibulae),  die  Unterkiefer  (Maxillae)  und  die 
Unterlippe.  Ueber  den  Mundwerkzeugen  liegt  dann  noch  eine  Ober- 
lippe und  an  den  Maxillen  finden  sich  mehrgliederige  Kiefertaster. 
Die  Unterlippe  stellt  in  der  Regel  ein  in  der  Mittellinie  verschmolzenes 
Gliedmassenpaar  dar.  Sie  besteht  aus  einem  Centralstück,  neben 
welchem  2 seitliche  Lippentaster  hervortreten. 

Die  Mundwerkzeuge  dienen  zum  Beissen  bei  den  Käfern,  Gracl- 
Üüglern  und  Netzflüglern.  Es  sind  bei  denselben  Mandibeln  tund 
Maxillen  zangenförmig  entwickelt  und  functioniren  als  Fang-  und 
Kauwerkzeuge.  Bei  den  bienen-  und  wespenartigen  Insecten  sind 
die  Oberkiefer  noch  Beisswerkzeuge,  wohingegen  die  Unterlippe  zu 
einem  leckenden  und  aufsaugenden  Apparat  umgewandelt  ist.  Bei 
den  Schmetterlingen  sind  die  Mundwerkzeuge  bis  auf  die  Unter- 
kiefer verkümmert,  die  letzteren  legen  sich  zu  einer  langen  röhren- 
förmigen Saugrinne  zusammen.  Die  saugenden  Mundwerkzeuge 
der  Fliegen,  Wanzen  u.  s.  w.  besitzen  einen  stiletartigen  Stechapparat, 
welcher  aus  den  Kiefern  hervorgegangen  ist,  während  die  Unter- 
lippe eine  Saugröhre  darstellt. 

An  den  3 Brustringen,  welche  wir  von  vorn  nach  hinten  gebend 
als  Pro-,  Meso-  und  Meta-Thorax  bezeichnen,  befinden  sich  constant 
die  ventral  gelegenen  3 Beinpaare,  sodass  sich  an  jedes  Brustseg- 
ment ein  solches  anheftet.  Jedes  Bein  besteht  aus  einer  kugeligen 
oder  warzenförmigen  Hüfte  (coxa),  auf  diese  folgt  ein  ringförmiger 
Abschnitt,  der  Schenkelring  (trochanter),  an  welchen  sich  ein  lang- 
gestreckter Oberschenkel  (femur)  ansetzt,  in  der  Fortsetzung  des- 
selben findet  sich  ein  längeres  Schienbein  (tibia),  an  dessen  Spitze 
2 bewegliche  Dorne  (calcaria)  angebracht  sind.  An  das  Schienbein 
ist  endlich  der  Fuss  (tarsus)  an  gesetzt,  welcher  aus  3—5  Gliedern 
besteht  und  an  seiner  Spitze  Klauen  und  Haftscheiben  tragen  kann 


99 


Die  Mittel-  und  Hinterbrust  tragen  häufig  je  ein  Paar  Flügel,  welche 
am  oberen  Theile  der  Brust  als  Cuticularausscheidungen  hervor- 
treten. 

Von  den  4 Flügeln  können  die  letzteren  beiden  fehlen  und 
durch  rudimentäre  Gebilde  (in  Gestalt  kleiner  Schwingkölbchen 
[Halteren])  ersetzt  werden.  Bei  anderen  z.  B.  den  Käfern  sind  die 
Vorderflügel  stark  entwickelt  und  dienen  als  Schutzdecken  für  die 
häutigen  Hinterflügel.  Selten  fehlen  die  Flügel  vollständig.  Jeder 
Flügel  ist  von  Adern  durchzogen;  häufig  finden  wir  auf  den  Flügeln 
eine  grosse  Menge  kleiner  Schuppen  und  Härchen. 

Die  letzten  Hinterleibssegmente  können  zu  Stechapparaten,  Leg- 
röhren, zu  Greif-  und  Copulationsorganen  umgewandelt  werden. 

Die  innere  Organisation  ist  hoch  entwickelt. 

An  dem  Verdauungsapparat  unterscheiden  wir  vorn  einen  Mund- 
theil,  welcher  mit  einem  heissenden,  saugenden  oder  stechenden 
Mundwerkzeug  ausgestattet  ist,  und  an  welchen  sich  ein  muscu- 
löser,  häufig  kropfartig  erweiterter  Oesophagus  ansetzt.  Der  Darm 
zerfällt  in  einen  vorderen  Magendarm,  den  drüsenreichen  Mittel- 
darm und  einen  längeren  Enddarm.  Als  Excretionsorgane  dienen 
eine  verschieden  grosse  Anzahl  von  schlauchförmigen  Drüsen,  welche 
in  den  Darmabschnitt  ausmünden  und  als  Malpighi’sche  Gefässe 
bezeichnet  werden. 

Als  Respirationsorgane  functioniren  die  sogen.  Tracheen,  ein 
weit  verzweigtes  Röhrensystem,  welches  sich  nach  aussen  mit  einer 
verschiedenen  Anzahl  von  Athemlöchern  (Stigmen)  öffnet.  Es  wird 
die  Luft  durch  dasselbe  direct  an  das  Blut  und  die  verschiedenen 
Organe  ahgegeben.  Das  Blut  liegt  frei  in  der  Leibeshöhle  und  wird 
durch  ein  rückenständiges  Herz  in  Circulation  gesetzt. 

Die  Geschlechtsorgane  bestehen  aus  paarigen  (ein  bis  mehrere 
Paare)  Geschlechtsdrüsen,  an  welche  sich  ein  Ausleitungsapparat 
ansetzt,  welcher  als  Samenleiter  beim  Männchen,  als  Oviduct,  Uterus 
und  Vagina  beim  Weibchen  functionirt.  — Die  äusseren  Geschlechts- 
apparate repräsentiren  einen  sehr  verschieden  geformten  Copulations- 
apparat. 

Das  Nervensystem  besteht  aus  dem  oberen  Schlundganglion 
(Gehirn),  welches  durch  eine  den  Schlund  umfassende  Commissur 
mit  dem  unteren  Schlundganglion  in  Verbindung  tritt,  an  welch’ 
letzteres  sich  dann  eine  ventral  gelegene  Ganglienkette  anschliesst. 

Die  Sinnesorgane  sind  hoch  entwickelt,  es  finden  sich  compli- 
cirt  gebaute,  einfache  (Ocellen)  und  zusammengesetzte  (Facetten- 
augen) Augen,  in  den  meisten  Fällen  Geschmacks-  und  Geruchs- 
organe und  ausserdem  ein  weit  verbreiteter  feiner  Tastapparat, 
welcher  in  Form  von  Fühlern,  Tastern  und  Tasthaaren  entwickelt  ist. 

Die  Entwickelung  erfolgt  stets  aus  Eiern,  welche  entweder  be- 
fruchtet oder  unbefruchtet  im  Inneren  des  mütterlichen  Organismus 
oder  ausserhalb  desselben  neue  Individuen  aus  sich  hervorgehen 
lassen. 

Diese  letzteren  machen  nun  vielfach  verschiedene  Umwandlungen 
durch,  ehe  sie  zu  geschlechtsreifen,  ausgebildeten  Insecten  werden. 

7* 


100 


Das  erste  Stadium  dieser  sogen.  Metamorphosen  bezeichnet  man 
als  Larven-  oder  Raupenstadium.  Nachdem  die  Larve  gewachsen 
ist  und  eine  Anzahl  von  Häutungen  durchgemacht  hat,  tritt  sie  in 
ein  weiteres  Stadium  ein  und  wird  dann  als  Puppe  (Imago)  be- 
zeichnet. Aus  dieser  Puppe  schlüpft  bei  einer  letzten  Häutung  das 
fertig  ausgebildete  Insect  hervor.  Das  Puppenstadium  fehlt  oft. 

Es  sind  nur  wenige  Ordnungen  der  Insecten,  welche  Schma- 
rotzer auf  höheren  Thieren  umfassen ; besonders  sind  es  die  Schnabel- 
kerfe und  die  Zweiflügler,  die  als  ausgebildete  Insecten  oder  als 
Larven  auf  anderen  Thieren  in  der  Haut  oder  im  Darmkanal  leben. 


Rhynchota.  Schnabelkerfe. 

Die  Thiere  sind  geflügelt  oder  ungeflügelt,  im  ersteren  Falle 
sind  4 oder  nur  selten  2 Flügel  ausgebildet.  Von  den  4 Flügeln 
sind  entweder  die  vorderen  zur  Hälfte  hornig  und  an  der  Spitze 
häutig  oder  es  sind  alle  4 Flügel  gleichartig  ausgebildet.  Die 
Mundwerkzeuge  sind  schnabelartig  entwickelt  und  bestehen  aus  der 
gegliederten  nnd  röhrenförmig  verlängerten  Unterlippe,  dem  Schnabel 
(rostrum).  Die  Mandibeln  und  Maxillen  sind  bolzenförmig  gestaltet 
und  können  innerhalb  des  Schnabels  vor-  und  rückwärts  bewegt 
werden.  Die  Oberlippe  ist  etwas  verlängert  und  bedeckt  die  Basis 
des  Schnabels.  — Die  Fühler  sind  kurz  oder  lang,  drei-  bis  viel- 
gliederig.  — Die  Augen  bestehen  aus  kleinen  Facettenaugen,  selten 
sind  sie  als  Punktaugen  entwickelt.  — Das  Tracheensystem  besitzt 
2 Stigmenpaare  an  der  Brust  und  6 am  Hinterleibe.  — Bei  vielen 
Formen,  besonders  den  Wanzen,  finden  sich  in  der  äusseren  Haut 
eine  Anzahl  von  Drüsen,  welche  ein  widerlich  riechendes  Secret 
ausscheiden. 

Die  Eier  werden  meist  nach  aussen  abgelegt  und  nur  bei  den 
Pflanzenläusen  tritt  eine  ungeschlechtliche  Vermehrung  auf,  indem 
während  des  Sommers  flügellose  Weibchen  in  ihrem  Eierschlauche 
aus  unbefruchteten  Eiern  sofort  neue  Individuen  produciren,  welche 
schon  geschlechtsreif  sind  und  kurz  nach  der  Geburt  ebenfalls  wieder 
unbefruchtet  neue  Generationen  gebären.  Erst  bei  Nahrungsmangel 
und  bei  Eintritt  kälterer  Witterung  bilden  sich  im  Herbst  männ- 
liche und  weibliche  Individuen,  welche  sich  begatten,  worauf  dann 
das  Weibchen  einige  hartschalige  Wintereier  ablegt,  aus  denen  im 
nächsten  Frühjahr  die  geschlechtslose  Generation  hervorgeht, 

Bei  vielen  Schnabelkerfen  ist  die  Verwandlung  in  der  Regel 
eine  unvollkommene,  indem  nur  in  sehr  seltenen  Fällen  ein  Puppen- 
stadium eintritt. 

JP ediculidae.  JLäute.  (Tafel  YI). 

Der  Körper  ist  ungeflügelt,  meist  platt.  Der  Kopf  ist  klein, 
trägt  vorn  saugende  und  stechende  Mundwerkzeuge,  welche  aus 
einer  kurzen  Scheide  bestehen,  in  der  ein  weiches  Saugrohr,  dessen 
Ende  mit  Widerhaken  besetzt  ist,  auf-  und  abgeschoben  werden 


kann.  In  diesem  Säugrüssel  liegt  ausserdem  noch  eine  Stechröhre, 
welche  in  die  Haut  des  Wirthes  eingebohrt  wird.  Die  Fühler  sind 
fünfgliederig,  hinter  ihnen  liegen  die  einfachen,  kleinen,  zusammen- 
gesetzten Augen.  Der  Thorax  setzt  sich  gegen  den  Kopf  ziemlich 
scharf,  gegen  den  Hinterleib  vielfach  nur  undeutlich  ab.  An  den 
Brustsegmenten  befindet  sich  je  ein  Beinpaar,  dessen  letztes  Ende 
grosse  Klammerfüsse  trägt.  Das  Endglied  des  Tarsus  ist  klammer- 
förmig umgebogen  und  dient  zum  Umfassen  der  Haare.  Der  Hinter- 
leib ist  schwach  segmentirt  und  mit  kurzen,  steifen  Borsten  besetzt. 
Das  Nervensystem  besteht  aus  dem  Schlundring,  an  dessen  unteres 
Ganglion  sich  im  Brustabschnitt  3 eng  aneinander  gelagerte  Gang- 
lien anschliessen,  während  die  Abdominalganglienkette  fehlt.  Der 
Verdauungsapparat  schliesst  sich  mit  einem  engen  Oesophagus  an  die 
Mundwerkzeuge  an ; der  Oesophagus  führt  in  einen  Magenabschnitt, 
welcher  vorn  ein  Paar  Blindsäcke  trägt,  an  die  sich  der  gebogene 
Dünndarm  ansetzt,  der  schliesslich  in  den  Enddarm  übergeht.  Der 
letztere  ist  blasig  erweitert.  In  dem  vorderen  Dünndarmabschnitt 
münden  2 Paar  Malpighi’sche  Gefässe.  — Der  Athmungsapparat  be- 
steht aus  den  7 Stigmenpaaren,  welche  an  den  Seiten  des  Körpers, 
etwas  ventral  gelegen,  ausmünden  und  mit  kurzen  Röhren  zu  2 
längsverlaufenden  Haupttracheenstämmen  führen.  Von  diesen 
Tracheenstämmen  geht  dann  ein  weitverzweigtes  Röhrennetz  an  die 
verschiedenen  Körperorgane  über.  — Die  männlichen  Geschlechts- 
apparate bestehen  aus  2 Paaren  bimförmigen  Hoden,  welche  mit 
2 Samenleitern  in  Verbindung  stehen,  die  letzteren  treten  zusammen 
und  weisen  an  dieser  Verschmelzungsstelle  noch  eine  paarige  Drüse 
(Prostata)  auf.  Der  Copulationsapparat  bildet  einen  fingerförmigen 
in  einer  Scheide  gelegenen  Penis.  — Die  weiblichen  Geschlechts- 
apparate bestehen  aus  5 Paar  Eischläuchen,  welche  mit  kurzen  Ei- 
leitern in  den  doppelten  Uterus  einführen,  an  welch’  letzteren  sich 
noch  eine  Samentasche  und  eine  doppelt  gelappte  Kittdrüse  an- 
schliessen. Die  Uteri  vereinigen  sich  zu  einer  kurzen  Scheide,  die 
vor  dem  Enddarm  kudie  Kloake  mündet.  Die  Genitalspalte  wird 
von  2 Klappen  bedeckt. 

Die  Eier  (Nisse)  sind  bimförmig  und  werden  mit  dem  spitzen 
Pole  an  Haaren  und  Federn  angeklebt.  Der  vordere  stumpfe  Pol 
ist  mit  einem  Deckelchen  versehen,  in  dessen  Centrum  die  kleinen 
Oeffnungen  für  das  Eindringen  der  Samenfäden  liegen  (Mikropyl- 
apparat).  Im  Ei  entwickelt  sich  ein  kleiner  Embryo,  welcher  nach 
erlangter  Reife  das  Deckelchen  absprengt,  ausbricht  und  dann  nach 
einigen  Häutungen  direct  zum  geschlechtsreifen  Thiere  wird. 


Pediculus  capitis.  Kopflaus  (Taf.  VI,  Fig.  12). 

Der  Körper  ist  schlank  gebaut,  der  Kopf  klein,  der  Hinterleib 
nur  wenig  gegen  die  Brust  abgesetzt.  Das  Männchen  wird  1 — 1,5  mm 
lang,  das  Weibchen  bis  2 mm.  Die  Eier  sind  gross  und  bis  0,6  mm 
lang.  Der  Kopf  erscheint  dreieckig;  die  Fühler  sind  verhältnissmässig 
kurz;  gegen  die  Brust  ist  der  Kopf  mit  einem  kurzen  Halsstück 


102 


scharf  abgesetzt.  Der  Hinterleib  ist  länglich  oval  und  an  den  Rän- 
dern tief  eingekerbt.  Die  6 Beine  tragen  kurze  Klauen.  Die  Farbe 
des  Körpers  wechselt  nach  dem  Individuum  auf  welchem  die  Läuse 
wohnen , sie  ist  grau  bei  denen  der  Europäer  und  dunkel  bis 
schwarz  bei  den  Kopfläusen  der  Neger. 

Die  Eier  (Fig.  15)  werden  durch  einen  hohlen,  stumpfen,  mit 
Leisten  und  Längskanälen  versehenen  Haftapparat  mit  dem  spitzen 
Ende  an  die  Haare  angeklebt.  Ein  Weibchen  producirt  ungefähr 
50  Eier,  aus  welchen  nach  6 Tagen  die  Jungen  ausschlüpfen;  die- 
selben häuten  sich  dreimal  und  werden  vor  Ablauf  der  3.  Woche 
wieder  geschlechtsreif, 

Die  Kopflaus  findet  sich  bei  fast  allen  Völkerstämmen,  sie  be- 
wohnt meist  nur  den  behaarten  Theil  des  Schädels  und  Hinterkopfes 
und  geht  höchstens  bei  sehr  unreinlichen  Personen  auf  andere  be- 
haarte Körpertheile  über.  Durch  Eindringen  mit  dem  Stechapparat 
in  die  Kopfhaut  und  Saugen  wird  ein  Jucken  erzeugt  und  in  Folge 
des  Kratzens  bildet  sich  dann  an  der  betreffenden  Stelle  eine  kleine 
Quaddel.  Weitere  Erscheinungen  ruft  die  Kopflaus  nicht  hervor. 

Man  schützt  sich  gegen  dieselbe  durch  Reinlichkeit  und  durch 
Anwendung  von  stark  riechenden  Haarölen  und  Pomaden,  besonders 
sind  es  ätherische  Oele,  welche  Schutz  gegen  die  Kopflaus  geben. 


Pediculus  vestimenti.  Kleiderlaus  (Tafel  VI,  Fig.  13). 

Als  Ped.  humanus,  Ped.  corporis  und  Ped.  tabescentium  hat 
man  die  Kleiderlaus  ebenfalls  beschrieben  und  glaubte  mit  diesem 
Namen  verschiedene  Arten,  welche  beim  Menschen  die  sogen.  Läuse- 
sucht  hervorbrächten,  bezeichnen  zu  müssen.  Die  Länge  der  Kleider- 
laus beträgt  2 — 4 mm,  die  Männchen  sind  kleiner  als  die  Weibchen 
und  treten  in  geringerer  Anzahl  als  die  letzteren  auf.  Die  Eier 
werden  0,8— 1,0  mm  lang  und  bis  0,5  mm  breit.  Der  Körper  ist 
schmutzig  grau.  Der  Kopf  ist  länglich  rund.  Die  Fühler  sind  schlank. 
Die  einfachen  Augen  sind  an  der  breitesten  Stelle  des  Kopfes  gelegen. 
Der  Brustabschnitt  lässt  keine  deutliche  Gliederung  erkennen,  er 
ist  unten  platt  und  auf  dem  Rücken  etwas  gewölbt.  Die  Beine 
tragen  verhältnissmässig  kleine  Klauenglieder.  Der  Brustabschnitt 
setzt  sich  in  den  Hinterleib  fort,  der  letztere  verbreitert  sich  gegen 
die  Mitte  zu  stark  uud  endet  dann  mit  2 Spitzen;  der  Rand  ist 
nicht  so  scharf  eingezackt,  wie  dies  bei  der  Kopflaus  der  Fall  ist, 
weiterhin  ist  er  hell  gesäumt.  Von  den  8 Segmenten  führt  das  2. 
bis  7.  je  einfache  Stigmenöffnungen,  das  letzte  Körpersegment  zeigt 
in  der  Mitte  dorsal  gelegen  die  Afteröß'nung,  es  ist  beim  Weibchen 
hinten  in  2 Zipfel  ausgezogen,  zwischen  welchen  die  von  2 Klappen 
überdeckte  Geschlechtsöffnung  liegt.  Beim  Männchen  ist  das  letzte 
Leibessegment  abgerundet  und  zeigt  dorsal  den  Copulationsapparat, 
ventral  die  Afteröffnung. 

Das  Weibchen  producirt  ungefähr  60 — 70  Eier,  welche  es  in 
die  Näthe  und  in  die  Falten  der  Kleidungsstücke  ablegt  und  zwar 
meist  an  den  Stellen,  wo  die  Kleider  und  Wäschetheile  direct  den 


103 


Körper  berühren.  Die  junge  Brut  geht  dann  auch  bald  nach  dem 
Verlassen  der  Eier  auf  den  Menschen  über. 

Als  Wohnort  dienen  die  unbehaarten  oder  nur  schwach  be- 
haarten Theile  des  Halses,  Rückens  und  Bauches  des  Menschen. 
Ob  jene  Krankheit,  welche  als  Phthiriasis  beschrieben  wird  und  an 
welcher  Herodes,  Philipp  II.  von  Spanien,  Max  I.  von  Deutschland 
und  einige  andere  Personen  gestorben  sein  sollen,  wirklich  auf  die 
Anwesenlieit  und  den  Einfluss  der  Kleiderläuse  zurückzuführen  ist, 
erscheint  sehr  fraglich.  In  neuerer  Zeit  haben  wir  keinen  genau 
beschriebenen  Fall  einer  solchen  Läusesucht  beim  Menschen  zu  ver- 
zeichnen. Massenhaftes  Auftreten  von  Kopfläusen,  Milben  und  Maden 
wird  wohl  der  Grund  solcher  Verwechslungen  gewesen  sein.  Es 
sollen  durch  die  Kleiderläuse,  sowie  durch  eine  sehr  nahe  stehende 
verwandte  Art,  Hautkrankeiten  erzeugt  werden,  bei  denen  die  Haut 
runzlich  und  welk  wird  und  Schuppen  bildet,  die  sich  ablösen  und 
unter  welchen  die  Läuse  in  Menge  Vorkommen  können.  Wenn  die 
Kleidei’laus  in  geringen  Mengen  auftritt,  so  ruft  sie  eine  Art  Haut- 
ausschlag hervor,  es  finden  sich  dann  z.  B.  auf  dem  Rücken  oder 
der  Brust,  den  Schultern  u.  s.  w.  thalergrosse  Stellen,  welche  mit 
10 — 20  kleinen  gerötheten  Fleckchen  bedeckt  sind,  die  sich  nach 
dem  Kratzen  und  Jucken  stark  röthen  und  an  der  Spitze  kleine, 
mit  Schorfen  bedeckte  Stellen  zeigen.  Nach  2 — 3 Tagen  verschwindet 
dieser  Ausschlag  wieder  vollständig.  Im  schlimmsten  Fall  entstehen 
blasige  Ausschläge,  welche  sich  über  grössere  Körperflächen  er- 
strecken. 

Man  schützt  sich  vor  dem  Ueberfallenwerden  durch  Kleider- 
läuse am  besten  durch  grosse  Reinlichkeit,  welche  sich  nicht  bloss 
auf  den  Körper,  sondern  auch  auf  die  Kleidung  und  Wäsche  zu 
erstrecken  hat. 


Phtirius  inguinalis  s.  pubis.  Die  Filzlaus  (Taf.  VI,  Fig.  14). 

Das  Männchen  wird  bis  1 mm  lang,  das  Weibchen  bis  1,2  mm 
Die  Eier  zeigen  eine  bimförmige  Form,  werden  0,9  mm  lang  und 
0,5  mm  breit.  Die  Gestalt  der  Fl.  ist  herzförmig,  der  Vorderrand 
zeigt  sich  schwach  ausgeschweift,  in  demselben  ist  der  länglich  ovale 
Kopf  bis  ein  Drittel  seiner  Länge  zurückgezogen.  Der  Kopf  ist 
vorn  breit,  trägt  die  ziemlich  gerade  abstehenden,  fiinfgliederigen 
Fühler  und  hinter  diesen  auf  2 Vorsprüngen  die  2 einfachen  Augen. 
Der  Brustabschnitt  ist  kurz  gedrungen  und  geht  ohne  scharfe  Grenze 
in  das  sich  allmählich  nach  hinten  verjüngende  Abdomen  über.  Das 
ei’ste  Beinpaar  ist  schwach  und  mit  kleinen  Krallen  vei’sehen,  die 
beiden  hinteren  Beinpaare  sind  mächtig  entwickelt,  das  Fuss- 
ende  dei’selben  ist  mit  einem  Dom  ausgestattet  und  trägt  an  seiner 
Spitze  eine  mächtige  Chitinklaue,  welche  gegen  das  Schienbein  zu 
eingeschlagen  ist  und  zum  Anheften  an  den  Haaren  dient.  Diese 
Fixirung  wird  noch  durch  Chitinfortsätze  am  Fuss  und  an  der  Klaue 
unterstützt.  Der  Hinterleib  besteht  aus  9 Segmenten,  welche  dorsal 
einige  stärkere  Stacheln  und  an  den  Seiten  4 Paar  mit  Borsten  be- 


104 


setzte  Papillen  tragen.  Das  hintere  Leibesende  des  Weibchen  ist 
ausgebuchtet,  das  des  Männchen  abgerundet.  Der  After  liegt  am 
vorletzten  Segment. 

Es  werden  vom  Weibchen  ungefähr  10  bimförmige  Eier  abge- 
legt und  vermittelst  eines  aus  feinen  Nadeln  gebildeten  Haftappa- 
rates mit  den  spitzen  Enden  an  die  Haare  angeklebt. 

Als  Wohnort  haben  die  Läuse  die  Scham-,  Brust-  und  Achsel- 
höhlengegend, den  Bart  und  die  Augenbrauen  des  Menschen,  sie 
bohren  sich  in  die  Haut  dieser  Körpertheile  mit  dem  Kopfe  tief 
und  fest  ein  und  sind  in  Folge  dessen  nicht  leicht  zu  entfernen. 

Sie  sind  sehr  weit  verbreitet  und  werden  entweder  durch  un- 
mittelbare Berührung  (Coitus)  von  einem  Menschen  zum  anderen 
oder  durch  Kleidungsstücke,  Wäsche,  Betten  der  mit  ihnen  behaf- 
teten Individuen  übertragen.  Auch  finden  sie  sich  auf  den  Ab- 
orten grosser  Restaurationen,  der  Bahnhöfe  u,  s.  w.  und  in  einzelnen 
Gegenden  ziemlich  häufig.  Die  Angabe,  dass  Kinder  von  ihnen  ver- 
schont sein  sollten,  kann  ich  nicht  bestätigen,  da  ich  in  mehreren 
Fällen  ganze  Familien,  Mann,  Frau  und  Kinder  mit  ihnen  behaftet 
fand.  Treten  die  Filzläuse  in  geringen  Mengen  auf,  so  erzeugen 
sie  nur  an  den  von  ihnen  bewohnten  Stellen  starkes  Jucken,  treten 
sie  in  grösserer  Anzahl  auf,  so  bilden  sich,  wohl  erst  secundär, 
durch  das  vom  Menschen  vorgenommene  fortwährende  Kratzen  und 
Jucken,  an  den  von  ihnen  bewohnten  Stellen  grindartige  Hautab- 
schorfungen; bei  Kindern  können  die  Augenbrauen  eine  Zeitlang 
vollständig  verloren  gehen. 

Peinlichste  Reinlichkeit,  waschen  mit  Emulsionen  von  ätherischen 
Oelen  sind  als  Schutzmassregeln  von  jenen  Personen  zu  beachten, 
welche  gezwungen  sind,  mit  unreinen  und  mit  Filzläusen  behafteten 
Individuen  umzugehen. 


JtKallophaga,  JP elxfresser. 

Die  Mallophagen,  welche  in  der  allgemeinen  Körperform  den 
Läusen  sehr  ähneln,  jedoch  heissende  Mundtheile  besitzen  oder  nur 
eine  Art  Mundröhre  haben,  leben  besonders  zwischen  den  Federn 
der  Vögel  und  den  Haaren  einiger  Säugethiere,  selten  gehen  sie 
einmal  auf  den  Körper  des  Menschen  über  und  noch  seltener  ver- 
weilen sie  längere  Zeit  auf  demselben.  Für  den  Menschen  ist 
höchstens  die  Hundelaus,  Trichodectes  canis  von  Bedeutung,  weil 
sie  die,  auf  Seite  139  erwähnte  Cysticercoidform  der  Taenia  cucu- 
merina  enthält. 


Memiptera,  Wanzen . 

Der  Körper  ist  in  der  Regel  flach  und  breit,  flügellos  oder  mit 
4 Flügeln  ausgestattet.  Die  Flügel  liegen  in  der  Ruhe  dem  Körper 
horizontal  an,  die  Vorderflügel  sind  bis  zur  Mitte  oder  über  diese 
hinaus  lederartig.  Die  Vorderbrust  ist  frei.  Die  Verwandlung  un- 
vollkommen, ohne  Puppenbildung. 


105 


Cimex  lectularius.  Bettwanze. 

Die  Länge  beträgt  4 — 5 mm,  die  grösste  Breite  ungefähr  3 mm. 
Der  flügellose,  plattgedrückte  Körper  ist  hellbraunrotli  und  an  allen 
Theilen  mit  kurzen,  steifen  Haaren  besetzt.  Der  Kopf  dreikantig 
und  trägt  vorn  die  zu  einem  Saugapparat  umgewandelten  Mund- 
theile.  Dieselben  bestehen  aus  einer  zweigliederigen  kurzen  Ober- 
lippe und  aus  einer  beinahe  3 Mal  so  langen  viergliederigen  Unter- 
lippe. Zwischen  diesen  liegen  die  zu  einem  Saug-  und  Stechapparat 
umgewandelten  Mandibeln  und  Maxillen,  die  letzteren  sind  ungleich 
lang  und  an  ihrem  Ende  mit  äusserst  feinen  Widerhaken  versehen. 
Die  Brust  ist  deutlich  gegliedert,  oben  befindet  sich  ein  höckeriges 
Rückenschild  und  rudimentäre  Flügel;  ventral  liegen  6 Beine,  welche 
starkschenklich  und  sehr  zum  Laufen  eingerichtet  sind.  Der  Fuss 
trägt  eine  kleine  doppelte  Klaue.  In  dem  vorderen  Darmabschnitt 
münden  2 mächtige  Speicheldrüsen,  deren  Secret  in  die  Wunde  ein- 
fliesst  und  die  Anschwellung  derselben  hervorbringt.  Zwischen  den 
Hinterbeinen  findet  sich  die  Mündung  einer  langen,  nierenförmigen 
Stinkdrüse,  deren  Secret  willkürlich  entleert  werden  kann.  Die  Eier 
sind  oval  und  besitzen  einen  flachen  Deckel,  welcher  den  Mikropyl- 
Apparat  enthält.  Die  Eier  werden  in  Wandritzen  u.  s.  w.  im  März, 
Mai,  Juli  und  September  abgelegt.  Die  Jungen  entwickeln  sich  in 
ungefähr  Jahresfrist  nach  mehrfachen  Häutungen  zu  geschlecbts- 
reifen  Thieren. 

Die  Bettwanze  ist  über  die  ganze  Erde  verbreitet;  bei  Tage 
sitzen  sie  in  den  Ritzen  der  Wände,  der  Bettstellen  und  der  son- 
stigen Möbel,  hinter  Tapeten  u.  s.  w.,  bei  Nacht  überfallen  sie  den 
Menschen  und  andere  Warmblüter,  um  sich  an  deren  Blut  vollzu- 
saugen, dann  vermögen  sie  wieder  monatelang  zu  fasten. 

Reinlichkeit,  Lüften  der  Wohnungen  und  Verschmieren  der 
Schlupfwinkel  der  Wanze,  sowie  Auspinseln  der  Bett-  und  Möbel- 
ritzen mit  tinctura  nuces  vomicae  und  Coloquinthen -Abkochung, 
sowie  mit  wässerigen  Emulsionen  des  Oleum  tanaceti  verhindert  den 
Aufenthalt  und  die  Einwanderung  der  Wanze. 

Der  Stich  mit  dem  Säugrüssel  und  das  Nachfliessen  des  Spei- 
chels in  die  gemachte  Wunde  ruft  jene  grossen,  oft  tagelang  be- 
stehenden Quaddeln  hervor. 


Diptera.  Zweiflügler  (Taf.  VI). 

Aus  der  Gruppe  der  Zweiflügler  kennen  wir  eine  ganze  Reihe 
von  Formen,  welche  dauernd  oder  vorübergehend  auf  dem  Menschen 
oder  in  demselben  parasitiren.  Der  Floh  saugt  als  ausgebildetes 
Thier  das  Blut  des  Menschen,  einige  Mückenarten  überfallen  ihn 
gelegentlich,  ebenso  verschiedene  Fliegen.  Im  Inneren  des  Körpers 
schmarotzen  zeitweilig  die  Larven  verschiedener  Fliegenarten;  es 
finden  sich  dieselben  entweder  im  Darmkanal  oder  in  eiterigen 
Hautwunden  vor,  besonders  in  Wunden  der  Nasenhöhle  und  des 
äusseren  Gehörganges. 


106 


Der  Körper  der  Dipteren  lässt  Kopf,  Brust  und  Hinterleibs- 
abschnitt deutlich  getrennt  erkennen.  Der  Kopf  besitzt  grosse 
Facetten  - Augen  und  verschieden  gestaltete  Mundwerkzeuge.  Die 
Fühler  sind  entweder  klein,  mit  borstenförmigen  Anhängen  oder 
lang  vielgliederig  und  häufig  gefiedert.  An  der  Mittelbrust  sitzen 
meist  ein  Paar  grosse  häutige  Flügel,  die  Hinterbrust  trägt  die 
Schwingkölbchen  (Halteren),  welche  die  Rudimente  der  Hinterflügel 
darstellen.  Die  Verwandlung  ist  eine  vollkommene,  indem  sich  aus 
den  frei  beweglichen  Larven  ruhende,  sogenannte  Tönnchen-Puppen 
entwickeln. 

Man  unterscheidet  bei  den  Zweiflüglern  die  eigentlichen  Fliegen 
(Brachycera) , die  Langhörner  (Nemocera)  und  die  flügellosen  Flöhe 
(Aphaniptera). 


Brachycera.  Fliegen. 

Meist  geflügelte  Insecten  von  sehr  verschiedenem  Körperbau. 
Die  Fühler  an  dem  frei  beweglichen  Kopfe  sind  sehr  kurz,  in  der 
Regel  3gliederig,  das  Endglied  ist  gross  und  trägt  an  seiner  vor- 
deren Fläche  eine  einfache  oder  geringelte  Borste.  Die  Larven  leben 
in  faulenden  Stoffen  oder  im  Wasser;  die  meisten  derselben  sind 
unter  dem  Namen  Maden  allgemein  bekannt;  sie  verpuppen  sich  in 
einer  tonnenförmigen  Larvenhaut  oder  bilden  Scheinpuppen.  Auf 
dem  Menschen  parasitiren  einige  Arten  der  Fliegen  ganz  vorüber- 
gehend, meist  sind  es  die  Maden,  welche,  länger  im  Körper  ver- 
weilend, als  Parasiten  zu  betrachten  sind. 

HEuscidae.  Fliegen . 

Am  Kopfe  finden  wir  eine  Stirnblase  und  dreigliederige  Fühler, 
deren  abgeplattetes  Endglied  eine  ungeringelte  Borste  trägt,  als 
Mund  Werkzeug  dient  ein  blasiger  Rüssel,  dessen  Ende  mit  einem 
Paar  Platten  ausgestattet  ist,  welche  eine  weiche  polsterförmige 
Anschwellung  bilden  und  als  Saugapparat  functioniren.  Die  Brust- 
ringe sind  mit  einander  verschmolzen  und  tragen  ein  Paar  Flügel, 
die  in  der  Regel  die  Schwingkölbchen  verdecken.  Die  Fussenden 
sind  mit  Klauen  und  ein  Paar  Haftlappen  ausgerüstet. 

Musca  domestica.  Gemeine  Stubenfliege.  (Taf.  VI,  Fig.  16). 

Die  Stubenfliege,  welche  nicht  mit  der  ihr  ähnlichen  und  weiter 
unten  zu  besprechenden,  ebenfalls  häufig  in  den  Wohnungen  des 
Menschen  vorkommenden  (Stomoxys  calcitrans)  zu  verwechseln  ist, 
besitzt  einen  fleischigen  Rüssel,  an  dessen  Ende  der  oben  erwähnte 
Saugapparat  sitzt.  Der  Rüssel  ist  geknickt  und  dient  zum  Auf- 
saugen von  Flüssigkeiten;  feste  Nahrungsstoffe  werden  zunächst 
durch  ausfliessenden  Speichel  in  lösliche  Form  zu  bringen  gesucht. 
Die  Stubenfliege  legt  60 — 70  weisse,  glänzende  Eier,  welche  zu 
einem  Klumpen  zusammengeballt  werden,  die  Eier  haben  eine  wal- 
zenförmige Gestalt,  sie  sind  am  vorderen  Ende  zugespitzt  und  mit 


107 


2 niedrigen  Leisten  versehen.  Nach  kurzer  Zeit  schlüpfen  aus  ihnen 
die  Larven  (Fig.  16)  aus;  dieselben  sind  wurmförmig  gestreckt  und 
entbehren  der  Extremitäten  und  der  Sinnesorgane.  Als  Fortbewe- 
gungs-Apparat dienen  2 am  Kopfe  befindliche  Chitinhaken  (Fig.  16a, 
16&)  und  einige  Borsten  am  Hiuterleibsende ; die  Larven  kommen 
gelegentlich  im  Körper  des  Menschen  vor  und  werden  wir  dieselben 
mit  denen  der  gleich  zu  besprechenden  Arten  zusammenfassen. 

Musca  vomitoria.  Schneiss-  oder  'Brumm fliege. 

Der  Körper  wird  doppelt  so  gross,  als  der  der  Stubenfliege  und 
ist  durch  die  glänzend  blaue  Farbe  des  Hinterleibes  ausgezeichnet. 
Der  Kopf  ist  schwarz,  an  den  Backentheilen  mit  rothbraunen  Haaren 
ausgestattet,  die  Taster  sind  rothgelb.  Auf  dem  Rückenschilde  ver- 
laufen 4 undeutliche  Längsstreifen.  Die  ungefähr  2 mm  langen 
weissen  Eier  werden  haufenweise  an  faules  Fleisch  abgelegt,  die 
Larven  kriechen  innerhalb  24  Stunden  aus  und  verwandeln  sich 
nach  1 — 2 Wochen  in  die  Tönnchenpuppen.  Der  Körper  der  Larven 
ist  lang  kegelförmig,  am  hintern  Leibesende  etwas  abgestumpft  und 
mit  zwei  dunkelbraunen  Stigmen  - Üeffnungen  versehen.  Der  Mund- 
theil  ist  auch  wieder  durch  2 Chitinhaken  ausgezeichnet. 


Musca  caesar.  Goldfliege. 

Der  Körper  dieser  Art  ist  etwas  kleiner,  als  der  der  Brumm- 
fliege und  prächtig  smaragdgrün  glänzend,  die  Beine  sind  schwarz, 
das  Gesicht  mit  silberweissen  Haaren  besetzt.  Die  Eier  entwickeln 
sich  wie  die  der  Schmeissfliege. 


Musca  cadaverina.  Aasfliege. 

Der  Körper,  welcher  ungefähr  dieselbe  Grösse  besitzt,  wie  der 
der  Stubenfliege,  ist  ebenfalls  glänzend  goldgrün  und  in  verschie- 
denen Farben  schillernd,  die  Beine  und  Taster  sind  schwarz,  die 
Eier  werden  an  faulendes  Fleisch  abgelegt. 

SarcopJiaga  carnaria.  Graue  Schmeissfliege. 

Das  Männchen  wird  bis  10  mm,  das  Weibchen  bis  15  mm  lang. 
Der  Kopf  ist  schmal;  die  Augen  sind  von  einander  getrennt;  die 
Fühler  dicht  neben  einander  liegend,  lang  gestreckt  und  mit  ge- 
fiederter Fühlerborste  versehen;  das  Gesicht  ist  weisslich  oder  hell- 
gelb. Die  Brust  ist  oben  grau  mit  3 dunkeln  Längsstreifen  ausge- 
stattet und  zeigt  eine  Quernath.  Der  Hinterleib  ist  herzförmig, 
hinten  spitz  zulaufend,  seine  Farbe  braun,  dunkel  und  hell  schim- 
mernd, die  einzelnen  Segmente  weiss  gewürfelt.  Die  Eier,  deren 
ein  Weibchen  bis  2000  procluciren  kann,  kommen  schon  im  Körper 
der  Mutter  zur  weiteren  Entwickelung,  es  werden  ungefähr  je  50 
bis  80  Stück  Maden  geboren.  Diese  Larven  besitzen  einen  kegel- 


108 


förmig  geringelten  Körper  von  weissgrauer  Färbung,  das  vordere 
Leibesende  ist  spitz,  das  hintere  abgestumpft.  Vorn  finden  wir  2 
schwarze  Klammerbaken,  hinten  2 Platten,  welche  je  3 Stigmen- 
Oeffnungen  erkennen  lassen.  Nach  ungefähr  1 Woche  bildet  die 
Larve  eine  schwarzbraune  Tönnchen -Puppe,  aus  welcher  nach  3 
Wochen  eine  Fliege  hervorgeht.  Die  Entwickelungszeit  der  Fliegen- 
larven wird  vielfach  sehr  verschieden  angegeben  und  bemerke  ich 
hier,  dass  die  Entwickelung  einestheils  von  der  Art  und  dem  Vor- 
handensein einer  reichlichen  Nahrung  abhängt,  andererseits  auch 
durch  verschiedene  Temperaturen  verzögert  und  beschleunigt 
werden  kann. 

Wie  wir  schon  erwähnten,  sind  es  grade  die  Larven  der  oben 
besprochenen  Fliegenarten,  welche  unter  Umständen  in  den  mensch- 
lichen Körper  gelangen  und  hier  je  nach  ihrem  Sitze  verschiedene 
Störungen  hervorrufen.  Nach  ihrem  Vorkommen  kann  man  sie 
unterscheiden  als  Larven  aus  dem  Darmkanal , Larven  aus  dem 
Nasen-  und  Rachenraum  und  Larven  aus  dem  äusseren  Gehörgang, 
den  offenen  Hautwunden  der  Urethra  und  Vagina. 

Mit  der  Speise,  meist  mit  kaltem  Fleisch,  faulem  Käse  u.  s.  w. 
kommen  die  weit  entwickelten  Eier  oder  die  eben  ausgeschlüpften 
Larven  in  den  Magen  des  Menschen,  hier  gehen  die  Larven  nicht 
zu  Grunde,  sondern  sie  leben  ruhig  weiter,  heften  sich  an  der 
Magenschleimhaut  an  und  verbringen  ihr  gesammtes  Larvenleben 
oder  den  grössten  Theil  desselben  parasitirend,  dann  verpuppen  sie 
sich  und  erst  die  Puppen  gehen  mit  den  Fäces  nach  aussen. 

Da  die  Larven  die  Schleimhaut  durchwühlen  und  empfindlich 
reizen,  so  erzeugen  sie  meist  mehr  oder  minder  heftige  Magen- 
katarrhe, Erbrechen  u.  s.  w.  Aus  dem  Magen  kommen  sie  auch  ge- 
legentlich in  den  Darm  und  gelangen  unter  Umständen  mit  den 
Fäces  nach  aussen. 

In  die  Nasenhöhle  der  Kinder  wandern  unter  Umständen  die 
Larven  der  Schmeissfliege  und  man  berichtet,  dass  in  den  Tropen 
solche  Vorkommnisse  ziemlich  häufig  sein  sollen.  Die  Erscheinungen, 
welche  die  Fliegenlarven  während  ihres  Aufenthalts  in  den  Nasen- 
höhlen erzeugen,  sind  vielfach  sehr  schwerer  Art;  zunächst  tritt 
Niesen  ein,  in  Folge  des  anfänglich  schwachen  Reizes,  welcher  auf 
die  Nasenschleimhaut  ausgeübt  wird,  sowie  aber  die  Larven  an- 
fangen, sich  in  die  Schleimhaut  einzubohren,  und  das  Secret  der- 
selben und  die  Epithelien  zu  verzehren,  treten  Kopfschmerzen  auf, 
welche  sich  einseitig  über  die  eine  Stirn-  und  Schädelgegend  oder 
über  die  gesammte  Kopffläche  verbreiten  und  so  lange  andauern, 
als  die  Larven  vorhanden  sind.  Gleichzeitig  treten  Gesichtsschmerzen 
verbunden  mit  Anschwellung  des  Gesichts  hinzu,  die  Patienten  leiden 
an  Schlaflosigkeit,  heftigem  Schwindel  und  leichterem  Fieber,  dazu 
kommt  dann  noch  ein  allgemeines  Unbehagen,  Reizbarkeit,  Appetit- 
losigkeit, leichte  Durchfälle  u.  s.  w.  Als  äusserliche  Erscheinungen 
treten  hinzu  ein  eiteriger,  blutiger,  stinkender  Nasenausfluss,  welcher 
erst  aufhört,  wenn  die  Larven  entfernt  sind.  Anschwellung  des 
Gaumens,  welche  dadurch  hervorgerufen  wird,  dass  sich  die  Larven 


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an  der  Basis  der  Choanen  ansetzen  und  sich  hier  einbohren.  In 
der  Folge  treten,  durch  die  Anschwellung  des  Gaumens  bedingt, 
Schluckbeschwerden  auf.  In  den  Hautwunden,  besonders  in  Ab- 
scessen  des  äusseren  Gehörganges  legen  die  oben  genannten  Fliegen, 
wenn  die  Wunden  schlecht  verbunden  werden  und  einen  stinkenden 
Eiter  ausscheiden , gern  ihre  Eier  ab.  Bei  der  constant  gleich- 
mässigen  Wärme  entwickelt  sich  die  junge  Brut  sehr  schnell,  die 
Larven  bohren  sich  in  die  zerfallenen  Gewebe  ein  und  lassen  na- 
türlich keine  Heilung  eintreten,  so  lange  sie  in  der  Wunde  lebendig 
sind ; in  den  Wunden  sitzen  sie,  mit  dem  Kopf  nach  innen,  mit  dem 
Hinterleibe,  an  welchem  sich  die  Athmungsöffnungen  befinden,  nach 
aussen,  dicht  gedrängt  neben  einander.  Ausserdem  hat  man  Fliegen- 
maden noch  in  der  Scheide  und  den  Harnorganen  der  Mädchen 
und  Frauen  gefunden,  wenn  sich  innerhalb  der  Kanäle  katarrha- 
lische Affectionen  oder  Geschwüre  vorfanden;  ebenso  will  man  sie 
unter  dem  Praeputium  unreinlich  gehaltener  Knaben  gefunden  haben. 

Man  schützt  sich  vor  dem  Befallenwerden  durch  Fliegenmaden 
dadurch,  dass  man  kaltes  Fleisch,  Gemüse,  Käse  u.  s.  w.  sorgfältigst 
von  etwa  angelegten  Larven  und  Eiern  säubert  oder  das  Fleisch 
und  die  Gemüse  nur  warm  oder  aufgewärmt  geniesst.  Weiterhin 
werden  in  gut  behandelten  und  rein  gehaltenen  Wunden  niemals 
Fliegenmaden  auftreten.  Sind  sie  in  die  Nasen-  oder  Ohrenhöhle 
schon  hineingelangt,  so  suche  man  sie  möglichst  schnell  mit  der 
Pincette  oder  durch  die  später  anzugebenden  Mittel  zu  entfernen 
und  so  den  eintretenden  heftigen  Krankheitserscheinungen  vorzu- 
beugen ; erst  wenn  die  Kopfschmerzen  nachlassen  und  der  Eiter 
nicht  mehr  mit  Blut  gemischt  ist,  kann  man  annehmen,  dass  die 
Larven  vollständig  aus  der  Nasenhöhle  entfernt  sind. 


Musca  anthropophaga. 

Man  hat  mehrere  Fliegen  unter  der  obigen  Bezeichnung  zu- 
sammengefasst. Der  Körper  derselben  ist  ungefähr  5—7  mm  lang, 
der  Thorax  braun  schillernd,  der  Rüssel  fleischig,  die  Backen  gelb- 
lich. Das  Hinterleibssegment  ist  schwarz.  Ueber  den  Hinterleib 
verläuft  eine  dunkele  Linie.  Als  CallipJiora  hat  man  mehrere  solcher 
Arten  aus  den  verschiedenen  mittelamerikanischen  Ländern  be- 
schrieben. Es  scheint  vor  allem  so  viel  sicher,  dass  die  Larven  in 
dem  Nasen-  und  Rachenraum  des  Menschen  häufig  bedeutende  Ver- 
heerungen anrichten,  sie  perforiren  den  weichen  Gaumen,  nagen  die 
Gaumenpfeiler  an  und  gehen  selbst  auf  die  Schleimhaut  des  Kehl- 
kopfes über  und  zerstören  unter  Umständen  die  Stimmbänder.  Die 
Krankheitserscheinungen,  welche  dadurch  hervorgerufen  werden,  sind 
sehr  heftig  und  es  tritt  gar  nicht  selten*  der  Tod  ein ; besonders 
sollen  in  Mexico  oft  fieberkranke  Personen  von  den  Fliegen  aufge- 
sucht werden;  ist  es  klar,  dass  durch  die  Thätigkeit  der  Fliegen- 
maden die  Krankheit  nicht  gebessert,  sondern  häufig  bedenklich 
verschlimmert  wird.  Auch  in  offenen  Körperwunden  und  in  dem 
Gehörgange  will  man  die  Calliphoralarven  gefunden  haben.  Die- 


110 


selben  kommen  meist  in  beträchtlicher  Anzahl,  bis  150  Stück  vor, 
sie  werden  16  mm  lang  und  erreichen  eine  Dicke  von  3,5  mm.  Die 
Made  ist  vorn  spitz,  hinten  abgerundet  und  besitzt  an  diesem  Ende 
2 papillenartige  Fortsätze  und  2 Stigmenplatten. 

Anthomyia.  Blumenfliegen. 

Die  Augen  stossen  beim  Männchen  zusammen  und  sind  beim 
Weibchen  breit  getrennt;  das  Endglied  der  Fühler  ist  länglich  und 
die  ihm  aufsitzende  Borste  gefiedert  oder  nackt.  Die  Brust  ist  ohne 
deutliche  Queinath.  Der  Hinterleib  zeigt  4 Ringe,  er  ist  lang  kegel- 
förmig, eirund  oder  kugelig.  Es  giebt  in  Europa  über  200  Arten, 
deren  Weibchen  die  Eier  meist  in  frischen  Dünger  ablegen,  ausser- 
* dem  legen  einige  Arten  ihre  Eier  an  gekochte  Gemüse  oder  kalt- 
gewmrdene  Mehlspeisen  und  von  hier  aus  gelangen  junge  Maden 
häufig  in  den  Darm  des  Menschen  und  den  einiger  Säugethiere.  Im 
Mastdarm  rufen  sie  dann  heftiges  Jucken  hervor  und  unter  Um- 
ständen Darmkatarrhe.  Die  Larven  sind  kenntlich  durch  die  gefie- 
derten Rücken-  und  Seitenborsten,  welche  an  den  Segmenträndern 
stehen.  Die  Athemlöcher  liegen  auf  2 hervorragenden  Athemröhren 
am  letzten  Körpersegment.  Die  Fliegen  werden  9—13  mm  lang.  Jgf 

Oestridae.  Biesflicgen. 

Die  Fühler  sind  kurz,  papillenförmig  und  liegen  in  Vertiefungen 
des  Kopfes.  Der  Rüssel  ist  verkümmert,  ja  er  kann  fehlen,  oder  es 
ist  der  Mund  verschlossen.  Die  Augen  sind  klein,  das  Brustschild 
zeigt  eine  Quernath.  Das  Abdomen  ist  behaart,  4-  oder  ögliedrig. 
Die  Weibchen  besitzen  eine  längere  Legröhre  und  legen  ihre  Eier 
hauptsächlich  in  die  Nasenlöcher  einzelner  Wiederkäuer,  sowie  unter 
die  Haut  verschiedener  Säugethiere  und  des  Menschen.  So  will  man 
in  den  Nasenhöhlen  des  Menschen  die  Larven  von  Oestrus  bovis 
gefunden  haben ; ausserdem  hat  man  vermuthet,  dass  die  Larve  der- 
selben Fliege  auch  in  der  Haut  des  Menschen  vorkommt.  Derartige 
Fälle  sind  besonders  aus  Surinam  und  den  südamerikanischen  Staaten 
bekannt  geworden;  man  muss  jedoch  stets  bei  der  Annahme  solcher 
Angaben  sehr  vorsichtig  sein,  denn  es  ist  nicht  leicht,  die  Fliegen- 
larven genau  zu  bestimmen,  und  es  gelingt  nicht  immer,  aus  den 
Larven  ausgebildete  Insecten  zu  züchten. 

JDermatöbia. 

Aus  dem  tropischen  Amerika  hat  man  die  Larven  einer  Fliege 
beschrieben,  welche  in  dem  Unterhautzellgewebe  höherer  Thiere 
und  des  Menschen  Vorkommen  und  daselbst  Beulen  erzeugen,  die 
sogenannten  Dasselbeulen,  in  welchen  die  Maden  heranwachsen. 

JDermatöbia  noxialis  s.  hominis ■ Menschenbiesfliegen. 

Das  geschlechtsreife  Insect  wird  14—17  mm  lang.  Die  Fühler- 
borste ist  gefiedert,  die  Fühler  gelb-braun.  Der  Rüssel  ist  geknickt 


111 


und  eingezogen,  die  Stirn  springt  stark  vor,  sie  ist  braun  schillernd 
und  zeigt  jederseits  einen  glänzenden  gelben  Fleck.  Das  Rücken- 
schild ist  bläulich  oder  grau,  die  Beine  sind  gelb-braun,  der  Hinter- 
leib stahlblau,  unten  gelb-braun.  Die  Flügel  sind  bräunlich  mit 
gelbbraunem  Geäder.  Die  Larven  werden  3 cm  lang  und  8,5  mm 
breit.  Das  vordere  Körperende  derselben  ist  dicker  als  das  hintere. 
Auf  dem  Rücken  finden  sich  kleinere  Erhabenheiten  oder  klauen- 
artige nach  rückwärts  gerichtete  Vorsprünge. 

Die  Fliegen  legen  ihre  Brut  in  die  Haut  des  Kopfes  und 
Rumpfes,  des  Bauches  und  des  Scrotums  ab.  Es  entsteht  an  den 
betreffenden  Stellen  eine  Geschwulst,  welche  sich  an  einer  Stelle 
öffnet,  durch  welche  Oefthung  die  Athemluft  den  Larven  zugeführt 
wird.  Die  Geschwulst  erreicht  im  Laufe  der  Zeit  die  Grösse  eines 
Hühnereies.  Ehe  die  Larven  in  das  Puppenstadium  übergehen, 
werden  sie  wohl  die  Dasselbeule  verlassen  und  sich  ausserhalb  des 
Körpers  weiter  entwickeln. 

Die  Dasselbeulen  können  sich  zu  bösartigen  Geschwüren  um- 
wandeln, wenn  die  Maden  in  denselben  zerquetscht  werden  und  die 
Wunde  nicht  gründlich  gereinigt  werden  kann. 

Man  schützt  sich  vor  dem  Ueberfallenwerden  durch  die  Bies- 
fliegen  dadurch,  dass  man  am  Tage  nicht  in  offenen  Zimmern  oder 
im  Freien  schläft  oder  sich  dann  wenigstens  mit  einem  Muskitonetz 
umgiebt.  

Aphaniptera.  Flöhe. 

Der  Körper  derselben  ist  seitlich  zusammen  gerückt,  der  Kopf 
abgerundet  oder  eckig,  dem  deutlich  gegliederten  Thorax  mit  seiner 
ganzen  Breite  angeheftet;  die  Fühler  sind  kurz,  3gliederig  und 
liegen  in  einer  kleinen  Vertiefung  hinter  den  einfachen  Augen.  Die 
Mundwerkzeuge  dienen  zum  Stechen  und  Saugen ; die  Oberlippe 
fehlt,  die  Mandibeln  sind  am  Rande  sägeartig  gezähnt  und  liegen 
mit  der  feinen  unpaaren  Stechborste  in  der  sogenannten  Rüssel- 
scheide, welche  aus  der  3gliederigen  Unterlippe  gebildet  wird ; neben 
der  Unterlippe  befinden  sich  2 viergliederige  Taster  und  die  breiten 
plattenartigen,  zugespitzten  Maxillen,  an  denen  ebenfalls  4gliederige 
Taster  sitzen.  Die  Brustsegmente  sind  deutlich  getrennt,  der  Mittel- 
und Hinter- Brustring  zeigt  die  rudimentären  Flugorgane  in  Form 
zweier  seitlicher  Lappen  entwickelt.  Die  Hinterbeine  sind  Sprung- 
beine mit  starken  Schenkeln.  Der  Hinterleib  ist  9gliederig,  bei  den 
Männchen  stark  nach  oben  gebogen. 

Die  Flöhe  sind  im  ausgebildeten  Zustande  stationäre  Parasiten 
auf  dem  Körper  vieler  Warmblüter,  es  finden  sich  bei  den  ver- 
schiedenen Thieren  verschiedene  Floharten , welche  zwar  vorüber- 
gehend andere  Warmblüter  befallen  können,  sonst  aber  stets  wieder 
auf  ihre  bestimmte  Art  zurückgehen. 

Pulex  irritans.  Der  Menschenfloh. 

Das  Männchen  wird  2 — 2,5  mm,  das  Weibchen  3—4  mm  lang, 
der  Kopf  ist  ohne  Stacheln,  ebenso  der  Rücken  des  Brustabschnitts. 


112 


Die  Hinterrändel'  der  Brust- und  Hinterleibssegmente  sind  mit  Reihen 
steifer,  rückwärts  gerichteter  Haare  besetzt.  Das  Hinterleibsende 
des  Männchens  ist  nach  aufwärts  gerichtet  und  enthält  den  stark 
behaarten,  kegelförmigen  Copulationsapparat.  Das  9.  Abdominal- 
segment des  Weibchens  besitzt  einen  oval  geformten  Kamm,  an 
dessen  hinterem  Rande  2 mit  Borsten  besetzte  Zapfen  hervorspringen; 
ventral  liegen  an  demselben  Leibessegment  2 cylindrische  Bauch- 
schienen, welche  gleichfalls  mit  Borsten  besetzt  sind.  Die  Ge- 
schlechts- und  Aftermündung  liegt  am  hinteren  Rande  des  achten 
Segments. 

Von  dem  häufig  in  Zimmern  vorkommenden  Hundefloh  unter- 
scheidet sich  der  Menschenfloh  sehr  leicht  dadurch,  dass  ihm  die 
dem  ersteren  eigenen  Chitinkämme  am  Kopfe  und  am  Rückentheile 
der  Brust  fehlen. 

Das  Weibchen  des  Flohes  legt  ungefähr  12  Eier  in  die  Dielen- 
ritzen und  besonders  in  jene,  welche  durch  den  Urin  der  Kinder 
feucht  gehalten  werden.  Die  Eier  sind  oval,  tonnenförmig,  an  den 
Polen  abgeflacht,  0,7 — 0,8  mm  lang  und  von  weisser  Farbe,  an 
beiden  Ei-Polen  findet  sich  ein  Mikropyl- Apparat,  welcher  aus  zu- 
sammen ca.  100  Kanälchen  gebildet  wird.  Nach  Verlauf  einer  Woche 
entwickelt  sich  aus  den  Eiern  eine  kleine  Larve,  welche  einen  etwas 
abgeflachten,  13gliederigen  Körper  besitzt ; Füsse  und  Augen  fehlen. 
Der  erste  Leibesabschnitt  bildet  einen  mit  2 kurzen  Fühlern  be- 
setzten Kopf;  die  Mundwerkzeuge  bestehen  aus  Ober-  und  Unter- 
lippe, aus  einem  Paar  keilförmigen,  an  der  Innenseite  mit  5 Zähnchen 
versehenen  Mandibeln  und  2 plattenartigen,  gezähnelten  Maxillen, 
an  denen  2gliederige  Taster  angeheftet  sind.  Die  Körpersegmente 
sind  behaart,  das  letzte  Segment  trägt  ventral  2 Stacheln,  — das 
2.  und  11.  jederseits  1 Stigma.  Die  Larven  nähren  sich  von  ver- 
schiedenen, in  den  Bodenritzen  liegenden  Substanzen;  nach  11  Tagen 
spinnen  sie  sich  in  einen  Cocon  ein,  in  welchem  die  weisslichen  Puppen 
nach  weiteren  11  Tagen  zum  ausgebildeten  Floh  heranreifen. 

Bei  der  Begattung  schiebt  sich  der  männliche  Floh  unter  den 
Körper  des  Weibchens,  so  dass  die  Rückenseite  des  ersteren  an  der 
Bauchseite  des  letzteren  liegt. 

Gutes  Durchlüften  der  Zimmer  und  Reinlichkeit,  sowie  das  Aus- 
streuen von  Insectenpulver  hält  die  Flöhe  von  den  Wohnungen  fern. 

Sarcopsylla  penetrans.  Der  Sandfloh.  (Taf.  VI,  Fig.  17). 

Der  Körper  wird  1 — 1,2  mm  lang,  der  Kopf  ist  nach  vorn  ge- 
neigt, die  Fühler  3gliederig  und  fein  behaart.  Die  Maxillen  sind 
klein,  die  Mandibeln  am  Rande  stark  gesägt,  die  Zunge  am  Rücken 
mit  3 kleinen  Zähnen  versehen,  der  Hinterleib  ist  eirund  und  dehnt 
sich  bei  den  befruchteten  Weibchen  bis  zur  Grösse  einer  kleinen 
Erbse  aus  (Fig.  17).  Die  Männchen  und  auch  die  nicht  befruch- 
teten Weibchen  saugen,  wie  der  gemeine  Floh,  das  Blut  verschie- 
dener Warmblüter  und  des  Menschen,  wenn  aber  das  Weibchen 
befruchtet  ist,  bohrt  es  sich  mit  dem  Oberkörper  tief  in  die  Haut 


113 


des  Menschen  oder  der  Thiere  ein,  worauf  der  Hinterleib  bald  an- 
scbwillt  und  reife  Eier  enthält.  Die  letzteren  werden  von  Zeit  zu 
Zeit  aus  dem  Leibe  herausgesckleudert,  und  wenn  die  letzten  ab- 
gelegt sind,  so  stirbt  das  Weibchen  und  fällt  von  dem  Körper  des 
Wirthes  ab.  In  der  Erde,  in  Holzritzen  u.  s.  w.  entwickeln  sich  aus 
den  Eiern  die  Larven,  welche  zunächst  weiss,  dann  grau  sind.  Das 
letzte  (13.)  Körpersegment  besitzt  oben  eine  kleine  und  unten  zwei 
grössere  Papillen,  welche  zur  Locomotion  dienen.  Nach  10  Tagen 
ungefähr  spinnen  sich  die  Larven  in  einen  gelben  Cocon  ein,  nach 
weiteren  10  Tagen  schlüpfen  aus  den  Puppen  die  fertigen  In- 
secten  aus. 

Die  Störungen,  welche  das  Sandflohweibchen  in  der  Haut  des 
Menschen  hervorbringt,  sind  nicht  schwerer  Art.  Es  können  aller- 
dings mehrere  Hundert  Sandflöhe  auf  einem  und  demselben  Indivi- 
duum schmarotzen  und  dann  leichte  locale  Hautentzündungen 
hervorbringen,  entfernt  man  aber  den  Sandfloh  durch  vorsichtiges 
Ausheben  mit  einer  Nadel,  so  hat  die  hinterlassene  Wunde,  wenn 
sie  einigermassen  rein  gehalten  wird,  keine  weitere  Bedeutung. 
Wird  indessen  der  Hinlerleib  des  Sandflohes  abgerissen  und  bleibt 
der  Vorderkörper  in  der  Wunde  zurück  oder  wird  die  Wunde  nicht 
genügend  gereinigt,  so  können  sich  allerdings  locale  Geschwüre 
und  stärkere  Haut-Entzündungen  bilden,  welche  bei  den  hohen 
Temperaturen,  die  in  den  Tropen  herrschen,  hin  und  wieder  zur 
Entstehung  von  Brand  führen  können.  Der  Sandfloh  bewohnt  das 
centrale  Amerika,  ungefähr  vom  30.  Grad  nördl.  Breite.  Nach  Afrika 
ist  er  von  Amerika  verschleppt  worden.  Man  schützt  sich  vor  dem 
Sandfloh  am  einfachsten  durch  Bestreichen  der  Füsse  mit  Peru- 
balsam. 


Sporadisch  auf  dem  Menschen  parasitirende  Insecten. 

Eine  grosse  Anzahl  jener  Kerfe,  welche  auf  dem  Körper  der 
höheren  Säugethiere  Blut  saugen,  geht  auch  unter  Umständen  auf 
den  des  Menschen  über,  so  z.  B.  mehrere  aus  der  Gruppe  der 

Pupipara. 

Der  Brustabschnitt  der  Pupiparen  stellt  einen  vollkommen  ver- 
schmolzenen Brustkasten  dar,  an  dem  sich  ein  Paar  Flügel  und  ein 
Paar  Schwingkölbchen  befinden.  Die  Flügel  können  fehlen,  rudi- 
mentär sein  oder  nach  einiger  Zeit  abgeworfen  werden.  Der  Hinter- 
leib ist  breit  und  häutig  abgeflacht.  Die  Eier  kommen  in  einer 
Uterus-ähnlichen  Scheide  zur  Entwickelung;  die  Larven  wachsen  an 
derselben  Stelle  heran,  werden  dann  abgelegt  und  verpuppen  sich 
kurz  nach  der  Geburt.  Diese  Thiergruppe  ist  also  nicht,  wie  der 
Name  sagt,  puppengebärend.  Die  ausgebildeten  Insecten  schma- 
rotzen wie  die  Läuse  auf  dem  Körper  der  Warmblüter  und  einiger 
Insecten. 

8 


Melophagus  ovinus.  Die  Schaf  zeche. 

Der  flügellose  Körper  derselben  ist  ungefähr  4 mm  lang.  Der 
Kopf  ist  breit  und  besitzt  seitlich  ein  Paar  schmale  Augen.  Der 
Brustabschnitt  ist  etwas  schmäler  als  der  Kopf.  Der  Hinterleib  ist 
breit,  ungegliedert,  mit  Haaren  und  Borsten  besetzt  und  von  roth- 
bräunlicher  Farbe.  Der  Säugrüssel  ist  beinahe  so  lang  als  der 
Kopf.  Die  Beine  sind  kurz  und  dick.  Die  Zecke  lebt  besonders  auf 
Schafen. 

Hippolosca  equina.  Die  Pferdelausfliege. 

Sie  besitzt  2 Flügel,  breite  Brust  von  kreisrunder  Form;  der 
Säugrüssel  ist  kurz  und  stumpf;  die  ungefähr  7 mm  langen  Thiere 
sind  glänzend  rostgelb  mit  braunrother  Brustscheibe;  die  2zähnigen 
Fussklauen  sind  schwarz. 

Lipoptena  cervi.  Die  Lausfliege  des  Wildes. 

Diese  Art  geht  ebenfalls  dann  und  wann  auf  den  Menschen 
über.  Die  viereckige,  vorn  abgestutzte  Brust  ist  schmal  und  trägt 
2 an  der  Wurzel  abwerfbare  Flügel.  Der  Kopf  besitzt  ausser  den 
Facetten -Augen  ein  Paar  Nebenaugen.  Auf  der  Haut  des  Wildes 
leben  die  ungeflügelten,  auf  Vögeln  die  geflügelten  Insecten,  die 
letzteren  wurden  als  ornithobia  pallida  beschrieben. 

Ornitliomyia  avicularia.  Die  Vogellausfliege. 

Der  Kopf  zeigt  3 Nebenaugen  und  einen  kurzen  Säugrüssel, 
die  Brust  ist  quer  und  umfasst  jederseits  den  Kopf  etwas;  sie  be- 
sitzt ein  Paar  nicht  abwerfbare,  den  Körper  an  Länge  überragende 
Flügel.  Die  Färbung  ist  rostbraun,  die  des  Hinterleibes  grünlichgelb. 


M tuscaria. 

Stomoxys  calcitrans.  Stechfliege. 

Der  Körper  derselben  ist  dem  der  Stubenfliege  ähnlich,  jedoch 
ist  der  Rüssel  fadenförmig,  horizontal  vorstehend,  an  der  Basis  ge- 
knickt. Die  Fühler  tragen  eine  Rückenborste.  Der  Hinterleib  ist 
4gliederig. 

Anthomyia  meteorica.  Die  Gewitterfliege. 

Sie  ist  eine  Verwandte  der  schon  oben  beschriebenen  Blumen- 
fliegen. 

Tany  stomata. 

Zu  dieser  Gruppe  gehören  die  Raubfliegen,  die  Stiletfliegen, 
Bremsen,  Waffenfliegen  u.  s.  w. 

Asilus  cräbroniformis.  Die  hornissenartige  Paul) fliege. 

Der  Körper  ist  kräftig,  langgestreckt.  Der  Rüssel  kurz,  hori- 
zontal vorgestreckt,  die  Maxillen  sind  messerförmig,  die  Unterlippe 


115 


hornig,  ein  unpaares  starkes  Stechorgan  ist  vorhanden.  Der  Hinter- 
leib ist  walzig,  Sgliederig. 

Chrysops  coccutiens.  Die  blinde  Bremse. 

Die  im  Sommer  häufige,  ungefähr  8 mm  lange  Fliege  geht 
öfters  auf  den  Menschen  über.  Der  Kopf  ist  halbkreisförmig  und 
liegt  der  Brust  eng  an;  die  grossen  Augen  sind  schön  grün-goldig 
glänzend;  die  Mandibeln  sind  scharf  messerförmig,  nur  beim  Weib- 
chen ausgebildet,  die  Maxillen  sind  stabförmig,  die  Taster  Sgliederig; 
die  halb  röhrenförmige  Oberlippe  dient  als  Saugapparat.  Der  Hin- 
terleib ist  8gliederig.  Die  Flügel  werden  im  Ruhen  dachförmig 
angelegt.  Die  Farbe  des  Leibes  ist  dunkel,  Männchen  und  Weib- 
chen sind  jedoch  verschieden  gefärbt.  Der  Stich  dieser,  besonders 
die  Badenden  gern  überfallenden  Bremsen  ist  ziemlich  empfindlich. 
Es  entsteht  an  der  Stelle,  wo  die  Bremse  gesaugt  hat,  eine  oft 
mehrere  Tage  andauernde  Palpel,  welche  lästig  wird,  wenn  Klei- 
dungsstücke auf  ihr  hin-  und  herreiben. 

Hctematopoda  pluvialis.  Die  Rcyenbremse. 

Der  Körper  der  ungefähr  9 — 10  mm  langen  Bremse  ist  grau. 
Die  Brust  mit  weisslichen  Striemen,  der  Hinterleib  mit  ebensolchen, 
sowie  mit  Punktreihen  und  Einschnitten  versehen.  Die  Flügel  liegen 
im  Ruhen  dem  Körper  dachförmig  an.  Die  Fliege,  welche  im  Sommer 
sehr  gemein  ist,  überfällt  besonders  bei  aufziehenden  Gewittern  den 
Menschen  und  sticht  ziemlich  empfindlich. 


Jene  Fliegen,  welche  im  Sommer  so  häufig  den  Menschen  mit 
Leichengift  inficiren,  sind  noch  nicht  alle  genau  bekannt  geworden, 
jedenfalls  sind  es  aber  kleinere  Stechfliegen,  welche  entweder  an 
faulendem  Aas  gesogen  haben,  oder  welche  sich  vom  Blute  kranker 
Thiere  nährten.  Dass  z.  B.  der  Milzbrand  durch  die  auf  dem  Körper 
der  Wiederkäuer  schmarotzenden  Stechfliegen  verbreitet  wird,  ist 
in  mehreren  Fällen  constatirt  worden. 


Wemocera • Zweiflügler. 

Diese  Zweifüssler,  zu  denen  die  verschiedenen  Mückenarten 
•gehören,  sind  von  zartem,  schlankem  Körperbau;  die  Fühler  sind 
vielgliederig,  beim  Weibchen  mit  einzelnen  Borsten  besetzt,  beim 
Männchen  oft  buschig;  der  Rüssel  kurz  und  fleischig  und  häufig 
mit  Stechborsten  bewaffnet.  Die  Weibchen  vieler  Arten  saugen 
Blut  und  können  häufig,  besonders  wenn  sie  zahlreich  Vorkommen, 
zur  Landplage  werden ; die  gefürchtetsten  derselben  sind  die  Mus- 
kito,  welche  verschiedenen  Familien  angehören  und  die  von  den 
Tropen  bis  hinauf  in  die  Polargegenden  Menschen  und  Thieren 
äusserst  lästig  werden  können. 


8* 


116 


Bibionidae. 

Simulia  pertinax.  Die  amerikanische  Schwarzfliege. 

Sie  ist  einer  der  berüchtigtsten  Muskitos  in  Südamerika.  Der 
Körper  ist  fliegenähnlich,  die  Fühler  sind  kurz  und  llgliederig,  die 
Oberlippe  ist  spitz,  dolchförmig.  Die  Weibchen  saugen  Blut  und 
kommen  oft  in  grossen  Schwärmen  vor. 

In  diese  Familie  gehört  auch  die  Kolumbaczer  Mücke,  Simulia 
columbacschensis , welche  in  colossalen  Schwärmen  in  Ungarn  vor- 
kommt, hier  die  Viehheerden  überfällt  und  oft  den  Tod  der  Thiere 
herbeiführt. 

Culicidae.  Stechmücken. 

Culex  pipiens.  Cremeine  Stechmücke. 

Diese  bei  uns  häufige  Art  wird  bis  6Va  mm  lang.  Der  Rüssel 
ist  lang,  hornig,  vorgestreckt  und  mit  6 Stechborsten  ausgerüstet; 
die  Fühler  sind  14gliederig,  beim  Weibchen  mit  kurzen  Borsten 
besetzt,  beim  Männchen  auf  2 Seiten  dicht  federbuschartig  behaart. 
Die  Weibchen  saugen  häufig  am  Menschen  und  andern  Warmblü- 
tern. Mücken  kommen  besonders  in  nasseu  Jahren  in  der  Nähe  der 
Sümpfe  und  Gewässer  vor,  in  denen  ihre  Larven  zur  Entwickelung 
gelangen.  Im  Norden  von  Europa  sollen  sie  vielfach  bis  über  den 
72.  Grad  hinaus  in  ungeheuren  Mengen  auftreten. 

Culex  annulatus. 

Diese  Mücke  ist  2 mm  grösser,  als  die  vorhergehende.  Die 
Flügel  sind  mit  5 Punkten  ausgestattet,  die  Beine  weiss  geringelt. 

Ausserdem  gehen  Culex  mölestus,  C.  trifurcatus , C.  plumicoris 
und  einige  andere  Arten  gelegentlich  auf  den  Menschen  über.  Der 
Stich  der  Mücken  ruft  in  der  Haut  kleine  oft  mehrere  Tage  anhal- 
tende Papeln  hervor,  die  besonders  nach  Reiben  und  Jucken  schmerz- 
haft und  lästig  werden  können.  Tabaksdampf  und  Bestreichen  der 
Haut  mit  ätherischen  Oelen  hält  die  Mücken  fern. 


Die  Verhütung  der  durch  thierische  Parasiten  beim 
Menschen  hervorgerufenen  Krankheiten. 


Nachdem  wir  also  im  vorhergehenden  Abschnitt  den  Körper 
und  die  Entwickelung  der  thierischen  Parasiten  kennen  gelernt 
haben,  welche  im  Körper  des  Menschen  und  auf  demselben  schma- 
rotzend leben,  ist  es  noch  nötliig,  einige  allgemeine  Bemerkungen 
über  die  durch  die  Parasiten  hervorgerufenen  Krankheiten  und  über 
die  Verhütung  und  eventuelle  Heilung  derselben  anzuschliessen. 

Es  ist  leider  der  Fall,  dass  der  praktische  Arzt  in  vielen  Fällen 
den  im  Körper  schmarotzenden  Thierformen  wenig  Aufmerksamkeit 
schenkt  und  das  Publikum  kann  sich  nur  zu  schwer  daran  ge- 
wöhnen, dem  Arzte  volles  Vertrauen  eutgegen  zu  bringen,  viel  lieber 
macht  es  bei  jenen,  zahlreich  das  Land  durchziehenden  Bandwurm- 
doctoren  eine  oft  sehr  zweifelhafte  Kur  durch.  Der  Arzt  wird  aber 
mehr,  als  dies  bisher  geschehen  ist,  den  durch  eingewanderte  Orga- 
nismen hervorgerufenen  Störungen  Beachtung  schenken  müssen. 
Ein  jedes  Jahr  zeigt  uns  ja,  dass  die  verschiedensten  Krankheiten 
der  inneren  Organe  und  der  äusseren  Haut  mehr,  als  man  es  je 
geahnt  hätte,  durch  Mikroorganismen  oder  durch  höher  organisirte 
Lebewesen  hervorgerufen  werden.  Es  kann  nicht  blos  die  Arbeit 
einer  verhältnissmässig  geringen  Anzahl  von  Forschern  hinreichend 
sein,  um  uns  über  die  Entstehung  vieler  Krankheitsformen,  über 
den  Verlauf  derselben,  über  die  Behandlung  event.  Heilung  Auf- 
schluss zu  geben,  es  wird  auch  vom  praktischen  Arzte  verlangt1 
dass  er  mit  helfe  die  Wissenschaft  zu  fördern  und  dass  er  durch 
eine  ruhige,  objective  Darstellung  dessen,  was  er  in  seiner  Praxis 
erlebte,  mehr  und  mehr  Licht  in  jenes  noch  dunkele  Gebiet  von  der 
Entstehung  der  Krankheiten  bringe. 

Jener  alte  medicinische  Satz,  dass  es  leichter  sei,  Krankheiten 
zu  verhüten,  als  Krankheiten  zu  heilen,  gilt  im  vollen  Umfange  bei 
den  durch  die  Einwanderung  von  Parasiten  im  Körper  hervorge- 
rufenen Störungen.  Wie  manches  schwere  Gehirn-  und  Augenleiden 
wäre  verhütet  worden  und  würde  verhütet,  wenn  man  die  Anwesen- 
heit der  Taenia  solium  im  menschlichen  Körper  nicht  so  leicht 
nehmen  wollte.  Wie  viel  Fälle  von  Echinococcus -Kranken  würden 
nicht  vorhanden  sein,  wenn  der  Hausarzt  in  jenen  Familien,  wo  er 
die  Behandlung  übernimmt,  auf  die  Gefahr  hingewiesen  hätte,  welche 


118 


das  intime  Zusammenleben  von  Hund  und  Mensch  mit  sich  bringt- 
Ein  Wort  der  Ermahnung  von  Seiten  des  Arztes  wirkt  bei  dem 
Laien  bekanntennassen  hundertmal  mehr,  als  die  besten  Artikel 
aus  der  Feder  eines  bedeutenden  Forschers.  In  der  Familie,  Ge- 
meinde und  Staat  kann  durch  den  Einfluss  entschiedener  Aerzte 
viel,  viel  Unglück  verhütet  werden.  Ebensogut,  wie  von  Seiten  des 
Staats  gegen  heranrückende  Epidemien  mit  Erfolg  vorgegangen 
wird,  ebenso  könnte  auch  mit  mehr  Nachdruck  gegen  die  durch 
Parasiten  hervorgerufenen  Krankheiten  vorgegangen  werden , da- 
durch, dass  eine  zweckmässigere  Schlachtordnung  und  Fleischbe- 
schau eingeführt  würde  und  der  Viehzucht  von  Seiten  des  Staats 
mehr  Beachtung,  als  dies  bisher  geschehen,  geschenkt  würde.  Das 
Halten  aller  Luxushunde  sollte  derartig  erschwert  werden,  dass  die 
Gefahr  einer  Infection  durch  dieselben  sich  auf  ein  Minimum  ver- 
minderte. 

Es  wird  im  Grossen  und  Ganzen  von  Seiten  der  Sanitätspolizei 
nur  äusserst  wenig  gethan,  um  das  Umsichgreifen  der  durch  höhere 
Parasiten  erzeugten  Krankheiten  zu  verhindern,  meist  glaubt  die 
Polizeiverwaltung,  ein  Uebriges  gethan  zu  haben,  wenn  sie  die 
Trichinenschau  einführt  und  von  Zeit  zu  Zeit  controllirt.  Die  Fleisch- 
untersuchung wird  da  in  die  Hände  vollständiger  Laien  gegeben, 
welche  nebenbei  noch  einen  anderen  Beruf  haben,  man  verlangt 
dann  von  einem  solchen  Fleischbeschauer,  dass  er  des  Tags  bis  20, 
ja  bis  30  Schweine  untersuchen  soll.  Der  Schlächter  schickt  sein 
Fleisch  des  Nachmittags  oder  des  Abends  ein  und  möchte  am  an- 
dern Tage  die  geschlachteten  Thiere  gern  verkaufen,  der  Fleisch- 
beschauer betreibt  seinen  Beruf  daher  fabrikmässig,  um  den  an  ihn 
gestellten  Anforderungen  genügen  zu  können.  Ich  bin  selbst  Zeuge 
gewesen,  wie  die  gesammte  Familie  eines  Optikers  Abends  bei 
Lampenlicht  mit  mangelhaftem  Mikroskop  Trichinen  suchte,  ich  ver- 
suchte selbst  zu  controlliren,  vermochte  jedoch  nur  zu  constatiren, 
dass  jede  Untersuchung  geradezu  unmöglich  war.  Die  Trichinen- 
untersuchung gehört  nicht  zu  den  leichtesten  und  selbst  der  ge- 
übteste Fachmann  wird  sich  hüten,  ein  Schwein  nach  einer  solchen 
Untersuchung,  wie  sie  in  der  Regel  ausgeführt  wird,  für  trichinen- 
frei zu  erklären,  ja  er  wird' auch  nach  genauer,  stundenlanger 
Untersuchung  nicht  im  Stande  sein,  eine  durchaus  sichere  Erklä- 
rung abzugeben.  Finden  sich  nun  einmal  nach  vorhergegangener 
Untersuchung  Trichinen  in  verkauftem  Schweinefleisch  vor,  so  wird 
der  betreffende  Fleischbeschauer  meist  sehr  empfindlich  bestraft, 
trotzdem  ihm  wohl  die  geringste  Schuld  zukommt.  Der  praktische 
Arzt  kann  überall  auch  nach  dieser  Seite  hin  einen  grossen  Einfluss 
ausüben,  denn  es  fehlt  den  massgebenden  Persönlichkeiten  leider 
an  dem  nöthigen  Verständniss  für  die  Sache  und  es  wird  der  Rath 
des  Mediciners  sehr  häufig  direct  gefordert,  meist  aber  auch  ohne 
Weiteres  dankbar  angenommen.  Jene  jahrelangen  Untersuchungen 
über  die  Entwickelung  der  verschiedenen  Parasiten  der  Hausthiere 
und  des  Menschen,  werden,  trotzdem  sie  von  hochbedeutenden  Ge- 
lehrten ausgeführt  worden  sind,  nach  ihrem  praktischen  Werthe 


119 


nur  wenig  beachtet.  Als  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieses  will  ich 
nur  folgendes  Beispiel  anfühl en:  Schon  vor  längeren  Jahren  gelang 
es  dem  berühmtesten  unserer  Helminthologen,  dem  Professor 
Leuckart  in  Leipzig  den  auf  Seite  41  erwähnten  Zwischenwirth  von 
Distoma  hepaticum  zu  finden  — von  jenem  furchtbaren  Parasiten, 
welcher  die  Yieheerden  ganzer  Länderdistrikte  in  oft  kurzer  Zeit 
zum  grössten  Theil  vernichtet  und  dem  Staate  dadurch  ein  Ver- 
mögen entzieht,  welches  nach  vielen  Millionen  Thalern  zu  berechnen 
ist  — aber  bis  zum  heutigen  Tage  hat  der  Staat  sich  noch  nicht  ver- 
anlasst gefühlt,  energische  Schritte  zu  thun,  um  die  Vermehrung 
des  Leberegels  auf  ein  Minimum  zu  beschränken. 

Wenn  wir  die  in  dem  ersten  Abschnitt  kurz  behandelte  Lebens- 
geschichte der  in  dem  Menschen  schmarotzenden  niederen  Thiere 
betrachten,  so  werden  wir  auf  den  ersten  Blick  gewahren,  dass  es 
besonders  die  Hausthiere  sind,  von  denen  der  Mensch  seine  Para- 
siten bezieht,  dass  weiterhin  nicht  genügend  gereinigte  Nahrungs- 
mittel und  das  Trinkwasser  die  Stoffe  sind , durch  welche  ebenfalls 
eine  grössere  Anzahl  ähnlicher  Parasiten  dem  Organismus  zugeführt 
werden,  es  muss  daher  diesen  die  grösste  Beachtuug  sowohl  von 
Seiten  des  Arztes  als  von  Seiten  dor  Sanitätspolizei  geschenkt  werden. 
Unter  den  Hausthieren  stehen,  was  die  Gefährlichkeit  anlangt,  der 
Hund  und  das  Schwein  obenan.  Ersterer  beherbergt  eine  ganze 
Reihe  von  Parasiten,  welche  auf  den  Menschen  übergehen  können 
und  der  gefährlichste  derselben  ist  die  kleine,  leicht  zu  übersehende 
Taenia  echinococcus.  Wenn  also  in  einer  Familie  Leberleiden  auf- 
treten,  so  hat  sich  der  Arzt  davon  zu  überzeugen,  ob  eine  Infection 
mit  ebengenannter  Taenia  stattgefunden  haben  kann.  An  eine 
Therapie  ist  bei  dem  betreffenden  Patienten  nur  selten  zu  denken, 
wohl  aber  können  weitere  Infectionen  leicht  durch  Beseitigung  der 
Hunde  verhütet  werden.  Die  übrigen  Parasiten  des  Hundes  haben 
für  den  Menschen  eine  geringere  Bedeutung,  indem  sie  höchstens 
in  und  auf  dem  Körper  desselben  durch  ihre  Anwesenheit  geringere 
Beschwerden  hervorrufen  können.  Das  Schwein  beherbergt  die 
Taenia  solium  im  Finnenzustande  und  sollte  es  den  Fleischern  poli- 
zeilicherseits  direct  verboten  werden,  finniges  Schweinefleisch  zu 
verkaufen  oder  zu  frischer  Wurst  zu  verarbeiten.  Es  ist  darauf 
hinzuwirken,  dass  in  grösseren  Städten  durch  Anlage  von  Schlacht- 
häusern, in  kleineren  Städten  und  bei  Landfleischereien  durch  strenge 
polizeiliche  Controlle  eine  Uebertragung  der  Schweinefinne  im  lebenden 
Zustande  möglichst  vermieden  wird.  Finniges  Schweinefleisch  darf 
als  Fleisch  geringerer  Qualität,  wenn  es  gut  gepökelt  oder  heiss 
geräuchert  oder  ordentlich  durchgekocht  zu  Wurst  verarbeitet  wird, 
zum  Verkauf  zugelassen  werden.  Jene  Conservirung  des  Fleisches, 
wie  sie  von  vielen,  besonders  grossen  Schlächtereien  geübt  wird 
und  die  nur  in  einem  Ueberstreichen  der  Fleisch-  und  Wursttheile 
mit  Holzessig  besteht,  sollte  aufs  strengste  verboten  werden.  Es 
würde  sich  dies  wohl  durchführen  lassen,  wenn  die  Aerzte  ent- 
schiedener gegen  die  Fleischer  sowohl,  als  auch  gegen  die  laxen 
Polizeiverordnungen  aufträten.  Dies  ist  um  so  mehr  nötjrig,  als  der  Arzt 


120 


nach  geschehener  Infection  dem  Auftreten  der  Krankheitserschei- 
nungen u.  s.  w.  gegenüber  ziemlich  hilflos  dasteht. 

Als  einen  weiteren  gefährlichen  Parasiten  beherbergt  das 
Schwein  die  Trichine  und  um  deren  Ausbreitung  möglichst  zu  ver- 
hüten ist  es  nicht  allein  nötliig,  dass  die  Trichinenschau  besser 
organisirt  wird,  sondern  es  müsste  gegen  Fleischer  und  Abdeckerei- 
besitzer eine  Anzahl  von  Verordnungen  erlassen  werden,  welche  die 
Infection  der  Schlachtschweine  mit  Trichinen  möglichst  unterdrückte. 
In  Schlächtereien  und  Abdeckereien  sollte  das  Halten  von  Haus- 
schweinen vollständig  untersagt  sein,  die  Cadaver  crepirter  Schweine 
sollten  niemals  verscharrt,  sondern  durch  Ueberfülirung  an  Seifen- 
und  Leimsiedereien  vollständig  unschädlich  gemacht  werden. 

Die  Rinderfhine,  welche  im  Körper  des  Menschen  zur  Taenia 
saginata  heranwächst,  ist  im  geschlachteten  Thiere  nur  schwer  im 
Muskelfleische  zu  beobachten.  Sie  wird  glücklicherweise  auch  nicht 
so  verhängnissvoll  für  den  Menschen,  wenn  sie  in  dessen  Darm  zur 
weiteren  Entwickelung  gelangt,  sie  ist  bloss  deshalb  so  sehr  unan- 
genehm, weil  der  aus  ihr  entstehende  Bandwurm  äusserst  schwer 
zu  entfernen  ist. 

Mit  rohem  Obst,  Salat  u.  s.  w.  werden  eine  Reihe  Parasiten 
in  den  menschlichen  Körper  übergeführt,  welche  wie  der  Spulwurm 
und  der  Pfriemenschwanz  häufig  grosse  Beschwerden  im  Körper  des 
Menschen  hervorrufen  können  und  es  hat  der  Arzt  darauf  hinzu- 
wirken, dass  beim  Genüsse  der  genannten  Speisen  mit  grösserer 
Vorsicht  verfahren  wird.  Die  peinlichste  Reinlichkeit  in  Küche  und 
Keller  wird  manche  Infection  verhüten. 

Auch  dem  Trinkwasser  ist  die  nötkige  Beachtung  zu  schenken, 
da  durch  dasselbe  die  meisten  der  Protozoen,  dann  aber  auch  eine 
grosse  Anzahl  höherer  Parasiten  gelegentlich  in  den  Körper  des 
Menschen  gelangen.  Gut  filtrirtes  oder  wenigstens  ausgekochtes 
Wasser  ist  an  jenen  Orten  zu  Trinkwasser  zu  wählen,  an  welchen 
Infectionen  mit  den  im  Wasser  vorkommenden  Parasiten  häufig 
sind.  Die  am  Schlüsse  beigegebenen  Tabellen  werden  eine  schnelle 
Orientirung  über  die  hier  behandelten  Fragen  ermöglichen. 

Während  viele  der  sogenannten  Mikroorganismen  durch  die 
Strömungen  der  Luft  von  einem  Individuum  auf  das  andere  über- 
tragen werden,  hat  man  eine  solche  Uebertragung  der  höher  orga- 
nisirten  nicht  zu  befürchten. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  die  Parasiten  vom  Menschen 
direct  auch  wieder  auf  den  Menschen  übertragen  werden  können, 
wie  dies  haupsächlich  bei  dem  auf  Seite  60  besprochenen  Pfriemen- 
schwanz der  Fall  ist.  Es  hat  also  der  Arzt  in  solchen  Fällen  auch 
der  directen  Umgebung  des  Patienten,  den  Angehörigen  desselben, 
dem  Dienstpersonal  und  den  mit  ihm  in  näheren  Beziehungen 
stehenden  Personen,  seine  Beachtung  zu  schenken  und  sich  davon 
zu  überzeugen,  ob  nicht  fortwährend  neue  Infectionen  von  den  ge- 
dachten Seiten  aus  möglich  sind.  Der  Cysticercus  cellulosae  kann 
ebenfalls  durch  den  Menschen  auf  den  Menschen  übertragen  werden. 


Die  Therapie  der  durch  die  Parasiten  veraniassten 

Krankheiten. 


Um  den  Störungen,  welche  die  Parasiten  im  Organismus  des 
Menschen  hervorrufen,  event.  entgegentreten  zu  können  ist  esnöthig, 
dass  sich  der  Arzt  zunächst  von  der  Anwesenheit  der  Parasiten 
überzeugt,  es  genügt  hier  absolut  nicht  nur  etwaige  mündliche  An- 
gaben der  Patienten  zu  beachten,  sondern  es  ist  Schuldigkeit  des 
Arztes,  sich  auf  alle  Fälle  möglichst  genau  über  die.  anwesenden 
Parasiten  zu  orientiren  und  die  Patienten  zu  veranlassen,  etwaige 
abgehende  Bandwurmglieder  oder  sonst  nach  aussen  gelangende 
Parasiten  aufzuheben  und  dieselben,  Zwecks  einer  gründlichen  Unter- 
suchung, dem  behandelnden  Arzte  zu  übermitteln.  In  vielen  Fällen 
wird  es  auch  nöthig  sein,  dass  der  Arzt  das  Blut,  den  Urin  oder 
die  Fäces  der  Patienten  einer  eingehenden  mikroskopischen  Unter- 
suchung unterwirft,  denn  sehr  häutig  sind  es  nur  die  Eier  der  Para- 
siten oder  die  junge  Brut  derselben,  welche  nach  aussen  gelangen 
und  für  die  Diagnose  von  Werth  sein  können.  Bei  den  Echino- 
coccusgeschwtilsten  wird  man  eine  Punktion  mit  dem  Troikart  dann 
vornehmen,  wenn  die  Geschwulst  dicht  unter  der  Oberhaut  liegt, 
der  ausfliessende  Cysteninhalt  ist  einer  mikroskopischen  Unter- 
suchung zu  unterwerfen,  denn  nur  dann,  wenn  sich  Theile  der 
Echinococcusblase  (Membran,  Köpfchen  oder  Haken)  bestimmt  nach- 
weisen  lassen,  ist  die  Diagnose  eine  absolut  sichere.  Bei  der  Tri- 
chinose kann  man  während  der  ersten  Stadien  in  den  Fäces  und 
event.  in  dem  Erbrochenen  vereinzelte  Darmtrichinen  oder  ganz 
junge  Brut  derselben  nächweisen.  Die  Muskeltrichine  wird  man 
nur  sicher  diagnosticiren  können,  wenn  kleine  Theile  der  schmer- 
zenden Muskeln  .durch  einen  kurzen  Längsschnitt  frisch  ent- 
nommen und  mikroskopisch  untersucht  werden.  Ueber  Parasiten 
im  Auge  wird  der  Augenspiegel  meist  sichere  Auskunft  geben  und 
über  jene  Parasiten,  welche  den  Nasen-  und  Rachenraum,  den  Schlund 
und  Kehlkopf  überfallen,  kann  man  sich  durch  die  Anwendung  von 
Nasen-  und  Kehlkopfsspiegeln  Aufschluss  verschaffen.  Parasiten, 
welche  unter  der  Haut  oder  in  derselben  ihren  Wohnsitz  aufge- 
schlagen haben,  sind  vermittelst  leichter  Operationen  oder,  z.  B. 
die  Krätze,  unter  Zuhilfenahme  der  Loupe  zu  diagnosticiren.  Am 


122 


unsichersten  ist  die  Diagnose,  wenn  Krankheitserscheinungen  im 
Centralnervensystem  auftreten,  in  solchen  Fällen  muss  man  ver- 
suchen , ob  man  nicht  von  anderen  günstiger  gelegenen  Körper- 
theilen  (Augenkammer,  Oberhaut)  auf  die  Anwesenheit  bestimmter 
Parasiten  schliessen  kann. 

Bei  operativen  Eingriffen  hat  man  verschiedenes  zu  beachten; 
dass  eine  jede  Operation  möglichst  nach  allen  Regeln  der  Antisepsis 
ausgeführt  wird,  braucht  wohl  kaum  noch  erwähnt  zu  werden.  Bei 
der  Operation  hat  man  sich  nun  streng  davor  zu  hüten,  etwaige 
Theile  des  Parasiten  im  Körper  zurückzulassen.  Die  Echinococcen 
und  die  Cysticerken  müssen  unter  Umständen  auf  operativem  Wege 
entfernt  werden,  es  ist  von  dem  behandelnden  Arzte  dabei  folgende 
Regel  zu  beobachten. 

Wenn  ein  Cysticercus  in  der  Augenkammer  vorkommt,  so  ist 
es  meist  nur  vermittelst  einer  Durchschneidung  der  Cornea  oder 
der  Sclerotica  möglich,  den  Cysticercus  zu  entfernen,  man  hat  da- 
bei aber  möglichst  darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  dass  die  Schwanz- 
blase, welche  an  dem  Halstheil  des  Bandwurmkopfes  sitzt,  nicht 
verletzt  werde  und  ihren  Inhalt  in  das  Innere  des  Auges  ergiesst, 
es  wird  daher  gut  sein,  den  Cysticercus  zu  fixiren  und  den  Inhalt 
der  Blase  mit  einer  Pravatz’schen  Spritze  auszusaugen.  Ergiesst 
sich  der  Inhalt  in  das  Augeninnere,  so  werden  meist  Entzündungen 
der  inneren  Augentheile,  event.  Trübungen  und  Zerstörung  der- 
selben die  Folge  davon  sein.  Auch  bei  dem  Oeffnen  der  Echino- 
coccusblase hat  man  möglichst  vorsichtig  zu  verfahren,  denn  wenn 
sich  der  Inhalt  derselben  in  die  innere  Körperhöhle  ergiesst,  so 
werden  durch  die  weiter  geschlämmten  organischen  Theile  des 
Blaseninhalts  Entzündungen  des  Bauch-  resp.  Brustfelles  hervorge- 
rufen werden.  Gerade  durch  die  Anwesenheit  von  organischen  De- 
tritus in  den  Körperhöhlen  werden  eine  grosse  Anzahl  von  Ver- 
änderungen der  diese  Höhlen  auskleidenden  Schichten  hervorgerufen. 
Während  reine  Gold-  und  Silberplättchen,  Graphit-  und  Kohlen- 
theilchen,  Glassplitter,  unlösliche  Krystalle,  eingeriebener  Zinnober 
u.  s.  w.  in  den  meisten  Organen  des  Körpers  abgelagert  werden  können, 
ohne  dass  sie  schwerere  entzündliche  Processe  hervorbringen,  be- 
wirken eingelagerte  organische  Fremdkörper  allerhand  pathologische 
Veränderungen.  Es  bilden  sich  dort,  wo  organische  Theilchen  zur 
Ablagerung  gelangten,  sehr  leicht  Bindegewebswucherungen  und 
eiteriger  Zerfall  der  umliegenden  Gewebe,  sowie  immer  weiter  um 
sich  greifende  Entzündungen.  So  werden  sich  auch,  wenn  der  In- 
halt einer  Echinococcus -Blase  in  die  Bauchhöhle  gelangt,  meist 
die  Symptome  einer  mehr  oder  minder  hochgradigen  Peritonitis 
einstellen.  Man  tb.ut  daher  gut,  bei  der  Operation  die  Ränder  der 
Blase  mit  den  Wundrändern  verschmelzen  zu  lassen  und  dann  erst 
den  Blaseninhalt  zu  entfernen.  Eine  Operation  wird  nur  selten 
günstige  Resultate  liefern,  wenn  die  Echinococcusblase  weit  im 
Inneren  der  Bauchhöhle , im  Beckenraum  oder  nach  der  Pleurahöhle  / 
zu  liegt.  Ebenso  ist  von  einer  Operation  abzusehen,  wenn,  wie  es 
vorkommt,  eine  grössere  Anzahl  von  Echinococcusblasen  vorhanden 


123 


ist.  Da  es  an  dieser  Stelle  zu  weit  führen  würde,  näher  auf  den 
Gang  der  verschiedenen  Operationen  einzugehen,  so  muss  auf  die 
wohl  jedem  Arzte  zugängliche  Litteratur  über  die  Operationen  und 
auf  die  Darstellungen  in  Küchenmeisters  und  Leückarts  Parasiten- 
werken hingewiesen  werden. 

Jene  Parasiten,  welche  in  dem  Darmkanal  des  Menschen  Vor- 
kommen, sind  unter  allen  Umständen  möglichst  schnell  und  mög- 
lichst gründlich  zu  entfernen.  Ueber  die  specifische  Therapie  ist  in 
den  folgenden  Tabellen  nachzusehen. 

Es  ist  hier  zu  bemerken,  dass  nicht  alle  Individuen  in  gleicher 
Weise  geneigt  sind,  Parasiten  längere  Zeit  zu  beherbergen,  denn 
es  müssen  ja  auch  die  Theile  eines  Parasiten,  welche  in  den  Magen 
des  Menschen  gelangen,  meist  erst  gewisse  Umformungen  erfahren, 
ehe  aus  ihnen  Individuen  hervorgehen,  welche  sich  in  dem  Darm- 
kauale  festsetzen  können,  so  müssen  z.  B.  die  Kapseln  der  Cestoden- 
linnen  erst  vollständig  gelöst  werden  und  längere  Zeit  im  Darm 
verharren,  ehe  sich  die  Köpfchen  anheften  können.  Von  3 Indivi- 
duen, welche  mit  demselben  finnigen  Rindfleische  inficirt  waren,  be- 
kam nur  eins  einen  Bandwurm,  während  in  den  beiden  anderen  die 
Finnen  nicht  zur  Ausbildung  gelangten,  bei  den  beiden  letzteren 
waren  niemals  Verdauungsstörungen  eingetreten,  besonders  ging  die 
Entleerung  der  Fäces  mit  Regelmässigkeit  vor  sich,  während  das 
erste  Individuum  an  Verstopfung  litt.  Gleiche  Resultate  habe  ich 
auch  bei  Uebertragung  von  reifen  Oxyurisweibchen  resp.  Eiern  er- 
langt; bei  einzelnen  Individuen  ist  es  gar  schwierig,  die  Entwickelung 
grösserer  Mengen  von  Oxyuris  im  Darm  zu  veranlassen. 

Es  wäre  von  grosser  Wichtigkeit,  wenn  die  praktischen  Aerzte 
selbst  ein  statistisches  Material  sammeln  wollten,  aus  welchem  man 
event.  ersehen  könnte,  wie  sich  die  mit  einer  grösseren  Anzahl 
von  Parasiten  behafteten  Menschen  bezüglich  ihres  Allgemeinbe- 
findens, Verdauung  u.  s.  w.  vor  und  nach  der  Infection  verhalten 
hätten. 


' - 

. 

. 

■ 


• , 


Tabellen 


enthaltend 

Hauptkeiiiizeiclien  der  wichtigsten  Parasiten  des  Menschen. 

Torkommen  und  geographische  Verbreitung  derselben. 
Zusammenstellung  der  Krankheiten,  erzeugt  durch  Parasiten. 
Therapie  der  durch  Parasiten  erzeugten  Krankheiten. 


X 


■ 


' 

. 


I. 

Die  Krankheiten 

welche  durch  die  Protozoen  erzeugt  werden. 


Vermuthet  man  bei  einer  Krankheit  Protozoen  in  den  Organen 
des  Körpers,  so  kann  man  nur  vermittelst  eines  guten  Mikroskopes 
eine  vollständig  genaue  Diagnose  stellen. 

Therapie:  Die  Krankheitsbilder,  welche  durch  die  Anwesenheit 
von  Protozoen  im  Körper  erzeugt  werden,  sind  noch  keineswegs 
genau  bekannt,  ebensowenig  wie  es  feststehend  ist,  dass  die  Arten 
welche  man  bei  den  Protozoen  gemacht  hat,  als  solche  anzuerkennen 
sind.  Bis  jetzt  kennen  wir  Protozoen  nur  aus  dem  Darmkanal  des 
Menschen,  aus  der  Harnblase,  der  Vagina  und  aus  einigen  inneren 
Organen;  sehr  wahrscheinlich  wird  sich  aber  über  kurz  oder  lang 
einmal  heraussteilen,  dass  die  gesammte  Körpermusculatur  unter 
Umständen  von  Protozoen  bewohnt  sein  kann,  wie  wir  es  in  ähn- 
licher Weise  von  höheren  Säugethieren  kennen. 

Solange  nun  noch  nicht  das  Vorkommen  und  die  pathologische 
Bedeutung  der  Protozoen  genau  bekannt  ist,  solange  kann  auch 
von  keiner  rationellen  Therapie  die  Rede  sein;  sollten  sich  Proto- 
zoen im  Enddarm  finden,  so  werden  jedenfalls  Klystiere,  denen  man 
antiseptische  Mittel  beifügt,  wirksam  sein.  Die  Anwendung  der 
freien  Carbol-  und  Salicylsäure  in  solchen  Klystieren  ist  möglichst 
zu  meiden;  ich  habe  gefunden,  dass  das  neutrale  Ammoniumsalz 
der  Carbolsäure  in  2procentiger  Lösung  alle  Protozoen  zerstört  und 
ausserdem,  auf  die  Schleimhäute  des  Körpers  gebracht,  keine  nach- 
theilige Einwirkung  erkennen  lässt.  Gegen  die  Protozoen  der  Vagina 
ist  es  direct  und  mit  Erfolg  anzuwenden  und  möchte  ich  als  In- 
jectionsflüssigkeit  in  dieselbe  folgende  Zusammensetzung  vorschlagen: 


Ep.  Acid.  carbolici 

Acid.  muriat.  aa  10,00 

Add.  Liqu.  ammon. 
ad  neutralis. 

Natr.  chlor.  10,00 


Ds.  Wässerige  Lösung  3mal  täg- 
lich in  die  Vagina  einzuspritzen. 
In  den  Darm  als  schleimiges  Kly- 
stier. 


Aqu.  dest.  1000—2000,00 

An  Stelle  des  Wassers  können  Gersten-  und  Haferschleim,  Kamillenthee  u.  a. 
genommen  werden. 


Da  wir  auch  noch  nicht  wissen  * auf  welche  Weise  die  Infu- 
sorien in  den  menschlichen  Körper  gelangen,  so  lässt  sich  über  die 


Ia 


Prophylaxis  nicht  viel  sagen.  — Da  es  mir  bei  Kaninchen  und 
Mäusen  gelungen  ist,  Amöbeninfectionen  im  Darm  dadurch  hervor- 
zurufen, dass  ich  dem  Trinkwasser  die  in  unseren  Teichen  allge- 
mein vorkommenden  Dauercysten  der  Amöbe  beigab,  so  vermuthe 
ich,  dass  auch  bei  Menschen  Amöbensporen  mit  dem  Trinkwasser 
aufgenommen  werden  und  im  Darm  zur  Weiterentwickelung  ge- 
langen. Als  innerliches  Mittel  gegen  die"  Protozoen  hat  man  grosse 
Chinindosen  und  Chininklystiere  angeordnet;  jedenfalls  hat  man  bei 
der  Verordnung  von  chininhaltigen  Arzeneien  vorsichtig  zu  sein, 
weil  bei  den  herrschenden  Magen-  une  Darmkatarrhen  Chinin  noch 
weniger  gut  als  sonst  vertragen  wird.  N eben  Chinin  hat  man  Gerb- 
säure und  Salzsäure  in  Klystieren  angewendet. 


II. 

Taenia  solium. 

Taenia  saginata. 

Taenia 

echinococcus. 

Taenia  cucumerina. 

Bothriocephalus 

latus. 

üothriooeph.  cor- 
datus  u.  cristatus. 

Kopf. 

Mit  4 Saugnäpfen  u.  dop- 

peltemHakenkranz,  Durch- 
messer 1,3  mm. 

Mit  4 Saugnäpfen,  ohne 
Hakenkranz,  Durchmesser 
2,0  mm 

Mit  4 Saugnäpfen  u.  dop- 
peltem Hakenkranz, Durch- 
messer 0;3  mm. 

Mit  4 Saugnäpfen,  Haken- 
kranz auf  einziehbarem  Ro- 
steilum, Durchmesser 
1,0  mm. 

Mit  2 längsverlaufenden 
Saugnäpfen 
2—2,5  mm  lang. 

1,0  „ breit. 

herzförmig,  2 mm  breit. 

— 

— 

Anzahl. 

o 

© 

05 

1 

o 

o 

co 

ca.  1200. 

3-4. 

bis  120. 

3000-4200. 

400—600. 

u 

© 

Grösse. 

Die  Bandwurmkette  bis 
3,5  m. 

reif.  Glied  10-12  mm  lang. 

5—6  „ breit. 

Die  Gliederkette  wird  bis 
8 m lang. 

reif.  Glied  16— 20  mm  lang. 

6—7  „ breit. 

Die  Gliederkette  wird  bis 
4 mm  lang, 

reifes  Glied  2 mm  lang. 

72  „ breit. 

Länge  der  Gliederkette  bis 
250  mm 

reifesGlied8— 10mm  lang, 
ca.  2 „ breit. 

Länge  der  Kolonie  bis  9 m. 
reif.Glied  2,5 —3,5  mm  lang. 
10,0-15,0  „ breit. 

3—4  mm  lang. 
7—8  „ breit. 

© • 

Geschlechts- 

Öffnungen. 

An  den  Seiten  der  einzelnen  Glieder,  häufig  alter- 
nirend  gelegen. 

An  den  Seiten  der  Glieder. 

Auf  beiden  Seiten  jedes 
Gliedes. 

InderMitte  derGliedfläche 
und  am  oberen  Rande  des 
Gliedes. 

wie  bei  B.  latus. 

55 

Uterusform  der 
reifen  Glieder. 

Längsstamm  mit  7 — 10 
Paar  Seitenästen. 

Längsstamm  mit  ca.  20 
Paar  Seitenästen. 

Nicht  deutlich,  zieht  röh- 
renförmig durch  das  Glied, 
Seitenäste  kurz. 

An  beiden  Seiten  d.  Glie- 
des, wenig  verzweigt,  in 
Form  kleiner  Säckchen  ent- 
wickelt. 

Rosettenförmig  in  d.  Mitte 
des  Gliedes  liegend. 

Ebenfalls  rosettenförmig, 
länger  und  schmäler  als 
bei  B.  latus. 

Eier. 

Innere  Eischale  rund, 
Durchmesser  0,036  mm. 
Embryonen  0,02  mm. 

Oval,  von  derselben  Grösse 
wie  die  der  Taenia  solium. 

Rund,  Durchm.  0,065  mm. 

Rund,  Durchmesser 
0,05  mm. 

Oval,  mit  Deckelchen 
0,07  mm  lang. 

0,04  „ breit. 

0,075  mm  lang. 
0,05  „ breit . 

ffirtli 

[ d.  ausgebildeten 
| Bandwurms. 

Mensch. 

Mensch. 

Hund. 

Mensch,  Hund,  Katze. 

Mensch,  Hund,  Katze. 

Hund,  Walross,  Seehund, 
selten  Mensch. 

TYirtli 

| der  Finne  resp. 

1 Jagendzustände. 

Mensch,  Schwein,  selten 
bei  anderen  Hausthipren. 

Das  Rindvieh  und  andere 
Wiederkäuer. 

Mensch  und  verschiedene 
Haussäugethiere. 

Hundelaus. 

Hecht,  Quappe  und  viel- 
leicht andere  Fische. 

Wahrscheinlich  Fische. 

Finne. 

ln  eine  grössere  Schwanz- 
blase eingeschlossen,  vond. 
Grösse  einer  Erbse  bis  zu  der 
einer  Bohne,  selten  darü- 
ber. Als  Cysticercus  cellu- 
losae bekannt. 

Aehnlich  gebaut,  wie  die 
der  Taenia  solium. 

Köpfchen  entwickeln  sich 
innerhalb  grosser  Blasen, 
einzelnes  Köpfchen  0,3  mm 
lang. 

Ohne  Schwanzblase, 0,3  mm 
gross,  Kopf  eingezogen, 
sogen.  Plerocercoia  s.  Cy- 
sticercoid. 

Ohne  Schwanzblase, 
sog.  Plerocercoid. 

Aehnlich  der  von  B.  latus. 

Geographische  Yer- 
breitnng. 

Ueberall,  wo  das  Schwein 
Hausthier  ist. 

In  allen  Ländern,  wo  Rind- 
viehzucht betrieben  wird. 

Sehr  häufig  in  Island,  häu- 
fig : mittleren  Europa,  Al- 
gier, Egypten,  Indien,  Au- 
stralien. 

Bei  Menschen,  soweit  be- 
kannt, nur  in  Europa  ge- 
funden. 

Schweiz,  Südfrankreich, 
Nordrussland , Ostseelän- 
der, Polen,  Holland,  Bel- 
gien, sporadisch  in  Mittel- 
Deutschland. 

Grönland  und  Island. 

Krankheits- 

Erscheinungen. 


Die  Erscheinungen,  welche  die  ausgebildeten  Bandwürmer  im  Körper  des  Menschen  hervorrufen,  sind  im  Grossen  und  Ganzen  bei  den  verschie- 
denen Arten  dieselben.  Kräftige  Personen  werden  durch  einen  oder  mehrere  Bandwürmer  nicht  belästigt,  während  bei  Kindern  und  bei  nervösen  und  schwachen 
Personen  die  allerverschiedensten  Krankheitssymptome  auftreten  können.  Die  Wirkungen,  welche  die  Taenia  saginata  ausübt,  sind  im  Ganzen  und  Grossen 
heftiger,  als  die  der  übrigen  Bandwürmer.  Die  einfachsten  Symptome,  welche  auftreten,  sind  Yerdauungsbesch werden  der  allerverschiedensten  Art.  Uebelkeit, 
Erscheinungen  eines  leichten  Magen-  und  Darmkatarrh’s,  Kolik,  oft  lang  andauernder  Brechreiz,  ohne  dass  es  zum  Brechen  selbst  kommt,  Fehlen  des  Appetits  oder 
Heisshunger;  weiterhin  können,  besonders  bei  Nervenleidenden,  Ohnmacht  und  Schwindelanfälle,  Sinnesstörungen  und  leichte  Krämpfe  auftreten;  dazu  kommt 
dann  Herzklopfen,  Hysterie,  Schwermuth,  Dispnoe,  ja  unter  Umstänen  vorübergehende  Gehirnstörungen  und  leichte  epileptische  Zufälle.  Häufig  ist  auch  die 
Einbildung  mit  im  Spiele ; Kranke,  welche  früher  einmal  am  Bandwurm  gelitten  haben,  bilden  sich  lange  Zeit  hindurch  ein  einen  solchen  zu  besitzen ; man  hat 
dieses  als  Hypochondria  taeniosa  bezeichnet. — Wir  sehen,  dass  es  nicht  leicht  ist,  eine  scharfe  Diagnose  zu  stellen;  der  Arzt  kann  nur  nach  einer  Untersuchung 
abgegangener  Glieder,  sowie  durch  Untersuchung  der  Faeces  auf  Eier  sicher  Taenien  diagnosticiren.  Die  Prognose  ist  bei  alleiniger  Anwesenheit  von  nur  ausge- 
bildeten Bandwürmern  im  Grossen  und  Ganzen  günstig,  weil  mit  der  Entfernung  des  Bandwurms  auch  die  Beschwerden  aufhören. 

Die  Erscheinungen,  welche  die  Jugendzustände  der  Bandwürmer  im  menschlichen  Körper  hervorrufen,  sind  meist  anderer,  weit  schwererer  Art, 
dadurch  bedingt,  dass  der  Embryo  innerhalb  der  verschiedenen  Organe  zu  einer  grösseren  Blase  heranwächst,  welche  durch  den  Druck,  welchen  sie  auf  das  neben- 
liegende Gewebe  ausübt,  in  verschiedenen  Organen  verschieden  heftige  Störungen  hervorruft.  Gefährlich  ist  die  Finne  der  Taenia  soliura,  der  sogenannte  Cysti- 
cercus cellulosae  und  der  Jugendzustand  der  Taenia  echinococcus,  die  oft  bedeutende  Echinococcen-Blase.  Hauptsächlich  sind  es  Gehirn-  und  Rückenmarks*,  sowie 
Leberleiden,  welche  dabei  in  Frage  kommen.  Die  Gehirnerscheinungen  compliciren  sich  von  den  einfachsten  bis  zu  den  schwierigsten,  einerlei,  ob  Cysticercen  oder 
Echinococcen  die  Ursache  sind.  In  den  Organen  der  Brust  und  Bauchhöhle  ruft  hauptsächlich  der  Echinococcus  verschiedene  Störungen  hervor.  (Vergl.  S.  28  u.45). 


Therapie. 


Ausgebildete 

Taenien  und  Bothrioceplialen. 


Cysticercus  cellulosae. 


Taenia  echinococcus. 


Gegen  die  ausgebildeten  Bandwürmer  sind  im  Grossen 
und  Ganzen  überall  die  gleichen  Mittel  anzuwenden;  zu- 
nächst hat  man  dafür  zu  sorgen,  dass  der  Bandwurm  ge- 
schwächt werde,  was  durch  leichte  Abführmittel,  sowie 
durch  den  Genuss  von  Häring,  Sauerkraut  etc.  bewirkt  wird. 
Ebenso  wird  der  Bandwurm  durch  den  Genuss  von  Obst, 
dessen  Früchte  klein  und  hartschaalig  sind  (Rosinen,  Wein- 
beeren, Stachel-,  Johannis-  und  Preiselsbeeren  u.  s.  w.)  oft 
sehr  geschwächt,  weil  die  harten  Körner  dieser  Früchte 
den  Bandwurm  fortwährend  reizen  und  ev.  verwunden.  Es 
kann  niemals  genügen,  den  Bandwurm  nur  stückweise  ab- 
getrieben zu  haben,  sondern  es  muss  dem  Arzt  stets  darauf 
ankommen,  auch  den  Hals-  und  Kopftheil  zu  entfernen. 
Alle  die  angewandten  Wurmmittel  sind  überflüssig  und 
unter  Umständen  schädlich,  bis  auf  zwei,  hier  angeführte. 

Granatwurzel.  Ein  sicher  wirkendes  Mittel  ist  eine 
Abkochung  der  Granatwurzel,  vorausgesetzt,  dass  dieselbe 
frisch  ist,  alt  taugt  sie  gar  nichts.  Die  Dosis  ist  je  nach 
Alter  und  Constitution  des  Patienten  zu  bemessen 

Wurmfarru  Wurzel,  Das  zweite,  sicher  wirkende  Mittel 
besitzen  wir  in  dem  Extracte  aus  dieser  Wurzel,  welche  je- 
doch echt  sein  muss  und  nicht,  wie  es  so  häufig  vorkommt, 
mit  den  W urzeln  anderer  Farrne  verwechselt  werden  darf. 

Neben  diesen  beiden  Mitteln  werden  noch  Cousso,  Ca- 
mala,  Terpentinöl  viel  verordnet;  Cousso  wirkt  nicht  sicher 
genug,  zerstückelt  aber  den  Wurm  sehr  und  erschwert  so 
die  Auffindung  des  Kopftheiles.  Camala  reizt  die  Darm- 
wandung, wirkt  ebenfalls  nicht  sicher.  Terpentinöl  ruft 
besonders  in  den  Excretions- Organen  Störungen  hervor, 
wenn  es  in  grossen  Dosen  angewandt  wird. 

Rp.  nach  Küchenmeister. 

Extr.  rad.  Granati  quantum  adeptum  est  ex  rad.  120,00. 

Aqua  dest.  ferv.  180,00. 

Extr.  filicis  maris  aeth.  2,00. 

Gummi  resinae  Gutti  0,2. 

M.  S.  Nach  der  Yorkur  früh  nüchtern  1 Tasse,  nach 
3/4  Stunde  die  zweite  und  event.  nach  weiteren  2 Stunden 
den  Rest.  Wenn  nach  3 Stunden  kein  Erfolg  erzielt  ist, 
lasse  man  01.  Ricini  nachnehmen. 

Wirkt  bei  Anwendung  frischer  Präparate  sehr  sicher! 

Rp.  nach  Stein. 

Extr.  filicis  maris  aeth.  7,5—10,00. 

Div.  in  part.  aequal.  No.  15 — 20. 

Det.  ad  caps.  gelatinös,  elast. 

S.  Innerhalb  */!  Stunde  zu  nehmen.  Event,  mit  Kaffee. 

Kinder  4—6  gr.  Extr.  f.  m.  aeth. 

Soll  sehr  sicher  wirken. 


Beim  Cysticercus  kann  es  nur  in  sehr 
wenigen  Fällen  angezeigt  sein,  durch  directe 
Einwirkung  die  Finne  aus  dem  Körper  des 
Menschen  zu  entfernen ; in  den  Muskeln , in 
der  äusseren  Haut,  so  wie  in  den  meisten  in- 
neren Organen  wird  man  den  Cysticercus  ruhig 
liegen  lassen;  in  den  grösseren  Gefässen,  im 
Herzen,  im  Gehirn  und  Rückenmark  kann  man 
operativ  absolut  nicht  eingreifen.  Die  einzige 
Therapie,  welche  wir  anwenden  können,  be- 
schränkt sich  auf  die  Cysticercen  des  Auges, 
welche  besonders  dann  unter  günstiger  Prog- 
nose zu  entfernen  sind,  wenn  dieselben  in  oder 
an  den  äusseren  Theilen  des  Bulbus,  in  der 
vorderen  Partie  der  Orbita  gelegen  sind.  Sehr 
schwer  oder  unter  Umständen  gar  nicht  wird 
man  die  Cysticercen  von  der  Hinterwand  des 
Augenbulbus  entfernen  können.  In  der  vor- 
deren Augenkammer,  in  der  hinteren  Augen- 
kammer und  im  Glaskörper  sind  die  Cysticercen 
ebenfalls  von  aussen  her  durch  einen  Sklero- 
ticalschnitt  zu  erreichen  und  unter  Umständen 
vollständig  zu  entfernen,  wobei  jedoch  das  auf 
Seite  122  Gesagte  sehr  zu  beachten  ist.  Liegt 
der  Cysticercus  in  der  Netzhaut,  so  kann  man 
die  Schwanzblase  von  aussen  her  anstechen, 
ihren  Inhalt  entleeren  und  so  wenigstens  den 
Druck  mildern , welchen  die  wachsende  Blase 
auf  die  umliegenden  Theile  ausüben  würde. 
Einen  vollständigen  Erfolg,  d.  h.  eine  Wieder- 
erlangung der  Sehkraft  kann  man  nicht  erwar- 
ten. Liegt  der  Cysticercus  noch  hinter  der  Netz- 
haut , so  kann  man  ihn  auch  höchstens  nur 
anstechen  und  so  die  wachsenden  Beschwerden 
zum  Stillstand  bringen. 

Durch  Medikamente  lässt  sich  niemals  auf 
den  Cysticercus  einwirken. 

Es  sei  hier  nochmals  wiederholt,  dass  es 
durchaus  nothwendig  ist,  die  Taenia  solium 
aus  dem  Darm  so  schnell  als  möglich  zu  ent- 
fernen, um  den  Cysticercen- Infectionen  mög- 
lichst vorzubeugen.  Da  man  bei  Schwangeren 
viele  Erkrankungen  an  Cysticercen  fand,  so 
hat  man  bei  denselben  etwa  vorhandene  Tae- 
nien ohne  Rücksicht  auf  den  Zustand  der  Be- 
treffenden abzutreiben. 


Die  Echinococcen  sind  unter  Umständen  gar  nicht 
zu  entfernen,  und  uur  in  den  Fällen,  wo  dieselben 
unter  der  Bauchdecke  liegen,  kann  man  daran  denken, 
eine  einigermassen  erfolgreiche  Operation  vornehmen 
zu  wollen.  Es  stellt  sich  im  letzteren  Falle  die 
Prognose  aber  auch  nicht  gerade  sehr  günstig,  denn 
man  wird  nur  70  Procent  Heilungen  erzielen,  im 
Uebrigen  aber  erfolglos  operiren  oder  den  schnellen 
Tod  des  betreffenden  Patienten  zu  erwarten  haben. 
Vielleicht  gelingt  es  uns  mit  der  Zeit  noch,  die 
Echinococcen  in  den  verschiedenen  Organen  der  Bauch- 
höhle mit  günstigerem  Erfolg  als  bisher  durch  Ope- 
ration entfernen  zu  können,  besonders  wenn  man 
daran  denken  kann,  die  Bauchhöhle  ohne  grosse  Ge- 
fahr zu  öffnen  und  den  Echinococcus  unter  strenger 
Antisepsis  vollständig  aus  dem  von  ihm  befallenen 
Organ  auszuschälen.  Liegt  der  Echinococcus  der 
Bauchwand  an,  so  hat  es  sich  als  am  meisten  zu- 
verlässig erwiesen,  denselben  vor  der  Operation  mit 
der  Bauch  wand  zur  Verschmelzung  zu  bringen,  was 
nach  Simon  am  besten  durch  Einführung  von  2 oder 
mehreren  Troikarts  in  einem  Abstande  von  3 — 6 cm 
durch  die  Bauchdecke  in  den  Ecbinococcensack  ge- 
schieht. Ein  Theil  der  Echinococcen-FJüssigkeit  wird 
ablaufen  gelassen,  und  je  nach  der  Heftigkeit  des 
eintretenden  Fiebers  und  der  stattfindenden  Entzün- 
dung nach  3—7  Tagen  die  Incision  vorgenommen. 
Die  Canülen  bleiben  selbstredend  während  der  Zeit 
liegen.  Man  muss  versuchen,  vermittelst  der  Haken- 
oder der  Schieberpincette  die  Tochterblasen,  sowie 
die  Wandung  der  Mutterblase  vollständig  zu  entfer- 
nen, dabei  sich  aber  vor  unnöthigen  Verletzungen 
und  Reizungen  der  nebenliegenden  Gewebe  hüten. 

Die  Wunden  werden  später  mit  Karbol-  oder 
Salicylwasser  häufig  gereinigt,  es  bleibt  eine  Fistel 
und  nach  1—6  Monaten  kann  Heilung  erfolgen.  Die 
Oberflächen  der  sich  bildenden  Granulationen  sind 
nach  Möglichkeit  nicht  zu  verletzen. 

In  vielen  Fällen  hat  man  vermittelst  des  elec- 
trischen  Stromes,  den  man  vermittelst  eingestochener 
Goldnadeln  durch  die  Oeffnung  der  Echinococcenblase 
leitete,  das  Absterben  des  Echinococcus  und  Schwund 
der  Blase  bemerkt. 

Einfache  Punktion  und  möglichste  Entfernung 
des  Cysten- Inhalts  durch  den  Troikart  hat  häufig 
Heilung  veranlasst,  führt  aber  auch  häufig  sehr  hef- 
tige Peritonitis  oder  Tod  herbei.  Um  den  Echino- 
coccus zum  Absterben  zu  bringen,  hat  man  Injectionen 
von  Jodlösnng  in  die  Echinococcenblase  empfohlen, 
der  Erfolg  ist  jedoch  zweifelhaft. 


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V. 

Krankheiten, 

welche  durch  Arthropoden  hervorgerufen  werden. 


Da  die  Arthropoden  meist  auf  dem  Körper  des  Menschen 
schmarotzen,  so  sind  die  pathologischen  Veränderungen,  welche  sie 
hervorrufen  ziemlich  gleichartig  und  können  im  Zusammenhänge 
hier  betrachtet  werden.  Ebenso  sind  auch  die  Störungen,  welche  die 
Fliegenmaden  im  Inneren  des  Körpers  veranlassen,  im  Zusammen- 
hang zu  betrachten. 

Die  Veränderungen,  welche  durch  die  Arthropoden  auf  dem  Körper  er- 
zeugt werden. 

Die  Milben  bohren  sich  entweder,  wie  die  Krätzmilbe,  in  die 
Haut  ein,  oder  sie  saugen  äusserlich  durch  die  Haut  das  Blut  des 
Menschen;  in  allen  Fällen  aber  erzeugen  sie  einen  mehr  oder  minder 
heftigen  Hautausschlag,  welcher  entweder  durch  das  Auftreten  kleiner 
Pusteln  und  Quaddeln  oder  durch  die  Bildung  von  Schorfen  in  ver- 
schiedener Ausdehnung  gekennzeichnet  ist. 

Die  Läuse  und  Wanzen  saugen  auf  verschiedenen  Körper- 
stellen und  erzeugen  dadurch  kleine  oder  grössere  Pusteln  oder 
Quaddelu. 

Die  Flöhe  rufen  durch  ihren  Biss  unbedeutende,  locale  Ent- 
zündungen hervor,  das  Sandfloh  Weibchen  wird  insofern  unange- 
nehmer, als  es  sich  ganz  in  die  Haut  einbohrt. 

Die  Bies fliegen  sollen  unter  die  Haut  des  Menschen  ihre 
Eier  ahlegen  und  dadurch  Hautgeschwülste  und  Geschwüre  erzeugen. 

Die  Stechfliegen  und  Mücken  rufen  locale,  leichte  Ent- 
zündungen und  Quaddeln  an  den  Bissstellen  hervor. 

Die  in  dem  Menschen  lebenden  Fliegenmaden. 

Die  wurmähnlich  geringelten  Maden  der  im  Text  nachzusehenden 
Fliegenarten  erzeugen  je  nach  der  Anzahl,  in  der  sie  vorhanden 
sind,  mehr  oder  minder  hochgradige  Magen-  oder  Darmkatarrhe; 
sitzen  sie  in  eiternden  Wunden  der  Nasenhöhle  oder  des  Gehör- 
ganges, so  können  sie  hier  durch  den  fortwährenden  Reiz  den  sie 
ausiiben,  schwerere  Störungen,  Geschwürsbildungen  u.  s.  w.  hervorrufen. 


Die  Therapie  ist  meist  eine  sehr  einfache.  Bei  Krätze  genügt 
grosse  Reinlichkeit,  Anwendung  von  ätherischen  Oelen,  Benzin, 
Kreosot,  Carbolsäure,  Perubalsam,  Styrax,  arsenige  Säure ; vor  allem 
ist  aber  Perubalsam  und  arsenige  Säure  zu  empfehlen. 


Gegen  den  Stich  der  Mücken  und  Fliegen  ist  mit  Vortheil 
Ammoniaklösung  auzuwenden.  Festsitzende  Zecken  und  Holzböcke 
entfernt  man  am  leichtesten  durch  Betupfen  der  Insecten  mit 
reinem  Oel. 

Etwa  entstandene  Hautgeschwüre  sind  ordentlich  rein  zu  halten 
und  antiseptisch  zu  behandeln. 

Gegen  Läuse  ist  vor  allen  Dingen  peinliche  Reinlichkeit,  Ein- 
reibungen mit  grauer  Salbe  und  Anwendung  ätherischer  Oele  zu 
empfehlen;  besonders  ist  das  Rainfarrnöl,  Oleum  tanaceti  allen  Ar- 
thropoden äusserst  widerwärtig  und  schnell  tödtend  wirkend.  Alle 
ein  geriebenen  Mittel  sind  längere  Zeit  hindurch 
auf  dem  Körper  liegen  zu  lassen  und  besonders  gilt 
dies  von  den  Schmiermitteln  bei  den  Kr  ätzkuren. 

Therapie  der  durch  Fliegenlarven  erzeugten  Störungen. 

Sind  die  Larven  in  dem  Magen  und  Darmkanal,  so  können  sie 
unter  Umständen  durch  Brech-  und  Abführmittel  leicht  entfernt 
werden;  liegen  die  Maden  in  äusseren  Hautwunden  oder  in  den  so- 
genannten Dasselbeulen,  so  ist  sehr  häufig  eine  Erweiterung  der 
Wundöffnung  geboten,  die  Larven  sind  dann  mit  der  Pincette  zu  ent- 
fernen und  die  Wunden  rein  zu  halten.  Aus  der  Nase  bekommt 
man  die  Larven  entweder  direct  durch  Extraction  vermittelst  Pin- 
cette oder  man  veranlasst  sie  durch  Einblasen  von  Kalomel,  dem 
etwas  Kreide  beigemischt  ist,  zur  event.  Auswanderung.  Jedoch  hat 
man  darauf  zu  achten,  dass  sie  nicht  etwa  durch  die  Choanen  hin- 
durch in  den  Kehlkopf  hineingelangen.  Aus  den  Ohren  hat  man 
die  Fliegenmaden  häufig  dadurch  entfernt,  dass  man  während  der 
Nacht  dem  kranken  Ohre  ein  zusammenhängendes  Stück  faulen 
Käses,  in  weitmaschiger  Gaze  eingeschlagen,  aufband.  Die  Maden 
gehen  auf  den  Käse  über.  Sonst  Ausspritzen  des  Gehörganges. 


Rp.  Acid.  arsenic.  0,05 

Kali  carbonic.  1,00 

Aqu.  dest.  1000,00 

Glycerini  30,00 


1000,00 

30,00 


0,05 

1,00 


2 Mal  täglich  einzureiben.  Vorsicht! 


Verzeichniss  der  Synonymen. 


Reihenfolge  der  in  diesem  Werkchen 

1.  Taenia  solium. 

2.  Cysticercus  cellulosae. 

8.  Taenia  saginata. 

4.  Bothriocephalus  latus. 

5.  Taenia  cucumerina. 

6.  Taenia  madagascariensis. 

7.  Taenia  flavopunctata. 

8.  Taenia  nana. 

9.  Taenia  lophosoma  und  Taenia  te- 

nella. 

10.  Bothriocephalus  cordatus  und  Bothr. 

cristatus. 

11.  Taenia  echinococcus. 

12.  Taenia  coenurus. 

13.  Cysticercus  acanthotrias. 

14.  Monostoma  lentis. 

15.  Distoma  hepaticum. 

16.  Distoma  lanceolatum. 

17.  Distoma  oculi  humani. 

18.  Distoma  crassum. 

19.  Distoma  sinense. 

20.  Distoma  conjunctum. 

21.  Distoma  heterophyes. 

22.  Distoma  haematobium. 

23.  Amphistoma  hominis. 

24.  Ascaris  lumbricoides. 

25.  Ascaris  mystax. 

26.  Oxyuris  vermicularis. 

27.  Eustrongylus  gigas. 

28.  Strongylus. 

29.  Strongylus  duodenalis. 

30.  Trichocephalus  dispar. 

31.  Trichina  spiralis. 

32.  Filaria  medinensis. 

33.  Filaria  loa. 

34.  Filaria  lentis. 

35.  Filaria  labialis. 

36.  Filaria  hominis  oris. 

37.  Filaria  bronchialis. 

38.  Filaria  trachealis. 

39.  Filaria  sanguinis. 

40.  Anguillula  intestinalis. 

41.  Echinorhynchus  gigas. 

42.  Haementaria  mexicana. 

43.  Hirudo  medicinalis. 

44.  Hirudo  Ceylonica. 

45.  Hirudo  vorax. 


aufgenommenen  Parasiten  des  Menschen. 

46.  Pentastoma  taenioides,  P.  denti- 

culat.,  P.  constrictum. 

47.  Acarus  folliculorum. 

48.  Sarcoptes  scabiei  communis. 

49.  Sarcoptes  squamifera. 

50.  Sarcoptes  minor. 

51.  Dermanyssus  avium. 

52.  Ixodes  ricinus. 

53.  Ixodes  americanus. 

54.  Argas  reflexus  columbarum. 

55.  Argas  Persicus. 

56.  Trombidium  (Leptus)  autumnalis. 

57.  Chrithoptes  monunguiculosus. 

58.  Cheyletus  de  Mericourt. 

59.  Pediculus  capitis. 

60.  Pediculus  vestimenti. 

61.  Phtirius  inguinalis  s.  pubis. 

62.  Trichodectes  canis. 

63.  Cimex  lectularius. 

64.  Musca  domestica. 

65.  Musca  vomitoria. 

66.  Musca  caesar. 

67.  Musca  cadaverina. 

68.  Sarcophaga  carnaria. 

69.  Musca  anthropophaga. 

70.  Anthomyia. 

71.  Dermatobia  noxialis  s.  hominis. 

72.  Pulex  irritans. 

73.  Sarcopsylla  penetrans. 

74.  Melophagus  ovinus. 

75.  Hippobosca  equina. 

76.  Lipoptena  cervi. 

77.  Ornithobia  pallida. 

78.  Ornithomyia  avicularia. 

79.  Stomoxys  calcitrans. 

80.  Anthomyia  meteorica. 

81.  Asilus  crabroniformis. 

82.  Chrysops  coecutiens. 

83.  Haematopoda  pluvialis. 

84.  Simulia  pertinax. 

85.  Simulia  Columbacschensis. 

86.  Culex  pipiens. 

87.  Culex  annulatus. 

88.  Culex  molestus. 

89.  Culex  trifurcatus. 

90.  Culex  pulicaris. 


Die  im  nachfolgenden  Verzeichniss  zusammengestellten  Synonymen  sind  durch 
Nummern  bezeichnet,  welche  sich  auf  die  Nummern  der  obigen  90  in  dieser  Arbeit 
angeführten  Parasiten  des  Menschen  beziehen.  Es  ist  z.  B.  „63.  Acanthia  lectu- 
laria“  gleich  „63.  Cimex  lectularius“  der  vorigen  Seite. 


63.  Acanthia  lectularia. 

47.  Acarus  folliculorum  (Owen). 

48.  Acarus  scabiei. 

29-  Achylostoma  duodenale  (Billharz)* 
53.  Amhlyoma  americanum  (Koch). 

29.  Ancyl ostoma-  Agchylostoma  duode- 

nale (Creplin). 

25.  Ascaris  alata  (Bellingh). 

24.  Ascaris  gigas  (Goeze). 

25.  Ascaris  leptotera  (Bud.). 

25.  Ascaris  marginata  (Rud.). 

30.  Ascaris  trichiura  (Lin.). 

25.  Ascaris  triquetra  (Schrauk). 

26.  Ascaris  vermicularis  (Lin.). 

27.  Ascaris  visceralis  aut  renalis 
(Gmelin). 

22.  Bilharzia  haematob.  (Cobbold). 

22.  Bilharzia  capens.  (Harley). 

69.  Calliphora  anthropophaga  (Conil). 
69.  Calliphora  macellaria  (Jorge). 

65.  Calliphora  vomitoria 
48.  Cheyletes  scabiei. 

69.  Compsomyia  rubrifrons  (Macquard). 
47.  Demodex  follicularis  (Owen). 

47.  Demodex  folliculorum  hominis  (Kü- 
chenmeister). 

71.  Dermatobia  hominis. 

73.  Dermatopliilus  penetrans  (Guerin). 
18.  Dicrocoelium  (Weinland). 

27.  Dioctophyme  (Collet-Meygret.). 

18.  Distoma  crassum  (Busk,  Cobbold, 

Leuckart). 

29.  Dochmius  anchylöstomum  (Molin). 
29.  Dochmius  duodenalis  (Leuckart). 

33.  Dracunculus  loa  (Cobbold). 

32.  Dracunculus  medinensis  (Cobbold). 

33.  Dracunculus  oculi  (Diesing). 

32.  Dracunculus  Persarum  (Kaempfer). 

19.  Dracunculus  spathulum  (Leuckart). 
47.  Entozoon  folliculare  (Wilson). 

39.  Pilaria  Bankrofti  (Cobbold). 

39.  Fil.  cystica  (Dobson). 

32.  Fil.  dracunculus  (Bremser). 

37.  Fil.  hominis  bronchialis  (Rud.). 

33.  Fil  lacrymalis  (Duhini). 

34.  Fil.  oculi  (Owen). 


34.  Fil.  oculi  humani  (v.  Nordmann). 
39.  Fil.  sanguinis  (Bancroft). 

39.  Fil.  Wucheren  (Cobbold). 

33.  Fil.  oculi  (van  Beneden). 

32.  Furia  (Modeer). 

24.  Fusaria  lumbricoides  (Zeder). 

26.  Fusaria  vermicularis  (Zeder). 

27.  Fusaria  visceralis  et  renalis  (Zeder). 
32.  Gordius  medinensis  (Linne). 

22.  Gynaekophorus  (Dies). 

1.  Halysis  solium  (Zeder). 

37.  Hamularia  lymphatica  (Treutier). 

37.  Hamularia  subcompressa  (Rud.). 

7.  Hymenolepis  flavopunct. 

46.  Lingqatula  constricta  (Pruner). 

46.  Linguatula  serreta  (Fröhlich). 

69.  Lucilia  hominivorax  (Coquerel). 

27.  Lumbricus  in  renibus  (Blasius). 

27.  Lumbricus  renalis  (Redi). 

27.  Lumbricus  sanguineus  in  rene  (Hart- 
mann). 

47.  Macrogaster  platipus  (Miescher). 

38.  Nematoideum  tracheale. 

59.  Pediculus  cervicalis  (Leach). 

59.  Ped.  humanus  Var.  1.  (Linne). 

60.  Ped.  humanis. 

61.  Ped.  inguinalis  (Redi). 

61.  Ped.  pubis  (Linne). 

1.  Pentast.  coarctata  (Virey). 

61.  Phtirius  pubis  (Küchenmeister). 

31.  Pseudalius  trichina  (Davaine). 

72.  Pulex  ater  (Linne). 

72.  Pul.  hominis  (Duges). 

73.  Pul.  penetrans  (Linne). 

72.  Pul.  vulgaris  (Degeer). 

54.  Rhynchoprion  columbae  (Hermann). 

73.  Rhynchoprion  penetrans  (Owen). 

48.  Sarcoptes  hominis. 

48.  Sarcoptes  scabiei. 

22.  Schistoma  (Weinland). 

29.  Sclerostoma  duodenale  (Cobbold). 

47.  Simonea  folliculorum  (Gervais). 

69.  Somomyia  montevidensis  (Bigot). 

47.  Steatozoon  folliculare  (Gervais). 

27.  Strongylus  gigas  (Rudolphi). 

29.  Strongylus  quadridentatus(v.Siebold). 


* 


1.  Taenia  armata  humana  (Brera). 

4.  Taenia  ä articl.  courtes  (.Bonnet). 

1.  Taenia  articulos  demittens  (Dyonis). 
4.  Taenia  ä epine  (Andry). 

46.  Taenia  caprina  (Abilgaard). 

6.  Taenia  ex  Cystic.  tennicolli  (Küchen- 
meister). 

1.  Taenia  curcubitina  (Pallas,  Bloch, 
Göze,  Bätsch,  Schrank). 

3.  Taenia  cucurbitina  (Göze). 

1.  Taenia  dentata  (Ginelin,  Nicolai). 

3.  Taenia  dentata  (Nicolai). 

46.  Taenia  lanceolata  (Chabert). 

1.  Taenia  lata  (?)  (Reinstein). 

3.  Taenia  lata  (Tutscheck). 

4.  Taenia  lata  event.  gnsea  (Pallas). 

4.  Taenia  lata  (Linne). 

1.  Taenia  fenestrata  (delle  Chiaje). 


1.  Taenia  osculis  marginal  solitär. 
(Bradley). 

4.  Taenia  prima  (Plater). 

3.  Taenia  saginata  (Lewin). 

1.  Taenia  secunda  (Plater). 

1.  Taenia  solitaria  (Leske). 

3.  Taenia  solium  (Bremser). 

1.  Taenia  stigmat.  lateralibus  (Bonnett). 
1.  Taenia  vulgaris  (Werner). 

37.  Tentacularia  subcompressa  (Zeder). 
22.  Thecosoma  (Moquin-Tandon). 

39.  Trichina  cystica  (Salisbury). 

30.  Trichocephalus  hominis  (Göze). 

30.  Trichocephalus  palaeformis  (R.). 

30.  Trichuris  (Büttner). 

56.  Trombidium  autumnalis. 

1.  Vermis  cucurbit.  (Plater). 


9 


Figurenerklärung. 


Fig.  1. 

Fig.  2. 
Fig.  3. 

Fig.  4. 

Fig.  5. 
Fig.  6. 

Fig.  7. 
Fig.  8. 
Fig.  9. 

Fig.  10. 
Fig.  11. 
Fig.  12. 
Fig.  13. 
Fig.  14. 
Fig.  15. 
Fig.  16. 
Fig.  17. 
Fig.  18. 

Fig.  19. 
Fig.  20. 

/ Fig.  21. 

Fig.  22. 

Fig.  23. 
Fig.  24. 


Fig.  25. 


Tafel  I. 

Amöbe  aus  dem  Darm  einer  inficirten  Maus  (Vergr.  1000).  n Kern,  v 
Vacuole,  e Bewegungspiasma,  e Ernährungsplasma,  k Nahrungsplasma. 
Buhestadium  einer  gleichen  Amöbe. 

Dauerstadium  mit  Schwärmerbildung  einer  Amöbe  aus  dem  Darm  des 
Frosches. 

a Ausschlüpfende  Schwärmer,  6 Schwärmer  mit  2 Cilien,  c zu  Amöben 
gewordene  Schwärmer. 

Sporenbildung  bei  einer  freien  Amöbe  (Vergr.  1000). 

b)  kleine  Sporen  mit  1 Cilie,  c)  Sporen,  welche  beinahe  ausgewachsen  sind 

mit  2 Cilien. 

Dauercyste  einer  freien  Amöbe  (Vergr.  1000). 

Freie  Amöbe  aus  dem  Süsswasser  mit  ausgestreckten  Pseudopodien. 
Sporen  einer  in  Pflanzen  schmarotzenden  Amöbe  (rechts  und  unten  2 in 
Theilung  begriffene  Schwärmersporen). 

Coccidium  aus  dem  Darm  eines  Kaninchens  (Vergr.  500). 

Coccidien  aus  dem  Darm  des  Menschen  (nach  Leuckart,  Vergr.  1000). 
Bainey’sche  Schläuche  in  Muskelfasern  (nach  Leuckart.  Vergr.  100). 
Dasselbe.  (Vergr.  40). 

Cercomonas  intestinalis  (nach  Davaine). 

Cercomonas  aus  der  Leber  (nach  Lambl). 

Trichomonas  vaginalis  (nach  Kölliker). 

Trichomonas  intestinalis  (nach  Zenker). 

Balantidium  coli  aus  dem  Darm  des  Schweines,  p Peristom,  n Kern, 
na  Nahrungsplasma,  v Vacuole. 

Ein  sich  theilendes  Balantidium. 

Zwei  freie,  dem  Balantidium  verwandte  Infusorien  in  Begriff  der  Con- 
jugation. 

Ein  solches  Infusorium  stärker  vergrössert  (Vergr.  1000),  n Kern,  a um- 
flossene Nahrung,  na  Nehrungsplasma. 

Gregarine  aus  dem  Mehlwurm.  7c  Kopf,  l Leib,  7c  Kern  der  hinteren 
Zelle,  k'  der  der  Kopfzelle. 

Gregarine,  welche  durch  Sprossung  ein  neues  Individuum  erzeugt. 
a Zwei  Gregarinen  nach  der  Conjugation  eingekapselt  (?).  b Pseudonavi- 
zellen  einer  Gregarine  des  Regenwurmes,  c Pseudonavizellenbildung 
der  Gregarine  des  Mehlwurmes  (n.  mehreren  Anderen). 
a Ende  eines  Miescher’schen  Schlauches,  b Sporen  aus  einem  solchen 
(nach  Leuckart). 


Tafel  II. 

Fig.  1.  Finne  der  Taenia  solium  aus  dem  Schweinefleisch  (nach  Gr.). 

Fig.  2.  Dieselbe,  geöffnet. 

Fig.  3.  Dieselbe , senkrecht  durchschnitten  (Loupenvergrösserung) , b Blase, 
k Kopf. 

Fig.  4.  Embryo  der  Taenia  solium. 


Fig.  5.  Erstes  Finnenstadium. 

Fig.  6.  Zweites  „ 

Fig.  7.  Drittes  „ 

Fig.  8.  Kopf  der  Finne  (Fig.  1—3)  stärker  vergrössert,  an  der  inneren  Kapsel- 
wandung bei  a angewachsen,  k Kopf  (eingestülpt). 

Fig.  9.  Derselbe,  schematisirt,  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  8. 

Fig.  10.  Derselbe,  ausgestülpt,  schematisirt;  die  punktirte  Linie  giebt  die  Lage 
der  Blase  nach  vollständiger  Ausstülpung  an. 

Fig.  11.  a Kopf  der  Taenia  solium  (natürliche  Grösse),  b unreife  Glieder,  c Glie- 
der mit  beginnender  Anlage  der  Geschlechtsorgane,  d Halbreife  Glieder. 
e Reife  Glieder,  f Abgegangene  Glieder,  g Reife  Glieder  gefärbt  und 
präparirt. 

Fig.  12.  Kopf  stärker  vergrössert,  halb  von  der  Seite  gesehen. 

Fig.  13.  Derselbe,  von  oben  gesehen. 

Fig.  14.  Links  ein  grosser,  rechts  ein  kleiner  Haken. 

Fig.  15.  Querschnitt  durch  den  Hals. 

Fig.  16.  Glied  mit  Anlage  der  Geschlechtsorgane  (s.  Fig.  19). 

Fig.  17.  Halbreifes  Glied  (s.  Fig.  22). 

Fig.  18.  Zwei  zusammenhängende  reife  Glieder  (vergrössert). 

Fig.  19.  Glied  von  der  Entwickelung  und  Grösse  Fig.  11,  c (vergrössert).  n Nerv, 
g Seitengefäss , a Queranastomose , s Hodenbläschen,  d Vas  deferens,  v 
Vagina,  e Eierstöcke,  ds  Dotterstöcke,  u Uterus,  o Geschlechtsöffnung. 

Fig.  20  u.  21.  Die  Ausführungsgänge  der  Geschlechtsorgane,  s Hodenbläschen, 
vd  Ausführungsgänge  derselben,  d Vas  deferens,  c Cirrusbeutel,  p Cir- 
rus, Penis,  v Vagina,  r Receptaculum  seminis,  e Eierstockbläschen 
(schematisch),  ov  Oviducte,  s Schalendrüse  (im  Durchschnitt),  ds  Dotter- 
stock (schematisch),  u Uterus  (Anfangstheil).  Der  Pfeil  zwischen  Fig.  20 
u.  21  deutet  die  Zusammengehörigkeit  der  Enden  der  Vagina  an. 

Fig.  22.  Halbreifes  Glied,  Bezeichnung  wie  oben  (entspricht  Fig.  1 d,  17). 

Fig.  23.  a Reifes  Ei  nach  Liegen  in  absolutem  Alcohol,  die  äussere  Hülle  ist  zu- 
sammengeschrumpft. .b  Reife  Uteruseier  mit  Embryonen,  s Schale,  e 
Embryo. 

Fig.  24.  a Finne  mit  vorgestülptem  Kopf,  h Hals,  b Finnenblase,  b Kopf  mit 
Resten  der  Blase,  c zwei  Köpfe  aus  dem  Darm  des  Menschen  (letztere 
nach  Leuckart). 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


Fig.  3. 
Fig.  4. 
Fig.  5. 
Fig.  6. 
Fig.  7. 
Fig.  8. 

Fig.  9. 
Fig.  10. 
Fig.  11. 
Fig.  12. 
Fig.  13. 
Fig.  14. 
Fig.  15. 


Tafel  III. 

Taenia  saginata.  a Kopf  und  Hals  (nat.  Gr.),  b unreife  Glieder,  c 
Glieder  mit  beginnender  Entwickelung  der  Geschlechtsorgane,  d reife 
Glieder  mit  halbgefülltem  Uterus,  e reife  Glieder  mit  ganz  gefülltem 
Uterus,  f abgehende  Glieder. 

Bothriocephalus  latus  (natürliche  Grösse),  a Hals  und  Kopf,  b indifferente 
Glieder;  d,  e,  f Glieder  mit  steigender  Entwickelung  der  Geschlechts- 
organe; g,  h,  i,  k,  l reife  [g ) und  abgestossene  ( l ) Glieder. 

Glied  des  Bothr.  latus  mit  Parencbymstreifen. 

Dasselbe  mit  beginnender  Uterusknäulung. 

Dasselbe,  geschlechtsreif. 

Kopf  der  Taenia  saginata  (7fache  Vergr.). 

Kopf  der  Bothr.  latus  (7fache  Vergr.). 

Derselbe  im  Querschnitt  von  oben  gesehen,  rechts  und  links  steht  der 
Hals  hervor. 

Finne  der  Taenia  saginata  (nat.  Gr.). 

Dieselbe  senkrecht  durchschnitten  (vergrössert). 

Köpfe  des  Bothr.  latus  aus  dem  Hechtfleische  (nach  Braun). 

Ei  der  Taenia  saginata. 

Ei  des  Bothr.  latus. 

Flimmerembryo  des  Bothr.  latus  (sogen.  Oncosphaere). 

Finne  der  Taenia  cucumerina  (sogen.  Plerocercoid) 


Fig.  16.  Männliche  Geschlechtsorgane  des  Bothr.  latus  (hintere  Fläche  des  mitt- 
leren Theiles  einer  Proglottide;  unter  den  braungehaltenen  männlichen 
Geschlechtsorganen  liegen  in  einigen  Umrissen  angedeutet  die  in  Fig. 
17  von  der  vorderen  Fläche  gezeichneten  weiblichen  Geschlechtsorgane) ; 
h Hodenbläschen,  Je  Ausleitungsgänge  derselben,  vd  gewundenes  Yas 
deferens,  c Cirrusbeutel  mit  gewundenem  Cirrus  (Vergr.  6fach). 

Fig.  17.  Weiblicher  Geschlechtsapparat  des  Bothr.  latus,  ov  Ovarien,  ds  Dotter- 
stöbke,  d Ausführungsgänge  derselben,  s Schalendrüse,  r Ampulle  für 
Dotter-  und  Eiweissmaterial,  v Vagina,  welche  sich  bei  cv  nach  aussen 
öffnet;  u Uterus,  a äussere,  ventral  gelegene  Oeffnung  desselben,  c Cir- 
rusbeutel (der  Cirrus  liegt  gerade  über  der  Vaginalöffnung  cv);  diese  Fi- 
gur stellt  halbschematisch  den  mittleren  Theil  einer  reifen  Proglottide 
von  der  vorderen  Fläche  gesehen  dar  (Vergr.  ca.  12fach). 

Fig.  18.  Taenia  cucumerina  (natürliche  Grösse),  d reife  Glieder,  e ausgestossenes 
Glied,  s stellt  dasselbe  vergrössert  dar;  gg  die  beiderseits  gelegenen 
Geschlechtsöffnungen,  Ji  Hoden,  vd  Vas  deferens,  führt  in  den  Cirrus- 
beutel über,  iv  weibliche  Geschlechtsorgane. 

Fig.  19.  Taenia  nana  (natürliche  Grösse). 

Fig.  20.  Kopf  der  Taenia  nana  (vergrössert)  mit  eingezogenem  Rostellum  (r) 

Fig.  21.  a und  b,  halbreife  Proglottiden,  c reife  Proglottiden  der  Taenia  nana. 

Fig.  22.  Ei  der  Taenia  nana  mit  dem  sechshakigen  Embryo  im  Innern  (stark 
vergrössert)  (Fig.  20 — 22  n.  Stein). 


Tafel  IV. 

Fig.  1.  Taenia  echinococcus  (natürliche  Grösse). 

Fig.  2.  Taenia  echinococcus  vergrössert.  c Cirrus,  vd  Vas  deferens,  v Vagina. 

Fig.  3.  Reifes  Ei  mit  Embryo  der  Taenia  echinococcus. 

Fig.  4.  Erstes  Entwickelungsstadium  der  Brutkapsel  (nach  Leuckart,  Vergr.  25). 

Fig.  5.  Zweites  Entwickelungsstadium  der  Brutkapsel  (nach  Leuckart,  Vergr.  25). 

Fig.  6.  Echinococcussack  aus  der  menschlichen  Leber  (V8  natürlicher  Grösse). 

Der  Sack  ist  vorn  geöffnet  und  zeigt  im  Inneren  eine  grosse  Anzahl  der 
Tochterblasen. 

Fig.  7.  Theil  eines  Echinococcussackes  (halbschematisch),  cu  Cuticularschicht, 
p Parenchym  (Keimschicht),  a beginnende  Brutkapselbildung,  b Brut- 
kapsel mit  1 ausgestülpten  und  1 eingezogenenen  Köpfchen , c Brutkapsel 
mit  mehreren  Köpfen,  Je  drei  auf  Stielen  sitzende  Köpfchen,  Je'  ausge- 
stülptes Köpfchen,  Je“  noch  ein  entwickeltes  und  eingezogenes,  s sterile 
Blase  in  der  Brutkapsel. 

Fig.  8.  Kleiner  Echinococcussack  (Schema),  au  äussere  Blasenwucherung,  d 
Tochterblase  mit  Brutkapsel  und  Köpfchenanlagen  im  Inneren,  b r Brut- 
kapseln, st  sterile  Tochterblase,  Je  freies  Köpfchen,  Je“  5 festsitzende 
Köpfchen  aus  einer  geplatzten  Brutkapsel,  Je“  Köpfchen,  welches  sich  zu 
einer  Tochterblase  umwandelt. 

Fig.  9.  Stark  vergrössertes  Köpfchen  der  Taenia  echinococcus. 

Fig.  10.  Haken  der  Echinococcusköpfchen. 

Fig.  11.  Distoma  hepaticum,  natürliche  Grösse,  a Mund,  b Bauchsaugnapf. 

Fig.  12.  Verdauungsapparat  des  Distoma  hepaticum. 

Fig.  13.  Geschlechtsapparate  des  Distoma  hepaticum  (braun  weiblicher,  grau 
männlicher  Theil).  Ji  Hodenkanälchen  und  Ausführungsgänge  derselben, 
v Vas  deferens,  c Cirrus,  d Dotterstöcke. 

Fig.  14.  Reifes  Ei  des  Distoma  hepaticum  (Vergr.  100). 

Fig.  15.  Ei  mit  Embryo  des  Distoma  hepaticum  (nach  Leuckart)  a Augenflecke, 
e Embryo,  r Reste  des  Nahrungsmateriales. 

Fig.  16.  Freier  wimpernder  Embryo  von  Distoma  hepaticum  (nach  Leuckart).  a 
Augenfleck 

Fig.  17.  Redie  mit  Cercarien  (c)  im  Inneren  (nach  Leuckart). 

Fig.  18.  Freie  Cercarie,  d Magen  und  Darm  arm,  s Schwanz  (nach  Leuckart). 

' Fig  19.  Eingekapselte  Cercarie,  d Darm  (nach  Leuckart). 


Fig.  20.  Weibchen  von  Ascaris  lumbricoides. 

Eig.  21.  Mund  von  Ascaris  lumbricoides. 

Fig.  22.  a)  Hinterleibesende  vom  männlichen  A.  lumbricoides  (halbschematisch), 
d Darm,  h Hoden  und  Vas  deferens,  p Spiculatasche , sp  Spicula.  b) 
Hinterleibsende  eines  Männchen  von  A.  lumbricoides  mit  zwei  Spicula. 
Fig.  23.  Ei  von  A.  lumbricoides. 

Fig.  24.  Querschnitt  durch  einen  A.  lumbricoides,  cu  Cuticula,  z Subcuticula,  m 
Musculatur,  d Darm,  g Geschlechtsorgane. 


Fig.  1. 

Fig.  2. 

Fig.  3. 
Fig.  4. 
Fig.  5. 
Fig.  6. 
Fig.  7. 

Fig.  8. 

Fig.  9. 
Fig.  10. 
Fig;  11. 
Fig.  12. 

Fig.  13. 


Fig.  14. 
Fig.  15. 
Fig.  16. 
Fig.  17. 
Fig.  18. 
Fig.  19. 
Fig.  20. 
Fig.  21. 


Fig.  1. 
Fig.  2. 

Fig.  3. 
Fig.  4 
Fig.  5. 
Fig.  6. 
Eig.  7. 
Fig.  8 
Fig.  9. 
Fig.  10. 
Fig.  11. 


Fig.  12. 


Tafel  V. 

Oxyuris  vermicularis  (natürliche'  Grösse),  links  zwei  Weibchen,  rechts 
zwei  Männchen. 

Weibchen  von  0.  vermicularis  (Vergr.  11),  s Schlund,  d Darm,  v Vulva, 
w Uterus. 

Männchen  von  0.  vermicularis  (Vergr.  11),  h Hoden,  m Spiculum. 

Theil  der  äusseren  Haut  von  0.  vermicularis. 

Reifes  Ei  von  0.  vermicularis. 

Abgelegtes  Ei  mit  Embryo,  von  der  Fläche  gesehen,  s Schwanz. 
Abgelegtes  Ei  mit  Embryo  von  der  Seite  gesehen,  s Schwanz,  d Darm- 
anlage. 

Triehocephalus  dispar  (natürliche  Grösse),  oben  Weibchen,  unten  rechts 
Männchen. 

Dasselbe  Präparat  vergrössert,  v Vulva,  ov  Oviduct,  m Mundöffnung. 
Eier  von  Triehocephalus  dispar. 

Geschlechtsreife  Darmtrichmen  (natürliche  Grösse). 

Geschlechtsreife  Darmtrichinen  (Loupenvergrösserung),  links  Weibchen, 
rechts  Männchen. 

Weibchen  von  Trichina  spiralis  (Daimtrichine),  oe  Oesophagus  mit  Zell- 
belag, d Darm,  k Keimdrüse  mit  Uterus.  Vorne  treten  aus  der  Vulva 
einige  lebende  Embryonen  aus. 

Männchen  der  Trichina  spiralis,  7tHoden.  a)  Hinterleibsende  des  Männchens. 
Trichinenembryo. 

Eingekapselte  Muskeltrichinen  (natürliche  Grösse). 

Wandernde  Muskeltrichinen. 

Eingekapselte  Muskeltrichine,  k Kapsel,  m Muskelfaser. 

4 eingekapselte  Muskeltrichinen. 

Trichinöses  Fleisch,  m Muskelfaser,  b)  b Bindegewebswucherungen. 
Filaria  sanguinis  (n.  Lewis). 


Tafel  VI. 

Dochmius  duodenalis  (natürliche  Grösse),  links  Männchen,  rechts  Weibchen, 
a)  Dochmius  duodenalis,  Männchen  vergrössert.  b)  Dochmius  duodenalis, 
Weibchen  vergrössert. 

Mundhöhle  von  Doch,  duodenalis  (z  Th.  n.  Leuckart). 

Hinterleibsende  mit  Bursa  eines  männlichen  Doch,  duodenalis. 
Pentastoma  taenioides  (natürliche  Grösse)  von  oben  gesehen,  Weibchen. 
Dasselbe,  Männchen. 

Kopf  von  Pentastoma  taenioides  (vergrössert),  m Mund,  f Fussklauen. 
Fussscheide,  aus  welcher  eine  Klaue  hervorsieht  (stärker  vergrössert). 
Acarus  folliculorum,  a von  der  Seite,  b von  unten,  c von  oben  gesehen. 
Weibliche  Krätzmilbe. 

a)  Kopf  (nach  Weisker)  von  unten  gesehen,  s Kopfschild,  k Kiefer,  t 
Taster,  l Unterlippe.  b)Kopf  (nach  Weisker)  von  vorne  gesehen,  s Kopf- 
schild, k Kiefer,  t Taster,  l Unterlippe. 

Kopflaus  (Pediculus  capitis),  Weibchen. 


Fig.  13.  Kleiderlaus  (Ped.  vestimenti),  Weibchen. 

Fig.  14.  Filzlaus  (Phthirius  pubis),  Weibchen. 

Fig.  15.  Ei  der  Kopflaus  an  ein  Haar  angeklebt. 

Fig.  16.  Larve  der  Stubenfliege  (natürliche  Grösse),  a)  Kopf  derselben  Made  von 
der  Seite  gesehen,  stärker  vergrössert.  z Hornzähne,  p Tastpapillen, 
b)  Hornzähne  der  Made  von  vorne  gesehen,  c)  Hinterleibsende  der 
Made  von  hinten  gesehen,  sl  Stigmenöffnung,  unten  4 als  Bewegungs- 
organe dienende  Stummel. 

Fig.  17.  Sandflohweibchen  mit  durch  Eier  aufgetriebenem  Hintertheile  (nach 
Küchenmeister  und  Lion). 


Nachtrag  zu  Seite  56. 


Neuerdings  sind  bei  Chinesen  und  Japanesen  einige  Distomeen 
gefunden  worden,  welche  ziemlich  häufig  Vorkommen  und  welche 
meist  keine  beträchtlichen  Störungen  im  Organismus  hervorbringen. 

Distoma  innocuum , 

Distoma  endemicum  aus  der  Leber, 

Distoma  pulmonale  aus  der  Lunge  der  Japanesen.  Der  reife 
Wurm  zerstört  das  Lungengewebe  (nicht  die  Bronchien),  ohne  son- 
stige heftige  Störungen  hervorzurufen;  die  Eier  werden  mit  den 
Sputis  nach  aussen  befördert,  sie  haben  eine  röthliche  Farbe. 


Druck  von  Leopold  & Bär  in  Leipzig. 


. 


' V 


. 

* 


TafI 


A. Brass  del 


Artist  Anst.v.  Th.  Fischer,  Cassel. 


Taf.JL 


Jlpj'  Uhfl/nrQ  u 


A . Brass  del. 


Artist,  Anst.v  Th, Tischer,  Cassel 


Taf'III 


A.Brass  de]. 


Artist  Anst.v  Th.  Fischei;  Oassei. 


Taf.  IV 


A. Brass  del 


Artist.  Anst.v.  Th.  Fischer,  Gassel. 


Taf.V 


ABrass  de]. 


Artist  Anstv  Th  Fischer,  Cassel 


Taf.YI. 


Orass  del 


-Artist. Anst.v .Th. Fischer,  Cassel 


I