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Full text of "Ueber intraabdominale (retroperitoneale) Hernien und Bauchfelltaschen, nebst einer Darstellung der Entwicklung peritonealer Formationen"

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. Sy 


Ueber 


intraabdominale  (retroperitoneale) 

Hernien  und  Bauchfelltaschen 

nebst  einer 

Darstellung  der  Entwicklung  peritonealer 

Formationen. 


Yon 

Dr.  med.  6.  Broesike 

Custos  und  1.  Assistent  am  I.  Kgl.  anatom.  Institut  zu  Berlin. 


BERLIN  1891. 

FISCHER’s  MEDICINISCHE  BUCHHANDLUNG 


H.  Kornfeld. 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Einleitung 1 

I.  Allgemeines  über  die  Entwickelung  des  Peritoneum 13 

II.  Das  For.  Winslowii  und  seine  Hernien 33 

III.  Der  Eec.  intersigmoideus  und  seine  Hernien 35 

a)  Der  Eec.  intersigmoideus 35 

b)  Die  Herniae  intersigmoideae 44 

IY.  Die  pericaecalen  Bauchfelltaschen  und  Hernien 52 

_a)  Pericaecale  Eecessus 52 

m)  Pericaecale  Hernien 66 

Y.  Die  Eec.  und  Herniae  duodeno-jejunales  und  duodenales 77 

a)  Die  Eec.  duodeno-jejunales  und  duodenales 77 

b)  Die  Hernia  duodeno-jejunalis 122 

YI.  Der  Eec.  und  die  Hernia  parajejunalis  s.  meseuterico-parietalis  . . 136 

a)  Der  Eec.  parajejunalis 136 

b)  Die  Hernia  parajejunalis  159 

Schlussbemerkungen 195 

Alphabet.  Literaturverzeichniss 202 


Druck  von  W.  & S.  Loowentkal,  Berlin  C.,  Grlin-Strasse  4. 


Wm  bekannt  hat  zuerst  Treitz1)  im  Jahre  1857  darauf  auf- 
merksam gemacht,  dass  in  eine  bereits  früher  von  Huschke  be- 
schriebene, links  von  der  Flexura  duodeno-jejunalis  gelegene  und 
von  Treitz  als  Fossa  duodeno-jejunalis  bezeiclmete  Bauchfell- 
tasche unter  gewissen  günstigen  Umständen  eine  oder  mehrere 
Dünndarmschlingen  hineintreten  können,  welche  dann  bei  abnormer 
Schlaffheit  des  Bauchfells  die  Wände  dieser  Tasche  auch  noch 
weiter  ausdehnen  und  sogar  ins  retroperitoneale  Bindegewebe  hinein- 
dringen können,  wenn  durch  gewisse  Momente,  wie  z.  B.  eine 
verstärkte  Wirkung  der  Bauchpresse,  eine  stärkere  Ausdehnung  der 
Därme  durch  Gas  oder  Nahrungsmittel,  anhaltende  und  gleich- 
mässige  Erschütterungen  des  Körpers  ein  stärkerer  Druck  auf  die- 
selben zu  Stande  kommt.  Treitz  bezeiclmete  derartige,  in  der 
Fossa  duodeno-jejunalis  gelegene  Hernien  — von  denen  er  eine 
beträchtliche  Anzahl  eigener  und  auch  fremder  Fälle  aufzählt  — 
als  retroperitoneale,  weil,  wie  er  selbst  sagt  (loc.  cit.  p.  102), 
„ihr  Hernialsack  unter  allen  Verhältnissen  im  retroperitonealen 
Bindegewebe  eingebettet  bleibt“.  Er  bezeichnet  zugleich  zwei 
andere  Stellen  am  Peritoneum,  welche  vermöge  ihrer  Conformation 
zur  Entstehung  von  analogen  Hernien  disponiren,  nämlich  die  Fossa 
intersigmoida  und  die  Fossa  subcoecalis:  allerdings  beschreibt  er 
die  letztere  nicht  präcise  genug,  als  dass  man  sich  ein  Bild  davon 
machen  könnte,  welche  von  den  vielen  in  der  Nähe  des  Coecum  gele- 
genen Gruben  er  gemeint  hat. 2)  Auch  erwähnt  dieser  Autor  einige 

')  Treitz,  Hernia  rctroperitonealis.  Prag  1857.  P.  A.  Credner. 

2)  Treitz  sagt  hierüber  (p.  108):  „Ueberhanpt  tritt  diese  Grube  in 
so  vielfältigen  Varietäten  auf,  dass  sich  nicht  leicht  eine  Beschreibung  der- 
selben geben  lässt,  die  für  alle  Fälle  passen  würde.“  Indessen  sind  diese  von 
ihm  sogen.  Varietäten  nichts  anderes  als  völlig  von  einander  verschiedene 
Arten  von  pericoecalen  Gruben,  von  denen  bald  die  eine  bald  die  andere  Art 
fehlen  kann,  wie  dies  bekanntlich  später  seitens  anderer  Autoren  festgestellt 
worden  ist. 


1* 


4 


Fälle  aus  der  Literatur,  von  denen  er  glaubt,  dass  sie  als  Brüche 
zu  deuten  seien,  welche  in  die  Fossa  intersignioida  oder  subcoecalis 
eingedrungen  waren.  Alle  drei  Arten  von  Brüchen,  die  Hernia 
duodeno-jejunalis,  intersigmoidea  und  subcoecalis  fasst  Treitz  unter 
der  Bezeichnung  wahre  innere  Unterleibshernien  zusammen, 
weil  „ihr  Sack,  wegen  Lage  des  Annulus  im  Innern  der  Bauch- 
höhle, unter  allen  Umständen  in  der  Bauchhöhle  verbleiben  muss.“ 
Im  Gegensatz  dazu  bezeichnet  er  als  äussere  Unterleibsher- 
nien alle  diejenigen  Hernien,  deren  Sack,  wie  er  sagt,  „aus  der 
Bauchhöhle  hervorgetreten  ist  oder  hervortreten  könnte  — und 
dieses  hängt  zum  Theil  von  seiner  Ausdehnung,  hauptsächlich  aber 
davon  ab,  ob  der  Annulus  in  der  Bauchwand  gelagert  ist.“  Endlich 
versucht  der  genannte  Autor  in  seiner  grundlegenden  Arbeit  unter 
Bezugnahme  auf  die  Entwickelungsgeschichte  auch  eine  Erklärung 
für  die  Genese  der  von  ihm  bezeichneten  Peritonealtaschen  zu  geben. 

Seit  der  Publikation  von  Treitz  sind  nun  eine  ganze  Anzahl 
von  Arbeiten  über  denselben  Gegenstand  erschienen.  Zahlreiche 
neue  Fälle  von  sogenannten  Retroperitonealhernien  sind  beschrieben, 
die  Peritonealtaschen  sind  gründlich  studirt,  endlich  ist  auch  auf 
die  Genese  normaler  und  abnormer  Peritonealformationen  überhaupt 
an  vielen  Punkten  neues  Licht  geworfen  worden.  Unter  den  wich- 
tigen Arbeiten,  welche  dieses  Gebiet  berühren,  ist  zunächst  die- 
jenige von  Waldeyer1)  zu  nennen,  welcher  das  Verdienst  hat,  die 
Peritonealtaschen  und  ihre  Varietäten  zuerst  in  besonders  klarer 
und  umfassender  Weise  geschildert  zu  haben.  Von  der  grössten 
Wichtigkeit  für  das  Verständnis  der  Genese  von  peritonealen  Bil- 
dungen sind  ferner  drei  Arbeiten  von  Toldt:  in  der  ersten2) 
begründet  derselbe  ausführlich  die  vor  ihm  von  anderen  Autoren 
entweder  nur  kurz  angedeutete  oder  vermuthungsweise  ausge- 
sprochene Annahme,  dass  die  bleibende  Lagerung  der  Baucheinge- 
weide und  die  definitive  Gestaltung  ihrer  Gekröse  in  erster  Linie 
von  der  verschiedenen  Wachsthumsenergie  der  einzelnen  Theile,  in 
zweiter  Linie  aher  davon  abhängig  ist,  dass  in  sehr  ausgedehntem 
Grade  beim  Embryo,  in  beschränktem  Maasse  aber  auch  beim  Er- 
wachsenen ursprünglich  freie,  vom  Peritoneum  bekleidete  Ober- 

1)  Waldeyer,  Hernia  retroperitonealis  nebst  Bemerkungen  über  die  Ana- 
tomie des  Peritoneum  Virchow’s  Archiv  Bd.  60,  Berlin  1874. 

2)  Toldt,  Bau-  und  Wachsthumsveriinderungen  der  Gekröse  des  mensch- 
lichen Darmkanals.  Denkschr.  d.  kais.  Akad.  d.  Wissenschaften,  math.  naturw. 
Classe  Bd.  41  (1879),  2.  Abth.,  S.  1. 


flächen  von  benachbarten  Baucheingeweiden  und  Gekrösen  auf 
völlig  physiologischem  Wege  mit  einander  verwachsen  können. 
Ein  zweite  kleinere  Mitteilung1)  beschäftigt  sich  im  Speciellen  mit 
dem  sogen.  Recessus  duodeno-jejunalis.  In  einer  dritten  Arbeit2) 
endlich  macht  er  alsdann  gewissermaassen  die  Probe  auf  seine 
Theorien  über  die  Entstehung  peritonealer  Formationen,  indem  er 
einerseits  versucht,  an  der  Hand  dieser  Theorien  für  eine  grosse 
Anzahl  von  hochgradigen  Anomalien  der  Gekröse  und  Netze  be- 
friedigende genetische  Erklärungen  beizubringen,  andererseits  für 
seine  früheren  Darstellungen  durch  Untersuchungen  an  mensch- 
lichen Embryonen  und  Säugetieren  neue  Beweismittel  bringt. 
Wenngleich  in  diesen  Arbeiten  nur  die  Genese  der  Peritoneal- 
taschen eine  Berücksichtigung  erfahren  hat,  während  der  Autor 
auf  diejenige  der  sogen,  retroperitonealen  Hernien  gar  nicht 
eingeht,  so  betone  ich  doch  die  Wichtigkeit  der  Toldt’schen 
Publicationen  gerade  deswegen  ganz  besonders,  weil  mir  scheint, 
dass  ihre  Bedeutung  für  das  richtige  Verständuiss  jeder  Art  von 
peritonealen  Bildungen  selbst  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  noch 
immer  nicht  genügend  gewürdigt  ist.  Endlich  hat  in  der  aller- 
letzten Zeit  Jonnesco3)  eine  sehr  fleissige  und  umfangreiche 
Arbeit  publicirt,  welche  die  Lehre  von  den  sogen,  retroperitonealen 
Hernien  und  ihren  Bildungsstätten  in  umfassendsterWeise  behandelt. 
Diese  Arbeit  hat  vor  allen  Dingen  das  Verdienst,  dass  in  der- 
selben sämmtliche,  bisher  in  der  Literatur  veröffentlichte  Fälle 
von  derartigen  Hernien  übersichtlich  und  in  grösster  Vollständigkeit 
zusammengestellt  und  kritisch  analysirt  werden.  Insbesondere  wird 
auch  ihre  klinische  Bedeutung,  Diagnostik  und  Behandlung  in  sehr 
klarer  und  zutreffender  Weise  eingehend  erörtert.  Indessen  auch 
die  peritonealen  Gruben  und  Taschen  sind  in  Bezug  auf  ihre  Ge- 
nese und  Gestaltung  auf  Grund  von  eigenen  und  'fremden  Be- 
obachtungen so  sorgfältig  studirt , dass  man  glauben  könnte, 
es  sei  nach  dieser  Publication  kaum  noch  möglich,  diesem  ganzen 


*)  Toldt,  Zur  Charakter,  und  Entstehung  d.  Rec.  duodeno-jejunalis. 
Prager  medic.  Wochenschrift  1879,  No.  23. 

2)  Toldt,  Die  Darmgekröse  und  Netze  im  gesetzmässigen  und  im  gesetz- 
widrigen Zustand.  Denkschr.  d.  kais.  Akad.  d.  Wissenschaften,  math.  naturw. 
Classe  Bd.  56  (1889). 

3)  Jonnesco,  Hernies  int.  retro-peritoneales  ou  hernies  formees  dans  les 
fossettes  normales  du  peritoine.  Paris  1890,  edit  par  Cr.  Steinheil.  304  Seiten. 


G 


Gebiete  neue  Seiten  abzugewinnen.  Nichtsdestoweniger  hohe  ich 
in  meiner  vorliegenden  Arbeit  auf  Grund  einer  Nachprüfung  der 
Toldt’schen  Untersuchungen  und  einer  grossen  Anzahl  von  eigenen 
Beobachtungen  nicht  allein  betreffs  der  Genese  und  anatomischen 
Beschaffenheit  der  Peritonealtaschen,  sondern  auch  betreffs  der 
Entstehung  und  Classification  einer  gewissen  Zahl  dieser  sogen, 
retroperitonealen  Hernien  neue  Gesichtspunkte  aufstellen  und  unter 
dem  bereits  Bekannten  manche  Unklarheit  und  Verworrenheit 
kritisch  sichten  zu  können. 

Von  einer  ausführlichen  Besprechung  der  auf  dieses  Gebiet 
bezüglichen  Literatur  glaube  ich  um  so  eher  absehen  zu  können,  als 
in  den  eben  citirten  Arbeiten,  insbesondere  aber  von  Jonnesco, 
wohl  sämmtliche  hierhergehörigen  Publicationen  aufgezählt  und  zum 
grössten  Theil  eingehend  gewürdigt  sind.  Ich  kann  mich  daher 
darauf  beschränken,  einfach  auf  dieselben  hinzuweisen. 

Bevor  ich  mich  zu  meiner  eigentlichen  Aufgabe  wende,  kann  ich 
jedoch  nicht  umhin,  einige  terminologische  Erörterungen  über 
den  Gegenstand  derselben  vorauszuschicken.  Wie  ich  bereits  er- 
wähnt habe,  hat  Treitz  die  Bezeichnung  „Hernia  retroperitonealis“ 
zunächst  nur  für  diejenigen  Brüche  gebraucht,  welche  in  die  Fossa 
duodeno-jejunalis  eiutreten.  Die  Hernien  der  Fossa  subcoecalis 
und  Fossa  intersigmoidea  dagegen  bezeichnet  dieser  Autor  nur  als 
Analoga  der  Hernia  retroperitonealis1).  Alle  drei  Arten  von  Hernien 
fasst  er  dagegen  unter  der  Bezeichnung  „wahre  innere  Unterleibs- 
hernien (Herniae  abdominales  internae  verae)“  zusammen.  Nichts- 
destoweniger haben  fast  alle  Autoren  nach  Treitz  die  Bezeich- 
nungen „Herniae  retroperitoneales “ und  „Herniae  abdominales 
internae  verae“  identificirt.2)  Auch  Jonnesco  (loc.  eit.)  steht 
zie'mlich  auf  demselben  Standpunkt,  indem  er  sämmtliche  in  normalen 


J)  Ich  glaube  dies  Jonnesco,  welcher  hierüber  seine  Verwunderung 
äussert,  dahin  erklären  zu  können,  dass  der  einzige,  von  Treitz  als  sicher 
angesehene  Fall  einer  Hernia  subcoecalis,  derjenige  vonSnow,  wohl  schon  von 
Treitz  als  eine  Hernie  des  Recessus  ileo  - coecalis  inf.  Waldeyer  (Fossette 
ileo-appendiculaire  Jonnesco)  angesehen  wurde  und  demgemäss  auch  in  der 
That  mit  dem  retroperitonealen  Bindegewebe  kaum  etwas  zu  thun  hat.  während 
andererseits  die  Fossa  intersigmoidea  nach  der  Ansicht  von  Treitz  zwischen 
beiden  Blättern  des  Mesocolon  sigmoideum  gelegen  ist  und  somit  eine  Hernia 
intersigmoidea  wohl  zunächst  zwischen  diese  beiden  Blätter,  aber  nicht  ins  retro- 
peritoneale  Bindegewebe  eindringen  könnte. 

2)  Ich  sehe  hierbei  von  den  monströsen  Bezeichnungen  W.  Grub  er ’s  ab, 
weil  dieselben  doch  nirgends  Anklang  gefunden  haben. 


7 


Peritonealtaschen  entstehenden  Hernien  „Hernies  internes  retroperi- 
toneales“  benennt  und  in  folgende  vier  Kategorien  eintlieilt:  1)  Her- 
nies duodenales , 2)  Hernies  pericaecales,  3)  Hernie  intersif/moide, 
4)  Hernie  ä travers  Vliiatus  de  Winsloiv.  Nach  dem  eben  ge- 
nannten Antor  zeigen  alle  diese  Hernien  folgende  principalen  Kenn- 
zeichen: a)  sie  sind  von  einer  veritablen  peritonealen  Umhüllung 
bekleidet:  b)  sie  haben  ihren  Sitz  im  Cavum  abdominis;  c)  sie  ent- 
wickeln sich  in  das  retroperitoneale  Bindegewebe  hinein;  d)  sie 
bilden  sich  in  einer  praeexistirenden  normalen  Peritonealtasche. 
Gegenüber  dieser  Nomenclatur  und  Classification  lassen  sich  jedoch 
schwerwiegende  und  wohlbegründete  Bedenken  erheben.  Ich  will 
zunächst  vorausschicken,  dass  ich  mit  Gr  über,  Rokitansky 
und  Jonnesco  vollständig  übereinstimme,  wenn  sie  die  Hernie 
des  For.  Winsknvii  zu  den  wahren  inneren  Abdominalhernien 
rechnen.  Bekanntlich  hatte  Treitz  (loc.  cit.  p.  103)  diese  Bruch- 
art überhaupt  nicht  als  innere  Hernie  gelten  lassen  wollen,  da,  wie 
er  sagt,  „sich  hier  die  Gedärme  bloss  in  eine  offene  Spalte  ein- 
schieben  und  die  Bildung  eines  besonderen  Hernialsackes  nicht 
stattfindet“.  Indessen  hat  schon  Grub  er  ganz  richtig  darauf 
hingewiesen,  dass  man  nach  diesem  Raisonnement  mit  genau  dem- 
selben Rechte  die  angeborenen  Leistenbrüche  von  der  Kategorie 
der  äusseren  Abdominalhernien  ausschliessen  müsste,  weil  sie  eben- 
falls in  einen  bereits  präformirten  Bruchsack,  den  Proc.  vaginalis 
periton ei,  hineingleiten.1)  Wenn  wir  aber  auch  die  Hernie  des 
Winslow'schen  Loches  zu  den  inneren  Abdominalhernien  rechnen 
müssen  — nie  und  nimmer  können  wir  dieselbe  als  retroperi- 
toneal  weder  in  dem  Treitz'schen  noch  in  irgend  einem  anderen 
Sinne  bezeichnen.  Wer  dies  tliut,  wie  z.  B.  Jonnesco,  wider- 
spricht  sich  selbst,  denn  weder  von  der  Bursa  omentalis  noch  von 
einer  in  dieselbe  hineintretenden  Darmschlinge  kann  man  sagen, 
dass  dieselben  sich  irgendwie  ins  retroperitoneale  BindegeAvebe 
hinein  drängen.  Ebenso  kann  man  eine  Hernie  des  Recessus  ileo- 
coecalis  inferior  (Fossette  ileo-appendiculaire  von  Jonnesco)  als 


0 Wenn  also  Treitz  (1.  c.  p.  102)  sagt,  dass  „für  das  Wesen  einer  Hernie  drei 
Cardinalbedingungen  unablässig  sind:  ein  Ring,  ein  Sack  und  ein  dislocirtes 
Eingeweide,“  so  ist  dies  ganz  richtig  — nur  muss  hinzugefügt  werden,  dass  der 
Bruchsack  bereits  vor  Entstehung  der  Hernie  praeexistiren  kann,  ohne  irgend 
welche  Eingeweide  in  sich  aufgenommen  zu  haben.  Es  ist  durchaus  nicht  noth- 
wendig,  dass  das  Eingeweide  sich  seinen  Bruchsack  Avährend  seiner  Dislocation 
selbst  bildet. 


8 


retroperitoneal  ansehen,  denn  der  Grund  dieser  Tasche,  auf  den  die 
eingedrungene  Hernie  zunächst  stösst,  ist  die  Darmwand  (die  TJeber- 
gangsstelle  zwischen  dem  Ileum  und  Coecum)  und  bei  einer  etwaigen 
Vergrösserung  würde  ein  solcher  Bruch  zunächst  zweifellos  die 
Plica  ileo-coecalis  lind  das  Mesenteriolum  des  Propessus  vermiformis 
ausdehnen,  ohne  sich  ins  retroperitoneale  Bindegewebe  hineinzu- 
schieben. Ja  es  erscheint  fraglich,  ob  dies  selbst  dann  geschehen 
würde,  wenn  der  Bruch  sich  in  sehr  hohem  Grade  vergrösserte. 
Indessen  auch  für  diePossa  duodeno-jejunalis  muss  ich  Landzert1) 
(cf.  p.  46)  wenigstens  in  der  Beziehung  beistimmen,  dass  eine  in 
diese  Tasche  eintretende  Hernie  zunächst  wohl  nur  ihre  vordere 
Wand,  d.  h.  die  Plica  duodeno-jejunalis  ausdelmen  könnte,  ohne 
das  parietale  Peritonealblatt  abzulösen  und  ins  retroperitoneale 
Bindegewebe  einzudringen.  Erst  bei  stärkerer  Vergrösserung  würde 
eine  solche  Hernie  retroperitoneal  werden.  Ganz  dasselbe  gilt  aber 
schliesslich  auch  für  jede  andere  Bauchfelltasche,  wenn  nur  die 
Bruchpforte  genügend  eng  und  der  Binnenraum  der  Tasche  ge- 
nügend weit  ist,  um  eine  kleine,  in  dieselbe  eintretende  Darm- 
sclilinge  dauernd  aufzunehmen.  Wenn  endlich  — wie  in  dem  von 
Landzert  (p.  35)  beschriebenen  Falle  — eine  unzweifelhafte,  sehr 
grosse  Hernia  duodeno-jejunalis  sich  fast  gänzlich  zwischen  die 
beiden  Blätter  des  Mesocolon  transversum  hineingelagert 
hat2),  so  ist  damit  der  Beweis  geliefert,  dass  selbst  für  grosse  der- 
artige Brüche  unter  Umständen  die  von  Treitz  vorgeschlagene  Be- 
zeichnung einer  Hernia  retroperitonealis  in  keiner  Weise  aufrecht 
erhalten  werden  kann. 

1)  Betreffs  dieser  und  aller  übrigen  in  dieser  Arbeit  citirten  Autoren  ist 
das  alphabetische  Inhaltsverzeichnis  am  Schluss  des  Werkes  nachzu- 
sehen. Die  Seitenzahl  bezieht  sich  stets  auf  das  Werk  des  betreffenden  Autors. 
Wo  sich  dieselbe  auf  meine  Arbeit  bezieht,  ist  dies  durch  die  Buchstaben  d.  A. 
bezeichnet. 

2)  Ich  kann  nicht  umhin,  hier  auf  den  unlösbaren  Widerspruch  aufmerksam 
zu  machen,  welcher  zwischen  dem  S.  47,  Fig.  5,  von  Landzert  gegebenen  Schema 
und  der  auf  Taf.  I,  Fig.  4 befindlichen  Abbildung  seines  Falles  besteht.  Nach 
dem  Schema  würde  sich  das  Colon  transv.  entweder  gar  nicht  nach  oben  hiuüber- 
legen  lassen  oder  es  müssten  dann  die  im  Bruchsack  enthaltenen  Dünndarm- 
schlingen frei  zu  Tage  treten.  Auf  Fig.  4 sehen  wir  aber  das  Colon  transversum 
nach  oben  zurückgelegt  und  trotzdem  fast  den  ganzen  Dünndarm  im  Bruchsack 
stecken.  Nach  dem  Schema  bildet  ferner  das  untere  Blatt  des  Mesocolon  den 
Bruchsack,  nach  Fig.  4 ist  der  Bruchsack  zwischen  beido  Blätter  des  Mesocolon 
transv.  eingelagert.  S.  35  sagt  Landzert:  „Der  obere  Theil  (des  Sackes) 
liegt  im  Mesocolon  transversum,  während  der  untere  Theil  in  das  Mesocolon 


9 


Ziehe  icli  also  das  Facit  der  vorstehenden  Betrachtungen,  so 
lässt  sich  sagen,  dass  der  Bruchsack  einer  Hernia  abdominalis 
interna  vera  durchaus  nicht  immer  in  das  retroperitoneale  Binde- 
gewebe eingelagert  zu  sein  braucht,  wenngleich  sich  derselbe  unter 
Umständen  in  das  letztere  hineindrängen  kann.  Consequenter 
Weise  können  wir  also  nicht  jede  derartige  Hernis  als  retro- 
peritoneal  bezeichnen.  Da  sich  aber  der  langgedehnte  und  dabei 
immer  noch  nicht  einmal  sehr  präcise  Ausdruck  „Hernia  abdomi- 
nalis interna  vera“  bisher  in  keiner  Weise  einzubürgern  vermocht 
hat,  so  möchte  ich  mir  den  Vorschlag  erlauben,  ihn  durch  einen 
kürzeren,  das  Wesen  der  Sache  viel  besser  bezeichnenden  zu  er- 
setzen und  eine  solche  Hernie  einfach  als  intraabdominal 
oder  auch  in tra ventral  zu  bezeichnen.  Wie  wir  unter  der  Be- 
zeichnung Thorax  (im  engeren  Sinne)  nur  die  Brustwandungen 
verstehen  und  die  beiden  serösen  Säcke,  das  Pericard  und  die 
Pleura,  trotz  ihrer  theilweisen  Verwachsung  mit  den  letzteren  be- 
reits zu  den  Brusteingeweiden  rechnen,  so  werden  auch  seit  Alters- 
her  unter  der  Bezeichnung  Abdomen  s.  Venter  (im  engeren  Sinne)  nur 
die  Wandungen  des  Bauches  verstanden,  insoweit  dieselben  durch 
die  Knochen  und  Bänder  der  Wirbelsäule  und  des  Beckens,  durch 
die  Bauch-  und  Hüftmuskeln,  das  Zwerchfell  und  das  Diaphragma 
pelvis,  endlich  durch  die  zu  den  letztgenannten  Muskeln  gehörigen 
Fascien  gebildet  werden.  Das  Peritoneum  würde  dagegen  schon 
zu  den  Baucheingeweiden  gehören  und  somit  in  der  Bauchhöhle, 
im  Cavum  abdominis  gelegen  sein.  Intraabdominale  Hernien 
sind  somit  alle  diejenigen,  deren  Bruchpforte  im  Cavum  abdominis 
gelegen  ist  und  welche  unter  keinen  Umständen,  selbst  bei  stärkster 
\ ergrösserung  aus  dem  Cavum  abdominis  heraustreten  können. 
Auch  werden  die  Bauchwandimgen  durch  diese  Brüche  niemals 
alterirt.  Als  extraabdominale  Hernien  (äussere  Unterleibs- 
hernien) würden  im  Gegensatz  dazu  alle  diejenigen  Brüche  zu  be- 
zeichnen sein,  deren  Annulus  in  der  Bauchwand  liegt  und  deren 


descendens  fast  bis  zum  Promontorium  sich  herabsenkt“;  das  letztere  stimmt 
aber  in  keiner  Weise  mit  Tafel  I,  Fig.  4,  überein.  Bei  diesen  Widersprüchen 
ist  es  nur  möglich,  sich  nicht  an  das  Schema  sondern  an  die  Originalabbildungen 
auf  Taf.  I,  Fig.  3 und  4,  zu  halten,  welche  übrigens  aufs  Deutlichste  zeigen,  dass 
der  Bruch  sich  zwischen  die  Blätter  des  Mesocolon  transv.  eiugelagert  hat.  Ich 
bemerke  dabei,  dass  ich  der  Einfachheit  wegen  für  diese  Betrachtung  an  dem 
letzteren  nur  zwei  Blätter  angenommen  habe,  ein  oberes,  welches  in  den  Saccus 
epiploicus  sieht,  und  ein  unteres,  welches  die  Dünndärme  bedeckt. 


10 


Sack  aus  der  Bauchhöhle  hervorgetreten  ist  oder  wenigstens  hervor- 
treten könnte.  Da  es  nun  aber  gewisse  Hernien  giebt,  deren 
Bruchpforte  zwar  in  den  Abdominalwandungen  gelegen  ist,  welche 
aber  nicht  durch  die  letzteren  hindurchtreten,  sondern  sich  zwischen 
die  einzelnen  Elemente  oder  Schichten  derselben  hineinschieben, 
so  wäre  man  gezwungen,  neben  den  beiden  letztgenannten  Arten 
von  Brüchen  noch  eine  Zwischenstufe  anzunehmen,  welche  man 
Herniae  inte r abdominales  benennen  könnte.  Als  retroperito- 
neal  würden,  aber  nur  diejenigen  Herniae  intraabdominales  zu  be- 
zeichnen sein,  deren  Bruchsack  sich  bei  weiterer  Yergrösserung 
in  das  retroperitoneale  Bindegewebe  vordrängt,  indem  er  dabei 
das  parietale  Blatt  des  Peritoneum  von  der  hinteren  Bauchwand 
ablöst. 

Unter  den  intraabdominalen  Hernien  müssen  wir  nun  wiederum 
zwei  sehr  wesentlich  von  einander  verschiedene  Kategorien  aus- 
einander halten.  Die  erste  Art  verdankt  ihre  Entstehung  in  letzter 
Linie  irgend  welchen  pathologischen  Vorgängen;  in  diese  Kate- 
gorien würde  z.  B.  eine  Hernie  gehören,  welche  dadurch  entstan- 
den wäre,  dass  sich  in  eine  durch  peritonitische  Vorgänge  gebildete 
Peritonealtasche  Darm tli eile  hineingeschoben  haben.  Hierher  würden 
auch  diejenigen  Hernien  zu  rechnen  sein,  welche  das  Endergebnis 
einer  Beduction  en  niasse  von  ursprünglich  extraabdominal  gele- 
genen Hernien  darstellten  u.  a.  m.  Die  zweite  Kategorie  von 
intraabdominalen  Hernien  hat  primär  mit  der  Pathologie  nicht  das 
Mindeste  zu  thun;  sie  entwickeln  sich  in  Peritonealtaschen,  welche 
auf  völlig  physiologischem  Wege  entstanden  sind.  Jonnesco 
characterisirt  diese  Kategorie  als  Hernien,  welche  sich  „in  einer 
normalen  praeexistirenden  Tasche  des  Peritoneum“  bilden.  Nach 
den  bisherigen  Anschauungen  über  die  Entstehung  dieser  Hernien 
wäre  diese  Definition  zweifellos  richtig.  Indessen  gedenke  ich  in 
dieser  Arbeit  weiterhin  zu  zeigen,  dass  ein  Theil  dieser  Hernien 
in  abnormen  Peritonealtaschen  seine  Entstehung  nimmt,  d.  h.  in 
Taschen,  welche  zwar  auf  völlig  physiologischem  Wege  entstanden 
sind,  welche  man  aber  doch  wegen  ihrer  Seltenheit  ebensowenig 
wie  einen  dritten  Kopf  des  Biceps  oder  ein  offen  gebliebenes  For. 
ovale  als  etwas  Normales  bezeichnen  kann.  Ich  möchte  somit  die 
von  Jonnesco  gegebene  Definition  dahin  erweitern,  dass  ich  zu 
dieser  Kategorie  alle  diejenigen  Hernien  rechne,  welche  sich  in 
normalen  oder  abnormen  Peritonealtaschen  entwickeln,  insoweit 
die  letzteren  auf  physiologischem  Wege  entstanden  sind.  Nur 


11 


* diese  Art  von  Brüchen  soll  in  meiner  vorliegenden  Arbeit  Erörterung 
finden.  Die  genauere  Bezeichnung  der  einzelnen  Arten  von  Intra- 
abdominalhernien kann  sich  selbstverständlicherweise  nur  nach  der 
primären  Eintrittspforte  richten;1)  etwaige  Organe,  welche  die  letztere 
bilden,  werden  uns  oft  genug  allein  über  die  Entstehungsart  der- 
artiger Brüche  zur  Klarheit  verhelfen.  Wohin  sich  dann  eine  solche 
Hernie  bei  weiterer  Vergrösserung  begiebt,  ob  ins  retroperitoneale 
Bindegewebe  oder  zwischen  die  beiden  Blätter  eines  freien  Ge- 
kröses oder  an  irgend  eine  andere  Stelle,  kann  für  ihre  Benennung 
immer  erst  in  zweiter  Linie  maassgebend  sein,  weil  alle  diese  Dinge  zu 
flüssig,  zu  sehr  von  individuellen  anatomischen  V erhältnissen  abhängig 
sind.  Nur  die  Elemente,  welche  die  Bruchpforte  constituiren, 
müssen  trotz  aller  etwaigen  Dehnungen,  Zerrungen  und  Loco- 
motionen  schliesslich  immer  dieselben  bleiben,  nichtiger  gesagt,  wie 
sehr  sich  auch  eine  solche  Bruchpforte  vergrössert,  wir  müssen 
wenigstens  an  einem  bestimmten  Abschnitt  ihres  Umfanges  immer  die- 
jenigen Elemente  wiederfinden,  durch  welche  sie  ursprünglich  formirt 
war.  Ich  möchte  endlich  noch  einen  Punkt  betonen.  Wenn  Treitz 
(loc.  cit.  p.  11)  sagt,  dass  die  Anlage  zu  jeder  Hernie  drei  Be- 
dingungen involvirt,  nämlich  eine  nachgiebige  Vertiefung  des  Peri- 
toneum, einen  resistenten  Bing  und  endlich  einen  beweglichen 
Darm,  der  gegen  diese  Vertiefung  andringt,  so  ist  darauf  zu  er- 
widern, dass  die  peritoneale  Vertiefung  nicht  einmal  nachgiebig  zu 
sein  braucht,  wenn  sie  nur  genügend  geräumig  ist  und  wenn  nur 
der  resistente  Ring  genügend  eng  ist,  d.  h.  wenn  derselbe  einen 
kleineren  Durchmesser  als  der  Hohlraum  der  Tasche  besitzt.  Der 
Ring  muss  gerade  so  weit  sein,  dass  er  auf  eine  eingetretene  Darm- 
schlinge bei  weiterer  Volumszunahme  der  letzteren  einen  Druck 
ausübt,  welcher  dieselbe  in  der  Bruchtasche  zurückhält  und  auch 
bei  einer  Vergrösserung  der  Hernie  zweifellos  eine  gewisse  Rolle 
spielt.  Wenn  dagegen  eine  Peritonealtasche  eine  so  grosse  Eingangs- 
öffnung besitzt,  dass  Darmschlingen  durch  die  letztere  ohne  jede 
Schwierigkeit  ein-  und  austreten  können,  so  möchte  ich  den  schon 


b Schon  Treitz  (loc.  cit.  p.  102)  sagt  dort,  wo  er  die  Bezeichnung 
Hernia  retroperitonealis  motivirt:  „Vielleicht  wäre  eine  Benennung  zweck- 
mässiger gewesen,  die  sich  auf  die  Bruchpforte  bezogen  hätte;  das  hat  sich  aber 
nicht  machen  wollen,  ohne  zu  Missverständnissen  Anlass  zu  geben.“  Ich  muss 
sagen,  ich  kann  nicht  sehen,  dass  dieser  Wog  irgendwie  zu  Missverständnissen 
oder  falschen  Vorstellungen  führt:  die  letzteren  entstehen  erst,  wenn  die  Hernie 
nach  der  Lage  des  Bruchsacks  benannt  wird. 


12 


von  Landzert  (p.  47)  erhobenen,  aber  etwas  schüchtern  ge- 
besserten Bedenken  aufs  Entschiedenste  dahin  beistimmen,  dass 
man  da  nicht  von  einer  Hernie  sprechen  kann,  selbst  wenn  man 
bei  Eröffnung  der  Bauchhöhle  in  einem  solchen  Recessus  zufälliger- 
weise eine  oder  einige  Darmschlingen  vorfindet.  Sonst  müssten 
wir  es  auch  eine  Hernie  nennen,  wenn  wir  im  vorderen  oder  hinteren 
Douglas’schen  Raum  Darmtheile  vorfinden,  welche  sich  im  Uebri- 
gen  ganz  leicht  aus  diesen  Buchten  herausziehen  lassen.  Doch 
muss  hierbei  bemerkt  werden,  dass  es  wirkliche  grosse  intraabdo- 
minale Hernien  giebt,  bei  denen  sich  ein  ursprünglich  kleiner 
Annulus  später  durch  Dehnung  oder  theilweise  Atrophie  seines 
Randes  so  enorm  vergrössert  zu  haben  scheint,  dass  schliesslich 
ein  Theil  der  im  Bruchsack  befindlichen  Darmschlingen  wieder  durch 
die  Oeffnung  zurückfallen  konnte.  Ja,  man  kann  selbst  bei  gewissen 
grossen  leeren  Peritonealtaschen  im  Zweifel  sein,  ob  sie  immer  so 
gross  gewesen  sind  oder  ob  sie  erst  durch  einen  später  wieder 
herausgefallenen  Bruch  so  ausgeweitet  sind.  Indessen  können  der- 
artige Fälle  au  meinen  obigen  Bemerkungen  nichts  ändern.  Ich 
> möchte  somit  die  drei  Postulate  von  Treitz  dahin  erweitern,  dass 

der  Ring  nicht  nur  resistent,  sondern  auch  von  einer  gewissen 
Enge  sein  muss,  wenn  eine  Darmschlinge  in  denselben  hineinge- 
rathen  und  sich  zu  einer  Hernie  entwickeln  soll.  Wie  wir  sehen, 
verhalten  sich  somit  die  intraabdominalen  Hernien  in  dieser  Bezie- 
hung anders  als  die  extraabdominalen,  bei  denen  die  Grösse  der 
Bruchpforte  eine  ganz  nebensächliche  Rolle  spielt.  Gehe  ich  nun 
von  den  eben  explicirteu  Gesichtspunkten  aus,  so  kann  ich  die 
physiologischen  Intraabdominalhernien  unter  theilweiser  Anlehnung 
an  Jo nn es co  in  folgende  Arten  einth eilen:  1)  Hernien  des 
Eor.  Winslowi,  2)  Herniae  intersigmoideae,  3)  Peri- 
caecale Hernien,  4)  Herniae  duodeno-jejunales  sinistrae 
( llernies  duodenales  gauches  von  Jonnesco),  5)  Herniae  para- 
jejunales  ( Iler  nies  duodenales  droites  von  Jonnesco). 

Bevor  ich  jedoch  zu  einer  Erörterung  dieser  Arten  von 
Hernien  und  ihrer  Bildungsstätten  iibergelie,  kann  ich  nicht  umhin 
einen  kurzen  Abriss  der  Entwicklungsgeschichte  normaler  Peritoneal- 
formationen zu  geben,  wie  ich  mir  dieselbe  auf  Grund  von  bereits 
bekannten  und  von  eigenen  Untersuchungen  denke.  Wie  man, 
sehen  wird,  enthält  meine  Darstellung  im  Wesentlichen  eine  Be- 
stätigung der  von  Toi  dt  in  seiner  ersten  Arbeit  bereits  ausführ- 
lich dargelegten  und  begründeten  Anschauungen:  die  mehr  unter- 


13 


geordneten  Punkte,  in  welchen  icli  von  ihm  abweiche  oder  ihn  er- 
gänze, werden  zum  Theil  noch  später  ihre  Erwähnung  finden. 
Wenn  ich  nichtsdestoweniger  in  dem  folgenden  Abschnitt  Bekanntes 
wiederhole,  so  geschieht  es  einmal  deswegen,  weil  ich  im  weiteren 
Laufe  dieser  Arbeit  doch  nicht  selten  gezwungen  sein  werde,  auf 
die  Entwickelungsgeschichte  zurückzugreifen  und  nach  diesen  all- 
gemeinen Erörterungen  besser  verstanden  zu  werden  hoffe.  Anderer- 
seits sehe  ich  z.  B.  aus  einer  erst  kürzlich  erschienenen  Arbeit 
von  Jonnesco1),  dass  die  Toi  dt’ sehen  Anschauungen,  wenn- 
gleich hier  und  da  von  einzelnen  Autoren  anerkannt,  doch  noch 
keineswegs  allgemein  genug  gewürdigt  sind,  als  dass  sie  nicht 
eine  erneute  ausdrückliche  Bekräftigung  und  Bestätigung  erfahren 
könnten.  Mein  eigenes  Untersuchungsmaterial  bezieht  sich  auf 
gegen  50  Embryonen  von  1 1/2  Monaten  bis  gegen  Ende  der 
Schwangerschaft.  Für  die  Zuwendung  dieses  Materials  möchte  ich 
den  Herren  Dr.  Schmidt,  Engel  und  Vowinkel,  sowie  insbe- 
sondere Herrn  Geheimrath  Waldeyer  meinen  besten  Dank  aus- 
sprechen 


I.  Allgemeines  über  die  Entwickelung  des  Peritoneum. 

Es  ist  bekannt,  dass  der  Magen-Darmkanal  des  menschlichen 
Embiyo  etwa  zu  Beginn  der  vierten  Woche  noch  ein  annähernd 
geradliniges  Rohr  darstellt,  dessen  hintere  oder  dorsale  Wand  durch 
ein  median  gestelltes,  bandartiges,  schmales  Plättchen,  das  sogen, 
primitive  Darmgekröse,  mit  der  Mittellinie  der  hinteren  Rumpf- 
wand verbunden  ist.  Bei  dem  späteren  Magen  ist  dieses  (hintere 
oder  dorsale)  Gekröse  an  die  grosse  Curvatur  angeheftet.  Ausser- 
dem ist  jedoch  die  spätere  kleine  Curvatur  des  Magens  und  der 
Antangstheil  des  Duodenum  noch  mit  der  oberen  und  vorderen 
Bauchwand  durch  ein  zweites  (vorderes  oder  ventrales)  Gekröse 

‘J  Jonnesco,  Anat.  topographique  du  duodenurn  et  hernies  duodenales. 
J .logies  medical.  Paris  1889.  Lecrosnier  et  Babe,  p.  22 — 37.  In  dieser  Arbeit 
finde  ich  z.  B.  zwei  Reproductionen  aus  einem  Memoire  von  Farabeuf  (Fig. 
10  lind  Fig.  11),  auf  denen  der  Vorgang  der  sog  „Torsion“  des  Dickdarms  in 
einer  Weise  dargestellt  ist,  welche  nicht  im  mindesten  den  thatsächlichen  Ver- 
hältnissen entspricht.  Auch  die  Schilderung  der  Fixation  des  ursprünglich  all- 
seitig freien  Duodenum  und  Mesoduodenum  an  die  rechte  Hälfte  der  hinteren 
Bauchwand  (p.  33)  und  viele  andere  Details  zeigen,  dass  Jonnesco  die 
Toi  dt  sehen  Untersuchungen  entweder  nicht  richtig  verstanden  oder  absichtlich 
ignorirt  hat,  obschon  ihm  übrigens  die  Toi  dt 'sehe  Arbeit  wohlbekannt  ist. 


14 


verbunden,  in  welches  die  Leber  nebst  ihrem  Ausführungsgang 
eingelagert  ist  und  aus  welchem  sich  später  das  Omentum  minus 
und  die  Aufhängebänder  der  Leber  entwickeln.  Indessen  schon 
etwa  in  der  sechsten  Woche  des  embryonalen  Lebens  sind  an  dem 
ursprünglich  geradlinig  in  der  Leibesmitte  gelegenen  Darmrohr 
deutlich  drei  Abschnitte  zu  unterscheiden  (s.  Fig.  1),  von  denen 
der  erste  dem  Verbreitungsbezirk  der  A.  coeliaca,  der  zweite 
demjenigen  der  A.  mesenterica  sup.,  der  dritte  dem  der  A.  me- 
senterica  inf.  entspricht. 

Der  erste  Abschnitt  besteht  aus  dem  Magen  und  Duo- 
denum nebst  einem  ihnen  zunächst  noch  gemeinsamen  Gekröse,  dem 
sogen.  Mesogastrium,  welches  man  somit  eigentlich  Mesogastrioduo- 
denum nennen  sollte.  Der  Magen  ist  schon  der  Form  nach  als  solcher 
gut  erkennbar;  seine  kleine  Curvatur  ist  nach  vorn  und  rechts, 
seine  grosse  Curvatur  nach  links  und  hinten,  der  Fundus  oben  und 
hinten,  der  Pylorus  annähernd  in  der  Medianebene  gelegen. 2)  Der 
Pylorus  geht  in  das  Duodenum  über,  welches  eine  mit  der  Con- 
vexität  nach  rechts  und  vorn  gerichtete  Schlinge  bildet,  in  deren 
Concavität  zwischen  den  beiden  Blättern  des  Duodenalgekröses 
der  Kopf  des  Pancreas  eingelagert  ist,  während  sein  Körper  uud 
Schwanz  sich  weiter  nach  links  und  oben  in  das  eigentliche  Magen- 
gekröse hineinerstrecken.  Ebenfalls  zwischen  den  beiden  Blättern 
des  Mesogastrium  oberhalb  der  Cauda  pancreatis  ist  noch  die 
Milzanlage  dicht  neben  der  grossen  Curvatur  gelegen.  Von  der 
hinteren  Bauchwand  ist  das  Duodenum  durch  die  Leber  getrennt, 
welche  überhaupt  in  dieser  Zeit  so  stark  entwickelt  ist,  dass  sie 
fast  die  ganze  obere  Hälfte  des  Cavum  abdominis  einnimmt.  Das 
Ende  des  Duodenum,  die  spätere  Flexura  duodeno-jejunalis,  ist  wieder 
in  der  Medianebene  gelegen  und  besitzt  gar  kein  Gekröse;  diese 
Stelle  ist  schon  sehr  frühzeitig  unmittelbar  an  die  hintere  Rumpf- 
wand angeheftet,  so  dass  das  Darmrohr  hier  eine  mit  der  Conca- 
vität nach  vorn  gekehrte  Einbiegung  bildet. 

Der  zweite  Abschnitt,  die  von  Toldt  sogen  Nabel- 
schleife des  Darmes  bildet  eine  langgestreckte  Schlinge,  deren 
vorderes  Ende  in  den  Nabelstrang,  in  eine  dort  befindliche  bucht- 
artige Fortsetzung  des  Cavum  peritonei  eingelagert  ist.  Geht  man 
von  der  Flexura  duodeno-jejunalis  ans,  so  kann  man  an  dieser 


‘)  Für  die  Bezeichnungen  oben  und  unten  ist  der  Embryo  in  aufrechter 
Stellung  gedacht. 


15 


Schlinge  einen  proximalen  Schenkel  (absteigenden  Schenkel  von 
Toldt),  die  Umbiegungsstelle  und  einen  distalen  Schenkel 
(rücklaufenden  Schenkel  von  Toldt')  unterscheiden.  Beide  Schenkel 
verlaufen  einander  parallel  durch  den  Bauchraum  und  sind 
durch  ein  schmales  Gekrösplättchen  verbunden,  in  welchem  die 
A.  mesent.  sup.  verläuft  und  dessen  schmale  Wurzellinie  dem- 


Schematische  Darstellung  der  Entwicklung  des 
Peritoneums  und  Darmkanals  nach  Toldt  aus  6.,  8.  und 
14.  Woche  des  Embryonallebens. 

A.  Aorta,  Ma.  Magen,  Mi.  Milz,  P.  Pankreas,  Z.  Zwölffingerdarm  (in  Fig.  3 vom 
esocolon  bedeckt)  B.  Blinddarm,  Cd.  Colon  descendens,  F.  d.  j.  Flex.  duod.- 
jejunais,  F.  c.  s.  Flex.  coli  sin.,  F.  c.  d.  Stelle  d.  spät.  Flex.  coli  dextra,  F.  s. 
' ex.  sigmoidea,  Me.  Mesogastrium  (in  den  axialen  Theil  desselben,  der  den 
voiper  und  Schweif  des  Pankreas  enthält,  eingeschrieben),  Z.  Gt  Duodenum- 
anthen  des  Mesogastrium  mit  dem  Kopf  des  Pankreas,  G.  N.  Netzantheil  des 
Mesogastrium  Das  Mesogastrium  enthält  in  Fig.  1 und  2 die  A.  coeliaca  (roth). 
s.  Bezuk  d.  A.  mesent.  sup.,  M.  c.  d.  Mesocolon  decendens  mit  d.  A.  mesent. 
inf.,  ch  Ductus  ckoledochus. 


gemäss  auch  dem  Ursprung  dieser  Arterie  an  der  hinteren 
Rumpfwand  entspricht.  Dabei  ist  schon  relativ  früh  der  proximale 
Schenkel  mehr  links  gelegen,  so  dass  in  Folge  dessen  die  ganze 


16 


Nabelschleife  nebst  ihrem  Gekröse  nicht  eigentlich  in  einer  sa- 
git.talen,  sondern  mehr  in  einer  horizontalen  Ebene  steht.  Die 
Nabelschleife  entspricht  dem  Jejunum,  Ileum,  Coecum,  Colon  as- 
cendens  und  Colon  transvemim.  Die  erste  Anlage  des  Coecum 
und  Proc.  vermiformis  ist  durch  einen  kleinen  Buckel  markirt,  welcher 
sich  am  vorderen  Theil  des  distalen  Schenkels  befindet.  Dem  Dünn- 
darm gehören  somit  der  ganze  proximale  und  der  Anfangstheil  des 
distalen  Schenkels  an,  dem  Dickdarm  der  Rest  des  distalen  Schen- 
kels. Der  Dünndarmabschnitt  der  Nabelschleife  ist  somit  schon 
jetzt  relativ  gross,  der  Dickdarmabschnitt  derselben  relativ  klein. 
Mittelst  einer  neuen,  ziemlich  scharfen,  dicht  neben  lind  links  von 
der  Flexura  duodeno-jejunalis  gelegenen  Krümmung  geht  die  Nabel- 
schleife in  das  sogen.  Endstück  des  Darmes  über.  Diese 
Krümmung  ist  die  spätere  Flexura  coli  sin.  s.  lienalis. 

Der  dritte  Abschnitt  des  Darmrohres,  das  eben  erwähnte 
Endstück,  ist  zunächst  nur  mittelst  eines  kurzen  Gekröses  an 
die  Medianlinie  der  hinteren  Bauchwand  befestigt  und  entspricht 
dem  Colon  descendens,  S romanum  und  Rectum.  Dieser  Abschnitt 
bildet  somit  den  Gekrösbezirk  der  A.  mesenterica  inf. 

Im  weiteren  Laufe  der  Entwickelung  gehen  nun  an  den 
Bauchorganen  eine  Anzahl  von  Veränderungen  vor  sich,  welche 
im  wesentlichen  darauf  zurückzuführen  sind,  dass  diese  Organe  un- 
gleichmässig  wachsen.  Da  die  letzteren  aber  gezwungen  sind, 
sich  in  einem  beschränkten  Raume,  dem  Cavum  abdominis,  einan- 
der zu  adaptiren,  so  resultireu  hieraus  auch  gewisse  Lageverände- 
rungen derselben,  welche  ich  nach  einander  beschreiben  will,  ob- 
schon dieselben  natürlich  grösstenteils  nebeneinander  verlaufen. 
Zunächst  wendet  sich  der  schon  im  vorigen  Entwicklungsstadium 
als  ein  wenig  schiefstehend  beschriebene  Magen  mit  seiner  ursprüng- 
lich nach  hinten  gerichteten  grossen  Curvatur  mehr  nach  links 
und  vorn,  so  dass  seine  linke  Fläche  gänzlich  zur  vorderen,  seine 
rechte  zur  hinteren  wird.  Diese  Locomotion  ist  natürlich  Hin- 
unter der  Bedingung  möglich,  dass  sich  auch  das  Mesogastrium 
zwischen  seinen  beiden  Ansatzlinien  an  der  Wirbelsäule  und  an  der 
grossen  Curvatur  erheblich  verbreitert  hat.  In  der  That  schreitet 
das  Wachsthum  des  Mesogastrium  mehr  und  mehr  fort,  bis 
dasselbe  schliesslich  einen  in  sagittaler  Richtung  abgeplatteten, 
mit  dem  blinden  Ende  nach  links  und  unten  gerichteten  Sack 
bildet , welcher  die  erste  Anlage  des  künftigen  Saccus  epi- 
ploicus  darstellt.  An  diesem  Sack  kann  man  nun  eine  hintere 


17 


(dorsale)  und  eine  vordere  (ventrale)  Wand  unterscheiden.  Die 
hintere  Wand  geht  von  dem  medianen  Rumpfansatz  des  Meso- 
gastrium  bis  zur  Milz,  dem  unteren  Rande  des  Pankreas  und  dem 
blinden  Ende  des  Sackes  und  liegt  somit  dem  parietalen  Peritoneal- 
blatt der  linken  Hälfte  der  hinteren  Bauchwand  lose  an.  Die 
vordere  Wand  erstreckt  sich  wiederum  von  der  Milz,  dem  Pankreas 
und  dem  blinden  Ende  des  Sackes  bis  zum  Ansatz  an  die  grosse 
Curvatur  und  entspricht  somit  ungefähr  dem,  was  später  als  grosses 
Netz,  Omentum  majns,  bezeichnet  wird.  Schon  im  dritten  Monat 
lässt  sich  der  ebenerwähnte  mesogastrische  Sack  ganz  ebenso  wie 
der  spätere  Netzbeutel  aufblasen.  Man  constatirt  alsdann,  dass 
nicht  nur  die  vordere,  ventrale,  sondern  auch  die  hintere,  dorsale 
Wand  allseitig  frei  ist,  d.  h.  die  hintere  Wand  ist  nur  in  der 
Medianlinie  der  hinteren  Rumpfwand,  die  vordere  nur  an  der  grossen 
Curvatur  des  Magens  befestigt.  Der  untere  und  laterale  Rand  der 
dorsalen  Sackwand  sind  es,  welche  die  Milz,  das  Pankreas  und 
die  am  oberen  Rande  des  letzteren  dahinziehenden  Milzgefässe  ent- 
halten. Während  nun  der  Magen  mit  seiner  grossen  Curvatur  eine 
Wendung  nach  links  und  vorne  macht,  wendet  sich  das  Duodenum 
nebst  dem  in  seinem  Gekröse  enthaltenen  Pankreaskopf  im  Gegen- 
theil  allmählich  mit  seiner  Convexität  nach  rechts  und  hinten, 
wobei  jedoch  sein  oberes  und  sein  unteres  Ende  annähernd  in  der 
Medianlinie  verharren.  Diese  Wendung  ist,  beiläufig  gesagt,  im 
wesentlichen  darauf  zurückzuführen,  dass  die  ursprünglich  mit  ihrem 
hinteren  Abschnitt  zwischen  das  Duodenum  und  die  hintere  Bauch- 
wand eingeschobene  Leber  in  ihrem  Wachsthum  gegen  die  übrigen 
Bauchorgane  nicht  unerheblich  zurückbleibt,  während  sich  anderer- 
seits Darmschlingen  zwischen  das  Duodenum  und  die  vordere 
Bauchwand  einschieben.  Das  Endresultat  dieser  Wendung  ist,  dass 
die  ursprünglich  rechte  Fläche  des  Duodenum  und  Pankreaskopfes 
sich  mehr  und  mehr  der  rechten  Hälfte  der  hinteren  Bauchwand 
nähert,  bis  sie  die  letztere  schliesslich  (und  zwar  zuerst  mit  ihrem 
untersten  Abschnitt)  berührt. 

Indessen  von  noch  grösserer  Wichtigkeit  für  das  Zustandekommen 
der  bleibenden  intraabdominalen  Lageverhältnisse  ist  das  Aveitere 
Wachsthum  der  Nabelschleife.  Hier  findet  nämlich  in  dem 
Dünndarm  ab  schnitt  schon  ziemlich  früh  eine  relativ  starke  Prolife- 
ration statt,  welche  sich  darin  äussert,  dass  zuerst  an  dem  Scheitel, 
dann  am  proximalen  Schenkel  der  Schleife  bogenförmige  Schlingen 
auftreten,  von  denen  noch  gegen  Ende  des  zweiten  Monats  einzelne 

ßroesike,  Hernien.  2 


18 


in  der  Nabelschnur  gelegen  sind.  Das  Wachsthum  dieser  Dünndarm- 
schlingen  macht  so  energische  Fortschritte,  dass  sie  sehr  bald  ein 
ansehnliches  Convolut  bilden,  welches  den  untersten  Abschnitt  des 
Bauchraumes  fast  vollständig  einnimmt.  Der  Dick  dann  ab  schnitt 
der  Nabelschleife  dagegen  wächst  nur  in  sehr  geringem  Grade  und 
bleibt  demgemäss  auch  noch  lange  Zeit  gerade  gestreckt.  Die  Folge 
dieses  verschiedenen  Wachstlmms  der  beiden  Abschnitte  der  Nabel- 
schleife ist  nun,  dass  der  Dickdarmabschnitt,  d.  li.  also  das  Stück 
vom  Blinddarm  bis  zur  Flexura  coli  sin.  durch  das  Dünndarm- 
convolut  in  die  Höhe  gehoben  wird.  Der  Blinddarm  befindet  sich 
somit  zu  einer  gewissen  Zeit  etwas  oberhalb  des  Nabels,  wo 
er  in  der  Medianlinie  der  vorderen  Bauchwand  dicht  anliegt: 
von  hier  verläuft  der  Dickdarmabschnitt  der  Nabelschleife  oberhalb 
der  Dünndarmschlingen  bis  zu  der  mehr  nach  oben  und  hinten  ge- 
legenen Flexura  coli  sin.,  um  alsdann  nach  abwärts  in  das  Colon 
descendens  überzugehen.  Hand  in  Hand  mit  den  eben  beschriebe- 
nen Wachsthumsveränderungen  des  Darmtheils  der  Nabelschleife 
geht  natürlich  auch  eine  Verbreiterung  ihres  ursprünglich  nur  sehr 
schmalen  Gekrösplättcliens : doch  bleibt  die  ziemlich  horizontal  ge- 
legene, dem  Ursprung  der  A.  mesent.  sup.  entsprechende  Wurzel- 
linie des  letzteren  längere  Zeit  noch  sehr  schmal,  so  dass  das  aus- 
gebreitete Gekröse  der  ehemaligen  Nabelschleife  dann  — wie 
Toi  dt  sehr  treffend  sagt — einem  entfalteten  Fächer  gleicht,  dessen 
freier  Band  von  Darmschlingen  umsäumt,  dessen  Stiel  an  die  hintere 
Bumpfwand  festgeheftet  wäre. 

Die V eränderungen,  welche  sich  an  demEndstückdesD a r m e s 
vollziehen,  äussern  sich  neben  einem  relativ  geringen  Längen- 
wachsthum hauptsächlich  in  einer  Verbreiterung  seines  Gekröses. 
Da  sich  nun  aber  die  Dünndarmschlingen  grössten theils  aus  dem 
schon  sehr  frühzeitig  rechts  gelegenen , proximalen  Schenkel 
der  Nabelschleife  entwickeln  und  somit  auch  zunächst  die  rechte 
Hälfte  der  Bauchhöhle  ausfüllen,  so  muss  das  Endstück  des  Darmes 
nebst  seinem  Gekröse  nach  links  hinübergedrängt  werden.  Man 
kann  somit  jetzt  an  diesem  Gekröse  eine  vordere  und  eine  hintere 
Fläche  unterscheiden,  von  denen  die  letztere  dem  Peritoneum 
parietale  der  linken  Hälfte  der  hinteren  Bauchwand  unmittelbar 
anliegt.  Schon  ziemlich  früh  ist  in  der  linken  Darmbeingegend 
die  erste  Andeutung  der  Flexura  sigmoidea  in  Gestalt  einer  Aus- 
biegung wahrzunehmen. 

Indessen  von  noch  grösserer  Bedeutung  für  das  Zustandekommen 


19 


der  bleibenden  Lageverhältnisse  in  der  Bauchhöhle  sind  eine  Anzahl 
von  physiologischen  Verwachsungen  zwischen  den  freien 
Flächen  von  benachbarten  Baucheingeweiden  und  ihren  Gekrösen 
— Verwachsungen,  welche  ebenso  wie  die  vorhin  geschilderten 
Wachstlmms-  und  Lageveränderungen  in  völlig  gesetzmässiger 
Weise  verlaufen  und  sich  schon  dadurch  als  etwas  durchaus 
Normales  charakterisiren.  Von  diesen  physiologischen  Verlöthungen 
war  vor  den  Toldt'scheu  Untersuchungen  nur  wenig  bekannt 
und  das  Wenige  in  keiner  Weise  genügend  gewürdigt.  Man  wusste 
wohl  seit  Meckel,  dass  schon  während  des  intrauterinen  Lebens 
eine  bestimmte  Partie  des  grossen  Netzes  mit  der  oberen  Fläche 
des  Mesocolon  transversum  verschmilzt,  und  dass  während  des 
extrauterinen  Lebens  der  vom  Colon  transversum  nach  abwärts 
hängende  Theil  des  grossen  Netzes  und  der  Processus  vaginalis 
peritonei  durch  Verwachsung  ihrer  Wandungen  veröden.  Auch 
hatte  schon  Treitz  (p.  145)  davor  gewarnt,  jede  partielle  kleine 
Trübung  oder  Verwachsung  bei  einem  Neugeborenen  als  Zeichen 
einer  abgelaufenen  Peritonitis  foetalis  zu  betrachten.  An  anderer 
Stelle  (p.  7)  schreibt  er  den  partiellen  oder  totalen  Verwachsungen 
zwischen  der  Flexura  und  Plica  duodeno-jejunalis  ganz  ebenso  wie 
den  analogen  Vorgängen  am  Proc.  vaginalis  peritonei,  am  Netz- 
beutel, oft  auch  an  der  Winslow’schen  Spalte  direct  eine  physio- 
logische Bedeutung  zu  und  erklärt  weiterhin  auch  (p.  149)  das 
häufige  Vorhandensein  einer  strahligen  Narbe  an  Stelle  des  Rec. 
intersigmoideus  als  die  Folge  einer  physiologischen  Schrumpfung 
und  Verödung  dieser  Bauchfelltasche,  wie  sie  besonders  bei  älteren 
Leuten  fast  regelmässig  stattfindet.  Sodann  hatte  noch  Langer 
(No.  2)  für  die  bleibende  Gestaltung  des  Mesocolon  ascendens  und 
transversum,  für  die  Entstehung  des  Lig.  phrenico-lienale  und 
plirenico-colicum  und  für  die  Entwicklung  des  Rec.  subcoecalis 
derartige  Conglutinationen  postulirt,  ohne  allerdings  seine  Ansicht 
näher  zu  begründen.  Endlich  scheint  auch  Waldeyer  (p.  71) 
wenigstens  einem  Theil  der  nach  diesem  Autor  nicht  selten  zwischen 
dem  Anfangstheil  des  Jejunum  und  dem  Mesocolon  transversum 
oder  descendens  vorkommenden  Verwachsungen  keine  pathologische 
Bedeutung  zuzuschreiben.  Indessen  erst  Toi  dt  hat  den  ausführ- 
lichen Nachweis  geliefert,  dass  physiologische  Conglutinationen  für 
die  gesetzmässige , normale  Entwicklung  des  Peritoneums  und 
die  bleibende  Lagerung  der  Baucheingeweide  von  dem  entschei- 
dendsten Einflüsse  sind.  Die  einzelnen,  grösstentheils  neben- 

o* 


20 


einander  verlaufenden  Vorgänge  gestalten  sich  dabei  folgender- 
maassen. 

Die  erste,  schon  im  dritten  Embryonalmonate  auftretende  der- 
artige Verlöthung  findet  zwischen  der  hinteren  (dorsalen)  Wand 
des  niesogastrischen  Sackes  und  dem  angrenzenden  Perito- 
neum parietale  der  hinteren  Bauchwand  statt  und  schreitet  von  der 
medianen  Insertion  des  Mesogastrium  nach  lateral wärts  bis  in  die 
Nähe  der  Milz  und  nach  unten  bis  zum  unteren  Rande  des  Pankreas 
fort.  Was  also  beim  Erwachsenen  als  Peritoneum  parietale  die 
hintere  Wand  des  Netzbeutels  bildet,  ist  nicht  das  primäre  Peri- 
toneum parietale  des  Embryo,  sondern  ein  Theil  des  ursprünglichen 
Mesogastrium,  welches  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlötliet  ist. 
Auch  der  ursprünglich  zwischen  beiden  Blättern  des  Mesogastrium 
gelegene  und  folglich  mit  zwei  freien  Flächen  versehene  Körper 
und  Schwanz  des  Pankreas  verwächst  an  der  einen  (hinteren) 
Fläche  mit  dem  primären  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauch- 
wand. 

Weiterhin  verwächst  der  nach  den  früheren  Auseinandersetzun- 
gen zu  einer  gewissen  Zeit  hoch  oben,  links  unweit  der  Median- 
ebene gelegene  Dickdarmabschnitt  der  Nabelschleife  mit 
der  ursprünglich  linken  (späterhin  vorderen)  Fläche  des 
Pars  descendens  duodeni.  Die  Verwachsungsstelle  bildet 
später  die  Flexura  coli  liepatica  s.  d extra  und  theilt  somit  den 
Dickdarmabschnitt  der  Nabelschleife  gewissermaassen  in  zwei 
Stücke,  von  denen  das  eine,  nach  vorn  und  rechts  gelegene,  dem 
späteren  Coecum  und  Colon  ascendens,  das  andere  nach  hinten 
und  links  verlaufende,  dem  späteren  Colon  transversum  entspricht. 
Diese  Verwachsung  ist  deswegen  von  grosser  Wichtigkeit,  weil 
sie  nach  meiner  Ansicht  die  Hauptursache  dafür  bildet,  dass  das  ur- 
sprünglich dicht  neben  der  Medianebene  gelegene  Coecum  uud  Colon 
ascendens  allmählich  eine  Locomotion  nach  rechts  erfahren,  bei  welcher 
sich  die  eben  genannten  beiden  Dickdarmabschnitte  zunächst  von  der 
Verwachsungsstelle  frei  nach  abwärts  erstrecken.  Da,  wie  vorhin 
auseinandergesetzt  wurde,  das  Duodenum  nebst  seinem  den  Pankreas- 
kopf einschliessenden  Gekröse  im  Laufe  der  embryonalen  Entwick- 
lung langsam  aus  einer  nahezu  sagittalen  in  eine  frontale  Ebene 
übergeht  und  sich  somit  der  rechten  Hälfte  der  hinteren  Bauchwand 
mehr  und  mehr  nähert,  so  muss  natürlich  auch  die  mit  ihm  ver- 
wachsene Flexura  coli  sin.  allmählich  von  links  nach  rechts  hinüber- 
rücken, wobei  das  allseitig  freie  Colon  ascendens  und  Coecum  der 


21 


letzteren  folgen.  Auch  das  Colon  transversum  und  sein  Gekröse 
müssten  übrigens  unbedingt  durch  diese  Locomotion  des  Duodenum 
nach  rechts  hinübergezogen  werden,  wenn  nicht  diese  Tlieile  gerade 
in  dieser  Zeit  so  sehr  an  Wachsthum  zunehmen  würden,  dass 
sie  stets  sehr  bequem  die  Strecke  zwischen  der  linken  Bauchwand 
und  der  Anheftungsstelle  der  Flexura  coli  sin.  ausfüllen.  Uebrigens 
verwächst  natürlich  nicht  nur  die  Flexura  coli  dextra  mit  der  Pars 
descendens  duodeni , sondern  zugleich  auch  der  Gekrösantheil 
des  ersteren  Darmstückes  mit  dem  unteren  Abschnitt  der  vorderen 
(linken)  Fläche  des  Mesoduodenum  und  somit  auch  des  Pankreas- 
kopfes. 

Wenn  das  Duodenum  nebst  seinem  Gekröse  die  hintere 
Bauchwand  berührt,  so  tritt  allmählich  eine  Verwachsung  seiner 
hinteren  (ursprünglich  rechten)  Fläche  mit  dem  primitiven  Peri- 
toneum parietale  ein.  Die  Verwachsung  beginnt  an  dem- 
jenigen Theil  des  Duodenum,  welcher  die  Bauchwand  zuerst  be- 
rührt, nämlich  an  der  Pars  ascendens  und  der  Pars  transversa  inf. 
desselben1),  während  die  Pars  descendens  und  transversa  sup.  zu- 
nächst durch  die  zwischengelagerte  Leber  von  der  hinteren  Bauch- 
wand getrennt  bleiben.  Von  den  erstgenannten  Theilen  schreitet 
die  Verlöthung  alsdann  längs  des  Pankreaskopfes  und  der  Pars 
descendens  duodeni  nach  aufwärts  fort.  Schon  diese  Thatsache 
allein  widerlegt  aufs  gründlichste  die  Annahme  (cf.  Jonnesco, 
No.  1,  p.  33),  die  Anheftung  des  ursprünglich  freien  Duodenum 
und  Mesoduodenum  erfolge  in  der  Weise,  dass  das  Peritonealblatt, 
welches  ihre  hintere  (rechte)  Seite  bekleidet,  allmählich  von  diesen 
Organen  abgelöst  und  zur  Bedeckung  anderer  Eingeweide,  wie  z.  B. 
der  rechten  Niere  verwandt  wird.  Würde  das  Duodenum  in  der 
That  bei  diesem  Vorgang  einen  Theil  seiner  serösen  Bedeckung 
an  die  benachbarten  Eingeweide  abgeben,  so  müsste  seine  Fixation 
von  der  Wirbelsäule  an  längs  des  Pankreaskopfes  nach  later  alwärts 
fortschreiten;  niemals  könnte  sie  aber  zuerst  an  der  Pars  ascendens 
oder  sogar  an  der  Pars  transversa  inf.  beginnen  und  sich  von  hier 
aus  im  Wesentlichen  nach  aufwärts  auf  die  Nachbarorgane  fort- 
setzen.1) 

Wenn  alsdann  das  Mesocolon  transversum  genügend  ent- 


*)  Mit  Toldt  und  Jonnesco  bin  ich  der  Ansicht,  dass  es  richtig  ist, 
am  Duodenum  eine  Pars  transv.  sup.,  Pars  descendens,  Pars  transv.  inf.  und 
Pars  ascendens  zu  unterscheiden. 


22 


wickelt  ist,  so  erfolgt  die  bereits  seit  langer  Zeit  bekannte  Ver- 
wachsung seiner  oberen  (vorderen)  Fläche  mit  dem  untersten 
Tlieil  des  mesogastrischen  Sackes:  dieselbe  schreitet  vom 
unteren  Rande  des  Pankreas  bis  zum  Colon  transversum  fort,  so 
dass  also  das  Mesocolon  transversum  des  Erwachsenen  aus  zwei 
miteinander  verschmolzenen  Gekrösplatten , nämlich  dem  primären 
Mesocolon  transversum  und  einem  Theile  des  ehemaligen  Meso- 
gastrium  besteht.  Der  Rest,  d h.  fast  die  ganze  vordere  Wand 
des  Sackes,  welchen  das  letztere  beim  Foetus  bildet,  wird  be- 
kanntlich beim  Erwachsenen  zum  Omentum  majus , indem  die- 
selbe noch  weiter  an  Ausdehnung  zunimmt  und  sich  schliesslich 
vor  dem  Colon  transversum  nach  abwärts  ausbuchtet.  Die  Ver- 
wachsung zwischen  dem  Mesogastrium  und  dem  Mesocolon  er- 
streckt sich  nach  links  hin  bis  zur  Flexura  coli  lienalis  und  geht 
von  der  letzteren  auch  auf  die  linke  Rauchwand  oder,  richtiger 
gesagt,  auf  den  Thoraxursprung  des  Zwerchfells  über.  Zieht 
man  beim  Neugeborenen  oder  Erwachsenen  die  Flexur  nach  ab- 
wärts, so  spannt  sich  die  eben  erwähnte  Verwachsungsstelle  in 
Gestalt  einer  scharfen  Falte,  des  Lig.  phrenico-colicum  oder  pleuro- 
colicum  von  der  Flexur  zum  Zwerchfell  hinüber.  Dieselbe  Falte 
tritt  besonders  deutlich  hervor,  wenu  das  angrenzende  Colon  durch 
die  vergrösserte  Milz  nach  abwärts  gedrängt  oder  vielleicht  (in 
aufrechter  Stellung)  durch  einen  stärkeren  Kothinhalt  nach  abwärts 
gezogen  wurde.  Auch  das  sogen.  Lig.  hepatico-colicum  scheint 
mir  (wenigstens  in  vielen  Fällen)  lediglich  durch  eine  spätere  Ver- 
wachsung des  rechten  Endes  des  Colon  transversum  mit  der  unteren 
Leberfläche  oder  dem  Lig.  hepato-duodenale  zu  Stande  zu  kommen. 
Für  andere  Fälle  mag  wohl  die  bereits  von  Heule1)  kurz  au- 
gedeutete, von  Toldt  (No.  1,  p.  32)  genauer  präcisirte  Anschauung 
Gültigkeit  haben,  dass  das  Lig.  hepatico-colicum  nur  ein  vorge- 
wucherter Saum  des  Lig.  hepatico-duodenale  ist,  welcher  mitunter 
auf  die  Flexura  coli  dextra  übergreift.  Indessen  habe  ich  auch 
einige  Male,  nach  rechts  von  einem  solchen  überschüssig  entwickelten 
Lig.  hepato-duodenale  und  von  dem  letzteren  durch  eine  grosse  Spalte 
getrennt,  das  Lig.hepato-colicum  als  eine  selbständige,  directe  Verbin- 
dung zwischen  dem  rechten  Abschnitt  der  unteren  Leberfläche  und 
der  Flexura  coli  dextra  vorgefunden.  Das  Lig.  hepatico-colicum  hing 
in  diesen  Fällen  mit  der  hinteren  Bauchwand  zusammen.  Da  soust 


‘)  Lehrbuch  d.  Anatomie.  II.  Aufl.  1873.  Bd.  II.  p.  900. 


23 


alle  peritonitischen  Erscheinungen  fehlten  und  die  Flexura  coli  dextra 
in  der  ersten  Zeit  des  Embryonallebens  gar  keine  Beziehungen  zu 
diesem  Theil  der  unteren  Leberfläche  hat,  während  ja  später  die 
Flexur,  die  Leber  und  das  Lig.  hepato-duodenale  dicht  beisammen 
liegen,  so  glaube  ich  nicht  fehlzugehen,  wenn  ich  die  Entstehung  des 
Lig.  hepatico  - colicum  in  diesem  Falle  auf  physiologische  Ver- 
wachsungen zurückführe.  Natürlich  kann  sich  eine  derartige 
physiologische  Adhäsion  durch  spätere  Wucherung  zu  einem  deut- 
lichen peritonealen  Ligament  entwickeln. 

Wir  haben  vorhin  gesehen,  dass  das  ehemalige  Gekröse 
der  Nabelschleife  zu  einer  gewissen  Zeit  seiner  Entwickelung 
einem  entfalteten  Fächer  gleicht,  dessen  schmaler,  dem  Ursprung 
der  A.  mesent.  sup.  ensprechender  Stiel  an  die  hintere  Bauchwand 
festgeheftet  ist,  während  sein  freier  Rand  derartig  von  Darm- 
schlingen  umsäumt  wird,  dass  der  kurze  Dickdarmabschnitt  das 
obere  Ende  dieses  Randes,  der  Dünndarmabschnitt  den  vorderen, 
unteren  und  hinteren  Theil  des  letzteren  einnimmt.  Nachdem  nun 
der  Dickdarmabschnitt  mit  der  Pars  descendens  des  Duodenum  ver- 
löthet  Ist,  nachdem  sich  weiterhin  das  Duodenum  nach  rechts  ge- 
wandt und  an  die  hintere  Bauchwand  angelegt  hat,  muss  sich 
auch  die  ganze  rechte  Fläche  des  eben  beschriebenen,  entfalteten 
Fächers  der  hinteren  Bauchwand  nähern.  Wie  sich  nun  von 
der  angehefteten  Flexura  coli  hep.  aus  einerseits  das  Colon  trans- 
versum  nach  links  hin  mehr  in  die  Länge  entwickelt,  so  ver- 
längert sich  andererseits  auch  das  frei  nach  abwärts  hängende 
Colon  ascendens  und  Coecum  mehr  und  mehr,  bis  das  letztere, 
welches  ursprünglich  dicht  unter  der  Leber  gelegen  sein  kann, 
in  der  Fossa  iliaca  dextra  angelangt  ist.  Hand  in  Hand  mit 
dieser  Verlängerung  geht  nun  aber  eine  Verlöthung  des  ur- 
sprünglich freien  Mesocolon  ascendens  mit  dem  Peritoneum, 
welches  den  untersten  Abschnitt  des  Duodenalringes  und  Pan- 
kreaskopfes und  weiterhin  auch  die  rechte  Niere  an  ihrer  Vor- 
derfläche bedeckt.  An  der  Vorderfläche  des  Duodenum  und 
Pankreaskopfes  erstreckt  sich  diese  Verwachsung  nach  oben 
hin  bis  zu  einer  Grenzlinie,  welche  von  der  fixirten  Flexura  coli 
dextra  bis  zum  oberen  Ende  der  Flexura  duodeno  - jejunalis  ver- 
läuft. Wie  man  sieht,  ist  diese  Grenzlinie  nichts  anderes  als 
der  rechte  Abschnitt  der  definitiven  Insertionslinie  des  Mesocolon 
transversum  an  der  hinteren  Bauchwand.  Die  laterale  Ver- 
löthuugsgrenze  würde  späterhin  durch  das  Colon  ascendens  ge- 


24 


geben  sein.  Docli  kann  selbst  beim  Kinde  sehr  häufig  nicht  allein 
das  Coecum,  sondern  auch  ein  beträchtlicher  Theil  des  angrenzenden 
Colon  ascendens  völlig  frei,  d.  h.  nicht  mit  dem  Peritoneum  parietale 
verlöthet  sein.  Nach  unten  erstreckt  sich  die  Verwachsung  der  fächer- 
förmigen Gekrösplatte  mit  dem  rechtsseitigen  Peritoneum  parietale 
meistens  bis  zu  einer  schrägen  Linie,  welche  von  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  längs  der  Pars  ascendens  duodeni  bis  in  die  Nähe  des 
Ileocoecalwinkels,  d.  li.  beim  Erwachsenen  bis  in  die  Fossa  iliaca 
dextra,  reicht.  Wie  bekannt,  ist  diese  Grenzlinie  identisch  mit  der 
sogen.  Haftlinie  oder  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses.  Der  von 
dieser  Haftlinie  frei  in  die  Bauchhöhle  hineinziehende,  nicht  an- 
geheftete Rest  der  ehemaligen  fächerförmigen  Gekrösplatte  ist  es 
dann,  welcher  später  das  bleibende  Gekröse  der  Dünndärme,  d.  li. 
des  Jejunum  und  Ileum,  bildet. 

Werfen  wir  noch  einen  Rückblick  auf  die  Loco  motionen,  welche 
das  ursprünglich  nur  sehr  schmale  Gekrös plättchen  der  Nabel- 
schleife im  Laufe  seiner  weiteren  Entwicklung  durchmacht  und 
welche  von  Toldt  als  „Rechtswendung  der  gemeinschaftlichen  Ge- 
krösplatte“ bezeichnet  werden,  so  können  wir  dieselben  etwa  in 
folgender  Weise  schematisiren : 

Erstes  Stadium:  Das  Gekrösplättchen  steht  in  der  Median- 
ebene, besitzt  eine  rechte  und  eine  linke  Fläche,  die  erste  Anlage 
des  Coecum  ist  an  dem  unteren  (distalen)  Schenkel  der  Nabel- 
schleife wahrzunehmen. 

Zweites  Stadium:  Das  Gekrösplättchen  liegt  in  der  Hori- 
zontalebene, seine  linke  Fläche  ist  zur  oberen  geworden,  der  distale 
Schenkel  mit  dem  Coecum  nimmt  den  linken  Theil  der  Nabel- 
schleife ein. 

Drittes  Stadium:  Die  Gekrösplatte  steht  in  einer  annähernd 
sagittalen,  vorn  ein  wenig  nach  rechts  gewandten  Ebene,  ihre  obere 
Fläche  ist  zur  rechten  geworden,  das  Coecum  nimmt  den  oberen 
Theil  der  ehemaligen  Nabelschleife  ein. 

Viertes  Stadium:  Die  Gekrösplatte  hat  sich  in  eine  frontale 
Ebene  eingestellt,  ihre  rechte  Fläche  ist  zur  hinteren  geworden 
und  hat  sich  der  hinteren  Bauchwand  angelegt,  das  Coecum  ist  am 
lateralen  Rande  derselben  gelegen. 

Dabei  muss  jedoch  betont  werden,  dass  die  eben  beschriebenen 
Locomotionen  nicht  etwa  Hand  in  Hand  gehen  mit  einer  irgendwie 
bemerkbaren  Axendrehung  des  Darmes,  weil  das  untere  (distale) 
Ende  der  Nabelschleife  (die  spätere  Flexura  coli  lienalis)  schon 


25 


frühzeitig,  d.  h.  schon  heim  Beginn  dieser  Locomotionen  links  und 
oben  von  dem  oberen  (proximaleu  Ende)  derselben  (der  Flexura 
duodeno-jejunalis)  gelegen  ist,  wie  denn  überhaupt  ein  vermehrtes 
Längenwachsthum  des  einen  oder  anderen  Darmtheiles  immer  zur 
richtigen  Zeit  einsetzt,  um  eine  irgendwie  bemerkbare  Torsion  des 
Darmes  unmöglich  zu  machen. 

Der  letzte  typische  Verwaclisungsprocess  während  des  Em- 
bryonallebens vollzieht  sich  endlich  zwischen  dem  Mesocolon 
descendens  und  dem  Peritoneum  parietale  der  linken  Hälfte 
der  hinteren  Bauchwand.  Die  Verlöthung  schreitet  hier  nicht 
von  dem  medianen  Rumpfansatz  des  absteigenden  Colongekröses  nach 
lateralwärts  fort,  sondern  sie  beginnt  zuerst  an  der  prominentesten 
Stelle  der  Hervorwölbung,  welche  durch  die  linke  Niere  und  Neben- 
niere gebildet  wird,  worauf  sich  dieser  Process  von  dem  oberen 
Ende  der  eben  erwähnten  Organe  weiter  nach  unten  und  lateral- 
wärts fortsetzt,  bis  auch  das  Colon  descendens  an  die  hintere  Bauch- 
wand festgeheftet  ist.  Erst  viel  später  erfolgt  die  Anwachsung  in 
der  Furche,  welche  von  dem  medialen  Rande  der  linken  Niere  und 
den  Lendenwirbelkörpern  begrenzt  wird.  Unterbleibt  sie  mehr  oder 
weniger,  so  entsteht  der  Recessus  intersigmoideus , auf  welchen 
noch  später  genauer  eingegangen  werden  wird. 

Die  in  dem  Vorstehenden  geschilderten  Verwachsungsprocesse 
sind  nun  nicht  etwa  Hypothesen,  welche  vonToldt  und  jetzt  von 
mir  aufgestellt  sind,  um  die  merkwürdigen  Locomotionen  der  ein- 
zelnen Abschnitte  des  primitiven  Darmrohrs  zu  erklären:  nein, 
man  kann  dieselben,  wie  Toi  dt  ganz  richtig  angiebt,  ohne  Schwie- 
rigkeit mit  der  Lupe  oder  sogar  mit  blossem  Auge  verfolgen,  wenn 
man  nur  Gelegenheit  hat,  eine  genügende  Anzahl  von  Embryonen 
in  verschiedenen  Entwicklungsstadien  zu  durchmustern.  Ist  die 
Verklebung  frisch,  so  lassen  sich  die  beiden  verklebten  Peritoneal- 
platten  noch  ohne  Schwierigkeit  auseinanderziehen,  wobei  man 
deutlich  sieht,  wie  sich  zwischen  denselben  viele  feine  Stränge  an- 
spannen und  bei  weiterer  Entfernung  der  Platten  von  einander 
zerreissen. 

Die  in  dieser  W eise  verklebten  Peritonealflächen  können  nach 
ihrer  Trennung  noch  ein  völlig  glattes,  normales  Aussehen  zeigen. 
Ist  die  Verwachsung  älter  und  seit  einiger  Zeit  stationär  geworden, 
so  sieht  man  an  der  Verwachsungsgrenze  einen  weissliclien,  linearen 
Streifen,  welcher  dadurch  entstanden  ist,  dass  sich  die  beiden  ver- 
schmolzenen Peritonealplatten  an  dieser  Stelle  etwas  getrübt  haben. 


26 


Lch  möchte  diesen  Streifen  als  Verl öthungsstreifen  oder  Ver- 
löthungslinie  bezeichnen,  weil  er  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit 
dem  Metallstreifen  hat,  durch  welchen  zwei  Metallplatten  verlöthet 
sind.  Schreitet  die  Verwachsung  dann  an  einem  solchen  Verlöthungs- 
streifen  weiter  fort,  so  erscheint  derselbe  in  gewissen  Abständen 
von  neuen  strangförmigen  Adhaesionen  zwischen  den  beiden  Peri- 
tonealplatten unterbrochen.  Besteht  endlich  eine  solche  physiolo- 
gische Verlüthung  bereits  seit  langer  Zeit,  so  können  die  beiden 
Platten  scheinbar  continuirlich  in  einander  übergehen,  ohne  dass 
die  Verwachsungsstelle  durch  eine  Trübung  markirt  ist. 

Ausser  den  eben  beschriebenen,  regelmässig,  also  typisch  ab- 
laufenden Verlöthungen  kommen  beim  Embryo  noch  andere  vor, 
welche  in  mehr  unregelmässiger  Weise  und  zum  Theil  nur  selten 
zur  Beobachtung  gelangen.  Unter  denselben  erwähnt  schon  Toi  dt 
(p.  29)  die  variabel  vorkommende  Verwachsung  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  mit  der  unteren  Fläche  des  Mesocolon  transversum,  welche 
in  die  zweite  Hälfte  der  Embryonalperiode  fallen  muss.  Auch 
kann  ich  der  Bemerkung  von  Toldt  (No.  1,  p.  30)  beistimmen, 
dass  das  Coecum  gewöhnlich  sehr  frühzeitig  vollständig  an  die 
hintere  Bauchwand  fixirt  ist,  wenn  es  sehr  hoch  gelegen  ist.  In- 
dessen konnte  ich  andererseits  auch  bei  einem  sechsmonatlichen 
Embryo  constatiren,  dass  das  bereits  normal  gelegene  Coecum 
gänzlich,  und  der  2 cm  lange  Proc.  vermiformis  nebst  seinem  Mesen- 
teriolum  mit  seiner  oberen  Hälfte  an  die  hintere  Bauchwand  ange- 
wachsen waren.  Die  Verlöthungslinie  war  in  diesem  Falle  ganz 
deutlich  ausgeprägt.  Sodann  möchte  ich  erwähnen,  dass  ich  bei 
einem  fünfmonatlichen  Embryo  und  bei  einem  neugeborenen  Kinde 
den  stark  entwickelten,  langen  Proc.  vermiformis  nach  aufwärts  ge- 
schlagen und  ihn  selbst  sowie  sein  Mesenteriolum  grösstentheils 
mit  der  Vorderfläche  des  Coecum  verlöthet  vorfand.  Bereits  beim 
Neugeborenen  fand  ich  ferner  einmal  den  freien  Rand  der  sogen.  Plica 
duodeno-jejunalis  bei  gut  entwickelter  gleichnamiger  Tasche  theil- 
weise  mit  der  Flexura  duodeno-jejunalis  verwachsen  vor,  d.  h.  die 
Verlöthungslinie  war  durch  eine  grosse  und  zwei  kleine  Oeffnungen 
unterbrochen.  Auf  einige  andere,  schon  während  des  Embryonal- 
lebens eintretende  Verwachsungsprocesse  wird  noch  bei  der  Schilde- 
rung der  Peritonealtaschen  genauer  eingegangen  werden.  Endlich 
mag  auch  ein  Theil  von  bisher  nur  beim  Erwachsenen  beobachteten 
ungewöhnlicheren  Verlöthungen  schon  während  des  intrauterinen 
Lebens  ihren  Ursprung  nehmen. 


27 


Dass  indessen  auch  nach  der  Gehurt  noch  physiologische 
Vergebungen  und  Verwachsungen  von  ursprünglich  freien  Peritoneal- 
flächen Vorkommen,  steht  ausser  allem  Zweifel.  Das  bekannteste 
und  allgemein  anerkannte  hierhergehörige  Beispiel  ist  die  Ver- 
wachsung der  beiden  Platten  des  Omentum  majus,  welche  vor  dem 
Colon  transversum  wie  die  Wände  eines  Divertikels  nach  abwärts 
hängen.  Diese  Verwachsung  führt  ja  bekanntlich  dazu,  dass  man 
ein  Lig.  gastro-colicum  von  dem  Omentum  majus  im  engeren  Sinne 
unterschieden  hat.  Indessen  kann,  wie  Toldt  ganz  richtig  an- 
giebt,  noch  eine  weitere  Einengung  des  Netzraumes  durch  An- 
wachsung der  Cardia,  des  Pylorus  oder  des  Lig.  gastro-lienale  an 
die  hintere  Wand  des  Saccus  epiploicus  zu  Stande  kommen.  Hierher 
sind  ferner  die  Verlöthungen  des  Endstückes  des  Ileum  und  des 
Anfangsstückes  des  .Jejunum1)  mit  der  hinteren  Bauchwand  zu 
rechnen  (cf.  Toldt  No.  3,  p.  43).  Ebensowenig  wird  man  die 
bei  jüngeren  Kindern  auffällig  häufig  vorkommende  Anlöthung  des 
Proc.  vermiformis  an  die  vordere  Seite  des  Dünndarmgekröses,  an 
die  laterale  Seite  des  Coecum  oder  an  die  Darmbeingrube  (cf.  Toldt 
No.  1,  p.  36)  immer  als  Folge  eines  pathologischen  Processes  be- 
trachten können,  wenn  man  im  Uebrigen  constatirt,  dass  jede  Spur 
von  sonstigen  peritonitischen  Residuen  bei  dem  betreffenden  Indi- 
viduum fehlt.  Ueberhaupt  ist  die  Trübung  des  Peritoneums,  die 
Narbenbildung,  die  Localisation  der  Adhaesionsstränge  nach  einer 
abgelaufenen  circumscripten  Peritonitis  viel  intensiver,  ausgedehnter 
und  unregelmässiger:  wer  die  Bauchhöhle  häufiger  auf  diese  Dinge 
hin  durchmustert  hat,  dem  wird  es  meistens  nicht  die  geringste 
Schwierigkeit  machen,  die  Residuen  einer  chronischen  Peritonitis 
von  einer  physiologischen  Verwachsung  zu  unterscheiden.  In  die 


')  Einen  Fall  von  Verleihung  des  Ileum  will  ich  hier  nach  eigener  Be- 
obachtung kurz  beschreiben.  Kräftige  männl.  Leiche  von  gutem  Ernährungs- 
zustände. Das  Coecum  liegt  höher  als  normal , obschon  dasselbe  ziemlich 
stark  entwickelt  ist.  Das  Ende  des  Colon  ascendens,  das  Coecum  und  der  etwa 
10  cm  lange,  stark  geschlängelte  Endtheil  des  Ileum  besitzen  ein  freies  Gekröse, 
welches  etwa  5 cm  lang  ist.  Von  hier  an  erstreckt  sich  das  Ileum  ohne  nennens- 
werthe  Krümmungen  in  vertiealer  Richtung  bis  zu  den  Vasa  iliaca  ext  nach  ab- 
wärts, indem  es  kein  freies  Gekröse  besitzt,  sondern  an  die  hintere  Bauchwand 
festgeheftet  ist.  Weiter  aufwärts  verhält  es  sich  wie  gewöhnlich.  Der  Proc. 
vermiformis  liegt  mit  seinem  blinden  Ende  lateral  und  nach  hinten  von  dem 
Anfang  des  Colon  ascendens;  sein  Mesenteriolum  entspringt  aus  dem  hinteren 
Blatt  des  Colongekröses.  Betreffs  der  Verlöthungen  des  Jejunum  s.  weiter 
unten  bei  der  Fossa  und  Hornia  parajejunalis. 


28 


letztere  Kategorie  gehört  ferner  die  von  der  Geburt  bis  in  das 
spätere  Lebensalter  langsam,  aber  doch  deutlich  nachweisbar  vor- 
schreitende Anlöthung  des  Gekröses  der  Flexura  sigmoidea  an  die 
hintere  Bauchwand  (cf.  Toldt  No.  1,  p.38);  diese  Anlöthung  schreitet 
von  oben  und  medianwärts  nach  unten  und  lateralwärts  vor  und 
hat  zur  Folge,  dass  bei  älteren  Leuten  so  häufig  das  Mesocolon 
sigmoideum  ausserordentlich  kurz  erscheint  und  seine  Wurzellinie 
erheblich  weiter  nach  unten  und  lateralwärts  gelegen  ist,  als  dies 
beim  Kinde  der  Fall  ist.  Die  an  der  Verlöthungsgrenze  auftretenden 
strangförmigen  Adhaesionen  und  Bauchfellfalten  hat  auch  Jonnesco 
(No.  2,  p.  137)  bei  Erwachsenen  und  Greisen  nicht  selten  gesehen; 
indessen  hält  er  dieselben  für  pathologische  Producte,  welche  durch 
den  chronischen  Reiz  einer  Stagnation  von  Faecalmassen  im  S roma- 
num  entstanden  sind.  Demgegenüber  muss  ich  einwenden,  dass  ich 
nicht  recht  einsehe,  wie  eine  solche  Stagnation  einen  Reiz  nur  auf 
die  Wurzel  des  Colongekröses  ausüben  kann.  Der  Reiz  müsste  doch 
zuerst  auf  die  Darmwand  wirken  und  könnte  sich  höchstens  von 
dort  aus  auf  das  Mesocolon  fortpflanzen.  Man  findet  aber  den  Darm 
und  den  freien  Theil  seines  Gekröses  in  sehr  vielen  derartigen 
Fällen  völlig  normal  vor.  Wolil  kann  ich  mir  vorstellen,  dass  ein 
durch  Kothmassen  stärker  belastetes  S romanum  durch  seinen  Zug 
einen  gewissen  Reiz  auf  die  Wurzel  des  Mesocolon  ausüben  könnte. 
Aber  derartige  Vorgänge  würde  man  doch  noch  nicht  immer  für 
pathologisch  erklären  können  und  dieselben  müssten  sich  dann  doch 
auch  an  der  Wurzel  des  Mesocolon  transversum  vorfinden,  wo  ich 
sie  indessen  niemals  beobachtet  habe.  Auf  physiologischem  Wege 
kommt  ferner  die  schon  von  Treitz  (p.  7 und  p.  149)  in  dieser 
Weise  gedeutete,  narbige  Verödung  des  Rec.  duodeno-jejunalis 
und  intersigmoideus,  kommen  ferner  die  zuerst  von  Waldeyer 
(p.  71  und  72)  beschriebenen  Verwachsungen  zwischen  dem  An- 
fangstheil  des  Jejtmum  und  dem  Mesocolon  transversum  oder 
descendens  zu  Stande.  Auch  die  von  Schott  beschriebene  Ver- 
schliessung  des  Rec.  ileo-coecalis  inf.  mit  nachträglicher  cysti- 
scher  Erweiterung  dürfte  hierher  zu  zählen  sein.  Endlich  gehören 
in  dieselbe  Categorie  noch  eine  Anzahl  von  ungewöhnlichen  Ver- 
wachsungen, wie  sie  sich  dann  herausbilden,  wenn  auf  einer  be- 
stimmten, meist  sehr  frühen  embryonalen  Entwicklungsstufe  Lage- 
abweichungen gewisser  Darmabschnitte  auftreten.  Näheres  hierüber 
ist  in  der  citirten  Toldt’schen  Arbeit  (No.  3)  nachzulesen. 

Wenn  die  vorher  geschilderten  typischen  Verwachsungsvor- 


29 


gänge  während  des  embryonalen  Lebens  gänzlich  unterbleiben, 
so  haben  wir  diejenige  Bildangsanomalie  vor  uns,  welche  von 
Grub  er  u.  a.  als  Mesenterium  commune  bezeichnet  und  richtig 
gedeutet  wurde.  In  diesem  Falle  kann  der  Verdauungskanal  vom 
Magen  bis  zum  Rectum  durch  ein  beiderseits  vollkommen  freies 
Gekröse  mit  der  Mittellinie  der  hinteren  Rumpfwand  verbunden  sein. 
Indessen  kann  die  gesetzmässige  Anwachsung  auch  nur  an  einzelnen 
Theilen,  wie  z.  ß.  dem  Duodenum,  dem  Colon  und  Mesocolon  as- 
cendens  oder  descendens  unterbleiben.  Ich  kann  übrigens  die 
immerhin  seltenen  Fälle  eines  vollständig  freien  Duodenalgekröses 
durch  eiueu  Fall  eigener  Beobachtung  vermehren. 

Bei  einer  30 — 40jährigen,  kräftigen,  mageren  männlichen  Leiche  fanden 
sich  alle  Baucheingeweide  nebst  dem  Peritoneum  in  völlig  normaler  Beschaffen- 
heit vor.  Als  ich  jedoch  die  Leber  in  die  Höhe  hob,  um  das  For.  Winslowii 
zu  demonstriren,  zeigte  sich,  dass  das  Duodenum  nebst  dem  Pankreaskopf  an 
ihrer  hinteren  Fläche  nirgends  mit  dem  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauch- 
wand verlöthet  waren,  sondern  der  letzteren  nur  lose  anlagen.  Beide  Organe 
waren  an  ihrer  hinteren  Fläche  von  der  Convexität  des  Duodenum  bis  gegen 
die  Wirbelsäule  hin  von  einem  völlig  normalen  Peritoneum  überzogen,  welches 
sich  continuirlich  in  den  Peritonealüberzug  an  der  Vorderfläche  der  rechten 
Niere  und  Nebenniere  fortsetzte.  Die  beiden  letzteren  Organe  lagen  mit  ihren 
oberen  Enden  dicht  unter  der  Leber  und  waren  sehr  gut  entwickelt.  Die  Flexura 
coli  dextra  war  in  der  gewöhnlichen  Weise  mit  der  Pars  descendens  duodeni 
verwachsen.  Dagegen  war  der  obere  Abschnitt  des  Colon  ascendens  nebst  dem 
angrenzenden  Mesocolon  an  seiner  hinteren  Fläche  ebensowenig  wie  das  Duo- 
denum mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthet,  so  dass  es  möglich  war,  die  eben 
genannten  Darmtheüe  in  die  Höhe  zu  heben  und  ihre  Rückseite  bequem  zu  in- 
spiciren.  Der  untere  Abschnitt  des  Colon  ascendens,  das  Coecum  und  das  Ge- 
kröse des  Dünndarms  zeigten  sich  dagegen  in  der  gewöhnlichen  Weise  mit  der 
hinteren  Bauchwand  verbunden.  Ueber  die  Längenentwicklung  des  Duodenum 
habe  ich  in  diesem  Falle  nichts  notirt;  daraus  geht  wohl  hervor,  dass  mir  seine 
Länge  einen  normalen  Eindruck  gemacht  hat. 

Complicirter  gestaltet  sich  die  Beurtheihmg  peritonealer  Ano- 
malien, wenn  die  Lageabweichungen  der  Bauclieingeweide  nicht 
die  Folge  unterbliebener  oder  abnormer  Verlöthungen  sind,  sondern 
wenn  schon  in  den  frühesten  Entwicklungsstufen  abnorme  Lage- 
verhältnisse des  Darmkanals,  wie  z.  B.  beim  Situs  inversus  totalis 
oder  partialis  existiren,  welche  später  durch  ungewöhnliche  Ver- 
wachsungen zu  bleibenden  werden.  Noch  schwieriger  ist  eine 
Analyse  von  derartigen  Fällen  aber  dann  zu  geben,  wenn  sich  in 
Folge  von  derartigen  abnormen  Verwachsungen  und  Verlagerungen 
Peritonealtaschen  gebildet  haben,  welche  durch  eindringende  Darm- 
schlingen zum  Sitz  von  intraabdominalen  Hernien  geworden  sind. 


30 


Die  sichere  Deutung  eines  vereinzelten  derartigen  Palles  kann  oft 
unmöglich  sein.  Erst  wenn  mehrere  gleichartige  Fälle  in  ver- 
schiedenen Entwicklungsstadien  zur  Beurtheilung  vorliegen,  wird  es 
oft  möglich  sein,  die  richtige  Entscheidung  zu  treffen. 

Warum  die  erörterten  physiologischen  Verwachsungen  in  dem 
einen  Falle  eintreten,  in  dem  anderen  unterbleiben,  das  ist  schwer 
zu  sagen.  Beim  Erwachsenen  mag  ja,  wie  Treitz  (p.  7)  dies 
immerhin  für  möglich  hält,  manchmal  eine  vermehrte  Reibung  eines 
Darmstückes  an  einer  benachbarten  scharfen  Peritonealfalte  oder 
auch  irgend  einer  freien  Peritonealfläche  hierbei  eine  gewisse  Rolle 
spielen.  Beim  Embryo  lässt  aber  eine  solche  Erklärungsweise 
völlig  im  Stich,  da  hier  weder  die  Darmperistaltik  noch  die 
wechselnde  Ausdehnung  des  Darmes  durch  Kotlimassen  noch  die 
Bauchpresse  als  causale  Momente  für  eine  derartige  Reibung  in 
Frage  kommen  können.  Wenn  weiterhin  Treitz  an  derselben 
Stelle  sagt,  dass  „eine  überflüssige  Ausstülpung  des  Bauchfells, 
nachdem  alle  Bewegung  und  die  normale  Secretion  in  derselben 
aufgehört  hat,  auf  dem  Wege  der  Verwachsung  und  Obsolescenz 
isolirt  und  entfernt  werde,  wie  man  diesen  Vorgang  am  Proc. 
vaginalis  peritonei,  am  Netzbeutel,  oft  auch  an  der  Winslow'schen 
Spalte  u.  s.  w.  zu  sehen  gewohnt  ist,  ohne  eine  Peritonitis  im 
Sinne  der  Pathologie  annehmen  zu  müssen,“  so  kann  man  diesem 
Satz  bis  auf  den  einen  Punkt  beistimmen,  dass  Treitz  leider 
nicht  sagt,  warum  die  Natur  ein  und  dieselbe  Ausstülpung,  wie 
z.  B.  den  Rec.  intersigmoidens  in  dem  einen  Falle  überflüssig 
findet  und  somit  zum  Veröden  bringt,  während  sie  dieselbe  in  dem 
anderen  Falle  bis  in  ein  vorgerücktes  Alter  erhält.  Auch  die  An- 
schauungen von  Toi  dt  scheinen  sich  in  gewissem  Sinne  an  die- 
jenigen von  Treitz  anzuscliliessen , wenn  er  über  diesen  Gegen- 
stand (No.  3,  p.  35)  Folgendes  sagt:  „Die  Gründe,  aus  welchen 
die  Anheftung  dieser  Darm-  und  Gekröstheile  normalerweise  er- 
folgt, lassen  sich  kaum  vollständig  überblicken.  Bedenkt  man 
aber,  dass  derartige  Anwachsungen  nur  an  der  hinteren,  nicht 
aber  an  der  vorderen  und  seitlichen  Bauchwand  Vorkommen,  dass 
ferner  alle  anderen  an  die  hintere  Bauchwand  grenzenden  Theile: 
die  Leber,  die  Milz,  das  Mesogastrium,  das  Colon  und  Mesocolon 
descendens  mit  der  peritonealen  Bekleidung  derselben  verwachsen, 
so'  darf  als  ein  wesentlicher  Umstand  vor  allem  die  verhältniss- 
mässige  Starrheit  und  Unbeweglichkeit  der  hinteren  Rumpfwand 
ungesehen  werden.  Als  ein  zweites,  die  Anwachsung  begünstigen- 


31 


des  Moment  ist  die  geringe  Beweglichkeit  der  genannten  Einge- 
weide und  Gekröstheile  selbst  zu  bezeichnen,  welche  namentlich 
durch  die  voluminöse,  vorn  und  seitlich  überhängende  Leber  und 
durch  die  von  hinten  her  sich  immer  mächtiger  vorwölbende  Niere 
und  Nebenniere  bedingt  ist.  Wird  so  die  Anwachsung  dieser 
Theile  durch  ihre  verhältnissmässig  unbewegliche  Lage  an  der 
starren  hinteren  Bauchwand  ohne  Zweifel  wesentlich  begünstigt, 
so  muss  es  dahingestellt  bleiben,  ob  dieselbe  vielleicht  durch  be- 
sondere Eigenthiimlichkeiten  des  Peritoneum  parietale  in  dieser 
Gegend,  z.  B.  etwa  durch  grösseren  Reichthum  an  Blutgefässen 
veranlasst  oder  zum  mindesten  befördert  wird“  und  weiterhin 
p.  37:  „Berücksichtigt  man,  dass  das  Duodenum  unter  normalen 
Umständen  im  Verhältniss  zu  dem  übrigen  Dünndarm  thatsächlich 
ein  sehr  geringes  Längenwachsthum  besitzt  und  nimmt  man  an, 
dass  dies  in  der  frühzeitigen  Anheftung  desselben  begründet  ist, 
so  würde  die  aussergewölmliche  Länge  des  Duodenum  in  den  be- 
schriebenen Fällen  als  eine  Folge  der  verzögerten  Anheftung  des- 
selben anzusehen  sein.  Die  erwähnte  Annahme  findet  eine  gewisse 
Stütze  iu  dem  Umstande,  dass  auch  andere  frühzeitig  angeheftete 
Darmtheile,  z.  B.  das  Colon  ascendens  und  descendens  ein  verhält- 
nissmässig geringes  Längenwachsthum  aufweisen.“  Ich  kann  hier 
zunächst  Toi  dt  durchaus  in  Bezug  darauf  beistimmen,  dass  die 
Bedingungen  für  eine  physiologische  Verlötlrang  dann  am  günstigsten 
sein  werden,  wenn  die  betreffenden  Theile  möglichst  unbeweglich 
neben  einander  liegen.  Indessen  ist  damit  allein  noch  nichts  erklärt, 
denn  schliesslich  liegen  beim  Embryo  fast  während  seiner  ganzen 
Entwicklung  noch  eine  ganze  Anzahl  von  anderen  Bauclieinge- 
weiden,  so  z.  B.  die  obere  Leberfläche  und  das  Zwerchfell  unbe- 
weglich neben  einander,  ohne  zu  verschmelzen.  Andererseits  wird 
man  den, beiden  Platten  des  Omentum  majus  für  das  extrauterine 
Leben  wohl  zweifellos  eine  gewisse  Beweglichkeit  gegen  einander 
zusprechen  müssen,  denn  bei  jeder  Contraction  des  Magens  wird 
die  vordere  Netzplatte,  bei  jeder  Contraction  des  Colon  transver- 
sum  die  hintere  mehr  oder  weniger  verzogen.  Trotz  alledem 
pflegen  die  beiden  Platten  nur  in  Ausnahmefällen  nicht  mit  ein- 
ander verwachsen  zu  sein.  Es  müssen  somit  bei  diesen  physiolo- 
gischen Verwachsungen  noch  andere  Momente  mitwirken,  auf  deren 
Bedeutung  uns  die  Thatsache  hinweist,  dass  wir  so  häufig  an  der 
\ erlöthungsgrenze  eine  Trübung  des  Peritoneums  constatiren 
können.  Diese  Trübung  ist  zweifellos  die  Folge  einer  formativen 


32 


Reizung  an  der  V erlöthungsstelle  und  wenn  wir  diese  Trübung 
nicht  immer  sehen,  so  kann  dies  dadurch  erklärt  werden,  dass  sie 
mitunter  entweder  zu  wenig  ausgeprägt  ist,  um  für  die  makrosko- 
pische Betrachtung  überhaupt  wahrnehmbar  zu  sein  oder  dass  sie 
bei  längerem  Bestehen  überhaupt  schwindet  — ebenso  wie  eine  in 
sehr  jugendlichem  Alter  acquirirte  feine  Narbe  beim  Erwachsenen 
völlig  unsichtbar  sein  kann.  Ich  möchte  also  meinen,  dass  eine 
physiologische  Verlötlrang  zweier  Baucheingeweide  dann  erfolgt, 
wenn  ihre  dicht  an  einander  liegenden  und  wenig  gegen  einander 
beweglichen  Peritonealüberzüge  unter  der  Einwirkung  eines  stär- 
keren formativen  Reizes  stehen,  welcher  zu  einer  bindegewebigen 
Neubildung  und  zu  einer  Transformation  oder  Abstossung  des 
Peritonealepithels  führt.  Für  bindegewebige  Neubildung  sprechen 
auch  die  zarten  leicht  zerreisbaren  Adhaesionsstränge,  welche  man 
wahrnimmt,  wenn  man  frisch  verlöthete  und  im  Uebrigen  anschei- 
nend noch  gänzlich  unveränderte  Peritonealflächen  auseinanderzieht. 
Eine  derartige  partielle  formative  Reizung  des  Peritonealiiberzuges. 
könnte  nun  aber  entweder  mit  einem  zeitweiligen  beschleunigten 
Wachstlmm  des  betreffenden  Organtheiles  (Darmstückes  oder  dgl.) 
Hand  in  Hand  gehen  oder  auf  andere  Weise  zu  Stande  kommen. 
Ist  ein  Darmstück  oder  Gekröse  erst  fixirt,  so  scheint  es  allerdings, 
dass  sein  AVachsthum  — wie  Toldt  dies  behauptet  — nur  noch 
in  einem  sehr  verlangsamten  Tempo  weiterschreitet,  während  im 
Gegensatz  dazu  beim  Freibleiben  dieser  Organe  das  Wachsthum 
intensiver  ist.  Den  obigen  in  diesem  Sinne  angeführten  Beispielen 
möchte  ich  aus  eigener  Beobachtung  noch  einige  andere  anreihen.  Es 
war  nämlich  in  einem  auf  dem  hiesigen  Präparirsaale  beobachteten 
Falle  einer  gänzlich  unterbliebenen  Verwachsung  der  beiden 
Netzplatten  bei  einem  älteren  Manne  das  Omentum  majus  sehr 
gross,  gut  entwickelt  und  nebenbei  ziemlich  fettreich.  Einen  ganz 
gleichen  Befund  konnte  ich  auch  bei  zwei  weiblichen  Individuen  in- 
mittlerem Lebensalter  constatiren.  In  allen  drei  Fällen  war  übri- 
gens das  Netz  mit  dem  Mesocolon  transversum  vollständig  verlö- 
thet.  Jedenfalls  steht  es  fest,  dass  das  Wachsthum  in  den  verschiede- 
nen Entwicklungsperioden  beim  Darm  und  den  Gekrösen  ebenso 
wie  bei  anderen  Organen,  z.  B.  den  Knochen,  ein  sehr  verschiede- 
nes ist,  d.  h.,  dass  dieselben  Organe  abwechselnd  bald  ein  sehr  ge- 
ringes bald  ein  sehr  lebhaftes  AVachsthum  zeigen  können  — je 
nachdem  es  das  Endziel  aller  Wachstlmmsvorgänge,  die  typische-. 
Gestaltung  des  Ganzen,  erfordert. 


33 


II.  Das  For.  Winslowii  und  seine  Hernien. 

Die  anatomischen  Verhältnisse  des  For.  Winslowii 
sind  zur  Genüge  bekannt,  als  dass  ich  nöthig  hätte,  auf  dieselben 
näher  einzugehen.  Nur  möchte  ich  hier  noch  einmal  betonen,  was 
auch  Treitz  (p.  7)  kurz  angedeutet  hat,  nämlich  dass  Verwachsungen 
dieser  Oeffnung  besonders  in  vorgerückterem  Lebensalter  viel 
häufiger  vorhanden  sind,  als  man  von  vornherein  glauben  möchte. 
In  den  einfachsten  Fällen  hat  eine  Verlöthung  der  beiden  freien 
Ränder  des  Lig.  hepato  - duodenale  und  hepato  - renale  stattge- 
funden, so  dass  beide  Bänder  continuirlich  ineinander  übergehen.  Ist 
eine  solche  Verwachsung  zart,  so  kann  sie  schon  dann  zerreissen, 
wenn  man  den  vorderen  Leberrand  etwas  brüsk  in  die  Höhe  hebt, 
um  die  Oeffnung  zu  Gesicht  zu  bekommen.  Ist  die  Verwachsung 
dagegen  fester,  so  sieht  man  auch  nach  dem  Aufheben  kein  For. 
Winslowii  und  der  eindringende  Finger  muss  ein  solches  erst  künst- 
lich schaffen,  wenn  der  Weg  in  den  Saccus  epiploicus  gefunden 
werden  soll.  Einer  derartigen  einfachen  Verschmelzung  zwischen 
dem  Lig.  hepato-duodenale  und  hepato-renale  ohne  weitere  sicht- 
bare Trübung,  ohne  weitere  Adhaesionen  in  der  Nachbarschaft 
wird  gewiss  Niemand  einen  pathologischen  Charakter  zusprechen. 
Indessen  kommen  auch  nicht  selten  neben  dem  Winslow’schen  Loche 
ligamentöse  Verwachsungen  zwischen  der  unteren  Leberfläche  und  den 
benachbarten  Organen  vor.  Auch  möchte  ich  hier  noch  eins  wieder- 
holen (cf.  d.  A.  S.  22),  nämlich  dass  der  freie  Rand  des  Lig.  hepato- 
duodenale  durchaus  nicht  immer  von  dem  Ductus  choledochus  ge- 
bildet wird,  sondern  dass  sich  der  Saum  des  Bandes  mitunter  noch 
zwei  bis  drei  Querfingerbreiten  über  den  letzteren  hinaus,  unten 
längs  der  Pars  transversa  sup.  duodeni,  oben  längs  der  Leber  bis 
zur  Gallenblase  nach  rechts  erstreckt,  ohne  übrigens  immer  die 
Flexura  coli  dextra  zu  erreichen. 

Auch  über  die  Genese  des  For.  Winslowii  dürfte  kaum 
irgend  eine  Meinungsverschiedenheit  herrschen.  Das  ursprünglich 
median  gestellte  ventrale  Magengekröse  wendet  sich  späterhin 
Hand  in  Hand  mit  der  Linkswendung  des  Magens  allmälig  nach 
rechts  und  nimmt  eine  frontale  Stellung  ein:  sein  freier  vorderer 
Rand  wird  auf  diese  Weise  zu  dem  freien  rechten  Rand  des  Lig. 
hepato-duodenale. 

Einlagerungen  von  Darmschlingen  in  das  For.  Wins- 
lowii sind  nach  der  Zusammenstellung  von  Jonnesco  (No.  2 p.  34), 

Broesike,  Hernien.  ‘3 


34 


in  den  Arbeiten  von  Blandin,  Rokitansky,  Treitz,  Chiene, 
Majoli,  Elliot-Square,  Treves(No.2)  tlieils  kurz  angeführt,  tlieils 
genauer  beschrieben.  Der  Inhalt  des  Sackes  wurde  in  6 Fällen  von 
den  Dünndärmen,  in  zwei  Fällen  hauptsächlich  von  dem  Dickdarm 
gebildet.  In  den  beiden  letzteren  und  in  einem  von  den  ersteren 
Fällen  waren  das  Coecum  und  Colon  ascendens  nicht  an  die 
hintere  Bauchwand  angeheftet  und  in  Folge  dessen  frei  be- 
weglich. Viermal  war  eine  Incarceration  der  Hernie  vorhanden. 
In  einem  Falle  war  im  Lig.  gastro -hepaticum,  in  einem  anderen 
im  Mesocolon  transversum  ein  Loch  vorhanden,  durch  welches 
ein  Theil  des  Bruchinhaltes  wieder  aus  dem  Netzbeutel  heraus- 
getreten war. 

Zur  Erklärung  für  die  relative  Seltenheit  dieser  Bruchart  sagt 
Engel  (p.  507)  Folgendes:  „Hätten  auch  die  Gedärme  die 
Barriere  des  Grimmdarms  passirt,  so  müssten  sie  doch  noch,  um 
zur  Winslow'schen  Spalte  zu  gelangen,  die  Leber  zur  Seite  oder 
nach  vorn  schieben,  was  keine  so  leichte  Aufgabe  für  dieselben 
sein  dürfte.“  Auch  Jonnesco  betont  p.  149  (anscheinend  un- 
abhängig von  Engel),  dass  das  Colon  transversum  und  sein  Ge- 
kröse eine  Art  natürlicher  Barriere  bildet,  durch  welche  die  Dünn- 
därme von  dem  Eintritt  in  das  For.  Winslowii  zurückgehalten  wer- 
den. Der  Eintritt  eines  Dickdarmabschnittes  wird  daher  wolil  nur 
bei  vollständigem  oder  unvollständigem  Mesenterium  commune  er- 
folgen. Eine  excessive  Beweglichkeit  des  Darmes,  bedingt  durch 
ein  langes  Gekröse  und  ein  schlaffes  Peritoneum,  scheint  überhaupt 
in  jedem  Falle  eine  Voraussetzung  für  das  Zustandekommen  dieser 
Hernie  zu  bilden. 

Indessen  ist  mit  dieser  Voraussetzung  natürlich  die  Ent- 
stehung eines  solchen  Bruches  noch  nicht  erklärt.  Betreffs 
der  letzteren  möchte  ich  folgende  Ansicht  anssprechen.  Man  wird 
wohl  nicht  fehlgehen,  wenn  man  mit  Engel  (loc.  cit.)  annimmt, 
dass  für  gewöhlich  das  For.  Winslowii  nur  ein  virtuelles  Lumen 
hat,  d.  h.,  dass  die  freien  Ränder  des  Lig.  hepato- duodenale  und 
hepato-renale  ebenso  dicht  aneinander  liegen,  wie  man  dies  auf 
Durchschnitten  an  gefrorenen  Leichen  überall  auch  von  den 
Wänden  des  Saccus  epiploicus  constatiren  kann.  Höchstens  könnte 
sich  unter  normalen  Verhältnissen  der  Lobulus  Spigelii  theilweise 
in  die  Oeffnung  drängen.  An  der  Leiche  sehen  wir  nun  aber, 
dass  das  For.  Winslowii  sich  weit  öffnet,  wenn  wir  den  vor- 
deren Theil  der  Leber  nach  aufwärts  und  vorn  heben.  Ich 


35 


mochte  nun  glauben , dass  die  gleiche  Bewegung  der  Leber 
auch  beim  Lebenden  den  Effekt  haben  muss,  dass  die  Ränder 
des  Winslow'schen  Loches  auseinanderweichen.  Geschieht  in- 
dessen das  letztere  beim  Lebenden , so  müssen  die  nachgiebigen 
Nachbarorgane,  also  auch  zufällig  danebenliegende  Darmschlingen, 
in  die  Oeffnung  hineinrücken , da  der  entstandene  erweiterte 
Raum  selbstverständlicherweise  durch  irgend  etwas  ausgefüllt  wer- 
den muss.  Es  fragt  sich  nun,  welche  Momente  die  Veranlassung 
zu  einer  derartigen  Locomotion  der  Leber  geben  können,  wie  sie 
oben  geschildert  wurde.  In  Bezug  hierauf  möchte  ich  glauben, 
dass  bei  einer  jeden  tiefen  costalen  Inspiration  der  vordere 
Leberrand  trotz  der  gleichzeitigen  Abflachung  des  Zwerchfells  im 
Vergleich  zu  dem  hinteren  Rande  erheblich  gehoben  wird,  da  der 
vordere  Rand  die  Hebung  der  vorderen  Rippenenden  immer  bis  zu 
einem  gewissen  Grade  mitmachen  muss,  während  der  hintere  Rand 
eher  durch  das  Zwerchfell  nach  abwärts  gedrückt  werden  dürfte. 
Somit  dürften  wohl  tiefe  costale  Inspirationen  die  Hauptursache 
davon  sein,  dass  nahegelegene  Darmschlingen  in  das  For.  Winslowii 
hineingerathen.  Ob  auch  eine  darauffolgende  starke  Exspiration 
- wie  sie  z.  B.  beim  Husten  stattfindet,  wenn  nach  einer  tiefen 
Inspiration  und  bei  geschlossener  Stimmritze  heftig  exspirirt  wird  — 
ich  sage,  ob  auch  eine  derartige  Exspiration  dazu  beitragen  kann, 
die  Darmtheile  noch  tiefer  in  die  Oeffnung  hineinzudrängen,  er- 
scheint zweifelhaft,  da,  wie  schon  Treitz  (loc.  cit.  p.  12)  ganz 
richtig  bemerkt,  ein  solcher  Exspirationsdruck  auf  alle  Bauchein- 
geweide gleichmässig  wirken  muss.  Dagegen  wird  die  weitere  Aus- 
dehnung einer  im  For.  Winslowii  gelegenen  Darmschlinge  durch 
hineintretende  Chylus-  oder  Kothmassen  wohl  dazu  beitragen  kön- 
nen, die  letztere  in  der  Oeffnung  zurückzuhalten  oder  sogar  den 
Bruch  zu  vergrössern. 


III.  Der  Recessus  intersigmoitleus  und  seine  Hernien, 
a)  Der  Recessus  intersigmoideus. 

Ueber  die  anatomische  Configuration  des  Rec.  intersigmoideus 
(Treitz)  lässt  sich  den  Beschreibungen  von  Hensing  (s.  bei 
Treitz  p.  105),  Engel  (p.  705),  Treitz  (p.  105),  Gruber(No.  1, 
p.  57),  Waldeyer(p.  73)  Toldt  (No.  1,  p.  25  bis  27,  p.  34  und 
p.  39)  und  Jonnesco  (No.  2,  p.  139)  nichts  wesentlich  Neues 
hinzufügen.  Wenn  ich  trotzdem  auf  diesen  Gegenstand  hier  in 

3* 


3G 


Kürze  eingehe . so  geschieht  dies,  weil  die  hierauf  bezüglichen 
Schilderungen  der  Autoren  doch  in  Bezug  auf  viele  Punkte  noch 
immer  nicht  völlig  übereiustimmen  und  ich  zur  Aufklärung  dieser 
scheinbaren  oder  wirklichen  Widersprüche  immerhin  noch  Einiges 
beitragen  kann. 

Hebt  man  das  S romanum  in  die  Höhe,  so  findet  man  die 
Ansatzlinie  des  linken  Blattes  des  Mesocolon  sigmoideum  sehr 
häufig  durch  eine  Oeffnung  unterbrochen,  welche  den  Eingang  zu 
dem  eben  genannten  peritonealen  Recessus  darstellt.  Seiner  Lage 
nach  entspricht  der  letztere  ungefähr  der  Rinne,  welche  der  me- 
diale Rand  der  linken  Niere  mit  dem  M.  psoas  major  bildet  oder 
ist  wenigstens  stets  durch  eine  vor  dem  Psoas  nach  abwärts  ziehende 
Verlängerung  dieser  Rinne  zu  bestimmen:  sein  blindes  Ende  ist 
nach  oben,  seine  Eingangsöffnung  nach  unten  gelegen.  In  der 
hinteren  Wand  des  Recessus  verläuft  der  Ureter,  in  der  vorderen 
liegen  nicht  selten  Blutgefässe,  welche  zum  unteren  Abschnitt  des 
Colon  descendens  hinziehen.  Die  Form  und  die  Grösse  der  eben 
genannten  Bauchfelltasche  sind  selbst  bei  Individuen  in  dem  gleichen 
Lebensalter  sehr  variabel : dieselbe  kann  bald  einen  nach  unten  offenen 
Trichter  mit  weiter  Eingangsöffnung,  bald  einen  Canal  mit  engem 
Orificium  bald  ein  einfaches  Grübchen  darstellen.  In  den  extremsten 
Fällen  kann  das  blinde  Ende  derselben  — wie  ich  mit  Engel 
gegenüber  Jonnes  co  (No.  2 p.  138)  ganz  entschieden  behaupten  muss 
— nicht  allein  bis  in  die  Nähe  des  Duodenum,  sondern  sogar  bis  in 
die  Nachbarschaft  des  Pankreas  hinanreichen.  Einen  sehr 
schönen  derartigen  Fall  habe  ich  bei  einem  Kinde  im  ersten  Lebens- 
jahre beobachtet.  Dabei  möchte  ich  zugleich  im  Einklang  mit  Engel 
(p.  705)  und  Toldt  (No.  1 p.  26)  hervorheben,  dass  der  Recessus 
intersigmoideus  unter  normalen  Verhältnissen  und  bei  der  natür- 
lichen Lage  der  Flexura  sigmoidea  nur  einen  lumenlosen  Spalt 
darstellen  kann,  dessen  vordere  und  hintere  Wand  dicht  aneinander 
liegen.  Ferner  kann  ich  mit  Toldt  völlig  übereinstimmen,  wenn 
derselbe  (No.  1 p.  34)  sagt,  dass  der  Recessus  im  Allgemeinen 
in  der  zweiten  Hälfte  des  Embiyonallebens  allmählich  immer  tiefer 
nach  abwärts  rückt,  was  ohne  Zweifel  eine  Folge  der  von  seinem 
oberen  blinden  Ende  nach  unten  fortschreitenden  Verklebung  ist. 
Auch  während  des  extrauterinen  Lebens  zeigt  derselbe  im  Allge- 
meinen mit  zunehmendem  Alter  eine  Tendenz  zur  Verkleinerung, 
welche  schliesslich  zu  der  bereits  von  Treitz  (p.  149)  beschrie- 
benen Verödung  führen  kann.  Indessen  kann  sich  diese  Bauchfell- 


37 


tasche  auch  uocli  bei  vorgerücktem  Lebensalter  in  trefflicher  Ent- 
wickelung und  schöner  Trichterform  vorfinden.  Endlich  muss  ich 
mit  Toldt  (No.  1,  p.  39)  — und  auch  Jonnesco  scheint  un- 
abhängig von  dem  letzteren  zu  dem  gleichen  Resultat  gekommen 
zu  sein  (No.  2 p.  138)  — nach  den  obigen  entwicklungsgeschichtlichen 
Erörterungen  selbstverständlich  auch  noch  darin  übereinstimmen,  dass 
der  Rec.  intersigmoideus  unter  keinen  Umständen  in  dem  Mesenterium 
des  S romanum,  sondern  durchweg  zwischen  dem  Mesocolon  sig- 
moideum  und  dem  parietalen  Peritoneum  gelegen  ist. 

Die  Eingangsöffnung  ist  bei  hochgehobener  Flexura  sig- 
moidea  bald  von  spaltähnlicher,  bald  von  mehr  rundlicher  Form: 
entweder  ihr  vorderer  oder  ihr  hinterer  Rand  kann  eine  mehr  oder 
weniger  scharfe  Falte  bilden.  Wenn  das  Peritoneum  parietale 
einigermaassen  fest  an  die  hintere  Bauchwand  angeheftet  ist,  so 
kann  nach  dem  Emporziehen  des  Darmes  der  vordere  Rand 
klappenartig  vorspringen,  wie  dies  bereits  von  Treitz  (p.  149), 
Gruber  (p.  57)  und  Waldeyer  (p.  73)  kurz  erwähnt  und  auch 
von  Jonnesco  (No.  2 p.  142)  bei  zwei  Embryonen  von  3 und  6 
Monaten  abgebildet  ist.  In  diesem  Falle  muss  die  Oeffnung  auch 
ein  mehr  spaltförmiges  Aussehen  besitzen.  Ist  dagegen  das  Peri- 
toneum parietale  gegen  die  hintere  Bauch  wand  leicht  verschieblich, 
wie  dies  besonders  bei  älteren  Embryonen  und  mageren  Kindern 
in  den  ersten  Lebensjahren,  aber  auch  in  vorgerückterem  Lebens- 
alter der  Fall  sein  kann,  so  wird  beim  Emporziehen  des  Darmes 
der  hintere,  dem  Peritoneum  parietale  angehörige  Rand  des  Ori- 
ficium  intersigmoideum  in  Form  einer  bereits  von  Engel  (p.  705), 
Gruber  (p.  57)  und  Waldeyer  (p.  90)  erwähnten  sichelför- 
migen Falte  emporgehoben  und  die  Oeffnung  selbst  kann  als- 
dann, je  nach  dem  Spannungsgrade  des  Mesocolon  sigmoideum, 
auch  eine  mehr  rundliche  Form  annehmen.  Vermindert  man  den 
auf  das  Mesocolon  sigmoideum  ausgeübten  Zug,  indem  man  gleich- 
zeitig das  S romanum  senkt,  so  kann  man  sehen,  wie  die  eben 
beschriebene  Falte  allmälig  wieder  vollständig  verstreicht.  Je 
weiter  die  Eingangsöffnung,  desto  schwieriger  wird  es  natürlich 
sein,  selbst  unter  sonst  günstigen  Verhältnissen  die  Falte  in  aus- 
geprägter Form  zu  erzeugen.  Mit  aus  diesem  Grunde  lässt  sich 
wahrscheinlich  auch  bei  Embryonen  des  fünften  Monats,  wie 
Toldt  (No.  1 p.  27)  ganz  richtig  angiebt,  diese  Falte  selbst  auf  arti- 
ficiellem  Wege  nicht  hervorbringen.  Bei  der  natürlichen  Links- 
lage des  S romanum  muss  jedoch  das  Orificium  ebenso  wie  der  ganze 


38 


Recessus  selbstverständlicherweise  einen  lumenlosen  Spalt  bilden. 
Auch  die  eben  beschriebenen  Falten  werden  dann  nicht  vorhanden 
sein.  Davon  mag  es  eine  Ausnahme  geben.  Wenn  das  Colon 
sigmoideum  beim  Lebenden,  sei  es  in  Folge  von  Adhaesionen,  sei  es 
aus  anderen  Ursachen,  lange  Zeit  die  aufwärts  gelagerte  Stellung 
eingenommen  hatte,  welche  wir  ihm  an  der  Leiche  geben  müssen, 
um  den  Eingang  zum  Rec.  intersigmoideus  deutlich  zu  sehen,  so 
mag  es  sein,  dass  sich  die  eine  oder  andere  der  beiden  in  Folge 
dieser  Locomotion  des  Darms  möglicherweise  entstandenen  Falten 
callös  verdickt  und  auch  dann  noch  persistirt,  wenn  später  das  S 
romanum,  sei  es  am  Lebenden,  sei  es  an  der  Leiche,  irgendwie  wieder 
nach  abwärts  dislocirt  wird.1)  Im  vorderen  Rande  der  Eingangs- 
öffnung sieht  man  mitunter  die  von  Jonnesco  sogen.  „Artere 
sigmoide  gauche“  in  der  bereits  von  Waldeyer  (p.  74)  be- 
schriebenen Weise  verlaufen.  Auch  die  sonstigen  von  diesen  beiden 
Autoren  geschilderten  Beziehungen  dieser  Oeffnung  zu  den  benach- 
barten Blutgefässen  sind  in  einer  grossen  Zahl  von  Fällen  zu 
constatiren.  Nur  kann  ich  nicht  beistimmen,  wenn  Jonnesco  (No.  2 
p.  140)  soweit  geht,  diese  Beziehungen  als  typisch  zu  bezeichnen. 

Als  Varietäten  des  Rec.  intersigmoideus  sind  ausser  den 
bereits  oben  erwähnten  Verschiedenheiten  in  der  Form  und  Aus- 
dehnung desselben  noch  die  schon  von  Hensing  und  Grub  er  er- 
wähnten “zweischenkligen  Taschen  mit  einfacher  Eingangsöffnung  zu 
nennen.  Gruber  und  AValdeyer  erwähnen  ferner  doppelte Fossae 
intersigmoideae:  in  den  beiden  Fällen  des  letzteren  Autors  waren 
die  etwa  haselnussgrossen  Gruben  rechts  und  links  von  derTreitz- 
schen  Plica  genito  enterica  gelegen.  Diesen  Fällen  kann  ich  noch 
einen  anderen,  sehr  eclatanten,  aus  meiner  eigenen  Beobachtung 
anreihen : 

Mann  von  30  Jahren,  kräftig  und  mager.  Die  Fossa  intersigmoidea  ist 
ziemlich  eng,  so  dass  in  ihre  Eingangsöffnung  nur  ein  kleiner  Flinger  eindringen 
kann.  Dafür  erstreckt  sich  dieselbe  aber  über  6 cm  weit  nach  aufwärts  bis 
hinter  die  A.  colica  sin.  Links  von  dieser  normalen  Fossa  intersigmoidea  und 
von  ihr  durch  eine  schmale  Peritonealbrücke  getrennt  liegt  eine  zweite  von  etwa 
Wallnussgrösse  mit  einer  Eingangsöffnung,  welche  etwa  eine  Fingerkuppe  auf- 


i)  Granz  dasselbe  gilt  auch  von  den  beiden  Bauchfellfalten,  welche  Jonnesco 
alsRepli  infundibulo-colique  (die  Plica  genito-enterica  von  Treitz)  und 
als  Repli  colico-iliaque  bezeichnet.  Auch  diese  mir  wohlbekannten  Falten 
könnten  beim  Lebenden  nur  unter  abnormen  Verhältnissen  persistent  werden. 
Beim  Kinde  verschwinden  sie  sehr  leicht,  wenn  das  S romanum  wieder  abwärts 
geschlagen  wird. 


39 


nehmen  kann.  Noch  weiter  nach  links  und  oben  schliessen  sich  wiederum  an 
die  letztere  zwei  ganz  ähnliche,  aber  etwas  kleinere  Gruben  an.  Alle  vier  Gruben 
sind  somit  durch  schmale  Peritoneal  brücken  von  einander  getrennt  und  unter- 
brechen sozusagen  die  Haftlinie  des  Mesocolon  sigmoidoum  an  der  hinteren  Bauch- 
wand. Diese  Haftlinie  ist  überall  durch  einen  feinen  weissen  Verlöthungsstreifen 
markirt.  Im  Uebrigen  sind  weder  hier  noch  anderswo  irgend  welche  Trübungen 
oder  Adhaesionen  am  Peritoneum  wahrzunehmen.  Das  Colon  sigmoideum  ist 
ganz  normal  und  enthält  keine  Kothmassen. 

Die  Entstehung  des  Ree.  intersigmoideus  hat  Tr  eit  z (p.  137 
bis  149)  mit  dem  Descensus  der  linksseitigen  Sexualdrüse  in  Be- 
ziehung gebracht,  welche  mittelst  einer  die  Vasa  spermat.  intt. 
enthaltenden  Falte,  der  sogen.  Plica  genito -enterica,  einen  Zug 
auf  das  Mesocolon  descendens  ausüben  soll.  Dieser  Zug  sollte  an 
dem  unteren  Blatte  desselben  eine  trichterförmige  Einstülpung, 
den  eben  erwähnten  Recessus,  erzeugen.  Die  Einwände,  welche 
Waldej^ er  gegen  diese  Erklärung  gemacht  hat,  sind  indessen 
so  allseitig  als  durchaus  beweisend  anerkannt  worden,  dass  es 
überflüssig  erscheint,  die  Treitz'sche  Theorie  noch  einmal  beson- 
ders in  Betracht  zu  ziehen.  Waldeyer  selbst  (p.  89—91)  sucht 
die  Genese  des  Recessus  durch  den  Einfluss  zu  erklären,  welchen 
das  Wachsthum  des  S romanum  unter  zunehmender  Consumtion 
des  unteren  (linken)  Gekrösblattes  auf  die  zu  beiden  Seiten  des 
Orificium  intersigmoideum  gelegenen  Gefässfalten  äussert,  von  denen 
die  rechte  durch  das  Gefässbiindel  der  Vasa  haemorrhoidalia 
superiora,  die  linke  (die  Plica  genito - enterica  von  Treitz)  durch 
die  Vasa  spermat.  intt.  gebildet  wird.  Er  sagt  hierüber  Folgendes: 
„Während  beim  Wachsthum  der  S -Schlinge  deren  Mesenterium 
mehr  und  mehr  von  der  hinteren  Bauchwand  abgehoben  wird, 
widerstreben  an  einer  Stelle,  die  beim  Embryo  gerade  vor  dem 
linken  Ureter  gelegen  ist,  zwei  Gefässfalten:  nothwendig  muss  auf 
diese  W eise  die  trichterförmige  Grube  entstehen,  zunächst  mit  den 
beiden  seitlichen  Falten,  durch  die  sie  mit  der  hinteren  Bauchwand 
in  Verbindung  bleibt;  beim  weiteren  Vorwärtswachsen  werden 
diese  Falten  auch  von  unten  (hinten)  her  durch  eine  sichelförmige 
Peritoneal-Duplicatur  verbunden.  Die  Oeffnung  der  Grnbe  erhebt 
sich  dadurch  über  die  Basis  des  Mesenterium  der  Flexura  iliaca.“ 
Gegenüber  dieser  Theorie  führt  nun  wieder  Toldt  (No.  1,  p.  25, 
p.  27  und  p.  39)  an,  man  könne  vom  Ende  des  vierten  Embryonal- 
monats  an  bis  in  das  spätere  Kindesalter  hinein  an  einer  passenden 
Serie  verschieden  alter  Objecte  verfolgen,  dass  sich  die  Ent- 
stehung und  Ausbildung  des  Rec.  intersigmoideus  in  ganz  anderer 


40 


Weise  gestaltet.  Das  ursprünglich  annähernd  in  der  Medianebene 
gelegene  Mesocolon  descendens  legt  sich  zu  Anfang  der  eben  be- 
zeichneten  Entwickelungsperiode  nach  links  hinüber  und  beginnt 
allmählich  mit  dem  linksseitigen  Peritoneum  parietale  der  hinteren 
Bauchwand  zu  verschmelzen.  Die  Verwachsung  schreitet  jedoch 
nicht  von  medianwärts  d.  h.  von  der  Wurzellinie  des  Gekröses 
nach  lateral wärts  vor:  sie  beginnt  vielmehr  oben  links  neben  der 
Wirbelsäule  und  zum  Theil  auch  vor  dem  oberen  Pol  der  linken 
Niere  und  geht  von  hier  aus  über  die  Nierenwölbung  hinweg  nach 
unten  und  lateralwärts , so  dass  sie  gewöhnlich  in  der  zweiten 
Hälfte  des  fünften  Embryonalmonats  den  unteren  Pol  der  Niere 
erreicht  hat.  Dagegen  pflegt  die  Verwachsung  zwischen  dem  Me- 
socolon descendens  und  dem  Peritoneum  parietale  in  der  durch  die 
linke  Niere  und  die  Wirbelsäule  gebildeten  Rinne  zunächst  in 
grösserer  oder  geringerer  Ausdehnung  zu  unterbleiben.  Die  Folge 
davon  ist,  dass  an  dieser  Stelle  ein  nach  abwärts  offener,  trichter- 
förmiger Hohlraum  entsteht,  welcher  hinten  von  dem  parietalen 
Peritoneum,  medial  von  der  Wurzellinie  des  Mesocolon  descendens, 
vorn  vor  der  hinteren  Fläche  des  letzteren  und  lateral  durch  die 
Adhaesionslinie  des  Mesocolon  an  die  vordere  Nierenfläche  begrenzt 
wird.  Dieser  Hohlraum  ist  nun  nichts  anderes  als  die  erste  An- 
lage des  Rec.  intersigmoideus : die  verschiedene  Form  und  Aus- 
dehnung des  letzteren  beruht  lediglich  auf  verschiedenen  Mocli- 
ficationen  in  den  Fortschritten,  welche  der  Verwaclisungsprocess 
macht.  Unter  keinen  Umständen  erfolgt  aber  die  Fixation  des 
Mesocolon  descendens  an  die  hintere  Bauchwand  in  der  Weise, 
dass  seine  beiden  Blätter  auseinander  gezogen  werden,  indem  das 
hintere  Blatt  durch  die  vorwachsende  Niere  allmählich  zur  Be- 
deckung verbraucht  wird.  Gegen  Wal dey  er  wendet  Toldt  ferner 
ein,  dass  die  Erklärung  desselben  doch  nur  in  Form  einer  Hypo- 
these aufgestellt  ist,  während  der  von  ihm  behauptete  Entwicklungs- 
modus Schritt  für  Schritt  an  passenden  Objecten  verfolgt  werden 
kann.  Auch  die  oben  beschriebene  sichelförmige  Falte  am  Ori- 
ficium  intersigmoideum  ist  keineswegs  eiu  Avesentliches  Characte- 
risticum  des  Rec.  intersigmoideus,  sie  fehlt  gänzlich  und  ist  nicht 
einmal  künstlich  zu  erzeugen  an  Embryonen  des  fünften  Monates, 
wo  doch  der  Recessus  bereits  vorhanden  ist.  Sodann  kann  weder 
die  Hypothese  von  Treitz  noch  diejenige  von  Wal  dey  er  erklären, 
dass  der  Rec.  intersigmoideus  nicht  selten  bis  gegen  das  Duodenum 
hinanreicht.  Die  Toldt’sche  Theorie  scheint  jedoch  noch  keineswegs 


41 


allgemein  acceptirt  zu  sein,  denn  sie  wird  z.  B.  von  Jonnesco 
(cf.  No.  2,  p.  143)  mit  keiner  Silbe  erwähnt,  was  umsomehr  be- 
fremden muss,  als  dieser  Autor  die  Toldt’sclie  Arbeit  an  anderer 
Stelle  citirt.  Man  könnte  somit  zunächst  glauben,  dass  er  die 
Toldt’sche  Theorie  überhaupt  gar  keiner  Discussion  für  werth  hält, 
wenn  nicht  aus  p.  142  deutlich  hervorginge,  dass  ihm  dieselbe 
gänzlich  unbekannt  sein  muss.  Dort  betont  nämlich  Jonnesco 
ganz  richtig,  dass  die  Fossa  intersigmoidea  zwischen  dem  Meso- 
colon sigmoideum  und  der  hinteren  Bauchwand  gelegen  ist  „et  non 
pas  entre  les  feuillets  de  ce  meso,  comme  Tont  dit  tous  les  auteurs 
jusqu’ä  cejour.“  Dieselbe  Ansicht  hatte  aber  T old t in  seiner  eben 
erwähnten  Arbeit  (No.  1 p.  39)  bereits  mit  aller  Entschiedenheit 
vertreten,  während  Jonnesco,  wie  man  sieht,  der  Meinung  ist, 
sie  zuerst  ausgesprochen  zu  haben.  Jonnesco  selbst  giebt  für  die 
Bildung  des  Rec.  intersigmoideus  folgende  Erklärung,  welche  ich 
wörtlich  citire,  da  ich  fürchte,  ihn  möglicherweise  nicht  ganz  richtig 
verstanden  zu  haben: 

Chez  l’embryon,  le  colon  pelvien  ne  cesse  pas  d’augmenter  de  longueur. 
II  se  forme  ainsi  entre  ces  deux  points  deja  fixes  une  enorme  anse  intestinale. 
Cette  angmentation  du  colon  pelvien  entraine  necessairement  celle  de  son  me- 
sentere;  celui-ci  devra  s’etaler  de  plus  en  plus  pour  suffire  ä l’anse  intestinale. 
Or,  comme  l’insertion  parietale  de  ce  meso  se  trouve  circonscrite  par  les  deux 
artöres:  sigmoide  gauche  et  liemorrhoidale  superieure,  l’accroissement  en  largeur 
du  meso  se  fera  dans  l’espace  compris  entre  ces  deux  artöres,  c’est-ä-dire  entre 
härtere  sigmoide  gauche  et  härtere  hemorrhoidale  superieure.  II  ari'ivera  ä un 
moment  donne  qu’il  y aura  trop  d'etoffe,  qu’on  me  permette  cette  expression, 
pour  recouvrir  cet  espace:  le  meso  sera  force  de  se  plisser,  c’est  ainsi  que  se 
formera  un  pli  sereux  releve  par  härtere  sigmoide  moyenne.  De  chaque  cote 
du  pli  le  feuillet  inferieur  du  meso  adlierera  ulterieurement  ä la  paroi  abdominale 
posterieure;  mais,  au  niveau  meme  du  pli,  cette  adherence  n’aura  pas  lieu,  le 
contact  n’existant  pas  ce  niveau  entre  la  paroi  abdominale  et  la  face  inferieure 
du  meso.  Entre  ce  pli  et  la  paroi  abdominale  restera  donc  un  espace  libre,  un 
veritable  canal:  la  fossette  intersigmoide.  Le  peritoine  parietal  du  petit  bassin, 
remontant  vers  le  promontoire,  clierchera  ii  se  continuer  avec  le  feuillet  inferieure 
du  mesocolon  pelvien.  Cette  continuation  s’effectera  directement  de  chaque 
cote  du  pli,  mais  ä son  niveau,  le  feuillet  sereux  passera  comme  un  pont  d’un 
cote  it  1 autre  du  pli,  et  formera  ainsi  un  repli  falciforme  ä double  feuillet  sereux, 
bordant  1 orifice  de  la  fossette.  Le  peritoine  parietal  s’enfoncera  ensuite  dans 
1 espace  circonscrit  par  le  pli  du  müso  et  ira  tapisser  la  paroi  abdominale  et  se 
continuer  enfin,  aux  limites  de  cet  espace,  avec  le  feuillet  inferieur  du  mesocolon 
pelvien.  Le  cul-de-sac  sereux  qu’on  appelle  fossette  intersigmoide  resulte  en 
somme  de  1 invagination  du  feuillet  inferieur  du  mesocolon  pelvien.  Cette  thöorie 
nous  parait  absolument  indiscutable “ 

Wenn  ich  somit  Jonnesco  recht  verstehe,  so  zieht  derselbe  zur 


42 


Erklärung  für  die  Entstehung  des  Ree.  intersigmoideus  ebenso  wie 
Wal dey  er  das  Verhalten  der  Blutgefässe  und  das  Wachsthum  des 
S romanum  heran  — nur  scheint  AValdey er  das  Dickenwachsthum, 
Jonnesco  dagegen  mehr  das  Längenwachstlmm  dieses  Darmstückes 
im  Auge  zu  haben.  Nach  den  Bemerkungen  des  letzteren  Autors 
auf  p.  141  scheint  er  übrigens  für  die  weitere  Gestaltung  des  Re- 
cessus  auch  noch  das  zunehmende  Wachsthum  der  Beckenorgane 
in  Betracht  zu  ziehen. 

Meine  eigene  Ansicht  über  dieGenese  derFossa  intersigmoidea 
muss  natürlich  nach  den  in  dieser  Arbeit  früher  gegebenen  embryo- 
logischen Erörterungen  vollständig  mit  derjenigen  von  Toi  dt  über- 
einstimmen. Den  von  dem  letzteren  Autor  gegen  die  Theorie  von 
Waldeyer  und  damit  auch  Jonnesco  gemachten  Einwendungen 
kann  ich  mich  völlig  anschliessen  und  möchte  nur  noch  durch  einige 
Bemerkungen  zur  weiteren  Begründung  derselben  beitragen.  Wal- 
deyer und  Jonnesco  gehen  bei  ihren  Theorien  von  ganz  abnormen 
peritonealen  Spannungsverhältnissen  am  Mesocolon  sigmoideum  und 
der  hinteren  Bauchwand  aus,  wie  sie  sich  wohl  bei  stark  in  die 
Höhe  gehobenem  S romanum  oder  ausnahmsweise  auch  während 
des  extrauterinen  Lebens,  aber  jedenfalls  wohl  kaum  beim  Embryo 
vorfinden  können.  Wenn  das  S romanum  im  Vergleich  zu  seinem 
Gekröse  abnorm  in  die  Länge  wächst,  so  bildet  es  einfach  zahl- 
reiche Schlingen,  wie  wir  dies  sehr  exquisit  am  Dünndarmtheil  der 
Nabelschleife  sehen  (cf.  d.  A.  S.  17);  nimmt  es  dagegen  an  Dicke  zu, 
so  schiebt  es  sich  zwischen  beide  Blätter  des  Mesocolon  hinein, 
ohne  dass  an  der  Wurzel  des  letzteren  irgend  eine  erhöhte  Span- 
nung einzutreten  braucht.  Ebensowenig  kann  man  beim  Embryo 
zu  irgend  einer  Zeit  besondere  Spannungsverhältnisse  am  Peri- 
toneum parietale  wahrnehmen,  welche  man  mit  der  Entstehung  des 
Rec.  intersigmoideus  in  Zusammenhang  bringen  könnte.  Sonst 
müsste  ja  beim  Auflieben  dieser  Spannung,  wie  z.  B.  durch  Inci- 
sionen,  ein  in  der  Entwickelung  begriffener  Recessus  sich  aus- 
gleiclien,  was  aber  nicht  geschieht.  Auch  die  Anordnung  der 
Blutgefässe  kann  wohl  bei  aufwärts  gezogenem  Mesocolon  sig- 
moideum einen  gewissen  Einfluss  auf  die  Faltenbildung  an  der 
Eingangsöffnung,  aber  niemals  auf  die  Entstehung  des  Recessus 
ausüben.  Ob  übrigens  die  Blutgefässe  im  Rande  der  Eingangs- 
Öffnung  gelegen  sind  oder  in  einiger  Entfernung  von  der  letzteren, 
hängt  lediglich  davon  ab,  wie  weit  die  Verwachsungslinie  zwischen 
dem  Mesocolon  sigmoideum  und  der  hinteren  Bauchwand  nach  ab- 


43 


wärts  reicht.  Wenn  das  untere  Ende  derselben  gerade  an  einem 
Blutgefäss  Halt  macht,  so  kann  das  letztere  auf  diese  Weise  in 
den  vorderen  Rand  des  Orificium  intersigmoideum  zu  liegen  kommen. 
Schreitet  die  Verwachsung  weiter  vor,  so  kann  es  aber  auch  Vor- 
kommen, dass  die  Blutgefässe  keineswegs  in  dem  Rande  der  Ein- 
gangsöffnung gelegen  sind.  Ich  will  dabei  übrigens  noch  bemer- 
ken, dass  eine  ursprünglich  grosse  Eingangsöffnung  sich  weiterhin 
dadurch  verengern  kann,  dass  der  vordere  und  hintere  Rand  der- 
selben sowohl  am  medialen  wie  am  lateralen  Ende  mit  einander 
verlöthen  können:  dann  haben  wir  einen  weiten  Recessus  mit 
engem  Orificium  vor  uns.  Geht  aber  die  Verwachsung  einmal 
ausnahmsweise  von  der  Wurzel  des  Mesocolon  descendens  ohne 
Unterbrechung  nach  lateralwärts  weiter,  wie'  ich  dies  auch  bei 
einem  Embryo  constatiren  konnte,  so  wird  der  Rec.  intersigmoideus 
völlig  fehlen  müssen.  Auch  die  Verkleinerung  und  das  Veröden 
des  Recessus  erfolgen  durch  eine  theilweise  oder  gänzliche  Ver- 
klebung seiner  Wände  — kurz  die  mannigfachen  Formen  dieser 
Peritonealtasche,  ihre  verschiedene  Grösse  und  ihr  gänzliches 
Fehlen  lassen  sich  zwanglos  daraus  erklären,  dass  die  Verwachsung 
zwischem  dem  hinteren  Blatt  des  Mesocolon  descendens  und  dem 
Peritoneum  parietale  bei  verschiedenen  Individuen  in  verschiedener 
Weise  vorschreiten  kann.  Aus  diesem  Grunde  ist  es  auch  nicht 
ganz  leicht,  irgend  eine  Grundform  als  typisch  für  diesen  Re- 
cessus aufzustellen.  Will  mau  dies  thun,  so  könnte  man  höchstens 
die  Trichterform  als  eine  solche  betrachten,  weil  die  erste  Anlage 
des  Rec.  intersigmoideus  gewöhnlich  in  dieser  AVeise  auftritt.  End- 
lich möchte  ich  noch  betonen,  dass  keine  andere  Theorie  als 
die  von  Toi  dt  im  Stande  ist,  für  gewisse  seltene  Varietäten  dieser 
Bauchfelltasche  eine  auch  nur  annähernd  befriedigende  Erklärung 
zu  geben.  Wenn  man  sich  auch  die  Beobachtung,  dass  der  Re- 
cessus hin  und  wieder  mit  seinem  blinden  Ende  bis  an  die  Pars 
ascendens  duodeni  hinanreicht,  vielleicht  in  der  Weise  erklären 
könnte,  dass  in  diesen  Fällen  das  Duodenum  erheblich  weit  nach 
links  gelegen  war  — die  von  Engel  und  mir  beobachtete  That- 
sache,  dass  das  obere  Ende  des  Rec.  intersigmoideus  sich  bis  in 
die  Nähe  des  Pankreas  erstreckte,  kann  weder  mit  dem  Descensus 
testiculorum  s.  ovarii  noch  mit  dem  Wachsthum  des  S romanum 
noch  mit  dem  \rerhalten  irgend  welcher  Blutgefässe  in  irgend  eine 
Beziehung  gebracht  werden.  Ganz  dasselbe  gilt  von  dem  Auf- 
treten eines  zweischenkligen  Rec.  intersigmoideus  mit  einem  ein- 


44 


fachen  Orificium  oder  dem  Vorkommen  mehrfacher,  durch  dünne 
Peritonealwände  getrennter  derartiger  Gruben  mit  gesonderten 
Eingangsöffnungen.  Alle  diese  Varietäten  sind  ohne  jede  Schwierig- 
keit als  Anomalien  in  der  Verwachsung  des  Mesocolon  descendens 
und  sigmoideum  mit  dem  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauch- 
wand zu  erklären.  In  dem  ersteren  Falle  ist  diese  Verwachsung 
längs  der  ganzen  Wurzellinie  des  eben  erwähnten  Gekrösabschnittes 
unterblieben.  In  den  anderen  Fällen  ist  die  normale  Verlöthung 
mit  partiellen  Unterbrechungen  vor  sich  gegangen.  Näher  auf 
diese  Dinge  einzugehen,  erscheint  wohl  nach  dem  Gesagten  über- 
flüssig. 

Wenn  somit  Jonnesco  auch  nach  allen  diesen,  von  Toi  dt  und 
mir  vorgebrachten' Argumenten  noch  der  Ansicht  wäre,  dass  seine, 
mir  leider  nicht  in  allen  Punkten  völlig  verständliche  Erklärung 
für  das  Zustandekommen  des  Rec.  intersigmoideus  „indiscutabel“ 
sei,  so  müsste  er  doch  wohl  noch  genauer  und  ausführlicher  erör- 
tern, wie  seine  Theorie  mit  den  eben  angeführten  Thatsachen  in 
Einklang  zu  bringen  sei.  Bis  dahin  muss  ich  für  meine  Person 
nur  eine  einzige  Theorie,  nämlich  die  von  Toi  dt,  für  indiscutabel 
ansehen. 


b)  Die  Herniae  intersigmoideae. 

Als  zweifellose  Herniae  intersigmoideae  werden  von 
Jonnesco  nur  2 Fälle,  nämlich  eiu  Fall  von  Jomini  (p.  302) 
und  ein  Fall  von  Eve  Cp.  1195)  angesehen.  Mit  Recht  schaltet 
er  die  beiden  von  Treitz  (p.  106  und  107)  als  Beispiele  von  der- 
artigen Hernien  angeführten  Fälle  von  de  Haen  und  Lawrence 
bei  seinen  Betrachtungen  völlig  aus : möglich,  dass  wir  es  hier  mit 
intraabdominalen  Hernien  zu  thun  haben,  deren  Sitz  sich  hinter  dem 
Mesocolon  sigmoideum  befand,  indessen  die  mangelhafte  Beschrei- 
bung und  die  peritonitischen  Complicationen  verhindern  es,  sich  über 
diese  Fälle  ein  klares  Urtheil  zu  bilden.  Bevor  ich  nun  zu  einer 
kritischen  Erörterung  der  beiden  erstgenannten  Fälle  schreite, 
möchte  ich  ganz  kurz  auseinandersetzen,  welche  Vorbedingungen 
für  das  Zustandekommen  einer  solchen  Hernie  nothwendig  sind  und 
wie  wir  uns  die  Genese  derselben  zu  denken  haben. 

Zunächst  haben  alle  Autoren  von  Engel  und  Treitz  bis  auf 
Jounesco  darauf  hingewiesen,  dass  bei  normaler  Lage  des  S roma- 
num  die  Eingangsöffnung  des  Rec.  intersigmoideus  so  verborgen 
hinter  dem  Mesocolon  sigmoideum  liegt,  dass  Dünndarmschlingen 


45 


sehr  schwer  in  dieselbe  eintreten  können.  Nach  Waldeyer  kommen 
auch  der  klappenartig  vorspringende  obere  Rand  und  die  Engig- 
keit dieser  Oeffnung  als  erschwerende  Momente  für  eine  Hernien- 
bildung in  Betracht.  Wie  dies  also  Jonne sco  ganz  richtig  ans- 
einandersetzt,  würden  folglich  für  die  Bildung  einer  Hernia  inter- 
sigmoidea  zunächst  diejenigen  immerhin  sehr  seltenen  Fälle  dis- 
poniren,  in  denen  das  S romannm  aus  irgend  welchen  Gründen  nach 
aufwärts  gelagert  und  das  untere  Blatt  seines  Gekröses  insoweit 
gespannt  ist,  dass  dadurch  die  Lage  des  Orificium  intersigmoideum 
fixirt  erscheint.  Wenn  aber  Jonnesco  weiter  fortfährt,  „nn  orifice 
beant,  agrandi  et  fixe,  en  contact  avec  l’intestin  grele,  voilä  bien 
des  conditions  favorables  pour  la  production  d une  hernie“,  so  kann 
man  diesen  Satz  nur  mit  der  Einschränkung  acceptiren,  dass  die 
Eingangs Öffnung  beim  Lebenden  selbst  durch  die  stärkste  Spannung 
wohl  nur  verzogen  werden,  aber  nicht  so  leicht  zum  Klaffen  ge- 
bracht werden  kann.  Würde  die  Oeffnung  aufklaffen,  so  müssten 
in  demselben  Moment  auch  die  benachbarten  Eingeweide  in  die- 
selbe hineinrücken,  und  die  Hernie  wäre  auch  ohne  die  Wirkung 
der  Bauchpresse  sofort  fertig.  Ueberhaupt  dürfte  die  Bauchpresse 
auf  die  Entstehung  der  Hernia  intersigmoidea  wie  auf  die  der 
übrigen  intraabdominalen  Brüche  wahrscheinlich  gar  keinen  Einfluss 
haben  (cf.  Treitz,  p.  12). 

Denken  wir  uns  nun  aber  trotz  aller  dieser  Schwierigkeiten 
eine  Dünndarmschlinge  oder  meinetwegen  auch  den  grössten  Theil 
des  Jejuno-ileum  in  den  Rec.  intersigmoideus  eingedrungen,  so 
müssten  wir  stets  bei  einer  derartigen  Hernie  folgendes  Verhalten 
vorfinden.  Fürs  Erste  muss  stets  ein  Theil  des  Dünndarms  vor 
der  Flexura  sigmoidea  gelegen  sein  und  dieselbe  theilweise 
verdecken  — denn  nur  vor  der  Flexur  hinweg  kann  bei  ursprüng- 
lich normaler  Lagerung  der  Baucheingeweide  eine  Dünndarm- 
schlinge in  den  Recessns  hineingelangen.  Zum  Zweiten  müssten 
aber  in  seiner  Eingangsöffnung  stets  mindestens  zwei  Darmröhren 
gelegen  sein,  von  denen  bei  einer  completen  Hernia  inter- 
sigmoidea die  eine,  zuführende  dem  Jejunum,  die  andere,  aus- 
führende  dem  Ileum  angehören  würde.  Anders  kann  ich  mir  einen 
solchen  Bruch  nicht  denken.  Wo  diese  beiden  Bedingungen  nicht 
erfüllt  sind,  kann  meiner  Ansicht  nach  ein  etwa  vorhandener  Bruch 
nicht  ohne  weiteres  als  Hernia  intersigmoidea  bezeichnet  werden? 
selbst  wenn  die  Lage  der  Bruchpforte  ungefähr  der  normalen  Lage 
des  Orificium  intersigmoideum  entsprechen  sollte.  Prüfen  wir  nun, 


46 


ob  die  von  Jonnesco  zu  dieser  Kategorie  gerechneten  Brüche 
diese  Bezeichnung  verdienen. 

In  dem  ersten  Falle,  dem  von  Jo  mini,  wird  in  Bezug  auf 
die  Hernie  wörtlich  Folgendes  gesagt: 

A l’ouverture  de  la  eavite  abdominale,  il  s’öcoule  une  assez  grande  quantite 
de  liquide  jaunätre,  clair.  Le  foie  remplit  l’öpigastre,  le  diaphragme  est  dans 
sa  Situation  normale.  Le  grand  epiploon  recouvre  les  intestins  et  präsente  ä,  sa 
surface  des  nodosites  dures  et  d’aspect  rose,  nacre;  en  le  soulevant  on  voit  non 
les  anses  intestinales,  mais  une  tumeur  grosse  comme  une  forte  töte  d’homme. 
Le  gros  intestin  est  normalement  situe,  le  colon  descendant  et  l’S  iliaque  sont 
adlierents  avec  la  dite  tumeui-  fonnee  par  un  sac  membraneux  qui  laisse  voir 
distinctement  ä travers  ses  parois  des  anses  intestinales.  Dans  le  bassin,  les 
Organes  genitaux  sont  normalement  situes. 

Le  duodenum  renferme  des  matieres  biliaires,  puis,  ä quelques  centimetres 
au-dessous  de  l’ampoule  de  Vater,  il  entre  dans  la  tumeur  abdominale;  ä,  cette 
hauteur  se  trouvent  3 diverticules  du  cote  de  l’insertion  mesenterique,  le  plus 

profond  mesure  4 centimetres La  tumeur  abdominale  sus-mentionnee 

est  fonnee  par  un  sac  membraneux  tendu,  legörement  bossele  ä sa  surface  externe, 
qui  n’est  autre  chose,  que  la  sereuse  tres  vascularisee  par  les  gros  vaisseaux. 
Ce  sac  recouvert  par  l'öpiploon  est  place  ä.  gauche,  il  la  bauteui-  de  l’S  iliaque, 
il  renferme  tout  l’intestin  grele  ii  l'exception  du  tiers  superieur  du  duodenum  et 
des  derniers  centimetres  de  l’ileum,  le  gros  intestin  l’entoure.  Cette  poche  ineir.- 
braneuse  s’ouvre  ä gauche  de  la  colonne  vertebrale,  ä,  la  hauteur  des  dernieres 
vertebres  lombaires,  en  bas  et  en  andere  par  un  orifice  ovale  ä bords  arrondis, 
epaissis,  fibreux,  de  couleur  nacree,  mesurant  dans  son  plus  grand  diametre 
8 centimetres,  laissant  facilement  passer  le  poing  et  distant  de  7 ä S)  centimetres 
du  colon  descendant  et  de  l’S  iliaque.  A sa  face  interne,  la  poche  est  lisse, 
non  alteree,  revetue  par  une  membrane  semblable  au  peritoine  et  qui  n'est  que 
sa  continuation ; eile  correspond  il  la  depression  peritonöale  bien  connue,  qui  se 
trouve  normalement  entre  les  deux  feuillets  du  niesen tero  de  l’S  iliaque,  surface 
inferieure.  Elle  rccoit  ses  vaisseaux  de  l'artere  colique  inferieure,  troisieme 
brancbe  de  la  mesenterique  inferieure,  un  rameau  fait  presque  complötement  le 
tour  de  son  bord  d’ouverture.  En  soulevant  legerement  la  tumeur  eutiere  quelques 
anses  intestinales  s;en  ecbappent  facilement.  Les  intestins  non  hyperemies  ne  ren- 
ferment  pas  de  matieres  fecales,  il  n’existe  pas  de  cicatrices  de  traction  ä la  base 
du  mesentöre.  De  ce  fait  et  de  ce  que  la  face  interne  est  lisse,  nous  pouvons  conclure 
qu’il  n’y  a pas  eu,  pendant  la  vie,  de  troubles  serieux  occasionnös  par  la  bernie. 

Es  ist  im  liöchsten  Grade  zu  bedauern,  dass  die  Beschreibung 
dieses  in  seiner  Art  einzigen  Falles  so  lückenhaft  gegeben  ist,  dass 
dem  aufmerksamen  Leser  selbst  wider  AVillen  die  ärgsten  Zweifel 
an  ihrer  Richtigkeit  entstehen  müssen.  Auch  ist  es  kaum  zu  ent- 
schuldigen, dass  der  Verfasser  es  nicht  einmal  für  nöthig  gehalten 
hat,  den  Fall  durch  eine  Abbildung  zu  illustriren.  Nach  der  Be- 
schreibung kann  ich  mir  von  dem  letzteren  nur  folgendes  Bild 
machen.  Der  Dickdarm  ist  normal  gelegen  und  rahmt  den  Bruch- 


47 


sack  gewissermaassen  ein.  Da  die  Flexura  sigmoidea  an  den  letzteren 
angelieftet  sein  soll,  so  muss  angenommen  werden,  dass  sie  kein 
Gekröse  besitzt,  sondern  dass  das  letztere  zur  Bedeckung  des 
Bruclisacks  mit  verwandt  war.  Die  faustgrosse  Bruchpforte  ist 
links  von  der  Wirbelsäule  und  zugleich  7 — 9 cm  von  dem  S romanum 
entfernt  am  unteren  hinteren  Abschnitt  des  Sackes  gelegen.  Setzen 
wir  eine  normale  Lage  des  S romanum  voraus,  so  würde  man 
lediglich  nach  dieser  Beschreibung  glauben  müssen,  dass  sich  die 
Bruchpforte  zwischen  der  Wirbelsäule  und  dem  eben  genannten 
Darmtheil  im  vorderen  Blatt  des  ehemaligen  Mesocolon  sigmoideum 
befunden  haben  muss,  wenn  uns  der  Autor  nicht  die  ausdrückliche 
Versicherung  gäbe,  dass  ihre  Lage  an  der  unteren  Fläche  des 
Mesocolon  sigmoideum  dem  Treitz’schen  Orificium  intersigmoideum 
entspräche.  Nehmen  wir  jedoch  die  letztere  Angabe  als  richtig' 
an,  so  kann  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  dass  bei  normal  ge- 
lagerter und  an  den  Bruchsack  fixirter  Flexur  die  Bruchpforte 
nach  links  und  hinten  von  der  letzteren  gelegen  und  (wahrscheinlich 
in  ähnlicher  Weise  wie  unter  normalen  Verhältnissen  das  Orificium 
intersigmoideum)  durch  dieselbe  verdeckt  war.  Bei  dieser  An- 
nahme kommen  wir  aber  sofort  wegen  des  Dünndarms  in  die 
grössten  Schwierigkeiten.  Der  ganze  Dünndarm  ist  in  den  Bruch- 
sack eingeschlossen:  nur  das  obere  Drittel  des  Duodenum  und  die 
„letzten  Centimeter“  des  Ileum  liegen  ausserhalb  desselben.  An 
einer  anderen  Stelle  ist  wiederum  gesagt,  dass  das  Duodenum 
einige  Centimeter  unterhalb  der  Vater’schen  Ampulle  in  den  Sack 
eintrat;  dann  wären  allerdings  die  oberen  zwei  Drittel  des  Zwölf- 
fingerdarms ausserhalb  des  Sackes  gelegen.  Sehen  wir  indessen 
von  diesem  nebensächlichen  Widerspruch  ab,  so  geht  aus  der  Be- 
schreibung das  Eine  deutlich  hervor,  dass  nur  das  Ileum  in  die 
Bruchpforte  hineinzog,  während  das  Duodenum  in  weiter  Entfernung 
von  der  letzteren  an  dem  rechten  oberen  Theil  des  Sackes  direct 
dui  ch  die  Wand  desselben  hindurchtrat.  Wenn  nun  aber  das  Ileum 
zu  der  an  der  unteren  Fläche  des  Mesocolon  sigmoideum  gelegenen 
Bruchpforte  gelangen  sollte,  so  müsste  es  vor  dem  S romanum 
hinweg  in  ziemlich  transversaler  Richtung  nach  links  ziehen.  Wie 
verhielt  sich  nun  aber  die  Wurzellinie  des  Heumgekröses?  War 
das  letztere  auch  an  die  Vorderfläche  des  S romanum  angeheftet? 
Lud  wenn  man  dann  das  Ileum  und  Jejunum  innerhalb  des  Sackes 
weiter  verfolgte,  so  konnte  man  doch  nur  hinter  dem  Colon 
descendens  wieder  zum  Duodenum  gelangen,  da  aus  der  Be- 


48 


Schreibung  sicher  hervorgeht,  dass  das  ganze  Jejunum  innerhalb 
des  Bruchsackes  lag  und  nicht  etwa  vor  dem  letzteren  und  der 
Flexura  sigmoidea  hinweg  zur  Bruchpforte  zog.  Wie  verhielt  sich 
ferner  die  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses  innerhalb  des  Bruch- 
sackes und  wie  verlief  der  innerhalb  des  Sackes  gelegene  Tlieil 
des  Duodenum?  War  die  Flexura  duod'eno -j ejunalis  normal  ge- 
legen? Das  alles  sind  äusserst  wichtige  Fragen,  wenn  es  sich 
darum  handelt,  über  diesen  Fall  ein  sicheres  Urtheil  abzugeben. 
Leider  giebt  uns  die  Beschreibung  keine  Antwort  darauf. 

Nach  alledem  möchte  ich  meine  Meinung  über  den  von  Jo- 
mini  beschriebenen  Fall  in  folgender  Weise  resumiren.  Aus  der 
lückenhaften  Beschreibung  geht  soviel  mit  Sicherheit  hervor,  dass 
es  sich  bei  demselben  nie  und  nimmer  um  eine  Hernia  intersig- 
moidea  handeln  kann.  Wenn  ich  nun  meinerseits  interpellirt  würde, 
wofür  ich  diesen  Fall  ansehen  möchte,  so  kann  ich  darauf  nur  er- 
widern, dass  eine  sichere  Beurtheilung  desselben  solange  unmöglich 
ist,  als  die  oben  von  mir  aufgeworfenen  Fragen  nicht  beantwortet 
sind.  Insbesondere  wird  es  sich  darum  handeln,  die  Lage  und  die 
Begrenzungen  der  Bruchpforte  genauer  zu  präcisiren.  Würde  die 
abnorm  grosse  Bruchpforte  wirklich  in  ihrer  Lage  dem  ehemaligen 
unteren  Blatt  des  Mesocolon  sigmoideum  entsprechen,  so  bin  ich 
■der  Meinung,  dass  der  Fall  überhaupt  keine  intraabdominale  Hernie 
darstellt,  sondern  dass  wir  hier  ganz  abnorme,  bereits  während 
des  intrauterinen  Lebens  entstandene  Lageverhältnisse  des  Darm- 
kanals vor  uns  haben,  welche  späterhin  durch  besondere  Ver- 
wachsungen fixirt  sein  könnten.  Man  überlege  sich  nur,  dass  wenn 
die  Bruchpforte  wirklich  das  Orificium  intersigmoideum  wäre,  der 
Dünndarm  auf  seinem  Wege  von  der  Pars  descendens  duodeni  bis 
zum  Coecum  erst  hinter  dem  Colon  descendens  oder  S romanum 
nach  links  und  von  da  wiederum  durch  die  Bruchpforte  vor  dem 
8 romanum  nach  rechts  verlaufen  sein  müsste!  Wenn  Jomin i 
den  Fall  selbst  obducirt  hat,  was  aus  seiner  Mittheilung  nicht  mit 
Sicherheit  hervorgeht,  so  ist  er  vielleicht  noch  jetzt  nachträglich 
im  Stande,  über  manche  von  diesen  unklaren  Punkten  aus  der 
Erinnerung  Auskunft  zu  geben.  Dass  das  Präparat  für  die  Samm- 
lung conservirt  worden  ist,  ist  leider  nicht  anzunehmen,  da,  wie 
aus  dem  Sectionsprotocoll  hervorgeht,  eine  grosse  Anzahl  der 
Baucheingeweide  aufgeschnitten  worden  sind. 

Der  zweite  Fall,  der  von  Eve,  unterscheidet  sich  von  dem 
Vorigen  in  vortheilhafter  Weise  zunächst  dadurch,  dass  derselbe  durch 


49 


eine  Abbildung  illustrirt  ist.  Die  Beschreibung  und  die  nebenstehende 
Figur  ermöglichen  es  wohl,  sich  eine  klare  Vorstellung  von  dem 
Verhalten  des  ganzen  Dickdarms  und  des  unteren  Ileumendes,  des 
Bruchsackes  und  der  Bruchpforte  zu  machen.  Indessen  über  den 
Verlauf  und  die  Lage  des  Duodenum  ist  zunächst  gar  nichts 
gesagt,  ferner  ebensowenig  darüber,  wie  eigentlich  der  Dünn- 
darm von  seinem  rechts  oben  gelegenen  jejunalen  Anfangs- 
theil  zur  Bruchpforte  hinzog.  Zur  besseren  Beurtheilung  des 
Falles  will  ich  die  anatomische  Beschreibung  desselben  wörtlich 
citiren : 

On  opening  tlie  abdomen,  I found  the  following  condition.  The  intestines 
were  injected  and  distendet  witli  flatus,  but  there  was  no  effusion  of  lymph. 
On  moving  them  aside  to  the  right,  it  was  observed  that  the  sigraoid  flexure 
was  displaced  towards  the  middle  line ; and,  extending  from  its  posterior  suface 
towards  the  left  iliac  fossa,  was  a sheet  of  peritoneum  through  an  opening  in 
which  a knuckle  of  small  intestine  passed.  The  protruded  intestine  was  with- 
drawn  witli  out  the  least  resistance,  and  prcved  to  be  a portion,  about  six  inches 
in  length,  of  the  lower  and  of  the  ileuni.  It  was  moderately  congested,  and 
was  marked  at  each  end  by  a slight  constriction.  The  opening  in  the  peritoneum 
was  oval,  and  its  long  diameter  measured  half  an  inch.  It  was  situated  close 
to  the  left  side  of  the  sigmoid  flexure,  its  lower  margin  being  from  an  inch  to 
an  inch  and  a half  above  and  to  the  outer  side  of  the  sacro-iliac  synchondrosis, 
and  an  inch  from  the  ovary.  On  dissecting  up  the  peritoneum  from  the  subjacent 
muscles,  the  opening  was  found  to  lead  into  a sac  of  peritoneum  having  very 
thin  walls , which  were  attached  to , or  continuous  with , the  margins  of  the 
opening.  The  sac  was  pyriform,  measured  three  inches  in  its  long  diameter,  and 
extended  upwards  and  backwards  beneath  the  large  intestine.  Its  posterior 
surface,  in  contact  with  the  iliacus  and  lumbar  muscles,  was  easily  dissected 
from  its  connections,  but  its  anterior  surface  was  so  closely  connected  with  the 
peritoneum  and  posterior  surface  of  the  large  bowel,  that  its  continuity,  in  parts, 
coiüd  not  be  established. 

The  sigmoid  flexure  was  nearly  surrounded  by  peritoneum,  but  had  not  a 
distinct  mesentery,  the  two  layers  of  peritoneum  reflected  from  it  being  nowhere 
in  contact.  Above  the  opening  of  the  hernia,  the  flexure  was  bound  down  to 
the  iliac  fossa  by  three  bands  of  thiclcened  peritoneum.  The  mucli  distended 
caecum  occupied  a position  immediately  to  the  right  of  the  middle  line.  The 
ascending  colon  took  a course  obliquely  across  the  abdomen  to  the  left  hypoclion- 
drium,  where  it  turned  sharply  to  the  right,  and  followed  the  curve  of  the 
diaphragm  until  it  reached  the  middle  line;  here  it  became  suddenly  bent  upon 
itself  and  returned,  above  and  parallel  to  its  previous  course,  to  the  lover  edge 
of  the  spieen;  thence  it  took  the  normal  direction  to  the  sigmoid  flexure.  Both 
the  ascending  and  descending  portions  of  the  large  intestine  were  closely  United, 
and  almost  surrounded  by  a single  layer  of  peritoneum.  A transverse  colon,  it 
need  scarcely  be  said,  did  not  exist. 

Just  above  the  caecum,  the  ascending  colon  and  adjacent  curve  of  the 
sigmoid  flexure  were  bound  together  by  a ribbon-like  band  of  fibrous  tissue 

Broesike,  Hernien.  4 


50 


tbree-quarters  of  an  inch  in  breadth  and  half  an  incli  in  length:  the  adhesion 
to  the  flexure  was  two  inches  below  the  level  of  the  hernial  opening.  The 
ascending  colon  was  slightly  narrowed  by  the  tension  to  which  the  band  gave 
rise,  but  the  calibre  of  the  lower  bowel  was  unaltered,  and,  with  the  othcr 
large  intestine,  was  of  the  usual  dimensions. 

The  upper  end  of  the  misplaced  colon  was  connected  by  the  great  omentum 
to  the  great  curvature  of  the  stomach.  In  front  of  the  sharp  bend  of  the 
ascending  colon  at  the  middle  line  was  a funnel-shaped  pocket  or  cul-de-sac, 
tliree  inches  in  length,  which  was  formed  by  a depression  or  insolution  of 
peritoneum  between  the  parallel  running  folds  of  large  intestine. 

Part  of  the  jejunum  occupied  the  usual  position  of  the  ascending  colon, 
and  at  a point  two  feet  below  the  pyloric  orifice  had  been  opened  and  attacbed 
to  the  wound  in  the  right  loin,  at  which  it  presented  during  the  Operation 
(d.  li.  der  rechtsseitigen  Colotomie.  Anm.  d.  Yerf.). 

Fassen  wir  das  Wichtigste  dieser  Beschreibung  unter  Zuhülfe- 
nahme  der  Abbildung  zusammen,  so  ist  zunächst  zu  bemerken, 
dass  der  Dickdarm  die  Form  eines  doppelten  S hatte,  dessen 
beide  Theile,  oben  in  einander  übergehend  und  eng  an  einander 
gelöthet,  parallel  durch  die  Bauchhöhle  zogen.  Die  rechte  Hälfte 
dieser  Doppelfigur  entsprach  dem  Coecum  und  Colon  ascendens, 
die  linke  dem  Colon  descendens  und  der  Flexura  sigmoidea,  ohne 
dass  man  in  der  Lage  war,  von  einem  Colon  transversum  sprechen 
zu  können.  Der  Bruchsack  lag  im  wesentlichen  in  der  linken 
Bauchhälfte,  die  Bruchpforte  links  neben  dem  mittleren  Theile  des 
Doppel-S  gelegen,  entsprach  etwa  der  Eingangsöffnung  des  Bec. 
intersigmoideus.  Yon  dem  Heum  ist  ohne  Zweifel  zu  constatiren, 
dass  es  von  dem  rechts  von  der  Medianlinie  gelegenen  Coecum 
aus  vor  der  mit  dem  letzteren  verlötheten  Flexura  sig- 
moidea  hinweg  nach  links  und  oben  bis  in  die  Bruchpforte  hinein- 
zog und  allein  in  der  letzteren  gelegen  war.  Das  Jejunum  be- 
fand sich  nach  der  Beschreibung  zum  grössten  Theile  an  der- 
jenigen Stelle,  an  welcher  gewöhnlich  das  Colon  ascendens 
gelegen  ist:  auf  der  Abbildung  ist  jedoch  von  diesem  Darmtheil 
nichts  wahrzunehmen.  Weder  aus  der  Beschreibung  noch  aus 
der  Abbildung  ist  nun  aber  zu  entnehmen,  wie  das  Jejunum 
von  dem  rechten  oberen  Abschnitt  des  Cavum  abdominis  weiter 
verlief.  Ging  es  vor  dem  Dickdarm  in  das  Ileum  über, 

oder  zog  der  Dünndarm  (ähnlich  wie  dies  in  dem  Falle  von 
Jomini  gewesen  zu  sein  scheint)  hinter  dem  Dickdarm  in  den 
Bruchsack  hinein,  um  alsdann  den  letzteren  in  Gestalt  des  unteren 
Ileumendes  durch  die  Bruchpforte  zu  verlassen?  Da  Eve  indessen 
nur  davon  spricht,  dass  eine  sechs  Zoll  lange  Heumschlinge  in  die 


51 


Bruchöffnung'  hineinging,  welche  nach  dem  Herausziehen  an  beiden 
Enden  eine  leichte  Einschnürung  zeigte,  so  ist  die  erste  Annahme 
wohl  wahrscheinlicher.  Denn  im  zweiten  Fall  hätte  ja  nur  ein 
einziges  Darmrohr  aus  der  Bruchöffnung  heraustreten  müssen. 
Eve  erklärt  sich  den  von  ihm  publicirten  Fall  in  der  Weise,  dass 
er  annimmt,  es  habe  schon  in  einem  sehr  frühen  embryonalen 
Entwicklungsstadium  zwischen  dem  ursprünglich  links  gelegenen 
Coecum  und  dem  zu  jener  Zeit  in  seiner  unmittelbaren  Nachbar- 
schaft befindlichen  S romanum  eine  Verlöthung  stattgefunden,  durch 
welche  das  Erstere  an  seiner  normalen  Locomotion  nach  rechts 
verhindert  worden  sei.  Dadurch  sei  aber  zugleich  die  Flexura 
sigmoidea  aufwärts  gezogen  und  das  Orificium  intersigmoideum 
ffxirt  und  vergrössert  worden  — wodurch  natürlich  für  das  Ein- 
dringen einer  Darmschlinge  in  die  letztere  Oeffnung  die  denkbar 
günstigsten  Vorbedingungen  gegeben  wären. 

Man  kann  die  Erklärung  von  Eve  acceptiren  und  würde  dann 
den  ersten  sicher  constatirten  Fall  einer  Hernia  intersigmoidea  vor 
sich  haben.  Uebrigens  könnte  der  Fall  auch  in  folgender  Weise 
erklärt  werden.  Die  Verlöthung  des  Gekröses  der  ehemaligen 
Nabelschleife  mit  dem  Duodenum  und  der  rechten  Hälfte  der 
hinteren  Bauchwand  war  während  des  embryonalen  Lebens  unter- 
blieben, d.  h.  es  ist  ein  sogenanntes  Mesenterium  commune  für 
das  Jejunum,  Ileum,  Coecum  und  Colon  ascendens  vorhanden  ge- 
wesen, während  das  Colon  transversum  und  descendens  annähernd 
in  der  gewöhnlichen  Weise  fixirt  waren  (cf.  Fall  B.  p.  127  bei 
Treitz).  In  Folge  chronischer  Entzündungsprocesse  während  des 
extrauterinen  Lebens  wurden  alsdann  das  Coecum  und  Colon  as- 
cendens mit  der  Flexura  sigmoidea  verlöthet  und  die  eben  genannten 
Darmtheile  nach  rechts  dislocirt,  so  dass  das  Orificium  intersig- 
moideum für  das  Eintreten  der  Dünndarmschlingen  zugänglich 
wurde.  Die  grosse  Derbheit  und  Festigkeit  der  Verlöthungen 
zwischen  den  letztgenannten  Dickdarmabschnitten  und  der  hinteren 
Bauchwand,  sowie  die  an  amnestischen  Daten  sprechen  mehr  dafür, 
dass  es  sich  hier  um  pathologische  Processe  gehandelt  hat.  Indessen 
würde  auch  diese  Annahme  an  der  Beurtheilung  des  Eve’schen 
Falles  als  Hernia  intersigmoidea  nichts  ändern,  da  eine  normale 
Fossa  intersigmoidea  schon  vor  dem  Auftreten  der  peritoniti sehen 
Erscheinungen  vorhanden  gewesen  sein  könnte.  Uebrigens  ist  es  von 
Interesse,  dass  dieser  seltene  Fall  unter  schweren  Incarcerations- 
erscheinungeu  verlief,  welche  zur  Operation  führten. 


4* 


52 


IY.  Die  pericaecalen  Bauchfelltaschen  und  Hernien, 
a)  Pericaecale  Bauchfelltaschen. 

Die  Peritoneal taschen  in  der  unmittelbaren  Nachbarschaft  des 
Coecum  sind  so  vielfach  und  so  genau  beschrieben  worden,  dass  mir 
in  Bezug  auf  dieses  Thema  wenig  mehr  übrig  bleibt,  als  das  vor- 
handene Material  kritisch  zu  sichten.  Insbesondere  sind  die  Be- 
schreibungen von  Wald  ey  er  und  von  Jonnesco  durch  ihre  grosse 
Klarheit  und  Genauigkeit  ausgezeichnet.  Der  Vollständigkeit  wegen 
Avill  ich  im  Anschluss  an  die  beiden  oben  genannten  Autoren  eine  kurze 
Schilderung  dieser  Taschen  geben,  bei  welcher  ich  immerhin  auch 
meine  eigenen  Beobachtungen  berücksichtigen  werde.  Auch  er- 
scheint es  mir  nicht  überflüssig,  auf  die  Genese  derselben  besonders 
einzugehen,  weil  die  Meinungen  darüber  noch  immer  nicht  voll- 
ständig geklärt  sind. 

Waldeyer  unterscheidet  vier  Arten  von  peritonealen  Recessus 
in  der  Nähe  des  Coecum,  uämlich:  1.  den  Recessus  ileo-coecalis 
superior,  2.  den  Rec.  ileo  - coecalis  inferior,  3.  den  Rec. 
coecalis  und  4.  den  Rec.  subcoecalis.  Für  die  Beschreibung 
derselben  gehe  ich  von  derjenigen  Lage  des  Darmes  aus,  bei 
welcher  der  Proc.  vermiformis  vertical  nach  abwärts  hängt,  während 
das  transversal  gelegene  Endstück  des  Ileum  mit  dem  Coecum 
einen  nahezu  rechten  Winkel  bildet. 

1.  Der  Rec.  ileo-coecalis  superior  hängt  in  seiner  Ent- 
wickelung von  der  Ausbildung  einer  Peritonalfalte  ab,  welche,  von 
dem  vorderen  Blatt  des  Ueo-caecalgekröses  ausgehend,  dicht  ober- 
halb oder  vor  dem  Ende  des  Ileum  nach  rechts  und  abwärts  verläuft, 
um  sich  meistens  an  der  Vorderfläche  des  Coecum,  seltener  an 
der  Wurzel  des  Proc.  vermiformis  zu  verlieren.  In  dem  nach 
links  gelegenen,  concaven,  freien  Rande  der  Falte  ist  ein  stärkerer 
Zweig  der  A.  ileo-colica  gelegen,  welchen  ich  mit  Tuffier  zweck- 
mässig als  A.  ileo-coecalis  ant.  benennen  möchte.  Die  Falte  wird 
von  Jonnesco  als  Eepli  mesenterico-  caecal  bezeichnet.  Ich 
kann  mich  dieser  Bezeichnung  deswegen  nicht  anschliessen,  weil 
sich  mitunter  auch  an  der  hinteren  Fläche  der  Uebergangsstelle 
zwischen  Ileum  und  Coecum  gewissermaassen  als  Fortsetzung  des 
hinteren  Mesenterialblattes  eine  Falte  vorfindet,  auf  welche  die 
Jonnesco' sehe  Bezeichnung  ebenfalls  passen  würde.  Will  man 
die  vorhin  beschriebene  Peritonealfalte  irgendwie  bezeichnen,  so 


53 


würde  der  Name  Plica  ileo-coecalis  ant.wolil  am  passendsten  sein, 
weil  dieselbe  erstens  die  A.  ileo-coecalis  anterior  enthält  und  zweitens 
vor  der  Uebergangsstelle  des  Ileum  in  das  Coecum  gelegen  ist. 

Der  von  Waldeyer  sogen.  Rec.  ileo-coecalis  sup.  ist  nun 
vorn  durch  die  Plico  ileo-coecalis  ant.,  hinten  durch  die  eben  er- 
wähnte Uebergangsstelle  begrenzt  und  öffnet  sich  somit  nach  links 
und  abwärts.  Beim  Embryo  und  beim  Kinde  ist  derselbe  stets 
verhältnissmässig  viel  stärker  entwickelt  als  beim  Erwachsenen, 
was  wohl  darauf  zurückzuführen  ist,  dass  das  Coecum  ein  erheblich 
mächtigeres  Wachstum  zeigt  als  die  Falte,  wobei  die  letztere 
theilweise  zur  peritonealen  Bedeckung  des  ersteren  verwandt 
wird.  Jonnesco  (No.  2,  p.  118)  refusirt  die  Bezeichnung  Rec. 
ileo-coecalis  sup.  nicht  mit  Unrecht,  weil,  wie  er  sagt,  der  Recessus 
nicht  „au  niveau  de  hangle  ileo-coecal  superieur,  mais  bien  en 
avant  de  Tileon  ou  plus  precisement  au  niveau  de  hangle  ileo-coecal 
anterieur“  gelegen  ist.  Er  schlägt  für  den  Recessus  einfach  die 
Bezeichnung  „Fossette  ileo-coecale“  vor,  was  mir  deswegen  nicht 
gefällt,  weil  einerseits  dieser  Name  erst  recht  nichts  über  die  Lage 
dieser  Bauchfelltasche  besagt,  andererseits  unter  der  gleichen  Be- 
zeichnung schon  Luschka  etwas  ganz  anderes,  nämlich  den  Rec. 
ileo-coecalis  inf.  von  Waldeyer  verstanden  hat.  Jonnesco  hätte 
nach  seiner  obigen  Definition  noch  einen  Schritt  weiter  gehen  und 
diese  Tasche  als  Rec.  ileo-coecalis  anterior  bezeichnen  sollen. 
Der  letztere  Name  scheint  mir  für  dieselbe  in  jeder  Beziehung  am 
zutreffendsten  zu  sein. 

Betreffs  der  Genese  der  Plica  und  damit  auch  des  Recessus 
ileo-coecalis  superior  oder,  wie  ich  sagen  möchte,  anterior  stimmen 
seit  Waldeyer  die  Autoren  darin  überein,  dass  die  Falte  ledig- 
lich durch  die  darin  verlaufende  Arterie  emporgehoben  wird  und 
somit  als  eine  Gefässfalte  angesehen  werden  muss.  In  der  That 
ist  wohl  die  Arterie  bei  minimaler  Faltenbildung,  aber  niemals  die 
Falte  ohne  die  Arterie  vorhanden. 

2.  Der  Rec.  ileo-coecalis  inferior  (Rec.  ileo-coecalis  von 
Luschka).  Für  diese  Bauchfelltasche  schlägt  Jonnesco  die  Be- 
zeichnung Fossette  ileo-appendiculaire  vor,  die  sich  in  latinisirter 
Form  als  Rec.  ileo- appendicularis  darstellen  würde.  Diese 
Bezeichnung  halte  ich  für  eine  sehr  glücklich  gewählte,  denn 
erstens  ist  sie  um  ein  Wort  kürzer  als  die  von  Waldeyer, 
zweitens  muss  selbst  jeder  Unkundige  aus  derselben  sofort  ent- 
nehmen, dass  dieser  Recessus  zwischen  dem  Endstück  des  Ileum 


54 


und  dem  Proc.  vermiformis  gelegen  ist.  In  der  That  wird  die 
rechte  Wand  desselben  durch  den  Proc.  vermiformis,  die  obere 
(linke)  durch  das  Ileum,  die  hintere  Wand  durch  das  Mesen- 
teriolum  des  Proc.  vermiformis  (den  Meso-appeii clice  von  Jonnesco), 
die  vordere  durch  eine  Peritonealfalte  gebildet,  welche  Jonnesco 
ganz  zutreffend  als  Repli  üeo-appendiculaire  (Plica  ileo-appen- 
dicularis)  bezeichnet.  Die  Eingangsöffnung  des  Recessus  sieht 
somit  nach  links  und  unten,  sein  rechts  und  oben  gelegenes  blindes 
Ende  stösst  an  den  unteren  Winkel  der  Uebergangsstelle  zwischen 
Ileum  und  Coecum.  Was  den  Meso-appendix  (das  Mesenteriolum 
des  Proc.  vermiformis)  betrifft,  so  ist  derselbe  dadurch  charakterisirt, 
dass  er  in  der  Nähe  seines  freien  Randes  von  der  Art.  appen- 
dicularis  durchzogen  wird,  welche  als  Ast  der  A.  ileo-colica  hinter 
dem  Ileum  zum  Wurmfortsatz  herabsteigt.  Auch  ich  erinnere 
mich  ebensowenig  wie  Jonnesco  jemals  gesehen  zu  haben,  dass, 
wie  dies  Bochdalek  behauptet,  mitunter  die  A.  appendicularis 
vor  dem  Ileum  zum  Proc.  vermiformis  verlaufen  kann.  Zwar  er- 
wähnt Tarenetzki  (p.  15)  einen  Fall,  wo  bei  einem  9jährigen 
Kinde  die  A.  vermicularis  nicht  hinter,  sondern  vor  dem  Ileum 
vorüberzog,  „wodurch  auch  die  Anordnung  und  Form  der  ent- 
sprechenden Peritonealfalten  die  umgekehrte  wurde“.  Ich  selbst 
möchte  jedoch  glauben,  dass  es  sich  in  diesen  Fällen  um  die 
vorhin  genannte  A.  ileo-coecalis  ant.  gehandelt  hat,  welche  die 
Versorgung  des  Proc.  vermiformis  übernimmt,  wenn  die  eigent- 
liche A.  appendicularis  einmal  zufälligerweise  sehr  schwach  oder- 
gar  nicht  entwickelt  ist.  Damit  möchte  übereinstimmen,  dass 
auch  die  Plica  ileo-coecalis  ant.  zuweilen  mit  ihrem  unteren  Ende 
bis  an  die  Wurzel  des  Wurmfortsatzes  hinanreicht  (vergl.  auch 
weiter  unten  p.  59).  Der  Meso-appendix  würde  somit  stets  mit 
dem  hinteren  Blatt  des  Ileo-coecalgekröses  in  continuirlichem  Zu- 
sammenhang stehen.  Die  zweite  Begrenzungsfalte  des  Recessus. 
die  Plica  ileo-appendicularis  von  Jonnesco  ist  mit  der  Plica 
ileo-coecalis  von  Luschka  identisch:  sie  entsteht  an  dem  vorderen 
Umfang  des  Ileumendes,  zieht  in  annähernd  frontaler  Richtuug 
längs  der  ileo-coecalen  Begrenzungsfurche  bis  zur  Wurzel  des 
Wurmfortsatzes  hin,  verläuft  alsdann  eine  kurze  Strecke  an  der 
Vorderfläche  des  letzteren  und  geht  hierauf  in  das  vordere  (linke) 
Blatt  des  Mesenteriolum  über,  indem  sie  dessen  freien  Raud 
zu  erreichen  pflegt.  Der  laterale  Ansatz  dieser  Falte  kann 
übrigens  auch  an  die  laterale  Fläche  des  Wurmfortsatzes  ver- 


55 


legt  sein  oder  sicli  sogar  lateral  von  dem  letzteren  bis  zur 
hinteren  Bauchwand  erstrecken,  so  dass,  wie  in  dem  einen  Falle 
von  Waldeyer,  derProc.  vermiformis  ganz  in  dem  Recessus  liegt: 
die  Anheftungslinie  dieser  Falte  kann  aber  auch  mehr  nach  links, 
d.  h.  gänzlich  auf  das  vordere  Blatt  des  Meso-appendix  hinüber- 
riicken.  Andererseits  können  auch  die  beiden  linken  (medialen) 
Enden  der  Plica  ileo-appendicularis  und  des  Mesenteriolum  mit 
einander  contluiren,  so  dass  die  Oeffnung  des  Recessus  lediglich 
von  dem  freien  Rande  der  eben  genannten  Falten  gebildet  wird. 
Schon  Waldeyer  hatte  auf  kleine  Gefässverzweigungen  in  der 
Plica  ileo-appendicularis  aufmerksam  gemacht.  Tuffier  und 
Jonnesco  bestätigen  diese  Angabe.  Treves  (No.  2,  p.  529)  be- 
zeichnet zwar  die  Plica  ileo-appendicularis  als  „bloodless  fold“, 
sagt  jedoch  kurz  vorher,  dass,  „wenn  in  derselben  Arterien  vor- 
handen sind,  dieselben  nur  sehr  klein  sind  und  von  den  Blut- 
gefässen herkommen,  welche  in  dem  freien  Rande  des  Meso- 
appendix  verlaufen“.  Ich  selbst  habe  bei  guter  Entwicklung  dieser 
Falte,  abgesehen  von  verschiedenen  mehr  unregelmässigen  Ver- 
zweigungen, fast  immer  in  ihrem  freien  Rande  stärkere  Blut- 
gefässe gefunden,  welche  sich  von  den  Vasa  appendicnlaria  in 
genau  derselben  Weise  abzweigten,  wie  dies  von  Jonnesco  (Fig.  29) 
abgebildet  ist,  ohne  dass  übrigens  dieser  Auto]'  ein  besonderes 
Gewicht  auf  diese  Thatsache  legt.  Diese  Randgefässe  habe  ich 
vielfach  ganz  deutlich  mit  blossem  Auge  wahrnehmen  können, 
wenn  sie  nicht  gerade  durch  eingelagertes  Fett  verdeckt  waren. 
Wo  sie  mit  blossem  Auge  nicht  wahrnehmbar  waren,  konnte  ich 
sie  wenigstens  bei  mikroskopischer  Untersuchung  constatiren,  so 
dass  ich  geneigt  bin,  sie  für  constant  zu  halten.  Auf  diese  Rand- 
gefässe, ebenso  wie  auf  die  von  Luschka  in  der  Falte  zuerst 
entdeckten  longitudinalen  glatten  Muskelfasern  komme  ich  später 
noch  einmal  zurück.  Die  Plica  ileo-appendicularis  könnte  bei  sein- 
hoher  Lage  ausnahmsweise  einmal  mit  der  von  mir  vorhin  sogen. 
Plica  ileo-coecalis  ant.  verwechselt  werden:  charakteristisch  ist 
für  die  erstere,  dass  sie  (wenigstens  nach  den  von  mir  gemusterten 
Exemplaren)  ihre  Blutgefässe  von  der  A.  appendicularis  empfängt, 
während  die  in  der  letzteren  gelegene  A.  ileo-coecalis  ant.  direct 
aus  der  A.  ileo-colica  entspringt  und  vor  dem  Coecum  entlang 
zieht.  Endlich  wäre  noch  der  von  Schott  (p.  44)  zuerst  be- 
schriebenen Verschliessung  und  cystischen  Erweiterung  des  Rec. 
ileo-coecalis  inf.  zu  gedenken,  wie  sie  offenbar  durch  eine  Ver- 


56 


wachsung  der  Ränder  der  Eingangsöffnung  hervorgerufen  ist.  Audi 
manche  anderen  Varietäten  des  Recessus  sind  auf  Verlöthungen, 
noch  andere  auf  eine  mangelhafte  Ausbildung  der  constituirenden 
Palten  zuriickzuführen  (cf.  Tarenetzki,  p.  22). 

Ich  lasse  noch  die  Beschreibung  zweier  Fälle  von  Rec.  ileo- 
coecalis  inf.  s.  ileo-appendicularis  folgen,  welche  mir  deswegen  eine 
besondere  Beobachtung  zu  verdienen  scheinen,  weil  in  ihnen  diese 
Bauchfelltasche  ungewöhnlich  entwickelt  war.  Aehnliche  Grössen- 
verhältnisse scheint  auch  Tuffier  (p.  651)  beobachtet  zu  haben: 
er  sagt  über  die  Grube  ganz  kurz  Folgendes:  „Je  l'ai  vu  chez 
radulte  admettre  les  deux  dernieres  phalanges  des  cinq  doigts: 
dans  un  cas,  le  feuillet  anterieur  ileo-coecal  presentait  10  centi- 
metres,  il  flottait  ä la  maniere  d'un  veritable  petit  epiploon  conte- 
nant  dans  son  epaisseur  des  franges  graisseuses.“ 

I.  Fall.  Männliche  Leiche  in  vorgerückterem  Lebensalter  und  ziemlich 
gutem  Ernährungszustände.  Das  Peritoneum,  seine  Falten  und  Anhänge  sind 
sämmtlich  sehr  gut  entwickelt  und  ziemlich  fettreich,  das  Dünndarmgekröse  ist 
durch  grosse  Länge  ausgezeichnet.  Die  Plica  ileo-appendicularis  (Plica  ileo- 
coecalis  von  Luschka)  ist  kolossal  stark  entwickelt:  ihre  Ansatzlinie  am  Ileum 
ist  12  cm  lang  und  erstreckt  sich  alsdann  noch  in  einer  Länge  von  5 cm  längs 
des  Coecum  bis  zur  Wurzel  des  Proc.  vermiformis,  von  wo  sie  schliesslich  auf 
das  Mesenteriolum  übergeht  und  mit  dem  letzteren  verschmilzt.  In  gleicher 
Weise  hängt  die  Falte  an  ihrem  medialen,  dem  Ileum  entsprechenden  Ende  mit 
dem  Meso-appendix  zusammen,  so  dass  eine  kreisförmige  Oeffnung  entsteht, 
welche  in  ausgedehntem  Zustande  etwa  3 cm  Durchmesser  besitzt.  Der  Recessus. 
zu  welchem  diese  Oeffnung  führt,  ist  etwa  kleinapfelgross.  Die  Höhe  der  Plica 
ileo-appendicularis  beträgt  an  ihrer  höchsten,  der  Wurzel  des  Wurmfortsatzes 
entsprecheuden  Stelle  6 cm,  an  ihrem  niedrigsten,  von  dem  Wurmfortsatz  am 
meisten  entfernten  Theile  noch  3cm.  Im  Uebrigen  ist  die  Falte  sehr  fettreich: 
in  ihrem  Rande  verliefen  gut  entwickelte  Blutgefässe,  welche  von  den  A7asa 
appendicularia  aus  in  den  höchsten  Theil  der  Falte  eintraten  und  sich  am  nie- 
drigsten Theile  derselben  allmählich  verlieren.  Ob  auch  in  den  letzteren  Ab- 
schnitt der  Falte  von  dem  Mesenteriolum  aus  G-efässe  eintraten,  welche  den  eben 
erwähnten  entgegenzogen  und  mit  ihnen  communicirten,  so  dass  also  die  Oeffnung 
des  Recessus  von  einem  Gefässriug  umgeben  gewesen  wäre,  darauf  habe  ich  nicht 
geachtet.  Doch  erscheint  mir  diese  Annahme  sehr  wahrscheinlich. 

II.  Fall.  Männliche  Leiche,  gut  genährt,  kräftig.  Die  Plica  ileo-appendi- 
cularis, deren  grösste  Höhe  3 cm  beträgt,  zog  am  Ileum  in  einer  Länge  von 
5 cm,  am  Coecum  von  4 cm  entlang  und  trat  hier  dicht  neben  dem  Ansatz  des 
Proc.  vermiformis  auf  das  Mesenteriolum  über.  Der  links  gelegene,  sehr  niedrige 
Theil  der  Falte  confluirte  wieder  mit  dem  letzteren,  so  dass  eine  im  ausge- 
dehnten Zustande  rundliche  Oeffnung  entstand,  welche  dann  einen  Durchmesser 
von  etwa  7 cm  hatte.  In  die  tiefste  Stelle  des  Recessus  konnten  etwa  zwei 
Fingerglieder  eingeführt  werden.  In  dem  freien  Rande  der  Falte  verliefen  der 
ganzen  Länge  nach  Blutgefässe,  welche  von  den  Vasa  appondicularia  herkamen 


57 


uud  am  Ileum  ihr  Ende  erreichten.  Die  Plica  ileo-appendicularis  war  also  in 
diesem  Falle  niedriger  als  in  dem  vorigen,  während  die  Oeffnnng  im  Gregentheil 
sich  erheblich  grösser  darstellte. 

Die  Genese  des  Rec.  ileo-coecalis  inf.  s.  ileo-appendicularis 
stellt  mit  der  Genese  der  Plica  ileo-appendicularis  und  des  Meso- 
appendix in  engem  Zusammenhang.  Was  zunächst  den  letzteren 
betrifft,  so  sind  wohl  seitWaldeyer  (p.  80)  die  Autoren  allgemein 
darüber  einig,  dass  die  Entwicklung  dieser  Palte  vom  Verlaufe  und 
der  Entwicklung  der  A.  appendicularis  abhängig  ist.  Dagegen 
herrscht  betreffs  einer  Erklärung  für  das  Zustandekommen  der  Plica 
ileo-appendicularis  unter  den  Autoren  noch  immer  eine  gewisse  Un- 
sicherheit. Luschka  und  sein  Schüler  Hart  mann  bringen  ihr 
Vorhandensein  mit  dem  in  dieser  Falte  gelegenen  Streifen  von 
longitudinalen,  glatten  Muskelfasern  in  Verbindung,  welcher  von 
demCoecum  auf  das  Ileum  hinüberzieht.  T oldt  (No.  1 p.  33)  bestätigt 
diese  Angabe  mit  dem  Bemerken,  dass  er  die  Muskelbündel  schon 
zu  Ende  des  fünften  Embryonalmonates  nachweisen  konnte,  und 
dass  ein  Zusammenhang  dieser  Bündel  mit  der  Muskelhaut  des 
Darmes  vorhanden  wäre.  „Nach  ihrer  Anheftung  am  Darme  und 
nach  der  Art  ihrer  Ausdehnung  während  des  foetalen  Wachsthums 
möchte  ihre  Entstehung  etwa  so  zu  erklären  sein,  dass  zunächst 
in  dem  Winkel,  welcher  durch  das  Basalstück  des  Wurmfortsatzes 
und  durch  das  Endstück  des  Ileum  eingeschlossen  ist,  in  Folge  des 
Wachsthums  beider  Darmtheile  nach  verschiedener  Richtung  der 
Bauchfellüberzug  mit  einem  Theile  der  äusseren  Muskellage  abge- 
hoben wird : die  so  gebildete  Bauchfellfalte  muss  sich  in  dem  Maasse 
vergrössern,  als  die  früher  jenem  Winkel  nahe  liegenden  Punkte 
des  Ileum  und  des  Wurmfortsatzes  durch  das  fortschreitende  Wachs- 
thum von  diesem  sich  mehr  und  mehr  entfernen.“  Auch  ich  möchte 
meine  Meinung  über  diese  Falte  kurz  dahin  präcisiren,  dass  die- 
selbe zweifellos  primär  als  Muskelfalte  anzuseheu  ist,  welche  jedoch 
ihre  Blutgefässe  von  den  A^asa  appendicularia  erhält.  Auch  ich 
habe  die  glatten  Muskelfasern  bei  Embryonen,  Kindern  und  Er- 
wachsenen in  longitudinalen,  d.  h.  der  Längsaxe  des  Darmes  ent- 
sprechenden Zügen  vorgefunden;  dieselben  waren  im  Basaltheile 
der  Falte  dicht  gedrängt,  dagegen  je  näher  dem  Rande  der  letzteren, 
in  um  so  weiteren  Distanzen  von  einander  gelegen.  War  die 
Plica  ileo-appendicularis  sehr  gut  entwickelt,  so  war  es  mir  oft 
gar  nicht  mehr  möglich,  dieselben  bis  auf  eine  grosse  Entfernung 
vom  Rande  hin  in  der  Falte  wahrzunehmen,  während  die  von  den 


58 


Vasa  appendicularia  ausgehenden  Marginalgefässe  nahezu  constant  im 
Rande  selbst  vorhanden  waren.  Nur  hei  zwei  älteren  Individuen  mit 
ausserordentlich  fettreicher  Plica  zogen  diese  Gefässe  in  einiger 
Entfernung  vom  Rande  durch  die  Falte  hindurch;  Hand  in  Hand 
mit  der  stärkeren  Fetteinlagerung  hatte  hier  ausnahmsweise  eine 
überschüssige  Proliferation  der  Falte  über  die  Randgefässe  hinaus 
stattgefunden.  Ist  die  Fetteinlagerung  in  die  Plica  ileo-appen- 
dicularis  nur  gering,  so  sieht  man  dieselbe  sehr  häufig  allein 
auf  den  Rand  beschränkt,  wo  sie  die  Marginalgefässe  völlig  ver- 
decken kann.  Nach  alledem  muss  ich  annehmen,  dass,  wenn  die 
Plica  ileo-appendicularis  auch  primär  eine  Muskelfalte  ist,  ihre 
Weiterentwicklung  doch  von  dem  Verhalten  ihrer  Randgefässe, 
sowie  der  Vasa  appendicularia  und  des  Mesenteriolum  abhängig  ist 
und  dass  dieselbe  somit  später  mehr  den  Charakter  einer  Gefäss- 
falte  annimmt.  Wird  das  Mesenteriolum  höher  und  entfernen 
sich  die  Vasa  appendicularia  mehr  von  der  Darmoberfläche,  so 
werden  ihnen  bei  harmonischer  Entwicklung  auch  die  Marginal- 
gefässe der  Plica  ileo-appendicularis  folgen  und  die  letztere  wird  sich 
erhöhen  müssen.  Die  verschiedenen  oben  angedeuteten  Varietäten 
in  der  Insertion  dieser  Falte  am  Wurmfortsatz  und  Meso-appendix 
hängen  einfach  davon  ab,  ob  die  Randgefässe  mehr  vom  Auf  angs- 
theil oder  vom  Ende  oder  gar  von  einem  Zweige  der  Vasa  appen- 
dicularia abgehen.  Fasst  man  die  Plica  ileo-appendicularis  einfach 
als  Muskelfalte  auf,  so  bleiben  viele  Varietäten  derselben  unerklärt, 
so  z.  B.  wenn  dieselbe  mit  ihrem  lateralen  (unteren)  Ende  gar 
nicht  den  Proc.  vermiformis  erreicht,  sondern  sich  gänzlich  an 
dem  oberen  (medialen)  Abschnitt  des  Meso-appendix  inserirt.  Die 
letztgenannte  Varietät  zeigt  auch,  dass  die  Toldt’sche  Erklärung 
nur  auf  einen  Theil  der  Formen  passt,  in  denen  diese  Falte  auf- 
tritt.  Ich  möchte  übrigens  noch  betonen,  dass  selbst  bei  den  aus- 
gesprochensten peritonealen  Gefässfalten  sich  keineswegs  ein  Zu- 
sammenhang zwischen  der  Grösse  der  Falte  und  dem  Kaliber 
ihrer  grossen  Blutgefässe  nachweisen  lässt,  wie  dies  besonders 
deutlich  an  der  Plica  ileo-coecalis  ant.  s.  sup.,  aber  auch  an  anderen 
Orten  hervortritt.  Die  letztere  Falte  kann  mitunter  nur  sehr 
winzig  und  die  in  ihr  enthaltene  A.  ileo-coecalis  ant.  dennoch  sein- 
stark  entwickelt  sein. 

Ich  will  endlich  zum  Schluss  noch  der  Auffassung  von  Treves 
Erwähnung  tliun,  welcher  auf  Grund  vergleichend  anatomischer 
Studien  zu  der  Anschauung  kommt,  dass  die  Plica  ileo-appendicu- 


59 


laris  (Plica  ileo-caecalis  Luschka)  das  eigentliche,  wahre  Mesenterium 
desProc  vermiformis  darstelle,  obschon  übrigens  er  selbst  dieser  Falte, 
wenigstens  für  die  Mehrzahl  der  Fälle,  die  Blutgefässe  abspricht. 
Zu  dieser  Ansicht  scheint  Treves  hauptsächlich  durch  die  That- 
saclie  verführt  worden  zu  sein,  dass  diese  Falte  beim  Känguruh 
kolossal  stark  entwickelt  ist,  während  die  Analoga  des  Meso-appendix 
und  der  Plica  ileo-coecalis  ant.  daneben  an  Grösse  gänzlich  zurück- 
treten. Dem  gegenüber  hebt  schon  Jonnesco  (No.  2,  p.  122)  hervor, 
dass,  wenn  bei  seinen  Beobachtungen  am  Menschen  von  den  drei 
beschriebenen  Falten  eine  fehlte,  dies  immer  die  Plica  ileo-appeir 
tlicularis  war.  Ich  selbst  möchte  ferner  hier  noch  einmal  darauf 
aufmerksam  machen,  dass  die  letztere  Falte  gar  keine  Blutgefässe 
von  der  A.  ileo-colica,  sondern  nur  von  der  A.  appendicularis  be- 
kommt und  schon  dadurch  ihre  Abhängigkeit  vom  Mesenteriolum 
kundgiebt.  Endlich  muss  ich  aber  sagen,  dass  die  von  Treves 
selbst  gegebenen  Abbildungen  und  Schilderungen  vergleichend 
anatomischer  Objecte  mich  zu  einem  ganz  anderen  Resultate  führen, 
nämlich  dass  mau  für  das  Coecum  und  seine  Verlängerung,  den 
Proc.  vermiformis,  zwei  nutritive  Arterien,  die  A.  ileo-coecalis  ant. 
und  die  A.  ileo-coecalis  post.  s.  appendicularis1)  annehmen  muss, 
von  denen  sich  bei  verschiedenen  Thieren  bald  die  eine,  bald  die 
andere  stärker  entwickelt  zeigt.  Da  die  beiden,  bald  mehr  bald 
weniger  stark  entwickelten  Peritonealfalten,  in  welchen  diese  Ar- 
terien verlaufen,  sich  beide  bis  zum  Proc.  vermiformis  nach  abwärts 
erstrecken  können,  so  könnte  man  höchstens  für  den  letzteren  ein 
doppeltes  Mesenteriolum  annehmen,  einvorderes,  welchesdurch 
die  Plica  ileo-coecalis  sup.  s.  ant.,  ein  hinteres,  welches  durch  den 
beim  Menschen  allein  so  bezeichneten  Meso-appendix  gebildet  werden 
würde  — womit  dann  allerdings  die  von  Jonnesco  angezweifelten 
Behauptungen  von  Bochdalek  (cf.  d.  A.  p.  54)  auch  für  den 
Menschen  in  ihre  Rechte  treten  würden.  Trotzdem  übrigens  der 
erstere  Autor  die  Behauptungen  des  letzteren  nicht  anerkennen 
will,  äussert  er  doch  eine  der  meinigen  ganz  ähnliche  Ansicht, 


*)  tßh  bemerke  hierbei,  dass  ich  in  der  Terminologie  liier  von  Tuffier  ab- 
weiche, welcher  neben  einer  A.  ileo-coecalis  post,  noch  eine  besondere  A.  appen- 
dicularis  s.  vermicularis  annimmt.  Die  Abbildungen,  auf  welche  sich  Tuffier 
(p.  644)  bezieht,  stellen  nach  meiner  Ansicht  ein  abnormes  Verhalten  des  Proc. 
vermiformis  dar,  da  der  letztere  hier  hinter  dem  Coecum  nach  aufwärts  zurück- 
gebogen  ist,  was  mir  mit  der  sehr  kurzen,  hoch  entspringenden  A.  appendicularis 
zusammenzuhängen  scheint. 


60 


wenn  er  — allerdings  ohne  nähere  Begründung  — (No.  2,  p.  122) 
sagt,  dass  für  ihn  das  veritable  Mesenterium  des  Coecalapparats, 
d.  h.  des  Coecum  und  Proc.  vermiformis  nicht  allein  durch  die 
Plica  ileo-appendicularis,  sondern  durch  die  drei  Palten  repräsentirt 
wäre,  welche  vom  Dünndarmgekröse,  sei  es  zum  Coecum,  sei  es 
zum  Proc.  vermiformis  verlaufen.  Für  die  Plica  ileo-appendicularis 
kann  ich  dies  jedoch  nur  in  dem  Sinne  anerkennen,  als  ich  diese 
Falte  mit  Rücksicht  auf  ihre  Gefässversorgung  wenigstens  theil- 
weise  als  ein  Derivat  des  Meso-appendix  betrachten  muss. 

3.  Die  zuerst  von  Huschke  beschriebene,  von  Waldeyer 
als  Fossa  coecalis  bezeichnete  Bauchfelltasche  ist  wohl  am 
schönsten  in  einem  von  Langer  (No.  1)  beschriebenen  Falle  ent- 
wickelt gewesen:  ihre  hintere  Wand  bildet  eine  Art  Bett  für  das 
Coecum  und  dieselbe  ist  somit  zwischen  dem  Coecum  und  dem 
Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauchwand  gelegen.  Die  Grube 
wird  rechts  von  einer  Bauchfellfalte,  dem  sogen.  Lig.  intestini  coeci 
von  Huschke  (Lig.  superieur  du  caecum  von  Tuffier)  begrenzt, 
welches  bald  mehr  vorn,  bald  mehr  hinten  am  lateralen  Umfang  des 
Coecum  entspringt  und  dorsalwärts  continuirlich  mit  dem  Peritoneum 
parietale  der  hinteren  Bauchwand  zusammenhängt.  Ihre  linke  Grenze 
wird  in  den  ausgeprägten  Fällen  ebenfalls  durch  eine  Falte  gebildet, 
welche  gewöhnlich  von  dem  Vereinigungswinkel  des  Ileum  und 
Coecum  gewissermaassen  als  Fortsetzung  des  Ueumgekröses  längs 
der  hinteren  Bauchwand  nach  abwärts  zieht.  Um  ihr  einen 
möglichst  kurzen  Namen  zu  geben,  will  ich  diese,  von  Tuffier 
als  Lig.  inferieur  du  caecum  bezeichnete  Falte  Plica  infraangidaris 
nennen,  obschon  dieselbe  mitunter  nicht  ganz  genau  von  dem  Ileo- 
coecal winkel,  sondern  mehr  vom  linken  Abschnitt  des  Coecum  selbst 
ausgehen  kann.  Das  Lig.  intestini  coeci  und  die  Plica  infraangidaris 
können  — wie  z.  B.  in  dem  Falle  von  Langer  — an  ihren  unteren, 
bereits  in  der  Fossa  iliaca  gelegenen  Enden  confluiren,  so  dass  sie 
beide  zusammen  eine  halbmondförmige  Falte  bilden,  deren  Conca- 
vität  alsdann  nach  oben  gerichtet  ist,  während  ihr  linkes  Horn 
dem  Ileo-coecalwinkel,  ihr  rechtes  dem  lateralen  Umfang  des  Coecum 
entspricht.  Es  würde  somit  diese  halbmondförmige  Falte  die 
Peripherie  des  Coecum  wie  eine  Art  von  Rahmen  umgeben.  Die 
Eiugangsölfnung  zu  der  Wald eyer’schen  Fossa  coecalis  würde 
in  dem  letzteren  Falle  zwischen  der  eben  erwähnten  halbmond- 
förmigen Falte  und  dem  Coecum  gelegen  sein.  Ausser  der  Fossa 
coecalis  wird  alsdann  noch  in  etwas  verschwommener  Weise  von 


61 


Treitz,  dagegen  völlig  klar  von  Waldeyer  eine  sogen.  Fossa 
subcoecalis  beschrieben,  welche  zunächst  mit  der  vorigen  die 
beiden  Merkmale  gemein  hat,  dass  sie  ebenfalls  zwischen  dem 
Coecum  und  dem  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauchwand 
gelegen  ist,  und  dass  ihre  Eingangsöffnung  gerade  nach  abwärts 
oder  auch  ein  wenig  nach  links  sieht.  Als  Characteristicum  für 
diese  Bauchfelltasche  bezeichnet  Waldeyer  ihre  Lage  tief  unter 
dem  Coecum  (an  der  Uebergangsstelle  zwischen  dem  letzteren  und 
dem  Colon  ascendens),  welche  zur  Folge  hat,  dass  sich  ihr  Ori- 
ficium  erst  sehen  lässt,  wenn  das  Coecum  in  die  Höhe  gehoben  ist. 
Niemals  kounte  dieser  Autor  ferner  constatiren,  dass  die  Eingangs- 
öffnung nach  rechts  und  abwärts  gerichtet  war. 

Jonnesco  endlich  (No.  2,  p.  123)  unterscheidet  zwischen  dem 
Coecum  und  der  hinteren  Bauchwand  zwei  Bauchfelltaschen,  welche 
er  als  Fossette  retro-caecale  externe  und  Fossette  retro-caecale  interne 
bezeichnet.  Bei  dieser  Terminologie  hat  sich  derselbe  wohl  an 
Tarenetzki  angelehnt,  welcher  (p.  23)  unter  der  Bezeichnung* 
Recessus  post-caecales  die  verschiedenartigsten  Peritonealgruben  zu- 
sammenfasst, welche  unter  und  hinter  dem  Blinddarm  gelegen  sind. 
Die  Fossette  retro-caecale  interne  identificirt  Jonnesco 
mit  der  Fossa  coecalis  von  Waldeyer,  was  mir  nicht  richtig 
zu -sein  scheint,  denn  wie  aus  seiner  Fig.  30  deutlich  hervor- 
geht, bildet  die  eben  erwähnte  Jonnesco’sche  Grube  durch- 
aus nicht  eine  Art  Bett,  in  welche  das  Coecum  eingelagert 
ist:  sie  scheint  mir  überhaupt  am  ehesten  mit  der  Fossa  sub- 
coecalis von  Treitz  und  Waldeyer  übereinzustimmen.  Die 
Fossette  retro-caecale  externe  identificirt  dagegen  Jonnesco 
mit  der  Fossa  subcoecalis  der  eben  erwähnten  Autoren,  was  ganz 
entschieden  ein  Irrthum  ist,  da  die  Waldeyer’sche  Fossa  sub- 
coecalis sich  nach  der  ausdrücklichen  Angabe  dieses  Autors  niemals 
nach  rechts  und  abwärts  öffnet.  Auch  könnte  bei  einer  Coexistenz 
der  Fossa  subcoecalis  und  coecalis  die  erstere  nur  oberhalb  der 
zweiten  gelegen  sein:  niemals  könnte  sich  aber  die  Fossa  subcoe- 
calis hinter  dem  lateralen,  die  Fossa  coecalis  hinter  dem  medialen 
Abschnitt  des  Coecum  befinden,  niemals  könnten  die  beiden  letzt- 
genannten Gruben  wie  die  beiden  Läufe  einer  Doppelflinte  an 
einander  geheftet  sein,  Avie  dies  Jonnesco  von  seinen  beiden 
Gruben  behauptet.  Das  Lig.  intestini  coeci  von  Husch ke  (Lig. 
superieur  du  caecum  von  Tuffier)  benennt  Jonnesco  als  ReplL 
paneto- caecal  ou  parieto  - colique  — eine  Bezeichnung,  welche  ich 


sehr  glücklich  gewählt  linde.  Dagegen  kann  ich  es  weniger  zweck- 
massig  finden,  wenn  derselbe  Antor  die  von  mir  sogen.  Plica  infra- 
angnlaris  (das  Lig.  inferieur  du  caecum  von  Tuffier)  als  Repli 
mesenterico- parietal  bezeichnet,  weil  der  letztere  Ausdruck  zu 
wenig  über  die  Lage  dieser  Palte  besagt,  d.  h.  weil  man  denselben 
auch  für  jede  andere  von  irgend  einer  Stelle  des  Mesenterium  zur 
hinteren  Bauchwand  ziehende  Peritonealfalte  gebrauchen  könnte. 

Wenn  ich  nun  meinen  eigenen  Standpunkt  bei  diesen  termi- 
nologischen Differenzen  praecisiren  soll,  so  möchte  ich  mit  Rück- 
sicht auf  die  Genese  aller  dieser  als  besondere  Gebilde  beschriebe- 
nen Taschen  dafür  plaidiren,  unter  Anlehnung  an  die  Ausdrucks- 
weise von  Tarenetzki  und  Jonnesco  zunächst  nur  einen  einzigen 
Recessus  retro-caecalis  anzunehmen,  welcher  sich  unter  Um- 
ständen mit  seinem  blinden  Ende  ziemlich  weit  bis  unter  das  Colon 
ascendens  hin auferstr ecken  und  sich  überhaupt  bei  hoher  Lage 
seiner  Ausgangsölfnuug  mehr  als  ein  Recessus  retro-colicus 
darstellen  kann.1)  Der  Recessus  retrocoecalis  bezw.  retrocolicus 
würde  also,  ganz  allgemein  gesagt,  zwischen  der  hinteren  Wand 
des  Coecum  bezw.  Colon  ascendens  und  der  hinteren  Bauchwand 
gelegen  sein.  Seine  laterale  Grenze  würde  durch  das  Lig.  oder 
die  Plica  parieto-coecalis  bezw.  parieto-colica,  seine  mediale 
Grenze  durch  die  Yerlöthungslinie  des  ileo  - coecalen  Darm- 
absclmittes  oder  Darmgekröses  mit  der  hinteren  Bauchwand  ge- 
bildet sein.  Diese  Verlöthungsgrenze  ist  bald  mehr  hinter  dem 
Mesenterium,  bald  hinter  dem  Ueocaecalwinkel,  bald  hinter  dem 
Coecum  oder  Colon  ascendens  gelegen;  sie  kann  sich  nach  abwärts 
in  eine  Falte  verlängern,  welche  ich  als  Plica  infraangularis, 
welche  Jonnesco  als  Plica  mesenterico -parietalis  bezeichnet  hat. 
Die  am  unteren  Abschnitt  des  Rec.  retrocaecalis  befindliche  Aus- 
gangsöffnung kann  bald  dem  unteren  Ende  des  Coecum  entsprechen, 
bald  höher  oben  hinter  dem  letzteren  gelegen  sein:  doch  halte  ich 
es  durchaus  für  möglich,  dass  einmal  Fälle  beobachtet  werden,  in 
welchen  diese  Oeffnung  sich  gänzlich  am  lateralen  Tlieil  des 
Recessus  befindet.  Die  Waldeyer’sche  Fossa  subcoecalis,  die 
Tarenetzki’schen  Recessus  postcaecales,  die  Jonnesco'sche 
Fossa  retrocaecalis  interna  und  externa  sind  nur  als  Varietäten 
oder  verschiedene  Abschnitte  des  einen  Recessus  retro-caecalis 


i)  Ich  möchte  hier  einschalten,  dass  ich  die  Grenze  zwischen  dem  Coecum  und 
•Colon  ascendens  durch  eine  Horizontalebene  gegeben,  annehme,  welche  ich  mir 
dicht  oberhalb  der  Eiumilndungsstelle  des  Ileum  durch  deu  Dickdarm  gelegt  denke. 


63 


aufzufassen.  Wenn  die  beiden  Jon n esc o’ sehen  Gruben  neben  ein- 
ander vorhanden  sind,  so  kann  man  dieselben  wohl  ohne  allzugrossen 
Zwang  als  Theile  eines  einzigen  ßec.  retrocaecalis  befrachten, 
welche  durch  eine  bald  mehr  sagittale,  bald  mehr  schräge  Scheide- 
wand von  einander  getrennt  sind.  Die  Fossa  coecalis  und  sub- 
coecalis  können  wiederum  bei  ihrer  Coexistenz  als  ein  einziger 
Recessus  angesehen  werden,  welcher  durch  ein  horizontales,  mit 
einer  Oeifnung  versehenes  Septum  in  einen  oberen  Abschnitt  (die 
Fossa  subcoecalis)  und  einen  unteren  (die  Fossa  coecalis)  getheilt 
ist.  Die  Waldeyer’sche  Bezeichnung  Fossa  coecalis  kann 
gleichwohl  beibehalten  werden:  aber  es  muss  dann  besonders  be- 
tont werden,  dass  dieselbe  nur  jene  Vertiefung  des  Peritoneum 
parietale  über  der  Fascia  iliaca  darstellt,  in  welche  das  Coecum 
eingelagert  ist.  Ist  bei  einem  gut  entwickelten  Becessus  retro- 
caecalis noch  eine  Fossa  caecalis  vorhanden,  so  würde  die  letztere 
nur  eine  in  der  hinteren  Wand  des  ersteren  befindliche  Vertiefung 
repräsentiren.  Freilich  findet  sich  diese  Grube  nach  Tarenetzki 
(p.  28)  auch  bei  hochstehendem  Coecum  vor  und  kann  dann  Ileum- 
schlingen  enthalten:  nach  den  Ausführungen  dieses  Autors,  auf 
welche  ich  noch  zurückkomme,  müsste  man  die  Fossa  coecalis  eher 
etwa  als  Fossa  iliaco-fascialis  bezeichnen. 

Mit  der  von  mir  eben  gegebenen  vereinfachten  Darstellung 
steht  die.  Entstehungs weise  des  Rec.  retrocaecalis  und  seiner 
Varietäten  in  bestem  Einklang.  Für  die  Genese  desselben  hat 
zunächst  Treitz,  ähnlich  wie  beim  Rec.  intersigmoideus,  den  Des- 
census  der  Sexualdrüse  verantwortlich  gemacht.  Indessen  ist  diese 
Theorie,  wenn  auch  nur  kurz,  so  doch  völlig  beweiskräftig  bereits 
von  Wald ey  er  widerlegt  worden,  welcher  sich  seinerseits  die  Ent- 
stehung der  Fossa  coecalis  und  subcoecalis  in  der  Weise  denkt, 
dass  „der  Blinddarm  durch  weiteres  Wachsthum  noch  nach  ab- 
wärts rückt,  wenn  bereits  das  Ende  des  Colon  ascendeus  durch 
Verstreichen  seines  Mesenterium  fixirt  ist:  er  wird  dadurch  an 
seinen  beiden  Seiten  wie  auch  am  Grunde  Peritonealfalten  mit 
dazwischen  liegenden  Taschen  bilden  müssen.“  Die  Waldeyer’sche 
Erklärung  würde  ja  nun  auch  für  das  Vorhandensein  kleinerer  der- 
artiger Bauchtelltachen  ausreichen.  Wenn  sich  aber,  wie  ich  dies 
in  einem  solchen  Falle  gesehen  habe,  ein  derartiger  Recessus,  von 
mehrfachen  transversalen  Peritonealfalten  unterbrochen,  mit  seinem 
blinden  Ende  weit  unter  das  Colon  ascendens  bis  in  die  Nähe  der 
Flexura  coli  hepatica  hinauferstreckt,  so  dürfte  man  damit 


64 


nicht  mehr  zurechtkommen.  Dagegen  gehen  uns  die  kurzen  Be- 
merkungen von  Langer  (No  2,  p.  129)  und  die  ausführlichen  Unter- 
suchungen von  Toldt  (No.  1,  p.  36)  die  nüthigen  Fingerzeige,  um 
zu  einer  befriedigenden  Deutung  für  die  Genese  des  Ree.  retro- 
caecalis  und  seiner  Varietäten  zu  kommen.  Auch  Tarenetzki 
(p.  24)  und  J onnesco  (No.  2,  p.  125)  halten  nach  den  Toldt'schen 
Untersuchungen  die  ganze  Frage  für  vollständig  aufgeklärt  und 
erledigt.  Danach  wäre  die  Entstehung  der  retrocaecalen  Bauch- 
felltaschen lediglich  von  der  mannigfach  differirenden  Art  und  "Weise 
abhängig,  in  welcher  sich  der  Verlöthungsprocess  des  Colon  as- 
cendens  und  Coecum  mit  dem  Peritoneum  parietale  vollzieht. 
Während  sich  nämlich  für  gewöhnlich  die  Verwachsung  zwischen 
dem  Mesocolon  ascendens  und  der  hinteren  Bauchwand  continuirlich 
auf  das  Colon  fortsetzt  und  nur  das  Coecum  allseitig  seine  freie 
Peritonealbekleidung  zu  behalten  pflegt,  kommt  es  mitunter  vor, 
dass  diese  Verwachsung  zunächst  am  medialen  Rande  des  Colon 
ascendens  still  steht.  Später  kann  jedoch  der  laterale  Rand  des 
Colon  ascendens  und  des  Coecum  in  einer  von  oben  nach  unten 
verlaufenden  Linie  mit  dem  Peritoneum  parietale  verschmelzen: 
diese  Verschmelzung  führt  zur  Bildung  des  Lig.  parieto-colicum 
(parieto-caecale,  intestini  coeci),  welches  somit  keineswegs,  wie  ich 
Toldt  gegenüber  hervorheben  möchte,  nur  ein  „transitorisches“ 
Band  ist,  „dessen  Entstehung  und  Umfang  durch  den  Ausdehnungs- 
zustand des  Blinddarms,  durch  gewisse  geringgradige  Locomotionen 
desselben  und  durch  den  Spannungsgrad  der  Bauchdecken  bedingt 
wird.“  Ich  habe  dieses  Band  in  dem  vorhin  erwähnten  Falle  in 
einer  Ausdehnung  und  Entwicklung  gesehen,  die  es  unmöglich 
macht,  an  seiner  Persistenz  zu  zweifeln.  Auch  in  dem  oben  er- 
wähnten, von  Langer  beschriebenen  Fall  kann  dasselbe  unmöglich 
nur  einen  transitorischen  Charakter  gehabt  haben.  Dass  sich  das 
Lig.  parieto-colicum  durch  die  von  Toldt  angeführten  Momente 
stärker  spannt  und  deutlicher  hervortritt,  ist  natürlich  nicht  zu 
bezweifeln,  wie  sich  dies  übrigens  auch  aus  den  von  Tuffier 
(p.  655)  angestellten  künstlichen  Füllungsversuchen  am  Colon  as- 
cendens und  Coecum  ergiebt.  Dagegen  scheint  mir  die  Plica  in- 
fraangularis  und  ihre  Confluenz  mit  der  Plica  parieto-caecalis  nur 
in  einzelnen  Fällen  durch  einen  Verlöthungsprocess,  in  anderen 
jedoch  in  Folge  einer  Zugwirkung  zu  entstehen,  wie  sie  entweder 
durch  Wachsthumslocomotionen  oder  Contractionen  des  Coecum 
auf  ein  leicht  verschiebliches  Peritoneum  ausgeübt  werden  könnte. 


65 


Einen  Fingerzeig  nach  dieser  Richtung  hin  giebt  uns  der  von 
Waldeyer  (p.  81)  beschriebene  Fall  einer  Fossa  coecalis,  bei 
welchem  dieser  Autor  nach  einer  Schilderung  der  die  eben  erwähnte 
Grube  begrenzenden  Falten  (der  Plica  parieto-coecalis  und  infra- 
angularis)  Folgendes  sagt:  „Beide  Falten  verloren  sich  in  die 
Peritonealbekleidung  des  M.  ilio-psoas  und  schienen  dort  beim 
An  spannen  bogenförmig  in  einander  überzugehen.“  Denselben 
Effect  wie  ein  künstliches  Anspannen  müsste  aber  auch  eine  Con- 
traction  des  Colon  ascendens  und  Coecum  haben,  insofern  das 
letztere  hierbei  höher  rückt.  Bei  häufigeren  derartigen  Contrac- 
tionen,  durch  Fetteinlagerungen  etc.,  könnte  dann  wohl  aus  einer 
ursprünglich  transitorischen  Faltenbildung  eine  persistirende  werden. 
Auch  andere  abnorme  Spannungsverhältnisse  des  Peritoneums  der 
Coecalgegend  müssten  in  demselben  Sinne  wirken.  Für  die  Ent- 
stehung einer  deutlichen  Vertiefung  zwischen  den  beiden  eben  be- 
schriebenen Falten,  also  der  Fossa  coecalis,  giebt  Tarenetzki 
(p.  27)  eine  Erklärung,  welche  für  mich  viel  Bestechendes  hat, 
wenngleich  ich  leider  nicht  in  der  Lage  war,  dieselbe  auf  ihre 
Richtigkeit  zu  prüfen.  An  der  Fascia  iliaca  unterscheidet  man 
einen  oberen  laxen  und  einen  unteren  festen  Abschnitt,  von  denen 
der  letztere  häufig  mittelst  eines  aufwärts  concaven  scharfen 
Randes  in  den  ersteren  übergeht.  Das  Bauchfell  kann  sich  nun 
in  den  laxeren  Abschnitt  der  Fascie  oder  sogar  unter  den  halb- 
mondförmigen Rand  ihres  straffen  Theiles  hinabstülpen  und  auf 
diese  Weise  die  Fossa  coecalis  bilden.  Uebrigens  soll  dieselbe 
keineswegs  immer  nur  das  Coecum,  sondern  mitunter  auch  andere 
Darmtheile  enthalten  und  ebensowohl  links  wie  rechts  Vorkommen 
können.  Darnach  scheint  es  allerdings,  dass,  wenn  die  Tare- 
netzki'sche  Darstellung  richtig  ist,  diese  Grube  besser  als  Fossa 
iliaco-fascialis  zu  bezeichnen  wäre. 

Alle  übrigen,  in  der  Literatur  erwähnten  Varietäten  von  peri- 
caecalen  Recessus  lassen  sich  ohne  Schwierigkeit  durch  abnorme  oder 
theilweise  unterbliebene  Verlöthungsprocesse  zwischen  dem  Perito- 
ueum  parietale  und  der  hinteren  Wand  des  Coecum  oder  Colon  ascen- 
dens erklären:  indessen  erscheint  es  wohl  überflüssig,  auf  diese  Dinge 
naher  einzugehen,  da  ich  hiermit  nur  dasjenige  wiederholen  würde, 
was  ich  bereits  beim  Rec.  intersigmoideus  ausführlich  erörtert  habe. 

Wenn  ich  somit  kurz  resumire,  würden  wir  nach  der  von 
mir  adoptirten  Nomen clatur  in  der  Umgebung  des  Caecum  drei 
Hauptarten  von  Bauchfelltaschen,  nämlich  den  Rec.  ileo-coecalis 

Broesike.  Hernien. 


66 


ant.,  den  Ree.  ileo-appendicularis  und  den  Rec.  retro- 
caecalis  zu  unterscheiden  haben.  Ist  die  Plica  infraangularis 
gut  entwickelt,  so  kann  sich  natürlich  auch  an  ihrer  medialen 
Seite  eine  kleine  Bucht  vorfinden,  welche  vorp  von  dem  Meso- 
appendix, hinten  von  dem  Peritoneum  parietale  begrenzt  sein 
würde  und  im  übrigen  keinerlei  Bedeutung  beansprucht.  Wie  es 
scheint,  ist  dies  diejenige  Grube,  welche  Hartmann  als  Fossa 
ileo-coecalis  infima  bezeichnet.  Auch  die  Recessus  post- 
iliaci  von  Tarenetzki  (p.  26)  sind  wohl  auf  Varietäten  dieser 
Vertiefung  oder  Tasche  zu  beziehen. 


c)  Pericaecale  Hernien. 

Da  der  Rec.  ileo-caecalis  ant.  wohl  niemals  derartig  ent- 
wickelt ist,  dass  das  Eindringen  einer  Darmschlinge  in  denselben 
möglich  wäre,  so  sind  als  pericaecale  Hernien  nur  die  Hernia 
ileo-appendicularis  und  die  Hernia  retrocaecalis  in  Betracht 
zu  ziehen. 

1.  Ueber  die  Entstehungsweise  der  Hernia  ileo-appen- 
dicularis geben  uns  die  Erscheinungen  Aufschluss,  welche  Tuffier 
(p.  659)  bei  starker  Anfüllung  des  ileo-coecalen  Darmabschnittes 
beobachtet  hat.  Die  Fossa  ileo-appendicularis  wird  durch  die  stärkere 
Ausdehnung  des  Darmes  weiter,  der  Proc.  vermiformis  zeigt  das 
Bestreben  sich  zu  strecken,  die  Plica  ileo-appendicularis  und  das 
Mesenteriolum  müssen  sich  dem  entsprechend  spannen.  So  kann 
sich  in  Folge  einer  solchen  starken  Füllung  des  Darmes  die  Fossa 
ileo-appendicularis  öffnen  und  die  vor  der  letzteren  gelegenen 
Dünndärme  müssten  eigentlich  auch  ohne  die  Mitwirkung  der  Bauch- 
presse in  das  offene  Orificium  hineinrücken,  da  die  geöffnete  Tasche 
nicht  leer  bleiben  kann.  Indessen  kann  die  Wirkung  der  Bauch- 
presse das  Eindringen  einer  Darmschlinge  in  den  Recessus  doch 
schon  aus  einem  anderen  Grunde  begünstigen,  nämlich  weil  durch 
dieselbe  die  Spannung  des  Darminhaltes  und  somit  auch  die 
Streckung  des  Wurmfortsatzes  nur  vermehrt  werden  kann.  Dass 
allein  durch  die  Bauchpresse  der  Dünndarm  direct  in  die  Fossa 
ileo-appendicularis  hin  eingedrückt  wird,  ist  schon  deswegen  nicht 
sehr  wahrscheinlich,  weil  die  Oeffhung  der  letzteren  nicht  nach 
vorn,  sondern  nach  links  und  abwärts  gerichtet  ist.  Jonnesco 
(p.  132)  hat  in  einigen  Fällen  eine  Fixation  des  Proc.  vermiformis 
in  der  Fossa  iliaca  beobachtet,  welche  zur  Folge  hatte,  dass  die 


67 


Oeffuung  des  Rec.  ileo-appendicularis  eine  weit  klaffende,  bequeme 
Eintrittspforte  für  die  nahe  gelegenen  Dünndarmschlingen  darstellte. 
Es  kann  somit  kein  Zweifel  darüber  sein,  dass  neben  einer  starken, 
durch  die  Bauchpresse  nur  beförderten  Spannung  des  Darminhaltes 
auch  eine  derartige  Fixation  des  Wurmfortsatzes  ganz  besonders 
geeignet  ist,  das  Zustandekommen  einer  Hernia  ileo-appendicularis 
zu  begünstigen. 

Unter  den  Characteri Stic a für  die  Erkennung  einer  Hernia 
ileo-appendicularis  führt  Jonnesco  (p.  131)  mit  Recht  an,  dass 
bei  der  letzteren  in  dem  Rande  der  Bruchpforte  stets  die  A.  appen- 
dicularis  verlaufen  müsse.  Von  der  Hernia  retrocaecalis  würde 
sie  sich  ausserdem  leicht  durch  ihre  Lage  zwischen  dem  Proc. 
vermiformis  und  dem  Ileum  unterscheiden:  doch  könnte  sie  vielleicht 
bei  stärkerer  Entwicklung  auch  hinter  dem  unteren  Ileo- caecal- 
winkel ins  retroperitoneale  Bindegewebe  eindringen.  Hält  man 
das  Eindringen  eines  Bruches  in  die  Hartman n'sche  Fossa  ileo- 
coecalis  infima  für  möglich,  so  würde  diese  Bruchart  dadurch 
characterisirt  sein,  dass  bei  derselben  die  A.  appendicularis  in  dem 
vorderen  Rande  der  Bruchpforte  verlaufen  würde,  während  sie  bei 
der  Hernia  ileo-appendicularis  mehr  den  hinteren  Rand  einnehmen 
würde.  Doch  haben  natürlich  alle  diese  Betrachtungen  die  normale, 
nach  links  und  abwärts  gerichtete  Lage  des  Proc.  vermiformis  zur 
Voraussetzung.  Bei  einem  an  der  vorderen,  hinteren  oder  lateralen 
Seite  des  Coecum  nach  aufwärts  geschlagenen  Wurmfortsatz  würden 
andere  Verhältnisse  zur  Erscheinung  kommen. 

Die  grosse  Seltenheit  der  Hernia  ileo-appendicularis  hat  in 
erster  Linie  ihren  Grund  darin,  dass  der  entsprechende  Recessus 
nur  in  Ausnahmefällen  genügend  entwickelt  ist,  um  das  Eindringen 
selbst  einer  leeren  Darmschlinge  zu  gestatten.  Ist  der  Recessus 
aber  auch  gross  genug,  so  können  doch  die  übrigen  Vorbedingungen 
für  die  Entstehung  dieses  Bruches,  d.  h.  entweder  eine  Fixation 
des  Wurmfortsatzes  oder  eine  starke  Ausdehnung  des  ganzen  ileo- 
caecalen  Darmabschnittes,  immer  noch  fehlen.  In  der  That  finden 
wir  in  der  Literatur  nur  einen  bei  einer  24jährigen  Dame  von 
Snow  beobachteten  Fall  (p.  125),  von  welchem  es  trotz  einer 
nicht  ganz  correcten  Beschreibung  wenigstens  sehr  wahrscheinlich 
ist,  dass  derselbe  eine  incarcerirte  Hernia  ileo-appendicularis 
dargestellt  habe.  Weiterhin  rechnet  Tuffier  (p.  651)  zu  dieser 
Kategorie  von  Brüchen  ein  im  Musee  Dupuytren  conservirtes 
Präparat  (No.  253  piece  de  Michon),  von  welchem  allerdings 

5* 


68 


Jonnesco  nach  eigener  Anschauung  bemerkt,  „cette  piece  n'est 
pas  tres  concluante“.  Endlich  erwähnt  Tuffier  (leider  nur  ganz 
kurz)  auf  derselben  Seite,  dass  er  bei  einem  5(> jährigen,  sehr 
fetten  Manne  in  dem  von  ihm  wohl  gekannten  und  beschriebenen, 
sehr  dilatirten  Rec.  ileo-caecalis  inf.  (ileo-appendicularis)  eine  Diinn- 
darmschlinge  von  8 cm  Länge  vorgefunden  habe,  welche  allerdings 
ohne  Schwierigkeit  durch  die  Bruchpforte  heraus-  und  hineintrat 
und  somit  keine  eigentliche  Hernia  intraabdominalis  in  dem  von 
mir  definirten  Sinne  darstellte.  Das  ist  die  ganze  Ausbeute,  welche 
uns  die  Musterung  der  Literatur  über  diesen  Gegenstand  bietet. 

2.  Im  Gegensatz  dazu  ist  die  Hernia  retrocaecalis  be- 
sonders in  Frankreich  häufiger  zur  Beobachtung  gekommen.  Leider 
sind  viele  in  diesem  Sinne  gedeutete  Fälle  so  wenig  genau  be- 
schrieben, dass  man  in  Zweifel  kommt,  ob  bei  denselben  als  Sitz 
der  Bruchpforte  wirklich  eine  normale  Fossa  retrocaecalis  anzu- 
sehen ist  oder  ob  es  sich  hier  um  pathologisch  entstandene  Bauch- 
felltascheu  handelt.  Es  ist  ja  bekannt,  dass  gerade  die  Umgebung 
des  Coecum  und  Proc.  vermiformis  sehr  häufig  der  Sitz  von  peri- 
tonitisclien  Processen  ist,  welche  ebenfalls  zu  Verwachsungen  und 
abnormen  Taschenbildungen  führen  können. 

Was  die  Genese  der  Hernia  retrocaecalis  betrifft,  so  möchte 
ich  zunächst  meinen,  dass  weder  eine  starke  Ausdehnung  noch  eine 
forcirte  Contractiou  des  Coecum  an  und  für  sich  den  Effect  haben 
können,  dass  das  Coecum  sich  von  der  hinteren  Bauchwand  ent- 
fernt und  das  Orificium  des  Rec.  retrocaecalis  sich  öffnet.  Langer 
fand  in  dem  von  ihm  beschriebenen,  oben  erwähnten  Falle  einer 
prächtig  entwickelten  Fossa  coecalis  lediglich,  dass  der  Blinddarm 
sich  bei  künstlicher  Anfüllung  über  den  Grund  der  Grube  hinaus- 
schob. Indessen  sagt  dieser  Autor  gar  nichts  davon,  dass  sich 
etwa  zwischen  dem  Coecum  und  der  Begrenzungsfalte  dieser  Grube 
in  Folge  dieser  Manipulation  eine  klaffende  Lücke  oder  Oeffnung 
gebildet  oder  die  hintere  Wand  des  Coecum  den  Contact  mit  dem 
Grund  der  Grube  verloren  hätte.  Es  war  eben  wohl  eine  Ver- 
schiebung des  blinden  Endes  des  Coecum  eingetreten:  im  Uebrigen 
blieb  aber  die  peritoneale  Auskleidung  der  eigentlichen  Grube  mit 
der  hinteren  Wand  des  Coecum  trotz  dieser  Verschiebung  durch- 
weg in  Berührung.  Auch  aus  den  von  Tuffier  (p.  656)  ange- 
stellten  Injections versuchen  des  ileo-coecalen  Dannabschnittes  und 
zwei  von  ihm  geschilderten  pathologischen  Fällen  ist  nur  zu  ent- 
nehmen, dass  der  freie  über  den  Recessus  hervorragende  Tlieil 


69 


des  Coecum  bei  starker  Anfüllung  das  Bestreben  zeigt,  sich  nach 
oben  und  innen  zu  wenden.  Da  aber  das  Lig.  superius  caeci 
(das  Lig  parieto-caecale  von  Jonnesco),  von  dessen  Bestehen  im 
Wesentlichen  die  Entwicklung  des  Rec.  retrocaecalis  abhängig  ist, 
nach  den  Angaben  von  Tuffier  bei  diesen  Versuchen  rigide  wird 
und  die  vordere  und  laterale  Wand  des  Coecum  derartig  fixirt  er- 
hält, dass  sich  die  Anschwellung  des  letzteren  gänzlich  auf  Kosten 
der  hinteren  Wand  vollzieht,  so  muss  eine  jede  Anfüllung  des 
Coecum  eher  zu  einem  Verschluss  des  Rec.  retrocaecalis  führen, 
dessen  Wände  in  diesem  Falle  eng  aneinander  gepresst  werden. 
Mir  selbst  hat  leider  in  der  letzten  Zeit,  in  welcher  ich  erst  auf 
die  eben  berührten  Fragen  aufmerksam  geworden  war,  kein  Fall 
eines  Rec.  retrocaecalis  zur  Verfügung  gestanden,  welche]1  es  mir 
möglich  gemacht  hätte,  diesen  Dingen  durch  eigene  Experimente 
nahe  zu  treten.  Indessen  dürfte  dies  nach  den  eben  gegebenen 
Ausführungen  vielleicht  auch  nicht  mehr  nothwendig  sein.  End- 
lich kann  auch  die  Bauchpresse  nur  die  Wirkung  haben,  dass  das 
Coecum  gegen  die  hintere  Bauchwand  angedrückt  wird.  Wenn 
somit  Jonnesco  (p.  131)  sagt,  dass  er  sehr  oft  Beimischungen 
zwischen  dem  Coecum  und  der  Fossa  iliaca  interponirt  vorgefunden 
hätte,  so  kann  ich  hierzu  nur  bemerken,  dass  ich  mir  wohl  vor- 
stellen kann,  dass  ein  langes  und  allseitig  freies  Coecum  nach  dem 
Aufhören  einer  energischen  Contraction  oder  in  Folge  einer  starken 
Anfüllung  einmal  vor  eine  der  hinteren  Bauchwand  dicht  an- 
liegende Dünndarmschlinge  gerathen  kann,  anstatt  die  letztere  bei 
Seite  zu  schieben  und  mit  der  hinteren  Bauchwand  in  Contact  zu 
bleiben.  Wenn  aber  derselbe  Autor  hinzufügt,  dass  in  diesen 
Fällen  von  Interposition  einer  Dünndarmschlinge  ein  Druck  auf 
die  Bauchhöhle,  wie  z.  B.  bei  einer  brüsken  Beugung,  dazu  dienen 
kaum  diese  Dünndarmschlinge  in  die  offene  Fossa  retrocaecalis  hin- 
einzupressen, so  möchte  ich  im  Einklang  mit  den  früher  erwähnten 
allgemeinen  Ausführungen  von  Treitz  (cf.  p.  12)  dem  wider- 
sprechen, da  die  Bauchpresse  auf  alle  Baucheingeweide  gleicli- 
mässig  wirkt  und  nicht  einzusehen  ist,  warum  dieselbe  gerade  eine 
bestimmte,  hinter  dem  Coecum  gelegene  Dünndarmschlinge  in  der 
Richtung  von  unten  nach  oben  in  die  Höhe  drängen  soll.  Meiner 
Ansicht  nach  müsste  die  Bauchpresse  lediglich  das  Coecum  gegen 
die  Dünndarmschlinge  und  beide  Darmtheile  gegen  die  hintere 
Bauchwand  drücken.  Somit  kann  eine  Hernia  retrocaecalis  nur  in 
folgender  Weise  zu  Stande  kommen.  Begünstigend  für  die  Eut- 


70 


Stellung  derselben  wirken  alle  diejenigen  Momente,  durch  welche 
das  blinde  Ende  des  Coecum  nach  vorn  und  oben  dislocirt  wird, 
weil  es  in  diesem  Falle  zur  Interposition  des  Dünndarms  zwischen 
den  freien  Tlieil  des  Coecum  und  die  hintere  Bauchwand  kommen  muss. 
Als  derartige  Momente  können  eine  starke  Anfüllung  des  Coecum, 
Adhaesionen  zwischen  seiner  vorderen  Wand  und  irgend  einem  be- 
nachbarten beweglichen  Eingeweide  und  andere  Dinge  mehr 
fungiren.  Eine  derartige  Interposition  einer  Dünndarmschlinge 
zwischen  den  freien  Tlieil  des  Coecum  und  das  Peritoneum  parietale 
stellt  aber  natürlicher  Weise  noch  keine  Hernie  des  Rec.  retro- 
caecalis  dar.  Soll  es  zur  Bildung  eines  derartigen  Bruches  kommen, 
so  müsste  zunächst  das  Orificium  retrocaecale  eine  gewisse  Enge 
besitzen,  damit  eine  in  dasselbe  eintretende  Darmschlinge  von  der 
Oeffmmg  wie  vou  einem  einschnürenden  Ringe  festgehalten  wird. 
Steckt  die  Darmschlinge  erst  in  einem  solchen  Einschnürungsringe, 
so  ist  es  wohl  zu  begreifen,  wie  sich  der  Bruch  weiter  vergrüssert. 
Dagegen  ist  es  kaum  zu  verstehen,  welche  Gewalt  eine  solche 
Dünndarm  schlinge  in  den  Ring  hineintreibt. 

Wenn  ich  nun  nach  allen  diesen  descriptiven  und  genetischen 
Erörterungen  die  charact eristischen  Merkmale  für  eiue  Hernia 
retrocaecalis  angeben  soll , so  kann  hierfür  nur  entscheidend  sein, 
dass  die  Bruchpforte  zum  Theil  von  dem  Coecum  und  der  hinteren 
Bauchwand  gebildet  wird.  Eine  stärkere  Ausdehnung  der  Bruch- 
pforte würde  im  Wesentlichen  auf  Kosten  des  Lig.  parieto-caecale 
erfolgen  müssen.  Sollte  bei  grossen  Hernien  in  Folge  einer  sehr 
starken  Ausdehnung  des  Bruchsacks  eine  Dislocation,  eine  sog. 
Wanderung  der  Bruchpforte,  eintreten,  so  könnte  dies  nach  meiner 
Ansicht  nur  in  der  Weise  geschehen,  dass  die  Bruchpforte  nach  ab- 
wärts rückte,  da  die  Last  des  Bruches  und  der  Zug  der  ausserhalb 
desselben  gelegenen  Darmstücke  in  der  aufrechten  Stellung  nur  in 
diesem  Sinne  wirken  könnten.  Dagegen  würde  ich  mir  eine  Ver- 
schiebung des  Bruchringes  nach  rechts  und  oben  hin  in  keinem 
Falle  vorstellen  können.  Bei  kleinen  und  mittelgrossen  Hernien 
dieser  Art  würde  auch  ihre  Lage  hinter  dem  Coecum  und  Colon 
ascendens  als  charakteristisch  gelten  müssen.  Bei  grossen  Hernien 
jeder  Art  können  sich  ja  bekanntlich  die  characteristischen  Merkmale 
erheblich- verwischen.  Indessen  scheint  es  nicht,  als  ob  jemals 
Hernien  des  Rec.  retrocaecalis  beobachtet  wären,  welche  kolossale 
Dimensionen  angenommen  hatten.  Doch  muss  dieser  Punkt  an  der 
Hand  der  einschlägigen  Casuistik  genauer  beleuchtet  werden. 


71 


Als  Herniae  retrocaecales  oder  ich  will  lieber  sagen 
Hernien  des  Rec.  retrocaecalis  werden  von  Jonnesco  11 
Fälle  zusammengestellt.  Prüfen  wir,  an  der  Hand  der  voran- 
gegangenen Erörterungen,  ob  es  möglich  ist,  diese  Fälle  mit  Sicher- 
heit in  diese  Kategorie  von  Brüchen  einzureihen. 

Fall  1.  Fages  findet  eine  incarcerirte  Heumschlinge  in 
einem  besonderen  peritonealen  Sack,  welche]’  auf  dem  vorderen 
und  mittleren  Abschnitt  des  Psoas  und  dem  oberen  rechten 
seitlichen  Theile  des  Rectum  gelegen  ist.  Der  Sack  enthielt 
ausser  der  Darmschlinge  den  Hoden  und  einen  Theil  des  Neben- 
hodens, welche  an  seinem  hinteren  unteren  Abschnitt  gelegen 
waren,  während  der  Rest  des  Nebenhodens  durch  eine  Art  von 
Riss  aus  dem  Sack  herausgetreten  war  (wohin?  ist  nicht  gesagt). 
Das  ist  Alles.  Die  Lage  des  anscheinend  nur  kleinen  Bruchsackes 
entspricht  jedenfalls  in  keiner  Weise  einer  normalen  Fossa  retro- 
caecalis. Nirgends  ist  ferner  gesagt,  dass  das  Coecum  die  Wand 
des  Bruchsackes  oder  den  Rand  der  Bruchpforte  bildete.  Es  ist 
möglich,  dass  wir  es  in  dem  Falle  von  Fages  mit  einer  intra- 
abdominalen  Hernie  zu  thun  haben,  welche  sich  in  irgend  einer 
abnormen,  bisher  zum  zweiten  Male  noch  nicht  beschriebenen 
Peritonealtasche  entwickelt  hatte,  deren  Entstehung  vielleicht  mit 
dem  Kryptorchismus  in  irgend  einem  Zusammenhang  steht.  Es 
kann  aber  auch  sehr  wohl  sein,  dass  die  von  Broca  gegebene  Er- 
klärung zutreffend  ist  (cf.  Jonn  esco,  No.  2,  p.  28),  wonach  dieser  Fall 
ursprünglich  eine  Hernia  inguinalis  congenita  gewesen  war,  welche 
nebst  dem  Hoden  und  Nebenhoden  durch  eine  vor  langer  Zeit  aus- 
geführte Reduction  en  masse  in  die  Bauchhöhle  zurückgeschoben 
und  unter  das  Peritoneum  der  Fossa  iliaca  gerathen  war.  Nie  und 
nimmer  wird  man  aber  den  Fall  von  Fages  als  eine  Hernia  der 
Fossa  retrocaecalis  ansehen  können:  nichts  spricht  dafür,  vieles 
gegen  diese  Annnahme. 

Fall  2.  Wagner  findet  eine  incarcerirte,  3 Zoll  lange  Ueum- 
schlinge  in  einem  peritonealen,  etwa  gänseeigrossen  Divertikel  stecken, 
welches  ungefähr  7 Linien  unterhalb  des  rechten  Annulus  inguinalis 
auf  dem  M.  iliacus  int.  gelegen  war,  vom  inneren  und  vorderen 
Rande  des  Psoas  schräg  nach  oben  nnd  aussen  verlief  und  durch  eine 
etwa  1 Zoll  weite  Oeffnung  mit  dem  Cavum  peritonei  communicirte.1) 

*)  Da  ich  die  Abhandlung  von  Wagner  nicht  im  Original  erhalten  konnte, 
war  ich  gezwungen,  mich  in  Bezug  auf  die  Beschreibung  und  die  Abbildungen 
lediglich  an  die  Arbeit  von  Jonnesco  zu  halten. 


72 


Die  Bruchöffnung  scheint  nach  der  beigegebenen  Abbildung  etwa 
diclit  oberhalb  der  Mitte  der  Linea  innominata  gelegen  zu  sein. 
Die  vordere  Wand  des  Bruchsackes  war  entschieden  noch  von 
dem  Peritoneum  parietale  der  Fossa  iliaca  überzogen.  Erst  vor 
dem  Peritoneum  parietale  war  das  Coecum  gelegen.  Auch  dieser 
Fall  kann  nie  und  nimmer  für  eine  Hernie  des  von  mir  oben  be- 
schriebenen Rec.  retrocaecalis  erklärt  werden.  Niemals  wird  bei 
einer  solchen  Hernie  ein  Bruchsack  durch  eine  Darmschlinge  in 
den  Rec.  retrocaecalis  hineingeschoben,  sondern  die  Darmschlinge 
tritt  direct,  d.  h.  ohne  den  Ueberzug  eines  Bruchsackes,  zwischen 
das  Coecum  und  das  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauchwand. 
Wenn  man  mich  fragt,  wofür  ich  den  Wagner’schen  Fall  halte, 
so  kann  ich  darauf  nur  erwidern,  dass  ich  hierüber  lediglich  Ver- 
muthungen habe.  Ich  habe  einmal  zwischen  dem  M.  psoas  minor 
und  major  bei  einem  sehr  abgemagerten  Individuum  eine  Taschen- 
bildung gesehen,  welche  in  ihrem  Verhalten  mit  dem  Bruchsack 
des  eben  beschriebenen  Falles  übereinstimmte.  Vielleicht  ist  der 
Wagner'sche  Fall  in  dieser  Weise  zu  deuten:  dann  müsste  aller- 
dings die  Sehne  des  M.  psoas  minor  in  dem  vorderen  Rande  der 
Bruchpforte  verlaufen  sein,  über  dessen  genauere  Beschaffenheit 
leider  aus  der  Beschreibung  nichts  hervorgeht.  Als  eine  Herniit 
retrocaecalis  könnte  man  diesen  Fall  allenfalls  bezeichnen,  nämlich 
insofern  als  der  Bruchsack  hinter  dem  Coecum  gelegen  war.  Eine 
Hernie  des  Recessus  retrocaecalis  kann  er  aber  niemals  darstellen. 

Fall  3.  Parise  veröffentlicht  einen  Fall  von  incarcerirter 
Hernie,  welchen  er  als  Hernie  inguinale  intrailiaque  be- 
zeichnet und  aus  welchem  sich  mit  Sicherheit  Folgendes  entnehmen 
lässt.  Eine  Dünudarmschlinge  von  ungefähr  1 Fuss  Länge  ist  in 
einem  Bruchsack  gelegen,  welcher  sich  zwischen  der  Fascia  iliaca 
und  dem  die  letztere  bedeckenden  Peritoneum  parietale  befindet: 
dies  ist  nicht  mit  denselben  Worten  in  der  Beschreibung  gesagt, 
aber  es  geht  aus  der  letzteren  ohne  jedeu  Zweifel  hervor.  Die 
Bruchpforte  liegt  ungefähr  in  dem  Winkel,  welchen  die  A.  epi- 
gastrica  inf.  mit  den  Vasa  iliaca  externa  bildet:  ihr  unterer  Rand 
ist  nur  wenig  von  der  A.  epigastrica  und  dem  Vas  deferens  ent- 
fernt, ihr  oberer  Rand  setzt  sich  in  das  Peritoneum  der  Fossa 
iliaca  fort,  der  vordere  in  dasjenige  der  vorderen  Bauchwand,  der 
hintere  entspricht  den  Vasa  iliaca  externa.  Nahe  der  Bruchpforte 
sendet  der  Sack  ein  „seröses  Prolongement“  in  den  Inguinalkanal: 
das  letztere  wird  von  P.  für  die  Tunica  vaginalis  gehalten.  Das 


blinde  Ende  des  Sackes  steigt  bis  zur  Symphysis  sacro-iliaca  in 
die  Höhe.  Das  Coecum,  welches  tiefer  als  gewöhnlich  gelegen  ist, 
bedeckt  strenggenommen  nicht,  wie  es  in  der  Beschreibung  gesagt 
ist,  die  vordere  Wand  des  Bruchsackes,  sondern  das  vor  dem 
letzteren  gelegene  Peritoneum  parietale  der  Fossa  iliaca.  Wenn- 
gleich die  Beschreibung  von  Parise  nicht  überall  ganz  praecise 
ist,  so  lässt  sich  doch  dasjenige,  was  ich  soeben  mitgetheilt  habe, 
mit  Sicherheit  aus  derselben  entnehmen.  Daraus  geht  aber  hervor, 
dass  dieser  Fall  zweifellos  keine  Hernie  des  Rec.  retrocaecalis 
darstellt,  denn  ein  derartiger  Bruch  liegt  nicht  in  einem  Sack, 
dessen  vordere  Fläche  vom  Coecum  bedeckt  ist,  sondern  die  Darm- 
schlinge schiebt  sich  nackt,  ohne  Bruchsack  zwischen  das  Coecum 
und  das  Peritoneum  parietale  hinein.  Die  Deutung  dieses  Falles  ist 
bereits  der  Gegenstand  mannigfacher  Controversen  gewesen,  über 
welche  Näheres  bei  Jonnesco  (No.  2,  p.  29)  nachgelesen  werden 
kann.  Auch  ich  kann  schliesslich  hierüber  nur  Vermuthungen  aus- 
sprechen. Doch  halte  ich  es  mit  Rücksicht  auf  die  Lage  der 
Bruchpforte  wohl  für  möglich,  dass  es  sich  hier  um  eine  en  masse 
reducirte  Hernia  inguinalis  handelt,  deren  Bruchsack  in  das  retro- 
peritoneale  Bindegewebe  der  Fossa  iliaca  hineingedrängt  wurde. 

Fall  4,  5 und  6 sind  von  Rieux  publicirt  worden.  In  dem 
ersten  dieser  Fälle  fand  dieser  Autor  ein  incarcerirtes  Dünndarm- 
stück von  8 cm  Länge  in  einer  abnormen,  unter  dem  Coecum 
gelegenen  Cavität  gelegen.  Die  blindsackförmig  endende  Höhle 
misst,  wie  der  Autor  sagt,  7 cm.  „dans  le  sens  transversal,  c’est 
ä dire  en  profondeur;“  es  scheint  also,  dass  dieselbe  mehr  quer 
gelegen  war.  Sie  war  an  ihrer  oberen  wie  an  ihrer  unteren 
Partie  gänzlich  austapeziert  durch  ein  glattes  Peritonealblatt,  ganz 
ähnlich  demjenigen,  welches  die  obere  Fläche  des  Coecum  bekleidet. 
Ob  die  Höhle  ähnlich  wie  in  den  vorigen  Fällen  durch  einen  be- 
sonderen, die  Darmschlinge  umhüllenden  Bruchsack  oder  direct 
durch  das  Coecum  begrenzt  wurde,  ist  daraus  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  entnehmen.  Sehr  merkwürdig  ist  dann  noch  folgender  Zu- 
satz über  die  Beschaffenheit  der  Bruchpforte:  „Autour  de  l’entree 
de  la  cavite  existe  un  epaississement  du  tissu  cellulaire,  sous- 
peritoneal, represente  par  un  relief  circulaire  du  peritoine,  et  si, 
ä quelques  centimetres  de  distance,  on  exerce  une  traction  sur  le 
peritoine , ce  relief  forme  des  liens  qui  ferment  completement  la 
cavite  ä la  maniere  des  cordons  de  bourse.“  Sollte  das  nicht  auf 
peritonitische  Stränge  deuten?  Könnte  nicht  überhaupt  die  ganze 


74 


von  dem  Autor  als  abnorm  bezeiclinete  Höhle  das  Resultat  ab- 
gelaufener peritonitischer  Processe  darstellen? 

Audi  in  dom  zweiten  von  Rieux  publicirten  Falle  lässt  die 
Beschreibung  viel  zu  wünschen  übrig;  es  ist  daselbst  nur  gesagt, 
dass  R.  etwa  5 Gentimeter  des  untersten  Düundarmabschnittes 
unter  das  Coecurn  eingesenkt  fand.  Nach  dem  Herausziehen  dieser 
Dünndarmschlinge  zeigte  dieselbe  nur  den  vierten  Tlieil  des  Durch- 
messers, welchen  der  übrige  Dünndarm  hatte.  Von  der  heraus- 
gezogenen Dünndarmportion  ist  dann  gesagt:  „eile  etait  engagee 
dans  une  Sorte  de  cavite  doublee  par  le  peritoine,  fermee  en  bas 
par  le  peritoine  epanoui  et  formant  une  bride  peritoneale  bien 
nette  et  dans  un  autre  sens  par  le  caecum  lui-meme.  Cette  cavite 
peut  recevoir  la  moitie  de  la  longueur  du  petit  doigt.“  Hier 
scheint  die  eingezwängte  Darmschlinge  also  keinen  besonderen 
Bruchsack  gehabt  zu  haben.  Leider  ist  die  Lage  und  Beschaffen- 
heit der  Bruchhöhle  und  der  Bruchpforte  zu  ungenau  beschrieben. 
Auch  hier  kommt  man  nicht  darüber  ins  Klare,  ob  der  Autor  die 
Höhle  als  das  Resultat  peritonitischer  Processe  oder  als  eine  ein- 
fache Bildungsanomalie  ansieht,  welche  mit  pathologischen  Processen 
nichts  zu  thun  hat. 

Iu  dem  dritten  Falle  ist  die  Beschreibung  noch  kürzer.  Es 
ist  nur  gesagt,  dass  4 oder  5 Centimeter  des  Dünndarms  unter 
dem  Coecurn  in  eine  abnorme  Höhle  eindrangen,  welche  gänzlich 
vom  Peritoneum  ausgekleidet  war  und  bei  welcher  der  Rand  der 
Eintrittsöffnung  ein  leichtes  Relief  bildete.  Die  eben  erwähnte 
Dünndarmschlinge  war  bequem  beweglich. 

In  Summa  lässt  sich  von  den  drei  eben  erwähnten  Fällen  nur 
sagen,  dass  dieselben  möglicherweise  — wenn  mau  will  sogar 
wahrscheinlich  — Hernien  des  Rec.  retrocaecalis  bildeten.  Mit 
voller  Sicherheit  kann  dies  jedoch  nicht  behauptet  werden. 

Fall  7.  Engel  (No.  2,  p.  571)  veröffentlicht  einen  Fall  einer 
inneren  Hernie,  von  welcher  er  annimmt,  das  dieselbe  durch  den 
Eintritt  des  grössten  Theiles  der  Dünndarmschlingen  in  die  von 
ihm  sogen.  „Blinddarmtasche“  entstanden  war.  Dass  die  von  ihm 
so  bezeiclinete  Blinddarmtasche  mit  unserem  Rec.  retrocaecalis 
identisch  ist,  darüber  kann  nach  seinen  Darlegungen  kein  Zweifel 
existiren.  Der  retroperitoneai  gelegene  Bruchsack  nahm  haupt- 
sächlich die  rechte  Bauchhälfte  ein  und  communicirte  durch  eine 
2 Zoll  weite  Bruchpforte  mit  dem  Cavum  peritonei  ? derselbe  ent- 
hielt den  ganzen  Dünndarm  mit  Ausnahme  des  obersten  Abschnittes 


75 


des  Jejunum  und  des  kurzen  Endstückes  vom  Ileum.  Der  Blind- 
darm befand  sich  oberhalb  und  etwas  links  von  dem  Nabel,  der 
Grimmdarm  und  das  S romanum  füllten  die  linke  Unterleibsgegend 
aus.  Peritonitische  Erscheinungen  fehlten.  Das  ist  leider  Alles, 
was  über  diesen  hochinteressanten  Fall  gesagt  ist.  Insbesondere 
bleibt  zu  bedauern,  dass  über  die  Lage  und  die  Begrenzung  der 
Bruchpforte  nicht  das  Mindeste  aus  der  Beschreibung  zu  ersehen  ist. 
Will  man  somit  diesen  Fall  als  eine  grosse  Hernie  des  Rec.  retro- 
caecalis  ansehen,  so  muss  man  auf  die  Autorität  von  Engel  hin 
glauben,  dass  es  so  gewesen  ist.  Wenn  man  denselben  jedoch 
lediglich  nach  der  Beschreibung  classificiren  wollte,  so  könnte  man 
nichts  weiter  sagen,  als  dass  derselbe  eine  intraabdominale  Hernie 
darstellt. 

Fall  8.  Klebs  erwähnt  in  seinem  Handbuch  (p.  211)  ganz 
kurz  einen  Fall,  in  welchem  sich  eine  tödtliche  Abschnürung  des 
Darmes  mehr  durch  die  Biegung  des  letzteren  als  durch  die  weite 
Eingangsölfnung  eines  unter  dem  Coecum  gelegenen  Sackes  heraus- 
gebildet hatte.  Auch  hieraus  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  entnehmen, 
ob  der  unter  dem  Coecum  gelegene  Darmabschnitt  von  einem  be- 
sonderen Bruchsack  bekleidet  war,  oder  ob  die  Wand  des  letzteren 
direct  von  dem  Peritonealüberzug  der  hinteren  Coecalwand  gebildet 
wurde. 

Fall  9.  Pye-Smith  citirt  einen  Fall  von  Moxon,  in  welchem 
mehrere  Fuss  Intestinum  in  einer  subcaecalen,  retroperitonealen 
grossen  Tasche  gelegen  waren.  Auch  diese  Notiz  ist  doch  gar 
zu  dürftig,  als  dass  ich  mich  dazu  entschliessen  könnte,  diesen 
Fall  ohne  Weiteres  als  eine  Hernie  des  Rec.  retrocaecalis  anzu- 
sehen. 

Fall  10.  Josse  (citirt  von  A.  Faucon,  p.  707)  hat  einen 
Fall  von  innerer  Einklemmung  eines  ganz  kleinen  Dünndarmstückes 
in  einer  besonderen  Bauchfelltasche  bei  einem Monorchiden  beobachtet, 
welcher  zugleich  mit  einer  voluminösen  linksseitigen  Inguinal- 
hernie behaftet  war.  Aus  der  von  Jonnesco  selbst  (No.  2,  p.  275) 
wörtlich  wiedergegebenen  Beschreibung  dieses  Falles  geht  zunächst 
mit  Sicherheit  hervor,  dass  man  bei  Lebzeiten  des  Patienten  ein 
in  der  eben  erwähnten  Iuguinalhernie  gelegenes  Stück  Epiploon 
für  den  Hoden  hielt,  der  sich  .jedoch  später  bei  der  Autopsie  stark 
atrophisch  in  einem  kleinen  peritonealen  Divertikel  oder  Blindsaek 
vorfand,  welcher  etwa  in  der  Mitte  der  Fossa  iliaca  auf  dem  M. 
iliacus  gelegen  war.  In  demselben  Blindsack  war  auch  die  incar- 


76 


cerirte  Darmschlinge  eingeschlossen.  Daraus  kann  man  doch  nur 
den  Schluss  ziehen,  dass  die  Tasche  links  gelegen  war  und  somit 
selbstverständlicherweise  nicht  den  Sitz  einer  retrocaecalen  Hernie 
darstellen  konnte,  da  in  der  Beschreibung  nichts  von  abnormen 
Lageverhältnissen  der  Baucheingeweide  erwähnt  ist.  Indessen  auch 
wenn  sich  der  Bruchsack  der  eben  erwähnten  Hernie  in  der 
rechten  Fossa  iliaca  befunden  hätte,  so  geht  doch  nirgends  aus 
der  Beschreibung  hervor,  dass  die  vordere  Wand  desselben  durch 
das  Coecum  gebildet  gewesen  wäre.  Josse  selbst  vergleicht  die 
anatomischen  Verhältnisse  in  seinem  Falle  mit  einer  Art  von 
Boutonniere  der  Fascia  iliaca,  zwischen  deren  beide  geöffnete 
Ränder  sich  der  peritoneale  Blindsack  nebst  dem  Testikel  hinein- 
gesenkt hatte.  Da  der  Fall  im  Uebrigen  von  dem  eben  genannten 
Autor  entschieden  nicht  sorgfältig  genug  untersucht  ist,  so  bietet 
sich  auch  für  mich  keine  Veranlassung,  irgend  eine  Hjrpothese  für 
seine  Erklärung  aufzustellen.  Nur  möchte  ich  darauf  hinweisen, 
dass  sich  zwischen  demselben  und  dem  Fall  1 von  Fages  insofern 
eine  gewisse  Uebereinstimmung  vorfindet,  als  auch  in  dem  letzteren 
der  in  der  Fossa  iliaca  gelegene  Bruchsack  ausser  der  Darm- 
schlinge  den  Hoden  und  einen  Theil  des  Nebenhodens  enthielt. 

Fall  11.  Fürst  veröffentlicht  einen  Fall  einer  ziemlich  grossen 
Hernia  retroperitonealis  dextra,  welcher  sich  dadurch  vortlieilhaft 
auszeichnet,  dass  derselbe  nahezu  tadellos  beschrieben  ist.  Nur 
über  die  Lagebeziehungen  des  Pankreas  zu  dem  nach  der  Be- 
schreibung abnorm  verlaufenden  Duodenum  ist  leider  nichts  Be- 
sonderes erwähnt.  Ich  will  auf  diesen  interessanten  und  ziemlich 
complicirten  Fall  hier  nicht  näher  eingehen,  da  ich  noch  Gelegen- 
heit haben  werde,  denselben  in  einem  anderen  Capitel,  nämlich  bei 
der  von  mir  sogen.  Hernia  parajejunalis  ausführlicher  zu  erörtern. 
Nur  soviel  sei  gesagt,  dass  sich  das  Coecum  und  Colon  ascendens 
in  der  Medianlinie,  der  ganze  übrige  Dickdarm  in  der  linken 
Bauchhälfte  befanden.  Dagegen  lag  fast  der  ganze  Dünndarm 
theils  innerhalb  theils  ausserhalb  des  Bruchsackes  in  der  rechten 
Bauchhälfte;  die  Haftlinie  des  Dünndarmgekröses  zog  sich  im 
Wesentlichen  an  der  rechten  Seite  der  Wirbelsäule  und  des  Meso- 
colon ascendens  nach  abwärts.  Die  Bruchpforte  endlich  lag  in 
einer  nicht  unbeträchtlichen  Entfernung  nach  rechts  und  oben  vom 
Coecum.  Alle  diese  Momente  zeigen  bereits  zur  Genüge,  dass  es 
sich  hier  nicht  um  eine  einfache  Hernia  retrocaecalis  handeln  kann. 
Auch  Fürst  selbst  erklärt  den  von  ihm  beschriebenen  Fall  nicht 


77 


in  dieser  Weise.  Die  von  Jonnesco  (No.  2,  p.  130)  gegebene 
Erklärung  dieses  Falles  kann  ich  mit  den  von  T old t und  mir  an- 
genommenen Vorstellungen  über  die  Entwicklung  des  Peritoneum 
nicht  vereinbaren. 

Werfe  ich  einen  Rückblick  auf  die  eben  erörterten,  von 
Jonnesco  als  Hernien  des  Rec.  retrocaecalis  angesehenen  Fälle, 
so  kann  ich  folglich  nur  concediren,  dass  möglicherweise  die 
drei  Fälle  von  Rieux  und  der  eine  von  Engel  in  die  letztere 
Kategorie  von  Brüchen  einzureihen  sind.  Alle  übrigen  Fälle  sind 
dagegen  unter  keinen  Umständen  in  dieser  Weise  zu  deuten. 


Y.  Die  Recessus  und  Herniae  duodeuo-jejunales  und  duodenales. 

a)  Die  Recessus  duodeno-jejunales  und  duodenales. 

«.  Literatur. 

Die  erste,  allerdings  nicht  ganz  correcte  Beschreibung  der 
sogen.  Fossa  duodeno-jejunalis  ist  bekanntlich  bereits  von  Huschke 
gegeben  worden.  Von  ihm  rührt  auch  die  Benennung  dieser  Grube 
her.  Indessen  erst  Treitz  (p.  2)  hat  für  die  letztere  Bezeichnung 
einen  bestimmten  Begriff  geschaffen  und  auch  die  Bedeutung  des 
eben  erwähnten  Recessus  für  das  Zustandekommen  intraabdo- 
minaler Hernien  richtig  gewürdigt.  Da  die  Treitz’sche  Arbeit 
für  alle  späteren,  so  zahlreichen  Mittheilungen  und  Betrachtungen 
über  diesen  Gegenstand  immer  wieder  den  Ausgangspunkt  ab- 
gegeben hat  und  auch  in  Zukunft  abgeben  wird,  so  erscheint  es 
nicht  überflüssig,  die  Beschreibung  wörtlich  zu  citiren,  welche 
dieser  Autor  von  der  sogen.  Fossa  duodeno-jejunalis  giebt. 

Wenn  man  in  einer  Leiche  mit  norinalem  Peritoneum  das  grosse  Netz  und 
das  Quercolon  hinaufschlägt,  so  dass  die  untere  Fläche  des  Mesocolon  trans- 
versum  zur  Ansicht  kommt  und  wenn  man  zugleich  die  ganze  Masse  der  Dünn- 
darmschlingen gegen  die  rechte  Seite  drängt:  so  bemerkt  man  an  der  linken 
Seite  der  Uebergangstelle  des  Duodenum  ins  Jejunum,  der  sogen.  Flexura 
duodeno-jejunalis,  eine  Bauchfellfalte  von  verschiedener  Grösse  und  Gestalt. 

Am  häufigsten  stellt  sic  eine  halbmondförmige  Bauchfellduplicatur  dar,  deren 
freier,  scharfer  concaver  Rand  nach  rechts  und  etwas  nach  oben  sieht  und  das 
Darinrohr  an  der  bezeichneten  Flexur  umkreist.  Die  ‘obere  Spitze  oder  das  obere 
Horn  dieser  halbmondförmigen  Falte  verliert  sich  im  unteren  Blatte  des  Meso- 
colon transversum  und  zwar  au  der  Stelle,  wo  die  obere  Gekrösvene  unter  das 
Pankreas  tritt,  um  zum  Pfortaderstamm  zu  gelangen.  Das  untere  breitei'e  Hörn 
übergeht  in  den  Peritonealüberzug  des  Endstückes  des  Duodenum,  während  der 


78 


convexe  Rand  der  Falte  sich  unmittelbar  ins  innere  Blatt  des  Mesocolon  des- 
cendens  und  transversum  fortsetzt.  Im  oberen  Horn  verläuft  in  der  Regel, 
mehr  oder  weniger  entfernt  vom  freien  Rande,  die  Vena  mesenterica  in- 
ferior in  einem  nach  links  und  oben  gewölbten  Bogen  und  markirt  besonders 
dann  dieses  Horn,  wenn  sie  im  äussersten  Rande  desselben  verläuft.  Das  untere 
Horn  ist  zart,  bestellt  blos  aus  den  zwei  Blättern  des  Peritoneum  und  nur 
weiter  entfernt  von  seinem  freien  Rande  sieht  man  den  fürs  Mesocolon  descen- 
dens  und  die  linke  Colonflexur  bestimmten  Ast  der  A.  mesenterica  inferior  - 
die  coli  ca  sinistra  von  rechts  nach  links  ziehen  und  sich  mit  der  eben  ge- 
nannten Vene  kreuzen. 

Durch  das  Zusammenwirken  dieser  beiden  bedeutenden  Blutgefässe  wird  die 
beschriebene  Falte  von  einem  Gfefässbogen  umgeben,  der  mit  ihr  dieselbe 
Richtung  und  Krümmung  hat  und  dessen  oberes  Ende  die  Einsenkungsstelle  der 
V.  mesent.  inf.  in  den  Pfortaderstamm,  dessen  unteres  der  Stamm  und  Ursprung 
der  gleichnamigen  Arterie  aus  der  Aorta  bildet. 

Hinter  dieser  Bauchfellfalte,  zwischen  ihr  und  dem  Duodenum,  entsteht 
nothwendiger  Weise  eine  Bauchfellausstülpung  oder  Tasche,  welche  sich  gegen 
das  Duodenum  trichterförmig  zuspitzt,  wenigstens  daselbst  am  tiefsten  ist.  Ihre 
Eingangsöffnung  ist  halbmondförmig  und  wird  rechts  vom  Darm,  Flexura  duod. 
jejunalis,  links  vom  freien  Rande  der  Falte  begrenzt.  Die  Weite  dieser  Oeffnung 
hängt  offenbar  von  der  Höhe  und  Krümmung  der  Falte  ab,  ist  aber  bei  dieser 
Gestaltung  der  Falte  stets  geringer  als  der  Umfang  der  Höhle  selbst.  — Beim 
leichten  Anziehen  der  Flexura  duod.  jej.  tritt  diese  Oeffnung  deutlicher  hervor, 
wie  dies  an  der  Abbildung  dargestellt  ist. 

In  vielen  Fällen  ist  die  Falte  so  hoch  wie  möglich  und  umgiebt  knapp 
das  Darmrohr,  so  dass  dieses  ihr  auszuweichen  genöthigt  ist  und  über  ihrem 
freien  Rande  eine  Knickung  erleidet,  wodurch  dann  die  Flex.  duod.  jej.  Sförmig 
gekrümmt  und  die  Eingangsöffnung  geschlossen  erscheint.  Diese  Peritoneal- 
grube fällt  in  der  Regel  an  die  linke  Seite  des  dritten  Lendenwirbels  und 
ruht  in  einer  vom  Pankreas,  der  linken  Niere  und  der  Aorta  begrenzten  Ver- 
tiefung der  hinteren  Bauchwand.  In  das  sehr  lockere  retroperitoneale  Binde- 
gewebe eingebettet,  deckt  sie  die  zur  linken  Niere  ziehenden  Blutgefässe,  hat 
somit  im  Verhältniss  zu  ihrer  Umgebung  eine  sehr  lockere  Unterlage. 

Um  die  besprochenen  Verhältnisse  der  Falte  und  Grube  genau  zu  sehen, 
wählt  man  am  besten  Kiudesleichen  zur  Untersuchung,  wo  das  Peritoneum  durch 
Verdickungen  und  Adhäsionen  noch  nicht  entstellt,  zart  und  durchsichtig  ist 
und  wo  man  den  Verlauf  der  Blutgefässe  auch  ohne  Injection  sehen  kann 

Was  die  vorgeschlagenen  Benennungen  betrifft,  so  wollen  wir  die  Grube 
nach  Huschke  Fossa  duodeno -jejunalis  nennen  und  für  die  Falte  dieselbe 
Bezeichnung  beibehalten,  siePlica  duodeno-jejunalis  heissen,  da  ihre  Lage 
an  der  Seite  der  Flexura  duod.  jej.  das  einzige  Constante,  ihre  Anheftung  da- 
gegen etwas  sehr  Unbestimmtes  ist.  Doch  stellt  sich  die  Plica  duod.  jej.  nicht 
immer  in  der  beschriebenen  halbmondförmigen  Gestalt  dar.  Manchmal  ist  sie 
sehr  kurz  und  dann  meist  *an  der  unteren  Seite  der  Flex.  duod.  jej.  angebracht, 
so  dass  man  die  Sache  so  auffaSsen  kann,  als  wäre  nur  das  untere  Horn  der 
halbmondförmigen  Falte  vorhanden.  Ihr  freier  Rand  zieht  dann  nach  oben  und 
die  Fossa  stellt  nur  eino  seichte  trichterförmige  Grube,  also  keine  Höhle  mit 
engerem  Eingang  dar. 


79 


Ist  die  halbmondförmige  Falte  sehr  hoch  und  in  Folge  desseu  ihr  freier 
Rand  in  inniger  Berührung  mit  der  Flexura  duod.  jej.,  so  verwächst  er  schon 
in  der  Kindheit  theilweise  oder  vollständig  mit  dem  Darm,  und  man  findet  dann 
bei  Erwachsenen  die  Eingangs  Öffnung  der  Fossa  durch  netzförmige  Adhäsionen 
verstrickt  oder  durch  eine  halbmondförmige,  nicht  selten  auch  strahlige  Narbe 
vollends  verwachsen.  Die  Fossa  besteht  dann  als  abgeschlossener  seröser  Sack 
fort  oder  geht  durch  Schrumpfung  zu  Grunde. 

Ein  solcher  Verschluss  und  Schwund  der  Fossa  duod.  jej.  kann  in  manchen 
Fällen  immerhin  Folge  von  Peritonitis  sein,  hervorgerufen  vielleicht  durch  stärkere 
Reibung  zwischen  dem  Darm  und  dem  scharfen  Rande  der  Falte.  Dann  würde 
sich  aber  die  Entzündung  ohne  Zweifel  auch  auf  die  Umgehung  fortpflanzen  und 
ähnliche  Adhäsionen  daselbst  zurücklassen,  die  man  auch  wirklich  manchmal 
ündet.  Für  gewöhnlich  scheint  aber  dieser  Process  mehr  eine  physiologische 
Bedeutung  zu  haben  Eine  überflüssige  Ausstülpung  des  Bauchfells  wird,  nach- 
dem alle  Bewegung  und  die  normale  Secretion  in  derselben  aufgehört  hat,  am 
Wege  der  Verwachsung  und  Obsolescenz  isolirt  und  entfernt,  wie  man  diesen 
Vorgang  am  Processus  vaginalis  peritonei,  am  Netzbeutel,  oft  auch  an  der 
Winslow 'sehen  Spalte  u.  s.  w.  zu  sehen  gewohnt  ist,  ohne  eine  Peritonitis  im 
Sinne  der  Pathologie  annehmen  zu  müssen. 

Eudlich  kommen  auch  Fälle  vor,  wo  man  vergebens  nach  einer  Spur  dieser 
Faltenbildung  sucht,  wo  das  Peritoneum  um  die  Flex.  duod.  jej.  gleichmässig 
gespannt,  glatt  und  zart  auf  das  Jejunum  hinüberstreicht.  Solche  Befunde  ge- 
hören aber  zu  den  Seltenheiten.  Auch  die  Vena  mesent.  inf.  bietet  sehr  häufig 
Abweichungen  in  ihrem  Verlauf.  Sie  verläuft  nämlich,  abgesehen  von  ihren 
Privatabnormitäten,  nicht  immer  am  Rande  der  Falte,  also  vor  der  Fossa,  sondern 
beschreibt  oft  einen  weiten  Bogen  um  dieselbe. 

Das  Häufigkeitsverhältniss  dieser  einzelnen  Bildungen  durch  Zahlen  aus- 
gedrückt, giebt  folgende  Rechnung:  In  100  Leichen  von  Erwachsenen  fand  sich 
die  Plica  duod.  jej.  38mal  halbmondförmig  gebildet,  21  mal  unvollkommen,  d.  li. 
entweder  bloss  ihr  oberes  oder,  was  meistens  der  Fall  war,  bloss  ihr  unteres 
Horn  entwickelt;  7mal  war  die  Fossa  duod.  jej.  durch  Verwachsung  ihrer 
Oelfnung  geschlossen,  in  12  Fällen  war  das  Peritoneum  an  der  betreffenden 
Stelle  narbig  geschrumpft,  und  in  22  Fällen  fehlte  jede  Spur  der  Faltenbildung. 
— Auf  das  Verhalten  der  Blutgefässe  ist  hierbei  keine  Rücksicht  genommen 
worden.  Bei  Kindern  ist  das  Verhältniss  für  die  Faltenbildung  noch  ein  viel 
günstigeres,  da  auch  die  Fälle  von  Adhärenz  und  narbiger  Schrumpfung  zu  ihren 
Gunsten  fallen. 

Aus  der  eben  citirten  Beschreibung  geht  also  jedenfalls  her- 
vor, dass  beim  Voiliandensein  der  Fossa  duodeno-jejunalis  dieselbe 
nach  Treitz  meistens  Halbmondform  besitzt  und  dass  in  dem 
mittleren  Abschnitt  und  dem  oberen  Horn  der  Plica  duodeno- 
jejunalis  in  der  Pegel  die  Y.  mesenterica  inf.  (resp.  die  A.  colica 
sin. ) verläuft,  wenngleich  die  letztere  nicht  immer  den  freien  Rand 
der  Falte  einnimmt.  Weiterhin  wird  von  ihm  besonders  ausgeführt, 
dass  die  Fossa  duodeno-jejunalis  nur  dann  der  Sitz  einer  retro- 
peritonealen  Hernie  werden  könne,  wenn  der  eben  bezeichnete 


80 


Gefässbogen  in  der  Falte  selbst  verläuft  und  somit  um  eine  etwa 
in  die  Grube  eintretende  Darmschlinge  einen  festen  Ring  bilden 
kann,  welcher  späterhin  bei  der  Bildung  der  Hernie  zur  Bruch- 
pforte wird.  Es  wird  also  jedenfalls  von  Treitz  für  die  Ent- 
stehung derartiger  Brüche  diesem  Gefässbogen  eine  eminente  Be- 
deutung zugeschrieben.  Die  Genese  der  Fossa  duodeno-jejunalis 
wird  von  demselben  Autor  auf  die  Locomotionen  zurückgeführt, 
welche  das  Colon  transversum  und  das  Duodenum  beim  Foetus  in 
Folge  der  relativen  Verkleinerung  der  Leber  erleiden  sollen.  Einer- 
seits soll  das  Colon  transversum,  welches  schon  frühzeitig  mittelst 
der  Flexura  coli  hepatica  an  die  Leber  fixirt  ist,  in  Folge  dieser 
Verkleinerung  von  links  nach  rechts  rücken.  Andererseits  soll 
auch  das  Duodenum,  welches  ursprünglich  mit  der  Convexität 
nach  vorn  gerichtet  ist,  in  Folge  derselben  relativen  Leber- 
verkleinerung, d.  h.  anscheinend  durch  den  Zug  des  Lig.  liepato- 
duodenale,  sich  mit  einer  convexen  Seite  gegen  die  Leberpforte 
kehren  und  dadurch  ,,clie  Flexura  duodeno-jejunalis  als  das  andere 
Ende  des  bewegten  Darmstückes  nothwendiger  Weise  nach  rechts 
und  unten  rücken.“  Die  Bewegung  des  Duodenum  soll  also  nach 
Treitz  um  eine  Achse  erfolgen,  welche  im  Centrum  seiner 
Krümmung  liegt  — beiläufig  wie  ein  Rad  sich  um  seine  Achse 
drehen  kann,  ohne  seinen  Platz  zu  verändern,  weshalb  diese  Be- 
wegung auch  nur  bei  „kreisförmig  gewundenen“  Zwölffingerdärmen 
Vorkommen  soll.  Da  aber  das  Peritoneum  au  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  innig  mit  dem  Darm  verbunden  ist,  so  soll  dasselbe  der 
Bewegung  des  Darmes  folgen  und  dütenförmig  eingestülpt  werden, 
wobei  die  Tiefe  der  Einstülpung  den  Maassstab  für  den  zurück- 
gelegteuWeg  der  Flexura  abgiebt.  Die  gleichzeitige  Verschiebung 
des  Mesocolon  transversum  von  links  nach  rechts  soll  diese  Ein- 
stülpung noch  unterstützen. 

Im  Jahre  1859  und  1861  veröffentlichte  alsdann  Gruber 
zwei  Arbeiten,  in  denen  derselbe  zunächst  einige  anatomische 
Daten  über  die  Fossa  duodeno-jejunalis  (von  ihm  als  Retroeversio 
mesogastrica  bezeichnet)  giebt.  Den  Treitz 'sehen  Gefässbogen 
findet  er  bald  in  der  Plica  duodeno-jejunalis,  also  der  vorderen 
Wand  der  Tasche,  bald  hinter  der  letzteren  oder  ausnahmsweise 
sogar  1 cm  von  derselben  entfernt  vor.  In  einem  Falle  zeigte 
der  Grund  der  Tasche  drei  Verlängerungen,  in  einem  anderen  ver- 
längerte sich  das  untere  Ende  derselben  in  einen  Canal,  welcher 
von  der  eigentlichen  Tasche  durch  eine  circuläre  Falte  getrennt 


81 


war.  In  seiner  zweiten  Arbeit  theilt  Grub  er  (p.  247)  ferner 
einen  Fall  einer  massig,  entwickelten  Tr  eit z 'sehen  Hernia  retro- 
peritonealis  mit,  bei  welcher  ganz  nach  der  Regel  die  Bruchpforte 
rechts  von  der  Flexura  duodeno-jejunalis,  links  von  dem  ganz 
normal  gelegenen  Treitz’schen  Gefässbogen  gebildet  war  und 
welcher  etwa  20  cm  des  obersten  Jejunum  enthielt.  Nach  dem 
Herauszieheu  dieses  Darmstückes  fand  jedoch  Grub  er  zu  seinem 
Erstaunen  an  der  hinteren  Wand  des  von  ihm  als  erweiterte  Fossa 
duodeno-jejunalis  angesehenen  Bruchsackes  noch  einen  „Neben- 
sack“ vor,  welcher  vor  dem  linken  Theile  der  Wirbelsäule,  dicht 
unter  dem  Pancreas,  links  neben  und  hinter  der  Flexura  duodeno- 
jejuualis  gelegen  war.  Die  rechte  Wand  des  Nebensackes  wurde 
vom  Duodenum,  die  vordere  Wand  durch  eine  Bauchfellduplicatur 
gebildet,  welche  oben  zur  Bildung  der  Eingangsöffnung  durchbrochen 
war.  Die  Duplicatur  scheint  ziemlich  genau  parallel  dem  linken 
Rande  der  Bruchpforte,  d.  h.  also  auch  dem  in  der  letzteren  enthal- 
tenen Gefässbogen  verlaufen  zu  sein.  Grub  er  ist,  wie  man  dann  aus 
seinen  weiteren  Erörterungen  ersieht,  schon  hier  in  Verlegenheit, 
ob  er  den  eigentlichen  Bruchsack  (den  Hauptsack)  oder  den  ge- 
wissermaassen  in  den  letzteren  invaginirten  Nebensack  als  Fossa 
duodeno-jejunalis  (Retroeversio  mesogastrica)  bezeichnen  soll.  Er 
giebt  schliesslich  die  Möglichkeit  zweier  in  einander  geschobener 
Retroeversiones  mesogastricae  zu,  von  denen  in  seinem  Falle  die 
invaginirte  (d.  h.  der  Nebensack)  von  dem  Eindringen  des  Bruches 
verschont  blieb,  während  die  invaginirende  durch  das  gefangene 
Eingeweide  allmählich  zum  Bruchsacke  ausgedehnt  wurde.  Da 
aber  in  den  „Nebensack“  möglicherweise  auch  einmal  eine  Darm- 
schliuge  hineingelangen  und  zum  Bruch  werden  könnte,  so  musste 
Grub  er  die  weitere  Consequenz  ziehen,  dass  auch  das  Vorkommen 
einer  Hernia  int.  mesogastrica  (Hernia  retroperitonealis)  invaginata 
möglich  sei,  d.  h.  eines  Bruches  „mit  zwei  in  einander  geschobenen 
Bruchsäcken  oder  sogar  Hernien.“  Im  Jahre  1862  publicirt  als- 
danu  W.  Gruber  (No.  3,  p.  161)  einen  zweiten  ganz  ähnlichen 
Fall,  in  welchem  sich  nach  der  Entleerung  des  Bruchsackes,  dessen 
Annulus  von  der  V.  mesenterica  inf.  und  A.  colica  sin.  umsäumt 
war,  wiederum  hinter  dem  Bruche,  dicht  nach  hinten  und  links 
von  der  Flexura  duodeno-jejunalis  ein  ähnlicher  iuvaginirter  Neben- 
sack wie  in  dem  vorigen  Falle  vorfand.  Die  hintere  Wand  des 
Bruchsacks  wurde  zum  Theil  zugleich  durch  die  vordere  Wand  des 
Nebensackes  gebildet.  In  dieser  Arbeit  tritt  Gruber  bereits  viel 

Broesike,  Hernien.  ß 


82 


entschiedener  auf:  er  sagt  liier  direct,  dass  sein  „Nebensack“  als 
ein  „von  jeher  bestandener  angeborener,  vom  vorderen  ganz  un- 
abhängig gebildeter  Sack,  d.  i.  als  die  normale  Retroeversio  peri- 
tonei  mesogastrica  angesehen  werden  müsse,  eben  weil  er  alle 
Eigenschaften  der  letzteren  besitzt.“  Er  nimmt  also  an  „es  habe 
sich  bei  Vorkommen  und  Verbleiben  der  Retroeversio  mesogastrica 
in  ihrer  normalen  Anordnung  aus  dem  zwischen  ihr  und  dem  sie 
in  weiter  Entfernung  links  umkreisenden  Gefässbogen  gelagerten 
Peritoneum  der  hinteren  Bauch  wand  der  Bruchsack  für  die  Hernia 
int.  mesogastrica  gebildet.“  In  einem  dritten,  in  derselben  Arbeit 
mitgetheilten  Falle  geht  Grub  er  noch  einen  Schritt  weiter.  Die 
Oeffnung  des  Bruchsacks  wurde  hier  von  einem  vollständigen  Ge- 
tässringe,  bestehend  aus  der  Aorta  abdominalis,  der  V.  mesenterica 
inf.  und  der  A.  eolica  sin.  gebildet.  Das  Ende  des  Duodenum  oder 
die  Flexura  duodeno-jejunalis  war  durchaus  nicht  neben  dem  Bruch- 
ring gelegen,  sondern  von  demselben  durch  eine  breite  ebene,  in 
keiner  Weise  vertiefte  Stelle  des  Peritoneum  parietale  getrennt. 
Im  Bruchsack  lag  ein  Stück  des  obersten  Jejunum  von  9 Zoll 
Länge.  Hier  nimmt  Grub  er  in  Folge  dessen  sogar  einen  primären 
Mangel  der  Retroeversio  mesogastrica  (der  Fossa  duodeno-jejunalis) 
an  und  folgert  weiter  daraus,  dass  eine  Hernia  int.  mesogastrica 
(also  die  Hernia  retroperitonealis  von  Treitz)  sich  nicht  allein 
beim  normalen  Vorkommen  und  Verbleiben,  sondern  auch  bei 
primärem  Mangel  der  eben  erwähnten  Tasche  aus  dem  vorhin  be- 
zeichneten  Gefässringe  (der  Aorta  abdominalis,  V.  mesent.  inf.  und 
A.  colica  sin.)  entwickeln  könne.  Aus  einer  kurz  darauf  er- 
schienenen anderen  Mittheilung  desselben  Autors  (1862  No.  4) 
sind  dann  noch  erwähnenswerth  zwei  Fälle  von  Mesenterium  com- 
mune bei  gleichzeitig  bestehender  Fossa  duodeno-jejunalis:  in  dem 
einen  dieser  Fälle  lag  die  letztere  „rechts  vor  der  Wirbelsäule 
und  rechts  vom  Anfänge  des  Mesent.  commune,  hinter  und 
meclianwärts  von  der  rechts  gelagerten  Flexura  duodeno-jejunalis.“ 
Hieran  schliesst  sich  eine  im  Jahre  1863  publicirte  Abhandlung 
(No.  5)  an,  welche  übrigens  ausser  der  Beschreibung  eines  neuen 
Falles  von  Hernia  int.  mesogastrica  keine  weiteren  thatsächlichen 
Mittheilungen  über  die  neben  der  Flexura  duodeno-jejunalis  ge- 
legenen Gruben  oder  Taschen  enthält.  Endlich  tlieilt  Grub  er 
in  einer  im  Jahre  1868  veröffentlichten  Arbeit  (No.  6)  unter 
Anderem  einen  Fall  von  Mesenterium  commune  mit,  in  welchem  bei 
einem  sehr  langen,  abnorm  verlaufenden  Duodenum  sich  eine  gut 


83 


entwickelte  Retroeversio  mesogastrica  (Fossa  duoäeno-jejunalis) 
vorfand,  welche  zwar  links  neben  der  Flexura  dnodeno -jejunalis, 
aber  rechts  von  der  Wirbelsäule  gelagert  war  (cf.  p.  225).  In  einem 
dritten,  sehr  ausführlich  beschriebenen  Falle  sollte  alsdann  eine 
rechtsseitig  gelagerte  Fossa  duodeno-jejunalis  die  Ausgangsstelle 
einer  Hernia  retroperitonealis  dextra  abgegeben  haben  (cf.  p.  237). 
Ich  werde  auf  diese  Fälle  von  „verlagerter“  Fossa  duodeno-jeju- 
nalis noch  anderen  Orts  zurückkommen. 

Ziemlich  gleichzeitig  mit  der  letzteren  Arbeit  von  Grub  er 
erschien  alsdann  die  bereits  oft  erwähnte  Arbeit  von  Waldeyer, 
welche  1874  in  Virchow’s  Archiv  noch  einmal  abgedruckt  und 
durch  einige  neue  Bemerkungen  vervollständigt  wurde.  In  Bezug 
auf  die  Beschreibung  der  Fossa  duodeno-jejunalis  scheint  sich 
Waldeyer  ziemlich  genau  an  Treitz  anzuschliessen.  Ausserdem 
werden  von  ihm  4 Fälle  von  ausserordentlich  grossen,  leer- 
gebliebenen Fossae  dnodeno -jejunales  erwähnt,  welche  Darm- 
schlingen von  1 — iy2Fuss  aufzunehmen  vermochten.  Leider  sind 
diese  Fälle  nicht  ganz  genau  beschrieben,  weil  sie  vom  Verfasser 
zu  einer  Zeit  beobachtet  wurden,  in  welcher  derselbe  auf  mancherlei 
wichtige  Fragen,  so  z.  B.  auf  die  Bedeutung  der  V.  mesent.  inf. 
und  A.  colica  sin.  für  das  Zustandekommen  der  Fossa  duodeno- 
jejunalis  noch  nicht  aufmerksam  geworden  war.  Er  erwähnt  ferner 
(p.  71)  eine  Grube,  „die  von  einer  rundlichen  Eingangsöffnung  aus 
sowohl  nach  oben  als  nach  unten  hin  dem  Endtheile  des  Duodenum 
entlang  geht“;  hier  denkt  er  für  die  Genese  der  diese  Grube  „von 
oben  her  zudeckenden  Peritonealfalte“  an  die  Möglichkeit  einer 
„Verwachsung  zwischen  Jejunum  und  dem  Colon  transversum  oder 
Mesocolon  descendens,  mit  Bildung  einer  nach  oben  blind  endigenden 
Grube.“  Weiter  wird  eine  Form  der  Fossa  duodeno-jejunalis  er- 
wähnt, deren  Grund  durch  eine  starke  quere  Falte  in  zwei  Ab- 
theilungen getheilt  ist,  von  denen  jede  bequem  eine  kleine  wälsche 
Nuss  aufnehmen  konnte.  Hieran  schliesst  Waldeyer  die  Be- 
schreibung zweier  Fälle  einer  * Fossa  duodeno-jejunalis  mit  einer 
Vortasche“  an.  In  diesen  Fällen  lief  vom  Anfangstheil  des  Jejunum 
resp.  Endtheil  des  Duodenum  „eine  starke  Bauchfellfalte  in  der 
Richtung  auf  die  Flexura  coli  lienalis  zu:  sie  wurzelte  im  Meso- 
colon transversum  und  flachte  sich  nach  abwärts  in  das  rechte 
Blatt  des  Mesocolon  descendens  aus.  Der  Kamm  der  Falte  bildete 
mit  dem  Mesocolon  transversum  und  dem  Anfangstheile  (soll  wohl 
eigentlich  Endtheil  heissen)  des  Duodenum  eine  nach  rechts  und 

6* 


84 


oben  weit  offene,  mit  dem  Grunde  hinter  das  Duodenum  sicli  er- 
streckende Tasche,  in  welcher  bequem  eine  10 — 12  cm  lange 
Jejunalschlinge  Platz  hatte.  Im  Grunde  dieser  Vortasche  sah  man 
erst  die  nach  abwärts  sich  erstreckende  Fossa  duodeno-jejunalis 
mit  scharf  begrenzter  Eingangsöffnung  von  circa  1 cm  Durchmesser. 
Der  Zeigefinger  eines  Erwachsenen  Hess  sich  bequem  einführen 
und  fast  seiner  ganzen  Länge  nach  darin  bergen.“  Leider  ist  auch 
hier  die  Fossa  duodeno-jejunalis  nicht  exact  genug  beschrieben  und 
ebensowenig  über  das  Verhalten  des  Treitz 'sehen  Gefässbogens 
irgend  etwas  bemerkt,  was  diesen  interessanten  Fall  einer  genaueren 
kritischen  Beurtheilung  entzieht.  Insbesondere  ist  nicht  recht  er- 
sichtlich, ob  die  hier  so  bezeichnete  Fossa  duodeno-jejunalis  etwa 
mit  dem  „Nebensack“  von  Grub  er  identisch  ist,  welcher  ja  später 
von  dem  letzteren  auch  für  die  richtige  Fossa  duodeno-jejunalis 
angesehen  wurde.  Sodann  bestätigt  Waldeyer,  dass  sich  die 
Fossa  duodeno-jejunalis  nicht  selten  vollständig  verwachsen  zeigt. 
Betreffs  der  Genese  dieses  ftecessus  wendet  sich  der  eben  genannte 
Autor  (p.  85)  zunächst  gegen  die  von  Treitz  gegebenen  Er- 
klärungen, da  er  nicht  einzusehen  vermag,  wie  durch  das  Erheben 
des  oberen  Duodenumendes  die  Flexura  duodeno-jejunaHs  als 
das  untere  Ende  der  Duodenalschlinge  nach  rechts  und  unten 
gezogen  werden  solle,  da  erstens,  wie  Treitz  selbst  gezeigt  hat, 
gerade  der  Endtheil  des  Duodenum  unmittelbar  vor  dem  Ueber- 
gange  in  das  Jejunum  durch  den  Muse,  suspensorius  duodeni 
in  seiner  Lage  fixirt  ist  (und  zwar  schon  sehr  früh,  zu  einer  Zeit, 
wo  eine  Fossa  duodeno-jejunalis  noch  nicht  existirt)  und  da 
zweitens  „etwas  Gezwungenes  in  der  Vorstellung  liegt,  dass  bei 
einem  flexiblen  Organ  wie  dem  Duodenum,  welches  zugleich  durch 
Wachsthum  nach  allen  Seiten  hin  sich  vergrössert,  die  entschieden 
nur  unbedeutende  Verrückung  des  oberen  Endes  nach  rechts  und 
oben  einen  Zug  auf  das  untere  Ende  nach  rechts  und  unten  aus- 
iiben  soll:  es  Hesse  sich  das  vielleicht  begreifen,  wenn  man  es  mit 
einer  mehr  starren  Masse  zu  tliun  hätte  . . . .“  Auch  einer  anderen 
von  Treitz  herangezogenen  Thatsache,  nämlich  der  frühzeitigen 
Verkürzung  des  Mesocolon  ascendens  und  descendens,  giebt 
Waldeyer  eine  abweichende  Interpretation.  Treitz  erklärt  die- 
selbe in  der  Weise,  dass  beim  Wachsthume  der  Bauch  wände  zur 
Auskleidung  der  letzteren  das  Peritoneum  von  den  eben  genannten 
Gekrösen  requirirt  wurde.  Waldeyer  nimmt  dagegen  für  diese 
relative  Kürzung  der  Mesocola  einen  anderen,  bei  dem  damaligen 


85 


Stande  der  Kenntniss  peritonealer  Entwicklungsvorgänge  allerdings 
viel  plausibleren  Grund  an,  nämlich  das  Wachsthum  der  Nieren. 
Was  endlich  die  Entstehung  der  Fossa  duodeno-jejunalis  betrifft, 
so  bringt  Waldeyer  selbst  dieselbe  mit  dem  Verlaufe  und  dem 
Verhalten  der  Vena  mes enter ica  inf.  in  Zusammenhang.  Solange 
diese  Vene  noch  in  dem  beiderseits  freien  Gekröse  des  Mesocolon 
descendens  liegt,  befindet  sich  ihr  Anfaugstheil  dicht  vor  der 
hinteren  Bauchwand,  während  ihr  Endtheil,  d.  h.  die  Einmündungs- 
stelle in  die  V.  lienalis  oder  mesent.  sup.,  ihrem  Verlaufe  zur 
Pfortader  entsprechend,  mehr  vorn,  d.  h.  in  grösserer  Entfernung 
von  der  hinteren  Bauchwand  gelegen  ist.  Wenn  sich  nun  in  Folge 
zunehmender  Entwicklung  der  linken  Niere  das  Mesocolon  des- 
cendens verflacht,  bleibt  der  Anfangstheil  der  Vene  in  seiner  Lage 
nahe  der  hinteren  Bauch  wand,  während  das  gut  fixirte  bogen- 
förmige Endstück  derselben  sich  wie  eine  gespannte  Saite  verhält, 
welche  eine  Peritonealfalte  emporhebt  und  somit  in  den  freien 
Band  der  letzteren  zu  liegen  kommt.  Die  Plica  duodeno-jejunalis 
von  Treitz  ist  also  nach  der  Ansicht  von  Waldeyer  eine  Gefäss- 
falte,  welche  sich  ebenso  bildet,  wie  dies  beim  Lig.  Suspensorium 
hepatis  mit  der  V.  umbilicalis  oder  bei  den  Plicae  vesicales  laterales 
mit  den  Aa.  umbilicales  der  Fall  ist.  Wo  die  V.  mesent.  inf.  bis  zu 
ihrer  Einmündung  in  die  V.  lienalis  ziemlich  nahe  der  hinteren 
Bauchwand  und  ohne  Bogenkrümmung  verlief,  da  fand  sich  auch 
niemals  eine  Fossa  und  Plica  duodeno-jejunalis  vor.  Bei  Erwachsenen 
zeigte  sich  diese  Congruenz  zwischen  der  Vene  und  der  Falte 
häufig  verwischt;  das  ist  aber  Folge  von  secundären  Veränderungen, 
die  durch  abnorme  Verwachsungen,  theils  im  Bereich  der  Falte 
selbst,  theils  an  entfernteren  Stellen  herbeigeführt  werden  können. 
Die  Bildung  der  Grube  zwischen  der  Plica  und  Flexura  duodeno- 
jejunalis  wird  in  der  Weise  erklärt,  dass  das  verstreichende  Meso- 
colon descendens  einen  Zug  nach  links  und  unten,  die  auswachsende 
Flexura  duodeno-jejunalis  hingegen  nach  rechts,  vorn  und  oben 
ausübt:  dadurch  soll  sich  zwischen  Falte  und  Darm  eine  kleine 
Grube  bilden. 

Im  Jahre  1870  erschien  eine  Arbeit  von  Eppinger  (p.  121), 
der  sich  ebenfalls  eingehender  mit  der  Fossa  duodeno-jejunalis  be- 
schäftigt, welche  er  in  Uebereinstimmung  mit  Treitz  als  die 
Bildungsstätte  der  Hernia  retroperitonealis  betrachtet.  Die  Be- 
schreibung der  Grube  und  des  dieselbe  begrenzenden  Gefässbogens 
stimmt  mit  derjenigen  von  Treitz  völlig  überein.  Zugleich  ergänzt 


86 


Epp  in g er  die  Mittheilungen  des  letzteren  Autors  dahin,  dass  sich 
die  Y . mesenterica  inf.  nur  verhältnissmässig  selten  (nämlich  7 Mal 
bei  64  Erwachsenen)  im  oberen  freien  Rande  der  Plica  vorfand, 
während  sie  in  15  Fällen  4 — 17  mm  nach  links  von  demselben  ent- 
fernt war  und  in  3 Fällen  sogar  „bis  6,5  mm  hinter  der  hinteren 
Wand  der  Tasche,  also  nach  einwärts  vom  freien  Rande  derselben 
verlief.“  In  einer  gewissen  Anzahl  dieser  Fälle  Avar  die  Fossa 
duodeno-jejunalis  entweder  gar  nicht  vorhanden  oder  unvollkommen 
entwickelt  (Fehlen  des  oberen  oder  unteren  Horns)  oder  ver- 
wachsen oder  durch  narbige  Streifen  ersetzt.  In  einem  Falle  war 
dieselbe  Grube  durch  eine  quere,  sichelartige.  6,5  mm  breite  Falte 
in  zwei  übereinander  stehende  Abtheilungen  geschieden,  von  denen 
die  obere  ungefähr  eine  Wallnuss,  die  untere  eine  Haselnuss  auf- 
nehmen konnte.  Betreffs  der  Entstehung  der  Plica  und  Fossa 
duodeno-jejunalis  schliesst  sich  Eppinger  ebenfalls  völlig  an  die 
Treitz’ sehen  Ausführungen  an,  welche  er  im  Uebrigen  in  etwas 
klarerer  Weise  darlegt,  als  dies  von  Treitz  selbst  geschehen  ist. 
Auf  die  Locomotion  des  Colon  transversum  geht  Eppinger  nicht 
näher  ein.  Dagegen  betont  er  besonders,  dass  in  Folge  der 
relativen  Verkleinerung  der  Leber  durch  das  Lig.  hepato-duodenale 
ein  Zug  auf  die  Pars  horizontalis  duodeni  ausgeübt  werden  müsse, 
welcher  — da  die  Krümmung  des  Duodenum  durch  den  mit  dem 
letzteren  fixirten  Kopf  des  Pankreas  erhalten  bleibt  — das 
zwischen  dem  eben  erwähnten  Bande  und  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  gelegene  Stück  des  Duodenum  wie  ein  Rad  um  seiue 
Axe,  nämlich  um  den  Kopf  des  Pankreas,  nach  oben  und  rechts 
drehen  muss.  Der  Zug  des  Lig.  hepato-duodenale  löst  sich  somit 
an  der  Flexur  in  der  Weise  aus,  dass  hier  links  von  der  letzteren 
das  Peritoneum  dütenförmig  eingestülpt  und  die  Fossa  duodeno- 
jejunalis  erzeugt  wird.  Hiervon  könne  man  sich  an  jedem  Foetus, 
an  dem  die  definitive  Aufstellung  des  Duodenum  noch  nicht  erfolgt 
ist,  überzeugen,  wenn  man  am  Lig.  hepato-duodenale  einen  Zug 
nach  oben  und  rechts  ausübt.  Weiterhin  wendet  sich  Eppinger 
gegen  die  Wal dey er’ sehe  Ansicht,  dass  der  genetische  Grund 
der  Bildung  der  Plica  duodeno-jejunalis  in  dem  Verlauf  und  Ver- 
halten der  V.  mesenterica  .inf.  gesucht  werden  müsse,  welche  die 
eben  erwähnte  Falte  und  damit  auch  die  gleichnamige  Grube  hervor- 
rufen  soll,  indem  der  Zug  des  zum  freiliegenden  Jejunum  sich  er- 
hebenden Duodenum  nach  vorn  oben  und  rechts  und  der  des  ver- 
streichenden Mesocolon  descendens  nach  links  und  unten  wirkt. 


87 


Die  V.  mesenterica  inf.  könnte  nur  als  faltenbildend  angesehen 
werden,  wenn  sie  immer  im  freien  Rande  der  Falte  gelegen  wäre. 
Dann  würde  auch  ohne  die  von  Waldeyer  angegebenen  Zug- 
richtungen eine  solche  Falte  und  Tasche  entstehen  müssen,  denn 
diese  Zugrichtungen  sind  ja  einander  entgegengesetzt  und  müssten 
also  durch  ihre  Wirkung  die  Tasche,  wenn  auch  nicht  ganz  aus- 
gleichen,  so  doch  um  ein  Beträchtliches  verflachen.  Da  die  Vene 
übrigens  niemals  im  unteren  Horn  der  Plica  duodeno-jejunalis  ver- 
läuft, so  könnte  das  letztere  jedenfalls  nicht  durch  die  Vene  er- 
zeugt werden.  Die  V.  mesent.  inf.  steht  also  wohl  in  nachbar- 
licher, aber  keineswegs  in  genetischer  Beziehung  zur  Plica  und 
Fossa  duodeno-jejunalis;  je  grösser  diese  letztere,  je  ausgeschweifter 
ihr  Rand  ist,  desto  geringer  wird  der  Zwischenraum  zwischen  dem 
freien  Rande  der  Plica  und  der  Vene  sein.  Die  Endkrümmung 
der  Vene  und  das  Ende  des  oberen  Hornes  fallen  dabei  immer 
zusammen,  d.  h.  die  Vene  steckt  hier  immer  in  dem  Rande  der 
Plica.  Somit  wäre  der  Satz  Waldeyers:  das  Verhalten  der  V. 
mesent  inf.  ist  für  das  Verhalten  der  Falte  und  Grube  maass- 
gebend, umzudrehen  und  es  dürfte  richtiger  lauten : die  Entwicklung 
der  Falte  und  Grube  ist  für  das  relative  Verhalten  der  Vene 
maassgebend.  Hierzu  bemerkt  Waldeyer  (p.  88)  nur  ganz  kurz, 
dass  solche  Befunde  bei  Erwachsenen  (aus  den  oben  angegebenen 
Gründen)  weder  etwas  für  noch  gegen  seine  Ansicht  beweisen 
können.  Man  müsse  sich  hier  an  Embryonen  halten;  Eppinger 
sei  jedoch  nur  bis  auf  Neugeborene  zurückgegangen. 

Den  gleichen  Gegenstand  behandelt  ferner  eine  im  Jahre  1872 
erschienene  Arbeit  von  Laudzert,  welcher  (cf.  p.  42)  seine 
Untersuchungen  über  die  Gegend  der  Fossa  duodeno-jejunalis  an 
35  Leichen  im  Alter  von  3 Tagen  bis  fünf  Monaten  gemacht  hat. 
Hebt  man  das  Colon  transversum  in  die  Höhe,  schlägt  man  die 
Dünndarmschlinge  nach  rechts  hinüber  und  zieht  man  die  Flexura 
sigmoidea  etwas  nach  links,  so  bekommt  man  nach  diesem  Autor 
folgendes  Bild.  Der  Treitz’sche  Gefässbogen  (die  V.  mesent.  inf. 
und  A.  colica  sin.)  hebt  eine  bis  9 mm  hohe  Peritonealfalte  empor, 
welche  den  zwischen  der  Pars  ascendens  duodeni  und  dem  Colon 
descendens  gelegenen,  oben  vom  Pankreas,  unten  vom  Lig.  mesente- 
rico-mesocolicum  begrenzten  Raum  in  eine  innere  und  eine  äussere 
Grube  theilt.  Die  äussere  Grube  ist  zwischen  dem  Tr  ei  tz’ sehen 
Gefässbogen  und  dem  Colon  descendens  gelegen.  Die  innere  Grube 
wird  somit  innen,  d.  h.  also  medial,  durch  das  Duodenum  und  die 


88 


Aorta  abdominalis,  aussen  und  oben  (lateral)  durch  den  Treitz ’schen 
Gefässbogen,  unten  durch  das  Lig.  mesenterico-mesocolicum  begrenzt. 
Das  Gerüst  dieser  Grube  wird  durch  den  bereits  von  Treitz  genau 
beschriebenen  Gefässring  (Aorta  abdominalis,  A.  mesent.  inf.  mit  der 
A.  colica  sin.  und  V.  mesent.  inf.)  gebildet.  Dieser  — wenn  ich  so 
sagen  darf  — Gefässfalte  und  Gefässtasche  giebt  Landzert  keinen 
besonderen  Namen.  Als  Fossa  duodeno-jejunalis  bezeichnet  er  als- 
dann einen  ganz  anderen,  von  der  Gefässtasche  durch  einen  ziemlichen 
Zwischenraum  getrennten  Recessus  (cf.  d.  A.  Fig.  4 p.  101),  von 
welchem  nach  meiner  Ansicht  zweifellos  feststeht,  dass  derselbe  mit 
dem  von  Grub  er  zuerst  als  „Nebensack“,  dann  als  „Retroeversio 
mesogastrica“  oder  auch  als  Fossa  duodeno-jejunalis  bezeichneten 
Recessus  identisch  ist.  Dagegen  begeht  Landzert  genau  denselben 
Irrthum  wie  Grub  er,  wenn  er  annimmt,  dass  dieser  von  ihm  als 
Fossa  duodeno-jejunalis  bezeichnete  Recessus  die  von  Huschke 
und  Treitz  ebenso  benannte  Bauchfelltasche  darstellt.  Die 
Gruber  - Landzert’sche  Fossa  duodeno-jejunalis  liegt  in  der 
natürlichen  Lage  der  Flexura  duodeno-jejunalis  hauptsächlich  hinter 
der  letzteren  oder  vielmehr  hinter  dem  oberen  Ende  der  Pars 
ascendens  duodeni,  indem  sie  sich  gewissermaassen  von  oben  her 
zwischen  der  Flexur  und  dem  Peritoneum  parietale  der  hinteren 
Bauchwand  nach  rechts  und  unten  hinter  das  Duodenum  einschiebt. 
Begrenzt  wird  dieser  Recessus,  abgesehen  von  der  Flexur  und 
dem  Peritoneum  parietale,  gewöhnlich  durch  zwei  halbmondförmige 
Fältchen  (ein  oberes  und  ein  unteres),  welche  zuweilen  Zusammen- 
flüssen und  in  seltenen  Fällen  auf  diese  Weise  auch  eine  Falte 
mit  zwei  Hörnern  bilden  können.  Zwischen  den  beiden  Fältchen 
liegt  eine  Oeffnung,  welche  zu  dem  Recessus  oder  Säckchen  führt. 
Variationen  in  der  Beschaffenheit  des  letzteren  scheinen  sehr 
häufig  zu  sein,  da  wenigstens  Landzert  bemerkt,  dass  „sich 
schwerlich  zwei  Leichen  finden  werden,  an  denen  diese  Falte  (soll 
wohl  eigentlich  heissen:  diese  Falten)  gleichmässig  entwickelt  ist.“ 
Wenn  übrigens  derselbe  Autor  sagt:  „Einmal  lag  der  Sack  bei 
Mangel  der  oberen  Falte  sehr  niedrig  unterhalb  des  Ursprunges 
der  A.  mesent.  inf.  und  war  vollständig  nach  rechts  gewendet,“ 
so  muss  ich  sagen,  dass  ich  mir  darunter  nicht  das  Mindeste  denken 
kann.  War  die  Oeffnung  oder  der  Grund  des  Sackes  nach  rechts 
gewendet?  Und  wenn  derselbe  unterhalb  des  Ursprunges  der  A. 
mesent.  inf.  lag,  so  kann  er  sich  doch  unmöglich  in  der  Nähe  der 
Flexura  duodeno-jejunalis,  sondern  vielleicht  etwa  an  der  Ueber- 


89 


gangsstelle  der  Pars  descendeus  und  ascendens  dupdeni  befunden 
haben.  Endlich  bildet  Landzert  (cf.  Taf.  I,  Fig.  1)  einen  sehr 
bemerkenswerthen  Fall  ab,  in  welchem  neben  der  von  ilim  sogen. 
Fossa  duodeno-jejunalis  (+)  noch  eine  kolossale  Gefässtasche  (aa) 
mit  weiter  Eingangsöffnung  vorhanden  war,  welche  bei  der  Section 
vollständig  leer  von  Darmschlingen  vorgefunden  wurde.  Landzert 
giebt  die  Möglichkeit  zu,  dass  zeitweise  einzelne  Darmschlingen 
in  diesen  Sack  geriethen,  aber  da  die  Oeffnung  weit  war,  un- 
gehindert wieder  herausschlüpfen  konnten.  Was  schliesslich  die 
Genese  der  retroperitonealen  Hernien  betrifft,  so  entstehen  die 
rechtsseitigen  nach  L.  in  der  von  ihm  sogen.  Fossa  duodeno- 
jejunalis,  die  linksseitigen  in  der  Grube,  welche  „durch  die  Ge- 
fässfalten  (A.  colica  sin.  und  Y.  mesent.  inf.)  auf  dem  hinteren 
Parietalblatte  des  Bauchfelles  gebildet  wird.“ 

Die  nächste  Arbeit,  welche  sich  allerdings  nur  mit  der  Ent- 
stehungsweise des  Ree.  duodeno-jejunalis  beschäftigt,  ist  die  bereits 
oft  erwähnte  Abhandlung  von  Toldt  (No.  1,  p.  21),  dessen  An- 
schauungen hierüber  ich  wörtlich  wiedergeben  will,  weil  dieselben 
kaum  kürzer  reproducirt  werden  können. 

Die  Zeit  der  Entstehung  des  Recessus  duodeno-jejunalis  verlegt  Treitz 
auffallender  Weise  erst  in  die  letzte  Schwangerschaftsperiode.  Waldeyer 
nennt  zwar  keinen  bestimmten  Zeitpunkt;  allein  daraus,  dass  er  die  Anheftung 
des  Mesjcolon  descendens  als  Vorbedingung  hinstellt,  wäre  zu  folgern,  dass 
dieser  Recessus  nicht  vor  der  Mitte  des  fünften  Monats  sich  bilden  könnte. 

Ich  habe  denselben  an  den  drei  von  mir  untersuchten  Embryonen  der  ersten 
Hälfte  des  vierten  Monats  ganz  deutlich,  hei  den  einen  mehr,  hei  den  andern 
weniger  ausgebildet  gefunden,  also  zu  einer  Zeit,  in  welcher  das  Mesocolon  des- 
cendens noch  völlig  frei,  jedoch  die  Wendung  der  gemeinschaftlichen  Mesenterial- 
platte nach  der  rechten  Seite  bereits  vollzogen  ist.  In  diesem  letzteren  Vor- 
gänge muss  entschieden  der  nächste  Grund  für  die  Bildung  des  Recessus  und 
der  Plica  duodeno-jejunalis  gesucht  werden. 

D:e  Rechtswendung  der  gemeinschaftlichen  Mesenterialplatte  bleibt  nämlich 
nicht  ohne  Rückwirkung  auf  das  Mesocolon  descendens,  welches  ja  unmittelbar 
mit  dem  ersteren  (soll  wohl  heissen:  der  ersteren.  Anm.  d.  Verf.)  in  Zusammen- 
hang steht.  Der  obere  Rand  der  gemeinschaftlichen  Gekrüsplatte,  d.  h.  der  Theil 
entlang  der  Ansatzlinie  des  vorderen  Dickdarmabschnittes  wird  in  Folge  der 
Dislocation  des  Blinddarmes  nach  rechts  und  unten  nothwendig  in  einen  grösseren 
Grad  von  Spannung  versetzt,  welche  sich  als  Zugwirkung  auf  das  freie  Mesocolon 
descendens  überträgt;  in  Folge  dessen  wird  das  letztere  zum  Theil  über  die 
Flexura  duodeno-jejunalis  weggebogen  und  neben  derselben  zu  einer  vorspringen- 
den Falte  erhoben.  Das  Vorspringen  der  Falte  gerade  an  dieser  Stelle  findet 
darin  seine  Erklärung,  dass  die  Zugwirkung  des  gemeinschaftlichen  Gekröses 
mit  Rücksicht  auf  die  weit  nach  hinten  gerückte  Lage  der  Flexura  coli  lienalis 
sich  nicht  nur  nach  rechts  hin.  sondern  auch  zugleich  nach  vorne  geltend  machen 


90 


muss.  Dass  eine  derartige  Zugwirkung  in  der  That  stattfindet , wird  sein1 
schlagend  erwiesen  durch  die  eigentümliche  Lage  der  Flexura  sigmoidea,  deren 
unterer  Schenkel  gerade  an  der  beschriebenen  Falte  in  die  Höhe  gehoben  erscheint. 

Dieses  letztere  Moment  ist  vollkommen  beweiskräftig,  weil  die  S-Schlinge 
in  der  vorhergehenden  Altersperiode  stets  flach  in  der  linken  Hüftgrube  gelegen 
ist,  während  sie  zu  dieser  Zeit  und  auch  noch  etwas  später  stets  in  der  er- 
wähnten, nur  durch  eine  Zugwirkung  erklärbaren  Lage  gefunden  wird. 

Man  sieht,  dass  die  von  mir  gegebene  Darstellung  über  die  Entstehung  des 
Recessus  duodeno-jejunalis  einigermaassen  mit  der  Treitz’s  übereinstimmt;  sie 
unterscheidet  sich  aber  von  dieser  dadurch,  dass  Treitz  auch  noch  einer  Ver- 
schiebung der  Flexura  duodeno-jejunalis  dabei  eine  hervorragende  Rolle  zuweist. 
Wenn  Waldeyer  die  Annahme  einer  solchen  Verschiebung  als  nicht  genügend 
motivirt  erklärt,  muss  ich  ihm  nicht  nur  völlig  beistimmen,  sondern  auch  noch 
hinzufügen,  dass  sie  in  der  That  in  keiner  Weise  nachgewiesen  werden  kann. 

Die  von  Waldeyer  ausgesprochene  Anschauung  über  den  Bildungsmodus 
der  in  Rede  stehenden  Bauchfelltasche  kann  schon  deshalb  nicht  zutreffend  sein, 
weil  diese,  wie  erwähnt,  schon  zu  einer  Zeit  vorhanden  ist,  in  der  das  Colon 
descendens  noch  ein  völlig  freies  Gekröse  hat,  ein  Umstand,  welcher,  wie  ich 
glaube,  zur  Entstehung  der  Falte  geradezu  die  nötkige  Voraussetzung  bildet. 
Ich  darf  vielleicht  sogar  die  Hoffnung  hegen,  dass  Waldeyer  selbst  nach  den 
von  mir  gegebenen  Daten  nicht  abgeneigt  sein  dürfte,  meiner  Anschauung  beizu- 
pflichten, da  er  bei  seiner  Kritik  der  Treitz’ sehen  Lehren  gegen  den  Einfluss 
der  Rechtsdrehung  des  Dickdarms  auf  die  Bildung  der  Tasche  keinerlei  Ein- 
wendung erhoben  hat. 

Wenn  ich  nun  nicht  zugebeu  kaun,  dass  der  Verlauf  der  Vena  mesenterica 
inferior  die  Veranlassung  zur  Entstehung  des  Recessus  und  der  Plica  duodeno- 
jejunalis  abgiebt,  so  bin  ich  anderseits  überzeugt,  dass  derselbe  für  die  Gestalt 
und  Tiefe,  welche  die  Tasche  später  erhält,  von  wesentlichem  Einfluss  sein  muss, 
und  dass  sich  durch  die  Varianten  in  der  Einmündung  dieser  Vene  in  die  Vena 
lienalis  oder  mesenterica  superior  manche  von  den  vielfachen  Erscheinungsweisen, 
in  welchen  uns  diese  Grube  entgegentritt,  erklären  lassen  dürften.  Dies  ist  es 
auch,  aber  nicht  mehr,  was  die  von  Waldeyer  zur  Stütze  seiner  Ansicht  vor- 
geführten Thatsachen  beweisen  können.  Ich  habe  an  allen  mir  zu  Gebote 
stehenden  älteren  Embryonen  diese  Verhältnisse  geprüft  urd  kann  das,  was 
Waldeyer  über  die  Beziehungen  der  unteren  Gekrösvene  zur  Plica  duodeno- 
jejunalis  angiebt,  im  Allgemeinen  bestätigen;  doch  habe  ich  auch  an  einem 
Embryo  aus  dem  Ende  des  fünften  und  bei  einem  anderen  aus  dem  Ende  des 
siebenten  Monates  eine  ganz  hohe  und  scharfe  Plica  duodeno-jejunalis  gesehen, 
wenngleich  die  Vena  mesenterica  inferior  in  der  Basis  der  Falte  gelegen  war. 
Dass  es  nicht  immer  zur  Bildung  einer  Plica  und  eines  Recessus  duodeno-jejunalis 
kommt,  dürfte  sich  wohl  dadurch  erklären  lassen,  dass  der  Effect  der  unleugbar 
bestehenden  Zugwirkung  durch  mancherlei  Umstände  gemindert  werden  kann, 
z.  B.  durch  relativ  grössere  Flächenausdehnung  der  Gekrüsplatten,  oder  durch 
eine  etwas  tiefere  Lage  der  Flexura  duodeno-jejunalis  u.  dgl.,  Verhältnisse, 
deren  thatsächliche  Existenz  sich  jedoch  im  einzelnen  Falle  kaum  erweisen 
lassen  dürfte. 

Ich  halte  es  auch  für  möglich,  dass  eine  bereits  vorhanden  gewesene  Plica 
duodeno-jejunalis  noch  während  der  embryonalen  Entwicklungsperiode  durch  das 


Wachstlium  der  Gekrüsplatte  wieder  ausgeglichen  werden  kann,  und  zwar 
namentlich  dann,  wenn  die  Vena  mesenterica  inferior  in  die  Vena  lienalis  noch 
eine  Strecke  vor  deren  Zusammenfluss  mit  der  oberen  Gekrösvene  einmündet. 

Wenn  ich  das  eben  Citirte  kurz  zusammenfasse,  so  nimmt 
Toi  dt  als  eigentlichen  Grund  für  die  Genese  des  Rec.  duodeno- 
jejunalis  die  von  Treitz  nur  kurz  erwähnte  und  auch  vou  Eppinger 
nur  nebensächlich  behandelte  Locomotion  des  oberen  Dickdarm- 
absclmittes  an,  während  er  im  Einklang  mit  Waldeyer  vollkommen 
denjenigen  Theil  der  Treitz1  sehen  Erklärung  verwirft,  welcher 
die  Entstehung  dieser  Bauchfelltasche  mit  einer  Locomotion  des 
Duodenum  in  Zusammenhang  bringt.  Ebenso  bestreitet  er  aber 
auch  die  Waldeyer ’sche  Behauptung,  dass  der  Verlauf  der  V. 
mesenterica  inf.  die  Veranlassung  zur  Entstehung  des  Recessus 
und  der  gleichnamigen  Plica  abgebe,  wenngleich  er  concedirt,  dass 
das  Verhalten  der  Vene  für  die  Gestalt  und  Tiefe,  welche  der  , 
Recessus  später  erhält,  von  wesentlichem  Einfluss  sein  müsse.  Die 
letztere  Bemerkung  ist  leider  nicht  näher  begründet,  so  dass  es 
schwer  hält,  sich  davon  eine  klare  Vorstellung  zu  machen,  was 
Toldt  eigentlich  mit  derselben  gemeint  hat.  Denn  da  die  Tiefe 
des  von  Treitz  beschriebenen  Rec.  duodeno-jejunalis  (wenigstens 
an  dem  oberen  Abschnitt  des  letzteren)  gänzlich  von  der  Höhe 
der  Treitz’schen  Plica  duodeno-jejunalis  abhängig  ist,  so  könnte 
man  eigentlich  aus  jener  Bemerkung  nur  herauslesen,  dass  unter 
Umständen  doch,  anscheinend  durch  den  Verlauf  der  Vene  im 
freien  Rande  dieser  Falte,  die  letztere  erhöht  werden  könne. 
Ferner  ist  in  der  Toldt’schen  Arbeit  nirgends  etwas  darüber 
gesagt,  auf  welche  Form  des  Rec.  duodeno-jejunalis  sich  seine 
genetischen  Erörterungen  beziehen.  Dass  er  indessen  keineswegs 
die  Gruber-Landzert’sche,  sondern  die  Treitz’sche  Fossa 
duodeno-jejunalis  gemeint  haben  muss,  geht  aus  einer  späteren, 
in  demselben  Jahre  erschienenen  Abhandlung  desselben  Autors 
hervor  (No.  2,  p.  225),  in  welcher  sich  derselbe  noch  eingehender 
mit  der  Charakteristik  und  Genese  dieses  Recessus  beschäftigt. 
In  dieser  Abhandlung  wird  von  Toldt  zunächst  aus  genetischen 
Gründen  nur  das  sogen,  obere  Horn  der  Treitz’schen  Falte  als 
Plica  duodeno-jejunalis , das  untere  Horn  dagegen  als  Plica  duocleno- 
mesocolica  bezeichnet.  Weiterhin  macht  Toldt  darauf  aufmerksam, 
wie  sehr  verschieden  sich,  besonders  bei  Kinderleichen,  das  Aus- 
sehen des  Recessus  und  der  beiden  ihn  begrenzenden  Falten  ge- 
staltet, je  nachdem  auf  die  Flexura  duodeno-jejunalis  und  das 


92 


Mesocolon  descendens  in  dieser  oder  jener  Richtung  ein  Zug  aus- 
geübt wird.  Bei  verschiedenen  Modificationen  dieser  Zugrichtungen 
können  selbst  secnndäre  Fältchen  anftreten,  durch  welche  der 
Recessus  in  eine  obere  und  untere  Abtheilung  geschieden  wird 
u.  s.  w.  Doch  ist  die  Plica  dnodeno-mesocolica  stets  eine  bleibende 
Falte,  welche  niemals  zum  Verstreichen  gebracht  werden  kann. 
Die  Plica  duodeno-jejunalis  ist  dagegen  sehr  veränderlich,  nament- 
lich „ist  in  den  allermeisten  Fällen  das  Vortreten  eines  breiteren 
oder  schmäleren  Peritonealsanmes  vor  den  Stamm  der  V.  mesent. 
inf.  ganz  von  den  Spannungsverhältnissen  der  umliegenden  Tlieile 
abhängig“.  Da  ausserdem  bald  die  eine  bald  die  andere  von 
beiden  Falten  fehlen  kann,  so  scheint  sich  schon  daraus  die  Be- 
rechtigung zu  ergeben,  dieselben  als  morphologisch  verschiedene 
Bildungen  aufzufassen.  Die  volle  Gewissheit  hierüber  giebt  indessen 
die  Entwicklungsgeschichte.  Die  Plica  duodeno-jejunalis  entsteht 
nämlich  bereits  in  der  ersten  Hälfte  des  4.  Embryonalmonates  in 
Folge  der  Dislocation  der  gemeinschaftlichen  Mesenterialplatte. 
Die  Plica  dnodeno-mesocolica  ist  dagegen  gewöhnlich  erst  im 
8.  Embryonalmonat  einigermaassen  deutlich  entwickelt.  Ursprüng- 
lich zieht  diese  Falte  von  dem  unteren  Ende  der  Pars  ascendens 
duodeni  ziemlich  vertical  nach  abwärts;  später  verläuft  ihr  freier 
Rand  von  dem  letzteren  Darmabschnitt  mehr  schräg  nach  links 
und  unten  und  nimmt  erst  nach  dem  8.  Monate  seine  mehr  horizontale 
Lage  an.  Erst  dann  fliessen  auch  die  Plica  duodeno-jejunalis  und 
mesocolica  zusammen.  Die  Bedingungen  zur  Ausbildung  der 
letzteren  Falte  sieht  Toi  dt  in  dem  Zusammenwirken  mehrerer 
Umstände:  dieselbe  ist  in  der  Gegend  der  A.  colica  sin.  inniger 
mit  der  unterliegenden  Membrana  mesenterii  propria  verbunden 
und  auf  diese  Weise  an  ihrer  Basis  sozusagen  fixirt.  Das  Duodenum 
gleitet  somit  bei  seinem  Wachsthum  gewissermaassen  hinter  der 
Falte  nach  abwärts.  Von  nicht  unwesentlichem  Einfluss  für  die 
Ausbildung  der  Falte  scheint  es  ferner  zu  sein,  ob  die  Anklebung 
des  Dünndarmgekröses  nur  bis  an  die  rechte  Seite  der  Pars  ascen- 
dens duodeni  hinanreicht  oder  sich  mehr  nach  links  hinüber  auf 
die  Vorderfläche  der  letzteren  erstreckt.  Verläuft  die  Radix 
mesenterii  mehr  an  der  Vorderfläche  oder  linken  Seite  dieses 
Duodenalstückes,  so  ist  die  Plica  stets  am  stärksten  ausgeprägt. 
Im  entgegengesetzten  Falle  soll  sich  entweder  gar  keine  oder  nur 
eine  ganz  kleine  Plica  duodeno-mesocolica  vorfiuden.  Endlich  hält 
Toi  dt  auch  bei  der  letzteren  Falte  ähnlich  wie  bei  dem  Lig. 


93 


hepatico-colicum  ein  actives  Flächenwaclisthum  für  möglich,  welches 
unabhängig  von  dem  Wachsthum  des  Duodenum  zu  einer  stärkeren 
Ausbildung  derselben  führen  kann. 

Es  folgt  eine  Arbeit  von  Treves  (No.  1 p.  416),  welche  sich 
dadurch  auszeichnet,  dass  der  Autor  fast  die  ganze  einschlägige 
Literatur  mit  stolzer  Nichtachtung  behandelt.  Als  Plica  duodeno- 
jejunalis  bezeichnet  er  nur  das  untere  Horn  der  gleichnamigen 
Treitz’schen  Falte  (die  Plica  dnodeno-mesocolica  von  Toldt),  ob- 
sclion  das  letztere  allein  für  sich  diese  Bezeichnung  kaum  verdient, 
da  es  bekanntlich  zur  Flexura  duodeno-jejunalis  nicht  einmal  in 
nachbarlichen  Beziehungen  steht.  Die  Fossa  duodeno-jejunalis  ist 
für  diesen  Autor  begrenzt  vorn  durch  die  eben  erwähnte  Plica, 
hinten  durch  das  Peritoneum  parietale,  rechts  durch  den  unteren 
Abschnitt  der  Pars  ascendens  duodeni;  ihr  blindes  Ende  würde  so- 
mit abwärts,  ihre  Eingangsöffnung  aufwärts  gerichtet  sein.  Diese 
Grube  ist  nach  der  übrigens  nicht  näher  begründeten  Ansicht  von 
Treves  der  Sitz  aller  bis  dahin  beschriebenen  retroperitonealen 
Hernien.  Mit  dem  Verlauf  und  Verhalten  der  V.  mesent.  inf. 
steht  die  Falte  nach  diesem  Autor  in  gar  keinem  Zusammenhang. 
Die  Vene  kann  das  Peritoneum  oft  faltenförmig  emporheben  und 
auf  diese  Weise  auch  eine  Grube  bilden,  welche  mit  der  vorhin 
beschriebenen  coexistiren  und  dazu  dienen  kann,  die  letztere  zu 
„vertiefen“.  Diese  von  der  Ven.  mesent.  inf.  mitunter  gebildete 
Falte  und  Tasche  hat  indessen  nach  Treves  keinerlei  Bedeutung 
weder  in  Bezug  auf  die  Entwickelungsgeschichte  noch  auf  die  ver- 
gleichende Anatomie  und  kann  auch  niemals  bei  der  Production 
einer  inneren  Hernie  in  Betracht  kommen.  Die  Thatsache,  dass 
sich  die  Vene  bei  einer  grossen  Zalil  von  sogen,  retroperitonealen 
Hernien  in  dem  vorderen  Rande  der  Bruchpforte  befindet,  wird 
somit  von  Treves  einfach  ignorirt,  ohne  dass  er  übrigens  für  seine 
eigene  Ansicht  irgend  welche  näheren  Gründe  anführt.  Eine  wahr- 
haft originelle  Erklärung  giebt  Treves  für  die  Entstehung  der 
von  ihm  sogen.  Plica  duodeno-jejunalis.  Er  findet  nämlich  bei 
Thieren  (als  besonders  treffliches  Beispiel  wird  Hyaena  striata 
citirt)  das  Duodenum  nebst  dem  Pankreaskopf  meistens  völlig  frei, 
d.  h.  auf  beiden  Seiten  vom  Peritoneum  bekleidet.  Wo  dies  der 
Fall  ist,  ist  aber  die  Pars  ascendens  duodeni  stets  mit  der  Wirbel- 
säule durch  eine  dreiseitige  Peritoneal  falte  verbunden,  deren  nach 
oben  gekehrte  Spitze  der  Flexura  duodeno-jejunalis,  deren  Basis 
(der  freie,  concave  Rand)  etwa  der  Flexura  duodeni  secunda  ent- 


i: 

I 


94 


spricht.  Auch  bei  einem  kleinen  menschlichen  Foetus  mit  noch 
nicht  fixirtem  Peritoneum  konnte  er  eine  ähnliche  Faltenbildung 
constatiren.  Diese  übrigens  ganz  gefässlose  verticale  Falte1) 
hält  nun  Treves  für  eine  dorsale  Fortsetzung  des  Mesoduodenum 
und  zugleich  für  ein  Homologon  der  von  ihm  sogen.  Plica  duodeno- 
jejunalis  (des  unteren  Hornes  der  Treitz’schen  gleichnamigen  Falte). 
Dabei  stört  es  ihn  nicht  weiter,  dass  der  freie  Rand  dieser  verti- 
calen  Falte  nach  abwärts  sieht,  während  der  freie  Rand  seiner 
Plica  duodeno-jejunalis  aufwärts  gerichtet  ist.  Diese  Locomotion 
des  freien  Randes  von  unten  nach  links  und  aufwärts  soll  im 
Laufe  der  foetalen  Entwicklung  durch  den  Zug  des  M.esocolon  des- 
cendens  zu  Stande  kommen,  ohne  dass  es  seiner  Ansicht  nach 
nöthig  wäre,  dass  das  Duodenum  diesem  Zug  der  Falte  folgt. 
Trotz  aller  dieser  — Originalitäten  enthält  die  Arbeit  von  Treves 
etwas  sehr  Werthvolles,  nämlich  eine  Anzahl  Abbildungen  von 
Varietäten  seiner  Plica  duodeno-jejunalis  (cf.  Fig.  3,  p.  416). 
Unter  den  letzteren  ist  als  besonders  wichtig  hervorzuheben  ein 
Fall,  in  welchem  die  Plica  an  ihrem  unteren  Abschnitt  defect  war 
und  somit  ein  vierseitiges  peritoneales  Band  darstellte,  welches  die 
V.  mesent.  inf.  mit  der  Vorderlläche  des  Duodenum  verband.  In 
einem  anderen  Falle  (Fig.  3d)  war  dieselbe  nach  Art  einer  Valvula 
semilunaris  mit  nach  aufwärts  gelegenem  freien  Rande  gänzlich 
an  die  Vorderfläche  des  Duodenum  angeheftet.  Wenn  übrigens 
Treves,  wie  in  Fig.  3h  und  Fig.  5a,  eine  zwischen  dem  oberen 
Ende  des  Duodenum  und  der  V.  mesent.  inf.  ausgespannte,  frontale, 
mit  dem  freien  Rande  abwärts  gerichtete  Peritonealfalte  auch 
als  Variation  seiner  Plica  duodeno-jejunalis  bezeichnet,  so  wäre 
allerdings  ein  Widerspruch  mit  seinen  früheren  Ausführungen  dar- 
aus zu  folgern,  dass  er  unter  der  Bezeichnung  Plica  und  Fossa 
duodeno-jejunalis  eigentlich  eine  jede  links  vom  Duodenum  gelegene 
Falte  und  Tasche  versteht,  ganz  gleich  ob  der  freie  Rand  bezw. 
die  Oeffnung  der  letzteren  nach  aufwärts  oder  abwärts  gerichtet 
sind. 

Die  letzte  Arbeit,  welche  sich  mit  diesem  Gegenstände  be- 


i)  Ich  selbst  muss  mich  jeden  Commentars  über  diese  von  Treves  be- 
schriebene Falte  enthalten,  da  ich  dieselbe  weder  bei  menschlichen  Embryonen 
noch  bei  Tliieron  jemals  gesehen  habe  und  die  Abbildung  von  Treves  mir 
keine  volle  Klarheit  über  ihr  Verhalten  giebt.  Indessen  kann  man  wohl  mit 
Bestimmtheit  behaupten,  dass  dieselbe  nicht  etwa  ein  Stück  dislocirtes  Mesen- 
terium darstellt,  da  sie  trotz  ihrer  Grösse  gar  keine  Blutgefässe  besitzen  soll. 


95 


schäftigt , ist  diejenige  von  Jonnesco,  welcher  in  der  Nähe  der 
Pars  ascendens  duodeni  und  der  Flexura  duodeno-jejunalis  drei 
Peritonealtaschen  unterscheidet,  nämlich:  1)  eine  Fossa  duodeno- 
jejunalis  2)  eine  Fossa  duodenalis  inferior  und  3)  eine  Fossa  duo- 
denalis  superior  (cf.  d.  A.  Fig.  5 und  7).  Als  „Fossette  duo- 
deno-jejunale  ou  mesocolique“  beschreibt  und  bezeichnet  nun 
zunächst  Jonnesco  eine  Bauchfelltasche,  welche  bisher,  soviel 
ich  constatiren  konnte,  in  der  Literatur  noch  nicht  besonders  be- 
schrieben wurde:  diese  Tasche,  welche  er  bei  30  Cadavern  fünf  Mal 
beobachtete,  ist  nämlich  oberhalb  der  Flexura  duodeno-jejunalis, 
zwischen  der  letzteren  und  dem  Mesocolon  transversum  gelegen. 
Ihr  blindes  Ende  liegt  nach  hinten,  ihre  Eingangsöffnung  nach 
vorn.  Die  Yen.  mesent.  inf.  umkreiste  in  drei  Fällen  links  und 
oben  das  blinde  Ende  der  Tasche,  in  zwei  Fällen  war  dieselbe  in 
dem  Rand  der  Eingangsöffnung  gelegen:  hiernach  bezeichnet  Jon- 
nesco diese  Tasche  — wie  mir  scheint,  nicht  ganz  mit  Recht  - 
als  „toujours  vasculaire.“  In  einem  von  den  5 Fällen  war  die 
Fossa  duodeno-jejunalis  durch  eine  quere  Peritonealfalte  in  zwei 
gleiche  Hälften  getheilt.  Die  zweite,  am  häufigsten,  nämlich  in 
75  % der  Fälle  vorkommende  Jonnesco’sche  Tasche,  die  „Fos- 
sette duodenale  inferieure“,  ist  hinter  dem  von  Treitz 
sogen,  unteren  Horn  der  Plica  duodeno-jejunalis,  also  zwischen 
dem  letzteren,  dem  Peritoneum  parietale  und  dem  unteren  Ende 
der  Pars  ascendens  duodeni  gelegen;  das  untere  Horn  selbst  wird 
von  ihm  als  „Repli  duodenale  inferieure“  bezeichnet.  Die  V.  me- 
sent. inf.  war  immer  etwa  einen  Fingerbreit  von  dem  linken  ad- 
haerenten  Rand  der  Falte  gelegen:  nur  in  einem  Falle  verlief  sie 
in  ganzer  Ausdehnung  in  dem  letzteren.  Jonnesco  meint  daher, 
man  könnte  diese  Tasche  „franchement  non  vasculaire“  nennen. 
Die  dritte  Tasche  desselben  Autors,  die  „Fossette  duodenale 
superieure“  ist  bereits  von  Treves  als  „Varietät“  der  von  ihm 
sogen.  Fossa  duodeno-jejunalis  abgebildet  Avorden  (cf.  Fig.  3h 
und  5 a):  sie  wird  begrenzt  rechts  vom  oberen  Theil  des  Duodenum 
ascendens  oder  auch  von  der  Flexura  duodeno-jejunalis,  hinten  von 
dem  Peritoneum  parietale,  vorn  von  einer  mit  ihrem  freien  Rande 
abwärts  gekehrten  Peritonealfalte,  welche  er  „Repli  duodenale 
superieur“  nennt.  Diese  Falte  ist  entschieden  nicht  mit  dem 
identisch,  \\ras  Treitz  als  oberes  Horn  der  Plica  duodeno-jejunalis 
bezeichnet:  man  könnte  eher  sagen,  dass  dieselbe  die  Lücke  aus- 
füllt, welche  sich  zwischen  dem  Treitz’ sehen  oberen  Horn  und 


96 


der  linken  Seite  der  Flexura  duodeno-jejunalis  vorfindet.  Eppin- 
ger  scheint  die  Jonnesco’sche  Falte  dagegen  jedenfalls  ge- 
sehen zu  haben,  wenn  er  davon  spricht,  dass  bei  dem  oberen 
Horn  der  Plica  duodeno-jejunalis  die  Yen.  mesent.  inf.  2 — 26  mm 
weit  von  dem  freien  Rande  der  Falte  nach  links  gelegen  war. 
Die  hinter  der  letzteren  Falte  gelegene  Fossette  duodenale  su- 
perieure  ist  natürlich  mit  dem  blinden  Ende  nach  oben,  mit 
der  Ausgangsöffnung  nach  unten  gelegen.  Die  Ven.  mesent.  inf. 
verläuft  meistens  längs  dem  linken  und  oberen  adhaerenten  Rande 
der  Falte:  einige  Male  soll  dieselbe  jedoch  auch  in  der  Falte 
selbst  und  sogar  auf  eine  kurze  Strecke  in  dem  freien  Rande 
derselben  gelegen  haben.  Hieraus  nimmt  Jonnesco  — wie  mir 
wiederum  scheint,  nicht  ganz  mit  Recht  — Veranlassung,  diese 
Tasche  als  „toujours  vasculaire“  zu  bezeichnen.  Was  die  Ent- 
stehung der  drei  Jonnesco’schen  Gruben  betrifft,  so  ist  zu- 
nächst betreffs  der  von  dem  letzteren  Autor  sogen.  „Fossette  duo- 
deno -jejunale“  angegeben,  dass,  wenn  die  letztere  vorhanden  ist,  die 
Flexura  duodeno-jejunalis  immer  in  das  Mesocolon  transversum 
hiueingedruugen  und  die  Yen.  mesent.  inf.  in  Folge  dessen  ge- 
wissermaassQn  an  dieselbe  angeheftet  erscheint:  doch  ist  nicht 
klar  ausgesprochen,  dass  sich  Jonnesco  diese  Tasche  direct  durch 
ein  actives  Hineinwachsen  der  Flexur  in  das  Mesocolon  trans- 
versum entstanden  denkt.  Betreffs  der  „Fossettes  duodenales“  macht 
J.  nur  darauf  aufmerksam,  dass  beim  Vorhandensein  derselben 
einerseits  die  Flexura  duodeno-jejunalis  frei,  andererseits  die  Yen. 
mesent.  inf.  sich  stets  in  einer  gewissen  Entfernung  von  der  Seite 
des  eben  genannten  Eingeweides  befindet.  Im  Uebrigen  citirt  er 
die  Ansichten  von  Treitz,  Waldeyer  und  Treves  über  die 
Genese  der  Fossa  duodeno-jejunalis,  ohne  sich  selbst  mit  einer 
Kritik  dieser  Ansichten  zu  befassen  oder  eine  eigene  Meinung  zu 
äussern.  Die  Darlegungen  von  Toldt  über  denselben  Gegenstand 
werden  von  Jonnesco  gar  nicht  erwähnt.  Ferner  wäre  noch  zu 
bemerken,  dass  der  letztere  die  Existenz  einer  lediglich  durch  den 
Verlauf  der  Yen.  mesent.  inf.  hervorgerufenen  „Falte  und  Tasche“, 
wie  sie  von  Waldeyer  für  Embryonen  behauptet  und  von 
Landzert  durch  die  beiden  Abbildungen  Taf.  I,  Fig.  1 und  2 
auch  für  das  Neugeborene  und  den  Erwachsenen  constatirt  wurde, 
auf  Grund  einer  Anzahl  von  eigenen  Beobachtungen  geradezu  an- 
zweifelt. Endlich  mag  schon  hier  erwähnt  werden,  dass  nach 
Jonnesco  die  sogen.  Herniae  retroperitoneales  sinistrae  entweder 


97 


in  der  Fossette  duodeno-jejunale  oder  in  der  Fossette  duodenale 
superieure,  die  Herniae  retroperitonealis  dextrae,  wie  dies  bereits 
von  Kl  ob  behauptet  worden  war,  in  der  Fossette  duodenale  in- 
ferieure  ihren  Ursprung  nehmen  sollen. 

Weifen  wir  noch  einen  Rückblick  auf  all  die  verschiedenen, 
soeben  kurz  geschilderten  Beschreibungen  und  Ansichten,  so  können 
wir  nur  zu  dem  Eindruck  kommen,  dass  die  durch  die  Treitz'sche 
Arbeit  anscheinend  völlig  geklärte  und  abgeschlossene  Lehre  von 
der  Fossa  duodeno-jejunalis  und  ihren  Hernien  heutzutage  ein 
wahres  Chaos  von  Meinungen  darstellt.  Nicht  einmal  darüber 
sind  die  Autoren  einig,  was  man  eigentlich  als  Fossa  duodeno- 
jejunalis  zu  bezeichnen  hat.  Von  Treitz,  von  Gruber-Landzert, 
von  Treves  und  endlich  von  Jonnesco  werden  für  die  letztere 
ganz  von  einander  abweichende  Beschreibungen  gegeben.  Auch 
die  Ansichten  über  die  Genese  dieser  Tasche  und  ihrer  Hernien 
sind  von  Publication  zu  Publication  eigentlich  nur  noch  verworrener 
geworden. 


. ß.  Eigene  Beobachtungen. 

Bevor  ich  nun  meine  eigene  Meinung  über  diesen  Gegenstand 
abgebe,  halte  ich  es  doch  nicht  für  unnütz,  derselben  voraus- 
zuschicken, dass  sie  sich  auf  ein  viel  beträchtlicheres  Beobachtungs- 
material stützt,  als  dies  der  Mehrzahl  der  vorhin  genannten  Autoren 
zu  Gebote  gestanden  hat.  Seitdem  ich  im  Jahre  1884  zuerst  Ge- 
legenheit hatte,  einen  jener  seltenen  Fälle  von  Hernia  retroperi- 
tonealis dextra  zu  beobachten,  habe  ich  meine  Aufmerksamkeit 
den  peritonealen  Formationen  beständig  zugewandt  und  in  jedem 
Präparir-Semester  schlechtgerechnet  40  bis  60  Leichen  daraufhin 
durchmustert:  dies  würde  also  mit  Einrechnung  von  etwa  50  Em- 
bryonen ein  Material  von  mindestens  500  Leichen  darstellen. 
M enn  ich  zunächst  von  meinen  allgemeinen  Eindrücken  betreffs 
dieser  Beobachtungsreihe  berichten  darf,  so  kann  ich  nur  sagen, 
dass  ich  das  bekannte  Gesetz  von  der  Multiplicität  gleichartiger 
Fälle  dabei  wieder  einmal  aufs  Eclatanteste  bestätigt  fand.  Ge- 
wisse. gewöhnlich  für  selten  angesehene  Formen  von  Falten  und 
Taschen  fanden  sich  oft  genug  in  gewissen  Perioden  so  zahlreich 
vor,  dass  man  fast  geneigt  sein  konnte,  dieselben  für  die  Norm 
anzusehen.  Hinterher  bekam  ich  dieselben  vielleicht  jahrelang 
nicht  wieder  zur  Beobachtung.  In  umgekehrter  AVeise  konnte  ich 
manchmal  die  von  diesem  oder  jenem  Autor  als  typisch  angegebenen 

Bi-oesike,  Hernien.  7 


98 


Formen  mitunter  monatelang  nicht  zu  Gesicht  bekommen,  um  sie  dann 
plötzlich  wieder  in  überraschender  Fülle  auftauchen  zu  sehen.  Hätte 
ich  mit  zu  kleinem  Material  gearbeitet,  so  wäre  ich  vielleicht  zu  ganz 
falschen  Vorstellungen  darüber  gekommen,  was  als  typisch  oder 
constant  oder  zufällig  anzusehen  war;  oder  ich  hätte  mich  dazu 
verleiten  lassen,  die  Angaben  anderer  Autoren  einfach  anzuzweifeln, 
wie  dies  auch  in  Bezug  auf  die  sogen.  Fossa  duodeno-jejunalis 
seitens  des  einen  gegenüber  dem  anderen  oft  genug  geschehen  ist. 
Indessen  zur  vollen  Klarheit  über  diesen  Gegenstand  kam  ich  erst, 
nachdem  ich  durch  Beobachtungen  an  Embryonen  gefunden  hatte, 
dass  die  Genese  der  neben  der  Flexura  duodeno-jejunalis  und  dem 
Duodenum  ascendens  gelegenen  peritonealen  Plicae  und  Recessus 
sich  doch  in  vielen  Punkten  ganz  anders  verhält,  als  dies  bisher 
von  den  Autoren  angenommen  ist. 

Meine  Meinung  ist  also  kurz  die,  dass  in  der  ebenerwähnten 
Region  des  Abdomen  nicht  nur  eine  (wie  Treitz  will)  und  auch 
nicht  nur  drei  (wie  Jonnesco  annimmt),  sondern  eine  noch  grössere 
Anzahl  von  Recessus  Vorkommen,  von  denen  ein  jeder  seine 
Existenzberechtigung,  d.  h.  eine  genügend  ausgeprägte  Individualität 
besitzt.  Diese  Recessus  können  jedoch  (wenigstens  zum  Theil) 
ausserordentlich  häufig  coexistiren,  mit  einander  confluiren  und  in 
einander  übergehen,  ja  man  kann  sogar  sagen,  dass  diese  Coexistenz 
zweier  oder  mehrerer  von  denselben  die  Regel  bildet,  während  ihr 
Einzelvorkommen  numerisch  bedeutend  zurücktritt.  Was  nun  die 
meisten  Autoren  als  Fossa  oder  Recessus  duodeno-jejunalis  be- 
schrieben haben,  ist  eben  schon  eine  Combination  von  zwei  oder 
mehreren  derartigen  einfachen,  typischen  Recessus  gewesen,  von 
denen  jeder  einzelne  wieder  seine  besondere  Genese  hat.  So  er- 
klären sich  die  zahlreichen  Widersprüche  in  der  Beschreibung  und 
betreffs  der  Genese  der  letzteren,  so  erklärt  sich  die  Thatsache, 
dass  sich  die  Autoren  zuletzt  garnicht  mehr  verstanden  haben, 
wenn  sie  von  der  Fossa  duodeno-jejunalis  sprachen. 

Den  ersten  Schritt  auf  dem  Wege  zu  dieser  meiner  Ansicht 
nach  einzig  möglichen  und  einzig  richtigen  Auffassung  der  Dinge 
hat  schon  Toi  dt  getlian,  indem  er  darauf  hinwies,  dass  die  von 
ihm  sogen.  Plica  duodeno-mesocolica  (das  untere  Horn  der  Treitz- 
schen  Fossa  duodeno-jejunalis)  eine  ganz  andere  Genese  als  das 
sogen,  obere  Horn  des  Treitz’schen  Recessus  besitzt.  Mit  aller 
Entschiedenheit  tritt  jedoch  erst  Jonnesco  (No.  2 p.  5G)  dem 
Unicismus  der  Autoren  entgegen,  indem  er  betont,  dass  es 


99 


mehrere  von  einander  verschiedene  Gruben  in  der  Duodenalregion 
g-iebt,  von  denen  jede  eine  besondere  Beschreibung  verdient.  Zu. 
bedauern  bleibt  nur,  dass  dieser  Autor  grade  den  wichtigsten  aller 
hier  vorkommenden  Recessus,  d.  li.  denjenigen,  in  welchem  sich 
die  T r ei tz’ sehen  Hernien  entwickeln,  in  reiner  typischer  Form 
gar  nicht  gesehen  zu  haben  scheint  und  in  Folge  dessen  auch  zu 
ganz  irrigen  Theorien  über  die  Entstehung  dieser  Hernien  kommt. 

Nach  meiner  Meinung  müssen  wir  in  der  Gegend  der  Pars 
ascendens  duodeni  und  der  Flexura  duodeno-jejunalis  folgende  Re- 
cessus unterscheiden,  betreffs  deren  ich  versucht  habe,  mich  mög- 
lichst an  die  bereits  bestehende  Nomenclatur  zu  halten  und  die 
letztere  lediglich  zu  ergänzen.  Die  einfache  Bezeichnung  „Fossa 
oder  Recessus  duodeno-jejunalis“  habe  ich  ganz  fallen  gelassen, 
weil,  wie  erwähnt,  bereits  zu  viel  heterogene  Dinge  unter  dieser 
Bezeichnung  von  den  Autoren  zusammengefasst  worden  sind. 

1.  Der  Recessus  duodeno-jejunalis  sinister  s.  venosus.  Derselbe 
ist  identisch  mit  dem  oberen  Horn  der  Treitz’schen  Fossa  duo- 
deno-jejunalis, jedoch  nur  in  dem  Falle,  dass  die  V.  mesent.  inf. 
indem  freien  Rande  der  Treitz’schen  Plica  duodeno-jejunalis  ver- 
läuft, identisch  ferner  mit  der  von  Gruber  und  Landzert  be- 
schriebenen, von  dem  letzteren  Autor  sogar  abgebildeten,  aber  von 
beiden  Autoren  nicht  besonders  benannten  Tasche,  deren  Eingangs- 
öffnung von  dem  Treitz’schen  Gefässbogen  umrahmt  wird.  Jon- 
nesco  hat  für  diese  Tasche,  deren  Existenz  er  übrigens  halb 
anzweifelt,  halb  für  etwas  Zufälliges  erklärt,  die  Bezeichnung 
„Fossette  de  Landzert“  vorgeschlagen.  Indessen  ist  dieselbe  schon 
vor  Landzert  von  Gruber  deutlich  beschrieben  und  wahrschein- 
lich auch  bereits  von  Treitz  gesehen  worden.  Denn  wenn  man 
sich  an  der  von  dem  letzteren  Autor  auf  Taf.  I gegebenen  Ab- 
bildung das  sogen,  untere  Horn  der  Plica  duodeno-jejunalis  nicht 
vorhanden  denkt  — und  von  dieser  Möglichkeit  spricht  Treitz  — , 
so  würde  man  den  von  mir  sogen.  Rec.  duodeno-jejunalis  sin.  s. 
venosus  vor  sich  haben. 

Dieser  Rec.  venosus  oder,  wie  man  ihn  auch  nennen  könnte, 
die  Gefässtasche  wird  somit  in  seiner  Ausbildung  im  Wesent- 
lichen durch  den  Verlauf  der  Ven.  mesent.  inf.  bestimmt.  Die  Tasche 
wird  hinten  durch  das  Peritoneum  parietale,  vorn  durch  eine  Peri- 
onealfalte  begrenzt,  deren  freier,  nach  rechts  und  abwärts  gerich- 
teter Rand  concav  ist  und  die  Ven.  mesent.  inf.  (bezw.  die  A.  co- 
lica  sin.)  enthält.  Die  ebengenannte  Peritonealfalte  will  ich  der 

7* 


100 


Kürze  wegen  als  Plica  venosa  bezeichnen.  Dem  Verlauf  der 
Vene  entsprechend  kann  man  an  der  letzteren  Falte  einen  verti- 
efen und  einen  horizontalen  Abschnitt  unterscheiden , welche 
bogenförmig  in  einander  übergehen.  Die  Eingangsölfnung  des 
Recessus  ist  somit  nach  rechts  und  abwärts,  sein  blindes  Ende 
nach  links  oder  auch  ein  wenig  nach  oben  gelegen.  Die  Ent- 
fernung zwischen  der  Plica  venosa  und  der  linken  Seite  der  Flexura 
duodeno-jejunalis  kann  unter  Umständen  eine  ziemlich  beträchtliche 
sein.  In  anderen  Fällen  kann  die  Plica  dicht  neben  oder  sogar 
mit  ihrem  freien  Rande  ein  wenig  vor  der  Flexur  gelegen  sein. 
In  ihrer  reinen,  typischen  Form  darf  die  Falte  niemals  mit  der 
freien  Oberfläche  der  Flexura  duodeno-jejunalis  oder  der  Pars 
ascendens  duodeni  Zusammenhängen,  sondern  umkreist  die  Flexur 
bogenförmig  und  verliert  sich  allmählich  neben  der  Wurzellinie 
des  Mesocolon  transversum.  Wo  die  Plica  venosa  direct  in  den 
Peritonealüberzug  der  eben  genannten  Darmtheile  übergeht,  da 
handelt  es  sich  immer  um  Verwachsungen  zwischen  der  ersteren 
und  dem  letzteren.  Ist  der  Recessus  stark  entwickelt,  so  vertieft 
sich  derselbe  mitunter  ziemlich  erheblich  nach  links  oder  seltener 
nach  oben,  indem  er  sich  in  den  bereits  von  Treitz  abgebildeten 
Gefässring  (Aorta  abdominalis,  A.  mesent.  inf.  und  colica  sin., 
Ven.  mesent.  inf.)  gewissermaassen  tiefer  hineinschiebt.  Ein  der- 
artiger Fall  eines  kolossal  entwickelten  Rec.  venosus  ist  von 
Landzert  Taf.  I Fig.  laa  abgebildet;  hier  schiebt  sich  dieser 
Sack  hinter  der  V.  mesent.  inf.  um  ein  beträchtliches  Stück  nicht 
allein  zwischen  beide  Blätter  des  Mesocolon  descendens,  sondern 
auch  des  Mesocolon  transversum  hinein.  In  dem  zweiten  von 
Landzert  abgebildeten  Falle  dagegen  (Taf.  I Fig.  2 + +)  ist  der 
Recessus  nur  hinter  dem  verticalen  Abschnitt  der  Plica  venosa 
deutlich  entwickelt. 

Ich  habe  die  eben  beschriebene  reine  Form  der  Plica  und  des 
Recessus  venosus  in  allen  Lebensaltern  beim  Embryo  vom  dritten 
Lebensmonate  an,  beim  Kinde  und  beim  Erwachsenen  mehr  oder 
weniger  deutlich  entwickelt  vorgefunden.  Als  reinen  Typus  dieser 
Falte  und  Tasche  bezeichne  ich  — und  dies  möchte  ich  noch  einmal 
betonen  — denjenigen,  bei  welchem  die  V.  mesent.  inf.  (bezw.  die 
A.  colica  sin.)  in  dem  freien  Rande  der  Falte  gelegen  ist.  A'iel 
häufiger  als  die  reine  Form  dieses  Recessus  sind  indessen  die 
Complicationen  desselben.  Unter  den  letzteren  ist  in  erster 
Linie  eine  mehr  oder  weniger  ausgedehnte  Verwachsung  des  freien 


101 


Randes  der  Plica  venosa  mit  der  Flexura  duodeno-jejunalis  zu 
neunen.  Meistens  betrifft  diese  Verwachsung  nur  den  horizontalen 
Abschnitt  dieser  Falte,  kann  sich  jedoch  auch  auf  den  verticalen 
Theil  der  letzteren  erstrecken.  Eine  weitere  sehr  häufige  Compli- 
cation  kann  darin  bestehen,  dass  sich  die  von  Jonnesco  sogen. 
Plica  duodenalis  inferior  grade  an  den  freien  Rand  der  Plica 


Fig.  4 (nach  Taf.  I Fig.  2 von  L an  dz  er  t)- 
+~  Rec.  venosus,  a Rec.  duodeno-jejunalis  posterior  (Fossa  duodeno-jejunalis 

von  Landzert). 

venosa  ansetzt  oder,  wie  dies  die  Autoren  bisher  ausgedrückt 
haben,  dass  sich  an  der  Plica  duodeno-jejunalis  ein  unteres  Horn 
vorfindet.  Ist  eine  von  diesen  beiden  oder  sind  beide  Compli- 
cationen  zugleich  vorhanden,  so  kann  bei  leicht  verschieblichem 
Peritoneum  schon  ein  sehr  geringer  Zug  auf  die  Flexura  duodeno- 
jejunalis  nach  rechts  oder  auch  nach  vorn  genügen,  um  den 
Recessus  venosus  zu  vertiefen  oder,  was  dasselbe  sagt,  die  Plica 
venosa  zu  vergrössern.  Bei  dieser  Vergrösserung  der  Plica  ver- 
harrt aber  die  \ ene  in  ihrer  Lage  und  entfernt  sich  somit  vom 
freien  Rande  der  Peritonealfalte,  wenn  dieselbe  artificiell  verzogen 


102 


wird.  Auf  diese  Weise,  d.  li.  als  Product  vou  künstlichen  Zug- 
wirkuugen,  ist  zweifellos  eiu  Theil  jener  Fälle  zu  deuten,  in 
welchen  die  Autoren  fanden,  dass  die  V.  mesent.  inf.  nicht  in 
dem  freien  Rande  der  sogen.  Plica  duodeno-jejunalis  verlief.  Bei 
einem  anderen  Theil  dieser  Fälle  handelte  es  sich  jedoch  nicht  um 
vorübergehende,  sondern  um  permanente  Zustände ; ich  komme  auf 
diesen  Gegenstand  noch  einmal  ausführlicher  zurück. 

Die  Genese  des  Recessus  venosus  hängt  natürlich  vollständig 
davon  ab,  ob  es  während  des  Embryonallebens  zur  Entwickelung 
einer  Plica  venosa  kommt  oder  nicht,  und  die  letztere  wird  ledig- 
lich durch  den  Verlauf  der  V.  mesent.  inf.  bestimmt.  Gehen  wir 
von  demjenigen  Stadium  embryonaler  Entwickelung  aus,  in  welchem 
der  ganze  Darmkanal  nebst  seinem  primitiven  Gekröse  noch  in  der 
Medianebene  gelegen  ist,  so  kommt  es  schon  jetzt  darauf  an,  ob 
der  longitudinale  (verticale)  Abschnitt  der  V.  mesent.  inf.  mehr  in 
der  Wurzel  des  Mesenterium  commune  oder  in  einer  gewissen  Ent- 
fernung vor  der  Wirbelsäule  verläuft.  Ist  das  letztere  der  Fall, 
so  muss  auch  ohne  jede  Zugwirkung  die  Plica  venosa  in  ihrer 
definitiven  Form  entstehen,  wenn  sich  einerseits  das  Duodenum 
mit  dem  Pankreaskopf  nach  rechts  wendet  und  an  die  rechte  Hälfte 
der  hinteren  Bauchwand  anlegt,  andererseits  das  Colon  und  Meso- 
colon descendens  nach  links,  d.  h.  au  die  linke  Hälfte  der  hinteren 
Bauchwand  hinübergedrängt  wird.  Dabei  ist  es  natürlich  an  und 
für  sich  ganz  gleichgültig,  ob  das  Mesocolon  descendens  noch  frei 
oder  bereits  mit  dem  Peritoneum  parietale  verwachsen  ist,  wenn 
es  nur  dem  letzteren  unmittelbar  anliegt.  Zum  Zustandekommen 
einer  gut  ausgeprägten  Plica  venosa  gehört  übrigens  nicht  allein, 
dass  die  V.  mesent. . inf.  in  einer  gewissen  Entfernung  vor  der 
AVirbelsäule  verläuft,  also  gewissermaassen  mit  ihrem  Endstück 
von  der  Wirbelsäule  abgerückt  ist,  sondern  auch,  dass  dieselbe 
zwischen  ihren  im  Becken  gelegenen  Ursprungswurzeln  und  ihrer 
Einmündungsstelle  in  die  V.  lienalis  oder  V.  mesent.  superior  mehr 
kurz  und  straff  ausgespannt  ist.  Wenn  die  V.  mesent.  inf.  dagegen 
mehr  lang  und  schlaff  entwickelt  ist,  so  dürfte  sie  sich  stets  mit  dem 
Mesocolon  descendens  nach  links  hinüberlegen  und  entweder  nur 
eine  unbedeutende  oder  gar  keine  Plica  venosa  bilden.  Es  erübrigt 
nur  noch,  den  einen  Punkt  aufzuklären,  ob  die  eben  gegebene  Er- 
klärung ausreicht,  wenn  der  Rec.  venosus  eine  so  gewaltige  Aus- 
dehnung hat,  wie  dies  in  dem  von  Landzert  Taf.  I Fig.  laa  abgebil- 
deten Falle  beobachtet  worden  ist.  Diese  Frage  kann  natürlich 


103 


nicht  bejaht  werden;  hier  müssen  noch  andere  Umstände  im  Spiel 
sein.  Die  grosse  Ausdehnung  des  bei  der  Section  leer,  vou 
Darmschlingen  völlig  frei  gefundenen  Recessus  könnte  ja  einmal 
dadurch  erklärt  werden,  dass  es  sich  hier  um  eine  mittelgrosse 
Hernie  gehandelt  habe,  aus  deren  Bruchsack  die  darin  enthal- 
tenen Darmsclilingen  wieder  herausgeschlüpft  sind,  nachdem  der 
Bruch  eine  gewisse  Ausdehnung  angenommen  und  sein  Annulus 
sich  (vielleicht  in  Folge  einer  abnormen  Dehnbarkeit  des  Peri- 
toneum) stark  erweitert  hatte.  Iudessen  wäre  es  auch  möglich, 
dass  ein  solcher  grosser  Recessus  als  eine  congenitale  Bildung 
aufzufassen  wäre , welche  das  Resultat  einer  abnorm  starken 
partiellen  Wucherung  des  Mesocolon  primitivuni  darstellte.  Denkt 
man  sich  nämlich  an  dem  zwischen  der  V.  mesent.  inf.  und  der 
Wirbelsäule  gelegenen  Abschnitt  des  Gekröses  abnormer  Weise 
frühzeitig  einen  ähnlich  starken  Wucherungsprocess  eintreten,  wie 
er  z.  B.  bei  dem  Mesogastrium  normaler  Weise  stets  stattfindet, 
so  könnte  der  Rec.  venosus  schon  frühzeitig  eine  Art  von  Sack 
darstellen , welcher  sich  nach  links  zwischen  das  Mesocolon 
descendens  und  das  Peritoneum  parietale,  nach  oben  zwischen 
das  Mesocolon  transversum  und  das  Mesogastrium  hineinschieben 
würde.  Wenn  dann  später  die  Verlöthung  einerseits  zwischen 
Mesogastrium  und  Mesocolon  transversum,  andererseits  zwischen 
Mesocolon  descendens  und  dem  Peritoneum  parietale  der  hinteren 
Bauchwand  stattfindet,  verwachsen  auch  die  Wände  des  ab- 
norm grossen  Sackes  mit  den  letztgenannten  Organen  und  nehmen 
au  der  weiteren  Vergrösserung  derselben  Theil,  so  dass  sich  das 
ursprüngliche  Grössenverhältniss  zwischen  dem  Sack  und  seinen 
Nachbarorganen  erhält.  Welche  von  den  beiden  soeben  explicirten 
Möglichkeiten  das  Zustandekommen  eines  so  grossen  Recessus 
venosus,  wie  ihn  Landzert  abgebildet  hat,  am  besten  erklärt, 
will  ich  dahingestellt  sein  lassen.  Hierüber  können  nur  weitere 
Beobachtungen  an  ähnlichen  Fällen  volle  Klarheit  geben. 

Wie  man  sieht,  stimme  ich  also  im  Gegensatz  zu  Eppinger 
mit  Waldeyer  vollständig  darin  überein,  dass  die  V.  mesent.  inf. 
(bezw.  die  A.  colica  sin.)  bei  ihrem  Verlauf  durch  das  Cavum  ab- 
dominis  eine  Peritonealfalte  emporheben  kann,  von  deren  grösserer 
oder  geringerer  Entwickelung  die  Bildung  einer  Tasche  oder  eines 
Recessus  abhängig  ist,  welchen  ich  als  Gefässtasche  oder  Re- 
cessus venosus  bezeichne.  Es  freut  mich,  diese  Ansicht  meines 
verehrten  Chefs  und  Lehrers  aus  voller  Ueberzeugung  bestätigen 


104 


zu  können.  Dass  übrigens  diese  Ansicht  mehr  als  eine  blosse 
Hypothese  darstellt,  dafür  glaube  ich  auch  einen  positiven  Beweis 
beibringen  zu  können,  gegen  welchen  sich  wohl  kaum  irgend  eine 
Einwendung  machen  lässt.  Wenn  man  an  reinen  Exemplaren  der 
Plica  venosa  das  Peritoneum  über  der  Vene  mit  einer  Pincette 
emporhebt  und  das  letztere  Gefäss  subperitoneal  mit  einem  Teuo- 
tom  einmal1  oder  mehrfach  durchschneidet,  so  verschwindet  die  Plica 
venosa  vollständig,  so  lange  sich  das  Peritoneum  noch  eine  leichte 
Verschieblichkeit  bewahrt  hat.  Diejenigen  Fälle  aber,  wo  die 
Vene  nicht  im  Rande  der  Falte  verläuft,  sind,  wie  bereits  oben 
erwähnt  wurde,  entweder  durch  artificielle  Zugwirkung  oder  durch 
Complicationen  der  Plica  venosa  mit  anderen  gefässlosen  Peri- 
tonealfalten zu  erklären. 

Wenngleich  mir  somit  nach  alledem  über  die  Existenz  einer 
Plica  venosa  in  dem  Sinne  von  Waldeyer  kein  Zweifel  obzuwalten 
scheint,  ist  es  doch,  wie  ich  glaube,  nicht  überflüssig,  noch  einmal  auf 
die  von  anderen  Autoren  über  die  Genese  dieser  Tasche  geäusserten 
Ansichten  einzugehen,  nach  welchen  sich  die  Vene  bei  einer  aller- 
dings relativ  grossen  Zahl  von  Fällen  nur  zufälligerweise  in  dem 
freien  Rand  der  Falte  vorfinden  und  die  letztere  ihre  Entstehung 
anderen  Ursachen  verdanken  soll.  Was  zunächst  die  von  Treitz 
und  Eppinger  zur  Erklärung  herangezogene,  mit  der  Drehung 
eines  Rades  verglichene  Locomotion  des  Duodenum  betrifft,  so 
kann  ich  den  von  Waldeyer  und  Toldt  dagegen  erhobenen  Ein- 
wänden nur  vollkommen  beistimmen.  Insbesondere  muss  ich  dem 
letzteren  Autor  beipflichten,  wenn  er  sagt,  dass  eine  solche  Ver- 
schiebung des  Duodenum  in  keiner  Weise  nachgewiesen  werden 
kann.  Würde  dieselbe  aber  wirklich  Vorkommen,  so  könnte  sie 
doch  eigentlich  nur  zur  Bildung  des  sogen,  unteren  Horns  der 
Treitz’ sehen  Plica  duodeno-jejunalis  führen,  während  das  obere 
Horn,  welches,  wie  z.  B.  in  den  LandzerUschen  Fällen,  die 
Flexur  in  weitem  Bogen  umkreist,  damit  unmöglich  in  Zusammen- 
hang gebracht  werden  könnte.  Etwas  Aehnliches  hat  wolfl  auch 
Treitz  im  Sinne  gehabt,  wenn  er  ausser  der  Locomotion  des  Duo- 
denum noch  eine  Verschiebung  des  Colon  und  Mesocolon  transversum 
von  links  nach  rechts  zu  Hülfe  nimmt,  um  die  Genese  seiner  Falte 
zu  erklären.  Die  letztere  Verschiebung  soll  offenbar  die  Bildung 
des  oberen  Horns  (der  Plica  venosa)  erklären.  Indessen  kann  ich 
auch  Toldt  nicht  Recht  geben,  wenn  derselbe  meint,  dass  die  Rechts- 
wendung der  Mesenterialplatte  der  ehemaligen  Nabelschleife  oder, 


105 


Avie  er  es  genauer  präcisirt  (cf.  d.  A.  S.  89),  die  Dislocation  des 
Blinddarmes  nach  rechts  und  unten  auf  das  freie  Mesocolon  descen- 
dens  eine  Zugwirkung  ausübt,  in  Folge  deren  das  letztere  zum  Theil 
über  die  Flexura  duodeno-jejunalis  Aveggebogen  und  neben  derselben 
zu  einer  vorspringenden  Falte  erhoben  wird.  Dass  eine  solche 
Zugwirkung  in  der  That  stattfinde,  Avird  nach  diesem  Autor  sehr 
schlagend  erAviesen  durch  die  eigenthümliche  Lage  der  Flexura 
sigmoidea,  deren  unterer  Schenkel  gerade  an  der  beschriebenen 
Falte  in  die  Höhe  gehoben  erscheint.  Diese  Deutung  bezieht 
übrigens  Toldt  auch  nur  auf  das  obere  Horn  der  Tr eitz 'sehen 
Plica  duodeno-jejunalis,  während  er,  A\rie  oben  erwähnt,  in  einer 
späteren  Arbeit  (No.  2)  dem  unteren  Horn  (der  von  ihm  sogen. 
Plica  duodeno-mesocolica)  eine  ganz  andere  Genese  vindicirt.  Dazu 
muss  ich  bemerken,  dass  ich  beim  Embryo  die  Plica  venosa  mehr- 
fach deutlich  entAvickelt  gefunden  habe,  ohne  mich  von  irgend  einer 
nennenswerten  Spannung  an  dem  ganz  oder  teilweise  freien 
Mesocolon  ascendens,  tränsversum  oder  descendens  überzeugen  zu 
können.  Die  Plica  Afenosa  lief  z.  B.  das  eine  Mal  vollständig  mit 
ihrem  oberen  Ende  in  das  Mesocolon  tränsversum  aus;  dabei  war 
das  letztere  schlaff  und  gefaltet.  Die  von  Toldt  beobachtete  eigen- 
thümliche Elevation  des  unteren  Schenkels  der  Flexura  sigmoidea 
habe  auch  ich  oft  genug  gesehen,  aber  auch  in  mehreren  Fällen, 
avo  keine  Spur  einer  Plica  venosa  vorhanden  war;  somit  bin  ich 
geneigt,  dieselbe  einfach  auf  eine  häufig  vorkommende,  relativ 
geringe  EntAvickelung  des  Mesocolon  sigmoideum  an  dieser  Stelle 
zu  beziehen.  Einen  sozusagen  strieten  Gegenbeweis  gegen  die 
von  Tr  eitz,  Eppinger,  Toldt  supponirten  Zugwirkungen  liefert 
endlich  ein  bei  einem  6 monatligen  Embryo  beobachteter  Fall, 
bei  welchem  es  zu  gar  keiner  Rechtswendung  der  gemeinschaft- 
lichen Mesenterialplatte  oder  Dislocation  des  Coecum  gekommen 
war.  Das  Coecum  fand  sich  hier  nämlich  links  von  der  Median- 
ebene, sehr  hochstehend  und  ebenso  Avie  das  sehr  kurze  Colon  und 
Mesocolon  ascendens  und  tränsversum  gänzlich  mit  dem  Meso- 
gastrium  verlöthet  vor.  Das  Mesocolon  descendens  war  nur  in 
seinem  oberen  Abschnitt  mit  der  hinteren  Bauch  wand  venvachsen. 
Die  gemeinschaftliche  Mesenterialplatte  für  das  Ileum  und  Jejunum 
Avar  völlig  frei  und  hatte  ihre  Wurzel  in  einer  Verbindungslinie 
ZAAÜschen  dem  Coecum  und  der  normal  gelegenen  Flexura  duodeno- 
jejunalis.  Das  Duodenum  Avar  in  der  gewöhnlichen  Weise  mit  der 
hinteren  Bauclnvand  verwachsen.  Trotzdem  also  hier  die  normale 


106 


Dislocation  des  Coecum  unterblieben  war,  fand  ich  eine  deutliche 
Plica  venosa  vor,  welche  sogar  mit  einem  unteren  Horn  (der  Plica 
duodeno-mesocolica  von  Toi  dt)  complicirt  war. 

2.  Der  Recessus  cluodeno-jejunalis  posterior  oder  die  Gruber- 
Landzert’sche  Tasche  ist  identisch  mit  derjenigen  Bauchfell- 
tasche, welche  von  Grub  er  zuerst  als  Nebensack,  später  als  Fossa 
duodeno-jejunalis  bezeichnet  wurde  und  auch  von  Landzert  für 
die  eigentliche  Fossa  duodeno-jejunalis  gehalten  wird  (s.  d.  A. 
Fig.  4).  Ich  bezeichne  diese  Tasche  als  Rec.  duodeno-jejunalis 
posterior,  weil  dieselbe  in  der  natürlichen  Lage  der  Flexur 
im  Wesentlichen  hinter  der  letzteren  gelegen  ist,  indem  sie  sich 
von  links  und  oben  her  gewissermaassen  zwischen  das  Ende  des 
Duodenum  und  die  hintere  Bauchwand  einschiebt.  Ihr  blindes 
Ende  würde  somit  unten  (manchmal  auch  ein  wenig  nach  rechts), 
ihre  Eingangsöffnung  oben  (oder  auch  mehr  links)  gelegen  sein. 
Ihre  vordere  Wand  würde  durch  die  Flexura  duodeno  - jeju- 
nalis  und  das  obere  Ende  der  Pars  ascendens  duodeni,  ihre  hintere 
Wand  durch  das  vor  der  Wirbelsäule  gelegene  Peritoneum  parie- 
tale gebildet  sein.  Die  rechte  Wand  des  Recessus  besteht  aus 
einer  Peritonealfalte,  welche  wahrscheinlich  den  31.  suspensorius 
duodeni  zur  Grundlage  hat,  sich  jedoch  auch  in  Folge  secun- 
därer  Verwachsungen  mehr  nach  links  hinüber  erstrecken  kann: 
ich  will  diese  Falte  als  Plica  suspensoria  bezeichnen.  Die  linke 
Wand  endlich  wird  durch  eine  zAveite  Peritonealfalte  dargestellt, 
welche  bald  mehr  schräg,  bald  mehr  vertical  zwischen  dem  Peri- 
toneum parietale  und  der  linken  Seite  der  Flexur  und  des  Duo- 
denum ascendens  verläuft:  man  könnte  dieselbe  als  Plica  duodeno- 
jejunalis  posterior  bezeichnen.  Die  Plica  suspensoria  ist  dabei  zu- 
gleich nicht  nur  rechts,  sondern  auch  mehr  oben,  die  Plica  duo- 
deno-jejun.  post,  nicht  nur  links,  sondern  zugleich  tiefer  gelegen, 
so  dass  Landzert  (p.  44)  diese  beiden  Falten  auch  als  eine  obere 
und  untere  bezeichnen  kann.  Beide  Falten  können  oben  confluiren. 
Ihre  beiden  mitunter  etwas  concaven  freien  Ränder  bilden  in  Ge- 
meinschaft mit  der  Flexur  und  dem  Peritoneum  parietale  die  Ein- 
gangsöffhung  des  Recessus. 

Die  Varietäten  des  letzteren  beruhen  hauptsächltch  darauf, 
dass  entweder  die  eine  oder  die  andere  der  beiden  eben  beschrie- 
benen Falten  stärker  oder  schwächer  oder  garniclit  entwickelt  ist. 
Denn  wenn  sich  der  31.  suspensorius  duodeni  auch  immer  vorfinden 
soll,  so  sind  es  doch  nicht  immer  nothwendig,  dass  er  eine  Plica 


suspensoria  bildet.  Uebrigens  können  der  letzteren  ähnliche  Bil- 
dungen auch  durch  Verlötlmngen  zwischen  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  und  der  unteren  Fläche  des  Mesocolon  transversum  zu 
Stande  kommen.  Auch  die  Genese  der  Plica  duodeno-jejunalis 
posterior  kann  ich  mir  nur  dadurch  erklären,  dass  die  hintere  Fläche 
des  oberen  Endes  der  Pars  ascendens  duodeni  mitunter  in  grösserer 
Ausdehnung  frei  bleibt,  während  der  linke  Rand  des  eben  genannten 
Darmtheils  mit  dem  Peritoneum  parietale  linear  verlöthet.  Aus 
der  Verlöthungsstelle  entwickelt  sich  dann  später  in  Folge  der 
Verschiebungen  des  Darmes  durch  Contraction,  Zug  etc.  die  eben 
genannte  Falte  in  ähnlicher  Weise,  wie  dies  ja  bereits  für  das 
Lig.  intestini  coeci  (Lig.  parieto-caecale)  erörtert  ist  und  auch  von 
anderen  Autoren  angenommen  wird.  Uebrigens  muss  ich  noch 
bemerken,  dass  ich  die  Gruber-Landzert'sche  Tasche  weder  so 
gut  entwickelt  noch  so  häufig  vorgefunden  habe,  wie  man  dies 
nach  den  Ausführungen  des  letztgenannten  Autors  glauben  könnte. 
Unter  allen  in  der  Nähe  der  Flexura  duodeno-jejunalis  vorkom- 
menden Peritonealtaschen  möchte  ich  diese  für  die  seltenste  halten. 
Die  eine  oder  die  andere  der  beiden,  diese  Tasche  constituirenden 
Peritonealfalten  in  rudimentärer  Form  habe  ich  allerdings  häufiger 
gesehen.  Endlich  fand  ich  den  Recessus  duodeno-jejunalis  post, 
immer  nur  dann  vor,  wenn  die  Plica  venosa  von  der  Flexur  ziem- 
lich weit  entfernt  war.  Ob  dies  die  Regel  oder  ein  Zufall  war, 
will  ich  nicht  entscheiden.  Doch  würde  diese  Beobachtung  auch 
mit  den  Landzert’schen  Abbildungen  übereinstimmen. 

3.  Der  Recessus  duodeno-jejunalis  superior  oder  die  Jonnesco- 
sclie  Tasche  (s.  Fig.  5 a)  ist  zuerst  von  dem  letzteren  Autor  be- 
schrieben und  als  Fossette  duodeno-jejunale  ou  mesocolique  bezeichnet 
worden.  Diesen  Recessus,  wie  Jonnesco,  einfach  als  Fossa  duodeno- 
jejunalis  zu  benennen,  habe  ich  mich  nicht  entschlossen  können,  da, 
wie  bereits  früher  erörtert  wurde,  unter  der  letzteren  Bezeichnung 
von  verschiedenen  Autoren  ganz  heterogene  Gruben  und  Taschen 
verstanden  sind.  Auch  die  Bezeichnung  Fossa  mesocolica  kann 
ich  nicht  adoptiren,  da  die  letztere  nichts  darüber  besagt,  ob  diese 
Grube  am  Mesocolon  transversum  oder  descendens  zu  finden  ist. 
Dagegen  ist  die  Jonnesco’sche  Tasche  stets  oberhalb  der 
Flexura  duodeno-jejunalis,  zwischen  der  letzteren  und  dem 
Mesocolon  transversum  gelegen.  Ihr  blindes  Ende  liegt  nach  hinten 
und  entspricht  der  Wurzel  des  Mesocolon  transversum,  ihre  Ein- 
gangsöffnung sieht  nach  vorn.  Somit  hat  der  Recessus  in  der 


108 


natürlichen  Lage  der  Flexur  eine  im  Wesentlichen  sagittale  Rich- 
tung: nur  wenn  das  Jejunum  nach  rechts  gezogen  wird,  scheint 
er,  wie  in  der  untenstehenden  Abbildung  von  Jonnesco,  mehr 
schräg  zu  liegen.  Die  obere  Wand  des  Recessus  wird  vom  Meso- 
colon transversum,  die  untere  von  der  Flexura  duodeno-jejunalis 


Fig  5 (nach  Jonnesco). 

Der  Ree.  duodeno-jejunalis  sup.  (Fossette  duodeno -jejunal  ou  mesocolique  von 
Jonnesco),  durch  den  Zug  des  Jejunum  nach  rechts  seitlich  verzogen. 


gebildet.  Links  und  rechts  wird  die  Tasche  durch  je  eine  peri- 
toneale Verbindungsfalte  zwischen  dem  Mesocolon  transversum  und 
den  beiden  Seiten  der  Flexur  (Pli  duodeno -jejunal  ou  duodeno- 
mesocolique  (jauche  und  droit e von  Jonnesco)  begrenzt.  Man  könnte 
diese  Verbindungsfalten  wohl  besser  als  Plicae  duodeno -jejunales 
super iores  bezeichnen.  Jonnesco  characterisirt  diesen  Recessus 
als  „toujours  vasculaire“;  dies  ist  jedoch  nur  insofern  richtig,  als 
der  transversale  Abschnitt  der  V.  mesent.  inf.  mitunter  in  der  Wand 
seines  blinden  Endes  verläuft. 

Die  Entstehung  dieser  Tasche  erklärt  Jonnesco  durch  ein 
Hineindringen,  d.  h.  also  wohl  durch  ein  actives  Hineinwuchern 


der  Flexura  duodeno-jejunalis  in  die  Wurzel  des  Mesocolon  trans- 
versum,  wobei  er  sich,  wie  es  scheint,  vorstellt,  dass  der  mit  dem 
Darm  fest  verbundene  Peritonealüberzug  der  Flexur  das  untere 
Blatt  des  Mesocolon  transversiun  gewissermaassen  nach  hinten 
zieht  und  zu  einer  Grube  vertieft.  Ich  kann  dieser  Erklärung 
nicht  beistimmen.  Ich  habe  den  Rec.  duodeno-jejunalis  superior 
allein  im  letzten  Wintersemester  4 Mal  gesehen,  ein  Mal  bei  einem 
Neugeborenen  und  drei  Mal  bei  Erwachsenen:  in  allen  diesen 
Fällen  fand  sich  bei  Abwesenheit  aller  sonstigen  peritonitisclien 
Symptome  die  Ansatzstelle  der  Plicae  duodeno-jejunales  superiores 
an  die  Flexur  ziemlich  stark  getrübt,  d.  h.  also  die  von  mir  sogen. 
Verlöthungsliuie  vor.  Ich  muss  somit  behaupten,  dass  der  Rec. 
duodeno-jejunalis  sup.  entweder  schon  beim  Embryo  oder  auch  erst 
in  späterem  Lebensalter  in  folgender  Weise  entsteht.  Bekanntlich 
sind  Verwachsungen  zwischen  der  Flexura  duodeno-jejunalis  und 
dem  Mesocolon  transversum  ausserordentlich  häufig.  Wenn  nun 
nicht  die  ganze  obere  Fläche,  sondern  nur  der  linke  und  der  rechte 
Seitenrand  der  Flexur  mit  dem  Mesocolon  transversum  verlöthen, 
entstehen  die  beiden  vorhin  genannten  Falten,  zwischen  denen  die 
Jonnesco'sche  Tasche  gelegen  ist. 

Ich  möchte  übrigens  noch  bemerken,  dass  die  von  Jonnesco 
No.  2 p.  54  abgebildete  Fossette  duodeno- jejunale  double  mir  nicht  ganz 
in  dieselbe  Kategorie  mit  der  gleichnamigen  Fossette  simple  des- 
selben Autors  zu  gehören  scheint.  Trotzdem  bei  der  Fossette  double 
das  Jejunum  stark  nach  rechts  verzogen  ist,  sieht  man  doch  die 
V.  mesent.  inf.  ziemlich  nahe  dem  Orificium  dieser  Tasche  verlaufen, 
während  dieses  Gefäss  bei  der  nebenstehend  (Fig.  5)  abgebildeten 
Fossette  simple  gerade  eben  das  blinde  Ende  des  Recessus  zu  be- 
rühren scheint.  Ich  möchte  somit  meinen,  dass  es  sich  bei  der  Fos- 
sette double  um  eine  Plica  venosa  gehandelt  hat,  welche  in  gut 
entwickelter  Form  vor  dem  Duodenum  ascendens  und  der  Flexura 
duodeno-jejunalis  gelegen  war  und  später  grössten tlieils  mit  der 
Oberfläche  der  eben  genannten  Darmtheile  verwachsen  ist.  Die 
beiden  Stellen,  wo  diese  Verlöthung  nicht  stattgefunden  hat,  ent- 
sprechen den  beiden  grubenartigen  Vertiefungen  (der  Fossette 
double).  Auch  die  peritoneale,  offenbar  durch  den  Zug  des  Jejunum 
stark  gedehnte  Scheidewand  zwischen  den  beiden  Gruben  verdankt 
ihre  Entstehung  jedenfalls  einem  localen  Verlötlmngsprocess  zwischen 
der  Flexur  und  der  Plica  venosa.  Eine  andere  Erklärung  für  ihre 
Genese  dürfte  sich  kaum  finden  lassen.  Im  Gegensatz  dazu  ist 


110 


bei  der  Fossette  simple  jedenfalls  keine  Plica  venosa  vorhanden 
gewesen:  liier  hat  sich  der  Verlöthungsprocess  nur  zwischen  dem 
Mesocolon  transversum  und  der  Flexura  duodeno  - jejunalis  ab- 
gespielt. 

4.  Als  eine  Modifikation  der  Jonnesco’schen  Tasche  möchte 
ich  eine  bisher  noch  nicht  beschriebene,  auf  der  untenstehenden 
Fig.  6 aa  abgebildete  Bauchfelltasche  bezeichnen,  welche  ich  im 
Ganzen  zwar  nur  sechs  Mal,  aber  jedes  Mal  in  einer  so  respectablen 


Fig  6. 

aa.  Recessus  intermesocolicua  transversus. 


Grösse  beobachtet  habe,  dass  sie  mir  doch  eine  besondere  Be- 
achtung zu  verdienen  scheint.  In  drei  Fällen  war  diese  Tasche 
gänzlich  rechts  von  der  Flexura  duodeno-jejunalis  gelegen  und  ich 
würde  dieselbe  somit  ohne  Weiteres  als  Recessus  duodeno-jejunalis 
dexter  bezeichnen,  wenn  sich  nicht  in  den  drei  anderen  Fällen 
(darunter  in  dem  abgebildeten)  ihr  blindes  Ende  noch  oberhalb  der 


111 


Flexur  zwischen  die  letztere  und  das  Mesocolon  transversum  be- 
trächtlich nach  links  hinüber  geschoben  hätte.  Aus  diesem  und 
auch  aus  genetischen  Gründen  könnte  man  diese  Tasche  vielleicht 
als  liecessus  intermesocolicus  transversus  bezeichnen,  was  in  doppeltem 
Sinne  richtig  wäre,  nämlich  erstens  insofern,  als  dieser  Reeessus 
sich  gewissermaassen  von  rechts  nach  links  in  die  Wurzel  des  Meso- 
colon transversum  hineinschiebt,  zweitens  insofern,  als  derselbe 
in  transversaler  Richtung  verläuft.  Die  Eingangsöffnung  dieser 
Tasche  ist  somit  rechts,  ihr  blindes  Ende  links  gelegen.  Die  obere 
bezw.  Inntere  Wand  derselben  wurde  von  dem  Mesocolon  trans- 
versum und  dem  Pankreas,  die  untere  Wand  von  dem  oberen  Ab- 
schnitt der  Pars  ascendens  duodeni  und  der  Flexura  duodeno-jeju- 
nalis,  die  vordere  Wand  durch  eine  frontal  gestellte  Peritonealfalte 
gebildet,  welche  die  untere  Fläche  des  Mesocolon  transversum  mit 
der  Flexur  und  der  Wurzellinie  des  Mesojejunum  verbindet  Man 
könnte  diese  Falte  als  Plica  inframesocolica  transversa  benennen: 
doch  bin  ich  gerne  bereit,  für  die  letztere  wie  für  den  von  ihr 
begrenzten  Reeessus  eine  jede  bessere  und  kürzere  Bezeichnung 
zu  adoptiren.  Das  blinde  Ende  des  Reeessus  erstreckte  sich  in  drei 
Fällen  bis  vor  die  Vorderfläche  der  linken  Niere.  Die  A.  colica 
media  zog  constant  dicht  neben  und  rechts  von  der  Eingangsöffnung 
in  die  Höhe.  In  allen  von  mir  beobachteten  Fällen  lag  endlich 
die  Flexura  duodeno-jejunalis  sehr  weit  links,  tlieilweise  vor  der 
Vorderfläche  der  linken  Niere,  in  dem  abgebildeten  Falle  sogar 
dicht  neben  dem  Colon  descendens,  mit  dessen  Gekröse  sie  ver- 
löthet  war.  In  einem  von  diesen  Fällen  zog  der  Darm  von  der 
weit  nach  links  gelegenen  Flexur  zunächst  in  transversaler  Rich- 
tung nach  rechts  bis  vor  die  Wirbelsäule,  um  erst  dort  ein  Mesen- 
terium zu  bekommen  und  somit  nach  der  landläufigen  Terminologie 
in  das  Jejunum  überzugehen.  An  dieses  transversale  Uebergangs- 
stück  zwischen  Duodenum  und  Jejunum  inserirte  sich  alsdann  erst 
die  Plica  inframesocolica.  Die  Oeffhung  des  Rec.  intermesocolicus 
hatte  in  einem  Falle  einen  Durchmesser  von  5 bis  6 cm.  In  einem 
anderen  Falle  war  der  Reeessus  fingerlang  und  hatte  etwa  den 
Durchmesser  eines  aufgeblasenen  Dünndarmlumens.  Irgend  welche 
peritonitischen  Residuen  oder  sonstigen  Adhäsionen  konnte  ich  an 
keinem  der  hier  erwähnten  Fälle  constatiren. 

Die  Genese  des  Rec.  intermesocolicus  transversus  kann  ich 
mir  nur  so  denken,  dass  derselbe  durch  einen  in  transversaler 
Richtung  vor  sich  gegangenen  Verwachsungsprocess  entstanden  ist, 


welcher  zwischen  der  unteren  Fläche  des  Mesocolon  transversum 
und  den  nahe  gelegenen  Theilen,  d.  h.  also  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  hezw.  der  Wurzellinie  des  Mesojejunum  und  der  Vorder- 
fläche des  Pankreas  stattgefunden  hat.  Die  Plica  inframesocolica 
halte  ich  für  eine  bei  aufwärts  zurückgeschlagenem  Mesocolon 
etwas  stark  ausgezogene  Verlötlmngsfalte:  sie  würde  somit  gene- 
tisch ein  Stück  des  letzteren  darstellen  und  damit  ebenfalls 
die  Bezeichnung  Rec.  intermesocolicus  transversus  legitirnirt  sein. 
Natürlich  behält  meine  Erklärung  so  lange  nur  den  Werth  einer 
Hypothese,  als  es  mir  noch  nicht  gelungen  ist,  wenigstens  in 
dem  einen  oder  anderen  Falle  die  characteristische  Verlötlmngs- 
linie  am  unteren  Rande  der  Plica  inframesocolica  nachzuweisen. 
Zur  Zeit,  als  ich  die  eben  beschriebenen  Fälle  von  Recessus  inter- 
mesocolicus transversus  beobachtete,  war  ich  auf  die  Bedeutung 
der  Verlöthungslinien  noch  nicht  aufmerksam  geworden  und  in  den 
letzten  vier  Jahren  ist  mir  kein  einziges  Exemplar  dieser  Bauch- 
felltasche wieder  zu  Gesicht  gekommen. 

Es  ist  übrigens  wohl  möglich,  dass  Toldt  den  von  mir  be- 
schriebenen Recessus  im  Auge  gehabt  hat,  wenn  er  (No.  3 p.  42) 
sagt,  dass  es  in  Folge  einer  Verwachsung  des  Jejunum  au  die 
untere  Wand  des  Mesocolon  transversum  „zur  Bildung  einer  durch 
eine  Peritonealfalte  umsäumten  grubenförmigen  Vertiefung  an  dei- 
ne eilten  Seite  der  Fl  ex.  duodeno-jejunalis  — eines  scheinbaren 
Rec.  duodeno-jejunalis  — kommen  kann“. 

5.  Der  Recessus  duodeno-mesocolicus  inferior  und  der  Recessus 
duodeno-mesocolieus  superior  sind  mit  der  Fossette  duodenale  in- 
ferieure  und  superieure  von  Jonnesco  identisch,  wie  sie  auf  der 
nebenstehenden  Figur  abgebildet  sind.  Beide  Recessus  bezw.  die 
beiden  sie  constituirenden  Falten  hat  offenbar  schon  Husch ke 
(p.  216)  gesehen,  wenn  er  davon  spricht,  dass  die  von  ihm  sogen. 
Fossa  duodeno-jejunalis  „sich  an  der  linken  Seite  der  Lendenwirbel- 
säule öffnet  und  von  zwei  sichelförmigen  Bauchfellfalten  oben  und 
unten  begrenzt  wird“.  Nur  passirt  ihm  der  Lapsus  calami,  dass 
er  die  beiden  Bauchfellfalten  von  der  Wurzel  des  Mesocolon  trans- 
versum anstatt  des  Mesocolon  descendens  ausgehen  lässt.  Beide 
Falten  hat  er  als  Ligg.  duodeno-mesocolica  bezeichnet.  Die  zwischen 
beiden  Falten  gelegene  Vertiefung  ist  also  die  von  ihm  sogen.  Fossa 
duodeno-jejunalis.  Die  V.  mesent.  inf.  soll  hinter  der  letzteren 
verlaufen.  Da  die  Jonnesco 1 sehen  Bezeichnungen  das  Wesen 
dieser  Falten  und  der  hinter  denselben  gelegenen  Recessus  ent- 


113 


schieden  weniger  klar  als  diejenigen  von  Huschke  präcisiren  - 
denn  die  Bezeichnungen  „Fossa  duodenalis  superior  und  inferior“ 
sind  doch  nur  sehr  allgemeine  — , so  habe  ich  mich  hier  an  den 
letzteren  Autor  angeschlossen. 

Der  Ree.  duodeno-mesocolicus  inferior  ist  eine  aufwärts  offene, 
also  mit  dem  blinden  Ende  abwärts  gelegene  Bauchfelltasche,  welche 


Fig.  7 (nach  Jonnesco). 

Der  Recessus  duodeno  - mesocolicus  superior  und  inferior  (Fossette  duodenale 
snperieure  und  Interieure  von  Jonnesco):  a)  der  obere,  b)  der  untere  dieser 

beiden  Recessus. 

rechts  von  dem  unteren  Abschnitt  der  Pars  ascendens  duodeni, 
hinten  von  dem  praevertebralen  Peritoneum  parietale,  vorn  von  einer 
dreiseitigen  Peritonealfalte  begrenzt  wird,  deren  rechte  Seite  mit 
der  Y orderfläche  des  Duodenum,  deren  linke  Seite  mit  dem  Meso- 
colon descendens  verbunden  ist  und  deren  freier,  concaver  Rand 
nach  oben  sieht.  Diese  in  ihrer  reinen  Form  stets  gefässlose 
Falte,  die  Plica  duodeno-mesocolica  inferior , ist  identisch  mit  dem 
unteren  Horn  der  Plica  duodeno -jejunalis  von  Treitz,  mit  der 

Broesike,  Hernien.  o 


114 


Plica  diiodeno-mesocolica  von  Toi  dt,  ferner  mit  der  Plica  duodeno- 
jejunalis  von  Treves  und  endlich  mit  dem  Repli  duodenal  inferieur 
von  Jonnesco,  wenn  nämlich  die  V.  mesent  inf.  nicht  in  der  eben 
genannten  Jonnesco’ sehen  Falte  verläuft.  Die  linksseitige  An- 
heftungslinie der  Plica  duodeno-mesocolica  inf.  kann  sich  entweder 
median wärts  von  der  Y.  mesent.  inf.  oder  an  der  Vene  selbst  oder 
lateral wärts  von  der  letzteren  befinden,  wovon  es  natürlich  abhängig 
ist,  ob  die  Vene  in  der  hinteren  Wand,  am  linken  Rande  oder  in  einer 
gewissen  Entfernung  nach  links  von  dem  Rec.  duodeno-mesocolicus 
inf.  verläuft.  Wenn  zugleich  mit  der  Plica  duodeno-mesocolica  inf. 
eine  wirkliche  Plica  venosa  vorhanden  ist,  so  pflegt  sich  die  erstere 
sogar  mit  Vorliebe  an  den  freien  Rand  der  letzteren  anzuheften. 
Ein  solcher  Fall  ist  z.  B.  von  Jonnesco  (No.  2 p.  50)  unter  der 
Bezeichnung  „Fossette  duodenale  inferieure  vasculaire“  beschrieben 
worden.  Die  Tasche  kann  eine  nicht  unbeträchtliche  Ausdehnung 
erreichen:  sie  kann  sogar  zwei  Finger  zugleich  aufnehmen  und  eine 
Tiefe  von  mehreren  Centimetern  erreichen.  Doch  kann  sie  sich 
nach  den  übereinstimmenden  Schilderungen  aller  Autoren  niemals 
über  die  Flexura  duodeni  secunda  hinaus  nach  abwärts  erstrecken. 

Der  Becessus  duodeno-mesocolicus  superior  ist  im  Gegensatz  zu 
dem  vorigen  links  von  dem  oberen  Ende  des  Duodenum  ascendens 
und  der  Flexura  duodeno-jejunalis  gelegen.  Ebenfalls  im  Gegensatz 
zu  der  vorigen  Bauchfelltasche  ist  sein  blindes  Ende  oben,  seine 
Eingangsöffnung  unten  gelegen,  so  dass  beide  Recessus  bei  ihrer 
Coexistenz  sich  entgegen  sehen.  Wenn  somit  Jonnesco  den  Rec. 
duodeno-mesolicus  inf.  sehr  treffend  mit  einem  aufrecht  stehenden 
Füllhorn  vergleicht,  hat  der  Rec.  duodeno-mesocolicus  sup.  ungefähr 
die  Form  eines  umgestürzten  Füllhorns.  Der  Rec.  duodeno-meso- 
colicus sup.  wird  rechts  vom  Duodenum  und  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis,  hinten  vom  Peritoneum  parietale,  vorne  von  einer  drei- 
seitigen Peritonealfalte  gebildet,  deren  freier  concaver  Rand  nach 
abwärts  gerichtet  ist.  Diese,  in  ihrer  reinen  Form  stets  gefäss- 
lose1)  Falte,  die  Plica  duodeno-mesocolica  superior , ist  von  Treves 
(cf.  d.  A.  p.94)  als  eineVarietät  der  Plica  duodeno-jejunalis  abgebildet, 
aber  erst  von  Jonnesco  als  eine  peritoneale  Bildung  von  eigener 
Individualität  richtig  beschrieben  und  erkannt  worden.  Rechts 
geht  dieselbe  in  den  Peritonealüberzug  an  der  vorderen  oder  auch 

i)  Der  Ausdruck  „gefässlos“  bezieht  sich  liier  wie  bei  anderen  Falten  stets 
nur  darauf,  dass  in  derselben  keine  mit  blossem  Auge  sichtbaren  Gefässe, 
insbesondere  nicht  die  V.  mesent.  inf.  sichtbar  sind. 


115 


cler  liuken  'Wand  des  Duodenum  über.  Ihre  linksseitige  Anheftungs- 
linie  an  das  Mesocolon  descendens  kann  wie  bei  der  Plica  duodeno- 
mesocolica  inf.  entweder  genau  der  V.  mesent.  inf.  entsprechen, 
oder  links  oder  auch  rechts  von  der  letzteren  gelegen  sein.  War 
zugleich  eine  deutliche  Plica  venosa  vorhanden,  so  zeigte  sich  auch 
die  Plica  duodeno-mesocolica  sup.  immer  mit  dem  freien  Rande 
der  letzteren  verbunden,  so  dass  man  sagen  kann,  die  letztere 
füllte  die  zwischen  der  ersteren  und  dem  oberen  Ende  der  Pars 
ascendens  duodeni  gelegene  Lücke  aus.  Beide  Falten  bilden  dann 
scheinbar  eine  einzige  Falte,  welche  von  der  V.  mesent.  inf.  durch- 
zogen wird,  und  da  diese  Combination  sehr  häufig  ist,  so  kam 
Jonnesco  dazu,  den  Repli  duodenal  superieur  (die  Plica  duodeno- 
mesocolica  superior)  als  „toujours  vasculaire“  zu  bezeichnen. 

Die  beiden  Plicae  duodeno-mesocolicae  können  entweder  co- 
existiren  oder  auch  unabhängig  von  einander  Vorkommen.  Wenn 
sie  coexistiren,  kommt  es  nicht  selten  vor,  dass  ihre  concaven 
freien  Ränder  links  confluiren,  so  dass  eine  doppelte  Tasche  mit 
einer  einzigen  Eingangsöffnung  entsteht.  War  in  solchen  Fällen 
vor  der  Entwicklung  der  beiden  eben  genannten  Falten  keine  Plica 
venosa  vorhanden,  so  hat  dies  einzelnen  Autoren  zu  der  Be- 
hauptung Veranlassung  gegeben,  dass  die  V.  mesent.  inf.  unter 
Umständen  gar  nicht  in  der  sogen.  Plica  duodeno-jejunalis  verliefe: 
die  beiden  confluirenden  Plicae  duodeno-mesocolicae  wurden  nämlich 
von  ihnen  für  eine  einzige  halbmondförmige  Falte  angesehen,  welche 
dann  als  Plica  duodeno-jejunalis  bezeichnet  und  mit  der  von  mir 
sogen.  Plica  venosa  fälschlich  identificirt  wurde. 

Die  Genese  der  beiden  eben  beschriebenen  Recessus  ist  einzig 
und  allein  davon  abhängig,  ob  es  zu  einer  Ausbildung  der  beiden 
Plicae  duodeno-mesocolicae  kommt,  welche  die  vordere  Wand  der- 
selben bilden.  Betreffs  der  Plica  duodeno-mesocolica  inferior 
hat,  wie  oben  erwähnt  wurde,  schon  Toldt  (No.  2)  sehr  richtig 
behauptet,  dass  dieselbe  ganz  unabhängig  von  der  sogen.  Plica 
duodeno-jejunalis  entstehe,  mit  welcher  sie  allerdings  später  ver- 
schmelze. Nur  verlegt  dieser  Autor  die  Entstehung  der  erst- 
genannten Falte  in  eine  viel  zu  späte  Periode,  nämlich  in  den 
achten  Embryonalmonat.  Dem  gegenüber  muss  ich  nach  meinen 
Beobachtungen  entschieden  behaupten,  dass  die  Plica  duodeno- 
mesocolica  inf.  schon  viel  früher,  nämlich  bereits  zu  Anfang  des 
vierten  Embryonalmonats,  ja  wahrscheinlich  noch  früher  entstehen 
kann,  wenngleich  ich  keineswegs  in  Abrede  stellen  will,  dass  ihre 

8* 


116 


Entstehung  unter  besonderen  Verhältnissen  auch  in  eine  spätere 
Periode  des  embryonalen  Lebens  fallen  kann.  Bei  einem  Embryo 
von  11 — 12  cm  Scheitel-Steisslänge  habe  ich  beide  Plicae  duodeno- 
mesocolicae  bereits  prachtvoll  entwickelt  vorgefunden.  Auch  auf 
der  Toldt 'sehen  Fig.  8 seiner  Arbeit  No.  1 ist  bei  einem  Embryo 
in  der  Mitte  des  fünften  Monats  die  Plica  inferior  anscheinend  be- 
reits vorhanden.  Wenn  die  letztere  sich  nicht  bei  jedem  Embryo 
in  diesem  Alter  vorfindet,  so  darf  nicht  vergessen  werden,  dass 
sie  überhaupt  inconstant  ist.  Im  Uebrigen  führt  Toldt  (No.  2) 
verschiedene  Momente  an,  welche  es  avoIü  erklären,  warum  eine 
einmal  gebildete  Plica  duodeno-mesocolica  wächst  und  sich  ver- 
grössert.  Wie  indessen  die  erste  Anlage  dieser  Falte  entsteht, 
darüber  geben  seine  Ausführungen  eigentlich  keine  Auskunft.  Ich 
muss  übrigens  zu  den  letzteren  noch  bemerken,  dass  ich  die  von 
Toldt  auf  Fig.  1 abgebildete,  nahezu  vertical  verlaufende  Falte 
nicht  als  erste  Anlage  der  Plica  duodeno  - mesocolica  inf.  aner- 
kennen kann:  ich  möchte  hier  entweder  an  ein  Lig.  mesen- 
terico-mesocolicum  oder  an  eine  abnorme  Verlöthungsfalte  zwischen 
der  Wurzel  des  Dünndarmgekröses  und  dem  Mesocolon  sigmoideum 
glauben,  wie  ich  eine  solche  bei  einem  fünfmonatlichen  Embryo 
einmal  hoch  und  deutlich  entwickelt  vorfand.  Auch  dass  die  Plica 
duodeno-mesocolica  inf.  dann  am  stärksteil  entwickelt  sein  soll, 
Avenn  die  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses  an  der  Vorderfläche 
oder  gar  an  der  linken  Seite  des  Duodenum  ascendens  verläuft, 
d.  h.  also,  wenn  die  Anklebung  der  sogen,  gemeinschaftlichen 
Mesenterialplatte  an  das  Pankreas  und  Duodenum  sich  Aveit  nach 
links  erstreckt  hat,  möchte  ich  nicht  so  ohne  Weiteres  als  fest- 
stehend annehmen.  Ich  habe  auf  diesen  Punkt  bei  meinen  Unter- 
suchungen kein  besonderes  Augenmerk  gerichtet,  indessen  erinnere 
ich  mich  doch  deutlich  eines  Falles,  in  welchem  die  stark  und  hoch 
ausgebildete  Plica  duodeno-mesocolica  inferior  sich  an  der  rechten 
Seite  des  Duodenum  asceudens,  ja  sogar  am  Pankreaskopf  und 
der  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses  anheftete,  so  dass  man  den 
Eindruck  gewann,  als  ob  die  Plica  sich  direct  in  das  Mesenterium 
fortsetzte.  Ueber  die  Entwickelung  der  Plica  du  odeno -m  eso - 
colica  superior  ist  endlich  bisher  noch  gar  keine  Meinung  kund- 
gegeben worden. 

Nach  meiner  Ansicht  nun  sind  beide  Plicae  duodeno-meso- 
colicae  Verlöthungsfalten  zwischen  der  ursprünglich  linken 
(später  vorderen)  Fläche  des  Duodenum  ascendens  und  dem  rechten 


117 


(vorderen)  Blatt  des  Mesocolon  descendens  — Verlöthungsfalten, 
welche  natürlich  nur  zu  einer  Zeit  entstehen  können,  wo  die  eben 
bezeichnete  Fläche  des  Duodenum  und  das  Mesocolon  descendens 
dicht  neben  einander  liegen.  Ein  solches  Lageverhältniss  hat  in 
der  Tliat  gegen  Ende  des  dritten  oder  in  der  ersten  Hälfte  des 
vierten  Embryonalmonats  statt.  Mitunter  liegt  indessen  die  Pars 
ascendens  duodeni  auch  noch  während  einer  späteren  Zeit  links 
von  der  Wirbelsäule  in  einer  besonderen  vom  Mesocolon  gebildeten 
Vertiefung.  Die  Verlöthung  schreitet  bei  der  Plica  duodeno-meso- 
coliea  inf.  — anscheinend  ebenso  constant  wie  zwischen  dem  ganzen 
Duodenum  und  der  hinteren  Bauchwand  — in  der  Richtung  von 
unten  (also  von  der  Flexura  duodeni  secunda  aus)  nach  oben,  bei 
der  Plica  duodeno-mesocolica  sup.  dagegen  von  oben  (also  von  der 
Flexura  duodeno-jejunalis  aus)  nach  unten  fort.  Wenn  sich  dann 
später  das  Duodenum  nebst  dem  Pankreaskopf  nach  rechts,  da- 
gegen das  Mesocolon  descendens  mehr  nach  links  hinüberlegt,  so 
müssen  sich  die  beiden  ebengenannten  Falten  auf  Kosten  des 
letzteren  bilden,  wobei  man  sich  immer  zu  vergegenwärtigen  hat, 
wie  ausserordentlich  leicht  verschieblich  das  Peritoneum  in  der 
zweiten  Hälfte  des  Embryonallebens  und  auch  noch  während  des 
ersten  Lebensjahres  ist.  Ich  möchte  dabei  übrigens  doch  betonen, 
dass  ich  mir  die  beiden  Falten  in  ihrer  vollentwickelten  Form 
keineswegs  allein  durch  Zugwirkung  entstanden  denke;  es  ver- 
steht sich  von  selbst,  dass  auch  die  von  Toi  dt  angegebenen  Mo- 
mente, insbesondere  ein  eigenes  Wachsthum  der  Falten,  eine  Rolle 
spielen  müssen,  wenn  sich  die  Organe,  zwischen  denen  dieselben 
ausgespannt  sind,  im  Laufe  des  weiteren  Wachsthums  von  einander 
entfernen.  Indessen  ohne  die  Präcedenz  des  eben  beschriebenen  Ver- 
löthungsprocesses  kann  es  überhaupt  nicht  zur  Entwickelung  einer 
Plica  duodeno-mesocolica  kommen.  Ist  eine  Plica  venosa  vorhanden, 
so  füllt  die  Pars  ascendens  in  jener  Zeit  des  Embryonallebens  den  Rec. 
venosus,  wie  es  scheint  mit  Vorliebe,  gänzlich  aus,  indem  sie  in  dem 
letzteren  wie  in  einer  Art  von  Bucht  liegt  — wenigstens  habe  ich  dies 
immer  so  gesehen.  Kommt  es  in  diesem  Falle  zur  Bildung  der  oberen 
oder  unteren  Plica  duodeno-mesocolica,  so  geschieht  dies  gewöhnlich 
in  der  Weise,  dass  der  freie  Rand  der  Plica  venosa  entweder  an 
seinem  oberen  oder  an  seinem  unteren  oder  auch  an  beiden  Enden  mit 
dem  Duodenum  verwächst.  Da  die  Vene  aber  mit  dem  Peritoneal- 
abschnitt, welchen  sie  emporhebt,  nicht  fest  verbunden  ist,  so 
rücken  im  weiteren  Laufe  des  Wachsthums  die  Vene  und  das  Duo- 


118 


denum  auseinander  und  es  können  auf  diese  Weise  zwei  confluirende 
Plicae  duodeno-mesocolicae  entstehen,  in  deren  linkem  Abschnitt, 
mehr  oder  weniger  vom  freien  Rande  der  Falten  entfernt,  scheinbar 
die  Y.  mesent.  inf.  verlaufen  kann.  Auf  diese  Weise  erklärt  sich 
ein  anderer  Tlieil  jener  Fälle,  in  welchen  die  Autoren  erwähnen, 
dass  die  V.  mesent.  inf.  nicht  ganz  im  freien  Rande  der  Plica  duo- 
deno-jejunalis  ihren  Lauf  genommen  habe.  Verlöthet  dagegen  der 
freie  Rand  der  Plica  venosa  in  mehr  unregelmässiger  Weise  mit 
dem  Duodenum,  so  kann  es  zur  Bildung  eines  Recessus  kommen, 
welcher  durch  mehrere  manchmal  sehr  kleine  Oeffnungen  mit  dem 
übrigen  Cavum  peritonei  communicirt,  wie  ich  einen  solchen  Fall 
ebenfalls  bei  einem  Erwachsenen  beobachtet  habe.  Auf  die  gleiche 
Weise  sind  auch  der  bereits  früher  erwähnte,  von  Jonnesco  als 
Fossette  duodeno- jejunal  double  abgebildete  Fall  und  endlich  auch 
die  Fälle  von  sogen,  vollständigem  Verschluss  der  Fossa  duodeno- 
jejunalis  zu  erklären.  War  keine  Plica  venosa  vorhanden,  so  kann 
die  Verlöthung  zwischen  dem  Duodenum  ascendens  und  dem  Meso- 
colon descendens  auch  bald  mehr  links  bald  mehr  rechts  von  der 
Y.  mesent.  inf.  vor  sich  gehen;  das  sind  dann  diejenigen  Fälle,  in 
welchen  die  Vene  entweder  in  einer  gewissen  Entfernung  von  den 
Plicae  duodeno-mesocolicae  (bezw.  den  entsprechenden  Recessus) 
oder  gar  hinter  den  letzteren  verläuft. 

Dass  meine  Ansicht  über  die  Entstehung  der  Plicae  duodeno- 
mesocolicae  mehr  als  eine  blosse  Hypothese  ist,  dafür  kann  ich 
folgende  beweisende  Momente  ins  Feld  führen.  Bei  einem  Embryo 
etwa  in  der  Mitte  des  vierten  Monats  fand  ich  die  beiden  eben- 
genannten Falten  sehr  deutlich  entwickelt  vor.  Als  ich  das  Duo- 
denum ascendens  mit  dem  Finger  vorsichtig  nach  rechts  zog,  lösten 
sich  jedoch  beide  Falten  mit  Leichtigkeit  von  der  Yorderfläcke 
des  Duodenum  ab  und  blieben  verschwunden.  Hier  hatte  es  sich 
offenbar  um  eine  frische  Verlöthung  gehandelt,  welche  schon  einem 
geringen  Zuge  keinen  Widerstand  zu  leisten  vermochte.  Ich  muss 
hierbei  bemerken,  dass  bei  anderen  Embryonen  von  dem  gleichen 
Alter  die  Verlöthung  bereits  so  fest  war,  dass  sie  jedem  Zuge 
widerstand.  In  zwei  Fällen  ferner,  das  eine  Mal  bei  einem  Embryo 
von  7 Monaten,  das  andere  Mal  bei  einem  Neugeborenen,  konnte 
ich  an  der  Uebergangsstelle  einer  Plica  duodeno-mesocolica  inf. 
in  das  Duodenum  eine  deutliche  Verlöthungslinie,  d.  h.  also  eine 
lineare  Trübung  des  Peritoneum  constatiren.  Ich  habe  schon  früher 
auseinandergesetzt,  warum  man  die  Verlöthungslinie  nicht  überall 


119 


dort  sieht,  wo  wirklich  eine  Verlöthung  stattgcfimden  hat.  Endlich 
hatte  ich  mir,  nachdem  ich  zu  meiner  Ansicht  über  die  Entstehung 
der  letztgenannten  Falte  gekommen  war,  gesagt,  es  müsste  doch 
eigentlich  auch  einmal  als  Varietät  derselben  ein  Defect  an  ihrem 
unteren,  dem  blinden  Ende  des  Recessus  entsprechenden  Abschnitt 
Vorkommen,  nämlich  dann,  wenn  ausnahmsweise  die  Verlöthung 
zwischen  dem  Duodenum  und  dem  Mesocolon  descendens  an  der 
Flexnra  dnodeni  secnnda  unterblieb  und  sich  mehr  auf  den  mittleren 
Abschnitt  des  Duodenum  ascendens  beschränkte.  Es  war  mir 
nun  eine  grosse  Genugtuung,  bei  einer  genaueren  Musterung 
der  Literatur  zu  finden,  dass  in  der  That  von  Treves  (Fig.  3 
p.  416)  ein  Fall  abgebildet  worden  ist,  in  welchem  die  Plica 
duodeno-mesocolica  inf.  durch  ein  breites,  mit  zwei  freien  parallelen 
Rändern  versehenes  Ligament  repräsentirt  wurde,  welches  das 
Mesocolon  descendens  mit  dem  Duodenum  verband.  Die  Ent- 
stehung dieser  Varietät  lässt  sich  nur  durch  meine  Verlöthungs- 
theorie  erklären. 

Fasse  icli  das  in  diesem  Capitel  Gesagte  kurz  zusammen,  so 
sind,  mit  Ausnahme  der  Plica  venosa  und  vielleicht  der  Plica  sus- 
pensoria  alle  übrigen  in  der  Nähe  des  Duodenum  ascendens  und  der 
Flexnra  duodeno-jejunalis  beschriebenen  Falten  nichts  weiter  als  Ver- 
löthungsfalten,  von  denen  jedoch  verschiedene  so  häufig  und  in  so 
regelmässiger  Form  Vorkommen,  dass  man  ihnen  eine  gewisse 
Individualität  und  somit  auch  eine  specielle  Beachtung  vindiciren 
muss.  Von  den  durch  diese  Falten  gebildeten  Bauchfelltaschen 
sind  der  Rec.  duodeno-jejunalis  dexter  (Intermesocolicus  trans- 
versus)  und  der  Rec.  duodeno-jejunalis  superior  bisher  nur  isolirt 
beobachtet  worden.  Dagegen  scheinen  der  Rec.  duodeno-jejunalis 
posterior  und  der  Rec.  duodeno-jejunalis  sinister  (Rec.  venosus)  mit 
'Vorliebe  neben  einander  vorzukommen.  Weit  häufiger  ist  die  Co_ 
existenz  der  Recessus  duodeno-mesocolici,  sei  es  mit  einander,  sei 
es  mit  dem  Recessus  venosus.  Am  allerhäufigsten  scheint  sich 
nach  meinen  Beobachtungen,  wenigstens  beim  Embryo  und  beim 
Kinde,  eine  Combination  des  Rec.  venosus  mit  dem  Rec.  duodeno- 
mesocolicus  inf.,  d.  h.  also  auch  der  Plica  venosa  mit  der  Plica 
duodeno-mesocolica  inf.  vorzufinden.  Dies  ist  z.  B.  auch  diejenige 
Form,  welche  Treitz  (Taf.  I)  gewissermaassen  als  Typus  der  von 
ihm  sogen.  Fossa  duodeno-jejunalis  darstellt.  Auch  die  Henle'sche 
Abbildung  der  letztgenannten  Grube  (Lehrbuch  der  Anatomie  und 
Eingeweidelehre  p.  916)  zeigt  die  gleiche  Combination  der  beiden 


120 


ebengenannten  Recessus:  nur  ist  liier  die  Flica  duodeno-mesocolica 
inf.  schwach  entwickelt  und  ausserdem  die  Flexura  duodeno-jeju- 
nalis  in  grosser  Ausdehnung  mit  dem  Mesocolon  transversum  ver- 
lüthet.  Je  älter  das  betreffende  Individuum  ist,  desto  geringer  ist 
die  Wahrscheinlichkeit,  die  von  mir  beschriebenen  reinen  Formen 
vorzufinden.  AVie  dies  bereits  AValdeyer  gegenüber  Eppinger 
ganz  richtig  bemerkt  hat,  haben  hier  nachträglich  mannigfache 
Verwachsungen  und  Verlöthungen  stattgefunden,  welche  geeignet 
sind,  das  typische  Bild  zu  stören.  Auch  Fettanhäufungen  können 
natürlich  vorhandene  Buchten  und  Falten  ausgleichen  und  oft  genug 
vollständig  zum  Verschwinden  bringen. 

Es  ist  nun  ganz  selbstverständlich,  dass  mit  den  von  mir 
wegen  ihres  häufigen  und  ziemlich  regelmässigen  Abkommens  als 
typisch  beschriebenen  Plicae  und  Recessus  die  Zahl  derjenigen 
Formen  noch  nicht  erschöpft  ist,  welche  in  dieser  Gegend  über- 
haupt möglich  sind.  Durch  Variationen  in  der  physiologischen 
Verlöthung  der  hier  gelegenen  Organe  können  natürlich  auch  noch 
mannigfache  andere  Gruben  und  Taschen  bald  von  mehr  eigener 
Individualität,  bald  als  Varietäten  der  typischen  Formen  entstehen. 
Es  würde  zu  weit  führen,  wollte  ich  an  allen  bisher  beobachteten 
derartigen  Fällen  im  Einzelnen  erläutern,  wie  sich  diese  Ver- 
löthungsprocesse  daselbst  abgespielt  haben:  jedenfalls  lassen  sich 
alle  diese  Fälle  ohne  Schwierigkeit  auf  diese  Weise  erklären, 
während  es  nicht  möglich  ist,  dieselben  ebenso  bequem  in  den 
Rahmen  irgend  einer  anderen  Theorie  unterzubringen.  Ich  kann 
mir  ferner  eine  andere  Bemerkung  nicht  versagen.  Der  Begriff 
des  „Zuges“  ist  für  die  Erklärung  peritonealer  Bildungen  von 
manchen  Autoren  in  einer  Ausdehnung  verwertet  worden,  wie  sie 
wohl  hin  und  wieder  unter  pathologischen  Arerhältnissen,  aber  nicht 
bei  normalen  Entwickelungsvorgängen  angenommen  werden  kann. 
AVenn  z.  B.  zwei  durch  ein  peritoneales  Ligament  verbundene  Or- 
gane im  Laufe  der  embryonalen  Wachsthumsvorgänge  sich  weit 
von  einander  entfernen,  so  folgt  daraus  noch  keineswegs,  dass  das 
Ligament  hierdurch  in  einen  Zustand  grösserer  Spannung  versetzt 
wird.  Unter  normalen  Verhältnissen  wird  eben  das  Waclisthum 
desselben  mit  den  Locomotionen  und  dem  Wachsthum  der  beiden 
Organe  gleichen  Schritt  halten.  Die  gegenteilige  Annahme  wäre 
ebenso  befremdend,  als  wenn  Jemand  behaupten  wollte,  dass  bei 
einem  starken  Wachsthum  der  Knochen  diese  oder  jene  Muskeln 
durch  das  Auseinanderrücken  ihrer  Insertionen  erheblich  gedehnt 


121 


würden.  Das  geschieht  eben  unter  normalen  Verhältnissen  nicht, 
sondern  das  Wachsthum  der  Knochen  und  der  Muskeln  findet  in 
harmonischer,  dem  betreffenden  Gestaltungszweck  entsprechender 
Weise  statt.  Wo  dies  nicht  der  Fall  ist,  da  müssen  wir  schon 
von  pathologischen  Zuständen  reden.  Endlich  kann  ich  nicht  umhin, 
jene  schon  von  Toldt  in  seiner  Arbeit  über  den  Rec.  duodeno- 
jejuualis  betonte  Thatsache  hier  noch  einmal  hervorzuheben,  dass 
wir  die  peritonealen  Falten  und  Taschen  — wenn  wir  sie  genauer 
betrachten  wollen  — fast  niemals  in  ihrer  natürlichen  Beschaffenheit, 
sondern  stets  durch  allerlei  artificielle  Zugwirkungen  und  Lage- 
veränderungen entstellt  vor  uns  sehen  — was  bei  der  Beurtheilung 
eines  jeden  vorliegenden  Falles  wohl  zu  beachten  ist. 

b)  Die  Hernia  duodeno-jejunalis. 

Wenn  wir  uns  nun  fragen,  welche  von  den  beschriebenen 
Bauchfelltaschen  zum  Sitz  einer  intraabdominalen  Hernie  werden 
könne,  so  muss  ich  zunächst  betreffs  des  von  mir  sogen.  Rec. 
intermesocolicus  trans versus  bemerken,  dass  sich  die  Ent- 
stehung einer  Hernie  in  demselben  nur  schwer  denken  lässt. 
Durch  den  Druck  der  Bauchpresse  würden  wegen  ihrer  queren 
Lage  die  Wände  dieser  Tasche  eher  fest  aneinander  gepresst,  als 
eine  Darmschlinge  in  dieselben  hineingetrieben  werden.  Sollte  es 
jemals  zur  Bildung  eines  Bruches  in  diesem  Recessus  kommen,  so 
würden,  abgesehen  von  einer  genügenden  Weite  und  Resistenz 
seiner  Eintrittsöffnung,  hierfür  alle  diejenigen  Momente  als  prä- 
disponirend  angesehen  werden  müssen,  welche  eine  Erweiterung 
dieser  Tasche  und  ein  Klaffen  ihrer  Eingangsöffnung  bedingen. 
Dazu  würden  ein  aufwärts  gezogenes  Mesocolon  transversum  und 
eine  abwärts  gezogene  Flexura  duodeno-jejunalis  gehören,  wie  sie 
sich  vielleicht  unter  pathologischen  Verhältnissen,  in  Folge  von 
peritonitischen  Adhäsionen  etc.  einmal  vorfinden  könnten.  Jeden- 
falls möchte  ich  keine  der  bis  jetzt  beschriebenen  Intraabdominal- 
hernien auf  diesen  Recessus  beziehen. 

Ebensowenig  scheint  bis  jetzt  der  Rec.  duodeno-jejunalis 
posterior  (der  Kebensack  Gruber's,  die  Fossa  duodeno-jejunalis 
von  Landzert)  der  Sitz  einer  intraabdominalen  Hernie  gewesen 
zu  sein.  Landzert  behauptet  zwar,  dass  die  sogen,  rechtsseitigen 
Retroperitonealhernien  in  dieser  Tasche  entständen.  Indessen  bringt 
er  für  diese  Behauptung  ebensowenig  irgend  einen  positiven  Grund 


122 


vor,  wie  für  die  andere,  dass  diese  Brüche  während  des  intra- 
uterinen Lebens  entstehen.  Ich  selbst  muss  sagen,  dass  icli  mir  die 
Genese  eines  Bruches  in  diesem  Recessus  überhaupt  nur  dann  vor- 
stellen kann,  wenn  die  beiden,  den  letzteren  begrenzenden  Falten 
mit  ihren  oberen  Enden  confiuiren,  sehr  weit  nach  oben  reichen 
und  zugleich  ein  Orificium  von  genügender  Resistenz  bilden.  Würde 
dann  aber  die  Flexura  duodeno-jejunalis  durch  andrängende  Speise- 
massen in  die  Tasche  hineingedrängt,  so  könnte  der  Bruch  doch 
nur  nach  links  oder  oben  in  das  retroperitoneale  Bindegewebe 
Vordringen  — wenn  eben  der  Rand  des  Orificium  durch  den  Darm 
nicht  einfach  hinweggeschoben  wird.  Denn  durch  welche  Gewalt 
sollte  wohl  der  in  der  Tasche  befindliche  Darm  nach  rechts  und 
unten  gedrängt  Averden?  Ausserdem  müsste  er  ja  im  letzteren  Falle 
seinen  Weg  hinter  dem  Duodenum  ascendens  und  dem  Pankreas- 
kopf nach  abwärts  nehmen.  Und  Avie  soll  dann  die  A.  ileo-colica 
in  den  Rand  der  Bruchpforte  gelangen?  Kurz  — für  mich  ist 
die  Landzert’sclie  Hypothese  eine  mechanische  Unmöglichkeit. 

Auch  die  Recessus  duodeno-mesocolici  und  der  Rec. 
duodeno-jejunalis  superior  sind  bereits  als  Eintrittstellen  für 
die  sogen,  retroperitonealen  Hernien  von  verschiedener  Seite  in 
Anspruch  genommen  worden.  Zunächst  sollen  sich  in  dem  Rec. 
duodeno-mesocolicus  inf.  (hinter  dem  unteren  Horn  der  Treitz- 
schen  Plica  duodeno-jejunalis),  nach  Kl  ob  die  sogen.  Herniae  retro- 
peritoneales  dextrae,  nach  Treves  alle,  soAvohl  die  linksseitigen 
wie  die  rechtsseitigen  Retroperitonealbrüche  entAvickeln.  Irgend 
welche  besonderen  Gründe  werden  übrigens  Aveder  von  dem  einen 
noch  von  dem  anderen  Autor  für  seine  Ansicht  in's  Feld  geführt: 
somit  behalten  die  letzteren  nur  den  Werth  einfacher  Hypothesen. 
Jonnesco  (cf.  p.  101  und  102)  schliesst  sich  für  die  rechtsseitigen 
Retroperitonealhernien  (die  von  ihm  sogen.  Hernies  duodenales 
droites)  der  Kl  ob 'sehen  Ansicht  an:  denn  seine  Fossette  duodenale 
inferieure  non  vasculaire  ist  mit  meinem  Rec.  duodeno-mesocolicus 
inf.  identisch.  Irgend  welche  positiven  Gründe  für  die  Richtigkeit 
der  Ansicht  von  Klob  bringt  indessen  auch  Jonnesco  nicht  weiter 
vor.  Nach  ihm  heisst  es:  „L'angle  duodeno-jejunal  mal  sontenu 
par  le  muscle  de  Treitz,  tombe  et  favorise  ainsi  le  deplacement 
de  la  portion  ascendante  du  duodenum.  Celle  ci  s'abaisse,  pousse 
devant  eile  le  repli  sereux  duodenal  inferieur.  Aussi,  petit  ä petit 
le  cul  de  sac  sereux  se  trouve  repousse  de  gauche  ä droite  et  de 
haut  en  bas  . . . .“  Zugegeben,  dass  eine  mangelhafte  EntAA'icke- 


123 


hing  des  M.  suspensorius  duodeni  in  einem  solchen  Falle  vorhanden 
wäre,  was  doch  immerhin  erst  eines  weiteren  Beweises  bedürfte, 
so  kann  ich  doch  nicht  glauben,  dass  die  Pars  ascendens  duodeni 
nun  ohne  Weiteres  in  den  Ree.  duodeno-mesocolicus  inf.  hinein- 
sinken würde,  weil  dieselbe  doch  noch  ziemlich  fest  mit  dem  Pan- 
kreaskopf verbunden  ist.  Indessen  ich  will  annehmen,  die  Ver- 
bindung mit  dem  Pankreaskopf  wäre  gelockert  und  das  Duodenum 
ascendens  nebst  der  Flexura  duodeno-jejunalis  in  den  Recessus 
hineingesunken,  so  müsste  sich  die  Hernie  doch  gerade  nach  links, 
aber  nicht  nach  rechts  entwickeln.  Denn  das  Hauptmoment  für 
die  Vergrösserung  des  Bruches  sind  doch  nach  den  Darlegungen 
von  Treitz  zweifellos  die  gegen  die  Flexur  andrängenden  Speise- 
massen und  diese  könnten  den  Darm  höchstens  nach  links  oder 
unten,  aber  nicht  nach  rechts  in  das  retroperitoneale  Bindegewebe 
hineinschieben.  Die  Bauchpresse  kann  selbstverständlicherweise 
keinen  Einfluss  auf  die  Entwickelung  des  Bruches  nach  links  oder 
rechts  hin  haben  und  das  retroperitoneale  Bindegewebe  ist  auf  der 
linken  wie  auf  der  rechten  Seite  gleich  verscliieblich  — kurz  und 
gut,  in  der  isolirten  Possette  duodenale  inferieure  non  vasculaire  von 
Jonnesco  (in  dem  Ree.  duodeno-mesocolicus  inf.)  können  Aveder 
die  rechts-  noch  linksseitigen  Retroperitonealhernien  entstehen. 
Auch  Eppinger  (1.  c.)  hat  sich  mit  einigen  anderen  sehr  zu- 
treffenden Gründen  gegen  diese  Ansicht  gewandt.  Dagegen  kann 
ich  mit  Jonnesco,  wie  es  scheint,  ungefähr  übereinstimmen,  wenn 
derselbe  behauptet,  dass  in  der  Fossette  duodenale  inferieure  vas- 
culaire diejenigen  Herniae  retroperitoneales  sinistrae  entstehen, 
Avelche  nach  dem  Treitz 'sehen  Typus  in  das  Mesocolon  descendens 
und  sigmoideum  Vordringen.1)  Da  die  von  Jonnesco  abgebildete 
Fossette  duodenale  inferieure  vasculaire  anscheinend  eine  Com- 
bination  des  Recessus  duodeno-mesocolicus  inf.  mit  dem  Recessus 
venosus  darstellt,  wräre  sie  mit  der  von  Treitz  abgebildeten  Fossa 
duodeno-jejunalis  identisch2)  und  Jonnesco  würde  sich  somit,  Avie 
es  scheint,  in  Bezug  auf  die  Genese  der  Treitz1  sehen  Hernien 

')  Befremdend  bleibt  es,  dass  Jonnesco  diese  Grube,  die  Entstehungs- 
stätte der  am  häufigsten  vorkommenden  Art  von  intra abdominalen  Hernien,  nur 
einmal  gesehen  hat.  Vielleicht  kommt  sie  in  Frankreich  überhaupt  nur  selten 
vor,  womit  die  Thatsache  übereinstimmen  würde,  dass  auch  die  Hernia  duodeno- 
jejunalis  sin.  dort  sehr  selten  beobachtet  worden  ist. 

2)  Doch  hat  bei  der  von  Jonnesco  abgebildeten  Bauchfelltasche  ent- 
schieden noch  eine  Verwachsung  zwischen  dem  oberen  Ende  der  Plica  venosa 
und  der  Flexura  duodeno-jejunalis  stattgefunden. 


124 


dem  letzteren  Autor  anschliessen.  Endlich  sollen  nach  .Tonn esc o 
die  Hernien,  welche  sich  nach  dem  L an  dz  er  t’  sehen  Typus  ent- 
wickeln, d.  h.  hauptsächlich  zwischen  die  beiden  Blätter  des  Meso- 
colon transversum  Vordringen,  entweder  in  der  von  ihm  sogen. 
Eossette  duodenale  superieure  oder  in  der  Eossette  duodeno -jeju- 
nale ou  mesocolique  (dem  Rec.  duodeno-jejunalis  superior)  entstehen. 
Ich  muss  hier  zunächst  nach  den  in  der  Einleitung  festgestellten 
Principien  es  als  durchaus  unstatthaft  bezeichnen,  dass  Jonnesco 
die  Anschauung  vertritt,  ein  und  dieselbe  Hernie  könne  ihren  Ur- 
sprung in  zwei  ganz  verschiedenen  Gruben  haben.  Entweder  es 
lohnt  überhaupt  nicht,  die  eben  bezeiclmeten  Taschen  besonders  zu 
benennen  und  von  einander  zu  unterscheiden  oder,  wenn  man  hier 
zwei  verschiedene  Taschen  annimmt,  so  muss  man  dann  auch  conse- 
quenter  Weise  zwei  verschiedene  Arten  von  Hernien  annehmen,  wenn- 
gleich die  letzteren  zufälligerweise  alle  beide  in  das  Mesocolon 
transversum  Vordringen.  Jonnesco  müsste  dann  also  nicht  nur  eine 
Hernie  duodenale  droite  und  gauche,  sondern  auch  eine  Hernie  duo- 
deno-jejunale  unterscheiden,  was  er  jedoch  nicht  thut.  Indessen  muss 
ich  die  Möglichkeit  überhaupt  bestreiten,  dass  in  den  Rec.  duo- 
deno-mesocolicus  sup.  eine  Darmschlinge  hineingerathen  kann.  Die 
eigentliche  Flexura  duodeno-jejunalis  könnte  durch  das  Andrängen 
von  Speisemassen  nicht  in  die  Tasche  hineingetrieben  werden,  denn 
sie  liegt  überhaupt  oberhalb  des  Orificium  der  letzteren  (cf.  Fig.  7 
p.  113)  und  würde  folglich  durch  ihren  Inhalt  höchstens  noch  ober- 
halb der  Tasche  weiter  nach  links  und  oben  gedrängt  werden.  Es 
könnte  also  nur  irgend  ein  anderer,  tiefer  gelegener  Tlieil  des 
Dünndarms  in  die  Tasche  hineingerathen  — aber  durch  welche 
treibenden  Momente?  Die  Bauchpresse  kann,  wie  wir  dies  schon 
oben  erwähnt  haben  und  wie  dies  wohl  seit  den  Tr  eit  z’  sehen 
Auseinandersetzungen  allgemein  anerkannt  wird,  in  dieser  Richtung 
keine  Wirkung  äussern.  Man  könnte  vielleicht  sagen,  dass  durch 
eine  starke  Ausdehnung  des  Duodenum  die  Wände  dieses  Recessus 
(ebenso  wie  diejenigen  des  Rec.  duodeno-mesocolicus  inf.)  zum  Aus- 
einanderklaffen  gebracht  werden  und  dann  die  benachbarten  Dünn- 
darmschlingen in  den  letzteren  nachdringen  könnten.  Indessen  ich 
halte  auch  dies  nicht  für  wahrscheinlich.  Ist  das  Duodenum  leer, 
so  werden  die  Plicae  duodeno-mesocolicae  dem  Peritoneum  parietale 
dicht  anliegen.  Dehnt  sich  dasselbe  aus,  so  buchtet  es  sich  so- 
zusagen nach  links  in  die  beiden  Recessus  hinein,  ohne  dass  die 
Wände  der  letzteren  auseinanderweichen.  Dazu  kommt  noch,  dass 


125 


diese  beiden  Bauchfelltaschen  doch  fast  niemals  gross  geling  er- 
scheinen, um  das  Eindringen  einer  Darmschlinge  zu  gestatten.  In- 
dessen auch  in  dem  Rec.  duodeno-jejunalis  superior  (der 
Fossette  duodeno-jejunale  von  Jonnesco)  könnte  meiner  Ansicht 
nach  nur  dann  eine  Darmschlinge  eindringen,  wenn  das  Mesocolon 
transversum  stark  aufwärts  und  das  Jejunum  abwärts  gezogen  ist, 
weil  nur  dann  seine  Eintrittsöffnung  aufklafft.  Ein  derartiges 
Verhältniss  könnte  aber  wohl  nur  ausnahmsweise  unter  ganz  be- 
sonderen pathologischen  Verhältnissen  statthaben.  Unter  gewöhn- 
lichen Verhältnissen,  bei  herabhängendem  Mesocolon  transversum, 
liegen  jedoch  die  Wände  des  Recessus  dicht  aneinander  und  es 
fehlt  vollständig  an  irgend  einer  treibenden  Kraft,  welche  eine 
Darmschlinge  in  denselben  hineindrängen  könnte.  Also  weder  der 
Rec.  duodeno-jejunalis  sup.  noch  die  Rec.  duodeno-mesocolici  können 
unter  normalen  Verhältnissen,  sei  es  beim  isolirten  Vorkommen, 
sei  es  bei  ihrer  Coexistenz,  zur  Bildung  einer  intraabdominalen 
Hernie  Veranlassung  geben. 

Von  allen  in  der  Umgebung  des  Duodenum  asceiidens  und  der 
Flexura  duodeno-jejunalis  gelegenen  Bauchfelltaschen  bleibt  somit 
nur  noch  der  Recessus  venosus  s.  duodeno-jejunalis  sinister 
in  Bezug  auf  seine  Relationen  zu  den  sogen,  retroperitonealen 
Hernien  zu  betrachten.  Es  kann  meiner  Absicht  nach  gar  kein 
Zweifel  darüber  existiren,  dass  alle  bisher  beschriebenen  sogen. 
Herniae  retroperitoneales  sinistrae,  sei  es  von  dem  Tr eitz’ sehen, 
sei  es  von  dem  La  n dz  er  t’  sehen  Typus  in  diesem  Recessus  ent- 
standen sind.  Wie  die  sogen.  Herniae  retroperitoneales  dextrae 
entstehen,  werde  ich  weiterhin  in  einem  besonderen  Kapitel  er- 
örtern. Indessen  für  die  G-enese  der  Herniae  duodeno-jeju- 
nales  sinistrae  ist  als  erstes  und  wichtigstes  anatomisches 
Erforderniss  das  Vorhandensein  einer  Plica  bezw.  eines 
Recessus  venosus  zu  bezeichnen.  Besonders  günstig  liegt  die 
Sache,  wenn  der  freie  Rand  der  Plica,  wie  ich  dies  öfters  gesehen 
habe,  der  Flexur  dicht  anliegt  oder  sogar  vor  derselben  verläuft.  Die 
Entstehung  einer  solchen  Hernie  wird  ferner  begünstigt  durch  die 
gleichzeitige  Existenz  einer  hohen,  mit  dem  Rande  der  Plica  venosa 
verwachsenen  Plica  duodeno-mesocolica  inf. : dann  liegt  die  Flexur 
mitunter  schon  bei  der  Geburt  derartig  in  dieser  Tasche,  dass  sie  beim 
Andrängen  der  Speisemassen  nirgends  ausweichen  kann  und  sich, 
da  sie  oben  an  das  Pankreas  stösst,  nach  links  in  das  retroperitoneale 
Bindegewebe  hineinschieben  muss.  Die  Wirkung  der  andrängenden 


126 


Speisemassen  denke  ich  mir  genau  wie  in  dem  von  Treitz  (p.  14) 
zunächst  ausgeftihrten  und  von  Waldeyer  (p.  70)  auch  für  natür- 
liche Verhältnisse  bestätigten  Versuch,  wonach,  wenn  man  einen 
herausgeschnittenen  Darm  mit  dem  einen  Ende  auf  eine  Schüssel 
legt  und  in  dieses  Ende  Wasser  eingiesst,  in  dem  Maasse,  als  der 
Darm  auf  der  Schüssel  sich  füllt,  das  auf  dem  Tische  liegende 
Darmstück  von  selbst  in  die  Schüssel  gezogen  wird,  bis  es  endlich 
ganz  hineingelangt.  Da  sich  die  resistente  Vene  im  Rande  der 
Falte  befindet,  so  kann  der  andrängende  Darm  auch  das  zu  dieser 
Zeit  noch  sehr  leicht  verschiebliche  Peritoneum  nicht  zur  Seite 
drängen,  sondern  muss  unter  der  Plica  venosa  bleiben.  Auch  eine 
Verwachsung  des  oberen,  horizontalen  Theiles  der  Plica  venosa 
mit  der  oberen  Fläche  der  Flexura  duodeno-jejunalis  dürfte  das 
Zustandekommen  einer  Hernie  nicht  verhindern.  Sowie  dagegen 
die  linke  Seite  der  Flexur  und  des  angrenzenden  Duodenum  mit 
der  Plica  venosa  verwachsen  ist,  oder  sich  gar  an  dieser  Stelle 
eine  Plica  duodeno-mesocolica  superior  befindet,  kann  es  nicht  zur 
Bildung  eines  Bruches  kommen.  Dass  eine  abnorme  Erschlaffung 
des  Bauchfells,  wie  sie  bei  plötzlicher  Abmagerung  fetter  Personen 
nach  überstandener  Schwangerschaft,  schnell  rückgängig  gewordener 
Bauchwassersucht  u.  s.  w.  eintreten  kann,  auch  beim  Erwachsenen 
noch  die  Bildung  einer  Hernie  veranlassen  kann,  indem  sie  den 
Recessus  vertieft  und  das  Eindringen  des  Bruches  in  das  retro- 
peritoneale  Bindegewebe  erleichtert,  ist  selbstverständlich.  Indessen 
glaube  ich,  dass  weitaus  die  meisten  derartigen  Hernien  unmittelbar 
nach  der  Geburt  sich  zu  entwickeln  anfangen,  weil  dann  die  Ver- 
schieblichkeit und  Dehnbarkeit  des  Peritoneum  eine  ausserordentlich 
grosse  ist. 

Wie  man  sieht,  stimme  ich  also  betreffs  der  Genese  der  Hernia 
duodeno -jejunales  sinistra  vollständig  mit  den  Anschauungen  von 
Treitz,  Waldeyer,  Eppinger  u.  a.  überein,  wobei  ich  noch 
einmal  betone,  dass  diese  Autoren  offenbar  keinen  Recessus  venosus. 
Sendern  eine  Complication  des  letzteren  mit  dem  Rec.  duodeno- 
mesocolicus  inferior  als  Entstehungsstätte  dieser  Hernie  im  Auge 
gehabt  haben.  Dass  indessen  auch  die  allerdings  erheblich  seltenere 
reine  Form  des  Recessus  venosus  für  sich  allein  genügt,  um  die 
Bildung  einer  Hernie  zu  veranlassen,  ist,  wie  ich  glaube,  zweifellos 
durch  die  von  Gruber  und  Laiulzert  beschriebenen  Fälle  er- 
wiesen. Denn  die  von  Gruber  so  bezeichn ete  „Peritoneal-Sack- 
wandpartie,  welche  zwischen  der  Fossa  duodeno-jejunalis  und  dem 


127 


sie  in  grösserer  Entfernung  umkreisenden  Gefässbogen  liegt“  und 
die  von  Landzert  so  beschriebene  „Grube,  welche  durch  die 
Gefässfalten  (A.  colica  sin.  und  V.  mesent.  iuf.)  auf  dem  hinteren 
Parietalblatte  des  Bauchfells  gebildet  wird“,  ist  nichts  anderes  als 
der  von  mir  sogen.  Rec.  venosus.  Dass  sich  die  Hernia  duodeno- 
jejunalis  sinistra  mitunter  nicht  nur  in  das  Mesocolon  descendens, 
sondern  auch  in  das  Mesocolou  transversum  hineinschiebt,  dürfte 
ohne  Schwierigkeit  dadurch  zu  erklären  sein,  dass  vou  der  Plica 
venosa  ausnahmsweise  auch  der  transversale  Theil  (das  obere 
Horn)  stark  hervorspringt,  während  für  gewöhnlich  nur  der  verti- 
cale  (longitudinale)  Theil  derselben  gut  entwickelt  ist.  Im  ersteren 
Fall  pflegt  die  V,  mesent.  iuf.  bei  aufwärts  geschlagenem  Mesocolon 
transversum  gewöhnlich  vor  dem  Pankreas,  im  letzteren  Falle  in 
der  Rinne  zwischen  dem  unteren  Rand  des  Pankreas  und  der 
hinteren  Bauchwand  zu  verlaufen. 

Dass  meine  Ansicht  über  die  Entstehung  der  Hernia  duodeno- 
jejunalis  sinistra  die  einzig  richtige  ist,  wird  zunächst  wohl  schon 
dadurch  ausserordentlich  wahrscheinlich  gemacht,  dass  in  allen  den 
zahlreichen  bisher  beobachteten  Fällen  dieser  Bruchart  die  V. 
mesent.  inf.  bezw.  die  A.  colica  colica  sin.  in  dem  vorderen  Rande 
der  Bruchpforte  gelegen  waren.  Man  könnte  ja  nun  allerdings 
sagen,  dass  auch  dann,  wenn  die  Y.  mesent.  inf.  ursprünglich  nicht 
in  dem  freien  Rande  der  Plica  venosa  verliefe,  sie  bei  grösserer 
Ausdehnung  des  Bruches  doch  stets  in  den  vorderen  Rand  der 
Bruchpforte  hineingerathen  müsste,  weil  der  zwischen  der  Vene  und 
dem  freien  Rande  der  ursprünglichen  Falte  gelegene  Peritoneal- 
abschnitt mit  zur  Bildung  des  Bruchsackes  verwandt  werden  würde. 
Ich  habe  aber  bereits  früher  auf  Grund  eines,  wie  ich  glaube,  ge- 
nügend zahlreichen  Beobachtungsmaterials  nachgewiesen,  dass  die 
Vene  nur  dann  nicht  in  dem  freien  Rande  der  von  den  Autoren  sogen. 
Plica  duodeno-jejunalis  verläuft,  wenn  entweder  gar  keine  Plica 
venosa , sondern  nur  die  beiden  confluirenden  Plicae  duodeno- 
mesocolicae  oder  wenn  zwei  mit  dem  freien  Rande  einer  vor- 
handenen Plica  venosa  verschmolzene  und  vor  dem  letzteren 
gleichfalls  confluirende  Plicae  duodeno-mesocolicae  vorhanden  sind. 
Ist  aber  eine  Plica  duodeno - mesoeolica  superior  da,  so  kann 
es  überhaupt  nicht  dazu  kommen,  dass  eine  Darmschlinge  in 
den  Recessus  venosus  eindringt,  weil  ja  die  Flexur  dann  über- 
haupt nicht  in  die  letztere  Tasche  hineindringen  kann  (cfr. 
d.  A.  Seite  124).  Würde  übrigens  durch  das  Eindringen  einer 


128 


Darmsclilinge  in  eine  der  von  mir  S‘.  108  und  113  abgebildeten 
«Tonne sco 'sehen  Gruben  eine  Hernie  entstehen  können,  so  wäre 
eigentlich  nicht  im  Mindesten  einzusehen,  warum  eine  solche  bei  ihrer 
Weiterentwicklung  sich  nicht  auch  einmal  vor  der  V.  mesent.  inf.  in 
das  retroperitoneale  Bindegewebe  hineindrängen  könnte,  so  dass 
dann  die  Vene  in  den  hinteren  Rand  der  Bruchpforte  zu  liegen 
käme.  Das  ist  indessen  bis  jetzt  noch  niemals  beobachtet  worden. 

Weit  schlagender  als  durch  diese  theoretischen  Erörterungen 
wird  jedoch  die  Richtigkeit  der  von  mir  soeben  präcisirten  An- 
sichten über  die  Genese  der  Hernia  duodeno-jejunalis  sin.  durch 
diejenigen  Fälle  bestätigt,  in  welchen  der  Bruch  so  klein  war.  dass 
der  Bruchsack  die  normale  Ausdehnung  des  Recessus  venosus  nur 
wenig  überschritt  und  sich  der  letztere  somit  durch  das  Eindringen 
der  Darmschlinge  wenig  verändert  zeigte.  Derartige  kleine  Duo- 
deno-jejunalhernien  sind  von  Treitz,  Gruber  und  Lambl  be- 
schrieben Avorden:  die  kleinste,  diejenige  von  Treitz  (p.  17).  hatte 
etAva  Wallnussgrösse  und  enthielt  nur  5 cm  des  obersten  Jejunum. 
In  allen  diesen  Fällen  handelt  es  sich  um  eine  Oomplication  der 
Plica  venosa  mit  der  Plica  duodeno-mesocolica  inf. : dass  eine  Plica 
venosa  vorhanden  war,  geht  aufs  klarste  daraus  hervor,  dass  die 
V.  mesent.  inf.  stets  im  vorderen  und  oberen  Rande  der 
Bruchpforte  verlief.  Diesen  seltenen  und  für  die  Entstehungs- 
geschichte der  Hernia  duodeno-jejunalis  so  Avichtigen  Fällen  kann 
ich  einen  neuen  zugesellen,  Avelcher  sich  zunächst  dadurch  aus- 
zeichnet, dass  er  sich  in  einem  so  frühen  Lebensalter  entAvickelt 
hatte,  wie  dies  bisher  noch  nicht  beobachtet  ist.  Die  früheste 
derartige  Hernie  ist  nämlich  von  Treitz  (p.  19)  bei  einem  2 Monate 
alten  Mädchen  beschrieben  worden. 

14  Tage  altes,  mageres  Kind.  Peritoneum  sehr  leicht  verschieblich.  Die 
Bauchorgane  sind  normal  entwickelt  und  gelagert.  Schlägt  man  das  Colon  trans- 
versiun  nach  aufwärts  und  die  Dünndärme  nach  rechts  hinüber,  so  sieht  man 
einen  schön  entwickelten  Rec.  duodeno-jejunalis  sinister  von  der  Grösse  einer 
kleinen  Wallnuss.  Die  Plica  venosa  war  bei  der  eben  angegebenen  Lagerung 
der  Därme  2 cm  hoch  und  gut  entwickelt;  man  konnte  au  derselben  einen  sehr 
deutlich  hervorspringenden  verticalen  und  einen  weniger  gut  ausgeprägten  trans- 
versalen Abschnitt  unterscheiden,  von  denen  sich  der  letztere  dicht  oberhall)  der 
Plexura  duodeno-jejunalis  in  das  Mesocolon  transversum  verlor.  Die  V.  mesent. 
inf.  lag  vollständig  in  dem  freien  Rande  der  Falte.  Als  ich  (nach  der  Aufnahme 
des  Befundes)  die  Yene  retroperitoneal  mit  einem  Tenotom  durchschnitten  hatte, 
war  von  der  Falte  nichts  mehr  wahrzunehmen,  so  dass  man  sicher  sagen  konnte, 
die  Vene  habe  durch  ihren  Verlauf  die  Falte  emporgehoben.  Ausser  der  Plica 
venosa  Avar  noch  eine  Plica  duodeno-mesocolica  inf.  vorhanden,  welche  von  der 


129 


Vorderfläche  des  Duodenum  zum  freien  Rande  der  ersteren  hinzog  und  con- 
tinuirlich  in  denselben  überging.  An  der  Uebergangstelle  der  Püca  duodeno- 
mesocolica  inf.  in  den  Peritonealüberzug  des  Duodenum  befand  sich  ein  deut- 
licher Verlöthungsstreif.  Die  Oeffnung  der  auf  diese  Weise  gebildeten  Tasche 
hatte  bei  nach  rechts  gezogenem  Jejunum  einen  Durchmesser  von  etwa  1 cm. 
Der  ganze  Recessus  konnte  etwa  8 cm.  des  obersten  Jejunumabschnittes  auf- 
nehmen : indessen  nur  2 — 3 cm  dieses  Darmtheiles  lagen  in  dem  Recessus,  als 
ich  die  Hernie  zu  Gesicht  bekam.  Diese  2—3  cm  lange  Darmschlinge  hatte 
einen  ganz  circumscripten,  etwa  1,5  cm  im  Durchmesser  grossen  Abschnitt  der 
linken  Wand  des  Rec.  venosus  nach  links  in  das  retroperitoneale  Bindegewebe 
ausgebuchtet;  in  diesen  dütenförmig  nach  links  ausgestülpten  Abschnitt  konnte 
man  bequem  ein  kleines  Fingerglied  einführen.  Zog  man  den  in  der  Tasche 
gelegenen  Darm  erst  vollständig  heraus  und  liess  hierauf  mit  dem  Zuge  nach, 
so  kam  die  Flexura  duodeno-jejunalis  doch  stets  wiederum  so  zu  liegen,  dass  die 
V.  mesent.  inf.  vor  ihrem  am  meisten  links  gelegenen  Abschnitt  verlief. 

Der  eben  mitgetheilte  Fall  beansprucht  deswegen  ein  ganz 
besonderes  Interesse,  weil  er  uns  klar  beweist,  dass  sich  diese 
Hernien  in  der  Tliat  durchaus  in  der  von  Treitz  angegebenen 
und  von  mir  näher  erläuterten  Weise  entwickeln.  Zunächst  ist 
daraus  zu  ersehen,  dass  die  Entstehung  derselben  schon  unmittelbar 
nach  der  Geburt  ihren  Anfang  nimmt,  wenn  die  Plica  venosa  so 
vor  der  Flexur  gelegen  ist,  dass  die  letztere  durch  die  von  dem 
Duodenum  weitergetriebenen  flüssigen  Speisemassen  in  den  Re- 
cessus venosus  hineingedrängt  wird.  Dann  wird  durch  diesen  Fall 
aut  das  Schlagendste  erwiesen,  dass  es  nur  die  Gewalt  der  an- 
drängenden Speisemassen  war,  welche  die  Hernie  producirte. 
Hätte  die  Bauchpresse  bei  der  Entstehuug  dieser  Hernie  mitgewirkt, 
so  würde  jedenfalls  die  ganze  Bauchfelltasche  durch  die  in  derselben 
befindlichen  Darmschlingen  gleichmässig  ausgedehnt  gewesen  sein, 
während  sich  jetzt  der  Recessus  v.enosus  nur  an  der  ganz  um- 
schriebenen Stelle  seiner  linken  Wand  ausgebuchtet  zeigte,  wo  er 
dem  Druck  der  in  die  Flexur  hineingepressten  Speisemasseu  aus- 
gesetzt war.  Endlich  sehen  wir  aus  diesem  Fall,  dass  es  wiederum 
die  Y.  mesent.  inf.  bezw.  die  von  ihr  emporgehobene  Falte  ist, 
welche  die  Hauptrolle  bei  der  Entwickelung  der  Hernia  duodeno- 
jejunalis  sinistra  spielt.  Wäre  hier  keine  Plica  venosa  vorhanden 
gewesen,  so  wäre  es  auch  niemals  zur  Entwickelung  der  Hernie 
gekommen.  Angesichts  dieses  beweiskräftigen  Falles  erscheint  es  mir 
geradezu  unmöglich,  irgend  eine  andere  Entstehungsweise  der  Tr  eit  z- 
schen  Hernien  zu  vertreten,  als  soeben  von  mir  erläutert  wurde. 

Als  characteristisch  für  die  Hernia  duodeno-jejunalis  si- 
nistra können  wir  somit  folgende  Momente  anführen: 

Broesike,  Hernien.  9 


130 


1.  Die  V.  mesenterica  inf.  (bezw.  A.  colica  sin.)  verläuft  auf 
eine  kürzere  oder  längere  Strecke  in  dem  vorderen  oder  oberen 
freien  Bande  der  Bruclipforte. 

2.  Die  Hernie  schiebt  sich  entweder  in  das  Mesocolon  trans- 
versum  oder  das  (freie  oder  mit  der  hinteren  Bauchwand  ver- 
löthete)  Mesocolon  descendens  hinein. 

3.  Der  Bruchsack  muss  in  Folge  dessen  überall  dort,  wo  er 
der  hinteren  Bauchwand  bezw.  den  extraperitoneal  gelegenen  Or- 
ganen auliegt,  aus  einem  einfachen,  an  jeder  anderen  Stelle  aber 
aus  einem  doppelten  Peritonealblatt  bestehen. 

Die  Zahl  der  bisher  in  der  Literatur  mitgetheilten  oder  wenig- 
stens so  gedeuteten  Fälle  von  Hernia  duodeno-jejunalis  sinistra  ist 
bereits  ziemlich  hoch.  Es  sind  dies:  1 Fall  von  Neubauer1) 
1 von  Bordenave,  1 von  Alexander  Monro  junior,  2 von 
A.  Cooper,  1 von  Cruveilhier,  1 von  A.  R.  Hesselbach,  1 
von  Hauff,  1 von  Soverini,  2 von  Th.  B.  Peacock,  1 von 
Barth,  2 von  Deville,  1 von  Ridge  and  Hilton,  8 von  Treitz, 
1 von  Brugnoli,  6 von  Lambl,  7 oder,  wenn  man  will,  9 von 
W.  Gruber,  1 von  Breisky,  1 von  Waldeyer,  1 von  Cliiene, 
1 von  A.  Gontier,  3 vonEppinger,  2 vonLandzert,  1 von  Pye- 
Smith,  1 von  E.  Müller,  2 von  F.  Krauss,  1 von  S.  G.  Shattock, 
1 von  Staudenmayer,  1 von  Strazewski,  1 von  Anderson, endlich 
1 Fall  von  mir.  Unter  diesen  Fällen  sind  jedoch  eine  gewisse  Anzahl, 
nämlich  diejenigen  von  Bordenave,  Monro  junior,  Hesselbach. 
Hauff,  Barth,  Ridge  and  Hilton,  von  vornherein  als  völlig 
unbrauchbar  für  irgend  welche  wissenschaftlichen  Erörterungen 
auszuschalten.  Immerhin  würden  noch  etwa  50  Fälle  übrig  bleiben, 
von  denen  wir  mit  grösserer  oder  geringerer  Gewissheit  behaupten 
können,  dass  sie  in  diese  Kategorie  von  Hernien  hingehören.  In- 
dessen auch  bei  den  letzteren  lässt  die  Beschreibung  noch  in  den 
allermeisten  Fällen  viel  zu  wünschen  übrig.  Insbesondere  wird 
man  fast  immer  genauere  Angaben  über  die  Lage  des  Duodenum, 
über  die  Wurzellinie  der  freien  Gekröse,  endlich  auch  über  den 
Verlauf  und  das  Verhalten  der  grösseren  Blutgefässe  vermissen, 
obschon  es  selbstverständlich  für  die  Beurtheilung  eines  vorliegenden 
Falles  von  grosser  Wichtigkeit  ist,  alle  diese  und  noch  manche 
andere  Punkte  klar  dargelegt  zu  haben. 


i)  Betreffs  genauerer  Angaben  ist  das  alphabetische  Literaturvcrzeichniss 
am  Ende  dieses  Werkes  naclizuselien. 


131 


Die  Grösse  des  Bruclisackes  in  den  angegebenen  Fällen 
variirte  zwischen  dem  Volumen  einer  kleinen  Wallnuss  bis  zu  dem- 
jenigen eines  starken  Mannskopfes.  Man  kann  diese  Brüche  wie 
Jonnesco  (cf.  p.  QQ)  in  kleine,  mittlere  und  grosse  eintheilen. 
Die  hintere  Wand  grenzt  bei  kleineren  Brüchen  an  den  Psoas, 
die  Niere  und  ihre  grossen  Gefässe,  indem  sie  nach  oben  bis  zum 
Pankreas,  medianwärts  bis  zur  Wirbelsäule  und  der  Aorta  ab- 
dominalis nach  unten  etwa  bis  zum  unteren  Ende  der  Niere  reicht. 
Das  Colon  descendens  war  bei  derartigen  kleineren  Hernien  immer 
noch  in  einiger  Entfernung  von  dem  Bruchsack  gelegen.  Bei  mittel- 
grossen Brüchen  zeigen  sich  die  letzteren  noch  mehr  nach  links 
ausgedehnt:  der  Bruchsack  kann  alsdann  oben  bis  an  den  Schwanz 
des  Pankreas  und  die  Milz,  links  bis  an  das  Colon  descendens, 
unten  über  die  Bifurcation  der  Aorta  hinausreichen.  Bei  grossen 
Brüchen  haben  das  Coecum  und  Colon  ascendens  noch  ihre  normale 
Position : da  der  Bruch  aber  in  diesem  Falle  nicht  allein  die  ganze 
liuke  Bauchhälfte  einnimmt,  sondern  sich  auch  noch  mehr  oder 
weniger  nach  rechts  hinüber  erstrecken  kann,  so  können  die  eben- 
genannten  Organe  dann  neben  der  rechten  Seite  des  Bruchsackes 
gelegen  sein,  ohne  dass  zwischen  ihnen  und  dem  Bruch  irgend  eine 
Adhärenz  existirt.  Dagegen  ist  die  Situation  des  Colon  trans- 
versurn  und  descendens  variabel.  Meistens  sind  sie  dicht  an  den 
Sack  angeheftet  und  haben  im  Uebrigen  entweder  gänzlich  oder 
doch  annähernd  ihre  normale  Lage  bewahrt.  Daneben  existiren 
aber  auch  Fälle  vor,  in  welchen  diese  Darmtheile,  bald  mehr,  bald 
weniger  nach  rechts  gelegen,  in  mehr  oder  weniger  unregelmässigen 
Windungen  an  der  vorderen  Wand  des  Bruchsackes  verlaufen.  Ja, 
es  kann  Vorkommen,  dass  das  ganze  Colon  an  der  rechten  Seite  des 
Sackes  gelegen  ist.  Diese  letzteren,  im  Ganzen  seltenen  Fälle  sind 
meiner  Ansicht  nach  nur  so  zu  erklären,  dass  bei  denselben  vor  der 
Entstehung  des  Bruches  ein  mehr  oder  weniger  freies,  d.  h.  mit 
der  hinteren  Bauchwand  nicht  verlöthetes  Mesocolon  descendens  vor- 
handen gewesen  ist.  Ist  ein  solches  da,  d.  h.  also  war  die  Ver- 
löthung  beispielsweise  nur  bis  auf  eine  kurze  Strecke  von  der 
Wirbelsäule  aus  nach  links  hin  vor  sich  gegangen,  so  wird  der 
Bruchsack  bei  stärkerer  Vergrösserung  das  linke  Blatt  des  Meso- 
colon descendens  nach  links  hervorwölben  und  sich  zunächst  auf 
Kosten  dieses  Blattes  und  des  von  ihm  nach  links  gelegenen  Peri- 
toneum parietale  entwickeln.  Indem  nun  allmählich  dieses  linke  Blatt 
und  das  mit  ihm  zusammenhängende  Peritoneum  parietale  zur  Be- 

9* 


132 


deckung  des  Bruchsackes  verwendet  werden,  muss  das  Colon  descen- 
dens  auf  die  vordere  oder  gar  auf  die  rechte  Seite  des  Bruchsackes 
zu  liegen  kommen  und  beide  Blätter  seines  Gekröses  zur  Be- 
deckung desselben  verwandt  werden.  .Tonnesco  (cf.  No.  2 p.  73) 
hat  dieses  Verhältnis  eigentlich  ganz  klar  und  richtig  geschildert, 
wenn  er  sagt,  dass  alle  Male,  wo  ein  Segment  des  Colon  an  die 
Hernie  (richtiger  an  den  Bruchsack)  angeheftet  ist  und  ihm  ohne 
Interposition  des  Gekröses  adhärirt,  dieses  Darmstück  zwischen 
die  beiden  serösen  Blätter  eingeschaltet  ist,  welche  die  vordere 
Wand  des  Sackes  bilden.  Eines  dieser  Blätter  repräsentirt  das 
Gekröse  dieses  Darmsegmentes,  welches  über  den  Bruchsack  ge- 
breitet ist  und  vor  dem  Colon  vorüberzieht.  Das  andere,  hinter 
dem  Colon  gelegene  Peritonealblatt,  ist  die  eigene  Wand  des 
Bruchsackes.  Indessen  hat  Jonnesco  es  dabei  doch  nicht  mit 
voller  Schärfe  ausgesprochen,  dass  ursprünglich  ein  mehr  oder 
weniger  freies  Mesocolon  descendens  vorhanden  gewesen  sein  muss, 
wenn  bei  einem  derartigen  Bruch  das  betreffende  Colonstück  an 
die  vordere  oder  gar  an  die  rechte  Wand  des  Bruchsackes  an- 
geheftet ist.  Deshalb  habe  ich  diesen  Punkt  hier  noch  einmal  be- 
sonders hervorgehoben.  Dass  im  Uebrigen  auch  die  anderen  von 
Jonnesco  angeführten  Momente,  wie  z.  B.  die  Nachgiebigkeit  des 
retroperitonealen  und  des  zwischen  beiden  Blättern  der  betreffenden 
Gekröse  gelegenen  Bindegewebes  und  die  Dehnbarkeit  oder  Wider- 
standsfähigkeit des  Peritoneum,  eine  erhebliche  Rolle  spielen  müssen, 
ist  selbstverständlich.  Mit  diesen  Momenten  hängt  es  zusammen, 
dass  sich  bei  voluminösen  Hernien  die  obere  Extremität  des  Sackes 
in  einzelnen  Fällen  bis  zwischen  den  Magen  und  das  Pankreas, 
zwischen  die  beiden  Blätter  des  Mesocolon  transversum,  hinter  die 
Milz,  ja  sogar  hinter  das  Pankreas  oder  die  hintere  Wand  des 
grossen  Netzbeutels  und  dass  sich  die  untere  Extremität  desselben 
bis  zum  Promontorium  oder  sogar  bis  in  das  kleine  Becken  nach 
abwärts  erstreckte. 

Die  Bruchpforte  findet  sich  im  Allgemeinen  in  der  Gegend 
der  Wirbelsäule  und  an  der  rechten  Wand  des  Bruchsackes  vor.  Im 
Uebrigen  kann  dieselbe  ihren  Platz  irgendwo  in  dem  Raume  zwischen 
der  Wurzellinie  des  Mesocolon  transversum  und  der  Fossa  iliaca 
gegenüber  dem  Caecum  einnehmen.  Die  Form  der  Oeffnung  ist 
ziemlich  variabel.  Bei  den  kleinen  Hernien  ist  sie  mehr  im  trans- 
versalen, bei  den  grossen  im  longitudinalen  Durchmesser  ausgedehnt. 
. Dies  liegt  offenbar  daran,  dass  die  Last  des  die  Hernie  bildenden 


133 


Darmes  bei  den  grossen  Brächen  in  der  aufrechten 1 Stellung  des 
Menschen  den  unteren  Rand  der  Bruchöffnung-  abwärts  zieht.  Die 
grösste  derartige  Oeffnung  wurde  bei  einer  completen  Hernia  duo- 
deno-jejunalis  sinistra  von  Grub  er  beobachtet  und  hatte  eine 
Länge  von  13  und  eine  Breite  von  6V2  Centimetern.  Trotzdem 
in  dieser  Oeffnung  einige  Darmschlingen  sichtbar  waren,  ging  durch 
dieselbe  eigentlich  nur  ein  einziges  Darmrohr,  nämlich  das  Heum- 
ende,  hindurch.  Die  Flexura  duodeno-jejunalis  lag  nicht  eigentlich 
in  dem  Bruchring,  sondern  ging  durch  die  Wand  des  Bruchsackes 
hindurch,  indem  sie  nur  noch  oben  mit  einem  kleinen  Theile  ihres 
Umfanges  an  die  Eingangsöffnung  grenzte.  Daneben  sind  aber  der- 
artige complete  Hernien  mit  relativ  enger  und  dabei  weit  abwärts 
gelegener  Eingangöffnung  beschrieben,  bei  denen  die  Flexur  in  nicht 
unbeträchtlicher  Entfernung  von  dem  Rand  der  Bruchpforte  direct 
durch  die  rechte  obere  Wand  des  Bruchsackes  in  den  letzteren 
hineindrang,  während  in  der  Brachpforte  nun  ein  einziges  Darmrohr, 
nämlich  das  Ileumende,  gelegen  war.  Wie  sind  diese  Fälle  zu 
erklären?  Da  das  zuerst  in  den  Brachsack  eintretende  Darmstück 
immer  die  Flexura  duodeno-jejunalis  ist,  so  müsste  sich  ja  in  der 
Bruchpforte  stets  als  zuführendes  Darmrohr  der  Anfangstheil  des 
Jejunum,  als  ausführendes,  je  nach  der  Grösse  des  Braches  ent- 
weder ein  Stück  des  Jejunum  oder  des  Ileum  vorfinden,  wie  dies 
ja  auch  bei  kleineren  und  mittelgrossen  Hernien  in  der  That  stets 
beobachtet  worden  ist.  Die  meisten  Autoren  gehen  über  dies  merk- 
würdige Verhalten  der  Flexura  duodeno-jejunalis  mit  Stillschweigen 
hinweg,  andere  suchen  dasselbe  durch  eine  „Wanderung“  der  Bruch- 
pforte zu  erklären.  Dass  diese  letztere  Bezeichnung  solange  nur  eüie 
Phrase  ist,  als  man  sich  die  mechanischen  Verhältnisse  bei  der- 
selben nicht  völlig  klar  gemacht  hat,  muss  .jedoch  bei  näherer  Be- 
trachtung der  Dinge  wohl  jedem  einleuchten.  Denn  wie  sehr  man 
sich  auch  die  Bruchpforte  nach  abwärts  gezogen  denkt,  es  können 
dabei  doch  immer  nur  folgende  Möglichkeiten  in  Betracht  kommen. 
Entweder  bleibt  das  obere  Ende  derselben  in  seiner  Lage  und  das 
Orificium  wird  in  longitudinaler  Richtung  ausgezogen,  dann  bleibt 
die  Flexur  aber  auch  in  dem  oberen  Theil  der  Bruchpforte  liegen. 
Oder  das  ganze  Orificium  wird  dislocirt  und  dann  würde  sich’s 
fragen,  ob  die  Flexur  und  das  Duodenum  ascendens  mit  nach  ab- 
wärts gezogen  werden  oder  in  ihrer  normalen  Position  verbleiben. 
Ist  das  erstere  der  Fall,  so  würde  der  Anfangstheil  des  Jejunum 
nach  wie  vor  in  der  Bruchpforte  liegen  bleiben.  Im  letzteren  Falle 


134 


dagegen  würde  dieses  Darmstück  wieder  theilweise  aus  der  Bruclipforte 
herausgezogen  werden  und  es  würde  dann  zwar  nicht  die  Flexur, 
aber  doch  immerhin  ein  Anfangsstück  des  Jejunum  das  zuführende 
Darmrohr  darstellen.  Jedenfalls  ist  nicht  zu  begreifen,  wie  eine 
blosse  Erweiterung  oder  auch  eine  Locomotion  des  Bruchringes  an 
und  für  sich  es  zu  Stande  bringen  soll,  dass  bei  einem  solchen 
Bruch  der  Anfangstheil  des  Jejunum  anstatt  durch  die  Bruchpforte 
direct  durch  die  Wand  des  Bruchsackes  in  den  letzteren  eintritt. 
Diese  so  häufig  beobachtete  Thatsaclie  muss  somit  auf  andere  Weise 
erklärt  werden.  Sie  kann  nach  meiner  Ansicht  nur  so  zu  Stande 
kommen,  dass  der  vordere  und  hintere  Band  der  Bruchpforte  zunächst 
mit  der  Oberfläche  der  in  der  letzteren  gelegenen  Flexura  duodeno- 
jejunalis  verlöthen,  wie  dies  z.  B.  in  dem  eben  erwähnten  Falle  von 
G- ruber  stattgefunden  zu  haben  scheint.  Hat  zunächst  eine  solche 
Verlöthung  Platz  gegriffen,  so  würde  dann  die  Flexnr  selbst  den 
oberen  Pol  der  Bruchpforte  begrenzen,  anstatt  in  der  letzteren 
gelegen  zu  sein.  Wenn  aber  später  auch  unterhalb  der  Flexur  eine 
allmählich  nach  abwärts  hinabsteigende  Verlöthung  zwischen  dem 
vorderen  und  dem  hinteren  Rand  der  Bruchpforte  eintreten  würde, 
käme  die  Flexur  schliesslich  gänzlich  in  die  rechte  obere  Wand 
des  Bruchsackes  zu  liegen,  wie  dies  z.  B.  in  dem  dritten  Fall  von 
Eppinger  beschrieben  worden  ist.  Dabei  muss  berücksichtigt 
werden,  dass,  wenn  erst  einmal  die  Flexur  mit  dem  Bruchring  ver- 
lötliet  ist,  sich  der  vordere  und  hintere  Rand  des  letzteren  in 
ihrem  oberen  Abschnitt  einander  um  so  mehr  nähern  müssen,  je 
mehr  (in  der  aufrechten  Stellung  des  Menschen)  der  untere  Pol 
der  Bruchpforte  durch  die  Last  des  allmählich  wachsenden  Bruches 
nach  abwärts  gezogen  wird.  Dass  endlich  auch  durch  ein  eigenes 
Wachsthum  des  Peritoneum  an  den  Veiiötlmngsstellen  der  Abstand 
zwischen  der  Flexur  und  dem  freien  Rande  der  Bruchpforte  ver- 
grössert  werden  kann,  ist  selbstverständlich  nach  dem,  was  ich 
bereits  an  früherer  Stelle  auseinandergesetzt  habe.  Uebrigens 
brauchen  diese  Verlöthungen  keineswegs  immer  einen  physiologischen 
Character  zu  haben  (cf.  Treitz,  Fall  6 p.  33).  Der  Druck,  welchem 
in  der  aufrechten  Stellung  gerade  das  zuführende,  in  dem  oberen 
Abschnitt  des  Annulus  gelegene  Darmrohr  seitens  der  Ränder  des 
letzteren  bei  grösseren  Hernien  ausgesetzt  sein  muss,  könnte  wohl 
zu  peritonitischen  Verwachsungen  führen.  Auch  könnte  es  Vor- 
kommen, dass  nicht  bloss  die  Flexura  duodeno-jejunalis,  sondern 
irgend  ein  anderes  in  der  Bruchpforte  gelegenes  Darmstück  mit  der 


135 


letzteren  Verlöthungen  einginge,  was  unter  Umständen  die  richtige 
Beurtheilung  eines  derartigen  Falles  sehr  erschweren  würde.  Ist 
meine  soeben  explicirte  Yerlöthungstheorie  richtig,  so  müsste  in 
allen  Fällen,  wo  die  Flexura  duodeno-jejunalis  nicht  durch  die 
Bruchpforte,  sondern  direct  durch  die  Wand  des  Bruches  in  die 
Höhle  des  letzteren  hineintritt,  zunächst  die  Ven.  mesent.  inf.  vor 
und  über  der  Flexur  zu  ihrer  Vereinigungsstelle  mit  der  Y. 
lienalis  verlaufen.  Befände  sich  die  Flexur  in  einer  beträchtlicheren 
Entfernung  von  der  Bruchpforte,  so  müsste  natürlich  auch  eine 
Verlüthung  des  obersten  Jejunumgekröses  mit  dem  Rande  der 
letzteren  stattgefunden  haben  und  die  Wurzellinie  dieses  Gekröses 
müsste  sich  alsdann  von  der  Innenfläche  der  rechten  Bruchsack- 
wand über  den  Rand  der  Bruchpforte  hinweg  (den  letzteren  ge- 
wissermaassen  kreuzend)  nach  rechts  fortsetzen.  Diesen  Dingen  ist 
indessen  bisher  bei  der  Beschreibung  der  Treitz’schen  Hernien 
seitens  der  Autoren  nicht  die  genügende  Aufmerksamkeit  geschenkt 
worden  und  somit  dürfte  das  entscheidende  Urtheil  über  die  soeben 
von  mir  ausgesprochene  Hypothese  erst  gesprochen  werden  können, 
wenn  weitere  Fälle  von  completen  Duodeno  -jejunalhernien  zur 
Beobachtung  kommen  sollten,  in  denen  auf  die  eben  geschilderten 
Verhältnisse  Acht  gegeben  ist. 

Die  Veränderungen,  welche  die  grösseren  Blutgefässe  in 
den  Mesenterien  und  dem  Rand  der  Bruchpforte  bei  einer  grösseren 
Ausdehnung  des  Bruches  durch  Druck,  Dehnung  oder  Zerrung  er- 
leiden können,  bedürfen  keiner  besonderen  Erörterung,  da  in 
dieser  Beziehung  die  Resultate  aprioristischer  Theorien  und  die 
thatsächlich  beobachteten  Verhältnisse  in  bestem  Einklang  stehen. 
Ebenso  liegt  es  ausserhalb  des  Planes  dieser  Arbeit,  die  secun- 
dären  pathologischen  und  klinischen  Erscheinungen  näher  zu  be- 
leuchten, wie  sie  in  Folge  von  Peritonitis,  Incarceration,  arterieller 
und  venöser  Stauung  bei  der  Hernia  duodeno-jejunalis  sin.  eintreten 
können.  Wer  sich  für  diese  Dinge  interessirt,  findet  in  dem  Werke 
von  Jonnesco  (Nr.  2)  eine  ausführliche  Darstellung  dieser  Ver- 
hältnisse. Nur  den  einen  Punkt  möchte  ich  noch  im  Einklang  mit 
dem  letzteren  Autor  gegenüber  den  Ausführungen  von  L an  dz  er  t 
hervorheben,  dass  es  auch  bei  der  Hernia  duodeno-jejunalis  sinistra 
ebenso  w7ie  bei  anderen  intraabdominalen  Hernien  ganz  entschieden 
zu  Incarcerationserscheinungeu  kommen  kann,  wenn  dies  durch 
besondere  Umstände  begünstigt  wird. 


136 


VI.  I)cr  Recessus  und  die  Hernia  parajejunalis  s.  mesenterico- 

parietalis. 

a)  Der  Rec.  parajejunalis. 

Wie  dies  bereits  früher  erwähnt  ist,  wurden  bisher  unter  der 
Bezeichnung  Uerniae  retroperitoneales  dextrae  ( Hernies  duodenales 
droites  von  Jonnesco)  noch  eine  gewisse  Anzahl  von  Hernien 
zusammengefasst,  welche  zunächst  dadurch  charakterisirt  sind,  dass 
ihr  Brachsack  in  dem  retroperitonealen  Bindegewebe  der  rechten 
Hälfte  der  hinteren  Bauchwand  gelegen  ist.  Ausserdem  sollte  sich 
wenigstens  in  allen  sicher  beschriebenen  Fällen  dieser  Art  die  A. 
mesent.  sup.  oder  ihre  Fortsetzung,  die  A.  ileo-colica,  in  dem 
vorderen  Rande  der  Brachpforte  vorfinden.  Als  Entstehungsstätte 
dieser  Art  von  Hernien  wird  von  Landzert  die  von  dem  letzteren 
sogen.  Fossa  duodeno-jejunalis  (der  von  mir  sogen.  Rec.  duodeno- 
jejunalis  post.),  von  Klob  und  Jonnesco  das  sogen,  untere  Horn 
der  Treit.z’schen  Fossa  duodeno-jejunalis  oder  die  Fossette  duo- 
denale inferieur  (der  von  mir  sogen.  Rec.  duodeno-mesocolicus  in- 
ferior) angesehen.  Grub  er  endlich  (No.  6 p.  237)  erklärt  das 
Zustandekommen  der  Hernia  retroperitonealis  dextra  durch  eine 
Verlagerung  der  Fossa  duodeno-jejunalis,  wobei  er  anscheinend 
unter  der  letzteren  Bezeichnung  die  von  mir  sogen.  Fossa  duodeno- 
jejunalis  post,  versteht. 

Ich  habe  schon  oben  (cf.  d.  A.  S.  121 — 123)  mich  des  Näheren 
darüber  ausgesprochen,  warum  ich  es  für  eine  mechanische  Un- 
möglichkeit halte,  dass  eine  derartige  Hernie  (nach  Landzert) 
in  dem  Rec.  duodeno-jejunalis  posterior  oder  (nach  Klob-Jon- 
nesco)  in  dem  Rec.  duodeno-mesocolicus  iuf.  entstehen  könne. 
Uebrigens  hat  sich  auch  Eppinger  (p.  136  und  137)  gegen  diese 
Deutung  des  von  Klob  beschriebenen  Falles  mit  gewichtigen 
Gründen  gewandt.  Indessen  auch  mit  der  Grub  er 'sehen  Hypo- 
these glaube  ich  mich  hier  nicht  näher  beschäftigen  zu  müssen,  da 
derselbe  einerseits  nicht  einmal  irgend  etwas  Genaueres  darüber 
angiebt,  wie  denn  diese  „verlagerte“  Fossa  duodeno-jejunalis  aus- 
geselien  und  wo  sie  gelegen  haben  soll,  andererseits  seine  Deu- 
tung sich  auf  einen  äusserst  complicirten  Fall  bezieht,  von  welchem 
es  nach  den  Ausführungen  von  Eppinger  (cf.  p.  141—151)  zu- 
nächst mindestens  zweifelhaft  bleibt,  ob  derselbe  überhaupt  als 
eine  sogen,  retroperitoneale  Hernie  aufzufassen  ist. 

Indessen  bin  ich  keineswegs  in  der  Lage,  an  den  bisherigen 


137 


Deutungsv ersuchen  betreffs  der  Herma  retroperitonealis  dextra 
lediglich  eine  negative  Kritik  zu  üben,  sondern  icli  glaube,  nach- 
dem mir  der  Zufall  die  Gelegenheit  geboten  hatte,  zwei  dieser 
seltenen  Fälle  von  Hernia  retroperitonealis  dextra  zu  beobachten, 
mich  positiv  dahin  äussern  zu  können,  dass  diese  Brüche  weder 
in  einer  der  bisher  bekannten  Bauchfelltaschen  noch  in  einer  ver- 
lagerten Fossa  duodeno-jejunalis,  sondern  in  einem  ganz  anderen, 
von  den  Autoren  bisher  in  keiner  Weise  beachteten  peritonealen 


Fig.  8. 

a)  Rcc.  parajej  unalis.  Rechts  von  der  Aorta  sieht,  man  «las  mit  der  hinteren 
Rauchwand  verlöthete  Anfangsstück  des  Jejunum  durch  das  Peritoneum  hindurch- 

schimmern. 


Recessus  entstehen,  .welchen  ich  als  Ueccssus  parajejunalis  s.  mesen- 
lenco-parietalis  bezeichnen  will. 

Der  von  mir  sogen.  Recessus  parajejunalis  kann  sich  nur 
dann  vor  finden,  wenn  das  Anfangs  stück  des  Jejunum  auf 
eine  kürzere  oder  längere  Strecke  mit  der  hinteren 
Bau cli wand  verlöthet  ist.  Ich  habe  diese  Grube  nur  zwei 


138 


Mal  zu  Gesicht  bekommen.  Der  erste  von  mir  beobachtete  der- 
artige Fall  ist  auf  Fig.  8 (a)  abgebildet.  In  demselben  war  zunächst 
das  Duodenum  normal  entwickelt:  es  besass  eine  Pars  liorizontalis 
superior,  descendens  und  ascendens,  welche  den  Pankreaskopf  in 
der  normalen  Weise  umschlossen.  Die  Flexura  duodeno-jejunalis 
lag  in  ganz  normaler  Weise  vor  der  Wirbelsäule.  Von  hier  aus 
zog  sich  der  verlöthete  Anfangstheil  des  Jejunum  ein  wenig  schräg 
nach  rechts  und  unten,  d.  h.  das  Jejunum  hatte  hier  kein  Gekröse, 
sondern  war  unmittelbar  an  die  Vorderfläche  der  Pars  ascendens 
duodeni  und  die  hintere  Bauchwand  angewachsen.  Erst  in  Höhe  des 
IV.  Lendenwirbels  bekam  dasselbe  ein  freies  Mesenterium.  Hob  man 
nun  den  freien  Anfangstheil  des  Jejunum  in  die  Höhe,  so  zeigte 
sich  hinten  und  rechts  von  demselben  eine  Grube,  der  oben  so  be- 
zeichnete  Recessus  parajejunalis,  welcher  rechts  und  unten  von  der 
an  dieser  Stelle  concaven  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses,  oben 
von  demEnde  des  angelötheten  Jejunumabschnittes,  links  von  einer 
bei  stärkerem  Zuge  besonders  deutlich  hervortretenden  Peritoneal- 
falte begrenzt  war,  für  welche  ich  faute  de  mieux  die  Bezeichnung 
Plica  parajejunalis  vorschlagen  möchte.  Liess  man  das  Jejunum 
heruntersinken  und  versuchte  man  hinter  diesem  Darmtheil  den 
Finger  in  den  Recessus  hineinzuschieben,  so  zeigte  es  sich  noch 
deutlicher,  dass  sich  der  letztere  ein  wenig  nach  rechts  von  dem 
Jejunum  zwischen  das  Mesenterium  und  das  Peritoneum 
parietale  hineinschob.  Irgend  welche  sonstigen  Abnormitäten, 
insbesondere  peritonitische  Adhäsionen  oder  dergl.  waren  nicht  vor- 
handen. Nur  erschienen  sämmtliche  freien  Gekröse  auffallend  lang 
entwickelt.  Etwas  complicirter  gestaltete  sich  die  Sache  bei  dem 
zweiten  Falle,  welchen  ich  an  einer  mageren  männlichen  Leiche 
in  vorgeschrittenem  Lebensalter  beobachtete.  Von  dem  Duodenum 
verliefen  die  Pars  liorizontalis  sup.  und  die  Pars  descendens  normal; 
die  letztere  erstreckte  sich  etwa  bis  in  die  Höhe  der  Grenze 
zwischen  dem  III.  und  IV.  Lendenwirbel  nach  abwärts.  Von  hier 
zog  das  Duodenum  jedoch  nicht  nach  links  und  aufwärts,  sondern 
stieg  zunächst  hinter  der  Pars  descendens  bis  in  die  Nähe  der 
Flexura  duodeni  prima  senkrecht  in  die  Höhe.  Von  hier  zog  der 
Darm  hinter  dem  Pankreaskopf  wieder  bis  zum  unteren  Rande  des 
Pankreas  nach  abwärts  und  lief  alsdann  längs  des  letzteren  bis 
zu  der  Stelle  hin,  wo  sich  normaler  Weise  die  Flexura  duodeno- 
jejunalis  befindet.  Indessen  bekam  der  Darm  auch  an  dieser  Stelle 
kein  freies  Gekröse,  sondern  zog,  unmittelbar  rechts  neben  der 


139 


Aorta  gelegen  und  mit  der  hinteren  Baucliwand  verlötliet 
bis  etwa  2 cm  unter  der  Theilungsstelle  der  Aorta  nach  abwärts. 
Hier,  rechts  von  der  A.  iliaca  commim.  dextra  trat  alsdann  an 
dem  Darm  ein  freies  Gekröse  auf,  dessen  Wurzellinie  von  dieser 
Stelle  aus  in  ziemlich  transversaler  Richtung  zu  dem  normal  ge- 
legenen Ileo-coecalwinkel  verlief.  Eine  Fossa  duodeno-jejunalis  im 
Sinne  der  Autoren  war  an  der  normalen  Stelle,  also  dicht  unter- 
halb des  Pankreas,  nicht  vorhanden.  Dagegen  fand  sich  wiederum 
hinter  der  Uebergangsstelle  zwischen  dem  angelütheten  und  dem 
freien  Tlieil  des  Jejunum  eine  kleine,  von  einem  scharfen  halb- 
mondförmigen Rande  umgebene  Tasche  vor,  in  welche  man  ein 
Fingerglied  einführen  konnte  und  welche  sich  gewissermaassen  in 
die  Haftlinie  des  Mesenterium,  also  zwischen  das  letztere  und  das 
Peritoneum  parietale,  hineinschob.  Der  freie  Anfangstheil  des 
Jejunum  erschien  in  diese  Tasche  gleichsam  eingebettet.  Ich 
habe  mir  bei  der  Beschreibung  dieses  Falles  dann  noch  die  Be- 
merkung notirt,  dass  wenn  man  sich  diesen  Anfangstheil  weiter 
in  die  Tasche  hineingeschoben  dächte,  der  letztere  sich  hinter 
der  Radix  mesenterii  hinweg  in  das  retroperitoneale  Bindegewebe 
der  rechten  Hälfte  der  hinteren  Bauchwand  hätte  vordrängen 
müssen,  so  dass  es  zur  Entwickelung  einer  sog.  Hernia  retro- 
peritonealis  dextra  gekommen  wäre.  Der  Rand  der  halbmond- 
förmigen Begrenzungsfalte  des  eben  beschriebenen  Recessus  war 
verdickt;  im  Uebrigen  waren  jedoch  irgend  welche  Abnormitäten 
weder  hier  noch  an  anderen  Stellen  des  Peritoneum  wahrzunehmen. 
Ich  muss  hierbei  bemerken,  dass  ich  zur  Zeit,  als  ich  die  beiden 
soeben  erwähnten  Fälle  von  Recessus  parajejunalis  beobachtete, 
noch  nicht  auf  die  Bedeutung  des  letzteren  für  die  Entstehung  der 
Hernia  retroperitonealis  dextra  aufmerksam  geworden  war;  sonst 
würde  ich  den  Befund  wohl  noch  etwas  genauer  aufgenommeu  haben. 

Die  Genese  des  Recessus  parajejunalis  in  den  beiden  eben 
beschriebenen  Fällen  konnte  nur  in  folgender  Weise  erfolgt  sein. 
Wahrscheinlich  schon  während  des  Embryonallebens  war  es  zu 
einer  Verlöthung  der  obersten  Jejunumschlinge  mit  der  Vorderfläche 
des  Duodenum  ascendens  und  der  hinteren  Bauchwand  gekommen. 
Dagegen  war  die  Verlöthung  der  gemeinschaftlichen  Mesenterial- 
platte  für  das  Jejuno -ileum,  Colon  ascendens  und  transversum  (des 
ehemaligen  Nabelschleifengekröses)  gerade  am  Anfang  des  freien 
Jejunumabschnittes  ein  wenig  unterbrochen;  sie  ging  von  hier  aus 
nicht  in  gerader  Linie  zur  Fossa  iliaca  dextra,  sondern  der  Ver- 


140 


löthungsstreifen  bildete,  der  Fossa  parajejunalis  entsprechend,  einen 
nach  rechts  convexen  Bogen,  um  dann  in  der  gewöhnlichen  Weise 
weiter  zu  verlaufen.  Warum  die  Verlöthung  gerade  an  dieser 
Stelle  eine  Unterbrechung  erlitt,  während  sie  im  Gegensatz  dazu 
an  der  obersten  Jejunumschlinge  in  abnormer  Weise  erfolgte,  das 
ist  ebenso  schwer  zu  beantworten  wie  die  Frage  nach  der  eigent- 
lichen Ursache  des  Vorkommens  oder  Unterbleibens  aller  übrigen 
physiologischen  Verlöthungen.  Jedenfalls  ist  aber  die  erste  Anlage 
eines  solchen  Becessus  parajejunalis  nur  durch  eine  partielle  Unter- 
brechung in  der  Verschmelzung  des  ehemaligen  Gekröses  der  Nabel- 
schleife mit  der  Vorderfläche  des  Duodenum  und  Pankreaskopfes 
bezw.  mit  der  hinteren  Bauchwand  zu  erklären.  Ein  derartiges 
partielles  Unterbleiben  dieses  unter  normalen  Verhältnissen  stets 
eintretenden  Verlötlmngsvorganges  könnte  ja  nun  allerdings  auch 
stattfinden,  ohne  dass  eine  Verwachsung  der  obersten  Jejunum- 
schlinge mit  dem  Duodenum  oder  der  hinteren  Bauchwand  voran- 
gegangen wäre,  und  es  wäre  somit  vielleicht  besser  gewesen,  wenn 
ich  den  auf  diese  Weise  entstandenen  Becessus  nicht  als  Bec.  para- 
jejunalis, sondern  als  Bec.  mesenterico-parietalis  bezeichnet 
hätte,  da  der  letztere  vielleicht  auch  einmal  gar  nicht  neben  dem  Je- 
junum gelegen  sein  könnte,  während  er  sich  unter  allen  Umständen 
zwischen  dem  Mesenterium  und  dem  Peritoneum  parietale  der 
hinteren  Bauchwand  befinden  müsste.  Indessen  sind  erstens  der- 
artige Fälle  eines  Bec.  mesenterico-parietalis  ohne  gleichzeitige 
abnorme  Verlöthung  der  obersten  Jej unumschlinge  bisher  noch 
nicht  beobachtet  worden  und  zweitens  sind  mir  die  eben  erwähnten 
terminologischen  Bedenken  zu  spät,  d.  h.  erst  während  des  Druckes 
dieser  Arbeit,  gekommen.  So  will  ich  mich  denn  bis  auf  Weiteres 
an  die  kürzere  Bezeichnung  „Becessus  parajejunalis“  halten.  Ist 
nun  eine  solche  Bauchfelltasche  an  der  Uebergangsstelle  zwischen 
dem  angelötheten  und  dem  freien  Abschnitt  des  Jejunum  vorhanden, 
so  muss  der  freie  Anfangstlieil  des  letzteren  in  dem  Becessus  wie 
in  einem  Bett  gelegen  sein.  Die  von  mir  oben  sogen.  Plica  para- 
jejunalis entsteht  wahrscheinlich  dadurch,  dass  dieses  Darmstück 
durch  die  andrängenden  Speisemassen  continuirlicli  gegen  die  untere 
Wand  der  Bauchfelltasche  gedrängt  wird ; dadurch  müssen  sich  die 
Bänder  der  Eingangsöffnung  faltenförmig  verschärfen. 

Wenn  ich  nun  in  der  Literatur  Umschau  halte,  ob  ähnliche 
Verhältnisse,  wie  die  von  mir  beschriebenen,  bereits  früher  be- 
obachtet worden  sind,  so  finde  ich  zunächst  eine  ganze  Anzahl  von 


141 


Fällen  vor,  in  welchen  zweifellos  der  Anfangstheil  des  Jejunum 
mit  der  hinteren  Bauchwand  bezw.  der  Vorderfläche  des  Duodenum 
und  Pankreaskopfes  verlötket  war.  Nur  wird  der  festgewachsene 
Anfangstheil  des  Jejunum  von  den  Autoren  zum  Duodenum  ge- 
rechnet und  als  eine  überzählige  Krümmung  oder  ein  supernume- 
rärer  Schenkel  des  letzteren  bezeichnet,  weil  die  Autoren  fast 
sämmtlieh  von  der  Annahme  ausgingen,  dass  unter  dem  Ausdruck 
Duodenum  unter  allen  Umständen  derjenige  oberste  Abschnitt  des 
Dünndarms  zu  verstehen  sei,  welcher  mit  der  hinteren  Bauchwand 
verlötliet  ist.  Dass  diese  Annahme  heutzutage  unter  keinen  Um- 
ständen aufrecht  erhalten  werden  kann,  geht  aus  einer  Betrachtung 
derjenigen  Fälle  hervor,  in  welchen  die  Verwachsung  des  Duo- 
denum mit  der  hinteren  Bauchwand  gänzlich  oder  theilweise  unter- 
blieben war  (cf.  d.  A.  p.  29  und  Toldt  No.  3 p.  37  und  38). 
Wollte  man  unter  allen  Umständen  den  mit  der  hinteren  Bauch- 
wand verlötlieten  obersten  Dünndarmabschnitt  als  Duodenum  be- 
zeichnen, so  müsste  man  consequenter  Weise  zugeben,  dass  in  ein- 
zelnen Fällen  überhaupt  kein  Duodenum  existirt.  Bevor  ich 
genauer  explieire,  wie  ich  die  Bezeichnung  „Duodenum“  verstanden 
haben  möchte,  will  ich  jedoch  die  einschlägigen  Beobachtungen 
zuerst  kurz  citiren. 

Hier  kommen  nun  zunächst  die  von  Treitz  (p.  127-129)  be- 
schriebenen Fälle  B.  C und  D in  Betracht. 

Fall  B.  27  Jahre  altes  Mädchen.  Der  Magen  zeigt  die  normale  Form 
und  Richtung.  Der  Zwölffingerdarm  weicht  insofern  vom  Normalen  ab,  als  er, 
nachdem  er  die  gewöhnliche  hufeisenförmige  Krümmung  gemacht 
hat,  nicht  gleich  in  das  Jejunum  übergeht,  sondern  wieder  ein  kurzes  absteigendes 
Stück  bildet  und  dann  nochmals  zurück  durch  die  Wurzel  des  Dünndarmgekröses 
nach  rechts  geht,  um  erst  über  der  rechten  Niere  in  den  Leerdarm  überzugehen. 
Das  Duodenum  hat  demnach  bei  ungewöhnlicher  Länge  zwei  Partes  descendentes 
und  drei  transversae;  dabei  ist  es  streng  horizontal  gelagert.  Der  ganze  übrige 
Dünndarm  füllt  die  rechte  Hallte  der  Bauchhöhle  aus 

Fall  C.  58jähriges  Weib.  Der  Magen  quer  gelagert.  Der  Zwölffinger- 
darm bildet  vielfache  ganz  unregelmässige  Krümmungen,  indem  er  zuerst  eine 
nach  unten  convexe  Krümmung  macht,  dann  nach  links  und  auf- 
wärts, abwärts,  dann  wieder  quer  durch  die  Wurzel  des  Dünndarmgekröses 
nach  rechts  geht,  hier  aber  wieder  an  der  rechten  Seite  der  Vena  cava  asc.  und 
mit  ihr  innig  verbunden  etwas  nach  abwärts  sich  krümmt  und  endlich  unterhalb 
der  rechten  Niere  frei  wird  und  in  das  Jejunum  übergeht.  Der  Zwölffingerdarm 
liegt  mit  allen  diesen  Krümmungen  hinter  dem  Peritoneum  und  hat  die  unge- 
wöhnliche Länge  von  40  cm.  Der  ganze  Dünndarm  lagert  in  der  rechten  Bauch- 
höhlenhälfte .... 

Fall  D.  Der  Magen  gross  und  bedeutend  gekrümmt.  Das  Duodenum 


142 


hat  die  normale  Form  und  Lage  und  ist  horizontal  gestellt.  Nachdem 
jedoch  der  Dünndarm  die  oberste,  7 cm  lange,  mit  einem  sehr  kurzen  Mesen- 
terium versehene  Schlinge  gebildet  hat,  geht  er  wieder  hinter  der  Wurzel  des 
Dünndarmgekröses  nach  rechts  zurück  und  kommt  vor  der  rechten  Niere  zum 
Vorschein.  Hier  erst  wird  er  frei  und  geht,  an  ein  langes  Gekröse  geheftet,  in 
vielfachen  Windungen  in  das  Becken  hinab  .... 

In  clem  ersten  dieser  Fälle  hat  das  Duodenum  zunächst  seine 
normale  hufeisenförmige  Krümmung  gebildet  und  ist  nach  der  Be- 
schreibung dann  erst  wieder  nach  abwärts  gestiegen.  Wir  können 
hier  somit,  wie  ich  glaube  ungezwungen,  die  Uebergangsstelle 
zwischen  dem  normalen  hufeisenförmigen  und  dem  abwärts  stei- 
genden Tlieil  als  Flexura  duodeno-jejunalis,  den  ganzen  unterhalb 
der  letzteren  gelegenen,  wenngleich  mit  der  hinteren  Bauchwand 
verlötheten  Darmtheil  als  Anfangsstück  des  Jejunum  ansehen,  denn 
es  muss  noch  einmal  betont  werden,  dass  die  Ausdehnung  der 
Verlöthung  mit  der  hinteren  Bauchwand  unmöglich  dafür  ent- 
scheidend sein  kann,  was  man  als  Duodenum  zu  bezeichnen  hat. 
In  dem  zweiten  Falle  ist  der  Verlauf  des  letzteren  nicht  genau 
beschrieben  worden.  Da  aber  der  Zwölffingerdarm  zuerst  eine 
nach  unten  convexe  Krümmung  machte  und  dann  nach  links  und 
aufwärts  zog  (anscheinend  die  Pars  ascendens),  so  ist  wohl  anzu- 
nehmen, dass  auch  hier  die  Flexura-duodeno-jejunalis  annähernd  an 
ihrer  normalen  Stelle  gelegen  haben  wird.  Gradezu  beweisend  für 
die  Richtigkeit  meiner  Auffassung  der  Dinge  ist  endlich  der  dritte 
Fall,  in  welchem  das  Duodenum  nach  gewöhnlichem  Verlauf  an 
der  normalen  Stelle  in  die  Flexura  duodeno-jejunalis  überging.  Der 
Anfangstheil  des  Jejunum  besass  alsdann  auf  eine  Strecke  von 
7 cm  ein  ganz  kurzes  freies  Gekröse,  um  hierauf  wieder  retro- 
peritoneal  zu  verlaufen.1)  Würde  hier  auch  der  7 cm  lange  Ab- 
schnitt des  letzteren  Dannstückes  mit  der  hinteren  Bauchwann 
verlöthet  gewesen  sein,  so  würde  Treitz  denselben  jedenfalls  ohne 
Weiteres  als  Duodenum  bezeichnet  haben,  während  er  es  unter 
diesen  Umständen  vorzieht,  sich  bei  der  Beschreibung  etwas  all- 
gemeiner auszudrücken.  Etwas  unverständlich  bleibt  es,  wenn  T. 
in  allen  drei  Fällen  sagt,  dass  sich  das  abnorm  angelöthete  Darm- 
stück hinter  der  Wurzel  des  Dünndarmgekröses  oder  durch 
dieselbe  hindurch  nach  rechts  begeben  habe.  Bei  dem  Fall  B 
wäre  dies  denkbar:  bei  den  anderen  Fällen  sollte  man  meinen,  das 


i)  ln  dieser  Weise  möchte  ich  mir  wenigstens  die  Beschreibung  dieses 
Falles  deuten.  Allerdings  ist  die  letztere  uicht  völlig  klar. 


143 


freie  Dünn darmgekr  ö s e könne  doch  erst  dort  begonnen  haben,  wo 
die  Verlüthnng  aufgehört  hat. 

Zwei  weitere  ähnliche  Fälle  sind  von  Gruben  (No.  6 p.  223 
und  224)  veröffentlicht  worden. 

1.  Fall  (1.  Fall  von  Gruber).  Mesenterium  commune  für  das 
Jejuno-ileum  und  Colon  ascendens. 

Das  Duodenum  bildete  in  seinem  Verlaufe  vier  Schenkel,  wovon  der 
1.  bis  3.  Schenkel  denen  des  Duodenum  der  Norm  correspondirten,  aber  mit  dem 
Unterschiede,  dass  der  3.  (=  der  Portio  transversa  inferior  der  Norm)  ganz  . 
quer  verlief.  Der  4.  oder  supernumeräre  Schenkel  war  S-förmig  gekrümmt  und 
l3/4  Zoll  lang.  Mit  seiner  oberen  kürzeren  Portion,  welche  in  der  Wurzel 
des  Mesenterium  commune  lag,  verlief  er  vor  dem  Kopfe  des  Pankreas  und 
4 Linien  über  und  vor  dem  3.  Schenkel  des  Duodenum  quer  von  links  nach 
rechts  bis  zum  Colon  ascendens  unterhalb  der  Flexura  coli  hepatica,  stieg  dann 
mit  der  unteren  Portion  vorwärts  von  dem  2.  und  3.  Schenkel  des  Duodenum 
neben  dem  Colon  ascendens  bis  3/4  Zoll  über  der  Einsenkung  des  Ileum  in  das 
Colon  abwärts,  um  hier  über  und  hinter  dem  Ende  des  Ileum,  also  rechts,  die 
Flexura  duodeno-jejunalis  zu  bilden  und  durch  sie  in  das  Jejunum  sich  fortzu- 
setzen. Die  Wurzel  des  Mesenterium  commune  lag  rechts  von  der  Median- 
linie quer. 

2.  Fall  (3.  Fall  von  G-ruber).  Mesenterium  commune  für  das 
Jejuno-ileum  und  das  Colon  ascendens. 

Der  Dünndarm  war  27  Fuss  lang,  wovon  15  Zoll  auf  das  Duodenum  kamen. 
Das  Duodenum  verlief  wie  ein  Zickzack  und  wies  3 nebeneinander  liegende 
Schenkel  und  2 Flexuren  auf.  Von  den  Schenkeln  stieg  der  mediale  schräg  nach 
rechts  abwärts,  der  mediane  gerade  aufwärts  und  der  laterale  parallel  diesem 
wieder  abwärts.  Die  erste  Flexur  befand  sich  am  Uebergange  des  medialen  in 
den  medianen  Schenkel,  also  unten;  die  zweite  Flexur  am  Uebergange  des  me- 
dianen in  den  lateralen  Schenkel,  also  oben.  Der  mediale  Schenkel  war  kürzer 
als  die  beiden  anderen,  die  fast  gleich  lang  waren.  Mit  dein  medialen,  am  Py- 
lorus  beginnenden  Schenkel,  war  der  Kopf  des  Pankreas  verwachsen.  In  den- 
selben öffnete  sich  2 Zoll  vom  Pylorus  entfernt  der  Ductus  pancreaticus  und 
noch  1 Zoll  tiefer  der  Ductus  choledochus.  Von  jeder  der  Flexuren  ging  eine 
Duplicatur  des  Peritoneum  ab.  Am  Uebergange  des  lateralen  Schenkels  in  das 
Jejunum  befand  sich  die  deutliche  Flexura  duodeno-jejunalis,  die  neben 
sich  links  (aber  rechts  von  der  Wirbelsäule)  eine  gut  entwickelte 
Retroeversio  mesogast  rica  aufwies.  Die  Wurzel  des  Mesenterium  lag 
rechts  von  der  Wirbelsäule. 

In  dem  ersten  dieser  Fälle  hatte  das  Duodenum  somit  seinen 
normalen  I erlauf,  um  alsdann  mittelst  einer  vor  der  Wirbelsäule 
gelagerten  Biegung  in  den  von  Gruber  sogen,  supernumerären 
Schenkel  überzugehen.  Wir  können  hier,  wie  ich  glaube,  nach 
unserer  gegenwärtigen  Kenntniss  der  physiologischen  Verlöthungs- 
vorgänge  Aveit  ungezwungener  die  eben  erwähnte  Biegung  als 
Flexura  duodeno-jejunalis  und  den  supernumerären  Duodenum- 


144 


Schenkel  als  den  mit  der  hinteren  Bauchwand  verwachsenen  An- 
fangstheil  des  Jejunum  betrachten.  In  dem  zweiten  Falle  ist  es 
offenbar  während  des  Embryonallebens  gar  nicht  zur  Ausbildung 
einer  normal  gelagerten  Flexura  duodeno-jejunalis  gekommen.  Hier 
möchte  ich  (vgl.  weiter  unten)  als  Duodenum  nur  den  von  Grub  er 
sogen,  medialen  Schenkel  bezeichnen,  dagegen  den  medianen  und 
lateralen  Schenkel  desselben  Autors  zum  Jejunum  rechnen.  Dieser 
Fall  ist  ferner  dadurch  ausgezeichn&t,  dass  sich  an  dem  Ueber- 
gange  zwischen  dem  verlötheten  und  dem  freien  Abschnitt  des 
Jejunum  offenbar  der  von  mir  oben  beschriebene  Rec.  para- 
jejunalis  s.  mesenterico  - parietalis  vorfand,  welcher  von 
Grub  er  fälschlich  für  eine  verlagerte  Fossa  duodeno-jejunalis  an- 
gesehen wurde. 

Ein  anderer  von  diesem  Autor  bereits  früher  (Ho.  4 p.  589) 
beschriebener  Fall  einer  verlagerten  Fossa  duodeno-jejunalis  kann 
übrigens  zweifellos  nicht  in  derselben  Weise,  nämlich  als  Rec.  para- 
jejuualis,  gedeutet  werden:  aus  der  Beschreibung  und  Abbildung 
geht  soviel  mit  Sicherheit  hervor,  dass  es  sich  hier  um  irgend  einen 
der  von  mir  oben  genauer  beschriebenen  Recessus  gehandelt  hat, 
welche  sich  auch  in  der  Nähe  einer  normal  situirten  Flexura  duo- 
deno-jejunalis vorfinden  können.1)  Nur  war  die  Flexur  hier  etwas 
weit  nach  rechts  gelegen. 

Endlich  möge  hier  noch  eines  von  Grub  er  veröffentlichten 
Falles  von  Mesenterium  commune  complicirt  mit  einer  Hernia 
diapliragmatica  spuria  sin.  (No.  7 p.  386)  Erwähnung  geschehen, 
in  welchem  offenbar  auch  ein  abnormer  Verlauf  des  Duodenum 
vorhanden  war,  dessen  Beschreibung  aber  leider  zu  unklar  ist.  als 
dass  es  möglich  wäre,  sich  von  dem  Falle  ein  klares  Bild  zu 
machen.  Diese  Beschreibung  lautet  nämlich  folgendermaassen : 

Das  Duodenum  ist  doppelt  S-förmig  gekrümmt  und  zugleich  so  gedreht,  dass 
die  den  oberen  Schenkel  darstellende  Flexur  ihre  Convexität  nach  rechts,  die 
den  mittleren  Schenkel  repräsentirende  Flexur  dieselbe  nach  vom  und  rechts  und 
die  den  unteren  Schenkel  darstellende  Flexur  dieselbe  nach  abwärts  kehrt.  Es 
befindet  sich  in  der  Wurzel  des  Mesocolon  transversum  und  ist  rückwärts  ganz 
frei.  Seine  untere  Flexur  und  die  Flexura  duodeno-jejunalis  liegen  in  einer  vor 
der  Aorta  abdominalis  und  links  davon  befindlichen  gut  entwickelten  Retroeversio 
peritonaei  mesogastrica  . . . Das  Pankreas  ist  durch  seinen  Kopf  mit  der  zweiten 


1)  Es  ist  merkwürdig,  dass  W.  Grub  er  nicht  in  dieser  Abhandlung,  sondern 
erst  in  einer  viel  später  erschienenen  iNo.  (1  p.  218)  zum  ersten  Male  erwähnt, 
dass  in  dem  eben  erwähnten  Falle  die  Retroeversio  mesogastrica  rechts  vor 
der  Wirbelsäule  gelegen  war. 


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Flexur  des  Duodenum,  die  ihre  Concavität  nach  hinten  und  links  kehrt,  ver- 
wachsen. An  ihrer  linken  Hälfte  bis  linken  zwei  Dritteln  ist  sie  mit  ihren 
Gefässen  iu  einer  Peritonealduplicatur  frei  über  dem  Mesocolon  transversum 
gelagert.  Diese  Duplicatur  ist  die  Fortsetzung  des  vom  Mesocolon  transversum 
gesondert  gebliebenen  Omentnm  majus  .... 

Aus  dieser  Beschreibung  kann  man  trotz  der  beigefügten  Ab- 
bildung eigentlich  wenig  mehr  ersehen,  als  dass  das  Duodenum 
nirgends  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthet  war  und  sich  eine 
intestinale,  von  G.  für  die  Flexura  duodeno-jejunalis  angesehene 
Biegung  ungefähr  an  derjenigen  Stelle  befand,  wo  sonst  die  letztere 
Flexur  normaler  Weise  gelegen  ist. 

Weiterhin  kommt  hier  ein  von  Schiefferdecker  (No.  2 p.  235) 
beschriebener  Fall  von  Mesenterium  commune  in  Betracht, 
welcher  auch  durch  eine  Abbildung  erläutert  ist.  Die  Beschreibung 
lautet  folgendermaassen : 

Das  Duodenum  begann  in  der  Höhe  des  unteren  Endes  des  XII.  Brust- 
wirbels bez.  der  nächst  tieferen  Synchondrose,  ging  dann  nach  rechts  neben  die 
Wirbelsäule,  bog  hier  mit  einer  nach  rechts  sehenden  Convexität  kurz  nach  der 
Wirbelsäule  zurück,  lief  vor  der  Synchondrose  zwischen  I.  und  H.  Bauchwirbel 
leicht  aufsteigend  nach  links  bis  zur  Seite  der  Wirbelsäule,  machte  dann  eine 
steile  Biegung  nach  unten,  zog  den  Wirbelkörpern  dicht  anliegend  vor  dem 
Psoas  nach  unten  bis  etwa  zur  Mitte  des  Ili.  Bauchwirbels,  bog  hier  steil  auf- 
wärts um,  legte  sich  aufsteigend  medianwärts  an  und  etwas  vor  den  absteigenden 
Schenkel,  bog  dann  wieder  ziemlich  steil  nach  rechts  um,  zog  theihveise  von  der 
ersten  queren  Partie  bedeckt  wieder  quer  vor  der  Wirbelsäule  nach  rechts  hinüber, 
dann  in  gleichem  Bogen  wie  jene  erste  Schlinge  aufwärts  neben  der  Wirbelsäule 
bis  zur  Sychondrose  zutschen  dem  XII.  Brustwirbel  und  dem  I.  Bauchwirbel,  bog 
hier  ganz  steil  nach  hinten  medianwärts  und  unten  um  und  stieg  dann  leicht 
S-förmig  gekrümmt  neben  der  Wirbelsäule  herab  bis  etwa  zur  Mitte  des 
HL.  Bauchwirbels,  vor  welchem  dann  der  Dünndarm  mit  seinem  Mesenterium 
begann.  Mit  Ausnahme  des  ersten  Anfanges,  des  untersten  Endes  vor  dem 
HI.  Bauchwirbel  und  des  untersten  Theiles  der  links  herabsteigenden  Schlinge 
war  der  Darm  fest  an  die  ßauchwand  geheftet,  die  genannten  Theile  zeigten 
ein  kurzes  Mesenterium  . . . Das  untere  Ende  des  Duodenum  ging,  indem  sich 
das  Mesenterium  rasch  verlängerte,  in  das  Jejunum  über  .... 

Schiefferdecker  memt  nun,  die  Entscheidung  darüber,  bis 
zu  welcher  Stelle  der  Darm  als  Duodeuum  zu  bezeichnen  wäre, 
würde  nach  seinen  Auseinandersetzungen  eine  rein  subjective  sein. 
Ihm  selbst  erscheint  es  „mit  der  gewöhnlichen  Form  des  Duodenum 
verträglicher,  den  ganzen  hier  wiedergegebenen  Darmabschnitt  als 
Duodenum  aufzufassen,  im  Wesentlichen  allerdings  wohl  auch  nur 
aus  dem  Grunde,  weil  wir  eben  gewöhnt  sind,  den  ersten  Abschnitt 
des  Darmes  unterhalb  des  Magens,  soweit  derselbe  der  Bauchwand 

Bvoesike,  Hernien.  \ Q 


146 


einigerm  aas  seil  fest  anliegt,  als  Duodenum  zu  bezeichnen“.  Dieser 
Ansicht  kann  ich  aber  nach  meinen  obigen  Ausführungen  unmög- 
lich beistimmen.  Wenn  es  Fälle  giebt  (cf.  d.  A.  p.  29),  in  denen 
das  Duodenum  und  die  Flexura  duodeno-jejunalis  vollständig  ihre 
normale  Form  und  Lage  haben  und  das  erstere  dennoch  nirgends 
mit  der  hinteren  Bauchwand  verwachsen  ist,  so  muss  man  sagen, 
dass  die  Ausdehnung  der  Verlöthung  des  obersten  Darmstücks  mit 
der  hinteren  Bauchwand  eben  nicht  im  mindesten  die  Entscheidung 
dieser  Frage  bestimmen  kann.  Gehe  ich  von  diesem  Grundsatz 
aus,  so  erscheint  es  mir  viel  einfacher,  in  dem  Sc  hi  eff  er  deck  er- 
sehen Falle  als  Duodenum  nur  die  oberste,  das  Pankreas  einrahmende 
Darmschlinge  zu  bezeichnen,  an  welcher  man  deutlich  eine  Pars 
transversa  sup.,  Pars  descendens  und  Pars  transversa  inf.  unter- 
scheiden kann.  Die  Flexura  duodeno-jejunalis  würde  alsdann  durch 
die  links  von  dem  I.  Lendenwirbel  gelegene  weitere  Biegung  des 
Darmes  repräsentirt  sein  und  somit  liier  das  theilweise  mit  der 
hinteren  Bauchwand  verlöthete  Jejunum  beginnen.  Für  diese  An- 
sicht würde  auch  die  Thatsache  sprechen,  dass  die  Verlöthung  des 
letzteren  Darmabschnittes  zum  Theil  unterbrochen  war,  so  dass 
sich  hier  auf  kurze  Strecken  ein  freies  Gekröse  zeigte,  welches 
keine  Pankreassubstanz  enthielt.  Ich  möchte  mir  somit  diesen  Fall 
(und  in  ähnlicher  Weise  auch  einen  Theil  der  früher  beschriebenen 
Fälle)  in  der  Weise  erklären,  dass  bei  demselben  ursprünglich 
ein  ziemlich  normales  Duodenum  nebst  einer  gleichfalls  normalen, 
höchstens  ein  wenig  weit  nach  links  gelagerten1)  Flexura  duodeno- 
jejunalis  vorhanden  war,  während  gleicherzeit  das  Anfangsstück 
des  Jejunum  in  Folge  eines  localen  excessiven  Wachsthums  un- 
gewöhnlich starke  Schlingenbildung  zeigte.  Später  sind  diese  über- 
schüssigen Jejunumschlingen  ebenso  wie  das  Duodenum  zum 
grösseren  Theil  mit  der  hinteren  Bauchwand  verwachsen,  zum 
kleineren  Theil  freigeblieben. 

Unter  den  Lageanomalien  des  Duodenum  möchte  ich  ferner 
noch  die  von  Toldt  (cf.  No.  3 p.  38)  zusammengestellten  Fälle 
von  mehr  oder  weniger  vollständiger  Transposition  der  Bauch- 
eingeweide kurz  erwähnen.  Wenngleich  bei  den  meisten  dieser 
Fälle  die  Beschreibung  viel  zu  wünschen  übrig  lässt,  so  scheint 


i)  Ich  möchte  hier  noch  bemerken,  dass  bekanntlich  unter  sonst  ganz 
normalen  Verhältnissen  die  Flexur  nicht  immer  vor  der  Wirbelsäule,  sondern 
mitunter  auch  ein  wenig  rechts  oder  links  von  derselben  liegen  kann. 


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sich  doch  hier  die  Flexura  duodeno-jejimalis  gewöhnlich  an  der 
normalen  Stelle  befunden  zu  haben. 

Sodann  möchte  ich  noch  derjenigen  Fälle  von  freiem  Mesen- 
terium commune  gedenken,  in  denen  es  gar  nicht  zur  Ausbildung 
irgend  einer  Biegung  des  Darmes  kommt,  welche  man  als  Flexura 
duodeno-jejunalis  ansprechen  könnte.  Hier  giebt  es  somit  an- 
scheinend gar  keine  Abgrenzung  zwischen  Duodenum  und  Jejunum, 
der  Kopf  des  Paukreas  ist  zwischen  den  beiden  Blättern  des 
obersten  Abschnittes  des  freien  Mesenterium  commune  gelegen. 
Das  Duodenum  kann  dabei  entweder  noch  tlieilweise  mit  der 
hinteren  Bauchwand  verlöthet  sein,  oder  das  freie  Gekröse  kann 
sich  continuirlich  bis  zum  Pylorus  hinauferstrecken.  Derartige 
Fälle  sind  von  Treitz  (Fall  A p.  126),  von  His  (p.  21)  und  von 
Toldt  (Ko.  3 p.  20)  beschrieben  worden.  Ich  will  von  denselben 
nur  den  ersten  citiren. 

FallA.  32  Jahre  alte,  geisteskranke  Frau.  Der  Magen  ist  beinahe  grade 
gestreckt,  sein  Fundus  wenig  ausgebildet  und  der  Pylorus  nur  unmerklich  von 
der  Mitte  der  Wirbelsäule  nach  rechts  abweichend.  Der  Zwölffingerdarm  existirt 
eigentlich  gar  nicht,  denn  der  Dünndarm  geht  senkrecht  vom  Pylorus  nach  ab- 
wärts, ohne  die  gewöhnlichen  Duodenalkrümmungen  zu  bilden.  Er  ist  gleich 
am  Pylorus  mit  einem  Gekröse  versehen,  welches  so  schnell  wächst,  dass  es  an 
der  Insertionsstelle  des  Ductus  choledochus  bereits  7 cm.  hoch  ist.  Der  Ductus 
choledochus  und  der  Kopf  des  Pankreas  kommen  dadurch  zwischen  die  Blätter 
dieses  Gekröses  zu  liegen.  Yon  da  setzt  sich  der  Darm  ebenso  wie  sein  Gekröse 
ohne  alle  Abgrenzung  in  den  Dünndarm  fort  ....  Das  Dünndarmgekröse  ver- 
läuft übrigens  genau  in  der  Mittellinie  der  Bauchhöhle  ....  Zwei  Jejunum- 
schlingen liegen  lose  in  dem  sehr  weiten  For.  Winslowii,  dessen  Ränder  sehnig 
verdickt  sind. 

Endlich  möchte  ich  noch  einen  Fall  eigener  Beobachtung  an- 
führen, in  welchem  die  Pars  transversa  inf.  ein  ungewöhnliches 
und,  soviel  mir  bekannt,  bisher  noch  nicht  beschriebenes  Verhalten 
zeigte. 

Leiche  eines  jüngeren  Mannes  in  gutem  Ernährungszustände.  Die  Bauch- 
eingeweide zeigen  bis  auf  das  Duodenum  durchweg  ein  normales  Verhalten.  Das 
Duodenum  selbst,  erheblich  weiter  als  normal,  besitzt  zunächst  eine  in  regulärer 
Weise  mit  dem  Kopf  des  Pankreas  verbundene  Pars  transversa  sup.,  Flexura 
duodeni  prima  und  Pars  descendens.  Nach  Bildung  der  Flexura  duodeni  secunda 
zieht  dieser  Darmtlieil  indessen  nicht  in  gerader  Richtung  nach  links  und  auf- 
wärts, sondern  bildet  zunächst  eine  Schlinge  von  der  Form  einer  halben  8,  deren 
Convexität  abwärts  gekehrt  ist  und  etwa  bis  zur  Höhe  des  IY.  Lendenwirbels 
nach  unten  reicht.  Der  absteigende  Schenkel  dieser  Schlinge  ist  dabei  vor  dem 
aufsteigenden  gelegen.  Erst  dann  steigt  die  Pars  ascendens  in  der  gewöhnlichen 
Weise  schräg  nach  links  und  oben,  um  vor  der  Wirbelsäule  eine  normale  Flexura 
duodeno-jejunalis  zu  bilden,  über  welcher  die  A.  mensenterica  sup.  hervortritt. 

10* 


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Die  Pars  dcscendens,  die  abnorme  Schlinge  und  die  Pars  ascendens  sind  völlig 
mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthet,  Auch  die  beiden  Schlingenschenke] 
sind  an  ihrer  Kreuzungsstolle  mit  einander  verwachsen  und  liegen  überhaupt 
so  dicht  neben  einander,  dass  zwischen  ihnen  nicht  einmal  ein  Gokrösrudiment 
erkennbar  ist. 

In  diesem  Falle  war  es  also,  sei  es  vor,  sei  es  nach  der  nor- 
malen Fixation  der  Flexura  duodeno-jejnnalis,  zu  einem  excessiven 
Wachstimm  der  Pars  ascendens  mit  Schlingenbildung  gekommen. 
Nachträglich  war  dann  die  abnorme  Schlinge  ebenso  wie  der  Rest 
der  Pars  ascendens  mit  der  hinteren  Bauchwand  verwachsen. 

Werfe  ich  jetzt  einen  Rückblick  auf  die  in  der  Literatur  an- 
gegebenen und  von  mir  soeben  mitgetheilten  Anomalien  in  Bezug 
auf  den  Verlauf  und  die  Verlöthungsverhältnisse  des  obersten 
Diinndarmabschniftes,  so  glaube  ich  daraus  zunächst  mit  Bestimmt- 
heit deduciren  zu  können,  dass  wir  uns,  wie  dies  bereits  oben  kurz 
erwähnt  wurde,  unmöglich  damit  zufrieden  geben  können,  einfach 
denjenigen  Theil  des  obersten  Dünndarms  als  Duodenum  zu  be- 
zeichnen, welcher  ganz  oder  theilweise  mit  der  hinteren  Bauchwand 
verwachsen  ist.1)  Sonst  müsste  man  ja  consequenter  Weise  die 
Existenz  eines  Duodenum  selbst  dann  leugnen,  wenn,  wie  in  dem 
von  mir  beschriebenen  Falle  (cf.  S.  29),  dieses  Darmstück  eine 
ganz  normale  Form  hat,  ja  sogar  der  rechten  Hälfte  der  hinteren 
Bauchwand  dicht  anliegt,  an  normaler  Stelle  in  die  Flexura  duodeno- 
jejunalis  übergeht  und  dennoch  ebensowenig  wie  der  Pankreaskopf 
irgendwo  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthet  ist.  Auch  in  dem 
Fall  D von  Treitz,  wo  sich  an  ein  normales  Duodenum  eine  normale 
Flexur,  hierauf  ein  7 cm  langes,  mit  einem  kurzen  Gekröse  ver- 
sehenes und  dann  wiederum  ein  mit  der  hinteren  Bauchwand  ver- 
löthetes  Darmstück  anschloss,  kann  doch  unmöglich  der  ganze 
Abschnitt  vom  Pylorus  bis  zu  dem  Ende  des  letzten  verlötheten 
Darmstückes  als  Duodenum  angesehen  werden. 

Nach  meiner  Meinung  kann  man  den  Begriff  „Duodenum“  nur 
in  folgender  Weise  definiren.  Alle  bisher  bekannten  Fälle  von 
normalem  oder  abnormem  Verhalten  des  obersten  Dünndarm- 
abschnittes können  in  zwei  Gruppen  eingetheilt  werden.  In  der 
einen  Gruppe  von  Fällen  hat  das  Duodenum  eine  bald  mehr 
hufeisenförmige,  bald  mehr  ringförmige  Gestalt  und  geht  alsdann 
mittelst  einer  entweder  vor,  oder  auch  ein  wenig  rechts  oder  links 


*)  Nicht,  allein  Schiefferdecker  (No.  2 p.  239),  sondern  auch  Toldt 
(No.  3 p.  37  und  38)  scheinen  sich  dieser  Ansicht  zuzuneigen. 


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von  der  Wirbelsäule  gelegenen,  aber  unter  allen  Umständen  an 
die  hintere  Bauch  wand  fixirten  Biegung  (der  Flexura  duo- 
deno-jejunalis)  in  den  nächstfolgenden  Darmabschnitt  über.  Den 
letzteren  werden  wir  also,  ganz  gleich,  ob  derselbe  mit  der  hinteren 
Bauchwand  ganz  oder  theilweise  verlöthet  oder  mit  einem  freien 
Gekröse  versehen  ist.  überall  dort  als  Jejunum  bezeichnen  müssen, 
wo  wir  im  Stande  sind,  eine  deutlich  ausgebildete,  d.  h.  an- 
nähernd normal  gelegene  Flexura  duodeno-jejunalis  zu  erkennen. 
In  einer  zweiten  Gruppe  von  Fällen  ist  es  garnicht  zur  Aus- 
bildung einer  (normal  gelegenen)  Flexura  duodeno-jejunalis  ge- 
kommen. In  allen  bisher  beobachteten  Fällen  dieser  Art  war  der 
oberste  Abschnitt  des  Dünndarms  mit  dem  Pankreas  verwachsen. 
An  diesem  Abschnitt  kann  entweder  eine  Pars  transversa  sup.  und 
Pars  descendens  unterschieden  werden,  oder  es  ist  eigentlich  nur 
eine  Pars  descendens  vorhanden,  indem  sich  der  Dünndarm  vom 
Pylorus  senkrecht  nach  abwärts  erstreckt.  Für  diese  Fälle  möchte 
ich  auf  den  bereits  von  Luschka  anstatt  der  Bezeichnung  „Duo- 
denum“ vorgeschlagenen  Ausdruck  „Intestinum  pancreaticum“  re- 
curriren  und  somit  hier  als  Duodenum  oder  Pancreaticum  den- 
jenigen Theil  des  Dünndarmes  bezeichnen,  welcher  mit  dem  Pan- 
kreas verwachsen  ist.  Die  Grenze  zwischen  Duodenum  und  Jejunum 
würde  somit  hier  — wenigstens  in  den  bis  jetzt  bekannten  Fällen 
— an  dein  unteren  Ende  der  Pars  descendens,  d.  h.  etwas  unter- 
halb der  Einmündungsstelle  des  Ductus  choledochus  bezw.  pan- 
creaticus gelegen  sein.  Der  weiterhin  anschliessende  Abschnitt  des 
Jejunum  kann  nun  entweder  wie  in  den  Fällen  von  Tr  eit z,  His 
und  Toldt  (cf.  d.  A.  p.  146)  ein  freies  Gekröse  besitzen,  oder  wie 
in  dem  zweiten  von  mir  citirten  zweiten  Falle  von  Gruber  (cf.  d.  A. 
p.  142)  unter  abnormer  Schlingenbildung  mit  der  hinteren  Bauch- 
wand verlöthet  sein.  In  dem  Grub  er’ sehen  Falle  könnte  man 
somit  sogar  von  einer  abnorm  gelagerten  Flexura  duodeno-jeju- 
nalis sprechen,  womit  die  Biegung  gemeint  wäre,  welche  zwischen 
dem  von  diesem  Autor  so  bezeiclmeten  medialen  und  medianen 
Schenkel  gelegen  war. 

Die  soeben  gegebene  Begriffsbestimmung  für  den  Ausdruck 
„Duodenum“  würde  sich  übrigens  auch  mit  den  entwicklungs- 
geschichtlichen Thatsachen  bestens  decken.  Bekanntlich  nimmt 
His  nach  seinen  Untersuchungen  an  Embryonen  an,  dass  der  von 
ihm  sogen.  Mesenterialdarm,  welcher  nach  den  bisherigen  An- 
schauungen mit  der  Toldt’schen  Habelschleife  identisch  wäre,  im 


150 


Anfänge  des  zweiten  Monats  vom  unteren  Ende  der  Pars  descen- 
dens  duodeni  bis  zur  späteren  Flexura  coli  sin.  reicht,  also  ausser 
dem  Jejunum,  Ileum,  Colon  ascendens  und  transversum  auch  noch 
die  spätere  Pars  transversa  inf.  s.  ascendens  duodeni  nebst  der 
Flexura  duodeno-jejunalis  einscliliesst.  Der  Mesenterialdarm  nimmt 
nach  diesem  Autor  zu  jener  Zeit  in  der  rechten  Körperhälfte  fast 
senkrecht  unterhalb  der  Einmündungsstelle  des  Pankreas  ihren 
Anfang.  Mit  diesem  Befunde  stehe  auch  in  bestem  Einklang  der  (von 
mir  p.  146  bereits  erwähnte)  Fall  eines  Mesenterium  commune  bei 
einem  12jährigen  Knaben,  bei  welchem  die  Pars  descendens  duo- 
deni in  gewöhnlicher  Weise  an  die  hintere  Bauch  wand  angeheftet 
war,  dann  aber  rechts  vom  dritten  Lendenwirbel  in  ein  freies,  mit 
Gekröse  versehenes  Darmstück  überging,  welches  sich  ohne  weitere 
Grenze  in  das  Jejunum  fortsetzte.  Im  Gegensatz  dazu  beschreibt 
Toldt  (No.  1 p.  8)  an  zwei  Embryonen  aus  der  sechsten  Woche  die 
Lage  des  Duodenum  folgendermaassen:  „Der  pylorische  Theil  des 
Magens  ist  der  vorderen  Bauchwand  angelagert  und  geht  mit  einer 
leichten  Wendung  nach  rückwärts  in  die  Duodenalschlinge  über. 
Das  Duodenum  erscheint  als  eine  nach  rechts  und  etwas  nach  vorne 
gewandte  Schlinge,  deren  oberer  sehr  kurzer  Schenkel,  aus  dem 
Magen  hervorgehend,  nach  rechts  und  hinten  gerichtet  ist.  Der 
verhältnissmässig  breite  Scheitel  der  Schlinge  (d.  h.  das  ziemlich 
lange  Mittelstück  des  Duodenum)  hält  die  Richtung  nach  rückwärts 
und  abwärts  ein,  während  seine  Convexität,  wie  schon  erwähnt, 
nach  rechts  und  vorne  dem  rechten  Leberlappen  zugewendet  ist. 
Der  obere  Schenkel  und  der  grösste  Theil  des  mittleren  liegt  rück- 
wärts nicht  der  hinteren  Rumpfwand,  sondern  der  Lebersubstanz 
an,  ohne  mit  ihr  irgendwie  verbunden  zu  sein.  Mit  seinem  ziem- 
lich kurzen  unteren  Schenkel  wendet  sich  das  Duodenum  nach 
links  und  rückwärts,  und  kommt  dieser  letztere  so  gerade  hinter 
die  grosse  Magenkurve  zu  liegen.  In  der  Mittellinie  des  Leibes 
geht  er  dann  mit  einer  scharfen,  nach  vorn  und  abwärts  offenen 
Knickung,  der  späteren  Flexura  duodeno-jejunalis,  in  den  nächsten 
Abschnitt  des  Darmes  (die  Nabelschleife)  über.“  Nach  der  Meinung 
von  Schiefferdecker  (No.  2 p.  237)  steht  nun  „in  der  That  der 
Befund  von  His  den  Angaben  von  Toldt  ganz  unvermittelt  gegen- 
über“ ; da  man  an  der  Richtigkeit  der  Beobachtungen  kaum  zweifeln 
könne,  so  sei  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  „bei  Embryonen  der 
•sechsten  Woche  das  Duodenum  theil  weise  bis  zum  unteren  Ende 
der  Pars  descendens,  theilweise  bis  zur  Mittellinie  des  Körpers 


gehen  wird:  das  Stück  Weges,  um  welches  ss  sich  hier  handelt, 
ist  ja  ohnedies  sehr  kurz“.  Toldt  seihst  (No.  3 p.  36)  zweifelt 
nicht  an  der  Richtigkeit  der  Hi s’ sehen  Beobachtung,  betont  in- 
dessen, dass  bei  Embryonen  der  sechsten  Woche,  noch  deutlicher 
an  solchen  aus  dem  Ende  der  sechsten  und  aus  der  siebenten 
Woche  das  Duodenum  entschieden  die  Schlingenform  besitzt  und 
die  Flexura  duodeno-jejunalis  ganz  gut  angedeutet  ist.  Im  Uebrigen 
habe  er  sich  bei  der  Abgrenzung  des  Duodenum  ausschliesslich  an 
das  Mesogastrium  gehalten,  welches  zu  der  angegebenen  Zeit  bis 
au  die  Flexura  duodeno-jejunalis  reicht,  während  das  schmale  Ge- 
kröse der  Nabelschleife  dort  beginnt.  Toldt  hält  übrigens  dafür, 
dass  die  Beobachtungen  von  His  mit  den  seinen  ganz  gut  vereinbar 
sind,  wenn  man  bedenkt,  dass  das  Duodenum  „in  der  fünften  Woche 
und  Anfangs  der  sechsten  Woche,  sowie  der  übrige  Darm  an 
Länge  zunimmt,  aber  nicht  in  die  Nabelschleife  des  Darmes  ein- 
bezogen wird , sondern  vor  dem  Anfang  derselben  sich  sehlingen- 
förmig  einbiegt.“  Ein  von  His  als  Stütze  für  seine  Auffassung 
beigebrachter  Hinweis  auf  einen  Fall  von  Mesenterium  commune, 
bei  welchem  dieses  bereits  unterhalb  der  Pars  descendens  duodeni 
seinen  Anfang  nahm,  könne,  wie  schon  Schiefferdecker  hervor- 
gehoben hat,  für  die  ursprüngliche  Abgrenzung  des  Duodenum  nicht 
maassgebend  sein,  weil  „in  derartigen  Fällen  erfahrungsgemäss 
bald  ein  grösserer,  bald  ein  kleinerer  Theil  des  Duodenum  an  dem 
Mesenterium  commune  haftet,  d.  h.  die  normgemässe  Verklebung 
des  Duodenum  und  seines  Gekröses  mit  dem  Peritoneum  parietale 
das  eine  Mal  auf  eine  längere,  das  andere  Mal  auf  eine  kürzere 
Strecke  unterbleiben  kann.“ 

Setzen  wir  nun  die  Beobachtungen  der  beiden  eben  genannten 
Forscher  als  richtig  voraus,  so  erscheint  es  bei  rein  theoretischer 
Betrachtung  zunächst  unmöglich,  zwischen  ihnen  eine  vermittelnde 
Stellung  einzunehmen.  Nach  His  gehört  die  Pars  ascendens  duo- 
deni noch  zur  Nabelschleife,  deren  Anfangstheil  sie  darstellt.  Nach 
Toldt  beginnt  dagegen  die  Nabelschleife  dort,  wo  die  Pars  ascen- 
dens aufhört.  Für  die  eine  oder  die  andere  Ansicht  muss  man 
sich  folglich  entscheiden.  Ein  glücklicher  Zufall  ermöglichte  es 
mir  nun  noch  kurz  vor  Schluss  dieser  Arbeit,  über  diesen  Punkt 
zu  völliger  Klarheit  zu  gelangen.  Ich  hatte  nämlich  Gelegenheit, 
einen  frisch  in  Alkohol  gelegten  und  sich  gerade  in  dem  richtigen 
Härtungszustande  befindlichen  Embryo  aus  der  fünften  Woche  in 
Bezug  auf  das  Verhalten  des  Darmkanals  und  seiner  Gekröse  zu 


152 


untersuchen.  Die  Präparation,  welche  lediglich  mittelst  zweier,  mit 
ganz  spitzen  Branchen  versehener  Pincetten  ausgeführt  wurde,  war 
so  gut  gelungen,  dass  man  mit  blossem  Auge  fast  ebensoviel  wie 
mit  der  Lupe  erkennen  konnte.  Der  Befund  war  folgender: 

Trefflich  erhaltener  Embryo  von  1,3  cm  Scheitel-Steisslänge.  Extremitäten- 
stümpfe vorhanden;  an  den  vorderen  kann  die  Andeutung  der  Hand,  aber  keine 
Kerben  für  die  Finger  wahrgenommen  werden.  Nachdem  die  Bauchwandungen 
geöffnet,  der  Nabelstrang  aufgeschlitzt,  die  Leber  stückweise  abgetragen  und 
auf  der  rechten  Seite  der  Urnierenwulst  hinweggenommen  ist,  ergiebt  sich 
Folgendes. 

Der  gut  entwickelte  Magen  liegt  zum  weitaus  grössten  Theile  in  der  linken 
Bauchhälfte  derart,  dass  seine  kleine  Curvatur  die  directe  Fortsetzung  des  ziem- 
lich genau  in  der  Medianlinie  gelegenen  rechten  Oesophagusrandes  bildet.  Der 
Fundus  ist  deutlich  ausgeprägt  und  überragt  die  Cardia  nicht  unbeträchtlich 
nach  links  und  oben.  Die  grosse  Curvatur  ist  links  gelegen : hebt  man  dieselbe 
auf,  so  sieht  man  das  Mesogastrium  ziemlich  genau  in  der  Medianlinie  ent- 
springen. Doch  ist  seine  Ansatzstelle  an  den  Magen  nicht  deutlich  erkennbar,  da 
dasselbe  der  hintereu  Magenwand  straff  und  dicht  anliegt.  Es  macht  fast  den 
Eindruck,  als  ob  das  Magengekröse  sich  mehr  hinten  an  den  Magen  ansetzt,  so 
dass  die  vordere,  stärker  gewölbte  Fläche  des  Magens  die  hintere,  mehr  platte 
Fläche  an  Ausdehnung  übertrifft.  Jedenfalls  ist  das  Mesogastrium  noch  nirgends 
mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthet.  Während  jedoch  der  Magen  mit  seinem 
oberen  dickeren  Abschnitt  nahezu  vertical  liegt,  verläuft  sein  pylorischer,  ganz 
rechts  von  der  Medianlinie  gelegener  und  nur  ein  wenig  nach  vorn  convexer 
Abschnitt  in  gänzlich  transversaler  Kichtung  nach  rechts,  um  hier  (also  rechts 
von  der  Wirbelsäule  und  etwa  1,5  mm  von  der  Medianlinie  entfernt)  mittelst 
einer  durch  die  Lupe  deutlich  erkennbaren  Einschnürung,  dem  Pylorus,  in  das 
Duodenum  überzugehen.  Das  letztere  verläuft  zunächst  etwa  1 mm  lang  in 
durchaus  sagittaler  Eichtung  nach  hinten  (Pars  transversa  sup.  duo- 
deni),  bildet  hierauf  eine  Biegung  (Flexura  duodeni  prima)  und  verläuft  als- 
daun  wiederum  in  einer  Länge  von  etwa  1mm  senkrecht  nach  abwärts 
(Pars  descendens  duodeni).  Dieser  letztere  Abschnitt,  welchen  ich,  wie  eben 
erwähnt,  für  die  Pars  descendens  ansprechen  möchte,  ist  zunächst  in  einer  ziem- 
lich tiefen  Einne  zwischen  der  Wirbelsäule  und  dem  Wolff  sehen  Körper  ver- 
borgen. Erst  wenn  man  den  letzteren  abgetragen  hat,  erhält  man  einen  völlig 
klaren  Ueberblick  über  seinen  Verlauf.  Man  sieht  alsdann  deutlich,  dass  diese 
Pars  descendens  an  ihrem  Ende  unter  nahezu  rechtem  V inkel  nach  vorn  ab- 
biegt und  in  den  proximalen  (nach  Toi  dt  absteigenden)  Schenkel  der  Nabel- 
schleife übergeht.  Die  letztere  Biegung  des  embryonalen  Darmkanals  möchte 
ich,  um  nichts  zu  präjudicireu,  als  Flexura  duodeno-uinbüicdks  bezeichnen,  weil 
dieselbe  erstens  vom  Duodenum  nach  dem  Nabel  hin  abbiegt  und  zweitens  den 
Uebergaug  zwischen  dem  Duodenum  und  der  Nabelschleife  (Ansa  umbilicalis) 
darstellt.  Eine  Pars  transversa  inferior  oder  asceudens  duodeni  existirt  somit 
zu  dieser  Zeit  entschieden  nicht.  Die  Nabelschleife  selbst  ist  an  ihrem  weitaus 
grössten  Theile  vom  Nabelstrang  umschlossen:  ihre  beiden  Schenkel  nebst  dem 
zwischen  denselben  befindlichen  schmalen  Gekrüsplättchen  sind  annähernd  lioii- 
zontal  gelegen.  Auch  der  Anfang  und  das  Ende  der  Nabelschleite  liegen  in 


153 


ziemlich  gleicher  Höhe.  Mittelst  einer  neuen,  fast  rechtwinkligen  Umbiegung 
(der  späteren  Flexura  coli  lienalis)  gellt  alsdann  die  Nabelschleife  in  das  kurze 
Endstück  des  Darmes  über.  Das  Duodenalgekröse  war  im  Uebrigen,  wie  ich 
beim  vorsichtigen  Aufheben  constatiren  konnte,  allseitig  frei  und  nirgends  mit 
der  rechten  Seite  der  Wirbelsäule  verwachsen;  es  ging  continuirlich  in  das  Ge- 
kröse der  Nabelschleife  über.  Eine  Abgrenzung  zwischen  dem  Duodenal- 
gekröse und  dem  Gekrösplättchen  der  Nabelschleife  war  nur  insofern  gegeben, 
als  beide,  ebenso  wie  die  ihnen  correspondirenden  Darmtheile,  mit  einander  einen 
nach  vorn  offenen,  rechten  Winkel  bildeten. 

Da  das  sehr  instructive  Präparat  für  die  hiesige  Sammlung  aufgehoben 
werden  sollte,  so  verzichtete  ich  darauf,  duich  mikroskopische  Untersuchung 
Näheres  über  die  Einmündungsstelle  des  Ductus  pankreaticus  in  das  Duodenum 
zu  constatiren.  Undeutlich  sah  man  das  Pankreas  durch  das  Duodenalgekröse 
hindurchschimmern  und  sich  bis  an  die  vorhin  so  benannte  Pars  descendens 
duodeni  erstrecken.  Eine  Verbindungslinie  zwischen  der  von  mir  vorhin  so  be- 
zeichneten  Flexura  duodeno-umbilicalis  und  der  Flexura  coli  lienalis  bildete  die 
Grenze  zwischen  dem  durch  das  eingelagerte  Pankreas  undurchsichtigen  Duodenal- 
gekröse und  dem  völlig  durchsichtigen  Gekröse  der  Nabelschleife. 

Durch  den  eben  mitgetheilten  Befund  werden  also  die  Beob- 
achtungen von  His  vollauf  und  in  ausführlicher  Weise  bestätigt. 
Eine  Pars  transversa  inf.  existirt  in  der  fünften  Woche  nicht. 
Die  Uebergangsstelle  zwischen  dem  Duodenum  und  der  Nabelschleife 
(die  Flexura  duodeno-umbilicalis)  liegt  zu  jener  Zeit  zweifellos 
rechts  von  der  Wirbelsäule  in  einer  nicht  unbeträchtlichen  Ent- 
fernung von  der  Medianlinie  und  bildet  ausserdem  einen  nach  vorn 
offenen  Winkel.  Nach  dieser  Bestätigung  meinerseits  dürfte  man 
das  zuerst  von  His  beobachtete  Verhalten  dieses  Darmstückes 
wohl  kaum  mehr  als  etwas  Zufälliges,  sondern  als  die  Norm  an- 
sehen  müssen.  Indessen  ist  mit  der  Constatirung  dieser  Thatsache 
natürlich  noch  nicht  der  Beweis  geliefert,  dass  sich  später  aus  dem 
an  die  Flexura  duodeno-umbilicalis  anschliessenden  Anfangstück  der 
Nabelschleife  die  Pars  ascendens  duodeni  entwickelt,  da  es  ganz 
ebenso  sicher  richtig  ist,  dass,  wie  dies  Toi  dt  beschrieben  hat, 
bei  etwas  älteren  Embryonen  die  Uebergangsstelle  des  Duodenum 
in  den  proximalen  Schenkel  der  Nabelschleife  nicht  rechts  von  der 
Wirbelsäule,  sondern  in  der  Medianlinie  (also  an  der  Stelle  der 
Flexura  duodeno-jejunalis)  liegt  und  auch  weiterhin  dort  verbleibt. 
Auch  ist  in  dem  letzteren  Falle  die  Pars  ascendens  duodeni  oder, 
wenn  man  lieber  will,  Pars  transversa  inf.  deutlich  ausgebildet  und 
jedenfalls  oberhalb  der  eben  erwähnten  Uebergangsstelle,  d.  h.  genauer 
gesagt  rechts  von  derselben,  gelegen. 

Wenn  wir  nun  von  dem  durch  His  und  mich  beschriebenen 
embryonalen  Entwicklungsstadium  ausgehen,  so  fragt  es  sich  somit 


154 


nach  wie  vor,  ob  sich  die  Pars  ascendens  duodeni  aus  dem  End- 
stück des  zwischen  dem  Pylorus  und  der  Flexura  duodeno-umbilicalis 
gelegenen  Darmabschnittes,  oder  aus  dem  Anfangsstück  der  Nabel- 
schleife (des  Mesenterialdarmes  von  His)  entwickelt.  Wenngleich 
es  ja  eigentlich  für  die  endgültige  Entscheidung  hierüber  notli- 
wendig  wäre,  noch  weitere  makroskopische  und  mikroskopische 
Untersuchungen  aller  Zwischenstufen  zwischen  dem  Ende  der 
vierten  und  der  sechsten  Woche  abzuwarten,  so  neige  ich  mich 
doch  einerseits  aus  theoretischen  Gründen,  andererseits  aber  auch 
in  Folge  weiterer  Beobachtungen  an  einem  4 cm  langen  Embryo 
entschieden  der  von  His  vertretenen  Ansicht  zu,  dass  sich  die 
Pars  ascendens  duodeni  aus  dem  Anfangsstück  der  Nabelschleife 
entwickelt,  wie  sich  die  letztere  in  der  fünften  Wochfe  des 
Embryonallebens  darstellt.  Die  Gründe,  welche  ich  für  meine 
Ansicht  zunächst  ins  Feld  führen  will,  sind  zwar  nur  aprioristische: 
ich  möchte  sie  jedoch  nichtsdestoweniger  für  beweiskräftig  halten, 
weil  jeder  anderen  Auffassung  der  Dinge  wichtige  mechanische 
Bedenken  entgegenstehen. 

Aus  dem  von  mir  oben  ausführlich  geschilderten  Befunde  geht 
im  Einklang  mit  den  kurzen  Ausführungen  von  His  zunächst  un- 
zweifelhaft hervor,  dass  die  von  mir  sogen.  Flexura  duodeno-umbilicalis 
in  der  fünften  Woche  bereits  in  einer  nicht  unbeträchtlichen  Ent- 
fernung von  der  Medianlinie,  und  zwar  rechts  von  der  Wirbel- 
säule gelagert  ist.  Die  Duodenalschlinge,  d.  h.  das  zwischen  dem 
Pylorus  und  der  eben  erwähnten  Flexur  gelegene  Darmstück  nebst 
dem  angrenzenden  Pankreaskopf  liegt  zu  dieser  Zeit  ziemlich  genau 
in  der  Sagit talebene:  ihre  Convexität  ist  somit  nach  hinten 
gekehrt.  Aus  den  von  Toi  dt  (cf.  No.  1 p.  8)  zuerst  gemachten 
und  von  mir  bestätigten  Beobachtungen  an  Embryonen  der  sechsten 
und  siebenten  Woche  geht  jedoch  ferner  hervor,  dass  die  Duodenal- 
schlinge kurz  darauf  ihre  Convexität  nach  rechts  und  ein 
wenig  nach  vorn  wendet.  Die  Duodenalschlinge  nebst  dem  an- 
grenzenden Theile  des  Pankreas  macht  also  in  relativ  kurzer  Zeit, 
d.  h.  während  eines  Zeitraumes  von  8 — 14  Tagen,  eine  ganz  be- 
trächtliche Locomotion  aus  der  Sagittalebene  in  die  Frontal- 
ebene  oder  sogar  noch  darüber  hinaus  durch.  Diese  Locomotion 
dürfte  in  erster  Linie  auf  das  Wachsthum  der  Urniere  zurückzu- 
führen sein,  durch  welches  die  zwischen  der  letzteren  und  der  Wirbel- 
säule befindliche  Rinne  ausgefüllt  wird.  In  zweiter  Linie  könnten 
alsdann  auch  das  Wachsthum  des  Duodenum  selbst  und  der  Leber 


155 


in  Betracht  kommen,  welche  sich  mit  ihrem  hinteren  Theile  von 
oben  her  zwischen  das  Duodenum  und  die  hintere  Bauchwand  ein- 
schiebt. Während  sich  aber  das  Duodenum  und  somit  auch  sein 
Ende,  die  Flexura  duodeno- umbilicalis,  in  der  eben  geschilderten 
Weise  von  hinten  nach  rechts  und  vorn  bewegt,  bleibt  der  grösste 
Theil  des  proximalen  Schenkels  der  Nabelschleife  unbeweglich  im 
Nabelstrang  eingeschlossen:  dies  muss  dazu  führen,  dass  sich  an 
dem  zwischen  der  Flexura  duodeno-umbilicalis  und  dem  Nabel  ge- 
legenen Anfangstlieil  der  Schleife  eine  mit  der  Convexität  nach 
links  und  hinten  gekehrte  Biegung  bildet,  in  welcher  ich  die  erste 
Anlage  der  Flexura  duodeno -jejunalis  zu  sehen  geneigt  bin.  Da 
der  proximale  Schenkel  der  Nabelschleife  auch  noch  weiterhin 
theilweise  im  Nabelstrang  verbleibt,  so  müsste  die  eben  erwähnte 
Biegung  bei  weiterem  Wachsthum  bis  in  die  Nähe  der  Medianlinie 
hinüberrücken,  wo  dann  später  ihre  Fixation  an  die  Wirbelsäule 
durch  Verlöthung  erfolgt.  Während  übrigens  die  Flexura  dnodeno- 
jejunalis  auf  diese  Weise  nach  links  gelangt,  schiebt  sich  die  Flexura 
coli  lienalis  in  Folge  des  stärkeren  Wachsthum  des  embryonalen 
Darmendstückes  höher  nach  oben,  wodurch  die  p.  24  geschilderte 
Locomotion  des  Gekrösplättchens  der  Nabelschleife  aus  der  hori- 
zontalen in  die  sagittale  Ebene  bedingt  wird.  Die  Flexura  duodeno- 
umbilicalis  der  fünften  Woche  würde  somit  nach  meiner  Ansicht 
nicht  der  Flexura  duodeno -jejunalis,  sondern  der  sogen.  Flexura 
duodeni  secunda  des  Erwachsenen  entsprechen 

Nehme  ich  dagegen  an,  die  Flexura  duodeno-umbilicalis  der 
fünften  Woche  entspräche  der  Flexura  duodeno-jejunalis;  so  könnte 
sich  natürlich  die  Pars  transversa  inf.  nur  aus  dem  von  mir  oben 
beschriebenen  verticalen  Darmabschnitt  entwickeln,  welches  ich 
wegen  seines  Verlaufes  als  Pars  descendens  duodeni  bezeichnet 
habe.  Dieses  zu  jener  Zeit  ziemlich  geradlinige  Darmstück  müsste 
sich  alsdann  in  eine  Curve  verwandeln,  deren  Convexität  bei  der 
erwähnten  Locomotion  des  Duodenum  zuerst  mehr  nach  hinten, 
dann  mehr  nach  rechts  gekehrt  sein  würde.  Der  Pankreaskopf, 
welcher  in  der  fünften  Woche  sich  genau  bis  zur  Flexura  duodeno- 
umbilicalis  erstreckt,  müsste  natürlich  mit  dem  Wachsthum  des 
Duodenum  gleichen  Schritt  halten  und  die  Concavität  der  oberhalb 
der  eben  genannten  Flexur  gelegenen  Curve  überall  ausfüllen.  Das 
Alles  wäre  ja  ganz  gut  denkbar.  Indessen  kommt  man  bei  dieser 
Annahme  niemals  über  die  eine  Schwierigkeit  hinweg,  zu  erklären, 
wie  die  Flexura  duodeno-umbilicalis  im  Laufe  der  weiteren  Ent- 


156 


Wicklung  in  die  Medianlinie  vor  der  Wirbelsäule  gelangen  soll. 
Wie  sich  dies  aus  den  Beobachtungen  von  His  und  mir  ergiebt, 
liegt  die  letztere  Flexur  bei  Embryonen  der  vierten  oder  fünften 
Woche  rechts  von  der  Wirbelsäule,  und  zwar,  wie  ich  hinzufügen 
kann,  in  einer  ziemlich  beträchtlichen  Entfernung,  welche  ich  bei 
dem  von  mir  beschriebenen  Embryo  auf  etwa  2 mm  taxirte.  Wenn 
hierauf  in  der  nächsten  Woche  die  bereits  oft  erwähnte  Locomotion 
des  Duodenum  von  hinten  nach  rechts  und  vorn  stattfindet,  muss 
sich  aber  die  Flexura  duodeno- umbilicalis  noch  mehr  von  der 
Medianlinie  entfernen;  jedenfalls  kann  sie  der  letzteren  unter 
keinen  Umständen  näher  rücken  oder  vor  dieselbe  gelangen.  Wenn 
sich  also,  wie  dies  Toi  dt  ganz  richtig  angiebt,  bei  Embryonen  der 
sechsten  oder  siebenten  Woche  am  Duodenum  bereits  die  bekannten 
drei  Abschnitte  und  in  der  Medianlinie  eine  gut  entwickelte  Flexura 
duodeno-jejunalis  vorfindet,  so  kann  die  letztere  nicht  der  Flexura 
duodeno-umbilicalis  der  fünften  Woche  entsprechen,  sondern  muss 
sich  aus  dem  Anfangsstück  der  damaligen  Nabelschleife  entwickelt 
haben. 

Nachdem  ich  auf  rein  theoretischem  Wege  zu  dem  eben  er- 
wähnten Resultate  gekommen  war,  war  ich  übrigens  weiterhin 
noch  in  der  Lage,  die  Richtigkeit  dieser  Beweisführung  durch  eine 
positive  Beobachtung  zu  bekräftigen.  Bei  einem  4 cm  langen  Embryo 
zeigte  sich  zunächst  der  Magen  und  das  Duodenum  ungefähr  in 
der  von  Toldt  beschriebenen  Weise  (cf.  d.  A.  p.  150)  configurirt. 
Eine  gut  entwickelte  Flexura  duodeno-jejunalis  lag  genau  in  der 
Medianlinie  und  ging  hierauf  nach  vorn  in  den  proximalen  Schenkel 
der  Nabelschleife  über,  an  welcher  der  Darm  bereits  eine  leichte 
Schlingenbildung  zeigte.  Nachdem  ich  die  Nabelschleife  dicht  vor 
der  Flexur  kurz  ahgeschnitten  hatte,  konnte  ich  durch  vorsichtiges 
Emporheben  constatiren,  dass  die  letztere  ebensowenig  wie  das 
Duodenum  an  irgend  einer  Stelle  mit  der  hinteren  Bauchwand 
verlöthet  war.  Als  ich  dann  die  Flexur  noch  etwas  weiter  nach 
vorn  und  abwärts  zog,  fand  ich  zu  meinem  Erstaunen,  dass 
dieselbe  trotz  ihrer  medianen  Lage  mit  der  Wirbelsäule 
durch  ein  mehrere  Millimeter  langes  Gekröse  verbunden 
war,  welches  sich  im  Uebrigen  continuirlich  in  das  gänzlich  freie 
Duodenalgekröse  fortsetzte.  Derjenige  Theil  des  letzteren,  welcher 
der  Pars  transversa  sup.  und  descendens  entsprach,  war  vollständig 
mit  Pankreassubstanz  ausgefüllt,  so  dass  der  untere  Rand  der 
Bauchspeicheldrüse  genau  wie  bei  dem  Embryo  aus  der  fünften 


157 


Woche  in  gleicher  Linie  mit  der  sogen.  Flexnra  dnodeni  secunda 
gelegen  war.  Derjenige  Abschnitt  des  Duodenalgekröses  dagegen, 
welcher  der  Pars  ascendens  und  der  Flexnra  duodeno-jejunalis  an- 
gehörte, war  durchsichtig  und  enthielt  kein  Pankreas.  Liess  ich 
mit  dem  Zuge  nach,  so  faltete  sich  der  letztere  Gekrö  sab  schnitt 
zusammen  und  legte  sich  nebst  der  zugehörigen  Pars  ascendens 
duodeni  derart  an  den  unteren  Rand  des  Pankreas  an,  dass  die 
Flexura  duodeno-jejunalis  wieder  in  die  Medianlinie  zu  liegen  kam 
und  mit  der  Wirbelsäule  verbunden  erschien. 

Daraus  kann  man  meiner  Meinung  nach  nur  den  Schluss 
ziehen,  dass  sich  die  Pars  ascendens  duodeni  nebst  der  Flexura 
duodeno-jejunalis  unter  Bildung  einer  nach  links  und  hinten  convexen 
Schlinge  aus  dem  Anfangstheil  der  X abelschleife  entwickelt,  wie 
sie  sich  in  der  fünften  Woche  des  Embryonallebens  darstellt.  Bei 
dieser  Schlingenbildung  legt  sich  die  Pars  ascendens  duodeni 
an  den  unteren  Rand  des  Pankreas  und  die  Wirbelsäule  an  und 
verwächst  später  mit  diesen  Organen.  Der  Gekrösantheil  der 
Nabelschleife , welcher  diesem  Darm  ab  schnitt  entspricht , faltet 
sich  dabei  zusammen  und  wird  in  den  Verlöthungsprocess  mit  ein- 
bezogen. Hieraus  folgt  aber  weiterhin,  dass  die  primäre  Fixation 
der  Flexura  duodeno-jejunalis  in  keiner  Weise  abhängig  sein 
kann  von  der  Bildung  des  Treitz’schen  M.  suspensorius  duo- 
deni, dessen  Constanz  ich  übrigens  beiläufig  anzweifeln  möchte.  Die 
Fixation  der  Flexur  erfolgt  zunächst  einfach  auf  dem  Wege  der- 
selben physiologischen  Verlöthung,  welche  wir  auch  sonst  bereits  so 
vielfach  als  den  wichtigsten  Factor  für  die  Bildung  peritonealer 
Formationen  kennen  gelernt  haben.  Ist  die  Fixirung  der  Flexur  in 
dieser  Weise  erfolgt,  so  mag  sich  der  M.  suspensorius  durch  eine 
Proliferation  der  Darmmuskulatur  entwickeln  und  dann  seinerseits 
zur  weiteren  Befestigung  dieses  Darmstückes  beitragen.  Es  er- 
scheint mir  nothwendig,  dies  zu  betonen,  weil  noch  bis  in  die 
neueste  Zeit  hinein  einzelne  Autoren,  wie  z.  B.  Fürst  und  Jon- 
nesco,  das  Unterbleiben  einer  normalen  Fixation  der  Flexura  duo- 
deno-jejunalis geradezu  durch  eine  mangelhafte  Ausbildung  des 
M.  suspensorius  duodeni  erklärt  haben.  Ueberhaupt  wäre  es  nöthig, 
einmal  eine  Nachprüfung  bezw.  weitere  Untersuchung  desjenigen 
eintreten  zu  lassen,  was  Treitz  über  diesen  Muskel  mitgetheilt  hat. 

Wie  man  aus  dem  Vorherigen  ersieht,  haben  beide,  Toldt 
ebensowohl  wie  His,  durchaus  richtig  gesehen  und  ihre  Beobach- 
tungen auch  richtig  gedeutet.  Indessen  der  His’ sehe  Mesen- 


158 


terialdarm  des  vierwöchentlichen  Embryo  ist  nicht  mit  der  Toldt- 
schen  Nabel  schleife  des  sechswöchentlichen  Embryos  zu  identi- 
ficiren,  wie  dies  durchweg  seitens  der  Autoren  geschehen  ist.  Zum 
Mesenterialdarm  im  His’schen  Sinne  gehört  eben  noch  die  Pars 
ascendens  duodeni,  welche  Toi  dt  nicht  mehr  zur  Nabelschleife 
rechnet.  Da  jedoch  der  His’sche  Ausdruck  ,, Mesenterialdarm“ 
entschieden  das  Wesen  der  Sache  lange  nicht  so  kurz  und  treffend 
wie  die  Toldt’sche  „Nabelschleife“  bezeichnet,  so  möchte  ich  Vor- 
schlägen, den  letzteren  Namen  bereits  für  das  in  der  fünften  Em- 
bryonalwoche schleifenförmig  in  den  Nabelstrang  hineinragende 
Gebilde  anzuwenden,  welches  die  Pars  ascendens  duodeni.  das 
Jejunum,  Ileum,  Coecum,  endlich  das  Colon  ascendens  und  trans- 
versum  umfasst.  In  diesem  Sinne  habe  ich  auch  den  eben  erwähnten 
Ausdruck  bereits  während  der  letzten  Auseinandersetzungen  anti- 
cipando  gebraucht,  und  ich  hoffe,  dass  sich  auch  die  beiden  letzt- 
genannten Forscher  mit  dieser  Nomenclatur  einverstanden  erklären 
werden. 

Wenn  es  nun  Fälle  giebt,  in  welchen  es  gar  nicht  zur  Bildung 
einer  Flexura  duodeno-jejuualis  kommt,  so  sind  dieselben  einfach 
so  zu  erklären,  dass  der  Anfangstheil  der  Nabelschleife  nebst  dem 
zugehörigen  Gekrösabschnitt  in  diesen  Fällen  bereits  vor  jener  oft 
erwähnten  Locomotion  des  Duodenum  aus  der  sagittalen  in  die 
Frontalebene  relativ  lang  gewesen  ist,  ja  vielleicht,  nie  z.  B.  in 
dem  von  mir  citirten  zweiten  Fall  von  Grub  er  (cf.  d.  A.  p.  143), 
in  Folge  excessiven  Wachsthums  bereits  eine  abnorme  Schlingen- 
bildung  nach  rechts  gezeigt  haben  kann,  welche  natürlich  die 
Entstehung  der  typischen  Flexura  duodeno-jejuualis  unmöglich 
machen  müsste.  Dass  die  Flexur  keineswegs  immer  in  der  Me- 
dianlinie sondern  mitunter  in  einiger  Entfernung  von  der  letzteren 
nach  links  oder  rechts  gelegen  ist  (cf.  d.  A.  Fig.  6),  lässt 
sich  ohne  Schwierigkeit  durch  ein  verschiedenes  Längenwachs- 
thum der  Pars  transversa  inf.  duodeni  während  der  sechsten  bis 
zehnten  Embryonalwoche  erklären.  Wenn  andererseits  die  Flexur 
so  häufig  in  der  Nähe  der  Medianlinie  gefunden  wird,  so  dürfte 
dies  wohl  damit  Zusammenhängen,  dass  dieselbe  ja  an  ihrem  weiteren 
Hinüberrücken  nach  links  zunächst  durch  den  unmittelbar  links  von 
der  Medianebene  gelegenen  Enddarm,  weiterhin  durch  ihre  Fixation 
an  die  hintere  Bauchwand  verhindert  wird.  Ist  die  letztere  bereits 
erfolgt,  so  würde  ein  excessives  Längenwachsthum  der  Pars  trans- 
versa inf,  zu  einer  Schlingenbildung  au  dem  letzteren  Darmstück 


159 


führen  müssen,  wie  ich  sie  an  einem  Fall  (cl.  A.  p.  147)  beschrieben 
habe.  Endlich  möchte  ich  darauf  aufmerksam  machen,  dass  meine 
Befunde  an  Embryonen  sehr  gut  die  von  Scliiefferdecker  (No.  1, 
p.  339  und  Taf.  XVI,  Fig.  2)  abgebildete  Form  des  Duodenum 
erklärt,  bei  welcher  die  Pars  transversa  inf.  duodeni  dem  unteren 
Rande  des  Pankreaskopfes  nicht  unmittelbar  anliegt,  sondern  von 
dem  letzteren  durch  einen  mehr  oder  weniger  breiten  Zwischenraum 
getrennt  ist.  Dieser  Zwischenraum  entspricht  eben  noch  einem 
mit  der  hinteren  Bauchwand  verlötheten  Gekrösabschnitt  von  dem 
Anfangstheil  der  Nabelschleife. 

Also  noch  einmal:  wo  keine  mit  Sicherheit  erkennbare  Flexura 
duodeno-jejunalis  vorliegt,  können  wir  das  Duodenum  oder  Pankrea- 
ticum  nur  bis  zu  dem  Puncte  rechnen,  wo  der  Darm  das  Pankreas 
verlässt.  Dies  geschieht  in  allen  bisher  beobachteten  derartigen 
Fällen  ebenso  wie  bei  dem  Embryo  der  fünften  Woche  ausnahms- 
los unterhalb  der  Einmündungsstelle  des  Ductus  pankreaticus,  d.  li. 
am  Ende  der  Pars  descendens  duodeni.  Wo  jedoch  eine  annähernd 
normal  gelegene  Flexura  duodeno-jejunalis  vorhanden  ist,  müssen 
wir  dem  alten  Brauch  die  Concession  machen,  dass  wir  das  Duodenum 
an  derselben  enden  lassen.  Nach  den  Resultaten  der  Entwicklungs- 
geschichte wäre  es  allerdings  nur  consequent,  zum  Duodenum  s. 
Pancreaticum  lediglich  die  sog.  Pars  transversa  sup.  und  Pars 
descendens  zu  rechnen  und  die  pars  ascendens  einfach  dem  Jejunum 
zuzuzählen  oder  höchstens  als  eine  duodeno-jejunale  Uebergangs- 
portion  zu  betrachten.  Ist  ausser  dem  Duodenum  in  diesem  Sinne 
noch  ein  weiterer  Abschnitt  des  Dünndarms,  sei  es  mit  dem  Pan- 
kreas, sei  es  sonst  mit  der  hinteren  Bauchwand  verwachsen,  so 
kann  derselbe  nur  als  das  angelöthete  Anfangsstück  des  Jejunum 
bezeichnet  werden. 

b)  Die  Hernia  parajejunalis  s.  mesenterieo-parietalis. 

Es  ist  bereits  anderen  Ortes  (cf.  d.  A.  p.  121  — 123)  von  mir 
auseinandergesetzt  worden,  aus  welchen  Gründen  ich  es  für  ganz 
unmöglich  halte,  dass  die  sogen.  Herniae  retroperitoneales  dextrae 
in  irgend  einer  der  bisher  bekannten  und  beschriebenen  Taschen 
entstehen  können,  welche  seitens  anderer  Autoren  hier  und  da  als 
Bildungsstätten  derselben  bezeichnet  sind.  Ich  habe  auch  dort 
bereits  darauf  hingewiesen,  dass  ich  nach  einer  sorgfältigen  Prüfung 
aller  hierher  gehörigen  genetischen  und  mechanischen  Verhältnisse 


160 


zu  der  Ueberzeugung  gekommen  bin,  dass  nur  der  von  mir  sogen. 
Recessus  parajejunalis  s.  mesenterico-parietalis  als  Entsteliungsort 
für  diese  Brüche  angesehen  werden  kann,  welche  dem  zu  Folge 
nach  den  in  der  Einleitung  erörterten  Principien  als  Herniae  para- 
jejunales s.  mesenterico- parietales  bezeichnet  werden  müssen.  Es 
erübrigt  nun  zunächst,  dass  ich  erkläre,  wie  ich  mir  die  Genese 
der  letzteren  denke  und  welche  characteristischen  Merkmale  wir 
demgemäss  an  einer  derartigen  Hernie  stets  vorfinden  müssen. 
Weiterhin  würde  zu  prüfen  sein,  ob  sich  diese  Merkmale  wirklich 
an  denjenigen  Fällen  von  sogen.  Herniae  retroperitoneales  dextrae 
nachweisen  lassen,  welche  bisher  von  mir  und  anderen  Autoren 
beobachtet  worden  sind. 

Meine  Erklärung  für  die  Genese  der  Hernia  parajejunalis  hat, 
wie  ich  glaube,  doch  mehr  als  hypothetischen  Werth,  wenngleich 
bisher  leider  weder  von  mir  noch  von  anderen  jene  Anfangsstadien 
dieser  Bruchart  gesehen  worden  sind,  aus  denen  man,  wie  aus  dem 
von  mir  p.  128  mitgetheilten  Fall  einer  Treitz"  sehen  Hernie,  völlig 
sichere  Schlüsse  nach  dieser  Richtung  hin  ziehen  kann.  Wenn  sich 
jedoch  alles  vorhandene  Material  in  den  Rahmen  meiner  Erklärung 
zwanglos  einfügt,  während  alle  übrigen  Erklärungsversuche  fort- 
während auf  mechanische  Widersprüche  stossen,  so  wird  man  der- 
selben doch  wenigstens  den  Werth  einer  hohen  Wahrscheinlichkeit 
zuerkennen  müssen.  Dazu  kommt,  dass  wir  aus  den  beim  Studium 
der  Treitz'schen  Hernien  gewonnenen  Erfahrungen  Analogien 
ableiten  können,  welche  sich  auch  für  die  Erklärung  der  Genese 
der  Hernia  parajejunalis  nutzbringend  verwerthen  lassen.  Darnach 
muss  zunächst  als  Vorbedingung  für  die  Entstehung  eines  solchen 
Bruches  eine  Verlöthung  des  obersten  Jejunum  Stückes  mit  der 
hinteren  Bauch  wand  bei  gleichzeitigem  Vorhandensein  eines  genügend 
tiefen  Rec.  parajejunalis  s.  mesenterico-parietalis  bezeichnet  werden. 
Dass  der  letztere  seine  Entstehung  nur  dem  Umstand  verdankt, 
dass  die  Verwachsung  der  gemeinschaftlichen  Gekrösplatte  für  das 
Jejunum,  Ileum  und  Colon  ascendens  grade  an  derjenigen  Stelle 
unterbrochen  ist,  wo  das  Jejunum  ein  freies  Gekröse  zu  bekommen 
anfängt,  ist  bereits  früher  erörtert  worden.  Die  blosse  Verlöthung 
eines  Jejunumabschnittes  mit  der  hinteren  Bauch  wand  ohne  die 
gleichzeitige  Existenz  eines  solchen  Recessus  kann  natürlich  nicht 
zur  Bildung  einer  solchen  Hernie  führen.  AVäre  jedoch  anderer- 
seits bei  einem  im  Uebrigen  normalen  Dünndarmgekröse  irgendwo 
an  der  Wurzellinie  des  letzteren  ein  genügend  grosser  Rec.  me- 


161 


senterico-parietalis  gelegen,  so  wäre  immer  noch  nicht  zu  be- 
greifen. durch  welche  Kraft  eine  Dünndarmschlinge  in  den  letzteren 
hineingetrieben  werden  sollte.  Denn  die  Bauchpresse  würde 
höchstens  die  vordere  und  die  hintere  Wand  des  Recessus  an- 
einander drücken  und  auf  diese  Weise  eher  das  Zustandekommen 
einer  Hernie  verhindern.  Wenn  indessen  die  Verlöthung  des  Je- 
junum gerade  dort  aufhört,  wo'  sich  dieser  Recessus  befindet  (cf. 
Fig.  8 S.  137),  so  muss  der  freie  Anfangstheil  des  ersteren  durch 
die  Wucht  der  andrängenden  Speisemassen  gradezu  in 
den  letzteren  hineingepresst  werden.  Ist  nun  der  Rand  an  der 
Oeffnung  der  Tasche  wenig  resistent  und  nachgiebig,  so  wird 
derselbe  von  dem  andrängenden  Darm  einfach  bei  Seite  geschoben. 
Verläuft  jedoch  in  dem  Rande  oder  wenigstens  in  der  Nähe 
desselben  ein  grösseres  Gefäss,  wie  z.  B.  die  A.  mesenterica 
sup.  oder  ileo-colica,  so  kann  das  mit  einem  freien  Gekröse  ver- 
sehene Anfangsstück  des  Jejunum  in  ganz  derselben  Weise 
eingeklemmt  werden,  wie  dies  für  die  Entstehung  der  Hernia 
duodeno-jejunalis  sin.  seitens  der  V.  mesent.  inf.  bis  zur  Evidenz 
festgestellt  worden  ist.  Ist  eine  solche  Einklemmung  erst  einmal 
vorhanden,  so  sind  bei  einer  leichten  Verschieblichkeit  des  Peri- 
toneum alle  Bedingungen  dafür  gegeben , dass  es  zur  Ent- 
wicklung einer  Hernia  parajejunalis  kommt.  Da  sich  bei  einer 
normalen  Lage  des  Colon  ascendens  der  Recessus  stets  nach 
rechts  oder  höchstens  ein  wenig  nach  unten  zwischen  die 
Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses  und  die  hintere  Bauchwand 
hineinschiebt,  so  ist  es  weiterhin  selbstverständlich,  dass  der 
Bruchsack  stets  in  der  rechten  Bauchhälfte  gelegen  ist.  Mit 
den  eben  erörterten  Anschauungen  über  die  Entstehung  dieser 
Bruchart  würde  übereinstimmen,  dass  in  deu  beiden  von  mir 
(p.  138)  beschriebenen  Fällen  von  Rec.  parajejunalis  die  A.  me- 
senterica sup.  bezw.  ileo  - colica  nicht  in  dem  vorderen  Rande 
des  Recessus,  ja  nicht  einmal  in  seiner  vorderen  Wand  gelegen 
war.  Wahrscheinlich  ist  hier  die  Bildung  einer  Hernie  nur  aus 
dem  Grunde  unterblieben,  weil  der  bereits  von  Treitz  für  die 
Entstehung  der  retroperitonealen  Hernien  als  nothwendig  ange- 
nommene einschnürende  Ring  in  Gestalt  dieser  Blutgefässe  gefehlt 
hat.  Auch  die  Bildung  der  Hernia  parajejunalis  dürfte  ausnahms- 
los unmittelbar  nach  der  Geburt  beginnen.  Denn  wenn  auch  eine 
physiologische  Verlöthung  des  obersten  Jejunumendes  mit  der  hinteren 
Bauch  wand  während  des  extrauterinen  Lebens  möglich  wäre,  so 

Broesike,  Hernien.  21 


1G2 


müsste  doch  der  Rec.  mesenterico-parietalis  bereits  bei  der  Geburt 
gebildet  sein,  da  die  normale  Verwachsung  des  ehemaligen  Nabel- 
schleifengekröses  mit  der  hinteren  Bauchwand . nach  der  Gebuit 
abgeschlossen,  d.  h.  also  die  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses 
zu  dieser  Zeit  bereits  eine  definitive  zu  sein  scheint.  Immerhin 
wäre  ja  die  Möglichkeit  vorhanden,  dass  auch  beim  Dünndarm- 
gekröse nach  der  Geburt  ähnlich  wie  beim  Mesocolon  sigmoideum 
eine  allmählich  von  rechts  nach  links  tortschreitende  physio- 
logische Verwachsung  mit  der  hinteren  Baucliwand  in  Aus- 
nahmefällen stattfände  lind  damit  ist  auch  die  Möglichkeit  der 
Bildung  eines  Recessus  und  einer  Hernia  mesenterico-parietalis 
noch  in  späterem  Alter  nicht  absolut  von  der  Hand  zu  weisen. 
Die  erste  Darmschlinge,  welche  in  die  Bruchpforte  hineintritt,  muss 
der  Anfang  des  freien,  d.  h.  mit  einem  Gekröse  versehenen  Jejunum 
sein:  bei  kleineren  Hernien  werden  somit  zwei  Darmröhren  in  der 
Bruchpforte  liegen,  von  denen  die  eine  direct  zur  Begrenzung  dieser 
Oetfnung  beiträgt.  Bei  weiterer  Zunahme  einer  solchen  Hernie 
kann  jedoch  durch  die  Last  des  Bruchinhaltes  auch  eine  sogen. 
„Wanderung“  der  Bruchpforte  in  dem  Sinne  eintreten,  wie  ich  dies 
p.  134  bereits  für  die  Hernia  duodeno-jejunalis  sinistra  auseinander- 
gesetzt habe.  Die  Bruchpforte  kann  sich  auf  diese  Weise  bei 
starker  Ausdehnung  des  Bruches  wohl  etwas  von  der  hinteren 
Bauchwand  entfernen,  kann  aber  natürlich  nicht  durch  die  A.  mesent. 
sup.  bezw.  ileo-colica  nach  vorn  hindurchwandern:  durch  die  Last 
des  Bruchinhaltes  wird  sie  jedoch  in  aufrechter  Stellung  nach  ab- 
wärts gezogen  werden  müssen.  Ebenso  wie  bei  den  grösseren 
Treitz’sclien  Hernien  (cf.  d.  A.  p.  133)  wird  natürlich  in  solchen 
Fällen  das  oberste  Jejunumstück  nicht  durch  die  Bruchpforte  selbst, 
sondern  direct  durch  die  obere  Wand  des  Sackes  in  den  letzteren 
eintreten  können. 

Als  charakteristische  Merkmale  für  die  Hernia  parajeju- 
nalis  s.  mesenterico-parietalis  müssen  wir  nach  dem  Gesagten  fol- 
gende bezeichnen: 

1.  Von  dem  Anfangsstück  des  Jejunum  (in  dem  früher  erörterten 
Sinnet  ist  ein  grösserer  oder  kleinerer  Abschnitt  mit  der  hinteren 
Bauchwand  verlöthet. 

2.  In  dem  vorderen  Rande  der  Bruchpforte  (oder  wenigstens 
in  der  Nähe  desselben)  verläuft  bei  normalem  Tiefstand  des  Coecum 
und  einer  nicht  gar  zu  beträchtlichen  Wanderung  der  Bruchpforte  die 
A.  mesent.  sup.  bezw.  ilio-colica.  Bei  kleineren  Hernien  wird  die 


163 


hintere  Begrenzung  des  Bruchringes  durch  die  hintere  Bauchwand 
gebildet. 

3.  Nach  dem  Herausziehen  des  Darmes  verläuft  unter  den 
gleichen  Voraussetzungen  die  Wurzellinie  des  Dünndarmge- 
kröses längs  des  vorderen  Randes  der  Bruchpforte.  Hat  sich  die 
■Wanderung  der  Bruchpforte  bis  unter  das  Coecum  erstreckt, 
so  kann  die  Wurzellinie  nur  am  linken  Rande  der  letzteren  ver- 
laufen. 

4.  Der  Bruchsack  liegt  entweder  ganz  oder  doch  zum  grössten 
Tlieile  in  der  rechten  Bauchhälfte.  Dazu  muss  allerdings  bemerkt 
werden,  dass  immerhin  die  Möglichkeit  vorhanden  ist,  dass  bei 
ausgesprochener  Linkslage  der  Flexura  duodeno-jejunalis  auch  ein- 
mal das  Anfangsstück  des  Jejunum  nur  mit  der  linken  Hälfte  der 
hinteren  Bauchwand  verlöthet  sein  und  demzufolge  die  Wurzellinie 
des  Dünndarmgekröses  hierselbst  ihren  Anfang  nehmen  könnte. 
Indessen  ist  das  bis  jetzt  noch  nicht  beobachtet  worden.  In  diesem 
Falle  würde  sich  jedoch  die  Lage  des  Bruchsackes  entsprechend 
modificiren. 

Es  erübrigt  nun,  die  bisher  bekannten  Fälle  von  sogen.  Hernia 
retroperitonealis  dextra  daraufhin  zu  prüfen,  ob  die  eben  genannten 
Merkmale  sich  bei  ihnen  vorfinden.  Ich  will  damit  beginnen  zwei 
Fälle  eigener  Beobachtung  von  dieser  seltenen  Bruchform  zu  be- 
schreiben, um  an  denselben  zu  demonstriren,  dass  die  von  mir  auf- 
gezählte Characteristica  sich  bei  sorgfältiger  Untersuchung  eines 
solchen  Falles  wirklich  an  demselben  nachweisen  lassen.  Ich  stelle 
dabei  den  von  mir  zuerst  beobachteten  Fall  voran,  weil  es  der- 
jenige von  beiden  ist,  welchen  ich  mir  aufheben  und  in  Folge 
dessen  am  sorgfältigsten  untersuchen  konnte.  Leider  ist  dieser  Fall 
insofern  kein  ganz  reiner,  als  die  normale  Verlöthung  des  Colon 
und  Mesocolon  ascendens  hier  offenbar  zu  der  Zeit  noch  nicht  vor- 
handen gewesen  ist,  als  die  Hernia  parajejunalis  sich  zu  entwickeln 
begann.  Wer  daher  ein  in  gröberen,  aber  einfacheren  Zügen 
entworfenes  Bild  haben  will,  thut  gut,  sich  zuerst  den  zweiten  Fall 
anzusehen. 

Fall  1.  Etwa  2 Jahre  alter  Knabe  von  gutem  Ernährungszustände,  Blut- 
gefässe mit  rother  Masse  injicirt,  secirt  im  Winter  1884/85  auf  dem  hiesigen 
Präparirsaal. 

Die  beiden  an  dieser  Leiche  beschäftigten  Präparanten  holten  mich  herbei, 
um  zu  constatiren,  dass  an  derselben  der  ganze  Dünndarm  in  der  rechten,  der 
ganze  Dickdarm  dagegen  in  der  linken  Hälfte  der  Bauchhöhle  gelegen  sei.  Ich 

11* 


164 


dachte  zunächst  an  einen  Fall  von  Mesenterium  commune,  wie  sie  bei  ähnlichen 
Lagerungsverhältnissen  der  Därme  bereits  von  Grub  er  u.  a.  beschrieben  worden 
sind.  Als  ich  indessen  die  Bauchhöhle  näher  untersuchte,  zeigte  sich  zunächst, 
dass  der  Dünndarm  und  der  Dickdarm  durch  eine  in  der  Höhe  der  unteren 
Lendenwirbel  gelegene  Oeffnung  communicirten  Cef.  Fig.  10),  welche  nichts  anderes 
darstellte  als  das  Orificium  eines  grossen,  in  der  rechten  Hälfte  der  Bauchhöhle 
gelegenen  Bruchsackes,  welcher  von  den  Präparanten  gleich  beim  Eröffnen  der 
Bauchhöhle  ohne  ihr  Wissen  aufgeschnitten  war,  und  welcher  fast  das  ganze 


Fig.  9. 

Ansicht  des  Bruchsackes  und  der  Baucheingeweide  in  ihrer  natürlichen  Lage 

nach  Eröffnung  der  Bauchhöhle. 

Convolut  der  Dünndarmschlingen  enthielt.  Nachdem  die  Incisionsstelle  wieder 
zugenäht  und  alle  Organe  in  diejenige  Lage  gebracht  worden  waren,  in 
welcher  sie  sich  bei  Eröffnung  der  Bauchhöhle  befunden  hatten,  liess  sich 
zunächst  bei  oberflächlicher  Inspection  folgendes  constatireu  (cf.  Fig.  9).  Die 
Leber,  insbesondere  ihr  linker  Lappen  erschien  sehr  stark  entwickelt,  so  dass 
der  letztere  nach  links  an  die  Milz  stiess,  deren  unteres  Ende  wiederum  den 
Thoraxrand  um  einige  Oentimeter  überragte.  Von  dem  Magen  war  infolgedessen 


165 


zunächst  Nichts  wahrzunehmen.  Unterhalb  der  Leber  fiel  zunächst  die  Bruch- 
geschwulst ins  Auge,  welche  etwa  die  Grösse  eines  neugeborenen  Kindskopfes, 
d.  h.  etwa  6 cm  im  transversalen,  etwa  11  cm  im  verticalen  Durchschnitt  hatte* 
Durch  die  ziemlich  durchsichtige,  nur  von  feinen  weisslichen  Strängen  durch- 
zogene Wandung  derselben  sah  man  die  Dünndarmschlingen  deutlich  hindurch- 
schimmern.  Die  Bruchgeschwulst  nahm  die  ganze  rechte  Hälfte  der  Bauchhöhle 
vollständig  ein  und  schob  sich  mit  ihrem  mittleren  Tlieile  sogar  noch  ein  wenig 
über  die  Medianlinie  hinaus  nach  links  hinüber.  Etwa  längs  der  Grenze  zwischen 
der  vorderen  und  linken  Wand  des  Bruchsackes  zogen  das  Coecum  und  Colon 
ascendens  in  die  Höhe.  Das  Coecum  entsprach  in  seiner  Lage  ziemlich  genau 
der  Symphyse,  über  welcher  dasselbe  unmittelbar  gelegen  war.  Der  relativ  lang 
und  stark  entwickelte  Processus  vermiformis  verlief  von  hier  aus  leicht  geschlängelt 
in  der  Richtung  des  Poupart’schen  Bandes  nach  rechts  und  aufwärts  bis  etwa 
zur  Höhe  der  Spina  ilium  ant.  sup.  Ebenso  wie  das  Coecum  war  auch  der  Wurm- 
fortsatz allseitig  frei : er  besass  sogar  ein  kurzes  Mesenteriolum,  dessen  beide 
Blätter  sich,  das  eine  in  die  vordere,  das  andere  in  die  hintere  Wand  des  Bruch- 
sackes fortsetzen. 

Yerfolgen  wir  nun  vom  Coecum  aus  das  Colon  ascendens  nach  aufwärts,  so 
verläuft  das  Letztere  unter  Bildung  einer  leichten  Convexität  nach  links  bis  dicht 
unter  die  Leber,  wo  dasselbe  rechts  von  der  Medianlinie  eine  Biegung,  die  Flexura 
coli  dextra,  bildet.  Das  Colon  ascendens  ist  dabei  derart  mit  dem  Bruchsack 
verbunden,  dass  sein  Peritonealüberzug  auf  der  einen  Seite  in  die  linke,  auf  der 
andern  Seite  in  die  vordere  Wand  des  Bruchsackes  übergeht,  so  dass  dieser 
Darmtheil  direct  die  Wand  des  letzteren  bilden  hilft.  Das  Colon  transversum, 
welches  schon  an  der  vorhin  als  Flexura  coli  dextra  bezeichneten  Biegung  ein 
gut  entwickeltes  Gekröse  und  ein  ebenfalls  wohl  ausgebildetes  Omentum  majus 
besitzt,  zieht  von  der  eben  erwähnten  Flexur  aus  zunächst  parallel  dem  Colon 
ascendens  nach  abwärts  bis  etwa  in  die  Nähe  des  linken  Poupart’schen  Bandes 
und  nimmt  danu  wiederum  seinen  Weg  nach  aufwärts  bis  an  den  linken  Leber- 
rand, um  schliesslich  unter  Bildung  einer  nach  hinten  gerichteten  Flexura  coli 
lienalis  in  das  Colon  descendens  überzugehen.  Das  letztere  — zunächst  für  die 
oberflächliche  Inspection  durch  das  Colon  transversum  verdeckt  — ist  sehr  kurz, 
nur  unvollständig  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthet  und  geht  alsdann  in 
die  mit  einem  relativ  langen  Gekröse  versehene  Flexura  sigmoidea  über,  welche 
in  mannigfachen  Windungen,  sogar  mittelst  einer  Schlinge  sich  nach  rechts  hin 
zwischen  den  Bruchsack  und  die  hintere  Bauchwand  einschiebend,  in  das  kleine 
Becken  hinabzieht,  an  dessen  rechter  Seite  endlich  sein  Uebergang  in  das  Rectum 
stattfindet  Die  Gekrösverhältnisse  der  letztbeschriebenen  Dickdarmabschnitte 
zeigten,  abgesehen  von  der  relativen  Länge  des  Mesocolon  transversum  und 
sigmoideum,  nichts  Abnormes. 

Hebt  man  den  Bruchsack  in  die  Höhe,  so  sieht  man  sehr  deutlich  die 
Bruchpforte  (cf.  Fig.  1U),  in  welche  vom  Coecum  aus  der  unterste  Abschnitt  des 
Ileum  hineinzieht.  Sechs  Centimeter  dieses  Darmstückes,  dessen  einige  Centimeter 
langes  freies  Gekröse  mit  seiner  Wurzellinie  an  die  Wand  des  Bruchsackes  an- 
gelieftet  ist  und  mit  dem  Darm  bis  an  die  Bruchpforte  heranzieht,  liegen  ausser- 
halb des  Bruchsackes.  Eine  sehr  deutlich  und  gut  entwickelte  Pliea  ileo- 
appendicularis  verläuft  von  dem  letzteren  Darmstück  zum  Mesenteriolum  des 
Wurmfortsatzes  hinüber,  so  dass  ein  deutlicher  Recessus  ileo-appendicularis 


166 


(Recessus  ilio-coecalis  inf.  von  Waldeyer)  gebildet  wird.  Der  ganze  übrige 
Dünndarm,  soweit  er  zur  Zeit  sichtbar  ist,  liegt  in  dem  Bruchsack.  Die  Bruch- 
pforte  selbst  hat  in  ausgedehntem  Zustande  einen  Durchmesser  von  3 — 4 cm. 
In  derselben  ist  ausser  dem  vorhin  erwähnten  Ileumstück  noch  eine  andere 
Dünndarmschlinge  eben  sichtbar.  Der  vordere  Rand  dieser  Oeffnung  wird  von 
der  Arteria  mesenterica  sup.  bezw.  dem  Anfang  der  Artria  ileo-colica  durchzogen 
(s.  Fig.  10).  Der  freie  Rand  des  Orificium  ist  im  Uebrigen  etwas  verdickt;  der- 
selbe ist  vom  Coecum  etwa  6 cm,  von  der  hinteren  Bauchwand  (bei  emporge- 


Fig.  10. 

Der  Bruchsack  ist  geöffnet,  die  Dünndärme  und  das  Colon  asc.  nach  rechts 
zurückgeschlagen.  Man  sieht  die  Bruchpforte  (a)  und  links  oberhalb  derselben 
das  Duodenum  ascendens  und  das  verlöthete  Anfangstück  des  Jejunum  durch 
das  Peritoneum  parietale  durchschimmern. 

liobenem  Bruchsack)  etwa  1—2  cm  entfernt.  Der  Bruchsack  ist  nicht  allein 
vorne,  links,  rechts  und  unten,  sondern  auch  an  dem  ganzen,  weitaus  grösseren, 
unteren  Abschnitt  der  hinteren  Wand  vollständig  frei,  also  nicht  mit  der  hin- 


167 


teren  Bauchwand  verbunden,  so  dass  die  Bruchpforte  gänzlich  in  der  linken 
hinteren,  hier  völlig  freien,  d.  h.  in  keiner  Weise  mit  dem  Peritoneum  parietale 
verwachsenen  Wand  des  Bruchsackes  gelegen  ist.  Die  Verbindung  des  Bruch- 
sackes mit  der  hinteren  Bauchwand  erstreckt  sich  etwa  his  zum  Ursprung  der 
Arteria  mesenterica  inf.  aus  der  Aorta.  Oben  stösst  der  Bruchsack  an  die  Leber, 
ohne  mit  derselben  irgendwie  verwachsen  zu  sein. 

Hagen  und  Duodenum  sind  annähernd  normal  gelegen:  von  dem  letzteren 
ist  die  Pars  transversa  sup.  deutlich  sichtbar,  während  des  Rest  des  Duodenum 
von  dem  vor  ihm  gelegenen  oberen  Abschnitt  des  Bruchsackes  verdeckt  ist.  Nach 
rechts  reicht  der  mit  der  hinteren  Bauchwand  verbundene  Theil  des  Bruchsackes, 


Big.  11. 

Die  Dünndärme  sind  aus  dem  Bruchsack  herausgezogen  und  nebst  dem  Colon 
ascendens  nach  rechts  hinübergelegt.  Das  Peritoneum  parietale  vor  dem  Duodenum 
ascendens  und  dem  verlötheten  Anfangsstiick  des  Jejunum  ist  hinweggenommen 

(zwischen  aa). 

allmälich  immer  schmäler  werdend,  bis  zum  lateralen  Rande  der  rechten  Niere, 
welche  relativ  hoch  gelegen  ist,  deren  unteres  Drittel  jedoch  trotzdem  nicht 
mehr  vom  Bruchsack,  sondern  von  Peritoneum  parietale  bekleidet  ist. 

Zieht  man  nun  die  dünnen  Därme  sämmtlich  aus  dem  Bruchsack  heraus 
(cf.  Fig.  11),  so  kommt  das  ganze  Colon  annähernd  in  seine  normale  Position. 


168 


Die  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses  verlauft  alsdann  genau  längs  der  Arteria 
ilio-colica  bzw.  mesenterica  sup.  vom  Coecum  aus  bis  zur  Bruchpforte,  um  als- 
dann längs  dom  vorderen  (rechten)  Rande  derselben  nach  aufwärts  und  schliess- 
lich nebst  dem  Anfangsstück  des  Jejunum  in  die  Bruchpforte  hineinzuziehen. 
Hier  hört  das  freie  Jejunum-Gekröse  dicht  neben  der  Bruchpforte  auf,  und  der 
letztere  Darmtheil  zieht  alsdann  retroperitoneal  in  einer  Länge  von  4 — 5 cm 
nach  links  und  aufwärts,  um  an  der  gewöhnlichen  Stelle  in  der  Medianlinie 
mittelst  der  Flexura  duodeno-jojunalis  in  die  Pars  ascendens  duodeni  überzugehen. 
Dieses  retroperitoneal  verlaufende,  d.  h.  also  hinter  dem  Peritoneum  parietale 
gelegene  Anfangsstück  des  Jejunum  verläuft  somit  nicht  in  dem  Bruchsack,  auch 
nicht  hinter  der  hinteren  Wand  desselben,  sondern  tritt  etwa  1 cm  von  dem  Rande 
der  Bruchöffnung  entfernt  durch  die  linke  obere  Wand  des  Bruchsackes  in  den 
letzteren  hinein.  Sein  Verlauf  entspricht  ziemlich  genau  demjenigen  der  Pars 
ascendens  duodeni,  vor  welcher  dasselbe  gelegen  und  an  welche  es  durch  massig 
festes  Bindegewebe  angeheftet  ist.  Bringt  man  die  Därme  in  ihre  normale  Lage 
und  untersucht  man  alsdann  das  Innere  des  Bruchsackes  mittelst  des  eingeführten 
Fingers,  so  macht  es  den  Eindruck,  als  ob  derselbe  sich  zwischen  die  beiden 
Blätter  eines  grösstentheils  freien  Mesocolon  ascendens  bis  zu  dem  Colon  nach 
rechts  hin  vorgeschoben  hätte,  wobei  die  ganzen  zuführenden  Blutgefässe  in  dem 
linken  Blatte  dieses  Gekrösabschuittes  geblieben  wären  und  der  Bruch  sich 
liaupstächlich  auf  Kosten  des  rechten  Gekrösblattes  nach  rechts  hin  ausgedehnt 
hätte.  Der  Bruchsack  erstreckt  sich  dabei  längs  des  Colon  ascendens  bis  etwa 
zu  jener  Stelle,  wo  sich  sonst  die  Flexura  coli  hepatica  befinden  sollte.  Die 
letztere  ist  natürlich  nicht  an  das  Duodenum  angeheftet,  sondern  durchaus  frei 
beweglich.  Die  Wurzellinie  des  Mesocolon  transversum  fällt  so  ziemlich  mit  dem 
oberen  Rande  des  Bruchsackes  zusammen,  wobei  sich  jedoch  der  letztere  noch 
ein  wenig  über  diese  Wurzellinie  hinaus  zwischen  beide  Blätter  des  Mesocolon 
transversum  nach  aufwärts  erstreckt. 

Schlug  ich  nun  die  herausgezogenen  Dünndärme  nebst  dem  frei  beweglichen 
Colon  ascendens  nach  links  hinüber  und  eröffnete  ich  alsdann  wiederum  den  zu- 
genähten Bruchsack,  so  zeigte  sich,  dass  derselbe  innen  überall  von  einem  glatten 
und  durchsichtigen  Peritoneum  austapezirt  war.  Die  Wände  des  Bruchsackes 
waren  überall  doppelt,  nur  dort,  wo  derselbe  an  der  hinteren  Bauchwand  fest- 
sass,  einfach.  Diese  Stelle  batte  einen  Durchmesser  von  vielleicht  4 cm  in  der 
verticalen  und  etwa  6 cm  in  der  transversalen  Richtung.  Die  Stelle  entsprach 
genau  der  Pars  descendens  duodeni  und  Flexura  duodeni  secunda  nebst  dem 
grössten  Tbeil  der  Vorderfläche  des  Paukreaskopfes.  Mit  den  eben  genannten 
Organen  war  der  Bruchsack,  insoweit  seine  Wand  aus  einem  einfachen  Peritoneal- 
blatte bestand,  verlöthet.  Der  ganze  doppelwandige  Tbeil  des  Bruchsackes  aber 
war  allseitig  frei,  d.  h.  abgesehen  vom  Coecum  und  Colon  ascendens  nirgends 
mit  der  hinteren  Bauchwand  oder  den  Baucheingeweideu  verwachsen.  Jetzt  nach 
Eröffnung  des  Bruchsackes  Hess  sich  auch  der  Verlauf  des  Duodenum  genauer 
constatiren.  Dasselbe  erschien  von  normaler  Länge,  sein  tiefster  Punkt  reichte 
etwa  bis  zur  Theilungsstelle  der  Aorta  nach  abwärts. 

Alle  übrigen  Organe,  die  Blutgefässe  etc.  erschienen  völlig  normal  Die 
Flexura  duodeno-jejunalis  war  ein  wenig  mit  dem  Mesocolon  transversum  \ er- 
wachsen. Die  Vena  mesenterica  inf.  umkreiste  die  letztere  in  einer  betracht- 


169 


liehen  Entfernung  (nach  links  und  oben  von  derselben),  ohne  irgend  eine  Falte 
emporzubeben.  Ein  kleiner  Recessus  intersigmoideus  war  vorhanden. 

Wie  aus  dieser  Beschreibung  hervorgeht,  sind  an  diesem  Bruche 
alle  characteristischen  Merkmale  nachzuweisen,  welche  ich  oben  itir 
eine  Hernia  parajejunalis  s.  mesenterico-parictalis  postulirt  habe. 
Da  der  Fall  indessen  eine  complete  Hernie  dieser  Art  darstellt, 
so  darf  es  nicht  Wunder  nehmen,  dass  die  Bruchpforte  von  dem 
verlötheten  Anfangsstück  des  Jejunum  ein  wenig  nach  abwärts 
gerückt  ist.  Zur  Zeit,  als  die  Entwicklung  der  Hernie  begann,  ist 
ausser  dem  Anfangsstück  des  Jejunum  bereits  ein  Tlieil  des  ehemaligen 
Nabelschleifengekröses  mit  den  unteren  zwei  Dritteln  des  Duodenum 
und  dem  Pankreaskopf  verlüthet  gewesen.  Dagegen  muss  das 
Colon  ascendens  zu  jener  Zeit  noch  ein  theilweise  freies  Gekröse 
gehabt  haben  — sonst  würde  es  rechts  und  nicht  links  von  dem 
Bruchsacke  gelegen  haben.  Nur  wenn  es  ein  freies  Gekröse  hatte, 
konnte  der  andrängende  Bruch  das  rechte  Blatt  desselben  derart 
ausbuchten,  dass  dieses  Darmstück  gänzlich  an  die  linke  Wand  des 
Bruchsackes  gedrängt  wurde.  Nur  aut  diese  AUeise  lässt  sich  auch 
die  Thatsache  erklären,  dass  der  letztere  am  überwiegend  grössten 
Theile  seines  Umfanges  frei  und  doppelwandig  war.  Ueberall  dort, 
wo  derselbe  sich  ins  retroperitoneale  Bindegewebe  hineingedrängt 
hatte,  erschien  dagegen  seine  hintere  Wand  einfach. 

Fall  2.  Leiche  eines  erwachsenen  Mannes,  in  gutem  Ernährungszustände, 
secirt  auf  dem  Berliner  Präparirsaale  im  Januar  1886. 

Nach  dem  Eröffnen  der  Bauchhöhle  zeigten  sich  zunächst  das  Coecum,  Colon 
ascendens,  Colon  transversum,  descendens  und  die  Flexura  sigmoidea  von  normaler 
Lage  und  Beschaffenheit.  Zwischen  dem  Colon  ascendens  und  der  Wirbelsäule 
lag  eine  Bruchgeschwulst  von  etwa  Kindskopfgrösse.  Ihr  oberer  Rand  erstreckte 
sich  bis  hinter  die  Wurzellinie  des  Mesocolon  transversum.  Die  untere  Grenze 
entsprach  ungefähr  der  Höhe  des  Darmbeinkammes.  Die  Bruchgeschwulst 
enthielt  über  die  Hälfte  des  dünnen  Darmes,  d.  h.  das  ganze  Jejunum  und  einen 
Theil  des  Ileum,  während  der  grösste  Theil  des  Ileum  ausserhalb  der  Geschwulst 
lag.  Die  Bruchpforte  lag  an  der  linken  Wand  des  Bruchsackes  in  der  Höhe  der 
unteren  Lendenwirbel,  rechts  von  der  Wirbelsäule:  sie  war  etwa  so  gross,  wie 
das  Lumen  eines  aufgeblasenen  Dünndarms  und  enthielt  in  ihrem  vorderen  Rande 
die  Arteria  mesenterica  sup.  Neben  dem  in  die  Bruchpforte  hineinziehenden 
Ileum  war  aus  dem  Bruchsack  durch  die  letztere  eine  etwa  fingerlange  Dünn- 
darmschlinge hervorgefallen.  Die3  schien  zu  Stauungserscheinungen  innerhalb 
des  Bruchsackes  geführt  zu  haben,  denn  der  letztere  enthielt  ausser  den  Darm- 
schlingen noch  eine  ziemlich  grosse  Quantität  blutig  gefärbter,  seröser  Flüssig- 
keit, welche  sich  in  der  übrigen  Bauchhöhle  nicht  vorfand.  Auch  war  der  im 
Bruchsack  gelegene  Theil  des  Dünndarms  stark  hyperaemisch.  Im  Uebrigen 
waren  weder  in  der  Bruchgeschwulst,  noch  in  der  übrigen  Bauchhöhle  irgend 
welche  Erscheinungen  von  frischer  oder  abgelaufener  Peritonitis  wahrzunehmeu. 


170 


Wurde  der  Dünndarm  aus  der  Bruchpforte  herausgezogen,  so  zeigte  sich,  dass 
die  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses  vom  Coecum  aus  längs  dem  unteren  und 
linken  Abschnitt  der  Bruchgeschwulst  bis  zur  Bruchpforte  hin  und  hierauf  längs 
des  vorderen  Randes  der  letzteren  in  den  oberen  Pol  der  Bruchpforte  zugleich 
mit  dem  obersten  Abschnitt  dos  Jejunum  hineinzog.  Dicht  neben  dem  oberen 
Pol  der  Bruchpforte  wurde  alsdann  das  Jejunum  retroperitoneal,  d.  h.  es  verlief 
zwischen  dem  Peritoneum  parietale  und  der  Pars  ascendens  duodeni  nach  links 
und  aufwärts,  um  mittelst  einer  an  normaler  Stelle  gelegenen  Flexura  duodeno- 
jejunalis  in  das  Ende  des  Duodenum  überzugehen.  Das  Duodenum  selbst  und 
der  Magen  zeigten  die  normale  Lago  und  Beschaffenheit.  Die  Pars  descendens 
und  die  Flexura  duodeni  secunda  waren  noch  zum  Theil  hinter  dem  Bruchsack 
gelegen.  Der  letztere  war  überall  dort  einfach,  wo  er  der  hinteren  Bauchwand 
bezw.  der  rechten  Niere  und  dem  Duodenum  angrenzte.  Im  übrigen  war  seine 
"Wand  überall  aus  einem  doppelten  Peritonealblatt  gebildet.  Die  Vena  mesenterica 
inf.  und  die  Arteria  colica  sinistra  verliefen  links  von  der  Wirbelsäule  in  einer 
nicht  unbeträchtlichen  Entfernung  von  der  mit  der  hinteren  Bauchwand  ver- 
wachsenen Flexura  duodeno-jejunalis,  indem  sie  eine  kleine  Peritonealfalte  empor- 
hoben, so  dass  sich  zwischen  der  letzteren  und  der  Flexur  eine  Art  von  flacher 
Grube  (die  Treitz’sche  Fossa  duodeno-jejunalis)  befand. 

Nachdem  ich  den  eben  geschilderten  Befund  aufgenommen  hatte,  beabsichtigte 
ich , von  diesem  für  die  Theorie  der  Genese  der  Hernia  parajejunalis  so 
instructiven  Fall  noch  eine  genauere  Beschreibung  und  Abbildungen  zu  geben. 
Der  Präparant,  dem  dieses  Präparat  gehörte,  erhielt  demzufolge  die  Weisung, 
die  Präparation  vorläufig  vollständig  zu  unterbrechen.  Da  derselbe  indessen 
Rumäne  war,  so  verstand  er  anscheinend  meine  diesbezüglichen  Wünsche 
nicht  und  beeilte  sich  trotz  derselben  das  Präparat  möglichst  schnell  zu  zerstören. 
Als  ich  das  letztere  am  anderen  Tage  wieder  besichtigle,  konnte  ich  nur  noch 
constatiren,  dass  das  Duodenum  wirklich  vollständig  normal  gelegen  und  das 
Anfangsstiick  des  Jejunum  an  die  Pars  ascendens  duodeni  angelöthet  war. 

Der  eben  beschriebene  Pall  zeigt  ebenso  wie  der  vorige  alle 
characteristischen  Merkmale  der  Hernia  parajejunalis  s.  mesen- 
terico-parietalis : er  ist  jedoch  von  dem  vorigen  unterschieden  da- 
durch, dass  1)  offenbar  das  Colon  bereits  vor  der  Bildung  der 
Hernie  seine  normale  Lage  eingenommen  hatte  und  dass  2)  bei  der 
geringeren  Grössenentwickelung  des  Bruches  die  Wanderung  der 
Bruchpforte  nach  abwärts  nur  eine  sehr  geringe  gewesen  war. 
Denn  das  Ende  des  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlötheten  Jeju- 
numabschnittes  lag  hier  dicht  neben  dem  Bande  der  Bruchpforte, 
so  dass  es  eigentlich  noch  zur  Begrenzung  der  letzteren  beitrug. 
Klinisch  nicht  uninteressant  sind  endlich  die  Stauungserscheinungen, 
welche  sich  auf  den  innerhalb  des  Bruchsackes  befindlichen  Darm- 
abschnitt beschränkten. 

Es  erübrigt  nun  noch,  die  bisher  veröffentlichten  Fälle  von 
sogen.  Herniae  retroperitoneales  dextrae  daraufhin  Revue  passiren 


171 


zu  lassen,  ob  sicli  auch  an  denselben  die  von  mir  postulirten 
Characteristica  nachweisen  und  sich  diese  Fälle  somit  unter  die 
Hernia  parajejunalis  s.  mesenterico-parietalis  einreihen  lassen.  Ich 
will  dieselben  in  chronologischer  Reihenfolge  und  unter  Hinweg- 
lassung alles  nebensächlichen  Beiwerks  kurz  citiren. 

Pall  3.  (Fall  von  Klob,  cf.  pag.  191.)  Leiche  eines  36jährigen  Pfründ- 
ners.  . . 

Bei  der  Eröffnung  der  Bauchhöhle  fand  ich  unter  dem  scharfen  Leberrande 
die  rechte  Colonflexur,  den  Magen  in  gewöhnlicher  Stellung,  massig  gefüllt,  vom 
Dünndarm  ist  nichts  zu  sehen;  wenn  das  Colon  transversum,  welches  schief  von 
rechts  nach  links  und  oben  aufsteigt,  sammt  dem  grossen  Netze  gegen  die  Brust- 
höhle hinaufgeschlagen  wird,  so  erscheint,  die  rechte  Hälfte  der  Bauchhöhle 
einnehmend,  und  etwas  über  die  Medianlinie  sich  herüberwölbend,  ein  rundlicher 
Sack  von  8 Zoll  Länge,  6 Zoll  Breite  und  5 Zoll  Höhe.  Seine  obere  Peripherie 
wird  vom  rechten  und  mittleren  Theile  des  Mesocolon  transversum  gedeckt,  an 
seiner  rechten  Seite  steigt,  derselben  fest  anliegend,  das  Colon  ascendens  herauf; 
das  untere  Ende  des  Sackes  liegt  am  Beckeneingange  und  bedeckt  das  Coecum 
sammt  dem  letzten  etwa  1 1/2  Zoll  langen  Ileumstück.  Die  Oeffnuug  des  Sackes 
wird  von  einem  nicht  in  sich  selbst  zurücklaufenden  Rande  umfasst  und  sieht 
nach  links  und  etwas  nach  hinten;  sie  hat  etwas  über  2 Zoll  Durchmesser  mit 
deutlichem  Ueberwiegen  desjenigen  von  oben  nach  unten  und  liegt  gerade  vor 
dem  dritten  Lendenwirbel.  Der  vordere  Theil  des  Randes  ist  wulstig  abgerundet, 
nach  links  hin  concav,  und  verläuft  nach  oben  zu  in  das  Mesocolon  transversum; 
der  untere  Rand  schärft  sich  allmählich  zu  und  über  denselben  steigt  das  unterste 
Stück  Ileum  aus  dem  Sacke  heraus;  der  hintere  Rand  ist  scharfkantig,  nach 
rechts  concav  und  läuft,  unter  oben  scharfer  Krümmung  in  eine  Leiste  aus, 
welche  sich  als  pseudo-meinbranöse  Bildung  an  der  Mitte  des  im  Sacke  gelegenen 
Dünndarmgekröses  befestigt.  Im  vorderen  stumpfen  Rande  verläuft  die  Arteria 
iliocolica.  Der  Sack  selbst  besteht  nahezu  allenthalben  aus  einer  Bauchfell- 
duplicatur.  Das  äussere  Blatt  derselben  geht  nach  rechts  in  das  Mesocolon  as- 
cendens, nach  oben  in  das  Mesocolon  transversum  über,  oder  eigentlich  ist  das 
äussere  Blatt  des  Sackes  das  Gekröse  des  aufsteigenden  Dickdarms.  Bei  der 
Eröffnung  des  Sackes  von  vorne  her  sieht  man  das  Jejunum  von  seiner  oberen 
Wand  eintreten  und  den  ganzen  Dünndarm  frei  in  der  Höhle  gelegen.  Inner- 
halb der  die  obere  Wand  des  Sackes  bildenden  Peritonealduplicatur  bildet  das 
Jejunum,  ehe  es  in  den  Sack  eintritt,  eine  vollkommene  nach  rechts  convexe 
Krümmung  und  erscheint  sehr  ausgedehnt.  Das  innere  Blatt  des  Sackes  geht 
nahe  der  Oeffnung  im  obersten  Umfange  an  das  hereintretende  Jejunum  als 
Peritoneal-Ueberzug,  biegt  sich  am  äusserten  linken  Rande  in  das  Mesenterium 
des  Dünndarms  um,  ebenso  auch  an  der  unteren  Peripherie  des  Sackes,  während 
die  rechte  "Wand  (inneres  Blatt)  in  die  hintere  und  diese  nach  links  hin  endlich 
in  das  Mesocolon  descendens  ausläuft. 

Ich  entfernte  nun  die  Darmschlingen  aus  dem  Sacke  und  legte  den  ganzen 
Dünndarm  nach  rechts  herüber;  da  fand  sich  an  der  Wurzel  des  Gekröses  des- 
selben eine  narbig  verzogene  Stelle,  von  welcher  aus  sehnige  Streifen  theils 
nach  oben  in  das  hinaufgeschlagene  Mesocolon  transversum,  theils  nach  links 
hinüber  in  das  Mesocolon  descendens  ausstrahlten;  daselbst  waren  auch  brücken- 


172 


förmige  kleine  2 — 3 Linien  breite  Sehnenstreifen  Uber  Peritonealfalten  ausgespannt, 
und  hielten  dieselben  fest.  Diese  Narbe  oder  besser  diese  Pseudoinembranbildung 
befindet  sich  somit  gerade  an  der  linken  Seite  des  Eintrittes  des  Dünndarms  in 
die  Peritonealhöhle.  Von  dieser  Stelle  zieht  nach  abwärts  eine  halbmondförmige, 
mit  ihrer  Concavität  nach  rechts  sehende  Falte,  deren  oberes  Horn  in  das  obere 
Blatt  des  Mesenteriums  des  Jejunum  ausläuft,  deren  unteres  Horn  an  das  untere 
(linke)  Blatt  des  Mesenteriums  der  untersten  Ileumschlingen  herantritt  und  das 
ebenfalls  durch  pseudomembranöse  Adhäsionen  verzogen  erscheint.  Der  von 
Treitz  erwähnte  Gefässbogen  findet  sich  l'/3  Zoll  weit  vom  Bande  dieser  Falte 
nach  links  hin  entfernt  und  scheint  durch  das  Peritonealblatt  durch,  steht  somit 
mit  der  eigentlichen  Falte  in  keiner  Beziehung.  Versucht  man  das  obere  Horn 
dieser  Falte  weiter  nach  aufwärts  zu  verfolgen,  so  bemerkt  man  deutlich,  dass 
sich  die  Falte  noch  weiter  hinauf  fortsetzt,  doch  ist  der  höchste  Theil  ihres 
nach  rechts  hin  sehenden  Bandes  durch  die  erwähnten  pseudomembranösen  Ad- 
häsionen an  das  parietale  Peritoneum  geheftet,  welches  sonst  die  hintere  Wand 

der  Fossa  jejuno-duodenalis  überzieht Das  Jejunum  bildete,  ehe  dasselbe 

in  den  Sack  eintrat,  eine  ziemlich  scharfe  Krümmung  nach  rechts  hinüber  und 
dann,  wie  erwähnt,  schon  zwischen  den  beiden  Blättern  des  Sackes,  einen  mit 
seiner  Concavität  nach  rechts  hin  sehenden  Bogen.  Es  erinnert  diese  Krümmung 
an  die  zweite  Beobachtung  der  Hernia  retro-peritonealis  von  Lambl  (pag.  163), 
von  welcher  es  heisst:  „Der  Dünndarm  hat  mehrere,  an  der  hinteren  Bauchwand 
fixirte  Krümmungen,  und  zwar  nicht  bloss  im  Duodenum  seine  normale  hufeisen- 
förmige Krümmung,  sondern  im  Anfangstheile  des  Jejunum  nebstdem  eine  Pars 
descendens,  eine  Pars  horizontalis  und  eine  Pars  ascendens,  welch  letztere  erst 
in  das  eingelagerte  Darmconvolut  übergeht “ 

Es  bestand  bei  dem  Individuum  nur  eine  unvollkommene  Plica  jejuno-duo- 
denalis. Ihr  oberes  Horn  war  pseudomembranös  verzogen  und  fixirt,  und  nur 
das  untere  vorhanden,  welches  die  nach  oben  offene  Fossa  jejuno-duodenalis  be- 
grenzte. Nachdem  sich  nun  durch  pseudomembranöse  Adhäsionen  und  deren 
Betraction  die  Lage  des  Duodenums  verändert  hatte,  muss  sich  wahrscheinlich 
die  Gestalt  und  namentlich  die  Tiefe  dieser  sonst  in  solchen  Fällen  nur  seichten 
Tasche  (Treitz)  geändert  haben  und  dadurch  endlich  der  ganze  Dünndarm 
vorgefallen  sein. 

Gegen  die  Zuverlässigkeit  in  der  Beschreibung  des  Klob'schen 
Falles  wurden  jedoch  von  Eppinger  Einwendungen  erhoben,  welche 
allerdings  insofern  nicht  ganz  unberechtigt  sind,  als  insbesondere 
der  Zusammenhang  des  inneren  und  äusseren  Bruchsackblattes  mit 
den  benachbarten  Gekrösen  und  anderen  Organen  einigermaassen 
verworren  dargestellt  ist.  Eppinger  sagt  u.  a. : „waren  die 
Uebergänge  (sc.  der  inneren  Auskleidung  des  Bruchsackes  in  das 
Peritoneum  der  Nachbarorgane)  im  Innern  des  Bruchsackes  ge- 
meint, so  ist  es  unmöglich,  dass  das  innere  Blatt  irgendwo  in  das 
Mesocolon  descendens  übergehe,  sollen  sie  aber  an  der  Oeftnung 
des  Bruchsackes  stattfinden,  so  ist  es  ebenso  undenkbar,  dass 
jenes  sich  in  das  Mesenterium  des  Dünndarms  ausbreiten  könnte.“ 


173 


Darauf  muss  zunächst  erwidert  werden,  dass  Kl  ob  nur  von  der 
hinteren  Wand  des  Bruchsackes  (cf.  pag.  192)  aussagt,  dass 
dieselbe  nach  links  hin  „endlich  in  das  Mesocolon  descendens 
auslaufe“.  Betrachten  wir  den  Fall  aber  als  Hernia  parajeju- 
nalis,  so  geht  allerdings  am  äussersten  linken  Rande  des  Bruch- 
sackes,  d.  h.  an  dem  vorderen  Rande  der  nach  links  und  hinten 
sehenden  Oeffnung  desselben  das  innere  Blatt  in  das  Dünndarm- 
gekröse über.  Weiterhin  sagt  Eppinger:  „was  die  Bestimmung 
der  Richtung  der  Eingangsötfnung  zu  diesem  Bruchsacke  anbelangt, 
muss  dieselbe  als  eine  ganz  unrichtige  bezeichnet  werden,  weil  sie 
nach  links  und  hinten  gesehen  haben  soll.  Die  Oeffnung  befand 
sich  der  Beschreibung  zufolge,  obwohl  es  nicht  mit  Bestimmtheit 
angegeben  wird,  auf  der  rechten  Seite  des  Sackes.“  Darauf  ist  zu 
erwidern,  dass  Kl  ob  allerdings  vergessen  hat,  besonders  anzugeben, 
an  welchem  Abschnitt  der  Sackwand  die  Oeffnung  gelegen  war. 
Wenn  indessen  die  Bruckgesehwulst  zwischen  der  Wirbelsäule  und 
dem  an  normaler  Stelle  befindlichen  Colon  ascendens  gelegen  war, 
wenn  ferner  die  Bruchsacköffnung  nach  links  und  etwas  nach 
hinten  sah,  und  sich  zu  gleicher  Zeit  grade  vor  dem  III.  Lenden- 
wirbel befand,  so  kann  meiner  Ansicht  nach  kaum  ein  Zweifel 
darüber  obwalten,  dass  dieses  Orificium  an  der  linken  Wand  des 
Sackes  und  zwar  derart  gelegen  war,  dass  der  vordere  Rand  ein 
wenig  nach  links,  der  hintere  ein  wenig  nach  rechts  gerichtet  war. 
Dies  bezieht  sich  allerdings  nur  auf  die  natürliche  Lage  der  Bruch- 
pforte. Wurde  die  linke  Wand  des  Bruchsackes  nach  rechts  und 
zugleich  in  die  Höhe  gehoben,  wie  es  geschehen  musste,  um  die 
Oeffnung  klar  zu  übersehen,  so  erschien  dann  natürlich  der  vordere 
Theil  des  Randes  nach  links  hin  concav  und  es  ist  zweifellos  ein 
Lapsus,  dass  Kl  ob  nicht  besonders  erwähnt,  dass  sich  ein  Theil 
seiner  Beschreibung  auf  diese  Stellung  der  Bruchpforte  bezieht. 
Ebenso  mag  zugegeben  werden,  dass  es  vielleicht  nicht  die  eigent- 
liche Arteria  ilio-colica,  sondern  die  Arteria  mesenterica  sup.  ge- 
wesen sein  mag.  welche  in  dem  vorderen  Rande  der  Bruchpforte 
verlief:  es  kann  ja  unter  Umständen  von  dem  Belieben  des  Ein- 
zelnen abhängen,  wohin  man  die  Grenze  zwischen  beiden  Arterien 
verlegt.  Wenn  jedoch  Eppinger  bestimmt  behauptet,  dass  diese 
Arterie  nur  die  Colica  sinistra  gewesen  sein  könne,  so  muss  ich 
dem  entschieden  widersprechen,  da  in  der  Klob’schen  Beschreibung 
direct  gesagt  ist,  dass  der  diesem  Autor  wohlbekannte  Treitz'sche 
Gefässbogen  sich  iys  Zoll  weit  vom  Rande  der  von  ihm  oben  be- 


174 


schrieben en  Falte  nach  links  hin  entfernt  vorfand.  Wenn  schliess- 
lich Eppinger  sich  gegen  die  Klob'sche  Deutung  dieses  Falles 
wendet,  dass  die  Hernie  im  unteren  Horn  der  Treitz 'sehen 
Fossa  duodeno  - jejunalis  entstanden  sei,  so  kann  ich  diejenigen 
Gründe,  welche  er  gegen  diese  Deutung  ins  Feld  führt,  natürlich 
nur  in  jeder  Beziehung  unterschreiben. 

Betrachten  wir  dagegen  den  Kl  ob 'sehen  Fall  als  eine  Hernia 
parajejunalis  s.  niesen terico-parietalis,  bei  welcher  sich  an  dem 
oberen  und  hinteren  Rande  der  Bruchpforte  infolge  von  perito- 
nitischer  Reizung  allerlei  abnorme  Verlöthungsprocesse  abgespielt 
hatten,  wie  sie  ja  secundär  bei  intraabdominalen  Hernien  so  häufig 
auftreten  können,  so  erscheint  die  Beschreibung  dieses  Falles  im 
grossen  und  ganzen  durchaus  verständlich.  Wir  haben  bei  dem- 
selben zunächst  eine  Verlöthung  des  obersten  Jejunumabschnittes 
mit  der  hinteren  Bauchwand  zu  registriren.  Dieser  verlöthete 

Jejunumabschnitt  verlief  jedenfalls  nicht  in  grader  Linie,  sondern 
in  Krümmungen.  Derselbe  hat  erst  eine  Krümmung  mit  der  Con- 
vexität  nach  rechts  und  dann  bereits  zwischen  den  beiden  Blättern 
des  Sackes  eine  solche  nach  links  gemacht.  Dicht  neben  dem 
oberen  Pol  der  Bruchpforte,  also  auch  in  der  Nähe  des  Mesocolon 
transversum  trat  der  verlöthete  Jejunumabschnitt  hierauf  in  den 
Bruchsack  hinein  und  bekam  ganz  wie  in  meinem  zweiten  Falle 
ein  freies  Gekröse.  Die  Wurzellinie  des  letzteren  verlief  alsdann 
längs  dem  vorderen  und  unteren  Rande  der  Bruchpforte  weiter, 
um  sich  dann  anscheinend  längs  des  unteren  Randes  des  Bruch- 
sackes bis  zum  Coecum  zu  begeben.  Im  vorderen  Rande  der 
Bruchpforte  verlief  demgemäss  entweder  die  Arteria  mesenterica 
sup.  oder  ihre  Fortsetzung,  die  Arterica  ilio-colica.  Die  Bruch- 
geschwulst lag  im  Wesentlichen  rechts  von  der  Wirbelsäule.  Damit 
sind  alle  characteristischen  Merkmale  für  die  Hernia  parajejunalis 
gegeben.  Die  von  Klob  mit  so  grosser  Sorgfalt  beschriebene, 
nach  abwärts  ziehende,  halbmondförmige,  mit  ihrer  Concavität  nach 
rechts  sehende  Falte,  welche  neben  dem  eigentlichen  hinteren  Rande 
der  Bruchpforte  vorhanden  gewesen  zu  sein  scheint,  dürfte  ledig- 
lich als  das  Resultat  irgend  welcher  narbigen  Retractionen  aufzu- 
fassen sein. 

Wir  gehen  nun  zur  Betrachtung  eines  sehr  complicirten  und 
infolgedessen  auch  betreffs  seiner  Deutung  mannigfach  angezweifelten 
Falles  über,  nämlich  desjenigen,  welchen  Grub  er  in  seiner  bereits 
erwähnten  Arbeit  (No.  6 pag.  228)  unter  dem  Titel:  „Mesenterium 


175 


commune  für  das  Jejuno-ileum  und  das  Colon  vom  Coecum  bis  zur 
Flexura  sigmoides ; wahre  Hernia  interna  mesogastrica  dextra  und 
Hernia  inguinalis  externa  scrotalis  congenita  dextra  (Unicum 
Fig.  1,  2,  3)“  publicirt  hat.  Dieser  merkwürdige  Fall  einer  von 
Grub  er  sogen.  Hernia  retro-peritonealis  dextra  war,  abgesehen 
von  der  ausserordentlich  grossen  rechtseitigen  Scrotalhernie,  welche 
fast  zu  einer  vollständigen  Eventration  der  Baucheingeweide  geführt 
hatte,  noch  durch  folgende  wichtige  Momente  complicirt:  1)  eine 
sichelförmige  Verlängerung  des  ungewöhnlich  entwickelten  Lig. 
coronarium  sinistrum  hepatis,  welches  die  Flexura  sigmoidea  des 
Dickdarms  erreichte;  2)  ein  gemeinschaftliches  Mesenterium  für  den 
Dünn-  und  Dickdarm:  3)  abnorme  Lage  des  Duodenum  nach  rechts 
von  der  Wirbelsäule.  Dasselbe  hatte  die  Form  eines  S und  war 
spiralig  gedreht;  4)  eine  abnorme  Aufstellung  der  Flexura  sigmoidea, 
welche  mehr  in  transversaler  Richtung  verlief  und  deren  Mesen- 
terium mit  der  oben  erwähnten  Verlängerung  des  Lig.  coronarium 
sinistrum  und  einem  beträchtlich  entwickelten,  dem  normalen  Lig. 
phrenico-colicum  analogen  Bande  in  Verbindung  trat.  Es  würde 
zu  weit  führen,  diesen  ganzen  Fall  in  extenso  wiederzugeben.  Ich 
will  mich  deswegen  darauf  beschränken,  nur  dasjenige  zu  citiren, 
was  auf  die  sogenannte  wahre  Hernia  interna  mesogastrica  dextra 
Bezug  hat. 

Fall  4.  (Fall  von  Gruber  cf.  No  6 pag.  228.)  25jähriger  Arbeiter. 

Nach  Eröffnung  der  Bauchhöhle  sieht  man  die  Leber,  die  Milz,  den  Magen, 
dessen  Portio  pylorica  etwas  nach  abwärts  gezerrt  ist,  das  Pankreas,  die  Nieren 
und  Nebennieren  am  gehörigen  Platze.  Yom  Darme  trifft  man  in  der  Bauch- 
höhle freiliegend:  nur  die  Flexura  sigmoidea  und  den  grössten  Theil  des  Duo- 
denum; versteckt  jedoch  in  einem  in  der  Regio  lumbalis  und  Fossa  iliaca  dextra 
gelagerten  retro-peritonealen  Sacke:  das  Endstück  des  Duodenum  mit  dem  3 Fuss 
6 Zoll  langen  Anfangsstücke  des  Jejunum.  Der  Rest  des  Darmes  lag  zum  Theil 
in  der  Beckenhöhle,  zum  Theil  in  der  oben  erwähnteu  Scrotal- Hernie.  Der 
Magen  und  das  Pankreas  sind  normal  gelagert:  das  letztere  ist  am  Kopfe  mit 
der  Pars  descendens  duodeni  verwachsen.  Das  Duodenum  zeigt  eine  von  der 
Norm  ganz  abweichende  Anordnung.  Es  ist  nämlich  S-förmig  gekrümmt  und 
spiralförmig  gedreht.  Es  verläuft  zuerst  nach  rechts  und  hinten  mit  der  Pars 
transversa  sup.,  geht  unter  einer,  mit  der  Oonvexität  nach  hinten  und  rechts  ge- 
legenen Biegung  — Flexura  prima  — in  die  Pars  descendens  über,  welche  oben 
nach  rechts,  unten  vorwärts  convex  ist  und  setzt  sich  unter  einer  mit  der  Con- 
vexität  nach  vorwärts  und  rechts  gerichteten  Biegung  — Flexura  secunda  — 
in  die  Pars  transversa  inf  fort,  welche  rück-  und  medianwärts  schräg  aufsteigt. 
Es  ist  enorm  ausgedehnt  und  mit  Ausnahme  des  linken  hinteren  Randes  der 
Pars  descendens,  mit  welcher  der  Kopf  des  Pankreas  verwachsen  ist,  ganz  vom 
Peritoneum  überkleidet.  Die  Portio  transversa  inf.  ist  von  rechts  und  hinten  in 


176 


die  hintere  Wand  des  retroperitonealen  Sackes  wie  invaginirt.  Es  hat  mit  allen 
Theilen  seine  Lage  in  der  rechten  Bauchhöhlenhälfte,  ist  ungewöhnlich  weit  von 
der  Wirbelsäule  nach  rechts  gerückt.  Seine  Pars  descendens  steigt  vor  dem 
lateralen  Theile  der  rechten  Niere  und  auswärts  davon  abwärts.  Seine  kurze 
Pars  transversa  inf.  liegt  unterhalb  der  rechten  Niere.  Nachdem  die  Portio 
transversa  inf.  innerhalb  des  retro-peritonealen  Sackes  mit  den  vor  dieser  ab-  und 
lateralwärts  verlaufenden  Yasa  mesenterica  supp,  sich  gekreuzt  hat,  erhebt  sich 
dieselbe  plötzlich  vom  oberen  und  lateralen  Theile  des  Bodens  des  Sackes  nach 
vorwärts  und  rechts,  um  unter  einer,  mit  der  Gonvexität  nach  links  und  vorwärts 
gerichteten,  im  retroperitonealen  Sacke  gelagerten  Biegung  — Flexura  duodeno- 
jejunalis  — in  das  Jejunum  überzugehen.  Am  Beginn  dieser  Plexur  besitzt  das 
Darmrohr  eine  Art  Einschnürung,  und  ist  von  da  an  plötzlich  um  1 Zoll  Weite 
enger,  als  die  Pars  transversa  des  Duodenum. 

In  der  rechten  Bauchhöhlen-  und  der  rechten  grossen  Beckenhälfte  ist  vor 
der  Wirbelsäule  in  der  Begio  lumbalis  und  in  dem  grössten  Theile  der  Fossa 
iliaca  hinter  der  hinteren  Wand  des  grossen  Peritonealsackes  ein  von  dieser 
Wand  rückwärts  ausgestülpter,  durch  eine  weite  Pforte  mit  der  Höhle  des 
grossen  Peritonealsackes  communicirender  seröser  Beutel,  ein  retroperitonealer 
Sack  zu  sehen.  Dieser  Sack  besteht  vorn  aus  zwei  Blättern  des  Peritoneum^ 
rückwärts  ans  einem  einfachen  Blatte  desselben  und  hat  eine  länglich  runde  Ge- 
stalt Der  Sack  erstreckt  sich  vom  Pankreas  bis  zu  den  Yasa  iliaca  und  dem 
Eingänge  des  kleinen  Beckens  bis  ein  paar  Zoll  über  den  Arcus  cruralis  abwärts; 
von  der  Aorta  abdominalis  vor  der  rechten  Hälfte  der  Wirbelsäule  in  der  rechten 
Begio  lumbalis  über  die  seitliche  Grenze  derselben  hinaus  und  in  der  rechten 
Fossa  iliaca  bis  zur  Crista  ilei  Er  ist  in  verticaler  Bichtung  8 Zoll  lang,  in 
transversaler  Bichtung  b1/-, — 6 Zoll  breit  und  in  sagittaler  Bichtung  4 Zoll  tief. 
In  der  lateralen  Hälfte  seiner  vorderen  Wand  hat  er  eine  grosse  ovale  Pforte, 
welche  in  verticaler  Bichtung  3 Zoll,  in  transversaler  Bichtung  21/2  Zoll  weit 
und  nach  vorwärts  und  rechts  gekehrt  ist.  Der  obere  Pol  der  Pforte  liegt 
3'/o  Zoll  unter  dem  oberen  Ende  des  Sackes  und  der  untere  Pol  derselben 
P/2  Zoll  über  dem  unteren  Ende  desselben.  Yor  dem  Sacke  liegt  medianwärt s 
von  seiner  Pforte  die  Wurzel  des  Mastdarmschenkels  und  lateralwärts  die  Wurzel 
des  Gritmndarmsckenkels  der  Flexura  sigmoides,  deren  Mesocolon  mit  seiner 
Wurzel  um  den  medialen  und  lateralen  Umfang  und  über  dem  oberen  Pole  der 
Pforte,  hier  dieser  bis  6"'  Distanz  genähert,  halbkreisförmig  von  der  vorderen 
Wand  des  Sackes  abgeht.  An  die  vordere  Wand  des  Sackes  ist  über  der  Würze 
des  Mesocolon  der  Flexura  sigmoides  ein  Theil  des  Omentum  majus  augeheftet. 
Ueber  und  vor  dem  oberen  Ende  des  Sackes  liegt  der  rechte  Theil  des  Pankreas 
und  lateralwärts  von  diesem  der  unter  dem  Kopfe  des  Pankreas  befindliche  Ab- 
schnitt der  Pars  descendens  des  Duodenum.  Hinter  dem  Sacke  liegen  die  \ ena 
cava  inf.,  oben  lateralwärts  der  grössere  untere  Theil  der  rechten  Niere,  oben 
unter  dieser  lateralwärts  die  in  das  hintere  Blatt  des  Sackes  invaginirte  Pars 
transversa  inf.  des  Duodenum  und  vor  dieser  Portion,  diese  kreuzend,  die  Yasa 
mesenterica  sup.,  welche  bis  zur  Kreuzung  über  dem  hintersten  Umfang  des 
oberen  Endes  des  Sackes  vor  der  Niere  verlaufen,  nach  dieser  Kreuzung  mit 
dem  Duodenum  an  der  seitlichen  Grenze  der  Pforte  des  Sackes  durch  diese  in 
das  Mesenterium  commune  übersetzen,  endlich  unten  die  schräg  verlaufenden 
rechten  Vasa  spermatica  interna.  Zwischen  den  Blättern  der  vorderen  Wand  des 


177 


Sackes  liegen  der  Stamm  und  die  Aeste  der  Arteria  mesenterica  inf.  Der 
ll/4  Zoll  lange  Stamm  dieser  Arterie  verläuft  quer  rechts  gegen  die  Pforte  und 
theilt  sich  l3/4  Zoll  von  ihr  entfernt  in  die  Arteria  colica  sinistra  und  in  die 
Arteria  haemorrhoidalis  sup.,  deren  jede  bis  auf  1 Zoll  Abstand  der  Pforte  des 

Sackes  naherückt Der  Sack  enthält  die  Flexura  duodeno-jejunalis  und 

daneben  vor-,  auf-,  median-  und  abwärts  das  3 Fuss  6 Zoll  lange  oberste  Jeju- 
numsttick.  Er  vermag  7 Fuss  des  angefüllten  Jejunum,  den  von  Contentis  ent- 
leerten ganzen  Dünndarm,  nach  aus  seiner  Höhle  herausgezogenem  Darme 
5 Pfund  Flüssigkeit  zu  fassen.  Im  Bereiche  der  Pforte  sind  weder  am  Sacke 
noch  am  Darme  Entzündungsspuren  zu  bemerken  ....  Der  Sack  mit  dem 
Jejunum  als  Inhalt  bildet  eine  nicht  incarcerirte  Hernie,  welche  Hernia  interna 
mesogastrica  dextra  zu  nennen  ist  ...  . Nach  dem  Zurückziehen  aller  in  der 
Scrotalhernie  befindlichen  Gedärme  aus  dieser  in  die  Bauchhöhle,  ist  das  ganze 
Jejuno-ileum  mit  dem  Colon  bis  zur  Flexura  sigmoides  an  einem  Mesenterium 
commune  und  zwar  das  Colon  am  rechten  Rande,  das  Jejuno-ileum  am  linken 
und  unteren  Rande  desselben  hängend  zu  sehen.  Die  Wurzel  desselben  beginnt 
im  Bereiche  des  lateralen  Randes  der  Pforte  des  retroperitonealen  Sackes,  unter 
der  Kreuzung  des  Dickdarmes  mit  dem  Dünndarm,  zwischen  der  Flexura  duo- 
deno-jejunalis und  dem  Uebergang  des  Colonschenkels  der  Flexura  sigmoides  in 

das  Colon  descendens  proprium,  und  ist  hier  nur  2 Zoll  breit Zwischen 

dem  Mesenteriolum  des  Processus  vermiformis  (hinten),  dem  Ende  des  Ileum 
(vorn)  und  dem  Coecum  (lateralwärts)  liegt  die  gut  ausgebildete  und  abwärts 
geöffnete  sackartige  Fossa  ilio-coecalis 

Man  kann  nickt  leugnen,  dass  die  eben  gegebene  Beschreibung 
in  der  Tkat  an  Unverständlichkeiten  und  sogar  an  Widersprüchen 
ausserordentlich  reich  ist.  Um  einige  Punkte  hervorzuheben,  so 
sagt  Grub  er  zuerst,  dass  das  Duodenum  S-förmig  gekrümmt  und 
spiralförmig  gedreht  sei.  Hinterher  ist  aber  nur  von  den  gewöhn- 
lich an  demselben  vorhandenen  3 Abschnitten,  nämlich  einer  Pars 
transversa  sup.,  descendens  und  transversa  inf.  die  Rede,  von  denen 
sich  dann  die  letztere  plötzlich  vom  oberen  und  lateralen  Tkeile 
des  Bodens  des  Sackes  nach  vorwärts  und  rechts  erheben  soll,  um 
unter  einer  mit  der  Convexität  nach  links  und  vorwärts  gerich- 
teten, im  retroperitonealen  Sacke  gelagerten  Biegung,  der 
Flexura  duodeno-jejunalis,  in  das  Jejunum  überzugehen.  Der  untere 
Schenkel  des  S scheint  also  doch  schon  die  Flexur  gewesen  zu 
sein?  Ferner  ist  zuerst  gesagt,  dass  das  Duodenum  mit  Aus- 
nahme des  linken  hinteren  Randes  der  Pars  descendens,  mit  welcher 
der  Kopf  des  Pankreas  verwachsen  ist,  ganz  vom  Peritoneum  über- 
kleidet und  die  Portio  transversa  inf.  von  rechts  und  hinten  in  die 
hintere  Wand  des  retroperitonealen  Sackes  wie  invaginirt 
sei.  Daraus  könnte  man  den  Schluss  ziehen,  dass  das  Duodenum 
und  der  Pankreaskopf  (ganz  oder  theilweise)  auch  an  ihrer  hinteren 

Broesike,  Hernien.  19 


178 


Fläche  vom  Peritoneum  überkleidet  gewesen  seien  und  in  das 
Lumen  des  Bruchsackes  hineingeragt  hätten.  Weiterhin  lesen 
wir  aber,  dass  der  rechte  Tlieil  des  Pankreas  und  lateralwärts  von 
diesem  der  „unter  dem  Kopfe  des  Pankreas  befindliche  Abschnitt 
der  Pars  descendens  des  Duodenum“  über  und  vor  dem  oberen 
Ende  des  Sackes  gelegen  hätten.  Wie  reimt  sich  dies  zusammen? 
Wenn  ausserdem  der  Kopf  des  Pankreas  mit  dem  linken  hinteren 
Rande  der  Pars  descendens  verwachsen  gewesen  ist,  so  muss  der 
rechte  Pankreasrand  ein  wenig  hinter  der  letzteren  gelegen  haben: 
jedenfalls  kann  sich  die  Pars  descendens  nicht  „unter  dem  Kopfe 
des  Pankreas“  befunden  haben.  — Wenngleich  somit  in  dem  Grub  er- 
sehen Falle  das  Mesenterium  commune  mit  seiner  Wurzellinie  am 
Rande  der  Bruchpforte  entsprang  und  die  Vasa  mesenterica  supp, 
an  der  seitlichen  Grenze  der  Pforte  des  Sackes  verliefen,  so  möchte 
ich  mich  doch  angesichts  aller  dieser  und  noch  mancher  anderer  Un- 
klarheiten und  Widersprüche  den  auch  von  Waldeyer  als  richtig 
adoptirten,  äusserst  scharfsinnigen  Auseinandersetzungen  von  Ep- 
pinger  (cf.  p.  144  — 151)  anschliessen , dass  es  sich  hier  wahr- 
scheinlich weder  um  ein  congenitales  Mesenterium  commune  noch 
um  eine  Hernia  retro- periton ealis  gehandelt  hat,  sondern  dass 
der  von  Grub  er  beschriebene,  den  obersten  Abschnitt  des  Jejunum 
enthaltende  Bruchsack  lediglich  einen  abnormen  Raum  darstellte, 
welcher  durch  die  chronische  Hinabzerrung  sämmtlicher  Mesocola 
in  die  Scrotalhernie  entstanden  war. 

Fall  5 (von  Moutard-Martin,  cf.  pag.  132—133).  Je  presente  ä la 
Societe  un  exemple  remarquable  d’anomalie  du  peritoine,  chose  rare,  peu  connue, 
dont  les  exemples  sont  difliciles  ä recueillir. 

Yoici  en  quoi  consiste  cette  anomalie;  eile  me  paraxt  differer  en  beaucoup 
de  points  des  Varietes  rapportees  par  les  auteurs  (je  les  indiquerai  tout  ä l'heure), 
et  je  crois  la  decrire  pour  la  pi’emiere  fois. 

Une  vaste  poche,  dont  la  fonne  se  sousti’ait  ä toute  comparaison,  contient 
la  plus  grande  partie  de  l’intestin  grele  pourvu  de  son  inesentere  normal. 

Cette  poche  occupe  toute  la  partie  laterale  droite,  entre  la  face  interieure 
du  foie  et  la  fosse  iliaque  di’oite,  passe  au  devant  de  la  colonne  vertebrale  et 
s’etend  meine  dans  une  petite  partie  de  la  region  laterale  gauche. 

Sa  hauteur  (18  centimötres),  l’emporte  sur  la  lai-geur  (12  centimetres); 
quant  ä sa  profondeur,  tres-variable  suivant  les  points  qu'on  examine,  eile  est 
en  moyenne  de  9 centimetres.  Ses  parois  vont  adherer: 

1°  En  haut:  au  cölon  trausverse,  pour  se  jeter  ensuite  ce  niveau  sur 
le  peritoine  parötal  de  la  paroi  abdominale  postörieure; 

2°  A droite:  au  cölon  ascendant,  et  se  confomüe  avec  le  peritoine  parietal 
suivant  la  direction  d’une  ligne  verticale  qui  raserait  le  bord  externe 
du  rein  droit; 


179 


3°  A gauche:  au  cölon  descendant,  et  so  porter  ensuite  sur  le  peritoino 
parietale  i\  trös-peu  de  distance  de  la  colonne  vertöbrale; 

4°  Eubas:  au  peritoine  parietal  de  la  paroi  abdominale  posterieure  et  au 
mesocolon  iliaque. 

Ce  bord  inferieur  est  remarquable  par  la  presence  d’un  orifice  naturel, 
semilunaire,  concavite  tournee  en  arriöre,  h bords  nets,  assez  6cartes,  entre 
lesquels  passe  l’intestin  grele  au  moment,  oü  il  sort  de  cette  poche  d’enveloppe 
pour  se  continuer  avec  le  caecum.  Cet  orifice  qui  a 4 cent.  environ  de  circon- 
ference,  est  situe  au-devant  de  la  colonne  lombaire,  ä,  4 ou  5 cent.  du  caecum. 

L’intestin  grele  contenu  dans  la  poche  est  pourvu  de  son  mesentere  normal, 
et  sans  adberences. 

Si  l’on  cbercbe  par  oü  l’iutestin  a pu  penetrer  dans  cette  cavite  anormale, 
on  ne  trouve  a la  partie  superieure  aucun  orifice:  Le  duodenum  entre  dans  la 
poche  en  confondant  immediatement  sa  peripherie  avec  la  membrane  d’enveloppe. 

11  est  encore  ä noter: 

Que  l’hiatus  de  Winslow  existe  ä l’etat  normale  et  dans  sa  position 
normale ; 

Que  le  grand  epiploon  est  dejete  en  entier  dans  l’hypochondre  gauche 
dont  il  remplit  une  bonne  partie,  qu’il  est  normal,  si  ce  n’est  qu’il  contracte 
ä gauche  de  la  colonne  vertebrale  quelques  adherences  avec  la  poche,  que  je 
deviens  de  decrire: 

Que  le  petit  epiploon  gastro-colique  est  intact  et  normal. 

Ces  deux  demieres  remarques  font  que,  sans  chercher  a expliquer  la  pro- 
duction  de  cette  anomalie,  et  tout  en  laissant  ce  soin  h des  esprits  plus  exerces 
je  crois  pouvoir  repousser  comme  inadmissibles  dans  le  cas  present  les  deux  ex- 
plications  donnees  (dans  les  cas  que  je  citerai  tout  & l’heure)  comme  rendant 
compte  des  anomalies  dont  on  etait  temoin,  — je  veux  dire,  d’un  cöte,  l’agran- 
dissement  insolite  du  petit  epiploon  gastro-colique,  et  de  l’autre,  la  penetration 
d’une  anse  intestinale  dans  l’arriere  cavite  des  epiploons. 

C’est  probablement  en  cherchant  d’oü  vient  chacun  des  six  feuillets  peri- 
toneaux  dont  se  compose  la  paroi  de  la  poche  que  je  decris,  qu’on  trouverait 
l’explication  du  probleme.  Le  fait  que  je  presente  ne  parait  avoir  d’autre  valeur 
que  sa  rarete,  sa  nouveaute  II  eut  6te  interessant  de  savoir  quelle  etait  la 
sante  du  sujet,  s’il  ressentait  des  douleurs  dans  l’abdomen,  s’il  mangeait  bien, 
digerait  facilement;  en  un  mot,  si  ses  fonctions  digestives  n’etaient  pas  entravees 
par  cette  singuliöre  disposition. 

Tous  ces  renseignements  me  font  absolutement  defaut,  car  le  sujet  sur 
lequel  j’ai  rencontre  cette  anomalie  se  trouvait  a l’Ecole  pratique  pour  les  dis- 
sections. 

Der  eben  citirte  Fall  ist  so  mangelhaft  beschrieben,  dass 
es  kaum  möglich  ist,  denselben  für  die  Theorie  der  Hernia 
parajejunalis  in  positivem  oder  negativem  Sinne  zu  ver- 
werthen.  Es  erscheint  eigentlich  kaum  glaublich,  dass  der  Autor 
bei  der  Beschreibung  desselben  die  Grössenverhältnisse  des  Bruch- 
sackes in  Maassen  angiebt,  ohne  dabei  auch  nur  andeutungsweise 
das  Alter  des  betreffenden  Individuums  zu  erwähnen.  Alles,  was 

12* 


180 


wir  aus  diesem  Falle  entnehmen  können,  ist,  dass  es  sich  hei  dem- 
selben um  eine  grosse  intraabdominale  Hernie  gehandelt  hat,  welche 
bei  anscheinend  normal  gelagertem  Colon  hauptsächlich  die  rechte 
Bauchhälfte  occupirte,  sich  jedoch  noch  zum  Theil  über  die  Wirbel- 
säule nach  links  hinüberschob  und  den  grössten  Theil  des  Dünn- 
darms enthielt.  Die  Bruchöflhung  lag  am  unteren  Rande  des  Sackes 
vor  der  Wirbelsäule  und  in  einer  Entfernung  von  4 — 5 cm  nach 
links  vom  Coecum.  Durch  dieselbe  scheint  das  Endstück  des  Heum 
in  den  Brnclisack  hineingezogen  zu  sein,  ähnlich,  wie  wir  dies  in 
meinem  ersten  Falle  gesehen  haben.  Das  Duodenum,  oder  wahrschein- 
lich das  Anfangsstück  des  Jejunum,  scheint  dagegen  durch  die  obere 
Wand  des  Bruchsackes  in  denselben  hineingetreten  zu  sein.  Da  der 
Bruch  indessen  wegen  der  grossen  Entfernung  der  Bruchpforte  vom 
Coecum  kaum  als  irgend  eine  pericoecale  Hernie  und  ebensowenig 
als  eine  Hernia  intersigmoidea  oder  duodeno-jejunalis  sinistra  ange- 
sehen werden  kann,  so  bleibt  immerhin  die  Wahrscheinlichkeit  be- 
stehen, dass  es  sich  liier  um  eine  Hernia  parajejunalis  gehandelt  hat. 

Bei  der  Beschreibung  des  folgenden,  hierhergehörigen  Falles 
war  ich  nicht  in  der  Lage,  mir  die  betreffende  Originalarbeit  ver- 
schaffen zu  können.  Ich  gebe  dieselbe  daher  nach  der  übrigens 
wörtlichen  Uebersetzung  wieder,  welche  sich  bei  Jonnesco  (No.  2 
pag.  247)  vorfindet. 

6.  Fall  (von  Zwaardemaker).  Im  Monat  August  wurde  ein  Rekrut  bei 
der  Infanterie  plötzlich  krank.  Er  wurde  von  heftigen  Leibschmerzen,  Erbrechen 
und  Flatulenz  ergriffen.  Keine  Stühle.  Gegen  Mittag  wurde  er  in  das  Hospital 

aufgenommen  und  starb  am  Vormittage  des  folgenden  Tages Cadaver 

von  kräftiger  Constitution.  . . . Aus  der  Bauchhöhle,  wo  eine  grosse  Spannung 
statt  hat,  entweicht  (sc.  beim  Eröffnen)  eine  kleine  Quantität  von  Gas  und  ein 
einziger  Tropfen  von  Flüssigkeit  (une  seule  goutte  de  liquide).  Bis  3 Finger 
breit  unterhalb  des  Processus  xiphoideus  sieht  man  die  Leber;  in  der  Regio  ilio- 
coecalis  einen  rotlien,  gespannten  Tumor.  Der  Rest  der  Bauchhöhle  wird  durch 
die  stark  hervorspringenden  Därme  eingenommen.  Das  Omentum  bedeckt  sie 
nicht,  es  ist  gegen  die  linke  und  obere  Partie  der  Bauchböhle  verschoben.  Die 
Farben  der  verschiedenen  Darmtheile  zeigen  eigen thümli che  Contraste.  In  dem 
Epigastrium  findet  sich  das  Colon  transversum,  welches  stark  nach  vorn  ge- 
drängt, aber  sehr  wenig  gespannt  ist ; es  besitzt  die  gewöhnliche  graue  Färbung 
des  Darmes,  obwohl  es  sich  ein  wenig  getrübt  mit  einer  Nuance  ins  Rothe  zeigt. 
In  dem  Mesogastrium  und  Hypogastrium  befinden  sich  die  Dünndarmschlingen, 
welche  von  gesättigter  rother  Farbe  und  getrübt  sind.  Sie  sind  elastisch,  sehr 
gespannt,  stark  verlagert;  man  kann  leicht  4 Finger  in  ihr  Lumen  einführen. 
Das  Coecum  und  die  aufsteigende  und  absteigende  Portion  des  Colon,  ebenso 
wie  die  Flexura  sigmoidea  sind  links  durch  die  Dünndarmschlingen,  rechts  durch 
den  oben  erwähnten  Tumor  verborgen.  Die  Geschwulst  ist  von  gesättigtem  Roth 


' 


181 


und  ähnelt  einer  elastischen  Blase,  welche  sehr  gespannt  und  mehr  als  kinds- 
kopfgross ist.  Die  Umhüllung  der  Blase  wird  durch  ein  zartes  Gewebe  gebildet, 
durch  welches  mau  eine  Arterie  wahrnimmt.  Wenn  man  die  Blaso  vorsichtig 
nach  links  schiebt,  sieht  man,  wie  sie  gegen  das  in  gewöhnlicher  Stellung  be- 
findliche Coecum  gedrückt  war.  Die  Wand  der  Blase  erscheint  in  Continuität  mit 
dem  Peritoneum,  welches  das  Coecum  bedeckt,  folglich  ist  diese  Blase  retro- 
peritoncal.  Indem  man  dem  Coecum,  Colon  ascendens  und  transversum  folgt, 
findet  man,  dass  das  letztere  in  seiner  Mitte  mit  der  Portio  pylorica  des  Magens 
durch  solide  Neubildungen  in  der  Form  von  Strängen  vereinigt  ist,  welche  ein  unge- 
faltetes Epiploon  constituiren.  Daher  stammen  wahrscheinlich  die  Falten  an  dem 
beträchtlich  verlängerten  Dünndarm.  Indem  man  jetzt  dem  abgeplatteten  Coecum 
gegen  das  Ileum  hin  folgt,  erscheint  plötzlich  der  Dünndarm  25  cm  von  der  Valvula 
Bauhini  in  einem  Ringe,  gelegen  in  der  Wurzel  des  Mesenteriums  an  einem 
Ort,  wo  man  denselben  in  normalem  Zustande  nicht  findet.  Diese  Oeffnung,  in 
welche  man  2 Finger  einführen  kann,  liegt  gerade  vor  der  Wirbelsäule.  Indem 
man  sanft  an  dem  Ileum  zieht,  erscheinen  die  Dünndarmschlingen  und  es  ver- 
mindert sich  zu  gleicher  Zeit  das  Volumen  der  Blase  in  der  Coecalgegend.  Es 
ist  klar,  dass  der  Inhalt  der  Bla«e  durch  den  Dünndarm  gebildet  ist,  welcher 
durch  die  Oeffnung  eines  Bruchringes  hineingedrungen  und,  so  eiuen  Bruchsack 
bildend,  retro-peritoneal  geworden  ist.  Die  Schlingen,  welche  aus  der  Oeffnung 
herausgetreten  waren,  zeigten  sich  trüb  und  ebenso  wie  ihre  kleinen  Venen  in- 
jicirt;  die  Serosa  zwischen  den  Gefässen  zeigte  eine  dunkelrote  Farbe,  jedoch 
weniger  gesättigt,  wie  diejenige  des  Dünndarms , welche  ausserhalb  des  Sackes 
gelegen  ist.  Der  bei  der  Eröffnung  der  Bauchhöhle  Vorgefundene  Dünndarm  war 
durch  seine  dunkelrothe  Farbe  ausgezeichnet.  Nachdem  so  die  grosse  Spannung, 
welche  in  dem  Bruchsack  existirte,  gehoben  war,  führten  wir  den  Finger  in  die 
retro-peritoneale  Höhle  ein.  Sie  breitete  sich  nach  rechts  bis  zur  Anheftung  des 
Coecum  und  Colon  ascendens,  nach  links  bis  zur  Wirbelsäule,  nach  unten  bis 
neben  das  Promontorium,  nach  oben  und  rechts  bis  neben  das  Duodenum  aus. 
Sie  war  überall  von  der  Serosa  bedeckt,  welche  sich  mit  dem  Peritoneum  in  Con- 
tinuität befand.  Diese  Serosa  bildete  ebenso  innerhalb  des  Sackes  eine  stark  ge- 
spannte Wand.  Folglich  stellt  die  Wand  der  retro -peritonealen  Höhle  eine 
accessorische  Cavität  des  Peritoneums  dar,  welche  hinter  dem  hinteren  Peritoneum 
gelegen  ist,  d.  h.  einen  retro-peritonealen  Bruchsack.  Die  Oeffnung  des  Bruch- 
sackes ist  vorn  durch  die  Wurzel  des  Mesenteriums  begrenzt,  welche  um  die 
Oeffnung  einen  Bogen  mit  nach  links  gewandter  Concavität  bildet.  In  diesem 
Bogen  verlaufen  3 Gefässe:  2 Arterien,  welche  sich  bald  höher  oben  zu  einer 
einzigen  vereinigen  und  ein  wenig  mehr  nach  links  eine  Vene.  Der  Stamm  der 
Arterien  ist  an  der  Stelle  gelegen,  wo  das  Duodenum  neben  der  Aorta  in  das  Je- 
junum übergeht:  es  ist  die  Art.  mesenterica  sup.  Die  Oeffnung  des  Sackes 
findet  sich  unmittelbar  neben  der  Wirbelsäule.  Das  Peritoneum  geht  von  den 
Nieren  direct  und  gänzlich  in  die  Wand  über,  welche  den  Boden  des  Sackes  bildet. 

Wenngleich  auch  dieser  Fall  in  Bezug  auf  die  Beschreibung 
Manches  zu  wünschen  übrig  lässt,  so  können  wir  doch  aus  dem 
soeben  Citirten  mit  ziemlicher  Sicherheit  entnehmen,  dass  derselbe 
eine  Hernia  parajejunalis  bei  normaler  Lage  des  Colon  darstellte. 
Die  Bruchgeschwulst  lag  in  der  rechten  Bauchhälfte  zwischen  dem 


182 


Colon  ascendens  und  der  Wirbelsäule.  Die  Brachöffnung  war  an 
der  linken  Wand  des  Sackes  dicht  vor  der  Wirbelsäule  gelegen. 
In  ihrem  vorderen  Rande  verlief  die  Arteria  mesenterica  sup. 
bzw.  ilio-colica  und  an  demselben  war  zugleich  die  Wurzellinie  des 
Dünndarmgekrösesangeheftet.  Das  letztere,  characteristische  Moment 
ist  mit  besonderer  Schärfe  und  Klarheit  hervorgehoben.  Ueber 
den  Verlauf  des  Duodenum  und  seinen  Uebergang  in  das  Jejunum 
ist  leider  nichts  Genaueres  gesagt.  Doch  möchte  ich  wohl  mit  Be- 
stimmtheit annehmen,  dass  auch  hier,  wie  in  den  früher  beschriebenen 
Fällen,  das  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthete,  vielleicht  nur 
sehr  kurze  Anfangsstück  des  Jejunum  in  die  obere  Wand  des 
Sackes  eingetreten  ist,  während  durch  die  Bruchpforte  nur  ein 
einziges  Darmrohr,  nämlich  das  Ileum  hineinzog,  welches  ja,  wenn 
man  es  vom  Coecum  aus  verfolgte,  gemäss  der  Angabe  des  Autors 
nach  einem  25  cm  langen  Verlauf  plötzlich  in  der  Bruchpforte 
verschwand.  Da  durch  die  Oeffnung  nur  2 Finger  in  den  Bruch- 
sack eingeführt  werden  konnten,  dieselbe  also  sehr  klein  gewesen 
zu  sein  scheint,  und  sich  trotzdem  das  Ileum  schon  durch  einen 
sanften  Zug  aus  der  ersteren  herausziehen  liess,  so  ist  kaum  an- 
zunehmen, dass  in  der  Bruclipforte  2 Darmrohre  gelegen  haben.  Auch 
würde  diese  Thatsache  wohl  von  dem  Autor  besonders  erwähnt 
worden  sein.  Ist  das  Letztere  aber  nicht  der  Fall  gewesen,  so  bleibt 
nur  die  Annahme  übrig,  dass  bei  normaler  Lage  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  das  Anfangsstück  des  Jejunum  in  der  bereits  für  die  früheren 
Fälle  beschriebenen  Weise  durch  die  obere  Wand  in  den  Sack 
hineingetreten  ist.  Interessant  ist  in  klinischer  Beziehung,  dass 
dieser  Fall  unter  schweren  peritonitischen  Erscheinungen  zum  Tode 
führte,  welche  sich  der  Verfasser  selbst  laut  der  Ueberschrift  durch 
Incarceration  hervorgerufen  denkt.  Allerdings  muss  ich  gestehen, 
dass  die  Beschreibung  des  Falles  nicht  gerade  mit  Deutlichkeit  für 
eine  solche  Incarceration  spricht,  da  nach  der  Angabe  des  Autors 
gerade  die  unterhalb  der  angeblichen  Incarceratiousstelle  gelegenen 
Darmstücke,  d.  h.  die  offenbar  ausserhalb  des  Bruchsackes  ge- 
legenen letzten  25  cm  des  Ileum  und  der  Dickdarm  ausserordentlich 
ausgedehnt  waren  — vielleicht  mit  Ausnahme  des  stark  gegen 
die  vordere  Bauchwand  gepressten  Colon  transversum.  Alle  geschil- 
derten Erscheinungen  würden  sich  auch  unter  dem  Bilde  einer  uni- 
versellen Peritonitis  unterbringen  lassen. 

Die  beiden  letzten  Fälle  von  sog.Hernia  retroperitonealis  dextra, 
diejenigen  von  Gerard-Marcliant  und  Quenu,  sind  von  Jonncsco 


183 


(No.  2 pag.  261 — 264)  zuerst  pablicirt  worden.  Von  diesen  beiden 
Fällen  ist  jedoch  nur  der  erstere  beschrieben  worden,  bei  dem 
zweiten  ist  die  Beschreibung  unterblieben,  da  G-erard-Marchant, 
welcher  bei  der  Obduction  zugegen  war,  an  demselben  eine  ganz 
analoge  Disposition  wie  in  dem  von  ihm  beobachteten  Falle  con- 
statirte.  Der  erste  Fall  ist  durch  zwei  Abbildungen  (Fig.  64  u.  65) 
erläutert,  welche  das  Verständniss  desselben  erheblich  erleichtern. 

Pall  7 (von  Guerar  d-Marchant).  Trouve  sur  cadavre  d'adulte,  destine 
ä la  dissection,  ä,  l’Ecole  pratique. 

A 1'ouvert.ure  du  ventre  on  trouve  le  grand  epiploon  paraissant  normal. 
Apres  l’avoir  releve,  on  tombe  sur  une  vaste  poche  sereuse,  mince,  laissant  voir 
distinctement  par  transparence  les  anses  de  l’intestin  grele  y contenues.  En 
dehors  du  sac,  on  ne  trouvait,  ä part  la  premiere  portion  du  duodenum,  aucune 
autre  partie  de  rintestin  grele.  Oette  poche  etait  encadree  par  les  cölons;  ä, 
droite  le  eaecum  adherait  a la  poclie  par  un  assez  long  repli  sereux.  Le  cölon 
ascendant,  l’angle  colique  droit  et  les  deux  tiers  droits  du  cölon  transverse  etaient 
accoles  intimement  ft  la  poche.  L’angle  colique  gauche,  ainsi  que  le  cölon  de- 
scendant  et  l’S  iliaque  occupaient  leur  Situation  normale  et  etaient  munis  de 
mesos  assez  longs.  La  poche  avait  les  dimensions  d’une  tete  d’enfant.  En  bas 
eile  descendait  jusqu’au  promontoire  oü  eile  adherait.  En  soulevant  le  bord 
gauche  de  la  poche  on  put  voir  que  celle-ci  se  reflechissait  de  gauche  ä,  droite 
vers  la  colonne  vertebrale.  En  relevant  plus  fortement  en  haut  et  ä droite  l’ex- 
tremite  inferieure  de  la  poche,  on  decouvrit  sur  sa  paroi  posterieure  un  orifice 
ainsi  constitue:  Tres  large,  on  pouvait  y introduire  facilement  le  poing.  II 
avait  la  forme  d’un  ovale  allonge  de  haut  en  bas,  de  gauche  h droite.  Son  bord 
posterieur  etait  contre  la  colonne  lombaire.  Son  bord  anterieur  se  presentait 
sous  l'aspect  d’un  repli  tranchant,  falciforme,  semi-lunaire,  ä concavite  regardant 
ä gauche  et  en  arriere.  La  hindere  de  l’orifice  regardait  le  flanc  droit  de  la 
colonne  lombaire.  Les  deux  cornes  formant  le  bord  libre  de  l’orifice  se  perdaient 
de  la  facon  suivante:  la  superieure  s’inserait  sur  la  colonne  vertebrale  et  de  1;\ 
allait  se  perdre  dans  le  feuillet  sereux  qui  recouvrait  le  duodenum;  la  corne  in- 
ferieure,  situee  pres  du  caecum,  etait  contournee  par  la  portion  terminale  de 
l’ileon  qiü  penetrait  dans  le  sac  ä ce  niveau.  On  chercha  a faire  sortir  l'intestin 
et  on  put  retirer  tres  facilement  et  devider  tout  l’intestin  grele  contenu  dans 
le  sac.  Alors  on  constata  que  l’intestiu  etait  rattache  par  son  mesentere  tout 
le  long  du  bord  libre  de  l’orifice  du  sac.  Tout  le  long  de  ce  bord  libre  chemi- 
nait  härtere  mesenterique  superieure,  qui  penetrait  dans  la  corne  superieure  du 
repli,  immediatement  aprös  sa  naissance  de  l’aorte,  continuait  son  trajet,  quittait 
ce  repli  prös  de  la  corne  inferieure,  et  allait  se  perdre  au  niveau  de  l’angle  ileo- 
caecal.  De  cette  artöre  naissaient  les  branches  destinees  a l’intestin  grele  qui 
penetraient  dans  l’epaisseur  du  mesentere.  De  la  meme  artere  partaient  trois 
branches  volumineuses  qui  se  dirigeaient  de  gauche  ä droite  dans  l’epaisseur 
de  la  paroi  anterieure  du  sac,  vers  les  cölons  ascendant  et  transverse.  La  paroi 
anterieure  du  sac  est  formee  de  deux  lames  sörouses. 

En  examinant  la  ca  vite  du  sac,  on  constata  que  sa  paroi  posterieure  etait 
formee  d’une  seule  lame  sereuse.  Cette  vaste  poche  se  prolongeait  en  haut  et 


184 


ä,  droite  vers  le  foie,  en  passant  par-dessus  les  vaisseaux  rdnaux,  le  rein  et  les 
psoas,  du  cöte  droit;  en  bas,  eile  descendait  jusque  dans  la  fosse  iliaque  et  re- 
couvrait  t\  ce  niveau  l’uretöre  droit.  A la  partie  superieure  du  sac  on  voyait 
sa  paroi  posterieure  soulev6e  par  le  duodönum,  qui  penetrait  ä,  ce  niveau  dans 
la  poche,  et  se  continuait,  aprös  s’etre  detache  de  cette  paroi,  dans  le  jöjunum. 

Ainsi  on  ne  voyait  sortir  du  sac  qu’un  seul  tube  intestinal,  la  portion 
terminale  de  l’ilöon,  qui  presentait  une  torsion  sur  son  axe,  sa  sortie  de  la 
poche. 

Nous  avons  chercliö  la  continuite  des  differentes  lames  qui  composaient 
l'enveloppe  söreuse  de  ce  sac  et  nous  nous  sonunes  assuiA  que  la  paroi  an- 
terieure  etait  recouverte  par  les  feuillets:  interne  du  mesocölon  ascendant,  et 
införieur  du  colon  transverse. 

Der  eben  citirte  Fall  stellt  die  voluminöseste  von  allen  bisher 
bekannten  rechtsseitig  gelegenen  Herniae  retro-peritoneales  dextrae 
dar.  Wie  aus  der  übrigens  zweifellos  schematisch1)  gehaltenen  Fig.  64 
und  der  eben  citirten  Beschreibung  hervorgeht,  enthielt  der  Bruchsack 
mit  Ausnahme  eines  ganz  kleinen  Stückes  Ileum  und  des  Duodenum 
sämmtliche  Dünndarmschlingen,  auch  schob  er  sich  anscheinend,  wenn 
auch  nicht  hinter  dem  Peritoneum  parietale,  so  doch  mit  dem  linken 
Abschnitt  seines  Umfanges  über  die  Medianlinie  hinaus  nach  links 
hinüber.  Das  Colon  umgab  die  Bruchgeschwulst  in  normaler  Lage,  nur 
muss  das  Mesocolon  transversum  an  seinen  rechten  zwei  Dritteln 
schon  vor  der  Entstehung  des  Bruches  ein  sehr  kurzes  Gekröse  gehabt 
haben,  weil  es  sonst  unmöglich  hierselbst  an  den  Bruchsack  hätte 
angeheftet  sein  können.  Die  Bruchöffnung  war  durch  ihre  ausser- 
ordentliche Grösse  oder,  besser  gesagt,  Länge  ausgezeichnet:  sie 
erstreckte  sich  (cf.  Fig.  65)  vom  2.  Lendenwirbel  bis  zu  dem 
normal  gelagerten  Coecum.  Ihr  vorderer  Rand  zeigte  sich  nach  dem 
Herausziehen  des  anscheinend  sehr  kurzen  Dünndarms  in  ganzer 
Ausdehnung  von  der  Arteria  mesenterica  sup.  bzw.  Arteria  ilio-colica 
durchzogen  und  diente  zugleich  dem  ganzen  freien  Gekröse  des  Je- 
junum und  Ileum  als  Wurzellinie.  Ihr  hinterer,  wenig  ausgeprägter 
Rand  wurde  durch  das  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauch- 
wand gebildet.  Von  hier  aus  schob  sich  der  Bruchsack  nach  rechts 
und  oben  hinter  das  ehemalige  (verlöthete)  Mesocolon  ascendens 
und  transversum  hinein.  Ueber  den  Verlauf  des  Duodenum  ist 
leider  gar  nichts  in  der  Beschreibung  gesagt;  doch  ersehen  wir 
aus  der  ersten  Figur,  dass  dasselbe  jedenfalls  zunächst  eine  Pars 
transversa  sup.  und  descendens  gehabt  haben  muss.  Die  letztere 
ist  alsdann  wahrscheinlich  in  eine  Pars  ascendens  übergegangen, 

’)  Die  Leber  kann  beispielsweise  ganz  unmöglich  die  abgebildete  Form, 
Grösse  und  Lage  gehabt  haben. 


185 


welche  sich  hierauf  in  das  mit  der  hinteren  Bauchwand  verlöthete, 
d.  h.  retroperitoneal  hinter  der  hinteren  Wand  des  Bruchsackes 
gelegene  Anfangsstück  des  Jejunum  fortgesetzt  haben  muss. 
Wenigstens  sehen  wir  an  der  zweiten  Figur  rechts  vou  dem  An- 
fang der  Arteria  mesenterica  sup.  und  unmittelbar  rechts  neben  der 
Wirbelsäule  gelegen  ein  vertical  nach  abwärts  ziehendes  Dünn- 
darmstück, welches  offenbar  nach  der  Beschreibung  und  Zeichnung 
retroperitoneal  gelegen  ist  und  sich  continuirlich  in  das  mit  einem 
freien  Gekröse  versehenen  Jejunum  fortsetzt.  Dieses  Darmstück  kann 
wegen  seines  vertical  nach  abwärts  gerichteten  Verlaufs  unmöglich  als 
die  Pars  ascendens  duodeni,  sondern  höchstens  als  der  mit  der  hin- 
teren Bauchwand  verlöthete  Anfang  des  Jejunum  angesehen  werden. 
Somit  hätten  wir  bei  diesem  Falle  alle  Characteristica  der  von  mir 
sog.  Hernia  parajejunalis  s.  mesenterica-parietalis  ohne  eine  jede 
Wanderung  der  Bruchpforte  beisammen.  Das  einzig  Rätlisel- 
hafte  in  diesem  sonst  so  klaren  Falle  beruht  allein  in  der  ausser- 
ordentlichen Ausdehnung  der  Bruchpforte  ohne  jede  Locomotion 
derselben.  Man  könnte  ja  sagen,  dass,  beim  Verharren  des  oberen 
Poles  der  Bruchpforte  in  seiner  normalen  Lage,  durch  die  Last  des 
wachsenden  Bruches  besonders  in  aufrechter  Stellung  der  untere 
Pol  derselben  allmählich  immer  mehr  nach  abwärts  gezogen  sei,  was 
immerhin  eine  abnorme  Nachgiebigkeit  des  letzteren  zur  Voraus- 
setzung hätte.  Indessen  kann  man  auch  annehmen,  dass  der  Re- 
cessus  mesenterico-parietalis  in  diesem  Falle  von  vornherein  eine 
ganz  abnorme  Grösse  und  eine  ganz  abnorm  weite  Oeffmmg  ge- 
habt hätte.  Man  braucht  sich  nur  vorzustellen,  dass  hier  während 
des  Embiyonallebens  der  Verlöthungsprocess  des  Nabelsclileifenge- 
kröses  mit  der  hinteren  Bauch  wand  nicht  ganz  nach  der  Norm 
vor  sich  gegangen  wäre,  sondern  dass  zuerst  der  Anfangstheil  des 
Jejunum,  weiterhin  der  rechte  Abschnitt  des  Mesocolon  bezw. 
Colon  transversum  endlich  das  Colon  ascendens  mit  dem  Duodenum 
und  der  hinteren  Bauchwand  in  annähernd  normaler  Weise  ver- 
wuchsen, während  die  Verlöthung  des  ganzen  Mesocolon  ascen- 
dens mit  der  hinteren  Bauchwand  unterblieb.  Dadurch  würde  von 
vorn  herein  ein  ausserordentlich  grosser  Recessus  mesenterico-parie- 
talis gegeben  gewesen  sein,  dessen  Orificium  an  seinem  vorderen 
Rande  durch  die  ganze,  von  der  Art.  mesenterica  sup.  durchzogene 
Wurzellinie  des  freien  Dünndarmgekröses,  an  seinem  hinteren 
Rande  durch  das  Peritoneum  parietale  der  hinteren  Bauchwand  ge- 
bildet war.  Durch  die  andrängenden  Speisemassen  könnte  auch 


186 


in  diesem  Falle  nach  der  Geburt  allmählich  das  ganze  Packet  der 
freien  Dünndarmschlingen  in  den  Recessus  hineingeschoben  worden 
sein.  Der  Fall  von  Gerard-Marchant  würde  dann  nur  den 
Beweis  liefern,  dass  es  bei  der  Bildung  einer  solchen  Hernie, 
ebenso  wie  bei  der  Bildung  der  Tr eitz’ sehen  Hernia  duodeno- 
jejunalis  sinistra,  weit  weniger  auf  die  Enge  oder  W eite  der  Ein- 
trittsöffnung, als  auf  das  Vorhandensein  eines  resistenten  Ge- 
fässringes  ankommt,  welcher  die  unter  ihn  geschobene  Darm- 
schlinge zurückhält  und  sich  durch  die  letztere  nicht  ohne  weiteres 
bei  Seite  drängen  lässt.  Welche  von  den  beiden  eben  explicirten 
H}7pothesen  die  richtige  ist,  dürfte  sich  erst  constatiren  lassen, 
wenn  weitere  correcte  Beobachtungen  über  diese  Frage  vorliegen. 
Jedenfalls  kann  diese  Hernie  unmöglich  in  dem  unteren  Horn  der 
Treitz’schen  Plica  duodenos-jejunalis  entstanden  sein. 

Fall  8 (von  Quenu).  Die  Besclireibnng  des  bei  einem  50jährigen  Manne 
beobachteten  Falles  enthält  nur  eine  kurze  Krankengeschichte,  aus  welcher  soviel 
zu  entnehmen  ist,  dass  es  sich  bei  demselben  um  eine  Incarceration  des  Darmes, 
hervorgerufen  durch  eine  Hernia  retroperitonealis  dextra  gehandelt  hat.  Hach 
vollführter  Laparotomie  starb  der  Patient  unter  den  Erscheinungen  einer  Lungen- 
Congestion.  Gerard-Marchant  constatirte,  wie  bereits  erwähnt,  eine  Hernie, 
welche  ein  ganz  ähnliches  Verhalten,  wie  in  dem  vorhin  beschriebenen  Falle  zeigte. 

Aii  diese  Fälle  scliliesse  ich  noch  einen  von  C.  Fürst  unter 
dem  Titel:  „Fall  von  Hernia  retro-peritonealis  mit  embryonaler 
Hemmungslage  der  Därme“,  in  schwedischer  Sprache  mitgeteilten 
Fall  an,  welchen  ich  wegen  seiner  besonders  complicirten  Be- 
schaffenheit zuletzt  betrachte.  Demselben  ist  eine  Abbildung  der 
intacten  Bruchgeschwulst  in  ihrer  Lage  zu  den  Nachbarorganen 
beigegeben. 

Fall  9 (von  C.  Fürst).  Gl  jähriger  Schneider.  Die  Leiche  war  zur 
Muskelpräparation  verwendet  worden  und  hatte,  als  der  Bauch  geöffnet  wurde, 
so  lange  gelegen,  dass  sie  nicht  mehr  als  Präparat  conservirt  werden  konnte 

Beim  Eröffnen  der  Bauchhöhle  wurde  sogleich  die  abnorme  Lage  der 
Därme  bemerkt.  Die  Dünndärme  waren  nur  in  der  Kegio  iliaca  dextra  und 
hypogastrica  wahrzunehmen.  Im  unteren  Theile  der  Kegio  umbilicalis  war  der 
Blinddarm  gelegen.  Das  Omentum  war  in  den  angrenzenden  Theilen  der  Regio 
hypochondriaca  sinistra  verborgen.  Ein  Theil  der  Regio  umbilicalis  und  die 
ganze  Regio  lumbalis  sinistra  und  Regio  iliaca  sinistra  werden  vom  Dickdarm 
eingenommen.  Der  Magen  kommt  etwas  unterhalb  der  linken  Rippenkante  zum 
Vorschein.  Der  Pylorus  und  der  erste  Theil  des  Duodenum  sind  gleicher  Weise 
sichtbar. 

Die  Regio  lumbalis  und  die  benachbarten  Partien  der  Regio  hypochondriaca 
und  umbilicalis  dextra  sind  von  einer  grossen  stark  gespannten  und  sich  aus- 
buchtenden Peritonealfalte  occupirt,  unter  welcher  ein  Dünndarmstück  hervor- 


187 


tritt.  Boi  näherer  Untersuchung  zeigt  sich,  dass  diese  Peritonealfalte  die  vordere 
Begrenzung  einer  Tasche  darstellt,  welche  einen  Inhalt  von  der  Grösse  zweier 
geballter  Fäuste  beherbergt.  Die  vordere  Wand  der  Tasche  bestand  aus  der  eben 
erwähnten  Poritonealfalte  und  dem  Colon  ascendens.  Die  linke  Wand  wurde 
von  dem  Gekröse  für  das  Colon  ascendens  gebildet,  die  hintere  Wand  von 
der  hinteren  Bauchwaud.  Die  Oeffnung  der  Tasche  liegt  vorn  unten  und 
etwas  nach  rechts.  Der  grösste  Durchmesser  der  Oeffnung  beträgt  12  cm. 
Sie  ist  begrenzt  von  der  hinteren  Bauchwand  und  dem  freien  Rande  der  oben 
erwähnten  Peritonealfal'te,  deren  linkes  Horn  sich  in  2 Falten  teilt,  von  denen 
die  eine  in  das  Mesenteriolum  des  Processus  vermiformis  übergeht,  während  die 
andere  in  der  Höhe  des  4.  Lendenwirbels  in  dem  Dünndarmgekröse  verschwindet. 
Das  rechte  Horn  geht  sichelförmig  nach  hinten,  hierauf  nach  links  und  unten, 
um  alsdann  über  den  untersten  Theil  der  Niere  hinwegzuziehen  und  am  rechten 
Blatt  des  Dünndarmgekröses  zu  verschwinden. 

Der  Magen  hat  normale  Lage  und  Grösse;  vom  Pylorus  aus  geht  das 
Duodenum  erst  etwas  nach  rechts,  dann  nach  unten,  macht  so  eine  Biegung 
nach  rechts  und  wendet  sich  dann  aufwärts.  Nachdem  es  dann  die  Höhe  des 
Pylorus  erreicht  hat,  wendet  es  sich  wieder  nach  rechts  und  unten  und  verläuft 
parallel  mit  der  ersten  Schlinge.  Das  Duodenum  hat  demnach  nicht  seine  ge- 
wöhnliche Hufeisenform,  sondern  zieht  zickzackförmig  mit  3 parallelen  Schlingen 
nach  rechts.  Gleich  unterhalb  der  dritten  Schlinge  wird  der  Darm  von  dem 
oberen  Befestigungsrande  der  vorhin  erwähnten  Peritonealfalte  in  einer  Höhe  mit 
der  Mitte  des  II.  Lendenwirbels  gekreuzt  und  gelangt  alsdann  mittelst  einer 
freien  Darmschlinge  (Flexura  duodeno-jejunalis)  in  den  oberen  Theil  der  Tasche. 
Gleich  nachdem  der  Darm  in  die  Tasche  getreten  ist,  bekommt  er  alsdann  ein 
Mesenterium,  dessen  Wurzellinie  sich  von  der  Mitte  des  II.  Lendenwirbels  nach 
abwärts  und  rechts  bis  zur  rechten  Seite  des  Promontorium  erstreckt.  Yon 
dort  zieht  es  aufwärts  bis  zur  unteren  Kante  des  IV.  Lendenwirbels  links  von 
der  Mittellinie  und  geht  schliesslich  mit  einer  kurzen  Wendung  nach  rechts  und 
unten  in  das  Gekröse  des  Blinddarms  über.  Der  Dickdarm  besitzt  bis  zur 
Flexura  coli  sinistra  ein  Gekröse.  Der  Processus  vermiformis  besitzt  ein  eigenes 
Mesenteriolum. 

Ungefähr  2/a  der  Dünndärme  liegen  in  dem  durch  die  Peritonealfalte  ge- 
bildeten Sack  und  die  einzelne  Schlinge,  welche  aus  der  Tasche  heraustritt, 
steigt  ein  Stück  gerade  nach  abwärts.  Der  übrige  Theil  des  Ileum  liegt  in  dem 
mittleren  Abschnitt  der  Regio  iliaca  dextra,  in  der  Regio  hypogastrica  und  in 
der  Beckenhöhle.  Das  letzte  Stück  des  Ileum  beschreibt  zuerst  einen  Bogen 
nach  aufwärts,  dann  nach  unten  und  links  und  mündet  hierauf  von  links  her  in 
das  Colon  ein.  Der  Blinddarm  liegt  in  der  Mittellinie  und  das  Colon  ascendens 
steigt  in  derselben  Linie  gerade  nach  aufwärts.  Der  Dickdarm  verläuft  von 
dort  zuerst  10  cm  in  horizontaler  Richtung,  macht  dann  eine  grosse  Biegung 
nach  unten,  bis  er  auf  eine  Schlinge  der  Flexura  sigmoidea  stösst,  geht  dann 
wieder  aufwärts  und  bildet  die  Flexura  coli  sinistra,  um  schliesslich  normal 
weiter  zu  verlaufen. 

Das  Colon  ascendens  besitzt  gar  kein  Gekröse  in  gewöhnlichem  Sinne, 
sondern  liegt  zwischen  den  beiden  Blättern  der  oben  geschilderten  Peritonealfalte. 
Die  linke  Wand  der  Tasche  schliesst  ein  Gefäss  (oder  Gefässe?)  ein  und  muss 
deshalb  als  das  eigentliche  Mesenterium  angesehen  werden. 


188 


Das  Omentum  majus  ist  normal,  aber  ein  wenig  retrahirt.  Vom  Foramen 
Winslowii  aus  kommt  man  auf  normale  Weise  in  die  Bursa  omenti  minoris  und 
von  dort  durch  das  Fora  men  omenti  majoris  in  die  Bursa  omenti  majoris  hinein. 
Die  übrigen  Eingeweide  sind  normal  sowohl  in  Bezug  auf  ihre  Lage  wie  auf  ihre 
Form.  Beide  Testikel  sind  in  das  Scrotum  herabgestiegen.  Krankhafte  Ver- 
änderungen oder  deren  Ueberbleibsol  können  an  dem  Peritoneum  nicht  bemerkt 
werden.  Nach  einer  Injection  in  die  Vena  portarum  und  nachfolgender  Prä- 
paration zeigen  sich  die  Venen  und  Arterien  beide  in  Bezug  auf  ihren  Verlauf 
zu  den  entsprechenden  Darmabschnitten  vollkommen  normal. 

Wenngleich  die  Beschreibung  dieses  Falles  in  einigen  Punkten 
ungenau  ist,  so  kann  man  sich  doch  aus  derselben  und  aus  der 
beigegebenen  Abbildung  ein  ziemlich  klares  Bild  von  dem  betr. 
Falle  machen.  Etwas  unklar  ist  die  Beschreibung  in  Bezug  auf 
den  Verlauf  und  die  Lage  des  Duodenum;  doch  lässt  sich  immer- 
hin aus  derselben  entnehmen,  dass  das  Duodenum  eine  Pars  trans- 
versa sup.,  descendens  und  ascendens  gehabt  haben  muss,  von  denen 
alsdann  der  letztere  Abschnitt  in  ein  ebenfalls  mit  der  hinteren 
Bauchwand  verlöthetes  Darmstück  überging,  welches  parallel  mit 
der  Pars  ascendens  nach  rechts  und  abwärts  zog,  um  schliesslich 
in  die  obere  Wand  des  Sackes  einzutreten  und  ein  freies  Gekröse 
zu  erhalten.  Dies  letztere,  mit  der  Pars  ascendens  parallele  Darm- 
stiick  wird  von  Fürst  noch  zum  Duodenum  gerechnet,  ist  jedoch 
nach  meinen  früheren  Ausführungen  zweifellos  als  das  mit  der 
hinteren  Bauchwand  verlöthete  Anfangstück  des  Jejunum  anzu- 
sehen. Im  übrigen  wäre  hervorzuheben,  dass  die  Bruchpforte  der 
tiefsten  Stelle  der  rechtsseitig  gelegenen  Bruchgeschwulst  ent- 
sprach, und  dass  das  Coecuin  und  Colon  ascendens  nebst  den  zu- 
führenden Blutgefässen  zwischen  den  beiden  Blättern  der  linken 
Wand  des  Bruchsackes  gelegen  waren.  Das  Coecum  lag  jedoch 
ziemlich  hoch  in  der  Medianlinie,  der  übrige  Dickdarm  war  auf  die 
linke  Bauchhälfte  zusammengedrängt  und  zeigte  normale  Gekrös- 
verhältnisse.  Die  oberen  2/3  des  Dünndarmes  lagen  in  dem 
Bruchsack  und  besassen  ein  freies,  rechts  von  der  Wirbelsäule  be- 
festigtes Gekröse,  welches  zusammen  mit  dem  Ileum  über  den  Band 
der  Bruchpforte  hinweg  aus  der  letzteren  herauszog  und  alsdann 
sich  ebenso  wie  der  letztere  Darmtheil  bis  zum  Coecum  erstreckte. 
Die  Wurzellinie  des  Gekröses  muss  hier  somit  entschieden  noch 
ein  Stück  neben  dem  linken  Bande  der  Bruchpforte  über  die  linke 
Wand  des  Sackes  verlaufen  sein.  Ein  grösseres  Gefäss  kann  nach 
Lage  der  Dinge  in  dem  vorderen  Bande  der  Bruchpforte  unmög- 
lich gelegen  haben. 


189 


Der  eben  beschriebene  Fall  wird  von  Fürst  als  eine  Hernia 
retroperitonealis  mit  abnormer  Lage  der  Därme  bezeichnet,  welch’ 
letztere  er  durch  eine  Bildungshemmung  zu  erklären  sucht.  Nach 
seiner  Ansicht  ist  hier  ursprünglich  ein  Mesenterium  commune  vor- 
handen gewesen,  weshalb  zunächst  die  Bildung  einer  Fossa  duo- 
deno-jejunalis  oder  subcaecalis  und  damit  auch  einer  solchen  Hernie 
als  ausgeschlossen  erscheint.  Wenn  ich  weiterhin  diesen  Autor 
recht  verstehe,  so  nimmt  er  an,  dass  sich  das  ursprünglich  abnorm 
hochstehende  und  weit  nach  links  gelegene  Coecum  und  Colon  as- 
cendens  während  des  embryonalen  Lebens  bei  weiterer  Senkung 
nach  abwärts  mit  ihrem  Gekröse  über  den  oberen  Abschnitt  der 
in  der  rechten  Bauchhälfte  gelegenen  Dünndärme  in  der  Richtung 
von  oben  nach  unten  gewissermaassen  hinübergestülpt  hätten,  so 
dass  sich  die  Dünndarme  sozusagen  von  unten  her  in  eine  zwischen 
den  beiden  Blättern  des  Mesocolon  ascendens  befindliche  Tasche 
hineingeschoben  hätten.  Nach  der  Geburt  sollen  sich  alsdann  in- 
folge stärkerer  Ausdehnung  durch  Gas  und  Speisen  die  Därme  in 
den  congenitalen  Recessus  weiter  hineingedrängt  und  die  Hernie 
gebildet  haben.  Die  ganze  Fürst’sche  Erklärung  basirt  jedoch 
nach  der  eigenen  Angabe  des  Autors  auf  der,  wie  ich  annehmen 
darf,  jetzt  vollständig  widerlegten  Treitz’schen  Hypothese,  die 
Anheftung  des  Mesocolon  ascendens  an  die  hintere  Bauchwand 
erfolge  dadurch,  dass  das  laterale  Blatt  desselben  gewissermaassen 
von  dem  medialen  hinweggezerrt  und  zur  Bedeckung  der  hinteren 
und  seitlichen  Bauchwand  verwandt  werde,  als  deren  Peritoneum 
parietale  es  nachher  figurirt.  Infolgedessen  ist  aber  die  von  Fürst 
gegebene  Deutung  dieses  Falles  heute  in  keiner  Weise  mehr  accep- 
tabel:  sie  beruht  eben  auf  ganz  falschen  Voraussetzungen. 

Eine  etwas  andere  Erklärung  dieses  Falles  giebt  Jonnesco 
(No.  2 p 130),  welche  ich  lieber  wörtlich  citiren  will,  da  auch 
diese  in  keiner  Weise  mit  den  von  Toi  dt  zuerst  beschriebenen, 
von  Jonnesco  selbst  (No.  2 p.  125)  anerkannten  und  von  mir  durch 
eigene  Nachuntersuchungen  bestätigten  Vorgängen  bei  der  Ver- 
wachsung der  gemeinschaftlichen  Mesenterialplatte  für  das  Jejunum, 
Ileum,  Coecum,  Colon  ascendens  und  transversum  mit  der  hinteren 
Bauch  wand  im  Einklang  zu  bringen  ist.  Jonnesco  sagt  Folgendes: 

Pour  nous  il  s'agit  dans  ce  cas  d'une  evolution  defectueuse  de  l'intesbin 
et  du  meso  secondaire  du  cölon  ascendent.  L’intestin  grele  etait  primitivement 
situe  t\  di’oite  de  la  colonne  vertebrale  et  allait  du  meme  cote  s’aboucher  dans 
Je  coecum.  Le  caecurn,  en  descendant  de  dessous  le  foie  vers  la  fosse  iliaque 


190 


droite,  a ete  force  de  passer  par-dessus  et  ä gauche  de  la  masse  intestinale 
grele.  Bientot  de  la  paroi  posterieure  du  caecum  et  du  cdlon  ascendant  partent 
des  fouillets  sereux  destines  former,  en  s’ins6rant  ä,  la  paroi  abdominale 
posterieure,  les  meso-caecum,  mesocölon  ascendant  et  meso  de  l'angle  colique  droit. 
Or,  dans  leur  course,  les  deux  fouillets  droit  et  gauche  de  ces  meso  se  sont 
dtales  sur  la  masse  d’intestin  grele  pour  aller  ensuite  rejoindre  le  pöritoine  pa- 
rietal. En  bas,  les  bords  libres  des  deux  lames  sereuses,  en  se  continuant  l’un 
dans  l’autre  ont  circonscrit  l’orifice  de  la  poche  avec  le  repli  sereux , qui,  parti 
dvi  mesentero  de  l’intestin  grele,  va  se  fixer  ä la  paroi  abdominale  posterieure. 
Par  cet  onfice  ne  pouvait  sortir  qu’un  seul  tube:  la  terminaison  de  l’ileon. 
En  haut  les  lames  du  m6so  de  l’angle  colique  droit  ont  rencontre  le  duodenum 
descendant,  l'ont  recouvert  comme  toujours  du  reste,  et  ainsi  s’est  formee  la 
paroi  superieure  de  cette  poche. 

En  se  rappelant,  ce  qne  nous  avons  dit  du  mode  de  formation  des  fossettes 
retrocaecales  ou  fossettes  de  formation  secondaire,  on  verra,  que  cette  poche  ne 
represente  qu’une  vaste  fossette  de  ce  genre,  dont  le  developpement  a ete  devie 
par  l’existence  de  toute  la  masse  de  l’intestin  grele  ä droite  de  la  colonne  verte- 
brale. Du  reste  la  Situation  du  cölon  ascendant  et  du  caecum  dans  la  paroi 
anterieure  du  sac  est  encore  une  preuve  eu  faveur  de  notre  opinion. 

En  somme,  ce  cas  est  une  hernie  retrocaecale  et  colique  due  ä la  formation 
d’une  poche  retrocaecale  et  retrocolique  enorme  et  abnormale. 

Ich  will  also  zunächst  im  Einklang  mit  Jonnesco  und  wolil 
auch  mit  Fürst  annehmen,  dass  in  diesem  Falle  während  des 
embryonalen  Lebens  die  ßechtswendung  der  gemeinschaftlichen 
Mesenterialplatte  für  das  Jejuno  - ileurn  und  Colon  ascendens 
unterblieb,  so  dass  das  Jejunum  und  Ileum  in  der  rechten  Bauch- 
hälfte, das  auffallend  kurze  Colon  ascendens  mit  dem  Coecum  in 
der  Medianlinie  gelagert  waren.  Weiterhin  erfolgte  dann  — wenn 
ich  Jonnesco  recht  verstehe  — eine  partielle  Verwachsung  der 
Mesenterialplatte  mit  der  hinteren  Bauchwand  in  der  Weise,  dass 
die  Wurzellinie  des  Mesocolon  ascendens  an  der  linken  Seite,  die- 
jenige für  das  Dünndarmgekröse  an  der  rechten  Seite  der  Ver- 
wachsungsstelle gelegen  war.  Jetzt  stosse  ich  aber,  dem  Gange 
der  Jon uesco’s dien  Erklärung  folgend,  auf  ein  Hinderniss,  über 
welches  mir  meine  Phantasie  nicht  hinweghilft.  Wie  sollen  sich 
jetzt  das  linke  und  das  rechte  Blatt  des  Mesocaecum  und  Mesocolon 
ascendens  über  die  Masse  der  rechts  gelegenen  Dünndärme  aus- 
breiten ( etaler ),  um  schliesslich  das  Peritoneum  parietale  zu  er- 
reichen? Welche  Kraft  zerrt  die  Blätter  auseinander?  Man  könnte 
ja  vielleicht  — was  Jonnesco  übrigens  nicht  ausspricht  — sup- 
pouiren,  dass  eine  erneute  Verlöthung  zwischen  dem  rechten  Blatte 
des  Mesocolon  ascendens  und  dem  rechts  von  den  Dünndärmen 
gelegenen  Peritoneum  parietale  der  seitlichen  Bauchwand  statt- 


191 


gefunden  hatte,  welche  weiterhin  zur  Bildung'  einer  Verlöthungs- 
falte  (der  späteren  vorderen  Wand  des  Bruchsackes)  geführt  hätte. 
Aber  das  Coecum  und  Colon  ascendens  liegen  ja  in  der  Median- 
linie, das  rechte  Blatt  ihres  Gekröses  ist  von  dem  lateralen  Theile 
der  hinteren  bezw.  der  rechten  seitlichen  Bauchwand  durch  die 
Dünndärme  getrennt  — wie  sollte  es  da  zu  einer  solchen  Ver- 
löthung  kommen?  Kurz,  die  Jonnesco'sche  Erklärung  bleibt  für 
mich  solange  eine  mechanische  Unmöglichkeit,  als  mir  der  letztere 
Autor  nicht  in  viel  detaillirterer  Weise  erklärt,  wie  er  sich  den 
ganzen  Process  eigentlich  vorstellt.  Im  ganzen  machen  mir  seine 
Auseinandersetzungen  aber  den  Eindruck,  als  ob  es  ihm,  halb  auf 
dem  Boden  der  Treitz’schen,  halb  auf  dem  der  Toldt'schen  Theo- 
rie stehend,  hier  nicht  gelungen  ist,  die  sonstige  Klarheit  seine]' 
Ausführungen  zu  wahren. 

Ich  gehe  nun  dazu  über,  meine  eigene  Ansicht  über  diesen 
interessanten  Fall  zu  expliciren,  welche  sich  kurz  dahin  präsiciren 
lässt,  dass  es  sich  hier  um  eine  Hernia  parajejunalis  gehandelt  hat, 
welche  sich  bei  hochstehendem,  mit  einem  theilweise  freien 
Gekröse  versehenen  Coecum  und  Colon  ascendens  ent- 
wickelte und  mit  einer  ungewöhnlich  weiten  Wanderung 
der  Bruchpforte  complicirt  war.  Ich  muss  gestehen,  dass  es 
mir  selbst  die  grössten  Schwierigkeiten  bereitet  hat,  zu  einer  klaren 
Vorstellung  über  die  Entwickelung  und  definitive  Gestaltung  dieser 
Hernie  zu  kommen,  weil  ihr  in  diesem  Falle  eins  ihrer  wichtigsten 
Characteristica,  nämlich  das  Vorhandensein  der  A.  mesenterica  sup. 
bezw.  ilio-colica  sin.  und  der  Wurzellinie  des  Dünndarmgekröses 
in  dem  vorderen  Rande  ihrer  Bruchpforte,  gefehlt  hat.  Indessen 
wird  aus  dem  Folgenden  ersichtlich  sein,  dass  sich  bei  einer  so 
weiten  Wanderung  der  Bruchpforte  und  derartig  hoch  oben  ge- 
legenem Coecum  die  eben  genannten  Arterien  und  das  Dünndarm- 
gekröse gar  nicht  anders  verhalten  konnten,  als  es  sich  hier  dar- 
stellte. Ich  möchte  zunächst  vorausschicken,  dass  die  von  Fürst 
und  Jonnesco  besonders  hervorgehobene  Thatsache  von  der  Links- 
lage des  Coecum  und  Colon  ascendens  in  diesem  Falle  doch  noch 
nicht  im  mindesten  beweist,  dass  hier  während  des  Embryonallebens 
die  normale  Locomotion  dieser  Darmtheile  auf  Hindernisse  ge- 
stossen  oder  gänzlich  unterblieben  ist.  Auch  bei  den  Treitz’schen 
linksseitigen  Hernien  ist  es  doch  einigemale  vorgekommen,  dass 
das  Colon  descendens  an  die  rechte  Wand  des  Bruchsackes  an- 
geheftet vorgefunden  wurde,  ohne  dass  es  bis  jetzt  irgend  jemand 


192 


eingefallen  ist,  liier  anzunelimen,  dass  schon  beim  Embryo  die 
Dünndärme  links,  das  Colon  descendens  rechts  gelegen  hätten. 
Was  man  aber  aus  einer  solchen  ungewöhnlichen  Lage  des  Colon 
descendens  zu  dem  Bruchsack  der  linksseitigen  und  des  Colon  as- 
cendens  zu  dem  der  rechtsseitigen  Hernien  ohne  weiteres  folgern 
kann,  ist,  dass  vor  der  Entwickelung  des  Bruches  die  eben  ge- 
nannten Darmstücke  ein  wenigstens  theilweise  freies  Ge- 
kröse gehabt  haben  müssen,  weil  andererseits,  d.  h.  bei  normal 
fixirtem  Colon  ascendens  und  descendens  die  spätere  Hernie  unter 
allen  Umständen  in  dem  Coloncarree  verbleiben  musste,  anstatt 
mit  ihrer  Hauptmasse  sei  es  links,  sei  es  rechts  von  dem  letzteren 
gelegen  zu  sein. 

Nach  meiner  Meinung  haben  wir  uns  im  Fürst’schen  Falle 
den  Status  praesens  unmittelbar  nach  der  Geburt  folgendermaassen 
zu  denken.  Die  Rechtswendung  der  gemeinschaftlichen  Gekrös- 
platte  (des  ehemaligen  Nabelschleifengekröses)  und  die  Verlöthung 
ihres  hinteren  Blattes  mit  der  hinteren  Bauchwand  bezw.  dem 
Duodenum  und  Pankreas  war  zum  Theil  erfolgt.  Mit  der  hinteren 
Bauchwand  war  ferner  abnormer  Weise  ein  kurzes  Anfangsstück 
des  Jejunum  verwachsen,  an  dessen  Ende  sich  ein  Recessus 
parajejunalis  s.  mesenterico  - parietalis  befand.  Die  Verlöthung 
des  Mesocolon  ascendens  und  der  Flexura  coli  dextra  war 
dagegen,  wie  dies  ja  auch  sonst  bei  Neugeborenen  gar  nicht 
selten  zu  constatiren  ist,  am  lateralen  Abschnitt  unterblieben,  so  dass 
somit  ein  theilweise  freies  Mesenterium  commune  für  das  Jejunum, 
Ileum,  Coecum  und  Colon  ascendens  bestand.  Der  letztere  Darm- 
abschnitt muss  relativ  kurz  gewesen  sein.  Da  das  Colon  trans- 
versum  wahrscheinlich  in  normaler  Weise  mit  dem  Mesogastrium 
verlöthet  war,  so  resultirte  hieraus  ein  einigermaassen  hoher  Stand 
des  Coecum.  Die  von  mir  supponirte  Annahme  einer  gleichzeitigen 
abnormen  Verlöthung  des  Jejunumanfangsstückes  neben  einem  theil- 
weise freien  Colongekröse  hat  ja  an  und  für  sich  gar  nichts  be- 
denkliches: die  Fälle  sind  ja  ausserordentlich  häufig  beschrieben 
worden,  in  welchen  abnorme  Verlöthungsprocesse  und  das  Unter- 
bleiben normaler  Verlöthungen  neben  einander  coexistirten.  Nach 
der  Geburt  begann  nun  die  Entwickelung  der  Hernie,  indem  die 
andrängenden  Speisemassen  das  Jejunum  in  den  Recessus  mesen- 
terico-parietalis  hineinschoben.  Die  Hernie  entwickelte  sich  na- 
türlich hauptsächlich  nach  rechts  hin,  d.  h.  sie  drang  hinter  der 
Wurzel  des  freien  Mesocolon  ascendens  nach  rechts  und  con- 


193 


sumirte  somit  neben  dem  Peritoneum  parietale  hauptsächlicli  das 
rechte  Blatt  des  letzteren  Gekrösabschnittes  zu  ihrer  äusseren  Be- 
deckung-, so  dass  das  Coecum  und  Colon  ascendens  allmählich  bei 
weiterem  Wachstlmm  des  Bruches  nach  links  gelangen  mussten. 
Die  Für  st 'sehe  Hernie  hatte  somit  zu  einer  gewissen  Zeit  (auch 
wahrscheinlich  schon  in  den  ersten  Lebensjahren)  ziemlich  das 
gleiche  Aussehen  wie  in  dem  von  mir  zuerst  beschriebenen  und 
auf  Figur  9 abgebildeten  Fall  — mit  dem  einzigen  Unterschied,  dass 
in  dem  Für  st’ sehen  Fall  das  Coecum  ungefähr  in  Nabel  höhe,  in 
meinem  Fall  dagegen  erheblich  tiefer,  d.  h.  dicht  über  der  Symphyse 
gelegen  war.  Nun  begann  die  Wanderung  (und  nicht  bloss  eine 
Verzerrung)  der  Bruchpforte  vom  oberen  Abschnitt  der  linken 
Bruchsackwand  nach  rechts  und  unten  — in  dem  Sinne  wie  ich 
dies  bereits  früher  (cf.  p.  133 — 134)  für  die  Treitz’schen  Hernien 
postulirt  habe.  Diese  Wanderung,  bei  welcher  natürlich  das  Coecum 
und  die  A.  ilio-colica  an  ihrem  Platze  blieben,  musste  schliesslich 
an  dem  abhängigsten  Theile  des  Bruchsackes  ihr  Ende  erreichen. 
Während  derselben  musste  sich  aber  auch  die  Wurzellinie  des 
ursprünglich  am  vorderen  Rande  der  Bruchpforte  haftenden  Dünn- 
darmgekröses auf  die  Innenfläche  der  linken  Bruchsackwand  und 
den  linken  Rand  der  Bruchpforte  verlegen.  IJebrigens  möchte  ich 
glauben,  dass  die  Fürst’ sehe  Hernie  zu  einer  gewissen  Zeit 
complet  gewesen  ist,  dass  jedoch  nachträglich  wieder  einige  Ileum- 
schlingen  aus  der  Bruchpforte  vorgefallen  sind,  nachdem  die  letztere 
erst  am  abhängigsten  Theile  der  Bruchgeschwulst  angelangt  war. 
Wie  man  sieht,  wird  meine  Erklärung  allen  Details  gerecht,  welche 
von  Fürst  an  seinem  Falle  beobachtet  und  derartig  beschrieben 
sind,  dass  sie  nicht  missverstanden  werden  können. 

Man  wird  mir  vielleicht  einwenden  wollen,  mit  dieser  Annahme 
einer  Wanderung  der  Bruchpforte  Hesse  sich  ja  schliesslich  Alles 
je  nach  dem  Belieben  des  Autors  erklären,  da  man  ja  bei  grösseren 
intraabdominalen  Hernien  auf  diese  Weise  sich  den  ursprünglichen 
Sitz  der  Bruchöffnung  an  jede  beliebige  Stelle  des  Sackes  verlegen 
könne.  Diese  Einwendung  wäre  aber  vollständig  nichtig,  da  eine 
solche  Wanderung  natürlich  ganz  bestimmten  mechanischen  Ge- 
setzen unterworfen  ist,  welche  sich  für  jede  Bruchart  a priori  con- 
struiren  lassen  und  welche  ich  entsprechenden  Ortes  bereits  oft 
genug  präcisirt  habe.  Auch  in  diesem  Falle  konnte  die  Bruch- 
pforte nicht  etwa  über  die  A.  mesenterica  sup.  bezw.  ilio-colica 
hinaus  nach  vorn  wandern,  sondern  sie  musste  zunächst  zwischen 

Broesike,  Ilornien.  J3 


194 


der  eben  genannten  Arterie  und  der  hinteren  Bauchwand  abwärts 
rücken,  um  sich  dann  bei  dem  nicht  unbeträchtlichen  Hochstand 
des  Coecum  von  den  Arterien  zu  entfernen  und  schliesslich  am 
untersten  Abschnitt  des  Bruchsackes  ihr  Ende  zu  erreichen.  Anders 
verhält  sich  die  Sache  bei  den  Treitz’schen  Hernien,  wo  das 
Orificium  in  dem  Treitz’schen  Gefässring  (Aorta  abdominalis, 
A.  mesent.  inf.,  A.  colica  sin.  bezw.  Y.  mesent.  inf.)  natürliche 
Grenzen  besitzt,  welche  es  bei  einer  noch  so  weiten  Wanderung 
nicht  überschreiten  kann.  Auch  hier  sind  colossale  Locomotionen 
der  Bruchöffnung  nach  abwärts  beobachtet  worden.  Hier  musste 
aber  immer  die  A.  mesent.  inf.  bezw.  colica  sin.  den  unteren  Band 
derselben  begrenzen,  da  diese  Gefässe  bei  der  Wanderung  der  Bruch- 
pforte durch  die  Last  des  Bruches  mit  nach  abwärts  gezerrt  wurden. 

Dass  diese  Wanderung  in  dem  Eürst'schen  Falle  gewisser- 
maassen  ihr  Endziel  erreichte,  ist  wohl  hauptsächlich  dem  hohen 
Lebensalter  des  betreffenden  Individuums  zuzuschreiben.  Während 
der  61  Lebensjahre  des  letzteren  hatte  die  Bruchpforte  in  der  That 
Zeit,  sich  soweit  wie  möglich  zu  senken.  Als  begünstigendes 
Moment  mag  der  von  Fürst  besonders  erwähnte  unmässige  Lebens- 
wandel desselben  Individuums  mitgewirkt  haben,  welcher  jedenfalls 
zu  einer  häufig  wiederkehrenden  Ueberfüllung  der  in  dem  Brucli- 
sack  gelegenen  Därme  geführt  hatte,  deren  Gewicht  auf  diese 
Weise  wohl  oft  genug  beträchtlich  vermehrt  war. 

Ich  will  zum  Schluss  dieses  Kapitels  nicht  unerwähnt  lassen, 
dass  im  Februar  1891  auf  dem  hiesigen  Präparirsaal  noch  ein 
weiterer  Fall  einer  Intraabdominalhernie  beobachtet  wurde,  bei 
welchem  der  grösste  Tlieil  des  Jejunum  und  Ileum  in  einem  grossen 
vor  der  rechten  Niere  gelegenen  Bruchsack  eiugeschlossen  war. 
während  das  im  kleinen  Becken  liegende  Coecum  und  das  Colon 
ascendens  ziemlich  genau  in  der  Medianlinie  aufwärts  verliefen  und 
der  Best  des  Dickdarms  auf  die  linke  Bauchhälfte  zusammenge- 
drängt war.  Ich  selbst  habe  den  Fall -gar  nicht  zu  Gesicht  be- 
kommen, da  die  betreffenden  Präparanten  allen  Weisungen  zum 
Trotz  ihr  Zerstörungswerk  bereits  auf  die  ausgiebigste  Art  vollendet 
hatten,  als  ich  auf  diesen  Fall  aufmerksam  gemacht  wurde.  Aus  den 
eingeholten  Informationen  konnte  ich  mit  Sicherheit  kaum  mehr 
als  die  obigen  Mittheilungen  entnehmen.  Ich  kann  somit  diesen 
Fall  lediglich  als  eine  Hernia  retroperitonealis  dextra  registriren, 
ohne  an  denselben  irgend  welche  weitere  Betrachtungen  zu  knüpfen. 

Einige  andere,  von  Jonnesco  unter  die  „Hernies  duodenales 


195 


droites“  (Hernia  retroperitoneales  dextrae)  gerechnete  Fälle,  näm- 
lich diejenigen  von  Lautner,  Biagini  und  Bryk,  sind  so  mangel- 
haft beschrieben,  dass  man  aus  denselben  kaum  entnehmen  kann, 
ob  die  Bruchgeschwulst  in  der  rechten  oder  linken  Hälfte  der 
Bauchhöhle  gelegen  hat.  Ich  möchte  somit  auf  eine  nähere  Be- 
trachtung derselben  völlig  verzichten. 

Werfen  wir  einen  Rückblick  auf  das  letzte  Kapitel,  so  lässt 
sich  sagen,  dass  bisher  9 Fälle  von  sogen.  Hernia  retroperitonealis 
dextra  zur  Beobachtung  gekommen  sind,  von  denen  wir  7 mit  völliger 
oder  wenigstens  annähernder  Sicherheit  als  Herniae  parajejunales 
s.  mesenterico-parietales  recognosciren  konnten.  Die  beiden  anderen 
gehören  wahrscheinlich  auch  in  die  gleiche  Kategorie,  ohne  dass 
es  jedoch  möglich  ist,  dies  mit  Bestimmtheit  festzustellen.  Etwas 
befremdend  mag  es  erscheinen,  dass  die  Hernien  des  Recessus 
parajejunalis  häufiger  als  die  Tasche  selbst  beobachtet  worden  sind. 
Indessen  ist  dies  jedenfalls  so  zu  erklären,  dass  von  den  Hernien 
kaum  je  ein  Fall  unbeachtet  geblieben  sein  dürfte,  während  die 
Tasche  selbst  der  Beobachtung  oft  genug  entgangen  sein  mag. 
Auch  in  den  beiden  von  mir  beobachteten  Fällen  war  der  Recessus 
von  Niemand  bemerkt  und  wäre  wohl  auch  von  mir  übersehen 
worden,  wenn  ich  nicht  bereits  zu  jener  Zeit  auf  die  von  den 
Autoren  bisher  gar  nicht  beachtete  Verlöthung  des  oberen  Jejunum- 
endes bei  den  rechtsseitigen  Retroperitonealhernien  aufmerksam 
gewesen  wäre. 


Schlussbemerkungen. 

Bei  einer  Arbeit,  welche  sich  in  so  eingehender  Weise  wie 
die  vorliegende  mit  allen  Details  betreffs  der  Entwickelung  und 
definitiven  Gestaltung  des  Peritoneum,  seiner  Recessus  und  seiner 
Hernien  beschäftigt,  erscheint  es  mir  unmöglich,  nur  meine  eigenen 
neuen  Beobachtungen  und  Ansichten  aus  dem  Rahmen  des  Ganzen 
herauszureissen  und  hier  in  Form  eines  Resumes  wiederzugeben. 
Ich  glaube  mir  bei  dem  Leser  grösseren  Dank  zu  verdienen,  wenn 
ich  auf  die  speciellere  Entwicklung  des  Peritoneum  und  seiner 
Recessus  nicht  näher  eingehe,  sondern  lediglich  diejenigen  Resultate 
hervorhebe,  welche  sich  auf  den  gegenwärtigen  Stand  der  Lehre  von 
den  Intraabdominalhernien  nach  meinen  eigenen  und  den  von  mir 
adoptirten  fremden  Anschauungen  beziehen. 


13' 


19G 


Die  im  Cavum  abdominis  vorkommenden  Peritonealfalten  sind, 
wenigstens  in  ihrer  ersten  Anlage,  im  Allgemeinen  entweder 
Organfalten  oder  Yerlöthungsfalten,  d.  li.  sie  sind,  abgesehen 
von  ihrem  Eigenwachsthum,  entweder  durch  die  Einlagerung,  das 
Wachsthum  etc.  irgend  eines  Organes,  wie  z.  B.  eines  grösseren 
Blutgefässes,  oder  durch  die  physiologische  Verlöthung  und  das 
nachherige  Auseinanderrücken  zweier  mehr  oder  weniger  vom 
Peritoneum  bekleideter  Organe  entstanden.  Ausser  den  beiden 
eben  genannten  Kategorien  von  Falten  kommen  am  Peritoneum 
auch  reine  Tractionsfalten  vor,  d.  h.  solche,  welche  nur  als  das 
Resultat  irgend  einer  Zugwirkung  anzusehen  sind : dieselben  haben 
anfangs  stets  einen  transitorischen  Charakter,  können  jedoch  bei 
längerem  Bestehen  persistent  werden.  Von  der  mehr  oder  weniger 
variablen  Entwickelung  derartiger  Falten  hängt  nun  wiederum  die 
Entstehung  der  Bauchfelltaschen  ab,  welche  je  nach  den  localen 
Verhältnissen  mehr  oder  weniger  als  Bildungsstätten  für  intra- 
abdominale Hernien  prädisponirt  sind.  Wenngleich  sehr  viele  der- 
artige Hernien  in  einer  gar  zu  mangelhaften  Weise  beschrieben 
sind,  als  dass  es  möglich  wäre,  ihre  Entstehungsstätte  mit  Sicher- 
heit anzugeben,  so  können  wir  doch  über  die  Genese  und  das 
weitere  Verhalten  derselben  in  den  allermeisten  Fällen  zu  sicheren 
Schlüssen  gelangen.  Ich  muss  dabei  vorausschicken,  dass  in  dem 
Folgenden  nur  diejenigen  intraabdominalen  Hernien  eine  Berück- 
sichtigung gefunden  haben,  welche  sich  auf  physiologischem 
Wege  entwickelt  hatten.  Alle  anderen  Brüche,  deren  Entstehung 
auf  irgend  welche  pathologische,  so  z.  B.  peritonitische  Processe  etc., 
zurückgeführt  werden  musste,  sind  ausser  Acht  gelassen  worden. 

Einlagerungen  von  Darmschlingen  in  das  For.  Winslowii 
sind  bisher  in  8 Fällen  beobachtet  worden,  bei  denen  sich  vier 
Mal  ziemlich  schwere  Incarcerationserscheinungen  zeigten.  Eine 
excessive  Beweglichkeit  des  Darmes,  bedingt  durch  lange  Gekröse, 
ein  schlaffes  Peritoneum  oder  ein  mehr  oder  weniger  vollständiges 
Mesenterium  commune  scheinen  die  nothwendige  Voraussetzung  für 
die  Entstehung  derartiger  Brüche  abzugeben.  Als  eigentliche 
Causa  efficiens  sind  nach  meiner  Ansicht  tiefe  costale  Inspirationen 
anzusehen,  bei  welchen  der  vordere  Abschnitt  der  Leber  im  Ver- 
gleich zu  dem  hinteren  erheblich  gehoben  und  auf  diese  Weise  das 
For.  Winslowii  zum  Klaffen  gebracht  wird. 

Als  Hernie  des  Rec.  intersigmoideus  können  wir  mit 
einiger  Sicherheit  nur  einen  einzigen  Fall,  nämlich  denjenigen  von 


197 


Eve,  anspreclien,  bei  welchem  sich  allerdings  zwischen  den  ver- 
schiedenen Dickdarmabschnitten  so  ausgedehnte  Verwachsungen 
vorfanden , dass  man  zweifelhaft  sein  kann,  ob  man  diesen  Fall 
als  eine  rein  physiologische  Intraabdominalhernie  ansehen  darf. 
In  jedem  Falle  würde  eine  Aufwärtslagerung  des  S romanum  bei 
starker  Spannung  seines  Gekröses  die  erste  Vorbedingung  für  die 
Entstehung  einer  Hemia  intersigmoidea  sein. 

Von  den  in  der  Umgebung  des  Ca  ecu  ms  gelegenen  Bauch- 
felltaschen sind  bisher  nur  der  Re c.  retrocaecalis  und  der  Re c. 
ileo-appendicularis  (Rec.  ileo-coecalis  inf.  von  Waldeyer) 
als  Bildungsstätten  für  intraabdominale  Hernien  in  Anspruch  ge- 
nommen worden.  Als  Brüche,  welche  iu  der  ersteren  Bauchfelltasche 
entstanden  sind,  können  möglicherweise  3 — 4 der  bisher  in  der 
Literatur  publicirten  pericaecalen  Hernien  aufgefasst  werden.  Ihre 
Genese  bleibt  bei  ihrer  maugelhaften  Beschreibung  nach  wie  vor 
in  Dunkel  gehüllt.  Prädisponirend  für  die  Entstehung  einer  solchen 
Hernie  müssten  in  jedem  Falle  alle  diejenigen  Momente  wirken, 
durch  welche  das  bliude  Ende  des  Coecum  nach  vorn  und  oben 
dislocirt  wird.  Als  Hernie  des  Rec.  ileo-appendicularis  ist  sehr  wahr- 
scheinlich der  Fall  von  Snow  auzusehen.  Für  die  Entstehung  dieser 
Bruchart  würde  eiue  starke  Ausdehnung  des  ileo- caecalen  Darm- 
abschnittes eine  Vorbedingung  sein,  weil  nur  in  diesem  Falle  die 
Oeffhung  des  Recessus  durch  die  Spannung  seiner  Wände  derartig 
zum  Klaffen  gebracht  wird,  dass  eine  Darmschlinge  in  denselben 
ein  treten  kann. 

In  der  Umgebung  der  Pars  ascendens  duodeni  und 
Flexura  duodeno-jejunalis  sind  eine  ganze  Anzahl  von  peri- 
tonealen Falten  und  Taschen  beobachtet  worden,  deren  Entstehung 
zum  weitaus  grössten  Theile  auf  physiologische  Verlöthungsprocesse 
peritonealer  Oberflächen  während  des  intrauterinen  Lebens  zurück- 
zuführen ist.  Von  allen  diesen  Taschen  kann  jedoch  nur  eine  einzige, 
nämlich  der  von  mir  sogen.  Rec.  duodeno-jejunalis  sin.  s. 
venosus  als  Bildungsstätte  für  die  linksseitig  gelegenen,  Tr  eit  z- 
schen  retroperitonealen  Hernien  fungiren.  Die  Entwickelung  des- 
selben ist  durchaus  abhängig  von  der  Bildung  der  von  mir  sogen.  Pli  ca 
duodeno-jejunalis  sin.  s.  venosa.,  welche  die  vordere  Wand 
der  Tasche  bildet  und  als  eine  reine  Gefässfälte  in  dem  Sinne  von 
W aldeyer  anzusehen  ist.  Diese  Falte  ist  weder  durch  Verlöthungs- 
processe noch  durch  irgend  eine  Zugwirkung  entstanden,  sondern 
wird  lediglich  durch  die  variabel  verlaufende  V.  mesent.  inf. 


198 


bezw.  A.  colica  sin.  von  der  hinteren  Bauchwand  abgehoben.  In  ihrer 
reinen  Form  kommt  sie  nur  selten  zur  Beobachtung:  meist  hängt 
dieselbe  mit  Yerlöthungs-  oder  auch  Tractionsfalten  continuirlicli  zu- 
sammen, was  die  meisten  Autoren  irriger  Weise  dazu  veranlasst  hat, 
ihren  Charakter  als  Gef  assfalte  zu  leugnen.  Die  Plica  venosa  kann 
ebensowohl  in  ihrer  reinen  Form  wie  in  ihrer  Combination  mit  ver- 
schiedenen Verlöthungsfalten  zur  Bildung  einer  Treitz’schen  Hernie 
Veranlassung  geben.  Infolge  dessen  müssen  in  dem  vorderen  Rande 
der  letzteren  Brüche  stets  die  vorhin  erwähnten  Blutgefässe  verlaufen. 
Niemals  können  diese  Hernien  aber,  wie  dies  noch  bis  in  die 
neueste  Zeit  hinein  behauptet  worden  ist,  in  irgend  einem  anderen 
in  jener  Gegend  gelegenen  Recessus  ihre  Entstehung  nehmen.  Die 
Treitz’schen  Hernien  können  sich  ebensowohl  nach  links  in  das 
(freie  oder  angelöthete)  Mesocolon  descendens  wie  nach  oben 
zwischen  die  beiden  Blätter  des  Mesocolon  transversum  hinein- 
schieben. Dies  ist  von  individuellen  Verschiedenheiten  in  dem 
Verlauf  der  Ven.  mesent.  inf.,  der  Lage  der  Pars  ascendens  duodeni 
und  der  Verschieblichkeit  des  Peritoneum  abhängig.  Als  prädispo- 
nirendes  Moment  für  die  Entstehung  dieser  Brüche  ist  in  erster 
Linie  eine  gewisse  Höhe  der  Plica  venosa  zu  nennen.  Die  Ent- 
wicklung des  Bruches  erfolgt  lediglich  in  der  Weise,  dass  der  freie 
Anfangstheil  der  Flexura  duodeno-jejunalis  durch  die  Gewalt  der 
andrängenden  Speisemassen  in  den  Recessus  hineingetrieben 
und  von  der  oben  genannten  Vene  eingeklemmt  wird.  Bei  der 
enormen  Dehnbarkeit  und  Verschieblichkeit  des  Peritoneum  im  ersten 
Lebensalter  kann  sich  auf  diese  Weise  eine  Hernie  entwickeln. 
Selbst  wenn  wir  die  zweifelhaften  Fälle  ausschliessen,  sind  in  der 
Literatur  immerhin  noch  über  50  Fälle  beschrieben  worden,  welche 
mit  Sicherheit  oder  grosser  Wahrscheinlichkeit  dieser  Kategorie 
von  Brüchen  zugezählt  werden  können. 

Die  sogen.  Herniae  retroperitoneales  dextrae  der  Autoren 
entstehen  weder  in  einer  verlagerten  Fossa  duodeno-jejunalis  noch 
in  dem  von  Treitz  sogen,  unteren  Horn  derselben,  sondern  in 
einem  bisher  von  den  Autoren  noch  gar  nicht  beachteten  Recessus, 
welcher  nur  dann  zu  existiren  scheint,  wenn  der  Anfangstheil  des 
Jejunum  kein  freies  Gekröse  besitzt,  sondern  mit  der  hinteren 
Bauchwand  verlöthet  ist.  Da  dieser  Recessus  einerseits  stets  am 
Ende  des  verlötheten  Jejunumabschnittes  gelegen  ist,  andererseits 
sich  gewissermaassen  nach  rechts  zwischen  die  Wurzellinie  des 
Dünndarmgekröses  und  die  hintere  Bauchwand  hineinschiebt,  so 


199 


habe  ich  vorgesclilagen,  denselben  als  Rec.  parajejnnalis  s.  me- 
senterico-parietalis  zn  bezeichnen.  Für  die  Entwickelung  einer 
Hernie  in  dieser  Banchfelltasche  scheint  der  Verlauf  der  A.  mesent. 
sup.  bezw.  ileo-colica  in  der  vorderen  Wand  des  Recessus  eine 
nothwendige  Vorbedingung  zn  sein.  Wenigstens  zeigten  alle  der- 
artigen Hernien  bei  normalem  Tiefstand  des  Coecnm  diese 
Arterie  in  dem  vorderen  Rand  ihrer  Bruchpforte,  welcher  zugleich 
als  Wurzellinie  für  das  Dünndarmgekröse  diente.  Auch  hier  erfolgt 
die  erste  Entwicklung  der  Hernie  einfach  in  der  Weise,  dass  das 
freie  Anfangsstück  des  Jejunum  durch  andrängende  Speisemassen 
nach  rechts  und  unten  in  den  Recessus  hineingedrängt  und  dort 
von  der  oben  erwähnten  Arterie  festgeklemmt  wird.  Der  Bruch- 
sack muss  sich  zunächst  nach  rechts  und  unten  entweder  hinter 
das  Peritoneum  parietale  oder  auch  zwischen  die  beiden  Blätter 
eines  etwa  vorhandenen,  theilweise  freien  Mesocolon  ascendens 
hineinschieben.  Bei  weiterer  Zunahme  kann  sich  der  Bruch  na- 
türlich auch  weiter  nach  oben  drängen.  Unter  Ignorirung  zweier 
zweifelhafter  Fälle  konnte  ich  zum  Theil  mit  Sicherheit  zum  Theil 
mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  die  Hernia  parajejunalis  s.  mesen- 
terico-parietalis  sieben  Mal  recognosciren. 

Bei  den  beiden  letztgenannten  Kategorien  von  Brüchen  sind 
sogen.  Wanderungen  der  Bruchpforte  beobachtet  worden,  als  deren 
Ursache  hauptsächlich  die  Last  der  im  Bruchsack  gelegenen  Därme 
anzusehen  ist,  welche  der  untere  Rand  der  Bruchöffnung  in  der  auf- 
rechten Stellung  des  Menschen  zu  tragen  hat.  Diese  Wanderung  ist 
indessen  durchaus  nicht  allein  durch  eine  Verzerrung  der  Bruchpforte 
zu  erklären,  sondern  neben  der  Zugwirkung  spielen  auch  noch  das 
Eigen wachsthum  der  Bruchsackwand  und  Verlöthungsprocesse 
zwischen  dem  Rand  der  Bruchöffnung  und  dem  oberen,  zuführenden 
Darmrohr  eine  Rolle.  Die  Wanderung  kann  nicht  in  beliebiger 
Richtung  erfolgen,  sondern  gehorcht  ganz  bestimmten,  mechanischen 
Gesetzen.  Sie  schlägt  stets  die  Richtung  nach  abwärts  ein  und 
muss  am  abhängigsten  Theile  des  Bruchsackes  ihr  Ende  erreichen. 
Ihre  sonstigen  Grenzen  sind  durch  die  hintere  Bauchwand  und  die 
im  Rand  der  Bruchpforte  verlaufenden  Blutgefässe  gegeben,  welche 
niemals  überschritten  werden  können.  Bei  vielen  grossen  Hernien 
ist  anstatt  einer  Wanderung  nur  eine  einfache  Ausdehnung  oder 
Verzerrung  der  Bruchpforte  vorhanden. 

Die  beiden  vorwiegend  vorkommenden  Arten  von  Intra- 
abdominalhernien, die  Hernia  duodeno-jejunalis  sin.  und  die  Hernia 


200 


parajejuualis  zeigen  in  vielen  wichtigen  Punkten  eine  auffallende 
Uebereinstimmung.  Beide  Hernien  entstehen  in  einem  Recessus, 
welcher  an  einer  Stelle  gelegen  ist,  wo  ein  mit  der  hinteren  Bauch- 
wand verlöthetes  Dünndarmstück  ein  freies  Gekröse  zu  bekommen 
anfängt.  Bei  der  Entwickelung  beider  spielen  in  der  vorderen 
Wand  der  Bruchöffnung  gelegene  grössere  Blutgefässe  und  die  an- 
drängenden Speisemassen  die  Hauptrolle.  Bei  beiden  scheint  fast 
immer  bereits  kurze  Zeit  nach  der  Geburt  ihre  Entwicklung  zu 
beginnen. 

Alle  übrigen  Kategorien  von  intraabdominalen  Brüchen  treten 
gegen  die  beiden  letzterwähnten  numerisch  bedeutend  zurück. 
Einige  gänzlich  unerklärliche  Fälle  finden  sich  unter  den  pericae- 
calen Hernien  vor:  dies  liegt  jedoch  nur  daran,  dass  dieselben  gar 
zu  mangelhaft  untersucht  und  beschrieben  sind. 

Bisher  ist  noch  kein  einziger  Fall  einer  intraabdominalen 
Hernie  bei  einem  Embryo  oder  Neugeborenen  beobachtet  worden. 
Meine  Betrachtungen  über  die  Genese  dieser  Brüche  haben  eben- 
falls für  alle  Kategorien  derselben  zu  dem  einen  Resultat  geführt, 
dass  sie  sich  während  des  extrauterinen  Lebens  entwickeln  müssen. 
Nach  der  von  mir  Eingangs  dieser  Arbeit  gegebenen  Definition 
müssen  übrigens  die  Begriffe  „congenital“  und  „Intraabdominal- 
hernie“ schon  a priori  als  Gegensätze  betrachtet  werden.  Wenn- 
gleich eine  Definition  des  letzteren  Begriffes  so  lange  nur  mit  einer 
gewissen  Reserve  gegeben  werden  kann,  als  das  hierhergehörige 
Material  noch  nicht  völlig  gesichtet  und  geklärt  ist,  so  lässt  sich 
doch  schon  jetzt  soviel  sagen,  dass  es  durchaus  unmöglich  erscheint, 
eine  jede  Einlagerung  von  Darmschlingen  in  einen  normalen  oder 
abnormen  Recessus  des  Bauchfells  als  eine  Intraabdominalhernie  zu 
bezeichnen,  wenn  die  eingelagerte  Darmschlinge  nicht  durch  einen 
einschnürenden  Ring  festgehalten  wird,  und  somit  für  den  Inhalt 
eines  solchen  Recessus  wenigstens  eine  gewisse  Tendenz  zur  Ver- 
grösserung  vorhanden  ist. 

Incarcerations-,  peritonitische  und  andere  pathologische  Er- 
scheinungen sind  bei  jeder  Kategorie  dieser  Hernien  zur  Beob- 
achtung gekommen  — ein  Factum,  welches  die  Aufmerksamkeit 
der  Kliniker  um  so  mehr  auf  diese  Brüche  lenken  muss,  als  sie 
trotz  ihrer  relativen  Häufigkeit  einerseits  bisher  so  gut  wie  gar 
keine  Beachtung  gefunden  haben,  andererseits  es  bereits  möglich 
gewesen  ist,  wie  in  dem  Falle  von  Staudenmayer,  wenigstens 
eine  diesbezügliche  Walirscheinlichkeitsdiaguose  zu  stellen.  Wer 


201 


sich  für  die  klinischen  Erscheinungen,  die  Diagnostik  und  die 
Therapie  dieser  Brüche  interessirt,  wird  in  der  oft  citirten  Arbeit 
von  Jonnesco  alles  dasjenige  mit  grosser  Sorgfalt  gesammelt 
finden,  was  sich  in  Bezug  auf  diese  Punkte  sagen  lässt. 

Wenn  ich  am  Schlüsse  dieser  Arbeit  eine  Gfenugthuung 
empfinde,  so  ist  es  die,  dass  ich  bei  meinen  Deutungen  der  vor- 
handenen Facta  nicht  ein  einziges  Mal  in  der  Lage  war,  an  den 
thatsächlichen  Angaben  irgend  eines  Autors  zweifeln  zu  müssen, 
wie  dies  gerade  auf  diesem  Gebiet  von  seiten  des  einen  Forschers 
gegniiber  dem  anderen  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  oft  genug 
geschehen  ist.  Was  mir  häufig  Schwierigkeiten  bereitete,  war  die 
unklare,  widerspruchsvolle  oder  mangelhafte  Beschreibung,  welche 
so  häufig  die  interessantesten  Fälle  für  die  wissenschaftliche  Ver- 
werthung  unmöglich  machte.  Ich  möchte  deswegen  noch  einmal 
hervorheben,  wie  nothwendig  es  im  Interesse  der  Sache  erscheint, 
iu  der  Beschreibung  und  Abbildung  der  einschlägigen  Fälle  die 
grösste  Sorgfalt  obwalten  zu  lassen.  Für  die  Beurtheilung  einer 
intraabdominalen  Hernie  kommt  es  eben  nicht  allein  darauf  an,  die 
Grösse,  Lage  und  Beschaffenheit  des  Bruchsackes,  der  Bruchpforte 
und  des  Bruchinhaltes,  sondern  auch  den  Verlauf  der  Blutgefässe, 
die  Haftlinien  und  Verlöthungsverhältnisse  der  Gekröse,  endlich 
die  Lage  und  Beschaffenheit  aller  übrigen  Baucheingeweide  zu  be- 
stimmen. Denn  es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  ausser 
den  von  mir  beschriebenen  Bauchfelltaschen  durch  abnorme  embryo- 
nale Bildungsvorgänge  noch  andere  zur  Entwicklung  kommen 
können,  welche  ebenfalls  unter  günstigen  Umständen  zu  Entstehungs- 
stätten für  iutraabdominale  Hernien  werden  können.  Endlich  möchte 
ich  betonen,  dass  für  die  klare  Beurtheilung  eines  derartigen  Falles 
eine  genaue  Kenntniss  der  embryonalen  Entwicklungsvorgänge  am 
Peritoneum  nothwendig  ist,  wie  sie  im  Anschluss  an  die  grund- 
legenden Toldt’schen  Untersuchungen  auch  in  dieser  Arbeit  ge- 
schildert worden  sind. 


Alphabetisches  Literaturverzeichnis, 


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