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Full text of "Vergleichende Entwickelungsgeschichte des Kopfes der nackten Amphibien : nebst den Bildungsgesetzen des Wirbelthier-Kopfes im Allgemeinen und seinen hauptsächlichsten Variationen durch die einzelnen Wirbelthier-Klassen"

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Vergleichende 

Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes 

der  '  ' 

nackten  AnipliiSiien 

nebst 

den  Bildungsgesetzen  des  Wirbelthier -Kopfes 

imAllgemeinen 

und 

seineu  liauptsächliclisteii  Variatioueu 

durch   die   einzelnen  Wirbelthier-Klassen. 


Von 


Dr.  €.  B.  Reichert. 


Mit  zwei  Knpfertafeln  und  einer  Steindrucktafel. 


Bei    den    Gebrüdern  Bornträger. 


i  S  3 


iäiL 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2015 


https://archive.org/details/b21994675 


Excelleiiz 

demHerrn  ' 

Freilierrn  Di%  A*  v.  Humliolilt^ 

Köiiigl.  Preuss.  Wirklicher  Geheimer  Rath  und  Kammerherr,  Ritter  des  Königl.  Preuss.  Grossen  Roilien 
Adler -Ordens  mit  Eichenlaub  und  mehrer  anderer  hohen  Orden  elc.  etc. 

eJirfurchtsvoll 


der  Verfasser. 


ii'  -Ul  i  aft«»ib  io<I  biiia  if»ho(')'>M  i»wX-. 

^£)b  5mjft:>ioI<ji97  '^'ib  flrnil».  ota  fnoljtii  ,  n'^nnon 

■utban  il  .«ji  'ba'jjloifil j>i6>7  .lob  nii;! 

:it>  iwui  i!0)2x:bb'jpi;s,  Oib  lotiii  «a.t'usuioä  noila^lmajoos  f  Jioisuaits^^  oib 

Eiiileiteiicle^  Vorwort« 

IBie  Grundgesetze,  nach  welchen  die  beiden  Hauptsysteme  des  thierischen 
Organismus,  das  animale  und  vegetative,  konformirt  sind,  bestimmen  im  All- 
gemeinen den  Typus  eines  jeden  Thieres.  Dennoch  ist  die  Anordnungsweise 
der  einzelnen  Theile  des  aniraalen  Systemes,  als  des  edleren,  vorzugsweise 
und  wohl  auch  mit  Recht  berücksichtigt  worden,  zumal  durch  sein  Verhal- 
ten die  äussere  Form  des  Thieres  bedingt  ist.  Aus  letzterem  Grunde  ist  die 
allgemeine  Anerkenntniss  der  verschiedenen  Typen  unter  den  Thieren 
auch  leichter  eingänglich  und  mit  weniger  Schwierigkeiten  verbunden  gewe- 
sen, obschon  eine  genauere  Kenntniss  des  inneren  Baues  oft  nicht  vorhanden 
war.  Um  so  mehr  Hindernisse  fand  man  bei  der  ßeurtheilun^  der  wesent- 
liebsten  Grundgesetze  eines  jeden  Typus.  c^iiiXi;.:;.  u.ij  fMüDboi  ;/  :l>uti 


VI 

Zwei  Methoden  sind  bei  diesen  üntersuchunsen  befolo-t  worden  • 

Die  ältere  ist  gewisserraaassen  die  vergleichend-analytische  zu 
nennen,  indem  sie  durch  die  Vergleichung  des  Baues  der  ausgebildeten 
thierischen  Organismen  und  durch  deren  Zerlegung  auf  die  wesentliche  ür- 
form  eines  allgemeingültigen  Typus  zurlickzukommen  bemüht  war;  sie  ge- 
hört der  vergleichenden  Anatomie  an.  Ihren  Forschungen  sind  besonders 
die  genaueren,  zootomischen  Schriften  über  die  niedrigsten  und  einfachsten 
Thiere  eines  allgemein  anerkannten  Typus  sehr  förderlich  gewesen.  Indessen  ist 
auch  das  einfachste  Thier  ein  individuell  ausgebildetes,  und  der  Typus 
soll  eben  allgemein  sein.  Aus  diesem  Grunde  ist  die  Bestimmung  der 
typischen  Gesetze  durch  die  vergleichende  Anatomie  schwierig  und  unsicher. 

Eine  zweite ,  jüngere  Methode  ist  die,  welche  ich  die  vergleichend- 
synthetische  nennen  m^öchte.  Sie  beabsichtigt  wahren'd  der  Entstehung 
des  Thieres  das  ursprünglich  Gegebene,  als  dem  Typus  Nothwendige,  lest- 
zuhalten,  und^as  durch  die  fernere  Entwickelung  Hinzukommende  und  sich 
VeTändernde  zu  ordnen  und  zu  deuten.  Die  Embryo  logen  belauschen  den 
allmähligen  Aufbau  des  Organismus  von  seinem  Fundamente  aus,  und  schei- 
den dann  das  Fundament,  die  Urform,  den  Typus  von  dem,  was  durch  die 
Individualität  hervorgerufen  wird  j  sie  errichten  erst,  gewisserraaassen  mit 
der  Natur,  das  Gebäude  des  Organismus,  und  zeigen  die  dabei  sich  kund- 
gebenden Gesetze.  Sind  derartige  Untersuchungen  unstreitig  die  schwierig- 
sten in  der  anatomischen  Wissenschaft,  so  geben  sie  auf  der  anderen  Seite 
auch  wiederum  die  einzige  sichere  Entscheidung  über  die  Grundgesetze  eines 


VII 


Typus,  —  Als  Lohn  so  vieler  Mühe  harret  meist  auch  eine  erfreuliche, 
sichere  Ausbeute.  —  r  ot  ioÜ    .nahiih  u:i  tidiH?.  :^]iüi^iU\f}ih?.UiÄ 

Die  Deutschen  Naturforscher,  und  zuerst,  soweit  mir  bekannt,  Herr 
Medicinal  -  Rath  Dr.  H.  Rathke  hat  diese  letztere  Methode  befolgt,  und  haupt- 
sächlich  durch  seine  anatomisch -philosophischen  Untersuchungen  über  den 
Kiemenapparat  und  das  Zungenbein  die  neue  ßahn  gebrochen. 

Diese  Methode  ist  es  auch ,  welche  vorliegender  Schrift  das  Gehalt 
giebt.  Nach  den  Untersuchungen  über  die  Entwickelung  des  Kopfes  der 
nackten  Amphibien  im  Vergleich  mit  der  bei  den  höheren  Wifbelthicren, 
sind  im  ZAveiten  Theile  die  Bildungsgesetze  des  Wirbelthicr  -  Kopfes  im  All- 
gemeinen erörtert.  Die  Naturforscher  werden,  wie  ich  es  selbst  war,  ge- 
spannt sein,  die  Lösung  des  Räthsels  kennen  zu  lernen,  welches  icli  durch 
meine  Abhandlung:  „Ueber  die  Visceralbogen  der  Wirbelthiere  etc.,  Müllers 
Archiv  1837"  mir  selbst  aufgegeben  habe.  Alles  an  unserem  so  schwierigen, 
aber  auch  interessanten  Gegenstande  zu  erschöpfen,  ist  nicht  das  Werk  eines 
Einzigen;  dennoch  hoffe  ich  einen  allgemeinen  Ueberblick  in  die  Bildung  dos 
Wirbelthier -Kopfes  eröffnet,  und  die  typischen  Gesetze  auf  festeren  Boden 
basirt  zu  haben,  —  . 

Der  geneigte  Leser  wird  es  mir  nicht  verargen,  Wenn  er  in  vor- 
liegender Schrift  nur  eine  geringe  Berücksichtigung  der  Literatur  vorfin- 
det. Theils  war  mir  das  Herbeischaffen  der  wichtigeren  Scliriften  un- 
möglich, und  vor  Allem  glaubte  ich  in  der  eigenthümlichen,  bisher  noch 


VIII 

nicht  beobacUtclcn  ÜJitersucliungsweise  unseres  Gegeiistaiides  eine  gcnügeiule 
Entscliuldigung  sehen  zu  dürfen.  Bei  so  vielen  Varianten  der  vcrgleiclien- 
flen  Anatomie  in  der  typischen  Deutung  des  Wirbeithier- Kopfes ,  so  wie  bei 
dem  Mangel  an  haltbaren  Gesetzen,  würde  mir  die  Auswahl  auch  sehr 
schwer  geworden  sein.  —  In  der  Entwickelungsgeschichtc  des  Kopfes  der 
nackten  Amphibien  bin  ich  besonders  auf  die  gekrönte  Preisschrift  des 
Herrn  Ant.  Duges  näher  eingegangen.  Doch  wird  man  sich  überzeugen, 
dass  gerade  das  Wesentlichste  in  diesem  Werke  gänzlich  vernachlässigt  ist, 
\md  dass  so  die  Beobachtungen  für  unseren  Gegenstand  meist  als  unbrauch- 
bar angesehen  werden  können.  ibigio 

Für  die  vielen,  gütigen  Unterstützungen,  welche  Herr  Medizinal -Rath 
Dr.  H.  Rathke  bei  meinen  Untersuchungen  mir  zukommen  Hess,  erlaube  ich 
mir  hier  öfifentlich  meinen  herzlichsten  Dank  abzustatten. 

.1 


airgtJdaigi! 


I   n   Ii   a   1  t. 


Erster    T  Ii  e  i  I. 


Vergleichende  Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes  der  nackten  Am- 
phibien   .  .    ►   '  S.  1 — 150. 

£•  AbscEiiiltt. 

Die  ungeschwänzten  Batrachier    .....    i    ...    .     S.  l — 73. 

Msapitcll. 

Entwickelungs- Metamorphosen  bis  zur  Knorpelbildung.  —    Die  rein  typische  Konformation 
des  Kopfes  .  •    S.  2—26. 

 _  Stite 

Entstehung  der  Visceralbogen  und  Schädelhöle    ,  -i   .   ................  2 

Gesichts-Formation   14 

Vollendung  der  typischen  Konformation  des  Kopfes.  —   Die  Froschlarve   17 

Kapitel  II. 

Die  typische  Ausbildung  des  Kopf -Knorpelskelets  S.  26  —  60. 

Ueber  die  Sonderung  des  Blastcma  der  Rücken-  und  Visceralplatten  im  Allgemeinen  26 

A.  Entwickelung  des  Kopf  -  Knorpelsystems  der  Froschlarve  S.  27 — 40. 

Grundlegung  der  Kopfknorpel  27 

Vollendung  des  Kopf- Knorpelskelets  der  Froschlarve  34 

Die  Muskeln  des  Froschlarveu  -  Kopfes  38 

B.  Entwickelungs- Metamorphosen  des  Kopf -Knorpelsystems  zum  Aufbau  des  Knochen- 
gerüstes S.  40 — 60. 

Grundlegung  des  Kopf  -  Knorpelskelets  des  entwickelten  Frosches  40 

Die  äussere  Ansicht  eines  sich  verwandelnden  Froschlarven- Kopfes  41 


X 


Seite. 

Die  Schädelhöle  i   44 

Das  Gesicht   45 

Die  Visceralhöle   47 

Vollendung  des  Kopf- Knorpelsystems  des  entwickelten  Frosches  S.  49  —  60, 

Die  eigentliche  Metamorphose  der  Larve  zum  ausgebildeten  Thiere   49 

Der  Kiemenapparat  V   ......    .  54 

Kapitel  IflI. 

Das  Knochensystem  des  Frosch- Kopfes    .  S.  60  —  75.  • 

Die  Schädelhöle  des  Frosches   63 

Die  Visceralhöle   66 

Das  Gesicht                                                                                                                      .  71 

EI.  Abscliiiitt« 

Die  geschwänzten  Batrachier  S.  75  — 129. 

Kapitel  IV, 

Die  Entwickelung  bis  zur  Knorpelbildung.  —  Die  rein  typische  Konformation  des  Kopfes  S.  7,6—93. 

Entstehung  der  Visceralbogen-  und  Schädelhöle    76 

Das  verschiedene  Verhallen  des  ersten  Visceralbogens  bei  den  Wiibelthieren   82 

^      Die  (3"pische  Bildung  des  Gesichtes   S4 

Vervollständigung  der  Konforniation  des  Kopfes  S.  86  —  92. 

Einiges  Allgemeines  über  den  Embryo  ,   86 

Visceralhöle   87 

Das  Gesicht   90 

Vollendung  der  typischen  Konformation  des  Kopfes   ü- 

Kapitel  V. 

Die  typische  Bildung  des  Kopfknorpelsystems  der  Trjtonen    .  S.  93  — 118. 

Grundlegung  des  Kopfknorpelskelets  '.                                  .  03 

Das  Zahnskelet  der  Schleim -Membran  bei  den  jungen  Tritonen   9C 

Vollendung  des  Kopfknorpelsysteras  der  Tritonen   lOJ 

Visceralhöle  '  «                                  ....  102 

Das  Gesicht   104 

Die  Schädelhöle   10f> 

Metamorphose  des  Kiemenapparates   108 

Kapitel  VI. 

Das  Kopfskelet  in  seinem  ossifizirten  Zustande   S.  118—129. 

Die  Schädelhöle  -  119 

Die  Visceralhöle  des  Kopfes   12-2 

Das  Gesicht    .  ,   c  .128 


XI 


III.  Abscliiiitt. 

Summarische  Uebersiclit  der  Resultate  aus  der  Entwickelungsgeschichte 
des  Kopfes  der  nackten  Amphibien    .......    ^.  129  — 150. 

üaititel  VII. 

Seite. 

Die  ungeschwänzten  Batrachier   .    S.  129  — 141. 

-   Die  Schädelhöle   131 

t)ie  Yisceralhöle  133 

Der  Kiemen bogenträger  136 

Das  Gesicht   139 

Kapitel  VIII. 

Die  geschwänzten  Batrachier   .    .    .    S.  141  — 150. 

Die  Schädelhöle  >    .    .  142 

Die  Yisceralhöle   144 

Das  Gesicht   148 

Das  Zahiiskelet  der  Schleimhaut   140 


Zweiter    T  Ii  eil. 

Die  Bildungsgesetze  des  Wirbelthier -Kopfes  im  Allgemeinen  und  die 
hauptsächlichsten  Variationen  durch  die  einzelnen  Wirbeltliier- 
klassen   S.  151  —  256. 

I.  Abscbuitt. 

Einiges  über  den  Wirbehypus  des  Kopfes  im  Allgemeinen  S.  152 — 162 

K  a  i>  i  t  e  1  I. 

Sein  Verhältniss  zu  dem  ganzen  VVirbelsjsteme   S.  152  —  156, 

Kaiiitel  II. 

Die  Gesichts -Kopf beuge  »    ,   .    .  S.  lo6  — 162. 

11»  Absciluitf« 

Die  Kopfbildung  der  höheren  Wirbelthiere    .    .    .    ,  ,    S.  162  — 177. 

Kapitel  UI. 

Die  Schädelhöle    S.  162  —  17?'. 

Die  typische  Konformation  im  Allgemeinen  ,  ,    .  162 

Veränderungen  der  Schädelhöle  1G5 


XII 


,  I 

Seiie. 

Kapitel  IV. 

Die  Visceraihble  des  Kopfes  S.  177—183. 

-Typische  Konformation  177 

Die  Veränderungen   180 

Das  Gesicht   .    .    ■  S.  183—206. 

Ueber  die  Bedeutung  des  Gesichts  im  Allgemeinen   183 

Die  typische  Konformation  des  Gesichtes  der  höheren  Wirbelthiere   185 

Allgemeine  Bestimmung  der  Gesichtsknochen  ihrer  Lage  und  Funktion  nach   188 

Die  Variationen  in  der  Gesichtsformation  der  höheren  Wirbelthiere    .   195 

Schlangen   196 

Eidechsen,  Krokodile,  Schildkröten   199 

Vögel   201 

Säugethiere   203 

lU.  AlBScIisiitC 

Die  niederen  Wirbelthiere   S.  206  —  256. 

liapltel  \l. 

Die  Schiidelhöle   S.  208  — 230. 

Die  typische  Konformation  ■  -08 

Die  Schädeldecke  der  Gräthenfische  213 

Die  Veränderungen  der  Schädelhöle   219 

Kapitel  mi. 

Die  VisceralhÖle  der  niederen  Wirbelthiere  ,  •        230  —  242. 

Die  typische  Konformalion   230" 

Die  Veränderungen  der  VisceralhÖle  des  Kopfes  bei  den  niederen  Wirbelthieren   23-2 

Die  Frösche   232 

Die  geschwänzten  Batrachier  und  Fische    234 

Die  Kopf- VisceralhÖle  eines  jungen  Blemtus  viviparus   .   .    <   238 

Kapitel  Till. 

Das  Gesicht  der  niederen  Wirbelthiere  '  .    S.  242 — 230. 

Die  typische  Konformation     ....<.  242 

Die  Veränderungen   .  ,  244 

Das  Gesicht  der  Gräthenfische   .  245 

Kapitel  IX. 

Die  Knorpelfische    .   .    .    S.  250—256. 

Erklärung  zu  den  Abbildungen  S.  257 — 275. 


Erster  Tbeil* 


Vergleichende  Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes 

der  nackten  Amphibien. 

I«  Ali^eliiiitt« 

Die  ungeschwänzten  Batrachier. 

D  ie  froschartigen  Thiere,  obschon  im  Allgemeinen  in  ihrer  Entwickelung 
mit  den  übrigen  nackten  Amphibien  und  den  Fischen  übereinstimmend ,  unter- 
scheiden sich  auffallend  von  denselben  in  der  Art,  wie  die  Rücken-  und 
Visceralplatte  des  serösen  Blattes  bei  ihrer  Entstehung  und  ihrem  ersten 
Wachsthume  zur  Dotterkugel  sich  verhalten.  Ich  erinnere  mich  nicht  irgend- 
wo davon  gelesen  oder  gehört  zu  haben,  wiewohl  ich  keineswegs  glaube ,  dass 
dieses  Phänomen  den  Naturforschern  überhaupt  entgangen  sei.  Die  demselben 
vorangehenden  Bildungsvorgänge  der  Keimhaut  gehören  nicht  unmittelbar  in 
den  Bereich  unserer  Untersuchungen,  die  vorzüglich  nur  die  Verfolgung  der 
Metamorphosen  des  serösen  Blattes  zu  dem  animalischen  System  am  Kopf- 
ende beabsichtigten;  auch  waren  sie  mir  wegen  des  schwarzen  Ueberzugs 
der  Froscheichen  nicht  so  klar  zur  Anschauung,  dass  ich  etwas  Bestimmtes 
darüber  angeben  könnte.  Sobald  aber  wahrscheinlicherweiso  das  seröse  Blatt 
der  Keirahaut  unten  die  Dotterkugel  mit  den  Gebilden  des  Schleimblattes, 
oben  die  uranfänglichen  Centraiorgane  des  Nervensystems  umschlossen  hält, 

1 


2 


und  die  früher  rundliche  Form  des  Eichens  bei  den  Tritonen  und  nach 
V.  Bär  auch  bei  den  Fischen  in  eine  mehr  elliptische  übergeht:  also  über- 
haupt zu  der  Zeit,  wann  die  Rücken-  und  Visceralplatte  sich  zu  entwickeln 
beginnen:  alsdann  bemerkt  man  bei  den  Froscheichen  eine  Gestaltveränderung, 
welche  sehr  auffallend  von  der  der  übrigen  niederen  Wirbelthiere  abweicht. 
An  den  abgerundeten,  länglichen  Erhöhungen  auf  der  Keimhaut,  welche  den^ 
in  der  Entstehung  begriffenen,  Rückenplatten  entsprechen,  sieht  män  nämlich 
die  runde  Form  des  Eichens  auf  dem  einen  Ende  spitz ,  auf  dem  entgegenge- 
setzten abgestumpft  aufwärts  sich  verlängern'''),  äo  dass  das  Ganze  einem 
Halbmon<le  mit  einer  abgestumpften  Spitze  cinigermassen  ähnlich  ist.  (Siehe 
Fig.  I.  Tab.  I. ).  In  das  spitze  Ende  verlaufen  die  Rücken-  und  Visceralplatte  ganz 
allmälilig  verschwindend  und  stellen  das  Schwanzende  dar.  Der  entgegengesetzte 
stumpfe  Theil  ist  der  Ort,  wo  unsere  Beobachtungen  insbesondere  verweilen 
werden:  es  ist  das  Kopfende.  Wir  werden  späterhin  bei  den  Tritonen  auf 
diesen  abweichenden  Entwickelungsakt  der  Froscheichen  zurückkommen  und 
stellen  hier  nur  die  reine  Thatsache  hin. 

M  a  p  i  t  e  I  I. 

Entwickelungs-Metamorphosen  bis  zur  Kriorpelbildung.  —    Die  rein  jypiscbe  Konlor- 

mation  des  Kopfes. 
Entstehun«]:  der  Visceralboffen-  und  Schädelhöle. 

§.  1.  Die  oben  erwähnten  Entwickelungsvorgänge  des  Froscheichens 
bind  in  der  äusseren  Begrenzung  desselben  wegen  der  schwarzen  Färbung 
sehr  leicht  wahrnehmbar.  Wo  es  aber  darauf  ankommt,  die  Veränderungen 
des  serösen  Blattes  in  der  Ebene  an  den  Schattirungen  und  kleineren  Erha- 
benheiten genauer  kennen  zu  lernen,  ist  diese  schwarze  Umhüllungshaut 
ein  unangenehmes  Hinderniss,  so  dass  manche  wichtige  Entwickelungsmo- 
mente  des  Blastema  eben  dadurch  den  Naturforschern  entgangen  sind,  weil 
sie  das  Abschälen  derselben  verabsäumt  hatten.  In  dem  jetzigen  Zustande 
hängt  sie  übrigens  sehr  fest  mit  der  Keimhaut  zusammen  und  alle  Versuche 
der  Entkleidung  scheitern.    Daher  denn  auch  der  uranfangliche  Visceral- 

*)  Das  Eichen  auf  der  Bauchseite  liegend  gedacht. 


streifen  des  Kopfes,  gleichsam  der  Boden,  von  welchem  die  Visceralbogea 
hervorAvaclisen,  -wegen  der  geringen  Unterscheidungsmerkmale  von  der  übri- 
gen Keimhaut  nicht  zu  erkennen  ist.  Seine  Anwesenheit  wird  durch  die 
erste  Spur  ,  des  hervorwachsenden  ersten  Visceralfortsatzes  festgestellt. 

An  dem  abgestumpften  Ende  des  nur  von  seinen  Hüllen  befreiten,  sonst 
ganz  unberührt  daliegenden  Eichens  sieht  man  zuförderst  die  unterhalb  der 
Abstumpfungslinie  gelegene  Partie  deutlich  angeschwollen.  Diese  Anschwel- 
lung hat  ihren  Grund  darin,  dass  das  Herz  mit  seinen  in  der  Entwickelung 
begriffenen  Aortenbogen,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren ,  auch  hier  anfangs 
gerade  unter  dem  Schädel  seine  Lage  hat,  wo  es  ganz  umhüllt  von  dem  jetzt 
gleichsam  ephemer  das  untere  oder  Visceral  -  Rohr  bildenden  serösen  Blatte 
daliegt.  Bei  allen  unseren  Untersuchungen  frühzeitiger  Embryonen  haben 
wir  nämlich  stets  gefunden,  dass,  bevor  die  Rücken-  und  Visceral -Platten 
zu  den  respektiven  Röhren  des  Wirbelsjsttms  hervorwachsen,  diese  letzteren 
schon  gewissermaassen  präformirt  waren  durch  das  seröse  Blatt,  welches 
somit  gleichsam  der  Wegweiser  für  die  Entwickelung  der  genannten  Platten 
wurde.  Zeigen  sich  daher  dieselben,  so  erscheint  das  seröse  Blatt  zwischen 
den  respektiven  Platten  jederseits  wie  eine  verbindende  Haut.  Aus  den  gü- 
tigst mir  mitgetheilten  Untersuchungen  des  Herrn  Professor  H.  Rathke, 
geht  hervor,  dass  diese  gegenwärtig  das  Centralnerven  -  und  Visceral -Rohr 
bildende  Membran  zwar  die  Mutter  der  Rücken-  und  Visceral -Platten  sei, 
dass  die  letzteren  aber,  einmal  entstanden,  selbstständiger  fortwachsen,  und 
jene  erstere  theiiweise  einen  Verkümmerungsprozess  eingeht.  Viele  Ent- 
wickelungsvorgänge  sind  uns  dadurch  einsichtlicher  geworden  und  der  Her- 
vorwuchs der  Vtsceralbogen  bei  den  höheren  sowie  bei  den  niederen  Wir- 
belthieren spricht  ganz  dafür.  H.  Rathke  nennt  diese  Membran  nach  der 
entsprechenden  Lage  die  obere  und  untere  Verbindungshaut  {  memhrana  reu- 
menfi  superior  und  inferior).  An  der  vorderen  Begrenzung  der  unteren  Ver- 
bindungshaut im  Allgemeinen  i\x\d  der  genannten  Anschwellung  insbesondere 
befinden  sich  nun  zwei  neben  einander  liegende  längliche  Vertiefungen, 
welche  in  der  senkrechten  Axe  des  Embryo  verlaufen  und  durch  eine  Spalte 
von  einander  getrennt  sind  (Tab.  1,  Fig.  4).  Von  beiden  Seiten  umgeben 
sie  Falten  der  schwarzen  Umhüllungshaut  und  es  ist  wahrscheinlich,  dass  die 

1- 


4 


Vertiefungen  eben  durch  diese  faltige  Erhebung  zu  Wege  gebracht  worden, 
da  späterhin,  wann  die  Ablösung  der  schwarzen  Membran  möglich  wird,  das 
darüberliegende  seröse  Blatt  keine  Theilnahme  an  diesem  Vorgange  bemerk- 
lich macht.  Die  länglichen  Furchen  bilden  sich  etwas  später,  indem  sie  auch 
oben  und  unten  von  Falten  begrenzt  werden,  zu  einem  napfförmigen  Organ 
aus,  vermöge  welches  die  ganz  jungen,  kaum  einer  Bewegung  fähigen  Frosch- 
embryonen sich  an  den  Pflanzentheilen  festzuhalten  im  Stande  sind.  Ober- 
halb der  genannten  länglichen  Vertiefungen,  in  einem  nur  sehr  geringen 
Abstände,  liegt  jederseits  eine  Firhabenheit  von  rundlicher  Form ,  welche,  wie 
die  Entwickelungsgeschichte  weiter  lehrt,  das  Rudiment  des  Auges  darstellt. 
Jener  kleine  zwischen  der  Anlage  des  Auges  und  dem  Saugnapfe  befindliche 
Theil  ist  die  vorderste  Abtheilung  des  Visceralstreifens  am  Kopfe,  welcher 
zum  ersten  Visceralfortsatze  sich  hervorbildet.  Man  stellt  dieselbe  am  besten 
dadurch  dar,  dass  man  in  die,  beide  Saugnäpfe  trennende,  Spalte  mit  der 
Scheere  eingeht  und  so  die  eine  Kopfhälfte  mit  dem  entsprechenden  Saug- 
näpfchen von  der  anderen  scheidet.  (Fig.  2.  Tab.  I.).  Alsdann  bemerkt 
man  oben  zuerst  eine  Erhabenheit,  welche  dem  ürrudimente  des  Auges  ent« 
spricht;  darunter  liegt  die  Visceralplatte  des  Kopfes  mit  dem  in  der  Ent- 
wickelung  begriffenen  ersten  Visceralfortsatze,  durch  eine  weissliche  etwas 
konsistentere  Bildungsmasse  ausgezeichnet,  indem  hier,  wo  die  schwarze  Um- 
hüllungshaut nach  innen  sich  umbiegt,  die  Abtrennung  derselben  schon  mög- 
lich wurde;  das  unterste  Ende  bildet  die  innere  Seite  des  schon  erwähnten 
Saugnäpfchens.  Zwischen  den  Urrudimenten  der  ersten  Visceralfortsätze  und 
den  darunter  liegenden  Saugnäpfchen  befindet  sich  die  Öfters  genannte  Spalte 
als  erste  Spur  des  vorderen  Einganges  zur  Visceralhöle.  üeber  dieser  gan- 
zen Partie  haben  wir  die  aus  den  Rückenplatten  mit  der  respektiven  Ver- 
einigungshaut entstandene  Höle  für  den  in  der  Bildung  begriffenen  Central- 
nerventheil  des  Kopfes:  die  noch  häutige  Schädelhöle. 

Wir  machen  bei  diesem  kaum  zwei  Linien  langen  Embryo  einer  Rana 
fusca  darauf  aufmerksam,  wie  die  ursprüngliche  Lage  des  frühsten  Augen- 
rudiments zu  dem  schon  beinahe  fertig  gebildeten  Saugnäpfcheri ,  und  beide 
zusammen  zur  vorderen  Abtheilung  des  ganzen  Embryo  sich  verhalten.  Sie 
machen  nämlich  gegenwärtig  bei  der  seitlichen  Anschauung  dessen  eigentliche 


5 


vordere  Begrenzung  aus,  zumal  der  so  wenig  ausgebildete  erste  Visceralfort- 
satz  gar  nicht  in  die  Betrachtung  zu  ziehen  ist.  Das  einfache  seröse  Blatt 
der  Stirn  dagegen  liegt  nur  wie  ein  dünner  Ueberzug  vor  dem  Auge.  Denn 
der  vordere  wie  der  hintere  Schluss  der  Rückenplatten  wird  bei  den  nie- 
dern  Amphibien  und  Fischen  nicht  durch  eine  gegen  ihre  Spitze  sich  erhe- 
bende Falte  bewerkstelligt  sondern  die  Rückenplatten  verwachsen  bei  ihnen 
an  beiden  Enden  gerade  zu,  ohne  eine  gewisse  kappenförmige  Wölbung 
zu  bilden  "9.  Während  nun  an  der  kappenartig  gewölbten  Stirnwand  der 
höhern  Wirbelthiere  die  Augenrudimente  als  kleine  rundliche  Erhabenheiten 
nur  einen  geringen  Theil  derselben  in  Anspruch  nehmen,  so  scheinen  sie  bei 
den  niederen  Wirbelthieren,  den  nackten  Amphibien  und  Fischen,  in  der 
frühsten  Zeit  beinahe  die  ganze  Stirnwand  zu  bilden.  Bei  der  Präparation 
der  vorhin  genannten  grösseren  Wölbung  unter  den  Rückenplatten  des 
Kopfes  und  hinter  den  Saugnäpfen,  welche  durch  das  Herz  mit  seinen  Aor- 
tenbogen hervorgetrieben  Avurde,  war  ich  um  diese  Zeit  nur  im  Stande  den 
Herzschlauch  und  einzelne  Gefäss  -  Stückchen  freizulegen.  Indessen  zeigt  der 
Verfolg  der  Entwickelung ,  dass  unsere  Deutung  die  richtige  sei. 

§.  2.  Dieses  waren  die  einzelnen,  auffallenden  Entwickelungsmomente 
in  diesem  Zeiträume;  von  der  Visceralplatte  des  Rumpfes  konnte  ich  Nichts 
unterscheiden.  Bei  der  weiteren  Ausbildung  des  Embryo  richten  wir  unsere 
Beobachtung  besonders  auf  zwei  Entwickelungs- Vorgänge:  auf  die  Vergrösse- 
rung  desjenigen  Raumes,  welcher  sich  zwischen  dem  Augen -Rudimente  und 
dem  Saugnäpfchen  vorfand,  und  als  frühste  Spur  des  ersten  Visceralfortsatzes 
anerkannt  wurde,  und  dann  auf  die  Entwickelungen  der  Stirnwand  vor  der 
Erhabenheit,  welche  die  Anlage  des  Auges  andeutete. 

Nach  einem  Verlauf  von  nur  wenigen  Stunden,  wenn  der  Embrjo  die 
Grösse  von  ungefähr  zwei  und  einer  halben  Linie  erreicht  hat,  und  die  ersten 


*)  In  meiner  Abhandlung  „UeLer  die  Visceralbogen  der  Wirbelthiere  im  Allgemei- 
nen etc.  Müllers  Archiv.  1837"  habe  ich  den  vorderen  kappenförmigen  Schluss  der 
Rückenplatten,  woraus  sich  später  die  Stirnheine  bilden,  Stirnkappe  genannt.  Da  dieses 
jedoch  zu  Verwechselungen  Anlass  geben  könnte,  so  kehre  ich  lieber  zu  der  einfachen 
und  doch  genug  deutlichen  Benennung  unserer  grossen  Embryologen  „Stirnwand"  zurück. 


6 


Spuren  einer  Wirbelabzeichmmg  in  den  Rückenplatten  bemerklich  werden, 
findet  man  die  Bildiingsmasse  vor  einem  jeden  Augen -Rudimente  liügelartig 
hervorgetreten,  und  unter  ihm  die  frühste  Spur  des  ersten  Visceralfortsatzes 
verdickt,  in  gerader  Richtung  verlängert,  und  deutlich  als  den  Theil  sich 
offenbarend,  wofür  wir  sie  oben  erklärt.  (Tab.  I.  Fig.  5.  b.).  Die  Saugnäpf- 
chen, welche  früher,  wie  wir  besonders  darauf  aufmerksam  gemacht  haben, 
die  vordere  Begrenzung  grösstentheils  z,u  Wege  brachten,  erscheinen  jetzt 
allmählig  immer  weiter  nach  unten  und  hinten  gedrängt,  und  in  ihre  Stelle 
tritt  der  herunterwachsende  Visceralfortsatz,  Diese  Erscheinung  ist  es  vor- 
züglich, welche  uns  die  sonst  so  unmerklichen  Bildungs Vorgänge  augen- 
scheinlicher macht.  Die  Form  der  genannton  Fortsätze  des  Visceralstreifens 
am  Kopfe  stimmt  im  Wesentlichen  mit  der  bei  den  höhern  Wirbelthieren 
überein.  Sie  stellen  sich  als  gerade,  abgerundete  und  kolbenartig  hervor- 
wachsende Bildungen  des  Visceralstreifens  dar,  welche  mit  ihren  unteren 
Enden  an  einander  liegen,  und  noch  nicht  verwachsen  sind.  Diese  letzteren 
gehen  mit  ihrer  rundlichen  Oberfläche  scheinbar  in  die  Saugnäpfchen  über, 
welche  jetzt  schon  ein  von  allen  Seiten  mit  einem  häutigen  Walle  umgebe- 
nes Grübchen  darstellen;  doch  liegen  dieselben  jenen  nur  an,  und  stehen  mit 
ihnen  in  keiner  Kontinuität.  Zwischen  beiden  Visceralkolben  ist  nun  der 
vordere  Eingang  zu  der  Visceralröhre  des  serösen  Blattes  ganz  deutlich  als 
eine  einfache  Spalte  erkennbar,  welche  eben  durch  die  erwähnten  Theilo 
gebildet  wird,  und  in  ihrer  Richtung  wie  diese  die  Axe  des  Embryo  senk- 
recht, nicht  horizontal,  durchschneiden. 

Oberhalb  der  Visceralfortsätze  vor  den  Augen -Rudimenten  sahen  wir 
das  seröse  Blatt  der  Stirnwand  sich  allmählig  verdicken  und  zu  zwei  Hü- 
gelchen sich  entwickeln.  Dieselben  bilden  sich,  nach  und  nach  immer  mehr 
vorwachsend,  zu  grösseren  Fortsätzen  aus,  welche  die  gleichmässig  etwas 
bogenförmig  verlaufende  vordere  Begrenzung  des  Embryo  unregelmässig 
macht.  Es  entsteht  an  der  oberen  Abtheilung  derselben  eine  durch  das  all- 
mählige-  Hervortreten  der  genannten  Fortsätze  ebenso  immer  stärker  wer- 
dende Abstufung,  und  die  Stirnwand  hört  auf  an  der  vorderen  Begrenzung 
des  Embryo  unmittelbar  Antheil  zu  nehmen.  jBeide  Umstände  sind  uns  wich- 
tige Entscheidungsmomente,  ,pm  die  in  dem  kleinen  Bauuie  bei  so  leicht 


7 


zerstörbaren  Gegenständen  sehr  erschwerten  Untersuchungen  um  Vieles  zu 
erleichtern. 

Die  hügelartig  sich  erhebenden  und  zu  Fortsätzen  sich  herausbilden- 
den Theile  der  Stirnwand  entsprechen  vollkommen  den  vorderen  Stirnfort- 
sätzen der  höheren  Wirbelthiere.  Die  Unterschiede  beruhen  allein  darauf, 
dass  die  Stirnwand  der  letzteren  eine  gewölbte  kappenförmige  Gestalt  hat 
und  durch  die  später  zu  erwähnende  Gesichts -Kopf beuge  mit  ihren  Fort- 
sätzen eine  von  dem  häutigen  Schädelgewölbe  sich  mehr  isolirende  und 
zum  Gesichte  gehörende  Abtheilung  des  Kopfes  ausmacht.  Daher  erscheinen 
die  vorderen  Stirn-  oder  IVasenfortsätze  der  Säugethiere,  Vögel  und  höhe- 
ren Amphibien  gleichsam  wie  Appendices  der  Stirnwand,  wahrend  sie  bei 
den  niederen  Wirbelthieren  vielmehr  unmittelbare,  doch  leicht  trennbare 
Verlängerungen  der  Rückenplatten  darstellen.  Auf  das  Streben  der  Natur, 
das  Gesicht  der  niederen  Wirbelthiere  weniger  isolirt  von  dem  Schädel  aus- 
zubilden, lässt  sich,  wie  mir  scheint,  auch  der  Umstand  zurückführen,  dass 
die  vorderen  Stirnfortsätze  nicht  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren  nach 
aussen  sich  wenden,  um  dem  Oberkieferfortsatze  entgegen  zu  wachsen,  son- 
dern in  gerader  Richtung  sich  fortentwickeln,  ohne  die  Längenaxe  des  Em- 
bryo zu  verlassen. 

Aucli  im  gegenwärtigen  Entwickelungszustande  glückte  es  uns  nur 
stückweise  die  schwarze  Umhüllungshaut  zu  entfernen.  Um  daher  die  reinere 
Ansicht  der  Bildungen  des  serösen  Blattes  zu  haben,  bedienten  wir  uns  des 
schon  genannten  Kunstgriffes,  und  trennten  die  Kopfliälften  mittelst  der 
Scheere.  (Tab.  I.  Fig.  6.).  Dadurch  konnte  man  jetzt,  nun  die  Rückenplatte 
des  Rumpfes  sich  schon  deutlicher  in  Wirbel  abzeichnete,  auch,  am  Kopfe 
vier  ziemlich  unterscheidbare  Abtheilungen  gewahr  werden.  Die  vorderste 
entspricht  den  sogenannten  vorderen  Stirn-  oder  Nasenfortsätzen  der  Stirn- 
wand, die  drei  hinteren  aber  deuteten  unserer  Ansicht  nach  augenscheinlich 
die  Kopfwirbel -Partieen  an,  wiefern  dieselben  den  drei  Haupttheilen  des 
Gehirnes  sich  accomodiren.  Unten  zur  Seite  der  ersten  Kopfwirbel -Abthei- 
lung befindet  sich  eine  rundlich  gezeichnete  Bildungsraasse,  die  Anlage  des 
Auges,  welche  sich  hier  mit  ihrer  nach  innen  liegenden  Seite  präsentirt. 
Sie  überragt  in  ihrer  Ausdehnung  nach  hinten  noch  nicht  die  hintere  Grenze 


I 


8 

des  ersten  Wirbels,  Unter  dem  Auge  und  dem  vorderen  Stirnfortsatze  liegt 
an  der  Wurzel  des  ersten  Viscerslkolbens  die  schwarze ,  sich  hier  nach  innen 
biegende  Umhüllungshaut  fester  und  derber  an,  als  an  den  übrigen  Partieen, 
während  früher  gerade  das  Gegentheil  stattfand.  Wir  machen  hier  schon 
auf  diese  anscheinend  kleinlichen  Momente  aufmerksam,  weil  dieses  diejenige 
Stelle  ist,  worüber  späterhin  der  Nasenkanal  formirt  wird.  Den  schlangen- 
förmigen  Herzkanal  können  wir  um  diese  Zeit  deutlich  mit  zwei  Aortenbogen 
erkennen;  und  die  Anschwellung,  welche  derselbe  mit  seinen  Gefässen  an  der 
Oberfläche  zu  Wege  bringt,  ist  durch  die  Verdickung  und  Verlängerung  des 
Visceralkolbens  etwas  nach  hinten  gerückt. 

§.  3.  Die  vorhin  beschriebenen  Visceralfortsätze  habe  ich  schon  in 
meiner  Dissen,  inaug.  Berol.  1836  obenhin  beschrieben,  da  es  damals  nur  auf 
die  Existenz  derselben  ankam.  Nirgends  hatte  ich  eine  Andeutung  darüber 
gehört  oder  gelesen.  Durch  die  Güte  des  Herrn  Prof.  H.  Rathke  erhielt  ich, 
nachdem  die  Untersuchungen,  welche  ich  in  vorliegenden  Blättern  mit- 
theile, grösstentheils  beendigt  waren,  die  Schrift  des  Prof.  Duges"),  in 
welcher  derselbe  die  Verwandlung  des  Skelets  und  der  Muskeln  der  Batra- 
chier  und  Salamander  etc.  als  Antwort  auf  die  Preisfrage  der  Pariser  Akade- 
mie der  Wissenschaften  beschreibt.  Da  sich  die  Metamorphosen  dieser  Thier- 
familien besonders  auf  den  Kopf  beziehen,  so  werden  wir  im  Laufe  unserer 
Untersuchungen  öfters  auf  dieses  Werk  zurückkommen  müssen.  Wir  stimmen 
in  den  meisten  Fällen  mit  dem  Verlasser  der  genannten  Schrift  nicht  über- 
ein, was  zum  Their  in  der  verschiedenen  Betrachtungsweise,  andern  Theils 
aber  auch  in  dem  Umstände  begründet  liegt,  dass  Ant.  Duges  den  frühen 
Entwickelungszuständen  in  der  That  nur  flüchtig  seine  Aufmerksamkeit  ge- 
widmet hat.  Der  Verfasser  hat  die  beschriebenen  Visceralfortsätze  mit  den 
anliegenden  Saugnäpfchen  gleichfalls  in  seinen  Zeichnungen  (Fig.  60  PI.  XII.), 
wenn  auch  etwas  unnatürlich,  angedeutet,  ohne  sie  jedoch  benannt  oder  be- 
schrieben zu  haben.  Die  beiden  aus  der  schwarzen  ümhüllungshaut  gebil- 
deten Sauggrübchen  beschreibt  er  als  kreisrunde  Erhabenheiten  (deux  emi- 
nences  termmees  chacune  par  une  surface  spheroidale  etc.),    wozwischen  ein 


*)  Recherches  sitr  l'osteologie  et  la  mvologie  des  batraciens  a  leurs  differens  ages. 


9 


kleines  Loch,  der  Mund,  sich  befinden  solle.  Ich  kann  mir  diese  Beschrei- 
bungen niclit  anders  erklären,  als  dass  Ant.  Duges  die  Viscerallortsütze  mit 
den  Sauggrübchen  zusammen  aufgefasst  hat.  Die  schwärzliche  runde  Erha- 
benheit über  dem  ersten  Visceralfortsatze  (Fig.  60.  eod.  loc. )  hält  er  gegen 
Rösel  für  die  Nasenölfnung,  welcher  letztere  dieselbe  für  ein  Augenrudiment 
erklärt  hat.  Die  Anlage  des  Auges  dagegen  soll  nach  Duges  um  diese  Zeit 
noch  gar  nicht  A'orhanden  sein.  Indessen  wäre  diese  Aufeinanderfolge  der 
Entwickelungen  ohne  genügende  Giünde  ganz  abweichend  von  der  Regel, 
und  überdiess  kann  man  sich  durch  Herausnahme  des  besagten  rundlichen 
Körpers  (Fig.  4.  Tab.  I. )  von  dem  Bulbus  ociili  mit  seinem  Nervenstiele 
ziemlich  sicher  überzeugen.  Ausserdem  verfolgt  man  jetzt  bald  den  in  der 
Bildung  begrilfenen  Nasenkanal.  Bei  Vergleicliung  der  Beobachtungen  des 
Ant.  Duges  und  der  meinigen  wird  man  noch  auf  mehre  Unterschiede  treffen. 
Es  ist  mir  jedoch  bei  dem- besten  Willen  und  besonders  auf  Grund  dessen,  dass 
der  Verfasser  ausdrücklich  angiebt  genauer  als  die  anderen  Naturforscher  in 
den  Untersuchungen  über  die  fr  übe  n  Entwickclungsvorgänge  gewesen  zu  sein, 
dennoch  öfters  nicht  möglich  eine  Vereinigung  zu  Wege  zu  bringen. 

§.  4.  In  dem  weiteren  Verfolge  der  Entwickelung  richten  wir  unsere 
Äidinerksamkeit  besonders  auf  die  Formirung  der  Gesichtsanlagc,  und  auf  die 
Bildung  (ies  zweiten  Visccralfortsatzes.  Ant.  Duges  spricht  über  Ersteres 
nur  ganz  aligemein  bei  der  Veränderung  seiner  früher  senkrecht  und  jetzt 
allmählig  horizontal  verlaufenden  Mundspalte ;  von  dem  Letzteren  erwähnt  er 
gar  Nichts.  Man  nimmt  die  genannten  Entwl'ckelungsvorgänge  an  Embryonen 
wahr,  welche  ungefähr  die  Grösse  von  vier  bis  vier  und  einer  halben  Linie 
erreicht  haben  (Fig.  7.  Tab.  I. ). 

Die  allgemeine  Betrachtung  eines  solchen  Embryo  zeigt,  dass  die 
Rücken-  und  Visceralplatten  des  Rumpfes  jetzt  sich  schon  deutlich  in  ein- 
zelne Wirbel  geschieden ,  welche  an  der  W cllenlinie  längst  der  Rückenkante 
des  Embryo,  wie  auch  an  den  von  derselben  nacli  unten  zu  verfolgenden 
Einfurchungen  leicht  erkennbar  sind.  Die  letztern  fangen  luimittelbar  hin- 
ter dem  durch  seine  ^Ibrundung-  leicht  unterscheidbaren  Kopf  an,  und  ver- 
schwinden gegen  das  Schwanzende,  immer  schmäler  w^erdend,  in  die  noch 
ungetheilte  Bildungsmasse  der  .äussersten  Spitze  des  Schwanzes.    In  ihrer 

,  2 


10 


ungefähren  Mitte  machen  sie  eine  Biegung,  welche  anfangs  einen  ganz  stum- 
pfen, je  weiter  nach  hinten  aber  einen  um  so  mehr  spitzeren  Winkel  annimmt. 
Auch  ist  zu  bemerken,  dass  der  untere  Schenkel  nach  vorn  kleiner  als  der 
obere,  nach  hinten  jedoch  dem  letzteren  an  Länge  gleich  kommt.  Dasjenige 
was  oberhalb  der  Biegung  gelegen,  gehört  der  Riickenmarkröhre,  was  unter- 
halb, der  Visceralröhre  des  entsprechenden  Blastoderraa  an.  Sowohl  oben  als 
unten  sind  diese  Röhren  jetzt  niclut  unmittelbar  durch  ibre  Platten,  sondern 
durch  die  Membr.  reuniens  superior  et  inferior  geschlossen.  In  der  Gegend 
der  ersten  Wirbelabtheilungen  der  Visceralplatte  ist  dieselbe  etwas  verdickt, 
und  macht  uns  dadurch  auf  ein  neues  Produkt  aufmerksam:  es  ist  die  Anlage 
der  oberen  Extremität.  Ant.  Duges  scheint  in  der  Fig.  61.  PI.  XII.  der 
erwähnten  Schrift  gleichfalls  diese  Anhäufung  der  Bildungsmasse  bemerkt  zu 
haben.  Er  hält  sie  für  die  Andeutung  der  entstehenden  Kiemen,  obschon 
seine  folgenden  Abbildungen  mit  den  äusseren  Kiemen  ganz  clTenbar  dieser 
Annahme  nicht  entsprechen.  Ausserdem  ist  es  jetzt  niclit  mehr  schwierig  die 
drei  mehr  nacli  vorn  sich  befindenden  Aortenbogen,  an  welchen  sich  die  Kie- 
men entwickeln,  frei  zu  legen. 

Wir  können  überhaupt  in  dem  jetzigen  Zustande  der  Ent Wickelung 
des  Froschembrjo  weit  sicherer  zu  Werke  gehen,  da  die  selbstständige  Aus- 
bildung des  serösen  Blattes  bereits  so  weit  gediehen  ist,  dass  die  schwarze 
ümhiillungshaut  nun  schon  Avirklich  mehr  oder  weniger  als  blosse  Hülle  des 
Embryo  sich  oifcnbart.  Daher  kann  man  sie  bei  einem  einige  Tage  in  schwa- 
chen Spiritus  aufbewalirten  Embryo  mit  leichter  Mühe  entfernen.  Darunter 
befindet  sich  nun  schon  die  eigentliche  Oberhaut  lose  der  Rücken-  und  Vis- 
ceralplatte aufliegend  und  leicht  von  denselben  lostrennbar,  so  dass  wir  dann 
die  reine  Weissliche,  hie  und  da  grau  gefärbte  Bildungsmasse  vor  uns  haben. 

§.  5.  An  einem  so  präparirten  Embryo  bemerken  wir  in  Bezug  auf 
die  Kopfentwickelung  Folgendes.  Die  Riickenplatte  des  Kopfes  verläuft  an 
dem  oberen  Rande,  wie  die  des  Rumpfes,  wellenlinig.  Zwei  Einkerbungen 
sind  besonders  auffallend.  Die  am  meisten  nach  vorn  gelegene  trennt  die 
Schädelhöle  von  den  vorderen  Stirn-  oder  sogenannten  Nasenfortsätzen.  In 
derselben  findet  sich  öfters  eine  hellweisslich  sich  abzeichnende,  rundlich 
geformte  Bildungsmasse  vor  (Fig.  7.  Tab.  I.),  gleichsam  ein  Zwischenstück 


11 


darstellend.  Dieses  verschwindet  bei  den  Embryonen  der  Rana  fiisca,  tem- 
poraria  und  des  ü«(/b  igneus  gänzlich  in  die  umliegende  Bildungsmasse,  ohne 
dass  wir  uns  über  den  eigentlichen  Zweck  dieser  Bildung  gegenwärtig  hin- 
längliche Rechenschaft  zu  geben  im  Stande  sind.  Vielleicht  ist  es  ein  Ge- 
bilde, welches  bei  anderen  Familien  kräftiger  und  selbstständiger  sich  erhält. 
Am  Knochenskelet  des  Kopfes  werden  wir  dasselbe  später  auch  hier  wiederfinden. 
Die  hinter  der  eben  genannten  gelegene  Einkerbung,  welche  der  Scheidungs- 
grenze der  ersten  und  zweiten  Abtheilung  des  Gehirnes  entspricht,  trennt 
den  ersten  und  aweiten  Schädelwirbel.  Dieser  letztere  ist  von  dem  dritten 
nur  wenig  sichtbar  geschieden. 

Unter  der  Rückenplatte  hat  nun  auch  die  Visceralplatte  des  Kopfes 
ihre  erste  Metamorphose  zu  Visceralbogen  beinahe  vollständig  vollendet. 
Die  ersten  Yisceralfortsätze  haben  sich  wiederum  etwas  vergrössert  und  zwi- 
schen ihren  Endkolben  befindet  sich  eine  jetzt  noch  ungeformte  Bildungs- 
masse, welche  dieselben  in  Verbindung  erhält.  Dadurch  ist  der  erste  Bogen 
der  Visceralplatte  des  Kopfes  fertig  gebildet:  es  ist  ein  nur  einfacher 
unter  die  Augenrudiraente  angesetzter  Halbkreis.  Hinter  ihm  mit  seiner  Ba- 
sis ungefähr  da  am  Schädel  anliegend,  wo  oberhalb  in  den  Rückenplatten 
die  erste  Andeutung  des  Ohrlabyrinthes  sich  wahrnehmen  lässt,  verläuft  nun 
auch  schon  der  zweite  Visceralfortsatz  an  Masse  dem  ersten  etwas  nachste- 
hend. Er  drängt  sich  bei  seinem  Wachsthume  von  dem  Schädel  zwischen 
die  Wölbung,  welche  als  äusserlicher  Abdruck  des  Herzes  mit  seinen  Aor- 
tenbogen angegeben,  und  die  ersten  Visceralfortsätze ,  parallel  diesen  letz- 
teren, nach  unten.  Seine  Endkolben  haben  sich  noch  nicht  erreicht.  Zwi- 
schen ihnen  befindet  sich  der  Rest  der  noch  zurückgebliebenen  3Iembrana 
reuniens  vifenor,  welche  von  hier  nach  hinten,  seitlich  mit  der  gleichen  die 
genannte  Wölbung  deckenden,  und  unten  mit  der  des  Rumpfes  in  Verbin- 
dung steht.  Bei  diesem  letzteren  Uebergange  hat  die  untere  Vereinigungs- 
haut zwei  Blätter,  welche  über  und  unter  dem  Herzen  hinweg  zur  Bauch- 
höle  verlaufen,  seitlich  und  vorn  sich  vereinigen,  hinten  aber  eine  Kommu- 
nikation mit  der  Visceralhöle  des  Rumpfes  gestatten.  Auf  diese  Weise  liegt 
das  Herz  in  einer  zum  grössten  Theile  für  sich  dastehenden  Hole  des  serö- 
sen Blattes.  (Sie  ist  nicht  mit  dem  Pericardium  zusammen  zu  bringen.)  Die 

2* 


12 

vollständige  Vereinigung  der  zv/eiien  Visceralfortsätze  erfolgt  mm  sehr  bald 
durch  ein  besonderes  Zwischenstück,  und  somit  ist  die  zweite  Metamorphose 
des  ursprünglichen  Visceralstreifens  am  Kopfe  vollendet,  Sie  ist  in  der  all- 
gemeinen Form  dem  ersten  Visceralbogen  ganz  ähnlich.  Beide  werden  durch 
eine  Spalte,  der  ersten  Visceralspalte ,  welche  von  ihren  respektiven,  abge- 
rundeten Rändern  gebildet  Avird,  von  einander  geschieden.  Der  hintere  Rand 
des  zweiten  Visceralfortsatzes  verläuft  mehr  häutig  und  ist  durch  eine  wei- 
tere Spalte  von  der,  in  der  Entwickelung  noch  zurückstehenden,  Visceral- 
platte  des  Rumpfes  und  der  jetzt  an  ihrer  Stelle  fungirenden  unteren  Verei- 
nigungshaut getrennt.  In  dieser  Spalte,  welche  zur  zweiten  Visceralspalte 
wird,  befindet  sich  jetzt  die  genannte  Wölbung  als  äusserer  Abdruck  der 
Aortenbogen,  und  füllt  dieselbe  gleichsam  aus.  Noch  bemerkt  man  keine 
Spur  von  äusserer  Kiemenentwickelung,  Doch  zeigten  sich  gerade  auf  dieser 
Wölbung  einzelne  Risse  und  Spaltungen  als  Andeutungen  der  hier  alsbald 
erfolgenden  Produktionen.  Die  schwarze  ümhüllungshaut  war  daher  an  die- 
ser Stelle  weit  leichter  als  an  den  übrigen  zu  entfernen,  und  es  traten  dann 
zwei  freie  Aortenbogen  hervor,  während  der  dritte  an  der  unteren  Vereini- 
gungshaut des  Rumpfes  anlag. 

§.  6.  Mit  dem  Auftreten  des  zweiten  Visceralbogens  ist  die  Visceral- 
röhre  des  Kopfes  bei  diesen  Thieren  vollendet.  Ich  sah  niemals  einen  Bil- 
dungsvorgang, der  mich  hätte  berechtigen  können  die  Anwesenheit  eines 
dritten  Visceralbogens,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren,  den  Säugethie- 
ren,  Vögeln  und  höheren  Amphibien  "0?  anzunehmen.  Die  nun  bald  ganz 
frei  dastehenden  drei  Aortenbogen,  und  eine  grössere  Anzahl  habe  ich  nie 
vorfinden  können,  sind  in  ihrem  Verlaufe  und  in  ihrer  Lage,  durch  ihre 
Entstehungsweise,  durch  den  Zusammenhang  mit  dem  Herzen,  durch  den 
jetzigen  Mangel  an  Solidität  der  Bildungsmasse,  und  durch  ihr«  Entwickelung 
von  Kiemenläppchen  so'  evident  verschieden  von  den  Visceralbogen,  dass  man 
nicht  umhin  kann  über  ihre  Anlage  an  letzteren  hinwegzusehen  und  sie  für 
ganz  eigenthümliche  Gebilde  zu  halten.  Ob  aber  nicht  die  Entwickelung 
der  Kiemen  mit  ihren  Bogen  und  der  diese  stützenden  Skelettheile,  ferner 


*)  An  dem  Embryo  einer  Coluöcr  natriz  habe  ich  ihn  deutlich  gesehen. 


 13 

die  Lage  dieses  ganzen  Apparates  gleich  hinter  dem  zweiten  Visceralbogen 
in  Zusammenhange  stehe  mit  dem  Mangel  einer  dritten  Metamorphose  des 
ursprünglichen  Visceralstreifens  am  Kopfe;  und  ob  diese  beiden  Phänomene 
gesammt  mit  noch  anderen  zu  erwähnenden  Eigenthümlichkeiten  die  nackten 
Amphibien  und  Fische  als  in  eijie  in  dem  allgemeinen  Wirbcltypus  sich 
scheidende  zweite  Abtheilung  darstelle:  darüber  werden  wir  im  Laufe  die- 
ser Untersuchungen  bestimmter  urtheilen,  und  dann  diese  frühsten  Bildungs- 
vorgänge als  Andeutungen  hiervon  betracliten  können, 

Vergleichen  wir  den  jetzigen  Zustand  des  Froschembrjo  mit  dem 
gleichzeitigen  der  höheren  Wirbelthiere  hinsichtlich  der  beschriebenen  Kopf- 
bildung, so  finden  wir,  wie  schon  erwähnt,  dass  zuvörderst  die  Rücken- 
])latten  vorn  eine  nicht  so  gewölbte,  kappenförmige  Stirnwand  haben,  was 
wohl  zum  Theil  auch  auf  die,  von  dem  Gehirn  abhängige,  geringere  Schä- 
del Wölbung  dieser  Thiere  beruht.  Wir  sehen  ferner,  dass  jene  Beugung 
der  Schädelliöle  hei  den  höheren  Wirbelthieren,  wodurch  die  vordere  Ab- 
theilung derselben  als  eine  mehr  isolirte,  für  das  Gesicht  bestimmte,  Schä- 
delpartie geschieden  wurde,  bei  den  Embryonen  der  Frösclie  nicht  erfolgt, 
und  dass  dieses  ausser  der  geringeren  Ausbildung  der  grossen  Hemisphären 
des  Gehirnes  zugleich  auch  Ursache  der  geringer  gewölbten  Stirnwand  Avurde. 
Wir  finden  endlich ,  dass  der  erste  Visceralbogen  sich  wesentlich  von  dem 
der  höheren  Wirbelthiere  unterscheidet.  Er  verläuft  nicht  von  seinem  mit  den 
höheren  Wirbelthieren  übereinstimmenden  Ursprünge  zuerst  parallel  der 
Längenaxe  des  Körpers  nach  hinten,  um  sich  dann  nach  unten  zu  biegen, 
sondern  wendet  sich  sogleich  unterwärts,  und  bildet  einen  Bogen,  Welcher 
dem  zweiten  und  dritten  der  höheren  Wirbelthiere  gleicht.  Diese  letztere 
Erscheinung  hängt  wiederum  mit  dem  Mangel  einer  Gesichts  -  Kopfbeuge 
dieser  Thicre  zusammen.  Sowie  bei  den  Säugethieren,  Vögeln  und  höhe- 
ren Amphibien  die  Biegung  des  ersten  Visceralbogens  nach  vorn  erfolgt, 
weil  der  vordere  Theil  der  Schädelwirbelsäule  sich  krümmt;  so  fehlt  dieser 
Entwickelungsvorgang  bei  den  Fröschen,  weil  die  eigentliche  Ursache  man- 
gelt. Somit  lassen  sich  die  meisten  jetzt  stattfindenden  Unterschiede  der 
Frosch  -  Embryonen  von  den  höheren  Wirbelthieren  auf  den  Mangel  der 
Gesichts  -  Kopibeuge    zurückführen,  und   in   ihr  ist    uns,    wie    wir  später 


14 


iiocli  deutlicher  sehen  werden,  eine  von  den  frühsten  Andeutungen  der 
beiden  grösseren  Wirbelthier -Abtheilungen  durch  die  Entwickelungsgeschichte 
gegeben. 

Gesichts-Formation. 

§.  7.  Wir  hoben  vorhin  besonders  hervor,  wie  das  Auge  mit  den  dar- 
unter liegenden  Saugnäpfchen  bei  der  seitlichen  Betrachtung  die  uranfäng- 
liche vordere  Begrenzung  des  Embryo  machte;  wie  dann  ferner  der  Her- 
vorwuchs des  ersten  Visceral fortsatzes  das  Sauggrübchen  verdrängte  und  dessen 
Stelle  übernalim;  und  endlich,  wie  die  Bildung  der  vorderen  Stirn-  oder 
Nasenfortsätzc  die  an  sicli  ziemlich  regelmässig  verlaufende  vordere  Kontour 
durch  eine  Abstufung  unregelmäsig  machte. 

Wenn  wir  jetzt  den  Embryo  betrachten,  (Fig.  7.  Tab.  1.)  so  sehen  wir 
die  entstandene  Treppe  beinahe  wieder  ganz  ausgeglichen,  und  das  Auge  zu- 
rückgedrängt. Dieser  Vorgang  wird  dadurch  bewerkstelligt,  dass  von  der 
Basis  des  ersten  Visceralfortsatzes  die  Bildungsmasse  über  die  erwähnte  Stelle, 
wo  die  schwarze  Umhüllungshaut  fester  anlag,  hinweg  gegen  die  Spitze  der 
vorderen  Stirnfortsätzc  sich  erhebt,  und  mit  ihm  in  Verbindung  setzt.  So- 
wohl durch  den  Hervorwuchs  der  genannten  Stirnfortsätze  als  auch  durch 
die  eben  erwähnte  Entwickelung,  welche  beide  vor  dem  Auge  ihre  Vereini- 
gung haben,  erscheint  dieses  letztere  zurückgewichen,  ohne  dass  es  gegen- 
wärtig in  der  That  der  Fall  gewesen.  Vor  dem  Auge  ein  wenig  abwärts 
bemerken  wir  nun  einen  schwärzlichen  Körper,  welchen  auch  Ant.  Duges 
PI.  XII.  hinlänglich  deutlich  gesehen  hat.  Er  befindet  sich  gerade  an  der 
Stelle,  wo  wir  früher  an  der  inneren  Seite  der  Basis  des  ersten  Visceralfort- 
satzes die  schwärzliche  Umhüllungshaut  derber  und  fester  anliegend  vorfan- 
den. Nimmt  man  den  schwarzen  Körper  heraus,  so  hat  man  ein  Konvolut 
von  häutiger  Masse  vor  sich,  wclclie  mit  dem  äusseren  schwarzen  Ueberzuge 
in  Verbindung  steht,  und  nach  innen  eine  hellere  Färbung  angenommen  hat 
Der  zurückgebliebene  Kanal,  welcher  vorn  und  seitlich  durch  die  neu  ent- 
standene Bildungsmasse  des  ersten  Visceralfortsatzes,  hinten  vom  Auge  mit 
der  Stirnwand,  oben  durch  den  respectiven  Stirnfortsatz,  nach  innen  durch 
die  Verlängerung  der  Schädelbasis  gebildet  wird,  ist  die  Grundlage  des  Na- 
senkanals.     Mit   ihm   ist  uns   auch  die  Bedeutung  des  oben  beschriebenen 


15 


neuen  Bilduiigstlieiles  gegeben;  es  ist  die  Bildiingsrnassc  des  künftigen  Ober- 
kiefers. Dieser  Annahme  entspriclit  auch  vollkommen  ihr  Ursprung  und  ihre 
Verbindung  mit  den  vorderen  Stirnfortsatzen.  Die  Abweichungen  von  dem 
Oberkiefer -Fortsatze  der  Säugethierc,  Yögel  und  hölieren  Amphibien  sind 
nur  durch  die  Modification  des  ersten  Kopf  wirbeis  dieser  Thiere  bedingt. 

'Die  Entstehung  des  eben  beschriebenen  Oberkiefers  können  wir  nicht 
allein  an  den  Veränderungen  der  vorderen  Begrenzung  des  Embrjonalkörpers, 
sondern  auch  an  der  zwischen  den  beiden  ersten  Visceralfortsätzen  sich  be- 
findenden Spalte,  dem  vorderen  Eingange  zur  Visceralröhre,  deutlich  walir- 
nehmen.  Dieselbe  bildet  anfangs,  wie  wir  gesehen,  eine  ganz  gerade  von 
den  zwei  parallel  verlaufenden,  respcctiven  Seitenwänden  der  Visceralfort- 
sätzc  eingeschlossene  Oeffnung.  Bei  der  Entwickelung  der  Bildungsmasse  des 
Oberkiefers  kann  es  nicht  fehlen,  dass  die  obere  Hälfte  derselben  stumpf- 
winkelig begrenzt  wird.  Zu  gleicher  Zeit  hat  sich  durch  die  Vergrösserung 
der  ersten  Visceralfortsätze  und  ihre  Vereinigung  durch  dazwisclientretende 
Bildungsmasse  aucli  die  unterste  Abtheilung  der  vorderen  Visceralröhren- 
OefFnung  winklig  abgerundet.  Auf  diese  Weise  sehen  wir  die  einfache  Spalte 
in  ein  mit  vier  abgerundeten  Ecken  versehenes  Quadrangulum  übergehen,  des- 
sen Diagonalen  in  der  Richtung  der  senkrechten  und  queren  Axe  des 
Embryo  gelegen  sind.  Durch  die  spätere  Vollendung  der  so  begonnenen 
Mundhölenbildung  wird  das  iiranfängliche  Fundament  für  den  Gesichtsbau 
vervollständigt.  Als  Träger  der  beiden  genannten  ursprünglichen  Gesichts- 
bildungstheile,  der  vorderen  Stirnfortsätze  und  der  Oberkiefer,  wachst  hier, 
wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren,  die  Basis  des  Schädels  vorwärts,  und  ent- 
wickelt so  die  Gesichtbasis. 

Die  Bildungsmassen  der  Nasenfortsätze,  der  Oberkiefer  und  der  sie 
stützenden  Gesichtsbasis ,  welche  behufs  der  Nasenhölen  -  Formation  von  den 
ürplatten  des  Wirbelsystems  hervorwachsen,  sind  die  wesentlichen,  dem  Ge- 
sichte eigenthümlich  zugehörenden  Formbestandtheile.  Sie  werden  bekannt- 
lich späterhin  zur  vorderen  Gesichtshälfte  gerechnet,  bilden  jetzt  die  vordere 
oder  obere  Begrenzung  der  vorderen  VisceralröhrenöfTnung  (IMund),  Avährend 
die  hintere  von  der  Bildungsmasse  der  unteren  Hälfte  des  ersten  Visceralbo- 
gens  formirt  wird. 


16 

§.  8.  Bei  dem  Vergleich  der  eben  beschriebenen  Gesichtsanlage  mit 
der  gleichzeitigen  der  höheren  Wirbelthiere  vermissen  wir  einen  accessori- 
schen  Bildungstheil  des  Gesichtes  letzterer  Thierklassen:  den  sogenannten 
seitlichen  Stirn-  oder  Thränenbeinfortsatz,  Am  ausgebüdetsten,  und  auch 
augenscheinlich  individuell  auftretend,  fanden  wir  ihn  bei  den  Säugethieren, 
obschon  die  beiden  anderen  ursprünglichen  Bildungstheile  des  Gesichtes,  der 
vordere  Stirn  -  und  Oberkieferfortsatz,  an  hervorstechender  Entwickelung  ihn 
um  Vieles  übertrafen.  Etwas  weniger  deutlich  war  er  bei  den  Vögeln.  Bei 
den  Embryonen,  welche  ich  von  den  höheren  Amphibien  bis  jetzt  unter- 
sucht habe,  sieht  man  diese  seitliche  Partie  der  Stirnwand  an  der  inneren 
Seite  des  Auges  kaum  noch  etwas  sich  erheben,  dennoch  ist  dieselbe  bei  der  gros- 
sen Wölbung  des  Scliädels  hinlänglich  deutlich  markirt.  Bei  den  Fröschen, 
doch  nicht,  wie  wir  später  sehen  werden,  bei  den  Tritonen,  ist  die  besagte  Stelle 
gar  nicht  sichtbar  entwickelt,  sondern  es  zeigt  sich  hier  eine  unbedeutende 
weissliche  Substanz  inmitten  [der  Stirnwand  und  der  Nasenfortsätze,  welche 
bald  darauf  sich  der  Beobachtung  entzielit.  Die  vorderen  Stirnfortsätze  neh- 
men daher  zumeist  die  ganze  Stirnwand  ein ,  und  zu  ihnen  erstreckt  sich, 
unmittelbar  dem  vorderen  Abschnitte  des  Auges  vorbeiziehend,  die  Bildungs- 
masse  des  künftigen  Oberkiefers.  Auch  dieser  letztere  unterscheidet  sich 
wesentlich  durch  die  Form  von  dem  gleichbenannten  der  höheren  Wirbel- 
thiere. Bei  diesen  erhebt  er  sich  mehr  oder  weniger  frei  als  ein  förmlicher 
Fortsatz ,  um  dem  vorderen  Stirnfortsatze  entgegenzuwachsen.  Diese  Art  und 
Weise  der  Entwickelung  behält  er  auch  in  allen  Klassen  der  höheren  Wir- 
belthier-Abtheilung bei,  obschon  graduell  je  nach  ihrem  niederen  Stande 
abnehmend.  Bei  den  niederen  Wirbelthieren  erscheint  er  beinahe  nur  als 
ein  verbindender  Bildungsstreifen  zwischen  der  Basis  des  ersten  Visceralfort- 
satzes  und  dem  vorderen  Stirnfortsatze. 

Beide  Abtheilungen  der  Wirbelthier  -  Klassen  haben  mithin  in  der 
Gesichtsentwickelung  das  Gemeinschaftliche,  dass  die  Bildungstheile  vom 
ersten  Kopfwiibel  mit  seinem  Visceralbogen  ausgehen  und  von  den- 
selben ihren  BildungsstofF  hernehmen.  Ferner  haben  sie  auch  beide  das 
Bestreben  im  Allgemeinen  die  einzelnen  Gesichts  -  Bestandtheile  vor  den 
ersten    Kopfwirbel    zu    lagern.      Die    genannten    Unterschiede  derselben 


17 


lassen  sich,  wie  mir  scheint,  auf  den  Mangei  der  Gesichts -Kopfbeuge, 
auf  die  davon  abhängige  modifizirte  Gestalt  des  ersten  Visceralbogens 
und  auf  die  geringe  Wölbung  der  Stirnwand  zurückführen.  Daher 
kam  die  gerade  Richtung  und  die  geringe  Abzeichnung  der  vorderen 
Stirnfortsätze  von  den  Rückenplatten  des  Kopfes  j  daher  auch  der  ein- 
fache Bildungsstreifen  als  Anlage  des  Oberkiefers  an  Stelle  jenes  ziem- 
lich mächtig  hervortretenden  Fortsatzes  der  höheren  Wirbelthiere.  Jetzt, 
wo  die  Entwickelungsvorgänge  thatsächlich  uns  vor  den  Augen  liegen, 
möchte  man  wohl  zu  der  Behauptung  sich  hinneigen,  dass,  sobald  der  Man- 
gel einer  Gesichtskopfbeuge  und  die  damit  im  Einklänge  stehende ,  geringere 
Wölbung  der  Stirnwand  bei  den  niederen  Wirbelthieren  statuirt  war,  auch 
die  nachfolgenden,  davon  abhängigen  Bildungen  zum  grossen  Theile  voraus 
zu  vermuthen  gewesen  wären. 

Vollendung  der  typischen  Conforraation  des  Kopfes.  —   Die  Froschlarve. 

§.  9.  In  dieser  Entwickelungsperiode  zeigt  der  Froschembryo  die 
Tendenz  zur  Ausbildung  seiner  Larvenform,  indem  im  Allgemeinen  die  bis- 
herigen Entwickelungsanlagen  sich  vervollständigen  und  gleichsam  abrunden. 
Mit  Verlängerung  des  Schwanzes  vermehren  sich  die  Wirbel- Abtheilungert. 
Die  Centralnervenröhre  wird  durch  die  sich  vereinigenden  Rückenplatten  ge- 
schlossen, indem  zugleich  die  Membrana  reuniens  superior  am  Rumpfe  ver- 
schwindet und  nur  am  Kopfe  sich  theilweisc  zu  erhalten  scheint'').  DieVis- 
ceralplatte  des  Rumpfes  vergrössert  sich  in  dem  Maasse,  wie  die  untere  Ver- 


*)  Herr  Professor  H.  Rathke  vermuthet,  wie  ich  aus  der  gütigst  mir  gemachten 
Mittheiliing  entnahm,  dass  am  Schädel  sich  theilweise  die  Membrana  reuniens  superior 
erhalte.  Indessen  glaube  ich,  dass,  so  wie  die  gegenseitige  Vereinigung  der  Bauchplatten 
bei  den  Thieren,  deren  Muskelsystem  mit  Rippen  daselbst  wenig  ausgebildet  ist,  nicht  so 
augenscheinlich  wird,  dennoch  bei  Berücksichtigung  und  Vergleichung  der  rudimentären 
Muskeln  mit  denen  anderer  Wirbelthiere  nicht  abgeleugnet  werden  kann;  dass  ebenso 
auch  am  Schädel,  wenn  derselbe  vollständig  existirt,  die  Vereinigung  der  Rückenplatten  des 
Kopfes  erfolgt  ist  und  xorhanden  nur  wegen  der  häutigen  Form  die  unmittelbare  Beob- 
achtung sehr  erschwert  und  beinahe  unzulässig  macht. 

3 


18 

einigmigsliaut  verkümmert.  Bei  diesem  Processe  kommt  das  verhältnissmässige 
Zurückbleiben  des  Volumens  des  Bauches  sehr  zu  Hilfe. 

Vorzugsweise  aber  fällt  in  diese  Zeit  die  vollständige  EntAvickelung  der 
äusseren  Kiemen.   Sie  bilden  sicli  da  an  den  Aortenbogen,  wo  diese  letzteren 
gegen  die  Wirbelsäule  sich  anlegen.    Wir  sahen  die  Gefässbogcn  der  Aorta 
schon  sehr  frülie  äusserlich  angedeutet  durch  die  Wölbung,  welche  anfangs 
unter  den  Rückcnplatten  des  Kopfes  gleicli  hinter  den  Sauggrübclien  sich  be- 
fand und  dann  allmählig  bei  der  Entwickelung  der  Visceralfortsätzc  zurück- 
gedrängt wurde:  ein  Phänomen,  welches  noch  weit  augenscheinlicher  bei  den 
liöhcren  Wirbelthieren  wegen  des  dunkleren  Blutes  und  der  ganz  durchschei- 
nende Bildungsmasse  derselben  beobachtet  Averden  konnte.    Diese  Wölbung 
ersclieint  an  ilirer  Oberfläclie  von  den  darunterliegenden  Gefässbogen  wellen- 
förmig; die  sie  deckende  schwarze  Umhüllungshaut  bekommt  Risse  und  Spal- 
tungen, und  lösete  sich  nach  und  nach,  den  Kiemcnspalten  entsprechend,  ab,  und 
als  neuen  Schutz  entwickelt  von  seinem  häutigen  hinteren  Rande  der  zweite 
Visceralbogen  den  bald  zu  erwälmenden  häutigen  Kiemendeckel,  Inzwischen 
bilden  sich  neben  der  Wirbelsäule  auch  die  äusseren  Kiemenläppchen.  Zuerst 
zeigt  sicli   am  vordersten  Aortenbogen  die  erste  äussere  Kieme  als  ein  ein- 
facher Stummel,  welcher  dann  später  mehre  Aestclicn  entwickelt^  dann  folgte 
die  zweite  und  am  spätesten  die  dritte  Kieme  von  dem  letzten  Aorteubogen, 
welche  letztere  jedocli  nie  so  vollkommen  sich  ausbildet,  wie  die  beiden 
vor  ihr  liegenden.    Die  äusseren  Kiemenläppchen  bleiben  übrigens  von  der 
schwarzen  UmhüUungsliaut  bedeckt,  und  es  hat  mir  immer  geschienen,  als 
wenn  dieselbe  behufs  der  veränderten  Thätigkeit  noch  eine  eigene  Metamor- 
phose erlitte;  niemals  Mar  ich  im  Stande  sie  von  den  Gefässen  loszutrennen. 

§.  10.  Die  weitere  Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes  gestaltet  sich 
nun  folgendermaassen.  Die  Rückenplatten  desselben  theilen  sich  gemäss  der 
Ausbildung  des  Geliirncs  deutlicher  in  3  Abtheihuigen  für  die  Wirbel,  von 
welchen  jedoch  nur  der  erste  am  augenscheinlichsten  sicli  abzeichnet.  Die 
Bildungsmasse  der  beiden  liintercn  ist  wohl  bemerklich  schon  äusserlich  ge- 
schieden, doch  muss  man  den  Vertikal -Durchschnitt  des  Kopfes  zu  Hilfe  neh- 
men, um  sicherer  zu  gehen.  Diese  ScliM'ierigkeit  iu  der  Erkenntniss  der  bei- 
den hinteren  Wirbelabtheilungen  des  Kopfes  giebt  uns  sowohl  einen  deutlichen 


19 


Beweis  von  der  Rüclvsiclit ,  welche  die  frülisfe  Eiitwickelulig  auf  die  künftig 
auftretenden,  indivi(iuellen  Formen  nimmt,  als  auch  von  dem  Einflüsse, 
welchen  die  Geliirnabthcilungen  auf  die  Wirbelabzeichnungen  des  Schädels 
ausüben.  Die  Lage  des  Auges,  das  jetzt  beinahe  vollkommen  ausgebildet  ist, 
die  des  Ohrlabjrinthes,  welches  gegenwärtig  luu"  deutlich  an  den  Seiten  der 
Rückenplatten  zu  erkennen,  und  die  Abzeichnung  der  Rumpfwirbel  dienen 
gleichfalls  als  nicht  zu  übersehende  Hilfsmittel  bei  der  Bestimmung  der  Kopf- 
wirbel. Die  Urrudiraente  des  Auges,  anfänglich  vorn  in  den  Seitentheilen 
fies  ersten  Schüdelwirbels  gelagert,  dehnen  sich  bei  ihrer  Entwickelung  immer 
mehr  nach  hinten  aus,  so  dass  sie  bald  die  ganze  Länge  der  entsprechenden 
Seitentheile  einnehmen.  Das  Ohrlabyrinth  ist  anfangs  nur  ein  weissliches 
Konvolut  von  ßihhuigsmasse,  das  sehr  frühe  zur  Seite  der  Rückcnplatten  des 
Kopfes  äusscrlich  erscheint.  Es  hat  seine  Lage  daselbst  vor  dem  dritten 
Kopfwirbel ,  nimmt  aber  bei  seiner  \  ergrösserung  sowohl  diesen  als 
auch  besonders  den  Seitentheil  des  vorliegenden  Schädelwirbels  immer  mehr 
m  Anspruch.  Es  hat  mit  dem  Labyrinthe  der  hidiern  Wirbelthiere  das  Ge- 
meinschaftliche, dass  es  weit  früher  als  die  übrige  Bildungsmasse  in  den  Knor- 
pelzustand übergellt  und  so  als  Knorpelbläschen,  worin  nun  bald  auch  die 
KaJk- Konkremente  sichtbar  werden,  sich  darstellt. 

§.  IL  Die  Yisceralbogen  anlangend  bemerkt  man  an  dem  ersten  der- 
selben den  Hervorwus  hs  einer  Bildungsmasse,  W(Mic  dem  unteren  Zwischen- 
kiefer der  höheren  Wirbelthiere  einigerraaasscn  entspricht.  Wir  hatten 
nämlich  gesehen,  dass  die  Endkolben  der  ersten  A  isceralfortsätze  durch  eine 
zwischentretende  Masse  vereinigt  wurden.  Diese  Yerbindungssubstanz  findet 
sich  auch  bei  den  Embryonen  der  höiurn  Wirbelthiere  und  hat  zunächst  die 
Tendenz  den  eigentlichen.  Yisceralbogen  zu  bilden.  Dann  entwickelt  sich 
in  ihr  das  keilförmige  8chlusstück  der  Meckelschen  Knorpel  und  später  ent- 
stehen an  ihrer  äusseren  Seite  die  unteren  Zwischenkieferknochen,  wie  dieses 
am  deutlichsten  bei  den  Vögeln  wahrgenommen  werden  konnte.  Bei  den 
Froschthieren  wird  dieselbe  für  den  Larvenzustand  von  ganz  besonderer  Be- 
deutung, Zu  diesem  Bcliufe  bildet  diese  Verbindungsmasse,  ganz  unabhängig 
von  den  anstossenden  Visceralfortsätzen,  allmählig  zwei  Stücke,  die  unter 
einem  etwas  nach  vorn  und  unten  vortretenden  spitzen  Winkel  vereinigt  sind. 

3- 


 20^ 

Während  die  hintere  Seite  derselben  ganz  frei  liegt,  so  ist  das  obere  Ende 
und  beinahe  die  Hälfte  der  vorderen  oder  äusseren  Fläche  in  die  Vereinigung 
mit  den  Endkolben  der  respektiven  Visceralfortsätze  gezogen.  Daher  kommt 
es,  dass  dieser  mittlere  Theil,  von  der  inneren  Seite  gesehen,  vollständig 
ausgebildet  und  von  ziemlichem  Umfange  erscheint,  während  er  von  aussen 
betrachtet  leicht  zu  übersehen  ist,  da  er  die  Hälfte  der  sich  hier  darbietenden 
Fläche  bei  der  Verbindung  mit  den  respektiven  Enden  der  eigentlichen  Vis- 
ceralfortsätze eingcbiisst  hat.  (Tab.  1.  Fig.  9.  Fig.  10. )  Bei  seiner  Neigung 
nach  vorn  und  unten,  während  die  dar  überliegenden  eigentlichen  Visceralfort- 
sätze gegenwärtig  noch  mehr  direkt  nach  unten  verlaufen,  ist  es  indess  auch 
nicht  schwer  von  aussen  durch  das  Hineinsehen  in  die  Mundhöle  die  innere 
freie  Fläche  Wahrzunehmen. 

Auch  die  zweiten  Visceralfortsätze  haben  sich  in  dieser  Periode  enger 
verbunden,  ohne  dass  jedoch  das  Mittelstück  ganz  individuell  hervortritt. 
Vielmehr  geht  dasselbe  beinahe  unscheinbar  in  die  dahinter  liegende  Membrana 
reuniens  inferior  über,  welche  letztere  an  den  Stellen,  wo  die  Hauptäste  des 
Truncus  aortae  frei  in  die  zweite  Visceralspalte  eintreten  und  wo  die  beiden 
Blätter  der  Herzhöle  seitlich  zusammenkommen,  etwas  kondensirter  erscheint. 
Wichtiger  ist  die  Entwickelung  des  häutigen  Kiemendeckels  von  dem  hinte- 
ren Rande  der  zweiten  Visceralfortsätze.  Die  Erweiterung  dieses  häutig  ver- 
laufenden hinteren  Randes  geschieht  etwas  oberhalb  der  Mitte  des  entspre- 
chenden Visceralfortsatzes ;  das  Mittelstück  des  Bogens  und  die  obersten 
Partieen  bleiben  frei.  Wir  haben  eine  ähnliche  Erscheinung  auch  bei  den 
höheren  Wirbelthieren  beobachtet.  H.  Rathke  entdeckte  diese  Vergrösserung 
des  zweiten  Visceralfortsatzes  zuerst  bei  den  Vögeln  und  glaubte  damals 
schon,  dass  es  ein  Analogen  vom  Kiemendeckel  wäre,  Sie  ist  daselbst  auch 
höchst  merkwürdig  von  solcher  Grösse  und  so  eigenthümlichen  Wachsthume, 
dass  gewiss  noch  besondere  Gründe  seine  Anwesenheit  bedingen  müssen.  Ich 
vermuthe,  dass  die  Bildung  der  Visceralröhre  des  bei  diesen  Thieren  ver- 
hältnissmässig  sehr  langen  Halses  nicht  ohne  geringen  Einfluss  auf  das  ge- 
nannte Phänomen  sein  möchte.  In  meiner  Abhandlung  im  Müllerschen  Ar- 
chiv habe  ich  erwähnt,  dass  dieses  Analogon  von  Kieraendeckel  der  Vögel 
mit  der  Visceralplatte  der  Brust  sich  in  Verbindung  setze  und  da  erst 


21 

v^erwachse.  Aus  blosser  Analogie  scheint  mir  eine  so  mächtige,  individueJle 
Entwickelung  kaum  denkbar"^).  —  Bei  den  Embryonen  der  Saugethiere 
beobachtete  ich  nur  eine  eigenthümliche  V  erbreiterung  des  oberen  freien 
Theiles  des  zweiten  Visceralfortsatzes.  —  Wie  dem  nun  auch  sei,  so  viel  ist 
gewiss,  dass  bei  den  Kiemerf- Wirbelthieren  diese  Erweiterung  an  der  äusse- 
ren Fläche  des  zweiten  Visceralbogens  zum  Schutzdeckel  für  die  Aortenbo- 
gen und  ihre  Kiemen  bestimmt  ist  imd  der  Membrana  bi'anchiostega  der  Fische 
entspricht.  Sie  findet  sich,  so  bald  die  Kiemen  in  Wirksamkeit  treten,  sie 
hört  auf  zu  sein  und  verwächst  mit  der  Visceralplatte  des  Rumpfes,  wenn 
die  Kiemen  schwinden.  Zu  den  ersten  Muskeln,  welche  am  Kopfe  sich  bil- 
den, gehören  auch  diejenigen,  welche  zur  Schliessung  und  Oeffnung  des  Kic- 
mendeckels  bestimmt  sind. 

§.  12.  Von  den  Visceralspalten  verbleibt  vorläufig  und  vergrössert 
sich  mit  dem  allgemeinen  Wachsthume  des  Embryo  die  zweite,  indem  sie  mit 
dem  allmähligen  Ausbilden  der  äusseren  Kiemenläppchen  zugleich  in  ihre 
P'unktion  als  äussere  Kiemenspalte  eintritt.  Sie  wird  vorn  durch  den  hinte- 
ren Rand  des  zweiten  Visceralfortsatzes ,  hinten  durch  die  Visceralplatte  des 
Rumpfes,  und  unten  durch  die  Seitenränder  der  HerzhÖle  begrenzt.  Oben 
liegen  der  zweite  Visceralbogen  und  die  Visceralplatte  des  Rumpfes  nahe  bei 
einander.  Die  erste  Visceralspalte  dagegen  verschliesst  sich  schon  ziemlich 
früh  an  ihrer  oberen  Abtheilung,  und  nach  und  nach  geschieht  dieses  auch 
mit  der  noch  übrig  gebliebenen  unteren,  wo  die  Zwischensubstanz  jedoch 
mehr  häutiger  IVatur  ist.  So  evident  und  zierlich,  wie  wir  diese  Spaltöffnung 
mit  den  umgebenden  Rändern  bei  den  Säugethieren,  Vögeln  und  höheren 
Amphibien  in  den  äusseren  Gehörgang  mit  dem  Paukenfell  und  in  die  Tubfi 
Eustachii  mit  der  Paukenhöle  sich  verwandeln  sahen:  so  ganz  und  gar  ver- 
liert sie  sich  bei  den  Froscharten,  die  ich  untersuchte,  wie  dieses  mit  den 
beiden  letzten  Visceralspalten  der  höheren  Wirbelthiere  der  Fall  ist. 

Zu  bemerken  ist  noch  die  Art  und  Weise,  wie  die  obere  Abtheilung 
der  ersten  Visceralspalte  verwächst.  Von  aussen  kann  man  wenig  von  diesem 


*)  Wir  werden  in  der  Entwickelungsgeschichte  des  Triton  Gelegenheit  nshmea 
über  diesen  Punkt  uns  bestimmter  auszusprechen. 


22 


Vorgange  wahrnehmen.  Die  Untersuchung  von  der  innern  Seite  giebt  hier 
nicht  weniger  als  bei  den  höheren  Wirbelthieren  die  besseren  und  klareren 
Aufschlüsse.  Das  Durchschneiden  der  einen  Seitenhälfte  der  Visceralröhre, 
um  durch  das  Zuriickklappen  derselben  die  innere  Anschauung  zu  gewinnen, 
ist  hier  von  geringerem  Vortheil,  da  die  Befestigung  der  zurückgeklappten 
Theile  wegen  ihrer  Kleinheit  und  geringen  Konsistenz  jetzt  so  äusserst 
schwierig  ist.  Ich  bin  daher  mit  einer  feinen  vScheere  in  die  \  isceralröhre 
eingegangen  und  habe  die  Rückenplalten  durchschnitten  (Fig.  9.  Tab.  I. ),  wo- 
durch die  Anheftung  bei  weitem  erleichtert  ist.  Man  sieht  alsdann,  wie  die 
erste  Visceralspalte  bis  in  die  Nähe  der  Rückenplatten  des  Kopfes  hinaufragt. 
Dann  vereinigen  sich  schon  sehr  frühe  die  obersten  Abtheilungen  der  anlie- 
genden Visceralbogen  auf  die  Weise,  dass  die  Bildungsmasse  des  ersten  durch 
die  nach  unten  und  hinten  sich  erweiternde  Augenhöle  mit  einem  kleineren 
anliegenden  Theile  eine  gleiche  Richtung  annimmt,  die  Basis  des  zweiten 
erreicht  und  mit  ihr  verwächst,  während  die  Hauptmasse  von  der  oberen 
Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  vorn  unter  dem  Auge  verbleibt.  Man  kann 
anfänglich  noch  eine  feine  Furche  der  vereinigten  Visceralbogen  unterschei- 
den. Späterhin  verschwindet  auch  diese,  und  man  hat  nun  eine  zwischen 
der  Augenhöle  und  dem  Ohrlabyrinthe  sich  befindende  gemeinschaftliche 
Bildungsmasse,  welche  zwar  zum  grössten  Theile  der  oberen  Abtheilung  des 
zweiten  Visceralbogens  zugehört,  von  der  jedoch  die  noch  freistehenden  un- 
teren Abtheilungen  beider  Visceralbogen  gleichsam  auszugehen  scheinen. 
Diese  letzteren  vereinigen  sich  nie  so  innig,  sondern  ihre  Spalte  wird  viel- 
mehr durch  häutige  Bildungssubslanz  geschlossen. 

Der  V  erwachsung  der  oberen  Abtheilungen  kommt  übrigens  noch  der 
Umstand  sehr  zu  Hilfe,  dass  sie  zum  Theil  in  den  gemeinschaflichen, 
ursprünglichen  Visccralstreifen  gelegen  sind.  Dieser  letztere  grenzt  an 
die  Rückenplatten,  in  welchen  sich  am  vorderen  Seitentheile  des  ersten 
Wirbels  das  Auge,  vor  dem  dritten  Wirbel  das  Ohrlabjrinth  befindet.  Die 
Entwickelung  dieser  beiden  Sinne  nimmt  bei  ihrer  Vergrösserung  und  Erwei- 
terung gleichfalls  sogar  die  Bildungsmassen  des  unterliegenden  Visceralstrei- 
fens  in  Anspruch.  Vorzüglich  ist's  die  Augenhöle,  wie  schon  erwähnt, 
welche  sich  mächtig  nach  unten  und  hinten  ausdehnt  und  in  der  späteren 


23 

Zeit  über  seine  ursprüngliche  Lage  oft  irre  leiten  kann.  Obschon  anfangs 
vorn  zur  Seite  der  Stirnwand  liegend  überschreitet  sie  später  naci»  hinten 
nicht  allein  den  entsprechenden  ersten  Wirbel,  sondern  reicht  sogar  bis  in 
die  Mitte  des  zweiten  hinein.  Ihr  entgegen  tritt  das  Ohrlabyrinth,  welches 
jedoch  bei  den  Frösclten  weniger  in  seiner  Entwickelung  nach  vorn  als  nach 
unten  die  Bildungsmasse  des  zweiten  Visccralbogens  beeinträchtigt. 

Bei  den  hoJieren  Wirbel thieren  scheint  die  Anlage  des  Ohrlabyrinthes 
gleich  anfangs  mehr  oder  weniger  dem  ersten  Wirbel  und  seinem  Visceral- 
bogen  anzugehören  und  der  zweite  Visceralfortsatz  liegt  unmittelbar  darunter. 
Diese  Bildungsverschiedenheit  scheint  mir  wiederum  auf  die  ursprünglich  ab- 
weichende Kopfform  beider  Abtheilungen  der  Wirbelthicre,  auf  die  Gesichts- 
kopfbeuge, zurückführbar.  Denn  dadurch  erhielt  besonders  der  zweite  Kopf- 
wirbcl  eine  mehr  schräge  gegen  die  horizontale  Ebene  des  Embryo  geneigte 
Lage  und  das  dahinter  liegende,  sich  vergrössernde  Ohrlabyrinth  rückt  so 
gleichsam  über  den  zweiten  Wirbel  hinweg  dem  ersten  näher.  Am  bemerk- 
barsten war  diese  Erscheinung  natürlich  bei  den  Säugethieren.  Gehen  wir 
nun  noch  weiter  in  der  Beachtung  der  durch  die  Gesichts -Kopf  beuge  begün- 
stigten Entwickelungsmomente ,  so  erscheint  sie  uns  auch  als  ein  Erleich- 
terungsmittel für  die  Bildung  der  Gehörknöchelclien.  Sie  unterstützte  da- 
durch die  EntAvickelung  des  wichtigsten  Bewegungsknöchelchens  am  Ohrlaby- 
rinthe, des  Steigbügels  und  der  Kolumella  aus  dem  zweiten  Visceralbogen  j 
sie  machte  es  möglich,  dass  TJieile  vom  ersten  Visceralfortsatz  (Ambos  und 
Hammer)  für  den  Bedarf  des  Gehörorgans  verwendet  werden  konnten. 

Indem  wir  so  stets  geneigt  sind  die  späteren  Entwickelungs-Phänome 
auf  vorangegangene  zurückzuführen,  wollen  wir  sie  durchaus  niclit  als  noth- 
wendige  Folgen  derselben  betrachtet  wissen  und  die  individuelle  Form  hievon 
unmittelbar  allein  abhängig  darstellen.  Bei  den  Lebensenergien  ist,  wie  der 
grosse  Kant  sagt,  Alles  Mittel  und  Zweck  zugleich j  Alles  gehorchet  einer 
überall  sich  gleich  zeigenden  höheren  Einheit.  Die  umgekehrte  Betrach- 
tungsweise bleibt  anderen  Wissenschaften  anheim  gestellt  j  für  die  Entuicke- 
lungsgeschichte  ist  der  von  uns  beobachtete  Weg  der  normalste. 

§.  13.  Zur  plastischen  Bildung  des  Gesichtes  hatten  die  vorderen  Stirn- 
fortsätze, die  Gesichtsbasis  und  die  Bildungsstreifen  der  Oberkiefer  das  Fun- 


24 


dament  gelegt.  Die  Vervollständigung  desselben  geschieht  nun  durch  die 
Entstehung  des  letzten  dem  Gesichte  eigenthüralichen  Grundbestandtheiles; 
des  oberen  Zwischenkiefers.  Derselbe  erhebt  sich  von  der  vorwachsenden 
Gesichtsbasis  da ,  wo  dieselbe  mit  den  Stirnfortsätzen  und  den  Oberkiefern  in 
Berührung  steht.  Als  zwei  mehr  häutige  Bildungsmassen  auftretend,  cntwik- 
kelt  er  sich  auf-  und  vorwärts  und  füllt  den  Raum  zwischen  den  vorderen 
Stirnfortsätzen  und  den  Oberkiefern  aus,  um  die  Formirung  des  Nasenkanals 
zu  jeder  Seite  zu  vollenden.  Dieser  Vorgang  ist  durchaus  dem  der  höheren 
Wirbelthiere  ähnlich ,  nur  dass  namentlich  bei  den  Vögeln  der  seitliche  Stirn- 
fortsatz mächtig  ins  Mittel  tritt.  Die  nächste  Folge  des  hervorwachsenden 
Zwischenkiefers  ist  die  Umbildung  des  vorderen  Visceraleinganges  zur  Mund- 
offnung,  indem  dieselbe,  allmählig  aus  einer  einfachen  perpendikulairen  Spalte 
m  ein  mit  abgerundeten  Ecken  versehenes  Quadrangulum  übergegangen,  nun 
in  eine  horizontale  Spalte,  die  eigentliche  MundöfFnung,  sich  verwandelt. 
Bei  diesem  letzteren  Bildungsakte  erweitert  sich  die  Substanz  des  oberen 
Zwischenkiefers  seitlich  über  die  Oberkiefer -Streifen  hinweg  gegen  den  er- 
sten Visceralbogen  und  bedeckt  bei  den  ungeschwänzten  Batrachiern 
um  die  jetzige  Zeit  denselben  soweit,  dass  nur  sein  mittleres  sich  besonders 
entwickelndes  Stück  frei  bleibt  und  als  unterer  Zwischenkiefer  fungirend  die 
hintere  Mundbgerenzung  übernimmt,  so  wie  die  oberen  Zwischenkiefer 
jetzt  allein  die  vordere.  Durch  die  eigenthiimliche  Lagerung  der  für  das 
Gesicht  hervorwachsenden  Bildungsfortsätze  der  beiden  Röhren  des  Wirbel- 
systems  über  und  vor  der  vorderen  ViscerairÖhren-OeiFnung,  erhalten  diesel- 
ben also  neben  dem  ursprünglichen  Zwecke,  die  NasenhÖle  zu  bilden,  noch 
eine  zweite  Bestimmung,  nämlich  die  obere  Mundhölenwand  zu  konstituiren. 
Die  Gebilde,  welche  von  der  unteren  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens 
die  untere  Mundhölenwand  formiren,  treten  alsdann  zu  dem  ursprünglichen 
Gesichte  accessorisch  als  untere  Gesichtshälfte  hinzu.  Bei  dem  Frosche  wird 
dieselbe  gegenwärtig,  wie  wir  gesehen,  durch  das  individuell  sich  ent- 
wickelnde Schlussstück  des  ersten  Visceralbogens  gebildet. 

§.  14.    Mit  der  Vollendung  dieses  Entwickelungs Vorganges  ist  auch  die 
vollständige  Form   des  Froscliembryo  gebildet.     Jn  so  fern  derselbe  eine 


25 


Larvenzeit  zu  durchleben  hat,  sind  auch  die  Urbestandtheilc  des  Kopfes  natür- 
lich demgemäss  individuell  schon  geformt. 

Von  den  einzelnen  Gesichts  -  Bestandtheilen  kann  man  am  besten  sich 
dadurch  überzeugen,  dass  man  solche  Embryonen  eine  halbe  Stunde  hindurch 
in  schwacher  Salpetersäure  aufbewahrt.  Alsdann  lassen  sich  die  einzelnen 
Gebilde  sein  leicht  absondern.  Das  ist  auch  der  einzige  Vortheil,  den  man 
von  dieser  Aufbewahrung  der  Embryonen  hat.  Zu  sonstigen  Untersuchungen 
ist  die  Substanz  hiedurch  zu  bröcklich  geworden  und  duldet  keine  Befesti- 
gungsmittel. 

Wichtig  ist  noch  bei  der  Vollendung  des  Froschlarvenzustandes  die 
Entstehung  einiger  Theile  aus  der  schwarzen  ümhiillungshaut.  Diese  Mem- 
bran scheint  so  eigentlich  für  den  Larvenzustand  der  Frösche  vorhanden  zu 
sein  und  ist  in  diesem  Sinne  mit  der  Puppenhülle  zu  vergleichen,  unter 
welcher  das  vollkommene  Insekt  sich  ausbildet.  Unter  ihrem  Schutze  ent- 
wickeln sich  die  Rücken-  und  Visceralplatte  schon  frühzeitig  selbstständiger 
zu  dem  animalischen  Systeme.  Sie  bildet  sehr  frühe  schon  die  öfters  ge- 
nannten Sauggrübchen,  welche  mit  dem  Hervorwachsen  des  ersten  Visceral- 
bogens  immer  weiter  nach  unten  gedrängt  wird  und  zur  Anheftung  der 
Embryonen  an  andere  Körper  dient.  Jetzt,  nachdem  die  MundöfFnung  pla- 
stisch gebildet  dasteht,  entwickelt  sie  an  derselben  hornartige  braungefarbte 
Lamellen,  welche  sich  in  ihrer  Form  nach  den  Kiefern  richten  und  unmit- 
telbar an  dieselben  angefügt  sind.  Sowohl  an  dem  oberen  als  dem  unteren 
analogischen  Zwischenkiefer  bestehen  sie  aus  zwei  Stücken,  w^elche  ihren  An- 
heftungstheilen  entsprechend  oben  eine  mehr  halbzirkelförmige,  an  der  un- 
teren Mundbegrenzung  zwei  unter  einem  Winkel  geneigte  Flächen  darstellen. 
Diese  hornartigen  Lamellen  sind  die  ephemeren  für  den  Larvenzustand  be- 
stimmten Fresswerkzeuge  der  Frösche  und  erinnern,  wie  Ant.  Duges  mit 
Recht  sagt,  an  die  Zähne  der  Kephalopoden.  Rund  um  diese  hornartigen 
Stücke  zieht  sich  eine  dünnere  schwarzgefärbte  Hautfalte  derselben  Umhül- 
lungsmembran, und  giebt  der  ganzen  Mundöffnung  eine  Kreisform.  Dass  diese 
Gebilde  sämmtlich  von  der  schwarzen  Umhüllungshaut  ausgehen,  davon  kann 
man    sich  leicht    überzeugen,    wenn   man   die   letztere   abzieht   und  die 

4 


26 


hornartigen  Lamellen  an  ihr  haften  bleiben,  und  dann,  wann  später  mit 
ihrem  Verkümmern  auch  jene  hinschwinden. 

H.  a  p  i  t  e  1  II. 

Die  typische  Ausbildung  des  Kopf-Knorpelskelets. 
Ueber  die  Sonderung  des  Blastem a  der  Rücken-  und  Visceralplatten  im  Allgemeinen. 

§.  15.  So  lange  wir  mit  der  rein  formalen  Entwickelung  des  Embryo 
zu  thun  gehabt,  zerfällt  das  seröse  Blatt  in  vier  Theile:  in  die  schwarze 
Umhülhingshaut;  in  die  Oberhaut:  in  diejenige  Bildungssubstanz,  welche 
Rücken-  und  Visceralplatten  mit  den  respektiven  Vereinigungshäuten  umfasst: 
endlich  am  meisten  nach  innen  in  die  nächsten  ümhiillungshäute  der  in  den 
Wirbelröhren  befindlichen  Organe. 

Bis  jetzt  liess  sich  von  der  Trennung  der  animalischen  Bildungssub- 
stanz in  Weich-  und  Hartgebilde  Nichts  wahrnehmen.  Die  Natur  bedurfte 
noch  zu  wichtiger  Veränderungen  der  Form  und  zu  nothwendiger  Neubil- 
dungen, als  dass  ein  konstanteres,  festeres  Material  hätte  anwesend  sein  kön- 
nen. Sobald  aber  die  formale  Bildung  beendet,  ist  auch  der  Zeitpunkt  ge- 
kommen, wo  die  Sonderung  des  Blastema  in  weichere  und  härtere  Theile 
eintritt.  Man  beobachtet  in  der  Art,  wie  dieser  Vorgang  bei  den  niederen 
Wirbelthieren  erfolgt,  eine  geringe  Abweichung  von  der  bei  den  höheren, 
welches  wahrscheinlich  nur  auf  die  höhere  Ausbildung  des  animalischen  Sy- 
stems der  letzteren  beruht.  Bei  ihnen  liegen  die  festeren  Gebilde  namentlich 
der  Visceralbogen  mehr  inmitten  der  Bildungssubstanz  derselben  und  die 
weicheren  Massen  umgeben  die  knorpelartigen  und  knorpligen  Bildungen. 
Einen  knorpelartigen  Zustand  der  festeren  Gebilde  habe  ich  bei  den  niede- 
ren Wirbelthieren  weniger  unterscheiden  können,  sondern  sehr  bald  einen 
völlig  knorpligen,  und  die  Weichgebilde  befanden  sich  alsdann  meistens  an 
der  äusseren  Fläche  derselben  gelagert. 

Befreit  man  einen  Embryo,  dessen  äussere  Kiemen  sich  beinahe  voll- 
ständig ausgebildet,  von  der  schwarzen  Umhüllungshaut  und  der  Cutis -An- 
lage, (Fig.  11.  Tab.  I.)  so  beobachtet  man  als  frühste  Sonderung  der  Bil- 
dungsmasse die  ersten  Spuren  besonders  zweier  hervortretender  Muskelpartieen 


27 


am  Kopfe.  Sie  markiren  sich  als  eine  durch  ihre  weissliche  Färbung  sich 
auszeichnende  Substanz,  an  welcher  nur  eine  geringe  Faserung  sichtbar  ist. 
Die  eine  entspringt  unterhalb  des  Auges  von  dem  oberen  Ende  des  ersten 
Visceralbogens  da,  wo  derselbe  mit  dem  zweiten  sich  vereinigt  hat  und 
geht  schräg  nach  unten  und  hinten  zu  der  obersten  Abtheilung  des  frei 
stehenden  zweiten  Visceralbogens,  Von  dem  hinteren  Rande  dieses  letzteren 
dagegen  zieht  sich  die  zweite  Partie  nach  der  Mitte  des  Embryo,  avo  sie  sich 
über  dem  Mittelstlick  des  zweiten  Visceralbogens  mit  der  respcktiven  der  an- 
deren Seite  in  einer  gradcn  Linie  vereinigt.  Die  erstere  Muskelschicht  hebt 
den  häutigen  Kiemendeckel  des  zweiten  Visceralfortsatzes j  die  letztere  ist  der 
Antagonist  und  schliesst  die  Kiemenspalte  wieder. 

Ausserdem  findet  sich  eine  zweite  Reihe  von  Muskel- Andeutungen, 
welche  sich  auf  die  Bewegungen  der  Kiefer  beziehen.  Die  eine  Partie  zieht 
sich  hinter  der  unteren  Abtheilung  des  ersten  Visceralfortsatzcs  parallel  der- 
selben nach  der  Mittellinie  des  Embryo,  wo  sie  mit  der  respektivcn  der  ande- 
ren Seite  hinter  den  sogenannten  unteren  Zwischenkiefer  sich  vereinigt.  Sie 
dient  zur  Verengerung  des  Mundes,  wie  wir  später  uns  überzeugen  werden. 
Die  andere  unter  dieser  ersten  Muskelschicht  verlaufende  entspringt  von  dem 
Vereinigungsstücke  der  beiden  zweiten  Visceralfortsätzc  und  setzt  sich  an  die 
erwähnten  unteren  Zwischenkiefer,  um  dieselben  nach  hinten  zu  ziehen,  Sie 
zeigt  am  frühsten  ilire  Muskelfasern.  Die  anderen  sich  bald  bildenden  Mus- 
kelpartieen  betrachten  wir  später,  wann  die  sie  tragenden  Knorpel  näher  un- 
tersucht sein  werden, 

A.    Entwickelung  des  Kopf-Knorpelsystems  der  Froschlarve. 
Grundlegung  der  Kopfknorpel. 

§.  16.  Obschon  einseitig,  so  ist  es  nicht  ohne  Interesse,  die  Bildung 
des  Knorpclsystems  mit  dem  Gedanken  zu  verfolgen,  wie  die  Natur  besonders 
zwei  Tendenzen  hiebci  beobachtet.  Sie  entwickelt  einmal  die  individuelle 
Form  der  Larve  selbst  sammt  Allem,  was  zu  deren  Existenz  noth wendig  er- 
scheint. Zugleich  aber  hat  sie  auch  auf  das  künftig  auszubildende  Individuum 
Rücksicht  zu  nehmen,  damit  aus  der  bestehenden  Larveivform  ohne  Hinder- 
nisse und  ohne  das  Leben  der  Larve  zu  gefährden  der  vollkommene  Frosch 

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■4 


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nach  und  nach  sich  entwickeln  könne,  Sie  muss  aus  einem  Uitypus  zweier-; 
lei  ziemlich  stark  abweichende  individuelle  Gestalten  nacheinander  hervorbil. 
den.  Es  ist  liier  nicht  der  Ort  ins  Einzelne  diese  Betrachtungsweise  zu  ver- 
folgen. Wir  machen  nur  die  allgemeine  Bemerkung,  dass  die  Natur  da,  wo 
sie  Knorpel  des  Larvenzustandes  nicht  direkt  in  die  Theile  des  vollkommenen 
Thieres  verwandeln  kann,  dass  sie  hier  gewisse  ursprüngliche  Bildungshestand- 
theile  gleichsam  brach  liegen  lässt  und  dafür  andere  Stücke  individueller 
ausbildet. 

Der  Embryo  hat  beim  Beginn  dieser  Periode  die  äusseren  Kiemen  noch 
in  seiner  höchsten  Entwickelung,  um  sie  bald  in  den  Verkümmerungsprozess 
vergehen  zu  lassen.  Denn  innerhalb  der  Visceralrohre  haben  sich  um  diese 
Zeit  an  den  Aortenbogen  Knorpel  entwickelt,  welche  an  den  Seiten  mit 
Zacken  versehen  sind,  woran  die  sich  jetzt  allmählig  ausbildenden  inneren 
Kiemen  befestigen.  Von  den  Extremitäten  lassen  sich  als  etwas  weiter  hervor- 
, gebildete  Anlagen  nur  die  oberen  unterscheiden;  sie  liegen  natürlich  verdeckt 
von  der  schwarzen  Umliüllungshaut. 

§.  17,  Die  Schädelhöle  ist  da,  wo  sie  als  Hirndecke  auftritt,  rein 
häutig,  wie  es  scheint,  noch  von  der  oberen  Vereinigungshaut  gebildet j 
auf  der  Grenze  zu  den  Rumpfwirbeln  treten  die  Rückenplatten  des  Kopfes 
näher  zusammen.  Dagegen  ist  die  Basis  des  Schädels  mit  den  Seitenthei- 
len  mehr  oder  weniger  in  einen  häutigen  einfachen  Knorpel  verwandelt,  an 
welchem  man  von  unten  gesehen  nur  den  ersten  Kopfwirbel  etwas  deutlicher  abge- 
zeichnet vorfindet.  Etwas  später  aber  markiren  sich  alle  drei  Wirbel  nach 
Hinwegnahme  der  häutigen  Hirndecke  an  der  Oberfläche  der  Basis  der  Schä- 
delhöle (Fig.  15.  Tab.  I.)  ziemlich  deutlich j  ja,  man  wird  bei  ihrem  Anblicke 
unmittelbar  an  die  sich  ähnlich  abzeichnende  untere  Oberfläche  der  häutigen  Basis 
der  Säugethicre  erinnert Die  Gehirnabtheilungen  sind  hier  das  Entscheidende. 

Der  vordere  Theil  der  häutigen  Gehirndecke  geht  beinahe  unmerklich 
in  die  häutig -knorpligen  vorderen  Stirnfortsätze  über,  welche  übrigens  ganz 
formlos  sich  nicmbranartig  ausdehnen  und  nur  seitlich  einen  Ausschnitt  l'tir 
die  äussere  Nasenößnung  zurücklassen.      An  ihnen  befinden  sich  vorn  die 


*)  Siehe  meine  Abhandlung  im  Müllerschen  Archiv  1837. 


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oberen  Zwischenkiefer,  gleichfalls  mehr  häutig -knorplig.  Sie  tragen  die  braun 
gefärbten  hornartigen  Lamellen.  Zwischen  den  Stirnfortsätzen  und  den  re- 
spektiven  oberen  Abtheilungen  des  ersten  Visceralbogens  sieht  man  die  Bil- 
dungsmasse  des  Oberkiefers  an  den  umgebenden  Verwandlungen  in  den  Knor- 
pelzustand durchaus  keinen  Antheil  nehmend,  sondern  so  daliegend  wie  sie 
sich  ursprünglich  hervorbildete.  Ebenso  verhält  sich  auch  die  Gesichtsbasis.  — 

§.  18.  Die  genannten  Sinneswerkzeuge  des  Schädels,  das  Auge  und  Ohr, 
erscheinen  jetzt  an  den  Seitentheilen  desselben  gleichsam  wie  angeheftet  und 
mit  der  innern  Hole,  aus  welcher  sie  anfänglich  hervorzukommen  scheinen, 
nur  durch  die  Nerven  in  Verbindung  stehend.  ( Tab.  1.  Fig.  14. )  Das  Auge 
ist  in  seinen  Hauptbestandtheilen  leicht  erkennbar,  und  seiner  Lage  nach 
wieder  etwas  mehr  nach  hinten  gerückt.  Das  Labyrinth  des  Ohres  hat  jetzt 
die  festeste  Knorpelkonsistenz  von  sämmtlichen  Gebilden  5  es  lassen  sich  mehre 
Kalkkonkremente  wahrnehmen,  doch  nirgend  sah  ich  jetzt  die  Spur  einer 
Oeffnung  ausser  jener  für  die  eintretenden  Nerven.  Es  hat  seine  Lagerung 
mehr  nach  unten  erhalten,  daher  es  von  aussen  sich  gegenwärtig  nicht  so 
augenscheinlich  präsentirt.  Man  kann  übrigens,  wie  gesagt,  dieses  knorplige 
Ohrlabyrinth  jetzt  so  vollkommen  frei  von  der  Schädelröhre  loslegen, 
dass  weder  ersteres  noch  diese  letztere  im  Mindesten  dadurch  in  ihrer  Form 
und  Gestalt  zerrüttet  werden.  Wer  die  Entwickelung  des  Ohrlabyrinthes 
uranfänglich  verfolgt  und  vorliegenden  Larvenzustand  einmal  präparirt  hat, 
der  kann  unmöglich  glauben,  dass  das  Ohrlabyrinth  bei  seiner  späteren  Ver- 
knöcherung einen  wesentlichen  Theil  der  im  Wirbeltypus  gebildeten  Schä- 
delhÖle  ausmache.  — 

§.  19.  Was  nun  die  Visceralbogen  betrifft  (Tab.  L  Fig.  15.),  so  bieten 
sie  uns  folgende  Veränderungen  dar.  Im  Allgemeinen  trennt  sich  jeder  Vis- 
ceralbogen ,  wie  schon  in  der  Entstehung,  so  noch  deutlicher  in  der  ferneren 
Ausbildung  in  zwei  Abtheilungen.  Die  obere  liegt  an  dem  Schädel  und  ent- 
wickelt sich  durch  JMetamorphose  des  ursprünglichen  Visceralstreifens.  Die 
zweite  und  untere  entsteht  aus  dem  eigentlichen  Visceralfortsatz  und  bildet 
mit  dem  der  anderen  Seiten  den  eigenthümlichen  Bogen.  Demgemäss  schei- 
det sich  der  erste  Visceralbogen  in  zwei  Theile.  Der  obere  ist  derjenige, 
welcher  beim  Frosche  wegen  der  weiten  Ausdehnung  des  ursprünglichen 


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Bildlingstreifens  nach  vorn  theilweise  als  Bildungsbestandtheil  der  vorderen 
oder  oberen  Gesichtshälfte  auftritt,  und  von  welchem  wir  auch  die  Oberkie- 
ferbildungsmasse sich  entwickeln  sehen.  Der  untere  und  zweite  erscheint 
mehr  für  die  untere  Gesichtshälfte,  für  die  Unterkieferbildiingen,  bestimmt. 
Bei  den  höheren  Wirbelthieren  waren  diese  beiden  Theile  augenscheinlicher 
durch  ihren  verschiedenen  Verlauf  abgeschieden  und  die  seitliche  Biegung, 
in  welcher  sich  das  Quadratbein  oder  seine  Analoga  entwickelten,  machte 
ihre  Grenze.  Bei  den  nackten  Amphibien  und  Fischen  muss  wegen  des  Man-j 
gels  einer  seitlichen  Biegung  des  ersten  Visceralbogens  diese  Abgrenziings- 
weise  natürlich  wegfallen.  Dagegen  giebt  uns  hier  die  Bildungsmasse  des 
Oberkiefers  ein  Scheidungsmittel.  Der  an  dieselbe  anstossende  Theil  des 
Visceralbogens,  welcher  mithin  zur  unteren  Gesichtsabtheilung  gerechnet 
werden  muss,  wird  jetzt  zwar  von  dem  oberen  Zwischenkiefer  mit  seinen 
hornartigen  Lamellen  bedeckt,  so  dass  nur  der  uneigentlich  sogenannte  un- 
^  tere  Zwischenkiefer  für  die  Mundölfnung  gänzlich  frei  bleibt.  Indessen  liegt 
^  derselbe  nur  dem  Visceralbogen  an,  ohne  in  irgend  einer  festeren  als  band^^ 
artigen  Verbindung  mit  ihm  zu  stehen.  Zu  einer  zweiten  Bestimmungshiife 
der  Abtheihmgen  des  ersten  Visceralbogens  dient  uns  auch  das  Auge.  Ob^ 
gleich  dasselbe  ursprünglich  zur  Seite  der  Rückenplatte  sich  zeigte,  so  be-> 
merkten  wir  schon  früher,  dass  es  in  der  ferneren  Ausbildung  mehr  nach 
hinten  und  unten  sich  ausdehnte  und  dadurch  in  Konflikt  mit  der  oberen  Ab- 
theilung des  Visceralbogens  trat.  Dieselbe  ward  dadurch  in  ihrer  Bildungs- 
substanz gewissermaassen  auseinander  getrieben  und  eine  kleinere  hintere 
Partie  verband  sich  auf  diese  Weise  mit  der  oberen  Abtheilung  des  zweiten 
Visceralbogens,  während  die  unteren  Abtheilufjgen  beider  Bogen  von  hier 
in  einer  mehr  freien  Vereinigung  hinunterstiegen. 

Die  obere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens,  so  wie  die  entspre- 
chende des  zweiten  kondensiren  ihre  Bildungssubstanz  weit  später,  als  die 
freier  stehenden  unteren  Hälften.  Sie  stimmen  darin  mit  den  Gesichtsbe- 
standtheilen  überein  und  sind  in  der  ersten  Zeit  dieser  Periode,  wo  die 
äusseren  Kiemen  im  Verkümmerungsprozesse  begriifen  sind,  mehr  häutiger 
Natur,  Eine  Ausnahme  macht  nur  die  Partie,  welche  den  unmittelbaren 
Träger  der  freiem  Abtheilungen  ausmacht  und  natürlich  in  Knorpelzustand 


31 


übergeht.  Wir  ziehen  die  Betrachtung  derselben  der  Deutlichkeit  wegen 
und  mit  Rücksicht  auf  die  individuelle  Ausbildung  der  Froschlarve  zu  den 
unteren  Hälften  des  ersten  Visceralbogens. 

§.  20.  Die  untere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens,  welche  zum 
Bedarf  des  Froschlarven  -  Lebens  sehr  bald  sich  verknorpelt,  lassen  wir  dem- 
nach jederseits  in  drei  Abschnitte  zerfallen.  Von  diesen  war  der  unterste 
schon  in  seiner  ursprünglichen  Bildungsmasse  individuell  geformt  und  bildete 
diesem  gemäss  den  Knorpel,  ohne  von  seinem  Volumen  Etwas  einzubQssen 
oder  zu  anderen  Zwecken  zu  verwenden.  Der  Knorpel  hat  auch  dieselbe 
Anlieftung  an  der  anliegenden  Visceralbogen  -  Partie,  wie  ehedem  seine  Bil- 
dungssubstanz, und  vereinigt  sich  mit  dem  respektiven  der  anderen  Seite  in 
der  Mitte,  ohne  daselbst  ein  Gelenk  zu  bilden.  Wir  nannten  ihn  uncigentlich 
den  unteren  Zwischenkiefer,  insofern  im  Vergleich  zu  den  höheren  Wirbel- 
tliieren  allerdings  das  denselben  unmittelbar  entwickelnde  Blastema  bei  letz- 
teren an  seiner  äusseren  Fläche  den  unteren  Zwischenkiefer,  in  sich  selbst 
aber  das  keilförmige  Ende  des  Meckelschen  Knorpels  formirt.  Wir  haben 
mithin  zur  Rechtfertigung  unserer  Benennung  nur  die  gleiche  Function  der 
Theile,  doch  wollen  wir  sie  der  leichteren  Beschreibung  Avegen  beibehalten. 

lieber  ihm  liegt  nun  der  zweite  Abschnitt,  ohne  gleichfalls  im  Wesent- 
lichen von  der  frühen  Bildungsform  in  Etwas  abzuweichen.  Er  wird  von 
dem  oberen  Zwischenkiefer  bedeckt.  Seine  Verbindung  mit  dem  unteren 
Zwischenkiefer  ist  fest  und  keiner  gelenkigen  BevAegung  fähig.  Hievon 
kann  man  sich  überzeugen,  wenn  man  diesen  Knorpel  fixirt  und  nun  das 
Vor-  und  RückAAärtsbewegen  der  unteren  Z^vischenkicfer  unmöglich  Avird. 
Der  deutlicheren  Uebersicht  Avegen  und  um  die  Namen  nach  den  Entwicke- 
lungszuständen  nicht  zu  oft  zu  Avechseln,  wollen  Avir  anticipirend  in  Ueber- 
einstimmung  mit  den  Benennungen  bei  den  hölieren  Wirbelthieren  diesen 
Knorpel  als  den  Meckelschen  bezeichnen.  Er  bildet  scheinbar  ZAAar  nicht 
das  Schlusstück  des  ersten  Visceralbogens,  doch  zeigt  sich  an  seiner  äusseren 
Fläche  später  der  Unterkiefer,  und  die  uranfängliclien  Bildungssubstanzen,  in- 
sofern sie  unter  der  oberen  Abtheilung  des  Visceralbogens  gelegen  sind,  ent- 
sprechen sich  vollkommen.  Wollen  Avir  übrigens  den  uneigentlidi  so  genann- 
ten unteren  Zwischenkiefer,   Avelchcr  gegenwärtig  gleichsam  gesondert  vom 


\ 


32 


Meckelsclien  Knorpel  den  mittleren  Schliiss  des  knorpligen  ersten  Visceralbö- 
gens  ausmacht,  nach  der  Entwickelung  erläutern,  so  müssen  wir  denselben 
für  das  abgelösete,  wie  mir  scheint,  nur  für  das  Froschlarven- Leben  so  indi- 
viduelle ausgebildete,  keilförmige  Schlusstück  des  Meckelsclien  Knor- 
pels halten. 

lieber  dem  Meckelschen  Knorpel  liegt  endlich  der  dritte  Abschnitt.  Er 
ist  von    den  genannten   der  wiclitigste,   wozu  ihn  jetzt  schon  Form  und 
Lage  maclien.    Eigentlich  gehört  er,  wie  oben  erwähnt  wurde,  zu  der  obe- 
ren oder  Schädel  -  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens,  und  wir  beschreiben 
ihn  hier  aus  schon  genannten  Gründen.     Seine  Function  ist  gewissermaassen 
die  mittelbare  Anheftung  der  freieren  unteren  Abthcilungcn  beider  Visceral- 
bogcn.     Demgemäss  tritt  seine  Bildungsmasse  nacli  hinten  mit  der  ob<^ren 
Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  in  Verbindung  und  bei  der  Verwand- 
lung in  Knorpel  geht  dieselbe  häutig  in  letztere  über.    Ueber  diesem  Verbin- 
dungs-Stück ist  das  Auge  gelegen,  darunter  befestigt  sich  die  untere  Abthci- 
lung    des    zweiten    Visceralbogens.      Dadurch    erhält    der    Knorpel  eine 
komplizirte  Form,   welclic  sich    nicht  sowohl    beschreiben,    als  nacli  den 
Verbindungsthcilen  bestimmen  lässt.     Nach  vorn  und  oben  verläuft  er  häutig 
in  die  unausgebiidete  obere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens,  nach  hinten 
und  oben  auf  gleiche  Weise  in  den  gleichbenannten  Theil  des  zweiten;  nach 
vorn  und  unten  befindet  sich  ein  knorpliger  Fortsatz  mit  einer  Gelenkgrube 
für  die  untere  Abtheilung  des  ersten,  nach  liinten  und  unten  eine  hervorstcr 
hcndc  Gelenkfläche  für  die  gleichbenannte  Hälfte  des  zweiten  Visceralbogens. 
Ausserdem  entwickelt  dieser  Knorpel  von  seiner  äusseren  Fläche  zwischen 
den  beiden  Gelcnkgruben  einen  anfangs  mehr  häutigen,  nach  und  nach  aber 
knorplig  werdenden  Fortsatz,  welcher   sich  allmählig   aufwärts  gegen  das 
Auge  erhebt  und  mit  seiner  abgerundeten  Spitze  in  der  Gegend  befestigt, 
wo  die  vorderen  Stirnfortsätze  von  der  Stirnwand  ausgehen.      Seine  äussere 
Grenzlinie  gleichet  der  Begrenzung  einer  Hyperbel  ^  die  äussere  Fläche  ist 
etwas  gewölbt,  die  innere  konkav.      Dieser  Fortsatz  ist  für  die  Entwicke- 
lungsgeschichte  von  Wichtigkeit  und  er  mag  daher  mit  dem  besonderen  Na- 
men „Orbitalfoitsatz"  bezeichnet  werden.      Gegenwärtig  scheint  er  nur  zur 
Anheftung  von  Muskeln  zu  dienen,  auf  die  wir  späterhin  zurückkommen ^ 


\ 


33 

auch  kann  er  den  ganzen  Knorpel  inniger  an  den  Schädel  befestigen.  Die 
Benennung  dieses  so  komplizirten  Knorpels  anlangend  wollen  wir  wiederum 
vorgreifen  und  im  Einklänge  mit  den  höheren  Wirbelthieren  ihn  für  den 
Quadratbeinknorpel  erklären.  Wir  halten  uns  jetzt  schon  seiner  Lage  und 
Funktion  nach  dazu  berechtigt;  die  spätere  Entwickelung  wird  es  bekräftigen. 

§.  21.    Von  dem  zweiten  Visceralbogen  haben  wir  die  obere,  mehr 
häutige  Abtheilung  schon  genügend  besprochen  und  wir  bemerken  nur  noch, 
dass  dieselbe  durch  die  Ausbildung  des  Auges  und  Ohrlabyrinthes  sehr  be- 
einträchtigt wird.     Die  untere  dagegen  wird  durch  ein  plattes  knorpliges 
Mittelstück  mit  dem  respektiven  der  anderen  Seite  verbunden.    Dieser  letz- 
tere platte,  längliche  Mittelknorpel  ist  an  seinen  Seiten  ausgeschnitten,  um 
die  konvexen  Ränder  der  anstossenden  Knorpel  aufzunehmen.    Vorn  ist  er 
nicht  ganz  genau  begrenzt  und  hinten  geht  er  in  eine  häutig -knorplige  Mem- 
bran über,  welche  ähnlich  ausgeschnitten,  wie  er  selbst,  an  den  konkaven 
Seitenrändern  die  drei  knorpligen  Kiemenbogen  angeheftet  hält,  und  nach 
hinten  mit  den  noch  nicht  vereinigten  Visceralplatten  des  Rumpfes  durch 
mehre  Fasern  in  Verbindung  steht,    lieber  dieser  Membran  liegt  das  Herz, 
unter  welchem  die  Membrana  reuniens  inferior  von  der  Gegend  des  zweiten 
Visceralbogens  zum  Bauche  hin  verläuft.    Wir  werden  späterhin  über  die 
Gegend  zwischen  dem  zweiten  Visceralbogen  und  der  Visceralplatte  des  Rum- 
pfes, wo  sich  die  genannte  Membran  mit  dem  Kiemenapparate  vorfindet, 
übersichtlich  unsere  Beobachtungen  mittheilen.  Sie  gehört  streng  genommen 
nicht  ganz  zu  der  Visceralröhre  des  Kopfes  und  wir  ziehen  sie  nur  in  unsere 
Betrachtungen,  weil  sie  an  jener  gelegen  und  mit  ihr  in  Verbindung  tritt. 
Zwischen  dem  länglichen  platten  Mittelstück  des  zweiten  Visceralbogens  und 
dem  vorliegenden  unteren  Zwischenkiefer  häuft  sich  in  der  dazwischen  ver- 
laufenden Membran  etwas  später  die  Bildungsmasse  auf  und  deutet  uns  die 
erste  Anlage  der  Zunge  an.    Daher  benennen  wir  jetzt  schon  dieses  knorp- 
lige Mittelstück  des  zweiten  Visceralbogens  mit  dem  Knorpel  des  Zungen- 
beinkörpers. 

Neben  ihm  befinden  sich  nun  die  Seitentheile  anfangs  von  länglich- 
runder Form.  Sie  sind  an  der  nach  hinten  gehenden  Partie  des  Quadrat- 
beinknorpels gelenkig  befestigt.  Ihre  hinteren  und  vorderen  Ränder  verlaufen 

'  5 


konkav,  so  dass  die  Extremitäten  des  Knorpels  verbreitert  werden.  Der  un- 
tere Rand  hat  eine  konvexe  Form  und  schliesst  sich  an  die  anstossenden  kon- 
kaveö  Seiten  des  Mittelstücks  fest  an.  An  dem  breiteren  oberen  Ende  unter- 
scheidet man  die  nach  vorn  liegende  Gelenkfläche  und  einen  nach  hinten  sich 
ausdehnenden  Fortsatz,  an  welchem  der  häutige  Kiemendeckel  befestigt  ist. 
Dieser  ist  gegenwärtig  schon  in  seinem  Verküramerungsprozesse  begriffen  und 
leicht  abtrennbar.  Ihrer  späteren  Funktion  und  ursprünglichen  Lage  nach 
sind  diese  Seitenknorpel  für  die  Suspensoria  des  Zungenbeinkörpers  zu  halten. 

Vollendung  des  Kopf-Knorpelskelets  der  Froschlarve. 
§.  22.  So  weit  reicht  die  erste  Periode  der  Knorpelbildung,  in  wel- 
cher wir  die  äusseren  Kiemen  und  Saugnäpfchen  im  gänzlichen  Verschwinden 
begriffen  sahen.  Die  zweite  Periode  umfasst  die  vollständige  Metamorphose 
der  Verknorpelung.  Die  Larve  lebt  nur  mit  inneren  Kiemen  und  die  äussere 
Kiemenspalte  oder  zweite  Visceralspalte  schliesst  sich  durch  Verwachsung  der 
Visceralplatten  des  Kopfes  und  Rumpfes  bis  auf  ein  kleines  rundliches  Loch 
linker  Seits,  durch  welches  dem  Wasser  der  Durchgang  gestattet  ist. 

In  dieser  Zeit  verknorpelt  nun  das  ganze  Kopfskelet  bis  auf  die  obere 
noch  häutig  verbleibende  Hirndecke  und  der  Bildungsmasse  des  Oberkiefers. 
( Tab.  L  Fig.  16. )  Die  Seitentheile  und  die  Basis  der  Schädelhöle  sind  im 
Allgemeinen  unverändert. 

An  der  unteren  Fläche  der  Basis  befindet  sich  ein  hinten  breiteres 
nach  vorn  allmählig  spitzer  verlaufendes  dünnes  Knorpelblättchen.  Es  erin- 
nert seiner  Form  nach  jetzt  schon  bei  seiner  Entstehung  und  späterhin  um 
so  mehr  an  die  knöchernen  Fläche  der  Schädelbasis  des  erwachsenen  Indivi- 
duums. Dennoch  steht  es  seiner  Genese  nach  gleich  uranfänglich  in  keiner 
Beziehung  mit  den  Gebilden  des  serösen  Blattes  und  also  auch  nicht  mit  dem 
Wirbelskelet,  wie  sehr  auch  das  Anliegen  an  demselben  und  die  Aehnlichkeit 
der  Form  mit  der  knöchernen  Schädelbasis  zu  solcher  Annahme  uns  bewe- 
gen möchte.  Das  Vorhandensein  der  jetzigen  eigentlichen  knorpligen  Schä- 
delbasis, der  geringe  und,  wenn  man  nun  noch  die  ursprüngliche  Entwicke- 
lung  berücksichtigt,  so  merkwürdig  lose,  ja  anfänglich  gar  nicht  existi- 
rende  Zusammenhang  des  genannten  Knorpelblättchens  mit  den  die  Schädelhöle 


35 


konstituirenden  Bildungen  veranlasste  mich  diese  Gegend  genauer  zü  unter- 
suchen. Nachdem  ich  zu  diesem  Behufe  die  Froschlarve  auf  den  Rücken 
gelegt  und  die  durch  einen  Durchschnitt  in  der  Mitte  getrennten  Visceral- 
röhren  wände  zur  Seite  befestigt  hatte,  konnte  ich  mich  nun  deutlich  über- 
zeugen, dass  dieses  Knorpelblättchen  unmerklich  mit  seinen  Rändern  in  die 
Schleiramembran  überging  und  dass  bei  einigen  Individuen  seine  VergrÖsse- 
rung  in  derselben  gewissermaassen  zuvor  abgezeichnet  beobachtet  werden 
konnte.  Daher  kann  man,  ohne  auch  nur  im  Geringsten  die  knorplige  Schä- 
delhöle  zu  verletzen,  das  genannte  Blättchen  in  kontinuirlichem  Zusammen- 
hange mit  der  Schleimhaut  herauspräpariren.  Aus  diesem  Grunde  findeM 
wir  uns  berechtigt  dasselbe  aus  der  Sphäre  der  Bildungen  des  serösen  Blat- 
tes auszuschliessen  und  den  härteren  Gebilden  der  Schleimhaut  zuzutheilen. 
Es  verwandelt  sich  sehr  bald  in  Knochen,  noch  ehe  irgendwo  anders  am 
Kopfe  der  Verknöcherungsprozess  zu  bemerken  ist.  Seine  freiliegende  Fläche 
ist  platt  ohne  eine  Spur  von  Zahnbildungen.  Wir  vermuthen  auf  Veran- 
lassung ähnlicher  Gebilde  bei  den  Tritonen,  über  deren  Endzweck  wir  leich- 
ter bestimmen  können,  dass  auch  dieses  Knochenblättchen  eine  Beziehung 
zur  Mundhöle  habe. 

In  Betreff  der  Gesichtsbildungstheile  bemerken  W'ir  besonders  die  bei- 
den Nasenbeinknorpel  ausgebildet  So  nennen  wir  nämlich  die  platten  läng- 
lichen Knorpel,  welche  aus  den  vorderen  Stirnfortsätzen  sich  entwickeln,  da- 
her von  der  Stirne  ausgehen,  und  divergirend  nach  vorn  verlaufen.  Ihre  vor- 
dersten Enden  werden  etwas  breiter,  in  der  Masse  dünner,  und  nehmen  die 
Knorpolplatten  des  oberen  Zwischenldefcrs  auf.  Diese  letzteren  dehnen  sich 
jnc]^r  in  die  Breite  aus,  hängen  in  der  Mittellinie  mit  einander  zuscimmen 
und  formiren  so  der  oberen  Mundbegrenzung  gemäss  einen  kleineren  Kreis- 
abschnitt. Ihre  seitlichen  äussersten  Enden,  welche  auf  den  Meckelschen 
Knorpeln  ruhen,  sind  durch  ein  glänzendes  Faserband  an  das  vordere  Ende 
des  Quadratbeinknorpels  befestigt.  Zwischen  dem  mittleren  oberen  Rande 
der  oberen  Zwischenkiefer  und  den  inneren  divergirendcn  Seiten  der  Nasen- 
beinknorpel befindet  sich  eine  häutige  noch  unausgebildete  Masse. 

Bei  den  Visceralbogen  sind  die  früher  mehr  häutigen  oberen  Abthei- 
iungen  gleichfalls  schon  in  den  Knorpelzustand  übergegangen.    Die  des  ersten 

5*  . 


36 


Visceralbogens  ist  ein  flacher,  breiter  Knorpel,  welcher  ziemlich  fest  mit  dem 
Quadratbein  verbunden  ist.  Sein  hinterer  Rand  ist  ziemlich  scharf  abge- 
grenzt, sein  vorderer  verläuft  mehr  häutig  in  die  Bildungsmasse  des  oberen 
Kiefers.  Die  oberen  Abtheilungen  des  zweiten  Visceralbogens  bilden  dünne, 
unscheinbare  Knorpelstückchen,  welche  vor  dem  Ohrlabyrinth  an  der  Schä- 
delhüle  befestigt  sind,  und  ohne  besondere  Scheidungsgrenze  in  die  hintere 
Partie  des  Quadratbeinknorpels  übergehen.  Dieser  letztere  ist  im  Wesentli- 
chen derselbe  geblieben,  nur  ist  seine  komplizirte  Gestalt  stärker  ausgeprägt. 
Der  mit  ibm  in  gelenkiger  Verbindung  stehende  Meckelsche  Knorpel  hat  an 
seinem  oberen  Ende  nach  vorn  und  hinten,  über  das  Gelenlvköpfchen  sich  aus- 
dehnend, Erhabenheiten  für  die  Muskelansätze  hervorgebildet.  Seine  früher 
längliche  gerade  Form  ist  etwas  gekrümmt  und  mit  einem  vorderen  kon- 
vexen und  hinteren  konkaven  Rande  versehen.  Das  Suspensorium  des  Zun- 
genbeinkörpers gleicht  einigermaassen  in  seinen  äusseren  Umrissen  dem  vor- 
hingenannten Meckelschen  Knorpel  5  nur  ist  es  im  Allgemeinen  flacher  und 
grösser.  Seine  untere  Extremität  hat  sich  noch  mehr  verbreitert;  die  äussere 
Fläche  erscheint  jetzt  mehr  gewölbt,  die  innere  ausgehölt.  Die  mittleren 
Stücke  beider  Visceralbogen  zeigen  keine  besonderen  Veränderungen. 

§.  23.  Professor  Duges  hat  in  seiner  schon  öfter  erwähnten  Schrift  das 
oben  beschriebene  Knorpelskelet  der  Rücken-  und  Visceralplatten  des  Kopfes 
mit  mehren  Abweichungen  gleichfalls  schon  dargestellt.  (Parag.  II.  Cliapit.  III.) 
Er  theilt  seinen  Cardlage  cranio  -  facial  (Fig.  70.  71.  72.)  in  einen  mitt- 
leren, unserer  knorpligen  Schädelhöle  entsprechenden  Theil,  und  in  zwei  Sei- 
ten-Partieen,  wozu  er  hauptsächlich  unsere  oberen  Abtheilungen  der  beiden 
Visceralbogen  rechnet.  Zu  seinem  Schädelknorpel  bringt  er  auch  das  Laby- 
rinth des  Gehörorganes  (Felsenbein)  und  betrachtet  es  als  eine  blosse  Er- 
weiterung desselben.  Nach  der  Genese  und  aus  den  schon  angegebenen 
Gründen  müssen  wir  solche  Annahme  zurückweisen.  Die  beiden  Nasenbein- 
knorpel, welche  sich  aus  den  vorderen  Stirnfortsätzen  entwickeln,  nennt  er 
les  apophyses  ethmoidales.  Indessen  haben  wir  früher  bei  den  höheren  Wir- 
bellhieren  schon  dargethan,  wie  das  Siebbein  zu  dem  im  Wirbeltypus  sich 
ausbildenden  serösen  Blatte  keine  unmittelbare  Beziehung  habe.  Auch  tritt 
das  Siebbein,  wenn  bei  den  Froschlarven  wirklich  ein  Analogen  vorhanden 


37 


wäre,  nie  so  zu  Tage,  dass  es  sogar  die  äussere  NasenÖfFnung  formiren  sollte. 
Der  Verfasser  lässt  es  sogar  die  Oberkieferknorpel  tragen  {rostraux  superieurs)^ 
was  er  doch  gegen  alle  Gesetze  der  komparativen  Anatomie  statuirt.  Der 
eigentliche  Oberkiefer  ist  gegenwärtig  noch  gar  nicht  individuell  ausgebildet 
und  sein  rostraux  superieurs  oder  unserer  oberer  Zwischenkiefer  ver-  - 
tritt  allein  die  Stelle  der  oberen  Mundbegrenzung  und  des  Kaugeschäftes. 

Die  Seitenthcile  des  cartilage  cranio -facial  benennt  Duges  mit  lame 
pterygo  -tijmpanique.  Die  Untersuchungen  über,  diesen  Knorpel,  wozu  beson- 
ders unser  Quadratbeinknorpel  gehört,  sind  ziemlich  genau.  Nur  in  den 
Verbindungen  mit  der  Schädelhöle  finden  sich  mehre  Abweichungen,  welche 
sich  aber  auf  die  verschiedene  Betrachtungsweise  die  uranfanglichen  Theile 
zurückführen  lassen.  Er  hält  seine  lame  pterygo  -tympanique  für  einen  zusam- 
menhängenden für  sich  bestehenden  Knorpel,  doch  widerlegt  diese  Annahme 
eine  genaue  Untersuchung  sowohl  des  gegenwärtigen  als  späteren  Entwicke- 
lungszustandes.  Es  ist  zu  weitläuftig  auf  die  einzelnen  Abweichungen  zwi- 
schen des  Verfassers  und  meinen  Beobachtungen  genauer  einzugehen  j  auch 
muss  der  fernere  Entwickehingsgang  lehren,  in  wiefern  die  Nomenclatur  des 
Ant.  Duges  nicht  in  Anwendung  gebracht  werden  konnte;  nur  auf  die  Ver- 
bindung seiner  lame  ptoygo  -  tympanique  nach  hinten  mit  dem  Ohrlabyrinthe 
und  der  Basis  des  Schädels  müssen  wir  zurückkommen.  Der  Verfasser  er- 
wähnt eines  besonderen,  kleineren  Knorpelstückchens,  (pedicule  etroit  et  court) 
welches  die  la?ne  pterygo  -  tympanique  oder  eigentlich  unseren  Quadratbein- 
knorpel an  das  Felsenbein  festheftet  und  ausserdem  nennt  er  eine  grössere 
Knorpelpartie,  welche  ebendenselben  mit  der  Schädelbasis  in  Verbindung 
setzt.  Diese  letztere  kann  nichts  Anderes  sein,  als  unsere,  anfangs  häutige 
und  etwas  später  knorplig  werdende  obere  Abtheilung  des  zweiten  Viscoral- 
bogens,  obschon  die  Zeichnung  des  Verfassers  nicht  ganz  mit  der  Nafui 
übereinstimmt.  Das  andere  kleine  Knorpelstückchen  habe  ich  nie  auffinden 
können,  so  oft  ich  auch  die  Gegend  des  Felsenbeins  untersuchte.  Es  scheint, 
als  ob  der  Verfasser  durch  seine  eigne  Betrachtungsweise  des  Ohrlabyrinthes 
als  eines  der  Schädelbasis  entwachsenden  Fortsatzes  zu  der  Annahme  einer 
solchen  Beobachtung  veranlasst  worden  sei.    Wir  müssen  überhaupt  gestehen, 


dass  gerade  in  der  Gegend  des  Ohrlabyrinthes  des  Verfassers  Zeichnungen 
eine  grosse  Unsicherheit  verrathen. 

Die  Muskeln  des  Froschlarven-Kopfes. 

§.  24.  Nach  Feststellung  des  Knorpelg^erüstes  erlaube  ich  mir  noch 
einen  Blick  auf  die  Muskelpartieen  zu  werfen.  Wir  bringen  dieselben  w  eniger 
der  Vollständigkeit  wegen  in  Erwähnung,  als  vielmehr  um  bei  der  weiteren 
Rletaraorphose  zuweilen  auf  einzelne  hinweisen  zu  können.  Professor  Duges 
hat  sämmtliche  Muskeln  in  seiner  öfters  genannten  Schrift  gezeichnet j  ja,  wo 
nur  irgend  eine  Membran  sich  dokuraentirt,  hat  derselbe  einen  Muskel  auf- 
zufinden gewusst.  Er  benennt  sie  nach  den  Knorpeln,  woran  sie  sich  befesti- 
gen. Indessen  setzt  das  eine  schon  erwiesene  Richtigkeit  in  der  angenomme- 
nen Bedeutung  der  Kopfknorpel  voraus,  was  wir  bei  dem  Verfasser  in  Zweifel 
zu  ziehen  uns  berechtigt  fühlen.  Daher  halten  wir  es  vorläufig  fUr  passen- 
der, sie  unbenannt  hingehen  zu  lassen  und  sie  nur  nach  der  Funktion  zu 
klassifiziren. 

Die  Muskeln  des  Kopfes  der  Froschlarve  theilen  sich  nach  der  Mög- 
lichkeit einer  Bewegung  in  zwei  Hauptpartieen :  in  diejenigen,  welche  die 
Kiefer  und  in  die,  welche  die  Knorpel  des  Zungenbeinsuspensoriums  und 
dadurch  den  Kiemendeckel  bewegen. 

1.    Muskeln  behufs  der  Kieferbewegung. 

Von  den  beiden  Zwischenkiefern  ist  bei  dem  Ergreifen  von  Nahrungs- 
mitteln vorzugsweise  der  untere  beschäftigt.  Derselbe  hatte  durch  seine  in- 
dividuelle Ausbildung  eine  ganz  von  dem  Visceralbogen  abweichende  Rich- 
tung nach  unten  und  etwas  nach  hinten  erhalten.  Er  bewegt  sich  daher 
vor-  und  rückwärts,  so  zwar,  dass  er  bei  der  ersteren  Bewegung  unter  den 
oberen  Zwischenkiefer  hinuntertritt.  Die  Natur  hat  übrigens  mit  Berücksich- 
tigung des  künftigen  vollkommnern  Zustandes,  wie  wir  gesehen,  das  Gelenk, 
durch  welches  der  untere  Zwischenkiefer  zur  Bewegung  befähigt  wird,  nicht 
unmittelbar  an  ihm  selbst  angebracht;  sondern  durch  die  ins  Mittel  tre- 
tenden Meckelschen  Knorpel,  welche  mit  den  Quadratbeinknorpeln  ziemlich 
frei  eingelenkt  sind,  wird  auch  der  an  denselben  so  innig  festsitzende  untere 
Zwischenkiefer  bewegt.    Der  obere  Zwischenkiefer,  welcher  an  der  äusseren 


39 


Fläche  des  Meckelschen  Knorpels  ligamentös  befestigt  und  durch  ein  weiss- 
glänzondes  Band  mit  dem  vorderen  Theile  des  Quadratbeinknorpels  verbun- 
den ist,  hat  nur  eine  sehr  beschränkte  nach  vorwärts  über  den  unteren  Zivi- 
schenkiefer hinweggehende  Bewegung.  / 

Den  Meckelschen  Knorpel  und  dadurch  den  unteren  Zwischen- 
kiefer ziehen  nach  vorn: 

a.  Ein  ziemlich  grosser  Muskel,  dessen  Fasern  dicht  vor  dem  Ohrlabyrinth 
von  der  oberen  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  und  vorzüglich 
von  der  ausgehölten  inneren  Fläche  des  Quadratbeinknorpels  und  dessen 
Orbitalfortsatzes  entspringen  und  sich  längs  dem  vorderen  Rande  des 
Meckelschen  Knorpels  befestigen.  Eine  kleine  Partie  desselben  setzt 
sich  auch  etwas  nach  aussen  an  die  innere  untere  Fläche  des  oberen 
Zwischenkiefers.  Der  ganze  Muskel  hat  mithin  einen  doppelten  Zweck, 
bei  der  Zuschliessung  der  Mundölfnung,  indem  während  der  Vorwärts- 
bewegung des  Meckelschen  Knorpels  und  des  unteren  Zwischenkie- 
fers zugleich  der  obere  hinabgezogen  wird.  Auch  ist  zu  erwähnen,  dass 
der  Meckelsche  Knorpel  bei  der  Bewegung  nach  vorn  gleichzeitig  etwas 
nach  aussen  bewegt  wird,  dass  dadurch  der  biegsame  untere  Zwischen- 
kieferbogen  etwas  erweitert  und  so  beim  Ergreifen  ein  dem  oberen 
Zwischenkiefer  mehr  gleicher  Kreisabschnitt  formirt  wird.  , 

Diesen  letzteren  Akt  unterstützt: 

b.  Ein  kleiner  unbedeutender  Muskel,  welcher  eben  nur  unter  der  Funktion 
des  unter  a.  angeführten  und  dadurch  erfolgten  passenden  Fixirung  des 
Meckelschen  Knorpels  wirken  kann.  Er  kommt  von  dem  mittleren  Theil 
des  hintern  Randes  vom  Meckelschen  Knorpel  und  setzt  sich  an  den 
äusseren  Rand  des  entsprechenden  unteren  Kieferstücks,  gleichfalls  unge- 
fähr in  der  Mitte, 

Den  Meckelschen  Knorpel  ziehen  nach  hinten  und  verengen  zu- 
gleich die  Mundspalte: 

c.  Eine  Muskelpartie,  welche  von  dem  unteren  Theile  der  äusseren  Fläche 
des  Orbitalfortsatzes  und  aucli  des  Quadratbeinknorpels  entspringt  und  sich 
an  den  nach  hinten  gehenden  Gelenkfortsatz  des  Meckelschen  Knor- 
pel ansetzt. 


40 


d.  Ein  nicht  imbedeutender  Muskel,  der  von  der  äusseren  Fläche  der  obe- 
ren Extremität  des  Meckelschen  Knorpels  nach  innen  und  hinten  gegen 
die  Mittellinie  der  Larve  verläuft,  und  sich  daselbst  unter  dem  vorderen 
Ende  des  Zungenbeinkörpers  mit  dem  respectiven  der  anderen  Seite 
vereinigt. 

e.  Ein  unter  dem  vorigen  verlaufender  Muskel,  welcher  von  der  knorpligen 
Platte  zwischen  den  Kiemenbogen  entspringt  und  vorwärts  gehend  sich 
an  die  äussere  Fläche  des  unteren  Zwischenkiefers  dicht  neben  der  Mittel- 
linie befestigt. 

Bei  den  Riickwärtsbewegungen  der  Meckelschen*  Knorpel  werden  seine 
unteren  Extremitäten  etwas  genähert  und  der  daran  geheftete  untere  Zwi- 
schenkieferbogen  gleichzeitig  etwas  verengert. 

Die  beschränkte  Bewegung  des  oberen  Zwischenkiefers  geschieht  unter 
Einwirkung  des  bei  a.  angegebenen  Muskels. 

2.    Die  Muskeln  zur  Bewegung  des  Kiemendeckels: 

f.  Ein  ziemlich  derber,  schon  sehr  früh  angedeuteter  Muskel,  welcher  von 
der  äusseren,  mehr  nach  oben  gelegenen  Fläche  des  Orbitalfortsatzes  vom 
Quadratbeinknorpel  entspringt,  und  sich  nach  unten,  innen  und  etwas 
nach  hinten  an  die  äussere  Fläche  des  nach  hinten  abgehenden  Fortsatzes 
vom  Knorpel  des  Zungenbein -Suspensoriums  befestigt.  Der  daran  sitzende 
Kiemendeckel  wird  dadurch  gehoben,  und  die  äussere  Kiemenspaite 
geöffnet. 

g.  Der  Antagonist  des  vorigen  kommt  mit  seinen  Fasern  von  dem  hintern 
ausgehölten  Rande  des  Suspensoriums  und  vereinigt  sie  in  der  Mittellinie 
mit  den  entsprechenden  der  andern  Seite  gleich  hinter  dem  Knorpel  des 
Zungenbeinkörpers.  Er  drückt  den  Kiemendeckel  wieder  nieder  und  vcr- 
schliesst  so  die  äussere  Kiemenspalte. 

B. '  Entwickelungsmetamorphosen  des  Kopflinorpelsystems  zum  Aufbau  des 

Knochengerüstes. 

Grundlegung  des  Kopf-Knorpelskelets  des  entwickelten  Frosches. 

§.  25.    Die  Bildung  des  Knorpelskelets,  inwieweit  dadurch  die  Indivi- 
dualität der  Froschlarve  festgestellt  wurde,  war  der  Gegenstand  des  vorigen 


41 


Abschnittes.  Wir  bemeikleii  damals,  dass  die  Natur  noch  eine  fernere  Rcilie 
von  Veränderungen  des  Knorpelsjstcnis  vornehmen  müsse,  ehe  sie  das  Kno- 
diengeriist  des  ausgebikleten  Frosches  aufbauen  könne 5  und  dieses  betrifft 
unsere  jetzige  Darstellung.  In  denjenigen  Gegenden  des  Kopfes,  wo  eine 
Weitere  Metamorphose  niclit  mehr  nöthig  wird,  sehen  wir  auch  in  dieser 
Periode  sdion  Knochenstiicke  entstehen.  ;•)<*  ><  r;:!t 

Je  mehr  der  Kopf  einer  Froschlarve  von  dem  eines  ausgebildeten  Thie- 
rcs  abweiclit,  je  verschiedenartiger  sich  das  Wassertlüer  von  dem  darstellt,  wel- 
ches denn  wirklich  den  Namen  „Amphibium"  verdient^  um  so  interessanter 
und  spannender  ist  die  Untersuchung,  wie  die  Natur  die  Kontraste  beider 
Thierformen  vereinigt  und  die  so  räthselhaften  Abweichungen  in  einander 
übergehen  lässt.  Sie  giebt  uns  auch  an  anderen  Gegenständen  Beweise  von 
dem  wichtigen  Gesetze,  wie  die  grössten  Veränderungen  nur  nach  und 
nach  herbei  zu  führen  sind;  selten  aber  so  augenscheinlich,  als  in  der  Um- 
wandlimg  der  Froschlarve  zum  ausgebildeten  Tliiere  selbst.  Mich  wundert 
daher,  dass  die  Naturforscher  gerade  hier,  wo  so  vieles  Aeusserliche  zur  Unter- 
suchung einladet,  ihren  Beobachtungsgeist  noch  nicht  in  Anwendung  gebracht 
haben.  Nur  Ant.  Duges  hat  einige  Momente  gesehen  und  auch  hervorgeho- 
ben j  der  allgemeine  Ueberblick  aber  ist  ihm  um  so  mehr  entgangen,  als  er 
die  früheren  Formen  zu  sehr  vernachlässigt  und  oft  raisgedeutet  hat.  Auf 
Einzelnes  von  ihm  werden  wir  an  geeigneter  Stelle  zurückkommen. 

Das  beiden  Knorpelskeleten ,  dem  der  Larve  und  des  ausgebildeten 
B'rosches,  Gemeinsame  und  Beherrschende  ist  der  Wirbeltjpus  im  Allge- 
meinen d.  h.  zwei  über  einander  liegende  Röhren,  eine  obere  für  die  Zen- 
traltheile  des  Nervensystems  und  eine  untere  für  die  Viscera.  Auch  ist  ein- 
leuchtend und  aus  der  Vergleichung  beider  Skelete  leicht  ersichtlich,  dass 
das  ersterzeugte  weniger  Veränderungen  von  der  ursprünglichen  Röhren- 
form erfahren  haben  musste ,  als  das  aus  demselben  sich  herausbildende  Knor- 
pelsystem des  entwickelten  Thieres ;  die  Hauptmetamorphosen  fallen  in  den 
Bereich  der  unteren  oder  Viscerairöhre. 

Die  äussere  Ansicht  eines  sieh  verwandelnden  Froschlarven-Kopfes. 
5.  26.    Die  äusserlichen  Veränderungen  des  ganzen  Thieres  machen 
uns  schon  auf  die  vor  sich  gehenden  inneren  Skeletverwandlungen,  welche 

6 


42 

namentlich  den  Kopf  betreffen ,  aufmerksam.  Diese  sind  vorzüglich  die  Aus- 
bildung der  Extremitäten,  die  höchst  merkwürdige  Verkümmerung  des 
Schwanzendes,  und  das  allmählige  Hinschwinden  der  schwarzen  Umhüllungs- 
haut,  als  ein  dem  Lärvenzustande  zugehörendes  Gebilde.  Es  wird  diese  letz- 
tere nicht  wie  die  Puppenhülle  der  Insekten  abgeworfen,  sondern  sie  ver- 
kümmert am  lebendigen  Leibe.  Daher  sehen  wir  die  aus  ihr  entwickelten, 
braun  gefärbten  Hornplatten  der  Kiefer  allmahlig  kleiner  werden  und  endlich 
ganz  verschwinden,  während  die  von  ihr  bedeckten  vorderen  Extremitäten 
sich  allmählig  hervordrängen.  Es  ist  in  dem  Momente,  wann  die  Hornplatten 
nicht  mehr  sichtbar  sind,  keineswegs  der  Frosch  ausgebildet,  sondern  wir 
betrachten  ihn  vielmehr  als  einen  Entwickelungszustand,  welcher  am  besten 
den  Wendepunkt  der  Froschlarve  zum  ausgebildeten  Thiere  andeutet.  Daher 
ich  an  einem  solchen  Individuum  am  liebsten  den  Leser  in  den  Metaraorpho- 
sengang  einführen  möchte.    (  Siehe  Tab.  I.  Fig.  18. ). 

'  5.  27.  Das  Aeussere  des  Kopfes  einer  solchen  Froschlarve  erinnert 
noch  lebhaft  an  seine  frühere  Form,  so  dass  man  kaum  im  Stande  sein  wird 
die  weiteren  Vorgänge  vorausi-uahnen.  Am  auffallendsten  erscheint  uns  die 
Mundöffnung,  welche  vorhin  von  hornigen  Platten  umschlossen  gehalten 
Wurde.  Sämmtliche  Rückwärtszieher  des  unteren  Zwischenkiefers  nämlich 
sind  aufgesogen  und  der  früher  mehr  nach  hinten  und  unten  verlaufende 
spitze  Bogen  desselben,  ist  nach  vorn  hervorgetreten  und  in  einen  flacheren 
verwandelt.  Dadurch  erscheint  er  etwas  vergrössert  und  mit  ihm  auch  die 
Mundöffnung.  Diese  letztere  ist  übrigens  in  Wirklichkeit  jetzt  schon  dadurch 
erweitert,  dass  die  knorpligen  Lamellen  des  oberen  Zwischenkiefers  bei  dem 
Hinschwinden  der  Hornplatten  an  ihrer  vorderen  Grenze  gleichfalls  etwas 
verkümmern,  ihre  Verbindung  mit  den  Meckelschen  Knorpeln  aufgeben  und 
so  der  untere  Theil  der  letzteren  frei  zu  Tage  liegt,  um  den  unteren  Mund- 
hölenrand  an  den  äussersten  Seiten  nach  vorn  zu  begrenzen.  Mit  dem  Zu- 
rücktritt des  oberen  jetzt  an  der  vorderen  Grenze  mehr  abgerundeten  Zwi- 
schenkiefers in  seine  ursprüngliche  Lage  hat  auch  die  Bildungsmasse  des 
oberen  Kiefers  freien  Ent^vickelungsraum  erhalten  und  trägt  jetzt  schon  mit 
einer  kleinen  Abtheilung  zur  oberen  Mundbegrenzung  bei.  Ausser  den  Rück- 
wärtsziehern  des  unteren  Zwischenkiefers  und  des  Meckelschen  Knorpels  sind 


43 


auch  die  beiden  Muskel,  welche  der  Bewegung  des  Kiemendeckels  dienten, 
zum  grösten  Theile  verküminert.  Es  liat  sich  allein  erhalten  jener  bedeu- 
tende Muskel,  welcher  die  VorAvärtsbewegung  des  unteren  Kiefers  bewerk- 
stelligte und  an  der  inneren  Fläche  vornehmlich  des  Orbitalfortsatzes  ent- 
sprang, während  dessen  äussere  jetzt  frei  zu  Tage  liegt.  Jene  kleine  Partie 
von  dem  Vorwärtszielier  des  Meckclschen  Knorpels,  welche  den  oberen  Zwi- 
schenkiefer niederzog,  ist  bei  der  Verkümmerung  des  vorderen  Randes  und 
dem  Zurücktritt  desselben  in  seine  anfängliche  Lage  gleichfalls  hingeschw  unden. 

§.  28.  Es  erregen  nun  noch  drei  weisse  Bildungsstreifen  unsere  Auf- 
merksamkeit. Wir  beobachteten  sie  bei  ihrer  ersten  Entstehung  durch  Anhäu- 
fung einer  etwas  härtlichen  Bildungssubstanz ,  und  gegenwärtig  bieten  sie  eine 
schon  etwas  knöcherne  Konsistenz  dar,  ohne  dass  ich  einen  vorangegangenen 
bemerkbaren  Knorpel  auffinden  konnte.  Der  eine  zieht  sich  an  dem  vorderen 
Rande  des  Quadratbeinknorpcls  und  dessen  Orbitalfortsatzes  entlang,  ein  zwei- 
ter längs  dem  hinteren  oder  jetzt  mehr  unteren  Rande  des  Meckelschen  Knor- 
pels ;  und  endlich  der  dritte ,  welcher  sich  da  bildet,  wo  wir  die  mehr  unthä- 
tige  Bildungsmasse  des  Oberkiefers  markirten. 

Man  muss  sich  hüten  diesen  letzteren  Bildungsstreifen  als  aus  jenem 
weiss  glänzenden  Ligamente  entstanden  anzunehmen,  wodurch  die  seitlichen 
Enden  des  früheren  so  ausgedehnten  oberen  Zwischenkiefers  an  den  vorderen 
Theil  des  Quadratbeinknorpels  befestigt  wurden.  Die  Lage  beider  ist  aller- 
dings ähnlich.  Indessen  sieht  man  das  Ligament  bei  dem  Zurücktreten  des 
oberen  Zw^ischenkiefers  im  Verkümraerungsprozesse  begriffen,  während  zu  glei- 
dier  Zeit  der  Bildungsstreifen  des  Oberkiefers  in  der  Entwickelung  vorhanden 
ist.  Auch  liegt  der  genannte  Oberkieferstreifen  selbst  gegenwärtig  noch  mehr 
zwischen  dem  Intermaxillarkiefer  und  dem  Quadratbeinknorpel,  als  dass  er 
diese  beiden  Theile  befestigend  verbände. 

Dieser  letztere  weisse  Streifen,  sowie  der  an  dem  Meckclschen  Knorpel 
sind  uns  nicht  neu.  Wir  sahen  dieselben  ganz  auf  gleiche  Weise  bei  den  Vö- 
geln entstehen  und  sich  zu  dem  Ober-  und  Unterkiefer  entwickeln.  Bei  den 
Säugethieren  ist  die  Ausbildung  derselben  im  Grunde  gleichfalls  ganz  ähnlich; 
es  verhindern  nur  die  aufliegenden  Weichgebilde  ihre  Erkcnntniss  ohne  Prä- 
paration  von  aussen.    Der  dritte  Bildungsstreifen  an  dem  Quadratbeinknorpei 

6- 


44 


ist  in  der  Art,  wie  er  sich  bei  den  Fröschen  präsentirt,  ungewöhnlich. 
Daher  siispendiren  wir  unser  Urtheil  vorläufig  und  wollen  zuerst  seine  Ent- 
wickelung  verfolgen. 

DieSchädelhÖIe. 

§.  29.  Das  Skelet  selbst  nun  offenbart  sich  folgender  Gestalt.  An  der 
Schädelhöle  treffen  wir  die  obere,  membranöse  Gehirndecke,  (ob  das  üeber- 
bleibsel  der  Rathkeschen  Membrana  reuniens  superior?}  ohne  deutliche  Knor- 
pelbildung in  einzelne  Stücke  verknöchert.  Es  sind  entstanden  zwei  Stirn- 
beine, zwei  Scheitelbeine  und  die  hinterste  kleinste  Platte,  die  Schuppe  des 
Hinterhauptsbeines.  Diese  fünf  Knochenblättchen  sind  gegenwärtig  noch 
häutig  unter  sich  vereinigt.  Wir  sehen  hiemit  dass  die  Metamorphose  an  der 
besagten  Stelle  grösstentlieils  als  beendigt  zu  betrachten  ist.  Die  Basis  so 
wie  die  Seitentheile  -  des  Schädels  sind  ohne  wesentliche  Veränderungen 
knorplig  verblieben.  Auch  bemerkt  man  gegenwärtig  noch  keine  Spur  einer 
wirklichen  Abtrennung  in  Wirbelstücke  an  dieser  durch  die  Schädelbasis  und 
den  Seitentheilen  formirten  knorpligen  Rinne.  Vielmehr  ist  sie  ganz  konti- 
nuirlich,  wie  auch  bei  den  höheren  Wirbelthieren  während  der  Chondrose, 
und  die  ungefähren  Wirbelabzeiclmungen  müssen  mit  Hilfe  des  Ohrlabyrin- 
thes, des  Auges  und  zum  Theil  der  Visceralbogen  selbst  bestimmt  werden. 
Ihnen  entsprechen  dann  auch  die  Abgrenzungen,  welche  an  der  unteren 
Fläche  der  Schädelbasis  durch  das  Durchschimmern  der  Hirnabtheilungen 
entstehen.  Nimmt  man  das  Hirn  heraus,  so  sind  es  die  zurückgebliebenen 
Hüllen  der  Gehirn  -  Abtheilungen ,  welche  uns,  wie  schon  früher,  so  auch 
jetzt  am  augenscheinlichsten  die  Wirbel  andeuten.  Bei  den  höheren  Wirbel- 
thieren treten  durch  andere  Verhältnisse  noch  andere  Hilfsmittel  hinzu.  An 
der  unteren  Fläche  der  Schädelbasis  finden  wir  um  diese  Zeit  das  genannte 
Knorpelblättchen  der  Schleimhaut  in  der  Kopf- Visceralhöle  knöchern  gewor- 
den, doch  in  keiner  Verbindung  mit  dem  Schädel,  sondern  lose  anliegend 
und  im  Allgemeinen  an  dem  Wachsthume  der  Larve  nicht  theilnehniend. 

Das  Ohrlabj^rinth  besteht  gleichfalls  noch  aus  derselben  harten  knorp- 
ligen Masse,  ist  jedoch  fester  mit  dem  Schädel  verwachsen,  und  ohne  Gewalt 
und  Zerrüttung  der  Seitentheile  des  letzteren  konnten  wir  dasselbe  nicht 


*)  Fig.  19  und  20.  Tab.  I. 


45 


mehr  freilegen.  An  seinem  äusseren  Rande  hat  sich  ein  elliptisch  geformtes 
Knorpelblättchen  von  der  umliegenden  Masse  gelöset  und  steht  mit  derselben 
an  seiner  Peripherie  nur  häutig  im  Zusammenhange.  Nach  seiner  Hinweg- 
nahrae wird  uns  durch  das  ovale  Fenster  der  Eingang  zum  Labyrinthe  des 
Gehörorganes  freigemacht.  Dieses  Knorpelstückchen  stellt  das  Gehörknöchel- 
chen des  Bufo  igneus  dar.  Seiner  Genese  zu  Folge  kann  es  mit  den  Gehör- 
knöchelchen der  höheren  Wirbelthiere  nicht  verglichen  werden.  Es  ist  ein 
kleiner  Knorpel,  welcher  wohl  einen  Zusammenhang  mit  dem  serösen  Blatte 
haben  mag,  der  aber  zum  Wirbeltjpus  nicht  in  solcher  Beziehung  steht,  wie 
der  Steigbügel  und  die  Kolumella  der  höheren  Wirbelthiere,  welche  sich 
aus  dem  zweiten  Visceralbogen  herausbilden. 

Dieses  elliptische  Knorpelstückchen  ist  durchaus  nicht  so  klein ,  dass 
uns  seine  Entstehung  aus  den  Visceralbogen  hätte  entgehen  können.  Viele 
kleinere  und  schwierige  Objekte  haben  wir  in  der  Entwickelung  beobachten 
müssen  und  sind  darauf  aufmerksam  gewesen,  wann  wir  auch  von  ihnen 
Nichts  vorausahnten.  Es  liegt  doch  auch  bei  dem  Bufo  igneus,  von  dessen 
Metamorphose  wir  jetzt  insbesondere  sprechen,  der  zweite  Visceralbogen 
ziemlich  nahe  bei  dem  Ohrlabyrinthe;  ja  wir  sind  sogar  bemüht  gewesen  eine 
Analogie  in  den  Gebilden  mit  den  höheren  Wirbeltliieren  aufzufinden;  den- 
noch waren  unsere  Bemühungen  vergeblich  und  wir  sehen  vielmehr  auf  an- 
dere Weise  einen  ähnlichen  Zweck  erreicht.  Wir  wollen  nicht  in  Abrede 
stellen,  dass  bei  anderen  Froscharten  der  Visceralbogen  auch  Hilfsleistungen 
übernehmen  könne,  wir  sind  sogar  davon  überzeugt;  doch  scheint  mir  die 
abweichende  ßildungsart  des  wesentlichsten  Gehörknöchelchens  bei  den  nie- 
deren Wirbelthieren  überhaupt  um  so  weniger  auffallend,  als  ihr  Ohrlaby- 
linth  bei  dem  Mangel  einer  Gesichtskopfbeuge  und  des  äusseren  Gehörganges 
.mit  seinen  Entwickelungen  durchaus  in  ein  ganz  anderes  Verhältniss  zu  dem 
Kopfskelet  gestellt  ist  als  bei  den  höheren  Wirbelthieren. 

DasGesicht. 

Vor  den  Stirnbeinen  an  Stelle  der  früheren  Nasenbeinknorpel 
befinden  sich  jetzt  zwei  knöcherne  dreieckige  Plättchen,  die  Nasenbeine 
selbst.  Sie  sitzen  mit  einer  breiteren  Basis  an  der  Stirnwand  und  ihre  Spitze 
biegt  sich  etwas  nach  aussen  gegen  die  Bildungsmasse  der  hier  sich  mit  den 


46 


oberen  Zwischenkiefern  vereinigenden  Oberkiefer.  Dadurch  wird  die  innere 
Seite  konvex,  die  äussere  konkav  gekrümmt  und  an  der  letzteren  liegt  die 
Nasenöffnung. 

Ant.  Duges  lässt  die  Nasenbeine  (Ze  fronto  -  nasal')  aus  einer  kleinen 
Schuppe  entstehen,  welche  sich  auf  dem  angrenzenden  Car^i/^^e  cranio-facial 
befinden  soll ,  während  seine  Vapophyse  ethmoidale  in  sein  knorpliges  und  knö- 
chernes Vethmoide  nach  seiner  Aussage  übergehen.  Was  von  diesem  Pethmoide 
7M  halten  ist,  darauf  werden  wir  später  zurückkommen.  Nach  meiner  Ueber- 
zeugung  ist  es  aber  gar  nicht  möglich,  dass  Herr  Professor  Duges  die  Meta- 
morphose der  genannten  Theile  von  der  Froschlarve  zum  entwickelten  Thier 
genau  verfolgt  haben  kann.  Die  kleine  Schuppe ,  aus  welcher  sich  der  fronto. 
nasal  entwickeln  soll,  ist  wahrscheinlicherweise  nichts  Anderes,  als  ein  Kno- 
chenplättchen ,  das  bei  der  Verknöcherung  der  Stirn-  und  Nasenbeine  da,  wo 
sämmtliche  vier  Stücke  in  der  Mitte  zusammenkommen,  sich  herausbildet  und 
von  den  Anatomen  für  das  os  ethmoideum  gehalten  wird.  Es  hat  indessen  auch 
in  späterer  Zeit  durchaus  nicht  mehr  Gemeinschaft  mit  dem  Labyrinth  des 
Geruchorgans,  ja  noch  weniger,  als  die  Nasenbeine  und  entwickelt  sich  ge- 
rade an  der  Stelle,  wo  wir  in  sehr  früher  Zeit  (siehe  S.  10. 11.)  zwischen 
der  Stirnwand  und  den  vorderen  Stirnfortsätzen  in  der  Mitte  eine  rundliche 
weisse  Bildungsmasse  entstehen  und  bald  darauf  unseren  Blicken  sich  gänzlich 
entziehen  sahen.  Es  ist  demnach  der  Genese  zu  Folge  vielmehr  ein  Supple- 
ment der  Stirn-  und  Nasenbeine  als  ein  wesentliches  den  Wirbeltypus  be- 
stimmendes Stück.  Es  duldet  weder  einen  Vergleich  mit  der  lamina  cribrosa 
und  der  parpyracea  des  menschlichen  Siebbeins,  noch  mit  den  Nasenbeinen 
der  höheren  Wirbelthiere. 

§.  31.  Um  sich  den  Zusammenhang  der  vorderen  Stirnfortsätze  mit 
den  Nasenbcinknorpein  und  den  Nasenbeinen  selbst  zu  versinnlichen,  muss 
man  die  Individualitäten  der  Larve  und  des  entwickelten  Frosches  fest  im 
Auge  behalten.  Bei  der  ersteren  hat  die  Natur  ausser  der  Bildung  des  Na- 
senkanals noch  den  besonderen  Zweck  den  knorpligen  oberen  Zwischenkiefer 
als  alleinige  obere  Mundbegrenzung  und  als  alleiniges  oberes  Kauwerkzeug 
zu  stützen.  Daher  die  Nasenbeinknorpel  sich  ziemlich  Aveit  nach  vorn  ver- 
längern und   an  ihrer  Spitze  sich  erweitern,  um  den  bis  zum  Meckelschen 


Knorpel  sicli  ausdchneiulcii  oberen  Z wisch ojikiefer  zu  tragen;  der  äussere 
Rand  war  zur  Formirung  der  Nasenoffnung  ausgeholt,  wie  auch  späterhin  im 
knöchernen  Zustande.  Bei  dem  Auftreten  des  oberen  Kiefers  in  seine  Funk- 
tionen und  dem  Zurückweichen  des  oberen  Zwischenkiefers  in  seine  ursprüng- 
liche Lage,  indem  die  vorderen  und  Seiten -Partieen  zum  Theil  aufgesogen 
werden;  verkümmern  auch  die  breiten  vorderen  Extremitäten  der  Nasenbein- 
knorpel besonders  an  den  inneren  Rändern,  lassen  so  einen  Raum  für  die 
neue  Ausbildung  des  nun  av irklichen  oberen  Zwischenkiefers  des  Frosches 
übrig,  und  der  zurückgebliebene  Nasenbeinknorpel  verwandelt  sich  unmittel- 
bar in  das  Knochenplättchen  von  der  genannten  Form. 

Vor  den  Nasenbeinen  liegen  nun  die  in  einer  neuen  Metamorphose 
begriffenen  Knorpel  der  oberen  Zwischenkiefer.  Sie  haben  zusammen  gegen- 
wärtig eine  dreieckige  Form,  deren  Spitze  nach  hinten  an  die  knorplige  Ge- 
sichtsbasis grenzt.  Die  gemeinschaftliche  Grundfläche  ist  gegen  die  MundöfF- 
nung  gekehrt,  um  mit  abgerundetem  Rande  deren  mittlere  oberste  Abtheilung 
zu  bilden.  Seitlich  liegen  die  Bildungsmassen  der  Überkiefer  mit  den  darin 
sich  zeigenden  weisslichen  Streifen,  die  Anlagen  der  Oberkieferbeine.  Diese 
dreieckige  Knorpelfläche  entspricht  der  Form  und  Lage  nach  ganz  den  künf- 
tigen horizontalen  Theilen  der  knöchernen  oberen  Zwischenkiefer.  Sein  vor- 
derer Rand  geht  häutig  nach  oben  in  die  Membran  über,  welche  zwischen 
den  Nasenbeinen  zurückgeblieben,  und  es  zeigt  sich  jetzt  darin  noch  keine 
Spur  einer  Bildung,  welche  uns  die  perpendikulären  Theile  der  knöchernen 
oberen  Zwischenkiefer  andeuten. 

DieVisceralhöIe. 

§.  32.  Werfen  Avir  nun  einen  Blick  auf  die  Verwandlungen  der  Vis- 
ceralbogen.  Die  obere  Abtheilung  des  ersten  bildete  in  der  letzten  Periode 
einen  flachen,  formlosen  Knorpel,  welcher  nach  vorn  häutig  in  die  Bildungs- 
masse des  Oberkiefers  verlief.  Jetzt,  wo  letztere  sich  zu  individualisiren  an- 
gefangen, geht  auch  ersterer,  zum  grössten  Theile  der  Grund  und  Boden,  von 
welchem  der  Oberkiefer  aufwuchs,  in  neue  Veränderungen  ein.  Er  ist  etwas 
verlängert,  von  bestimmterer  länglich -abgerundeter  Form,  und  hat  in  seiner 
Mitte  einen  weisslichen  Querstreifen,  die  Andeutung  von  einer  beginnenden 
Trennung  in  zwei  Stücke,  welche  gegenwärtig  in  einem  selir  stumpfen  nach 


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vorn  geneigten  Winkel  an  einander  liegen.  Das  obere  Stück  von  ihnen  stöst 
mit  seinem  vorderen  Rande  an  die  innere  Nasenhölen-Oeffnuns:,  das  untere 
hängt  noch  besonders  mit  der  allgemeinen  Bildungsmasse  des  Oberkiefers 
zusammen. 

Der  auf  ihm  folgende  Quadratbeinknorpel  hat  gleichfalls  merklich  eine 
andere  Form  angenommen  und  hängt  vorzugsweise  nach  unten  mit  den  Bil- 
dungsstreifen des  Oberkieferbeines  zusammen,  iluffallend  ist  die  Verände- 
rung des  Orbit alfortsatzes.  Seine  abgerundete  Spitze  heftete  sich  früher  an 
die  Stirm^  and,  wo  sie  mit  dem  Nasenbeinknorpel  in  Verbindung  stand.  Jetzt 
ist  die  nach  vorn  sicli  hinneigende  Partie  verkümmert  und  die  Spitze  koromt 
so  allmählig  unter  dem  Auge  zu  liegen,  indem  auch  zugleich  der  ganze  Fort- 
satz sich  mehr  nach  hinten  entwickelt.  Dadurch  Avird  zwar  seine  Höhe  ver- 
kleinert, sein  vorderer  Rand  aber  um  Vieles  verlängert,  und,  während  auf 
seiner  äusseren  Fläche  die  Muskeln  hingeschwunden,  hat  sich  an  demselben 
jener  Bildungsstreifen  gezeigt ,  welcher  jetzt  schon  einige  knöcherne  Kon- 
sistenz besitzt  und  vorläufig  noch  unbenannt  hingehen  mag.  Das  Streben 
dieses  Fortsatzes  nach  hinten  sich  auszudehnen,  wird  vorzüglich  dadurch  noch 
begünstigt,  dass  der  ganze  Quadratbeinknorpel  wegen  der  Verkümmerung 
von  liinter  ihm  liegenden  Theilen  des  zweiten  Visceralbogens  wirklich  um 
Einiges  nach  hinten  gerückt  ist.  Dieses  ist  auch  der  Grund,  warum  die  bei- 
den sich  trennenden  Stücke  der  oberen  Abtheilang  des  ersten  Visceralbogens 
ujiter  einem  nach  vorn  geneigten  sehr  flachen  Winkel  gegen  einander  zu  lie- 
gen kommen. 

Der  unter  dem  Quadratbein  befindliche  Meckelsche  Knorpel  erscheint 
etwas  verlängert  und  hat  seine  Krümmung  wieder  ins  Gleiche  gebracht. 
Durch  das  Uebergewicht  der  Vorwärtszieher  so  wie  hauptsächlich  durch  das 
Zurückweichen  des  Quadratbeines  hat  er  und  der  sogenannte  untere  Zwi- 
schenkiefer eine  mehr  horizontale  Lage  erhalten.  An  seiner  imtcren  äusseren 
Fläche  sehen  wii-  die  Anlage  des  Unterkiefers  allmählig  entstehen  und  jetzt 
schon  im  knöchernen  Zustande  vorhanden.  Das  Nöthige  über  den  unteren 
Zvvischenkiefer  haben  wir  schon  vorhin  beigebracht. 

%.  33.  Am  zweiten  Visceralbogen  ist  die  an  sicli  schon  kümmerliche 
obere  Abtheilung  beinahe  ganz  aufgesogen.  Seine  Verbindung  mit  dem  Schädel 


49 


ist  nicht  mehr  vorhanden  und  es  befindet  sich  als  Ueberbleibsel  nur  noch  ein 
kleines  unförmliches  Knorpelstückchen,  der  losgetrennte  Verbindungstheii 
mit  dem  Quadratbeinknorpel,  zwischen  letzterem  und  dem  Ohrlabyrinth.  Da- 
durch wurde  wiederum  dem  Quadratbein  die  Annäherung  zum  Gehörorgan 
erleichtert,  was,  wie  wir  sehen  werden,  für  das  entwickelte  Thier  ein  noth- 
wendiges  Erforderniss  ist. 

Der  Knorpel  des  Zungenbein- Suspensoriums  hat  an  seiner  unteren 
Extremität,  welche  den  Körper  des  Zungenbeines  und  die  daranstossende, 
den  Kiemenapparat  stützende  Knorpelplatte  trägt,  noch  ganz  dasselbe  Ver- 
halten. Die  obere  Extremität  dagegen  erscheint  sehr  reduzirt.  Sein  nach 
hinten  gehender  Fortsatz  ist  mit  dem  Hinschwinden  des  Kiemendeckels  und 
seiner  Muskeln  gleichfalls  verkümmert,  und  die  daranstossende  Gelenkfläche 
ist  in  eine  häutige  Masse  verwandelt,  welche  den  Quadratbeinknorpel  und 
das  Ueberbleibsel  von  der  oberen  Abtheilung  des  zweiten  Yisceralbogens  mit 
dem  Suspensorium  in  Verbindung  erhält. 

Der  Knorpel  des  Zungenbeinkörpers  mit  seinem  Kiemenbogenträger  ist 
im  Wesentlichen  unverändert.  Zwischen  ihm  und  dem  Mittelstück  des  ersten 
Visceralbogens  bildet  sich  hier  bei  dem  Frosche  ganz  so  wie  bei  den  höhe- 
ren Wirbelthieren  die  Zunge.  Sie  zeigt  sich  anfangs  nur  als  eine  unbedeu- 
tende Anhäufung  von  Bildungsmasse.  Nach  und  nach  nimmt  dieselbe  an 
Grösse  zu,  doch  so,  dass  sich  das  Blastema  nicht  wie  bei  den  höheren  Wir- 
belthieren nach  vorn  sondern  nach  hinten  hinneigend  erweitert.  Daher  hat 
es  den  Anschein,  als  ob  die  Froschzunge  vorn  angewachsen  wäre. 

Vollendung  des  Kopfknorpelsysteras  des  entwickelten  Frosches; 
Die  eigentliche  Metamorphose  der  Larve  zum  ausgebildeten  Thiere. 

§.  34.  Die  Froschlarve  in  dem  eben  geschilderten  Zustande  ist  ein 
merkwürdiges  Zwittergebilde,  in  welchem  die  eigne  Individualität  unterge- 
gangen und  dennoch  das  entwickelte  Thier  noch  lange  nicht  vorhanden  ist. 
Lassen  sich  gleich  die  analogen  Bestandtheile  eines  ausgebildeten  Individuums 
herausfinden,  so  mangelt  es  doch  gänzlich  an  einer  Funktion  der  knöcher- 
nen Kieferapparate  oder  ähnlicher  Gebilde,  nachdem  die  braunen  hornigen 
Lamellen  abgeworfen  sind.    In  Uebereinstimmung  mit  der  dadurch  hervorge- 

7 


50 


rufenen  mangelhaften  Ernährung  von  aussen  *)  sehen  wir  daher  die  so  merk- 
würdigen Verkümmerungsprozesse:  das  Hinschwinden  des  Schwanzes,  des  Kie- 
menapparates etc. ,  durch  deren  Aufsaugung  das  Leben  zum  Theil  unterhalten 
werden  mag.  Neubildungen  am  Kopfe  treffen  wir  jetzt  weniger  an,  als  vielmehr 
reine  Form-  und  Ortsveränderungen  neben  den  genannten  Verkümmerungen. 

Am  Kopfe  haben  wir  sogar  sämmtliche  Bildungsbestandtheile,  welche 
wir  der  Genese  zufolge  erwarten  konnten.  Diejenige  Röhre,  welche  aus  den 
Rückenplatten  für  die  Zentralnerventheile  entsteht,  ist  samrat  ihren  Gesichts- 
entwickelungen schon  so  individuell  ausgebildet,  dass  dem  unbefangenen 
Beobachter  bei  Berücksichtigung  der,  durch  den  totalen  Verknöcherungsprozess 
entstehenden ,  für  den  Typus  unwesentlichen  Ergänzungen  es  gar  nicht  schwer 
werden  kann,  die  Identitäten  mit  dem  erwachsenen  Frosche  herauszufinden. 

Anders  ist  es  mit  den  Knorpeln  der  Visceralröhre  und  namentlich  des 
ersten  Visceralbogens  mit  seinem  Oberkiefer.  Wollen  wir  dieselben  mit  dem 
Knochensystem  des  entwickelten  Thieres  vergleichen,  so  liessen  sich  zwar 
die  einzelnen  Stücke  herausfinden,  dennoch  ist  die  Lage  derselben  so  abwei- 
chend, dass  man  eher  Vermuthungen  als  eine  richtige  Ansicht  aufstellen  kann. 
Vorzüglich  sind  es  'zwei  Knochen,  das  Flügel-  und  Gaumenbein,  welche, 
wenn  auch  nicht  ein  ganz  gleiches  so  doch  ein  ähnliches  Verhalten  im  ent- 
wickelten Frosche  mit  den  der  höheren  Wirbelthiere  offenbaren,  und  den- 
noch ist  €s  im  gegenwärtigen  Larvenzustande  nicht  möglich  diese  Aehnlichkeit 
herauszufinden.  Diese  Verschiedenheit  beruht  aber  eben  darauf,  dass  der 
erste  Visceralbogen  bei  den  niederen  Wirbelthieren  ursprünglich  einen  ganz 
anderen,  einen  geraden  Verlauf  hat,  welchen  wir  mit  sehr  geringen, 
beim  Verfolg  der  Entwickelung  leicht  zu  erklärenden  Abweichungen  auch 
gegenwärtig  in  den  Knorpeln  wiedererkennen.  Aus  diesen  Betrachtungen 
mögen  wir  wohl  vermuthen,  dass  die  beiden  Stücke  der  über  dem  Quadrat- 
bein gelegenen  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  sich  noch  besonders 
für  den  entwickelten  Frosch  zum  Os  palatinum  und  pterygoideum  verändern 
müssen.    Dieses  geschieht  denn  nun  auch  in  der  That.    Freilich  nicht  auf 


*)  "Wir  erinnern,   dass  in  diese  Zeit  auch  die  merkwürdige  Metamorphose  des 
Dariiikanals  fäUt. 


die  Weise,  wie  Herr  Professor  Dtiges  angiebt,  dass  nämlich  seine  lame  pte- 
rygo  -  ii/mpanique  sich  der  Länge  nach  in  zwei  Theile  spalte ,  wovon  der 
innere  zum  os  ptrygoideum,  der  äussere  hauptsächlich  für  das  os  tympanicum 
nach  Cuvier  oder  sein  temporo  -  mastoidien und  anderen  Partieen  sich  ent- 
Avickeln.  Diese  Beobachtung  bestätigt  sich  so  wenig  in  der  Watur  und  raeine 
Untersuchungen  weichen  so  sehr  von  den  Angaben  des  Ant.  Duges  ab,  dass 
ich  auf  dessen  Folgerungen  und  seiner  angeblichen  ferneren  Metamorphose 
der  Frosehlarve  unmöglich  Rüeksiclit  nehmen  kann. 

35,  Um  den  einfachen  und  natürlichen  Vorgang  der  bezeichneten 
Metamorphose  in  einem  Bilde  übersichtlich  darzustellen,  denke  man  sich  den 
Quadratbeinknorpel  mit  Allem,  was  darum  und  daranhangt,  so  weit  nach  hinten 
gezogen,  dass  man  denselben  an  den  Ohrlabjrinth- Knorpel  befestigen  könnte. 

Man  beobachtet  von  dieser  Veränderung  an  dem  Aeusseren  der  Larve 
ohne  Präparation  Niclits  mehr,  als  dass  die  Mundspalte  sich  nach  hinten  so 
auffallend  erweitert.  Im  Inneren  heben  wir  zuerst  hervor,  dass  der  Orbital- 
fortsatz des  Quadratbeinknorpels  das  schon  angedeutete  Bestreben,  den  Ohr- 
labyrinth-Knorpel zu  erreichen,  realisirt  und  an  dem  oberen  Rande  desselben 
sich  befestigt.  Ihm  nach  folgt  der  eigentliche  Körper  des  Quadratbeines,  und 
sein  Zurückweichen  wird  begünstigt  durch  das  gänzliche  Verschwinden  der 
oberen  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  sammt  seinem  Verbindungs- 
stücke mit  dem  ersten  und  der  hinter  liegenden  Kiemenbogen.  Nun  liegt 
der  Körper  des  Quadratbeinknorpels  an  der  äusseren  Fläche  des  Ohrlabyrin- 
thes und  verkümmert  an  seiner  hinteren  Partie  so  weit,  dass  das  Gelenkstück 
für  das  Suspensorium  des  Zungenbeinkörpers  verloren  geht  und  letzteres  sich 
häutig  an  den  Knorpel  des  Gehörorgans  anheftet.  Es  bleibt  nun  noch  von 
seiner  Basis  ein  Tläeii  zurück,  wciclier  zwischen  dem  Meckelschen  und  dem- 
jenigen länglichen  Knorpel  von  der  oberen  Abtheilung  des  ersten  Visceralbo- 
gens, aus  welchem  das  os  pterygoideum  gebildet  werden  soll,  sich  gelagert  hat. 
Festsitzend  mit  der  Spitze  des  Orbitalfortsatzes  an  dem  oberen  Rande  des 

*)  Die  Worte  des  Ant.  Duges  sind  pag.  90.  §.  IV:  La  portion  tympanique  se  se- 
pare  de  plus  en  plus  de  la  pterygoidienne ,  comme  si  la  lame  pterygo  -  tympanique  se  parta- 
geait  en  deux  porlions  sur  sa  longueur  etc.,  und  pag.  93.  §.  V.  Les  lames  pterygo-tym- 
paniqucs  se  fendent  longitudinalement  davant  en  arriere;  etc. 

7* 


52 


Ohrlabyrinthknorpels  zieht  sich  das  übriggebliebene  Stück  von  dem  eigentli- 
chen Kern  des  Quadratbeinknorpcis  noch  weiter  zurück,  bis  es  die  Lage  er- 
hält, in  welcher  wir  es  beim  ausgebildeten  Frosche  sehen. 

Seinem  Zurückweichen  akkomodiren  sich  die  mit  ihm  zusammenhan- 
genden Theile.  Es  verlängert  sich  das  über  ihm  gelegene  Knorpelstück  des  o* 
pterygoideum  so  zwar ,  dass  die  zwischen  dem  letzteren  und  dem  Schädel 
befindliche  Knorpel -Anlage  des  os  palatimm  ohne  besondere  Vergrösserung  in 
seiner  Lage  verbleibt  und  der  Flügelbein  -  Knorpel  unter  einem  schon  er- 
wähnten Winkel  von  ihm  abgeht,  welcher  aus  einem  sehr  stumpfen  nach  und  v 
nach  bei  der  Rückwärtsbewegung  sich  in  einen  rechten  verwandelt.  An  das 
Ohrlabyrinth  angelangt  verbindet  er  sich  alsdann  noch  mit  demselben  durch 
einen  nach  innen  gehenden  häutig  -  knorpligen  Fortsatz. 

Mit  ihm  zugleich  erweitert  sich  nach  hinten  der  eigentlich  äusserlich 
und  vor  ihm  gelegene  knöcherne  Oberkieferstreifen,  welclier  von  dem  oberen 
Zwisclicnkiefer  bis  an  das  Quadratbein  reicht.  Aus  dem  erwähnten  Ent- 
wickelungsvorgange  ist  es  nun  leicht  ersichtlich,  dass  der  Flügelbeinknorpel 
und  der  Oberkiefer  theilweise  zusammentreten  und  insgesaramt  statt  des  Qua- 
dratbeinknorpcis jetzt  die  Bildung  der  Seitenwand  des  Auges  übernehmen. 

An  den  knöchernen  Bildungsstreifen  des  Oberkiefers  und  des  noch  un- 
benannten länglichen  Knöchelchcns,  welches  sich  an  dem  vorderen  Rande  des 
Orbitalfortsatzes  und  des  Quadratbeinknorpels  vorfindet,  kann  man,  wenn  nach 
dem  Abstreifen  der  sie  bedeckenden  Häuten  dieselben  als  weissliche  Körper  zum 
Vorschein  kommen,  gleichfalls  augenscheinlich  das  Zurückweichen  der  genann- 
ten Theile  wahrnehmen.  Beide  Streifen,  welche  sich  beinahe  ganz  berühren, 
bilden  nämlich  anfangs  einen  ganz  stumpfen  Winkel,  Nun  befestigt  sich  die  t 
nach  hinten  wachsende  Spitze  des  Orbitalfortsatzes  sehr  bald  an  den  Ohrla- 
byrinthknorpel und  die  Basis  des  knorpligen  Quadratbeines  bewegt  si6h  rück- 
wärts gleichsam  um  diesen  fixen  Punkt  mit  allen  den  anhangenden  Theilen 
noch  über  das  Ohrlabyrinth  hinweg,  Auf  diese  Weise  sehen  wir  allmählig 
den  genannten  stumpfen  Winkel  in  einen  ziemlich  spitzen  sich  verwandeln. 

Endlich  folgt  noch  diesem  Zurückweichen  des  Quadratbeinknorpels  die 
untere  Abtheiiung  des  ersten  Visceraibogens ,  der  Meckelsche  Knorpel  mit  sei- 
nem sogen:innte;i  Zwischenkiefer,  wie  man  dieses  ohne  alle  Präparation  selbst 


\ 


53 

an  den  im  Wasser  schwimmenden  Larven  beobachten  kann.  Der  Zwischen- 
kiefer giebt  nach  und  nach  seine  für  den  Larvenzustand  bestiniiiste  indivi- 
duelle Ausbildung  ganzlich  auf  und  maciit  allniählig  mit  den  Meckelsciien 
Knorpeln  einen  einfachen  Bogen,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren,  ob- 
schon  die  ehemalige  Trennungslinie  noch  immer  etwas  sichtbar  bleibt.  Wenn 
man  jetzt  so  diesen  Bogen  ansieht,  so  bestätigt  sich,  was  wir  vorhin  be- 
merkten, dass  der  sogenannte  untere  Zwischenkiefer  eigentlich  nicht  dem 
Zwischenkiefer  der  höheren  Wirbelthiere  zu  vergleichen,  sondern  für  das 
abgclösete  keilförmige  .Schlussstück  des  Meckelschen  Knorpels  zu  halten  ist. 
Der  eigentliclie  Meckclsche  Knorpel  mit  dem  knöchernen  ünterkieferstreifcn 
vergrössert  sich  in  dem  Maasse,  als  der  Quadratbeinknorpel  zurückgeht. 

§.  36.    Auf  dem  beschriebenen  ebenso   merkwürdigen    als  ganz  ei- 
genthümlichen  Wege  gelangt  der  entwickelte  Frosch  zu  dem  Besitze  eines 
ersten  Visceralbogens,  welcher  uranfänglich  ganz  abweichend,  jetzt  in  seiner 
Form  und  in  der  Lage  dem  der  höheren  Wirbeltliier- Abtheilung  im  Allge- 
meinen ähnlich  ist.    Er  wird  zu  einem  Thiere,  welches  mit  der  oberen  für 
das  Centralnervensjstem  bestimmten  Rohre  den  niederen  Wirbelthieren  ange-  « 
hört,  das  aber  seiner  ihm  eigenthümlichen  Larven -Metamorphose  einen  Zu- 
stand verdankt,  wodurch  dasselbe  in  seiner  Kopf -Visceralröhre  den  höheren 
Wirbelthieren  nahe  gestellt  wird.    Für  die  Entwickelungsgeschichte  wird  da- 
durch der  Frosch,  wie  so  oft  in  anderen  Beziehungen,  von  der  grössten 
Wichtigkeit.    Denn  durch  seine  Metamorphose  wird  indirekt  nun  der  augen- 
scheinliche Beweis  geliefert,  dass  die   vordere  obere  Abtheilung  des  ersten 
Visceralbogens  nicht,  wie  man  wohl  vermuthen  möchte,  als  ein  blosser  Fort- 
satz des  ursprünglichen  Visceralstreifens  zu  betrachten  sei,  sondern  dass  die 
Gesichtskopf  beuge ,  wie  wir  es  auch  erwähnt  haben,  als  der  eigentliche  Grund 
der  seitlichen  Krümmung  und  der  eigenthümlichen,  vorderen  oberen  Ausbil- 
dung des  ersten  Visceralbogens  bei  den  höheren  Wirbelthieren  anzusehen  ist. 
Fände  bei  der  höheren  Wirbelthier -Abtheilung  eine  Gesichtskopf  beuge  nicht 
statt,  so  würden  wir  einen  ersten  Visceralbogen  haben,  welcher  zwar  eine  stärkere 
Schädel -Partie  als  der  zweite  und  dritte  besässe,  im  Verlaufe  aber  ihnen  ähnlich 
wäre,  ganz  wie  bei  der  frühen  Froschlarve.  Nun  beugt  sich  der  erste  Schädelwir- 
bel ,  und  diejenige  Partie  des  ursprünglichen  Visceralstreifens,  welche  für  den 


ersten  Visccialbogcn  bestimmt  ist,  entwickelt  sich  demgemäss  in  der  dei| 
höheren  Wirbelthieren  eigenthümlichen  Krümmung,  wie  dieses  der  Frosch 
ohne  Gesichtskopfbeuge  während  des  Knorpelzustandes  durch  seine  merkwür- 
dige Metamorphose  zu  Wege  bringt, 

§.  37.  Die  Veränderungen  des  zweiten  Visceralbogens  sind  einlach. 
Die  obere  Abtheilung  desselben  verschwindet,  wie  wjr  schon  angegeben, 
gänzlich.  Die  obere  Extremität  des  Suspensoriums  vom  Zungenbeinkörper 
heftet  sich  mit  der  Verkümmerung  der  hinteren  Partie  des  Quadratbeinknor- 
pels an  das  Ohrlabyrinth.  Von  seinem  übrigen  Theile  verkümmert  nach  und 
nach  Alles  bis  auf  eine  gleichmässige ,  schmale  vordere  Partie,  welche  den 
ganzen  Verlauf  des  vorderen  Randes  beibehält.  Das  die  unteren  Extremitäten 
der  Suspensoria  verbindende  Mittelstück,  den  Zungenbeinkörper,  wollen  wir 
jetzt  in  Gemeinschaft  mit  dem  daranstossenden  Träger  des  Kiemenapparates 
in  die  Betrachtung  ziehen.  Es  unterstützt  diesen  letzteren  während  der  Lar- 
venzeit, wo  noch  keine  Zunge  vorhanden  ist,  wie  späterhin  gerade  umgekehrt 
der  Kiemenbogenträger  nach  dem  Hinschwinden  der  Kiemen  dem  jungen- 
beine  in  seiner  Funktion  behilHich  ist. 

Der  Kiemenapparat. 

§.  38,  Das  Kiemengerüste  hangt  bei  den  Wirbelthieren  noch  enger  als 
das  Lungensystem  mit  den  uranfänglichen  Aortenbogen  zusammen,  und  man 
muss  daher  die  Darstellung  desselben  stets  mit  den  letzteren  beginnen.  Aus 
dem  zu  Anfange  vorliegenden  üntersuclumgen  Angeführten  geht  hervor,  dass 
das  Herz  mit  seinen  Aortenbogen  ursprünglich  gleich  hinter  den  Saugnäpfchen, 
also  wie  bei  den  hölieren  Wirbelthieren,  imter  der  vordersten  Schädelpartie 
gelagert  ist,  dass  dann  bei  dem  Hervorwachsen  der  Visceralfortsätze  dasselbe 
nach  und  nach  zurückgedrängt  wird ,  und  zuletzt  hinter  dem  zweiten  Visceral- 
fortsatz  gleichsam  mitten  zwischen  Rumpf  und  Kopf  zu  liegen  kommt.  Da- 
selbst verbleibt  es  so  lange,  bis  der  Kiemenapparat  verkümmert  und  die 
Lungen  ihre  Funktion  antreten. 

Indem  nun  das  Herz  an  besagter  Stelle  sich  befindet,  ist  es  zunächst 
von  dem  schon  früh  aus  dem  serösen  Blatte  sich  bildenden  Perikardium  um- 
geben. Es  liegt  ausserdem  in  seiner  Hole,  welche  von  dem  serösen  Blatte, 
wiefern  dasselbe  olIb  Membi^ana  renniens. inferior  auftritt^  gebildet  wird.  Dasselbe 


55 


theilt  sich  nämlich  vom  zweiten  Visceralbogen  abgehend  (siehe  Tab.  1.  Fig.  7.) 
in  zwei  Blätter.      Das  eine  geht  unterhalb  dem  Herzen,  bedeckt  von  der 
Cutis  und  der  schwarzen  ümhüllungshaut,  das  andere  oberhalb  demselben  zur 
Bauchhöle.    An  den  Seiten  liegen  beide  Blätter  zusammen,  begrenzen  die 
aweite  Visceralspalte  und  verlaufen  zur  Membrana  reuniens  inferior  der  Rumpf- 
VisceralhÖle  da,  wo  dieselbe  mit  der  Visceralplatte  und  seiner  vorderen 
Extremitäten -Entwickelung  in  Verbindung  tritt.      Hinten  dagegen  sind  sie 
getrennt.      Das    untere  Blatt    geht  unmittelbar  in   die  Membrana  reuniens 
inferior    der  Bauchhöle  über,    das  oberste  zur  innersten  Haut  derselben. 
Die  Rumpf  -  Visceralhöle  nämlich  wird  oben  durch  die  früh  angedeuteten 
Visceralplatten  neben  den  Rückenwülsten,    seitlich  und  unten,   vorn  und 
hinten,  durch  die  untere  Verbindungshaut  gebildet.      Innerhalb  ist  sie  von 
der  innersten  oder  vierten  membranösen  Scheidung  des  serösen  Blattes  aus- 
gekleidet und  wird  durch  dieselbe  so  vollkommen  abgeschlossen,  dass  nur 
nach  hinten  die  Oeffnung  für  den  After,  vorne  nach  oben  ein  grösseres  Loch  für 
den  Durchtritt  des  Darmkanals  und  nach  unten  eins  für  den  Durchgang 
der  Gefässe  des  Herzens,  umgeben  von  fetten  Massen,  übrig  gelassen  ist. 
Hier  vorn  scheidet  sie  sonst  förmlich  zwerchfellartig  die  Herz-  und 
Visceralhöle  des  Kopfes  von  der  des  Rumpfes,  und  legt  sich  an  das  Perikar- 
dium,  mit  welchem  es  durch   die  oben  genannte  Oeffnung  in  Verbindung 
steht.    In  dieser  Hinsicht  ist  die  Hcrzhöle  als  eine  nach  vom  liegende  Nc- 
benhöle  der  Rumpfvisceralhöle  anzusehen.    Diese  innerste  Haut  der  Bauch- 
höle nimmt  sehr  bald  eine  schwärzliche  Färbung  an  und  ist  auch  im  ent- 
wickelten Frosche,  während  die  Visceralplatten  nur  durch  ihre  Bildungen  des 
Brust-  und  Beckengürtels  sich  evident  allmählig  vereinigen,  im  Uebrigen  aber 
mehr  unausgebildet  zurückbleiben,  das  Hauptkonstituens  der  genannten  Höle. 
Sie  liat  eine  glatte  Oberfläche  und  erinnert  an  das  Pcritonaeum  der  höheren 
Wirbelthiere ,  obschon  ich  den  Zusammenhang  mit  dem  Darmkanal  als  Ueber- 
zug  nicht  darlegen  kann. 

Die  Aortenbogen  füllen  nun,  nachdem  das  Herz  zurückgetreten  und 
zwischen  dem  zweiten  Visceralbogen  und  der  Visceralplatte  des  Rumpfes  ge- 
lagert ist,  diejenige  Oeffnung  aus,  welche  wir  als  zweite  Visceralspalte  auf- 
geführt haben.    Sie  wird  vorn  durch  den  hinteren  Rand  des  zweiten  Visce- 


56 


ralfortsatzes ,  hinten  durch  die  Visceralplatte  mit  der  Membrana  reimiens 
inferior  des  Rumpfes  begrenzt;  oben  kommen  beide  Visceralplatten  zusammen, 
und  unten  zur  Seite  der  Herzhöle  verläuft  die  untere  Vereinigungshaut  von 
den  zweiten  Visceralfortsäten  in  zwei  hier  zusammenliegenden  Blättern  zur 
Rumpf- Visceralhöle,  wie  vorhin  beschrieben  wurde.  So  ist  der  Zustand,  so 
lange  die  äusseren  Kiemen  in  schon  erwähnter  Weise  hervortreten  und 
verkümmern. 

39.    Treten  nun  die  inneren  Kiemen  auf,  so  bilden  sich  an  den 
Aortenbogen,  um  die  Kiemenblättchen  zu  tragen,  die  bekannten  Knorpelbo- 
gen.   Ob  dieselben  ihre  Entstehung  der  Schleimhaut  oder  der  ursprünglich 
die  Aortenbogen  schützenden  Membrana  reuniens  inferior  zu  verdanken  haben, 
konnte  ich  wegen  des  engen  Konflikts  beider  Häute  an  dieser  Stelle  nicht 
mit  Sicherheit  entscheiden;   vielmehr  glaube  ich  gegen  die  allgemeine  An- 
sicht, dass  die  Untersuchungen  über  diesen  Punkt  als  noch  nicht  abgeschlos- 
sen zu  betrachten  sind.    So  viel  aber  geht  aus  den  bisherigen  Beobachtungen 
gewiss  hervor,  dass  die  Kiemenbogen  keine  Gebilde  der  Visceralplatte,  keine 
Visceralbogen  zu  nennen  sind.    Um  diese  Zeit  ist  auch  schon  das  Mittelstttck 
des  zweiten  Visceralbogens  verknorpelt  und  das  nach  hinten  sich  anschlies- 
sende obere  Blatt  der  Membrana  reuniens  inferior  geht  allmählig  vorn  in 
seiner  ganzen  Breite,  hinten  aber  besonders  mit  den  Seitentheilen,  welche 
sich  zur  Visceralplatte  des  Rumpfes  hinbegeben ,  in  den  Knorpelzustand  über. 
Nach  hinten  in  gerader  Richtung  ist  sie  häutig  in  Verbindung  mit  der  vor- 
deren Wand  der  innersten  serösen  Haut  der  Rumpf- Visceralhöle  verblieben. 
Der  innige  Zusammenhang  dieser  letztgenannten  knorpligen  Membran  mit 
der  Visceralplatte  des  Kopfes  und  Rumpfes:  die  Art,  wie  sie  allmählig  sich 
hervorbildet:  die  Anheftung  mehrer  Muskeln,  welche  dem  Wirbelsystem  zugehö- 
ren, an  dieselbe :  endlich  auch  ihre  spätere  Entwickelung  bestimmen  mich  zu  der 
Annahme,  dass  dieselbe  für  ein  Zwischenstück  der  Kopf-  und  Rumpf- Visce- 
ralplatte zu  halten  sei.    Wir  wollen  es  mit  dem  Namen  „Kiemenbogenträger" 
nach  seiner  jetzigen  Function  bezeichnen.      Es  bildet    derselbe  mit  dem 
schmäleren  knorpligen  Körper  des  Zungenbeines  ein  gemeinschaftliches  Stück, 
an  welchem  die  weissliche  Trennungslinie  nur  schwach  angedeutet  ist,  und 
wir  wollen  bei  der  Beschreibung  daher  beide  zusammen  als  einfach  betrachten. 


57 

Als  solches  nun  unterscheiden  wir  an  den  Seitenrändern  vorn  einen  Ausschnitt 
für  die  untere  Extremität  des  Zungenbein -Suspensoriums,  hinten  einen  ähn- 
lichen für  die  Kiemenbogen.  In  der  Mitte  des  Randes  ragt  demgemäss  die 
Knorpelmasse  etwas  hervor  und  an  ihr  befestigt  sich  der  erste  Kiemenbogen. 
Da,  wo  der  hintere  Ausschnitt  nach  oben  zur  Visceralplatte  des  Rumpfes 
tritt,  bilden  sich  später  als  an  den  eigentlichen  Kiemenbogen  gleichfalls  einige 
Kieraenblättchen ,  doch  niemals  fand  ich  daselbst  einen  vierten  Aortenbogen. 
Die  Arteria  pulmonalis  geht  vielmehr  vom  dritten  Aortenbogen  ab.  Man  hat 
dieses  nach  hinten  und  seitlieh  sich  ausdehnende  Knorpelstück  des  Kiemen- 
bogenträgers  mit  den  übrigen  eigentlichen  Kiemenbogen  in  eine  Kalegorie 
gestellt  und  den  vierten  Kiemenbogen  genannt.  Doch  ist  dasselbe  ein  Gebilde 
des  Wirbelsystems  und  es  fehlt  ihm  auch  das  Wesentlichste  der  Kiemenbogen, 
der  Aortenast, 

Vor  dem  vorderen  Rande  der  ganzen  Knorpelplatte  entwickelt  sich, 
wie  erwähnt  wurde,  die  Zunge;  der  hintere  geht  häutig  zur  Membrana 
reuniens  inferior  des  Rumpfes.  In  dieser  häutigen  Partie  bilden  sich  um  die 
Zeit,  wenn  die  Lungen  sich  entwickeln,  auf  der  gegen  die  Schleimhaut  des 
Darmkanals  geneigten  Fläche  zwei  längliche  Körperchen:  die  frühsten  An- 
deutungen der  Cartilagines  arytaenoideae.  Vergleichen  wir  die  Lage  dieser 
Körperchen  mit  den  gleichen  bei  den  höheren  Wirbelthieren,  wo  sie  sich 
gleich  hinter  dem  dritten  Visceralbogen  vorfinden;  so  giebt  uns  dieses  ei- 
nen neuen  Grund  den  Kiemenbogenträger ,  gewissermaassen  ein  Analogen  des 
dritten  Visceralbogens ,  als  eine  den  Visceralplatten  zugehörige  Bildung  an- 
zusehen. Die  Hügelchen  der  Cartilagines  arytaenoideae  lassen  sich  nach  hin- 
ten durch  die  innerste  seröse  Haut  der  Bauchhöle  in  das  Lungengewebe  ver- 
folgen. Dieses  ist  auch  der  einzige  Zusammenhang,  welchen  ich  zwischen 
den  frühsten  Spuren  des  Lungengewebes  und  anderen  Theilen  des  Körpers 
finden  konnte.  Auch  kann  man  sich  deutlich  überzeugen,  dass  die  Lungen, 
indem  sie  in  der  Rumpfhöle  sichtbar  werden,  einen  üeberzug  der  scliwarz 
tingirten  serösen  Haut  der  Rumpf- Visceralhöle  erhalten.  Nur  den  Zusammen- 
hang mit  der  Schleimhaut  habe  ich  nie,  weder  bei  den  Säugethieren  und 
den  Vögeln,  noch  bei  den  Fröschen  so  evident  wahrnehmen  können,  (obschon 
ich  überall  die  Lungen  in  einer  sehr  fj  iihen  Entwickelungszeit  gesehen),  dass 

8 


58 


ich  mich  von  der  Beobachtung  so  berühmter  Naturforscher  überzeugt  hätte. 
Ich  kann  nicht  leugnen,  dass  so  tüchtige  Gewährsmänner  eben  der  einzige 
Grund  sind,  warum  ich  meine  Untersuchungen,  die  vielmehr  gemäss  der  bis- 
herigen Schilderung  für  die  Entwickelung  der  Lungen  aus  dem  serösen 
Blatte  sprechen,  noch  immer  in  Zweifel  ziehe  und  denselben  freimüthig  aus- 
spreche. Bei  den  Säugethieren  und  Vögeln  (siehe  meine  Abhandlung  in 
Müllers  Archiv  1837.  Fig.  10. 11. 12  etc. )  stehen  die  Urrudimente  der  Lungen 
mit  den  beiden  Bildungshälften  der  Ärteria  aspera  und  diese  wieder  mit  den 
Hügelchen  der  Cartilagines  arytaenoideae  in  Verbindung,  welche  letztere 
gewissermaassen  als  die  nicht  verwachsenden  und  sich  besonders  ausbildenden 
obersten  Partieen  der  Bildungshälften  der  Arteria  aspera  anzusehen  sind. 
Bei  den  Fröschen  fehlt  die  A  rtet  ia  aspera  und  die  Lungen  -  Anlagen  hangen 
unmittelbar  mit  den  Cartilagines  arytaenoideae  zusammen,  deren  Bildung  aus 
dem  serösen  Blatte  in  angegebener  Weise  sowohl  bei  den  höheren  Wirbel- 
thieren  als  bei  den  ungeschwänzten  Batrachiern  evident  ist 

40.  Je  mehr  nun  die  Lungen  sich  ausbilden,  um  die  Funktion  der 
Athmung  zu  übernehmen,  um  so  sichtbarer  verkümmern  die  Kieraenbogen 
sammt  den  Kiemenblättchen  und  den  Gefässen  des  Bidbus  aortae.  Die  zweite 
Visceralspalte,  welche  äusserlich  häutig  durch  den  verwachsenden  Kiemen- 
deckel schon  früher  verschlossen  wurde,  wird  jetzt  auch  innerhalb  nach  und 
nach  immer  enger,  bis  endlich  die  Gebilde  beider  Visceralplatten  sich  un- 
mittelbar berühren.    Zu  gleicher  Zeit  reduziren  sich  auch  die  Suspensoria 


*)  Aucli  im  ausgeljildeton  Thiere  haben  wir  streng  genommen  keine  Thatsache, 
welche  für  die  Entwickelung  der  Lungen  aus  dem  Tubus  alimentarius  spräche.  Die  Lage 
innerhalb  der  Munipf- Visceralhöle  ist  ein  Produkt  späterer  Metamorphose.  Der  Zusam- 
menhang der  Schleim  absondernden  Haut  der  Lungen  mit  der  Schleimmembran  des  Darm- 
kanals ist  eine  öfter  sich  wiederholende  Erscheinung  der  Gebilde  beider  Urmembranen. 
Auch  die  Conjunctiva  des  Auges  steht  mit  der  Membrana  Schneideriana  der  Xasenhöle  und 
durch  diese  mit  dem  Schlünde  in  Verbindunc,  obschon  sie  ein  Schleim  absonderndes  Ge- 
bilde  des  serösen  Blattes  ist,  durch  Umwandlung  der  Cutis  entstanden.  Blag  nun  auch 
die  Schneidersche  Haut  dem  Schleimblatle  des  vegetativen  Systems  der  Genese  nach 
wahrscheinlicherweise  nicht  angehören,  so  ist  dieses  doch  bestimmt  mit  der  Schleimhaut 
des  Schlundes  der  Fall. 


59_ 

des  Zungenbeinkörpers,  und  dieser  letztere  sowohl  als  auch  der  Kiemenbo- 
genträger  nach  dem  Hinschwinden  der  Kiemenbogen  verschmelzen  enger  mit 
einander,  so  dass  man  zuletzt  die  Trennungslinie  nicht  mehr  erkennen  kann. 
Die  Ausschnitte  der  Seitenränder,  welche  behufs  der  sich  ansetzenden  Theile 
gebildet  erschienen,  werden  undeutlich  und  namentlich  am  Kiemenbogenträ- 
ger  sehr  verkürzt.    Die  ganze  Knorpelplatte  wird  bei  den  verschiedenen 
Froschgattungen   zu  einem  verschieden  sich  gestaltenden,  unregelmässigen 
Knorpelstück,  welches  als  Zungenbeinkörper  fungirt,  auch  im  entwickelten 
Thiere  seltener  verknöchert  und  hauptsächlich  jene  Erhabenheit  des  Seiten- 
randes, woran  sich  der  erste  Kiemenbogen  befestigt,  auch  später  in  seiner 
unregelmässigen  Form  meistens  beibehält.     Nur  diejenige  Knorpelpartie  des 
Kiemenbogenträgers,  welche  hinten  zu  beiden  Seiten  mit  der  Visceralplatte 
des  Rumpfes  sich  in  Verbindung  setzt  und  als  vierter  uneigentlicher 
Kiemenbogen  auftritt,  bildet  sich  individueller  hervor.    Die  Kiemenblättchen, 
welche  sich  an  ihm  befanden  verschwinden  früher  als  die  übrigen,  obgleich 
sie  sich  später  entwickelten.     Es  entsteht  ein  sich  vom  Kiemenbogenträger 
absondernder,  länglich  gestalteter  Knorpel,  welcher  sich  seitlich  nach  hinten 
biegt  und  späterhin  durch  einen  Muskel  mit  dem  Knorpel  des  Ohrlabyrinthes 
da  in  Verbindung  setzt ,  wo  derselbe  an  die  Visceralplatte  des  Rumpfes  stösst. 
Es  ist  das  sogenannte  coniu  jjosterius  oder  thyreokleum  des  Zungenbeines  '0- 
Man  muss  dasselbe  übrigens  nicht  mit  ähnlich  gebildeten  Knorpeln  verwech- 
seln, welche  vor  der  cartilago  arytaenoidea  sich  innerhalb  der  Bauchhöle  zu 
dem  Lungengewebe  zuweilen  hinerstrcrken.    Das  sogenannte  Cornu  posterius 
des  Zungenbeines  verknöchert  zicmlicli  zu  gleicher  Zeit  mit  dem  eigentli- 
chen Suspensorium  desselben. 

An  den  genannten  Verwandlungen  nimmt  das  Herz  mit  seinen  Ge- 
fässen  gleichfalls,  wie  schon  erwähnt,  Antheil.  Mit  den  Kiemenbogen  rücken 
auch  die  Aortenbogen  immer  näher  aneinander,  während  sie  zu  gleicher  Zeit 
verkümmern.  Diejenigen  Abtheilungen  derselben  aber,  welche  unmittelbar 
vom  Bulbus  aortae  ausgehen  und  noch  an  dem  Kiemenbogenträger  sich  befinden, 


*)  In  der  Entvvickelungsgeschichte  des  Triton  werden  wir  seine  gleiche  Bedeutung 
dem  OS  pharyngenm  inferiv.s  der  Fische  kennen  lernen. 

-  '  8* 


60 


nähern  sich  natürlich  früher  zu  einander,  als  ihre  Enden  und  so  gescliieht 
es  denn ,  dass  sie ,  noch  ehe  der  Verkümmerungsprozess  vollständig  eingetreten, 
alle  drei  unter  sich  verwachsen  und  wie  eine  Verlängerung  des  Bulbus  aortae 
selbst  erscheinen.  Die  eigentliche  Ki  einen  ab  theilung  der  Aortenbogen  ver- 
schwindet vollständig. 

Nachdem  der  Verkümmerungsprozess  der  Kiemen  vollendet,  zieht  sich 
das  Herz  durch  die  für  seine  Gefässe  mit  den  Fettmassen  gelassene  OefFnung 
der  vorderen,  zwerchfellartigen  Wand  der  serösen  Membran  in  die  Rumpf- 
Visceralhöle  zurück.  Unter  ihm  hat  sich  nach  und  nach  der  Brustgürtel  ge- 
schlossen und  einen  Theil  der  vorderen  Wand  des  serösen  Sackes  der  Bauch- 
höle  verdrängt.  So  hört  die  Herzhöle  allmählig  auf  zu  existiren.  Das  untere 
Blatt  der  Membrana  reuniens  inferior  wird  aufgesogen.  Das  obere  dagegen, 
von  dem  Kiemenbogen träger  vertreten,  rückt  demgeraäss  nach  dem  Zurück- 
weichen des  Herzens  mit  seinem  Perikardium  gegen  die  Cutis,  wird  analog 
dem  dritten  Visceralbogen  der  höheren  Wirbelthiere  das  Vermittelungsstück  der 
Visceralplatte  des  Kopfes  und  Rumpfes  in  der  Schlundgegend  und  assistirt 
jetzt  auch  gleichfalls  dem  Zungenbeine. 

Kapitel  III. 

^  Das  Knochensystem  des  Frosch -Kopfes. 

Ant.  Duges  stellt  in  seiner  schon  öfters  genannten  Schrift  jenes  ebenso 
merkwürdige  als  bisher  ungewöhnliche  Gesetz  auf,  dass  die  Verknöcherung 
bei  den  niederen  Wirbelthieren  namentlich  bei  den  Fröschen  in  einer  ganz 
anderen  Art  erfolge,  als  bei  den  höheren.  Es  gehe  nicht  der  Knorpel  selbst 
in  Knochen  über,  sondern,  während  derselbe  verkümmere,  bildet  sich  gleich- 
sam von  seinem  Periosteuin  das  gleichbenannte  Knochenstück.  Er  stützt  diese 
Beobachtung  vorzüglich  auf  das  früh  sich  zeigende  Knochenblättchen  der 
Schleimhaut  unter  der  knorpligen  Schädelbasis,  welches  wir  später  an 
der  knöchernen  Schädelbasis  wiederfinden.  Die  Entstehung  des  Unterkie- 
fers etc.  solle  gleichfalls  dafür  sprechen.  Wir  wissen  indess  aus  den  bisheri- 
gen Untersuchungen,  dass  der  Unterkiefer  in  keiner  Art  anders,  als  bei  den 
höheren  Wirbelthieren  entsteht,  und  nur  die  ünkenntniss  von  der  Bedeutung 


61 


des  Meckelschen  Knorpels,  so  wie  die  anfängliche  Kleinheit  des  Unterkiefers 
zu  demselben  bei  den  Fröschen  konnte  ihn  zu  dieser  Annahme  veranlassen. 
In  Betreff  übrigens  des  Knochenblättchens  unter  der  Schädelbasis,  des  Sphe- 
noide,  welches  Ant,  Duges  als  Hauptstütze  seiner  Ansicht  anführt,  wissen 
^\'ir,  dass  dasselbe  ganz  evident  aus  dem  Schleimblatt  sich  herausbilde.  Es 
ist  nun  zwar  das  Faktum  nicht  abzuleugnen,  dass  dieses  Blättchen  bei  den 
ausgebildeten  Thieren  als  äussere  Knochenlamelle  der  Schädelbasis  sich  dar- 
stelle und  die  mehr  ausserwesentliche  Funktion  der  äusseren  gegen  die  Mund- 
]jöle  gewandten  Fläche  derselben  übernehme  j  dennoch  kann  man  selbst  bei 
den  ältesten  Individuen  das  frühere  Getrenntsein  von  der  eigentlichen  Schä- 
delbasis wiedererkennen.  Bei  Fröschen  mittleren  Alters  kann  man  es  sehr 
Jeicht  ohne  Zerstörung  des  Schädels  lostrennen.  Wir  werden  diese  Erschei- 
nung der  Skeletbildung  des  Schleimblattes  und  seiner  öfteren  Befestigung  an 
das  Wirbelskelet  in  modifizirter  Art  auch  bei  den  Tritonen  wiederfinden,  so 
dass  es  scheint,  als  wenn  bei  der  geringen  Ausbildung  der  Kopfvisceralhöle 
der  niederen  Wirbelthiere  dadurch  gewissermassen  ihnen  ein  Ersatz  gegeben 
werde.  Bei  Erwägung  dieser  Thatsachen,  so  wie  vorzüglich  der  Genesis  des 
fraglichen  Knochenblättchens  können  wir  die  Ansicht  des  Ant,  Duges  nicht 
theilen  und  müssen  erklären,  dass  nach  unseren  bisherigen  Untersuchungen 
der  Verknöcherungsakt  bei  der  niederen  Wirbelthier- Abtheilung  in  keiner  Art 
anders  als  bei  den  höheren  erfolge.  —  Eine  andere  Frage,  die  den  Wirbel- 
typus ursprünglich  gar  nicht  angeht,  ist  die:  welchen  Einfluss  hat  die  ver- 
schiedene Struktur  eines  voluminöseren  Knorpels,  namentlich  bei  den 
Fischen,  auf  die  Ossification?  — . 

§.  41.  Es  ist  jetzt  wohl  der  Zeitpunkt  da,  wo  die  Entwickelungsge- 
schichte  sich  das  Recht  nicht  nehmen  lässt,  über  die  Bedeutung  der  einzelnen 
Knochenstücke  mit  Rücksicht  auf  den  WirTjeltypus  zu  entscheiden;  das  Urtheil 
über  die  Individualitäten  der  Wirbelthiere  möge  der  komparativen  Anatomie 
und  Zoologie  anheim  gestellt  bleiben.  Diesem,  wie  wir  glauben,  allgemein 
anerkannten  Gesetze  vertrauend  haben  wir  im  Laufe  vorliegender  Untersu- 
chungen einzelnen  Urstücken  eine  Bezeichnung  gegeben,  welche  oft  nicht  all- 
gemein herrschend  war,  dennoch  in  der  Analogie  mit  den  höheren  Wirbel- 
thieren  ihr  Recht  dazu  vorfand.    Indem  wir  nun  zu  der  Entwicklung  der 


62 

Kopfknoclicn  übergehen,  werden  wir  uns  auch  fernerhin  von  diesem  Gesetze 
leiten  lassen  und  in  den  Benennungen  nach  den  uranfänglichen  Anlagen  des 
Wirbelthieres  uns  richten.  Wir  können  uns  hicbei  unmöglich  auf  die  einzel- 
nen Erörterungen  der  Hypothesen  in  der  komparativen  Anatomie  einlassen, 
welche  so  zahlreich  sind,  dass  man  dabei  Bände  füllen  könnte  und  der 
Schluss  wäre  am  Ende  immer  doch  nur  der  Verweis  auf  die  Entwickelungs- 
geschichtej  wir  wiederholen  die  Worte  unseres  verehrten  Lehrers:  „sie  muss 
das  Richteranit  führen."  Ihr  nur  folgend,  wollen  wir  vor  der  näheren  Be- 
traclitiing  des  Knochensystems  am  Froschkopfe  den  Kopftypus  der  Entwicke- 
lung  gemäss  allgemein  ins  Auge  fassen. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Bildungsgeschichte  haben  wir  demnach 

am  Kopfe: 

a.  Eine  obere  Röhre,  die  Schädelhöle,  für  die  vorderen  Zentralorgane  des 
Nervensystems. 

b.  Eine  untere  Röhre,  die  Visceralhöle,  für  die  vordere  Abtheilung  des 
vegetativen  Systemes.  Ihre  obere  Decke  wird  durch  die  Basis  der  Schä- 
delhöle gebildet. 

c.  Das  Gesicht  oder  derjenige  Theil  des  Kopfes,  in  welchem  die  obere  und 
untere  Röhre  durch  Bildungsfortsätze  zur  Formirung  der  Nasen-  und 
auch  der  Mundhöle  in  Verbindung  treten,  um  darin  die  Hauptelemente 
für  die  Erhaltung  des  Organismus  animalisch  und  vegetativ  gleichsam 
vorher  verarbeiten  zu  lassen.  Accidentell  tritt  mit  der  grösseren  Wölbung 
der  Stirnwand  und  durch  die  Gesichtskopfbeuge  bei  den  höheren  Wir- 
belthieren  der  ganze  erste  Kopfwirbel  mit  der  Augenhöle,  ja  bedingter- 
weise selbst  das  Ohr  bei  einigen  hinzu. 

Zerlegen  wir  nun  diesen  allgemein  ausgesprochenen  Bildungstypus  in 
die  einzelnen,  sich  absondernden  härteren  Gebilde,  so  haben  wir 

1.  für  die  Zentralnerven-  und  Visceralhöle  des  Kopfes  die  drei  ur- 
sprünglich immer  vorhandenen,  mehr  oder  weniger  vollständigen  Wirbel, 
welche  nur  nach  der  Individualität  einzelner  Wirbelthier-Gruppen  sich  ver- 
ischiedeii  metamorphosiren,  und 

2.  für  das  Gesicht,  den  Verbindungstheil  beider,  aus  Wirbelstücken 
zusammengesetzten  Röhren :  aus  den  vorderen  Stirnfortsätzen  die  Nasenbeine  von 


63 


der  Zcntralnervenröhre:  die  Oberkieferbeine  von  der  Visceralhole :  ferner 
die,  beide  genannten  Theile  stutzende  von  der  Scliädelbasis  (dem  unteren 
Schlussstiicke  der  oberen  Rölire  des  Kopfes)  liervorwachsende  Gesiclitsbasis : 
und  endlich  die  von  der  letzteren  sich  hauptsächlich  entwickelnden  und 
zwischen  die  Nasenbeine  und  Oberkiefer  tretenden  oberen  Zwischenkiefer. 
Hiezu  tritt  dann  accessorisch  der  von  der  unteren  Abtheilung  des  ersten  Vis- 
ceralbogens  sich  ausbildende  Unterkiefer- Apparat,  der  bei  den  niederen  Wir- 
belthieren  mehr  der  Visceralhole  angehört. 

Das  sind  die  allgemeinen  Bestandtheile  des  Kopfes  bei  allen  Wirbel- 
thieren,  welche  auch,  wiefern  sie  auf  dem  ursprünglichen  Wirbelt jpus  be- 
gründet sind,  bei  den  froschartigen  Thieren  mutatis  miitandis  vorhanden  sein 
müssen.  Sollten  einzelne  Partieen  derselben  im  entwickelten  Zustande  nicht 
vollständig  zu  finden  sein ,  wie  dieses  namentlich  bei  der  Visceralhole  vor- 
kommt, so  muss  die  Bildungsgeschichte  ihren  Verkiimmerungsprozess  nach- 
weisen. Beobachtet  man  neue  und  nicht  ursprünglich  gegebene  Bildungs- 
fortsätze in  sehr  frühen  Zuständen  des  Embijo,  wie  die  für  die  Thränen- 
beine,  so  ist  die  Wahrscheinlichkeit  da,  dass  dieselben  der  eigenthümlichen 
Entwickelung  grösserer  Wirbelthier -Gruppen  zugehören.  Von  ihnen  sind 
wohl  zu  scheiden  solche  Stücke,  welche  in  späterer  Zeit  bei  der  Verknöche- 
rung behufs  der  grösseren  Festigkeit,  in  Folge  der  grösseren  Entwickelung 
des  Gehirnes  etc.  meistens  als  ossa  intercalaria  entstehen,  und  kleineren 
Wirbelthier- Abtheilungen  das  individuelle  Gepräge  geben,  wie  der  vomer,  die 
ossa  Wormiana,  die  unterste  Muschel  etc. 

Die  Schädelhöle  des  Frosches. 

§.  42.  An  den  Wirbelbogen  der  Schädelhöle  sind  wir  gewohnt  zur  leich- 
teren febersicht  die  Basis,  die  Seitentheile  und  die  obere  Decke  zu  unter- 
scheiden. Am  frühsten  von  den  genannten  Partieen  geht  die  letztere  inVer-- 
knöcherung  über.  Aus  der  Stirnwand  bilden  sich  zwei  neben  einanderlie- 
gende  Knochenstücke,  die  Stirnbeine.  Sie  werden  gewöhnlich  ossa  frontalia 
posteriora  genannt.  Wir  finden  keinen  Grund  eine  solche  nähere  Bezeich- 
nung durch  das  Epitheton  „posteriora"  hinzuzufügen.  Da  die  Schlussstücke 
sehr  oft  variiren,  so  ist's  möglich,  dass  bei  anderen  Thieren  mehre  hinter- 


64 


einander  liegende  Knochenstücke  aus  der  Stirnwand  sich  bilden.  Was  aber 
bei  dem  Frosch  und  der  Kröte  sich  vor  den  beiden  Stirnbeinen  befindet, 
gehört  zu  anderen  Bildungstheilen  und  hat  nicht  die  Function  als  vorderste 
Decke  der  Schädelhöhle  zu  dienen ,  wie  es  die  Stirnwand  und  die  daraus 
sich  bildenden  Stirnbeine  immer  thun.  Hinter  den  Stirnbeinen  entwickelt 
sich  das  aus  zwei  Knochenplatten  bestehende  Scheitelbein,  Zuletzt  folgt 
dann  die  einfache  hinterste  Decke  der  Schädelhöle,  die  Schuppe  des 
Hinterhauptbeines,  welche  den  dritten  und  letzten  Schädelwirbel  formirt. 
Dieses  sind  die  drei  den  Kopfwirbeln  entsprechenden  Schlussstücke,  aus  wel- 
chen die  obere  Decke  der  Schädelhöhle  zusammengesetzt  wird.  Eine  Schuppe 
und  die  pars  mastoidea  des  Schläfenbeines,  welche  bei  mehren  höheren  Wirbel- 
thieren  zur  Vervollständigung  noch  hinzutreten,  findet  sich  bei  den  niederen 
Wirbelthieren  nicht.  Der  Grund  davon  liegt  in  der  grösseren  Ausbildung  des 
Gehirnes  der  höheren  Wirbelthiere  und  in  Allem,  was  damit  nothwendig 
verbunden  ist.  Sämmtliche  fünf  Stücke  der  Schädeldecke  verwachsen  später 
so  innig,  dass  man  kaum  im  Stande  ist,  sie  einzeln  wiederzuerkennen,  Na- 
mentlich verkümmert  die  Schuppe  des  Hinterhauptbeines  bei  der  mächtigeren 
Entwickelung  der  entsprechenden  Seitentheile  zu  Gelenkköpfen  und  des 
Scheitelbeines  dergestalt,  dass  man  es  in  älteren  Individuen  kaum  mehr  wie- 
dererkennt. Bei  Bana  fusca  und  anderen  Froscharten  ossificirt  sie  sogar  sehr 
spät,  oft  gar  nicht. 

43.  Die  Seitentheile  und  die  Basis  der  Schädelhöle,  welche  sich 
bei  den  höheren  Wirbelthieren  am  augenscheinlichsten  der  individuellen  Aus- 
bildung des  Gehirnes  accomodiren,  sind  aus  eben  diesem  Grunde  bei  den 
froschartigen  Thieren  sehr  einfach. 

An  der  Schädelbasis  des  ausgebildeten  Frosches  ist  mit  Hinsicht  auf 
den  Wirbeltypus  vor  Allem  derjenige  Theil  zu  entfernen,  welcher  von  den 
Anatomen  das  Spkenoideum  basUare  genannt  wird  und,  wie  wir  zeigten,  aus 
dem  Schleimblatte  sich  entwickelt.  Dasselbe  liegt  zwar  später  nach  der  Os- 
sification  mit  einem  grossen  Theile  der  Schädelbasis  innig  verbunden  da  und 
dehnt  sich  sogar  hinten  seitlich  noch  weiter  in  der  bekannten  Form  über 
die  Ohrlabyrinthknorpel  aus,  obschon  es  während  der  ganzen  Entwickelungs- 
zeit  lose  unter  ihm  und  mit  dem  Schleimblatte  in  inniger  Beziehung  zu 


65 


finden  ist.  Dennoch  kann  man,  wie  schon  erwähnt,  selbst  bei  den  ältesten 
Individuen  die  Trennungslinie  ziemlich  genau  erkennen.  Der  Theil  der 
Schädelbasis  nun,  wo  dieses  sogenannte  sphenoideum  basilare  anliegt,  ossificirt 
in  dem  Maasse  später  und  weniger  kräftig,  als  es  durch  dasselbe  eine  knö- 
cherne Unterstützung  erhält  und  allein  auf  seine  ursprüngliche  Function,  das 
Gehirn  zu  schützen,  beschränkt  bleibt j  seine  gewissermaassen  für  sekundär 
zu  haltende  Funktion,  die  Visceralhöle  zu  decken,  wird  durch  das  sphenoideum 
basilare  vollzogen. 

Frei  und  unbedeckt  von  dem  genannten  Knochenblättchen  bleiben  nur 
das  unbedeutende  Körperstück  des  dritten  und  die  vorderste  Partie  von  dem 
des  ersten  Kopfwirbels,  welche  zwischen  den  Gaumenbeinen  gelagert  ist, 
Ersteres  verkümmert  um  so  mehr,  je  grösser  die  zu  Gelenkköpfen  sich  aus- 
bildenden, respectiven  Seitentheile  werden,  und  seine  Ossification  fällt  sehr 
spät.  Auch  die  genannte  vorderste  freie  Partie  des  ersten  Schädelwirbelkör- 
pers verknöchert  später,  alsdann  aber  auch  in  dem  Maasse  kräftiger,  als  sie 
die  Gaumenbeine  und  die  Gesichtsbestandtheile  grösstentheils  trägt.  Diese 
stärker  und  massiver  ossificirte  Partie  der  Schädelbasis  wird  mit  den  entspre- 
chenden Seitentheilen  und  einer  Knochenmasse  zwischen  Stirn  -  und  Nasenbeinen 
für  das  Siebbein  gehalten :  dass  dieses  mit  Unrecht  geschieht ,  wird  im  Wach- 
folgenden dargethan. 

Die  Seitentheile  verlaufen,  wie  gesagt,  sehr  einfach.  Zu  der  Zeit, 
wenn  beide  Visceralbo gen  -  Knorpel  an  dem  Schädel  festsitzen,  kann  man 
durch  sie  ziemlich  genau  die  einzelnen  Wirbelabtheilungen  der  Seitenwände 
des  Schädelgewölbes  unterscheiden.  Jetzt,  wo  die  oberste  Abtheilung  des 
zweiten  knorpligen  Visceralbogens  am  Schädel  ganz  verkümmert  ist,  fällt 
diese  Hilfe  weg.  Diejenige  Partie,  an  welcher  der  Ohrl ab jrinth  -  Knorpel 
anliegt,  verschmilzt  mit  demselben  total;  sie  gehört  meistens  dem  zweiten 
theilweise  auch  dem  dritten  Wirbel  an.  In  den  ersten  Seitentheilen  befinden 
sich  die  foramina  optica;  die  dritten  verwandeln  sich  nach  der  Metamorphose 
des  Larvenzustnndes  zu  den  Gelenkköpfen  für  den  Arsten  Bumpfwirbelj  die 
Schuppe  und  der  Körper  des  Hinterhauptbeines  verbleiben,  wie  wir  gesehen, 
mehr  im  rudimentären  Zustande  zurück.  Bei  dem  Verknöcherungsprozess  wer- 
den besonders  die  Gegenden  in  Anspruch  genommen,  wo  andere  Knochen 

9 


66 


ansitzen.  Daher  verknöchern  zuerst  die  Gelenktheile  für  die  Wirbelsäule,  die  Par- 
tie, wo  das  Ohrlabyrinth  liegt,  und  ganz  vorn,  wo  das  Gaumenbein  sich  befestigt. 

Ant,  Duges,  Cuvier  etc.  haben  diesen  letzten,  durch  grössere  Knochen- 
festigkeit sich  auszeichnenden  Theil  mit  der  entsprechenden  Partie  der  Schä- 
delbasis und  der  Knochenmasse  zwischen  Stirn  -  und  Nasenbeinen  zum  Kno- 
chenapparat des  OS  ethmoidale  hingezogen ,  indessen  sprechen  die  Entwicke- 
lungsgeschichte  sowohl,  als  auch  die  spätere  Lage  und  Function  ganz  dage- 
gen. Das  Siebbein  (os  ethnoideuni)  in  seiner  strengsten  Bedeutung  ist  eine 
Knorpel-  und  Knochenbildung,  welche  der  Membrana  Schneideriana  zur  unmit- 
telbaren Ausbreitung  dient ,  mit  dem  Wirbeltypus  aber  in  keiner  anderen  Bezie- 
hung steht,  als  in  wiefern  sie  zuweilen  Unterstützungen  und  Hülfsleistungen 
von  dem  Wirbelskelet  erhält  und  in  einer  vom  Wirbelsystem  formirten  Hole 
sich  befindet.  Die  ganze  Knochenpartie  aber,  welche  man  bisher  für  das  os 
ethmoideum  der  froschartigen  Thiere  gehalten  hat,  trägt  selbst  wenig  zur 
IVasenhÖlenbildung  bei,  und  als  Labyrinth  für  die  sich  ausbreitende  Schnei- 
dersche  Membran  dient  sie  nun  gar  nicht.  —  Das  Ohrlabyrinth  steht  in  glei- 
cher Kategorie  mit  dem  Labyrinthe  des  Geruchorganes.  Es  ist  der  frühste 
Knorpel  des  Embryo  und  verbleibt  in  solchem  Zustande,  wenn  selbst  schon 
zum  grössten  Theile  die  einzelnen  Knochen  des  Kopfes  vorhanden  sind.  Wir 
haben  erwähnt,  dass  dasselbe  schon  als  Knorpel  mit  dem  anliegenden  Seiten- 
theile  der  Schädelhöle  verschmilzt.  Nach  der  Verknöcherung  ist  es  mit  dem 
Schädel  so  innig  verbunden,  dass  man  sich  kaum  von  dem  Gedanken  losreis- 
sen  kann,  seine  Knochenraasse  von  jener  der  eigentlichen  Schädelhöle  dem 
Typus  nach  getrennt  aufzufassen. 

Die    Visceral  hole*). 

44.  Die  Knorpel  des  ersten  Visceralbogens  haben  durch  die  er- 
wähnte Metamorphose  im  Larvenzustande  eine  zwiefache  Anheftung  an  den 
Schädel  erhalten,  einmal  da,  wo  der  Visceralbogen  ursprünglich  entsteht,  und 
dann  nachträglich  durch  die  Metamorphose  am  Ohrlabyrinth- Knorpel.  Die 
beiden  obersten  Knorpelstücke  der  oberen  Abtheilung  vom  ersten  Visceralbo- 
gt'ii  verknöchern  in  der  Weise,  wie  wir  sie  zuletzt  im  Knorpelzustande  ver- 


*)  S.  Tab.  I.  Fig.  23.  24. 


67 


Hessen.  Das  Gaumenbein  geht  rechtwinklig  vom  Schädel  nach  aussen  ab  und 
unter  einem  gleichen  Winkel  von  ihm  nach  hinten  das  Flügelbein,  welches 
letztere  ausser  seiner  ursprünglichen  Verbindung  mit  dem  Quadratbein  noch 
einen  Fortsatz  nach  innen  gegen  die  seitlichen  Knochenwucherungen  der 
Schädelbasis  an  der  untern  Fläche  des  Ohrlabyrinthes  hinschickt.  Der  Grund, 
warum  wir  diese  beiden  Knorpel  analog  mit  jenen  der  höheren  Wirbelthieren 
benannten,  lag  eben  darin,  dass  der  erste  Visceralbogen  nachträglich  eine 
Form  erhalten  hat,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren  dieselbe  ursprüng- 
lich durch  die  Gesichtskopfbeuge  erfolgt. 

Der  unterste  oder  gleichsam  der  üebergangslmorpel  der  oberen  Ab- 
theilung vom  ersten  Visceralbogen,  welcher  gelenkig  den  Meckelsclien  Knor- 
pel trägt,  haben  wir  nach  der  Analogie  mit  den  Vögeln  den  Quadratbein- 
knorpel genannt.  Er  war  bei  der  Metamorphose  des  ersten  Visccralbogcns 
von  grosser  Wichtigkeit.  Während  derselbe  an  dem  Olirlabyrinth  sich  befin- 
det, verkümmert  er  nach  und  nach  immer  melir,  und  an  seiner  Stelle  ent- 
wickelt sich  deutlicher  der  weisse  Knochenstreifen,  elcher  an  seinem  und 
des  Orbitalfortsatzes  vorderem  Rande  sich  zeigte.  Er  bildet  zuletzt  eine  un- 
regelmässige Knorpehnassc  an  der  äusseren  Fläche  des  Ohrlabyrinthcs,  welche 
nur  den  Gelenktheil  für  den  Meckelsclien  Knorpel  als  solchen  individuell  er- 
hält, im  üebrigen  aber  eine  mehr  passive  häutig -knorplige  Ausfüllung  zwi- 
schen Flügelbein  und  dem  anliegenden  weissen  Knochenstreifen  bewerkstelligt. 
Zu  dieser  Zeit  kann  man  nun  sämmtliche  drei  Stücke,  die  liier  so  enge  zu- 
sammenliegen, gesondert  darstellen:  nach  innen  das  knöcherne  Flügeibcin:  in 
der  Mitte  den  Quadratbeinknorpcl:  und  nach  aussen  den  knöchernen  noch  un- 
benannten Streifen,  welcher  sich  an  der  Aussenseite  des  letzteren  hervorbildet. 

Tritt  die  vollständige  Verknöcherung  ein,  so  entwickelt  der  genannte 
Knochenstreifen  noch  den  bekannten  nach  vorn  sich  hinneigenden  Fortsatz 
und  wird  dann  von  den  Anatomen  für  das  os  tympanicum  seu  quadratutn  erklärt. 
Das  Residuum  des  eigentlichen  Quadratbeinknorpels  mit  seiner  Gelenkabthei- 
iung  verknöchert  nun  gleichfalls,  wird  theils  zudem  Gelenkkopf  für  den  Meckel- 
schen  Knorpel  mit  seinem  Unterkiefer,  und  tlieils  zu  einer  feinen  Knochenlamelle, 
welche  zwischen  dem  Flügelbein  und  dem  angeblichen  Os  quadratum  s.  iym- 
panicum  verlaufend  selbst  in  älteren  Individuen  als  ein  gesondertes  Stück  sich 

9- 


68 


jiianifestirt,  wenn  auch  der  individuelle  Verknöcherungsprozess  die  einzelnen 
Theile  unter  sich  sehr  innig  und  nicht  trennbar  verbunden  erhält.  Wir  ha- 
ben somit  in  dem  gewöhnlich  so  benannten  os  tympanicum  ^.  quadratum  zwei 
ganz  verschiedene  KnochenstUcke  vereinigt.  Das  nach  innen  gelegene  mit 
dem  FlUgelbein  in  Verbindung  tretende  ist  das  eigentliche  Os  quadratum, 
welches  wie  bei  den  Vögeln  den  Gelenkkopf  für  den  Meckelschen  Knorpel 
mit  seinem  Unterkiefer  bildet  und  nach  meinen  Untersuchungen  bei  den  hö- 
heren Wirbelthieren  (Müllers  Archiv  1837.)  nicht  mehr  mit  dem  Paulveiiring, 
der  pars  tympanica  des  Schläfenbeines,  zusammen  zu  werfen  ist'"'). 

Was  aber  hat  es  für  eine  Bewandniss  mit  dem  nach  aussen  befindli- 
<;hen,  jetzt  durch  einen  vorderen  Fortsatz  erweiterten  Knochen,  welchen  wir 
in  seiner  allmähligen  Entstehung  und  Entwickelung  an  der  äusseren  Fläche 
des  Quadratbeinknorpels  beobachteten?  Bei  den  Fröschen,  welche  ein  Pau- 
kenfell oder  auch  nur  das  Analogon  davon  haben,  dient  er  stets  zur  Stütze 
desselben.  Bei  den  Eidechsen  {Lacerta  agilis) ,  welche  ein  Rudiment  eines 
knöchernen  Paukenringes  besitzen,  wird  derselbe  angeblich  vom  Quadratbein 
gebildet.  Indessen  kann  man  bei  jüngeren  Individuen  dieses  Rudiment  des 
Paukenringes  von  dem  eigentlichen,  den  Unterkieferapparat  tragenden  Qua- 
dratbein lostrennen,  und  auch  bei  den  älteren  Eidechsen  ist  in  der  That  nicht 
schwer  sich  davon  zu  überzeugen,  dass  der  Paukenring  und  das  Quadratbein 
für  gesonderte,  nur  durch  den  Verknöcherungsprozess  inniger  vereinte  Stücke 
zu  betrachten  sind.  Ich  weiss  nun  allerdings  nicht,  ob  dieses  Rudiment  von 
Paukenring  auf  ähnliche  Weise,  wie  der  fragliche  Knochen  bei  den  Fröschen 


*)  Das  Schläfenbein  der  höheren  Wirbelthiere  wird  bekanntlich  als  aus  vier 
Stücken  zusammengesetzt  betrachtet:  die  pars  petrosa,  tympanica,  squamosa,  mastoidea. 
Der  Felsentheil  steht  mit  dem  Wirbeltypus  in  keiner  Beziehung}  der  Paukenring  ist 
ein  Aussengebilde  der  Visceralplatte ;  die  Schlafschuppe  dient  ursprünglich  zur  Decke 
des  Gehirns  im  zweiten  Schädelwirbel,  und  der  Zitzentheil,  wo  er  sich  vorfindet,  hat 
hauptsächlich  die  Funktion  jene  durch  das  Eindringen  oder  vielmehr  Zurückbleiben  der 
Pars  petrosa  innerhalb  der  Seitentheile  der  Schädelh.öle  entstandene  Lücke  in  der  Ver- 
knöcherung vollzufüllen.  Die  beiden  letzteren  Stücke  des  Schläfenbeines  entw^ickeln  mei- 
stens durch  Knochenwucherungen  Fortsätze,  welche  den  einzelnen  Individualitäten  der 
Wirbelthiere  zufallen. 


69 


und  Tritonen,  äusseilich  am  Quadratbeinkiiorpel  aus  einem  weissliclicn  Bil- 
dungsstreifen  sich  entwickele.  Bei  dem  Hühnchen,  wo  auch  im  ausgebildeten 
Zustande  weder  ein  Paukenring  noch  ein  anderes  Knochenstiickchen  an  der 
Aussenseite  des  Quadratbeines  zu  finden  ist,  habe  ich  bei  meinen  Untersu- 
chungen auch  keinen  weisslichen  Bildungsstreifen  entdecken  können.  Dage- 
gen ist  die  Entstehung  des  Paukenringes  bei  den  Säugethieren  in  der 
That  ganz  ähnlich  nur  modifizirt  wegen  der  Metamorphose  der  Ge- 
hörknöchelchen, wie  bei  den  niederen  Wirbelthieren  der  fragliche  Knochen 
und  bei  den  Eidechsen  höchst  wahrscheinlich  auch  das  vorhandene  Rudiment 
des  Paukenringes  sich  entwickelt.  Ja  auch  bei  der  Testudo  europaea,  wenn 
sie  nicht  zu  alt  ist,  hält  es  durchaus  nicht  schwer  den  das  Paukenfell  und 
den  Unterkieferapparat  tragenden  Knochen  als  aus  zwei  Stücken  bestehend 
anzuerkennen.  Sämmtliche  Thatsachen  zusammengenommen  lassen  die  Be- 
hauptung, wie  ich  glaube,  nicht  für  übereilt  und  gewagt  erscheinen,  dass 
der  fragliche  Knochen  an  der  Aussenseite  des  Quadratbeines  bei  den  niederen 
Wirbelthieren  für  ein  Analogon  des  Os  ii/mpanicim ,  des  Paukenringes  zu  hal- 
tensei, welches  hier  ausserdem  noch  eine  andere  Funktion,  mehr  oder  weniger 
dem  Quadratbein  zur  Stütze  zu  dienen,  sich  angeeignet  hat.  Mögen  wir  daher  die 
Benennung  Os  tympanicum  aucli  hier,  obschon  es  bei  den  niedrigsten  Wirbelthie- 
ren die  Funktion  das  Paukenfell  zu  stützen  verliert,  dennoch  der  leichteren 
Uebersicht  wegen  beibehalten. 

Die  unterste  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  bildet  der  Meckel- 
sche  Knorpel  mit  seinem  früher  individuell  auftretenden,  jetzt  sich  nach  und 
nach  immer  mehr  vereinigenden  Schlussstücke  des  uneigentlich  genann- 
ten Os  intermaxillare  inferius.  Derselbe  verkümmert  nun  um  so  mehr,  je 
vollständiger  sich  der  an  seiner  Aussenseite  entwickelnde  Unterkiefer  ausbil- 
det. Es  bleibt  auf  diese  Weise  bei  den  älteren  Individuen  nur  zurück:  das 
Gelenkstück,  welches  sich  mit  dem  Quadratbeine  verbindet  und  die  Schluss- 
partic,  der  sogenannte  untere  Zwischenkiefer,  welche  beide  als  solche  im 
verknöcherten  Zustande  ziemlich  fest  mit  dem  Unterkiefer  zusammenhangen 
und  mit  ihm  Wold  eine  und  dieselbe  Funktion,  doch  ganz  verschiedene  Ent- 
stehung haben.  Eine  Rinne,  welche  wegen  der  mehr  nach  innen  strebenden 
Knochenwucherung  meist  äusseriich  am  eigentlichen  Unterkiefer  gelegen  ist, 


70 


bezeichnet  die  Stelle,  aao  der  veiküinmernde  Theil  des  Meckelschen  Knorpels 
sich  befand.  Man  kann  sie  übrigens  zum  Gelenk-  und  Schlussstücke  ganz 
augenscheinlich  verfolgen.  Es  scheint,  als  ob  die  früher  im  Larvenzustande 
vorhandene  individuelle  Ausbildung  des  Schlussstiickes  des  Meckelschen  Knor- 
pels der  Grund  sei ,  warum  späterliin  kein  eigentlicher  unterer  Zwischenkiefer 
an  demselben  sich  entwickelte. 

Wenn  man  das  Os  tympanicum  mit  dem  eigentlichen  Unterkiefer  zu- 
sammen betrachtet,  so  kommt  man  wohl  auf  den  Gedanken,  dass  beide 
Knochen  am  Kopfe  einen  ähjilichen  Gürtel  formiren,  wie  die  Stücke  des  Brust- 
und  ßcckengürtels  am  Rumpfe.  Ihre  Entstehung,  durch  Gebilde  an  der  äusse- 
ren Seite  der  Visccralplatte,  stimmt  mit  einander  ganz  überein,  und  die  Funk- 
tionen richten  sich  nach  den  Gegenden,  wo  die  Theile  liegen.  Extiemitäten 
finden  sich  am  Kopfe  zwar  nicht,  doch  hat  der  Kopfgürtel  die  Vermittelung 
der  Bewegung  beibehalten.  Die  obere  Gesichtshälfte  dagegen,  oder  der  ei- 
gentliche Verbindungstheil  der  Zentralnerven-  und  Visceralbogenhöle ,  dul- 
det^ keine  Vergleiche  mit  den  Gebilden  des  Rumpfes  j  sie  ist  dem  Kopfe  ganz 
eigenthümlich. 

§.  45.  Die  Knorpelmasse  des  zweiten  Visceralbogens  verkümmerte  bei 
derjenigen  Froschfamilie,  die  ich  untersuchte,  vollständig  an  seiner  oberen 
Abtheilung.  Bei  Rana  fusca  etc.,  wo  sich  Gehörknöchelchen  vorfinden,  ist 
die  Lage  derselben  zwischen  dem  Quadratbein  und  dem  Zungenbein -Suspen- 
sorium so  eigenthümlich,  dass  sehr  wahrscheinlich  diejenige  Partie  der  oberen 
Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogeils,  welche  zwischen  den  genannten 
Stücken  am  Ohrlab jrinth  anliegt  und  sich  am  längsten  erhält,  wie  bei  den 
hölicren  Wirbelthieren  zu  dem  Haupt -Bewegungsgehörknöchelchen  sich  meta- 
morphosire.  Es  sind  demnach  diese  Gehörknöchelchen  der  Frösche  mit  dem 
Stapes  und  der  Coluraella  und  nicht  mit  dem  aus  dem  ersten  Visceral  bogen 
sich  bildenden  Ambos  und  Hammer  zu  vergleichen.  Das  elliptische  Knochen- 
blättchen  in  dem  ovalen  Fenster  sondert  sich,  Avie  wir  gezeigt,  aus  der  Kiior- 
pelmasse  des  Ohrlabyrinthes  selbst  ab  und  ist  nicht  mit  den  Bewegungsgehör- 
knöchelchen zusammen  zu  bringen.  Von  der  unteren  Abtheilung  des  zweiten 
Visceralbogens  geht  das  Suspensorium  des  Zungenbein -Körpers  am  frühsten  in 
Verknötherung  über.   Mit  ihm  zugleich,  ja  oft  noch  früher,  geschieht  dies  auch 


71 


an  dem  Cornu  thyreoideum  seu  os  pharyngeum  inferius  des  Kiemenbogenträgers, 
dem  Aiialogon  eines  dritten  Visceialbogens.  Der  Zungenbeinkörper  selbst  mit 
dem  Kiemenbogenträger  erhalten  sich  meistens  immer  im  Knorpelzustande,  in 
welchem  ihre  frühere  Scheidungsgrenze  oft  gar  nicht  mehr  zu  bemerken  ist. 

Das  Gesicht. 

§.  46.  Wir  haben  hier  besonders  die  obere  Gesichtshälfte  zu  betrach- 
ten, da  die  untere  als  der  Visceralhöle  mehr  angehörig  dort  behan- 
delt wurde. 

Die  obere  Gesichtshälfte  ist  der  eigentliche  Verbindungstheil  beider 
Röhren  des  serösen  Blattes  zur  Formirung  der  Nasen-  und  der  oberen  Wand 
der  Mundhöle.  Seine  Hauptbestandtheile  sind  schon  erwähnt.  Aus  den  von 
der  oberen  Röhre  hervorwachsenden  Stirnfortsätzen  entstehen  in  schon  ange- 
gebener Weise  die  beiden  Nasenbeine  als  hauptsächlichste  Decke  des  Nasen- 
kanals. Zwischen  ihnen  und  den  Stirnbeinen  findet  sich  bei  älteren  Indivi- 
duen namentlich  der  Gattung  Rana  als  eine  Art  von  Supplement  eine  Kno- 
chenmasse, welche,  wie  wir  glauben  (Sieh.  S.  10.  Ii),  schorf  früh  durch  die 
weissliche  Bildungsmasse  in  dieser  Gegend  angedeutet  war.  Während  der 
Chondrose  sieht  man  hier  kein  sich  gesondert  darstellendes  Stück,  sondern 
die  bei  Rana  fusca  (s.  Fig.  23.  Tab.  I.)  sich  daselbst  noch  in  dem  eben  ausge- 
bildeten Thiere  vorfindende  Knorpelmasse  gehört  zur  Stirnwand  auf  ihrem 
Uebergange  zum  Gesichte  und  hangt  seitlich  mit  den  noch  knorpligen  Seiten- 
theilen  der  Gehirnkapsel  und  dem  Ursprünge  des  ersten  Visceralbogens  (Gau- 
menbein) zusammen.  Bei  der  grösseren  Verknöcherung  zeigt  sich  die  ge- 
nannte Knochenmasse  als  Emporwucherung  mehr  ausserhalb  und  auf  der  Knor- 
pelsubstanz, die  vielmehr  zur  Vergrösserung  der  Stirnbeine  verwendet  wird. 
Man  hat  dieselbe  mit  der  ganzen  vordersten  Partie  der  Schädelhöle,  wie 
schon  erwähnt,  zum  os  ethmoideum  gerechnet.  Sie  hat  aber  keinen  Antheil  an 
den  Knochenwucherungen  eines  ausgebildeteren  Geruch -Labyrinthes,  weJche 
bei  dem  Frosche  überhaupt  fehlen;  auch  zur  Bildung  der  Nasenhöle  trägt  es 
gar  nichts  bei.  Es  ist,  wie  gesagt,  ein  während  der  Ossification  sichtbar 
werdendes  Supplementär -Stück  zwischen  den  Stirn-  und  Nasenbeinen,  wel- 
ches auch  übrigens  nie  so  besonders  individuell  hervortritt,  und  dem  Frosche 


72 


eigenthümlich  und  gewissermaassen  ein  Ersatz  für  die  fehlenden  Thränen- 
beine  ist 

Von  der  Visceralhöle  wächst  zur  Verbindung  hervor  der  Oberkiefer. 
Sein  weisslicher  knöcherner  Bildungsstreifen  ist  durch  die  genannte  Metamor- 
phose im  Larvenzustande  um  vieles  nach  hinten  erweitert.  Er  bildet  vor- 
zugsweise die  Seitenbegränzung  des  Nasenkanals  und  der  Mundhöle  an  der 
oberen  Wand,  Diejenige  Partie,  welche  mit  dem  Quadrat-  und  Paukenbein 
in  Berührung  steht,  verknöchert  später  als  ein  mehr  gesondertes  Knochen- 
stückchen. Sie  gehört  aber  zu  demselben  Bildungsstreifen  des  Oberkiefers, 
und  eine  gesonderte  Benennung  als  os  quadrato  -maxillare  oder  quadrato-ju- 
gale  führt  zu  keinem  Zweck.  Bei  den  Vögeln  erzeugen  sich  aus  dem  ein- 
fachen Bildungsstreifen  des  Oberkiefers  gewöhnlich  drei  gesonderte  Knochen- 
stückchen, welche  man  verschieden  mit  os  quadrato -maxillare ,  os  jugale  und 
OS  maxillare  superius  benannt  hat.  Diese  Namen  sind  nach  dem  jetzigen 
Stande  der  Entwickelungsgeschichte  nicht  mehr  haltbar  und  müssen  auf  das 
einfache  os  maxillare  superius  zurückgeführt  werden.  Auch  die  Bildungsstrei- 
fen des  Unterkiefers  Zerfällen  sich  bei  der  Verknöcherung  meistens  in  ein- 
zelne Knochenstückchen.  Will  man  sie  besonders  benennen,  so  müssen  sie 
wenigstens  als  Theile  eines  grösseren ,  typischen  Knochens  betrachtet  werden. 
Die  Bildungsmasse  des  Oberkiefers  kommt  nun  von  der  oberen  Abtheilung 
des  ersten  Visceralbogens  (das  Quadratbein  mit  eingeschlossen).  Daher  muss 
Alles,  was  zwischen  dem  Quadratbein  und  dem  oberen  Zwischenkiefer  gele- 
gen, für  Oberkiefer  gehalten  werden.  Bei  den  Fröschen  und  Vögeln  sehe 
ich  den  ursprünglichen  Bildungsstreifen  des  Oberkieferbeines  auch  evident 
bis  zum  Quadratbein  sich  erstrecken. 

Der  obere  Zwischenkiefer,  vorzüglich  von  der  Gesichtsbasis  zwischen 
den  genannten  beiden  Verbindungsfortsätzen  der  oberen  und  unteren  Röhren 
des  Wirbelsjstems  hervorwachsend,  verknöchert  an  seinem  horizontalen 
Theile  ganz  so,  wie  der  Knorpel  vorhanden  war.  Sein  perpendikulärer 
Fortsatz  drängt  sich  zwischen  die  Nasenbeine  und  entsteht  ohne  deutlich 
vorangegangene  Knorpelbildung.  Er  dient  zur  Vervollständigung  des  Nasen- 
kanais  und  der  oberen  Mundbegranzung. 


73 


Sämmtliche  drei  genannteft  Bildungsbestandtheile  des  Gesichts  ruhen  auf 
der  verlängerten  Schädelbasis  (Gesichtsbasis),  welche  noch  besondei  s  als  Nasen- 
scheidewand auftritt  und  zugleich  die  untere  Decke  der  Nasen-  und  die  obere 
Wand  der  Mundhöle  bilden  hilft.  Sie  hat  analog  mit  den  höheren  Wirbel- 
thieren  eigenthümlich ,  dass  sie  sehr  spät  und  selten  durchgängig  in  Verknö- 
cherung übergeht.  Am  kräftigsten  wird  der  unmittelbar  an  die  Schädelbasis 
angrenzende  Theil  ossificirt.  In  der  durch  die  Gesichtsbestandtheile  formir- 
ten  Nasenhöle  liegt  die  Membrana  Schneideiiana ,  ohne  härtere  Gebilde  (os 
ethmoideum)  zu  ihrer  Ausbreitung  hervorzübilden.  Der  oberen  Mundbegren- 
«ung  entgegen  tritt  nun  der  schon  erwähnte  Unterkieferapparat  als  untere 
Mundhölenbildung  zur  Vervollständigung  des  Gesichtes. 

Das  sind  die  Bestandtheile ,  welche  im  Gesichte  eines  jeden  Wirbel- 
thieres  aufgesucht  werden  müssen,  wie  die  Entwickelungsgeschichte  lehrt 
Accidentell  und  als  Supplemente  von  grösserer  oder  geringerer  Wichtigkeit 
behufs  der  verschiedensten  Zwecke  erzeugt  und  entstanden  müssen  wir  alles 
erklären,  was  sonst  noch  bei  einzelnen  Wirbelthieren  und  Thierabtheilungen 
im  Gesichte  sich  vorfinden  mag.  Auf  solche  Weise  gehören  hierher  die  seit- 
lichen Stirn-  oder  Thränenbeinfortsätze,  die  zwischen  Stirn-  und  Nasenbei- 
nen bei  den  Fröschen  befindliche  Knochenmasse,  ferner  alle  Knochenstücke, 
welche  zur  Hilfsleistung  der  Gesichtssinnesorgane  sich  'entwickeln,  als  die 
Muscheln,  die  verschiedenen  Orbital- Knochen  etc.;  so  auch  diejenigen,  duich 
welche  eine  grössere  Festigkeit  der  Gesichtsknochert  bezweckt  wird ,  als  der 
Vomer  etc. 

5.47.  Der  Gesichtsapparat  in  der  einfachen  Verbindungsweise  beider  Röh- 
ren des  Wirbelsystems  zur  Bildung  derHölen  für  den  Geruchsinn  und  für  die  Auf- 
nahme des  Nahrungsstoffes  findet  sich  beim  Frosche  nach  der  Metamorphose  ganz  in 
der  Art,  wie  die  Entwickelungsgeschichte  es  verlangt.  Wenn  nun  zur  grösseren 
Festigkeit  des  Kopfes  die  Knochenwucherungen  in  den  einzelnen  Theilen  sicht- 
barer werden,  dann  entstehen  auch  hier,  wie  bei  allen  Wirbelthieren,  Fort- 
sätze, Anhängsel,  Supplemente  etc.,  welche  dem  Typus  nicht  angehören  und 
stets  als  Individualitäten  zu  betrachten  sind.  So  bildet  sich  beim  Frosche 
eine  Knochenlamelle  selbst  mit  Erzeugung  von  Zähnchen,  welche  nach  den 
herrschenden  Ansichten  der  vergleichenden  Anatomen  für  den  Vomer  erklärt 

10 


74 


wird.  Es  entwickelt  sich  diese  Knochenwucherung  aus  einer  ziemlich  festen 
häutigen  Masse,  welche  sich  zwischen  der  Gesichtsbasis,  dem  Gaumenbein, 
dem  Oberkiefer  und  oberen  Zwischenkiefer  befindet  j  nach  vorn  die  hin- 
tere oder  innere  Nasenöffnung  umgiebt  und  dem  Nasenkanal  als  untere  Decke 
dient.  Es  ist  mithin  eine  Stelle,  wo  anfänglich  die  Bildungsmassen  der  Ge- 
sichtsbasis und  des  Oberkiefers  zusammenstossen.  Das  Recht  diese  Knochen- 
lamelle für  das  Pflugschaarbein,  analog  mit  den  höheren  Wirbelthieren,  zu 
erklären,  muss  ich  um  so  mehr  bezweifeln,  als  ausser  der  Verschiedenheit 
in  der  Lage,  Funktion  und  Anzahl  der  Bestandtheile  noch  die  der  Entste- 
hung hinzukommt,  indem  der  Vomer  der  höheren  Wirbelthiere  abhängig 
ist  von  dem  horizontalen  Fortsätze  des  Oberkiefers,  welche  letztere  Bildung 
bei  der  niederen  Wirbelthier- Abtheilung  nicht  gefunden  wird.  Man  könnte 
ihn  nach  seiner  hauptsächlichsten  Function  und  Lage  ,,das  untere  Nasenbein" 
oder  mit  Rücksicht  auf  die  Mundhöle  „die  Gaumenplatten"  der  froschartigen 
Thiere  nennen.  Indessen  sind  die  Supplementär -Knochen  als  reine  indivi- 
duelle Formationen  jedes  einzelnen  Thieres  oder  kleinerer  Thierabtheilungen 
noch  besonders  der  comparativen  Anatomie  anzuempfehlen.  Jetzt,  wo  die 
typischen  Knochen  des  Kopfes,  wie  ich  glaube,  ziemlich  genau  bestimmt  sind, 
wird  die  Bezeichnung  der  accidentellen  Knochen  weniger  Schwierigkeit  ma- 
chen, doch  erfordert  sie,  um  übersichtlich  zu  werden,  eine  genaue  Kennt- 
niss  der  Individualitäten  einzelner  Wirbelthiere,  Familien,  Klassen  etc. 

§,  49.  Ehe  wir  den  Abschnitt  über  die  Frösche  beschliessen,  müssen 
wir  noch  auf  den  äusseren  Gehörgang  und  die  Trommelhöle  mit  der  Tuba 
Eustachii  zurückkommen.  Die  Metamorphosen  der  späteren  Entwickelungs- 
zeit  untersuchte  ich  vorzüglich  an  Larven  von  Bufo  igneus.  Daher  kann  ich  über 
die  Entstehung  der  genannten  Theile  nichts  Genaues  angeben.  Doch  glaube 
ich  aus  der  Entwickelungsgeschichte  des  ersten  und  zweiten  Visceralbogens  als 
höchst  wahrscheinlich  behaupten  zu  können,  dass  die  erste  Visceralspalte  un- 
möglich wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren  auf  die  bekannte  Weise  sich 
melamorphosiren  kann-,  dass  mithin  die  zweite  Visceralspalte,  die  so  genannte 
äussere  Kieraenspalte,  ihre  Stelle  vertreten  muss.  Die  Lage  der  PaukenhÖle 
mit  der  Eustachischen  Trompete  bei  Bana  fusca  sprechen  ganz  für  solche 
Entwickelungsweise. 


75 


II«  Abschuitt« 

Die  geschwänzten  Batrachier. 

§.  49.  Die  geschwänzten  Batrachier  weichen  in  den  Entwickelungs- 
vorgängen  auf  mancherlei  Weise  von  den  ungeschwänzten  ab.  Beide  Familien 
vereinigen  sich  mit  den  Fischen,  um  eine  uranfänglich  wesentlich  ver- 
schiedene Bildungsform  der  Wirbelthiere  darzustellen  und  so  den  Säugethieren, 
Vögeln  und  höheren  Amphibien  gleichsam  entgegen  zu  treten.  Dennoch  ge- 
währt das  Kopfskelet  beider  grösseren  Abtheilungen  der  nackten  Amphibien 
schon  beim  ersten  Anblik  so  viele  Abweichungen,  dass  man  einen  uns  bisher 
fremden  Entwickelungsverlauf  vorausahnen  darf.  Die  Entwickelungsgeschichte 
der  nackten  Amphibien  zusammen  genommen  können  uns  erst  das  richtigere 
Unterscheidungsbild  von  den  höheren  Wirbelthieren  geben,  obschon  den  un- 
mittelbarsten Gegensatz  zu  den  Säugethieren  die  Fische  bilden  werden. 

§.  50.  Man  pflegt  in  den  zoologischen  Schriften  den  Larvenzustand 
als  den  nackten  Amphibien  allgemein  angehörig  zu  betrachten.  Dieses  ist  in- 
sofern wohl  der  Fall,  als  bei  ihnen  das  Athmungsorgan  mehr  oder  weniger 
metamorphosirt  wird.  Indessen  ist  hiebei  die  Veränderung  der  äusseren  Form 
nur  gering-  Verwandlungen  ähnlicher  Art  kommen  ja  in  der  Entwickelungs- 
geschichte gewöhnlich  vor,  und  wenn  nur  die  äussere  Form  sich  erhält  und 
in  der  angefangenen  Weise  fortbildet,  so  sind  wir  nicht  geneigt  einen  Lar- 
venzustand anzunehmen.  Der  Frosch  scheint  das  einzige  Wirbelthier  zu  sein, 
welches  wirklich  zum  Theil  seine  ursprüngliche  Bildungsweise  ändert  und 
eine  Larven -Metamorphose  eingeht,  welche  er  vorzugsweise  der  Verwandlung 
seines  ersten  Visceralbogens  in  eine  den  höheren  Wirbelthieren  eigenthiimliche 
Form  verdankt.  Eine  solche  Metamorphose  haben  wir  bei  den  geschwänzten 
Batrachiern  nicht  zu  erwarten. 

§.  51,  Zu  unseren  Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der  Molche 
bedienten  wir  uns  vorzüglich  des  Triton  cristatus,  welcher  um  Königsberg 
am  meisten  zu  finden  ist.  Es  hat  mir  bei  meinen  Exkursionen  nach  diesen 
Thierchen  besonders  eine  Pflanze,  die  Hottonia  palustris,  zum  Wegweiser  ge- 
dient.    In  denjenigen  Gräben  mit  flachem,  stehendem  Wasser,  wo  ich  die 

10* 


76 


Hottonie  vorfand,  konnte  ich  sicher  darauf  rechnen  Tritonen  anzutreffen. 
Für  den  Embrjologen,  dem  bekannt  ist,  wie  in  sehr  vielen  Fällen  das  Auf- 
finden des  Materials  2u"  den  Untersuchungen  mehr  Schwierigkeit  macht  als  die 
Beobachtung  selbst j  für  ihn  ist  diese  Pflanze  um  so  wichtiger,  als  sie  ein 
wahres  Nest  für  die  Tritonen  -  Eier  und  die  jungen  Embryonen  bildet,  Nie- 
raals habe  ich  eine  Hottonie  herausgezogen,  ohne  Eichen  daran  zu  finden; 
niemals  setzte  ich  das  Netz  in  ihre  Nähe,  ohne  dasselbe  von  jungen  Tritonen 
gefüllt  zu  sehen.  Der  Bau  der  Pflanze,  ihre  kleinen,  biegsamen  Blättchen 
und  .die  horizontale  Lage  des  ganzen  Blattes  machen  sie  geeignet  zur  Stätte 
für  .die  eierlegenden  Tritonen.  Man  sieht  die  Weibchen  zur  Zeit  des  Eierle- 
gens,  welche  für  die  Untersuchungen  sehr  vortheilhaft  vom  Mai  bis  in  den  Juli 
hinein  fortwährt,  auf  den  breiten,  horizontalen  Blättern  sitzend  den  After  an 
die  einzelnen  kleinen  Blättchen  andrücken,  und  dann  das  herausgekommene 
Eichen  in  einer  aus  demselben  Blättchen  gebildeten  Falte,  oder  zwischen 
zweien  ankleben.  Auf  den  Wipfeln  der  Hottonie,  wo  die  jungen  her- 
vorspriessenden  Blättchen  am  biegsamsten,  die  horizontale  Ausdehnung 
derselben  zur  Stütze  am  geeignetsten  ist,  da  treffen  wir  die  Eier  am  zahl- 
reichstell niedergelegt  an.  Gewöhnlich  findet  man  sie  einzeln,  in  der  Gefan- 
genschaft oft  eine  förmliche  Kette  derselben,  wie  bei  den  Bufonen,  und  in 
diesem  Falle  schienen  sie  mir  immer  unbefruchtet  zu  sein.  Man  muss  übri- 
gens sehr  genau  zusehen,  um  das  hellgefärbte  mit  einer  durchsichtigen  Gal- 
lerte umhüllte  Eichen  aufzufinden,  zumal  es  grösstentheils  ganz  verdeckt  liegt. 

..  .ii  K  a  p  i  t  e  I  UI. 

Die  Entwickeluttg  bis  zur  Knorpelbildung.  —  Die  rein  typische  Konformation  des  Kopfes. 
Entstehung  der  Visceralbogen-  und  SchädelhÖle. 

§■  52.  Um  die  ersten  Spuren  der  Entwickelung  des  serösen  Blattes 
zum  Wirbelsjstem  zu  untersuchen,  muss  man  ja  nicht  den  Zeitpunkt  abwar- 
ten, wo  der  Embryo  seine  Umhüllung  verlässt.  Dieses  geschieht  bei  den 
geschwänzten  Batrachiern  weit  später  und  bei  einem  schon  weiter  vor- 
geschrittenen Entwickelungszustande,  als  bei  den  eigentlichen  Fröschen.  Es 
ist  daher  ganz  nothwendig  den  Embryo  von  seinen  Hüllen  zu  befreien,  so 


71 


bald  man  nur  bemerkt,  dass  die  runde  Form  des  Eichens  länglich  zu  werden 
begonnen  hat  Diese  Operationsweise  erfordert  bei  den  Tritoneri  viel  mehr 
Geschicklichkeit  als  bei  den  Fröschen,  wo  die  schwarze  Umhüllungshaut  das 
Blastema  schützt  und  zusammenhält  und  Wo  letzteres  überhaupt  von  derberer 
Natur  zu  sein  scheint.  Sobald  man  aber  hier  die  innerste  den  Embryo  dicht 
umschliessende  Haut  verletzt  oder  eingeschnitten  hat,  so  zieht  sich  dieselbe 
dergestalt  zusammen,  dass  die  weiche  Masse  des  Embryo  sogleich  zerstört 
und  durch  die  enge  OefFnung  der  Eihaut  in  Stücken  herausgepresst  wird. 
Herr  v.  Bär  scheint  auf  diesen  Punkt  auch  bei  den  Fischeichen  aufmerksam 
zu  machen,  so  dass  also  die  Molche  schon  in  dieser  Hinsicht  mit  den  Fischen 
übereinstimmen.  Am  besten  gelingt  die  Befreiung  des  Embryo  von  seinen 
Hüllen,  wenn  man  aus  der  innersten  Haut  ein  solches  Stück  schnell  heraus- 
schneidet, dass  bei  der  Zusammenziehung  derselben  der  Embryo  ohne  Rei- 
bung leicht  herausgedrückt  werden  kann. 

§.  53.  Wenn  wir  alsdann  den  Embryo  von  ungefähr  zwei  Linien  vor 
uns  liegen  haben,  so  bemerken  wir  zuförderst  den  Mangel  jener  schwarzen 
Umhüllungshaut,  welche  bei  den  Fröschen  einen  so  innigen  Zusammenhang 
mit  dem  Larvenzustand  hatte.  .Dies  ist,  was  uns  zuerst  darauf  aufmerk- 
sam macht,  dass  wir  einen  verschiedenen  Entwickelungsvorgang  zu  erwarten 
haben.  Der  Embryo  ist  zur  Hälfte  grau  und  zur  Hälfte  weisslich  gefärbt, 
wie  wenn  der  Froschembryo  voii  der  schwarzen  Umhüllungshaut  befreit  da- 
liegt. Diese  verschiedene  Färbung  finden  wir,  sobald  das  Eichen  gelegt  und 
noch  rundlich  geformt  ist,  doch  sind  wir  damals  nicht  im  Stande  gewesen 
besondere  individuelle  Bildungen  des  Wirbelsystems  zu  entdecken.  Jetzt, 
nachdem  die  Form  des  Embryo  schon  etwas  länglich  geworden,  beobachten 
wir  auch  deutlich  die  ersten  Entwickelungen  des  serösen  Blattes,  welche  eben 
durch  die  graue  Färbung  sich  auszeichnen.  Man  erkennt  daran,  wann  die 
Oberhaut  entfernt  ist,  zuvörderst  das  Auge  und  die  Wirbel abzeichnungen  des 
Rumpfes  in  folgender  Art: 

An  dem  schmaleren  abgerundeten  Ende  (Tab.  II.  Fig.  I.),  welclies  den 
Kopf  darstellt,  sieht  man  zu  jeder  Seite  hart  an  der  vordersten  Begrenzung 
eine  runde  ziemlieh  grosse  Erhabenheit,  woran  zwar  noch  keine  besondere 


78 


Färbung  zu  bemerken,  welche  jedoch  diucli^  die  in  der  Mitte  befindliche 
kleinere  Kugelabtheilung  keinen  Zweifel  übrig  lässt,  dass  sie  für  das  Au- 
genrudiment m  halten  ist.  Dasselbe  ist  um  die  gleiche  Zeit  bei  den  Frosch- 
embryonen bei  Weitem  weniger  ausgebildet.  Vor  ihm  liegt  ein  schmaler 
Saum  der  Stirnwand,  welche  Iet:5tere  in  den  übrigen  Theil  der  Röhre  für  die 
vorderen  Zentralorgane  des  Nervensystems  übergeht,  bis  dann  die  leicht 
kenntlichen  Ruirjpfwirbel- Rudimente  ihren  Anfang  nehmeii.  Anf  diese  Weise 
ist  die  Ausdehnung  de^  Kopfes  sehr  gut  abgezeichnet.  Die  Rumpfwirbel  sind 
bei  ihrer  ersten  Erscheinung  noch  nicht  scharf  abgegrenzt,  ungefähr  pallisa- 
denformig  und  kaum  über  eine  Anzahl  von  fünf  hinausgehend.  Nach  hinten 
und  unteri  verlieren  sie  siph  allmählig  in  das  noch  ungesonderte,  sprose  Blatt 
des  hintersten  Korperabschnittes ,  an  wclphem  noch  keine  Spur  einer  Rückcn- 
imd  Yisceralplattß  sichtbar  ist.  Die  nach  oben  liegenden  Spitzen  der  entspre- 
chenden Pallisadeu  beiderseits  berühren  sich  nicht,  sondern  dazwischen  liegt 
eine  durchsichtige  Haut,  die  Membrana  reuniens  Rathhenii,  welche  nach  vorn 
in  die  Decke  der  Schädelhöle  übergeht;  die  unteren  Enden  der  Pallisaden  ver- 
lieren sich  unmerklich  in  die  untere  Vereinigun^shaut.  In  ihrer  ungefäliren 
Mitte  sind  sie  etwas  gebogen  und  zeigen  hierdurch  die  Scheidungsgrenze  der 
beiden  Abtheilungen  an,  welche  der  Rücken-  und  Visceralplatte  angehören. 
Am  Kopfe  sah  ich  keine  Andeutungen  von  Wirbelabzeichnungen.  Seitdem 
ich  auf  die  Vereinigungshäute  aufmerksamer  geworden,  habe  ich  keinen  Zu- 
stand beobachtet,  in  welchem  eine  offen  stehende  Furche  zwischen  den  Rücken- 
platten zu  bemerken  gewesen  wäre.  Oefterer  ereignete  ps  sich  zwar,  dass 
wegen  der  geringen  Konsistenz  das  als  Membrana  reuniens  superior  sich  dar- 
stellende seröse  Blatt  weggerissen  wurde,  und  die  Rückenstränge  alsdann  frei 
daliegend  eine  Rückenfurche  formirten.  üebrigens  aber  hat  es  mir  bei  den 
Tritonen  noch  viel  deutlicher  als  bei  deti  Fröschen  geschienen,  dass,  bevor 
die  Rücken-  und  Visceralplatten  sich  deutlich  zeigten,  die  obere  und  untere 
Röhre  des  serösen  Blattes  gleichsam  als  Vorbild  dastanden*^). 


*)  Ich  muss  überhaupt  bemerken,  dass  die  obere  Vereinigiingshaut  wegen  der 
schwarzen  Umhüllungshaut  und  der  so  äusserst  frühen  Entwickelung  der  Rückenplatten 
bei  den  Fröschen  sich  weniger  als  bei  allen  übrigen  Wirbelthieren  jnarkirt. 


79 


§.  54.  Zwischen  dem  Auge  und  dem  Rumpfe  unter  der  Schädelhöle 
findet  man  die  Seitenwände  des  Embryo  etwas  aufgetrieben  und  wellenförmig 
verlaufend.  Diese  rauhe,  aufgetriebene  Wulst  bezeichnet  die  Stelle,  wo  jetzt 
das  Herz  mit  seinen  in  der  Bildung  begriffenen  Aortenbogen  gelegen.  Es 
wird  nur  durch  die  Membrana  reuniens  inferior  gedeckt.  Vor  der  genannten 
Auftreibung  zeigt  sich  am  deutlichsten  bei  der  seitlichen  Betrachtung  des 
Embryo  die  eigentliche  Visceralplatte  des  Kopfes  als  eine  ungefähr  dreieckig 
geformte,  grauliche  Bildungsmasse.  (Tab.  II.  fig.  I.  2.  3.)  Sie  liegt  hinter  und 
unter  dem  Auge  und  drängt  bei  ihrem  Hervorwuchs  das  Herz  mit  seiner 
membranösen  Decke  nach  hinten,  wie  dieses  bei  allen  Wirbelthieren  der  Fall 
ist.  Sie  ist  weit  consistenter  als  die  Vereinigungshaut  des  serösen  Blattes; 
dennoch  verliert  sie  sich  nach  hinten  unmerklich  in  dieselbe,  und  auch  nach 
unten  hört  sie  mehr  häutig  auf,  ohne  die  der  andern  Seite  zu  berühren. 
Die  drei  Ränder  der  beinahe  dreieckigen  Fläche  sind  so  gelegt,  dass  bei 
der  eigenthiimlichen  Krümmung  des  Embryo  der  eine  nach  hinten,  .  der 
zweite  nach  oben  und  der  dritte  nach  unten  sich  hinneigt.  Zwischen  den 
unteren  Rändern  jederseits  befindet  sich  nach  vorn  eine  längliche  in  der  Län- 
genaxe  verlaufende,  von  geraden  Seiten  umfasste  Spalte.  Sie  ist  die  erste 
Spur  der  vorderen  Oeffnung  der  Visceralröhre.  Besondere,  individuelle  Aus- 
bildungen konnten  wir  gegenwärtig  an  der  Visceralplatte  des  Kopfes  nicht 
entdecken. 

Um  die  späteren  Entwickelungen  am  Köpfe  nicht  zu  übersehen,  ist 
es  nothw endig,  das  ursprüngliche,  jetzt  vorhandene  Verhältniss  der  Lage 
der  einzelnen  Theile  genau  aufzufassen.  In  dieser  Hinsicht  machen  wir  dar- 
auf aufmerksam ,  wie  die  vordere  untere  Begrenzung  des  Embryo  bei  der  seit- 
lichen Anschauung  gegenwärtig  zuerst  von  einem  kleinen  Theile  der  Stirnwand, 
dann  von  einer  Kreisabtheilung  des  Auges  und  endlich  von  der  Visceralplatte 
des  Kopfes,  welche  in  die  untere  Vereinigungshaut  übergeht,  gebildet  wird. 

§.  55.  Ehe  ich  zu  der  weiteren  Fortbildung  des  Triton -Embryo 
schreite,  ist  es  nothwendig,  auf  eine  Thatsache  zurückzukommen,  nach  wel- 
cher die  frühesten  Entwickelungen  des  serösen  Blattes  zum  Wirbelsystem  auf 
die  ganze  Form  des  Embryo  bei  beiden  Abtheilungen  der  nackten  Amphibien 
verschieden  ihren  Einfluss  ausüben  (S.  S,  1.)    Bei  den  Fröschen  sowohl  ab 


8Q 

bei  den  Tritonen  bemerken  wir,  dass  die  erste  Bildungsstufe  in  dem  Wirbel- 
systein  durch  eine  Verlängerung  des  an  sich  rundlichen  Eichens  sich  doku- 
mentirt.  Auffallend  mussten  uns  die  ganz  verschieden  hiebei  enstehenden 
Formen  erscheinen.  Bei  dem  Froschembryo  war  die  Rückenfläche  konkav 
die  Bauchseite  konvex  gekrümmt;  das  vordere  oder  Kopf- Ende  war  breiter,  dik- 
ker,  das  hintere  oder  Schwanz -Ende  dagegen  verlief  immer  spitzer  werdend 
nach  oben ;  kurz,  die  Rücken  -  und  Visceralplatten  wendeten  sich  bei  ihm  gleich 
anfangs  von  dem  Eiweisskörper  ab,  freier  nach  aufwärts  sich  entwickelnd, 
um  alsbald  mit  grösserer  Selbstständigkeit  in  seinen  Bewegungen  aufzutreten. 
Bei  den  Tritonen  bildete  der  anfänglich  verlängerte  Embryo  eine  Art  von 
Nierenform.  Gerade  umgekehrt  ist  hier  die  Rückenfläche  diejenige,  welche 
konvex,  und  die  Bauchseite,  welche  mehr  konkav  verläuft.  Im  Allgemeinen 
schmiegt  sich  der  Embryo  in  dieser  Familie  anfänglich  schmarotzerartig  eng 
an  den  Eiweisskörper  an,  als  ob  die  Gebilde  des  Wirbelsystems  nur  um  den- 
selben herum  wachsen  wollten.  Diese  letztere  Art  ist  auch  diejenige,  welche 
V.  Bär  bei  den  Fischen  nachgewiesen  hat;  ja  bei  den  übrigen  Wirbelthier- 
klassen ist,  so  viel  ich  beobachtet,  ein  gleiches  Verhalten  ursprünglich.  Die 
Frosch-Familie  macht  allein  eine  Ausnahme.  Es  wird  durch  diese  Thatsache  sehr 
kräftig  die  Ansicht  unterstützt,  nach  welchem  gleichsam  das  Loswinden  des  Em- 
bryo von  seinem  Eiweisskörper  das  Unabhängigwerden  und  die  selbstständigere 
Existenz  desselben  andeutet.  In  der  That,  kein  Wirbelthier  äussert  sein  freieres 
Auftreten  durch  Bewegungen  so  frühzeitig  und  bei  so  geringen  Entwickelungen  des 
ganzen  Organismus,  als  der  Frosch.  Kaum  sind  die  ersten  Visceralfortsätze  vor- 
handen und  die  Wirbelabtheilungen  des  Rumpfes  erkennbar,  so  verlassen  seine 
Embryonen  die  Eihüllen,  und  von  der  schwarzen  Umhüllungshaut  geschützt, 
sitzen  sie  mit  den  Saugnäpfchen  schaarenweis  an  den  Grashalmen  fest,  nur  dann 
und  wann  eine  seitliche  Bewegung  vollziehend,  bis  etwas  später  erfolgreiche 
Schwimmbewegungen  eintreten  können.  Bringt  man  in  Erwägung,  dass  die 
schwarze  mit  der  Larven -Metamorphose  der  Frösche  in  so  enger  Beziehung 
stehende  Umhüllungshaut  ein  so  frühzeitiges  Verlassen  der  Eihäute  möglich  macht, 
so  wird  man  geneigt  sein  zwischen  ihr  und  der  genannten  Entwickelungs- 
weise,  wie  sie  der  Eroschfamiiie  nur  eigenthümlich  ist,  einen  inneren 
Zusammenhang  aufzufinden;  ja  man  kann  sie  nebst  der  schwarzen  ümhül- 


81 


lungshaut*)  als  die  frühesten  Momente  ansehen,  welche  auf  die  Larvenmetaraor- 
phose  hindeuten. 

§,  56.  Der  nächste  Schritt  in  der  Entwickelung  des  Triton- Embrjo 
(Tab,  II.  fig.  4. 5. 6.)  macht  sich  schon  durch  die  Veränderung  der  ganzen 
Form  bemerklich.  Jetzt  tritt  der  Zeitpunkt  ein,  in  welchem  das  Streben 
zur  Unabhängigkeit  und  zum  selbstständigen  Auftreten  sichtbar  wird.  Es  ist 
natürlich,  dass  auch  in  den  jetzt  folgenden  gleichen  Entwickelungsstufen  bei- 
der Abtheilungen  der  nackten  Amphibien  die  Form  des  Embryo  bei  den  vor- 
angegangenen,  verschiedenen  Bedingungen  wieder  von  einander  abweichen 
werden.  Es  entsteht  jetzt  bei  den  Tritonen,  indem  sich  das  Schwanz-  und 
Kopfende  von  dem  Eiweisskörper  loswindet,  jene  Gestalt,  welche  v,  Bär  in 
seiner  Entwickelungsgeschichte  der  Fische  zuerst  mit  einer  Birn-,  dann  mit 
einer  Retorten -Form  verglichen  hat.  Das  Schwanz -Ende  bleibt,  nachdem 
es  sich  schon  losgelöset,  dennoch  vorläufig  nach  unten  und  nicht  sogleich  auf- 
wärts gewandt  wie  beim  Frosch -Embryo;  so  auch  die  Kopf- Abtheilung, 

Ein  solcher  Embryo  eines  Triton  hat  ungefähr  die  Grösse  von  drei 
Linien.    An  dem  Rumpfe  erkennt  man  nach  dem  Abzüge  der  Oberhaut  sehr 
deutlich  die  Abzeichnungen  der  Wirbel,  welche  in  einer  Anzahl  von  zehn 
bei  ihrem  Verlaufe  nach  hinten  allmählig  eine  etwas  nach  unten  geneigte 
Lage  annehmen.      Oben  und  unten  verbinden  die  Vereinigungshäute  die  re- 
spectiven  Enden.    Ihre  oberen  pallisadenartigen  Spitzen  haben  sich  mehr  ab- 
gestumpft und  ähneln  in  ihrer  Form  denen  bei  den  Frosch -Embryonen  j  die 
scheinbare  Abweichung  liegt  nur  in  der  Art  der  eigenthümlichen  Krüm- 
mung  nach   hinten.      An   dem  Schwanz  -  Ende   sind  sie    weniger  ausge- 
prägt als  um  dieselbe  Zeit  bei  den  Fröschen,  was  wiederum  darin  seinen 
Grund  hat,  dass  der  Schwanz  bei  letzteren  frühzeitiger  entwickelt  und  ge- 
Jbraucht  wird,  um  später  wieder  auf  immer  zu  verschwinden.    Der  in  der  unge- 
fähren Mitte  sich  befindende  Winkel  eines  jeden  Wirbel -Rudimentes  ist  als 
Scheidungsgrenze  der  Rücken-  und  Visceralplatte  jetzt  ganz  deutlich. 

Am  Kopfe  sieht  man  kaum  eine  Spur  von  der  Wirbelabzeichnung.  An 
der  wulstigen  Hervortreibung  unter  der  Schädelhöle  bemerkt  man  noch 
keine  Entwickelung  äusserer  Kiemen.     Noch  immer  ist  das  Auge,  obschon 

*)  1.  statt  der  „schwarzen  Umhüllungshaut "  — „angeführten Entwickelungäart." 

11 


82 


deutlich  aus  zwei  Kugelabschnitten  zusammengesetzt,  ohne  Färbung,  Bald 
hinter  demselben  befindet  sich  eine  zweite,  weissliche,  rundliche  Bildungs- 
masse als  erste  Spur  des  Ohrlab jrinthes,  welches  sich  bei  den  Tritonen  an- 
fangs nicht  wie  ein  unter  der  Haut  liegendes  Bläschen  dokumentirt,  sondern 
nur  als  ein  rundlicher  von  dem  übrigen  Blastema  abgesonderter  Körper. 

An  der  Visceralplatte  des  Kopfes  zeigen  sich  jetzt  gleich  hinter  dem 
Auge  die  abgerundeten  kolbigen,  ersten  Visceralfortsätze ,  welclie  wie  zwei 
kleine  Hügel  an  der  unteren  konkaven  Begrenzung  des  Embryonal  -  Körpers 
hervortreten  und  bald  zu  dem  ersten  Visceralbogen  sich  vereinigen.  Von 
dem  zweiten  Visceralbogen  sieht  man  jetzt  keine  Andeutung. 

Das  verschiedene  Verhalten  des  ersten  Visocralbogens  bei  den  Wirbelthieren. 

§.  57.  Die  Form  der  ganzen  Visceralfortsätze  und  des  durch  sie  ge- 
bildeten Bogens  ist  im  Wesentlichen  mit  der  bei  den  Fröschen  Übereinstim- 
mend. Sie  weicht  mit  letzterer  von  der  bei  den  höheren  Wirbelthieren  in- 
sofern ab,  als  vorn  und  oben  am  ersten  Visceralbogen  eine  Beugung  nach 
unten  nicht  stattfindet,  wodurch  bei  den  höheren  Wirbelthieren  eine  vordere 
obere  Partie  desselben  gleich  anfangs  für  das  Gesicht  gewissermaassen  abge- 
sondert und  stärker  ausgebildet  wird.  Wir  haben  Uber  die  Beding-ung,  welche 
einen  solchen  Bildungsvorgang  bei  der  höheren  Wirbelthier- Abtheilung  zu 
Wege  bringt,  nämlich  über  die  Gesichtskopfbeuge,  schon  bei  den  Fxöschen 
das  Nöthige  zur  Erklärung  und  Deutung  angeführt,  und  unterlassen  hier  das- 
selbe zu  wiederholen,  da  bei  den  Tritonen  dieselben  Umstände  obwalten. 

Doch  können  wir  eine  wichtige  Erscheinung  nicht  übergehen,  welche 
uns  bei  der  Betrachtung  der  Anheftung  des  ersten  Visceralfortsatzes  der  Tri- 
tonen an  den  Schädel  im  Vergleich  zu  demselben  bei  den  ungeschwänzten 
Batrachiern  sogleich  auffällt.  Die  Stellung  des  Auges  war  nämlich  bei  den 
letzteren  dicht  über  der  breiteren  und  längeren  Basis  und  dem  Ursprünge 
des  ersten  Visceralfortsatzes.  Bei  den  geschwänzten  Batrachiern  und,  wie  es 
scheint,  auch  bei  den  Fischen  ist  das  Auge  mit  der  Stirnwand  mehr  vorge- 
lagert, und  die  Visceralplatte  des  Kopfes  mit  ihrer  ersten  individuellen  Her- 
vorbildung nimmt  erst  hinter  den  Augen -Rudimenten  ihren  Anfang.  Wäh- 
rend also  die  Schädelabtheilung  des  ersten  Visceralbogens  bei  dem  Frosche 
mit  einem  erweiterten  Ursprünge,  wie  auch  modifiziit  bei  den  höheren 


83 


Wirbelthieren,  vielmehr  an  dem  vorderen  Ende  des  ersten  Schädelwirbelbo- 
gens  anliegt,  so  ist  sie  bei  den  Tritonen  und  wahrscheinlich  auch  bei  den 
Fischen  nur  auf  die  hintere  Partie  desselben  beschränkt.  Diese  verschiedene  Lage 
bei  ursprünglich  gleicher  Form  und  gleichem  Verlaufe  ist  der  wesentlichste 
Unterschied  in  der  Bildung  des  Kopfes  bei  beiden  Abtheilungen  der  nackten 
Amphibien,  worauf  auch  im  entwickelten  Zustande  die  Verschiedenheiten  und 
Abweichungen  beider  Skelette  zurückzuführen  sein  müssen:  wir  haben  einen 
weniger  ausgebildeten  ersten  Visceralbogen  bei  den  Tritonen  zu  erwarten. 

§.  58.  Vergleichen  wir  nun  die  Lage  derjenigen  Partie  des  ersten  Vis- 
ceralbogens ,  welche  auch  bei  den  höheren  Wirbelthieren  den  geraden,  abwärts 
gehenden  Verlauf  hat,  und  woraus  der  Meckelsche  Knorpel  mit  dem  Unter- 
kieferapparat nebst  dem  Uebergangsstücke  der  Schädel  -  Abtheilung,  dem 
Quadratbeine  mit  dem  Os  tympanicum ,  sicli  entwickelt,  so  ist  sie  gleichfalls 
hinter  dem  Auge  am  hinteren  Ende  des  ersten  Schädelwirbelbogens  vorhan- 
den. Bei  den  Fröschen  kommt  diese  Lage  der  genannten  Theile  nachträglich 
durch  den  Rückzug  während  der  Metamorphose  der  Larve  zu  Stande  j  sie  ist 
aber  im  ausgebildeten  Thiere  auch  zu  finden.  Wir  sehen  also,  dass  bei  sämmt- 
lichen  Wirbelthieren  die  gerade  nach  unten  verlaufende  Partie  des  ersten  Vis- 
ccralbogens  gemeinschaftlich,  und  bei  den  niederen  Wirbelthieren  nur  allein 
vorhanden  ist,  und  werden  vorausahnen,  welche  Skelettheile  demnach  in 
den  entwickelten  Tritonen  anzutreffen  sind.  Auf  diese  Weise  erhalten 
wir  also  mit  dem  Mangel  einer  Gesichtskopfbeuge  in  der  niederen  Wir- 
beltliierabtheilung  zugleich  einen  ersten  Visceralbogen,  wie  er  ursprüng- 
lich den  Wirbelthieren  seiner  Form  und  Lage  nach  zugetheilt  zu  sein  scheint. 
Eine  Ausnahme  machen,  wie  auch  in  vielen  anderen  Hinsichten,  die  Frosch- 
thiere,  welche  bei  einer  ursprünglich  einfachen  Form  des  ersten  Visceralbo- 
gens,  wie  bei  den  niederen  Wirbelthieren  allgemein,  eine  erweiterte  Aus- 
bildung an  ihrem  Ursprünge  und  so  eine  modifizirte  Lage  bis  dicht  unter 
dem  Auge  erhalten  haben,  wie  dieses  bei  den  höheren  Wirbelthieren  mit  ver- 
änderter Form  zugleich  der  Fall  ist.  Ihre  eigenthümliche  Larven  -  Metamor- 
phose veranlasst  nachträglich  neben  dieser  gleichen  Ausdehnung  eine  Form- 
Veränderung,  wodurch  sie  auch  in  dieser  Hinsicht  den  höheren  Wirbelthieren 
näher  gestellt  werden.    Diese  Eigenthümlichkeit  in  der  Entwickelungsweise 

11- 


84 


des  ersten  Visceralbogens  der  ungeschwäiizten  Batrachier  lässt  wiederum 
einen  innigeren  Zusammenhang  mit  dem  Larvenzustande  erkennen,  geht  mit 
den  übrigen  Umänderungen  des  Wirbelsjstems  Hand  in  Hand,  und  bestätigt 
dadurch  unsere  ausgesprochene  Ansicht,  dass  man  den  Fröschen  ein  Unrecht 
anthut,  wenn  man  sie  mit  den  übrigen  nackten  Amphibien  ganz  in  eine  Katego- 
rie stellt.  Auch  die  Metamorphose  des  Darmkanals  bei  den  Fröschen  ist  von 
einer  Ait,  dass  sie  durchaus  nicht  mit  der  geringen  bei  den  Tritonen  zusam. 
mengestellt  werden  kann. 

In  Beachtung  der  Momente,  welche  ausser  der  Gesichtskopfbeuge  auf 
die  modifizirte  Entwickelung  des  ersten  Visceralbogens  Einfluss  haben,  heben 
wir  noch  die  Stirnwand  mit  dem  Auge  hervor.  Durch  die  grössere  Wölbung 
der  letzteren  bei  den  höheren  Wirbelthieren  gelangte  das  Auge  höher  hinauf 
und  gestattete  dadurch  der  Ausbildung  der  Visceralplatte  des  Kopfes  nach 
vorn  freieren  Spielraum.  Bei  den  Fröschen  ist  das  Auge  daher  während  der 
Entstehung  des  ersten  Visceralfortsatzes  so  wenig  entwickelt,  dass  es  beinahe 
gar  keinen  Einfluss  auf  denselben  ausüben  kann,  obgleich  die  Stirnwand 
wenig  gewölbt  und  die  frühsten  Augenrudimente  seitlich  und  auch  tiefer  ge- 
lagert sind.  Das  Auge  der  Tritonen  dagegen  ist  mir  bis  jetzt  in  gleichen 
Entwickelungszuständen  unter  allen  Wirbelthieren  am  ausgebildetsten  vorge- 
kommen, so  zwar,  dass,  bevor  noch  der  erste  Visceralfortsatz  gebildet, 
dasselbe,  mit  seinem  unteren  Abschnitte  unter  das  Niveau  der  häutigen  Schä- 
delbasis hinuntergetreten  ist,  und  wie  Avir  gesehen,  einen  Theil  der  vordersten 
unteren  Begrenzung  des  Embryo  an  der  Stelle  der  Visceralplatte  ausmacht. 
Das  ist  allerdings  ein  Umstand,  welcher  auf  die  Entwickelung  der  vordersten 
Abtheilung  der  Kopf- Visceralplatte  einwirken  muss. 

Die  tjpische  Bildung  des  Gesichtes. 

%  59.  Wir  kehren  nun  wieder  zum  Triton  zurück.  Beinahe  um  die- 
selbe Zeit  der  deutlichen  Hervorbildung  der  ersten  Visceralfortsätze  sehen 
wir  auch  die  hauptsächlichsten  Bildungsbestandtheile  zur  Aufbauung  des  Ge- 
sichtes entstehen.  Wir  machten  vorhin  darauf  aufmerksam,  dass  an  der  vor- 
dersten unteren  Begrenzung  des  Kopfes  zwischen  der  Stirnwand  und  der 
frühsten  Visceralplatte  des  Kopfes  der  untere  Abschnitt  des  Auges  sich  her- 


85 


vorgedrängt  hatte.  AUmählig  übernehmen  nun  an  Stelle  des  letzteren  andere 
EntWickelungen  die  Begrenzung  und  machen  uns  eben  dadurch  die  Erkennt, 
niss  derselben  leichter.  Zuerst  wachsen  von  der  Stirnwand,  wegen  der  ci- 
genthUmlichen  Krümmung  des  Embryo,  nach  hinten  die  vorderen  Stirn- 
oder Nasenfortsätze  hervor.  Sie  stimmen  in  der  Art  ihres  Hervortretens  und 
des  Wachsthumes,  in  der  Form  und  Lage  ganz  mit  den  gleichbenannten  der 
ungeschwänzten  Batrachier  überein,  lassen  sich  auch  hier,  wenn  der  Embryo 
eine  Zeitlang  in  schwacher  Salpetersäure  gelegen,  mit  leichter  Mühe  als  für 
sich  bestehende  Bildungsbestandtheile  darstellen  und  weichen  mit  jenen  auf 
die  dort  erwähnte  Weise  von  den  vorderen  Stirnfortsätzen  der  höheren  Wir- 
belthiere  ab.  Als  Stütze  dient  ihnen  und  dem  ganzen  Gesichte,  wie  überall 
bei  den  Wirbelthiereh ,  die  als  Gesichtsbasis  sich  verlängernde  Schädelbasis. 

Bald  darauf,  und  noch  ehe  die  ersten  Visceralfortsätze  sich  zu  einem 
Bogen  vereinigt,  haben  sich  von  denselben,  den  vorderen  Stirnfortsätzen  entge- 
genwachsend, die  zweiten  Gesichtsbildungstheile,  die  sogenannten  Oberkiefer- 
fortsätze entwickelt.  Sie  sind  hier,  gerade  wie  bei  den  Fröschen,  weniger 
voluminös  und  kolbenartig,  als  bei  den  höheren  Wirbelthieren  und  na- 
mentlich den  Säugethieren.  Es  verläuft  vielmehr  ihre  mehr  häutige 
Bildungsmasse  von  der  Wurzel  der  respektiveh  Visceralfortsätze  längs  der 
unteren  Abtheilung  der  Augen  gegen  die  Nasen  -  Fortsätze  der  Stirnwand. 
Wegen  der  verschiedenen  Lage  des  ersten  Visceralfortsatzes  zum  Auge  bei 
den  Tritonen  und  Fröschen,  konnte  der  ursprüngliche  Verlauf  des  Ober- 
kiefer-Bildungstreifens bei  beiden  sich  nicht  gleichen.  Derselbe  war  bei  den 
Fröschen  mehr  an  der  vorderen  Abtheilung  des  Auges  und  wird  erst  später 
durch  die  Larven -Metamorphose  auf  die  Lage  bei  den  Tritonen  zurückgeführt. 

Dieses  verschiedene  Verhalten  des  ursprünglichen  Bildungsstreifens  des 
Oberkiefers  bei  den  nackten  Amphibien  hat  auch  bei  ihnen  über  die  Existenz 
eines  seitlichen  Stirn-  oder  Thränenbein- Fortsatzes  entschieden.  Bei  den 
Fröschen  ist  dieser  mehr  als  Supplement  auftretende  Bildungstheil  wegen  des 
nahen  Aneinanderliegens  des  Nasen-  und  Oberkiefer -Fortsatzes  von  gerin- 
gem Belange  j  seine  Entwickelung  wird  entbehrlich  gemacht,  dagegen  die 
einfache  zwischen  der  Stirnwand  und  den  Nasenfortsätzen  gelegene  Bildungs- 
masse gewissermaassen  als  Ersatz  gegeben.    Bei  den  Tritonen  fallt  dieses 


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letztere  weg ,  und  es  zeigen  sich ,  wie  wir  später  sehen  werden ,  analog  den 
höheren  Wirbelthieren  die  Thränenbein  -  Fortsätze  zur  Seite  der  Stirnwand. 

Die  vordere  Oeffnung  der  Visceralröhre  des  Kopfes  ist  durch  die  er- 
wähnten Bildungs  vorgänge  gleichfalls  verändert.  Ihre  einfache  in  der  Richtung 
der  senkrechten  Axe  verlaufende  Spalte  verbleibt  so  lange,  bis  die  Gesichts- 
bildungs-Bestandtheile  hervortreten.  Das  Hervorwachsen  der  vorderen  Stirn- 
fortsätze und  die  beginnende  Entwickelung  der  Oberkiefer  -  Bildungsstreifen 
machen  an  ihrer  oberen  Abtheilung  eine  dachförmige  Begrenzung.  Aehnlich, 
wenn  auch  nicht  ganz  so  deutlich,  wird  auch  die  untere  Abtheilung  durch 
das  Aneinanderliegen  der  Endkolben  der  ersten  Visceralfortsätze  in  ihrer  Form 
abgeändert. 

Vervollständigung  der  Konforraation  des  Kopfes. 
Einiges  Allgemeines  über  den  Erabrjo. 
§.  60.  Im  Verfolge  der  weiteren  Entwickelung  des  Triton  (sieh, 
Tab.  II.  Fig.  7.  8.  9.  10.  11.)  sehen  wir  nun  bald  den  in  seinen  Urbildungs- 
theilen  vollständig  gewordenen  Embryo  vor  uns.  Man  kann  in  der  Ent- 
wickelungsgeschichte  die  einzelnen  Perioden  nicht  streng  scheiden.  Wir  ge- 
hen daher  in  der  Beschreibung  der  einzelnen  Bildungsrudimente  der  leichte- 
ren Verständlichkeit  wegen  zuweilen  weiter,  als  es  der  Entwickelungsstand 
wirklich  darbietet.  Der  Embryo,  welchen  wir  jetzt  zu  unserer  Anschauung 
bringen,  zeigt  an  dem  Aeusseren  des  Körpers  gewisse  allgemeine  und  beson- 
dere Veränderungen,  welche  wir  vorausschicken  wollen,  ehe  wir  zur  Kopf- 
bildung übergehen. 

In  der  jetzigen  Zeit  beginnt  der  Embryo  vor  Allem  zu  einem  selbst- 
ständigen Leben  sich  auszubilden.  Die  gekrümmte  Form  desselben  verwan- 
delt sich  allmählig  in  eine  ganz  gerade,  indem  das  Kopf-  und  Schwanzende 
nach  aufwärts  von  dem  Eiweisskörper  sich  gleichsam  loswindend  in  eine  Linie 
mit  dem  Mittelkörper  sich  stellen.  Der  ganze  Leib  ist  dünner,  schmächtiger 
geworden,  hat  ungefähr  eine  Länge  von  fünf  Linien  erreicht  und  durchbricht 
nun  mittelst  angestrengterer  Bewegungen  die  schon  sehr  verkümmerten  Ei- 
hüUen.  An  dem  vorderen  Ende  desselben  sehen  wir  jene  gewellte  Auftrei- 
bung des  Herzens  mit  seinen  Gefässbogen  durch  den  Hervorwuchs  der  Vis- 


87 


ceralbogen  beinahe  hinter  den  Kopf  znrückgedrängt.  Da,  wo  die  Membrana 
reuniens  inferior  an  den  Aortenbogen  gelegen,  ist  sie  leichter  entfern- 
bar, und  es  lassen  sich  so  die  Gefässbogen  mit  ihren  Spalten  theilweise  frei- 
legen. Bald  treten  nach  der  Reihenfolge,  wie  durch  den  Blutstrom  her  vor- 
getrieben ,  und  bedeckt  von  der  unteren  Vereinigungshaut ,  die  äusseren  Kie- 
men an  den  Tag  (Tab.  II.  Fig.  9.)  Sie  sind  anfangs  ganz,  einfache  Fortsätze, 
gleichsam  Kiemenstummel ,  doch  erkennt  man  sogleich  bei  geringer  Vergrös- 
serung  den  darin  sich  bewegenden  Blutstrom,  so  dass  sie  mir  in  der  That 
nichts  Anderes  als  Gefässschlingen  unter  dem  Schutze  der  Membrana  reuniens 
inferior  zu  bilden  scheinen.  Die  letzte  äussere  Kieme  tritt  etwas  später  als 
die  beiden  ersten  hervor. 

Hinter  den  äusseren  Kiemenstummeln  zeigt  sich  ein  dickerer  zylinder- 
förmiger Fortsatz,  welcher  von  der  Visceralplatte  des  Rumpfes  sich  entwik- 
kelt.  Es  ist  die  erste  Spur  der  oberen  Extremität,  welche  selbst  noch  nach 
dem  Heraustritt  des  Embryo  aus  seinen  Häuten  nur  eine  einfache  Bildungs- 
masse  ohne  alle  Bewegungszeichen  darstellt  und  im  Innern  keine  Spur  von 
Blutzirkulation  erkennen  lässt.  Der  Fortsatz  der  oberen  Extremität  und  die 
drei  äusseren  Kiemen  liegen  ziemlich  nahe  hintereinander  und  sind  leicht  zu 
unterscheiden j  einen  vierten  Kieraenkolben  sah  ich  hier,  wie  ^bei  den  Frö- 
schen, niemals. 

Visceralhöle. 
5.  61.  Der  Kopf  des  Triton  -  Embryo  ist  bei  dessen  Herauskriechen 
aus  den  Eihüllen  beinahe  vollständig  in  seinen  ürbestandtheilen  vorhanden. 
Die  ersten  Visceralfortsätze  verlängern  sich  noch  ein  wenig  nach  unten,  und 
vereinigen  sich  alsdann  zum  ersten  Visceralbogen,  welcher  in  seiner  Form 
und  Lage,  wie  wir  vorhin  zeigten,  das  einfachste  Bild  eines  ersten  Visceral- 
bogens  bei  den  Wirbelthieren  wiedergiebt. 

Während  die  genannte  Vereinigung  vor  sich  geht,  wächst  gleich  hinter 
dem  Auge  von  der  Stelle,  wo  ursprünglich  das  erste  Rudiment  der  Kopf- 
Visceralplatte  sich  vorfindet,  beiderseits  eine  Erhabenheit  hervor,  welche  all- 
mählig  sich  mehr  und  mehr  nach  unten  hinneigend  erweitert,  und  zuletzt  zu 
einem  zylinderförmigen  ungefähr  zwei  Linien  langen,  dünnen  Fortsatze  sich 


88 


ausbildet,  dessen  äusserstes  Ende  nur  um  ein  Weniges  angeschwollen  erscheint. 
Dieser  lange,  dünne  Fortsatz,  der  Kopf-Visceralplatte  zeigt  sich  in  seiner  er- 
sten Andeutung  früher,  als  die  in  der  ursprünglichen  Form  sehr  ähnlichen 
äusseren  Kiemenstummel,  und  auch  früher  als  der  weit  dickere  Fortsatz,  der  vor- 
deren Extremität.  Bei  dem  Heraustreten  des  Embryo  aus  seinen  Umhüllungen 
ist  er  beinahe  vollständig  ausgewachsen  und  um  diese  Zeit  kann  man  zum 
wichtigen  Unterschiede  von  den  äusseren  Kiemen  keinen  Blutstrom  darin  ge- 
wahr werden.  Erst,  wenn  der  Embryo  sich  mehre  Tage  frei  umherbewegt  hat, 
und  die  äusseren  Kiemenstummel  schon  Nebenästchen  entwickeln,  sieht  man 
in  dem  genannten  Fortsatze,  wie  auch  in  der  oberen  Extremität,  die  Ernäh- 
rungsgefässe  in  einer  einfachen  Schlinge  verlaufen. 

Ueber  seine  Funktion  kommt  man  sehr  bald  ins  Klare ,  wenn  man  das 
ruhige  Verhalten  des  Embryo  im  Wasser  beobachtet.  Immer  sind  es  dann 
diese  beiden  zylinderförmigen,  langen  Fortsätze,  auf  welchen  die  Thierchen 
ausruhend  sich  stützen.  Beim  Schwimmen  werden  sie  dicht  an  den  Leib  an- 
gepresst ,  und  in  der  Ruhe  behufs  ihrer  Funktion  nach  unten  und  aussen  ge- 
stellt. Trotz  dieser  augenscheinlichen  Bewegungen  ist  es  mir  nicht  gelungen 
innerhalb  der  einförmigen  Bildungsmasse  eine  muskelartige  Scheidung  in  der 
Nähe  des  Fortsatzes  aufzufinden.  Späterhin,  sobald  die  vorderen  Extremitä- 
ten des  Rumpfes  vollständig  ausgebildet  sind,  verkümmert  er  allmählig  und 
schwindet  gänzlich ,  ohne  zu  irgend  etwas  Anderem  ,  als  zu  dem  eben  beschrie- 
benen, zur  Stütze  des  jungen  Triton  dienenden  Bewegungsorgane  sich  zu 
entwickeln. 

Sowohl  die  Art  seiner  Hervorbildung  aus  der  Visceralplatte  des  Kopfes, 
als  auch  die  bezeichnete  Funktion  geben  uns  in  diesem  dünnen  zylinderför- 
migen Fortsatze  das  seltene,  und  wie  es  scheint,  einzige  Beispiel  einer  ephe- 
meren, aber  doch  wahren  Kopfextremität  bei  den  Wirbelthieren.  In  einer 
frühen  Entwickelungszeit,  bevor  die  Fingerbildung  an  den  Vorder-  und  Hin- 
terfüssen eingetreten,  sind  alle  drei  Extremitäten  des  Embryo  sich  ganz  ähn- 
lich. Die  Lokalität  und  das  abweichende  Volumen  machen  den  unwesentli- 
chen Unterschied  in  den  Bildungsfortsätzen  dieser  drei  Extremitäten ,  deren 
Identität  die  Genesis  ,  upd  Funktion  darlegt, 


89 


§.  62.  Hinter  dem  eisten  Visceralfortsatz  liat  sich  allmählig  durch  die 
erste  Visceralspalte  getrennt  auch  der  zweite  entwickelt.  An  seinem  Ur- 
sprünge können  wir  ihn,  wie  überall  bei  den  Wirbelthieren,  in  die  Wähe  des 
Ohrlabyrinthes  verfolgen.  Bei  der  ursprünglichen  Lage  dieses  letzteren  in  den 
Seitentheilen  der  Schädelhole  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Wirbel 
liegt  die  Basis  des  zweiten  Visceralfortsatzes  natürlich  mehr  vor  dem  Ohrla- 
byrinth, dessen  spätere  VergrÖsserung  auch  diese  in  Anspruch  nimmt. 
Bei  den  höheren  Wirbelthieren  war  dies  Lagerungs- Verhältniss  durch  die 
Gesichtskopfbeuge,  wie  schon  bei  den  Fröschen  ausführlicher  gezeigt  wurde, 
etwas  abgeändert.  Durch  das  Erscheinen  und  das  Fortwachsen  der  zweiten 
Visceralfortsätze  wird  das  Herz  mit  seinen  Aortenbogen  und  dadurch  auch 
ihre  äusserlich  sich  abzeichnende  Wulst  bis  zur  zweiten  Visceralspalte  zurückge- 
drängt. Die  «weiten  Visceralfortsätze  entwickeln  sich  sonst  von  der  Kopfvisce- 
ralplatte  ganz  so,  wie  die  Arsten.  Sie  sind  etwas  schwieriger  in  ihrer  Ausbil- 
dung zu  beobachten,  weil  ihr  Volumen  nicht  so  bedeutend  ist  und  sie  über- 
dies durch  die  dahinter  liegende,  rauhe  Wulst  der  Gefässbogen  etwas  ver- 
deckt gehalten  werden.  Ist  die  Vereinigung  der  beiden  zweiten  Visceral- Fort- 
sätze geschehen,  so  ist  die  Form  des  dadurch  entstandenen  Visceralbogens 
dem  ersten  ganz  gleich.  Beide  sind  dann,  wie  gewöhnlich,  durch  eine 
Spalte,  der  ersten  Viceralspalte,  geschieden. 

Hinter  dem  zweiten  Visceralbogen  und  vor  der  Visceralplatte  des 
Rumpfes  befindet  sich,  auf  dem  Uebergange  des  Kopfes  zum  Rumpfe,  die 
äussere  Kiemen  -  oder  zweite  Visceralspalte,  Ihr  Lagerungsverhältniss  stimmt 
ganz  mit  dem  bei  den  Fröschen  überein.  Oben  treten  die  Visceralplatten  des  Kopfes 
und  Rumpfes  zusammen,  unten  in  der  Mitte  geht  von  dem  Schlussstücke  des 
zweiten  Visceralbogens  die  Membrana  reuniens  ijiferior,  nachdem  das  Pericar- 
dium  gebildet,  in  zwei  Blätter  sowohl  über  als  unter  dem  Herzen  hinweg, 
um  mit  der  unteren  Vereinigungshaut  des  Rumpfes  und  mit  der  hinunterwach- 
senden Visceralplatte  desselben  zusammenzukommen.  Durch  sie  hindurch 
wachsen  nun  die  äusseren  Kiemenfortsätze,  und  von  dem  hinteren  und  mehr 
äusseren  Rande  des  zweiten  Visceralbogens  entwickelt  sich  zum  Schutze  der  Aor- 
tenbogen eine  häutige  Platte,  welche  die  Funktion  des  Kiemendeckels  über- 
nnnmt.    Sie  ist  derselbe  hintere  Fortsatz  des  zweiten  Visceralbogens ,  welchen 

12 


90 


wir  kaum  als  Rudiment  bei  den  Säugethieren ,  stärker  ausgebildet  bei  den  Vögeln, 
als  Kiemendeckel  fungirend  bei  den  Fröschen,  jedoch  am  vollständigsten  in 
letzterer  Funktion  bis  jetzt  bei  den  Tritonen  beobachteten,   (Tab.  II.  Fig.  9.) 

Das  Gesicht. 

§.  63.    Das  Gesicht  als  der  Verbindungstheil  der  oberen  und  unteren 
Röhre  des  Wirbelsjstems  oder  der  Visceral-  und  Rückenplattenröhre  ver- 
vollständigt sich  in  seiner  Konformation  folgender  Art.     Zwischen  dem  vor- 
deren Stirnfortsatze   und   der  vorderen  Abtheilung   des  Auges  entwickelt 
sich  die  Bildungsmasse  der  Stirnwand  etwas  individueller  und  wird  zu  einem 
Bildungstheil,  welchen  wir  auch  bei  den  höheren  Wirbelthieren  an  dersel- 
ben Stelle  vorfanden  und  für  den  Thränenbein- Fortsatz  erklärten.  Wenn 
dieser  Bildungs- Fortsatz  bei  den  Säugethieren  der  kleinste  von  allen  Gesichts- 
bestandtheilen  ist,  bei  den  Vögeln  und  höheren  Amphibien  in  der  Ausdeh- 
nung zwar  hinlänglich  markirt,  doch  wenig  sich  erhebend  dasteht,  so  darf 
ich  bemerken,  dass  er  bei  dem  Triton  sehr  leicht  zu  übersehen  ist,  und  eine 
grosse  Aufmerksamkeit  des  Beobachters  erfordert.    Wir  rathen  wiederum  zur 
leichteren  Erkenntniss   desselben  den  Embryo  in  schwacher  Salpetersäure 
zu   erhärten,   wodurch  die   Bildungstheile    sich   leichter   isolirt  darstellen 
lassen.    Dieser  seitliche  Stirn-  oder  Thränenbein- Fortsatz  tritt  nun  mit  jenen 
beiden,  auf  der  vorgewachsenen  Schädel-  oder  der  Gesichtsbasis  sich  stüz- 
zenden,  Bildungsfortsätzen  in  Berührung,  welche  durch  ihre  Vereinigung  dem 
Verbindungstheile  beider  Röhren  des  Wirbelsystems  (der  oberen  Gesichts- 
hälfte) seine  Grundlage  geben.    Diese  beiden  letzteren  Fortsätze,  der  Nasen- 
und  Oberkiefer -Fortsatz  vergrössern  sich  nämlich  in  dieser  Periode  auf  die 
bekannte  Weise.    Der  vordere  Stirnfortsatz  erweitert  sich  wegen  der  eigen- 
thümlichen  Krümmung  des  Embryo  von  vorn  nach  hinten,  der  Oberkiefer- 
Bildungsstreifen  von  hinten  nach  vorn.     Dieser  letztere  berührt  nun  zuerst 
den  seitlichen  Stirnfortsatz,  dann  tritt  er  mit  dem  Nasenfortsatz  in  Berüh- 
rung und  verschmilzt  mit  ihm.     In  solcher  Art  wird  der  Nasenkanal  zusam- 
mengesetzt.   Oben  liegen  als  Decke  der  vordere  und  seitliche  Stirnfortsatz, 
seitlich  und  unten  der  Oberkiefer  mit  der  Gesichtsbasis. 

Zum  vervollständigenden  Schlüsse  entwickelt  sich  nun   von  der  Ge- 
sichtsbasis hauptsächlich   hervortretend  der  obere  Zwischenkiefer,  welcher 


91 


jetzt  bei  dem  Herausschlilpfen  des  Embryo  aus  seinen  Eihüllen  nur  als  An- 
deutung vorhanden  ist.  Durch  ihn  wird  die  Formation  der  oberen  Gesichts- 
hälfte vervollkommnet,  und  nach  und  nach  auch  zum  grossen  Theile  die 
äussere  Nasenöffnung  gebildet,  welche  ursprünglich  zwischen  den  Stirnfort- 
sätzen und  den  Oberkiefer -Bildungsstreifen  jederseits  gelegen  ist.  Die  hin- 
tere oder  innere  Oeffnung  des  Nasenkanals  wird  von  den  sich  vereinigenden 
Bildungsmassen  der  Gesichtsbasis  und  des  Oberkiefers  umgeben. 

Die  vordere  Oeffnung  der  Visceralröhre  des  Kopfes  oder  die  MundÖff- 
nung,  welche  ursprünglich  eine  einfache  Spalte  darstellt,  dann  durch  die  dach- 
förmige Stellung  der  Gesichtsbildungs  -  und  Visceralfortsätze  in  ein  mit  ab- 
gerundeten Ecken  versehenes  Quadranguliira  verwandelt  wirdj  ist  bei  der 
grösseren  Ausbildung  der  sie  umscliliessenden  Theile  in  ihrer  Längendimen- 
sion verringert  und  in  der  Breite  mehr  und  mehr  erweitert,  so  dass  wir  nun 
schon  bei  der  jetzigen  Formation  die  Identität  mit  der  Mundöffnung  nicht 
verkennen  können.  Die  Entwickelungsvorgänge  sind  hier  dieselben  wie  bei 
den  ungeschwänzten  Batrachiern. 

§.  64.  Ehe  wir  diese  Entwickelungsperiode  beschliessen,  müssen  wir 
noch  auf  die  Schädelhöle  zurückkommen.  Die  so  geringe  Ausbildung  des 
Gehirns  scheint  mir  die  Veranlassung,  warum  bei  den  Triton  -  Embryonen 
noch  weniger,  als  bei  den  Fröschen,  die  Wirbelabzcirlmungen  erkennbar 
sind.  Es  ist  mir  durch  die  Entwickelungsgeschichte  immer  klarer  geworden, 
wie  sehr  die  Wirbelabscheidungcn  des  Schädels  sich  nach  der  Ausbildung  der 
Gehirntheile  richten,  so  zwar,  dass  die  grossen  Hemisphären,  die  lobi  optici 
und  das  cerebellum  die  entscheidenden  Momente  für  die  drei  Schädelwirbelbogen 
sind.  Waren  wir  bei  den  Säugcthieren  im  Stande  nach  den  Wirbelabzcich- 
nungcn  des  häutigen  Schädels  die  Lage  der  Visccralbogen  zu  bestimmen,  so 
sind  wir  bei  dem  Triton  schon  so  weit  gekommen,  dass  wir  gerade  umge- 
kehrt durch  die  Visccralbogen  über  die  entsprechenden  Wirbel  des  Schädels 
entscheiden  müssen.  Das  Ohrlabyrinth  und  das  Auge,  namentlich  aber  das 
erstere,  sind  wegen  der  konsequenten  ursprünglichen  Lage  bei  allen  Wirbel- 
thieren  ausser  den  Visccralbogen  noch  recht  wichtige  Unterstützungsmittel  bei 
der  Unterscheidung  der  einzelnen  Schädelwirbel. 

12* 


92 


Herr  Professor  Ant.  Duges  hat  in  der  schon  öfters  erwähnten  Schrift 
„über  die  Entwickelung  des  Wirbelsystems  der  Batrachier"  etc.  auch  bei  den 
Tri  tonen  auf  die  Urform  des  Kopfes  so  wenig  Rücksicht  genommen,  dass 
wir  das  daselbst  Angeführte  ganz  übergehen  dürfen. 

Vollendung  der  typischen  Konformation  des  Kopfes*). 

65.  Sobald  der  Tritonembryo  die  Eihüllen  verlassen,  bewegt  er 
sich  gleich  sehr  behende  im  Wasser  und  gebraucht  die  an  seinem  Kopfe  be- 
findliclien  Extremitäten  als  Stützen  in  der  Ruhe.  In  den  ersten  Tagen  seinc;s 
seibstständigen  Lebens  vervollkommnet  sich  nun  vollends  die  Urform  sei- 
nes Wirbelsystems.  Vorzüglich  bemerken  wir  jetzt  die  vollständige  Bildung 
der  Mundöffnung  durch  die  Biidungsmassen  der  beiden  Zwischenkiefer.  Sie 
treten  an  der  oberen  Gesichtshälftc  in  der  schon  angegebenen  Weise  haupt- 
sächlich von  der  Gesichtsbasis  zwischen  die  vorderen  Stirnfortsätze  und 
die  Oberkiefer  -  Bildungsmassen  als  zwei  platte  Hügelchen  hervor,  und 
formiren  mit  den  oberen  Kiefern  die  einfache,  halbkreisförmige,  obere 
Mundbegrenzung.  Der  untere  Zwischenkiefer  entwickelt  sich  an  der 
Vcreinigungsstelle  der  zusammengekommenen  ersten  Visceralfortsätze.  Die 
Bildungsmasse  häuft  sich  zuerst  daselbst  an  und  füllt  allmählig  jene  an  dem  vor- 
deren Rande  gelegene  Einkerbung  aus,  welche  zwischen  den  Endkoiben  der  verei- 
nigten Visceralfortsätze  zurückgeblieben.  Alsdann  treten,  wie  bei  den  höhe- 
ren Wirbelthieren,  mehr  von  der  äusseren  Fläche  der  genannten  Stelle  zwei 
Hügelchen  hervor,  um  die  frühsten  Spuren  der  unteren  Zwischenkiefer  an- 
zudeuten. Diese  vereinigen  sich  und  verschmelzen  mit  der  Bildungsmasse  an 
der  äusseren  Fläche  der  Visceralfortsätze,  wo  die  Unterkiefer  bei  den  Säu- 
gethieren  augenscheinlicher,  hier  wegen  des  J^Iangels  von  Weichtheilcn  vor 
der  Konsolidirung  sich  weniger  dokumentiren. 

Dadurch  wird  die  einfach  verlaufende  untere  Mundbegrenzung  formirt, 
welche  allmählig  aus  einer  früher  konkaven  in  eine  konvexe  Krümmung 
übergegangen  ist.  Dieses  letztere  Verhalten  wird  besonders  dadurch  zu  Wege 
g^^bracht,  dass  sämmtliche  Schiussstücke  der  Visceralbogen  bei  ihrer  Vergrösse- 

J  Sieh.  Tab.  II.  Fig.  12.  13. 


93 


niiig  in  allen  Wirbcltliierklasseii  mehr  oder  weniger  vorwärts  gerichtet  wer- 
den. Als  Hilfsmittel  bei  diesem  Bildiingsvorgange  scheint  das  immer 
dicht  an  den  Visceralbogen  anliegende  und  erst  durch  letztere  gleichsam  von 
vorn  nach  hinten  zurückgedrängte  Herz  mit  seinen  Aortenbogen  betrachtet 
werden  zu  müssen.  Auf  diese  Weise  wird  das  mit  vier  abgerundeten  Ecken 
versehene  Quadi^angulura  der  vorderen  OefFnung  der  Kopfvisceralröhre  nach 
und  nach  in  der  Queraxe  des  Embryo  immer  mehr  zusammengedrückt  und 
von  oben  und  unten  verengt.  Es  entsteht  eine  MundöfFnuiig,  Avelche  eine 
sicliclförmige  Spaltform  angenommen,  und  in  der  Queraxe  des  Embryo  verlau- 
fend die  ursprüngliche,  einfache,  vordere  OeiFnung  der  Kopfvisceralrölire 
gerade  durchschneidet.  Diese  Mundform  ist  auch  diejenige ,  welche 
Herr  v.  Bär  in  seiner  Entwickelungsgeschichte  der  Fische  naturgetreu  ge- 
zeichnet (e.  1.  Fig.  22.),  und  ich  bin  nicht  abgeneigt  aus  dieser  blossen  Mund- 
offnung  auf  eine  gleiche  Urform  des  Gesichtes  bei  den  Fischen  nnd  Tritonon 
zu  schliessen.  Ist  so  die  Mundform  vollendet,  so  ersetzt  die  Natur  vor  der 
individuellen  Ausbildung  des  Kieferapparats  die  krtiftigere  Mundhegrenaung 
durch  eine  ziemlich  konsistente  häutige  Bildung,  vrelchc  besonders  an  dem 
Oberkiefer  entwickelt  ist  und  über  den  unteren  Kiefer  hinüberragt. 

M.  a  |i  i  t  e  1  V. 

Die  typische  Bildung  des  Kopfknorpelsystems  der  Tritonen. 
Grundlegung  des  Kopfknorpelskelets. 

§.  66.  Wir  kommen  jetzt  2u  einer  neuen  Periode  in  der  Entwickelimg 
des  Triton,  in  welcher  nach  der  formalen  Bildung  des  Embryo  die  Sonde- 
rung der  Bildungsmasse  in  Hart-  und  Weichgebilde  eintritt. 

Auch  äusserlich  bemerken  wir  an  dem  Embryo  mancherlei  Verände- 
rungen. An  der  vorderen  Extremität  des  Rumpfes  zeigt  sich  die  beginnende 
Fingerbildung,  während  zu  gleicher  Zeit  die  Kopfextremität  in  den  Vcrküni- 
merungsprozess  eingeht,  ist  dann  die  erstere  vollkommen  ausgebildet  und  in 
den  Stand  gesetzt  die  Unterstützung  des  Körpers  zu  übernelunen ,  so  sehen 
^vir  letztere  verkümmern,  und  plötzlich  ganz  verschwinden.  Bald  darauf 
treten  die  Rudimente  der  hinteren  Rumpfextr emitäten ,  ganz   in  der  Weise 


94 


wie  die  vorderen,  von  der  Visceralplatte  als  Fortsätze  hervor.  Die  äusseren 
Kiemen,  welche  zuerst  als  einfache  Fortsätze  in  der  zweiten  Visceralspalte 
sichtbar  werden,  fangen  an  nach  der  Reihenfolge  ihres  Hervorwachsens  Ne- 
benästchen  zu  bilden.  Wie  unregelinässig  auch  zu  Anfange  diese  Verästelung 
erscheinen  mag,  so  zeigt  sich  sehr  bald  die  grösste  Ordnung,  indem  an 
dem  einfachen  länglichen  Kiemenfortsatze  die  Nebenästchen  wie  die  einzel- 
nen Federchen  der  Fahne  an  dem  Kiele  der  Feder  ansitzen.  Die  erste  am 
meisten  unterwärts  gelegene  Federkieme  ist  anj  frühsten  ausgebildet^  am  spä- 
testen ist  dies  bei  der  am  meisten  nach  oben  hervorwachsenden  dritten  der 
Fall,  Tritt  die  Zeit  der  Verkümmerung  ein,  so  geschieht  dieses  gerade  in 
derselben  Reihenfolge  wie  bei  der  Entstehung,  Kaum  ist  noch  eine  Spur  der 
ersten  Kieme  sichtbar,  so  sieht  man  die  dritte  und  letzte  noch  in  voller 
Kraft,  An  den  Gefässbogen  der  Aorta  entwickeln  sich  während  dieser  Zeit 
die  knorpligen  Kiemenbogen,  Avelche  wir,  wie  bei  den  Fröschen,  wiederum 
insgesammt  mit  dem  Zungenbeinkörper  vom  zweiten  Visceralbogen  betrachten 
wollen.  So  viel  von  dem  Allgemeinen  des  Embryo,  insoweit  es  zu  unserer 
ferneren  Darstellung  erforderlich  ist, 

§.  67.  Nach  Vollendung  der  Urform  in  den  Rücken-  und  Visceralplat- 
ten,  als  dem  ursprünglichen  BildungsstolF  des  Wirbelsjstems ,  geschieht  nun 
die  Sonderung  in  das  Muskelsystem  und  in  die  Skelettheile ,  wodurch  der  Ein- 
gang in  die  besondere  Individualisation  gegeben  ist.  Es  zeigt  sich  di^se  Ent- 
wickelungsperiode  alsbald  durch  eine  Veränderung  der  Bildungsraasse  selbst 
an.  Bisher  bildete  dieselbe  ein  mehr  undurchsichtiges,  weissgefärbtes,  körni- 
ges Blastema,  durch  welches  hindurch  ich  durchaus  nicht,  wie  ich  wohl  glaubte, 
das  schwach  gefärbte  Blut  in  seinen  Strömen  zu  erkennen  im  Stande  gewesen 
bin.  Dieses  vermochte  ich  nur  an  den  äusseren  Kiemen.  Bei  den  Säugethie- 
ren  und  Vögeln  ist  das  ursprüngliche  Blastema ,  bevor  die  äusseren  Einwirkungen 
Veränderungen  hervorgebracht  haben,  von  ganz  durchscheinendem  Ansehen 
und  knorpelartiger  Konsistenz,  so  dass  der  Gefässverlauf  ziemlich  deutlich  bei 
der  dunkleren  Färbung  des  Blutes  unterschieden  werden  kann.  Um  die  Zeit, 
wann  die  Sonderung  des  Blastema  in  den  Visceral-  und  Rückenplattcn  ein- 
tritt, erscheint  der  Kopf  eines  Tritonembryo  beinahe  ganz  ähnlich  durch- 
scheinend,  wie   bei    den   höheren  Wirbelthieren   schon    ganz  frühe,  und 


9^ 


man  kann  jetzt  auch  die  Aortenbogen,  das  Herz  u.  s.  w.  von  aussen  wahr- 
nehmen. Dieses  kommt  eines  Theiles  daher,  weil  das  Blut  wirklich  eine  er- 
höhte, rothe  Färbung  erhalten,  vorzüglich  aber  weil  bei  der  Knorpel  -  Entste- 
hung die  Urform  beinahe  ganz  so,  wie  wir  sie  beschrieben,  den  knorpligen 
Zustand  annimmt,  die  Weichtheile  sehr  unbedeutend  sind,  und  daher  der 
ganze  Kopf  wie  ein  durchscheinender  Knorpel  sich  darstellt.  —  Die  Unter- 
suchungen werden  dadurch  sehr  erschwert. 

§.  68.  Nach  Ablösung  der  Oberhaut  eines  solchen  Embryo  (Tab.  II.  Fig.  14. 
15.)  präsentiren  sich  vorzüglich  alle  Theile,  welche  eine  weisse  Färbung  haben. 
Man  erkennt  nun  deutlich  das  durch  den  knorplig -häutigen  Schädel  durchschei- 
nende Gehirn  in  seinen  drei  Hauptabtheilungen  und  sieht  dieselben  ziemlich 
genau  den  Schädelwirbeln  entsprechen,  in  so  weit  diese  letzteren  durch  die  Vis- 
ceralbogen,  das  Auge  und  Olirlabyrinth  bestimmt  werden  können.  Es  doku- 
mentiren  sich  jetzt  auch  deutlich  ohne  alle  Präparation  die  ersten  Spuren  der 
sich  entwickelnden  Unterkiefer.  An  der  äusseren  Seite  nämlich  desjenigen  Ab- 
schnittes vom  knorpligen  ersten  Visceralbogen ,  welcher ,  wie  wir  sehen  werden, 
dem  Meckelschen  Knorpel  entspricht,  zeigt  sich  ganz  so,  wie  bei  den  Vögeln 
und  Fröschen,  jederseits  ein  weisslicher  Bildungsstreifen,  welcher  die  häu- 
tig-knorplige Anlage  des  Unterkieferknochens  anzeigt.  Hinter  demselben 
bemerken  wir  einen  zweiten ,  weisslichen  Bildungsstreifen ,  der  breiter  ist  als 
der  vorliegende  und  bei  näherer  Untersuchung  nicht  an  der  Aussenfläche  des 
Meckelschen  Knorpels,  sondern  an  der  inneren  sich  befindet.  Wir  werden 
späterhin  über  die  Bedeutung  dieses  Theiles  das  Nöthige  im  Zusammenhange 
mit  anderen,  gleichartigen  Stücken  angeben. 

Man  durchschneide  jetzt,  wenn  die  Kopfextremität  noch  nicht  ver- 
schwunden, die  eine  Seitenwand  derVisceralröhre,  um  nach  der  Zurückbiegung 
derselben  von  der  inneren  Seite  eine  klarere  Ansicht  von  den  Knorpel  der 
Visceralbogen  zu  erhalten. 

Eine  Scheidung  der  Knorpelmasse  in  einzelne  Abtheilungen  bemerken 
wir  alsdann  noch  nicht  j  man  sieht  dieselbe  vielmehr  so  einfach  knorplig  vor- 
handen, wie  ursprünglich  das  Blastema  der  Visceralbogen  vor  uns  dalag. 
Es  findet  wie  in  der  typischen  Anlage,  so  auch  jetzt  keine  Vereinigung  der 
oberen  Abtheilungen  beider  Visceralbogen  Statt,  sondern  sie  verlaufen  ge- 


96 

sondert,  die  sie  trennende  Spalte  mehr  häutig  verschlossen  haltend.  Wir 
brauchen  nur  noch  hervorziuheben,  dass  der  Knorpel  des  aweiten  Visceral- 
bogens  durch  das  Vorwärtstreten  des  Ohrlabyrinthknorpels,  in  welchem  schon 
kalkartige  Konkremente  sichtbar  geworden,  an  seinem  Ursprünge  etwas  ver- 
kümmert erscheint.  Es  ist  übrigens  das  Verhalten  des  Ohriabyrinthes  zur 
oberen  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  hier  ganz  so ,  wie  bei  den 
Fröschen,  Die  knorplige  Basis  des  Schädels  giebt  von  der  unteren  Seite  be- 
trachtet den  Anschein,  als  ob  sie  in  einzelne  Stücke  zerfällt  sei.  Jedoch 
bildet  sie  gegenwärtig,  wenn  die  Knorpel  des  Ohrlabyrinthes  abgetrennt  sind, 
mit  den  Seitentheilen  und  der  Decke  des  Schädels  zusammen  eine  einfache, 
kontinuirliche  Röhre,  an  welcher  nirgend  eine  Spur  von  Wirbelabzeichnung 
zu  bemerken  ist.  Die  scheinbaren  Stücke  der  Basis  entstehen  vielmehr  durch 
die  durchschimmernden  drei  Gehirntheile.  Und  hier  sieht  man  augenschein- 
lich, dass  der  Ursprung  des  ersten  Visceralbogens  nicht  über  die  grossen 
Hemisphären  des  Gehirns  nach  hinten  hinaus  zu  verfolgen  ist.  Die  Ansatz- 
stelle des  zweiten  Visceralbogens  entspricht  der  mittleren  Abtheilung  oder 
den  sogenannten  lohi  optici,  ist  aber  jetzt  durch  die  Ausdehnung  des  Ohrlaby- 
rynth  -  Knorpels,  wie  eben  erwähnt  wurde,  etwas  beeinträchtigt. 

Das  Zahnskelet  der  Schleim-Membran  bei  den  jungen  Tritonen. 

§.  69.  Um  die  freie  Ansicht  der  genannten  Knorpel  des  Wirbelskelets 
zu  gewinnen,  ist  es  nöthig  die  Schleimhaut  von  denselben  wegzupräpariren. 
Bei  dieser  Operation  treffen  wir  auf  zahnartige  Knochenspitzen,  welche  sich 
vorzüglich  an  dem  vordersten  Tlieile  der  Schädel  -  und  auch  an  der  Gesichts- 
basis aufgehäuft  haben  j  ausserdem  sind  sie  auch  an  der  innern  Fläche 
des  Meckelschen  Knorpels  zu  finden.  Ant.  Duges  nennt  die  ersteren,  welche 
er  im  späteren  ausgebildeten  Zustande  beobachtete,  den  Appareil  pterygo-vo~ 
merien  und  zählt  sie  somit  zu  seinen  Kopfknochen  des  Wirbelsystems.  Es  ist 
noth wendig,  dass  wir  die  Entwickelungsgeschichte  dieser  Theile  vor  dem 
weiteren  Verfolge  der  härteren  Gebilde  des  Wirbelsystems  näher  betrachten, 
um  dann  entscheiden  zu  können,  wofür  der  jetzt  sich  entwickelnde  Apparat 
zu  halten  ist. 

Zuvörderst  miissen  wir  wiederholen,  dass  wir  ausser  den  besproche- 
nen Sildtmgsmassen  des  Wirbelsystems  niemals  noch  andere  Anhäufungen  von 


97 


seinem  Blastema  an  der  innern  Fläche  der  Kopfvisceralröhre  gesehen  haben. 
Es  zieht  sich  vielmehr  die  blosse  Schleimmembran  längs  der  innern  Seite  der 
Schädelbasis  und  der  Visceralbogen ,  liegt  daselbst  lose  an,  und  nur  an  ein- 
zelnen Stellen,  namentlich  wo  Oeffnungen  sich  befinden,  ist  sie  fester  mit 
den  Gebilden  des  serösen  Blattes  verbunden.  Dennoch  gelingt  es  mit  einiger 
Vorsicht  die  Röhre  der  Schleimmembran  vollständig  herauszunehmen,  in  wel- 
chem Falle  wir  die  freie  Ansicht  des  Wirbelsystem  in  der  Art,  wie  wir  es 
früher  beschrieben,  gewinnen. 

Wenn  nun  die  erste  Spur  eine  Sonderung  der  Rücken-  und  Visceral- 
platten  in  Hart-  und  Weichgebilde  Statt  findet,  so  häuft  sich  die  Bildungs- 
masse der  Schleimhaut  zuerst  in  den  Gegenden,  wo  sie  an  der  vorderen 
Abtheilung  der  Schädel-  und  an  der  hinteren  Partie  der  Gesichts -Basis, 
so  wie  an  der  innern  Fläche  der  Meckelschen  Knorpel  gelagert  ist,  zu 
einer  dickeren  und  ziemlich  konsistenten  Membran  an.  Obgleich  diese  letztere 
an  den  respektiven  Knorpeln  des  Wirbelsystem  etwas  inniger  befestigt  ist ,  so 
hält  es  gar  nicht  schwer,  sie  mit  der  übrigen  Schleimhaut  im  Zusammenhange 
loszutrennen.  Nicht  lange,  so  zeigen  sich  auf  ihr  weisse  Pünktchen,  welche 
nach  und  nach  immer  mehr  hervortreten,  zahlreicher  werden  und  zu  knö- 
chernen kegelförmigen  Spitzen  sich  verwandeln.  Diese  Knochen -Spitzen 
sind  nichts  anderes  als  wirkliche  Zähnchen,  welche  mit  ihrer  Basis  auf  der 
Schleimhaut  festsitzen.  Sie  stehen  anfangs  zum  Theil  isolirt,  dann  vereinigen 
sie  sich,  indem  sie  an  den  Rändern  ihrer  Basis  mit  einander  verschmelzen, 
und  stellen  endlich  ein  mit  kegelförmigen  Spitzen  (Zähnchen)  besetztes  Kno- 
chenblättchen  dar. 

Solcher  Knochenstückchen  finden  sich  zuerst,  und  zwar  ziemlich  zu 
gleicher  Zeit,  vier  an  der  Zahl  vor.  Zwei  liegen  unter  der  vorderen  Ab- 
theilung der  Schädelbasis  (S,  Tab.  IL  Fig.  15),  wo  sie  vorn  in  der  Gegend  der  obe- 
ren Zwischenkiefer  etwas  fester  angefügt  sind  und  nach  hinten  mit  undeut- 
lichem Rande  nicht  vollkommen  die  Ansatzgegend  des  ersten  Yisceralbogens 
erreichen.  Jedes  einzelne  dieser  Knochenblättchen  hat  einen  äusseren,  kon- 
vexen und  einen  inneren,  mehr  geradlinigen  Rand,  welche  beide  nicht  scharf  ab- 
gegrenzt sind  und  vorn  in  eine  Spitze  zusammenlaufen.  Die  Spitzen  der  Knochen- 
blättchen jederseits  berühren  sich,  sonst  liegt  zwischen  ihren  graden  inneren 

13 


_  98 

Rändern  ein  kleiner  Zwischenraum,  durch  welchen  die  Schädelbasis  etwas 
hindurchschimmert.  Die  beiden  anderen  Knochenblättchen  befinden  sich  da 
an  der  innern  Fläche  des  Visceralbogens ,  wo  wir  später  die  Meckelschen 
Knorpel  abgeschieden  sehen.  Sie  sind  von  länglicher  Form,  gewölbt  nach 
dem  Theile,  an  welchem  sie  gelagert,  und  waren  ausserlich  ohne  alle 
Präparation  hinter  dem  ünterkieferstreifen  als  ein  durchschimmernder  weisser 
Bildungstheil  sichtbar. 

§.  70.  Jetzt  entwickeln  sich  ausserdem  noch  vier  andere  mit  Zähn- 
chen besetzte  Knochenblättchen  ganz  auf  dieselbe  Weise,  wie  die  vier  erste- 
ren.  Diese  werden  sogar  mit  Knorpelstückchen  der  Schleim -Membran  in 
Verbindung  gesetzt  (S.  Tab.  II.  Fig.  16.  20  ). 

Zwei  von  ihnen  befinden  sich  wieder  an  der  Schädelbasis  und  sind  als 
eine  Fortsetzung  der  vorhin  beschriebenen  anzusehen.  Diese  letzteren  erwei- 
tern sich  nämlich  in  ihrer  ganzen  Breite  nach  hinten  und  etwas  nach  aussen, 
indem  sie  sich  von  der  Schädelbasis  abwenden.  Die  vordere  Partie  ist  mit 
Knochenspitzchen  besetzt  und  ganz  von  demselben  Verhalten ,  wie  bei  den  vor- 
liegenden Knochenblättchen.  Nach  hinten  aber  verlieren  sich  die  Zähnchen 
allmählig  ganz,  und  wir  haben  nun  jederseitig  ein  Knorpelblättchen ,  welches 
sich  bei  seiner  Erweiterung  nach  hinten  zugleich  nach  aussen  und  unten 
biegt.  Mit  seiner  oberen  Fläche  legt  sich  dasselbe  hinten  an  die  innere  Seite 
der  obersten  Knorpelpartie  des  ersten  Visceralbogens  (hier  der  Quadratbein- 
knorpel) an.  Daselbst  ist  es  etwas  mehr  befestigt,  doch  ohne  die  geringste 
Spur  einer  Gelenkbildung,  sondern  vielmehr  mit  dem  äussersten,  sehr  dünn 
werdenden,  hintersten  Ende  in  die  Schleimhaut  der  unteren  Abtheilung  von 
der  Kopfvisceral- Röhre  allmählig  übergehend.  Auf  diese  Weise  besteht  das 
obere  zweite  Knochenstück  der  Schleimhaut  jederseits  aus  zwei  hintereinan- 
derliegenden,  kontinuirlich  zusammenhängenden  Abtheilungen:  eine  vordere 
mit  Zähnchen  besetzte,  und  eine  hintere  knorplig  gewordene,  in  deren  Inne- 
rem allerdings  Knochenpünktchen  (nicht  Zähnchen)  sichtbar  sind,  ohne  dass 
jedoch  die  Biegsamkeit  desselben  dadurch  beeinträchtigt  wird.  Das  ganze 
muss  als  eine  Fortsetzung  des  vor  ihm  liegenden  Knochenblättchens  betrach- 
tet werden.  Sein  vorderer  Rand  ist  unmittelbar  ganz  einfach  an  dasselbe 
angefügt;  der  innere  wiederum  entsprechend  geradlinig  verlaufend  und,  wie 


99 


das  vorliegende,  von  dem  inneren  der  anderen  Seite  je  weiter  nach  hinten  um 
desto  mehr  abstehend;  der  äussere  Rand  dagegen  ist  nicht  konvex,  wie  der 
vorstehende,  sondern  konkav  verlaufend,  so^zwar,  dass  beide  Ränder  zusam- 
men die  Form  eines  flach  gekrümmten  S  bilden.  Alle  vier  Stücke  zusam- 
mengenommen formiren  das  obere  Zahngerüste  der  Schleimhaut. 

Auf  den  unteren  Abtheilungen  der  zweiten  Visceralknorpel ,  woraus 
sich  die  Suspensoria  des  Zungenbeinkörpers  abscheiden,  entwickeln  sich  die 
beiden  hinteren  Knochenblättchen  des  unteren  Zahngerüstes.  Ihre  Entstehung 
ist  ganz  dieselbe,  Avie  die  der  Knochenblättchen  an  den  Meckelschen  Knorpel. 
Sie  sind  auch,  wie  die  letzteren,  nach  den  entsprechenden  Knorpel  gewölbt, 
sitzen  an  denselben  etwas  fester  auf,  und  sind  von  länglicher  Gestalt.  So- 
wohl die  vorderen  als  auch  die  hinteren  Knochenblättchen  richten  sich  in 
ihrem  Verlaufe  nach  den  sie  stützenden  Knorpeln  der  Visceralbogen.  Daher 
die  respektiven  von  beiden  Seiten  winklig  zu  einander  geneigt  sind,  ohne 
sich  gegenseitig  zu  erreichen.  Zwischen  den  hinteren  ist  die  Schleimhaut, 
wo  sie  auf  dem  Mittelstück  des  zweiten  Visceral bogens  liegt,  gewöhnlich  von 
derberer  Konsistenz j  ja  öfters  sah  ich  ein  wirkliches,  sehr  dünnes  Knorpel- 
blättchen  entstehen,  welches  nach  hinten  mit  konkaven  Seitenrändern  ganz 
unmerklich  in  den  übrigen  Theil  der  Schleimmembran  auslief.  Es  war, 
wenn  ich  es  vorfand,  durchaus  sehr  dünn  und  leiclit  zu  übersehen.  Auf 
diese  Weise  ist  nun  auch  das  untere  Zahngerüste  vollendet.  Es  besteht  aus 
den  beiden  am  ersten  und  zweiten  Visceralbogen  gelegenen  Knochenblätt- 
chen, welche  mit  Zähnchen  versehen  sind,  und  aus  der  feinen  Knorpel- 
lamelle, welche  ich  zuweilen  zwischen  den  hinteren  Knochenblättchen 
beobachtete. 

§.  71.  Man  kann  um  die  Zeit,  wann  sowohl  das  obere  als  das  untere 
Zahngerüste  vollendet  dasteht,  mit  einiger  Geschicklichkei,t  und  mit  der  be- 
sonderen Rücksicht  auf  die  übrige  Schleimhaut  das  so  gebaute  Zahnskelet  von 
den  Wandungen  der  Visceralröhre  lospräpariren ,  ohne  auch  nur  im  Gering- 
sten die  Gebilde  der  Rücken-  und  Visceralplatte  im  Wesentlichen  zu  beein- 
trächtigen. 

Mit  dem  Verschwinden  der  äusseren  Kiemen,  bei  der  kräftigeren  Ausbil- 
dung der  Kieferapparate  und  während  der  Verknöcherung  des  Kopf-Wirbel- 

13* 


100 

skelets  im  Allgemeinen,  verkümmern  auch  diese  einzelnen  Stücke  des  Zalmske- 
lets.  Die  Zälmchen  werden  wieder  weich,  die  Knorpel-  und  Knochenblätt- 
chen  werden  theilweise  aufgesogen,  und  bald  ist  bei  dem  ausgebildeten  Tri- 
ton von  dem  unteren  Zalmgerüste  keine  Spur  mehr,  von  dem  oberen  nur  rudi- 
mentäre Stücke  (ossa  palatina  und  ptert/goidea)  zu  finden. 

Ant.  Duges  hat,  wie  schon  erwähnt  wurde,  das  obere  Zahngerüste 
gekannt  und  gezeichnet.  In  seinem  öfter  schon  genannten  Werke  rechnet  er 
dasselbe  zu  seinem  Appareil  mandibulaire  superieure  der  Triton -Larve  und 
versteht  darunter  den  oberen  Zwischenkiefer  mit  unserem  oberen  Zahnge- 
rüste, welches  er  insbesondere  Appareil  pterygo -vomerien  nennt.  Auch  ein 
kleines  Knochenstückchcn,  die  Anlage  des  Oberkiefers  (^Sus-maxillaire)  scheint 
er  mit  in  diesen  Apparat  hinein  zu  ziehen,  Da  in  den  Zeichnungen  Nichts 
von  diesem  letzteren  angedeutet  ist,  so  wissen  wir  nicht,  was  für  ein  Bil- 
dungtheil  derselbe  gewesen.  Duges  verwandelt  nun  den  genannten  Apparat 
in  die  einzelnen  am  entwickelten  Triton  gleichbezeichneten  Knochen  des 
Kopfes,  bringt  verkümmernde  Gebilde  des  Schleimblattes  und  neu  entste- 
hende des  Wirbelsystems  zusammen  und  lässt  so  den  jungen  Triton  eine 
Metamorphose  vollenden,  die  derselben,  wie  wir  uns  überzeugen  werden,  in 
der  That  nicht  erleidet.  Die  Abweichungen  unserer  Beobachtungen  sind  so 
merkwürdig,  dass  von  einer  Einigung  hier  wieder  nicht  die  Rede  sein  kann. 
Wir  verweisen  zur  genaueren  Kenntnissnahme  seiner  Ansichten  auf  das  ge- 
nannte Werk,  wo  im  zweiten  Theile,  welcher  von  den  Salamandern  handelt, 
Cap.  III.  §.  2.  etc.  dieselben  niedergelegt  sind. 

§.  72,  Wir  haben  unsere  Untersuchungen  über  dieses  fragliche  Zahn- 
skelet  genau  nach  unserem  besten  Befunde  angegeben.  Wir  ersehen  aus  den- 
selben, dass  dieses  Zahnskelet  aus  der  Schleim -Membran  sich  entwickelt, 
dass  es  sich  allerdings  hie  und  da  an  die  Gebilde  der  Visceral-  und  Rücken- 
platten anlegt  und  stützt,  (eine  Erscheinung,  welche  bei  den  anliegenden  Urmem- 
branen  des  Embryo  nichts  Ungewöhnliches  darbietet),  dass  es  aber  unbeschadet  der 
Knorpel  und  Knochen  des  Kopfwirbelskelets  frei  und  nur  im  Zusammenhange 
mit  der  übrigen  Schleimhaut  dargestellt  werden  kannj  wir  haben  endlich 
beobachtet,  dass  dasselbe  allmählig  zum  grössten  Theile  verschwinde,  so  bald 
das  Kiefergerüste  der  Rücken-  und  Visceralplattc,  der  Ober-  und  Unter -Kie- 


101 

ferapparat,  mit  Zähnen  ausgerüstet  dasteht.  Fügen  wir  noch  hinzu,  dass  wir 
in  der  bisherigen  Entwickehmg  des  jungen  Triton  an  dem  Kopf-Wirbel- 
§jstem  keine  diesem  Zahnskelete  entsprechende  Bildungs- Rudimente  Avahrneh- 
men  konnten,  dass  auch  späterhin  im  ausgebildeten  Individuum  mehre  von 
Ant.  Duges  angegebene  Knochen  am  Kopfe  des  Triton  rechtmässig  auf  eine 
ganze  andere  Art  entstehen,  einige  aber  gar  nicht  vorhanden  sind;  so  finden 
wir  uns  berechtigt  anzunehmen,  dass  vorliegendes  Skelet  nichts  Anderes  als 
ein  stellvertretendes  Eingeweide  -  Zahnskelet  genannt  werden  kann.  Die  Na- 
tur hat  diese  mütterliche  Fürsorge  um  so  mehr  nöthig,  als  die  vollkommne  Eil- 
dung der  Ober- und  ünterkieferapparate,  der  Träger  für  die  ausgebildeten  Verklei- 
nerungsorgane ,  noch  im  weiten  Felde  liegen  und  die  jungen  Tritonen  dessen- 
ohncrachict  schon  als  Raubthierc  sich  zeigen,  welche  die  kleinen  Entomo- 
straca  und  andere  Wassergewürme ,  ja  wo  möglich,  sich  selbst  gegenseitig 
verzehren.  Wir  haben  bei  diesem  so  interessanten  Gegenstande  länger  ver- 
weilt, weil  wir  anfangs  bei  der  Beobachtung  des  oberen  Zahngerüstes  glaub- 
ten, dass  wir  die  den  höheren  Wirbclthieren  eigenthümliche,  obere  vordere 
Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  bei  den  Tritonen  gänzlich  übersehen 
hätten.  Der  Verlauf  des  oberen  Zahngerüstes  erschien  so  entsprechend  dem 
Gaumenbeine  imd  Os  pterygoideiim,  die  herrschenden  Ansichten  über  die 
rechtmässige  Existenz  der  genannten  Knochen  waren  so  mahnend,  dass  ich 
von  Neuem  die  mühsamen  Untersuchungen  unternahm,  um  über  einen  so 
wichtigen  Gegenstand  ins  Reine  zu  kommen. 

Vollendung  des  Kopfknorpelsystems  der  Tritonen.    (S.  Tab.  II.  Fig.  17.  18. 19.  21.  22.) 

§.  73.  Wir  kehren  jetzt  zurück  zu  den  Gebilden  der  Rücken-  und 
Visceralplatten,  in  deren  Blastema  sich  bereits  die  ersten  Spuren  einer  Ab- 
scheidung  in  Hart-  und  Weichtheile  zeigen.  üm  die  freie  Ansicht  von  der 
inneren  Fläche  zu  erhalten,  muss  man  nun  in  den  ferneren  Entwickeluhgspc- 
rioden  die  Schleimhaut  mit  ihrem  Zahnskelet  stets  behutsam  wegnehmen. 
Der  Kopf  des  jungen  Triton  in  dem  zuletzt  geschilderten  Zustande  besteht 
aus  einer  einfachen  knorpligen  Schädclröhre  ohne  alle  Wirbelabzeichnung} 
aus  den  Bestandtheilen  des  Gesichtes,  welche  sich  noch  nicht  in  Härtgebilde 
gesondert  hatten;  und  aus  den  knorpligen  Visceralbogen ,  welche  die  Urform 


102 


des  Blastema  beinahe  ganz  beibehalten  und  an  ihrer  äusseren  Fläche  die 
Bildungsstreifen  der  Unterkiefer  schon  raarkiren. 

Visceralhöle. 

§.  74.  In  der  bevorstehenden  Entwickelungsperiode  bemerken  wir  das 
Streben  der  Natur,  nachdem  die  Sonderung  des  Wirbelsjstems  in  die  Muskel- 
partie und  das  Skelet  vollendet  ist,  einzelne  Abtheilungen  für  die  Funktio- 
nen des  ausgebildeten  Thieres  zu  formiren.  Am  sichtbarsten  geschieht  dieses 
zuerst  an  den  Visceralbogen.  In  dem  ersten  derselben  entsteht  zu  jeder  Seite 
etwas  oberhalb  der  Mitte  allmählig  eine  Trennungslinie,  wodurch  ein  oberes 
kleineres  von  einem  unteren  grösseren  Stück  geschieden  wird.  Das  obere  ist 
breiter  und  etwas  plattgedrückt,  das  untere  länger,  rundlich,  und  vereinigt 
sich  mit  dem  respektiven  der  anderen  Seite  in  der  Mittellinie  des  Körpers. 
Beide  sind  von  gleichem  knorpligen  Zustande,  und  es  zeigt  sich  keine  Spur 
von  einer  oberen  Abtheilung  des  Visceralbogens ,  welche  wie  bei  den  Frö- 
schen in  dem  Urzustände  eine  Zeitlang  ruhig  verbleibt,  um  späterhin  die  so 
interessante  Metamorphose  in  das  Gaumen-  und  Flügelbein  durchzumachen. 
Der  Verlauf  des  oberen  Knorpels  ist  von  seinem  Ansatzpunkte  am  Schädel 
gerade  nach  unten;  der  des  unteren  richtet  sich,  wie  die  untere  Abtheilung 
des  ersten  Visceralbogens  bei  allen  Wirbelthieren ,  etwas  von  hinten  nach 
unten  und  vorn,  und  kommt  dadurch  unter  einem  stumpfen  Winkel  zu  dem 
oberen  Knorpel  zu  liegen.  Wir  haben  über  die  wahrscheinlichen  Bedingun- 
gen dieser  abweichenden  Lage  schon  früher  das  Nöthige  beigebracht. 

Vergleichen  wir  diese  beiden  Knorpel  des  ersten  Visceralbogens  jeder- 
seits  mit  analogen  Stücken  bei  den  höheren  Wirbelthieren,  so  werden  wir 
die  Aehnlichkeit  derselben  schon  hinsichtlich  der  Lage  und  Form  mit  dem 
Quadratbein-  und  Meckelschen  Knorpel  nicht  verkennen  können.  Blicken  wir 
ausserdem  auf  die  Urbildung  zurück,  so  sind  es  in  der  That  auch  nur  die 
genannten  Stücke,  welche  wir  in  dem  ersten  Visceralbogen  der  niederen  Wir- 
belthiere  erwarten  dürfen.  Denn  derselbe  ist  in  seiner  uranfänglichen,  voll- 
kommenen Gestalt,  wie  wir  gesehen,  nur  mit  der  gerade  nach  unten  verlau- 
fenden Partie  des  ersten  Visceralbogens  der  höheren  Wirbelthiere ,  aus  wel- 
chem sich  der  Quadratbein-  und  Meckelsche  Knorpel  bilden,  in  Vergleich  zu 
stellen.  Die  vordere  ,  und  obere  Abtheilung  derselben,  welche  der  Gesichtskopf- 


103 


beuge  und  der  eigenthiimlichen  Lage  des  Auges  bei  den  höheren  Wirbelthieren 
ihre  Entwickelung  verdankt  und  das  Gaumen-  und  Flügelbein  erzeugt,  kann 
bei  den  Triton  -  Embryonen  nicht  gefunden  werden.  Wir  haben  an  geeigneter 
Stelle  dargethan,  wie  der  Frosch,  obschon  im  Wesentlichen  den  Urtypus  der 
niederen  und  einfacheren  Wirbelthiere  sich  aneignend,  durch  andere  Um- 
stände begünstigt,  einen  komplizirteren  ersteren  Visceralbogen  erlangt.  Sein 
ihm  eigenthümlicher  Larvenzustand  macht  auch ,  dass  wir  die  einzelnen  Knor- 
pel des  ersten  Visceralbogens  beim  Triton  vielmehr  mit  den  respectiven  der 
höheren  Wirbelthiere  in  Vergleichung  bringen,  als  mit  denen  der  Frösche, 
bei  welchen  sogar  das  keilförmige  Schlussstück  der  beiden  Meckelschen  Knor- 
pel sich  zu  dem  sogenannten  unteren  Zwischenkiefer  der  Larve  ausgebildet  j 
das  ist,  was  ihn  wiederum  vor  den  anderen  Wirbelthieren  auszeichnet. 

An  der  Aussenseite  des  Quadratbein -Knorpels  hat  sich,  wie  bei  den 
Fröschen,  ein  häutig -knorpliger  Bildungsstreifen  entwickelt,  welcher  zum  os 
iympanicum  sich  ausbildet.  Er  befindet  sich  hier  mehr  an  der  äusseren 
Fläche  des  hinteren  Randes  und  ist  am  Anfange,  auch  wenn  er  selbst  schon 
knöchern  geworden,  ein  so  schmales,  längliches  Streifchen,  dass  man  es  bei 
dem  verhältnissmässig  voluminösen  Quadratbeinknorpel  sehr  leicht  vernach- 
lässigt. Der  längs  der  äusseren  Fläche  des  Meckelschen  Knorpels  früh  sich 
abzeichnende  Bildungsstreifen  des  Unterkiefers  jederseits  ist  jetzt  schon  ver- 
knöchert, doch  ohne  mit  Zähnchen  sich  zu  bewaffnen.  In  der  beschriebenen 
Bildungsmasse  der  unteren  Zwischenkiefer  dagegen  sind  die  knöchernen 
Grundbestandtheile,  mit  Zähnchen  ausgerüstet,  schon  in  der  vollsten  Thätig- 
keit.  Es  sind  also,  wie  bei  den  Vögeln,  ganz  evident  zwei  untere  Zwischen- 
kiefer vorhanden. 

§.  75.  Der  zweite  Visceralbogen  stimmt  bei  beiden  Abtheilungen  der 
nackten  Amphibien  im  Wesentlichen  überein.  Er  zerfällt  in  zwei  Abtheilun- 
gen. Die  obere,  welche  bei  den  höheren  Wirbelthieren  und  einigen  unge- 
schwänzten Batrachiern  zu  dem  Hauptbewegungs -Gehörknöchelchen  sich  aus- 
bildet, tritt  überall  deswegen  mit  dem  Knorpel  des  Ohrlabyrinthes  in  Kon- 
flikt. Bei  den  Tritonen  wird  durch  den  letzteren  die  obere  Abtheilung  des 
zweiten  Visceralbogens  mehr  und  mehr  beeinträchtigt  und  soweit  reduzirt, 
dass  nur  noch  bandartige  Massen  und  einige  Muskelfasern  zurückbleiben,  um 


104 


die  untere  Abtheilung  dieses  Bogens  an  das  Ohrlabyrinth  zu  befestigen.  Diese 
letztere  setzt  sich  durch  ein  gesondertes  Mi^telstück  mit  der  respektiven  der 
anderen  Seite  in  Verbindung.  Sie  fungirt  gegenwärtig,  wie  bei  den  Fröschen, 
als  Träger  des  Kieraendeckels  und  wird  später  zu  dem  Suspensorium  des  Zun- 
genbein-Körpers. Sie  hat  jedoch  nicht,  wie  bei  jenen,  den  ausgeschweiften  vor- 
deren und  hinteren  Rand,  und  die  erweiterten  Extremitäten,  sondern  ist  ein 
einfacher,  länglicher,  etwas  plattgedrückter  Knorpel,  an  dessen  äusserem 
hinterem  Rande  der  ziemlich  konsistente  häutige  Kiemendeckel  sich  befindet. 
Das  Mittelstück  bildet  den  Zungenbeinkörper,  welcher  sich  gleichfalls  in  der 
Form  sehr  von  dem  bei  den  Fröschen  unterscheidet.  Es  ist  ein  länglicher 
abgerundeter  Knorpel,  welcher  nach  hinten,  wie  bei  den  Fröschen,  mit  dem 
Theile  der  Membrana  reuniens  inferior  zusammenhängt,  woraus  sich  der  Kie- 
menbogenträger  entwickelt.  Wir  werden  über  die  Entwickelung  desselben 
späterhin  noch  besonders  das  Nothwendige  in  Erwähnung  bringen. 

Das  Gesiebt. 

%  76.  Von  den  Gesichtsbestandtheilen  finden  wir  in  der  gegenwärti- 
gen Entwickelungsperiode  mehre  schon  als  ausgebildete  Knochen  vorhanden. 
Wir  machen  überhaupt  bei  den  Wirbelthieren  die  Beobachtung,  dass  diejeni- 
gen Gebilde,  welche  eigentlich  ausserhalb  der  Rücken-  und  Visceralplat- 
tenröhre  von  derselben  sich  entwickeln,  selten  in  einen  solchen  Knorpelzu- 
stand übergehen,  wie  dieses  mit  den  eigentlichen  Wirbelbogen  der  Fall  ist.  Die 
ungeschwänzten  Batrachier  allein  machen  durch  ihre  Larven- Metamorphosen 
hierin  eine  Ausnahme.  Man  findet  bei  ihnen  ganz  deutlich  die  Knorpel  der 
Nasenbeine  und  des  oberen  Zwischenkiefers.  Bei  den  Tritonen  können  wir 
einen  derartigen  Knorpelzustand,  ganz  so  wie  bei  den  Säugethieren  und 
Vögeln,  in  den  genannten  Theilen  nicht  nachweisen.  Es  haben  vielmehr  die 
äusseren  Entwickelungen  der  Wirbelröhren  eine  derbe  konsistente  Bildungs- 
masse, in  welcher  sich  allerdings  wohl  Knorpelmaterie  befindet,  je- 
doch durch  den  Hinzutritt  einer  zweiten  Substanz  wahrscheinlich  so  verän- 
dert ist,  dass  die  Pelluzidität  verloren  geht,  und  der  ganze  Theil  durch  seine 
weisse  Farbe  vor  den  übrigen  sich  auszeichnet, 

in  dieser  Art  erwähnten  wir  schon  den  knöchernen ,  früh  sich  abzeich- 
nenden Bildungsstreifen  des  Unterkiefers  zur  äusseren  Seite  des  Meckelschen 


105 


Knorpels,  Zwischen  den  beiden  von  jeder  Seite  zeigten  sich  in  den  beschrie- 
benen Biklungsmassen  an  der  Aussenseite  des  Schiussstiickes  der  Meckel- 
sehen  Knorpel  die  schon  mit  Zähnen  ausgerüsteten  unteren  Zwischenkiefer 
in  vollendeter  Gestalt.  Ihnen  gegenüber  sind  an  der  oberen  Gesichtshälfte 
die  oberen  Zwischenkiefer  sehr  frühe  schon  sichtbar.  Wie  bei  den  Fröschen 
bilden  sie  zwei  rechte  Winkel,  deren  innere  Schenkel  dicht  zusammenliegend 
zwischen  die  Bildungsmassen  der  Nasenbeine  hinaufragen  und  alsbald  mit 
knöchernen  Fortsätzen  der  Stirnbeine  in  Berührung  treten.  Durch  sie  wird 
gewissermaassen  ein  perpendikulärer  Theil  zusammengesetzt.  Die  beiden 
horizontal  verlaufenden  Schenkel  formiren  das  Mittelstück  der  oberen  Mund- 
begrenzung und  den  vordersten  Theil  der  unteren  Nasenhölenwand.  An  letz- 
terem Orte  kommen  sie  mit  später  zu  erwähnenden  Fortsätzen  der  Seiten- 
theile  des  ersten  Schädelwirbels  zusammen.  Sie  sind  gleichfalls  bald  nach 
der  Entstehung  schon  mit  Zähnchen  besetzt.  Es  besteht  also  der  obere  Zwi- 
schenkiefer der  Tritonen,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren ,  den  Frö- 
schen, und  wie  es  die  Urbildung  erfordert,  aus  zwei  gleichen  Stücken,  was 
Herrn  Professor  Duges  zu  beobachten  nicht  gelungen  war. 

In  der  derben  und  ziemlich  konsistenten  Bildungsmasse  der  vorde- 
len  Stirn-  oder  Nasen -Fortsätze  lässt  sich  um  die  jetzige  Zeit  keine  Spur 
einer  Ossifikation  oder  etwa  einer  ächten  Chondrose  erkennen.  Bei  Betrach- 
tung ihrer  Form  möchte  man  glauben,  dass  man  ein  ähnlich  gestaltetes  Na- 
senbein zu  erwarten  hätte  wie  bei  den  Fröschen,  indessen  ist  es  nicht  ganz 
so  der  Fall.  Der  seitliche  Stirnfortsatz  und  der  Oberkiefer  haben  als  knö- 
cherne Stücke  in  ihren  Bildungsmassen  sich  gleichfalls  noch  nicht  geschieden. 
Der  letztere  ist  überhaupt  derjenige  Gesichtsbestandtheil ,  welcher  beim  Triton 
am  spätesten  als  Knochen  sich  ausbildet,  obgleich  der  Bildungsstreifen  von 
häutig -knorpliger  Beschaffenheit  sich  auch  ziemlich  früh  schon  markirt.  Seine 
Bildungssubstanz  hat  sich  seitlich  wie  eine  Oberlippe  über  den  unteren  Kiefer 
ausgedehnt.  Diesem  entsprechend  erhält  sich  auch  das  an  seiner  Stelle  fungi- 
rende  obere  Zahngerüste  am  längsten  von  allen  Stücken  des  Zahnskelets  der 
Schleimhaut  in  seiner  vollen  Thätigkeit.  Neben  dem  letzteren  bestehen 
die  vorderen  Stücke  des  unteren  Zahngerüstes  so  lange,  bis  der  eigentliche 

14 


106 

Unterkiefer   seine  Zähne    entwickelt.      Die  Gesichtsbasis    ist   mehr  häutig- 
knorplig und  im  Allgemeinen  gering  ausgebildet. 

Die  Schädelhöle. 

§.  77.  Von  nicht  geringer  Wichtigkeit  sind  um  diese  Zeit  auch  die 
Veränderungen  an  der  Schädelhöle ,  welche  wir  als  eine  ganz  einfache  knorp- 
lige Röhre  verliessen. 

In  der  Gehirndecke  haben  sich,  übereinstimmend  mit  den  ungeschwänz- 
ten Batrachiern,  fünf  Knochenblättchen  gebildet:  zwei  Stirnbeine,  zwei  Schei- 
telbeine, eine  kleine  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines,  welche  zuweilen  gar 
nicht  ossifizirt  Avird.  Von  dem  inneren  vorderen  Winkel  eines  jeden  Stirn- 
beines läuft  ein  spitzer,  schmaler  Fortsatz  zwischen  die  Bildungsmassen  der 
Nasenbeine  .gerade  zu  nach  vorn  und  erreicht  den  perpendikulären  Fortsatz 
der  entsprechenden  oberen  Zwischenkieferhälften.  Dieser  Fortsatz  fehlt  bei  den 
Fröschen  und  scheint  sich  bei  den  Tritonen  nur  zur  Stütze  des  sich  früh  aus- 
bildenden oberen  Zwischenkiefers  zu  entwickeln,  da  die  übrigen  Bildungsbe- 
standtheile  des  Gesichtes  noch  nicht  härtere  Theile  erzeugt  haben. 

Die  Basis,  welche  früher  ohne  alle  Wirbelabzeichnung  kontinuirlich  in 
die  Seitentheile  überging,  hat  sich  jetzt  von  denselben  getrennt.  Man  kann 
sie,  nachdem  das  obere  Zahngerüst  der  Schleimhaut  hinweggenommen,  frei 
herauspräpariren.  Sie  erinnert  durch  ihre  Form  an  die  Schädelbasis  der 
Fische.  Wir  unterscheiden  an  ihr  gegenwärtig  einen  vorderen  knöchernen 
und  einen  kleineten,  hinteren,  knorpligen  Theil.  Der  knöcherne  ist  seiner 
Form  und  auch  der  Lage  nach  wiederum  in  zwei  kontinuirlich  zusammen-  * 
hängende  Abtheilungen  zu  trennen.  Die  vordere  ist  breiter,  steht  mit  der 
hier  sehr  unmerklichen,  häutigen  Gesichtsbasis  in  Verbindung  und  übernimmt 
mit  seinem  hintersten  Seitenrande  die  Befestigung  des  Quadratbein  ^Knorpels 
und  somit  des  ersten  Visceralbogens.  Hierdurch  ist  uns  seine  Bedeutung  als 
Körper  des  ersten  Schädelwirbels  gegeben.  Die  hinter  ihm  folgende,  schma- 
lere und  kürzere  Abtheilung  wird  von  den  Knorpeln  der  Ohrlabyrinthe  ein- 
geengt und  entspricht  dem  Körper  des  zweiten  Kopfwirbels,  welcher  seine 
Verbindung  mit  dem  zweiten  Visceralbogen ,  wie  vorhin  angeführt  wurde,  aufge- 
geben hat.  Hinter  ihm  befindet  sich  nun  der  knorplige  Theil  der  Schädelbasis, 


107 

welcher  sich  mit  der  leicht  unterscheidbaren  Wirbelsäule  des  Rumpfes  ver- 
bindet und  dem  dritten  Schädelwirbel  angehört 

5.  78.  Auch  die  Seitentheile  der  SchädelhÖle  haben  sich  bei  den  jun- 
gen Tritonen  den  drei  Kopfwirbeln  gemäss  so  deutlich  geschieden,  dass  wii; 
es  nur  bei  den  Säugethieren  evidenter  gefunden.  Es  ist  bei  ihnen  freilich 
nicht  die  vollkommnere  Gehirn -Ausbildung,  welche  den  Ausschlag  gegeben; 
sondern  eine  merkwürdige  Entwickelung  des  dem  ersten  Schädelwirbel  entspre- 
chenden Seitenstücks.  Derselbe  ist  in  gegenwärtiger  Zeit  jederseits  noch  im 
knorpeligen  Zustande  vorhanden  und  vollkommen  gesondert  von  der  hinter  ihm 
liegenden  Seitenpartie  der  SchädelhÖle  herauszunehmen.  Seine  Ausdehnung 
nach  hinten  reicht  so  weit,  als  die  eben  beschriebene  Basis  des  ersten  Kopfwir- 
bels und  die  durchschimmernden  grossen  Hemisphären  des  Gehirnes.  Nach 
oben  grenzt  er  an  das  als  Stirnbein  geschilderte  Knochenblättchen.  Er 
nimmt  gleichfalls  an  seiner  hinteren  Extremität,  die  auch  etwas  dicker  ist,  den 
Quadratbein -Knorpel  auf,  stösst  an  das  Ohrlabyrinth  und  hat  eine  OefFnung 
für  den  durchtretenden  Nervus  opticus  in  der  Nähe  des  anliegenden  Quadrat- 
bein-Knorpels. Sein  oberer  Rand  ist  etwas  ausgeschweift,  sein  unterer  ziem- 
lich gerade  verlaufend.  Sein  vorderes  Ende  entwickelt,  nachdem  die  Schä- 
delhÖle eigentlich  abgeschlossen,  einen  Fortsatz,  welcher  von  der  vertikalen 
Richtung  des  ganzen  Knorpels  abweichend  allmählig  mit  seiner  unteren  Par- 
tie horizontal  wird  und  zwischen  die  Gesichts -Basis,  den  oberen  Zwischen- 
kiefer und  die  Bildungsmasse  des  eigentlichen  Oberkiefers  sich  hineinschiebt. 
Es  ist  dieser  ganze  Knorpel,  wie  wir  ihn  beschrieben,  ohne  Spur  irgend  ei- 
ner Trennung,  und  der  allmählige  Uebergang  des  perpendikulären  Stücks  in 
den  horizontal  verlaufenden  Fortsatz  ganz  augenscheinlich.  Er  scheint  auf 
diese  Weise  der  sehr  unbedeutenden  Gesichts -Basis  Hilfe  zu  leisten,  doch  bildet 
er  auch  zugleich  die  untere  Nasenhöle  und  Gaumendecke.  Die  Entwickelung 
von  Fortsätzen  aus  den  Seitentheilen  der  oberen  Wirbelröhren  ist  eine  Erschei- 
nung, welche  an  und  für  sich  gar  nichts  Aulfallendes  hat.  Merkwürdig  ist 
nur  die  Art  und  Weise,  wie  sie  sich  hier  hervorbilden  und  zu  welchen 
Funktionen  sie  dadurch  gelangen.  Dass  bei  diesem  Bildungsvorgange  der 
Mangel  einer  oberen  und  vorderen  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens, 
woraus  sich  Gaumen-  und  Flügelbein  zu  einer  ähnlichen  Funktion  entwickeln, 

14* 


108 


von  Einfluss  ist,  kann  wohl  als  wahrscheinlich  angenommen  werden.  Auch 
tragen  sie  zur  Stütze  des  oberen  Gerüstes  vom  Zahnskelet  der  Schleim- 
haut bei. 

Das  Seitenstück  des  zweiten  Schädel- Wirbelbogens  ist  hier,  wie  beiden 
Fröschen,  durch  das  Ohrlabyrinth  anfangs  blos  verdeckt,  dann  nach  und  nach 
mit  demselben  so  einverleibt ,  dass  man  um  die  jetzige  Zeit  nach  Heraus- 
nahme des  Ohrlabyrinth- Knorpels  eine  förmliche  Lücke  in  der  Seitenpartie 
der  Schädelhöle  vorfindet.  Diese  Lücke  korrespondirt  unterhalb  mit  der 
schmaleren,  kürzeren  Abtheilung  des  knöchernen  Theiles  der  Schädel- Basis, 
welche  wir  als  dem  zweiten  Kppfwirbel  angehörig  betrachteten;  nach  oben 
stösst  sie  an  die  Scheitelbeine.  Hinter  derselben  bemerken  wir  jetzt  ein 
ziemlich  regelmässiges,  länglich -viereckiges  Knorpelstückchen,  welches  durch 
das  einfache  Knochenblättchen  in  der  Gehirndecke,  der  Schuppe  des  Hinter- 
hauptbeines, mit  dem  respectiven  der  andern  Seite  oberhalb  verbunden  wird. 
Unten  entspricht  beiden  Theilen  das  von  uns  als  Basis  des  dritten  Schädel- 
wirbels beschriebene  Knorpelstück,  welches  nach  hinten  mit  der  Wirbelsäule 
in  Verbindung  steht.  Wir  haben  auf  tliese  Weise  ursprünglich  einen  vollkom- 
menen dritten  Schädelwirbel,  wie  er  bei  den  Säugethieren  vorhanden. 

Metamorphose  iles  Kie m  en n p p  ar a  t e s.    ( S.  Tab.  II.  Fig.  9.  10.  1 1.  12,  13.) 

§.  79.  Wir  betrachten  die  Verwandlung  des  ganzen  Kiemenappara- 
tes der  Tritonen ,  wie  bei  den  Fröschen ,  nur  in  so  fern ,  als  derselbe  mit 
der  Visceralröhre  des  Kopfes  und  Rumpfes,  in  Berührung  kommt,  und  na- 
mentlich Hilfsleistungen  von  der  «ersteren  erhält.  ' 

Die  Kiemen  entwickeln  sich  hier  ursprünglich  auf  dieselbe  Weise,  wie 
bei  den  ungeschwänzten  Batrachiern.  Sie  hängen  innig  mit  den  Gefässbogen 
der  Aorta  zusammen  so  zwar,  dass  es  uns  wiederum  geschienen,  als  ob  die 
uranfänglichen  äusseren  Kiemenfortsätze  nichts  Anderes  seien ,  als  blosse  Ge-- 
fässschiingen  von  dem  metamorphosirten  serösen  Blatte  {Membrana  reuniens  in- 
ferior) bedeckt.  Sie  entstehen  von  den  Aortenbogen  erst  dann,  wänn  diesel- 
ben aümählig  durch  die  Visceralfortsätze  gleichsam  zurückgedrängt  bis  in  die 
zweite  Visceralspalte  oder  äussere  Kiemenöffnung  gelangt  sind.    Hier  werden 


109 


$ie  durch  den  häutigen  Kiemendeckel  geschützt,  sind  vorn  von  dem  hinteren 
Rande  des  zweiten  Visceralbogens,  und  hinten  durch  die  Visceralplatte  des 
Rumpfes  mit  den  Gebilden  des  Brustgürtels  sowie  besonders  nach  unten  auch 
xlurch  die  untere  Vereinigungshaut,  welche  die  Visceral  platten  daselbst  ver- 
bindet, begrenzt.  Oben  stossen  die  beiden  Visceralröhren  des  Rumpfes  und 
Kopfes  an  einander^  unten  liegt,  gewissermaassen  als  Trennungskörper  der 
beiden  zweiten  Visceralspalten  jederseits,  die  Herzhöle.  Diese  wird  zuerst 
von  zwei  Blättern  des  serösen  Blattes  {Membr.  reun.  infer.)  gebildet,  welche 
sich  nachträglich  in  zwei  übereinanderliegenden  Membranen  scheiden.  Die 
innere  ist  glänzend,  mit  schwärzlichen  Punkten  tingirt,  und  hängt  mit  der 
ganz  ähnlich  beschaffenen  Membran  der  Rumpfhöle  innig  zusammen,  so  dass 
nur,  wie  bei  den  Fröschen,  für  die  Fettmassen  und  für  die  grosse  Gefässe  eine 
unmittelbare  Kommunikation  mit  der  gleichen  Hole  des  Rumpfes  stattfindet; 
sie  stellt  das  Pericardium  vor.  Die  äussere  Membran  ist  nun  das  Residuum 
der  Membran,  reun.  infer.  Sie  geht  von  dem  schmalen  Mittelstücke  des  zwei- 
ten Visceralbogens  unterhalb  dem  Herzen  zur  gleichbenannten  Haut  des 
Rumpfes  über.  Oberhalb  bildet  sie  die  Decke  der  Herzhöle,  trägt  und 
verbindet  die  Aortenbogen  von  den  beiden  Seiten,  wird  mit  divergiren- 
den,  seitlichen  Rändern  zur  unteren  Begrenzung  der  zweiten  Visceralspalte 
jederseits  und  kommt  auf  diese  Weise  hinten  mit  der  Membrana  reimiens  infe- 
rior y  seitlich  aber  mehr  mit  der  Visceralplatte  des  Rumpfes  in  Berührung. 

Die  äussere  Gestalt  der  Herzhöle  ist  durch  das  beschriebene  Verhalten 
der  äusseren  Membran  die  eines  Kegels,  dessen  Spitze  mit  dem  Mittelstücke 
des  zweiten  Visceralbogens  in  Verbindung  steht,  dessen  Basis  aber  auf  der 
Rumpfhöle  ruht.  Sie  liegt  mithin  unten  zwischen  der  unteren  Kopf-  und 
Rumpfhöle  des  Wirbelsystems  doch  so,  dass  sie  genau  genommen  ursprüng- 
lich ausserhalb  zwischen  ihnen  sich  befindet  und  nur  grenzweise  mit  der  er- 
steren  durch  die  zweite  Visceralspalte ,  mit  der  letzteren  aber  inniger  einmal 
durch  die  Gleichartigkeit  der  inneren  Umhüllungen  {Pericardium,  Peritonaeum) 
und  dann  noch  besonders  durch  die  erwähnte  Oeffnung  für  die  grossen  Ge- 
fässe komraunizirt.  Bei  den  Fröschen  geht  nun  durch  die  letztere  Oeifnung 
nach  dem  Hinschwinden  der  Kiemen  das  Herz  wirklich  in  die  Bauchhöle 
hinein,  und  der  Brustgürtel  vollendet  die  Zuschliessung  der  Visceralplatten 


110 


des  Rumpfes  unter  ihm.  Bei  den  Tritonen  bildet  es  immer  eine  mehr  ab- 
gesonderte Hole,  welche,  vor  der  des  Rumpfes  gelegen,  oben  und  seitlich 
durch  die  Vereinigung  des  Mittelstücks  vom  zweiten  Visceralbogen  mit  der 
Visceralplatte  des  Rumpfes  (Kiemenbogenträger),  unterhalb  aber  durch 
die  Verwachsung  des  häutigen  Kiemendeckels  vom  zweiten  Visceralbogen  mit 
dem  Brustgürtel,  in  die  untere  Röhre  des  Wirbelsystems  aufgenommen  wird. 
Dieses  interessante  Verhalten  der  HerzhÖle  lässt  sich  sehr  gut  bei  jungen 
Tritonen  verfolgen.  Bei  den  Larven  der  Frösche  ist  das  Müskelsjstem  der 
Visceralplatten  so  wenig  ausgeprägt,  dass  die  Untersuchungen  dadurch  er- 
schwert werden,  üeberdies  bildet  der  Triton  den  reineren  Uebergang  in 
dem  Verhalten  der  Herzliöle  bei  den  höheren  und  niederen  Wirbelthiere. 

§.  80.  Bei  der  Beobachtung,  wie  die  häutigen  Kiemendeckel  des  Tri- 
ton sich  von  beiden  »Seiten  vereinigen  und  dann  mit  dem  Brustgürtel  nach 
der  Verkümmerung  der  Kiemen  mit  ihren  Bogen  verwachsen,  um  die  durch 
die  HerzhÖle  uncj  den  Kiemenapparat  zum  Theil  gehemmte  Vereinigung  der 
Visceralplatten  des  Kopfes  und  Rumpfes  gleichsam  durch  A  u  s  s  e  n  bildungen 
derselben  inniger  zu  bewerkstelligen^  bei  dieser  Beobachtung,  sage  ich,  of- 
fenbart sich  in  dem  häutigen  Kiemendeckel  eine  zweite  Funktion,  welche  nur 
der  Bildungsgeschichte  angehört  und  uns  einen  Aufschluss  über  sein 
rätlisejhaftes  Erscheinen  bei  den  Embryonen  der  Vögel  giebt.  Bei  diesen 
verweijt  das  Herz  mit  seinen  Aortenbogen,  woran  sich  keine  Kiemen  ent- 
wickeln ,  längere  Zeit  in  der  Gegend  des  Halses.  Dadurch  und ,  wie  ich  ver- 
muthe,  durch  die  Bildung  der  Ärtena  aspera,  wird  hier  gleichfalls  die  Aus- 
bildung der  Visceralplatte  theilweise  gehemmt.  Nachdem  nun  das  Herz 
in  die  Bri^sthöle  gekommen,  die  Visceralplatten  und  der  Brustgürtel  sich  ge- 
schlossen, verwächst  der  häutige  Kiemendeckel  ganz  auf  gleiche  Weise  wie 
bei  dem  Triton,  mit  der  Rumpf- Visceralplatte  und  seinen  Aussengebilden : 
sie  hilft  die  untere  Röhre  des  Wirbelsystems  in  der  bezeichneten  Stelle  voll- 
ständiger und  fester  konformiren,  - —  Der  häutige  Kiemendeckel  des 
zweiten  Visceralbogens  ist  ursprünglich  eine  Aussenbildung  der  Visceralröhre. 
Eine  Sonderung  in  Hart-  und  Weichgebilde  findet  in  ihm  meistens  nicht 
Statt,  ausser  bei  den  Fischen,  wo  sich  die  rad'ä  brancMostegi  bilden.  Von 
dem  Verhalten  seiner  Muskeln  w  erden  wir  später  Einiges  anzuführen  Gelegen- 


III 


heit  haben.  Wahrscheinlich  werden  auch  bei  den  höheren  Wirbelthieren 
mehre  Muskelpartien,  welche  zwischen  dem  Kopfe  und  dem  Brustgürtel  gele- 
gen sind,  dem  häutigen  Kiemendeckel  ihre  Entstehung  verdanken"'), 

§.  81.  Wir  kehren  nach  diesem  kurzen  Abschweife  zu  dem  Kiemen- 
apparate im  engeren  Sinne  zurück.  Wenn  die  Sonderung  der  Bildungsmasse 
in  Hart-  uhd  Weichtheile  bei  den  Visceralbogen  beginnt,  so  scheji  wir  auch 
an  den  Aortenbogen  allmählig  die  Knorpelbogen  gebildet  vor  uns.  Woher 
dieselben  ihre  Bildungssubstanz  nehmen,  lass  ich  aus  früher  erwähnten  Grün- 
den ungesagt;  das  aber  lehrt  die  Entwickelungsgeschichte ,  dass  sie  an  den 
Visceralplatten  keinen  Antheil  haben.  Es  sind  ursprünglicli  nur  drei  vor- 
handen, welche  längs  den  Aortenbogen  verlaufen.  Die  zweite  Visceralspalte 
oder  äussere  KiemenöfFnung ,  in  welcher  sie  liegen,  ist  dann  überall  noch 
häutig  begrenzt;  nur  vorn  befindet  sich  das  Suspensorium  des  Zungenbeines, 
welches  schon  Knorpelgestalt  angenommen.  Auch  das  Mittelstück  des  zweiten 
{-  Visceralbogens ,  der  Körper  des  Zungenbeines,  ist  knorplig  geworden.  Es  ist 
ein  länglicher,  runder  Knorpel,  vorn  von  d,en  Zungen -Suspensoria  begrenzt, 
hinten  allmählig  spitz  verlaufend  und  ziemlich  weit  in  die  obere  Decke  der 
Herzhöle,  gleichsam  der  Verbindungshaut  zwischen  den  beiderseitigen  Kie- 
menbogen,  hineinragend. 

In  die  Verbindungshaut  häuft  sich  nun  die  Bildungsmasse  an  den  Rändern 
an  und  es  zeigen  sich  sehr  bald  zwei  länglich  -  runde  Knorpel ,  welche  zu 
beiden  Seiten  des  Zungenbeinkörpers  gleich  hinter  den  Zungen- Suspensoria 
ihren  Ursprung  nehmen  und,  nach  aussen  sich  wendend,  bis  zu  den  unteren 
Enden  der  entsprechenden  ersten  Kiemcnbogcn  sich  erstrecken.  Beide  zusam- 
men bilden  demgemäss  einen  vorderen,  spitzen  Winkel,  wozwischen  der  ver- 
längerte Körper  des  Zungenbeines  sich  befindet.    Es  ist  dieser  Knorpel  das 


*)  Bei  den  Säugethieren  weiss  ich  beslimnit,  dass  vom  zweilen  "Visceralbogen  ein 
häutiger  Kiemendcckel  evident  nicht  hervorwächst.  Es  wird  daselbst  die  Bildiingsniasse 
zur  Bildung  des  äusseren  Ohres  verwandt.  Es  bleibt  aber  noch  ferneren  Untersuchungen 
vorbehalten,  ob  nicht  der  dritte  Visceralhogen  ein  ähnliches  Gebilde  entwickele,  oder 
ob  die  verhältnissinässige  Kürze  des  Halses  und  andere  Umstände  dasselbe  unnölhig 
gemacht  haben. 


112 


vordere  Stück  des  späteren,  sogenannten  lu'nteren  Zungenbeinhornes.  Er  enti 
wickelt  sich  indessen  nicht  aus  einem  Visceralbogen,  sondern  in  der  Ver-i 
einigungs  -  Membran  der  Kopf-  und  Rumpf- Visceralröhre ,  welche  im  Allge- 
meinen, wie  wir  aus  der  vorangegangenen  Beschreibung  ersehen,  nur  ge- 
wissermaassen  als  ein  Analogon  des  dritten  Visceralbogens  betrachtet  werden 
kann.  Mithin  kann  eine  Gleichstellung  dieses  Knorpels  mit  dem  eigentlichen 
hinteren  Zungenbeinhorne  der  höheren  Wirbelthiere  nach  der  Genese  recht- 
mässig nicht  ganz  statuirt  werden. 

Nimmt  nun  die  Ausbildung  der  Visceralröhren  noch  mehr  üeberhand, 
so  bilden  sich  in  der  genannten  oberen  Decke  der  Herzhöle  noch  fünf  Knor-. 
pelstücke.  (Sich.  Tab.  Fig.  21.  25. )  Vier  von  denselben  setzen  die  Schenkel 
des  spitzen  Winkels  fort,  welcher  durch  die  sogenannten  hinteren  Hörner  des 
Zungenbeines  gemacht  wurde.  Es  zeigen  sich  drei  kleinere  Knorpel,  welche 
hintereinander  liegend  die  knorpligen  Kiemenbogen  zu  ihren  Seiten  aufneh- 
men. Das  vierte,  welches  sich  an  diese  anschliesst  und  später  entwickelt, 
biegt  sich,  als  hintere  Begrenzung  der  zweiten  Visceralspalte ,  nach  oben  und 
hängt  inniger  mit  der  Visceralplatte  des  Rumpfes  zusammen.  Es  entwickeln 
sich  an  seinem  vorderen  Rande,  welcher  zugleich  die  vierte  Kiemenspalte' 
nach  hinten  begrenzt,  Zakken,  wie  sie  an  den  eigentlichen  Kiemenbogen  ge- 
funden werden.  Daher  ist  er  als  vierter  Kiemenbogen  betrachtet  wordeuj 
obgleich  er  keinen  Aortenbogen  hat  und  auch  eine  verschiedene  Entstehung 
offenbart.  Später,  als  die  vier  genannten,  bildet  sich  das  fünfte  Knorpel- 
stück. Es  entspringt  hinter  dem  vorderen  Stücke  des  sogenannten  cornu 
posterius  des  Zungenbeines  von  dem  hintersten  Ende  des  Zungenbeinkörpers, 
und  läuft  dem  ersteren  parallel.  Es  setzt  sicli  hinterwärts  an  den  inne- 
ren Rand  des  kurzen  Knorpels,  welcher  unmittelbar  den  ersten  Kiemenbogen 
trägt.  Dieser  bängliche,  runde  Knorpel  ist  später  die  Columella  des  Zungen- 
beines der  Tritonen. 

§,  82.  Wir  nennen  die  sechs  beschriebenen  Knorpelstücke,  welche  sich 
aus  der  oberen  Decke  der  Herzhöle  in  der  Membrana  reuniens  inferior  heraus- 
bilden, analog  mit  den  Fröschen,  den  Kiemenbogen -Träger.  Durch  das  so- 
genannte, hintere  Horn  des  Zungenbeines  und  durch  die  Columella  steht  der- 
selbe mit  dem  zweiten  Visceralbogen,  flurch  den  uneigentlich  so  bezeichneten 


113 


vierten   Kiemenbogcn    mit    der  Visceralplatte  des  Rumpfes  in  Verbindung. 
Bei  den  Fröschen  bildete  er  eine  mehr  einfache  Knorpelplatte,  welche  seit- 
lich einen  kleinen  Hervorwuchs  für  den  ersten  Kicmenbogen  und  nach  hinten 
«inen  längeren  als  üneigentlichen  vierten  Kienienbogen  entwickelte.  War 
bei  den  letzteren  die  Entstehung  durch  die  Vereinigung  der  Visceralplattcn 
des  Kopfes  und  Rumpfes  mit  mehr  Schwierigkeit  wahrzunehmen,  so  ist  die- 
ses bei  den  Tritonen  wegen  des  evidenten  Zusammenhanges  des  Skeletcs  wie 
der  Muskeln  kaum  zu  übersehen,  und  die  verschiedene  Genese  der  Kicmen- 
bogen von  der  ihres  Trägers  und  des  häutigen  Kiemendeckels  nicht  zu  ver- 
keimen.   Am  Anfange  sieht  man  auch  deutlich  die  Scheidungsgrenze  der  Kic- 
menbogen und  der  respektiven  Knorpelstücke  des  Trägers;  späterlnn  vereini- 
gen sie  sich  so,  dass  ich  nicht  mehr  die  Scheidungsgrenze  bemerken  konnte. 
Bei  den  Fröschen  ist  diese  Trennung  stets  aufzufinden.    Der  Kiemenbogen- 
träger  ist  daher  mit   seinen  Muskeln,    welche  theils  zu  den  Seiten  und 
zum  Theil  auch  unterhalb  dem  Herzen  hiinveglaufcn,  als  ein  Zwischenstück 
der  \isceralplatte  des  Kopfes  und  Rumpfes  anzusehen,  welches  bei  den  Frö- 
schen vorübergehend,   bei  den  Tritonen  mehr  bleibend,  eine  von  der  Kopf- 
visceral-  und  Bauchröhre  mehr  oder  weniger  gesonderte  Hcrzhöle  konsti- 
tuiren  hilft. 

§.  83.    Bei  der  Verkümmerung  des  Kiemenapparates  verhält  sich  nach 
meinen  Beobachtungen  der  Triton  ganz  und  gar  auf  dieselbe  Weise  wie  der 
Frosch.    Die  Modifikation  ist  nur  durch  die  verschiedene  Form  des  Kiemcn- 
bogenträgers  bedingt.     Es  hat  sich  in  die  Wissenschaft  die  Thatsache  ver- 
breitet, als  ob   bei  den  Tritonen  die  Metamorphose  anders  vor  sich  gehe. 
Ant.  Duges  sowohl  als  v.  Sieboldt  haben  dieselbe  in  der  Art  dargestellt,  als 
Wenn  der  erste  Kiemenbogcn  sich  erhalte  und  das  hintere  Stück  des  so- 
genannten Coniu  posterius  des  Zungenbeines  bilde.    Dieses  letztere  also  mit 
der  parallel  verlaufenden  Columella  bliebe  nach  der  Ansicht  der  genannten 
Schriftsteller  von  unserem  Kiemcnbogenträger  allein  erhalten.    Alles  Uebrige 
solle  verschwinden.     Nach  unseren  Beobachtungen  verkümmert  Alles,  was 
eigentlich  Kiemenbogcn  und  Kieme  heisst.    Der  Kiemcnbogenträger  dage- 
gen nur  an  dem  Stücke,  wo  die  Bogen  befestigt  sind,  wie  bei  den  Frösclien 
etwas  zusammenschrumpfend  ist  auch  im  entwickelten  Triton  aufzufinden. 

15 


114 


Wir  stimmen  demnacl)  mit  den  genannten  Naturforschern  darin  iiberein,  dass 
das  vordere  Stück  des  sogenannten  Cornu  posterius  und  die  Columelia  sich 
erhalten,  dass  aber  das  hintere  Stück  des  ersteren  nicht  von  dem  ersten  Kie- 
menbogen,  sondern  von  dem  uneigentlich  so  bezeichneten  vierten  ge- 
bildet werde.  Die  zusammengeschrumpften  drei  Knorpelstücke,  welche  un- 
mittelbar die  Kiemenbogen  tragen,  erkennen  wir  in  einem  gesonderten  Knor- 
pel, der  als  solcher  selbst  bei  alten  ausgebildeten  Tritonen  (siehe  Fig.  26;  27. 
.Tab.  II.)  zwischen  dem  knöchernen  vorderen  und  hinteren  Stücke  des  soge- 
nannten Cornu  posterius  des  Zungenbeines  stets  wiederzufinden  ist.  Ist  der 
Triton  noch  jung,  so  ist  dieses  zwischenliegende  Knorpelstück  grösser,  und 
man  erkennt  sogar  mehre  Querstreifen  von  den  verwachsenen  und  zusammen- 
geschrumpften Knorpeln  des  |(iemenbogenträgers. 

GestiitiAt  auf  diese  Untersuchungen  des  Skeletes  sowie  auf  die  genaue 
Beobachtungen  von  dem  gänzlichen  Verkümmern  der  Kiemenbogen  bei  den 
Fröschen ,  begann  ich  an  der  Richtigkeit  der  herrschenden  Meinung  von  dem 
Zurückbleiben  des  ersten  Kiemenbogens  bei  den  Tritonen  zu  zweifeln.  Ich 
sah  nun  zwar  nicht  unmittelbar  die  Rudimente  der  drei  verkümmerten  Kie- 
menbogen eines  jungen  Triton,  wie  bei  der  Froschlarve;  doch  beobachtete 
ich  deutlich  das  Kleinerwerden  derselben,  während  der  uneigentliche  vierte 
sich  vergrösserte.    In  der  Dissertat.  de  salamandris  und  tritonibus  von  v.  Sie- 
boldt,  sowie  in  der  öfters  genannten  Schrift  des  Ant.  Duges  finde  ich  aber 
gleichfalls  keine  Zeichnung  oder  eine  Angabe,  welche  mir  den  klaren  Beweis 
der  von  ihnen  angenommenen  Metamorphose  liefern  könnte.     So  haben  wir 
also  gemeinschaftlich  den  unmittelbaren  Verkümmerungsprozess  wegen  der 
schwierigen  Acquisition  dazu  geeigneter  Individuen  nicht  beobachtet.  Indes- 
sen hoffe  ich  durch  Untersuchung  der  dabei  betheiligten  Muskeln  »zur  Genüge 
darzuthun,  dass  ausser  dem  beschriebenen  Skelete  auch  namentlich  die  Mus- 
keln für  die  alleinige  Erhaltung  des  Kiemenbogenträgers  sprechen. 

§.  84.    Folgende  Muskeln  des  jungen  und  ausgebildeten  Triton  kom- 
men hiebei  in  Betracht.    (S.  Tab.  II.  Fig.  28.  29). 
a.    Der  von  Duges  genannte  Muscle  temporo  -  guttural  et  stylo  -  sous  -  hyoidien. 
Dieser  Muskel  entspringt  beim  jungen  Triton  von  dem  vorderen  Rande 
des  Zungenbein  -  Suspensoriums,  besonders  wo  dasselbe  an  dem  Quadrat- 


115 


{  »Iii  bein- Knorpel  und  dem  Ohrlab jiinth  anliegt.  Daher  kommen  auch  mehre  Fa- 
-iit>-  Sern  von  den  letzteren  Theilen  und  selbst  vom  Meckelschen  Knorpel,  was 
^U'j  bei  der  Verschmelzung  der   dortigen  Bildungsmassen  natürlich  erscheint. 

Er  verbreitet  sich  strahlenförmig  in  mehren  Partieen  an  der  unteren 
«no.  Fläche  des  häutigen  Kiemendeckels.  Nach  der  Verkümmerung  der  Kie- 
menbogen,  bei  der  Verwachsung  der  Kiemendeckel  unter  sich  und  mit 
dem  Brustgiirtel,  und  während  der  Verwandlung  des  Zungenbein  -  Sus- 
pensoriums gehen  die  Befestigungspunkte  dieses  Muskels  mehr  auf  den 
oberen  Theil  des  ersten  Visceralbogens  und  den  Ohrlabyrinth -Knorpel 
über.  Er  wird  so  zum  Constricior  jpharyngis  und  mylohijoideus  des  aus- 
gebildeten Triton.  ^  .  .  •  » 

b.  Bei  den  mit  Kiemen  versehenen  Tritonen,  der  Adductor  arcuum 
brancldalhm  longus.  Dieser  Muskel  entspringt  hinter  dem  vori- 
gen mehr  von  der  äusseren  Fläche  des  Zungenbein -Suspensoriums,  und 
seine  Fasern  verlaufen  demselben  entlang,  von  neu  hinzutretenden  ver- 
stärkt. Nach  oben  und  hinten  kommen  sie  mit  dem  ßluscle  tempore-guttural  etc. 
zusammen,  und  mehre  Bündel  gehen  hier  auch  nach  dem  oberen  und  hinteren 
Ende  des  ersten  Kiemenbogens  ab,  gerade  wo  die  äussere  Kieme  an  ihm  fest- 
sitzt. Man  muss  die  Lage  dieses  Muskels  zu  dem  Temporo  -  guttural  ge- 
nau ins  Auge  fassen,  um  sich  dann  ohne  Schwierigkeit  mit  Ant.  Duges 
und  V.  Sieboldt  davon  zu  überzeugen,  dass  derselbe  bei  dem  ausgebil- 
deten Triton  nach  der  Verkümmerung  der  Kieraenbogen  in  dem  Muscu- 
lus genioTiyoideus  und  genioglossus  oder  in  dem  von  Duges  einfach  benann- 
ten Ginioglosse  wiederzufinden  ist.  Die  Veränderung  seines  späteren 
Verlaufes  nach  vorn  ist  zum  Theil  durch  das  Verkümmere  der  unteren 
Enden  des  Zungenbein-Suspensoriums  bedingt.  >  •  ä*/ 

Wir  haben  die  angeführten  beiden  Muskeln  mehr  der  Vollständigkeit 
wegen  beigebracht j  die  unmittelbar  betheiligten  sind: 

c.  DeT  Adductor  arcuum  branchialium  hrevis  s.  Müsch  pre-stylo-prehrancTiial. 
Duges.  Er  kommt  mit  einer  Sehne  von  dem  unteren  und  vorderen  Ende 
des  Zungenbein- Suspensoriums  und  setzt  sich  an  das  hintere  Ende  des 
vorderen  Stückes  vom  Cornu  posterius  des  Zungenbeines. 


116 


d.  Der  Aclductor  arcuum  hranchialium  s.  interbrancldal.  Bug.,  welcher  hinter 
dem  Ädductor  hrevis  unter  jenen  drei  Knorpelstücken  des  Kiemenbogen- 
trägers,  die  mit  den  Kiemenbogen  in  unmittelbarer  Berührung  stehen, 
nach  dem  vierten  uneigentlichen  Kiemenbogen  sich  hinerstreckt. 

Die  beiden  letztgenannten  Muskeln  ünden  sich  bei  jungen  mit  Kiemen- 
bogen versehenen  Tritonen  vor.  Bei  ausgebildeten  Individuen  ist  in  dieser 
Gegend: 

e.  Der  Musculus  ceratoglossus,  welcher  von  dem  unteren  und  vorderen  Ende 
des  Zungenbein -Suspensoriums  längs  dem  vorderen  Stücke  des  Cornu 
posterius  bis  an  das  hintere  Ende  des  in  Frage  stehenden  Knochens  sich  er- 
streckt. Wo  die  beiden  letzteren  Theile  zusammenstossen,  wird  er  durch 
hinzutretende  neue  Fasern  noch  verstärkt,  während  einzelne  sich  da- 
selbst auch  befestigen. 

§.  85.  Es  ist  nun  wohl  kaum  zu  bezweifeln,  dass  der  Lage  nach,  wie  auch 
v.  Sieboldt  angiebt''^),  der  Musculus  ceratoglossus  theilweise  aus  dem  Ädductor 
arcuum  branchialium  brevis  der  jungen  Tritonen  entstehe.  Wird  aber  dieses, 
wie  mit  Recht,  zugegeben^  so  fragen  wir,  ob  es  nicht  höchst  unwahrschein- 
lich ist,  dass  der  Ädductor  arcuum  branchialium  brevis  in  den  M.  ceratoglossus 
übergeht,  wenn  auf  der  anderen  Seite  der  erste  Kiemenbogen  erhalten  blei- 
ben soll.  Denn  der  Ädductor  brevis  reicht  nur  bis  zu  dem  fraglichen  Kno- 
chenstück beim  jungen  Triton.  Der  Ädductor  arcuum  branchialium  longus, 
welcher  sich  mit  einigen  Fasern  an  das  obere  hintere  Ende  des  ersten  Kie- 
menbogens  ansetzt,  verwandelt  sich,  wie  wir  gesehen,  in  dem  Muse,  genio- 
hyoideus.  Er  kann  also  eigentlich  Nichts  zur  Vergrösserung  des  Ädductor  bre- 
vis beitragen.  Man  müsste  mithin,  um  den  ersten  Kiemenbogen  beibehalten 
zu  können,  annehmen,  dass  an  demselben  ein  ziemlich  kräftiger  Muskel  sich 
neu  bilde,  um  mit  dem  Ädductor  brevis  in  den  langen  M.  ceratoglossus  über- 
zugehen. Es  ist  diese  Annahme  bei  der  allgemeinen  Verkümmerung  der 
Kiemenbogen  und  Kiemen  um  so  mehr  gewagt,  als  man  die  Entstehung  des 
Müsc.  ceratoglossus  ganz  einfach  und  natürlicher  vor  sich  gehen  lassen  kann, 


*)  T..  S.  §.  23.     Mnsculos  cerataglossos  in  abductoribus   arcuum  branchiarutn  bre- 
vibus  cognoscimus. 


117 

wenn  man  zugiebt  (worauf  das  Skelet  deutlich  hindeutet),  dass  der  frag- 
liche Knorpel,  das  hintere  Stück  des  sogenannten  Corww  posterius  vom  Zungen- 
bein, nicht  der  erste  Kiemenbogen ,  sondernder  uneigentliche  vierte  sei. 
Denn  alsdann  treten  bei  der  Verkümmerung  der  Kiemenbogen  und  durch 
das  damit  verbundene  Zusammenschrumpfen  der  entsprechenden  Knorpelstücke 
des  Kiemenbogenträgers  das  vordere  Stück  des  Cornu  posterius  ossis  hyoidei 
und  der  uneigentliche  vierte  Kiemenbogen  näher  aneinander,  der  muscle 
interbranchial  verbindet  sich  mit  dem  Ä  dductor  brevis,  dehnt  sich  noch 
etwas  über  den  sich  annähernden,  uneigentlichen  vierten  Kiemenbogen  aus, 
und  bildet  so  den  Muse,  ceratoglossus. 

Ausser  der  natürlichen  Einfachheit,  mit  welcher  bei  der  letztgenann- 
ten Metamorphose  das  Verhalten  der  Muskeln  und  des  Skeletes  selbst  erklärt 
werden  kann,  sind  auch  noch  andere,  weniger  wesentliche  Punkte,  welche 
für  unsere  Ansicht  sprechen.  So  liegt  das  zweite  Stück  des  Cornu  posterius 
vom  Zungenbein  so  sehr  nach  hinten,  dass  der  erste  Kiemenbogen,  wenn  er 
erhalten  bliebe,  einen  weiten  Umweg  zu  machen  hätte.  Auch  bildet  dasselbe 
mehr  eine  gerade  Richtung  mit  dem  vorderen  Stücke  des  hinteren  Zungen- 
beinhornes,  während  der  erste  Kiemenbogen  ursprünglich  unter  einem  stum- 
pfen Winkel  an  das  letztere  angesetzt  ist.  —  Alle  diese  Umstände  sind  einfach 
und  natürlich  zu  erklären,  wenn  man  den  uneigentlich  so  genannten  vierten 
Kiemenbogen  beibehält,  schwer  und  oft  garnicht  zu  deuten,  wenn  ein  wirkli- 
cher Kiemenbogen  verbleiben  soll.  Unter  solchen  Bedingungen  und  bei  der 
Erwägung ,  dass  man  gegen  die  Analogie  ohne  hinlängliche  Gründe  nicht  gern 
auftreten  mag,  am  wenigsten  aber,  wenn  es  mit  Schwierigkeiten  verbunden 
ist,  welche  eben  durch  einen  analogischen  Prozess  leicht  und  einfach  geho- 
ben Averden;  da  fühlen  wir  uns  gezwungen  eine  solche  Ausnahme  von  der 
Regel  abzuweisen  und  zur  Analogie  zurückzukehren,  welche  durch  so  viele 
Beobachtungen  bestätigt  und  unterstützt  wird. 

§.  86.  Ehe  ich  den  Kiemenapparat  des  Triton  verlasse,  will  ich  noch 
erwähnen,  dass  ich  durch  die  Güte  des  Professor  Herrn  H.  Rathke  mehre 
Jungen  vom  Blennius  vivipams  zum  Untersuchen  erhalten  habe,  an  welchen 
das  Verhalten  der  Herzhöle  und  des  Kiemenapparates  ganz  wie  bei  den  jun- 
gen Tritonen  Statt  hat.    Der  Unterschied  besteht  nur  in  einem  neu  hinzuge- 


118 


tretenen  Kiemeübogen  und  in  der  verschiedenen  Anzahl  der  noch  schwach 
raarkirten  Stücke  des  Kiemenbogenträgers.  Der  sogenannte  fünfte  Kiemen- 
bogen  hat  dieselbe  Beschaffenheit  wie  der  vierte  uneigentliche  des  jungen 
Triton.  Man  bemerkt  an  der  innern  Fläche  desselben  da,  wo  er  mit  dem 
übrigen  Kiemenbogenträger  sich  verbindet,  die  Entwickelung  der  Ossa  pha- 
ryngea  infer'tora  im  Beginnen.  Daher  sind  das  hintere  Stück  des  sogenannten 
Cornu  'posterius  des  Zungenbeines  beim  Triton  und  das  hintere  Horn  des  Zun- 
genbeines beim  Frosch  Analoga  von  den  Ossa  pharyngea  inferiora.  Bei  den 
Fischen  bildet  sich  nun  noch  aus  den  uneigentlichen  fünften  Kiemenbogen 
das  Os  pharyngeum  superhis  jederseits.  Bei  den  Batrachiern  verkümmert  der 
an  sich  oberhalb  und  vorn  weniger  entwickelte,  uneigentliche  Kiemenbogen 
und  hängt  bei  ihnen  meist  nur  durch  Muskelfasern  mit  dem  Hinterhaupt  zu- 
sammen. Nach  hinten  macht  er  bei  den  Fischen,  wie  schon  bei  den  nackten 
Amphibien  Öfters  erwähnt  wurde,  den  üebergang  zum  animalischen  Systeme 
des  Rumpfes.  Was  bei  den  entwickelten  Gräthenfischen  in  dem  Kiemenappa- 
rate der  Kiemenbogenträger  zu  nennen  ist,  muss  die  Entwickelungsgeschichte 
noch  genauer  darlegen.  Dennoch  wird  man  zugeben  müssen,  dass  eine  un- 
befangene Betrachtung  des  Habitus  der  unteren  Schlussstücke  der  sogenann- 
ten Kiemenbogen  schon  vorausahnen  lässt,  welche  Theile  für  den  Kiemenbo- 
genträger, das  zwischen  Kopf  und  Rumpf  gelegene  Zwischenstück  der  Vis-' 
ceralplatte,  zu  halten  sind. 

Ii  a  p  1  t  e  1  VI. 

Das  Kopfskelet  in  seinem  ossifizirten  Zustande, 

§.  87.  Wir  haben  hier,  wie  bei  den  Fröschen,  der  Entwickelungsge- 
schichte gemäss  zu  betrachten: 

1.  Die  Schädelhöle,  welche  aus  der  oberen  Röhre  des  serösen  Blat- 
tes durch  Vereinigung  der  Rückenplatten  daselbst  entsteht  und  die  vorderen 
Zentralorgane  des  Nervensystems  beherbergt. 

2.  Die  VisceralhÖle  des  Kopfes,  welche  aus  der  unteren  Röhre  des 
serösen  Blattes  durch  die  Entwickelung  der  Visceralbo^en  und  des  Kiemenbogen- 
trägers  sich  bildet.  Sie  umschliesst  den  vordersten  Theil  des  vegetativen  Systems. 


119 


3.  Das  Gesicht  als  den  Verbindungstlicil  beider  Röhren  zur  Forminmg 
des  Nasen-  und  auch  des  Mundkanals,  zu  dessen  Vervollkommnung  noch  der 
ünterkieferapparat  hinzutritt.  sm' 

Die  Schädelnöle. 
§.  88.  Wir  verliessen  dieselbe  schon  soweit  ausgebildet,  dass  es  da- 
mals nicht  schwer  hielt,  die  einzelnen  Abtheilungen  auf  die  verknöcherte 
Schädelhöle  des  ausgebildeten  Individuums  zurückzufüliren.  In  der  oberen 
Decke  derselben  liegen  vorn  die  Schlussstücke  des  ersten  Schädel  wirbeis,  die 
beiden  Stirnbeine,  welche  im  ausgebildeten  Individuum  immer  noch  getrennt 
zu  erkennen  sind.  Von  dem  inneren,  vorderen  Winkel  derselben  gingen 
kontinuirlich  die  schmalen,  spitzen  Fortsätze  zu  den  respektiven  perpendiku- 
lären  Theilen  der  oberen  Zwischenkiefer  ab ,  um  diese  letzteren  bei  den  jun- 
gen Tritonen  zu  stützen.  Mit  der  Ausbildung  der  Nasen-  und  Oberkiefer- 
beine wird  diese  Funktion  überflüssig,  die  Fortsätze  verkümmern  etwas  und 
werden  so  sehr  durch  die  Nasenbeine  beeinträchtigt,  dass  man  sie  kaum  in 
ihrer  früheren  Gestalt  wiedererkennt.  An  dem  Scliädel  des  Triton  cristatus 
und  taetiiatus  kann  ich  sie  immer  auffinden,  und  sie  liegen  alsdann  gleichsam 
als  Supplemente  da,  wo  bei  den  Fröschen  die  Knochenwucherung  zwisclien 
Stirn-  und  Nasenbeinen  ihre  Lage  hat.  In  den  Abbildungen  des  Ant.  Duges 
von  der  Salamandre  marhree  ist  derselbe  nicht  zu  bemerken,  sondern  es  befin- 
det sicli  daselbst  eine  Lücke,  welche  übrigens  auch  beim  Triton  inmitten 
dieser  Fortsätze  und  den  entsprechenden  perpendikulären  Theilen  des  oberen 
Zwischenlviefers  zu  sehen  ist. 

Hinter  den  Stirnbeinen  liegen  als  Schlussstücke  des  zweiten  Schädel- 
wirbels die  Scheitelbeine,  welche  sich,  je  älter  der  Triton  wird,  um  so 
mehr  über  die  Pars  petrosa  (Ohrlabyrinth  -  Knorpel)  und  nach  hinten  aus- 
dehnen, Ihre  Knochenwucherung  markirt  sich  bei  älteren  Individuen  auch 
durch  das  Unregelmässigwerden  der,  die  beiden  Scheitelbeine  trennenden 
Nath.  Das  einfache  Schlussstück  des  dritten  Wirbels,  die  Schuppe  des  Hin- 
terhauptsbeines, ist  bei  der  veränderten  Verbindung  des  Kopfes  mit  der  Rumpf- 
wirbelsäule und  durch  die  Wucherungen  der  Scheitelbeine  nach  hinten  als 
gesondertes  Stück  kaum  mehr  wiederzufinden. 


120 

§.  89.  In  den  Seitentheilen  der  Schädelhöle  waren  am  deutlichsten 
die  des  ersten  und  letzten  Wirbels  ausgeprägt.  Beide  werden  verhältniss- 
mässig  spät  ossifizirt.  Bei  dem  ersten  liegt  wohl  der  Grund  darin,  dass  sein 
horizontaler  Fortsatz,  welcher  als  untere  Decke  der  Nasenhöle  auftritt,  sich 
dem  Oberkiefer  akkomodirt,  bei  dem  letzteren,  weil  sich  jetzt  die  Gelenk- 
fortsätze für  die  Rumpfvvirbelsäule  ausbilden.  Die  Seitentheile  des  ersten 
Schädelwirbels  sind  im  knöchernen  Zustande  leicht  wiederzuerkennen.  Der 
horizontale  Fortsatz  derselben,  welcher  den  grÖssten  Theil  und  besonders 
nach  hinten  die  untere  Wand  der  Nasenhöle  bildet,  tritt  bei  der  Verknöche- 
rung mit  den  horizontalen  Stücken  des  oberen  Kiefers  und  Zwischenkiefers 
in  Berührung,  Bei  jungen,  ausgebildeten  Tritoncn  sielit  man  noch  deutlich  ' 
die  gegenseitigen  Trennungsnätbe.  Man  hat  diesen  Fortsatz  wegen  seiner 
ganz  abweichenden  Lage  von  dem  eigentlichen  Körper  der  Seitentheile,  von 
welchem  er  ursprünglich  hervorwächst,  bisher  als  einen  gesonderten  Knochen 
unter  dem  Namen  „Vomer"  betrachtet.  Ant.  Duges  nennt  ihn  Vomero  - pala- 
tin  und  lässt  ihn  aus  seinem  Appareil  pterrjgo  -  vomerien  entstehen.  Wir  haben 
seine  Genese  genau,  wie  wir  sie  beobachtet,  angegeben  «nd  können  ihn 
weder  mit  dem  einfachen  Vomer  der  höheren  Wirbelthiere,  der  auch  eine 
ganz  andere  Lage  hat,  noch  mit  dem  anders  entstehenden,  sogenannten 
Pflugschaarbein  der  Frösche  vergleichen,  wenn  auch  die  Funktion  und  Lage 
der  letzteren  in  der  That  gleichbedeutend  ist.  Werden  wir  uns  zuerst  dar- 
über geeinigt  haben,  ob  die  als  Supplemente  auftretenden  Fortsätze  und  Kno- 
chenstücke  nach  der  Genese  oder  nach  der  Lage  und  Funktion  zu  benen- 
nen sind,  so  wird  auch  dieser  Fortsatz  bald  unterzubringen  sein.  Die 
eigentlichen  Seitentheile  des  ersten  Schädelvvirbels  bieten  ossificirt  nichts  Ab- 
weichendes dar. 

Die  den  Scheitelbeinen  entsprechenden  Seitentheile  sind,  wie  wir 
wissen,  durch  die  Ohrlabjrinth  -  Knorpel  verdrängt.  Letztere  vertreten  jetzt 
ihre  Stelle ,  obgleich  sje  ursprünglich  gesondert  dastehen  und  eine  ganz  andere 
Bedeutung  haben.  Sie  sind  die  frühsten  Knorpel  am  Kopf ;  ihre  Ossifikation  ist 
verhältnissmäSS'ig  spät.  Sie  werden  dadurcli  bei  cjcn  höliercn  Wirbelthieren  zu 
d^tn  Partes  petrosae  der  Schläfenbeine,  bei  den  niederen  zu  den  entsprechenden 
Thcilen  der  Scheitelbeine,  weil  die  Schuppe  des  Schläfenbeines  bei  letzteren 


'  121 

aus  früher  angegebenen  Gründen  fehlt.  Die  Seitentheile  des  letzten  Schädel- 
wirbels sind  diejenigen  Stücke  desselben,  welche  Avährend  der  Verknöcherung 
bei  den  nackten  Amphibien  sich  vorzugsweise  verändern.  Es  beruht  dieses 
darauf,  dass,  wie  bekannt,  mit  dem  Hinschwinden  der  Kiemen  die  Verbin- 
dung des  Schädels  mit  der  Rumpf  Wirbelsäule  sich  umwandelt,  nämlich  gelen- 
kig wird.  Zu  dieser  Gelenkverbindung  tragen  nur  die  Seitentheile  des  Hin- 
terhauptsbeines bei.  Während  dieselben  zu  Gelenkköpfeii  sich  entwickeln, 
verkümmern  allmählig  die  Schuppe  und  zum  grossen  Theil  auch  der  Körper 
des  letzten  Schädelwirbelbogens. 

§.  90.  Die  Basis  der  Schädelhöle  bildete  zuletzt  eine  knöcherne  Ab- 
theilung für  den  ersten  und  zweiten,  und  eine  knorplige  für  den  dritten  Wir- 
bel. Letztere  verkümmert  grösstentheils  und  der  Rest  wird  durch  die  Kno- 
chenwucherungen der  vorliegenden  überflügelt  und  ersetzt.  Sobald  nämlich 
die  Knorpel  des  Ohrlabyrinthes  ossifizirt  werden,  verbreitet  sich  das  entspre- 
chende, knöcherne  Stück  der  Schädelbasis,  welches  als  dem  zweiten  Wirbel 
zugehörig  beschrieben  wurde,  durch  Wucherung  seitlich  über  die  Pars  pe^ 
trosa  der  Scheitelbeine,  und  nach  hinten  über  die  knorplige  Basis  des  drit- 
ten Schädelwirbels  hinweg.  Man  kann  anfangs  die  genannten  Theile  durch 
die  sich  ausbreitende  Knochenplatte  durchschimmern  sehen.  Je  älter  das  In.- 
dividuum  wird,  um  so  mehr  werden  dieselben  unkenntlich,  und  wir  haben 
dann  statt  der  früheren,  viereckigen,  kleinen  Basis  des  zweiten  Schädelwir- 
bels eine  ziemlich  grosse,  dreieckig  gestaltete  Knochenplatte  vor  uns,  welche 
seitlich  auf  den  Partes  petrosae ,  nach  hinten  mit  der  Spitze  auf  dem  Rudi- 
mente des  dritten  Kopfwirbelkörpers  ruht.  Vorn  geht  sie  mit  der  Grundfläche 
kontinuirlich  in  die  Basis  des  ersten  Kopfwirbels  über. 

Diese  letztere  entwickelt  sich  bei  den  Thieren,  welche  eine  vordere 
und  obere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  nicht  besitzen,  mächtiger 
als  bei  den  höheren  Wirbelthieren.  Sie  ist  übrigens  so  einfach,  wie  Avir  sie 
verliessen,  wieder  zu  erkennen.  Zu  bemerken  ist,  dass  sie  sowohl,  als  die 
entsprechenden  Seitentheile  die  Verbindung  mit  dem  Quadratbein  -  Knorpel 
nach  und  nach  aufgeben,  indem  der  Ohrlabyrinth  -  Knorpel  dieselbe  über- 
nimmt. Vorn  hängt  sie  mit  der  häutig -knorpligen  und  sehr  schwach  ausge- 
bildeten Gesichtsbasis  zusammen.     Auf  der  untern  Fläche  dieser  Basis  gerade 

16 


122 


da,  wo  sie  mit  den  entsprechenden  Seitentheilen  sicli  verbindet,  findet  man 
in  erwachsenen  Individuen  eine  Zahnreihe,  welche  S förmig  verläuft  und  vorn 
mit  der  respektiven  der  andern  Seite  beinahe  zusammenkommt.  Man  hat  sie 
als  das  Rudiment  eines  Gaumenbeines  angesehen.  Die  Zähnclien  stützen  sich 
auf  ein  schmales  Knochenplättchen,  welches  an  der  genannten  Stelle  der  Schä- 
delbasis nur  aufliegt.  Im  frischen  Zustande  ist  es  sehr  leicht  abzunehmen, 
und  fehlt  oft  ganz,  so  auch  bei  der  von  H.  Rathke  beschriebenen  Salaman- 
drina  attenuata  im  Zoologischen  Atlas  von  Eschscholtz,  fünftes  Heft  1833. 
jbiese  Zahnleiste  ist  weder  mit  den  Zähnchen  an  dem  sosenannten  Vomer  der 
Frösche  noch  mit  dem  Gaumenbein  der  anderen  Wirbelthiere  in  Vergleich 
7Ai  stellen,  welches  letztere  der  Genese  nach  überhaupt  nicht  beim  Triton 
zu  erwarten  ist.  Es  ist  vielmehr  das  Residuum  der  vorderen  Äbtheilunc;  des 
oberen  Zahngerüstes  der  Schleimhaut,  welches  nach  und  nach  die  Verbindung 
mit  der  hinteren  Abtheilung  aufgiebt  und  bis  auf  das  schmale  Zahnleistchen 
verkümmert.  Ich  habe  diesen  Prozess  genau  verfolgen  können  und  werde 
später  noch  einmal  darauf  zurückkommen. 

Die  Visceralhöle  des  Kopfes. 
§.  91.  Wir  erinnerten  schon,  dass  der  Quadratbein -Knorpel  des  er- 
sten Visceralbogens  allmählig  seine  Verbindung  mit  dem  ersten  Schädelwir- 
bel aufgiebt  und  höchstens  ligamentös  beibehält,  indem  er  bei  der  Ausdeh- 
nung des  Ohrlabjrinthknorpels  an  dessen  äussere  Fläche  gelangt.  Hier 
liegt  derselbe,  verkümmert  dann  noch  etwas,  ist  aber  im  Allgemeinen  beim 
ausgebildeten  Triton  im  knöchernen  Zustande  deutlicher  zu  erkennen,  als 
beim  Frosch.  Es  ist  wiederum  derjenige  Knochen,  welcher  die  Gelenkfläche 
für  den  Meckelschen  Knorpel  wesentlich  bildet  und  in  gerader  Richtung 
nach  oben  zur  Pars  petrosa  zu  verfolgen  ist.  An  seiner  äusseren  Fläche  be- 
findet sich  der  weissliche  Bildungsstreifen,  aus  welchem  sich  beim  Frosch  das 
Os  tympanicum  entwickelt.  Beim  Triton  erzeugen  sich  aus  demselben  ur- 
sprünglich zwei  Stücke ,  ein  oberes ,  breiteres ,  von  dreieckiger  Gestalt ,  welches 
mit  seiner  Basis  an  die  Pars  petrosa  angrenzt  und  mit  der  Spitze  ungefähr  das 
erste  Drittheil  des  Quadratbeines  bedeckt.  Unter  demselben  liegt  das  län- 
gere, zweite  Stück,  welches  bis  zur  Gelenkfläche  des  Quadratbeines  sich 
ausdehnt.    Späterhin  verwachsen  diese  beiden  Knochenstücke  zu  einem  ein- 


I 


'  123 

zigen ,  welches  als  solches  an  der  äusseren  Fläche  des  Os  quadratum  sehr  gut 
schon  früher  gekannt  ist,  doch  mit  demselben  als  ein  Knochen  angesehen 
mirde.  H.  Rathke  bemerkt  in  der  Beschreibung  des  Triton  ensatus  a,  a.  O. 
Tab.  XXII.  ausdrücklich,  dass  das  Quadratbein  desselben  aus  zwei  der  Länge 
nach  aneinanderliegenden  Knochen  bestehe.  Ant.  Duges  erklärt  dieses 
äussere  Knochenstück,  welches  der  Genese  nach  das  Os  trjmpanicim  der  Frö- 
sche ist ,  für  sein  temporo  -  mästoidien.  Indessen  ist  die  Pars  mastoidea  des 
Schläfenbeines  wesentlich  ein  Ergänzungsstück  in  den  Seitentheilen  der  Schä- 
delhöle  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Wirbel,  und  daher  diese  Benen- 
nung hier  ganz  unpassend.  Wir  wollen  noch  die  Bezeichnung  „  Os  tymfani- 
cum^'  beibehalten,  wenngleich  die  Funktion,  das  Paukenfell  zu  stützen,  bei 
den  niederen  Wirbelthieren  allmählig  verloren  geht. 

An  der  inneren  Fläche  des  Quadratbeines  befindet  sich  im  entwickel- 
ten Individuum  ein  dreieckiges  Knochenplättchen ,  welches,  mit  seiner  Basis 
an  dem  Quadratbeine  selbst  gelegen,  seine  Spitze  gegen  das  hinterste  Ende 
des  Oberkieferbeines  hinrichtet.  Dieses  Knochenplättchen  hat  man  Os  ptery- 
goideum  genannt.  Wir  haben  gezeigt,  dass  das  Fliigelbein  der  Entwickelungs- 
geschichte  gemäss  bei  den  niedrigsten  Wirbelthieren  nicht  mehr  vorhanden 
sein  kann.  Nach  der  Genese,  welche  wir  ganz  genau  verfolgten,  ist  dieses 
Knochenstückchen  das  zweite,  zurückgebliebene  Rudiment  des  Knorpelblätt- 
chens ,  welches  die  hinterste  Abtheilung  des  oberen  Zahngeriistes  der  Schleim- 
haut bildete.  Es  lag  an  der  inneren  Fläche  des  Quadratbeinknorpels  an,  und 
ging  von  hier  in  die  Schleimhaut  der  unteren  Fläche  der  Visceralhöle  über. 
Dieses  Knorpelblättchen  verknöchert  alhnählig  vollständig,  wenn  seine  erste 
Funktion,  wobei  die  Biegsamkeit  desselben  erforderlich  scheint,  aufhört  und 
das  Oberkieferbein  sich  herausbildet.  Alsdann  verkümmert  dasselbe  zugleich 
mit  der  vorliegenden  Abtheilung  des  Zahngeriistes,  ihre  kontinuirliche  Ver- 
bindung wird,  befördert  durch  das  seitliche  Zurückweichen  des  Quadratbein- 
Knorpels,  getrennt,  und  während  vorn  die  genannte  rudimentäre  Zahnleiste 
zurückbleibt,  erhält  sich  am  Os  quadratum  das  reduzirte  Knochenplättchen 
m  einer  noch  innigeren  Anlage,  als  es  der  Genese  nach  zu  erwarten  stand. 
Die  Knochenwucherung  dieser  Gegend  bringt  selbst  noch  eine  leichte  Ver- 

16* 


124 


einigung  mit  der  Pars  petrosa  zu  Wege.  Der  Name  Os  pterygoideum  ist 
mithin  der  Genesis  nach  rechtmässig  nicht  mehr  beizubehalten. 

Auch  die  Funktion  ist  im  Wesentlichen  anders.  Es  erscheint  im  entwickel- 
ten Triton  gewissermaassen  als  die  hinterste  Abtheilung  der  knöchernen  obe- 
ren Mundbegrenzung,  übernimmt  daher  theilweise  die  Funktion,  welche  bei 
anderen  ungeschwänzten  Batrachiern  Hallmanns  Os  quadrato-maxillarey  Cu- 
viers  jugale  etc.  versieht.  Wir  haben  aus  der  Entwickelungsgeschichte  ge- 
sehen ,  dass  der  Oberkiefer  in  seiner  Bildungsmasse  und  auch  in  seinem 
häutig -knorpligen  Bildungsstreifen,  wo  derselbe,  wie  bei  den  Fröschen> 
Vögeln  etc.  ganz  deutlich  zu  erkennen  ist,  jedesmal  bis  zum  Quadratbein- 
Knorpel  sich  hinerstreckt.  Beim  Triton,  wie  bei  den  geschwänzten  Batra- 
chiern grösstentheils  und  auch  in  einigen  Kröten,  bildet  sich  im  Oberkie- 
fer-Bildungsstreifen kein  besonderes  Knochenstiick  zur  Verbindung 
mit  dem  Quadratbein  aus,  sondern  es  verbleibt  in  dieser  Gegend  ein  mehr 
ligamentöser  oder  häutig -knorpliger  Zusammenhang,  Diese  bandartige  Ver- 
bindung ist  der  Genese  nach  nichts  Anderes  als  das  stellvertretende  Os 
jugale  Cuv.  An  der  inneren  Fläche  derselben  und  an  der  des  Quadratbeines 
befindet  sich  nun  das  reduzirte  Knochenplättchen  des  oberen  Zahngeriistes 
der  Schleimhaut  und  bildet  für  dieselbe  nach  und  nach  eine  Rinne,  worin 
eben  die  bandartige  Verbindung  verläuft.  Die  Bildungsmasse  des  Oberkiefers 
erzeugt  nun  nach  hinten  gerade  bis  dahin  seine  Knochensubstanz,  wo  nach 
innen  die  Spitze  des  dreieckigen  Knochenblättchens  ihren  Anfang  nimmt.  Es 
ist  jedoch  nicht  die  geringste  Spur  einer  Verbindung  mit  demselben  vorhan- 
den, sondern  das  Oberkieferbein  setzt  sich,  wie  erwähnt  wurde,  ligamentös 
in  der  Rinne  des  dreieckigen  Knochenplättchcns  verlaufend,  bis  zum  Qua- 
dratbein fort. 

92.  Es  ist  mir  eine  Freude  für  die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  mehre 
Thatsachen,  welche  ich  bei  anderen  nackten  Amphibien  vorgefunden,  hier  an- 
führen zu  können.  So  fehlen  ganz  entsprechend  bei  der  Salamandrina  attenuata 
(H.  Rathke  a.  a.  O.),  wo  statt  des  ausgedehnten  Zahngerüstes  des  Triton  nur 
eine  rundliche  Zahnplatte  der  Schleimhaut  an  der  Schädelbasis  sich  befindet, 
auch  dieses  dreieckige  Knochenplättchen,  und  die  S förmigen  Zahnleisten 
gänzlich.     Daher  zeichnete  auch  H.  Rathke  den  skeletirten  Kopf  derselbeii 


125 


ohne  diese  Zahnplatte,  welche  übrigens  bei  der  Ansicht  der  Zunge  und 
ihrer  knöchernen  Stützen  an  der  unteren  Fläche  der  Schädelbasis  deutlich  iu 
Verbindung  mit  der  Schleim -Membran  zu  sehen  ist. 

Ferner  giebt  Ant.  Duges  a.  a.  O.  eine  Zeichnung  des  Schädels  der  Cecilie 
annelee.  Wir  können  nun  zwar  in  der  Benennung  der  einzelnen  Knochen- 
stücke derselben  durchaus  nicht  mit  dem  Verfasser  übereinstimmen,  wollen 
auch  auf  nähere  Erörterungen,  welche  genügend  aus  den  vorliegenden  Unter- 
sucliungen  zu  entnehmen  sind,  nicht  eingehen j  man  überzeugt  sich  aber  bei 
der  Betrachtung  der  unteren  Fläche  der  Schädelbasis  dieser  Cöcilie  augen- 
scheinlich, dass  bei  derselben  noch  im  ausgebildeten  Zustande  ein  oberes 
Zahngeriiste  der  Schleimhaut  ganz  in  der  Form,  wie  beim  jungen  Triton,  an 
dem  Schädel  anliegt.  Seine  Zahnreihe  verläuft  parallel  einer  äusseren, 
welche  den  oberen  Kiefern  angehört.  Daher  kann  natürlich  das  Knochen- 
plättchen  des  Zahngerüstes  hier  nicht  die  hinterste  Partie  der  oberen  knö- 
chernen Mundbegrenzung  unterstützen,  und  die  Bildungsmasse  des  Oberkie- 
ferbeines erzeugt  nun  wieder  ein  knöchernes  Verbindungstück  mit  dem  Qua- 
dratbein, ein  Os  jugale  Cuv.  -A^V^imtvi^U.  s; 

93.  Bei  einem  Proteus,  welchen  ich  auf  dem  hiesigen  anatomischen 
Museum  untersuchte,  fand  ich  gleichfalls  ein  ähnliches  Zahnskelet  der 
Schleimhaut,  wie  bei  den  Tritonen,  Es  bleibt  aber  hier  auch  bei  den  ent- 
wickelten Thieren  oben  beinahe  vollständig  erhalten,  unten  gewahrte  ich 
noch  einige  rudimentäre  Stücke.  In  eben  dem  Maasse,  als  das  obere  Zahn- 
gerüste sich  beinahe  vollkommen  erhält,  bleibt  der  Oberkieferbildungsstreifen 
in  seiner  Entwickelung  zurück.  Es  ist  nur  eine  knorplige  Grundlage  vorhanden 
ohne  Spur  von  Zähnen,  die  hinten  häutig  -  fasrig  mit  dem  Quadratbein  zusam- 
menhängt; der  obere  Zwischenkiefer  ist  vollständig  ausgebildet.  Bei  der  schma- 
len Gesichtsform  des  Proteus  kann  das  obere  Zahngerüste  auch  leichter,  als  bei 
der  Cöcilie  und  dem  Triton,  das  Oberkieferbein  ersetzen.  Hiezu  kommt,  dass 
der  Proteus  überhaupt  eine  sehr  zarte  Konstitution  des  Wirbelskelets  besitzt. 

Wir  erhalten  auf  diese  Weise  also  in  der  Gegend  dey  oberen  Ab- 
theilung des  ersten  Visceralbogens  beim  Triton  drei  der  Länge  nach  ne-. 
ben  einander  liegende  Knochenstücke,  welche  mehr  oder  weniger  wesentlich 
verschieden  sind.    In  der  Mitte  ist  das  eigentliche  Quadratbein ,  welches  stets 


126 


die  Gelenkfläche  für  den  Meckelschen  Knorpel  hauptsächlich  bildet:  an 
dessen  äusserer  Seite,  als  Aussenbildung  des  ersten  Visceralbogens ,  das  Os 
tympanicim,  welches  ursprünglich  aus  einem  weisslichen  Bildungsstreifen 
entsteht,  woraus  zwei  später  innig  verwachsende  Knochenstücke  erzeugt 
werden:  endlich  an  der  inneren  Seite  des  Quadratbeines  das  Rudi- 
ment des  Knochenblättchens  vom  oberen  Zahngerüste  der  Schleimhaut  mit 
seiner  Rinne  für  diö  ligaraentöse  Verbindung  des  Oberkieferbeines  mit  dem 
Os  quadratum. 

Die  untere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens,  der  Meckelsche 
Knorpel ,  stimmt  in  seiner  Verknöcherung  ganz  mit  den  übrigen  Wirbelthie- 
ren  überein.  Er  verkümmert  um  so  mehr,  je  älter  das  Thier  wird,  und  es 
erhält  sich  hauptsächlich  nur  selbstständig  dasjenige  Stück,  welches  wesent- 
lich den  Gelenkkopf  für  das  Quadratbein  bildet.  Von  der  übrigen  Partie 
sieht  man  zuweilen  noch  mehre  rudimentäre  Knochenstücke,  welche  an  der 
inneren  Fläche  des  Unterkiefers  lose  oder  in  einer  Rinne  sich  befestigen. 
Mit  dem  Meckelschen  Knorpel  verschwindet  auch  gänzlich  die  vordere  Ab- 
theilung des  unteren  Zahngerüstes  der  Schleimhaut;  die  hintere  verkümmert 
Weit  früher.  Dagegen  bildet  sich  der  Unterkiefer- Bildungsstreifen  jederseits 
kräftiger  aus.  Es  erzeugen  sich  meistens  drei  Knochenstücke  daraus,  von 
welchen  das  eine  besonders  noch  zur  Befestigung  des  Unterkiefergelenkes, 
wie  oben  das  Os  ti/mpanicum ,  beiträgt  und  an  der  inneren  Fläche  des  Ge- 
~  lenkkopfes  des  Meckelschen  Knorpels  emporwuchert,  gleichsam  einen  Fro- 
cessus  coronoideus  der  Säugethiere  darstellend.  Das  Stück,  welches  die  Zähne 
trägt,  ist  lange  Zeit  vom  dritten,  unterliegenden  zu  trennen.  Diese  beiden 
letzteren  länglichen  Stücke  bilden  gewissermäassen  den  Kern  des  Unterkiefers 
und  verwachsen  innig  mit  dem  frühzeitig  schon  entwickelten  unteren  Zwi- 
schenkiefer. 

§.  94.  Die  obere  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  verliert  ihren 
Knorpel  durch  Verkümmerung  gänzlich.  Es  bildet  sich  kein  Gehörknöchelchen, 
sondern  das  foramen  ovale  wird,  wie  bei  Bufo  igneus,  durch  eine  knorplige 
Haut  verschlossen,  welche  ihre  Entstehung  dem  Ohrlabyrinth -Knorpel  verdankt. 
Der  Rest  der  Bildungsmasse  von  dieser  oberen  Abtheilung  vereinigt  sich  mit 
der  gleichen  des  ersten  Visceralbogens  und  dem  anstossenden  Ohrlabyrinth- 


m 


Knorpel,  so  dass  der  früh  entstehende  häutige  Kicmendeckcl  oberhalb  ur- 
sprünglich wie  von  dort  her,  auszugehen  scheint.  Auch  die  Muskeln, 
Welche  sich  an  demselben  entwickeln,  hangen  an  der  genannten  Stelle  mit 
jenen  Theilen  mehr  oder  weniger  zusammen. 

Der  hauptsächlichste  Knorpel  der  unteren  Abtheilaiig  des  zweiten  Vis- 
ceralbogens,  das  Zungenbein- Suspensorium ,  reicht  ursprünglich,  wie  beim 
Frosch,  bis  zur  Pars  petrosa  und  dem  unteren  Ende  des  Quadratbeins,  wo- 
selbst der  verschwindende  obere  Knorpel  ihn  verlässt.  Es  wird  aus  einem 
solchen  Aneinanderliegen  erklärlich,  wie,  nach  der  Verkümmerung  des  Kiemen- 
apparates bei  der  späteren  Verwandlung  des  Suspensoriums,  die  Muskelansätze 
des  Temporo- guttural  und  stylo -sous-hyoidien  an  diesen  Stellen  sich  danach 
modifiziren,  wenn  sie  in  den  sogenannten  miisc.  pharyngeus  und  mylohyoideus 
übergehen.  Die  Veränderung  des  Suspensoriums  während  der  Verkümme- 
rung des  Kiemenapparates  ist  folgende.  Sein  häutiger  Kiemenderkel  ver- 
einigt sich  sammt  den  daran  sitzenden  Muskeln  mit  der  Visceralplatte  des 
Rumpfes  (Brustgürtel),  Das  obere  und  hintere  Ende  verkümmert  noch  etwas 
und  kommt  so  selbst  mit  dem  Meckelschen  Knorpel  in  Berührung.  Zu 
gleicher  Zeit  giebt  auch  die  vordere  und  unte]^e  Extremität  ihre;, knorplige 
Verbindung  mit  dem  Zungenbeinkörper  allmählig  auf,  und  an  ihrec 
Stelle  befinden  sich  ligamentose  und  muskelartige  Partieen.  Der  Rest  des 
Suspensoriums  theilt  sich  in  zwei  Abtheilungen.  Das  untere  und  vordere 
wird  blattartig ,  bleibt  meist  knorplig  und  hängt  ligamentös  mit  dem  Zungen- 
beinkörper zusammen.  Das  hintere  und  obere  behält  seine  mehr  länglich-: 
i'undliche  Form  und  verknöchert  bis  auf  ein  unbedeutendes  Knorpelstückchen. 

Das  knorplige  Schlussstüt^k  des  zweiten  Visceralbogens,  der  Körper 
des  Zungenbeines,  ist  im  Wesentlichen  mit  dem  Kiemenbogenträger  zugleich 
abgehandelt  worden.  Seine  Ossifikation  erfolgt  in  der  Art,  dass  die  vor- 
derste Abtheilung,  welche  mit  der  Zunge  zusammenhe^ngt ,  und  seine  knorp- 
lige Verbindung  mit  dem  Suspensorium  aufgegeben  hat,  sich  zeitlebens  knorp- 
lig erhält.  Dahinter  folgt  eine  längliche,  runde  knöcherne  Abtheilung  und 
dann  noch  ein  knorpliges  hinteres  Endstück,  woran  sich  der  Kiemenbogen- 
träger befestigt.  Diese  Scheidung  des  Zungenbeinkörpers  ist  durchaus  nur 
durch  die  Ossifikation  hervorgerufen. 


128 

Die  i:wiscfieri  den  Schliissstücken  des  ersten  und  zweiten  Visceralbo- 
gens  sich  entwickelnde  Zunge  verhält  sich,  wie  bei  den  Fröschen. 

Das  Gesicht. 

§.  95.  In  den,  von  der  Schädelröhre  hervorwachsenden,  vorderen 
Stirnfortsätzen  haben  sich  jetzt  allmählig  ohne  deutliche,  ächte  Chondrose  die 
beiden  Nasenbeine  gebildet.  Sie  werden  durch  die  erwähnten  Fortsätze  der 
Stirnbeine  und  durch  die  perpendikulären  Theile  der  oberen  Zwischenkiefer  von 
einander  getrennt.  Es  sind  platte,  unregelmässig  viereckige  Knochenstücke, 
erscheinen  zuweilen  wie  aus  zwei  Stücken  zusammengesetzt,  und  bewerk- 
stelligen hauptsächlich  die  Formirung  der  oberen  Nasenhölcn, Wand.  An  ihrer 
Seite  haben  sich  in  der  beinahe  unmerklichen  Bildungsmasse  der  seitlichen 
Stirnfortsätze  kleine  Knochenblättchen  entwickelt.  Es  sind  dies  die  Thrä- 
nenbeinchen,  welche,  als  Supplemente  in  der  Gesichtsformation,  die  seitliche 
Wand  der  Nasenhöle  bilden  helfen,  Sie  liegen  ihrer  Genese  nach  zwischen 
den  Stirnbeinen,  von  wo  sie  auswachsen,  und  den  Nasen-  und  Oberkiefer- 
Beinen,  zwischeti  welchen  sie  sich  hineindrängen. 

In  der  Bildungsmasse  des  Oberkiefers  findet  sich  nun  auch  sein  eigent^ 
licJher  Knochen  vor  uns.  Da  der  obere  Kieferapparat  ursprünglich  in  seiner 
Bildungssubstanz  zweierlei  Funktionen  hat,  nämlich  die  Unterstützung  in  der 
Formirung  des  Nasenkanals  und  der  oberen  Mundhölenwandj  so  thut  man  am 
besten,  das  obere  Kiefer-  und  Zwischenkieferbein  in  zwei  Knochen  -  Partieen 
zu  betrachten.  Die  eine  verläuft  mehr  perpendikulär  und  bildet  die  Seiten- 
wand der  Nasenhöle.  Sie  kann  daher  mit  allen  Bestandtheiien  der  letzteren 
in  Berührung  kommen.  Die  zweite  Knochenpartie  verläuft  horizontal,  hilft 
den  oberen  Kieferapparat  im  engeren  Sinne  zusammensetzen,  trägt  die  Zähne 
und  unterstützt  auch  die  Bildung  der  unteren  Nasenwand,  Dieser  horizontale 
Theil  nun  verknöchert  beim  Triton  nicht  so  vollständig  wie  beim  Frosch. 
Wir  haben  schon  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  der  ursprüngliche  Zu-^ 
sammenhang  der  Bildungsraasse  des  Oberkiefers  mit  der  des  Quadratbeines 
sich  hier  nicht,  wie  gewöhnlich,  durch  eine  Knochenbildung  dokumentirt, 
sondern  durch  eine  ligamentöse  Verbindung,  welche  an  der  äusseren  Fläche 
des  rudimentären  Knochenplättchens  vom  oberen  Zahngerüste  der  Schleimhaut 


129 


in  einer  Rinne  desselben  bis  zum  Quadratbein  liin  verläuft.  Diese  ligamen- 
töse  Verbindung  ist  der  Genese  nach  das  Analogon  des  Jugale  Cuviers,  und, 
so  wie  dieses,  nur  als  der  hinterste  Theil  des  oberen  Kieferbeines  zu  betrach- 
ten. Nach  vorn  vereinigt  sich  dieses  horizontale  Stilck  des  oberen  Kiefers 
ganz  innig  mit  dem  entsprechenden  des  oberen  Zwischenkiefers,  welcher 
frühzeitig  sich  entwickelt  hatte.  An  der  unteren  Wand  der  Nasenhöle  schickt 
er  eine  Knochenwucherung  aus,  welche  mit  dem  horizontalen  Fortsätze  des 
ersten"  Seitentheiles  der  SchädelhÖle  in  Berührung  tritt. 

An  dem  oberen  Zwischenkiefer  bemerken  wir  nur  seine  Vereinigung 
mit  den  neu  entstandenen  Knochen  des  Gesichtes.  Der  perpendikuläre 
Theü,  welcher  für  die  vorderste  Bildung  der  oberen  NasenhÖlenwand  be- 
stimmt ist,  verbindet  sich  jetzt  mehr  mit  dem  Nasenbeine.  Der  horizon- 
tale verwächst  innig  mit  dem  gleichen  des  Oberkieferbeines,  entwickelt 
ausserdem  einen  Fortsatz,^ welcher  den  voitdersten  Theil  der  unteren  Nasen- 
hÖlenwand bildet,  und  mit  dem  vorderen  Rande  des  Fortsatzes  vom  ersten 
Seitentheile  der  SchädelhÖle  sich  vereinigt.  Die  Trennungslinien  der  in  der 
unteren  NasenhÖlenwand  zusammengekommenen  Knochenstücke  sind  bei  älte- 
ren Individuen  nicht  mehr  wieder  zu  erkennen.  Die  Gesichtsbasis  ist  bei 
den  Tritonen  noch  unbedeutender  als  bei  den  Fröschen ;  sie  verknöchert  selten. 


III«  Ali^clinitl;* 

Summarische  Uebersicht  der  Resultate  aus  der  Entwickelungsge- 
schichte  der  nackten  Amphibien. 

Kapitel  VII. 

•  Die    ungeschwänzten  ßatrachier. 

•  '  '  §.  96.  Die  Entwickelung  der  ungeschwänzten  Batrachier  ist  für  den 
Embryologen  von  der  grössten  Wichtigkeit.  Sie  giebt  uns  in  schon  heran- 
gewachsenen Individuen  den  oifenbaren  Beweis  einer  Metamorphose  des  ani- 
malischen und  vegetativen  Systems,  welche  wir  zwar  bei  den  Insekten,  doch 

17 


130 


nirgend  bei  den  Wiibelthieren  in  so  merkwürdiger  Art  wiederfinden.  Es 
sind  die  ungeschwänzten  Batrachier  diejenigen  Wirbelthiere,  welche  bei  dem 
Mangel  einer  Gesichtskopfbeuge  uranfänglich  mehr  dem,  unter  den  niederen 
Wirbelthieren  verbreiteten  Typus,  zugehÖren,  nachträglich  aber  eine,  den 
höheren  Amphibien,  Vögeln  und  Säugethieren  sich  annäherende  Form  ent- 
wickeln. Diese  Zwitterbildung  der  Frösche  bedingt  den  ihnen  eigenthümli- 
chen  Larvenzustand,  und  auf  ihr  beruht  Alles,  was  diese  Thiere  vor  den 
übrigen  auszeichnet.  Dieser  Gedanke  möge  uns  daher  durch  die  Entwicke- 
lungs- Metamorphosen  der  ungeschwänzten  Batrachier  geleiten. 

Von  einer  behufs  der  Larvenmetamorphose  eigends  entwickelten  schwar- 
ten Umhiillungshaut  geschützt,  strebt  der  Keim  des  Froscheichens  mit  der 
ersten  Bildung  der  Urplatten  des  Wirbelsystems  sogleich  zu  einer  freieren 
Existenz.  Statt  schmarotzerartig  die  Dotterkugel,  wie  andere  Wirbelthier- 
Embryonen,  zu  umwachsen,  bis  die  typische  Konforttiation  des  Wirbelsystems 
ein  freieres  Auftreten  des  Embryo  möglich  macht,  erhebt  sich  der  Frosch- 
keim sogleich  aufwärts  von  der  Dottersubstanz,  und  die  eben  nur  in  der 
Entwickelung  begriffenen  ürplatten  des  Wirbelsystems  stehen  sogleich  als 
Träger  der  Dotterkugel  da.  Auf  diese  Weise  wird  die  so  merkwürdig  ab- 
weichende, frühe  Form  des  Froschembryo  zu  Wege  gebracht.  Es  ist  eigent- 
lich dieselbe  langgestreckte  Gestalt,  wie  wenn  der  Triton  die  Eihüllen  ver- 
lässt,  nur  ist  das  Wirbelsystem  hier  als  rohste  Anlage  vorhanden  und  trägt 
die  viel  voluminösere  Dotterkugel. 

§.  97.  An  diesem  plumpen,  unförmlichen,  kaum  zwei  Linien  lan- 
gen Embryo,  an  welchem  das  Schwanzende  durch  sein  spitzes  Auslaufen  sich 
leicht  markirt,  befinden  sich  schon  ganz  vorn  die  in  der  Entstehung  be- 
griffenen Saugnäpfchen,  welche,  aus  der  schwarzen  Umhüllungshaut  durch 
Faltenbildung  sich  entwickelnd,  das  einfache  Befestigungs- Organ  der  Frosch- 
embryonen darstellen.  Ueber  denselben  in  einem  nur  sehr  geringen  Abstände 
sieht  man  in  der  Stirnwand  die  kleinen  Erhöhungen  für  die  Augenrudimente, 
hinter  ihnen  die  erhabene  Wulst,  welche  durch  das  Herz  mit  seinen  Aorten- 
bogen hervorgetrieben  wird.  Bald  darauf  werden  die  Rückenplatten  des 
Kopfes  durch  die  grössere  Ausbildung  des  Gehirnes  deutlicher,  und  von 
dem    bis    dahin    nicht    zu    unterscheidenden   Visceralstreifen    wächst  all- 


131 


mählig  der  erste  Visceralfortsatz  in  gerader  Richtung  nach  unten  gegen  die 
Saugnäpfchen  hervor.  Seine  Anheftungsstelle  an  die  Schädelhöle  hat  sich, 
begünstigt  von  der  geringen  Entwickelung  des  Auges,  mehr  an  die  vordere 
Partie  des  ersten  Schädelwirbels  hin  erstreckt.  Noch  hat  derselbe  den  re- 
spektiven  der  anderen  Seite  nicht  erreicht,  noch  ist  der  zweite  Visceralfort- 
satZi  lange  nicht  vorhanden ,  aber  die  Saugnäpfchen  sind  dienstfähig ,  und  dep 
so  ausgebildete  Embryo,  geschützt  von  der  schwarzen  ümhüllungshaut,  verlässt 
seine  Eihüllen,  wird  mechanisch  an  die  Pflanzentheilchen  befestigt  und  ver- 
räth  kein  anderes  Lebenszeichen,  als  den  Wachsthum  und  die  nur  selten  er- 
folgenden Seitenkrümmungen  des  Embryonalkörpers.  Zwischen  den  noch 
unvereinigten  ersten  Visceralfortsätzen  befindet  sich  die  in  der  perpendiku- 
lären  Axe  des  Embryo  verlaufende,  einfache  Spalte  des  vorderen  Visceral- 
röhren- Einganges.  Mit  diesen  ersten  Spuren  einer  Kopfentwickelung  tritt 
schon  der  Froschembryo  aus  seinen  Eihüllen  und  vollführt  nun  erst  seine 
tj'^pische  Konformation  bei  schon  freier  Existenz  in  seinem  künftigen 
Elemente. 

DieSchädelhöIe.  ^  ^ 

§.  98.  Die  Rückenplatten  des  Kopfes  bilden  sich  ohne  besonders  au- 
genscheinliche Entwickelungsmomente  aus  der  präformirten  Rölire  des  serösen 
Blattes  und  werden  anfangs  durch  das  Residuum  derselben,  der  Membrana 
reuniens  superior ,  zu  einer  Höle  zusammengeJialten.  Mit  der  kräftigeren  Aus- 
bildung des  Gehirnes  erkennt  man  aucli  die  Wirbeiabtheilungen  deutlicher, 
doch  müssen  die  leicht  kenntlichen  Wirbel  des  Rumpfes,  die  bei  allen  Wir- 
belthieren  stetige  Lage  des  Auges  an  dem  ersten,  die  des  Ohrlabyrintbes, 
zwischen  dem  dritten  und  zweiten  Wirbel,  später  die  Visceralbogen  und  das 
durchschimmernde  Gehirn  selbst  als  wesentliclie  Hilfe  in  der  Wirbel -Unter- 
scheidung dienen.  Ohne  dass  die  vordere  Schädclpartie  durch  eine  Beugung 
( Gesichtskopf  beuge  )  für  das  Gesicht  melir  isolirt  wird,  also  in  dem  allgemei- 
nen Plane  der  ganzen  niederen  Wirbelthicr -Abtheilung,  verwandelt  sich  die 
Biidungsmasse  der  Schädelhöle  nach  und  nach  in  eine  eiufaclie,  zusammen- 
hängende Knorpelröhre,  welche  an  der  Basis  und  den  Seitentheilcn  etwas 
dicker,  in  der  oberen  Schlussdecke  mehr  membranartig,  überall  aber  in  einer 
Kontinuität  verläuft.  Sie  ist  also  ohne  alle  Wirbelabtheilung,  eine  vollkommen 

17*- 


132 

geschlossene  Gehirnkapsel,  die  nur  den  Nerven  einen  Durchgang  gestattet. 
An  den  Seitentheilen  befinden  sich  das  Auge  und  der  Ohrlabyrinthknorpel, 
ohne  auch  nur  im  Mindesten  anfänglich  die  knorplige  Schädelhöle  zu  beein- 
trächtigen, vielmehr  lose  anliegend,  Ersteres  dehnt  sich  während  des  Wachs- 
thumes nach  hinten  über  den  ersten  Schädelwirbel  hinweg,  bis  in  den  zwei- 
ten hinein.  Das  Ohrlabyrinth  dagegen  erweitert  sich  etwas  nach  vorn  dem 
Auge  entgegen.  Beide  wenden  sich  zugleich  etwas  nach  unten  und  üben  so 
ihren  Einfluss  auf  die  Schädelpartie  der  Yisceralbogen  aus.  Die  Schädelhöle 
ist  die  einzige  Partie  des  Kopfes,  welche,  bis  auf  die  geringe  Aenderung  in 
der  Verbindung  mit  dem  Rumpfe,  keinen  Antheil  an  der  Larven -Metamor- 
phose nimmt.  Sie  geht  ganz  so,  wie  sie  typisch  gebildet  vor  uns  liegt,  in 
Ossifikation  über. 

5.99.  B<3i  diesem  Prozesse  treten  nun,  wie  bei  allen  Wirbelthieren,  die 
Abtheilungen  der  Schädelwirbel  namentlich  an  der  oberen  Decke  und  den  Sei- 
tentheilen deutlicher  hervor.  Die  Gehirndecke  wird  in  fünf  Stücken  ossifizirt; 
für  den  ersten  Wirbel  zwei  Stirnbeine,  für  den  zweiten  zwei  Scheitelbeine 
und  für  den  dritten  die  einfache  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines.  Letztere 
bleibt  bei  mehren  Species  der  Gattung  Rana  stets  knorplig  und  wird  über- 
haupt durch  die  kräftige  Ossifikation  und  durch  die  Ausdehnung  der  Scheitel- 
beine nach  hinten  sehr  beeinträchtigt.  In  den  alten  Individuen  ist  kaum 
noch  die  frühere  Trennung  der  einzelnen  Stücke  zu  erkennen. 

Von  dem  Seitentheile  der  Gehirnkapsel  geht  die  dem  zweiten  Wirbel 
«ntsprechende  Partie  dadurch  verloren ,  dass  der  Ohrlabyrinthknorpel  gänzlich 
mit  ihr  verschmilzt  und  an  ihrer  Stelle  die  Vervollständigung  der  Gehirn- 
kapsel übernimmt.  Die  Seitentheile  des  dritten  Schädelwirbels  entwickeln 
sich  kräftig  zu  den  Gelenkköpfen  für  die  Rumpfwirbelsäule.  Unter  ihrer 
Vergrösserung  und  individuellen  Ausbildung  leidet  der  Körper  und  die  Schuppe 
des  Hinterhauptsbeines.  _Am  grössten  sind  die  Seitentheile  des  ersten  Schädel- 
Wirbelbogens ,  an  deren  äusserer  Fläche  das  Auge  hauptsächlich  anliegt.  Sie 
gehen  erst  spät  in  Ossifikation  über,  dann  aber  besonders  vorn,  wo  die  Ossa 
palatina  ansitzen  und  das  Gesicht  sich  vorlagert,  sehr  kräftig,  so  zwar,  dass 
man  sie  mit  der  ganzen  vordersten  Schädel -Partie  und  einer  unbedeutenden 
Knochenmasse   zwischen   den  Stirn-  und  Nasenbeinen  (entsprechend  einer 


V 


133 

frühen  weissliclieu  Bildungsmasse  ebendaselbst?)  für  einen  gesonderten,  beim 
Frosche  gar  nicht  stattfindenden  Knochen,  das  os  ethmoideumy  zu  halten  sich 
berechtigt  gefühlt  hat.  Die  Pars  squamosa  und  mastoidea  des  Schläfenbeines 
haben  wir  beim  Frosche  nicht  mehr  vorgefunden. 

An  der  Basis  der  Schädelhöle  wird  der  Körper  des  dritten  Wirbels 
durch  die  entsprechenden  Seitentheile  sehr  beeinträchtigt,  ist  nui-  im  verküm- 
merten Zustande  bei  älteren  Individuen  vorhanden  und  wird  sehr  spät,  oft 
gar  nicht  ossifizirt.  Die  Körper  des  zweiten  und  dritten  Schädelwirbels  ver- 
knöchern gleichfalls  erst  spät  und  in  dem  Maasse  weniger  kräftig,  als  ein 
knöchernes  Gebilde  des  Schleimblattes,  das  fälschlich  sogenannte  sphenoideum 
basilare^  während  der  Ossifikation  mit  ihnen  sich  vereinigt  und  die  ausserwe- 
seiitliche  Funktion  derselben,  die  Mundhöle  zu  decken,  übernimmt.  Dieses 
Knochenblättchen  bildet  sich  in  länglicher,  hinten  an  den  Seiten  breiter  wer- 
dender Gestalt  aus  der  Schleimhaut  des  vegetativen  Systems  um  die  Zeit, 
Wann  die  Froschlarve  ihre  inneren  Kiemen  entwickelt.  Es  liegt  dann  ganz 
lose,  nur  mit  ihrem  Muttergebilde  in  Verbindung,  an  der  Schädelbasis  an. 
Ist  die  Metamorphose  der  Larve  zum  entwickelten  Thierc  vollendet,  so  dehnt 
es  sich  hinten  über  die  Ohrlabjrintliknorpel  aus,  verwächst,  in  sehr  alten  In- 
dividuen kaum  noch  trennbar,  mit  der  entsprechenden  Basis  der  Gehirnkapsel 
und  formirt  deren  äussere  Lamelle.  Nur  die  Basis  des  Hinterhauptsbeines  und 
die  vorderste  Partie  des  ersten  Schädelwirbelkörpers  auf  ihrem  Uebergange 
zum  Gesicht  sind  von  dem  knöchernen  Gebilde  des  Schleimblattes  nicht  be- 
deckt. Letztere  wird  sowohl  aus  diesem  Grunde,  als  auch  wegen  der  Anlage  der 
Ossa  palaiina  und  des  Gesichtes  sehr  kräftig  ossifizirt  und  von  den  Anatomen 
mit  Unrecht  zum  Os  ethmoideum  hingezogen. 

D  i  e   V  i  s  c  e  r  a  1  h  Ö  1  e. 

§.  100.  Wie  der  Tnbus  intestinalis  in  der  Visceralhöle,  so  erleidet  auch 
diese  letztere  am  Kopfe  bei  der  Larven -Metamorphose  die  meisten  Verände- 
rungen; die  Beschaffenheit  des  Darmkanals  geht  mit  der  der  Mundhöle  durch 
die  ganze  Wirbelthier- Reihe  stets  Hand  in  Hand.  ,u/i^ 

Die  Visceralhöle  der  ungeschwänzten  Batrachier  wird  typisch  durch 
zwei  Visceralbogen  und  durch  das  üebergangsstück  der  Visceralplatte  des 
Kopfes  zu  der  des  Rumpfes,  den  Kiemenbogenträger ,  konformirt.    Der  erste 


134 


Visceralfortsatz  wächst,  das  Herz  hinterwärts  drängend,  in  dem  allgemeinen 
Plane  der  niederen  Wirbelthier- Abtheilung  mit  seiner  Basis  in  einer  und 
derselben  Richtung  gerade  nach  unten,  um  mit  dem  der  anderen  Seite  den 
ersten  Visceralbogen  zu  bilden.  Nur  sein  Anheftungspunkt  fällt,  begünstigt 
vorzüglich  durch  die  noch  geringe  Ausbildung  der  Augen,  wie  bei  den  hö- 
heren Wirbelthieren,  mehr  nach  dem  vorderen  Ende  des  ersten  Schädelwir- 
belbogens.  Beide  ersten  Visceralfortsätze  formiren  den  vorderen  Schluss  der 
VisceralhÖle  des  Kopfes  und  zwischen  ihnen  befindet  sich  der  durch  eine 
perpendikulär  verlaufende,  einfache  Spalte  gebildete  Eingang  derselben,  wel- 
cher sich  zur  Mundpifnung  raetamorphosirt.  Die  Vereinigung  der  ersten  Vis- 
ceralfortsätze, welche  durch  ihr  Fortwachsen  die  unten  anliegenden  Saug- 
grübchen mehr  und  mehr  nach  unten  drängen,  geschieht  durch  ein  etwas 
gesondertes,  aus  zwei  Theilen  bestehendes  Mittelstück.  Dasselbe  erhält  auch 
eine  von  dem  ganzen  Bogen  abweichende ,  nach  unten  und  vorn  sich  hinneigende 
Richtung  und  tritt  während  der  Larvenzeit  als  untere  Mundbegrenzung  auf. 

Hinter  den,  ersten  Visceralfortsätzen  wachsen  die  zweiten  durch  eine 
Spalte,  der  ersten  Visceralspalte,  von  jenen  getrennt  hervor.  Sie  befestigen 
sich,  dem  zweiten  Schädelwirbelbogen  entsprechend,  unmittelbar  vor  und  et- 
was unter  der  Ohrlabyrinth- Anlage  an  das  Schädelgewölbe.  Gerade  hinunter 
sich  entwickelnd,  drängen  sie  wiederum  das  Herz  mit  seinen  Aortenbogen 
zurück.  Beide  vereinigen  sich  dann  zu  dem  zweiten  Visceralbogen,  von 
dessen  einfachem,  noch  häutigem  Mittelstücke  die  Membrana  reuniens  inferior 
in  zwei  über  einander  liegenden  Blättern,  um  die  Herzhöle  zu  bilden,  zu 
der  Rumpfvisceralröhre  übergeht.  Ohne  dass  ein  dritter  Visceralbogen  von 
dem  Schädelgewölbe  herabwächst,  wird  der  zweite  durch  eine  Spalte,  der 
zweiten  Visceralspalte,  von  der  Rumpf- Visceralplatte  getrennt. 

Nur  als  Analogon  eines  dritten  Visceralbogens  entwickelt  sich  in  dem 
oberen  Blatte  der  Herzhöle,  welches  unten  zwischen  dem  Mittelstücke  des 
zweiten  Visceralbogens  und  der  Rumpfvisceralhöle  sich  befindet  und  die 
zweite  Visceralspalte  begrenzt,  etwas  später  der  von  uns  so  genannte  Kie- 
menbogenträger. 

Die  aus  dem  ersten  und  zweiten  Visceralbogen  und  aus  dem  Kiemen- 
bogenträger  typisch  konforjnirte  Kopf  -  VisceralhÖle  bildet  sich  z-un^chst  indi- 


135 


viduell  für  die  Larvenzeit  der  froschartigen  Thiere  aus.  Die  erste  Visce- 
ralspalte  schliesst  sich  oben  mehr  durch  Vereinigung  der  entsprechenden 
Bildungsmassen  selbst,  unten  mehr  häutig.  Die  zweite  metamorphosirt  sich 
zur  äusseren  Kiemenspalte,  wird  durch  die,  mehr  von  der  äusseren  Fläche 
des  zweiten  Visceralbogens  nach  hinten  wachsenden,  häutigen  Kiemendeckel 
geschützt  und  lässt  die  äusseren  Kiemen  durch  sich  heraustreten.  Das  aus 
zwei  Theiien  bestehende  Mittelstück  des  ersten  Visceralbogens,  rüstet  sich 
mit  zwei  aus  der  schwarzen  ümhüllungshaut  gebildeten,  braungefärbten,  hor- 
nigen Lamellen,  und  fungirt  als  untere  Mundbegrenzung. 

§.  101.  Jetzt  sondert  sich  die  Bildungsmasse  für  die  Froschlarve ; 
Muskeln  und  Knorpel  entwickeln  sich;  Knochengebilde  durften  wegen  der 
späteren  Metamorphosen  noch  nicht  konstituirt  werden. 

In  der  dem  Schädelgewölbe  unmittelbar  anliegenden  Partie  der  oberen 
Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  bleibt  der  Bildungsprozess  während 
der  Larvenzeit  latent.  Desto  auffallender  entwickelt  sich  das  üebergangs- 
stück  zu  der  unteren  Abtheilung,  und  wird  zum  Quadratbeinknorpel.  Derselbe 
ist  für  die  Larve  und  deren  spätere  Metamorphose  von  der  grössten  Wich- 
tigkeit. Er  liegt  während  der  Larvenzeit  mit  der  unteren  Abtheilung  und 
der  ruhenden  Partie  der  oberen  des  ersten  Visceralbogens,  wie  dieser  letz- 
tere typisch  konformirt  ist,  noch  in  derselben  geraden  Richtung.  Der- 
selbe übernimmt  die  Befestigung  der  unteren  Abtheilungen  des  ersten 
Und  zweiten  Visceralbogens  an  den  Schädel  durch  Hervorbildung  eines 
nach  oben  wachsenden  platten  Knorpels,  des  Orbitalfortsatzes,  welcher  sich 
ligamentös  an  den  vorderen  Theil  der  Stirnwand  anheftet.  Nach  oben  geht 
er  häutig  in  die  brachliegende  Partie  des  ersten  Visceralbogens  (os  palaii' 
num  et  pteri/goideum) ,  nach  unten  trägt  er  gelenkig  dessen  untere  Abthei- 
lung  (Meckelschen  Knorpel),  nach  hinten  endlich  setzt  er  sich  mit  der 
oberen  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  in  Verbindung  und  Uberuimmt 
sogar  die  bewegliche  Befestigung  der  unteren  Abtheilung  (Suspensorium 
des  Zungenbeines),  welche  den  häutigen  Kiemendeckel  trägt. 

Aus  der  unteren  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  bildet  sich  der 
Meckelsche  Knorpel  und  zwischen  den  beiden  jederseits  das  aus  zwei  Thei- 
ien bestehende  Mittelstück,  der  uneigentliche  so  genannte  untere  Zwischen- 


136 


kiefer,  welcher  mit  hornigen  Lamellen  versehen,  die  untere  Mundbegrenzung 
gegenwärtig  darstellt.  Genetisch  ist  es  als  das  individuell  für  die  Froschlarve 
entwickelte,  keilförmige  Schlussstück  der  Meckelschen  Knorpel  anderer  Wir- 
belthiere  anzusehen.  Die  Verbindung  desselben  mit  den  Meckelschen  Knor- 
peln ist  nicht  gelenkig. 

Zu  gleicher  Zeit  haben  sich  auch  die  Knorpel  des  zweiten  Visceral- 
bogens  gebildet.  Die  obere  Abtheilung  desselben  formirt,  vor  dem  Ohrlaby- 
rinth gelegen,  einen  mehr  ungestalteten  Knorpel,  welcher  mit  dem  des  Qua- 
dratbeines sich  in  Verbindung  setzt,  und  auch  die  Befestigung  der  unteren 
Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  demselben  übergiebt.  Diese  letztere 
Abtheilung,  jetzt  der  eigentliche  Kieraendeckelträger ,  später  das  Zungenbein- 
Suspensorium ,  steht  mit  dem  der  anderen  Seite  durch  ein  einfaches,  plattes 
Knorpelstuck,  den  Zungenbeinkörper,  in  Verbindung.  Dieses  letzt  genannte 
Mittelstück  geht  in  die  knorplige  Membran  des  oberen  Blattes  der  Herzhöle, 
den  Kiemenbogenträger,  über,  welcher  sich  nach  hinten  in  die  Rumpf- Visce- 
ralhÖle  verliert. 

Das  ist  das  Verhalten  der  knorpligen  VisceralhÖle  im  Larvenzustande, 

§.  102.  Während  nun  die  Kiemen  verkümmern  und  die  Lungen  sich 
entwickeln,  das  Schwanzende  resorbirt  wird  und  die  Extrimitäten  in  ihre 
Funktion  eintreten,  während  die  schwarze  Umhüllungshaut  und  ihre  Gebilde  hin- 
schwinden, und  endlich  die  merkwürdige  Metamorphose  des  Darmkanals  ein- 
tritt, sehen  wir  auch  in  der  Kopfvisceralhöle  hauptsächlich  jene  interessante 
Verwandlung  erfolgen,  wodurch  der  Frosch  den  höheren  Wirbelthieren  theil- 
weise  näher  gestellt  wird  und  als  ausgebildetes  Individuum  gewissermaassen  die 
üebergangsstufe  zu  ihnen  einnimmt:  sie  erhalten  ein  Gaumen-  und  Fiti- 
ge Ib  ein.  Bevor  die  eigentliche  Metamorphose  beginnt,  sehen  wir  noch  zuerst 
an  der  äusseren  Fläche  des  Meckelschen  Knorpels  den  Bildungsstreifen  des 
Unterkiefers,  und  an  dem  vorderen  äusseren  Rande  des  Quadratbeinknorpels 
und  seines  Orbitalfortsatzes  einen  zweiten,  für  das  Os  tympanicum  bestimmt, 
sich  hervorbilden.  Ausserdem  wird  die  bisher  ruhig  daliegende  Partie  der 
oberen  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  knorplig  und  theilt  sich  allmäh- 
lig  in  zwei  Stücke,  für  das  Gaupien-  und  Flagelbein,  welche  gegenwärtig 


137 

mit  den  übrigen  Knorpeln  des  ersten  Visceralbogens  noch  ziemlich  den  ur- 
sprünglichen ,  geraden  Verlauf  erkennen  lassen. 

Nun  beginnt  die  Metamorphose  und  besteht  darin,  dass  der  Quadrat- 
beinknorpel mit  allen  Theilen,  die  an  ihm  hangen,  einen  Rückzug  nach  dem 
Ohrlabyrinth -Knorpel  unternimmt.  Das  Hinschwinden  der  Kiemenbogen  mit 
ihren  Kiemen  und  die  theilweise  oder  bei  einigen  Fröschen  auch  gänz- 
liche Verkümmerung  der  oberen  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  kommt 
ihm  hiebei  zu  Hilfe.  Zu  dem  Ende  giebt  der  Orbitalfortsatz  seine  Ver- 
bindung mit  der  Stirnwand  auf,  verlängert  sich  unter  dem  Auge  hin- 
weggehend nach  hinten  und  wird  an  das  Ohrlabyrinth  befestigt.  So  fixirt, 
bewegt  sich  nun  die  untere  Partie  des  Quadratbeinknorpels  mit  den  anhangen- 
den Theilen  immer  weiter  nach  hinten  bis  in  die  bekannte  Lage  bei  dem  ent- 
wickelten Thiere.  Während  das  Gaumenbein  in  seiner  Lage  vorn  am  Schä- 
del verbleibt,  folgen  ihm  das  Flügelbein  mit  dem  anliegenden  Bildungs- 
streifen des  Oberkiefers  und  der  Meckelsche  Knorpel  mit  seinem  Unterkiefer, 
indem  sie  sich  nacli  hinten  vergrössern.  Die  uncigentlich  so  genannten ,  unteren 
Zwischenkiefer  übergeben  die  Funktion,  die  untere  Mundbegrenzung  zu  for- 
miren,  den  Meckelschcn  Knorpeln  und  av erden  als  mittleres  Schlussstück 
wiederum  mit  denselben  gleichsam  einverleibt,  um  eine  den  übrigen  Wir- 
belthieren  analogen  Bogen  zu  bilden. 

Vom  zweiten  Visceralbogen  verkümmert  bei  einigen  Frosch gattungen 
die  obere  Abtheilung  gänzlich,  bei  anderen  verwandelt  sie  sich,  analogisch 
dem  Stapes  und  der  Columella  der  höheren  Wirbelthiere ,  zu  den  Gehörknö- 
chelchen der  ungescliAvänzten  Batrachier,  Von  der  unteren  Abtheilung  erhält 
sich  ein  schmaler  Knorpelstreifcn  als  Suspensorium  des  Zungenbeines,  wäh- 
rend das  Mittelstück  mit  dem  Kiemenbo'genträger  als  Körper  und  als  lau- 
tere Hörner  desselben  fungirt.  Nach  dem  Hinschwinden  der  Kiemen  und 
Kiemenbogen  schliesst  sich  die  zweite  Visceralspalte  vollends^,  und  die  Visce- 
ralplatten  des  Kopfes  und  Rumpfes  berühren  sich  hier  unmittelbar. 

§.  103.  Während  der  Verknöcherung  Averden  nun  im  ersten  Visceral- 
bogen die  Knorpel  des  Gaumen-  und  Flügelbeines  ganz  so  ossifizirt,  wie  sie 
nach  der  Metamorphose  sich  darstellen.  Der  Meckelsche  und  Quadratbein- 
Knorpel    dagegen   verkümmern  zum  grössten  Theilcj    indem  zugleich  ihre 

18 


138 


Aassengebilde,  der  Unterkiefer  und  das  Paukenbein,  sich  kräftiger  entwickeln.  Es 
erhalten  sich  vom  Quadratbein  hauptsächlich  das  Gelenkstück  für  den  Meckelschen 
Knorpel,  und  eine  feine  Knochenlamelle,  welche  zwischen  dem  Flügelbein  und 
dem  OS  tympanicum  gelagert  istj  von  dem  Meckelschen  Knorpel  das  Verbindungs- 
stück mit  dem  Quadratbein,  das  spätere  eigentliche  Gelenkstück  des  Unterkiefer- 
Apparates,  und  das  während  der  Larvenzeit  als  unterer  Zwischenkiefer  fungi- 
rende  Mittelstück,  welche  beide  durch  den  eigentlichen  Unterkiefer  in  Ver- 
bindung gehalten  werden.  Auf  Kosten  dieser  verkümmernden  Visceralknorpel 
entwickeln  sich  daher  kräftiger  die  Aussengebilde  derselben,  das  Pauken  -  und 
eigentliche  Unterkieferbein,  und  stellen  so  einen  ähnlichen  Gürtel  am  Kopfe 
/dar,  wie  der  Brust-  und  ßeckengürtel  am  Rumpfe.  Ein  unterer,  eigentli- 
cher Zwischenkiefer  bildet  sich  nicht. 

Am  zweiten  Visceralbogen  nimmt  die  Ossifikation  ohne  Veränderungen 
der  bestehenden  Knorpel  ihren  ruhigen  Fortgang.  Den  Zungenbeinkörper 
betrachten  wir  wieder  gemeinschaftlich  mit  dem  Kiemenbogenträger. 

Der  Kiemenbogenträger. 

5.  104.  Von  dem  Mittelstücke  des  zweiten  Visccralbogens  geht  die 
3Iemhrana  reuniens  inferior  in  zwei  Blätter,  welche  die  Herzhöle  formiren, 
zur  Rumpfvisceralhüle  über.  Seitlich  liegen  diese  Blätter  beisammen  und  be- 
grenzen die  zweite  Visceralspalte ,  hinten  bleiben  sie  offen  und  gestatten  der 
Herzhöie  eine  Kominunikation  mit  der  Rumpfvisceralliöle.  Während  nun  das 
untere  Blatt  als  solches  sich  erhält,  setzt  sich  in  dem  oberen  das  Mittelstück 
des  zweiten  Visceralbogens  mit  der  Rumpfvisceralplatte  in  Verbindung.  Auf 
diese  Weise  bildet  sich  in  demselben  eine  knorplige  Membran  aus,  welche 
mit  dem  Mittelstücke  des  zweiten  Visceralbogens,  dem  Zungenbeinkörper,  in 
enger  doch  trennbarer  Verbindung  steht,  seitlich  nach  hinten  durch  den  vier- 
ten uneigentlichen  Kiemenbogen  an  die  Visceralplatte  des  Rumpfes,  und  un- 
mittelbar hinterwärts  an  die  Cariilagines  arytaenoideae  grenzt.  Ihre  grösste 
Ausbildung  besteht  in  der  Larvenzeit,  während  welcher  sie  die  drei  knorpli- 
gen Kiemenbogen  trägt,  und  daher  der  Kiemenbogenträger  genannt  wird. 

Wenn  nun  die  drei  eigentlichen  Kiemenbogen  mit  ihren  Kiemen  und 
Aortenästen  in  dem  Verküramerungsprozess  vergehen,  so  schrumpft  auch  die 
,  knorplige  Membran  des  Kiemenbogenträgers  etwas  zusammen,  und  nur  sein 


m 

hinterer,  seitlicher  Anhang,  der  vierte  uneigentliche  Kiemenbogen ,  bildet 
sich  kräftiger  zu  dem  sogenannten  Cornu  posterius  s.  thyreoideum  des  Zun- 
genbeines aus.  Genetisch  ist  dieses  letztere  mit  dem  hinteren  Stücke  des 
cornu  posterius  der  Tritonen  und  mit  dem  os  pharyngeum  inferius  der  Fische 
zu  vergleichen.  Während  der  Ossifikation  wird  dasselbe  mit  dem  Suspenso- 
rium des  Zungenbeines  ziemlich  gleichzeitig  knöchern.  Der  Haupttheil  aber 
des  Kiemenbogenträgers  verschmilzt  inniger  mit  dem  Mittelstücke  der  beiden 
Suspensoria,  bildet  mit  denselben,  kaum  noch  trennbar,  den  sogenannten  Kör- 
per des  Zungenbeines  der  froschartigen  Thiere  und  verbleibt  mit  ihnen  mei- 
stens im  knorpligen  Zustande. 

DasGesicht. 

§.  105.  Behufs  der  typischen  Konformation  des  Gesichtes,  dem  Ver- 
bindungstheil«  beider  Röhren  des  Wirbelsjstems  zur  Formirung  der  Nasen- 
und  auch  der  Mundhöle,  entwachsen  die  paarigen  Nasenfortsätze  der  Schä- 
delhöle  (Stirnwand),  und  die  paarigen  Biidungsmassen  der  Oberkiefer  der 
Visceralröhre  (obere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens ),  und  vereinigen 
sich  an  der  sie  stützenden  Gesichtsbasis,  einer  unmittelbaren  Verlängerung 
des  Grundtheiles  der  Gehirnkapsel.  Dadurch  wird  die  Nasenhöle,  in  zwei 
Kanäle  durch  die  Gesiclitsbasis  getrennt,  gebildet.  Oben  befinden  sich  die 
Nasenfortsätze,  seitlich  die  Bildungsmassen  der  Oberkiefer,  unten  wiederum 
die  letzteren  in  Gemeinschaft  mit  der  Gesichtsbasis.  Die  auf  diese  Weise 
zusammengesetzte  untere  Wand  der  Nasenhöle  dient  zugleich  als  obere  Decke 
(Gaumendecke)  der  Mundhöle j  hinten  stossen  die  Anfänge  des  ersten  Vis- 
ceralbogens unmittelbar  daran.  Während  nun  eine  weissliche,  für  die  typi- 
sche Gesichtsbildung  weniger  wesentliche  Bildungsmasse  zwischen  den  Nasenfort- 
sätzen und  der  Stirnwand,  als  Ersatz  für  die  fehlenden  Thränenbeinfortsätze, 
sich  zeigt  und  bald  darauf  sich  unseren  Blicken  entzieht,  wird  das  Gesicht 
vollständig  durch  die  paarigen  Bildungsmassen  des  oberen  Zwischenkiefers 
konformirt.  Diese  entwickeln  sich  hauptsächlich  von  der  Gesichtsbasis  aus- 
gehend zwischen  die  Nasen-  und  Oberkieferfortsätze.  Sie  lassen  sich  als- 
bald, um  die  Larvenform  der  Frösche  zu  individualisiren,  seitlich  den  Ober- 
kiefern vorbeiwachsend  auf  den  ersten  Visceralbogen  (Meckelschen  Knorpeln) 
nieder,  so  zwar,  dass  sie,  mit  hornigen  Lamellen  sich  bewaffnend,  allein  jetzt 


140 


die  obere,  und  die  uneigentlich  so  genannten  unteren  Zwischenkiefer  die 
untere  Mundbegrenzung  formiren. 

§.  106.  An  der  Absonderung  von  härteren ,  vorzüglich  knorpligen 
Gebilden  nehmen  während  der  Larvenzeit  die  Bildungsmassen  der  Oberkie- 
fer und  auch  der  Gesichtsbasis  keinen  Antheil.  Nur  die  Nasenfortsätze  und 
die  oberen  Zwischenkiefer  bilden  die  für  die  Froschlarve  eigenthümlich  ge- 
formten Knorpel,  in  der  Art,  dass  die  ersteren  sich  mächtig  nach  vorn  ver- 
längern und  die  Hauptstütze  der  letzteren  übernehmen. 

Sobald  die  Froschlarve  ihr  individuelles  Leben  beendet,  und  die  grosse 
Metamorphose  zum  entwickelten  Thiere  ihren  Anfang  nimmt,  so  individuaii- 
siren  sich  auch  die  bisher  briachliegenden  Bildungsmassen  der  Oberkiefer. 
Es  werden  weissliche  Bildungsstreifen ,  die  Anlagen  der  Oberkieferbeine, 
sichtbar,  welche  nach  hinten,  dem  ürtypus  gemäss,  bis  zum  Quadratbein  zu 
verfolgen  sind.  Sie  übernehmen  gemeinschaftlich  mit  den  oberen  Zwischen- 
kiefern, welche  jetzt  in  ihrer  ursprünglichen  Lage  sich  wieder  zurückziehen, 
die  obere  Mundbegrenzung,  sowie  der  Meckelsche  Knorpel  mit  seinem  ein- 
verleibten Schlussstücke  (der  uneigentliche  so  genannte  untere  Zwischenkie- 
fer) und  mit  dem  eigentlichen  Unterkiefer  die  untere.  Dem  Rückzüge  des 
Quadratbeinknorpel  muss  auch  der  Oberkiefer  folgen ,  indem  er  sich  mehr  und 
mehr  nach  hinten  erweitert.  Auch  die  Gesichtsbasis  verknorpelt  und  be- 
festigt, in  Gemeinschaft  mit  den  Oberkieferbeinen,  die  allein  jetzt  nur  vor- 
handenen horizontalen  Theile  der  oberen  Zwischenkiefer,  während  die  Na- 
senbeinknorpel am  vorderen  Ende  verkümmern  und  in  ihre  ursprüngliche 
Lage  zurückgehen. 

§.  107.  Während  der  Ossifikation  verknöchern  nun  die  genannten 
härteren  Gebilde  des  Gesichtes  in  den  bekannten  Formen.  Zu  den  horizon- 
talen Theilen  der  oberen  Zwischenkiefer  bilden  sich  ohne  deutlich  vorange- 
gangene Knorpelbildung  die  aufsteigenden,  perpendikulären  Aeste.  Die  Bil- 
dungsstreifen der  Oberkieferbeine  werden  in  zwei  Stücken  ossifizirt.  Die 
vorderen  sind  mit  Zähnen  bewaffnet  und  dienen  zugleich  der  Nasenhölenbil- 
dung:  sie  sind  die  bisher  eigentlich  so  genannten  Oberkieferbeine.  Die 
hinteren  unterhalten  die  ursprüngliche  Verbindung  mit  dem  Quadratbein, 
helfen,  ohne  Zähnchen  zu  bilden,  die  obere  Mundbegrenzung  formiren  und 


I 


141 


sind  unter  dem  Namen  ,,Jugale  Cuv.,  os  qiiadrato-maxillare  Hall,  etc.''^  be- 
kannt. In  den  Nasenkanälen  sehen  wir  die  Schneidersche  Membran  ohne  alle 
härteren,  unmittelbaren  Stützen  (os  ethmoideim)  sich  ausbreiten''^).  Bei  älte- 
ren Fröschen  zeigt  sich  nur  noch  während  der  Ueberhandnahme  des  Ossifi- 
kations- Prozesses  in  der  unteren  Wand  der  Nasenkanäle  jederseits  das  mit 
Unrecht  so  genannte  Pflugschaarbein.  Die  Bildungsmassen  der  Oberkiefer, 
Gesichtsbasis  und  auch  des  angrenzenden  Visceralbogens  helfen  bei  der  Her- 
A'orbildung  desselben.  Nach  der  Funktion  könnte  man  es  das  untere  Nasen- 
bein oder  auch  die  Gaumenplatten  nennen,  zumal  es  bei  den  Fröschen  weit 
mehr  als  das  Gaumenbein  selbst  die  obere  Decke  der  Mundhöle  formirt. 
Auch  ist  zu  bemerken,  dass  um  diese  Zeit  zwischen  den  Stirn-  und  Nasen- 
beinen eine  unbedeutendere  Knochenmasse,  entsprechend?  der  weisslicheni 
Bildungsmasse  an  ebenderselben  Stelle ,  sich  hervorbildet, 

M  a  II  t  t  c  1  ^^III.  '"^^ 

Die    geschAvänztenBatrac  hier. 

%.  108.  Ist  die  Entwickelungsgeschichte  der  froschartigen  Thiere  so 
höchst  interessant  durch  ihre  eigenthümliche  Larven -Metamorphose ,  so  wird 
es  die  der  Tritonen  durch  den  ungetrübteren,  leichter  zu  verfolgenden  Ver- 
lauf. Die  geschwänzten  Batrachier  veränderen  sich  in  der  That  von  der 
ursprünglichen  Konformation  des  Wirbelsystems  nur  wenig;  man  erkennt,  von 
den  Extremitäten  absehend,  in  dem  eben  aus  dem  Ei  gekrochenen  Triton 
die  allgemeine  Form  des  alten  sehr  leicht  wieder.  .  , 

Ein  zweites  nicht  minder  wichtiges  Interesse  gewährt  die  Bildungsge- 
schichte des  Triton  dadurch,  dass  sie  uns  so  augenscheinlich  die  Art  und 
Weise  darlegt,  wie  die  Natur  bei  noch  mangelhafter  Ausbildung  des  knö- 
chernen Kieferapparates  vikariirende  Skelettheile  aus  dem  Schleimblatt 
entwickelt  und  dieselben  sogar  später  im  rudimentären  Zustande  an  das  Wir- 


*)  So  finden  wir  es  wenigstens  selbst  noch  bei  ziemlich  grossen,  entAvi ekelten  In- 
dividuen der  Rana  Jusca.  Es  ist  möglich,  dass  bei  ganz  alten  Thieren  sich  auch  hier 
härtere  Gebilde  erzeugen.  ';'>i> 


142 


bei  syst  etil  befestigt.  Diese  Thatsache  erscheint  mir  von  grosser  Wichtig- 
keit besonders  für  die  Deutung  mehrer  zum  Wirbelskelet  gerechneten  Kopf- 
theile  der  Knorpelfische. 

§.  109.  Die  Tritonen  entwickeln  nun,  in  üebereinstimmung  mit  den 
Fischen  und  abweichend  von  den  froschartigen  Thieren,  die  Rücken  -  und 
Visceralplatte  bei  der  ersten  Entstehung  in  einem  solchen  Verhältniss  zur 
Dotterkugel,  dass  diese  letztere  von  den  Urplatten  des  Wirbelsystems  förm- 
lich schmarotzerartig  umgeben  wird.  Nachdem  dann  die  Wirbelabzeichnun- 
gen deutlicher  erkennbar,  und  mehre  Bildungsfortsätze  am  Kopfe  sichtbar 
geworden  sind,  windet  sich  gleichsam  der  Triton  -  Embryo  allmählig  von  der 
Dotterkugel  ab,  um  seine  freiere  Existenz  zu  Wege  zu  bringen.  Ist  mit  der 
Vollendung  der  typischen  Konformation  auch  die  Freiheit  errungen,  dann 
erst  verlässt  der  Embryo  seine  Eihüllen  und  bewegt  sich  nun  gleich  mit  der 
grössten  Behendigkeit  in  seinem  Elemente  umher,  einem  kleinen  Fische 
sehr  ähnlich. 

Die  SchädelhÖle. 

§.  110,  Zur  typischen  Konformation  der  SchädelhÖle  vereinigen  sich 
die  Ruckenplatten  des  Kopfes,  wie  bei  allen  Wirbelthieren ,  ohne  deutlich 
wahrnehmbare  Bildungsmerkmale.  Die  anfänglich  geringe  Ausbildung  des 
Gehirnes  und  seiner  Abtheilungen  machen  auch  die  Wirbelabzeichnungen  der 
Gehirnkapsel  weniger  augenscheinlich  j  während  der  Chondrose  ist  dieses 
deutlicher.  Zur  Seite  der  schwachgewölbten  Stirnwand  sind  die  Augenrudi- 
mente^  äusserst  früh  schon  bemerkbar.  Sie  schreiten  alsdann  rasch  in  ihrer 
Ausbildung  vorwärts  und  dehnen  sich  dabei  seitlich  nach  hinten  und  auch 
nach  unten  aus.  Hier  kommen  ihnen  die  zwischen  dem  zweiten  und  dritten 
Schädel- Wirbelbogen  ursprünglich  gelegenen  Anlagen  der  Ohrlabyrinthe  ent- 
gegen. Ungefähr  auf  der  Grenze  des  ersten  und  zweiten  Schädelwirbels 
berühren  sie  sich  und  dienen  so  sammt  den  Visceralbogen  zur  Unterschei- 
dung der  einzelnen  Wirbelabtheilungen. 

§.  III.  Gemäss  dem  einfacheren  Typus  der  niederen  Wirbelthier- 
Abtheilung  beugt  sich  nun  der  erste  Schädelwirbelbogen  nicht,  sondern  die 
typisch  konformirte,  gerade  verlaufende  Schädelröhre  geht  unmittelbar  in 
den  KnorpelzuMand  über.     Es  entsteht  so  eine  anfangs  einfache,  kontinuir- 


I 


143 

liehe  Hole ,  an  welcher  besonders  die  Basfs  des  Schädels  kraftiger  verknor- 
pelt und  ohne  Trennung  durch  die  dünneren  Seitentheile  in  die  knorplige 
Membran  der  Schädeldecke  übergeht.  An  dieser  knorpligen  Gehirnkapsel 
liegen  jetzt  die  Ohrlabyrinth  -  Knorpel  lose  an,  ohne  auch  nur  im  Mindesten 
die  entsprechenden  Seitentheile  zu  beeinträchtigen  oder  lückenhaft  zu  machen. 

Wenn  die  Zeit  der  Ossifikation  sich  nähert,  so  sieht  man  die  knorplige 
Schädelröhre  an  den  Seitentlieilen  und  an  der  Basis  in  einzelnen  Wirbel- 
Abtheilungen  sich  abscheiden.  Es  lassen  die  Seitentheile  des  dritten  und 
ersten  Schädelwirbels  sich  isolirt  darstellen.  Von  dem  letzteren  hat  sich  an 
dem  vorderen  Ende  ein  horizontaler  Fortsatz  zur  Unterstützung  der  unteren 
Nasen-  oder  Gaumendecke  hervorgebildet.  Die  dem  zweiten  Wirbel  ent- 
sprechende Seitenpartie  ist  mit  dem  Ohrlabyrinth -Knorpel  völlig  einverleibt 
und  wird  durch  denselben  in  seiner  Funktion  vertreten.  In  der  Basis  cranii 
hat  sich  das  noch  knorplige  kleine  Körperstück  des  dritten  Schädelwirbels 
von  der  kontinuirlich  zusammenhängenden  knöchernen  des  zweiten  und  drit- 
ten geschieden.  Die  beiden  letzteren  dagegen  sind  durch  ihre  Lage  und 
durch  die  bedeutend  abweichende  Ausdehnun»;  in  der  Länge  und  Breite 
hinlänglich  raarkirt. 

%.  112.  Während  der  allgemeiner  werdenden  Ossifikation  zeigen  sich 
auch  in  der  früher  mehr  häutigen  Schädeldecke  die  knöchernen  Schlussstäcke 
der  einzelnen  oberen  Wirbelbogen.  Es  bilden  sich  zwei  Stirnbeine,  zwei 
Scheitelbeine  und  die  kleine  unbedeutende,  oft  knorplig  verbleibende  Schuppe 
des  Hinterhauptsbeines,  welche,  durch  die  vorliegenden  Ossa  parittalia  stark 
beeinträchtigt,  in  älteren  Individuen  oft  kaum  noch  wiederzufinden  ist.  Voin 
dem  inneren  Winkel  der  ungefähr  viereckigen  Stirnbeine  wächst  ein  schma- 
ler, langer  Fortsatz  zwischen  die  noch  häutigen  Nasenbeine  zu  dem  knöcher- 
nen oberen  Zwischenkiefer  und  stützt  den  letzteren  vi'ährcnd  des  häutigen  Zu- 
standes  der  übrigen  Gesichts -Bildungstheile.  Die  Seitentheile  des  ersten 
Schädelwirbels  verknöchern  als  trennbare  Stücke,  wie  sie  knorplig  vorhanden 
waren.  Ihre  horizontalen  Fortsätze  treten  mit  den  gleichen  der  oberen  Kiefer 
und'  Zwischenkiefer  in  der  unteren  Wand  der  Nasenkanäle  zusammen  und 
sind  in  älteren  Individuen  nicht  mehr  geschieden  wiederzuerkennen.  Man 
hat  sie  mit  Unrecht  für  den  fehlenden  Vomer  der  Tritonen  erklärt.    Die  Sei- 


144 


teiiparticen  des  zweiten  Wirbels  werden  durch  die  Partes  petrosae  der  Schlä- 
fenbeine ersetzt,  die  des  dritten  bilden  sich  auf  Kosten  des  oberen  und  unte- 
ren Schlussstückes  zu  den  Gelenkfortsätzen  für  die  Wirbelsäule  mächtiger  aus. 
Von  der  Basis  cranii  wird  durch  die  Ueberhandnahme  der  Ossifikation  be- 
sonders das  Körperstiick  des  zweiten  Wirbels  in  Anspruch  genommen.  Das- 
selbe wuchert  seitlich  unter  die  Partes  petrosae  und  nach  hinten  auch  über 
einen  Theil  der  Basis  des  Hinterhauptsbeines,  welches  erst  später  verknöchert. 

Die  Visceralhöle. 

§.  113.  DieVisceralhöle  oder  untere  Röhre  des  Wirbelsystems  verdankt 
ihre  Entstehung  am  Kopf  den  graulich  gefärbten,  ungefähr  dreieckig  gestalte- 
ten Bildungsstreifen,  welche  unter  den  Ruckenplatten  jederseits  zu  finden  sind. 
Sie  grenzen  hinten  grösstentheils  an  die  Wulst,  welche  durch  das  Herz  mit 
seinen  Aortenbogen  hervorgetrieben  wird;  vorne  dehnen  sie  sich  bis  zu  den 
Augen  aus,  welche,  in  der  Entwickelung  schön  bedeutend  vorgeschritten,  un- 
gefähr bis  zur  Hälfte  der  Seitenth«ile  des  ersten  Schädelwirbelbogens  sich 
erstrecken ;  unten  gehen  sie  in  die  Membrana  reuniens  inferior  über,  und  vorn 
gewahrt  man  zwischen  ihnen  eine  kleine  einfache  Spalte,  den  vorderen  Ein- 
gang zur  Visceralhöle  (Mundölfnung),  Nun  entwickeln  sich  die  Visceralfort- 
s'^tze.  Gemäss  der  genannten  Ausdehnung  des  ursprünglichen  Visceralstrei- 
fens  nimmt  der  erste  Visceralfortsatz  von  der  hinteren  Hälfte  des  ersten 
Schädelwirbels  seinen  Anfang  und  steigt  in  gerader  Richtung  nach  unten,  um 
sich  mit  dem  der  anderen  Seite  zu  dem  ersten  Visceralbogen  zu  vereinigen. 
Dieser  ist  bei  den  niederen  Wirbelthieren  in  seiner  reinsten  Form  und  ein- 
fachsten Lagerung  zu  finden. 

Noch  ehe  der  genannte  Bogen  vollkommen  geschlossen,  wachsen,  durch 
die  erste  Visceralspalte  von  ihnen  getrennt,  die  zweiten  Visceralfortsätze 
nach  unten  hervor,  um  den  zweiten  Visceralbogen  zu  formiren.  Sie  sind  in 
der  Form  den  ersten  ganz  gleich.  Ihr  Ursprung  befindet  sich  in  der  Ge- 
gend des  zweiten  Schädelwirbels  dicht  vor  den  ürrüdiraenten  der  Ohrlaby- 
rinthe. Sie  sind  hinten  durch  die  zweite  Visceralspalte  von  der  Visceral- 
platte  des  Rumpfes  getrennt.  Unten  werden  sie  vorläufig  durch  die  Membrana 
reuniens  inferior  verbunden,  welche  von  hier,  wie  bei  den  Fröschen^  in  zwei 
Blättern,  wodurch  die  Herzhöle  konformirt  wird,  zur  Bauchhöle  übergehen. 


145 


In  dem  oberen  dieser  Blätter  vereinigt  sich  der  zweite  Visceralbogen  mif 
der  Visceralplatte  des  Rumpfes  durch  ein  den  niederen  Wirbelthieren  eigen- 
thümliches  Gebilde,  welches  anfänglich  als  Träger  der  Kiemenbogen  auftritt 
und  deswegen  „  Kiemenbogenträger"  genannt  ist.  Auf  diese  Weise  ist  diie 
Kopfvisceralhöle  der  Tritonen  typisch  gebildet;  einen  wirklichen  dritten  Vis- 
ceralbogen  finden  wir  nicht.        '  .ii.auii<.uU     >s.Uiyiii; .  i  -nAi 

Zur  Vervollständigung  der  typischen  Konform'ation  schliesst  sich  mehr 
häutig  die  erste  Visceralspalte ,  wogegen  die  zweite,  m  der  unteren  Mitte 
durch  die  Herzhöle  gesammt  dem  Kiemenbogenträger  getheilt,  zur  äusseren 
KiemenÖfFnung  sich  verwandelt,  die  äusseren  Kiemen  durchtreten  lässt  und 
von  dem  häutigen  Kiemendeckel  des  zweiten  Visceralbogens  überdeckt  wird. 
Ferner  entwickeln  sich  an  der  äusseren  Fläche  der  Vereinigungsstelle  bei- 
der erster  Visceralfortsätze  die  unteren  Zwischenkiefer.    Durch  sie  sowohl^, 
als  durch  den  oberen  Kieferapparat  wird  die  einfache,  zwischen  den  ersten 
Visceralfortsätzen  in  der  perpendikulären  Axe  des  Embryo  gelegene,  vor- 
dere VisceralhölenöfFnung  allmählig  in  die  horizontal  verlaufende  Mundspalte 
verwandelt.    Endlich  bemerken  wir  noch  jederseits  das  allmählige  Hervor- 
wachsen eines  langen,  zylinderförmigen  Fortsatzes,  welcher  seine  ürsprungs- 
stelle  an  der  Schädel- Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  hat  und  an  der 
Spitze  etwas  angeschwollen  erscheint.    Es  ist  die  so  meikwürdige  Kopfex- 
tremität  der  jungen  Tritonen,  wenn  die  Rumpfextremitäten  noch  nicht  aus- 
gebildet sind.  --y  h'.yr<iV<?,'?f 
^«        5-  114.    Jetzt  beginnt  die  Chondrose  der  Visceralbogens  die  des  Kie- 
menbogenträgers  fällt  später.     Anfänglich  sind  keine  Trennungen  in  einzelne 
Stücke  sichtbar.     Alsdann  scheiden  sich  die  knorpligen  Visceralbogen  jeder- 
seits in  eine  obere  Abtheilung ,  welche  am  Schädel  gelegen  und  der  Bil- 
dungsmasse deis  ursprünglichen  Visceralstreifens  angehört,  und  in  eine  untere, 
welche  dem  eigentlichen  Visceralfortsätze  seine  Entstehung  verdankt.  Die 
obere  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  bildet  den  Quadratbeinknorpel, 
welcher  nach  und  nach  seine  Verbindung  mit  der  Schädelhöle  aufgiebt  und 
an  das  Ohrlabyrinth  sich  befestigt.     Er  hat  an  seinem  unteren  Ende  eine 
Gelenkfläche  für  die  untere  Abtheilung.    Diese  ist  der  Meckelsche  Knorpel, 
welcher  mit  dem  der  anderen  Seite  zu  dem  unteren  Schlussstücke  des  Arsten 

19 


146 


Visceralbogens  sich  vereinigt.  An  der  äusseren  Fläche  der  Knorpel  beider 
Abtheilungea  werden  bald  weissliche  Bildungsstreifen  sichtbar.  Zuerst  an 
dem  Meckelschen  Knorpel  für  den  unteren  Kiefer  und  Zwischenkiefer,  wel- 
cher letztere  sehr  frühe  knöchern  wird  und  mit  Zähnchen  sich  bewaffnet. 
Der  später  entstehende  Bildungsstreifen  an  dem  Quadratbeinknorpel  ist  für 
das  Paukenbein  bestimmt. 

Die  obere  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  ist  kaum  sichtbar 
geworden,  um  bei  dem  Mangel  aller  Gehörknöchelchen  alsbald  ganz  zu  ver- 
schwinden. Es  bleibt  allein  die  untere  Abtheilung  übrig,  welche  als  ein 
länglicher,  plattrunder  Knorpel  gegenwärtig  den  Kiemendeckel  trägt,  später 
zum  Suspensorium  des  Zungenbeines  sich  umwandelt  und  an  der  Pars  petrosa 
des  Schläfenbeines  ansitzt.  Er  wird  mit  dem  der  anderen  Seite  durch  einen 
länglichen,  runden  Knorpel,  welcher  mit  dem  Kiemenbogenträger  zusammen- 
hangt und  den  späteren  Zungenbeinkörper  darstellt,  in  Verbindung  erhalten. 

5.  115-  Zur  Zeit  der  Ossifikation  und  gänzlichen  Individualisation  des 
jungen  Triton  verengeit  sich  nach  dem  Hinschwinden  der  Kiemen  mit  ihren 
Bjogen  die  zweite  Visceral-  oder  äussere  Kiemenspalte.  Der  häutige  Kie- 
mendeckel verwächst  allmählig  mit  dem  der  anderen  Seite  und  vereinigt  sich 
alsdann,  über  die  Herzhöle  nach  hinten  sich  ausdehnend,  mit  der  Visceral- 
röhre  des  Rumpfes. 

Während  der  Verknöcherung  verkümmern  theilweise  die  Knorpel  des 
ersten  Visceralbogens,  indem  an  ihrer  Stelle  die  Aussengebilde  zu  einem 
Kopfgürtel  sich  mehr  und  mehr  ausbilden.  Der  Quadratbeinknorpel  erhält 
sich  noch  am  meisten  und  bildet  im  knöchernen  Zustande  hauptsächlich  die 
Gelenkverbindung  für  den  Meckelschen  Knorpel  mit  dem  ünterkieferapparate. 
Aus  dem  Bildungsstreifen  an  seiner  äusseren  Seite  entstehen  zwei  Knochen- 
stückchen,  ein  oberes,  breiteres,  von  dreieckiger  Form  und  ein  unteres 
mehr  länglich  gestaltetes.  Diese  vereinigen  sich  alsbald,  und  stellen  das  Os 
tympanicum  der  Tritonen  dar,  welches  hier  jedoch  nur  zur  Befestigung  des 
Quadratbeins  dient.  Von  dem  Meckelschen  Knorpel  bleibt  im  knöchernen 
Zustande  nur  das  Gelenkstück  von  dem  unteren  Kieferapparate.  Der  übrige 
Theil  verkümmert,  während  der  Bildungsstreifen  des  Unterkiefers  kräftiger 


147 


^  ossifizirt  wird  und  mit  dem  unteren  Zwischenkiefer  und  dem  Rudimente  des 
Meckelschen  Knorpels  sich  innig  vereinigt. 

Die   übrig  gebliebene  untere  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  - 
verwandelt  nach  dem  Verschwinden  der  Kiemen  die  länglich  -  plattrunde  Form 
in  eine  mehr  länglich  -  blattförmige.     Dabei  giebt  sie  ihre  knorplige  Verbin- 
dung mit  dem  Zungenbeinkörper  auf  und  wird  vorzugsweise  an  seinem  obe- 
ren mehr  rundlich  geformten  Ende  ossifizirt. 

§.  116.  Das  einfache  Mittelstiick  oder  der  Zungenbeinkörper  des  zwei- 
ten Visceralbogens  trägt  mit  seiner  hinteren  Extremität  den  Kiemenbogenträ- 
ger.  Wir  verstehen  unter  diesem  letzteren  diejenigen  Skelettheile  des  Wir- 
belsystems, welche  an  Stelle  des  dritten  Visceralbogens  den  niederen  Wirbel- 
thieren  gegeben,  aus  dem  oberen  Blatte  der  Herzhöle  sich  entwickeln,  den 
Uebergang  der  Visceralröhre  des  Kopfes  zu  der  des  Rumpfes  bilden  und  in 
ihrer  grössten  Entwickelung  die  Kiemenbogen  tragen.  Es  erzeugen  sich  in  dem 
oberen  Blatte  der  Herzhöle,  wenn  die  Chondrose  in  anderen Theilen  des  Kopf- 
Wirbelsystems  schon  längst  begonnen,  jederseits  zuerst  eine  einfache  Knorpclreihe 
von  vier,  zuletzt  fünf  hinter  einander  liegenden  länglich -runden  Stücken.  Sie 
verlaufen  längs  den  Rändern  ihres  Mutterblattes,  mithin  divergirend  nach  hin- 
ten, zu  der  Visceralhöle  des  Rumpfes  und  befestigen  sich  durch  das  vorderste 
Knorpelstück  zur  Seite  des  knorpligen  ZungenbeinkÖrpers.  Die  mittelsten  drei 
stutzen  die  drei  knorpligen  Kiemenbogen  und  das  später  entstehende,  hinterste 
fünfte  tritt  unmittelbar  zur  Visceralplatte  des  Rumpfes.  Dieses  letztere  ent- 
wickelt Zacken,  wie  die  drei  knorpligen  Kiemenbogen  und  ist  dieserhalb, 
wie  auch  wegen  seiner  Lage  mit  ünreclit  der  vierte  Kiemenbogen  genannt 
worden j  es  trägt  weder  eine  äussere  Kieme,  noch  einen  Aortenbogen.  Nun 
wird  noch  ein  sechstes  Knorpelstück  sichtbar,  welches  vom  Zungenbeinkörper 
hinter  dem  ersten,  vordersten  Stücke  entspringt  und  parallel  demselben 
zu  dem  oberen  Ende  des  zweiten  verläuft,  das  den  ersten  Kiemenbogen  trägt. 

Wenn  darauf  die  Kiemen  und  ihre  Bogen  hinschwinden,  so  schrumpfen 
auch  die  ihnen  entsprechenden  Knorpelstücke  des  Kiemenbogenträgers  zusam- 
men, und  das  hinterste  fünfte,  der  uneigentliche  vierte  Kiemenbogen,  rückt 
sich  kräftiger  ausbildend  dem  nach  vorn  liegenden  ersten  und  sechsten  Knor- 
pelstücke näher.    Der  Kicmenbogenträger,  das  Analogon  des  dritten  Visceral- 

19- 


148 


bogens  der  höheren  Wiibelthiere  wird  auf  diese  Weise  auf  drei  längliche, 
runde  Skeicttheile ,  zwei  vordere  und  ein  hinterer,  zurtlckgef iihrt ,  weiche 
durch  das  zusammengeschrumpfte  Knorpclstiick  getrennt  werden.  Während 
*ler  Ossifikation  verbleibt  dieses  letztere  lange  Zeit  in  seinem  knorpligen  Zu- 
stande, während  die  drei  anderen  Stücke  verknöchern  und  dem  sie  tragenden 
Zungenbeinkörper  in  seiner  Funktion  assistiren.  Man  hat  sie  das  hintere 
Horn  und  die  Columella  des  Zungenbeines  der  Tritonen  genannt. 

DasGesicht. 

§.  117.  Zux  typischen  Konformation  des  Gesichtes  entwachsen  der 
oberen  Röhre  des  Wirbelsystems  (.der  Schädelhöle) ,  die  vorderen  Stirn-  oder 
]\asenfortsätze ,  der  unteren  oder  Visceralröhre ,  die  Bildungsstreifen  der  oberen 
Kiefer.  Beide  vereinigen  sich  jederseits  auf  der  verlängerten  Schädel-  oder 
Gesichtsbasis ,  welche  mit  ihnen  zusammen  die  beiden  Nasenkanäle  konstituirt. 
Zur  Vervollständigung  erzeugt  sich  zwischen  dem  Auge  und  dem  vorderen 
Stirnfortsatze  jederseits  die  unbedeutende  Bildungsmasse  des  Thränenbeines, 
der  Thränenbcinfortsatz.  Endlich  entwickeln  sich  noch  zum  vorderen  Schlüsse 
des  Gesichtes,  vorzüglich  von  dessen  Basis,  die  oberen  Zwischenkiefer.  Sie 
übernehmen  mit  den  oberen  Kiefern  zugleich  die  Bildung  der  oberen  Mund- 
begrenzung. Beide  zusammen  aber  formiren  mit  der  Gesichtsbasis  den  vor- 
deren Theil  der  oberen  MundhÖlen-  oder  unteren  Nasenhölen- Wand,,  und 
mit  den  vorderen  und  seitlichen  Stirnfortsätzen  das  vordere  Ende  der  oberen 
Nasenhölen  -  Decke. 

§.  118.  Während  der  Chondrose  ruhen  die  meisten  Bildungsbestand- 
theile  des  Gesichtes.  Nur  der  obere  Zwischenkiefer  wird  ohne  deutliche 
Knorpelbildung  sogleich  vollständig  ossifizirt,  befestigt  sich  an  den  schmalen 
knöchernen  Fortsätzen  der  Stirnbeine,  rüstet  sich  mit  Zähnchen  und  tritt  so 
dem  unteren  Zwischenkiefer  entgegen.  Die  Bildungsmasse  des  oberen  Kiefers 
dagegen  ragt  lippenartig  über  den  unausgebildeten  unteren  Kiefer  herüber, 
lind  entwickelt  spät  erst  den  weisslichen  Bildungsstreifen  für  den  respektiven 
Knochen.  In  der  unteren  Nasenhölen- Wand  befinden  sich  jetzt  schon  die, 
von  den  Seitenthcilen  des  ersten  Schädelwirbels  hervorwachsenden  horizon- 
talen Fortsätze. 


149 


Nimmt  die  Ossifikation  überhand,  so  verknöchern  auch  die  Bihlungs- 
theiie  des  Gesichtes ,  We'ihrend  die  sclunalen  Fortsätze  der  Stirnbeine  reduzirt 
werden.  In  der  oberen  Decke  der  Nasenhölen  finden  sich  die  platten  Nasen- 
beine, welche  jederseits  zuweilen  wie  zwcitheilig  erscheinen  und  zugleich 
die  oberen  Zwischenkiefer  befestigen.  Zwischen  ihnen  und  den  aufsteigenden 
Th eilen  der  Oberkieferbeine  sieht  man  die  kleinen  Thränenbeinchen.  Der 
obere  Kiefer  selbst  vcrknöclicrt  sehr  spät  und  ist  dann  durch  kein  gesonder- 
tes lüiochenstilck  {Jugale  Cuvier),  sondern  nur  häutig  -  fasrig  mit  der  oberen 
Abllicilung  des  ersten  Visceralbogens  (Quadratbein)  in  Verbindung  erhalten. 
Vorn  verbindet  sich  sein  horizontaler  Theil  mit  dem  gleichen  des  oberen 
ZAvischenkiefers,  und  beide  zusammen  entwickeln  noch  an  der  unteren  Nasen- 
hölen-Wand  (Gaumengewülbe)  Fortsätze,  welche  mit  dem  horizontalen  Fort- 
satze des  ersten  Seitentheils  der  Schädelhöle  zusammentreten.  Anfangs  unter- 
scheidet man  noch  ihre  Trennungslinien,  später  zeigt  sich  nur  ein  kontinuir- 
liches,  knöchernes  Gaumengewölbe. 

DasZahnskeletderSchleimhaut. 

§.  119.  Zur  Assistenz  des  Kieferapparates  der  jungen  Tritonen,  wel- 
cher nur  in  dem  oberen  und  unteren  Zwischenkiefer  besteht,  entwickelt  die 
Natur  aus  der  Schleimhaut  der  Kopf- Visceralröhre  jenes  so  höchst  merkwür- 
dige Zahnskelet.  Es  entsteht  durch  Anhäufung  des  Blastema  in  der  Schleim- 
Membran,  welche  zuerst  weiss  punktirt  erscheint,  dann  Zähnchen  ausbildet, 
endlich  zu  ganzen  Knochenblättclicn  sich  verwandelt,  welche  tlieils  unmittel- 
bar, theils  durch  platte  Knorpel  an  das  Wirbelskelet  sich  befestigen.  Auf 
diese  Weise  erhalten  wir  ein  oberes  an  der  oberen  und  ein  unteres  an  der 
unteren  Visceralhölen  -  Wand  befindliches  Zahngerüste.  Die  beiden  Knochen- 
blättchen  des  oberen  Zahngerüstes  haben  jederseits  eine  ungefähr  S  förmige 
Gestalt  und  liegen  im  Allgemeinen  an  der  vorderen  Abtheilung  der  Schädel- 
basis. Vorn  beginnen  sie  auf  der  Scheidungsgrenze  der  Schädel-  und  Ge- 
sichtsbasis, hinten  befestigen  sie  sich  durch  ein  zahnloses  Knorpelblättchen 
an  der  inneren  Fläche  des  Quadratbein- Knorpels.  Während  sie  so  vorn  mit 
den  respektiven  der  anderen  Seite  sich  berühren,  verlaufen  die  hinteren 
Enden  beider  divergirend.  Das  untere  Zahngerüste  besteht  auf  beiden 
Seiten    aus   zwei   Knochenblättchen   von  länglicher    Form.     Sie  befinden 


150 


sich  an  der  inneren  Fläche  der  unteren  Abtheilungen  beider  Visceralbogen, 
liegen  an  denselben  ziemlich  fest  an  und  erhalten  dadurch  auch  eine  kon- 
vexe Wölbung.  Die  auf  den  unteren  Abtheilungen  des  zweiten  Visceralbo- 
gens  ruhenden  Knochenblättchen  werden  zuweilen  durch  ein  glattes,  knorp- 
liges Mittelstück  verbunden. 

Wenn  die  oberen  und  unteren  Kiefer  sich  vollständig  ausbilden,  wird 
dieses  Zahnskelet  der  Schleimhaut  grösstentheils  aufgesogen.  Das  untere  Ge- 
rüste verschwindet  früher  und  ohne  Spuren  seines  Daseins  zurück  zu  lassen. 
Das  obere  dagegen  verkümmert  später  und  erhält  sich  noch  in  rudimentären 
Stücken ,  welche  während  der  Ossifikation  an  das  Wirbelskelet  sich  sehr  innig 
anlegen.  Es  trennt  sich  nämlich  während  des  Verkümmerungsprozesses,  in- 
dem die  Quadratbeinknorpel  zurückweichend  sich  an  die  äussere  Fläche 
des  Ohrlabyrinthes  anlegen,  jederseits  der  vordere,  mit  Zähnchen  besetzte 
Theil  von  dem  hinteren  zahnlosen,  jetzt  schon  verknöcherten,  Knorpelblätt- 
chen.  Der  vordere  Theil  wird  dann  auf  eine  einfache  Knochenreihe  redu- 
zirt,  welche  sich  ziemlich  fest  an  die  Schädelbasis  befestigt.  Man  hat  sie  für 
das  fehlende  os  palatinum  der  Tritonen  gehalten.  Das  hintere,  zahnlose  Kno- 
chenblättchen liegt  in  dreieckiger  Form  an  der  inneren  Fläche  des  Qua- 
dratbeines, nimmt  in  einer  Rinne  die  häutig- fasrige  Verbindung  des  Ober- 
kieferbeines mit  dem  Quadratbein  auf  und  ist  unter  dem  Namen  des  eigentlich 
nicht  vorhandenen  Os  pterygoideum  bekannt. 


Zweiter  Tlieil. 


Die  Bildungsgesetze  des  Wirbelthier -Kopfes  im  All- 
gemeinen und  seine  hauptsächlichsten  Variationen 
durch  die  einzelnen  Wirbelthierklassen. 

In  dem  vorliegenden  Theile  beabsichtigen  wir  die  Entwickelung  des  Kopfes 
der  Wirbelthiere  allgemein  aufzufassen  und  den  Typus  desselben,  wie  er 
sich  aus  den  bisherigen  Untersuchungen  ergeben,  festzustellen.  Gestützt 
dann  auf  die  überall  sich  gleichförmig  zeigenden  Einflüsse,  welche  der 
ursprünglichen,  typischen  Konformation  des  Wirbelthierkopfes  nach  meinen 
bisherigen  Beobachtungen  allmählig  das  individuellere  Gepräge  geben, 
werde  ich  versuchen  den  allgemeinen  gültigen  Kopftypus  in  seinen  Verände- 
rungen durch  die  einzelnen  Wirbelthierklassen  zu  verfolgen. 

Nicht  überall  können  wir  bei  diesem  Verfahren  mit  gleicher  Bestimmtheit 
auftreten.  Von  den  höheren  Wirbelthieren  sind  uns  die  Säugethiere  und  Vögel 
am  bekanntesten.  Bei  den  höheren  Amphibien  konnten  wir  durch  die  Unter- 
suchungen an  einem  jungen  Embryo  einer  Coluber  natrix  von  einer  wesentlichen 
Uebereinstimmung  mit  den  Vögeln  uns  überzeugen.  Von  den  niederen  Wir- 
belthieren haben  wir  in  dem  ersten  Theile  vorliegender  Schrift  die  Ent- 
wickelungsgeschichte  einer  sehr  wichtigen  Abtlieilung,  der  nackten  Amphi- 
bien, niedergelegt.  Auch  die  Uebereinstimmung  in  den  wesentlichsten 
Bildungsraomenten  der  Grätenfische  mit  den  gescliwänzten  Batrachiern  haben 


152 


wir  an  einem  jungen  Blennius  veviparus  erkennen  können.  Es  bleibt  nur 
noch  eine  Reihe  von  Wirbelthieren  übrig,  deren  Entwickelung  von  der 
grösstcn  Wichtigkeit  ist,  ich  meine  die  Knorpelfische.  Können  wir  hier  viel- 
leiclit  noch  mit  einiger  Sicherheit  von  der  ersten  Ordnung,  der  Branchiostega, 
welche  auf  der  üebergangsstufe  zu  den  Grätenfischen  gesteilt  ist,  hinsichtlich 
der  Kopfbildung,  namentlich  über  das  Gesicht,  unser  ürtheil  abgeben,  so  er- 
scheinen uns  die  Holocephala,  Plagiostomata ,  Cyclostomata  mehr  oder  weniger 
auf  einer  frühen  Entwickelungsstufe  individuell  ausgebildet  zu  sein,  so 
dass  die  entwickelten  übrigen  Wirbelthiere  schwerlich  sofort  auf  sie  zurück- 
zuführen sein  werden.  Wir  wollen  unsere  muthmassliche  Ansicht  über  die- 
selben am  Sclilussc  vorliegender  Abhandlung  raittheilen,  nachdem  wir  uns 
mit  dem  Kopftj  pus  der  anderen  Wirbelthiere  gpn^uer  bekannt  gemacht  haben. 


1«  Ali^ehnitf* 

Einiges  über  den  Wirbelt3^us  des  Kopfes  im  AUgemeinejl, 

Kapitell. 

Sein  Verhältniss  zu  dem  ganzen  Wirbelsysteme. 

§.  1.  Der  allgemeine  Plan,  nach  welchem  der  Kopf  der  Wirbelthiere 
gebildet j  ist  durch  alle  Klassen  ein  und  derselbe:  es  ist  der  Wirbeltjpus. 

§.  2.  Die  allgemeinste  Form  des  ganzen  im  Wirbeltypus  zusammenge- 
setzten Systems  besteht  in  einer  oberen,  vollkommenen  Röhre  für  die  Zen- 
tralorgane des  Nervensystems,  und  in  einer  darunterliegenden,  unvollkomme- 
nen für  das  vegetative  System,  Die  Letztere  stellt  eigentlich  eine  Rinne 
dar,  welche  erst  durch  das  untere  Schlussstück  der  oberen  Röhre  in  einen 
vollkommen  verschlossenen  Kanal  verwandelt  wird.  Als  sekundäre,  doch  ganz 
eigenthümliche  Bildungen  des  ursprünglichen  Wirbelsystems  sind  die  Extre- 
mitäten mit  ihren  gürtelartigen  Befestigungen  zu  betrachten. 

%.  3.  Die  Entwickelungsgeschichte  zeigt,  dass  diese  Röhreii  des  Wir-r 
belsystems  durch  Vereinigung  je  zweier  ürplatten,  den  Jlücken  und  Visceral- 


153 


platten,  gebildet  werden.  Letztere  entstehen  wiederum  aus  dem  serösen 
Blatte,  welches  nach  unseren  bisherigen  Beobachtungen  beide  Röhren  schon 
präformirt ,  und  vor  der  Vereinigung  derselben  als  Membrana  reujiiens  superior 
und  inferior  Rathk.  sich  dokumentirt.  Ausser  den  beiden  präformirten  Haupt- 
röhren für  das  Wirbelsystem  entwickelt  das  seröse  Blatt  noch  eine  kleinere 
Nebenhöle  für  das  Herz,  welche  ursprünglich,  bevor  die  Visceralbogen  her- 
vorgewachsen, unter  dem  Schädel  gelagert  und  als  eine  kleine  Abtheilung 
der  unteren  Röhre  zu  betrachten  ist.  Mit  der  vollständigen  Entwickelung 
der  unteren  Röhre  des  Wirbelsystems,  wird  die  Herzhöle  allraählig  in  die 
Rurapfvisceralhöle  entweder  vollkommen  aufgenommen,  wie  bei  den  höheren 
Wirbelthieren  und  den  Fröschen,  oder  nur  theil weise,  wie  bei  den  ge- 
schwänzten Batrachiern  und  besonders  bei  den  Fischen.  Hier  macht  sie  die 
untere,  vorderste  Spitze  der  Rumpfhöle  aus,  welche  nicht  unmittelbar 
m  die  Kopfvisceralhöle  übergeht,  sondern  unter  dem  hintersten  Theile  der- 
selben (Kiemenbogenträger  )  gelagert  ist. 

%.  4.  Die  Bildung  der  Röhren  des  Wirbelsysteras  geschieht  nun 
durch  das  allmählige  Zusammenwachsen  der  respektiven  ürplatten.  Hiebei 
kann  man  sich  überzeugen,  dass  die  Röhren  in  der  oberen  und  unteren  Ver- 
einigungshaut nicht  durch  eine  gesondert  entstehende  Mittelplatte  oben  und 
unten  vollends  verschlossen  werden,  sondern  dass  dieses  eben  durch  das  all- 
mählige Verwachsen  der  beiderseitigen  Urplatten  selbst  vollführt  wird 
Doch  schwieriger  ist  die  Entscheidung,  wie  die  obere  Röhre  unten  abge- 
schlossen wird.  Bei  den  nackten  Amphibien  war  ich  bisher  nicht  im  Stande 
diesen  Schliessungsakt  genau  zu  verfolgen.  Bei  sehr  jungen  Schweine -Em- 
bryonen und  beim  Hühnchen  erinnere  ich  mich  einen  weissen  Bildungsstrei- 
fen unten  zwischen  den  Rückenplatten  gesehen  zu  haben,  und  ich  möchte 
daher  wohl  glauben .  dass  die  untere  Vereinigung  der  Rückenplatten  durch 
ein  gesondertes  Mittelstück  bewerkstelligt  werde  ^'*).  — 


*)  Die  Bildung  der  Urröhren  des  Wirbelsystems  ist  nicht  mit  der  Art,  wie  bei 
der  Ossifikation  die  einzelnen  Wirbelbogen  zerfallen,  zusammen  zu  bringen. 

''^''"')  Die  genetiscbe  Bedeutung  der  Chorda  dorsalis  ist  mir  durch  die  Untersuchun- 
gen; an  den  Embryonen  der  höheren  Wirbelthiere  und  nackten  Amphibien  noch  nicht 

20 


154 


§.  5.  Noch  ehe  die  Vereinigung  der  Urplatten  des  Wirbelsystems  er- 
folgt ist,  ja  sehr  bald  nach  dem  ersten  Erscheinen  derselben,  sehen  wir  ih- 
ren frühsten  Individualisations- Akt  vor  sich  gehen,  nämlich  die  Abscheidung 
in  einzelne  Wirbel.  Es  ist  dann  von  Hart-  und  Weichgebilden  noch  lange 
nicht  die  Rede  5  die  Bildungsmasse  selbst  konformirt  die  frühsten  Wirbel- 
Rudimente,  und  die  Individualität  des  Wirbelthieres  entwickelt  daraus 
Muskel  und  Skelet  nach  dem  eignen  Bedürfnisse.  Auf  diese  Weise  erhal- 
ten wir  die  aus  einzelnen  Abtheilungen  (Wirbeln)  konstituirten  Rohren  des 
Wirbelsystems. 

§.  6.  Der  Kopf  ist  nun  der  vorderste  Abschnitt  des  ganzen  Wirbelsystems 
und  nimmt  in  seiner  oberen  Röhre  das  Gehirn,  in  seiner  unteren  den 
Schlund-  und  Mundkanal  mit  seinen  Gebilden  auf. 

Die  obere  Rohre  des  Kopfes  oder  die  Schädelhöle  unterscheidet  sich 
in  der  ursprünglichen  Konformation  nur  durch  das  grössere  Volumen,  wel- 


ganz  klar  geworden.  Es  ist  höchst  wahrscheinlich,  dass  sie  mit  der  Bildung  eines  un- 
teren Schlusses  der  oheren,  oder  mit  der  allgemeinen  Scheidewand  heider  Wirbelröhren 
in  Beziehung  stehe.  Nur  für  den  durchgreifenden  Plan  des  ganzen  Wirbelsystenis  halte 
ich  ihren  Einfluss  von  geringerem  Belange,  als  mein  verehrter  Lehrer  in  seinem  klassi- 
schen Werke  „die  vergleichende  Anatomie  der  Myxinoiden  etc."  anzunehmen  geneigt 
scheint.  Uebrigens  zeigt  Herr  Professor  J.  Müller  selbst,  dass  die  Gallertsäule,  wie  auch 
ich  an  einem  sechs  Zoll  langen  Hay  bemerkte,  unmittelbar  weder  zu  den  typischen 
Hart-  noch  zu  den  Weichgebilden  wesentlich  Etwas  beitrage,  dass  erst  eine  zweite  fibrös- 
knorplige Haut  um  die  Chorda  dorsalis  stricte  sie  dicta  in  den  oberen  Wirbelbogen  übergehe, 
dass  diese  knorplig  und  knöchern  werde,  und  äusserlich  von  ihr  sich  die  Weich- 
theile  befinden:  sie  gehört  also  wesentlich  zum  allgemeinen  Plane  des  Wirbel- 
systeras.  —  Späterhin  wird  die  Chorda  dorsalis,  wie  J.  Müller  dieses  so  übersichtlich 
darlegt,  zu  dem  Verbindungsmittel  der  einzelnen,  schon  während  der  Chondrose  ge- 
sondert auftretenden,  Wirbelkörper  des  Rumpfes,  also  nur  des  unteren  Schlussstückes 
der  Rückenmarksröhre.  Am  Kopfe  wird  die  'geringere  Trennung  der  einzelnen  Wirbel- 
körper erst  durch  die  Ossifikation  hervorgerufen.  jVur  der  letzte  Wirbelkörper  ist  schon 
knorplig  von  dem  ersten  Rumpfwirbel  geschieden.  Ueberall,  wo  man  die  Chorda  dorsalis 
evident  am  Schädel  vorfand,  war  sie  auch  nur  auf  den  hinteren  Theil  beschränkt.  Viel- 
leicht ist  sie  wirklich  nur  zur  Vermittelung  der  eigenthümlichen  Bewegung  der  einzelnen 
Wirbelkörper  bestimmt. 


155 


ches  durch  die  kräftigere  Ausbildung  des  darin  befindlichen  Zentralnerven- 
theiles  hervorgebracht  wird.  Die  untere  Röhre  oder  Visceralhöle  des  Kopfes 
unterscheidet  sich  von  der  Rumpf  -  Visceralhöle  durch  die  Art  und  Weise, 
wie  seine  Röhrenforra  konforaiirt  wird.  Es  wachsen  die  Visceralplatten, 
nicht  wie  am  Rumpfe  in  ihrer  ganzen  Masse  nach  unten,  um  sich  gegensei- 
tig zu  verbinden,  sondern  bilden  mehre  Fortsätze  ( Visceralfortsätze),  welche 
durch  Spalten  ( Visceralspalten )  von  einander  getrennt,  nach  und  nach  zu 
Bogen  ( Visceralbogen)  sich  vereinigen.  Es  sind  also  die  einzelnen  Visce- 
ralbogen  und  die  häutige  Schädelabtheilung  mit  den  ursprünglichen 
Wirbelrudimenten  in  Vergleich  zu  stellen;  sie  sind  gleichfalls  die  Bil- 
dungsmassen der  zu  entwickelnden  Hart-  und  auch  der  W  e  i c h  gebilde. 
Das  gesonderte  Auftreten  der  Wirbelrudimente  für  die  Kopf- Visceralhöle,  als 
Visceralbogen,  darf  uns  bei  Erwägung  der  künftigen  individuellen  Ausbildung 
nicht  befremden.  Die  Formirung  der  Mundöffnung,  der  Tuha  Eustachii  mit 
der  Paukenhöle  und  dem  äusseren  Gehörgange ,  endlich  die  der  äusseren  Kie- 
menöfFnung  sind  Entwickelungen ,  welche  die  Natur  bei  der  erwähnten  ur- 
sprünglichen Konformation  am  leichtesten  vollführen  konnte. 

§.  7.    Ausser  der  Schädel-  und  Visceralhöle,  welche  im  Wesentlichen 
nur  als  eine  Fortsetzung  des  Rumpf  -  Wirbelsjstems  zu  betrachten  sind,  tritt 
zum  Kopfe  noch  ein  ganz  neuer  Bestandtheil,  das  Gesicht,  hinzu.    Es  ist 
dasselbe,  von  der  genetischen  Seite  erwogen,  der  durch  paarige  Fortsätze 
um  die  verlängerte   Schädelbasis  (Gesichtsbasis)   konstituirte  Verbindungs- 
theil  beider  Röhren  des  Wirbelsjstems,  ursprünglich  nur  zur  Formirung  der 
TVasenhöle.    Durch  die  eigenthümliche  Lagerung  des  Gesichts,  vor  und  über 
dem  vorderen  Eingange  zur  KopfvisceralhÖle  (Mundölfnung),  gelangen  dessen 
Bestandtheile  noch  zur  Hilfsleistung  bei  der  Bildung  der  Mundhöle.  Das 
Gesicht  gehört  demnach,  wie  die  Extremitäten,  zu  den  sekundären  Bildun- 
gen des  Wirbels^  Sterns ,  doch  ist  die  Art  seiner  Konformation  durch  Lage  und 
Funktion  und  durch  die  Realisirung  einer  Verbindung  beider  Röhren  des 
Wirbelsystems  eigenthümlich,  und  nur  gezwungen  mit  den  Extremitäten  und 
ihren  Gürteln  zu  vergleichen. 

Nach  dieser  vergleichenden  Schilderung  des  ganzen  Wirbelsystems 
in  einem  Verhalten,    wo  weder  die  Sonderung  der  Bildungsmasse,  noch 

20'^ 


156 

überhaupt  irgend  eine  individuelle  Formation  das  einfachste  Bild  desselben 
untergraben  und  verdunkelt  haben,  finden  wir  iia  Wesentlichen  eine 
völlige  Uebereinstimmung  am  Rumpfe  und  am  Kopfe :  wir  sehen  bei  beiden 
einen  Wirbeltypus  in  der  genannten,  allen  Wirbelthieren  gemeinsamen  Form. 

Ii  a  p  i  t  e  1  II. 

DieGesichts-Kopfbeuge. 

§.  8.  Bevor  wir  zu  der  besonderen  Ausbildung  des  Wirbelsysterfis  am 
Kopfe  schreiten,  müssen  wir  zuerst  auf  ein  Phänomen  aufmerksam  machen, 
welches  als  der  frühste  Entwickelungsmoraent  auf  die  Abscheidung  säramtli- 
cher  Wirbelthiere  in  zwei  grossen  Abtheilungen  hindeutet :  es  ist  die  G  e  - 
sichtskopfbeuge.  Noch  ehe  nämlich  die  Visceralplatten  des  Kopfes  ihre 
Fortsätze  zur  gegenseitigen  Verbindung  entwickeln ,  wird  der  vorderste 
Abschnitt  der  Schädelhöle  bei  den  höheren  Wirbelthieren,  den  be- 
schuppten Amphibien,  Vögeln  und  Säugethieren ,  nach  unten  gebeugt; 
es  wird  dadurch  die  Längenaxe  der  Schädelhöle  in  einem  Winkel  gekrümmt. 
Bei  den  niederen  Wirbelthieren  verläuft  die  gesammte  Wirbelsäule  mit  dem 
Gesicht,  wie  im  Embryo  so  im  später  entwickelten  Zustande,  in  einer 
geraden  Längen -Richtung.  Wir  nennen  diese  Beugung  der  Schädelhöle, 
die  Gesichtskopfbeuge  und  den  Winkel  selbst,  den  Gesichts-Kopf- 
winkel.  Es  beruht  die  besondere  Erweiterung  des  Gesichts  der  hö- 
heren Wirbelthiere  hauptsächlich  auf  dem  genannten  Phänomen.  Während  das 
Gesicht  bei  den  niederen  Wirbelthieren ,  nackten  Amphibien  und  Fischen,  nur 
als  Vereinigungst heil  beider  Röhren  des  Wirbelsystems  dem  ersten  Schädel- 
^  Wirbel  vorgelagert  wird ,  so  sehen  wir  bei  den  höheren  durch  die  Gesichtskopf- 
beuge den  ganzen  ersten  Wirbel  des  Kopfes  von  den  übrigen  in  der  Rich- 
tung abgelenkt,  in  seiner  Form  etwas  verändert,  und  dann  zugleich  in  den 
Bereich  eines  erweiterten  Gesichts  und  des  Antlitzes  gezogen.  Es  sind  mit 
dieser  modifizirten  Kopfbildung  zugleich  andere  Veränderungen  des  aninialen 
und  vegetativen  Systems  in  den  beiden  grossen  Abtheilungen  des  Wirhel- 
thier- Reiches  verbunden,  doch  kein  unterscheidendes  Merkmal  ist  in  der  früli- 
sten  Zeit  augenscheinlicher  als  die  Gesichtskopf  beuge.    In  ihrer  reinen,  un- 


157 

j^etriibtcn  Form  ist  sie  auch  nur  an  sehr  jungen  Embryonen  der  höheren 
Wirbelthierc  wahrzunehmen.  / 

Die  Hauptbedingung  derselben  ist,  wie  schon  angedeutet,  in  dem 
ganzen  verschiedenen  Entwickelungsplan  der  höheren  und  niederen  Wirbel- 
thierc zu  suclien.  Die  nächste  Beziehung  aber,  welche  zwischen  der  Ge- 
sichtskopfbcugc  und  anderen  Entvvickelungen  des  *animalischen  Systems  statt- 
ündet,  sehe  ich  in  dem  individuelleren  Auftreten  der  beiden  Gehirnbläschen 
für  den  Geruchssinn. 

Bei  den  nackten  Amphibien  habe  ich  nur  die  drei  Hauptblasen  des  Ge- 
hirns uranfänglich  unterscheiden  können.  Nun  ist  zwar  die  Entwickelungs- 
geschichte  dieser  Abtheilungen  nicht  genau  genug  bekannt,  doch  kann  man 
wohl  vermuthen,  dass  nach  den  drei  Hauptrichtungen  der  Gehirn -Funktio- 
nen die  vordere  Gehirnblase  für  das  Intellektuelle,  für  die  Hemisphä- 
ren, die  mittlere  für  die  höheren  Sinne  oder  für  die  Vierhügel  und  die 
thalami  nervorum  opticorum,  endlich  die  hintere  für  die  Konzentration  der 
willkürlichen  Bewegungen  bestimmt  sind.  Bei  den  höheren  Wirbelthieren 
sehe  ich  ganz  frühe  gleichfalls  drei  unpaarige  Hauptabtheilungen  und  ausser- 
dem noch  zwei  kleinere  Bläschen  vorgelagert.  Die  Lage  derselben,  das 
ursprünglich  paarige  Auftreten,  ferner  der  Vergleich  mit  den  niederen  Wir- 
h^lthieren  und  die  nicht  zu  bezweifelade  Thatsache,  dass  erst  in  den  hÖ- 
lieren  Wirbelthieren  das  Geruchsorgan  von  wirklicher  spezifisischer  Bedeu- 
tung ist,  bei  den  Fischen  dagegen  sogar  in  seiner  Reinheit  in  Frage  gestellt 
werden  kann:  —  alles  Dieses  lässt  mich  gegen  manche  herrschende  An- 
sichten vermuthen,  dass  die  genannten  Bläschen  dem  mächtigeren  Hervor- 
treten des  Geruchssinnes  ihre  Entstehung  zu  verdanken  haben.  Ist  bei  den 
niederen  Wirbelthieren  der  Geruchssinn  oder  sein  Analogon  nur  als  eine 
spätere  individuelle  Produktion  der  Hemisphären  selbst  zu  betrachten, 
so  wird  er  bei  den  höheren  gewissermaassen  zu  einer  accessorischcn ,  klei- 
neren Abt h eilung  des  ganzen  Gehirnes,  die  mit  den  Hemisphären  in 
innigerer  Beziehung  als  die  übrigen  Sinne  steht. 

Mit  diesem  ersten,  gesonderten  Erscheinen  der  Bläschen  für  den  Ge- 
ruchssinn bringe  ich  daher  das  gleichzeitige,  erste  Auftreten  der  Gesichts- 
kopfbeuge in  Verbindung.    Bei  den  Säugethicren,  Vögeln  und  den  Sclilaiigen 


158 


salie  ich  auch  in  der  frühsten  Entwickelungszeit  die  Gcruchbläschen  haupt- 
sächlich den  vordersten  Abschnitt  der  Schädelhöle  einnehmen,  welclier  zu 
dem  übrigen  unter  einem  Winkel  gebeugt  ist.  Durch  die  weitere  Fortbildung 
des  Embryo  der  höheren  Wirbelthiere  erleiden  diese  Bläschen  verschiedene 
Veränderungen  je  nach  der  eigenthümlichen  Entwickelung  der  grossen  He- 
misphären, 

Für  diese  unsere  Ansicht  spricht  ausserdem  noch,  dass  sich  die  Schä- 
delliüle  stets  nach  der  Ausbildung  des  Gehirns  richtet  und  dass  besonders  das 
Gerucliorgan  ursprünglich  zu  der  typischen  Gesichtskonformation  in  dem  eng- 
sten Verhältnisse  (  die  Bedingung )  gestellt  ist. 

§.  9.  Bei  den  Säugethieren ,  deren  Embryonen  frühzeitig  die  Wirbel- 
abtheilungen der  Schädelhöle  erkennen  lassen.  Uberzeugt  man  sich,  dass  die 
gebeugte  vorderste  Schädelpartie  gerade  dem  ersten  Wirbel  entspricht  j  bei 
den  übrigen  höheren  Wirbelthieren  giebt  die  Lagerung  des  ersten  Visceralbo- 
gens  die  Entscheidung,  Je  höher  nun  ein  Individuum  in  der  höheren  -Wir- 
belthier- Reihe  steht,  um  so  stärker  ist  die  Gesichtskopf  beuge ,  um  so  kleiner 
der  Gesichtskopf  Winkel,  Bei  den  Schlangen  ist  der  letztere  noch  sehr  stumpf, 
bei  dem  Menschen  wird  er  kleiner,  als  ein  rechter  Winkel. 

§,  10,  Die  Messung  des  Gesichtswinkels  müsste  nach  der  vorangegan- 
genen Beschreibung  seiner  uranfänglichen  Entstehung,  in  den  entwickelten 
Thieren  am  besten  durch  Vergleichung  der  Lagerun gs -Richtung  der  Basis  des 
zweiten  und  dritten  Schädelwirbels,  und  der  des  ersten  und  seiner  unmittel- 
baren Verlängerung  für  das  Gesicht  unternommen  werden.  Die  Deckknochen 
der  Schädelhöle  können  zu  keiner  Zeit  ein  Maass  des  Gesichts  -  Kopfwinkels 
abgeben,  denn  sie  richten  sich  schon  zu  frühe  nach  der  Ausdehnung  der  Ge- 
hirnblasen, Indessen  auch  die  Schädel-  und  Gesichtsbasis  erleiden  nament- 
lich durch  ihre  gleichzeitige  Bestimmung  der  Kopf  -  Visceralhöle  als  obere 
Decke  zu  dienen,  während  der  individuellen  Entwickelung  die  mannigfach- 
sten Veränderungen. 

Vergleicht  man  die  ganze  Kopfbasis  der  niederen  Wirbelthiere  mit  der 
bei  den  höheren,  so  findet  man  dieselbe  bei  ersteren  in  einer  ganz  geraden 
Richtung  fortlaufend,  so  zwar,  dass  sie  im  Allgemeinen  dieselbe  Breite  und 
Dicke  beibehält,  öfters  sogar  hinten  voluminöser  als  vorn  jst.  Bei  den  nackten 


159 


Amphibien  wird  nur  die  Gesichtsbasis  in  der  senkrechten  Axe  als  Na- 
senscheidewand etwas  erweitert ;  sonst  übrigens  dient  die  Schädelbasis  einer 
geraden,  einfachen,  röhrenförmigen  Gehirnkapsel.  Bei  einigen  Fischen,  bei 
welchen  die  grossen  Hemisphären  des  Gehirnes  mit  den  Bulbi  nervi  olfactorü 
sehr  gering  entwickelt  sind,  verschmelzen  die  ersten  Seitentheile  der  Schä- 
delhölc  dicht  über  der  Basis  zu  einer  einfachen,  meist  knorplig -häutigen  La- 
melle. Alsdann  hat  es  den  Anschein,  als  ob  die  Basis  sich  hier  in  die  ge- 
nannte Lamelle  erweitere,  doch  ist  sie  knöchern  und  leicht  von  den  häutig- 
knorpligen,  verwachsenen  Seitentheilen  loszutrennen. 

In  der  höheren  Wirbelthier  -  Abtheilung  w  ird  man  bei  der  Betrachtung 
der  unteren  Fläche  der  Kopfbasis  kaum  auf  den  Gesichtswinkel,  den  sie  doch 
so  früh  schon  formirt,  hingelcitet.  Man  überzeugt  sich  also,  dass  die  Natur 
danach  gestrebt  hat,  während  der  Entwickelung  des  Embryo  den  uranfängli- 
clien  Gesichtswinkel  auszugleichen,  und  eine  so  viel  wie  möglich  gleichmässige 
obere  Decke  für  die  Kopf -Visceralhöle  zu  bilden:  es  erscheint  dieses  noth- 
wendig  für  die  Funktionen  des  Mund-  und  Sclilundkanals.  Abgesehen  nun 
von  allen  übrigen  Verhältnissen  des  Kopfes  der  höheren  Wirbelthiere,  welche 
bei  dem  erwähnten  Streben  der  Natur  zur  Sprache  kommen  könnten,  wollen 
wir  uns  jetzt  nur  an  der  Kopfbasis  halten.  In  ihr  erkennen  wir  am  klar- 
sten die  erste  Spur  der  Gesichtskopfbeuge  und  sie  soll  uns  daher  auch  bei 
dem  entwickelten  Thiere  in  ihrer  veränderten  Gestalt  als  Richtschnur  dienen. 

§.  11.  Zu  dem  Ende  betrachten  wir  die  Flächen  von  senkrechten 
Längendurchschnitten,  welche  mitten  durch  den  Schädel  und  das  Gesicht 
geführt  sind.  Man  gewahrt  alsdann,  dass  die  Kopfbasis  durch  Erweiterung 
nach  unten  den  Gesichtswinkel  auszugleichen  strebt. 

Bei  den  Schlangen  ist  dieses  Verhalten  durch  die  eigenthümliche, 
lockere  Skeletbildung  am  Vorderkopfe  und  auch  wegen  der  geringen  Ge- 
sichtskopfbeuge (an  dem  Embryo  einer  Coluber  natrix  sah  ich  dieselbe 
übrigens  ganz  deutlich)  weniger  augenscheinlich.  Die  Basis  des  ersten  Schä- 
delwirbels und  des  Gesichts  befindet  sich  hier  in  einem  rudimentären  Zu- 
stande und  wird  durch  die  Knochenwucherungen  der  Basis  des  zweiten  Wir- 
bels ,  durch  die  merkwürdige  Entwickelung  der  Seitentheile  des  ersten  Wirbels 
und  der  Nasenbeine,  durch  die  ossa  ethmoldea  etc.  ersetzt.  Dennoch  ist  dieses 


160 

Streben  auch  hier  nicht  zu  verkennen.  Bei  den  Eidechsen  ist  dasselbe  schon 
ganz  evident.  Die  Gesichtsköpfoeuge  ist  stärker  geworden,  schon  an  der 
vorderen  Partie  des  zweiten  Wirbelkörpers  beginnt  die  Erweiterung  und 
erreicht  ihre  grösste  Höhe  in  der  Basis  des  ersten  Wirbels,  welche  als  eine 
einfache  Lamelle  zum  grössten  Theile  die  beiden  Augenhölen  scheidet, 
lieber  ihr  liegt  die  Höle  des  ersten  Wirbelbogens  der  SchädelhÖle.  Ihre 
Verlängerung,  die  Gesichtsbasis,  nimmt  wieder  allmählig  in  ihre  Höhe  ab. 
Bei  den  Vögeln  findet  im  Allgemeinen  dasselbe  Verhältniss,  wie  bei  den  Ei- 
dechsen statt,  nur  im  vergrösserten  Maassstabe.  Schon  der  ganze  Körper 
des  zweiten  Schädelwirbels  wird  bei  der  Erweiterung  in  Anspruch  genommen. 

Die  Gesichtskopfbeuge  der  Säugethiere  hat  bereits  einen  so  hoben 
Grad  erreicht,  dass  das  bisherige  Verhältniss  der  Kopfbildung  theilweise  ab- 
geändert werden  rausste.  Die  Erweiterung  der  Kopfbasis  ist  hier  am  ausge- 
breitesten  und  stärksten.  Beim  Menschen  bildet  die  Durchschnittsfläche  der 
Kopfbasis  ungefähr  die  Figur  eines  Dreiecks,  dessen  Spitze  am  fommeyi 
magmm,  dessen  Grundseite  in  der  Nasenscheidewand  gelagert  ist.  Im  Ver- 
ein mit  allen  übrigen,  die  stärkere  Gesichtskopfbeuge  begleitenden  Umständen 
in  der  Kopfbildung  der  Säugethiere,  worauf  wir  an  geeignetem  Orte  zurück- 
kommen, kann  der  vordere  Theü  der  Kopfbasis  nicht  mehr  als  obere  Decke 
der  Kopfvisceralhöle  dienen.  Es  entwickelt  sich  von  den  oberen  Kiefern, 
Zwischenkiefern  und  Gaumenbeinen  eine  vikariirende  Gaumendecke.  Die 
Kopfbasis  wird  daselbst  noch  durch  einen  accessorischen  Knochen ,  den  Vomer, 
erweitert,  welcher  die  stellvertretende  Gaumendecke  mit  der  ursprünglichen 
oberen  Wand  der  Kopfvisceralhöle  (namentlich  Gesichtsbasis)  in  Verbindung 
setzt.  Wir  erhalten  auf  diese  Weise  bei  den  Säugethieren  eine  obere  Decke 
der  Kopfvisceralhöle,  welche  vorn  durch  das  bekannte,  eigenthümliche  Gau- 
mengewölbe, hinten  durch  den  grössten  Theil  der  Schädelbasis  zusammenge- 
setzt wird,  und  dadurch  das  allgemeine  Bestreben  der  Natur,  ein  gleich- 
massiges  Niveau  an  besagter  Stelle  soviel  wie  möglich  zu  Wege  zu  bringen, 
realisirt. 

§.  12.  Diese  angeführten,  grösseren  Veränderungen  an  der  unteren 
Fläche  der  Kopfbasis  begleiten  auch  minder  wichtige  an  der  oberen,  die 
dem  Gehirne  augekehrt  ist.    Wie  die  ganze  innere  Fläclie  der  SchädelhÖle 


161 


von  der  Ausbildung  des  Gehirnes  abhängig  ist,  so  auch  die  ihrer  Basis.  Wir 
wollen  hier  nur  besonders  noch  berücksichtigen  die  eigenthümliche  Entwicke- 
lung  der  Gehirnblase  für  die  grossen  Hemisphären  und  der  Bläschen  für  den 
Geruchssinn,  sowohl  an  und  für  sich,  als  auch  vorzüglich  in  ihrer  Beziehung 
zu  einander.  Das  uranfängliche  Verhalten  ist  mir  bisher  bei  den  höheren 
Wirbelthieren  überall  gleichmässig  erschienen,  und  dennoch  ist  die  spätere, 
entwickelte  Form  so  sehr  abweichend.  Die  genauere  Entwickelungsrnetamor- 
phosen  kenne  ich  bei  beiden  nicht,  aber  man  muss  doch  zugeben,  dass, 
wie  alle  Gehirn  -  Abtheilungen  unter  einander,  so  auch  besonders  die 
grossen  Hemisphären  bei  ihrer  Ausbildung  mehr  oder  weniger  mit  den  an- 
fangs mehr  isolirt  dastehenden  Geruchsblasen  sich  wieder  inniger  vereinigen. 
Unter  solchen  Umständen  musste  auch  der  Winkel  der  Gesichtskopfbeuge, 
welcher  uranfänglich  mehr  in  der  Scheidungsgrenze  dieser  beiden  Gehirnab- 
theilungen gelegen  und  eben  durch  das  gesonderte  Erscheinen  der  Geruchs- 
blasen unserer  Ansicht  nach  hervorgerufen  ward,  Veränderungen  erleiden, 
namentlich  mehr  geebnet  werden.  Man  sieht  daher  in  den  entwickelten 
Schädeln  die  obere  Fläche  der  Basis  allmählig  nach  vorn  sich  meist  nur 
erheben,  statt  einen  Winkel  formiren.  Bei  den  niederen  Wirbelthieren 
bildet  sie  vielmehr  ein  gleichmässiges  Niveau  mit  der  Horizontal -Linie. 

§.  13.  So  ist  denn  also  der  Winkel  der  Gesichtskopfbeuge  an  der 
ossifizirten  Schädelhöle  durch  die  mannigfachsten  Veränderungen  mehr  oder 
weniger  untergraben  und  verdunkelt.  Es  bleibt  uns  daher  zur  Bestimmung 
der  Gesichtskopfbeuge  nur  ein  indirekter  und  unsicherer  Weg  übrig,  vermittelst 
des  Gesichtes  (obere  Gesichtshälfte)  und  des  Anfangs  der  Rumpfwirbelsäule. 
Jenes  giebt  uns  ungefähr  die  Richtung  der  gebeugten  Röhre  des  ersten  Schädel- 
wirbelbogens,  letzteres  die,  welche  der  zweite  und  dritte  Wirbel  uranfänglich  hat. 
Zwei  Linien,  die  eine  mitten  durch  den  ungefähr  kegelförmigen  Raum  bei- 
der Nasenhölen,  durch  den  ersten  Wirbelkörper  nach  der  Schädelhöle,  und 
eine  zweite  mitten  durch  die  zylinderförmige  Röhre  der  ersten  Rurapfwirbel, 
durch  das  foramen  magnum  und  durch  die  Schädelhöle  auf  die  erstere  gezo- 
gen, geben  uns  einigermaassen  die  Lagerungsrichtung  der  uranfängli- 
chen Gesichtskopfbeuge.  ;  :  i  rr  )  •fr^M;; 

;        ......    .. . 


162 


■  §:  14.  Ehe  ich  die  Gesichtskopfbeuge  verlasse,  will  ich  noch  erwäh- 
nen, dass  mit  ihr  gleichzeitig  die  Halsbeuge  an  der  Rurapfwirbelsäule  auf- 
tritt. Wir  sind  geneigt  in  dem  Nackerihöcker  der  Embryonen  der  höheren 
Wirbelthier -Reihe  die  frühste  Andeutung  davon  wahrzunehmen.  Es  bleibt 
übrigens  noch  ferneren  Untersuchungen  vorbehalten,  zu  erörtern,  in  wie 
weit  die  Hals-  und  Gesichtskopfbeuge  sich  gegenseitig  bedingen  und  welchen 
Einfluss  beide  zusammen  auf  die  ganze  Wirbelsäule  ausüben. 

Nach  diesen  allgemeinen  Betrachtungen  über  die  Urform  des  Kopfes 
sämmtlicher  Wirbelthiere ,  wollen  wir  auf  die  besonderen  Bildungsgesetze 
desselben  übergehen.  Aus  den  angeführten  Gründen  theilen  wir  diese 
in  zwei  Abtheilungen:  in  die  der  höheren  Wirbelthiere,  beschuppten  Am- 
phibien, Vögel,  Säugethiere  und  in  die  der  niederen,  Fische,  ge- 
schwänzte Batrachier,  Frösche*).  Wir  lassen  bei  jedem  Kopftheile  die  typi- 
sche Konformation  im  Allgemeinen  vorangehen  und  die  hauptsächlichsten 
Veränderungen  durch  die  einzelnen  Klassen  folgen. 

II«  Ald^ctanitt« 

Die  Kopfbildung  der  höheren  Wirbelthiere. 
&  a  p  i  t  e  1  m. 

Die  SchädelhÖle, 
Die  typische  Konfo rniation  im  Allgemeinen. 
§.  15.    Die  SchädelhÖle  wird  frühzeitiger  typisch  konformirt  als  die 
Visceralhöle  und  das  Gesicht.    Sie  ist  derjenige  Theil  der  Zentralner ven- 


*)  Die  Abscheidung  sämmtlicher  Wirbehhiere  nach  der  Gesichtskopfbeuge  ist 
durchgreifender  und  allgemeiner  als  irgend  eine  andere.  Sie  erleidet  keine  Ausnahme, 
geht  mit  dem  höheren  Stande  einer  Wirbelthierklasse  in  ihrer  grosseren  Ausbildung  Hand 
in  Hand,  ist  endlich  von  dem  Haupttypus  der  Wirbelthiere  hergenommen  und  wie  der- 
selbe von  der  eigenthüml^chen  Entwickelung  des  edelsten  Systems  imKDrganismus  abhängig. 


163 


röhre  des  Wirbelsystems ,  welcher  das  Gehirn  umschliesst,  und  die  Ausbildung 
desselben  hat  auf  die  allgemeine  Form  der  Schädelhöle  den  wesentlich- 
sten Einfluss.  Noch  ehe  die  Urplatten  zur  oberen  Röhre  sich  vollkommen 
vereinigt,  beugt  sich,  wie  mir  scheint,  in  Folge  der  besonderen  Entwicke- 
lung  der  Geruchsblasen  aus  der  vordersten  Gehirn  -  Abtheilung,  ungefähr  die- 
jenige Partie  der  Schädelhöle,  welche  dem  ersten  Wirbel  entspricht,  nach 
unten  j  es  entsteht  so  die  erwähnte  Gesichtskopfbeuge.  Ausser  der  allen 
Wirbelthieren  gemeinsamen  voluminöseren  Ausdehnung  des  Schädelgewolbes 
formirt  bei  den  höheren  der  vordere  Schluss  desselben,  gleichfalls  wegen 
der  grösseren  Ausbildung  des  Gehirnes,  eine  mehr  gewölbte,  kappenförmige 
Stirnwand,  ,^  -     ;     :  ,  . 

§.  16.  Wie  an  dem  Rumpfe,  so  bemerken  wir  auch  am  Kopfe  die 
Absonderung  der  Urplatten  in  Wirbel  j  es  sind  drei  an  der  Zahl.  Während 
in  der  VisceralhÖle  drei  Visceralbogen  sich  hervorbilden,  sehen  wir  an 
der  Schädelhöle ,  besonders  deutlich  an  der  Basis  derselben  bei  den  Säuge- 
tliier- Embryonen,  die  drei  Wirbelkörper  abgezeichnet.  Der  Mangel  an 
Weichtheilen  und  einer  gelenkigen  Verbindung  der  einzelnen  Schädelwirbel 
unter  sich  macht,  dass  die  Abzeichnung  derselben  anfangs  nicht  so  evi- 
dent markirt  ist,  Wie  am  Rumpfe.  Ausser  den  Visceralbogen,  den  Sinnesor- 
ganen und  den  leicht  kenntlichen  Rumpfwirbeln,  sind  es  auch  vorzüglich  clie 
drei  Hauptabtheilungen  des  Gehirnes,  welclie  uns  die  Gegenden  der  Schädel- 
wirbel andeuten,  Hiebei  hat  man  natürlich  das  Ineinandergreifen  der  ein- 
zelnen Gehirn- Abtheilungen  und  ihre  grössere  oder  geringere  Ausbildung  zu 
berücksichtigen.  --'^a*  '>!>:':Hrv  :  .liii-n 

'■  §.  17.  Eine  wirkliche  Trennung  der  einzelnen  Vv^irbel  ist  übrigens 
weder  vor  der  Sonderung  der  Bildungsmasse,  noch  während  der  Cliondrose 
zu  bemerken,  wenn  nicht  äussere  Einflüsse  besonders  einwirken j  sie  wird  erst 
durch  die  Ossifikation  hervorgerufen.  Es  zeigt  sich  alsdann,  dass  die  normale 
"V  erknöcherung  eines  oberen  Wirbclbogens,  durch  gesonderte  obere  und  untere 
einfache  S  clilussstücke  und  durch  zwei  Seitentheile,  gemäss  der 
grösseren  Ausbildung  des  Gehirnes  noch  durch  supplementarische  Stücke  nament- 
lich in  der  oberen  Schädeldecke  erweitert  wird.  Es  erzeugen  sich  bei  allen  höhe- 
ren Wirbelthieren  (auch  bei  den  niederen,  wenn  das  Kopf  wirb  elsystem  vollständig 

21^ 


164 


ossifizirt  wird)  im  ersten  und  zweiten  Wirbelbogen  gewöhnlich  zwei 
obere  SchiussstUcke:  zwei  Stirnbeine  (so  auch  bei  den  beschuppten  Amphi- 
bien) und  zwei  Scheitelbeine.  Ausserdem  treten  bei  sämmtlichen  Vögeln  und 
Säugethieren  im  zweiten  Schädelwirbel  noch  die  fartea  squamosae  der  Scldä- 
fenbeine  als  obere  Schlussstücke  hinzu ;  endlich  zeigen  sich  in  Folge  der  Einwir- 
kungen des  Ohrlabyrinthknorpels  bei  vielen  Individuen  der  genannten  höheren 
Wirbel thierklassen,  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Schädel wirbel,  gleichfalls 
als  Schlussstucke,  die  Partes  mastoideae  des  Schläfenbeines  und  bei  den  meisten 
.  Säugethieren  die  Ossa  Wormiana.  Die  Partes  squamosae ,  mastoideae  und  die  Ossa 
Wormiana  habe  ich  in  der  eben  angeführten  Bedeutung,  nach  welcher  sie  als 
supplementarische  Knochen  in  der  oberen  Schlussdecke  des  Ge- 
hirnes dienen,  bei  den  beschuppten  Amphibien  nirgends  wiedergesehen. 
In  dem  weiteren  Fortgange  unserer  Betrachtungen  werden  wir  darthun,  dass 
diejenigen  Knochen,  welche  man  bei  ihnen  dafür  gehalten,  die  genannte 
Wesentliche  Funktion  nicht  haben.  Man  darf  aber  nur  das  frühste  Erscheinen 
der  besagten  KnochenstUcke  bei  den  Säugethieren  und  Vögeln  während  der 
Ossifikation  beobachtet  haben,  um  sich  zu  überzeugen,  dass  dieselben  in  der 
häutig -knorpligen  Schädeldecke  entstehen,  und  die  genannte  Funktion  da- 
her die  richtige  und  wesentliche  ist. 

§.  18.    Wir  haben  demnach  an  dem  menschlichen  Schädel,  mit  Hin- 
'  weglassung  der  KnochenstUcke  für  die  Sinnesorgane,  die  Wirbelbogcn  folgen- 
dermaassen  ausgeprägt: 

a.  Für  den  ersten  Wirbel:  der  vordere  Keilbeinkörper  in  seiner  ganzen 
Ausdehnung  nach  vorn,  als  unteres  SchlussstUck j  die  Crista  galli  wird 
mitgerechnet;  sie  ist  nur  durch  Einwirkungen  des  Geruchlabyrinthes 
während  der  Ossifikation  abgesondert.  Die  vorderen  KeilbeinflUgel  for- 
miren  die  entsprechenden  Seitentheile ,  und  die  Stirnbeine  die  oberen 
Schlussstücke. 

b.  Für  den  zweiten  Wirbel:  der  hintere  Keilbeinkörper  als  unteres  Schluss- 
stück, die  hinteren  Keilbeinflügel  als  die  entsprechenden  Seitentheile,  und 
die  Schuppe  des  Schläfenbeines  mit  den  Scheitelbeinen,  als  die  oberen 
Schlussstücke. 


165 


c.  Für  den  dritten  Wirbel  das  ganze  Hinterhauptsbein  in  seiner  normalen 
Verknöcherung  eines  Wirbels  durch  das  einfache  obere  und  untere  Schluss- 
stück und  durch  die  beiden  Seitentheile. 

Zwischen  den  oberen  Schlussstücken  des  zweiten  und  dritten  Wirbels 
befinden  sich  als  Supplemente  die  Partes  mastoideae  der  Schläfenbeine  und 
die  Ossa  Wormiana. 

Veränderungen  der  Schädelliöle.  (S.  Tab.  III.  Fig.  I.  2.  3.  4.  5.  6.) 
19.  Die  Veränderungen  der  Schädelhöle  sind  zuerst  solche,  welche 
durch  das  umhüllte  Organ  selbst,  das  Gehirn,  hervorgerufen  werden,  und  in- 
sofern die  wesentlichen  heissen.  Es  wird  dadurch,  wie  schon  erwähnt,  die 
allgemeine  Form  und  die  innere  Fläche  der  Schädelhöle  ausgeprägt.  In  die- 
ser Hinsicht  bemerkten  wir  schon  an  der  Schädelbasis  die  theilweise  Aus- 
gleichung des  Gesichtswinkels,  durch  innigere  Verschmelzung  der  beiden  Ge- 
ruchsblasen mit  der,  den  grossen  Hemisphären  entsprechenden,  Gehirnblasc. 
Die  übrigen  Veränderungen  daselbst  sind  für  uns  von  geringerer  Wichtigkeit. 

Die  allgemeine  Wölbung  der  Schädelhöle  anlangend,  so  ist  sie  vorzugs- 
weise von  dem  gegenseitigen  Verhalten  der  einzelnen  Zentralapparate  des 
Gehirnes  abhängig.  Man  kann  drei  Richtungen  von  einer  hervorstechenden 
Erhebung  der  Schädelröhre  unterscheiden.  Diese  werden  besonders  bestimmt 
am  vorderen  Theile  durch  die  vorherrschende  Ausbildung  der  Hemisphären, 
in  der  Mitte  durch  die  Lohi  optici  und  deren  nächsten  Verbindungen,  endlich 
nach  hinten  durch  die  Konzentration  der  motorischen  Apparate. 

Bei  den  beschuppten  Amphibien  ist  im  Allgemeinen  eine  geringere  Ent- 
"wickelung  vorzüglich  der  Hemisphären  und  auch  der  Sinnesorgane  j  die  mo- 
torische Kraft  überwiegt,  und  der  Schädel  wölbt  sich  besonders  am  hinteren 
Ende.  Mit  der  stärkeren  Gesichtskopfbeuge  beginnt  bei  den  Vögeln  auch 
eine  grössere  Ausbildung  der  Hemisphären ;  die  Sinne  stehen  höher;  doch  die 
Entscheidung  wird  durch  die  Lohi  optici  gegeben;  daher  die  vorherrschende 
Wölbung  der  Schädelröhre  mehr  in  der  Mitte.  Bei  den  Säugethieren  findet 
im  Allgemeinen  eine  gleichmässigere  Entwickelung  der  Hemisphären,  der 
Zentralorgane  für  die  Sinne  und  der  motorischen  Apparate  Statt;  daher  auch 
die  Form  der  Schädelröhre  ziemlich  ebenmässig.  Bei  dem  Menschen  end- 
lich herrscht  das  Organ  der  intellektualen  Thätigkeit;  alle  übrigen  Apparate 


166 


des  Geliirnes  sind  untergeordnet;  nicht  die  Sinne,  niclit  die  Muskelkraft,  die 
Intelligenz  entscheidet,  und  die  Schädelhöle  wölbt  sich  vorn  zu  einer  Stirnc, 

Die  grössere  Ausbildung  des  Gehirnes  hat  auch  auf  die  senkrechte  oder 
mehr  gegen  die  horizontale  Ebene  geneigte  Stellung  der  Seitentheile  des 
Schädelgewölbes  Einfluss.  Von  der  Wölbung  der  oberen  Schädeldecke  in  der 
IVähe  des  Foramen  magnum  hangt  demgemäss  die  Stellung  des  letzteren  ab. 
Daher  kommt  es  bei  den  Vögeln,  den  höheren  Säugethieren,  besonders  aber 
beim  Menschen  so  tief  nach  unten  zu  stehen. 

5.  20.  Die  accidentellen ,  aber  für  uns  wichtigeren  Veränderungen  des 
Schädelgewölbes  entstehen  durch  die  höheren  Sinneswerkzeuge  und  durch  die 
Kopfvisceralröhre  mit  ihren  Gebilden.  Ihre  Einwirkungen  auf  das  Schädel- 
gewölbe geschehen  von  aussen, 

§.  %\.  Die  Sinueswerkzeuge  sind  äusserst  früh  schon  an  der  Schädel- 
röhre bemerkbar.  Noch  ehe  die  Rückenplatten  am  Kopfe  sich  besonders  au- 
genscheinlich maclien,  sieht  man  am  vorderen  Schlüsse  der  durch  das  seröse 
Blatt  präformirten  Röhre  die  Augenrudimente.  Sie  liegen  ursprünglich  vorn 
zur  Seite  der  kappenförmig  gewölbten  Stirnwand.  Bald  darauf  markiren  sich 
vor  deii  Seitentheilen  des  letzten  Schädelwirhels  die  Bläschen  der  Gehörlaby- 
rinthe und  noch  später  zwischen  den  Augenrudimenten  und  den  äusseren 
Rändern  der  vorderen  Stirnfortsätze,  die  Grübclien  der  sich  entwickelnden  Ge- 
ruchlabyrinthe. Am  frühsten  sind  die  letzteren  nach  meinen  bisherigen  Be- 
obachtungen bei  den  Embryonen  der  Schlangen  sichtbar.  Bei  den  übrigen 
höheren  Wir belthicren  (Vögel,  Säugethiere)  sah  ich  sie  in  dem  schon  gebil- 
deten Nasenkaiiale.  Ist  es  bei  dem  frühsten  Erscheinen  der  Sinneswerkzeuge 
mehr  odef  weniger  schwierig  zu  unterscheiden,  ob  sie  an  den  Rückenplatten 
Theil  haben  oder  nicht,  so  Avird  die  Integrität  des  Schädelgewölbes  gleich 
nach  der  typischen  Konformation,  und  das  isolirte  Aiiliegen  der  Sinneswerk- 
zeuge an  demselben  überzeugend  genug,  dass  beide,  d^s  Schädelgewölbe  und 
die  Sinneswerkzeuge,  dem  serösen  Blatte  wohl  ihre  Entstehung  verdanken, 
doch  jeder  seinem  eigenthümlichen  Typus  folgt.  t 

Nur  in  dem  Fortgange  der  Entwickclung ,  in  der  späteren  Zeit  der 
Chondrose  und  namentlicli  während  der  Ossifikation,  wirken  die  Sinneswerk- 
seuge  auf  das  Schädcigcwölbe  ein.    Dip  Labyrinthe  des  Geruch-  und  Gehör- 


167 

Sinnes  verhindern  mehr  oder  weniger  den  Vcrknocherungsprozess  in  der  Ge- 
gend ihrer  Lagerung,  Besonders  ist  es  das  Geliörlabyrinth ,  welches  während 
der  Ossifikation  die  Kontinuität  des  Schädelgewölbes  unterbricht  und  als  Pars 
ipetrosa  des  Schläfenbeines  dem  Wirbelsjstem  der  Lage  nach  sehr  innig  ein- 
verleibt wird.  Es  beeinträchtigt  mehr  oder  weniger  die  Seitentheile  des 
zweiten  Scliädelwirbels  (hintere  Keilbeinflilgel).  Das  Labyrinth  des  Gorucli- 
sinnes  kommt  nur  bei  den  Säugethieren  mit  dem  Cranium  in  ganz  naher  Be- 
rührung, so  zwar,  dass  es  mit  seiner  Lamina  cribrosa  dem  Gehirne  als  StiUze 
dient.  Bei  den  übrigen  höheren  Wirbelthieren  befindet  es  sich  getrennt  in 
den  entfernter  liegenden  Nasenbölen,  In  diesem  Verhalten  sehe  ich  es  auch 
andeutungsweise  an  einem  Strauss- Schädel  des  hiesigen  anatomischen  Mu- 
seums. Daher  möchte  ich  bezweifeln,  dass  das  eigentliche  os  ethmoideum  bei 
irgend  einer  Straussart  in  das  Schädclgewölbe  sich  hineindränge,  wenn  auch, 
wie  bei  mehren  Vögeln,  die  Nasenhölen  in  die  Stirnbeine  sich  erweitern. 
Am  wenigsten  aber  wäre  es  mit  den  Entwickelungsgesetzen  übereinstimmend, 
wenn  das  os  ethmoideum  an  der  Oberfläche  des  Schädelgewölbes  zwischen 
den  Stirnbeinen  hervorträte. 

5.  22.  Die  Augen  beeinträchtigen  am  wenigsten  das  Schädelgewölbe 
unmittelbar.  Auch  in  dem  entwickelten  Zustande  befinden  sie  sich,  ihrem  er- 
sten Erscheinen  gemäss,  hauptsächlich  an  der  Seite  der  ossifizirten  Stirn- 
wand d.  h.  an  den  Stirnbeinen.  Nur  behufs  der  Formirung  von  Augenhölen 
entwickeln  diese  letzteren  während  der  Ossifikation  einen  Margo  supraorbi- 
taliSf  welcher  nach  hinten  gewöhnlich  in  einen  Processus  orbitalis  posterior, 
der  sich  mit  dem  Oberkiefer  mehr  oder  weniger  in  Verbindung  setzt,  aus- 
läuft. Bei  den  Vögeln  geht  der  Processus  orbitalis  posterior  auf  die  ersten 
Seitentheile  des  Schädels  über,  bei  den  Schlangen  auf  die  Scheitelbeine.  Bei 
einigen  Nagern  findet  sich  auch  vorn  ein  ähnlicher  Fortsatz,  welcher  wohl 
der  Glandula  nasalis  seine  Entstehung  verdankt.  An  dem  Schädel  des  Ptero- 
dactylus  crassirostris  Goldf.  sehe  ich  gleichfalls  einen  vorderen  OrbitaHort- 
satz,  welcher  sich  mit  dem  der  hinteren  Abtheilung  des  Oberkiefers  (Joch- 
bein) verbindet.  Wie  viel  zu  der  gegenseitigen  Verbindung  der  Orbitalfort- 
sätze  mit  den  Oberkiefern  jeder  von  diesen  Knochen  beiträgt ,  ist  sehr 
verschieden.    Die  Ursachen  bleiben  der  spezielleren  Betrachtung  der  ge- 


168 

nannten  Theile  anheimgestellt.  Ausserdem  sind  noch  wesentlich  für  die  Au- 
genhölenbildung  die  Seitentheile  des  ersten  Schädelwirbels,  durch  welche 
die  Sehnerven  hindurchtreten.  Von  der  Gesichts-  und  Kiefer -Entwickel uns: 
abhängig  können  dann  noch  zur  Unterstützung  hinzutreten :  die  Thränenbein- 
chen,  die  Gesichtsbasis,  das  Geruchlabyrinth,  die  hinteren  Keilbeinflügel, 
das  Gaumen-,  Oberkiefer-  und  selbst  das  Flügelbein.  Hierüber  das  Nöthige 
an  seinem  Orte. 

§.  23.  Wir  wollen  jetzt  nur  im  Allgemeinen  hervorheben ,  dass  die  Lage 
der  Augenhölen  bei  den  höheren  Wirbelthieren  an  der  stärker  gewölbten  Stirn- 
wand (Stirnbeine)  verbleibt,  und  dass  das  Auge  dadurch  mehr  und  mehr  in 
die  Gesichtsfronte  gelangt.  Bei  den  niedrigsten  beschuppten  Amphibien  ist 
dieses  Verhältniss  noch  wenig  bemerkbar,  bei  den  Vögeln  schon  evidenter j 
noch  augenscheinlicher  bei  den  Säugethieren ,  jedoch  mit  der  Modifikation, 
welche  die  grössere  Ausbildung  des  Geruchs  und  die  theilweise  Hinzuzie- 
hung des  Gehörsinnes  zu  dem  Gesichte  im  weiteren  Sinne  hervorbringt.  Bei 
dem  Menschen  endlich  unterliegen,  wie  alle  Sinne,  so  auch  die  Augen  mit 
ihren  Holen  dem  Uebergewichte  des  intellektualen  Organes.  Die  Stirnbeine 
wölben  sich  vollkommen  über  sie  herüber. 

Mit  der  Lage  der  AugenhÖle  ändert  sich  in  gleichem  Maasse  auch  die 
sie  trennende  Scheidewand.  Bei  den  Schlangen  werden  die  Augen  noch 
meist  durch  die  Seitentheile  des  ersten  Schädel wirbels,  welche  die  Hemi- 
sphären mit  den  vereinigten  Riechkolben  hier  umhüllen,  geschieden.  Bei 
den  Eidechsen  und  den  übrigen  beschuppten  Amphibien  wird  das  Gesicht 
mit  seinen  Sinnen  mehr  isolirt  dem  Schädel  vorgelagert-,  es  trägt  zur  Augen- 
Scheidewand  schon  die  erweiterte  Gesichtsbasis  bei.  Diese  letztere  Ubernimmt 
bei  den  Vögeln,  wo  die  übermächtige  Ausbildung  des  Sehorganes  die  am  mei- 
sten von  der  Schädelhöle  entfernte  Lage  der  Geruchhölen  bedingt,  vorzugs- 
weise die  genannte  Funktion.  Bei  den  Säugethieren  sind  bei  einer  stärkeren 
Gesichtskopfbeuge,  wodurch  auch  das  Ohr  theilweise  zum  Gesichte  hinzuge- 
zogen wird,  die  Sinne  und  die  Hemisphären  gleichmässig  ausgebildet.  Es 
gelangt  unter  solchen  Umständen  die  vorderste,  mehr  erweiterte  Partie  des 
Schädelgewölbes  selbst  wieder  zu  der  Funktion,  die  Augenhölen  zu  trennen. 
Auf  diese  Weise  wiederholt  sich  bei  ihnen  ein  ähnliches  Verhältniss,  wie  bei 


169 

den  niedrigsten  beschuppten  Amphibien  ( Schlangen  ) ,  aber  unter  Einwirkung 
einer  grösseren  Gesichtskopfbeuge  und  der  grösseren  Ausbildung  der  Zentral- 
organe des  Gehirnes.  Bei  dem  Menschen  endlich  überwiegt  wiederum  das 
Organ  der  intellektualen  Thätigkeitj  die  Bulbi  nervi  olfactorii  werden  unter- 
geordnet j  die  Nasenhölen  liegen  unter  der  vorgewölbten  Stirne,  und  das 
Labyrinth  des  Geruchorganes  trennt  allein  die  AugenhÖlen,  sich  schützend 
durch  Erzeugung  einer  Lamina  papyracea. 

§,  24.  Ehe  wir  die  AugenhÖlen  verlassen,  müssen  wir  noch  erwähnen, 
dass  die  Stirnbeine  zu  dem  Schutze  derselben  ausser  dem  Margo  supraorhi- 
talis  noch  besondere  Knochenstücke,  Ossa  supraorhitalia ,  entwickeln.  Sie 
sind  accessorische  Erweiterungen  des  oberen  Augenrandes  selbst,  welche  sich 
bei  mehren  Vögeln  und  Eidechsen  vorfinden.  Bei  Struthio  Rhea  etc.  liegt  das  Os 
supraorbitale  am  inneren  Rande  der  Augenhöle  und  steht  nach  unten  durch 
einen  Proc.  orb.  anterior  mit  dem  Oberkiefer  in  Verbindung.  Auffallend  sind 
die  Augenrand  -  Knochen  bei  Lacerta  agilis  ausgebildet,  wo  deren  zwei  bis 
drei  an  der  Zahl  vorhanden  sind.  Man  thäte  Unrecht,  wollte  man  dieselben, 
wie  Theile  der  Stirnwand,  mit  den  Stirnbeinen  selbst  in  eine  Kategorie  stel- 
len. Letztere  sind  wesentlich  obere  Schlussstücke  in  dem  ersten  Schädel- 
wirbel-Bogen  j  die  Supraorbital -Knochen  dagegen  wesentlich  nur  acciden- 
telle,  gesonderte  Erweiterungen  des  Margo  supraorbi talis  der  Stirnbeine. 

25.  Die  Veränderungen  der  Schädelhöle,  welche  durch  die  Visce- 
ralröhre  mit  ihren  Gebilden  erzeugt  werden ,  beziehen  sich  einerseits  auf  die 
Schädelbasis,  anderseits  auf  die  gewölbte  Partie  der  Gehirnkapsel. 
-1 ,  §.  26.  Die  ersteren  haben  wir  zum  grössten  Theile  schon  bei  der 
Gesichtskopfbeuge  angeführt.  Wir  zeigten  daselbst,  dass  das  Bestreben  der 
Natur  so  viel  wie  möglich  eine  gleichraässige  obere  Decke  der  Visceralröhre 
zu  bilden,  die  allmählige  perpendikuläre  Erweiterung  der  Schädelbasis  zu 
Wege  bringt,  damit  auf  diese  Weise  der  Winkel  der  Gesichtskopfbeuge  aus- 
geglichen würde.  Dabei  leidet  am  meisten  der  Körper  des  ersten  Schädel- 
wirbels, von  welchem  unmittelbar  die  Gesichtsbasis  ausgeht.  Hiezu  kommen 
bei  den  beschuppten  Amphibien  noch  andere  Umstände,  welche  den  ersten 
Wirbelkörper  oft  unkenntlich  machen.  Bei  den  Schlangen  (Tab.  III.  Fig.  1.  2.) 
veranlasst  die  lockere  Zusammensetzung  der  Gesichtskhochen ,  ja  selbst  der 

22 


170 


Stirnbeine,  eine  geringere  Ossifikation  und  Ausbildung  der  Gesichtsbasis, 
Der  erste  Wirbelkörper  wird  dadurch  auch  gleichzeitig  beeinträchtigt  und 
erhält  sich  meist  knorplig,  von  einer  Knochenwucherung  des  zweiten  Wir- 
-belkörpers  theilweise  ersetzt.  Das  Schädelgewölbe  der  eigentlichen  Eidech- 
sen wird  grösstentheils  gar  nicht  ossifizirt,  sondern  bleibt  i»  der  Gegend  der 
ersten  und  zweiten  Seitentheile  des  Schädelgewölbes  meist  häutig.  Auf  die 
wahrscheinlichen  Ursachen  dieses  Zustandes  werden  wir  noch  später  zurück- 
kommen. Hier  bemerken  wir  nur,  dass  dieses  gleichfalls  auf  eine  schwache 
Ausprägung  des  ersten  Wirbelkörpers  von  Einfluss  sein  muss,  welcher  auch 
grösstentheils  immer  knorplig  verbleibt.  Bei  den  Vögeln  sieht  man  ihn  schon 
deutlicher  ossifizirt,  doch  immer  hauptsächlich  lamellenartig  und  nur  unten 
etwas  voluminöser  werdend.  Eine  Scheidung  vom  zweiten  Wirbelkörper  ist 
hier  selbst  frühzeitig  kaum  bemerkbar.  Erst  der  Schädel  der  Säugethiere 
zeigt  einen  ausgeprägteren,  ersten  Wirbelkörper,  Die  Erweiterung  der 
Schädelhöle  in  die  Breite  an  dem  vorderen  Ende,  in  Folge  der  grösseren 
Ausbildung  der  Hemisphären  des  Gehirnes  und  der  Gleichstellung  derselben 
mit  den  Zentralorganen  aller  drei  höheren  Sinne,  ist  auf  dieses  Verhalten  von 
entschiedenem  Einflüsse. 

§.  27.  Auf  den  zweiten  Wirbelkörper  des  Schädels  wirkt  noch  beson- 
ders das  Anliegen  der  Flügelbeine  ein.  Zur  Befestigung  dieser  letzteren 
entwickeln  sich  zu  beiden  Seiten  des  Wirbelkörpers  Fortsätze,  welche  nach 
der  Lage  und  Funktion  wohl  den  Querfortsätzen  der  Rumpfvvirbel  entspre- 
chen. Beide  dienen  zur  Befestigung  von  Skelettheilen  der  Visceralröhre. 
Diese  Fortsätze  finden  sich  beinahe  in  allen  Klassen  der  höheren  Wirbelthier- 
Reihe  vor, 

§.  28.  Von  Wichtigkeit  ist  die  Einwirkung,  welche  die  aufhebenden 
Muskeln  des  unteren  Kiefer  -  Apparates  auf  das  Schädelgewölbe  ausüben. 
Diese  Muskeln  entspringen  zumeist  in  der  mittleren  Region  der  Schädel- 
höle, und  zwar  von  den  Seitenwänden  und  besonders  von  den  Schlussstücken 
des  zweiten  Wirbels.  Sie  liegen  daselbst  in  der  sogenannten  Schläfengrube, 
welche  durch  die  Entwickelung  von  Rand  -  Erhebungen  an  den  Grenzen  der 
Muskelansätze  erzeugt  und  äusserlich  von  der  hinteren  Abtheilung  des  Ober- 
kiefers (Jochbogen)  umzäunt  wird.     Diese  Schläfengruben   sind   bei  den 


171 

Schlangen  gar  nicht  vorhanden ,  indem  die  Muskeln  des  oberen  und  unteren 
Kiefers  behufs  des  Schlingens  eigenthümlich  unter  die  einzelnen  Knochen  der 
Mundhöle  vertheilt  sind.  Ein  kneifzangenartiges  Ergreifen,  wobei  die  Aufhe- 
ber des  unteren  Kiefers  nothwendig,  findet  auch  hier  nicht  statt.  Am  ausgebil- 
detsten und  von  höchst  merkwürdiger  Art  sind  sie  bei  den  Eidechsen ,  Schild- 
kröten, Krokodilen j  weniger  entwickelt  bei  den  Vögeln,  endlich  wiederum 
stärker  hervortretend  bei  den  Säugethieren. 

§.  29.  Die  Schläfengruben  haben  durch  ihre  eigenthümliche  Entvvicke- 
lung  bei  den  beschuppten  Amphibien  zu  den  merkwürdigsten  Deutungen  An- 
lass  gegeben  und  den  vergleichenden  Anatomen  bei  der  Vergleichung  einzel- 
ner Schädelknochen  in  den  verschiedenen  Wirbelthierklassen  häufig  als  Hilfs- 
mittel gedient.  Wir  müssen  daher  die  wesentlichen  Punkte  etwas  genauer 
berühren.    Zunächst  halten  wir  uns  an  den  Säugethieren  und  Vögeln. 

Die  Schläfengrube  ist  hier  eine  Fortsetzung  der  Augenhöle  nach  hin- 
ten. Der  Margo  supraorbitalis  geht  in  einen,  von  neuem  sich  wieder  erhe- 
benden, Margo  supratemporalis  über,  so  zwar,  dass  an  der  Vereinigungsstelle 
beider  gewöhnlich  ein  Trennungs- Fortsatz,  der  Processus  orbitalis  posterior, 
hervorwächst.  Dieser  verbindet  sich  meist  mit  der  hinteren  Abtheilung  des 
Oberkiefers  (Jochbein),  und  von  der  kräftigeren  oder  schwächeren  Vereini- 
gung beider  hangt  die  geringere  oder  grössere  Gemeinschaft  der  Schläfen- 
und  Augengrube  ab.  Die  allgemeine  Lage  der  Schläfengrube  wird  demnach 
von  der  Augenhöle  bedingt  oder  richtiger:  sie  bedingen  sich  gegenseitig  und 
sind  der  höheren  Einheit  im  Organismus  untergeordnet.  Beide  befinden  sich 
an  den  Seitenwänden  des  ersten  und  zweiten  Schädelwirhels.  Je  meJir  die 
Augenhöle  nach  hinten  liegt,  um  desto  mehr  weicht  die  Fossa  temporalis  zu- 
rück; über  beide  entscheidet  demnach  bei  gleicher  Schädelwölbung  zunächst 
die  stärkere  Entwickelung  des  Auges  und  der  Kiefennuskeln.  Bei  den  Säuge- 
thieren giebt  ausserdem  noch  die  theilweise  Hinzuziehung  des  Ohres  zum 
Gesichte  im  weiteren  Sinne  und  die  gleichmässigere  Entwickelung  des  intel- 
Jektualen  Organes  sanimt  den  Sinnen  den  Ausschlag, 

Während  vorn  die  Schläfengrube  durch  den  Processus  orbitalis  posterior 
begrenzt  ist,  wird  sie  hinten  durch  einen  zweiten  abgeschlossen,  der  bei  den 
Säugethiereii  und  Vögeln  den  Namen     Processus  zygomaticus  ossis  temporum^' 

22- 


172 


erhalten  hat.  Dieser  hintere  Fortsatz  der  Scliläfengrube  befindet  sich  in  den 
beiden  oberen  Wirbelthierklassen  an  der  Schläfenscluippe.  Er  ist  als  Andeu- 
tung beinahe  bei  allen  Vögeln  zu  bemerken;  entwickelter  sehe  ich  ihn  bei 
den  krähen-  und  straussartigcn  Vögeln,  wo  er  ligamentös,  wie  bei  den  Säu- 
gethieren  gewöhnlich  knöchern  gegen  die  hinter^  Abtheilung  des  Oberkiefers 
(Jochbein)  sich  hinrichtet.  Der  Unterschied  des  genannten  Processus  zygonia- 
ticus  der  Vögel  und  Säugethiere  beruht  nur  auf  die  gleichzeitige  Gelenkbii- 
dung  mit  dem  Unterkiefer  bei  letzteren.  Es  ist  diese  Funktioii  aber  rein  acci- 
dentell  und  nur  durch  die  Verwendung  des  Meckelschen  und  Quadratbein- 
Knorpels  zu  den  Gehörknöchelchen  hervorgerufen.  —  Wie  der  Processus 
orbitalis  anterior  des  Supraorbital  -  Knochens  der  Vögel  mit  dem  Processus  or- 
bitalis  /posterior  zu  einem  vollständigen  Ringe  sich  vereinigt  (Papagei),  so 
sehen  wir  auch  zuweilen  eine  Verbindung  zwischen  dem  Proc.  orhit.  post.  und 
dem  Process.  zygomaticus  (Phasanen).  , 

§.  30.  Komplizirter  wird  die  Fossa  temporalis  bei  den  beschuppten 
Amphibien,  Eidechsen,  Schildkröten,  Krokodilen.  Die  geringere  Wölbung 
der  Schädelhöle  und  der  dadurch  bedingte  Mangel  einer  Pars  squamosa  ossis 
temporum,  so  wie  die  überwiegende  Stärke  und  Kraft  der  Muskeln  musste 
eine  Modifikation  zu  Wege  bringen. 

Wii'  wollen  zunächst  eine  nähere  Beschreibung  der  Schläfengrube  eines  Ei- 
dechsenschädels (JLacerta  agilis}  geben.  (Tab.  III,  Fig.  3.)  Der  Margo  supraorbitalis 
setzt  sich  auch  hier  in  den  oberen  Schläfengruben -Rand  fort.  Letzterer  geht  von 
dem  äusseren  Rande  des  beinahe  gar  nicht  gewölbten  Scheitelbeines  ab  und  er- 
weitert sich  hinten  zu  einem  langen  Fortsatze,  welcher  sich  auf  den  äusseren 
Rand  des  stark  hervortretenden  knöchernen  Ohrlabyrinthes  niederlässt.  Die 
allgemeine  Lage  der  Schläfengrube  ist  demgemäss  auch  mehr  an  die  Seiten- 
theile  des  zweiten  Wirbels  verwiesen.  Wie  der  obere  AugenhÖlen-Rand,  so 
ist  auch  der  Margo  supratemporaUs  kräftig  entwickelt  und  vergrössert  sich 
gleichfalls,  wie  der  erstere,  durch  seibstständig  werdende  Randknochen.  Es  ist 
hier  ein  grösserer  vorhanden,  welcher  in  früher  Zeit  der  Länge  nach  in  zwei 
Stücken  zerfällt  ist.  Mit  den  Ossa  marginaüa  der  Augenhöle  steht  er  durch 
zwei  kleine,  neben  einander  liegende  Knochenstückchen  in  Verbindung. 
An  seinem  äusseren  Rande  befinden  sicli  dann  noch  zwei  hinter  einander 


173 


liegende,  schmale,  längliche  Knochenstücke,  Das  vordere  erweitert  gewisser- 
maassen  den  Processus  orhitaUs  posterior  und  verbindet  sich  mit  dein  mächti- 
gen Fortsatze  der  hinteren  Abtheilung  des  Oberkiefers  (Jochbein).  Das  hin- 
tere legt  sich  an  den  langen  Fortsatz  des  Scheitelbeines,  welcher  die  Schlä- 
fengrube beschliesst,  und  erreicht  mit  ihm  den  äusseren  Rand  der  Pars 
petrosa  ossis  temporum  da,  wo  das  Quadratbein  mit  seinem  Belegknochen  (O« 
ti/mpanicum)  sich  befestigt. 

§.  31.  Bei  dem  Vergleich  der  Fossa  temporalis  der  Säugethiere  und  Vö- 
gel mit  der  cigenthiimlichen  bei  der  genannten  Eidechse  finden  wir  für  beide 
dieselben  leitenden  Gesetze,  nur  modifizirt  durch  den  kleinen  Schädelbau  uud- 
durch  den  so  ausgebildeten  Muskelapparat  des  Unterkiefers.  Wir  haben  iiier 
ebenfalls  eine  Fortsetzung  des  Margo  supraorhitalis  in  den  M.  supratemporalis, 
welcher  sich  bei  der  geringen  Wölbung  des  Schädels  mehr  von  dem  äusseren 
Rande  der  an  sich  kleinen  Scheitelbeine  erhebt.  Die  Erweiterung  beider 
Ränder  durch  gesonderte  Randknochen  {Ossa  marginalia)  ist  bei  den  beste- 
henden Verhältnissen  eine  ganz  natürliche  Erscheinung,  die  wir  am  oberen 
Augenhölenrand  schon  bei  den  Vögeln  etc.  beobachteten.  Auch  sieht  man  hier, 
wie  bei  den  Säugethieren ,  Vögeln  etc.  die  TenderLZ,  die  Schläfengrube  von 
der  Augenhöle  durch  Produzirung  eines  Process.  orhitalis  posterior  zu  trennen, 
welcher  hier  jedoch  unbedeutend  durch  ein  Zwischenstück,  mit  dem  kräftige- 
ren Fortsatze  der  hinteren  Abtheilung  des  Oberkiefers  (Jochbein)  sich  verei- 
nigt. Hinten  wird  die  Schläfengrube  gleichfalls  durch  einen  Fortsatz  begrenzt, 
der  ausserdem  noch  durch  ein  kleines  Rand  -  Knochenstückchcn  verstärkt  wird. 
Er  senkt  sich  bei  der  weiten  Ausdehnung  der  Schläfengrube  nach  liinten  nicht 
auf  den  Jochbogen,  sondern  auf  die  Pars  petrosa  des  Schläfenbeines  herab 
und  stützt  gleichzeitig  die  ganze  Schläfenbrücke.  Bei  den  Vögeln  und  Säu- 
gethieren erzeugte  diesen  Fortsatz  die  Schuppe  des  Schläfenbeines;  hier  fehlt 
dieselbe,  und  das  Scheitelbein  muss  die  allgemeine  Tendenz  realisiren.  Es 
erscheint  mir  daher  passender,  wenn  man  diesen  Schlussfortsatz  der  Schläfen- 
grube allgemeiner  den  Processus  temporalis  posterior  nennen  würde.  Der  Name 
Processus  zygomaticus  squamae  ossis  temporum  ist  theiis  wegen  des  Mangels  der 
Schuppe  des  Schläfenbeines,  theiis  wegen  des  einseitigen  und  wankenden 
Begriffes  vom  Jochbogen  und  Jochbein,  für  die  genetische  Betrachtung  des 


174 


Schädels  zu  sehr  verwirrend.  Aus  eben  demselben  Grunde  enthalten  wir  uns 
bei  der  Beschreibung  so  viel  wie  möglich  der  Ausdrücke  „Jochbein,  Jochbo- 
gen" und  sprechen  der  Genese  gemäss  von  einer  hinteren  Abtheilung  des 
Oberkiefers,  welcher  die  ursprüngliche  Verbindung  des  Oberkieferbeines  mit 
dem  Quadratbein  bald  ganz  knöchern  (Vögel,  Krokodile,  Pterodactylus  crass.) 
bald  ligamentös  (die  meisten  beschuppten  Amphibien)  unterhält.  Bei  den 
Säugethieren  ist  diese  Vereinigung  durch  Verwendung  des  Quadratbeins  in 
den  Ambos  aufgehoben.  Den  Rest  bildet  noch  das  Jochbein,  auf  welchen 
sich  stets  der  Processus  temporalis  posterior,  wie  bei  den  Hasen,  Kaninchen 
augenscheinlicher,  niedersenkt.    Das  Nähere  hierüber  später  beim  Gesichte. 

§.  32.  Hält  man  den  allgemeinen  Plan ,  nach  welchen  die  Schläfen- 
gruben formirt  sind,  fest  im  Auge,  so  ist  es  nicht  schwer  die  verschiedenen 
Ausbildungen  derselben  bei  den  übrigen  beschuppten  Amphibien  zu  verstehen 
und  unterzubringen.  Es  kommt  hiebei  gar  nicht  in  Betracht,  wie  viele  ge- 
sonderte Ossa  marginalia  die  Schläfenbrücke  bilden ;  ob  letztere  vollständig, 
oder  ob  nur  die  vordere  und  hintere  Begrenzung,  der  Processus  ot^bitalis  und 
temporalis  ^posterior ,  in  Verbindung  mit  anderen  Knochen  und  unter  sich 
besonders  ausgeprägt  sind,  wie  beim  Tejus  teguixinj  ob  die  Vereinigung  des 
Processus  orbitalis  posterior  unmittelbar,  oder  wie  beim  Schädel  des  Stellio  > 
spinipes  (siehe  Hall,  vergleichender  Osteologie  des  Schläfenbeines  etc.  Tab.  II I..? 
Fig.  15.)  durch  ein  gesondertes  Knochenstückchen  mit  der  hinteren  Abtheilung 
des  Oberkiefers  Statt  hat;  ob  ferner  der  Processus  temporalis  posterior  unmit- 
telbar oder  durch  einen  Zwischenknochen  mit  der  Pars  petrosa  oder  mit  dem 
Quadratbein  und  dessen  knöchernen  Belege,  dem  Paukenbein,  in  Verbindung 
^  tritt,  wie  beim  Krokodil,  dem  Pterodactylus  crass. ,  der  Seeschildkröte  (siehe 
Hall.  a.  a.  O.  Taf.  II.  Fig.  8.  10.  Fig.  11.)  j  ob  endlich  die  Randbildung  für  die 
Schläfengrube  von  dem  äusseren  Rande  des  Scheitelbeines,  oder  von  dessen 
Mitte  oder  bei  noch  grösserer  Schädelwölbung  von  dem  inneren  Rande  des- 
selben ausgehe,  wie  bei  den  Schildkröten.  Alle  diese  genannten  Verhältnisse 
sind  für  die  genetische  Bedeutung  der  Schläfengrube  unwesentlich  und  han- 
gen mehr  oder  weniger  von  individuellen  Rücksichten  ab,  deren  nähere  Er- 
örterung uns  gegenwärtig  nicht  obliegt.  Wir  erwähnen  nur  noch,  dass  die 
obere  OefFnung  der  Scliläfengrubc  bei  den  Krokocfilien,  Avie  beim  Pejus  teguixin 


175 


im  erweiterten  Maassstabe ,  nur  von  der  unvollkommneren  Verknöcherung  der 
Schläfenbriicke  im  Vergleich  zur  Lacerta  agilis  herrührt,  und  dass  bei  den 
Landschildkröten  die  Schläfengrube  zur  Dienstleistung  für  die  bedeutenden 
Nacken -Muskeln  auch  auf  das  Hinterhauptsbein  sich  fortsetzt.  In  letzterem 
Falle  hört  die  sonst  gewöhnliche  Schlussbegrenzung  durch  Erzeugung  eines 
Fortsatzes  auf. 

§.  33.  Die  verschiedenen  Stücke  der  Schläfenbrücke  bei  den  be- 
schuppten Amphibien  sind  von  den  vergleichenden  Anatomen  verschiedentlich 
benannt  und  zur  Ausführung  der  verschiedensten  Hypothesen  verwendet. 
Man  hat  die  vorderen  Stücke  gewöhnlich  zu  den  Stirnbeinen,  die  hinteren 
zu  den  Schläfenbeinen  und  zu  dem  Kiefergerüste  hingezogen.  Auf  die  Kno- 
chenstücke des  letzteren  kommen  wir  beim  Gesichte  zurück.  In  Bezug  auf 
die  ersteren  bemerke  ich,  dass  nach  meinen  Untersuchungen  bei  den  be- 
schuppten Amphibien  nur  zwei  Stirnbeine  und  nirgend  eine  Pars  squamosa  ' 
und  mastoidea  des  Schläfenbeines  vorhanden  sind.  Existirte  indessen  von  dem 
Zitzen-  und  Schuppen -Theil  irgendwo  bei  den  höheren,  beschuppten  Am- 
phibien ein  Analogen,  so  müsste  es  eine  ganz  andere  Lage  haben:  es  müsste, 
wie  auch  das  Stirnbein,  ein  Schlussstück  in  dem  Schädelwirbelbogen  bil-  . 
den.  Eine  Lostrennung  der  Pars  squamosa  und  mastoidea  aber  von  der  Schä- 
deldecke, heisst  beide  Theile  aufheben.  Der  Benennung  der  einzelnen 
Stücke  in  der  Schläfenbrücke  müssen  noch  allgemeinere  Untersuchungen  vor- 
angehen j  unsere  Sache  ist  es  gegenwärtig  nicht.  — ^.-.n  •^.^'.^■^r'  '^■■■:'X-- 

§.  34.  Indessen  müssen  wir  hier  noch  auf  eine  merkwürdige  Eigen- 
schaft des  Schädels  der  eigentlichen  Eidechsen  (Tab.  III.  Fig.  4.)  zurückkom- 
men: auf  die  mangelhafte  Ossifikation  des  Schädelgewölbes.  Wenn  man  näm- 
lich die  Gehirnkapsel  der  Eidechsen  genauer  untersucht,  so  findet  man  nur 
<len  dritten  Schädelwirbel  vollständig  ossifizirtj  der  zweite  hat  nur  die  knö- 
chernen Scheitelbeine  und  den  knöchernen  Körper,  der  erste  nur  die  ossifi- 
zirten  Stirnbeine.  Die  Seitentheile  des  ersten  und  zweiten  Wirbels  sind 
häutig -fasrig,  der  Körper  des  ersten  ist  mehr  knorplig.  Die  Pars  petrosa 
des  Schläfenbeines  der  Säugethiere  und  Vögel  liegt  ossifizirt  in  der  hinteren 
Gegend  des  zweiten  Seitentheiles  und  grenzt  an  das  Hinterhauptsbein  und  an  den 
zweiten  Wirbelkörper.    Vor  ihm  liegt  die  sogenannte  Columella  Cuvier's  der 


176 


Eidechsen,  welche  von  dem  Scheitelbeine  in  enger  Verbindung  mit  den 
häutig -fasrigen,  entsprechenden  Seitentheilen  auf  das  Fll'igelbein  sich  nieder- 
lässt.  Nimmt  man  sie  aus  den  Seitentheilen  heraus,  so  entsteht  eine  Lücke 
in  dem  häutig -fasrigen  Gewebe  derselben.  Bei  älteren  Individuen  werden 
die  zweiten  Seitentheile  theilweise  ossifizirt  und  alsdann  beobachtet  man,  dass 
die  Columella  von  den  knöchernen  Massen  eingeschlossen  wird.  Beim  Cha- 
mäleon finden  wir  nur  ein  Analogen  einer  Columella,  welches  frei  in  dem 
fibrös -häutigen  Seitentheile  des  Schädels  gelegen,  weder  mit  dem  Scheitel- 
beine noch  mit  den  Os  pterygoideum  in  Verbindung  steht.  Hier  sind  auch 
die  Schläfengruben  bei  der  Vergrösserung  der  Augenhölen  mehr  nach  hinten 
und  oberhalb  erweitert. 

Es  ist  nun  bei  keinem  anderen  höheren  Wirbelthiere  eine  so  mangel- 
hafte Ossifikation  des  Schädelgewölbes,  bei  keinem  eine  Columella  vorhanden. 
Kein  Wirbelthier  hat  aber  auch  eine  so  merkwürdig  entwickelte  Schläfen- 
grube im  Verhältniss  zu  einem  kleinen  Schädelgewölbe,  wie  das  Eidechsen- 
geschlecht. Man  erschrickt  in  der  That,  wenn  man  die  grosse  Muskel -Partie 
in  derselben  gewahr  wird.    Die  Schildkröten  und  Krokodile  besitzen  gleich- 
falls eine  ziemlich  dtnsgehildeie  Fossa  temporalis ,  doch  ist  das  Schädelgewölbe 
bei  ihnen  absolut  grösser,  die  Ossifikation  im  Allgemeinen  beträchtlicher,  die 
Muskelmassen  für  den  Unterkiefer  in  der  Schläfengrube  absolut  kleiner.  Ist 
«s  nun  gleich  nicht  evident  zu  erweisen,  so  erscheint  es  mir  doch  höchst 
wahrscheinlich,  dass  die  mangelhafte  Ossifikation  in  den  Seitentheilen  des  Ei- 
^echsenschädels  mit  der  mächtigen  Entwickelung  der  Ossa  marginalia  an  den 
Stirn-  und  Scheitelbeinen  in  Verbindung  stehe,  und  dass  die  Columella  zur 
Verhinderung  des  Druckes  der  thätigen  Muskeln  auf  das  Gehirn  in  dem  zwei^ 
ten  Seitentheile  des  Schädelgewölbes  sich  erzeugt  hat ,  also  ursprünglich  ein 
Knochen  in  den  Seitentheilen  der  Schadelhöle  ist.   Ausser  den  vorhin  ge- 
nannten Umständen  sprechen  für  unsere  Ansicht,  dass  bei  einigen  Echsen  mit 
der  geringeren  Ausbildung  der  Ossa  marginalia  gleichzeitig  eine  stärkere 
Ossifikation  des  Schädelgewölbes  eintritt,  dass  in  eben  demselben  Maasse  die 
Columella  Cuvier's  kleiner  wird,  und  dass  ihre  lockere  Verbindung  mit  dem 
Flügelbein  vielmehr  zur  eignen  Stütze  als  zu  der  des  letzteren  Knochens 
geeignet  ist.    Bei  Chelonia  sind  die  Seitenwände  des  Schädels  vorn  weniger 


117 


ossifizirt  und  stützen  sich  gleichfalls  auf  die  Fliigelbcine.  Vergleicht  man 
diese  Seiten  -  Partieen  des  Schädcigewölbes  mit  der  Columella  Cuvier's,  so 
wird  man,  von  der  Form  absehend,  die  gleiche  Lage  und  Funktion  nicht 
verkennen  können. 

§.  35.  So  viel  von  den  hauptsächlichsten  Veränderungen  des  Schädel- 
gewölbes. Kaum  eine  flüchtige  Erwähnung  verdienen  die  Einwirkungen, 
welche  mehre  Rumpf- Muskeln  auf  das  Hinterhauptsbein  und  bei  den  Säuge- 
thieren  auf  die  Pars  mastoidea  durch  Erzeugung  von  Fortsätzen  und  Rander- 
hebungen ausüben. 

Irtdem  wir  nun  vom  Schädelgewölbe  scheiden,  wollen  wir  noch  im 
Allgemeinen  bemerken,  dass  das  angebliche  Fehlen  irgend  eines  Stückes  in 
den  drei  Schädel -Wirbelbogen,  zu  welchen  doch  mindestens  zwei  Seitentheile, 
ein  oberes  und  unteres  Schlussstück  nöthig  sind,  der  wesentlichen  Bedeutung 
nach  niemals  angenommen  werden  kann.  Mag  auch  ein  Theil  zuweilen  we- 
niger ossifizirt,  oder  weniger  augenscheinlich  geschieden  sein,  aber  fehlen 
kann  er  dem  Typus  nach  nirgend  j  es  sei  denn ,  dass  man  das  Gehirn  frei  zu 
Tage  liegen  lassen  will. 

II 

K  a  p  i  t  e  1  IV. 

'ii  DieVisceralhöledesKopfes. 
-  Typische  Konforraation. 

§.  36.  Die  Visceralhüle  des  Kopfes  entsteht,  wie  die  des  Rumpfes 
durch  Anhäufung  von  Bildungsmasse  in  der  von  dem  serösen  Blatte  präfor- 
mirteu  unteren  Röhre.  Die  dadurch  erzeugte  Visceralplatte  des  Kopfes,  welche 
ich  wegen  ihrer  Kleinheit  den  ursprünglichen  Visccralstreifen  nannte,  liegt 
dann  gleich  unter  den  RUckenplatten  und  geht  in  die  Membrana  reuniens  infe- 
rior über,  welche  zlcichzeitig  die  Herzhöle  bildet.  Dies  ist  das  ursprüngliche, 
bei  allen  Wirbelthieren  gleiche  Verhalten. 

§.  37.  Bei  den  höheren  Wirbelthieren  nun,  wo  die  Augenrudimente 
noch  wenig  ausgebildet  zu  den  Seiten  der  hochgewölbten  Stirnwand  sich  be- 
finden, erhält  der  ursprüngliche  Visceralstreifen  freieren  Spielraum  zu  einer 
Entwickelung  nach  vorn,  so  dass  er  bis  in  die  Gegend  gelangt,  wo  die  Ge- 


178 


siclils-Bildungstheile  entstehen.  Gleichzeitig  beugt  sich  die  vorderste  Partie 
des  Schädelgewölbes  und  mit  ihm  die  anliegende,  nacli  vorn  erweiterte  Bil- 
dungsmasse  des  ursprünglichen  Visceralstreifens. 

Kaum  ist  dieser  Bildungsvorgang  vollendet,  so  beginnt  die  Vereinigung 
der  Visceralstreifen  zur  Formirung  der  unteren  RöJire  des  Kopf-Wirbelsystenis, 
der  Kopf  -  VisceralhÖle.  Dieses  geschieht  nicht,  wie  am  Rumpfe,  durch  das 
Fortwachsen  der  Visceralplattc  in  seiner  ganzen  Masse,  sondern  durch  geson- 
dert auftretende  Visceralfortsätze ,  weiche  mit  den  respektiven  der  anderen 
Seite  sich  zu  Visceralbogen  verbinden.  Es  entwickeln  sich  drei  Fortsätze 
hinter  einander,  so  zwar,  dass  sie  von  vorn  nach  hinten  allmählig  hervortre- 
ten^ also  der  dritte  am  spätesten.  Sie  sind  durch  Spalten,  den  sogenannten 
Visceralspalten ,  von  einander  getrennt.  Der  erste  Visceralfortsatz  hat  seine 
ürsprungsstelle  ungefähr  an  der  hinteren  Partie  der  für  die  grossen  Hemi- 
sphären bestimmten  Gehirnblase.  Er  bildet  so,  gerade  nacli  unten  hervor- 
wachsend, mit  dem  nach  vorn  erweiterten  und  durch  die  Gesichtskopf  beuge 
niedergebeugten  Theil  des  ursprünglichen  Visceralstreifens  die  erste  ganze  Ab- 
thcilung  desselben.  Hat  er  sich  mit  dem  der  anderen  Seite  vereinigt, 
so  erhalten  wir  einen  ursprünglichen,  ersten  Visceralbogen  in  einer  er- 
w^eiterten  Form,  wie  er  allein  den  Iiiiheren  Wirbelthieren  cigcnthümlich  ist. 
Er  beginnt  dicht  unter  den  Augenrudimenten,  ziehet  sich  dann  längs  der 
Schädelbasis  bis  in  die  Gegend  des  Winkels  der  Gesichtskopf  beuge,  und  geht 
nun  erst  gerade  herunter,  um  den  eigentlichen  Bogen  zu  formiren.  Die  Ent- 
Wickelungsgeschichte  der  Frösche  lehrt,  dass  die  eigenthümliche  Form  des  er- 
sten Visceralbogens  der  höheren  Wirbelthiere  einzig  und  allein  durch  die  Ge- 
sichtskopfbeuge hervorgerufen  wird.  Hinter  ihm  entwickelt  sich,  durch  die 
erste  Visceralspaite  getrennt,  der  zweite  Visceralfortsatz  gleich  gerade  nach 
unten  gehend,  und  vereinigt  sich  mit  dem  respektiven  der  anderen  Seite  zu 
dem  zweiten  Visceralbogen.  Seine  Ursprungsstelle  entspricht  bei  den  höheren 
Wirbelthieren  immer  dem  darUberliegenden  Ohrbläschen  und  der  zweiten 
grösseren  Gehirnblase.  Etwas  später  bildet  sich  in  gleicher  Weise  der  dritte 
Visceralbogen,  von  dem  zweiten  durch  die  zweite  Visceralspaite,  von  dem 
Rumpfe  durch  die  dritte  geschieden.  Die  Gegend  seiner  Befestigung  an  den 
Schädel  entspricht  der  übrig  gebliebenen  Schädclpartie  und  der  dritten  und 


179 

letzten  Gehiinblase,  Die  beiden  letzten  Visceralbogen  geben  uns  das  reinere 
Bild  des  unteren  Wirbelbogens  wieder. 

So  erhalten  wir  also  eine  Kopf-Visceralhöle  der  höheren  Wirbclthiere, 
welche,  ganz  im  allgemeinen  Plane  des  Wirbelsysteras  formirt,  aus  drei  Vis- 
ceralbogen zusammengesetzt  wird.  Zwischen  den  Fortsätzen  des  ersten  Vis- 
ceralbogens  befindet  sich  die  jetzt  in  der  senkrechten  Axe  des  Embryo  ver- 
laufende Spalte  des  vorderen  Einganges  zur  Visceralhöle,  welche  sich  mit 
Hilfe  der  an  der  unteren  Nasenhölenwand  befindlichen  Bildungsmassen  allmäh- 
lig  in  die  horizontale  Mundöffnung  raetamorphosirt. 

■  Die  drei  Visceralbogen  der  höheren  Wirbelthiere  sind  in  der  frühsten 
Zeit,  vor  der  Chondrose  und  Ossifikation,  die  sicherste  Andeutung  von  der 
Dreitheiligkeit  des  Kopfwirbelsystems.  An  der  Schädelhöle  sehen  wir  diese 
Sonderung  wegen  des  Mangels  irgend  einer  gelenkigen  Verbindung  der  Wir- 
belkörper meist  erst  durch  die  Ossifikation  entstehen.  Mit  den  drei  Wirbeln 
ganz  in  inniger  üebereinstimmung ,  sieht  man  die  drei  Hauptblasen  des  Ge- 
hirnes, an  welche  sich  vorn  noch,  mit  der  Hemisphären -Blase  in  enger 
Gemeinschaft,  die  beiden  Bläschen  für  den  Geruchssinn  anschliessen.  Doch 
rauss  man  sich  hüten  die  Visceral-  und  Rippenbogen  ganz  in  eine  Kategorie 
zu  stellen.  Erst  die  späteren  härteren  Gebilde  der  ersteren  sind  am  Kopfe 
das,  was  die  letzteren  am  Rumpfe:  also  die  Visceralbogen  gleichen  den  zwar 
schon  vereinigten,  doch  noch  nicht  in  Hart-  und  Weichgebilde  zerfallenen 
Visceralplatten  des  Rumpfes. 

§.  38.  In  dem  Fortgange  der  Entwickelung  werden  nun  die  zweite 
und  dritte  Visceralspalte  bei  den  höheren  Wirbelthieren  vollkommen  wieder 
verschlossen.  Die  erste  dagegen  verwächst  nur  in  der  Mitte  ihrer  Tiefe 
durch  Erzeugung  einer  Bildungsmasse,  welche  für  die  mittlere  Membran  des 
Paukenfells  bestimmt  ist.  Die  ausserhalb  von  der  letzteren  gelegene  Partie 
der  ersten  Visceralspalte  raetamorphosirt  sich  in  den  äusseren  Gehörgang, 
und  die  sie  umschliessenden  Ränder  bei  den  Säugethieren  zum  äusseren  Ohre, 
Die  nach  innen  sich  öffnende  Abtheilung  der  Spalte  wird  nach  und  nach  in 
das  Cövwm  tympani  und  die  Eustachische  Trompete  verwandelt.  Wir  sehen 
auf  diese  Weise  nachträglich  eine  eben  so  geschlossene  Visceralhöle  am 
Kopfe  entstehen,  wie  sie  am  Rumpfe  ursprünglich  vorhanden  ist.    An  der 

23*^ 


180 


inneren  Fläche  des  unteren  Schlussstückes  dieser  Visceralhöle  entwickeln  sich 
mehre  Hügelchen,  von  welchen  das  vorderste,  zwischen  dem  ersten  und 
zweiten  Visceralbogen  gelegen,  für  die  Zunge,  das  mittlere,  auf  der  Verei- 
nigungsfläche der  beiden  dritten  Visceralfortsätze  entstehende,  bei  den  Säu- 
gethieren  für  den  Kehldeckel,  und  die  beiden  kleinen  hintersten,  auf  dem 
üebergange  der  Visceralhöle  des  Kopfes  zum  Rumpfe  befindlichen,  für  die 
Cartilagines  arytaenoideae  bestimmt  sind. 

39.  Jetzt  beginnt  die  Sonderung  der  Bildungsmasse  des  Kopfwir- 
belsystems. Es  erzeugen  sich  in  den  Visceralbogen  knorpelartige  Ablagerun- 
gen, welche  den  Verlauf  derselben  auch  vollkommen  beibehalten.  In  dieser 
Zeit  gleichen  die  härteren  Gebilde  der  Visceralbogen  ausserordentlich  ihrer 
allgemeinen  Form  nach  den  Rippen ;  doch  sind  jene  in  einem  vorübergehen- 
den Entwickelungszustande,  diese  stellen  das  individuellste  Gepräge  der  här- 
teren Gebilde  der  Rumpf- Visceralhöle  dar. 

Die  Veränderungen. 
§.  40.     Diese   knorpelartigen   Visceralstreifen    in    den  Visceralbogen 
scheiden  sich  nun  in  einzelne  Abtheihmgen  und  werden  zum  Bedarf  für  das 
Gesicht,  das  Ohr,  und  für  die  Zunge  individuell  entwickelt.    Durch  die  Ge- 
sichtskopfbcuge  fällt  bei  den  höheren  Wirbelthieren  der  ganze  erste  Kopfwirbel 
zum  grössten  Theile  dem  Gesichte  im  weiteren  Sinne  anheim.    Sein  Visceral- 
bogen scheidet  sich  jederseits  gewöhnlich  in  vier  Stücke,  von  Avelchen  zwei 
(Pauken-  und  Fliigelbeine),  in  der  oberen  nach  vorn  erweiterten  Partie  des- 
selben gelegen,  mit  der  unteren  Nasenhölenwand  in  Verbindung  stehen.  Die 
beiden  anderen  Theile  befinden  sich  in  der  nach  unten  herabsteigenden  Par- 
tie, und  sind  für  das  Quadratbein  und  den  Meckelschen  Knorpel  bestimmt, 
welcher  letztere  mit  dem  der  anderen  Seite  verwächst,   und  den  unteren 
Schlusshogen  formirt.    Wir  werden  die  Metamorphose  des  ersten  Visceralbo- 
gens  noch  näher  beim  Gesichte  anführen. 

%.  41.  Der  zweite  Visceralbogen  wird  bei  den  höheren  Wirbelthieren 
in  ZAvei  Haupt  -  Abtheilungen  zerfällt,  von  welchen  die  obere,  dem  Schädel 
zunächst  liegende,  zu  dem  wichtigsten  Gehörknöchelchen  verwendet  wird.  Es 
entwickelt  sich  aus  ihr  hei  den  Säugethieren  der  Steigbügel,  bei  den  Vögeln 
und  Amphibien  die  Columella. 


181 


Die  untere  Abtheiluiig  wird  gesammt  dem  ganzen  dritten  Visceralbogen 
zur  Dienstleistung  für  die  Zunge  benutzt:  es  entsteht  aus  ihnen  das  Zungen- 
bein. Seine  Skelettheile  zeigen  mehr  als  alle  übrigen  der  Kopfvisceralhölc 
auch  im  entwickelten  Zustande  eine  analogisehe  Bildung  mit  den  Rippen. 
Eine  doppelte  Tendenz  ist  hiebei  zu  unterscheiden.  Die  Natur  sucht  einmal 
ein  Gerüste  zur  Stütze  für  die  Zunge  und  ihre  Muskeln  zu  errichten,  und  so 
entsteht  der  Zungenbeinkörper  5  zweitens  befestigt  sie  dieses  Gerüste  an  die 
Kopfwirbelsäule,  und  so  erhalten  wir  die  Zungenbein -Suspciisoria  oder  die 
Horner  des  Zungenbeines. 

Bei  den  Säugethieren  bilden  die  zwei  Mittelstücke  aus  dem  dritten 
Visceralbogen,  indem  sie  später  inniger  verwachsen,  den  Zungenbeinkörper  j 
die  übrige  Partie  der  härteren  Ablagerungen  dieses  Visceralbogens  verküm- 
mert bis  auf  die  hinteren  Hörner.  Die  unteren  Abtheilungen  aus  dem  zwei- 
ten Visceralbogen  dagegen  vereinigen  sich  in  der  Mitte  nicht,  sondern  legen 
sich  mit  ihren  unteren  Enden  nach  hinten  an  den  Zungenbeinkörper,  befesti- 
gen sich  an  denselben,  bilden  die  vorderen  Hörner,  und  fungiren  vorzugs- 
weise als  Zungenbein -Suspensoria.  Die  Verbindung  derselben  mit  dem  Schä- 
del findet  meist  dort  statt,  wo  die  Pars  petrom  Schläfenbeine^  mit  der 
Pars  mastoidea  oder  der  Pars  condyloidea  des  Hinterhauptsbeines  zusammcn^ie-, 
gen.  Dieses  Zungenbein -SHspensorium  theilt  ^ich  in  den  verschiedenen  QxA- 
nungen  und  Familien  der  Säugethiere  verschieden  ab,  wird  mehr  oder  weniger 
ossifizirt,  ynd  ist  zuweilen  stellweise  nur  ligamentös  {Ligamentum  stylohyoi-. 
deum).  Sein  Zusammenhang  mit  dem  Steigbügel  ist  am  meisten  noch  beim 
Menschen  markirt.  Man  sieht  bei  älteren  menschlichen  Fötus  den  Processus 
styloideuSf  das  oberste  Ende  des  Zujigenbein  -  Suspensoriums ,  mit  der  Eminen- 
tia  ipu'pillaris  in  der  Paukenhöle  endigen,  und  durch  den  Musculus  siapedius 
mit  dem  Ambos  zusammenhangen,  ßei  Rinder-  und  Schweine -Fötus  ver- 
schmilzt schon  während  der  Chondrose  diese  obere  Partie  des  Zungenbein- 
Suspensoriums  mit  der  hinterliegenden  Knorpelraa^se,  den  grössten  Theil  des 
Canalis  Fallopii  an  dieser  Stelle  bildend.       UjibltMoi  i',  rbi  ji;;^  .1 , 

§.  42.  Bei  den  Vögeln  und  beschuppten  Amphibien  wird  der  Zungen- 
beinkörper meist  von  einem  einfachen,  mehr  in  die  Länge  gezogenen 
Stücke  gebildet,  welches  seine  Entstehung  den  zusammengewachsenen,  ein- 


182 


fachen  Mittelstücken  des  zweiten  und  dritten  Visceralbogens  verdankt.  Er 
entwickelt  zuweilen  noch  Fortsätze,  wie  bei  den  Schildkröten,  am  vorderen 
Ende,  welche  nicht  mit  den  vorderen  und  hinteren  Hörnern,  die  den 
Suspensorien  zugehören,  zusammen  zu  bringen  sind.      n'^r'l'>)5  >i  .  »t 

Die  eigentlichen  Zungenbein -Suspensoria  entstehen  bei  den  Vögeln  aus 
dem  dritten  Visceralbogen ,  während  das  vordere  Horn  meist  nur  als  ein 
kleines  rudimentäres  Knorpelstückchen  am  Zungenbeinkörper  zu  finden  ist. 
Die  Befestigung  des  hinteren  Hornes  ist  der  uranfänglichen  Lage  des  dritten 
Visceralbogens  gemäss  grösstentheils  am  dritten  Schädelwirbel;  bei  einigen 
(Specht)  findet  eine  Erweiterung  desselben  über  das  Schädelgewölbe  nach 
den  Stirnbeinen  statt. 

Bei  den  beschuppten  Amphibien  variiren  die  Zungenbein- Suspensoria 
ausserordentlich,  und  richten  sich  in  ihrer  Ausbildung  nach  der  Beweglichkeit 
der  Zunge.  Bei  den  Schildkröten  sind  beide  Hörner  ziemlich  gleichmässig 
entwickelt.  Bei  Lacerta  agilis  ist  dies  auch  der  Fall,  jedoch  ist  das  hintere 
Horn  vorzugsweise  an  den  Zungenbeinkörper  angefügt. 

An  dem  Zungenbeine  dieser  Eidechse  sehe  ich  noch  einen  dritten  Bo- 
gen befestigt.  Er  sitzt  an  dem  hinteren  Ende  des  Zungenbeinkörpers  und 
steigt  zu  beiden  Seiten,  anfangs  im  knorpligen  Zustande,  nach  oben  herauf. 
In  diesem  Verlaufe  macht  er  eine  ziemlich  starke  Biegung  nach  hinten,  wird 
dabei  dünner,  nimmt  dann  wieder  an  Volumen  zu,  wird  knöchern  und  legt 
sich,  unter  den  hinteren  Enden  der  beiden  eigentlichen  Zungenbein -Hör>. 
ner  hinweggehend,  an  das  Hinterhauptsbein  dicht  neben  dem  Foramen  mag- 
num  an.  Dieser  zum  Theil  knorplige,  zum  Theil  knöcherne  Bogen  assistirt 
dem  Zungenbeine,  jedoch  ist  er  mit  den  eigentlichen  Zungenbeinhörnern  der 
Genese  nach  nicht  in  eine  Kategorie  zu  stellen.  Er  weicht  schon  in  seinem 
Verlaufe  von  ihnen  ab.  Ueberdiess  kann  er  nicht  aus  einem  Visceralbogen 
entstehen,  da  nur  drei  an  der  Zahl  vorhanden  sind  (an  dem  Embryo  der 
Coluber  natrix  sah  ich  gleichfalls  nur  drei),  und  der  erste  von  ihnen  in  den 
Gesichtstheilen ,  der  zweite  und  dritte  in  der  Columella  und  dem  eigentli- 
chen Zungenbeine  mit  den  beiden  Hörnern,  schon  seine  Skelettheile  darlegt. 
Die  Entwiekelungsgeschichte  muss  noch  über  diesen  accessorischen  Bogen  des 


183 

Zungenbeines  der  Lacerta  agilis  Aufschluss  geben.  Wahrscheinlich  wird  die 
erste  Rippe  des  Rumpfes  dazu  verwendet  sein.  —  U 

Kapitel  V. 

;  '-'tqo.  .'i  '>i*j-i  ^  '~  ; 

Das  Gesicht. 

lieber  die  Bedeutung  des  Gesichtes  im  Allgemeinen. 

5.  43.  Das  Gesicht  im  eigentlichen  und  engeren  Sinne  verdankt  seine 
Entstehung  einer  sekundären  Bildung  der  Urröhren  des  Wirbelsystems  am 
Kopfe,  welche  jedoch  ganz  eigenthüralich  neben  den  Extremitäten  mit  ihren 
Gürteln  dasteht.  Es  erscheint  gemäss  seiner  typischen  Konformation  als  ein 
vorderer  Verbindungstheil  beider  Röhren  des  Wirbelsystems,  indem  von  dem 
oberen  und  unteren  Bogen  des  ersten  Kopfwirbels  paarige  Fortsätze  (Nasen- 
beine, Oberkiefer)  hervorwachsen,  auf  dem  verlängerten,  unteren  Schluss- 
stücke des  oberen  Bogens  (Gesichtsbasis)  sich  vereinigen ,  und  durch  eine 
dritte  paarige  Bildungsmasse  (oberer  Zwischenkiefer)  sich  vervollständigen. 
Auf  diese  Weise  ist  das  Gesicht  besonders  dem  oberen  Bogen  des  ersten 
Kopfwirbels  vorgelagert,  wird  zum  vordersten  Theile  des  ganzen  Organismus, 
und  formirt  das  Antlitz  des  Thieres.  Diesem  entspricht  auch  seine  eigent- 
liche und  wesentliche  Funktion.  Es  bildet  eine  Lagerungsstätte  für  die  Wirk- 
samkeit des  Geruchsinnes,  welcher  als  hauptsächlichster  Leiter  der  Zur  Er- 
haltung des  Körpers  nöthigen  Stoffe  dient.  ,>f;.<jr  >;/ y,, 

§.  44.  In  dieser,  seiner  reinen  Form  werden  wir  das  Gesicht  nur  bei 
einigen  Fischen  wiederfinden.  Denn,  indem  die  Bildungstheile  des  Gesichtes 
an  besagter  Stelle  sich  befinden,  liegen  sie  zugleich  vor  und  über  dem  vor- 
deren Eingange  zur  Kopfvisceralhöle ,  welche  sich  in  die  Mundöffnung  ver- 
wandeln soll.  Hierdurch  erhalten  schon  bei  den  meisten  niederen  Wirbel- 
thieren  die  unmittelbar  anstossenden  Partieen  des  Gesichtes  eine  accidentelle 
Funktion:  sie  bilden  die  vorderste  obere  Wand  der  Mundhöle  (Gaumendecke) 
und  die  obere  Mundbegrenzung  (oberer  Kieferapparat).  Ihnen  entgegen  tritt 
dann  der  erste  Visceralbogen  mit  seinem  Unterkieferapparate,  und  formirt  die 
vorderste  untere  Mundhölenwand  und  die  untere  Mundbegrenzung.  Die  letz- 
teren Theile  werden  auf  diese  Weise  gewissermaassen  zu  dem  Gesichte  hinzu- 


184 


gezogen  und  gelangen  theilweise  gleichfalls  in  den  Bereich  des  Antlitzes. 
Doch  ist  hierbei  wohl  zu  berücksichtigen,  dass  die  Kopf-Visceralröhre  der 
niederen  Wirbelthiere,  wie  die  Schädelhöle  mit  dem  Gesichte,  in  einer  ge- 
raden, gleichraässigen  Längenrichtung  verläuft,  dass  sie  so  in  ihrer  ganzen 
Ausdehnung  eine  einfache  Hole  für  den  Kopf-Theil  des  vegetativen  Systems 
bildet,  welche  nur  zur  Aufnahme  von  Nahrungsstotfen  dient.  Daher  gehört 
auch  der  untere  Kiefer  -  Apparat  bei  ihnen  vielmehr  der  ganzen  Kopf-Visce- 
"ralhöle  inniger  an,  und  gelangt  gleichsam  nur  mit  seiner  vorderen  Kontour 
in  den  Antlitzkreis. 

§.  45.  Bei  den  höheren  Wirbelthieren  wird  durch  die  Gesichtskopf- 
beuge der  erste  Schädelwirbel  mit  dem  ursprünglichen  Gesichte  dem  ersten 
Visceralbogen  entgegengebeugt.  Der  ganze  erste  Kopfwirbel  tritt  somit  ge- 
sammt  dem  Gesichte  sens.  sfrict.  in  den  Bereich  des  Antlitzes ,  und  bildet  einen 
gemeinschaftlichen  Gegensatz  zu  dein  Mittel-  und  Hinterkopfe.  Von  der  Schä- 
delhöle  kommt  demgemäss  das  Auge,  ja  mit  der  grösseren  Gesichtskopfbeuge 
bei  den  Säugethieren  sogar  theilweise  das  Ohr  zu  dem  eigentlichen  Gesichte 
hinzu.  Von  der  Kopf- VisceralhÖle  bildet  sich  der  erste  Visceralbogen  indi- 
vidueller aus  (er  entwickelt  Gaumen-  und  Flügelbein)  und  formirt  eine  mehr 
gesonderte  Hole,  welche  sich  von  der  übrigen  Partie  der  Kopf-Visceralröhre 
^ewisserraaassen  scheidet,  als  Mundhöle  dem  Schlundkanale  entgegentritt, 
und  dann  mit  dem,  die  GeruchhÖlen  konstituirenden,  Gesichte  in  der  in- 
nigsten Beziehung  steht.  Während  die  Schlundhöle  mit  den  beiden  letzten 
Schädelwirbeln  dem  Rumpf- Wirbelsjstem  sich  unmittelbar  anreiht,  stellt 
sich  der  Mundkanal  mit  dem  ersten  Schädel  wirbel  und  dem  eigentlich  eh 
Gesichte  dem  ganzen  übrigen  Wirbelsjstem  entgegen ,  präsentirt  sich  als  Ant- 
litz des  ganzen  Körpers,  und  wird  dann  bei  den  höheren  Wirbelthieren 
gemeinschaftlich  unter  dem  Ausdruck  „Gesicht"  zusammengefasst.  Ist  daher 
bei  den  niederen  und  einfachsten  Wirbelthieren  der  Geruchsinn  oder  das  Ana- 
logon  desselben  der  wesentlichste  Leiter  bei  dem  Herbeischaffen  der  Nah- 
rungsstoffe, so  kommt  bei  den  höheren  stets  schon  das  Auge,  bei  den  Säuge- 
thieren sogar  noch  das  Ohr  hinzu.  Das  Gesicht  gelangt  so  bei  letzteren  in 
seiner  erweiterten  Bedeutung  zu  dem  Sitze  der  drei  höheren  Sinnesorgane, 
welche  in  Gemeinschaft  mit  der  Mundhpje  einem  gemeinsamen  Zwecke  dienen. 


185 


Bei  dem  Älenschen  endlich  unterliegt  das  Gesicht  der  hochgewölbten 
Stirne;  nicht  der  Instinkt,  der  Gedanke  richtet  über  Alles,  was  ihm  zu- 
träglich ist. 

Die  typische  Konformation  des  Gesichtes  der  höheren  Wirbelthiere. 

§.  46.  Um  das  Gesicht  in  seiner  reineren  ursprünglichen  Bedeutung, 
als  Verbindungstheil  beider  Röhren  des  Wirbels jstems,  typisch  zu  konformi- 
ren,  entwachsen  der  kappenförmig  gewölbten  Stirnwand  die  vorderen  Stirn- 
oder Nasen  -  Fortsätze.  Sic  zeigen  sich  wie  Appendices  derselben  dicht  neben 
der  Mittellinie.  An  ihrer  äusseren  Seite  sah  ich  an  dem  Embryo  einer  Colu- 
her  natrix  ein  kleines  Grübchen ,  welches  die  Andeutung  des  schon  in  der  Ent- 
wickelung  mächtiger  vorgeschrittenen  Gerucldabyrinthcs  war.  Bei  den  Vögeln 
und  Säugethieren  habe  ich  dasselbe  nie  so  früh  bemerken  können.  Zwischen 
den  Nasen- Fortsätzen  und  den  Augen  befindet  sich  jederseits  ein  freierer 
Theil  der  Stirnwand,  welcher  bei  den  Säugethieren  ganz  deutlich,  bei  den 
Vögeln  und  beschuppten  Amphibien  weniger  augenscheinlich  zu  einem  Fort- 
satze sich  hervorbildet,  und  den  seitlichen  Stirn-  oder  Thränenbein -Fortsatz 
vorstellt.  Er  ist  bei  den  höheren  Wirbelthieren  überall  vorhanden,  jedoch 
dient  er  nicht  wesentlich  zur  Realisirung  der  Idee  einer  Verbindung  beider 
Wirbelröhren.  Er  fehlt  evident  bei  den  Fröschen,  walirscheinlich  auch  bei 
den  Fischen,  und  kann  daher  nur  als  eine  wichtigere,  supplementäre  Bildungs- 
masse des  Gesichtes  angesehen  werden. 

Die  zum  Verbindungstheile  wesentlichen,  zweiten  Bildungsmassen  sind 
die  Oberkiefer -Fortsätze.  Sie  nehmen  ihren  Ursprung  von  der  dem  Schädel 
unmittelbar  anliegenden,  oberen  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogcns,  so 
zwar,  dass  sie  nach  hinten  auf  der  Uebergangsstelle  des  Bogens  zu  den  Vis- 
ceralfortsätzen,  also  von  der  Quadratbein -Gegend  beginnen,  sich  längs  der 
vorderen  oberen  Partie  (Flügclbcin,  Gaumenbein)  hinziehen  und  dann  an 
der  äusseren  Seite  der  Thränenbein -Fortsätze  sichtbar  werden. 

Beide  paarigen  Bildungsfortsätze  des  Gesichtes,  die  Nasenfortsätze  von 
der  oberen,  die  Oberkieferfortsätze  von  der  unteren  Wirbelröhre,  vereinigen 
sich  nun  auf  der  unmittelbaren  Verlängerung  des  ersten  Wirbelkörpers,  auf 
der  Gesichtsbasis.  Von  dieser  letzteren  liauptsächlich  entwickeln  sich  noch  die 
Bildungsmassen  der  oberen  Zwischenkiefer,  setzen  sich  zur  Vervollständigung 

24  - 


186 

des  ursprünglichen  Gesichtes  mit  den  Nasen-  und  Oberkiefer- Fortsätzen  in 
Verbindung  und  gelangen  wohl  auch  zu  dem  vordersten  Ende  des  ersten  Vis- 
ccralbogens  (Gaumenbein),  wenn  dasselbe  sich  gleichzeitig  mit  dem  vorder- 
sten Schädel -Wirbelkörper  weiter  als  gewöhnlich  nach  vorn  ausdehnt  (Vogel-, 
Eidechsen). 

Auf  diese  Welse  wird  zunächst  die  ursprüngliche  Tendenz  des  Ge- 
sichtes, die  Nasenhöle  zu  konstituircn,  rcalisirt.  Die  Gesichtsbasis  scheidet  sie 
in  zwei  Theile;  die  Nascnfürtsätze  bilden  die  obere  Decke,  die  Oberkiefer- 
Fortsätze  liegen  zur  Seite,  und  zwischen  beide  drängen  sich  die  Fortsätze  für 
die  Thränenbeinchen.  Die  äusseren  Nasenöffnungen,  den  beiden  Abtheilun- 
gen der  Nasenhölen  entsprechend,  werden  zuerst  von  der  Gesichtsbasis  und 
den  genannten  Bildungsfortsätzen  formirt.  Dann  tritt  die  Bildungsinasse  der 
oberen  Zwischenkiefer  hinzu  und  übernimmt  die  vordere  Scliluss- Bildung  der 
Nasenhöle  und  ihrer  äusseren  Ocffnungen.  An  der  unteren  Wand  der  Nasen- 
höle befinden  sich  demgemäss  in  der  Mitte  die  Gesichtsbasis,  zu  den  Seiten 
die  vordere  Partie  der  Oberkiefer -Fortsätze,  nach  vorn  die  Bildungsmassen 
der  oberen  Zwischenkiefer,  und  hinten  stossca  die  vorderen  Abtheilungen  des 
ersten  Visceralbogens  daran.  Zwischen  den  letzteren,  den  Oberkiefer- und  Zwi- 
schenkiefer-Fortsätzen und  der  Bildungsmasse  der  Gesichtsbasis  zeigen  sich  ur- 
sprünglich die  hinteren  Oeffnungen  der  Nasenhölen.  Die  hintere  Wand  der  Höle 
für  die  Wfrksamkeit  des  Geruchsinncs  wird  durch  die  üebergangsstelle  der  Stirn- 
wand zu  den  ersten  Seitenthcilen  des  Schädelgevvölbes  dicht  neben  dem  ersten 
Wirbelkörper  gebildet,  wo  wir  bei  den  Schlangen  sehr  frühe  schon,  bei  den 
übrigen  Wirbelthieren  später,  das  Grübchen  des  Geruchlabyrinthes  vorfinden. 
Bei  der  weiteren  Entwickelung  tritt  das  Geruchlabyrinth  mehr  und  mehr  in 
die  Nasenhölen  hinein,  und  errichtet  sich  bei  den  höheren  Wirbelthieren  meist 
ein  knöchernes  Gerüste  (o*  eihnioideum}  zur  unmittelbaren  Unterstützung  für 
die  Ausbreitung  seiner  Riechhaut ,  woran  öfters  noch  der  Oberkiefer  durch 
Hervorbildung  einer  Muschel  (cowc/ia  infima)  vinthcil  nimmt. 

In  den  das  Gesicht  im  engeren  Sinne  konstituirenden  Bildungsmassen, 
sondern  sich  die  bekannten  härteren  Gebilde  ab:  die  Nasen-,  die  Oberkiefer-, 
die  Z\vi>chenkiefer-Beine,  die  Thränenbeinchen  und  die  Gesichtsbasis.  Wäh- 


187 

rend  letztere  eine  deutliche  Chondrose  durchmacht,  werden  die  übrigen, 
ohne  einen  durchscheinenden  Knorpel  zu  bilden,  ossifizirt, 

§.  47.  Durch  die  Gesichts -Kopfbeuge  wird  nun  der  gesammte  erste 
Kopfwirbel  zu  dem  Gesichte  (^sensu  strictiore)  in  ein  engeres  Verhältniss  ge- 
bracht j  beide  treten,  das  Antlitz  der  höheren  Wirbelthiere  forrairend  und  ein 
Gesicht  im  erweiterten  Sinne  bildend,  dem  Mittel-  und  Hinter- Kopf,  und 
somit  dem  ganzen  Wirbelsystera  entgegen.  Der  Schädelbogen  des  ersten 
Wirbels  ist  zwar  durch  die  Beugung  von  den  beiden  anderen  geschieden, 
doch  bleibt  er  wegen  der  innigen  Gemeinschaft  der  in  dem  Schädelgewölbe 
liegenden  Gehirn -Abtheilungen  mit  den  übrigen  Wirbelbogen  in  engerer 
Verbindung;  er  giebt  gleichsam  nur  das  Auge  dem  Gesichte  hin  und  bildet 
mit  seinen  Stirnbeinen  die  oberste  Partie  des  Antlitzes.  Wir  haben  ihn  da- 
her passender  bei  der  Schädelhöle  besprochen. 

Der  untere  Bogen  des  ersten  Kopfwirbels  oder  der  erste  Visceralbo- 
gen  ist  nun  in  seinem  ganzen  Verlaufe,  wie  wir  ihn  früher  beschrieben,  dazu 
bestimmt  eine  von  der  übrigen  Kopfvisceralröhre  mehr  gesonderte  Hole  zu 
formiren ,  welche  mit  den  Geruchhölen  in  die  engste  Beziehung  tritt :  er  bil- 
det mit  der  unteren  Wand  der  Nasenhöle  eine  Mundhöle  im  Gegensat'^  zum 
Schlundkanale.    Die  Seitenränder  der  unteren  Nasenhölenwand,  gebildet  von 
den  oberen  Kiefern  und  Zwischenkiefern,  metamorphosiren  sich  in  die  obere 
Mundbegrenzung,  die  an  der  äusseren  Fläche  der  unteren  Abtbeilung  des 
ersten  Visceralbogens  ( Visceralfortsätze)   entstehenden   unteren  Kiefer  und 
Zwischenkiefer  in  die  untere.     Die  härteren  Gebilde  des  eigentlichen  ersten 
Visceralbogens  scheiden  sich  jederseits  in  vier  Theile.    Zwei  derselben  liegen 
an  der  Basis  des  ersten  Kopfwirbels  in  der  nach  vorn  gegen  die  Nasenhöle 
erweiterten  Partie,  und  sind  für  das  Gaumen  -  und  Fliigelbein  bestimmt.  Beide 
befinden  sich  demnach  zwisclien  der  Basis  des  ersten  Schädelwirbels  und 
dem  Oberkiefer;  das  Gaumenbein  tritt  vorn  dicht  an  die  untere  Nasenhölen- 
wand, das  Fliigelbein  bleibt  in  Verbindung  mit  der  gerade  hinuntersteigen- 
den Partie  des  ersten  Visceralbogens.    Also  die  Basis  des  ersten  Schädelwir- 
bels, die  daneben  liegenden  FUlgel-  und  Gaumenbeine,  noch  mehr  nach 
aussen  der  hintere  Theil  der  beiden  Oberkiefer,  insgesammt  reit  der  unmittel- 
bar vorn   sich  anschliessenden  unteren  Nasenhölenwand  formiren  bei  den 

.24* 


188 


höheren  Wirbelthieren  einen  vorderen,  mehr  abgesonderten  Theil  der  oberen 
Wand  der  Kopf  -  Visceralhöle ,  eine  obere  Decke  für  die  MimdhÖle  d.  h. 
Gaumendecke.  Ihr  entgegen  tritt  nun  die  untere  Mundhölen-Wand,  welche 
zum  Theil  von  der  zwischen  dem  ersten  und  zweiten  Visceralbogen  sich  entwik- 
kelnden  Zunge  und  besonders  von  der  gerade  herabsteigenden  Partie  des  ersten 
Visceralbogens  gebildet  wird.  Die  härteren  Gebilde  des  letzteren  scheiden 
sich  zu  dem  Ende  in  zwei  Theile,  von  welchen  der  obere  mit  dem  Fliigel- 
bein  zusammenhangt,  an  dem  Schädel  anliegt,  für  das  Quadratbein  bestimmt 
ist,  und  den  unteren  und  zweiten  Theil,  an  das  Schädelgewölbe  befestigend, 
vermittelst  eines  Gelenkes  trägt.  Der  untere  Theil  dagegen  bildet  vorzugs- 
weise die  untere  Mundhölen-Wand  und  ist  der  Meckelsche  Knorpel.  Beide 
Theile  erzeugen  Aussengebilde,  das  Paukenbein  und  den  unteren  Kiefer- Ap- 
parat, welche  am  Kopfe,  wie  die  ähnlichen  Gebilde  an  der  Brust  und  am 
Becken,  einen  Gürtelbogen  formiren.  Das  Paukenbein  unterstützt  das  Qua- 
dratbein in  seinen  Funktionen ,  und  gelangt  durch  seine  Lage  besonders  zum 
Tragen  des  Paukenfells.  Der  Unterkiefer- Apparat  übernimmt  bei  der  Indi- 
vidualisation  des  Thieres  allmählig  ganz  die  Stelle  der  Meckelschen  Knorpel, 
von  welchen  sich  stets  nur  die  Gelenkstücke  desselben,  alsResidua,  erhalten. 

Erwägen  wir  die  Verhältnisse,  welche  zunächst  diese  innigere  Gemein- 
schaft des  Gesichts  {sensu  strictiore')  mit  dem  ersten  Visceralbogen  unter- 
stützen ,  so  finden  wir  sie  in  der  den  höheren  Wirbelthieren  eigenthümlichen 
Erweiterung  des  ersten  Visceralbogens  (Gaumenbein,  Flügelbein)  nach  oben 
und  vorn  gegen  das  eigentliche  Gesicht  hin.  Also  die  Gaumen-  und  Flügel- 
beine sind  die  Vermittel  ungsglieder,  durchweiche  die  untere  Wand  der  Nasen- 
höle  mit  der  gerade  verlaufenden  Partie  des  ersten  Visceralbogens  (Quadrat- 
bein ,  Meckelscher  Knorpel  etc.)  inniger  vereinigt ,  eine  gewissermaassen  geson- 
derte, vordere  Abtheilung  der  Kopf- Visceralhöle  d.  h,  die  Mundhöle  bilden 
konnte.  Die  genannten  Theile  aber  sind  es  auch,  welche  eben  der  Gesichts- 
kopfbeuge oder  noch  weiter  zurück  der  Individualisirung  der  Geruchblasen 
des  Gehirnes  ihre  eigenthümliche  Entstehung  verdanken. 

Allgemeine  Bestimmung  der  Gesiehtsknochen  ihrer  Lage  und  Funktion  nach. 

§.  48.    Wir  folgen  in  der  Bestimmung  ganz  der  ursprünglich  typischen 
Kon  Formation. 


189 


Das  Nasenbein  kommt  seiner  Bildiingsmasse  gemäss  von  dem  Stirn- 
beine dicht  neben  der  Mittellinie,  und  berührt  mit  seinem  inneren  Rande  in 
der  ganzen  Ausdehnung  das  der  anderen  Seite.  Mit  seinem  äusseren  Rande 
grenzt  es  zunächst  an  das  Thränenbeinchen ,  stösst  dann  an  das  heraufstre- 
bende Oberkieferbein  und  erreicht  endlich  nach  vorn  den  aufsteigenden  Ast 
des  oberen  Zwischenkiefers.  Es  fungirt  stets  als  hinterster,  oberer  Deckkno- 
chen der  Nasenhöle.  Man  bemerkt  im  Allgemeinen,  dass  die  Nasenbeine  auf 
der  einen  Seite,  und  die  oberen  Zwischenkiefer  und  Thränenbeinchen  auf  der 
anderen,  in  ihrer  Ausdehnung  sich  gegenseitig  beschränken  und  dadurch  in 
den  Begrenzungen  Modifikationen  hervorrufen. 

Das  Oberkieferbein  beginnt  seiner  ursprünglichen  typischen  Kon- 
formation nach  am  Quadratbein  und  dessen  Os  tympanicum ,  zieht  sich  zur 
Seite  des  ersten  Schädelwirbels  neben  dem  Flügel-  und  Gaumenbein  zu  dem 
Gesichte  im  engeren  Sinne  hin,  begrenzt  daselbst  zuerst  das  Thränenbein- 
chen, stösst  an  das  Os  nasale  und  erreicht  endlich  den  oberen  Zwischenkie- 
fer. Wegen  seines  ausgedehnten  Verlaufes,  besonders  aber  wegen  seiner 
doppelten  Funktion  scheidet  sich  das  Oberkieferbein  in  zwei  knöcherne  Ab- 
theilungen, welche  bei  den  Vögeln,  als  aus  einem  knorpelartigen  Bildungs- 
streifen entstehend ,  beobachtet  werden  können. 

Die  vordere  xibfheilung  ist  eigends  für  das  Gesicht  im  engeren  Sinne 
bestimmt,  bildet  mit  seinem  aufsteigenden  Theil  die  Seitenwand  der  Nasenhöle, 
kommt  daselbst  mit  den  übrigen  Knochen  derselben  in  Berührung  und  trägt 
die  Zähne  für  die  Mundhöle.  Mit  dem  horizontalen  Theile  hilft  sie  die  un- 
tere Nasenhölen-  oder  obere  Mundhölen- Wand  formiren,  und  tritt  hier  wie- 
derum nach  den  vorhandenen  Umständen  mit  deren  Bestandtheilen  in  Ver- 
bindung. Sie  ist  das  bisher  eigentlich  genannte  Os  maxillare  superius.  Die 
hintere  Abtheilung  bildet  die  hinterste  Partie  des  oberen  Mundhölen -Randes, 
mit  dem  Gaumen-  und  Flügelbein  (Eidechsen,  Schlangen)  daselbst  zuweilen 
in  Verbindung  stehend,  und  schützt  gleichzeitig,  indem  sie  sich  an  den  Sei- 
ten des  Schädels  befindet,  die  Augen-  und  Schläfengrube  von  aussen.  Bei 
dieser  letzteren  Funktion  verbindet  sie  sich  bald  durch  einen  Fortsatz  (Kro- 
kodil), bald  durch  ein  gesondertes  Knochenstückchen  {Pterodacfi/lus  crassi- 
rostris)  vorn  mit  den  Thränenbeinchen,  in  der  Mitte  bei  dem  meisten  höheren 


190 


Wirbelthieren  mit  dem  Processus  orhitalis  jwsteiior  oder  mit  den  Ossa  margi- 
nalia  der  Augen-  und  Schläfengriibe.  Wo  diese  letztere  mit  der  grösseren 
Wölbung  des  Schädels  mehr  nach  vorn  zu  liegen  kommt,  gelangt  auch  der 
Processus  iemporalis  zu  einer  Verbindung  mit  der  hinteren  Abtheilung  de» 
Oberkiefers  (Säugethiere).    Es  entsteht  dadurch  der  Jochbogen. 

Diese  hintere,  mehr  gesonderte  Abtheilung  des  Oberkieferbeines  wird 
nicht  immer  vollständig  ossifizirt.  Nur  bei  den  Vögeln,  bei  einigen  Schild- 
kröten (^Trionyx  aegyptiaca,  Seeschildkröte  etc.),  bei  den  Krokodilen,  bei 
dem  Pterodactylus  crassirostris  Goldf.  ist  sie  bis  zu  dem  Quadratbein  und  sei- 
nem Beleg -Knochen  hin  vollkommen  knöchern  j  ja  sie  verbindet  sich  auch 
wohl  hier  durch  ein  gesondertes  Knochenstückchen  (das  Quadratjochbein  bei 
den  Vögeln)  mit  dem  Quadratbein.  Bei  den  Schlangen  dagegen,  wo  das  Prin- 
zip der  Beweglichkeit  vorherrscht,  ist  sie  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  nur 
fibrös  vorhanden  (Sieh.  Fig.  1.  2.  Tab.  III. ) ,  bei  den  Eidechsen  (Tab.  III. 
Fig.  3. 4.)  zur  Hälfte  knöchern  und  nur  die  Verbindung  mit  dem  Quadrat- 
bein fibrös.  Bei  den  Säugethieren  ist  diese  letztere  fibröse  Verbindung 
durch  die  Verwendung  des  Quadratbeines  zum  Gehörknöchelchen  (Ambos) 
verschwunden;  die  vordere  Partie  dagegen  ist  auch  hier  als  Knochen  zu  fin- 
den (os  Zi/gomaticum), 

Man  hat  in  der  vergleichenden  Anatomie  die  hintere  Abtheilung  des 
Oberkiefers  von  der  vorderen  getrennt  und  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die 
Säugethiere  „Jochbein,  Quadratjochbein  etc.^"  genannt.  Bei  denjenigen  Wir- 
belthieren, wo  sie  vollständig  verknöchert  ist,  namentlich  bei  den  Vögeln, 
scheint  eine  unbefangene  Betrachtung  der,  zwischen  dem  Quadratbein  und 
dem  oberen  Zwischenkiefer  gelegenen,  Knochenstücke  dieser  Sonderung  schon 
Z.U  widersprechen.  Die  Genesis  stimmt  aber  damit  garnicht  überein.  üeber- 
diess  ist  die  Benennung  sehr  einseitig  und  Trennungen  von  ursprünglich  zu- 
sammengehörenden Theilen  schaden  einer  Wissenschaft  stets-,  an  unserem  Ge- 
genstande hat  sich  dieses  zu  reichlich  bewährt.  Ich  mochte  daher  wohl 
behaupten,  dass  es  rathsamer  und  für  die  typische  Kopfbildung  viel  vortheil- 
hafter  wäre,  wenn  man  alle  die  so  sehr  verwirrenden  Namen  der  hinteren 
Abtheilung  des  Oberkiefers  unter  einer  ,,Pars  posterior"  im  Gegensatz  zu  der 
vorderen  Abtheilung  ..Pars  anterior'^  (bisheriges  eigentliches  Oberkieferbein), 


191 


untergehen  Hesse.  Auch  bei  den  niederen  Wirbelthieren  ist  diese  Verein- 
fachung für  die  bessere  Einsicht  weit  zuträglicher. 

Die  Thräneub  ei  neben.  Sie  liegen  an  der  inneren  Seite  des  Auges 
mit  den  Stirnbeinen  in  Verbindung.  Seitlich  grenzen  sie  nach  innen  an  die 
Nasenbeine,  nach  aussen  an  die  vordere  Abtheilung  der  Oberkiefer,  Bei 
denjenigen  Thieren,  wo  der  obere  Zwischenkiefer  mächtig  entwickelt  ist 
(Vögel,  Nagethiere ) ,  die  Nasenbeine  aber  und  öfters  auch  die  Oberkiefersich 
weniger  nadi  vorn  ausdehnen,  kommt  das  Thränenbeinchen  an  seinem  vor- 
deren Ende  mit  dem  oberen  Zwisclienkicfer  in  innigere  Gemeinschaft,  wäh- 
rend es  sonst  gewöhnlich  vom  Nasenbeine  und  Oberkiefer  auch  vorn  um- 
grenzt wird.  Es  kann  gemäss  seiner  genetischen  Lage  zur  Seite  der  Stirn- 
wand noch  unten  mit  dem  Gaumenbeine  in  Berührung  kommen.  Auffallend 
ist  dieses  beim  Krokodil, 

Die  Thränenbeinchen  formiren  in  der  Nascnhölen-Decke  den  Uebergang 
von  den  Nasenbeinen  zu  den  Oberkiefern;  bei  den  beschuppten  Amphibien 
bilden  sie  vorzugsweise  die  Scheidewand  der  Geruch-  und  Naseuholen. 

Der  obere  Zwischenkiefer  formirt  den  vorderen  Scliiuss  der  gan- 
zen Nasenhölc  und  somit  auch  der  oberen  Wand  der  Mundhöle.  Er  stützt 
sich  zunächst  auf  die  Gesichtsbasis.  Der  aufsteigende  Theil  stösst  an  das  Nasen- 
bein, zuweilen  auch  an  das  Thränenbeinchen,  der  horizontale  an  den  Ober- 
kiefer und  öfters  aiicli  an  das  Gaumenbein  (Eidechsen,  Vögel). 

Die  Gesichtsbasis  trennt  die  Nasenliöle  in  zwei  Thciic,  dient  zur 
Stütze  der  Gesichts -Bestandtheile  im  engeren  Sinne  und  bildet  den  vorderen 
mittleren  Theil  der  oberen  Mundhölen-Wand.  Wo  sie  vom  ersten  Wirbelkör- 
per abgeht,  trägt  sie  oben  die  Nasenbeine;  unten  stossen  daran  die  Gaumen- 
beine. Dann  kommen  die  Oberkiefer  hinzu,  und  vorn  befinden  sich  vor  ihr 
die  oberen  Zwischenkiefer.  Als  Nasen-Scheidewand  trennt  sie  gleichzeitig  die 
Ossa  ethmoidalia. 

§.  49.  Das  Gaumenbein  befindet  sich  ganz  vorn  an  der  äusseren 
Seite  des  ersten  Wirbelkörpers  der  Schädelhöle.  Wo  dieser  letztere  weniger 
ausgebildet,  und  dafür  die  Gesichtsbasis  stark  erweitert  ist,  erleidet  auch  die 
ganze  vordere,  obere  Partie  des  ersten  Visceralbogens  eine  eigenthümiiche 
Verlängerung  (Vögel,  Echsen);  das  Gaumenbein  liegt  vorzugsweise  vielmehr 


192 


zur  äusseren  Seite  der  Gesichtsbasis  als  am  ersten  Wirbelkörper,  und  vorn 
begrenzen  dasselbe  die  oberen  Zwischenkiefer.  Dieses  letztere  Zusammenstos- 
sen  wird  sonst  durch  nalieliegende  Knochen  (Oberkiefer,  Os  ethmoideum)  öf- 
ters verhindert.  An  der  äusseren  Seite  des  Gaumenbeines  sehen  wir  immer 
die  mittlere  Gegend  des  Oberkiefers,  bald  mehr,  bald  weniger  in  unmittelba- 
rer Berührung.    Nach  hinten  folgt  auf  ihm 

Das  Fliigelbein.  Es  liegt  zur  äusseren  Seite  der  hinteren  Partie  des 
ersten  Wirbelkörpers  und  wird  nach  aussen  von  der  hinteren  Abtheilung  des 
Oberkiefers  begrenzt.  Es  macht  überall  mit  Ausnahme  der  Säugethiere,  wo 
die  Entwickelung  eines  Amboses  erforderlich  ist,  nach  hinten  den  Uebergang 
zum  Quadratbein.  Dadurch  wird  das  Flügelbein  gewöhnlich  mehr  nach  hin- 
ten verlängert,  als  seine  ursprüngliche  Lage  ist. 

Das  Gaumen-  und  Flu  gelb  ein  formirt  mit  der  Basis  des  ersten 
Schädehvirbels  und  des  Gesichts  gemeinschaftlich  den  hinteren  Theil  der  obe- 
ren Mundhölenwand.  Sic  sind  diejenigen  Knochen,  durch  welche  die  innige 
Beziehung  der  Nasen-  und  Mundhöle  vermittelt,  und  letztere  als  ein  mehr 
selbstständig  gewordener  Theil  der  Kopf-Visceralhöle  von  dem  hinterliegenden 
Schlundkanal  getrennt  wird.  Das  Gaumenbein  gelangt  bei  seiner  Erweiterung 
nach  vorn  auch  zur  unmittelbaren  Stütze  der  unteren  Nasenhölen  -  Wand. 

Das  Quadratbein.  Die  Bildungsmasse  desselben  haben  wir  in  der 
oberen  Abtheilung  der  unmittelbar  herunter  gehenden  Partie  des  ersten  Vis- 
ceralbogens  der  höheren  Wirbelthiere,  welche  auch  den  niederen  zukommt. 
Es  ist  demgemäss  an  das  hintere  Ende  des  ersten  Scliädelwirbels  gelagert. 
Seine  hauptsächlichste  Funktion  besteht  in  der  Gelenkbildung  für  die  untere 
Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  mit  dessen  Aussengebilden  ( Meckelschen 
Knorpel,  Unterkiefer- Apparat),  und  in  der  mittelb  aren  Befestigung  derselben 
an  den  Schädel.  Um  die  letztere  Tendenz  ins  Werk  zu  setzen,  erweitert  es 
sich  gewöhnlicli  nach  hinten,  gelangt  raeistentheils  zur  äusseren  Fläche  des 
zweiten  Seitcntheiles  der  SchädelhÖle  und  stützt  sich  (lann  an  d|e  Pars petrosa 
des  Schläfenbeines,  Dadurch  erhält  es  öfters  die  Funktion  das  Paukenfell  zu 
tragen  (Vögel).  Es  steht  nach  vorn  und  oben  mit  dem  Flügelbein,  nach  un- 
ten mit  dem  Meckelschen  Knorpel  in  Verbindung.  Auch  hangt  bald  knöchern, 
bald  blos  fibrös  die  hintere  AbtheiUmg  des  Oberkiefers  mit  ihm  zusammen. 


193 


Der  Meckelsche  Knorpel  bildet  sieh  aus  der  unteren  Abthci- 
hmg  des  ersten  Visceral -Bogens,  welche  ursprüngiich  die  untere  Begrenzung 
und  die  untere  Wand  der  Mundhöle  formirt.  Der  Meckelsche  Knorpel 
übernimmt  jedoch  im  ausgebildeten  Thiere  nur  einen  kleinen  Theil  dieser 
Funktion.  Während  seine  Aussengebilde,  der  untere  Kiefer  und  Zwischen- 
kiefer, sich  vollständiger  zu  diesem  Behufe  entwickeln,  bleibt  er  selbst  stets 
nur  das  Gelenkstück  für  dieselben. 

Bei  den  Säugethier en  erhalien  das  Quadratbein  und  der  Meckelsche 
Knorpel  eine  andere  Tendenz:  sie  werden  beide  zur  Disposition  des  Gehör- 
organs entwickelt.  Letzteres  wird  dadurch  bei  diesen  Thieren  tbeilweise 
in  den  Bereich  des  Antlitzes  und  des  Gesichtes  im  weiteren  Sinne  gezogen. 
Die  knorpelartige  Partie  des  ersten  Visceralbogens  der  Säugethiere,  weiche 
dem  Quadratbein  der  anderen  höheren  Wirbelthiere  entspricht,  erzeugt  zu- 
erst den  Fortsatz  {Processus  longus  incudis)  zur  Verbindung  mit  dem  Steig- 
bügel und  dann  einen  zweiten  (Processus  brevis  incudis)  zur  eignen  Sfütze. 
Der  Kern  dieser  Partie  selbst  bleibt  für  den  Körper  des  Amboses,  giebt  die 
Verbindung  mit  dem  Flügelbein  allmählig  auf  und  trägt  gelenkig  den  Meckel- 
schen  Knorpel  (Hammer),  ganz  wie  das  Quadratbein  der  übrigen  Tliiere. 
Der  Meckelsche  Knorpel  entwickelt  an  seiner  oberen  Extremität  einen  langen 
Fortsatz,  welcher  zur  Spannung  des  Paukenfells  dient,  das  MaJiuhrium  mallei. 
Alles  Uebrige  des  Meckelschen  Knorpels  Yerkümmert  vollständig  bis  auf  die 
oberste  kleine  Partie,  weLche  den  Kopf  des  Hammers  vorstellt,  und  mit  dem 
Ambos  gelenkig  in  Verbindung  sieht.  Zuweilen  erhält  sich  noch  ein  an- 
stossender  Theil  des  Meckelschen  Knorpels,  und  bildet  verknöchert  und  in 
kontinuirlicher  Vereinigung  mit  dem,  Kopf  des  Hammers  den  Processus  FoUa- 
nus  desselben. 

5.  50.  Nach  ^er  Analogie  des  Brust-  und  Beckengürtels  entwickeln 
sich  nun  an  der  äusseren  Fläche  des  Quadratbein-  (Ambos)  und  Meckelschen 
Knorpels  Aussengebilde:  das  Paukenbein  und  der  untere  Kiefer  und  Zwi- 
schenkiefer, Der  von  den  genannten  Knochen  gebildete  Kopfgürtel  ist  jedoch 
nicht  immer  vollständig,  namentlich  fehlt  öfters  das  Paukenbein.  Ihre  Funk- 
tion richtet  sich  im  Allgemeinen  nach  der  ihrer  Grundlagen, 

2-5 


194 

Das  Paukenbein  befindet  sich  an  der  äusseren  Fläche  des  Quadrat- 
beines und  bei  den  Säugethieren  an  der  des  Am  böses.  Es  gelangt  mit  den 
letzteren  Knochen  gleichfalls  zur  äusseren  Fläche  der  Pars  petrosa,  und  er- 
hält dadurch  namentlich  die  Funktion,  das  Paukenfell  zu  stützen.  Ausser- 
dem hilft  es  vermöge  seiner  Lage  das  Quadratbein  an  den  Schädel  befestigen. 

üeberhaupt  beobachtet  man,  dass  sowohl  in  der  Funktion  als  in  der 
grösseren  Entwickelung  des  Paukenbeines  und  des  Quadratbeines  ein  gegen- 
seitiges Ergänzen  stattfindet.  Bei  den  Säugethieren  haben  wir  einen  Ambos 
und  das  Paukenbein  dient  allein  dem  Paukenfelle.  Bei  den  Vös-eln  ist 
das  Quadratbein  ausserordentlich  entwickelt,  trägt  das  Paukenfell,  befestigt 
sich  selbst  zur  Genüge  an  den  Schädel,  und  ich  habe  auch  bei  ihnen  nirgend 
ein  Paukenbein  auffinden  können.  Bei  den  Schildkröten  kann  man  grössten- 
theils  beide  Knochen  in  gleicher  Entwickelung  rieben  einander  erkennen. 
Das  Paukenbein  stützt  das  Paukenfell  und  befestigt  gleichzeitig  auch  das  Qua- 
dratbein. Dasselbe  ist,  wie  ich  glaube,  auch  bei  den  Echsen  der  Fall.  Bei  den 
Schlangen  scheint  mir  in  dem  bisherigen  Os  mastoideum  das  Analogon  des  Os 
tympanicum  zu  liegen,  welches  hier  nur  die  lockere  Befestigung  des  Qua- 
dratbeines an  den  Schädel  beibehalten  hat;  wenigstens  kann  dieser  Knochen 
niemals  ein  wirkliches  Os  mastoideum  vorstellen.  Das  Paukenbein  unterhält 
auch  sehr  oft  statt  des  Quadratbeines  die  Verbindung  mit  der  hinteren  Ab- 
theilung des  Oberkiefers.    (  Schildkröten  ). 

Noch  muss  ich  bemerken,  dass  das  Paukenbein  nicht  nothwendig  aus 
einem  einzigen  Knochenstück  bestehen  darf;  denn  beim  Triton  sieht  man  aus 
einem  einzigen  Bildungsstreifen  zwei  Knochenstückchen  sich  entwickeln.  Auch 
richtet  sich  seine  Lage  an  dem  Quadratbein  nach  der  jedesmaligen  Funktion, 
Befestigt  es  das  Quadratbein  an  den  Schädel,  so  entwickelt  es  sich  vorzugs- 
weise oberhalb ;  unterstützt  es  das  Gelenk  mit  dem  Meckelschen  Knorpel  und 
dem  Unterkiefer,  dann  dehnt  es  sich  mehr  nach  unten  aus. 

Der  untere  Kiefer  und  Zwischenkiefer  sind  knöcherne  Belege 
des  Meckelschen  Knorpels,  welche  im  entwickelten  Thiere  die  Hauptstütze 
der  unteren  Mundhölen-Wand  bilden.  Ihre  hauptsächlichste  Funktion  hierbei 
besteht  in  der  Formirung  eines  kräftig  gegen  die  obere  Mundhölen-Wand 
wirkenden  Knochens,  welcher  mit  dem  fester  gelagerten  oberen  Kiefer -Ap- 


195 


parat  zum  Ergreifen  der  Nahrung  dient.  Die  Beweglichkeit  erlangt  der  un- 
tere Kiefer- Apparat  durch  die  Meckelschen  Knorpel,  welche  als  Residua  im 
entwickelten  Thiere  die  eigentlichen  Gelenkstücke  (man  denke  sich  hier  stets 
die  äusseren  Knochenbelege  weg)  bilden.  Nur  bei  den  Säugethieren  wird 
gleichsam  dieses  Gelenkstück  des  Meckelschen  Knorpels  mit  dem  Quadratbein 
zum  Hammer  und  Ambos  umgewandelt.  Hier  muss  der  Unterkiefer  eine  an- 
dere gelenkige  Verbindung  suchen ,  und  der  Processus  temporalis  posterior 
{Apophi/sis  articulari-zygomatica  Müll.)  kommt  ihm  dabei  zu  Hilfe. 

Die  Bildungsmassen  des  unteren  Kiefers  und  Zwischenkiefers  sind  zu 
jeder  Seite  einfach  vorhanden  j  die  Ossifikation  geschieht  oft  in  mehren 
Stücken.  Bei  den  Säugethieren  hat  man  noch  nicht  einen  gesonderten  unte- 
ren Zwischenkiefer  während  der  Verknöcherung  unterschieden.  Dennoch 
kann  man  der  Bildungsgeschichte  gemäss  stets  vcrmuthen,  dass  dieselben  auch 
bei  ihnen  vorhanden  sind. 

§.  51.  Ausser  den  genannten  Knochen  müssen  bei  den  höheren  Wir- 
belthieren  zu  dem  Gesichte  im  weiteren  Sinne  noch  der  obere  Bogen  des 
ersten  Kopfwirbels  gerechnet  werden.  Wir  haben  denselben  jedoch  wegen 
seiner  unmittelbaren  Fiuiktion,  das  Gehirn  vorn  zu  schützen,  bei  der  Schä- 
delhöle  genügend  erörtert. 

Die  Variationen  in   der  Gesicli tsf orination  der  höheren  VVirbelthiere. 

5.  52.  Wir  haben  das  Gesicht  im  engeren  Sinne  bei  den  höheren 
Wirbelthieren  als  durch  den  ersten  Kopfwirbel  eigenthümlich  erweitert  dar- 
gestellt. Es  tritt  mit  dem  Geruchsinn,  welcher  für  die  niederen  Wirbelthiere 
der  hauptsächlichste  Leiter  ihrer  Nahrungsstoffe  ist,  hier  noch  das  Auge,  ja 
das  Ohr  in  den  Bereich  des  Antlitzes,  und  unterstützen  wesentlich  die  ge- 
nannte Funktion  des  Geruchsinnes.  Mit  dieser  Sinnen -Sphäre  setzt  sich  nun 
die,  als  Mundhöle  mehr  gesonderte,  vordere  Partie  der  Kopf-Visceralhöle 
in  die  engste  Beziehung,  wird  gleichfalls  zum  Antlitze  hinzugezogen,  und  in 
ihr,  was  die  Sinne  bestimmen,  für  die  Verdauung  gewissermaassen  geeig- 
net gemacht.  Es  ist  jetzt  unsere  Aufgabe  die  Art  und  Weise  im  Allgemeinen 
darzulegen,  wie  die  beiden  genannten  Tendenzen  harmonirend  in  den  ein- 
zelnen Klassen  verschieden  in  Wirksamkeit  treten,  und  dadurch  die  Variatio- 
nen der  Gesichts- Formation  zunächst  bedingen. 

25« 


198 


Die    Schlangen.    (Tab.  II!.  Fig.  1.2.) 

§.  53.  Gemäss  der  geringen  Gesichts -Kopfbeuge  und  der  Annäherung 
der  Schlangen  an  die  niederen  Wirbelthiere  behält  auch  in  der  Sinnensphära 
des  erweiterten  Gesichtes  der  Geruchsinn  noch  immer  die  Oberhand^  das 
Auge  ist  noch  sehr  nach  hinten  gelagert  Bei  keinem  höheren  Wirbelthier  sind 
auch  die  Grübchen  der  Geruchlabyrinthe  an  der  Stirnwand  früher  markiit  als 
bei  den  Schlangen.  Mit  dieser  vorherrschenden  Ausbildung  der  Geruchlaby- 
rinthe verbindet  sich  gleichzeitig  die  eigenthümlicbe  Art  und  Weise  in  der 
Formation  der  MundhÖle,  welche  die  KahrungsstoHe  mittelst  Schling- Be- 
wegungen aufnimmt.  Es  nähert  sich  so  die  Funktion  der  Mundhöle  der  des 
hinterliegenden  Schlundkanals,  und  die  Isolirung  des  erweiterten  Gesichtes 
ist  wie  am  Schädel  in  der  Sinnensphäre  (Auge),  so  auch  in  der  Kopf-Yis- 
ceralliöle  weniger  ausgeprägt;  sie  ist  mit  der  kleinsten  Gesichtskopfbeuge 
ajLich  die  geringste.  —  Die  zum  Schiingen  nothwendige  Beweglichkeit  der  Ge- 
sichtsknochen und  die  gleichzeitige  Sicherstelhmg  der  Geruchlabyrinthe  wer- 
den demnach  das  Charakteristische  des  Schlangen -Gesichts  ausmachen. 

§.  54.  Die  Beweglichkeit  zeigt  sich  zunächst  in  den  bei  der  Nahrungs- 
aufnahme unmittelbar  betheiligten  Knochen :  bei  dem  unteren  und  oberen 
Kiefer- Apparat  saramt  dem  Gaumen-  und  Flügelbein,  Der  untere  Zwischen- 
kiefer ist  gewöhnlich  gar  nicht  ossifizirt  anzutreffen.  Der  untere  Kiefer  ist 
nicht  durch  das  Quadratbein  unmittelbar,  sondern  noch  durch  einen  zweiten 
Knochen,  das  unrichtig  so  genannte  Os  mastoideum,  an  den  Schädel  ligamentös 
befestigt.  Wir  glauben,  dass  dieses  sogenannte  Os  mastoideum  ein  eigenthüm- 
iich  ausgebildetes  Paukenbein  darstellt,  welches  hier  nur  die  Funktion,  das 
Quadratbein  an  den  Schädel  zu  befestigen ,  beibehalten  hat.  Ein  Paukenfell  fehlt 
bei  den  Schlangen.  Der  obere  Zwischenkiefer  existirt  nur  rudimentär,  und 
seine  Verbindungen  sind  nur  ligamentös  vorhanden.  Zu  den  am  freiesten 
dastehenden  Knochen  gehören  die  oberen  Kiefer.  Ihre  hintere  Abtheilungen 
sind  fibrös  und  die  vorderen  nur  in  so  weit  ossifizirt,  als  sie  für  die  Mund- 
höle bestimmt  sind.  Ein  verknöcherter,  aufsteigender  Tlieil,  welcher  die 
Seitenwand  der  Nasenhöle  begrenzt,  findet  sich  nicht.  Bei  der  gemeinschaft- 
lichen Funktion  des  oberen  Kiefers  des  Gaumen-  und  auch  des  Fliigelbeines, 
wird  auch  letzteres  mit  dem  ersteren  durch  einen  eignen  Knochen,  das 


__197 

Os  transversum ,  verbunden,  damit  auf  diese  Weise,  bei  dem  Druck  von  oben 
auf  die  Beute,  die  genannten  drei  Knochen  nicht  einer  zu  regellosen  Ver- 
schiebung unterliegen.  Das  Gaumenbein  trägt  Nichts  zur  Nasenhölenbildung 
bei,  sondern  wird,  mit  Zähnen  ausgerüstet,  allein  für  die  Mundhöle  verwen- 
det Es  stützt  sich,  natürlich  nur  ligamentös,  mit  einem  nach  innen  gehenden 
Fortsatze  dort,  wo  Thränen-  und  Stirnbeine  unten  an  der  knorpligen  Gesichts- 
basis zusamraenstossen.  Merkwürdig  ist  die  starke  Erweiterung  der  Flügel- 
beine  geii^äss  den  unteren  Kiefern  und  den  Quadratbeinen  nach  hinten,  welche 
jedoch  in  der  gemeinschaftlicheil  Tendenz  des  Mund-  und  Schiundkanals  ihre 
Erklärung  findet. 

55.    Auch  diejenigen  Knochen  des  Gesichtes,  welche  mit  der  Mund- 
htile  in  keiner  unmittelbaren  Berührung  stehen,  lassen  sich  in  ihrer  Ausbil- 
dung und  Zusammenfügung  von  der  allgemeinen  Tendenz  zur  Beweglichkeit 
leiten.    Schon  die  Stirnbeine  mit  den  entsprechenden  Seitenthcilen  liegen  et- 
,  was  beweglich  an  den  Scheitelbeinen  und  den  zweiten  Seitentheilen.  Des- 
gleichen die  Thräncnbeine,  welche  bei  den  Schlangen  ausserordentlich  ent- 
wickelt sind,  die  Augenhölen  vorn  von  den  Geruchhölen  trennen,  und  für  die 
letzteren  als  einzige  ksiechcrne  Seitenwand  bestimmt  sind.   Am  beweglichsten 
sind  die  Nasenbeine,  von  deren  innerem  Rande  ein  pcrpendikulärcr  Thcil  nach 
unten  herabsteigt,  und  meist  statt  der  Gesichtsbasis  die  Scheidewand  der  bei- 
den Nasenkanäle  bildet.    Im  Einklänge  mit  diesem  lockeren  Aneinaudcrliegen 
der  Stirnbeine  sammt  den  ersten  Seitentheilen  der  Schädelhölc,  der  N^asen-, 
oberen  Kiefer-  und  Thräncnbeine  ist  auch  die  sonst  zu  ihrer  Süitze  die- 
nende Basis  des  ersten  Scbädelwirbels  und  des  Gesichtes  meist  knorplig  vor- 
handen, nur  bei  grosseren  Individuen  (Riesenschlange)  zuweilen  stückweise 
ossifizirt.     Sie  trägt  auch  beinahe  gar  Niclsts  zur  Formirung  einer  oberen 
Mundhölen- Wand  bei.    Dieselbe  wird  vielmehr  hinten  durch  einen  nacli  vorn 
verlaufenden  Fortsatz  des  zweiten  Schädel -Wirbelkörpers,  und  vorn  durch  die 
Geruch -Labyrinthe  selbst  gebildet. 

§.  56.  Das  Os  eihmoideum  ist  bei  den  Schlangen  in  einem  so  ossifiairten 
Zustande  vorhanden,  wie  nirgends  bei  den  übrigen  Wirbelthieren.  Es  ist 
eine  sehr  harte  Knochenmasse  mit  inneren,  sinuösen  Behältnissen  für  die  sich 
ausbreitende  Riechhaut,  welciie  durch  ihre  Festigkeit  sogleich  an  das  Labj- 


198 

rinth  des  Gehörorgans  (Pars  petrosa)  erinnert.  Es  bildet  im  Allgemeinen 
die  Figur  einer  Pyramide,  deren  Spitze  gegen  den  oberen  Zwischenkiefer, 
deren  Basis  gegen  das  Stirnbein  mit  dem  ersten  Seitentheile  des  Schädels  und 
gegen  das  Thränenbein  gerichtet  ist.  Die  innere  Fläclie  liegt  an  dem  perpen- 
dikulären  Theile  der  Nasenbeine,  Es  forniirt  ferner,  indem  es  mit  seiner  un- 
teren Fläche  unmittelbar  in  die  MundhÖle  hervortritt,  selbstständig  die 
innere  Nasenöffnung,  welche  nach  hinten  von  dem  inneren  Tortsatze  des 
Gaumenbeines  begrenzt  wird.  Seine  Verbindungen  mit  den  die  Nasenhölen 
konstituirenden  Knochen  sind  nur  ligamentös,  so  dass  die  bezeichnete  Rich- 
tung der  Beweglichkeit  in  der  Konstruktion  der  Gesichtsknochen  des  Schlan- 
gen-Kopfes nicht  beeinträchtigt  wird. 

Man  sieht  also,  dass  die  Sicherstellung  der  Geruch -Labyrinthe  nicht, 
wie  gewöhnlich,  durch  diejenigen  Knochen,  welche  die  Nasenhölen  formiren, 
bewerkstelligt  wird,  denn  diese  mussten  sich  nach  anderen  Gesetzen  fügen, 
sondern  durch  die  starke  und  kräftige  Ossifikation  der  Geruchlabyrinthe  selbst. 
Auf  diese  Weise  hat  die  Natur  die  Tendenz  zur  Beweglichkeit  der  Gesichts- 
knochen gleichzeitig  mit  der  Sicherung  der  Geruch  -  Stätten  vereinigt.  Bei 
Keinem  der  anderen  höheren  Wirbelthiere  sind  die  knöchernen  Gebilde  in 
den  Wandungen  dei^  Nasenhölen  so  geringfügig  entwickelt,  bei  Keinem  aber 
auch  so  übermächtig  das  Geruch  -  Labyrinth  ossifizirt,  als  bei  den  Schlangen. 
Wir  machen  hier  wiederum  darauf  aufmerksam,,  dass  das  frühe  Erscheinen  von 
Organen  und  Theilen  im  Embryo  auf  die  spätere  Wichtigkeit  derselben  für 
das  entwickelte  Thier  hindeutet;  nirgend  sah  ich  die  Grübchen  für  das  Ge- 
ruchlabyrinth so  früh  schon  markirt  als  bei  den  Schlangen, 

Man  hat  diese  so  kräftig  ossifizirten  in  die  Mundhöhle  hineinragenden 
Ossa  ethmoidea  für  die  Pflugschaarbeine  der  Schlangen  erklärt.  Man  Avird  in 
der  vorangegangenen,  ausführlicheren  Beschreibung  dieser  Knochen  die  offen- 
barsten Gründe  dagegen  leicht  herausfinden.  Das  Siebbein  rauss  immer  un- 
mittelbar, w'ie  hier,  die  Ricchhaut  tragen.  Auf  das,  vorzüglich  nur  den  Säu- 
gethieren  eigenthümliche,  Pflugschaarbein  werden  Avir  später  zurückkommen ^ 
bei  den  Schlangen  ist  durchaus  keine  Spur  davon  zu  finden 


199 


Die  Eidechsen,  Krokodile,  Schildkröten.    (Tab.  III.  Fig.  3.  4.  5.) 

§.  57.  Bei  den  übrigen  beschuppten  Amphibien  ist  die  Gesichtskopf- 
beuge schon  stärker,  das  Auge  rückt  entschiedener  zum  Gesichte  hinzu  und 
theilt  seine  Lagerungsstätte  meist  gleichmässig  mit  dem  Geruchsinn  in  der 
oberen  Gesichtshälfte.  Die  Geruchhölen  müssen  demgemäss  mehr  nach  vorn 
vorrücken,  wodurch  natürlich  das  ganze  Gesicht  vorwärts  verlängert  wird, 
und  ein  kleiner  Theil  der  Gesichtsbasis  vorn  schon  als  Augen- Scheidewand 
auftritt.  Ist  indess  bei  (Ten  Schlangen  die  bewegliche  Aufnahme  der 
Nahrungsstoffe  in  die  Mundhöle  dasjenige,  was  sich  in  der  ganzen  Konstitution 
der  Gesichtsknochen  ausspricht,  so  zeigt  sich  bei  den  übrigen  beschuppten  Am- 
phibien das  kräftige,  feste,  kneifzangenartige  Erfassen  der  Beute 
überall  von  Einfluss.  Um  diese  Festigkeit  beim  Ergreifen  der  Nahrungsmittel 
in  volle  Wirksamkeit  treten  zu  lassen,  ist  zunächst  die  kräftige  Ausbildung 
der  oberen  und  unteren  Kiefer  nothwendigj  denn  durch  sie  konnte  diese 
Tendenz  am  Genügendsten  erreicht  werden.  Die  oberen  und  unteren  Zwi- 
schenkiefer hönnen  wegen  ihrer  Vorlagerung  eine  solche  Kraft  nicht  so  leicht 
in  Anwendung  bringen. 

§.  58.  Diesem  gemäss  sehen  wir  nun  auch  die  Nascnhölen  kräftig 
konstituirt,  Ihre  Knochen  sind  nicht  ligamentös,  sondern  unmittelbar  anein- 
ander gefügt.  Die  Nasenbeine  berühren  vorn  die  aufsteigenden  Theile  der 
oberen  Zwischenkiefer  und  seitlich  die  der  oberen  Kiefer,  welche  gerade  in 
der  vorderen  Abtheilung  am  stärksten  entwickelt  sind.  Auch  die  Thränen- 
beine  sind  kräftig  ossifizirt  und  scheiden,  wie  bei  den  Schlangen,  vorn  die 
Augen-  von  den  Nasenhölen. 

An  der  unteren  Wand  der  Nasenhölen  befinden  sich  bei  den  Krokodi- 
len nach  innen  gehende  Fortsätze  der  oberen  Kiefer  und  Zwischenkiefer, 
wodurch  ein  Gaumengewölbe,  wie  bei  den  Säugethieren  zusammengesetzt  wird. 
Bei  den  übrigen  beschuppten  Amphibien  liegen  an  besagter  Stelle  nach 
hinten  verlaufende  Fortsätze  der  oberen  Zwischenkiefer,  vorzüglich  aber  die 
vordersten  Partieen  der  Gaumenbeine, 

Bei  den  meisten  Eidechsen  {Chamaeleo ,  Draco  ausgenommen)  ist 
diese  vordere  Partie  des  Gaumenbeines  zu  einem  lostrennbaren  Stücke  ossifi- 
zirt.   Es  ist  dieses  eine  ungewöhnliche  Erscheinung ,  welche  meines  Wissens 


I 


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sonst  nirgend  bei  den  übrigen  Wirbcltbieren  vorkommt.  Man  denkt  bei 
der  ersten  Anschauung  sogleich  an  die  in  die  Mundhöle  hineinragende 
untere  Fläche  des  Geruch -Labyrinthes  der  Schlangen.  Indessen  hat  dieser 
Knochen  durchaus  keine  Gemeinschaft  mit  demselben.  Auch  mit  dem  oberen 
Kiefer  bemerkt  man  Jieine  Verbindung.  Seine  vordere  Spitze  berührt  ,etwas 
den  oberen  Zwischenkiefer,  sein  hinteres  breiteres  Ende  aber  steht  in  eng- 
ster Beziehung  zu  einem  Knochenstücke,  welches  ohne  allen  Zweifel  dem 
Gaumenbeine  zugehört.  Das  Pfiugschaarbein  kann  es,  was  wir  später  darthun 
werden,  nicht  vorstellen.  Daher  bleibt  uns  nur  übrig  als  das  Wahrschein- 
lichste anzunehmen,  dass  dieses  gesonderte  Knochenstück  an  der  unteren  Na- 
senhölenwand  mit  dem  hinterliegenden  gemeinschaftlich  das  Gaumenbein  in 
diesen  Echsen  darstelle.  Lage  und  Funktion  widersprechen  dieser  Ansicht 
nicht;  denn  bei  den  Yögeln  ist  das  einfach  ossifizirte  Gaumenbein  bis  zum 
Zwischenkiefer  verlängert,  und  dient  als  Knochenstück  der  unteren  Nasenhö- 
lenwand.  Sie  widerspricht  auch  nicht  der  Genese j  denn  es  kann  unter  Um- 
ständen die  Zahl  der  Knochenstücke  in  einer  einfachen  Bildungsmasse  varii- 
ren,  und  ebenso  gut,  wie  in  der  vorderen  oberen  Partie  des  ersten  Visce- 
ralbogens  sich  zwei  Knochenstücke  (Gaumen-  und  Flügelbein)  erzeugen 
können  wie  hier  auch  drei  Knochen  sich  entwickeln.  Nur  den  nächsten 
Grund  einer  solchen  Zerstückelung  des  Gaumenbeines  habe  ich  mir  bisher 
nicht  angeben  können. 

In  eben  dem  Maassc,  als  die  NasenhÖlen  nach  der  vorangegangenen 
Schilderung  bei  den  Eidechsen,  Schildkröten,  Krokodilen  an  ihren  Wandun- 
gen kräftig  ossifizirt  sind,  in  einem  gleichen  Verhältnisse  sehen  wir  auch  die 
Geruch -Labyrinthe  Aveniger  durch  eigene  Hartgebilde  sich  sichern.  Meisten- 
theils  sind  nur  Knorpel  -  Windungen  vorhanden. 

§.  59.  Von  den  Knochen,  welche  der  Mundhöle  dienen,  ist  die  Basis 
des  ersten  Scltädcl wirbeis  und  des  Gesichtes,  namentlich  bei  den  Eidechsen, 
meistenthcils  nur  knorplig  ausgebildet.  Wir  haben  über  die  wahrscheinlichen 
Gründe  dieses  Pliänomens  früher  schon  unsere  Ansicht  mitgetheiit.  Dagegen 
sind  die  Gaumen-  und  Flügelbeine  ausserordentlich  gross,  und  bilden  mit 
den  oberen  Kiefern  und  Zwischenkiefern  die  kräftige  obere  Decke  der 
Mundhöle  für  die  Aktionen  der  unteren  Kiefer,    Unter  anderen  Verhältnissen, 


201 


als  bei  den  Schlangen,  doch  mit  derselben  Tendenz,  die  Knochen  der  oberen 
Mundhölenwand  fester  zu  konstituiren,  finden  wir  hier  wiederum  zwischen 
der  hinteren  Abtheilung  (Jochbein)  des  Oberkiefers  und  dem  Flügelbein  das 
accessorische  Os  transversum.  Auch  zwischen  der  vorderen  Abtheilung  und 
dem  Gaumenbeine  ist  eine  innigere  Verbindung  durch  einen  Fortsatz  des 
letzteren  vorhanden. 

Vögel,    (Tab.  III.  Fig.  6.) 

60.  Während  in  der  Sinnensphäre  des  Gesichtes  der  höheren  Wir- 
belthiere  bei  den  Schlangen  noch  der  Geruchsinn  vorherrscht,  bei  den  Ei- 
dechsen, Schildkröten,  Krokodilen  das  Auge  und  der  Geruchsinn  einen  mehr 
gleichmässigeren  Stand  behaupten  j  so  gewinnt  bei  den  Vögeln  das  Auge  so- 
gar den  Vorrang,  und  wird  dadurch  von  Einfluss  auf  die  ganze  Konstruktion 
ihres  Gesichte:^.  Es  tritt  dasselbe  bei  einer  kräftigeren  Gesichts -Kopfbeuge 
weiter  in  die  Gesichtsfronte  vor,  die  Gesichtsbasis  selbst  formirt  einen  grossen 
Theil  der  Scheidewand  beider  Augenhölen,  und  die  Nasenhölen  werden  wei- 
ter vom  Schädelgewölbe  entfernt.  Diesem  gemäss  wird  auch  die  ganze  Mund- 
höle  am  meisten  bei  den  Vögeln  vorgelagert,  und  das  Ergreifen  der  Nahrung 
geschieht  kneifzangenartig  mit  den  vordersten  Partieen  der  Mundbegren- 
zung, mit  den  Zwischenkiefern,  welche  sich  zu  einem  Schnabel  ausbilden. 
Man  kann  unter  solchen  Umständen  nicht  übersehen,  dass  die  überwiegende  Aus- 
bildung und  das  Vortreten  des  Gesichtssinnes  die  Beschränkung  der  hauptsäch- 
lichsten Aktion  der  Kiefer  auf  die  vordersten  Partieen  zum  Theil  veranlasst 
hat.  Auch  die  Schläfengrube  der  Vögel,  in  welcher  die  wenig  kräftigen 
Muskeln  des  Kiefer -Apparates  gelagert  sind,  akkomodirt  sich  der  ausgedehn- 
ten Augenhöle.  Aus  allen  den  genannten  Verhältnissen  entnehmen  wir,  dass 
nicht,  wie  bei  den  beschuppten  Amphibien,  die  ausserordentliche  Kraft  in 
den  Aktionen  der  Kiefer,  sondei'n  das  Auge  auf  die  Gesichts -Bildung  von 
entschiedenem  Einflüsse  ist. 

§.  61.  An  den  Nasenhölen  bemerken  wir  nun  insbesondere  den  gerin- 
gen Antheil,  welchen  die  oberen  Kiefer  und  Nasenbeine  an  der  Formirung 
derselben  nehmen.  Die  oberen  Zwischenkiefer  werden  behufs  der  Schnabel- 
bildung kräftiger  entwickelt.  Ihre  aufsteigenden  Theile  drängen  gewisser- 
maassen  die  Nasenbeine,  ihre  horizontalen  die  oberen  Kiefer  zurück.  Nur 

26 


202 


die  Thränenbeine  werden  stärker  ossifizirt,  und  bilden  fast  ganz  ohne  Bei- 
hilfe der  oberen  Kiefer  die  knöchernen  äusseren  Seitenwände  der  Nasenhö- 
len.  An  der  unteren  Wand  derselben  vereinigen  sich  die  horizontalen  Theile 
der  oberen  Zwischenkiefer  mit  den  Gaumenbeinen,  In  Vergleich  zu  den 
Eidechsen,  Schildkröten,  Krokodilen  sind  die  Nasenhölen  bei  den  Vögeln 
weniger  in  ihren  Bestandtheilen  verknöchert,  und  wir  sehen  daher  auch  die 
Geruch -Labyrinthe  durch  eigne  Ossifikation  sich  mehr  sichern.  Ausgezeichnet 
entwickelt  und  verhältnissmässig  am  kräftigsten  verknöchert,  wie  bei  keinem 
der  übrigen  höheren  Wirbelthiere ,  ist  bei  den  Vögeln  die  Gesichtsbasis.  Die- 
ses zeigt  sich  bei  der  Schnabelbildung  auch  als  ganz  nothwendig. 

§.  62.  Von  der  Mundhöle  erwähnten  wir  schon  im  Allgemeinen  die 
eigenthiimliche  Vorlagerung  vor  der  Schädelhöle  und  die  damit  verbundene 
Tendenz  der  Schnabelbildung,  Zur  Ausführung  der  letzteren  dienen  vorzüg- 
lich die  oberen  und  unteren  Zwischenkiefer.  Auf  diese  Weise  wird  der  Vo- 
gelkopf für  die  Bildungsgesetze  des  Wirbelthier- Kopfes  von  Wichtigkeit.  Er 
zeigt  deutlicher  als  die  übrigen  höheren  Wirbelthiere  die  Zweit heiligkeit 
der  zwischen  den  oberen  und  unteren  Kiefern  sich  hineindrängenden  Bil- 
dungsmasse, wenn  auch  ihre  Hartgebilde  durch  die  spätere  Ossifikation  wie 
zu  einem  einfachen,  knöchernen  Zwischenkiefer  vereinigt  werden. 

Interessant  ist  ferner  auch  die  einfache  Form  des  knöchernen  Oberkie- 
fers, welcher  hier  nur  vorzugsweise  die  Mundhöle  an  ihrer  hinteren  Partie 
begrenzt  und  gleichzeitig  zur  äusseren  Schutzwehr  der  Augenhöle  dient.  Zur 
Bildung  der  knöchernen  Nasenliöle  trägt  das  Oberkieferbein  beinahe  gar 
nichts  bei.  Diesem  gemäss  haben  wir  also  bei  den  Vögeln  vorzugsweise  die 
hintere  Abtheilung  des  oberen  Kiefers  knöchern  ausgeprägt.  In  der  frühsten 
Zeit  der  Ossifikation  sieht  man  die  rudimentäre,  vordere  Abtheilung,  welche 
sich  mit  dem  Thränenbein  und  dem  oberen  Zwischenkiefer  verbindet,  geson- 
dert von  der  hinteren  grösseren  (Jochbein),  welche  durch  ein  anfänglich 
gleichfalls  trennbares  Knochenstückchcn  ( Quadrat- Jochbein )  mit  dem  Qua- 
dratbein im  Zusammenhange  steht. 

An  dem  Gaumen-  und  Flügelbein,  welche  in  ihrer  typischen  Anlage 
ursprünglich  neben  der  Basis  des  ersten  Wirbelkörpers  verlaufen,  ist  beson- 
ders die  Vorlagerung  des  ganzen  Gesichtes  und  also  auch  der  Mundhöle 


203 


vvalirzunelimen.  Vorzüglich  clclint  sich  das  Gaumenhein  mit  der  Gesichtsbasis 
weit  nach  vorn  aus,  erreicht  die  oberen  Zwischenkiefer  und  biklet  mit  ihnen 
und  der  Gesichtsbasis  fast  die  ganze  obere  Mundholeii  -  Decke.  Es  ist  dadurch 
hinlänglich  sowohl  an  der  Gesichtsbasis,  als  an  dem  oberen  Zwischenkiefer 
befestigt,  und  hat  mit  ihnen  ein  und  dieselbe  Funktion  in  Bezug  auf  die 
Mundhüle. 

Die  innige  Beziehung,  welche  zwischen  dem  Flügelbein  und  dem  Ober- 
kiefer bei  den  Schlangen  und  den  übrigen  beschuppten  Amphibien  stattfindet, 
ist  hier  nicht  vorhanden,  daher  sehen  wir  auch  bei  den  Vögeln  nirgend  eine 
Spur  von  dem,  jenen  Thieren  eigenthümlichen ,  Os  transversum.  Das  Os  omoi- 
deum  erscheint  hier  vielmehr  nur  als  ein  befestigender  Verbindungstheil  mit 
dem  Quadratbein,  welches  letztere  an  dem  hier  fehlenden  Paukenbeine  keine 
Unterstützung  hat. 

Säugethier  e. 

§.  63.    Die  Gesichtsformation  der  Säugethiere  erhält  eine  eigenthüm- 
liche  Richtung,  einmal  durch  die  theilweise  Hinzuziehung  des  Gehörsinnes  in 
die  Sinnensphäre  des  Gesichtes,  und  dann  durch  die  Ausbildung  der  Mund- 
höle  zum  Kaugeschäfte.    Die  kräftige  Gesichts -Kopf beuge  dieser  Thiere,  so- 
wie die  stärkere  Wölbung  der  Schädelhöle,  namentlich  in  der  vorderen  Par- 
tie, sind  hierbei  die  wichtigsten  Unterstützungsmittel.   Unter  Begünstigung  der 
ersteren  wird  der  erste  Viereralbogen  dem  Ohr -Labyrinthe  genähert,  und  es 
können  das  Quadratbein  und  der  Meckelsche  Knorpel  zum  Ambos  und  Ham- 
mer sich  entwickeln.    Es  werden  also  Knochen,  welche  durch  die  Gesichts- 
Kopfbcuge  einem  erweiterten  Gesichte  der  höheren  Wirbelthiere  zugetheilt 
sind,  für  das  Ohr  -  Labyrinth  verwendet,  und  dadurch  der  Gehörsinn  theil- 
weise in  den  Bereich  des  Gesichtes  und  Antlitzes  gezogen.    Nicht  allein  der 
Geruch  und  das  Auge ,  sondern  auch  das  Gehör  tritt  sichtbarer  bei  dem  Su- 
chen von  Nahrungsstolfen  in  Wirksamkeit.    Unter  solchen  Verhältnissen  ist 
das  Gesicht  mehr  an  die  Schädelhöle  gebunden,  weil  das  Ohrlabyrinth  aus 
seiner  Lage  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Schädelwirbcl  nicht  heraus- 
rücken kann.    War  bei  den  beschuppten  Amphibien  und  Vögeln  die  Tendenz 
der  Verlängerung  des  Gesichtes  nach  vorn,  um  dem  Auge  und  dem  Gerucli- 
sinn  ihre  Wirkungsstätten  zu  verschaifen,  mehr  und  mehr  sichtbar  geworden, 

26- 


204 


so  ist  bei  Säugetliicren  eine  Konzcntrirung  der  beiden  genannten  Sinne  wegen 
des  Gchörorganes  an  dem  ersten  Schädelbogen  nothwcndig. 

Es  wird  hierbei  das  alhnählige  Vorrücken  des  Auges  in  die  Gesichts- 
fronte  keineswegs  beeinträchtigt;  denn  durch  die  grössere  Wölbung  der  vor- 
dersten Schädel -Partie  und  namentlich  der  Stirnbeine  ist  ein  hinlänglicher 
Raum  für  die  Konzentrirung  der  höheren  Sinne  mit  Beibehaltung  des  allge- 
meinen  Gesetzes  gegeben;  ja  es  wird  dasselbe  dadurch  noch  bedeutend  unter- 
stützt. Es  können,  neben  der  Mittellinie  der  breit  gewölbten  Stirnwand  und 
mit  der  Schädelhöle  in  engem  Zusammenhange,  die  Geruch  -  Lab  jrinthe  ihre 
Ausbildung  beginnen.  An  ihrer  äusseren  Seite  befinden  sich  dann  die  Augen- 
liölcn,  so  zwar,  dass  zum  Theil  die  Geruch  -  Lab  jrinthe  selbst  mit  der  vor- 
dersten Partie  des  Schädelgewölbes  die  Scheidewand  zwischen  beiden  Augen 
bilden.  Wenn  daher  bei  den  beschuppten  Amphibien  und  Vögeln  die  Augcn- 
und  Nasenhölen  nacheinander  mit  der  gleichzeitigen  Verlängerung  des  Ge- 
sichtes in  dem  letzteren  ihre  Stelle  finden,  so  liegen  dieselben  bei  den  Säu- 
gethieren  vielmehr  n  e  b  e  n  e i  n  a  ntl  er ,  um  eine  gleichmässigere  Gesichtsfronte 
formiren  zu  helfen.  Auf  diese  Weise  erlangt  das  Gesicht  der  Säugethiero 
eine  eigenthttmliche  Breite,  welche  auch  bei  der  Einrichtung  der  Mundhöle, 
insofern  dieselbe  zum  Kauen  organisirt  ist,  erforderlich  scheint. 

§.  64.  In  der  Formirung  der  Nasenhölen  ist  bei  den  Säugethieren  be- 
sonders hervorzuheben,  dass  die  Thränenbeinchen  in  eben  dem  Maasse  mehr 
und  mehr  geringen  Antheil  daran  nehmen,  als  die  Ausbildung  der  Oberkiefer 
an  der  vorderen  Abtheilung  wegen  des  Kaugeschäftes  sehr  kräftig  auftreten 
müssen.  Daher  werden  die  äusseren  Nasenhölen- Wände  vorzugsweise  von 
dem  aufsteigenden  Theile  der  Oberkieferbeine  gebildet,  und  letztere  sind  es 
auch,  welche  die  Augenhölen  hauptsächlich  vorn  von  den  Nasenhölen  scheiden, 
nicht,  wie  bei  den  beschuppten  Amphibien  und  Vögeln,  die  Thränenbeine.  Die 
Oberkiefer  unterstützen  sogar  durch  Erzeugung  von  Muscheln  {concha  infima) 
die  Ausbreitung  der  Riechhaut:  eine  Eigenthümlichkeit,  welche  ich  bei  Kei- 
nem der  übrigen  Wirbelthiere  mit  Sicherheit  nachweisen  kann.  Die  Gesichts- 
basis ist  bei  den  Säugethieren  verhältnissmässig  nur  gering  ossifizirt;  der 
vordere  Theil  bleibt  immer  knorplig.  Sie  dient  nur  als  Scheidewand  der 
Nasenhölen  und  der  darin  liegenden  Ossa  ethmoidea. 


205 


Die  untere  Wand  der  Nasenliöle  wird  durch  eigenthüinlich  hervorwach- 
sende  horizontale  Fortsätze  der  oberen  Kiefer,  Zwischenkiefer  und  Gaumen- 
beine gebildet.  Indem  diese  Fortsätze  von  beiden  Seiten  in  der  Mittellinie 
zusammenkommen,  erzeugt  sich  in  der  zwischen  ihnen  und  der  Gesichtsbasis 
tretenden  Bildungsmasse  das  sogenannte  Pflugschaarbein,  welches  in  dieser 
Art  gleichsam  als  eine  gesonderte  Erweiterung  der  Gesichtsbasis  selbst  anzu- 
sehen ist,  und  auch  als  Nasenscheidewand  fungirt.  Es  ist  also  nur  ein  einfa- 
cher in  der  Mittellinie  des  Körpers  an  besagter  Stelle  sich  befindender  Kno- 
chen, welcher  in  seinem  Erscheinen  von  der  eigenthümlichen  Entwickelung 
von  horizontalen  Fortsätzen  der  oberen  Kiefer,  Zwischenkiefer  und  Gaumen- 
beine abhängig  ist.  Daher  ist  das  Pflugschaarbein  in  seiner  grössten  Ausbil- 
dung nur  bei  den  Säugethieren  zu  finden.  Jedoch  kann  es  auch  wegen  der 
ähnlichen  Verhältnisse  bei  den  Krokodilen  vorkommen.  Bei  einigen  Vögeln  sehe 
ich  den  Fbwier  gleichfalls  j  indessen  kommen  dann  auch  horizontale  Fortsätze  der 
Oberkieferbeine  von  beiden  Seiten  an  der  unteren  Fläche  der  Gesichtsbasis 
zusammen.   Uebrigens  ist  er  hier  immer  nur  in  einem  rudimentären  Zustande. 

§.  65.  Die  untere  Wand  der  Nasenhole  richtet  sich  in  ihrer  indivi- 
duellen Ausbildung  vorzugsweise  nach  der  Mundhöle.  Diese  letztere  hat 
hei  den  Säugethieren  ihre  grösste  Isolirung  von  der  hinterliegenden  Schlund- 
höie  erreicht-  durch  das  Gaumensegel  kann  sie  vollständig  abgeschlossen  wer- 
den. Sie  fungirt  nicht  allein  als  blosses  Aufnehmungsorgan  der  NahrungsstolFe, 
sondern  sie  soll  dieselben  zugleich  durch  das  Kauen  für  die  Verdauung  geeig- 
net machen.  Ausser  der  Zunge  und  den  Zähnen  unterstützt  diese  Funktion 
der  Mundhöle  besonders  die  untere  Wand  der  Nasenhöle,  welche  für  das 
Kallgeschäft  ganz  eigenthümlich  gewölbt  und  in  Wahrheit  die  Benennung 
„GauracngewÖlbe"  verdient.-  Die  Oberkieferbeine  tragen  zum  Gaumengewölbe 
das  Meiste  bei,  das  Flügelbein  beinahe  gar  nichts  j  wie  denn  überliaupt  dieser 
letztere  Knochen  bei  den  Säugethieren  nur  rudimentär  vorhanden  ist,  und 
seine  Verbindung  mit  dem  Ambos  (Quadratbein)  ganz  aufgegeben  hat. 

Die  untere  Wand  der  Mundhöle  wird  vorzugsweise  durch  die  unteren 
Kiefer  gestützt.  Während  die  Meckelschen  Knorpel  bei  allen  übrigen  Wirbel- 
thieren  das  Gelenk  für  den  Unterkiefer- Apparat  bilden,  so  müssen  bei  den 
Säugethieren,  bei  welchen  die  Meckelschen  Knorpel  sich  zum  Geliörknöchclchen 


2oe 

(Hammer)  metamorpliosiren,  die  unteren  Kiefer  eigene  Gelenkköpfe  entwickeln, 
und  dieselben  an  den  Processus  temporaUs  posterior  ( Joclifortsatz-  des  Schlä- 
fenbeines) befestigen.  Auch  die  unteren  Zwischenkiefer  stellen  sich  hier 
während  der  Ossifikation  weniger  gesondert  dar,  obgleich  ihre  Bildungsmassen, 
wie  bei  allen  übrigen  höheren  Wirbelthieren,  hinlänglich  während  der  rein 
typischen  Konformation  markirt  sind.  Man  darf  indess  auch  nach  der  Ver- 
knöcherung nicht  übersehen,  dass  derjenige  Theil  des  unteren  Kiefer -Appara- 
tes, welcher  wie  der  obere  Zwischenkiefer  die  Schneidezähne  trägt,  stets 
individuell  von  den  eigentlichen  unteren  Kiefern  sich  abzeichnet. 

§.  66.  Der  Mensch  gehört  im  Allgemeinen  seiner  Gesichtsformation 
nach  den  Säiigethieren  an.  Dennoch  sind  es  bei  ihm  nicht  allein  die  Kon- 
zentrirung  der  drei  höheren  Sinne  und  die  Einrichtung  der  Mundhöle  zum 
Kauen,  welche  die  Form  seines  Antlitzes  bestimmen,  sondern  vorzugsweise 
die  überwiegende  Entvvickelung  des  intellectualen  Organes.  Dasselbe  ist  in 
einer  Art  entwickelt,  wie  nirgend  bei  den  übrigen  Wirbelthieren,  und  durch 
dieses  tritt  eine  gewölbte  Stirn  in  den  Antlitz -Kreis  mit  solcher  Ueber- 
macht,  dass  die  Sinne  und  der  Kiefer  -  Apparat  der  Funktion  und  dem  Räume 
nach  vollends  unterliegen. 

Wir  haben  nur  die  Hauptrichtungen  in  der  Gesichtsformation  ange- 
geben. Der  Uebergänge  giebt  es  viel,  doch  bleibt  es  einer  specielleren 
Betrachtung  überlassen  zu  bestimmen,  welche  von  den  Hauptrichtungen  diese 
oder  jene  zweideutige  Spezies  besonders  ausgebildet  darlegt. 


III.  Ab^elinitt« 

Die   niederen  Wirbelthier e. 

%.  67.  Die  niederen  Wirbelthiere  charakterisirt  hinsichtlich  der  Kopf- 
bildnng  der  Mangel  einer  Gesichts-Kopfbeuge.  Wir  deuteten  im  ersten 
Abschnitte  des  zweiten  Theiles  darauf  hin,  dass  die  wahrscheinliche  Ursache 
davon  in  dem  weniger  individuellen  Auftreten  des  Geruchsinnnes  und  in  der 
innigen  Gemeinschaft  desselben  mit  den  Hemisphären  begründet  liege.  Es 


207 


ist  also  die  Ausbildung  des  Gehirnes,  welche  über  die  Existenz  und  den 
Mangel  der  Gesichts -Kopfbeuge  entscheidet.  Während  nun  die  allgemeinen 
Gesetze  der  Kopfbildung  bei  den  niederen  Wirbelthieren  in  ganz,  gleicher 
Art,  wie  bei  den  höheren,  in  Anwendung  zu  bringen  sind,  so  werden  da- 
gegen alle  jene  Modifikationen ,  welche  durch  die  Gesichts  -  Kopfbeuge  ent- 
stehen, hier  nicht  mehr  zu  suchen  sein. 

Ausser  dem  angeführten,  wichtigsten  Unterschiede  ist  noch  ein  zweiter 
vorhanden,  welcher  mit  jenem  gleichzeitig  auftritt,  jedoch  nicht  in  einem 
so  nothwendigen  Zusammenhange  mit  ihm  zu  stehen  scheint:  es  ist  die  mo- 
difizirte  und  weniger  vollkommene  Entwickelung  des  Gehör-Organes,  Es  hat 
indess  auch  diese  zweite  Eigenschaft  der  niederen  Wirbelthiere  eine  nähere 
Verbindung  mit  der  geringen  Ausbildung  des  Gehirnes.  Denn,  während  das 
Gehörorgan  mehr  und  mehr  in  dem  Schädel  verbleibt  (Fische),  und  schon 
ein  wirkliches  äusseres  Ohr  und  äusserer  Gehörgang  selbst  bei  den  Fröschen, 
welche  den  üebergang  zu  den  höheren  Wirbelthieren  machen,  nicht  vor- 
handen ist,  bildet  sich  gleichzeitig  eine  andere  Oeffnung  in  der  Kopf-Visce- 
ralröhre  aus:  die  äussere  Kiemen -Oeffnung.  Mit  ihrem  und  dem  Auftreten 
der  Kiemen  -  Athmung  ist  in  dem  engsten  Zusammenhange  der  Mangel  eines 
dritten  wirklichen  Visceralbogens,  in  dessen  Stelle  nur  ein  Analogen,  der 
Kiemenbogen- Träger,  sich  vorfindet. 

§.  68.  Die  niederen  Wirbelthiere  zerfallen  gemäss  der  Kopfbildung 
in  zwei  Abtheilungen: 

1.  Thiere  mit  wirklicher  L  a  r  v  e  n -Metamorphose.  Gleichzeitig  findet 
auch  die  Veränderung  des  Athmungsorganes  von  Kiemen  in  Lungen  statt. 
Hieher  die  ungeschwänzten  Batrachier. 

2.  Thiere  ohne  ächte  Larven -Metamorphose. 

a.  Die  geschwänzten  Batrachier,    Es  sind  Thiere,  welche  ihre  Athmungs- 
organe  theilweise  oder  gänzlich  raetamorphosiren, 

b.  Die  Fische.    Athmung  durch  Kiemen  ohne  Veränderung. 

Die  Unterschiede  der  beiden  Haupt- Abtheilungen  zeigen  sich  vorzugs- 
weise in  der  Kopf  -  Visceralhöle. 


208 


Wir  werden  bei  der  Betrachtung  des  Kopfes  der  niederen  Wirbel- 
thiere,  um  die  Wiederholungen  zu  vermeiden,  hauptsächlich  nur  auf  das  Ab- 
weichende von  der  höheren  Wirbelthier -Abtheilung  Rücksicht  nehmen. 

M  a  p  i  t  e  1  Tl. 

Die  Schädelhöle. 
Typische  Konformation. 

§.  69.  Die  typische  Konformation  der  Schädelhöle  geschieht  ursprüng- 
lich bei  den  niederen  Wirbelthieren  in  derselben  Weise  wie  bei  den  höhe- 
ren :  durch  Erzeugung  und  Ausbildung  zweier  Rückenplatten  des  serösen 
Blattes.  Dieselben  verlaufen  in  einer  Richtung  mit  den  gleichnamigen  des 
Rumpfes,  so  zwar,  dass  anfangs  nur  das  grössere  Volumen  der  Schädelröhre, 
später  die  deutlichen  Wirbelabzeichnungen  der  Rumpf  -  Rückenplatten  die 
Scheidung  andeuten. 

Bei  den  Fröschen  macht  sich  nun  wegen  der  ihnen  eigenthümlichen 
Larven  -  Metamorphose  das  ganze  Wirbelsjstem  und  also  auch  die  Schädel- 
höle gleich  anfangs  von  der  Dotterkugel  unabhängiger,  indem  die  Rdcken- 
und  Visceralplatten  ursprünglich  in  jene  Richtung  fortwachsen,  welche  das 
Wirbelsystem  in  entwickelten  Thieren  zeigt.  Bei  den  Tritonen ,  nach 
V.  Baer  auch  bei  den  Fischen  legen  sich  die  Rücken-  und  Visceralplatten 
zuerst  schmarotzerartig  um  die  Dotterkugel  herum  und  erst,  wenn  der 
Kopf  beinahe  vollständig  typisch  gebildet  dasteht,  werden  sie  freier,  nach 
und  nach  sich  loswindend.  Beide  Entwickelungsarten  haben  indess  das  Gemein- 
same, dass  Kopf  und  Rumpf,  auch  nach  Vollendung  der  typischen  Konforma- 
tion, eine  gleichmässige  gerade  Längenrichtung  beibehalten,  dass  weder  ein 
Nackenhöcker  sichtbar,  noch  namentlich  am  Kopf  die  vorderste  Schädel- 
Partie  niedergebeugt,  und  so  eine  Gesichts  -  Kopfbeuge  erzeugt  wird:  das 
ganze  Wirbelsystera  hat  durchweg  einen  gleichmässigen ,  geraden  Verlauf. 

§.  70.  Die  häutige  Schädelhöle  umschliesst  das  Gehirn  ganz  enge 
und  nimmt  von  ihm  seine  allgemeine  Form  an.  Bei  den  nackten  Amphibien 
konnte  ich  ursprünglich  nur  drei  Gehirn -Abtheilungen  unterscheiden.  Sie 
entsprechen  der  läge  nach  den  einzelnen  Scl>ädelwirbeln ,  wje  man  dieselben 


_209_ 

in  früher  Zeit  mit  Hilfe  der  Visceralbogen ,  des  Auges,  Ohres  und  der 
Rumpfwirbel  zu  bestimmen  im  Stande  ist.    Im  Allgemeinen  aber  markiren  sie 
sich  um  diese  Zeit  weniger  als  bei  den  höheren  Wirbolthieren.    Während  der 
Chondrose  bildet  die  Schädelhöle  bei  den  Fröschen  gleichfalls  eine  kontinuir- 
liche  Röhre,    Bei  den  Tritonen  bewirkte  die  Entwickclung  von  Fortsätzen 
für  die  untere  Nasenhölen  -  Wand  sehr  bald  eine  Abs(;heidung  der  knorpligen 
ersten  Seitenthcile  von  der  schon  verknöcherten  Basis  und  der  häutigen  Schä- 
deldecke.    Auch  die  schnelle  Verküinnierung  der  zweiten  Seitenthcile  durch 
die  Einwirkungen  der  Ohrlabyrinthe  brachte  eine  Isoürung  der  Gelenktheile 
des  dritten  Schädelwirbels  hervor.     Bei  Jungen  von  ßlennius  viviparus  finde 
ich  den  Knorpelzustand  der  Schädelhöle  ähnlich  dem  bei  den  Tritonen.  Die 
Schädelbasis  war  schon  verknöchert  und  grenzte  vorn  an  die  noch  knorp- 
lige Gesichtsbasis.    Sie  Hess  sich  in  zwei  Thcile  trennen,  von  welchen  der 
hintere  dem  dritten,  der  vordere  dem  ersten  und  zweiten  Schädehvirbol  zu- 
gehört.   Auf  diese  Weise  verhält  sich  die  Schädelbasis  auch  bei  den  Tritonen, 
nur  ist  der  Körper  des  dritten  Schädelwirbels  wegen  der  bevorstehenden  Ver- 
änderungen noch  knorplig  verblieben.     Die  Seitentheile  der  Schädelhöle  bei 
diesen  jungen  Schleimfischen  waren  knorplig,  doch  ohne  irgend  eine  Tren- 
nung, und  gingen,  wie  bei  den  Tritonen,  in  die  Itäutige  Schädeldecke  über. 
Durch  die  Ossifikation  Avird  nun,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren, 
auch  hier  das  Streben  der  Schädelhöle,  sich  in   einzelne  Wirbel  abzutren- 
nen, deutlicher  realisirt,    Waren  wegen  der  geringeren  Ausbildung  des  Gehir- 
nes schon  bei  den  beschuppten  Amphibien  die  accessorischen  Knochen  der 
Schädelhöle,   das   Os  Wormianum  und  das  Os  squamosim  des  Schläfenbeines, 
nicht  mehr  aufzufinden,  so  wird  man  diese  Stücke  bei  den  niederen  Wirbel- 
thieren um  so  weniger  antreffen.  Man  bemerkt  vielmehr  da,  wo  die  Schluss- 
stilcke  der  drei  Wirbel  ossifizirt  sind,  wie  bei  den  beschuppten  Amphibien, 
nur  zwei  Stirnbeine,  zwei  Scheitelbeine  und  eine  Schuppe  des  Hinterhaupts- 
beines.    Bei  den  Gräthen- Fischen  wird  durch  das  Zurückbleiben  des  Gehör- 
Labyrinthes  die  hintere  Partie  des  Schädels  erweitert,  und  es  zeigt  sich  wie- 
derum das  Os  mastoideum  als  Schlussstück  in  dem  hinteren  Schädelwirbel. 
Die  Seitentheile  des  ersten  und  dritten  Schädelwirbels  sind  bei  den  nackten 
AmphibieiiL  immer  deutlich  zu  erkennen,  die  des  zweiton  durch  die  Ohrlaby-, 


210 


rinthe  beeinträchtigt;  nur  bei  den  Gräthen- Fischen  sind  diese  letzteren  kräf- 
tig ossifizirt.  In  der  Basis  der  Schädelhiile  ist  gemeinhin  nur  der  Körper  des 
<lritten  Wirbels  von  den  kontinuirlich  zusammenhangenden  des  zweiten  und 
ersten  geschieden,  so  dass  es  scheint,  als  ob  bei  den  höheren  Wirbelthiercn  die 
Gesichtskopfbeuge  zur  Abtrennung  der  beiden  letzteren  Wirbelkörper  Etwas 
beitrage.  Bei  den  ungeschwänzten  Batrachiern  wird  die  Schädelbasis  in  dem 
Maasse  weniger  kräftig  ossifizirt,  als  ein  knöchernes  Gebilde  des  Schleim- 
blattes, das  sogenannte  Os  sphenoideum  basilarCy  einen  grossen  Theil  desselben 
unterstützt. 

§.  71.  Bei  den  Fischen  nimmt  die  Ossifikation,  wie  Herr  v.  Baer 
schon  dargethan,  einen  von  den  übrigen  Wirbelthiercn  etAvas  abweichenden 
Weg.  Indessen  ist  diese  Thatsache  unserer  Ansicht  nach  in  viel  zu  weitem 
Umfange  in  Anwendung  gebracht  worden.  Wir  wollen  daher  den  Verknöche- 
rungs-Process  bei  den  Fischen,  insoweit  er  die  Schädelhöle  betrifft,  hier  et- 
was näher  erörtern. 

Im  Allgeraeinon  ist  bekannt,  dass  die  noch  häutige  Schädelhöle  bei 
den  Fischen  sich  ursprünglich  wie  bei  allen  übrigen  Wirbelthiercn  verhält, 
und  das  Gehirn  enge  umschliesst.  Während  der  Konsolidirung  der  Bildungs- 
masse verwandelt  sich  nun  bei  den  Knorpelfischen  die  häutige  Schädeldecke 
in  Knorpelsubstanz  und  umgiebt  dann ,  wie  ich  beim  Hay  und  Stör  sehe, 
unmittelbar  das  Gehirn.  Ihre  Schädelhöle  hat  mit  der  gleichen  Entwicke- 
jungsstufe des  Schädels  der  übrigen  Wirbelthiere  das  Gemeinsame,  dass  die 
Wirbel  -  Abscheidungen  nicht  zu  bemerken,  und  dass  die  Knorpelsubstanz  viel- 
mehr überall  in  einer  Kontinuität  fortläuft,  ohne  sich  zu  unterbrechen.  Die 
Wirbel  müssen  hier  durch  die  sonstigen  Hilfsmittel  näher  bestimmt  werden. 

Bei  den  Gräthen -Fischen  wird  nun  die  Knorpelmasse  auch  ossifizirt. 
Am  frühsten  verknöchert,  wie  bei  den  Tritonen,  die  Schädelbasis  und  zwar 
nach  meinen  Untersuchungen  an  Jungen  von  Blennius  viviparus  ganz  in  der 
Weise,  wie  bei  den  übrigen  Wirbelthiercn.  Die  Schädelbasis  zeigt  auch  hier, 
wie  bei  den  geschwänzten  Batrachiern,  zwei  trennbare  Stücke,  von  welchen 
das  vordere  dem  erste»  und  zweiten  Schädelwirbel,  das  hintere  dem  dritten 
angehört.  Später  werden  auch  die  knorpligen  Seitenwände  der  Schädelhöle 
und  die  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines  ossifizirt.    Und  hier  zeigt  sich  die 


Eigenthümlichkeit  der  Gräthenfische ,  indem  zuerst  die  äussere  Rinde  verknö- 
chert, während  die  Knorpelsubstanz  innerhalb  noch  eine  Zeitlang  sich  erhält. 

Man  darf  jedoch  diese  Art  der  Ossifikation  nicht  mit  den  Belege -Kno- 
chen an  den  Knorpeln  des  ersten  Visceralbogens ,  mit  dem  Paukenbein  und 
dem  Unterkiefer- Apparat  zusammenbringen.  Diese  haben  eine  ganz  andere 
Genese.  Man  erkennt  oft  ihre  knorpelartigen  Bildungsstreifen  als  gesonderte 
Theile  auf  den  Knorpeln  des  Visceralbogens  aufliegend,  und  selbst,  wenn  beide 
Theile  ossifizirt  sind,  ist  lange  Zeit  noch  eine  Trennung  möglich.  Die  ober- 
flächliche Knochenschicht  der  Knorpel  bei  den  Gräthenfischen  lässt  sich  nie- 
mals ordentlich  von  der  unterliegenden  Knorpelmasse  trennen,  Nur  mit 
Mühe  bricht  man  einzelne  Knochensplitter  hinweg,  wobei  dann  immer  die 
darunterliegende  Knorpelmasse  zerstört  wird^  kurz,  es  zeigt  sich  hier  die 
Knochenschicht  als  ein  integrirender  Theil  des  ganzen  Knorpels.  Wenn  diese 
Knorpel  bei  älteren  Individuen  durchgängig  verknöchert  werden,  so  ist  man 
nicht  mehr  im  Stande  die  früher  ossifizirte  Rinde  von  der  übrigen  Knochen- 
masse zu  trennen  oder  irgend  eine  Scheidungslinie  aufzufinden.  —  Es  ist 
wahrscheinlich ,  dass  die  verschiedene  Struktion  der  Knorpelsubstanz  auf  diese 
eigenthümliche  Ossifikation  von'Einfluss  ist. 

§.  72.  Hält  man  das  Charakteristische  dieser  Verknöcherung  fest,  so 
wird  die  Scheidung  von  ähnlichen  Verhältnissen  nicht  schwer.  Man  darf 
dann  dieselben  auch  nicht  mit  der  Knochen -Lamelle  an  der  unteren  Fläche 
der  Basis  der  jüngeren  Froschköpfe  vergleichen.  Dieselbe  ist,  wie  wir  ge- 
zeigt haben,  ein  Gebilde  des  Schleimblattes.  Ich  kenne  bis  jetzt  nur  einen 
Knochen  bei  den  Fischen,  welcher  mit  dem  sogenannten  Sphenoideum  basilare 
der  Frösche  einen  Vergleich  zulässt.  Dieser  findet  sich  an  der  unteren 
Fläche  der  knorpligen  Schädelbasis  bei  den  Stören.  Die  Entwickelungsge- 
schichte  des  Störes  muss  über  die  Richtigkeit  einer  solchen  Annahme  noch 
entscheiden.  Folgendes  kann  ich  jedoch  von  meinen  Untersuchungen  an 
einem  jungen  sechs  Zoll  langen  Störe,  den  ich  der  Güte  des  Herrn  Pro- 
fessor Rathke  verdanke ,  mittheilen. 

Es  findet  sich  dieser  Knochen  bei  dem  jungen  Störe  an  der  knorpli- 
gen Schädelbasis  anliegend,  so  zwar,  dass  er  durch  eine  Zellgewebe -Schicht, 
öfters  sogar  durch  häutige  Massen  von  derselben  geschieden  ist,  und  die 

27' 


212 


Lostrennung  auf  das  Leichteste  von  Statten  geht.  Nach  hinten  dehnt  er  sich 
in  ganz  gleicher  Art  über  die  Basis  der  ersten  Rumpfwirbel  hinweg,  und  die 
knorpligen  Rippen  sind  hier  nicht  an  ihm  selbst,  sondern  z,ur  Seite  an  den 
Wirbeln  befestigt.  Vorn  durchschneidet  er  die  an  dem  vorderen  Ende  der 
Schädelbasis  hervortretende  Knorpelmasse,  und  setzt  sich  dann  mit  dem 
Hautknochen  an  der  unteren  Fläche  des  Gesichtes  sens.  strict.  in  Verbinduno-. 
In  der  genannten  Knorpelmasse  liegt  er  ganz  lose,  von  häutigen  Massen  umgeben. 

Bei  älteren  Stören  sieht  man  diesen  Knochen  inniger  mit  der  knor- 
pligen Schädelbasis  vereinigt.  Die  Abtrennung  wird  schwieriger,  und  vorn, 
wo  er  die  Knorpelmasse  durchschneidet,  ist  er  sogar  theilweise  durchsichtig 
geworden,  wie  wenn  ein  Aufsaugungsprozess  stattgefunden  hätte.  Ein  Ver- 
glefch  beider  Zustände  dieses  Knochens  giebt  uns  deutlich  zu  erkennen,  dass 
seine  grössere  Selbstständigkeit,  wie  die  des  sogenannten  Sphenoideum  basi- 
lare  der  Frösche,  während  der  Entwickelungszeit  Statt  hat,  dass  seine  Ent- 
stehung wahrscheinlich  in  dem  Schleimblatte  vor  sich  gehe,  und  die  Knorpel- 
masse am  vorderen  Schädelende  ihn  später  erst  umgebe.  Wir  werden 
späterhin  sehen,  dass  auch  die  Gaumenplatten  des  Störes  auf  einen  Ent- 
wickelungszustand  hindeuten,  in  welchem  die  Schleim -Membran  der  Kopf- 
Visceralhöle  bei  mangelhafter  Ausbildung  des  Wirbelskeletes,  wie  bei  den 
Batrachiern,  vikariirende  Knochen  der  Mundhöle  entwickelt. 

Die  Seil ä<l  c I (I  eck e  «1er  Gräthenfische. 

§,  73.  Die  genannte  Eigenthümlichkeit  in  der  Verknöcherung  nament- 
lich der  Seitentheile  der  Schädelhöle  ist  auch  auf  die  Schädeldecke  über- 
getragen. Zum  überführenden  Beweise  hat  vorzugsweise  der  Hechtkopf  ge- 
dient, bei  welchem  selbst  in  älteren  Individuen  unter  einer  Knochenschicht 
stets  die  Knorpelsubstanz  vorgefunden  werden  kann.  Es  ist  jedoch  das  Ver- 
halten der  Schädeldecke  bei  den  Gräthentischen  unserer  Ansicht  nach  ein 
anderes  und  eigenthümliches.  Wir  wollen  daher,  bevor  wir  unser  Urtheil 
abgeben,  die  Theile,  welche  das  Gehirn  von  oben  schützen,  zuerst  näher 
beschreiben. 

Es  ist  bei  dieser  Untersuchung  nothwendig  sich  die  Köpfe  jüngerer 
Individuen  zu  verschaffen,  bei  welchen  die  Verknöcherung  noch  nicht  zu 
sehr  Ueberhand  genommen,  und  die  ursprüngliche  Sonderung  der  Theile  dem 


213 


ipäter  vorherrschenden  Prinzipe  der  Festigkeit  noch  nicht  gänzlich  unter- 
worfen ist.  Man  mazerirt  dann  die  Köpfe,  oder  kocht  sie  leicht  auf,  so  dass 
die  einzelnen  Theile  noch  zusammenhangen. 

An  einem  in  letzterer  Weise  behandelten  Hechtkopfe  (Tab.  III.  Fig.  9.) 
nimmt  man  zunächst  die  sogenannten  Stirn-  und  Scheitelbeine  an  der 
oberen  Partie  des  Schüdels  hinweg.  Dieses  Verfahren  hat  nicht  die  min- 
deste Schwierigkeit;  ja  bei  jüngeren  Individuen  bin  ich  sehr  oft  im  Stande 
gewesen  durch  blossen  Fingerdruck  die  genannten  Knochen  zu  entfernen. 
Man  hätte  glauben  sollen,  dass  bei  dem  Hinwegnehmen  von  sogenannten 
Schlussstücken  der  Schädelhöle  doch  wenigstens  die  respektiven  Seitentheile 
beeinträchtigt  und  etwas  zerstört  sein  würden;  da  die  Schlussstücke  der  Wir- 
belbogen doch  eine  unmittelbare  Fortsetzung  der  respektiven  Seitentheile 
selbst  sind.  Doch  davon  ist  keine  Spur  zu  bemerken;  Alles  befindet  sich  in 
der  grössten  Ordnung.  Auch  das  Gehirn  liegt  nicht  zu  Tage,  sondern  wir 
sehen  eine  Knorpelschicht  vor  uns,  welche  nirgend  unterbrochen  ist,  vorn  in 
die  Gesichtsknorpel  übergeht,  und  hinten  mit  der  knöchernen  Schuppe  de^ 
Hinterhauptsbeines  unmittelbar  und  kontin uirlich  zusammenhangt.  Seit- 
lich stösst  sie  auf  die  zum  Theil  knorpligen  ersten  und  auf  die  knöcher- 
nen zweiten  und  dritten  Seitentheile.  Wo  sie  mit  den  zweiten  Seitentheilen 
zusammenkommt,  erweitert  sie  sich  nach  aussen  zu  Rändern  mit  zwei  Fort- 
sätzen, welche  als  gesonderte  Knochenstücke  (das  sogenannte  hintere  ^Itirn- 
bein  und  die  Schuppe  des  vSchläfcnbeines)  ossifizirt  werden.  Wird  diese 
Knorpelschicht  entfernt,  so  haben  wir  unmittelbar  darunterliegend  das  Gehirn 
von  einer  sehr  dünnen  Schicht  gallert-  und  fettartiger  Massen  überzogen. 

Alan  nehme  nun  den  Kopf  eines  Barsches  (Perca  ßuviatilis)  und  behan- 
dele ihn  auf  dieselbe  Weise  (Tab.  III.  Fig.  13.).  Man  kann  dann  wiederum 
ohne  Schwierigkeit  die  sogenannten  Scheitel  -  und  Stirnbeine  entfernen.  Als- 
dann gewahrt  man,  ohne  die  Gehirnkapsel  selbst  zerstört  zu  haben,  nicht 
eine  vollständige,  sondern  eine  lückenhafte  Knorpelmasse,  welche  zunächst 
am  hinteren  Ende  der  ersten  Seitentheile  (zwischen  den  sogenannten  Alae 
magnae  Hallm.  oder  Alae  parvae  Ciw.  des  Keilbeines)  wie  eine  schmale 
Brücke  von  einer  Seite  zu  der  anderen  sich  herüberzieht,  und  die  sogenann- 
ten Stirnbeine  stützt.    Von  der  Mitte  dieser  knorpligen  Brücke  geht  eine 


214 


breitere  Knorpellamelle  nach  hinten  zu  der  verknöcherten  Schuppe  des  Hin- 
terhauptsbeines. Der  letztere  Uebergang  geschieht  ganz  kontinuirlich.  Zur 
Seite  der  knöchernen  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines  stützen  sich  hauptsäch- 
lich die  sogenannten  Scheitelbeine,  mit  einem  Theile  ihrer  unteren  Fläche 
aufliegend.  Ausserdem  sieht  man  nur  noch  die  Knorpelmasse  zwischen  den 
vorderen  Enden  der  ersten  Seitentheile  ( den  sog.  vorderen  Stirnbeinen) 
vollständig,  und  dann  in  der  Gegend  etwas  ausgebildet,  wo  die  respektiven 
knöchernen  Seitentheile  sich  mit  der  Schädeldecke  in  Verbindung  setzen. 
Hier  hat  sich  dieselbe,  wie  beim  Hecht,  gleichfalls  zu  knöchernen  Rand- 
Erhebungen  mit  Fortsätzen  erweitert.  Auf  sie  stützen  sich  theil weise  die  so- 
genannten Stirn-  und  Scheitelbeine,  gleichfalls  mit  der  Fläche  aufliegend. 
Die  tlbrig  gebliebenen  Lücken  in  der  Verknorpelung  werden  mit  jener  be- 
kannten fett-  und  gallertartigen  Masse  ausgefüllt,  so  zwar,  dass  die  Rudi- 
mente von  Knorpeln  mit  ihr  ein  gleiches  Niveau  bilden  und  gleichsam  in 
dieselbe  sich  zu  verlieren  scheinen.  Haben  wir  die  rudimentären  Knorpel- 
massen mit  den  an  und  darunter  liegenden  gallert-  und  fettartigen  Massen 
entfernt,  dann  erst  sehen  wir  das  Gehirn  zu  Tage  liegen.  > 

Wir  haben,  nun  noch  eine  dritte  Richtung  in  der  Konsolidation  der 
Schädeldecke  näher  zu  berühren,  und  diese  finden  wir  beim  Aal.  Man  zieht 
hier  zuerst  die  Cutis,  die  ohne  sichtbare  Spuren  einer  Schuppen -Bildung  ist, 
vom  Kopfe  ab Dann  hat  man  die  knöcherne  Schädeldecke  vorn  nackt, 
hinten  von  Muskel -Partieen  bedeckt  vor  sich.  Jetzt  versucht  man  die  Stirn- 
und  Scheitelbeine,  wie  beim  Hecht  und  der  Perca  fliwiatilisy  hinweg  zu  neh- 
men. Sogleich  wird  man  gewahr,  dass  diese  Lostrennung  durchaus  nicht 
leicht  von  Statten  geht.  Ich  hatte  junge  Individuen  von  der  Länge  eines 
halben  Fusses  zu  meinen  Untersuchungen.  Indess  gelang  mir  das  Unterneh- 
men nur  auf  die  Weise,  wie  es  in  gleicher  Absicht  auch  bei  den  übrigen 
Wirbelthieren  möglich  ist,  indem  ich  die  Schädeldecke  in  einer  Trennungs- 
nath  durchstach,  und  nun  die  Stirn-  und  Scheitelbeine  mit  Mühe  aus  ihren 
Verbindungen  entfernte.     Dabei  wird  die  Schäclelhöle  zum  grössten  Theile 


*)  Am  Rumpfe  lässt  sich  bekanntlich  die  Cutis  "beim  Aal  gleichfalls  leicht  abziehen, 
und  hier  sieht  man  auch  deutlicher  Schjippen- Rudimente. 


215 


zerstört,  und  man  bemerkt,  dass  die  Deckknochen,  nicht  wie  beim  Hecht  und 
dem  Barsch,  auf  den  Seitentheilen  mit  der  Fläche  gleichsam  lose  aufliegen, 
aondern  dass  die  beiderseitigen  Ränder  durch  Schuppennäthe  inniger  ineinan- 
der greifen.  Darunter  befindet  sich  weniger  jene  fett-  und  gallertartige  Masse, 
auch  nicht  das  Gehirn*  unmittelbar  anliegend,  sondern  zuerst  eine  etwas  fes- 
tere Haut,  welche,  ähnlich  der  Dura  mater  bei  den  höheren  Wirbel thieren, 
an  der  inneren  Fläche  der  Schädelhöle  sich  hinzieht.  Das  Gehirn  füllte  das 
Schädelgewölbe,  von  den  knöchernen  Theilen  nur  durch  die  genannte  Haut  ge- 
schieden, vollständig  aus.  Beim  Aale  habe  ich  auch  nie,  selbst  in  den  jüngs- 
ten Individuen,  die  eigenthümliche  Verknöcherung  in  den  Seitenwändea  der 
Schädelhöle,  wie  sie  bei  den  fibrigen  Gräthenfischen  stattfindet,  bemerken 
können;  sie  verhält  sich,  wie  ich  vermuthe,  analog  den  übrigen  Wirbelthioren. 

§.  74.  Man  überzeugt  sich  aus  den  mitgetheilten  Untersuchungen,  dass 
das  Verhalten  der  knorpligen  und  knöchernen  Theile  über  dem  Gehirn  sich 
nicht  mit  der  Eigenthümlichkeit  der  Ossification  in  den  Seitenwänden  der 
Schädelhöle  vergleichen  lässt.  Ich  habe  auch  nie  gefunden,  dass  in  älteren 
Individuen  die  Knorpelmassen  mit  den  darüberliegenden  Knochenstücken  förm- 
lich zu  einem  Knochen  verwachsen.  Nur  da,  wo  sie  wirkliche  knöcherne 
Theile  der  Schädelhöle  decken,  wird  durch  den  gleichartigen  Zustand  bei  älteren 
Individuen  die  Vereinigung  inniger,  und  die  Abtrennung  in  gleichem  Grade 
schwieriger").  Im  Uebrigen  aber  zeigen  die  sogenannten  Stirn  -  und  Schcitel- 
beiiie  bei  dem  Barsch  und  dem  Hechte  eine  so  geringe  Gemeinschaft  mit  den  die 
Seitenwände  bildenden  Knochen  des  Schädelgewölbes,  dass  ich  sie  gemäss  den 
vorangegangenen  Untersuchungen  aus  der  Reihe  der  typischen  Schädelknochen 
entfernen  zu  müssen  mich  berechtigt  fühle.  Die  Scheitel-  und  Stirnbeine 
müssen  ihrem  Wesen  nach  die  entsprechenden  Seitentheile  oben  zu  einem  Bo- 
gen verbinden.  Dieses  thun  die  genannten  Knochen  bei  den  erwähnten  Grä- 
thenfischen nicht,  sondern  die  darunterliegende  Knorpelmasse  entspricht  voll- 
kornmen  dieser  Funktion ,  und,  wo  diese  lückenhaft  ist,  kommt  die  fett-  und 
gallertartige  Masse  zu  Hilfe.    Nur  das  obere  Schlussstück  des  dritten  Schädel- 


*)  Dasselbe  Phänomen  haben  wir  auch  an  dem  Haut-  und  Wirbelskelet  der 
Schildkröten. 


216 


Wirbels  finde  ich  bei  allen  Giäthenfischen  konstant  knöchern.  Diese  knöcherne 
Schuppe  des  Hinterhauptsbeines  steht  im  kontinuirlichen  Zusammenhange 
mit  den  respectiven  Seitentheilen  und  auch  mit  den  knorpligen  Deck- 
massen des  Gehirnes,  ganz  so,  wie  man  es  der  Genese  nach  bei  den  einzel- 
nen Stücken  der  Schädelhöle  erwarten  musste.  Mit  den  sogenannten  Schei- 
telbeinen hat  sie  keine  andere  Gemeinschaft,  als  dass  sie  denselben  theilweise 
zur  Stütze  dient.  Die  knöcherne  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines  mit  den 
sich  anschliessenden  knorpligen  Partieen  und  die  fettartigen  Massen  sind  also 
die  Theile,  welche  der  Schädeldecke  bei  den  übrigen  Wirbelthieren  entspre- 
chen. Die  sogenannten  Stirn-  und  Scheitelbeine  aber  entstehen  ausserhalb 
der  Schädeldecke  und  gehören  dem  Hautsysteme  an.  Sie  sind  für  den  Kopf 
das,  was  die  Schuppen  am  Rumpfe.  Nicht  allein  die  genannten  knöchernen 
Theile  an  der  Schädeldecke,  sondern  auch  die  Schuppen  des  Infraorbital -Rin- 
ges und  mehre  Knochen  am  Gesichte  fallen  dem  Hautskelete  zu;  auf  letztere 
kommen  wir  später  noch  zurück. 

§.  75,  Ist  dieser  Ausspruch  über  die  Existenz  eineg  Hautskeletes  bei 
den  meisten  Gräthenfischen  gleichwohl  neu  und  vielleicht  den  Naturforschern 
unerwartet,  so  scheint  mir  dennoch  nur  die  verschiedene  Ausprägung  des 
Hautskeletes  am  Rumpfe  und  am  Kopfe  bei  den  genannten  Thieren  *)  der 
hauptsächlichste  Grund  zu  sein,  warum  unsere  Ansicht  noch  nicht  aufgekom- 
men ist.  Denn  bei  den  Stören  und  anderen  Knorpelfischen,  bei  welchen  das 
Hautskelet  am  Rumpfe  und  Kopfe  gleichartiger  entwickelt  ist,  hat  man  kei- 
nen Anstand  genommen,  die  knorplige  Schädeldecke  von  den  drüberliegen- 
den  Hautknochen  zu  scheiden.  Dessenungeachtet  ist  das  Verhalten  der 
knorpligen  Schä^eldecke  bei  den  Stören  im  Grunde  dasselbe,  wie  bei  den 
Hechten.     Der  einzige  Unterschied,  welcher  übrigens  von  keiner  Bedeutung 

*)  An  üljerzeugender  Kraft  gewinnen  daher  auch  die  gepanzerten  Gräthenfischc. 
Diu-ch  die  Giile  des  Herrn  Medizinalrath  Dr.  H.  Kathke  erhielt  ich  einen  gepanzerten 
Wels  (_Cataphractus')  und  einen  Cottus  cataphractus.  Wenn  gleich  die  Evemplare  durch  die 
lange  Aufbewahrung  in  Weingeist  zum  Untersuchen  nicht  ganz  geeignet  waren,  so  könnt« 
ich  mich  doch  von  der  Anwesenheit  knorpliger  Massen  unter  dem  Schädel-Panzer  üher- 
zeugen.  Bei  diesen  Fischen  aber  ist  die  Gleichartigkeit  der  knöchernen  Theile  an  der 
Schädeldecke  und  der  Schilder  am  Rulnpfe  schon  beim  ersten  Anblick  nicht  zu  verkennen. 


217 

ist,  beruht  darin,  dass  bei  den  Stören  nirgend  die  Ossification  an  der  Schä- 
delhöle  begonnen,  dagegen  bei  dem  Hechte  die  Schuppe  des  Hinterhauptsbei- 
nes und  die  Randerhebungen  des  knorpligen  Schlussstückes  im  zweiten  Scliii- 
delwirbel  theilvveise  verknöchert  sind  (sog.  hinteres  Stirnbein,  Scliuppe  des 
Schläfenbeines).  Hat  man  sich  aber  am  Hechtkopf'e  überzeugt,  dass  die  so- 
genannten Stirn-  und  Scheitelbeine  nur  dem  Hautskclct  angciiören ,  so  ist  die 
Anwendung  einer  solchen  Erklärung  auf  die  übrigen  Gräthenfische,  bei  wel- 
chen die  knorplige  Schädeldecke  nur  lückenhaft  entwickelt  ist,  nicht  mehr 
schwierig. 

§.  76.  Wir  haben  nur  die  Hauptrichtungen  in  dem  Verhalten  der 
Schädeldecke  bei  den  Gräthenfischen  erwähnt.  Geringer  als  bei  Fercci  fluvia- 
tilis  ist  die  Schädeldecke  bei  den  Cyprinoiden  und  bei  Silurus  ausgeprägt,  bei 
denen  meist  nur  die  knorplige  Brücke,  welche  die  sogenannten  Stirn- Beine 
(-Schuppen)  stützt,  und  die  vordere  Partie  vom  oberen  Schlussstücke  des  er- 
sten Schädclwirbels  knorplig  sind.  Zwischen  dem  Barsch  und  dem  Hecht  steht 
Clupea  Membras  und  der  Lachs,  deren  knorplige  Schädeldecke  nur  sehr  geringe 
lückenhafte  Stellen  zeigt.  Noch  kräftiger  als  beim  Hecht,  finde  ich  die  Schä- 
deldecke bei  Cyclopterus  lumpus  verknorpelt,  welchen  ich  der  Güte  des  Herrn 
Professor  H.  Rathke  verdanke.  Nur  die  Knorpelmasse  der  Schädeldccke  ist 
hier  noch  bedeutender,  und  die  knöchernen  Stirn-  und  Scheitel  -  Schuppen, 
wie  das  Hantskelet  überhaupt,  wenig  entwickelt.  Interessant  sind  auch  die 
Schädel  von  Diodon,  Tetraodon,  an  welchen  ich  die  Ossifikatioa  iu  einem 
beinahe  noch  stärkeren  Grade  vorfinde,  als  beim  Aal-Schädel.  Und  dennoch 
ist  auch  das  Hautskelet  am  Kopf  kräftig  entwickelt.  Es  scheint  daher,  als 
ob  gerade  da  die  Schädeldecke  stärker  verknorpelt  und  ossifizirt  wird,  wo 
das  Hautskelet  entweder  wenig  ausgebildet  (Aal,  Hay  etc.),  oder  wo  dasselbe 
eine  cigenüuimliche  Entwickelungsrichtung  nach  aussen  erhalten  hat  und  so 
die  Schädeldecke  weniger  unterstützen  kann  (Diodon,  Tetraodon,  SJÖr,  Ostra- 
cion?  etc.).  Ist  dagegen  die  Schä<!eidecke  selbst  nicht  vollständig  verknorpelt,  so 
tritt  das  Hautskelet  isi  inijigere  Beziehung  zum  Wirbelskclct ,  m  ic  bei  den  Schild- 
kröten, und  unterstützt  die  mangelliaft  konsolidirte  Schädeldecke  (Barsch  etc.). 

77,    Merkwürdig  ist,   das   bei  der  lückenhaften  ^  erknorpelung  der 
Sehädeklecke   gleichzeitig   jene  fett-   und   gallertartige  Masse  in  Menge  sie!« 

28     '  ■ 


218 


erzeugt  und  mit  den  vorhandenen  Knorpelmassen  als  Schädeldecke  fungirt. 
Beim  Hecht,  Stör,  Hay  etc.,  wo  die  knorplige  Schädeldecke  mehr  oder  we- 
niger vollständig  ausgebildet  ist,  konnte  ich  wenig  von  dieser  Masse  bemer- 
ken. Auch  war  ich  niemals  im  Stande  eine  konsistentere  Haut  über  dem 
Gehirn  bei  denjenigen  Fischen  nachzuweisen,  wo  die  Schädelhöle  in  ihrer 
Decke  unvollständig  ossifizirt  ist.  Beim  Aal  hingegen  ist  eine  solche,  ahiüich 
der  Dura  mater  ^  ziemisch  zu  unterscheiden.  Mit  der  gallert-  und  fettartigen 
Masse  lässt  sie  sich  gar  nicht  vergleichen.  Sie  ist  im  frischen  Zustande  ohne 
Zellen,  und  getrocknet  bildet  sie  eine  härtliche,  spröde  Membran.  —  Die 
Entwickelungsgeschichte  lehrt  auch,  dass  das  evidente  Auftreten  der  Dura 
mater  bei  den  höher  stehenden  Wiibelthieren  erst  durch  den  Verknöcherungs- 
prozess  bewirkt  wird. 

5.  78.  Die  Entwickelungsgescliichte  der  Fische,  sowie  zahlreichere 
Untersuchungen  an  Gräthenfischen ,  welche  mir  nicht  zu  Gebote  stehen,  wer- 
den über  vorliegenden  Gegenstand  noch  genauere  Details  angeben  können. 
So  viel  jedoch  glaube  ich  aus  meinen  Beobachtungen  entnehmen  zu  können, 
dass  die  Konsolidation  des  Schädcigewölbes  bei  den  Fischen  im  Ailgcaieinen 
nicht  so  weit,  wie  bei  den  übrigen  Wirbelthieren  gediehen  ist,  und  dass  da- 
her auch  bei  ihnen  die  Ausprägung  der  Wirbel- Abtheilungen  weniger  wahr- 
genommen werden  kann.  Bei  einer  ganzen  Reihe  von  Fischen  bleibt  das 
Schädelgewölbe  in  dem  Knorpelzustande  stehen,  bei  anderen  beginnt  auch 
schon  die  Ossifikation.  Auf  normale  Weise  sehen  wir  hier  die  Basis  des  Schä- 
dels ossifizirt,  eigentlulmlich  und  gleichsam  halb  verknöchert  die  Seitentheile, 
am  mangelhaftesten  aber  ausgebildet  die  Schädeldecke,  die  öfters  nicht  ein- 
mal vollständig  verknorpelt  und  durch  Erzeugung  von  fett-  und  gallertarti- 
gen Massen  ihre  Funktion  ergänzt  und  vervollkommnet.  Diejenigen  Fische, 
welche  ich  bis  jetzt  in  der  Verknöchcrung  des  Schädelgewölbes  ganz  den  übri- 
gen Wirbelthieren  ähnlich  gefunden  habe,  sind  der  Aal,  Diodon,  Tetraodon. 
Sie  schliessen  sich  daher  in  der  Konsolidation  der  Gehirnkapscl  an  die  nack-  ' 
ten  Amphibien  an.  Wie  bei  letzteren  sind  auch  bei  ihnen  die  einzelnen 
Knochen  des  Schädelgewölbes  deutlicher  aufzufinden,  und  nur  die  ersten 
Seitentheile  zeigen  sich  beim  Aal  durch  den  gemeinschaftlichen  Austritt  der 


219 


Sinn  esncrven  für  das  Auge  und  den  Geruch  etwas  in  der  Ossifikation  be- 
einträchtigt. 

Die   Veränderungen    der    Schädel  hole. 

§.  79.  Die  Veränderungen  der  Schädelhöle  bei  den  niederen  Wirbel- 
thieren  hangen  gleichfalls  einmal  von  dem  Gehirne  selbst  ab,  und  dann  von 
den  anliegenden  Sinnesorganen  und  den  Gebilden  der  Visceralhöle. 

§.  80.  Die  Variationen  des  Schädelgewölbes,  welche  durch  das  Gehirn 
hervorgerufen  werden ,  sind  bei  den  nackten  Amphibien  von  sehr  geringem 
Belange.  Die  drei  Haupt- Abtheilungen  des  Gehirnes  sind  hier  gleichmässig 
ausgebildet,  und  die  Gehirnkapsel  zeigt  demgemäss  die  einfache  Zylinderform, 
analog  dem  Rückgrath ,  in  einer  Weise ,  wie  wir  sie  nirgend  bei  den  übrigen 
Wirbelthieren  wiederfinden. 

Bei  den  Fischen  wird  die  vordere  Abtheilung  des  Gehirnes,  welche 
den  grossen  Hemisphären  mit  den  vereinigten  Riechkolben  entspricht,  öfters 
in  ihrem  Volumen  verringert  (Hecht).  Es  scheint,  als  ob  in  derselben  viel- 
mehr der  Sinn  des  Geruches  oder  dessen  Analogon  ausgebildet  sei,  als  die 
intellektuale  Thätigkeit,  ohne  das  man  irgend  eine  evidente  Scheidung  ge- 
wahr werden  kann.  Man  sieht  daher  hier  auch  in  gleichem  Grade  die  vor- 
derste Schädel- Abtheilung  zusammensinken,  und  die  entsprechenden  Seiten- 
theile  in  der  Mitte  zu  einer  knorpligen  Platte  (sog.  Ala  parva  ossis  sphemidei, 
septum  interorbiiale)  verschmelzen,  unter  welcher  die  knöcherne  Basis  fortläuft. 

§.  81.  Die  Einwirkungen  welche  die  Schädelhöle  von  aussen  erleidet, 
geschehen  einmal  durch  die  Sinnes -Organe:  durch  das  Auge  und  durch  das  Ohr. 

§.  82.  Die  Augen -Rudimente  befinden  sich  bei  den  niederen  Wirbel- 
thieren gleich  anfangs  nicht  sowohl  an  der  gewölbten  Stirnwand,  welche 
hier  ganz  einfach  nur  die  vorderste  Decke  der  Schädelhöle  bildet,  sondern 
vielmehr  auf  dem  Uebergange  derselben  zu  den  respektiven  Seitentheilen. 
Bei  der  weiteren  Ausbildung  des  Embryo  erweitert  sich  das  Auge  an  diesen 
ersten  Seitentheilen  mehr  und  mehr  nach  hinten,  so  dass  es  je  nach  seiner 
grösseren  Entwickelung  dieselben  öfters  ganz  einnimmt.  Es  gelangt  daher 
bei  den  niederen  Wirbelthieren  nirgend  in  den  Bereich  des  Antlitzes. 

Bei  den  nackten  Amphibien  befindet  sich  an  dieser  Stelle  das  Auge, 
ohne  dass  die  Schädelhöle  Augengruben,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren, 

28* 


220 


formirt.  Vorn  und  seitlich  wird  es  bei  den  Fröschen  von  -dem  Gaumen-, 
Flügelbein  und  dem  Oberkiefer  begrenzt,  bei  den  geschwänzten  Batrachiern 
hauptsächlich  nur  von  letzterem.  Hinten  reicht  das  Auge  bei  den  Fröschen 
bis  zum  Ohrlabyrinth,  und  man  sieht  keine  Spur  einer  hinterliegenden  Schlä- 
fengrube. Bei  den  Tritonen  bemerkt  man  zuweilen  noch  ein  Analogon  dersel- 
ben. Daher  erzeugt  sich  nun  wieder,  wie  bei  den  beschuppten  Amphibien, 
ein  Scheidungs- Fortsatz,  ein  Processus  orbitalis  posterior,  welcher  .das  Auge 
von  den  Muskeln  in  der  Schläfengrube  trennt.  Bei  Salamandrina  aiienuata 
hat  H.  Rathke  keine  Spur  vorgefunden  (im  Zoologischen  Atlas  von  Esch- 
scholtz  Tab.  XXI. ).  An  älteren  Individuen  von  Triton  cristatus  geht  dieser 
Processus  orbitalis  posterior  ungefähr  von  der  Mitte  des  Scheitelbeines  aus. 
Nach  Cuvier's  Angabe  soll  er  am  bedeutendsten  bei  Triton,  Gesneri,  punctatus 
und  palmatus  sein.  Bei  Triton  torosus  nach  H.  Rathke  (a.  a.  O.  Tab.  XXI. 
Fig.  15.)  steht  er,  von  dem  hinteren  Ende  des  Stirnbeines  ausgehend,  mit  der 
Pars  petrosa  des  Ohres  in  Verbindung. 

%  83.  Bei  den  Gräthenfischen  ist  das  Auge  weit  mehr  durch  Skelet- 
theile gesichert,  als  bei  den  nackten  Amphibien.  Die  eigenthümliche  Ent- 
wickelung  ihres  Gesichtes  macht,  dass  die  vordere  Begrenzung  anders  aus- 
fällt als  bei  den  Batrachiern.  Die  auf  die  ersten  Seitentheile  beschränkte 
Lagerung  der  Augen  und  die  mangelhafte  Ausbildung  der  Stirnbeine  lassen 
vviederum  eine  von  den  höheren  Wirbelthieren  abweichende  und  modifizirte 
Ausführung  in  der  Formirung  der  Augenhölen  erwarten. 

5-  84.  Einen  Margo  supraorbitaUs  finden  wir  bei  den  Gräthenfischen 
nicht.  Es  wird  dagegen  das  Auge  gewöhnlich  von  oben  durch  die  Stirnbein- 
schilder des  Hautskeletes ,  von  unten  durch  den  aus  Haut-Schuppen  gebilde- 
ten Infraorbital -Ring  geschützt.  Vor  und  hinter  den  Augen  sehen  wir  Er- 
weiterungen der  Schädelhöle  als  Begrenzungen  auftreten. 

Die  vorderen  Erweiterungen  mit  den  Schädeltheilen,  von  welchen  sie 
ausgehen,  sind  in  der  vergleichenden  Anatomie  die  vorderen  Stirnbeine  ge- 
nannt. Beide  haben  indessen  sehr  geringe  Gemeinschaft  mit  der  hier  oft 
wenig  ausgebildeten  Schädeldecke  und  entsprechen  ihrer  Lage  nach  ganz 
den  Seitentheilen  der  Schädelhöle,  so  zwar,  dass  sie  eigentlich  das  vorderste 


221 


Ende  der  ersten  Seitentlieile  ausmachen,  und  die  Erweiterungen  selbst  nur 
Fortsätze  derselben  formiren 

Bei  der  Verknöcherung  des  ganzen  ersten  Seitentheiles  sehen  wir 
zuerst  den  erwähnten  Fortsatz  von  dem  sogenannten  vorderen  Stirnbeine,  und 
dann  die  oberhalb  dicht  an  die  zweiten  Seitentheile  liegende  Partie  (grosser 
Keilbeinfliigel  nach  Hallmann)  ossifizirtj  während  der  mittlere  Theii  oft  gar 
nicht  verknöchert,  wie  beim  Hecht,  gewöhnlich  aber  später  als  ein  geson- 
dertes Knochenstück  (kleiner  Keilbeinflügel  nach  Hall,),  wie  bei  den  Cypri- 
noiden.  Im  letzteren  Falle  sind  die  ersten  Seitentheile  jederseits  aus  drei 
knöchernen  Stücken  (das  vordere  Stirnbein,  der  kleine  und  grosse,  Keilbein- 
flügel)  zusammengesetzt,  von  welchen  die  mittleren  dicht  über  der  Basis  zu 
einer  einfachen  knöchernen  Lamelle  verschmelzen.  Aehnliches  haben  wir 
auch  bei  den  Fröschen,  wo  gleichfalls  die  Enden  der  ersten  Seitentheile 
stärker  ossifizirt  werden  als  die  Mitte,  und  aus  diesem  Grunde  mit  Unrecht 
verschieden  benannt  sind.  Wir  müssen  uns  daher  wiederum  gegen  die  Zer- 
splitterung von  typisch  zusammengehörenden  Stücken  erklären  und  halten 
Alles,  was  die  vordere  Gehirn- Abtheilung  von  den  Seiten  schützt  und  vor 
der  Ansatzstelle  des  ersten  Visceralbogens  (Quadratbein)  gelegen  ist,  als  zu 
dem  ersten  Seitentheile  der  Schädelhöle  gehörig.  Das  vordere  Stirnbein ,  der 
kleine  und  grosse  Keilbeinflügel  Hall,  der  Fische  entsprechen  also  der  Genese 
nach  dem  vorderen  Keilbeinflügel  der  höheren  Wirbelthiere.  An  ihrer  Seite 
befindet  sich  das  Auge,  und  der  Nervus  opticus  und  olfactorius  treten  am 
hinteren  und  vorderen  Ende,  wie  bei  allen  Wirbelthieren,  durch  sie  hindurch. 

Die  vor  dem  Auge  befindliche  Erweiterung  der  Schädelhöle  geht  also 
jederseits  von  dem  ersten  Seitentheile  ausj  sie  bildet  einen  Fortsatz  dessel- 
ben. Sie  scheidet  die  Augengruben  von  den  Nasenhölen,  und  bildet  an  ihrem 
unteren  und  äusserem  Rande  zuweilen  einen  Gelenkkopf  (Karpfen,  Hecht), 
welcher  die  Beweglichkeit  des  Oberkiefers  unterstützt.  Fortsätze,  welche  vorn 
das  Auge  begrenzen,  hat  man  bei  den  höheren  Wirbelthieren  Processus  orbi- 
tales anteriores  genannt.     Diese  Benennung  nach  der  Funktion  scheint  mir 


*)  Auch  die  Thränenbeine  können  diese  Knochensfücke  nicht  vorstellen j  da  erstere 
nieijials  an  der  Formirung  der  Schädelhöle  selbst  Anlheil  haben  kann. 


222 

auch  am  passendsten  für  den  vorliegenden  Fall.  Denn  der  Ort  der  Entste- 
hung des  Processus  orhitalis  anterior,  ob  er  am  Thränenbein,  wie  beim  Pte- 
rodactylus  crassirostris  Goldf.,  oder  am  Orbital  -  Randknochen ,  wie  bei  den 
Vögeln,  oder  am  ersten  Seitentheile  des  Schädels,  wie  bei  den  Fischen,  zu 
suchen  ist,  hangt  von  der  individuellen  Form  des  Kopfes  ab. 

Hinter  dem  Auge  befindet  sich  der  zweite,  kleinere  Fortsatz.  Der 
Schädeltheil ,  von  welchem  derselbe  ausgeht,  ist  unter  dem  Namen  hinteres 
Stirnbein  bekannt.  Indessen  dehnt  sich  der  erste  Schädelwirbel  nicht  mehr 
bis  in  diese  Gegend  aus.  Auch  ist  der  Zusammenhang  dieses  sogenannten 
hinteren  Stirnbeines  offenbar  nur  mit  dem  Seitentheile  der  Schädelhöle,  welchen 
Cuvier  mit  dem  grossen  Keilbeinflügel  bezeichnet,  und  der  seiner  ganzen  Lage 
nach  wirklich  dem  hinteren  Keilbeinflügel  der  höheren  Wirbelthiere ,  nicht 
der  Pars  petrosa  des  Schläfenbeines,  entspricht.  Es  sind  daher  die  hinteren 
Stirnbeine  vielmehr  zu  dem  Schlussbogen  des  zweiten  Schädelwirbels  zu 
rechnen,  welcher  im  Allgemeinen  wenig  ausgebildet,  meist  nur  an  den  Ver- 
bindungsstellen mit  den  respektiven  Seitentheilen  verknorpelt,  und  behufs  der 
Bildung  von  Gelenkflächen  für  das  Quadratbein  und  von  Fortsätzen  für  die 
Gruben  an  dem  Schädel  in  zwei  Stücken  jederseits  ossifizirt.  Das  vordere, 
verknöcherte  Stück  oder  das  sogenannte  hintere  Stirnbein  erzeugt  nun  den 
genannten  Fortsatz,  welcher  die  Augenhöle  von  den  Muskeln  des  Kieferappa- 
rates in  der  meist  wenig  ausgebildeten  Schläfengrube  scheidet.  Wir  nannten 
diesen  Fortsatz  mit  der  gleichen  Funktion  bei  den  übrigen  Wirbelthieren, 
bei  welchen  er  öfters  von  den  Stirnbeinen  (Säugethiere)  oder  auch  von  den 
ersten  Seitentheilen  (Vögel)  ausgeht,  den  Processus  orhitalis  posterior.  Un- 
serer Ansicht  nach  scheint  diese  Benennung  auch  bei  den  Fischen  am  zweck- 
raässigsten 

§.  85.  Ausser  dem  Processus  orhitalis  anterior  und  posterior  ^  bewirken 
die  Augen  bei  sehr  vielen  Gräthenfischen  noch  eine  ganz  eigenthümliche  Ver- 
änderung an  der  unteren  Partie  der  zweiten  Seitentheile  und  des  dritten 
Wirbel. Körpers  (Tab.  III.  Fig.  12.)  der  Schädelhöle.  Die  Augenliölen  erwei- 
tern sich  nämlich,  um  die  Ursprünge  "raehrer  Augenmuskeln  zu  beherbergen, 
über  der  Basis  des  zweiten  Schädclwirbels  hinweg  bis  in  die  Masse  des  drit- 
ten Wirbelkörpers,  so  dass  letzterer  öfters  (Hecht)  eine  kegelförmige  Hole 


223 


enthält,  welche  sich  ungefähr  bis  zur  Mitte  erstreckt.  Da,  wo  die  Muskeln 
über  dem  zweiten  Wirbelkörper  liegen,  bilden  sich  aus  den  zweiten  Seiten- 
theilen  horizontale,  nach  innen  gehende  Fortsätze ,  welche  ein  gleiches  Niveau 
mit  der  Oberfläche  des  dritten  Wirbelkörpers  annehmen,  in  den  Mittellinien 
sich  von  beiden  Seiten  vereinigen  und  so  das  Gehirn  vor  den  Muskel -Ak- 
tionen schützen. 

Diese  Erweiterung  der  Augenhölen  giebt  bei  denjenigen  Gräthenfischen, 
deren  mittlere  Gegend  in  den  ersten  Seitentheilen  des  Schädels  unten  zu  ei- 
nem Septum  interorbitale  verschmilzt  (Hecht,  Barsch  etc.),  Veranlassung  zur 
Erzeugung  eines  einzelnen  Knochenstückes,  welches  Hallmann  unter  der  Be- 
nennung Os  sphenoideum  superius  genau  beschreibt,  a,  a.  O.  S.  56.  57.  Ich 
kann  jedoch  diese  Ansicht  nicht  theilen.  Wo  dieser  Knochen  auch  vorkom- 
men mag,  immer  dient  er  zur  Bildung  des  foramen  opticum  von  der  hinteren 
Seite,  während  von  vorn  die  mittlere  Partie  der  ersten  Seitentheile  die  Be- 
grenzung macht.  Eine  solche  Funktion  ist  dem  Keilbeinkörper  ganz  fremd, 
und  gehört  vielmehr  den  ersten  Seitentheilen  des  Schädelgewölbes  an.  Wir 
haben  überdiess  den  vollständigen  Keilbeinkörper  darunter  liegend,  und  so 
nehme  ich  denn  keinen  Anstand  dieses  Knochenstück  als  den  ersten  Seiten- 
theilen zugeliörig  zu  betrachten,  welches  nur  durch  die  genannten  Umstände 
zu  einer  isolirten  Verknöcherung  gelangt.  Man  muss  sich  daher  diesen  Kno- 
chen aacii  ganz  so  wie  der  mittleren  Partie  der  ersten  Seitentheile  dieser 
Fische,  als  aus  zwei  seitlichen  Stücken  zusammengewachsen,  denken,  deren 
untere  Partieen  zu  einer  Lamelle  verschmolzen,  deren  obere  noch  frei  ge- 
blieben sind. 

§.  86.  Bei  denjenigen  Gräthenfischen,  deren  ganze  Schädeldecke  nor- 
mal ossifizirt  wird,  bemerkt  man  ähnliche  Fortsätze  zur  Begrenzung  des  Au- 
ges von  hinten  und  vorn.  Bei  Diodon^  Tetraodon  gehen  die  Processus  orbita- 
les anteriores  und  posteriores  von  den  hier  vollständig  ossifizirten  Stirnbeinen 
aus.  Doch  konnte  ich  bei  den  Individuen,  welche  ich  untersuchte,  nicht 
entscheiden,  ob  dieselben  Randknochen,  oder  ob  sie  wirklich  nur  Erweite- 
rungen der  Stirnbeine  waren. 

Bei  Muraena  anguilla  findet  man  eine  härtliche,  durchscheinende  Masse, 
welche  das  Auge  vorn  von  der  Naseugrube,  hinten  von  der  Schläfengrube 


224 


scheidet  und  überhaupt  eine  Art  Hole  filr  dasselbe  bildet,  Sie  liegt  an  dem 
äusseren  Rande  des  Stirnbeines,  und  bei  alten  Individuen  beobachtet  man 
knochenartige  Stücke  darin,  welche  ebenso  durchscheinend  sich  darstellen, 
wie  die  Masse  selbst.  Die  vordere  Partie,  welche  die  Stelle  des  Processus 
orhitalis  anterior  vertritt,  erweitert  sich  um  die  Nasengruben  herum,  und  auch 
hier  sieht  man  solche  durchscheinende  Knochenstücke  bei  älteren  Individuen 
entstehen.  Diese  härtliche,  durchscheinende  Masse  mit  ihren  Knochenstücken 
hangt  mit  der  Cutis  gar  nicht  zusammen  und  kann  daher  zum  Hautske- 
let  nicht  gehören.  Gemäss  der  obigen  Beschreibung  ist  sie  auch  dem  Typus 
des  Wirbelsjstems  zu  fremd,  und  ich  bin  daher  geneigt  anzunehmen,  dass  sie 
zu  den  eigenthümlichen  härteren  Gebilden  der  höheren  Sinnesorgane  gerech- 
net werden  muss. 

§.  87.  Unter  den  Knorpelfischen  entwickelt  die  knorplige  Schädelhöle 
beim  Haj,  der  Chimära,  beim  Stör,  ähnlich  wie  hei  den  höheren  Wirbelthie- 
ren,  sogar  einen  Margo  supraorbitaUs ,  welcher  von  der  Schädeldecke  aus- 
geht. Auch  die  Tendenz ,  das  Auge  von  vorn  und  hinten  zu  sichern ,  erkennt 
man  deutlich  genug.  An  einem  jungen  Stör  sehe  ich  den  Processus  orhitalis 
anterior  ganz,  wie  beim  Hecht,  ausgebildet,  und  der  Processus  orhitalis  poste- 
rior erscheint  mir  als  ein  knorpliges  Stück,  welches. locker  mit  der  knorpli- 
gen Schädeldecke  in  Verbindung  steht  und  somit  nach  Analogie  der  Rand- 
knochen erzeugt  war. 

Beim  Aal,  Diodon,  Tetraodon  und  den  genannten  Knorpelfischen  konnte 
ich  die  Erweiterung  der  Augenhölc,  nach  hinten  über  die  Basis  des  zweiten 
Scliädelwirbels  hinweg^  nicht  auffinden. 

§.  88.  Das  Ohrlabyrinth  übt  bei  den  Fische?i  seinen  Einfluss  auf  die 
Schädelhöle  in  einer  anderen  Art  als  bei  den  höheren  Wirbelthieren  aus, 
während  die  nackten  Amphibien  sich  letzteren  noch  anschliessen. 

Sowohl  bei  den  geschwänzten  als  ungeschwänzten  Batiachiern  beein- 
trächtigt die  Ausbildung  der  Ohr -Labyrinthe  namentlich  während  der  Ossifi- 
cation  die  zweiten  Seitentheile  des  Schädels,  so  dass  gemeinhin  nicht  eine 
Spur  von  ihnen  erhalten  bleibt  ^  und  die  Partes  petrosae  in  dorn  Schädelge- 
wölbe ihre  Steile  vertreten. 


I 


225 

Bei  den  Fischen  dagegen  verhält  sich  das  Ohrlabyrinth  anders.  An 
Jungen  von  Bloinius  viviparus  finde  ich  das  Urrudiment  des  Ohrlabyrinthes, 
das  Ohrbläschen,  aus  häutiger  Substanz  gebildet,  zwar  in  derselben  Gegend 
wie  bei  den  übrigen  Wirbelthieren  sich  markirend,  doch  innerhalb  des  Schä- 
dels gelagert.     Dabei  sind  die  knorpligen  Seitenwände  des  Schädelgewölbes 
an  der  Lagerungsstelle  durchaus  unversehrt  geblieben.    In  der  höheren  Wir- 
belthier-Abtheilung und  auch  bei  den  nackten  Amphibien  ist  um  die  Zeit 
der  Chondrose  das  Ohrbläschen  selbst  am  kräftigsten  verknorpelt,  und  befin- 
det sich  ausserhalb  der  Schädelhöle.    Es  scheint  daher,  als  ob  das  Ohrlaby- 
rinth seiner  wahrscheinlichen  Genese  zu  Folge  bei  den  Fischen  in  der 
Schädelhöle  verbleibt ,  und  aus  diesem  Grunde  sich  auch  weniger  kräftig  durch 
Hartgebilde  schützt,    Demgemäss  haben  wir  denn  auch  hier  nicht  mehr  eine 
Pars  petrosa  des  Schläfenbeines  zu  suchen,  sondern  die  Seitentheile  des 
Z;weiten  und  dritten  Schädelwirbels  stützen,  mehr  oder  weniger  durch  Erwei- 
terungen ihrer  Substanz  an  der  inneren  Fläche,  zur  Genüge  das  raeist  in  der 
Schädelhöle  freiliegende  Labyrinth  des  Gehörorganes.    Ausser  diesen  gerin- 
gen Veränderungen  an  der  inneren  Fläche  bleiben  die  genannten  Seiten- 
theile unversehrt,  und  namentlich  die  des  zweiten  Schädel wirbels  werden 
vollkommener  verknöchert  vorgefunden,  als  bei  den  übrigen  Wirbelthieren. 
Das  Zurückbleiben  des  Ohrlabyrinthes  innerhalb  des  Schädelgewölbes  hat  in- 
dess    eine  Erweiterung  desselben  in  der  hinteren  Partie  zur  Folge,  und 
diesem    Verhalten   schreibe  ich  die  Entstehung  eines  Knochens  zu,  wel- 
chen  wir    nur   bei   den   Säugethieren  allein  evident  nachweisen  konnten, 
nämlich  das  Os  mastoideum,.     Bei  beiden  Thier- Klassen  liegt  dieser  Knochen 
zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Wirbel  auf  dem  üebergange  der  oberen 
Schlussstücke  zu  den  Seitentheilen.    Bei  den  Säugethieren  verhindert  die 
Pars  petrosa  des  Schläfenbeines  die  Verbindung  mit  den  hinteren  Keilbein- 
fiügeln;  bei  den  Fischen  fällt  dieses  weg,  und  das  Os  mastoideum  grenzt 
auch    unmittelbar    an    die  Seitentheile    des  zweiten  Schädelwirbels.  Das 
Os  mastoideum  der  Fische  erzeugt  auch  einen  Processus  mastoideus,  ebenso 
wie  bei  den  Säugethieren.     Es  erscheint  übrigens  von  aussen  gewöhnlich 
viel  grösser,  als  seine  wirkliche  Theilnahme  an  dem  Schädelgewölbe  ist 

29 


226 

Der  genannto  Fortsatz,  auf  den  wir  noch  später  zurückkommen,  ist  die  Ur- 
sache hievon 

§.  89.  Auch  die  Geruch  -  Labyrinthe  zeigen,  abgesehen  von  den  typi- 
schen Veränderungen  (Gesicht),  zuweilen  einen  besonderen  Einfluss  auf  die  vor- 
dere Partie  des  ersten  Schädelwirbels.  So  ist  die  eigenthümliche  Ausbildung  des 
Processus  orbitalis  anterior  bei  den  Fischen  zum  Theil  auch  durch  sie  bedingt. 
Bei  den  Tritonen  entwickelt  sich,  wie  wir  dieses  im  ersten  Theile  beschrie- 
ben, ein  merkwürdiger,  horizontaler  Fortsatz  (sog.  Vomer)  von  dem  ersten 
Seitentheile,  und  unterstützt  die  Bildung  der  Nasenhölen. 

5.  90.  Eine  zweite  Reihe  von  äusseren  Einwirkungen  auf  das 
Schädelgewölbe  entsteht  durch  die  Gebilde  der  Visceralhöle.  Die  Verän- 
derungen beziehen  sich  auf  den  zweiten  und  dritten  Schädelwirbel. 

5.  91.  Bei  den  höheren  Wirbelthieren  hatten  wir  die  Kiefermuskeln, 
welche  namentlich  bei  den  beschuppten  Amphibien  die  kräftige  Ausbildung 
einer  Fossa  temporalis  hervorriefen.  In  der  niederen  Wirbelthier- Abtheihing 
ist  im  Allgemeinen  diese  Tendenz  weniger  bemerkbar,  weil  die  Aktionen  des 
unteren  Kiefer- Apparates  gegen  den  oberen,  ziün  Kauen  und  kneifzangenarti- 
gen Ergreifen  der  Nahrungsstoffe,  hier  nicht  mehr  so  deutlich  hervortreten. 

Unter  den  nackten  Amphibien  sehen  wir  besonders  bei  den  Fröschen 
die  Kiefer- Apparate  schwach  entwickelt,  so  zwar,  dass  an  den  unteren  Kie- 
fern die  Zähnchen  gemeinhin  fehlen.  Daher  bemerkt  man  bei  ihnen  gar 
keine  Spur  einer  Fossa  temporalis.  Die  wenigen  Muskeln,  welche  den  unte- 
ren Kiefer  aufheben,  entspringen  von  der  Pars  petrosa  und  dem  Quadratbein 

*)  Das  Ohrlabyrinth  {Pars  petrosa)  verhält  sich  demnacli  folgen dermaassen  durch 
die  Wirbehhierklassen  hindurch.  Bei  den  Säugethieren  verwächst  es  mit  der  Pars  sgua- 
mosa,  mastoidea  und  tympanica,  und  bildet  mit  diesen  das  Schläfenbein.  Bei  den  Vögeln 
fehh  gewöhnlich  die  Pars  mastoidea,  und  immer  die  tympanica;  das  Schläfenbein  wird  also 
nur  durch  die  Pars  sguamosa  und  petrosa  zusammengesetzt.  Bei  den  beschuppten  und  nack- 
ten Amphibien  fehlen  die  Part,  sguamosa,  mastoidea,  und  A\o  Pars  tympanica  richtet  sich 
der  Genesis  gemäss  nach  dem  Quadratbein:  das  Schläfenbein  wird  daher  nur  von  der  Pars 
petrosa  und  dem  Scheitelbeine  gebildet.  Bei  den  Fischen  findet  die  innige  Verschmel- 
zung des  Gehöriabyrinthes  mit  anderen  Theilen  nicht  mehr  Statt.  Die  Pars  tympanica 
dient  als  Praeoperculum  und  die  P,  mastoidea  nur  als  Schiussstück  im  dritten  Schädelwirbel, 


I 


227 

nait  seinem  Os  fympanicum.  Wahrscheinlich  hangt  mit  der  Larven  -  Metamor- 
phose diese  geringe  Ausbildung  der  Fossa  temporalis  und  der  Kiefer-Muskeln 
zusammen,  da  auf  diese  Weise  am  leichtesten  der  Rückzug  des  Quadratbein- 
knorpels bewerkstelligt  Averden  konnte.  Bei  den  geschwänzten  Batrachiern 
kommt  die  Schläfengrube  gleichzeitig  mit  dem  kräftigeren  V/irken  des  unte- 
ren Kiefers  wieder  z-um  Vorschein.  Es  zeigt  sich  dieselbe  an  dem  Auftreten 
des  Processus  orbitalts  posterior,  welcher  sie  von  der  Augenhöle  scheidet. 
Wir  erwähnten  schon  früher,  dass  dieser  hintere  Augenfortsatz  beim  Triton 
torosus  ganz  ausgezeichnet  entwickelt  ist,  und  dass  man  nur  bei  der  Salaman- 
drina  attenuata  gar  keine  Spur  davon  vorfindet.  Hinten  wird  die  Schläfen- 
grube auch  hier  durch  die  stark  hervortretende  Pars  petrosa  abgegrenzt. 

Die  allgemeinen  Gesetze  über  die  gegenseitige  Beschränkung  der 
Schläfen-  und  Augengruben  gelten  übrigens,  wie  bei  den  höheren  Wirbel- 
thieren,  auch  bei  den  niederen. 

%.  92.  Auch  bei  den  Gräthenfischen  ist  die  Schläfengrube  nicht  in 
der  Art  ausgeprägt,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren.  Die  Fresswerk- 
zeuge haben  hier  weniger  die  Tendenz  zum  kneifzangenartigen  Erfassen  der 
IVahrungsstoiTe ,  und  die  Muskeln  des  unteren  Kiefer- Apparates  finden  an  dem 
erweiterten  Quadratbeine  hinlänglichen  Raum.  Nur  bei  denjenigen  Grä- 
thenfischen, welche  mit  der  vollständigeren  Ossifikation  der  Schädelhöle  auch 
eine  kräftigere  Aktion  der  Kiefer  verbinden,  sehen  wir,  wie  bei  den  übrigen 
Wirbelthieren,  auch  die  Schläfengrube  wiederum  an  der  Schädelhöle  deutli- 
cher abgezeichnet-  so  beim  Aal,  Diodon,  Tetraodon  etc.  Bei  den  übrigen 
Gräthenfischen  liegt  in  der  unbedeutenderen  Schläfengrube  die  Gelenkfläche 
für  das  Quadratbein,  Hinter  der  Fossa  temporalis  befindet  sich  bei  den  Fi- 
schen ausserdem  noch  eine  zweite  Grube,  welche  entweder  für  die  Muskeln 
des  Os  pharyngeum  superius,  wie  bei  den  Cyprinoiden,  oder  für  die  Muskeln 
zur  Befestigung  des  Brustgürtels  an  den  Schädel  (Barsch,  etc.)  bestimmt  ist 
Je  nach  dem  verschiedenen  Zwecke  ist  auch  die  Konstruktion  dieser  Grube 
etwas  raodifizirt.  Beide  Gruben,  die  letzt  genannte  und  die  Schläfengrube, 
beschränken  sich  in  ihrer  Ausdehnung,  so  zwar,  dass  bei  Diodon,  Tetraodon, 
Aal,  bei  welchen  die  Fossa  temporalis  vorzugsweise  entwickelt  wird ,  die  Grube 
für  die  Muskeln  des  Brustgürtels  beinahe  gar  nicht  zu  bemerken  ist. 

■       29^  - 


228 

§.  93.  Die  Begrenzung  dieser  Gruben  ( S.  Tab.  III.  Fig.  9. 13. )  anlan- 
gend, haben  wir  schon  früher  erwähnt,  dass  die  Fossa  temporalis  vorn  durch 
den  Processus  orbitalis  posterior  von  der  Augcnhole  geschieden  wird.  Dieser 
Fortsatz  geht  von  dem  vorderen  ossifizirten  Stück  des  oberen  Schlussbogens 
im  zweiten  Schädelwirbel  ab,  welches  mit  Unrecht  das  hintere  Stirnbein  ge- 
nannt wird.  Die  hintere  Begrenzung  der  Schläfengrube,  und  die  gleichzeitige 
vordere  der  Grube  für  die  Muskeln  des  Brustgürtels  und  des  Os  pJiari/ngeum 
superius  (Cyprinoiden),  macht  ein  Fortsatz,  welcher  von  der  hinteren  ossifi- 
zirten Partie  des  oberen  Schlussstückes  im  zweiten  Schädelbogen  sich  ent- 
wickelt. Man  hat  diesen  Fortsatz  nebst  dem  Schädeltheile ,  von  welchem  er 
ausgeht,  für  die  Schuppe  des  Schläfenbeines  der  höheren  Wirbelthiere  (Vögel, 
Säugethiere)  erklärt.  Ich  finde  keinen  Grund  zu  der  Annahme  eines  Kno- 
chens, welcher  schon  bei  den  beschuppten  und  nackten  Amphibien  nicht 
mehr  siclitbar  wird.  Die  Bildung  des  Processus  orbitalis  posterior  und  des 
letztgenannten  Fortsatzes  erscheinen  mir  gewissermaassen  als  Veranlassung 
zum  Eiitstehen,  sowohl  des  sogenannten  hinteren  Stirnbeines  als  der  Schuppe 
des  Schläfenbeines.  Beide  Knochen  gehören  ihrer  ganzen  Lagerung  nach,  wie 
schon  erwähnt  wurde,  zu  dem  oberen  Schlussstücke  des  zweiten  Schädelwir- 
bels, welches  bei  den  Gräthenfischen  gewöhnlich  mangelhaft  ausgebildet  ist. 
Der  Fortsatz  der  sogenannten  Schuppe  des  Schläfenbeines  entspriclit  seiner 
Funktion  nach  dem  Processus  temporalis  posterior  der  übrigen  Wirbelthiere. 
Beim  Aal  ist  dieser  Fortsatz  ein  gesonderter  Randknochen,  welcher  an  der 
Vereinigungsstclle  der  Stirn-  und  Scheitelbeine  von  daselbst  befindlichen 
schmäleren  Randknochen  ausgeht. 

Die  beiden  Knochenstückc  des  oberen  Schlussstückes  im  zweiten  Schä- 
delwirbel bilden  bei  den  Gräthenfischen  gewöhnlich  gemeinschaftlich  die  Ge- 
lenkfläcljc  für  das  Quadratbein,  und  der  Processus  orbitalis  und  tempoi'alis 
posterior  befindet  sich  obcrlialb  in  der  Nähe  derselben.  Beim  Aal,  Diodon, 
Tetraodon,  wo  die  Schläfengrube  sehr  gross,  die  Augenhölc,  besonders  aber 
die  Grube  für  die  Muskeln  des  Brustgürtels  kleiner  ist,  sieht  man  nur  den 
Processus  temporalis  posterior  mit  dem  hinterliegenden  Processus  mastoideus  an 
der  Gelenkfläohe,  während  der  hintere  Augenfortsatz  oder  die  vikariirenden 
Theile    an    den    Stirnbeinen   liegen.      Beim   Dorsch   sind    die  Augenhölen 


229 


ausgebildeter,  und  aucli  die  Schläfeiigrube  nicht  unbedeutend.  Hier  sieht 
man  die  Gelenkfläche  in  der  Nähe  des  Processus  orbitalis  posterior  ^  und  der 
Schläfenfortsatz  ist  weiter  nach  hinten  gerückt,  wobei  die  verhältnissmässig 
gerijigere  Ausbildung  der  Grube  für  die  Muskeln  des  vorderen  Rumpfgürtcls 
zu  Hilfe  kommt.  . 

5.  94.  Hinter  der  Schläfengrube  liegt  nun  die  Grube  für  die  Mus- 
keln, welche  den  Brustgiirtel  oder  das  Os  pharyngeum  superius  an  den  Schä- 
del befestigen.  Ihre  vordere  Begrenzung  macht  der  Processus  temporaUs  po- 
stei'iory  ihre  hintere  ein  FortsatZi  des  Os  mastoideum ,  der  Processus  mastoideus. 
An  dem  unteren  Rande  des  letzteren  befindet  sich  nun  noch  ein  Fortsatz  von 
den  Seitentheilen  des  dritten  Schädelwirbels.  Dieser  Fortsatz  entspricht  sei- 
ner ürsprungsstelle  nach  dem  Processus  jugidaris  der  höheren  Wirbelthiere. 
Bei  denjenigen  Gräthenfischen,  bei  welchen  die  hinter  der/ossö  ifew^jora//«  gele- 
gene Grube  für  die  Muskeln  des  Os  pharyngeum  «w^erzMS  (Cyprinoiden)  be- 
stimmt ist,  vereinigt  sich  der  Processus  jugidaris  inniger  mit  dem  Proc.  mastoi- 
deus,  und  macht  die  hintere  Begrenzung  dieser  Grube  mit  ihm  gemeinschaftlich. 
Beide  setzen  sich  ausserdem  oberhalb  mit  dem  Proc.  temporaUs  posterior  in 
Verbindung,  und  bilden  so  eine  Brücke  über  der  Grube.  Beim  Barsch, 
Dorsel»,  Hecht  etc.,  bei  welchen  die  Muskeln  des  Brustgürtels  kräftiger 
befestigt  werden  sollen,  vereinigt  sich  der  Processus  jugularis  inniger  mit 
dem  Processus  temporaUs  posterior,  und  unterstützt  letzteren  in  der  Bildung 
einer  vorderen  Begrenzung  dieser  Grube,  während  der  Processus  mastoideus 
allein  die  hintere  Grenze  formirt.  —  Bei  Silurus  glanis  finde  ich  die  ebeii 
besprochene  Grube  in  keiner  Art  ausgeprägt. 

§.  95.  Es  sind  also  an  den  Seitenwänden  der  Fischschädel  im  Allgemei- 
nen drei  Gruben  zu  bemerken.  Die  AugenhÖle,  die  Fossa  temporaUs  und 
diejenige  Grube,  in  welcher  mehre  Muskeln  den  Brustgürtel  oder  das  Os  pha- 
ryngeum superius  an  den  Schädel  befestigen.  Sie  liegen  der  Reihe  nach  hin- 
tereinander und  werden  durch  vier  Fortsätze,  den  Processus  orhit<dis  ante- 
rior, posterior,  den  Processus  temporaUs  posterior  und  Proc,  mastoideus  be- 
grenzt. Von  geringerer  Wichtigkeit  ist  die  Pro(5uziruiig  des  Stachelfortsatzes 
an  der  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines  duich  die  Rumpf- Muskeln. 


230 

Unter  den  Knorpelfischen  habe  ich  die  analogischen  Veränderungen  an 
der  äusseren  Seitenwand  des  Schädels  nur  beim  Stör  gesehen.  Die  Fortsätze 
sind  hier  natürlich  im  knorpligen  Zustande  vorhanden. 

Kapitel  Vit. 

Die  Visceralhöle  der  niederen  Wirbelthier- Ablheilutig. 
Die   typische    K  o  n  f  o  rm  a  t  i  o  n. 

§.  96.  Die  Kopf- Visceralhöle  wird,  wie  bei  den  höheren,  so  auch  bei 
den  niederen  Wirbelthieren  durch  Visceralbogen,  welche  durch  Visceralspalten 
getrennt  werden,  konformirt.  Letztere  entwachsen  gleichfalls  zuerst  als  Vis- 
ceralfortsätze  dem  ursprünglichen  Visceralstreifen  jederseits,  und  durch  die 
Vereinigung  derselben  wird  der  entsprechende  Bogen  gebildet.  Es  ist  nun 
allen  niederen  Wirbelthieren  gemein,  dass  solcher  Visceralbogen  nur  zwei, 
entsprechend  dem  ersten  und  zweiten  Visceralbogen  der  höheren  Wirbelthiere, 
sich  entwickeln,  und  dass  statt  des  dritten  nur  ein  analogisches  Gebilde,  der 
Eiemenbogen-Träger,  durch  die  Vereinigung  der  Visceralröhre  des  Kopfes 
und  Rumpfes,  produzirt  wird.  Ausser  dieser  Eigenthümlichkeit  unterscheidet 
sich  auch  der  erste  Visceralbogen  in  seiner  Ausbildung  von  dem  der 
höheren  Wirbelthier-Abtheilung.  Mit  dem  Mangel  der  Gesichtskopfbeuge  ist 
zugleich  die  Bedingung  einer  ursprünglichen  Ausbildung  des  ersten  Visceralbo- 
gens  nach  vorn  und  oben  aufgehoben j  es  fehlt  das  Gaumen-  und  Flügel- 
bein. Derselbe  formirt  daher  bei  den  niederen  Wirbelthieren  einen  ebenso 
einfachen  Halbbogen,  wie  der  hinter  ihm  liegende  zweite  und  die  beiden 
hinteren  der  höheren  Wirbelthier- Abtheilung.  Er  gleichet  seiner  Lage  und 
Form  nach  der  gerade  heruntersteigenden  Partie  des  ersten  Visceralbogcns  der 
höheren  Wirbelthiere,  welche  nur  das  Quadratbein  und  den  Meckelschen 
Knorpel  mit  ihren  Aussengebilden  entwickelt. 

Die  auf  diese  Weise  konformirte  Kopf-Visceralhöle  der  niederen  Wir- 
belthiere verläuft,  wie  die  obere  Röhre  des  Kopfwirbelsystems  oder  die  Schä- 
delhÖle,  in  einer  einfachen,  geraden  Längenrichtung.  Es  fehlt  die  Gesichts- 
Kopfbeuge,  und  der  erste  Visceralbogen  wird  nun  nicht  durch  Vermittelungs- 
glieder  (Gaumenbein,  Flügejbein)  mit  den  Geruchhölen  in  engere  Verbin- 


231 


dung  gebracht,  sondern  verbleibt,  wie  auch  der  erste  Schädelbogen,  dem 
hinterliegenden  Kopfwirbelsystem  näher  gestellt,  Demgemäss  werden  wir 
auch  nun  den  ersten  Visceralbogen  nicht  mehr  bei  dem  Gesichte  abhandeln, 
sondern  hier  bei  der  Visceralhöle ,  welcher  er  ursprünglich  angehört. 

§.  97.  Mit  der  Eigenthümlichkeit  in  der  Bildung  der  einzelnen  Urbe- 
standtheile  der  Kopf- Visceralhöle  zeigt  sich  auch  im  Einklänge  die  spätere 
Funktion  derselben.  Wir  haben  bei  den  niederen  Wirbelthieren  nicht  mehr 
zwei  sich  absondernde  Abtheilungen  der  Kopf- Visceralhöle,  von  welchen  die 
vordere  mit  den  Geruchhölen  in  engere  Beziehung  tritt,  sondern  dieselbe 
hat  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  vielmehr  einen  einfachen  Zweck:  die  Auf- 
nahme von  NahrungsstolFen ,  doch  meist  ohne  ein  gewaltsames  Erfassen,  Im 
Allgemeinen  entspricht  sie  also  in  ihrer  Funktion  der  vorderen  Abtheilung 
der  Kopf- Visceralhöle  in  der  höheren  Wirbelthier- Abtheilung,  und  ist  demnach 
MundhÖle,  oder,  wenn  man  will,  Rachenhöle  zu  nennen.  Die  Schlundbewe- 
gungen beginnen  erst  hinter  der  Kopf- Visceralhöle  in  dem  Pharynx,  Dieser 
Uebergang  des  Kopftheiles  des  vegetativen  Systems  zu  der  Rurapf-Abtheilung 
wird  ganz  passend  bei  den  niederen  Wirbelthieren  durch  das  Analogon  des  drit- 
ten Visceralbogens  der  höheren  Wirbelthiere ,  durch  den  Kiemenbogenträger 
vermittelt,  welcher  bei  den  Fischen  an  seinem  hinteren  Ende  die  Ossa  phßr 
ryngea  entwickelt, 

§.  98.  Interessant  ist  es  zu  beobachten,  wie  bei  den  niederen  Wirbel- 
thieren,  gemäss  der  Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes,  mit  der  Trennung 
der  Visceralhöle  von  der  Geruchhöle  auch  die  Bildung  der  MundölTnung  den 
Bestandtheilen  des  Gesichtes  sensu  strictiori  allmählig  entzogen,  und  von  der 
Visceralhöle  des  Kopfes  allein  übernommen  wird.  Bei  den  ungeschwänzten 
Batrychiern  ist  dieses  noch  wenig  zu  bemerken,  und  ihre  Larven -Metamor- 
phose bringt  sie  sogar  in  dieser  Hinsicht  den  höheren  Wirbelthieren  näher; 
sie  erhalten  ein  Gaumen-  und  Flilgelbein.  Bei  den  geschwänzten  Batrachiern 
sehen  wir  diese  Erscheinung  schon  deutlicher,  doch  trägt  der  obere  Kiefer- 
Apparat  noch  immer  zur  Mundbildung  bei.  Bei  den  Fischen  nimmt  der  obere 
Kiefer  schon  nicht  mehr  Antheil  an  der  Formirung  der  IMundöffnung,  IVur 
der  obere  Zwischenkiefer  tritt  noch  als  obere  jMund-Begrenzung  auf  (Aal, 
Silurus).    Bei  den  Knorpelfischen  ist  es  sehr  fraglich,  ja  ich  glaube  sogar. 


232 


dass  hier  hirgend  mehr  die  Bildunffstheile  der  Geruchhölen  an  der  For- 
mirung  der  Mundöffnung  Theil  haben.  Indessen  bleibt  die  Entwickehmgs- 
geschichte  noch  immer  die  Richterin  Uber  die  eben  ausgesprochene  Ansicht. 

§.  99.  Auch  die  Theilnahme  der  unteren  Nasenhölenwand  an  der  obe- 
ren Decke  für  die  Kopf-Visceralhöle  nimmt  in  gleichem  Grade  ab.  Bei  den 
nackten  Amphibien  schliesst  sich  noch  die  untere  Nasenhölen  -  Wand,  von 
der  Gesichtsbasis ,  den  oberen  Kiefern ,  Zwischenkiefern  etc.  gebildet ,  an  die  ei- 
gentliche obere  Decke  der  Kopf-Visceralhöle,  an  die  Schädelbasis,  an;  alle 
diese  T heile  zusammen  bilden  also  gewisserraaassen  die  Gaumendecke 
der  niederen  Wirbelthiere.  Bei  den  Gräthen  -  Fischen  verbleibt  nur  noch 
die  Gesichtsbasis  (Vomer)  mit  den  Wirbelkörpern  des  Schädels  in  die- 
ser Funktion,  und  die  oberen  Kiefer  und  Zwischenkiefer  liegen  vielmehr  zur 
Seite.  Bei  den  Knorpelfischen  (Stör)  steht  wiederum  die  Frage,  ob  die  här- 
teren, wenig  mit  dem  Schädel  zusammenhangenden  Gaumenplatten  nicht 
vielmehr  Gebilde  des  Schleimblattes  sind,  als  Knochenstücke  der  unteren  Nai- 
senhölen- Wand.  Durch  die  Beobachtung,  dass  bei  den  jungen  Tritonen  und 
auch  bei  den  Froschlarven  sich  wirklich  härtere  Skelettheile  aus  dem  Schleim- 
blatt bilden,  und  für  die  noch  nicht  vollkommen  entwickelte  untere  Nasenhö- 
len-Wand  vikariirend  fungiren,  kann  die  obige  Annahme  nicht  mehr  so 
befremden. 

Die  Veränderungen  der  Visceralhöle  des  Kopfes  bei  den  niederen  Wirbelthieren. 

Wir  theilen  die  niederen  Wirbelthiere  gemäss  ihrer  AusbihUing  der 
Kopf-Visceralhöle  in  zwei  Haupt- Abtheilungen:  in  die  ungeschwänzten  Ba- 
trachier,  und  in  die  geschwänzten  ßatrachicr  sammt  den  Fischen. 

Die  Andeutungen  dieses  verschiedenen  Verhaltens  der  Visceralhöle 
des  Kopfes  werden  schon  früh  bemerkbar,  daher  wir  Manches ,  was  noch  zur 
typischen  Konformation  gehört,  unter  vorliegende  Rubrik  bringen  müssen, 

Die  Frösche. 

§.  100.  Die  Frösche  sind  diejenigen  Thiere ,  welche  in  der  Entwicke- 
lung  ihrer  Kopf-Visceralhöle  den  so  höchst  interessanten  und  merkwürdigen 
Uebergang  der  niederen  Wirbelthier- Abtheilung  zu  der  höheren  bilden ,  und 
diesen  Stand  ihrer  eigenthümiichen  Larven  -  Metamorphose  verdanken.  Wir 


233 


wollen  hier  nur  die  Hauptpunkte  dieser  Eigentluimlichkeit  der  Frösche  an- 
führen, da  im  ersten  Theile  die  genaueren  Details  abgehandelt  sind, 

Begilnstigt  von  der  noch  geringen  Ausbildung  des  Auges,  und  zum  Thcil 
auch  von  der  gleich  anfangs  freier  von  dem  Eiweisskörper  sich  erhebenden 
Riickenplatte ,  dehnt  sich  der  Visceralstreifen  des  Kopfes,  wie  bei  den  höhe- 
ren Wirbelthieren,  bis  zu  dem  vorderen  Ende  des  ersten  Schädelwirbcls  aus, 
Demgemäss  wächst  auch  der  erste  Visceralfortsatz  mit  einer  oberen  breiteren 
Basis,  welche  sich  mehr  an  dem  vorderen  Ende  des  ersten  Schädelwirbcls 
befindet,  hervor,  und  verbindet  sich  mit  dem  der  anderen  Seite  zu  dem  ersten 
Visceralbogen.  Derselbe  bildet,  wie  bei  allen  übrigen  niederen  Wirbelthieren, 
einen  einfachen  Halbbogen  j  nur  die  Anheftungsstelle  an  den  Schädel  ist  vor- 
gerückt; und  das  ist,  was  die  Visceralhöle  des  Frosches  von  der  der  übrigen 
niederen  Wirbelthiere  ursprünglich  auszeichnet,  und  eine  Abscheidung 
auch  durch  die  späteren  Folgen  nothwendig  macht.  Die  Bildung  des  zweiten 
Yisceralbogens  ist  durchaus  gar  nicht  von  der  der  höheren  und  übrigen 
niederen  Wirbelthieren  abweichend.  Von  den  letzteren  unterscheidet  sich  der 
Frosch  auch  nicht  in  der  Hervorbildung  des  Kiemenbogenträgers. 

Die  ungeschwänzten  Batrachier  durchleben  nur  zwei  Zustände:  zuerst 
eine  Larvenzeit  ,  in  welcher  die  Kopf- Visceralhöle  in  ihrer  Ausbildung  mehr 
den  Typus  der  niederen  Wirbelthiere  darlegt,  und  dann  nach  der  Larven- 
Metamorphose   als  entwickelte  Tliicre  einen  Zustand,  in  welchem  dieselben 
,  dem  Typus  der  höheren  Wirbelthiere  sich  nähern. 

§.  101.  Nach  dem  Typus  der  niederen  Wirbelthiere  verwächst  nun  bei 
der  Forschlarve  die  erste  Visceralspalte  gänzlich ,  und  die  zweite  bildet  sich  zur 
äusseren  Kicmcnspalte  oder  zum  Kiemenloche  um.  In  dem  ersten  Visceralbo- 
gen entwickeln  sich  während  der  Chondrose,  in  welchem  Zustande  die  Larve 
allein  verbleibt,  nur  der  Meckelsche  und  Quadratbein -Knorpel.  Die  unmit- 
telbar an  dem  Schädel  anliegende  Partie  markirt  sich  als  ruhende  Bildungs- 
masse, ohne  Gaumen-  und  Flügelbein  zu  erzeugen.  Das  Vereinigungsstück 
der  Meckelschen  Knorpel  individualisirt  sich,  um  als  uneigentlicher  unterer 
Zwischenkiefer  zu  fungiren,  und  mit  dem  oberen  Zwischenkiefer  allein 
die  Mundbegrenzung  zu  bilden.  Im  zweiten  Visceralbogen  ruhen  anfangs  die 
oberen  Abtheilungen,   und  in  der  unteren  bildet  sich  der  Zungenbeinkörpei 

30 


234 

und  die  Zungenhein  -  Suspcnsoria ,  welche  letztere  die  Membrana  branchiostega 
tragen.  Der  Zungenbeinkörper  steht  in  enger  Verbindung  mit  dem  Kiemen- 
bogenträger  und  unterstützt  jetzt  den  letzteren  in  seiner  Funktion. 

102.  Durch  die  Larven -Metamorphose  machen  die  ungeschwänzten 
h  Batrachier  den  Uebergang  zu  den  höheren  Wirbelthieren.  Es  erzeugen  sieb 
in  der  ruhenden  Bildungsmasse  des  ersten  Visceralbogens  das  Gaumen-  und 
Fliigelbein,  welche  beide  nach  und  nach  durch  den  eigenthUmlichen  und  merk- 
würdigen Rückzug  des  Quadratbeinknorpels  auch  eine  ähnliche  Lage,  wie  die 
gleichbenannten  Knochen  der  höheren  Wirbelthiere ,  erhalten  j  obschon  der 
ganze  erste Visceralbogen  ursprünglich  einen  geraden  nach  unten  ver- 
laufenden Halbbogen  bildet.  Die  obere  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbo- 
gens verschwindet  entweder  ganz  (Bufo  igneus),  oder  entwickelt,  analog  dem 
Steigbügel  und  der  Columella  der  höheren  Wirbelthiere,  Gehörknöchelchen. 
Die  Zungenbein -Suspensoria  treten,  sich  an  den  Schädel  befestigend,  in  ihre 
eigentliche  Funktion  ein.  Dies  thut  auch  der  Zungenbeinkörper  und  wird 
darin  von  dem  Kiemenbogenträger  unterstützt.  Während  ein  äusseres  Ohr 
und  ein  äusserer  Gehörgang  in  der  niederen  Wirbelthier- Abtheilung  niclit 
mehr  auftritt,  so  entwickelt  sich  bei  den  Fröschen  dennoch  aus  der  zwei- 
ten Visceralspalte  öfters  eine  Eustachische  Trompete,  zuweilen  auch  eine 
TrommelhÖle. 

Die  Bildung  des  Kopfgürtels  an  der  äusseren  Fläche  des  ersten  Visce- 
ralbogens (Quadratbein-  und  Meckelscher  Knorpel)  geht  in  gleicher  Weise, 
wie  bei  den  liöheren  und  übrigen  niederen  Wirbelthieren,  vor  sich.  Nur 
sind  die  ungeschwänzten  Batrachier,  ausser  den  niederen  Knorpelfischen,  viel- 
leicht die  einzigen  Thiere,  welche  ganz  evident  keinen  eigentlichen  unte- 
ren Zwischenkiefer  besitzen.  Die  frühe  Individualisation  des  uneigentli- 
chen unteren  Zwischenkiefers  der  Larve  scheint  der  Grund  hievon  zu  sein. 

Die  geschwänzten  Batrachier  und  Fische. 
§.  103.  Die  geschwänzten  Batrachier  und  Fische  geben  uns  das  reinere 
Bild  des  ursprünglichen  Verhaltens  der  Kopf  -  Visceralhöle  bei  den  niederen 
Wirbelthieren.  Ihr  erster  Visceralbogen  ist  mit  der  gerade  nach  unten  ver- 
laufenden Partie  des  ersten  Visceralbogens  der  höheren  Wirbelthiere  zu  ver- 
gleichen, und  hat  auch,  wie  jene,  ihre  Anheftungsstelle  an  dem  hinteren 


235 


Ende  des  ersten  und  grössten  Scliädelwirbels.  Der  zweite  Visceralbogen  un- 
tersclieidet  sich  in  der  ersten  Anlage  von  dem  gleichen  der  höheren  Wirbel- 
thiere  gar  nicht.  Statt  des  dritten  aber  haben  Avir  bei  den  niederen  Wirbel- 
thieren  den  Kiemenbogenträger. 

§.  104.  Es  ist  nun  bei  der  Individualisation  und  den  dadurch  hervor- 
tretenden Veränderungen  der  Kopf-Visceralhöle  zu  bemerken,  dass  bei  den 
genannten  niederen  Wirbelthieren  das  Gehörorgan  seinen  Einfluss  auf  dieselbe 
mehr  oder  weniger  verliert.  Auch  die  Zunge  tritt  nur  noch  bei  den  ge- 
schwänzten Batrachiern  hervor.  Dagegen  ist  den  niederen  Wirbelthieren  der 
Kiemen-Apparat  eigenthümlich  und  von  der  grössten  Wichtigkeit  für  die 
Kopf-Visceralhöle.  Die  Formirung  der  Mundöffnung  durch  den  ersten  Visceral- 
bogen ist  allen  Wirbelthieren  gemein,  die  Ausbildungsweise  jedoch  verschieden. 

§.  105.  Diesem  gemäss  schliesst  sich  die  erste  Visceralspalte  vollstän- 
dig, die  zweite  dagegen  verwandelt  sich  in  die  Kiemenspalte,  in  welcher  die 
Kiemenbogen  gelagert  sind,  und  durch  ein  von  der  äusseren  Fläche  des 
zweiten  Visceralbogens  sich  entwickelndes  Gebilde  (Membrana  branchiosie^a, 
operculum  branchiarum)  geschützt  werden.  Bei  den  Fischen  ist  dieser  Zustand 
bleibend.  Bei  mehren  geschwänzten  Batrachiern  (Tritonen,  Salamander  etc.) 
schwindet  im  entwickelten  Thiere  der  Kiemen- Apparat,  die  Athmung  ge- 
schieht nur  durch  Lungen,  es  schliesst  sich  die  Kiemenspalte,  die  Membrana 
branchiostega  verwächst  mit  der  Visceralplatte  des  Rumpfes,  und  die  sich 
entwickelnde  Zunge  gebietet  über  die  Veränderungen  der  Visceralliöle  des 
Kopfes,  Bei  Proteus  etc.  bestehen  neben  den  Lungen  «och  mehr  oder  we- 
niger die  Kiemen.  Hier  schliesst  sich  die  Kiemenspalte  auch  weniger  voll- 
ständig, und  die  Zunge  ist  kaum  als  Anlage  vorzufinden. 

§.  106.  Nach  diesen  Verhältnissen  richtet  sich  nun  auch  die  Ausbil- 
dung der  Skelettheile.  Der  erste  Visceralbogen  der  niederen  Wirbelthiere 
gleicht  der  gerade  heruntersteigenden  Partie  desselben  bei  den  höheren. 
Daher  zerfallen  die  Hartgebilde  auch  jederseits  nur  in  zwei  Haupt- Abthei- 
lungen. Die  dem  Schädel  anliegende,  knorplige  obere  Abtheilung  entspricht 
dem  Quadratbein,  die  untere  dem  Meckelschen  Knorpel.  Die  genetische  Be- 
deutung sowohl,  als  die  Lage  und  Funktion  dieser  Knorpel  stimmt  ganz  mit 
den  gleichnamigen  TJieilen  bei  den  höheren  Wirbelthieren  überein.    Nur  die 

30* 


236 


bewegliche  Anheftung  des  Quadratbeines  an  den  Schädel  der  Fische  ist 
nicht  an  das  Ohr- Labyrinth ,  welches  innerhalb  des  Schädels  verbleibt,  son- 
dern da,  wo  das  obere  Schlussstück  (hinteres  Stirnbein  und  die  sogenannte 
Schuppe  des  Schläfenbeines)  und  die  Seitentheile  des  zweiten  Wirbels  der 
Schädelhöle  zusammentreffen. 

Es  entwickeln  sich  auch  in  gleicher  Weise  Aussengebilde;  an  dem 
Quadratbein -Knorpel  das  Os  ti/fnpanicum ,  an  dem  Meckelschen  der  untere 
Kiefer  und  Zwischenkiefer.  Diese  Belege -Knochen  beobachten  auch  dasselbe 
Verhalten  zu  ihren  knorpligen  Grundlagen,  wie  bei  der  höheren  Wirbel- 
thier -  Abtheilung.  Sie  bilden  d-en  Kopfgürtel  des  ersten  Visceralbogens ,  und 
das  Paukenbein  befestigt  und  unterstützt  das  Quadratbein.  Die  Funktion,  das 
Paukenfell  zu  tragen,  geht  natürlich  verloren.  Dafür  tritt  bei  den  Fischen 
{Praeoperculum^ y  wie  wir  gleich  sehen  werden,  eine  neue  Bestimmung  ein, 
nämlich :  das  Quadratbein  in  der  Befestigung  des  knöchernen  Kiemendeckels 
zu  unterstützen.  Doch  die  Gelenkbildung  mit  dem  Meckelschen  Knorpel 
bleibt  immer  allein  dem  Quadratbein  überlassen. 

Der  untere  Kiefer  und  Zwischenkiefer  bildet  sich  bei  den  niederen 
Wirbelthieren  wiederum  vorzugsweise  aus;  während  der  Meckelsche  Knorpel 
bald  mehr  bald  weniger  reduzirt  wird,  stets  sich  aber  als  Gelenkkopf  des 
unteren  Kiefer- Apparates  erhält  und  so  die  Verbindung  mit  dem  Quadrat- 
bein bewerkstelligt. 

§.  107.  Auch  die  Hartgebilde  des  zweiten  Visceralbogens  zerfallen  im 
knorpligen  Zustande  in  zwei  Abtheilungen.  Die  obere  derselben  schwindet 
bei  dem  Mangel  aller  Gehörknöchelchen  *)  entweder  gänzlich,  oder  sie  erhält 
sich  nur  als  ein  Knorpelstück  (Processus  stijloideus  ossis  hi/oidei  der  Fische), 
welches  die  untere  Abtheilung  des  Quadratbeines  befestigt. 

Die  untere,  knorplige  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens,  wel- 
che, bald  selbstständig,  bald  durch  ein  rudimentäres  Knorpelstück  der  oberen 
an  das  Quadratbein  oder  an  die  Pars  ipetrosa  (Tritonen)   befestigt  Avird, 


*)  Dass  die  sogenannten  Gehörknöchelchen  mehrer  Gräthenfische  der  Genesis  nach 
mit  der  oberen  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  in  Verbindung  stehen,  scheint  mir 
wegen  der  eigenthümtichen  Lage  dieser  Knöchenstückchen  nicht  wahrscheinlich. 


237 


verbindet  sich  auch  hier  durch  ein  gesondertes,  einzelnes  Zwischenstück  mit 
dem  der  anderen  Seite,  und  entspricht  genetisch  dem  vorderen  Hörne  und 
Körper  des  Zungenbeines  der  höheren  Wirbelthiere.  In  dieser  Bedeutung 
sehen  wir  es  bei  den  geschwänzten  Batrachiern  wiederum  vollkommen  da 
eintreten,  wo  die  Kiemenbogen  und  Kiemen  gänzlich  verschwinden.  Es  wird 
.dann  von  dem  rudimentären  Kiemenbogenträger,  ähnlich  einem  hinteren  Horn 
des  Zungenbeines,  in  dieser  Funktion  noch  unterstützt.  Beim  Proteus,  wo 
die  Kiemenbogen  und  Kiemen  niclit  vollständig  reduzirt  Averden,  die  Lungen- 
Atliraung  nebenbei  besteht,  und  die  Zunge  äusserst  wenig  entwickelt  ist, 
beobachtet  man  auch  keine  entschiedene  Bedeutung  der  genannten  Ske- 
lettlicile.  Bei  den  Fischen  dagegen  verbleiben  Kiemen  und  Kiemenbogen,  und 
die  Zunge  ist  als  nicht  vorhanden  zu  betrachten.  Hier  behält  die  untere 
Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  die  Bedeutung,  welche  sie  bei  den  mit 
Kiemen  versehenen  jungen  Tritonen  hat:  'sie  ist  ein  Suspensorium  des  Kie- 
menbogenträgcrs,  und  somit  der  Kiemenbögen  und  Kiemen  selbst. 

Bei  den  niederen  Wirbelthieren  entwickeln  sich,  wie  an  dem  ersten 
Visceralbogen  bei  allen  Wirbelthieren,  so  auch  hier  an  dem  zweiten  härtere 
Aussenge  bilde,  welche  einen  zweiten  Kopfgiirtel  formiren.  Es  zeigt  sich 
in  der  Kiemcndeckel- Wulst  der  Vögel  schon  ein  Analogon  hievon,  doch  bleibt 
dieselbe  bei  ihnen  nur  von  Wichtigkeit  für  die  Konformation  der  Visceralliöle 
des  Rumpfes.  Bei  den  nackten  Amphibien  haben  wir  in  dem  häutigen  Kie- 
mendeckel (^3Ie7nbrana  braTichiostega)  dieses  in  den  entwickelten  Indivi- 
duen verschwindende  Analogon  in  einer  Bedeutung,  welche  erst  bei  den 
Fischen,  durch  Radä  hranchiostegi  gestützt,  bleibend  wird,  und  selbst  noch 
(kirch  Aussengebilde  an  der  oberen  AbÜieilung  des  zweiten  Visceralbogens 
{Operculum ,  Sub-  und  Inier -Operculum)  sich  vergrössert.  Also  das  Opercu- 
lum,  Sub-  und  Infer- Operculum  sammt  den  Radä  branchlostegi  formiren  bei 
den  Fischen  an  dem  zweiten  Visceralbogen  einen  Kopfgürtel,  wie  das  Pau- 
kenbein (Fraeoperculum)  und  der  untere  Kiefer  und  Zwischenkiefer  an  dem 
ersten  bei  allen  Wirbelthieren. 

§.  108.  Das  Analogon  des  dritten  Visceralbogens  der  höheren  Wirbel- 
thiere, der  Kiemenbogenträger,  variirt  in  seiner  Ausbildung  und  Zusammcn- 
.sctzung.     Immer  aber  steht  er  vorn  in  enger  Verbindung  mit  dem  Zungen- 


238 


beinkorper,  und  Jäuft  nach  hinten,  indem  er  zu  den  Seiten  die  Kiemenbogen 
aufnimmt,  in  den  letzten  uneigentlichen  Kiemenbogen  aus,  an  welchem  sich 
nie  ein  Aortenbogen  befindet.  Ueber  das  Verhalten  des  Kiemenbogenträgers 
und  der  Kiemenbogen  bei  den  nackten  Amphibien  haben  wir  die  näheren 
J3etails  im  ersten  Theile  vorliegender  Schrift  niedergelegt.  Wir  zeigten  da- 
selbst auch,  dass  nach  dem  Hinschwinden  der  Kiemen,  der  Theil,  an  wel- 
chem die  Kiemenbogen  unmittelbar  befestigt  sind,  gleichfalls  mehr  oder  we- 
niger verkümmert,  und  dass  das  übrig  gebliebene  Rudiment  mit  dem  letzten 
uneigentlichen  Kiemenbogen  zur  Assistenz  des  Zungenbeines  erhalten  bliebe. 
Bei  den  Fischen  entwickelt  diese  letzte  analogische  Partie  des  Kiemenbogen- 
trägers das  Os  pharyngeim  inferius.  Sie  erweitert  sich  bei  ilmen  aber  auch 
bis  an  den  Schädel,  und  bildet  dann  die  Ossa  'pharyngea  super  iura,  üebrigens 
greifen  bei  den  Fischen  der  Kiemenbogenträger  und  die  Kiemenbogen  weit 
inniger  in  einander  als  bei  den  nackten  Amphibien,  so  dass  ich  gegenwärtig, 
bei  dem  Mangel  an  Erfahrungen  aus  der  Genesis  dieser  Theile,  genau  die  bei- 
derseitigen Grenzen  zu  bestimmen  nicht  im  Stande  bin.  — 

Zur  Bestätigung  dessen,  was  wir  im  Allgemeinen  über  die  Bildungs- 
Gesetze  und  deren  Veränderungen  an  der  Kopf-Visceralhöle  der  niedern  Wir- 
belthiere  gesagt  haben,  verweisen  wir,  hinsichtlich  der  geschwänzten  Batra- 
chier,  auf  die  Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes  derselben  im  ersten  Theile. 
Zur  Einsicht  in  die  eigenthUmliche  doch  im  Wesentlichen  nicht  abwei- 
chende Ausbildung  des  ersten  und  zweiten  Visceralbogens  der  Fische,  möge 
dem  geneigten  Leser  die  Beschreibung  der  Kopf-Visceralhöle  eines  jungen 
Blennius  mviparus  dienen,  welchen  ich  der  Güte  des  Herrn  Medizinal  -  Rath 
Rathke  verdanke. 

Die  Kopf-Visceralhöle  eines  jungen  Blennius  viviparm.    (Tab.  III.  Fig.  7.  8,) 

%.  109.  Der  erste  Visceralbogen  ist  in  seiner  knorpligen  Beschaffenheit 
vollständig  vorhanden.  Er  zerfällt  jederseits  in  zwei  Haupt- Abtheilungen, 
welche  gelenkig  mit  einander  in  Verbindung  stehen.  Die  obere  Abtheilung 
lässt  jederseits  drei  Stücke  erkennen.  Das  oberste,  beinahe  kreuzförmig,  liegt 
unmittelbar  an  den  Seitenwänden  des  zweiten  Schädelwirbels.  Die  nach 
hinten  hervorstehende  Knorpel -Partie  trägt  das  leicht  kenntliche,  knöcherne 
Operculim.    Sein  unteres  Ende  geht,  mehr  durch  eines  weissliche  Linie  als 


239 


leicht  trennbar  geschieden,  in  das  zweite  Stück  (iber,  welches  von  länglicher 
Form  nach  unten  spitz  ausläuft,  und  an  seinem  oberen  Ende  den  obersten 
Knorpel  des  zweiten  Visceralbogens  trägt.  Auf  diesem  folgt  nun  das  dritte 
Stück,  von  ungefähr  dreieckiger  Form,  welches  leichter  loszutrennen  ist,  mit 
seiner  Basis  einen  Theil  des  zweiten  Stückes  deckt,  an  seiner  Spitze  mit  dem 
noch  häutigen  Bildungsstreifen  des  Oberkiefer  zusammenhangt,  und  dessen 
unterer  Winkel  gelenkig  mit  der  unteren  Abtheilung  in  Verbindung  steht. 
Diese  letztere  wird  nur  aus  einem  Knorpel  gebildet,  welcher  mit  dem  der 
anderen  Seite  den  Schlussbogen  formirt. 

An  der  äusseren  Fläche  befinden  sich,  wie  überall  bei  den  Wirbelthie- 
ren,  die  Belege  -  Knochen ,  welche  den  ersten  Kopfgürtel  bilden.  Mehr  an 
dem  hinteren  Rande  der  ganzen,  knorpligen  oberen  Abtheilung  liegt  ein 
schmales  längliches  Knochenblättchen ,  welches  sich  deutlich  als  Praeopercu- 
lum  manifestirt.  An  der  äusseren  Fläche  der  unteren  Abtheilung  sind  jeder- 
seits  zwei  trennbare  Knochenstücke,  von  denen  das  obere  in  der  Nähe  des 
Gelenkes  liegt  und  kleiner  ist  als  das  untere  zweite,  welches  sich  mit  dem  der 
anderen  Seite  verbindet.  Letzteres  entspricht  wahrscheinlich  dem  unte- 
ren Zwischenkiefer,  wie  das  darüberliegende  den  weniger  ausgebildeten  un- 
teren Kiefer  vorstellt;  jedenfalls  erkennt  man  doch  in  beiden  Knochenstücken 
Theile  des  unteren  Kiefer  -  Apparates  wieder. 

§.  110.  Die  Bedeutung  der  knorpligen  Stücke  des  ersten  Visceralbo- 
gens ist  nicht  schwer  anzugeben.  Die  unteren  Abtheilungen  entsprechen  den 
Meckelschen  Knorpeln  der  übrigen  Wirbelthiere,  welche  gewöhnlich  noch 
im  rudimentären  Zustande  in  der  ünterkieferhöle  bei  den  ausgebildeten  Fi- 
schen vorzufinden  sind,  und  die  nur  als  Gelenkstücke  des  Unterkiefer- Ap- 
parates ossifizirt  werden.  Die  drei  knorpligen  Stücke  der  oberen  Abtheilung 
des  ersten  Visceralbogens  sind  ihrer  Form  nach  offenbar  die  knorpligen  An- 
lagen des  bisher  allein  sogenannten  Quadratbeines,  des  Os  symplecticum  und 
jugale  Cuv.  der  Gräthenfische,  welche  später  sehr  innig  unter  einander  ver- 
wachsen. Von  der  genetischen  Seite  erwogen  entsprechen  sämmtliche  drei  Kno- 
chenstücke nur  dem  einfachen  Quadrath  eine  der  übrigen  Wirbelthiere. 
Denn  überall  trägt  das  Quadratbein  gelenkig  den  Meckelschen  Knorpel,  und 
befestigt  diesen  sammt  dem  unteren  Kiefer  und  Zwischenkiefer  an  den  Schädel; 


240 


überall  entsteht  er  aus  der  gerade  verlaufenden  oberen  Abtheiliing  des  ersten 
Visceraibogens.  Dass  dieselbe  bei  den  Fisclien  vielleicht  zum  Theil  Avegen 
der  Grösse  und  wegen  der  mannigfachen  Verbindungen  mit  anderen  Theilen 
in  einzelne  StUckc  zerfällt,  darf  meines  Erachtens  dem  durchgreifenden  Ge- 
setze keinen  Eintrag  thun.  Herr  Professor  Müller  hat  in  seinem  Werke  „die 
vergleichende  Anatomie  der  Myxinoiden  etc."  die  lebenslänglich  mehr  getrennt 
verbleibenden  drei  Knorpel  des  Störes,  durch  welche  der  Unterkiefer  an  den  . 
Schädel  befestigt  wird,  gleichfalls  schon  gemeinschaftlich  zum  Quadratbein 
gerechnet.  Bei  Sqiialus  finde  icJi  nur  ein  Knorpelstück ,  welches  den  Unter- 
kiefer-Apparat mit  dem  Schädel  verbindet.  ~ 

Der  Belege-Knochen  des  Quadratbeines  der  Fisclie  ist  das  Praeoperculumy 
welches  demgemäss  mit  dem  Paukenbeine  der  übrigen  Wirbelthiere  vergli- 
chen werden  muss.  Ein  Paukenfell  finden  wir  bei  den  niederen  Wirbelthie- 
ren  nicht  vor.  Mit  dem  Auftreten  des  Kiemendeckels  bei  den  Gräthenfischen 
erlangt  das  Quadratbein  auch  die  Funktion,  denselben  zu  stützen,  und  sein 
Belege  -  Knochen  zeigt  sich  hier  wiederum,  wie  in  der  höheren  Wirbelthier- 
Abtheilung  beim  Paukenfell,  als  ein  assistirendes  Knochenstück.  Das  Opercu- 
lum  wird  immer  vom  Quadratbein  unmittelbar  getragen;  das  Inter - opercuhm 
wird  noch  durch  das  Praeoperculum  unterstützt. 

§.  III.  Das  Quadratbein  der  Gräthenfische  besteht  demnach  gene- 
tisch aus  drei  Knochen,  von  welchen  die  beiden  oberen,  das  bisher  soge- 
nannte Quadratbein  und  das  Symplecticim  Cuv.^  inniger  mit  einander  ver- 
bunden sind,  und  die  Befestigung  des  ersten  Visceraibogens  an  den  Schädel 
bewerkstelligen.  Der  dritte,  mehr  isolirt  dastehende  Knochen  ist  das  soge- 
nannte Jochbein  {Jugale  Cuv.) ,  welches  die  Gelenkbildung  mit  dem  Meckel- 
schen  Knorpel  (  Unterkiefer- Apparat)  und  die  Verbindung  mit  dem  Oberkie- 
fer übernimmt.  Das  an  der  äusseren  Fläche  befindliche  Praeoperculum  (Os 
iijr/ipanicum)  befestigt  gleichzeitig  die  beiden  mehr  getrennten  Abtbeilungen 
des  ganzen  Quadratbeines ,  welche  auch  schon  durch  die  Ueberhand  neh- 
mende Ossifikation  inniger  vereinigt  werden.  Nur  diejenige  Partie  des  Os 
symplecticum  Cuvier  ^  welche  an  dem  hinteren  Rande  den  Processus  styloideus 
des  Zungenbein-Suspensoriums  aufnimmt,  habe  ich  bei  meinen  Untersuchun- 
gen stets  knorplig  vorgefunden. 


241 


§.  112.  Die  Knorpelmasse  des  zweiten  Visceralbogens  ist  an  dem  jun- 
gen Blennius  viviparus  nicht  mehr  vollständig  vorzufinden.  Sie  besteht  aus 
einem  Mittelstücke  und  jederseits  zwei  Seitentheilen.  Das  Mittelstück  ist 
schon  etwas  verknöchert,  und  hangt  nach  hinten  mit  dem  Kiemenbogenträger 
zusammen.  Von  den  beiden  Seitentheilen  jederseits  trägt  das  längere  untere 
die  knöchernen  Radii  branchiostegi ,  das  obere  kürzere  verbindet  sich  mit 
dem  Knorpel  des  Os  symplecticum  Cuv. ;  die  Verbindung  mit  dem  Schädel  ist 
bereits  verschwunden. 

Eine  Vergleichung  mit  dem  entwickelten  Zustande  der  Gräthenfische 
ergiebt  alsbald,  dass  wir  es  hier  mit  dem  Zungenbeinkörper,  mit  dem  Zun- 
genbein-Suspensorium und  dem  Processus  siyloideus  desselben  zu  thun  haben. 
Nun  gehört  das  Suspensorium  und  der  Körper  des  Zungenbeines  im  ganzen 
Wirbelthier -Reiche  stets  der  unteren  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens 
an.  Der  Processus  styloideus  ist  demgemäss  das  zurückgebliebene  Rudiment 
der  oberen  Abtheilung  desselben,  welche  bei  den  geschwänzten  Batrachiein 
ganz  verschwindet,  bei  den  ungeschwänzten  und  bei  den  höheren  Wirbel- 
thieren  zu  dem  wesentlichsten  Bewegungs- Gehörknöchelchen  (Stapes,  colu- 
mella)  sich  verwandelt.  Bei  den  Gräthenfischen  hat  dieses  Rudiment  nur  die 
Befestigung  des  Suspensoriums  an  das  Os  symplecticum  Cuv. 

5.  113.  Ausser  den  genannten  Knorpelstücken  beiinden  sich  an  dem 
zweiten  Visceralbogen  auch  noch  knöcherne  Gebilde.  In  dem  häutigen  Kie- 
mendeckel haben  sich  die  Radii  branchiostegi  gebildet,  welche  an  der  äusse- 
ren Fläche  des  hinteren  Randes  am  Suspensorium  befestigt  sind.  Der  hau- 
tige Kiemendeckel  erweitert  sich  nach  oben  bis  zum  Schädel ,  und  in  dieser 
Partie  haben  sich  grössere  Knochenstttcke  erzeugt,  das  Operculum,  Suh-  und 
Inter  -  Opercidum ,  welche  den  knöchernen  Kiemendeckel  zusammensetzen. 
Schiiesst  man  von  der  Genesis  des  häutigen  Kiemendeckels  der  nackten  Amphi- 
bien auf  den  knöchernen  der  Fische  zurück,  so  muss  man  den  letzteren  gleichfalls 
als  ein  Aussengebilde  (Gürtelbogen)  des  zweiten  Visceralbogens  betrachten. 
Derselbe  ist  hier  nur  erweitert,  und  hat  knöcherne  Gebilde  in  sich  erzeugt. 
Während  demnach  die  obere,  knorplige  Abtheilung  des  zweiten  Visceralbo- 
gens zum  grössten  Theile  verkümmert,  bilden  sich  um  so  kräftiger  ihre  Be- 
lege-Knochenaus, und  stellen  jenen  den  Fischen  ganz  eigenthümlichen  Kieraen- 
deckel  dar.    Die  Radii  branchiostegi  und  das  Oofra/'i/m  branchiorum  bilden 

31 


242 


auf  diese  Weise  am  zweiten  Visceralbogen  einen  Gürtel,  wie  das  Paukenbeiß 
( Praeoperculum )  und  der  untere  Kiefer  und  Zwischenkiefer  an  dem  ersten. 

Die  gegenseitigen  ünterstütz-ungen  des  Quadratbeines  mit  dem  iVae- 
operculum  und  des  knöchernem  Kiemendeckels  darf  una  nicht  befremden.  Es 
ist  nur  unter  anderen  Verhältnissen  eine  Wiederholung  von  Erscheinungen,; 
welche  wir  auch  bei  den  höheren  Wirbelthieren  zwischen  den  oberen  Ab- 
theilungen der  beiden  ersten  Visceralbogen  samtnt  ihren  AussengebiUlen 
beobachten.  In  der  höheren  Wirbelthier -Abtheilung  und  h.^i  den  Fröschen 
ist  es  das  Gehör -Organ,  welchem  sich  die  genannten  Theile  gemeinschaft- 
lich akkomodiren.  Bei  den  Fischen  entscheidet  statt  des  Gehör -Organes, 
welches  innerbalb  der  SchädelhÖ]e  verbleibt,  die  eigenthümliche  Aashildung 
des  Athmungs-Organes,  das  auch  durch  die  Entwickehing  der  zweiten  Vis- 
ceralspalte  zur  äusseren  Kiemenspalte  seinen  Einfluss  bewährt  hat.  —  Die^ 
Befestigung  der  Aussengebilde  des  zweiten  Viseeralbogens  durch  die  obere 
Abtheikmg  (Quadratbein  mit  dem  Os  ti/mpanicum)  des  ersten  zeigte  sich  auch 
schon  bei  den  jungen  Tritonen  dadurch,  dass  die  Ansatzstellen  des  strahl  igen 
Muskels  am  häutigen  Kiemendeckel  oberhalb  auf  das  Quadratbein  und  die- 
Pars  petrosa  etc.  übergingen.    (Siehe  die  Entwickelungsgeschichte, ) 

Kapitel  ¥111. 

Das  Gesicht  der  niederen  Wirbelthiere. 
Die  typische  Konformation. 

5.  114.  Bei  den  niederen  Wirbelthieren  liehrt  die  Konformation  des 
Gesichtes  melir  und  mehr  in  das  ursprüngliche,  genetische  Verhalten  zurück^ 
und  scheint  sogar,  wie  die  sekundären  Bildungen  des  Wirbelsystems  über- 
haupt, bei  den  niedrigsten  Knorpelfischen  gar  nicht  zur  Entwickelung  zu 
kommen.  Wir  fahrten  schon  bei  dej;  Darstellung  des  Gesichtes  der  höheren 
Wirbelthiere  an,  dass  eine  unbefangene  Betrachtung  der  Kopf- Entwickelung 
der  Wirbelthiere  zu  einem  Resultat  gelangt,  nach  wekhem  das  Gesicht  der- 
selben sich  ursprünglich  nur  als  ein  V^rbindungstlieil  beifler  Röhren  des  Kopf- 
Wirbelsystems  offenbart  j  dass  diesemgemäss  von  der  oberen  Röhre  die  vorderen 
Stirn  -  oder  JNasenfortsätze ,  von  der  unteren  die  Oberkiefer  entwachsen,  vor 
dem  ersten  Schädelbogen  auf  der  verlängerten  Schädel-  oder  der  Gesichts -Ba- 
si&  sich  vereinigen,  und  in  ihrer  Vereiiiigung  durch  den  ol>eren  Zwischenkiefer 


243 


«vervollständigt  werden.  Auf  diese  Weise  wird  eine  Stätte  konstituirt,  in 
Welcher  der  Geruchsinft,  als  Haüptleiter  für  die  HerbeischafFung  der  Nah- 
rungsstoffe,  in  Wirksamkeit  treten  kann  ,  und  die  ursprünglich  das  Antlitz  des 
Thieres  bildet.  Zur  Assistenz  der  genannten  Gesichts-Bestandtheile  sehen  wir  bei 
den  höheren  Wirbelthieren  stets  noch  den  Thränenbein- Fortsatz  sich  entwickeln, 

§,  115.  Dieses  Gesicht  in  seiner  ursprünglichen  Form,  nur  für  die 
Wirkungsstätte  des  Geruchsinnes  bestimmt,  hat  bei  den  höheren  Wirbelthieren, 
von  seiner  eigenthümlichen  Lage  begünstigt,  nicht  allein  einen  Antheil  an  der 
Bildung  der  Mundöffnung  und  der  vorderen  oberen  Decke  der  Kopf-Visceral- 
iiölej  sondern  es  wird  aucli  in  Folge  der  Gesichts -Kopf  beuge  der  ganze  erste 
Kopf- Wirbel  mit  dem  ursprünglichen  Gesichte  in  enge  Verbindung  gebracht. 
Das  Auge,  ja  selbst  bei  den  Säugetliieren  das  Ohr  und  eine  mehr  isolirte 
IMundhöIe  vereinigen  sich  mit  den  Geruchhölen  zu  einem  Gesicht  und  Ant- 
litze im  weiteren  Sinne. 

§.  116.  Den  niederen  Wirbelthieren  fehlt  die  Gesichts -Kopf  beuge,  und 
der  erste  Kopfwirbel  schliesst  sich  unmittelbar  an  den  zweiten  und  nicht  an 
.<Tie  Geruchhölen  an.  Bei  den  nackten  Amphibien  helfen  die  Bestandtheile  des 
Gesichtes  sens,  stricf,  noch  die  obere  Mundbegrenzung  (oberer  Kiefer  und 
Zwischenkiefer)  formiren,  und  die  untere  Nasenhölen-Waiid  di^nt  als  vor- 
dere, obere  Decke  der  Kopf- Visceralhöle,  Die  ungeschwänzten  Batrachicr 
schliessen  sich  sogar  durch  die  Entwickelung  eines  analogischen  Gaumen-  und 
Flügelbeines  näher  an  die  höheren  Wirbelthiere  an.  Bei  den  Fischen  dage- 
gen erlangt  die  Isolirung  des  Gesichtes  im  engeren  Sinne  ilire  grösste  Ausprä- 
gung. Der  Zusammenhang  n?it  der  Mundhöle  durch  die  inneren  NasenöfFnun- 
gen  hört  auf,  die  Formirung  der  oberen  Mundbegrenzung  durch  den  oberen 
Kiefer- Apparat  fällt  schon  bei  den  Gräthenfischen,  Avie  wir  später  zeige» 
werden,  meistens  weg,  und  die  Theilnahnie  der  unteren  Nasenhölenwand 
an  der  oberen  Decke  der  Kopf- Visceralhöle  scheint  unserer  Ansicht  nach  bei 
den  Knorpelfischen  nicht  mehr  vorhanden  zu  sein.  In  demselben  Grade  wie 
die  Gemeinschaft  der  Bildungsbestandtheile  der  Geruch -Werkstätte  mit  der 
Kopf- Visceralhöle  abnimmt,  in  gleicher  Weise  sehen  wir  auch  die  Bildung 
des  Antlitzes  nach  und  nach  nur  auf  das  Gesicht  in  seiner  ursprünglichen 
Form,  auf  die  Wirkungsstätten  des  Geruchsinnes  (Schnautze),  beschränkt. 

31 


244 

DieVeränderungen. 

§.  117.  Die  Lage  und  Funktion  der  eigentlichen  Gesichtsbestandtheile 
gemäss  der  Genesis  ist  bei  den  niederen  Wirbelthieren  im  Wesentlichen  gar  nicht 
abweichend,  daher  wir  den  geneigten  Leser  auf  das  früher  Gesagte  verweisen. 

In  Betreff  der  Veränderungen  ist  zu  bemerken,  dass  hier  natürlich 
nicht  mehr,  wie  bei  den  hölieren  Wirbelthieren,  das  Auge  und  Ohr  zur 
Sprache  kommt,  da  wir  nur  den  Geruchsinn  im  Gesichte  haben.  Auch  ist 
der  Einfluss  der  Fresswerkzeuge  an  der  MundöfFnung  bei  der  immer  sichtba- 
rer werdenden  Isolirung  der  Mundhöle  von  der  Nasenhöle  nicht  mehr  in  An- 
schlag zu  bringen,  — 

§.  118.  Die  Eigenthümlichkeiten  des  Gesichtes  der  nackten  Amphibien  sind 
im  ersten  Theile  näher  erörtert,  und  wir  vermeiden  hier  die  Wiederholungen. 

Im  Allgemeinen  heben  wir  hervor,  dass  das  Gesicht  der  unge- 
schwänzten Batrachier  durch  die  Theilnahme  ihres  Gaumenbeines  an  der 
Bildung  der  inneren  NasenölFnung  eine  charakteristische  Auszeichnung  erhält; 
dass  ferner  zuweilen  {Rana  temporaria,  fusca  etc.)  an  der  unteren  Nasenliö- 
lenwand  jederseits  sich  ein  accessorischer,  ihnen  eigenthümlicher  unterer  Na- 
sen-Knochen entwickelt,  mit  Zähnchen  bewaffnet  und  mit  Unrecht  der 
Vomer  der  Frösche  genannt  worden  ist;  dass  endlich  die  Thränenbeinchen 
in  ihrem  Gesichte  sich  nicht  hervorbilden.  Auch  ist  bei  den  Fröschen  ge- 
meinhin der  Oberkiefer  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  knöchern,  so  zwar^ 
dass  wiederum  die  hintere  Abtheilung,  wie  bei  den  höheren  Wirbelthieren, 
gesondert  erscheint  ,  und  unter  dem  JXamen  Quadratliieferbein,  Jugale  Cuv  e^c. 
bekannt  ist 

%.  119.  Bei  den  geschwänzten  Batrachiern  tritt  das  Thränenbeinchen^ 
wie  wir  dieses  bei  dem  Triton  gezeigt  haben,  noch  einmal  wieder  hervor, 
um  dann  bei  den  Fischen  nicht  mehr  sichtbar  zu  werden.  Charakteristisch 

*)  Ant.  Duges  zeicünet  in  dem  früher  angeführten  Werlte  ein  Nasenbein,  welches, 
von  dem  unsrigen  verschieden  da,  wo  unser  Geruchlabyrinth  liegt,  zu  finden  ist.  Es  wäre 
möglich,  dass  das  Geruchlabyrinth  bei  alten  Fröschen  stellenweise  ossifizirt  -würde.  Ich 
habe  indessen  weder  dieses,  noch  weniger  aber  ein  anderes  Knochenstöck,  als  den  schon 
früher  genannten,  herauspräpariren  können.  Sollte  aber  wirklich  bei  einigen  Fröschen 
sieh  noch  ein  accidenteller  Knochen  im  G&sichte  vorfinden,  so  Avürde  ei*  wenigstens  nie- 
mals eia.  Nasenbein  sein  können«. 


245 


jedoch  für  das  Gesicht  der  geschwänzten  Batracliier  ist,  dass  der  Oberkiefer, 
bei  dem  Mangel  von  einem  Gaumen-  und  Fliigelbein,  noch  zum  letzten  Male 
im  Wirbelthierreiche  die  Formirung  der  oberen  Mundbegrenzung  mit  dem 
oberen  Zwischenkiefer  übernimmt,  während  bei  den  Fischen  dieses  nur  noch 
der  obere  Zwischenkiefer  zuweilen  thut.  Die  hintere  Abtheilung  des  obe- 
ren Kiefers  ist  gewöhnlich  häutig -fasrig,  und  wird  in  der  hinteren  Mundbe- 
grenzuiig  öfters  durch  ein  Rudiment  vom  oberen  Zahngeriiste  der  Schleimhaut 
(sog.  FJügelbcia)  unterstützt.  —  BemerkensAverth  ist  noch,  dass  auch  bei 
den  geschwänzten  Batrachiern  Abweichungen  in  der  Formirung  der  unteren 
Nasenhölenwand  vorkommen,  indem  bei  den  Tritonen  ein  horizontaler 
Fortsatz  von  den  ersten  Seitentheilen  des  Schädels,  als  sogenanntes  Pflug- 
schaarbein dieser  Thiere,  daran  An theil  nimmt.  Beim  Proteus  unterstützt  das 
obere  Zahngerüste  der  Schleimhaut  ziemlich  fest  anliegend  einen  Theil  der 
unteren  Nasenhölenwand. 

Das  Gesicht  der  Gräthenfisch e. 

§.  120.  Bei  dem  Mangel  an  Erfahrungen  aus  der  Entwickelungsge- 
schichte,  wollen  wir  unsere  Deutung  des  Gesichtes  der  Fische  nur  insoweit 
als  richtig  anerkannt  wissen,  als  die  Genesis  des  Gesichtes  der  übrigen  Wir- 
beithicre  und  namentlich  der  Tritonen  auf  eine  analogisciie  Entwickelung 
schlicssen  lässt.  Wiewohl  das  Gesicht  der  Gräthenfische  höchst  mannigfaltig 
in  seiner  äusseren  Form  sich  darstellt,  so  hoffe  ich  dennoch  durch  die  gene- 
tische Konstruktion  der  Grundbestandtheile  eines  einzigen  Fisch-Gesichtes  die 
Einsicht  in  alle  übrigen  zu  eröffnen.  Zu  diesem  Modell,  an  Avelchem  ich  die 
Gesichtsformation  der  Gräthenfische  dem  geneigten  Leser  zu  dcmonstriren  ge- 
denke, soll  mir  der  Hechtkopf  dienen.  Man  wähle  zu  den  Untersuchungen 
wiederum  jüngere  Individuen,  und  koche  sie  leicht  auf,  damit  der  Zusam- 
menhang der  Theile  nicht  zerstört  wefde. 

Alsdann  entfernt  man  von  den  eigentljclten  Gesichtsknochen  diejenige» 
knöchernen  Theile,  welche y  wie  die  sogenannten  Stirn-  und  Scheitelbeine^ 
dem  Hautskelct  zugehören.  Man  hat  die  in  der  Mitte  über  dem  sogenannten 
Os  ethmaideum  (hier  knorplig)  gelegenen  zwei  Schilder,  welche  sich  an  die 
Stirnbcinschilder  anscl>liessen,  zu  den  Nasenbeinen  gerechnet.  Auch  befindet 
sisli  an  dem  äusseren  Kaude  der  letztgenannten  Theile  nocli  jedcrseits  ein 
kleineres  Knochenstück ,  i^'elehes  man,  wie  ich  vermutlie,  Os  margmale  tias't 


246 


genannt  hat.  Ferner  erstreckt  sich  die  vordere  von  den  Infraorbital -Schuppeft 
am  äusseren  Rande  der  Nasengruben  zum  Gesichte  hin.  Endlich  sieht  maiji 
beim  Hecht  noch  eine  Schuppe  an  der  unteren  Extremität  des  sogenaijnte^ 
oberen  Kiefers. 

Durch  die  Entfernung  dieser  knöchernen  Theile  ist  die  typische  Kon- 
formation des  Gesichtes  nicht  im  Mindesten  beeinträchtigt;  es  sind  die  Nasen- 
gruben unversehrt,  und  die  Theilnahme  der  Gesichtsknochen  an  der  Visce- 
ralhöle  des  Kopfes,  insoweit  sie  bei  den  Fischen  möglich  ist,  besteht  ganz, 
als  wäre  mit  dem  Gesichte  Nichts  vorgenommen.  Und  dennoch  sollen  wir  Na- 
senbeine, Thränenbeine  etc.  entfernt  haben!  Wir  wollen  auf  weitere  Erör- 
terungen  nicht  eingehen,  zumal  sie  aus  den  Vorangegangenen  leicht  zu  entr 
nehmen  sind.  Wir  können  hier  nur  mutatis  mutandis  wiederholen,  was  wir 
bei  der  Beschreibung  der  Schädeldecke  der  Gräthenfische  erwähnt  haben. 
Also  Alles,  was  wir  bis  jetzt  von  dem  Gesichte  des  Hechtkopfes  losgelöset 
haben,  gehört,  wie  die  Stirn-  und  Scheitel  -  Schuppe  und  der  Infraorbital- 
Ring;  zum  Hautskelete. 

§.  121.  Indem  wir  nun  zu  den  typischen  Gesichts-Bestandtheilen  über- 
gehen, treffen  wir  zunächst  in  der  Mitte  auf  eine  Knorpelmasse,  welche  sich 
als  eine  unmittelbare  Fortsetzung  der  knorpligen  Stirnwand  darstellt.  Sie 
bildet  jederseits  die  innere  Wand  und  die  Haupt -Grundlage  der  Nasengru- 
ben. An  dem  vorderen  Ende  ist  sie  zu  beiden  Seiten ,  wo  sich  die  sogenann- 
ten Gaumenbeine?  (  unser  Oberkiefer)  anlegen,  etwas  ossifizirt.  Unter  ihr  be- 
findet sich  der  sogenannte  Vomer  (unsere  Gesichtsbasis),  Diese  Knorpel- 
masse  i^t  für  das  Os  ethmoideum  gehalten  worden.  Indessen  ist  die  Riechhaut 
«ier  Gräthenfische,  ohne  alle  unmittelbare  knöcherne  Stützen,  faltenförmig  ausge- 
breitet, und  ein  Siebbein  fehlt  daher  gänzlich.  Die  obige  Knorpelmasse  aber 
entspricht  ihrer  Lage  und  Funktion,  nach  ganz  den  vorderen  Stirn-  oder  Na- 
senfortsätzen, welche  von  der  Stirnwand  ausgehen  und  ein  Haupt -Bildungs- 
theil  der  Wirkungsstätte  für  den  Geruchsinn  ausmachen.  Sie  stellt  also  beim 
Hechte  die  Nasenbeine  der  übrigen  Wirbelthiere  vor,  welche  hierzu  ei- 
ner Knorpelmasse  verschmolzen  sind.  Diese  Modification  in  der  Ausbildung 
der  Nasenfortsätze  der  Fische  darf  bei  dem  verschiedenen  Zwecke  (Nasen- 
gruben) nicht  befremden.  Auch  der  Knorpelzustand  bietet  bei  der  man- 
gelhaften Verknöcherung  des  Hechtschädels  nichts  Unnatürliches  dar.  Uebri- 


gern  wird  diese  Knorpelmasse  bei  den  meisten  übrigen  Gräthenfischen  oft 
ganz,  oft  nur  theilweise  verknöchert.  Zuweilen  entwickelt  sie  Gelenkköpfe 
(Cjprinoiden),  welche  die  oberen  Zwischentiefer  aufnehmen.  Bei  denjenigen 
Fischen 7  deren  Schädeldecke  kräftiger  o«sifizirt  (Aal,Diodon  etc. wird  die 
Deutung  dieses  Theiles,  als  den  Nasenbeinen  der  übrigen  Wirbeltbiere  entspre- 
chend ,  erleichtert ,  wenn  auch  die  Zweitheiligkeit  nicht  so  evident  hervortritt. 

§:  122,  Unter  dieser  knorpligen  Masse  der  Nasenbeine  des  Hechtes 
liegt  nun  ein  plattes  Knochenstück,  welches^  mit  Zähnen  versehen  y  für  das 
Pfluffsehaarbein  der  Fische  erklärt  worden  ist.  Ohne  Riicksicht  auf  alle  die 
fehlenden  und  doch  ganz  noth wendigen  Momente,  welche  bei  der  Ent Wicke- 
lung eines  Vomer  der  Säugethiere  erforderlich  sind,  ist  auch  die  Lage  und 
Funktion  dieses  Knochens  eine  ganz  verschiedene.  Er  ist  eine  unmittelbare 
Fortsetzung  der  Schädelbasis*),  stötzt  die  knorpligen  Nasenbeine,  und  vorn 
auch  die  t'ibrigen  Bestandtheile  des  Gesichtes.  Derjenige  Theil  aber,  welcher, 
als  Fortsetzung  der  Schädelbasis,  den  Nasenbeinen  und  den  Gesichtsbestand- 
theilen  überhaupt  als  Stütze  dient,  ist  der  Genesis  gemäss  nichts  Anderes 
als  die  Gesichtsbasis,  und  als  solche  müssen  wir  auch  das  sogenannte  Pflug- 
schaarbein anerkennen.  Das  eigenthümliche,  äussere  Gepräge,  welches  die 
Gesichtsbasis  der  Gräthenfische  auszeichnet,  ist  wiederum  dadurch  bedingt^ 
dass  hier  Nasengruben  vorhanden  sind,  und  dass  die  Gesiehtsbasis  von  den 
Gesichtsbestandtheilen  der  Gräthen -Fische  noch  allein  als  obere,  vordere 
Decke  für  die  Kopf- Visceralhöle  übrig  geblieben  ist.  Diese  Funktion  aber 
ist  der  Genesis  nacb  in  der  That  einfacher,  als  wenn  die  Gesichtsbasis, 
wie  bei  allen  höher  stehenden  Wirbelthieren ,  als  Nasen -Scheide  wand  sich 
entwickelt. 

123.  Zur  äusseren  Seite  des  Nasenbein- Knorpels  und  der  Gesiehts>- 
basis  befindet  sieh  ein  Knochen,  welcher  vom  Quadratbein  beginnt,  sich  ge- 
lenkig an  den  Proeessns  erhitalis  anterior  anlegt,  die  Nasengruben  von  aussen 
begrenzt,  und  vorn  an  die  knöcherne  Stelle  des  Nasenknorpels  und  an  die 
Gesiehtsba&i«  sieh  anlegt.  Er  besteht  aus  zwei  Stücken,  von  wekhen  das  vordere, 


*)  An  den  jungen  Blennius  vwiparus  (Tal).  ITI.  Fig.  7.)  sieht  lüan  die  noch  häufige" 
Gesiehtsbasis  als  unmittelbare  Fortsetzung  der  schon  knöchernen  Schädelbasis  gleichfolfe 
ganz,  deutlieh. 


248 


mit  Zähnchen  versehen,  das  sogenante  Gaumenbein,  das  hintere,  zahn- 
lose, das  Flügelbein  vorstellen  soll.  Wir  haben  gezeigt,  dass  bei  den  niede- 
ren Wirbelthieren  (mit  Ausnahme  der  Frösche)  ein  Gaumen-  und  Flügelbein 
nicht  mehr  zu  suchen  ist.  Wir  finden  uns  zu  dieser  Annahme  bei  den  Fischen 
um  so  weniger  berechtigt,  als  die  beiden  vorliegenden  Stücke,  als  ein  Gan- 
zes betrachtet,  nach  ihrer  Lage  und  Funktion  ganz  so,  wie  wir  eben  die 
Beschreibung  gegeben,  das  treuste  Bild  des  Oberkiefers,  wie  er  der  Ge- 
nesis nach  sein  soll,  und  auch  bei  den  übrigen  Wirbelthieren  vorhanden  ist, 
zur  Anschauung  bringen.  Die  Zerfällung  des  Oberkiefers  in  zwei  Haupt-Ab- 
theilungen  ist  eine  oft  sich  wiederholende  Erscheinung,  welche  bei  der  Länge, 
bei  den  verschiedenen  Funktionen  und  Verbindungen  des  Knochens,  so  wie 
hier  namentlich  bei  der  Gelenk- Verbindung  desselben  mit  dem  Processus  or- 
hitalis  anterior  f  durchaus  nichts  Ungewöhnliches  darbietet.  Bei  älteren  Hech- 
ten und  anderen  Gräthenfischen  ist  diese  Zerstückelung  des  Oberkiefers  wohl 
noch  ausgedehnter.  Besonders  wird  die  hintere  Abtheilung  gleichsam  durch 
gesonderte  Knochen-Wucherung  oberhalb  erweitert,  damit  sie  eine  kräftigere 
Seitenwand  für  die  Visceralhöle  formirt  werde.  Bei  ßliiraena  angiälla  ist  da- 
gegen der  Oberkiefer  wiederum  mehr  einfach.  Ausserdem  habe  ich  den  noch 
häutigen,  einfachen  Bildungsstreifen  des  Oberkiefers,  wie  bei  den  Sö- 
geln, Fröschen  etc.,  so  auch  an  dem  jungen  Blennius  viviparus  (Tab.  III. 
Fig.  7),  ganz  deutlich  erkennen  können. 

124.  Vor  diesen  drei,  jedem  Gesichte  nothwendigen  Bildungsbe- 
standtlieilen  befestigt  sich  jederseits  noch  ein  länglicher  Knochen ,  welcher  den 
Namen  Oberkiefer  erhalten  hat.  Er  liegt  mit  der  oberen  Extremität  vorn 
zur  Seite  unseres  Oberkiefers  dicht  neben  der  Gesichtsbasis,  und  lässt  sich  mit 
der  unteren  Extremität  auf  den  Unterkiefer  nieder.  Diese  letztere  Eigenschaft 
kann  anfänglich  Uber  die  Bedeutung  dieses  Knochens  uns  zweifelhaft  machen. 
Denn,  obgleich  dieser  Knochen  der  Lage  und  Funktion  nach  dem  genetischen  obe- 
ren Zwischenkiefer  entspricht,  so  ist  doch  die  Erweiterung  zur  Seite  auf 
den  Unterkiefer  ungewöhnlich.  Hier  kommt  aber  die  Beobachtung  zu  Hilfe, 
dass  während  der  Larvenzeit  bei  den  Fröschen  der  obere  ZAvischenkiefer  gleich- 
falls auf  den  Mcckelschen  Knorpel  (Unterkiefer)  sich  niederlässt,  und,  mit 
hornigen  braunen  Lamellen  versehen,  allein  als  obere  ftlundbegrenzung  dient. 
Aus  diesem  Grunde  nehme  ich  auch  gar  keinen  Anstand,  vorliegenden  söge- 


249 


nannten  oberen  Kiefer  für  den  oberen  Zwisclicnlviefer  zu  erklären,  zumal  die 
Lagerung  und  Funktion  durchaus  nicht  der  Genesis  widerspricht. 

§.  125.  Wälircnd  bei  jüngeren,  ungefähr  fünf  Zoll  langen  Hcclitcn 
ausser  dem  Nasenbein -Knorpel,  der  Gesichtsbasis,  dem  oberen  Kiefer  und  Zwi- 
schenkiefer kein  Knochenstück  mehr  im  Gesichte  zu  finden  ist,  so  zeigt  sicli 
bei  älteren  Individuen  vor  dem  Oberkiefer,  vor  der  Gesichtsbasis  und  etwas 
vor  der  oberen  Extremität  des  oberen  Zwisclienkiefers  jederseits,  ein  mit  Zähn- 
chen ausgerüstetes  Knöchelclien,  welches  man  den  oberen  Zwischenkiefer  ge- 
nannt hat.  Dieses  Knöchelchen  fehlt  beim  Aal,  Siliüuis  etc.  gänzlich;  beim 
Hecht  bildet  es  sich  in  der  härtlichen  Lippe,  welche  ich  bei  jüngeren  Indivi- 
duen in  dieser  Gegend  beobachtete;  bei  vielen  anderen  Fischen  ist  es  grösser 
und  stark  entwickelt.  Den  oberen  Zwisclienkiefcr  kann  es  nicht  vorstellen, 
da  wir  denselben  bereits  schon  näher  beschrieben,  Dass  es  ein  notliwendiger 
Biidungstlieil  sei,  dagegen  spricht  der  Mangel  desselben  in  allen  übrigen  Wir- 
belthierklassen,  ferner  das  Fehlen  bei  vielen  Fischen ,  und  alle  bisherigen  Er- 
falirungen  aus  der  Entwickelungsgeschichte.  Auch  scheint  es  mir  seiner  Lage 
nach  nicht  wahrscheinlich  ,  dass  es  dem  Hautskelete  angehöre.  Vielmehr  glaube 
ich,  dass  dieses  Knöchelchen ,  welches  sich  beim  Hecht  aus  der  härtlichen  Lippe 
entwickelt,  nach  Analogie  der  bei  den  Knorpelfischen  öfters  auftretenden  Lip- 
pen-Knorpeln sich  gebildet  hat.  Auf  diese  Weise  würde  dann  schon  bei  den 
Gräthenfischen  durch  diesen  Lippenknochen  der  Anfang  einer  Lostrennung  der 
Gesidits-Bestandtheile  sens.  strict.  von  der  Theilnahme  an  der  Mundbildung 
gemacht:  ein  Phänomen,  welches  unsere  Gesetze  über  die  Entwickelung  des 
Wirbcithier- Gesichtes  von  Neuem  bestätigt. 

%.  126.  Nach  dieser  genetischen  Konstruktion  des  Gesichtes  eines  Hecht- 
kopfcs  wird  es  nicJit  schwer  sein,  die  Gesichts -Bestandtheile  der  übrigen  Grä- 
lheufische herauszufinden.  Im  Allgemeinen  will  ich  bemerken,  dass  zuvor 
jedesmal  das  Flautskelet,  welches  gemeinhin  zur  Deutung  der  Nasenbeine, 
Thränenbeine  etc.  gedient  hat,  zu  entfernen  ist.  Alsdann  entspricht  gewöhn- 
lich das  bisher  sogenannte  Os  ethmoideum  unserem  Nasenbeinknorpel  beim 
Hechte,  der  Vomor  der  Gesichtsbasis,  das  Gaumen-  und  Flügelbein  unserem 
Oberkiefer,  und  der  obere  Kiefer  unserem  oberen  Zwischenkiefer,  Der  vor- 
kommende sogenannte  obere  Zwischenkiefer  dagegen  ist  nach  Analogie  der 

32 


250 


Lipponknorpcl  entwickelt.  Das  Tliiäiienbeinchen  aber  scheint  unserer  An- 
sicht nach  in  dem  Gesicht  der  Fische  nicht  mehr  hervorzutreten. 

K  a  p  i  t  e  1  IX. 

Die  Knorpelfische. 

§.  127.  Wir  kommen,  unserem  Versprechen  gemäss,  am  Schlüsse  vorlie- 
gender Untersuchungen  noch  im  Allgemeinen  auf  die  Knorpelfische  zurück. 
Bei  dem  Mangel  an  eignen,  zahlreichen  Beobachtungen  ist  mir  das  klassische 
Werk  der  vergleichenden  Anatomie  der  Mjxinoiden  von  J.  Müller  von  grossem 
Nutzen  gewesen.  Dennoch  sind  eigene  Untersuchungen  bei  einer  eigenen 
Betrachtungsweise  wohl  stets  ein  nothwendiges  Erforderniss.  Dieses,  so  wie 
die  Schwierigkeit  des  Gegenstandes  bitte  ich  den  geneigten  Leser  zu  berück- 
sichtigen ,  wenn  ich  bei  der  Deutung  des  Kopfskeletes  der  Knorpelfische  ganz 
im  Allgemeinen  spreche,  und  gewissermaassen  nur  das  Verfahren  darlege,  wel- 
ches man  bei  einer  solchen  Deutung  zu  beobachten  habe. 

§.  128.  Die  Genesis  des  Kopfes  der  übrigen  Wirbelthiere  soll  bei  un- 
serem Verfalircn  wiederum  zur  Richtschnur  dienen,  so  zwar,  dass  wir  die 
Knorpelfische,  als  in  dem  niederen  Wirbclthicr- Plan  gebildet,  dicht  unter  die 
Gräthenfische  stellen.  Ausserdem  ist  zu  berücksichtigen,  dass  das  Wirbelskelet 
selbst  bei  den  höheren  Knorpelfischen  nicht  zu  einer  solchen  Ausbildung  ge- 
diehen, wie  bei  den  Knochenfischen.  Wo  wir  daher  auch  Abweichungen  am 
Kopfskelet  finden  mögen,  überall  müssen  dieselben  als  individuelle  Aus- 
bildungen einer  geringeren  Entwickelungsstufe  des  Wirbelthier- 
Kopfes  betrachtet  werden. 

§.  129.  Was  nun  zunächst  die  Gehirnkapsel  der  Knorpelfische  betriflft, 
so  finden  wir  bei  einer  einfachen  Röhrenform,  wie  im  Knorpelzustande  der 
übrigen  Wirbelthiere,  so  auch  hier  zeitlebens  keine  Ausprägung  von  geson- 
derten Wirbeln.  Die  äusseren  Veränderungen  der  Schädelhöle,  welche  bei 
den  Gräthenfischen  noch  durch  das  Äuge  und  durch  Gebilde  der  Visceralhöle 
hervorgerufen  werden,  sehen  wir  noch  beim  Störe,  wie  erwähnt  wurde,  ganz 
ähnlich  dem  Hechte,  Es  sind  der  vordere  und  hintere  Augenfortsatz,  der 
hintere  Schläfenfortsatz  und  der  Processus  mastoideus,  alle  im  knorpligen  Zu- 
stande zu  unterscheiden.  Beim  Hay,  bei  der  Chimära  treten  besonders  die 
Veränderungen  des  Schädels  durch  die  Einwirkungen  des   Auges  hervor. 


251 

weniger  die  in  Folge  der  Muskelansätze.    Bei  den  Cjclostomen  verschwinden 
mit  dem  Maugel  der  genannten  Einflüsse  auch  derartige  Veränderungen:  die 
SchadelhÖle  bildet  eine  einfache  Kapsel,  an  welcher  sich  nur  die  Geruch- 
.  labyrinthe  markiren. 

§.  130.  Unter  den  Hart^ebilden  der  Kopf-Visceralhöle  darf  zuvörderst 
nicht  mehr  das  Gaumen-  und  Flügelbein  gesucht  werden.  Alle  die  knöcher- 
nen und  knorpligen  Theile,  welche  an  der  unteren  Fläche  der  Schädelbasis 
bald  fester  (Stör,  Lamprete)  bald  loser  {Narcine  bras'diensis)  gelagert  sind, 
müssen  daher  als  accessorische,  dem  Wirbelskelet  nicht  unbedingt  angehö- 
rende Stücke  angesehen  werden.  Die  Beobachtung  aber,  dass,  während  des 
Knorpelzu Standes  der  nackten  Amphibien,  sich  Skelettheile  zur  Unter- 
stützung der  Schädelbasis,  in  ihrer  Funktion  als  obere  Decke  der  Kopf-Visce- 
ralhöle, aus  dem  Schleimblatte  entwickeln,  lässt  wohl  erwarten,  dass  derglei- 
chen Hkrtgebilde  an  der  Schädelbasis  auch  bei  den  Knorpelfischen  sehr  wahr- 
scheinlich dem  Schleimblatte  ihre  Entstehung  verdanken.  Dafür  sprechen 
auch  meine  oben  angeführten  Untersuchungen  über  die  knöcherne  Platte  an 
der  Schädelbasis  der  Störe.  Von  der  Narcine  brasilie?isis  und  der  Lamprete 
kann  ich  dieses  bei  dem  Mangel  an  Präparaten  nur  vermuthen.  Uebrigens 
erlaube  ich  mir  noch  die  Bemerkung,  dass  die  Befestigung  der  Skelettheile 
der  Schleim  -  Membran  an  das  Wirbplskelet  unserer  Deutung,  wie  wir  bei 
den  nackten  Amphibien  gesehen,  kein  Hinderniss  in  den  Weg  legt. 

§.  131.  Vor  diesen  mehr  an  der  Schädelbasis  gelegenen  Hartgebilden 
befinden  sich  bei  den  Knorpelfischen  noch  andere,  welche  mehr  an  die  Mund- 
öffnung hingelagert  sind,  die  vorderste  obere  Decke  der  Kopf-VisceralhÖle 
bilden  und  sich  vorn  den  Stücken,  welche  die  obere  Mundbegrenzung  formiren 
(sog.  Oberkiefer,  Labialknorpel)  anschliessen.  J,  Müller  nennt  diese  Theile 
in  dem  angeführten  Werke  beim  Stör  den  Oberkiefer-  und  Gaumenapparat, 
bei  Petrormjzon  marinus  die  Deckplatten  des  Mundes;  bei  der  Chimära  ver- 
muthe  ich  in  den  Zahnplatten  ähnliche  Theile  etc. 

Dieses  Verhalten  der  oberen  Mundhegrenzung  und  vorderen  oberen 
Decke  der  Kopf-Visceralhöle  ist  eigenthümlich  den  Knorpelfischen,  und  lässt 
sich  mit  dem  der  übrigen  Wirbelthiere  an  besagter  Stelle  nicht  vergleichen. 
Denn  bei  den  ihnen  am  nächsten  stehenden  Gräthenfischen  fungirt  als  vor- 
dere obere  Decke  der  Kopf-Visceralhöle  die  Gesichtsbasis  (sog.  Vomer),  als 

32* 


252 


obere  Miindbegrenzung  nur  noch  der  Zwischenkiefer  (Aal,  Siiurus);  der 
obere  Kiefer  dagegen  nimmt  niemals  mehr  an  der  MundöfFnung  Antheih 

Wenn  man  nun  den  Oberkiefer-  und  Gauraenapparat  der  Store  betrach- 
tet, so  hat  man  auch  nicht  einen  einzigen,  genügenden  Grund,  an  die  Ge- 
sichtsbasis oder  an  den  oberen  Kiefer  und  Zwischenkiefer  zu  denken.  Denn 
die  ähnliche  Funktion  entscheidet  nicht,  zumal  nirgend  mehr,  als  an  besagter' 
(Stelle,  durch  die  Wirbelthier- Reihe  hindurch  die  Hartgebilde  variiren.  Hin- 
sichtlich der  genetischen  Lage  aber  müsste  die  Gesichtsbasis  eine  Fortsetzung 
der  Schädelbasis  sein,  und  die  Gesichtsbestandtheile  (Nasengruben)  stützen j 
der  Oberkiefer  soll  vom  Quadratbein  entspringen  und  an  der  Nasengruben- 
Bildung  Antheil  nehmen  j  der  obere  Zwischenkiefer  endlich  mit  der  Gesichts- 
basis und  den  oberen  Kiefern  zusammenhangen,  und  gleichfalls  mit  der  Wir- 
kungsstätte des  Geruchsinnes  in  Verbindung  stehen.  Der  Oberkiefer-  und 
Gaumenapparat  hat  aber  keine  Gemeinschaft  mit  den  Nasengruben  und  dem 
Schädel,  und  der  sogenannte  obere  Kiefer  stützt  sich  auf  den  Meckelschen 
Knorpel  mit  dem  Unterkiefer.  Wollen  wir  daher  den  bisherigen  Entwicke- 
lungs  -  Gesetzen  des  Wirbelthierkopfes,  nach  welchen  die  Theilnahme  der 
Gesichtsbestandtheile  sensu  strictiori  an  der  Kopf- VisceralhÖle  und  Mundöff- 
nung eine  accidentelle  ist,  treu  verbleiben,  so  müssen  wir  in  dem  Oberkie- 
fer- und  Gaumenapparat  der  Störe  eine  Bestätigung  dieser  Gesetze  suchen. 
Berücksichtigen  w^'r  ausserdem  die  interessante  Erscheinung  eines  Zahnskele- 
tes  der  Schleimhaut  bei  den  jungen  Tritonen,  während  die  Gesichtsbestand- 
theile noch  weniger  entwickelt  sind,  so  scheint  es  nicht  voreilig  zu  sein, 
wenn  wir  die  Erzeugung  des  Gaumenapparates  der  Störe  dem  Schleimblatte 
zuschreiben.  Der  Oberkiefer  aber  würde  dann  aus  der  üebergangsstelle  der 
Schleimhaut  zur  Cutis,  aus  der  Lippe  sich  entwickeln,  und  dem  Lippenkno- 
chen der  Gräthenfische  entsprechen. 

Nach  dieser  Deutung  sind  auch  die  ähnlichen  Theile  dieser  Gegend 
bei  anderen  Knorpelfischen  zu  beurtheilen.  Da,  wo  der  sogenannte  Ober- 
kiefer kräftiger  entwickelt  ist  (Hay,  Rochen  etc.),  ist  die  Deutung  als 
blosser  Mundknorpel  anfangs  auffällig.  Dennoch  wird  man  überall  bemerken, 
<lass  die  ganz  nothwendigen  Bedingungen  zur  Annahme  eines  Oberkiefers 
fehlen.  Uebrigens  ist  der  Lippenknochen  auch  bei  den  Gräthenfischen  oft 
sehr  stark  ausgebildet,  und  der  Grund  davon  liegt  nur  in  der  kräftigeren 


I 


•253 


Aktion  gegen  den  Unterkiefer  (Meckelscher  Knorpel).  Bei  den  Mjxinoidcn 
fehlt  mit  der  kräftigeren  Aktion  eines  Kiefer -Apparates  auch  die  entspre- 
chende Ausbildung  der  Labialknorpel.  Hier  ist  auch  die  Deutungsweise  gar 
nicht  so  befremdend. 

Mein  verehrter  Lehrer,  Herr  Professor  J.  Müller  hat  in  seinem 
klassischen  schon  öfters  genannten  Werke  einen  ausführlichen  und  genauen 
Bericht  über  die  Labialknorpel  der  Knorpelfische  gegeben.  Auch  die 
Mundknorpel  der  Mjxinoiden  rechnet  der  Verfasser  dazu,  und  stellt  sie 
alle  ausserhalb  des  Wirbeltypus.  Ich  habe  nur  diese  Deutungsweise  aus  den 
schon  erwähnten  Gründen  auch  auf  die  sogenannten  Oberkiefer  der  Knorpel- 
fische auszudehnen  mich  berechtigt  geglaubt.  — 

%.  132.  Die  Ausbildung  der  Visceralbogen  anbelangend,  bemerken 
wir  bei  den  Knorpelfischen  wiederum  ein  Zurückkehren  in  den  einfacheren 
Wirbeltypus. 

Wir  haben  angeführt,  dass  bei  den  Gräthenfischen  die  Entwickelung 
einer  Kiemcnspalte  aus  der  zweiten  Vlsccralspalte,  und  die  Lagerung  der 
Kiemen  in  derselben  auf  die  individaclie  Ausbildung  der  Hartgcbilde  der 
Visceralbogen,  nanicntiich  des  zweiten,  von  grossem  Einflüsse  sei. 

Bei  den  Knorpelfischen  geht  diese  Tendenz  mehr  und  mehr  verloren, 
und  diesemgemäss  modifizirt  sich  auch  die  Ausbihlung  der  Yisceralbogen  ,  ohne 
dass  darauf  ein  anderer  entschiedener  Einüuss  sich  geltend  macht  Der  Stör 
nähert  sich  noch  am  meisten  den  Grätlienfischen.  Im  ersten  Visceralbogeu 
besteht  das  Quadratbein  aus  drei  knorpligen  Stücken ,  und  dann  folgt  der 
Meckelschc  Knorpel,  welcher  liier  noch  ein  Aussengebilde,  den  Unterkiefer, 
entwickelt.  Das  obere  Stück  des  ersten  Kopfgürtels,  das  Praeoperculum  (Pau- 
kenbein) dagegen  fehlt.  Am  zweiten  Yisceralbogen  ist  das  Suspensorium  des 
Zungenbeines  und  der  Körper  desselben  deutlich ,  doch  vermisst  man  von 
seinem  Gürtel -Belege  die  Radii  branchiostegi.  Beim  Hay  hat  das  Quadratbein 
nur  ein  Stück  j  auch  sehe  ich  keine  Spur  mehr  von  dem  ersten  Kopfgürtel  der 
Gräthenfische  5  von  dem  zweiten  fehlt  das  Operculum.  Der  Meckelsche  Knor- 
pel übernimmt  die  untere  Mundbegrenzung  allein,  und  wird  bei  anderen  Knor- 
pelfjsdien  {Narcine  brasiUensis  etc.)  noch  von  Labialknorpel  besetzt.  So  be- 
merkt man,  dass  mit  dem  Aufhören  eiaer  kräftigen  Aktion  der  Kiefer  und 


251 


eiuer  äusseren  Kiemenspalte  auch  der  erste  (  Paukenbein,  Unterkiefer  und  Zwi- 
schenkiefer) und  zweite  Kopfgilrtel  (  Operculutn,  radii  branchiostegi)  nacli  und 
nach  unnöthig  wird.  Bei  den  Myxinoiden  fehlen  gleichfalls  die  Kopfgürtei, 
und  die  Knorpel  der  Yisceralbogen  entwickeln  ein  eigenthiimliches  korbartiges 
Geflecht,  in  welchem  das  Auffinden  der  knorpligen  Theile,  die  zum  ersten 
und  zweiten  Yisceralbogen  gehören,  wohl  schwerlich  ohne  Kenntniss  derEnt- 
wickelungsgeschichte  möglich  sein  wird.  Wie  komplizirt  sich  aber  auch  die- 
ses Knorpelgeflccht  der  Kopf-Visceralhöle  bei  den  M3^xinoiden  darstellen  möge, 
so  erkennt  man  in  demselben  dennoch  nur  die  mehr  einfache  Umhüllung  des 
Kopf-Endes  vom  vegetativen  Systeme,  welches  nicht  durch  äussere  Einflüsse  wie 
bei  den  Gräthenfischen  und  den  übrigen  Wirbelthieren  verändert  worden  ist: 
es  sind  die  Hartgebildc  der  Köpf- Visceralhöle,  bei  dem  niederen  Stande  die- 
ser Knorpelfische,  auch  auf  der  einfachsten  Entwickelungsstufe  des  Wirbelthier- 
Kopfes  individuell  ausgebildet. 

133.  Die  Gesichtsbestandtheile  müssen  der  Genesis  gemäss  bei  den 
Knorpelfischen  stets  in  der  Nähe  der  Geruchlabyrinthe  gesucht  werden;  denn 
nur  um  ihretwillen  zeigt  sich  ursprünglich  die  Entstehung  des  Gesichtes.  Wie 
bei  den  übrigen  Wirbelthieren,  so  ist  auch  hier  das  Geruch -Labyrinth  ( Os 
etlimoideum)  von  den  dasselbe  umgebenden  Gesichtsbestandtheilen  wohl  zu  un- 
terscheiden. Diesem  gemäss  wird  man  finden,  dass  bei  den  Knorpelfischen 
die  Knorpclmassen,  welche  die  Schnautze  bilden,  der  Inbegriff  dessen  sind, 
was  man  für  das  Gesicht  zu  halten  hat. 

Bei  den  Stören  sieht  man  nun  wiederum  eine  Annäherung  an  die  Grä- 
thenfische.  Man  erkennt,  dass  der  Schnautzenknorpel,  wenn  man  ihn  mit  dem 
Gesichte  des  Hechtes  vergleicht,  nur  eine  durch  die  verschmolzene  Oberkiefer 
und  Gesichtsbasis  erweiterte  Nasenbeinknorpelmasse  des  Hechtes  darstellt.  Er 
bildet  ganz  ähnlich  die  Nasengruben,  so  zwar,  dass  die  Knorpelmasse  an 
der  Basis  und  dem  äusseren  Rande  kräftiger  entwickelt  ist,  ohne  sich 
von  der  inneren  Partie  zu  sondern.  Die  Basüar- Partie  des  Schnautzen- 
knorpels  ist  aber  eine  unmittelbare.  Fortsetzung  der  knorpligen  Schädelbasis, 
welche,  an  ihrem  Ursprünge  hügelartig  hervortretend,  eine  förmliche  Scheide- 
wand des  Schnautzcnknorpels  von  der  Kopf-Visceralhöle  bewerkstelligt,  Sie 
entspricht  also  ganz  einer  Gesichtsbasis,  welche  nun  keinen  7\jitheil  mehr  an 


255 


der  Kopf -VisccralhÖle  genommen  liat.  Die  mittlere  Partie  des  Schnautzenknor- 
pels  ist  eine  unmittelbare  Verlängerung  der  knorpligen  Stirnwand,  und  bildet 
die  innere  Wand  der  Nasengruben.  Sie  entspricht  also  vollkommen  dem  ver- 
schmolzenen Nasenbein -Knorpel  der  Gräthcnfische,  und  entstellt  also  aus  den 
vorderen  Stirn  fortsätzen.  In  der  äusseren  Knorpel -Partie  müssen  wir  die 
oberen  Kiefer  wiedererkennen.  Zu  dieser  Annahme  verpflichtet  uns  die  That- 
sache,  dass  der  Oberkiefer  stets  zur  Bildung  der  Wirkungsstätten  des  Geruch- 
sinnes beiträgt,  und  bei  den  Gräthenfischen  die  äussere,  doch  noch  gesonderte, 
Wand  der  Nasengruben  bildet.  Indessen  fehlt  uns  zu  dieser  Deutung  des 
Oberkiefers  eine  sonst  immer  nachweisbare  Bedingung,  nämlich  der  Zusam- 
menhang mit  dem  Quadratbein,  Bei  denjenigen  Exemplaren,  welche  ich  unter- 
suchte, konnte  ich  mich  von  einer  Verbindung  dieser  äusseren  Knorpel-Partie 
des  Schnautzenknorpels  mit  dem  Quadratbein  nicht  überzeugen.  Dennoch 
bleibt  unter  den  vorhandenen  Umständen  noch  immer  das  Passendste  anzu- 
]iehmen,  dass  diese  ursprüngliche  Verbindung,  welche  bei  anderen  Wirbelthie- 
ren  oft  nur  ligamentös  vorhanden  ist,  hier  gänzlich  verloren  geht,  und  dass 
die  gänzliche  Sonderung  der  Nasengruben  von  der  Kopf- Viseeralhöle  als  die 
veranlassende  Ursache  anzusehen  ist. 

§.  134.  Eine  ähnlicbc  Deutungsweise,  wie  bei  den  Stören,  lässt  sich 
auch  noch  bei  der  Abtheilung  Holocepliala  in  Anwendung  bringen.  Bei  den- 
jenigen Knorpelfischen  aber,  bei  welchen  nicht  mehr  Nasengruben  vorlianden 
sind,  sondern  Nasenkapseln  und  Nasenröhren  auftreten,  scheint  die  Gesichts- 
bildung nicht  mehr  zur  Individualisation  zu  gelangen.  Es  zeigen  sich  die 
knorpligen  Partieen,  welche  so  bei  dem  Hay  um  diese  Nasenröliren  gelagert 
sind,  nicht  sowohl  als  besondere  Bil  düngst  Ii  eile,  sondern  nur  als  ein- 
fache Fortsätze  des  ersten  Schädelwir  bcls,  und  hier  scheint  es  mir 
auch  sehr  zweifelhaft,  ob  es  zur  Bildung  eines  OJ)Cikicfers  gekommen  sei; 
ich  konnte  nirgend  eine  wahre  Andeutung  ßndcn.  Die  Nasenkapseln  und  Na- 
sen-Röhren selbst  aber  sind  nur  den  Hartgebilden  der  höheren  Sinnesorgane 
gleichzustellen,  entsprechen  also  dem,  was  bei  den  übrigen  Wirbelthieren  das 
Os  etJmoidemn  genannt  ist.  Sie  entwickeln  sich  bei  den  niederen  Knorpelfi- 
schen in  dem  Maasse  kräftiger,  als  die  Gesichts- Bildungstheilc  nicht  mehr 


256 

deutlicli  hervortreten :  sie  sind  gewissermaassen  die  Stellvertreter  des  Gesich- 
tes dieser  Thi^ere 

J3enEinfluss,  welchen  die  Erweiterung  der  Brustflossen  der  Rochen  nach 
dem  Scliädcl  und  Gesicht  hin  auf  die  Bildungstheile  des  letzteren  ausüben ,  wag 
ich  wegen  des  Mangels  eigner  Erfahrungen  und  Präparaten  nicht  zu  deuten. 

§.  135.  So.  ist  denn  das  Gesicht  von  seiner  weitesten  Bedeutung, 
welche  wir  bei  den  höheren  Wirbelthieren  kennen  gelernt,  zunächst  stufen- 
weise zu  einer  einfacheren  herabgestiegen.  Bei  den  Fröschen  konnte  man 
noch  eine  gewisse  Annäherung  an  die  höhere  Wirbelthier- Abtheilung  entde- 
cken. Bei  den  geschwänzten  Batrachiern  nahm  das  Gesicht  noch  innigeren 
Antheil  an  der  Mundhöle.  Bei  den  Gräthenfischen  wird  diese  Theilnahme 
auffallend  beschränkt.  Bei  den  höheren  Knorpelfischen  (Stör  etc.)  steht  das 
Gesicht  in  seiner  einfachsten  Bedeutung,  als  Geruchswerkstätte ,  ganz  isolirt  da.- 
Bei  den  Hajfisclien  markiren  sich  nur  noch  einige  Gesichtsbestandtheile  als 
nicht  individualisirtc  Fortsätze  des  ersten  Schädelwirbels,  um  endlich 
bei  den  Mjxinoiden  etc.  ein  gleiches  Schicksal  mit  allen  sekundären  Gebilden 
des  Wirbelskeletes  Zu  erleben:  ihre  Spuren  sind  nicht  mehr  zu  finden. 


Das  Geruch-Labyrinth  erzeugt  demnach  seine  Hartgebilde  COs  ethmoideum')  über- 
all bei  den  höheren  Wirbelthieren,  und  hier  tritt  auch  immer  die  Ossification  ein.  Bei 
den  nackten  Amphibien  entstehen  nur  fasrig- knorplige  Stützen  der  Riechhaut.  Bei  den 
Gräthen-  und  höheren  Knorpelfischen  ist  die  faltige  Kiechhaut  ohne  Hartgebilde  in  den 
Nasengruben  gelagert.  Efei  den  niederen  Knorpelfischen  wird  das  Os  ethmoideum ,  Aviihrend 
die  Gesic!)lsbestaa,dtheile  hinschwinden,  von  neuem  kräftiger  ausgebildet. 


Erklärung  za  den  AfobUdungen«' 


A. 

Allgemein   gültige  Bezeichnungen   der   Tab,  I.  u.  II, 

R.  Die  Rückenplattea  des  Kopfes  und  Rumpfes. 

T.  Die  Visceralplatten  am  Kopfe  und  Rumpfe. 

W.  Rumpf  Wirbel. 

0.  Membrana  reuniens  superior  Rathk. 

1.  Membr.  reuniens  inferior. 

5.  Die  Stirnwand,  der  vordere  Schluss  der  Rückenplatten  des  Kopfes. 
M.  Der  vordere  Eingang  zur  Kopf- Visceralhöle,  die  MundölFnung. 

Y.  Die  erhabene  Wulst,  Avelche  durch  das  Herz  mit  seinen  Aortenbogen  hervor- 
getrieben wird. 

G.  Aeussere  Kiemen. 

K.  Der  häutige  Kiemendeckel. 

H.  Das  Herz. 

B.  Die  Kiemenbogen. 
Z.  Die  Zunge. 

q).  Das  Auge. 

"l-  Das  Ohr -Labyrinth. 

x.     Die  äussere  NasenöfTnung.  ~  . 

ZurSchädelhöIe: 

D.    Die  häutige  Schädeldecke. 

L.    Die  Seitenwände  des  Schädelgewölbes  und 

C.  Die  Schädelbasis,  beide  vor  der  Abscheidung  in  Wirbel  -  Abtheilungen. 

ß.    Die  Basis  oder  der  Wirbelkörper  des   ersten  Schädelbogens,  der  vordere  KeiU 
beinkörper. 

Die  Basis  des  zweiten  Schädelwirbels,  der  hintere  Keilbeinkörper. 
(8*.  Der  Körper  des  dritten  Schädelwirbels,  die  Basis  des  Hinterhauptsbeines,  im 
rudimentären  Zustande  bei  den  entwickelten  Batrachiern. 

6.  Die  ersten  Seitentheile  des  Schädels,  die  vorderen  Keilbeinflügel. 

o*.  Die  Seitentheile  des  zweiten  Schädelwirbels,  die  hinteren  KeilbeinflügeL  Sie  sind 
bei  den  nackten  Amphibien  schon  vor  ihrer  Absonderung  durch  die  Ohr -Labyrin- 
the verdrängt. 

o'.  Die  Seitentheile  des  dritten  Schädelwirbels,  die  Partes  condyloideae  des  Hinter- 
hauptsbeines. 

33 


258 


o.     Die  oLeron  Schlussstücke  des  ersten  Schädelwirbels,  die  Stirnheine, 
o".    Die  zweiten  oberen  Schlussslücke  des  Schädels,  die  Scheitelbeine. 
o\    Das    obere  Schlussstück  des    dritten  Schädel wirbels,  die  Schuppe  des  Hinter- 
hauptsbeines, im  rudimentären  Zustande  bei  den  ausgebildeten  Thieren. 

Zur  Visceralhöle  des  Kopfes. 

f.  Der  erste  Visceralfortsatz. 
f^.  Der  zweite. 

b.    Der  erste  Visceralbogen  oder  der  untere  Bogen  des  ersten  Kopfwirbels.  Derselbe 
zerfällt  während  der  Chondrose: 

X.    Gaumenbein.  j 
TV.    Flügelbein.  /  ungeschwänzte 

n.    Quadratbein.  )  „  ,  .       l  Batrachier. 

lic.   Meckelscher  Knorpel.  \  g^^^^^wanzte  Batrachier.  ^ 

Die  Aussengebilde  des  ersten  Visceralbogens  nach  Analogie  des  Brust-  und  Becken- 
Gürtels  sind: 

r.    Das  Os  tympanicum  an  der  äusseren  Fläche  des  Quadratbeines. 
e.    Der  untere  Kiefer  an  der  äusseren  Fläche  des  Meckelschen  Knorpels. 
a.    Die  unteren  Zwischenkiefer  an  der  äusseren  Fläche  des  Vereinigungsstückes 
beider  Meckelschen  Knorpel. 
b^     Der    zweite  Visceralbogen  oder  der  untere  Bogen    des    zweiten  Kopfwirbels. 
Er  zerfällt: 

V.    Die  obere,  knorplige  Abtheilung,  welche  für  die  Gehörknöchelchen  bestimmt 

ist  (Columella,  stapes  der  höheren  Wirbelthiere). 
ö.    Das  Suspensorium  des  Zungenbeines. 
X.    Der  Körper  des  Zungenbeines. 
Zu  den  Aussengebildcn  des  zweiten  Visceralbogens  gehört  der  später  verschwindende 
häutige  Kiemendeckcl  (K). 

b'.     Der  Kiemenbogenträger,  das  Analogen   des  dritten  Visceralbogens  der  höheren 
Wirbelthiere.    An  ihm  unterscheiden  wir: 

Tj.    Den  mittleren  Theil,  welcher  die  drei  eigentlichen  Kiemenbogen  trägt^  und 
^.    den  uneigentlichen    vierten  Kiemenbogen,   das  Verbindungsstück  mit  der 
Visceralplatte  des  Rumpfes. 

g.  Die  erste  Viscera^spalte, 

g\  Die  zweite  oder  die  äussere  Kiemenspalte. 

Zum  Gesicht. 

n.    Die  Nasen-  oder  vorderen  Stirnfortsätze,  —    n'.    Die  Hartgebilde  derselben. 
,  m.    Die  Bildungsmassen  der  Oberkiefer,  —    m'.    Die  Harfgebilde  derselben, 
v.    Die  Bildungsmasse  der  Gesichtsbasis,  —    v'.    Das  Hartgebilde  derselben, 
z.    Die  Bildungsmasse  der  oberen  Zwischenkiefer,  ■ — ■  z'.   Die  Hartgebilde  derselben. 
X.    Die  Bildungsmasse  der  Thränenbeinchen  (Tritonen),  —     x'.     Die  Hartgebilde 
derselben  (Tritonen). 


259 


Tafo.  I. 

Zur  Entwickelungsgeschiciite  des  Kopfes  der  ungeschwänzten  Batrachier. 

Fig.  1.  Ein  Embryo  von  Rana  fusca,  ungefähr  l'/j  Linien  lang,  von  den  ihn  noch 
umgebenden  Eibülien  befreit  und  vergrössert  dargestellt.  Rechte  Seiten-Ansicht  mit  gleich- 
zeitiger Berücksichtigung  der  vorderen  Fläche  des  Embryonal-Körpers.  —  Die  schwarze 
ümhülliingshaut  ist  noch  nirgend  lostrennbar.  Frühste  Andeutung  der  Rücken- und  Visceral- 
platten  des  Kopfes  und  Rumpfes  (R,  T),  welche  sich  sogleich  von  der  Dotterkugel  los- 
winden.   Erste  Spur  des  Auges  (^) 

a.    Die  Saugnäpfchen  in  der  Entstehung, 

c.  Das,  von  den  Falten  der  schwarzen  Umhüllungshaut  gebildete,  noch  längli- 
che Grübchen  derselben. 
Fig.  2.  Derselbe  Embryo,  wie  in  Fig.  1.  Die  rechte  Kopfhälffe  ist  durch  einen 
scFikrechten  Schnitt  mit  der  Scheere  weggenommen.  Es  wird  der  innere  Raum  der  Schä- 
del- und  Visceralhöle,  so  Avie  die  innere  Fläche  desi  linken  Auges,  und  darunter  der  klei- 
nen Spur  des  linken  Visceralstreifens  am  vorderen  Ende  sichtbar.  Die  inneren  Räuüie 
sind  von  nicht  unterscheidbarer  Bildungsmasse  angefüllt. 

a.    Die  innere  Fläche  des  linken  Saugnäpfchens,  welche  die  gleichnamige  dös 
reciiten  berührt. 

Fig.  .3.  Ein  Embryo  desselben  Frosches  von  ungefähr  zwei  Linien.  Die  schwarze 
Umhüllungshaut  ist  noch  fest.  Rechte  Seiten-Ansichl.  Beginnende  Ausprägung  der  Wir- 
bel am  Rumpfe  (W).  Die  erste  Spur  der  Nasen-  oder  vorderen  Stirnlurtsätze  (n),  und  des 
ersten  VisceraHbrtsatzes  (f). 

a.    Das  Saugnäpfchen. 

Fig.  4.  Ein  Embryo  desselben  Frosches  von  ungefähr  2%  Lin.  Länge,  mit  beson- 
derer Rücksicht  der  vorderen  Fläche  des  Kopfes  dargestellt.  Die  schwarze  Unihiilhuigiiaut 
äril  noch  fest,  Der  ersten  Visceralfortsätze  (fj  sind  deutlif^her,  haben  dti>  schon  mehr  ab- 
gerundeten Sauggrübchen  (a)  hinunter  gedrängt,  und  zwischen  ihnen  ist  der  vordere  perpen- 
dikuläre  Eingang  zur  Kopf-Visceralhöle  (M). 

Fig.  5.  Ein  Embryo  von  Rana  fusca,  der  die  Eihüllcn  schon  selbstständig  durch- 
brochen hat.  Eine  ähnliche  Darstellung  wie  in  Fig.  1.  Die  schwarze  Umhüllunghant  ist 
hier  fest,  doch  isn  einzelnen  S'iellen  schon  lostrennhar. 

a.    Die  Sauggrübchen,  noch  weiter  nach  unten  gedrängt  und  vollständig  ausgebildet. 

Fig.  G.  Derselbe  Embryo,  wie  in  fig.  5;  anatomisch  ähnlich  behandelt,  wie  der 
Embryo  in  Fig.  2;  daher  auch  dieselbe  Ansicht.  In  der  Schädeihiile  markiren  sich  die 
drei  Wirbelbogen,  entsprechend  den  drei  Haupt- Abtheilungen  des  Gehirnes;  davor  der 
linke  Nasenfortsatz  (n).  In  der  Visceralhöle  lässt  sich  das  Herz  mit  seinen  Gefässen 
noch  nicht  freilogen.  An  der  inneren  Fläche  des  ersten,  linken  A'isceralfortsatzc-s  (f)  isfc 
die  schwarze  Liiihüliiingshaiit  nicht  vorhanden.     Nur  unicr  dem  Nascnfortsatze  {n)  liegt 


260 


sie  fester  und  etwas  faltig  in  der  Nähe  der  TJrsprungsstelle  des  ersten  Visceralfortsafze?;. 
Dies  ist  der  Ort  (c),  wo  die  Nasenliöle  formirt  wird. 

a.    Das  linke  Sauggrübclien. 

c.  Die  Stelle,  wo  die  Nasenliöle  gebildet  wird. 
Fig.  7.  Ein  Embryo  von  Rana  fusca;  ungefähr  A'/^  Lin.  lang.  Linke  Seiten-An- 
sicht. Die  schwarze  Umhüllungshaut  und  die  schon  deutliche  Cutis  ist  wegpräparirt ;  man 
hat  nur  die  Rücken-  und  Visceralplatten  mit  ihren  Entwickelungen  und  die  Membranae 
reunientes  Rathkenü  vor  sich.  Die  typische  Konformation  des  Kopfes  geht  ihrer  Vollen- 
dung entgegen.  Ueber  die  durch  c  in  Fig.  6  bezeichnete  Stelle  hat  sich  der  Bildungsstreifea 
des  Oberkiefers,  von  der  oberen  Abtheilung  des  ersten  Visceralbogens  (b)  entspringend, 
mit  dem  Nasenfortsatze  in  Verbindung  gesetzt,  und  so  den  Grund  zur  Nasenhölen-  und  Ge- 
sichtsbildung gelegt.  Auch  der  zweite  Visceralfortsatz  (f^)  ist  bereits  vorhanden.  Die 
Aortenbogen  sind  in  der  zweiten  Visceral  spalte  (g^)  schon  darstellbar,  und  treiben  die 
schwarze  Umhüllungshaut  etwas  nach  aussen.  Auch  das  Ohrlabyrinth  kann  jetzt  deut- 
lich unterschieden  werden. 

a.  Die  weissliche  Bildungsmasse  zwischen  der  Stirnwand  und  den  Nasenfortsätzen, 
welche  später  verschwindet. 

c.  Anlage  der  vorderen  Rumpf- Extremität. 

d.  Uebergang  der  Membrana  reuniens  inferior  von  dem  zweiten  Visceralbogen  in 
zwei  Blätter  zur  unteren  Vereinigungshaut  und  der  Visceralplatte  des  Rumpfes, 
Sie  bilden  die  Herzhöle.     Das  obere  Blatt  wird  zum  Kiemenbogen träger. 

Fig.  8.  Ein  Embryo  von  Rana  fusca,  an  welchen  schon  zwei  äussere  Kiemen  hervorgetre- 
ten sind.  Die  schwarze  Umhüllungshaut  ist  hier,  wie  in  allen  folgenden  Figuren 
weggenommen.  Nur  an  den  Kiemen  ist  die  Abtrennung  nicht  möglich.  Rückenlage,  so 
zwar,  dass  die  untere  Fläche  und  auch  etwas  die  linke  Seite  sichtbar  wird.  Der  obere  Zwi- 
schenkiefer  (z)  ist  in  der  Bildung  begriffen,  linkerseits  aber  losgetrennt.  Der  vordere  Ein- 
gang zur  Visceralhöle  (M)  beginnt  aus  einem  mit  vier  abgestumpften  Ecken  versehenen 
Quadrangulum  in  die  horizontal -gelegene  Mundspalte  sich  zu  verwandeln.  Der  häutige 
Kiemendeckel  (K)  ist  bereits  hervorgewachsen. 

a.    Die  weissliche  Bildungsmasse,  wie  in  Fig.  7. 
c.    Die  Stelle,  wo  die  Sauggrübchen  festsitzen. 

Fig.  9.  Der  Embryo  in  fig.  8  ist  hier  anatomisch  so  behandelt,  dass  die  innere 
Fläche  der  Kopf- Visceralhöle  zur  Anschauung  kommt.  Zu  dem  J!nde  ist  der  Embryo  auf 
dem  Bauche  gelagert,  die  Schädelhöle  senkrecht  durchschnitten,  tind  ihre  Hälften  auseinander 
gebreitet.  Die  erste  Visceralspalte  (f )  ist  häutig  verwachsen ;  auch  die  obere  Abtheilung 
des  ersten  Visceralbogens  (Quadratbein)  hat  sich  mit  der  gleichen  des  zweiten  in  Verbin- 
dung gesetzt. 

a.  Die  uneigentlich  sogenannten  unteren  ZAvischenkiefer  der  Frosch-Larv^e,  welche 
aus  der  Vereinigungstelle  der  beiden  ersten  Visc<>ralfortsätze  sich  herausbilden. 

c.  Das  obere  Blatt  der  Herzhöle,  das  von  der  Membrana  reuniens  inferior  der 
zweiten  Visceralfortsätze  ausgeht. 

d.  Innere  OefFnung  der  Nasenhöle. 

e.  Die  Spalten  der  Aortenbogen, 
h.    Die  Aortenbogen  selbst. 


261 


Fig.  10.  Ein  etwas  älterer  Emliiyo ;  als  der  vorhergehende,  sonst  auf  dieselbe  Weise 
anatomisch  behandelt.  Die  oberen  Zwischenkiefer  (z)  haben  sich  bereits  über  den  ersten 
Visceralfortsatz  bis  zum  uneigentlichen  unteren  Zwischenkiefer  der  Frosch -Larve  ausge- 
dehnt. Die  zweiten  Visceralfortsätze  (f^)  sind  schon  vereinigt.  Das  obere  Blatt  der  Herz- 
höle  ist  weggenommen. 

a.    Das  Herz. 

c.  Die  Aortenbogen. 

d.  Das  untere  Blatt  der  Herzhöle, 

e.  Innere  OefFnung  der  Nasenhölen. 

Fig.  11.  Ein  etwas  älterer  Embryo,  als  der  in  der  vorigen  Figiir  dargestellte.  Die 
linke  Soitenwand  der  Kopf-Visceralhöle  ist  durchgeschnitten,  und  der  Embryo  alsdann 
so  ausgebreitet,  dass  die  äussere  Fläche  der  Viscei"alhöle  und  die  rechte  Seite  des  Schä- 
dels sichtbar  wird.  Man  sieht  das  Verhältniss  der  Visceralbogen  zum  Auge-  und  Ohr- 
Labyrinth.  Auch  der  häutige  Kiemendeckel  (K)  ist  in  seiner  grössten  Ausbildung  vor- 
handen.   Das  untere  Blatt  der  Herzhöle  ist  entfernt. 

a.    Das  obere  Blatt  der  Herzhöle,  dessen  Bildungsmasse  an  den  Rändern  etwas 
konsistenter  geworden  ist. 

c.  Das  Herz. 

d.  Die  Aortenbogen,  an  welchen  die  Bildungsmasse  der  Kiemenbogen  schon  sich 
markirt  hat. 

Fig.  12.  Die  ausgebildete  Larve  einer  Rana  fnsca.  Die  typische  Konformation  ist 
vollendet;  es  sind  schon  drei  äussere  Kiemen  vorhanden  und  die  Sonderung  der  Bil- 
dungsmasse hat  bereits  begonnen.  Die  schwarze  Umhüllungshaut  mit  der  Cutis  ist  ab- 
gestreift; desgleichen  auch  die  braungefärbten,  hornigen  Lamellen,  welche  der  Larve  als 
Fresswerkzeuge  dienen.  Die  Lagerung  der  Larve  ist  von  der  Art,  dass  die  rechte  Seite 
und  etwas  die  Jintere  Fläche  sich  präsentirt. 

a.    Die  uneigentlich  sogenannten  unteren  Zwischenkiefer  der  Frosch -Larve, 
c,  d,  e,  h.    Die  sichtbar  gewordenen  Muskel-Partieen  des  Kopfes, 
p.    Flossenartige,  häutige  Erweiterungen  des  Rumpf- Wirbelsystems. 
Fig.  13.    Die  untere  Flüche  der  häutig -knorpligen  Schädelbasis  der  Froschlarve  in 
Fig.  12.    Die  Kopf-Visceralhöle  ist  ganz  abgetrennt,  das  Gehirn  herausgenommen.  Das 
knorplige  Ohrlabyrinth  {'/_)  und  das  Auge  (9)  befinden  sich  lose  an  der  äusseren  Schädel- 
wand anliegend. 

a.    Die  häutigen,  schwärzlich  tingirten  Massen  des  Geruch -Labyrinthes, 
c    Die   Stelle,   bis    zu   welcher   die  grossen   Hemisphären  des   Gehirnes  sich 
ausdehnen. 

Fig.  14.  Eine  Larve  von  Rana  fusca  in  gleicher  Ausbildung  mit  der  in  Fig.  12  und 
13.  Die  Darstellung  beabsichtigt  das  Verhältniss  der  Ansatz -Stellen  beider  Visceralbogen 
an  den  Schädel,  von  der  inneren  Fläche  der  Kopf-Visceralh/ile  aus,  zur  Anschauung  zu  bringen. 
Zu  diesem  Endzweke  sind  die  unteren  Schluss-Partieen  der  Visceralbogen  weggeschnitten, 
und  die  Ueberbleibsel,  nachdem  die  Larve  auf  dem  Rücken  gelagert  Avar,  ausgebreitet. 
Die  Augen  (y)  schimmern  wegen  ihrer  schwarzen  Massen  hindurch.  Die  Visceralbogen 
sind  schon  etwa^  knorplig  geworden. 


262 


a.     Innere  Ocfl'niin';  der  .\;)Kpnhnle. 

c.    Rudinienle  der  vorderen  iiunipf-ExtreiaitKl. 
Die  Fig.  1  — 15  gehören  zur  Erläuterung  der  rein  typischen  Konformation  des  Kop- 
fes.   Theil  1.  Kaph.  1. 

Fig.  13.  Das  vergrösserte,  noch  unvollendete  Kopfskelet  einer  Larve  von  Ra?ia 
fusca,  bei  welcher  die  Knorpelniasse  der  Visceralbogen  bereits  in  ein  zel  ne  Ab  th  ei- 
lungen sich  geschieden  hat  (Theil  I.  S.  27  —  34).  Das  Auge  und  Gehirn  sind  saramt  den 
übrigen  Weichtheilen  entfernt.  Nachdem  die  rechte  Seitenwand  der  Kopf  -  Visceralhöle 
durchschnitten,  ist  das  Kopfskelet  so  gelagert,  dass  die  innere  Fläche  der  Visceralhöle 
sich  präsentirt.  Im  noch  häutigen  Zustande  befinden/sich  gegenwärtig  folgende  Bildungs- 
Bestandtheile:  die  Bildungsniasse  des  oberen  Kiefers  (m),  die  oberste  Partie  des  ersten 
Visceralbogens,  welche  sich  zum  Flügel-  und  Gaumenbein  metaniorphosirt  (c),  die  oberste 
Abtheilung  des  zweiten  Visceralbogens  (v)  und  der  Kiemenbogenträgor  (h^).  —  (),  /<,  ö,  x, 
z' ,  sowie  die  Schädelbasis  und  Kiemenbogen  sind  knorplig. 

a.    Innere  OelTnung  der  Nasenhöle, 

c.  Die  häutige,  brach  liegende  Partie  des^  ersten  Visceralbogens. 

d.  Der  an  der  äusseren  Fläche  mehr  sichtbare  Proce^sw*  orÄzia/fs  des  Quadratbeines. 

e.  Der  uneigenlliche,  untere  Zwischenkiefer  der  Froschlarven. 

h.  Der  Verbindungs -Fortsatz  des  Quadratbein -Knorpels  mit  der  oberen  Abthei- 
lung des  zweiten  Visceralbogens  und  niit  dem  Zungenbein-Sxispensorium. 

p.  Der  hintere  Fortsatz  der  oberen  Extremität  des  Zungenbein- Suspensoriums, 
an  welchen  sich  besonders  der  Aufheber  des  heutigen  Kiemendeckels  befestigt. 

y.    Die  brauugefärbtcn  hornigen  Lamellen,  die  Fresswerkzeuge  der  Frosch-Larven. 

t.  Augenhöle. 

Fig.  16.  Vollendetes  Knorpelskelet  (Theil  I.  S.  .34  —  38)  des  Kopfes  einer  Larve 
von  Rana  temporaria  etwas  vergrössei-t.  Das  Gehirn  sammt  der  noch  häutigen  Sciiädel- 
decke,  das  Auge  und  das  Geruch-Labyrinth  sind  entfernt.  Die  linke  Seitenwand  der  Kopf- 
Visceralhöle  ist  durchschnitten  und  durch  Ausbreitung  die  äussere  Fläche  derselben  und 
des  Schädels  zur  Anschauung  gebracht.  Man  sieht  auch  die  knorpligen  Nasenbeine  (n'j 
der  Frosch-Larven.  Ueberhaupt  ist  Alles  knorplig,  was  man  vor  sich  sieht,  nur  der  Kie- 
inenbogenträger  noch  nicht  vollständig. 

d,  e,  h,  p,  t  bezeichnen  dasselbe  wie  in  Fig.  15. 

a.    Die  noch  unförmliche  knorplige  Masse,  aus  welcher  späterhin  das  Gaumen^ 

und  Fliigelbein  sich  entwickeln, 
c.    Die  Gelenkverbindung  zwischen  dem  Meckelschen  und  Quadratbein -Knorpel, 
y.    Die    Gelenkverbindung   des    Zungenbein -Suspensoriums    mit    dem  Quadrat- 
'  beinknorpel. 

s.    Der  nach  hinten  gerichtete  Gelenk -Fortsatz  des  Meckelschen  Knorpels. 
Fig.  17.    Die  Muskeln  des  Kopfes  einer  Larve  von  Rana  fusca.   Sie  ist  in  gleichem 
Entwickelungszustande  mit  der  Frosch -Larve  der  Fig.  16,  und  dient  zur  Erläuterung  des 
in  §.  24  des  ersten  Theiles  Angeführten.    Der  Kopf  ist  auf  die  Kückenfläche  gelegt. 

a.    Der  untere  Zwischenkiefer  der  Larve. 

c.  Vordere  Extremität  des  Rumpfes. 

d.  Der  ins  genannten  Paragraphen  unter  a.  beschriebene  Varwäriszieher  des  Me-« 
ckelschen  Knorpels  und  unteren  Zwischenkiefers, 


e.  Ein  kleiner  Muskel,  welclier  unter  b.  ebendaselbst  angeführt  ist  und  den  un- 
teren Zwischenkiefer  erweitert. 

Ii.  Der  unter  c.  beschriebene  Muskel,  welcher'  den  Meckelschen  Knorpel 
zurückzieht. 

i.     Der  unter  d.  angeführte  Zurückzieher  des  Meckelschen  Knorpels. 

p.    Der  Zurückzieher  des  unteren  Zwischenkiefers  und  des  Meckelschen  Knorpels, 

welchen  wir  unter  e  beschrieben, 
l.     Der  Aufheber  des  häutigen  Kiemendeckels  (f). 

s.     Der  Niederdrücker  desselben  (g).  !  . 

y.  Weissglänzendes  Ligament,  Avelches  den  oberen  Zwischenkiefer  an  das  Qua- 
dratbein befestigt. 

Fig.  18.  Der  Kopf  einer  Kröten-Larve  {bufo  igneus),  welciie  sich  gerade  in  dem 
Stadium  der  Metamorphose  zum  entAvickelten  Thiere  befindet  (Theil  I.  S.  41 — 44).  Die 
Inaungefiirbten  hornigen  Lamellen  sind  mit  der  Verkümmerung  der  schwarzen  Umhüllungs- 
haiit  verschwunden.  Die  Cutis  ist  abgestreift.  Man  hat  die  untere  Fläche  und  die  linke 
Seife  des  etwas  vergrösserten  Kopfes  zur  Ansicht.  Man  sieht  die  beginnende  Erweiterung 
der  Mundött'nung  und  das  Verhalten  der  schon  etwas  knöchern  gewordenen  Bildungsstrei- 
fen  des  oheren  (m')  und  unteren  (e)  Kiefers  und  des  Os  tympanicum  {%). 

a.  Die  uneigentlichen  unteren  Zwischenkiefer  der  Froschlarve,  welclio  jefzt  anfan- 
gen ihre  Indi\idualität  aufzugeben  und  den  Meckelschen  Knorpeln,  als  dein 
gemeinsamen  Sehl assstück  derselben,  sich  einzuverleiben. 

c.  Die  knorpligen,  horizontalen  Theile  der  oberen  Zwischenkiefer. 

d.  Das  Ueberbleibsel  des  Muskels,  'welchen  wir  in  Fig.  17  mit  demselben  Buch- 
slaben bezeichneten. 

e.  Der  Processus  orbitalis  des  Meckelschen  Knorpels,  v.olcher  sesne  Lage  und 
Form  schon  verändert  hat. 

h.    Der  hintere  Fortsatz  des  oberen  Endes  vom  Zungenbein -Suspensorium. 
Der  Quadratbein-  und  Meckelsche  Knorpel,   so  wie  das  Zungenbein -Suspensorium 
sind  nur  als  durchschimmernd  anzusehen. 

Fig.  19.  Die  äussere  Fläche  des  Kopf-Skelets  -der  in  Fig.  18  dargeslelilcn  Krö- 
ten-Larve. Die  rechte  Wand  der  Kopf- Visceralhöle  ist  durchschnitten.  Man  sieht  die 
schon  verknöcherte  Schädeldecke.  Auch  die  Nasenbeine  (n'')  haben  die  Ossification  begon- 
nen. Die  breiteren  Knorpel  sind  zum  Unterschiede  locker  punktirt.  Die  obere  Ab- 
iheilung  des  zweiten  Visceralbogens  (i;),  welche  sich  bei  anderen  Fi'öschen  zu  Gchörr 
knöchelchen  umwandelt,  ist  hier  ihrer  gänzlichen  Auflösung  nahe.  Die  Kiemenbogen  sind 
weggenommen,  der,  Kiemenbogenträger  dagegen  vollständig  erhalten.  Er  ist,  wie  die  ein- 
zelnen Theile  beider  Visceralbogen,  noch  ganz  knorplig.     Die   Zunge   ist  im  Entstehen. 

a.    Der  untere  Zwischenkiefer  der  Froschlarven. 

c.  Der  Processus  orbitalis  des  Quadratbeinknorpels. 

d.  Der  Fortsatz  des  Kiemenbogenträgers,  an  welchen  sich  der  erste  Kiemenbo- 
gen befestigt.  ' 

e.  Eine  häutige  Masse,  über  welcher  die  Zunge  liegt. 

Fig.  20.    Dasselbe  Kopfskelet  von  der  inneren  Fläche  der  Visceralhöle.     Die  Kie- 
^lenbogen  haften  am  Kiemenbogenträger.     Das  Entstehen  des  Gaumen-  und  Flügelheines 


264 


n.)  aus  der  oberen  unförmllclien  Knorpel-Partie  des  ersten Visceralbogens  (Fig.  16.  a). 
Das  Verhältniss  des  sogenannten  sphenoideum  basilare  (d)  bei  den  Froschlarven, 
a.    Der  frühere,  untere  Zwischenkiefer  der  Larve. 

c.  Der  Process.  orbitalis  des  Quadratbeinknorpels. 

d.  Das  sphenoideum  basilare,  noch  lose  an  der  knorpligen  Schädelbasis  anliegend. 

e.  Die  Schleimhaut,  in  welche  er  übergeht, 
h.    Das  foramen  ovale  des  Gehör- Labyrinthes. 

p.    Muskel -Partie  des  mit  d  in  Fig.  18  bezeichneten  Muskels, 
y.    Innere  OefFnung  der  IVasenhöle. 
Die  Fig.  19  und  20.    Zur  Erläuterung  der  S.  44  —  49.  Theil  L 

Fig.  21.  Ein  Theil  der  Schleimhaut  aus  der  Kopf- Visceralhöle  mit  dem  sogenann- 
ten sphenoideum  basilare  von  einer  jungen  Froschlarve.  Der  Knochen  ist  noch  in  der  Ver- 
grösserung  begriffen,  und  man  sieht  um  ihn  herum  einen  durchsichtigeren  Theil  der  Schleim- 
haut, welcher  dazu  verwendet  werden  soll. 

a.    Das  sogenannte  sphenoideum  basilare. 

c.  Der  zur  Erweiterung  der  Knochen  schon  veränderte  Theil  der  Schleimhaut. 

d.  Schleimhaut. 

Fig.  22.  Das  Flügelbein  (fr),  der  rudimentäre  Quadratbeinknorpel  [q)  und  das 
Paukenbein  (z)  einer  beinahe  ausgebildeten  Rana  fusca.  Das  Paukenbein  ist  von  dem 
Quadratbeinknorpel  abgenommen. 

Fig.  23.  Das  Kopfskelet  eines  jungen  Bufo  igneus  etwas  vergi'össert.  Man  sieht  die 
innere  Fläche  der  linkerseits  durchschnittenen  und  geöffneten  Kopf -Visceralhöle.  Die  Me- 
tamorphose zum  entwickelten  Thiere  geht  ihrer  Vollendung  schon  stark  entgegen  (Theil  L 
S.  49  —  54).  Die  Kiemenbogen  sind  nur  noch  als  Rudimente  vorhanden.  Auch  der  Qua- 
dratbeinknorpel hat  sich  mehr  und  mehr  mit  den  anbangenden  Theilen  zurückgezogen  und 
ist  rudimentär  geworden;  dagegen  Gaumenbein,  Flügelbein  und  der  Meckelsche  Knorpel 
bedeutender  entwickelt  sind.  Das  Zungenbein -Suspensorium  ist  vollständig  ausgebildet. 
Der  vierte  uneigentliche  Kiemenbogen  beginnt  seine  Umwandlung  zum  hinteren  Horn  des 
Zungenbeines  und  ist  schon  etwas  ossifizirt.  —  Man  sieht  endlich  in  vorliegender  Figur 
das  Verhältniss  der  Cartilagines  arytaenoideae  (d)  zu  den  Lungen  (c)  und  beider  Theile 
ssusammen  zu  der  Schleimhaut  des  Tubus  intestinalis  (p).  Auf  der  rechten  Seite  ist  letz- 
tere von  dem  Kiemenbogenträger  und  den  giessbeckenförmigen  Knorpeln  losgelöset. 
a.    Der  frühere  untere  Zwischenkiefer  der  Froschlarve. 

c.  Die  Lungen. 

d.  Cartilagines  arytaenoideae. 

e.  Die  noch  etwas  markirten,  lockeren  Massen  von  dem  aufgesogenen  Theile 
des  Zungenbein  Suspensoriums. 

h.    Der  noch  häutige  Fortsatz  des  Flügelbeines  zum  Ohrlabyrinthe. 

p.    Tubus  intestinalis. 
Fig.  24.    Das  Kopfskelet  einer  jungen,  doch  vollkommen  ausgebildeten  Rana  fusca 
(Theil  I.  Kapit.  IIL).     Die  linke  Wand  der  Visceralhöle  ist  vom  Schädel  abgelöset  und 
der  Kopf  auf  die  innere  Fläche  der  Kopf- Visceralhöle  ausgebreitet,  so  dass  die  äussere  zur 
Anschauung  kommt.    Die  knorpligen  Theile  sind  locker  punktirt. 

a.  Das  iiesiduum  des  uneigentlich  sogenannten  unteren  ZwischenkieferderFroschlarve. 


265_ 

c.  Diejenige  Partie  des  ersten  Seitentheiles  der  Schädelhöle,  welche  bei  älteren 
Individuen  sehr  kräftig  ossifizirt  wird. 

d.  Augenhöle. 

e.  Die  Geruchhölen.    Die  Labyrinthe  sind  entfernt. 

g.    Das   rechte,  noch  knorplige  Quadratbein,   welches  nur  mit  seinem  Gelenk- 
stücke frei  ist,  im  Uebrigen  vom  Paukenbein  bedeckt  wird. 

•>h  ]'{■•' 

Tali.  II, 

Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Kopfes  der  geschwänzten  Batrachier. 

Die  Untersuchungen  sind  meistentheils  am  Triton  taeniatus  und  nicht,  wie  wir  ange- 
geben, am  Tr.  cristatus  gemacht  5  denn  letzterer  ist  hier  seltner  zu  finden. 

Die  Fig.  1 — 14  betreffen  die  rein  typische  Konformation  des  Kopfes.  S.  75  —  93. 

Fig.  1.  Ein  Embryo  des  Triton  cristatus,  von  ungefähr  l'/j  Linien  Länge,  vergrös- 
sert  dargeslellt.  Die  Eihüllen  sind  entfernt.  Linke  Seiten-Ansicht.  Frühste  Andeutung 
des  Kopf-Yisceralstreifens  (T).  Das  Auge  deutlich,  doch  ohne  Färbung.  An  den  Rücken- 
und  Visceralplatten  des  Rumpfes  (R,  T)  erste  Spuren  einer  Wirbel- Abzeichnung.  Das 
schmarotzerartige  Umwachsen  der  Rücken-  und  Visceralplatten  um  die  Dotterkugel  im  Ge- 
gensatz zu  den  Fröschen  Tab.  L  Fig.  1.  2.  etc.  Hie  Membrana  reuniens  superior  (O),  hier 
ansichtlicher  als  bei  den  Fröschen.  ,  f  > 

Fig.  2.  Ein  um  Weniges  älterer  Embryo  als  der  vorige  von  Triton  taeniatus.  Die 
Eihüllen  sind  weggenommen.  Ansicht  der  unteren  Fläche  und  etwas  von  der  linken  Seite. 
Bei  dieser  Lagerung  ist  die  Kopf- Visceralplatte  nicht  zu  erkennen. 

Fig.  3.  Ein  ungefähr  2'/>  Linien  langer  Embryo  von  Triton  cristatus.  Nach  Ent- 
fernung der  Eihüllen,  Rückenlagerung  des  Embryo;  stärker  hervortretende  Yisceralplalten 
des  Kopfes  (T),  welche  im  Begriff'  stehen  den  Visceralfortsatz  zu  entwickeln.  Die  erha- 
bene Wulst  von  (ien^  Herzen  und  den  Aortenbogen  (Y)  ist  schon  etwas  zurückgedrängt. 
Auge  noch  ohne  Färbung. 

a.    Das  ScliAvanzende,  an  der  Dofterkugel  festliegend. 

Fig.  4.  Ein  Embryo  von  Triton  taeniatus,  von  der  Cutis  und  den  Eihüllen  befreit, 
und  nur  wenig  älter  als  der  in  Fig.  4-  Linke  Seiten- Ansicht.  Das  Ohr-Labyrinth  {yj 
ist  schon  markirt.  Beginnendes  Hervortreten  des  ersten  Yisceralfort^atzes.  Der  Embryo 
fängt  an  von  der  Dotterkugel  sich  losziiwinden. 

Fig.  5.  Ein  ungefähr  drei  Linien  langer  Embryo  von  Triton  taeniatus.  Die  Eihäute 
sind  zuerst  entfernt:  dann  der  Embryo  in  schwachem  Acidum  nitricum  erhärtet;  darauf  die 
Cutis  abgelöset.  Getheilte  Ansicht  auf  die  untere  Fläche  und  die  linke  Seitenwand.  Die 
Nasenfortsätze  (n)  sind  hervorgebildet,  die  ersten  Yisceralfortsätze  bedeutend  entwickelt. 
An  der  erhabenen  Wulst  (Yj  sind  die  länglichen  Streifen  von  den  Aortenbogen  hervorge- 
trieben.   Das  Auge  ist  schon  scliwärzlich-grau  tingirt. 

Fig.  6.  Ein  Embryo  von  Triton  cristatus,  ungefähr  von  derselben  Entwickelungsstufe, 
wie  in  Fig.  5  der  Embryo  des  Tritoh  taeniatus.  Linke  Seiten-Ansicht.  Das  eigenthüm- 
liche  Yerhalten  der  Ruiupfwirbel. 

Fig.  7.  Ein  ungefäbr  4  Linien  langer  Embryo  von  Trito7i  taeniatus  nach  Hinweg- 
nahme der  Eihüllen  und  der  Cutis,  vergrösscrl  dargestellt.   Rückenlage.   Der  erste  Yisccral- 

34 


_  266 

l'ogen  ist  Iteiiiahe  ausgebildet;  die  heivorgptretenem  zweiten  Visceialfortsätze  (f^)  a\ erden 
noch  durch  die  Membrana  reuniens  inferior  verbunden.  Die  Bildungsmassen  der  OVeikiefcr 
(m)  sind  entwickelt,  und  setzen  sich  mit  den  Nasenfortsätzen  in  Vereinigung.  Die  IMurd- 
öffnung  bildet  ungefähr  ein  Viereck  (M). 

Fig.  8.  Der  vielfach  vergrösserte  Kopf  eines  rnVow  taeniatus ,  älter  als  der  in  Fig.  7. 
Die  Eihüllen  und  die  Cutis  sind  ahgelöset,  nach  vorangegangenem  Erhärten  in  Salpeter- 
säure. Die  Ansicht  der  unteren  Fläche  und  auch  etwas  von  der  rechten  Seit".  Es  Maren 
geringe  Sptiren  von  äusseren  Kiemenstummeln  sichtbar.  Der  erste  Visceralbogen  (b)  ist 
vollendet,  die  zweiten  Visceralfortsätze  sind  in  der  Vereinigung  begriffen.  Entstehen  des 
häutigen  Kiemendeckels  (K),  und  der  Koi)f-Extremität 'der  jungen  Tritonen  (a).  Die 
Mundöffnung  beginnt  horizontal  zu  werden. 

a.    Die  Kopf- Extremität  der  jungen  Tritonen. 

c.  Aortenbogen. 

d.  Grenze  der  Stirnwand  (S). 

'"  '''  -  Fig.  9.  Ein  Embryo  des  Triton  taeniatus,  welcher  eben  von  den  Eihüllen  sich  be- 
freit hat.  Die  Cutis  ist  abgelöset.  Rückenlage.  Die  typische  Konformation  ist  ihrer  Vol- 
lendung nahe.  Der  zweite  Visceralbogen  (b^j  ist  vollendet,  der  Kiemendeckel  ausgebil- 
det, die  äusseren  Kiemen  (G),  und  darunter  die  vordere  Rumpf- Extremität  (c)  sind  deut- 
lich im  Entstehen.  Auch  die  Bildungsmassen  der  oberen  Zwischenkiefer  fz)  beginnen  sich 
bervorztibilden ,  und  die  Mundoffnung  wird  horizontal,  beinahe  halbmondförmig.  Die  erste 
Kiemenspalte  (f)  ist  geschlossen. 

a.    Die  Kopf- Extremität  schon  ausgebildet. 

c.  Die  vordere  Extremität  des  Rumpfes. 

d.  Spalte  zwischen  den  Nasenfortsätzen. 

X.    Die  kleine  Erhabenheit   der  Bildungsmasse  für  das  Thränenbeinchen  (Thrä- 
nenbeinfortsatz). 

Fig.  10.    Derselbe  Embryo  wie  in  Figur  9.    Ansicht  der  inneren  Fläche  der  Kopf- 
Visceralbölc.     Zu   dem  Ende   der  Embryo    auf  den  Rücken   gelegt,  die  Seitenwand  der 
Yisceralhöle  rechts  durchschnitten  und  zurückgeklappt, 
a    c,  wie  in  der  Fig.  9. 

d.  Oberes  Blatt  der  Herzhöle,  woraus  sich  der  Kiemenbogenträger  entwickelt. 

e.  Aortenbogen. 

h.  Durcbschnittsfllächen. 
Fig.  Ii.   Die  innere  Fläche  der  Visceralhöle  eines  nur  wenig  iWi^veu  Triton  taeiiiatus, 
als  der  in  Fig.  10.    Der  junge  Triton  ist  auf  die  Bauchfläche  gelegt,  die  Rückenplatten  sind 
senkrecht  durchschnitten  und  auseinander  geklappt. 

a,  c,  d,  e,  wie  in  der  vorigen  Figur. 

h.  Die  Durchschnittsfläche  der  Rückenplatten.  . 
Fig.  12.  Ein  junger,  etwas  vergrösserter  Triton  taeniatus,  welcher  schon  zwei  Tage 
ausserhalb  der  Eihüllen  gelebt  hat.  Man  sieht  die  innere  Fläche  der  Kopf- Visceralhöle. 
Die  anatomische  Behandlung  ist  zu  dem  Ende  e^erso,  wir  in  Fig.  10.  J^ie  Schleimhaut 
*st  abgt löset.  Die  tA^pische  iConformation  ist  volli  ndel.  Der  obere  und  unurc  Zwiscbfn- 
kiefer  sind  ausgebildet  (z,  «). 


267 


a,  c,  e,  wie  in  Fig.  10,  11. 

d.  Das  unlere  Blatt  der  Herzhöle,  das  obere  ist  weggenommen, 
h.    Die  Dxirchsclinittsflächen. 

Fig.  13.  Der  junge  Triton  der  vorigen  Figur,  ganz  unversehrt,  nur  die  Cutis  isl 
abgezogen.  Rückenlage. 

a,  c,  e  wie  in  der  vorigen  Figur. 

b.  Die  untere  Flärhe  des  unteren  Blattes  der  Herzhöle. 

Fig.  14.  Ein  junger  2'riton  taeniatus,  bei  welchem  schon  die  Sonderung  der  Bil- 
tJung!5masse  bereits  begonnen  hat.  Die  Cutis  ist  überall  abgezogen,  nur  nicht  an  den  äus- 
seren Kiemen,  wo  sie  untrennbar  festhaftet.  Rückenlage.  Entstehen  der  knorpelartigen 
Bildungsstreifen  des  unteren  Kiefers  und  Zwischenkiefers  (e,  a).  Die  Mundölfnung  ist 
vollständig  ausgebildet. 

a,  c,  wie  in  Fig.  13  etc. 

e.  Die  durchschimmernde,  weissliche  Bildungsmasse,  welche  sich  zur  EntAvicke- 
lung  des  vorderen  Knochenblättchens  vom  unteren  Zahngerüste  der  Schleim- 
haut angehäuft  hat. 

Fig.  15.  Ein  schon  mehr  herangewachsener  junger  Triton  taeniatus,  bei  welchem 
die  vordere  Rumpf- Extremität  (c)  schon  Fingerbildung  zeigt,  und  die  Kopf- Extremität  (aj 
im  Verkümmern  begriffen  ist.  Man  sieht  die  innere  Fläche  der  Kopf- Visceralhöle,  bedeckt 
von  der  Schleimhaut  mit  ihrem  Zahnskelete,  welches  noch  nicht  ganz  vollendet  ist.  Die 
Knorpelmassen  der  Visceralbogen  sind  noch  nicht  in  einzelne  Abtheilungen  geschieden. 
Der  obere  und  unlere  ZwiscTienkiefer  (z,  a)  sind  bereits  ossiiizirt,  mit  kleinen  Zähnchen 
besetzt.  Die  eigentlichen  Kiemenbogen  ('B  )  sind  entwickelt,  fast  knorplig  und  mit  noch 
weichen  Zackchen  versehen.  Der  Kiemenbogenträger  in  der  Bildung  begriffen, 
a,  c,  wie  in  Fig.  14. 

d.  Die  innere  Oeffnung  der  Nasenhöle. 

e.  Das  obere  Blatt  der  Herzhiile,  an  welchem  die  Bildungsmasse  an  den  Rän- 
dern sich  angehäuft  hat,  um  den  Kiemenbogenträger  (b^)  zu  bilden. 

h.  Die  Stelle,  bis  zu  welcher  die  durchschimmernden  grossen  Hemisphären  des 
Gehirnes  reichen. 

p.   Das  obere  Zahngerüste  der  Schleimhaut  der  Kopf- Visceralhöle,  sclnvach  knöchern, 
q.    Das  vordere  Knocbenblättchen  des  unteren  Zahngerüstes,  schwach  knöchern, 
t.    Das  hintere  Knochenhhittchen  desselben,  noch  wenig  entwickelt  und  hier  et- 
was stärker  nmrkirt. 

Fig.  16.  Ein  junger  Triton  cristatus,  mehr  entwickelt  als  der  Triton  taeniatus  in 
Fig.  13.  Die  Kopfextremität  ist  verschwunden.  Die  vordere  Rumpf- Extremität  vollstän- 
dig atisgebildet,  die  hintere  in  der  Entwickelung  begritfen.  Ansicht  der  inneren  Fläche 
der  Kopf- Visceralhöle,  von  der  Schleimhaut  mit  ihrem  Skelete  Liedeckt.  Die  linke  Wand 
der  Visceralhöle  ist  abgelöset  und  zurückgeklappt. 

a.  Die  Schleimhaut  mit  dem  Zahnskelet. 

b.  Das  vordere  Knochenblättchen  des  oberen  Zahngerüstes, 
ü.    Das  hintere  Knochenblättchen  desselben. 

e.    Das  platte  Knorpelstückchen  des  oberen  Zahngerüsles ,   welches  an  drns  Qua- 
dratbeinknorpel  anliegt. 

34  ' 


268 


h.    Das  vordere  KnochenLlättchen  des  unteren  Zahngerüstes  der  Schleimhaut, 
q.    Das  hintere  desselben. 

q.    Das  Knorpelblättchen,  welches  die  beiden  hinteren  Knochenblättchen  des  UO' 
teren  Zahngerüstes  verbindet. 

t.  Die  von  der  Schleimhaut  überzogene  Vertiefung  zwischen  dem  ersten  und 
zweiten  Visceralbogen. 
Fig.  17.  Das  Präparat  der  Fig.  16  nach  Hinwegnahnie  der  Schleimhaut  mit  ihrem 
Zahnskelete.  Die  Schädeldecke  ist  noch  häutig,  die  ersten  und  dritten  Seitentheile  des 
Schädelgewölbes  sind  knorplig,  die  Basis  desselben  bis  zu  dem  dritten,  knorpligen  Wirbel- 
körper ist  knöchern.  In  den  Visceralbogen  ist  die  Knorpelmasse  schon  längere  Zeit  in 
Abtheilungen  geschieden,  und  das  hier  nicht  sichtbare  Paukenbein  ist  als  knorpelartiger 
Bildungsstreifen  vorhanden.  Vom  Kiomenbogenträger  (b')  hat  sich  schon  das  erste  Knor- 
pelstück abgesondert;  das  mit  demselben  parallel  verlaufende  sechste  ist  noch  nicht  vor- 
zufinden; die  übrigen,  welche  die  Kiemenbogen  tragen,  und  in  den  vierten  uneigentlichen 
Kiemenbogen  ausgehen,  sind  knorpelartiger  Natur,  doch  nicht  von  einander  geschieden. 
Das  linke  Auge  ist  herausgenommen. 

a.    Die  horizontalen  Fortsätze  (sog.  Vomer)  der  ersten  Seitentheile  des  Schädelgewölbes. 

c.  Das  Foramen  opiicum  mit  demselben. 

d.  Tiefer  liegende  häutige  Massen. 

e.  Die  noch  häutige  untere  Wand  der  Nasenhölen. 

h.    Muskel -Partieen,  welche  den  Unterkiefer- Apparat  bewegen, 
p.    Das  gesonderte,  knorplige  Stück  des  Kiemenbogenträgers. 
Fig.  18.    Die  vcrgrösserte,  losgelösete  Basis  des  Schädels  der  Fig.  17.    Es  haften 
an  ihr  noch  die  knorpligen  Ohrlabyrinthe,   an  Stelle   der  zweiten  Seitentheile,  und  die 
knorpligen  Seitenlheile  dos  dritten  Schädohvirbels  (o^).    ß,  fJ' ,  sind  knöchern,  [p  knorplig. 

Die  knoipligen  Theile  sind  zum  Unterschiede  von  den  knöchernen,  wo  es  anging, 
gewöhnlich  locker  punktirt. 

Fig.  19.  Die  losgelöseten  ersten  Seitentheile  des  Schädels  und  die  oberen  Zwischen- 
kiefer von  demselben  Kopfe,  o  ist  knorplig,  z'  knöchern.  An  dem  linken  ersten  Seiten- 
lheile ist  noch  der  Quadratbeinknorpel  befestigt. 

a.    Die  horizontalen  Fortsätze  der  ersten  Seitentheile. 
C.    Die  perpendikiilären  Theile  des  oberen  Zwischenkiefers. 
Fig.  20»    Das  vergrösserte  obere  Zahngerüste  der  Schleimhaut, 
a.    Die  vordeien  Stücke, 

» 

c.  Die  hinteren» 

d.  Das  halb  verknöcherte  Knorpelblättchen  der  hinteren  Stücke. 

e.  Die  Trennungsnaht  beider  Stücke. 

Fig.  21.  Die  innere  Fläche  der  Kopf  -  Visceralhöle  eines  Triton  taeniatus,  dessen 
Schädelriocke  zum  Theil  verknöchert  ist,  und  bei  dem  die  hinteren  Extremitäten  schon  fungiren* 
Die  linke  Visceralhölen  -  Wand  ist  abgeiöset  und  zurückgeschlagen ,  und  das  Zahnskelet 
mit  der  Schleimhaut  entfernti  Der  zweite  Wirbelkörper  hat  sich  schon  etwas  seitlich  und 
hinterwärts  erweitert.  Der  Bildungsstreifen  des  Paukenbeines  (r)  ist  schon  etwa.s  ossifisirt. 
a.    Muskeln  des  Untcikiefers. 

c.    Strahlige  Muskel -Partieeil  an  der  unlcrn  Fläche  des  h/iut'gcn  Kiejncndeckels. 


269 


d.  Die  horizontalen  Fortsätze  der  ersten,  noch  knorpligen  Seitentheile. 

e.  Die  häutige  untere  Wand  der  Nasenhölen. 

h.    Zwei  sich  auszeichnende  Knochenstreifen  in  dem  zweiten  Wirhelkorper. 
Fig.  22.    Der  Kopf  der  Fig.  21.    Ansicht  auf  die  obere  Fläche   des  Gesichts  und 
Schädels.    Die  Nasenfortsätze  und  Oberkiefer  sind  noch  häutiger  Natur;  die  Stirnbeine  (oj 
und  Scheitelbeine  (o^)  sind  ossilizirt. 

a.    Die  perpendikulären  Theile  der  oberen  Zwischenkiefrr  (z'). 

c.  Die,  von  den  inneren  Winkeln  der  Stirnbeine  nach  den  perpendikulären  Thei- 
len  der  oberen  Zwischenkiefer  abgehenden,  schmalen  Fortsätze. 

d.  Der  Raum  zwischen  den  letztgenannten  Fortsätzen. 

Fig.  23.  Die  Ansicht  auf  die  Oberfläche  des  Kopfes  eines  ausgebildeten,  jungen 
Triton  taeniatus.  Die  Augen  sind  herausgenommen.  Die  Schuppe  des  Hinterhauptsbeines 
ist  nur  rudimentär,  zum  Theil  von  den  Scheitelbeinen  bedeckt.  Alles  ist  knöchern  bis 
auf  das  Quadratbein  und  die  Meckelschen  Knorpel. 

a,  c,  d,  bezeichnen  dasselbe,  wie  in  Fig.  22. 

e.  Das  zurückbleibende,  dreieckige  Knochenstückchen  vom  Knorpelblättchen  des 
oberen  Zahngerüstes  der  Schleimhaut,  das  sogenannte  Os  pterygoideum  linker  Seits. 

h.    Der  fasrige  Verbindungstheil  des  Oberkiefers  mit  dem  Quadratbein. 
Fig.  24.    Die  Ansicht  auf  die  untere  Fläche  des  Schädels  und  Gesichtes  von  dem- 
selben Triton.    Die  Basis  des  dritten  Wirbels  ist  von  der  des  zweiten  bedeckt, 
h,  e,  wie  in  Fig.  23. 
a.    Innere  OefFnung  der  Nasenhöle. 

c.  Das  Rudiment  von  dem  vorderen  Stücke  des  oberen  Zahngerüstes   (Os  palali- 
num  seg.);  links  ist  es  weggenommen. 

d.  Die  horizontalen  Fortsätze  des  ersten  Seitentheiles  der  Schädelhöle, 
p.    Die  des  Oberkiefers, 

q.    Die  des  obern  Zwischenkiefers. 

t.    Augenhölen.  ' 
T.    Das  Paukenbein  besteht  noch  aus  zwei  Stücken. 
Fig.*  25.    Der  aus:go1)ildpte  Kiemenbogenträger  mit  dem  Zungenbeinkörper  der  jungen 
Tritonen,  im  knorpligen  Zustande. 

a,  c,  d,  die  Stücke,  welche  Kiemenbogen  tragen. 

e.  Das  erste  Stück  des  Kiemenbogenträgers,  welches  zum  sogenannten  vorderen 
Stücke  des  hinteren  Ziingenbeinhornes  der  Tritonen  wird. 

h.    Das  sechste  Stück,  -welches  in  die  ColiimeUa  sich  verwandelt. 

Das  fünfte  Slück  oder  der  vierte  uneigentliche  Kiemenbogen,  schon  ohne  Zack- 
chen,  welcher  unserer  Ansicht  nach  zum  hinteren  Stücke  des  hinteren  Zun- 
genbeinhornes  wird. 

Fig.  26.  Das  Zungenbein  mit  dem  KTemenbogenträger  eines  sehr  jungen,  aber 
schon  ausgebihleten  Triton  taeniatus.  Die  knorpligen  Partieen  sind  wiederum  zum  Unter- 
schiede locker  punctirt. 

e,  h,  d,  Avie  in  voriger  Figur. 

a.    Die  zusammengeschrumpfte  Knorpeunasse  der  drei  Stücke   des  Kiemen nog'en- 
trägers,  Avelche  die  eigentlichen  Kiemenbogen  trugen. 


_270 

Fig.  S7*   Der  Zungenbftihköfper  mit  dem  tudimwitärfeti  Kiemfenbogentrfigw  eines 
alten  Triton  taeniatm. 

n,  e,  h,  Wie  in  Fig.  26.  u/i  K 

Fig.  28.    Darstellung  der  Muskeln  eines  jungen  mit  Kiemen  versehenen  Triton 
taeniatus,  welche  bei  der  Verwandlung  des  Kiemen-Apparates  zur  Sprache  kommen.  Rücken- 
lage des  Kopfes.      Der  häutige  Kiemendeckel  ist  linkerseits  losgetrennt  und  zurückge- 
schlagen.   (Theil  I.  S.  114  —  116). 
c,  h,  wie  in  Fig.  27. 

a.    Der  Muscle  temporo- guttural  und  stylosous  -  hyoidien  Dug.  =  Constrictor  pha- 
rijngis  und  mylohyoideus  des  erwachsenen  Triton. 

c.  Der  Adductor  arcuum  branchialium  longus  v.  Sieb.  —  Muse,  geniohyoideus  und 
genioglossus  im  ausgehildeteti  Zustande. 

d.  Der  Adductor  arcuum  branchialium  brevis  s.  Muscle  pre-stylo  -prebranchial  Dug. 
p.    Der  Adductor  arcuum  branchialium  s,  interbranchial.  Dug. 

Die  Muskeln  d.  und  p.  sollen  nach  unserer  Ansicht  beide  zusammen  den  Musculus 
cerätoglossus  Fig.  29.  r].  bilden. 

i.  '  Das  untere  Blatt  der  Herzhöle. 
y.  Aortenbogen. 

Fig.  29.    Darstellung  der  Muskeln  in  Fig.  25  eines  alten  Triton  taeniatus.    Wir  be- 
merken  hier,  dass   an  vorliegendem  Individuum   das  hintere  Stück  des  hinteren  Zungen- 
beinhornes  rechterseits  gänzlich  fehlte.    Es  ist  daher  das  fehlende  Stück  der  Vollständige 
keit  wegen  angedeutet.    Die  anatomische  Behandlung  ist  wie  in  Fig.  28. 
a.    Constrictos  pharyngis  et  mylohyoideus. 
c.    Musculus  geniohyoideus  und  genioglossus. 

q.    Musculus  cerätoglossus.    Rechterseits  ist  er  kürzer,  und  al's  aus  dem  Adductor 
arcuum  branchialium  brevis  (Fig.  27.  d.)  allein  entstanden,  anzusehen. 

e.  h,  wie  in  Fig.  58. 


Allgemeingültige  Bezeichnungen  der  Tab.  III. 

ZurSchuJelhÖle. 

I.     ß.    Die  Basis    oder   der  Körper   des    ersten   Schädel  Wirbels   (Vorderes  Körper- 
stück vom  Keilbein ) , 
ff.    Die  vorderen  Keilbeinflügel  oder  die  Seitentheile ,  und 
.0.    Die  oberen  Schlussstücke  desselben  oder  die  Slirn!)clne. 
Iii   ß"^.  Die  Basis  oder  der  Körper  des  zweiten  Schädelbogens  (Hinteres  Körperstück 
vom  Keilbein), 
a'\  Die  hinteren  Keilbeinflügel  oder  die  Seitentheile  und 
o"^.  die  oberen  Schlussstücke  (Scheitelbeine)  desselben.  • 

lo'^.  Die  Schuppe  des  Schläfenbeines ,  ein  accidenf elies  oberes  Sehl nssstück  im  zwei- 
ten St  hädelbogen.    (  Säugethiere .  A  ögel). 


271 


III.  ß^.  Die  Basis  oder  der  Körper  des  dritten  Schädelbogens  (des  Hinterhauptsbeines). 
a^.  Die  Seiten-  oder  Gelenktheile  desselben. 

n^.  Das  obere  Schlussstück  oder,  die  Schuppe  df'S  Hinterhauptsbeines.  ' 

Die  accidenlcllen  oboron  Scbhissstücke  im  dritten  Schäd^lbogcn  oder  die 
Partes  mastoideae  dos  Schläfenbeines.    (Säiigoihiore,  Fis<;Iie). 

Zur    Visceral  Ii  öle    des    Kopfes.  ' 

I.  Die  Hartgpbilde  des  ersten  Vi^ceralbogens :  , 
gl.  j^/.,    Das  Gaumenbein  ^  ,    „  \ 

TT.  Das  Fliigolbein  -  J  höhere 

Q.  Das  Quadratbein  f  Ambos)  )  niedere  >  "''jl^^jl"^!"« 

(.1.  Der  Meckelsche  Knorpel  (Hammer,  das  Gelenkstück  >Wirhel- i  Frösche 

'  des  Unter -Kiefer -Apparats)  ^  thiere.  ) 

b.  Die  Aussengebilde  des   ersten  Visceralbogens,  welche  am   Quadralbein  und 

dem  Meckelschen  Knorpel  den  ersten  Kopfgürtel  bilden :  7 

z.  Das  Paukenbein  (am  Qiiadratbein) ,  bei  den  Fischen  Praeoperculum.  i 

t.    Der  untere  Kiefer  (        i»»    i   i    i       t-  i 

,^  r,   .    ,     1  .  o    s  am  Meckelschen  Knorpel. 

a.    IJer  unlere  Zwischenkiefer/ 

II.  Die  Ilartgebilde  des  zweiten  Visceralbogens: 

a.  V.    Die  obere  Abtheilung,  aus  welcher  Ac^v  Stapes,  Columella,  die  Gehörknöchelchen 

der  Frösche  sich  bilden;  bei  den  Gräthenfischen ,  als  Residuum,  der  Processua 
styloideiis  des  Zungenbeinsuspensoriums. 
(J.    Das  vordere  Zungenbeinhorn.  (Suspensorium). 

X.    Der  vordere  Zungenbeinkörper,   oder  der  Zungenbeinkörper  schlechtweg  ge- 
nannt, weil  der  hintere  öfJers  fehlt. 

b.  Die  Aussengebilde  des  zweiten  Viscei'albogens,  welche  nur  bei  den  Fischen 
Skelettheile  zu  einem  zweiten  Kopfgürtel  erzeugen.    Es  sind; 

O.    Das  Operculum         )  "  ■rir  i  r,, 

S.    Das  Suboperculum      an  der  oberen  Abtheilung. 
J.    Das  Intcroperculum  ) 

R.    Die  Radii  branchiostegi  am  Zungenbein -Suspensorium. 
HI.  Die  Ilartgebilde  des  dritten  Visceralbogens,  des  hintern  Zungenbeinhornes  (Sus- 
pensorium )  und  des  binleren  Zungenbeinkörpers  sind  nirgend  gezeichnet.  i 
Statt  dessen  bei  den  niederen  Wirbel thieren: 

K.    Der  Kiemenbogenträger. 
Zum  Gesieht: 

ma.    Das  sogenannte  eigentliche  Oberkieferbein ,  die  vordere  Abtheilung  des  geneti- , 
sehen  Oberkiefers. 

Die  hintere  Abtheilung  desselben,  das  Jochbein,   Quadratjochbein,  Quadrat- 
kieferbein etc.  ...-V'.. 

n.    Die  Nasenbeine,  der  Nasenbeinknorpel  des  Hechtes,  Barsches  etc. 

V.    Die  Gesichlsbasis. 

z.    Die  oberen  Zwischenkiefer. 

\.     Die  Tbnint'uheincliei). 


272 


y.    Der  Lippenknochen  der  Fische. 
Zu  den  Sinnesorganen: 

1.  Das  Ohrlabyrinth,  Tars  petrosa  des  Schläfenheines. 
'^p.    Das  Gemchlabyrinth,  Os  ethmoideuni' 


Besondere  Erläuterungen  «u  Tali,  III. 

Zu  den  Bildiingsgesetzen  des  Wirbelthier- Kopfes  im  Allgemeinen  und  seinen 
hauptsächlichsten  Variationen  durch  die  einzelnen  Wirbelthier -Klassen. 

Fig.  I.  Das  Kopfskelet  einer  jungen  Cohiber  natrix.  Der  Unterkiefer^ Apparat  und 
das  Zungenbein  ist  hinweggenommen.  Das  Skclet  ist  auf  die  Oberfläche  des  Schädels  und 
<jlesichtes  gelegt;  man  sieht  die  ganze  obere  Decke  der  Kopf-Visceralhöle.  Linkerseits 
ist  das  so  merkwürdig  bei  den  Schlangen  ossifizirte  Geruch -Labyrinth  (r//),  und  das  Gau- 
men- und  Flügelbein  sammt  dem  Oberkiefer  und  Os  transversum  aus  ihrer  natürlichen 
I^Mge  gerückt.  Auf  diese  Weise  ist  auch  die  untere  Fläche  des  linken  Nasenbeines  (n) 
uiid  Thränenbeines  (x)  zur  Anschaiuing  gebracht.  Die  Basis  des  Gesichtes  tind  grössten- 
thoils  auch  des  ersten  Schädelwirbels  sind  knorplig.  Rechterseits  bemerkt  man  die  Theil- 
nahme  des  Os  ethmoideum  an  der  oberen  Decke  der  Kopf-Visceralhöle.  Die  hintere  Ab- 
thcilung  des  genetischen  Oberkiefers  ist  fasrig.  (mp.) 
a.    Das  Os  transversum, 

c.  Der  von  dem  inneren   Rande  der  Nasenbeine  herabsteigende  Theil,  welcher 
die  Gesichtsbasis,  als  Nasenhölen- Scheidewand,  unterstüzt. 

d.  Der  Fortsatz  vom  zweiten  Wirbelkörper  des   Schädels,   welcher  die  meist 
knorplige  Basis  des  ersten  Schädelwirbels  befestigt. 

Fig.  2.  Die  Ansicht  der  Oberfläche  desselben  Kopfskelets.  Linkerseits  sind  das 
Gaumen-  und  Flügelbein  sammt  dem  Oberkiefer,  Os  trayisversum  und  Quadratbein  wiederum 
seitlich  aus  ihrer  Lage  gerückt.  Die  Nasenbeine  stehen  in  ligamentöser  Verbindung  init 
den  Oberkiefer-,  Stirn-  und  Thränenbeinchen. 

a.    Os  transversum. 

h.    Die  Processus  orbitalis  posterior, 

d.  Augenhöle. 

Fig.  3.  Das  Kopfskelet  einer  jüngeren  Lacerta  agilis.  Man  sieht  die  Oberfläche 
und  etwas  auch  die  rechte  Seite  des  Schädels  und  Gesichtes.  Der  Lnterkiefer- Apparat 
und  das  Zungenbein  sind  hier  nicht  vorhanden.  Die  gesonderten  Randknochen  über  der 
Augen-  und  Schläfengrube  sind  durch  eine  stärkere  Grenze  markirt.  Sie  gehen  von  Rand- 
Erweiterungen  der  Stirn-  und  Scheitelbeine  aus,  deren  eige  n  tl  i  ch e  Grenze  gleichfalls  durch 
eine  punktirte  Linie  bezeichnet  ist.  Die  hintere  Abtheilung  des  Oberkiefers,  ist  nur  in 
der  Nähe  des  eigentlich  so  genannten  Os  maxillare  superms  verknöchert  (Jochbein),  im 
Uebrigen  ligamentös. 

a.  Augenhöle. 

c.  Schläfengrube. 

d.  Ossa  marginalia  der  Augenhöle. 


27;^ 


p.  Ossa  inarginalia  der  SchläfengruLe. 

h.  Die  kleineren  Ossa  marginalia,  zwischen  denen  der  Augenhöle  und  Schläfen- 
gruhe gelegen. 

p.  Kin  Randknochen,  welcher  die  Stelle  des  Processus  orbitalis  posterior  vertritt, 

q.  Processus  temporalis  posterior. 

r.  Die  Grenze,  von  welcher  die  Randerweiternngen  der  Scheitelbeine  beginnen, 

t.  Ein  Fortsatz  des  Oberkiefers,  welcher  mit  p  sich  verbindet. 

Fig.  4.  Das  Kopfskelet  der  Fig.  3.  Die  Ossa  marginalia  der  Augen-  und  Schläfen- 
gnibc  sind  Aveggenommen,  und  letztere  dadurch  ansiclitlicher  geworden.  Der  Oberkiefer  ist 
aus  seiner  Lage  gerückt,  und  so  das  Thränenbeinchen  freier  gemacht.  Man  sieht  Aorzüg- 
lich  die  rechte  Seite,  weniger  die  Oberfläche.  Die  Seitentheile  des  ersten  und  zweiten 
Schädel  Wirbels,  und  die  Basis  des  ersten  sind  häutig -fasrig. 

q.  t.  wie  in  voriger  Figur. 

a.    Das  Os  transversum. 

c.    Die  Columella. 

p.    Der  Fortsatz  des  Flügelbeines,  Avelcher  mit  dem  Os  transversum  sich  verbindet. 

Fig.   5.     Die  untere   Fläche   des  Gesichtes  und  Schädels  derselben  Lacerta  agilis. 
Die  Basis  des  Gesichtes  und  ersten  Schädelwirbels  sind  häutig- knorplig, 
a.    Os  transversum. 

c.  Innere  Oelfnung  der  Nasenhöle. 

d.  Die  Scheidegrenze  der  beiden  Stücke  des  Gaumenbeines  der  Eidechsen. 

Fig.  6.    Das  Kopfskelet  eines  jungen  Hühnchens.    Der  Unterkieferapparat  und  das 
Zungenbein  sind  wieder  entfernt.    Man  sieht  die  rechte  Seite  und  die  obere  Fläche, 
a.  Nasenhöle. 
c.  Augenhöle. 

,  d.    Processus  orbitalis  posterior,  von  den  ersten  Seiten  theilen  des  Schädels  ausgehend. 

e.  Processus  temporalis  posterior,  nur  als  Andeutung. 

h.    Die  Grenze,  von  Avelcher  die  noch  zum  Theil  knorplige  Gesichtsbasis  anfängt. 

p.  Os  marginale  orbitale. 
Fig.  7.  Die  innere  Fläche  der  Kopf- Visceralhöle  eines  noch  nicht  ausgebildeten 
Blennius  viviparus.  Die  linke  Wand  der  Visceralhöle  ist  durchschnitten.  Die  vier  Kiemen- 
bogen  sind  aus  der  ZAveiten  Visceral-  oder  Kiemenspalte  entfernt.  Die  Gesichtsbasis,  der 
Oberkiefer,  die  Nasenbeine  soAA'ie  die  Schädeldecke  sind  noch  häutig- fasriger  Natur.  Die 
Hartgebilde  der  Visceralbogen  sind  noch  knorplig;  ihre  gürtelartigen  Belege  sind  knöchern. 
Der  Kiemenbogenträger  knorpelartig.  Die  Seitenwände  des  Schädels  sind  knorplig,  die 
Basis  knöchern;  desgleichen  die  oberen  Zwischenkiefer"  und  der  Lippenknochen. 

a.    Gegend  des  Aiiges. 

c.  Fünfter  uneigentlicher  Kiemenbogen. 

d.  Knöcherne  Stücke  vom  Brustgürtel. 

Q.    Das  knorplige  aus  drei  Stücken  zusammengesetzte  Quadratbein  der  Fische: 
q'.  Das  obere  Stück  oder  das  bisher  allein  sogenannte  Quadratbein, 
q".  Das  mittlere  oder  das  Symplecticnm  Cuv,, 
()'".Das  untere  oder  das  Jugalc  Cuv. 

35 


Flg.  8.  Die  sciion  knöchernen  Kopfgürtcl  des  ersten  und  zweiten  Visceralbogcns 
von  deniselben  jungen  Blennius  viviparus.    Aeussere  Ansicht. 

Fig.  9.  Das  Kopfskelet  eines  jüngeren  Esox  lucius.  Man  sieht  vorzüglich  die  ohero 
Fläche  des  Schädels  und  Gesichtes,  und  die  etwas  nach  aussen  abgezogene  linke  Wand 
der  Kopf- Visceralhöle.  Die  Scheitel-  und  Stirn -Schlippen,  wie  die  Schilder  auf  dem  Na- 
scnbeinknorpel  sind  rechter  Seits  stehen  geblieben.  Links  sieht  man  die  knöcherne  Schupy>e 
des  Hinterhauptsbeines  übergehend  in  die  übrige  knorplige  Schädeldecke,  und  durch  letz- 
tere in  den  Nasenbeinknorpel  der  linken  Seite. 

a.    Scheitel -Schuppe.  ,      '  . 

c.  Slirn- Schuppe. 

d.  Die  Schuppen  des  Nasenbeinknorpels. 

e.  Processus  orbitalis  anterior,  zum  Theil  knöchern.  Er  geht  von  der  vorderen 
knöchernen  Partie  (sogenanntes  vorderes  Stirnbein)  des  ersten  Seitentheiles  der 
Schädelhöle  aus. 

Ii.  Processus  orbitalis  posterior,  knöchern.  Er  geht  von  der  vorderen  knöchernen 
Partie  (sogenanntes  hinteres  Stirnbein)  des  oberen  Schlussstückes  im  zweiten 
Schädelwirbel  aus. 

p.  Processus  ternporalis  posterior,  knöchern.  Er  kommt  von  der  hinteren  ossifi- 
zirten  Partie  (sogenannte  Schuppe  des  Schläfenbeines)  des  oberen  Schlussstü- 
ckes im  zweiten  Schädelwirbel. 

q.    Processus  mastoideus,  knöchern. 

r.    Processics  spinosus  der  Hinterhauptsschuppe. 

g.  Knochenwucherung  an  dem  oberen  Rande  der  hinteren  Abtheilung  des  Oberkiefers, 
l.    Die  knorplige  Gelenk-Partie  der  hinteren  Abtheilung  des  .Oberkiefers,  \velche 

sich  mit  dem  Processus  orbitalis  anterior  verbindet, 
s.    Die  knöcherne  Stelle  des  Nasenbeinknorpels,  an  welche  sich  der  Oberkiefer 
vorn  anlegt. 

u.    Die  hintere  ossifizirte  Partie  des  ersten  Seitentheiles  der  Schädelhöle  (Cuviers 

alleiniger  vorderer  Keilbeinflügel,  Hallmanns  hinterer  Keilbeinflügel), 
i.     Die  Grube  für  die  Muskeln  des  Brustgürtels. 
P'j  P")  Q'"-    Die  drei  Stücke  des  Quadratbeines  der  Fische. 
Die  Fig.  9,  13,   14  dienen  zur  besonderen  Erläutening  des  im  Theil  H.  §.  72  —  75 
und  §.  121  über  die  Schädeldecke  der  Fische  Gesagten. 

Fig.  10.    Die  rechte  Seiten -iVnsicht  des  Schädels  und  die  mit  letzterem  unmittelbar 
zusammenhangenden  Gesichtsbestandtheile  von  Esox  lucius. 

a.    Augenhöle.  ~ 

c.  Nasengrube. 

d.  Foramen  opticum, 

f.  Processus  jugularis,  von  den  Seitentheilen  des  dritten  Schädelwirbels  ausgehend. 

e.  h,  p,  q,  s,  "wie  in  Fig.  9. 

r.    Die  Hole  des   ersten  Schädel wirbels,  in  welcher  die  Hemisphären  mit  den 

bulbi  nervi  olfactorii  verlaufen. 
G.    Erster  Seitentheil  des  Schädels,  zerfallend:  in 

a'.   Sogenanntes  vorderes  Stirnbein,  hier  nur  noch  wenig  verknöchert, 
a".  Sogenannten  vorderen  Keilbeinflügel  (Cuv.). 


275 


a'".  Den  von  beiden  Seiten  zusammengeschmolzenen  Theil,  das  septum  intcrorbi- 
fale,  und  in 

o"".  Das  von   Ilailmann  genannte  Os  sphcnoideum  superius,  welclies  Cuv.  noch 

zum  vorderen  Keilhoinfliigol  rechnete. 
n'^.    Das  obere  Schlussstück  des  zweiten  Schädelwirbels,  welches,  grösstentheils 
knori)Mg,  an  dem  äusseren  Rande  sich  erweitert,  und,  wie  es  scheint,  wegen 
der  Bildung  des  Processus  orbilalis  und  temporalis  posterior  daselbat  in  zwei 
Partieen  ossifizirt  wird: 
o".  Die  vordere  Partie,  sogenanntes  hinteres  Stirnbein, 
o'^^'.  Die  hintere  Partie,  sogenannte  Schuppe  des  Schläfenbeines. 
^Vo  0*'  und  0^"  mit  dem  respektiven  zweiten  Seitentheiie  zusammenkommen,  bennilet 
sich  bei  jüngeren  Individuen  mehr  oder  weniger  knorplige  Zwischen -Masse. 

Fig.  Ii.  Die  untere  Fläche  des  Kopfskeletes  der  Fig.  10.  Die  Bezeichnungen  blei- 
ben dieselben. 

Fig.  12.  Die  untere  Fläche  des  Kopfskeletes  der  Fig.  11  nach  Ilinwegnahsiic  der 
Basis  des  ersten  und  zweiten  Schädelwirbels.  Die  Bezeichnungen  bleiben  überall  die- 
selben. Man  sieht  die  Erweiterung  der  Aiigenhölen  behufs  der  Augenmuskeln  nach  hin- 
ten über  die  Basis  des  zweiten  Schädel wirbels  in  die  des  dritten  hinein. 

t.    Die  horizontalen  Fortsätze  der  zweiten  Seitentheiie  des  Schädels,  welche  das 

Gehirn  vor  den  Aktionen  der  Augenmuskeln  schützen, 
u.  Eine  flache  Ilinne  im  Nasenbeinknorpel,  welche  zur  Befestigung  der  Basis  des 
Gesichtes  und  der  vorderen  Partie  des  ersten  Schädelwirbel -Körpers  dient. 
Fig.   13.     Die  Ansicht  auf  die  Oberfläche  des  Schädels  und  Gesichtes  nach  Ilin- 
wegnahme  des  Hautskeletes  von  Perca  fluviatilis.  Der  Oberkiefer  ist  linkerseits  gaiiz, 
rechts  nur  die  hintere  Abtheilung  weggenommen.    Die  Bezeichnungen  im  Ailgeiueincn,  wie 
in  den  vorigen  Figuren.    Verschieden  sind: 

i.     Die  Grube  für  mehre  Muskeln  des  Brustgürtels. 

u.  Die  Lücken  in  der  knorpligen  Schädeldecke,  von  der  gallert-  und  feilartigcn 
Masse  ausgefüllt. 

t.  Ein  runder  Knorpel,  welcher  lose  vor  dem  Nasenbein -Knorpel  gelogen,  zur 
bewegliclien  Befestigung  des  Lippenknochens  und  des  oberen  Zwischenkie- 
fers dient. 

Fig.  14.  Die  Ansicht  auf  die  Oberfläche  des  Schädels  und  Gesichtes  vom  Muraena 
anguüla.  Alles  ist  knöchern.  Bechterseits  ist  der  Oberkiefer  und  das  Quadratbein  hin- 
weggenommen. Die  Bezeichnungen  sind  im  Allgemeinen  wie  in  den  vorigen  Figuren.  Ab- 
weichend finden  sich :  ' 

i.     Durchscheinende,  halb  verknöcherte  Stücke,  welche  die  Stelle  des  Processus 
-  orbitalis  anterior  und  posterior  vertreten,  auch  um  die  Xasengruben  gelagert 

sind,  und  weder  mit  dem  Haut-  noch  mit  dem  Wirbelskelet  innigen  Zusani- 
uicnhang  zeigen, 
u.    Ossa  marginalia  am  Stirn-  und  Scheitelbeine. 

t.     Ein   0^  marginale,  welches  als  Processus  temporalis  posterior  fungirl. 
In  den  Figuren  der  Steindrucktafel  sind  die  knorpligen  Partieen  locker  punktirt. 


Druekfeliler  luitl  Terbesserungeii* 


Seite  8 

Zeile  2  von  oben  statt  Viscerslkolben  lies  Visceralkolben. 

9 

G  von  unten  - 

längst  1.  längs. 

17 

2    -      -  - 

und  vorhanden  nur  1.  und  nur. 

34 

-     9    .      .  - 

knöchernen  1.  knöcherne. 

46 

-    10  - 

farpyracea  I.  papyracca. 

-  48 

6  von  oben  statt  mit  den  1.  mit  dem. 

-  80 

•2  von  unten  - 

Eroschfamilie  1.  Froschfarailie. 

-  97 

7  u.  15  von  oben  statt  Wirbelsystem  1.  Wirbelsystems. 

-  102 

13  von  oben  statt 

knorpligen  I.  knorpligem. 

-  106 

7  von  unten  - 

seinem  1.  ihrem. 

-  106 

-     6    -      -  - 

seine  I.  die. 

-  115 

16  von  oben  - 

tempore-  1.  femporo-. 

-  145 

6  von  unten  - 

seine  1.  die. 

-  147 

6  von  oben 

seinem  1.  dem. 

-  181 

8  von  unten  • 

pupillaris  I.  papillaris. 

-  221 

-     1    -      -  - 

kann  I.  können. 

-  223 

-    12  - 

der  mittleren  1.  den  der  mittleren. 

-  254 

.     4    -      .  . 

unmittelbare.   Fortsetzung  1.  unmittelbare 

-  269 

-     3    -      -  - 

d  1.  &. 

-  270 

3  von  oben  - 

a,  e,  h  r.  a,  e,  h, 

-  270 

-     8    -      -  - 

c,  h  1.  e,  h. 

-  270 

r    16  von  obe»  - 

ij  1.  q. 

In  Fig.  9  und  10.  Tab.  1.  bedeutet  p  die  "Vereinigungsstelle  der  beiden  oberen  Abtheilungen  des  er 
sten  und  zweiten  Visceralbogens.  — 

In  Fig.  11).  und  11.  Tab.  I.  bedeutet  a  und  c  den  uneigentlichen,  unteren  Zwischenkiefer  der  Frosch 
larve ,  und  nicht  das  Herz. 


Tah.H. 


1