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Full text of "Lehrbuch der Physiologie"

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eb. 


der 


phy ſio log ie 


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4 


abgefaßt 
5 von g 
D. Friederich Hildebrandt 


koͤnigl. Preuſſ. Hofrathe „der Arzneikunde und Ches 


mie ordentlichem oͤffentlichen Lehrer auf der Fried⸗ 


richs⸗ Alexanders Univerſitaͤt zu Erlangen, der 
mediciniſchen Facultaͤt daſelbſt, der roͤmiſch-kaiſerl. 
Akademie der Naturforſcher, der mediciniſchen Ge— 
ſellſchaft zu Bruͤſſel, Mitgliede, der koͤnigl. Geſell— 
ſchaft der Wiſſenſchaften zu Göttingen Correſponden— 
ten, der phyſikal. Geſellſchaft daſelbſt Ehren— 
mitgliede. 


* 
= 


Erlangen 


bei Johann Jacob Palm 
1796. 
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4 


. 


Digitized by the Internet Archive 
R in 2015 


. https’//archive.org/details/b24918556 


Dem 
wohlgebohrnen und hochgelahrten Herrn, 


* 
mer 


Abraham Gotthelf 
Kaͤſtner, 


koͤnigl. Großbritanniſchem Hofrathe, ordentlichem 
Profeſſor der Mathematik und Naturlehre auf der 
Univerſitaͤt zu Goͤttingen, der koͤnigl. deutſchen 
Geſellſchaft zu Göttingen Aelteſten, der koͤnigl. 
Akademien der Wiſſenſchaften zu Goͤttingen, Stock— 
holm, Berlin, der kurfuͤrſtl. Geſellſchaft nuͤtzlicher 
Wiſſenſchaften zu Erfurt, des Bononiſchen Inſti— 


tuts, der Peruſiniſchen Academiae Auguſtae, der 


Oberlauſitziſchen Bienengeſellſchaft, der Leipziger 
deutſchen Geſellſchaft, und Geſellſchaft der freien 
Kuͤnſte, der Jenaiſchen lateiniſchen und deutſchen 
Geſellſchaft, der Carlsruher lateiniſchen N 
Geſellſchaft ꝛc. Mitgliede 


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Welebehne Sen, 
Beshrunsswirkige Herr Hofrath! 


7. 


| 8 ie wuͤrdigen Maͤnner, welche in den 

Jahren, als ich das Gluͤck hatte, auf 
5 Goͤttingens Akademie zu ſtudiren, daſelbſt die 
u Arzneikunde lehrten, haben es gütig aufges 


nommen, wenn ich es gewagt habe, jedem 


derſelben bei der Herausgabe eines e g 


oͤffentlich Dank zu ſagen. 


Ich darf nicht allein hoffen, ſondern ich 


bin es von Ihrer mir unvergeßlichen Groß⸗ 


muth und Guͤte völlig uͤberzeugt, daß auch 


Sie den warmen Dank eines Mannes nicht 


verachten werden, welcher einſt fo gluͤcklich 


war, 


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war, aus Ihrem Munde die dehren einer 
a zu hören, die der ſeinigen zu einer 
chan und nie entbehrlichen Stuͤtze dient. 


t 3 1 Sie noch lange, a Goͤt⸗ 
tingens Akademie, fuͤr die Wiſſenſchaften fuͤr 
Ihre Verehrer und Freunde. | 


5 " x RR ganz gehorſamſter 


4 x | Friedrich Hildebrandt. 


/ 


| Vorbericht. 


Der Beſtimmung gemäß, welche fein Titel ans 
zeigt, enthaͤlt dieſes Buch die wichtigſten Leh— 
ren der Phyſiologie (in dem vorzugsweiſe ge⸗ 
nommenen Sinne dieſes Namens: Phyſtologie des 
menſchlichen Körpers) in aphoriſtiſcher Kürze, 
mit noͤthiger Benutzung der neueſten Entdeckungen, 


beſonders der neueren Chemie. 


1 


Mein anatomiſches Lehrbuch, welches ich vor 
acht ꝛc. Jahren herausgab, iſt in den anato niſchen 
Beſchreibungen umſtaͤndlich genau, ſowohl zu dem 

Zwecke, dem ich es eigentlich widmete, nach ſeiner 
Anleitung die Theile in Leichen aufzuſuchen und zu 
betrachten, als auch deswegen, damit der Lernen— 
de, welcher ſich deſſen bedient, bei dem anafomi- 
ſchen Unterrichte nicht noͤthig finde, nachzuſchrei— 
ben, ſondern feine ganze Auſmerkſamkeit auf die 
Demonſtration richte und ſeine Augen von dem 


Gegenftande, den der Lehrer demonſtriret, nicht 


verwende. Dieſes hingegen, welches zunaͤchſt be⸗ 
ſtimmt iſt, einem Vortrage uͤber die Phyſtologie 
zur Grundlage zu dienen, enthaͤlt nur die wichtig⸗ 
ſten Saͤtze der Wiſſenſchaft. Nicht allein diejent- 
gen Zuſaͤtze und Erklaͤrungen, auf welche die unter 


die Paragraphen mit kleinerer Schrift geſetzten Be⸗ 


nennungen x. hinweiſen, ſondern auch manche an⸗ 
dere Erlaͤuterungen und Beifugen, zu denen jeder 
Para⸗ 


. * 3. 


U 


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Paragraph hinlaͤngliche Veranlaſſung giebt, find 
dem muͤndlichen Vortrage des Lehrers abſichtlich 


vorbehalten. Das Lehrbuch gewinnt dadurch die 


dem Anfaͤnger die zur leichtern Ueberſicht noͤthige 
Kuͤrze, und wird doch hoffentlich dem, welcher, 


ohne daruͤber Vorleſungen zu hoͤren, es gebrauchen 


wollte, aber ſelbſt nachlieſet und nachdenkt, nicht 
unverſtaͤndlich ſeyn; geftattet hingegen dem Lehrer, 


ſeinen Vortrag dem Lernenden intereſſant und su 


einem Beduͤrfniſſe zu machen, das er nicht für 
nenehulic) hält. 

Die Anatomie wird in dieſem Buche voraus⸗ 
geſetzt „und ich habe vor jedem Kapitel, wo es 
noͤthig war, nur auf mein anatomiſches Lehrbuch 


verwieſen. Beruͤhmtere Werke fi ind dann in dieſem 


wieder angezeigt. Nur hie und da ſind auch einige 
anatomiſche Saͤtze vorgetragen; entweder ſolche, 
die ſich vom phyſiologiſchen Vortrage nicht. ganz 
trennen lieſſen, oder ſolche, welche Gegenſtaͤnde 
betreffen, die man gewoͤhnlich und bequem in der 
Phyſiologie vorzutragen pflegt. Dahin rechne ich 
z. B. die Satze des zweiten Kapitels. Uebrigens 
kann mit jedem Kapitel eine zweckmaͤßige Wieder— 
holung der Anatomie des Theiles, deſſen Verrich— 


tung eben betrachtet wird, verbunden werden, und 


ich beziehe mich, ſtatt aller weiteren Eroͤrterung, 
auf den 2. 3. und 4. d. des Buches felbfi. 


Erlangen, im April 1796. 


Einleitung 
. „„ 
Lie allen Theilen der ganzen Naturkunde 
(Pbyfiologia) iſt ohne Zweifel der für 
den Menſchen der wichtigſte, welcher den Men⸗ 
ſchen ſelbſt zum Gegenſtande hat. Man unter⸗ 
ſcheidet in dieſer Wiſſenſchaft die Seelenlehre 
 CPfychologia) und die Koͤrperlehre (Soma. 
zologia). Gemeiniglich pflegt jedoch unter dem 


Namen: Phyſiologie, nur die leztere verſtan⸗ 
den zu werden. 


§. 2. | 
Die Phyſiologie des menſchlichen Koͤr— 
pers betrachtet 

1) die Stoffe deſſelben (chemiſche Phy⸗ 
ſiologie); 

2) die Lage, die Geſtalt und den Bau (ei 
ner feſten Theile, (anatomiſche Bhnfio- 
logie, welche ſich auf Zergliederung 
(Anatomia) menſchlicher Leichen gruͤndet); 


A | 3) die 


2 


3) die Eigenſchaften und Kraͤfte ſeiner feſten 
und fluͤſſigen Theile, die Wirkungen die⸗ 
fer Kräfte, nemlich die koͤrperlichen Ver 

richtungen und das aus ihnen beſtehende 
Leben des Körpers (eigentliche Phyſio⸗ 
logie). 


F. 3. 

So wenig dieſe verſchiedenen Theile der 
Phyſiologie ſich ganz von einander trennen laſ— 

ſen, ſo iſt es doch nicht allein gewoͤhnlich, ſon— 
dern auch zweckmaͤßig, fie im Unterrichte ges 
wiſſermaaßen abzuſondern; mithin ſowohl in 
Vorleſungen, als in Lehrbuͤchern uͤber die 
Anatomie des menſchlichen Körpers eigent— 
lich nur die Lage, die Geſtalt und den Bau der 
feſten Theile des Koͤrpers in der Ordnung zu 
betrachten, wie es ihre Lage mit ſich bringt, 

doch dabei auf die Verrichtungen derſelben hin— 
zuweiſen ꝛc. 


Anor. VIsALII de corporis humani fabrica li- 
bri VII. Baſ. 1543. Fol. 1555. Fol. 


J. C. A. Mayer Beſchreibung des ganzen menſch— 
lichen Körpers. I. Berlin u. Leipz. 1783. II. 
1783. III. 1784. IV. 1786. V. 1788. VI. VII. 
VIII. 1794. 8. 

Juſt 


— [— : 3 


Juſt Chriſtian Loder anatomiſches Handbuch. 
1. Jena 1788. 8. 

G. Friedrich Hildebrandt Anatomie des Men: 
ſchen. I. Braunſchweig 1789. II. 1789. III. 
1791. IV. 1792. 8. 

S. Th. Soͤmmerring vom Baue des menſch⸗ 
lichen Koͤrpers. J. Frankf. am Mayn. 1791. 
II. 1791. III. 1791. IV. 1792. V. 1792. 8. 


* a 


1. 
BARTH OL. Eustacuıı rabulae anatomicae, Ed. 
princeps icon. orig. c. praef, et not. Io. MAR. 
LANCISII. Rom. 1714. Fol. BERNARD. SIEG- 


FR. ALBINI explicatio tabb. anat. EUsTACHII. 
L. B. 1761. Fol. 


ALB. de HALLER iconum anatomicarum faſciculi 


VIII. Goetting. 1740 — 56. Fol. 


J. C. A. Mayer anatomifche Kupfertafeln. J. 
Berlin und Leipz. 1783. II. 1784. III. 1786. 
IV. 1788. V. VI. 1794. 4. 


. 

Und hingegen ſowohl in Vorleſungen, als 
in Lehrbuͤchern über die Phyſtologie eigent— 
lich die Verrichtungen des Koͤrpers zu betrach— 
ten, doch bei der Verrichtung jedes Theiles die 
Anatomie deſſelben kurz zu wiederholen ꝛc. 


/ 


A 2 CLAup. 


7 Fb 


CVAuD. GALENI Pergameni de vfa partium libri 
XVII. In edit. opp. RENATI CHARTIER. Paris 
1639. 1679. Fol. Vol. IV. n. 31. Lat. ex verſ. 

Nic. REOII Calabri. Par. 1528. 4. 


HERMANNI BOERHAAVE e medicae. 
L. B. 1708. 8. 


ALB. de 'HALLER commentarii ad praelectiones 


Herm. BoERHAAVII in inſtitur iones proprias. 
Goetting. 1739 — 44. VI Volumina. 8. 


ALB. de HALLER primae lineae phyfiologiae: 
Goetting. 1747. 8. Ed. auct. HENR. AUG. 
WRIsBERG. 1780. 8. Deutſch überf. von S. 
Th. Soͤmmering, herausg. von Ph. Fr. 
meckel. Berlin 1788. 3. Neue umgearbei⸗ 
tete Ausgabe von Heinr. Maria von Leve⸗ 
ling. I. II. Erlang. 1794. 95. 8. 


ALB. de HALLER elementa phyfologiae corporis 
bumani. Tomi VIII. Laufann. 1757—1766. 4. 
Ed. IIda auct. ſub titulo: de partium c. b. Fu- 
brica et functionibus, Vol. I— VIII. Bernae 
1777. 8. a 

lo. Frıv. BLUMEN BACH inſtitutiones phyfologi= 
cane. Goetting. 1787. 8. 


Erſte 


ä — 


22 


ee 3 


Erſte Abtheilung. 
Allgemeine Phyſiologie. 
Erſtes Kapitel. 
Der Körper des Menſchen überhaupt: 
K 7 
Der Menſch iſt ein belebter Körper, ein 
Thier, ein Saͤugethier. 

Fortſchreitung vom allgemeinſten Begriffe des bes 
lebten Koͤrpers zum Begriffe des Menſchen. 
Schrebers Saͤugthiere. Hl Abth. Erſtes Ge⸗ 

ſchlecht. S. 5. 
gu 6. 
Er unterſcheidet ſich jedoch von ande⸗ 


ren Saͤugethieren fo ſehr, daß er in unſerem 


Naturſyſteme in eine eigene Ordnung abgefon- 
dert zu werden verdient. 5 
Vorzuͤgliche Unterſchiede des menſchlichen Koͤr— 
pers, die wir aber erſt unten einſehen können: 
Das größere Gehirn. 
Die größere Hirnſchaale. 
Das tiefer nach dem Grunde der Hirnſchaale zu 
liegende Loch des Hinterhaupts. 
Das flachere Geſicht. 
Die Lage des Herzens. ER 
A 3 Das 


Das kuͤrzere und breitere Becken. 
Die aufrechte Stellung. 
Die länger daurende Rindhelt. 
Bei dem weiblichen Geſchlechte uͤberdem: 
Das Jungfernhaͤutchen. 
Der Monatefluß. 


§. 7. | 
Im allgemeinen find alle Menſchen auf 

der ganzen Erde einander ähnlich. Doch 
finden wir unter den verſchiedenen Nationen 
mancherlei wichtige Nationalverſchiedenheiten, 
in der Groͤße des Koͤrpers, in der Farbe des 
Felles, in der Menge und Farbe des Haars, 
in der Bildung des Schädels und des Ge⸗ 
ſichts ꝛc. 


Jo. FRID. BLUMENBACH de generis humani va- 
rietate nativa liber. Ed. 2. Goetting. 1781. 8. 
S. Th. Soͤmmerring uͤber die koͤrperliche Ver: 

ſchiedenheit des Negers vom Europaͤer. Frankf. 

und Mainz 1785. 8. 
C. Meiners Grundriß der Geſchichte der Menſch— 

heit. Lemgo 1785. 8. 
Joh. Fried. Blumenbachs Beitraͤge zur Nas 
turgeſchichte. I. Göttingen 1790. 8. S. 56 fgg. 
Neuer Verſuch einer Charakteriſtik des Mens 
en 2 Erſten Bandes erſtes Stuͤck. 
Phy⸗ 


— i 7 

Phyſiſche Verſchiedenheit des Menſchenge⸗ 
ſchlechts. Offenbach 1795. 8. 

Io. FRI D. BLUMEN RBACHILI decas collectionis ſuae 


craniorum diverfarum gentium illuſtrata. Goet- 
ting. 1790. Decas II. 1793. III. 1795. 4. 


Zweites Kapitel. 
Die feſten Theile des Koͤrpers uͤberhaupt. 


§. 8. 

Die Theile des Koͤrpers ſind theils feſte 
(Hartes ſolidae), theils fluͤſſige ( Muidae) oder 
Säfte (bumores, liquores). Die lezteren mas 
chen den größeren Theil aus. 


. Curist. Ax DR. Koch de proportione ſolidorum 
ad fluida. Goetting. 1737. 4. 


| §. 9. 

Die Stoffe, aus welchen die feſten Theile 
des Körpers beſtehen, find zunaͤchſt: thieriſcher 
Faſerſtoff (materia fibrofa animalis), thieri- 
ſcher Leim (gluten animale) und Waſſer; 
auch in den meiſten mehr oder weniger von 
einem fluͤchtigen Stoffe, den man thieriſchen 
Riechſtoff (materia odora, principium odorum 
animale) nennt. 

Hildebrandt Anfangsgruͤnde der Chemie. III. 

§. 2243. 2244. 2245 — 2250. 2433 — 2436. 

A 4 $. 10. 


0 geht das Waſſer ſammt dem Niechſtoffe der⸗ 
ſelben in die Vorlage uͤber. Wenn man den 
Rückſtand im Waſſer ſtedet, ſo loͤſet das Waſ⸗ 
fer den in ihm auftoͤslichen Leim auf, und nach⸗ 
dem dies mit hinlaͤnglichem Waſſer oft genug 
wiederholt worden, bleibt endlich der bloße im 
Waſſer ene Faſerſtoff zuruͤck. 


e 
Die Grundſtoffe, aus denen dieſe naͤch⸗ 


* 


ſten Stoffe der feſten Theile des Körpers be⸗ 
ſtehen, ſind: Kalkerde (terra calcarea), (in 
den Knochen und dem Fleiſche auch etwas we⸗ 


niges Eiſen,) Sauerſtoff (orygenium), 
Salpeterſtoff (axotum), Phosphor, Roh⸗ 
lenſtoff (carbo), Waſſerſtoff Chydroge- 
um). 

Hildebrandt Anf. gr. der n III. . 2228 


24, Er 
1 8 

Wenn nemlich feſte Theile, nachdem ſie 
ausgetrocknet worden, einer r trockenen Deſtilla⸗ 


tion bei Wörle Hitze ausgeſetzt werden, 
ſo 


fo entbindet ſich aus ihnen gekohltes Waſſer⸗ 


ſtoffgas und kohlenſaures Gas, brandi⸗ 


ges Del und kohlenſaures fluͤchtiges Al⸗ 
kali; und der Ruͤckſtand iſt Kohle. Wenn 
dieſe in ſtarker Gluth ausgegluͤhet wird, ſo 
wird der Kohlenſtoff derſelben zu Kohlenſaͤure 
und verfluͤchtiget ſich; es bleibt Aſche zurück, 
welche meiſt phosphorſaure, theils auch 
kohlenſaure Kalkerde iſt, (und ein u wenig 
Eiſen enthaͤlt.) 


. N 
Todte feſte Theile verweſen, d. h. ſie 
werden durch die Kraͤfte des Waͤrmeſtoffes, der 


atmoſphaͤriſchen guft und des Waſſers zerſetzt; 


ihre Grundſtoffe entmiſchen ſich und treten zu 


neuen Miſchungen zuſammen. Die fluͤchtigen 


Stoffe entweichen als faules Gas (Waſſer⸗ 
ſtoffgas mit mehr oder weniger Phosphor, 


Kohlenſtoff, Salpeterſtoff, gemiſcht,) die feuer: 


beſtaͤndigen, Erde, feuerbeſtaͤndige Salze, und 


etwas Kohlenſtoff, bleiben an dem Orte, wo 
die Verweſung geſchah, ſo lange nicht aͤuſſere 
mechaniſch wirkende Urſachen ſie fortfuͤhren. 
Ausgetrocknete und nicht wieder befeuchtete 
Theile vermodern, d. h. ſie zerfallen zu Staub, 

A 5 in⸗ 


— 


* 


indem ihre fluͤchtigen Theile entweichen, und ſo 
die Verbindung der ruͤckſtaͤndigen aufgehoben 
wird. Feuchte Theile verfaulen, d. h. ſie 
werden weich und zerflieſſen, bis endlich alle 
eigene oder erſt durch die Faͤulniß gebildete 
Feuchtigkeit verdunſtet iſt, da denn ein trocke— 
ner Ruͤckſtand bleibt, welcher ebenfalls vers 
modert. | 
Ueber das Salpeterſtoffgas, was thierifche Theile 
in ſchwacher Salpeterſaͤure geben. 


g. 
Die Grundtheile der Bildung des menſch⸗ 


lichen Koͤrpers ſind Faſern oder Faden 


( fibrae, fila) und Plaͤttchen (laminae). 
Ueber den Begriff der einfachen Faſer. 
n 
Aus Plaͤttchen, die auf einander liegen, 


beſteht das Zellgewebe (tela cellulofa). Es 


iſt dichter (denſa, ſtipata) oder lockerer 
(laxa, ampla). Das leztere heißt eigentlicher 
fo. Jenes laͤßt ſich durch Maceration in locke⸗ 
res verwandeln und eben dadurch zeigen, daß 
die meiſten Theile des Koͤrpers aus Zellgewebe 
beſtehen. Einiges Zellgewebe hat viele, anderes 


wenige Plaͤttchen. Eos 
Da 


7 


as ſogenannte kurze Zellgewebe. 

AB. de HALLER, refp. et auct. DAv. Car1- 

. STOPH. SCHOBINGER de telae cellulofae in c. 
h, dignitate, Goetting. 1748. 4. 


* $3 16. 
Die Faſern und Plaͤttchen, ſo auch das 
Zellgewebe ſind hart, ſteif und ſtraff (durae, 


rigidae), oder weich und ſchlaff (molles, laxae), 
in ſehr verſchiedenen Graden. 


§. 17. 
Alle Faſern und Plaͤttchen des Koͤrpers, 
alſo auch das Zellgewebe, haben mehr oder 
weniger Spannkraft, Federkraft, Schnell 
kraft, (tonus, elaſticitas, contractilitas,) eine 
von der allgemeinen Anziehungskraft abhaͤngige 
Kraft, vermoͤge deren ſie ihren Zuſammenhang 
und ihre Geſtalt zu erhalten ſtreben, alſo jeder 
Kraft widerſtehen, welche ſtrebt, dieſen Zu— 
ſammenhang aufzuheben, oder zu vermindern 
und ihre Geſtalt zu veraͤndern; und vermoͤge 
deren ſie ihre eigenthuͤmliche Geſtalt wieder an— 
nehmen, wenn eine ſtaͤrkere Kraft, die fie ge— 
zwungen hatte, ihre Geſtalt zu verändern, wie— 
der aufhört, zu wirken. Dieſe Kraft iſt nicht 
bloß den lebendigen Faſern und Plaͤttchen eigen, 


ſie 


12 
ſie wird auch in blen Körpern angetroffen, 
ſie dauert in ihnen auch nach dem Tode ſo lauge 
fort, bis die Verweſung (85 13) den Stoff 
der feſten Theile zerſtoͤrt. Sie heißt daher 
auch die todte Kraft (vis mortua). Vom rech⸗ 
ten Grade derſelben hänge großentheils die Ges: 
ſundheit ab. N an 
Beweis, daß die todte Contractilitaͤt und He ſo⸗ | 
genannte Tonus einerlei ſeyen, und daß beiill 
jeder Veraͤnderung der Geſtalt eines feſte 
Theils gewiſſe Theile deſſelben gedehnt we 

den ꝛc. 
Unterſcheidung des Tonus von Rigiditat. 
Io. HEnr. SCHULZE de elaſticitatis Mectibus 70 
machina humana. Hal. 1738. 4. 


§. 18. 
Eine Haut (membrana) iſt ein ſolcher fe 
ſter 17 welcher eine platte le (d. h. 


Breite nur geringe Dicke und dabei Biegſam. 
keit hat. Sie kann ein einfaches Plaͤttche 
($. 14) ſeyn; die meiſten Haͤute aber beftehen 
aus Zellgewebe (F. 15); einige aus Fafern: 
die neben und auf einander parallel oder u 
verſchiedenen Richtungen liegen. 


. 1 


” ) 
* * * 


— 13 f 


Ke 19. 
An manchen Stellen des Körpers haͤngt 


zinuitas membranarum); daß eine der anderen 
Fortſetzung iſt. o se un: 

| 81. Ax DR. Bonn de continuationibus membranarum, 
E. B. 176A. N 
ENR. Au. WRISBERG de membranarum ac 
involucrorum continuationibus. In Hlloge com- 
ment. anat. Goetting. 1786. 4. a 


b . 20. 
Die Gefäße (vaſa) des Körpers find 
haͤutige Behaͤltniſſe, welche Fluͤſſigkeiten ent⸗ 
halten (und fortbewegen). 


Heer Ace B 

Die Knochen (oa) haben unter allen 
Theilen des Körpers die größte Feſtigkeit, Haͤr— 
te und Steifigkeit, indem fie beſtimmt find, 
den anderen (weichen) Theilen zur Stuͤtze, 
theils auch zur Beſchuͤtzung zu dienen. Sie 
find weiß, die Roͤthe ausgenommen, welche 
ihren Blutgefaͤßen gehoͤrt. Ihre aͤuſſere Ober— 
flaͤche ift mit der Beinhaut (perioſteum) uͤber 
zogen. 


. 


eine Haut mit einer andern fo zuſammen (con 


14 —— N | u 


K. 22. 

Die Knorpel (cartilagines) ſind hart, 
(naͤchſt den Knochen die haͤrteſten Theile) aber 
veil biegſamer und elaſtiſcher, als die Kno— 
chen; dabei ſehr glatt und glänzend weiß. Ihre 
aͤuſſere Flaͤche iſt mit der Knorpelhaut 
(perichondrium) uͤberzogen. Einige derſelben 
Coffescentes) werden im entſtehenden Körper bloß 
dazu gebildet, zu Knochen zu werden, und ſind 
nach Vollendung des Wachsthums alleſammt 
verknoͤchert. Anedre (permanentes, verae apud 
FALLO TUN) bleiben lebenslang Knorpel, um 
entweder durch ihre Elaſticitaͤt, oder durch 
ihre Glaͤtte, oder durch beide zu dienen. 

Io. GorrLog Haase de fabrica cartilaginum, 

Lipf, 1767. 4. 


9. 

Baͤnder (ligamenta) heiſſen überhaupt alle 
diejenigen Theile, welche beſonders dazu be— 
ſtimmt ſind, andere Theile in ihrer Lage feſt 
zu halten. Sie ſind von verſchiedener Geſtalt, 
theils Haͤute (§. 18), theils aber von faſt glei— 
cher Dicke und Breite, Faͤden und Seilen aͤhn⸗ 
lich ꝛe. Die dickeren ſtaͤrkeren Baͤnder der 
Knochen werden Sehnen genannt. | 
| H. 244 


15 


§. 24. 

Das Fleiſch (caro) beſteht aus weichen 
roͤthlichen reizbaren Faſern. Die meiſten ein— 
zelnen Stuͤcke deſſelben endigen ſich in Flechſen 
(tendines), die aus haͤrteren weiſſen nicht reiz— 
baren Faſern beſtehen. Es dient vermoͤge ſei— 
ner Zuſammenziehung zu den Bewegungen des 
Koͤrpers. 

$. 25. 

Die Nerven (nervi) find weiche weiſſe 
Fäden, welche ſich durch die ihnen eigenthuͤm⸗ 
liche Empfindlichkeit unterſcheiden. 


F. 28 

Unter dem Namen Eingeweide (viſce- 
ra) verſteht man mancherlei Theile des Koͤr— 
pers, welche in den Hoͤhlen deſſelben liegen. 
Sie beſtehen aus Zellgewebe, mit Gefaͤßen 
durchwebt (parenchyma), das mit einer aͤuſ— 
fern Haut (membrana externa) umzogen iſt. 
Einige derſelben heiſſen Druͤſen (glandulae), 
ohne daß dieſe Benennung eine genaue Be⸗ 
ſtimmung haͤtte. 


27. 
Alle dieſe Theile des Körpers (§. 1826) 
heiſſen in N der Verrichtungen, welche 
ſie 


— 


— 


ſie bewirken, mit einem gemeinen Namen 
Werkzeuge (Organa). Der menſchliche Kör- 
per heißt daher, wie andere belebte, organi⸗ 
fire; die beſtimmte zweckmaͤßige Bildung die⸗ 
fer Organe wird ihre Organifation genannt. 
Ueber den Unterſchied zwiſchen organiſirten 

und unorgaͤniſirten Theilen des Koͤrpers. 


§. 28. 

Alle dieſe Organe find auf zweckmaͤßige 
Weiſe zuſammengeſetzt. Die Knochen, ver⸗ 
bunden durch ihre Knorpel und Bänder, ma— 
chen die Grundlage des ganzen Koͤrpers aus; 
an dieſer liegt das fie bewegende Fleiſch. Kno⸗ 
chen und Fleiſch umgeben die Hoͤhlen, in denen 
die Eingeweide liegen. Eine Haut, die das 
Fell heißt, umkleidet den ganzen Koͤrper. Ge⸗ 
faͤße und Nerven ſind durch alle dieſe Organe 
vertheilt. 

d. 29. 

Die kzuͤcken zwiſchen dieſen Organen fuͤl⸗ 
let ein weiches lockeres, eigentlich ſogenanntes 
Sellgewebe ($. 14) aus, deſſen Zellen durch 
den ganzen Koͤrper mit einander Gemeinſchaft 
haben. 


§. 30. 


— 


§. 30. 

Man unterſcheidet an dem wenchlichen 
Körper, wie an- ähnlichen thieriſchen Körpern, 
1) den Rumpf (truncus), in welchem die 
Bruſt (thorax) und der Bauch oder Unter⸗ 
leib (abdomen, venter infimus) durch das 
Zwerchfell von einander geſchieden ſind, 2) den 
Kopf (caput), welchen der Hals (collum) 
mit dem Rumpfe verbindet, 3) die Enden 
(extremitates), deren untere (inferiores), die 


Beine (crura), zum Stehen und Gehen, deren 


obere (uperiores), die Arme (brachia), zu 


waniberlei willkuͤhrlichen Bewegungen dienen. 


Bemerkungen uͤber gewiſſe Unterſchiede des menſch⸗ 


lichen Koͤrpers von anderen thieriſchen Koͤr⸗ 


pern, welche ſich hier machen laſſen. 


8 J 
Der Bau aller dieſer Theile iſt in den 


Knochen und Fleiſchſtuͤcken (Muskeln), und 


uͤberdem im ganzen Aeuſſeren, theils auch im 
Inneren, vorzuͤglich im Gehirne, vollkommen 
ſymmetriſch. Hingegen weicht die Bildung 
und Lage der inneren Theile, zumal bei den 
Verdauungswerkzeugen, von der ene 
betraͤchtlich ab. 


B Friın, 


38 m 


FrıD, HExR. Loschoz de feeleto hominis Symmer 
trico. Praemitt. quaedam de rotius h. c. m- 
metria, Erlang. 1795. 8. 


44 


Drittes Kapitel. 
Die gemeinen Saͤfte des Koͤrpers. 


2 $. 32. 

Gemeine Saͤfte des Koͤrpers ſind die⸗ 
jenigen, welche im ganzen Koͤrper verbreitet 
ſind, namentlich das Blut, die Feuchtigkeit der 
Hoͤhlen „und das Fett. 

Ios. Iac. PLENR bygrologia c. h. five doctrina 
chemico - phyfica de humoribus in c. b. contentiss. 

Vindobon. 1794. 8. N 


Erſter Abſchnitt. 
Das Blut. 


§. 33. 

Das (menſchliche) Blut (fanguis) iſt 
im lebendigen Koͤrper ein rother warmer Saft, 
enthalten im Herzen und den Blutgefaͤßen, 
welche daſſelbe in einem beſtaͤndigen Umlaufe 
herumbewegen. Es iſt der wichtigſte allge⸗ 
meinſte aller Saͤfte des Koͤrpers, entſteht aus 
dem Speiſeſafte, und iſt die Mutter der uͤbri⸗ 

gen, 


* 


gen, die aus ihm abgeſondert werden. Man 
unterſcheidet in ihm das Serum und den 
Hur. | 

H. 34. 

Das Serum iſt faſt farbenlos, ſchwach 
gelblich, im lebendigen Koͤrper eine homogene 
Feuchtigkeit, vollkommen tropfbar fluͤſſig. Es 
beſteht aus dem eigentlichen Blutwaſſer, der 
Lympha, und dem Faſerſtoffe, die im lebendi— 
gen Koͤrper voͤllig mit einander gemiſcht ſind. 


$. 35. 
Das eigentliche Blutwaſſer (aqua fan- 
guinis), welches aus Waſſer und wenigem thie— 
riſchen Leime beſteht, iſt nicht allein im leben— 


digen Körper tropfbar fluͤſſig, ſondern bleibt 


es auch bei abgelaſſenem Blute, und im todten 
Koͤrper, und gerinnt weder durch Hitze, noch 
durch andere der unten genannten Gerinnungs⸗ 
mittel. | / 

H. 36. 


Die Lymphe iſt nicht allein im lebendi⸗ 
gen Koͤrper tropfbar fluͤſſig, ſondern bleibt es 
auch bei abgelaſſenem Blute, und im todten 


Koͤrper; gerinnt aber in einer Hitze von 150° 


Fahrenheit., auch vom Alkohol und von Saͤu— 
B 2 ren 


20 3 7 ’ — 


— 


ren zu ſeſten eie Klumpen, die im Waſſer 
nicht aufloͤslich ſind. N / 
C. G. PörnER experimentn de albuminis ovorum 
et feri ſunguinis convenientia, Lipf, 1754. 4. 


- 


d. 37. | 

Der Faſerſtoff (materia fibrofa, Iympha 
plaftica) des Bluts iſt im lebendigen Körper, 
ſo lange er ſich im Blute befindet und mit ihm 
umlaͤuft, auch tropfbar fluͤſſig, gerinnt aber 
von ſelbſt im abgelaſſenen Blute zu feſten wei- 
chen Klumpen, die, wenn das Blut (im Waf- 
ſer) geſchlagen wird, die Geſtalt von Haͤuten 


(meinbranae Ruxschir 9 annehmen, und eben⸗ 


falls im Waſſer unaufloͤslich find. Der Faſer⸗ 
ſtoff der feſten Theile (J. 9.) kommt mit die⸗ 
ſem geronnenen Faſerſtoffe des Blutes ganz 
uͤberein, und entſteht aus ihm. 


29 Frıpd. Ruxsch zbefaur, anat. VII. b. a. 
Tab. III. fig. 6. 


Fd. 38. 

Der Cruor iſt roth, und von ihm im le⸗ 
bendigen Koͤrper das ganze Blut. Er beſteht 
in demſelben aus ſehr kleinen Kuͤgelchen, die 
ſpecifiſch ſchwerer als Waſſer find. In der 

5 ö Hitze 


165 


Hitze gerinnt er, wie die eymphe (F. 36.). Er 


iſt der beſte am meiſten ausgearbeitete Theil des 
Bluts, welcher auch nach Blutfluͤſſen nur lang⸗ 
ſam wieder erſetzt wird. 


8. 39. 

Wenn Blut aus einer geoͤffneten Ader 
ausfließt, ſo ſteigt, ſo lange es warm iſt, ein 
ſchwachriechender Dunſt (Hpiritus, balitus fan« 
guinis) aus ihm auf: reichlicher, wenn man 
friſch abgelaſſenes Blut im Waſſerbade erhitzt, 
ſo daß man ihn dann mit Anwendung der De— 
ſtillirgeraͤchſchaft ſammeln kann. 


: §. 40. 

Wenn abgelaſſenes Blut, in einem hin⸗ 
laͤnglich tiefen Gefaͤße aufgefangen, ruhig ſteht, 
ſo gerinnt es bald, und dann ſcheidet es ſich 
nach und nach in 1) eine klare, faſt farbenlo— 
fe, ſchwachgelbliche, tropfbare Fluͤſſigkeit, die 
man gemeiniglich Blutwaſſer (rum) nennt, 
und 2) einen rothen feſten doch weichen Klum 
pen, den ſogenannten Blutkuchen (craſſa- 
mentum, placenta, hepar, infula,) welcher in 
jener Fluͤſſigkeit ſchwimmt. 


2 10. 


22 — 


Io. Man. Burr de ſpontauen fanguinis ſepara- 
zione, Edinb. 1760. 8. Recuf, in SAnDIFoRT 
thefauro. va II. 

1 


Re: 41. 

Wenn man dieſes vom Blutkuchen ie 
goſſene Blutwaſſer (J. 39) mit etwa gleichviel 
reinem Waſſer faſt bis zum Sieden erhitzt, ſo 
gerinnt die Lymphe (F. 36), und ſondert ſich 
in Klumpen ab; das eigentliche Blutwaſſer 
(. 35) ing bleibt fluͤſſig, und mit dem 
zugeſetzten Waſſer vermiſcht. 


§. 42. 

Wenn man den Blutkuchen (F. 40) a 
wiederholtenmalen mit reinem Waſſer aus⸗ 
waͤſcht, ſo ſpuͤlt dieſes nach und nach allen 
Cruor ($. 38) heraus, und es bleibt der Fa— 
ſerſtoff ($. 37) in weiſſen zaͤhen Flocken zuruͤck. 

Richtige Unterſcheidung des Serums im lebendi⸗ 
gen Körper (9. 34) und des Serums im abge⸗ 

laſſenen Blute (F. 40). 


§. 43. 

Die Srundſtoffe des Bluts find: Kalk⸗ 
erde, Eiſen, mineraliſches Alkali, Sauer⸗ 
ſtoff, a ö BER , Robe 

len⸗ 


Sa 23 
lenſtoff, und Waſſerſtoff. Das Eiſen 
enthaͤlt bloß der Cruor, aber mehr als irgend 
ein anderer Theil des menſchlichen Körpers ). 
Das Mineralalkali ſcheint bloß entfernter 
Grundſtoff, nicht wu Beſtandtheil zu 
ſeyn ). 
) — IoAcHM. IAcoB. RHADES de Ferro fanguinis 
bumani, Goetting. 1753. 4. 
) FRID. HILDEBRANDT de alcali minerali fan« 
guinis bumani, Part. I. Erlang. 1793. 8. 


d. 44. 

Wenn man nemlich getrocknetes Blut ei⸗ 
ner trockenen Deſtillation bei hinlaͤnglicher Hitze 
ausſetzt, ſo erfolgt alles ſo, wie es oben bei 
den feſten Theilen ($. 12) geſagt iſt; in der 
Aſche aber findet man auſſer jenen Stoffen der 
Aſche feſter Theile noch mineraliſches Alkali. 
Bloßes Serum, ohne Cruor, giebt kein Eis 
ſen in der Aſche. 5 

Wie das Eiſen im Blute enthalten ſei? 
Ueber den Ungrund der Angabe, daß aufe im 

Blute enthalten ſei. 

Prrx. van MUSSCHENBROER de abris praeſentia 
in humoribus animalibus. Leid. 1715. In HAx- 

LERI coll. anat. IV. n. 28. 


B 4 F. 45, 


934 


8. 45. 5 

Augelaſsenes Blut, ſo wie Blut in den 
Adern eines todten Körpers, geht bald in Faͤul; 
niß über, mit gleicher Zerſetzung, wie die fe 
ſten Theile ($. 13), wenn es genug Feuchtig⸗ 
keit hat, oder befeuchtet wird. Ohne hinlaͤng⸗ 
liche Feuchtigkeit mit großer Oberfläche der Luft 
ausgeſetzt, trocknet es aus, und vermodert 
dann erſt in langer Zeit. 


5 §. 46. a 
Die Urſache der Xoͤthe des Blutes 
(Cruors) iſt ſehr ſchwierig zu beſtimmen. So 
viel lehrt die Erfahrung, daß aus Venen ab⸗ 
gelaſſenes ſchwarzrothes auf der Oberflaͤche hell— 
roͤther werde, hingegen inwendig ſchwarzroth 
bleibe, wenn ſeine Oberflaͤche der atmoſphaͤri⸗ 
ſchen Luft, noch mehr, wenn dieſelbe reiner 
Lebensluft (Sauerſtoffgas) ausgeſetzt iſt; daß 
dieſe Roͤthung der Oberfläche in brennbarem 
Gas (Waſſerſtoffgas), Stickgas, nicht erfol— 
ge, vielmehr hellrothes Blut in dieſen Gasar- 
ten faſt ſchwarz werde; daß das Blut der 
Schlagadern, welches fo eben durch die Lun— 
gen gegangen, hellroͤther, hingegen das Blut 
der Venen, welches aus dem ganzen Koͤrper 
zuruͤck⸗ 


— * 20 


zurückkehrt, ſchwarzroth ſei. Doch folgt dar- 
aus nur, daß der Sauerſtoff der atmoſphaͤri— 
ſchen Luft, welche wir einathmen, die Roͤthe 
des Blutes erhoͤhe, nicht aber, daß die Röͤthe 
abſolut davon abhaͤngig ſei. 


§. 47. 

Die Guantitaͤt des Blutes im menſch⸗ 
lichen Koͤrper, im allgemeinen auch nur unge⸗ 
faͤhr zu beſtimmen, iſt aͤuſſerſt ſchwierig, und 
die bisher gemachten Angaben find ohne hin⸗ 
8 Grund. 

1 8 IRERFRT. IR: 
BERNHARD. rde reſp. Io. ERN. SchApER, 
de maſſue ſunguineae corpufeulis. Fref. ad V. 

1688. In HALL. diſp. anat. ſelect. II. p. 655. 

WILLIAM Hewson’s inquiries into the proper- 
ties of the blood, Lond. 1771. 8. Auch in 

den Philof. Transact. Vol. 60. p. 368. überf. 
in v. Crells chem. Journal. I. S. 137. und 
in den Samml. auserleſ. Abhandl. fuͤr prakt. 
Aerzte. I. St. 2. S. 3. 

WILL. Hey obfervations on the Llood. Lond. 
1779. 8. 

PETR. MoscATı nuove offervaz. ed efperienze 
Jul fangue, in ſcelta di opuſc. intereſſanti. Me- 
diol. Vol. 16. p. 102. ö 


B 5 Peter 


77 
3 
0 9 — 
26 / 7 > * 


4 


Peter Moſcati's Beob. und Verſuche Über das 
Blut und uͤber den Urſprung der thieriſchen 
Wärme, uͤberſ. von Koͤſtlin. Stuttg. 1780. 8. 

eee s Erfahrungen uͤber thieriſche Stoffe, 

in den Annales de Chimie. T. VIII. 1790. 
p. 146. uͤberſ. in v. Crells chem. Annalen. 
1793. II. S. 435. auch in den Aufklaͤrungen 
der A. W. von Hufeland und e 1.3. 
S. 243. 

Sldebrande Anfangsgruͤnde der Chemie. III. 
§. 2266. fgg. 


Zweiter Abſchnitt. 
Die Feuchtigkeit der Hoͤhlen. 


§. 48. 

Die inneren Oberflaͤchen der groͤßeren und 
kleineren Hoͤhlen des Körpers, der harten Hirn⸗ 
haut, der Hirnkammer, des Herzbeutels, der 
Bruſthautſaͤcke, des Bauchhautſackes ꝛc. find mit 
einer Feuchtigkeit überzogen, welche die Ei⸗ 
genſchaften des oben genannten Serums (§. 34) 
hat. 


§. 49. 5 
Sie dient, die inneren Oberflächen dieſer 
Höhlen von einander und von den in ihnen lie— 
genden Theilen getrennt zu erhalten. 


§. So. 


| §. Fo. 

Sie wird, um beſtaͤndig in hinlaͤnglicher, 
doch mäßiger, Quantitaͤt da zu ſeyn, durch zu— 
führende Gefaͤßchen ausgeſchwitzt und in ruͤck⸗ 
fuͤhrende wiederum aufgenommen. 

Anwendung auf die Theorie der Waſſerſucht. 
Ueber die krankhaften Fäden und Haͤute, mit 


denen Eingeweide an ihre Behälter und an 
einander verwachſen. 


Dritter Abſchnitt. 
Das Fett. 


H. l. 


Auch die Zellen des lockeren Zellgewebes ($. 200 
ſind im ganzen Koͤrper mit ſolcher Feuchtigkeit 
befeuchtet. Auſſerdem aber enthalten fie, we— 
nige Theile ausgenommen, ein weiſſes fettes 
Oel, welches die allgemeinen Eigenſchaften der 
fetten Oele hat. Es iſt nicht ſo leichtfluͤſſig, 
als die meiſten vegetabiliſchen Oele, und das 
Fett derjenigen Saͤugethiere, welche im Waſſer 
zu Hauſe find; aber leichtfluͤſſiger, als das 
Fett des Hornviehes. 


H. 52. 


2 %% / 


§. 52, 
5 Die Grundstoffe des Fettes ſind Waſ⸗ 
ſerſtoff, Rohlenſtoff, Sauerſtoff; (viel- 
leicht auch etwas Phosphor und Kalkerde). 


9. S3. 73 
Wenn man nemlich Fett einer trocknen 
Deſtillation bei hinlaͤnglicher Hitze ausſetzt, fo 
entbindet ſich eine brandige Saͤure, von beſon⸗ 
derer Art, die ſogenannte Fettfaͤure (acidum 
‚Dinguedinis ), ein brandiges Oel, Waller 
ſtoffgas und kohlenſaures Gas, und der 
Ruͤckſtand iſt Kohle, deren Aſche etwas koh— 
lengeſaͤuerte Kalkerde und phosphorgeſaͤuerte 
Kalkerde giebt. Zu Anfange geht etwas nur 
wenig veraͤndertes Oel uͤber, das ſich dann, eben 
wie das letztere brandige Oel, ferner in Waſ⸗ 
ſerſtoff, Vohlenftoff und SEN seegen 
laßt. 

Io. AN DR. SEGNER, refp. et auct. DAv. HENR. 
KNA PE de acido pinguedinis animalis, Goett. 

2784. 4. | 
° Kor. v. Crell Verſuche mit der aus dem Nins 
dertalge entwickelten Saͤure, in ſ. chem. Jour⸗ 

nal. I. S. 60. II. S. 112. IV. S. 47. 
Ueber das Ranzigwerden des Fettes; auch im 

lebendigen Koͤrper? 

§. 54. 


# 


\ ie y 29 
§. Sa. 

Es wird aus den zufuͤhrenden Gefaͤßen 
durch eine beſondere unbekannte Einrichtung ab⸗ 
geſondert. Obwohl Fettdruͤſen nicht durch 
Autopſie erwieſen ſind, und die krankhaften 
Fettklumpen die Meinung, welche ſie annimmt, 


zu widerlegen ſcheinen, ſo iſt doch hingegen die⸗ 


ſes wider die Annehmung bloßer Poren, daß 
im Blute kein Oel vorhanden iſt. Hingegen 
wird es von Zeit zu Zeit in die Saugadern wie 
der aufgenommen, und dem Blute zugefuͤhrt. 


A N 


Je mehr Fett abgeſondert, je weniger hin⸗ 
gegen wieder eingeſogen wird, deſto größer iſt 
die Fettigkeit des Körpers. Er wird hinge⸗ 
gen mager, wenn bei hinlaͤnglicher, oder gar 
verſtaͤrkter Einſaugung wenig oder gar kein Fett 
abgeſondert wird. Reichlicher Genuß guter 
Nahrungsmittel, gute Verdauung, Ruhe der 
Seele und des Koͤrpers, beguͤnſtigen die Fettig⸗ 
keit; die gegenſeitigen Umſtaͤnde hindern ſie. 


Beſonders aber kommt es zum fett oder mager 


Seyn auf eine gewiſſe Geneigtheit des Koͤr— 
pers an. 


§. 56. 


* 


38 — 
N e | 
Obwohl übermäßige Fettigkeit gewiſſe 
Nachtheile bewirkt, ſo hat doch eine maͤßige 
Menge deſſelben, die im geſunden Koͤrper im⸗ 
mer da iſt, ihren wichtigen Nutzen. Es fuͤl⸗ 


let die Lücken aus, und befeſtiget die Lage der 3 


feſten Theile; traͤgt eben dadurch zur aͤußern 

Schoͤnheit des Koͤrpers bei; ſchuͤtzt vor Druck 

von auſſen; und ſichert einige Theile vor a 
theiliger Erſchuͤtterung. 


ee 


WILH. XAv. IANsEN pinguedinis animalis confi- 
deratio phyfhologica et pathologica. m B. 1784. 
8. Deutſch uͤberſ. von J. C. Jonas. Halle, 
1786. 8. ö 

HRENR. Christ. TnEoD. Rkuss iN de pingue- 
dine ſana et mor baſa. Ien. 1791. 4. 


Viertes Kapitel. 
Die Lebenskraft. 


§. 57. 
Der menſchliche Körper iſt, gleich allen an⸗ 
dern belebten Körpern, mit Lebenskraft (vis 


vitalis) begabt, von welcher der eee 
Zu⸗ 


31 
Zuſtand der belebten Körper, das Asben (vita) 
bewirkt wird. 


METER 
Ob die Lebenskraft in einer eigenen Mate⸗ 
rie liege oder nur eine beſondere Modification 
der Koͤrper ſey, das wiſſen wir nicht. Ueber— 
haupt iſt uns der zureichende Grund derselben 
nicht bekannt. 


Ob der Sauerſtoff die Materie der Gebengtraft 
genannt werden koͤnne? 


$. 59. 
Das Leben aͤuſſert ſich vorzuͤglich in drei 
großen Wirkungen: 

1) Der belebte Koͤrper erhaͤlt ſich ſeine 
Miſchung und Geſtalt, ungeachtet der auf 
ihn wirkenden, todte Koͤrper zerſtoͤrenden 
Kraͤfte der Waͤrme, des Waſſers und der 
Luft. 

2) Er verähnlicher ſich fremde Saft 

3) Er zeugt feines gleichen. 


§. 60. 


Die Lebenskraft iſt nicht allein den feſten 
Theilen des Körpers „ ſondern gewiſſermaſſen 
auch 


| 0 den Säfte, vorshelih dem Blute, dem 
Samen, der Galle, eigen, ſo lange ſie in den 
Gefaͤßen des lebendigen Koͤrpers enthalten ſind. 


K. 1 
Sie haͤngt auch in den feſten Theilen von 
der Organiſation keinesweges ab, als welche, 
auch nach ihrem Entweichen, noch eine Zeitlang 
bleiben kann. Hingegen iſt die Organiſation 
eine Wirkung der Lebenskraft, die auch im un⸗ 
gebildeten Stoffe der belebten Koͤrper ſchon 
da iſt. 
: . 62 


In den feen Theilen giebt es vorzüglich 
drei Arten, oder vielleicht beſſer Wirkungsarten 
der Lebenskraft. N a 

1 Die lebendige Contractilitàt. Es iſt 
nemlich jene Contractilität (h. 19), die auch 
in der lebloſen Faſer Statt findet, in der 
belebten viel ſtaͤrker, und bringt im leben⸗ 
digen Koͤrper gewiſſe Wirkungen hervor, 
die wir in lebloſen vermiſſen. Dieſe iſt 

im ganzen Zellgewebe des Koͤrpers. 

2) Die Reizbarkeit (irritabilitas), welche 


vorzuͤglich den Fleiſchfaſern eigen iſt, 
einiger⸗ 


einigermaaſſen, doch bei weitem ſchwaͤcher, 
auch im lebendigen Zellgewebe Statt zu 
finden ſcheint, und da von einigen auch 
Contractilitaͤt genannt wird. Reizbare, 
„(irritabiles) Faſern ziehen ſich zuſammen, 
wenn ſie von gewiſſen (reizenden) Koͤr⸗ 
pern beruͤhrt werden. 

3) Die Nervenkraft (vis nervea), eine dem 
thieriſchen Körper eigene Lebenskraft, welche 
bloß in den Nerven liegt. Vermoͤge 
dieſer werden Veraͤnderungen, welche in 
den mit Nerven begabten, und dadurch 
empfindlichen (Jenfibiles) Theilen des 
Koͤrpers geſchehen, dem Gehirne, und 
durch dieſes der Seele mitgetheilt; hinge— 
gen auch durch Wirkung der Nerven auf 
auf die reisbaren Faſern dieſe zur Bewer 
gung erregt. 

Die Reizbarkeit und Nervenkraft zuſam— 


mengenommen machen die ſogenannte Erreg— 
barkeit (incitabilitas) aus. 


H. 63. * 9 
Einige Organe aͤuſſern ſo ſonderbare und 


eigenthuͤmliche Wirkungen, daß fie eine beſon⸗ 
dere eigenthuͤmliche Art von Lebenskraft (vis vi- 


talis propria) zu haben ſcheinen. 
C §. 64. 


34 — 


7 e, e, 

Hieher ſcheint auch die Beſtimmung des 
Begriffes von Geſundheit (Janitas) zu ges 
hoͤren. Sie iſt, im engſten und eigentlichen 
Sinne des Namens, der vollkommenſte Zu⸗ 
ſtand des Koͤrpers, in welchem ſowohl alle 
Organe in Ruͤckſicht ihrer Lage, ihrer Geſtalt, 
ihres Baues, als auch die Lebenskraft des gan— 
zen Koͤrpers und ihre Arten ganz vollkommen 
find. Abweichungen von dieſem Zuſtande heiſſen 
Krankheiten (morbi). Indeſſen pflegt man 
doch nur dann di- Abweichungen fo zu nennen, 
wenn ſie hinlaͤnglich und fortdauernd ſind, und 
daher jenen abſtracten Begriff von Geſundheit, 
im Sprachgebrauche nicht ſo genau zu neh— 
men, als er oben beſtimmt worden. 


Theodor Georg Auguſt Rooſe über die Ge⸗ 
ſundheit des Menſchen. Goͤtting. 1793. 8. 


65. 


Die verſchiedenen Grade von Spannkraft 
und Lebenskraft, insbeſondere von Reizbarkeit 
und Empfindlichkeit, mit den davon abhaͤngen— 
den Verſchiedenheiten der Saͤfte, ſo weit dieſe 
Dinge im gehen Körper (das Wort „ges 

fund‘ 


find” im weiteren Sinne genommen) verſchie— 


den ſeyn koͤnnen, machen die ſogenannten Tem⸗ 
peramente aus. 


Gv. Fr. Ab. GERRESHEIM de ſanitare cuivis ho- 
mini propria. L. B. 1764. 4. f 

GVIL. ANTON FlckER de remperament is bomi- 

num, quatenus ex corporis Fabric er ſtructura 
patent. Goett. 1791. 4. 


212 1 
* * * 0 


Marrh. van Grvns de co, quod vitam conſtituit 
in corpore animali. Groening. 1758. 4. 


Chriſtoph Ludwig Hoffmann's Abhandlung 
von der Empfindlichkeit und Reizbarkeit der 
Theile. Muͤnſt. 1779. 8. Latine redd. (F. 
GALL.) Düſſeldorf. 1794. 8. 

Ferice Fontana ricerche flofofche ſopra la 
fifica animale, Florenz. 1775. 8. Felix Fon⸗ 
tana's Veoh. und Verſuche über die Natur 
der thieriſchen Körper, Aus dem ital. mit eis 
nigen eigenen phyſiol. Auffägen von E. B. 
G. Hebenſtreit. Leipz. 1785. 8. 

Ioun GARDINER's obfervations on the animal 
oeconomy and on the caufes and cure of difea- 
fes. Edinb. 1784. 8. 

Johann Gardiners Unterſuchungen uͤber die 
Natur thieriſcher Koͤrper und uͤber die Urſachen 
und Heilung der Krankheiten. Nebſt einem 

C 2 Auf⸗ 


Aufſatze über die Beſtimmung unferer Begriffe 
von der Lebenskraft durch die Erfahrung, von 
SE. B. G. Hebenſtreit. Leipz. 1786. 8. 

Anton Fabre Unterſuchungen uͤber verſchiedene 

Gegenſtaͤnde der Arzneiwiſſenſchaft. Aus dem 
Franz. nebſt einem Anhange von Ernſt Plat⸗ 
ner. Leipz. 1788. 8. 

GVALTH. FORSTER VERSCHVIR or de recentio- 
rum medicorum, imprimis Belgarum, meritis, 
in phaenomenis et effectibus principii, quod 
vitam animalem conſtituit, indagandis. Gro- 
ning. 1781. 4. 

Io. TnuEon, van der KEur de vita et vivifca- 
tione materiae humanum corpus conſtituentis. 
Edinb. 1782. 8. N 

EDVARD Fryer de vita. Lugd. Bat. 1785. 8. 
Blumenbach med. Bibliothek. II. 3. ©. 451. 


Chriſtoph Girtanner Abhandlungen über die 
Irritabilitaͤt, als Lebensprincip in der organi— 

ſirten Natur. Aus Roziers obf. für la phy- 
fique. Tome 36. 1790. luin. p. 422. fag. 
überf. in Grens Journal der Phyſik. 1791. 
III. ©. 317. 495. fag. 

Io. LVDOV. GAUTIER de irritabilitatis notione, 
natura et morbis. Hal. 1793. 8. 

Job. Ulr. Gottlob Schäffer über Irritabili⸗ 
taͤt als Lebensprincip in der organ. Natur. 
Frankf. a. M. 1793. 8. 


Joh. 


— 37 


Joh. Dan. Megger über Irritabilitaͤt und Sen⸗ 
ſibilitaͤt als Lebensprincip in der organiſchen 
Natur. Koͤnigsb. 1794. 

C. F. Cloſſius Anmerkungen über die Empfind⸗ 
lichkeit und Reizbarkeit der Theile. Tuͤbingen 
1794. 8. 

J. U. G. Schaͤffer Vertheid. einiger Saͤtze in 
ſeiner Schrift uͤber die Senſibilitaͤt als Lebens⸗ 
princip in der organiſchen Natur. Mit einem 
Aufſatze uͤber die Erforderniſſe zu Theorien her— 

ausgegeben von Karl Wilh. Noſe. Frankf. 
g. M. 1795. | 

W. über Senſibilitaͤt als Lebensprincip in der 
organiſchen Natur. Im Journal der Erfin— 
dungen ꝛc. in der Natur- und A. W. 1794. 
VI. S. 3. 

Stephan Gallini's Betrachtungen uͤber die 
neuern Fortſchritte in der Kenntniß des menſch— 
lichen Koͤrpers. Aus dem ital. uͤberſ. von D. 
G. H. F. Berlin 1794. 8. 

Friedrich Alexander von Humboldt Aphoris— 
men aus der chemiſchen Phyſiologie der Pflan— 
zen. Aus dem Lat. überf. von Gotthelf Sis 
ſcher. Nebſt einigen Zuſaͤtzen von Hedwig 
und einer Vorrede von Chriſt. Friedr. Lud— 
wig. Leipz. 1794. 8. 

J. D. Brandis Verſuch uͤber die Lebenskraft. 
Hannover 1795. 8. 


C 3 Fuͤnf⸗ 


38 


| Fünftes Kapitel. 
Die Verrichtungen des Nervenſyſtems. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. IV. 
Neuntes Buch. Von dem Nervenſpſteme. 


§. 66. 
Dasjenige Weſen, welches wir uns in je 
dem Menſchen, wie in jedem Thiere, unter 
dem Namen Seele (anima) denken, iſt auf 
eine uns unbekannte Weiſe ſo mit dem Koͤrper 
des Menſchen verbunden, daß beide, Seele 
und Koͤrper, wechſelſeitig auf einander wirken. 


Ker. 

Das Organ, in welchem dieſe Verbin—⸗ 
dung und wechſelſeitige Wirkung Statt hat, 
iſt das Nervenſyſtem, welches aus dem Ge— 
hirne (encepbalum), dem mit dieſem unmittel- 
bar zuſammenhaͤngenden Ruͤckenmarke (me- 
dulla ſpinalis) und den aus beiden entfpringens 
den im ganzen Körper vertheilten Nerven 
(nervi) beſteht. 


Sam. Tuom. SÖMMERRING de haſi encephali er 
originibus nervorum cranio egredientium. Goet- 


ting. 1778. 4. 
N Joh. 


7 


5 39 

Joh. Chriſtoph Andr. Mayer Abhandlung 
vom Gehirn, Ruͤckmark und Urſprung der 
Nerven. Berl. u. Leipz. 1779. 4. 

S. Th. Soͤmmerring vom Gehirn und Ruͤcken⸗ 
mark. Mainz 1788. 8. 

Deſſ. Hirn- und Nervenlehre. Frankf. am M. 
1791. 8. 

Juſtus Arneman's Verſuche über die Regene— 
ration an lebenden Thieren. I. Goͤtting. 1787. 8. 
Erſte Abtheilung. Allg. Bemerkungen uͤber die 
Nerven. 8 

ALEX. Monro obfervations on the ſtructure and 
Functions of tbe nervous Hſtem. Edinb. and 
Lond. 1783. 4. Ueberſ. Leipz. 1787. 8. 


9. 68. 

Vermoͤge dieſer Verbindung erfolgt die 
Empfindung (Venſatio), die Wirkung des 
Koͤrpers auf die Seele. 

Was die Empfindung ſei? 


§. 609. 
Einige Theile find empfindlich (fenfiles), 
d. h. ſo beſchaffen, daß Veraͤnderungen, die in 
ihnen vorgehen, auf die Seele wirken. An— 
dere hingegen find unempfindlich (inſenſiles). 
Die Emfindlichkeit hat aber ſehr verſchiedene 
Grade. 


C 4 8. 70. 


40 . > 2 AR R 
4 % 1ER 
Daß das Nervenſyſtem im menſchlichen 
Koͤrper das Organ der Empfindung ſei, iſt 
aus allen Erfahrungen uͤber die Empfindung 
klar. 1) Die bloßen Nerven haben die Em- 
pfindlichkeit im hoͤchſten Grade. 2) Ale Theile, 
die Nerven erhalten, ſind empfindlich, und 
alle empfindlichen Theile erhalten Nerven. Alle 
Theile, die keine Nerven erhalten, ſind un— 
empfindlich, und alle unempfindliche Theile er— 
halten keine Nerven. 3) Der Grad der Em— | 
pfindlichkeit verhaͤlt ſich bei jedem Theile, wie 
die Quantitaͤt des Nervenmarks, welches er 
erhaͤlt. 
Die Empfindlichkeit liegt in den Nerven ſelbſt, 
nicht in ihren Haͤuten. 
Ob auch andere Theile, auſſer den Nerven em— 
pfindlich ſind? 
LEON. Babov an folis nervis ſenſibilitas? Monsp. 
1784. 
| 88 
Eben ſo iſt aus Erfahrungen klar, daß 
alle Empfindungen aus dem ganzen Koͤrper, 
ſo zu ſagen, im Gehirne zuſammenkommen, und 
das Gehirn der gemeine Ort aller Empfindung 
des ganzen Koͤrpers (enſorium commune), alſo 
. ge⸗ 


gewiſſermaaßen der Sig der Seele (Jedes 
animae) ſey. Alle Nerven kommen im Ge 
hirne zuſammen. Wenn ein Nervenſtamm 


durchſchnitten oder unterbunden wird, ſo wird 


der Theil, welcher aus ihm fein Nervenmark 


‚erhält, unempfindlich. Druck auf das Gehirn 


macht den ganzen Koͤrper unempfindlich und 
hebt das Bewuſtſeyn auf. 


Vermeinte Empfindung in abgenommenen Glie— 
dern. 


SEN e 1 
Daß irgend ein einzelner Theil des Ge— 
hirns vor den uͤbrigen einen ſolchen Vorzug 
habe, der eigentliche Sitz der Seele zu ſeyn, 


haben zwar dieſe und jene Phyſiologen gemeint, 


aber nicht erwieſen. 


Io. GoDOFR. ZINN experimenta circa cer pus cal- 
lofum , cerebellum, duram meningem, in vivis 
animalibus inſtituta. Goett. 1749. 4. 


d. 73. 

Wie alle Empfindungen aus dem ganzen 
Koͤrper im Gehirne ſich endigen, und mithin 
alle Nerven des ganzen Koͤrpers auf das Ge— 
hirn wirken; ſo hat hingegen das Gehirn eine 
Gegenwirkung (reactio ſenſorii) auf den 

C 5 gan⸗ 


r 


% 


ganzen Körper, indem es ſelbſt auf die Nerven 
wirkt und dieſe auf die uͤbrigen Organe wir- 
ken, in denen ſie ſich verbreiten. Dadurch 
entſtehen verſchiedene Bewegungen der reizba— 
ren Faſern, welche von dieſer e gereizt 
werden. 
N 

Nemlich erſtlich kann die Seele in ihrem 
Körper mancherlei willkuͤhrliche Bewe⸗ 
gungen bewirken. Daß ſie dieſes durch Wir⸗ 
kung auf das Gehirn und des Gehirns auf die 
Nerven verrichte, laͤßt ſich nicht allein daraus 
folgern, daß die Seele mit dem Gehirne zu— 
naͤchſt verbunden iſt, ſondern es iſt aus Er⸗ 
fahrungen uͤber die willkuͤhrlichen Bewegungen 
klar. Alle Theile, welche willkuͤhrlich bewegt 
werden koͤnnen, haben Nerven. Durchſchnei⸗ 
dung oder Unterbindung eines Nerven bewirkt 
Laͤhmung des Theiles, der aus ihm ſeine Ner— 
venaͤſte erhält. Reizung des Hirnmarkes bes 
wirkt Zuckungen im ganzen Koͤrper. 


§. 75. 

Zweitens aber geſchieht auch eine unwill⸗ 
kuͤhrliche, von dem Willen der Seele unab— 
haͤngige, Gegenwirkung des Gehirns auf den 

| Koͤr⸗ 


Körper, von welcher diejenigen wichtigen Ber 
wegungen deſſelben abhängen, welche dem Wilz 
len der Seele nicht unterworfen ſind. Wahr— 
scheinlich wirkt im gefunden Zuſtande beſtaͤn⸗ 
dig ein gewiſſer Einfluß des Nervenſyſtemes 
auf den ganzen Körper und unterhält alle Ver 
richtungen. Auſſerdem aber wirkt auch das 
Senſorium, wenn es durch eine Empfindung 
erregt wird, auſſerordentlich auf die unwill- 
kuͤhrlichen Organe zuruͤck. Beides wird vor— 
zuͤglich durch gewiſſe krankhafte Erſcheinungen 
erwieſen. 


Von krankhaften Hinderniſſen hinlaͤnglicher be— 
ſtaͤndiger Gegenwirkung und deren Folgen. 
Von auſſerordentlichen Gegenwirkungen, die von 
bloß koͤrperlichen Urſachen entſtehen. Von 
auſſerordentlichen Gegenwirkungen, die aus 


Leidenſchaften der Seele entſtehen und doch 
unwillkuͤhrlich ſind. 


9 76 
Wir bemerken in manchen Erſcheinungen 
eine Mitleidenſchaft (ympatbia, conſenſus) 
verſchiedener Theile, fo daß Veranderungen, 
die in einem Theile erfolgen, Empfindungen 
oder Bewegungen in einem andern nach ſich 
ziehen. 


1 
“ 


Re, 

ziehen. Bei einigen derfelben kann der Zuſam⸗ 
menhang der Nerven verſchiedener Theile dieſe 
Mitleidenſchaft bewirken. Bei manchen aber 
finden wir keinen ſolchen Zuſammenhang, ſo 
daß die Mitleidenſchaft, in ſo fern ſie doch vom 
Nervenſyſteme abhaͤngt, nur von der Vereini— 
gung aller Nerven im Gehirne herruͤhrt und 
dadurch erfolgt, daß das Gehirn auf einen an— 
dern Theil gegenwirkt, als auf den, in dem 
die erregende Empfindung entſtand. 


Von uneigentlichen Mitleidenſchaften, die nicht 
von den Nerven abhaͤngen. 

GEORG. EGGER (auct, LAuR. GassER) de cox- 
fenfu nervorum. Vindob. 1706. 8. Recuſ. in 
WASSERRERG fafe. II. operum minorum. Vin- 

dob. 1775. N 

Fzg D. HOFMANN reſp. GEORG. GOTTLIEB GUM- 
PRECHT de conſenſu partium, Hal. 1717. 4. 


DanıeL LanGHans de confenfu partium c. b. 
Goetting. 1749. 4 

lo. Frın. GoTTL. GOLDHAGEN, refp. CHRISTIAN. 
GoTTL. ConrAD. HERTZoG de [ympatbia par- 
ium c. h. Hal. 1766. 4. 

FrıD. CnRISTIAN. IUNCKER refp. Casp. Lopov. 
Currius de explicando conſenſu partium, qui 
nervis debetur. Hal. 1770. 4. 5 

| BENI. 


: 45 

BEN I. BAUMER de confenfu partium corporis hu- 
mani. Gieſſ. 1781. 4. 

PHIL. ApoL pH. BOEHMER refp. Sam. HENR. 


Wesch de pulmonum cum encephalo conſenſu. 
Hal. 1763. 4. 


‘ Io. Henr. RA¹N Mmirum inter caput et vifcera 


abdominis commercium, Goctting. 1771. 4. 


Anpr. ELIAS Büchner refp. AN DR. CAR. Bün- 
GER de conſenſu morborum capitis et ventri- 
culi. Hal. 1748. 4. N 


DipERIcus VEEGENS de Hmpathia inter ven- 
triculum et caput. L. B. 1784. Recuſ. in 
SCHLEGELIE HII. opusc. de Hmpathia. Lipſ. 
1787. N 

HENR. FrıD, DELIUs de confenfu pectoris cum 
infimo ventre, Hal. 1743. 4. 

‚Perrus las de mirabili, quae pectus et ventri- 
culum intercedit, Hmpathia. L. B. 1784. 4. 
Recuſ. in SchLEOELII fylloge. N. g. 

ANDR. ELIAS BüchNER reſp. WILH. SALoMm. 
TuEBESIUS de confenfu pedum cum inteſtinis. 
Hal. 1749. 4. 

ANDR. ELIAS Büchner reſp. GERHARD. HENR. 
-RocnorL de confenfu primarum vinrum cum 
perimetro c. H. Hal. 1764. 4. 

AN DR. ELIAS Büchner reſp. Io. Ioact. MEDER 
de mutua vteri cum ventriculo conſenſione. Hal. 
17 53. 4 J 

Ian. 


46 — 


IAN. Prrersen MIcnhnL de mirabili, quae capur 
et partes generationi dicatas intercedit, [ym- 
pathia, L. B. 1781. In SCHLEGELI Hlloge. 
N. I. 

Matthias wilhelm de Neufville Verſuch und 
Grundriß einer prakt. Abhandlung von der 
Sympathie des Verdauungsſyſtems. Goͤtt. 
1786. 8. 

n 

Die Art und Weiſe, wie die Nerven 
die Werkzeuge ſowohl der Empfindung (§. 68.) 
als der Gegenwirkung des Nervenſyſtems 
(F. 73.) auf die reizbaren Faſern fi ind, iſt 
uns nicht bekannt. Die Meinung einiger, daß 
die Nerven Wie geſpannte Saiten wirken, 
iſt zwar deswegen unwahrſcheinlich, weil die 
Nerven zu einer ſolchen Wirkungsart (zumal 
au ihren beiden Enden) zu weich und zu we⸗ 
nig elaſtiſch, nicht geſpannt, und mit ihren En⸗ 
den nicht an harte Koͤrper befeſtigt ſind, auch 
nicht frei, ſondern mit weichen Koͤrpern dicht 
umgeben liegen. Indeſſen koͤnnte doch, ohne 
eben die Nerven geſpannten Saiten zu verglei— 
chen, bei der Wirkung der Nerven eine gewiſſe 
Erſchuͤtterung ihrer Theilchen und eine Fort 
pflanzung dieſer aus den Nerven zum Gehirne, 


und umgekehrt, Statt finden. 5 
278. 


47 


§. 78. 
Die meiften Phyſiologen nehmen zur Er⸗ 
klaͤrung der Wirkungen des Nervenſyſtemes eis 
nen gewiſſen fluͤſſigen, feinen und flüchtigen 
Stoff an, den ſie den Lebensgeiſt oder die 
Lebensgeiſter (/Diritus vitalis, vitales, fluidum 
nerveum), minder ſchicklich den Nervenſaft, 
nennen. Sie denken ſich das Gehirn als das 
Abſonderungsorgan dieſer Fluͤſſigkeit; fie be 
wege ſich in den Nerven bei der Empfindung 
zum Gehirne hin, und bei der Gegenwirkung 
vom Gehirne in die Nerven fort. Es geſchehe 
zur Unterhaltung der Lebenskraft ein beſtaͤndi⸗ 
ger gelinder Einfluß dieſer Fluͤſſigkeit in alle mit 
Nerven begabte Theile; bei auſſerordentlicher 
Gegenwirkung ein ſtaͤrkerer Einfluß ꝛc. Bei 
den willkuͤhrlichen Gegenwirkungen bewirke die 
Seele dieſen verſtaͤrkten Einfluß; er geſchehe 
aber auch unwillkuͤhrlich, wenn eine hinlaͤnglich 
ſtarke Empſindung das Nervenſyſtem errege. 
Es iſt nicht zu leugnen, daß ſich aus dieſer 
Hypotheſe manche Erſcheinungen im geſunden 
und kranken Zuſtande ſehr wohl erklaͤren Taf 
ſenz und es iſt keinesweges ungereimt, ihr bei— 
zuſtimmen, obwohl uns weder dieſe Fluͤſſigkeit, 


noch Roͤhren in den Nerven ſichtbar find. 
FR. 


— 


Fx. Hensey de eæxiſtentia vnriaque liquoris ner- 
voſ ad quosdam explicandos morbos neceſſitate. 
L. B. 1749. 8. 


| $. 79. 

Die Kraft, vermoͤge deren die Nerven fo- 
wohl die Empfindung bewirken, als die reizba— 
ren Faſern durch ihre Einwirkung auf dieſelben 
zur Bewegung erregen, heißt die Nervenkraft 
(vis nervea), Sie iſt eine Art des Lebenskraft 
(§. S7. ). | | 

$. do. 


Von einer hinlaͤnglichen Größe dieser 
Kraft, und von einer hinlaͤnglichen doch nicht 
übermäßigen Wirkung derſelben, auf die Werk 
zeuge des Blutumlaufes, des Athemholens, 
der Verdauung, der Ernährung, der Abſon— 
derungen hängt groͤßtentheils die ganze Gefund- 

heit (9. 64) ab. | 

Veon zu ſchwachen, übermäßigen, unrichtigen Eins 
wirkungen des Nervenſyſtems. 

Von den Wirkungen der Nahrungsmittel, ana- 
leptiſcher und narkotiſcher Arzneien, der Blut⸗ 
fluͤſſe und anderer Ausleerungen, der Begat— 
tung, anhaltender Bewegungen, angenehmer 
und angenehmer Leidenſchaften, der Ans 

ſtren⸗ 


49 
firengung des Verſtandes, ꝛc. auf die Geſund— 
heit des Koͤrpers. 5 rde 

S. A. D. Tissor traité des nerfs et des e 
maladies. T. I. Lauf. 1780. 8. 

Jacob Friedrich Iſenflamm Verſuch einiger 
praktiſchen Anmerkungen uͤber die Nerven. Er— 
langen 1774. 8. 


K 

Das geſunde Nervenſyſtem hat eine ge— 
wiſſe hinlaͤngliche, doch nicht übermäßige, Bez 
weglichkeit, vermoͤge deren es hinlaͤnglich, 
doch nicht uͤbermaͤßig, gegenwirkt, wenn es 
hinlaͤnglich erregt wird. Dieſe Beweglichkeit 
haͤngt von der Nervenkraft ab, iſt jedoch von 
ihr ſelbſt gewiſſermaaſſen zu unterſcheiden, und 
ſteht nicht immer mit ihr im Verhaͤltniſſe. 


Von krankhaft vermehrter Beweglichkeit des Ner⸗ 
venſyſtemes, mit verminderter Nervenkraft. 


9. „82 
Da die Nerven zur Empfindung und zur 
Bewirkung der Bewegung dienen, ſo unter— 
ſcheidet man Empfindungsnerven (nervi Jen- 
ſorii) und Bewegungsnerven (nervi moio- 
ri), Einige Nerven find. bloß Empfindungs. 
D nerven; 


nerven; andere aber find Bewegungs⸗ und 
Empfindungsnerven zugleich. 


, 88: 
Wahrſcheinlich ſind die einzelnen Faͤſerchen a 
der Nerven, in welche ſich ihre Enden verthei⸗ 


Si len, ſchon im Gehirne bei ihrem Urſprunge ge- 


trennt, weil nicht allein die Seele die Empfin⸗ 
dung verſchiedener Stellen, die von einem Ner— 
venſtamme ihre Aeſte erhalten, unterſcheidet, 
ſondern auch durch einen Nervenſtamm bald 
einen, bald den andern der reisbaren Theile, 
welche aus ihm ihre Aeſte erhalten, in Bewe⸗ 
gung ſetzen kann. & 
S. 84. 
Gewiſſe Erſcheinungen in Krankheiten ma⸗ 
chen es wahrſcheinlich, daß die Anfaͤnge der 
Nerven im Gehirne ſich kreuzen, ſo daß die 
Nerven der rechten Haͤlfte des Koͤrpers theils 
aus der linken Haͤlfte des Gehirns entſpringen 
und umgekehrt. 


$. 85. 
Es iſt merkwuͤrdig, daß der Menſch 
unter allen Thieren nach Verhaͤltniß der Groͤße 


der Nerven das größte Gehirn hat. 
Die⸗ ö 


Diefen Satz hat zuerſt Soͤmmerring richtig bes 
ſtimmt. S. def. 4%. de baſi encephali p. 15. , 
deſſ. Schrift uͤber den Neger F. 57; deſſen 
Hirnlehre §. 169. 


80 
Demungeachtet hat man mehrere Faͤlle 
beobachtet, in denen Kinder ohne Gehirn 
im Mutterleibe, ja gar nach der Geburt eine 
Zeitlang gelebt haben. 
Folgerungen daraus. 


§. 87. 
Den Nutzen der mancherlei Erhabenheiten 
im Innern des Gehirns und auf feiner Grund 
flaͤche kennen wir nicht. 


§. ds. 

Eben ſo wenig iſt bis izt der Nutzen der 
Nervenknoten (ganglia) bekannt, in welchen 
mehrere Nervenfaͤden theils aus einem, theils 
aus mehreren Nerven ſich vereinigen. 


Io. Mar. Lancısı de gangliis nervorum. Patav. 
1779. 
lamEs IoHN STONE eſſay on the ufe of the gangli- 
ons of the nerves, Shrewsbury 1771. Deutſch: 
Stettin 1787. 8. 
f D 3 Io, 


— 


Io. GoTTL. 1580487 de gangliis ner vorum. Lipſ. 
1772. 

IonN CAVERHILL tr. of ganglions. Lond. 1772. 

ANTON SCARPA de nervorum gangliis et plexu- 
bus, In annotart. anatom. L. I. Mutin. 1779. 


Sechstes Kapitel. 
Die Reizbarkeit. 


$. 89. 3 
Die unter dem Namen Fleiſch (caro) 
bekannten, aus Faſern (fibrae carneae) befte- 
henden Theile des Koͤrpers, nicht allein das 
Herz und die ſogenannten Muſkeln (musculi), 
ſondern auch die ſogenannten Fleiſchhaͤute 
(tunicae carneae ſ. musculares) des Darmkana⸗ 
les, der Luftroͤhren, der Harnwege, der Schlag— 
adern ꝛc. haben eine gewiſſe Art von Lebenskraft, 
welche wir Reizbarkeit (irritabilitas HALLE. 
RIAN A) ) nennen. Die mit den Muſfkeln 
verbundenen Flechſen haben dieſe Eigenſchaft 
nicht. N 
*) Ern. GoDorR. BALDINGER programma: ve- 
ſtigia irritabilitatis Hallerianae in vererum mo- 
nimentis, Goett. 1775. Recuſ. in optic. Goett. 
1787. 8. p. 63. 
Eıvsp. 


Eıvsd. vindiciae irritabilitatis Hallerianae, Ib. 
1776. Recuſ. ib. p. 95. 


§. 90. 

Auſſer den genannten Organen zeigen ſich 
auch in einigen anderen die Wirkungen der Reiz— 
barkeit, obwohl unſere Sinne nicht gerade ſol— 
che Faſern darin entdecken, die den Fleiſchfaſern 
der Mufkeln und Fleiſchhaͤute ganz aͤhnlich ſind. 


§. 91. 

Vermoͤge dieſer Eigenſchaft ziehen die reiz⸗ 
baren Sofern ſich zuſammen, verkuͤrzen ſich, 
wenn fie gereizt (irritantur) d. h. von reizen⸗ 
den Körpern, die man auch Beize nennet, 
(cor pora irritantia ſ. irritamenta) berührt wer⸗ 


den. Dieſe reizenden Körper find von ſehr 


verſchiedener Art, doch im allgemeinen alle fols 
che, welche bei Beruͤhrung der Nerven auch Em⸗ 
pfindung bewirken. Man kann ſie in mecha⸗ 
niſch reizende (irritamenta mechanica) und 


chemiſch reizende (irritamenta chemica) uns 


terſcheiden. Die Wirkung eines reizenden Koͤr⸗ 
pers auf die reizbaren Faſern wird Reizung 
(irritatio) genannt. 
Oft wird das Wort Reiz auch als Synonym fie 
Reizung gebraucht. 
D 3 H. 92. 


x 


84 — 


§. 9. 

Wie eine reizbare Faſer gereizt wird, ſo 
verkuͤrzt fie ſich. Wie die Reizung aufhört, fo 
laͤßt auch die Verkuͤrzung nach. Die Faſer ru⸗ 
het und wird durch die Spannkraft anderer Fa⸗ 
fern, oder durch die Schwere feſter oder fluͤſſi— 
ger Theile, die an ihr liegen, wieder zu ihrer 
vorigen Lange gebracht. Gemeiniglich bleibt 
die Faſer, ſo lange die Reizung dauert, in der 
Verkuͤrzung ſtehen. Oft folgen mehrere Vers 
kuͤrzungen und Nachlaſſungen ſchnell auf einau— 
der, wenn mehrere Reizungen mit Zwiſchenzei⸗ 
ten auf einander folgen; doch bisweilen auch 
bei fortdaurender Reizung. ö 


8 i H. 93. 

Betrachtet man ein hinlaͤnglich groſſes Buͤn⸗ 
del von Fleiſchfaſern oder gar einen ganzen 
Muffel, fo nimmt man deutlich wahr, daß der 
Mufſkel, wie er ſich verkuͤrzt, auch dicker und 
haͤrter wird; wie er aber in den Zuſtand der 
Ruhe uͤbergeht, laͤnger, duͤnner und weicher 
wird. | 
Leichte Unterſcheidung der Reizbarkeit von der 

Spannkraft (J. 17). 


§. 94. 


\ H. 94. 
Im Herzen, dann in den Fleiſchfaſern des 


Darmkanals iſt dieſe Eigenſchaft ſtaͤrker und 


im Sterben daurender als in andern Theilen. 


§. 95. ER 
Einige Theile, das Herz und die Blufges 
faͤße, der Magen und die Daͤrme, die Luft 
roͤhren, die Abſonderungsorgaue ꝛc. ſcheinen eine 
eigenthuͤmliche Art der Reizbarkeit (irri- 


Zabilitas ſpecifica) zu haben. 


8 
Unter den verſchiedenen Reizungen, welche 
die Reizbarkeit in Thaͤtigkeit ſetzen, merken wir 
vorzuͤglich die Wirkung der Mervenkraft 


(CS. 79). Zu den allermeiſten, wenn nicht zu 


allen, reizbaren Faſern des menſchlichen Körz 
pers gehen Nerven, vermoͤge deren die Nerven— 
kraft auf die reizbaren Faſern wirken kann. 
Dieſe Einwirkung iſt ein Reiz fuͤr die reizbare 
Faſer, wie ſowohl die willkuͤhrliche Bewegung, 
als auch die Erfahrung beweiſet, daß die reiz— 
baren Faſern ſich zuſammenziehen, wenn gleich 
die reizenden Koͤrper nur ihre Nerven, nicht 
fie ſelbſt beruͤhren. 

D 4 $. 96.5 


| §. 96. b. 

Die Reizbarkeit iſt eine Art der Lebens⸗ 
kraft (H. 57). Sie iſt jedoch wohl von der 
Nervenkraft (. 85) zu unterſcheiden. Der 
Nerve iſt nicht im mindeſten reizbar. Reizbar⸗ 
keit zeigt ſich auch in den unvollkommenſten 
Thieren, in denen keine Spur von Gehirn und 
Nerven iſt; ja ſogar in Pflanzen. Auch ſteht 
die Reizbarkeit der Theile nicht mit der Quan⸗ 
titaͤt ihrer Nerven im Verhaͤltniſſe. Ein reiz⸗ 
barer Theil iſt noch reizbar, wenn feine Ner⸗ 
ven durchſchnitten oder unterbunden ſind und 
mithin ſein Zuſammenhang mit dem Gehirne 
ganz aufgehoben iſt. 

eg, 

Man kann daher auch gewiſſermaaſſen be⸗ 
haupten, daß die Reizbarkeit vom Gehirne 
nicht abhaͤnge. Indeſſen iſt doch die Meinung 
nicht ganz verwerflich, daß die reizbaren Theile 
im Menſchen und in aͤhnlichen Thieren eines 
beſtaͤndigen Einfluſſes des Nervenſyſtemes ber 
duͤrfen, um reizbar zu bleiben. 


§. 98. 

Auch beduͤrfen die reizbaren Theile, um 
reizbar zu bleiben, eines hinlaͤnglichen Einfluſ— 
ſes von Blut. 

9. 99. 


a 5” 

8. 99. ' 

Wir kennen aber übrigens den zureichen— 

den Grund der Reizbarkeit eben ſo wenig, als 
den ber Lebenskraft überhaupt (F. 58). 


**. x * 


ALB. de HALLER de partibus c. h. fentientibus 
et irritabilibus. In commentar. foc. Goetting. 
. 1752. p. 114. Opp. min. I. p. 329. 
Io. GEORG. ZIMMERMANN de irritabilitate. 
Goetting. 1751: 4. 
GEORG. CirisTIan. OEDER de irritabilitate. 
Hlafn. 1752. 4. 
lac. EBERH. AN DREAE, praeſ. PHIL. Frın.. 
© > GMELIN de irritabilitate. Tubing. 1758. 4. 
Sull' inſenſibilita e irritabilita differtazioni, trans- 
portate da I. G. V. Perrını. Rom. 1755. 4. 
Sulla inſenſitiva ed irritabilita Halleriana opus- 


coli raccolti da G. B. FABRI. Bonon. 1757 59. 
IV Vol. 4. f 


Memoires fur la nature ſenſible et irritable des 


parties du corps humain ed. ALB. de HALLER. 
Lauſann. 1756 — 60. IV Vol. 12. 


E. G. Plattner uͤber einige Schwierigkeiten 
des Hallerſchen Syſtems, in der deutſchen 
Ausgabe von de Haen's ratio medendi. III., 
S. 265 fgg. 


D 5 Beob⸗ 


e 0 die fgenamnte thieriſche 
Elektricitaͤt. 
Aloyfü Galvani Abhandlung uber die Kräfte 
der thieriſchen Elektricitaͤt auf die Bewegung 
der Muſkeln. Aus dem Ital. uͤberſ. von Joh. 
Mayer. Prag 1793. 8. S. auch Grens 
Journal der Phyſik. VI. S. 371. VIII. S. 303. 
389. | 
Earl Caſpar Creve Beitraͤge zu Galvani's Ver⸗ 
ſuchen über die Kräfte der thieriſchen Eleftris 
citaͤt. Frankf. u. Leip. 1793. . 
Alex. Volta's Schriften über die thieriſche 
Elektricitaͤt. Aus d. Ital. uͤberſ. v. J. IE 
Prag 1793. 8. N 
Euſeb. Valli uͤber die thieriſche Elektricitaͤt, im 
Journal de phyfique. T. 4 f. p. 66. überf. in 
Grens Journal der Phyſik. VI. S. 482. 
Sried. Albr. Carl Gren’s Bemerkungen uͤber 
dieſelbe. In ſ. Journal der Phyſik. VI. 
S. 402. ö 
Bielmaper über dieſelbe. Ebend. VIII. S. 65. 


Cbriſtoph Heinrich Pfaff über dieſelbe. Ebend. 
VIII. S. 196. 270. 280. 377. 


C. H. Prarr de electricitate fie dicta animali. 
Stuttg. 1793. 8. 

C. H. Pfaff uͤber thieriſche Elektricität und Reiz⸗ 
barkeit. Leipz. 1795. 8. 

Del! 


J 


Dell ufo e dell attivita dell arco conduttore nelle 
contrazioni dei nuſcoli. Bologna 1794. 8. 


Siebentes Kapitel. 
Die Bewegungen uͤberhaupt. 


S. Sildebrandt Lehrbuch der Anatomie. 
II. Drittes Buch. Von den Muskeln. 


§. loo. 
Einige Bewegungen des menſchlichen Koͤr— 


pers erfolgen durch Wirkung der Spannkraft 


(F. 17): wenn zuvor durch andere Kräfte: fe— 
ſte Theile aus ihrer Lage und Richtung gebracht 


waren, und, nachdem dieſe aufhoͤren zu wirken, 


jene die natuͤrliche Lage und . wieder 


hberſtellt. 


Beiſpiele an den Rippenknorpeln, an den Knor— 
peln der Luftroͤhre, an den Knochenbaͤndern, 
an Muskeln, am Zellgewebe, am Felle, ꝛc. 


* 
. 


S. Tol. 


Die meiſten aber erfolgen durch Wirkung 
der Reizbarkeit ($. 89); nicht allein die in 
den Muskeln des Kopfes, des Rumpfes, der 
Arme und Beine, ſondern auch die des Her— 
zens, der Schlagadern, des Darmkanales, der 

Ab⸗ 


60 — — 


Baer ꝛc. welche daher ale mit 
reizbaren Faſern begabt ſind. 


g. toLäb 8 

Die reizbaren Faſern wirken, indem ſie 
Bewegungen bewirken, mit ihrer Kraft, welche 
man Muskelkraft nennt. Dieſe haͤngt von 
ihrer Reizbarkeit, dann zugleich von ihrer 
Spannkraft und von der Dicke und Zahl ihrer 
Faſern ab. Die Laſt, welche dieſe Kraft bes 
wegt, macht theils die Traͤgheit, Schwere und 
Spannkraft der Theile des Koͤrpers ſelbſt, 
theils auch der Widerſtand fremder Koͤrper 
aus. 

$. 102. 

Es erfolgen dieſe Bewegungen, indem die 
reisbaren Faſern gereizt werden und ſich daher 
verkuͤrzen (J. 97). Dieſe Verkuͤrzung iſt an 
ſich ſelbſt eine Bewegung, bewirkt aber, die 
Schließmuskeln (ſphincteres) ausgenommen, 
welche nur Muͤndungen verſchlieſſen, wieder an⸗ 
dere Bewegungen auf verſchiedene Weiſe. Die 
Fleiſchfaſern, welche eine Hoͤhle einſchlieſſen, 
verengern dieſelbe, und treiben die in ihr ent— 
haltenen Fluͤſſigkeiten fort. Wo an haͤutigen 
Möhren nur ringfoͤrmige oder queere Faſern 

(fibrae 


(fibrae circulares ſ. transverfae) find, da ver⸗ 
engern dieſe die Röhre, wenn fie ſich zuſammen⸗ 
ziehen; wo mit dieſen auch ſolche Faſern find, 
welche der Are der Roͤhre parallel liegen (fibrae 


longitudinales), da wirken die letzteren zur Vers 


kuͤrzung und Erweiterung der Roͤhre, und 


wechſeln mit jenen in ihrer Wirkung ab ꝛc. 


Die an ihren beiden (gemeiniglich flechfigten) _ 


Enden befeſtigten Muskeln ziehen die Theile, 
an denen dieſe Enden befeſtigt ſind, gegen ein— 
ander, ſo daß dieſelben einander naͤher kommen. 
Wo der eine der beiden Theile (locus fixus), 
von dem das eine Ende (caput) des Muffels 
entſpringt (oritur), minder beweglich iſt, als 


der andere (Locus mobilis), an dem das andere: 
Ende (cauda) des Muskels ſich anſetzt (inferi- f 


tur), da zieht der Muskel den beweglicheren 
Theil gegen den minder beweglichen hin. Hier 


iſt aber zu merken, daß die minder feſte Anhef⸗ 


tung eines Muskels durch Wirkung anderer 
Muskeln zur feſteren werden kann. 


| gg. 
Die Bewegungen der Knochen und Knor— 
pel durch die Muskeln erfolgen meiſt nach den 
Geſetzen des Hebels. Es ſind nemlich die 


mei⸗ 


E 


x 62 18 9 —— — 


meiſten durch Gelenke an andere Knochen bes 
feſtigte Knochen ic. als einarmigte Hebel 
(vectes homodromi) anzuſehen, deren Unterlage 
(hypomochlion) im Gelenke iſt. Die mei⸗ 
ſten Muskeln ſind an dieſen nicht nach den be⸗ 
kannten Vortheilen der Mechanik, ſondern uns 
ter ſehr ſpitzigen Winkeln und ſehr nahe 
an der Unterlage angebracht, ſo daß ein 
großer Theil der Kraft, welche ſolche Muskeln 
anwenden, verloren geht. Allein die zweck— 
mäßige Lage und Geſtalt der Theile machte 
dieſe Einrichtung nothwendig, welche dagegen 
auch den Vortheil der groͤßeren eee 
keit hat. 

Dieſer Satz iſt im Vortrage mit Entlehnung ma⸗ 
thematiſcher Lehrſaͤtze und Anwendung derſel⸗ 
ben auf den m. K. umſtaͤndlich zu erklaͤren. 

Io. ALHONs. BORELLUS de motu animulium. 
Rom. 1680. II Vol. 4. 


§. 104. 

An den meiſten Theilen ſind gewiſſe Mus⸗ 
keln, deren Wirkungen einander gerade ent— 
gegengeſetzt ſind. Man nennt ſie die Ruͤckſicht 
auf einander Widerſtreber (antagoniſtae). 
Wo ein Muskel vermoͤge ſeiner Reizbarkeit 

wirkt, 


wirkt, da muß er immer denjenigen Wider 


ſtand uͤberwinden, welche die Spannkraft ſei⸗ 


nes Widerſtrebers ihm entgegenſetzt. Wenn 
dieſe Wirkung vorüber ift, fo ſtellt dieſe Spann⸗ 
kraft das Gleichgewicht her, und ſetzt den be— 


wegten Theil wieder in Ruhe. Hingegen lie⸗ 


gen an manchen Orten auch Muskeln „ die. ge 
meinſchaftlich wirken, und einander Gehuͤlfen 


(frei) find. An einigen Theilen, die in ver 


ſchiedenen Richtungen bewegt werden koͤnnen, 
iſt in gewiſſen Bewegungen ein Muskel eines 
andern Gehuͤlfe, der in gewiſſen ihm anderen wi— 
derſtrebt. In wenigen Faͤllen wirken zween oder 
mehrere Muskeln, die einander wiederſtreben, 
ſo zuſammen, daß einer des andern Wirkung 
aufhebt, und ihr Knochen ꝛc. nicht bewegt, ſon⸗ 
dern nur in ſeiner Lage befeſtigt wird. 


9. 105. 


Bey den meiſten Bewegungen wirken meh- 


rere Muskeln zugleich, oder doch ſogleich nach 
einander. 


Beiſpiele am Arme, am Munde, am Auge ıc. 


* 


§. 106. 


De: 


64 ——ůů— 

se 106. | 
Wie ein gewiſſer einzelner Muskel wir⸗ 
ke, haͤngt davon ab, ob und welche andere 
Muskeln, Widerſtreber oder Gehuͤlfen, zugleich 
wirken. Davon hängt es auch ab, welches Ende 

des Muskels das beweglichere iſt (F. 102). 
Auch kommt bei Muskeln, die einen breiten 
Ulrſprung haben, es darauf an, welcher Theil 
des Muskels wirkt. 


H. dar 

Wenn kein Muskel eines Theiles ver⸗ 
moͤge ſeiner Reizbarkeit wirkt, ſo erhalten alle 
Muskeln deſſelben einander vermoͤge ihrer 
Spannkraft das Gleichgewicht und der Theil 
iſt in Ruhe. Der Rumpf, der Hals, und die 
Gliedmaßen liegen dabei maͤßig gebogen, weil 
die Beugemuskeln etwas ſtaͤrker ſind. 


\ 


H. 188. 


Die Flechſen der Muskeln ziehen ſich bei 
der Zuſammenziehung derſelben nicht mit zuſam⸗ 
men, ſondern folgen nur dem Zuge der reiz— 
baren Faſern. 


$. 109. 


g. 109. ö 


Die Kraft der Muskeln und der unc 
ren Faſern uͤberhaupt iſt zum Erſtaunen groß, 
um fo mehr, da fie in manchen Faͤllen viel gröfs- 
fer ſeyn muß, als der Widerſtand, den fie übers 
windet (§. 103.). Auch wirken fie in manchen 
Faͤllen mit bewundernswuͤrdiger Schnellig⸗ 

keit. 


9. LIO, - 


Zur Erleichterung der Wirkung der Mus- 
keln dienen verſchiedene Huͤlfsmittel: Fortſaͤz⸗ 
ze, auch beſondere wie Rollen dienende Kinos 
chen, welche die Anſetzungswinkel vergroͤßern, 
Baͤnder und Scheiden, welche die Muskeln 
und ihre Flechſen in ihrer Lage erhalten, die 
Glaͤtte der Gelenkknorpel, das Glied waſſer, 
die Feuchtigkeit der Flechſenſcheiden, das Fett, 
welche das Reiben verhindern und die Bewe— 
gung erleichtern. 


Be LI, ' 

Die Reizung der reizbaren Faſern beſteht 
bei manchen, wenn nicht bei allen, Bewegun— 
gen in einer Einwirkung der Nervenkraft (§. 79.) 
auf dieſe Faſern, welche auf eine uns unbekann⸗ 

E te 


— 


te Weiſe (§. 77. 78.) dieſelben reizt. Bei man⸗ 
chen Bewegungen wirken andere reizende Koͤr— 
per, indem fie entweder unmittelbar die reizba- 
ren Faſern beruͤhren oder durch Beruͤhrung 
ihrer Nerven mittelbar auf fie wirken. Viel⸗ 
leicht erfolgen alle Reizungen durch die Einwir⸗ 
kung der Nerven, indem die reizenden Koͤrper 
(H. 91.) in den Nerven Empfindung bewirken, 
und dadurch Zuruͤckwirkung der Nerven auf die 
reizbaren Faſern entſteht (. 96). 


| $. 112. 
Manche Bewegungen unferes Körpers ger 


ſchehen ganz nach dem Willen der Seele, und 


werden daher willkuͤhrliche (motus volunta- 
ri) genannt. Wir koͤnnen, gleich allen ans 
deren Thieren, die eben durch dieſe willkuͤhrli— 
che Bewegung von den Pflanzen ſich unterſchei⸗ 
den, durch eine Menge verſchiedener Muskeln 


auf unſeren Beinen uns aufrecht halten, ſtehen 


und gehen; mit den Armen und den daran be— 
findlichen Haͤnden faſſen, greifen, uns anhalten, 
unſere Nahrungsmittel und andere Bedürfniffe 
uns verſchaffen, uns gegen Angriffe vertheidi— 
gen, eine unendlich mannigfaltige Menge der 
verſchiedenſten Bewegungen verrichten und da— 

durch 


Far 
2 


67 


durch mancherlei bewundernswuͤrdige Werke zu 
Stande bringen; den Rumpf und den Kopf 
auf dem Rumpfe nach allen Seiten hin neigen 
und wieder aufrichten; mit den Muskeln des 
Mundes und der Zunge eſſen, trinken und re— 
den; mit den Geſichtsmuskeln unſere Leiden— 
ſchaften ausdruͤcken e. Im allgemeinen unter— 
ſcheiden wir hier vorzuͤglich die Beugung 
(flexio), welche durch die Beugemuskeln 
(flexores), die Ausſtreckung (extenſio), wel⸗ 
che durch die Ausſtreckemuskeln (extenſores), 
die Drehung (rotatio), welche durch die Dreh— 
muskeln (rotatores) , geſchieht ıc. 
BERNARD. SIEGFRIED Ausinı Hiſtoria musculo- 
rum hominis. L. B. 1734. 4. 
Elvsp. zabulae ſceleti et musculorum c, b. L. B. 
1747. Fol. 


. tz 

Bey allen dieſen Bewegungen darf nur 

die Seele den Willen haben, dasjenige zu thun, 
was durch eine gewiſſe Bewegung bewirkt wird, 
ohne ſich uͤbrigens beſtimmt dieſe Bewegung 
ſelbſt zu denken, ja ohne im mindeſten eine Idee 
von der Art und Weiſe zu haben, wie dieſe 
Bewegung geſchehe, ſo erfolgt dieſe Bewegung 
E 2 dem 


683 | Ä — 
dem Willen der Seele gemäß. Dies ift eben 
fo ſchwer zu erklaͤren, als wunderbar. 


. 

Hingegen alle diejenigen Bewegungen, von 
denen unmittelbar die Erhaltung des Lebens 
und der Geſundheit abhaͤngt, ſind unwill— 
kuͤhrlich (motus involuntarii), und geſchehen 
ganz ohne den Willen der Seele, ja ſie neh- 
men oft ganz wider den Willen der Seele zu 
oder ab, oder geſchehen auf eine Weiſe, welche 
die Seele nicht wuͤnſcht. 


a 

Einige Bewegungen find zwar in fo fern 
willkuͤhrlich, als fie bei hinlaͤnglicher Aufmerk— 
ſamkeit und feſterem Entſchluſſe unterlaſſen wer- 
den koͤnnen; müffen hingegen info fern gewiſſer— 
maßen unwillkuͤhrlich genannt werden, als die 
Seele auſſerdem durch gewiſſe unangenehme Em- 
pfiudungen gezwungen wird, ſie zu bewirken, und 
ohne beſtimmt darauf zu merken, ſie bewirkt, 
ſobald eine unangenehme Empfindung eintritt, 
ehe ſie ſtark genug wird, die Aufmerkſamkeit 
der Seele auf ſich zu ziehen. Auch koͤnnen 
willkuͤhrliche Bewegungen durch Angewoͤhnung 
8 a end⸗ 


Erd 


endlich fo gewöhnlich werden, daß die Seele fie 
oft bewirkt, ohne ſich deſſen bewußt zu ſeyn. 


Ts. 


Und hingegen wirken Veraͤnderungen der 
Seele, Nachdenken, Leidenſchaften, auch ohne 
ihren Willen und oft wider denſelben auf die 
unwillkuͤhrlichen Bewegungen und machen ſie 
ſtaͤrker oder ſchwaͤcher. Auf dieſe Weiſe kann 
die Seele gewiſſermaßen auch unwillkuͤhrliche 
Bewegungen bewirken, indem ſie ſich willkuͤhr— 
lich Ideen macht, welche dann auf die unwill— 
kuͤhrlichen Bewegungen Einfluß haben. 


§. T7. 

Manche willkuͤhrliche Bewegungen verrich— 
ten wir, nachdem uns Unterricht anderer Men— 
ſchen, oder eigene Erfahrung und Ueberlegung 
ſowohl von ihrem Zwecke als von ihrer Art 
und Weiſe, belehrt hat Manche hingegen 
verrichten wir bloß nach dem angebohrnen 
Naturtriebe (inſtinctus), ohne dazu den Un— 
terricht anderer oder eigene Erfahrung und 
Ueberlegung im geringſten nörhig zu haben. 


Eg 6. 118. 


un . 
| PR rrg. 
Da die unwillkuͤhrlichen zur Erhaltung 
des Lebens und der Geſundheit unmittelbar die— 
nenden Bewegungen theils von der Reizbar— 
keit abhängen, fo iſt klar, daß auch vom rech— 
ten Grade der Reizbarkeit ($. 80) die Gefund- 
heit des Körpers abhängig ſei. 


| | $. 119. 

Auch die Bewegung der willkuͤhrlichen 
Muskeln hat durch die Beförderung des Blur 
umlaufes ꝛc. vermoͤge des Druckes der anſchwel⸗ 
lenden Muskeln auf die Blutvenen und Saug⸗ 
adern einen ſehr wohlthaͤtigen Einfluß auf die 
Erhaltung der Geſundheit. 


e 

Und die Muskeln ſelbſt werden durch fleiſ— 

ſige Bewegung dichter und derber. Doch iſt 
es nicht erwieſen, daß die Flechſen aus Mus— 
keln durch Druck der Muskeln an einander und 
an andere Theile entſtehen, indem nicht bloß 
an ſolchen Stellen Flechſen liegen, wo ein 
ſtarker Druck Statt hat. Vielmehr iſt es 
wahrſcheinlich, daß die Muskeln an ſolchen 
Stellen, wo ſie flechſigt ſind, deswegen flech— 
ſigt 


71 
ſigt ſeyen, um den ſtarken Druck ertragen zu 
koͤnnen. 

§. 121. 

In den willkuͤhrlichen Muskelbewegungen 
erlangen wir durch Uebung ſowohl groͤßere 
Staͤrke als Geſchicklichkeit, und beide werden 
dadurch oft zum Erſtaunen groß. Dieſe Ver— 
mehrung ſcheint aber ſowohl im Nervenſyſteme 
als in den Muskeln ſelbſt zu geſchehen. 


* & x 


A. YpEv obfervationes phyfiologicae de motu mus- 
culorum voluntario et vitali. Leovard. 1775. 8. 


Deutſch von J. C. F. Keune. Leipz. 1789. 8. 


Ion, GorrschEp reſp. REINHOLD. WAGNER de 
moru musculorum. Regiom. 1694. Recuſ. in 
HALLERI coll. III. n. 16. 


— ) Gun — 


E 4 Zwote 


72 N 
Zwote Abtheilung. 
Beſondere Phyſtologie. 
BT erstes Kapitel. 
5 Der Umlauf des Blutes. 


ö. 1 22. 


Das Blut (9.33) wird, wie wir ist nach 
Harvey's wichtiger Entdeckung wiſſen, in eis 
nem beſtaͤndigen Kreislaufe (circulatio fan- 
guinis) durch den ganzen Körper herumbewegt. 

GUILIELMI HARVEY exercitatio anatomica de 
motu cordis et ſanguinis in animalibus. Fran- 
eof, 1628. 4. E. B. 1737. 4. 

Meinung der Alten von dem Gange des Bluts, 
von dem Nutzen der Schlagadern, welche ſie 
irrig Luftgefaͤße (arzeriae) nannten ꝛc. 

Geſchichte der Harveyiſchen Entdeckung. 
. 123. 8 
Es geht nemlich immerfort aus dem Her⸗ 
zen in die Schlagadern, aus dieſen in die 

Venen über, und aus dieſen zum Herzen 

zuruͤck. 


§. 124. 


oe a IN OR 
Die Richtigkeit diefer Meinung vom Blutz 
umlaufe erhellet aus Erfahrungen, die unleug— 
bar ſind. 1) Fluͤſſigkeiten, welche (in todten 
Körpern) in den Schlagaderſtamm eines Thei— 
les eingeſpritzt werden, kommen durch die Ve— 
nen deſſelben zuruͤck. 2) Man ſieht an gut 
eingeſpritzten Präparaten den Uebergang der 
kleinſten Aeſte der Schlagadern in die kleinſten 
Aeſte der Venen. 3) Die Schlagadern ent— 
halten im lebendigen Koͤrper eben ſo wohl Blut 
als die Venen. 4) Eine im lebendigen Koͤr— 
per unterbundene Schlagader ſchwillt zwiſchen 
dem Herzen und dem Bande, eine unterbun— 
dene Vene hingegen zwiſchen ihrem Ende und 
dem Bande. 5) Die Klappen der Venen hin— 
dern den Gang des Blutes vom Herzen zu 
ihren Enden. 6) Auch die Einrichtung der 
Klappen des Herzens geſtattet nur den oben ge— 
nannten Gang des Bluts. 7) Endlich lehrt 
uns den Umlauf des Blutes ſelbſt die Autopſie. 


§. 125. 

Man unterſcheidet den groͤßeren und 
kleineren Umlauf des Bluts. Jener (circu- 
latio maior) fuͤhrt das Blut aus der linken 

E 5 Haͤlf⸗ 


FT 


Haͤlfte des Herzens durch den Schlagader⸗ 
ſtamm des großen Syſtemes Caortı) und 
ihre Aeſte in alle Theile des Koͤrpers, um ih— 
nen allen Nahrung, Lebenskraft und Wärme: 
zu geben, zu einigen auch deswegen, damit ſie 
andere Saͤfte aus dem Blute bereiten. Das 
uͤbrig bleibende Blut geht dann aus allen Thei⸗ 
len durch die Venenſtaͤmme des großen Sy- 
ſtemes (vena cava ſuperior et inferior) zur 
rechten Haͤlfte des Herzens zuruͤck. Dieſer 
(circulatio minor) hingegen fuͤhrt das Blut 
aus der rechten Haͤlfte des Herzens, (nachdem 
es aus dem ganzen Körper dahin zuruͤckgekom⸗ 
men,) nur zu den Lungen, um in dieſen eine 
gewiſſe zur Erhaltung des Lebens noͤthige Vers 
aͤnderung zu erleiden, und dann durch die vier 
(oder fünf) Lungenvenen (venae pulmonales) 
zu der linken Hälfte des Herzens zurück, (da⸗ 
mit es aus dieſer wieder in den ganzen Körper 
uͤbergehe). 


1. Die Bewegung des Blätes urch 

das Herz. 

S. Hildebrandt Lehrbuch der Anatomie. 
III. Sechſtes Buch. Von der a 35. Kap. 
Von dem Herzen. 

$. 126. 


— 


—ů—ů— N 23" 


§. 126. | 
Das vornehmfte Organ des Blutumlau⸗ 
fes iſt das Herz. Dieſes iſt immerfort wech— 
ſelsweiſe in Suſammenziehung (Yſtole) und 
Erweiterung (diaſtole). Dieſe iſt fein lei⸗ 
dender Zuſtand, in welchem es aus den Venen 
Blut empfaͤngt; jene hingegen, die auch der 
Schlag des Herzens (pulfus cordis) heißt, 
iſt fein thaͤtiger, in welchem es das empfangene 
Blut in die Schlagadern forttreibt. 
Rıcuard Lower tractatus de corde. Lond. 

1669. 8. 


JEAN SExAc fraite de la ſtructure du coeur, fon 
action et fes maladies. Par. 1749. II Vol. 4. 
Cur. PorTAL, ib. 1778. 4. 


Io. Fr. BLUMENBACH inſtitutt. pbyfol. Tab. I. 


K 172 

Die beiden Herzkammern (ventriculi 
cordis), welche das eigentliche Herz ausma— 
chen, empfangen in ihrer Diaſtole Blut aus 
den Nebenkammern, und treiben es in ihrer 
Syſtole in die Schlagadern fort. Die Syſtole 
geſchieht, indem die Faſern des Herzens ſich 
verkuͤrzen ($. 102), fo daß die Seitenwaͤnde 
des Herzens ſich an die Scheidewand anlegen, 
die 


U 


W RER 


die Spitze dem breiten Ende ſich nähert, und 
zugleich ſich hebt. Die Herzkammern werden 
dadurch enger, und zwingen das Blut in die 
Schlagadern zu entweichen. Hingegen in der 
Diaſtole erſchlaffen die Faſern des Herzeus, die 
Herzkammern werden wieder weiter und neh- 
men neues Blut aus den Nebenkammern auf. 


64,828, 

Auf dieſe Weiſe treibt die rechte oder 
vordere Herzkammer das aus ihrer Neben— 
kammer empfangene Blut in die Lungenſchlag⸗ 
ader, und die linke oder hintere das aus 
ihrer Nebenkammer empfangene Blut in die 
Aorta. Die an der ausfuͤhrenden Muͤndung 
(oſtium arterioſum) der linken Herzkammer 
liegenden drei halbmondfoͤrmigen Klappen 
(valvulae ſemilunares) geftatten dem Blute 
den Ausgang in die Lungenſchlagader, hindern 
aber den Ruͤcktritt des Blutes aus der Schlag- 
ader in die Herzkammer. Die drei Knoͤtchen 
(noduli ARANTIT) dieſer Klappen dienen zur 
genaueren Verſchließung wider den Ruͤcktritt 

des Blutes. Eben ſo nuͤtzen die an der aus⸗ 
fuͤhrenden Muͤndung (oſtium arterioſum) 


der linken Herzkammer liegenden drei gleichen 
Klap⸗ 


77 
Klappen, indem ſie den Fortgang des Bluts 
in die Aorte geſtatten, den Ruͤcktritt aber vers 
ſperren. 


Ob ſich die Herzhoͤhlen bei der n 
ganz Auslesen 


129. 

Die beiden Webenkammern des Her⸗ 
zens (atria cordis) empfangen in ihrer Dia⸗ 
ſtole Blut aus den Venen, und treiben es in 
ihrer Syſtole in die Herzkammern hinein. Die 
rechte oder vordere Nebenkammer em⸗ 
pfaͤngt ihr Blut aus den beiden Venenſtaͤmmen 
des großen Syſtems (vena cava ſuperior et 
inferior), auch das Blut des Herzens ſelbſt 
aus den eigenen Venen des Herzens durch die 
gemeine Muͤndung derſelben und treibt es durch 
die Einfuͤhrungsmuͤndung (oſtium venoſum) 
der rechten Herzkammer in dieſe hinein. Die 
linke oder hintere Nebenkammer empfaͤngt das 
ihrige aus den vier oder fuͤnf Venenſtaͤmmen 
des Lungenſyſtems (venae pulmonales) und 
treibt es durch die Einfuͤhrungsmuͤndung (oſtium 
venofum) der linken Herzkammer in dieſe hin⸗ 
ein. Damit nun das Blut, welches die Herz- 
kammern, in dem dieſelben in Diaſtole waren, 

aus 


aus den Nebenkammern empfiengen, bei det 
Syſtole der Herzkammern nicht in die Neben⸗ 
kammern zurücktreten koͤnne, ſo hindern dieſes 
die in den Einfuͤhrungsmuͤndungen liegenden 
Klappen; im rechten Herzen die dreiſpitzige 
( triciſpidalis), im linken die muͤtzenfoͤrmige 
(mitralis), obwohl ſie den Gang des Bluts 
aus den Nebenkammern in die Herzkammern 
ungehindert geſtatten. Die Faͤden, welche von 
den flechſigten Zapfen (musculi papillares) 
entſpringen, halten ſie gegen die Herzkammern 
zuruͤck, damit ſie bei der Syſtole der Herz— 
kammern in der einfuͤhrenden Muͤndung ausge⸗ 
ſpannt, aber nicht in die Nebenkammern von 
dem Blute hineingeſchlagen werden. | 


Kin 138. 

Es find demnach in der Bewegung des 
Herzens zwei immerfort mit einander abwech— 
ſelnde Zeitpuncte zu unterſcheiden. 1) In dem 
einen ſind beide Herzkammern zugleich in 
Diaſtole, indem alsdann beide Nebenkam⸗ 
mern des Herzens zugleich in Syſtole find. 
In dieſem empfangen beide Herzkammern aus 
den Nebenkammern Blut. 2) In dem zwei— 
ten Zeitpuncte find beide Herzkammern zu— 

gleich 


gleich in Syſtole, indem alsdann beide 
Nebenkammern zugleich in Diaſtole ſind. 
In dieſem treiben beide Herzkammern das ems 
pfangene Blut in die Schlagaderſtroͤme fort, 
und zugleich empfangen die Nebenkammern wies 
der neues Blut. 

Lanciſi's Meinung. 

Nicholls Meinung. 


Nn. 

Der Herzſchlag geſchieht in einem erwach— 
ſenen geſunden Menſchen in jeder Minute unge— 
faͤhr 7omal, in Kindern oͤfterer, (frequentior), 
in Alten ſeltener (rarior), Jede Syſtole ge— 
ſchieht, im gefunden Menſchen, mit einer ges 
wiſſen maͤßigen Schnelligkeit, die auch in juͤn— 
geren geöffer (celerior), in aͤlteren geringer GR 
dior) 5 

§. 132. 

Die Syſtole des Herzens geſchieht mit 
groſſer Kraft. Denn ungeachtet des ſtarken 
Widerſtandes der ganzen Maſſe des Bluts, der 
Schwere deſſelben in den aufſteigenden Gefaͤſ— 
fen, der Reibung an den Wänden der Gefaͤſſe, 
des Drucks der Atmoſphaͤre, treibt ſie das Blut 
in einem ſchnellen Strome durch die Adern fort. 

Dieſe 


Dieſe groſſe Kraft haͤngt von der groſſen Reiz⸗ 
barkeit des Herzens und dem beſondern dichten 
Gewebe feiner Fafern ab. 


| d. 133. 
Und dieſe ſo oft, ſo ſchnell und ſo ſtar 
geſchehende Bewegung des Herzens, dauert vom 
Anfange bis zum Ende des Lebens unaufhalt⸗ 
ſam fort. 2 
Warum am Ende des Lebens die rechte Herz 
y kammer ſich zulezt bewege? 


§. 134. l 
Die Urſache der beſtaͤndigen Bewegung 
des Herzens iſt zwiefach: einmal feine beftändig 
fortdaurende und vorzüglich groſſe Reizbarkeit 
und zweitens der beſtaͤndig fortdauernde Ein⸗ 
fluß des Blutes aus den Venen. 
Meinungen der Alten ꝛc. 


$. 135. 
Sie iſt uͤbrigens unwillkuͤhrlich und 
haͤngt von der Seele nicht ab. 


; 36. 
0 Auch ſcheint fie von Einwirkung des Ner— 


venſyſtems durch die ſehr kleinen Herznerven 
| (nervi 


(nervi cardiaci) nur wenig abzuhaͤngen; ja Neue⸗ 


re behaupten ſogar, daß das Herz ſelbſt gar 


keine Nerven habe, indem die Herznerven 
bloß feinen Schlagadern, nicht ihm ſelbſt, gehöoͤ— 
ren. Indeſſen finden doch gewiſſe Wirkungen 
des Nervenſyſtems auf die Bewegung des Herz 
zens Statt (H. 116.). 

lo. ERN. NEUBAUER deſcriptio ner vorum cardia- 
corum. Sectio I. In opp. anat. coll, HINDERER 
Fref. et Lipſ. 1786. 4. p. 59. 

AND ERSCH zabula nervorum cordis, Apud HAA- 
s1I nervorum anat. Lipf. 1781. 

Io. BERNARD. IAcoB BERENDS di. qua demon- 
ſtritur, cor nervis carere. Mogunt. 1792. 4. 

ADAM. THEOPH. NIcoLAUS ZERENER an cor 
nervis careat et iis carere palſit? Erford. 
1794. 4. 

Ueber den Mangel der Nerven des Herzens, im 
Journal der Erfind. in der Natur ⸗ und 
Arzneiwiſſ. 1794. 1. St. S. 114. 7. St. S. 327. 

ANTONII ScARPA rahiulae neurologicae ad illu- 
ſtrandam hiſtoriam anatomicam ner vorum car- 

- diacorum, cet. Tiein. 1794. 


Ve € Ye 
Die ordentliche Abwechſelung der 
Bewegung des Herzens und feiner Nebenkam⸗ 
mern 


mern iſt von der Abwechſelung des Reizes und 
von dem Baue der Theile des Herzens herzu— 
leiten. Der Reiz des Bluts bewirkt Syſtole, 
und wenn dieſen Reiz die Syſtole fortgeſchafft 
hat, ſo muß ſeine Wirkung, die Syſtole auf— 
hoͤren, mithin Diaſtole erfolgen. Indem die 
Herzkammern beide in Syſtole ſind, kann das 
Blut der Venenſtaͤmme nur bis in die Neben⸗ 
kammern flieſſen, weil die Syſtole der Herz— 
kammern den Einfluß in dieſe verhindert. Hin⸗ 
gegen hindern auch die dreiſpitzige und muͤtzen— 
foͤrmige Klappe den Ruͤcktritt des Bluts aus 
den Herzkammern in die Nebenkammern und 
zwingen es in die Schlagaderſtaͤmme fortzu— 
gehen. Wenn dann die Herzkammern ſich des 
fie reizenden Blutes entlediget haben, fo hört 
ihre Syſtole auf, und fie gerathen in Diaſtole. 
Nun verſtatten fie den Nebenkammern, daß 
dieſe in Syſtole gerathen und ihr Blut in ſie 
hineintreiben. Hingegen kann das Blut, was 
die Herzkammern zuvor in die Schlagader— 
ſiaͤmme getrieben hatten, wegen der halbmond⸗ 

foͤrmigen Klappen nicht in fie zurück ꝛc. ꝛc. 
Aus den Nebenkammern kann bei Hinderniſſen 
des Fortgangs allerdings etwas in die Venen⸗ 


ſtaͤmme zuruͤckgetrieben werden. 
Ver⸗ 


Verſchiedene unſtatthafte Hypotheſen vom gehin⸗ 
derten Eintritt des Bluts in die Kranzſchlag— 
adern des Herzens, von der Preſſung der 
Herznerven zwiſchen den Schlagaderſtaͤmmen ꝛc. 8 

Au». de HALLER de cordis motu a ſtimulo na- 
ſcente. In Commentar, Goetting. I. 

Apr. Exs de cauffa vices cordis alternas produ- 
cente, Trai. ad Rh. 1745. In HALL. coll. 
di. II. p. 409. 


H. 137. b. 

Der Herzbeutel (pericardium), welcher 
des Herz einſchließt, dient theils zur Befeſti— 
gung deſſelben, theils die Feuchtigkeit (liquor 
pericardii) einzuſchlieſſen, welche das Herz 

’ 9 
frei erhaͤlt. A ih 
ALB. de HALLER reſp. DIET. Wırn. Schmipr 

de motu fanguinis per cor. Goett. 1737. In 

opp. min, I. p.47. et in coll. diff. II. p. 391. 
Io. Nic. PECHLIN de fabrica er uſu cordis. Kil. 

1676. In HALL. coll. dif. II. p. 311. 


II. Die Bewegung durch die Schlag 
adern. 
S. Hildebrandt Lehrbuch der Anatomie. 
IV. Achtes Buch. Von den Adern. 44. 
45. Kap. 1. Abſchn. Von den Schlagadern. 


F 2 S. 138. 


H. 138. 4 
Aus dem Herzen empfangen die Schlag⸗ 
aderſtaͤmme das Blut, die Aorta aus dem 
linken, die Lungenſchlagader aus dem rechten. 
Aus dieſen Staͤmmen geht es in ihre 
Aeſte, aus den Aeſten in kleinere, u. ſ. w. bis 
zu den kleinſten Aeſten hin. | 


$. 139. 

Die Reäfte, welche in den Schlagadern 
das Blut forttreiben, find die Kraft des Her— 
zens, und dann die Kraft der Schlagadern 
ſelbſt. Es ſind nemlich dieſe nicht allein mit 
ſtarker Spannkraft begabt, ſondern ſie haben 
auch reizbare Queerfaſern an der innern Ober- 
flaͤche ihrer eigentlichen Haut. Vermoͤge jener 
ziehen ſie ſich, wenn ſie vom eingetriebenen 
Blute find ausgedehnt worden, wieder zu ihr 
rem natuͤrlichen Durchmeſſer; vermoͤge dieſer 
aber ziehen ſie ſich, wenn ſie vom eingetriebe⸗ 
nen Blute gereizt werden, unter ihren natuͤr— 
lichen Durchmeſſer zuſammen. Auf dieſe Weiſe 
haben ſie, wie das Herz, ihre abwechſelnde 
Syſtole und Diaſtole. 

GERARD. van SwIETEN de arterine fabrica et 


efficacia in c. b. L. B. 1725. 4. 
3 a CHRIST. 


_ Cırist. GortL. LuDwiG de arteriarum tunicis. 
Lipſ. 1739. 4. 


$. 140. 

Wie nemlich die Aorte (bei der Lungen⸗ 
ſchlagader iſt es eben ſo) ihr Blut aus der 
Herzkammer empfaͤngt, ſo wird ſie dadurch er— 
weitert, indem die Kraft des Herzens ihren 
Widerſtand uͤberwindet. Wie nun die Herz— 
kammer nach erfolgter Ausleerung ruhet, ſo 
zieht ſich hingegen die Aorte zuſammen und 
treibt, da die halbmondfoͤrmigen Klappen den 
Ruͤckgang in die Herzkammer hindern, die eins 
pfangene Blutwelle weiter, in ihre Aeſte und 
die Fortſetzung des Stammes fort. So iſt 
die Schlagader in Syſtole, indem das Herz in 
Diaſtole iſt, und umgekehrt. 


e 

Daß die Schlagadern ſich bei dem Um⸗ 
laufe des Blutes nicht bloß leidend verhalten, 
ſondern auch ſelbſt mitwirken, davon uͤberzeu⸗ 
gen uns, auſſer dem F. 139 angeführten Gruns 
de, Geſicht und Gefuͤhl am lebenden Koͤrper, 
die Ausleerung einer Schlagader unterhalb eis 
nes feſt angelegten Bandes, die Verſchließung 


J 


* 
„ 


der Muͤndung einer engen zerſchnittenen Schlag⸗ 
ader, der Brand an den Fußzehen nach Ver— 
knoͤcherung der Schlagadern des Schenkels. 
Von eben dieſer Syſtole der Schlagadern haͤngt 
es ab, daß in Leichen die Stämme und größe: 
ren Aeſte derſelben vom Blute leer ſind. 


25. * 
Ch 
g H * 


Ron. WHyTT phyfological eſſays, containing an 
inquiry into the caufes, which promote the 
circulation of the fluids in the very fmall vef- 
fels of animals. Edinb. 1761. 12. 


GUALTH. VERSCHUIR de arteriarum et venarum 
vi irritabili. Groening. 1766. 4. 

CHRISTIANI KRAM P de vi vitali arteriarum dia- 
tribe. Arg. 1776. 8. 


Heinrich van den Voſch Über das Muskular⸗ 
vermoͤgen der Haargefaͤßchen. Muͤnſter und 
Osnabr. 1786. 8. N 

Chriſtian Kramps Fieberlehre nach mechani⸗ 
ſchen Grundſaͤtzen. Heidelb. 1794. 8. 


. 142. 

Die Urſache dieſer Bewegung iſt dieſelbe, 
wie bei der des Herzens ($. 140.) . Sie iſt 
ebenfalls unwillkuͤhrlich; doch haben die Ner— 
ven, welche offenbar den groͤßern Schlagadern 

Faͤden 


87 
Faden geben, Einfluß auf dieſe Bewegung, und 
vermöge deſſen allerlei Reize, auch Leidenſchaften 
groſſe Wirkung auf den Umlauf des Bluts. 


ALB. de HALLER reſp. Marıuıa Lund. Run 
BERKELMANN de nervorum in arterias imperio. 
Götting. 1744. 4. Recuſ. in opp. min, I. p. 513. 
et in coll. diſſ. IV. p. 513. 


a 
Daraus laͤßt ſich auch erflären, warum 
da, wo ein Reiz iſt, der Zufluß des Blu⸗ 
tes vermehrt wird. 


$. 144. 

Indem die Herzkammer ſich zuſammenzieht, 
ſo erfolgt die Diaſtole des naͤchſten Theils ihres 
Schlagaderſtammes, ſo weit naͤmlich dieſer von 
ihrer Blutwelle erfuͤllt wird. Eben fo erfolgt 
darauf die Syſtole dieſes Anfangstheils des 
Schlagaderſtammes, dann erſt nachher die Sy⸗ 
ſtole des nachfolgenden Theiles u. ſ. w. und ſo 
ſetzt ſich die Syſtole der Schlagadern nach und 
nach durch das ganze Syſtem der Schlagadern 
bis zu ihrem Ende fort. Doch iſt der Untere 
ſchied der Zeit ſo klein, daß wir ihn kaum be⸗ 
merken koͤnnen. 


F 4 9. 145. 


2 d. 140. f 

Die Syſtole und Diaſtole der Schlagadern 
zuſammengenommen, nennt man den Ader— 
ſchlag (pulfus arteriarum); bisweilen aber 
verſteht man darunter nur die Diaſtole derſel— 


ben, welche naͤmlich eine Wirkung der Syſtole 


des Herzens (F. 132.), mit 2 gleichzeitig und 
ihr gemaͤß iſt. | 
NN §. 146. 

In letztern Sinne des Namens unterſchei⸗ 
det man den oͤftern (pulfus frezuens) und ſel⸗ 


tenen (tardus) Aderſchlag; den ſchnellen 


(celer) und langfamen (tardus); den großen 
oder vollen (magnus, plenus) und kleinen (par- 


‚ vus); den harten (durus) und weichen (mol- 


lis); den gleichen (aequalis) und ungleichen 
(inaequalis) ze. Der geſunde Aderſchlag iſt gleich, 
und weder zu oͤfter, noch zu ſelten, weder zu 


ſchnell, noch zu langſam, weder zu voll, noch zu 
klein, weder zu hart, noch zu weich. In juͤn⸗ 
geren Körpern iſt der Puls öfter, in Altern fel- 


tener. Groͤſſere Kraft und Vollbluͤtigkeit mar 
chen den Puls voller, Schwaͤche und Blut⸗ 
mangel machen ihn kleiner. Vermehrte Reize 
barkeit macht den Puls ſchneller, verminderte 

lang⸗ 


89 
Tangfamer. Krankhafte Reize machen den Puls 
öfter, ſchneller, harter und oft ungleich ꝛc. 
Anwendungen auf Veränderungen des Pulfes im 
gefunden Zuſtande durch Wachen und Schla⸗ 
fen, durch Bewegung und Ruhe, durch Hitze 
und Kaͤlte, durch Speiſen und Getraͤnke, durch 
Leidenſchaften; in Fiebern; durch Gifte ꝛc. 


Tax 

Das Blut geht in den Schlagadern in ei⸗ 
nem ſehr ſchnellen Strome fort, wie die Be⸗ 
rechnung nach der Zahl der Herzſchlaͤge und der 
Quantitaͤt des Bluts fuͤr jeden derſelben, und 
die Autopſie an lebenden Thieren, auch bei Ent- 
hauptungen, beweißt. 

Ob der Cruor geſchwinder fortgehe? 


§. 148. 


Das Blut geht in den Schlagadern aus 
den Stämmen in die Aeſte, bis zu den Eleins 
fen Aeſten hin. Hier geht es theils (unmittel- 
bar, theils mittelbar durch Zellgewebe,) in die 
kleinſten Aeſte (Anfaͤnge) der blutfuͤhrenden Ve— 
nen, theils aber geht nur der farbenloſe Theil 
(ſerum) in engere Aeſtchen (arterige ſeriferae), 
in aushauchende Gefaͤßchen (Vaſa exhalantia) 

5 5 über, 


über, theils werden beſondere Säfte durch Ab: 
ſonderungsgaͤnge (ductus fecretorii) abgeſchie⸗ 
den. Von dieſer Art ſind auch die Enden der 
Schlagader n, welche zur n der feſten 
Theile dienen. 


III. Der Ruͤckfluß durch die blutfuͤhrenden 
Venen. 
S. Hildebrandt Lehrbuch der Anatomie. 


IV. Achtes Buch. Von den Adern. 45. Kap. 
2. Abſchn. Von den blutfuͤhrenden Venen. 


§. 149. | 

Die Anfaͤnge der blutfuͤhrenden Venen 
empfangen das Blut aus den Enden der Schlag- 
adern (F. 173.), führen es zu groͤſſeren Ae— 
ſten, u. ſ. w. dieſe zu den Stämmen, und 
dieſe zum Herzen zuruͤck. Die vier (oder 
fuͤnf) Venenſtaͤmme des Lungenſyſtems (Venae 
pulmonales) ergieſſen es in die linke, die beiden 
Stämme des großen Syſtems (Venae cavae) 
in die rechte Nebenkammer des Herzens ($. 129.). 


§. 150. 
Die Krafte, durch welche das Blut in 
den Venen getrieben wird, ſind: die Kraft des 


Her⸗ 


* 


f 91 


Herzens, die Kraft der Schlagadern/ und 
die Kraft der Venen ſelbſt. Doch ſind die 
letzteren nicht eigentlich reizbar, und haben da— 
her keinen Aderſchlag; ſie wirken blos durch ih— 
re Spannkraft und allgemeine Lebenskraft. Die 
Ausleerung des Herzens ſelbſt wirkt zum 
Ruͤckfluſſe des Bluts: und in den oberen Theis 
len einigermaßen die Schwere. 


& 151. 

Die Muskeln befoͤrdern bei den Bewe— 
gungen durch ihren Druck die Fortſetzung des 
Bluts in denen Venen, welche an und zwiſchen 
ihnen liegen, ſehr. 


9. 152. 

Und damit dieſer Druck das Blut nicht 
zuruͤcktreibe, ſondern den Fortgang zum Her⸗ 
zen befoͤrdere, dienen die Klappen (valvulae), 
welche zwar dieſen geſtatten, aber den Ruͤckfluß 
vom Herzen verhindern. 


IIERON. Fasrıcıvs ab Aquapendente de vena- 
rum oſtiolis. Patav. 160g. fol. 


TueopvrL. KEMPER et I. ERN. RICHELMANN 
de valvularum natura, fabrica et uſu mechani- 
eo. Ien. 1683. In HALL. coll. II. p. 79. 


HENR. 


92 FF 

HEN. MEIBOM de valvulis vnſorum earumque 
ſtructurs et ufu, Helmſt. 1682. 4. ib. p. 49. 

PTR. GERIKE de valvulis venarum et earum uſu. 


Helmft. 1723. 4. 
Mangel der Klappen in den Venen der Eingeweide. 


§. 153. Kr. 
Um den Ruͤckfluß des Blutes zum Herzen 
zu erleichtern, dienen die groͤſſere Zahl der 
Venenſtaͤmme, die gröffere Weite der Ber 
nen und die zahlreicheren Anaſtomoſen. 


f §. 154. 

Wegen des Mangels der Reizbarkeit in 
den Venen, der groͤſſeren Zahl der Staͤmme, 
und der groͤſſeren Weite derſelben, geht das 
Blut in den Venen viel langſamer, als in den 
Schlagadern, fort. Auch geben die ſchlafferen 
Venen leichter nach, und geſtatten Stockungen, 
Anhaͤufungen, leichter. 

§. 155. 

Wie das Blut durch Schlagadern und 
Venen im ganzen Koͤrper umlaͤuft, ſo geht auch 
das, welches zum Herzen geht, aus der Aorte 
in die eigenen Schlagadern deſſelben, und aus 
den Venen deſſelben i in die lagen Nebenkammer 


zuruͤck. 
ALB. 


ALB. de HALLER. refp. HENR. CHRIST. Rey- 
MANN de vafıs cordis proprüs, Goett. 1737. 
4. Recuſ. in opp. mim I. p. 1. Iteratae oh. 
g ibid. p. 19. b 4 


$. 156. 
Vermoͤge des Blutumlaufes wird das Blut 
im ganzen Körper in alle Theile deſſelben vers 
theilt, welche mit Blutgefaͤßen begabt find. Die- 
jenigen Theile, welche mehr Blutgefaͤße haben, 
das Fleiſch, das Fett, die Sinnesorgane, die 
Abſonderungsorgane, erhalten auch mehr Blut. 
Einige haben nur engere Gefaͤße, welche keinen 
Cruor durchlaſſen, und erhalten daher auch nur 
den farbenlofen Theil des Bluts (ſerum). Ge— 
wiſſe, ſogenannte unorganiſche Theile, welche gar 
keine Gefaͤße haben, wie das Oberhaͤutchen, das 
Spinnewebenhaͤutchen, ꝛc. erhalten gar kein 
Blut. 


§. 157. 

Im geſunden Zuſtande fließt das Blut im— 
merfort, mit maͤßiger Geſchwindigkeit, durch 
alle Gefäße, ohne irgendwo zu ſtocken. Es ver⸗ 
theilt ſich iu alle Organe gleichmaͤßig, nach Vers 
haͤltniß der Zahl und Weite ihrer Blutgefäße, 


§. 159. 


S. 158 
Die Zeit, in welcher das Blut umlaͤuft, 
laͤßt ſich, nicht allein wegen der verſchiedenen 
Groͤſſen und Temperamente der Menſchen, und 
wegen der verſchiedenen Wirkungen des Klimas, 
der Jahreszeit, der Nahrungsmittel, der Be— 
wegungen ꝛc. ſondern auch wegen der ſehr ver- 
ſchiedenen Laͤnge der Blutgefaͤße in einem und 
demſelben Koͤrper, nicht mit Gewißheit be⸗ 
ſtimmen. 
| 159 
Die Wirkungen des Blutumlaufes find: 
die Miſchung des Blutes, die Bereitung des 
Cruors, des Faſerſtoffes und der Lymphe, die 
Erhaltung der Fluͤſſigkeit des Blutes, die Ab— 
ſonderung anderer Saͤfte, die Ernährung der 
feſten Theile, die Erzeugung und Mittheilung 
der thieriſchen Waͤrme, und insbeſondere die 
Unterhaltung der Lebenskraft. Er iſt daher ei— 
ne der wichtigſten Verrichtungen des Koͤrpers, 
die man Lebensverrichtungen (Functiones 
vitales) nennt. 
OLAus RUDBEcK de circulatione fanguinis, Aroſ. 
1652. 4. 
GEORG 


| 95 
GEORG ERN. STAHL de motu tonico vitali et hine 


dependente motu fanguinis particulari., Vinar. 
1692. 4. Recuf. cum comment. Hal. 1702. 4. 


Id. de mechanismo motus progreſſivi ſunguinis. 

Hal. 1695. 4. 1 

Id. de aeſtu maris microcofmici. Hal. 1696. 4. 

CHRISTIAN. PHILIPP. GLAss de admirando fan- 
guinis circuitu. Hal. 1736. In HALL. coll. II. 
p. 201. 

SrEPHAN. HALES ft arical effays containing be- 
maftatiks, Lond. 1733. 4. Deutſch: Halle 
1748. 4. N 

AL. de HALLER de ſanguinis motu experimenta 
anatomica. In commentar. foc. Goetting. IV. 
ad a. 1754. et in opp. min. I. p. 63. 

G. REMUS experimenta circa circulationem fan- 
guinis inftıruta, Goetting. 1752. 4. 


Laz. SPALLANZANI de’ fenomeni della circola- 
zione offervata nal giro vniverfale de vaß etc. 
Mutin. 1773. 8. 


* 


Ax DR. WiLson’s enquirie into the moving powers 
employed in the circulation of the blood. Lon- 
don 1774. 8. 

Auguſt Friedrich Hecker über die Verrichtuns 
gen der kleinſten Schlagadern und einiger aus 
dem Gewebe der feinſten Gefaͤße beſtehenden 
Eingeweide. Erfurt 1790. 4. 


| Z wei⸗ 


| Zweites Kapitel. 
Die Verrichtung der Saugadern. 
S. Hildebrandt Lehrbuch der Anatomie. 


IV. Achtes Buch. 48. Kap. Von den lym⸗ 
phaͤtiſchen Venen. 


2,760; 

Die im ganzen Körper verbreiteten Saug⸗ 
adern (vaſa abſorbentia) oder lymphatiſchen 
Venen (venae Iympbaticae, ſeroſae) ſaugen 
mit ihren Anfaͤngen aus den Hoͤhlen des Koͤr— 
pers die Feuchtigkeit derſelben (§. 48) wieder 
ein, erhalten auf dieſe Weiſe dieſelbe beftändig 
im richtigen Maaſſe, ſchaffen die alte fort, da— 
mit ſie nicht verderbe und hingegen der fri— 
ſchen Raum gebe. Die Saugadern der Daͤr— 
me ſaugen auſſerdem zur Zeit der Verdauung 
den Speiſeſaft ein; die Saugadern des Felles 
koͤnnen allerlei Flͤſigkeiten einſaugen, welche 

die e deſſelben beruͤhren. 


F. Ir. 

Daß eine ſolche Einſaugung wirklich ge 
ſchehe, beweiſet bei den Saugadern der Daͤrme 
die Autopſie. Bei den uͤbrigen Saugadern, 
die mit denen der Daͤrme einerlei Einrichtung 

haben, 


| as 97 
haben, laͤßt ſich es analogiſch ſchlieſſen; auch 
dienen bei dieſen das im gefunden Körper rich— 
tig bleibende Maaß der in den Höhlen enthal— 
tenen Feuchtigkeiten, dann gewiſſe Wirkungen 
von Giften und Arzneien, des Bleies, des 
Queckſilbers, des Schwefels, der Aſa foͤtida, 
des Terpentinoͤles ic. die Gelbſucht ꝛc. als 
naͤhere Beweiſe; und uͤberdem hat bei dieſen in 
gewiſſen Faͤllen ebenfalls Autopſie Statt ge— 
funden. 


1 
. 

Sogar feſte Theile werden von Zeit zu 
Zeit mittelſt der fluͤſſigen eingeſogen, wie die 
Erſcheinungen, die bei dem Futtern der Thiere 
mit Faͤrberroͤthe bemerkt werden, das Schwin— 
den der Wurzeln an den Milchzaͤhnen und das 
Duͤnnwerden der Schaͤdelknochen im hohen 
Alter beweiſet. 

Petrus van MAN EN de ahſorptione folidorum, 

Leid. 1794. 4. 


63 
Die Saugadern fuͤhren ihre eingeſogenen 
Fluͤſſigkeiten, wie die blutfuͤhrenden Venen, 
aus den Aeſten in die Staͤmme. So 
G kom⸗ 


„ 
* 9 


\ 


kommen die Fluͤſſigkeiten aller Saugadern größ, 
tentheils in den im hintern Theile der Bruſt 
liegenden Hauptſtamm der Saugadern 
(ductus thoracicus) zuſammen, und ergieſſen 
ſich aus ihm in die linke Schluͤſſelblutader 
(Vena fubclavia finiftra), wo eine Klappe den 
Eintritt des Blutes zuruͤckhaͤlt; die vom rech⸗ 
ten Arme und von der rechten Seite des Kopfes 
durch beſondere Stämme in die rechte Droſſel⸗ 
ader (Vena jugularis dextra). 
Io. Pre experimenta, quibus chyli recepta- 
culum etc. Par. 1651. 4 
Io. van HoRNE novus ductus chyliferus. L. B. 
1652. 4. In opufe. ed. PauLI. Lipſ. 1707. 8. 
P. 27 3. K 
BERN. SIEGFR. ALBINI rabula vafıs eee 
L. B. 1767. Fol. 
ALB. de HALLER de ductu thoracico ob. Goet- 
ting. 1740. 4. In coll. I. p. 792. 


Io. ADoLPH. WEDEL de valvula venae fubclaviae 
ductui thoracico impofita. len. 1714. 4. Re- 
cuſ. in HALL. coll. I. p. 803. 


$. 164. 
Daß die Fluͤſſigkeiten in den Saugadern 
dieſen Weg gehen, beweiſen ihre Klappen 


(val- 


RN en 90 


(valvulae), und die Unterbindung, bei der fie 
zwiſchen ihren Anfaͤngen und dem Bande an- 
ſchwellen, jenſeits aber ſich ausleeren. 
FRID. RuvscH dilucidatio valuunlarum in vaſis 
Iymphaticis et lacteis. Hag. 1665. 12. L. B. 
1687. 12. Net 


§. 165. 

Die vornehmſte Kraft, welche die Fluͤſſig⸗ 
keiten in den Saugadern forttreibt, iſt ihre 
eigene Reizbarkeit. Der Druck der Muskeln, 
das Schlagen der Schlagadern, ſind nur Huͤlfs⸗ 
mittel. 


BERNARD. GOTTLOB SCHREGER de irritabilitate 
vaforum Hymphaticorum. Lipf. 1789. 8. 


f $. 166. 

Alle Fluͤſſigkeiten der Saugadern gehen, 
ehe fie ſich in die Hauptſtaͤmme ergieſſen, durch 
die Saugaderdruͤſen (glandulae conglobatae), 
Sie gehen hier, wegen des gewundenen Gan— 
ges, wahrſcheinlich langſamer fort, werden da— 
ſelbſt mit Fluͤſſigkeit, welche die Schlagaͤder— 
chen der Druͤſen aushauchen, gemiſcht, und da— 
durch zur Miſchung mit dem Blute, zur Ver⸗ 
aͤhnlichung, geſchickter gemacht. ( 


G 2 Io. 


f u BEN 4 p ‚ 

00 3 

10. GorrIOR HAAsE et CAR. GorTLOB KRAUSE 
de moru chyli et lymphae glandulisque conglo- 
hatis. Lipſ. 1778. 4. 4 


$.. 167. 

Die Verrichtung der Saugadern ift von 
ſehr wichtigem Nutzen. Auſſer dem beſonderen, 
den die Speifefaftsgefäße haben, dienen die uͤbri⸗ 
gen im ganzen Koͤrper verbreiteten, uͤberall 
das alte und uͤberfluͤſſige wegzunehmen und in 
den Kreislauf zu bringen. Sowohl aus den 
Daͤrmen, als von der Oberflaͤche des Fells und 
aus Wunden koͤnnen fie allerlei heilſame, freis 
lich aber auch ſchaͤdliche, Stoffe aufnehmen 

und dem Blute zufuͤhren. 


Ne * * 


OLAus RUDBECK de fero eiusque vafıs, Upf. 

1661. 4. N 

Io. GorrLOB HAASE de vaſis cutis et inteſtiuo- 
rum abforbentibus plexibusque lymphaticis pel- 
vis bumanae, Lipf. 1786. Fol. 

WILLIAM CRUIKSHANK anatomy of the abfor- 
bent veſſels of the human body. Lond. 1786. 4. 


Paur. Mascacnı vaforum Iymphaticorum c. bs 
hiſtorin et ichnographia, Sien. 1787. Fol. 


G. E. 


— AT —˖—ü I or 


william Cruikſhanks und Paul Maſcagni's 


Geſchichte und Beſchreibung der Saugadern 
des m. K. Ueb. und verm. von Chriſt Friedr. 
Ludwig. Leipz. 1789 1794. 3 Bände. 4. 


G. E. Linoner. de Iymphaticorum Syfkemate, 


Hal. 1787. 8. 


Grecorı1 BAsıLEWITSCH Syftematis reforbentis. 


deſcriptio phyhologico - medica. Arg. 1791. 
Deutſch unter dem Titel: Pathologie des Saug— 
aderſyſtems in B. N. G. Schreger Beitraͤ— 
ge zur Kultur der Saugaͤderlehre. I. Leipz. 
1793. 8. 

Io. CHRISTIAN us FRIDERICUS ISENFLAMM de 
abforptione ſana. Erlang. 1791. 8. 

HENRICUSs FRIDERIcUs ISENFLAMM de abforptio- 


ne morbofa. Erlang. 1791. 8. 


Car. GuIL. de Mu1LLer phyfologia Hiſtematis 
vaforum abforbentium. Lipf. 1793. 4. 


CoRNELIUS CaspARUSs de KonınG de affectio- 
nibus morbofs Syftematis lympbatici, L. B. 
1793. 4. 

Perrus Iacozus van MAANEN de. abforptione 

ſolidorum. L. B. 1794. 8. 


SAM. THOM. SOEMMERRING de morbis vaforum 
abforbentium c. h. Trai. ad Moen. 1795. 8. 


> G 3 Drit⸗ 


# 


— 


102 
Drittes Kapitel. 
Das Athemholen. 


Hildebrandt Lehrbuch der Anatomie. III. 
Sechſtes Buch. 36. Kap. Von den Lungen. 


§. 168. 


Mit dem Umlaufe des Bluts ſteht eine 
andere wichtige Lebensverrichtung in genauer 
Verbindung, nemlich das Athmen (refpira- 
tio), welches darin beſteht, daß die in der 
Bruſthoͤhle liegenden Lungen ( pulmones) wech⸗ 
ſelsweiſe Luft einziehen und wieder von ſich geben. 


Marc. MarrıcHı de pulmonibus epiflolae dune 
ad BoRELLUM. Bonon, 1661. Fol. Cum Tu. 
BARTHOLINI de pulmonum fubftantia et motu I. 
Havn. 1663. 8. 


Aut. FRIE D. WALTHER paris intercoſtalis er 
vagi c. h. nervorum anatome. Lipſ. 1733. 1735. 
Recuf. in IIA L. coll. II. p. 909. 


Io. Aud. WonL FAHRT de bronchiis vafsque bron- 
chialibus. Hal. 1748. 4. 


G. Fninb. HıLDEBRANDT de pulmonibus. Goet- 
ting. 1783. 4. 


§. 169. 


105 
| § 1569. 

Es beſteht dieſe Verrichtung aus der Ein⸗ 
athmung (in/piratio) und der Ausathmung 
(ex/piratio) , die von der Geburt bis zum Ende 
des Lebens mit einander wechſeln. 


1270, 

Die einzige zum Athemholen taugliche 
Luftart (aör reſpirabilis) iſt die Lebensluft 
(aer vitalis), welche in der neuern Chemie 
Sauerſtoffgas (gas oxygenium) genannt wird, 

weil der Sauerſtoff (oder beſſer: der Saͤure 
erzeugende Grundſtoff) Coxygenium) ihre Grunds 
lage iſt. Alle uͤbrige Luftarten ſind (fuͤr ſich 
allein) untauglich zum Athmen (irrefpirabiles) 
und toͤdten athmende Thiere, wenn dieſelben 
in ihnen ſich aufhalten und mithin fie einzuath⸗ 
men gezwungen ſind. 
$. 177. 

Die Luft, welche Menſchen und Thiere in 
der Natur und gewoͤhnlich athmen, iſt die 
atmoſphaͤriſche (aer atmoſphaericus), welche 
aus (0,27 ) Lebensluft und (0,73) nicht athem⸗ 
barer Luft, groͤßtentheils Stickgas (gas- azo- 
ricum) beſteht. Sie taugt zum Athmen bloß 
vermoͤge ihres Gehalts an Lebensluft. 

G 4 $. 172. 


2. 


= 


4 


104 


7172} 

1) Die Einathmung ( pirutio). Das 
Zwerchfell (Septum transverfim) zieht ſich 
zuſammen, macht dadurch feine Woͤlbung fla- 
cher (descendit) und vergroͤßert die Hoͤhe der 


Bruſt. Die Eingeweide des Bauchs werden 


dadurch hinabgedruͤckt und die Bauchmuskeln 
ausgedehnt. 
Az. de HALLER nova icon fepti transvetſi. Goct- 
ting. 1741. Recuſ. in iconum anat. faſcic. I. 
1. 1. 


g. 172. bi . 

Bei der Betrachtung dieſer Wirkung if 

auch auf das Paar der merkwürdigen Zwerch⸗ 

fellsnerven (e pbrenici) Rüͤckſicht zu 
nehmen. 

Ephn. KRÜGER de nervo phrenico, Lipf. 1759. 4. 


$. 173. 

Die Zwiſchenrippenmuskeln (musculi 
intercoſtales), ſowohl die innern als die. Auf: 
ſern, ziehen ſich zuſammen und heben die Rip— 
pen, ſo daß ihre hintere Enden ſich um ihre 
Are aufwaͤrts drehen, die Rippenknorpel auf- 
waͤrts gebogen, und die Rippen ſelbſt zu beiden 

Sei⸗ 


Seiten der Bruſt aufwärts bewegt werden. 
Dadurch wird die Breite der Bruſt vergroͤßert. 
Auch wird bei ſtaͤrkerem Heben der Rippen das 
untere Ende des Bruſtbeins vorwaͤrts bewegt, 
und die Bruſthoͤhle von vorn nach hinten eini⸗ 
germaaßen vergroͤßert. 

Hallers und Hambergers Streit uͤber die Wir⸗ 
kung der inneren Intercoſtalmuskeln. 


GEORG. ERHARD. HAMBERGERLI de reſpirationis 
mechanismo et vfu genuino. len. 1748. 4. 
Nebſt den uͤbrigen dieſer Ausgabe beigefuͤgten 
Streitſchriften uͤber dieſen Gegenſtand. 


ALB, de HALLER de reſpiratione experimenta. 


anatomica, Goett. 1746. Recuf. in opp. min. 
I. p. 269. 

C. F. T. (Corıst. FRIED. TRENDELENBURG ) 
continuatio controverfae de mechanismo reſpi- 
rationis Hambergerianae. Goett. 1749. 4. 

Deff. fernere Fortſetzung der Halleriſchen und 
Hambergeriſchen Streitigkeiten vom Athem— 
holen. Roſt. und Weimar 1752. 4. 

Fnip. CHRISTOPH. OETTIN GER reſp. I. G. Au- 
STEIN de vfu et actione musculorum intercoſta- 
lium, Tubing. 1769. 4. 


$. 174. 
Wie alſo die Bruſt ſowohl tiefer als wei— 


ter wird, ſo dringt die atmoſphaͤriſche Luft durch 


G 5 die 


105. 


106 — | Er 


die Luftroͤhre und deren Aeſte in die Zellen der 

Lungen, und dehnt dieſelben aus, bis die in 

nere Luft der Lungen mit der aͤuſſern im Gleich— 

gewichte ſteht. Wenn dies nicht geſchaͤhe, fo 
wuͤrde zwiſchen der innern Flaͤche der Bruſt 
und der aͤuſſern Flaͤche der Lungen ein leerer 

Raum entſtehen; dieſen laͤßt die Elaſticitaͤt der 

aͤuſſern Luft, da die a er der Luftroͤhre 

offen iſt, nicht zu. 

Bei der erſten Einathmung eines neugebohr— 
nen Kindes iſt vorher gar keine Luft in den 
Lungen. 

Bei allen folgenden (ausgenommen, wo hef— 
tige Ausathmungen vorhergehen) iſt vorher 
einige wenige von den vorigen Einathmungen 
zuruͤck geblieben. Dieſe dehnt ſich aber bei 
der Ausdehnung der Bruſt in einen ſo großen 
Raum aus, daß ſie bei weitem lockerer wird, 
als die aͤuſſere atmoſphaͤriſche, und mithin das 
Eindringen dieſer erfolgen muß. 

Folgerungen aus der Bemerkung dieſer Ze 
denheit. 


| 9. 175. 
Bei der gewoͤhnlichen ſanften Einathmung 
im geſunden Zuſtande wirken bloß das Zwerch— 


fell und die Intercoſtalmuskeln, auch die letz⸗ 
tern 


' 


„ d 107 


tern nur wenig, ja bisweilen jenes allein. Wo 
aber tiefer, oder mit vermehrter ungewoͤhnli— 
cher Staͤrke, oder bei Hinderniſſen der Einath— 


mung, eingeathmet wird, da wirken nicht nur 
die Intercoſtalmuskeln ſtaͤrker, ſondern es hel- 


fen auch andere Muskeln, die von oben an die 
Rippen gehen, die großen vorderen Saͤgemus— 
keln, die kleinen vorderen Saͤgemuskeln, der 
große Bruſtmuskel, die hinteren oberen Saͤge— 

muskeln, zur Hebung der Rippen mit. 
Von Urſachen, die die Bewegung des Zwerch— 
felles, oder die Intercoſtalmuskeln, hindern, 

ſo daß dieſe oder jenes allein wirken. 


§. 176. 6 
2) Die Ausathmung (ex/piratio). Die 
Einathmungsmuskeln, nachdem ſie bis auf ei— 
nen kleinern oder groͤßern Grad gewirkt haben, 
laſſen ihre Wirkung nach. Das Zwerchfell 
wird alſo wieder gewoͤlbter, die Rippen fallen 
wieder herab und werden auch durch die Feder— 
kraft ihrer Knorpel herabgezogen. Die Bruſt 
wird alſo von oben nach unten kuͤrzer, und 
zugleich enger. N 


$. 177. 


177% E et N 


Bei einer ſanften Ausathmung kehren die 


Bauchmuskeln (musculi abdominales), bloß 
vermoͤge ihrer Spannkraft, nur von der erlit— 
tenen Ausdehnung (F. 194) zu ihrer eigenthuͤm⸗ 
lichen Kuͤrze zuruͤck. Bei einer ſtaͤrkeren, hef⸗ 
tigen, ziehen fie auch vermoͤge ihrer Reizbar— 
keit ſich zuſammen, ziehen die unteren Rippen 
herunter, und ſtoßen durch den Druck auf die 
Eingeweide des Bauches das Zwerchfell hin— 
auf. a N f 


l 


Bei heftiger Ausathmung wirken auch an- 


dere von unten zu den Rippen gehende Muss 
keln, der Saerolumbaris, der lange Ruͤcken— 
muskel, die hinteren untern Saͤgemuskeln, ꝛc. 
mit. Auch ziehen ſich dabei die queeren Fleiſch— 
faſern der Luftroͤhrenringe zuſammen. 


$. 179. 5 
Durch dieſe Wirkungen wird die in den 
Lungen enthaltene Luft wieder herausgetrieben, 
bis auf einigen wenigen Ruͤckſtand, der bei 
allen ſanften Ausathmungen zuruͤckbleibt. 


$. 180. 


*. 


9,1780, 
Der in den Luftroͤhren abgeſonderte und 
die innere Oberflaͤche derſelben uͤberziehende 
Schleim ſchuͤtzt dieſelbe vor dem Reize ſowohl 
die Luft ſelbſt als der fremden mit ihr vers 
miſchten oder vermengten Stoffe. 


K. Wr. 


Der Nutzen dieſer wichtigen Verrichtung 
befteht darin, daß das Blut von Zeit zu Zeit 
hinlaͤnglich mit Sauerſtoff begabt, und hinge⸗ 
gen der uͤberfluͤſſige Kohlenſtoff deſſelben aus⸗ 
geſchieden werde. 


Verſchiedene Meinungen aͤlterer und neuerer 
Phyſiologen uͤber den Nutzen des Athemholens. 
Vom Pabulum vitae der Alten. Mayow's 
Spiritus nitro - ad reus ꝛc. i 


Joſeph Prieſtley Bemerkungen über das Athem— 
holen. In den phil. zransact. 1776. Vol. 66. 
P. I. p. 226. Ueberſ. in v. Crells chem, Jour⸗ 
nal. I. S. 207. 

Lavoiſier's Verſuche über das Athemholen der 
Thiere, in den Mem, de Pac. des Ye de Pa- 
ris. 1777. p. 185. uͤberſ. in der weigelſchen 
Ueberſ. feiner phyſ. chem. Schriften. III. S. 40. 
und im Ausz. in v. Crells n. Entd. V. S. 146. 


Haſſen⸗ 


A. 


110 v— — 


Haſſenfratz über die Verbindung des Sauers 
ſtoffs mit dem Kohlenſtoffe und Waſſerſtoffe 
des Bluts, in den Ann. de chim. IX. p. 261. 
uͤberſ. in v. Crells chem. Ann. 1794. II. 
S. 441. | 

Neueſte Geſchichte des Sauerſtoffgas als Heil 
mittel betrachtet. Im Journal der Erfindun⸗ 
gen ꝛc. VIII. 1794. Sexe 

Joſ. Andr. Scherer über das Einathmen der 
Lebensluft in langwierigen Bruſtentzuͤndungen. 
Wien 1793. 8. 

Pascal Joſeph Ferro uͤber die Wirkungen der 
Lebensluft. Wien 1793. 8. 


g. 1825 

Durch eben dieſe Wirkung wird auch in 
den Lungen die Boͤthe des Bluts erhöher, und 
daher iſt das Blut der Schlagadern des großen 
Syſtemes von der groͤßern Quantitaͤt des 
Sauerſtoffes ſchoͤn hellroth, da hingegen das 
der Venen des großen Syſtemes von der groͤſ— 
ſern Quantitaͤt des Kohlenſtoffes ꝛc. ſchwaͤrz— 
lich iſt. | 
Io. AnDR. HAMMERSCHMIDT de notabili discri- 

mine inter fanguinem arteriofum et venofum. 

Goett. 1753. 4. 


$. 183. 


1183 

Die Wahrſcheinlichkeit dieſer Hypotheſe 
zeigen alle hieher gehoͤrigen Erſcheinungen. Nur 
die Lebensluft taugt zum Athemholen (H. 170). 
Die Luft wird durch das Athmen vermindert, 
und die ausgeathmete Luft iſt, wenn bloße 
Lebensluft eingeathmet war, kohlenſaures Gas, 
wenn atmoſphaͤriſche eingeathmet war, Stick— 


gas und kohlenſaures Gas. Athmende Thiere 


leben in eingeſperrter atmoſphaͤriſcher Luft nur 
eine Zeitlang, endlich erſticken fie; auch in eins 
geſperrter Lebensluft leben ſie nur eine Zeit— 
lang, doch viel laͤnger, als in atmoſphaͤriſcher 
Luft. Die atmoſphaͤriſche Luft iſt deſto heil— 
ſamer und erquickender, je mehr ſie (bis zum 
hinlaͤnglichen Verhaͤltniſſe) Lebensluft enthaͤlt. 
Venenblut, der atmoſphaͤriſchen Luft ausgeſetzt, 
wird auf der Oberfläche hellroth, noch ſtaͤrker 
hellroth in reiner Lebensluft, inwendig behaͤlt 
es ſeine ſchwaͤrzliche Farbe. Im Stickgas, 
Waſſerſtoffgas, ꝛc. leidet das Venenblut dieſe 
Veraͤnderung nicht; Schlagaderblut wird in 
ihnen ſchwaͤrzlich. In erſtickten Thieren findet 
man das Blut der linken Herzkammer ſchwaͤrz— 
licher (melanaema GOOD WXXI). 


$. 184. 


A sc 


112 ———ů—ͤ— 


§. 184. 

Die unathembaren Luftarten erſticken die 
athmenden Thiere theils wegen ihres Mangels 
an Sauerſtoff, theils, (auch die, welche Sauer— 
ſtoff, aber mit andern Stoffen verbunden, ent— 
halten,) wegen poſitiver Schaͤdlichkeit ihrer 
Grundlagen. 

Joh. Fried. Blumenbachs Verſuche mit ver— 
ſchiedenen Luftarten an lebendigen Thieren. 
In deſſ. med. Biblioth. I. S. 173. 

Vergleichung gewiſſer Thiere, denen unreine Luft 
zutraͤglicher iſt. 

Warum dem Menſchen und aͤhnlichen Thieren 
das beſtaͤndige Athmen reiner Lebensluft 
nicht zutraͤglich, und es daher zweckmaͤſſig ſei, 
daß die atmoſphaͤriſche Cuft nur zum Theile 
aus Lebensluft beſtehe? 


§. 1875 
Die atmoſphaͤriſche Luft, wenn ſie einge— 
ſchloſſen iſt, wird durch das Athmen von Men— 
ſchen und Thieren, die ſich in ihr befinden, end— 
lich unathembar, weil ſie nicht das bleibt, was 
ſie war, ſondern zu kohlemſauren Gas und 
Stickgas wird. 


SrRPAN HALES zreatife on AR Lond. 


758. 8. 
7 §. 186. 


§. 186. 


Der Sauerſtoff iſt in den feſten Theilen 
und im Blute in einem gewiffen- Verhäftniffe 
weſentlich noͤthig, um die geſunde Miſchung 
und die Lebenskraft derſelben zu unterhalten. 
Das Schlagaderblut ſetzt daher in den feſten 
Theilen Sauerſtoff ab, das Venenblut hat 
mithin des Sauerſtoffes zu wenig und iſt dunk— 
ler roth. In den Lungen wird dieſer Verluſt 
wieder erſetzt, und dem Blute der noͤthige 
Sauerſtoff wieder gegeben. 


§. 187. 
Der Menſch und die übrigen warmbluͤti— 
gen Thiere ſcheinen des Sauerſtoffes in groͤße— 
rer Quantitat zu bedürfen. Daher geht in 


ihnen nicht etwa nur ein Theil ihres Blutes 


durch einen Aſt der Aorta in die Lungen, ſon— 
dern das ganze Blut des großen Syſtemes 
wird, wie es durch die Venen zum Herzen zu— 
ruͤckgekommen, aus dem rechten Herzen erſt 
durch die Lungen gefuͤhrt, ehe es in das 
linke gelangt, und aus dieſem wieder in den 
ganzen Koͤrper uͤbergeht (§. 125). 


H $. 188. 


Sc 


u 


2 


FEED 
Vermoͤge dieſer Einrichtung wird aber 
auch das beſtaͤndige Athmen dem Menſchen und 
aͤhnlichen Thieren ſchon zunaͤchſt deswegen zur 
Erhaltung des Lebens nothwendig, weil der 
Durchgang des Blutes durch die Lungen durch 
das Athemhoͤlen eine unentbehrliche Befoͤrde— 
rung erleidet, ohne dieſe in Stockung geraͤth, 
und dadurch der Tod erfolgt. 


ee en | 
Durch die Einathmung werden nemlich 

alle Blutgefaͤße der Lungen ausgeſtreckt und er— 
weitert, ihre Winkel vergroͤßert, mithin der 
Einfluß des Blutes aus dem rechten Herzen 
erleichtert. Bei der Ausathmung hingegen fal— 
len die Blutgefaͤße wieder zuſammen, werden 
wieder geſchlaͤngelt, ihre Winkel werden ver— 
kleinert, und dadurch der Fortgang des Blutes 
zum linken Herzen befoͤrdert, der Einfluß des 
Blutes aus dem rechten Herzen hingegen ger 
hindert. 


§. 190. 
Wenn daher ein Menſch in der Ausath- 


mung verharret, fo erfolgt der Tod ſehr bald, 
weil 


vers 
weil das rechte Herz ſich feines Blutes nicht 
entledigen kann, folglich das Blut in den Ve⸗ 

nen des großen Syſtems, mithin auch in den 
Aeſten der Droſſeladern, alſo auch im Gehirne 
ſich anhaͤuft, fo daß endlich eine toͤdliche Preſ— 
ſung des Gehirns und dadurch der ſogenannte 
Schlag (apoplexia) entſteht. Daher iſt die 
Einathmung nothwendig. In der Ein⸗ 
athmung kann ein Menſch laͤnger verharren 
($. 189), weil aber die eingeathmete Luft ver— 
mindert wird, fo bleiben die Lungenzellen bei 
fortdaurender Einathmung nicht hinlaͤnglich 
ausgedehnt; und es entſtehen die Folgen der 
fortdaurenden Ausathmung; zudem wird die 
eingeathmete Luft, ihrer Lebensluft beraubt, zu 
Stickgas und kohlenſaurem Gas, mithin nega= 
tiv und poſitiv ſchaͤdlich. Daher erfolgt auch 
bei fortdaurender Einathmung, obwohl ſpaͤter, 
der Tod, und es iſt wieder die Ausathmung 
nothwendig, um dieſe untaugliche Luft fortzu— 
ſchaffen und neue einzuziehen. 


Ueber die Todesart der unter Betten ꝛc. Erſtick— 
ten, der Erhaͤngten, Ertrunkenen. Ueber das 
Erſticken im luftleeren Raume. 


4 
‘92 CHAR- 


Zu | 
116 ——ů— 
CnakLEs KIL E on the recovery of apparently 
dead. Lond. 1789. 8. Verdeutſcht von Chr. 
Fr. Michaelis Leipz. 1790. 8. 

EnmunD GOOD] N an experimental enquiry in- 
zo effects. of Jubmiffion flrangulation and feve- 
ral kinds of airs. Lond. 1788. 8. Deutſch 
uͤberſ. von Chr. Fr. Michaelis. Leipz. 1790. 8. 

EDwARD COLEMAN on ſuspended reſpiration 
From drowning, hanging and ſuſfocation. Lond. 
1791. Deutfch. Leipzig 1793. 8. 

Ueber Veſals merkwuͤrdigen von Hooke wieders 
holten Verſuch. 
6.197, 
Gewöhnlich geſchieht im gefunden Men⸗ 
ſchen das Athmen gleichmaͤßig und fanft. Oft 
aber weicht auch im geſunden Menſchen das 
Athemholen von der gewoͤhnlichen Maͤßigkeit 
und Gleichmaͤßigkeit ab. Wir merken hier fol- 
gende Abweichungen, die zwar in Krankheiten 
vorkommen, aber auch bei Geſunden Statt 
finden, wenn man die Benennung „Geſund— 
heit“ nicht im engſten Sinne nimmt. 


75 S. 192 

Wenn das Blut durch irgend eine Urſache 
in zu großer Quantitaͤt ſich in den dungen und 
im 


117 


im rechten Herzen verſammelt, fo entſteht die 
unangenehme Empfindung der Angſt (anxie- 
tas). Wirr erleichtern dieſelbe durch ein tiefe— 
res langſames Einathmen, welches Seufzen 
(Juspirium) heißt und den Fortgang des Blu— 
tes befoͤrdert. Oft folgt auf daſſelbe auch eine 
ungewoͤhnliche verſtaͤrkte und mit Zuſammen— 
ziehung der Stimmritze verbundene Ausath— 
mung, welche man Aechzen (gemitus) nennt. 
Dav. Car. Em. BERDOT de Jufpirio, Baſ. 1756. 4. 


$. 193. | 

Von dieſem Seufzen ift das Gaͤhnen 
(oscitatio) zu unterſcheiden, bei welchem ohne 
jene Empſindung der Angſt, vielmehr aus einer 


Empfindung der Traͤgheit in den willkuͤhrlichen 


und unwillkuͤhrlichen Bewegungsorganen, mit 
Aufſperrung des Mundes und Herabziehung 
der unteren Kinnbacke eine tiefere lange fort— 
geſetzte Einathmung mit folgender langſamer 
Ausathmung erfolgt, ſo daß jedoch bei jener 
auch der Rachen von Luft ausgedehnt wird, 
und dieſelbe in die Euſtachiſchen Roͤhren tritt. 
Gemeiniglich iſt dieſe ſonderbare Bewegung auch 
mit Ausreckung des Rumpfs und der Glieder 
begleitet. 


H 3 $. 194. 


118 — 


9. 194. 
Das Reichen (anhelitus) iſt ein öfteres 
und kuͤrzeres Athmen, welches vom 3 
Laufe des Bluts entſteht. 


In Krankheiten auch von Onderniſen hinlaͤng⸗ 
lich tiefer Einathmung. 


$. 198. 

Der Schuck (fingultus) iſt eine ſchnelle 

durch eine auſſerordentliche Reizung bewirkte 

Zuſammenziehung des Zwerchfells, welche eine 
ſchnelle Einathmung nach ſich zieht. 

Car. Io. Sıcısm. TuiEL de ſingultu. Goetting. 

1761. 4. 

G. 196. 

Der Huſten (tufis) iſt eine ſchnelle von 
einer Reizung der Luftroͤhre oder ihrer Aeſte 
entſtehende, mit krampfhafter Zuſammenziehung 
der Stimmritze und der Luftroͤhre geſchehende 
Ausathmung, vor der eine tiefe Einathmung 
hergeht. 

GEO. Gorr oB RıcHTer refp. Io. BERNARD. 


MaRTINT de tuſſi. Goett. 1747. Recuſ. in 
opusc. Ed, ACKERMANN. I. p. 343. 


Io. 


Io. Mech. FRIE D. ALBRECHT praeſ. ALB. de 
HALLER experimenta in vivis animalibus in- 
177 circa tuſſis organa ee Goett. 


1751. 4 


N $. 197. 

Das LYiefen (/kernutatio) iſt eine ſchnelle 
und heftige von einer Reizung der innern Nas 
ſenhaut entſtehende, ohne Zuſammenziehung der 
Stimmritze und Luftroͤhre geſchehende Ausath— 
mung, vor der eine tiefe Einathmung hergeht. 

Marc. BEAT. Lund, IAc. PoRTA de e 
Baſ. 1755. 4. 


§. 198. 

Bei dem Lachen (rifus) folgen nach einer, 
gemeiniglich tieferen, Einathmung mehrere ftoß- 
weiſe und mit Zuſammenziehung der Stimm— 
ritze verbundene Ausathmungen auf einander. 
Unterſchied des Kächelns vom Lachen. 
Francısc, Lurichlus de rifu, Baſ. 1738. 4. 


§. 199. 

Bei dem Weinen (fletus), wenn es mit 
Veraͤnderung des Athmens verbunden iſt, ge— 
ſchieht daſſelbe; doch ſind die Ausathmungen 
durch krampfhafte Zuſammenziehungen mehr 

95 4 unter⸗ 


* 


120 


unterbrochen, und auch uͤbrigens unterſcheiden 
ſich Lachen und Weinen ſowohl durch die Em- 
pfindungen, von denen ſie bewirkt werden, als 
durch die ganz verſchiedene mit ihnen verbun⸗ 
denen Veraͤnderungen der Geſichtszuͤge. 

: Io, FrıD, SCHREIBER de fleen. L. B. 1728. 4. 


; §. 200. 
Bei jeder ſtarken Anſtrengung (nifus) 
der Arme und des ganzen Koͤrpers hemmen 
wir eine Zeitlang das Athmen, damit die Rips 
pen und das Becken durch die angeſpannten 
Bauchmuskeln hinlaͤnglich befeſtigt ſeyn. Weil 
wir aber laͤnger in der Einathmung, als in 
der Ausathmung, verharren koͤnnen (F. 190), 
fo hemmen wir dabei das Athmen in der erſte— 
ren, doch ſo, daß zugleich die Bauchmuskeln 
angeſpannt find, Eben das geſchieht insbefonz 
dere bei der willkuͤhrlichen Selbſthuͤlfe zum Ab— 
gange des Koths, des Harnes und zur Ge— 
burt. 
GuiL. HENR. Lp. BoRGEs de niſu. Erlang. 
1790. 8. 
| 6... 201. 
Das Athemholen iſt eine der willkuͤhrlichen 
Bewegungen, welche vom Naturtriebe bewirkt 
g wer⸗ 


8 I * gi 3 a) Nin . 5 Kr “an e N 4 


— 


werden. Die Urſache des Athemholens ſcheint 

eben dieſelbe zu ſeyn, welche bei anderen will- 
kuͤhrlichen Bewegungen Statt findet, mit dem 
oben ($. 115) angegebenen Unterſchiede. Wir 
werden nemlich zu dieſer willkuͤhrlichen Bewe— 


gung bewogen und gewiſſermaaßen gezwungen, 


weil bei fortgeſetzter Ausathmung das Blut in 


der Lungenſchlagader und im rechten Herzen ſich 


anhaͤuft, und dadurch eine unangenehme Ems 


pfindung entſteht (§. 189. 192), von der wir 
uns durch eine neue Einathmung befreien. 
Wie dieſe unangenehme Empfindung gehoben 
iſt, ſo wirken wir nicht mehr auf die Einath— 
mungsmuskeln und die Ausathmung erfolgt. 
Dies alles wird merklich, ſobald wir unſere 
Aufmerkſamkeit auf unſer eigenes Athmen rich— 
ten, und dabei das Athmen eine Weile hem— 
men, dann die Zahl und Beſchaffenheit der 
Athemzuͤge veraͤndern, obwohl es beim gewoͤhn— 
lichen Athmen nicht merklich iſt. Sonderbar 
iſt es indeſſen, daß das Athmen auch im voll— 
kommenſten Schlafe, und nach Apoplexien fort— 
waͤhrt. 

NıcoLaus Ax DRY an ab impulfu fanguinis in 
arteriam pulmonalem inſpiratio fpontanea, In 
HALL. coll, di, IV. p. 539. 

H 5 LEAN- 


N 


5 


LAND RUS PEAGET an musculorum intercoſta- 
lium et diaphragmatis actio partim voluntaria, 
partim fpontanen? In HaLL. coll. V. p. 531. 


I 


§. 28. 

Und jene auſſerordentliche Arten des Athem⸗ 
holens ($. 192 - 199) find allerdings faſt un⸗ 
willkuͤhrlich. 
§. 203. 

Gewiſſermaaßen iſt deswegen das Athem⸗ 
holen als eine Verrichtung anzuſehen, die zwi⸗ 
ſchen den willkuͤhrlichen und unwillkuͤhrlichen 
in der Mitte liegt. Insbeſondere ſcheint die 
Bewegung des Zwerchfelles mehr zu den letzte— 
ren zu gehoͤren, deſſen beide eigene iſolirte 
Nerven (nervi phrenici) dem Zergliederer eben 
ſo ſonderbar ſcheinen, als gewiſſe krankhafte von 
ihm abhangende Erſcheinungen dem Pathos 
logen. | 


§. 204. 


Das Athemholen hat auſſer dem eigent— 
lichen oben ($. 197) angegebenen noch verſchie— 
denen Nebennutzen. Die Bewegung des 
Zwerchfells befoͤrdert die Bewegungen in den 
Gefäßen der Leber und Milz. Die Einath— 

mung 


123 


nung beſdrdert den Geruch. Die Ausarhs 
mung bewirkt die Stimme, der wir im folgen- 
genden Kapitel eine er Betrachtung 
men, 0 


9. 205. 

Die beiden Bruſthaͤute (pleurae) dienen, 
die Lungen zu befeſtigen und die Feuchtigkeit 
(liquor pleurae) zu enthalten, welche die Lun— 
gen frei erhaͤlt. | 
/ ee e 
IIIERON. Faprıcıus ab Aquapendente de refpi- 

ratione et eius inſtrumentis. Ven. 1603. 4. 

1625. Fol. 


Io. SwAMMERDAM de refpiratione uſuque pul- 
monum. L. B. 1667. 8. 1679. 8. 1738. 4. 


. Io.Mavow de reſpiratione. Cum tract. de hehe 
tide. Oxon. 1668. 8. 


MaLAch. Tunusrox de reſpirationis uſu pri- 
mario. Lond. 1670. 8. 


Dax TEL BERNJOUIUII de refpiratione, Baſ. 1721. 
Recuſ. in HALL. coll. IV. p. 619. 


PET R. IAc. DAousTEnc de refpiratione, Lugd. 
1743. 4. Recuſ. in Hart. coll. IV. p. 647. 
ALBERT VERRYST de refpiratione, L. B. 1758. 4. 
Alg, de HALLER de refpiratione experimenta 
anatomica, Recuſ. in opp, min, I. p. 269. 


Diet 
+ 


5 


124 


Viertes Kapitel. 
Die Stimme. | 


©. bebrandte Lehrbuch der Angtomir: 
III. Sechſtes Buch. 36. Kap. 1. Abſchn. Vo 
dem AshlFopte 
S. 206. 


Die Stimme (vox) iſt ein Schall, wel⸗ 


cher entjieht, wenn die Luft durch die Stimme: 


ritze (glortis) des Kehlkopfes (larynx) fährt, 
fo daß fie an die Stimmritzenbaͤnder (ligamen- 
ta glottidis) anſtòßt. 

HIER. FABRICIUSs ab Aquapendente de larynge, 


vocis inſtrumento. Cum libellis de viſtone, voce 
et auditu. Ven. 1600. Fol. 


IuL. CAsserıus Placentinus de vocis auditusque - 
” 


organis, Ferron. 1600. Fol, 

Rupp. Abd. VoGeEL de larynge humano et vocis 
Formatione. Erf. 1747. 4. In opusc, Goett. 
1768. 4. 

Io. GEORG. RUNGE de voce eiusque organis, L. B. 
1753. 4. 

IAN. Marc. Busch de mechanismo organi vocis, 
huiusque Functione. Groening. 1770. 4. 


& 07. 


WIEN 8 
1 * 
RN 


& $. 207. 

Dazu wird alfo erfordert, daß die Stimm- 
ritze einigermaaßen verengert ſey. Dies bewir— 
ken die Muſculi aryraͤnoidei, die beiden 
M| febiefen, und der unpaare queere. Wenn 
ieſe Muskeln ruhen, ſo erfolgt bei dem Durch— 
ange der Luft durch die Stimmritze keine 
Stimme. Noch weniger kann Stimme er— 
folgen, wenn bei der Ruhe dieſer Muskeln die 
Nuſculi chyreo - arytaͤnoidei und crico⸗ 
ytaͤndidei wirken, Bi die Stimmritze 
erweitern. 


. 208. 

Die Stärke der Stimme haͤngt von der 
roͤße des Kehlkopfs und der Lungen, dann wo 
dieſe gleich iſt, von der groͤßeren oder kleine— 
ren Kraft ab, mit der die Ausathmung ge— 
chieht. Daher haben Maͤnner, erwachſene, 
arke, heftige Menſchen eine ſtaͤrkere; Wei— 
ber, Kinder, ſchwache, ſanftmuͤthige Menschen 
ine ſchwaͤchere Stimme. 


§. 209. 
Die verſchiedene Tiefe und Soͤhe der 
timme jedes Einzelnen haͤngt von dem Grade 
der 


der Hyo⸗thyreoidei zu entkraͤften) die, welche 


126 


der Verengerung der Stimmritze, mithin von 
dem Verhaͤltniß der Wirkung jener die Stimm⸗ 
ritze verengernden und erweiternden Muskeln 
ab. Je weniger dieſe verengert iſt, (je wen 
ger alſo die Muſculi arytaͤnoidei, und je mehr 

die thyreo = und crico ⸗arytaͤnoidei wirken,) deſto 

tiefer (gravior), je mehr hingegen diefe vers 
engert iſt, (je mehr alſo die Muſculi arytaͤnoi⸗ 
dei, und je weniger die thyreo- und crico- ary⸗ 
taͤnoidei wirken,) deſto hoͤher (acutior) iſt di 
Stimme. Der tiefſte Ton eines Kehlkopfs 
entſteht bei der kleinſten Verengerung ſeiner 
Stimmritze; ohne alle Verengerung erfolgt gar 
keine Stimme. Der hoͤchſte Ton eines Kehl— 
kopfes hingegen entſteht bei der kleinſten moͤg⸗ 
lichen Erweiterung ſeiner Stimmritze. Wenn 
ſie ganz geſchloſſen iſt, ſo erfolgt gar kein 
Stimme. Bei der tieferen Stimme wire 
zugleich, um die Wirkung der die Stimmritze 
erweiternden Muskeln zu vermehren, die Mus⸗ 
keln, welche den Kehlkopf herabziehen, nemlich 
die Sternothyreoidei, und (um die Wirkung! 


das Zungenbein herabziehen, nemlich die Sterno⸗ 
hyoidei und Omohyoidei. Bei der höheren) 


5 7 127 


und Cricoarytaͤnoidei zu entkraͤften) zugleich die 
Hyothyoroidei und um dieſen hinlaͤngliche Fe— 
ſtigkeit zu geben, auch die Aufheber des Zun— 
genbeins, die Digaſtriei, Mylohyoidei und Ger 
niohyoidei. 
Gerreins Meinung von Spannung und Erſchlaf— 
fung der Stimmritzenbaͤnder. 


§. 8 219. 
Die verſchiedene Tiefe und Hoͤhe mehrerer 0 
Stimmen haͤngt von der Weite des Kehlkopfes 
und der Dicke ſeiner Knorpel ab. Es ſind in 
dieſer Ruͤckſicht die Stimmen ſo ſehr verſchie— 
den, daß der tiefſte moͤgliche Ton einer Stimme 
höher ſeyn kann, als der hoͤchſte Ton einer an— 
dern. Maͤnner haben eine im Ganzen tiefere 
Stimme, als Weiber und Kinder ꝛc. 


§. 218; 


Jeder Menſch hat nach dieſer Verſchieden— 
heit zwo Extreme der Tiefe und Hoͤhe ſeiner 
Stimme. Zwiſchen dieſen Extremen aber kann 
er die Stimme durch willführliche *) Bewegun— 
gen jener Muskeln (d. 209) höher und tiefer 
machen. Merkwuͤrdig iſt es, daß wir beſtimmt 
einen gewiſſen Ton hervorbringen koͤnnen, den 

wir 


128 „„ 


wir hören oder auch nur vorhin gehört haben 


(H. 113). 


*) Galens Experiment der Durchſchneidung des 


zuruͤcklaufenden Kehlkopfsnerven. 


F. 212 

Der Geſang (cantus) beſteht in einer 
ſolchen nach beſtimmtem Zeitmaaß geſchehende 
Abwechſelung verſchiedener Toͤne der Stimme, 
welche dem Ohre wohlgefaͤllt. Die Geſchick— 
lichkeit eines Menſchen zum Geſange und ſeine 
Fertigkeit darin haͤngt theils von der guten Be⸗ 
ſchaffenheit der Stimmwerkzeuge, theils aber 
vom guten Gehoͤre, von ſtarker Einbildungs— 
kraft und von Bab ab. 


213. 
Hieher gehoͤrt auch gewiſſermaaßen bie 
Sprache (loquela), welche überhaupt in Anz 
deutung unſerer Ideen befteht, in fo fern die 
Zeichen, mit denen wir dieſelbe bei der eigent— 
lich ſogenannten Sprache andeuten, verſchie— 
dene Töne unſerer Stimme find, die durch Be— 
wegungen der Theile des Mundes, verſchie— 
dentlich modificirt werden. 
Unterſcheidung und Beſtimmung dieſer verſchie— 


denen Toͤne, und ihrer Zeichen, der Buch— 
ſtaben 


RER 


129 


ftaben (literae), der Selbſtlauter (lizerae 
vocales), welche entweder fuͤr ſich allein, oder 
mit Mitlautern (Iiterae conſonantes) ausge- 
ſprochen werden; der aus dieſen beſtehenden 
Worte (verba), und deren Theilen, den Syl— 
ben (Hllabae). 


Ammanns Eintheilung der Buchſtaben. 
Io. CoxR. AMMAnN de loquela, Amſt. 1700. 8. 


Fuͤnftes Kapitel. 
Die Sinne uͤberhaupt. 


d. 214 
Die ſchon oben (Erſte Abth. 9. Kap.) im 
allgemeinen betrachtete Empfindung, welche 
wir iezt naͤher betrachten wollen, wird auch der 
Sinn (ſenſus), und ihre verſchiedenen Arten 
werden die Sinne genannt. ö 


9.215. 

Die Enden der Nerven ſind in verſchiede— 
nen Organen des Koͤrpers auf verſchiedene 
Weiſe verbreitet. Dieſe Organe heiſſen, in 
Ruͤckſicht der Empfindung, welche durch ſie be— 
wirkt wird, Sinnesorgane, auch aͤuſſere 
Sinnesorgane (organa ſenſoria externa); 
zum Unterſchiede von dem inneren Sinnes- 

2 organe 


130 — 


organe (organon ſenſorium internum), naͤm⸗ 


lich dem Gehirne, das auch Renſorium com- 
mune (F. 71.) heißt. i 
§. 216. | 

Die Empfindungen, in fofern fie in den 
aͤuſſern Sinnesorganen bewirkt werden, heif- 
fen die aͤuſſeren Sinne (ſenſus externi). Oft 
werden unter dieſem Namen auch die Organe 
ſelbſt, öfter ihre Loͤhigkeiten zur Empfindung 
verſtanden. 


§. 277. 
Da die Aufferen Sinnesorgane ſehr ver— 


ſchieden ſind, ſo giebt es auch verſchiedene Arten 


der aͤuſſeren Sinne ($. 216.). Wir unterſchei⸗ 
den gemeiniglich fuͤnfe: das Gefuͤhl, den Ge⸗ 


ſchmack, den Geruch, das Gehoͤr und das 


Geſicht. | 
. 18. 

Das Gefuͤhl iſt der allgemeine Sinn des 
ganzen Koͤrpers, den faſt alle Organe deſſelben 
mehr oder weniger haben. Die Organe der vier 
uͤbrigen Sinne haben auſſer dem allgemeinen 
Gefuͤhle jedes, ſo zu ſagen, ihre beſondere Art 
von Gefuͤhl, naͤmlich eine eigenthuͤmliche 

Art 


77 Wr 


131 
Art der Empfindlichkeit (ſenfelitas Jbecifi- 
ca), vermöge deren jedes ausſchließlich gewiſſe 
Gegenſtaͤnde zu empfinden fähig iſt, welche den 
uͤbrigen Sinnesorganen, auch den Organen des 
allgemeinen Gefuͤhls, nicht empfindbar find. 

Von anderen Sinnen, auſſer jenen fünfen 

G. 217). 

§. 219. 

Bei der Wirkung der Sinne find zu un⸗ 
terſcheiden: 1) die Veränderung, welche der 
empfindbare Gegenſtand (obiectum ſenſibi- 
le) in dem aͤuſſern Sinnesorgane bewirkt (Ven- 
ſus externus ſtricte fie dietus), 2) die Mit⸗ 
theilung dieſer Veraͤnderung durch die Nerven 
des Sinnesorganes (transportatio ſenſus ad ſen- 
forium commune), 3) die dadurch bewirkte Vers 
Anderung im gemeinen Senſorium (enfatio 
ſtricte fic dicta, ſ. ſenſus internus), 4) die 
dadurch bewirkte Veraͤnderung in der Seele 
(perceptio), 

Es ſcheint in einigen Faͤllen Senſationen zu 
geben, ohne Perception. 


§. 220. | 
Unter dem Namen der inneren Sinne 
(Senfus interni) verſtehen wir die Empfindun⸗ 
2 gen, 


Y 


132 


gen, in fo ferne fie in dem Gehirne felbft ber 
wirkt werden. 


F. 221. 


Durch die innern Sinne entſtehen die 
Ideen (ideae). Dieſe muͤſſen von den emp⸗ 
findbaren Gegenſtaͤnden (oliecta idea. 
rum) von denen fie bewirkt worden, wohl un⸗ 
terſchieden werden. 


8 


Die Ideen entſtehen alle zunaͤchſt durch 
die inneren Sinne ($.220.), und hängen wahr- 
ſcheinlich von gewiſſen mannigfaltig verſchiede⸗ 
nen Veraͤnderungen im Gehirne ab. Jede 
Idee entſteht zum erſtenmaͤle von einer Ver⸗ 
aͤnderung, die fo eben durch empfindbare Ges 
genſtaͤnde in irgend einem aͤuſſern Sinne bes 
wirkt und dann dem Gehirne mitgetheilt wird. 
Es kann aber eben dieſe Idee nachher vieler 
mal wieder entſtehen, bloß durch einen in⸗ 
nern Sinn, ohne Zuthun der aͤuſſeren; ob— 
wohl vor Zeiten die innern Sinne dieſelben durch 
die aͤuſſern empfangen haben. 


K 3 


133 
§. 223. 

Oft iſt die Wiederentſtehung einer Idee 
bloß durch Wirkung der innern Sinne, Folge 
der Entſtehung oder Wiederentſtehung einer 
andern Idee (ad ſociatio idearum). 


§. 224. 

Die meiſten empfindbaren Gegenſtaͤnde bes 
wirken durch mehrere aͤuſſere Sinne Ideen. 
Aus der Verbindung aller der Ideen, welche 
von einem empfindbaren Gegenſtande in den ins 
nern Sinnen bewirkt werden, wird in der See— 
le ein Begriff (notio) von dem Gegenſtande 
zuſammengeſetzt. 


5 225 

Wenn ein Gegenſtand, von dem die See: 
le ſchon vormals einen Begriff erlangt hat, 
nur auf Einen aͤuſſern Sinn wirkt und durch 
dieſen eine Idee entſteht; ſo koͤnnen dadurch in 
den innern Sinnen alle die anderen Ideen wies 
der entſtehen, welche dieſer oder ein aͤhnlicher 
Gegenſtand durch andere aͤuſſere Sinne bewirkt 
hatte, und auf dieſe Weiſe kann der ganze Begriff 
eines Gegenſtandes bloß durch Wirkung Eines 
aͤuſſern Sinnes wieder erneuert werden. 


34 $. 226. 


9 226. 

Nicht ſelten dauert eine Empfindung noch 
eine Zeitlang fort, wenn gleich der Gegenſtand, 
welcher ſie bewirkte, nicht mehr ele (impref- 

-  fio remanens). . 


Anwendung dieſes Erfahrungsſatzes auf gewiſſe 
krankhafte Erſcheinungen. 5 


„ 227. 
Die Empfindungen ſind entweder ange⸗ 
nehm (enſationes gratae) oder unange⸗ 
nehm (ingratae). Jene nennt man im all⸗ 
gemeinen Wohlluſt, Meblbehagen (wir 
luptas). 


| d 228. 

Im allgemeinen ſind in dieſer Ruͤckſicht 
die Menſchen einander gleich, d. h. gewiſſe Din⸗ 
ge wirken auf die meiſten Menſchen ſo, daß ſie 
ihnen allen eine angenehme, gewiſſe hingegen 
auf die meiſten ſo, daß ſie ihnen allen eine un⸗ 
angenehme Empfindung hervorbringen. 

Ueber das angenehme und unangenehme einfa— 
cher und vielfacher, gleichmaͤßiger und uns 
gleichmaͤßiger, ſanfter und heftiger, fort⸗ 
daurender und abwechſelnder Wirkung auf 
die Sinnesorgane. 


$. 229. 


7 


§. 229. 

Einige Menſchen aber zeichnen hier durch 
Idioſynkraſtieen, d. h. durch beſondere von 
der gewoͤhnlichen Empfindlichkeit anderer Men⸗ 
ſchen ſich unterſcheidende Empfindlichkeit bei der 
Empfindung gewiſſer Dinge ſich aus. Meiſt ſind 
ſolche Idioſynkraſieen Folge offenbarer Krank— 
heiten; bisweilen nimmt man ſie jedoch wahr, 
wo uͤbrigens keine krankhaften Symptome ſich 
zeigen. 

§. 230. | 

Auch finden uͤberdem mancherlei kleine 
Verſchiedenheiteu in der Empfindung des ange⸗ 
nehmen und unangenehmen bei verſchiedenen 
Menſchen nach ihren beſonderen Temperamen⸗ 
ten ꝛc. Statt. 

f 62280, b. 

Vieles haͤngt dabei von der Gewohn⸗ 
heit ab. Daher kann auch der Koͤrper durch 
oͤfteres Leiden einer unangenehmen Empfindung 
nach und nach abgehaͤrtet werden, ſo daß er 
das unangemehme des Gegenſtandes weniger 
oder gar nicht empfindet, auch von ſolcher Emps 
findung in ihm keine ſolche Zuruͤckwirkung, 
als in nicht daran Gewoͤhnten, erregt wird. 

J 4 §. 231. 


— 


1 


agr. 

Die Sinne dienen im ele men zur 
Gluͤckſeligkeit der empfindenden Geſchoͤpfe; durch 
angenehme Empfindung begluͤcken ſie unmittel⸗ 
bar, durch unangenehme warnen fie vor Scha⸗ 
den. 


Sechſtes Kapitel. 
Das Gefühl, f 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
II. Viertes Buch. Von der Haut. 


8. 22 
Das Gefuͤhl (tactus) im weiteſten Sinne 
des Namens, iſt der gemeine Sinn aller Theile 


des Körpers. Es bedeutet nemlich dieſer Mas 


me uͤberhaupt jede Empfindung, welche ent⸗ 
ſteht, wenn irgend ein empfindlicher Theil un⸗ 


ſeres Körpers von einem andern Körper, (ſey 
er auch ein Theil unſeres Koͤrpers oder ein ganz 
fremder Koͤrper,) beruͤhrt wird. 


K 233. 

Je mehr Nerven ein Theil unſeres Koͤr— 
pers hat, deſto ſtaͤrker iſt fein Gefühl, je wer 
niger hingegen, deſto ſchwaͤcher. Theile, die 

gar 


U 


— 


137 
gar keine Nerven haben, das Oberhaͤutchen, 
die Haare, die Naͤgel, das bloße Aber 5 
find ganz fuͤhllos. 
Von der Fuͤhlloſigkeit der Anochen, Knorpel, 
Flechſen, Sehnen ꝛc. 
PETR. CASTELL experimenta, quibus conſtitit va- 


rias b. c. partes fentiendi facultate carere, Goet- 
ting. 1753. 4. 


| H. 234. 
Vorzuͤglich ſtaͤrker und vollkommener iſt 
das Gefuͤhl in dem mit vielen Nerven (nervi 
cutanei) begabten Felle (cutis) und den innern 
Fortſetzungen deſſelben. 
MARCELL. Marion de organo tactus. Neap. 
1665. 12. 


Io. Fax TONI de corporis integumentis, In dif. 
VII. prior, renovat. Taur. 1745. n. I. 


Fr. de Rıer de organo tactus. L. B. 1743. 4. 
Recuſ. in HALL. coll. di, IV. p. 1. 


N 8. 235. 
. Das vollkommenſte, (ſo zu ſagen das fein— 
fte,) gemeine Gefühl haben wir in den an ihrer 
Ruͤckſeite mit den Naͤgeln (vngues) beſetzten 
Singerſpitzen, als an welchen die Sellnerven 
auch dicker find und ſich in Waͤrzchen (pa- 

5 pillae) 


138 
pillae) endigen. Wir verſtehen diefes Gefühl, 
wenn wir den Namen im engſten Sinne nehs 
men, und befuͤhlen Gegenſtaͤnde mit den Fin⸗ 
gerſpitzen, um ihre fuͤhlbaren Eggenſchaften recht 
e kennen zu lernen. 5 


3 
Wie die Gegenſtaͤnde des Gefuͤhls auf 


unſere Nerven wirken, iſt theils ganz offenbar. 


Die Nerven werden gedruͤckt, in einer Fleines 
ren oder groͤſſeren Flaͤche, geſtochen, gerie⸗ 
ben, gedehnt, zufammengesogen ıc. 
Genauere Betrachtung dieſer Wirkungsarten. 
9. 237. ! 
Wir erlangen durch das Gefühl die man⸗ 
nigfaltigſten Ideen, von Waͤrme und Kaͤlte, 


von Groͤſſe, von Geſtalt, (fo auch von Rau⸗ 


higkeit und Glaͤtte,) von Haͤrte und Weich⸗ 
heit, von Feſtigkeit und Fluͤſſigkeit, von 
Trockenheit und Feuchtheit, von Schwe⸗ 
re, von Lage, von Entfernung ic. 


8 FSi. 238. 
Die Empfindungen, welche uns dieſer 


Sn verſchafft, find theils angenehm, theils 
unan⸗ 


* 


= 


unangenehm. Von der letztern Art ift der 
Schmerz (dolor). 


9. 239. 

Der Nugtzgen dieſes Sinnes beſteht 1) dar: 
in, uns mancherlei Ideen zu verſchaffen. Er 
iſt der Sinn, welcher am wenigſten truͤgt, und 
oft. andere Sinne berichtigen oder gar erſetzen 
muß. 2) Angenehme Gefühle tragen unmit⸗ 
telbar zu unſerer Gluͤckſeligkeit bei. 3) Unan⸗ 
genehme dienen großentheils zur wohlthaͤtigen 
Warnung. Doch iſt nicht zu leugnen, daß dies 
ſer Sinn oft und faſt mehr als irgend ein an— 
derer zu großer Quaal gereicht. - 


Siebentes Kapitel. 
Der Geſchmack. 


S. Hildebrandts Cehrbuch der Anatomie. 
III. Fuͤnftes Buch. 33. Kap. 6. Abſchn. Von 
der Zunge. 


$. 240. 

Unter den uͤbrigen Sinnen kommt der Ge⸗ 
ſchmack (guſtus) dem gemeinen Gefuͤhle am 
naͤchſten (J. 218.). Das Sinnesorgan dieſes 
Sinnes iſt die Zunge (lingua), und eigentlich 

der 


* 
— 


140 


der obere Theil ihres Felles, deſſen zum Ge⸗ 
ſchmack dienende Nerven waͤrzchen ( papillae 
guſtatoriae) Enden vorzüglich des Zungen- 
aſtes ( ramus lingualis) aus dem dritten Aſte 
(ramus maxillaris inferior) des fünften Ge- 
hirnnerven (nervus trigeminus), nur am hin⸗ 
terſten Theile theils des Zungenſchlundnerve 
(nervus gloſſopharyngeus) find. 0 
Vom unvollkommenen Geſchmacke am Gaumen 
und in der Kehle. 
MARCELL. MALPIGHI et CAR. FRACASSATI epp. 
de lingun. In tetrade opp. Bonon. 1665. 12. 
LAURENT. BELLINI guſtus organum noviſſime de- 
prehenſum. Bonon. 1665. 16. | 
Io. van REvERHORST de fabrica et vfu linguae, 
L. B. 1739. 4. Recuf. in HALL. coll. I. p. 95. 
Iac, Anpr. RIx DER de linguae involucris, Arg. 


1778. 4. 
Io, Frıep. MECcKEL de quinto pare nervorum 


cerebri. Goett. 1758. 4. 
Io. FRANC. WIL H. BOEHMER de nono pare ner- 


vorum cerebri. Goett. 1777. 4. 


§. 247% 
Dieſe Nervenwaͤrzchen haben die ſpeciſi⸗ 
ſche Empfindlichkeit, eine gewiſſe Eigenſchaft der 
Körper zu empfinden, welche auch der Ges 


ſchmack derſelben por) heißt. 
F. 242. 


RUNDE 

Es giebt mannigfaltig verſchiedene Arten 
des Geſchmacks, (Jahores), von denen wir nur 
im allgemeinen den ſcharfen (acris), ſalzigen 
(falfus), ſauren (acidus), laugenhaften 
(alcalinus, vrinoſus), bittern (amarus) , her⸗ 
ben (acerbus, aufterus), Weinigten (vinofus), 
gewuͤrzhaften (aromaticus) faulen (putris), 
ſuͤſſen (dulcis) und faden (fatuus ), bemer- 
ken wollen. Man nennt Koͤrper, welche Ge— 
ſchmack (Yapor) haben, ſchmackhaft oder 
ſchmeckbar (corpora ſapida): hingegen die, 
denen dieſe Eigenſchaft fehlt 5 . 

(inſipida). 
Der Anfaͤnger muß ſich den Unterſchied der bei— 
den Begriffe: Geſchmack, guſtus, (Empfin⸗ 


dung) und Geſchmack, Japor, (Gegenſtand) 
wohl bemerken. 


. 23. 


Die eigentlichen ſchmeckbaren Körper ſind 
die Salze. Doch ſind nicht nur die bloßen 
Salze, ſondern auch mancherlei Koͤrper, wel— 
che Salze enthalten, vermoͤge dieſer Salze 
ſchmeckbar, und Nichtſalze aͤndern, wenn Salze 
ihnen eingemiſcht find, den Geſchmack der Salze 

nach 


a | 
nach ihrer eigenen Beſchaffenheit mehr oder 
weniger ab. Körper, welche gar kein Salz 
enthalten, ſind geſchmacklos. 


§. 244. 

Wenn nun ſchmeckbare Körper, ſchon für 
fi fluͤſſig oder durch den Speichel fluͤſſig ges 
macht, die Nervenwaͤrzchen der Zunge beruͤh⸗ 
ren, ſo entſteht die der Zunge eigene Empſin⸗ 
dung, welche wir Geſchmack (guftus) nennen. 
Wie dieſes geſchehe, das wiſſen wir nicht. 
Doch liegt hoͤchſt wahrſcheinlich der zureichende 
Grund des Geſchmacks (ſapor) in der Miſchung 
und Modification der Stoffe des ſchmeckbaren 
Korpers, nicht in der Geſtalt der Kryſtalle. 
Ueber den Schmerz, den allzuſcharfe e auf 

der Zunge machen. 


§. 245. 

Die Wirkung der ſchmeckbaren Koͤrper auf 
die ſehr empfindlichen Zungennervenwaͤrzchen zu 
maͤßigen, dient der Schleim, welcher von 
ihren Schleimbaͤlgen abgeſondert ſich auf ihrer 
Oberflaͤche verbreitet, doch im geſunden Zu— 
ſtande fluͤſſig genug iſt, um 0 auf ee 
ſich feſtzuſetzen. 

$. 246. 


* e248 

Die verſchiedenen Arten des Geſchmacks 
find uns entweder angenehm, da ſie dann 
Wohlſchmack heiſſen; oder unangenehm, 
und das letztere entweder nur im geringeren 
Grade, oder im höheren, widrig und ekel— 
haft. Im allgemeinen find darin die Men- 
ſchen wegen gleicher Beſchaffenheit des Ges 
ſchmacksorganes einander gleich (§. 228); doch 
trifft man auch mancherlei Verſchiedenheiten an, 
die dann theils von Gewohnheit (F. 230. b.), 
theils aber auch von Idioſynkraſieen ($. 229) 
abhaͤngen, und oft ſogar von Nebenideen und 

Wirkungen der Einbildungskraft. 


H. 247. 

Der Nuten des Geſchmacks (guſtus) ber 
ſteht auffer dem, daß die angenehmen Empfin⸗ 
dungen deſſelben zu unſerer Gluͤckſeligkeit bei— 
tragen, wohl vorzuͤglich darin, daß er unſere 
Speiſen und Getraͤnke prüfe, ob fie uns dien- 
lich ſeyen, oder nicht; indem unſer Geſchmacks—⸗ 
organ ſo eingerichtet iſt, daß im allgemeinen die 
uns dienlichen uns angenehm, die uns ſchaͤdli— 
chen uns unangenehm ſchmecken. 

In wie fern dieſer Satz einzuſchraͤnken ſey. 
§. 248. 


„ 


144 . 


§. 248. 

Der Menſch ſcheint im Ganzen einen fei⸗ 
nern Geſchmack als andere Thiere zu haben, wo⸗ 
von der Grund vielleicht theils in der geöffern 
Vollkommenheit ſeines Geſchmacksorgans, theils 
in der groͤſſern Feinheit des nme der 
Zunge liegt. 


> y 2 
N l * 
8 


PETR. LUCHTMANNS de ſuporibus et guſtu. L. B. 
1758. 4. a 


Achtes Kapitel. 
Der Geruch. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Fuͤnftes Buch. 32. Kap. Von der Naſe. 


§. 249. 

Einige Aehnlichkeit mit dem Geſchmacke 
hat der Geruch (olfactus). Das Sinnes⸗ 
organ dieſes Sinnes iſt die Naſe (naſus), 
und eigentlich die ſchwammigte, mit vielen Blut⸗ 
gefaͤßchen, zum Geruche aber mit den Geruchs⸗ 
nerven (nervi olfactorii) vom erſten Paare 
und vom fünften Paare begabte Schleim- 
haut (membrana pituitaria) derſelben. 


Ob 


5 145 


Ob nur die Nerven des erſten Paares Geruchs— 
nerven ſeyen, oder auch Faͤden vom fuͤnften 
dazu beitragen? 

Cox RAD. VICTOR. SCHNEIDER de ofe cribrifor- 
mi et ſenſu ac organo odorazus. Viteb. 1655. 12. 

Elusb. de catarrhis libri IV. Viteb. 166064. 4. 

ALB. de HALLER zabulae narium cum explicat. 
in icon. anat. faſcic. IV. 

_ SaMmUEL AURIVILLIUS de naribus internis. Upfal. 
Ar 1760, 4. 

Io. DAN. METZGER nervorum primi 29755 hiſto- 

rin. Arg. 1766. 8. Recuſ. in opuscc, anatom, 
et phyfol, Goth. et Amſt. 1790. 8. f 


ANTON. ScARPA de organo olfactus deque nervis 
nuſalibus interioribus e pari quinto nervorum 
cerebri. Ticin. 1785. 8. 


§. 250. 

Die in der Schleimhaut der Naſe verbrei— 
teten Nervenenden haben die ſpecifiſche Emp— 
findlichkeit, eine gewiſſe Eigenſchaft der Koͤrper 
zu empfinden, welche a der Geruch (odor) 
derſelben heißt. 


8. 2 


Es giebt mannigfaltig verſchiedene Arten 
des Geruches (odores), von denen wir hier nur 
K im 


146 ne 


im allgemeinen den ſcharfen Cacris), ſauren 
(acidus), laugenhaften oder harnhaften 
(alcalinus , vrinofus), ſuͤßen (dulcis), wei⸗ 
nigten (vinoſus), gewuͤrzhaften (aromati⸗ 
cus), balſamiſchen, harzigen (reſenoſus), 
ſchwefligten (Julpburofus) , lauchartigen 
(alliaceus), faulen (putridus), ſchimmligen 
oder mulſtrigen (mucidus) unterſcheiden wol⸗ 
len. Im allgemeinen heiſſen Körper, welche 
Geruch (odor) haben, riechbare Koͤrper (cor 

Dora odora), hingegen die, welchen dieſe Eigen⸗ 
ſchaft fehlt, geruchloſe (inodora). 

Der Anfänger muß ſich den Unterſchied der bei- 
den Begriffe: Geruch, olfactus, (Empfin⸗ 
dung,) und Geruch, odor, (Gegenſtand,) wohl 
bemerken. 5 


BR 
Die eigentlichen riechbaren Körper find ges 
wiffe*) fluͤchtige Stoffe (materiae volatiles), 
und zwar nur dann, wenn fie im Dunſt- oder 
Gaszuſtande ſind. Man pflegt auch wohl die 
feſten oder tropfbar fluͤſſigen Koͤrper, aus de⸗ 
nen ſich riechbare Duͤnſte und Gasarten ent⸗ 
binden, riechbare Koͤrper zu nennen, obwohl ſie 

als ſolche nicht riechbar ſind. e 
) Denn 


5 — 


*) Denn nicht alle Duͤnſte und Gasarten find 
riechbar, ſondern nur ſolche, welche Waſſer— 
ſtoff, Kohlenſtoff, Phosphor, Schwefel, Sal— 
peterſtoff und vielleicht andere aͤhnliche Stoffe 
enthalten. Es giebt Duͤnſte und Gasarten, 
die geruchlos ſind. Doch koͤnnen geruchloſe 
Stoffe in Verbindung mit riechbaren riech— 
bare Gasarten geben, die aus jenen und dieſen 

Stoffen zuſammengeſetzt find. 


8.8855 6 i 
Wenn nun riechbare Körper (namlich im 

Dunſt⸗ oder Gaszuſtande), entweder nur vers 
moͤge ihrer Verbreitung oder vermoͤge des Luft— 
zuges die Schleimhaut der Naſe berühren , fo 
entſteht die derſelben eigene Empfindung, wel— 
che wir Geruch (odor) nennen. Wie dieſes ge— 
ſchehe, das wiſſen wir eben ſo wenig, als bei 
dem Geſchmacke. 

Ueber die Aehnlichkeit und Verſchiedenheit des 
Geruchs und Geſchmacks. Warum einige ſtark 
ſchmeckende Koͤrper wenig Geruch und einige 
ſtark riechende wenig Geſchmack haben? 


9. 2854. 


Die Wirkung der riechbaren Koͤrper auf 
die ſehr empfindlichen Naſennervenenden zu 
K 2 maͤßi⸗ 


— 


Re ER 


148 \ 
zu mäßigen, dient der Schleim ( pituita narium), 
welcher von den Schleimbaͤlgen der Naſenhaut 
abgeſondert ſich auf ihrer Oberfläche verbreitet. 


§. 255. 

Hingegen dient die waͤßrige Feuchtigkeit, 
welche in den Nebenhoͤhlen der Naſe (finus 
narium) abgeſondert wird, die Schleimhaut, 
auf welche fie aus den kleinen Muͤndungen die⸗ 
fer Höhlen, aus jeder in gewiſſer Lage des Kopfes, 
hintrieft, beſtaͤndig feucht zu erhalten, wie es 
ihr noͤthig iſt, um zum Geruche faͤhig zu ſeyn. 

10. FRIED. BLUMENBACH de ſinibus frontalibus, 

Goett, 1779. 4. 

§. 256. 

Die verſchiedene Arten des Geruchs ſind 
uns entweder angenehm, da ſie dann Wohl⸗ 
geruch heiſſen, oder unangenehm, da man 
fie Geſtank (Foetor) nennt. Im allgemeinen 
ſind darin die Menſchen, wegen gleicher Be— 
ſchaffenheit des Geruchsorgans, einander gleich 
(F. 228.). Doch trift man oft auch hier 
Idioſynkraſieen an. Gewohnheit kann gegen 
unangenehme Geruͤche unempfindlich machen. 


55257: 


149 
. 287. 

Der Nuten des Geruches beſteht auſſer 
dem, daß die angenehmen Empfindungen deſſel⸗ 
ben zu unſrer Gluͤckſeligkeit beitragen, wohl vor 
zuͤglich darin, die Luft, und dann auch die Spei— 
fen und Getraͤnke zu prüfen, ob fie uns zutraͤg⸗ 
lich ſeyn oder nicht. Denn ſtinkende Duͤnſte 
machen die Luft ungeſund; ſtinkende Speiſen 
und Getraͤnke ſind uns ſchaͤdlich. Doch giebt 
es freilich auch Gifte, die in geringer Waͤr— 
me geruchlos und doch ſehr ſchaͤdlich ſind; 
und ſelbſt wohlriechende Duͤnſte verderben in 
Menge die duft; fo wie hingegen nicht alle wohl— 
riechende Dinge als Nahrungsmittel dienlich 
ſind. Insbeſondere ſcheint der weiſe Zweck 
des Schoͤpfers bei dieſem Sinne geweſen zu 
ſeyn, uns vor der uns ſchaͤdlichen Einathmung 
fauligter Duͤnſte und dem Genuſſe fauligter 
Nahrungsmittel zu warnen. Daher dient die 
Naſe ſehr zweckmaͤßig zum Eingange der einzuath⸗ 
menden Luft, auch iſt ſehr zweckmaͤßig ihre Lage 
uͤber dem Munde. 


§. 258. 
Die Wirkung dieſes Sinnes auf das Senſo— 
rium und das ganze Nerverſyſtem iſt, (nach Vers 
K 3 haͤlt⸗ 


N 8 1 1 3.928 


1 “oo 


— 


haͤltniß deſſen, daß feine Ideen nur dunkel find,) 
ſowohl bei angenehmen als unangenehmen Ger 
ruͤchen, vorzuͤglich groß. Die Sympathie an⸗ 
derer Theile mit dem Organe dieſes Sinnes 
ſcheint groͤßtentheils von dem fünften Paare, 
von dem Naſenaſte des erſten Aſtes, und noch 
mehr von den Men des zweiten Aſtes 
abzuhaͤngen. 


§. 259. 


Der Menſch hat im Ganzen einen weit 
ſchwaͤcheren Geruch, als andere Thiere, wovon 
der Grund wohl theils in der kleineren Ober— 
fläche der innern Naſe, theils aber in den Ner—⸗ 
ven ſelbſt liegt. Von der letztern Verſchieden⸗ 
heit bei einigen Nationen, zugleich von der er— 
ſtern, haͤngt es auch ab, daß wilde Menſchen 
einen ſtaͤrkern Geruch haben, als wir cultivirte. 
Neugeborne Kinder haben nur ſchwachen Ge— 
ruch, wegen ihres nach Verhaͤltniß viel Eleine- 
ren Geruchsorgans ꝛc. 


Neun 


/ 151 
Neuntes Kapitel. 
Das Gehoͤr. 


S. Hildebrandts Tenıbüc der Anakee 
III. Fuͤnftes Buch. 31. Kap. Von den Ohren. 
IV. Neuntes Buch. 52. Kap. $. 3067. fgg. 


Nervus acuſticus. 


§. 260. 

Das Sinnes organ des Gehoͤres (audi 
tus) iſt das Ohr (auris), welches wir ſeines 
wichtigen Nutzens wegen doppelt haben. Der 
Empfindungsnerve dieſes Sinnes iſt der (wei— 
che) Gehoͤrnerve (nervus acuſticus, mollis). 

BARTHOL. EusTAchtus de auditus organo, In 

opusc, anat, Ven. 1564. 4. 

„Iur. CAsserıı Placentini de vocis auditusque or- 
ganis. Ferrar. 1600. Fol. 
Ant. Marıa VALSALVA de aure bumana, Bo- 

non. 1704. 4. . 

Io. FaIE D. Cassxhon de aure Bums. 1 II. 

III. IV. Hal. 1734. 4. 

Axrox. SCARPA de auditu er oHactu. Ticin. 

1789. Fol. 

§. 261. 

Das in dem Labyrinthe des inneren Ohres 

verbreitete Nervenmark dieſes Nerven hat dit 
K 4 ſpeci⸗ 


fpecififche Empfindlichkeit, den Schall (/- ; 
nus) zu empfinden, welcher für alle übrige 
Sinnesorgane gar nicht empfindbar iſt. 


Einſchaltung des hier Noͤthigen von der Kenntniß 
des Schalles aus der Phyſik. 


§. 262. 

Dieſe zitternde Bewegung elaſtiſcher Koͤr— 
per in ihren kleinſten Theilchen wirkt auf das 
Nervenmark unferes Gehoͤrnervens, wenn wir 
ſie hoͤren. Sie theilt ſich unſeren Ohren meiſt 
durch die Luft mit, obwohl ſie auch durch 
andere Körper, ſogar durch Waſſer, fi 5 mit⸗ 
theilen kann. . 


$. 263. 

Bei dieſer gewoͤhnlichen Mittheilung durch 
die Luft trift dieſe zitternde Bewegung theils 
ſogleich die Muͤndung des Gehoͤrganges 
(meatus acuſticus), theils zuerſt das aͤuſſere 
Ohr (auris externa). Die mittlere muſchel⸗ 
foͤrmige Vertiefung des letztern (concha) faͤngt 
die ſchallenden Lufttheilchen, welche ſie treffen, 
auf und wirft auch ſie in den Gehoͤrgang, der 
ohne das aͤuſſere Ohr nur die ſchallenden Iheils 
chen erhalten wuͤrde, welche unmittelbar auf 

ſeine 


feine Mündung fallen. Die Muskeln des aͤuſ⸗ 
ſern Ohres vermehren, wenn ſie wirken, die 
Spannung deſſelben, damit es den Schall deſto 
ſtaͤrker zuruͤckwerfe. 


§ 264. 

Die unter dem Namen OGhrenſchmalz 
(cerumen aurium) bekannte gelbe bittere fet- 
tige Maſſe, welche in gewiſſen Druͤschen des 
| Gehoͤrganges abgeſondert wird, dient vielleicht 
zum Abhalten kleiner Thierchen und zur a 
gung des Schalles. 


9. 265. 


Die in den Gehoͤrgang fallenden Schal 
theilchen treffen dann theils auf das geſpannte 
Paukenfell (membrana tympani) und ſetzen 


dieſes in Erſchuͤtterung, die dann durch die 


Pauke (tympanum) in das innerſte Ohr fort— 
getragen wird. 


Aucustin. FRID. WALTHER de membrana zym- 
pani. Lipf. 1725. 4. Recuſ. in HALL. coll. 


IV. p. 337. 
§. 266. 
Die Höhle der Pauke enthält atmofphäri- 


ſche Luft, als welche durch die Euſtachiſche 
K 5 Röhre 


153 


ae Lee 


154 


Röhre (tuba Evsracnır) beftändig Zutritt 
zu ihr hat. Auf dieſe Weiſe iſt das Paufen- 
fell auf beiden Flaͤchen mit atmoſphaͤriſcher Luft 
umgeben und faͤhig, wie das Fell einer eigent- 
lich ſogenannten Pauke, zu zittern. Ohne die 

innere Luft würde es, bei feiner freien, zu ſei⸗ 
ner Beſtimmung noͤthigen Lage, den Druck der 
aͤuſſern nicht aushalten koͤnnen. 


§. 267. 

Die in der Paukenhoͤhle liegenden Ges 
hoͤrknoͤchelchen (oficula auditus) tragen die 
Erſchuͤtterung weiter fort. Das Paukenfell 
theilt dieſelbe zuerſt dem Hammer (malleus), 
diefem dem Amboße (incus), diefer dem Steig⸗ 
buͤgel (Hayes), und endlich diefer, deſſen Grund⸗ 
ſtuͤck ins halbrunde Senfter (feneftra ſenii⸗ 
oralis) tritt, dem Nervenmarke des ge 
mit. 

§. 268. / 

Wenn die ruhige Lage der Gehoͤrknoͤchel⸗ 

chen, (bei ſchwachem Schalle ꝛc.) nicht hinrei- 
chend iſt, fo koͤnnen gewiſſe kleine fie bewegende 
Muskeln die Wirkung vermehren. Der Ten— 
for Tympani zieht den Handgriff des Ham- 
mers nach innen und vermehrt dadurch die 
Span⸗ 


Spannung des da Der Stapedius 
zieht den Knopf des Steigbuͤgels ruͤckwaͤrts, fo 
daß der hintere Theil ſeines Grundſtuͤcks durch 
das Fenſter in die Hoͤhle des Vorhofes hinein⸗ 
tritt I 
. 269. 

So wird nun zu dem in dem Labyrinthe 
derbreiteten Nervenmarke die Empfindung des 
challes gebracht. Zuerſt empfangen ſie die 
Saͤckchen des Vorhofes (veſtibulum), aus 
dieſem die hinter ihm liegenden drei Bogen— 
gange (canales ſemicirculares), und die vor 
hm liegende Schnecke (cochlea), nämlich die— 
e durch den Halbgang, welcher aus dem Vor— 
hofe kommt (cala veſtibuli). Der andere 
albgang (/cala tympani) erhaͤlt die Erſchuͤt— 
erung auch unmittelbar aus der Pauckenhoͤhle 
burch das dreieckigte Fenſter (Feneſtra tri- 
uetra). 


Ueber den beſondern Nutzen des hes. der 
Bogengaͤnge und der Schnecke. 


Io. GoporR. BREN DEL progr. de auditu in apice 
conchae (cochleae). Goett. 1747. Recuſ. in 
opusc, ed. WRISBERG. I. p. 117. 


H. 270. 


7 - 


156 


N e e, 

Das Waͤſſerchen, welches die haͤutigen 
Saͤckchen und Roͤhrchen des Labyrinths und das 
in ihnen verbreitete Nervenmark des Gehörners 
ven umgiebt, dient nicht allein die Erſchuͤtterung 
durch den ganzen Labyrinth fortzuſetzen, ſondern 
auch dieſelbe fuͤr die groſſe Empfindlichkeit des 
Gehoͤrnerven hinlaͤnglich zu maͤßigen. 

Dominic. Coruxxlus de aquaeductibus auris 

humane internae, Neap. 1761. 8. 

PHIL. FRID. MECKEL de labyrintbi auris con- 

tentis. Arg. 1777. 4. 


$. 271. | 
Bei ſolcher Wirkung des Schalles auf das 
Ohr, welche nicht durch die Luft (§. 262.) ge⸗ 
ſchieht, ſondern durch harte Koͤrper, welche 
ſich von einem andern ſchallenden Körper zu un— 
ſerm Kopfe erſtrecken, theilt die Erſchuͤtterung 
ſich den Kopfknochen, und fo dem Labyrinthe ıc. 
mit. ö | 
K 
Der Antliznerve (nervus facialis, du- 
rus), trägt nur in ſofern zum Gehöre bei, als 


er bei feinem Durchgange durch den Fallopiſchen 
Kanal 


157 


Kanal die Saite der Pauke (chorda tympa- 
ni) und nach feinem Ausgange aus dieſem Ka— 
nale dem aͤuſſern Ohre einen Faden (auricula- 
ris poſterior) giebt. Jener Nerve, die ſoge— 
nannte Saite, geht durch die Paukenhoͤhle, giebt 
daſelbſt vielleicht den Muskeln der Gehoͤrknoͤ— 
chelchen Faͤden und verbindet ſich dann mit dem 
Zungenaſte des fünften Gehirnnerven. 


$. 273. 

Obwohl wir zwei Ohren haben, fo hören 
wir dennoch jeden Schall nur einfach, weil 
beide Ohren gleichzeitig und auf gleiche Weiſe 
den Schall empfinden. Auch vereinigen ſich 
wahrſcheinlich beide Gehoͤrnerven in der vierten 
Hirnhoͤhle. 


/ 


a §. 274. 

Die verſchiedenen Arten des Schalls ſind 
uns entweder angenehm, da fie dann Wohl—⸗ 
klang heiſſen, oder unangenehm, da man 
ſie Misklang nennt. Im allgemeinen ſind 
darin die Menſchen, wegen gleicher Beſchaffen— 
heit des Gehoͤrorgans, einander gleich (§. 228), 
doch giebt es auch hier Idioſynkraſieen, und 
Gewohnheit kann unangenehme Arten des 
Schalls ertraͤglich machen ($. 230. b. ). 
§. 275. 


1 


158 2 | — 


9. 2 
Die Verſchiedenheit des Schalls haͤngt ab 
von der Geſchwindigkeit der zitternden Bewe— 
gung der ſchallenden Körper, alſo von der groͤſ— 
ſern oder kleinern Zahl der Schwingungen eines 
ſchallenden Koͤrpers in einer gewiſſen Zeit. Je⸗ 
der Ton hat für eine gewiſſe Zeit feine gewiſſe 
Anzahl der Schwingungen, die deſto kleiner iſt, 
je tiefer, deſto groͤßer, je höher der Ton iſt. 
$. 276. 
Es iſt dem Ohre im allgemeinen ange⸗ | 
nehm, wenn es nur einen Ton auf einmal 
hoͤrt; es ſey nun, daß nur ein Koͤrper ſchallet, 
der in allen ſeinen Theilchen mit gleicher Ser 
ſchwindigkeit zittert, oder daß mehrere mit 
einerlei Geſchwindigkeit zittern (Einſchall, 
Einklang); hingegen unangenehm, wenn es 
mehrere zugleich hört, es ſey nun, daß meh— 
rere Koͤrper mit verſchiedenen Geſchwindigkeiten 
zittern, oder daß ein Koͤrper in ſeinen ver— 
ſchiedenen Theilen mit verſchiedener Geſchwin— 
digkeit zittert. 


* 
« 


F. 277. 
Doch giebt es gewiſſe Verhaͤltniſſe der 
Verſchiedenheit der Toͤne, welche dem Wohl— 
klange 


Ar > ad — un ».3% *+ x . 
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* 


„ N ö 


159 
klange nicht hinderlich ſind, d. h. es gefaͤllt dem 
Ohre, wenn zwei verſchiedene Toͤne zugleich ge— 
hört werden, die ein ſolches Verhaͤltniß zu 
einander haben. Man nennt die Verbindung 
dieſer Toͤne Conſonanz, und die Toͤne in 
Ruͤckſicht auf einander conſonirend. Unter⸗ 

ſuchungen lehren, daß alle dieſe Verhaͤltniſſe 

ſolche ſind, welche ſich mit kleinen Zahlen aus— 
druͤcken laſſen, mithin wenn zwei ſolche Toͤne 
zugleich da ſind, die Schwingungen derſelben 
oft zuſammen treffen. Von dieſer Art iſt das 

Verhaͤltniß eines Tons (Grundtons) zu fei- 

ner Octave (1:2), zu feiner großen Terze 

(4:5), zu ſeiner Quinte (2:3). Ver⸗ 

haͤltniſſe der diſſonirenden Töne, die zuſam⸗ 

men Diſſonanz geben, ſind hingegen ſolche, 
die nur mit groͤßeren Zahlen ausgedruͤckt wer— 
den koͤnnen, ſo daß die Schwingungen zweier 
ſolcher zugleich eriftirender Töne nur ſelten zu 
ſammentreffen. 


LEON. EULER tentamen theoriae muficae, Petrop. 
1739. 4. 5 
Ueber den Grund dieſer Annehmlichkeit und Uns 
annehmlichkeit. 
Ueber das unangenehme und ermuͤdende des fort— 
daurenden Einklangs, und der fortdaurenden 
Con⸗ 


\ * 6 


160 — 


Conſonanzen und das angenehme unterbrechen⸗ 
der Diſſonanzen. 


§. 278. 


Der Nutzen des Gehöres iſt mehrfach. 
Es empfindet Gegenſtaͤnde in weiter Entfer- 
nung, warnt uns vor manchen Gefahren und 


Nachtheilen, oft fruͤher, als andere Sinne; 


und hilft uns oft fruͤher, als andere Sinne, 
Beduͤrfniſſe entdecken. Ueberdem erhalten wir 
durch dieſen Sinn mancherlei ihm eigene Ideen. 
Vermoͤge des Gehoͤrs ſind wir auch faͤhig, die 
Sprache anderer Menſchen zu verſtehen, durch 
dieſe belehrt zu werden, und auſſer der Annehm— 
lichkeit, welche darin beſteht, auch diejenige 
zu genießen, welche uns manche angenehme Toͤ— 


ne in der Natur, der Stimme der Voͤgel, der 


Geſang der Menſchen, ꝛc. und endlich die Fünftz 
liche Muſik verſchaffen. 


§. 279. 
Die Wirkung dieſes Sinnes auf das Sen- 


forium und das ganze Nenvenſyſtem ift ſowohl 
bei unangenehmen als angenehmen Empfindun⸗ 


gen deſſelben ſehr groß. Insbeſondere wichtig 


iſt die große Wirkung der Muſik auf die Seele, 
zumal 


& 


* — 161 
zumal bei Menſchen, welche für die Wirkungen 
derſelben empfaͤnglicher find. 

I. G. Al nRECHT de effectibus muſices in c. ani- 
matum. Erford. 1734. 8. 

J. J. Kauſch pſychologiſche Abhandlung über 
den Einfluß der Toͤne und insbeſondere der 
Muſik, auf die Seele. Breslau 1782. 8. 

Christian. LU DOV. BACHMANN de effectibus 
miſſices in c. h. Erlang. 1792. 8. 


* x ** | 


Güntn, CHRISTOPH, SCHELLHAMMER de auditu. 
L. B. 1684. 8. 


Zehntes Kapitel. 
Das Geſicht. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Fuͤnftes Buch. 30. Kap. Von den Augen. 
IV. Neuntes Buch. 52. Kap. F. 299, f98. 


Nervus opticus. 


$. 280. 

Das Sinnesorgan des Geſichts (vifus) 
iſt das Auge (oculus), welches wir feines 
wichtigen Nutzens wegen doppelt haben. Der 
Empfindungsnerve dieſes Sinnes iſt der Seh—⸗ 
nerve (nervus opticus). 

L Io, 


10. GoDorr. Zınn deferiptio oculi humani. Goett. 
- 1755. 4. Recud. curav. HENR. Aug, Wrıs- 
BERG. ibid. 1780. 4. 


. 237 

Das in der Nervenhaut des Auges ver⸗ 
breitete Nervenmark dieſes Nerven, hat die fpe- 
cifiſche Empfindlichkeit, das Licht (lux) zu 
empfinden, welches fuͤr alle uͤbrige Sinnesorga— 

ne gar nicht empfindbar iſt. i 
Einſchaltung des hier Noͤthigen von der Kennt 

niß des Lichtes aus der Phyſik. 

Optiks, by Isaac NEW TON. Lond. 1701. 4. 
Lat. redd. SaM. CLARKE. Lond. 1706. 4. 
Læxox. EULRR nova theoria lucis et colorum. In 

opusc. Berol. 1746. EıusD,. coniectura phuſica 
circa propagationem ſoni ac luminis, Berol. 
1750. 4. 


§. 282. 


Zu dem Sehen eines ſichtbaren Koͤrpers 
wird erfordert, 1) daß Lichtſtralen, welche von 
ſeiner dem Auge zugewandten Flaͤche zuruͤckge— 
worfen werden, durch die durchſichtigen Theile 
unſers Auges zu der Nervenhaut (tunica re- 
tina) gelangen, 2) daß die Lichtſtralen, welche 
von je einem Puncte eines ſichtbaren Körpers 
aus⸗ 


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| 105 

ausgehen, und auf die Nervenhaut fallen, auf 
dieſer ſich wieder in einen Punet vereinigen, 
mithin der Körper auf der Nervenhaut . 


bildet werde. 


In wie fern das erſtere unzureichend ſey. 


g. 283. 

Damit die Lichtſtralen in das Auge gelan- 
gen koͤnnten, iſt die knöcherne Augenhoͤhle 
(orbita) vorne offen und nur mit den haͤutigen 
leicht beweglichen Augenliedern Cpalpebrae ) 
bedeckt, welche eine Spalte zwiſchen ſich haben, 
die durch ihre Bewegungen verſchloſſen und ge— 
oͤffnet werden kann. Wenn der Ringmus⸗ 
kel der Augenlieder (orbicularis palpebra- 


rum) ruhet, und der Aufhebemuskel des 


obern Augenliedes (levator palpebrae Jupe- 
rioris) wirft, fo wird die Spalte zum Sehen 
geöffnet, indem dann der letztere Muskel das 
obere Augenlied aufhebt, und das untere ver— 
möge ſeiner Schwere herunterſinkt. Wenn 
aber der Aufheber ruhet, ſo faͤllt das obere Au— 
genlied vermoͤge ſeiner Schwere zum untern 
herunter, und die Spalte wird loſe geſchloſſen. 
So geſchieht es, indem wir einſchlafen, und 
waͤhrend des Schlafes dauert dieſer Zuſtand 

L 2 fort. 


164 | 2 5 

fort. Wenn der Ringmuskel ſich mehr oder 
weniger zuſammenzieht, ſo werden die Augenlie⸗ 
der einander genaͤhert, oder gar zuſammenge⸗ 
druͤckt, und die Spalte wird verengert oder 
gar feſt geſchloſſen. So geſchieht es, wenn 
wir vor zu hellem Lichte, vor Staube, ꝛc. un⸗ 
ſer Auge ſchuͤtzen wollen. 


§. 284. . 

Die Augenbraunen (fupercilia) beſchat— 
ten die Augen, vorzüglich, wenn fie durch Wir— 
kung ihres Muskels ( corrugator ſuperciliorum) 
und des aͤuſſern Buͤndels des Ringmuskels 
heruntergezogen werden. Auch halten fie. den 
auf der Stirne herabtriefenden Schweiß von 
den Augen ab. 


§. 285. 6 

Die Salbe, welche die kleinen Baͤlge 
(glandulae MIO MIT) auf der innern Flaͤche 
der Augenlieder abſondern, dient, dieſe zur leich— 
ten und ohne ſchmerzhafte Reibung geſchehen⸗ 
de Bewegung auf dem Aga hinlaͤnglich 
ſchlupfrig zu machen. 


HENR. MEıBom de vafıs palpebrarum novis. 
Helmſt. 1666. 4. 


§. 286° 


\z 


# 


165 


. F 280. 


Eben dazu, auch zur Ausſpuͤlung fremder 
Körper dienen die Thraͤnen (lacrumae), eine 
waͤßrige falzige farbenloſe klare Fluͤſſigkeit, wel— 
che aus der Thraͤnendruͤſe (glandula lacruma- 
lis) abgeſondert, und durch die waͤßrige Fluͤſſig⸗ 
keit, welche die Gefüßchen der Verbindungs⸗ 
haut (tunica coniumctiva ſ. adnata) aushau⸗ 
chen, verduͤnnt wird. Der Ueberfluß der 
Thraͤnen wird von den beiden Thraͤnenroͤhr⸗ 
chen (canaliculi lacrumales) durch die Oeffnun⸗ 
gen (puneta lacrumalia) der Thraͤnenwaͤrz⸗ 


chen (papillae lacrumales) eingeſogen, und in 


den Thraͤnenſ⸗ ack (Jaccus lacrumalis) gebracht, 
aus dem ſie in den Thraͤnengang (ductus 


lacrumalis) hinabrinnen und durch deſſen Muͤn⸗ 


dung in den untern Gang der Naſe hinab⸗ 
flieſſen. i 


SALOM. ALBERTI de lacrumis, Norib, 1585. In 
HALL. coll, IV. p. 53. 


Sourcroy und Vauquelin Analyſe der Thraͤnen 
und des Naſenſchleims, in den Ann. de Cbim. 
X. p. 113. überf, in den Aufklär. der A. W. 
von Hufeland und Goͤttling. I. 3. S. 294. 


L 3 . 287. 


F. 287. 

Wenn nun die Augenlieder zum Sehen 
hinlaͤnglich offen ſind, ſo fahren Lichtſtralen, 
welche von einem ſichtbaren Koͤrper in gerader 
Linie nach dem Auge gehen, ohne durch zwiſchen— 
liegende undurchſichtige Koͤrper gehindert zu 
ſeyn, in die Spalte derſelben und einige das 
von gelangen durch die Sehe (pupilla) bis zu 
der Nervenhaut des Auges. Lichtſtralen, wel⸗ 
che nur auf die Sklerotika fallen, auch ſolche, 
welche auf die durchſichtige Hornhaut unter ei— 


nem ſolchen Winkel fallen, daß ſie nicht in die 


Sehe, ſondern nur auf die vordere Flaͤche der 
Regenbogenhaut gelangen, tragen zum is | 
nichts bei. 


F. 288. 

Damit eine hinlaͤngliche, doch nicht zu grof 
fe, (und dann blendende,) Menge ven Lichtſtra— 
len zur Nervenhaut gelange, iſt die Regenbo⸗ 
genhaut (iris) beweglich, ſo daß die Sehe, 
welche im ruhenden Zuſtande derſelben am Weis 
teſten iſt, durch Zuſammenziehung derſelben 
verengert werden kann. Wenn naͤmlich we— 
nig oder gar kein Licht in das Auge fälle, fo 
wird die Nervenhaut wenig oder gar nicht ge— 

reizt, 


— — 167 


reizt, und die Regenbogenhaut ruhet. Je mehr 
aber Licht ins Auge kommt, deſto mehr wird die 
Nervenhaut und deſto mehr auch, vermoͤge der 
Sympathie, (die doch hier bloß im gemeinen 
Senſorium bewirkt wird,) die Regenbogenhaut 
zur Zuſammenziehung gereizt. Dieſe Zufam- 
menziehung erfolgt wahrſcheinlich ſo, daß die 
einzelnen ſtralenfoͤrmig convergirenden Schlag⸗ 
aͤderchen der Regenbogenhaut ſich vermoͤge ih⸗ 
rer Queerfaſern verengern und verlaͤngern. 


Io. GoporR. Zinn de motu uveae, 1757. In 
comment at. focietat, feient, Goetting. Tom. I. 
Pl.. Fontana dei moti dell' iride. Lucc, 
1765. 8. 9 f 
Io. FrıED. BLUMENBACH de oculis Ieucaethiopum 
et motu iridis. Goett. 1786. 4. 


G. FRIED. HILDEBRANDT de motu n Bruns v. 
1786. 8. 


f $. 289. 

Die Lichtſtralen, welche von einem fi cht⸗ 
baren Körper ausgehend aus der Luft durch die 
Hornhaut (cornea) fallen, werden in ihr vers 
moͤge der Brechung nach dem Einfallslothe zu, 
dann in der Waͤßrigen Feuchtigkeit ( bu- 
mor aqueus) wieder ein wenig vom Einfallslo⸗ 

L2 4 the 


168 — 


the abgelenkt. Diejenigen, welche durch die 
Sehe und fo weiter bis zur Nervenhaut gelan— 
gen, werden ferner, erſt, indem ſie aus der 
waͤßrigen Feuchtigkeit in die (dichtere Kryſtall⸗ 
linſe (lens cryſtallina) gehen, in dieſer fo gebros 
chen, daß ſie dem Einfallslothe ſich naͤhern, und 
durch dieſe Brechung werden die von einem 
Puncte kommenden Lichtſtralen zur Convergenz 
gebracht. Indem ſie endlich aus der Linſe in 
den (minder dichten) Glaskoͤrper (corpus vi- 
treum) treten, werden fie wieder vom Einfalls⸗ 
[ othe abgelenkt, und dadurch noch mehr zur Con- 
vergenz gebracht. So vereinigen ſich endlich 
je alle Stralen, welche von einem Puncte des 
ſichtbaren Koͤrpers ausgehend ins Auge gelan— 
gen, gerade auf der Nervenhaut wieder in eis 
nem Punct, und auf dieſe Weiſe entſteht eine 
Abbildung des ſichtbaren Koͤrpers (eigentlich 
der dem Auge zugewandte Flaͤche deſſelben) auf 
der Nervenhaut. 


Bond. Dav. MAUCHART cornene oculi zunicae 
examen. Tubing. 1743. Recuf. in HALL. coll. 
IV. p. 105. 
* Aucusrin. FRIıD. WALTHER de lente cryſtallina 
oculi humani, Lipſ. 1712. Recuſ. in HALT. 
coll, IV. p. 141. | 
PE- 


PETRUS CAMPER de quibusdam oculi partibus, 
L. B. 1746. Recuſ. in HALL. coll. IV. p. 261. 


| §. 290. 8 

Der ſchwarze Schleim (pigmentum 
nigrum), welcher die ganze innere Flaͤche der 
Aderhaut (tunica chorioidea) überzieht, hat 
dabei feinen wichtigen Nutzen zur Verdunke⸗ 
lung der Nervenhaut und des innern Augen- 
raums, indem er das Zuruͤckwerfen der A 

ſtralen verhindert. | 


Mariotte's Meinung, daß die Aderhaut der 
Sitz des Geſichtes ſey. 

LAur. HEISTER de tunica Ke chorioidea. Helmſt. 
1746. 4 


* H. 291. 


Eben dieſe Abbildung (J. 289.) wirkt 


nun auf eine uns unbekannte Weiſe die Emp— 
findung des Sehens. Es entſteht nemlich 
durch dieſe Abbildung eine gewiſſe der wirken 
den Urſache gemaͤße Veraͤnderung in der Ner— 
venhaut, und ſo in dem Sehnerven, die ſich 
durch ihn dem Gehirne und fo der Seele mit⸗ 
theilt. 


es $. 292. 


All ned 


170 


S. 292. . 
Die Bilder der Gegenftände auf der Ner⸗ 
venhaut entſtehen (in Ruͤckſicht der Lage der Ge⸗ 
genſtaͤnde) verkehrt. Wir ſehen aber dem— 
ungeachtet die Gegenſtaͤnde nicht verkehrt, in- 
dem die Bilder der Gegenſtaͤnde auf der Ner- 


venhaut nicht die ſichtbaren Gegenſtaͤnde ſind; 


($. 221.), und dieſe Verkehrtheit der Lage nicht 
bei einem oder dem andern Bilde eines Gegen— 
ſtandes, ſondern bei allen Bildern , ſo u 
bei dem Bilde unfers eigenen an 


9. 293. 

Bisweilen dauert die Veraͤnderung der 
Nervenhaut, welche ſie durch die Abbildung 
eines Gegenſtandes erlitten hat, noch eine Zeitz 
land fort, wenn gleich der Gegenſtand nicht” 
mehr auf das Auge wirkt. Ja es entſtehen 
bisweilen Veraͤnderungen in der Nervenhaut, 
wie von ſichtbaren Gegenftänden, ohne daß folz 
che gewirkt haben, fo daß wir Flecken, Fun⸗ 
ken, ꝛc. zu ſehen glauben, welche nicht da ſind. 


ROB. WAR. Darwin exp. nova de ſpectris fı 
| imaginibus ocularibus , quae obiectis lucidiori- 
us anten viſis in oculo claufo vel averfo per- 
cipiuntur. L. B. 1785. 4. i 

| $. 294. 


4 i ** —— — N \ 171 


| §. 294. 

Daß wir mit zween Augen die Gegenſtaͤn⸗ 
de doch nur einfach ſehen, iſt ebenfalls leicht 
begreiflich, wenn wir nur nicht die Bilder der 
Gegenſtaͤnde mit den Gegenſtaͤnden ſelbſt verwech⸗ 
f ſeln. Die Empfindungen in beiden Augen ſind 
leich; und überdem vereinigen ſich beide Seh— 
nerven mit einander. 


0 §. 295. 


ſtaͤnde deutlich, deren Bilder auf der Nerven— 
haut in die Gegend der Augenaxe, alſo in die 
Gegend des gelben vertieften Slecks fallen, 
welcher daſelbſt, an der aͤuſſern Seite des Ein— 
tritts des Sehnerven liegt. 

Dieſen Flecken, oder eigentlich eine runde Ver⸗ 
tiefung, welche mit einem gelben Rande um— 
geben iſt, hat erſt neuerlich (am 27. Jan. 1791) 
Soͤmmerring entdeckt. S. Gött. Anz. von 
gel. Sachen. 1795. 140. St. 


H. 296. 
Daher wenden wir unſere Augen vermoͤge 
der ſechs Augenmuskeln fo nach den Gegen⸗ 
ſtaͤnden hin, welche wir ſehen wollen, daß ihr 


Bild in die Augenare faͤllt. 
x Auſſer⸗ 


Eigentlich ſehen wir nur diejenigen Gegen: 


172 


Auſſerdem wirken dieſe Muskeln und die Mus. 
keln der Augenlieder auch bei dem Ausdrucke 
der Leidenſchaften auf mancherlei Weiſe. 

55 


b % 7297 
Daß wir einen Gegenſtand deutlich ſehen, 


wird auch erfordert, daß er in der gehoͤri⸗ 


gen Entfernung liege, damit ſein Bild ge— 
nau auf die Nervenhaut falle. Liegt er zu 
entfernt, ſo faͤllt ſein Bild vor die Nervenhaut 
in den Glaskoͤrper; liegt er zu nahe, ſo haben 
die von jedem Puncte deſſelben kommenden Licht⸗ 
ſtralen ſich noch nicht in ein Punct vereiniget, 
wenn ſie die Nervenhaut erreichen, und machen 
alſo kein deutliches Bild. Die Sehemeite eines 
geſunden Auges iſt im allgemeinen acht Zolle. 


H. 298. 

Indeſſen kann doch ein geſundes Auge ent⸗ 
ferntere Gegenſtaͤnde ziemlich deutlich ſehen. Es 
muß dabei in dem Auge ſelbſt eine gewiſſe Ver— 
aͤnderung vorgehen, vermoͤge deren dieſes be— 
wirkt wird. Einigermaßen kann dieſelbe in ei— 
ner gemeinſchaftlichen Wirkung aller vier gera— 
den Augenmuskeln beſtehen, welche, indem ſie 
fi zugleich zuſammenziehen, den Augapfel vers 
kuͤrzen, 


J 


kürze, und mithin die Linſe der Nevenpaur 

naͤher bringen. 8 

Hz NR. WILH. MATH. OLBERS de oculi mutatio- 
nibus inter nis. Goetting. 1780. 4. \ 

HENR. PeEmBERToN de facultate oculi, qua ad 

diverfas rerum confpectarum diſtantias fe ac- 

commodat. L. B. 1719. Recuf, in HALI., coll, 

VII. p. 137. 

Blumenbachs Bemerkungen in den Conmentat. 
ſoc. Goert. VII. p. 62. 

Ob die Proceſſus ciliares oder die Iris dabei wir⸗ 
ken? Porterfield's, Jurin's Hypotheſen. 
Ob die Faſern der Linſe ſelbſt dazu beitragen? 
Io. Curıst, REIL refp. I. G. Sarrıc de lentis 
cryſtallinae ſtructura Fbrofa. Hal. 1794. 8. 
S. auch Grens Journal der Phyſik. VIII. 
3. St. S. 326. Journal der Erfind. in der 

N. u. A. W. 7. Stuͤck. 1794. S. 121. 


Thom. Young Bemerk. über das Sehen. In 
den philof. transact. 1793. p. 169. Ueberſ. 
in Grens Journal der Phyſik. VIII. S. 418. 


$. 299. 
Die Ideen, welche wir durch das Ge— 
icht erhalten, ſind ſehr mannigfaltig. Es giebt 
ins unter allen Sinnen die deutlichſten; aber 
ugleich iſt es der Sinn, bei welchem die mei— 
ſten, 


u 


finden, fo daß es oft nöthig iſt, dieſen Sim 
durch den des Gefuͤhls zu berichtigen. Daher 


verſchieden von denen, welche durch Gef 


174 
ſten, unter dem Namen der optiſchen bekann. 
ten, Taͤuſchungen (Fallaciae opticae) Statt 


find die Ideen, welche wir uns durch das bloff 
Geſicht von Gegenſtaͤnden machen, oft ſeh 


erı 


und Geſicht gemeinſchaftlich entſtehn. 


§. 888. 

Wir unterſcheiden durch das Geſicht er 

lich Hellung und Finſterniß, und an helle: 

Orten die verſchiedenen Grade der Hellung 

auch zwiſchen erhellten Orten einzelne Orte, di 
nicht erhellt ſind (Schatten). 


F. 80% 
Fuͤrs andere die verſchiedenen Farben 
welche von der verſchiedenen Brechung der Licht 
ſtralen herruͤhren, entweder auf der Oberflaͤch 
des Körpers, der fie zuruͤckwirft, oder in der 
Medium, durch das ſie zum Auge gelange 
die Weiſſe, oder das vollkommene und dahe 
farbenloſe Licht, und die Schwaͤrze oder de 
Mangel an Licht und daher auch an Farbe. 
Optiſche Taͤuſchungen, die hieher gehoͤren. 


bc 
H. 307 


TEEN 1780 


9. 302. 

Ferner ſehen wir jede Linie, welche ſich 
auf der uns zugewandten Flaͤche eines Koͤrpers 
ziehen laͤßt, mithin auch die Länge, Breite, Hd: 
he der Koͤrper unter einem gewiſſen Sehe— 
winkel (angulus opticus). Die Spitze (ver- 
tex) jedes Sehewinkels iſt im Auge, und die 
Schenkel des Sehewinkels einer ſichtbaren Linie 
ſind zwo denkbare Linien, welche aus dem Au— 7 
ge nach den beiden Endpunkten der ſichtbaren 
Linie gezogen werden. Man ſagt alsdenn, die 
ſichtbare Linie erſcheine unter dem Sehewinkel. 


§. 303. 

Die ſcheinbare Groͤſſe einer ſichtbaren 
Linie verhaͤlt ſich, wie die Groͤſſe des Sehewin— 
kels, unter dem fie erſcheint. Bei gleicher 
wahren Groͤſſe iſt dieſelbe deſto kleiner, je gröͤſ⸗ 
ſer die Entfernung der ſichtbaren Linie vom Au— 
ge iſt. g f 

$. 304. 

Die wahre Graoͤſſe einer Linie fehen wir 
nicht, ſondern wir ſchaͤtzen ſie nur ungefähr nach 
der ſcheinbaren, wenn wir ihre Entfernung 
wiſſen. Dieſes laͤßt ſich leicht auf einen jeden 

Koͤr⸗ 


Körper anwenden, indem deffen Laͤnge, Breite 
und Hoͤhe gerade Linien ſind. N 


Optiſche Taͤuſchungen, welche hieher gehören. 


F. 30s. 

Noch weniger ſehen wir die Entfernung 
der Koͤrper von uns. Wir urtheilen nur von 
derſelben nach der ſcheinbaren Groͤſſe ihrer Laͤn— 
ge, Breite, Höhe, wenn ung die wahre derfel- 
ben bekannt iſt. In einigen Faͤllen urtheilen 
wir bei nahen Koͤrpern von der Entfernung 
auch nach der ſcheinbaren Groͤſſe, unter welcher 
wir eine gerade Linie erblicken, welche zwiſchen 
unſerem Auge und dem Koͤrper liegt. 


Optiſche Taͤuſchungen, welche hieher gehören. 


5 FS. 306. 

Der Sehewinkel einer Linie darf nicht zu 
klein ſeyn, wenn wir fie ſehen ſollen. Wenn 
daher ein Koͤrper entweder zu klein, oder zu 
entfernt von uns iſt, ſo koͤnnen wir ihn nicht 
ſehen. 

Tos. MAYER experimenta circa viſus aciem in 
sommentar. foc. Goetting, IV. 


H. 307. 


BUT h 4 N ee 
5 y TRIER, 5 


177 


K 387. | ) 

Den Orr der Körper ſehen wir nur in 

fo fern, als wir ihre Entfernung (F. 305) von 

uns oder von andern Koͤrpern ſehen, deren Ort 
uns bekannt iſt. a 

Optiſche Taͤuſchungen, welche hieher gehoͤren. 


§. 308. | 
Die Bewegung eines Körpers ſehen 
wir eigentlich nur ſo, indem wir urtheilen, daß 
ein Koͤrper ſich bewegt habe, wenn wir ihn an 
einem andern Orte ($. 307.) ſehen, als wir ihn 
vor einer Weile ſahen. Doch nehmen wir die 
Bewegung ſelbſt wahr, indem ſie geſchieht, 


wenn ſie weder zu ſchnell noch zu langſam, al: 


ſo weder die Zeit nach Verhaͤltniß des Raums, 
noch der Raum nach Verhaͤltuiß der Zeit der 
Bewegung zu klein iſt. | 
Optiſche Taͤuſchungen, welche hieher gehören. 


$. 309. * 

Endlich urtheilen wir auch von der Ge⸗ 
ſtalt der Koͤrper nach den verſchiedenen Sehe⸗ 
winkeln, unter denen uns ihre Laͤnge, Breite und 
Hoͤhe, ferner die Laͤnge, Breite und Hoͤhe ein— 
zelner Theile derſelben, ihrer Hervorragun— 

M gen, 


u: | 
gen, ꝛc. erſcheinen ($. 302.) ; auch nach dem 


verſchiedenen Licht und a ihrer ann 


($. 300.) 
e Taͤuſchungen, no hieher oehtren. 


$. 310.4 
Auf die wichtige Kenntniß aller dieſer Ideen, 


die uns das Geſicht bei dem Anblicke der Na⸗ 


— 


tur verſchafft, gruͤndet ſich die Malerei, de⸗ 
ren Werke deſto vollkommener ſind, je mehr ir 
uns taͤuſchen. f 
Umſtaͤndliche Eroͤrterung der Art und Weiſe, wie 
die Malerei Rörper auf einer Släche dar- 
ſtellt, Gegenſtaͤnde in verſchiedener Entfer⸗ 
nung auf einer ſenkrecht vor uns n 
Flaͤche darſtellt ic. | 
Ueber die Hemeralopie und Nyktalopie, 
Myopie und Presbyopie, Diplopie ꝛc. 
Ueber die Wirkung der Vergroͤßerungoglaͤſer. 
Ueber die Wirkung der Fernglaͤſer. 


5 §. 311. 
Der Nutzen dieſes Sinnes iſt von der 


größten Wichtigkeit. Wir entdecken durch ihn 


ſowohl Gegenſtaͤnde, die uns gefaͤhrlich und 
nachtheilig, als ſolche, die uns nuͤtzlich werden 
fon; | 


13 


12 
ji 


könen) in weiterer Entfernung , und mit groͤſ⸗ 
ſerer Schnelligkeit, als durch irgend einen an⸗ 
dern Sinn. Wir erhalten durch dieſen Sinn 
eine große Menge mannigfaltiger Ideen. Er 
verſchafft uns durch den Anblick angenehmer 
Gegenſtaͤnde einen großen en 99 Gluͤck⸗ 
ſeliskeit᷑ 


F §. 312. 
Vorzuͤglich angenehm iſt uns der Ans 


blick des Schönen in der Natur und Kunſt, 


ſo wie hingegen der Anblick des Säßliben 
uns unangenehm iſt. 


Marcus Herz über den Geſchmack und die Ur⸗ 
ſachen feiner Verſchiedenheit, Zwote Auflage. 
Berlin 1790. 8. 


* * 
a 


lo. CHRISTOPH. STURM refp. Io. GABR. DoprEL- 
MAYER. diſſ. vihonis ſeuſum nobiliſſimum ex 
ohſcurae camerae tenebris illuſtrans. Altd. 1699. 
Recuſ. in HALL, coll, IV. p. 163. 
PETRUS CAM R de vifu, L. B. 1746. Recuſ. in 
HALL. coll. IV. p. 225. 5 
Io. Fried. CAR, GRIM IT de viſu. Goetting. 
1758. 4. \ 
Wri L, PORTERFIELD on the eyes; the manner and 
phenomena of viſion. Edinb. 1759. II Vol. 8. 


b M 2 los. 


179%. 


los. PriestLey hiſtory and preſent ſtate of dis- 
coveries relating to viſion. Lond. 1772. 
II Vol. 4. 
ABR. GorTH. KAESTNER in optica quaedam 
BOERHAAvIL et HALLERI ec Lipſ. 
17885. 8. 


Eilftes Kapitel. 
Der Schlaf. 


f 130 

Der wachende Zuſtand, in Wesch 
der Körper zur Empfindung und zur willkuͤhr⸗ 
lichen Bewegung faͤhig iſt, wechſelt von Zeit 
zu Zeit mit dem Schlafe (Jomnus) ab. 


. 

Nachdem der wachende Zuſtand eine Zeit— 
lang gedauert hat, tritt die Muͤdigkeit ein, 
welche durch Stumpfheit der aͤuſſern und in⸗ 
nern Sinne und durch eine Traͤgheit der will. 
kuͤhrlichen Muskeln von der Munterkeit des 
wachenden Zuſtandes ſich unterſcheidet. 

umſtaͤndliche Beſchreibung dieſes Zuſtandes. 


§. 315. 
Dieſe geht dann, wenn keine Hinderniſſe 
da ſind, in den Schlaf ſelbſt uͤber. In dem 
voll⸗ 


, 


R nn 1% or 
j Rn u * ; u N 1 U 
W Pat y 1 
Ne g 
i 1 * 
1 


* 


181 


vollkommenen Schlafe hoͤrt alle Empfindung 
und alle willkuͤhrliche Bewegung auf. Alle 
Sinnesorgane und alle der Willkuͤhr unterwor— 
fenen Muskeln ruhen. Daher ſchließt auch im 
Schlafe die Contractilitaͤt des Ringmuskels 
die Augenlieder, da ihm nicht mehr die will— 

kuͤhrliche Anſpannung des Aufhebers der obern 
Augenlieder widerſteht. Ohne Unterſtuͤtzung 
durch andere Koͤrper ſinkt der Koͤrper, ſinken 
ſeine Theile, nach dem Geſetze der Schwere, 
wie lebloſe Koͤrper. 


§. 316. 


Die naͤchſte Urſache des Schlafes ſcheint 

ein gewiſſer Mangel an Wirkſamkeit im 
Nervenſyſteme zu ſeyn. Dieſer entſteht bei 
dem gewoͤhnlichen Schlafe durch eine Erſchoͤ— 
pfung der Lebenskraft im Nervenſyſteme, welche 
durch die anhaltende Wirkung der Sinnes— 
organe und der willführlihen Muskeln erfolgt. 
Der gewoͤhnliche Schlaf tritt daher bei jedem 
Geſunden ein, nachdem das Wachen eine ge⸗ 
raume Zeit gedauert hat. Im Ganzen iſt die 
Muͤdigkeit deſto ſtaͤrker, und der Schlaf wird 
deſto vollkommener und feſter, je mehr die 
M 3 Kraͤfte 


182 


Kräfte des Körpers und der Seele in dem vors 


hergehenden Wachen angeſtrengt ſind. 
„ 9. 317. 
Nebenurſachen koͤnnen dazu beitragen, 


jenen Mangel an Wirkſamkeit und mithin den i 
Schlaf zu befürdern, auch ohne Erfhöpfnng 


zu bewirken: Ruhe des Koͤrpers und der Seele, 


ſehr bequeme Lage, Mangel aͤuſſerer Wirkung 
auf die Sinne, Finſterniß, Stille, oͤftere Wie⸗ 


derholung ſanfter und gleicher Toͤne, We | 


weile, ꝛc. 


§. 318. 


Auſſerordentlich wirken Schlaf allerlei 


Dinge, welche die Thaͤtigkeit des Nervenſy⸗ 


ſtems durch Erſchoͤpfung oder auf andere Weiſe 


ſchwaͤchen. Durch Erſchoͤpfung: Blutfluͤſſe, 
langes Gehen oder andere langedaurende Be— 


wegungen der Muskeln, langes Nachdenken, ꝛc. 


Auf andere Weiſe: Druck auf das Gehirn, 
und dieſen bewirkend ſtarke Anhaͤufung des 
Bluts im Gehirne; durch dieſe aͤuſſere Hitze, 


aͤuſſere Kaͤlte, geiſtige Getraͤnke in größerer 


Quantitaͤt genoſſen; Ableitung des Blutes und 


der Nervenwirkung vom Gehirne, und durch 


dieſe 


- 0 
— A — 
7 CM; 


— 183 


dieſe warme Fußbaͤder, warme Klyſtire, auch 
die Verdauung ); narkotiſche Gifte auf eine 


eigene unbekannte Art. 


„D Dan. LANCRHANS de cauſſis ortae a paftu ſomno- 
lentiae, Goett. 1747. 4. 
§. 319. | 
Alles hingegen hindert den Schlaf, was 


durch ſtarke Wirkung auf das Nervenſyſtem die 


Gegenwirkung deſſelben rege macht. 


928% 

Diejenigen Verrichtungen im Körper, wel— 
che wir unwillkuͤhrliche nennen, der Blutum— 
lauf, die Verdauung, die Abſonderungen, dann 
auch das Athemholen, dauren im Schlafe fort 


(F. 114). Das Herz und die Gefaͤße bewegen 
ſich langſamer und ſchwaͤcher, weil im Schlafe 


nur der Reiz des Blutes auf dieſe Organe 
wirkt; daher iſt auch die Waͤrme im Schlafe 
geringer; aber die Ernährung und die Abſon⸗ 
derung des Fettes werden dadurch beguͤnſtiget. 
Das Athemholen geht eben deswegen langſamer 
und ſanfter. 
$. 321. N 
Die vorzuͤglichſte Wirkung des geſunden 
Schlafes iſt die, daß das Nervenſyſtem zu fei- 
M 4 ner 


ner r Wirkſamket die hinlaͤngliche Fäbigkeit wie⸗ 
der erhält, welche während des Wachens nach 


und nach geſchwaͤcht worden war. Eben darin 


beſteht auch der wichtigſte Nutzen des Schlafs. 


822 
Daraus erhellet, daß der Schlaf zur Er⸗ 


haltung des Lebens und der Geſundheit unent⸗ 


behrlich je 


FS. 3285 | 
Die Zeit des gewöhnlichen alltäglichen 


Schlafes ift (bei dem Menſchen wie bey vielen 
anderen Thieren) die Nacht, indem die Dun⸗ 
kelheit ihn befoͤrdert, und das Tageslicht zum 


| Gebrauche der Augen waͤhrend des Wachens 
dient. 


§. 324. 

Ein geſunder Menſch wird, wenn er durch 
ee gehindert wird, am Abend eines jeden 
Tages müde und ſchlaͤft jede Macht, ſechs 
bis ſieben Stunden lang. Es hänge aber 
uͤbrigens die Dauer des Schlafes von Alter, 
Temperament und Gewohnheit ab. Kinder 


chalet laͤnger, auch N öfter am Tage, je 


jüns 


er 


1 „ 


185 


| net ſie ſind; Guus Soden wieder laͤnge⸗ 
ren Schlafes ꝛc. 


Vom längeren Schlafen im Winter, kuͤzerem 
Schlafen im Sommer. 


§. 325. 

In den erſten Stunden eines vollkomme⸗ 
nen Schlafes werden ſtarke Reize erfordert, um 
einen ſchlafenden Menſchen zu erwecken. So— 
bald aber das Nervenſyſtem durch den Schlaf 

ſich hinlaͤnglich erholt hat, fo erfolgt das Er— 
Wachen nach geringen Reizen und faſt von 
ſelbſt. 


H. 326. 


Bei ſolchem natuͤrlichen ſanften Erwachen 
pflegt man aus innerem Gefühle des Beduͤrf— 
niſſes zu gaͤhnen, um den Trieb des langſam 
flieſſenden Blutes durch die Lungen zu verſtaͤr⸗ 
ken, und die Glieder zu recken, um die Ein- 
wirkung der Nerven in die Muskeln zu be— 
foͤrdern und dieſe mit den Beugemuskeln ins 
Gleichgewicht zu ſetzen. Man ſteht auf, fuͤhlt 
ſich bald voͤllig munter, und zu den Geſchaͤff— 
ten des kommenden Tages geſtaͤrkt. 


M 5 9. 327. 


„ . ee b 
4 Fu 7 279 g 9 ’ N NR h 
4 7 1 7 a N 45 * * [IE 
- * 1 Ir 

f 11 g ‚tl 2 * y 


166 — 3 


9. 327. 

Nicht i immer ſchlaͤft man bis zum natür⸗ 
lichen Erwachen. Man wacht eher auf, wenn 
irgend etwas ſo ſtark auf das Nervenſyſtem 
wirkt, daß es ungeachtet des Schlafes ſeine 
ö öl rege macht. 


Eee Kei. 328. 

Oft iſt der Schlaf unvollkommen, o 
daß die inneren Sinne nicht ganz ruhen, ſon⸗ 
dern Ideen bewirken. So entſtehen die Traͤu⸗ 
me (inſomnia). Ihre Urſachen find allerlei 
Reize, die dem Nervenſyſteme keine vollkom- 
mene Ruhe geſtatten. ö 

Io. Gor rl. Krüger de fomnio morborum patre 

er flio, Helmft. 1754. 4. 


, J d. 
Nicht ſelten haben dieſe Ideen Gegen⸗ 
wirkung auf willkuͤhrliche Muskeln zur Folge, 
ſo daß man im Schlafe ſich umwendet, ꝛc. 
Selten aber find die Gegenwirkungen ſo ſtark, 
daß dadurch das fogenannte Nachtwandern 
(Smnambulismus) entſteht, ein ſonderbarer 
Zuſtand „welcher zwiſchen Wachen und Schla⸗ 


fen in der Mitte ſteht. 
Geo. 


Geo. GorrLOB RICHTER refp. Io. Fr. MüLLer 

de ſtatu mixto Jomni et vigiline, quo dormien- 
zes multa vigilantium munera obeunt, Goetting. 
1756. Inopusc. ed. ACKERMANN, Fref. 1780. 
II. p. 196. 

Der Arzt (von Unzer). Hamb. 4760. 74: 
78. St, 
| ET 

Stern, Dıickson de ſomno. Edinb. 1783. 8. 

ROB. CLEOHORN de ſomno. Edinb. 1783. 8. 

F. Hildebrandt Abhandlung vom Schlafe bei 
Campens Beobacht. über den Schlaf. Im 
Braunſchweig. Journale. 1768. 6. St. 
S. 141. 


Swölftes Kapitel. 
Die Verrichtung der Leber. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Siebentes Buch. 40. Kap. 2. Abſchn. Von 
der Leber. 


\ §. 329. 

Wir gehen iezt zu den Verrichtungen der 
Verdauungswerkzeuge (organa digeſtionis, 
chylopöetica) über, welche alleſammt in der 
Bauchhaut (peritonaeum) eingeſchloſſen find, 


IAc. 


+ 
KLEE 
1% 


* 
* 2 


— 


188 
lac. Dove As defeription of ebe peritonaeum, 
Lond. 1730, Lat. vert. EL. Fried, HEIS TER. 
Helmft. 1733. 8. ˖ 
ChkIsTOPR. GOTTLIEB BUTTNER de peritonaeo, 
Regiom. 1738. Recuf. in HALL. coll. I. p. 386. 


' Fried. WII. HENSING de peritonaeo, Giefl. 
1742. 4. Recuſ. in HALL. coll. I. p. 347. 


F. 330. 

Zuvoͤrderſt betrachten wir die Leber (be- 
par, iecur), eines der wichtigſten Eingeweide 
des Koͤrpers, deſſen Geſundheit und Krankhei⸗ 
ten, auf Geſundheit und Krankheiten des San 
zen groſſen Einfluß haben. 


n 
Die Leber erhaͤlt, wie jedes Eingeweide, 
durch ihre Schlagader (arteria hepatica) Blut. 
Auſſerdem aber. führt die Pfortader (vena 
portarum), alles Blut, was fie aus den Der: 
dauungseingeweiden, als Vene zuruͤckbringt, 
wie eine Schlagader, der Leber zu. N 
GEORG. ERN. STAHL de vena portae porta mals - 
rum etc. Hal. 1698. 4. f 
9.53 
Dieſes Blut iſt von dem gemeinen Blute 
verſchieden. Es iſt ſchwaͤrzer, (enthält verhaͤlt⸗ 
niß⸗ 


189 
nißmaͤßig mehr Kohlenſtoff,) als anderes Ve⸗ 
nenblut, weil es an den Verdauungsorganen 
viel Sauerſtoff abgeſetzt, und vielleicht dagegen 

(an den dicken Daͤrmen) mehr Kohlenſtoff erhal— 
ten hat. Das vom Darmkanale zuruͤckkom⸗ 
mende iſt dicklicher, weil es durch die Abſonde— 
rung des Magenſaftes und Darmſaftes viel 
Waſſer verlor; das aus der Milz zuruͤckkom— 
mende hat in ſeinem langſamen Gange durch 

dieſelbe angefangen, ſich zur Faͤulniß zu neigen. 

F. 333. | 

Wie nun dieſes Blut durch die vielen klei- 
nen Gefaͤßchen der Leber geht, wird durch die 

Abſonderung der Galle, welche ſehr viel Koh— 

lenſtoff und wenig Sauerſtoff enthaͤlt, das rich— 

tige Verhaͤltniß ſeiner Grundſtoffe wieder her— 

geſtellt, und mithin daſſelbe dem gemeinen wie— 

der gleich gemacht, zugleich aber ein Saft be- 

reitet, welcher als das wirkſamſte Mittel zur 
Verdauung dient. 


Die Pfortader ſcheint ſich zur Leber zu verhal— 


ten, wie die Lungenſchlagader zu den Lun— 
gen. N 


H. 334. 


r $ 334. | | 
Es erhellet aus dieſer Betrachtung RR groſ⸗ 
fe zweifache Nutzen der Leber Im Embryo 
hat fie noch einen dritten, den wir aber erſt uns 
ten betrachten wollen. 


RE DER 


Franc. GLisson anatomia hepatis. Lond. 1654. 4. 

Io. BxT. BıancHi Hiſtoria hepatica. Taurin. 
1711. 4. f 8 

Nest. MaxımEov. AMBODICK de bepate, Arg. 
1775. 4. 

Frıen,. Aud. WALTER de ſtructura hepatis et ve- 
ſiculne. In Elus annotht. acad, Berol 1786. 4. 

WILL. SaunDERs on the ſtructure, oeconomy 
and difenfes of the liver. Lond. 1793. 8. 
Deutſch: Dresden und Leipzig 1795. 8. 


Dreizehntes Kapitel. 
Die Galle. 


g. 335. 

Die Galle (bilis, fel) iſt ein gelber, bit— 
terer Saft, von einem eigenthuͤmlichen etwas 
unangenehmen Geruche. Sie fault auſſerhalb 
ihrer lebendigen Gefaͤße bald und veraͤndert 

dann 


x 


ee | 191 
dann lheen Geruch in einen fauigen, 5 der aͤuſ⸗ 
tl widrig iſt. ü 


* 


$. 336. 

Sie beſteht zunaͤchſt aus Waſſer, wel⸗ 
ches ſich durch Deſtillation im Waſſerbade zeigt, 
Lymphe, welche durch Zuſatz von Weingeiſt 
gerinnt, und einem bittern brennbaren harzar— 
tigen Stoffe, der zwar von Saͤuren gerinnt, 
aber im Weingeiſte aufloͤslich iſt. 
uẽeber die Meinung, daß die Galle ranziges 

Fett enthalte. S. Journal der Erfind. in der 
N. u. A. W. 1793. 2. St. S. 10. 


§. 337. 

Die Grundſtoffe der Galle find: Kalker⸗ 
de, mineralifches Alkali, (ſehr wenig) 
Sauerſtoff, Salpeterſtoff, Phosphor, 
Roblenftoff und Waſſerſtoff. N 

Auſſerdem iſt auch noch der Grundſtoff der Salz— 
ſaͤure zu merken, indem die Galle (zufaͤllig 
oder weſentlich?) etwas Rocfalz enthalt 


F. 338. 

Wenn man naͤmlich friſche Galle, nachdem 
ſie im Waſſerbade eingedickt worden, fuͤr ſich 
eine Deſtillation ausſetzt, fo enrbindet ſich ein 
\ 7 bran⸗ 


192 Be 
brandiger alkaliſcher Geiſt, brandiges 
Oel, gekohltes Waſſerſtoffgas und nur 
wenig kohlenſaures Gas. Der Ruͤckſtand 
iſt Kohle, deren Aſche mineraliſches Alkali, 
e Kalk und Kochſalz giebt. 


$. 339. 


Wenn man der Galle Schwefelſaͤure, Sal⸗ 
peterſaͤure, oder Kochſalzſaͤure zuſetzt, die blei⸗ 
bende Fluͤſſigkeit von der geronnenen Maſſe ab⸗ 
ſondert und abdampft, ſo erhaͤlt man ein Mit⸗ 
telſalz, was aus mineraliſchem Alkali und der 
angewandten Saͤure beſteht. Dies beweiſet 
die Gegenwart des mineraliſchen Alkali's in der 
Galle, doch nicht, daß daſſelbe in der Galle 
frei enthalten ſei. | 

Ob die Galle eine Seife fei? 


H. 340. 

Die Galle wird in der Leber, vermoͤge der 
eigenthuͤmlichen Art von Lebenskraft dieſes Ein— 
geweides, in den Anfaͤngen der dazu eingerich— 

teten Gallengefaͤße (vaſcula biliaria) abgeſon⸗ 
dert, wahrſcheinlich ganz oder doch groͤßtentheils 
aus dem Blute der Pfortader (F. 332.) Wenn 
wir 1 annehmen, ſo koͤnnen wir uns ſehr | 
befrie⸗ 


. | rn ae 17 193 


befriedigend erffären, weshalb die Pfortader 
nicht geradezu in die untere Hohlader, ſondern 
in die Leber geleitet ſei. Es ſcheint auch das 
Blut der Pfortader zur Abſonderung eines ſol— 
chen Saftes, als die Galle iſt, vorzuͤglich taug— 
lich zu ſeyn. (Ebend.) Uebrigens dringen eins 
geſprizte Fluͤſſigkeiten ſowohl aus der Pfortader 
als aus der Leberſchlagader in die Gallengefaͤße 
und in die Lebervenen. 


1 


9. gar. 
Daß die Quantitaͤt der abgeſonderten 
Galle groß ſey, laͤßt ſich aus der Groͤſſe der Le— 


ber ſchließen, und aus der Menge von Galle, 


welche bei eaten der Gaſlenblaſe aus⸗ 
fließt. 
§. 342. 
Die Galle fließt aus den kleinſten Gallen⸗ 
gefaͤßen in die gröfferen ze. und fo endlich in den 
Stamm aller Gallengefaͤße der Leber, den Le— 


bergang (ductus bepaticus). Bis hieher heißt 


fie Lebergalle (bilis hepatica). 


d. 343. 
Aus dem Lebergange fließt fie in den ge—⸗ 
meinen Gallengang (ductus choledochus), 
N und 


und ergießt ſich dann zur Zeit der Verdauung 
aus deſſen Muͤndung in den Zwoͤlffingerdarm. 
Auſſer der Zeit der Verdauung liegt die Muͤn— 
dung zuſammengefallen, und es fehlt an hins 
laͤnglichem Reize zur Fortbewegung; daher tritt 
auſſer der Zeit der Verdauung die Lebergalle 
durch den Blaſengang (ductus cyſticus) in die 
Gallenblaſe (veficula fellis). Hier bleibt fie 
eine Weile liegen, wird daſelbſt durch Ein— 
ſaugung waͤßriger Theile in ihre Saugadern 
dicklicher, gelber, bitterer, mithin zur Ver— 
dauung wirkſamer, und heißt nun Blaſen⸗ 
galle (hilis cyſtica). Wie dann die Verdauung 
im Zwölffingerdarme erfolgt, werden die Gal- 
lengaͤnge durch die Bewegung dieſes Darmes 
ſympathiſch auch in Bewegung geſetzt, und ſo 
die Galle in den Zwoͤlffingerdarm gebracht. 
Die Blafengalle geht durch den Blaſengang, die 
Lebergalle ($. 342) durch den Lebergang in den 
gemeinen Gallengang, und fo in den Zwoͤlf— 
fingerdarm. 

Ueber die Art und Weiſe, wie die Galle aus den 
Gallenbehaͤltern in den Zwoͤlfſtngerdarm ges 
bracht wird. 

Nicht alle Lebergalle wird erſt Blaſengalle, ehe 
ſie in den Zwoͤlffingerdarm gelangt. 

0 9. 343. 


x | §. 344. 
Die Blaſengalle wird keinesweges in der 


Gallenblaſe abgeſondert, ſondern gelangt in die 


Gallenblaſe nur aus der Leber durch den Bla— 
ſengang. Andere Gaͤnge, durch welche ſie aus 
der Leber in die Blaſe gelangen koͤnnte, ſind 
im Menſchen nicht da. 
Vergleichung anderer Thiere mit dem Menſchen 
in Ruͤckſicht dieſer Gaͤnge, auch der Gallen— 
blaſe uͤberhaupt. 


§. 345. | 
Der Nutzen der Galle beſteht darin, daß 
fie die eigentliche Verdauung der Nahrungs- 
mittel bewirkt, den Nahrungsſaft von dem 
Unrathe ſcheidet, und jenem den Anfang der 
Veraͤhnlichung ertheilt, die ſaure Gaͤhrung der 
Nahrungsmittel verhuͤtet, und die Daͤrme zur 
periſtaltiſchen Bewegung reizt. 
Ob Galle in den Chylus uͤbergehe? 
Ueber die Allgemeinheit der Leber bei den 
rothbluͤtigen Thieren. 
Ueber krankhafte Beſchaffenheit der Galle, die 
ſchwarze Galle, die Gaͤllenſteine ꝛc. 
* 


M 1 


Mug. van REVERHORST de motu bilis circu- 
lari. L. B. 1692, 4. 
N 2 Io. 


196 i — 


Jo. Iac. HuBer de bile. Baſ. 1733. 4. 

La Giss. WOERTMANN de l vt iliſſimo 
οο g inſtrumento. Ultraj. 1745. 4. 
PHIL. GEORG. SCHROEDER experimenta ad verio- 
rem cyfticae bilis indolem explorandam capta. 
Sect. I. Goett. 1764. 4. In opusc. ed. AckEr- 

MANN. Norimb. 1779. 8. p. 801. 

. CADET exp. chimiques für la bile des hommes er 
des animaux. In den Mem. de l’ac. de Paris. 
1767. p. 471. Deſſ. nouvelles recherches ſur 
bile. 1769. p. 66. 

BORDENAVE analyfe de la bile. In den Mem. 
preſent's. T. VII. p. 611. 

IAc. REIN B. SPIELMANN de natura bilis, Ar- 
gent. 1767. 4. 

Io. Mich. ROEDERER de natura bilis. Argent. 
1767. 4. 

IAM. MacLury exp, upon the human bile. Lond. 


1772. 
GER. GsB. ten Haar de bile G e. L. B. 


1772. 4. 
GEORG. CHRIST. ÜTENDÖRFER exp, er obf. de 
bile. Arg. 1774. 4. 
Dav. WILLINxk confderatio bilis. L. B. 1778. 
Gul. Moore de bile. Edinb. 1780. 8. 
Sebaft. Goldwitz neue Verſuche zu einer wahr 
ren Phyſiologie der Galle. Bamberg 1785. 8. 


Io. 


— 99 


Io. Ram de alcalina bilis natura contra nuperas 
opiniones defenfa. len. 1786. 4. 

Io. Frın. STRAEHL de bilis natura. Goetting. 
1787. 8. 

HENR. FgID. DELII de hile humana epiſtoln. Erl. 
1788. 4. 

GulL. Mich. RIchrTER circa bilis naturam, in- 
primis eius principium ſalinum, experimenta ee 
cogitata, Erlang. 1789. 4. 

Io. Dan. METZGER reſp. M. C. RoEsERE de 

ile. Regiom. 1789. 

Fourcroy für la bile, in den Annal. de Chim. 
VII. p. 176. überf. in v. Crells chem. Ann. 
1793. II. S. 457. 


Vierzehntes Kapitel. 
Die Verrichtung der Milz. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Siebentes Buch. 40. EN: 4. en von 
der Milz. 


$. 346. 

Die Milz (lien, ſplen) ſcheint vorzüg- 
lich der Leber und der Abſonderung der Galle zu 
dienen. Abſonderung eines Saftes iſt ſo wenig 
in ihr ſelbſt zu entdecken, als ein Ausführungs- 


gang. 
N 3 $. 347. 


198 „% 


F. 347. 

Es wird nemlich das Blut in dem ſchlaf— 
fen und vielleicht mit ſchwacher oder beſonders 
gearteter Lebenskraft begabten Parenchyma die- 
ſes Eingeweides fluͤſſiger und dunkelfaͤrbiger, 
und erleidet faſt den Anfang einer fauligten Auf— 
loſung. 


5 §. 348. 

Dieſes Blut der Milz kehrt in der Milz 
vene (vena ſplenica) aus der Milz zurück. Die 
Milzvene vereinigt ſich mit dem Stamme der 
Darmvene (vena meſenterica) in die Pfort- 
ader, ſo fließt das fluͤſſigere Milzblut mit dem 
dicklicheren Darmblute (9. 332) zuſammen, und 
macht mit ihm ein ſolches Gemiſch aus, das 
zur Abſonderung der Galle tauglich iſt. 

Verſuche, die Milz auszuſchneiden ꝛc. 
I. H. SchuLze de ſplene canibus excifo, Hal, 

1735. 4. 

§. 349. 

Die beſondere Beſchaffenheit des Darm— 
bluts iſt eine Folge der Verrichtung des Darm—⸗ 
kanals, und die letztere wuͤrde noͤthig ſeyn, 


wenn auch keine Abſonderung der Galle noͤthig 
waͤre. 


— 


wäre. Aber die Verrichtung der Milz würde 
wahrſcheinlich unnoͤthig ſeyn, wenn nicht die 


Abſonderung der Galle ein ſolches Eingeweide 


erforderte, um das von den Daͤrmen zuruͤck— 
kehrende Blut erſt zu dieſer geſchickt zu machen. 


Meinungen aͤlterer Phyſt ologen vom Nutzen der 
Milz. 


N 9 * 


Can. DRELINCOURT de lienofis. L. B. 1693. 4. 
et cum opuſc. CAR. DRELINCOURT patr. Hag. 
C. a A. \ 

CRISTITAN. Lupov. RoLor de fabrica er Pe 
ctione lienis. Fref. ad V. 1750. 4. 

Jo. F RIED. Loks TEIN refp. Io. Iac. Busch de 

liene. Arg. 1774. 4. 

Auguſt Friedrich Hecker uͤber die 2 
gen der kleinſten Schlagadern und einiger aus 
dem Gewebe der feinſten Gefaͤße beſtehenden 
Eingeweide. Erfurt 1790. 8. | 

GEORG. CHRISTIAN. BONHARD de uſu lienis ve- 
rifimillimo. Ien. 1792. 4. 


N 4 Junf⸗ 


199 


ur 


309 — 
i Funfzehntes Kapitel. 
Der Speichel des Mundes. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der e 
III. Fuͤnftes Buch. 33. Kap. 7. Abſchn. Von 
Nen Speicheldruͤſen. 


§. 350. | 

Der Speichel (/aliva) iſt eine durchfich- 
tige farbenloſe, auch geſchmack- und geruch— 
loſe, Feuchtigkeit, etwas dicklicher und zaͤher, 
als Waſſer. Er beſteht groͤßtentheils aus 
Waſſer, mit wenig in dieſem aufgeloͤſeter Lym— 
phe und wenigem Salze, und geht, wie an— 
dere thieriſche Feuchtigkeiten, aus dem Körper 
e alen in Faͤulniß über. 


| $. 351. 

Er wird groͤßtentheils in den drei Paa- 
ren der Speicheldruͤſen (glandulae ſalivales) 
theils auch in den vielen kleineren Speichel 
drüschen der Mundhöhle (glandulae genales, 
labiales, palatinae) in Menge abgeſondert, und 
fließt aus deren Ausfuͤhrungsgaͤngen in die 
Höhle des Mundes. Die Ohrendruͤſe (pa- 
rotis) ergießt den ihrigen durch den Stenſoni⸗ 
ſchen Gang (ductus Stenonianus), am mei- 

ſten, 


ter gedruͤckt wird; die Rinnbackendruͤſe 
(glandula ſubmaxillaris) den ihrigen durch den 
Whartoniſchen Gang (ductus Whartonianus), 
am meiſten, wenn der zweibaͤuchige Muskel ſie 
preßt; die Zungendrüfe (glandula fublingua- 


lis) durch mehrere kleine Gange neben jenem 


oder in jenen ꝛc. welches der Mylohoideus, Ge— 
niohyoideus und Geniogloſſus durch ihren Druck 
beim Kauen befoͤrdern. 


Von andern Urſachen des Speichefsuftufee, 


‘ H. 352. 


>» 
Er dient ſodann der Oberfläche der Zunge 


und der Mundhoͤhle zur wohlthaͤtigen Befeuch- 


tung, und vorzüglich bei dem Genuſſe der Spei— 
ſen, ſich mit ihnen zu miſchen und ſie zur Auf— 
loͤſung und Verdauung geſchickt zu machen. 
Bei den harten und trocknen Speiſen dient er 
auch ſie zu erweichen und zu befeuchten. Auſſer 
der Zeit der Verdauung wird er doch nuͤtzilich 
verſchluckt, die Verdauung der im Magen noch 
uͤbrigen Speiſen bewirken zu helfen. 


— 


N 5 Sechs⸗ 


20 


ſten, wenn fie beim Kauen durch den Maſſe⸗ 


* 
1 


202 * 
Sechszehntes Kapitel. 
Der Bauchſpeichel. 
e ee 
Die Bauchſpeicheldruͤſe (pancreas) ſon⸗ 
dert den Bauchſpeichel (Juccus pancreaticus) 
ab, welcher durch den Ausfuͤhrungsgang dieſer 
Druͤſe (ductus pancreaticus, Wirſüngianus) 
ſich mit der Galle in den Zwoͤlffingerdarm er- 
gießt. ö 
Io. MAaurıt. HorMmANN de pancreate, Altd. 
1706. 4. 


1 


® 
§. 354. 

Die groſſe Schwierigkeit, dieſen Saft al: 
lein zu ſammeln, iſt Urſache, daß wir feine Nas 
tur nicht hinlaͤnglich kennen. Er ſcheint dem 
Mundſpeichel aͤhnlich zu ſeyn, wie auch ſchon 
der Bau dieſer Druͤſe, welcher dem Baue der 
Speicheldruͤſen ganz ahnlich iſt, uns vermuthen 
laͤßt. 5 


§. 355. 
So nutzt er auch wahrſcheinlich, wie der 
Mundſpeichel (§. 352.), zur Aufloͤſung und 


Verdauung der Nahrungsmittel beizutragen. 
Viel⸗ 


\ VER — 203 


Vielleicht mildert er zugleich die Schaͤrfe der 
Galle, damit ſie den Darm nicht zu ſtark reize. 
Die Hypotheſe des Franz Sylvius de le Boe 
von der Saͤure dieſes Saftes und der alka⸗ 
liſchen Beſchaffenheit der Galle. 


FRANC. SyLvII DE LE Bog de chyli a faecibus 
alvinis fecretione atque in lacteas venas pro- 
pulfione in inteflinis perfecta. L. B. 1659. 4. 


Recon. de Graer de ſucci pancreatici natura et 
vfu. ib. 1664. 12. 


'FLor. ScHuYL de veteri medicina. ib. 1670. 12. 


I. Nic. PRCHIIN de purgantium medicamentorum 
. faculratibus. ib. 1672. 8. a 


Io. CoN R. BRUNNER experimenta nova circa pan- 


creas. Acc. diatribe de lympha er genuino 


pancreatis va, Amſt. 1683. 8. 


Siebenzehntes Kapitel. 
Die Ernaͤhrung. 
Erſter Abſchnitt. | 
Die Ernaͤhrung überhaupt. 
$. 356. 
Durch die Ausduͤnſtung, die Abſonderung 


und Abfuͤhrung des Harns, der Galle, des 
Spei⸗ 


* 
* 7 “ 


204 —— 


* 


Speichels, des Naſenſchleims, ꝛc. verliert der 
Koͤrper von Zeit zu Zeit von ſeinem Stoffe. 
Durch die unwillkuͤhrlichen Bewegungen ver 
liert er von Zeit zu Zeit von ſeiner Kraft. 


§. 357. 

Daher iſt die Ernaͤhrung (nutritio) 
nothwendig; diejenige Verrichtung, durch wel— 
che fremde Stoffe in den Koͤrper aufgenommen 
und feinem Stoffe veraͤhnlicht werden ( ajimi- 
lantur). f 


f §. 358. 

Koͤrper, welche ſo beſchaffen ſind, daß ſie 
zur Ernaͤhrung eines belebten Koͤrpers dienen 
koͤnnen, heißen Nahrungsmittel (nutrimen- 
ta). Sie ſind bei den verſchiedenen belebten 
Koͤrpern nach der verſchiedenen Natur derſelben 
verſchieden. Hier betrachten wir nur diejeni- 
gen, welche zur Ernaͤhrung des menſchlichen 
tauglich ſind. 


$. 359. 

Die Nahrungsmittel werden erft in den 
Darmkanal gebracht, und in demfelben ver— 
dauet (digeruntur). Dabei wird das eigent— 
lich zur Ernährung, taugliche derſelben als 

Speiſe⸗ 


Mr ö 205 
Speiſeſaft ( chylus) von den untauglichen 
Ueberbleibſeln (Faeces) abgeſchieden, durch ge⸗ 
wiſſe einſaugende Gefaͤße (vaſa chylifera) des 
Darmkanales in das Blut geführt, und dies 
ſen veraͤhnlichet. Aus dem Blute werden 
dann die uͤbrigen Saͤfte abgeſondert „ und den 
feſten Theilen ihr Abgang erſetzt. 


§. 360. 
Die eigentlichen Nahrungsmittel ſind die 
Speiſen (cibi); ſolche Koͤrper, welche taug⸗ 
lich ſind, die eigenthuͤmlichen Stoffe des thieri— 
ſchen Körpers, den deim, die Lymphe, den Fa⸗ 
ſerſtoff, den Cruor, die thieriſche Erde zu er⸗ 
ſetzen. 
g 25 a e 
Dieſe ſind cheils thieriſche Roͤrper, 
theils Pflanzenkoͤrper. Der Menſch ſcheint, 
nach ſeinem Naturtriebe und nach der Wirkung 
beiderlei Nahrungsmittel auf ihn zu urtheilen, 
zu beiderlei Nahrung beſtimmt zu ſeyn; und 
wirklich eſſen die Menſchen überhaupt, in den 
verſchiedenſten Klimaten der Erde verbreitet, 


thieriſche und vegetabiliſche Nahrungsmittel von 
der verſchiedenſten Art. 


Andere 


206 i — “ 
Andere Gründe für diefe Meinung. Verſchie⸗ 
dene Meinungen uͤber dieſen Gegenſtand. 


„ 302. 

Einige Speiſen ſind mehr naͤhrend, an⸗ 
dere weniger naͤhrend. Am ſtaͤrkſten naͤh⸗ 
rend iſt der thieriſche Leim, und jede thieriſche 
Speiſe deſto mehr, je mehr fie deſſen enthaͤlt. 
Unter den Pflanzenſpeiſen naͤhrt am ſtaͤrkſten 
der dem thieriſchen Leime aͤhnliche Pflanzen⸗ 
ſchleim. " 
§. 363. 

Eine weſentliche Eigenſchaft jeder Speiſe iſt 
die, daß ſie verdaulich ſei. Sie iſt deſto leichter 
verdaulich, je leichter ſie von den Verdauungs- 
ſaͤften aufgeloͤſet und zu einem guten Speiſe— 
ſafte bereitet werden kann; doch ſind bei gleicher 
Aufloͤslichkeit ſolche Speiſen leichter verdaulich, 
welche eine gelinde reizende Eigenſchaft haben. 
Je ſchweraufloͤslicher die Speiſen, und je fa— 
der ſie ſind, deſto ſchwieriger ſind ſie zu ver— 
dauen. Bloße thieriſche Gallerte und bloßer 
Pflanzenſchleim find die leichtaufloͤslichſten Spei⸗ 
fen; doch find auch Lymphe, thieriſcher Safer 
ſtoff, thieriſches und vegetabiliſches Oel, Zuk— 
kerſtoff ic. für geſunde Verdauungskraͤfte ver- 

dau⸗ 


n 3 3875 


daulich, zumal wenn fie mit jenen leichtaufloͤs⸗ 

licheren Stoffen und mit ſalzigen reizenden 
Stoffen verbunden ſind. Auch bekommen 
weichliche Speiſen, wenn fie gleich Teicht- 
aufloͤslich find, dem gefunden Magen nicht fo 
gut, als derbe. 


§. 364. 

Von den Speiſen ſind die Getränke 
(Potus) zu unterſcheiden, welche dazu dienen, 
das Waſſer zu erſetzen, was der Koͤrper von 
Zeit zu Zeit durch die Ausduͤnſtung, mit dem 
Harne ıc. verliert. Eigentlich iſt das Waſſer 
das einzige Getraͤnk. Mancherlei andere Ge- 
traͤnke find nur Gerraͤnke 7 in fo fern fie Waſ— 
fer enthalten. Die waͤßrigen enthalten größ- 
tentheils Waſſer; die ſauren enthalten in dem 
Waſſer Saͤure, die geiſtigen enthalten in dem 
Waſſer Weingeiſt, ꝛe. Es giebt Getraͤnke, wel: 
che ſolche Stoffe im Waſſer aufgeloͤſet enthal— 
ten, die als Speiſen dienen, und daher auch zu 
den Speiſen gezaͤhlt zu werden pflegen, wie die 
Fleiſchbruͤhe, die Milch, ꝛc. 

§. 365. 
Bloße Salze ſind weder Speiſen noch 


Getraͤnke. Sie dienen aber den zu faden Spei- 
ſen 


208 1 


ſen und Getraͤnken Geſchmack zu geben, und 
den Magen zu reizen. Das gemeinſte, brauch⸗ 
barſte und zutraͤglichſte derſelben iſt das Aoch- 
fal 3. 


$. 366. 

Auch die Gewuͤrze (condimenta) ſind 
wohl nicht eigentlich naͤhrend, ſondern dienen 
nur zur Erhoͤhung des Geſchmacks und zur 
Reizung des Magens. Je geſunder und uns 
verwoͤhnter Zunge und Magen find, deſto wer 
niger bedürfen fie derſelben, und ein anhalten- 
der reichlicher Genuß, zumal der hitzigern aug« 
laͤndiſchen iſt in mehreren Ruͤckſichten der Ges 
ſundheit ſchaͤdlich. 


d. 367. 

Der Menſch kann, eben wie die ihm aͤhn⸗ 
lichen Thiere, nicht lange den Genuß der Nah⸗ 
rungsmittel entbehren. Hunger und Durſt, 
die wir im naͤchſten Abſchnitte betrachten, ſind 
die erſten Wirkungen, welche entſtehen, wenn 
man in mehreren Stunden nichts gegeſſen noch 
getrunken hat. Dieſe unangenehmen Empfin⸗ 
dungen nehmen von Stunde zu Stunde zu, 
gehen endlich in eigentlichen Schmerz des Ma- 
geus 


gens über, und koͤnnen bei lebhaftem Tempera- 
mente wild und wuͤthend machen. Zugleich 
ſinken die Kraͤfte nach und nach, deſto fruͤher 
und mehr, je ſchwaͤcher fie vorher waren. Die 
Säfte neigen ſich zur Faͤulnuß; zuerſt zeigt 
ſich dieſes am Speichel und am Magenfafte, 
wodurch ein uͤbler Geruch aus dem Munde ent— 
ſteht. Endlich erfolgt der Tod, nach der Vers 
ſchiedenheit des Temperaments und anderer 
Umſtaͤnde entweder fruͤher, aus bloßer Ner— 
venſchwaͤche, oder ſpaͤter mit einer Art von ud 
Ben ‚Sieber. 


$ 
Wenn ein Menſch etwas weniges 
Speiſen und Getraͤnke, nur nicht hinreichend, 
genießt, ſo kann doch das Leben lange erhalten 
werden, obwohl die Kraͤfte abnehmen, und der 
Koͤrper mager wird. 


§. 368. b. 

Das Getränk iſt dem Menſchen im all» 
gemeinen unentbehrlicher als die Speiſe. Doch 
kann er ohne eigentliche (ganz tropfbarfluͤſſige) 
Getraͤnke leben, wenn ſeine Speiſen hinlaͤng— 
liches Waſſer enthalten. Mangel an Speiſe 

N >) wird 


210 — 


wird viel laͤnger ertragen, als Mangel an Ge⸗ 
traͤnk. Wenn das Getraͤnk gar etwas naͤhrend 
iſt, ſo kann das Leben damit ſehr lange erhalten 
werden, ohne eigentliche Speiſe. 
Beiſpiele von Menſchen, die ſehr {ange gefaſtet 
e ſollen. 


1 e el Abſchnitt. 
Die Verdauung. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Fuͤnftes Buch. 33. Kap. Von dem mun⸗ 
de ꝛc. Siebentes Buch. 40. Kap. 1. Abſchn. 
Von dem Darmkaͤnale. 


§. 369. 

Da der Genuß der Speiſen und Ges 
traͤnke zur Erhaltung unſeres Lebens nothwen⸗ 
dig iſt, fo hat der Schöpfer unſern Magen ꝛc. fo 
eingerichtet, daß wir durch gewiſſe unangeneh⸗ 
me und angenehme Empfindungen genoͤthiget 
werden zu eſſen und zu trinken. 


9. 370. 

Die unangenehmen Empfindungen ſind der 
Hunger und der Durſt. Der Hunger (Fames) 
ſcheint von der Wirkung des reinen Magen⸗ 

ſafts 


ſafts auf den Magen zu entſtehen, wenn wir 
lauge keine Speiſen genoſſen haben. Der 
Durſt (fitis) hingegen von der Trockenheit des 
Magens und des Schlundes, wenn wir lange 
nichts getrunken haben, bisweilen auch vom 
Reize ſalziger oder ſonſt ſcharfer Speiſen. Ge⸗ 
nuß feſter Speiſen (Eſſen) ſtillet den Hunger, 
Genuß fluͤſſiger Speiſen und Getraͤnke (Trin⸗ 
ken) ſtillet den Durſt. Doch koͤnnen auch 
fluͤſſige Speiſen und Getraͤnke den Hunger ſtil⸗ 
len, wenn ſie naͤhrende Theile enthalten; ja 
bloß waͤßrige Getraͤnke mindern den Hunger 
auf einige Zeit. Den Durſt ſtillet eigentlich nur 
das Waſſer, feſte Speiſen thun es nicht, ausge⸗ 
nommen, wenn fie waͤßrig find; auch flüffige 
Speiſen ſtillen den Durft nicht, wenn fie nicht 
hinlaͤnglich waͤßrig, ja fie koͤnnen ihn vermeh⸗ 
ren, wenn fie ſehr ſalzig find (F. 360 — 364). 


. 371. 

Die angenehmen Empfindungen ſind die auf 
den Genuß folgende Stillung des Hungers und 
des Durſtes, die mäßige Sättigung und das 
Gefuͤhl der Staͤrkung, was der Genuß der Spei⸗ 
ſen und Getraͤnke giebt, dann auch der gute 
Geſchmack der Speiſen und Getraͤnke. 

* 8.372. 


212 0 | — — 
f §. 372. 

Theils vom Naturtriebe bei entſtehendem 
Hunger und Durſte, theils von der Erfahrung 
geleitet, ſuchen wir uns Speiſen oder Getraͤnke, 
wenn wir hungrig oder durſtig ſind, und brin⸗ 
gen dieſelben nit einer willkührlichen Bewegung 
in den Magen. 


S. 373. 

Dabei iſt fuͤrs erſte noͤthig, daß der 
Mund ſich oͤffne und die Nahrungsmittel emp⸗ 
fange. Der Ringmuskel der Lippen laͤßt nach, 
die Niederzieher der untern Kinnbacke (digaftri- 
cus, gemiohyoideus) ziehen dieſe von der obern 
herab; die Hebemuskeln der Oberlippe, die 
Niederziehmuskeln der Unterlippe (quadrati 
menti) helfen und erweitern die Mundſpalte, 
und ſo wird Speiſe oder Trank, meiſt durch 
willkuͤhrliche Bewegung der Hände, zu Munde 
‚geführt. Die Speiſe wird zwiſchen die Lippen 
bineingeſteckt; das Getraͤnk nimmt man auf ver⸗ 
ſchiedene Weiſe, entweder indem man es in 
den Mund gießt, oder indem man es einſchluͤrft, 
oder einſaugt ꝛc. 


F. 374. 


. — 


es g. 374. 
Bei dem Ban der feſten Speiſen ge⸗ 
ſchieht dann erſt das Rauen (manducatio), 


mittelſt der Zähne (dentes). Die aufhebenden 
Muskeln der untern Kinnbacke (malſeter, tem- 


Poralis, pterygoideus, ) drücken dieſelbe gegen 
die obern, indem wechſelsweiſe die herabziehen— 


den Muskeln derſelben ſie wieder herabziehen. 


Auf dieſe Weiſe beiffen die Schneidezaͤhne 
(dentes inciſores, primores) einen Biſſen von 


einem großeren Stuͤck Speiſe ab, und zer⸗ 
ſchneiden die Speiſe in kleinere Stuͤcke; die 


Spitzzaͤhne (dentes cuſpidati) und zwei⸗ 
ſpitzigen Zähne (dentes bicuspidati) zer⸗ 
ſtampfen und die Backzaͤhne (dentes molares) 
zermalmen ſie. Bisweilen dienen die letzteren 
auch, einen harten Koͤrper zu zerbeiſſen, weil 


die Schneidezaͤhne fuͤr den Widerſtand deſſelben 


zu ſchwach und vom Gelenke zu weit entfernt ſind. 
Große Kraft / mit der das Beiſſen geſchieht. 


§. 375. 


Waͤhrend des Kauens wird der Speichel 


(falivn) (F. 350), welcher aus den Speichel: 


gaͤngen in den Mund fließt, und durch den 


O 3 Druck 


7 


2714 : — 


Druck der bei dem Kauen wirkenden Muskelu 
ausgepreßt wird (6. 351), mit den Speiſen 
zu einem Brei vermiſcht, erweicht fie und bes 
reitet ſie zur Verdauung vor. 


- 


g. 376. N 

Aus dem Munde werden die Speiſen und 
Getraͤnke durch das Schlucken (deglutitio) 
in den Magen hinabgedruͤckt. Die beiden 
Backenmuskeln (ouccinatores) und der Ring⸗ 
muskel des Mundes preſſen die Speiſen oder 
Getraͤnke ruͤckwaͤrts auf die Zunge, wenn ſie 
nicht ſchon, indem ſie in den Mund gelangten, 
darauf gebracht worden ſind. Die Zunge formt 
ſich durch die Wirkung ihrer eignen Fleiſch— 
faſern (lingualis) und der Stylogloſſi ſchaufel⸗ 
foͤrmig, preßt ſich dann vermoͤge jener, die fie 
ſteif machen, allmaͤlig, von vorn anfangend, 
an den Gaumen, und druͤckt die Speiſen oder 
Getraͤnke in den Rachen hinab. Indem dieſes 
geſchieht, draͤngt ſie zugleich den Kehldeckel 
(epiglottis) ſo zuruͤck, daß dieſer ſich ruͤckwaͤrts 
hinabneigt, die Stimmritze (glottis) bedeckt, 
und ſie vor dem Hineinfallen oder Hineinfließen 
der Speiſen oder Getraͤnke chuͤtzt. 


S. 377. 


fahren. 


215 


$. 377. 

Zugleich wird der Gaumenvorhang von 
feinen beiden Aufhebungsmuskeln (levato- 
res veli palatini ſ. petro - falpingo - ſtaphylini) 
hinaufgezogen, fo daß er die hinteren Oeffnun⸗ 
gen der Naſenhoͤhlen verſchließt, damit die 
Speiſen oder Getraͤnke nicht in dieſe hinein⸗ 


d. 378. 

Und der Schlund (pharynx) wird durch 
die beiden Stylopharyngei erweitert und ge⸗ 
hoben. 1 8 

$. 379. 

Sobald auf diefe Weiſe die Speiſe oder 

das Getraͤnk in den Schlund gelangt iſt, preffen 


die zuſammenziehenden Fleiſchfaſern des 


Schlundes (conſtrictores pharyngis, ſupre- 
mus, medius, infimus) denſelben von hinten 
nach vorn fo zuſammen, daß dieſe Zufammens 


ziehung nach und nach von oben nach unten fort⸗ 


geht, und die enthaltene Speiſe oder Getraͤnk 
bis in die Speiſeroͤhre hinabgedraͤngt wird. 
Zugleich ziehen die beiden ſpannenden Mus⸗ 
keln des Gaumenvorhangs (tenſores veli pa- 
latini ſ. /pheno - falpingo - ſtaphylini) den Gays 

O 4 men⸗ 


216 — 


menvorhang wieder herunter, und ſpannen ihn 
an. Die beiden Muskeln in den vordern Boͤ— 

gen des Vorhangs (glojo - ſtaphylini ſ. con- 
| ſtrictores iſthmi faucium) ziehen ihn zu bei⸗ 
den Seiten gegen der Zunge hinab, und vers 
engern den Paß zwiſchen dem Gaumenvorhan⸗ 
ge und der Zunge, indem die beiden in den 
hinteren Bögen (pharyngo - ſtaphylini) den 
Schlund nach dem Gaumenvorhange hinauf⸗ 
ziehen. 


$. 380. 

Wie die Speiſe oder das Getraͤnk zur 
Speiſeroͤhre (oeſopbagus) kommt, fo wird 
dieſe durch ihre der Länge nach gehenden Fleiſch⸗ 
faſern gehoben und erweitert, und hinterher 
durch ihre Queerfaſern zuſammengeſchnuͤrt, ſo 
daß, indem dieſe beiden Bewegungen nach und 
nach von oben nach unten fortgehen, die Speiſe 
oder das Getraͤnk allmaͤlig nach unten hinab⸗ 
getrieben werden, und endlich in den Magen 
gelangen. Dieſe ganze Bewegung erfolgt ſehr 
ſchnell. 

Wenn die Speiſeroͤhre leer iſt, fo iſt fie vermoͤge 
ihrer Queerfaſern feſt zuſammengezogen, ſo 
daß ſie keine Luft enthaͤlt. Beim Schlucken 

erwei⸗ 


— 


pres 217 
erweitert ſich nach und nach jede Stelle und 
wird hinterdrein ſogleich zuſammengeſchnuͤrt, 
indem die naͤchſt untere erweitert wird und 
Platz macht. 


38 

Dieſe Bewegungen des Schluckens ſind 
anfangs, ſo weit ſie mit der Zunge und dem 
Gaumenvorhange geſchehen, auch noch im 
Schlunde willkuͤhrlich; ſobald aber die Speiſen 
und Getraͤnke in die Speiſeroͤhre hinabgekom— 
men iſt, ſo erfolgt deren Bewegung unwill⸗ 
kuͤhrlich. 


* J82. 


Das Schlucken wird erleichtert durch den 
Schleim, welcher von den Schleimbaͤlgen der 
ſogenannten Mandeln (tonfillae), des Zaͤpf⸗ 
chens (vvula), des Schlundes und der Spei⸗ 
ſeroͤhre abgeſondert wird, und den Weg ſchluͤpf— 
rig macht. 

e 


Aud. FrıD. WALTHER reſp. CHRISTIAN. GOTT- 
LIEB. LuDwiG de deglutione naturali et prae- 
poſtera. Lipſ. 1737. 4. 

FRip. BERNARD. ALBIN Us de deglutitione. L. B. 
1740. 4. Recuſ. in HALL. coll. VII. p. 1. 


O 5 Io. 


Io. GoTTLos. Harse mufeuli pharyngis veli- 
que palatini obfervationibus illuſtrati. Lipſ. 
1784. 4 

§. 383. 

In dem weiten Magen (ventriculus) 
weilen die Nahrungsmittel nun laͤnger, und 
werden hier mit dem Magenſafte (liquor 
gaſtricus) vermiſcht. Dieſer Saft, welchen 
theils die aushauchenden Gefaͤßchen des Ma⸗ 
gens, theils vielleicht beſondere Druͤschen abs 
ſondern, ſcheint im Menſchen von der Natur 
des Serums und weder ſauer noch laugenhaft 
zu ſeyn. Er iſt das vorzuͤglichſte Mittel zur 
Verdauung im Magen. Er erweicht die Spei⸗ 
ſen, miſcht ſich mit ihnen und mit den Ge⸗ 
traͤnken. 

Ueber den Magenſaft anderer Thiere. 

BASSIANO CARMINATI ricerche ſulla natura del 
ſuco gaſtrico. Mil. 1785. 8. Deutſch überf._ 
Wien 1785. 8. 

C. Brugnatelli Verſuch einer chem. Zergliede⸗ 
rung der Magenſaͤfte. In Crells Beitr. zu 
den chem. Ann. B. 1. St. 4. S. 69. 


§. 384. | 
Von dem eigentlichen Magenfafte iſt der 
Schleim des Magens zu unterſcheiden, der 
1 auch | 


219 


auch im gefunden Magen, obwohl nur in klei⸗ 
ner Quantitaͤt abgeſondert wird. 


| $. 385. 

Die wurmförmige Bewegung (mo- 
tus periſtalticus) des Magens, welche von feis 
nen Fleiſchfaſern abhaͤngt, befoͤrdert die Mi⸗ 
ſchung der Nahrungsmittel mit dem Magen⸗ 
ſafte, und fuͤhrt die Nahrungsmittel nach und 
nach von dem linken Magenmunde (oſtium oeſo- 
Dhageum ſ. cardia) nach dem rechten (oſtium 
duodenale ſ. pylorus) zum Magen hinaus in 
den Zwoͤlffingerdarm. Hingegen zur Zerreis 
bung feſter und harter Speiſen find die Fleiſch— 
faſern des menſchlichen Magens zu ſchwach. 


F. 386. 

Der Ring, welcher am Ausfuͤhrungs⸗ 
munde des Magens liegt, (valvula pylori), 
haͤlt die feſten Speiſen im Magen auf, und 
hindert ihren zu fruͤhen Ausgang, ehe ſie vom 
Magenſafte hinlaͤnglich erweicht ſind. So 
gehen einige Speiſen langſamer, andere ges 


ſchwinder hinaus. 


HENR. PALMAT. LEVELING pylorus anatomico« 
phyfologice conſideratus. Arg. 1764: 4. Re 
cuſ. in SAnDIFORT theſ. III. 


§. 387. 


re Ag a di 
Daß die en im 900 bello 
men geſchehe, dazu bedarf es einer hinlaͤng— 
lichen Einwirkung der Lebenskraft. Der 
Magen ſelbſt muß feine eigenthuͤmliche Lebens⸗ 
kraft hinlaͤnglich haben, und uͤberdem ſchein 
auch eine hinlaͤngliche Einwirkung der Nerven 
auf den Magen noͤthig zu ſeyn. Krankhafte 
Angreifungen des Nervenſyſtemes, insbeſondere 
durch Leidenſchaften, ſtoͤren ſehr die Wirkung 
des Magens, ſo wie hingegen ſchlechte Ver⸗ 
dauung im Magen auf das gemeine Senſo⸗ 
rium und die Seele eine ſtarke Wirkung hat. 
Beſondere Meinungen Helmonts, wood 
wards, vom Nutzen des Magens. 
lo. Dan. METZGER ventriculus humanus anato- 
mice et phyſiologice conſideratur. Sect. I. reſp. 
Io. CHRISTIAN. Kruse. Regiom. 1788. 4. 


§. 388. 

Aus dem Magen gehen die Nafrunges 
mittel in den engen Darm (inteflinum angu- 
ſtum f. tenue), zuerft in den Anfang deſſelben, 
den Zwölffingerdarm ( inteſtinum duode- 
num) (H. 384) über. Hier geſchieht die eigent? 
liche Verdauung / durch Wirkung der Galle 

(3450 


221 


(5. 345) und des pankreatiſchen Safts ($. 355). 
Die Speiſen werden durch dieſe Säfte zu einer 
gleichſtofſigen Maſſe aufgeloͤſet, welche nun 
Chymus heißt. Dieſer hat eine breiartige, 
mehr oder weniger feſte oder fluͤſſige Conſi⸗ 
ſtenz, je nachdem die Speiſen beſchaffen waren 
und die Verdauungsſaͤfte ſparſamer oder reich⸗ 
licher zugekommen ſind. Seine Farbe iſt aus 
der Farbe der Galle und der Nahrungsmittel 
zuſammengeſetzt. Durch beſondere Wirkung 
der Galle ſcheidet dann der (die zur Ernaͤhrung 
tauglichen Theile des Chymus enthaltende) 
Speiſeſaft (cb ylus) ſich ab. 


9. 389. i 

Der ganze Darmkanal hat eine wurm⸗ 
foͤrmige Bewegung (motus periſtalticus). 
Es ziehen nemlich wechſelsweiſe die der Laͤnge 
nach gehenden Fleiſchfaſern und die Ringfaſern 
der Daͤrme ſich zuſammen, ſo daß je an einer 
Stelle b die langen Faſern ſich verkuͤrzen, und 
den Darm erweitern, indem zugleich an der 
naͤchſten Stelle a, welche dem Magen naͤher 
liegt, die Ringfaſern ſich verkuͤrzen, und da- 
durch den Darm verengern, mithin das in der 
Stelle a enthaltene in die Stelle b hinabtrei- 
ben. 


4 


ben. Alsdann ziehen die Ringfaſern der Stelle 
b ſich zuſammen, und preſſen das empfangene 
in die naͤchſtfolgende Stelle c hinab, welche fo 
eben vermoͤge ihrer langen Faſern in Erwei— 
terung iſt ie. Dieſe Bewegung kriecht langſam 
von den oberen Theilen der Daͤrme nach den 
unteren fort und iſt oft an mehreren Stellen 
zugleich. Sie iſt im ganzen Darmkanale un⸗ 
willkuͤhrlich, und haͤngt einerſeits von der 
Reizbarkeit der Daͤrme, andererſeits vom Reize 
der Speiſe und Getraͤnke, dann auch der Gal⸗ 
le, ab. 

Iac. Foklix de motu periſtaltico inteſtinorum. 

Trevir. 1750. 4. 


§. 390. 
Die wurmfoͤrmige Bewegung des Zwoͤlf- 
fingerdarms befördert die Miſchung der Spei- 
fen mit der Galle ꝛc. und treibt dann den Chy⸗ 
mus in den uͤbrigen Theil des engen Darms 
(ieiunum et ileum) hinab. In dieſem geht 
dann derſelbe, durch deſſen wurmfoͤrmige Bewe⸗ 
gung getrieben, langſam und allmaͤlig immer 
weiter hinunter. ö 


$. 391. 


223 
Gr IL 

Auf dem Wege durch den engen Darm, 
vorzuͤglich im ſogenannten Jejunum, wird der 
Chylus aus dem Chymus in die Zotten (villi) 
der Speiſeſaftsgefaͤße (vaſa chylifera), wel⸗ 
che in den Darm hineinragen, eingeſogen. Die 
abwechſelnde Verengerung des Darmes (§. 389) 
befoͤrdert dieſe Einſaugung, indem fie die innes 
re Haut deſſelben an den Chymus andruͤckt 
und die Enden dieſer Gefäße in denſelben hin⸗ 
eintunkt. 8 


„Io. Natuan. LIEBERKÜHN de fabrica er actione 
villorum inteſtinorum tenuium. L. B. 1745. 4» 


9. 892. 

Ungeachtet alſo der Chymus, je weiter er 
hinabkommt, deſto mehr von feinem Speiſe⸗ 
ſafte verliert, ſo empfaͤngt er doch dagegen den 
Datmſaft (liquor entericus), eine, wahrſchein— 
lich meiſt waͤßrige, Fluͤſſigkeit, welche ihn feucht 
und weich erhaͤlt. Am meiſten im Jejunum, 
das mehr Blutgefaͤße und daher auch wahrſchein⸗ 
lich mehr aushauchende Gefaͤßchen, als das 
Ileum, hat. 


Chr. FRIED. NÜRNBERGER de Jiquore gaſtrico et 
enterico, Viteb. 1785. 4. 


$. 393. 


224 —— 


95 g. 393. | 
Indeſſen beträgt doch dieſe Befeuchtung 
nicht ſo viel, als jene Abnahme an Feuchtig⸗ 
keit, und der Chymus wird mithin allmaͤhlig 
feſter und dicklicher. Das Ileum hat deshalb 
eine Menge kleiner Schleimhoͤhlen, welche 
Schleim hergeben, der dazu dient, den Weg 
hinlaͤnglich ſchluͤpfrig zu machen. 
Ueber die Wear und Deyerfen 
Druͤſen. ö 


22 g. 394. 5 

Waͤßrige und andere Getraͤnke, welche 
keine naͤhrenden Theile enthalten, geben wahr⸗ 
ſcheinlich keinen vollkommenen Chylus. Sie 
werden aber eben ſo durch den Magen und die 
Daͤrme fortgeführt, mit den Verdauungsſaͤf— 
ten zu einer dem Chylus aͤhnlichen Feuchtigkeit 
gemiſcht, und ganz, oder zum Theile in die 
Speiſeſaftsgefaße eingeſogen. 


d. 395. 

Noch zwei in Ruͤckſicht der Einſaugung 
wichtige Umſtaͤnde ſind hier anzumerken; ein⸗ 
mal, die große Laͤnge des duͤnnen Darms, 
welche hinlaͤngliche Zeit giebt, und zum andern 

5 die 


1 


| m 225 
die ſichelfoͤrmigen Hervorragungen (Klappen) 
in denſelben, welche den Chymus aufhalten, und 


die innere Oberfläche des Darmes vergrößern. 


9. 396. 
Der Chymus kommt alſo immer weiter 


und weiter in dem duͤnnen Darme hinunter, 


endlich zum Ende des Ileums, und aus die- 


ſem in den Weiten Darm (inteflinum amp lum 


f. craſſum), wo er dann Roth, Dreck oder 
Unrath (Faeces) heißt. Je weiter der Chy⸗ 
mus im Ileum fortgeht, deſto mehr wird er 
ſeines Chylus beraubt, mithin deſto dicklicher 
und gelber, von der in ihm uͤbrigbleibenden 
Galle; deſto mehr fange er auch an in Ver 
derbniß uͤberzugehen und einigermaaßen uͤbel⸗ 
riechend zu werden. Der Koth, welcher nur 
den untauglichen Ueberreſt der Nahrungsmittel, 
mit der Galle, enthaͤlt, iſt endlich ſo dicklich, 
daß er hinlaͤngliche Feſtigkeit hat, auch nach 


dem Ausgange aus dem Maſtdarme die cylin— 


driſche Geſtalt des Darmes beizubehalten; gelb— 
braun und ſtinkend, weil er ſchon angefangen 
hat, in Faͤulniß uͤberzugehen, wie ſein Geſtank 
verraͤth. 


. 9. 397. 


$. 397: 

Dieſer Koth geht zuerſt durch die Grimm⸗ 
darmsklappe (valvula coli) in den Blinde 
darm (inteſtinum coecum) hinab. Wenn die⸗ 
ſer Darm ihn weiter forttreibt, ſo hindert jene 
Klappe den Ruͤcktritt in den engen Darm, vor 
deſſen Muͤndung er dann wieder voruͤbergeht. 

Io. Micn. ROEDERER de valuula coli. Arg. 

1768. 4. 


§. 398. | 

Damit aus dem Blinddarme der Koth 

leichter weiter gebracht werden koͤnne, dienet 

der ſchluͤpfrig machende Schleim, welchen die 

Schleimhoͤhlen des wurmfoͤrmigen Fort⸗ 

fages (appendix vermiformis) in den Blind⸗ 
darm ergieſſen. 


Io. NATH. LIEBERRÜHN de valvula coli er uſu 
proceſſus vermicularis, L. B. 1739, 4. In HAL. 
coll. I. p. 581. 

IoAch. Voss de iuteſtino cbeco einsque appen- 
dice vermiformi. Goett. 1749. 4. 


$. 399. 
Der Blinddarm, als der Anfang des 
weiten Darmes, treibt den Koth in feine Forts 
ſetzung, 


} 


N 


ſetzung, den Grimmdarm (inteflinum colon), 
fort. Zunaͤchſt in den aufſteigenden Theil (co- 
lon dextrum f. adfcendens); aus dieſem geht 
er in den queeren (colon medium ſ. transver- 
ſum), aus dieſem in den abſteigenden (colon 
ſiniſtrum f. deſcendens) über, Es geſchieht 
auch hier eine ſolche wurmfoͤrmige Bewegung 
(F. 389), wie bei dem engen Darme; vermöge 
der langen und queeren Fleiſchfaſern des weiten 
Darms, die von dem Kothe, vorzuͤglich von 
ſeiner Galle, gereizt werden. 


= §. 400. 8 
Auf dieſem Wege wird der Koth nach und 
nach feſter und brauner, weil auch hier Saug— 
adern ſind, durch welche nach und nach die 
waͤßrigen Theile weggeſauget werden. | 


| H. 401. 
So gelangt dann der Koth in den letzten 
Theil des weiten Darmes, den Maſtdarm 
( inteſtinum rectum), und endlich zur Muͤndung 
deſſelben, dem After (anus). Zur Erhaltung 
der Reinlichkeit liegt um dieſe Muͤndung ein 
Schließmuskel (jpbincter ani), welcher fie 
ſchon vermoͤge ſeiner Spannkraft, noch ge— 

DE: nauer, 


22s — 


nauer, willkuͤhrlich zuſammengezogen, verſchließt. 
Wenn aber der Koth in den Maſtdarm hinab⸗ 
gekommen iſt, und den Maſtdarm reizt, ſo 
ziehen ſeine queeren Fleiſchfaſern ſich zuſammen 
und preſſen den Koch gegen den Schließmus⸗ 
kel. Bewogen durch die unangenehme Emp- 
findung, welche dieſes macht, verrichten wir 
dann den Abgang des Kothes (excretio al- 
vi) durch eine willkuͤhrliche Wirkung. Wir 
laſſen die willkuͤhrliche Wirkung auf den Schließ⸗ 
muskel nach; nun preſſen die queeren Fleiſch⸗ 
faſern des Maſtdarmes den Koth durch den 
After hinaus, indem wir durch willkuͤhrlichen 
Druck des Zwerchfelles und der Bauchmuskeln 
(F. 200) zu Huͤlfe kommen. Wie dieſes ges 
ſchehen ift, fo ziehen die langen Fleiſchfaſern des 
Maſtdarmes und noch mehr die Aufheber des 
Afters (levatores ani) den herausgepreßten 
After wieder hinein. Am beſten und bequem 
ſten verrichten wir dieſe Ausfuͤhrung in ſitzen⸗ 
der und unterſtuͤtzter Stellung, mit maͤßig vor⸗ 
waͤrts gebogenem Rumpfe. 
Unwillkuͤhrlicher Abgang des Koths bei ſtarker 

Reizung des Maſtdarms von zu langer Zuruͤck⸗ 

haltung oder von Schärfe des Koths. 


$. 402. 


5 229 

H. 402. ER 

Gewöhnlich erfolgt dieſe Ausführung taͤg⸗ 

lich, ein oder zweimal, ſo daß an jedem Tage 


der Koth von den Tages zuvor genoſſenen Nah⸗ 
rungsmitteln ausgefuͤhret wird. 


§. 403. 
Deer ganze weite Darm, vorzuͤglich der 
Maſtdarm, iſt durch Schleim, welchen das 
ſelbſt gelegene Schleimbaͤlge liefern, vor dem 
Reize des Kothes geſchuͤtzt. 


§. 404. 

Da der Koth ſchon in dem weiten Darme 
anfaͤngt, in Faͤulniß uͤberzugehen, fo entbindet 
ſich daſelbſt aus ihm auch mehr oder weniger 
faules Gas. Hingegen im engen Darme 
und im Magen erfolgt im gefunden Zuſtande 
noch keine ſolche Entmiſchung, welche die Ent⸗ 
bindung von Gas bewirkt. Nur kann im Ma⸗ 
gen und im duͤnnen Darme atmoſphaͤriſche 
Luft enthalten ſeyn, die man mit den Speiſen 
und Getraͤnken verſchluckt hat, oder fixe Luft 
(kohlenſaures Gas), welche in Getraͤnken, ins 
dem ſie getrunken wurden, entweder ſchon als 

P 3 \ duft, 


* 
— 


Luft, oder doch ſchon fertig, in den luftartigen | 
Zuſtand uͤberzugehen, enthalten war. 

Okel uͤber die Luft im Darmkanale, in Grens 

Journal der Phyſik. 1790. II. S. 185. S. 


auch Journal der Erfind. in der N. u. A. W. 
1793. I. St. S. 88. 


$. 405. 5 f 
Die Bewegung der Gedaͤrme ſchaffet die 
in ihnen enthaltene Luft, ſie ſey verſchluckt, 
oder erſt in den Gedaͤrmen entbunden worden, 
eben wie den Koth, nach und nach abwaͤrts 
fort. Wenn ſie endlich bis zum After gekom⸗ 
men iſt: ſo koͤnnen wir ſie mit dem Schließ⸗ 
muskel, wie den Koth ($. 401), zuruͤckhalten, 
bis wir ſie, eben wie den Koth (Ebend.), als 
ſogenannte Winde (atus) fahren laſſen. Luft, 
die im Magen enthalten iſt, wird durch die 
Kraft ſeiner Fleiſchfaſern gemeiniglich aufwaͤrts 
hinausgepreßt, und fo aus dem Schlunde auf⸗ 
geſtoſſen (ructus). 


$. 406. 


Senn nich viel Luft im Magen oder in 
den Gedaͤrmen verſammelt, entweder, weil ſie 
durch eine krampfhafte Zuſammenziehung irgend» 

1 wo 


wo zurückgehalten: wird, oder weil ſich in kur⸗ 
zer Zeit eine Menge entbindet, ſo entſtehen 
Ausdehnungen des Darmkanales, die man 
Blaͤhungen nennt. Das letztere kann auch 
im geſunden Koͤrper Statt finden, wenn er 
blaͤhende, d. h. ſolche Speiſen oder Getraͤnke 
genoſſen hat, welche ſchon bei anfangender- Ent⸗ 
miſchung viel Gas von ſich geben. 


d. 407. 

Mancherfei ungewöhnliche und nachtheilige 
Reize koͤnnen die wurmfoͤrmige Bewegung 
des Darmkanales, welche gewoͤhnlich afterwaͤrts 
geht (F. 389), zur entgegengeſetzten Richtung 
bringen (motus antiperiftalticus), fo daß fie 
ſchlundwaͤrts geht, mithin die enthaltenen Din⸗ 
ge gegen den Schlund hinauffuͤhrt. Wenn 
dieſe Bewegung im Magen gelinde geſchieht, ſo 
entſteht die Empfindung des Ekels (nauſea); 
wenn ſie ſtark und heftig geſchieht, ſo erfolgt 
Erbrechen (vomitus), wodurch die im Ma⸗ 
gen enthaltenen Dinge zum Schlunde hinauss 
geworfen werden. Eben dieſe Bewegung in 
den Daͤrmen kann Galle in den Magen, und 
ſo weiter zum Schlunde hinaus, Koth aus 
dem weiten Darme in den engen, und fo weis 

P 4 ter 


7 


1er in den Mugen, zum SR hinaus, 
führen. 7108 
Mich. MORGENBESSER de rin Lipſ. 1738. 4. 

Rec. in HALL. coll. I. p. 249. 

BENI. an? de vomitu et motu inteſtino- 

rum. L. B. 1745. 4. Recuſ. in HALL. coll. I. 

d 813. 
§. 408. 

Das ganze Geſchaͤft der Verdauung iſt 
unwillkuͤhrlich (J. 114). Es bedürfen aber 
die Verdauungsorgane, damit es vollkommen 
verrichtet werde, nicht allein einer hinlaͤnglichen 
eigenthuͤmlichen Lebenskraft (F. 63), ſon⸗ 
dern auch einer hinlaͤnglichen Einwirkung 
des Nervenſyſtems (g. 75). 


* 75 
* 


Io. Ax DR. SEN ER de digeſtione ciborum, Goett. 
1752. 4. 
LAZ SpALLANZAxIL Diſſertazioni di fiſica animale 
e vegetabile. Mutin. 1780. 8. Vol. I. 


Experiences fur la digeſtion de l’homme et de dif- 
ferentes eſpꝭces d’animanx , par SpALLANZ ANI 
trad. par SENEBIER. Genev. 1783. 8. Deutſch 
uͤberſ. von Chr. Sr. Michaelis. Leipzig 
1785. 8. 

EDUARD. STEVENS de alimentorum concoctione, 
Edinb. 7. 

N Georg 


Ur . Fer CH BT Ne way 
N 9 1 \ EA 
; 7 1 un An 
7 * 4 1 * — 8 “4 N 
2 * . N 
a 1 


| N 

Georg Fordyce's neue Unterſuchung der Ver⸗ 
dauungsgeſchaͤftes der Nahrungsmittel. Aus 
dem Engl. überf. von Chr. Fr. Michaelis. 
Zittau 1793. 


G. Friedrich Hildebrandt Geſchichte der Un— 
reinigkeiten im Magen und in den Gedaͤrmen. 
J. Braunſchw. 1789. 


Dritter Abſchnitt. 
Die Einſaugung des Speiſeſafts. 
S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 


IV. Achtes Buch. 49. Kap. Ductus thoracicus. 
$. 2740. fgg. Vaſa chylifera. $. 2746. 


§. 409. 
| Durch die Wirkung der Galle auf die 
Speiſen (§. 388) wird aus ihnen der Speiſe⸗ 
ſaft (chylus) abgeſondert, welcher wegen feiner 
Aehnlichkeit, die er mit der Milch zu haben 
ſcheint, auch der Milchſaft heißt. 


§. % 410. 

Er beſteht zum Theile aus den naͤhrenden 
Theilen der Speiſen, wahrſcheinlich aber zum 
größeren Theile aus den dem Chymus beige— 
miſchten Verdauungsſaͤften, auch aus einem 
von der Galle ihm beitretenden Stoffe, obwohl 

P 5 von 


von unzerſetzter Galle ſich keine Spur in ihm | 


zeigt. Von diefen beigemiſchten einheimiſchen 
Saͤften haͤngt die gleichfoͤrmige Beſchaffenheit 
des Speiſeſaftes ch den Karen Spei⸗ 
ſen ab. 


§. AAT. 

Dieſer Saft geht aus dem engen Darme, 
wo er entſteht, meiſt aus dem Jejunum, in das 
Blut uͤber. Eben das geſchieht bei Waſſer 
und anderen waͤßrigen Feuchtigkeiten, welche 
nicht zum Kae Freilkieße werden. 


* 


$. 412. 


Die Gefäße, welche den Speiſeſaft und 


andere Feuchtigkeiten aus den Daͤrmen in das 
Blut bringen, ſind die Speiſeſaftsgefaͤße 


oder Milchgefaͤße (vaſa chylifera). Die in 


der zottigen Haut (tunica villofa) der Daͤr⸗ 
me befindlichen Zaͤpfchen (ampullae chyliferae) 
ſaugen den Speiſeſaft ꝛc. ein, indem der ihn 
enthaltende Chymus mit Huͤlfe der Darmbe— 
wegung die innere Flaͤche der Daͤrme beruͤhrt. 
Aus dieſen tritt er in die Anfänge der Speife- 
ſaftsgefaͤße, in dieſen Gefaͤßen geht er weiter, 
erſt an den Daͤrmen, dann im Gekroͤſe, durch 

| die 


— 235 


die Druͤschen derſelben, binauf, verſammlet 
ſich in dem Speiſeſaftsbehaͤlter (receptacu- 
lum chyli), geht aus dieſem in feine Fortſetzung 
die Bruſtroͤhre (ductus thoracicus) über, und 
ergießt ſich endlich durch deſſen Mündung in 
die linke Schluͤſſelblutader (vena ſubclavia). 


Caspar. AseLLıus de lactibus .. lacteis venis, 
quarto venarum meſaraicarum genere. Mediol. 
1627. 4. Recuf. in coll. opp, SPIGELII, Amſt. 
1644. Fol. 8 

Io. PECQuUET experimenta nova anatomicn, qui- 
bus incognitum chyli receptaculbm 

deteguntur. Acc. diff. de ſanguinis circula- 
tione et chyli motu. Paris 1651. 4. 

PAUL. CHR. FR. WERNER et CHR. GoTTL, FEL- 
LER vgſorum lacteorum.. .. deferipsio, 
Faſc. I. Lipſ. 1784. 4. ' 

To, SEL DON biftory of tbe abforbent [yfkem, P. I. 

containing the chylography, Lond. 1784. Fol. 


§. 413. 


Die vornehmſte Urſache, welche die Eins 
ſaugung und Fortbewegung des Speiſeſafts be⸗ 
wirkt, iſt eben die, welche in den übrigen 
Saugadern Statt hat ($. 165). 


$. 414. 


* 


236 — 
$. 414. 

In dem Durchgange durch die Druͤſen 
im Gekroͤſe wird der Speiſeſaft etwas aufge⸗ 
halten, mit zukommendem Serum, welches die 
Schlagaͤderchen dieſer Druͤſen ausſchwitzen, ver⸗ 
miſcht und dadurch zur Veraͤhnlichung vorbe⸗ 
reitet. 


| H. 415. 

Daß der Speiſeſaft ſo, aus den Daͤrmen, 
durch die genannten Gefäße, zum Blute hin⸗ 
gehe, beweiſen die Klappen ſeiner Gefaͤße, und 
Unterbindungen derſelben in lebendigen Thies 
ren, bei welchen dieſe Gefaͤße zwiſchen dem 
Bande und den Daͤrmen ſchwellen. 

Io. WALAEUS de motu . et ſanguinis. L. B. 

1651. 8. 

10. Chrıstopn. BohLII viae lacteae c. h. hiſtoria 

naturalis. Regiom. 1741. 4. 


§. 416. 

Auſſer der Zeit, da Speiſeſaft oder Feuch⸗ 
tigkeit von Getraͤnken im Darmkanale befind- 
lich iſt, ſaugen die Speiſeſaftsgefaͤße, wie 
andere Saugaͤdern, nur die eigene Feuch⸗ 
tigkeit des Darmkanales ($. 392) ein. So 

. hat 


| 237 
hat auch der Weite Darm feine Saugadern, 


welche noch aus dem Kothe Feuchtigkeit ein⸗ 
ſaugen koͤnnen. 


$. 417. 

Ob auch die Wurzeln der Pfortader etwas 
aus dem Darmkanale einſaugen? Speiſeſaft 
wohl nicht, wie man leicht beweiſen kann. 
Hingegen iſt auch nicht mit hinlaͤnglichem Grun— 
de zu behaupten, daß fie gar nicht einſau⸗ 
gen, wenn auch andere Venen es nicht thun: 
vielmehr wird durch die Verrichtung der Leber 
und die Abſonderung der Galle eine gewiſſe Ein: 
ſaugung in die Wurzeln der Pfortader wahr 
ſcheinlich gemacht. 


Vierter Abſchnitt. 
Die Bereitung des Bluts. 


$. 418. 

Da das Blut durch die Ernaͤhrung der 
feſten Theile und die Abſonderung anderer Saͤfte 
beſtaͤndig Verluſt erleidet, fo iſt es zur Er⸗ 
haltung des Lebens nothwendig, daß dieſer 
Verluſt beſtaͤndig erſetzt werde. 


$. 419. 


* 


238 Al — — 


e arg. 

Dies geſchieht groͤßtentheils durch den 
Speiſeſaft, welcher aus dem engen Darme 
durch die dazu dienenden Gefäße ($. 412) dem 
Blute zugeführt und ſodann nach und nach ihm 
veraͤhnlichet ( milatur), alſo in a ver 
wandelt wird. 


$. 420. 

Dieſe Veraͤhnlichung (afimilatioy des 
Speiſeſaftes wird ſchon durch die Beimiſchung 
der Verdauungsſaͤfte, insbeſondere der Galle 
(F. 388), dann durch den Aufenthalt in den 
Saugaderdruͤſen des Gekroͤſes (§. 414) vor⸗ 
bereitet; und nachdem der Speiſeſaft in das 
Blut gelangt iſt, nicht allein durch die genaue 
Vermiſchung, welche die ſtarken Bewegungen 
des Herzens und der Blutgefaͤße bewirken, ſon⸗ 
dern vorzuͤglich durch die Lebenskraft des 
Blutes ($. 60) vollendet. 8 


§. 421. 

Die Veraͤhnlichung des fremden Stoffes, 
welcher in dem Speiſeſafte enthalten iſt, be— 
ſteht bloß in gewiſſer Beſtimmung der Mi⸗ 
ſchung und Modification der Grundſtoffe 

deſſel⸗ 


deffelben, indem jede Art lebendiger Körper 
ihre Geſetze der chemiſchen Anziehung hat, die 
von den Geſetzen der chemiſchen Anziehung in 
unbelebten Koͤrpern, theils auch von den Ge— 
ſetzen derſelben in anderen Arten belebten Koͤr— 
pern verſchieden ſind. 


§. 422. f 

Sie geſchieht deſto vollkommener, je beſſer 
der Speiſeſaft durch gute Verdauung und gute 
Wirkung der Saugaderdruͤſen vorbereitet war, 
je langſamer und allmaͤliger der Uebergang des 
Speiſeſaftes in das Blut erfolgt, und je voll- 
kommener die Lebenskraft der Blutgefaͤße und 
die davon abhaͤngende Lebenskraft des Blutes iſt. 


H. 923. 
Uebrigens kann nebenher oder auſſeror— 
dentlich auch dadurch das Blut Nahrung erhal, 
ten, daß die Saugadern des Felles Feuchtig⸗ 
keiten einſaugen, und dem Blute zufuͤhren, wo⸗ 
bei dann ebenfalls die Wirkung der Saug⸗ 
derdruͤſen (H. 414) zu Statten kommt. 


* * * 


Halleé's Verſuch einer Theorie der Animaliſatlon 
und Aſſimilation der Nahrungsmittel. In 
N Sour⸗ 


Sourcroy's Med. eclairee par les feiences 
phyf. II. n. 10. Ueberſ. in den Aufklaͤrungen 
der A. W. von Hufeland und Goͤttling. 
. Band. 1. St. S. 3. 


Fuͤnfter Abſchnitt. 
Die Ernaͤhrung der feſten Theile. 


§. 424. 

Die Faſern und Plaͤttchen des Koͤrpers 
erleiden beſtaͤndig die Wirkung der im ganzen 
Koͤrper verbreiteten Saugadern (F. 160 fgg.), 
welche ihnen, vermoͤge ihrer Verrichtung „ be» 
ſtaͤndig ſowohl fluͤſſige, als feſte, durch fluͤſſige 
aufgelöfere, Theilchen entziehen. Selbſt die fe⸗ 
ſteſten und haͤrteſten Theile, die Knochen, ſind 
von dieſer Wirkung nicht ausgenommen. 


| §. 425. 

Auf dieſe Weiſe erleiden die feſten Theile 
beſtaͤndigen Verluſt. Doch erleidet dieſen 
Verluſt nicht der ganze Koͤrper; ſondern dieſer 
e nur durch Ausführungen (§. 356). 


§. 426. 
Vielleicht koͤnnen die feſten Theile, wasche 


Bewegungen verrichten, oder doch leidend ihnen 
aus⸗ 


241 


ausgeſetzt find, auch allmaͤlig etwas durch Ab⸗ 
reibung verlieren. Doch erleidet auch dieſen 
Verluſt (ausgenommen am Oberhaͤutchen, am 
Schmelz der Zaͤhne ꝛc.) nicht der ganze Körper, 
indem die abgeriebenen Theilchen im Koͤrper 
liegen bleiben und dann nach und nach von den 
Saugadern aufgenommen werden koͤnnen. 


. 427 

Dagegen aber ſetzen die im ganzen Koͤr⸗ 
per verbreiteten Endaͤſte der Schlagadern 
durch aushauchende Gefaͤßchen ($. 148) an die 
Faſern und Plaͤttchen Fluͤſſigkeit ab, welche 
dann an denſelben zu feſter Maſſe verdichtet 
wird. 5 

F. 428. 

Dieſe Fluͤſſigkeit iſt wahrſcheinlich im als 
gemeinen von der Natur des Serums in dem 
oben ($. 34) angegebenen Sinne dieſes Na— 
mens Die Entſtehung feſter Maſſe erfolgt 
ſodann dadurch, daß die Saugadern den fluͤſſig 
bleibenden Theil des Serums, (nemlich das 
Blutwaſſer und die Lymphe, ) wegführen, und 
den gerinnenden Faſerſtoff liegen laſſen. 


8 $. 429. 


8 a 
F. 429. 

Auf ſoſche Weiſe, nur mit einiger Ver— 
ſchiedenheit, geſchieht ſowohl die Ernaͤhrung 
der organiſirten mit Gefäßen durchwebten Fa⸗ 
fern und Plaͤttchen, als die Ernährung unor— 
ganiſirter Faſern und Plaͤttchen, die an und 
zwiſchen organiſirten Theilen liegen. | 


| F. 430. 

Indem die ernaͤhrenden Schlagaͤderchen 
an die feſten Theile des Koͤrpers Serum abſez⸗ 
zen, ſcheint zugleich eine gewiſſe Zerſetzung des 
Serums zu erfolgen, vermöge deren das abge— 
feste nach Verhaͤltniß mehr Sauerſtoff er— 
haͤlt, als das uͤbrige. Daher hat denn das 
Venenblut weniger Sauerſtoff, und iſt dunkler— 
roth, als das Schlagaderblut, welches hellroth 
iſt. Eben dadurch wird die Gerinnbarkeit des 
an die feſten Theile abgeſetzten Faſerſtoffes vers 
mehrt und mithin ſeine Gerinnung befoͤrdert 


($. 428.). 
0 $. 431. 


Da an die feſten Theile immerfort Sauer, | 
ſtoff abgeſetzt wird ($. 430.), dennoch aber dies 


felben in Gefunden immer in gleichem Zuſtande 
blei⸗ 


RE 
% 


243 
bleiben, ohne mit Sauerſtoff uͤberladen zu werden, 
ſo iſt wahrſcheinlich, daß der Sauerſtoff der fe- 
ſten Theile auf eine uns unbekannte Weiſe durch 


die Wirkungen der Lebenskraft verzehrt werde. 


$. 432. 


5 Es werden alſo die feſten Theile des Kör⸗ 
pers immerfort umgeſetzt; die alten wieder in 
den Kreislauf gebracht, und dagegen neue ange— 
ſetzt. An den Knochen beweiſen dieſes die mit 
der Faͤrberroͤthe (Rubia tinetorum L.) gemach— 

ten Erfahrungen bei Thieren. 
Werden alle feſte Theile ſo umgeſetzt, oder 
bleibt eine belebte Grundlage beſtaͤndig, in— 
dem nur der in ihren Zwiſchenraͤumen befind— 
liche unbelebte Stoff von Zeit zu 055 umge⸗ 

ſetzt wird? 
§. 433. 

Bei dieſer Ernaͤhrung der feſten Theile iſt 
es eben ſo merkwuͤrdig, als ſchwierig zu erklaͤ— 
ren, daß jede Art der Theile Knochen, 
Knorpel, Bänder, Fleiſch, Flechſen ꝛe. ihre 
ſchickliche Art von Stoff erhaͤlt, ſo daß 
bei der Ernährung der feſten Theile eben ſolche 
Verſchiedenheit Statt findet, als bei der Ab— 
ſonderung der Saͤfte. 

2 2 H. 434. 


; n §. 434. 

Die gemeine Umſetzung der feſten Theile 
geſchieht allmaͤlig, fo daß immer nur unmerk⸗ 
lich wenige alte mit neuen vertauſcht werden, 
indeſſen die meiſten alten noch bleiben, und mit- 
hin nirgend Veränderungen der Geſtalt entſte⸗ 
hen, ſondern dieſe, das abgerechnet, was vom 
zunehmenden Alter abhängt „immer dieſelbe 
bleibt. 

$. 438. | 

Es kann aber auch vermöge der Ernährung 
Herſtellung oder Wiederbildung (reprodu- 
ctio) einer durch Verwundung, Eiterung, ent⸗ 
ſtandene Luͤcke von betraͤchtlicher Größe bewirkt 
werden, obwohl in dem Menſchen und andern 
warmbluͤtigen Thieren die Faͤhigkeit dazu un⸗ 
gleich geringer iſt, als bei kaltbluͤtigen Thieren, 
und ſich bloß auf Bildung der unbelebten oder 
doch nur ſchwach belebten Theile, des Zellges 
webes, die Erſetzung des verlornen Oberhaͤut— 
chens, abgeſchnittner, auch ausgegangener, Haare 
und Naͤgel, durch die Wirkung der belebten 
Gefaͤße, zu erſtrecken ſcheint. Bei den Knochen, 
welche die meiſte unbelebte Maſſe enthalten, iſt 
dieſe Wiederbildung am ſtaͤrkſten. 


GEORG. 


GEORG» Lopov. KOELER experimenta circa re- 

generationem aſſium. Goetting. 1786. 8. 

Juſtus Arnemann Verſuche über die Regene— 

ration an lebenden Thieren. I. II. Goͤtt. 1787. g. 

Orro Hund de regeneratione partium mollium 
in vulnere. Goett. 1787. 4. 


AxpR. Io. GEorG. MurRRAY de redintegratione 
partium corporis animalis. Goett. 1787. 4 


H. 436. 

Mit dem neuen Anſatze des Stoffes wird 
den feſten Theilen auch neue Kraft gegeben, 
und mithin der Verluſt erſetzt, welchen fie durch 
die Verrichtungen erlitten haben. Daher has 
ben diejenigen Theile, in welchen groͤßerer Auf— 
wand von Kraft Statt findet, auch weitere 
| Blutgefaͤße. Wie aber dieſer Erſatz geſchehe, 
das iſt uns noch unbekannt. 


§. 437. 

Die Ernaͤhrung wird beguͤnſtiget durch 
den Genuß guter, hinlaͤnglich naͤhrender Nah- 
rungsmittel, in mäßiger Quantität, hinlaͤng⸗ 
liche Bewegung und Ruhe des Koͤrpers, und 
ruhige Heiterkeit der Seele: gehindert durch 
Mangel an Nahrungsmitteln, ſchlechte Nah: 

Q 3 rungs⸗ 


rungsmittel, übermäßige Bewegung, traurige, 
heftige, fehnende, Leidenſchaften. 
| 9. 438. 

Die Nerven feinen b bei dem Menſchen 
und aͤhnlichen Thieren allerdings Antheil an 985 
ſer Verrichtung zu haben. 2 

e 

10. BERNOUILLI de nutritione. Groening. 1669. 4. 

‘Io. Don. SAN TORIN US de nutritione. Apud 

BacLIxI opp. Lugd. 1710. 4. Pp. 797. 

HENR. HACUEN OT reſp. Anton. IosE pH. PR- 

sTALossı de nutritione. Monſpel. 1727. Re- 
cuſ. in Harz. coll, III. p. 679. 8 
PETR. T HOUVENEL de corpore nutritivo. Monfpel 
1770: 4. 
Joh Chriſtian . Zweifel und Srinnes 
rungen wider die Lehre der Aerzte von der 
Ernaͤhrung der feſten Theile. Halle 1778. 8. 


Sechſter Abſchnitt. 
Die thieriſche Waͤrme. 
ele 9. 439. 


er der Ernährung gehört auch gewiſer⸗ 


maaſſen die Erzeugung der thieriſchen Waͤr⸗ 
me 


— 


24% 
me (calor animalis). Es haͤngt nemlich bei 
dem Menſchen und anderen warmbluͤtigen Thies 
ren die Waͤrme ihres Bluts nicht, wie bei den 
Faltblütigen, von der Atmofphäre, ꝛc. worin fie 
leben, ſondern von ihrer Sn Erzeugung der 

Wärme ab. 


| $. 440. 

Daher hat das menſchliche Blut, eben wie 
das Blut anderer warmblütiger Thiere, und 
ſo der ganze Koͤrper, (ausgenommen auf der 
Oberſtaͤche wegen der Abkuͤhlung oder Er⸗ 
hitzung durch andere umgebende Koͤrper,) in 
kalter und warmer euft, ꝛc. immer beinahe einer⸗ 
{ei Temperatur (96° Sahrenheit.). 


§. 441. 

Der Menſch iſt uͤberdem vor allen Thieren 
vorzüglich fähig, in den verſchiedenſten Gra— 
den von Wärme und mithin in den verſchieden⸗ 
ſten Klimaten zu leben. 


| F. 442. 

Die Erzeugung der thieriſchen Waͤrme 
hänge wohl nur zu einem kleinen Theile von der 
Zerſetzung der eingeathmeten Lebensluft in den 
Lungen ab, indem der Sauerſtoff derſelben zum 

24 Theile 


Theile mit dem 1175 ſich verbindet, und da⸗ 
durch Waͤrmeſtoff aus ihr entbunden wird 
($ 181 fag.) ;; ſondern es iſt wahrſcheinlicher, 
daß dieſelbe groͤßtentheils von einer beſonde⸗ 
ren Wirkung der feinſten Gefäße ab⸗ 
hänge, vermöge deren die Quantitat des Sauer⸗ 
ſtoffs im Blute und daher auch feine Capacitaͤt 
vermindert, mithin Waͤrmeſtoff frei wird. Die 
Nerven ſcheinen auf dieſe Wirkung großen 
Einfluß zu haben. Dieſes beweiſen der Fieber- 
froſt und die Fieberhitze, die Wirkung der Lei⸗ 
denſchaften zur Veränderung der Temperatur, 
und die verſchiedene krankhafte Waͤrme einzel⸗ 
ner Theile. a 
Arn. DUNTZE experimenta calorem animalem 
ſpecrantia. L. B. 1754. 4 
Io. GEORG. ROEDERER 0H. de auimalium calore, 
Goett. 1758. 4. | 11 
HENR. Aud. WRISBERG de reſpiratione prima, 
ner vo phrenico et calore animali. Goetting. 
1763. 4. f f 
Eꝛxperiments on the caufe of heat in living ani- 
male, by IHN CAVERHILL. Lond. 1770. 8. 
Verſuche uͤber das Vermoͤgen der Pflanzen und 
Thiere, Waͤrme zu erzeugen und zu vernichten. 
Aus dem Engliſchen mit einer eigenen Abh. 
von Lorenz Crell. Helmſt. 1778. 8. 


* 


G. Pı- 


in + 2 „ n er 


249 
SG. PıckeL experimenta phyſico· medica de electri- 
citate er calore animali. Virceb. 1778. 8. 
 ADAIR CRAWFORD experiments and obfervations 
on animal heat and on the inflammations of 
combuftible bodies. London 1779. 8. Nach 
der zweiten Ausgabe uͤberſ. von Lorenz Crell. 

eipzig 179. 8. 

Edward Rigby’s Verſuch uͤber den Ueſprung 
der thieriſchen Wärme. Mit Anmerk. aus dem 
Engl. überf. von Auguſt Friedr. Adrian 
Diel. Altenb. 1789. 8. 


Achtzehntes Kapitel. 
Die Abſonderung der Saͤfte. 


g. 443. 

Aus dem Blute (9. 33. fag.) werden in 
dem menſchlichen Körper viele andere Säfte ab- 
geſondert, welche ſehr mannigfaltig verſchieden 
ſind. | 

1) Waͤßrige Säfte (bumores aquofi). Sie 
beſtehen meiſt aus eigentlichem Blutwaſſer 

(aqua fanguinis) (J. 35.). Von dieſer Art 

find die Feuchtigkeit der Hoͤhlen, der 

Bruſt⸗ und Bauchhaut ꝛc. mit einem ges 

ringen Antheile von Lymphe und Faferftof- 

fe ($. 36. 37.); der Harn, die Thraͤ⸗ 
2 5 nen, 


nen, welche beide zugleich Salze enthal⸗ 

ten. Auch der Speichel iſt groͤßtentheils 

von dieſer Art, doch neigt er ſich zugleich 
zur Natur der ſchleimigen Saͤfte. 


ophadiſche Säfte, (bumores Iympha- 
tici, albuminofi), welche meift aus $nın- 
phe beſtehen. Von dieſer Art ſcheinen die 
Proftara, die Feuchtigkeit in den Blaͤs⸗ 
chen des Eierſtockes zu ſeyn. 

4) Schleimige Säfte (bumores mucofi). 
Der eigentliche Schleim (mucus, pituita), 
beſteht aus Faſerſtoffe mit etwas Blutwaſ⸗ 
fer. Der Speichel haͤlt zwiſchen den 
ſchleimigen und mütheigin Saͤften das Mit⸗ 
tel. . 

5) Geligte Säfte, ( bumores oleoſi, adi- 
pofi). Diefe find von dem Blute ganz 
verſchieden und haben dieſelbe Beſchaffen- 
heit als die vegetabiliſchen Oele. Von dies 
fer Art find das eigentliche Fett (adeps, 

Dinguedo), das Knochenmark (medulla 
um), die fettige Salbe des Felles (Je- 
bum cutaneum), und deſſen beſondere Ar- 
ten: das Ohrenſchmalz (cerumen auri- 


um) ꝛc. N 
Auſſer 


\s 3 Tr ee ee ig 251 


Auſſer dieſen ſind aber noch andere Saͤfte 
im Koͤrper, welche theils aus jenen gemiſcht, 
auſſerdem aber von eigener Art find: die Gal- 
le, der Saamen die Milch, die Salbe der 
Augenlieder, das Gelenkwaſſer, der Mal⸗ 
pighiſche Schleim, das rs ng 
im Auge ꝛc. * 


§. 444. 

Wie ſo mancherlei Saͤfte aus einem 
und demſelben Blute abgeſondert werden koͤn⸗ 
nen, das iſt ſchwierig zu erklaͤren. Die bloß 
waͤßrigen und lymphatiſchen Saͤfte, koͤnnen 
wohl abgeſondert werden, indem Blutwaſſer 
mit mehr oder weniger Lymphe durch Gefäße. 
chen (vafa exhalantia) ausſchwitzt, welche fei⸗ 
ner, als die Blutgefäße find. Aber wie wer- 
den ſolche Säfte bereitet, die vom Blute und 
vom Blutwaſſer ſo ſehr verſchieden, und ſo, 
wie ſie nach der Abſonderung beſchaffen, im 
Blute nicht enthalten ſind? Es ſcheint da⸗ 
bei einiges auf die groͤſſere oder geringere Ent— 
fernung des Abſonderungsorgans vom Herzen, 
auf den Winkel, unter welchem ſein Schlag— 
aderſtamm aus dem Hauptſtamme ausgeht, auf 
die gerade oder gebogene, geſchlaͤngelte Richtung 

deſſel⸗ 


5 


deſſelben, vielleicht auch auf die Winkel, unter 

denen die Abſonderungsgefaͤße aus den Blutge⸗ 

faͤßen entſpringen, auf die Weite und Geſtalt 
derſelben anzukommen. Auſſerdem aber und 
hauptſaͤchlich hängt wohl die Abſonderung jedes 

Saftes von der eigenthuͤmlichen Lebenskraft 

(F. 63.) des Organes ab, in dem er abgeſon⸗ 
dert wird. 

Verſchiedene Hypotheſen. 

BERNHARD. ALBIN Us reſp. GusrAv. Dan. Lip- 
STORP de poris humani corporis. Francof. ad 
Od. 1685. Recuf. in HALL. coll. III. p. 509. 

Perr. Ant. Michzrorri de feparatione fluido- 
rum in corpore animalis Venet. 1721. 4. 
10. Gopork. ARNOLD de vi viſcerum in Huidæ. 
Regiom. 1726. In HALL. coll. II. p. o . 
PETRI Lupi nova per poros inor ganicos ſecretio- 
num theoria PAULI MASCAGNI iterum vulga- 
ta, atque parte altera aucta, in qua vaforum 
minimorum vindicatio et ſecretiorum per poros 
inorganicos refutatio continetur. T. I. II. Rom, 
1793. 8. 8 

Ueber die Meinung, daß die Gale und andere 
Saͤfte im Blute ſchon praͤexiſtiren. 

Io. Dan. METZGER reſp. C. DE TIEFFENBACH 
de bumorum fecretorum in fanguine praeexi- 
ſtentia. Regiom. 1794. 4. 


4 F. 445. 


§. 445. 

Schon der Augenſchein lehrt, daß die Ab— 
ſonderungsorgane eben ſo ſehr verſchieden ſind, 
als die Saͤfte, welche ſie bereiten. Einige der— 
ſelben heißen Druͤſen (glandulae). Die einfach— 
ſten find kleine Baͤlge (folliculi, eryptae), wel⸗ 
che an einem Ende verſchloſſen ſind, am andern 
mit einem kuͤrzeren oder laͤngeren Ausfuͤhrung— 
gange ſich öffnen. Von dieſer Art find ſowohl 
die Fettbaͤlge (Folliculi ſebacei), welche auf 
der Oberflaͤche des Felles liegen, um die Salbe 


geſchmeidig erhaͤlt, als die Schleimbaͤlge 
(Holliculi mucoſi), welche an den innern Häus 
ten der Luftroͤhre, des Darmkanals, der Harn⸗ 
wege, ꝛc. liegen, um den Schleim abzuſondern, 
der die innere Oberfläche dieſer Höhlen übers 
zieht. 


§. 446. 

Die zuſammengehaͤuften Druͤſen (glandu- 
laue conglomeratae) hingegen beſtehen aus vielen 
kleinen Koͤrnchen (acini). Jedes derſelben 
hat feine aͤuſſere Hülle, in derſelben feine Blut— 
gefaͤßchen und Abſonderungsgefͤͤßchen, und ſei— 

nen kleinen Ausfuͤhrungsgang. Alle dieſe klei⸗ 
0 nen 


deſſelben abzuſondern, welche das Oberhaͤutchen 


* 


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*% — 


& / | 
nen Ausfuͤhrungsgaͤnge einer ſolchen Druͤſe ver- 
einigen ſich in einen, welcher ſich da offnet, wo 
der abgeſonderte Saft u 1901 | 


9. 447. ö 
Von dieſen Druͤſen unterſcheidet man bloß 
am Mangel jener Koͤrnchen die abſondernden 
Eingeweide (viscera ſecernentia), welche doch 
auch aus Blutgefaͤßen und abſondernden Gefaͤſ— 
ſen beſtehen und jedes ſeinen Ausfuͤhrungsgang 
haben, der aus kleinern Gaͤngen zuſammenge⸗ 
ſetzt wird, und am gehoͤrigen Orte ſich oͤffnet. 
Hingegen hat man manche Theile, bloß wegen 
ihrer Aehnlichkeit mit den zuſammengehaͤuften 
Druͤſen, Druͤſen (glandulae) genannt, obs 
wohl ſie keinen Ausfuͤhrungsgang haben, auch 
u Abſonderung in ihnen bekannt iſt. 
S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Fuͤnftes Buch. §. 1768 fgg. 


§. 448. 


Die waͤßrigen und lymphatiſchen Saͤfte, 
welche durch ausſchwitzende Gefaͤßchen aus den 
Blutgefaͤßen herausgetrieben werden, ergieſſen 
ſich alsbald auf die innere Oberflaͤche des Theils, 1 
an dem fie abgeſondert werden, bei Höhlen al⸗ 


jo 


er 


8 

ſo in die Hoͤhle, fuͤr welche ſie beſtimmt ſind. 
So tritt auch der Schleim aus ſeinen Baͤlgen, 
geradehin auf die Oberflaͤche derjenigen Haut, 
welche er beſchuͤtzen ꝛc. ſoll, die Salbe des Felles 
gerade auf die Oberfläche deſſelben; der Spei— 
chel fließt gerade in den Mund ꝛc. Einige Saͤf— 
te hingegen werden erſt in ein beſonderes Be— 
haͤltniß ergoffen, und verweilen in demſelben ei— 
ne Zeitlang, ehe ſie ſich weiter ergieffen „theils 
deswegen, weil der beſtaͤndige Abfluß derſel— 
ben nachtheilig ſeyn wuͤrde, theils deswegen, da— 
mit ſie durch Einſaugung waͤßriger Feuchtigkei⸗ 
ten ſtaͤrker werden. 


§. 449. 5 
Die wichtigen Zwecke dieſer vielfachen 
Verrichtung ſind auf einer Seite die Reinigung 
des Blutes von Stoffen, welche in uͤberfluͤſſi— 
ger Quantitaͤt in ihm vorhanden ſind, auf der 
anderen die Bereitung gewiſſer Saͤfte, welche 
zur Erhaltung des Koͤrpers ſelbſt, oder fuͤr die 
Zeugung und Erhaltung feiner Kinder nuͤtzlich 
ſind. 
| §. 450. 
Sie iſt daher (§. 114.) eben, wie die Ver⸗ 
dauung, eine unwillkuͤhrliche Verrichtung. 
Doch 


256 N un 


Doch hat das Nervenſyſtem groſſen Einfluß 
auf dieſelbe (§. 75.) und mithin auch die Seele 
ſelbſt, auf die oben beſtimmte Weife ($. 116.). 
Verſchiedenheiten der Abſonderung, die vom As 
ter, Nahrung, Lebensart, ꝛc. abhaͤngen. 


x ** 1e 


Perr. RIDRUx reſp. Nic. BouchARD conſpectus 
ſecretionum in genere. Monſpel. 1731. In 
Hi coll. II, p. 73% ü 


Neunzehntes Kapitel. 


Die Verrichtung der Schilddrüfe, der 
Thymus und der Nebennieren. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Sechſtes Buch. 36. Kap. 2. Abſchn. Von 
der Schilddruͤſe. 37. Rap. Von der Thy⸗ 
mus. Siebentes Buch. 42. Kap. Von den 
Nebennieren. 


§. 451. 

Es giebt gewiſſe Organe im Körper, wel⸗ 
che den Abſonderungsorganen, beſonders den 
Druͤſen, ſehr aͤhnlich ſind, von denen wir je— 
doch nicht gewiß wiſſen, ob ſie zur Abſonderung 
dienen. Von dieſer Art iſt erſtlich die Schild- 
druͤſe (glandula thyreoiea), an welcher bis izt 

noch 


ee © 257 


noch keine Ausfuͤhrungsgaͤnge hinlaͤnglich erwie- 


ſen ſind. Ihr Nutzen ſcheint, wenn nicht ganz, 


doch zum Theile ain den Kehlkopf ſich zu ers 
ſtrecken. 

PETR. EvERTZEN ER | GoporR. BIpLOoO de 
glandula thyreoidea. L. B. 1708. 4. a 
Io. GEoRG. Lautu de glandula chyreoidea, Arg. 

1742. 4 

Io. "Christopti. ANDREAS MAYER tefp, GAUPP 
de ſecundar ia quadam ęlandulae thyreoidene 
wtilitate, Fref. ad Viadr. 1785. 4. 


U 


x 


d. 45% 


Zweitens die Thymus (Bruſtdruͤſe, 
Milchfleiſch). Dieſe ſcheint, wenigſtens vorzuͤg⸗ 
lich, dem Embryo zu nuͤtzen, weil ſie in dieſem 
bey weitem am groͤßten iſt, nach der Geburt 
allmaͤlig abnimmt, und in alten Körpern oft 
ganz verſchwunden iſt. Ihr wahrſcheinlichſter 
Nutzen iſt, in demſelben während der Bildung und 
des Wachsthums vor der Geburt, ſo lange die 
Lungen noch zu klein ſind, den Raum in der 
Bruſt auszufuͤllen, welchen dieſe uͤbrig laſſen, 
und die Bruſt früh genug (ſchon vor der Vers 
knoͤcherung der Rippen) auszudehnen, damit 
ſie nach der Geburt fuͤr die durch das Athem⸗ 
R holen 


holen zu erweiternde Lungen groß genug ſey. 
Wozu dient aber der milchigte Saft, den ſie 
im Embryo enthält? Man kann zugeben, daß 
dieſer einen, noch unbekannten Nutzen, habe, oh⸗ 
ne deswegen jenen ten des Thymus 
leugnen zu muͤſſen. 0 | 

Auc. Lud. de Huco. de glandulis er M pecintin 

de thymo. Goetting. 1746. 4. 

CHR. GODOFR. GRUNER reſp et auct. KaRch de 

05 e * F len. 1792. 4. 


7 u“ - 


$. 453 
Drittens die Nebennieren, (glandulae 
fuprarenales , renes ſuccenturiati, capſulae atra- 
bilariae) , welche beſonders durch ihre inwendige 
weiche braune Subſtanz ausgezeichnet werden. 
Auch an dieſen kennt man noch ſo wenig mit 
Gewißheit einen Ausfuͤhrungsgang, als ihr Nuz⸗ 
zen bekannt iſt. Bloß fuͤr den Embryo dienen 
fie wahrſcheinlich nicht; denn obwohl fie in dem⸗ 
ſelben nach Verhaͤltniß groͤſſer ſind, ſo bleiben 
fie doch bis in das hoͤchſte Alter. Merkwuͤr⸗ 
dig iſt es, daß ſie in hirnloſen Embryonen ſo 
ſehr klein find. 
Io. Fx. Drovsen de renibus et capfulis ſue- 
centuriatis, Goett. 1752. 4. 
a 10. 


—— 259 
lo. CHRISTOPH, Ax pk. Br va SCHMIDT 


de glandulis Areale Francof, ad V. 


ur ER 


PHIL. HexR. BoERLER de thyreoideae glandulae 
mi atque glandularum Juprarenalium in 
bomine nato er naſcendo functionibus. Arg. 


2753. 4 
Zwanzigſtes Kapitel. 
Der Harn. 
S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Siebentes Buch. 41. Kap. Von den 
Harnwerkzeugen. 8 

§. 454. 

Die unter dem Namen Harn (vrina\ bes 
kannte tropfbare Fluͤſſigkeit, welche wir von Zeit 
zu Zeit aus der Harnroͤhre ablaſſen, it bei 
gefunden Menſchen (im friſchen Zuſtande) völlig 
klar, weingelb, ſchwachſalzig und von einem eis 
genen, nicht eben widrigen, Geruche. 


§. 455. 
Er beſteht groͤßtentheils aus Waſſer, und 
enthält deſſelben bei weitem mehr als das Blut. 


In dieſem find Faſerſtoff, Phosphorſelenit, 
R 2 und 


| 


266% — 


und eigentliches Harnſalz, auch etwas Koch 


ſalz und Digeftivfalz aufgeloͤſet. Das eigentlis 
che Harnſalz (l fufibile vrinae, ſal micro- 
cosmicum) beſteht aus Phosphorſaͤure mit fluͤch⸗ 
tigem Alkali und Mineralalkali. Doch enthalt 
er, auch in geſunden Menſchen, ein wenig freie 
Saͤure. . 


. 456. 

Das Waffer des Harnes zeigt ſich bei der 
Deſtillation des friſchen Harues in gelinder Hiz— 
ze. In dem dicklichen Ruͤckſtande kryſtalliſiren 

ſich Ja und nach jene Salze. 


9. 457. 

Wen abgelaſſeuer Harn ruhig ſteht, ſo 
wird er nach und nach truͤbe, indem fein Faſer— 
ſtoff mit Phosphorſelenit ſich entmiſcht, und all— 
maͤlig niederſetzt. Er geht bald in Faͤulniß 
über, wobei dieſe Entmüchung zunimmt, zus 
gleich aber ſeine flüchtigen Stoffe als faules Gas 
ſich entbinden. 


9. 458. 

Seine Grundſtoffe find im Ganzen dieſel⸗ 

ben, als die des Bluts (§. 43.) aber in einem 
andern Verhäͤltniſſe in ihm enthalten. Wenn 


man 


261 


man fein Waſſer abgedampft hat, bis er dick 
lich worden und ihn dann bei hinlaͤnglicher Hiz— 
ze einer Deſtillation unterwirft, fo entbindet fich 
aus ihm brandiges Oel und kohlenſaures 
fluͤchtiges Alkali, dann auch gekohltes 
Waſſerſtoffgas, kohlenſaures Gas und zu⸗ 
letzt ein wenig Phosphorus. Der Ruͤckſtand 
iſt Kohle, deren Aſche phosphorſaures Mi⸗ 
neralalkali, Kochſalz, Digeſtivſalz und 
phosphotſaure Kalkerde giebt. Fauler 
Harn giebt ſchon im waͤßrigen Zuſtande bei der 
Deſtillation füͤchetges Alkali. 


§. 459. f 
Das Verhaͤltniß der im Harne enthalte 
nen Stoffe iſt ſehr verſchieden. Je mehr Waf- 
ſer er enthaͤlt, deſto ſchwaͤcher iſt er gefaͤrbt, 
und deſto milder von Geſchmack und Geruch; 
je mehr Salze, deſto ſchaͤrfer von Geſchmack; 
je mehr brennbare Stoffe, deſto ſtaͤrker gefärbt, 
und deſto ſtaͤrker vom Geruche. Dieſe Ver— 
ſchiedenheiten haͤngen von der Quantität und 
Beſchaffenheit der Speiſen und Getraͤnke, von 
Waͤrme und Kaͤlte, von dem Verhaͤltniß der 
Aus duͤnſtung, auch vom Zuſtande der Nieren ab. 
* ** 


R 3 Thom. . 


0 


\ 


22 — 


ITnoxk. LA Urn pr. IAc. REIN B. SPIELMANN de 


analyſi vrinae et acido phosphoreo, Arg. 1781. 4. 
Halls über die Erſcheinungen und Veraͤnderun⸗ 
gen des Harns im geſunden Zuſtande. In 
den Mem. de la ſoc, de med. 1779. p. 469. 

u berſ. in Crells chem. Annal. 1785. II. 

S. 252. N A 50 

Sourcroy über den Harn in ſ. Abh. über die 

thier. Stoffe, in den Anm, de chimie. VII. 

1790. p. 146. uͤberſ. in v. Crclis chem. Ann. 

1773. Zi ©. 461. j | 


§. 460. 


Die Abſonderung dieſes Safts ort 
naͤmlich in den beiden Nieren (renes), indem 


aus den Blutgefaͤßchen der Nierenrinde Waſſer 


mit gewiſſen auderen Stoffen in die Roͤhrchen 
(tubuli vriniferi) der inneren Subſtanz (Jub- 
ſtantia tubuloſa) uͤbergeht. Er ſiepert aus den 
kleinen Muͤndungen der Nierenwaͤrzchen (Papil. 


lae renales) in die Becher (calices), fließt aus 


dieſen in das Mierenbecken (pelvis renalis) und 
fo durch die Fortſetzung des Nierenbeckens, den 
Harnleiter (vreter) in die Harnblaſe hinab. 


S Eb nac de renibus libellus. Ven. 
1563. 4. Recuf. in opusc, anat. Ven. 1564. 4. 


IuE. 


8 * 5 8 263 


nalibus, Goett. 1752. 4. 
ALEXANDER SCHUMLANSKY de ſtructura renum. 
Arg. 1783. 4. Recuf, cur. I. C. Wurrz.:ib, 
1 1788. 4. 8 


8. 461. 
Es kommt alſo der Harn durch die beiden 


in die Harnblaſe. Andere heimliche Wege 
( viae clandeftinae.), durch welche Harn, aus 
dem Magen oder den Daͤrmen, geradezu in die 
Blaſe gelangt, ſind wenigſtens nicht bekannt: 
und die Gruͤnde, welche man fuͤr ihr Daſeyn an⸗ 
führe, nicht hinlaͤnglich beweiſend. 

Theod. Rooſe über die geheimen Harnwege. 


In ſeinen phyſiologiſchen 1 
Braunſchw. 1796. S. 74. 


Thilows Bemerkung von Nieren ohne Harn 
leitern. Anat. pathol. Abhandlung von den 
Nieren, welche keine Harnleiter hatten, nebſt 
einigen Exklaͤrungen in Ruͤckſicht des Geſchaͤffts 

der Saugadern, von Georg Heinr. Thilow. 
Erf. 1794. 4. 


§. 462. 
| Die Harnblaſe (vefica vrinae) hat den 
wichtigen Nutzen, den Harn eine Zeitlang zu 
ı ſamm⸗ 


Wen, FrıED. DROVYSEN de renibus et eapfulis re= 


Harnleiter, von jeder Niere durch den ihrigen, 


— 


264 — 


1 
* * 


ſammlen, damit er nicht immerfort abfieſſe. 


Der Harn in ihr aufzuhalten, dient ſowohl die 
Lage ihres Halſes, welcher zwiſchen dem Scham⸗ 
beine und dem Maſtdarme (oder der Mutter⸗ 


ſcheide) gelinde gepreßt liegt, als die Zuſam⸗ 


menſchnuͤrung deſſelben durch die 5 Be 
wen Fleiſchfaſern. 


§. 463. 


Wenn eine hinlaͤnglich groſſe Quantität des 


Harnes in der Blaſe geſammlet iſt, um ſowohl 
durch Ausdehnung derſelben, als durch Druck 
auf den Blaſenhals und durch Reizung eine uns 


angenehme Empfindung zu verurſachen, ſo laſ⸗ 


ſen wir mit willt uͤhrlicher Zuſammenziehung der 
langen Fleiſchfaſern der Blaſe (detruſor vrinae) 
den Harn hinaus, indem wir dabei das Zwerch⸗ 
fell und die Bauchmuskeln (5 200.) helfen 


laſſen. 
§. 464. 


Der Harn wird alſo durch den Blaſenhals 
in die Harnroͤhre (vrethra), und weiter durch 
dieſelbe zu ihrer Muͤndung hinausgeſpritzt. Im 
maͤnnlichen Geſchlechte hilft wegen der Laͤnge der 
Harnroͤhre der Harntreiber (accelerator vri- 


nae, wanne nach, welchen die Aueer⸗ 


muskeln 


265 
muskeln des Mittelfleiſches (transverfi pe. 
rinaei) anfpannen, um feine Wirkung du ver⸗ 
ſtaͤrken. Bi N g 
| §. 468. | 
Wie viel Harn in der Blaſe ſich aufhal⸗ 
ten koͤnne, das hängt von der Gröffe der Harn⸗ 
blaſe, mithin theils von Gewohnheit, dann auch 
von der Schärfe des Harns, oder von andern 
Reizen, der groͤſſeren oder geringeren Empfind⸗ 
lichkeit der Harnblaſe, ab. Ein geſunder er— 
wachſener Menſch kann, im Durchſchnitte ges 
nommen, auf zwei Pfund Harn in der Blaſe 
halten. Wie oft er abgelaſſen werde, das hänge 
theils davon ab, wie viel Harn die Blaſe be— 
quem faſſen kann, theils davon, ob viel oder 
wenig Getraͤnke oder waͤßrige Speiſen genoſſen 
ſind. 


Ueber das ſehr lange Verweilen des Harns in 
der Blaſe und deſſen Folgen. 


§. 466. 

Zur Beſchuͤtzung der innern Flaͤche der 
Harnblaſe und Harnroͤhre vor der Schaͤrſe des 
Harns dient der Schleim, welcher von den 
Schleimhoͤhlen, die auf ihrer inneren Flaͤche 
liegen, abgeſondert wird. 9 

ö S §. 4% „ 


Ph 


Br er ee 457 Ta9t 151750 um 

Der wichtige Krugen dieſer Abſonderung 
und Ausführung beſteht darin, den Weberfiuß 
des Waſſers, der Erde, der Salze, der brenn- 
baren Stoffe, vorzuͤglich des Phoͤsphorus, aus⸗ 
zufuͤhren, damit das Verhaͤltniß dieſer Stoffe 
beftändig richtig bleibe. Daher enthaͤlt der 
Harn, auch im gefunden Zuſtande, dieſe Stof⸗ 
fe nicht immer in gleichem Verhaͤltniſſe, ſondern 
jeden Stoff nach Verhaͤltniß ſeiner Menge im 
Blute. Auch iſt eben daher ſeine Buanciis 


erfhiden. 
* es * 


ER BEUDT de Fabrica er vfu viſcerum vro- 
poöticorum, L. B. 1744. 4. In HALL. coll. III. 
2 3 
Ein und zwanzigſtes Kapitel. 
Die ene des 12 5 s 


F. 468. 

Eben dieſen Mutzen leiſtet einigermaaſſen 
die Ausduͤnſtung des Felles (perſpiratio 
cutanea). Die aushauchenden Enden der 
Schlagadern des Felles (vaſa exbalantia cuta- 
nea) ($ 148.) hauchen naͤmlich aus ihren 
Mündungen (ori cutanei exhalantes) einen 

ö \ — Dunſt 


0 aus, welcher theils aus 1 theils 
aus an beſteht. * 


8 g. 469. 
Der Riechſtoff der Ausdühflung offen⸗ 
bart ſich durch den Geruch; er ſcheint aus ver— 
ſchiedenen flüchtigen Stoffen des thieriſchen Kör- 
pers, Phosphor, Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, 
Sauerſtoff, gemiſcht zu ſeyn, und verdirbt die 
Luft eben ſowohl, als die ausgeathmete Luft. 
Er iſt bei verſchiedenen Menſchen, nach Natio⸗ 
nalverſchiedenheit, Klima, Nahrung, ıc. in dem 
Verhaͤltniſſe feiner Grundſtoffe, und daher auch 
im Geruche, verſchieden. 
Ueber gewiſſe Nahrungsmittel und An len, 


welche ihren Geruch der Ausduͤnſtung mit— 
heilen. 


§. 470. . 

Das Waſſer iſt in der gewoͤhnlichen Aus; 
duͤnſtung geſunder Menſchen, ohne beſondere 
Vermehrung derſelben, kaum merklich, obwohl 
wir in gelinder Wärme die feuchtere Oberfläche 
des geſunden Felles von der krankhaft trocknen 
bei der Fieberhitze ꝛc. wohl unterſcheiden koͤnnen. 
en aber die Ausduͤnſtung hinlaͤnglich ver— 
. mehrt 


— 


Be | 5 0 * af 


mehrt wird, fo zeigt fih der Schweiß ( fader); 
eine waͤßrige Feuchtigkeit in kleinern oder gröfs 
25 Troͤpfchen auf der Oberflaͤche deſſelben. 


9. 471. 


Von dieſer eigentlichen e e 
terie iſt die Hautſalbe oder Hautſchmiere 
¶Jebum cutaneum) zu unterſcheiden, welche in 
Baͤlgen (folliculi ſebacei) abgeſondert wird, 
und aus deren Muͤndungen auf die Oberflaͤche 
x des Oberhaͤutchens austretend dieſes geſchmeidig 
und ſchluͤpfrig erhält. Es Hat, zumal an ges 
wiſſen Stellen, einen eigenen Geruch, von dem 
der Geruch der Ausduͤnſtung zum Theile abzu⸗ 
haͤngen ſcheint. 


§. 472. 
Die Guanritàt der Ausduͤnſtung, de 
ren Größe Sanctorius durch lange fortgeſetz⸗ 
te Verſuche gezeigt hat, iſt doch ſehr verſchieden. 
SANCTORII SANCTORII de ſtatica nedicina apbo· 
rismi. Venet. 1614. 12. auct. ib. 1634. 16. 


IAc. KEIL medicina ſtatica Britannica. Cum 
ent is, med. pH. Lond. 1718. 8. 


Tuo. SECKER de medicina flatica. L. B. 1721. 
Recuſ. in Hall. coll. III. p. 588. 


$. 473. 


. 8 


5 269 
§. 473. | 

Sie hängt nämlich theils von dem ſtaͤrke⸗ 
ren oder ſchwaͤcheren Triebe des Blutes, theils 
von der groͤſſeren oder geringeren Schlaffheit 
und Nachgiebigkeit der ausduͤnſtenden Poren, 
theils von der gröfferen und geringeren Quan⸗ 
titaͤt der Stoffe im Blute, welche durch die 
Ausduͤnſtung ausgefuͤhrt worden; mithin eines 
theils von dem Maaſſe der Wirkung der Lebens- 
kraft, andern theils von der Waͤrme und Trok— 
kenheit, oder Kaͤlte und Feuchtheit der Luft in 
der wir leben, von warmen und kalten Spei⸗ 
ſen und Getraͤnken, von reizenden und erhitzen 
den Speiſen und Getraͤnken, von Bewegung 
und Ruhe, von Schlafen und Wachen, von 
Kleidung und Bedeckung, von Leidenſchaf⸗ 
ten, ꝛc. ab. a 


§. 474. 

Auch die Beſchaffenheit der Ausduͤn⸗ 
ſtungsmaterie, naͤmlich das Verhaͤltniß der 
Stoffe, welche durch die Ausduͤnſtung ausge⸗ 
fuͤhrt werden, iſt nicht immer gleich, ſondern 
haͤngt theils von der Staͤrke und der Weiſe der 
Wirkung der Lebenskraft, theils von den ra | 
fen und Getraͤnken, ꝛc. ab. 

S 3 9. 475: 


270 — N 


9. 475. . 
Der wichtige Nutzen der Ausduͤnſtung 
ſcheint vorzüglich darin zu beſtehen, überfüffige 
brennbare, einigermaaßen auch waͤßrige Theile 
auszuführen. Er kommt alſo zum Theile mit 
dem Nutzen der Abſonderung des Harns, aber 
nicht ganz uͤberein. 


ueber die Schaͤdli chkeit der Unterdruͤckung der 
Ausduͤnſtung fuͤr die Geſundheit. 


Zwei und zwanzigſtes Kapitel. 
Die Zeugung. 


8. 476. 
Fr Menſch hat, wie andere belebte Kör⸗ 
per, vermoͤge ſeiner Naben, die Faͤhigkeit 
der Zeugung (generatio), vermoͤge deren aus 
ihm Kinder entſtehen „welche ihm aͤhnlich = ind, 


5 9. 477. 

Dieſer Zeugung wegen ſind, wie bei an⸗ 
dern warmbluͤtigen Thieren, die Menſchen zweier⸗ 
lei Geſchlechts. In dem Weibe entſteht, wenn 
es mutter wird, ein neuer Menſch, welcher 

in ihm ſo ange waͤchſt und ausgebildet wird, 
bis er faͤhig iſt, e der Mutter zu leben, 


und 


— x 


und bis dahin die Frucht, Leibesfrucht 


(emhryo, foetus) heißt. Dieſe Eutſtehung eis 


nes Embryo im Weibe wird aber nur dann be— 
wirkt, wenn der Mann (des neuen Menſchen 


Vater) daſſelbe durch die Begattung Cats) 


befruchtet hat. 
| Gast er Abſchnitt. 1 
Das Zeugungsgeſchaͤft des Mannes. 


Se. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Siebentes Buch. 43. Kap. 1. Abſchn. Von 


den Zeugungstheilen der Maͤnner. IV. 


| 5 Zehntes Buch. 53. Kap. Von den e 
denheiten des Geschlechts. 


„. 478. 
Der maͤnnliche Roͤrper hat zu dieſem 


wichtigen Zwecke die mannlichen Seugungs⸗ | 


theile (partes genitales viriles ), welche von 
denen der Weiber abſolut unterschieden, naͤm⸗ 
| lich dazu eingerichtet ſind, den männlichen, Sa 
men zu bereiten, aufzubewahren und in die weib⸗ 
lichen Zeugungstheile zu fuͤhren. Die Faͤhig⸗ 
keit dieſer Theile findet aber nur in einer gewiſ⸗ 
ſen Periode des Lebens, vom Anfange des Juͤng⸗ 


lingsalters bis ins hohe Alter Statt, und fehlt 


hingegen dem Kinde, wie dem Greiſe. 
0 S 4 Ueber 


— N 


„ 


32 


Ueber ie urſachen des Mangels dieſer Faͤhig⸗ 


keit beim Kinde und beim Greiſe. 


| F A, 47 5 

Der erwachſene Koͤrper eines Mannes 
unterſcheider ſich von dem erwachſenen weib⸗ 
lichen auſſer dem abſoluten Unterſchiede der Ge— 
ſchlechtstheile auch relativ, durch die größere 
Laͤnge; groͤßere Haͤrte und Straffheit der Fa— 
ſern und des Zellgewebes; groͤßere Dicke und 


Kraft der Fleiſchfaſern; das groͤbere, härtere 


Fell; ſtaͤrkere Behaarung, insbeſondere den 


Bart; minderes Fett und daher ſtaͤrkere Her⸗ 


vorragung der aͤuſſeren Muskeln; dickere, der⸗ 
bere, rauhere Knochen mit mehr hervorragen⸗ 
den Fortſaͤtzen; die breitere Bruſt; das ſchma⸗ 


lere und engere Becken; mehr gebogene und 


ſchraͤger liegende Schluͤſſelbeine; größeren Kehl⸗ 
kopf und tiefere Stimme. 


dern. 
iR 1 
Wenn der junge, maͤnnliche Koͤrper (mit 
dem funfzehnten, ſechs zehnten ie. Jahre, in 


waͤrmern Klimaten früher) mannbar ( an | 


BR, ſo wachſen feine Zeugungstheile nach 
Ver⸗ 


Mangel dieſer Unterſchſede an fa Kin, 


„ 273 


Verhaͤltniß mehr als bisher; der Venusberg 
und die Seiten des Hodenſacks, auch die Achſel⸗ 
gruben, werden mit Haaren beſetzt, und herz 
nach, etwas ſpaͤter, kommt auch allmaͤlig der 
Bart (barba) und bei einigen Haar auf dem 
Bruſtbeine, und um die Bruſtwarzen, hervor. 
Zugleich erhaͤlt der junge Körper nach und nach 
den maͤnnlichen Bau und die maͤnnliche Staͤr⸗ 
ke; und die tiefere maͤnnliche Stimme ($. 479). 
Mit dem Ende des Wachsthums (ums zwan⸗ 
zigſte bis fünf und zwanzigſte Jahr) hat dieſe 
Veraͤnderung ihre Vollkommenheit erreicht. 
Ta. MILLER de puberrate. Edinb. 1781. 8. 


H. 481. 
Mit dieſer Veraͤnderung faͤngt dann zu⸗ 
gleich die Abſonderung des männlichen Zeu⸗ 
gungsſtoffes, des ſogenannten maͤnnlichen 
Samens (Herma virile) an, und dauert 
bis zur Abnahme der ee im hohen Al⸗ 
ter fort. 


§. 482. 

Dieſer Saft, ein Saft von ganz Be 
derer Art, iſt gelblichweiß, dicklich, hat eine 
große ſperiſiſche Schwere und einen eigenthuͤm⸗ 

ES lichen 


4 


4 * e. 
4 5 * Er 2 4 =. i 
+ 


lichen ſtarken Geruch. Er ſcheint aus Lymphe 


und Faſerſtoff (§. 36. 37) von vorzuͤglicher Güte 

zu beſtehen, und dabei einen ihm eigenen fluͤch⸗ 
tgen Stoff (aura ſeminalis) zu enthalten; nach 
neueren Uaterſuchungen ‚enthält. er auch als 
naͤchſten Stoff phosphorſauren Kalk. Seine 
Grundſtoffe find. dieſelben, als die des Bluts, 
wie ſeine chemiſche Zerlegung zeigt (F. 43. 44). 
Vauquelins Analyfe des männlichen Samens, 
aus dem Franz. uͤberſ. in den Aufklaͤr. der N. 
und A. W. von Hufeland und Göttling I. 
3. St. S. 267. und in v. Crells chem. Annal. 

1794. II. en 314. 


. 9. 483. 
In dem vollkommenen, eine Zeitlang in 


* N 
=: 
7 


den Jeugungstheilen aufbewahrten, Samen fin⸗ 


det man die Samenthierchen (animalcula 


‚fpormatisa)ız« kleine mikroſ kopiſche Thierchen von 


eirunder Geſtalt, an einem Ende mit e 
dünnen Schwaͤnzchen begabt. A 
FR. SCHRADER de ten vſu in naturali 
ſcientia et anatome, Goetting. 1681. p. 34. 
Nic. Honrsork ER! rait de dioptrique. Paris 

1694 4. p. 227. % ee i 0 
Mart. Frob. Zedermüllers phyſt caliſthe Be. 
1 eee d ie Nüͤrnb. 1756.4. 


PETR. 


1 


u le, Are ee 


275 
PRETR. Em. en 290 natura Spermatis obferva- 


LAZ. SPALLANZANI opuscoli de fifsca animale e 
19 6 vegetabile T. II. Modena 1776. 8. 


Fried. von Gleichen, genannt ee 
über die Samen - und Infuſionsthierchen. 
Nuͤrnb. 1778. 4. 


5 . 484. 
a Die Abſonderung dieſes wichtigen Saftes 
geſchieht in den beiden Hoden (teſtes, tefli- 
culi), durch die feinen Samenroͤhrchen (ana. 
liculi ſeminales) derſelben, vermoͤge einer eigens 
thuͤmlichen Lebenskraft. In jedem Hoden er— 
gieſſen ſich dieſe in die weiteren Roͤhrchen des 
Hodenkerns (corpus HIHMORT, nucleus teſtis 
culi, rete vasculoſum HALLERI), und aus dies 
ſem durch andere weitere Roͤhrchen (vascula 


43 


K. 485. 
Der ſogenannte Nebenhoden epididy« 


den iſt, und die unmittelbare Fortſetzung deſſel⸗ 
ben, welche dann auch Ausfuͤhrungsgang 


gang 


rionibus microfcopicis. indagata. Goett. 1756. 4. 
839 


efferentia) in den Anfang des Nebenhoden 
Bub epididymidis). ; 5 „ 


mis), welcher der Ausfuͤhrungsgang des Ho— 


des Samens oder hinleitender Samen⸗ 


1 


9 * ‚ - r 1 2 


70 | 3, 

gang ( ductus deferens, vas deferens) genannt 

wird, fuͤhrt den Samen aus dem Hoden bis 

zu der kleinen Muͤndung, welche in der Harn⸗ 

roͤhre neben dem Schnepfenkopfe (caput 
allinaginis, veru montanum) liegt. 


1 §. 486. 

Dieſe beiden Muͤndungen (der beiden Sa⸗ 
mengaͤnge) find aber, fo lange nicht beſondere 
Armſtaͤnde eintreten, durch Schließringe (ſphin. 
c 8ᷓcteres) geſchloſſen, fo daß der Samen nicht in 

die Harnroͤhre ausflieſſen kann, und aus jedem 

Samengange in das neben ihm liegende Sa- 

menblaͤschen (veficula ſeminalis) (dem die⸗ 
ſelbe Mündung gemein iſt,) zuruͤcktritt. 


9. 487. 

In den beiden Samenblaͤschen bleibt 10 
Samen kuͤrzere oder laͤngere Zeit liegen, un 
wird daſelbſt durch Einſaugung waͤßriger Theile 
in die Saugadern derſelben dicklicher und ſtaͤrker. 


Gruͤnde wider Jobn Hunters Meinung, daß 
die Samenblaͤschen zur nene des Sa⸗ 
mens dienen. 


9. 488. 


§. 488. vi 

Es werden jedoch auſſer den wäßrigen : 
Theile wahrſcheinlich auch auch weſentliche Theis 
le des Samens eingeſaugt. Dies beweiſen ei- 
ies theils die auffallenden Veränderungen, wel⸗ 
| i in dem mannbar gewordenen männlichen 
örper vorgehen (9. 480), und bei Verſchnitte⸗ 
fehlen; andern theils die bisweilen lange 

eit unterbrochene Ausführung des Samens. 


§. 489. 

Wenn ſich nach und nach eine groſſe Quan⸗ 
itaͤt von Samen in den Samenblaͤschen ges 
ammlet hat, fo bewirkt dieſes in den Zeugungs⸗ 
eilen eine gewiſſe angenehme Reizung, welche 


Seele erſtreckt, und in dieſer den geſunden ohne 
uſſere Veranlaſſung entftehenden Aire 
ſeieb erregt. - 


. 490. 
[Die Ergieſſung des Samens (exere- 
o /permatis) aus den Samenblaͤschen und zu⸗ 
leich aus den Samengaͤngen geſchieht, indem 
ſieſe Behälter in eine heftige Bewegung gerar 
en, und, indem ſie den Widerſtand jener 


Schließ⸗ 


— 


Geruche des Samens begabten Saft in die 


Samenbläschen den Samen in die Harnröhren] 


Schließringe ($. 175 ), welche zugleich nablaß⸗ 
fen, uͤberwinden, den Samen in die Harnröh⸗ 
ren preſſen. Wegen der Enge der Muͤndungen 
wird auf einmal nur ſehr wenig Samen in die 
Harnröhre ergoffen ; es erfolgt aber die Bewe⸗ 
gung, welche die Ergieſſung bewirkt, ſogleich 
mehremale nach einander; doch endiget fie, nach⸗ 
dem nur ein Theil des in den Bläschen cab 
tenen Samens ausgefuͤhrt iſt. 


. 49 r.. 
Gerade da, wo die beiden Muͤndungen der 


ergieſſen, liegen auch die vielen kleinen Muͤndun⸗ | 
gen der Droffate, welche zugleich den Saft 
derfelben (liguor proflatıcus‘), einen weiſſeren,, 
flüffigeren, leichteren und nicht mit dem ſtarken 


Harnroͤhre geben, um den Samen zu verduͤn. 
nen und ſeinen Fortgang zu erleichtern. 


9. 492. 
Aus der Harnroͤhre wird ſodann der Sa⸗ 
men uns dem a ee Safte und ein \ 


"alla. ie) are 48g. 
Di.ieſe ganze Crareiung if eh mit einer gabi 
fen wohlluͤſtigen Empfindung verbunden. Das 
ganze Nervenſyſtem nimmt an dieſer heftigen 
Wirkung mehr oder weniger ſtarken und bis⸗ 
weilen ſehr heftigen, bisweilen aber auch kaum 
einigen Antheil, welches davon abhangt, wie 
ſt k der Geſchlechtstrieb iſt, wie lange vorher er 
nicht befriedigt worden, wie die begleitenden Um- 
ſtaͤnde und Empfindungen beſchaffen ſind, ob 
die Einbildungskraft dabei thätig iſt oder nicht ꝛe. 
Jede Ergieſſung hat daher einige Schwaͤchung 
der Lebenskraft zur Folge, theils nach und nach 
durch die Ausleerung, welche eine vermehrte Ab 
ſonderung nach ſich zieht, theils ſogleich Dale. 
| gr heftige Zahl der 3 


i 5 e in 494 

Die Ergieſſung des Samens an ſich Ks 
if ganz unwillkuͤhrlich, aber die Urſache derſel- 
ben kann willkuͤhrlich feyn und iſt es meiſt. Die 
Urſache der Ergieſſung überhaupt iſt immer ein 
Beiz. Dieſer entſteht entweder durch idiopa— 
thiſche Reizung der Zeugungstheile, oder durch 
ſympathiſche, die dann entweder von der Seele, 
oder auch vom Körper abhängt. Die natuͤrli— 
8 b che 


* 


che Ergieſſung bei der Begattung wird theils 


von idiopathiſcher Reizung der Zeugungstheile 
theils von ſympathiſcher Mae durch die See⸗ 


le bepeiekt, 


§. 49. 


Die Samenergieſſungen (Dollutiones), 
welche ohne Begattung, meiſt im Schlafe, alſo 
meiſt zur Nachtzeit (nocturnae) erfolgen, ent⸗ 


ſtehen bei einigen von der idiopathiſchen Reizung 
der Zeugungstheile durch angeſammlete groſſe 


Quantität des Samens, welche einen gewiſſen 
angenehmen Reiz macht, der im Schlafe ſtaͤr— 
ker wirken kann, und wohlluͤſtige Traͤume er⸗ 


regt ic. Meiſt aber entſtehen ſie, und oft bei 


kaͤrglichem Vorrath an Samen, von ganz anz 
deren Urſachen, entweder von koͤrperlichen, (der 


Lage auf dem Ruͤcken, ſpaͤten, reichlichen und 


reizenden Abendeſſen, geiſtigen Getraͤnken, Ans 
ſammlung des Kothes oder Harns, Waͤrme und 
Weichheit des Bettes, ꝛc.) oder vom ſtarken Ge⸗ 
ſchlechtstriebe, wohlluͤſtigen Ideen, die vor dem 


Einſchlafen noch rege worden ſind. Die mit 


den Ergieſſungen verbundenen wohlluͤſtigen Traͤu⸗ 
me ſind alsdann, ſie moͤgen in der Seele von 


ao oder durch jene koͤrperlichen Reize ent⸗ 


5 ſtehen, 


— 


— 


— 281 


ſtehen, zwar ganz oder zum Theile Urſache der 
Ergieſſung, aber nicht Wirkung des Ueberfluſ— 
ſes an Samen. Alle Ergieſſungen der letzteren 
Art, die ohne reichlichen Vorrath an Samen 
entſtehen, ſind fuͤr krankhaft zu halten; und 
auch jene ſind, ſo oft auch dieſe Ergieſſungen 
bemerkt werden, doch nicht als weſentliche Ers 
gieſſungen anzuſehen. Der Vorrath des Sa— 
mens kann durch die Einſaugung nach und nach 
wieder ins Blut zurückgeführt werden H. 488.) 
und die Samenblaͤschen koͤnnen eine groſſe 
Quantitaͤt Samen aufbewahren. Doch werden 
freilich nur bei den ſeltenen enthaltſamen, dem 
Geſchlechtstriebe nicht nachhaͤngenden Männern, 
die Saugadern der Samenbläschen ſtets in 
hinlaͤnglicher Uebung und die Samenblaͤschen 
in hinlaͤnglicher Dehnbarkeit erhalten, um ſehr 
lange Zeit Ergieſſungen ganz ungeſchehen zu 
laſſen. Bei vielen Maͤnnern hingegen findet 
die gegenſeitige Beſchaffenheit Statt, ſo daß ihnen 
einiger Vorrath von Samen leicht eine ſolche 
Ergieſſung im Schlafe bewirket. Aber dennoch 
findet auch bei dieſen meiſt noch eine oder die 
andere jener Nebenurſachen Statt, bei deren 
ſorgfaͤltiger Vermeidung die Samenblaͤschen 
ach und nach an groͤſſere Dehnung, die Saug— 
T adern 


adern an Einſaugung, gewöhnt, und mithin die. 
ſe Ergieſſungen immer mehr mlt werden 
koͤnnen. 
Friedrich Hildebrandt uͤber die Ergieſſungen 
des Samens im Schlafe. Braunſchw. 1792. 8. 
Ueber die ſeltenern Ergieſſungen, welche im Bas 
chen, mithin meiſt bei Tage erfolgen. Ueber 
die Unterſchiede derſelben ſ. Io. E RN. Wich- 
MANN de pollutione diurna, Goett. 1782. 8. 


| §. 496. 4 
So noͤthig es iſt, daß Ergieſſungen des 
Samens geſchehen, damit neue Menſchen er⸗ 
zeugt werden; fo. wenig iſt doch dem männlis 
chen Koͤrper dieſe Ergieſſung nothwendig in | 
Ruͤckſicht feiner ſelbſt. Sie kann ohne Nach⸗ 
theil der Geſundheit Jahre lang unterbleiben, 
ſo daß aller Samen durch die Saugadern ins 
Blut zuruͤckgefuͤhrt wird (9. 4658.) Es iſt 
vielmehr die Zuruͤckhaltung des Samens und 
die Zuruͤckfuͤhrung des Samens aͤuſſerſt heil— 
ſam zur Vermehrung der maͤmmlichen Staͤrke; 
und zumal fuͤr Juͤnglinge ein wichtiges Mittel, 
ihnen dieſe Staͤrke zu verſchaffen; jo wie hin⸗ 
gegen oͤftere Ergieſſungen des Samens, ſowohl 
wegen des zu reichlichen Verluſtes dieſes edlen 
Saf⸗ 


= 238383 

Saftes, der eine reichlichere Abſonderung deſ— 

felben nach ſich zieht, als wegen der heftigen Ans 

ſtrengung des Nervenſyſtemes, welche mit jeder 

verbunden iſt, am meiſten für Juͤnglinge, aͤuſ⸗ 
ſerſt ſchwaͤchend und verderblich find. 


15 §. 497. 

Die maͤnnliche Harnroͤhre (vrethra vi- 
rilis) dient nicht blos zur Ausführung des Har— 
nes, wie die weibliche, ſondern auch zu Ausfühs 
rung des Samens Sie geht deswegen durch 
das ganze männliche Glied, und iſt daher viel 
laͤnger als die weibliche. Auch iſt fie, den Sa 
men ſchneller fortzutreiben, enger. 2 


. §. 498. 

Da die bloße Harnroͤhre zur Begattung 
untauglich ſeyn würde, fo iſt fie von dem maͤnn⸗ 
lichen Gliede (penis) umfaßt. Dieſes iſt 
zwar, um nicht Unbequemlichkeit zu verurſachen, 
gewoͤhnlich ſchlaff (Aaccidus); aber eben dies 
jenigen Reize, welche die Ergieſſung des Sa— 
mens veranlaſſen ($. 494.), bewirken zuvor alle 
maͤlig das natuͤrliche und zur Begattung erfors 
derliche Anſchwellen, Steifwerden und Aufrich⸗ 
ten deſſelben, durch vermehrte Einwirkung des 
12 a Ner⸗ 


h ’ 

Nervenſyſtems, und dadurch vermehrten Zufluß 

des Blutes in die Blutgefaͤße der ſchwammig⸗ 

ten Koͤrper deſſelben, welches Anſchwellung und 

Anſpannung zur Folge hat. 

Von Langguths Bemerkungen (welche in 8405 
manns Diff. de vi imaginationis in Foetum. 
Viteb. 1790. erzählt werden) ſ. Journal der 

\ Erfind. in d. N. u. A. W. 1793. 3 St. S. 122. 

Sponitzer uͤber die Turgeſcenz des maͤnnlichen 
Gliedes. Ebend. 10. St. S. 3. 

E. B. G. HEBENSTREIT reſp. KR WENDLER 
de turgore vitali. Lipſ. 1795. p. 5. 

Theod. Georg Aug. Rooſe uͤber das Anſchwel⸗ 
len des maͤnnlichen Gliedes im geſunden Zu⸗ 


ſtande. In f. phyſiologiſchen Unterſuchungen. 
Braunſchw. 1796. 8. S. 17. 


§. 499. 4 

Nicht bloß vor und in der Ergieſſung 
erfolgt dieſes Aufrichten, ſondern oft auch, 
ohne daß es zur Ergieſſung kommt, wenn 
jene Reize nicht ſtark oder nicht lange genug 
wirken. Die bloße Aufrichtung des Gliedes er⸗ 
folgt viel leichter, und ſchon von ſchwaͤcheren 

Reizen. Sie iſt uͤbrigens unwillkuͤhrlich, wie 
die Ergieſſung des Samens ($. 494.). | 
Auf⸗ 


Aufrichtung des Gliedes von krankhaften Br 
und Unterſchied Nee 8 


8 4 9. Soo. „ 


0 Wenn die urſachen der Aufrichtung aufs 
‚hören zu wirfen, fo kehrt das Glied wieder in 
feinen schlaffen Zuſtand zuruͤck. Wenn es bis 
zur Ergieſſung kommt, ſo erfolgt die Erſchlaf⸗ 
fung gemeiniglich ſogleich nachher, weil dieſelbe 
mit Schwaͤchung der Lebenskraft verbunden iſt 
(, 493.). Aus eben dieſer Urſache fehlt ger 
wa nachher eine Weile die Sähigfei dal. 
42 52 x 9. Sor. 
Die anſpannenden Muskeln des maͤnn⸗ 
chen Gliedes (uflentatores penis), welche ſonſt 
auch aufrichtende (erectores) genannt werden, 
ziehen die hintern Enden der ſchwammigten Koͤr— 
per abwaͤrts und ruͤckwaͤrts, koͤnnen auch wohl 
die Venen derſelben etwas zuſammenpreſſen, und 
ſowohl dadurch, als indem das maͤnnliche Glied 
auf der vordern Haut des Hodenſackes, wie ein 
Hebel, ruhet, etwas dazu beitragen, daß die 
Aufrichtung des Gliedes vermehrt wird. We⸗ 
nigſtens lehrt die Erfahrung, daß die Aufrich— 
a ein wenig vermehrt wird, wenn dieſe 
f T 3 Mus⸗ 


— a 7 j 


286 „ 


Muskeln wirken. Auch befetigen und ſpannen 


ſie das Glied von beiden Seiten und halten es 
in der zur Begattung noͤthigen Richtung. Die 
Wirkung derſelben iſt der Willkuͤhr unterwor⸗ 
fen, doch ſcheint dieſelbe ſympathiſch auch un⸗ 
willkuͤhrlich zu erfolgen, wenn Urſachen da find, 


welche die Aufeicptung des Gliedes bewirken. 5 


| 4 0 Güte 

Die Vorhaut (praeputium), he im 
vollkommenſten Zuftande fo lang ift, daß fie 
die ſchlaffe Eichel ganz, die angeſch wollene aber 
nicht völlig bedeckt, dient der aͤuſſerſt empfind⸗ 
lichen Eichel (glans) zum Schutze. Die am 
Rande der Eichel durch kleine Bälge abgeſon— 


derte fettige Salbe (/megma), welche eine 


größere Fluͤſſigkeit und einen ſtaͤrkeren Geruch, 

als die gemeine Hautſalbe (§ 471) hat, dient, 

die innere Flaͤche der Vorhaut und die aͤuſſere 

der Eichel hinlaͤnglich ſchluͤpfrig zu erhalten. 
ueber die verſchiedene Lange der Vorbaut. 

Ueber die Beſchneidung. l 

N an e 


‚ Resner de GrAEF de virorum organis genera- 


tioni inſervientibus. L. B. et Amſt. 1668. 8. 


ALEX. 


Al xx. MoxRO fl. de reſtihus et ſemine in varis 
\ auinalibus. Edinb. 1755. 8. } 


Zweiter Abſchnttt. * Ten 
Dos Zeugungsgeſchaͤft der Weiber. A 


5 es Hildebrandts Cehrbuch der Anatomie. 
III. Siebentes Buch. 43. Kap. 2. Abſchn. Von 
den Zeugungstbeilen der Weiber. Zehn⸗ 
tes Buch. 33. Kap. Von den Verſchieden⸗ 
4. beiten des Geſchlechts. 5 
. 503. dene ab 

Die weiblichen Zeugungetheile 1 
Geburtstheile (partes genitales muliebres) 
ſind von denen der Männer nach ihrem verſchie— 
denen Zwecke abſolut unterſchieden. 120 


$. 504. 4 

Es dienet namentlich die Gebaͤrmutter 
(vterus), der wichtigſte und ſonderbarſte der 
weiblichen Zeugungstheile, den Embryo zu ent— 
halten und zu naͤhren, und nachdem er hinlaͤng⸗ 
lich ausgebildet und ſtark werden, ihn durch 
ihren ane vteri) herauszupreſſen. 


* — 


au. wu F085, 
Die neben der Gebaͤrmutter in den brei⸗ 
ten Mutterbaͤndern (ligamenta lata) liegen- 
T 4 den 


28 — 


den beiden Eierſtoͤcke (ovaria, teſtes mulie- 
bres) enthalten Bläschen (veficulae, ovula 
GRAEFIANA),. deren jedes mit einem Troͤpf— 
chen Safte, von der Art der Lymphe (. 36.) 
gefuͤlt ſind, welcher fügli der weibliche 
Zeugungsſtoff oder weibliche Samen 
(per ma muliebre) genannt werden kann. Wenn 
ein ſolches Bluͤschen reif, d. h. mit feinem Saf⸗ 
te ſtrotzend gefuͤllt iſt, ſo iſt es fertig bei einer 
erfolgenden Begattung zu Mare und fein zröpfe 
chen W 
die 2 ham ie BT me 
rer —5 880 „ada Nee} 
Wicht Die ! in eben dieſen Baͤndern, vor und über 
den Eierſtoͤcken liegenden beiden Muttertrom⸗ 
peten (tubae Farrorit), dienen jenen Sa⸗ 
men aus den Cierſtöcken nach der eee ö 
955 zu Wh Gele Ane s 1 0 


a cg. ones en 
* Die mmlutterſchede ki vteri) 6 
1 bei der Begattung das männliche Si 
aufzunehmen, und bey der Geburt zum Aus⸗ 
gange des Embryo. Zu beiden Zwecken wird 
fie durch ihren Schleim hinlanglich ſchluͤpfrig 
gemacht. Im e Zuſtande iſt fie 


128 eng; 


\ — — 289 


eng; durch die Begattung, noch em die 
Geburt, wird ſie erweitert. | 
ei 2: 1 - 2 
RL Er 
Eben da 15 dient denn auch die weibliche 
Scham (vulva, cunnus, pudendum mulie- 
bre) zwiſchen deren aͤuſſeren Lefzen (labia 
exte/na) die inneren (labia interna, nymphae 
und die Klitoris, der empfindlichſte Theil derz 
ſelben, verſteckt liegen. Die aͤuſſeren Lefzen 
liegen im jungfraͤulichen Zuſtande dicht zuſam⸗ 
men; je oͤfter aber ein Weib geboren, oder 
auch nur ſich begattet hat, deſto mehr klaffen 
ſie von einander. Die kurze und weite unter 
der Klitoris ſich öffnende weibliche Harn⸗ 
roͤhre (vrethra muliebris) dient nur zum Aus⸗ 
laſſen des Harns, der aus ihr zwiſchen den 
Nymphen herabfließt. Die Nymphen find, 
eben wie innere Fläche der mannlichen Vorhaut, 
mit einer ſtarkriechenden Salbe (inegma ) ein⸗ 


geſalbt, welche aus kleinen Baͤlgen an ihnen ab⸗ 


geſondert wird, und ſowohl zur Beſchuͤtzung ges 
gen die Schaͤrfe des Harns, als zur Schluͤpf⸗ 
rigkeit dient. Zu der letzteren dient auch eine 
andere, ſchleimartige Feuchtigkeit ( erma 
muliebre ſpurium), welche aus beſonderen Hoͤh⸗ 


T 5 ö len 


rene 


Ye) 


len am Eingange der Scheide ») abgeſondert, 
und bei manchen Weibern zur Zeit der Begat⸗ 
tung reichlicher ergoſſen wird. 

SEN 5 Hildebrandts Anatomie III. $. 2350. 


rt Na 509. RD Nas 
An dem Eingange der Scheibe, über und 

zwiſchen den beiden Nymphen, liegt im jung⸗ 

fraͤulichen Zuſtande das Jungfernhaͤutchen 


(bymen*), welches denſelben verſperret, ſo daß es 


durch die enge Oeffnung, welche es in der Mit— 
te laßt, zwar den Harn, und das monatliche 
Blut heraus laͤßt, aber dem maͤnnlichen 


de den Eingang in die Scheide nicht geſtattet, 5 . 


ohne zerriſſen zu werden, und daher gewiſſe 
maßen ein Kennzeichen des unverletzten jungfräus 
lichen Zuftandes ift. Bei Weibern, die ſich ſchon 


vollkommen begattet haben, ſind ſtatt dieſes 


Haͤutchens einige einzelne Laͤppchen (carun. 
culae myrtiformes), die eee des 8 
fenen Jungfernhaͤutchens, da. 
10. Iac. HUBER de vaginae vteri Aructura ru. 
N gofa; ? nec non de mene. L. B. 1742. 4. 


nn ur s N 
| Rn * 


_ REGNER de Gnakr de mulierum organis genera- 
tioni infervientibus. L. B. 1672. . 


Io. 


10. e t miraculum Narurae ſ. vreri 
muliebris fabrica. L. B. 1672. 4. 

Io. GEORG. ROEDERER icones vreri bunani. 
Hoett. 1759. Fol. 

10. lac. HuBER vreri muliebris partiumque a 


eum Facieutium praecipuarum irergta ea plana: 
tio. In HaALLERI icon. Faſcic. I. 


Job. Gottl. walter Bec über die 
Geburtstheile des weibchen Aab Ber. 
lin 1776. 4 

HE NR. Abd. WRISBERG de vtero Nn tub in 
ovariis, et corpore luteo quorundam animalium 
cum iisdem animalibus in homine collatis. Goet- 
ting. 1782. 4 1 a. 4 


$ BIO 1 


Die Faͤhigkeit diefer Theile finder ebenfalls 
nur in einer gewiſſen Periode des Lebens, vom 
Anfange des Juͤnglingsalters bis zum vier— 
zigſten, funfzigſten Jahre Statt, und fehlt 
hingegen dem Kinde und dem kleinen Mörchen, 
wie dem alten W 


1 5 9. 51 Eu | ' 
Der erwachſene Körper eines Weibes un⸗ 
terſcheidet ſich von dem erwachſenen maͤnn⸗ 
lichen auſſer dem abſoluten Unterſchiede der Ge⸗ 
ſchlechts⸗ 


ſchlechtstheile auch relativ: durch die geringere 
Lange; größere Weichheit und Biegſamkeit der 
Fasern und de Zellgewebes; geringere Dicke 
und Kraft der Fleiſchfaſern; das feinere und 
weichere Fell; mindere Behaarung im Ganzen, 
doch laͤngeres Kopfhaar; größere Fettigkeit, 
und ſowohl daher, als wegen der duͤnneren 
Muskeln ebnere Oberfläche des Körpers; leich⸗ 

tere Entſtehung und Ertragung der Vollbluͤtig⸗ 
keit; duͤnnere, zartere, glattere Knochen mit 
minder hervorragenden Fortſäͤtzen; ſchmalere 
Bruſt; das breitere und weitere Becken; min⸗ 
der gebogene und gerader liegende Schluͤſſelbei— 
ne; kleineren Kehlkopf und hoͤhere Stimme; 
größere 12 des e 


Mangel dieſer Unten an weiblichen Kin 
dern. 0 5 8e 7 7 2 st 2 11 
FRANC. THIERRY reſp. Eon Thou. MokkAu: 
an praeter genitalia Eee ine Se diferepant ? 
Paris 1740. 4. u; sin! Jin. 0 
J. 8. Ackermann uͤber die 1 Verſchie⸗ 
denheit des Mannes vom Weibe auſſer den 
chlechtstheilen. Aus dem Lat. überf. von 


nt: OA 
5 Joerg, wenzel. u; 1788. IRRE, 


in 


91 dn ed s 


EIG 5 $. 512. 


3 er 


yeah H. 512. 

Auſſer dieſen relativen Unterchieden 5 
ſteht noch ein beſonders wichtiger relativer Un⸗ 
terſchied in den Bruͤſten (mammae), welche 
in dem erwachſenen weiblichen Körper ihrer Be— 
ſtimmung wegen viel dicker und N als 
in dem männlichen f ſind. 


H. 513. 
Wenn der junge weibliche Koͤrper (mit 
dem vierzehnten, funfzehnten ic. Jahre, in wärs 
mern Klimaten fruͤher) mannbar (puber) wird, 
ſo wachſen ſeine inneren Zeugungstheile mehr, 
und werden blutreicher als bisher: der Venus 
berg und die Schamlefzen, auch die Achſelgru— 
ben, ſeltner auch die Gegend um die Bruſtwar— 
zen, werden mit Haaren beſetzt; die Bruͤſte 
fangen an auſſerordentlich zuzunehmen und ſaft— 
voller zu werden. Nachdem dieſe Veraͤnderun⸗ 
gen einige Jahre fort gedauert, haben ſowohl 
die Zeugungstheile als die Pa ihre Voll⸗ 
kommenheit erreicht. 


g. 514. 
Mit dem Anfange der Mannbarkeit, oder 
etwas fpäter, entſteht der Monatsfluß (Nuxus 
Men. 


— 


menſtruus, menſes) welcher auch uneigentlich die 
monatliche Reinigung (purgatio menſirua) 
heißt: ein periodiſcher Blutfluß, welcher alle 
Mondenmonate wiederkehrt. 


5 SR | 
Das Blut, was dabei ausfließt, . ö 
ordentlich aus der Gebaͤrmutter, in deren Hoͤh— 
le es durch erweiterte Muͤndungen der aushaus 
chenden Schlagaderenden ergoſſen wird, fließt 
aus dem Muttermunde in die Scheide und ſo 
zu deren Muͤndung heraus. Nur auſſerordent⸗ 
lich kommt es aus den Blutgefaͤßen der Mut⸗ 
terſcheide. 

; $. 516. 
Er faͤngt allmälig an, dauert einige Ta⸗ 
ge, und hört allmaͤlig wieder auf, indem die 
aushauchenden Gefuͤßchen ſich allmaͤlig erweitern 
und nachher auch allmaͤlig wieder zuſammenzie⸗ 
hen. Die Quantitaͤt des ausflieſſenden Vlu⸗ 
tes beträgt einige Unzen; doch ift fie, eben wie 
die Dauer des Blurfiuffes, verſchieden. Die 
Verſchiedenheit der Dauer hängt ab von der 
Menge des Blutes im ganzen Koͤrper, vom 
Temperamente, von allerlei Reizen, von der der 

bens⸗ 


* 


— 295 
ve in wie fern dieſe den Trieb des 8 
Weed, oder ſchwaͤchet. | 


5. 5 1. 

Vor dem Eintritte des Blutfluſſes zeigen N 

ſch jedesmal mehr oder weniger ihn ankuͤndi⸗ 

gende Veraͤnderungen (Prodromi ), Wallung 

Schwere in den Gliedern, ꝛc. die jedoch im ganz 
gefunden Zuſtande nicht ſehr merklich find. 


e e en 
Das abflieſſende Blut iſt ſo, wie es aus 
der Gebärmutter fließt, unverdorben und dem 
Übrigen Blute gleich. 


$. 519. 
Alle Weiber auf der ganzen Erde, ſo weit 
wir dieſelbe kennen, ſind dieſem Blutfluſſe un⸗ 
terworfen. 


. U 


$ 520, 

Es muß daher eine gewiffe allgemeine Urs 
ſache dieſes Blutfluſſes in dem weiblichen Koͤr⸗ 
per Statt finden. Dieſe ſcheint denn eines theils 
in der groͤſſeren Schlaffheit deſſelben, und da- 
her von Zeit zu Zeit entſtehenden Vollbluͤtig— 
r, andern theils in dem ſchwammigten Baue 
der 


| der Gebaͤrmutter zu liegen, vermöge deſſen, bei 
Eintretung allgemeiner Vollbluͤtigkeit, in den 
Blutgefaͤßen derſelben am leichteſten eine örtli⸗ 


che Vollbluͤtigkeit entſteht Wie dieſe einen ge- 
wiſſen Grad erreicht hat, fo bewirkt fie auf oben 


G. 515.) angegebene Weiſe den Blutfluß, und 


nachdem ſie gehoben iſt, hoͤrt derſelbe wieder auf. 
Der Zweck dieſes Blutfluſſes ſcheint mithin 
zu ſeyn, die Vollbluͤtigkeit des weiblichen Kör- 
pers von Zeit zu Zeit zu heben. Daß er per 
riodiſch alle Mondenmonate eintritt, haͤngt von 


dem Ver haͤltniſſe der Vollbluͤtigkeit und der 


Aus dehnbarkeit der Mnttergefaͤße ab, und laßt 
fi Übrigens eben fo wenig weiter von uns er⸗ 
klaͤren, als manche andere periodiſche Erſchei—⸗ 
une am thieriſchen Koͤrper. i 


Ueber die vermeinte Gaͤhr ung, als urſache. 
Ueber den vermeinten Einfluß des Mondes zur 
Bewirkung dieſes Blutfluſſes. 0 
Ueber krankhafte Abweichungen von der Periode. 
AbRAH. D’ORVILLE de cauſis menſtrui Huus. 
Goett. 1748. 4. 

‚Perr. BERCHER an ab vreri eiusque vaſorum 
perpendiculari fitu menftrua mulierum purga- 
rio? Parif. 1749» Recuf. in HALL. coll. V. 


18 
BEER Giss. 


* 


1 BER ER 90 K 
7 97 
% 


% 

‚Gisp. Verz. MoUILEHfAN an ex celebrata hactenus 

opinione de plerhora vniverſali vel particulari 
vera luxus menſtrui cala explicari poſſit ? 

L. B. 1772. 4. 

Can. CnRls r. KRAUSE 8 1 Trauc, 
 JAEHKEL netiologia luxus menſtrui. Lip 
"TE 79 4 * 
W g. 521. f 
Vor dem b Atfange der Mannbarkeit tritt 
dieſer Blutfluß nicht ein, weil alsdann das ſtar⸗ 
ke Wachsthum die Entſtehung der Vollbluͤtig⸗ 

keit verhindert. Im hoͤheren Alter haͤngt von 
der groͤſſeren Steifheit der Gefäße feine Endi⸗ 
gung ab. In der Schwangerſchaft und waͤh⸗ 
rend bes Saͤugens tritt er ordentlicher Weiſe 
nicht ein, weil bei jener durch die Ernaͤhrung 
des Embryo in der Gebaͤrmutter, bei dieſer 
durch die Abſonderung der Milch, die Entſte⸗ 
hung der Vollbluͤtigkeit aufgehoben wird. 
Warum haben aber andere weibliche Saͤuge⸗ 
fſthiere dieſen periodiſchen Blutfluß nicht, und 
warum der weibliche Menſch allein! 


2 ** „ * 


Io. aan emmenologia. ‚Oxon. 1703. 8. 
1 5 En. Manrrzr de men bus, Edinb. 1783. 8. 


u f Drit⸗ 


ki N 


ae 


Dritter Abſchnittt. 
Die Empfaͤngniß. 

| §. 522. 

Die (Entſtehung und) Entwickelung ei⸗ 
nes Embryo (g. 477.) in dem Weibe kann 
nicht anders erfolgen, als durch die Begat⸗ 
tung (coitus), welche darin beſteht, daß die 
männlichen und weiblichen Zeugungstheile auf 
eine gewiſſe Weiſe mit einander zuſammenkom⸗ 
men. Wenn dieſe Begattung auf das vollkom- 
menſte geſchieht, ſo wird der maͤnnliche Samen 
in die weiblichen Zeugungstheile ergoſſen, und 
bewirkt, vermoͤge ſeiner eigenthuͤmlichen Lebens- 
kraft, in denſelben die Empfaͤngniß (con- 
ceptio), d. h. den Anfang der (Entſtehung 
und) Entwickelung des Embryo. Die Bes 
wirkung der Empfängniß wird auch die Be⸗ 
fruchtung (foecundatio) genannt. | 
Theophraſtus Paracelfus abentheuerliche Meis 

nung von der Bildung eines kleinen Menfchen 
aus bloßem männlichen Samen, ohne Zuthun 

eines Weibes. S deſſen opp. ler 1616. 

I. S. 883. 
Spallanzant's kuͤnſtliche destens. | 
©. BAAR unten angef. Werk. f 
Lepi⸗ 


299 
Bepinay’s Meinung von Befruchtung der Wei⸗ 
ber ohne Begattung. „ 


Io. Bapr. los. Accın. Lopın de LEPINAY quae« 


Rio phyfiologica: ferine poreſt conceprio Fine 
coitu? 9 1784. 4. . 


§. 523. * 
Damit Begattung geſchehe und dadurch 
für die Zeugung neuer Menſchen geſorgt wer⸗ 
de, werden beide Geſchlechter durch den Ge⸗ 
ſchlechtstrieb dazu angetrieben. Dieſer Trieb 
wird im gefunden Zustande ſchon von ſelbſt 
defto ftärfer, je laͤngere Zeit her derſelbe nicht be⸗ 
friediget iſt, und entſteht dann zunaͤchſt aus einer 
eigenthuͤmlichen Empfindung in den Geſchlechts⸗ 
theilen, welche wenisftens zum Theile von An⸗ 
ſammlung der Feuchtigkeiten bewirkt wird, die bei 
der Begattung ergoſſen werden. Er wird aber 
erregt oder verſtaͤrkt: durch Reizung der Ger 
burtstheile; noch mehr durch die Wirkung ei— 
nes Koͤrpers vom andern Geſchlechte auf die 
Sinne, zumal durch den Anblick oder die Be— 
ruͤhrung der Geſchlechtstheile vom andern Ges 


ſchlechte; durch die Vorſtellung dieſer Gegens 


ſtaͤnde von der Einbildungskraft; am meiſten 
durch dies alles zugleich. 
7 M2 9. 524. 


910 5 genie Pee 524. er mins n x 
Der Den iſt in Ruͤckſicht des bloßen 
Geſchlechtstriebes, die periodiſche Regung aus⸗ 
genommen, andern Thieren gleich. Doch ſcheint 
der bloße Geſchlechtstrieb, ohne beſondere Umz- 
ſtaͤnde, bei ihm minder ſtark zu ſeyn. Hinge⸗ 
0 kann ſich b 10 ihm eine geiſtige Empfindung 
it dem Geſchlechtstriebe verbinden, und die⸗ 
ſen zur Liebe veredlen, welche ihren Grund | 
in der Idee des Gefallenden und Anziehenden 
eines Gegenſtandes vom andern Geſchlechte hat. 
Je mehr die Liebe geiftig iſt, deſto ſtaͤrker kann 
ſie ohne Regungen des Geſchlechtstriebes ſeyn, 
obwohl dieſer an ihr immer einigen Authel hat, 


1 8. 525 } 

Der bloße Gefeplehrstrieb {ft nur ein all 
gemeines Verlangen nach der Begattung; die 
Liebe hingegen eine Neigung zu einem gewiſſen 
Gegenſtande vom andern Geſchlechte. Aus dies 
ſer entſteht das Streben ihm nahe zu ſeyn, ſeine 
Wirkungen zu empfinden, und nach allmaͤlig 
erhoͤheter Befriedigung endlich auch das Wan 9 
langen ſich mit ihm zu begatten. f 


n BERN eg S6. iR nt | 
er der Giſdlebtsrb ve rege wird, fo bes 
wirkt er vermehrte Wirkung auf die Zeugungs⸗ 
theile, und dadurch wird der Zufluß des Blu⸗ 
tes in dieſelben vermehrt. Daher ſchwillt das 
maͤnnliche Glied an und wird ſteif (8. 408.9. 
Eine ahnliche Veränderung geht in der Kllto⸗ 
ris und in den innern weiblichen Zeugungsthei⸗ 
len vor. Dieſe Veränderungen konnen und 
muͤſſen oft wieder vergehen, ohne daß Begat⸗ 
tung, noch Ergieſſung des Samens ic. ohne d P 
fe, erfolgt. 3 


9. 527. 

Wenn aber die Umſtaͤnde zuſammentref⸗ 
fen, die dazu erfordert werden, ſo erfolgt die 
Begattung, ſey es aus bloßem Geſchlechts⸗ 
triebe, oder aus Liebe, ꝛc. am natuͤrlichſten in 
der bekannten Lage, welche der Menſch nur mik 
wenigen Saͤugethieren gemein hat. Das wdes 
ſentliche dabei iſt das Eindringen des maͤnn⸗ 
lichen Gliedes in die Mutterſcheide. 


§. 528. 
Wie dieſe erfolgt iſt, ſo wird in 155 
maͤnnlichen Zeugungstheilen die Empfindung, 
u 3 (theils 


ee 


7 5 
* 2 “u. 
* 
a tz * 


(heile durch die idiopathische Reizung derſelben, 


mehr durch Wirkung der Idee des Weibes 
auf die Se ele des Mannes und der Seele auf 
RE immer mehr erhöhet, und nach eis 
zeren oder laͤngeren Weile erfolgt eine 
heftige zuckende, meiſt mehrmals wiederholte, Be⸗ 
wegung in dem männlichen Gliede, mit wel⸗ 
cher der amd anliche ‚Same, in die Mutterſcheide 
ergoſſ en wird (9. 49 — 494.) Doch kann 
auch die Begattung (L. 527.) vollkommen ge⸗ 
ſchehen, „ ohne Nah. FROH des Sa 
Alge. 


raum 


9. 529. 


Zugleich wird in den weiblichen Akte ) 


gungstheilen die Empfindung, (theils durch die 
idiopathiſche Reizung derſelben, theils durch die 
Wirkung der Idee des Mannes auf die Seele 
des Weibes und der Seele auf dieſe Theile, ) 
immer mehr erhöhet, und der Zufluß des Blu⸗ 


tes in die Blutgefaͤſſe immer mehr verſtaͤrkt. 


Bei einigen wird dabei ein ſchleimiger Saft 
aus den Schleimhoͤhlen des Muttermundes und 


denen am Eingange der Scheide ergoſſen, der N 


jedoch zur Befruchtung nichts beitraͤgt. End⸗ 
lich berſiet ein Alten in einem Eierſtocke, 


HR 123 8 6 und hör | 


a 


1 
U 


- 


| | 303 
und ergießt fein enthaltenes Tröpfchen ($. 505.) 
Doch kann die Begattung (H. 527.) vollkom⸗ 
men geſchehen, ohne a ie Abe 


* 


85 530. A 25 ei 


Wenn die Begattung fruchtbar iſt, d. 6 


Empfängniß bewirkt, ſo geſchieht dieſes, wie 
anatoniſche Unterſuchungen an Thieren, und 
bei ſeltenen Gelegenheiten auch an Menſchen 
gelehrt haben, wahrſcheinlich auf folgende Weis 
fe. Der in die Mutterſcheide ergoſſene maͤnn⸗ 
liche Samen wird von der Gebaͤrmutter in den 
Muttermund, (welcher in einem gewiſſen Zeitz 
puncte ſich öffnet,) aufgenommen, ja, wie die 
auſſer ordentlichen Empfaͤngniſſe im Eierſtocke ic, 
wahrſcheinlich machen, ſogar, wenigſtens ſein 
fluͤchtiger Stoff (aura ſeminalis) ($. 482.) 
durch eine Trompete, deren weites Ende ſich 
alsdann an den Eierſtock anlegt, in einen Eier— 
ſtock gebracht. Zugleich berſtet in dem Eier— 
ſtocke ein ſtrotzendes Blaͤschen; es quillt aus 
demſelben das in ihm enthaltene Troͤpfchen herz 
vor (8. sog.), miſcht ſich mit dem maͤnnli⸗ 
chen Zeugungsſtoffe, und wird ſodann entweder 
alsdald, oder erſt nach einiger Zeit durch die 
ee in die Gebärmutter geführt. 

4 g. 531. 


— 


1 


„Leer e 31. * use aun 
Das gcherſtele Bläschen wird nach einen 
feucheherch Begattung allmaͤlig inwendig flok⸗ 
kigt, und durch Anſchwellung der Flocken, wel⸗ 
che nach und nach feine Höhle ausfüllen, zu 
einem drüͤſenaͤhnlichen gelben Körpethen, das 
nachher zuſammenſchrumpft Ccotpus luteum). 5 2 
PHILIpP. HARTMANN reſp. Mıc#. Kırch- 
© DoRFF dubia de generat ione viviparorum er 
ov Regiom. 1699. 1 in BR. Be: V. 
pP. 135. e eee dig . 340 a 
Io. CHRISTOPH: oh obfervariones. circa 
negotium generationis e faetaes Goetz 
ting. 1753. 4 Mad ug 
Io. Worrg. HeixLxIx 175 benim, et ua 
ceptione. Erlang. 1793. 8. u lese 


5. 669 


E DEE aa Tas 
Daß die Begattung 9 Ms dazu 
wird nicht allein erfordert, daß ſowohl im 
Manne, als im Weibe die noͤthigen Veraͤnde⸗ 
rungen erfolgen, (mithin daß bei geſundem Baue 
der Zeugungstheile guter Samen da, und ein 
Blaͤschen reif ſey,) ſondern auch, daß dieſe 
Veraͤnderungen in zweckmaͤßiger Zeitfolge ger 
ſchehen, damit die Gebaͤrmutter den maͤnnlichen 

e aufnehme, ae er ergoſſen wird c. 
4 5 Ueber 


N 


* 


— 1 305 
e ur mit netten benen. 
An aut ar 1 E N 4 7 * 16 71 Ae 


Die 9 Hypothese bon ber Einſaugung des 75 
lichen Samens in die Saugadern der Mut⸗ 
vier, Abſetzung a ff einen Eiets 

a ſtock ꝛc0. 5 5 
YPaut. HERMANN. GRASMEYER'de Nene x 
JFoecundatione. Goett. 1789. 8. ne! A: 
En mögliche Zeugungstheorie. Berlin 1792. 8. 
Betrachtungen über die Schwängerung und über 
die verſchiedenen Syſteme der Erzeugung. 
Aus dem Engl. von Ke weiche 
lie Zittau und Leipz. 1791006 ch 
175 128 F. SchuALzE examen nuperag ee ‚de ‚aba 
e Seminis vaginali,. Jen. e 4.5 


2 DAN 

Die Be der erfolgten Empfängniß 
find ungewiß. Doch machen ein hoher Grad der 
Empfindung bei beiden Geschlechtern, ; zumal 
wenn er zugleich erfolgt „ und nachfolgende un⸗ 
gewohnliche unangenehme Gefühle bei dem Wei⸗ 
be, Spannung im Unterleibe, Schauder, 


8 


chwere in den Gliedern, Zahnſchmerzen, u 


wahrſhenlih, Bar fi e erfolgt ey. 


* 


wirt Ws F. 534. 


” sit DER RTL RI SA au 213 122 
Ueber die uns unbekannte Art und Weiſe, 
mie ſowohl im Menſhen, 8 in anderen be⸗ 
lebten Körpern! die Sei ugung geſchehe, (no- 
dus generationis) hat man, von den aͤlteſten 
Zeiten der Phyſi iologie bis auf unſere, mancher⸗ 
lei Hypotheſen gehabt, die ib ame alle unter 
zwo Klaf e eee er. % 
472 N Vi 4143 a 333 1018323 0, Jenn du 875 > 
3 du. ub s 9. 835. “mp 
Einige nämlich waren und find der Mei⸗ 
11 daß der junge belebte Körper: durch die 
Zeugung erſt entſtehe, indem der rohe un er 
bildete (im männlichen oder im weibli 
Samen, oder in beiden enthaltene) Fe 
ſtoff zu demſelben ausgebildet werde . 
epigeneſeos 
. . 
i (lirrocnann) a de genisura Abe Opp-. ed. Fox 
N 1657. Fol. Sect. III. 5. 2 1 g. BEER vn 
* (Erusp. ) de narura pueri üder. bis. p. 555 3 
ARISTOTELES de h biftoria animalium, L. . 85 cl 
VI. c. 4. 
C AUD., Gaizni.de finn: dt! duo. 17 { 
FROBEN. Bal. 1562. Fol. Cat. i p. 88 or 
Eıusp, de Formatione fon Eber. bid. p. 646. 


Venus 


BR 327 
Venus phyſaſue on diſſertation fur: Porigine de- 
bmmes et des animauæ. 1746. 12. und in den 
Oeuvres de MaupgRTUISs. Tom. II. p. 1. 
Buͤffons organische Modelle. 
Allg. Hiſtorie der Natur. Aus d. Franz. uͤberſ. 
Hamb. u. Leipz. 1750. Erſten Theils 2ter Band. 
S. 125. Vergl. Albr. von Hallers Vorr. 
NER Lad zweiten Theile. 95 V. iQ ah d an 
TunBERVILLE «NERDHAM nouvelles ohſervarions 
micraſcopiques avec des decouvertes iutereſſun- 
zes fur la compofition et decompofition-des:corps 
organifes, Paris 1750. T2 ½ftοαι N 
Wolffs Epigeneſe durch. Vegetation, 
e e wie rn iR. Hal. 
2 wart 1073 sad mit Für 11 
caſp Sried. wolff Theorie von h | 
„ tion. Berlin 1764. 8. 1 


4 n kr 

3 lag 1 536. 79 5 l 

aa ane Le Fü haben angenommen, daß 

eime der belebten Körper [don vor der ſo⸗ 
annten Zeugung da ſeyen, und durch dieſe 
zur entwickelt werden (theoria evolutionis). 

0 „CHRISTOPH. Sturm reſp. GuiL. BECHMANN 
de plansarum animaliumque generatione, Altd. 
7687. Recuf. in HALL. coll. V. p. 61. 

"ok praͤexiſtenz der Keime in der Mutter. 


al ADAM. 


2 


* 


15 


ADAM, BRENDEL reſp. Io, Lup. HAnnexen de 
embryone in ovulo ante concept ionem praeeæi- 
ſtente. Recuſ. in HALL. coll. V. p. 385. F 


Die Theorie der Samentbierchen, und Gruͤnde 


* dawider. e. uk, neee 237. eee ik 
Nic. HaRTsoEKER 8 77 4. e e Paris 
N 1694. 4. enn I 


Eıus, cours de ph 9225 ac WENN de plaſßeurt 
uno Pues entkernt la phyfigle et dun 'extrait 
critique des mes de ee Hag. 


1730 4. Ss A wgre r 
Die Danfpermir e 
81: 9055 536. b. . 3 


unter den Theorien von dieſer Art 0 
weitem nicht allein die berühmteſte ‚ ſondern 
auch die gruͤndlichſte die, von Haller und 
Bonnet erfundene, von der Praͤeriſtenz der der. 
Keime in der Mutter, und ſolcher Einſchach⸗ 
lung (emboitement) der Keime, bis zu der 
De. Stammmutter hinauf. Be. | 
Chan. Bo NET conſi. derart ions far les corps ore 3 
ganifes, Tom. J. II. Amſt. 1762. 8. rc 
Ars. de HALLER de Fopmatione pulli commen- 
l dbarius "IE Coral. Opp. min, Faul. 1705. 4. 
Tom, II. p. 418. f 
Eıusp. elemenza ple ologiae, vun, Bern, ı 1206.4 
p. 77 — 176. 2 


Laz. 1 


vos 


et 


vegerabile. T. I. II. Modena 1776. 8. 103 
Lz. SpALLANZzANL experiences pour fervir as 
|...» Pbifoire. de la generation des animaux er des 
plantes, avec une ebauche de Phifkoire, des ꝭtres 
er ganiſer avant leur fecondation par 1. SENE- 
BIER. Genev. 1785. 8. Ueberſ. von ehr. Sr. 
Michaelis. Leipz. 1786. 8. Ben 


4 , ge 

Fur die letter Theorie ſind freilich wich⸗ 
lige Gründe: der wechſelſeitige Einfluß eines 
Theiles auf den andern, wegen deſſen die Bil. 
zung des einen nach dem andern nicht ſtatthaft 
u ſeyn ſcheint; die Praͤexiſtenz des Dotters im 


we £ 


nenhang deſſelben mit dem jungen Vogel; die 
fortpflanzung des K Kugelthieres; die Befruch⸗ 
ung der weiblichen Blattlaͤuſe, welche ſich von 
Mutter auf die Tochter, Enkelin ic. fort 
rt; die au. ſich eine Aral, 


wirken fol, 1 
| Beſondere Gründe gegen Buͤffons Theorie, 1 5 


| 8 g. 538. 2 

Hingegen ſtehen eben dieſer Theorie der 
inſchachtelung und Entwickelung praͤexiſtiren⸗ 
der 


142. SPALLANZANI opuscoli de Hfca animalee 


der Keime entgegen: die unbegreifliche Klein⸗ 
heit der zahlloſen Keime in den erſten Muͤttern: 
»der Mangel der Sichtbarkeit eines Embryo in 
der erſten Zeit nach der Empfaͤngniß; die Aehn 
lichkeit der Jungen mit beiden Aeltern; die er⸗ 
zeugung der Baſtarde 7 welche unter 5 Haus⸗ 
thieren viel häufiger vorkommen, als unter den 
wilden; die Mißgeburten; die erblich werden⸗ 
den Künſteleien am Koͤrper; die Entſtehung s 
widernatuͤrlicher Aus wuͤchſe; die Reproduction 1 


die Erzeugung der Jnfaſtonsthierchen und ge \ 
toiffer kryptogamiſcher Pflanzen. 5 TR a 
Blumenbachs Schriften über den Bing 9 
trieb. * 0 h 
$ 9200 11 4 
Und bei unbefangener e Die 
verſchiedenen Theorieen ſcheint es dann doch am 
wahrſcheinlichſten zu ſeyn, daß d der junge beleb⸗ 2 
te Koͤrper durch die Zeugung erſt entſte 5 
($. 535). Um uns dieſes zu erklaͤren, neh⸗ 0 
men wir nach Blumenbach eine gewiſſe Kraf 1 


unter dem Namen des Bıldungstriebes (ni 


Gate „ wenn er in die Beh en Uumdaͤnd EN 
verſetzt worden, zu feiner bestimmten Geſt 
au 


ausgebildet wird. Wir werden von der Eris 
ſtenz eines ſolchen Triebes durch feine Wirkun⸗ 
gen überzeugt, am deutlichſten bei gewiſſen eins 
fachen Thieren und Pflanzen; und finden dieſe 
ſogar ſchon bei gewiſſen unbelebten Koͤrpern, ſo, 
daß dieſe, vorzuͤglich wenn ſie aus dem fluͤſſigen 
in den feſten Zuſtand übergehen, ihre beftimms 
ten Geſtalten annehmen, fo wenig wie auch das 
Weſen deſſelben ergruͤnden koͤnnen. Es iſt nicht 
unwahrſcheinlich, daß er von der anziehenden 
Kraft abhaͤnge, welche in jedem gemachten Stof⸗ 
fe nach dem Verhaͤltniſſe der Miſchung und der 
Modification ſeiner Elemente Su befondere Wei⸗ 
ſe wirkſam wird. 


Joh. Fried. Blumenbach uͤber den Bildungs⸗ 
trieb und das een Goͤtting. 
1781. 8. 

Derſelbe uͤber den dame wee 
1789. 8. 1792. 8. 

Zweifel gegen die Eutwidlüngstheorte. ein 

Brief an Herrn Senebier von en 


bill Aus dem Franz. uͤberſ. von G. Sorfter. Goͤt⸗ 
10 0 tingen 1788. 8. 1 

1 0 Die Vis plaſtica der Alten. 

Mil „Francıscus, BonamIcus de 1 prioid Fetus. 
„or In IVto librorum de alimento, Florent. 1603. 4. 


Caſp. 


wolffens Vis efentialis. uc tr | 

CaAsP..: alp. WoLrr theoria 1 * 

1759. 4. ne in 

Caſp. Fried. wolff ER von der Sener 

i tion. Berlin 176 8. 

Seinleins Hypotheſe von der Wirkung des rei⸗ 
fen Bläscheng im Se als eines Abſonderungs⸗ 
organs. 

Io. Woure. HEINLEIN de 3 et con- 

** ceptione. Erlang. 1793. 8. RE 

Ueber die e Meinung „ daß die Seele u 

Ebriſt. Gottl. Kratzenſteins Beweis, . daß die 
Seele ihren Koͤrper baue. Halle 1745. 8. f 

„ Heink. Fried. Delius Antwortſchreiben auf den 
Beweis, daß die Seele ihren Körper baue. 
Halle 1746. 8. ö fe- 


* | 5 

ene er e eech 
Von eben dieſem Bildungstriebe hänge denn 

auch gewiſſermaßen die Ernaͤhrung und die 


Wiederbildung (reproductio) G. 435.) ab. 


7 ** 
1 % 


Guit. Harvey exercitationes de generatione ani- 
nal ium. Lond. 1651. In fi opp. L. . 17 
„in! 

CAR. 


5 813 ie 3 


CAR. DRELINCOURT PR anche u EZB. 


1662. 12. 3 
Tears ber Erzeugung in den phyftal. Abhenb. 50 
lungen von Carl Große. Sitiau und Leipz. 2. 


1793. 8. N 


) 


. Vierter Ab ſchnitt. 15 
een Das Eis i ad i 


S. Sildebrandts Lehrbuch der Anatomie 


Iv. N Buch. 55. Hau, 8 


ee e ae e e es 
Der Embryo (. 477.) liegt in chen 
Nate mit Waſſer gefüllten Behälter einge— 
ſchloſſen, welcher das Ei (ovum) heißt. Die, 
fer Behälter wird, eben wie der Embryo, erft 
nach der ruchtung gebildet, und muß von 
jenen (H. 505.) im Eierſtocke ſitzenden Bläschen, 
(welche nur den weiblichen Stoff zur Beugung 
enthalten,) wohl unterſchieden werden. 


Nur in ſeltenen Fällen wird ein ſolches Ei 905 
bildet, ohne daß ein Embryo in ihm entſteht. 


Can. DRELINCOURT hypomnemata de humani foe= 
tus membranis, L. B. 1685. ın. Elusp. de 
tunica chorio animadverfiones, 1685. 12. De 
membrana foetus agnina caſtigationes. 1685. 12. 

8 € De 


. Er pte, ſ. galea eum. 

1688. : 
2 en — anntome et ane, wee s 

mani gravidi, L. B. 1743. 4. a 


4 


9. 54. 

Wie bald nach der Empfaͤngniß das Ei 
entfiche, das iſt nicht wohl genau zu beftims 
men; doch ſcheint es nach den Beobachtungen ö 
in den erſten acht Tagen noch nicht gebildet zu 
ſeyn. Anfangs iſt es ſehr klein; es waͤchſt aber 
dann mit dem Embryo vermöge der Nahrung, 
die es (anfangs) aus der Mutter, nachher viel- 
leicht aus dem Embryo erhaͤlt, binnen der Pe- 
riode der Schwangerſchaft ſo ſtark, daß es am 
Ende derſelben den groſſen ſieben- achtpfuͤndi⸗ 
gen Embryo ſammt einigen nA . 
enthalten kann. ar 


F. 543. 

Die innerſte Haut des Eies iſt die dünne 

Waſſerhaut oder Schafhaut (amnion), 
welche das Kindswaſſer unmittelbar einſchließt. 
Dieſe iſt von auſſen mit der gleichfalls duͤnnen, 
doch etwas dickeren Lederhaut oder Mitte 
leren Haut (chorion, membrana media,) umge- 
ben. Beide ſind ringsum zugeſchloſſen. 
| Amnion 


ö | 3715 
Amnion iſt in den a Wochen nach der Em⸗ 
pfaͤngniß viel kleiner als das Chorion, hänge 
daher nur da mit dieſem zuſammen, wo nach— 
her der Mutterkuchen entſteht, und iſt übrigens 
von ihm entfernt, fo daß zwiſchen beiden Haͤu— 
ten ein Zwiſchenraum iſt, den ein klares (vom ei⸗ 
gentlichen Kindswaſſer wohl zu unterſcheidendes) 


nach Verhaͤltniß mehr, das genannte Waſſer 

verſchwindet allmaͤlig, und endlich legt ſich das 
ganze Amnion auf die innere Fläche des Cho— 
rions an. Wo zwei Embryonen find, da has 


nes Amnion. 


a g g 45 f H. 544. 


mit einem gefaͤßvollen Zellgewebe umgeben, wel⸗ 
ches die dritte Haut oder flockigte Haut 
(membrana ‚fungofa , ſpongioſa, tomentoſa, cho- 
rion fungofum,) genannt wird. An einem Eie 
von den erſten Monaten iſt dieſe Haut ſo be— 
haffen, daß die auswendige Flaͤche des Eies, 
wenn es aus der Gebärmutter ſich abgeſondert 
hat, zumal, wenn es im Waſſer ſchwimmet, 


Vaſſer füllt. Nachher aber waͤchſt das Amnion 


ben beide uur ein Chorion, aber jeder fein eiges 


Die endige Flaͤche des Chorions iſt 


* 


ken mit jener vierten Haut der Mutterkuchen. 


Bw. — 


An 5 * 545. . . 
Die 1 Flaͤche der e 
wird nach geſchehener Empfaͤngniß mit einer 
Haut, der vierten oder ſogenannten hinfaͤlli⸗ 
gen Haut (membrana caduica ſ. decidua Hux- 
IT ERI) ausgekleidet, indem aus den aushauchens 
den Gefaͤßchen der Mutter plaſtiſche Lymphe 
ausſchwitzt, welche zu derſelben verdichtet wird. 
In dieſer Haut befeſtigen ſich anfangs jene Flok⸗ 
ken des Eies. An einem groſſen Theile der 
Oberflache des Eies entſteht dann aus dieſen 
dichter werdenden und zuſammentretenden Flok⸗ 


Der uͤbrige Theil der Oberflaͤche des Eies iſt 
anfangs kleiner, als der mit dem Mutterkuchen 
bedeckte Theil, wird aber nach und nach groͤſſer 
als dieſer, und legt ſich ſo di n die vierte |} 
. Haut an, 155 die dritte (vorhin fodigte) und \ 


195 der auswendige Platte als Ueberzug der 
inneren Oberfläche der Gebaͤrmutter, deren in- 0 
wendige Platte, als Ueberzug der aͤuſſeren Ober- 
flaͤche des Eies, das Ei in der Gebaͤrmutter be⸗ 
feſtigen. Wenn dann am Ende der Schwan 
gerſchaft, oder doch in den letzteren Monaten das 
a aus der Gebärmutter fi abſondert, fo bleiben 
zu⸗ 


— 5 R 


zufällig hie und da Stuͤcke der hinfälligen Haut 
auf der Oberfläche des Eies ſitzen, andere bleis 
ben in der Gebärmutter zuruͤck und gehen nach- 
her allmaͤlig mit dem Mutterblutfluſſe ab. 
ueber die Allantois anderer Saͤugethiere, und. 
das dieſer aͤhnliche raͤthſelhafte Blaͤschen, 
was in den erſten Monaten zwiſchen dem 
Aumnion und Chorion gefunden wird. S. Hil⸗ 
K debrandts Lehrb. der 81 IV. . 3266. 


§. 546. 

Der Mutterkuchen (Placenta ne 
welcher auch ſammt den Haͤuten des Eies die 
Nachgeburt (Jecundinae) heißt, nimmt einen 
Theil der auswendigen Flaͤche des Eies ein, und 
liegt, wie dieſe durchaus, an der inwendigen 
Flaͤche der Gebärmutter, gemeiniglich im Grun⸗ 
de derſelben, an. Er beſteht aus einem ſchwam— 
migten gefaͤßvollen Zellgewebe, und entſteht 
us den Flocken (d. 544.) des Eies, indem die⸗ 
ſe allmaͤlig zuſammentreten und mit ihrem Thei⸗ 
le der hinfälligen Haut fi verbinden. Er iſt 
daher auf feiner dem Embryo zugewandten Flaͤ— 
e mit dem Chorion und Amnion (F. 543.) 
berzogen. Wo zwei Embryonen find, da hat 
eder feinen eigenen Mutterkuchen, dee ſie e 
oft zuſammen gewachſen ſind. i 
99 Mg A g. de 


* 


. k NU. etz 
318 F 75 
, . 75470 14 e eee 
Von dieſem Mutterkuchen (nie genau aus 
der Mitte) geht zum Embryo der Nabel⸗ 
ſtrang (Jumiculus vmbilicalis), welcher aus 
zweien duͤnneren Schlagadern (arteriae vmbili- 
cales) und einer dickern Vene (vena vmbilicalis) 
beſteht, die, den Trieb des Bluts zu maͤßigen, 
ſchraubenfoͤrmig gewunden, mit einer haͤutigen 
Scheide (einer Fortſetzung des Amnions), Übers 
zogen, und innerhalb derſelben mit mehr oder 
weniger Zellgewebe, (das lymphatiſchſchleimige 
Feuchtigkeit enthaͤlt überzogen find. 


Sogenannte blutige Nabelſtraͤnge die wenig 
ſolches Zellgewebe (Whartoniſche Sulze) ha⸗ 
ben; und fette, die ſolches viel haben. 

Nachtheile des zu langen und zu Bee Nabel ⸗ 
ae 

10. Em. HEBENSTREIT refp. Io. AxpR. LEH- 
MANN funiculi vmbilicalis humani pat bologin. 
Lipſ. 1737. 4. Recuſ. in HALL. coll. V. p. 671. 


* 


d. 548: 
Die Blutgefaͤße des Mutterkuchene 
ſind theils Aeſte der Nabelſchlagadern, theils 
Aeſte der Nabelvene, indem dieſe drei Gefaͤße 
ſich erſt auf der innern Flaͤche des Mutterku⸗ 
chens 


chens und dann in demſelben immer weiter zer 


aͤſeln. Auch lymphatiſche Gefaͤße find nach 


und im Nabelſtrange vorhanden. 


GOTHOrR. PHIL. MICHAELIS ohſervationes eirea 
placentae er funiculi vmbilicalis vaſa abforben. 
ria. ne 1791. 4. 


9. 549. 

Der Mutterkuchen und der Nabelſtrang 
dienen zur Ernaͤhrung des Embryo. Die 
aus hauchenden Gefaͤßchen der Gebärmutter er- 
gieſſen muͤtterliches Blut in das Zellwewebe, 


welches den Mutterkuchen mit der Gebaͤrmut⸗ 
ter verbindet; die einſaugenden Gefaͤßchen des 


dere ien. ſaugen dieſes ein und die blut⸗ 
führende Nabelvene (oder die Saugadern) des 
Nabelſtranges fuͤhren daſſelbe dem Embryo zu. 
Hingegen führen auch die Nabelſchlagadern bes 
ſtaͤndig Blut vom Embryo zum Mutterkuchen, 
welches im Muterkuchen mit jenem muͤtterlichen 
Blute gemiſcht, und durch die Nabelvene dem 
Embryo zuruͤckgebracht wird. Dabei ſcheint 
zum Theile die Abſicht zu ſeyn, die Miſchung 
des muͤtterlichen Bluts mit dem des Embryo 
zu erleichtern, noch mehr aber, das Blut des 

X 4 Embryo 


neueren Unterſuchungen in dem Mutterkuchen a 


— 


320 2232 - i 
Embryo hinlaͤnglich zu orydiren. Der Mut⸗ 
terkuchen hat dabei vielleicht auch das Geſchaͤft 
eines Abſonderungsorgaus, nur das aus dem 
ergoßnen muͤtterlichen Blute abzuſondernzund i in 
die Nabelvene zu liefern „was dem Embryo 
tauglich iſt. | 
Ob die Gefäße des Mutterkuchens ini denen ber 
Gebärmutier anaſtomoſiren oder nicht? 
Nic. HoBokEen anatomia fecundinae humanae, 
Ultraj. 1659. 8. Repet. 1675. 8. 


Avo. CHRISTIAN. Russ novae obfervationes cir- 
ca fructuram vaforum in placenta humana et 
peculiarem huius cum vtero nexum. T ubing. 


1784. 4. 


Ueber den milchaͤhnlichen Saft, den man in der N 


Nachgeburt gefunden hat. 
FRANC. DAVID. HERISSANT an ſecundine foetui 
pulmonum praeſtent officia? Pariſ. 1743. Rec. 
in Haut. coll V. p. 521. ' 
ABR. BRILL obf. de humore lacteo in placenta 
bumana. Groening. 1768. 8. 


§. 550% 4 
Das Amnion ift mit dem n Rindewaſſer 
(liquor amnii) gefüllt, einer waͤßrigen, theils 
lymphatischen, theils ſchleimigen, Feuchtigkeit, 
welche wahrſcheinlich von aushauchenden Ge— 
faͤßchen 


Re 


faͤßchen des Chorion und Amnion ausgeſchwitzt 

wird, (nicht vom Embryo herkommt;) mit dem 
Wachsthum des Embryo auch, doch bei weitem 
nicht in gleichem Verhaͤltniſſe zunimmt. Es 
dehnt in der Schwangerſchaft das Ei und die 
Mutter allmaͤlig und nach allen Seiten hin 
| gleichmaͤßig aus und verſchafft fo dem wachſen⸗ 
den Embryo Raum; es ſichert den Embryo 
vor Erſchuͤtterungen. In der Geburt wieder 
ſteht es den Zuſammengehungen der Gebaͤrmut⸗ 
ter gleichmaͤßig, und bewirkt dadurch eine 
gleichmaͤßige Zuſammenziehung derſelben; jur 
gleich dehnt das untere Ende des Eies, wie es 
(als ſogenannte Blaſe) in den Muttermund, 
dann durch denſelben in die Scheide gepreßt 
wird, den Muttermund und die Scheide ſanft, 
allmälig und gleichmaͤßig aus, und bahnt dem 
folgenden Embryo den Weg, bis dann endlich 
daſſelbe platzt und das ausfließende Waſſer die 
Geburtstheile zur Erleichterung des Durchgan— 
ges ſchluͤpfrig macht. 
H. Christ. SCHRADER de liquore amnii. Rint. 

ei 4. 


10) Lu. FRANK de Haare amnii, Goetting. 
1764. 4. \ 


3 X 5 * 


1 5 


322 5 er BE 
Io. van Guns refp. et auct. Huserr van den 
Bosch de natura et vtilitate liquoris amnii. 
Uttraj. 1793. 


Foäͤnfter Abſchnitt. 
Der Embryo. 


S. Zildebrandts Lehrbuch der Anatomie, 
Roi Senntee Buch. 53. Kap. II. 


„ . 8s 

In der dritten Woche nach der Eiipfüng⸗ 
niß zeigt ſich im menſchlichen Eie der Embryo 
ſelbſt (& 477); anfangs fo klein, wie eine 
Fliege, eine Biene ic. Dann waͤchſt er durch 
die Perioden der Schwangerſchaft ſo ſchnell, 
daß er zur Zeit der Geburt ein Gewicht von 
ſieben, acht Pfunden hat. 


F. 552. 

In den erſten Tagen, nachdem er ſicht⸗ 
bar worden, erſcheint er als ein laͤnglichtes boh⸗ 
nenfoͤrmiges Koͤrperchen, das an einem Faͤd⸗ 
chen (dem Nabelſtrange) hänge. Bald nach 
her, ſchon im erſten Monate, unterſcheidet 
man an ihm den dicken Kopf, mit den großen 
Augen, den Anfaͤngen der aͤuſſern Ohren und 

den 


! 


8 a 4 323 


den duͤnneren Rumpf. Im zvpeiten zeigen 
ſich ſchon die Extremitaͤten, anfangs als kurze 


FVortſaͤtze. Der Kopf unterſcheidet ſich mehr, 


an dem auch ſchon die aͤuſſeren Ohren deutlicher 
wahrzunehmen ſind. Im dritten Monate 
werden die Extremitaͤten mehr ausgebildet: am 


Ende deſſelben zeigen ſich auch ſchon die aͤuſſern 


Zeugungstheile. Im vierten hat der Embryo 
Thon voͤllig feine Geſtalt, bis auf die Nägel 
und Haare, die erſt ge im fiebenten Mo⸗ 
N entſtehen. 1 


K. 553. at | 
Wenn endlich der Embryo die hinlaͤngliche 


‚| Stärfe und Ausbildung erreicht hat, um auſ⸗ 


ſer der Mutter leben zu koͤnnen, ſo heißt er 
reif (maturus); ſo lange dieſes noch nicht iſt, 
unreif (immaturus). 


8 $ 554 

Das Wachethum und die Ausbildung des 
Embryo haͤngt von ſeiner Ernaͤhrung ab. Den 
Stoff dazu erhaͤlt er aus der Mutter durch 
den Nabelſtrang ( uniculus vmbilicalis) 
($. 546. 547.) Naͤmlich die einſaugenden Ge⸗ 
faͤßchen des Mutterkuchens erhalten Blut aus 
N de 


4 — 
S 


den aushauchenden Gefaͤßchen der Gebaͤrmut⸗ 

ter; aus jenen nimmt die Nabelvene (veng 
vmbilicalis) das für den Embryo taugliche auf, 
und führe es in die Leber des Embryo. Hinz 
gegen führen auch die beiden Nabelſchlagadern 
(arteriae vmbilicales), deren jede damals die 
Fortſetzung einer Beckenſchlagader (arteria 50 
pogaftrica) iſt, immerfort Blut aus dem Embryo 
in den Mutterkuchen, damit daſſelbe hier mit 
den neuankommenden muͤtterlichen Blute ge⸗ 
miſcht, und ſodann durch die Nabelvene zum 
Embryo zurücfgeführt werde (§. 549.). Der 
Nabel (vmbilicus) iſt offen, um das Blut, 
ſowohl durch die Nabelſchlagadern aus dem 
Embryo heraus, als durch die Nabelvene in 
ihn hineingulaffen. 


Ob der Embryo vollkommenes Blut aus der 
Mutter bekomme, oder 0 ch 1 5 ſelbſt be⸗ 
reite? 5 

x CAE. FALCONET an foetni 1 maternus 
alimento? Paris 1711. Recuf. in HALL. coll. 

V. p. 50r. | | 

Io. de Diest an ſui ſanguinis ſolus opifex For 
tus? Paris 1735. Recuf. ibid. p. 511. 


I. he 9. 555. 


| 325 
5 zu 58 en 855. 5 55 f 92 

Daß der Embryo „ auſſer der SEN 
durch den Nabelſtrang, auch durch den Mund 
ernährt werde, indem er Kindswaſſer ſchlucke, 
iſt aus mehreren Gründen gar nicht wahr 


ſcheinlich. 


* 


Canis ropn. Tacon. TREWw de ch yloß Foetus in 

vtrero. Altdorf, 1715. Recuf. in, Haut. coll. 
V. p. 437. 

" ADam. BRENDEL refp. Ius r. Aran 2 L- 

MANN de nutritione foerus in vrero materno, 

Vitemberg. 1704. Recuf, in HALL, coll. V. 

„p. 479. 


ee 


$. 556. 

Das Herz (F. 126.), welches, als das 
wichtigſte Werkzeug des Blutumlaufs, im Em⸗ 
bryo gleich zu Anfange der Ausbildung da ſeyn 
muß, erkennt man, in der geöffneten Bruſt 
ſchon in den erſten Wochen, nachdem der Em⸗ 
bryo ſichtbar worden, (in der vierten nach der 
Empfaͤngniß.) Es iſt nach Verhaͤltniß deſto 
größer und reizbarer „je juͤnger der Embryo, 
und ſchlaͤgt oͤfter und ſchneller. Die rechte 
Herzkammer iſt anfangs nach Verhaͤltniß klei⸗ 


ner, 


N. 


* 


ner, doch erreicht ſie gegen die Zeit der Ge⸗ 
burt faſt die verhaͤltnißmaͤßige Groͤße, weſche 
ſie nachher behalt. 

| Beſonders merkwuͤrdig iſt das eikunde 
Loch (Foramen ovale), in der Scheidewand 
beider, Nebenkammern, welches dem Blute aus 
der rechten Nebenkammer ſofort in die linke 
überzugehen geſtattet, ohne daß es erſt durch 
die Lungen ſtroͤmt. Die Klappe deſſelben, 
welche an ſeiner linken Seite liegt, dient den 
Ruͤcktritt des Blutes aus der linken Neben⸗ 
kammer in die rechte zu hemmen ‚ft hingegen 
jenem Gange des Blutes nicht hinderlich. 


Hildebrandts Lehrb. der Anat. III. § 1855. fgg. 


N 
Die Kuſtachiſche Klappe (valvula 
S Tachft), welche an der vordern (rechten) 


* 


Saite des Ringes liegt, der das eirunde Loch 


umgiebt, da, wo die untere Vena cava in die 


rechte Nebenkammer uͤbergeht, iſt im Embryo 


vollkommen, und ſcheint den Nutzen zu haben, 
das Blut in das eirunde Loch zu leiten, und 


von dem Eintritte in die rechte N | 


abzuhalten. 
Hildebrandts Anat. III. $. 1860, 


„a 


Io. 


1 


% 


10. Iac. Huser de Foramine ovali. Caſſ. 1745: 4 


" Ar». de Harzer de valvula Eustachın. progr. I. 
et II. Goett. 1737. 1748. 4. Recuf. in opp . 
min. I. P. 24. 33. 


‚Io, FRI RD. LoBsTEin et 10. Mich. Dronorpr 
de valve Eusracnn, Arg. 1771. 4 

„Io. Mic, DiosoLor. de foramine oval, Ars, 

a 1777. 4 

= Henn. Panmar. Leveuing. de l Peg | 
ch er Foramine ‚oval, ‚Anglipol, zes, 8. 


N Fg. 358. 

Naͤchſtdem hat der Embryo noch einen ans 
dern Ableiter des Blutes, naͤmlich den Schlag⸗ 
adergang (ductus arteriofus) , eine kurze 
Schlagader, welcher aus der eungenſchlagader 
in die Aorte geht, und das wenige Blut, wel⸗ 
ches ungeachtet jenes Loches (H. 556.) doch in die 

rechte Herzkammer und mithin in die ungen 
ſchlagader kommt, ſofort in die Aorte uͤberzu⸗ 
| führen, ohne daß es erſt den Weg durch die 
dungen macht. ; 
Sildebrandts Anat. IV. §. 2714. 


10. Bapr. CAarcAnus de cordis vaſorum in fein 
vnione. Tiein. 1574: 8. 0 


adi y 


I 


j / 


328 . 9 . — 


CLA. GALENI et Lzox. BorALLT placita de 
vi Janguinis e e dextro ad fü iniftrum cor dis k 
| triculum. \ en. 1640. 4. a 


$ BR 
t Embryo kaun noch nicht athmen, 
weil er im Eie eingeſperrt, und vom Kinds waſ⸗ 
ſer umgeben iſt. Daher find feine Lungen noch 
dicht, enthalten in ihren Zellen noch keine Luft, 
und find daher ſperiſiſch ſchwerer, als dungen ei⸗ 
nes Menſchen „der ſchon geathmet hat. 


Hildebrandts Angt. III. . 1921. 


un rk Won 56. 508 5 

Daher konnen denn auch die Blutgefaͤße 
der Lungen nur ſehr wenig, und bei weitem 
0 nicht die ganze Quantität Blut aufnehmen, wel⸗ 
che die rechte Haͤlfte des Herzens mit jedem 


1 m 


Herzſchlage erhält. Es kann daher der kleine 


Umlauf des Blutes noch nicht ſo erfolgen, wie 


in einem Menſchen, der ſchon geathmet hat 
($. 125); ſondern der größte Theil des Blu⸗ 
tes, welches die rechte Nebenkammer des Herz 
zens empfaͤngt, geht durch das eirunde Loch 
(s. 556.) gerade in die linke Nebenkammer; 
das e was doch in die rechte Herzkammer 


ee) und 


Nom 


— 


329 
und ſo in die dungenſchlagader kommt, größten 
theils durch den Schlagadergang (H. 558.) in 
die Aorte uͤber, ſo daß nur ſehr wenig durch 
die Aeſte der ne: in die Lungen ges 

langt. 
los. WENC. CZIKANER a eiröllasräne Fpetus ab 
en hominis nati diverſa. In WASSERBERG, 


coll. IV. p. 90. 


e ein 

Es hat daher das Blut des Embryo we— 
niger Sauerſtoff, mehr Kohlenſtoff, und eben 
deswegen auch weniger Gerinnbarkeit als das 
Blut eines Menſchen, der ſchon geathmet hat 
(. 181.); indem die Verrichtung des Mut— 
terkuchens (d. 549.) den Mangel des Athem— 
holens doch nicht ganz erſetzt. Doch iſt die 
Rothe des Bluts ſchon in der fünften Woche 
nach der Empfaͤngniß zu bemerken. 


Fourcroy fur le fang du fetus humain, in den 
Annales de chimie, VII. p. 162. 


$. 562. 

Damit aber ſogleich nach der Geburt die 
Lungen hinlaͤnglich athmen und ausgedehnt wer⸗ 
den koͤnnen, ſo iſt die Bruſt des Embryo 55 

. 9 0 


ſo klein, als die Lungen, fo daß dieſe den im 


Erwachſenen ihnen beſtimmten Raum der Bruſt⸗ 


hoͤhle bei weitem nicht ausfüllen, Daher iſt 
denn im Embryo die Thymus (g. 452.) da, 
welche den Platz einnimmt, den die kleinen 
Lungen übrig laſſen, und durch ihr Wachsthum 
die hinlaͤngliche Ausdehnung der Bruſt bewirkt. 


Vielleicht hat fie für den Embryo noch einen 


andern Nutzen, welchen wir noch nicht kennen. 


a 24.9. 368. 
Je jünger der Embryo, deſto leimigter 


— 0 


und weicher iſt ſein Koͤrper, indem durch die 


Ernaͤhrung ſein Faſerſtoff vermehrt wird. An- 
fangs hat er noch gar keine Knochen. Von 


der vierten, fuͤnften Woche an entſtehen die 
knorplichten Grundlagen der Knochen, die 


dann von der achten Woche an allmaͤlig verkno ⸗ 
chern, obwohl ſie im reifen Embryo meift noch 


unvollkommen ſind. N 0 
N 5 


d. 564. 


So ſind auch die Muskeln des Embryo 


viel weicher, als die des Erwachſenen. Eben 
fo. die Flechſen, welche anfangs zugleich roͤth⸗ 


lich und daher von den Mußkeln weniger zu | 


9. 565. 


unterſcheiden ſind. 


— ee ze 331 


e, ki 
Der Kopf des Embryo waͤchſt zu Anfan⸗ 
ge nach Verhaͤltniß viel mehr, als der uͤbrige 
Koͤrper, und iſt daher in den erſten beiden 
Monaten, nach Verhaͤltniß des Übrigen, unge— 
heuer groß. Nach und nach nimmt dieſes Miß- 
verhaͤltniß ab; doch iſt auch am reifen Embryo 
der Kopf nach Verhaͤltniß 9980 viel groͤßer, 
als beim Erwachſenen. 
i a a 
Vorzüglich iſt es die Hirnſchaale, wel— 
che im Embryo groͤſſer iſt. Die Knochen ders 
ſelben ſind, wie andere, anfangs knorplicht 
(knorplichte Haͤute), und auch im reifen Ems 
bryo noch unvollkommen. Ihre Verbindun— 
gen ſind, beim reifen Embryo, zur Erleichterung 
der Ausdehnung im Gewoͤlbe nur haͤutig, ſo 
daß die Raͤnder der an einander graͤnzenden 
Knochen noch nicht zuſammenſtoßen. Der 
Grund davon liegt darin, daß die Verknoͤche⸗ 
rung in der Mitte der Knochen anfaͤngt, und 
nach den Raͤndern hin allmaͤlig verbreitet wird. 
Daher ſind auch an gewiſſen Stellen die ſoge— 
nannten Fontanellen (Fonticuli), nemlich da, 
wohin die Verknoͤcherung am ſpaͤteſten gelangt. 
Hildebrandts Anat. I. $. 279. 286. 
Y 2 9. 57. 


33³ — 
| 87567, 


Die Urſache dieſer früheren Ausdehnung ; 


der Hirnſchaale ift das frühere Wachsthum 
des Gehirns, das im Embryo viel größer 
iſt als im Erwachſenen. Je juͤnger der Em⸗ 
bryo, deſto groͤßer iſt es; zugleich deſto wei— 
cher, und deſto mehr hat es noch graue Maſſe. 


N 568. rs 


Aber auch die Augen werden früh aus- 


gebildet, ſind im reifen Embryo ganz ausge⸗ 
bildet, und vorher nach Verhaͤltniß deſto gröf- 


fer, je jünger der Embryo iſt. Die Linſe und 


der Glaskörper find noch nicht durchaus far⸗ 
benlos, ſondern ein wenig roͤthlich, weil ſie 
noch Blutgefaͤßchen enthalten. Die Sehe 
($. 287.) iſt bis zum ſiebenten Monate mit eis 
nem dünnen Haͤutchen (membrama pupillaris) 
verſchloſſen. Gegen den ſiebenten Monat 'ents 
ſteht allmaͤlig in der Mitte deſſelben eine Oeff— 
nung, welche allmählig größer wird, fo daß 
das ganze Haͤutchen von allen Seiten gegen 


den Rand der Sehe ſich zuruͤckzieht, endlich die 3 


Sehe völlig geöffnet und keine Spur diefes 
Haͤutchens mehr uͤbrig iſt. Wahrſcheinlich dient 
dieſes Haͤutchen die Iris in der Mitte anzu— 

ſpan⸗ 


n 


. 
n x * 
— 


| 333 

ſpannen, damit Fare gebildet werden. Sei, 
ne Zerreiſſung erfolgt nachher wahrſcheinlich 
durch Schlieſſung ſeiner ernaͤhrenden Gefaͤße, 
worauf es zu wachſen aufhoͤrt „ alsdenn mit 
fortgeſetzten Wachsthum der Zeit uͤbermaͤßig ger 
ſpannt wird und zerreißt. 

Sildebrandts Anat. III. $. 1832. 


pen 


x] h ! TE 
Ni RR REEL 97% 509 | 

Auch der Labyrinth des Ohrs wird fruͤh 
ausgebildet, iſt im reifen Embryo ſchon ganz 
ausgebildet und hat ſchon ganz ſeine Geſtalt. 
Der knoͤcherne Gehoͤrgang aber iſt noch ein 
Ring und das Paukenfell iſt noch mit einem 
ſchleimigen Haͤutchen 9 0 j 


9. 570. | 
Die Naſe hingegen gelangt ſpaͤter zur 
ee re Die ganze Naſenhoͤhle iſt 
noch niedrig, und wenig ausgebildet. Die 
aͤuſſere Naſe iſt ſehr kurz und ſtumpf, um bei 
der Geburt nicht beſchaͤdigt zu werden. 


. 22 j 9. 571. 

5 Die Zähne fangen ſchon im Embryo vom 
fünften Monate nach der Empfaͤugniß an, ger 
f Y 3 bildet 


bildet zu werden. Doch find fie nach der 93 i 
gel auch im reifen Embryo noch in den Zahn⸗ 
hoͤtlen verborgen und diefe noch ganz geſchloſſen. 

Hildebrandts Anat. III. F. 1704 199. u 


9. 572. en 

Wie der Kopf des ER größer af, 

fo find hingegen das Becken mit feinen Eins 
geweiden, das Gefäß, und run. 2 
als beim n N 


§. 573. 

Einer der wichtigſten Theile im Embryo 
iſt die Leber. Sie iſt in ihm, auch noch im 
neugebohrnen Kinde, nach Verhaͤltniß größer 
als im Erwachſenen; deſto groͤßer, je juͤnger 
er iſt; weil fie auſſer den Verrichtungen, wel⸗ 
che bei ihr im Erwachſenen Statt finden, im 
Embryo noch die hat, alles vom Mutterkuchen 
kommende Blut aufzunehmen. Die Wabel⸗ 
vene (F 547.) geht nemlich in die Leber, ihr 
größerer Aſt geht rechts dem linken Aſte der 


Pfortader entgegen und in denfelben über, ſo 


daß er und dieſer eine Vene (vena communi- 
cans hepatis) ausmachen, aus welcher dann 
Aeſte in die Leber dringen. Der andere kleinere 

\ N Aſt 


* 335. 
Aſt (duc enen geft ruͤckwaͤrts in die uns. 
tere Vena cava über. Auf dieſe Weiſe geht 
das Blut der Nabelvene erſt durch die Leber 
und wird in derſelben durch ihren Abſonderungs— 
apparat gewiſſermaßen gereiniget und dem Ems 
bryo tauglich gemacht. Nur ein kleiner Theil 
iſt davon ausgenommen, nemlich der, welcher 
in den Ductus venoſus uͤbergeht. Es war 
aber vielleicht nöthig, dieſen Ableiter anzulegen, 
damit, bei Hinderniſſen des Durchgangs durch 
die Leber, das Blut der Nabelvene doch nicht 
gaͤnzlich ſtocke. 
Hudebrandts Anat. III. 8. ares. IV. . 2288, 


i d. 574. 8 ih 

Die Gallenblaſe iſt nach Verhaͤltniß 

zur Leber kleiner. Anfangs enthaͤlt ſie nur 

lymphatiſche Feuchtigkeit, in den letzteren vier 
Monaten aber ſchon Galle. 


8 e 8 ß. 14 175 
Magen und Daͤrme des Embryo ſind 
enger, der Magen rundlicher, minder lang, 
weil fie noch nicht durch Nahrungsmittel ꝛc. 
ausgedehnt worden. Der Blinddarm iſt Fürs 
zer, weil er noch nicht durch den Druck des 

9 4 Ko⸗ 


* 


— 


9 —— 


a Kothes gelaͤnget iſt. Erſt in den 2 en 


naten iſt die Weite der weiten Daͤrme . 
a ah der engen. 40 ui 

a e ern 

Sa Doͤrme enthalten in den letztern Mo⸗ 

naten der Schwangerſchaft einen ſchwaͤrzlich⸗ 


gruͤnlich- braͤuulichen Unrath (meconium), wer 


cher wahrſcheinlich aus der ſchon abgeſonderten 
und ergoſſenen Galle und Schleime der Daͤrme 
beſteht „von denen die Saugadern der Daͤrme 
waͤßrige Theile weggenommen . 


e t ln 


Die Nieren des Embryo fü nd in Stüͤck⸗ \ 


chen getheilt, welche durch loſes Zellgewebe ver: 
bunden werden. Sie ſondern ſchon einigen 


1 


r 


\. 578. | 
Aus dem obern Ende der Harnblaſe geht 
ein duͤnner haͤutiger Strang, der Harnſtrang 


(vrachus ), aus, ſteigt zum Nabel hinauf, geht 
durch ihn hinaus, in den Nabelſtrang, und 


ſcheint ſich hier neben den Nabeladern in Aeſt⸗ 


chen zu zertheilen, die ſchon unweit des Nas 
bels ſo fein werden, ine ſie ſich nicht verfol⸗ 


Harn ab, welcher in die Harublaſe ergoſſen wird. 


gen laſſen. Seine Hohligkeit iſt wenigſtens 
aͤuſſerſt enge und ſcheint nicht bis zum Nabel 
zu gehen. Ob daher dieſer Strang, wie der 
gleichliegende bei anderen Saͤugethieren, dazu 
dienen koͤnne, den Harn aus der Blaſe abzu⸗ 
leiten, das iſt ſehr zweifelhaft; noch mehr, da 
im menſchlichen Eie der Harnſack (allantois) 
anderer Saͤugethiere fehlt. oe SE 
Bi Diddebrandte Anat. III. §. 220½.. 

"Pair. Abo PH. BOEHMER de brachb in adulte 


bomine aperto. Cum Erus anatomie ovi hut 
mani. Hal. 1763. 4. 


* * NoREEN de mutat ione luminum in vafıs homi- 
nis naſcentis, in ſpecie de vracho. Goetting. 
1749. 4. Recuſ. in HALL. coll. V. p. 713. 
1 9. Nee 
Die Soden des menschlichen Embryo ſi fi N 
noch ſehr klein, und liegen anfangs in der Bauch⸗ 
| hoͤhle, innerhalb des Sackes der Bauchhaut: 
jeder unweit der Niere ſeiner Seite, unter dem 
untern Ende derſelben, bloß, noch nicht von 
einer Scheidenhaut umgeben. Die Bauchhaut 
hat in der Gegend des Bauchrings eine kleine 
zuſammengezogene Oeffnung. Von dieſer Deff- 
nung geht ein haͤutiger Kanal (vagina Hal. 
9 5 LERL,) 


N 
DE 


0 


\ — 


1c) eine ag Se Bauchhaut, bis zum 
Hoden hinauf. Ein Strang, den man das 
Leitband des Hoden (gubernaculum HUN TE. 
RI) nennt, welcher theils hinter dem Bauchrin— 
ge, theils auſſerhalb des Bauchringes von der 
vordern Flaͤche des Schambeins entſpringt, und 
durch den Bauchring hineingeht, ſteigt, mit die⸗ 
ſer Scheide von ihr umgeben, zum untern En⸗ 
de des Hoden hinauf. Ungefaͤhr um die Zeit 
der zwanzigſten Woche der Schwangerſchaft 
fangen die Hoden an, gegen den Bauchring hin⸗ 
abzuſinken, nähern ſich dann allmaͤlig demſel- 
ben mehr und mehr und treten endlich durch je⸗ 
ne Oeffnung der Bauchhaut und den Bauch- 
ring in den Hodenſack hinab, worauf dieſe 
Bauchhaut ſich zuſammenzieht und endlich gaͤnz⸗ 
lich ſchließt. Gemeiniglich iſt im reifen Embryo 
dieſe Reiſe des Hoden ſchon ganz vollendet. 


Hildebrandts Anat. III. §. 2253. 


Io. BAPT. PALLETTAE nova gubernaculi zeflis- 
Hunteriani er tunicae vaginalis anatomica de- 
N Jeripeio Mediolan. 1777. 


To, Bäbcnone de teſtium in foetu poſitu, de 
eorum in ſcrotum deſcenſu, etc. Vtrumq. ed. 


EDU ADO SANDIroRT. L. B. 1788. 8. % 


\ 


HENR. 


vs 
0 


A 339 


* Hk. Auc. "WRISBERG 0er brio anatomi- 
cne de tefliculorum ex abdomine in ſerotum 
deſcenſu. Goetting. 1779. 4. 

10. Fried. BLUMENBACH 1 ol. Seet. 98 
H. 501. fgg. Tab. III. 

eber den ſpaͤteren Austritt des Andi ꝛc. 
SAM. THEoD. QUELLMALZ de ſerotino teſtium 
Adieſcenſu eorumque retractione. Lipſ. 1746. 4. 
Recuſ. in HALL, coll, N ı 00/0. 
Ueber die angebohrnen Bruͤche. S. die wich⸗ 
tigſten Schriften in Hildebrandts Lehrb. der 
Anatomie, nach d. 2255. S. 602 fgg. 


2 $. 580. E 
Die Mebennieren (5. 453.) find im Ems 
bryo groͤſſer, und ihre innere feuchte Subſtanz 
iſt noch weißlich oder roͤthlich. Sonderbar ift 
es, daß ſie in hirnloſen Embryonen kleiner ſind. 
$. 581. 
Das lockere Zellgewebe des Embryo ift ans 
fangs nur mit gallartiger Feuchtigkeit angefuͤllt. 
Ungefaͤhr in der Mitte der Schwangerſchaft 
zeigt ſich zuerſt kruͤmliches Sett. 
$. 3587 
Das Fell des Embryo iſt in den letzteren 
Monaten mit einer weiſſen weichen faſt fluͤſſi⸗ 
2 gen 


| gen 1 Salbe (vernir cafeoja) überzogen „welche 
dazu dient, es vor der Naͤſſe vom Kindswaſſer 
zu ſchuͤtzen, auch zum Durchgange bei der Ge— 
burt es ſchluͤpfrig zu machen. Man zweifelt, 
ob dieſe Salbe aus dem Kindswaſſer abgeſetzt, 
oder ob ſie aus den er des Ne des Em⸗ 
bryo abgeſondert werde. 32 


Io. Iac. WIL H. Schulz de ortu er 3 feeſie 
vernicis, Helmft. 1788. 4. 


ra 583. 


Auch ift die Oberfläche des Felles eines rei⸗ 
fen Embryo mit feinen kurzen Haͤarchen (Ja. 
nugo) beſetzt. Die Kopfhaare fangen meiſt 
ſchon im ſiebenten Monate an, hervorzukeimen. 
Die Augenbraunen und Augenwimpern ſind am 
reifen Embryo noch ſehr kurz und fein. © 


2 
* 


§. 584 

Der Embryo liegt in Ruͤckſicht feineek 
ſelbſt fo, daß der Rumpf maͤßig vorwaͤrts ge⸗ 
kruͤmmt, der Kopf vorwärts geneigt iſt, die 
Unterarme nach dem Geſichte hinauf, die Schen⸗ 
kel nach dem Bauche hinaufgebogen, die Unter- 
ſchenkel im Kniegelenke hinaufgebogen liegen. 
9 Ruͤckſicht der Mutter iſt die Lage des klei⸗ 


neren 


999 


cage des Pe der eiten Mente zu un⸗ 
u terſcheiden. Im Anfange der Schwangerſchaft 
iſt der Embryo ſo klein, das er im Kindswaſ— 
ſer frei ſchwimmet, und ſich frei bewegen kann, 
ohne die Waͤnde der Gebärmutter zu en 


wird ſeine Lage immer mehr beſchraͤnkt, ſo daß 
r endlich in 3 1 des Eies 


MN ü 
ium iegt er N mit dem Kopfe R den 


Nuttermunde, And fo, daß das Geſicht ſchraͤg 
ckwaͤrts, nach der einen (rechten) Sympgyſis 
icro⸗ iliaca, der Hinterkopf ſchraͤg vorwärts, 
ach der einen (linken) Pfanne gewandt iſt. 


loseruus OnYMos de naturali foetus in vtero 


g materno fitu. L. B. 1743. Recuſ. in HALL. 
m coll. V. p. 319. 

ehr Von ungewöhnlichen Lagen. 

! e 


" Chrıstopn. IAc. TREW de diſterentiis quibusdam 
A| 
ML inter hominem natum et nafcendum interceden- 
„ribus, Norimb. 1736. 4. 

Henn. 


Wi 
er nicht in gleichem Verhaͤltniſſe An, ſo 


# 


342 5 
HxNR. AUG. WRISBERG deferiptio embryonis 
anazomica. Goett. 1764. 4. ü 
AxDk. et FRip. RoEssLEIN de differentiis inter 
Fetum et adultum. Sect, is Sect. I. Arg. 
1783. 4. f 
Serdinand Georg Danz Grundriß der Zer⸗ 
gliederungskunde des neugebohrnen Kindes 
Mit Anm. v. Sômmerring. I. II. Sieg 
1792. 1793. 8. i 


Sechſter usfänitt: 7 

Die Schwangerſchaft. 1 

a IET5BH: 1 
Eine Folge der Empfaͤngniß iſt di 
Schwangerſchaft (graviditas), derjen 


Zuſtand eines Weibes, in welchem es eine 
e (traͤgt) enthaͤlt. 


9. 586. 


Gebaͤrmutter (graviditas vterina), indem nac. 
erfolgter Empfaͤngniß der Stoff, aus welche 
der Embryo entſteht, aus dem Eierſtocke dure 
die Trompete in die Gebaͤrmutter gebracht wi 
(H. F530). Nur in ſeltenen und auſſerorden 
lichen Faͤllen bleibt der Stoff unterweges in 
| er Tron 


7 


Trompete (graviditas tubaria) oder gar im 
Eierſtocke liegen (gr aviditas Ovaria), aus dem 
dann der entſtandene Embryo ſammt ſeinem Eie 


abdominalis). 
VassAL. fe p d'une double matrice. Par. 
1669. 
N 0, Sıorsm. ELS nolz de conceptione zubaria, In 
E. N. C. Dec. J. Ann. IV. V. App.“ 


Sui. Tosernt de conceptione abdominali. Goet- 
ting. 1784. 4- 5 
Cunlsr. FRID. DEUTSCH de graviditate abdomi- 

|} 3 5 Hal. 1792. 4. 


. 87. 


Das menſchliche Weib traͤgt gemeiniglich 
he einen Embryo, ſelten Zwillinge (ge- 


\ nd Suͤnflinge find faſt unerhoͤrt. 


Vergleichung mit anderen Thieren. Ungefaͤhres 
Berhälmiß der Zahl von Zwillingsgeburten. 
Exempel von e Vierlingen und Fuͤnf⸗ 
lingen. 

| Ueber die Ueberfeuchtung (Superfoetatio), 

j Io. PuıLıpr. GRAVE de Juperfoetatione. Arg. 

| 1738. Recuf, in HALL, coll. V. p. 335. 


A 9. 588. 


in die Bauchhoͤhle Aub e kann (8 raviditas 


nelli), ſehr ſelten Drillinge. Vierlinge 


1 BR g Bu 

Sogleich nach der Empfaͤngniß iſt in der 
Gch tene Veraͤnderung zu bemerken. 
Nur der Muttermund ſcheint feſter als im uns 
gefgwängereen auflande verſchloſſen zu ſeyn. 


$. 589. | 
Nach und nach aber wird der Zufluß | 
des Bluts in die Gebärmutter vermehrt. Ihre 
Blutgefaͤße werden daher ausgereckt und aus⸗ 
gedehnt, ihr ſchwammigtes Zellgewebe wird 
durch reichliche Befeuchtung ſaftvoller und 
weicher. Dies geht durch die ganze Schwan⸗ 
gerſchaft fort; geſchieht aber im Koͤrper der 
Mutter fruͤher, als in ihrem Halſe. In dem 
erſten und zweiten Monate iſt im Mutterhalſe 
noch keine Veraͤnderung zu bemerken; aber im 
dritten fängt er an, auch erweicht zu werden. 


$. 590. 

Aus dem vermehrten Zufluſſe des Bluts 

in die Blutgefaͤße der Gebaͤrmutter entſteht 
durch Ausſchwitzung und Gerinnung plaſtiſcher“ 

Lymphe auf der inneren Flaͤche der Gebaͤrmut⸗ | 
ter jene Haut (membrana caduca ſ. decidua i 
Hun TERI), welche dieſelbe uͤberzieht, und dem ! 
Eie zur Anheftung dient (H. 545). 1 
8 Er F. 5917. 


4 


— 8 347 vg 
Air a e ieee e die nad 
Nachdem dani dab Ei in der Gebaͤrmut⸗ 
elan wird ſie, ſo wie dieſes und der 
in ihm enthaltene Embryo wachſen, allmaͤlig, 
immer mehr und mehr ausgedehnt, ſo daß 
die vordere Wand von der hintern entfernt 
wird, die Winkel ausgerundet werden und eine 
ovale Hoͤhle entſteht. Dies geſchieht auch im 
Körper der Mutter fruͤher, im Mutterhalſe 
ſpaͤter. Der leztere faͤngt erſt im ſechſten Mo⸗ 
nate an ausgedehnt und daher zugleich verkuͤrzt 
(verzehrt) zu werden; dann aber wird ‚er dies 
ſes immer mehr, fo 995 endlich der Kanal des 
Mutterhalſes mit der Höhle des Mutterköoͤr⸗ 
pers eine Wöble ausmachen da gehen 
. Sor. b. * 
u dieſer Ausdehnung, welche ſehr lang, 
ſam geſchieht, machen ſie faͤhig ihre geſchlaͤngelt 
liegenden Gefaͤße, welche dabei ausgereckt wer— 
den, und ihr ſchwammiger Bau. Ihr außer 
der Schwangerſchaft ſehr dichtes Zellgewebe wird 
durch vermehrten Zufluß der Saͤfte waͤhrend 
der Schwangerſchaft erweicht und aufgelockert, 
dem wachſenden Embryo hinlaͤnglich nachzuge⸗ 
ben. Wegen dieſer Ausdehnung des Zellgewe— 
f bes 


11 


| bes der Gebaͤrmutter werden ihre Waͤnde nicht 

in dem Maaſſe dunner, wie Hi BEE 
wird. e f 517 

rk 1 7 892. 255 | 
| Dur erſtn und zweiten Monate der 
eee ſinkt die Gebaͤrmutter ein 
wenig tiefer in das Becken herunter. Wie 
aber ihre Ausdehnung mit dem Anfange des 
dritten Monats ſchon zu groß wird, um im 
untern Becken hinlaͤnglichen Raum zu finden, 
fo ſteigt fie, von den benachbarten Theilen ge⸗ 
draͤngt, in das obere Becken hinauf. Wie 
nachher das zunehmende Gewicht den Mutter⸗ 
grund vorwaͤrts neigt, ſo kommt der Mutter⸗ 
mund am heiligen Beine immer hoͤher zu lie⸗ 
gen und wendet ſich weiter ruͤckwaͤrts. Erſt 
in den letzteren Wochen der Schwangerſchaft 
ſenkt ſich die dann hoͤchſt ſchwere Gebaͤrmutter N 
wieder ein wenig hinunter. N 

Eine Folge der Ausdehnung und des Aufſteigens 
der Mutter iſt die, daß die Muttertrompeten 
ſſich zum Theile an die meet anlegen muͤſſen. 


* FS. 93. | 
Im ſechſten, ſiebenten Monate faͤngt dern 
(Kopf des) Be an auf den Mutterhals zu 
druͤcken 


u 


druͤcken (und dem unterſuchenden Finger fuͤhl— 
bar zu werden). Dadurch wird nun der Mut 
terhals immer mehr ausgedehut. Im letzten 
Monat ift der untere Abſchnitt des Murrerhals 
ſes, welcher in die Mutterſcheide hinabragt, wie 
ein duͤnner Sack, und in der regelmaͤßigen Lage 


des Embryo eine duͤnne halbkuglichte Kappe, 
welche das Hinterhaupt des Embryo dicht um⸗ 


ſchließt. Je näher dem Ende der Schwanger- 


ſchaft, deſto ſtaͤrker wird der Druck des Embryo 
auf das untere Ende des Mutterhalſes, (fo 


daß er zuletzt nicht mehr mit gelindem Drucke 


gehoben werden kann). Der obere Theil der 


Mutterſcheide, deren Waͤnde ſonſt dicht an ein⸗ 
ander liegen, wird durch die Ausdehnung des 
Muttermundes in den letzten Monaten in Ge 


ſtalt einer cylindriſchen Roͤhre ausgeſpannt. 


$. 594. 
Eben die zunehmende Größe des Embryo, 
mit welcher das Kindswaſſer nicht im gleichen 


Verhaͤltniſſe zunimmt, macht, daß die Mutter 


ſeine Bewegungen, ungefaͤhr in der Mitte 
der Schwangerſchaft zuerſt, und nachher immer 
ſtaͤrker und deutlicher, fühlt, 


3 2 H. 595. 


55 3 


e 


598. 


Der Bauch der Schwangeren wird im 


erſten und. zweiten Monate flacher, vom drit— 
ten aber nach und nach durch die Ausdehnung 


der Gebärmutter allmalig ausgedehnt (§. 592.). 


ö Sie draͤngt die Daͤrme hinauf, und zugleich zu⸗ 
rück, ſo daß d die Vorderwand der ausgedehnten 
‚Gebärmutter dicht an der Vorderwand des Bau⸗ 
8 ches liegt. Ihr Grund ſteigt hier, mit zuneh- 
mender Ausdehnung des Mutterkoͤrpers, im— 
mer höher und ‚höher, fo daß die Vorderwand 
des Bauches endlich bis uͤber den Nabel ge⸗ 
1 iſt. | 
pen were des Abgangs ( 1 alvi), 309 
ken am Maſtdarme, Adergeſchwuͤlſte (va- 
rices) an den Beinen, denen einige Schwan. 
gere unterworfen find. 


§. 596. 


+ 


Wie der Zufluß der Soͤfte in der Gebaͤr⸗ 


mutter vermehrt wird, ſo erfolgt zugleich daſ⸗ 
ſelbe in den Gefäßen der Beckenknorpel. 


Daher ſchwellen dieſe an, und das Becken 


wird daher, zur Erleichterung der kuͤnftigen 


Geburt „ nach und nach breiter und weiter. 


Mic. 


u ae 


8 * 
9 I 


Men. Pur Ip. BOUVART an offa innominara, in 


R gravidis et parturientibus diducansur ? Parif, » 
1739. Recuf. in HALL. coll. V. p. 375. 


Just. Curıstian. LopER de fynchondrofeos off um 
pdubis ſectione in partu e . 
SOoetting. 1778. 4. 


Ian. PETERS. MiCHELL de Inschondrosomia bubu. 
Amſt. 1783. 8. 


8. S9. 

Eben dieſer bite Zufluß bewirkt in 
den letzteren Monaten aa de i Abſonde⸗ 
rung des Schleimes in der Mutterſcheide, zu 
gleichem Zwecke. nt 5 

H. 8. 

Der Monatsfluß wird, waͤhrend der 
Schwangerſchaft, in der Regel, völlig unter 
brochen, indem die Anheftung des Eies an der 
inneren Flaͤche der Mutter denſelben nicht ge— 
ſtattet (§. 5 15.). Sein Zweck ($. an falt 
in dieſer Periode weg. 


8. 599. | 
Auch die Bruͤſte werden in der Schwan⸗ 
gerſchaft nach und nach dicker und ſaftvoller, 
und zur nigen Milchabſonderung vorbereitet. 
3 3 Nicht 


Mir ſelten geben ſie bisweilen den etwas 
Feuchtigkeit von ſch. 


§. 600. 


Die Betrachtung aller dieſer Wirkungen 
zeigt uns die Zeichen der Schwangerſchaft: 
die Unterbrechung des Monatfluſſes ohne Krank: 
heit, die regelmaͤßig ſteigende Anſchwellung des 
Bauches, die Empfindung der Bewegung des 
Kindes, die Veraͤnderungen des Muttermun⸗ 
des und die les der Bruͤſte. 


5 ‘ * 4 * 

ALR. de HALLER hiſtoria nuperne diſſectionis fe- 
minae gravidae, Goetting. 1739. In coll. V. 
p. 281. 

GuiL. NoorTwYK anatome et hiſtoria vteri hu- 

mani gravidi, L. B. 1743. 4. N 


WIL LIAN Hox TER anatomy of ebe human gra- 
vid uterus. Lond. 1778. Fol. max. f 

An anatomical defeription of the human gravid 
uterus by WILL. Hunter. Lond. 1794. (Ed. 
BAILLIE.) 


Sieben 


Siebenter Abſchnitt. 
Die Wie 
ki 9 601. 
Die Schwangerſchaft e ſich mit der 
Geburt (zartus), welche darin beſteht, daß 


der Embryo ſammt feinem Eie aus der Gebaͤr— 
mutter ausgetrieben wird. 


§. 602. i 
In der Regel geſchieht dieſes s durch na⸗ 
tuͤrliche Zuſammenziehung der Bebaͤrmutter 
ſelbſt, ohne Huͤlfe der Kunſt. Man ſagt dabei, 
die Mutter gebaͤre, der Embryo Werde ge⸗ 


eine gewiſſe Zeitlang durch das fortgeſetzte 
Wachsthum des Embryo und des Eies iſt aus⸗ 
gedehnt wordon, ſo zieht fie ſich wieder zuſam⸗ 
men, verengert dadurch ihre Hoͤhle, und preßt 
alſo den Embryo ſammt dem Eie durch den 
Muttermund und die Mutterſcheide heraus. 
0. 603. a 
| Diefe Zuſammenziehung der Gebärmutter 
iſt hauptſaͤchlich von ihrer eigenthuͤmlichen 
5 e abzuleiten. Doch haͤngt ſie zum 


7 


boten. Nachdem nemlich die Gebaͤrmutter 


— 


352 —— a | 
Theile von der Spannkraft des Mutterkoͤr⸗ 
pers ab, welche die Spannkraft des Mutter- 
halſes uͤberwinden kann, nachdem dieſe auf den 
hoͤchſten Grad ausgedehnt worden. Sie iſt 
eigen vollig unwillkührlich. 


ut g. 604. 15 

Die RR der ee N 
dauert bei dem Menſchen vierzig Wochen (zehn 
Mondenmonate,) ſo daß der Termin der Ge⸗ 
burt an das Ende der vierzigſten Woche fällt, 
und der Embryo gerade dann geboren wird, 
wenn er reif iſt. f 
Ueber die Urſache, warum die Sanne 

gerade vierzig Wochen daure. N 


28 A 88 $. 605. 
Naur auſſerordentlich tritt die Geburt zu 
feäbpeitig (partus praematurus, abortus) ein; 
aus Schlaffheit des Matterhalſes, oder zu großer 
Straffheit des Mutterkoͤrpers, oder aus An⸗ 
haͤufung des Bluts in den Blutgefaͤßen der 
Gebärmutter, Ergieſſung deſſelben und Ablös 
ſung des Eies, oder aus idiopathiſcher, ſympa⸗ 
thiſcher Reizung der Gebaͤrmutter, durch Uns) 
ordnungen im Nervenſyſteme ic. und den mans 
nigfaltigen entfernten Urſachen dieſer Dinge. 


Jo. 


—— 353 


* 


Io. GEorG. HAsENöÖHRL (nunc de LAcusıus ) 
de abortu, In WASSERBERG opp. min, faſcic. I. 
Vindob. 1775: p. 106. 


12042 c G6 Uu 

Ungleich ſeltener, oder vielleicht nie erfolgt 
die Geburt ſpaͤter (partus fer otinus), als zu 
der regelmäßigen Zeit ($. 604.). 
Mögliche Urſachen deſſelben. 


Laur. HEIST ER partus tredecimeſtris pro legi- 
timo habitus. Helmft. 1727. 4. 


\ 


' Henr. Gan de partu ſerotino. Upſ. 1770. 


F. 607. | 
Die Zuſammenziehung der Gebaͤrmutter 
treibt das Ei und den Embryo heraus, indem 
die Faſern der Mutter ſowohl der Laͤnge als der 
Breite nach ſich verkuͤrzen, mithin die Hoͤhle 
der Mutter ſowohl verkuͤrzet als verengert wird. 


ſelbſt, werden dahin gepreßt, wo der geringſte 

Widerſtand iſt, d. i. nach dem Muttermunde. 

Dieſer wird allmaͤlig erweitert, das Ei, nachher 

der Embryo dringen in den Muttermund, er— 

weitern ihn immer mehr ꝛc. und fo wird endlich 
der ganze Embryo herausgetrieben. 


3 5 §. 608. 


Das Waſſer des Eies, nachher der Embryo 


354 


H. 608. 

Dieſe Z eng der Gbemäee 
geſchieht vom Anfange der Geburt, bis zum 
Ende, nicht auf einmal; ſondern es erfolgen 
mehrere einzelne, wegen des mit ihnen verbun⸗ 
denen Schmerzes ſogenannte, Wehen (aolores) 
auf einander, zwiſchen denen ruhige Zwiſchen⸗ 


zeiten find, 
$. 609, | 
Die Empfindung der wahren Wehen 
(dolores veri), namlich der regelmäßigen Zu⸗ 
ſammenziehungen der Gebärmutter, fängt in 
der Lendengegend des Ruͤckgrats an und geht 


zu beiden Seiten an den Huͤften bis in die | 


Zeugungstheile hinab. 
Die falfeben Wehen, nemlich allerlei andere 
Schmerzen im Unterleibe. e 


g. 610. 

Bei jeder ſolcher Wehe wird die Gebaͤren⸗ 
de durch den MNaturtrieb bewogen, mit Anſtren⸗ 
gung der Arme und Beine und Anhaltung des 
Athems ſich anzuſtrengen (§. 200.), fo daß die 
Bauchmuskeln und das Zwerchfell die Hoͤhle des 
Unterleibes verengern, und die Geburt befor⸗ 


dern muͤſſen. 
§. 611. 


g 


— N 


x 8 8 2 — l * * 355 2 
$. 611. 


Schon vor der Geburt treten gad bi \ 
herſagende Wehen (dolores pracfagientes), 
mit langen Zwiſchenzeiten, ein. Zugleich ver 
rathen der reichlichere Schleim der Scheide, bei 
einigen auch oͤfteres Harnlaſſen, die erfolgte 
Senkung der Mutter, die Annaͤherung der 
Geburt. = 

| en. 

Nach und nach kommen die Wehen etwas 
ſtaͤrker und oͤfterer, und wirken ſchon zur Er⸗ 
weiterung des Muttermundes', doch nur erſt 
ſo wenig, daß er ſich nach jeder Wehe wieder 
ſchließt. Man nennt ſie die vorbereitenden 
Wehen (dolores praeparantes). 


$. 613. 

Sie gehen in die eigentlichen Gebutke, 
eben (dolores ad partum) über, welche fer⸗ 
er allmaͤlig noch ſtaͤrker werden, und noch öfe 
ter kommen, und den Muttermund bleibend er⸗ 
eitern, ſo daß er auch auſſer den Wehen offen 


bleibt. 

§. 614. 
Dieſe Wehen preſſen allmaͤlig das untere 
ende des mit dem Kinds waſſer gefüllten Eies 
(die 


(die Blaſe) in dem Muttermund, (die Bla⸗ 
fe ſtellt ſich, die Waͤſſer ſtellen fich,) der 
dadurch auf eine wohlthaͤtige Weiſe erweitert 
und zum folgenden Durchgange des Kindes vor- 
bereitet wird. Jede Wehe preßt dann das um 
den Embryo liegende Waſſer in das untere ſchon 
im Muttermunde liegende Ende des Eies. Da⸗ 
durch wird dieſes während jeder Wehe ges 
ſpannt; hingegen in den Zwiſchenzeiten der 
Wehen, (da das Waſſer wieder Raum zwiſchen 
dem Embryo und dem Körper der Gebaͤrmutter 
findet,) wieder ſchlaff. 


§. 615. 


So dringt nach und nach das untere En 

de des Eies durch den Muttermund in die Mut— 
ter ſcheide „endlich bis zwiſchen die inneren Lef⸗ 
zen der aͤuſſern Zeugungetheile hinab. Je mehr 
nun der Muttermund erweitert iſt, deſto ſchwaͤ⸗ 
cher kann er widerſtehen, deſto kraͤftiger hinge- 
gen wirkt der Körper der Mutter. So ver- 
ſammlet ſich dann in dem untern Ende des Eies 
immer mehr und mehr Kinds waſſer, und wird 
immer ſtrotzender, (die Waͤſſer find ſpring⸗ 
fertig / fo daß endlich daſſelbe zerſprengt wird. 
Das Waſſer fließt aus, und giebt den aufe 

ſeren 


— 3sõͤ⸗ 


ſeren Bengungstgeten e eine wohlizöflge Befeuch⸗ 

tung. 

Großer Nutzen dieſer vorbereitenden Erweiterung 
und Befeuchtung. Nachtheile der zu fruͤhzei⸗ 
tigen ee * Eies. 


$ 616. 


Wie die Gebaͤrmutter ſich Mon: fo weit zu⸗ 
einengen hat, iſt auch ſchon betraͤchtliche 
Abloͤſung des Eies und des Mutterkuchens er- 
folgt. Es fließt daher etwas weniges Blut, 
das aus den aushauchenden Gefaͤßen der Ges 
baͤrmutter kommt, zwiſchen der inneren Flaͤche 
derſelben und der aͤuſſeren des Eies in die 
Scheide hinab, und macht den Schleim der- 
ſelben, welcher izt reichlich abgeſondert wird, 
blutig. Man nennt dieſen blutigen Schleim 
das Zeichen (nämlich der Annäherung des En, 
des der Geburt.) 

$. 617. ae 
Nun dringt der Kopf des Kindes nach und 
nach in den Muttermund, ſo daß er bald in 
feinem größten Umfange vom Muttermunde um⸗ 
geben (gekroͤnt) iſt. Dann dringt er leichter 
in die Mutterſcheide „ und weiter in die aͤuſſern 


Zeu⸗ 


Schweiß auf der Stirne verurſachen,) erſt den 


gegen den Muttermund, indem fein Kinn der 


Kopfes in die Are des Beckens der Mutter, 


Zeugungstheile hinunter, ſo daß er zwiſchen die 
Lefzen tritt (ſchneidet ein), und indem er hie⸗ 
her hinabkommt, wird der Darm (perinaeum) 
von ihm ſtark gedehnt und geſpannt. | 


| GO BE | 
Diann folgen die ſtaͤrkſten Geburtswehen, 
welche man erſchuͤtternde Wehen b 


conquaſſantes) nennt, und preſſen (mit hefti⸗ 


gen Schmerzen, die das ganze Nervenſyſtem 
angreifen, oft ein Schreien und Zittern und 


Kopf bis an den Hals durch die aͤuſſern Zeus 
gungstheile (der Kopf ſchneidet durch), 
und ſofort oder bald nachher den übrigen Körz 
per due dieſelben heraus. | | 
18 0. 619. 8 5 | 

In der vollkommen natürlichen Lage des 6 
Kindes, bei welcher der Kopf unten liegt, und das 
Geſicht ſchraͤg rückwärts gewandt iſt, (§. 584.) 
ſtellt ſich bei der Preſſung deſſelben der Hinterkopf 


Bruſt ſich nähern muß. Auf dieſe Weiſe tritt 
nach und nach der laͤngſte Durchmeſſer ſeines 


So 


1 . # h 


s 359 
So gleitet dann der Kopf, indem zugleich das 
Geſicht, nachdem der Kopf in das untere Bek— 
ken getreten, ſich nach dem heiligen Beine Fehs 
ret, auf der gekruͤmmten vordern Flaͤche des 


wird erleichtert, indem die, nur haͤutig verbun⸗ 
denen Knochen der Hirnfchaale mit ihren Raͤn⸗ 
dern ſich einander naͤhern, und den Umfang 
des Kopfes verkleinern, wobei das Fell auf dem 


ſeiner Venen gegen die Beckenknochen, anſchwillt. 
Wie der Kopf zur untern Oeffnung des Bek— 
kens kommt, lenkt er ſich, nach der Richtung 
des Steißbeines, auf dieſem und dem Damme 
vorwaͤrts; der Hinterkopf ſtemmt ſich an den 
Bogen der Schambeine an, und der Kopf 
waͤlzt ſich um feine Are (feinen queeren Durch⸗ 
meſſer) zwiſchen den Lefzen der aͤuſſern Zeus 


Die ſeltener vorkommende Geburt mit vorliegen⸗ 
dem Steiſſe ꝛe. i 


\ Die Zwillingsgeburt. 
$. 620. 
Nachdem das Kind geboren ift, folgt Ru— 


Durch die bisherigen Zuſammenziehungen 
0 | DR 


heiligen Beines hinunter. Dieſer Fortgang. 


Scheitel ſich faltet, und zugleich vom Drucke 


1 0 2 
' / 1 7 15 * ei 
7 1 


ber Mutter hat die wee W 
großentheils, bisweilen ſchon ganz abgelöſet, f 
weil ſie bei der Verkleinerung der inwendigen 
Flaͤche der Mutter ihre Anheftung nicht behal- 
ten kann; bisweilen wird ſie ſogleich nach dem 
Kinde aus der Mutter in die Mutterſcheide 
hinabgetrieben. Wenn aber noch ein Theil 
derſelben in der Mutter zuruͤck geblieben, oder 
gar noch nicht abgeloͤſet iſt, fo wird die Ruhe 
noch einmal durch die Nachwehen (dolores 
poſt partum), unterbrochen, welche dann 0 A 
Nachgeburt löͤſen und austreiben. 2 4 


Aufervrbentleche Nachwehen. nc 88770 : 


H. 621. 1 i 

Wie das Kind geboren iſt, fließt aus der 
Gebärwurter eine betraͤchtliche Quantität Blut 
ab, welches ſich aus den erweiterten Blutge⸗ 
faͤßen derſelben, an der Stelle, wo die Nach- 
geburt feſt ſaß, ergoſſen hat. Auch folgt meh⸗ 
rere Tage hindurch, ein gelinder Blutfluß, die 
ſogenannte Kindbettsreinigung (Locbia) 
nach, indem die, noch einigermaßen weiten, aus⸗ 
hauchenden Gefaͤße noch Blut in die Hoͤhle der 
Gebaͤrmutter ergieſſen. Wie aber dieſe Ger 
faͤße nach und nach ſich verengen, fo fließt noch 
einige 


rr 


——— 


K  - 


9 


* „ 
—— 3061 


einige Tage nur Serum aus (lochia Bl ang j 
endlich hört der Fluß gaͤnzlich auf. ie 


§. 622. 
Dagegen vermehrt ſich nun der Zufluß 
der Säfte in die Bruͤſte, und es entfteht in 
dieſen die Abſonderung der Milch. 
Davon im naͤchſten Abi: 


$. 623. . 

In den erſten Tagen nach der Geburt ft 
die Gebaͤrmutter, auch der Muttermund, noch 
ſchlaffer, und daher auch nach völliger Auslee— 
rung etwas größer, als vor der Schwanger— 
ſchaft. Nachher aber zieht die Gebaͤrmutter, 
vermoͤge ihrer Spannkraft, ſich beinahe ganz 
wieder in die Groͤße zuſammen, welche ſie vor 
der Schwangerſchaft hatte. So erhaͤlt ſie auch 
wieder ihre vorige Derbheit und Haͤrte, ſo— 
wohl am Muttermunde als am Koͤrper; doch 
verlaͤngert ſich an diefem die im jungfraͤulichen 
Zuſtande kuͤrzere hintere Leze des Muttermun— 


des durch jede Schwangerſchaft und Geburt 


ein wenig; auch vermindert ſich die genaue 
Schließung der Lefzen; und von der ſtarken 
ane welche der Muttermund erlitten 

A a hat, 


hat, bekommen feine Raͤnder Faͤltchen und 
vielleicht von kleinen Einreiſſungen) Naͤrbchen. 
d. 624. 


Die Mutterſcheide und die aͤuſſern Ges 


burtstheile bleiben in den erſten Tagen nach dee 


Geburt noch merklich ſchlaff und weit; nach- 


her ziehen ſie allmaͤlig ſich wieder zuſammen, 
doch bleiben ſie deſto weiter, je öfter fie dieſe 
uns erlitten haben. 


9. 625. 


Auch die Bauchmuskeln und das gen des 4 
Bauches ziehen fich wieder zuſammen, doch nicht 
voͤllig zur vorigen Engheit. Sie bleiben deſto 


weiter und ſchlaffer, je oͤfter ſie ſchon durch 
Schwangerſchaft erweitert ſind. Auch bleiben 
deſto mehr geſchrumpfte Stellen, (ſogenannte 


Narben) und bei einigen Geſchwuͤlſte (varices) 
an den Bauchvenen (venae epigaftricae) nach. 


Eben dieſe bleiben bei einigen an den Beinen. 


F. 626. 


doch der Geburt iſt jede Kindbetterin 
mehr oder weniger etwas ermattet. Doch er⸗ 


w ſic eine aer in wenigen Tagen. Meiſt 


zeigt 


363 
zeigt ſich im Kindbette eine größere Best, 


keit des dene 


g. 627. 

Die Zeichen, welche verrathen, daß ein 
Weib ſchon geboren habe, ſind demnach: die 
weiteren aͤuſſern Geburtstheile; die weitere Mut— 
f terſcheide; die Faͤltchen am Muttermunde; die 
nicht dicht ſchlieſſenden Lefzen deſſelben, und, 
wo mehrmals geboren worden, die groͤſſere Laͤn— 
ge der hinteren defze; die Schlaffheit des Baus 
ches, und die geſchrumpften Stellen an ihm; 
die Spuren der Adergeſchwuͤlſte am Bauche d . 
an den Beinen. Hingegen iſt es nicht wahr— 
ſcheinlich, daß ein Weib ſchon geboren habe, 
wenn alle dieſe Zeichen fehlen. 


§. 628. 

Die Zeichen einer Kindbetterin insbeſon— 
dere find: die gröͤſſere Weite und Schlaffheit der 
aͤuſſern Geburtstheile, (die auch mehr oder weniger 
geſchwollen find,) der Scheide und des Mutter- 
mundes; die groͤſſere Schlaffheit des Bauchs; 
der Blutfluß aus den Geburtstheilen; die Ge— 
ſchwulſt und die Gegenwart der Milch in den 
Bruͤſten; in einer Leiche auch noch die uͤbrige 

Aa 2 Aus⸗ 


Ausdehnung und blutvolle bie vbe. den 
Gebärmutter, 92 2632 


Genauere Beſtimmung in wie tim dieſe Zeichen 


„Kultig und negativ gelten. 
j ** * * * 
Io. Iac. RöMER partus naturalis brevis 22 
a 8 8. 1 


Achter Ab ſchnitt. 
Die Milch. 


S. Hildebrandts Lehrbuch der Anatomie. 
III. Sechſtes ai 38. Kap. von den Bru⸗ 
nen, | 


g. 629. f A 
Auf die Geburt folgt bei dem Menſchen, 
wie bei allen Saͤugthieren, die Abſonderung 
eines Saftes, welcher zur Ernährung des neu— 
gebornen Kindes dient. Dieſer Saft, weicher 
die Milch (Lac) heißt, iſt weiß, undurchſich⸗ 
tig, ſchwach und angenehm riechend, ſchwach 
ſuͤßlich ſchmeckend, und beſteht aus der Mol— 
ke, dem Bahme und dem Kaͤſe. 
RER 
Die molke (Nerum lactis) iſt Waſſer, 


welches ein aa Salz, den Milchzuk⸗ 
ker 


— 35 


ker ( füecharum lactis), in kleiner Quantität 
aufgelöͤſet erhält. Der Rahm (eremor lactis), 
welcher, nachdem durch eine gewiſſe mechanische 
Bereitung die Molkentheile und die Kaͤſetheile 
bon ihm abgeſondert worden, Butter (buty- 6 
rum) heißt, iſt ein aͤuſſerſt mildes fettes Oel, 
doch von beſonderer Art, und vom thieriſchen 
Fette verſchieden, ob wohl er bei trockner Des 
ſtillation (9. 53.) dieſelben Grundſtoffe giebt. 
Der Kaͤſe (caſeus) kommt faſt mit dem thieri⸗ 
ſchen Faſerſtoffe (H. 37.) uͤberein, giebt auch 
bei trockner Deſtillation, wie jener, gekohltes 

Waſſerſtoffgas und kohlenſaures Gas, brandi⸗ 
ges Oel und kohlenſaures fluͤchtiges Alkali; im 
Ruͤckſtande Kohle, deren Aſche phosphorſaure 
Kalkerde iſt. Dieſe Stoffe ſind in der Milch, 
wie ſie eben aus den Bruͤſten kommt, genau 
mit e einander vermengt; ſie ſcheiden ſi ch aber 
dann durch die Ruhe, fo daß der Rahm ſich zu 
oberſt ſetzt, der Kaͤſe darunter gerinnt, und 
ſo beide auf der Molke ſchwimmen. Geſchwin⸗ 
der erfolgt die Gerinnung durch W oder 
| Säuren ꝛc. 


©. Eldebrebs der Chemie. III. 
9. 2325 fig. | | 
| Aa 2 HEN R. 


HExR. Dooascnoonr “4 lact nö a 
7 {+ . 
Recuſ. ii in HALL. coll. V. p. 7. 05 * * 


Samuel Ferris über die ich ueber. ven 
N michaelis Leipz. 1787. 8. 


e ee Nahe Mun un. 
Die Menſchenmilch hat jene Egen⸗ 
fünften. der uns bekannteren Milcharten auch, 
unterſcheidet ſich aber durch geringere Quantität 
von Kaͤſe und ver 8 0 ſchwaͤchere 1 
barkeit ah 
Bergius Berſuche mit Frauenmilch. In er a 
Schwed. Abhandl Band 34. S. 40. Bu 
in Crells n. Entd. 1. ©. 57. ene 
FL. IAc. VoLTELEN de lacte humano ohferontier 
ms cbemicne, Kiel 1775. 8. e 2 


g. 632. 

Die Abſonderung dieſes Saftes verrichten 
die weiblichen Bruͤſte (mammae), welche mit 
der Gebaͤrmutter in merkwuͤrdiger Harmonie g 
ſtehen. Vor der Manubarkeit leiſten weder je⸗ 
ne noch dieſe ihren Dienſt; wie mit der Mann: 
barkeit jene Veraͤnderungen in den Zeugungs⸗ 
theilen eintreten ($. 513 ), der Monatsfluß a an⸗ 
fängt, fo erhalten auch die Bruͤſte die jungfraͤu⸗ 
liche Süle; in der Schwangerſchaft fangen fie 

an 


— 367 
an zu ſchwellen; nach der Geburt tritt die Abe 
ſonderung der Milch in ihnen ein. 


. 633. 
Am erſten oder zweiten Tage nach volen⸗ 
deter Geburt entſteht in der Kindbetterin ein 
gelindes, bisweilen kaum merkliches, eintägiges 
Fieber, welches das Milchfieber (Febris la- 
ctea) heißt, und indem es mit gelinde vermehr— 
ter Aus duͤnſtung endiget, den Anfang der Ab⸗ 
ſonderung der Milch zur Folge hat. Wie diefe 
erfolgt, wird der Blutfluß aus der Mutter 
vermindert (F. 624.), 


Ausnahmen „die hier zu bemerken find. 


$. 634. 

Die Abfonderung der Milch rei 1 

den mit Fett umgebenenen Koͤrnchen (acini) 

des druͤſigten Koͤrpers (glandula conglome- 

yata) der Mamma; aus dieſen geht ſie in die 

Wurzeln der Müchgänge, und aus dieſen in 

die Milchgaͤnge (ductus lactiferi) ſelbſt über, 
welche in der Warze papilla) ſich öffnen. 

GEORG. FRIED. GUTERMANN de mammis et 2 

Tubing. 1727. 4. 
lust. Govorr. Gunz de mammarum abi er 
re ſecretione. Lipf. 1734. 4 
A a 4 PHIL. 


5 . 
„ For | 
“N 


“ Phi. Apor vn. Born de mammarum ducri. 
bus. Lal. 1742. 4. 


ALEX. BERNARD. KL PIN de 225 mamma 
rum fexus Jeqwioris, Gryphisw. 1765. fr 


1. B. Covoro de mammis obfervagiones anatomie j 
ce. Adiectae zabulis poftbumis SANTORINI. 4 


§. 635. 

Die Abſonderung der Milch geſchieht viel⸗ 
leicht ſo, daß der mit dem Blute ſo eben ver⸗ 
mengte und noch nicht verähnlichte Chylus 
($. 409. fga.) in jenen druͤſigten Koͤrnchen vom 
Blute wie abgeſchieden wird. Wenigſtens ſcheint 
die von gewiffen Beſchaffenheiten der Nahrungs⸗ 
mittel abhängige Beſchaffenheit der Milch, ihre 
Aehnlichkeit mit dem Chylus, dies wahrſchein⸗ 
lich zu machen. AK A ti 


. 636. | 

Die abgeſonderte Milch fließt in der He 

gel aus den Muͤndungen der Milchgaͤnge nicht 

aus. Wenn aber das Kind an der Warze 

auge? ꝛc. fo treibt der Druck der aͤuſſern Luft 

die Milch aus der Mamma zu jenen Muͤndun⸗ 
gen e in den Mund des Ange ala 


* 
— 


* * 9. 637 


dn san meh ig Nb ER Bi 
Die erſte Een (abe iſt ſehr wi! 


rig, nach und nach aber wird ſie dicklicher, (er⸗ 
hält mehr Rahm und Fäfigte Theile, ) den zu⸗ 
| nehmenden Derdanungskiäften des Kindes 
N gemaͤß. ra x 


5 ai j 
Muc ſechs bis neun Monaten vermindert 
ö ic bei einigen Weibern die Abſonderung der 
Milch nach und nach wieder, und hoͤrt, wenn 
das Kind, an andere Nahrungsmittel ſich ge⸗ 
woͤhnend, allmaͤlig weniger ſaugt, auch allmaͤ⸗ 
lig auf. Am meiſten geſchieht dieſes, wenn ei⸗ 
ne neue Schwangerſchaft eintritt. Auſſerdem 
geſchieht es bei manchen Weibern nicht eher, bis 
das Kind ganz vom Saugen entwoͤhnt worden, 
da dann die Milch in den Bruͤſten einige Tage 
ſtockt, nach und nach aber durch die Saugadern 
wieder weggeſaugt wird, und Tee die Abſon⸗ 
derung ſich verliert. 


* . 9. 639. 75 1 
& lange die Abſonderung der Milch 
dauert, tritt auch der Monatsfluß nicht wieder 
ein (9. 521.). Wie fie aber geendiget hat 

„a Aa 5 (§. 638), 


7 


£# 


* 


370 — 


(F. 63 8.), kehrt er zuruck, wenn nicht eine neut 
2 Soragafodt, eingetreten if. 3 | 


25 . §. 648. e 6 3 
x Die Urſache dieſer merkwürdigen Harmo⸗ N 
nie (F. 632. 633. 639.) zwiſchen Bruͤſten und 
der Gebärmutter kennen wir nicht. Aus der 
Anaſtomoſe der Blutgefäße am Bauche ( va/a 
epigaſtrica), aus denen die Gebaͤrmutter Aeſte 
erhaͤlt, mit denen an der Bruſt (vafa mam- 
maria) ‚läßt fie ſich nicht befriedigend erFlären; 1 
noch weniger aus Zuſammenhauge der Nerven, 
da hier kein ſolcher, welcher dein. hake 
Statt hat. 
Ac. ANEMAET de mirabili, quae mammas er f 
vterum intercedit, [ympathia, L. B. 1784. 4. 


[2 
7 


S. Rund. BoEHMER de conſenſu vteri cum mam- 
mis cauſſa lactis dubia. Lipſ. 1750. 4. 


0 * FE a 


i S. Ci 1 
Weshalb auch das maͤnnliche Geſchlecht 
auch Bruͤſte habe, iſt uns unbekannt. Wenig 
ſtens iſt Abſonderung von Milch in den maͤnn⸗ | 
lichen Bruten, eine hoͤchſt feltene Seile 


PNenn⸗ 


N 
Neunter Abſchnitt. 
1 u: | Ba Kind. 


g. 642. 1 
0 Das Heygeborne Rind, welches bisher, 
als Embryo, nicht geathmet hatte, athmet / 
wie es nach vollendeter Geburt, in die atmo⸗ 
| ſpphaͤriche Luft kommt, zum erſtenmale. Es ath⸗ 
met erſt ein, athmet wieder aus, u. ſ. w. ſo 
daß die erſten Ausathmungen mit Schreien und 
Weinen verbunden ſind. Dieſes erſte Athmen 
(refpiratio prima) iſt eine willkührliche ($. 201.) 
vom Naturtriebe bewirkte Bewegung des Kins 


bisher ihm ganz ungewoͤhnlichen Empfindungen, 
Be die kaͤltere Temperatur, die Luft, die 

Beruͤhrung feſter Wang N um. verurfachen, 
Kan wird. 


HꝝENR. AUG. WRISBERG de ra prima etc, 
Goett. 1763. 4. 


lac. Abau. GEssNER de mutationibus, n fh 
infans ſtatim poſt partum Erlang. 1795. 8. 
HODb die rechte Lunge eher athme, als die linke? 
N lo. Dan. METZGER de pulmone dextro ante ſini- 
N ſtrum reſpirante. Regiom. 1783. 4. 


des, zu der es durch die unangenehmen und N 


a er ER EEE, | 


! . 
5 


= Als $. 643. 1425 

Da dieſes Athmen nachher immer fortge⸗ 
ſetzt wird, fo werden die zungen immer mehr 
und mehr ausgedehnt ($. 189.) mithin wird 
dem Blute des rechten Herzens der Einfluß in 
die Aeſte der Lungenſchlagader immer mehr er⸗ 
leichtert. Es verlaͤßt daher nach und nach ſo⸗ 
wohl den Weg durch das eirunde Loch (F. S560, 
als den Weg in den ableitenden Schlagader⸗ 
gang (5. 557.), und geht in die Lungenſchlag⸗ 
ader und ihre Aeſte uͤber. Wie nun die Lun⸗ 
gen mehr Blut erhalten; ; ſo kommt aus den 
Lungenvenen mehr Blut in das linke Herz zu— 
ruͤck und preßt in der linken Nebenkammer die 
Klappe des eirunden Loches an den Ring deſſel⸗ 
ben an, ſo daß ſie, gemeiniglich ſchon binnen 
einem Jahre, mit demſelben verwaͤchſt, mithin 
dieſes Loch geſchloſſen iſt und nur die eirunde 
Vertiefung (5a ovalis) innerhalb des Rin— 
ges, als Spur deſſelben, übrig bleibt. Eben 
ſobald ſchließt ſich auch der ableitende Schlag- 
adergang, vermoͤge feiner Contractilitaͤt, weil 
er nach und nach vom Blute, das in die er— 
weiterten Aeſte der Lungenſchlagader fortſtrömt, 
verlaſſen wird. . 


Er 6. 644. 


| „ 55 
do Nachdem das Blut der Weg durch das 
eirunde Loch verlaſſen hat, und alles Blut der 
obern und untern Vena cava aus der rechten 
Nebenkammer in die rechte Herzkammer uͤber⸗ 
geht, füle der Nutzen der Euſtachiſchen 
Klappe (g. 557) weg. Sie wird auch in 
einigen Körpern nach und nach auf eine gewiſſe 
Weiſe zerſtoͤrt, ſo daß fi ie eine netzfoͤrmige 
Structur erhält. 


Hits: 


F. 645. 

Wenn ein Kind ſchon geathmet hat, find 
ſeine Lungen nicht mehr ſo dicht und haben mit— 
hin nicht mehr ſo große ſpecifiſche Schwere, als 
die dungen eines Embryo (F. 559). Denn es 
bleibt auch nach der Ausathmung, mithin auch 
nach dem Tode, doch einige wenige Luft in ih— 
ren Zellen zuruͤck, welche ſie auflockert und 
leicht macht. Um aber ſo leicht zu werden, 
daß ſie auf dem Waſſer ſchwimmen, ſind 
mehrmals wiederholte binlaͤngliche Athemzuͤge 
nöthig. 

Anwendung auf die i Kautel da⸗ 
bei, weil einestheils auch Lungen eines Ems 
bryo's, der nie geathmet hatte, auf dem Wafs 

ſer 


ſer ſchwimmen, wenn fie etwas faul find, 
und daher faules Gas in ihrem Zellgewebe 
enthalten; anderntheils wenige ſchwache Athem⸗ 
zuͤge geſchehen ſeyn koͤnnen, und doch die Lun⸗ 
gen noch im Waſſer ſinken. 
 Casım. CHRISTOPH. SCHMIEDEL de pulmonibur 
narantibus. Erlang. 1767. 4. 
10, ZELLER de pulmonum infantis in aqua ſuſi. 
dentia, Tubing. 1791. Recuf. in HALL. coll. 
V. 5.529 „ b 2 
$. 846 8535 8 
Nachdem das Kind geboren ift, wird ihm 
gewöhnlich der Nabelſtrang (F. 547.) einige 


Zolle weit vom Nabel durchſchnitten, und der 


am Kinde bleibende Theil mit einem Bande 
oder Faden zugebunden, um die Verblutung 
aus den Nabelſchlagadern zu verhuͤten. 
Ob dieſe Unterbindung noͤthig fey? - 
1o. ZELLER vita bümana ex fuhe pendens Tu- 
bing. 1692. Recuf. in HALL. coll. V. p. 561. 
IO. HENR. SCHULZE reſp. Io. CAR. DEHMEL an 
vmbilici deligatio in nuper natis abſolute ne. 
ceſſaria fir? Hal. 1733. Recuſ. in HALL. coll. 
V. p. 605. 
PhIL. ApvoLpnH. N 1055 Io. BURCHART 
de neceſſarin funiculi umbilicalis in nuper natis 


eeligatione. Hal. 1745. Recuf. in HaTT. coll. 


V. p. 625: e 
N H. 647. 


Re: ee cu NT bend 

Der am Kinde bleibende Theil der Nabels 
vene erhält alſo kein Blut weiter, das Blut 
in den Nabelſchlagadern wird vom Bande ger 
hemmt, und muß ſtocken. In wenig Tagen 
ſtirbt der am Embryo haͤngende Theil des Nabel— 
ſtranges ab, und loͤſet ſich vom Nabel, weil 
der Nabel, da er nicht mehr vom Triebe des 
Blutes gedehnt wird, ſich zuſammenziegt. Das 
Fell auf dem Nabel ſchließt ſich nach dieſer Loͤ— 
fung, auch bald nachher der Nabel ſelbſt, (nen 
lich der flechſigte Ring), fo daß nur die be— 
kannte Spur, welche man auch nachher noch 
den Nabel nennt, lebenslang uͤbrig bleibt. 
Die innerhalb des Embryo liegenden Theile 
der Nabelgefaͤße ſchlieſſen ſich allmaͤhlig auch, 
und werden zu runden Straͤngen, die keine 
Hohligkeit mehr haben. Die Nabelvene, 


Ti 
10 da ſie nach der Unterbindung kein Blut mehr 
1 erhaͤlt, darf nur ihr leztes Blut in die Leber 


ergieſſen, dann iſt fie leer, ſchließt ſich allmaͤlig 
durch ihre Contractilitaͤt und wird zum runs 
den Leberbande (ligamentum teres hepatis). 
Die beiden i koͤnnen ſich 


durch 


durch viefe gehemmt iſt, fo kann die Becken⸗ 
ſchlagader (die rechte, wie die linke,) kein Blut 
weiter in die Nabelſchlagader treiben; es wird 
genoͤthiget, mehr in die andern Beckenaͤſte, auch 
mehr in die Schenkelſchlagader (arteria eru- 
ralis) zu dringen. Das in den Nabelſchlag— 
adern vor der Unterbindung zulezt befindliche 
Blut gerinnet; die Saugadern ſaugen den 
flüſſigbleibenden Theil nach und nach weg, die 
Schlagadern verengern ſich, und der haftende 
Faſerſtoff klebt ihre Waͤnde vollends zuſammen, | 
ſo daß fie bis zu ihrem Anfange geſchloſſen wer- 
den, wo die Schlagadern der re 1 f 
ihnen entſpringen. 8 l 1 
Io. HENR. SCHULZE de vais umbilicalibus nato- 
rum et adultorum, Hal. 1733. Recuſ. in HAI. 
coll. V. p. 585. 


N. 648. N Wie 
Wie die Nabelvene kein Blut mehr ers 
haͤlt, fo erhält auch der Adergang in der $es 
ber (ductus venoſus) (F. 573.) kein Blut wei⸗ 
ter und wird aus gleicher Urſache geſchloſſen. 
§. 649. 


Für die verlorne Ernährung durch den 


Nabelſtrang erhält nun das neugeborne Kind 
| eine 


„ 375 5 


eine andere, nemlich durch die Muttermilch 
(ac maternum). Durch den Naturtrieb N 
wogen, ſaugt es dieſelbe aus den Bruͤſten ſeinen 
Mutter. ($. 036.) Die Milch der eigenen 
Mutter iſt nicht allein das natuͤrlichſte, ſondern 
auch das zutraͤglichſte Nahrungsmittel fuͤr das 
neugeborne Kind, und, indem ſie mit zuneh⸗ 5 
menden Alter des Kindes in gleichem Verhaͤlt— 
niffe dicklicher wird, ohne alle andere Nahrung 
hinreichend, es zu ernaͤhren, bis es Zaͤhne hat. 
ueber Ammenmilch, thieriſche Milch / andere 
en fuͤr Säuglinge. 


$. 650. 

Die erſte nach der Geburt abgeſonderte 
Muttermilch, hat in dem Kinde uͤberdem die 
wohlthaͤtige Wirkung, den Unrath neconiunt) 
abzutreiben, welcher ſich vor der Geburt in den 
Daͤrmen deſſelben verſammlet hat. | 


9. 651. 
Diurcch die Muttermilch ernährt, wächſt 
das Kind von Tage zu Tage und nimmt an 
Aräften aller Organe zu. 


$. 652. 
Gleich andern Theilen wachſen denn 9100 
die Zaͤhne (§. 571.), und werden ſo groß, daß 
1 5b fie 


2 


fie anfangen aus den Zahnhoͤhlen, in denen fie 
bisher verborgen lagen, hervorzubrechen. Wie 
nemlich ihre Wurzeln laͤnger werden, fo wer⸗ 
die Kronen aus den Zahnhoͤhlen herausgehoben, 
dringen gegen das geſchloſſene Zahnfleiſch, und 
ſpannen dies immer mehr, ſo daß es endlich 
eine Oeffnung erhaͤlt, und die Krone des Zah⸗ 
nes durchlaͤßt. Dann dauert das Wachsthum 
fort, bis der Zahn feine rechte Laͤnge hat. 


BR 9. 653. | 
Bei manchen Kindern verurſacht dieſes 
Fahnen (dentitio) Schmerz und eine Art von 
Entzündung im Zahnfleiſche, auch ſympathiſche 
Nervenzufaͤlle, welche zuweilen ſehr heftig „ ja 
toͤdtlich werden konnen. 

§. 684. | 

Das erfte Zahnen, mit dem die Schnei⸗ N 
dezaͤhne, gemeiniglich die mittleren erſt, hervor— 
kommen, tritt ſchon im vierten, fuͤnften, ſechſten 
Monate ein, ſo daß dieſe Zaͤhne im ſiebenten, 
achten, ic. Monate nach und nach erſcheinen. 
Die andern, naͤmlich die Spitzzaͤhne und Backen⸗ 
zaͤhne kommen nach und nach im dritten und vier- 
ten halben Jahre hinterher, ſo daß endlich 20 Zaͤh⸗ 
ne, naͤmlich auſſer den 8 Vorderzaͤhnen und 4 
Spitz⸗ ö 


b 
11 
— 


. 


1 


Spitzzaͤhnen, 5 8 Backenzaͤhne da 8 welche 
zuſammen Milchzaͤhne (dentes lactel) heiſſen. 
Zweiſpitzige Zähne find bei dieſen noch gar nicht. 
Manche Kinder haben an jeder Seite jeder 
Kinnbacke noch einen Backenzahn, alſo 24. 

Aan. ANT. BRUNNER de eruptione dent ium 


lacreorum. In WASSERBERE coll. Faſe. I. Vis 
dob. 1775. P. 362. 


F. 685. 

Wie das Kind Zähne bekommt, und alſo 
fähig wird, zu kauen, auch feine Verdauungs- 
werkzeuge ſtaͤrker werden, ſo kann es nach und 
nach auch feſte Nahrungsmittel vertragen 
und nützlic genieffen. Es gewöhnt ſich dann 
allmaͤlig an dieſe und entwoͤhnt ſich hingegen ! 
allmälig von der Muttermilch. 


7 


U 


$. 656. 

Wie es durch die Ernährung mit der 
Muttermilch, nachmals mit anderen Nah— 
rungsmitteln, allmaͤlig mehr erdigte Theile er— 
hält, fo geht die Verknoͤcherung der Fnorps 
ligten Grundlagen feiner Kuschen immer weis 
ter, fo daß dieſe immer feſter und ſtaͤrker were 
den. Die knorpligten Theile der Knochen wer⸗ 
Bb 2 den 


‚[* 


den daher immer kleiner. Daher treten auch 
die Knochen des Gewölbes der Hirnſchaale naͤ— 
her zuſammen, und verbinden ſich endlich mit 
Zacken. Daher ſchlieſſen ſich auch allmaͤlig die 
Fortanellen an der Hirnſchaale, die groſſe 
(zwiſchen den Stirnbeinen und Scheitelbeinen) 
zulezt, meiſt erſt in Jahresfriſt. 


d. 65/. 

Nicht minder werden die Muskeln nach 
und nach ſtaͤrker, fo daß fie immer mit groͤſ⸗ 
ſerer Kraft wirken und das Kind zu den Be⸗ 
wegungen durch dieſelbe immer faͤhiger wird. 


F. 658. x 

Die feinen Häͤaͤrchen auf dem Felle des 

neugebornen Kindes vergehen bald. Hingegen 

wachſen die Kopfhaare, die Augenbraunen 
und Augen wimpern. 


$. 659. 

Da durch die Schlieſſung der Nabel— 
ſchlagadern (F. 647.) das Blut der Arteria 
iliaca genoͤthigt wird, ganz in die Schlagadern 
des Beckens und der Beine zu dringen, ſo 
wachſen die Theile des Beckens und die Beine 


von der Geburt an ait, als bisher ($. 572). 
Wie 


Wie dann endlich die Knochen der Beine groß 
und feſt genug, den Koͤrper zu tragen, die 
Muskeln des Geſaͤßes und die übrigen Bein⸗ 


muskeln groß und ſtark genug ſind, die Beine | 


und den Rumpf auf ihnen zu halten und zu 
bewegen, fo erhält das Kind, gemeiniglich ges 
gen das Ende des erſten Jahres, die Saͤhig⸗ 
keit 800 vr und zu gehen. | 

e er | 

Die aͤuſſeren Sinne zeigen ihre Faͤhig⸗ 
keit zu empfinden ſchon in den erſten Tagen. 
Der Geruch ſcheint in Neugebornen ſchwaͤcher 
zu ſeyn, wegen des kleinen und noch nicht hin⸗ 
laͤnglich ausgebildeten Organs, auch iſt das 
Geſicht wahrſcheinlich noch unvollkommen, we⸗ 
gen der noch roͤthlichen Linſe und des Glaskoͤr— 
pers (F. 568.), bis deren Blutgefaͤßchen ſich 
geſchloſſen haben. Das ganze Nervenſyſtem hat 
bei neugebornen Kindern eine große Watz 
lichkeit. 


$. 66k. ö 
Die inneren Sinne hingegen ſind im 
neugebornen Kinde noch unvollkommen und 
muͤſſen erſt durch wiederholte Wirkungen der 
Bb 3 aͤuſſeren 


Biken Sinne ausheben Gelder Ueberhaubt N 
ſimnd die Seelenkraͤfte bei dem neugebornen 
Kinde in den erſten Monaten ganz unbetraͤcht⸗ 
lilich und werden in den folgenden Monaten und 
ü Jahren ſehr TAnBBiEN Mäsgebllhec 4 


wu u; S. 662. a). 

& dauert daher auch faſt ein ganzes Jaht, 
ehe die Faͤhigkeit zur Sprache ſich entwickelt, 
die dann ebenfalls in den folgenden Monaten 
und een lie vollkommener wird. 


el und imakzisfieh Kapitel, 
Leben und Tod. 

roch ee Ne 

Das Leben, der eigenthuͤmliche Zuſtand 
des belebten Koͤrpers, iſt vom Anfange ſeiner 
Exiſtenz in dem menſchlichen Körper da. Der 
in dem männlichen und weiblichen Samen 
enthaltene Zeugungsſtoff, aus dem der neue 
Koͤrper entſteht, hat ſeine Lebenskraft in dem 
alten Koͤrper erhalten; und ſo hat das den 
erſten Aeltern vom Schöpfer gegebene Leben 
durch alle Generationen bis auf uns r 
ſich fortgepflanzt. N 


\ — “ 


$. 664. 


* 


orie den! e e 
Aus dem belebten, aber noch ungebildeten 
Zeugungsſtoffe entſteht dann vermoͤge des Bil⸗ 
dungstriebes nach und nach der gebildete Em⸗ 
bryo, deſſen allmaͤlige Ausbildung und Vers 
ſchiedenheiten vom gebornen Menſchen oben be⸗ 
ſchrieben find. Zehn Monate nach der Em⸗ 
pfaͤngniß wird der Embryo geboren ($. 601). 
Das geborne Kind lebt dann auſſer der Mut⸗ 
ter fort, waͤchſt und wird vollkommener bis zu 
einer gewiſſen Stufe; der Erwachſene wird 
dann wieder unvollkommener und das immer 
mehr, bis er endlich ſtirbt. 


§. 665. 

Dieſer ganze Gang des menſchlichen Lebens 

hat ſeinen Grund hauptſaͤchlich in der kleineren 

und größeren Quantität der Erde, und der da⸗ 

von abhaͤngenden Schlaffheit und Steifheit 
unſerer feſten Theile. 


$. 666. 
u Aus dem ungebildeten, anfangs ganz fluͤſ⸗ 
ſigen, Zeugungsſtoffe entſteht erſt der Aufferft 
weiche faft bloß leimigte Embryo. Dieſer ers 


haͤlt dann ſchon im Mutterleibe durch die Erz 
Bb 4 naͤh⸗ 


384 — 7 
naͤhrung mit dem mütterlichen Blute nach und 
nach mehr erdigte Theile. Nach der Geburt 
nimmt erſt mit der Ernährung durch die 
Muttermilch. nachher mit der Ernahrung durch 
andere Nahrungsmittel, die Quantitat 
Erde im Körper. zu , indem das, was durch a 
Ausführungen abgeht, immer weniger Erde 5 
haͤlt, als das, was hinzukommt. Daher hat ; 
der Koͤrper, je jünger er iſt, deſto mehr Leim 1 
und deſto weniger Faſerſtoff; je alter, deſto 
weniger Leim, und deſto mehr Faſerſtoff. 1 
Es nimmt daher die Weichheit! und Schlaffheit N 
des jungen Koͤrpers, wie er aͤlter wird, al 
Ra ab. 5 


PO RE 

Am weicften „ ſchlaffſten, biegfamften, 
ausdehnbarſten 195 naͤchſt dem Embryo die 
Faſern des Rin des (infans) bis zum Anfange 
der Mannbarkeit. Doch iſt feine Staffel + ö 
ſchon viel geringer, als die des Embryos. Das 
Kind hat zugleich (wie noch mehr vorhin der 
Embryo) die groͤßte Reizbarkeit, die groͤßte 
Beweglichkeit der Nerven, die größte e 
von ee den oͤfterſten Aderſchlag. 


7 * 
91 


rr 


[2 
9 


6. 668. 


| 
| 


en EEE 
Mit dem vierzehnten, funfzehnten Jahre tritt 
die Mannbarkeit pubertas) ein (9. 480. § 13), 
und mit deren Anfange faͤngt das Alter des 
Juͤnglings (iuvenis), der Jungfrau (virgo) 
an. In dieſem Alter find die feſten Theile 
viel ſteifer, als die des Kindes, und daher 


n 


genommen, aber das Nervenſyſtem iſt nicht 
mehr ſo aͤuſſerſt beweglich, wie beim Kinde. 


i 9. 609. BR 

Der junge Körper muß wachſen, um 
von ſeiner unbetraͤchtlichen Kleinheit im Anfange 
ſeiner Exiſtenz, zu ſeiner vollkommenen Groͤße 
zu gelangen. Dieſes Wachsthum (incre- 
mentum) befteht in Verlaͤngerung und Ver⸗ 
dickung der Faſern und Plaͤttchen des Körpers, 


ſo daß dieſe mehr Theilchen an die Faſern an⸗ 
ſetzt, als durch die Saugadern weggenommen 
worden (. 427). Es geſchieht langſam und 
allmaͤlig, ſo daß die Zunahme in kurzer Zeit 


Bb 5 ger 


ſtaͤrker, doch noch immer ſehr biegſam und aus⸗ 
dehnbar. Die Reizbarkeit hat noch kaum ab— 


und geſchieht durch die Ernährung (9. 357), 


nicht merklich iſt; doch deſto ſchneller, und 
mithin iſt feine Wirkung deſto groͤßer, je junz 


1 


551 


— 


pers, mithin ſowohl die Weichheit und Schlaff⸗ 
heit der feſten Theile, als ihre uͤberfluͤſſige er⸗ 


r 


/ 
— 


ger der Körper, weil die festen Theile deſto 75 


ausdehnbarer und biegſamer find. Am ſchnell⸗ 
ſten geſchieht es daher in der Kindheit, vorzuͤg⸗ 
lich aber in der Periode vor der Geburt; min 
er in der folgenden Jugend. 


g ce, ve 


Wie naͤmlich die Menge der erdigten Thei⸗ 
le im Koͤrper zunimmt, ſo werden nach und 
nach die feinſten Gefaͤßchen zu ſteif, um ihre 


A 


Säfte noch ferner fort zu bewegen; ſchlieſſn 


ſich und werden zu Faſern, die nicht mehr hohl 
ſind. Auf dieſe Weiſe wird nach und nach die 


Menge der feinften Gefaͤßchen vermindert; das 


durch nimmt wieder die Vollſaͤftigkeit des Koͤr⸗ 


naͤhrung, und mithin das Wachsthum, ab 


ö. 67 I. RN 


Mit dem Ende der Jugend, ums vier 
und zwanzigſte Jahr, (in waͤrmern Klimaten, 
auch im ganzen weiblichen Geſchlechte, fruͤher,) 
hoͤrt endlich das Wachsthum auf, und nun be⸗ 
halten die feſten Theile des erwachſenen Rötz | 
Bess (corpus adultum) die Größe / welche ſie 

iezt 


| ac ; 887 
zt erhalten hatten. Das verſchiedene Maaß 
dieſer vollkommenen Groͤße iſt im ganzen 
groͤßer im maͤnnlichen Geſchlechte, als im 
weiblichen; uͤbrigens groͤßer in gemaͤßigten Kli⸗ 
aten, bei guter Nahrung, bei maͤßiger Be⸗ 
wegung; kleiner in kalten oder heißen Klimaten, 
bei ſchlechter Nahrung, bei uͤbermaͤßiger An⸗ 
ſtrengung des Körpers und Geiſtes, bei früher 
Befriedigung des Geſchlechtstriebes; auch hänge 
es von erblicher Geneigtheit ab. | 


3 672. 5 

Wahrend dieſes Wachsthums und der all⸗ 
igen Zunahme der erdigten Theile im Körs 
erfolgt auch die Entſtehung und Ausbildung 
der Knochen (oſteogenia). Der entſtandene 
Embryo hat noch weder Knochen noch Knor— 
vel. Von der fünften, ſechſten Woche nach 
der Empfaͤngniß an enfften die Knorpel, 
welche aus Faſerſtoffe und dichterem Leime beſte⸗ 
hen. Einige derſelben bleiben lebenslang, andere 
hingegen werden allmaͤlig zu Knochen. Dieſe 
Verknoͤcherung der Knorpel beſteht darin, daß 
Knochenſtoff, nemlich thieriſche Erde, (d. i. 
„Kalkerde mit Phosphorſaͤure gefärtigt,) in die 
Zellen des Knorpels niedergelegt, auf dieſe 
* Weiſe 


— 


I} 


BER ee e e 


theils durch Saugadern weggenommen wird. 


zeigen ſich in der achten Woche nach der Em⸗ 


rungspunct (punctum alſificationis). Von 
dieſem breitet ſich die Verknöcherung immer 
weiter aus. Einige Knochen entſtehen aus ei⸗ 
nem, andere aus zweien oder mehreren Kno- 
chenkernen. Die lezteren beſtehen nachher, bis 


Weiſe die Zellen des Knorpels nach und nach 
mit Knochenſtoff angefuͤlt werden, und der 
Leim des Knorpels theils zuſammengedraͤngt, 


Die Knochen unterſcheiden ſich daher von ans 
dern feſten Theilen, auch von den Knorpeln, 
welche alleſammt aus Faſerſtoffe und Leime bes 
ſtehen, dadurch, daß fie auſſer der thieriſchen 
ee e im n Safe und im .—. 1 


1 
Ro». Nrsgirr human Hecken explained. Lond. ö 


1736. 8. Ueberſ. von Greding. Altenb a 


a 8. . BR a 
Die erſten Anfaͤnge der Werkäbcherung 
pfaͤngniß. Die zuerſt verknoͤcherte Stelle in 


einem verknoͤchernden Knorpel heißt der Kno— 
chenkern (nucleus ofeus) oder Verknoͤche⸗ 


kur 


zur gaͤnzlichen Vollendung der Verknoͤcherung 
aus mehreren Stuͤcken, welche bei Höhlen, 
oder Löchern, die fie ie, die witer des 


| Buntes 1 5 Pin: 
aben diefe Anfänge der Verknoͤcherung an 
weien oder mehreren Stellen auch den Nutzen, 
ieſelbige zu beſchleunigen. Zu dieſem Zwecke 
chalten manche Fortſaͤtze (apophyfes) ihre beſon⸗ 
ſern Knochenkerne, a daun, ſo net ſie mit 


ie knorplige Guede e ö 1 An 
h fg (epiphyfes) Kipa | 


. 672. 8 

Schon im Embryo hat die Verknoͤcherung 
alichen Fortgang, doch iſt fie auch im 
ifen noch bei weitem nicht vollendet. In ei⸗ 
gen Knochen, namentlich in dem Schluͤſſel— 
ine, den Rippen ꝛc. geſchieht die Verknoͤche⸗ 
ng früher, ſo daß dieſe im reifen ſchon faſt 
lig verknoͤchert, in andern, der Knieſcheibe, 

Knochen der Fuß: und Handwurzel dc.“ 
iter, fo daß dieſe im reifen Embryo noch faſt 
vollig 


völlig knorpligt find. Nach der Geburt dauert 
ſie durch die Kindheit und Jugend fort, bis 
endlich, zu Ende des Wachsthums, die Kno⸗ 
chen vollkommen, die mehreren Stuͤcke eines 
Knochens vereinigt, nur die Gelenkknorpel noch 
übrig ſind. a Ah | 
. 672. d. | 
Die Geſtalt der Knochen hänge zuerſt von 
der Geſtalt ihrer knorpligten Grundlage ab. 
Daun aber werden fie waͤhrend ihrer Ausbil⸗ 
dung, durch die anliegenden weichen Theile nach— 
gebildet, ſo daß da, wo dieſe an ſie andruͤcken, 
Vertiefungen, wo dieſe ihrem Wachsthum Fre 
heit laſſen, Hervorragungen entſtehen ce. 


Hrg. h | 

Zu dieſer Entſtehung der Knochen gehört 
auch die Entſtehung der Zähne. Die de 
Milchzaͤhne und der Ausbruch derſelben ſind 


1 


ſchon oben (F. 652) erzählt. Ungefähr in der 8 
Mitte der Kindheit, ums ſiebente, achte Jah 1 
Wechſeln dieſe Milchzaͤhne, verlieren ihre Wur 6 
zeln, (indem ihre Schlagaͤderchen ſich ſchlieſſe N 
und dann die Wurzeln erweicht und durch di M 
Saugadern weggeſaugt werden,) werden le N h 


un 


u N 


und fallen aus. Ihre gahnböllen ſchlieſſen 


| fi vermöge der Contractilitaͤt der Knochen- 


ſubſtanz und nun kommen in anderen Zahnhoͤh⸗ 
len, die hinter jenen liegen, die zweiten zur 


Ausdaurung beſtimmten Zähne (dentes per 


* manentes), ſtatt der 8 Schneidezähne, 8 neue 
Schneidezaͤhne, ſtatt der 4 Spitzzaͤhne, 4 neue 

Spitzzaͤhne, ſtatt der 8 Backzaͤhne, 8 zwei⸗ 
ſpitzige Zaͤhne, und dann auſſer denen in den 
hintern Seitentheilen der Kinnbacken noch 12 


neue Backzaͤhne, die keine Vorgänger hatten, 


ſo daß ſtatt der vorigen 20, nun 32 Zaͤhne da 


ſind. Dieſe Zaͤhne fangen viel fruͤher an zu 


entſtehen, brechen aber erſt izt, eben wie jene 
(H. 652), hervor. Die neuen Schneidezaͤhne, 
Spitzzaͤhne und zweiſpitzigen Zähne, deren Keime 


ſchon im Embryo da find, brechen ſchon im ſie⸗ 
benten, achten Jahre hervor. Die erſten der 


neuen Backenzaͤhne, welche ſchon in den erſten 
Jahren nach der Geburt entſtehen, brechen bei 


einigen Kindern ſchon in den erſten Jahren, ſo 


daß ſie zugleich mit den Milchzaͤhnen da ſind, 


bei andern erſt nach Anfang der Wechſelung aus. 
Der Ausbruch der letzten hinteren Backen⸗ 


1 Pau j welche unge im e Jahre ent, 


0 


* 
* - 


. 


4 


Ber 


# 


beitozöhne ( 1115 uche) heiſſen, erfolgt 
A im zwanzigsten Jahre oder wärt a 


9. 674. | + 
1 des Wachsthums von der Ge 


burt an erhalten auch die Glieder des Körpers 


das rechte Verhaͤltniß, und das Mißverhaͤlt⸗ 
niß, was im Embryo da war, wird gehoben, 
indem noͤmlich in dieſer ganzen Periode der 
Kopf weniger waͤchſt, hingegen das Becken und 
die Weine mehr wachſen. r A 


eee eee 
Die Thymus, welche wahrſcheinlich nur 
in Embryo ihren Nutzen hatte (H. §62., ſchwin⸗ 


det in dieſer Periode von der Geburt bis zu Enz 


de des Wachsthums nach und nach, indem ih⸗ 


re 1 ſich ſchlieſſen. 
§. 676. 

Ueberhaupt mindert ſich bis zu Ende bes 
Wachsthums die Menge der Gefaͤßchen, 
und mithin die groͤſſere Vollſaftigkeit, (wel— 
che zum Wachsthum noͤthig waren,) ſo weit es 
die noͤthige Staͤrke des Koͤrpers erfordert. 
Insbeſondere werden die Saugaderdruͤſen, die 


Nebennieren, nach Verhaͤltniß kleiner. - 
er 77.4 


* 5775 | 
und ſo gelangt denn mit dem Eibe 
Wachsthums der Körper in den vollkommen 
ſten Zuſtand (Htatus). Izt find alle feſte 
Theile zu ihren Beſtimmungen hinlaͤnglich feſt 
und derb, aber auch noch biegſam und ausdehn⸗ 
bar genug; gleich weit entfernt von der zu groſ⸗ 
ſen Schlaffheit des Kindes und der zu groſſen 
Steifheit des Greiſes. Izt ſind alle uͤberfluͤſſi⸗ 
gen, vorhin nur zum Wachsthume noͤthigen Ge⸗ 
faͤßchen geſchloſſen; aber noch alle offen, welche 
eine vollkommene Ernaͤhrung erfordert. Alle 
Knochen ſind vollkommen; die Fleiſchfaſern ver— 
binden hinlaͤngliche Reizbarkeit, die Nerven hin⸗ 
laͤugliche Empfindlichkeit und Beweglichkeit, mit 
hinlaͤnglicher Staͤrke; alle Verrichtungen ges 

ſchehen daher auf die vollkommenſte Weiſe. 
„ Seren 
Wenn der Koͤrper in dieſem vollkommen⸗ 
ſten Zuſtande hinlaͤngliche Nahrung und maͤßi⸗ 
ge Ruhe hat, ſo erhält er gemeiniglich eine 

mäßige Fettigkeit (J. SS.). 
9. 679. | 

Dieſer vollkommenſte Zuſtand geht aber 
wieder in die Abnahme (decrementum) des 
Ce Koͤr⸗ 


Körpers über, mit welcher er, durch eben die 
Urſache, welche ihn von ſeiner Entſtehung zur 


groͤßten Vollkommenheit fuͤhrte, weder alma 6 


lig unvollkommener wird. 


f N g. 6 80. 
Wie nämlich, „auch nachdem die Quanti 


tät der Erde bis zur hinlaͤnglichen Feſtigkeit der 


feſten Theile vermehrt worden, doch die Quan⸗ 
titaͤt derſelben immerfort zunimmt, fo entſteht 


eine uͤbermaͤßige Zunahme der Erde im 


Koͤrper; daher werden nach und nach die feſten 
Theile zu ſteif, und dieſe zu groſſe Steifheit 
nimmt dann allmaͤlig immer mehr und mehr zu. 


F. 681. 
Daher ſchlieſſen ſich dann immer mehr 
und mehr kleine Gefäßchen, die zu ſteif wer⸗ 


den, um die Saͤfte fortzubewegen und werden 


zu Faſern, die nicht mehr hohl find. 


Ey „ 682. b. 
Eine unmittelbare Folge dieſer Verminde⸗ 


rung der Gefaͤßchen iſt Abnahme der Er⸗ 
naͤhrung, die dann mit zunehmendem Nur N 


immer unvollkommener wird. 


** h g. 693 | { 


F. ren e 


RER en dann nach und nach alle 
Maͤngel und Unvollkommenheiten des hohen 
Alters (/enium), das ſpaͤter oder 1105 ein⸗ 
tritt, je nachdem zuvor andere Ur achen d 
Schwaͤche oder der Steifheit der feſten A 
gewirkt haben. Der Körper wird allmaͤl 
trockner und ſaftloſer und die rekt 
nimmt ab. 


774 3.081 5 
IoAch. HENR. GERNET de lau, ſenilis . 
eeibase Lines. dann e 


. 633 


Wie die Gefaͤßchen der Zähne ſich ſchlieſ⸗ 
ſen, ſo werden dieſe nach und nach loſer und 
fallen aus. Die Zahnhoͤhlen ſchlieſſen ſich, 
vermoͤge der Contractilitaͤt der Knochenmaſſe; 
das Zahnfleiſch waͤchſt über den vorigen Oeffnun⸗ 
gen zuſammen, die Zahnraͤnder werden ſchmal 
und ſcharf, und da, wenn alle Zaͤhne ausgefal— 


keln der untern gegen einander gedruͤckt werden, 
ſo ſchwinden ſie allmaͤlig und werden niedriger. 
Daher in den alten zahnloſen Geſichtern die 
Kuͤrze des Abſtandes von der Naſe bis zum 


Ce 2 Kin⸗ 
| 
| 


len find, die beiden Kinnladen von den Mus⸗ 


Ae, das Zurüttteten der 5 und sie 
ge Kinnes. 


f * 198 g. 684. 

Mit 99 übermäßigen Zunahme erdigter 
55 im Koͤrper vermehrt ſich die Menge des 
Saſerſtoffes gegen den deim. Aber auch ſelbſt 
die Menge des Knochenſtoffes wird vermehrt. 
Die Knochen werden fpröder, die Naͤthe der 
Hirnſchaale werden bei einigen mit Knochenmafſ⸗ 0 
ſe erfuͤlt. Seltner verknoͤchern auch bleibende 
Knorpel, Schlagadern und andere weiche Theile. 


§. 685. 
Wie die Lebenskraft uͤberhaupt, ſo wird 
auch insbeſondere die Kraft der Nerven 
5 ſchwaͤcher, weil das Nervenſyſtem aun pn f 
ernaͤhrt wird. 


H. 686. 
Nach und nach entſteht Unvollkommenheit 
aller Verrichtungen, theils aus jener Steif⸗ 
heit, theils aus Nervenſchwaͤche ic. 


5. 687. | 

Die Auffeen Sinne werden allmaͤlig 
ſtumpfer , aus Nervenſchwaͤche, und aus mans 
* gel⸗ N 


gelhafter Ernährung der Sinnesorgane. In⸗ 
ſonderheit vermindern ſich die Feuchtigkeiten in 
den Augen und werden truͤbe. Auch die inne⸗ 
ren Sinne und die Seelenkraͤfte werden 
nach und nach mangelhaft und ſchwach. 


1 . i en 

Auch die Reizbarkeit nimmt ab, and E 
reizbaren Faſern wirken daher rräge, und da fie 
auch ſchwaͤcher werden, mit weniger Kraft. 


9. 689. 

Dieſes gilt von allen wilkähelichen 
Wirkungen derſelben. Daher der langſame 
ſchleppende Gang, die ſchwachen Bewegungen 
der Arme, die matte abſetzende Sprache abge⸗ 
lebter Alten. Auch kruͤmmt ſich der Ruͤcken 
und der Kopf neigt ſich vorwaͤrts, weil es den 
ausſtreckenden Muskeln an Kraft fehlt. 


1 690. 
| Aber auch von den unwillkührlichen; 
ſowohl wegen der Schwaͤche und geringeren 
Reizbarkeit der reizbaren Faſern, als wegen der 
Schwaͤche der auf ſie wirkenden Nervenkraft. 
So namentlich von den Abſonderungen, 
Cc 3 (bei 


be eee Aheaeistfenhe ie bea ns 
eee, ag „ 
in i e e, | 
u e *. * 
u $ 91. Kr re 4 

Seibt im umlaufe des Nes finder A 
dieſe Abnahme Statt, indem das Herz und die 
Schlagadern, wie fie an Saͤrke und Reizbar⸗ 
1 verlieren IE immer Wee iteng, u 
angfame ARE nu. 


9. 692. | 1 


un Ale dieſe Schwaͤchen und Unvollkommen⸗ 
heiten treren fo allmaͤlig ein, daß der Uebergang 
aus jenem vollkommenſten Zuſtande in dieſen 
unvollkommenen bei voͤlliger Geſundheit nur 
ſpaͤt und langſam merklich wird. Sie neh⸗ 
men alsdann von Jahre zu Jahre, gegen das 
Ende von Tage zu Tage zu. 5 


9. 693. 

Aud ſo erreicht denn endlich die Schwaͤ⸗ 
che der Lebenskraft den hoͤchſten Grad. Das 
Nervenſyſtem höre auf zu wirken, das Herz 
ſchlaͤgt zum leztenmale, die lezte Ausathmung 

endiget a ar es erfolgt der e 


ag 


7 399 


che Tod (aoteniknralig, nile e 
der eine bloße Folge des Alters ist . eee 


GEORG. GOTTLOB gern de morte ſine morbo. 


Ser 5 5 
| unn es 


8. 694. Ar. 

Dieſer natürliche, allen Menſchen 9 
meidliche, Tod hat in der Einrichtung des 
Koͤrpers ſelbſt „ und zunaͤchſt in feiner Ernaͤh⸗ 
rung, feinen Grund; alſo in derſelben Ver⸗ 
e welche bisher das Leben erhielt. 8 
10. OosrERD E SCHACHT oratio, 4 ſenile = 


tum inevitabili geceſſftole er humani corporis 
mechanismo ſequi demonſtratur. Ultrai. 1729. 4. 


MaATTH. van GEUNS de morte corporen et cauſis 


moriendi. L. B. 1761. 4. n in 'SANDI- , 


FORT. be. I. 
8 8. c 
Leeider erreichen nur ſehr wenige Menschen 
dieſen natürlichen Tod. Viele ſterben früher, 


ſchon vor dem Eintritte des hohen Alters, oft 


ſchon in der Jugend, ja ſchon in der Kindheit, 


weil mancherlei Krankheiten (morbi) unſe⸗ 


ren Körper befallen koͤnnen, deren jede entweder 
ſelbſt den Tod bewirkt, oder doch eine ſchaͤdli⸗ 
Ce 4 che 


5 


che Spur hinterlaͤßt, welche ſpaͤter oder früher 

andere ee und den Tod 80 ſich zicht. 
nme 

Selbſt die wenigen Menſchen, welche i im 


‚ hoben Alter ſterben, ſterben ſelten bloß vor 
Ber). Vendre 9 5 am Hieber en 


15 ee 70 und bei einem Aucrange 


des Bluts zerreiſſen; ſeltner am Brande (gan- 
graena ſenilis), der von Schwache und Ver⸗ 


knöͤcherung der Schenkelſchlagadern, „ und daher 


zu ſchwachem Triebe des Blutes in a Fußze⸗ 
hen Aare * 
. S , 
Der lezte Athemzug endi, A} das Leben, in 
fo fern mit ihm alle Empfindung und alle will 
kübrlich Bewegung verſchwindet. Doch, im 
genaueſten Sinne, nicht ganz; es bleibt noch 


einige Zeit, (die nur im Meuſchen und andern 


warmbluͤtigen Thieren ſehr kurz iſt, ) einige Le⸗ 
benskraft in dem Körper übrig, „wie ſich bei 
Verſuchen an aͤhnlichen Thieren, vorzuͤglich 


bei Reizung des Herzens offenbart. Der voͤl⸗ 


lige Tod iſt nicht eher da, bis an die 1 71 
e gaͤnzlich erliſcht. 5 N 
98. 


un 
ns 


ar ER BEE a 0 


| Der gaͤnzliche Mangel an e iſt, g 
ehe offenbare Verweſung eintritt, das gewiſſere 
Seichen des voͤlligen Todes (was ſich dann 


freilich bei Menſchen nicht wohl hinlaͤnglich 
anwenden laͤßt). Doch verſt chern die allgemeine 
Kaͤlte des ganzen Koͤrpers, das Erſtarren des 
Fettes und die daher entſtehende Steifigkeit, 
der erlahmte After, die zuſammengefallene 
Hornhaut und der anfangende Leichengeruch zu⸗ 
ſammengenommen hinlänglich den völligen Tod. 


Io. Iac. BRUHIER für Pincerziude des Fans 4 


la mort. Paris 1749. II Vol. 8. 


GERARD. van SwiETEN oratio de n morte dubid, 
-  Vienn. 1778. 8. x 
1 0 
F. 699. 
Die Dauer des menſchlichen Lebens geht 
in unſeren Zeiten höchft ſelten über hundert 
ahre hinaus. Selbſt die, welche vor Alter 
25 erreichen doch nur ſelten dieſes Ziel. 
Nur ſehr wenige uͤberſchreiten das vier und 
achtzigſte Jahr. Die welche die Krankhei⸗ 
ten der Kindheit, und der Jugend, und des 
15 Alters, an denen doch die meiſten 
5 Ce 5 Men⸗ 


Menſchen ſterben, uͤberſtanden haben, oder ih⸗ 
nen Hide entgangen fi find. Wai doch kaum 
über fie enzit 9, Jahre hinaus. 

lo. GESSNER 4 25 termino vitae. Tigur. 1748. 4. 


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182 


700. 
Die Folge des Todes iſt die Verwelung 
( 8. 13): Wie die Lebenskraft aus dem Koͤr⸗ 
per des Menſchen entweicht (H. 59), ſo wird er 
den chemiſchen Geſetzen der unbelebten Natur 
unterworfen; ſeine Stoffe werden zerlegt, u 


99 


2 


zu dem großen Haufen unbelebter Stoffe ver⸗ 1 


ſammelt, um dereinſt in a andere belebte . 


wieder uͤberzugehn. 
Near Aren a a 3 * üer enn 
0 * 14 1 4 02 
Franc. Bacon de VERULAMIO biſtoria vitae et 
mortis. Lond. 1623. 8. 

Cx. HımLy commenfatio mortis biftoriam, cau- 

is et . 20 fi Aaltens. Goetting. 1794. 4. 
Savon. AxschzL. shanatolo ia, five in noris 


1 Nr 
naturam, caufas, genera ac He es diagnofn 


aan. Goett, 1795. 8. 


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Zu Seite 3. vor 8 4 a 
lust. CHRISTIAN. LopkR sabulae anatomicae, 


Faſcic. I. II. III. len. 793. . fol. 3 
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Zu Seite, 26. Am Ende des after Abſchnitts. 


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bote nächſten Stoſſe, aus denen fie ber 
ſtehn, ſind, wie bei andern feſten Theilen 
8.9.0 Faſerſto und Leim, aber auſſer 
jiefen lich Tieriſche Erde (phosphorſaure 
Ralferde), indem dieſe bei ihnen nicht bloß 
ſutfernter W „ wie bei andern a 


Zu ©. 35. vor Matth. van Geuns: : 


| Apran.:KaAuw - BOERHAAVE impetum faciens 
Adictum Hıppocrartı. Lugd. Bat. 1745 8. 


Zum $. 72. 


8. Th. Semmeln über das Organ er 
Seele. Königsberg 1796. 4. 


526 g Be⸗ 


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Einleitung. 6. 1. 9 | 

Erſte Abtheilung. 
Allgemeine Phyſiologe. 

Kapitel 1. Der Fates des Renten, uberhaupt | 


I. 8 
— 2. Die 5 Theile des Körpers übers 
N haupt. F. 8: 
— 3. Die gemeinen Saͤfte des Koͤrpers. „ 
§. 32. | 1 
Abſchnitt 1. Das Blut. 80 33 
— 2. Die Feuchtigkeit der Hoh. 
6 len. F. 48. 
. — 3. Das Fett. §. 51. 
— 4. Die Lebenskraft. §. 57. 
— 5. Die Verrichtungen des Wee 
§. 66. g 
— 6. Die Reizbarkeit. _$. 89. J 
— 7. Die Bewegungen uͤberhaupt. §. 100. 


Zwote Abtheilung. 


Beſondere Phyſiologie. 
Kapitel 1. Der Umlauf des Blutes. §. 122. 
— 3. e dee der Saugadern. $. 160. 
Kapi⸗ 


2 — 1 


Kapitel 3. Das Athemholen. §. 168. 


— 4. Die Stimme. 


$. 206. £ 


— 5. 800 De 1 2025 §. 214. 
— 6. Das Gefuͤhl. §. 232. | 


6 
— 7. Der Geſchmack. F. 240. . 
— g. Der Geruch. §. 249;'wu. 
u Das Gehoͤr. F. 266. 
3 1 815 Geſicht. a 175 1 

175 Schlaf. §. 31 3. 


— Die Verrichtung der Leber. F. 329. 


— 13. Die Galle. 


— 14. Die Verrichtung der Milz. L. 346. 
— 15. Der Speichel des Mundes. F. 350. 
— 16. Der Bauchſpeichel. $- 353. 
—— 7 Die Ernährung. F. 356. 
2 Aioſchnitt 1. Die Ernaͤhrung uͤber⸗ 


1 — 


— — 


W 


— 138. Die Abfonderung der Säfte. §. 443. 
— 19. Die Verrichtung der Schilddruͤſe, der 5 
Thymus und der Nebennieren. | 


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4. 


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L. 451. 


§. 335. 


haupt. H. 356. 
Die Verdauung H. 369. 


.Die Einſaugung des 
Speiſeſafts. $ 409. 
Die Bereitung des Bluts 


H. 418. 


1 Die Ernaͤhrung der fe. 


ſten Theile. §. 424. 


Die thier iſche Waͤrme. | 


9. 439. 


Kapi⸗ 0 


* | 5 N 77 175 . 
Kapitel 20. Der Harn. F. 454. ar ee © 


— 21. Die Ausdünftung des N N 468 5 
— 22. Die Zeugung. F. 
\ Abſchnitt r. Das e 
f der Männer. $. 478. 
— 2. Das Zeugungsgeſchaͤft 
der Weiber. $. 503. 
3. Die Empfaͤngniß. F. 522. | 
4. Das Ei. F. 541. 0 
— 5. Der Embryo. sr. 
6. Die Scam egg ig 
$. 585. i a g 
7. Die Geburt. F. 6 g ö 
—— 8. Die Milch. $. 629. 0 
—— 9. Das neugeborne Kind. . 
„ . 48. 1 f 
— 23. Leben und Tod. F. 663. 


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