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r^ITAlS \vTlIGlTnJCNNWG
BEOCEST
UNIV^RSITY «rMICHIG.\N
GKNERAL LIBKARY
t
Basler Zeitschrift
für
Geschichte und Altertumskunde.
Herausgegeben
von der
Historischen und antiquarischen Gesellschaft
zu Basel.
Sechster Band.
Basel 1907.
Auslieferung für die Schweiz:
Historische und antiquarische Gesellschaft, Staatsarchiv, Basel.
Kommissionsverlag und Auslieferung für das Ausland :
Buchhandlung Carl Beck in Leipzig.
Basler Zeitschrift
für
Geschichte und Altertumskunde.
Herausgegeben
von der
Historischen und antiquarischen Gesellschaft
zu Basel.
Sechster Band.
Basel 1907.
Auslieferung für die Schweiz:
Historisclie und antiquarische Gesellschaft, Staatsarcliiv, Basel.
Kommissionsverlag und Auslieferung für das Ausland:
Buchliandlung Carl Beck in Leipzig.
1>^J.
INHALT.
Seite
Karl Mothys Briefe an Dr. J. R. Schneider in Bern (1837 — 1842),
von Gustav Tobler i
Beitrige zur Baugeschichte der Römischen Theater in Äugst, von
Fritz Frey 96
Cber den Judenfriedhof in Zwingen und Judenniederlassungen im
Kün»thistum Basel, von Achilles Nordmann 120
Die Bildnistte Urs Grafs und seiner Gattin, von ^mtl Mayor . . 152
Fabrikate einer Basier Töpfeni-erkstättc 1397 — 1457, von Karl Steh I in 160
Der Bachofen*sche Münzschatz von Äugst, von E. A. Stückelberg 164
Arbeit »losenfürsorge im alten Basel, von HansJoneli . 180
Autobiof^raphie des Johannes If. Benioulli, von Frltz Burckhardt . 287
Johannes He\-nlin aus Stein, von Max Hossfeld 309
Zor Geschichte Basels und der evangelischen Eidgenossen im Zeitalter
dea» siel>enjährigen Krieges, von Alexander Rister . 357
Die Basier Stadtgamison, von Paul Kölner 404
Die Entstehung und Entwicklung der Herrschaft Farnsburg, von
Carl Roth 444
De Hcitersheimcrfchde, von Otto Hassler 464
I>.r Aus^^rabungen /u Disentis, von E. A. Stückelberg .... 489
M i » / e n c n .
l'nedierte (vemäldezyklen, von E. A. Stückelberg ... 284
Kinc Urkunde betreffend Jakob Henricpetri, von August Huber 285
Privileg von Kaiser Friedrich für Hans Bernhard von Eptingen
zu Pratteln 147b 504
Jahrcsl bricht der Gesellschaft 1905/ 1906 ... .... l
Jjijrrsrev^hiiunj; der Gesellschaft 1905/1906 V
Ver/cifhfiis der Mitglieder der Gesellschaft IX
\>rreKhni> der Vereine, Gesellschaften und Institute, mit welchen die
r,c-flUchafi in Tauschvcrkehr steht XIII
Neunzehn Abbildungen im Text und sechs Tafeln.
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Ecliichte und Altertumskunde. ^|
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zu Basel. ^^M
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VI. Band, 1. Heft. ^H
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Inhalt
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Karl St«hld
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A, Stückalberg . ,
Ukifkt Hvtirkrpttrit «<in August Hul
3^ /
.33:1.
/^. /j
[Karl Mathys Briefe an Dr. J. R. Schneider in Bern
(1837 1842).
Herausgegeben durch Gustav Tobler.
Dis Ktutahrsblatt des liistorisclien Vereins des Kantons Bern vom
klirc 1906 beleuchtet eln£elne Seiten aus Karl Malhys Schwekerzeit. Für
-^ ■ - 'n 2u den kantonal-bemischen und eidgenossischen Bc-
r Stoff den Archiven enthoben, f«r seine schriftstellerische
g«c« boien seine an Dr J. R. Scimcider gerichteten Briefe die besten
. Aolullspunktc. ts schien mir der Bedeutung des Briefschreibenden eni-
I sprecheml, Ihn M^lber t\x Wort kommen 7.u lassen; seine Stellung in
[Grmclieti, die literarische T«lti$»keit Im Dienste des bernischen Rcgicrungs-
Sctuicider, dann seine Karlsruher Erfatiningen, die zur Wtederauf-
^docf Schwelzerplane führten, worden am besten durch ihn selber
lldcrt. Dcf Abdruck der Briefe Ist vollständig, nur die Anrede undi
[Sdlliasslürmel fiel weg. Die letztere enthalt gewohnlicti Grüsse an
Fnm OemahUn, iiuch einigemale Einladungen zu einem Besuche ^ts
iicicfrr*^htn Ehepaares in Grenchcn« dann Grüsse an Weingart und
Ii iHn den Fräulein Johanna und tda Schneider in Bern für die
iuft;; Jer Brii'ft /u grossem Danke verpflichtet» ebenso der Re-
dtit jUiltr Zr stMhrifr, die, weitherziger als die Basler Regierung
hrcs IS37»K wenigstens den Briefen Karl Mathys die Aufnahme
lUcte-
«• ICafI Mulhyji Scliwciieneit« NeiiJAhnbUit *\ts hi»t,
r^«i Bern i^u«/« Kote im,
f. {joelu UI14 Altvtium. \\ 1 l
•Cjt+ifcv 11 '.'i-i-tT
Uh bitJUe rie ws die rierte li^ferong tob 1^^, worin
dbs KAptUrl Tom KajyiuJ esduüiieii isr. aufweichest 5ch ii:Jch
beij/j u*?i3iiWf& Gespräch über die Zm««eD mrcctl^exi^^hen
rfi^iAv«, W>3j lfÖ7 taube ich ii'ar die beiden ersrea Lief er-
raiJi^en ^ax»d ersache sie daher Tim geiaüige ZnseiidTiiig der
foUfeiideai.
Die Bücher iL «. w. habe ich erhaiten :ir;i werde nun
j;-eir*e Arbeit raiich voUeudeD. Die Materialien werde ich
liiu*iu 9k\^biixii jjjit Dank wi^i^^r m^reüeiL
MeiJie Ajjg'Jetreuheit ir* LTirr*m ist noch iiicht ent-
*f;hi<^eiL Die Hiegieniug von Bern hat an den Vör^^rt ge-
v;briet>eA. ich i»ei Stifter des Jangen Europa und eines
der t}iiltig»^te^i Mitglieder de« Jungen I^eutschlandsL Da
^f/ei' die laugen zu handgreiflich und mit einander im
\^'jd*rf>;/r'ich waren das Jamge Europa T»-urde 1S34 ge-
^r;ft4rt und ich kam erst 1835 in die Schweiz u- s. w. . so
i>.\ von Luzem eine nochiualige Anfrage um Aufklarung
s,»/ U l^mj gegangen. Man bestärkt mich fortwährend in
^'iteii ii'iÖJiUngen. doch gebe ich nicht viel darauf*. In-
zwii^:hen bin ich von der Aargauer Regierung für wahlfähig
erklärt zu jeder Lehrstelle an einer hohem Anstalt mit dem
iVä/iikat «vorzüglich". VieUeicht hilft mir dieses Zeugniss
in einem andern Lande zu etwas.
Grenchen. 5. Mai 1838.
In der Anlage theile ich Ihnen in Kürze meine Ansicht
über das neuere Projekt und über den Aufschlag mit und
bedauere imr, dass mir die gegenwärtigen Zölle zu wenig
*; K* sind die ,,Ges|>räche über Volkswirthschaft" gemeint, die Mathy
in Atf Volkif-Bibliothek erscheinen liess. Neujahrsblatt, S. 23.
«/ NcujuhrKblatt S. 19 f.
KatI Mathys Briefe an Dr. J, R. Schneider m Bern (1837—1842).
if^karint läind^ als dass ich eine Vergleichung hätte an stellen
lötinen, namentlich mit dem von Ihnen vorgeschlagenen
Weggeld. dem ich ans tdlgemeinen Uründen nicht bei-
stimmen konnte. Gibt es keine gedrückte ZLisammenstellung
ler jetzt geltenden Zollvorschriften imd Tarife V
Meine Frau und ich wünschen Ihnen und Ihrer Frau
Geuxalin von Herzen Glück zu dem Töchterlein *) und
loffen, Aiiss es in Ihr LebiBo so schöne Blumen flechten
r^rd«, wie der junge Frühling jetzt in die Natnr.
Wir sind jetzt im Begriff^ in nnsere Schulwohming
einzuziehen und ich werde nun mein Lehramt mit Ernst
>eginnen. Die Jugend ist munter und aufgeweckt, nur die
^mlinge ziehen los gegen die Schule^ aber ohne Erfolg, •)
Ware der Kanton Bern in meiner Lage, so würde eine
iftnauzreform bahl zu Stande gebracht sein. Meine Lage
pst nämlich für den Augenblick eine kritische, da ich
>wohl an Girard's*) als für unsere häusliche Einrichtung
viel schuldig bin und wenig hal)e, (Täbe es in dem geld-
I reichen Bern Jemand, der mir einige Hundert Frauken
I g^gen billige Zinsen leihen wollte, so könnte er mich aus
piner grossen Verlegenheit ziehen. Ich würde die Schuld
Ällmälig abtragen, da ich wieder ordentlich zu arbeiten
l»ab*\ Nur hier im Dorfe möchte ich nichts sehuhlig bleiben,
da dies in der allgemeinen Achtung schadet. Könnten Sie
mir zu einer Anleihe in Born behiinicli sein, so würden
Sie mich in hohem Grad verbinden.
Meine Übersetzung von Grellet-Wammy ist fertig und
^if4 im Laufe dieser Woche versendet,*) — Was macht
iljf Antrag wegen Verwaltung der fremden Fonds? '^) Hat
') Am iH. April 183H wiinle Berthe, später Frau Secretjin m Lau^anhe,
*) Über Malhys Wirken und Leben in Grencheu vgl. dessen prächtige
Srliililertttig in <f. Freytags Bildern aus der deutschen Vergaiijijcuheit IV.
456—486.
^ Dr. Joseph GIrard (1803 — 1869), Frcimd Mulhys und Beschüuer
Uj#/itiit Frtytftg, K;irl MiUhy, Gcschicbte seines Le!iens, 1870, 5. 163,
'ircllcl-Wammy, Handhucli der Geranj»nisse. Freytaj;, S, 155,
^! Am 7* Juli liAtte Sthtieider einen Antrii^ über eine )t werk massigere
[Anle^guiig der im AiisLindc plazierten Staatsgcldcr chügcreiibt.
4 Gustav Tobler.
der Herr Schul theiss noch immer die Nidauer Adresse unter
seinem Verschluss?') Herr Huber sagte mir neulich in
Büren*), Sie hätten ilim mitgetheilt, meine Verweisung sei
von den Behörden zurückgenommen ; allein dies wird wohl
auf einem Missverstäjidniss beruhen.
Nehmen Sie mir nicht übel, dass ich mich in meiner
Finanzverlegenheit an Ihre Vermittlung wende; ich weiss
keinen andern Bath und Ihre freundschaftliche Gesinnung
gibt mir Muth dazu. Sollten Sie kein Hilfsmittel finden,
so bitte ich Sie um gefällige Nachricht, damit ich Anderes
versuche.
(Bronchen, 14. Juni 1838.
Einstweilen nur die vorläufige Anzeige des richtigen
Empfangs Ihrer letzten Sendung; in wenig Tagen werde
ich Ihnen meine Ansicht über die vorgeschlagene Ver-
theilung der Staatslasten mittheilen. Ihrem Hauptgedanken
trete ich vollkommen bei und glaube, dass es vorzüglich
auf eine angemessene Form ankommt, um demselben An-
klang zu verschaffen. Hinsichtlich des Bezugs öffentlicher
Abgaben durch die Gemeinden waltet ein Missverständniss ob.
Die Gemeinden liaben Ausgaben für Gemeindezwecke
und bedürfen entsprechender Einnahmen, um sie zu decken.
Soweit hiozu das Einkommen aus dem Gemeindevermögen
nicht reicht, schöpfen sie aus Beiträgen ihrer Angehörigen.
Ich bin also weit entfernt, ihnen das Recht abzusprecheu,
Bürger, Einwohner oder Besitzer von Gütern in der Ge-
markung zu besteuern, nämlich für Gemeindeausgahen, in
dem Masse, als die betreffenden Angehörigen Nutzen davon
haben. Dagegen halte ich es nicht für angemessen, dass
man den Gemeinden die Erhebung von Staats^t^m^vw Über-
lasso, die für SUiats- und nicht für Gomeindezwocke ver-
wendet und wohl auch von Leutt^n erlioben werden, die in
*) Schiilthei^s Karl Fr. Tschanier. L'cbcr die Nidaucr-Adrcssc vgl.
X<?ujahrsl)latt, S. 21.
■-) lierarzt Joseph Hiibcr in Büren.
K:iil Malhvs Briefe au Dr. J. R. Schneider in Bt-m MR37 — 1842). r>
\if>t Gemeinde weder wohnen noch Vermögen besitzen,
namfiiblich von den nmlipgenden Dörlern. Man kann die
' Gemeindebehörden mit der Constatirimg und Controllej den
' öeraeinderechner mit der Erhelmng der Staatssttniern be-
auftragen; alsdann aber hantlehi dieselben als Staatslyurgor
und -Beamte, nieht ab Gemeindebeamte : sie sind innerhalb
diespr Sphäre dem Staat, nicht der Gemeinde verantwort-
lich. Wollte man den Gemeinden als Corporationen die
ErWbung der Staatsstenern überlassen und mit ihnen ab-
recirneri. so kommen Gemeinde* und Staatsiiiteressen zum
Nachtbeil der letztern in Conllikt und der alte Streit des
Latidvelks gegen die Städte enti^toht aufs Neue. In den
[meisten Staaten ist diese Ansieht praktisch; man lässt die
I Gemeinden ihre Angehörigen besteuern für Gemeinrlezwecke,
^al)er iiiehr für Staat^zweeke; folglith dürfen sie auch mir
tdia Urnen mit Leib od**r ih\t Angeliörigen, welchen die
Gpinpindeausgaben zu gut kommen, aber nicht Gemoinds-
lin'ßido besteuern. Der Staat kann sich der nämliclien Per-
iionen bedienen, wie die Gemeinde, aber mit der Corporation
[bat er nichts zu schaiffen.
Hinsichtlich fies tdimgelds bin ich dt-r Überzeugung,
[das» man es niclit mehr an der irränze, sondern am Bo-
[ßUnjmungsort der ohmgeldpfliehtigen Artikel erheben soll;
jwi«? dieü einzurichten^ werde ich Tlun^n näle^T mi'tthoilen.
iSiv lange man es von fremden (zutränken beim Eintritt
|ofh»»bt^ ist und bleibt es ein Kingangszoll, man taufe es,
Iwio man will. — Den Bericht der abgotretenen Regiening,
[die Züricher Steuertabelle und »lie Akten werde ich Ihnen
(f'benklU mit meinem nächsten zunicksenden.
Für da« übersendete Geld sagt^ ich Ihmm meinen
»Tzlichsten Dank. Es verhält sich mit meiner Tinanz-
Ingeleganheit wie folgt. An G(irardf schulde ich ca.
L.; an Frau Seitz In Biel iür Möbrd u. s. w. ca. 2CK.) K
)iese Posten möchte ich gleich bezahlen, hatte es auch
^ereprochen, kann aber nicht; darum wendete ich mich an
fh mit der Bitte, mir zu helfen. Durch diese Anleihe
ich also nicht meine Schulden vermehren, sondern nur
bleiie. die mir drückend sind, abtragen. Hiezu wären 51KJ L.
inreichend ; den Rest könnte ich in einigen Mnnaten,
Ö Gustav Tobler.
sobald ich einmal die täglichen Bedürfnisse aus meiner Be-
soldung bestreiten kann, aus eigenen Mitteln abtragen.
Nach Ihrer gütigen Zusage durfte ich mir auf die genannte
Summe Hoffnung machen und berichtete demgemäss meinen
Gläubigem. Leider aber wurden Sie getäuscht und konnten
daher auch mich nicht in den Stand setzen, meine Gläubiger
Versprochenermassen zu befriedigen. Die 200 L. werde ich
zu dem bestimmten Zwecke so weit verwenden, als es geht;
wäre es Ihnen möglich, mir innerhalb weniger Wochen
noch 300 L. zu verschaffen, so wäre ich aus einer fatalen
Lage befreit, und Sie dürften auf die Erfüllung meiner
Verbindlichkeiten, sowie auf meine Bereitwilligkeit zu allen
Gegendiensten mit Sicherheit rechnen.
Vor einigen Tagen habe ich eine indirekte Aufforderung
zur Rückkehr in mein Vaterland und zum Wiedereintritt
in den Staatsdienst erhalten. Ich habe als Präliminarien
vor allen weiteren Unterhandlungen die Herausgabe meiner
Papiere (Heimatschein und Pass) verlangt, die mir wider-
rechtlich vorenthalten werden. Habe ich diese — und ich
zweifle nicht, dass ich sie erhalten werde — dann mache
ich vielleicht eine Ferienreise nach Haus. Diese AVendung
der Dinge hängt mit dc^m Tode dos Ministers Winter,
meines Feindes, zusammen, und kömmt von dem Finanz-
minister V. Böckh, der mir nicht übel will, weil er mich
früher gut brauchen konnte. Ich bitte Sie aber, die Sache
vor der Hand noch niemand mitzutheilen. Zur Rückkehr
nach Haus würde ich mich nur in einem FaUe entschliessen,
nämlich dem, wenn die europäischen Reaktionspläne so
weit voiTücken, dass der Absolutismus ernstlich hinter die
Schweiz geht, wo ich dann zu besorgen hätte, von den Eid-
genossen als Fremder todtgeschlagen zu werden. In diesem
Fall und wenn ich so viel von Talleyrand^s Gabe hätte,
den rechten Moment zu treffen, würde ich nach Haus gehen;
bis dahin aber bleibe ich hier und bin zufrieden, dass die
Flüchtlingschaft aufhört, dass ich Besuche in meiner Heimat
abstatten kann und mit Legitimationsschriften versehen,
keiner Toleranz mehr bedarf.
Leider erhielt ich auch vor kurzem die Nachricht von
'em Tode meiner jüngsten neunzehnjährigen Schwester.
0 1 * ' i . T '.-.!* r
f=*r*r: ^r*d deri Vater vergfft^rn wr-ll^a. w^ii »rr mir ihre '
I<^h v-r?>ir:h*rr*r Si*-. dass w«^er M azzini and Buffinii
r.vrfj :rg*-nd *rjrj arid*fr»rr Fiachtling «ich derzeit im < irenchen-
wl*- aafhält. noch dort aatgehalt-=-ri hat, seit ich weg hin.
da«»?» anr:h di^ Adresse an das fr anz*j>ische • Vulk weder von
M azzini . nr>ch von n^mst Jemand ht^rrühn. als von dem,
der sie vorgetragen. Di^ Ehre dit^ses «iedaukens gehört
^luziff (r irnrdt. Ich wenigsten- V>in davon überzeugt: ich
habe ?»ie wed^^rr er^Iacht noch gemacht.*
Dag»*g^n hält sich im •rr^^'nchenbad ein Spion auf,
dessen Lügen vernmthlich die t^uellen der Schnell ischen
Aiisstreunngen sind. Di^s ist der bekannte Sommerlatt von
Beni.*) Er hat vor kurzem, als Prof. Sieben pfeif er *i hieher
kam. nach Bern geschrieben. S iebeiipfeifer sei hieherge-
kommen, um einer Vorsammhing beizuwohnen und der
Himmel weiss, dass sich niemand versammelte, als or und
ich unfl dass unser Zusammenkommen mit der Politik nichts
zu thun hatte. Der nämlicln* Sommerlatt mag noch mehr ge-
schrieben haben, was ich nicht weiss.
Man beobachte das Bad und meine Wohnung von
allen Seiten, man wird weder M(azzini) noch andere Flücht-
') Am 2^. Scptciuhcr 1S38 fand in Sachen der Na|)oleonsanj;elc{»cnheit
eine vom Nationalvcrein einberufene Volksversammlung in I^angcnthal htalt.
Dabei las Dr. (lirard eine Adresse an das französische Volk vor. Man be-
scbloss, dieselbe im Falle eines Krieges zu vcröftcntlichcn. Verfass>ung.«ifrcund
vom 25. September und 4. Oklol)er. Dr. Girard bestätigt in einem Briefe an
Dr. Schneider, dass er der Verfasser der Adresse sei. Durch Indiskieti«>n
sei sie im Journal de commerce veröfleutlicht worden.
*■*) Christian V'. von Sommerlatt von l^ahr, ein bekannter Literat. Kr
verr»rt*entlicht eine Beschreibung des russisch-türkischen Krieges von 1828 — 1829,
des i)olnisch-russischen Krieges von 1 830- 1831. Kr ist auch der Heraus-
geber des von Johann Peter Aebli verfassten Buches „Schilderung der Zer-
würfnisse in der Schweiz 1830—1833" (Liestal, 1834). Von ihm stammt im
fernem das Adressenbuch der Republik Bern 11 836», mit Ergänzung>heft
(1839;, ebenso ein Atlas der Schweiz und eine Beschreibung der XXII Schweizer-
kantone (1838). Die Niederlassungsbewilligung in Bern hatte er am 22. Xoveml>er
'836 erhalten. Vergl. den Brief vom •>. Dez. 1838.
»> Philipp Jakob Siebenpfeiffer von Lahr (17HQ — 18451, Professur an
T Universität Bern. Allg. d. Biogr. XXXIV. ir«>.
Karl Mathys Briefe an Dr. J. R. Schneider in Bern {1837 — 1842). Q
linge finden. Gottlob, dass ich nicht mehr im Kanton
Bern bin, dort reichen volksfeindliche Verläimidungen hin,
einen Mann ohne alle Untersuchung in^s Unglück zu stürzen,
hier aber nicht.
Möge die Napoleonische Entfernung der Schweiz Fort-
dauer dor Ruhe sichern; alsdann ist für den Kanton Bern
eine gedeihliche Entwickelung seiner innern Zustände in
^T^setzgehung. Verwaltung und Finanzwesen zu hoffen und
<ii»» Männer, weiche seit Jahren dahin streben, werden end-
lich sieb freuen dürfen über glückliches Gelingen. Ver-
fugen Sie, hochgeachteter Freund, über meine schwachen
Kriiftt*: können Sie mir Arbeit in meinem Fach verschaffen,
die ich von hier aus besorgen kann, so werden Sie mich
verbinden.
Grenchen, 1(1 Oktober 1838.
Beiliegend einige Gerianken über die Vorträge des De-
paruiih'nts. t heilweise Wiederholung und P^rgänzung früherer
Mittheihujgt^n und meiner Zehntschrift. Der Bericht des
Fiiijinzdepartements g«'tallt mir wegen seiner Bestimmtheit
iiii.l .|i.n bfigt^fügten t''V)ersichten, ol)gleich icli nicht in
Allem HiiivtTsmndj'n bin. Das T)epartemeut des Innern
■'»•haiid»dt mehr das Arin^'uwesen, woiauf ich nicht einzu-
iiehoii nüthig hatte, da Sie hierin gewiss meine AusserungtMi
«'-5 iib.Ttlüssig bt^trachtJMi würden. (Tcrn möchte ich aus-
*ulirlii'bfre Arbeiten für dii» Finanzn^form liefern, wenn
^i'* mir solche verschaffen könnten. Ihrer Schrift über
•li»*>.n < i^»nr4*nstand sehe ich mit ges])annter Erwartung ent-
P^'g-n und hoff»» daraus Belehrung zu schr)pfon, aber nicht
>*»lolit' zu «Mt heilen. In Bern stelnm Ilnu'n Männer zur
^it»\ dio woit besser im Stande sind, dan'iber «»in Trtln'il
2n f,^•h«*n, als ich.
Also Friedt*!') Ich wünscho Glmdv dazu. Di»r Kanton
kann aus den Ereignissen d«»r kritischen Tagt' (h»n grr>sst(Mi
Xntzen ziehen. Die Hauptgegner alles Hesst'rn sind für den
'• Durch die Abrtrisc Napoleons aus lior Sfhwci/ :u\\ 14. < )ktol)cr
lO Gustav Tobicr.
Augenblick beseitigt;^) mögen die Gutgesinnten die Zeit
benutzen. Haben sie den Artikel über die Langenthaler
Versammlung in der ^ Augsburger Allgemeinen'^ gelesen?*»
Über Mazzini's Aufenthaltsort wird doch jetzt kein
Zweifel mehr sein? Darf ich nach dem Stand meiner
Angelegenheit, d. h. der Eingabe der Nidauer Versammlung
fragen?
Grenehon, 26. Oktober 1838.
Wie jedes Zeichen Ihres Wohlwollens, so war mir be-
sonders Ihr schätzbares Schreiben vom 17. d. M. erfreulich.
Ich kann nicht umhin, Ihnen wiederholt zu versichern, dass
die Freundschaft eines Mannes, den ich so hoch achte, mir
für das kostbarste Besitzthum gilt und mich unt«r den
widrigsten Verhältnissen stärken und aufrecht halten kann.
Ich sehe mit gespannter Erwartung dem Ergebniss der
Beratimng über die Vorträge der Departements entgegen,
so wie Ihrer Schrift; dann werde ich Gelegenheit haben,
über das Armenwesen das Wenige, das ich weiss, zu be-
merken, obgleich ich überzeugt bin, dass es ohne Werth für
Sie sein wird. Ich habe die Verhältnisse des Kantons
darin noch zu wenig kennen gelernt, und doch ist dies die
Hauptsache, wenn es sich um die Anwendung allgemeiner
Grundsätze handelt. Dass Herzogt» für Sie so wenig thut,
da er sich sonst so sehr um Sie bemüht, wundert mich;
er war, so viel ich weiss, nie praktischer Geschäftsmann
und hält sich vielleicht zurück aus Besorgniss fehl zu gehen.
Übrigens halte ich ihn für einen schlechten Menschen.
Siebenpfeifer war ein tüchtiger Verwaltungsbeamter; seine
jetzige Richtung scheint aber abstract wissenschaftlich und
idealistisch.
*) Darunter sind die Brüder Karl und Hans Schnell verstanden, die
infolge des Ausgangs der Grossratsverhandlungen aus dem bernischen Staats-
dienste ausschieden.
*-*) Beilage zur Augsburger Allg. Zeitung, No. 275 u. 277.
') Joseph Karl Herzog, Professor für Staatswissenschaft an der Bcmer
Universität, Redaktor des ,, Verfassungsfreundes." Vergl. Sammlung bernischer
Biographien IV, 600.
Km\ M»lliyt Bncfr 40 Dr. J. K. HchncUlcr in Berti (1837—1842
lü da^ bewii»8ti>i, weitverhreitetie Blatt Vi habe ich seit^
bwr niich mi*hr ^eliMfert in Betreff der aristt>cratisc.hen Um-
T>u> Anikt^l, obgleich von der Bedaktion v^epstümmelt,
u doch noch gnüiig^ iim der gnten Sache zu nutzen.
Vim ihrrn letzten Mittlieilungen erlaubte ich mir ehenlalls
iWinmch atu tnaohen. Die S|>altuiigen unter den Libcnden
hbt icli al>er nicht erwähnt. Wenn Sie irgend etwas dort^
\dn liefr*nli»rt wünschen, .so theilen Sie efi mir nur in
kxinm, abgerissenen Sätzen mit, ich will schon die Ein-
•«n. Man kann für denkende Iveaer sagen
mr nicht zw deutlich; auch niiiss man von
wi Zeit einen weniggtena öchembaren Tadel dahin
«t«rf(!ii, wci man in der Hauptsaclie Billigung ausspricht
iA,T 'TMrvhscheinen trusst. Es wäre vieHeicht gut^ die Be-
-,. n deü Natiorialvereins dort zu besprechen.
Wenn Sie in den nächsten H — 10 Tagen mich mit
niM ^' V ilnng beehnMj wollen, so Imbi'ti Sie die UiUe^
^ u mich Aarau xu adressieren, an B<»c.hholz ').
nitdfMii ich Morgen daliin reise. Vielleicht ergibt sich dort
'^^^1- » t- mich Verard»isji?en winl, von (Trenchen wegzn-
^Mie^ ib.nie Ami-^^tclhing ist zwar hier so gut» wie ich sie
teiiWffrKch nieJir finden werde: allein die Häimlichkeit ist
lH^»(te|lt« r>ie Genudndi* erfüllt ilire Verbind-
w»*H« [i Tocht — Heit den acht Monaten meiner Anstellung
ich Tun ihr noch keinen Rappen Besoldung erhalten — »
i»tiier Wohnung winl das Not.hwi*ndigste nicht gemacht,
ich gogcn die Winterkälte nicht gesi;chützt bin;
wtirden wir rechts und link». Unter diesen Um-
Hidulim will ich nicht länger hier bleiben, als ich muss.
Iiei)f*r im Amte einige Beschwerden und Unan-
' - ' * nxehmen, wenn ich dafür im Hause und
m *"* ' I' gestellt werde. Um es aiü* tli*m Dorfe
H**^Miuiltii]i^ inuss mau Bauer sein, das sehe ich deutlich
■ ♦*». Nun habe ich einige Hoffnung, in Aarau etwaa zu
i^m. diL-, mir zuftagt, docli iüii es noch unbestimmte
«• tlirJit* wrlch« ZeKunt; cbmntcr verMtnorlen Ut; die Aug<v<-
r-rtr; n^ Lahh «• mcht icin
st R'MLhhaU^ Pre»f<i»or lut der RantoDischulc in Aotau. V|il. üWr
J- Haiuikcr« ßtogr^phie in dcT ßcilage des rro^r^mms. der Kanton
12 Gustav Tobler.
Grenchen. 9. Dezember 1838
Dass ich Ihr schätzbares Schreiben vom 19. v. M.
lange unbeantwortet, gelassen, rührt lediglich her von Man
an Stoff; einen ganz leeren Brief mag ich Ihnen ni
gern schreiben. Zwar ist mir auch jetzt nichts Mittheile
werthes zugekommen, allein ich darf nicht länger anstoh
einige Punkt:e zu beantworten und Dinen überhaupt
Lebenszeichen zu geben, zumal da Sie in dem an Dr. (riini
gelangten Cirkular wegen der Nationalzeitung fragen,
ich fort seiV Nein, verehrter Freund, ich l)in noch h:
und den Winter über ist von Fortgehen keine Rede. J
Ostern wäre es möglich, aber gewiss ist es noch nicht.
Dass ich lieber nach Bern ginge, als anders woli
wissen Sie; allein ich sehe dazu keine Mögliclikeit n
namentlich auch keine Bürgschaft gegen eine Wiederholn
des Unfalls von 1836, der mir so viel geschadet hat. Wr
meine Expulsion zurückgenommen würde und Sie alsdn
eine (lelegenheit für mich erfahren könnten, mit eini|
Sicherheit des Bleibens nach Bern zu kommen, so w;
ich Einen dafür sehr verbunden: allein, wie ge.sa<2;t. i
scheint dazu so wenig Aussicht vorhanden, dass es mir ni
einmal einfällt, \m Ernst daran zu denken.
Auf den Entsumpfungsbericht freue ich mich. Ihre
absichtigte Schrift üb(»r das Finanz- und Armenwesen kii
wohl, bei Ihren vielen (leschäften, noch nicht fertig ,
worden sein; sie wird ohnehin bei «lem langsamen iiar
dieser Angelegenheit noch früh genug kommen. Dass !
bei Mittheilungen solcher Ansichten, in denen Sie mit i
übereinstimmen, meinen NaniiMi nicht nennen, ist sehr Rec
Die Ideen gehören nicht mir und der Name könnt^^ i
schaden. Die Hauptsache ist, dass die (Irundsätze Eingc
finden: mir zunächst ist es lieb, wenn dieselben hier du:
Sie gefördert wt^rden; steht ja die Republik darin noch
rücTv gegnn mehrere Kantone und gegen die meisten mon
duschen Regieningen.
AVas im (Irossen Rathe vorgeht, erfahre ich nur s[
lieh und spät. Ich halte mir das Solothurner Blatt i
»f MsUi}'» Bfkfc All Dr. ]. R, Sclvncidn u\ Hern (18^7-^1 842^ 1.^
ettwr'ilen die Helv^tie.^i Dass die Walsjchen nicb auf
Fraiueoseiirosa setzen, ist lädierlieh. Allt^iu mit tlireu
" ''' j- n sie zum Ttioil tiieht Unrecht haboh
• li ihren AnUuHi an dem fetten Bernvi
Wenn da» wälwche üngefttüm ilie Regioning und
M*ii Ratli zur ThatigktHt sjmrnt» so tlarf man dazu
.Lü, Uie dummen Deutschen sollen den Wälsehen
claas sie etwa^i können. An die Allg. Zeitung und
feu Volk^frtmml wird sieb dir Helvetie doch nictit an-
i?r b*>wns8t** Artikel war niciit von mir — ich kenne
iH«*mi V, B. nichr — abttr er ging nnt^^r meiner Firma,
ir, der Herr «ei ein tüchtigi^r Staatömanu und
iung nach — liberal! Übrigens Ktehe ich auch
itnm Artikeln, wie sie dort erächrinen, nicht immer
bvntler. Die Redaktion verhunzt Vieloö»
7a» enillich Herrn Sommerlatt b»'tnfft, so liesNi* sich
timr Jt\s$ttMi Schurkereien ein ganzes Buch 8chreil>en, Er
k i*m Erzbetnlgc^r und «eine Frau treibt das Spiuneuhand-
^vfk. Pfiil Siebenpfeif**r ist aus der gleichen Stadt (Lahr
ItHinl ihn «eit du Jahren. 8ommerhttt ist weder von
sich «chroibt), noch Of fixier. Er begann seine Lauf-
iU Kaufmann, machte einen betrugeriifichen Bankerott,
und brachtet es, glaube ich, zum Feldwebel.
"Ib*r tmi er auf mit einer Sammlung von
teil len Napoletinischen Feldzügen, Um
I 'In, gali er an, der Ertrag sei zur
-^ I i< bestimmt: allein er steckte dae
Sein ganzer Lebenslauf tat eine Reilie ähnlicher
nie. Herr Hiadt.schre(l»er MoMet^ ein Murtn»'r. weisti
'cliivon XU erzählen* Hier im Bad war eine Frau Zidl-
IT anA St Oallen* die miHslicher Verhältnisse wegen ge-
war, einen Dienst an suchen. Sommerlatt im Be-
■hzur«ii^n, sagt«^ ihr w wtdle ihr einen Platz ver-
^.vLi.,
I «U/Hcl%ttic^, (IrK^ii «le» r»dik;tlen Stockniart crscbieii seil 1853 m
• mü Schwciatcrieitufiij** in Bern w.ir da» koii*ervalM'
^\ '. Ile'ltcanil'* von UnrgiUnf vcrtn^l dan JiaUemUicn tlcr Brüdci
14 Gustav Tobler.
schaffen, or brauche nur in die vier Hauptstädte der Schweiz
zu schreiben, allein er müsse in jeden Brief einen neuen
Thaler legen; sie solle ihm daher nur eine Dublone geben,
das Übrige werde er dann schon besorgen. Die arme, ein-
fältige Frau war daran, es zu thun; allein Mutter Girard
merkte etwas und hielt sie ab. Mehrmals nahm er in Biel
und Solothum die Briefe für das Bad und für mich in Em-
pfang, natürlich ohne Auftrag. Darunter war auch ein Brief
von Ihnen an Dr. G(irard). worin unter Anderm stand, der
Sommerlatt werde wegen seiner Ausstreuungen über das Bad
nächstens im Beobachter') hergenommen werden. Diesen Brief
brachte er offen, angeblicli hatte er ilin so bekommen ; allein
ohne Zweifel hatte er ihn aufgemacht. So viel ich weiss, ist
Sommerlatt Freimaurer: daher wohl sein fester Stand in Bern.
Eben las ich im Solothumer Blatt die Wahl des Herrn
Neuhaus*) zum Schultheissen und des Herrn Weber')
zum Regierungsrath. Dazu wünsche ich von Herzen Glück!
Ich hoffe, dass Sie und Ihre werthe Familie sich (wohl)
befinden. Meine Kinder lagen an einem (Nerven?) Fieber
krank, welches hier grassiert und mianches) Opfer fordert.
Jetzt geht es wieder besser.
Grenchen, 31. Januar 1839.
Mit Vergnügen nehme ich Ihre gütige Einladung an,
im Laufe des Honmng einige Tage nach Bern zu kommen -
Ich habe bereits von der Erziehungscommission zu Solo-
thurn Urlaub auf acht Tage erbeten und werde am 10. oder
11. Hornung mich auf den Weg machen, wenn nicht ein
») „Der Schweizerische Beobachter" von Bern, Organ der Radikaleu.
Es ist nichts darin jjegcn Sommerlatt zu finden.
*) Joh. Carl Friedr. Neuhaus (I7»j6 — 184^). Vgl. Sammlung bernischer
Biographien V, 108.
^} Johannes Weber von Utzeustorf (1801 — 1875). Über ihn H. Türlcr
in „Hclvetia", polit. -liier. Monatshefte der Studentenverbindung Helvetia
XXI (1902).
IbLiiby» Hricf« au Dr. J. K. ScKticider in Bern (1K17 — 1^42). 15
Iii7t>rbt*rge«si4«k6rittt4 UiiidHmiäs tlazwischeti tritt Statt eines
L*kr«ibeti« aa dou Horni Central pol izoidirektor will ich
b< "^ Nu Hii Sie richten, so gefasßt» dass sie
^^ gt wenieii können. Ich kimn mich nicht
llKHurindetK biitweiso iiiunittelbttr bei einer Behurde einzii-
Dmiuerti, van di*r idi so arg juisshandBlt word^^n bin.
Nmtitch schrioh mir nvein Fronnd, Hpit V- Itzntein,
er di<* AüÄtando, welche bisher der Uuruiisgabe meiner
ipk^re tfolgegeDgestellt wurden^ hegeitigen und nächstens
|iii:«tni«n Ht*inuif^c'ht^in srhrckt^n wönlt^ lat dit^sr Sat^lie en
fa);lt% so igt meine Steilniig in der Öchweijs um Vieles
Nftcb Hatise kann ich ohnehin^ wenn ich will; ich
tliibü dii* VerHichi-Tung, das» (mir) keinerlei ünannehmlich-
[Wten würden gemtieht w*>rden* Vielleicht (mriche) ich im
Ltfift« da«! SouimefH einen Bemich in meiner Heimat
iH't B**rioht llber die Correktiou der Jiiragewasser nnd
•bf Etttsanipfuiig des Seehindes habe ich längst erhalten
rn- ^.. ... \,,»_H./ darüber schon am Neujahrstag an diö
mgi gesendet. Da er bis jetzt nicht er-
«•J»i«Deö isU 90 muüü er entweder nicht angekommen oder
run Gründen nicht anlgenommen worden
\^ire mir nicht Heb, weil ich des Herrn
Piifdd^nittn der Commi^sion in der Art» wie meine Über-
:^ itnd innere Hochachtung ffir densidben gebiet-et,
^^e«liic*.ht habe.*) Ich w^rde die Rücksendung ver-
und den Aufsatz in ein anderes deut«ches Blatt
u, mit dem ich mittlerweile Verbindungen ange-
Meine Kinder sind üoit Anfang des Winters krank;
••A metiiü Frau, von der hier herrschenden grippähnlichen
Süttkii tfTgriffen, nmsste das Bett hüten and leidet noch
iBnafT. Sie empfiehlt sich Hinen nnd Ujrer Frau Gemalin
S t^ A«0mIj endilen
Jt»l«niri»
Am 2, Febraar 1859 tu der Beilage Xo. jj iJer
l*riifiideut der KointtitifioD für die Korrektmn
Irr.
l6 Gustav Tobler.
Grenchen, 31. Januar 1839.
Aus ihrer schätzbaren Mittheilung vom 25. habe ich er-
sehen, dass die h. Regierung die tit. Centralpolizeidirection
ermächtigt hat, mir den Aufenthalt in Bern für einige
Tage zum Behufe der Besorgung meiner Geschäfte zu ge-
statten.
Indem ich Ihnen für Ihre gütige Bemühung unendlich
danke, zeige ich Ihnen an, dass ich vorhabe, mit Urlaub
der Erziehungsbehörde von Solothurn am 10. oder 11. Hor-
nung nach Bern zu kommen und bis am 17. daselbst zu
verweilen, wobei ich so frei seyn werde, von Ihrer freund-
schaftlichen Einladung, bei Ihnen zu wohnen, Gebrauch zu
machen.
Ich ersuche Sie daher, gefälligst die geeigneten Schritte
zu thun, damit die tit. Centralpol izeidirektion in Gemässheit
der erhaltenen Autorisation mir den Aufenthalt für die ge-
nannten Tage gestatten möge.
Grenchen, 28. Februar 1839.
Gestern w^irde mir von der Polizeidirection zu Solo-
thurn ein an sie gerichtetes Schreiben der Berner Central-
polizeidirection mitgetlieilt, folgenden Inlialts:
Der deutsche Flüchtling, Karl Matll3^ dermalen Sekun-
darlehrer in Grenchen, habe bei dem Regierungsrathe in
Bern die Bitte eingelegt, dass ihm der Wiedereintritt
in den Kanton Bern gestattet werden möge; der Kegie-
rungsrath habe jedoch keine Gründe gefunden, auf die Bitte
einzugehen und daher beschlossen, dass es bei der Fort-
woisung sein Bewenden l)ehalten solle. Die Solothurner
Polizei möge den Bittsteller von diesem Beschluss in
Kdintniss setzen.')
') Im Berner Staatsarchiv ist von einem derarlij^en Beschluss un<l dessen
Ausferlijjunj; nichts zu tinden. Doch ist an der Richtijjkeit der Mitteilung
Mathys durchaus nicht zu zweifeln.
Xfjiilly« ftridc an Dr. J, R. Sclincider in Bern (lSj7— 1B4;
teh knliff rtii« amtltcliL* Mittbethiitg beschemigt mit il<*m
rken jodocJi* tkss da*ä Rescript eine Üarichtigkeit eut-
ijit? •- ' t: ktMiiH ilemYtigo liitiei bei rk*r Regierung
Bi'fn ^T liJibi*. Siu wenleu sich bei Herrn Central-
oliasoidln^ktor Weber über die Richtigkeit des Sachverhalts
Bi^eu kotinmi.
Hiifmiis g«*lit htM'vor. diist?, wahrend es vielleicht einige
Mühe kostete, zu bewirken, dass die wahren Petenten von
i\m: ' süe dos Regierungsrathes Kenntnias prhielten,
"■" t^- iiHMi Anstand nahm, eine iiberfluissige Mittheiliiüg
.»thnnier Behörde zu machen und darin die Wahrheit
n diistalJen. Wenn nnn der Beschluss deü Uegieningtirathes
' ' ' ' Mf Znfall war. so kann ieli doch in dieser
möglich die Absicht verkennen, joir zn
•ohAileti and micli zu kräitken; ebenso wenig kann ich
ftlwr die Qntdh> itn Zweifel sein, woraus dieser neue Bau*
4ii»*iijitreich fl ieiiöt. Zwar ist die Absicht nicht erreieht;
Ji« Solüthumer Regienuig ist zu rechtlich gesinnt, um «ich
ixitf'h mlch€^ Kniffe zu einena unK>yalen Schritte beötimmt^n
tt» lanw^n: alleiji e» Hfcheint mir ungemessen, den Verbuch
tl niichen^ irgend eine (ientigtlinung zu erhuigen. Chrigena
imVilite ich keinen Schritt thun, ohne vorher Ihi*en gütigen
' zu erbitten, Sir haben ibirch Ihre freuodschaft-
l: uifthungen uin mich mehr Kummer undVerdruss ge-
I^Wilsich: Hie sind ärger liint^rgangen und gt*kränkt worden
dtticb diH deiiden IntrigiU'ii einer bekannten Klike. als ich*
Viidleichl wire es gut, wenn nunmehr die Sarhe durch
feKidaaer vor den ttrossen Rath gt^hraeht und dort günstig
wi^rdeii konnte. Obiges Rescript der Centralpol ixei-
T) «h*b»^i benutzen: vielleicht sind nneh
■»._ , - .- V, :u ergangen, die ich nicht kenne. Lässt
mf die^eiu Wege, der freilich der letxte wäre, nichts
Äi'tt^ so bbdbt einzig noch der Weg der öffentlich-
fI>iidorch kann freilich die Ahändemng des regienmgs*
bftu B«*34rhlui^n» nicht erzielt werden, aber doch eine
Witi Sfttijffjirfion, indem ich dii^ Behönle, von welcher
iKiOcr' r dem Puhlilium der Lüge in einer
n werde. l*it* Sache ist zwar nirht
ilufr m^ l&s^ «idi pikant genug ihLr^tellen,
r. G«Kk. uotf Alttnum. \l. l. 2
l8 Gustav Tobier.
Den Weg der Öffentlichkeit g^be ich übrigens erst
als letztes Mittel betreten zu sollen; namentlich dann, wann
irgend ein Blatt die Sache vor das Pablikum bringt Ich
bitte Sie nun, mir Ihren freundschaftlichen Bath gefälligst
zu ertheilen. Nebst Ihren Gresinnungen für mich gereicht
mir auch der umstand zum Trost dass meine Verhältnisse
mit der badischen Regierung sich geordnet haben und dass
ich des Prädikates ^flüchtig" los geworden bin, welches
das Rescript der Centralpolizeidirektion mit so vieler Osten-
tation an der Stime trägt So bald ich meinen Heimat-
schein erhalte, was auch nicht mehr lange anstehen kann,
werde ich es Ihnen schreiben.
Soeben lese ich in der „Helv6tie^, dass der Grosse
Rath das Secundarschulgesetz angenommen hat Dies scheint
mir ein grosser Missgriff zu seyn, und ich glaube nicht^
dass der Kanton gedeihliche Früchte davon zu erwarten
habe. Die Knaben sollen vier Jahre darauf verwenden,
oberflächliche Kenntnisse in etwa 16 Fächern zu erwerben,
ohne dadurch zu einem bürgerlichen oder wissenschaft-
lichen Benife vorbereitet zu werden. Die Lehrer könnea
in ihrem Amte nicht mit Freudigkeit wirken, da ihnen.
jede freie Bewegung durch engherzige Vorschriften unter-
sagt wird.
Den Aufsatz über die Juragewä8ser-Ck)rrection hat nun
auch das Solothurner Blatt in seine Spalten au%enommen.
Könnten Sie mir wohl seiner Zeit die Verhandlungen
darüber, sowie über andere wichtige Gegenstände, besondere
über das Budget mittheilen?
Weingart') hat die Stelle über Strauss in der Volks-
Bibliothek jämmerlich herumgedreht *) ; auch Huber von
Büren hat mir sein Missfallen über Ihre und meine Ansicht
zu erkennoii geben lassen; er glaubt, dass Sie über diesen
>) über August Weinjjart vgl. Xcujahrsblatt S. 36, Note 25 und
Blätter f. beriiische (ieschichtc, Kunst und Altertumskunde 11, 65.
*) Mathy verfasste für die Volks-Bibliothek jeweilcn die Monatschronik.
Die betreffende Stelle über die Berufung des David Friedrich Strauss nadi
Zürich findet sich dort im Jahrgang 1839, S, 31 f.
Kftf! Matbys Bride au Dn J. R. Schneider in Beru (1837-^1842). I9
egenstand mit Herrn Kasthofpr \} zerialleii wercJen. Mit
er Geistesfreiheit ist es noch erbärmlich bestellt iinter dem
IToIke! Die Ziirrher haben die Benifnng »les Dr. Strausa
rtthlweislich auf uubestimiDte Zeit vertagt !
22. Oktober 1839.
Soeben erst erhalte ich oieinen Heimatschein von
[Aaraii zurück — wo noch nichts weiter entschieden ist —
[und will nun keinen Augenblick mehr v»^rlieren. nm die
[Aiifmge an die Centralp<>lizeidirection einzusenden.
Ich biti so frei, IhneM die Sache zu schicken, w<-il ich
|Wp*eiflicher Weise wünschen inuss, dasa Rio zuerst Kenntniss
l'lavoü erhalten und weil ich Ihnen zugleich die Bitte ans
iHenE legen kann, gefällig dafür zu sorgen, dass mir der
iHeimat^schein baltbnögliehst wieder zukomuu3 und nicht
Valoren gebe: solche egaremens soHen in Bern zuweilen
Was Sie zur Unterstützung tler Sache bei allfälliger
Bemtliung im Regierungsrathe noch thun können, ilanini
Ibranche ich Sie nicht erst zu bitten. Wenn Sie i»s für
ngemessen halten, können Sie noch die Rtdigionsgefahr
ilinfliessen lassen. Ich musste meine Tuchter katholisch
aleti lassen, kann weder selbst, noch mit den Kin<lern
ffi\ reformierten Gottesdienst in Lenguau besuchen u. s. w.
Herrn Hchaub*) sprach ich im Durchfahren von Basel
fhien geneigt, die SekretärstellH anzunehmen; ist
?ns die Sache bei der Regierung im Reinen, so wird
') Karl KasÜiofer (1777— 185J), Forstmeister, Professor an der Uni-
rttü, ReifierinigsraL Altg. d, Biogr. XV, 437. ßeriier Taschcubucb 1H56,
174. SnnmiUiMg btrni. Biographien V (1906), 52S — 350. In den „Auf-
". uiii»crc» Vaters Karl Hunzikcr-Schiiiz von Berti und A;ir;ui*% als
l^ ijsgcgeben von Prof. CJtio Hnn/ikcr ti^»ot>L titiden sich anf den
^ ^7^17 bemerken i werte MiUeihmgen über Kasthofer. Das Neue Berner
ubnch auf dai Jahr irjo; wird eine Autobiographie ICa^tbofers mitteileü.
*) Jahatin Schanb von Lieslal, Pfarrer in Kümlingen ^Baselland), seit
1^3 Helfer der KUü>&c Nidau und Lalcinlchrer an der dortigen Schnle. Am
. )■! u i>i|T wuttle er Strkrethr der Erziehungsdirektion,
20 Gustav Tobler.
sich für mich später schon eine Beschäftigang in Bern
ergeben.
Herrn Ochsenbein ä.^) konnte ich in Nidan nicht auf-
suchen, sprach darüber mit Herrn Weingart und habe an
Giranl in Renan bis jetzt noch gar keine Erklärung gegeben.
Grenchen, 1. Dezember 1839.
Heute vor acht Tagen erhielt ich den Bapport für
1838*) mit Ihrem freundschaftlichen Billet Sogleich
schrieb ich an Herrn Weingart und bat um das dritte Heft
der Vierteljahrschrift mit dem Aufeatz über den vorigen
Bericht Die Zeit bis zum Eintreffen desselben benutzte
ich, um den Bapport zu durchgehen und da er mir aus-
nehmend gefiel imd auch die Traktanden zur Qrossraths-
versammlung einen lobenswerthen Fleiss und ein redliches
Streben der Regierung zu beurkunden schienen, so sendete
ich darüber einen Artikel an Dr. F."), der auch im Solo-
thurner Blatt vom 27. November erschienen ist Sobald ich
von Herrn Weingart das Verlangte erhalten hatte, machte
ich mich an die Arbeit, welche ich Ihnen hier übersende,
um solche mit den nöthigen Abänderungen und Zusätzen
nach Ihrem Wunsche zu gebrauchen. Wenn ich eine oder
die andere irrige Angabe mache, so kommt es gewiss nicht
von bösem Willen oder Nachlässigkeit her, sondern vom
Mangel an neuerem Material. Es fehlen mir die Gesetz-
sammlungen von 183B, 1837 und 1838 und 1839, von den
Grossrathsverhandlungen habe ich nur die zweite Hälfte
der Wintersitzung 1839, welche Sie mir mitzutheilen die
Gefälligkeit hatten. Es ist mir viel lieber, wenn es gut
als wenn os schlecht geht; ich lobe lieber, als ich tadle und
es machte mir grosses Vergnügen, die Berner Regierung
einmal aus Überzeugung loben zu können. Die tabellarischen
M Ulrich Ochseiibein, der spätere Tagsatzungspräsidcnt und Bundesrat.
^) Bericht iil)er die Staatsverwaltung des Jahres 1838. Mathys Referat
hierüber helindet sich in der „Bernischen Viertel-Jahrsschrifi*' 1839, Heft 4,
70—84; 1840, Heft 1, I — 20.
3) Dr. Felbcr?
IC/ifl M;itk>s ßricfc ;\n Dr. J. R. Schneider in Bern (1837—1842). 21
)ersichten sind aber zum TLeit liederlich gearbeitet,
amentlieh bemi Erzieliiuigsdeparteuieut nnd ich konnte
jfcicht iindeTS, als «lies an einigen Btellen zu rügen. Der
Idsaus sollte freilich ausführlicher sein, aber ich besorgte,
uioge dann für ein Heft der Vierteljahrschritt zu lang
Nach einer Mittlieihmg <k^r Wintf>r- sehen Verlagshand-
Inng werde ich das Heft von Rau's Archiv, worin iixeine
Arbeit über die Berner Finanzen steht, in ganz kurzer Zeit
«rhatten; ich werde es Ihnen fhinn sogleich zur beliebigen
Benlltzting für die Vieiteljahrsehrift üliersenden,')
Wenn es der Druckerei nicht zn viel Mühe und Kosten
uiacht, so würde es vielleicht zweckmässig sem, aus dem
ßÄpport für 18B8 die übersieht der Staatsrechnung u. s. w.
iJii* letaste Beilage» als Zugabe zn dem Aufsatze in das
virne Heft der Qnartalschrift abdrucken zu lassrMi.
AtLS meinen schönen Träumen ül>er eine v^urtheil hafte
OesJaltung des bernischen Kegime schreckte mich Ihr Brief
vom 2H. November^ den ich letzten Posttag erhielt. Ich
8*?lie daraus, dass Schüler *i Ihr Vertrauen missbraucht
liaWn rnuss, dass er Ihnen dadurch Freunde zu Feinden
gt'liiacht und damit die Aussichten auf eine bessere AVen-
»imig der Dinge, welche nur dorcl) Einigkeit und festes
Zamunnienhalten geileihen konnt^i^n, zerstdrt hat. Schülers
Taktlosigkeit und Indiskretion kenne ich schon längst und
übe ihn dai'um auch nie zu meinem Vertrauten gemacht;
ein einer so schändlichen Handlung hätta ich ihn nicht
geglaubt und er würde dazu wohl auch nicht fähig
sen sein, wenn er die ganze Schändiichkeit derselben,
»Wie ilire verderblichen Folgen hätte einsebeii können.
Iber daran hinderte üin vernmthlich die Verblendung, in
lif* er, wie viele, geräth, sobald das theure Icli ein wenig
^etüst^t wircL
Der tiefe patriotische Schmerz und die ächte Humanität
I Ibraxi Äusseningon über diesen Vorfall und die betreffende
•j Nciijuhnbbtt S. 25, Die Viertel -Jahrsschrift stellte im Jahr 1841
kr Erscbcioeti ein.
*) Ernst Schtiler (1807 — 18811 aus Gicsscn, m Bicl, später Redaktor
Boattsgeber des Handcla-Cotirier.
22 Gustav Tobler.
Person können meine Hochachtang für Sie nxir erhöhen.
Allein ich glaube, dass jedenfalls alles Mögliche angeboten
werden sollte, um das Missverständniss zwischen wohlge-
sinnten Männern zu beseitigen; und wenn dies nur dadurch
geschehen kann, dass Sie Schülers Benehmen offen darlegen,
so würde ich an Ihrer Stelle dies unbedenklich thun. Eis
gilt der guten Sache, dem Wohl des Landes und dieser
muss jede Schonung einer Person, welche dieselbe nicht
einmal verdient, nachstehen. Selbst wenn jene Männer mit;.
Grund sich von Ihnen verletzt glauben dürften, so wäre e^
doch kleinlich, wenn Sie darum eine edlere, bessere Rieh —
tung aufgeben und einen persönlichen Groll mit Zähigkei^fc
festhalten würtlen.
Insofern durch den bezeichneten Vorfall auch Ihr^
freundschaftlichen Bemühungen für mich gestört und mein.^
eigenen Wünsche für die Zukunft Tii^reitelt werden, so hi».^
dies gar nichts zu sagen, ich bin daran gewöhnt und nehm «3
solch (» Begegnungen fast ohne allen Eindruck hin.
In Aarau bin icli, wie vorauszusehen war, geflämna^^
worden. Herr Kurz von St. Gtellen, der zwar selbst eixi
Fremder, doch eine Aargauerin zur Frau besitzt, hat die
Stelle erhalten. '') Hier kann ich nicht ewig bleiben, wefi
ich kleine Aussicht habe, so viel zu verdienen, als ich
brauche; und wenn mein Wunsch, nach Bern zu kommen,
ganz abgeschnitt^ni wird, so bleibt mir am Ende nichts
Anderes übrig, als an die Heimkehr zu denken. Dies kann
nur geschehen um der Kinder willen, mit Verzichtung aof
Lebensgltick. Man wird mir dann sagen: Du hast dieh
nicht in der Republik halten können und das beweist, dass
entweder du nichts taugst oder die Bepublik Ich werde
den Leuten nicht begreiflich machen können, dass der
Fehler nur an dem kleinen Umstand liegt, dass ich nicht
in der Republik geboren bin und dass nur eine seltsame
Verkettung widriger Umstände meine Bemühungen ver-
eitelte. Man wird mich eben auslachen. Doch so weit sind
wir noch nicht und es sind noch günstigere Fälle möglich.
^) Der bekannte Literarhistoriker Heinrich Kurz (1805 — 1873). AUg.
d. Biogr. XVII, 421.
kjvl >ltfkfs Briti
], R* Scliiicider tu Bcm (lajx— 1842». 25
Pnmnd KttozV*, dorn ich <lio Papit^ro vor viorzohu
Hif^ii öberg**ben hal»p. um sie von der solotlmrnischeii
ImuTi*ü ZU Uj4Hi»a, hat siV noch nicht ge-
h üio aber auch erhalte, will ich nie doch
BD lange hier liegen la^ßeti, bis ich von Biiieii erfahre,
ich nicht bt^öjti^r tJjue, meine Atit'ragn zurückzuziehen
d**n dipluinatiiichen Weg mi betreten oder dn» gan^e
LVerfalinfU gegen mich der Öffentlichkeit zu ülK»rg»*bHU.
Dn^i« Schülern nlendei} Benehmen Ihre (Tei^innungen
'^B'Jfföii mich nicht geändert hat. ist mir erfreulich. Zählen
Si»* ^'*«»-- iillen UtnHtäniitMi auf meine Ergob*:nheit und
Fr^ itt, dii* auf wahrer Achtung und Dankbarkeit
Grencheu, 8. Dezember lKi\l
DiP? beiden Briefe und das 3. Heft der Vierteljahrs-
tiabe ich erhalten, sowie von Hi^rni Woingarfc den
nber dm Gcmeindestcuerwesen. Mit diesem bin ich
im ^IL iu^'inen ein\rerstanden. Dass dies wirklich der Fall
idi Ihnen beweisen durch eine Schrift über Ein-
•^•r VcriT «nier, die ich 1831. und die Er-
' u zur l^ . u Gemeindeordnung, die ich 1832
Ifi beiden würden Sia viel ähnliches mit Ihren
finden, besonden? über die Einfülirung einer Ver-
ler neben der (Grundsteuer und die Vertheilung
udela^iten auf die Bürger. Wenn Sic* es wünschen
h Z«ftt nt^hfnrn können, sie zu lesen, will ich Ihnen
Ein2«dne Bemt^rkungen sind in dem
tsung mif <len historischen Boden be-
Ti Sie viel beiiser kennen als ich; theila sind sie
^ d, um besprochen xu werden, theils beziehen
*' -..* -u*^ Redaktion und siml daher gleichfalls Nnben-
Ich war daher nicht im Fall IJincn eine abweichende
An^tht in wesentliclien Punkten mltzutheilen und konnte
darauf be^hHLnken, das Resüme am Schlustse bei-
^ KAiiU
Liioi, von SolotUur»»:
er uitrde im Mir» 1(141
24 Gustav Tobler.
zufügen, Herrn Weingart, weil er pressirt, das Manuskript
wieder zuzustellen und allfällige Änderungen am Scliluss-
wort der Correctur zu überle^sen, die ohnehin, weil das
Manuskript etwas flüchtig und mit Abkürzungen geschrieben
ist, viel zu thun geben. wirdJ)
Schülern habe ich neulich zur Rede gestellt. Er ver-
sichert hoch und theuer: 1) keine beleidigenden Ausdrücke
in den Artikel gelegt, 2) Herrn Weber weder einen Brief
noch sonst etwas von dem Verfasser mitgetheilt zu haben.
Es wäre sonach möglich, dass Herr W(eber), nachdem er
Schülern nicht mehr für den Verfasser halten konnte, auf
Sie geschlossen und xuu etwaigen Widerspruch zu beseitigen,
vorgegeben habe, er habe schriftliche Beweise u. dgl. er-
halten. Sollte es sich so verhalten, so wäre es mir wenigstens
in so fem lieb, als Schülern kein schlechter Streich zur
Last fallen A\iirde.
Ihr Billet vom Montag (2t.) bekam ich erst am Donners-
tag; Sonntag (lt.) gab ich meinen Aufsatz über den letzten
Jahresbericht mit einem Briefe an Sie auf die Post und
hoffe, es wird richtig angekommen sein. Leider erfahre ich
nicht, was der Gr. Rath macht und bin doch so neugierig.
Eben (Sonntag) erhalte ich den Seeländer*) vom letzten
Mittwoch. Morgen gehe ich nach Büren, um der Prüfung
eines Sekundarlehrers beizuwohnen, wozu ich von einem
Mitglied der Commission eingeladen worden bin. Ich muss
also wieder einmal den Bann brechen. Verratlien Sie mich
ja nicht ! Wenn Sie wüssten, WTe gerne ich für Sie arbeite,
Sie würden mir gleich wieder etwas schicken.
Gronchen, 23. Juni 1840.
Die aus Ihrem freundschaftlichen Schreiben vom 15. v. M.
gesc]K*)j)fte Hoffnung, Sie demnächst in Grenchen zu sehen,
war der Grund, wanim ich Ihnen bisher nicht geantwortet
*) Daraus j;eht hervor, dass die in der Bernischen Viertel-Jahrsschrift i830f
Heft 4, .^4 — 70 stehende Abhandliuig „Das (iemeinde-Steuerwesen im Kautun
Bern und die Nothwendigkeit der Reform desselben" von Dr. Schneider herrührt.
*) Der „Seeländer-Anzeiger" erschien in Dr. Schneiders Verlag in Biel.
-sblatt S. 22.
Ksrl Jbbibf» Briefe an Dr. J« R. Sdineidcr In Bern (Ii4j7— .1H42). 25
J>c, Nun «Ißt mir aber Herr Weingart, Sie seien kmnk
;eii'^f9<m — , g^ynsH in Folgo zu gmsser Anstrerigiing in
Ihr^u vii*l^ü Ur's^'häften — doch Gottlob wieder iiesser; nun
it ml^ttr der Orosse Ilatb vpraamuii^t und so word« irh Hie
roh! nicht ©her, als xnr Znit iIhs Bc^luns^ens in Solntluirn
y\um. Ilort trifft sich ja Alles.
Sie Hinil Si\ gut, mir zu ♦•rlaulK^n, ELn* HfUfe in An-
Ich XU ni»hmon, fulls ich in Finfin^noth kuninu'. Lutztt«res
swar Ul<^in permanenter Zustand und darum eben ein
iHiiQpfgnuid, warum ich so i^ehnlich wiinache, von hier weg
|sii komaien nach Bern^ wo ?«ich jeden Falls mehr Gelegon-
hiit gibt, etwa« zu verdienen. Dncli nträubte ich mich da-
pgfu^ meine Schuld bei Dinen zu vergrössern, so lange,
\k \i*h kein »nd*»re8 Mittel mehr wnissto, 8<i habe ich rlf^nn
bfOti« einen Wechsel von 12(1 L. 4 AVochen dato auf Sie ge-
ifiiP!». Gewiss mit schwerem Herzen^ iiber, wie gej^agt,
'^^n Falle. Sie miissen wisneUt wanim* Morgens
i 24t.L da geht meini» Magd fort, ich muss ihr
li bezahlen un<l habe kein Geld. Zugleich drangen
wagö (flftnbigej* von der auvorraeidlicJien Art, MetÄger,
kust^r !L ». w., und ho wusste ich mir nicht andei's zu
Bün. S«_Men Sle^ verehrter Freund^ mir nicht böse, dass
^him einzigen Weg aus dieser Verlegenheit einschlage, den
Sit* mir selhiit gH/.eigt habtm. Sie ge!»i*n mir dfn Tmst,
J.^4 .."-: »,,. .,,,|.^ Zeiten kommen werden und ich hoffe auf
t Sie mir nur. von hier nach Bern zu kouiüien^
4*ü hin ich gowiass, dass ich meine Verbindlichkeiten
'1 die «nderr» Art werde erfüllen können*
Buchhändler iibnreingekomunMi, t*in Werk
n edin^ibc^n, da^ etwa.s ordentliches eintrag<?n winl; allein
kW kimn ich es nicht vollenden, denn ich mu«s Bücher
eine Bibliothek bentitzc^n! So bin ich IiIim- in allem
\kmU da ich ausser dem Seeländer imd den* Solothumer-
k<^iiie Verbindung mit der Welt habe !
Wenn «ler Aufs^atz über ihis Zollwesen in der 3ten
}'' ^imirmUchriff erscheint ^l so wäre es gut,
r üje Rcvifcio» dca Zoltwescns im Kantoti Bern**
26 Gustav Toblcr.
wenn die Fortsetzung der Finanzen für die folgende Nummer
verschoben bliebe, damit nicht zu viel über den gleichen
Gegenstand kömmt. Ich habe daher bei Herrn Weingart
eine Note zu dem Zollwesen gemacht, des Inhalts, dass
dieser Gegenstand in dem Aufsatze über die Finanzen
später behandelt worden wäre, dass man ihn aber jetzt gebe,
weil er für den Augenblick Interesse bietet, an der geeig-
neten Stelle in der Arbeit über die Finanzen werde man
sich darauf zurück beziehen. Fehlt es übrigens an Stoff,
so liegt die Fortsetzung der Finanzen zu Ihrer Disposition
bereit und zwar so viel, dass sie allein zwei Hefte ganz
füllen könnte und mit Benutzung des Berichts für 1838,
der Dotationsberichte (neuesten) und des Budgets für 1840
durchaus ausgearbeitet. Wünschen Sie noch andere Stoffe
von mir behandelt, so schreiben Sie mir; es soll gewiss
sehnt»]] und mit grösstem Vergnügen geschehen.
Das Solotlmrner Blatt raisonnirt über eine neue Bemer
Olnngeld Verfügung; was für eine ist dies und was enthält
sii» denn? Icli linbe Herrn Kunz wiederholt gebeten, etwas
über die Quartalsclirift zu sagen, aber er hat es noch nicht
getlian.
(Bronchen, B.August 18-4C).
Für (las 4te Hel't der Quartalsclirit't will ich die Fort-
setzung des Finanzartikels*! sogleich zuerst machen; femer
wenle icli eine kurze kritisclie Anzeige der Gonzenbach'schen
Sclirift über ein schweizerisclies Schutzzollsystem liefern*);
dazu bedarf ich aber das 8tt» Heft der Quartalschrift und
l)itte (lalier um gefällige Mittlieilung dt^sselben, sobald es die
Presse verlassen hal)en wird. Wenn Sie wünschen, dass ich
die Aufsätze über das (Temeindewesen. über das Wirthschafts-
wesen und den Auszug aus dem (^utacliten über das grosse
Moos ausarlieite, so liaben Sie nur die (.Tefälligkeit, mir die
Materialien (Stettiers Schrift, Rheinwalds (TUtachten, Ihre
») A. a. (). S. 50— 8o.
») A. a. O. S. 44—55-
HaA^ TMtik an Br. J. ^ Schtieldcr in Bern (1537—1^42)
Itwürl«?'. Skizzen n* & w.) zu sckickeu; ich will es daun
Hnnceu yi^ru liesorgeii. Vnu der GesPtZBaiumhiiig fohlen
die Juhrgiingf 1837t 1838^ 1830: weuu iclj sie doch
komnit^Q könnte! Was macht Herrn Fetscheriuö ' i Jahres-
ricbt filr 1S3V»; wird er tiichf bjild vom Stapel laulen?
NmcIi H«TZugeuliuchsef' mag icli nicht. Muss ich
kundarlehrer s^ein, so bin ich oi^ aiu liebsten hier» wo man
ftvi bewegen kann antjer einer redliclien, gutgesinnten,
Runintirri Bifgiemng. Das Berner Schnurstiefelgesetz '1 gtv
ll mir lüclit, besonderu da auch die Besoldujigen noch
furnier üitid iiIh hier. Zur Versammlung nach Soh)thurn
ich gDwit;»^ und acceptire mit Vergnügen die Führung
^ 'I Protokolls,* f Ich habe zufilllig vernommen,
ll)*/ die Sekretärst^'ne nicht annLmmt. Ver-
It tticb ilitw wirklich no, 8<^>lh^ ich mich dann nidit danim
? Ich könnte dann auch meinen Lieblingsplan
— u. nitmlicli an th*v HHchschnl»* V< »riesungen hult*.Mu
halte* n Hie davon V
Aui den Plan zu einem statietischen Bureau bin ich
ig*^ wntJ wen« es zur AnsR'ihning kommt^ wird Herr
an mir keinen Rivalen fimlen; wenn er nur son>4t
Stellung in Bern beliaupten kann; <laran w«dlen aber
rA'etftdn. Hat er nicht im ^Verfaissnngsfreiind'^
Sie geplänkelt? Eine Erwiederung im 8ecländer
mich auf diese Verrautimng. Der Seeländer ist über-
ilniLiite !
So^liard Rudolf Fettchertts Ujn6 — 1855)» Regicrunj^ml. Vom
|J«fc» t|0 an tieioi^te er 4ic Abfassung der Slaatsverwaltuiij»sbenchle.
|V|i StamlmK brjiiiicber BiogTA|>bien II, sS^ ff. In einem imdAtiertcu Bricf-
[ Kkrcibc Or- Schneider an MAlhy : „Ihr Berkhi ist Äusserst mterc&^ant ;
m*ih ftk'kl efith.ittR(v ihn item Herrn Fet!»chcri]t luin^iithcileii, der
M« lÜdH |Cmti|£ vprm'utiilrni konnte, Vk'ie ein \f;inu &r> nxscU und so richtig
••• Dvrklit ^fjiinirrfit konnte^ Ex g^b alle gerügU'u Fehler ittid Müiti^cl
^ •»! kli inttAMt ikm vers(}recliiet^ ihm GcIrgeuKeit tu gehen, den statin
•< 6tT% ftiisieforüeiit lieh est fitattfiliücheo Talent keuuen tu lernen. Ich ver-
I. Momente.**
*« Am J3 iothurii die General venammlung ttalt be-
I mm ^ l<), Ko(
hon dACUnn.iii ^ni^ Lft. ^^tiniciticr *\ni Miithys Id«'e vui Neu*
28 Gustav Toblcr.
haupt meine einzige Quelle für Bemer Nachrichten, da icl
sonst kein Blatt zu lesen bekomme. "Weil nun der See»
länder in Aufdeckung allfalliger BegierungsmissgriSe ein<
grosse Schonung beobachtet. — es müsste denn gerade eil
Strassengeld im Seeland oder theueres 2^itung8porto be
treffen, so erfahre ich gar wenig davon: der sonst so auf
richtige Seeländer spricht überdies, so oft er Regierungs
handlungen berührt, in so leisen Andeutungen, dass sie den
Uneingeweihten wie Räthsel klingen.
Herr Kym') ist im Begriff nach Bern zu gehen, unc
wenn ich ihn noch im Bade antreffe, werde ich ihn bitten
diese Zeilen mitzunehmen. Ich danke Hinen für die Ein
lösung des Wechsels; die Sache ist mir schmerzlich, so of
ich daran denke; ich wusste mir aber nicht anders zu helfen
Das eidgenössische Schiessen-) hat mir auch zugesetzt
zwar nicht an der Gesundheit, aber durch fast zwei Dutzenc
Gäst^, die es mir armen Schulmeister brachte.
Montag. 7. September 1 18401
Jhiv Zusendungen hal)e ich alle richtig erhalten, und
beeile mich, Ihnen Einiges zu übersenden.
Ich l)(»ginne mit der Vierteljahr Schrift.
Dafür finden Sie hier l)eiliegen:
1. Einen halben Bogen voll fronimer Wünsche, deren
Erhörung, nach meiner Ansicht, zum Gedeihen des
Unternehmens beitnigen müsste. Der Hauptzweck
ist. mehr Mannigfaltigkeit, überhaupt auch mehr
Stoff hineinzubringen; um die vorgeschlagene Ein-
theilung zu veranschaulichen, habe ich ein Inhalts-
V(Tzeichniss für das 4. Heft projektirt und die meisten
Rubriken v(»rsorgt. Es liegen nämlich ferner bei
') Vielleicht Altj^rossrat Johann Urban Kyni von Möhlin im Frickthal
<ier am i<). November 1841 die Berncr Regierung auf seine Bohrversuche au
Salz im Kanton Aargau aufmerksam machte. Manual des Regierungsrati
86, 207.
*) Das eidgcn. Schützenfest in Solothurn vom 12. — 18. Juli 1840.
lUHllirfliy« rtrirfe an Dr. J, K. S-hiicuicr In Bt-ni (i8:J7— i1i45
% mir dÄ» 4. Hoft:
4l| Über die Scbriften von (lonzetibach und Beyel.
h) Über den Zoll- und Zebntgosetzentwiirf (letzerer
liegt uivhi bei^ würe also mity-iisenden in ilii»
ü) Üb^rsicht<Mi — süitistisclie.
PÄr dl« lotete Rubrik ^VerBcbiedenes* bfgt. uiehts bei,
8i^ kr>nnt4*ri leicht erni^t^ kurze NotizeiK sowohl über
im Inhal t^venseichtuss unter dieser Rubrik bemerkten
- ■ -- * als auch übtM' anderes, beisetzen, wenu e^ nur
11 wären,
EüitIm*! IIIUÄ9 ich noch bemerken, wenn die Vierteljahr-
idirift uach meinen Vorschliij^en re«ligirt würde, so müsste
'in Hefte das gatue Manuncript in Händen der Re-
r«*in, ehe es in den Druck gegeben wird, und «'S
ifabiftn niGht die einzelueu Aufsätze* wie sie einlangen, ge-
>*m and ge^lmekt wenlen. Die Redaction inüsate sie Euerst
««Mom, (»intheiien, sieht'en. t"ohl«*ndes ergänzen u. s. w. Lst
diiü geschehen, dann erst soll dos ganze Manuscript zum
konixnen, der aber besehlettuigt werden müSHt^. An
Lfotsteii Rubrik ^V'er^icliiedt^nes* kann man ab uiul zu
tim die reebt«^ Bogenzahl zu erlangen,
LAsven Sie mich doch Ihre Anizicht üb«*r meiue Vor-*
b(ynMi. Ich will gern au» allen Kräften »iir Aus-
sag liplfeiu Ich komme uuu zxim
XMgtsetien htu rf,
»r fwheint mir eine gute Gnmdlage, woraus sich
%iglim Modifikationen etwas machet! lässt* Jeth'id'alls
ich« sidlte derGn Rath ihn nicht wi(^d*'r ohneWeiti^res
^»« Ikch hinab schicken. **i»ndem über die (Inindlagen Be-
^Idtkiße fid^tiU, %voiiaeh dersi,*lho an den Regit^ningsraUi oil*»r
Ktimmismiiii siir Umarbeitung zurückzugeben wäre.
1 wuti j*cheint mir als Gnindlagt^ gut, weil «*r
^' "Vnhr fn*i güit, 2. weil er in der Haupt-
M beibehtih, wobei jede vexaiorisclie
30 Gu&tar Tobler.
Controle unnöthig Ist. 3. weil er sich von den Details, die
zum Vollzug gehören, frei halt, und sie der Behörde über-
lärtst, 4. weil er das Gesetz vom 1. Dezember 1836, über
Aufhebung der Privatzölle zum Vollzug bringt. Kurz, —
weil er grosse V^ortheile bringt, und die Unbequemlichkeiten
der (iränzzölle durch Einfachheit der Bestimmungen ge-
mildert werden, (durch Verzollung nach dem Gewicht, nicht
Vermehrung der Zollstätten an den Gränzen u- s. w.).
Was die Modificationen betrifft, so wären folgende die
Hau ptsächl ichsten :
1. Aufeinanderfolge der Artikel, In dem Anzüge des
Entwurl's für die Vierteljahrsschrift habe ich die Artikel in
der Ordnung folgen lassen, welche mir die natürlichste
scheint. Nämlich: a) Allgemeine Bestimmungen, b) Tarit
c) Bestimmungen, welche auf die Anwendung des Tarifs
Bezug haben, di Zollbefreiungen, e) Vollzug des Gesetzes.
2. Einzelne Modificationen,
Art. 1. „Tabakimport u. s. w.'^ — Ins Gesetz gehört
kein „w. s, fr." Die wegfallenden Abgaben sind vollständig
aufzuzälilon.
- „Im ganzen Gebiete des Cantons". — Sollte heissen:
„An (l(^n (iränzen des Cantons^. AVeim nach den Vor-
schlä^(»n d(T Herren Colin und Durheim*) Entrepota er-
riclitet \venl(»n, so wäre zu setzen: „an den Gränzen des
Cantons und in (l(»n Entrepots (Lagerliäusern)." — Der Aus-
druck „im ganzen (T(>biet<^^ passt darum nicht, weil die
imuM*n Zölle aufhören.
Art. 2. — Dali in gehört der 15. Artikel des Entwurfs,
als nati'irliehe Fortsot:Zung des ersten, indem er weitere Ab-
gabiMi aufzählt, <lie aufhcH'c^n, und andere, die stehen bleiben.
Ob man die Wi^ggelder beibehalten, (xler wie H. Colin will,
als durch dt»n Transitzoll einsetzt, aufheben will, ist nicht
von so gn)ssem Belang, dass man an einer Meinungsver-
sohietlenheit darüber das Cianze sehtutern lassen sollte.
In tlieseiu 2ttMi i ITO Artiki»! würde ich statt der Worte:
„auf so lange nieht mehr brzi^gcu werden", bis . . . ,,sind
•> IVion Vo!>ohl;i^t' bc>pr.ich M.uhy in der Vicrtel-Jahrsschrift 1840,
4. Mit'i. S. ^j \\,
sri SAMhpi Bdefc an Dr. J. R. Schneider in Beru (i857'«iS4i). 31
Bit fnspuüilii^rt*', sotsseü: „nicht mehr hezogen werden.
[EiiU^hädigiiug^fiirdf^rmigun werden uacli dem zugleich mit
MiWmi <- in Kraft tretenden G»>setz vom 1, Christ-
[iB»aiÄt Ih ligt^
Ich iM>lic* nämlich nicht ein, warum man nur SHttpen-
\Strfn will. Etwa nm die Huttwyler zu beruhigen und auf
[tbi? Zukunft zu v^ertrösten? Jedes Gesetz dauert ja ohnehin
loifbt lÄugiT» «Isi bis e5 wieder ahgeÜTidert wird. Nach der
[vttrgQidüageuen FVi8gung wäre auch der 2. Art. des Ent-
it w» nöUiig ist, aufgeuommen. alsn im Entwürfe
Art. ich Art. 5 des EntwiirfsK
Art, 4. ^<.»ieioh Art (* de« Eutwurfs).
Art, 6. iGIeich Art. 7 «Jes Etifwi^irfs).
Art 6. 7arif. lArt. 3 desj Entwurfs,
Uiuipt.*<fiche ! — Stimmt mit den Vor8chl&gen von Colin
Durhetm im Wfisentlichen überein; (Tewicht^zoll als
daran Kidlt^* man festhaken; wegen ein Paar Batzen
' öder idi uicht das Ganze verwerfen. Die Erfahrung wird
^11^ wo man zu hooli odctr zu tief gegriffen.
IHe Rdegting von Getreide und Getränkten ^elieint
dem Finanziellen noch den weitern Zweck zu haben,
I Acfcer- niid Wt^inbaueni das Gesetz angenehm zu machen,
'"^chatten vf»n Schutz gewährt. Ich wäre
,, ^_^ fi, weil diese Artikel, jetzt, wenn sie an
Paar Stationen vorbeifahren, mehr zahlen müssten aU
diesem Etitwiirf.
Aft. 7, (Gleich Art. in des EntmiriVi.
Art a |( bleich Art 11 de** Entwurfs).
Art. tl iGIeich iVrt. 8 dea Entwnrfü).
UX 1 Gleich Art 9 den Entwurfs). Hier würde ich
: ^I>er ßj^gierungsmth wird, unter Mitwirkung iU*»
'™le[»Ärtfmrnl» eino Berechnung der Transit^Stra^seidängen
W Ijiiid und zu Wasser fertigen tmd bekannt machen
Üiö« ii(t uöthig, damit die Zollbeamten gbWelifrvrmig
(nichi otner Itl, der andere 12 Stundend und
Fnhr- und Kaafleute sich danach richten können.
Bai f* - ^'' " ' li nun die I^igerhiluser (Entre-
tor »»tz öchweigt davon, scheint altwj
32 Gustav Tobler.
den Zwischenhandel nicht unter seine Obhut xa nehmen,
sondern dem Handel überlassen zu wollen, von den Gütern
des Zwischenhandels (die eine 2^it lang im Lande lagern,
theils da consumirt, theils später ausgeführt werden), den
Eingangs- und dann den Ausgangszoll zu zahlen, was sie
vielleicht wohl ertragen können. Doch ist der Zwischen-
handel bedeutend, und beide Vorschläge (Durheim und Colin»
verlangen Entrepots. Die erforderlichen Bestimmungen
wären hier einzuschalten. Man sollte sich daher hüten, die
Ijagerhausverwalter von den Kaufleuten ernennen und be-
zahlen zu lassen, wie H. Colin will. Denn diese Beamten
sollen die Kaufleute controliren (nirgends geschehen mehr
Unterschleife, als bei den Lagerhäusern). Eine Controle aus-
geübt von dem Diener gegen den Herrn, der ihn anstellt
und bezahlt — schöne Controle! — Die Regierung müsste
also die Lagerhausbeamten ernennen und bezahlen; die Kanf-
leut^ sollen für Beimtzung der Entrepots Gebühren (aber
nicht zu hohe) entrichten.
Art. 11. (Gleich Art 12 des Entwurfs).
Art. 12. ^Gleich Art. 13 des Entwurfs).
Art 13. (Gleich Art. 14 des Entwurfs). Hier wäre a) Der
Verkehr im Innern zu streichen, weil er sich von selbst
versteht, da nur Gränzzölle bleiben, die Binnenzölle auf-
hören. Dagegen glaube ich, dass noch manche Gegenstände
zollfrei sein sollten. Der Entwurf von 1838 enthält solche.
Art 14 wie im Entwurf, ebenso der Schluss.
Lih habe zwar in dem Aufsatze im 3. Heft der Viertel-
jahrsschrift ein Aufschlagsystem vorgeschlagen, aber erst in
2. Linie, wenn man mit einem Gränzzoll nicht zurecht käme.
Daher kann ich, ohne Widerspnich mit mir selbst, für diesen
stimmen. Das andere wäre vielleicht an und für sich zweck-
mässiger, aber es wäre ganz neu, und das ist in solchen
Sachen immer misslich und auch gefährlich.
Wird man^s der Tagsatzung vorlegen? — Ich glaube,
man sollte es tlmn.
Nun zu der Leutziger Zehitvorstelluny. Diese habe ich —
was den Styl betrifft, durchgesehen; weiter kann ich aber
damit nichts machon, da ich gar nicht damit einverstanden
bin. Der Ent\\^irf gibt den Zehntpflichtigen Aussicht, um
Karl MaU&>^ EHc(e ^i Dr, J. K. ScKnciiicr in Bern (i^J^-^jH^;
l&hchBti Betrag ihrer La«! loß zu werden» uiitl gibt,
Hjfthrigi} Zahlangsu«rmine< Billi^«^ hat noch kein Gesote
i\d wenn jemand .schlecht wegkönunt, «intl es
LTiL Wenn diese «ehreieu, wundre ieli tri ich
ib^r die Pdichtig^u, das begi-eift* irh nicht
Wää wolh«n die L<»inzig»'r? — Statt der Zehnten ein«?
lor, Dm Vergnügen kuunen sie nach dem Ent^
. iiui Ai habeiL Sie brauchen nur die Zinsen und Tilgung^-
[lullt) dwr lAiHkaui'ssiiuMneii auf ihr*^ Onind^tüek*^ lun-
tlatiti hab^n eie eine. Aber längstens in 2i)
n die IjtmkanfsHunirae getilgt ist, hört die
Hilf- tiiii! i*s sclifinr >ii* u'ulli^n tlipst'ün' fi*4u'r
ijjl^ii*etlt*r winl dii« Grundsteuer nur auf <lje bisher
L,^en Grundstücke gelegt* dann ist flie eine ewige
i Ztdini als Sehnld anerkannt, di** rechtliche Lage
r, die ukunomischi» nicht viel besser als bislier
f, die* Granikteuer trifft alle (Grundstücke and Gelmudi
' iun tritt ein Wrhiiltniss ein, das ich gleich
^ u Winnie* — Einstweilen nur soviel: Wenn
\imm Begebron von einer Gemeinde ausgeht, so verBicher©
1 rtueh zuvor der ljnterschrift**n aller Hauseigen-
'^ ^'^itzer «eh ntfrei**r Liegenschuften; sonst gibts
^'h 2um zahlen kommt, besonders wenn man
d^tt Zektitherm aucii tHe früheren Loskäufer schadlos
und die Kaiasterarbeiton bezahlen will.
■r ftÄgen d<*r R«*gii»ning: „Dir wollt ui»s den
f'i , ., .;.aen? Gut, aber wie wollt Ihr das Defizit
Wir wollen Euch helf€»n; wir zahlen eine C^nind-
r^ doa M 3tw»r edel, ober soUti*n wohl dergleichen An-
* n Pflichtigen ausgehn? — ^ Ueberlasse man
ing, wie sie dies machen will; ilas ist ein
|i -ie sanäeM ang^Oit und bei Erörterung <les
iiriv 3:ur Spruche kommen wird.
r "" if den dum passt nicht. Da.s Soiten-
\rk . „ . . u wäre: Fnentgeltliche Aufhebung aller
Q<Uftitten. ohne Ent-schft4liguug der Berechtigten, mit
Bukm X^kcte. 1^ Qmtk, «nd AUt num, VI. t A
34 Gustav Tobler.
Gewalt; Einfiüirung einer Grundsteuer auf alle Liegen*
Schäften und Gebäude. Das erste wird man nicht wollen;
das letztere sollten wenigstens die Pflichtigen nicht mit der
Zehntfrage in Verbindung bringen.
Kurz, indem die Leutziger den Entwurf als unklog,
ungerecht etc. verdammen imd für sich eine Grundsteuer
verlangen, bringen sie Spaltung in das Lager gleicher In-
teressen, verscherzen angebotene gute Bedingungen, schaden
sich selbst und verzögern die Sache der Zehntbefreiung.
Ich glaube, sie haben Unrecht, luid könnte noch viele Gründe
anführen. Doch Zeit und Papier gehen zu Ende.
Jnrageicässer CorreciionS'Zehyitvortrag.
Als ich gestern Ihr freundschaftliches Schreiben in be-
treff des letzten erhielt, bekam ich zugleich einen Brief von
meinem ältesten, besten Freunde, Winter von Heidelberg
(ehem. Deputierten) mit der Anzeige, dass er heut«, 7ten ;
abends in Basel eintreffen werde. Ich muss also heute
schnell nach Basel; deswegen werde ich doch den Vortrag
in der gesetzten Frist liefern. Ich versichere Sie mit grossem
Vergnügen un<l hoffentlich zur Zufriedenheit. Dann werde
ich Ihnen meinem Ansichten über den Entwurf mittheilen, j
Ich glaube, man sollte zugreifen. Einzelnes modifiziren wir
beiju Zoll.
■ Ganz einverstanden mit Ihnen, es soll etwas geschehen,
wenns auch nicht das Beste ist; eine halbe Ärndte ist besser
als gar keine. Man macht, so gut Zeit und Umstände er-
lauben. Die Erfahning wird in der Folge verbessern, was
mangelhaft.
(Staatsarchiv Bern, Korrektion des Seelandes.)
(.Trenclien, 21. September 1840.
Ich bin lange aufg«»halton worden in meinen Arbeiten
und muss nun eilen, damit vorwärts zu kommen. Um nicht
noch tMnen Tag zu verlieren, sende ich Ihnen den Vortrag
im Concept. Während des Schreibens merkte ich wohl,
KäiI Stithys Briefe an Dr. J, R» Schoeidcr in Bcra (1837 — 1842). 35
schwierig es ist, einen Vortrag zu maclieii, ^^ wenn
ftn den Beratluingen nicbt beigewolint hat; ich venuntlie,
tBS Sie nicht wenig Abänderungen daran zu machen haben
^len. Übrigens erinnerte mich das Geschäft lebhaft an
fühere Zeiten^ wo ich in derselben Saclie gar viele der-
jk^ichen gemacht habe.
Der schwierigste Punkt scheint niii* der fiinzehnfache
ferth zu sein, weil sich der OesetzesentTM.irf niclit darül>er
sspricht, ob damit eine voUstatidige Entsciiädigung gegeben
^en. soll nder nicht. Einerseits scheint fler Entwurf die
iuHchädigung als vollständig anzusehen, sonst dürfte er
Iw! Curporationen und Privaten nicht zumuthen. sich damit
b**gniigen^ sondern er müsste ihnen das Fehlende aus
itaatstnitteln zulegen. Anderseits aber sieht dae Finanz-
lepurternent in seinem Vortrage denselben als nicht voll-
lÄnihg an; ilenn es bereclinet deii Verlust des Staates auf
Iwi fünffachen Juhresertrag und bringt eine F^rniassigiing
fcr (Inindst+nier d<^s Jura in Antrag. Im ZwiMfel übrr die
Ansicht der Regiening habe ich den filnfztdm fachen Werth
fc rolhtändige Entschäiligung nachzuw*eisen versucht.
Die Berechnung des Finanzdepartements unterliegt
Ihfigeus bedeutenden Irrthümern. Sie legt den Enrag des
Katen vom letzten Jahr mit 18(>JCH) Fr. zu <Trunde, wäh-
ad der Entwurf den 21-jährigen fhindischnitt anninmit,
viel höher ist. Damit fällt die ganze Verhistrcch-
mng zitsatnmeu. Das Finanzdepartenient giebt den Zehnt-
rtmg von sechs Jahren zu 3ätKtKX> Fr., den jetzigen zu
JÖ,l)Oü Fr. an. Nimmt man den Durchsclinitt nur aus
lesen beiden Summen, so gi^^l^t es i^^OjHK) Fr, das lofache
750AXJO Fr., die Zinsen ztt 4 ''/„ 140JX)0 Fn. Ich glaube
am irren, wenn ich behaupte, dass iler löfache Wetth
21-jährigen Durchschnitts nicht kleiTier sein wird, als
20fiiche ries letztjährigen Ertrages ( iHi);UO<J Fr.j, so dass
Staat nichts verliert.
*) Betrifft den Ge^ctzesentwurf betreffend Ablöstiug der Zchitten vom
KAtijl^iüt 1840. Dieser» wie die Vortrage der Rogieritug und des Fiiianr-
tement» sind abgedruckt in der Vicrlcl-Jahrsschrift 1840, 4* Heft»
[j« ff, »I ff.
3^ Gustav Tobler.
Ich habe im Vortrag bemerkt, dass der 2QEache Werth
unter Umständen geringer sein kann als der löiache,
weil alles auf die Ausmitteluug des durchschnittlichen reinen
Jahresertrags ankommt. Das will ich dnrch ein Beispiel
erläutern.
Der durchschnittliche Rohertrag eines Zehnten sei i
lO Mütt; der Mittelpreis von Bern (welchen das Gesetz vom
22. März 1834 annimmt) 10 Fr. pro Mütt; also der Werth
des Zehnten 10X10 = 100 Fr. Davon ab fOr die Kosten
nach dem Gesetz vom 22. Dezember 1832 16 •/. = 16 Fr,,
bleibt Reinertrag 84 Fr.; diesen 15fach •-= 1260 Fr.
Nun eine andere Berechnung. Durchschnittlicher Roh*
ertrag wie oben 10 Mütt, der wahre Preis, da Zehntfr&cht»
immer wohlfeiler sind und nicht der thenre Bemermarictp
sondern die Ortspreise die richtigen sind, 8 Fr. pro Mütt^
also 8X10 = 80 Fr. Davon ab die wahren Kosten (ia
Baden 30^0, iii Hessen bis zu 55 •/o) wie in Baden mifc
30»/. = 24 Fr. Reinertrag 66 Fr. Das 20lache = 1120 Pr.
Hier ist das 20fache geringer, als oben das 15fache. Alles
kommt auf die Ausmittelung des reinen Jahresertrages an
und eben weil dieser hier zu hoch berechnet ist, halte ich
das 15fache für eine vollständige Entschädigung. Ist die
Regiemng dieser Ansicht, so braucht man den Zehnt-
herrn auch nicht mehr zu geben und die Grundsteuer
im Jura nicht zu ermässigen. Hält dagegen die Regierang
den 20fachen Werth für vollständig, so muss dem Ent- :
wurf die Bestimmung beigefügt wenlen, dass der Start
den Corporationon und Privaten das Fehlende sulege (ata)
das fünffache, wenn die Pflichtigen das 15fache bezahlen) und \
dann hat auch der Jura Anspnich auf Ermässigung der Grund- i
Ktouer um V4- «''"^^ ^"*^ iÖßJO Fr. (und nicht um 60,000 Fr^
wie (las Finanzdepart«Mnent in seinem Vortrag angiebt
Weiten» Bemerkungen zu dem Entwurf:
Art. 1. Statt ,Z(»lnitbereelitigungen'' würde ich sagen
^Zehnten-, denn nicht das Recht, sondern die Pflicht wird
abgel(')st. So heisst es auch: Loskauf der Weiddienstbar-
keiten, nicht der Weidrechte.
Den Art. 13 würde ich dem Art. 1 als Nachsatjs bei-
fügen, weil er dahin geliört.
Karl Mjitbys Briefe an Di. J. R, Schneider in Bero (tSj; — »842). 37
Zu Art 3 würde ich folgende Fassung voi\srhlagen: Dor
skauf wird bestimmt nach dem töfachen Werthe des
^rlichen Zehntertragos, welcher nach den Bestimmimgen
ß^*9etze vom 22. Dez. 1832, 22, März 1834 und 0. Mai
B37 zu berechnen ist.
Es kommen nämlich dort ausser dem Aliziig der Prozente
ch m»*hrere uöthige Bestimmungen vor, wiivon der Eiit-
iiichtJ? t;a^t, z. B. die Sehätzung, subsidiarisch, wo die
eliiiuugen nicht genügen, die Weglassiuig der zwei
iöchsten und der zwei niedrigsten Jalire aus der Durch-
hnitt^rechnung, die Best inimuii gen über dip Getreide- und
/eiupreise u, s. w. Das müsste alley in den Entwurf auf-
enommen werden, wenn man sich nicht auf die tVidieren
H^e bezieht. (In diesem Artikel ist ein Druckfehler,
litt: Daa Gesetz vom 22. November 1832 soll es heissen
om 22. Dezember.}
Der Ent^^iirf enthält nichts über die Zehnttast^^n fs.
Mae Zpfantschrift § 7\}.) Kommen vielleicht keine vor?
Bei die.ser Gelegenheit wäre es vielleicht gut. meine
Idmtschrift '1 wieiler anzuzeigen, da sie doch zur Beiir-
hniliuig der Sache nützlich ist. Es könnten einige Exem-
hlare abge^jetzt werden»
Da ich diesen Brief gleich nach Lengnau tragen muss,
liabe ich nicht mehr Zeit auf Ihr freundschaftliches
chreiben vom 15. zu antworten. Neulich war ich bei
Herrn Weingart und habe mich überzeugt, da^s c»r flie Sache
mit der Quartalschrift gar nicht cayjirt und üire Mittlieil-
llgen schwerlich berücksichtigen wird. Er sagt, wenn
j^n den Satz compendiöser mache, koste er mehr Setzer-
Dbs ist eine grosse Wahrheit. Ebenso wahr ist es
pr. das» wenn man das Papier den Abonnenten unbeilnukt
H'liickt, man allen Setzer- und Druckerlohn spart. Reden
doch mit ihm. Er glaubt auch, mit dem vierten Heft
be es Zeit bis Neujahr.
Ich sehne mich, mit limen zu reden. Sie sagen, es
le in 14 Tagen geschehen. Aber ich will Ende der
be an den Bodensee gehen. Wenn Sie es wünschen,
^ HcwjahrsblaU S, 2b.
38 Gustav Toblcr.
SO komme ich über Bern, falls ich Sie dort antreffe. Be-
nachrichtigen Sie mich nur mit einigen Zeilen.
Heute gehe ich noch an das Cirkular der Jura-Gewässer-
Sache und werde es morgen oder übermorgen in die
Druckerei befördern.
Schonen Sie doch, lieber Freund, Ihre Gresundheit und
überarbeiten Sie sich nicht. Dire Thätigkeit hat mich schon
oft in Erstaunen gesetzt, aber jetzt bekümmert sie mich.
Sie plagen sich zu viel für's Vaterland. Alles weitere
mündlich.
(Staatsarchiv Bern, Korrektion des Seelaudes).
Grenchen, 24. September 1840.
Hiebei folgen 1) das deutsche und französische Cirkular
betreffend die Generalversammlung zu Solothum vom 23. Au-
gust. Ich war gerade im Begriff, diese Piecen in die Druckerei
zu schicken, ziehe aber nun vor, Sie Ihnen zu senden, da-
mit Sie nach eigenem Ermessen darüber verfügen, und auch
weil es in Einem hingeht mit 2) den französischen Proto-
kollen von Murten und Solothum.
Mit dem Vortrage über die Zehntsache scheinen Sie zu-
frieden und das macht meiner Besorgniss ein Ende. Könnte
ich Ihnen doch einmal einen grösseren Dienst leisten; so sehr
Sie dies um mich verdient haben, so wäre doch mein Ver-
gnügen darüber darum hauptsächlich ein grosses, weil ich
Sie liebe und hochschätze als einen Ehrenmann.
In Betreff der Verlustrechiiung des Finanzdepartements
muss ich noch etwas nachtragen, was ich im letzten Brief
verg(\ssen habe. Dort hatte ich gesagt, die Berechnung
tauge nichts, weil sie auf den letzten Jahresertrag basiert
ist, während das Gesetz den 21-jährigen Durchschnitt zu
Grund legt. d(M- viel höher ausfallen werde.
Dagegen kann bemerkt werden: In den frühem . Jahren
kamen Zehnten vor, die seither abgelöst wurden, also auch
im 21-jährigen Durchschnitt nicht mehr vorkommen können.
fcui ^Utb^* Briefe an Dr. J. R. Schneider m Beru 0 85r— 1842). 39
Bf Wird alfi<i atirh mVht h^hf^r ausfallen, als dor \etzto
hu^ AjitWMfi inii divsL' iiiugtiche Kinweriduu^ isr tui-
wie: a.t au den abgelöstt-ii Zi*liiiti'U hat der Ötatit nichts
omn; 81«» kötinirrt »Iüo aiitli keint^n Posten in der Ver-
: bilden: b) die Verminderung der Z**hntgefälle
v.u.via .i,,.,..-ujig ist lii^r kleinere Tlieil ilrr Gesamtvenuin-
ilfmng. I)t*r gWiitiHen* Theil kommt von andern Urnacheu
pkhwanken dor Ge^etssgebung, Unniöglieltki^it, «lalioi die
pu und IjanUni zu spurtMi, vermehrter Widerwille uTid
H.'bli*tf, höchst w<ihlthtttigt.% aber nnzeitige Aufhebung
iNitmlzetmtt'ni. Dieg irt in iiiemer Schrift durch Zahlen
IW«it?s*»iL. Dif* Mihdenmg des Ertmgjs dureh solche Ursiicheri
KutldureJi dun 21*jtiiingen liurclischnitt idlenlings gehoberu
thd m küliu atif «las Remiltat der Liquidutiou uu-
XiU^hjft*«ii Siirn?>trtg gehe ich nacli Biel. Wiingiirt ver-
getipomt «u werden wt-gen der Vierieljahrst-brifL
nntiig rjim*hif ich uiieb »luf d*H\ Weg suK'h Ktuistunz» Viel-
Picbt tr«»fft» ich Sio am o, Oktober in Atiniu. In 14 Tagen
Mt-nL, ;. |j xaHkck za aeiiL
^.^lüiiv Bern, KurrckliL»u des ScertAncie«i.)
Karlsruhe, IH. Januar lvH4L
JSeii den drei Wochen meines Hierneins bin ich von
r*ii, GtsMjhiftfUMiY Zintungsschroibi»rei ho uiitgen<»mrnent
idi niiibt innmal uns Anspacken meiner Sachen ge-
bin. Meine Gesuudlunt, »onst 80 gtit, istt auch
«iil^grifl cn ; ich \v*m«s nicht, *)b dnrt'h das 8chh*c'htit
IVlter imIüt durch die erbiirm liehe Hufluft Mehrmals
idi die Feder angeset^tf um Ihnen zu schreiben; ich
dfr wr»g, wi?U ich fühlte, i\hh% icli keinen Brief
.. ..ngen köiuie, der so ausfiele, wie ich Ihnen zu
Hilnsche. Jinatt aber mu$iä ea genchehen. Nehmen
»bor Frmind, mit diesi*n Zeilen^ su schleicht sie aui^-
B]6g(?n« %'orlicb: ich schreibe in einem fieberbaft^«n
40 Gustav Tobler.
Ich glaube, ich habe das Heimweh nach der Schweiz, i
Warum bin ich nicht dort geboren? Wie schlftgt mir das
Herz bei den neuesten Nachrichten und wie kalt lassen mich
unsere deutschen Erbärmlichkeiten; ich will aber die gute
Sache in der Schweiz in meinem Blatte f&hren; die Censnr
geniert da nicht. Ich kann die Sache auch führen, wenn
ich so unterstützt werde, wie es von Bern aas geschehen
ist, (hirch einen Bericht vom 14ten, der in No. 17 der
Bailischen Zeitung (^Beilage) abgedruckt erscheint Der Be-
richt hat mich ausserordentlich gefreut; er hat Kohlen auf
mein nachlässiges Haupt gesammelt. Die deutschen Zei—
tungsschreiber kennen die Schweiz nicht, drucken daher*
die Artikel aus den schweizerischen Blätter aller Farberx
bunt durcheinander ab und die Leser wissen nicht, was siö
daraus machen sollen. Ich hoffe Besseres zu leisten.
Lieber Freund! Wenn diesmal die Phffen nicht aus-
gejagt werden, dann leuchtet der Schweiz kein Stern mehr.
Ich verzeihe den Beniern und Aargauem alle Sünden, wenn
sie nur diesmal reinfegen. Der Aargauische Grosse Bath hat
gut angefangen; Bern hält sich trefflich.')
Wenn ich nur mehrere Berichte bekomme, wie den
oben erwähnti^n. Der Verfasser braucht sich nicht die
Müho zu geben, sie in eine vollendete Form zu bringen. Nur
Notizen, zerstreut hingeworfen; die Form will ich ihnen
schon geben, so dass die guten Schweizer gewiss ihre Freude
daran haln^n sollen. Sehen Sie nur in No. 17 der Badischen
Zeitung, wie ich Aarau zurecht gemacht habe.
Die öffentliche Meinung geht hier mit starken Schritten
vonvärts. Die Stimmung ist gar nicht so antifranzösisch,
wie man die Blätter austrompeten lässt. Auch ist man all-
gemein, selbst bei tüchtigen Militärs der Meinung, dass
unsere Tnippen, weim es zum Treffen kommt, von den
Franzosen „meineidig** geklopft werden. Das Volk wird
am Kam])fe so lange kleinen Theil nehmen, bis es weiss,
warum ; dann allerdings werden die Franzosen heimgeschickt
werden; aber das Volk wird sich auch nicht mehr durch
leere Verspreclumgen täuschen lassen.
>) Betrifft die Aufhebung der Klöster im A.irgau.
ICarl üiMÜm Bride »a Dr. J* R. Scbncidn in Beni (tai7--iH42). 4 t
Wm^ diL* PEnffi'Ji in der Schwoiz, m fangen aiich unsere
ciInttsiBfi an, anter liberaler Masko ssii operit^-r^'n. Ho i>r-
ki»int ». B. hliT i»in Blutt, dU* i llH.'nlpntsrhM Zeititng. tvdi'
von üiehne*s welclies Franzosoiiljass» Deutschlands
^t und hMürisfhe Frt^iheit predigt Die (Haider dazu
ii«fT Hid*i*r» olii*miilH BaliquiMf des Don Curlds; der
im iüt Herr von Blitterndorl badij^cher Minister
ti^en Ajigelegeuheiten. Die wahre Tendenz bt
iliik«r der Herrs*chaft des Absolut isinus». Die ersten
'^ Wien, flann tont Berlin; ganz hinten
^ I dJM MMdiatUining der Fürsten zu Gun^t-en
Uitutiii^n Mtichte gleiclisinn in dieser Obenleu tsehen
teitittig dchon anticipirt» Prinzen und (trafen» Adel und
t*n filllen ihre 8i)alt4Mi. Ural manche Ijeute nind auch
tlnmio tmd halten e« für liberal* Der R«Mlaktor,
noch vorigei* Jahr in der deutsehen Vierteljahr-
Ruj^sluiul bekam {ifu% ist jetzt fiir Geld anderer Mei-
ng geworden und bdirt dit* Deutschen, daas sie von Rusä-
iiidii# ztt fttrehten hätten. Wenn Sie von diesen
:iuch macJien wnllen. so tun Hie es ja lücli'
H lUft eini«r Mittheilung ans hiesiger Stadt: nehnirii
»ipzig od»»r Frank fun,
I>i** ji'txig«*» Wirrten in der Schweiz wcnleii hoffentlich
' fen idn Ziel «etzen und den National-
iie man bei dipser (letegr^nheit einen
BOfli Ifir dir» BundoHrefonu macbt^ti?
rhi8 Band, von weichem ich in nietnetn letzten Briefe
i, hnt «ich nun von *ielbst gegeben; ich nUeinerj^^eit«)
mit wanner FnninilHchaft^ mit Achittmg) imd Dank-
il die V^rliindung unterhalten; auch brauche ich, nach
<^fiiallent«n Beweise, nicht uiehr um da« Gleiche zu
I^ben Si«« m^UI, lieber Frmuid; empfehlen Sie mich
|l*»rni F n und den Bekannten, die sich meiner
utiffTii. .-. * .i*hi Sie ja nicht an di^r ünwand^tlbarkeit
Gpstnnttng. Verfugon Sie über mich» wenn ich
in irg^^nd ftwaH dienen kann. Viele Empfehlungen
■^r%ljl«il ^. 4!^. Xntr >o
4^
Gu^tAv Tobl»
von meiner Frau und mir »u Hire Gattin* Tausend Oriisse
an Weiiigartt an den ich nicht zu sclireibeu wage, weil icJi
mich aus NacliUlsj^igkeit und Tergesslichkeit im Drange
der tU^i söge sc hafte, nicht absichtlich* schwer an ihm ver-
siindigt habe.
In Hiirmover brennt das Königsschh:)äs. Wanim?
weiss joan nicht.
ktte I
der I
28. Jantiar 1841.
Schon lange bevor ich Ihren lieben Brief erhielte hatte
ich mir die Nummern der allgemeinen Ztutang, worin der
Aufsatz ^Deutschland und rlie Schweiz'^ enthahen ist,
reeht gelegt um dem Verfasser tüchtig auf die Finger
klnjifen, Nnii aber auf Diren Brief hin^ habe ich es sofort
gethtui und nmrgeu wirt! in einer beHonderim BeiUige unserer
Zeitung eint* ^Beleuchtung" erscheinen, an der Sie Wohl-
gefallen haben wenlenj) Sie sind viel zu mihi in Ihrem
Urtheil ül»er den Hallunken; ich .spreclie in einem ganz
antlern Tone mit ihm und hebe ihm den Deckel von seinem
schmutzige]! Hafen, Da ich nicht weiss, ob Sie die Badische
Zeitung lesen^ so werde ich LIithmi die Nummern schicken.
Um den Verfasser aus seint'm Versteck zu treiben, unter-
schreibe ich meinen Namen und fordere ihn aul\ ein Gleiches
zu thuiK Thut er es nichts Sf» i>rkläre ich ihn öffentlich
für einen ehrlosen Wicht. Ich vermuthe mit mehr als
Wahrscheinlichkeit, dass es der nändicdie Friedrich Giehne
ist, der die 01>erdentsche Zeitung schreibt und an Cotta für
die Vierteljahrschrift und die allgemeine Zt^itung Aufsätze
liefert. In meinem vorigen Briefe htdie ich Ihnen von dem
ln<lividimia gesprochen. In dem Aiilsutz ist ganz sein Styl,
fiind seine Wendungen und Ausdrücke, seine Aufgeblasen-
heit und sein leerer Dünkel. Der Kerl hat seine Feder
verkauft, aber diesmal kommt er schlecht weg.
Ich betrachte mich hier gleichsam als den Vertheidiger
der liberalen Schweiz in Deutschland, des Landes, zn dem
*) Ebenda S. 28 — ^2 Ui die „Bcleucbtung** voUiobaltlich abgedruckt.
Lii JkUilky« Bride 4» t>r« J. H. Sdincklcr iu Bern (lij^— 1^42
:). 4.?
Harz mich mit jed^m Tage umso ütärkur ziefit, je
iUiaftHr mir dk» hii-Jüsigen Zastäntlt» uml Vt^rJiältiiisse er-
^T ■ ' '1 !it meine ^Beleuchtung^ dos Schmäh-
I' ken und erwartcM»^ oh er die Druck-
obnm i»riht»ilt? Stmcht er mir aher nur ein Wort, so
Ifende ich dm Manuskript Ihnen mit der Bitte, eö in Born
[mit ih?f Bemerkutig drucken zu bumsen, tlass es von der
[bHdiw'hffn Coniünr gestrichen word<3n.
Ana ledet Nummer meines Blattee kömien Sie Beben,
U> uh di«* Schweiz verfeehie. Die andern Blätter his nach
iHftßibiij-g hin, drucken i?ie ab und so halten wir den Jesuiten-
lorgnnyii dii» Wage, dem Fränkischen Kourier namentlich,
[in Wrichrm JHzi dii? Korrospondenten der „Schildwache***)
OKt speien.
WVun nur dii* Berner Regierung diesmal festhält und
mit^chiedene Handeln der Aargauor unterstützt Auf
' M eine geiuesaeue aber feste Erwiedening. Die
.. i.,.-^ u g!i.^cHig ZU thun; ^ie werden die Schweiz gehen
ikttMi, ^eun «ie keine Furcht eehen. Den Sanier n tüchtig
I die Mküimng genagt, nur keine Halbheit, nur kein Wanken!
t d*tr Augenblick, wo die Schweiz 50 Jahre vonväi"t^
'»Jahre rückwärts kommen kuun, jf^ nachdem der
[Von^rt fich fest oder verzagt benimmt
liabe mir ssom (Grundsatz gcMuncht, durchaus nichts
' ' rle© zu sagen, die Nachrichten mögen lauten»
ti; ej sollt** mir leid thun, wenn ich dies Prinzip
i«i«i That^ichen gi-*geuüber aufgeben müsste. Die letzten
w ' '* «lit» niir Hohr willkommen waren, habe
itk _ - sii^ ein Wiidt fiir Bera^ aber keine Ab-
IkÄlilttö^ der Preilieit«freunde «ind. Solche Berichte sind
«ir in Werthe; wenn man mich nur damit nicht
MÄ ^ '-'h wehn^ mich redlich für die liberal©
im
ilwi V<n*i»9»augirfreund halte ich, aber iöt er denn nicht
balli ofSKioUV Er hat micli zweimal angeführt mit
hildwacbc ^m Jum", katbolUcli'konservntives Or^^ui, en^chicn
•i><4o iu Soliithufu,
war Hern.
•J'-r Srlj]ie>iiirig lief r»^tormi»'n»^n Kin^he und mit der Sab-
sj»-rr':'. Möglichst»? Entlaming tler Umtriebe der Jesaiten,
<l*-r Saruer und ilirer Klicke, das ist gilt, um unserem Pub-
likum d\^ Augti-n zu üftnen.
L.li bin fortwährend unwohl und es wird immer
»f ijjj:iirn*-r: WHnn's so fon g^ht. reise ich auf einen Tag
Mi/h Aarau — Bern ist ^n weit - -. damit ich wieder Men-
-'iiv'i ^rh^ und Luft athme. Ein Arzt hat mir gesagt^ ich
•.v'ii'l- »'in liall»e"^ .Jahr zu leiilrn haben, bis ich wieder accli-
:::aTi^i':'n wär•^ I ^^r Teufel hol' das Klima: in der Schweiz
■.v;i; i<h iniHJ'-r g.*sund. selbst damals, wo mich der Bär in
•>-:; Klau-n hatt«*. auf dess«.Mi zottiges Haupt ich feurige
K'»j'":i zu sanini^i-ln bemüht bin.
Viv'l»- Enijif«*hiungpn Hi*rrn Fetscherin und den Herren
>.':'•]]' und Si.'lit'npfeiffer.
Karlsnihe. 5. Febnmr 1841.
Ii:i'ik»n Sie dncli tirm. den es angt^ht, für seine schnellen,
>• fi;>i/.!»ar«'n Mittli«'ilung»*n. die niit-h in den Stand setzen,
'i« !j iii»-ig»Mi .b'-iiiittMi- und Absolmisii*n-()rganen ihre Lügen-
\)> ]\(\i\ii :ms ili-r Schw.'iz ins nnliti' Lieht zu stellen. &
M'in niicli. «lass iilmh»- „B»d«'uclitung~ in Bern gt »f allen W-
luj'l i<li wiMixliti- nur. 'Ijhs man auf dem LiMSt") die JiaJiscbe
Z«'itiihg ;iii-cli;itft«-. - nicht um i.*in Abonnement mehr z^
li;ili'-ri. -«»ini»M-ii nur. diimit man si«» dort lese. — Sie be-
.-'ir;'. n. i<li «^«i 7M \v«*it grgaiigrnl (xorade das GegentUeil
i-i rr,. in«. Mi'iiMing: i<h lial>«' nni*li iMne bessere I-Ädung i^
\, *■})', ihmI w.-i«!'- ^ir ln-lji<>«'n. wio der Bursche orwiedert.
\\«!i:i nm- '{']*• Srliw.M/.Tjirrss«* Xotiz nimmt von dem Aui-
;!i/.. . Si-i il. I V'.TtMS'Mi- w.T «T will, das ist mir gleich?
h li ;'I;i'iIm- ;il..r'. nh ii:iln' n'clit g«M'at.lh'n. Er ist ein go-
'i'ii.;" i!«"f \' • 'I' I - li;iiifiit I
'■ V> I ;i' :i • il i>>;| rioti'-^nr :in »1er riiivcrsitUt.
". I>'i !•■■ »•! ". .\ I'- «1 lim ,j.:itcr lUMint, m.v^ eine Vereiniguug von
ii< .Mn«. ;- .| .|.,-,i,. ti, :'. w I II M 111, ili.r im (.'.ifo l)ci der altcii Post an der
K i.i im;.|.i . » /ii. .iriiiii' lil .lim li.
rl >Utli)'f Brittb an Dr J. R» Schneider in liern (i857-«i$42K 45
iJher die walir^ Stimmung der Deutscheii t^rfährt mau
oh tlit? Pn-ase nichU, etmnso wenig iiber die Ahsicht-en
•-^müchte, i>8U'rn>ieh und Preusson wollen nicht
rfti^ten ; ii:li kann Ihnen aher au** guter Quelle fol-
^ndi^ mttüieilun: Prcmssisii soll mit Metteniich daliiti über-
ittit^n nein, dasö dtm öst^MTeichkchon Posttilaton-
'-T Schfiilrleih etwa« gelüftet und ihnen, wie clf»n
I*r«*ii ProviiiatiaUancItjignn einige Enii*iteningen ihrer
cfti|pin;i«e o<ler njugeiiftiinton Roehto gnädigst güstöttet
Ml MilL Dagegen HtilJen die Verfassungen der contiti-
Eiellen deut**eht»n Staat.i»n dahin jiKiiühzirt werdi«n, dass
joof*!! gloich komineu und in solcher Weise eine herr-
kifj Einheit in Deutüehland hergestellt werde. Sobald diö
nK*an) Rhein steht, wird rnan, unier gelieinierZnritininnmg
pUMlwitr Philipps Ahidiches von Frankreich verlangen» wo
Krieg 1 So steht es^ und die Schweiz gehört mit
PIau; sie soll deutsch werden, wie e« jene
|Vi>j, Absolutismus in der allgemeinen Zeitung
|ttn4 audeni Organen aiiütnmipeteu. Wundern Sie sich da-
f über Neuenburg» Es ist der Vorposten der Dipln*
.iid Preii&äen hat mit Rom Frieden geschlossen, weil
N die Pfaffen braucht. Aber ein grosser Strich wird, so
|<"»tt irill, d«T HirojiÄiÄchen Reaktion durcti ihre Rechnung
^^ ^ * I, So gan^ von ("tott verlassen werdetj die
Sil, dasH tiie nichts st»bald die Maske fällt, den
forvtlrln. Auf die StdiweiÄ kommt Jetzt viel an» Eine
UV ' , aber fe^te Haltung der Bundesregiening,
. ^ der tfefahr durch dit* Presse, aber in ge-
Ton. ohne SchimpferLM» dies kann viel Indien.
at OS Äum Kampfe, m w&ro die Einigkeit die B« -
Dg d«s Siege«. O Eidgenossen, wäret ihr eini(f\
^>ocK waat auch die Plane der grossen Reaktion sein
iw wird ihnen g^hen^ wi© es ihnen mit 25 Jahren
i n i«u Beim V^orrficken merken sie die
If * «ie fühlen den Boilen nnt^^r ihren Ftlssen
iien ein, da^is fiie es nicht ohne Gefahr aufs
ne imben ilürfen. Ef» ent8t<^ht hier eine neue Frage.
an allen Ecken neue Schwierig-
die Proussen sauren. al>»T es jeht
4^ Gustav Tobler.
nich; tlanim, lieber Fnnind, uiir Marlit uur nicht vt^rzagt
St<?ht niliig und f^st auf Euerin historischen Boden der Fiei-
heit und des Rt^chtä, die Vors«?hung hats anders vor mit
de^n Menschen, als die Machthaber!
Hier wimmelts von Rekruten: es w-ird nk^end exercirt;
bis 1. März rücken noch 4585 Mann» durch ansaerordeiit-
Hch^ K*»nskri{ition uns friüieren Jahrgängen ausgehoben
<von 1837 au)» unter die Falmen. B*n den Aushebungen
hat's böse Auftritte gegeben. In Waldshut habeji sie den
itniaun Imll) tötlt gt'sddagen. An einem andern Amt*-
>rt im Oberland bektun der Militärarzt Prügel und der
Inspektionöoffizier musste unter Gendarmeriebedeckung fort-
ge})mcht werden. Davon liest man freilich nichts in unseni
Zeitungen.
Für mich, lieber Freund^ haben Sie keine Sorge. Fort^
jagen können mich die „Herrn** nicht^ packen auch nicht*
Hassen mögen Sin mich, das ist mir recht; ich wDl keine
Freundschaft von den SchlecliteiL — Gern würde ich in
der Schweiz leben; gern um eine Flinte bitten, uro ©inen
Platz in den Reihen der Landwehr, wenn's gilt für die
Freiheit zu kämpfen. Der roheste Schweizerbauer, in dcisisen
Rohheit noch Kmft., in dessen Fehlern Natur, ist mir lieber,
als dieses hiesige höfliche, gestriegelte Hundepack. Ich
glauhte, als ich in der Schweiz lebte, nicht, dass ich mic
je wieder über diese Erl)ärnilichkeit so ärgern könnk*.
Karlsnihe, 22. Februar 1841
Vor kui^em ist aus dem Badischen Kabinet ein Cirkular
an sämtliche Amter erlassen worden, worin es heisst: man
habe mit Wnlilgi-faUen bemerkt, wie bei den letjsten Aus-
hebungen die Leute sich bereitwillig eingefunden und sogar
Vieh^ freiwillig in Dienst getreten seien, iVr kriegerische
Geist der jungen Mannschaft sei auch höchsten Orts
Vergnügen aufgeiiommen worden, iloch wünsche man» da
von dem Cirkular nichts in den öffentlichen Blättern
sprochen werde. — Da haben Sie den Geist der hiesig
Erbärmlichkeit. Man ist fi*üh über das kriegerische Fet
fCMl MAthys Briefe m Dt. J. R. Schneider in Bern 11837^1842^ 47
libör die Fraiizos?en sollen ja nichts davon hören, sie
könnten sonst böse werch^iu Mit der Kriegelust selbst ist
*}g aber nicht weit her; sie lieschiiiukt sich auf giiv wenige
und tiolbst von diesen 'W.nirdtin die meisten lieber gegen die
Bwüsen als gßgen die Franzosen niarschiren. Die Lasten
dtir Rüstungen langen schon au, unsere armen Stäätlein in
(WdverlegenJieit zu bringen. Die Grossh, hessische Regiernng
euclit Lo^KlXMKJ fl. zn Ixdvoninien und unsere Kaniniern
rwftrden im April mit ähnlichen Projekten beglückt werden.
{Der berste Barometer fili* das stille Kriegsfeuer sind die
[EinsTandKgelder. welche von 4<H> auf mehr als lUM* fl. ge-
lstiegen sind; daher kommt es auch, dass so viele junge
I Leute ^von Bildung'* diesmal zur Muskete greifen, was als
[Kripgslust gepriesen wrd. aber lediglich darin s*_nnen Grund
Ihai, dass die Bildung hier häufiger ist, ah KKM> fl> fi'ir einen
[Einsteher. Das Volk wird nur dann am Kriege theilnehniei^
l'Weijn es eine Verbesserung seiner Zustände zu erkämpfen
[lieht^ soruit nicht. Fängt man aber an. die F'riordernisse
iJer Einheit in Nationalität im Innern zn entwickeln^ den
gegenwärtigen Rechtsr?i zustand mit dem frühern zu ver-
gleichen^ die zur germanischen Nationalitüt gehörenden
gt*rmanischen Rechte aufzuzählen, vor der (rehdir von Gsten
in warnen — husch kommt die Censur und streicht, ich
hähf» e^ erfahren — dumm genug. Die Regierung bleibt
J;idurch über die Stimmung des Volkes im Dunkeln und
rird nur um B^^ auffallender enttäuscht werden. Man scheint
^och an den Krieg zu glauben; dafür spricht unter an(h_^rm
äer Umstand, den ich erfahren habe^ dass im hiesigen Schloss
Silberzeug und Gegenstände von Werth gepackt werden.
%n ßieht nicht nur den Schwalben, so uf lern auch den Roth-
im Frühjahr entgegen.
Unlängst habe ich aus Bern eine sehr dankenswerthe
[ittheilung in Betreff der östeiTeichischen Note erhalten.')
5war hat die Censur aus den daran geknü|d"ten Betrachtungen
ie Hinweisung auf das in einem Karmeliterkloster zu
^ien aufgefundene Geld weggestrichen; allein es ist doch
*) Note des Grafen Born bell es vom 8. Februar 1841, dem Vorort Berti
erreicbl. TiUicr, Geschichte der Eid^eoos^nschaft während der Zeit des
gehei&senet] Fortschritts II, 105.
48 Gustav Toblcr.
genug stehen geblieben, um grosses Aufsehen zu erregen.
Überhaupt tragen diese Mittheihmgen viel dazu bei, den
Lf^uten über die Schweizer Verhältnisse die Augeu zu öffnen.
•Ei. wenn es so aussieht, da haben die Schweizer ganz
recht : das hat man uns bisher nicht gesagt; die verdammten
Lügenblätter!- Solche Aussenmgen und ähnliche sind mir
schon viele zu Ohren gekommen, ja es hat mir ein hiesiger
Bürger «une werthvoUe silberne Medaille, die zu Ehren des
Frie<lenschlusses zu Baden im Aargau geschlagen wurde,
zur Anerkeniumg meiner Bemühungen, die Sache der
Schweiz ins rechte Licht zu stellen, geschenkt und konnte
dabei vor Rühning kaum sprechen. Dem Korrespondenten,
der so gütig ist. mich zu unterstützen, gebührt sein Theil
an dieser Anerkennung und ich lasse ihn dringend bitten,
mir ferner behilflich zu sein, besonders bei der ausserordent-
lichen Tagsatzung, den Grossrathsbeschlüssen u. s. w. Die
Betrachtungen zur Note waren trefflich und haben sehr viel
und gut g«*wirkt. Den Censor habe ich wegen des Striches
und wegen eines andern, Avodurch er mir die Rechtfertigung
des Schultheiß Xeuhans gegen Verleumdungen in der All-
gemeinen Zeitung verstümmelte, beim Ministerium verklagt,
als Jesuiten und Beschützer der Pfaffen. Seither ist er
etwas besser geworden; ich hoffe, einen andern zu be-
kommen, sowie <lie Druckerlaubniss für die gestrichene Stelle,
die ich dann bringen werde. Der verehrliche Korrespon-
dent') darf über seine Briefe ganz benihigt sein; ein ge-
branntes Kind scheut das Feuer, wirft aber eben deswegen
die Briefe hinein.
Der Vorort hält sich bis <lato trefflich. Wie geht es mit
der Note? Man wird wohl die Antwort von Aarau abwarten?
Meine gute Mutt(»r ist am 15. in Waldshut gestorben.
Eine ihrer letzten Freuden war die Nachricht, dass mir die
(rrenchener Sekundarschüh^r (Mne silberne Dose zum An-
(hMiken geschickt haben. - Meine Sehnsucht nach der
Schweiz wird mit jedem Frühlingssounenblick stärker und
ich werde mir nicht anders helfen können, als dass ich auf
einen Tag nach Aarau reise.
In Solüthurn ist's gut gegangen.
M Dieser ist selbstverständlich Dr. Schneider selber.
fAfRyS
(t»37_i»4i). 49
Karlsruhe^ 17. März 1841.
Moin 34- (xeliurtstttg. Eheu fngaces !
Mitti-»u iii dns iTewühl der ge^item ernäfneteii Tagsatziing
Jude ich Iliüen meinen GlückwiuiSLdi zo Ihrer trefflich*^ ii
le über die aargauischen und andern Eulenneskn\ Ich
lese ini Yerfassmigsfreund. dass Sie den Nagel auf den Kopf
retroffen und heute erhalte ich eine schätzenswerthe Mit-
[theilung darüber, die ich zu benutzen mich beeile.*) Man
>llte jetzt in der Schweiz die C4eschichtB von der Theikmg
^olens als Volks- und Scliulbuch l>earbeiten, auch in Ka-
lendern und auf alle njögiicho Weise in die Hände des
Talks zu bringen suchen. Lord Broughains Schrift: ^ Polen"
[könnte als Grundlage für Gei.st und Richtung dienen.*) Es
hst hier wie dort die nämliche Geschichte^ das gleiche Spieh
11 Polen die Conföderation von Targowicz, in der Scliweiz
iie Sanier, vom Ausland unterstützt In Polen wie in der
chweiz das Veto von der Fremden partoi verlangt und ver-
ktheidigt^ um die Anarchie zu vereinigen; in Polen die
si^lenten, in der Schweiz die Klöster vom Ausland in
[RchutÄ genommen. Hier wie dort die mündlichen und
Ischriftiichen Freundschaftsversicheningen, Bethourung der
[Achtung vor Neutralität, Selbständigkeit. Unabhängigkeit,
[Integrität vl s. w., die nämliche Heuehelei, die nämlichen
[Schurkenpläne. Es lassen sieh noch eine Menge Parallelen
fliehen, aber eine wird fehlen — die Ähnlicltkeit der Re-
soltate. Die Schweizer sind nicht so kindisch naiv und
Lniclit so unbändig ungehorsam gfigen das Gesetz» wie die
jlen; sie besitzen ein instinktmassiges Misstranen, welches
[hier gut angewendet ist; <lie öffentliche Meinung ist in
[Ecm)|ia eine Macht geworden, die äich nicht mehr unge-
Ittiftft verhöhnen läjsst. Nur keine Transaktion mit den
'J Ver£kS&t)og$(rciiiid vom ij, März. Schneider hielt die Rede am
t|. Mirt im Grossen Rate.
*) Auf diese Anregung Mathys hin erschien dann in den Jahrgängen
1W47 und 1843 der „Volks- Bibliothek" nach Broughams Werk eine ausfubr-
♦id^e Darstellung von „Polens Vcrtall und Untergang. Allen Schweizern zur
Lehr und Warnung dargestellt/'
a»]cr Zeit«clif. r. Gesch. und Altertum. VI. 1, 4
50 Gustav TobUr.
Pfaffen. Bern fest bei Aargau; es geht wohl besser, als
sie dachten. Wie lässt sich die Tagsatznng an?
Vor einiger Zeit schrieb ich Ihnen von einem Pl&nchen
zur Einheit und Uniformität Deutschlands. Jetzt haben Sie
den ersten Akt in den Zeitungen gelesen. Den preussischen
Provinziallandtagen ist der Schnürleib ein wenig gelüftet
Und welcher Jubel unter dem gimpelhaften Pablikom! Bald
wird Österreich seinen Postulatenlandtagen auch etwas
tibriges thun. Dann werden unsere liberalen Esel vor
Freude wahnsinnig. Wenn dann der dritte Akt kommt,
die Verstümmelung der Konstitutionen, oder wie man sich
jetzt, um den Leuten Sand in die Augen zu streuen aus-
drückt: die Ausbildung eines acht deutschen Stftndewesens,
statt der den Franzosen nachgeäfften Beprftsentativ-Ver-
fassungen, dann werden den Gimpeln die Augen aud^hen.
Es ist aber noch sehr die Frage, ob man den dritten
Akt 80 bald aufzuführen wagen wird. Die Preussen, nament-
lich die Ostpreussen, entwickeln eine so entschiedene und
kräftige Gesinnung, dass alles darob verwundert ist Die
deutschen Grossmächte, da sie nun sehen, was für ein Spiel
England und Eussland im Orient treiben, nähern sich dem
französischen Kabinet; die Truppenaufstellung am Rhein
wird vor der Hand unterbleiben, die Rüstungen werden
auch hier schläfriger betrieben. Amerika und der Orient
sind schuld, dass man die deutschen Uniformitfttsprojekte
vertagen muss und dies wird auch der Schweiz zu gut
kommen. Oh St. (Tallen! Wenn nur Baimigartner auf der
Tagsatzung tüchtig herunter gemacht wird! Ghrüssen Sie
mir die Aargauer und Solothumer Gesandten, Keller, Wie-
land, Munzinger. Bninner.^)
Der Grosse RatK hat endlich ein Zollgesetz zu Stande
g(3bracht.*) Glück zu. Wird'S denn bald auch zu einem
Zehntgesotz kommen? Da hat sich freilich die Gesetzgebung
1) (t;i1Iiis Jakob Baumgartner von St. GalleD. Angustin Keller tod
Aarau. Dr. J. Wicland von Aaraii. Joseph Munzinger von Solothom. Frau
Brunncr von Solothurn.
') Der Grosse Rat nahm in der Februar- und Märzsitzuug die beiden
Entwürfe über ein Zoll- und Ohmgcldgcsetz an.
cm (1 837— 18
lorrh ihr^ halben Massregeln seit 1832 vergaloppirt imd in
lini* soliwierigG Lago gebraeht
Mir uiLserer Zeitung g«:*ht es nicht üliel. Allein An-
dioin nach werden aiif den L April ziemlich Alinnuenten
igeht'u, ich hoffe, auch einige aus der Schweiz. Unsere
littlieihmgen von dort sind nicht ohne Wirkung geblieben
ad ich werde die dortigen Zustände noch l»esser behan-
leln tind in ein der Freiheit günstiges Licht stellen. —
)ie Bemerkung wegen Übertretung der Kompetenz von
iiteij des VnroiiiS war ja nur als Vormuthung der Redaktion
icht als Korrespondenz aus Bern gegeben unrl ic!i ver-
Bichere Sie, dass sie liier nichts geschadet lint. — Der ^8yn-
|dicuä, von Genf^ ist aus einem Feuilleton des Siecle übersetzt
id macht keinen Anspruch auf histori selten Boden ^ wohl aber
lof die innere Wahrheit, dass ein repiiljlikanischer Bürger
besser ist» als ein adeliger Höfling. Dies sollte dem hiesigen
jblikum in gefälliger Form vorgetragen werden. Ich bitte,
Sie dies Herrn Rilliet-Constant *) mit meiner höf-
iiciieu Em|>fehhing.
Nun habe ich noch etwas auf dem Herzen. Es lebt
;eiiwärtig ein politischer Flüchtling aus Mainz, Klaup-
techt^), der wegen einer Broschüre gegen Preussen flüchten
ttiosste. Er ist ein körperlich gebrechlicher, harmloser
lenseli und gehört einer sehr guten Familie an. Ein Ver-
lirandter ist als liberaler hessischer Deputierter bekannt,
ein Bruder ist hier Forstrath und Ynrstand der Forstfach-
ischnle am polytechnischen Institut, durch gleiche (lesinnung
ad Überzeugung mein Freund,*) Dieser sagte mir, dass
[die Bemer Regiening seinen Bmder anfangs gar nicht
[dulden und jetzt auf Verwenden von Landsleuten unter den
^Professoren ihm gegen Caution von HCCi L. den Aufenthalt
gestatten wolle. Das Geld bekömmt er^ denn die Familie
*| Fredcric-Jacques- Louis RjUict-de Coii&tant (I7')4 — 18$6) von Genf.
Vgl. W. Oech^sli, GcÄchicUtc der Gründung des vldg, rolytccbnikums (11)05),
Sw 46« fuit der dort itngegebeneii Literahir.
^ Über diesen IrLinti war in den bertiiscben Akten nichts /.vi fintlcii.
f) Dieser, Df. J. Ludwig Klaiiprccht, liattc sich ;im 10, Juoi 1834 für
elft» ProfÄiur an der zu ürhchlcndcii Berner Universität angemeldet. Archiv
der Erxich«ng«direktion. Akten Universität 1834.
^2 Gustav Tobler.
ist sehr wohlhabend, und es wird dem Flüchtling nie an
dritteln f«»hlen. Aber ich mnss * gestehen, dass ich mich in
einiger Verlegenheit befand, auf die Frage: wie es mit dem
Asyl in der Schweiz stehe? zu antworten. Ich bemerkte
übrigens, <lie Schweiz sei durch Flüchtlinge schon so oft
in Unannehmlichkeiten gekommen, dass man es den Begie-
rungen nicht übelnehmen könne, wenn sie vorsichtig ver-
faliren. Ich gebe Ihnen diese Notizen für den Fall, dass
im Regieningsrath von diesem Klauprecht die Rede wäre
und versichere Sie, dass er ein unbedeutender Mensch ist^
wi»lcher dem Kanton Bern in keiner Weise zur Last fallen
winl. Doch wünschte ich, er möchte seiner grossen, ge-
achteten und wohlhabenden Familie nur gutes zu berichten
haben, wie ich alles wünsche, was in Deutschland eine gute
Meinung von der Schweiz befördern kann.
LielxT Fnnmd, vergessen Sie mich nicht während der
Tagsatzung und bitten Sie in meinem Namen Ihren Vetter
oder (»inen andern Freund, nur kurze Mittheilungen über
wichtige Beschlüsse, möglichst schnell, auch Blatter, die
Beinerk(»nswerthes enthalten, unter Kreuzband mir zuzu-
senden. Die Mühe ist gut angewendet und ich werde mich
Htet^ zu Dank und bereitwilliger Gegenleistung verpflichtet
füll Um 1.
D(»r letzte Bericht über die Berner Staatsverwaltung
circulirt bei unsern Finanzmännern, die sich nicht wenig
di(» Augen reiben über das Ausgabebudget. Was! Keine
Civillisti», keine Pensionen und es geht doch! Bemerken
Sie gefälligst, sagte ich zu einem Staatsrath und einem
Prälaten, dass Bern 3C)7o seiner (resammtausgaben für Kirche
und Schule und eben so viel für Strassen und andere öffent-
liche Bauten verwendet! ^Ei das ist ja recht schön,** war
die verzwickte Antwort.
Ei Kasthofer! Der könnte Hofrath und Professor werden,
80 unpraktisch ist er. V)
*) Im Regicriingsratc nahm Kasthofer als der Einzige die Partei gegen
die aargauische Regierung. Er vertrat diesen Standpunkt auch im Grossen
Rate. Verfassungsfreund vom 23. Februar und 13. März 1841.
Karl Matliys Briefe m Dr. J, R. Sdindacr in Bern {1857—1842), S3
Karlsruhe, 14. Juli 184 L
Soifc Mitt43 April, wo unsere L^indstände zusmniiion-
^?tJ» war ich so übermässig beschäftigt, dsss ich köiiin
iar Besinnung kam. Mein Mitürbeiter, der ohnehin nichts
iteU\ war schon anx 1, April iiu.sgetreteri utid so big nicht
die tiiglich er8ch»>iiiende Zeitung, sondern os lügen
h die Ijandtugsvorhaudlungen ganz allein auf mir. Dazu
imen noch etliche Unterrichtsstuiideti, die ich, zur Sehiil-
sterei, wie scheint, ewig verdammt, au Söline von
Enden ertheile^ die mich s(j lange plagteo, bis ich ^ja"
. Hierdurch will ich mein langes Schweigen nur er-
n . nicht entschuldigen. Ich hätte Ihnen allerdings
schreiben sollen, lieber Fn:'Und, und wäre jedesmal^ so oft
ich an Sie dachte, mir VorwHirfe machte und den festen
Bbr^at^ dazu lasste^ ein Brief fertig gewesen, Sie hätten
Pbn genug erhalten. Indessen Ilu* letztes fremidschaft-
liches Schreiben musste den Vorsatz zur That bringen,
sontit wäre ich ja in der That sträflich nachlässig. Seit kurzem
ich auch wieder tdnen Mitarbeiter^ dt^r mir ordentlich
Hand gidit.
Dire Briefe, verehrter Freund, habe ich richtig erhalten;
ISO die Mittheihiiigen aus Bern, die alle erschienen sind,
die letzte wegen der schmutzigen Forderung von 28 fl.
grossen unentgeltlichen Ijeistnngen Berns gegenüben
Di«^ Badische Zeitung hat durch ihre Mittheihmgen
der Schweiz selir giinstig auf die öffentliche Meinung
,JB I^eutschland gewirkt, w^ie mir dies von vielen Seiten und
Hlrnst Munch <iler ja Lm Pfaffen | um kt st,ets gut war)
kuj*z vor seinem Tode versichert wurde.'» Die An-
iten gestallen sich schon darum besser für die Cultur-
pressen der Schweiz, weil die deutschen Kegierungen
st van den Pfaffen täglich mehr geniert werden.
Ho weit war icli vor einigen Tagen gekominen. Seit^
habe ich allerhand ausgestanden. Mein Freund, Buch-
Iter Oroos, welcher die Badische — jetzt Nationalzeitung
mdet« ist am Nerven lieber gestorben. Während seiner
f^ I>er HtÄtorikcr Rmsl HcrmTinn Joseph Münch von Rheinfeldeo
hM *'- - * H,,i Ailg. D. Biogr. XXIt, 717.
54 Gustav Tobler.
12tägigen Krankheit war ich viel bei ihm, Tag nnd Nacht,
auch sah ich Um sterben.') Oleich darauf wurde mebe
Tochter sehr krank an einem gastrisch katliarralischen Fieber,
das aber zum Glück wieder gehoben ist.
Der Tod von Groos stellt nun das Schicksal der Na-
tionalzeitung in Frage. Es ist zweifelhaft, ob das Geschäft
fortgeführt, noch zweifelhafter, ob es in diesem Falle die
2ieitung beibehalten wird ; denn dieVormundschaft wird nichts
riskiren wollen. Zwar sind die grössten Opfer schon ge-
bracht, das Blatt hebt sich zusehends und es dürfte nicht
schwer halten, jemand zu finden, der es übernähme. Allein
mir ist die Sache verleidet, da das freundschaftliche Yer-
hältniss mit Groos durch den Tod zerrissen ist; mir ist
überhaupt der Aufenthalt hier verleidet in dieser schlechten
Luft, in diesem Schlamm von geistigem und moralischem
Koth. Ich sehne mich täglich mehr nach der Schweif,
werde aber diesen "Wunsch wohl nie erfüllt sehen; für die
nächste Zukunft, wenn die Nationalzeitung aufhört, bietet
sich mir die Aussicht, die Redaktion eines andern sicher-
stehenden Bhittes weit(»r unten am Rhein zu übemehmesu
Mit wahrem innigem Interessse verfolgte ich die Ei^
eignisse in der SchwViz, besonders im Kanton Bern. Der
Gedanke eines Zollkonkordates, einer schweizerischen Zoll-
union, wie ich ihn vor sechs Jahren in der Jeune Suisse
entwickelte-), scheint Boden zu gewinnen. Die Einigkeit
in Bern, die grossen Schritte zur Annäherung von Land
und Stadt, die schöne Stellung im Bimde gegenüber der
Reaktion, dies sind Gegenstände, welche mir Freude machen
— fast die einzigen. Ebenso angenehm war es mir, dass
Sie, lieber Freund, auf der Tagsatzung erscheinen*); zwar
dachte ich wolil. dass man Sie ausersehen (werde), weil
eben die Stellung Berns keine bequeme, sondern eine viel-
fach angefeindete ist; allein gerade da kann sich der rechte
Mann zeigen und die Eidgenossenschaft lernt Sie kennen.
«) Freytag, Karl Mathy (1870), S. 189, 199. .
*) Neujahrsblatt S. 9.
■) Am 25. Juni 1841 war Schneider als dritter Gesandter neben Neu-
haus und V. Tillier als Tagsatzungsabgeordueter gewählt worden. Er erklärte
die Annahme der Wahl besonders im Hinblick auf die Zollverhandlungen.
iKaH ikUl^ Brirfe sm Dr. J. R, Schneider »n Btrn (1857— »842). 55
Bin Imt sii^h wacker gehaltt^u. Schade dass niclit auch
Paiir Pfaffen vor die Kugel gekommen.*) Oesterreich
lin «niger Verlegenheit* die ihm fiir seine Noten wohl
! gönnen nitd dio gut hpnutzt werdiMi kann. Waä wird
(tu in tler Klostersitc ho geschelien, werden Aargaii's Vor-
genügeii and werden die Samer ihre Trenuungs-
volkiehcii ?
l« Do " ' V id triti <iM' urteiMiu-he Meimiut^, uutgtMv».»cKt
ilif* i»«« der rigen«*» PfaiHeu luid durcli die Bo-
rte meine« Blait^ei? - Dank denen, die sie mir lieferten
ch entÄchi#dener für die gute Sache der Kultur und
nlm% in der Schweiz auf iiiul sie weiss «ich Beachtung
i v>r^haffen. Sehen Sie 35, B* nur auf das 2ahxne Frankfurter
welches sich bereits offen gegen die Reaktion in
iwei7. li; »chen hat und unsere stärksten Artikel
kt. Cl' wird e« im Deutschland besser. Zwar
sich alles znnächat auf die nationalen Interessen^ alli^in
T sich der Zusammerdiang mit dem
,. .i„i.. ii...i!r. Die Eisenbahnen, die Dampfschiffe
unfl die politische Freihi^it bringert. Der Zollverein
iii*«er Hinsicht »ehr m'el Wi?rth, und wenn die Schweiz
nnt wftre, ^o würde sich gewiss auch dort die Er-
qtituig einer regen Verbünd nng der Kaution o zeigtMi imd
I Pf&fl«ni tmd Artg^okrati'rn konnten wenig mehr ausrichten,
Difi Ceomr kann durchaus nicht mehr in der früheren
igjo&bl werden, dies wird Ihnen jede Nummer der
dtung beweisen. Die politischen Untersuchungen,
Itkzi an viek^n Orten gegen Handwerker im Gang
die in Ririi* Dummheiten gemacht haV»en, werden als
^ntiüh und verächtlich angesehen und die Ilegicrutvgen
i^ti Äti^ faMen la^^en müssen, l*ei Strafe^ sich lächerlich
Uli Ich will Ihnen ein Beispiel anführnn. Ein
tt*r .^ T "r^ - Namens Schumm, war verhaftet
«Ifv iiinj* l>»^r Gernfnulerath der Rest-
beochloso) einstimmig für den Mann Kantion zu
B»-tii\Vfkttii lief kcioserviitit^ti Tesfincr vom t./2,Jii)i, die Regierung
»(^ und Verwundete sb^ Am (. Jitli wordt der
Alf "HAI ÄrtM «(«iiilftdillifb en^«")!»!»!«».
5^ Gustav Tobler.
stellen und begehrte seine Freilassung. Der Mann warde
auf freien Fuss gesetzt. So etwas war früher unerhört!
Sie haben vielleicht von unserer berühmt-en badischen
Urlaubsfrage gehört. "Wird man es in der Schweiz begreifen
können, dass Bürger sicli darum streiten müssen, ^aats-
diener als ihre Vertreter in die Kammer wählen zu dürfen;
dass die Regierung ihre Diener nicht in der Kammer haben
will, weil sie ihre Opposition fürchtet?! Und doch ist efl
so. Die Beamten können willkürlich abgesetzt werden, dAS
ist die Klage der Regierung. Sie möchte lieber blos füg-
same Instniinente haben; dies kann sie nicht durchführen, so
lange viele Staatsdiener, worunter freisinnige Männer, in
der Kammer sitzen. Hinc ill» lacryma^!
Ich wünsche Ihnen Glück zum fünften Töchterlein.*)
Fünf wackere Söhne bekommen Sie ohnehin in den
Tochtennännern, die oft bessere Söhne sind, als die eigenen
mid ich hoffe noch die Zeit zu erleben, wo ich Sie in der
Mitte solclier glücklichen Paare und mit Enkeln gesegnet
erblicken werde. Dann wird auch die Druckerei- Wunde
verschmerzt sein, wofür von (lott- und Rechtswegen die
Regierung von Bern, die sie 1836 geschlagen hat, das
Pflaster hergeben sollte. Mir hat Girard von Renan mit
einem Wechsel von 15 Louisd'or gedroht; ich mochte nicht
antworten und habe seith(M- nichts mehr davon gehört. —
AVird Herr Weingart mit der Druckerei nach Bern ziehen
und wie gebt es dem ..Tinion von Athen", dem menschen-
feindlichen, grundsätzlichen, liartk(")pfigen und doch liebens-
würdigen Redner und Schriftsteller, Jonathan Radical?*)
Ich grüsse ihn herzlich.
Liebster Freund! Ich bin tV'st entschlossen, eine Nach-
lässigkeit im Schreiben nicht nochmals mir zu Schulden
kommen zu lassen. Ich bitte Sie nm*, überzeugt zu sein,
dass ich stets mit Dankbarkeit und mit unveränderter Ge-
sinnung von Freundschaft und Achtung Ihrer gedenke unc
V) Hedwig, gel). 20. Mai 1S41. Heiratete später den Obcrfeldarz
Dr. Zie^ler.
^) Dies bezieht sich alles auf Weingart, der als Mitglied der »Juugfi
Schweiz*' den Kriegsuanien „Jonathan Radical" geführt haUe.
Kaii Mathys Bride an Dr, J. R. Schneider in Ben» (1837 — 1842). $J
I mich ein wanües Gefühl durchzuckt, so oft it'li in einem
iweiÄerblatte Ihren Namen lese.
Moiiie Frau empfiehlt sich Ihnen und Ihrer Frau Ge-
Dalin herzlich, Sie sagt fast taglich: ^In der Schweiz
abe ich mich nie nach Karlsruhe, wohl aber in Karlsruhe
on oft nach der Schweiz gesehnt^ Hierin, wie in allem
iine ich mit ihr tiberein. Aber unsere Lieblingswimscho
trollten eben nicht ui Erfüllung gehen. Empfehlen Sie
hnick auch Herrn Fetscherin, Wegen der Briefe besorgen
Y&k uichts; so arg treibt man's doch nicht. Ich erhalte sie
I richtig.
W
Karlsmhe, '27. August 1841.
Ihrem Wunsche gemäss übersende ich Dinen in der
1) den ZoU-VereinigUDgsvertrag von 1833. Beitritt von
i^flntemberg und Bayern :
2i den Vertrag von 18^Jn, Beitritt von Raden;
3t die KommisÄionsberichte l , ,
über den
4) die Protokolle der geheimen Sitzungen |
AnjR'hlmss von Baden an den Verein:
6) den Vertrag über die Verlängerung des Vereins vom
Sfai IB4L Er stand in allen Zi-itnngen: ich habe gerade
h Stuttgarter Allgemeine zur Hand.
6) Den Kummissitjnsbericht über diesen Vertrag, wovon
idi leider nur ein verstümmeltes Exemplar bekommen habe;
ii »^s zur Zeit noch ein geheimer Bericht ist. wurde es
?<!i ^er halten^ ein anderes zu erlangen.
I Ein schweizerisdies Zollkonkordat wäre einfacher, da
% üich vor der Hand nicht nm SchutzzöUe, sondern um
^Verlegung der Zölle an die Urenzen des Konkordatsgebiet.es
d Verth**ihing der ZoUeinnnhmen handeln würde. In der
Jetzigen Zeit wäre es herrlich, wenn Bern mit Aarau und
Taailt ein Konkordat abschliessen und so sein altes Gebiet
Wissermassen wieder gewinnen könnte.
6o Gustav Tobler.
Karlsruhe. & September 1841.
Vielen Dank für Ihre beiden freundschaftlichen Zu-
schriften. Die direkten Berichte über die beiden wichtigen
KIoster\'erhandlangen vom 3. nnd 4. waren mir sehr er-
wünscht: ich konnte die Nachrichten vor allen übrigen Zei-
tungen geben. Mit inniger Freude sehe ich die günstige
Wendung dieser Sache, veranlasst durch SchwammendingeM;
wenn dieser Geist benutzt wird, muss es gut gehen. Neu-
haus steht gross da. L. Snell darf also wieder nach Bern,
dem Bern, welches das Andenken von 1836 durch feste Hal-
tung und guten Sinn austilgt')
über Löst's Werk ist in der Leipziger Allg. Zeitung
ein erster kritischer Brief erschienen, den ich Ihnen hier bei-
lege: er ist mir aus der Seele geschrieben; ich kenne den
Verfasser nicht: ich glaube, es wird sie interessieren. —
Das Zollkonkordat wird ein guter Keim für die Zukunft
der Schweiz. Bern sollte dabei die Rolle Preussens über-
nehmen: aber Herr v. Jenner?*) Was halten Sie von dem
Gedanken ein Memoire wegen Verkehrserleichterung an das
französische Ministerium zu richten, das jetzt nach Allianzen
sucht? — Ich schreibe jetzt einen Aufsatz für eine eng-
lische Revue: Über die Umtriebe der Jesuiten und die
Pflicht Englands, den Protestantisnms in der Schweiz gegen
die Intriguen des Papstthums zu schützen. Dies kann nicht
schaden. WoUten Sie die Gefälligkeit haben, Jenny*) zu
sagen, dass er zwei oder drei Exemplare der beiden Schriften
Ammanns gegen die Mönche an ^Die Yerlagsliandlung von
Chr. Th. Groos, für die Redaction der Nationalzeitung^
*) Die grosse Volksversamnilunj; vom 20. August in Schwamendiufi^en.
Tillicr II, 120.
') Ludwig Snell ( 1 785 — 1854), Profosor an <ler Universität in Bern, hatte
im Oktober 1836 seine Demission eingereicht. Der Regierungsrat nahm sie am
14. Oktober 1X36 an und verfugte zugleich die Ausweisung aus dem Kanton.
Von einer Rücknahme dieser Ma>sregel im Jahr 1841 ist in den Akten nichts
zu finden. Allg. d. Biographie XXXIV, 508.
') Abr. Ludwig Rud. von Jenner (1789 — 1853), Regierungsrat, Präsident
des Finanzdepartements.
*) Christian Albrecht Jenni (1786 — 1861), Lithograph und Buchdrucker.
Kii^ MilIiM ßncfc an Dr. T. K. SthneMci In Hern ÜS^T — 1^4^). 50
.oiN'jiinuer" i»»K"nnnjt ♦mihmi Ahiiimii, seine Mit-
»gen aber dio aügebliche diplomatisrhe lütervfnüon
itm aUentJialbrn citirt; ich Imbe ihn auch lobeüd er-
litit Ich hoffe und wünsche, dnss Ihnen <lie Druckerei
Bfrn besser gedeihe als in Biet')
Mir liogt die Schweiz sehr tun Herzen» dort fühlte ich
heimisch, hier erscheint mir alles fremd ^ besonders
nt Gmos todt ist, Zwfir wird die Nationalzeitung fortbe-
i^n durch eine AJitiengesellschaft, aber ich habe keine
»mie daran. Der Bedientengeist wird wieder riesengross,
die K^ii•ig^^gnfHhr vorbei ist und das deutsche Natiimal-
ild i4*t nichts. Uhne Krieg ist keine Hoffnung für einen
niigen Zustand. Alles ist Lakaien vvesen. Ich wurde
wiwier eine Sekundarlehrstelle annehmen, wenn ich
w ein Bürgerrecht Vvokommen und irgend ein (leschäft
liWn konnte. w<^durcJi ich nach und nach sicher und uu-
bUngig S5U lebt*n Aussicht hätte* Eine Lehrstelle (He-
artir) allein wäre doch zu unsicher und gering besoldet. —
IJ.1 :. j^i^j TÄTieder ständig für das 8taats!exikon und
es würdt* mir niclit schwer halten, eine andere
JEQ gewinnen, selbst in die Deputiertenkamnier
aen; aber es gefällt mir hier nicht, alles ist mir
und ich scliätze jetzt doppelt den Werth der freien
IrJi wussU^ es voraus, dass es so kommen werde ;
t auf die Kinder, denen ich Heimat und Er-
.xj.K rvnuidig bin, bestimmte mich das Opfer zu bringen.
Meine Frau ist schon einige Wochen bei Verwandten
i ^wetjcingen. nahe bei Mannheim und Heidelbergs um
zn erh'ilen; da wir gutes Wetter liabitu und sie sich
Lust bewegen kann, so hoffe ich das Beste. Em-
Sie niich vielmala Ihrer Frau Gemalin, Herrn Re-
Fetdcheriu and allen B««könntcn. Orüssen Sie
^ hnn Radicjil» den ich doch noch als
ifliOH ZU si'heii hoffe.
^ 3leB|ikr»hUtt Note ^4-
62 Gustav Tobler.
bringen. Übrigens glaube ich als Bürger meinem Wohnorte,
dem Kanton und vielleicht der Schweiz in mancher Be-
ziehung nützlich sein zu können. Gelänge mir nur dies,
so wäre mein liebster Wunsch erfüllt. Wissen Sie, verehrter
Freund, mir in irgend einer Weise zur Erreichung desselben
Bath und Beistand zu geben, so bin ich überzeugt, dass Sie
es thun werden.
(Ohne Ort und Datum.)
Eben erhalte ich einen Brief von Dr. Girard aus Gren-
chen; eingeschlossen Briefe von Pfr. Stähli zu Lengnau,
meinem guten alten Freunde und Nachbarn; dann von
Herrn Albert Kohler. Hiemach scheint eine Berufung keine
Schwierigkeiten' zu haben. Mein Herz klopft, wenn ich an
den Jura, an Sie, an die wackem Seeländer denke, an das
nahe Bern, Biel, Solothum und Aarau. Ja, ich fühle es,
dort ist meine Heimat; allein das soll sie auch werden und
dazu gehört ein Bürgerrecht Helfen Sie mir dazu, lieber
Freund, Sie können es gewiss. Dann könnte ich vielleicht
noch mit Lust im Leben Ijiätig sein für einen freien Staat.
Hier ist es gar zu öde.
Von meinem Briefe machen Sie nur jeden Gebrauch,
der Ihnen geeignet scheint
Karlsruhe, a Oktober 184L
Die Leipziger allgemeine Zeitung wird wohl auf dem
Postleist gehalten? In dieser Voraussetzung schicke ich
Ihnen die No. 250 (Beilage) nicht, sondern verweise sie blos
auf den darin enthaltenen zweiten kritischen Brief über
List, der so gut gezeichnet und gewürdigt ist — wenigstens
nach meiner Ansicht, — dass das Bild kaum etwas zu
wünschen übrig lässt; zum Überfluss wird ihm noch eine
dritte Portion versprochen. — Vor einigen Tagen besuchte
mich Herr Bürgermeister Hirzel von Zürich*) der von
*) Konrad Melchior Hirzel (1793 — ^843). Allg. d. Biographie XII, 494.
KaH MalbjTf Bfi'
J- R- Schucicier in Bcni (l5j7»— 1U4I).
ide?'| Ich mOchU^ sie bonutaseM uimI rnelirere Bürger
n»i 00 Itmn; ich werde iknim bestiirmt. Den Betrag
na J»niny d«^r örooü'schLMi BuclihandluDg aufrechnen.
Eine« Anzahl D«^puti*irte, darunter die rrst-^^Ti Männer
r Oppoüition sind im Begriff, ein»^ Actiengüsellschat't zu
Am, ttm die Kationalzeitung zu tibernehmen. Der Vor-
IbH der '' 'eben Kinder hat mir angeboten, die Füh-
ttg dvs < ie8. wek'hos für d»:!n ll-jährigen Sohn er-
km werden soU^ zu besorgen. Icii habe geantwortet, sie
kliten mir die Bedingungen fnittheilen, daun werde i<di
Uta Bcsobind sagen« Ich suche Zeit zu gewinnen, um
iflhen. ob sich keine Ctelegenheit gibt^ in die Schweiz
kamcuen. Dies wÄre mir weiiaua am Liebsten; dort fühle
mich hiMmisch in der freien Luft: hier ist mir"« ewig
riibjr unter dem Bedientenvolk. Die bescheidenste Exi-
Ü m der Schweiz wäre mir lieber als eine äiisserlich
ri5 hier. Nur niüsste mir die Möglichkeit gegelien
etilen Kindern eine Heimat dort zu gründen, ako
[wrecht zu erwerben; dann an einem Orte zu wohnen^
ich nelH*n der immer unsichern SekundarlehrsteHe irgend
hkit begründen köniite, wovon ich später mich mit
Familie ernühren könnte, UnlangMt hat mich Dr.
im Namen des Obribt Köhler*) angefragt, ob ich
Sekundarlehratelle in Büren annehmen würde.
III ähnlicheui Sinne geantwortet. Büren ist mir
ah* Hfrrzi^genbuchsee und ich könnte \nelleicht ein
I>ruckereige8chäft mit einem Anzeig»4)latt gründen;
die besta und wcddfeibte Einrichtung mit Betrieb (das
Mnit dem Betrieb für ein Jahr würde nicht üljer
n Fr, kommen) stehen mir hier die besten Notizen zu
Ich könnte di*^ nebpn tl«*r LehriJtelle gut besorgen
lit i«9 der Leitung des Groos-schcn Geschäftes, 80 uuö-
t und blühend es auch ißt» vorziehen. Meine Frau und
gingen herzlich gern in die Schweiz zurück: aber
obn« uichere Stelhmg darf ich sie nicht hin-
heiden» Um Jiihrc 1841 bei Jctini er*«Jiic neuen
i^ium Amiiuuiti vci^t;tridcn : K Öffnet die Au|*eu,
^ Scbtt'cUcrvölk, erkenne deine tögoerischeu Miinche»
Allu'il Ktililrt Vtui Hii ri'ii
•riiiir*'ii. l'Mri^'-ii- iriuu*»^ iiL hi^ Bü:-£:»-r meinem Wohnort«,
(l-ii. Kam »1. wzid vi*-;JficbT dt^r StLireiz iu laaDcher Be^
zi**iuniL^ ijülzIi'-'L >*'iii zu kMiiii-ii. VTrliiiige mir nur diet,
K' wiir*- !1i-:t. :i*''»s:**: Wuiisch ••r*üi:T.. Wissen Sie. verehrter
F'vu:i".i. n-i: i:. ir:r*:id -iiir*r ATris- /rar Erreicbung desselben
Kati. uik: B*-i<*LUii".i r:» i:*-!'t':;, >o i-iu ich iilifrzengt. dassSie
<.':.!]• «"♦n und Datum.
Kn^'L ••riiij:T': ich » ii!«-7i Bri-l v.-:i l»r. «-rirard ans Gwä-
' :j*-i . '■::.ii^^' L\:t>t^*-:: Bri-i«.- xou I*rr. SiiiLli zn Lenpnau,
v.i-'ij'^iL :r.::-':- ii.'-T. Fiv-iii-i- :;:]■: Xaolilianj: dann von
ij'-v-:. A/'— :t K i.j-r. Hirn;:i':ii m !■• i::T r-iiiv Berofung keine
*^- !.v"^r::ii-- :•• •- z'i hö'-::. M- i:. H- rz kl'»}»fT. wenn ich an
•:;':. .hin., ir. ^■.-■. M: li- T\-:*..K.r:; r^— . "ifiiidt-r drnkr. an dai
!:fc-i. B»"-:.. Bi-;. ^^ ';'.»Ti:iirL! wiA A:*r.'.-x ,1a. ich fühle rt,
•;v:t isT ::•::,• H-irr.iii: a]]'i:. 'i:is > -Ij si«^ an i-h werden und
MciZV: L'-*'?*^ •:•. B';!i:-rr-. }ji- H-. !:• :: Si«/ mir dazu, lit^ber
> '-rv j "^!- ii • ■ ri. ^- i:rw:>>. l»a:;:i kOnnU" ich \-ielleichfc
:. i- :. V. • i^-.-: '.iL L-'-:. ri.^iTij: >-■:. iiir t-int^n ireion SwaL
H -• r: ■■- :iu* z-.; ■'•■;•.
'.' : :■■'••:.- B-:-:- ::..i-.*.^'. >ie :.".r it-dt-n Gebrauch.
K;ir;-r;li-. s. «.»ktober 1^1.
J ' . • j -I- ; z : ;: - r r. ^ j v:l-- - : : . »- Z- - i : •;: . i: wi rd wohl ani dem
P -V'.-' ::•■...•••- I:. ::---:• V..y;i';»-tzi:Tig i^chioke ich
J: :.■■• - .'*' 2'" B--..-..^-' :.:■ !-T. s-'^i-l'-rn venveise sie Wo8
- : :• ■ '.-. : •;•:.;-.':-:.•':. /w- :t-v. krni-L"ht>n Brief über
L-' • • - ^- • ::-/,.;.:.:.-• -::.i ::»-\v';rdi4rt ist — wenigstens
:.-■'':. .■.••■.• .^'- ■•. - iii^- -Ins Bild kaum etwiis zn
■.■..:.-'.■■;. -r^ .-.--'; z;:.. C?'--rihiss wird ihm noch **iu<
*'-rr*- ]' •• • '■; ' ' : ■ - - — V..y .-iT.ij^x^-n Tagen bestuh«
::.;'' i:'- ': i> ■;:■;:.•;-?..:.•* }Iirz'j vlu Zürich* der voi
an
tinettler tii B«m f?83t— i«4f>.
grosseren Reise 2iii'ückkehrto. Froh war ich, einen
TM^ri. — ach, wenn ich unsere Fja-
L... _ iiern dagegen betrachte, ich kann
nicht ertmg^^D vor Eckol !. Herr Hirzel glaubt aucl» nicht,
iW Örnietjo Kath von Zürich nach den Schwamendinger
T^n instruieren werde, snndem er werde vermuUiUch
poii Aui*w<^g ersinnen. Die reformierte Beiigiünsgefahr
hf freilich nicht %*iel sauberer aus, als ihre iilt^re katho-
lS<!hwester, aber wenn «^»in Üntliier das andere frisst —
nimix. Ich habe unsere demokratischen Jesuiten im
btv da« ZwingU-Gk'spen«! heraufliesciiworon «u haben.
Ibrifit RtlliPt-Constant war auch hier, ich konnte ihn
nicht xn snhen bekommtML — Wäre ich ni(*ht ein
»vt ilm Blatt<j»45 und hier angnbunden, ich käme am
. nach Basel und halte Sie sicher ab. Sie hier zu sehen,
•iffnutvg i.st zn öchuru als das« ich es wage, anf ihre
ag zu Imuen; ich bin gar nicht daran gewöhnt,
ne HnSntmgen verwirklicht «u sehen. Können und
Den Hi«» ra aber thun. liidjt^r Freund, ho berf^it43n Sie mir
lü Stunden, Von Biusel hieher per Dampf brauchen
9» vollen Tag; wenn ich den Tag erfahre^ so hole
Am Ijandungsort Knielingen, Vi Htundon von hier^
Hrück kommen Sie eV^enfalls sehr schnell: in einem
Tag von hier nach Snassburg mit der Post und von
in fttnf Btnndon nach Basel mit <ler Eisenbahn. Bei
w»»rtlen Sie das» Heimweh nicht bekommen^ es wird
scbweij&eriseh vorkommen (Kanton Solothum ist hier
«»niirrV — In den Schweizerblatteru, die ich haltte,
Dw* Vertheidigung des Berner Zollgesetzes sehr gut
" - - _^), aber den Vortrag selbst fand ich nir-
/. ist an die F'^xperüMiktnouiission zm-ückge-
wonl4»ii und mii^s also» wenn ich nicht irre, wieder
ru Ist denn kein Übereinkommen mit dieser
.t»a zu treffen? Auf Bern ist man freilich eifer-
r, mli« z. B* auf Neuenbürg; allein geschickte Unter-
?ii, »ur Nüth einige Modifikationen — sollte denn
■■ ' Sr seinV
V- is M Tagen schrieb ich obige Zeilen. Seit-
bat mich dan Schickami härter getroffen, als je zuvor.
66
Gustav T o b l
:h verbringe dann
^Tage,
gugen unstetes Umherirren;
wenn freudlos, doch auch sorglos für Weib und Kind mid
nicht der Gefahr ausgesetzt^ trotz der redlichsten Be-
mtüiuiigefi in meineru Wirkungskreise als Fremder miss-
handelt und am Ende vertrieben zu werden*
Dies musste ich vorausschicken , lieber Freund, damit
meine Ansichten in Betreff einer Bewerbung um die zweite
Sekundarlehrerstelle in Büren nichts unklares für Sie haben.
Recht gern werde ich mich dem Lehrfache in Büren widmen;
gern bescheide ich mich mit einem Einkommen, welches
weit geringer ist als das, was ich mir hier mit leichter
Mühe erwerben kann; das Leben am Jura, unter den biedern^
freien Männern hat in meinen Äugen Vorzüge, die ich weit
hoher anschlage. Allein ich mochte dann auch dem Volke
angehören, unter dem ich lebe und wirke; ich möchte
Bürger werden im Kanton Bern. So viel traue ich mii" zu,
dass der Kanton und die Gemeinde, die mich annälime,
diesen Beweis von Vertrauen nie bereuen sollten. Längere
Studien, praktischer Venvaltungsdienst imd schrift8t4?llerische
Thätigkeit befähigen mich, der Gemeinde und dem Lande,
welchem ich angehören würde, noch in anderer Richtung
als im Lehrfache nützlich zu werden. Und an Bemühungen
hiezu würde ich es nicht fehlen lassen, SoUt*^ nicht die
Gemeinde Lengnau V) oder eine Dinen näher stehende Ge-
meinde, die sich meiner von früher erinnerte^ veranlasst
werden können, mir ein Bürgerrecht zuzusichern und die
Erlaubniss vom Regieningsrath erwirken, mir solches zu er-
r heilen? Mir scheint, lieber Freund, Sie könnten dies er-
wirken? Wäre es Ihnen nicht möglich, dann stünden die
Auspizien für mich sclileeht. Im günstigsten Falle aber
w^irde ich, um eine Bmiifung an die Stelle in Büren zu
motivieren, folgende Zeugnisse in beglaubigter Abschrift
einsenden :
1) Von Biel über Unterricht am dortigen Gymnasiimi.
2 und 3) Vom Schulrath zu Aarau über die Wahlfähig*
keit zu Lehrstellen an mit (leren und höheren Lehranstalten
mit dem besten Prädikate, in Folge abg*degter Prüfung.
•) Bemücbes Dorf iu der Nähe von Greuchen.
rKtfl Afatkyt ttriitre aii Dt. J. R Hckndder in Bern n837-'iH4^^ 65
wie mir Bero Heb ist. Ftir XJnangenehmes, das
dort Iwstroffen. hat mich die Achmtig und Freund-
r MatiTH»r int^lir alss gHUUg entschädigt und
.......,.« .itiier Insütutioiipu und inner Staateverwaltuiig.
«ich für das allgemtMiii; Bt*sto nach Krjift*.»ii aufrichtig
ktf bat mir üamer wuhlguthan. Ungünstigu Umstände
oicht zn, das8 uiehrjährigt» Beiniilmiigen, in der
iiHE ^im? üichert* Exi^tixiz, eint* rinut* Heimat zu gründen,
d1|; haU(*tL leb kohrte zarück in niL*in Vaterhind, weil
mir Pflicht sciiif^n, meint«r (tattin, die treu alles Be-
rerliih** inner unsichen>n Lage mit mir getheilt und
vm Kindern oin« Heimat, den letztem eine gute Er-
zn geben, für mich selbst verzichtete ich auf jede
Inende au>sser der Familie, denn ieh w^usste, dass mir
ligüD Verhältni«se, luigeachtet besseren und leichteren
kooiniettiii, nicht zusagen würden.
Koch iKt kidn Jahr verOossen, seit ich die Schweiz
und schon ist seit Monaten der Freund, welcher
lehst zur Bftckkcdir veranlasKte, Buchhändler (rroos,
fÜH Blut«) ib^ Lebens und der Kraft gestorben. Zwei
[imler^ unsere Freude und Hoffnung, hat die Vater-
gennmmen: so hatte ich es nicht gemeint, als ich
nir«*twtllen Äurftckkehrte, ihnen eine Heimat geben
iW. unter die?jen Umständ*Mi ist meine Sehnsucht nach
äeJiweiz mit linppelter Stärke erwacht. Ich hatte wäh-
mriner publizistisclien Thätigkeit oft g<>nng Irelegen-
ine Anhänglichkeit an das schöne, freie Land zu
en^ indem ich seine gute, gerechte Sache gegen
Eidnngi^n und Angriffe vertheidigte. Auf iler andern
f^rhtelt ich manchen erfreulichen Beweis, dass auch
tlnrtigen Freunde in Bern, Aargau und Solüthum
nicht vergitj*sien, so in lern uiir ihre wohl\vulh»!iden ^^e-
lagrfi bt^w^ahreti,
fierofi werde ich daher eine (Telegenheit benutzen,
der Schweiz cnrQckjtnkehren. Allein dann geschieht
I um ilort zu bleiben. Ich will in dem Lande meiner
in dam Vet^rlande meiner Wahl kein Fremder
'■- hi*r Burgtor werden, treht dies
vo irh bin, geschützt wenigstens
L Q9»ih. 4&rt4 AlUrlum. Vi. 1 S
68
GufitKV Tobt»
Karlsruhe, 24. Oktober 1841.
Mitten in die Tagsatziiiig hinöiii miiiss ich Ihnen
paar Zeilen seodeii, iim Ihnen für Iliren letzten Brief v
l\K zu danken, der sich mit dem meinigen gekremit hat
In der Natinnalzeitiing vom 22. und 23. stehen Artikel über
die Berner Waiden und Antleres aus Bern: ich weiss nicht,
ob ich alles richtig getroffen habe, allein gut gemeint ist
alles. Nun wollte ich Sie bitten, mir über wichtigere Be-
schlüsse der Tagsatzuug knrze Notizen zukommen zu lassen«
damit ich sie schleunigst zureeht mache und den übrigen
Zeitungen um ein, zwei bis drei Tage zuvorkomme, wie es
mir bei der letzten Versammlung ihirch Dire gütige Ver-
mittlung möglich wurde. 8ir Baumgartner hat also seine
St Galler noch einmal übertölpelt; er muss doch ein grund-
schlechter Charakter sein. Der Zerstörer von Pfäffers will
der Renovator von Mtiri werden! Glanis und Schalfhausen
liaben gut instruirt; dns Gutachten des Schnltheissen
Neuhaus hat "Wunder gewirkt! Will-s Gott geht's auch mit
Wallis und Grauliünden gut; dann ist die Ehre der Schwel«
gerettet! Eine Mehrheit für die Klöster gibt's nicht und
rufen die ^Ländler** zu den Waffen, so wird auch für Ein-
siedebij Engelberg und Freiburg das Stündlein schlagen!
Träume wohl nur — aber schöue. Es interessirt Sie viel-
leicht zu wissen, dass die grosse Mehrzahl der deutschen
Zeitungen entschieden für Aargau, gegen die Kloster
sind, die bayerischen PfLiffeTildätter imd die der Reaktion
verkauften (Oberdeutsche/ ausgenommen. Entschieden gegen
die Klöster sind z. B. die Seeblätter (Constanz), die Frei-
burger Zeitung, die Nationalzeitung, der Schwäbische Mer-
kur und die Stuttgarter allgemeiue Zeitung, das Frankfurter
Journal^ die Mainzer Zeitung^ die Kölner Zeitung, die Leip-
ziger allgemeine Zeitung (welche gute Schweizer Korrespon-
denzen hat und scharf gegen die Pfaffen schreibt),
Hamburger Neue Zeitung und eine Reihe afiderer;
drucken auch meist meine Ai'tikel al).
Ich lun nun sehr begierig, Ihre Meinung hinsichtlich
eines Bürgerrechts zu hören. Sie können unmöglich miss-
billigen, dass ich meine Rückkehr nach Bern daran knüpfe.
on-
I
ich"
KaiI Jlithp Briefe an Dr, J, R. Schneider in Bern (1857 — 1^43). 6q
gfim ich in Büren für die Schale das Muglichgte thun
fonst thätig sein woUt<? zum Nutzen der Stadt und des
ntoiu — alü Fremder kann und darf ich's nicht. Wollen
lir die Zn«jchening eines Bürgerri-»cht8 gegen billigen
iQswirken, so melde ich mich dann 8ogleich in Büren,
m^iu^ bieisigcm Verbindiingon ab und komme recht
zn Ihnen, um dort zu leben und zu wirken» so lang
l^be. Die Bürener haben ja gut gewählt und 8k sind
Kann ihre» Vertrauens. Dies freut mich sehr; es zeigt,
dii« Lcnite wi«^*i*n, wen sie an Ihnen haben.
Meine Frau und ich empfehlen uns Ilirer Frau Gemalin.
ii4^n Sil* dit^ Fr«*unih» und Bekannten. Meinen Lieblings-
in die Schweiz zurückjsukehren, gebe ich auch dann
-un er eich dienmal nicht verwirklichen läast
1'* 8teU auch bi^r f<irti*sihroij, ibr** t^Ue Sache
ntlirh zu verfechten«
kt öS denn wahr, da^is* der UegierungHrath ein Projekt
wHI, woiiacb Nit^tnand Htaatsbürgi^r werden kann,
7 — 10 Jahre im Kanton ansässig und nicht oCKlH) \j,
f»n hat? Warum wollen sich die Gesetzgeber die
l? ^Hzi können Sie ja nach Belif^bon geben
(»n. In dem Punkt ist man hii.T liberaler.
Karlsniho. 10. Noveudjer 1841,
(>H«iittii habe ich die Meldung für die Stelle in Büren
' ' _rt, an Sie adressiert, auf die Post ge-
'U dies heutt* noch besonders an, damit
^ wwfiu <)iwii ilt*r Brief nicht atigekommen wäre, mir den
liii nffen halten und mich davon in Kenntniss setzen
Uten, Ich liJiif^^die Meldung unmittelbar nach Büren gehen
■ö und Sie uiebt nuch besonders <lamit behelligt.» wenn
in Folg« mnincir Wahnungsverilnderung meine Papiere
^' ~ ' : -n, ßo daasi ich die gedruckte Aus-
i^^^t^ • ke nicht zur Hand liatte, worauf
•ie an gegellt» n i>t,
des Bür ri?s vertraue ich ÄUversicht-
r»-.Ht»Hi )i*'i. Äusserungen und B**-
70
Gustav Toblcr.
mühtiugen. so wie nach andern Versicherungen, die mir
Pfr, StÄhli in Lengnau'), von Solothnm und Aarau zng^
kommen sind, dass ich meinen Zweck erreichen we^
Wenn ich die Stelle in Büren erhalte, will ich ungesäu
das Ansuchen an die Central poIizei-Direktion stellen. Wann
wird denn der beschränkende Entwurf dem Grossen Rath
vorgelegt werden? Hoffentlich nicht eher, als es mir mög-
lich sein wird, die Erlaubniss zur Nachsuchung eines Bür-
gerrechts zu erlangen. Ich glaube damit warten zu solleni
bis ich die Stelle erhalten habe, weil ich erst dann ei:
rechkm Grund dazu habe; auch vertraue ich mit Ihn^
dass das Projekt im Grossen Eathe durchfallen wird^ denn
efl iflt ein Rückschritt und zwar ein unnützer, da sich die
Gesetzgeber dadurch nur die Hände binden. Lieb wäre es
mir, wetin die Entscheidung über die Besetzung der Stelle
bald erfolgte, weil ich erst dann, wenn ich sie erhalte,
meine hiesigen Verlundlichkeiten absagen darf, um nicht
am Ende zmschen zwei Stühlen zu sitzen.
Wenn ich zu Ihnen komme, bei Ihnen thätig sein kann,
alsdann lebe ich wohl auch wieder auf; jetzt bin ich von
dem Verluste meiner Kinder noch hart niedergeschlagen
und seit wir unsem einzigen Sohn wieder um uns liaben,
ist tb'f Schmerz um die andern frisch erwacht und aufge-
rissen; meiner Frau geht es ebenso.
Kortüm') hat neulich l>ei dem Abschiedsach maus eines
Advokaten in Heidelberg einen famosen Toast auf Welker
ausgebracht und zum Schrecken aller Hofräthe und Pro-
fessoren weidlich gegen die Reaktion losgezogen. Es könnte
ihm auch blülipu, dass er pensioniert würde.
Von Bas»d ist noch immer nichts eingetroffen; ich kann
mir nicht denken, wo es fehlt
*) Gottliel) Rmiülf Stähli, Pfarrer in LcDgnau von 1835 — 1847,
*) Joh. Friedr Christoph Kortüm (1788—1854). Von ißjj
Professor der Geschichte nn der Universität Bern. VgK E. MiiUcr, Die Hoch-
schule Bern 1834^1884, S. 4*) und Allg. d. Biograpliic XVI, 730.
Karl Miüiys Briefe an Dr. J. R, Schneider iu Bern (1837 — 1842). 71
Karlsruhej 15, November 1H41.
>eben frhaite ich Ifireii Brief vom 13. tiTitl 14,^ der
äusserst werth und lieb ist, — niolit darum, weil er
die glückliche Ankunft meiner Meldiuig fiir Büren, die
Aussicht, den Jura i^aeder zu sehen, berichtet. Nein! Die
le eines zweiten Sekundarlehrers in Bür^n und die An-
Schaft auf ein Bürgerrecht in Madretsch. mir immerhin
kfH*tbar, als Bedingungen in der Schweiz zu bleiben, wo
'ich Allein noch loben mag und karm, sinrl doch nicht von
Ider Art, dass mich eine Wal hing befiele, wie die, welche
Seh jetzt empfinde und die niick antreibt. Ihnen sogleich
pine Erwidenmg zu senden.
I Sie haben mir einen Beweis von Vettrauen gegeben,
«er mich stolz macht; ich %'erdiene Ihr Vertrauen, wie Sie
meine Hochachtang, die ich in diesem Grade jetÄt vor
keinem andern Manne habe. Aber eben dämm mochte ich
mir die Gabe der Überredung wünschen, die nöthig wäre,
um meine tiefe Überzeugung von der Nothwendigkeit für
Sie, eine Wahl als Nachfolger des Herrn Nfeuhau^) anzu-
nehmen, auf Sie zu übertragen. Ich bitte und beschwöre
Sie, um Ihrer und Ihres Vaterlandes, um iles Kaiit.<r)ns und
der Schweiz, um rler Sache der Geistes- und politischen
Frt»iheit überhaupt wnllen> s<'hlagen Si«? die Wahl nicht
aiiÄ, wenn dieselbe auf Sie fallt, Sie früilen in sich selbst
die Kraft und Fähigkeit dazu. Was steht also entgegen?
H&astJche und Vermögensverhältnisse. Aber wie viel mag
I wohl Herr Nieuhaus) für Repräsentation aufgewendet haben?
I Schwerlich mehr als die 201XJ Fr.^ um welche, wenn ich
[mich n^ht erinnere, die Besoldung eines Schultheissen höher
steht, als die eines Regierongsrathes, Auch müsste ich
mich öehr irren, wenn nicht Ilire edle Gattin, deren Stolz
Sie sind, sich über Ihre Annahme s*^hr freuen, über eine
t Ablehnung betrüben würde. Und sollte sie im Nothfalle
aichts über ihren Vater vennögen? Sie haben Diren ärzt-
Schen Berui, Ihr Privatleben aufgegeben und sind ein Mann
[des Staates, aber auch ein Staatsmann geworden, Sie haben
die vielen Unannehmlichkeiten, für die rastlose Thäti|
Bit auch schönte Erffilge errungen durch immer »ieigeud
* Ol- . ^r.
V«Ttram*n, tlurch H-cI.-c'l.^zz-vlz v^r-J Liebe von Seiten dea
Volkos, iluR'h ihis BrT* ■>>:>-::.. > ■ iiianches Gute und Xütt-
licho für «las al-gr::!-!:.^- W >/i g-fönlert zu haben. Und
jetzt wullton Sie a:;: 1ia. • ::: Wv;ire stehen bleiben? Nein,
da-^ ^f'ht nii'ht. .la> >-.^'."- :.:■:.: >'Aii. Es handelt sich um i
Kill Jahr, nlu^r um -i:. wi.!.::i:r- :'r;r «He Schweiz, ein Jahr,,
wrlilit's Ihr.Mi Xa:i;v!. ::.:: ■:•-::: >.s H-rm X euhausWn ehren-
volli r HrwälnniUi: a*.;: vi'.- ::.":..i:-- reiche Seite in die Ge-
srhichtt^ »Irr Ki.li:.:..>><v:>. :.:•.:: - ::.Tragn-n wird. SchlagenSie
nicht au>. lirl<or K:v::. i. -.v.-:>-.:. Si- den Euf. der an Sil
iMgflu, nicht znrürk.
Ii'h tüldo Wohl, «lao >:- ::.v-r.'r!. Bitten nicht viel 6e-
wii'hr ImmIi'^t^'U wi-rd^*'..: ivh ■ ::. ri:. Fr-nnler, ich sehne mich
nach ilcr Schwi-iz. Si- ii'.;;:;: ..-:. vi-'/ieioht, ich hoffe eine
«iuiiNt von» Srhultiui»- :: :".; -r'-a:. *:-:;. Nun - . ich habe
in nii'inoni L»l»in u::l ii- ti;:.>: d-r Mächtigen nicht g^
huhlt unil »'S li.-l.rv ::::: ;. :. r:.:-r.lr;cktt^u gehalten: allein,
um seihst «h'n SiIuittct: vi:.-- Vrrdacht^'S der Art zu ver-
nn-id.-n. v.r^int.^h.- i.h I..:.-.-.. :.ii hi nur mit ktnner Bitte
liin»Mi lä-tiV '/r\ laiiv'... -•:.:•::. - il-sr •-iiin* Begünstigung^
dii» mir wähivi.il d- «* .i.!:.:-'* v-v Ii.:.t'!i angeboten worden
k«»iint»'. nicht a:./"^.::::.. ... l »Lij:- iT- :. :nach^* ich inich an-
lnM>rhig. «li" Sri: .m"\. ii- ^i« :■. ir-ixe:. Si- erheben könnten,
in <hr «hMir-(.li.'-:. :■ .:\/.-*i-v ':.• :. ■;:..i .-'.iijjliM-heu Pross«^ nach
Kriift»-n zu h^-k.i: i|.:.-ii •;\-i Im* w;:h:'»-> Verdienst ins rechte
LiciiT zu <T. '■;.•:.. X-liip...'. S-;.' :.'\v das Amt an. lieber
Kn-nn-i. wen'- 'ii" \V-::1 x\i Si.- üiÜt. Sit- haben A g**sagt
im STjiar-|.-l..-:i ■;'.■! >:'.- ::.■;— -ii ;i';c':. H saiicn. '
M«Mii»:i Mri--: v.;.. Im. \v-r.i.:i Si.- erhalten und daraus
• rs.jpii liai..-!,. \\;:- j. li in B»i:.tT -irr Bürger rech tssache
tlmn zu mii--"' L'la'i'f.»-. Si.l.al-l i« h ilit- Stelh^ erlvahe.
thuf ii'h i\ru •'!-:-:. S-hi-irT. Machen Sie nur. dass das
Ppijt'kt vt-rwir:.-!: v.iii. Hi'^r w-rd«- ich Vorwürfe genug
bi'krniim«-n. v..firj .-- i^»-ka:i::t wird. das< ich weggehe. Aber
irli will 'h:. \s*-\'".:i ;ii-:.i:ia!i'l.r-etz*'n. warum ich liebet
Schidnu'i.st.« r iij i« .'■ >'hv. »iz. aU Journalist oder Hofrath
(Af'V sori.-t f\:. Lakaie hi»r S'iit will.
V I).«- V Ji .:'K' •■:.•--;. :.' . ..:i, v^. N'"-Mi."ier .iiirTscharncr < I fiSSiininiCT
Auf Si In, «•.«!* I I ijMi» .' :i /f "^'.fi.rr.« :■.
KatI ÜAllijr» Sriefe nn X>r. J. R. Seluiciflcr in Bern 41^57—1^42), JJ
Karkruho, 2» Dezember 1841.
Ami nirem freuntlBchaftlicliou Schreilipu vom 24. hahe
erfielieti. das« dte Angi^U^genhoit von Büren nocl» iiicht
n tj*t. Don iiii Zonie auf irrige Naelirichtoü g**-
iU Brief habe irii iiicht «>rha1ten und oh ist dein-
>iil mOglicIi, (]a$ä Sir dMmaellmn r*ine tm<lere Atlressa
Jirn hüben. Gewiss, lieber Freund. Ihre warme Theil-
Ihrt* B**mi\hu!ig»Mi um mirh ihnn niir wohl, ich
^Ihnim dafür 8ti>t8 dnnkbnr sein, nui^ die Suche ans-
^ Wi» iri© will» Ich bin den Büreneni nicht gram^
"fliti einen Andern vorj*chhigen; en kommt darauf an,
ikh ji'miind geuifhlet Imt, der ihnen näher st-eht und
dem dt^ Gutes für ihre Schule zu erwarten haben,
tmn«! jr.h mir zn^ der Stadt und dem Kant<:)ii arn^h
' Jb der Schule nützlich zu werden, aber das
i^iijrener nicht im Verauö wissen und lirauchen
uiclii sm gtaaben. WiMin nur bald (Tewissheit zu
ii tJrt^ Ami ij*t alles* was ich wünsche. Hier kaTin ich
|Aner — jetast klein gewordenen — Faniilie mein gutea
leu finden, wt^nn i(*li auch die Zeitung aufgebe,
hh vvrmnthlich dieser Tage thun werdei da die krebs-
figjwi "*' -' '- M die<)t'S GeHchäit immer eckelhaft<»r
MtL Z i ieh biü Frühjahr iloch in die Schweiz
iukI meinen Lieblingirwunsch erfüllen, da mir von
- die Stelle an einer im Bucheggberg zu er-
-. -T kundarsclmh> unter sehr guten Bedingungen
ttuentgeliliches Bürgerrecht Angeboten ist Die
Anfrage m beaniwonen. warte ich nur auf Ent-
gegen Büren. Ich bitt«- Sie übrigens, ]ii»ber
von dn?«er Mittheilung keinen Gebrauch zu machen,
|H«rr MoUet, der mir atL<t Auftrag des Herrn Hunzinger
?t, in ein«*f Verbreitung der vi*rtraulichen Eroff-
u M^]:<;^braQch «le« Vertrauens «eben könnte. Ich
ble Ab»*r Ihnen mr Benihigung für ein etwaiges Miss-
in Hümii die Soclie mittheihm zu müssen, da Si«
»••n Anthtul an mir nehmen und sich so sehr V>i>
lu der Schweiz allein kann ich noch mit Lust
74 Gastav Tobler.
thätig sein und leben. Das weiss ich ganz gewiss und
darum will und muss ich früher oder später in die Schweif.
Die letzten Tage haben viel Gates gebracht für die
Sache der Kultur in der Schweiz. Oenf, Wallis, Solothum,
vielleicht auch Graubünden schreiten vorwärts. Wenn nur
Basel dem Beispiele von Grenf folgen wollte!
Der Grosse Rath hat, so weit meine Nachrichten gehen,
das Projekt wegen des Bürgerrechts noch nicht behandelt. Ich
bin gespannt auf den Erfolg und dieser wird auch für mein
Verhalten einiges Gewicht haben.
Die 2k»llverhandlungen habe ich endlich von Basel er«
halten, aber noch nicht Zeit gehabt, sie zu lesen.
Poststempel: 16. Dezember 1841. i
Ilir freundschaftliches Schreiben vom 7. war kurz aber ^
inhaltroich. Ich muss sagen, der Beschluss der Bürener
gefijenüber einem einheimischen, wohlunterstützten Kompe-
tenten gilt mir als erfreuliches Zeichen eines Vertrauen«,
das die nothwendige Bedingung nützlicher Wirksamkeit
ist. ' ) Möchte ich dazu beitragen können, die Parteien dort
in allen vaterländisc.hen Dingen zu vereinigen. Von hier
aus sioht mau erst recht klar, wie nothwendig die Einheit
ist für eine gute Zukunft der Schweiz, besonders für den
Kanton Bern, jetzt der starke Träger der Kultur und Frei-
heitsinteressen dort. Wie geringfügig im Vergleich mit den
Fonleniiigen für das allgemeine Wohl sind die Gegenstände,
um welche Parteien sich zanken. Es sollte deren nur zwei
geben in der Schweiz und nur eine im Kanton Bern.
Aus dvm Verfassungsfreund ersehe ich, dass das Nationali-
sationsprojekt bis Hornung verschoben worden ist. So haben
wir also noch den ,Jaiiuar vor uns, um die Bürgerrechta-
Angelegenheit zu betreiben. In der Hoffnung, dass es damit
gut gehen werde, will ich gern dem Rufe folgen, wenn anders
das Erziehuiigs-D«»partement den Beschluss des Einwohner-
') Am 9. Dezember hatte die Wahl Mathys in Büren stattgefunden.
P KäH Matbys Briefe ad Dr. J. R, Schocidcr in Bern (1837—1842). 75
^Bies von Büren sanktioniert.*) Zwar Juibe ich das Fortbe-
Hben der Nationalzeitung angeküutligt ; allein — gibt mir
fler Himmel und das Bemer Erzieliungsdopartement Gelegen-
Keit. die Alpen wiederzuselit»n vom Fnsse des Jura ans^
dann mag redigieren, wer da wÜL Dann Lebewohl der
Ceusur nnd ihren Freuden, Lebewohl den hiesigen Liberalen,
die* mir zum Eckel sind uch will Ibnen Krfahningen mit^
ilen, die ich mit dem Gesindel gemacht habe), dann
t mich die erste Friihlingssonne zu Ihnen.
Die Klosterschriften habe ich erhalten; sie sind hier
Cirlmlatinn: es haben sich so viele Liehhaber dazu ge-
i:4det, das9 ich sie schwerlich wiedersehen werde. — Über
Verwaltungßbericht habe ich einstweilen eine Mittheilung
Sehweizerboten aufgenoinnien, <lie befriedigend war und
kr überrascht hat; es ist etwas Gutes um die Ziffern; damit
:tk»rlegt man am sichersten die Verläumdungen der Pfaiffen-
tind Aristokrateuorgane gegen den „radikalen Despotismus'*.
Idi freue mich auf den Bericht.
Venn ich den Ruf iitich Büren erhalte, komme ich
^ennuthlich schon im Januar auf einige Tage zu Ihnen, um
vorläufige Einrichtungen zu treffen. Meine Frau wird mit
miserin Knaben im Frühjahr auf einige Zeit nach Konstanz
m ihrem Bruder gehen.*) Sie braucht Zerstreuung und
ich brauche — Schweizerluft, Empfehlen Sie mich Ihrer
Pmn Gemalin^ griissen Sie die Freunde^ (besonders auch
Jonathan Radical, den ich mir zum Kollegen wünsche!)
I>en Ti'ackpm Männern von Büren einstweilen meinen Dank
tnv ihr Vertrauen* Ich werde mich bemühen, es zu recht-
en i^^^n.
Karlsmhe, 2L Dezember 1S4L
Igt die Sache entschieden! Ich komme zu Uitien
bleibe bei Ihnen. Das war ein fatales Jali,r, mir ein
»erzeige dass ich die Schweiz nicht mehr verlassen soll.
*J Dies geschah am 13. Dezctnber. Missiven-PrulokoU tler Erziehungs*
SUat4archiv.
*) Matbys Schwager war der Oberrevisor Fraiii Strohmeyer iu Konstanx.
76 Gustav Tobler.
Mutter und Blinder und liebe Freunde hat mir der Tod
entrissen: ich habe mehr gelitten, tausendmal mehr als in
den härtesten Zeiten des Exils. W&re nur Wettmachten
und Neujahr schon vorbei. An diesen Tagen fühlen wir
den Verlust unserer Kinder doppelt hart!
Mit Ihrem werthen Briefe vom 16. erhielt ich die Za-
schrift der Sekundarschuldirektion Büren und beantwortete
sie heute ebenfalls. Dass ich übrigens bis 5. Januar dort
sein soll, ist unmöglich; aus der Fassung des Schreibens
sehe ich auch, dass die Herren dies selbst einsehen. Am
Silvester lege ich die Redaktion nieder; dann hört die 1
National-Zeitung auf. Die Liberalen werden sanken, be- j
sonders die Deputierten, die Anfang Jänner kommen; aber
es geschieht ihnen recht. Sie verdienen nicht, dass man
sich für sie plage. — Dann muss ich in Mannheim meine
Vermögensverhältnisse ordnen; ob zwar schon nicht viel, -
erfordert es doch Zeit. Endlich muss ich auch Arbeits ;
fertig machen, die ich übernommen habe. Wäre das Allee ]
nicht, so köimte ich doch bei dieser Witterung mit Weib nnd
Kind nicht so weit reisen; ich bin jetzt ängstlicher als sonst 1
Dann muss ich mir auch ein paar Wochen Erholimg gönnen
nach einem Jahr ununterbrochener Plage und ernchüttemder
Schicksalsschläge. Aus dem folgt, dass ich erst bis Ostern
komnion kann; später wird es gewiss nicht. Man hat ja bei
solchen Gelegenheiten immer drei Monate Zeit zum An-
wie zum Austritt. Inzwischen lässt sich auch die Bürge^
rechts-Angelegenheit fördern. Ich werde ungesäumt die
nöthigen Belege sammeln und Ihnen die Eingabe an die
Centralpolizeidirektion in den ersten Januartagen einsenden.
Nun habe ich noch etwas auf dem Herzen, wobei ich
Sie, lieber Freund, um Rath und Beistand bitte. Dieser Zug
kostet viel Geld. Ich muss hier meine Wohnung bis Ende
April bezahlen, die kaum gekauften Möbel mit Schaden
losschlagen, die Reise bestreiten, mich in Büren wieder
einrichten und drei Monate dort leben, ehe ich Gehalt be.
ziehe. Es wäre billig, wenn man mir einen Beitrag zu den
Zugskosten gebe, die, wenn ich alles rechne, mehr als eine
halbjährliche Besoldung ausmachen. Ich habe der Sekundar-
schuldirektion nichts davon geschrieben, weil ich glaube,
Kut.r\ Malbys Briefe an Dr. J. R. Schneider in Bern (1837—1842), 77
ftss 81© den gedgBetei) Weg besser kennen, aiaf welchem
ich etwas in dieser Beziehxiiig thiin liesse. Mit einem Bei-
■Ige zu den Zngskosten rni Behiafe von 2< J > L. wäre ich
Rlllkommen znfried»^n und hoffe, dass Sie das nii^ht iinhilHg
(iDdeu werden.
Hnbler'i scheint sich im Amte Nidan sehr für mich
1 üht zu haben; ich danke ihm dafiin und möchte gern die
^M der Gemeinden wissen, an die ich niich vvenden darf.
Recht brav, dass die Viertel] ah rschrift mit ihrer juristischen
\>^ster vereinigt, wieder ersteht. Ich meine, der Plan
u jjAnklang finden, da das Publikum die Garantie von
Miunern hat wie Sie, lieber Fretind und Herr OfberhR^ichter)
forz, die tüchtige Leistungen verbürgen.*!
Wenn ich den Verwaltuugabericht erhalte, will ich
rersuchen^ ein Resume zu geben. Für Arbeiten über Z*dl-
)d Handelswesen, Industrie u. s. w. ist die Zeit günstig.
etEt s{iricht man von Dingen» die wir schon vor Jahren
iprochen haben. Wenn Sie es für angemessen halten,
mute ich wohl im Januar auf einige Tage komnien. müsste
ber mneder zurück.
Karlarulie. 15. Januar 1842.
Endlich kann ich Ihnen mein Gesuch an die Central-
Dlizeidirektion ara ErlaubniBs, ein Bürgerrecht nachsuchen
dürfen, übersenden, und nicht einmal die Beilagen voll-
iidig. Sic werden aus der Eingabe sehen, dass die, Ver-
JÖgenszeugniftse fehlen: allein ich wollte nicht länger
en. Zweimal habe ich nach Mannheim geschrieben,
■reibe ich zum zweiten Mal nach Konstanz ; allein es
II langsam. Die angegebene Summe kann ich
d#nfalls nachweisen und sie würde sich noch etwas höher
% Jfiluiilfi Jälcf^b Hublcr, Amlsgericht&sthreiUer in NirLiti. Er war
Zeit Mtl^tied d^ Keclakliaaskommtssion der „Jungen Schweiz** gewesen.
•y Gemctnt ist «Jie „Schweixeriüche Viertcl-JahrsÄchrifl", die im Jahr
unter <Ier RedAktion von Dr, Schneider und Öbcrricbtcr All>ert Kun
> — 1S64) crvThifiii* Sic ging mit dem zweiten Jahrgang wieder ein.
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- - Alt
Karl Matliys Bride an Dr J. R. Schucider in Bern (1837—1842)« 79
mit beratheB, berecküen» IjedenkeD, überlegen^ bis ich
ndlieb ktirzen Prozeös machen und ankiindigen inusste,
5e Saclie sei aii^. — Seit deni lü sind die Stände wieder
Msanjiuenj und die Oppositinn gewalirt mit Vordruss, dass
ie hinsichtlich der Darstellung der Verhandlungen ganz
servilen Regieningsorganen preisgegeben ist; ihre
tönen Reden, die ihnen so sehr um Herzen liegen, ihr
Mle^. der ganze Inbegriff ihres Patriotismus werden —
\i)<~],\ schrecklich verhunzt in's Publikum gebracht. Nun
Bii sich ilirer z^'ölf ztisainniengethan. wollen ein Land-
>latt herausgehen und ich soll es, so lange ich noch
bin, redigieren. Ich erklärte mich bereit nutet' der
agung, dass in zwei mal 24 Stunden die Sache in's
b© gebracht sei, da keine Zeit zu verlieren ist Morgen
liiiii läuft der Termin ab und fast möchte ich wetten^ dass
bts daraus wird. Geiz und Ärger, oder Geld und Ehre
egen im Kampfe und der Geiz wird vermuthlich siegen. —
ierr Welker, beinahe der einzige, der es ehrlich mit der
le meint nnd seine Person hintansetzt^ ist oft bei mir;
drängt mich, für sein Staatslexikon zu arbeiten nnd das
ist jetzt meine Hauptbeschäftigung, Er b*'zahlt mir vier
OXLIB dVir fiir den Dnickbogen; V^ Bogen schreibe ich des
ganz gemächlich und habe so viele Artikel^ dass ich
chwerlich bis Ostern fertig werde, — Wenn ich zu üinen
komme, will ich ihnen eine Idee mittheilen, die kurz darin
öht: ein schweizerisches republikanisches Staatslexikon
beranszugeben, das aber höchstens zwei Bände stark werden
idrfte.
Morgen gehe vermuthlich auf ein paar Tage nach
Stuttgart, wo ich mit zwei Bucbbatidhingen Geschäftsver-
bindungen anknüpfen werde, damit ich doch in Büren etwas
la thun habe ! ?
Lieber Freund! Wenn ich an Sie schreibe, vergesse ich
Jen Kummer: es wird mir wohl um-s Herz bei dem Ge-
Jikeßf Sie wieder zu sehen und die hiesigen Livreen aus
fu Angen zu haben, — Für die Vierteljahrschrift werde
mit Vergnügen arbeiten; wenn Sie glauben, dass mein
Pame anter den Mitarbeitern etwas nützen könne, setzen
Jie ihn nur bei. Den Jahresbericht habe ich noch nicht
So
Guftuv TobI
erhalten. Die BearbeitiiDg von ^Polens Verfall'' ist sie
ein zeitgemässes nützliches Werk; möchte es beher
w«-*rden! W»?nn doch alle Schweizer wüssten, wie gut
eö haben im Besitz des kostbaren Gutes dt?r Freiheit, wie
viel sie zu verlieren, wie sorgfältig sie daher ihren Schau
All hüten haben ! Ich, meines Theils, möchte zehnmal lieber
bei der Vertheidigung der Freiheit sterben, als, nachdem
ich sie einmal genossen, ihren VerUist überleben» Aber so
geht es; dort achtet man nicht das Gut, welches man hat;
und hier weiss man es nicht zu schätzen, weil man es
nicht besasö.
Nun noch eine Bitte! Mein Freund, Jok Ph. Becker
zu Bi<l st^ht im Begriff, gleich mir, ein Bürgerrecht im
Kanton Bern ntichzusnchenJ • Könnten Sie ilim dabei be-
hilflich miu, so bitte ich Sie, es zu thun. Ich kenne keinen
tüchtigeren Mann; an ihm wird der Kanton einen thätigen,
kräftigen und hochherzigen Bürger gewinnen. Nach meiner
Überzeugung wiegen alle Deutsche, die seit acht Jahren
Bürger von Bern geworden, diesen Einen nicht auf.
Karlsruhe, 30* JanuÄT 1
Hiebei die Vermögensausweise von Mannheim
Konstanz; ich habe sie schon seit acht Tagen, wollt^e aber
doch erst einen Brief von Ihnen abwarten. Ich danke
Ilinen für Ihr fi'eundschafth'ches Schreiben; es thut mir
jedesmal w^ohl wenn ich Ihre Handschrift sehe.
Der Kauf brief weist mein väterliches Erbtheil t die Huder»
davon) auf legale Weise nach; desgleichen auch meinen
Antheil an der Hinterlassensclialt der Mutter» die vor bald
einem Jahrt^ in Waldshut starb. Letzteres mag man mir
*) Johann Plvilipp Becker von Frankenlh.il, seit 1Ä38 i» Bicl als Aotett-
habcr der Firma Schüler, Becker & Cic. Trotzdc^m er ein Vermögen von
9600 Fr. vorwies nnd der Regtcraügsfitatthalter von Bicl ihn anempfahl fü»
,, recht schaATenen, arbeitsamen nnd ordnuiigsliebendejn Mann** waixle soll Q^
such um Einbürgerung vom Regieruuysrate am Jl. Mär/ 1842 abgewiesen.
ErÄi im Januar 1847 wurde er Bürger vou BieL V|>;L A, Maag^ Jt»hitna
FlvilLpp Becker von Biel und die dcutM:h*hclvctiüchc Leg^tou 1K49, m
Zeitschrift f, Gesch. u. Altertumskutide ÜI iit|04^ 285 flf.
Hstl&Ti Brtdv m Dfr J» IL Sohndder in Bern (1837— 1842). 81
1 Wort gl»nb«iti; (Irtm tuR'h WaWshut scliroibon, Inventar
[fi»rtig4)ii liiasen^ wäre mir doch zn uriiständlieli. Mein
k^t das Vt^rnn'^rgen moirier Frau, ebeoso, wi<? er
t bi'öclieinigt hatt<.% als sie zitm Behuf u ihrer
imihuiig dau Bürgerrecht in Mannheim erwarb. Ich
nocli weitere B — 4O00 fl. nachweisen, wenn ich auf*
if^ Lii89i.% waa ich hier besitze. Da aber der Gemeinderath
däs» di^s vor Notar» Urkundspersonen u. s. w. geschehe
UttieiS etwa drei Louis d*or kosten wllrde an Gebühren,
vonlerli.-ind bleiben lassen, in der Hoffming,
in Bern mit den nachgewiesenen TBÜJ Fr.
Wird es jedoch verlangt, so kann ich es jeden
k tbun lassen.
^'licht* Kiugabe itat keine Adresse, keinen
. it weiss, üb ich sie au den Regierungs-
die PoliÄeidirection oder an wen sonst richten soll*
iUet Sie, daj4 Fehh^nde zn ergänzen.
e Bedenken der PolizeisektioUt die Sie* mir mitzu-
ditt Güte hatten« haben mir die ,Iahre 183G und
id djy* Vorfahren des Herrn Roschi lebhaft in*s 6e-
«mlckgemfen und mich lebhaft in der Über-
beRtärkl* weU^f grosser Fehler es wäre, wollte ich
aIm al^s Fremder in den Kanton Bern gehen,
ixuiichUich der fehlenden Vermögensboscheinigung
ich aumlrücklich bemerkt^ dass, wenn man daran An-
lieb" ^^^ Erlaubniss zur Nachsuchung eines Bürger-
tuf ick der Machwiiismng ertheilt werden möchte.
felgt diese nnd sie wird genügen^ wenn man nicht
will: will man eiiikaniren, so kann man Alles
\3 B««denken, dass ich nicht im Kanton bin* ist wirk-
il^vgrandet Icli bin ja zum -Lehrer im Kanton er-
rind ^ ^ Regierung bestätigte Es handelt sich
.r V. ...;ijii und ich verlange ja dtis Bürgerrecht
Onmdet um im Kanton sicher leben und
KilLfte zum Nutasen de^i^elben verwenden zu können,
. L - ir die Erlaubniss, es nachzusuchen* w^as ich
Uiiin wi'rth**
; I. 0«Kii. uod Attfnum, VI, I, fi
Gustav Toblcr*
Dass micli die PöIuEeisection als revolutioiiÄren Kopf
sigiialisirt, hat mich unendlich behiatigt. Was waren denn
l gestern noch diese Herren von heute f Wie bezeichnet man
sü bei der aristokratischen Partei? Cilauben sie etwa, inim
halle sie irgendwo für legitim? Ich kann Sie versichern»
<tas8 in den hiesigen and wohl auch in allen deutschen nnd
weitaus den meisten eiiropäi^chen Regieningskreisen Herr
Neuhaue, Herr Tscharner mit der ganzen Beruer Regienmg
für Erzradikale^ Demagogen, Revolutionäre, Jakobiner n. dgL
gelten. Ich !ial>e sie ein Jahr laug in meinem Blatte naeh
Kritften vor ganx Deutschland vertheidigt, alles (lute, was
sie gethan, sorgfältig gesammelt und bekannt gemacht, nnd
soll nun von dorther als Revolutionär verdächtigt werden!
Es iat zum todtlachen! Hätte ich der hiesigen Regierung
nur den zehnten Theil dessen zu Gefallen getlian, w«8
der Berner, ich wäre zum mindesten geheimer Finanzratb;
wenn ich hier sagen wollte, die Berner Polizeisection ver-
schreie mi<;Ji als revolutionär, welch treffliches Argument
gegen die „undankbare** Republik! Hier lebe ich doch un-
angefochten^ trotz der ^revolutionären Gesiniinng". Endlich
— wie mag man einen Revolutionär als Lehrer anstellen?
Ist es nicht gewissenlos vom Erziehungsdepartement, einem
so gefäbrlichen Menschen» den man nicht als Bürger haben
mag. den Unterricht lier Jugend ansnivertrauen? Doch genug
von dieser abgeschmackten Anschuldigimg. die von dorther
nur Mitleid gegen ihre Urheber erzeugen kann.
Ich bitte Sie, lielier Freund, die Entscheiflung über
mein Gesucb zu beschleunigen, so viel Sie können. Yer^
weigert der Kegienmgsrath meine Bitte, so wollen Sit
gefälligst bekannt machen, dass ich meine Stetlle in Büren
nicht antreten, dass ich nicht in ein Land kommen werde,
wo man mich zwar als Lehrer, nicht aber als Bürger will
Ich habe hinreichend bewiesen, dass ich für frühere Miss-
handlungen kein Gedächtniss habe, keine feindseligen Ge-
sinnungen insbesondere gegen die Regierung von Bei"n, die
ich im Gegentheil aufs Wärmsie gegen die zahlreichen
Feinde und Angriffe in meinem Blatte vertheidigt, habcw
Wird mir nun ziun Dank dafür erklärt^ da.ss man mich
zwar als Lehrer im Kanton dulden^ dass ich aber dabei all
Karl Matbys Briefe an Dr. J R. Schneider iii Bern (iJ*i7— 1842). 83
-Premdlmg ausser dem Gesetz stellen soll, so ist dies eine
^■plche Kränkung, dass ich walirliaft wahosinnig sein müsste,
^^enn ich sie mir gefallen liosso. Ich hoffe, der Regierungs-
rath wird mir diese Kränkung nicht ziiiügen. Sie, lieber
Freund j werden sich meiner annehmen und auch andere
itglieder, wie Herr Neohaus, Fetscherin u. a. werden die
lenken der Polizei^sektion nicht theilon.
In meiner Schlusserkläriing an die L#eser der National-
»ittmg habe ich angekündigt, dass ich nach der Schweiz
IgBhe. Das werde ich auch thun: kann ich nicht nach Biiron,
Uo beantwoii^e ich die Anfrage <ler Herren Miinzinger und
let, wende mich nach Solothum, wc» mir von Seiten der
egiening nie die geringste Unannehmlichkeit widerfahren
|tU)d mir ein Bürgerrecht unentgeltlich angeboten ist Es
Irird dann mein Wunsch ebenfalls erfiült, in die Schweiz
1^ kommen und mit Dinen^ lieber Freund, in A'erbindung
bleiben.
Die Landtagszeitung, von der ich Ihnen neulich schrieb^
i^t zu Stande gekomjnen und ich lege die ^der ersten Probe-
Oiimmern bei. Die Zensur wagt nicht, hiebei ihre Scheere
zu brauchen, wie bei einer andern politischen Zeitung^
ir macht das Geschäft nicht gar zu viel zu thun und wird
ehr gut honoriert. Ich habe mich nur für die Zeit, wo ich
öch hier sein kann, dazu verbindlich gemacht Wird mem
^e^nch von der Hemer Regieiimg genehmigt, so hält die
idtagszeitung meine Abreise keinen Tag auf, sobald
&eine übrigen AngeJegenheiten im Reinen sind. Andem-
Ib bleibt* ich hier, bis der Ijandtag zu Ende ist, gehe
inn mit meiner Frau nach Konstanz und werde V(»n dort
Absteclier nach Solothurn und zu Ihnen nach Bern
len.
Wenn Becker diirchtallt, so thut es mir sehr leid,
iowohl um ihn als mn den Kantom Er ist ein Mann von
seltener Töchtigkeit.
Huber von Büren schrieb mir neulich wegen Logis,
MOb^l u, d. gl. Die Antwort an den wackern Mann lege
idk bei luit der Bitte, sie ihm zukommen zu lassen.
Leben Sie wohl^ lieber Freund, lassen Sie mich die
nicht entgelten, die Sie mit mir haben. Empfehlen
84 Gustav Tobler.
Sie meine Frau und mich Ihrer Gtemalin, mich besonders
Herrn Fetscherin. Grüsse an Jonathan ßadical und die
übrigen Freunde.
Nachschrift.
Ich muss gestehen, lieber Freund, dass ich mich über
die Polizeisektioii geärgert habe; daher auch dieses böse
Postskript :
Die Polizeisektion scheint in dem irrigen Wahn be-
fangen, als ob sie es mit einem Manne zu thun habe, der
etwa Schutz oder Toleranz von ihr erflehen wolle; sie
scheint noch immer in der Erinnerung an ihre Grossihaten
von 1836 zu schwelgen, wo sie mich, für den AugenbUck
einen Schutzlosen, nach den Gelüsten ihrer Brutalität min-
handeln konnte, auf eine Weise, die von den badischen
Gerichten als „Machwerk, welches durchaus kein Ve^
trauen verdiene**, gebrandmarkt wurde. W&re es mögUcb, ,
so sollte man den Versuch machen, der Polizeisektion diesen
irrigen Wahn zu benehmen. Die Zeiten von 1836 sind
Gottlob vorbei und niemand hat mehr Ursache zti wünschen,
dass sie vergessen werden, als Roschi, der schwer Blamirte
und seine edle Polizei. Ich hatte sie vergessen und werde H
jetzt wieder daran erinnert. Wäre es möglich, so würde *
ich der Polizeisektion begreiflich machen, dass sie einen -
Mann vor sich hat, der jetzt in seinem Yaterlande, wenige j
Stunden von seiner Vaterstadt, wo er Bürger ist, in einer
öffentlichen Stellung, (jetzt Bedacteur der Landtagszeitang)
steht, anerkannt von der Regierung und vom Volke, dass
dieser Mann als Lehrer in den Kanton Bern berufen ist
und nur dämm Bürger werden will, damit er auch seine
Kräfte für denselben verwenden kann. Allein man muss
auf die Hoffnung verzichten, einer Behörde die Augen zu
öffnen, welclie nicht sehen will und so tief im Schlamm
steckt, dass sie es als revolutionäre Gesinnung verdäd^tigtf
wenn jemand lieber dem freien Staate Bern, der frei ist
trotz der Polizeisection, angehören will, als seinem Vater-
lande. Mein Vorstand ist viel zu eng, um eine solche Selbst-
verleugnung einer republikanischen, durch eine Revolution
entstandenen Behörde zu begreifen und darum — Gk>tt
befohlen !
Ilmlilii Briefe am Dr. J. R. Schneidei in Bern ( 1837—1 84^). 85
Karlsruhe, 30. Januar 1842.
' KftchiHbglieh sni nit^iner Eingabo vom 15. Januar um
Mihntt«^ ein l Irtiibiirgorrecht ini Kanton Boni nachsuchen
Jflflrfeii, lege ich hiemit vcn :
li ße^lanbigt«* Abschrrfi «les Kautbrinfs^ wonach mein
iW Heinrich Matliy, Kaufmann in Manuhtnui^ das älter-
Haofl übernommen hat und darauf mein väterlichea
uahfil liniM nüt 1äc)3 fl, 64 Kr.
FenitT Ui daraus zu ersehen, dass der Antheil mc^iner
ptr lyijl fl, 13 Kr, betrugt. Da meine Mutter im Februar
bui miftiier Schwester zu Waldähut gestorben ist, so
•ol mich, wie auf jedes meiner beidon Geschwister 7i
Kaiihlmsi^Ks: 653 fl. 46 Kr.
2) Ein beglanbigtes ZeugiiLss meines Schwager» Ober-
er fttrohmeywr in Konstanz, welcher das Vermögen
er Frmu verwaltet, bestehend in 32C»0 fl.
D:i " Ztitigiiij^s gtMjClgto früher dem Ueiueinderath
M(i als meine Frau das Bürgerrecht daselbst
Riemil ist liftchgewiesen ein Vermögen von Wb7 fl.
fKr^ odar beiläufig 75(Xi Schweizerfranke u.
Et bittibi mir nun noch übrig, das Vermögen nachzu-
welches) ich hier besitze^ um die in meiner Eingabe
16w Jmuoar atigitgv^benen lOJXX) Fr, mid darüber zu be-
leb imtnrlajise es vor der Hand der bedeutenden
80 wt»gt?iu in der Voraussetzung, dass die nachgewiesene
n« «ur £!rluubnisa, ein Ortsbürgerrecht nw^hsuehen zu
[*a, hir ' Scdlte dies nicht der Fall sein,
r.ri!,- uAu iIhs FHltlpinin iiHchzubringen.
Karlsruht*, 14. Februar 1842.
'iNir Begit)ruiig»nith von Bern hat also mein (lesuchf
fiürgerrschl. naehauchen zu dürfen, abgeschlagen untl
j Gron«! "1 man die Überzeugung noch
T^ habe. * Lnc Natural ti^utiot» tUnn Land»
86 Gustav Tobler.
zum Nntzen gereichen werde. ^) Ich bin zwar der Meinung, ;
dass man ohne diese Überzeugung mich auch nicht zum
Lehrer hätte berufen sollen ; allein wie die Sache liegt, isl
jedes Wort darüber verloren.
Ich habe durch den Beschluss des Begierungsrathes die
Oberzeugung gewonnen, dass ich diejenigen Garantien,
welche ich als badischer Staatsangehöriger und Bürger der
Stadt ^lanuheini habe, nicht wegwerfen darf gegen eine
völlig garantielose Stellung im Kanton Bern, wo die Lanne
eines Beamten oder einer Behörde hinreichen würde, mir
nicht nur das Lehramt zu nehmen, sondern auch die Auf-
entlialtsbewilligung zu entziehen. Ich habe femer die Über-
zeugung, dass ich ohne Naturalisation dem Lande nicht
nützlich sein kann. Aus diesen Gründen verzichte ich anf
meine Lehrstelle in Büren und ersuche Sie, hievon die be- :
treffenden Behörden in Kenntniss zu setzen.
Ks thut mir in der Seele weh, den braven Mannen
von Büren, durch deren Vertrauen ich mich in hohem Grade
p*ehrt fühlte, eine solche Nachricht geben und vieUeicht d»
Si^kundarsrhule dadurch einen Nachtheil bereiten zu müssen.
Kbenso schmerzt es mich, Ihnen, lieber Freund, durch diese
Angelegenheit unangenehme Augenblicke und viele Mühe
vemrsiieht zu haben. Allein ich hatte von vom herein die
Krwerbun^ eines Bürgerrechts als Bedingung für den An-
tritt des Lehmmtes aufgestellt und meine Schuld ist es
nicht, dass die BiHÜngung nicht erfüllt wurde. Ihre Schuld,
liebtT Freund, ist es auch nicht. Sie haben mit Wirme
und fnnindseludtt lieher Theilnahme sich für mich verwendet
Nehmen Sie dafür meinen herzlichsten Dank; danken Sie
auch in meinem Namen den Männern von Büren für das
mir «TwiestMie Venrauen, Dieses Vertrauen und Ihre Freund-
M IVi lU'Mhlu>N viox Krj;icrungsr.ites vom 31. Januar 1842 lautet
wöitlioh. ..n.i Hcir Mathy den Kanton Bern, in dem er sich einzubfirgern
i:r«l«Mikt. ilrint.il luvh nu^ht l>owohut, und auch früher nur wahrend ^nes
kurrrn /oiti.unuoN Moh in dcmscU^n aufi^ehalten hat, so dass wir die Ueber-
•ru|«uu|; uiH-h nuht ):c>Konucn halKU. tloss seine Naturalisation dem Lande
•um Nutzen 1*01 riehen wcrxir, »o würde es g^en vnsere bisher befolgten
liruudiüitfe »tifiicn. wenn wir ihm vlie n.ichgesuchte Bewilligong ertheilen
wollten.**
an Dr, J R. Sehne
rn (t»j7— r842). »7
^Hsbaft entschädigen mich überlliigsig für das tinbegmudete
^HBsstmuen der Regieniixg von Bern.
^B Meine Antwort auf Ihr Vi^rbindliches Schreiben vom 6.
^■61 durch den Umstand verzögert W(jrden, dass ieb vom
^K bis 12. Februar, wo wir Parlamentsferien hatten, in Mann-
^Beim und Heidelberg war; dort' habe ich im Kreise von
^Vreiiiiden und Mitbürgern, wie von Verw^andteii, Tage erlebt,
^■rie sie mir schon lange nicht mehr beschert gewesen; zu-
^Hleich habe ich mit Hofrath Ran uml Bnclihändler Winter
^Bii Ht^idelberg Verabredungen getroffen, die mir literarische
^Bi*:4chaftigung sichern. Bei meiner Rückkehr tnd ich Itiren
^B|qtf Meine Sehnsucht nach der Schweiz ist durch den
^^»Whlägigen Bescheid der Regierung durclums nicht ge-
^Knindert; mein Entsehhiss steht fest, bei erster Gelegenheit
^■dorthin zuriickzukehrf^n und ich werde mich heute noch
^BdBshalb nacli Solothurn wenden, da ich keinen Weg sehe,
^Bder zur Äbändc^mng jenes Berner Beschlusses füliren könnte^
^»«^ müsste denn von Büren aus etw^as in Anregung gebracht
^Bwerden.
^m Haben Sie die Giite, meine Papiere, dabei auch jene,
^■welche meiner Eingabe an die Sekundurschuldirektion in
^KBuren bei lagen, hioher zurückzusenden. Die (iründe, wek'he
^Biie abhielten^ einen polemischen Artikel gegen tlen Be-
^Behluss der Regierung zu veröffentlichen, sind mir aus der
^Beele genommen und ich füge noch des w^eitern bei, dass
^Ke ac^btbare Sudlung. welche Bern dem Ultramontanismus
^Hegenüber in der Schweiz eingenommen hat. jeden Angriff
^Begen die Regierung, w^ozti persönliche Verletzung Aidass
Hieben könnte, als unpolitiscli und unrathsam erscheinen
I lägst» Ich meinerBeit« vergesse gerne persönliche Kränkung,
I i^enn es die gut^' Sfudie gilt: weit entfernt, dazu beitragen
b lEU wollen, das Anstdien dL*r Regiei^ng von Bern zu
^■diwächeii, werde ich mich, wie bisher, so auch in Zukunft
röemühou, dasselbe durch Wort und Schrift stärken zn helfen*
i Für Becker in Biel wünsche ich einen bessern Erfolg
^•rinfs Bürgergesuches, als für mich. Ihm kann man nicht
^■ie Abwesenheit aus dem Kanton entgegenhalten. Er ist
^Bq tinrchüus braver und tüchtiger Mann,
SS GttftiaT Tobler.
Hrrni Fetächerin and KAStkofer meine dankbaren Em-
pfehlu&g<>u. An Herrn Kaiitliofer hat mir mein Vetter, |
(>V>^rforstm^Uter vnn Veiten in Schwezingen. sein Studien-
geuitss^. riribs«^ aufgetragen mit dem Beifügen, er hofie
Herrn Kasth«»f<^r im Sommer za besochen. «Herr von Veiten,
hixrhl>f jährt, hat eine jnnge Frau nnd zwei kleine Kinder,
— das mai'ht tias Waldleben.
Karlsrahe. 23. Febroar 1842.
Am 14. tl. M.. dem nämlichen Tage, wo Sie Ihr
warm»** Billet schrieben, das mich erfreute, schrieb idi
auch an Sio und hoffe. Sie werden meinen Brief erbalten
haben. Am l\K bekam ich eine Zoschrift der Seknndarschol-
direktion zu Büren, deren Inhalt Sie ans meiner beiliegenden
Erwid«*ning t»nt nehmen können. Diese Elrwidernng sende
ich Ihnon, weil ich glaube, dass es zweckmässig ist, wenn
Sie zuerst K»*nntniss ilavon erhalteiu Den wackem Männern
voll Biin^n muss ich überlassen, was sie darauf beschliessen
wollen. Wisst»n Sio ein Mittel, die Regierung von Bern
auf andere (rcsinnungen zu bringen, so stehe ich noch
immer zu Ihron Diensten: es müsste aber bald geschehen, ich
zwoiflo si»hr daran. Winl mein Zweifel durch die That be-
stätigt, so geht* ich nach S«dotluirn. Von dort hat mar
mir trennt II ich geantwortet, das Bürgerrecht wiederholt ru
gesiigt untl mir auch Nachricht von einem Brief gegeben
worin Sie un.^erm Freunde. Johannes Kims, Landvogt voi
Bucht*ggbi»rg. vtui meinem Unfall Kenntniss gaben.
Unser Linultag hier ist aufgelöst: ich sende Ihnen d«
Bt»richt d«T nu^rkwürdigon Sitzung vom 18. d. M., welch
Anlass tlazu gegeben. Ich ziehe mich zur Wissenschal
zurück, an «leren Busen sich's sanft ruht, und warte de
Dinge, die da kommen wenlen.
Loben Sie wohl, verehrter Freund. Mein Dank für Ihi
freundschaftliche Theilnahme. Die Beilagen an Herrn Lanc
ammann Hunzinger bitte ich gelegentlich zu besorgen.
§cbneiaer in
em (1^37 — 1842).
■ Karlsnüie. 7. Aj>ril 1842.
I An Weihoachten hätte» ich nicht goglaubt, die Ostern
■ noch in der grossherzoglicli badischen Regiemngsstadt Karlö-
■ ralit» zuzubringen; aber mit dem Scluiee zerging meine
I Hoönuug. nach Bern zu kommen. Nach Direm letzten Briefe
■ sclieinen Sie unziifi'ieden mit mir und die Schulbt^liorde von
■ Boren hat durch ©ine lakonisch© Empfangsanzeigp meines
■ Absagebriefs ihre Stimmung unzweideotig zu ^i'ikonuen ge-
■ geben. Ich habe den in meloom Schn-iben angeführten
■ Gründen nichts beizufügen und bin noch immer der An-
■ sieht* dass nach dem Misätrauensvotiim der Eegit^rung mein
I Eöts^hhiss durch die Ehre und selbst diu"ch den gewunden
I Heoschen verstand geboten war. Icli muss mir ein anderes
I ürtlieil gefallen la«sen^ verwahre mich aber dagegen, als
■ bitte ich mir gegen die Behörde von Büren eine Vernach-
I lü«aigmig oder Geringschätzimg zu Schulrbm kommen lassen.
I Insbesondere ist es unrichtig, dass ieli Herrn Hul>er beanf-
I tragt hatte, meinen Verzicht auf dit^ Lehrstelle der Behörde
I anzuzeigen. Herr Huber fragte an, ob er mir eine Wohnung
I miethen und Möbel kaufen solle. Ich antwortete, er möge
■ 'lies than^ falls er erfahre, dass die Regierung mein Gesuch
Iwegon des Bürgerrechts bewilligt hali»^; im andern Falle
Imöge er nichts thun, da icli a!sdann nicht Ivommen könne.
|I)j<^ war alles. Zm* Zeit, wo ich Herrn Huber schrieb,
Ekannte ich den Beschluss der Regierung noch nicht. k<umte
Itlsii keinen Auftrfig geben. Diese Sache ist nun vorbei.
I Von Sohlt hinrn habe ich vorläufig Nachricht, dass Schritte
Igethan sind, tun die Errichtung einer Bezirksschule im
'Bncheggberg zu befordern: ich erwarte jeden Tag weitere
ilittheilung. Geht die Sache nach meinen Wimschen, so
Icomoie ich bald in Ihre Nähe und dann hoffe ich, den Groll,
Her etw^a noch in Ihrem Herzen geblieben, zu beschwich-
pigen und Sie zu bewegen, mir die alte Freundschaft zu
k'haltexi. Es wird femer meine Schuld nicht sein, wenn
poren nicht giite Nachbarschaft hält.
I Da ich für den Augenblick keine Beschäftigung habe,
Bie mich an die Residenz bindet, so werde ich dieselbe an
U0Uk Tage verlassen, wo Sie diesen Brief erhalten, und die
90
Gtttttv Tobtcr.
8ch5nen FrübliJigBtage mal dem Lande zubringen. Je aacti-
dem die Nachrichten von SiilotUnru ausfallen . reise ich datiu ]
entweder nach der Schweiz, oder übernehme hier ein Ge-
sdiäft. Sie werden vielleicht in den Zeitungen Mancbesj
Qber die hiesigen Vorgang*- lesen, die immer hannoverisch«^
werden. Alles ist auf *lie bevorst ♦übenden Deputiert» ^
gespannt. Das Ministerium Blitt-ersdorf erhält \
eine Mehrheit; aber die Ausschliessong der Opposition
ihm, aller angewandten Muhe ungeacht**t, mcht gt^lingen
Den Verwaltuiigsbericht, w^elcher durcli die Sonne
wahrsche Buchhandlung an mich »bgegjmgen sein soll, liab
ich nicht erhalten: wohl aber den mit dem Packet von Ihnen
wofür ich verbindlich danke. Im Soelander erkannte ick|
ganz meinen Jonathan Badical ; st-ets *ler AlteJ i
Konsumz, 3. Mai ISii
Sie schrieben mir ins badische Vaterland und ich ant^
worte Ihnen vom Bodensec. So geht es in bewegten Zeiteru j
Man bewegt sich auf und ab, bis man sich nach Buhe mhnu
die man ja am Ende sicher findet.
Beruhigt über die Fortdauer Hirer freniidscliaftlitlien I
Gesinnungen g»*gpn mich, will ich abgethane l>inge nicht]
wieder zur Sprache bringen, sondern Ihnen lieber von deal
hiesigen Vorkoini müssen erzählen, worflber, wie Ihr Bridii
andeutet, bedenkliche Gerüchte in Ilirem freien Lande um-.
laufen.
Die Imdische Regienmghat, nach Auflösung der Kammer
alle Mittel auigpl>oten. um die neuen AVahlen in ihrem Sil
zu lenken. Rundschreiben der Minister. Umtriebe der
iünt4?n, das ganze Dienerkorps der Minister bis ziun Bütt4
ward aufgeboten: Versprechungen und Drohungen gegeiT
Städte untl einzelne AVähler. nichts waixl versäumt Man
wiegte sieh in der süssen H(jffnung, flass auch nicht ein
Mitglied der verhassten Opponition wiederkehren, »lass di«
*) Der Sceläodcr-Aiucigcr fehlt auf der Bcmer Bibliothek. Er ww
wobl au& der Feder Wciagarts eiDen Artikel für Mathy gegen den Beschtu
der Regierung enthalten haben*
KaH IblAVby« Brkt€ an Dr. |* R, Schneider in Ben» (»»37 — 1842). Ol
a gt*scJiIi)S8t*in*n, unbedingt sen^Uen Phalanx.
» Kohiirtt* von Ju-Herrn bilden werde* Mau hat sicli
gecÄusK-ht Das Volk war besser als sein Ruf. Es
\Aifi OH ht nur oino stürkere Opposition als je, sondern
Koiyjihfli'ij dDrsülljeu» v* It^steiii, \Velk»>r, Basöerinaiiii,
öder tmd Biasing wurden in mehreren Bezirken gewählt.
nfarrh üinil ^i Ersatzwahlen nOthig, tlann nncli 2 für
Lüiior, welchi' die Wahl nicht angenommen; rlieäe Nach-
Mm entscheiden über die Richtung der Mehrheit imd da
nur I ..iberale treffi*n, sio ist kein Zweif»*l, dass die meisten
- ' - - ^ r Liberale wilhleu werden. Die Kammer
'in Monat /.usamnien. AVas die Regierung
wird, wiHm sie vermuthlich ««»lost nocli niciit. Es
it die Meinung vor. dass sie einlenken und keinen
geben wird, den t4egen9tand des Streites, die Ur-
abf^mials auf das Tapet zu bringen. Dagegen
ich nicht die Meinung derjenigen, welche glauben,
d; - — ' ^nssen Land verhasste Minister von Blitters-
u wini, iier ili*ntsche Bund winl nicht zugeben,
das demokratische Element in Baden einen solchen
f * " .ledenfall?? gibt es einen harten Kampf, der
gu; -.. .M< fönlern mus«, er mug aussehen wie er will.
Schritte der Begiemng haben den freisinnigen öeiat
Volk wieder erweckt und die eiireuliclic Thatsaehe ans
L- " "*, daß« eine bessere Generation y^iyA lebt als
1, ^n* Die bei uns unerhörte MisBhandlung frei-
ätaatßdiener, die man aus ehrenv(dlen Amtern an
<*tzte, in ungesunde Gegeiiden kränk-
ii Miirdver^mche. haben die ruhigisten
pm^rU Die Miniät^^rialerhiäse, wodurch die Männer
irerUiUfndet, die Staatsdiener unter Drohungen
wmnleu, ohne Riicksicht auf Eid und Pflicht
rifl XU wühlen, die Au^dt-hnung des Wahlrecht«
m<44^n$t4«ti Diener, Gendarmen, &>llgardisten, Chaussee-
Limte, ilie nie wählen durften uml jetzt zum
mmaudin wurrlt^i — , tli^^st» Schrirte haben der
dar Firiliett mehr genützt ii\» irgend eine BetufiiiuTig
libffimier Seite. Als die Regierung «ah^ dass die Wahlen
i. -...., Wiiti^cht* au^iicden, griff sie zu einem Ein-
<)2 Gustav Tobler.
ächüchterungsmittel, welches sie in der öffenüichen Meianng
vollends ruinierte und dem letzten Bestehen von Achtongf
das sie hie und da noch geniessen mochte, den TreS gib.
Sie liess nämlich Untersuchungen wegen Verbreitung von
Flugschriften, die sich auf die Wahlen bezogen, aber nichts
Verbrecherisches enthielten, zu Hunderten einleiten, während
der Verfasser sich genannt hat und bereit ist, vor Gericht
zu treten. In diesem Falle kann nach unserm Gesetze der
Verbreiter nicht belangt werden. Dennoch nahm man
hunderte von Männern, die bei den Wajilen th&tig waren,
in Untersuchung, mehrere wurden sogar verhaftet Aach
Majestätsbeleidigungsprozesse sind als Schreckmittel anhängig
gemacht worden; dllein sie bringen statt der erwartete
gerade die entgegengesetzte Wirkung hervor.
Es ist möglich, dass ich berufen werde, an dem pariar
mentarischen Kampfe theil zu nehmen. Freunde haben
mich vielfach dazu aufgefordert; allein es ist noch zu wenig
Gewissheit vorhanden, als dass ich Näheres darüber sagen
könnte. Bereit, dem Vaterlande, wenn es sich für die Frei-
heit rühren will, jedes neue Opfer zu bringen, hat mich
(loch ein Ereigniss in meiner EntSchliessung wankend ge-
macht. Die Gemeinde Grenchen hat nämlich mir, meiner
Frau und meinem Knaben ihr Bürgerrecht unentgeltlich
gegeben. Der Brief von Dr. G(irard), worin er mir diese
Nachricht mittlieilt, hat mich und meine Frau tief ergriffen
und gerührt. Eine katholische Gemeinde einem Fremden.
oinem Protestanten, — ich glaube nicht, dass ein früheres
Beispiel dieser Art schon vorgekommen ist, und ich mufls
mir noch einige Tage Bedenkzeit nehmen, um mit Buhe
antworten zu können.
Das Unglück, welches Dr. Siebenpfeifier betroffen,')
ist in doppelter Beziehung höchst schmerzlich. Einmal,
weil OS der freihoitsfeindlichen Fraktion in Deutschland und
der Schweiz einen Triumph bereitet; dann aber und haupt-
sächlich wegen des unglücklichen Mannes selbst und seiner
verlassenen Tochter. Sie haben die zu Grund liegenden
Leidenschaften gewiss richtig erkannt, allein zum Ausbruch
*) Er war geisteskrank geworden.
Italh^v Üritfe m Dr. J. R« Schneider in Berti (1937—1843). 93
1 dus Übel doch wohl durch <lie polizeiliche Aaswinsiing
bb^npfitiflur« 1109 Freiburg; «oinit hat unser© Begiemng
rlfick 20 ihren übrigen Sünden auf dem Gewi^ßon.
I Frt^and, venüijjutju für Ihre vverkthatige Theil-
n« an dem 8chick«ale des unglücklichen Mannes den
^ Menfichenireundeg ; es wäre schlimm» wenn die
I in Bern dies nicht erkennen würden* Die gnt4ö
kU*r Komelie wird wohl ihren Verwandten Ln Freiburg
ÜvnkÄt von Weisseneck) NacJi rieht gegeben haben?
In den nächsten Tagen kehre ich wieder nach Bchwotz-
^surück und erwarte dort Briefe, deren Inhalt (iber die
litng miiiner uächölen Zukunft ent^clieidiMi wird^
nämlich, ob ich ein Paar Monate früher oder später
ad der freien Jlänner wiedei'sehen werde. Ich kann
^^ • f-*-*t druck nicht besclireiben, den gestern, als ich
\H*r 1 hieher hihr, der Anblick der AJpen auf mich
|! Heiit^^ werde ich in^s Tliurgau spatziren gehen,
I mder einma] freien Boden unter den Füssen zu haben.
Kurlsrahe. 12. Juni 1842.
pftrl^W«« Schreiben nebst Beilagen habe ich in
dngaii noch erhalten« als ich gerade vom Bodensee
icelirt war; bald darauf kam meine Ernennung zum
ilttrtim von KonstAnz; ich reiste hieher tind fand vollauf
[thon. i^ ^ umiere Ltuidtagszeitung zu organisiren,
in üi ., iv.4^imeru selbät^
Haine Wahl brachte die Herren all© in Harnisch. Ein
di)tt «ie auf das Blut verfolgt, dnir in der Schweiz
diiM>i9>i Land und seine Institutionen liebt, diesen
' »^ ' « T\ imer zii sehen, war ihnen ein
K 1, worin die Feinde alh^s gegen
anflxiteai die Freunde mir treu zur Seite standen^ ich
' Miten AnschuMigangen vernichtete und
. ' ' gogvtt 12 Stimmen als AV>gcord neter an*
94 Gustav Tobler.
erkannt \^iirde. Ich habe Satisfaktion für alles, was die
Schurken mir früher angethanJ)
Die Verhandlungen habe ich Ihnen, lieber Freund, unter
Kreuzband gesendet, weil ich glaube, dass es Sie interessiren
wird. Roschi, Grenchen. die Schweiz spielen darin eine
grosso Rolle.
Allein die Regiening ruht nicht. Gestern ging vom
Ministerium dos Innern ein Schreiben nach Bern und Solo-
thurn ab. Nach Bern, um Auskunft über die Geschichten
von 1830, nach Solothurn wegen des Bürgerrechts.') Die
Schreiben sind so höflich abgofasst, wie noch nie von der
badisclien an eine Schweizor-Rogioning geschrieben wurde.
Der Zweck ist, wo möglicli etwas Nachtheiliges gegen mich
zu erfahren. Sie sehen, lieber Freund, ich bin gut unte>
richtet.
Es fragt sich nun, was Bern thun wird. Ich hoffe, es
wird der Wahrheit die Ehre geben und erklären, dass die
mir schuld gegebenen politischen Umtriebe in Wahrheit
nicht bestanden, dass ich mich mit nützlichen Dingen he-
schäftigt habe. Thut Bern dies nicht und kommen Lügen
ä la Roschi zum Voischein, so habe ich Aktenstücke genug
in Händen, um si<^ zu widerlegen und vor ganz Deutsch-
land an den Pranger zu stellen. Aus den Verhandlungen
worden Sie ersehen haben, dass alle Ehrenmänner in der
Kummer mir zur Seite standen und so werden sie stehen.
Von Ihnen, lieber Freund, bin ich überzeugt, da.ss Sie
nicht (hirch die glatten Formen eines badischen Regienings- |
Schreibens sich hinter das Licht füJiren lassen. Sie werden
das Schhingengezüchte erkennen und nicht in die Falle
geht»n. Sugen Sie aber auch Ihren Herrn Kollegen, um was
es sich handelt.
Wenn es Ihnen m("»glich ist. so bitte ich Sie, mir ent-
wt'der eine Al)sehrift o<ler einen Auszug des Miuisterial-
Schreibens zu verschaffen. Jedenfalls aIxT mir zu melden,
*) Die Kiinimerdcbattc ln.'trcfVend dir Validierung der Wahl Mathys
steht in der Landta^s-Zeituiitr vom S. und <.). Juni.
'^) Das war otVenbar nur ein Gerücht — soweit es die Anfrage in
Hern betritTt. Denn weder in den Verhandlungen des Reg.-Rates noch des
iliploni. Departementes findet sirh eine Spur einer derartigen Anfrage.
Karl Math>'s Briefe an Dr. J. R. Schneider in Bern (1837— 1842). 95
iras man in Bern in der Sache thun will. Sie können von
neiner Diskretion überzeugt sein. Es ist ein Kampf der
guten Sache gegen die Volksfeinde, hier wie bei Ihnen. In
1er Kammer stehe ich fest, die Feinde richten nichts aus;
ich werde ihnen ihre ganze Niederträchtigkeit demnächst
schlagend darthun. Die aUgemeine Stimmung hier ist ganz
zu meinen Gunsten.
Soviel, lieber Freund, in aller Eile. Meine Frau ist
noch in Schwetzingen und ich habe viel zu thun. Die Ab-
theilung der Kammer, in der ich bin, hat mich in die
fiodgetkommission gewählt, ich habe also Geschäfte genug
für den Landtag.
Leben Sie wohl, empfehlen Sie mich Ihrer Frau Ge-
mahn, Herrn Fetscherin und Kasthofer, herzlichen Gruss
in Weingart Bald mehr von Ihrem treuen
Karl Mathy.
Beiträge
zur Baugeschichte der Römischen Theater in Äugst
Fritz Frey.
Im vergangenen Monat Mai 1906 sind die seit 1893 sozu-
sagen ununterbrochen vorgenommenen Ausgrabnngsarbeiten
an den Theaterruinen in Äugst zu einem vorläufigen Ab-
schlüsse gebracht worden. Über den Stand der Grabarbeiten
wurde periodisch, u. A. in den Publikationsorganen der
historischen und antiquarischen Gesellschaft berichtet ^) Aus-
führlicher und die Resultate der Ausgrabungen im Gebiete
von Äugst von 1877 — 1902 überhaupt in Eürze wiede^
gebend, geschah dies durch Herrn Dr. Th. Burckhardt-Bieder-
mann im zweiten Bande dieser Zeitschrift
Das wichtigste Resultat der bedeutenden Ausgrabungen
war bekanntlich die Feststellung dreier von einander gftnz-
lich unabhängiger und zeitlich wohl ziemlich weit auseb-
anderliegender Bauperioden. Auf ein ursprüngliches, allem
Anscheine nach wohleingerichtetes Theater folgte nämlich
als ganz selbständiger Bau eine kleinere amphitheatrcUütke
Anlage, die wiederum durch einen viel bedeutenderen
Theater-Bau abgelöst worden ist. Der relativ gute Erhal-
tungszustand insbesondere der Ruinen des letztgenannten
Baues ermöglichte es, wertvolle Detailstudien machen zu
können. So wurde schon vor Jahren die Vornahme ver-
schiedener Reparaturen festgestellt, wie die Höberlegung
der Treppe längs der südwestlichen Abschlussmauer des Zu-
schauerraumes, die Erstellung von Strebepfeilern an der
Nordwestseite des Baues u. s. w.
Bis in die neueste Zeit fasste man jedoch diese bau-
lichen Veränderungen, wie schon gesagt, als ReparcUuren
auf; eine konstruktive Entwicklung des ganzen Theaterbaues
1) Soviel mir bekannt ist, wird aus berufener Feder baldmöglicfast eine
grössere Publikation ül>cr die Theaterausgrabungsarbeit in Angst endieinen.
ßatrjicc .rar ßaugcu'hicbte iler Romiicben Tbcntcr in Äugst.
97
aiefat vonetiliegeii; man hatte vielmehr den Eindmck,
fast allen Teilen tnonunientale Buu sei da.s Produkt
wohliinrchdftchten Planes und daher wie ans einem
emiellt«
\^H l>ngt*r<T Z«it mit der Anfiuibme und zeichner-
IQ nanit4*UnDg von Eüizelheiteu <ler Augf^ter Theater-
^ind mir nach und mich an verschiedenen,
^ rjode gerockueten Mauerresten gewisse
[ituiisl]chk<>iteii anfgefalten« die mich zu weiteren Nach-
en anregtim. Das schli«*3HHche Ergebnis dieser
war, wie ich gl an bo. die FeststeUunfff dass def jüngste
üierbau kein einheitliches Games darsteUf ; vielmehr haben
Im Produkt eiiior langen bauliehen Entwicklung vor
i V li melirere Banpcrioden nachweisen hissen, von
I Bau in wenentiieht^r Form erweiteite. Gleich-
wird mnn in Zukunft nicht von einem vierten, ftinften
io und m Welten Theater sprechen können, da mit
ame der ersten keine der zahlreichen Bauperioden
gians »itlbsUriiligin» Bau heivorgrbrucht liat, wie dies
|4«i bisher bekannten drei Bauperioden der Fall ist
beim ältesten Theatt^r konstiitiert wurde, tla^s ein
itJilCf^iifnnden hat,*» so künnte nian da von den
In ttnd Ib reden; in gleicherweise dürfen wir das
Jifhe Amphitheater — das (iladiatorentheater —
IIa bezeichnen, der dann mit dem Einbauen
venneintliehen Tierzwinger die Periode Hb folgte,
dienen BejceirJinungen wird man nun beim jüngsten
Imui die Pi^rioden Hla. nib, Illt . TlTd. nie und
V Bdiftb&Üicii geht itt iltc Tirpp« in der Mitte (ilcr A\c) den Theater«
ll*ttir«rk Ao, An xwei Stellen 4ic«er Tn?p{>c fiudeu sich &oge*
ISi4e»tt r€»r, Voa din«ti Robeplätscn fiilirtcii Scitcntrcppcii nach
tptiief!itt!tioiies^, die im atl^cmcineu die SUzrcihcu der Zuschauer
•rh»ed«fi. Bei den ntwirri Seite» treppen i<it wohl lu erkcniien,
erm jHUucni de» Mittclg;mges ^l'enadc UI c) eine VermAUcriiiig
Aiilitttf« bewirkt haben. Die unteren xwei Seitentreppen sind
schon früher kusciert worden, da die Seiten mauern der
Mfcpf« hitt kerne Otfnun^tMi mehr xcigcti. Dieser untere, nur wenige
9mn d«ati «4«i oi»rfri% Seiten treppen entsprcrbcndcn Cnuloir emfernlc
mmnht k* %irllncht mit Sitzreihen venehen, was die frag^
< wiirtlf.
t Cktch. ttii4 Altcnum. VI, L
98
Frilz Frey.
vielleicht noch eine Periode IHf zu unterscheiden haben,
E8 darf uns ja nicht ho sehr überraschen, an einem Bath
werke, das in seiner uräpriin glichen Gestalt ^ Periode lUin
noch im ersten nachchristlichen Jahrhundert entgtatida»
sein kann, und an dem die Vornahme von umfangreichen
Bauarbeiten (Periode Ille) letztmals in etwa kon^ant inischer
Zeit nachgewiesen ist, die Spuren mehrfacher baulicher
Tätigkeit zu finden* Scheinen doch zwischen den Perioden
nia und nie gegen drei, zum Teil für die raurachiachl
Augusta stürmisch bewegt« Jahrhunderte zu liegen!
Diese kurze Erklärung glaubte ich geben zu sollen,
bevor ich versuchen möchte, meine gemachten Beobachtungi^n
an Hand einiger Zeichnungen und photographischer Ds^
stellung«^n zu skizzieren und zu erläutern. Die Zeichnungen
stellen ausnahmslos nur Bauteile der jüngeren Perioden
tlHa u. 8. w.) df*s Theatern dar. Die zahlreichen Mauerrest«»
des ältesten Theaters und des darauffolgenden AmpbitheatefS
sind ganz ausser Acht gelassen worden, zur Erleichterung
der sonst etwas schwierigen Orientierung. Die Bedeutung
der hauptsächlichsten Baxiteile darf wohl als bekannt voraus-
gesetzt werden. Gegebenenfalls bediene man sich z. B. der
bereite erwähnten Publikation von Herrn Dr. Th. Burck-
hardt-Biedennann. die durch die Beschreibung der Augster
Theater eine Erklämng der M-ichtigsten Einrieb ttuigen
antiker Theateranlagen enthält.
Das Amphitheater war bestimmt ausser Gebrauch gesetzt^
als die Cloake^ w**lche tlie Arena in der Richtung von Süden
nach Norden durchkreuzt^ erstellt wurde. Andererseits kann
damals das sogenannte jüngste Theater noch nicht bestanden
liaben, rla bekanntlich durch die Erbauung der südwestlichen
Scenamauer eine Korrektur (teilweise Umfühningi der Kanal-
leitung notwendig wurde. Also, nnisste man annehmeiit
hat eine gewisse Z^it hindurch an dieser Stelle gar kein
Theater existiert. Ich halte diesen Fall für unwahrschein-'
lieh. — Es war zweifellos eine Zeit des Aufblühens der
Stadt, als man die grossartige Wasserzuleitungsanlage aus
den sluntlfiiweit f^ntfeniieti. siidlich von Augusta gele|
Beilrägc zur Baugesckicble der Römischen Tliealcr in Äugst. 90
Jumtälern i^rstellte,*) Hainl in Hand mit der Erbauung
dieser Waeser^i/leitimgen miisste in der Stadt wohl ein
System von Wasserofeleitimgen zur Fortscliaffung des ver-
brauchten Wassers erstellt werden. Als zwei der wichtigsten
dieser Cloaken erscheinen mir die beiden aus dem Weich-
bild der Stadt kommenden, die natürliche Senkung zwischen
denj Theater- und Schönenbülilhüg»?! beniUzenden Wasser-
läafe, die sich in der Nähe des süillichen Caveabomea des
Theaters zu einem Kanal vereinigen, der in seinem weiteren
Verlaufe noch zur Kanalisation des Theatergebietes, sowie
*) Die Gepflogenheit der Römer, Ym ihreu festeti Niederlassungeti iu
^ groc«artiger Weise fSr die Zu- und Ablcitiing voa Wn«$«r zu sorgen,
indeo wir awch in Äugst geübt. Seit Jahrhunderten kcunt maD mehr oder
wtBigbT bestimmt buteude Nachrichten iilier die der Ergolz entlang rührende
Wacierzuleitungs^intage. So vermutet Daniel Brückner (Merkwiiniigkeiten der
laft BsiseX XXtIL Stück, Seite 2807 u, ff.), dass der Anfang des Aquae-
«Litktcft zwisehen den Ortschaften Gelterkinden und Bockten zu suchen sei.
icre^ zum Teil neuere Berichte toi^sen den Wasäerkanal gar in der Nähe
Rothenfliih beginnen. Es wüte sehr zu begrüsscn, wenn in den in He-
cht IjiHcndeo OrtBchaften der Sache etwelche AufmerküLimkeit geschenkt
f, t* B. durch Überwachen von Grabarbeitcu, KeUcrausgrabungcu etc.
dt&zu r$t erfreulicherweise schon gemacht, indem der Verkchrs-
Vefsdidneruog^verein in Liestal es unternommen hiit» mit Bundessub-
eia Grundtttück am Abhänge des Schlcifenbergs, daä von der Römer-
^fleilung durchbogen wird, anzukaufen. Die Anlage soll nun in bc-
mitT Weise zugangbch gemacht und vor dem Verfall geschützt werden.
lehe auch Basellaud. Zeitung No. 17J vom 24. Juli 1906: «Römische
rsvscrleitung für Augusta Rauracorum».)
Im Gebiete der alten Augusta Raurica sind bis beute KahlreicheTeilstäckc
gemauerten Wasserleitungen nachgewiesen. Herr Dr.Th. Burckhardt hat im
leCt des II. Bandes Seite 89 und.cp dieser Zeitschrift über die Technik der
Buleitung bei Lie.^tal berichtet. In ähnlicher Weise wie die^e Rehu^asBer-
wurden verschiedene Abwattsefleitungen (Cloaken) erstellt. Allein im
der Theaterruinen kennen wir eine ganze An/4ihl von solchen Kanälen.
die*e WaÄserläufe für die Erforschung der Baugescbichle der Augster rÖmi-
;d Ihcalcr von Bedeutung sind, möge darüber hier kurz berichtet werden :
Umco sich sieben Kanalleil stücke erkennen. In zwei Fällen bestehen die
ilc ganz »«s ßuntsandsteinblöcken und -Platten. Die Ausführung i>»t
ifc«f tn dpe»o ein^ii dic»cr Kanäle viel sorgfältiger ak in dem andern. Ein
Ktaäi besteht au* Kalksieinseitenmauern ; Bodeti «nd Deckel i>ind wieder
iQft Ssuulstcinplattcn gebildet. Andere Kanäle sind fa^t aus. ganz Kalksteinhand-
gebaut; die Kanaldecke ist in diesem Falle als Gewölbe ausgeTührt,
i|>lAtteu fehlen entweder ganz oder besteben eventuell aus Sandstein-
lOO Fritz Frey.
des heute „Obermühle'* genannten Geländes zu dienen hatte.
Was sollen wir uns aber bis zur Erstellung des jüngsten
Theaters an der Stätte des aufgegebenen Amphitheaters
denken? Sicherlich wird dieses nun schon zweimal zu
Theat^rbauten (ältestes Theater und Amphitheater) verwen-
dete Areal während dieser Zeit nicht brach gelegen, haben.
Als natürlichste Annahme erscheint mir die, dass auf das
aus imrijor welchen Gründen verlassene Amphitheater bald,
vielloiclit unmittelbar, ein anderer Bau zu Schauspielzwecken
folgte. Diesem Bau können aber nach dem Yorhingesagten
die gewaltigen Mauerkörper, welche die Arena parallel ihrer
Ijängsaxe durchschneiden, noch nicht angehört haben. Ich
platten. So verschieden nun die Hauart dieser K.iuäle im einzelnen ist, in
einer Bezicbunj» stimmen doch alle überein ; in der nämlich, dass sie samt
und sonders nicht j^eeij^net sind, Wasser ohne grosse Verluste fortzuleiteo.
Zur Abdichtung der Stossfugen an den Bodenplatten nnd an den SeiteQwäoden
sind nirgemls be>onderc Vorkehrungen getroffen worden. Ganz im GegeDMlz
zu der erwähnten Wasserleitung von Liestal-U<>ckten her, von der Herr Dr.
Burckhardt-Biciiermann schreibt, dass Böden und Seitenwände (letztere bis
0,85 ni über den Boden) mit einem sehr soliden, rötlichen Zeraentguss w-
sehen seien. Dies h.xtte doch oflenbar den Zweck, das gefasste AVasser
mit möglich>t geringen Verlusten dem Verwendungsorte zuzuführen. In den
Kanälen «Ics Theatergebietes konnte das Was.ser jedoch an zahlreichen Stellen
entweichen und im Boden versickern. Schon dieser Umstand schien darauf
hinzuweistfu, da>.s die Ijctreffenden Kanäle keine Wasscrruleitungen, sondern
Einleitungen verbrauchten Wassers, al>o (Moaken darstellen. Diese Vermutung
wunle /ur (lewissheit, aU man es unternahm, verschiedene ICanalteile von
dem darin befindlichen .Schutte zu befreien. Die oft bis nahe an die Kanal-
decke reiihendcn M;Lssen erwiesen sich al^ Anschwcmmuugsproduktc. Das
meiste davon war Sand mit mergelartigem Kies vermischt. Zahlreiche zum
Vorschein gek«^mnicne Knochen bestimmte man als Küchenabfälle. Audi
«lie kerami>chen Kinzelfundc (terra nigra-, terra sigillata- und gewöhnliche
Tongefäss-.SclRTben) darf man wohl mit wenigen Ausnahmen zu dieser Kate-
gorie zählen! Münzen fanden sich fast gar keine vor; wie denn Metallgeges-
stände selten waren ; ein Umstand, der sich schon aus dem hohen spezifisdien
(lewicht der Metalle erklärt. Kinzig zu erwähnen wären hier zahlreich ge-
fundene Klum4)en von Kisenrost mit Sand und Kies vermengt, die meines
Krachtcn> auf Kisellverarbeilung^stätten im Bereiche der Kanal isationsleitnogen
schliesscn la.>sen.
Die verscliiedcne Bauart tlcr verhältnissmässig kurzen Kanalstrecken
beim Th^-ater musste autVallen und forderte eine Erklärung. Es zeigte sich
nun, dass infolge von mehrfachen V^eränderuiigen am Theatergebäude teilweise
Verlegungen der Cloaken vorgenommen wurden. Auf Tafel II habe ich
versucht diese Umänderungen im Kanalsystcm darzustellen.
Beiti^ge zur Batigeschichte der Römischen Tbe^alcr in AugsL lOt
mhe jedoch, daas sich noch Reste dieser Bauperiode nach-
»isen lassen.
Genaue Untersuchungen über die Beschaffenheit der
seil halbkreisförmigen Mauer im Innern des Theater«
ön mich nämlich *lie tRjerzeugung gewinnen lassen^
diese Mauer nicht, wie bisher augenommeii wurde,
er Bauperiode ihre Eiitstelumg verdankt. Viehnehr
alte ich die mittleren Teile dieser Mauer für älter als
[die beiden auschliesöenvlen Mauerbögen. Diesen gliedern
[fiich westwärts zwei noch jüngere Maueni an, die an den
[inneren Scenengebäuderaauem endigen. (Siehe Tafel L)
Die mittleren, älteren Maiierpartien bestehen zunächst —
1 soweit sie nicht moderne Ergänzungen und Aufbauten dar-
litelleii — aus einem unregel massig dicken Fundament in
I Kalkmörtel gelegter hitutHinöaer Kalkschiefer idatiefh^ ^ Darüber
I erhebt sich die eigentbche Mauer und zwar zunächt mxs
^twa 10 Schichten roh behauenor und nicht sehr sorgfältig
aanert^er Handquadem bestell eud. Von hier ab ist das
lerwerk regelmässiger aufgeführt; und ich lasse die Frage
Uffeflj ob dieser obere Teil der Mauer nicht jüngeren, immer-
*) Die Erbauer des Amphitheaters haben steh, nach berühmten Mustern,
liivmaf beschränkt, nur solche Mauern des vornngegangeacn iiltcslcii Theaters
|2Q cntfemen, die der neuen Anlage hindernd im Wejje wareu. Alk anderr
Bauleile wurden» wie es scheiüt, bcliissen uud einC^ich mit SchuU über-
|ieclEL Dieses tmökooo mische, för unsere ForttchuDgcu freilich überaus günstige
T^ren wiederholt sich bei dcu spiitercn Bauten; dadurch blieben
▼üO deni dfK-h zicmbcb kleinen und cinfacbeu Amphilhcatcr recht au-
khnHche Reiste erhalten
Der L'm&tand nu», dass die Mauer W (Tafel l\ in ihren minieren Teilen
tcb «bf dem die Re&te der fruhereu Bauten (Perioden I und II) bedeckenden
crrictitct worden ist, bewirkte, wahrscheinlich infolge vou Grabungen
die:der Stelle (Amerbach, Scbmid etc<), eine teilweise Senkung der Mauer,
lim Jahre i8«j8 wurde die grosse Halbkreismaucr (W — 'W4) resfauriert. Um
1^ dATuuter befindlichen älteren Baureste freilegen zu können, hat man dabei
I die tQitltereo Teile der Mauer W abgetragen, eine "r*feilerslütÄkoiisimiklion als
FundameoC erstellt und die Mauer wieder aufgeführt* Photographische
1 Aufnahmen dieser Partie (vor der Wiederberslellung) von Herrn Dr. Karl
I Stciilia l2&$eti genau erkennen, dass die Mauer(echuik annähernd der in Ab-
' tUUnug 1 dargeitcUtcn entspricht. Ebenso ist aus diesen Photographien tu
mefaen, 4a&s die beiden hinter der Mauer W befindlichen Mauern D i und
rBi an die Mauer W angebaut wurden <s, a. Seite 107).
I02
Frit* Fr
hin römisciien Ursprunges ist. Der untere Teil der i
liehen Mauer weist noch die Eigentum lichJceit auf*
••inzelnen Steinlagen nach oben etwas ztirfiekweic
Mauer ist da also n)it „Anziig'^ aiifgeinbrt. (siehe Ahbl
■n.
> ■< '■:
L^l »
h
Schon dadurch nnterscheidet sieb dieser Teil der Hai
mauer von den ansehliegsenden wpBtliehen Mauerköj
{Wi und W2i, von denen weiter unten noch die Red«
wird. Eine ebenfHUs auf ein äbnlicbes Fundament
Starkem Anzug gebaute Mauer (A. Tafel J) finden
8ogen. Sül * r, nun fast ganz Überbaut von eiuütl
der 8üdw :l Sceua-Muuer S2 ^siehe Tafel I^. (J
Beitrüge zur Baiigcsclikhte der Roauscheo Theater m Äugst. 103
»Mauer jDisst heute ohne das Fundament in der Höhe
IHwa 1,65 m.) In der Technik scheinen mir nach allem
|>eide Mauern gut miteinander übereinzustimmen, so dass
die Annahme nahe liegt, sie seien ein und derselben Bau-
perioda zuzuweisen. Weitere Teile dieser Periode DI a
md wahrscheinlich im Boden mich vorhanden. Aus diesen
spärlichen Resten einen Sohluss aui die Natur des Baues
m ziehen, wage ich nicht Die Form der Mittelmauer
scheint ja freilich schon auf ein Theater hindeuten zu wollen.
kitnfcUh wurde durch diesen Bau die nun entweder schon
trsiAUe Cloake nicht beeintrachttgtj oder aber der Bau uar
ittgeMaU heschaffen^ dass die Cloake in ihrer ursprimglichen
RifMung (Tafel 11) erstellt werden konnte.
Auf diesen uns sehr mangelhaft bekannten Bau (ina)
folgte? die Errichtung eines Theaters illlh), das im Cirossen
Und Ganzen schon die Umrisse der späteren Bauten zeigt
Hierzu rechne ich folgende Mauern:
1. Die gewaltigen Sandsteinfnndamente nonliich, bezw.
südlich der sogen. Seitenräume. \0 und (/>!).
2. Daij Kanalt€*ilstück zwischen den genannten Sand-
*teinfundamenten im südlichen Teile bis zum sogen. Deckel-
nm% (D) im Südseitenraum (R 1).
3. Die an die mittleren Teile der grossen Halbkreis-
maner anschliessenden Mauerbögen (\V 1 und W2) bis zu den
Wrbindungsstellen mit den noch später erstellten Schluss*
nuiuem (\V3 und W4, s. unten K
4* Die untern engeren zwei konzentrischen Mauern mit
;uorsteg links vom Nordeingang. 1 ?
WahrscheinHch gehören die Substruktionen eines Tor-
ifigiuiged (?! ft tmd t 1) ebenfalls d^^r Pcriodo mb an.
Alle diese Mauern weisen durchaus ähnliche Fundamente
Diese bestehen sozusagen ausnahmslos aus 5 Lagen
3 bis 5 cm dicker Schiefern aus stark bituminösem Kalke,
urch den nicht gesparten fetten Kalkmörtel zwischen den
iDzelnen Schieferschichten erhält das ganze Fundament
ne Hohe von 0,20 bis 0,30 m (gewöhnlich 0/25 m, siehe
bbüdongen 2, 4 und 5). Auf diese Schieferunterlagen folgen
der Regel nicht über 10 Katkateincpiaderschichten, auf
lleatfftc^ MUT BdLtti^eiicbichle der Rfitnisdieu TbriUcr tu Aui^t IO5
▼ielmfihr darauf hin, daB8 diese ganze Partie mit*
inander, d. Ii* gloichz^^ittg erstreik wtirde. Das Eanalteil-
töck wEm dann nh Ersatz für d»?n durch die Erljitunng
Quaderfiuid&BifMiie hio fällig gewordenen ursprünglichen
lal df»n ich lair vom ^Deckeletein" (D) im Südseiten-
lig nach rückwärts verlaufend vorstelle,
I( mir zwitschen den beiden grossen Sandstein-
lenteti [0 und 0 l) im Norden und Süden des Theaters
" fi*äud«% wie solche lange Zeit bei
lieh waren. Die eben erwähnten
^tnmiMsen wären dann als die Fundamente von dazu-
^d^o massiv ersb^lten Aufstiegstürmen mit vermut-
Onindri^ rechteckigen Wendetreppenanlagen auf-
»M* Solche turmartige Aufstiegs^orrichtungen finden
gPwAhtüicIi an den Flanken der Scenen- oder Bühnen-
' ' ' römischen Theatern vor, <VergUz.B,
inrti
iidall»
HOdlicb des Nnrdein ganges freigelegten unteren
ti Mauern zeigen als <larchgehendt^8 Fundament
. .,o sehr soliden Schieferschichtiingen, Dagegen
hiiT <lit^ för die spütem Perioden so charakter-
^Muorquerstege'* im allgemeinen zu fehlen und ich
' *^ ht für erwiesen annehmen, dass beim Bau
• Tonti*ni^i*w5lht*sfat2,syiitem Hchon Anwen-
sfunden hat.
rir ' r auf eine Reihe von Maueni, die
...,..,*: aus fünf Lagen von bituminösen
ides Fundament aufweise n. *) Diese Fun-
bowccIttPit die trimischeti B;iukiitv*itlcr mit der VcnÄ'cndimg
K^lkK^iererm' Schrieben si«? «licsetii Malcriale etwa eine
^ Maau^Q %oc lini »clu«! liehen Einflüssen der Feuchtigkeit schätzende Wir-
^^ fij t in drr daUiich durchforschten, mir xu-
th^Mh :,r^ uicbi ijefuodcn.
AwMKT MI um f'^andAiiienten der Mnuern der Fhcaterbanten nt;i» Ulb
iMi Dir kottitfc Uh in AQ|p»t noch ixn keinem romischen Banleil den bttn.
•niiiiiia Kjüluckicfrr irerwetidct ^ndeu«
Dm» ßtrad»' lu drr aufejrianttcifol^'ciulrn Perioden IH »♦ b a c
ftaiifliaiM Ml* sl < n M;iifrt.il heMiActi, nti^^r vielleicht andenteii, d»N
4mm rcrinieo leilticli nicht g;if wvii auwi*infindefbc)£en.
, /V^^ *" ivx't
iTir K Siriihtn in f.t<rstAS i&t diese«
io6
Friti Fl
daiiient-e sind jedoch etwas ander» und im aUgememeii
so sorgfaltig ausgeführt, wie diejenigen der vorbesproc
Mauern (siehe Abbildung 3i.
TektibbÜdung 8: Rechts: Mauer S 3 d«r Periode 111 c ;
(S. «. latt] 1).
links : M«uer V drr Ptrtoi
Fast scheint es, al« seien die nun äu bespri^cii^u
Objekte einfach als Ergänzungsteile der vorangt^gatii
Gestein m\ einer Stelle am Khcinufcr, etwa hulbwe^« iwitsctieu Aug
Rhciufcldciif atifgeachiossen. Id der Niibc »oll in romiiacher Seit jii aq
Sandstein bnieb betrieben worden sein. Die Vermnlung fiegt daher i
die betrcflTcndcii Materialien von dieser StHle Btainmen« In den Oii
Angibt ii^l der intuminösc Kalk-Schicfci nicht au^trheml. {VeigL auch)
Irägc lUT Kenntnis der Stratigruphie des ßjislef Taicijlliu'*. ÜiöuguniUDl«
von Or. Kart Strübin» Basel 19011.
Bcititge züT BäQgeschiclitc der Römischen Tbeater in Äugst. IO7
Periode aufzufassen. Es wäre ja möglich, dass aus Mangel
an Bütte In infolge kriegerisohen Vormcklungen oder andern
Gründen der Bau nicht glüich hat fertig erstellt werden
köimen- Wie dem nun auch sei: die nach benannten Mauer-
körper wird man der nun folgenden Periode irilc) zuteilen
müssen :
1,1 die beiden mächtigen Mauerkörper (Sl und S2) nörd-
lich des Aufstiegturmes im Süden des Theaters,
2) Das KanalteiLstück zwischen diesen zwei Mauern
iTum ^ Deckelstein ^ im Südseitenraum bis zur Einmündung
in den alten Kanal, westlich der Orchestra (Oj reichend.!
8) Die Gegenstücke 1 83 und S 4) zu den unter 1 genannten
Maaem \ im Norden des Theaters mit den Quermauern (C 1 — C 3>
ua toseeren Ende des nördlichen Seitenraumes R2)J)
4) Di© Seitemnaueni des M^ittelganges (D 1 und D 2),
ftindiert neben den Einfassungsmauern der Treppe des ersten
Theaters (Periode la).
5) Gewisse Teile des StützsysteniJ^ am Umfang der
Cavea, so das abgebrochene Tonnengewölbe (E) beim
inneren Tor des Nordeinganges (F). wie auch die beiden
konzentrischen Mauern davor.
Zweifellos sind auch aus dieser Periode noch mehr
Mauerreste vorhanden. Durch geeignete Nachgrabungen
Hüd genaues Untersuchen der Mauertechnik könnte da wohl
noch manches sicherer ermittelt werden. Vom fertigen
Baa dieser Periode mache ich mir etwa das folgende Büd :
Die vier mächtigen Mauerkörper iSl— S4) in der einstigen
Anena bildeten die Grundlagen des Scenengebäiides, das
flankirt war durch die bereits erwähnten Äufstiegstürme, ^)
*) Die Müucrti C i und C 2 roüsseo ursprünglich höher gebaut gewesen
•tili. Später wurden sie teilweise abgebrochen, wie an den Mauern S5 uud S4
noch deatlich ersichtlich ist. Was wurde dadurch bezweckt und in welcher
rmo4e warden diese Umäoderusgei» ausgeführt?
*♦ C*rcnaucre (Überlegung icigt, dass der Abstand von ca. 15«25 m» der
die üordliche» und Hidüchew Sccnamaucm (S i — S4I von einander trennt»
k*toe willkürlich gewählte Grösse darstellt. Wi\s veranlasste die Erbauer
tlioer grossen MauerlcÖrper den ursprünglichen Kanal teilweise zu über-
nwieni und dafür einen neuen Kanal zu erstellen (Tafel I und II)? Entweder
[4ie firfürclitungt das Kaualgewölbe sei der schweren Last der darüber lie-
Ifradftn SA^oamauer (Saf nicht gcwach«eDf oder aber die Meinung, der Ab*
I
^
Vor dieftam Q^biadey Mlbstredead nach der Seite der Or*
chesfn rO) hin^ erhcJi sich die Bahne. Diese winL m
Gblich, ackern der Akustik wegen aus Holz bestanden haben
Dtmiii dttffte man aber auch nicht hoffen^ genau bestimiD«
bare Reste dieses Theaterteils zn finden. Die Cavea hm»
wohl etwa den gleichen Radius wie die caveae der späterea
Perioden : dagegen wird sie in der Richtung nach Westen nicht
ao weit wie diese gereicht haben. Ich vermute vielmehr, dm
sich die beiden westlichen Abschlussmauem des oberen Zti»
Schauerraumes einige Meter östlich von den jetzt freigelegt^u
jungem Mauern befanden. Dort müssen sich aber die ge-
wiss stattlichen Caveaabschlussmauem des ältesten Theaters
< Periode lai i^efunden haben, und so wie der Mittelgang H
(Periode lue > teilweise auf den Seitenmauem derTheatertreppe
(Periode lai erstellt worden ist. werden die nunmehrigen Cave»-
abschlussmauem das frühere Mauerwerk als FundaiseDt
benutzt haben. (Diese Vermutung wäre durch geeignete Grab-
ungen« — Minierarbeiten — auf ihre Richtigkeit hin zu priifea
Der breite Durchlass »H) in der Richtung der TheatPJ-
axe diente einmal als Zugang, Andere Eintrittsgelegen*
holten mögen an den Abschlussmauem der Cavea und vi«!
leicht an deren genindt^ter Aussenseite bestanden haben
wi&stei CTtthaUende Kanal konule ciuc scbadltcbc Wirkung auf «las iiafSbcr
beüttdlicbc Mauerwerk au£iiL>eD. (B«t Vitruv kann man z. B, ähnliche uar
Bedenken ßndcnj TItii »oiche» Bedenken «cheint wirklich be&tandeQ «a lubcB
Denn die »ödwcsiliche Ecke (a) der äu&icrea nördlichen SccoamAuer (S
teii^hl genau bi& au die Seiteumauer des Kanals. Eine VeHauf^erung dies
Mutier UAch der TbcAtcraxc ^X— X) hin, häuc auch hier eine Eatfennoi
und Verlegung dei Cloakc zur Folge gehabt und dies wollte man offeiibl
vermeiden. Nachden» so die Distanje der nordlichen (äusseren) Scenamaw
^^4) von der Thealeraxc gegeben war, erfordcrlc c* schon die Symmetrie, d
enliprccheudc »iidliche Mauer (S 2\ in gleicher EntfemunR von der Mitti
Imie »H erbauen. Wire die Clo.aketiiml;igc gnr nicht vorhanden gewesen, i
wurden die Sccnaiiirtucrn (S2 und S4) wobl in den Fundamenten aneinandi
gebaut worden nein, wie wir dies in den meisten römischen Theatern finde
Die Autfiihrunj: der w est lieben Sccnamauer mag dann die der ÖätUcben Maue
ltör|ier {S t und S J> bccinflusst haben. So muss man «ch in der Mitte di
mächtigen Sicucugcbäudcs wohl einen reinen Holzbau denken* Gerade i
dieter Stelle kamen &. Z. bei den AusgnkUung&arbciten belriichtlichc
ADÄAmnilunjjcn xum Vorschein, was die vorhin geäusserte Anscbauting
tlütieu k«.n»le.
Beitfifte cor Bauifcsdiicbtc der KÖniischco Thciucr In Aug6t. 109
UHi d<*r Cftvea und dem Bühnengebäudo dürfen wir
H&ter UmütÄtidoii, nach Atialagieti, tu die Orchestra
ido V H*M di*nkpn. Daö wärt» t^in Bau, der ein«>
All. .:. !t mit dem bekannten TJieater von A-spendoi*
. b^tte« 1; VergL z. B. I Jclrpfold und Reisch : Das griechische
r, Athtm 1890, B. 387 n. a. ik St4>Ueuj
Di<? nttttmehr folgende Pha«e unseres Theaterbaues
n'ahnu'beiulich njit der eingetretenen Notwendigkeit
amfangrcichim B«movatiün zusammen. Dabei wurde,
OS «cheint. zugleich der Zuschauerraum vergrössert.
clmnUcteriittiscben Merkmale dieser Banperiode sind:
"L Die VerlÄiigerung der Cavea:
m) im «ngern, inneren Teil bis an die östlichen Mauern
dt^ Scenengebäudes i S 1 and S 3) :
i^^b> im weiteren^ äu^ssem Teil: um einige Meter nach
Warten durch die Eri^tellung neuer, teilweise norli
#*rlialu*ner Cavea-Absehlussmauem (G 1 & G 2i
F|. T „ . H ,^ ^,j^^^ Treppen längs dieser neuerstellten
» Idiiiäsmauern.
Diia Einbauen zweier weiterer Zugänge »Nord- und
Südgang) je in der Mitte zwischen dem Gang H
und den beiden Cftv^eaabschUissniauem.
9T Wiederaufbau gewisüer Teile des Stüt«systemft
der Cavea und damit im Zusammenhang:
Die Er^* ii.^. - y,^|^ (^J^f Stri*bepfeilem an der nörd-
rlicihen »^ite deü Theaters. iP 1 — P5.>
Wohl in dieHe Zeit fällt die Erstellung von nacJi den
Ultzen fahrenden Treppen zwischen den
.u£t nlIl-^Lhen Mauern zur Seite der drei radialen
i*Ji Milrglich i»t (^s aber^ dass da» Einbauen dieser
«f»t in der Folgezeit vorgenommen wurde.
Auch hier durften geeignete Nachforschungen mit dem
„,t ^,..^..^.. A "^ 'if-spuiikte !iefr»rn,
Ai -'T Periode III d stellen wieder einen
i*itlirhrn Typu« dar.
ait^f-mrtni? Anort)iiuD|* dieser Trepinni ksl stm deuthchsten atts der
htf «Dsit rTimiM^bc Thcatci «1 Aiigufla RanHca" von
I lO
FrlU Fr
Das für die früheren Bauperiodiin so chamktpmt
Schieierhmdaraent fehlt hier ganzlich; dafür treffen
unterste Lage jneistens eine St^bicht mehr oder wf»l|
reinen Betons an. Dann folgt in der Regel eine
TcxUbblldung I: Vcrbiiidungssulte der Mauern W I I rechts) und WS
der Perioden Hl b und 111 d (S. Tatet I).
rolle, vortretende Steiuiagc (Kalkstein*. lian anfgeli
Manei'werk ist sonst aber in sehr sorgfältiger Weise ai
führt; und es iat beachtenswert* daäs die Mauern
PeriiMlo dort, wo es anging, tiefer fundiert wurden, als dii
früheren Banperioden (»»ehe 35* B. Al)bibliingen 4: und h
■4
1
»nr ßsiiiiEescbklite der KontisclieQ Thcftter in Aug;it.
I t I
luten, lins frühere Theater habe durch ein
Schaden erlitten und die nunmehrigen
Mf»fi cf " ^ Mflach t gewesen ^ das Neuzuschaffendo
:££
51^
JS s o
::2
dieser flbemiis Testen Bauart \Ä^rden im Lauf^
»noch vorsehiedene Massnahmen notwendig, die
lg g»*rdhnij*ter (Sehändrteile bezweckten. Sn
die rechteckigen Hühlräum«^ zwischen den ein-
rrütt^^en der konzentriechen Mauern au der Noril-
les Baue» tnit Kalksteinbrockeu und Mörtel aus.
All ilrn h«'i<lrii (^HVi»iihörM**r!i «»rlKilipti swh
Frit.
EiDinauerangen ahnlicher Natur zwischen den £ltorc*fi
körpern J und J 1* Verschiedene Anzaicheii lassfm überli
orkennoii, dass zahh'eich»:* ältere Maupni darrmls :^
wnnL IL B^'/tMchinnHl ist dabei dio parti<^llo Virw
TcxUbblldurtg: ö: Treppen^nlrittruniinmenl K iler FerloUr lU c,
MfebAut an die bedeutend (iefer reichende C<ive«db»cli1us$mittcr der Pertode li|
{$. Tafel 1)
Kalkmörtel luit Zusatz von Ziogelklniu^chlug als M(|
mörtel — Au« der gleichen Zi^it scheinen aber auch eiuij
liehe Verändi^rungoti zu stammen, die mit einer abemiAl
\''ergrössemiig desZuschauernuimes im Znsainnien hängst^
könnten. Wir findt^n *lio erwähnte Troppo im de
BcrtträfCP iiir Bans^ebichlt der Römischen Tbeatcr in Aug&L i i.i
CAVe>alion)*MAner darcb einen neu»3n, etwa 1.20 m
Itef^ndon Aufstieg er8et«t. Noci ist davon der Fun-
^'>tz (K) ^fliehe Abbildung B) mit einem Teil
\i ., ,. i rcppentrittes vorhanden- ^i Im entsprechenden
liehen Teil des Theaters muss eine ganz ähnlich© Än-
ag volljcageD worden sein. Ist doch auch dort das von
tlinban bcrrührentlH Treppenfnndament (Klf, wemi
weniger gut erhultc^n, zxun Vorschein gekonanen,
|All4^ dieüo Mauc^ru weifiou im Gegensatz zii den früher
ii^beneci die Etgenttlmlichkeit auf^ dass ihre Aussen-
1 -i " an, da sie ans dem ehemaligen
^^1^, tiilatte, regelmiissige ist. Besonders
diee aa der Südwedtecke der Cavea erkennbar. Denn
t\ rot bemalten Mnrtelfugen beginnen
-M übergfingsstnllen. Es sei hier erwähnt,
diu Anbringung der rot^n Fugen an den dem Auge
»n Stellen am ganzi^n Bau erst in dieser Zeit; d. h.
der ErstoUung der jüng»:^rnn Caveahomtreppe vorge-
wnrden sein kann, wie ich a. a. 0.^) ausgeführt
ii» breite« hnfeisenförmige Mauer <T), die als Binde-
te ' ntlichen Zuschauerraum und der
%\..^ ..... . . ilu kann^ halte ich ebenfalls für
lukt der ßauperiode Hie. Denn die Bauart dieser
t«i diiio solche, dass sie mit keiner der in Frage
lendim frftheren Perioden in Einklang gebracht werden
Wohl abt*r entspricht sie ganz dem letztbesprochenen
w«fm wir b^^rücksichtigen, das» diese Mauer, abge-
von dem S«ndstf^inplattenbelag ganz im Boden ver-
,war \j»ii4ie Abbildung 3, links). Die Erstellung
aer kann meines Enu^htens nur den Zweck gehabt
da« NivBan der Orchestra um etwa 1,6 m zu erhöhen,
T •üdiichwn Ca%CAAhi^itis&mAner sind heute Doch recht giU die
laMr Tft|ipea^A|Ccn tu et kernten.
• Tcriuuk i; * ^ ■ iMinK der Mnttrlfugrn ati rotniit^hro >fauern m
fU^tTKA. t; AO der iit beuten Hifctiplvcri^imnilmig de* VeT-
Wefti* nt%i\ S^uddcttUchcr Vereine für Romisch-Gemiant&che Altertnms-
SA«el iQCiO)
IT. I* QwKk, und Mi^rtum. V 4. t 8
I 14 Fritz Frey.
Eine Reihe weiterer Erhöhungen . finden wir aber noch an
folgenden Bauteilen:
1) im Nordgang ( F) wurde die untere noch vorhandene Sand-
öteinschwelle ca. 1,40 ni hoch überdeckt und das Niveau dos
Bodens im Gange ebenfalls entsprechend erhöbt
2) Durch die Höhernahme der Caveahomtreppen wurden
auch die Zugänge zu den Seitenräumen und damit die
Böden dieser Bäume selbst um ca. 1,20 m höher gelegt.
B) Muss die grosse Halbkreismauer (W bis W4:) um etwa
1,30 m erhöht worden sein. Jedenfalls musste das Couloir,
«las wir uns hier zu denken haben, diese höhere Lage e^
haiton.
Auf dieses Couloir führte an der Mündung (L) des
Nordgangos (F) höchst wahrscheinlich eine Treppe von
fünf Stufen r-^ ca. 1,20 m. Die unterste dieser Stufen ist
noch vorhanden iL Tafel Ii. Beim Südgang (M) ist der Ein-
gang (N) heute noch ca. 1,24 m. höher gelegen, als die 0be^
kante der Halbkroisniauer. Es ist femer zu beachten, daa
l)('i der Annahme eines Steigungswinkels des Zu8chaue^
rauni«»s von 31" — i siehe Abbildung 7> entsprechend dem Nei-
gungswinkel der bei der Orchestra gefundenen treppen-
wangenartigen Sandstoine — das mittlere Couloir ebenfalls
um rund 1,20 m erhöht gedacht werden muss. Dabei ist
njicli Analogien angenommen, dass die Sitzreihen etwi
0,80 m über dem untersten Umgang begonnen haben werden.
Hei der Ifündung (P) des Mittelganges (H) lässt insbesondere
der Zustand der nördlichen Seitenmauer (Q) erkennen, das«
das Couloir daselbst eine höhere Lage, als sie die grosse
Hall)knMsmauer aufweist, gohabt haben muss. Schliesslich
douti^t auch die Kichtungslinie der jüngeren Südcaveahorn-
tn^ppe. die noch verfolgt worden, kann auf eine solche höhere
Lag«» hin.
Wjis s<)ll(»n ab.M' all di<^s(^ Erhöhungen? Ich glaube,
man halt«» di(» Absicht, den Zuschauerraum etwas zu ve^ ^
;2:n)sscrn. Ks mag dies, wie schon bemerkt, anlässlici
durchgnMf(Midt*r Renovationc^n am ganzen Bau geschehen
sein. Unter Beil)ehaltung des bisherigen Steigungswinkels
der (l'avea, konnte eine derartige Vergrösserung eben durch
Beiträge zur Baugeschichte der Römischen Theater in Äugst. 1 1 5
e ErhöhuDgen bewirkt werden. Es ging dabei in der
Q Orchestra allerdings etwas Baum verloren; dafür ge-
i man mit den neuen oberen Sitzreihen um so mehr Platz.
naher liegende Erklärung wüsste ich gegenwärtig in
lg auf diese überall einen ähnlichen Wert ausmachenden
»hungen nicht anzugeben.
Diese letzte grosse Renovationsarbeit ist Uank vieler
elfonde annähernd datierbar; sie muss in etwa constan-
cher Zeit geschehen sein. ' i
•* SoUte dieser Umstand nicht jj^^cignet sein, die unklare Stelle bei
ianus Marccllinos — Apud Sequanos Bisontios vidimus et Rauracos
wüotes opptdts roultis — auf Äugst zu deuten, statt auf Basel ?
1 !'■ Fr:t2 Frey.
Mit di»rs»rii l^zzi^T^Zi. wi»r wir gesehen haben, ziemlich
umfarigrriche:: bäTiüchrrii Vf-randerungen hört die weitere
Eutwjfkliiii^ *i-s TLrater:? auf. Nur ganz unwesentliche
Spur-ij siiri g-:::»r!i\vän:ü: zu erkennen, die auf noch spätere
HA\iarh*rhrii srhii*-»s*>ii ia.'?5€-:j. S<^» findet sich an der äosseren
Seit»? 'i»r Xör'lwest5C»rriair*aii»fr S4. bei der daselbst vo>
haii'i'ri»ii LichtOffiroiig. ein-^ primitiv ausgeflickte Stelle iB).
wi'lfh^ n^fch d^r gr'i>s»?:i Aiisfu^ingsarlieit entstanden sein
irniss. r)aiin aii^-r rijuchte ich das Mäuerchen (Sj parallel
ihm wi'Stli'-bv'Ti Sf»Miamau»>rM ♦?benfalls einer recht späten Zeit
zn\v('i<K'ii. Müu'lich ist es ja. dass die Erstellung dieser
kl«Mii*'ii Mauf-r in di*- P'Ti«»de lue fallt: aus einer dff
frühnr«-!! Baupt-riodon dü'lio dieser so überaus primitive
Bauteil wnhl kaum stammen.*
*i I>ir Zweck riir5-e> Miiutrcht-iis ist nicht recht klar.
SiiKiii^'e ni.iii d.i.-> i'.iii;;<tc Iheaier :ils einheitlichen Bau auifasste (sidie
Scitf 97 j konnte in.iii darüljcr im Zweifel sein, ob die gewaltigen Maon^
h'iriier Ni his S4 1 I afei Ip I.{c>tai»dtcile des Sceucngcbaudes darsteilen oder
nirlit. Nach /.:ib!n:i<.h'.'n .\n.il<>^'.en biiite sich nämlich das Scemigebiodc
weiter wr-»tli»h, <1. h. vuii «iem Zu-chaucrrauni mehr entfernt, befinden solle».
Man ;ilaiiljte nun. in dem t^ichicfe wi^ilieh von den Mauerkörpern S2 undS4
dun li die \i»r;4e«.eli' n«- Aus^rabun«^ der Aiena des Amphitheaters auf ansehn-
iirhi; Ke-ite ile- Scf-nen^ebaudc;» de^ jjnjjsten Theaters zu stosscn. In d«
Knl^e kam j'-doth In-i die^en (iral);irbeilen nur «las Mäuerchen S zum Vö^
'.«hein. da«* aU J i:il «b.> jün^^ten Theaters auf^efa.sst werden musste. ^
andern frei;ielir;;ien Mauern j^eh'irten durchwegs /u ilcr amphilhcatralisdieti
Anlage. [\> halte nun viel für s-ieh, da> MÜucrchen S als Restl>estimdteil
Arr Küekwand eines primitiven Seenen^ebiiudcs anzusehen. Die mehr »
<:nifai Im: Mau.iil «lit>rs Se«Mien;^ehäudes j^ej^enübcr den andern monumeotaleB
leilt-n de^ 1 healers (;i klärte m.in hieb eini^ermasscn durch die Annahme,«
h.itttn /um W'riti.rbau in der l)i«sheri^cn \Vei>e die Mittel gefehlt.
Uunb die iPMurren l'\'>tsii.'llun^en des melirmal igen Umbaues des Thcal«"
ist linse i'ra^ir meines I-'rachteiis im Wesentliehen entschieden: Das Sccim»*
;M-l».iiidi- wunlc. wie sehon ^^esa^^t, durch die vier stattlichen Mauern Sl bs
S4 mit iliMii \'erl;ini;erun;;en naeli Norden, bc/w. nach Süden begrenzt- Bis
/u deni als ri-iKnl«: Illd (sirhe Seite iC)»j) bezeichneten Umbau entsprach def
Al»>.lmd iliT t'avea \«»n der Seen.i wohl ziendich den bei ähnlichen römiscbfO
1 InMtrrbaulcn libluiien Werten. l)»ireh <lie Krwciterung der Cavca in wesl-
behc r Kulitun^ wurdi-n diese X'erhiiltnisse tlann zu anormalen.
hie^i-i l'mbati muss aber aueh die Hühnc stark bccinflusst hal>en; jeden*
Ldls hat .lie.se dann nieht mehr tlcn von Vitruv angegebenen Normen ent«
spiiMJieri. 1
zur Bauiteftckiditc der RSmiftchen 'llicater tti Äugst.
117
iekeii wir schliesalich Jie verschiedenen Bau-
rOmischen Theater zu Äugst, so gelangen
BOWUrtigt^n Zeitpunkte uml nnter Beobachtung
[gÄiroiinenttn Ucsuhate zu folgender Entwicklung:
L a) Alteatc^a Theater.
I b) ümbuiu: Nachge wiegen ist die Aufgabe
des oberhalb des Hauptumganges befind-
lichen Couloirs (siehe Auui, 1),
IL a) Ampbitheatraliäche Anlage (Gladiatoren-
the^ater?)
IL b\ Einbauen von sogenannten Zwingern
(Nebengelassen I, wahrscheinlich zur Auf-
führung von Tierhetzeii u. s. w,,
HL a) Theater (?). (Mauertechnisches Charak-
teristikum r Schwaches Schieferfundament
Mauern unregehnässig und teilweise mit
i^AnÄUg* gebaut ) Ersstellung der ursprüng-
lichen Cloakenanlago (siehe Tafel II).
b) Die Erstellung der Quaderfundamente ini
Südwesten erfordert eine teilweise Ver-
legung der CU>akenanlage (siehe Tafel 2).
(Mauortechnik: Sorgfältigste Fundamente
aas bituniinrȊen Kalkschiefern. Outes
Mauerwerk)
ML c) Steinernes Scenengebäud^jj. Dadurch: Ver-
legung einer weitern Canalstrecke (siehe
Tafel IL). Erstell uixg des Mittelganges.
Tonnengewölbe - System u, s. w. iMauer-
tachnik: Gutes Schieferfundament aus
hh em Kalke. Sorgfältigausgefülirto
K:l^ 1 mauern.)
HL d) VorlÄngemng der Cavea, Neue Treppen an
den Caveaabschlussmauem. Erstellung
dcia Nord- und Siidganges, Wiederaufbau
gewisser Teile des Stützsyistems an der
Pbripherit» der Cavi*a. Erstellung von
Sttitepfeilern an der nonl westlichen
^'^^* ■ des Theaters u. s. w. Einbauen vov
ii8
Periode 11 1.
IVriode lll.
Fritz Frey.
Treppen zwischen den konzentrischen
Mauern, seitlich der drei mittleren Za-
ägnge. (Mauertechnik: Betonfnndament
oder Fundament aus Steinbrocken. Tieb
Fundationen. Sehr sorgfältige Maaenmg^)
e) Bi*novatioii des ganzen Baues. Stöti-
zwisclienniauern an den CaveahömeriL
Fülliiiauorwerk beim Stütz-System im
Nordwesten der Cavea. Erhöhung der Or-
chostra und verschiedener anderer Baa-
toilo yüngoro Caveahorntreppen). Bot
bemalte Mörtel - Ausfugungen an allen
sichtbaren Mauern aus Handquaderchen.
(Mauerteclmik : Fundament : Kalkstein-
l) rocken und -Stücke. Rohes Mauerwerk,
soweit dasselbe im Boden steht. Darüber
sorgfältig ausgefülirte Mauern.)
f' S|)uron letzter Flickarbeiten. Kleine Maner
hinter der S(?ona. (Vi
Mehrfacli ist in den vorstehenden Ausführungen betont
worden, dass eine sichere, einwandfreie P]ntscheidung über
dif^se oder jene bautechnisehe und baugeschichtliche Frage
imr dureh weiter«» . geei<i:nete Nachgrabungen erzielt ^
werden kann. Nachdem , wie wir gesehen haben, die i
BeschaffenluMt der Mauerl'undaniente sich als ein unter 1
Umständen st^hr zuverlilssii^es Mittel zur Klassifizierung der j
einzelnen Ban[)eri(»d»'n «Twirsen hat. musste man. mn sicher I
zu glühen, eigentlich jed»' ^lainT bis zu ihren Fundamenten
untersuchen. \'erscliie<h^n<' wichtige Fragen, wie z. B. die
des Vorhandensrins dtM' vernmteten Caveaabschlussmauern
der Perioden I und III c könnten nur durch förmliche
Stolleneintrieb«' in das (.'aveaniassiv gelöst werden.
Per Uüte Herrn J)r. Th. Burckliardt-Biederraanns ver-
danke ich den Au.szug eines J^ericlites aus dem 18. Jah^
hundert, worin IStadtlieutenant Stehelin sich des ihm e^ .
teilten Auftrages, neuaufgefundenene römische Baureste iB |
Äugst zxi untersuchen, entledigt. Aus diesem Bericht geht
Äter in Aiig^t. t 1 0
vor, dass sich in der Nähe der Nordwestecke der Cavea
Theaters, in ziemlicher Tiefe, ein gemauerter Gang
serleitungV) befinden nmss. Sollten wir hier wieder
Cloake vor ims haben ^ so ist anzunehmen^ dass die-
unweit des Theaters in den nach der Krgolz führenden
uaal einmünden wird. Ist es dagegen eine Wasserzideitung,
B^ mir weniger wahrscheiidich vorkommt, so würde die
ritung wohl in Zusammenhang stehen mit dem soge-
[uannteti Heidenlocb, dem Ausstrahlnngspiinkte verschiedener
iWiis^erleitungen — nach iler heutigen Annahme. Wie
auch sei, hier kann ebenfalls nur der Spaten die end-
iltige Losung der Frage bringen.
Unerforscht im heutigen Sinne des Wortes ist ferner
\4ie ganze obere Partie der Südhälfte des Zuschauerraumes.
aus dem Grundriss des Theaters (Tafel Ij hervorgeht.
Di^ Angster TheateiTuinen bergen wohl noch manche
[interessante Einzelheiten, deren Kenntnis dazu beitragen
Ijytrde, unsere Vorstellungen von den mannigfachen Epochen
r ver vollständigem
Ein Blick in die Ausgrabnngäliterattir zeigt, dass an
[antiken Baudenkmälern sich verhältnismässig oft mehrere
IjBauperioden^ nachweisen lassen. Um nur von Äugst zu
PH, kann gesagt w erden ^ dass an zahlreichen Resten von
^wohnlichen Häusern solche Um- oder Neubauten wahr-
genommen werden können. In den meisten Fällen weisen
wenigstens die älteren Baureste Brandspnren auf, was
ii© jüngeren Bauten gewöhnlich erklärt. Wie verhält es
rieh aber bei den Theaterriüncm in Angst, die in ihrem ver-
^wiekelteii Aufbau nachgerade an das klassische Dionysos-
Theat*>r iu Athen erinnern? Wie verschieden müssen die
Verhältnisse in der alti-n Augusta Eanrica beispielsweise
gegenüber denen im beimchbarten Vindonissa gewiesen sein.
5n stattliches Amphitheater heute keinerlei Spuren von
Jmbanten erkennen lässt.
über den Judenfriedhof in Zwingen
und Judenniederiassungen im Ffirstbistum Basel
Von Achilles Nordraanii.
In der hart an der schweizerischen Grenze gelegenen
elsässischen (jremoinde Hegenheini hat sich die mündliche
(Jberliet'oning fortgepflanzt, dass der dortige jüdische Fried-
hof, der nach der noch vorhandenen tTründungsiirkunde im
Jahre 1673 von Hannibal von Bärenfels bewilligt ynirAe,
an die Stelle einer Begräbnisstätte getreten sei, die sich för
die Judenschaft einer weiten Umgebung in Zwingen bei
Laufen im heutigen Kanton Bern und damaligem Fürstp
bistuni Basel befunden habe und die wegen Überfüllung um
jene Zeit geschlossen w^irde. Nachforschungen über die
(.Tescliichte des Hegenlieiin«^r Friedhofs haben uns veranlasst,
auch dem Friedhof in Zwingen die Aufmerksamkeit zuzu-
weiulen. \Vir gehen hier die Befunde wieder, die darüber
(Tho>)en wenleii konuttMi, und schliessen daran die Veröffent-
lichung einiger wenig oder gar nicht gekannter Tatsachen
über .JudtMinirderlassungen in den Herrschaften Zwingen
und Birseck des damalig'Mi Stift(^s Basel.
[Tnser (iuellenniaterial entstammt im Wesentlichen dem
fürstl)ischöriicheu Archiv.'/ zu dessen Bestandteilen eine be-
') Dieses Archiv bat cini^tr Wainleiuii^^eii durchjjcmacht. Zuerst, wi«
n.iliirlii:h, in rriinlriU aiillx'w.ihi t, j^olan^tc es im J;ihrc l8oo, als das 1793
in das DrjKutcinrut du Moni- Ten ihli- uiTij^ewandclte Fürstbistum zum ober-
ihcinist.hen Dfpartfincnt j^cscblagcn wurde, nach Colmar, wurde 1815 i""
Anschluss an die Bc^chliis>e des Wiener Kongresses nach Pruntrut zurück-
^cscliickt, zulet/t im Jahie i8<)9iiach Bern verl)racht und dort mit dem kan-
KniaU'n Staai^arcliiv vercini^jt. Um vijllig l)cnützl)ar zu sein, müsstc es neu
geordnet werden. In (olmar cxi>tiiMt noch ein Inventar desselben, in dem
unter anderem erwähnt werden : Die Herrschatlen häufen und Zwingen
1 5'>7 — 1 7><9, 22^ vol. I-'-s ist nu'iglicli, class, in diesen Fascikeln vcrstcdtt,
«Nich noch Jutlenakten vorfinden, die, was ja auch sonst vorkommt, dem spe-
ziellen Kascikel nicht einverleibt wurden. Hei einer späteren Bearbeitung dci
einschlägigen Fragen wäre hierauf Rücksicht zu nehmen.
Oller dmt JinJcnfriedliof in Zwingen cie.
111
i\rT^ «Itiiiai^ d«i0 juib^, der «,Fa8eikol .laiien^ gehört,
l^oaaore Aafoehrift lautet: Actii und Anstalten in
Hg di^r Jndi'^n in und iiusiier dorn Fürst43iitiim Baset
mifl Hundi^liwhÄfepttt^nte. Actes ot reglementa
aaiit les juif» tlans la priucipaut^^ de Bäle. Patentes
[pniUMrttcm et d© commiTce. Aul' 414 Bliitterii enrliält er
215 von 14r»l — \7*M~) reichende Dokumente, von
dio iiaclistehenden zwei, die wörtlich hier abgedruckt
deu Jnthuh'miUoi in Zwingen*) botreffen.
IBIar M
B' ' luden B«'^ri»bins9 für Zwingen.
V» I ien wnr tlohann Cotirad, Bischof zu
J, nrknndeu hiermit, nachdem unserem Hath und Vogt
n, lieber Bntedorr onnd getreiiwer Johann Fnintz
,.. ,^,fc;<*nbach von denn in unser Teutscher Herrschaft
anderer lunliegender *^hrten sich aufhaltenden Juden
[•niltohM. vorg^ljracht werden^ welcher Gestalten Sie
' ' ' fahren hiero eine nächst bei unserem
^^•*ti^i!i Bi»gnibuiös liaben, get^talten denn
Gehrnurh nach solch wirklich mit der verstorbenen
pr RUsgeflUlt und äu andern dahin sm legen khein
er PltttÄ mehr ünye mit angehenkhter gehoröand)er
isigmid Pill, wir wollten gd erhuiben» das^ sie eines Viertels
(ohn» ihm auch bei obgedachter Ihrer Begi^bniss ein-
l) «u b«Hft*iit<'»t«^m Ende noch Weit^rs gd vergönnen.
?nn wir hiermit kein sonderbar Bedenkniss tragen
kliAiiu berairtor ITnuer Vogt und Bruder zu Zwingen
;to Vf*rlang«*ndi^ Virrtel.*^ b<*zurkh zur Begrabung Birer
TnJfiMi irair.M^ tr*vu'r'.lH«ti« ^•»r Erkanntnifis ver-
Jvdcolitcdli ^cii i>l uustici W lÄ^cris bis jetzt ciii einiit^c^
Litenlnr r bti Scheid : Histoirc des jiiife d*Al&ACc.
^F» !•• 1*1 - 5* S» Aiusei einer freien fiAnjcösischen Überlrugmig der
itiguiil^ gibt die%er Autor nur eim|re ^mu kurze Notinen. '***
Im H«ufittc3kt (tufiickt^ekommcij werden soU*
fr? Kenn^*! »irs Finsilfi Vut i beitpriihi
. -u» noch in snnrni h;ui -en Nach*
1 «W eine urtMmva iic»cliroibiiii{> 4c% Schla«ise% Zwlt1^cI] frntbAJt* den leüEteron
122 Achillet Nordmann.
willigen und anff Ihr gebührendes Gesach dieser nnser gd |
Erlaubniss Ihnen in seinem Nahmen einen schriftüclien ]
Schain erthaillen. Zur Urkond haben wir unser gewöhnlick
secret Innsiegel für aufftrückhen lassen. So gescheh und
gel>en auf unserem Schloss Pnmtmt den 9. Martiy 1668l
n. Blatt 142.
Vogt «u Zwingen.
Welcher Oestalt der Herr Graff von Fürstenberg ni
Stielingou von seinen schirmb verwandten Juden einer
Menke genannt und dess zwar in Basel gestorbener aber
bei Dir vergrabener Tochtermann bei uns mit mehrerer Er-
innerung einkam. gibt dir das copeylich inliegendes Schreiben
zu erkennen. Nuhn haben wir dessfiahls und was von Altem
hftm etwan von ausländsch oder einheimbsch Jud für ein
Ilecht der Begräbniss halber bis dato observirt worden sein
möcht kein eigentliche Wüssenschaft Dahäro denn, da»
Du mit nächstem einen erforderlichen, umständlichen Bericht
oinzuschickst, damit auf solchen hin wolvermeldetem Herrn
Graf von Fürstenberg wir wiederumb beantworten mögen.
Inzwischen kannst etwan den sogenannten bei dem Rothen
Hauss vorarrestirten Judt Jonas wiederumb erlassen gestatten,
Deines befindenden Kechts wegen Dich jeder Zeit zu er-
holen wissen wirst.')
Indem wir inzwischen mit gd Wollen beharrlich wohl
zugethan verbleiben Datum V. U. S. R«) den 29. Jan. 1678.
Aus den wiedergegebonen zwei Dokumenten, die offen-
bar beidt* nur als p]ntwürfe oder Abschriften von Erlaasen
des Bischofs Johann Conrad von Roggenbach (1656 — 1693)
an seiniMi als Vogt- in Zwingen amtierenden Bruder Johann
Franz hei den Akten liegen geblieben sind, lassen sich fol-
gende Tatsachen ableiten:
Die Existenz des Judenfriedhofs in Zwingen ist authen
tiscli erwiesen.
Im Jahre IHOS war dessen Areal so angefüllt, dasi
innerhalb der Uinzäuming nur noch ein kleiner Kaum übir(
*) Der let/Acre Satz bezieht sich auf eine ganz andere Angelegenhd
und ist hier nur nebenbei zugefügt.
*) V. U. S. P. = von unserem Schloss Pruntmt.
über den Judeafricdhof in Zwingcii et
^^5
Dor Bt9cliaf ermächtigte seinen Bmder, den Vogt
ZwingKin. clesseo Benützung gegen das gewöhnliche Ent-
p*r I ^ ^ttz wird nicht nur von den im deutschen
ile« 1 > ansässigen Jnden, sondern auch von
bim 4tiT Angrt*nzi«nden Unigebnng benutzt,
vordenklichen- Zeiten soll er bestehen. Das
li».... -ht ist seihst d^ni Bischof nicht bekannt.
Dm iltts Jalir li>73 in Ba^^el verstorbene Juden sind in
(in btMjrdigt word«*n.
Bei W€?itereni Eingehen auf die Geschichte des Fried-
ig ii.i».r. w.^ ri vorerst die Frage nach dem Zeitpunkt seiner
•er Ansdmck ^unvordenkb'ch^, den der
>niu€fat, sagt in dieser Hinsicht nicht viel Zwei
Cjreneratinnen genflgen. zumal in Perioden dar-
ernden geschichtliclien Sinnes, nni Erinnerungen
r«rwi$chen. die noch kein Jahrhundert zurückreichen.
nd derartige Angal>en nur mit Vorsicht zu ver-
;. un Scheid*; hierüber sagt, „que ceUii-ci (der
friodbof in Zwingern existait longtemps avant les büchers
il4* ai^le^. somit den Friedhufursprung vor die im An-
nn drn schwarzen Totl stuttgefundenen Jndenver-
pn tun die Mitte des 14. Jahrhunderts zurückverlegt.
iiil (las mnti Hwas gewagte Auss*tmng. Auf eine direkte
Qbiir «lie Quelle für dieselbe, die ja überaus interes-
m vhkfe. antwortete dieser Autor verlegen aus-
üQ d^mt atigi^noninieu werden kann« sie beruh«»
ig auf einer etwaa weitgehe mien Deutung des Wortes
" * uklich".
R&t>4el wfire mit <?inen» Schlag gelöst, wenn eine
LUprJinit des Brief«« sich Vorgefunden hätte, den der Bischof
' g auf dnasen Anfmge hin ein-
^11 ilissiven, die darauflün durch-
ap«n wurden, fehlt eine solche Copie, Eine Erkundigung
TenhergWhen Archivdirektion in Donau-
u^vn iiiu j* ii-Mi Mwaigen Verbleib jeuer Antwort ergab
8tiv^»fs Re^mltÄt
124 Achillet NordmanD.
Fruchtlos waren auch Nachforschungen über weitere
Judenakten in Bern. Mag auch bei einer Neuordnung der
schon erwähnten grossen Bestände noch das eine oder anden
auf Juden bezügliche Dokument getroffen werden, so geht
aus dem Inhalt des Fascikels „Juden'' doch hervor, dass so
ziemlich alle hieher gehörigen Schriftstücke, die in der
bischöflichen Kanzlei vorhanden waren, darin vereinigt sind.
Es wurde erwogen, ob das Amtsarchiv Laufen, das die
Akt^n der ehemaligen Amtsschreiberei Zwingen aufgenommen
hat, vielleicht Anhaltspunkte liefern könnte. Dort sind die
alten Kontraktenbücher, Korrespondenzen und allerlei andere
Schriften aus dieser Vogtei aufbewahrt, die bis zum Jahre
1550 zurückreichen, indessen, obwohl gebunden, in einem
ganz ungeordneten Zustand. Trotz vielfachem Suchen hat
sich nichts ergeben, was über das GMbidungsjahr des
Zwingener Friedhofs hätte aufklären können; indessen ist
OS nicht unmöglich, dass gerade an dieser Stelle hierauf be-
zügliche Dokumente versteckt sind.
Bei den vielfachen Beziehungen, welche die Familie
von Roggenbach zum Bistum und namentlich zur Yogtei
Zwingen gepflogen hat, die während mehrerer Generatiopen
von ihr verwalt4?t wurde, konnte vermutet werden, dass das
von Roggenbach'sche Familienarchiv zugehöriges Material
enthalten möcht«. Es beflndet sich zur Zeit in EhnerEahmaa
gegenüber Fall mau im badischen Wiesonthal, dem Sommer-
sitz dos Herrn Stnatsministers a. D. Franz von Bogg^bach.
Letzterer war so freundlich, es durchzusehen und uns zu
berichten, dass keine derartigen Schriftstücke vorhanden
seien.
Beim Mangel anderweitiger Quellen lag der Gedanke
aiahe, in den Sehaffneyrechnungen des Amtes Zwingen Hin-
weise über <lio Anlage und Begründung des dortigen Juden-
friedliofs anzutreffen, in denen — so hätte man denken
sollen — die damit zusammenhängenden Einnahmen ge-
bucht worden seien. Ihre Durchsicht lehrte, dass irgend
welche vom Friedhof herrührenden Gelder darin nicht an-
geführt sind, lieferte aber anderweitige Anhaltspunkte, die
über die Frage seiner Begründung Wahrscheinlichkeits-
schlüsse zu ziehen gestatten.
übtf ämn JtidwifriÄdhnf in /winprit rlr
«^5
Vom Jalift? 1437 an, vou dt*ni an «lie Sehafifnt^jrecb-
II ftlr Zwingi^n und Ltiuftm in Ben» mifbewahii werden.
fiim Jahre 1574 geschieht der Juden in deitöelben
M Erwähnung* <*rsi im .lalin> 1575 w<*rflen sii* zum
ramul gimünnt* G^s hensst hier:
^Etunemen Gelt von den Juden. Satzgeh.
tum Von !i»hv Jud»*n von Zwingen hiut seines Sau*
Iw tlf Miirtirjv .'»niiM 75 \ iM'fitllpii*' Srltiniig^'lt (empfange
■Ffrad.
ftt'in VMU iHntiru lüttai*!», tibgcmehs Löwen Tochter-
mm von je<lem 16 Gulden,
Itf*m von MiiLbisi Juden von RöBchenz, Miehaelen seinem
und Hcblani Judini daselbst, so sie uff palmanim ver-
vermög Ihrer SaUbrieffcn ingenommen 40 Pfund.*^
t wortttidi die gleichen Einnahmen sind für die
I57t> und 1577 verzeichnet In der letzteren Schaff ney*
nrig heii»t es weiter: ^Hat sich dies Jars um 17 Pfund
il' * ^- ' Jud von RöschensE hinweg
> gezogen.*
Vtf 1B78 winl weiter angefllhrt: ^Schlam. Juden, so
4ies Jahr zn Blauen aufhalten*"
Xhn^Uch lauti^n die Angaben für 1679 und 15H«>.
Von 1581— 1G76. ffir welche Jahre alle Schaff neyrech-
des Zwingener Amtes durchgangen wurden, fehlt
welche Judeneinnahme* Einige Male mrd nur aus-
BklirJi bemerkt: ».Satzgeld von den Juden: Nichts. "*
Fdlli die#e Ponton als massgebend betrachtet wer<len»
an« ihnen hervor, das« von 1576 — ^IBÄJ in Zw*ingen
ikl %iit* in mehreren anderen zu dieser Herrschaft ge-
^ j^f^i — 1 ..:..:.... wenn auch nur wenige Juden-
di ^^recht erworben hatten, das» von
die vorhandenen Niederlassungen atifliöiten und
■ '■ ■ * '■■•n-
j^ ,^ diener Angaben wird ermöglicht durch
Dokument« des Fascikels -Juden "^ und vor
i 4tf «weileik llälfte ds l6. jAbrliunderU gehorteji mm Amt Zwingen
\ Zviaccsit LiMtfen, Lidl^erg, Ros^^heux, Wahlen, Btancu, Ketu-
BriiUrh.
126 Achilles Nordmann.
Allem durch dessen Blatt 60'), das ein Verzeichnis aller
Juden aufstellt, die im Jahre 1576 in den verschiedenen
Dörfern des Fürstbistums sesshaft waren. Auf dessen weiteren
Inhalt wird später ausführlich zurückzukommen sein, hier
sei nur bestätigt, dass für Zwingen die in der SchaSney-
rechnung von 1575 erwähnten Namen angeführt sind und
beigefügt wird, dass die Wohnbewilligungen auf je 5 Jabie
lauten, dass sie für „Löw*^ vom 14. Oktober 1673, für die
..Isaacn'^ vom 14. Oktober 1574 herrühren. Ebenso stimmen
die Namen für Röschenz. Bei den Akten liegt femer der
Entwurf der Niederlassungsbewilligung für den Juden LGw
(Blatt 72). Uir ist zu entnehmen, dass dieser Low früher
in Liebenzweiler im benachbarten elsässischen Leimenthal
gewohnt hatte. Er wurde (Blatt 66 vom 2a August 1673)
dem Bischof durch den damaligen Obervogt von PGrt speziell
empfohlen. Blatt 77 vom 27. April 1674 enthält dieWohn-
bewilligimg für Michael, den Juden in Bdschenz.
Den gegebenen Ausführungen nach sind die Juden-
niederlassungon im Amte Zwingen nicht weiter als bis nun
Jahre 1573 urkundlich nachweisbar. Diese Jahreszahl miui
(leshall) als massgebend festgehalten werden, weil nach den
Dokumenten des Fascikels „Juden ** besonders im recht»-
rheinischen Teil des Stiftes Basel Judenwohnsitze in grösserer
Zahl bis zum Jahre 1542 zurück zu verfolgen sind (siehe
weiter unten) und nicht einzusehen wäre, warum gerade fär
das Amt Zwingen die älteren Aufzeichnungen fehlen sollten.
Da kaum anzunehmen ist, dass ein Judenfriedhof an %
einem Ort begründet wird, ohne dass Juden in der Nähe ^
sesshaft sind, da die Judenniederlassungen in Zwingen um i
das Jahr 158() ihr Ende erreichen (die betreffenden Namen \
lassen sich chronologisch übereinstimmend von diesem Zeit-
])unkt an an anderen Orten des Bistums nachweisen), so
darf, wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit, so doch mit
Wiihrscheinlichkeit geschlossen werden, dass die ersten An-
fänge des Zwingener Judenfriedhofs in die Z^it zwischen
') Dieses Schriftstück i}>t irrtümlich und in falscher AuflfassuDg eines darin
vorkommenden Datums hei der Ordnung; des Fascikels vom 4. Augnst 1569
<!:iticrt worden. Es ist leicht zu beweisen, dass es aus dem Jahre 157b
stammt.
^^B3 xmä 1580 zu verlegen sind. Das GmnduDgsjahr läast
^^Bt sogar noch tr^twas genauer präzisieren.
WM Im Jahre 1575 fand ein Wechsel in der Besetzung des
I Biscbofästtlhles Statt. An die Stelle Melchiors von Lichten-
I kk trat Jakob Christoph von Blarer. Aus den Bhittorn 82,
B 83, 86 de« Fascikels ^ Juden "^^ besonders aus dem letzteren
Igelit hervor, dass bei der Bischofswahl Jakob Christoph im
■ Siime der Ausweisung der Juden aus dem Fürstentum^
l'imgen „Abschaffung'* derselben, w^e es in tlen Originalieii
IlldifiSiv bestimmte Verpflichtungen eingegangen w^ar. Es ist
I lAne weiteres von der Hand zu weisen^ dass unter diesen
■ (Jmständen in den ersten ßegierungsiahren des neugewählten
■ Bischofs den Juden die Vergiuistigung, einen Frieflhof zu
^errichten» erteilt worden wäre* Dessen erste Anlage fällt
^Hinach noch in die Begierungsperiode Melchiors von
iBblitenfels und somit in die Zeit zwischen 1573 und 1576.
I Noch ein anderes politisches Moment spricht gerade für
l<tieüe Zeitbestimmung. An» 1. September 1573 erliess Erz-
I herzog Ferdinand von Österreich von lonsliruck aus ein
I S4>genanntes ^ Wuchermandat sowohl Christen als Juden be-
I Inrffend.'^ Er verfügte darin auf Ansuchen seiner vorder-
I österreichischen Landstäude^ dass bis zum 1. Juni 1574
I sämtliche Juden aus diesem Gebiet, also auch aus dem Bereich
I der sogenannten Landvogtei Ensisheim, die den grössten
■ Teil des heutigen iJherelsasses umfasste, ^auszuschaffen^
I seien and nach Ablauf der gesetzten Frist keiner mehr dort
I ge4luldet werden dürfe. Die Ausfühiiing dieser Massnahme
I hatte zur Folge, dass ein Teil der Ausgewiesenen im Pürst-
I bistum Basel sich eine neue Heimstätte zu gmnden suchte,
■ wU* das iler geographischen Lage nach tdme weitL-res anzii-
nehmen wäre, wie es sich aber auch aus den Akten des
Fascikels ^ Juden ^ beweisen lässt. So legt (Blatt 75) am
L31. März 1574 der Vogt zu Lstein für einen Judi^n Fürsprache
[ein. der bisher zu Isenheiui bei Ensisheim gewohnt hatt-e
rand sich in dieser Vogtei niederlassen wül Blatt 79 und
■81 des Fascikels betreffen einen Juden Ulmann in Schliengen,
[der kurz vorher in Merxheim. also in der Ensisheimer
[Gegend sesshaft gewesen war, gegen den die dortige Re-
Igiemng und in ihrem Namen ein Dr. Michael Textor beim
128 Achilles Nordmaiin.
Vogt ZU Istein wegon einer früheren Schuld die Exekntion :
zu erlangen sucht. In diesen Schriftstücken ist auf das
Ausweisungsdekret ausdrücklich Bezug genommen. lu
anderen Fällen wieder weisen die zeitliche Übereinstimmung
der Austreibung und der Neuansiedelung im bischöflichen
Gebiet auf die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs.')
Kin Teil der Ensislieimer Juden Hess sich — das ist
auch für die Beziehungen zu Zwingen von Bedeutung —
jedcnifalls in diMi Jen igen südelsässischen Dörfern nieder, in
wolclien einzelne Adelige ziemlich unabhängig die Hoheits-
rechto ausübten und selbständig über ihre Aufnahme ent-
scheiden konnten. ^1 Vielleicht waren sie es, die an liiesen
Orten (Um Gnind legten für die Entwicklung der späteren
jüdischen (lenieinden an der Schweizergrenze.
Es darf angenommen werden, dass die Ensisheimer
Austr<»ibung ein ursächliches, wenn nicht gar das ausscldag-
gebt'nde Moment für die Friedhofanlage in Zwingen, die
nach d(Mi Eingangs abgedruckten Akten auch ausländischen
Judon dient«', gebildet hat. Mit der Austreibung der Juden
vvnrdo dii» hisln^rigt; Begräbnisstätte für sie unzugänglich,
die Schnffung ciniM* neuen war ein dringendes Bedürfnis.
Sie wunh» natürlicIitTwt^ise in eine Gegend verlegt, deren
liegiifrung den Juden günstiger und gastlicher gesinnt war
als der hisJH'i-ige I jande:sherr. Für tlie oberelsässischen Juden
ninnnt «ler ZwiupMier Friedhof demnach eine scharf charak-
terisierte St«'llung ein. I)enn er bildet das Verbindungsglied
zwischen dem Friedhof in Cohnar, der bis zum Beginn des
H). Jahrhunch'rts un«[ einem and(»ren. vielleicht in Hart-
mannsweiler gelegenen, der bis zur Knsisheimer Austreibung
*i SilxMil {Inc. rii. ji, 1071 liiMurt sich auf Hoijvalot (Coutumcs de l.i hauic
Alsact: ililc <lc l'rn cttc. Colmar et Taiis i8;o, p. 184), weiiD er angilit.
dass infolge der I''.usi>hcinj'M AustKMhiiii;^ ilic Jiuien sich im Stifte Basel an-
jjcsicdcli h ittcii. Hl'I Honvalot ist wohl von der Austreibung die Rede, aber
es stellt tlurt kein Wott von den neuen Niederlassun|»cii. — Das oben cr-
wälinte j^ediuckte Mandat l.»(:tinilet sich im Colmarer Be/.irksarchiv unter der
Sijjnatur C 177. lune weitere Hearbeilun^ haben iliese Vorkonimnissc unsere»
Wiss(Mis bis jetzt nicht j^cfuriden.
*) Sielie bei JUinvaloi loc. cit. p. 10b. Es kommen besonders iu Betracht
die Härcnfels in He^cnheim, «lie Kptinj^cn in Ober- und Niederhagenthal, die
Kcichcnstein in Leimen und Huscliwvler.
pOber deo Judenlnedliof iii Zwingt-n tt
12g
wnnii.% mn^T- und den in den Jahren IHBo und IB7B
Jaughols und Hegenheim eiTichtet.en B^stiiftungj^platÄeii
iniui an nirn'ii * >i r v<Tii"^i \viu<it", ;iii drlii
\u* Kftmilif»n, nbtT krint^<T»*ruoirHle existiertt*^
i ftirhf. fttiffnnond. Es gnb um jeno Zeit in diesem Gebiet
iptknir "' igiHigt*n, zu dHrcn BiMiinje;
der nur =^l ,, j,, ,_ ,„,..1 iktr Jaden uml hm ihrem
üu Au«f^iiiAfiden»*uhneiJi eine Veranliissung nicht vorlag.
Wollt« mmi dt** Zeit von 1573—1575 als für tUe Fried-
H*\: * ' i«l nicht nnf^rk*»nnori, SU kömitp man
^i- ^ •• 1542 Äurüc'kgehen^ in welchem
JndeowohiiititAe im FürKtbistum tinil zwar im rechts-
rhrn Teil di^Mselbmi urkumlUch nachweisbar sind.
^Au^"' ^st aber kurzerhand zurückzuweisen, denn
inÄn» n iillicb, daö!^ di<' Juden in Schliengeti» das
i»g« zwi^clien Biuiel und Freiburg im Breisgau liegt,
m §0 weil entfernten Ort wne Zwingen zur Begräbnis-
gi^w&ldt hätten; ja es kann unter Berückgichtigiing
|i*rnungvn als wuhnicheinlicli nnge^eheii werden« das$
Ere T«>dten auch spitterhin nicht dort, sondern in dem
-1 --t^tj Sulzburg be?<tatteten, "wo lun diese Zeit
lischer Friedhfif bestand.*) Dem allem nach
die An&nge dt*,s Judenfrif*dhofes in Zwingen, so-
iitisch itnf!<lHrendrs r^Dk-uriient nicht
iil I zwischen 1573 — 1575 vorlegt und
I Aiurtreibung ans den vordttfftsterreichischen Herrschaften
|Wnudii»t^ng zu seiner BegHlndnng betrachtet werden.
' ' ^ V' ' ' Fried hnfn während seiner un-
tUung fi'hlen, «bis mitgeteilte
BDI von 164*8 aufgenommen, irgend welche Angaben.
[>nt fei nnr, daa** in einer im Ordinärer Bezirksarehiv
fr«n»hrU'n Urkundts lietitidt: Spi^zifikatiun der Güter,
jmm ScJiiojcs Zwingen gehören, vom 4. April 1022
r Jodaii Ofebnus** al«i(irenzbezetehnung augeführt wird. —
i;Lyefiljrf: Giii«l?iif|»rr : Der Umcltti^che Friedhof m Jau^hoU«
r. Qmdk. and Alienum. Vi
'i«.i»:iiL Vi
iSun. S *>u tT.
130 Achilles Nordmaon.
Blatt 116 des Fascikels „Juden^ vom 3. Januar 1581 entr
Iiält im Konzept die Weisung des Bischofs an den Vogt m
Zwingen ; einer Beerdigung daselbst kein Hindernis in den
Weg zu legen.*) Aus dem Datum geht hervor, dass der
Friedhof jedenfalls 1581 schon existiert hat
Auffallend bleibt, dass sich keinerlei Bechnungen vor-
gefunden haben über die bei den Beerdigungen bezahlten
Taxen. Von den Schaffnejnrechnungen des Amtes Zwingen,
in denen wohl von Judenniederlassungen, aber nicht von
dem Friedhof berichtet wird, war bereits die Beda Da der-
selbe später zumeist von den im Amt Birseck wohnenden
Juden benutzt wurde, sind auch die dortigen Rechnungen,
die sich nicht in Liestal, sondern eben&dls in Bern befinden,
von 1554 — 1709 durchgesehen worden, wieder ohne Erfolge
Der Begräbnisgebühren geschieht, woran gedacht werden
konnte, auch nicht Erwähnung in den Laufener Kirchen-
rechnungen,^ soweit solche noch vorhanden sind, noch in
den Rechnungen der St. OswaldskapeUe in Zwingen, die im
Laufener Amtsarchiv aufbewahrt werden. Dass hiefür be-
sondere Register geführt wurden, die verloren gingen, er-
scheint wenig plausibel, denkbar und mehr wahrscheinlich
ist, dass bei der geringen Zahl der Bestattungen, von denen
nachher noch gesprochen werden soll, die Grelder direkt an
den Bischof oder den Vogt entrichtet wurden, dass sie der
Schaffner nicht in die Hände bekam und also auch nicht
buchen konnte. Es ist kaum anzunehmen, dass gar keine
Begräbnisgobühren erhoben wurden. Ist doch in dem
Schreiben des Bischofs an seinen Vogt von der „gewöhn-
^) Das Schriftstück lautet in extenso:
Vogt in Zwingen. Jac. Chr.
Unseren .
Es hat uns Leuw Jud zu Arlcsheim demütig fürbringen lassen, dass a
einen Juden an Ihre Begräbnis zu Zwingen eintrag beschehen soll. Ist der
wegen unser gnädiger bcfchl, da^s du ihm dieselbige Begrräbniss wie von Alcn
her bräuchlich gewesen gestatten und daran khein Verhindenmg thun sollst
Seycn Dir hiermit zu Gnaden gewogen. Dat. den 3. Jan. Ao. 81.
Low Jud, zu Ariesheim, ist, wie noch gezeigt werden soll, der gleiche
der von 1573 — 1580 in Zwingen wohnte. Vielleicht ist gerade er bei de
Friedhofgründung wesentlich tätig gewesen.
*) Zwingen war nach Laufen kirchgenössig.
über den Judenfriedhof in Zwingen etc.
I3i
lilVIieo Erkanntriii^^ die Rede, gf'geu weleho das l betreffende
rwjacli bewilligt, werdei» sollte.
JJssH der Friedliof anch nach dem Wegzug der Juden
Itm Zw'iiigeü in gleicher Weise wie früLer weiter benutzt
wanle, ist bei jüdiseben Begräbnisplätzen , die einer grösseren
Juigebting dienen, nicht auffallend. Es bestatteten auf ihm,
rie aiis der» abgedruckten üokiiraenten hervorgt*ht, nicht
pur ilie Juden des Fürdtentuujö, sondern auch diejenigen
ADgrenzendeii Nachbarschaft. Bei den letzteren hatidelt
sich zumeist uin die Juden in den elsäHsisehen Dörfern
er Vogteien Landser imd Pfirt, sowie uuj diejenigen in
Ximach im Ivant^jn SolothurnJ)
liu Jahre lGf>8 war^ nach den Eingangs mitgeteilten
Ikten das eingezäunte Areal fast völlig angefüllt; immer-
lliü wurde nach der gleichen Quelle noch H?73 dort lie-
!>n. Um diese Zeit ungefähr wird di«> Benützung
lir Ende erreicht haben, denn im gleichen Jahr
rde die Bewilligung zur Anlage des Hegenheini er Fried-
ig erteiJt. Für letzteren ist wohl die Gründungsurkunden
^) Die Juden in Domadi, die mil deiieo des Fürst bisitums wnbl iiii eine
lic XU stellen sind, erwähnt auch Ulrich (SammUmg jüdischer Gescbichlen,
176U, p. 208). Er spricht von ungefähr 15 flausbultiingen. Jecklin
ravob, Jud in Domacbbrugg, wird in ducni um'ä J.ibr ihho spielenden
M, dessen Akten in Liest.1l (Alte Akten des Birseck, Civilprozcssc)
brt werdcD, alt» Partei angeführt. — Laut Blatt 107 des Fascikels
laijcn** wohnt noch 1718 eine Familie Lehnoann Schwob in Dortweh. Ge-
w^e im Sololhunier Staatsarchiv nachuiischea. Der Name Dornacher^
i» ittt Zeit besonders bei Lörrachcr Juden getroffen wird, solJ den Ursprung
I denciben üus dem Solothurn'schen Dornach audeittcn.
ütjer die in Betracht falletideu clsässinchen Orti^chafteu lässt sich oichts
Stcheie» aussagen. Das älteste über sie aufklärende statistische Aktenstück
üaiBint erst aus dem Jahre 1689« Es ist in der Revue d'Alsace ii$59»
P» 56*4^ — SbJJ nach dem in Colmar befindlichen < higinale, das von dem Inten-
Dien d'Angervinieis veriasst hU abgedruckt. Aus ihm lasst sich ersehen» wie
isihlreich noch im Jahre 1689, also nach der Schliessung des Zwingcoer
E»fe§, die ansässigen jüdi sehten Familien gewesen sind. Damals xühlte,
bei den Vogteicn Laudscr um! Ptirl «u blcibcru Ht'gcnhcini 14, Bloiz-
4^ Öberbogenthal und Kembs je 5, Habsheim » Busch wyler, Rixheiai
•'" ' h, Oberatetnbruun, Uffheim je t jüdische Familie. Die Be*
v;''*cil des 19. Jahthunderis, die die mirgeteiltcn Znhlco um ein
ilictinfflt darf also bei der Beurteilung der ßeuütjtuug des Zwbigener
keiner Weise «um Vergleich heningejeogen werden.
Ij- Achilles Xordmann.
(1. li. clor Vorkaufsakt des botn»fferiden Laudes an die Jndeii
noch vorhanden, die orhaltenon Verwaltungsbücher gehen
aber nur bis 101)2 zurück. Das älteste Buch, das sicherer
nmndlichor Überliefenmg nach noch bis 1789 existierte und
das wahrscheinlich über das Verhältnis beider Friedhöfe zu
♦»inandor hätte aufklären können, ist damals verloren ge-
gangen.
I)(»r Friedhof wird auch im 18. Jahrhundert als an-
grenzend in den Bereinen, dii> im Amtsarchiv Laufen aof-
b(*wahrt \verd<*n. öfters erwähnt, in donjenigen des JaLres
1751 z. B. heisst es ]>. 113: „ein stück matten, der Juden
garth genannt. Besitzer die Judon und geben einen Sester
Hähern."* Seine Besorgung war, wie uns HeiT Altgemeinde-
schroibiM' Anckh'n in Zwingen mitteilte, dem wir auch ver-
seil iodone andere nacthfolgende mündliche Auskünfte ver-
danken, von jolwr der dortigen Familie Huber übertragen,
die <leswegon sogar etwas scheel angesehen wurde. Sie l>e-
hielt ihn auch nach der Schliessung in ilurer Obhut.
AVio aus <lon wiedergegehenen Schriftstücken hervor-
geht, war das Areal des Fried h<»i's bischöfliches Eigentnui.
gehörte zum Sclilossgut Zwingen und war den Juden nur
lehenswiM'sr übertragtMi. Als im letztf^n Jahrzelmt «les
IS.Jalirhunderts im Ansehluss an die französische Revolution
das kirchliche Besitztum zum Xationalgut erklärt und öffent-
lich viMNteigert wunh\ blieb der Friedhof davon ausgt-
schlossrn und gelangle ohne weiteres in den Besitz des
bisherig(Mi X'tMwalters Hulx^r. So erzählte uns wenigstens
Herr Anckliii und nach (^uiiiuerezM wäre das nicht auf-
falh'nil. indem zu jener Zeit Lehen, die man vom Bischof odenler
Kirche in Iliiiiden hatte, um geringtui Preis ausserhalb der
offizielltMi X'erHteigrrnng erworben werden konnten. Eine
Xachpriiliin;^ dieser Tatsache an der Hand der Akten über
die Versteigerung der Xationalgüter war nicht möglich, weil,
laut Bericiit (i(\s Staat sa-ehivs Bern, dieselben sehr umfang-
r»Mch, noch nicht g«»sii"litet und deshalb nicht benutzbar
sind, nir Xachkommeu der auf ilem Friedhof bestattt.-t*Mi
JuthMi jnüssen sich um dit^ Begräbnisstätte danmls nichi
') Histoire de la revr)]iilion dans l't>vcche de Bäle l88l, p. 267.
er ii«ii fii^iff^fncdhof iii 5!win^'?n fT^
«33
^kOmmi^rt hab,-. .wiut haitü. r.,^ .. wühl mit
;k»*it bei ilieser itiilpgeiih^it an sich hringmi können.
Tm AltoMim Kara^sUT von Zwingotu das ims dem Jahre 1823
mit last der Fri<?dholf ala «l>. No, 1558 Judt'nack<ai% Eigen-
iiif*r Jacob Huhor, (»nttli«^bens^ Hiiigt*rni?^»->u. Diir* nc^ut^
i*rbtt3t^*ichtiiing ist. C W. Der Flächeninhalt (»eträgt
7>^ *^Uüdmtiusj^ nach altem» 7 Aren 45 (Quadrat-
..i.ii ueiuHn Mhhs. Im Jährte IH57 gelangte da8 Terrain
Ji KrliU-ilnng m\ Maria Anna Huher, des Sebastian
len^f^« Ehefrau* Von dieser kaulte es zur Abnmdung
ihm gehiiiigen Schlnssgntes, dan dieses Stfick Ijantl
II umgibt, Notar Srlnder. Im Jalire iHiiH ^i»bort es
»mnMim dofu hetzte reu und eiDeni Pet^r Bürger^ die es
meiu wi«?der einem Herrn Sütterlin abtreten: asuletsst
fArt» e* zusammen mir «l^n 3niin'enz<*ndon rinnMlstricken
Crmetjtfobrik Ditting'
Über die Tnjingraphi*^ de^ b'iiediii»ts ciriMUlit^ri ein Plan*
ditn Herr Staatsarchivar Prof, Tiirler in Bern ims auf-
rksmii zn machen die Güte hatte. Er ist in einem mit
,8T2 b<?Äeichneteu Ailw^ der Dominialgüt^r von Zwingen
^Uin* 1777/78 enthalten mid b«*tnidr_*t sich zur Zeit
tt. Das zugebürrge Hrbur, das nach Born veHegt
erwähnt denselben in kurzer Notiz.') Zwischen dem
1 dem H«*rr Mnillat, G*M»rm'tf'r in J^runtruf. die
. i . : ., - 1 Idung 8 wiedergegebene Copie besorgt hat und
henü^eu Kataäter[dan, der durcli die Textabbildung 9
uiti^ierU^r Art dargestellt iat» besteht der Unter-
' (Ur der eigentliebe Friedhof ak • Judeiuicker^
nl, währentl im IH. Jahrliundeil das sndlieh
m^ IjMul Xr. 32 rl«»ij Platms, \im honte nU Hinterfeld 63*
^ ■ ,[ i^var Im alten Plan liegt alsn ^der
.^. . - -. -. — h vom ^Jmlenacker^. Das Friedhofs-
nuf deiualr«)n Plan <lurch eingezeicbnete Grabsteine al^^
l t, ausserdem im Original durch eine
1. I I !/aiinung abgegrenzt. LetJttere. ein soge-
I^liliag. ?M»il mruellielh*r Ansknnfl nach bis 182U
n hulM'n. Dio Grenzsteine des Friedhofs^ mit der
ichniiBg 2 ' stehen (nur die biDchöQichen
^
TcxtabbUdunK 8: l.xirait
ilc l\itl.i> vk-s bic■^^ o.miniiiiaux ik- ZwinRen 1
Cbcr den Judenfriedhof in Zwingen etc.
135
waren eingesteint), mit dem alten Plan genau überein-
lend, auch heute noch. Die Ortsbestimmung ist dem
nach eine absolut sichere und zuverlässige. Die zwei
legten Pläne dienen zur Illustration des Gesagten.
)er Friedhof ist vom Schloss Zwingen nur wenig ent-
nnd konnte, was wohl absichtlich vorgesehen war, von
IS leicht erreicht und geschützt werden. Dass er nahe
Tektabbildnng 9: Auszuk >itis dem Kataster von Zwin^'cn VM^.
Birs errichtet wurdi». ontsprirlit alt«»!* jüdischtM' (m'woIui-
die mit Vorliebe Beerdignn^splätzt' au di«' Tier flit'ssen-
Sewässer verlegt, viellrirlit um das zur Kfinifriin^ der
Pü nötige Wasser leicht^T zur Hand zu liab»*n.
Die alten < Grabsteine gelangt«Mi mit dem (irundsiUck
1.5^> Achilles Nordmann.
selbst in den Besitz Jakob Hubers. Sie sollen später im
Jahre 1821) beim Bau der unteren Birsb rücke Verwendung
gefunden haben. Einzelne in die Brückeusteine eingehauene
Zeichen, die uns gezeigt wurden, können mit etwas Phan-
tasie vielleicht noch als hebräische Buchstaben gedeutet
werden.
Beim (Traben des Gewerbekanals der Cementfabrik Dit-
tingen im Jalire 1897 wurde ein kleiner Teil der nordöst-
lichen Friedhofspitze und dabei zwei Skelette in eichenen
Särgen freigeh^gt. *i Bei dem einen fand sich ein grosser
Schlüssel, bei dem anderen eine Scheere, Beigaben, die sich
aus altjüdischen Gebräuchen erklären lassen.-)
Das Friedhofareal misst 7 a. 45 m*. Man rechnet
untor Berücksichtigung der Weganlagen und der
Hochbauten einen Durchschnitt von B'/«— 4 m^ Kaum für
t.'ine Leiche. Boi nlten jüdischen Friedhöfen, zumal wenn
mit dem Platz so gespart werden nuisste, wie in Zwingen,
verzichtete man so ziemlich auf Gebäulichkeiten und Wege.
Viel nn'hr als 2 m^ ist demnach als durschuittlicher Raum
für ein«' Leiche nicht anzunehmen. Das ergibt ungefähr
iMi) (rräbcr, die sich, sofern die vorstehenden Erörterungen
richtig sind, nuf etwa 100 ,Iahre verteilen; es fallen also
auf ein Jahr H 4 Beerdigungen. Die Zahlen erscheinen, vvonn
man diech'uin gesätejüdischeBevölkerungjenerZeit in Betracht
zieht, nicht unwahrscheinlich. Ein«.' viel grössere Belegziffer
imisste angenommen werd«'n, falls eine mehrfache Benützung
des (irundstücks durch (^])erfi*djren nn't einer neuen Erd-
schi("ht, was wegen Platzmangel bei alten jüdischen Fried-
iK'ifcn vorkommt, nachgewiesen werden könnte. Sowohl Jie
') Mitteilung (Urs Mcrn (feTTicin«.leschrcil)er Huber in Zwingen.
■-) Am Kandc jü<lischrr Friedhöfe werden stcUenwcise heute uocb
Leichen heerdij^t, die der vor|Tc»chri(:l)iMien Tolenreiniguni; nicht nnlcrworfen
werden «iürfen. Zu ihnen zählen im Wochenbett verstorbene Frauen, letzter«
nui>sen daher, so mt'int der Volk>glaul)e, in der jenseitigen Welt ein rituclIcB
Tauchbad nehmen und vorher sich die Xä^el abschneiden, daher die Scheere. —
Der .Schlüssel soll eine symbolische liedcutuFig in dem Sinn haben, d.iss ef
die Periode <les Unglückes abschbessen njö^^e, die der Tod in eine Familie
j»cbracht hat. — Die eichenen Särge deuten vielleicht auf die Herkunft der
Leichen aus gnissercr iMitfernung und wurden wohl aus dem gleichen Grunde
verwendet wie heulzut.ige Mctallsärge.
er den Judeofricdfeof In Zwingen etc.
M7
iCoiißguration des Termins als auch die BenützuDgsdauer
Isipr^i'hen dagegen, erstere, woil die Niveauverbältnisse dip
■gleichen sind wie in dör Umgehung, letzti^re* wl^iI öogc-
lluinnte Überfühnmgeu nur dann vorgenommen zu werden
IjiOf^gen, wenn früliere Bestattungen so weit zurückliegen,
|tlit8 k»vinerlei Anrecht'^ an Gräbern in^hr geltend geinacht
Iwtirflen. in der Regel erst naeh mehr als hn ml ert jähriger
I Duner der Gräbt^r. Endgiltig läöst sieh diese Frage nur
I «Udorch «L»nt?5eheiden, dass Ausgrabungen an Ort und Stelle
L^ Vorhandensein von ein od»^r zwei Leiehen schichten
KtetelleD. Zur Zeit schweben Unterhandlungen wegen Er-
nerhung dej^ FriiKlhofareals, nach deren AhHehhiis.s dit*se
iFTÄge sich entscheiden lassen dürfte.
I loj vorhergehenden Abschnitt ist wiederholt (hivun die
Ifiede gewesen, dass Judenniedi^rlassungen nicht mir im
lAiDt Zwingen^ sondern auch in andia'u Trilen <h^s Stiftes
iBwel nachweisbar sind, über welche hier einige bisher nicht.
|voroffeütlichte Mitteilungen folgen mögen. Besonfler.s
[kommen in Betracht das alte Amt Birseck. das, die
|iv*migen protestantischen Dörfer abgerechnet, uiigefälir di^m
I heutigen basellanih*chaftlicheri Bezirk dieses Namens entspricht,
po)ne die rechtsrheinischen Besitzungen des Fürstbischofs,
I Letztere, die im Gegensatz zum eigentlichen, tiberen Amt
iBiiBeck als ^niederes'" Amt Birseck, sonst auch als Vogtei
[Scldiengen bezeichnet vv'rrden. umfassten die jetzt badischen
[Dörfer Haltingen, Huttingen^ Istein, Mauchen. Schlicugen
loßd Steinenstatt Zeitweise standen di*^ beiden Aemter
[Birseck niiter einem gemeiusamen Vogt, zeitweise waltete
[oiri besonderer Beamter in Schliengen oder in Istein. Das
Lltlf diese Xjfindesteile bezügliche Material befind<4 sich zu-
Biiil ebenfalls im Berner Staatsarchiv, zum geringeren
Toil nur in Liestal, Das Genernllaudesat'cliiv in Karlsruhe
Riüialt keine, tUe betn^flciehM» Jnileiniii-d«-i'lassung«Mi an-
Kr^bc^ndeai Dokumente.
I An der HantI des Fascikels ^ Juden "" und der Birs-
■Atechen Schaff neyrechnungen, die fürtlaufend auch die
PHlufainen des Amtes Scldiengen enthaltt^n, iässt sich
leigeii. dii;^,s in den gemumteo rechtsrheinischen Dörfern
13^ Achilles Nordmann.
Juden von 1642 an sesshaft sind. In diesem Jahr nimmt
der Bischof Philipp von Gundelsheim die Juden Liebmaon
und Abraham, beide in Schliengen, in seinen Schutz auf,
zu denen in der Folge sich eine ganze Anzahl anderer
hinzugesellen, deren Satzbriefe immer wieder erneuert
wonlon. (Blatt 13 ff. des Fascikels „Juden".) Das schon
orwälmte Verzeichnis vom Jahre 1676 (Batt 60 des Fase
«Juden") gibt eine genaue Zusammenstellung der damaligen
Niederlassungen. Li Schliengen wohnen sieben Familien
(Isaac, Oschwaldt, Salomon, Joseph, Abraham, Hirz und
Bluenilin, die Jüdin). Sie haben alle eine Wohnbewilligang
für 4—6 Jahre. In den Satzbriefen ist ausdrücklich an-
gefülirt, dass sie auch für die Anverwandten und die Dienst-
boten, beides wohl absichtlich sehr weit und elastisch au^efasste
Begriffe, Geltung haben. In Steinenstatt wohnen 1676 Mose
und Raphael, in Haltingen Abraham, in Manchen Mose
und Jakob, in Istein Mose und Isaac, zusammen unge&hr
siebzelin Familien, welchen zu gleicher Zeit nur etwa sechs im
linksrheiniscluMi Toil gegenüberstehen.
In den Birsock'schon Schaffneyrechnungen geschieht
dor Judon (»rst 165() Erwähnung. Dort heisst es ^Liebmann
der Jud zu Schliengen hat eines begangenen Frevels wegen
sich mit meinem gnädigen Herrn und Fürsten vertragen
und zalilt fünf Pfiind^. Vom Jahre 1667 an wird die „Innam
aus der Juden SatzgokP ziemlich regelmässig angeführt.
So li(\st man in der Rechnung des Jahres 1667/58 7,Auf
Zinstag nach Jubilato anno 1558 habe ich von Michael
Hermann, dem Vogt zu Istein von wegen der zwei neuauf-
gononimenen Juden zu Istein und Huttingen für ihr Satz-
geld 50 Pfund, Georgi 1558 verfallen, empfangen.** In der
Rechnung 1558/59 werden angeführt „Eberlin Jud zu
Schliengen bezahlt sein Satzgeld des 68. Jahrs uf Martini
thut 25 Pi'und, Abraham Wittwe daselbst 16 Pfund. Osch-
waldt Jud zu Steinenstett 17 F^md 15 Schilling. Summa
57 Pfund 15 Schilling. So geht es eine Anzahl von Jahren
fort, (renannt werden Aron. Jud von Manchen (1569/7U),
Rapliael in Steinenstatfc (l572/7Bi, Mose in Althigen (Hal-
tingen) (1574 '76). Vielfach sind die Anführungen unter den
Einnahmen ..aus Frevel und Bussen "*. mit denen die Juden
über den Jntlenfne<Jhof in Zwinge» etc.
1.^9
offenbar reichlich bedacht wurdoü. Vom Jahre 1579/8'J
^811111 statt der früheren 15 — 17 iinr iiuch 5 Haushaltungen
iihnt und in der Rechnung 15HtJ/81 fehlen im Amt
liengen Einnahmen aus der Juden SatzgeUL In der
Band be Hier kling dey SehaffnerH ist erklärend beigefügt, dass
,n Teil derselben fortgezogen, ein Teil gestorben sei. (Siehe
it**r unten j
über den nachweisbaren Zusanioienlniüg einzelner dieser
iinlerla^sungen mit der Austreilrnng aus den vorderoster-
ichischen Herrschaften ist oben bereits bericbtet worcJen,
tir die Mehrzahl dei'selben ist er aber nicht abscdut
;UHteUen» viehnehr dürften viele unter ihnen auf
ie aasserordeuthch geringe Sesshaftigkeit der damaligen
'uden zurückzuführen sein. Dieselben erhielten für einige
'ahre von dem Landesherrn die Erlaubnis» in irgend
inem Drirfe ihren AVohnöitz aul'zuschlageiL Die Erlaubnis
ituite erneuert werden oder nicht. Eint^ Erneuerung
nrde wohl gar nicht verlangt^ wenn (he Erwerbsver-
ältniäse ungünstig waren, man zog weiter in eine mehr
<wter weniger entfernte Gegend. Auf die nahen Be-
liehuugen einzelner Bezirke weist eine Empfehlung hin
tBiatt 52 des Fase. ^Juden^l, die der Vogt zu Pfirt einem
Ju^leik Salomon, der vorher in seiner Nähe gewolmt hatte
und der sich in Schliengen niederlassen will, an rh^i Bischof
tnitgibt. Nicht übergangen darf werden, dass 1542 die
^_Judeu endgiltig aus Basel vertrieben wurden ^ i, um! dass
^Blbzelne von ihnen vielleicht in das benachbarte bischöfliche
^Bebiet weggez(.)gen sind,
^m Die Aufnahme der Juden fällt zusammen mit einer
^^eriode gmsser finanzieller Bedrängnis unter der sowohl
I Philipp von Gundelsheim. der den Bischofssitz von 1527 bis
1533 inne hatte^ als besonders auch sein Nachfolger Mel-
^■hior von Lichtenfels (1553^1675 1 schwer zu leirleu hatten,*)
WuB ist l^egreiflich. dass man in sok'hen Z<^*iten auch über
die aus den Judenniederlassungen fliessendi^i Gelder froh
•) Siebe bei Ulrich: loc. cit. p, 206 uod die dort angeführlen urliuiid-
lieben Quellen.
•| Siehe bei Vautrey: Hisloire des ^veqnes de Bäle II. p. i)4 p. 11*».
14^ Achilles Nordniann.
war. Wie weit andere Motive in Betracht kamen, ob viel-
leicht die Absieht mitspielte, sich zu dem protestantischen
Basel, das die Juden ganz ausgewiesen hatte, in den der Eefor-
mation folgenden Jahrzehnten in Gegensatz zu stellen, wie
weit tolerante Sinnesart der Kirchenfürsten die Entschlüsse
heeinflusste, entzieht sich dem sicheren Urteil.
Mehr beiläufig sei angeführt, dass 1566 iBlatt 38 des
Fase. «Juden**) von dem Wohnsitz eines Juden Hirz in
Pruntrut die Rede ist und dass auch Juden niederlassungen
in Callmis, das dem heutigen Charmoille, unweit Piuntut,'
«entsprechen soll, erwähnt werden «Fase. «Juden* Blatt 41\
Mehrere Male werden genannt die Juden in Brunn seh wvlei
♦ Blatt 3H. 41, 48 von ir>«)6— (>8l Dieses ist wahrscheinlich
ein verschwundenes, der Grenze nahe gelegenes Dorf dcö
Pfirter Amtes, das sonst Brnnnschweiher genannt i;siri*i
Es is unkhir. in welchem Verhältnis es zum Bischof steht,
dessen Entsclieid wegen di»r Niederlassung und Wegweisung
4ler .luden nachgesucht wird. — Der «Jude von Weyl*. der
von «Kmii Vogr in KiUti^ln abhängig ist, kommt als Haiidel-
treibondf'r in da<; (iehiet des Bischofs (Blatt 68, 6VI des Fas-
cikels «Juden** vom St'ptembor und Oktober 1573}.
In der \\)gt«M Birsock im eng»nvn Sinne werden Juden
zuerst anici'tührt in Ahnsrhwevler lAllschwil"! im .Jahre 1567.
zu wpUh«'r Z»M*t dtMi .hnlen ^lose und Joseph Satzbriefe er-
teilt werden. Fase, „.luden**. Bhut 48 . Von 1569.70 sind
si«' mit Unt«'rbnH*hun;::<Mi in dtMi Schaffneyrechnungen ver-
zeichnet. Für l.")6l) 70 zahlt Felix in Almschweyler für
zwei .Jahn^ Satzgeld .-^n Plund. Das Verzeichnis von 1576
• Fase. „.Jmlen** Blatt 50* kennt nur die Familie des Joseph,
Jud zu Allmschweyl(»r. der sieh hier noeh längere Zeit weitet
verfolgen lässt und von dem in anderem Zusamnn»nliaiigf
nachher noch gesprochen werden soll. löSO/Sl stösst mar
auf Low. Jud zu Ariesheim, und Hirz. .lud Löwens Tochter
mann, elx.Mulaselbst. Jud Low ist uns von früher her bo
kannt. (h^un von 1.")7.'5 — loSl> zahlte er Satzgeld in Zwinget
M Niich I.cu: Scliwci/crisches Lexikon ITfiO 5. Tcit p. üO.
'-*) StotTel: J'tipojiraphischcs Wörterbuch <ics ( )l)erclsasses. 2. Aullag
p. 77 * weiher > und . weiter» sind jjleiclibedcutcnd.
über den Jiidcnfriedhof m Zwin|;cn etc.
t M
xu\*i ist dann bir«abwärts nach Arlesheini weiter gezogen.
In t^iu^m altern Band des Laiifpner Airitsarrliivs Findet sich
die Abschrift des Verkanfsaktes seines Zwingenor Hannes.
JFiU' Arleshehn werden 1589 zwei weitere NanK^n gr*iiannt
chalem und Isaakl Vom Jahre 1B12/18 versehwindet
Aas Jndensatzgeld wieder aus den Schaff neyreelirmngen.
JiÄ 1654 vTird die Rubrik zwai' noch weiter gefüJjrt, aber
linzugesetzt ^NLhil^. Dasa in der zweiten Hälfte des
[17, Jahrhunderts keine Judensatzgelder gebucht w^erden,
[öt umso auffallender, n\s gerade nui diese Zeit, worüber
ter berichtet werden soll, irn ♦eigentlichen Amt Birseck
tsnä besonders in Allschwyl zahlreiche jüdische Familien
[»esöhaft w^aren. Einzelne Golder mögen inick hier direkt
[dein Vogt abgeliefoi-t und darum nicht verzeichnet worden
ein im Sinne einer Aeosserung in der Schuffneyrechnung
|d^ Jahres 1701/02, wo über die von dun Hintersassen
hemlhrendt!n Einnahmen gesagt wird: ^Dieses Geld und
Siagehen nimmt der Hurr Obervogt, weil solches in seiner
iBestaÜung gnädigst inbegriffen^.
Als der Bischof im Jahre 1567 den Juden Joseph tin*l
Jr>se Satzbriefe für ihre Niederlassung in Allschwjl aus-
stellt hatte (Blatt 43 des Fase ^Juden^). wollten die
äorfbewohner derselben hindernd entgegentret-en. Allschw^yl
ar mit Reinach und Therwil seit dem 27. September 1525
Schutz und Schirm der Stadt Bast4 anigemunmen*) ujid
iier rührt es wohl, dass über den A lisch wyler Juden (es
tieiiit sich nachträglich dem Wortlaut des Schreibens
ßb nur um einen gehandelt zu haben) zwischen dem
lii^liof und dem Rat in Basel ein Schriften Wechsel statt-
fand, von dem die beiderseitigen Schreiben erhalten sinil;
* n des Rates finden sich in den Missivenbntdiern
iisarchivs Basel-Stadt unter den gleich anzugebenden
1, diejenigen des Bischofs sind doppelt vorhanden als
if-wilrfe im Fascike! «Juden '^ iBhitt 44 und 4(>> und als
*> Sti&xktsArcbiv ßa&eUtadt, Blsnim Basel F uod LaU: Geschiclite der vor-
»ligeu Herrrschaficn Einbeck und Pfeffingen. Basel lSi6 p, 54 ff. Ao
«terer SlcHc befindet sich (p. 3*5 ff) eine allerdings nicht ganz zutreffende
tiilderuii}; der ganzen Angelegenheit unter der Überschrift: Judenscene z*i
14^ Achilles Nordmann.
damit völlig übereinstimmende, ausgefertigte Briefe unter
den baselstäd tischen Kirchenakten Q. Juden 1. Fascikel.
Im ersten Basler Brief, der vom 17. Dezember 1567
datiert und wie alle andern vom Bürgermeister Kaspar
Krug unterzeichnet ist, macht der Rat auf die Niederlassung
eines Juden in Allschwyl aufmerksam, die wahrscheinlich
ohne Vorwissen des Bischofs erfolgt sei. Der Jude sei den
Bürgern und Untertanen schädlich und darum wieder weg-
zuweisen. In seiner am 7. Januar 1568ausgefertigten Ant-
wort setzt der Bischof Melchior von Lichtenfels auseinander,
dass die städtische Boschwerde imbegründet sei, denn die
fragliche Niederlassung habe mit seiner Einwilligung statt-
gefunden. Man habe aber dem Juden die besondere Be-
dingung gestellt, „sich der Basler Bürgerschaft zu enthalten^.
Der Bischof handle innerhalb seiner landesfürstlichen Ober-
hoheit. Er bekümmere sich auch nicht um das, was die
Basler zu tun für gut fänden, ^eine Oberkheit habe der
anderen nichts einzureden".
Hierauf erfolgte mit dem Datum des 28. Januar 1568
ein zweiter Brief des Bates. Die Basler wüssten sich nicht
zu erinnern, dass ein Jude in Allschwyl oder sonst in der
Nähe der Stadt grwohnt habe. Unter Wiederholung unge-
fähr der gleichen Gründe, wie im ersten Schreiben, wird
<ler Bischof abermals um Wegweisung des Juden ersucht
und in seiner Antwort vom 12. Februar 1568 lehnt dieser
(las wiederum ab. Nicht aus gewinnsüchtigen Absichten
weigere er sich, sondern weil es ihm „spöttisch und ver-
ächtlich^ erscheine, die Bestimmungen seines Schutzbriefes
nicht einzuhalten.
Mit grosser Hartnäckigkeit versucht der Basler Rat in
einem dritten Schreiben vom 23. Februar 1568 auf den
Bischof oinzuwirk(Mi. Er droht damit, dass in Zukunft die
Stadt die bischöt'lichon Wünsche auch nicht berücksichtigen
\v«Mdo. Kino dritte Antwort ist nicht vorhanden. Es- scheint
dem nach der Sache keine weitere Folge gegeben worden
zu S(iin. was aucli daraus ersichtlich ist, dass dem Juden
in Allschwyl der Satzbrief verschiedentlich erneuert wurde.
über den Judeiifricdbor in Zwitigen elc.
M3
Felix Platter*) erzählt in seiner Autobiographie da^
er von den Ärzten spricht, die gleichzeitig mit ihm in
Sasel tätig waren: ^es war auch seer verrienipl domoleu
Jer Arnmann^ so man uempt der bur von Utzensdüii'
L'ii ihm ist der judt von Alszwiler inechtig gebnicht
irorden lange Zeit^. Nach Felix Platter handelte es sich
am die Jahre 1657/58. Duch steht wohl nichtn der Auf-
lliissuiig entgegen, dass er in seiner Biographie zusamuien-
3üd auch von dem gesprochen hat, was sich innerhalb
[der gleichen Art von Erlebnissen erst einige Jalire später
hatrug. Der „Judt von Alszwiler", der in Basel ärztliche
[Pnuds ausübte, ist nämlich — die Ironie der Geschichte
eknndet sich oft auch in Kleinigkeiten — kein anderefi
[als der Jude Joseph, von dem oben die Eede war, dessen
[Kiederlassung in Allschwyl die Basler nicht dulden wollten
!id der erst von 15ti7 an i nicht schiui 1557, wie Platt-er
neinte) dort wohnen durite. Das erhellt unzwi^ifelhaft aus
li^iüigen anderen Dokumenten, in denen auf den ärztlichen
IBemf dieses Joseph deutlich verwiesen ist. So wird in
idnem Erlass vom 5. *^ktober 1588 seinem Tochtermann er-
[lnubt ebenfalls in AUschwil sichniederznlassen, ihm aber ge-
[boten, keinen Wucher zu treiben, sondern wie sein Schwieger-
ater „besonders allein mit Arzney umzugehen'^ (Fascikel
f^Jaden"^ Blatt 12(1), Mit zwei Schreiben wird dorn Dom-
apitel und Joseph selbst angezeigt, dass der Bischof „dem
üst'er Joseph, dem Juden in Allschweyler in Ansehung
Seiner uns und den unsrigen geleisteten trewen Dienste, die
rnade erweist^, lel>enslringlich im genannten Orte wohnen
zn dürfen und die Vergünstigung auch auf seine Familie
ad »eine Nachkommen überträgt (Fase, „Juden" Blatt
^23 und 124 f. Der Jude von Allschwyl scheint übrigens
*i seiner ärztUcheu Tätigkeit keine grossen Schätze
irorben zu haben, denn laut Blatt 131 des gleicJien
Tascilcols vom 22, Oktobt^r IBIO ergibt sich, dass er mit
bin er grossen Schuldenlast gestorben ist, dass sein Nach-
amtlich geordnet werden muss und sein Tochterniann
•> Thomas und Felix PJaUcr, bearbeitet vnn Heioricli Boos, Leipzig,
1
144 Achilles Nord mann.
Doderns sich nach Siilzinatt in Sicherheit gebracht liai.
Der Sohn «des alten und abgestorbenen Arztes Josepli\
wie es im Blatt 138 di»s Fase. -Juden" heisst, liess sich
taufen. — Auch sonst ist in dieser Zeit von ärztlicher
Tätigkeit der .luden die Rede: so ei-sucht Jakob Hirsch, der
.hui von Krotzingen, einem unterlialb Schliengen gelegenen
Dorft». um die Bewilligung nach, im Bereiche des Fiirstbis-
tums seinen Bt»nif ausüben zu dürfen (Fase. «Juden* Blatt
122 vom 18. Juni 1591 ■.
Krwähnenswi'it sind unter den Materialien des Fascikels
-Juden- die Akten eines grossen, gegen den Juden Isaac
in Schliongeii im .Jahre 1580 geführten Prozesses, in dem
derselbe beschuldigt wird, von einom Arbogast Kaltenbach ge-
stohlene Kirelu^ngeräte gekauft zu haben i Blatt 101 — 1141 Der
.lud«» wird vorhaftt^t, (-s findet Haussuchung bei ihm statt,
es folgen verschiedene Vernehmungen, schliesslich gibt man
sich, angel>lich auf Fürbitte der für ihn bürgenden Familie,
mit einer den Stempel offensichtlicher Übertreibung an
sich tragenden Erklärung zufrieden, in der er «um der
Tortur und malefizrechimng anlangend" enthoben zu wenlen.
alles, was mau von ihm verlangt, unterschriftlich zugesteht.
Er muss einen -jüdist^hen Eydf schwören, nie und nimmer
gegen seine Ankläger, gegen den Bischof und dessen Hof-
rat irgend etwas zu unternehmen -weder mit Worten, noch
mit werklieu und in keinerlei weis** und er verj)flichtet
sii'h schliesslich, gi'giMi Kiickzug der Klage, eine, wie
t»r sagrn muss, wohlverdiente Strnfe von 3(.K> Pfund zu
zahlen. Heim Li'srii dieses sonderbaren Schriftstücks drängt
sich diM' Eindruck auf. ila>s es siidi hier um einen geäng-
stigten um! jdigfherzten Angeklagten handelt, dessen Ver-
si'hnlden zweifejlial't c^der nur gering war und der sich in
«'iner Zwangslage fin w«'itgidiendes (it^ständnis abnötigen
liess. diis aUdann zur Erpressung ein»M* für die Verhältnisse
ungewr.hnlieli h(di»*n (Jeldsiimme missbraucht wir<ll
Es wnr o\)ru von Verplliehtungen die Rede, weicht'
iler Bisehnf .Inkob ('hristi^jdi von Blarer im Jahre 1570 bei
seiner Wahl wegen dt»r Wegweisung der Juden eingegangen
war. Es handeln hievon die Blätter S2, 83, 86 des Fas-
üix^r dd» JudcDfi'iedhiif in Zwingen ele.
145
cikels ^Juden*^. Jakob Christoph gibt die Al>yicht kuutl
sein Wort einzulösen; da aber die Chrieten den weg-
siehendf-tn Juden ihre Schuklen nicht sofort anszahlen
könneu^ zeigte t*r ßidi gCMteigt^ i*iiie Verlängt^rnngsfrist von
»wei Jahren zu gewähren. Am 25. Oktober 1677 (Fase.
»Jttden*^ Blatt 86) komTut dnt* I>omkapitol von Freiburg
Ulla um weit^sro ^Prolongation- ein, die oftenbar wieder zu-
gestanden wurde, wie denn der Bischof die ganze Ange-
legenheit gerne dilatierend behandehi zu wollen scheint.
V: 'h den Aktien lassen sich nicht tillo Phasen der Verliand-
_^.'ti tileutlich verfolgen, ein (.Tesuch der Juden um aber-
matiges Hinausschieben hatte indessen keinen Erfolg (Fase.
«Juden* Blatt 117 vom IG. Mai 1581). denn ivergl. obenj
von di*^ser Zeit an verschwinden die Einnahmen aus den
rechtsrheinischen Satzgeldern, um nicht wiederzukehren.
Mit der Abschaffung der Juden wurde also dies Mal Ernst
gemacht.
Dass aber Jakob ChriHtopli, der durcli seine Einsicht
und Tatkraft unt^r den Inhabern des Basler Bischofsstuhles
so sehr h^srvorragt^ keine gnindsätzlichen Bedenken gegen
die Juden hegte, sondern sich l>ei dem geschilderten Vor-
gehen wohl mehr vonlokalen Bew^eggrüiiden leiten Hess, beweist
die Tatsache, dass in der linksrheinischen, eigentlichen Herr-
t Bij*seck sie auch nachher noch w^eiter wohnen, wie bei
r Besprechung der Sclmffneyrechnungen dargelegt wurde.
Anfang des 17. Jahrhunderts sind sogar neue Nieder-
igen derselben in Aesch im Amt Pfeffingen verzeichnet
Juden" Blatt 12B vom 8. Oktober 1602),
Die weitere Ausbeute aus den Akten dieser Periode
spärlich. Da von 1612/18 die Rechnungsstellung über
Jadengelder aufhört, werden deren Ajisiedelungen auch
oberen Amt Birseck um diese Zeit ein vorläufiges Ende
icht haben. Einige Wohnsitzgesuche wurden damals
hlägig beschiedeu (^Blatt 133 von 1637, 134 von 1636,
von 1637).
Die Durchsicht des Staatsarchivs in Liestal, wo die
^knoiente der ehemaligen Amtsschreiberei Birseck wohl-
jrdnet aufbewahrt werden (Lade 114), ergab nichts, w^aa
atiler Zeitschr. f. Geleit, und Aitertum. VI, 1. 10
146
Achil1c& Xordmanti.
über Jiidenniederla^sungen daselbst hätte aufklären können.
In einem dort^ befindlichen „Vörzeichnis aller Bürger, Hinter-
sassen, Taglöhner, le<ligen Mannschaft ^ Wit\\'en und Pflögen"
der Gemeinde Allschwyl aus den Jahren 16Ö2 5H (Lade 114A
Nr. 62) werden die Juden nicht genannt. Auch das G^
meintJearchiv in Allschwyl, über dessen Bestand Erkun-
digungen eingezogen wiu*den. enthält nichts Hiehergehöri ges.
IVotz dem auffallenden Fehlen fast aller offiziellen
Aufzeichnungen müssen die Juden in der zweiten Halft«
des 17* JahrhuTiderts ini Flirstbistum neuerdings Fuss go-
fasBt haben. Das ergibt sich aus der Eingangs mitgeteilten
Urktmds über die Friedhoferweiterung in Zwingen, in der
von denselben in den rleutschen Herrschaften die Rede i«t
und nach der sie Uifö wieder zugelassen waren, ferner aus
dem schon genannten ältesten Buch der israelitischen Fried-
hofv'erwaltung in Hegenheini und den ausführlichen Akten
über üjre abermalige Ausweisung. Wie diese Nieder-
lassungen entstanden sind^ lässt sich auf Grund des vor-
handenen Schriftenmaterials nicht feststellen, doch darf bei
der Kurzlebigkeit, die fiir Judenwohnsitze um diese Zeit
chai^akteris tisch ist, eher angenommen werden, dass sie nicht
in continuierlicher Art aus den früher vorhandenen her-
vorgegangen, sondern erst in Folge neuer Zuwanderung be-
willigt worden sind.
Nach dem erwähnten Hegenlieimer Verwaltungsbucli
ist in der Hauptsitzung der dortigen Friedhofverwaltung
im Mai 1692 anwesenil der ,,sehr ehrenwerte Herr Rabbi
Jehoschuah Seligmann, 8ohn des Rabbi Abmham aus AU-
schwyler'^, der als Delegierter seiner Gemeinde mit den
Delegierten der Gemeinden Hegenheini und Blotzheim neue
Friedhofsta tuten festsetzt Vierundzwanzig in Allschwyl
wohnende Fainilienliäupter werden namentlich (es handelt
sich dem Zeitgebrauch gemäss immer nur um Vornamen)
angeführt^ die sich auf dem Hegenhoinier Friedhof da^ Be*
erdigungsrecht erworben haben, unter ihnen die direkten
Vorfahren des Verfassers dieser Arbeit. Schönenbuch weist
nach dem gleichen Verzeichnis zwei und Ober\i^d sechs
jüdische Familien auf. In Allsch^v^^d bestand demnach
zu jener Zeit eine förmliche Gemeinde,
über den Judctifriedhof in Zwingen etc.
147
tTl)er ilas Ende dieser NiederlassuDgeii haDdelii in
Bfölirlicher Weise die Blätter 143 — 156 des Fascikels
Im Jalire 1693 war der Bischof Joliann Conrad von
Eoggenbach gestorben. Er war* woim nach den Akten
ber den Friedhof in Zwingen und der wohl während seiner
egiemng zugelassenen Entwicklung der AUschwyler Ge-
meinde geurteüt werden darf, den Juden offenbar günstig
l^sinnt gewesen. Zu seinem Nachfolger wurde gewählt
T'ilhelm Jakob Rink von Baldenstein, der alsbald nach
einer Inthronisation sich mit den Juden beschäftigte. Um
lie mit unausldeibliclier Regelmässigkeit jedem neuge-
blten Bischof gegenüber vorgebrachten Beschwerden zu
fifen, ernennt er eine mit weitgehenden Vollmachten aus-
stattete, ^aigene Kommission**, die aus zwei Deputierten,
leü ^hochgeehrten Hofräten Ignace Seigne und Christoph
noUenberg^ zusammengesetzt ist i'Fasc ».Juden** Blatt 163
loiD 4. Januar lf>94). Von diesen werden ttie eingereichten
Sagen in folgende zehn» gekürzt wiedergegol>ene, Kategorien
ordnet iFasc. „Juden^ Blatt 146):
1* Ein gewisser Jud in Oberwyler liat in des Siegristen
o4er Kirchen Wärters Haus ^ solch erschruckhche blesphemias
wider Christum** ausgestossen.
2. ^ Diese gefähi^lichen und ge fluchten Menschen'* haben
sich dergestalt veimehrt^ dass sie dio (Christen bald an
^hl übertreffen. In AUschwyler befinden sich 23, in Ober-
irler drei oder vier, in Schön enbucli zwei Haushaltungen,
immen 170 oder mehr Köpfe, Sie halten die lieston
9er inne, sie zahlen dem Bischof keine Steuer und nur
Obervogt auf Birseck einen gewissen Trilmt.
3. In AUschwyler wohnen Cliristen und Juden unter
aem Dach beisaniuien. die Kinder werden beisammen
__^fZ4igeD.
4. In AUschwyler haben die Juden eine eigene Syna-
l>ge, in der sie ihre Hochzeiten celehrieren und ihre
ereinonien zum höchsten Ärgerris der Christen ausüben.
5. Die Christen dienen ihnen, namentlich an Samstagen
in Abwarten» was in den alten statu tis synodalibus des
^tiuns verboten isL
148 Achilles Nordmnnn.
6. Sie haben Wiiclier getrieben und treiben Wucher.
7. In Allschwyler liaben die Juden eigene Häuser ge-
baut und auch eigene Ställe für den Bosshandel, so dass
die Christen bald keine Häuser und Stallungen mehr haben.
8. Auch an Sonntagen sprengen sie mit ihren Rossen
ganz tnitzig in's Dorf ohne Entrichtung eines Zolles, eines
Unigeldes oder des Accis. M
9. Wenn das hochheilige Sacrament zu Kranken ge-
tragen wird, hülfen sie davon wie die Hund und verfluchen
die heilige Hostie.
lö. Sie verfhichen jeden Tag Christum mit solch ab-
scheulichen Maledictioiien und Imprecationen, dass einem die
Haan» zu Berge stehen möchti^n.
„In Sumnia^, heisst es zum Schluss, „ihre ganze Vocation
ist die Christen auf allerlei Weise zu betrügen, in der Noth.
zu überlisten und nach und nach arm zu machen und in
Allem ist noch die Gefahr, dass die Christen auch in
(ilaubt'iissachen heimlich verführt werden''.
Wi«^ man (»rkennt und wie ihn die Akten selber nennen,
ein eigentlicher IiKiuisitionprocess.
Auf «lie Zusainnienstellung der Klagepunkte hin ergeht
am 7. Mai 161)4: iBhitt 154 des Fase. „Juden") eine Citation
an tlii» .ludeiischaft, Mittwoch den 10. Mai 1694 sich vor dem
Mofrat in IVuntrut zur (Terichtsverhandlung durch einen
Ausschnss vertreten zu lassen; bei Nichterscheinen
w«M*(h» ih'V procurator generalis gegen sie vorgehen. Den
Vögten in Hiiseck und Pfeffingen wird aufgetragen, über
ihn^ (tuthaben in der Zwischenzeit genaue Erhebungen fli
veranstalten; Fase. .,Ju<len- Blatt 149/51 vom Mai 1694
enthält «lie Zusammenstellung dieser Posten für das Am*
Pf»»ffingen: nur di<» Schuklm^r, nicht die Gläubiger sind daria
ang(*geben.
») Der Pfurdehaiidel (kr Allschwyler Juden scheint in der Tat beileut»
jjcwc.seri zu sein. Mit Schroilien vom ID. Februar 16JK) iStaats.irchiv Ba«^
Stadt, Kinhenactcn O.Juden, 1. Kascikcl) beklagt sich Remigius Frej-, Vogl
zu Mönehenstein, beim Basier Rat, dcss der Jude Joseph von Allschwyl nnd
sein Knecht Judel mit mehr als 40 Pferden bei der ZolUtätte MargarethOi
ohne zu zollen, durchj^crittcn seien.
Ober dtstt Jiidrufiiedhof iti Zwingen ctc
149
PrDtokoU ülit?r dio gtiittgofiiuden« iTerichtsverhand-
iflt nidit vorhanden, wnlil aber eristiBrt das Urteil^
3, Juli 161*4 in Form ©iöos Ausweisungtsdekreta pr-
wurde und dfw lautet'»:
»Voo Ofittv« Onjvden wir Willif»lm Jacob Bischof zu
I, d«t heil röm. ftoichs Fürston thuen durch dit^se unser©
frkl&riitig and Verordnung liitiniit zu wü88eu, dass vor
vriij nnnerMn Ht^rren Vorfahren »'ine ge\rils8e
fci !i iu unser« Bistums proti-ktion uff und angf*-
ftn worden, dariiuien naf*Ii Inhalt der gemeinen
kleo und Reichsj^tJ^ingen zu wohnen» zu handpln un<l
^m Ihrenn Thun und l^assen sich ohnverwegentlich zu
ijfitii. Karhdttiu nlior dif*sem zuwidi^r dieselben sich
Dtlicb \*ernu*s8en allerhand verbotene, wucherliche
^'Ui Schaden und Nachteil unserer Unter-
an Sonn* und Festtagen Ihre arbeit/en
t]iii!bc»royi»n mit öffentlicher Aergernus zn verrichtoD,
itndere tägliche Scandala und leichtfertige Verach-
t*ti XU Bf-üchimpfurkgfn dt^r chrisüiibeu, cuthtdischen
pim mit Gefahr der befürchtenden Jugend Verführung
erübeti dans wir endlich uff einkommen vieltältiger und
aer Cüigten daliin nit nnzoitlich vennöget worden^
itlich inijuipiition darül»er vernehmen zu lass«*n^ be-
Joden über die befundenen Misshandlungeu vor
^in Hnfmth ilurch un.sert^n Procnratoreni (TenrniUMii zu
ftiren un<i Sie in Ihren Veramlwoi-tnugeu gebiihread
bAren^ da«» hierauf in Ermangelung ihrer Hechtfer-
p^tt wi*gttn vielfjlltiger gmber hoc Lstritil icher verbrechen
'blichen ur^achen^ durch die SatziUJgen
U- und wehlicher Itechu^n wir uns ver-
jm 9etm f^TscJitet habi^n, die^un je mehr untl mehr
cidnii Üeb*»l zeitlich zu steuern und ein heilsames
tnrch Abschaffung diet« schädlichen unnilzen Volks
Bii. IHeii«^m nacJi winl liii^mit gu. gesetast und
lot, iIm^ gitmelte Juden^chafft* Mann* und Weibs-
^ D^ Cooccpt «licie» 0«kr«ts beiludet tlch aU BLan 1 5b im Fitsctkcl
i*w ESm lieiirr Aiiifd!erll|>tes dem Wort Unit Dach identisches Escmplar
tt^flwiirliif Cotmair* <Aktcn t*<-tr. tik Schwci« Nn. ^\
150 Achillef Nordonftna.
personell, jang iind alt, sambtlich ans unseres Bistombs
Pottmässigkeit und Landschaften nit mehr darin ca wohnea
noch hanshäblich niederzulassen mit ewiger Verweissong .
und Ausschaffung innerhalb drey Monathen aussaiehen nnd I
sich hinweg begeben sollen, jedoch wird gleichwohl Dmeal
erlaubt, ehrliche und zulässige Handlung mit unseren IJnd^^ *
thanen zu treiben und die gewohnlichen Jahrmarkt za be> ^
suchen, mit dieser weitem Erklärung, dass ihnen die wohl-
y erdiente Confiscation Ihrer Fahmus und Schulden aus Bomiet-
baren Gnaden und C!onsideration nachgelassen wird, jedocl.
sollen sie von Ihren jetzigen und künftigen Schuldgläubigeiti
über das Capital mehr nicht als den gewöhnlichen Zintl
fünf per Cento einzufordern befaegt seyn der übersteigendB
Wucher aber hiemit annuliert verboten und den Schuldnern
von Bechtswegen nachgelassen seyn; Mehrgedachte Juden*
schafft in die aufgegangenen inquisitions und gerichtaköstea
verdammend und die zu Allschweyler ohne Erlaubniss an
sich gebrachten liegenden Ghiether an Hauss, Scheuren und
Stallungen unserem Fisco zu erkennen, welchen unseren
gn. willen und befehl Vogt und Ambtschreiber zu Pürseck
gebührend exequiren sollen.
Decretum in consilio zu^Pruntmt under unserem ge-
wöhnlichen Beeret Insigil und Bbindunderschrift verfertigt
d. 3teii Jnlly 1694.
Signirt Wilhelm Jakob
Bischof zu Basel.*
L.a
über die rechtliche Würdigung der geschilderten Au»-
Weisungsprozedur sind Worte wohl kaum zu verlieren. Die
Klagen gegen die Juden bewegen sich, wie man sieht
innerhalb der seit Jahrhunderten breit getretenen, mittel-
alterlichen Gemeinplätze. Bischof Wilhelm Jacob war sich
jedenfalls von vorne herein über das Ziel klar, zu dem er
durch seinen Inquisitionsprozess gelangen wollte. Für die
Beurteilung der wirklichen oder scheinbaren, schwereren oder
leichteren Verschuldung sind hier, wie so oft im mensch-
lichen Leben, nicht objektive Gründe, sondern einzig und
über den Judeofriedhof in Zwingen etc. I 5 1
ein wohl- oder übelwollende subjektive Gesinnungen
sschlaggebend gewesen.
Die mündliche Überlieferung in Hegenheim hat auch
? Vertreibung der Juden aus Allschwyl festgehalten, be-
Qders von der angeblichen Beschimpfung Christi in Ober-
r\ wissen alte Leute heute noch zu erzählen.
Die aus den birseck'schen Gemeinden vertriebenen
[den wandten sich, wie sowohl mündlich überliefert ist,
; auch aus den Büchern der Friedhofverwaltung hervor-
ht. grössten Teils nach dem ganz nahe gelegenen Hegen-
im, wo die Herren von Bärenfels ihrer Niederlassung
in Hindernis entgegensetzten und wo sie die in Bildung
griffene Gemeinde auf das Doppelte verstärkten. Eine
eine Anzahl fand wohl in andern elsässischen Dörfern
<ae Unterkunft
In den bischöflichen Akten ist weiterhin von den Handels -
Ziehungen auswärtiger Juden, von Prozessen und auch
•ü Taufen derselben vielfach die Rede. Juden niederlassungen
I fürst bischöflichen Gebiet haben aber keine mehr stattge-
lalen: sie haben mit dem Jahre 1694 ihr Ende erreicht.
D-c Verwaliuojjcn der Archive in Basel, Bern, Laufen, Li«
Bur. an welch letzterem Orte Herr Rabbiner Dr. M. Ginsbnrger
Erhebuogeu zu besorgen die Güte hatte, haben für di«
Tontebenden Arbeit ihre Materialien bereitwilligst zur Verfügun
fprechen ihnen hiefnr auch an dieser Stell
Die Bildtiisse Urs Grafs und seiner Gattin
\ fiii Emil Majijr,
4
Viele Maler der Renaissai)cezeit liaben der Nachwelt
ihre Zügt> in SelhötbiMnissen überliefert. Ünöere Schwt*izer
Künstler niacheu hievon keine Ausnahm e^ nnd man bniricht
nur die Namen Holl>ein oder Manuel zu nennen» um soloft
an ein Selbstportrlit derselben erinnert zu werden
Einer aber stand bis jetzt abseits vom ^Vege, der taie'
volle Basler Uoltkchmicd Urs (jraf. Und doch gab es wohl
manchen, dem beim Anblick seiner temperamentvollen Zeicb^
nungen oder beim Betrachten meines Lebens, das an bmi
KraftÄussernngeu so reich ist, die Frage aufstieg: AVie
dieser KauCb*>ld, der natdi (iott und der Welt nichts fm,
wohl ausgesehen haben?
Mehrere Handzi'iehnungen Urs Grafs in der öffentlich^iA
Kunstsammlung zu Basel bringen die Antwort auf diest^
Frage, noch mehr» sie fiihren uns auch die fJattin de^
Künstlers, die wahrlii'h nicht mii Rosen gebettete Sibylla
von Bninn vtjr Augen.
Ein Scheibtmriss 1518 lU. lü. 34. — Abgebildet
Schweiz. Arcliiv für Heraldik. 1899. Tafel XI ► liefert.
Ausgangspunkt, Unter einem Renaissanc4«portÄl sieht
zwei Wappjenschilde. von deuon der hnke das WappSfl
Grafs, der r«^chte das von Bniioische aufweist. Eine darunUr
befindliche Bamlrullt^ nennt die Ntunen * VHS* GRAF* und
• S ' VON ' BRA'^'N. Wir haben d^^mtuich den Entw^irf zu
einer Glasscheibe vor uns. die der Meister nachher zum
Schmucke seines Hauses sehr wahrscheiriHch eigenhändl
ausgeführt hat. denn ihm war ja auch die Glasmalerei
fri'dier her geläufig. Nun hält eine Frau den WappenscFi!
von Brunn. Es liegt auf der Hand, dass ein Realist wie
Urs Graf nicht irgend eine Weibsperson dahinstellt, sondern
die, welche allein hier hingehört, seine Gattin Sibylla. Und
noch auf einer Reihe von Handzeichnungen begegnet uns
dieses kräftige Weib mit seinen üppigen FoiTnen^
rjlojt,
wohll
5eichJ
^ mi^
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liest^
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Die Bildnisse Urs Grafs und seiner Gallin.
15,5
■ nüjfllichen, vollen Gesicht, aus dem Herzensgiite 8p rieht.
H tum! liera Teichen Haar^ welches meist in zwei dicken Zöpfen
■ m den Hinterkopf gelegt ist
■ Einmal erscheint die gleiche Frauengestalt auf einer
■ 1512 zu datierenden Zeichnunc^ zusammen mit einem Manne
■ (ü. 10. 120. — Siehe TatVl Uli, dessen Gesichtstypus auf
lniaem Blatte von 1623 (U. in. l"ilj unverkennbar wieder-
■ lehrt, wo dnr Dargestellte ganz poiträtlmtt anfgofasKt ist
Eontl eine Schriftüdel betrachtet, auf iler das Wort POEÜflA
■mit vieler Mühe 2U entziffern ist während die Rückseite
llle^ Blatt«» einen in (rrafs GeheiDischrift geschriebenen
Brt>nimeii Vers aufweist, als dessen Verfasser sich Urs (xraf
Uekenut. Wenn je der Charakter eines Mannes aus der
■Physiognomie herauszulesen ist, so hier. Kein Zweifel, es
mst Urs Onif, wie er leibt und lebt. Ein *Tesicht mit böse
Ruckenden Augen und kräftiger Habichtsnase, mit grossem
Htniid, mit vorstossendem Kinn und stark entwickelten
^Kiiin laden. In der Frühzeit war er bartlos, später hat er
Lmen knrzen Bocksbart, und einen Schnurrbart, dessen Enden
■liari »arisch weit heral »hangen. Das Hanpthar ist nach
■Kriegenirt kurz verschnitten.
Gehen wir nun zu den Darstellungen im Einzelnen
über. Die früheste, noch äuss«^rst befangene Zeichnung, die
vnti 1512 (U. 10. VKl — Siehe Tafel Uli, ist ein Famiüen-
bild und stellt den Künstler dar* welcher, soeben aus dem
.Uailander Kriege kommend, seine ihm 1611 angetraute
ihiUin tmd sein Kind, dpn kleineu Urs begrünst. Graf ist
uuvh ganz kriegsmässig ausg*^rü.stHt, Sein fetb>rgi\^chmücktas
Barett* welchem ganz auf die eine Kopfseite geschoben, den
ICopf ttdlerförmig einrahmt, ist vermittels d^r Kinnscbnnr
fest unt^^r dem Kinn verknotet» und auf dem Rücken hängt
die fürs Feld bestimmte Pelzkappe, die von einem um den
Hals laufenden breiten Riemen festgehaUen wird. An seiner
Linken sit^t der kräftige Schweizerdegen mit dickem Knauf.
und in der litdven Hand hält er den merkwürdigen Speer,
dessen schaufelförmige Spitze mit einem Haarbüschel ver-
zi»*rt ist und an dessen obt^rem Ende die Reserveschiibe tnit
♦^itMMfi Ri*'Tnpn bofostigt sind. Ein eng anliegendes Wams»
154 Emil Mnjor.
unter dem oben das gefältelte Hemd sichtbar wird, um-
schliesst seinen Oberkörper: darüber trägt er eine weite
Schaube mit breitem Schiilterkragen und recht weitcu.
Armebi, die hinten der Länge nach aufgetrennt und mit
Nestehi wieder zusammengehalten sind, so dass das bunte
Putter sich herv^ordrängen kann. Am Knie etwas zerschlitzte
und mit einem Band umwundene Beinlinge und vom ge-
schlitzte Kuhmäuler bedecken seine Beine. Beachtenswert
sind die Handschuhe, welche ebenfalls kleine Längsschlitze
haben. Mit wenig zuversichtlichem (K»sichte — liat er doch,
kaum verheiratet, die junge (lattin verlassen, um den Kriegs-
fahnen zuzueilen — streckt Graf seine recht« Hand, an
(len'u Daumen ein dicker Siegelring steckt, Sibylla ent-
gegen. Diese steht, das nackte Kind auf dem rechten
Arme, etwas weiter im Hintergninde. Ihr noch gotisch
geschwunden «M- Kürj)er ist mit einem langen Kock. dessen
Schle|)i)e ein naseweiser Putto aufhebt, um sich darunter
zu verstecken, und mit einem rautengemusterten vom herab
\orschnuiten L(»ibch(Mi bekleidet, welches so tief ansge-
si'hnitten ist. dass der Saum des Hemdes hervorschant
Die Äriiiol haben an den Schultern geschlitzte Piiffchen
und sind auch an den Ellbogen «.zerhauen^, wo das Fiuter
ti(»f luTubcjuillt. Von der Hüfte hängt ihr der Gürtel tief
heral). ist <lann p'knotct und fällt in einem einen Liebes-
kiiDt^Mi bildtMiden Knd»» htM'ab, um nahe am Boden in eine
Quastt* zu i'ndi«j;«Mi: ein «jjeschlitzter Beutel ist verniittek
rines Handt's am (Uirtel befestigt. Um den Hals trägt Si-
bylla «Miie dicke Kette nn«l als Kopi'putz die eng anliegende,
das Haar verdeckend«» Haube. — "Während am Boden hinter
l'rs (iraf die Horaxbüclise und zwischen seinen Füssen das
vt'rschhiii^ene V und (J rrscheiiit, stehen bei der Figur
Sibyllas die bis jetzt noch nicht erklärten Buchstaben
• M • S • H • ]\r Auf der Rückst^it^» des Blattes liest man
einen von (Irais Hand geschriebenen Briefanfang: .Min
tniiitliclhMi gruos vnch . . .
Kill zweites Mal in Feldausrüstung steht unser Meister
auf einer Zeichnung von lölG da iIT. lo. 78.). Er ist, ein
Barett mit Feder auf dem rechten Ohr, im Gespräche mit
einer Frau begriffen, an denMi Hüfte er seine linke Haml
Dte BUftni&sc Urs Grnfs tmd seiner Galtio,
^55
während er in der Eectiten den Speer mit dem daran
mgebundenen Reserveschiihwerk hält. Hier trägt er rinn
chon Bart und Schnnrrbart und steht mit get^preizten
einen stolz da. Das Fort.schreit«»n dvx Mode nimmt mm}
ID den vierfachen gewaltigen Puffen der Wamsärinel wahr,
)as Wams ist stark ausgeschnitten , wie es beliebt war,
Idamit Hals und Brust nicht eingeengt wären. Am linken
eine bemerkt man eine d*^r gröbsten Absonderlichkeiten
[dttnialiger Soldnertracht ; während nämlieh das rechte Bein
Ig&DZ in einem Beiiding steckt, ist zwar der linke Fnss mit
[eiDem »m Knie gebundenen und dann zurfickfaÜenden
iStmmpfe bekleidet, dagegen der ganze linke Oberschenkel
iL Da Irraf dem Beschauer den Rücken zukehrt, so
der hinten am Gnrrel befestigte Schweizerdolch gut zu
tten.
Eines der packendsten Bilder und zweifelsohne das
pliaraktt^ristisehste »Selbstbildnis unseres Meisters ist aber das
dl« Jahres 1519 \K. lil Gü. — Siehe Tafel IV l Es liegt
»in gut Stfick Humor darin, wie er die starken ♦ oben aus-
gekerbten Kuhmäiiler an den Füssen, die rechte Faust aid
dem Bücken, mit energischem Schritt und verbissener Wut
nach links eilt und auf der SchuUin* den gewaltigen Zwei-
llä&der voller Scharten trägt^ auf dem die betriibenden
Worte stehen: AL MKm CiELT ^T:R8PILT 15111 unrl
von dem an langer Schmu- der durchlöcherte Geldbeutel
herabbaumelt, w^ährend ein Rabe krächzend über ihn fliegt,
ihm Unheil und Spott verkündend. Ja, da kommt er
wieder einmal aus der Schlacht und hat den mühsarn er-
mngenen Sold hernach hf>im AVürfolspiel mit w^üsten Kmn-
panen verloren. Seine kriegerische Ausrüstmig ist diesmal
teine andere. Über den an den Knien unfcerimndenen und
gepufften Beinbiigen trägt er einen grossen Lederschurz
lit Schössen, weither sowohl den Unterleib als die Schenkel
gegen einen feindlichen Angriff zu schützen imstande ist;
''eine über der Stirn gekerbte, federbestecktn Lederkappe
legt aick eng imi den Kopf und hat einen herabhängenden
)tireni9chutZf aus dessen Leder ein Muster herausgeschlagen
Quer überm Leib liegt das Schwiert mit S-förmiger Ab-
»nge, auf welchem ein Messerbesteck angebracht ist.
15^ Emil Major.
Jhis letzte Selbstporträt, das schon genannte des Jahres
1523 (U. 10. 121.) zeigt Urs Graf als Münzeisenschneider
der Stadt Basel, als wohlhabenden Bürger in reicher Klei-
dung. Eine lange, weitärnielige Schaiibe reicht bis auf die
Untersclienkel herab und bedeckt zum Teil das gemusterte
Wams, dessen Ausschnitt von einem gefältelten Hemde
bis an den Hals ausgefüllt wird. Ein grosses Hutbarett mit
Federn auf dem Ko])f, stemmt Urs die rechte Hand, an
doreii Z(?igefinger der Siegelring prunkt, selbstbewusst iw
dio Seite und legt die linke an den Schwertgriff, indesser
iVw vor ihm nichts an einem Baume hängende Tafel an-
.^ehant. Das ..POEMA-- auf der Eücksoit« des Blatte,
das (M-, offenbar der frommen Anwandlung vor seinen Ge-
nossen sieh schämend, mit Geheimlettern niedergeschrieben
hat. hiutet folgendermassen: «Kum : heiliger : geist : er-
füll : vnsi»r : herzen : zünd : an : in : vns : das ; für : diner:
lil)o : dardnrch : du : mengerloi : der : zungen : die : heiden:
in : ».'inikeir : gesammelt : hast : aleluia : aleliua :*
Der Bildnisse Sibyllas haben wir eine grössere Anzahl
Sic* vert(»il(Mi sich in der Hauptsache auf die Jahre 1513
l)is l")!-!. Da sehen wir sie 1013 als kluge Jungfrau vor-
wendet r. in. 40.), wie sie mit hochanfgestreiften Ärmeln
im Fi'eien stellt, den linken Fuss vorgesetzt, mit iler linken
Hand d(^n langen Schl(»j)|)n)ek raffend und in der Kechton
die brennende Lampe haltend. Links hängt ihr dii» Gürtel-
sclinnr mit B<'Steck herunter. Ein ganz komplizierter
I\«'ttensc:hmnek zieht sich um ihren Hals und die Bnist
Kille erste Kette mit iiuiden (TJiedern läuft nämlich um »l»'n
Ullis, kri'uzt sieli vorn und winl von eim:»m perlenbesetzten
Steinschmuek zusammengehalten, geht dann unter den
Annen nach hinten durch und über den blo.ssen Rücken:
eine zweite K«*tte. (InMtach aus viereckigen Glie<lern gehlgt.
läntt tiefer unten über den Busen, vereinigt sich hier eben-
falls, wo t'in grosses kreuzfrirmiges Sclunuckstück sie fasst,
um sodjinn übei- die llfiften nach hinten sich zu schlingen.
Auch in einer alU'gorischcMi Darstellung wird Sibylla
benutzt. Es ist eine Zeichnung aus riem gleichen Jahre
JJ. U\. 48. — Abbihlung: Albertina Nr. 330.\ Links liegt
Die Bildnisse Ur» Grafs und seiner <i;ittin.
15:
Centaur am Bodeü, hält mit der hembLäugenden Rechten
Schrifttafel .mit Monogramm iinil Datum, blickt zu
rt^chts von ihm auf einer Rasen bank sitzejidt^n Sibylla
hält mit der Linken einen Renaisäancepokal Luch
Sibylla, welche in der Rechten <*iuen Apfel hält.
iit den Centiiur an und schlingt ihren linken Arm um
jungen Urs, welcher sich über ihren »Schoss lehnt und,
Kopf auf die rechte Hand gestützt, schläft.
Recht anziehend ist eine Zeichnung von 1514^ wo
ylla als Ceres auftritt (U, 10. 56.). Am Rande eines Bach*
erblicken wir sie in der Zeittracht, wie sie in dem bis
r die Knie heraufgesehürzten Rocke reife Apfel gesaniineh.
£ine Zackenkrone charakterisiert sie als ln?idnische
tin. Sie blickt alier den Beschauer so lieb ati, dass er
le Göttin, sonderu nur das vell erblühte Weib in ihr
t Kokett sitzt ein kleiner Dolch an der linken Hüfte
und hnstig wirbeln ihre Locken im Winile. Am Boden
li«*gt — ein kulturgeschichtlich interessantes Stück — eine
kleine Taschensonnenuhr,
H Die liebevolle Mutter naht sich uns auf dorn auf Tafel
V abgebildeten Blatte (ü. 10. 58.). Sie iiSt hier wirklich
gross aul*gt»hisstj auf unnötiges Beiw-erk ist ganz verzichtet
tmd mit wenigen Mitteln ist da eine hohe, plastische Wir-
kung erzielt* Wie ruhig steht sie nicht da im Freien, den
B»-s*diauer voll ansehend, als einzigen Schmuck das (lürtel-
l>aiid mit Messerbesteck und Beutel an der Seite und in
den Armen das zappelnde Kind. Wir dürfen sie als eine
der besten Schöpfungen Grafs in Anspruch nehmen.
War auf diesem Blatt die Mutter, so tritt uns auf einem
U&dern desselben Jahres die sorgsame Hausfrau entgegen
Hl. 1(K 69.). Ein Imbiss soll im Freien eingenommen werden.
Sibylla hat sich eine Schürze vorgebunden, hat über das
tirf ausgeschnittene Ijeihclien einen Schulterkragen ange-
legt, um sich gegen die kühle Wittening zu schützen, und
bott in einer Feldflasche Wasser oder Wein zum Mahle
herbei; am (rürtel hängen ihre Hausfrauenattribute, Beutel,
Messerbesteck, Schlüsselbund und ein Spiegel oder Kamm,
Bass Sibylla ihrem Gatten auch ztmi Aktzeichnen
158 Emil Major.
Modell stellen musste, beweist eine weitere Zeichnung
(U. 10. f)0.\ auf welcher sie ganz nackt, nur mit Stirnkette
und zwei Halskett'en geziert, und eine fliegende Schnur in
Händen, im Freien steht. Ihre starken Körperformen treten
hier mehr denn je zu Tage.
Eine Frau, die von mutwilligen Putten attakiert wird,
gewiss ein origineller Vorwurf. Er liegt in einer Zeich-
imng von 1514 vor lU. 10. 63.). Sibylla spielt auch hier
din Hauptrolle und steht, die Hände vom auf dem Leib
üboreinandcr haltend und eine Haube auf dem Kopfe, in-
mitten der übermütigen »Jugend. Einer fliegt soeben rechti
<iavon, die andern aber nehmen die Sache nicht so leicht
und. wälirond einer auf Sybilla deutet, kommen die andern
lieran. einer mit einer Hellebarde und einem ovalen Schilde,
zwei andere mit Speeren und ein vierter mit einer impro-
visierten Fahne.
Die letzte Zeichnung aus dem Jahre 1B14, welche die
i.lattin des Meisters vorführt, vermag uns weniger zu fessein
(LT. lO. ()1.). Sie ist in langem Schleppkleid, fasst mit der
Rechten die Schleppe hoch und hält die Linke mit ausge-
streckttun Zeigofinger auf den Leib. Das Ganze ist ziemlick
nichtssagend und höchstens als Trachtenbild geniessbar. Sie
hat i'in ausgeschnittenes, über der Herzgnibe vernesteltflS
Loil)ch(.Mi. unter dem sich das mit Ranken bestickte und oben
mit Knöpfchon besetzte Hemd hervorschiebt. Eine breite
Kette auf der enthlössten Brust, eine Stimkette und ein
]iiit wil(l<;eschwungenen Federn verziertes Barett vervoll«
stiiiidigtMi den Aufputz.
Und nun zur Schildhaltorin von 1518 (U. 10. 34. -
Al)«r,0)i]ih^t im Schweiz. Archiv für Heraldik, 181>9, Tafel
Xr.i. IK^in feiorlicluMi Moment (Mit9j)rechend ist sie in be-
sonders vornehiner Kleidung. Ein sehr tief ausgeschnittenes
LeibcluMi mit breitem Saintstreifen oben sitzt ihr knapp
um (lii^ Brust. Reichgepuffie Ärmel mit allerhand Schlitz-
uiigeii umgeben ihre Arme. Pen Busen verhüllt ein dünner
Schleii'r. den am Halse ein mit Hauten gemustertes Hals-
band fasst; darüber liegt eint» dicke und eine längere dünne
iSchnnickkette. Auf dem Kojjfe, welchen eine Stimkette
Die Bildnisse Urs Gräfe und seiner Gattin. 159
it, sitzt hinten ein von Federn über und über be-
ä Hutbarett Über den Rock, den die linke Hand
rafft, während die rechte den Schild hält, fällt ein vorn
eter Bandgürtel, welcher links ein bequastetes Leder-
len mit dahinter gestecktem gekrümmtem Messer
>cheide trägt. —
ücksichtslos. wie Urs Graf immer zeichnet, zeichnet
h sich, und diese Wahrheitsliebe, welche ihn die
und Personen beim richtigen Namen nennen lässt,
' ihn bewegt, sich selbst als das. was er ist, als rauf-
n, gewalttätigen Gresellen, und seine Gattin als freund-
in ihr Schicksal ergebene Frau darzustellen, kann
im nicht hoch genug anrechnen.
Fabrikate einer Basler Töpferwerkstätte
1397-1457,
Von Karl Stehlin.
Im FVühjahr IRMi wurden in dem Hause Äschenvor-
stadt 10 (Eigontürner Herr Stadtförster F. Bari bmiliiL^?^
Veränderungen vorgen« mimen. Beim Legen der KanaLi-
ßationsröhren durch das nicht unterkellerte Vordergebäudt»
fanden die Arbeiter zahlreiche, zatn Teil ganze, zum Teil
fragmentierte mittelalterliche Ofenkacheln und Tongefasse^
Ohne der Bauleitung Anzeige davon zu machen, warfen si^
alle wieder in den (Traben, Herr H. W. Bröckelmanu
welcher dazu kam. als der Graben bereits wieder eingefiUlti
war, raffte die obenauf liegenden Stücke zusammen miil
übergab sie später der Delegation für die antiqiiarischen
Funde zu Händen des hi:4tnrischen Museums. ^H
Nach den Aussagen der Arbeiter duiThschnitt d™
Kanalisation^graben eine mit Lehm gefüllte Grube, w
welcher die Töpferwaren zerstreut lagen. Eines der ge-
retteten Stücke ist eine Matrize zum Formen von Ofen-
kacht'ln. Von den Kacheln selbst erweisen sich mehren*
deutlich als Fehlstücke mit missratener Glasur, windst^hiefer
Oberfläche und Rissen, die beim Brennen entstanden sind.
Diese Umstände Hessen deutlich darauf srhliessen, dass
man es mit den Überbleibj^eln einer Töpferwerkstättve ssu
ttui habe. In der Tat ergibt sich aus dem hist-orischeu
Grundbuch, dass das Haus in den Jahren 1897 bis 1457
successive von vier Hafnern besessen wurde, wogegen weder
vorher noch nachher ein Hafner als Eigentümer desselben
vorkommt Folgendes sind die Auszüge über das Haus
Aschen Vorstadt 10 in der genannten Periode: ^M
1B97. Das Klostor KÜngenthal verleiht an NicoIct^
Hafener von Hirsingen , Burger zu Basel und Elsine
seine Frau das Haus, welches vorher Conrad Panthlion
F:&brtkatc ctucr fiasler Töpfer werkstatte i3*-)r~*457
l6i
■ der Beck bc?fiessen hatte^ um 12 ^9 jälirlichen Zidh und
I 2 Ring Brot zu Wi'isung.
I 1424. Eisin Hirssin^eriiu Clewin Hirssingers des
I Hafeiit*rs Wittwe und Heinrich Hirsi^inger ilir Sohn ver-
I kanferi das Haus an Peter Hiirtlii?b den Hid'nor und
■ Ennelin seine Frau, zinst an Klingentlud 8 ß (hic), uui
I 58UulrtHn.
■ 1443. Euneliu Hartlieb verkauft tlan Haus an Clausen
I Still von Sultz den Haffeuer und Ennelin seine Frau,
■ max an Klingenthal 12 ^ jälirlieh und 2 Ring Brot zu
■ Weisung, um 140 (Inlden.
I 1456. Claus Dille (sici ') der Halen*/r und seimi
H Frau Ennelin verkaufen das Haus an .Jacoben Heczden-
■ »rfen von Stras-sburg den Hafener, zinst an Klitigenthiil
W 12 /J jährlich urtd 1 isic) Bing Brot zu Weisung^ iirti i(ß}
I (iuHen.
I Zur D*»Ldvnng des Kaufpreises verkauft der Käufer
■ m^ Rente von zwei Gulden an das Kloster Klingi?nthal
■ \\m 4u tFulden. eine solche von 2 (Inlden an den Ver-
I käufer um 4<> rTulden und eine solche von 1 ( Inlden an
■ fleineze Seger tun 20 Gulden.
■ 14B7. Dftii Kloster l\Jingenthal frönt das Haus wogen
■ Jficlitbezuhlnng von 2 Gülden Zins^ da Jacoli Setzden-
■ ofen flüchtig geworden ist^ und übernimmt en um flon
■ Verfallenen Zins.
^^ Das Kloster Kling^'Uthal seheint da^ Haus hierauf
HBbend mehrerer Jahrzehnte lediglich a\ii Zeit vermietet
■II haben.; 1487 verkauft es dasselbe an Crista Beiger den
Kubier und zwar, dem Preise von blos 5Ö Ouhlen nach
■a schllessen^ in einem ziemlich verw^alir losten Zustande;
pi ist Kehr nnwahrscheinh*ch. dass nach dem Zusammen-
hrnch von Jacob 8etzdenofens Geschäft im Jahre 1457
Hoch einmal eine Hafnerei in dem Hausse betrieben woirde.
Wir dürfen daher mit annähernder Sicherheit an-
nehmen, dass die sätntlichen gefundenen Stücke Abfälle
*) Die richtige Schreibart fcheint Stille zu sem; mit diesem Numen
^M der Mahu iiach aU AnwÜnder der Häuser No. S und 12, sowie als
Eigfiaämer cmcr andern Liegenschaft gcn.Hiiit.
Zcitschr. L Gesch, und Allerlum. VI. 1. 11
lf)2 Karl Slchli
I
ans den B»»trit.»bt'Ti der Hafner Niclaus Hirsinger. Peter
Haitlieb. Claus Stille und Jacob Setzdenofen sind und KU
«len «»U Jaliri'n zwisehen 1^397 und 1457 stammen. Es üt
dies ein nieht ^nuz unwichtiges Ergebnis, wenn man e>
wägt, wie selten bei dieser (Gattung von Ware die Zeug-
nisse* über Urhebt.M'sehaft und Entstehungszeit sind. Auck
di».' kleinem Fragmente, die an sieh nicht viel vorstellen,
können wenigstens bei den mit Modeln geformten Ofen-
kacheln! zur Zuweisung andt»rswn gefundener vollständiger
Stückt- «li«Mdich aviu.
Von den Fundstürken sind namentlich her\'orzulieben
Die bereits erwähnte Matrize für eine Ofenkachel
mit Kranzgesinis und rechtwinkliger Strebe, 21,3 cm Loch,
'Jr") cm breit, l'i.o cm dick.
Eine gotische Krabbe, kleeblattfönnig. Standfläche
untt'r dem SttMig«*l. glatte Hinterfläche. 3t> cm breit. lU^
spriinglich ca. 3n cm hocli. Vorderseite grün glasiert.
(^uadratisclu* Ofenkachel von 17.7 cm Seitenlänge;
ein sclirritentler Lüwe: mit unvidlsländiger, teils grüner,
trils gribiT (ilasur.
f^uadratisclM' Ofenkachel von 16.(5 cm Seitenlänge;
*'iu Pfau. üb«'r Kck gestellt: grün glasiert.
(^ujidratisclir Ofenkachel von 14 '14.3i cm SiMten-
liuig«*: i'iii s(iin*it«'ii(h'r Mann, über Eck gestellt: grün
glasitTt.
( )|'enkaeih'l. Endstück mit (Tesims, 17 cm lang: zu
rib«'reckgt»st«'l]ri'M «luadratischen Kacheln von ungefähr
11 cm Seitenlange j)ass<'n(l: grün glasieit.
Kranzg«-sims ciru^s Ofens, mit drei Zinnen und drei
Lücken. 2HJ^ eni lang. 1;^5 cm hoch, grün glasiert.
Fiii<che aus rotem unglasiertem Ton, 17.5 cm hoch,
11 cm dick, der Boden, sowie die AVandung bis zur
Ibihe von 7 cm si«.>i)artig durclilöchert. mit Öffnungen
v«)n ii.f) mm Wi'it«' in Abständen von ca. 10 mm.
Auss«Tdem linden sicli darunter zwei Fragmente von
Xiscih'nkacheln un«l neun weitere Fragmente von Ofen-
kailp'ln verscliicflcner Formen. t«*ils mit. teils ohne Figuren,
neun Stücke von (lefässen aus rotem Ton, teils mit. teils
Fabrikate einer Basler Töpferwerkstätte 1397 — 1457. 163
ie Glasur und vier Stücke von Gefässen aus schwärz-
lem Ton.
£ine nochmalige Öffnung des Kanalisationsgrabens
u£s Gewinnung weiterer Fundstücke wurde vom Bau-
ster als untunlich erklärt, weil der Boden locker und
nahe gelegene Scheidemauer schlecht fundiert sei Ein
iter paralleler Graben, der für die Wasserleitung ausge-
en wurde, führte nicht durch die Fundstelle.
Da das Haus über die Baulinie vorsteht, muss es
ler oder später zu einem umfassenden Umbau des
dergebäudes kommen, bei welcher Gelegenheit dann
vollkommene Ausbeutung der Fundstelle möglich
wirtl.
Der Bachofen'sche Mfinzschatz von Äugst
(s. Tafel VI.)
Von E. A. Sttickelberg.
In der Geschichte der Numismatik nimmt die Uuiveraitäts-
Stadt Basel seit vier Jahrliundertcn luit einer stattlichen Reihe
von Münzkennem und Münzsammlern eine ehrenvolle
Stellung ein.
Schon Erasmus war ein Liebhaber antiker Münzen;
nach ihm sammelten Bonifatius Amerbach,*) dessen CSmeli-
archium später in Besitz seines Sohns Biisilius überging
In der Familie Fäsch treffen wir Eemigius*) (f 1666) als
Sammler von griechischen und römischen Geldstücken und
später Sebastian (f anno 1712). August Johann Buxtor^
Pfarrer zu St. Theodor (1756), war zu seiner Zeit als Münzen-
liobhaber bekannt, während der Bäcker Emanuel Büchel mit
gewandtem Stift baslerischc Münzen und Medaillen zeichnete*)
und Christian von iVrocliel das ^Oeuvre^ des Medailleurs
Hedliuger stacli und herausgab (1776).
Im .Jahr 1796 wurde die Sammlung des Xiklaus Harscher,
1812 die eines Paravicini vergantet; im Besitz von Deputat
Schorndorf sehen wir eine prächtige Kollektion von Hed-
lingr'rmcHlaillen. und vier Jalim nach dem Tod des Professort
J. ,1. d'Annone • f 1804) wurde dessen Münzkabinet verwertet
Einen Einblick in die Art, wie, wo und was damals
gesammelt wurde, gibt uns das Ausgabenbuch des Raritäten-
samml(Ts D. Burckhardt-AVildt.*) Wir lassen hier einen
Auszag aus diesem Manuskript folgen:
1774 1 Medaille von Silber, worauf Munatius Plancus.
1 dito worauf Constantius.
1776 1 Kiste zu den Medaillen.
h Athciuic Kaurirae p. in — 113.
2) a. a. O. p. lU)— 122.
3) Manuskript der Basler Universitätsbibliotek.
*) Dem Verfasser liebenswürdig» zur Verfügung gestellt \t)n Hem
Prof. D. Burckhardt-Werthcmann.
Der BadiofiEti'scbe Man^scfant^ sau Aug^l.
«65
Ich Nbitio« mitf^bracttt, Antiquen.
m^dAilleJi romaiDea en Bronce,
dctto in Silber.
-u Äugst bekommen.
tnedaiUe'« pi» Bronxe.
dito m Silber,
amhiächi» oder moriselie silbern Müntzcn.
gro«B9« &l^daiUe8 romaine^ en Bronze (aus Augfit).
kleine dito«
Mrdaiilr, worauf siwei Köpfe,
dito dr» HtidrianQd.
nübemer Ba«cKThalfir worauf dos Bildnu^^ts des ^lunatius
PUnciia A 16.
Medaille Greciiue d'argi*nl du Roy Autioche.
Petite mddaüle d'afgetit de SiracuisiotK
> Antiquen.
tnt'dadlo grrccjue de euivre
Dunljiillf!=i i\v cuivre Grecques et Romainen
5i*>daiü«* de Tnivro de ViteUius qu'il l nämlich P. A. Bor-
lunl) a d^dari' fauMso et me Ta doune par de-ssus 1p marcho
pour |M>ov()ir distinguer le^ bonnes meduitlet^ entrclcs fausses.
M^diiUt' d'AugUi^te ile bronze (Rnvers, Providentia).
dilto uübekikunt d'Em|>efeur.
jdlbe>r-Tergokbta Medailie worauf das Bildtiuss von Job
Hu^ und auf dem Rtivers wie er verbnindt wird.
ailb^m^ Arabische Münzen.
i*rhf» von Kiipf**r,
So. öaa, 14^, 5öO, 662, 481. 227, 417. ,
114, 408. 308, 877, 1Ü8, :i38, 346, 248, 461),
THuaipbwai^en, Hv. Kamel
Rof&akopf Rv. Triumph wagen. Aemüia
4*^ i f, Rv, 2 figuren. 3BÄ, Roma*
kipf. Rv* TriiimpbwRgen ot combat de
nm, 1168, 1091. Älö, 88t*,
1325. lülO, iTtäV». 1276,
i (Domnal Diva Kaustina,
Vespiuiian, Aarel Antoninu"^,
Piu», Tiherrus, 2 üomitiait,
«, m\ Oomitian, 8(>«> NVro,
20 Consulares
von Silber
1027. 7(1?.
m& !
IW4, i
tadD», 2
Ar -
l»i- - '+ », Antoninus Piu>iy
GaUiMitts, Jul. Pbilippiis, Po^tumuif
Bmiäcilla.
28 imjieratores
vou Stiber.
:|
8 Bronze et ArKeut
l66 E. A. Stückclberg.
Constantin Jun., Maxentios, 2 Probus,
2 Aurelian, Tacitus, Claadius Goth., «. ^
Constantin, Maximus, Magnentius,
Gratian, Constantius.
Caius, Tiberius, Agrippa, Crispina, M. \
Aurel, Antoninus, Domitian, 2 Augustus l q, - j
und noch viele andere, welche nicht [
so remarquable. '
2 Verus, Severus Alexander, 2 Diva \
Faustina, 2 Hadrian, 3 Lucilla, Traian, I ^ , »
Aurelius, 2 Antoninus Pius, Mamaea, |
Maximinus. '
2 Gothische silberne kleine Medaillen von Attila.*)
Folgt der Preis für diese Posten total Fr. 68.04. Er fü|
,Ich habe ihm da mehr gegeben, als ihm gehört hätte, die l
davon ist, weil viel Rare darunter, also er (Job. Heinr. Bawier in
sehr wohl zufrieden."
1780 Fausta Bronze.
Titus.
2 Salonina.
2 Claudius 11.
Aurelian.
Consulares von Silber: 556, 568, 360, 407.
Imperatores von Silber: Tiberius, Domitian.
2 Traian, Hadriun, Severus.
Probus 1 _
„, ., > von Bawier.
lacitus J
Imperatores von Silber Traian, Domitian.
Antique silberne Medailles: 68, 64, 66, 67, 72, 76,
89, 90, 91, von Meyer Amschel Rothschild in Fr
Antique silberne Münzen: Vitelliua, Tiberius, Tit
mit i an, Traian. Vom Jud Picart.
Silberne Blech-)-Müntzen auss dem Elsass.
Silberne Römiscli. Münzen. Severus n. 1463.
n. ioo:{.
Silberne Medaillen:
Maximilian Emanuel Elect. Bavari.
Rv. The.seus Bavaricus 1689.
Rv. das jüngste Gericht.
Gar grosse Baslerische, rings herum
die 8 Dörfer-Wappen,
Rv. die Stadt Basel.
von
gel:
Fl
bek(
*) Bis jetzt sind keine echten Münzen des HuDnenkönigs Attil
gewiesen.
*) Oflfenbar Brakteaten.
von meuieii
geliebten
Frauen
bekommen
Der Bachofen'tche Müozscbatz von Äugst. 167
Tbxiler. BasUisc haltet das Wappen der
Stadt und 8 Dörfer.
Rv. Stadt Basel,
dto. Mon. no. Turicensis Civitatis im-
perialis 1559.
Rv. 9 Dörfer. Wappen,
dto. 1647.
Thaler, Basel Stab. 1624. Rv. Adler.
Klein dto. 1688.
Thaler Leopoldus D. G. Archid. Austriae.
Rv. Wappen.
Silberne Medaille ludicio judieantur ex timore.
Dei omnia aequo. Richterspruch Salomonis.
Tempelbau.
Medailles Grecques de bronze.
2 Commagea.
6 Regio.
7 Athenes.
10 Sauromates Thracia
14 Ptolemeus.
3 Nero et Messalina.
S .\ugustus.
12 Claudius et Messalina.
15 Antinous.
16 Antoniiius Pius.
Homaines de Bronze:
1 Caesonia.
4 ileliogiibalus.
5 Valentia.
9 Caesar et August us.
11 Donata, Postumi. «Eine erfundene Kaiserin, z. Hsohr.i
13 Pupienus.
17 Marios, Tvran.
18 Tetricus Junior.
Plautilla. (lermanicus. Rv. S. C. ('aligula, Rv. Ve^ta, selir
schön, .\grippina, (iordian «111) XiTo, Claudius, sehr >chön,
.\ntoniuus Pius, 2 Diocletian, Probus, Maxentius, Virtus
Cari, Severus Pius, Gallienus, 2 Constantinus .lunior,
Coiistans.
In Silber: Vespasian Rv. Judaoa, Maesa, Constantiu< Rv.
Vot XXX Muh X X X X. Preis für diese Griech.
und Rom. Münzen Fr. 72: gekauft bei Fred. Schmidt de
Rossau Conseiller Prive in Frankfurt.
Beim selben gekauft 13 Silbermüii/en. 53 andere .Münzen
für Fr. 4S ab accordieiter Rabat von Fr. 9: Fr. 33.
l68 E. A. Stückelberg.
1781 Femer 21 Münzen für Fr. 70.42, ab accordirter Ribit
von 26.42: Fr. 44.
Antique Medailles von Jeremias Schlegel gekauft flir
Fr. 33.20.
1 silberne Medaille von Titus, gefunden im Kirschgarten,
gekauft von Mahler Linder für —.16.
1 Medaille (rOthon en argent für Fr. 3 in Nismes bei Abbe
Maury gekauft.
1 Medaille de Bronze in Äugst gekauft.
17H2 2 Abgüsse von der Medaille von dem Landgrafen von HesseB-
Cassel, 2 Abblötscben (?) von weissem Metall; 2 Jetoi
Meister auf Silber, femer die Collectiou des Empreintii
de Cachets bu< auf 1. Januar 1778 von J. T. Samson g^
kauft.
1778 70 Medaillons en platre representants les hommes illustres de
lautiquit^e bei Chr. v. Mechel gekauft.
1781 «4 Abdrücke bei Samson gekauft.*)
Aiiss(M(loin sanimelto Burcldiardt allo Art^n Altertümer
und Bibolots, Natarali(*ii und dgl. (xemäldo in Oel und hinter
(Uas.-) Das Buch roicht von 1770 bis 1786.
W(M*ter«> Baslor Münzi'ivundo und Sammler sind Leonhard
Tluirnevst'n z. Tlinrn, dor brandenburgische Arzt. Fr. Sml.
Schmid und .1. J. Schmid. Emanuel Stickelberger (f 1833)t
(l<»r römisches Silb<»r in x\u^st und am Bötzberg er^'arb,
HiiTonynnis Falkeysen.^i lAntistes 1S18— 183&) Prof. Wil-
liehn VisclhT, Kwi<^. dt'sson Sammlung ins historische Museum
überging *) und Mey(?r- Kraus. Bekannt sind die uuinis-
niatischen Aul'sätzt» des Antiquars Albert Sattler im Organ
der Schweiz, numismatischen Zeitschrift, dem Archäologen
*) SaniNOii, der l)i:k;iniite Graveur, der für Huudcrtc von Schwciicr-
faiiiilicn \V''appi;ii>ic";4cl in Stahl j;c.>clinilt(;Ti hat.
-) Sivj^. ICijlomises; die Technik kcMiuut seit dem Mittelalter vor; Be-
spiele .iu*s dem XVI Jahrhundert linden sich auf Schloss Wildenstein, »D
Hasel. Zürich, Xiirnher«^ u. s. w. Im XVIII. Jahrhundert wurden Hinter-
j»la.smaUTcicn vom ):,M•ö>^^t(■n bis zum kleinsten Format von den Mitjjliedera
der l"'amili(^ Ah l-^ch in Siirser hergestellt; Beispiele sind im Rathaus »
SurM.'c /u sehen. Xoch im XIX. Jahrhundert entstanden solche Malereien,
sintl indes ;iii*;^er(>rdentlich roh und j^t'hören ihrem Jahrmarktscharakter oofli
zu den typi^'chen Vertretern der \'olk>kunst. Tirol versah z. B. Graubünden
mit dj^l. (iemählen.
^) Vjjl. Achilles Ryhiner, Itinerairc, 1782.
*) Der Katalog wurde von Dr. (i. Crcij»y verfasst. Vgl. die folg. Aoo-
Der Bttcbof^n'sclie MuuzschiU/ von Aug»t.
ibg
flaufi^ ilie Ausführungen Prnt. J, J. Bernoulli's in seinön
Terken über römische und griechische Jkoniigraphie. die
lit zahlreichen Münztafeln geziert «tnd. Den Knustniediiillen
iudt4" sich Oberst Rudfdi" Bräderlin zu, den Schweizer-
BÜnzen schenkte Dr. Alt'rotl Geigy durch Sammeln und
rissen seil aftli che Publikation*) seine Zeit^) Eine andere
slerSammhmg, die von Rud. Merian-ZäsHn rt^^-'Jnli 1906),
&nthält die Münzreihen Oistasieos in sehr vollständiger Weiae
ItnsammengeBtellt, geordnelr und bestimmt.
Die grösste, auserlesen ate und bedeutendste Mf'inz-
l£oUektion Basels, ja der Schweiz, hesass AVilhehu Bachüfeu.
Er hatte mit dem Sammeln von Schmetterlingen, dann von
[Siegeln begonn»:in, als er im Alter von fünfzehn pJahren von
[Herrn Burckhardt-Vischer im Ritterhof ein Säcklein voll
[alter Geldstücke erhielt mit dem Motto: ^Idee zu einer
Münzensammlung'", ,L J. Wilhelm Bachofeu, geboren 1853,
[ \it am 21. Juni IIXKJ nach langjähriger Krankheit dahin-
. geschieden. Bis in seine letzten Jahre blieb er der Numis-
matik treu und verfolgte den Gang der Auktionen, seine
I Keihen mehrend, Liickeu ausfüllend. Seine Sammlung war
vielseitig; mit besonderer Liebhaberei aber liaute er gewisse
, Serien aus; diese seine Spezialitäten waren: Schweiz, Elsass,
Wallenstein, Gustav Adolf, Westfälischer Friede, Gepräge
der geistlichen Stifte und S. Georgsmünzen. Ais ein von
*\ a) Das Müuirecht voa Briigg : pp. 2.
b) RoUbatJcco: L pp. 7.
n. pp. 4.
c) Medaine dile de la Truite: pp, 153/6 avec la med. photographiee.
„BuUeliö* Bd. VI dixieme anoeCi Basel 1887.
d) Aus schweiE. Archiven: pp. 55 m. i Tafel Abli,
e) Haldetisteiti und Schaueiiüteiii-Rcichcuau tmd ihre Müulpräguiigeti
U pp. 40 mit l Tafel Abb., alle beide rtus „Bulletin'* Band VIH,
hutticme aonee. Basel 1S89.
Ferner diverse kleinere RejEensioncii meist ohne Unterschrift.
f) Gedruckte schweif. Münjtmaödate. Ba.scl i8n<>.
gj K^täl. d, Basl. Mzcd. u. Med, d, Ewig*schen Snmmlung. Basel 1899.
b; CoUections otiiDismatiques existant en Stusse eo octobre/tiovembre
Imprime comroe manuscrit Bale. pp, 1 5 in 8".
*) Weitere Basler Sammler der neuesten Zeit sind aufgeführt bei Fr.
*a»«l £. rioeccbi in Cmida Numismat. Univ. 3 Aufl. 1894 p. 491 — 492.
170
E. A. Siückelberg.
Kind auf begabter Zeichner und eifriger Sammlör von lüte«
schweizerischen Gla^sgemülden, verstand er es. die Kom.
Position PiiiMs Miiazbildos zu V»iirteileu und als Freund anJ
Kenner alter tToklschniitMlearl>eiten war er im Staud^ die
Vorzüge von Stempelsclmitt. (tuss und Zißelierung voll zu
würdigen* Wer die Preise dpriirtiger häufig »»C'hoii laateridl
sehr wertvoller MUn^fieu und Medaillen kennt*» wird ersehen,
dftsa eine solche Sammlung bedeutende Opfer erforderte.
Er hat sie nicht gescheut und hat golegentlich königliche
Sammler überboten und aus dem Feld geschlagen, wenii ps
galt, ein besonders schönes Exemplar eines seltenen Stücks
»u erobern. Daneben war Bac^Jiofen aber auch ein tüchtiger
Kenner röuiiisoher Münzen und als in Angst ein!«Jt ein höchst
interessanter Münzschatz entdeckt w^irde, hat er ihn durch
Ankauf gerettet. Er hat auch ilen grünpatinierten Klumpen
Äum Teil aufgelöst und die sorgfaltig losgetrennten Stucki*
selber goreinigt und vortrefflich bestimmt wnd geordnet.
Seit 1875 g€*hörte er der Basler historischen und antiquar-
ischen Gesellschaft, seit 1883 der Schweiz. Numismatischen
(tosoII Schaft und Ins 1902 auch dem Verein für das histor-
ische Museum seiner Vaterstarlt an.
Bachofen hat seine Schätze aufs liebenswürdigste dem
Kenner gezeigt und noch anlässlirh der Tagung der deuti^cheii
Limesforscher in Basel dem Schreiber dieser Zeilen «len Mnnz-
klumpt^n und charakteristische Einzel proben von Augusta
ßauriconim zur Vorweisung anvertraut. Wenn in den fol-
genden Zeilen diesem Münzschatz einige Worte gewidmet
werden, so geschiebt dies zur Erinnerung an BacJjofen so-
wohl, wie um einen Wunsch der Limesforscher und der
Redaktion dieser Zeitschrift zu entsjjrechon. Der Verfasser
glaubt damit, als Vertreter der Numismatik an der Basler
Hochschule einer Ehrenpflicht nachzukommon.
Keine Epoche der römischen Kaisergescluchte bedarf
so sehr der Auflielhmg wie die drei Dezennien von 253 bis
283. Diese beginnen mit der Regie nmg des Valerian und
seines Sohnes Gallienus und sehliessen mit dem Auftreten
Diocletians. Ihren Charakter erhielten diese Zeitläufte durch
alz
einö ünzalil vou Usiirpatioiion, die dazu geföhi^t haben, dass
flian» wenigstens für die Zeit des (.TalHf*nns, übertreiljend
Ton dreissig Tyrannen sprach. Tatyächlicli herrscht über
Asr Mehrzahl dieser Ußurpationeii tieisteifs Dunkel: sichere
Zeugnisse empfangen wir nur ans den Münzen, die wir als^
die zuverlässigsten und wichtigsten Quellen dieser Zeit be-
trachten raössen. Sie orientieren uns über den richtigen
I Namen dieser Kaiser, über deren Stellung zu den andern
Kaisern, über ihr Herrschaftsgel >iet, durch ihre Zahl iilier
[die Länge ihrer Regie taing, durcii ihren Styl über die Zeit
[der Usurpation. Nur Wenige haben bis jetzt diese Münzen
zum Sprechen gezwungen, aber sie weichen in der Inter-
pretation so weit von einander ab, dass nicht zwei Kaiser-
li^ten mit Bezug auf Zahl, Namen und Jahre der auf-
geführten Imperatoren miteinander übereinstimmen. Und
L«o wenig wie die Historiker, stimmen die Numismatiker
litein ander überein. Um nur ein Beispiel anzidiiliren, sei
die KaiserfamiHe Valerians hingewiesen. Diese besteht,
ne aus unantastbaren inschriftlichen Zeugnissen bervorgeht^
idestens ausfolgenden Personen: Kaiser Valerian, dessen
Bekrierter riattin Mariniana. Kaiser Gallienus, dessen
^mahiin Salonina und drei Söhnen dieses Paares: Valeria-
aus iH), (Saloninus^ Valeriamis (HI) und Marinianus. Die
[ünzen der drei Valeriane, denen gelegentlicL noch ein
ierter, ein angeblicher Bruder des Gallienus zugeseilt wird,
werden nun allgemein durcheinander geworff^n. Eine syste-
jatische Scheidung wäre zu envartr^n gewesen von dem
Spezialforscher O. Vötter in Wien; aber da er Valerian II
[4iüd m nicht auseinander zu halten vermag, kommt er zu
lern erstöunlichen Schluss „Der Valeriamis junior ist zur
jFabel geworden" *).
Da.ss die meisten chronologischen Ansätze der Usur*
pationen sehr unsicher sind, braucht nicht hei^vorgehoben
[£11 werden. Käme die Numismatik zu Hilfe^ indem sie den
^At'hweis erbrächte, Kaiser A hat in der Provinz M vom
Jahr X bis Y geprägt, im Jahr Z aber nicht gepi-agt, dafür
nber habe Kahler B im Jahr Z hier Oeld geschlagen^ sa
h Wiener Nuni, Zeitscbr, 1901 p. 80,
172 E. A. Stückelbcrg.
könnte ein festes Gerippe der Chronologie gegeben werden,
wie solches Jules Maurice in Paris für die konstantiiiische
Epoche ausgearbeitet liat.
Einstweilen sind wir nicht so weit Wir müssen des-
luvlb für jeden Fund dankbar sein, der einiges Licht in die
dunklen Jalirzohnto des II L Jahrhunderts bringt Auch für
unsere Lokulgeschichte können insofern historische Resultate
gewonnen werden, als durchaus nicht feststoht, wie lange
und wie oft unser Land zum Usurpationsgebiet oder zum
Reich gehört hat.
Unser Münzschatz wurde, wie bereits zur Zeit der Ent-
deckung mitgeteilt \). in Äugst in einem wohlerhaltenen
Bronzetopf gefunden; die griine Patina mehrerer Münzen
zeigt den Abdruck des gewobenen Sacks, in welchem die
Münzen in den Topf gelegt worden sind. Der Fund ge-
langte als Klumpen, von dem nur wenige Stücke losgelöst
waren, in Besitz von W. Bachofen: er hat einen Teil der
Stück«' losgetrennt. giM'einigt und bestimmt. Den andern
Teil liess er als Klumpen bestechen: die Abbildung zeigt
<lie Form desselben. Er wiegt zur Zeit 2245 Gramm, wM
auf eine Stückzahl von nind 635 Münzen schliessen lässt
Killige noubh^rteu sind im Liuif der Jahre vom Besitzer
v«'rsclienkt wordi'U.
Was noch vorhanden ist, stM im Folgenden kurz cha-
rakterisiert: der Fund enthält ausschliesslich Doppeldenare,
d. h. Billonmüuzen. wt4che bei Kaiserbihlern die Stralkrone
<1ps Soinu'iigott»*s. lu'i Kaiserinnen die Mondsichel als Zeichen
aufweisen. Alle Münzen sind somit Reichsgeld; provinziales
oder Stadtg«^ld ist nicht im Fund vorhanden.
I)as idtest«» Stück ist fin Doppeldenar von Trebonianus
<Iallus mit »lern IJevers: Libertas Augg. und dem Stern im
F.'lde.
Es folgt«'n dann d\o Gepräge der valerianischen DjTiastie:
'• An/, f. vchwci/". Altcrliimikuihic 1SS4 p. 41 — 42. „Die dort g^
nannte Linie mit ilen (JiierniäiKTchen i>t in horizontaler Richtung 20 Meter
vom südlichen Rand der H»)hi' ,,auf Karteien** entfernt." Gütige Mitt. ▼.
Herrn Dr. Hurckhardt-Uiedcrmaiin d. d. 24. April 1906.
0er Badtofeo'irlie ^tufttsdbil» too Angii,
ns
wmr««n vom dynastischen «StnnflpUTikl aus am mtkiui^ll*
#tU2aieilen« Wir tmterecheidcn folgende Perioden:
L Valeriau I, alleiniger August us.
IL Valman I und (Talli<^nüi? Augusti.
ni \ uml (iftlli«tju!* Aug-usti, Valeiia II Ca^^ar.
IV 'i^ irmi Valeriami« M, Au^osti.
V. GairieniiA und Val^riaiitis IL Aui^usti Valonan llt. Caesar.
Vi GalU«iuas August ii^ uDd Valcrian III, Cae>^4ir
ril> CiaUlMitu^t alleiniger Au^u^la».
Diea^ Poriodeti siini von verschiedener Länge: ganz
i^ di« orsU*, vermutlich (inch die viertle. I^ng »st die
wte^ sie reicht von der Erhebung des Orallienus zum Mit-
i*tst»*n biK asar Gefangennahme de© Valerian L dnrch die
n«r VnttT wird iTsetzt durch Vülerian IL und als
folger I Caesar) rückt ußch; V'aleriau III. ^ Nach der Er-
iung dii^i^r ä4*inor Sohne Kteht ilallteuus allein da; seine
tvtL Jahre sind charakterisiert durch sehr Hcblechten Gc-
« •'^-loa. Sehen die Münzen der ersten drei oder
noch aus \vu* SiLht^r, die der vieiten bis
schlechtes Silber, so haben die Gepräg© d*^r
'* ' völlig da8 Auüsehen von Bronze,
;i I ;ii»en nennen stets nur einen rnler
iwei Augnstii nie drei. Gallienns erkennt also nur
Vii* T seinen Sohn ab Mitaugusti an; Caesaren.
tk Kn.ni| — ,s,. .. werden nicht als Augusti mitgerechnet,
Miwenig die KaiserinnenT wenn nicht die Mixnze dan
hfH^lbi?» trälgT. Ciallieniis zählt auf dem Geld nicht
aU ji« ' ' i Jahre der tribunicischen Gewalt: er
aljii mt IS vierzehn volle Jahre regiert haben;
itA fklexandrinUche Htadtgeld nennt uns sechzehn
K n» «ie« GaUienus. Sein Vater nennt
Hut Triliu....>,..:ire. aber sieben ägyptischa Galliemis
tUi» 5 bi» 7 Jahre mit seinem Vater, kurze Zeit mit
H^btiim nutl dio letzten Jahre allein regierte
Bdchofen'Hchf^ Münzschatz enthält aus den oben
bn Periodmi folgt*ndi* Typen:
ValtaiMi I. f rlidtas aagg. ilL Periode) l Stuck
»jt in dos Verf.
4n
2 Stück
l'bronfolgc von Auguiitus
*74
E. A. Stückelberg.
üebertrag 2 Stück
Restitutor orbis (I. od. n. Periode)
Salus aiigg (It. Periode)
Securit. pcrpet. (I. oder II. Periode)
Victoria augg. (II. Periode)
Total
Gallion US. Aetern. aug. MT. (VII. Periode)
Coucordia exercit. „ „
Deo Marti „ „
Diauae coiis. aug. „ „
Germanicus Max.V. (IL „ )
(Kopf n. links)
Indulg. aug. P. (VII. „ )
Laetitia aug. P. „ „
Marti pacifero „ „
Pax aug.
Pietäs aug. M. P. ,, „
Providentia augg. (II. bis V. Periode)
Provid. aug. (VII. Periode)
P. M.Tr. P.VII. CCS. PP. MP. (VII. Periode)
P. M.Tr. P.VII. CCS. III. P. P. (VILPüriod.)
Restitutor Galliar. (II. Periode)
Vic. Germanica (II. bis V. Periode) 2
Vict. (lallicni aug. ,, „ „ „ 1
Vict. Gormaniia „ „ „ „ 2
Virtus augg. „ „ „ „ 2
Unbestimmt 2
Stück.
Stück
Total 36 Stück.
S.imtlicho Gepräge mit Zeichen und Abschnitt i
M(onota) Pirimai, Mu)nota) T(ortia) stammen aus den Offizin
von Tarragona und bestehen aus weit schlechterem Met
nh ilie Erzeugnisse der Ateliers von Lyon.
J.)io Familie des (Tallionus ist folgende rmasson vertrete
Salonina. Pietas augg. (II. bis VI. Periode) 1 Stück
Venus fei ix. 2 „
„ vict rix 3 „
Total 6 Stück.
Valerian IL Orieiis augg. (IV. od. V. Periode) 2 Stück
(stehende Figur)
Oriens augg. (IV. od. V. Periode) 4 „
(.^clireitende Figur)
Virtus augg. (IV. od. V. Periode) 2 „
Total 8 Stück.
tJcf Badliofteii*sche Münzschatz von Awgst.
T75
SäI. Valerianus 111* Caesar,
Corisecratio {ViL Periode)
Jo\i cre^centi (VI. Peno<ie)
Pietas aug, (VI. Periode!
4 St Utk
1 »
Total 6 Stück.
Die Münzen der Salonina sind nicht nälier datierbar,
»mmeti aber nicht aus der It-tzteii i VLI. i Periode, denn sie
Bind aas schönem weissem Metall gefertigt. Die Gepräge
[tfcs Valerian IL nennen diesen ^sU^ts Angustiis^ Htaminen
[«lemnach aus der FV". oder V. Periode, wähnend die Münzen
Nle§ Valerianus HI. znm Teil zu dessen Lebzeiten (VI, Period.),
itinn Teil erst naeh der Consecratio {YTL, Periode i go-
adilagen Bind.
Unter Gallienus erhoben sich an allen Enden doä Keichs
I Psiirpatoren. Als Nachfolger Valerians L Hess sich im
[Orient Macrian proklamieren und ernannte seinen Briidt^r
[Qtti*etus zum Mitregenten. An Stelle der nach Gallien
ftari Germanien delegierten Söhne des Gallienus Hess sich
Poiitumxis zum Kaiser ausrufen. Dieser Imperator erkannte
'Jfit^mand zum Mitangustus an und wurde seinerseits von
keinem andern Kaiser als Augustus anerkannt Seine ge-
samte Regierung fällt zeitlich in den Rahmen der vierten
l>is sechsten Periode des Gallienus, d. h, er beginnt seine
Itie^emng nach der Gefangenschaft Valerians I und wahr-
bclieinlicb nach dem Tod Valerians IL und fällt vor der
llt?tzten Periode dps Gallienus» d. h. vor der ganzlichen Münz-
Iverschlechtening.
Postumus zählt zehn Tribunatsiahre, hat also mindesteng
Ivährwud acht vollen Kalenderjahren regiert. Seine Münzen
[nepnen fünf Konsiilate, zehn iinperatorisclie BegrÜHSungen,
riünfmatige Proklamation als Germanicus Maximus und die
Feier der Qtiinquennalien, Sie rühmen nicht nur die Virtus
und Fides des Heeres, sondern zeigen, dass er sich auf eine
Spezialwaffe besonders stützte, indem sie Fidos^ Virtus,
Concordia und Pax Equitum, d, h. die Qualitäten seiner
Beiterei feiern. Der Usurpator stellt sich nnter den besondem
iWiiitz deö Herkules, der unter den verschiedensten Formen
auf seinem Geld genannt und tiargestellt wird: nennen wii*
den Herkules Deusoniensis, Magusanus, (raditanus, Libyens,
17^^ E. A. Stückelbcrg.
1
Roimmiis, Thracicus, Pisaeus, Nemaens. Argiviis, ErymantiiMtf,
Arcadicus, Croteiisis, ferner den Herkules als Begleiter des
Augnstus, als Friedensbringer, den Unbesiegten und den
ITnstorblichon. T)er Kaiser lässt sich auch neben Herkules
auf dtMi Münzen darstellen oder aber mit den Attributen
des (lottes geschmückt. AVenn Maximianus, der Beherrscher
des Occiilents zwanzig .Jahre später dasselbe tut und sich
Herenleus nennt, während Dioeletian als Jo vier die Jupiter-
v(T<»lirung des ( Jallienus fortsetzt, so ist dies gewiss kein Zufall
l)io Xuniisniatik des Postumus ist eine äusserst iater-
essant«»: der Usurpator zeigt in senien Münzen ein iudivi-
du(»ll«'s West'n. das wir bei wenig Kaisem finden. Zwar
nrnnt t»r sieh, und jedenfalls mit mehr Recht als GallieLUS:
Ri»stitntor (^allia^lnK hyperbolisch sogar Rest. Orbis., feiert
aueli di(» Salus provinciarum. seine Siege, den Frie^len'»
und >»M]ie Indnlgentia Pia. Daneben aber belehren uns die
Münzrii üIkm" bi'sondere Züg(» aus seinem Lebeni: ein Typus
zeigt •/.. li. (»in Sehil'f mit (b*r Legende: Laetitia Augustii:
wir spIh'u im (u'ist den Kaiser auf eint^m Moselschiff in der
Näin^ sriin'r Kt'.^idrnz sii*h «ler Krholung hingeben. Uml \
\v»Min «'in audiTiM' Typus X»»ptuuo nnluei geweiht ii^t, st» )
ztMgt ri" uns. (lass der M«M'r^otr d«Mi Kaiser von einer Ex- -
pjMÜtion nach Hritannion zurüeUget ragen hat.
PostuMius ln'luTrselit tatsiUhlieh während langer Jalire.
irrilii-h nicht nnangel'orhtcn von den (-rcTmanen. wie vom
n-chtniässigm Kais<'r. tliMi \Vc>ten des römischen AVelt-
rcich»'^, (l. h. ( «allicn. i^ritannicn. (Tcrmaiiien und Spanien.
In diesen (ichirtcn higfu zwei offizi<^üe Münzstätten: Lyon,
das si'ir hin^iMii Iveiehsgehl ausj)rägtc und Tarragona. Wf-r
hMzten^ Münzsriitte eröffnet hat. steht dahin; vielleicht ist
es (ijdlienus. vii'Meicht Postutnus. In jedem Fall war
Ptxtunms nicht nnunterbnx'hen im Besitz von Lyon uiul
Tarracn, das scheint aus (h'U hier erzeugten Münzen des
(lallienus hervDrzugehen. Ol) der Usurpator auch in Trier
und I\()ln Münzen geschlagen hat, kann mit gänzlicher
Sicherheit nicht gesagt werden; ein Münzrevers mit den
InitiahMi der rheinischen Stadt scheint für letzteres zu
V Sich selbst nennt J'ostiiniiis Vauitor.
Der Bii;üit>£en''»clie MünxtchAl/ von Aug<&r. 1 7
die Ktgenschaft ak KeHidenz, sowie dag spätere
|ti>u *rrif!r mit-ör den BeichsoftizineQ scheint aiif
n,
... 3Iüna5»chatz enthält, wie es scheint,
Ml au« 2WiHerh*i Pragstätten, eine grosse Mehrzahl
teil aas Lyon, ein paar Ihitzeml Exemplare von
Die letztem Gepräge sind kleiner^ leichter
•^ini*n etwas ver.schiedr'neu Knpftjpns^ sehr sorgfältig'
mit fiezng anf tlie Gravierung von Bild luul Schrift.
&ind wejäentlich verschieden von denen anderer
piij das Metall weniger schön nnd glänzend als
^n* Zeichnen in Gallien nur ansnahmsweise die
Rhre Erxeugrnsee, so sind die Gepräge von TaiTaeo
mit dem Ateliervermerk versehen, von 1 hh H
^iHninda), T(ertia) oder MP — UTi
ndeii direkt datiert-en Sorten der Postumusünlnzen
Pandel« stammen vom ersten und vom vierten
d. h. sie sind nacii dem erst/en und dritten
lagen. Ks fehlen alle spätesten Eniiäsioneu
[|Q8. E« fehhni auch alle Münzen von Nach
Igehlichen Mitregent/en des Postiunus. Dagegen
^e dii'Äos Uwnrjmtoris sehr gut, meist tadellos
dd mit Stein pelglanz vergehen, vergraben worden,
also nur kurze Zeit in Kurs. Als Datum der
dg lUiKereis Schatzes er^ilit sich also nach all«:'n
itorten Punkten:
rJj dam Tod dt*8 Valeriau L. ü. und TIL
ritr dem Uegieningsantritt der Usurpatoren Lae-
lianus. Mariu«, Victorinu« und der T<itrici.
pdohi^dnrch den Beginn der Miinzverschlechtemng
p * "li'nuH gekentizeichnet ist» einig«^ Jahr<
Tod» vor dem Itegieningsanstritt dv-
idiufl IL, äe» Quin til Ins u. s. w.
^n datit^rten Münzen des Fnndt*s i*rgehen das
de*« Gallienu^ und das vierte de« Postunms.
it nacli den Inschriften 259, letzteres in einem
Jahr. Gtjwöhnlich wird 258 oder 2B9 als Be-
iBemuT ' 's Postum ii8 an£r»*^etzt; wenn dieg
eqpii viert«> Triliminrsiidir 2H1 oder 262
I. OttcSi. and Alitrttt«, Vi. I. 12
lyS E. A. Stückelberg.
nach Christus. Bald nach diesem Datum dürfte unser Fu
vergraben worden sein.
Postumus. A. Lyoner Gepräge.
Dianae lucif 5 Stück
Felicitas aug 31 „
Fides militum 1 „
Fortuua aug. (stehend) .... 41 „
„ (sitzend) .... 2 „
Herc. Deusoniensi 3 „
„ pacifero 16 „
Jovi propugnatori 1 „
„ statori 19
Mercurio felici 5 „
Moneta aug 40 ,,
Neptuno reduci 1 „
Oriens aug 32 „
Pax. aug. (stehend) 68 „
P 6 „
„ ,, (.schreitend) .... 4 „
„ augusti 6 „
Providentia aug 33 „
P. M. Tr. p. COS. pp 1 „
P. M. Tr. p. Un. co.^. III. pp. . 6 „
Rest. Gall 1 „
Restitut. Galliar 5 „
Saeculi felicitas 91
. frugifero 4 ,,
Salus aug 42 „
Salujsaug 28 „
Salu.s exercit 7 „
Salus Postumi aug 8 „
Serapi comiti aug 162 „
Ubcrtas aug 42 „
Virtus aug 8 „
augusti 4 .,
Total 713 Stück.
C. Tarragononser Gepräge.
Concord. equit. S Stück
Fides equit P
Herc. pacifero
Pax equitum T
Salus Aug. P
Virtus equit. P
n T
Total 60 Stück.
Her BiidiofeiiVlie MüazKchaije von Äugst,
•79
C. Unbestimmt,
Im gro8B«u KhuupiMi
Itu kleineii Klump^'n
c. 535 Stück
„ 52
fon <Ieii bpsunimtt»n Münzen stammon eouaeJi 7t>3 Stück
Postamus, 3H Stilek von H atidem kuiserlicheri Per-
di»» nnbeHtiiuinteri Gepräge werden ebenfalls 2U
O'/., von PoÄtunms stammen, wenigstens zeigten alle
iu> «lo!^ Klumpens klebr»nil»?n Exemplare <len
11 Roverstypus dieses Imperatxirs.
i!ni«!rki*nfiwert ist: cluss in Angst laut diesem Fund
Ü die Gepräge des rechtmässigen Kaisers als die des
aeti Uinirpators, zu denson (rebiet unser Land gehörte,
[ iiftit^*D und nebeneinander als gleit^hwertig angenommen
Femer, dass keinerlei andere Miinzsorten, wie
te, Bronzen oder sog, lledaiMons verschiedenen
anti*r unseren Doppeldenaren gemischt vor-
inn* Zu Wachten ist sodann: Dassdie bessern gallischen
kr mit den geringern spanischen vermischt sind*
aus ist mit mindestens 39 ReverstJ^3en ans zahl-
Yen*chiedenen Stempeln vertreten ; der Pariser
JogM verzeichnet nicht weniger als 453 Varietäten
üprigi^n aller Metalle unter diesem Kaiser. Raritäten
kHiidileriscb ht^rvorragende Stücke^ wie die mit dem
[ 4te» Hrffktilöi* oder dem Kopf des Kaisers en face fehlen
^Fiinde. Die grosse Zahl der Emissionen des
r»ist auf oine lange Regiemng; seine Nachfolger
gftllbcWn S«>piiratreich habi_«n es nur auf bescheidene
gebrach L^)
' MihiZüt hiitze aus <ler Schweiz sind
-1 : i -tumus vergraben wordeii sind. t*iiH*r
Gtunigtd,*) tl^T andere von Angst *i
^ C<ihc9 Decription di» MarniAi^- VI. iSSo p. 14^64
[% yUtk «kfielbefi «^elle iicid vc^n LacliAn nur 10 Typtn^ von Victoria
[«UM Mattm l>« ton Trtnam L ira, T^ncui tl. loj, von beiden tit-
12 Tfpen l>«i»itnL Alt diese Zahlen Cohens müi»«en tu uiedriff
»Mf volUtändiger ist, nicht zugänglich,
leb ii>
Arbeitsloseniürsorge im alten Basel.
Von Hans Joneli,
Die Arbeiterschutzgesetzgobung ist eine sehr bemerk"
werte Erscheinung^ welche die Entwicklung der Indiisi
in der Schweiz begleitet hat Sie reicht bei uns weiter
zurück als in den angrenzenden Staaten, und hat schon im
18. Jahrhundert eine Richtung eingeschlagen, sowie einö
Ausdehnung angenommen, die uns heute, wenn wir zttm
erstenmal von ihnen hören, einigermassen überraschen. EnU
sprechend der zeitgenössischen Wirtschaftspolitik 1"
die Tätigkeit des Staates auf diesem (Tebiete hauptsa ::
in <ler Fixierung der Löhne, doch finden wir auch Vor-
schriften, welche flie Arbeitsgelegenheit, die Arbeitszeit und
die Sichenmg der Gesundheitj der Gesittung und des Lebenis
der Arbeiter betreffen.*)
Im Kanton Basel, wo seit alt^ersher neben der alle«
überragenden Haupt iridustrie, der Seiden bandweberei, noch
blühende und gut eingerichtete Seidenzeug* und Indieniwv
fabriken, Gerbereien, Färbereien und Papiermühlen bestanden,
und die Herstellung wollener Strümpfe und Kappen vielen
Personen reichlichen Verdienst brachte, set^t die Arbeiter-
schutzgesetzgebung schon im 17. Jahrhundert ein.*)
Der Arbeitswille bedarf, um zw dem Erwerbe zu führen,
der Arbeitsgidegenlieit Diese bietet der Arbeits markt, anf
dem dos Arbeitsangebot mit der Arbeitsnachfrage zusammen-
trifft. Die Regellosigkeit dieses Zusammentreffens kann ntm
*> Theodor Curti, Gcschiciite der Schwel« im XtX, Jahrhundert, S, in ff.
Julius Laudmann, Die Arl>eitcrschut2gcsctzgcbung der Schweif^ S. XV. ff.
Adolf Biirkli, Ziirchcriscbc Fabrikgckcttgcbung vom Beginn des 14* Jahr-
hunderts an bis zar «chwcizeriiichcD Sta^ttsumwälzung von 1*98. Zürich iH^^*
Jakob Btiri, Lciuenindustne. Hand Wörter buch der Schweizerischem
Volkswirlschafr, Sozialpolitik utid Verwaltung» Bd. U» S. 923.
^) Johann Conrad Fa£>i» Staats* und Erdbeschreibung der ganien Eid*
gcnoasenscbaf^i Teil I, S. 85 und Teil II, S. 500 ff. Zürich 1765/6.
Basier Staatsarchiv: Mau data.
ArbrittToiQonirEorge an nlteti BftseU
iSl
zwf^i Riclitnngon liiii za MisstÄiiden Kihron, indam
&1 diw ZniiamniontreffGii des Aiigöhots und rior Nacli-
mit stciroTidiM) Öchwi**rigkeiteii und wirtschaftHclien
*#.,:!.... verbunden ist, und indem ferner da» Angebot
^1 an Nachfrage begegnet^ was sodann in der
lieinang der Arbeitslosigkeit zu Tage tritt. letztere
hr oder weniger >iiiigiilüren Chanikter tragen
II. ( von MaHsenarbeitslortigkeit auftreten. Mit
wenigen Bemerkungen haben wir nun aber auch die
^ ^eti angegeben, iu welchen auf dem Oebiete
rU . ^'Mheif der Staat regelnd eingreifen kann.
H lg kann dieses* Eingreifeu in Form der
fl«?r Arbeitövermittlung, in letzterer Richtung in
Arbeil^laseüfürsorge und Arbeitslosenversicherung
nnn zunÄchst die Arbeitsvermittlung anbelangt,
• uns der Stiiat im Laufe des 18, Jahrbuudertö
Ai, diesi^lbe v^on sich aus zu organisieren, wie das
dw Fall ist'» Anders verhält es sich dagegen mit
l^tigkeit auf dem Gebiete der Arbeitölosenfürsorge
\f^ . I fierung. Hier finden wir seit dem
ilf»» . - ^ bis zum Ausbniehe der Revo-
im Pnlhjahr 1798 eine ganze Reihe interessanter
fien, die sich nicht lediglich in
^fvicn.*) Da nun seit einiger Zeit
rxui ;i,i> öffentikhe Arlteitsnarhweisbureau* Vom lo. Mars
•90,|.
F*^ * "oaOe '»nkkommi^ioti, 174$ Sq>L 7 bis 1771 Deserabor a*
Ol*. FMbrikkommiBsioo, 1772 Jan. 11 hU 1797 Februar 37.
Oh. Depvinerte fur Posamcnter- Armenkasse, 1789 Juli 7 bis
1798 April 7.
: ILuMlel
Hl .io«i, I73H— 1S22,
AA|. r»brikwcien tn>erhavipt* 1717— lH8H,
J J •• BcfTinleruni; vmt Spinnen tmd Stricken unf derLandschiiH,
• 691— 1771.
1014. Fti«uxiaiiter*Ka&ic, I7«7— 1778,
Ai, Armtowesezi überhaupt» 1536 — 1886,
Eittkelmiicbe Stcucm und Kollekten »^^m -i-o;
t82
Haa& Joueti,
bei uns die mannigfachen Probleme, aus denen äioIi fji^
Arbeitslosenfrage zusammensetzt, wieder eingehender studier
werden, scheint es nicht ganz undankliar zu sein, eimna
in einer DarstelUing alk* Massnahmen und Vorschläge unsst-ref
Vorfahren znr Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu schildemJ
und sie zugleich mit ahnlichen Massregeln der letzten Zeiij
zu vergleichen, was ja nicht schwer halt, da wir iinläD|
durch eine bemerkenswerte Veröffentlichung erfahren habeuJ
waa unser aufstrebendes Gremeinwesen in den letzten vie
Jahre u auf diesem Gebiete sozialer Wohlfahrtspflege
leistet hat')
Die Arbeitslosigkeit bildete das ganze 18. Jahrhnudeii
hindurch für die besitzlosen Volksklassen unseres Kaiitoo
eine furchtbare Geissel Sie wurde für den gemeinen Mannl
umso fühlbarer, als sie vielfach auf teiu-e Zeiten folgte oder!
aber gerade in solche hineinfiel Die Zahl der Erschein*!
ungen im wirtschaftlichen Leben, welche die Arbeitslosigkeit!
verursachten, ist natürlich sehr gross. Wi=»nn wir sie hier
zu sammeln versuchen, so ist es selbstverständlich, dass witj
uns mit der Aufzählung der hauptsächlichsten Gruppen
gnügen müssen. Die Arbeitslosigkeit hatte ihre Quellen inj
physischen Grundlagen, d. h. sie %\tir(;le vemnlasst (hirch den
Wechsel der Jahreszeit, durch WitteniiigsverhaJtnisse,
wie durch mannigfache andere Ursachen ähnlicher
Dann waren es technische Ursachen, wie Erfindungen und
Ver\^ol!kommnimg der Arbeitsmaschinen, welche Arbeit
losigkeit hervorriefen. Hauptsäcklich sind es aber politisch^
Ursachen gewesen, die das ganze 18. Jahrhundert hin^j
durch oft ausgedehnte und andauernde Ai*beitslosigkeit ver
anlasst haben. Da müssen wir zunächst die wirtachaft
politischen Massnahmen des eigenen oder eines fremdeB
Staates erwähnen, durch welche ein Einschränken oder gäna
liches Abschliessen des Absatzgebietes herbeigeführt wTirdc
Zu den politischen Ursachen der Arbeitslosigkeit gehör
natürlich auch diejenigen Betriebsstörungen j welche di:
kriegerische Ereignisse bedingt wurden. Auch blos
«) Fritz Mangold, Denkschrift über die Entwicklung der ^tiiAtlkhfl
Arbcitsloscnfür^orge im Kauto» Basel-Stadt. Basel J906.
A rbeiUlo&enfiir^or^c im alten Basel.
•83
rieg^befurclitungeii k<>nnten schon unangenehme wiit^
iliaftlicUe Störungen mit ihren weit ein Folgen, zn denen
"wich Arbeitslosigkeit gehörte, bewirken.
hii weitem wurde die Arbeitslosigkeit! noch durch Er-
leinungen hervorgerufen, welche sich aus dem gesell-
ift liehen Zusammenleben und Zusammenwirken ergeben
ad die man ak soziale Ursachen der Arbeitslosigkeit be-
fticknet» Hier ist zunächst der Zug der Arbeiter V(jm Lande
die Stadt zu erwähnen, der sich schon damals, allerdings
cht so stark wie heute* gelteml machte. Als weitere
eiale ürsuche erw^ähnen wir die Herrschaft der Mode, Ihre
wechselnden Launen führen ein fortwährendes Schwanken
er Produktion und daher der Arbt^itsn ach frage in den von
kr beherrschten (Tebieten mit sich, und dieses Schwanken
ttt umso unangen «dunere Folgen, als der Mode gegenüber
le Berechnung hinfällig wird, da es in ihrem Wesen liegt,
amer gera<le das nn"3glichst Unwalirscheinliche herauszu-
ien» damit das Publikum durch das Unerwartete über-
tht werde. Häufig kann auch beim Übergang des Arbeiters
QS einer Arbeitsstelle in die andere eine, wenn auch meist
|lttr kurze Periode der Arbeitslosigkeit entstehen, weil der
rl)eit suchende uiubt genügend über die vuiliandene Arbeits-
Jegenlieit orientiert ist. Arbeitnehmer und Arbeitgeber
?n nicht, wo sie einander zu socheti haben. Es ist in
am Fall wohl Arbeitsgelegenheit vorhanden, aber der
Arbeiter kann keinen Gebrauch davon n meinen, weil er nicht
wiiiss^ dass und wo dieselbe vorhanden istJ)
Ak soziale Ursachen dürfen endlich nicht vergessen
rerdeu jene wirtschaftlichen Katastrophen, welche man mit
de-m Ausdruck ^Krisen" zu bezeichnen pflegt, und die man
ab die wichtigste ninl für die gegenwärtige Wirfcscliafts-
*) El* mag hier crwhhiit werden, duss im Jahre t 7*)4 die ludJeiinefiibri kanten
ODlcr «i<:h eine Konvent ion abscblossenf wonneh entlassene Arbeiter, wenn sie
■»cht *ech^ Momilc aii&serhalb der Stadt gearbeitet hatleo, ohne Erlanhnis
^ Herrn, bei dem tic zuletzt io Arbeit standen, in keine iindcre hiesige
Vthrik dotreteD durften. Dieses Vorgehen führte nun zu einem grossen Streik,
^r mit einem vollständigen Sieg der Arbeiter endete» indem sich die sechs
lodjenncfabrikauten unlcrschriftlich verpflichten mnssten, die getroffene t^ber*
nkimit rückgängig zu machen. (Vergl. Protokolle: Oi*. Fabrikkommission.
55« ff*
184 Haus Joueli.
Ordnung geradezu charakteristische Ursache der Arbeite- J
losigkoit bezeichnen niuss. Es kann natürlich nicht unsere
Aufgabe sein, hier auf die Frage der Krisen überhaupt ^
näher einzutreten, es könnte sich höchstens danim handeln, j
t»ine kurze Aufzählung ihrer Ursachen folgen zu lassen. D» jl
wir nun aber eine Anzahl dieser Erscheinungen bereits in den 1
vorstehenden Ausführungen als Ursachen der Arbeitslosigkeit 1
angeführt haben, so verzicht<3n wir darauf, um Wieder-
holungen zu vermeiden. Dagegen werden wir später die j
krisenbildenden Momente als Ursachen der Arbeitslosigkeit 1
noch öft(irs berühren, wenn es sich darum bandelt, die ^
einzelnen Massnahmen dt^s Staates in Zeiten grosser Ver- i
dienstlobigkeit näher zu schildern. ]
Schliesslich wollen wir es nicht unterlassen, noch anf
einen Punkt hinzuweisen, bei dem es allerdings fraglich ist, '
ob (^r als Ursaclie der Arbeitslosigkeit angesehen werden '
kann, der aber der Vollständigkeit halber nicht ganz une^ -'
wähnt bleiben darf. Es ist das die Untaugliehkeit bestimmter ^
Arbeiter zu bestimmten Arbeiten. Diese Erscheimmg tritt :
dann hervor, wenn durch die Veränderung der Technik eine
neiio Betriebsmethodf^ notwendig geworden ist. Hier gibt e«
dann häufig Arb(Mt<T, die nicht willens oder nicht imstande
sind, si(*li den tj;(*stellten neuen Anfordenmgen anzupassen
und dalh'r ausser B<\schäftigung gesetzt werden müssen.
Dio Organe der Armenpflege klagen denn auch das ganie
18. Jahrhundert hindurch über die sich mehrende Zahl der
Müssiggäng<*r, so dass man zur Annahme geneigt ist^
dass mancher chirch die geschilderten Umstände unter
(Tstcrc geriet. Im Anschluss daran kann noch auf die De-
generation (»inzelner Kreist* dtvs Arbeiterstandes, durch ausse^
ordentlich niedrige Lebenshaltung. Schnapstrinken etc. hin-
gewiesen werden, alles Umstände, die gewiss oft schuld an
der bestehenden Arbeitslosigkeit waren. In den Akten irt
wenigstens vic^lfach von Armen die Rede, die auf diese Weise
degeneriert(Mi und so zur ArbcMt nicht mehr tauglich wurden.
Nun darf aber nicht ausser acht giOassen werden, dass es
sich in diesen Fällen schoji mehr um Arbeitsun&hige
als um Arbeitslose handelt.
Die Arbeitslosen rekrutierten sich nicht lediglich
ArboiUiokvufdrtorft« ^m 4)lcn B;uel.
185
I dar Lundwirtj^tfiiHlt iitiil deiijenigi^ü IiidaBtrieti, die sich
ntWL d«r ZttiiftliöTTÄchaft befreit hntteii» s«»iidem sie
hH noch vonnelirt tlureh Znzxkg aus dem ziuikigeu
ir^rk. Ob dti^Ziibl diirOesellen, di^ über Boni giugen,
lieh war oder nicht» darüber vermagt^n mr uns kein
Bild XU machen, wohl aber wissen wir^ dfiss die Zahl
Mei«t<>r. denen »*;* an Arbeit nnd Verdienst gebrach,
iiH' eine grosse war. Die arbeitölot^en Meister seilten
titlieh aiid <lein Kalimen unserer Darstellung ausscheiden^
[aber ancli Vorschlnge gemacht wurden, wie ihnen Ver-
geschaßen ^'enlen konnte» sn haben wir es unter-
e». df*n Begriff ^arbeiüilos'* alhcu eng zu fassen. Auch
lanM.'» «ich eben dio Grenz*»!! unserer Darstellung nicht
cbarf ziehen^ dass wir nicht gezwungen waren, über sie
pi*hi»n*
Die TUtigkeit rb^r meisten Btaaton und Gemeinden
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erschöpft »ich
ph vielfacli lediglicb in der Arnit^npflege. Erst
Eer Zeit beginnt sich allmählich auch bei ihnen die
inntnis dnrchsnisetzen , daas die Armenpflege die
lilestAt Art der Arbeitslosen fursorge ist. Wenn umn
Ii«nt9 nrvch mancherort,'* geneigt ist, den unverschuldet
iuiijsati mit den Vagabunden, Bettlern, Müssiggängern
u in einen Tigel zu werfen, ho dürfen
., : , jM%r »ufhaltiHi, wenn frühere Jahrhunderte
handelttni. Immerhin sorgte öfters auftretende
keit schon im 18. Jahrhundert dafür, dam
tu ^^ ♦*is«?n die Ansicht durchrang, der unver-
{lekiildei A -e venliene eben eine andere Behandlung
rArl>ei tscheue und Arbeitsunfähige, Der grosse tHchaden«
«hfc* Brmddiegi*n arbeit-^" nnd arbeitswilliger
benkrtfti« der ge^^amten Vuii. chatt droht, wurde
Ton mti^t^ii Vorfaliren erkannt« und ^i»* war^n sich
darüber, welchr» G^falintn ausgedehnte und an-
^^.. 4^i,.;*,i :..u^ii^ j^j. ^j^jj Staat in sich barg. War
haupuachlich auf die Armenpflogti
9u Hilden wir doch «chon frühe Massnahmen
', illiaiwwi di^ aya dem Rahmen derselben heraustreten
Allhilfaaiittel l^e^n di«^' Arl»eiLshMiek*Mr ;%Tiei'^.t li«rti
l86 Haiisjoueli.
werden können. Wie heute lässt sich innerhalb dies»
Abhilfsrnittel gegen die Arbeitslosigkeit eine Scheidung
nach zwei Richtungen hin vornehmen, wir finden nämlidi
einmal Abhilfsmittel, welche die Folgen der Arbeitslosigkeit
aufheben oder mildern wollen und zweitens solche, die daza
dienen sollen, die Arbeitslosigkeit selbst möglichst ebza-
schränken.
Was nun zunächst die Massnahmen anbelangt, die den
Eintritt der Arbeitslosigkeit verhindern sollen, so ist zu
bemerken, dass die entscheidendste Massregel zur Bekämpfnng
der Arbeitslosigkeit, die Vermittlung der vorhandenen A^
beitsgelogonheit. wie wir bereits erwähnt haben, nicht durdi
den Staat organisiert wurde. Dagegen traf er folgende re-
pressive Massregeln:
1. Eiut'ührung ergänzender Beschäftigung, namentlidi
der Hausindustrie durch Fachschulen;
2. Einfülirung neuer Lulustriezweige; ^
3. Verbindung von landwirtschaftlicher und industrieller
B< ^Schilf tigung und
4. Schal'fung besonderer Arl)eitsgelegenheit, also Aus-
führung sogenannter Xotstandsarbeiten.
Nun liegt auf der Hand, dass selbst durch die denkbar
radikalstcMi Mittel das Auftreten wenigstens temporärer und
lokaler Arl)eitslosigkeit nicht gänzlich unmöglich gemackt
werden kann. Es werden daher auch für alle Zeiten die-
jeni^ren Massnahmen bi^ücksichtigt werden müssen, welche
lediglich eine Aufhelnmg oder Milderung der Folgen der
Arl)eitslosigk(^it bezwecken. Zu diesen Massregeln gehören
vor allein dir Unterstützung der Arbeitslosen, sowie die
VersichtM'ung der Arbeiter gegen Arbeitslosigkeit. Diese E^
kenntnis scheint man nun auch schon im alten Basel gehabt
zu habc^n; denn in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
treten die re])ressiven Massregoln sichtlich zurück und die
Staatsorgane gelten sich alle jMülie. hauptsächlich solch«*
Massnahmen zu treffeji, die den Arbeitslosen vor den wirt-
schaftlichen Folgen seiner Arbeitslosigkeit, der Verschlechter-
ung seiner Lebenshaltung, dem Herabsinken in die Armen-
Arbcilslo&eDfiiniOi^e im nlleri BascL
187
pflege, vor Obdachlosigkeit und Bettelei bewahren sollen.
Problem der Arl>eitslo8enversicherimg tritt nnthin
rk in den Vordergrund.
Um feststellen zu können, oh und welche Ma^sregeln
»ir Absei laffung und Einschränkung der Ai'beitslosigkeii
möglich und empfehlenswert sind^ und inwieweit die bisher
angewandten Abhilf smittel sich als wirksam erwiesen haben,
beduHen wir der Kenntnis einer Reihe von Erscheinungen,
' die mit der Arbeitslosen frage verknüpft sind. Es ist not-
I wendig, den Umfang und die Intensität der Arbeitslosig-
bit und die durch dieselbe hervorgenifene Notlage, die
Ursachen der Arbeitslosigkeit und die Wii^ksamk«Mt der vor-
handenen Abhilf smittel kennen zu lernen. Diesen Zwecken
«tili tue Arbeitslosenstatistik dienen. \) Auch im 18- Jahr-
hundert veruchloss man sich dieser Einsieht nicht und er-
k&nntö bereits den Wert derartiger statistischer Erhebungen,
nur ist zu bedauern j da^s sie nicht mit dem ge wamse hten
Erfolge begleitet waren. Einmal veranstalteten die BehördeB
sogar eine Zählung aller Armen, deren Reatiltate wir leider
nicht mehr kennen j wohl aber den Wortlaut des Fragebogens.
Da vor einiger Zeit von der Allgemeinen Armenpflege der
Stadt Basel ebenfalls eine solche Enquete vorgenommen
I wurdet deren Ergebnisse*) nun vorliegen, wollen wir das
wenige, was die Akten über jene Erhelmng mitteilen, be-
at geben. Am 6. April 1718 wurde nämlich im Kleinen
folgender Anzug gestellt :
^Solte mann von Seithen des Directory') ohn verzüglich
I den geaambten Herren Pfarrherren eine Verzeichnuss der
•) Jobu Schikowski» Über Arbeits! t>sigkeit und Arbeitslosenstatisük.
Gcori» Adler, Arbeitslosigkeit. Handwörttrbuch der Stontswissen«
^ic^alteii« Band I, 5. 920 fT.
Die bestehenden Einrieb tuugeu zur Versicherung gegen die Folgen der
AfbeitaJa«}gke)t im AuäUnd und inj Deutschen Reich. Berlin 190Ö.
^ Fritz Keller» Die Ergebnisse der statistischen Erhebungen der All-
Cenactnen Arnienpflegc im Jiihrc [905. Basel 1906.
^ Gemeint ist das Direktorium der ScbafFneicD, eine Behörde, die seit
der Reformation dai Kircheugut nnabhängig vom Staats- oder gemeinem Gut
i88
Hans Joneli.
Persohnen so in ihren Gouieinclen die wochentlicJie, monat-
liche und frohnfastenUche Steuren*) geniessen Äiistellen,
-tlamit diese Herren mit Zuziehung der Herron des E. Bah
sich erkundigen:
1. Wie alt ein jede Persohn seye.
2, Was sie fttr ein Lieben und Wandel führe.
3, Wieviel Kinder sie habe.
4. Von was Alter die Kinder seyen.
b. Auch ob sie zur Gottsforcht, Arbeit und Ehrbark
angehalten werden.
G. Ob sie gantz keine Mittel, oder wieviel sie habe
und worin solche bestehen.
7. Ob sie kein Benii' hab»\ und wann sie einen hätte,
was es flu* einer seye.
8. Ob sie nicht die St euren zum Überfluas und der
Üppigkeit gebrauche, und hierdnrch das Allmosen wold-
angewandt seye.
9. Ob sie die Kinder annuch habe, so sie angegeben
habe.
Alsdann von allem specifice Mb. Gn* HH. referieren.*
Dieser Vorschlag scheint aul" keinen Widerstand gd-
stossen zu sein^ wenigstens £asste der Kleine Hat den Be-
sohl uss:
^Soll das Directorium also gleich eine Verzeichnuss
^ller wöchentlich, monatlich und frohnfastenlichen Steuren
in quadniplo expedirt^n und den vier Herren Geistlichen
austeilen, die dann mit Zuziehung der Herren des E. Bahns
IB ihren Gemeinden allen Punkten des vorgeschriebenen
Einzugs nachforschen und seiner Zeit Mn. Gn. HH. schrift-
lich referieren werden.*^*)
Die erste uns bekannte MassDahme des Staates zur Be-
kämpfung der Arbeitslosigkeit fällt ins Jahr 1679. Leider
fliessen darüber die Quellen sehr spärlichj doch ist daraus
«rsichtliehj dass es sich lediglich um eine repressive Mass^
*) Almosen.
*) In den vier Kirchgemeinden der St;idt wurde bald nach def Refor-
tnatian eine Art Sitt enge rieht, Bann gcnanoti geschaffien»
»I Protokolle, Kleiner Rat 1718. S. 46.
Arl^citslosenfürsor^c im alten Basel
189
Ü handelte. Durch Einfübmng ergänzender Beechäftigiing:
hausindustrieUer Art wollte der Staat der auf der
Landschaft herrschenden Verdi enstlosigkeit begegnen. Zu
diesem Ende sandt-en anfangs November des genannten
Jahres die Inspektoren des Waisenhauses den Hans
Heinrich Wiedt ins Basel biet mit dem Auftrage, junge
l>?ut43 zu gewinnen, ^so sich sonderlich ztmi Wollen-
gesponsf^ eignen. Diese ^lu'den auf Staatskosten im
Taiaenhans zu tüchtigen Spinnern herangebildet, um dann.
Iietbst Landleuten, die Mangel an ehrlicher Handarbeit
llitten, diesen Beruf zu erlernen. Auf solche Weise hofft**
ImaD der auf der Landschaft herrschenden Not abzuhelfen.
[Dber den Erfolg dieser Massnahme geben uns die Akten
fkider keinen Aufschluas. * ,1
Eine ähnliche Massregel traf der Staat im Jahre 1692.
iTIm dem namentlich in Folge der Kriege stark gewor-
denen Umsichgreifen der Armut abzuhelfen, verfiigte er
iu iliesem Jalire^ „dass namblichen zu möglichster Ab-
schaffung des Gassenbett^ls undt Müssiggangs, auch anderer
[Ungebühr, die Eltern ihre Kinder, welche sonsten zu keiner
dderii Arbeit tiichtig, zu dem St rümpf stricken anhalten
ülhen*** Der Liestaler Schultheiss Danitd Miiri nahm darauf
seinem Amte sofort ein Verzeichnis der betreffenden
ader auf und schickte dast^elbe imi IL Juni nach Basel
it der Anfrage ^ T^ne und wo das erforderliche Geld aufzu-
ibringen sei, da die Eltern dieser Kinder Armuts halber
weder den Lehrlohn noch das Kostgeld zu bezahlen im
iftande seien. Er scheint nun, wenigstens hinsichtlich des
ehrgeldes lund der Arbeitsgeräte) die Antwort erlialten zu
1^ dass die Gemeinden dafiir zu sorgen hätten. Die
ilür Stubenrechnung von 1692/93 enthält vier Ausgabe-
&n von zusammen 41 fT 4 ß für diese Angelegenheit.-)
erwähnte Verzeichnis umtasst die Namen von 60 Kindern
im Äker von 9 bis 15 Jahren. Davon gehörten 18 der
ll Lieatalf die übrigen 42 den Gemeinden rles Amtes
^ Konzept in RaUböcbcro D 7 No, 340.
*) J ^=. Pftind; ß -^ Schilling. Das Pfund, eioe Rechenmäoze iiu
B<tfel, xerüet in 20 Schillinge oder 240 Pfermigc (^),
IQO Hans Joneli.
an. Weitere Angaben über den Verlauf dieser Hilfsbe-
strebungen lassen sich den Akten nicht entnehmen.M
Im .lahre 1717 herrschte im Kanton Basel Arbeits- \
losigkeit Aus den wenigen Aktenstücken, die darüber Auf- -
schluss geben, erfahren wir leider nichts über den ümfaog |
und die Dauer derselben. Dagegen erteilen sie uns Ad- '
schluss über die Ursachen der aufgetretenen Arbeitslosigkeit '
Diese lagen eiiierseits in den ausserordentlich hohen Preisen ,
der Rohstoffe und andrei'soits in einem überaus schlechten ,
(loschäftsgange. Ausser den traurigen materiellen Folgen
übte die Arbeitslosigkeit nicht minder traurige sittliche Ein-
wirkungen auf die von ihr Betroffenen aus. Es ist daher
Tiiclit verwunderlich, wenn Müssiggang und Bettol auf der
liandschaft dennassen überhand nahmen, dass der Kleine
B^it genötigt war, die Schultheissen und Obervögte anfira-
f ordern, sich zu beraten, welche Mittel dagegen ergrifien
werden kchinteTi. Die genaimten Beamten kamen dem an
sie ergangenen Befehl nach und sandten einen ausfilhrlichen
Bericht ein, der am 0. November im Kleinen Ilate verlesen
und an das Direktorium der Kaufmannschaft*) zur weitem
Begutachtung gewiesen ^^'urde. Die Vorschläge, welche darin
gtMnacht werden, sind fast lediglich Polizei massregeln. Es
sicheln t den Oberbt^aniten nicht recht zum Bewusstsein ge-
koniiii»»n zu sein, dass der zunehmende Gassenbettel seine
ITrsachen vielfach in der herrschenden Arbeitslosigkeit hatte.
dass die wachsende Not, die allmähliche Grewöhnung an
l 'ntätigki'it, das zit^llose Umherstreifen die Leute in die
Roihon dor Vagabunden treiben musste. Daher wird denn
auch nur oin Vorschlag gemacht, der als Abhilfsmittel gegen
i\w Arbeitslosigkeit angesehen werden kann. Es heisst näm-
lich im Bericht:
«Damit auch alh^ Ew. (in. Unterthanen zur Arbeit an-
gehalten, und also dor Müssiggang völlig ausgereutet würde,
') >Iaiulol uikI (.iL'werbe: JJv.
Brodl>c«.k, <ieschicbte ilor .Sta«lt Licstal, S. 150 ff.
-) Kill IvoUcj^iuni von zwölf KauHeutcn als Direktoren und drei Klein-
raten als Deputierte zum }\i>twoscn ; es wurde iu allen kaufmännischen Frasea
beraten, bei Zöllen, K.onkord.-iten, Konkurs-, <reld- und Wechselsachen. Te^
mittel tc Geldaufnahme IL, L>esor^te das Postwesen und gab die öfTentlidie
Zeitung heraus.
ArbeitslosenCüniorge im alten Basel.
IQI
ite auch das Flach«- nml Werchspinii«*Ti uls eine Sach
I leicht zu erlehrnen und von AJt<-in iinrl Jungon koinlich
an getrieben werden, in Ew. Gn. Lundschaft eingefüliret
xlen^ damit aiirh diejenigen HH. Fahricanten^ welche
lalüen ihre Waiiren in fhis benachl>arte Bornischo und
Jotiiurnische zu verarbeiten geben, solche mit Sicherheit
f. Gn, Ünterthanen könnten zuktminUMi hissen, solte von
ieii der HH. überambtletithen und HH. Predigern den
dtem mit Ernst und Nachtniek zu gesprochen werden,
I sie die Arbeit getreub'ch und säuberlich verarbeiteten.''^)
Das Direktorium der KaulinannHchaft Imichte diesem
ftrschlage nur geringe Sympathien entgegen. In seinem
iten über den Bericht der Obervögte, das am 29. De-
über im Kleinen Rate verlesen wurde, findet sich darüber
L*nde Stelle:
, Sodann wird in obigem der Herren Obervögten Memorial
ner die Meldung gethan, das die Manufacturarbeit dem
interthanen vor den FrÖjnbclen zu gönnen sey, worauf
üWortet wird, dass solches geg*^n getreu und ßeissige
Arbeiteren in allweg beschicht, gleichwohlen aber dabey
«ach aiizumerckhen ist, dass die meisten hiesigen Unt/er-
tlianen bey ihrem Verdienst auf kein Spahren godenckhen.
lÄOüdem Laudkünflig .sich widerholtermasson mit Brodt und
!ining also überfüllen, als wann alles auf ein mahl durch
Gurgel müsste; da hingegen in benachbarten Gebieten
Arbeiter viel spahrsamb und massiger leben, dahero zu
ter Arbeit desto tüchtiger und geschickter sind, die Arbeit
von ihnen in Betiuchtung ihrer geringeren Consump-
wohlfejler zu haben ist. Und hiemit giengen unsere
uiivorgreifliche Gedankhen dahin, dass wenn auf Ew. Gn,
Landschaft dehro Ober- und Underbeambte auf den Müssig-
EZ recht vigiljeren, den Büttel abschaften, gesunde Leuth
Arbeit astringieren, auch mit Zuthun der Herren Geist-
»n etwas sich befleissen mirden^ armer Leuthe Kinder
denen glitten Arbeiteren, welche da viele Arbeit haben,
Wtalt.en zu recommendieren und unterzubringen, dass
fL getreu und gatt.t?r Arbeit eingehalt*?n und formirt
*) ProtoVoUc, Kleiner Rat [717/18, S. 337.
19«
Hast JoB#tk.
«efdun möchton. Wuin oau damit eine x«dtlAiig ohnv
droMen soUte ccmüntueit werdt»m so bieltan wir dafor^
BoMmi iM beste Mitlel wtra, wordttirh die Arbeit gepfi
und hmgegQn dor Mftasi^uig «osgemriet wenltfii konnti
Ob der Tcirscbbig der Oberbwmten auf der Laudscn
Mfllgefahrt wiirdi> oder nichl^ lisst sich nicht festst^lL
Inuneilim ist die Wabr- ' ' ' ' -'brgroii^, da^ man]
atttarllMm md AkßeW sloeigkeit zu steue
nadideixi das DmktoriiuD der Kaafmannschaft sich
fldiarf gegen die vcirgeedilageue Masstiabme ansgesproeh
hatte. Aber leicbt hatte sich dieseei Staatsoigati die At
allerdiiigB gemadit. wenn man bedenkt, dass as im gleic
Gntat^tctn tÄ^T die ^ klammern Zeit«*», da die Comme
ßltenJl atül siehi^n'^, jammert,')
Etwas mehr y erstand nis für die Arbeitslosenfrage :
die Behdrden im Jahre 1732. Um der damals berrscbeDd
ArbeitskMitgkett wa begegnen, wurde von ihnen für gut
fanden, «anf derfao Ijmdsehaft allervonirist die schon einfl
tUirte nütxiiche Wullstfickenirbeit. die aiich schon ein jti
Kind gar leicht erlehmen and treiben kann, mekrers for
pfiaaaan*** Zu diesem Ende beauftragte der Kleine Rat
triklist Samuel Geniler tind Johaon Bu<li*lf Beck, einen Mei^
der Hoeanlism«', in den einsefaien Dörfern einen Au^el
eobein vorsunelimen, niui daraufhin Bericht und Antrag
erilattmn Die beiden Minner begaben sich wirklich
IT* Januar des genannten Jahres auf den AVeg, um zimicb
einige D6rfer des lit^taler- und Famsburgeramtes zu
sueheu. Den Bestrebungen der Bobönien scheint man
ttngUch bei den Beiiem starkes Misstraueu entgegengeht
SU habettf weuigslens iasaert sich Gemler in seinem Beric
darüber wie folgt:
nWir haben es in der That vielfältig vernehmen
geapOhren müaien* daas vai^t allen Gemeinden beigebracht
worden, sie auch «lavon eine gar satte Meinung gefasst, als
ob Stic für alles, so den Arbeiteren anvertrauet wurde, sehen
müasten. tuul Kw. Gn. gesinnet wiLren auf dehro Landschaft
etliche ZnchthÄuser aubiiriciiten und allda sowohl dieWeiber
^ PnHokoiK K!r.i^r R*t 1-1- iS, S 57« C
Dlufiorge im &tlcxi Basel.
'9.1
jdi-: iit^ser Wülktrickernrbfit underricht^n zu
I, und i»b^n diese» hat aucb die Üiiierbeambtet^ selbst
t> die LiHitli voij (UtiSüT Arbeit vielmehr abzuhah<en,
darscD aiixtifmchL^ii.
Flii;^t allno hiersuB die» ohiminbgiUigliche Nothweiiiüg-
an dif* siurilK.li<'liM Hen-en Ohfnögt dor gcHcharfte
i],.,.,^. »({(^thl ^^enb\ gleich nach dessen Empfang ihmii
li ernstlich zu injungieren» dass sie nach An-
der Uochobrigkeitlii^iieü Committierteu ohiiverzüglicb
^ ]hh Aukihidiiiig einer Sfrraaf wieder die
' :imbleu la-^>jen, und ihren Counnittierteii
ndUiijxo AiJÄiKteüx willig darbieten, auch den Lehman-
rlieh denen, welchen liereits Wullen zum ver-
t;- ^' ia?n worden^ einschärfen, äorgöam^ i>i*'T ii' nU, u
m ilarmit umbzugehen,*
TriiC£ dio^e«) Uit^trauens wur doch die Zaiil derjenigen«
' ' s Stmii: ''; n erlernen \roUten» eine sehr be-
wi^ ^ ' be^leukliche Notlage nnter der
Ib^Yölkemng sciilietuiBn liks^t Lant einem dem Bertchto
'*n Verzeicluiitt meldeten eich in den von
» . *rfem nahezu 4UÜ Personen^ mttist FnmeTi
adec tjl>er die von Ctemlor gemurhteu Von^ehläge
wir dem Berichte:
^-- ' * -»ich zn iirtlit-iib'fi, tbe »neisttrr» der
|.toh «veniden Liebbaberen Leuthif öeind,
i^irhin ciaoi Bitlel nachgezogen, und anderen zur Im^I
tu^ hiemit sich aui-sert Stand befinden, weder den
rjyij&etig nech da» Lehr-<telt salb^ten anzuBchaffen, ^'»
üb wir fi0nil«^rlicli nOthig liefunden, dma
I L Zo )[utu»nt£ weil allda noch keine lismer Bind, einige
*■ ; * ' ^ r Arbeit zn Anweysung der Jugend
it n-j* XM Fn^nckendurf aof Unkosten der
IfiMiieind eine Stabe gemiethet und in Wintersizeit
' •* Anschaffung solcher Stuben
-^tadtlin und under dem (TeHtml,
in en Sis^mdi angeordnet werden sollte^ damit
«u gleicher Zeit von den Meisteren
^ :. . ^^g andere zur Arbeit
VI, L
194 Hans Joneii.
2. Ist mit doneii Meistern, welche viele Kinder zu under-
weisen haben ein Regl«Muent einzurichten, was ihnen
für die ohnvermögliche pro Lohrgelt. sodann auch pro
den Werckhzeug darzuraiclien, und wie viele Jahr lang
die Lehrnende jenigon Fabricanten, die ihnen schon
anjetzo die Wollen anschaffen, vor anderen zu arbeiten
schuldig seyn sollen;
3. Verdient es auch eine Überlegung ob nicht giu wäre, J
für einige Jahr lang auf die Arbeit einen satten und '^
gewüssen Lohn zu setzen, luub die Lehrnende danliirch -,
in eine mehrere Lust und Ej'ier zu bringen." j
Schliesslich spricht sich der Bericht noch über den i
Kostenpunkt aus. Obschon (xernler und Beck erst etwa *
den dritten Teil der Dörfer in Augenschein genommen |
hatt«*n, so glaubt ersterer doch annehmen zu können, -das8 |
all(^ vorgedachti? zu solcher Beschäftigung des müssigen i
Volckhs, auch der r> und (5 jährigen Kinderon. erforderliche 1
Unkosten sich nicht über 2()(X) Pfund o<ler höchstens »
2(K)l) (JuldiMi erstreckhen würden, worbey doch anmerckhens-
wiinlig ist, dass in allen deiuMi Dorf Schäften, da das Lisinen
bereits eingeführt die (iemtMndte keine Anne zu versorgen
habc^n, auch das Lohrgelt in wtMiig Jahren an den Armen-
häusern ers])nrt werden könnte.*' V)
Dt^r Bericht Gernlers, den wir teilweise hier bekanntge-
geben hai)nn, wunle am Bd. .lanuar im Kleinen Rate ver-
lesen und daraufhin bi^schlossen:
..Sind (h'putiert zu dies»Mn (leschäft Herr Meister Jacob
Christof Frey, Herr Deputat Louvis, Herr Rathsherr Rvhiuer,
HtM*r Sanuiel (n»rnler, Herr Xiclaus Hai'scher und Heir
Andreas Mitz, wnlclir neben dem Herrn Stadt schrei her *!
<lies(^ Saeh fMiuM* un<lersuchen, und ein Bedencken, wie
alles vollkonun^'n einzurichten, abfassen und sobald möglich
ringi'bi'U sollen.** •'..
hi«' „Herren Dt'putirton wegen Lismerarbeit auf der
Landschaft - trat»Mi unverzüglieh zusammen, um über die
'; HiiHficl und (iuwcrbc: J. J.«.
*) Fnnz Christ, J. TJ. D.
^) Protokolle, Kleiner Rat 1731/1732, S. 267.
ArliriulrtiiCtifursorge im alten Bȣd.
195
Oemlera zii ^reflectireu^. Das Resultat ihrer
[igf^n war rtiichstelierKler Bt^ricbt: an den Kleineu Rat:
^Da vnr nun dieses Öofichäft in nähere Betrachtung
Ml uijil von Herrn Saamol Oemler einige weitere Um-
dit! «r in Ausricbtnng »einer CominiÄöion entdecket,
lomioen, hielten wir zum voraus ohnmaösgebliclie darftlr,
jÄ*t V ^^ On. gefasste Vorhaben, angezogene Arbeit
der Li» t an theiKs Orten einzuluhren, an anderen
annaeubreiten. mit allem Ernst sollte getrieben* zu dem
IUI die HerrtMi Uberamtleut der widerbolUe ernstliche
^ abgeben, da^s sie zu allem dem woniurch dieses Vor-
keimte befiirderet wei*den, die Hand bieten, zumablen
^gknches ihrtju ünd<M4)eamt43ten anzeigen, auch an allen
aeindenkund machen lassen^ dass Ew. Gn, ernstlicher Will
Meinung seye, dans die ündertbauen von dem Mitssig-
ttbgfjZ4jgen und zn der Arbeit mehreres gewölmet
iö, ©ö öoUten demnach Jen ige, welche nicht mit der
util oder anileren nohtigerj Berufen beschäftiget j^eyen,
die Weibsbilder und jungen Kinder sich dieser
^eidieit bedienen, uml Ij^chteu, durch d\e8e Lismer-
i^ich die nuhtigen L(d)ensmittel anzuÄchaffen, oder
etwati auf das Alter für stich oder <lie ihrigen zu
enu Worbey deiinucb die HH. OberamtJeuth zugleich
wehdie Sich ZU dies«*r Arhnit versteheTi würden,
» ^ .Jen, darbey neben der gebührenden Aufmerk-
und Flei^, rieh getreu aufzuführen^ zu denen ihnen
itcn Ini»tniment4«n und Wollen fleissig Borg zu tragen,
ichts zu entfremden, noch wider ihrer Herren
i willen etwa8 in ihrem eygenen Nutzen zu
adpii, miy<»H*n im Ftdil einer oder der andere untreu
'n^ oder jemand wäre, der denen Ar-
,. ^ einigtMi BtHrngs oder Pieberey mit
agi VertauÄcbung oder Hinderachlagung der Wahr
gebe, ein doleher ohne Mittel Ew. ün. um denselVjen
'-'-'*" ^'t:-* Mnzui^ehen, verzeigt werden sollte,
Herren Oberamtleuth, denen Herren
iauiten aml Uoseniiamern. wann sie etwa« zu verar-
alb»ii Vur^cbub thun, dntnit sie ohne langen
r Wid*r (»dur dciiseu so sie ausgelegt, wann
ig6 Hans Joneli.
derenthalben einige Schwärigkeit entstehen würde, habhaft
werden.
Weilen aber auf der Landschaft under denen, welche
sich zu der Lismerarbeit verstehen wollen, einige so arm
sind, dass sie den erforderlichen Werckzeug, als Schlumpen,
Streichen und Spinnräder aus dem ihrigen anzuschaSen
nicht vermögend, als sollten dergleichen unvermöghche
L(»uthen, sofern sie einen Schein ihres schlechten Zustands
von ihrem Herrn Prediger und den Underbeamteten auf- -j
weisen könnten, die nötliigen Instnimente hierzugestellet, -
darbey verdeutet werden, dass wann sie sich flleissig in der ^
Arbeit, die man ihnen anvertraue und übergebe werden
aufführen, Ew. Gn. der ihnen übergebenen Instrumenten
halber keine Ersatzung begehren, sondern ihnen selbige
schenken, widrigenfalls aber und wann sie sich unfleissig
oder untreu würden finden lassen, derselben Erstattung mit
allem Ernst von ihnen procurieren oder sie zu gebührender
Straf ziehen werden.
Diesem nach L^t auch wegen dem Lohn der Arbeiteren
und wie laiig ein angehender Arbeiter dem Meister, welcher
ihnie für den Anfang Arbeit gegeben, zu arbeiten gehalten
seyn solh\ noch eines und das andere zu betrachten, finden aber
dass solches noch zur Zeit sollte ausgestellet und etwann
hey fernerem Fortgang des Worcks weiters überlegt, indessen i
doch nach der Billigk»Mt diesorts, und lun so weit mög-
lich die Leut anzufrischen verfahren werden.
Wann <laun Herr Samuel Gernler nebst Herren Hans
Rudolf Beck nächstens sich wider in das Land begeben
\V('nleii, sollten sio nicht nur sehen, ob deme so sie vorhin
angeordnet halxMi. nachgek'ht werde, sondern auch das
weiten^ sowohl an den Orten, da sie schon gewesen, als an
denen, welche noch ferner in Augenschein zu nemmen, ver-
anstalten.
Endlieh wird Kw. (in. l)is])osition überlassen, wo das
(lelt. welches zu Einrichtung dieses Wercks ohnumbgang-
licli nr)htig, solle» hergenommen werden, und wird dann
alles so viel in()^]ich inc^nagit^ret und Ew. Gn. die Rechnung
daniber vorgelegt werden.**
Arhciuicw«nf«n*orge im alten Basel
lq^
H. Febmar nahm der Kleiin» Rwt Kenntnis von
^Bed^ncken'' und fosste dann folgenden Beschltids:
^!tsi dfUien Hi^rn^n Dt^ptitierten iU)orliA.s.son, <lm Erftirder-
zn V(dlkiituiiii.tiier EiTirichtnng des Wprcks zw v«/ran-
»f docb daas sie Mn. Gn. H£L von Zeit zu Zeit von
Fortgang und Zustand d«*Ti Beridit rrstiitton; das
M*\ttT;.r.. Gelt üüIIh von Löbl Directorio der Kaiif-
. gearhni48*^n nnd daniVK^^r grdiiihri^ndeKechnung
werden.^ '
ÜWr den weitiivii \ erlaiii dor Uiltsakünn unterrichtest
ein knrz**r Hericht d»*r Disputierten* dm- am 27. Fehniar
KlHiocn Kati^ bekannt gegeben wurde. Wir erfahren
sunächiit, ilasa 8»&mael Gemler mit Johann Rudolf
und Deputat Lc^uvis ein zweites Mal auf der Landschaft
lim in verschiedenen Dörfeiii die nötigen Veranstalte
1 trafleiL Auch wini «larin in Aussicht gestellt,
rv 1^ drr übrige Theil der Landschaft het^uchet
,, re Einrichtung vorgenommen" werden solL
der xwercen Reise meld«jteji sieh weit^*re 220 Personen
so dBSii Äich niitJiin 62ö Personen zur „Lismerarheit'*
' n* - die, sich auf die Ämter Li€*st4il, Fama-
lg. !*nwit^ di<* Dörfer Pnitteln und Muttenz
Miliiin waren noch dm Amt Waidenburg, eiuigo
jdi« Amt<**j Famsburg, sowie Mttncheustein, ßenken,
an, Binningen nml Riehen zu besuchen*
Pf!r AU* 62t) Personen wurden nnn dem Bericht zufolge
r bestellt, die gegen eine raäsi^ige Entschäiligung
KD Wie wir bereits gesehen haben» erhielten
An iigen die nötigen Werkzeuge auf Knst4?n dea
\ xjasse^iiiüu welcher auch ihr Ltdirgeld bezahJte. Ausser
gr* im II Uten Dörfern errichtete man noch in
>.*.^^. M tuul Pratteln sogenannte Stuben^ wo den
du« Lismen beigebracht wnirde.
VSÜmiod doi* Üiitorrichtos ergab sich nun ein Übel-
IHm L * wurdn-u nämlich in «ihren Ge-
len tnr ^ -strenget und so von der Arbeit
,• DiUinr bati^n «üe Deputierten schliesslich noch
«•W«, KMlivr R^i I71l/i:u, S ::h ff.
Ha»« t6»cYl.
iü ihrem Bericht» diosf* Lelirmeister für die mutmaäidid^l
Dauer des Üntorrichtes* also etwa für ein halbes Jeilir, 10^1
den ,. Wach teil* * zu befreien. Der Kleine Rat entisprach ihraiH
Ansuchen, verlaugte aber von ihnen sugleich noch rifl
Bedenken, worin sie nach vorangegangener BespreebuiiM
mit tlen Fabrikanten und Handwerkern «wegen dem ArbeitM
Lohn und anderen Umständen ihre (redanken waU<*ii lassen^
B()Uten,\) I
Das Bedenken fehlt leider in den Akten, welche aucll
keine weiteren Berichte der ^Deputierten wegen YersehmiH
der Unterthanen mit Wollenarbeit " enthalten. Dagegen sinfl
die verscliiedenen Rechnungen noch vorhanden, aus deniaH
sich immerhin einige Anhaltspunkte über den Verlauf dfl
Hilfsbestrebungen orgeben. Wir erfahren daraus zimsU-k^j
daas Samuel Gernler und Ratsherr Ry hiner gegen EiuH
Februar auch noch den übrigen Teil iler Landschaft bfl
sucht und dass die angestellten Lehrmeister bis in den MooaH
Juli hinein Unterricht erteilt haben. Die Ausgaben d«
Staates für die Löhne dieser Lehrmeister und die AnschaffußÄ
der nötigen Werkzeuge beliefen sich auf 550 GulckaB
Über ilen Erfolg und die A\"ii*kungen der vom Staate g«
troffenen Massnahmen gibt uns ein© Beilage zu den Bedufl
nnngen einigen Atifschluss. Wirersehen daraus, dass 126 Fm
milien, aui^ denen Angehörige in der ersten Hälfte des Jahr«
im Lismen und Spinnen unterrichtet worden waren^ von städti-1
scheu Fabrikanten Arbeit zugewiesen erhielten^ die sonst im
Kanton Solothurn oder im Bistum Basel ausgeführt worden
wäre. Und endlich entnehnjen wir einem Schreiben de-S Land-
vogts Fäsch von Münchenstein an den Kleinen Bat noch
etwas über die L<3hne der Lismer; sie erhielten für ein
DutÄend Strümpfe zwei Gulden von den Fabrikanten au*^
bezahlt. •)
Aber auch der Arbeitslosen in der Stadt nahmen sn
die Behörden im Laufe des 18. Jahrhunderts an. Am 19. No^
vember 1759 wurde im Kleinen Rate ein ^Bedencken der
HH, Depntirten aus den Vier Armen Häusern wegen Beme-
diir in Steuer Begehren und Versorgung der Armen** verleaen.
») Protokolle, Kleioer Rat 1731/1732, S, 296.
») Hatxlel und Gewerbe: J. Jt-
ArbelUloienfStsargc ini ;vUcn H:i>ef,
iqq
rIW fehJt lüidDf in den Akten, wm umso bi^daiiorlichcr
lnb <M5 Vorschläge für AbhüfÄinittel gegen Arbiutslosig-
.. ''- ' '^friilf Mithilft Es geht da>^ nicht nur aus dem
u BojsL^hln*<s de*» Kleinen Ruts ht^rvor, s(mil«>rn
Alts einem Memorial der gleichen l>eputinrtvn vom
«inber. iti ilrm sie ilom Kleben Rate Rechenschaft
cfu IAt Bericht lautet:
.Nnebdeme Euwer Uimden aus hoher hindedvätterliclier
[ifge gnädig in Erwrtgung gezogen, wie denen hiesigen
|im L#»mthi*ii, welclie wegen Mangel der hinlänglichen
•it zu ihrer täglichen N;ihrung sieb beklagen, HiÜfe zu
irllre. und xu diesem End uns den hohen Befehl
' I, auf ein Jahr hing niit der in unserem
,, ütagenen BaumwoUenspinnerej^ die Probe
^•n^ al» luibcti wir nicht ermanglet, die hierzu er-
•I Äntitalien vorzukehren» um sowohl mit An-
.^ der Ui'ilhigen ßaumwullen und einigen Werck-
,alü aucli der erfonlerlichen Spinnerinen, bey welchen
[i?ü Penwihnen, so aich dieser Arbeit wiedmen werden,
li ■*' ivsenhau« den ITnterricht haben können,
Ingleicheiii in Betrachtung, dass es verschiedene repu-
picb^ Hauaarme gi*ben möchte, welche at»8tan<i nehmen
PH, di€9W Arbeit in dem Wa>^enhau8 aliznliolen und
Pf dahin zu. lilferen, haben wir die VeranstJiItung ge-
llt daAs an einem gelegenen Orth in Mitte der Stadt
V vithen l»ei einem hiesigen Burger die Arbeit
't*n und gegen Bt^zug eines billigen Lohnes
abg«»tiommen werd«»n.
T>a wir nun also un»» imstande befinden, gleich nach
bevorstehenden neuen Jadire denen sich (ingebenden
LncilhfU mit Arbeit beyÄUspringent so halten wir
»bUeb dafür, dass zu dem Finde nicht undienlich
'^^ r Gnaden E. E. Bürgerschaft auf
machte Veran«tJiltunf^ bekannt zu
ün gvmben wollten.
Wifileu auch anbey zu befuR*ht4*n stehet, daüs unter
um Arbeit suchenden Armen sich Lentlie befinden
Wttlclie enKann mit der ihnen anvertraut^ni Battm-
20() Hans Joiicli.
wollen oder Werckzoug nicht getreuw und ehrlich umgehen
inöchton, so wiirdei ohne Mawsgab höchst nöthwendig sep,
dass Euwor Gnaden auf solche vorgehende Malversationen
gleich auch auf diejenige, so diesen Leuthen darzu behülf-
lich seyn und die Sachen abnehmen würden, eine nach-
drückliclu» s(*harfi^ und zu Abschröckung anderer dienende
Straafe sezen : dann sousten wiedrig«»nfahls alle dieser Sache
lmlb«M- genommene li pilsame Maasregien und angewendete
Kosten und Mühe vereitlet werden würden.
Betn^ffend die zwej'te Gattung der Arbeit. w»»lche wir
EuwtM* (Tiuidon voi'zuschlagen die Ehre gehal)t, nämlichen das
Packtucli machen, so sezen wir zwar selbiges keineswegs
aus d«Mi Augen, haben aber bishero wegen verschiedenen
Hindernussen uichi zur erfordi^rlichen Einrichtung kommen
kcnnien. hoffen jedennoch nächstens in dem Stand zu seyn,
Euwer (inadeii auch darüber einen standhaft^i^ren Bi»rioht
al)statl.eu zu können.
Inzwischen würde dennoch zu Erlangung desjenigen
heilsamen Zwecks, welchen Euwer (inaden sich vorgesezet.
nicht undieiilieh seyn. wann denen Wachtknechten, Bettel-
vr)gten un<l Harschiereren frischerdingen alles Ernstes anbe-
iohlen würde, auf jenige junge und aucli schon envachsene
Leuthe. <lie zwar arbeiten k^nniten. allein von ihren Eltern
/Jim ( Jiisseiibettel und eiinMii ruchlosen Leben angezogen
wei'diMi, besser als bislnT brschehen, zu vigilieren. und ?*el-
l)ii!;»* schon erkannter niassen anzuhalten, und in das Ziicht-
\\i\\\< /M lül'eren. damit eine E. Burgerschaft einmahleu van
dirx-ni rl)ri-|jnit" befreit wenlen möchte.
Wir nt'limen <li<' Frevheit. imsen» ohnnnissgebliche
(I^Ml:ink»'n be: r«t'f«'ni| eine Piil)lication, im Fahl selbige von
Knw.'i- (Ina<l«'n brli«'b('T wüi'de. zu gnädiger Einsicht beyzii-
le^rn. '."
1)«M" Kh'in»' Kat nuu'lite die Vorschläge d<»r Deputierten
/n »Jen seiniir'Mi un<l so <M'-;chi«'n denn schon am gleichen
'r.'ige l'olgentlrr Ki"Ia>s:
..l>eninaeli l'nsfn' ('niidi«;:'' Herren E. E. AVohlweiser
Kaih aus Hoch-nbrigk"ith'elirr Vorsorg«» gnädig in Betrachtung
Att}eM»)i)«eiifilf«on;e km AHmu B;isi?I. 2oi
f wie jjetiigf^n I>E»atiii^n, welche an ih^r Nahriing Maogel
cind sich beklagen keine Arbeit fiudpn zu können,
'fnn^ oiiieH »^hrlirhoii iinil Ieicht3n Verdi** iistes
- . . i *ß ktiiiiire, auch zu dit^scin Emle von Hoch«
eiil#? Doputtttion verordnet worden, welche dos
]iroUf«nj$pmi>ßn aln ilas taiiglichstö Mittel vorgasclilagöu,
* Hoch-<)brigkeitUchf*r Goophmignng zu sff>Ibigem
den Anfang dergegtalten gemacht hat, dass
noch dem neuen Jahr den Persohnen so sich dai*-
m aiuoeldeii werden, mit Arbeit böygestanden werden
[JUfi wiivl anmit E. £. Btirgt3Tschaft bekannt gennicht,
<" Leiubi% welche durch diese Arbeit sich
^ i zn verschaffen smchen, sieh nacli dem neuen
. Verwaltern iles lül>lichen Dc^pl^tat^5n-Au^tJi*)t
SpittliaU, Lobl. Waysen-Amta und I^'M»!. Waysen-
anniehlen ktkmen, allwo sie die weitere Anweisung
ilen wonlea^ wo sie nicht nur *lie Baumwolle zum
abholen und gegen einen billigen Arbeits-Lohn
iQferen kennen» sond<»rn auch noch deuen, welche
jenii jsich den Werckzeug anzuschaffen, selbiger
»rflen •iolie: Benebens allen denjerugen, welche in
Arbeit noch nnerfabren, der nöthige Unterricht ohne
wtnl geg*d>en werden.
versehen sich al^o unsere (inädige Herren, dasü
|ich iHes<e!5 heibtamme und zum gemeinen Besten ge-
ieWerek nach Venn^geu zu befördern tra^^ht^n werde.
Wii fiinge^i^n diejenige Leuthe, welche mit der ihnen
* n Bau !ii wollen und Werckzoug ungetreu uiugehenj
Vi nHeizea «der verkaiiffeu, wie nicht minder auch
M ihticin dazu btduUflich seyn und solche SacJien
^ K sicli f " ' _^n Herren höchste
. unrl d' ^ ru BeHtrat'ung aus*
wnixi(«n
[>qMUtrtijimt fölirte ui^prasiglicli ledtglicb die Aufsicht über die
Mtmtion wuftlcii jedoch dun Deputntett *Ämt-
iit und t^ud, die K4rcbeu^ütcr der Laad*
> SMchmkuitit Rtid üet S|iiLil «ll Liesul und dais Armeowesen der
202
H4II1S J^ioelL
Jeaig^ aber, welche sich bey Direr Arbeit get
erzeigen, und dardurch. wegen Ünvermögenheit, ihre Na
.ruDg mcht gantzlichrti gewinnen könnten, wenn sie de
falls mit anthentischen Scheinen versehen, wurden sich
Beystands gutherziger Lenthen desto mehrers zu getrost
haben*
Da auch einer Burgerschaft von Rinderen liederlic
Eiteren, die selbige leichtfertiger Weise nur zum (rassen-Beti
anführen, grosser üeberlanff be^chiebet» als haben Di
Gnädige Herren zn Abstellung diese§ l>esonders auch
dergleichen Kinder höchst schädlichen Uebels, gnädig v«
ordnet, dass selbige von den Wacht^Knecht-en, Bettel-Vög
und Harschiereren ab den Gassen weggenommen und
das Zuchthaus gethan werden sollen; Derselben Eltern ab
wann es Burger, zu empfindlicher Straffe gezogen,
Hiiidersäsaen aber, ül>er dieses gänzlichen aus- und for
gchiiffet werden sollen,^ *)
Am 1, Januar 1760 wTirde nun also die - Armen-Fabriqua
auf ein Jahr in ^effect gesetzt''. Nach Yerfluss dieser Proh
zeit erstatteten die Deputierten zu den Vier-Arm enhänsei^
dem Kleinen Rate Vorschrift sgemäss Bericht und Rechmiu
dem wir über ihre Verrichtungen nachstehendes entnehme
«,Wir die hierzu Deputierte haben nun hierauf — na
dem Beschluss vom 22. Dezember 17B9 — nicht ermangli
uns zu öfteren Mahlen zusammen zu verfugen und in
baltenen Sessionen uns über die zu diesem Greschöft erfd
derlichen Massregien zu berat hen, auch einen Ansschuss
der genau **ren Aufsicht zu ernennen, und durch selbigeB^
Anstalt machen zu lassen^ dass die erforderliche Baumwolle
und Werckzeug angeschaffet* mithin denen sich anmeldendd
Armen Arbeit ertheilet, denen in dieser Spinnerey uui
fahrenen aber durch zwo zu diesem End angestelt
Spinnerinnen in dem Waysenbaus, wo uns von denea
Herren Inspectoren ein hierzu ganz be»jnemer Platz einj
räiuut worden, der nötbige Unterricht gegeben werdj
konnte, wie wir tlaun diese zwo Spinnerinnen insolang
behalten haben, bis verschiedene hiesige Persohnen
*) Mandata.
Afbelts1o9c?iif«r»oTf e im alten Bstsel
20.5;
Arltcit flf^rg^esUilten gefihHt gewesen, düss sie künftig»
?ii Platz denen darin Ünwüsöenden eine genügsame
klntig %n g«^beiji im Stunde seyen.^
I>aiin ünüiäli der Beriebt einige sehr vernünftige Be-
an über die Rjechmmg, <iie mit einem Defizit ab*
das aber die Deputierten koinesx^egs beunnüiigte, Sie
hO, ^der Anfang eines snlcbeii Wercks könne ohne
hdung •einiger 1 ' r^r AiislagPii nicht g^^inacht
Ich,** da ^den an * n Persohnen, obwohlen sie
drtm ^iiixineu nicht genngsam geübet gewesen, damit die
der Ariieit nicht abgeschrecket i^iirden, ein mehr Bis
thnlicher Lohn gereichet werden niusste/' Im Anschhxss
wnniHii dann die Vorteile aufg**2äklt, die df>m Staat
«ine demrtige Inatitution erwachsen können. Die b©-
ade Stelle lautet:
- ', — „t in B»'t [:irnuing, dass wann man
»ders aber einigen zu Versorgung der
^vQ i^wif^lmeten Collegiis hiednnth beHchehene Erleich*
»et, der durch diese Spinnerey geschaffene
^ ,.. ; auöch**ineuden Veriursft weit übertreffe.
{wich für das Künftige der allergrosste Tbeil von denen
ten extra Tnkösten nicht mehr nötliig^ sandern gänas-
lonteriibiben winL anbei die I^euthe in dem Spinnen
gn&bet »t»indf »Isu ihnen der Löhn nach »ler Billich-
[wM eiBgerichtei werden können, so ist ganz wahr-
st* Spinnerey wo nicht ohne, dennoch mit
1 werd%^ können fortgesetzt werden» Wir
demnach Euwer Gnaden z\i hohem Belieben, ob
Sfiinnerey weiter furtgeführet otler aber unterlassen
.90U«; nmi in dem erstem Fahl thäten wir für dien-
iieUj dass die vor einem Jahr beschehene Piibli-
iirii?dennali]eii bei nüchst bevonttehendem Prohnfasten-
erinarhel weHe.*
f Bokliinülirb unÜlält 1! ' ii noch eine Stelle
dM vorgeschlagene i u aus der ersieht-
die Üeputi^rtt^u „solchea 2 war keineswegs aua
wn, allein der Gelegenheit und Umstände
• ")t keinen Anfang zu machen rathsam
204
Hans JonctL
boftindeii-t imd .«daas sie nicht ermanglen werdea. hm
giinstigeuj Aiilasi* zu solchöm ebenfalls die Einriclitimg zi
i
Aus der Reclmuiig für 17«^) «»rfuliren wir zunächst,
das Dreieramt^j für das Spinnhiius 773 fT auswarf^ wovue
574 tf -7 ^ 6^ für die Anschaffung von Baumwolle im«
Wt?rkzeugen, so\ri(? für die Löhne verausgabt wurden. Dem-
nach verblieben dem Staat noch 1Ü8 ff 12 ^i 6 *;. Dßt
Wert der getiponnenen Baumwollo veranschlagt die Beck
nung auf 458 rT 2 ß 9 «y, denjenigen der Werkzeuge abei
auf 53 a U» ß 4 t^. Ks ergibt das nn Gold, Baimiwnll^
und Werkzeug 710 ^ 14 ^ 7 *J. wovon allerdings wiedü
ili© Exti*aausgaben vuu 199 ^ li> ß 4 «J abgehen, so dasi
schliesslich ?nir ein Wert von 510 S 18 ^5 3 <i bleibt
Die Bilanz erzeigt für den Staat an Passiven 773 ff» ai
Aktiven nur 7H* S" 14 ^ 7 4? ^^ dass die Rechnung niil
■eineui Defizit von »^2 ff b ß b i^ absrhliesst, zu dem dani:
noch die Extraausgaben von 199 B* 16 ^ 4 ^^ kommea
weshalb der Staut in WirkUchkeit 2fi2 « 1 ß 9 J^ für Ar
beitfilose verausgabte. In den bereits ervi^ähnten Ext»
Ausgaben sind u. a. die Lohne inbegriffen, welche den zwe
Meisterinnen ausgerichtet wurden, ebenso ihr Kostgeld, di<
rTnitifikationen für den Waisenvater Ebert und d«
Waisenschreiber (ty^^endürfer. welch letzterer den Depo
tierteu das Protokoll fühlte ^ sowie eine Entschädigung
au einen Strassburger Freund des Bürgermeisters De Barj
den man uui ein Gutachten angegangen hatte, weil i
Stnissburg bereits ein Sjmmhaus bestand. Über den Lohi
den der Arbeitswillige im Spinnhaus erhielt, können w:
den Rechnungen leider nichts entnehmen, dagegen erfahre
wir über die Frequenz, dass das Institut im Laufe d«
Jahres von 12 Personen in Anspruch genommen wmrde.
Am 4. Februar 17f>l nahm der Kleine Rat Kenntn
von dem Bericht und der Rechnung über das Spinnhaa
Kr sprach den Deputierten sein , Vergnügen'* aus für ihn
«nihmlichen Fleiss und Eifer'' und beschloss end
*) Sta;t(skas<iciiverwaktuig«
•) A rme D w eisen .- A| .
Arheilsloi^pnfuri'nrj'e im nltcn ßasii.
205
EiiiricJitung bis Ende des *Tahres weiterzuführen^ worauf
dann von üiiien ein neuer Bericht oingegebeu werden
Schtjn am 23. Dezeuiht*r 1761 tTstatteten die Deputierten
ihren verlangten Bericht und legten zugleicli Kechnung
ftW das Unternehmen ab. Diese fehlt leider in den Akten,
wVlit aber der wenig erfreuliche Bericht, der lautet:
Es haben Ew. Gn. vor einigen Jahren zum besten
äpT Annen eine Stiftung georclnetT mittelst welclier selbige
hrcli ihre Handarbeit sich ihr nötiges Anükonunen erwerben,
rfer wenigstens ihre bedrängte Umstände erleichtern, mithin
ch die AnnenhäiTser soiilagieit werden können, Ans bey-
lohender, von Herrn Überstmeister Stnpanus über tlas Baum-
'olkpinnen uns vorgelegten Rechnung aber werden Ew. (tu.
r.«ehen. wie seid echt der durch diese Spinnerey gesuchte
ützliche Endzweck erreichet wurde. l)ie geringe Anzahl
r in diesem Jahre von solchen Leuten gesponnene Baum-
oUen beweist» dass srlbige sieh lieber <lem Beitel und dem
iiHsiggang ab nützlichen Arbeiten widmen. Alle Cnllegia
üf njilden Stiftungen halien die Annen so sieh bey ihnen
Ell Steuer angemeldet an diese Spinnerey gewiesen. Diese
rmahnung hat aber wenig gefruclitet und einige haben
rh sogar erfrechet, die ihnen zugestellte Baumwolle und
IB znxn Spinnen nötige Gerähte zu versetzen und zu ver-
mfien und das Geld durchzubringen. Wir selien diese
iftung für so nötig als nutzlich an. ilie rohe Baumwolle,
erforderliche Gerähte sowohl als die Lehrmeisterinnen
die Dnerfahrenen mnd vorhanden, allein ila wir kein
ittel wij^etL dergleichen dem ifüssiggang ergebene Arme
I solcher Arbeit anzuhalten, so wxdlen wir dieses Ew. Gn.
ititerbringen. und Hochdenselben Entscheidung überlassen,
nicht gut wäre, durch das Wochenblatt und auf den
Zünften eine neue Kundujachung ergehen zu lassen,
^bey jemgen Arraen, welche solche Arbeit zu ven'ichten
nJi wohl im Stande und sich bey Ew. Gn. um eine Steuer
i, eher nicht gnädig zu entsprechen, bevor sie
hein vorweisen, dass sie sich würklich mit dem
Dkoik. KJcjncr Hat rjöi, s. 45 un l 4'
20t* Hans Joiieli.
BaumwollenspiiiMon beschäftigen. Der diesen Leuten ad
solche Wevse kumlgethane Hochobrigkeitliche Wille würde
bei selln'gen einen kräftigen Eindruck machen, und sie da-
durch auf ihr eigenes Beste geleitet werden."')
Der Kleine Rat stimmte den Vorschlägen der Depu-
tierten bei, indem er dt»n Erlass einer neuen Publikation
beschloss: aussenlem verlangte er von ihnen die Xamen
<lerjenigen Arbeitslosen zu wissen, welche Baumwolle ver-
untreut hatten.*! Der von den Deputierten entworfene
Aufnif lautet:
„Es haben Unsere Gnädige Herren E. E. und Hoch-
weisen Rahts mit Ijandesvätterlichem Bedauren wahrnehmen
müssen, wie die von Hochdenselben vor einigen Jahren zun
Besten der Annen eingericlitete BaumwoUenspinnerey von
denen, auf deren Wohlfahrt dieselbe lediglich abgesehen war,
schandlich und bossfertig versäumet werde: AVie hingegen der
Älüssiggang und der inuhtwillige Gassenbettel auf das Neue
mit aller flacht rberhinul nehmen: Dieses hat Hochgedachte
Tnsere Gn. Herren be wogten, Ihren zu diesem Ende ver-
ordneten GliedtM'ii dfi* sämtlichen Armen-Häuser auf da«
Neue aufzutragen. di«\se so heilsame Stifftung wiederum in
Wnrcksamkrit zu bringen: Es haben desshalben Hochdie-
selbeu zu befehlen g(M'uh»^t, diesen ihren ernstlichen Willen
an allt'n Orten, wo rs sich g.'liöret, kund zu machou, mit
d.»r nachdrücklieln'n Warnung: Dass alle diejenige mutp
willige Bettler, die ihre Annuth allein dem Müssiggang «0-
ziischrcib.Mi liab»Mi. wt'un sie sich diese Vätterliche Anstalt
nicht gel)ühn'nd zu Nutz machen, mit allem Oberkeit liehen
Ernste durch das Zuchthauss oder andere ihrem Verbrechea
g»'mässf Straff»Mi w<»rden grzüchtiget werden. Diejenigen.
bedaurt'nswürdigtMi und unschuldigen Armen hingegenp
welclu> an dit»st»m Orte und sonst nach ihrer Möglichkeit
arb»dttMi. und durch Zeugnüsse ihrer Herren Seelsorger,
durch Scheine di-r Oberkeitlichen Herren Verordneten «OT
BaumwoUenspinnerey. und durch andere glaubwürdige B^
weissthiim»*r dartliun kr»nn»Mi, dass ungeachtet ihres FleisBei
und ihrer P^msigkeit, ihr Verdienst nicht zureichet ihneia
*j Arinciiwcscn: Ai.
*) Protokolle, Kleiner Rat i;Oi, S. 458.
Arbdulmtcfifiirsorge im altcu HascL
107
Siren Kindereö den tiütUigen Unterhalt tuid Pflegung
ri«i9ehaff **n : Solche, und aiiüere würdige Äi*men^ die
|t im Stunde »ind zu «rbeit^Ti, werden »He zu Erleich-
der Armnth geordneten L. Collegieu desto milder
^fg¥tu kciniien, wenn UnwürdigM nicht njehr dtircli Uire
r»!DBchlimfb»it tind Liedurlirbkeit die Christliche Liebe
den Oberlceit und ihror Mitbürger zum Nachtheil
SHjnen We^iens miüöbraueheu. Es wt*nlen also »lle
Digipo Einwrdmi'rr du*t^r Htadi, die für sich oder für
I Kinder an Arbeit und Verdienst Mangel leiden, ernstlich
<*ich b«?y den Herren Vorsteheren des LöbL üepu-
itJJ, Lobl. Spitt^U, LöbL Wttysen-Amtiä untl LöbL
snhauüea zu melden, von denselben Arbeit zu begehren,
•^dferig, getreulich und emsig zuwarten, und
lieh ni»*l ehrlich zu nähren, welches einem
arajr Ehre gereichen wird. Da auch einer E. Burger-
vtiu Rinderen liederlichi*r Eltv^ren, die selbige leicht-
er Wifi^e nur xnm Giisseribettnl anführen, grosser
tflBxd besciaehel; Als haben Unsere Gn. Herren clieses
»rs auch für dergleichen Kinder höchstschadlichen
m _ * ':M^t. das8 selbige von den Wacht-
it- 1 und Harschiereren ab den Gassen
amtneu mid in dai Zucht hauss gethan werden sollen;
r wann es Burgere, 55U empfindlicher
., .. .1 .idersäasen aber über dieses gänt/dichen
und fcirigescIuifiMt wenlen s<ilh*n.
Hochg^^hicbte Unnere Gnadige Herren haben anbei gut-
L- v- 1». . _ ^ T^^fff kund zu machen, dass Sie
1 kcitlichen Vergnügen sehen, wie
^*i]t«chaflene und Christliche Leute ihren armen
i?ren mit ihrem Äeegen bey stehen. Sie können
^mtidenr lU^ «hMiselbcn ihr Hohtis Vergimgen darüber
nu^ and 6J^ anfrischen« in einer solchen edlen und
tien Denckungs-Art fortzufahren. Sie aehen sich
|j_ ^ . \f . : t: jj ^^j ermahnen, in diesem Stücke
liitsamkeit zu verfahren, und nicht
rhVhf^ l./0ute durch eine übereilte Gutthätigkeit zum
itl zur Schwelgerey anziifriscben, sondern ihr©
IniMT, ir+Ti f*jriu*rs (b*$tO krüfftiger itl d<Mi
208
H;in*i joncli.
Kirchen, und gegen solche Arme zu erweisen, von dei
sie wahrscheinlich versichert sind, dass dieselbe wohl
gelegt seye. Daher jenige Anne, welche das Allmosen
fordern genöthiget sind, aller Orten, wo sie solches forde
Scheine ihres Wohl Verhaltens von den Herren Geistlichej
und auch Scheine, wo und weme sie nach Erlaubnuss i
Kräfte arbeiten, vorweisen sollen,'' ^
Diese Publikation blieb jedoch ohne jegliche Wirki
Es geht dies aus dem Bericlit hervor, den die Deputiei
IUI! 8. Dezember 1762 dem Kleinen Rat unterbreit€*ten.
selbe ist leider nicht mehr vorhanden, doch enthält das
protoküU wenigstens eine kurze Wiedergabe des Inhalte*,
so dass wir nicht ganz ohne Anhaltspunkte sind. Zunächst
machen die Deputierten die immerhin erfreuliche Mitteilung,
dass ilie veruntreute Baum wölb' grösstenteils wieder eirig^
bracht werden konnte. Dagegen war die Frequenz der Au-
stalt auch im laufendi^n Jahre eine sehr geringe. Um
sie zu heben, unterbreiten die Deputierten dem Kleinen
Rate wieder ihre diesbezüglichen Vorschläge. Sie verlangen
von ihm, ^weilen sicJi bald niemand um das Baumwolteti-
spinnen bewerbe, und auf M, Gn, HH, Holtz und amlere
Steuren sich verlassend, fast jedermann lieber müssig gehew
wolle, dass ausser gar allten Leuthen, die nicht mehr ar-
beiten können, sonsten alle und jede, wann sie bey Mn.
Gn* HH. um eine Assistenz sich bewerben, vordrist ange-
wiesen werden, bey Ihneu Herren Deputirten sich um Ar-
beit in der Baumwollennpimierey umsehen, und dann darüber
bey Mn, Gn, HH. ein schriftliches Zeugnuss einzulegen."
Der Kleine Rat beschloss ^nach diesem Bedenken lü
verfahren^ denen Löbl. CoÜegies so Steuren austheilen und
sonderlich LöIjL Waysenamt eine Erkanntnuss^ zuzustellen,
worin sie aufgefordert werden sollten, ^nach denen die^
ortigen Verordnungen zu verfahren." Ausserdem verfügt«
er noch, die gedruckte Verordnung von neuem zu pi
eieren und auf den Zünften verlesen zu lassen. '>
Von nun an unterbleibt die jährliche Berichterstati
und Bechnungsablage au d^n Kleinen Rat. Die
*) Maüdala,
') Protokolle, Kleiner Rat
1762, S. 469.
Ü%liMpenf&rtor|^ irti alttn Basel
2oq
bdin^ineii «ich ersr im Jährt» J7t>5 wieder dazn,
ttbi^r ilini Htoiid dm Ünteinehmeös in Kenntnis zu
piL An& ilnm Beririit ist ersieht! icli, dtiÄS seit 17Ö1 nie-
rinehr dii* Artiitalr. besuchte. Über die TTrsnchen
ii<Q$orfiilgo« *sagt der Bericht;
,Wir können hieran nichts »ndiTPiii di<* Schnkl bey-
Mi^ »It« diiiss iiiis<^i>(? hie»ifift' Armo allisuj^ehr dem Oasüc^n*
Lood Mn ■- ' Titre Hrgt>bpn seind und selhif^jem nin-
Mvr n-t '*u, itlü sii» sicli aiil dio Mildtliätig-
wr^cliu^iüiior un^i^r Armon-Hiiusieren und hiesiger
E^haft Stenrt*n» nn»! durch ih^n davon machi*mlt»n
incb r,irli IrUMiltM« li in Ifnii'] U'li RiV^toiirrn vu vor-
II ^
Die Üi^fputiiTttMi unt«*rhiKs<*n es aiudi uicht> wie schi»n
^''' Ti Kate ihr»^ Vonschläge zu unterbreiten,
.. « . ,L .;^ der Aü^^talt gehoben werden könnt"
(^ntncflulJt•n dem Berichte darüber folgendes:
.Dtthera tlaun, nacli unserem Erachteü. Euwer Gnaden
ht* Al>i?icht denen hiesigen Annen durch
.^ Arbeit Nahrung zu verschuffett, insnlang imer-
iRibeii« ab nicht denen Verwaltnngen der Annen
disr gemessene Bf* fehl ertheilet, und E. E. Burger-
friiKclierdiiig^'n puVdicieret wird, keinem zur Arbeit
» TanjjhVhf'T« »^nige BeyijJtener zukoinmen zu hissen» nie
ailichen Scheinen veraehen, dasa sie nach
AiogiKhk« u arbeit»nu l.**
Am 2* ^* ■ uiiUm der Kleine lüu x^u arm Biricht
'h-r } 4 KeiintTii.s, Die Befehl iissfäsüung rd)0r
^nhpil erfolgte jedoch erst in der Sitzung vom
kU er «ich zunüch^i seine frühem Erlasse über die
•Fabrique*" vork*g«^ii li«^»a5S. Wie in df*ii i'rühern Jahren
«r dann wieder die »chori erhissone Publikation
- auf den Zünftitn bekanut zu geben. Dann
• II'* ,^ 11 .: .♦ ji^ einer Erknnntnirt aufgefordert
«ich i ftilier gefas^teu Beschlüsse zn halteUf
atk*ii denjenigen, welche in der I^age geien, zu ar-
r tetb^s. r, Codi« imd AUeraim. VI 1
14
:!IO Hans Joncli.
IxMtoii. sich abor nicht zum Baumwollenspiniieu oileranc
ArlxMt'Mi bo(jnomt»n wollten, die Steuorn zu verweigei
Auch (lii\so Publikation blieb ohne Wirkung, wesi
mau sich billig wundern ruuss. dass der Kleine Rat
4. Fcbniar 17(i7 den Deputierten abermals den Auftrag
teilte, sich zu ver.^animeln und zu überlegen, «ob dies
nichts in Effekt gebracht werden könnte*.
Der verlangte Bericht Hess jedoch lange auf sich war
er wurde «»rst am 13. Oktober im Kleinen Rat« verL
und in Beratung gezogen. Wir finden darin zunächst
Aufzähhnig der verschiedenen Beschlüsse und Erlasse.
im Laute der .fahre in dieser Angelegenheit seitens
Behörden ergiiig»Mi. Dann fährt der Bericlit fort:
„Diese von Ew. (in. gemachten Liuidesvätterliehen .
richtungen sind von solcher Vollkommenheit, da-ss
driienselhen nur gar nichts beyzufügen wissen, und es '.
sicli h*i(*ht einsehtMi, dass blos der Mangel der Execu
das ganzi^ Werck still gestellet. Beneben lässt siclis i
iiiriit in Abred stellen, dass es pur unmöglich bev die
< J«»g«'nstMnd alles so genau und nach dem Buchstaboi
beiolgcii.
Di«' Armut li an und vor sich Selbsten hat etwas
n«*hiJH*ndos. und r\n einiges ^Mitleiden, so sich bey <!'
Anl)liek in den Herzen aller W(dilgesinnten erseht.
sonrloieli dem arni«Mi Mitbürger das Wort, so dass gar
(Itirülu'r der rnterschiiMl /.wischen wünligen und unwürJ:
beseits ^evietzt winl.
V]\i\ eljpii daher, da^s dergleichen Mildthätigke
gegen solche, denen es weder an Kräften noch an (resc
fehler, eine Arbeit zu verrichten, verschwendet wenloii
dass (lif 11. H. ( ieistlichen, welche zu Ertheilung J
Scheinen sich etwann auch leicht bewegen lassen, Ew.
zu Einwilligung betriieht lieber milder Steuren bald
wrx'hentlich veranlassen. haluM» sich nach und nach
sehiedene Missbriiuche eingeschlichen, welche dann n
wendig von schädlicher Würckung auf das ganze wei
müssen. Wie dann auch <lie Eltern, deren Kinder i
*) Protokolle, Ivlciner Rat 1705. S. n)j.
AAeftsToscnffrsoTge im alten Basel.
21
Ev. Gn, Befehls wegen Gänsen bett eis ins Zuchthaus gebracht
wonlen, gar bald iluroh ihre wehi3mfitig*'n Vorsteüiiugeii
Ew. Gn* znni Mitle^^deu, und dass ihnen ihn* Kinder ohne
imlers wieder seugetiteUt wenlen, zu bewegen gi?wu8st haben*
So dass ohnerachtet Ew. iru, publicirter so heilaarner
iiml wnhlerdaneiter Verordniuigon zu Erh^ichtening der
«niien V*.'rl>urgerten durch den ihm an Hand geb»Mid**n
•lienüt, und zu Abwendung des Gasseubettels, die Sachen
immer in der alten Lage geblieben und gegenwärtig noch
Äeiud. Dieses und weilen sich niemand uin die vorhandene
Baumwollen zu spinnen bewerben ^ wie dann «elbiges wiirk-
lich einen sehr geringen Verdienst bringet, und eine hie-
sige Verbtirgerte, die in dieser Arbeit sich mit vorzüglichem
Pleiss hen^orgetan, es woclientlich blos auf 14 Batzen
bringen können, hat die Herren Inspectoren veranlasset,
tfee Baumwollen, um allem Schaden bevorzn kommen, zu
Tfrkauffeu. welches auch, wie beiliegende Rechnung zeiget^
mit Nuzen beschehen ist; und es ist nicht ohne Grund
m beförcbten. dass wann da^ «[uästionierte Institutum dis-
nthhl wieder solte hervorgeholet werden, und nenerdingen in
Bewegung gebracht werden, jedennoch für das zukünftige
kein besserer Erfolg, als dessen mau bishero durch die
Krfahning überführt worden^ zu be winken seyn möchte.
Solten aber je Euwor GnadtMi die dis^sfalls ergangenen
Verordnungen und die BaiimwoUenspinnerey w^ieder in
V^igor zu sezen gesinnt seyn, so wurde ein leichtes seyn*
IIQS dem hinder denen Herren Inspectoren des Waysen-
ses* sich zeigenden Geld Recess von 571 B t» ß l *^
ihe Baum wollen anzuschaffen, die Haspel-Bäder uml
't' ^ ' V ften, deren nui' die wenigeren uidjraucbbar, in
i 1 Stand zu stellen, einstweilen aber bis (üe
m wollen nnzlich erkauft seyn wird, von dem Waysen-
atten als welcher deren immer vorrähtige hat, so v^iel als
anzuwenden Anlass haben wird, zu nehmen; darzu
aber ohnmassgeldich nöthig, dass Euwer Gnaden
dÜK»ortige Verordnungen auf allen E. Zünften pubHcirt, und
allen Armen-Häusern alles Ernstes darob zu halten, frischer-
dingen eingeschärft, besonders aber Lö1)b Waysenamt em-
^■foblen würde, sich von ihrem Schaffner eine Liste aller
2 12 Hans JoDcli.
Steuer beziehenden Personen, welche scum BanrnwoUspinnen
oder anderer ehrlicher Arbeit die benötigten Ejrdfte und
Erfordernisse besizen, geben zu lassen, damit selbigen
künftigs nur nach Maasgaab ihrer Arbeit und des dam
bezeugenden Fleisses gesteuret, und darob ganz genaa ge-
halten werden möge.**
Es lässt sich wohl begreifen, dass der Kleine Bat nach
den bisher gemachten Erfahrungen es unterliess, nochmals
zu versuchen, die Angelegenheit in Fluss zu bringen, son-
dern den Beschluss fasste, das ,,Greschäft wegen dem Baoin-
wollenspinnen noch fftr etwas Zeit^ einzustellen.')
Im Jahre 1770 entstand eine bis Ende 1772 währende
Teuerung. Die Ursachen derselben waren znnftchst der all-
gomeine Misswaclis. sodann die Ausfohrverbote von Seit»
derjenigen Länder, aus denen man sonst das Getreide be-
zog, endlich die im Vergleich mit der Gegenwart noch sehr
unvollkommenen Verkehrsmittel. Die Preiserhöhung der
notwendigsten Lebensmittel wurde für den gemeinen Mann
umso fühlbarer, je mehr sein Verdienst zugleich durch das
Stillstehen vieler Fabriken eingeschränkt war oder über- 3
haupt ausblieb. Mitten in die teure Zeit hinein fiel also
noch andauernde und ausgedehnte Arbeitslosigkeit. Did
Ursachen derselben lagen in der durch den polnischen und
russischen Krieg, sowie die in der Türkei herrschende Pest
beschränkten Kauffähigkeit von Industrieartikeln, und in
der durch eine künstliche Bevorzung von Handel und Ge-
werbe erzeugten Übersetzung einzelner dieser Gewerbe.*)
Angesichts solcher Tatsachen konnten die Behörden
nicht untätig bleiben. Und so sehen wir denn, dass sie
nicht nur den Armen ^Früchte^, Brot und Mehl zu billigen
Preisen zukommen Hessen, sondern auch bemüht waren,
geeignet erscheinende Massnahmen zur Bekämpfung der
liorrsclionden Arbeitslosigkeit zu treffen, die allerdings
nicht als besonders umfassend bezeichnet werden können,
wie es die Verhältnisse erfordert hätten.
») Protokolle, Kleiner Rat 1767, S. 41 uud 385 ff.
2) August von Miaskowski, Isaak Isclin, Bcitrige zar vaterländischen
Geschichte, Bd. 10, S. 171.
Afheltutniictirüfiiorße tm ultett Basel.
der Afbettolosigkmt wixnleii Imtiptsächlicb (in^
bdwckht^r harr tmtroffcm. Es geht das auis einen
Brvotf don ein Mitglied de« Klein«'n Rateg aiu
bibef 1770 in dinser Behörde* stellti' und der fnl
^^>rtIiitll hau
ite (bi^ M, G. Herr<>n Untertlianeri, und iv
i« Pti**Harnent4*r Mangel an ihn*!' Xabnmg leiden,
i\m* Lijhl Ft\hv'uinv-CinnmisshH\^\ überlegen sollte,
Übel abÄuhell'on, und ob nicht die Herren Fabri-
erracbitn seyn möchti^n, keine Arbeit ausser
jtiben und darüber ein B^donkm eingeben. ^r
Lnssug ^^^l^de erheblich erklärt* worauf sich di-
^tmisaion zunächst luit den Fabrikanten in Ver-
M5U6U% um dann die Arrgelegenhnit in ihrer Sitzung
[leeember in BeratiUig zu ziehen. Über die Vnr-
^n liH0. naeh»mhender Bericht an ilen Kleinen
lULui iiüiaiigh/i /.ntoii;i* desselben — g«>-
tler Anzng — die H. H, Deputierte von denen
iindfabriciinten über diesen Giiigenstand anzu-
lieh ilire Oi*danken dahin eröffnet, dasa
i*' übrigen H, H. BHndfaV)rie-anten bey dif*sen
iHW min christlicher Liebe« sich soviel müglicb,
len aber Vermögen angreiffen, um denen getreuen
i*n VwtdGrfligen PuÄsamt^ntern und ihren Kinderen
Verdiens^t lU» ßn^lt zu verschaffen, nicht nur
acrndem soviel möglich einzig, mit AuBschluss
' '! I liaften sich befindlichen Arlieittern^
n, wobey ein Herr sich vernebmen
er etliche Arbeittere auasert Ijands habe^ so aber
Tv i, HO keiner im Land machen könne,
ftin Lim » r^.^ ri ' "■- ?trht werden, gebe er jeder-
Üch denen L udern zu verdienen. Wifilen
ibenn^n Zeitt^n sowohl bey una^ als ttuch
groftun iStädtien^ nicht nur iliese. sondern auch
^iiril<' im jahrü (JjX j;rM;liaflco ; ^i«-' fuhrlc
km iiud icbltcbt<rte Streitigkeiten jtwischcn
Ucb o»il cwttehcii tliti«a und iht^en Arhciteni.
2 14 H.-ins Joncli.
andere Manufactnren nicht so stark getrieben werden
einige Arbeittere bey denen wohlfeilen Zeitten nicht
theuren Zeitten gedaclit. so seye gar wohl möglich
solclie Arbeittor jetziiiid nach Arbeit und Brodt senfz
aber nicht denen H. H. Fabricanteu, sondern denei
beittern beyzuniessen. und man in diesem Falle b
bessere Zeitten in Geduld stehen muss, in der Hofl
dass so Gott wille, auch wiederum bessere Zeitten ko
werden; Wir haben diese beschehene Erklänmg den Z
und Umständen so angemessen, als Löbl. und gerec:
fanden, dass wir weitter nichts beyzufügen gewus^
die H. H. Fabricanten um die Fortdauer solcher Gesinn
zu ersuchen, und nun sok:he mit E. E. (rn. hohem Für
und Be\'fall zu unterstützen und aufzufrischen hochdenj
zu hinterbringen.-* M
Am 12. Dezember nahm der Kleine Rat von ä
Memorial Kenntnis und beschloss hierauf, es dami
wenden zu lassen, indem er zugleich ,,die Underthane
Horren P^'^bricanteii zu fernerer Arbeit bestens empfi
Die SieluTStt'llung gfgen die Folgen vorübergel
Arbeitslosigki-it sollte normalerweise allerdings in
Linie durch figiMie Vorsorgi* und Selbsthilfe erfolgen,
muss jium (Nmi Fabrikanten und der Fabrikkomn
recht ^«'bi'H. Nun bildete aber damals die Arbeitslos
«MTu* ]\lass(MU'rsclii'ijiung. so dass die Selbsthilfe nie!
allcMi Arh«'iti*rn ausreichen konnte, namentlich da d
b(Mtslosigk«'it in ein<* sehr teure Zeit fiel. Diese Ta
bcstriMtet der Bericht in keiner Weise, weshalb m
nicht begn'iiVn kann, dass die Fabrikkommission es
üess, dem Kleinen Kate Vorschläge zu unterbreiten, w
lierrsclit'nden Verdienst losigkeit begegnet werden k
und .>ich lediglich darauf beschränkte, die Arbeitei
Wohlwollen der Fabrikanten zu empfehlen. Das Ver
des Kh'inen Rats mus< ebenfalls einiges Befremde
wecken, auch wenn num nicht ausser acht lässt. dass
bestrebt war, wenigstiMis die schlimmen Folgen der Te
für die Besitzlosen zu mild<M"n.
*) Protokolle: Oi '. FahriUkoiiiinissiou, S. 246 ff.
') Protokolle, Kleiner Rat 1770. S. 390.
Arbcit.slosenfürsor^e im alten Biiscl. 215
KrtVeuIicherweise gab es aber noch Staatsorgane, die
i^hr Verständnis für die Arbeitslosigkeit und ihre Folgen
'sass<Mi. Das erhellt sich aus einenj Memorial, welches
i** Haushaltung M wenige Tage spät4?r, am 23. DeztMiiber,
^m Kleinen Rate unterbreitete. Dasselbe gewährt uns
im-n tiefen Einblick in das Elend, das damals auf der
-audschaft herrschte, weshalb wir es an dieser Stelle in der
lauptsache bekannt geben wollen. Es lautet:
-Es ist auf eine sehr zuverlässige Weise einer Haus-
laltmig angebracht worden, da^s in verschit^denen Teilen
Ew. (in. I^indschaft und vorzüglich in dem Waldenburger
Vmth sich anfange bey vielen Ijmdlt^uten ein merklicher (xra<i
nm Ellende zu äussern beginnt und dass wenn nicht durch
»ohl überh'gte und den Umständen (h»r Zeiten angemessene
iVransraltungen den trauiigen Folgen eines solchen Übels
rDr^^nbopren würde, dieselben so gross und übermächtig
rfnlen könnten, dass es täglich schwärer werd<Mi dörft»\
liesorts etwa< gedeihliches auszurichten. L. Haushaltung achtet
ich verbun<len, dies€»s wii^litige Anbringen E. Gn. vorzu-
ragen und solches Hochdenselb(»n zu der Beherzignng zu
mpffhlen, deren es dero vättt»rliches (lennitln» ohne Zweifel
ninli^X t'imlen. Es glaubt auch dieses L. Kollegium nicht
'•>nili^ zu st'vn. wonn es E. (4n. vorschlä«i:t. dass L. Dt'pu-
at*»!iaMit«' aufgt'tragtMi wenh^n möchte, über diesen (legon-
taii'l ungesäumt eine gründliche und v»)llständige l'nter-
•luhiui^ vorzunehmen, und wie es wohl dasselbt» gut finden
»'ir-l. mit Zuziidumg der Herren ()l)»'ri)eamt<Mi oder ihnM*
Sflin-ibt-r. dentMi Herren (feistlichen. der Arnn'nsciiatfn«'r
'UhI .h-r librigen l^nterbeamt^n. so sio an jedem Orte dazu
PI ^t*l'rau<'hen nöthig finden wi'rdon. vcni der dicsortigrn
B^haff^'nhoit jfdes Orts zuverlässige Kenntnis zu nt'linu'n.
^•* »li" Armenseckel allda besorgt winden und was dir Ht»-
'lurftigiMi damals danuis beziehen, sieh zu erkuudigt'n was
oinj nll;;emi'inen B»»stt»n und zu Bcvorkommnnng d«r nn-
*li/:«*ii F'olgen, di»^ ein überhand ni^hne^ndrs Kllond veran-
•ös»*ii kann veranstaltet werden könnt»» zn ül)«'rh'<::»'n und
' Im alten Basel war die Haushaltung dit* obcrvic lU');r>r«lc in I*"m;in/-
2 l() H:iiis Joiicli.
darübiM- entvvo(l*T das Krfonlorlich«* zu verordnoii ««ler
Kw. (.4nadeii (larül^»'r die gutl)efiiiidonen Vorschläge vor-
zulegen.
Es ist l)ev diesem Aulasse augemerckot wonleu, dass
wenn die Arnmt uud di(» Dürftigkeit siith noch feiner ve^
meliren und zu eincMU allzugrossen Übermasse ansteigen
sollten, weder die Armenseckel noch die in L. Deputaten-
amts Vt'rwaltung st4?liende (Kapitalien, noch seihst Ew. ün.
Gemeines zureichend seyn dörfte, ohne einigen üWr-
mässigen und für die zukünftige Zeit höchst bedenklichen
Abl)ruch (K*n Armen nachdrücklich genug zu begegnen
und dass »l»»shalb(»n aucli die christliche Liebe und die
Wohltätigkeit d«'r Begütt'rten sowohl in der Stadt als aul
(h-m Lande zu einem fnnwilligen und dott gefälligen Bev-
trage a'ifgf'fordert wtM'den köimt(Mi: und ins(»nderheit. duss da
schon Verschiedene H. II. Fabricanten oder vielleicht auch
alle in dit»ser Zeit, da das Obrd des liohen Freistes der Be-
dürfnisse noch durch Abgang der Verdienste erhöln^t wirJ,
iJirr Arbeit«*r dtMinnch mit Arbeit. d(*nMi sie die H.H.
Fabrieanten »'ben nicht i)enötigt*t sind, und sonst zu erleich-
tern ti-aehten. d<'nsell)en liierübpr Kw.(.in. V«Tgnügen bezeuget
und sif nicht nur auf diest» Wt'ise fortzufahren angefrischet
hat. sondern noch ersucht w»*rden könnten, das Klleiid
ilin'i" ArbeitcM' in gtMn«'inselial'tliclie Überlegung zu neluuen,
nnd zum HesttMi drrsellx-n solche woliltätige Maasregleu zu
ei-^n*ifrii, d;iss (indureli die Lust zur Auswanderung', die
Ii»'izuni;- zur l'nrr.Mi«' und an<lerer t^bel. welche notwendige
Kolg«'n rl.'s iiuss<'rsttMi Maii«j!;ids sind, verhüt'-t wenlen
nhicJUt'n."
hj.'srs (iutaelit«'n lautet nun allerdings anders, als das-
i»'nig«' <l»'r Kabrikk«Mnmission. Wohl werden darin die Fahn-
kaiitcn t'lMMit'ails aul'g»'t'oi-d«MM. ihivn Arbeitern zu helfen. al>er
glricjizritig auch dl.« Flliclit drs Staates anerkannt, sich an
drn llilt'sbrstreliuiiLCtMl zu (lunsten der Arbeitslo.sen zu be-
t<Mli;^.'n. l)i«.vsrn Kr\vii;;uTi.L!;eu konnte sich auch der Kleine
Kai nicht v»rschlif»»Mi. unrl so fasst«* er denn folgenden
Hfschlu^s:
M Au^^iist vun Miaskowski, I*;.uik ls(»lin, Hcitiägc zur vaterländischen
(icschicluc, Hti. lo, S. 171.
UbeltilovepfiS^rvorgc im nltnt Bov
tun »ich über rlioseti (jrügensUiinl fenu^r xu be-
ch wo (las Eilend auf der Landschaft herkomnn
tind M. (th. H* H. <*in B<*<io!ikeiL oiiiziigelM'n
..altuiig gowiesBii ; Von eiu*3m Lübl Deputaten-
^l!f» iiftoh diesniii V^trschlag verfahren und derselbig©
crlnst vollzogen und darüber M. G. H* H. d^r Btv
' -* werden; ttUcJi ^ehou M. 0. H. H> gern* dass
i"r«n Fabricaiitt^n nach dtau in diesem Be*
n initljalt*.»non Vorsehletg vt^rfahren; ITbrigtins stdlr
dorn H, Antistiti oine Erkanntnusö zugostellet
luu ttaiinbti teilten H. H. <M*i8tlicht*rj auf (U?r Land*
tibnn*chri.Mbcn, »K*n»»n hemittktteti Lanilli*utht?n
f|ie Liebe und Mitt leiden gegen ihre arme iTemeins-
Ktfi **]nxii.Si'liärfen tirid nie von TTn barm herz igkaiten
lAbDP.n.' 1**
n Aeii ersit^ii Tagen des Jahres 1771 iiüui dann auch
mgt? vor, wie ilen Arbeitsluüien in der Stndt zu lo^ifen
km 16. Jaiioar unterbreitete nämlich das Waisenauit
CloiuiUi KaUi einen Bericht iiber die vt)n iluu vorge-
noiie Stim««runiöteihing. Au« domsoiben geht her-
' * Stadt ilie Xut sehr gross war und
liunnn des SuiÄtes ihre Vidi e B<treeh-
liati«^n. Der Kleine Rat beschloss* daher zunächst
nanire weitgehende Kompetenzen bezüglich der
hren 7M erteilen, tint-erliesH »58 aber zugleich auch
^Herren Deputirten wegen dem Baumwolten-
aofziifonleni. ^ilte diesonhs gema<'ht4*n Verord-
' ' lititen** wieder einzusidien, 8üwie zu berichten
• wa.H bey gegenwärtigen Zeiten für eine
Emricfatnng zn machen »eyn möchte.')**
lMpttit»*rtmi kamen dem an sie gerichteten Auf-
Sie ersrütteten schon am 2. Febnmr dem
fe fiuen Bi*richt über das Hesultat ihrer Ver-
1« lUuntudbim geht hervor, das8 sie die bo-
I liinn^ichend genug fanden,
!. ArnuT» durch daii einge-
r Kjit I7?ü, S. 4U5.
2lH Haii< Joncli.
führt«» liaumwolltMispiiineD die Ge.l*^gonheit zu verschaffen,
sich ihn-n Untcrhjilt, wo nicht ganz, so doch teilweise e^
worlx^n zu krniui-n. Dcm- nötig** Fonds sei da, ebenso die
W»'rkzouge. <o (hiss «zu Krreichung dieses so heilsamen
und gtMn»Mnutzlichen Endzweckes weiter nichts als die
Handliabung diosf^r Verordnungen, und derselben nach-
dnicklicli«^ UnttTstützung durch <!ie Behörden erforderlich
soir Daher ersuchen sie den Kleinen Rat, die Publikation
von IT.V,^ zu erneuern und auf den Zünften «E. E. Burger-
scliaft bekannt" zu machen, «dass man denen zur Arbeit
tüchtigi'Ti und damit nicht versehenen Armen von Obrig-
keitswegen i'ine solche anscliaffen werde, und diesem nach
aUe dergleichen Arme, welche nicht glaubwürdige Scheine,
ilass sie Baumwollen gt\si)onnen oder sonsten gearl>eitet
hal)«'n. werden aufweisen können, von allen, sowohl öffentr
liehen als partieular Bi'vsteuren, als denen gänzlich nn-
würdig,'' anssehl Jessen werde, ^darniit andurch denen würck-
iicli IxMlüritigen und (h's Mitleydens würdigen Armen desto
na(hdriieklieln*r heygestandi'n. und hingegen dem leiehtr
siimiixi'n und mutwilligen ( iassenb(»ttel umso besser ge-
steuret weiihMi" könnte. Im weitern baten sie den Kleinen
Wat auch, drm I >j})utat<*na!nte und dem Waisenamt*» Jen
Aul'tra^ zu ertt'ihn. ül)er diejenigen Armen, welche von
ihnen rntcrsiützungeu erhielten, eine Untersuchung anzu-
stellm und «'in VtM'zeiehnis derjenigen einzusenden, di?
schjitfi'ii ki'inncn. ab«'r keine ArlxMt haben; auch sollen
beidr ('nll«'iri<.-ii »'S niciit unterlassen, ^dieselben an dtt
Ailu-ir zu Vi iNvi'isen-. und ..ihnen könftigs. wann sie nicht
dui'eh v»)rzuw«'ist*nde Scht'in«'. dass sie solches getlinn.
zeui^^'U w.'r<lfn. allen Heystan«! zu versagen.- Schliesslich
klai;t d«'r H^Ticiit nneh üIht die zunehmende Anniit nu"
den >ieh ni»-lirend«'n ( Jassenljettel. Die Ursache liege viel-
tiK-ii in ein«ni .. iiblen \\'irrs('hal'ten und liederlicher Atir
l'iilirun^-'. da vi<'le Bürgrr, „statt ihrem Beruf oder GeweA
lleis^inr ni^zujirn-rii. und ITu' die Ver[)negung der ihrigen ^
sor;;en. vieliiM'hr das «Tworljeiu' in «lenen Würtsliäuseren 1
verzechen und darbey Wrib un<l l\in<ler elendiglich darben ]
lassen.- Uni nun auch ..dii'ses Ci)el in der AVurzel auszn-
reuthen" rat»n sie. ^ denen Ifi'rren Vorgesetzten der E
en und t4«»*>Ui»<?|jnfhni (Imi gi'ini'8s«*iion Bttfokl ^ii er-
u, Ättf iHiti Kunft niicl Go«eUscliaftsimg»*börigu dosfaUs
I mihi zu tragen, und sicli aiigeleg»?Ti sevii zu lassen.
^ige, dies sicli einttr solrJu^n ixUUHi Anfftilimiig t*chuldig
AH, durch emstlichf« VorstellurigMii und Krümbnuugen
Weg zu bringen, im Fall aber keine Besserung
igi*n *4(illU% «<*lbigf» 7Jir Ü<^.straffTUig za vorzrigen,* V)
t>er Klein*,* Rat stimmte den Vornc-b lügten der De|ni-
so. ert»nl*f* die«on It^taütern ab^r ruK'b den Anftrag, zn
|i*gi*n lind zn bi^ricbt-eti, ^was für c^ine Arb«>it für Jen ige,
n-rumwoilMn^pintien nicht tauglich** «eien ^aus-
L ' und „auf was Weis«* din Abwendung des
I angi?wundU«n Allniogenö vor deti Hanse n*n erziollt**
I- " " * Dio r>oputierten verfilgteri sieb zunaninven.
„1 3tu pridoü luid reichten dann anfangs Mai
Bt^ricfat «•itu dessen erster Teil »ich mit den vorgi»-
i»oiton l»<*fas8L Es wird darin genau
*^ t>. M. a Arbrit?^nn fähigen. Arbeitsscb<'Uim
n. Piir die Arbeitsunfähigen bat die Annen-
f morgen: dagegen srdbm die Aj-beitsscheuem zur
^ und er8t dann, wenn sie sich
r ^, ansgewieüen haben, selten** dt?r
kupflege UnterslüUung i*rlmltnn. f^bor die Arheitsbisen
ftiioii»! wir ihm Gutachten
F ' ^ Ti, fto Gesnndlieir imii krjitrLii baUu-r sich
r» ^1 mit eint*r atigetnesseni^n Arbeit durclibringen
IkNii d<»tiou aber ihrer Sage nach nur au Ai*beit uad
ff fi fehlet» sowie atich die an «bnn letztern
" -. .'lehe aller Conimiseratiün unwürdig, nnter
wir ttiirh iliejenigen «ehleu, so da xwar hinläng-
-t hatten, solchen alu^r [»llicbtvergessener
li ihn» unniHüisii^.' f^iirpM jagen und ihre
4«:m und darb^Mi Imss.ml sind eigentlich
för weicht! nacli der Bauinwollspinnerey andere
•^n ist, damit denen erstercn der Vor-
220 Hans Joncli.
Honimuiig aller andern Assistenz notgorlrungen wenlenj
sich der Arbeit un<l Massigkeit zu unterziehen: obAi^'oUen j
wir beglaubt sind, dass so eins als andere ohne dergleichen
Hilf- und Zwangmittel allliier genug Arbeit zu ihrer nöhtigen
Nahrung finden würden, wofern ihnen rechter Ernst wäre
und ein jeder in seinen Schranken bliebe, geschweige^ wo
sie mit dtMu Fh»iss auch »»inige Industrie verbänden.
AUein. <la hryder die tägliche Erfahrung das Gegen-
theil zeiget, so setzen wir zum Voraus, dass alle die von
dii^ser letztern Ciasso durchaus mit keinen Scheinen weder
zu öffentlichen noch Particularallmoson vorsehen, sondeni
niler viirderst zu nachbenannten Arbeiten angewiesen werden
sollten.
AVrileii nun Euer Gnaden von unsrem ehemaligen Vor-
schlag, einen Ji^hMi mit seiner erlernten, als der von um
am verditMistlichsten gefundenen Arbeit bemerkter Schwie-
rigkeiten halber abstrahirt haben, so wollen wir solchen
nur insoweit wiederholen, als sich für diejenigen thun lässt
welclu» w<'gen ihrer ITnmässigkeit und Liederlichkeit in
Kucr (inaden Zucht- und Arbeitshaus zu Straf- und Bes8e^
ung versorgt w«'rdiMi. denen dann daselbst Werckstätto an-
zuw(^is(Mi, in wflchiMi sie mit Strenge zu den von ihnen e!^
IcrnttMi und ihnen für E. E. Bürgerschaft und derselben
resj). (n'werl)er und Handwerker zu erlaubenden Arbeit an-
zuhalten, in dein \^>rstand, dass von dem verdienenden
Lohn wtK'hentlich t^twas für ihr Kostgeld zurückbehalteD
mnl (las (""biige ihren sonst wie vorhin darbenden AVeiber
lind J\ind<*ren zugestellt werde.
Für die andern aber glaubtiMi w^ir als schickliche Ar-
beiion. «Ins 3Ijitzen- und Packtuchmachen, zu welch' letztenn
im h")!)!. W'nysenhaus als srhon zwei Stühle vorrätig sind,
wie iiucli «bis Hirschhorn- und allerhand Farbholz raspeb
un«l schneiden, wr-lclie Wiiiiren sonst von aussenher würklick
schon bereitet anhero beschickt werden, worüber dann von
K. E. \n\)\. Kaui'mjinn>chal'r zu vernehmen wäre, ob und
unter welchen Betlingen sie dieses Tnstitutum befürderen
könnte und wollte.
(ileichwie aber auch diesi* I^nternehmung Euer Gnadet)
nicht bloss auf hochderost^lben Rechnung ins "Werck zö
ArlieiHlo»cnfiifftor|$o im aIicii Ha
22 \
gutfiniliMi müchtciif ttn<leri5eits aber solche üi allweg
An&tcbt xmd Ghy*iuitie zur Sictierheit der Panikular-
i*r*^r " ' ^t, so liuruiti* diese Arbeit einer »larzu ver-
%mt*u 1 _j .11 in lübl Wayseiüiiiiis anvertraut imd von
tu » i tind ztiiu arbeiten willigen Armen allda ^amt
|Anlt?iiiiiig tint^^r gleicher ('onitnination wie früher aln
pvblet und vernominen auch wieder dahin gegen Enthebung
LohuHH gelieft*rt oder am Ort selb.steru ak wii» selbige
cit»er andnm uhrlicheu Wi'rksUitte l>ekannt gemachtf
'•'n. Dif* üblen Haunhalter und Versehwender
iher Profi'ssion kunilig, auf deren zu arbeiten an
i«oi Ort i^chtcklich, «ollti.ni auf zuverlilssige Anzeige weg-
«nd allda mit Z%vang auf vorbemeldten Fues
\..jf.....^ seyn; welchem nach sioh ergeben wird^
-oder Hnderem Verdieniat hinreiehet und
1er die Seinigen ab ferner Assiötenz \vtlrdig äu
ilüvii ri«*yen.
Einrichtung des genug^tim %^'ihandenen Plntz«r>
Mi ver**crhieilenen Arbeiten im Waysenhaus würd*»
rfim«*hinen nach nucb keinen grosseti Kostenanfi^^and
md durch di»\He Einrichtung der muthwiüige
I 'i, wo nicht gtlntzliefi, docli grüis^stentheils gi*-
witnion, wann E, E* Pnldikuni dieser Verfügung
?t, mithin im Stand seyn wird, die würdigen von
ligen IMttleren zuverlÄssig zu unfersclieiden**" '
- ^'" 1*- wurden am 25. März vom Klfireu
if die Behörde be^chluss:
Bd dit» Aftictil so da» Waiüeiihauü und Machung
iJ^Mktncli oder antl«*rn Arbeit anl>etr»»ä'en, vor die
Intip^Hiorcrn de» WaiöenhaiisoSj welchen zu diesem
If H^rr Oreyerherr Münch und Herr Rt>chenraht
iigi!«ordnef sind, gewiesen, um diesidbige
"f n, die ditiorti ' malen gemachte Ver-
hen, und v^ p> in Efi'rct zu sezen
ncr H'Al 1771» -*>. ni4.
22 2 Hans foiiüli.
Aus iijis uiihekninitoii (Trüiulon wurde daiui dii* Sache
jiul dir Irti)«;»» Bindv g»^srhol)eu, so dass «ler Kleine Rat
sicli am 2S. Dt^ZLMulx.T gdiötigt sah, die ^Herren Dojmtirt^JD
zu dt*r Baunnvollspiiiiiorev, wie auch der H<MTen so wegen
d«Mn Pac'knu'h inaclion im Waisenhaus doputirt. .sind* zu
iiiahiHMi, ihn» BtMl«»iikcTi (»inzugoben. *i Endlich nach zwei
IMniiattM» crsrliitMi diM* B»»richt dor Deputiei-ten zu don Vit»r-
Ariiii-nhäu.siMM). driM*n dio Baumwollspinueroi unterstellt war.
Si(.' v«'rw<'is(?n in druiseÜMMi auf ihren Bericht vom 2. tVbruar,
In wel('h<'in sie ihre ^schwachen Einsichten erschöpft zu haben
ii;laul)rn-, und sprechen die Hoffnung aus, die massgebenden
I^Tsonen wridrn (l«»n Bericht über die verschiedenen vö^
<;esc]i!agenen Xot>tandsarl)eiten schon eingeben. Uann
kla<i;«'n tlie I )rpnti»'rten wie immer über den zunehmenJen
3lü>si^^ang und Jii'itel. sowii' über die teuren Zeiten und
d«'n Aiigan-;- des \'rrdienstes und die starke Inanspnich-
nalme' d<M' Arnii'nj»ri»*gi*. weslialb es einfach unerkliirlidi
i<t. dass sir die llilfsbi'strebungen in der Stadt lediglich
auf diMn Papier stehm lirssen. statt sie in ^Effect zn
l)i'r B«Mielit wurde ani 2\). Februar 177'2 im Kleinen
U:it»' vi-rleNiMi, worauf »iirse i-Jeh(')rd(» beschloss. es den IV
puiir-ricn zu ülMMla-^srn. ilire X'oi'scidäge zu verwirkliclu'n und
v«»n /»'it zu Z"it zu l)»'rieliten. i)agegen erteilte er ihnt-n
dt'ii R«*f«'hl, sieh niii «ien Inspektoren des Waisenliansei
s(»\vi«' drii jb'rr«-n b*«)st*n burger und ^lünch zu ViespnK'hen
innl auf (Jnuid d^r Ki-kanntnis vom 25. März 1771 ein &?■
([»Mik.n i'inzu«i:«-bt'n."' I>ass.'ll>e Hess wiederum lange anf *
<\i-\i warten, «li-nn «'s wurde rrst am 7. Oktober im Kl<*iiwD
liaif \«-rli's<-n. 1 )rmsMll),.»ii ».'ntnehmen wir. dass sich -^
\v«i!il in AiiM'liung «Irr \'»'rs<)rgung der Armen, als der ihui'D
zu i;vb(Mi(li'ii Arli.M't nh'rkh'eln' St^liwärigkeiten und Binder-
nu>«^('- rri;'jibiMi. tia im AVai^^rnhause kein PlatÄ mehr war.
Miiihiii »T^t iinrh .'inigt' ..Schaffet üben und Schlafgemäohef
liiiit«'n h(M'i^«'st''llt \v«'i'd«'n miisst'n. was auch die Ansehafi-
nnir \(>n BrUWiH'k zur Kol;^«' gehabt hätto. Dazu. .^W
'. rn.lMlvcllr, l\lL-iiiir R.il 1771, S. 421.
■^' Anii(:n\vi:.-i.-n : A,.
■') l'njlokollc, F<!Kim.T Kiii 1772. S. h«^.
sin^Ofcnffiftorce im nUen Basel.
223
zn 4i<teer ppr^obnon Utiterhaltung» ani derea ihr Ver-
ölt, insondttiiieit anfangs uioht hinroichcfiid wäi'e, raüääte
h' Hfiftiiii^ geina*;lit werden, ila dem \Vni?j*>n-
uofh IwÄiciodere^ Lanien aiifgebürdut wurden
ll^n.^ Bexüglicli df^r ftasj^ufnlirpnden Arbi^itoti fahrt der
3l dniin (ort
rir haben Vmti ^U^m i'iH'mmrn v*>r*;r^rtiin;L;oiMTi l^uck-
[^hent mit d**ii von dt^noii Ht^rmn Iiirs|H*rtoreii dws
»nhiut««)«« «^riuilumonoii Bericht hhu dass isich aus der
Probe, Scliaden and Einbusse nrgtdn^n,
. ren mÜÄSon, und lÄt uilh also solch<>r
Itcn kiMfic and^r»> Arbeit als Fnrbholz xn üchtuMdi^n, zu
Lider zw mah](*n^ übrig gebliGbetk.
Alldiowit^ilen alier noch höchstens migi*%vis> i>t, m wi"
du;* v#*.nirb«nti'tn Farbhulx allhier möge ungebnw'ht
(«n. HOch ob dor daraus siebe ndij Nntxen zu der ar-
^ndcu I fi l'nft*rhalr hiulänglicli j^eyn worde, so
wi; . , w«>gi* für rathsam, dass die^ets Farbholz
[gkeitiiche Kogt««n ang^^^chaffet nnd verarbeitet würde,
T n für besHer, daus solches von denen
Ftit Ji' MiiiMi» Kaufloiit^^n und Färben^i dabin nrn
' Lnhn sm v«!nirbeiten gegeben werde.
I In MO fern Euer Unaden auf diese Arbeit einige Rück-
Sil tiehoinnt auch xu ilii'^t^rwitgen ntVthigiMt Einrieb-
in dem Wa\i*erdiaus di»: Küsten aDZUweridini ge-
fu 9oilvgn^ so würde allerding» nothig seyn, dass aller-
dJ#! H#*rrrtn F(tbric»antHn und Kuiin«*uthe afjgHfragi^t
j. ,;.. . ^f.jj g^u B«4iue{ flos gemeinen Besien^s und
^ dieses heilsamen Zw^eckes verstehen
ihr gehrauchendeü Farbhois in dem Waysenhans
gans bi II leben Prei^K Vt'nirbeit-en zu lassen.
«ie am>h aUenfalls von Euer Gna^len <lurch eine
Hfid*^ F*iddiait»*»n kiinnt*^n aiigi>frtsc'h<»t und »nfge-
•rtb»n.M
\ i*;4 d)4*:i«^in Htiruhi nahm dt'f Khu*o luu mit Ver-
011 K^iiiitnis. Er wie4« deni!»elben an die LObL Haua-
ff dazait aie die<se Sache «^bey der wegen besaterer
A,.
•2 2 I Hans Joncli.
Einriclitung des Waisoiihanses erkannten Undersuehung-
berate und darüber ihre Vorschläge eingebe. *)
Über den weitern Verlauf der Angelegenheit ist leider
aus den Akten nichts mehr ersichtlich. Es bleibt daher für
uns ungewiss, ob der Staat je die vorgeschlagenen neuen In-
dustriozweige oingefiüirt hat. Vermutlich verlief aber die Sache
im Sand. Wir schliessen das aus dem noch vorhandenen
let.zt(*7i Bericht und der Kechnung über die Baumwollen-
Spinnerei aus dem Jahre 1777, welchen Aktenstücken sich
cnt nehmen lässt. da.ss nur im Jahre 1772 noch hie mid di
Arbeitslos»* das Spinn liaus in Anspruch nahmen.--
Von etwMS mehr Ki-fol^ waren die Hilfsbestrebungen
zu (runsten <lor verdienstlosej» Untertanen auf der Land-
schaft begleitet. Anfänglich hatten zwar die Behördoi
wenig Lust zu Massregeln, die aus dem üahmen der Annen-
pflege heraustraten. Nachdem «lann aber Ende Dezember
1770 die Haushaltung drängte, liess sich der Kleine Hat
wi(* wir schon sahen, scliliesslich doch bestimmen, das De-
putatenuint zu vt-ranlassen. di<» Angelegenheit zu prüfen
und dann (larüi)er zu l)erichttMi. Die Deputaten beeilten
si(!h aber nicht sonderlicii. Erst als im Febniar 1771 der
Klein«' Rat <len Auftrag «»rneuert hatte, sahen sie sich ve^
anlasst, dcv Ang.'IegcMiheit näher zu treten, und dem Kleinen
Rate iini 0. März eim^n Bei iclit zu unterbreiten. Aus dem-
sellnMi «Tst'lnMi wir. dass da-^ l)e|)Utatenamt daran dachi»,
einmal das Baum wollen spinnen auf der Landschaft neu ein-
zuführen, dann alx^r auch wieder wie fiiüier schon da«
WollenspinniMi und Strumpflismen als Ergänzungbeschif-
tignng zur Landwirts(;haft zu befördern. Zu diesem Ende
fandiTi «^^ die Deputaten für angezeigt, zunächst ^einigp
Herren. d^Ten Fabriipien den Tnch^rt hauen Arbeit verschaffen*
kr)nnren. anzuhören. Di^shalb wurden ^Herr Rechenrath
Rosenl)urger wegen der Baumwollenarbeit und die Herren
Meister Füistenberger und (terichtsherr Ritter wegen der
Wulleruirbeit ersucht", der Versammlung beizuwohneOf
welcluM* Bitte sie auch willig entsj)rachen.
') Protokolle, Kleiner Hat 1772, S. 304.
*-*} Armcnwescn : Ai.
ArbcitsloscDfür^orgc im alten Basel.
225
H Bezüglich den Baimiwollpnspinnpns führte Rosen burger
His» -es sey diesmahlen sehr schwär, diose Arbeit einzu-
Hkreiit masseix man ein schönes Stiick Baumwollenzoiig in
Hirn Bemischen dato um 74 Batzen erkauffe^ welches ander
^B Batzen nicht könne verarbeitet werden."* Ausserdem
Hey solches schöne Arbeit und wenn nunmehr Neulinge
Hese Arbeit unternemmen wallen, so wüniu solche anfang-
en schlecht herauskouimeu'' und könnte gar nicht gebraucht
Htden, „Diese Arbeit erfordere wie alle andern eine Übung
^Bel Geschicklichkeit und das Spinnen ohne das Weben
Hllle gar nicht viel sagen. Das Werkzeuge zu beiden aber
Bmme über llK) ff zu stehen, also dass zu diesen Zeiten,
^ diese Tücher aller Orten im Überflnss zu hallen, es be-
denklich und kostbahr^ wäre, die Arbeit anzufangen. Es
te such zu befürchten, dass die Arbeiter zum Schaden der
Fabrikanten diese Arbeit in liessern Zeiten sofort aufgeben
wanden.
Was nun die Wollenspinnerei anbelangt^ so eröflnet^
«unächst Meister Fürstenberger seine Ansichten darüber.
Er erklärte sich bereit, auf eigene Rechnung einen Versuch
iu machen, ^wie die Landletithe mit Wullenspinnen sich
verhalten würden,** wies dabei aber gleich wie Rosen-
büTger auch auf die Gefahr hin, die ihn in bessern Zeiten
»len könnte. Schliesslich verlangte er noch von den
die anderen Fabrikanten anzuhören, falls daa
BH zu Stande kommen sollte. Gerichtsherr Ritter
das Landvolk habe keine grosse Lust zu dieser
-t; auch sei der Verdienst sehr gering. Trotzdem
reniprach er aber doch» künftig Arbeit auf die Landschaft
K geben, selbst auf die Gefahr hin, dass die Arbeiter in
^kem Zeiten sich nach einem lohnenderen Verdienst um-
^Pfio würden.
Ann dem Memorial ist dann noch ersichtlich^ dass alle
Fabrikant-en die Bauern des Bistunis und des Kantons
>tliarn rühmten, welche neben der Feldarbeit ihre freie
benützten f mn zu lismen, während der Baselbieter
Keber müssig gehe, statt für einen geringen Lohn zu ar-
beiten. Sie finden, er sei verschwenderisch und lebe über
seinen Stand, ..da er in den vergangenen wohlfeilen und
a^lcr Zt^ttchi. t G«fcli. und Alteftuin. VI. 1. IS
22b Hans Joncli.
iiabrreiclieTi Zeiten sich ein gutes Lieben angewöhnt' habe;
auch vorlasse (jr sich auf die reiche Armenunterstützang,
von welcher man in andern Ländern nichts wisse.
Wenn man sich das Memorial der Haushaltung vergegen-
wärtigt, so nehmen sicli diese Ausführungen etwas eigen-
artig aus, ebenso wenig kann man es begreifen, dass der
Bericht, der doch die Nützlichkeit einer Verbindung von
laiid wirtschaftlicher und industrieller Beschäftigung ane^
kennt, schliesslich folgendermassen auaklingt:
«Wir alle wünschten, zum Trost der würklich Annea
so gern arbt?iten etwas beytragcMi zu können, haben aber zu-
gleich erwogen, (hiss der Landmann durch keine andere Arbeit
so glücklich leben kann als durch den Feldbau; nicht allein
aber durcli <len Pflug, sondern auch durch die Hacke und
andere Handarbeit. w(»lche wenn sie demselben könne an-
gewöhnet werden, demselben mehrere Stärke, Arbeitsamkeit
und Wohlstand versclmffen würden.^
Der Kleine Hat nahm diesen Bericht mit Vergnügen
«Mitgegen, ersuchte aber zugleich die Deputaten noch ander»
Fabrikanten anzutragen, um dann einen fernem Vorschlag
zu unttM'breiten. 'i Diesem Wunsche entsprachen die De-
putat<*n und so kcmnten sie am 29. Mai der zustandigen
Brkürde einen neuen Bericht über diese Angelegenheit
unttM'bnMtrn. l>a darin von dem vorgeschlagenen Baum-
wolh'nspiniien nicht nu^hr die Rede ist, so darf angenommen
\v<M'(l«Mi. man habt» zuständigen Orts darauf verzichtet, als
Abhilismittcl gegi'n die Arbeitslosigkeit diesen neuen In-
dustriezweig auf der Landsethaft einzuführen, und sicfc
Irdiglich auf chis AVollenspinnen und Strumpflismen be-
schränkt.
[au dit'se Angelegenheit genau zu prüfen, w^irden wie a^
v»'rlangt. noclunals mehrere Fabrikanten ersucht, ihre An-
siclitt^n dariil)«*r zu äussern. Drm Bericht zufolge vertraten
Kitter und Rosenl)Mrg«'r ihren frühem Standpunkt. Ahnlid» j
äusst^rte sich der Tiichfabrikant Fälsch. Er fand auch, d* ^
man nicht gerne Wolh^ von unkundigen Leut^m spiiinö"
lasse, so möchten dio Landmeister bewogen werden, ftr
«) Protokolle. Kleiner Rat 1771. S. 83 ff.
AfWt»1osrnfÜT8orge im nlten BaseK
227
■ ttMge Zielt Gesellen anzunehnjön, welche die Lautileute
■ imtemcht<?n sollten. Die Strumpfi'alirikaiiteii Brenner,
■ Mein \ind Steiger aber waren der Meinung, die Bauern der
■ LanrJscliaft taugten nicht zum Lismen. Man habe solche
■ Arbeit schon oft mit ihnen versuchen wolkm» doch ohne
■ Erfolg; dann sei der Lohn sehr gering. Auch sie rühmen
■ die Bauern des Bistunis und des Kantona Solothurny die
MMi ihren Angehörigen in der freien Zeit lismen, statt
■ ttjussig zu gehen. Sie bestreiten die schlimmen Zeiten
■isichu finden aber, ^es würde ein grosser Tro?5t für die Passa-
■inenter aeyn^ wenn die Herren Bandfabricanten j^oviel Mit-
■kiden mit den Arbeitern des Baselbiets hätten, dass sie
■keine Arbeit mehr den Bistiimb^.^rn, sondern allhier den
Oiiselbiethern z\ikomnien liesseii.- Schliesslich verlangen
wie noch, -dass wan je ein Versuch mit AVullenspinnen
■Dder sonsten, sollt4> gemacht werden, nur dtejenigon Under-
lihaDen die obrigkeitliche (jfnad bey Austheilung von Fracht
■Und Mehl Antheil haben sollten, welche sicli mit einer
■ «olchen Arbeit beschäftige 11 wollten." Die Deputaten iinter-
llieasen es auch nicht, einige Landmeister anzuliören, die
■ sich bereit erklärton, die Hilfsbestrelmngen zu gmisten des
■ Landvolks zu fördern. Es fand daher am 14. Mai in Liostfd
■eine Besprechung statt, an der die Deputaten, die I^and-
"meister und die bereits genannten AVollenfabrikanten teil-
nahmen. I>abei zeigte sich, daas viel Landvolk das Wollen-
spinnen und Lisraen erlernen wollte^ und da.sä es auch nicht
miktk Lehrmeistern felilte, die ihm den nötigen Unterricht
■darin erteilen konnten, sowohl ijii Wollenspinnen als auch
Km Lismen. Für den Fall nun, dass der Kleine Rtit diese
■JlgÄnzungsbeschäftigiingen in Effekt setzen sollte, wird im
HBricht verlangt^ wie ehedem auf Staatskosten die nötige o
■W«»rk2eug© anzuschaffen, den Lehrlohn zu liezahlen und die
kotige Wolle anzukaufen. Die von den Lernenden ge-
■ttrickten Strumpfe sollen den Armen ausgeteilt, das von
ihnen gewobene Tuch aber für die kleine Montur der Städte
Ipmilion verwendet werden. Um allfälligem Missbrauche
p'^ 2Cnen, werden abermals Strafbestimmungen verlangt.
1 ■' lieh erfahren wir aus dem Bericht noch, dass die
Fabrikanten Fürstenberger, Fäsch und Kitt er sich bereit
228 Hans [oncH.
erklärten, auf eigene Kosten den Lernenden ein Quantum
Wolle zu liefern und den Baselbieteni vor den Fremden
Arbeit zu geben, wenn sie sich auch nicht verhehlen,
dass das Tjandvolk sie wieder verlassen werde, so bald sich
die Zeiten gebessert hätten.*)
Der Kleine Ilat wies das Geschäft an die Fabrik-
kominission, damit sie weitere Vorkehrungen treffe, und be-
willigte ausserdem zur Bestreitung der Kosten eine Snmrae
von zweihundert neuen Talt»rn."i
Die Fabrik kommission nahm sich nun der Sache an
und unterbreitete am 14. Dezember dem Kleinen Rate einen
Bericht über den weitern Verlauf der angebahnten Hilfs-
bestrebungen. Wir erfahren daraus zunächst, dass sie anf den
11. Juli alle 22 WoINmi- und St rumpfabri kanten vor sich
beschieden hattt*.
Von diesen erschienen aber nur neun, ^welche in Bc-
tracrhtung der verdienstlosen Zeitten mit Hindansetznng
♦4nig»?s (Tewinns, zum Besten des annen Landmanns tias
ihrigt' beyzutragen sich vernehmen* Hessen. Am 2. De-
zember tM'starteten sodann Fäscli, Fürstenberger und Zäslein
Bericiit über den bisherigen Erfolg ihrer Bemühungen.
DiestM* war k(Mn grosser, indem die Arbeiter, welche sie
beschäftigt eil, bald wieder davon liefen, weil der Lohn zn
klf'in war. Zu dieser Tatsaclü* bemerkt der Bericht:
«Da nun Kw. ihi. den 21>. ^layen letzthin zur Bestreitung
der zu dieser F!ibri([U«Mi «»twan erft)rderlichen Kosten 200
jK^ue Tlialer destilliert haben, so ist bedauerlich, dass solche
nicht wie es zu wünschen wäre, dato noch mit Nutzen
k(>iiiieii gebraucht werden, indem die Anzahl der die Arbeit
verlang(Mi sehr gering, hingegen der so nach Brot gehen,
sehr l)etriiclit]ich und hiemit die vorgebende Armut nicht |
ih'in Klange] <h\^ A'erdieiistes, sondern allein dem leidigen j
^lüssiggaiig zuzuschreiben ist. da viele Ijandleuthe bey den s
wohlfeilen Zeitten. bey tler leichten Arbeit und grossem
V<»rdienst des Wt)hlhO)(Mis gt'wohnet waren, so können solche
jetzt und bey diesen theiiren Zeitten. sich nicht so g^ -
M Armcnwirscn: Ai.
*) Protokolle, Kleiner R.it 1771, S. mo.
ArbettHtOfefiTürfiorge im alten Ba^nl,
229
au dio Arbeitsamkeit und Massigkeit gewöhnen
3S11 bofürchteu, wann ihnen die zur Wollen-Spinnerey
?n Infrtnmu^nt4j» uebst der Wollen aus dem Obrigkeit-
tirkimft wilrden, es nicht viel besser damit ergehen
ab 1759 bei der damaligen BaumwoUen-Spinnerey, da
iei<ften die Baumwollen und Räder verkauft oder ver-
habeii.
allem cihnerachtet versichern die HH. Fabricanten
Btk gaten und denen kundlichen armen arbeitsamen
zum Besten der gemachten Hnchnbrigkeitlichen
-.,.., ^'on, in diesem Geschäft aus Menschenliebe nicht
zu werden, sondern wie in dem Vergangenen also
I in Zukunft aUea dasjenige beyzutnigen, was bei diesen
/' ' . dem nach Arbeit und Brodt seufzenden
1 un seine schlimmen Tage vert^räglich machen
Zu dem Eud kunuten ohnmassgeblich von E, LöbL
litaint die kundlicb Armen, welche dergleichen Ar-
ien^ in denen Gemeinden an ihre Hfl. Pfarrer ge-
^n warden, um von denselben Scheine zu begehren,
rilch*! hin die HIL Wollenfabricanten solchen ohne An-
A^* ** ~n geben verspreclien. Es könnte auch diesen
&u i »tatt des Almosens aus dem Armen-Seckel
>tdd zu ci^m wenigen erforderlichen Werckzeugj sowohl
Spinnen alü» zum Li^im^n vorgestreckt werden, auch
(ilaim »olcbe WuUen-Spinnerey und das Lismen
Gang wäre, so könnte zu stärkerer Betreibung
von denen von Ew. On. so vätterlich destillierten
^'' i*eni abdanu zum Besten solcher würdiger
igti beygetragen werden. * M
er fOeine Kai sprach den Fabrikanten für ihr Vor-
#«in Ver: forderte sie auf, in ihrem Eifer
in?n Uli ..-.„.:. den Vorschlägen der Fabrik-
en bei-*) Leider erfahren wir nicht, ob sie auch in
ii umgesetzt wurden, da in den Akten nichts
kaltJün ist. Vennutlich verliefen die Hilfsbo-
tn »cbiiesslieh aueli im Sande, wie diejenigen in
erbe: J J..
s. 410,
230 Hans Joncli.
Wie wir sahen, war der Erfolg, den die Behörden mit
dem Baumwolleuspiimeii machten, ein sehr massiger. Ei
ist daher sonderbar, dass sie auf dieses Abhilfsmittel gegen
Arbeitslosigkeit nicht einfach verzichteten, sondern glaubten,
es werde sich schliesslich doch noch einmal wirksam et-
weisen. Und so sehen wir denn, dass schon im Jahre 1777
wieder dahin gehende Vorschläge gemacht werden. Wv
entnehmen darüber einem gedruckten Gutachten, das sich
mit der Reorganisation der Armenpflege befasst, folgendes:
^Wir nehmen dalier keinen Anstand Euer Gnaden die
Beybelialtnng der Verordnungen wider den Gassenbettel und
die Wiedoreinfülming des Baumwollenspinnens oder dm
Wüllenspinnons anzuraten; Das letztere wird mit ebenso
gutem, wo nicht bessern Erfolg und Verdienste getrieben
werden können, indem die Wollenarbeiter bey den hiesigen
neuen Tuchfabriquen gesucht sind.
Es mag zwar wahr seyn, dass dergleichen Anstalten n
m(*rklichom Schaden dt*r Schatzkammer getroffen und ge-
tri(»ben, auch Beyspi(»le könnten angeführt werden, da leicht-
fertige Arbeiter diese Waaren und sogar das Vl^erkzeug ve^
pfändet, oder diebischer Weise alles verkaufft und entäussert
haben.
Allein b(»y dergh^chen Einrichtungen soll niemals die
Frage von einigem üewinnste soyn; Es ist genug für einen
Staat, wt»nn derselbe seinen verdienstlosen Bürgern, ansatt
dieselben durch Steuern noch liederlicher zu machen. Arbeit
anweisen kann: Kr gewinnt auf der andern Seite, da tf
weniger Steuern auszutheilen hat, wiednim, was ihTn etwis
an der Arbeit abgeht, und gesetzt, es liefe zu Zeiten einig»
Untn.Mie mitunter, so kann diese abgeschafft werden, oder ^
es darf sich wenigstens ein solcher Ungetreuer vor dtf "1
Arbeitskanmier oder vor andern milden Stiftungen nictt ;
mehr sehen lassen, viel weniger um fernere Beyhülfe •»• ^
melden."*
Ahnliche Vorschläge enthält auch ein geschriebenei
Gutachten aus dem Jahre 1778, das sich ebenfalls nÄ
dem Armenwesen befasst, von dem wir aber nicht wissen,
welche Amtsstelle es ausgearbeitet hat Wir entnehmeo
AfbiUvl<MiiitftLrscirg«e im altcu Basel.
23^
•imiiiBSiigehHch etwas ♦eilfertig entworfenen Gedanken
äiü Versorgung der Armen und Abwendung des
[|V ' wn?{ folgt:
M« vartreifliclie Ordnung vom 6. Homung 1771
»börigo AnHübnng gebracht würde und Un. ßn. Herren
:! ihrer Grossniut tlühiii verwendeten, die Banin-
^^t.i... rey al^o bestehen z\i lusson, dags sie dabey guten
iii verheiÄsen, wobey die Armen glauben mitssen mit
Flouss erworben zu liftbetj, was ihnen doch aus
len gi5geben wfirde* so wünle das Ärarium vielleirht
lieh etlich (auüend (hilden auf eine schöne Art ver-
dit Armen zur Arbeit nnvermerkt geloeket und alier
L^ und Vorwand des Bettlen halbons vorge-
. .-. Bleibt es aber hey tieni L<ihn, den etwann
iciotnt geb»'n kann, der niclit mit Schaden will ar-
pn laasen, ao ist m der allerschlechteate Venlienst und
ctiit>ey immer Kntj»ehu1digung des Bettehi^ übrig,
mtorte während der Lelirzeit etwa vier Wochen lang
[Afme unt-erstfttzt werden, denn er muss d<icli hih^Ii zu
habeu^ bis er »eine Arbeit^ so ihm Nahrung geben
nrlemt hat,')**
Difii« Vorschläge führten die Behörden nicht aus;
I T«*«iehteteD überhaupt von nun an darauf, derartige
* jren zn gunsten der Arbeitslosen zu veran-
_ -»n richtete dann im gleiclien ,lahre die Ge-
dm Goten und des (iemeinnützigen ein Spinnhaus
n-^ ' K^ ein,*"!
Wi ... :i eingaoge hervorgehoben, «lasH das zünftige
rk die Zaiil der Arbeitslosen wesentlich vermehrte,
til unu d**ii Kcihen der Gesellen als auch der Meister,
um letztem beschäftigt sich das Gutachten nun sehr
id und macht mehrt^re Vnrijchläg*% wie ihner» Ver-
gwÄclmßen Wf>rJen könnte. Wir entnehmen ihm
' ' de«:
E. Liibl. Waiitenamt oihr anderes CoUeginm
«eyn, dergleichen verarmte Bürger anzuhören und
iH^m«o Vorßchlage zu thuu, wie ihnen zu helfen
2;^2 Hans Joneli.
wäre. Wäre der Müssiggaiig und die Verschwendung des
Hausvaters oder der Hausmutter an der Armut schuld, so
sollten dieselben under Obrigkeitlichem Ansehen und Auf-
sieht zur Arbeit angehalten werden. Wäre nur der Mangel
der Kundsanie, des Werkzeugs, der Materialien etc. schnli
so könnte ja auch diesem Übel abgeholfen werden. Wän
unverbesserliche Liederlichkeit die Quelle, so sollten die
Kinder im Wayseuhaus erzogen und den Eltern all«
Bettlen bey Straf des Zuchthausos verboten sejii und sie
also zur Arbeit und Ordnung genötiget werden. Die alle^
mehresttui aber sind darum in Armut, weil sie ihre Pro-
fession nicht verstehen und doch zu Meistern gemacht
worden sind, w(>lcheni übel wohl fürs Künftige von Seite
dtT Ehren Zünfte vorgebogen werden könnte. Manche
arme Schneider und Schust<»r klagen auch darüber, daäs die
andern Meister, di«» überflüssige Arbeit haben, ihnen doch
keine, auch nicht einmal Flickarbeit, geben wollen und wenn
der arme Meist(»r schon gern als Gesell bey dem bemittelten
arbeit (41 wollte, so sind die lieblosen Handwerksgebräucbe
im AVeg, welche dem Gebot Gottes von der Liebe des
Nächst (»n Schranken setzen, denn wo bleibt da die Liebe
des Niichst(Mi, w»'nn man seinen Bnider neben sich ver-
armen (sieht I und schliesst sein Herz dann gegen ihu asn,
wt'il er eim^ Frau und Kinder hat
Wünh'n ^('wiss weniger Hausväter verarmen, wenn sie
ihren Beruf wohl l(>rnten. fl«*issig und getreulich trieben,
ihrem Stimdi» ^«»miiss h'bh'ii und wenn ferner nicht manche i
Reiche ihre Arbrit»»n lieber von Fremden imd Auswärtigen
als von ihroii Mitl)iirg«MMi her hatten. Gesetzt, sie müssten
iiirem ^[itl)ürt:;<'r ftwas muhrt^res bezahlen, so ist es ja edler
und l)('ss«'r. sir helfen ihn auf diese Art erhalten, als dass
»T und sriiio Kimh'r v«)r ilir«»r Türe betteln müssen. Mehrere
w»'(iis('ls<'itig<» l)i'ir^erlicht» und christliche Liebe würde
maiiclu'ii Khi^«Mi al)lh»lftMi un«l fs ist in der That lieblos, de
iMu s(» grosser Theil unsonM* Bürgerschaft aus Schneiden!
und Seliustern l)est(»ht, «lennoch wissen, dass viele hundert
Kleidungsstücke und Schuht» von andern Orten her, uffl
etlichen Hatzi'u Nutzens wilhMi hinschrieben und in der Stadt
gebraucht wenlen.
ArtieitJilos^mfursorge im alten BoseL
2.»
I Viellftidii warft es auch zum Aiülielfon der Bürger-
dieuliehf wcmn Mn« Gn. Herreti außtatt der häufigen
pm alle Jahr© 4 oder i\ oder mehrere Lehrgelder be-
für gfswtBsu von ihnen selbst nüt^zlieh und nötig
Ktoste, Professionen; wie \4ele luanglen noch
uns und wie viel Geld wird wegen diesem Mangel
ifili rar Siadt hinaus geschickt*^ *)
Wenn wir von der Unterstützung der Arbeitslosen durch
rtnenpflege absehen, so sind die Massnahmen, die der
von 1679 bi« 1778 traf oder treffen wollte, rein re-
rer Namr, indem sie den Eintritt von Arbeitslosigkeit
riH"hiud*tru siicbkni. Auf der Landschalt waren die Be-
biiitirffbl, durch Schaffung von Fachschulen un-
" nilienangehörigen die Kenntnisse beizubringen,
^ H* um neben der Landwiit^chaft noch eine
aguog »u finden. Sache der Fabrikanton war es
die ! ter mit Arbeit zu versehen. Anders lagen
di. 1 « I >i>4Jtni«se in der Stadt, wo man durch Not^
rbetlaii, wie sie heute in verändertem Masstabe jede
Großstadt ausführt, die Arbeitslosigkeit zu hv^
**. Und s<;hliosf«lich wM.re noeh über das vor-
E atzen- und Packtxich machen, sowie die Ver-
llotiff von Hirschhorn und Farbhoiz als Abhilfsmittel
»^igkeit am bemerken, dass es sich dabei um
i »g neuer Industriezweige handelte. Bei deu
iHU hatten die (Inuiligen Herren mehr Erfolg, als
8t4idt^ wenn sich auch nicht leugnen lässt» dass in
^ Verdienstlf)sigkeit hier mehr hatte get^n
tj, auch wenn wir die Hili'sbestrebungen in
2mUiik in Anrechnung bringen. An den Misserfolgen
•i die Behörden selbst die grösste Schuld,
.*.*, i ait» allzugrosse Mildtätigkeit den „repu-
I* Arm<m, den sie vor der Armenpflege bewaliren
ichlteeslich doch wieder zu dieser hindrängten. £s
nicht v*^ ' 1, dass ilie ' ' n Ein-
mif di- isigkeit B*mi i gross
9B güht ihnen jeglicher Halt verloren. Und so be-
A,.
234 Hans Joncli.
greifen wir es denn auch, wenn viele Arbeitslose, statt sich
in die j,Arinen-Fabri([ue^ zu begeben, alles Heil darin e^
blickten, dass ihnen die Gutherzigkeit und Gutmütigkeit
oder Leichtgläubigkeit der Mitmenschen immer wieder über
das Schlimmste hinweghalf. Dann dürfen wir aber auch
nicht vergessen, dass die Zuweisung von Arbeit schon damals
nicht immer empfehlenswert war, sobald es sich um V«^
dienstlose handelte, die einen Beruf erlernt hatten. \)
Zum Schlüsse wollen wir nicht unterlassen, noch auf
einen Umstand kurz hinzuweisen, der sicherlich auch SchTiH
an dem geringen Erfolg aller Hilfsbestrebungen zu Gunsten
der Verdi(»nstl()sen war, nämlich auf die eigenartigen staats-
rechtlichen Verhältnisse in unserm Kanton. Eine der Haupt*
eigen tüml ich keit on der damal igen Regierung war das Kollegial-
syst<Mii. Dasselbe erforderte es, dass auch die so wichtige
Angelegenheit der Arbeitslosenfürsorge, wo rasches Handeln
nottut, stets von zahlreichen Kollegien erdauert werden musstet
bis <ler Kleine Kat endlich eine entscheidende Massnahme
treffen konnte. Es ist daluM* begreiflich, wenn die Arbeitt-
iosigkeit oft bereits merklicli nachgelassen hatte oder schon
ganz vtTschwunden war, oIk^ die Herren zu einem Ent«chlus»
gekommen waren.
Ang(»sichts der Misserfolge, die die Behörden mit den
rej)ressiven ^lassnahmen zu verzeichnen hatten, lässt es sich
l)egnMlVn, wonn si«' sich schliesslich fast vollständig von den-
selben abwandten, um denjt'nigen Vorkehren oder Anord-
nungen ilin^ Aufmerksamkeit zu schenken, die beim Eintritt
von Arbeitslosigkeit dtMi Arbeitslosen vor den Wirtschaft-
lichtMi und sittliclu'n Folgen seiner Arbeitslosigkeit zu be- -i
wahren suchen.
Derartige Vt>rschläg«» linden wnr erstmals in dem schon "
mehri'aeh erwiilmten geseliriebenen Gutachten über eine ;
zw(»ikniässige 1^'organisation des Armenwesens. Dasselbe .;
empfiehlt für einige Hintersassen die Versicherung g^ge^^ '
Arbeitslosigkeit. T)i(»se erseheint als ein Teil ein<?r voll-
ständigen ArluMierversichening. wenigstens heisst es im Gut- '
. . i
*) Fritz Mangold, Denk^chrift über die Entwicklung der Arbeitloseo- !
fürsorge im Kanton Basel-Stadt, S. 5 ff.
ATfieftiTcwcnf S rsorgg fm alten Ba»ei
235
liten, y^die Herren Fabricunten und andere Particularen,
einen verheurateten oder mehrere Hmtersässeii in ihrer
Lrb<öit haben. ^ sollten angehalten werden, j,eine Ai-möncaasa
errichten und für jeden Hintersassen einen Batzen oder
öehreres wöchentUch in diese zu legen", damit alle in ^Noth
id Armut und Krankheit^ sich beiindenden Arbeitr^r ans
Üesem Fonds ^besorgt" werden köiititen. Die Verwaltung
das Gutachten einem besondern staatlichen Knllegium
Ibertragen und hofft, der Fonds werde auch durcli milde
eiträge gespiesen werden»*)
Aus diesem Projekt wurde leider nichta. Zwar kam ein
ras weniger weit gehender Vorschlag im tiahre 1779 vor
Orossen Rüt und eine Zeitlang hatte es den Anschein^.
er verwirklicht werden könne. Als es aber im Jahre
ITOI darüber im Gnissen Rate zur Abstimmung kam, liess
(man die 8ache wneder fallend)
In Folge von Misswachs und ausgedehnter Verdienst-
|lo9igkeit brachen gegen Ende der Wer Jahre abermals
tichwere Zeiten über die untern Volksklassen herein. Es
dalier begreiflich, wenn am 5. Dezeniber 1787 im Kleinen
iBate folgender Anzug gestellt wurde:
.Es Bollte einem Ln, CoUegio zu berathen aufgetragen
[werden, wne auf der Landschaft mehrere Arbeitsamkeit,
[Gewerbsamkeit oder mehrere Arten von Verdiensten einzu*
l&hren waren, damit bey allfallsiger Abnahme des einen,
[ein anderes Gewerb die Stelle vertreten könnte, oder was
I Sonaten in dermaliger Laage in Rücksicht dieses Gegen-
litftndes könnte verfüget w^erdon.^
Der Kleine Rat erklärte den Anzug für erheblich und
[wies ihn an die Landwirtschaftliche Kommission, mit dem
I Auftrage, ein ausführliches Bedenken darüber vorzulegen.")
[Sie eröffnete jedoch am 26. Dezember^ „dieser wichtige und
[weitläufige Gegenstand bedörfe mehrerer Berathungen und
'Erkundigungen,^ weshalb es ihr nicht möglich sei, jetzt
schon ein ausführliches Gutachten einzugeben. Um nun
') Aimcnwesca: A|»
*^ Frotokolfe, Grosser Rat 1774/1780, S. 356.
ProtokoUe, Grosser Rat 1788/1798, S. 104 und 113.
«) ProtokoUe, Kleiner Rat 1787, S. 387.
236 Hans Joneli.
aber die ^landesvätterlicheii Absichten^ nicht za veizögern,
-erachte sie es für nötig, dem Kleinen Bäte anzuzeigen, ^daaB
2war Mangel an nötigen Lebensmitteln nicht 8ey, jedoch die-
selben in ziemlich hohem Preyss gestiegen, sich aber son-
derlich Mangel an Verdienst äussere, da ans bekannten
Ursachen die Band- und Seidenfabriques, welche ansonsten
den dritten Teil dos Landes beschäftigten, einen grossen Teil
der Arbeiter so einschränken, dass sie ihren zu jetzigem
Unterhalt unentbehrlichen Verdienst kaum mehr finden, ja
einige, sonderlich die Soydenwinder, ganz verdienstlos sep
sollen.^
,,Wenn nun noch die Betrachtung dazu kommt* so
fälirt das Schreiben fort, „dass Mangel an Verdienst und
Nahiimg nicht nur Armut und Eilend, sondern auch Krank-
heiten und andern traurigen Folgen, bey einem des Wohl-
standes so sehr gewohntem Volk hervorbringen, überdiel
dergleichen verdienstloso Arbeiter diesen Winter allen etwan
habenden Vorrath von Erdäpfeln und andern Lebensmitteln
aufzehren, folglich im Frühjahr weder Erdäpfel zum setzen,
ja einigo nicht einmal Land zum pflanzen haben werden;
so woUttMi wir aus diesem (Irunde E. Gr. ohnvorgreiflich an-
rät lien, ohnt.^ Vorzug und weil dermalen noch Zeit dazu ist^
durch jemand Vertrauter eine angemessene Partey Enl&pfel
auf Hochdt^rosolben Koston äussert Landes ankaufen und
wol verwahren zu lassen, damit künftigs Frühjalir denen
L'ut»»rthanen so «laran Mango] haben und den Armen zum
Pflanzi'Ti können ausgeteilt worden.
i)amii aber auch auf das künftige Jahr Vorsorge gethan
und denen könnte <:reh()lten worden, welche entweder kein
oder kein schickliches Lan<l zum Erdäpfel Pflanzen haben,
so würde es niUi«; seyn, wtMin es Euer Gnaden Belieben
wollte in Zeiten L. AValdkonimission den Auftrag zu ei^
tlieilen, di(^ Verfügung zu treffen, dass benötigten Falls den
Bedürfligen und in henieldtem Falle sich befindlichen an-
^omossene llochwaldrütenen kiinnten angewiesen werden,
um die für den künftigen Unterhalt so nötigen und unent-
behrlichen Erdäpfel anzupflanzen. AVenn es aber in gegen-
^wärtigem Falle und wegen den zu nehmenden fernem
Massregeln, zu wissen besonders nötig ist, wie weit die
Afbeit»lo«enfü.r«örge im nltco Ba&cK
2J7
liimsilosigkeit idorBeicletiarbeiter, Pfissamefit€«f tinil Seiden-
sieh erstrecke, wie lang diesolbe dem Ansaheu naeli
ciitlmlt^ odt^p gar noch allgemeiner worden könnte, so
i!u wir E. Un. ^ezit^hmeml vorschlagen, von den Herreu
und Seyden-FabricaDt-en sich einen Bericht über ob-
Itn Fragen nnt dein Beyfügen vorlegen zu lassen,
ad wafi sie für ihre verdienst losen Arbeiter in der gegen-
ligtfU l^iaag der Sache zu thun gesinnt neyen. um nicht
MO gix>9«i)n Th«il unserer Landeg-Einwohner verdienst-
bmdlos XU sehen. ^
Per Klrinf* RäI erklürti^ sich mit diesen V<»rs(.*hhlgf!j
^enstatiden und wies sie jje nach ihrer Beschaffenheit an
H&OKhaltang, die Waldkommission oder die Fabrikkom-
*^ 't^itÄchtung.'i Biese letztere forderte nlsubald
....._-.. ju auf, den verlangten Bericht einzugeben.
kami^ii dem erhaltenen Auftrage ziemlich rasch nach^
«f* der Fiibrikkominission schon am 6, Januar 178&
teilenden Bericht unterbreiteten:
;^^Wir hiib«*n nicht erruaugeli, uns alsobald zusammen
imd danlber zu herathen* und haben hiemit die
Hochdenselben zu Händen Unserer Gnädigen Herren
)rMkiimt KU melden:
The uns allenfalls berührenden zwey Hauptfragen könnea
[etwann die Verdienstlosigkeit der Passamenteren und
^n%Mndr*n*ii betreff«*»», und wir finden, dass die ersteren
ich in «Irey Classeti vertlieüt werden können , al»
iLChuM: liiejenigen Unserer Gnädigen Herren Unterthanen,
^'^^ ?^tühle haben^ und bisher mehrentheila in frembde
u, zu grösstem Schaden Unserer Gnädigen
At^fmiy, sowohl als hiesiger Fabriquen, seit langer
|i _ ' V 1 arbeiten, sich auch ohne an den von
Herren gesetzten Arbeits-Lohn zu halten,
aiLiwäriigi^n Fabricant.€ai sich drnckhen lassen, kann also
iFrmangidnde Venlinnsit dieser Chiss von Leathen, uns
^AuidfAbricanteu nichts angehen. Wann diese Class von
mit ihnm «eigenen Stühlen in die Höhe getriebenen
^^^^;_ii.j;r. Klrtiicc R.il l'.*-. S
238 Hans Joneli.
wiicherlichen Preis derselben femers verhindert wird, so
würde vielleicht mancher Stuhl eingehen und mancbr
verdienstlose Arbeiter sich hinwiderumb denen Landge-
geschäfton widmen;
2. Class : diejenigen Landleuthe, welche Stühle gegen
die Zinse in Pacht genommen haben und welchen solche
mit dem Beding verliehen werden, dass man ihnen nickt
darauf zn arbeiten geben dürfe, sondern ihnen überlassen
ist, Arbeit darauf zu suchen, welche dann, so wie die in
(U)v 1. Class, bald hier, bald ausserhalb gearbeitet haben,
und welche Stühle von eingegangenen Fabriquen, uiid von
Eigouthümeren so keine Fabricanten sind, bekommen; die»
Class kann folglichen die in Activitö seyeuden Fabricanten
ebensowenig angehen;
3. Class: Diese betrifft nur diejenigen Landleuthe, so
würcklich Stuehle von hiesigen Herren Fabricanten in Be-
stand haben und bisher mit Arbeit versorgt worden, unter
diesen könnte die Frag entstehen, ob einige derselben ver-
dienstlos wären, dieses ab(*r hat bisher von denen Fabri-
canten nicht können erfunden werden, indeme die einten
mehreres. die andi^ren weniger, doch alle meistens noch
l)Ostiin<lig zu arbeiten haben: da auch die einten Herren
Pabrieanten weit mehr Stühle als andere haben, die einten
auch vielleicht mehr als die anderen zu arbeiten geben, so
wäre auch in eintwn Xothfall schwär, eine freywillige guttliätige
generale rnterstützung zu bestimmen; Wann sich dennoch
dergleichen würckliche verdienstlose Arbeitere fändeUf und
sich an ihre Herren Eigonthümmer der Stühlen, vor-
stellungsweis(? wenden würden, so wäre eines jeden gene-
rösen und wohlderikenden Eigenthümers Belieben lediglich ',
aidieinizusttdlen, selbigen in ihrer Bedurfnuss einigerraassen "J
behilflich zu sevn, zumahlen auch wir die Bandfabricanten -'j
von der vätterlichen Sorgfalt Unserer Gnädigen Herren "j
gegiMi ihrt^ Ijand(»skinder zu viele Proben haben^ als da* I
Hochgedachr IJnsen* Gnäilige Herren diese ihre ünte^ 'j
thanen in ihrer X(»th nicht kräftiglich unterstützten und ]
liuulesvätterlich würden besorgen lassen.
Was nun endlich den 2. Haupttheil, nemlich die Seiden-
winderen bt?trifft, so sind selbige niemahlen von uns denen
Atbcitj4cMenfürM>rgc im :ilicn DjtseL
^i9
^jU»bricaiit#n, solidem jeweilen von denen Arbeitern an-
Met worden; die Bandarbf*it-er aber Uaben seit einigen
llltüi SitiMi-nwindiT im Bas»>lgeljieth g«?inangelt und sind
ingen wordoOi deren auäKert I^nda anzustellen^ weilen
luesig^an Herren Zeugfabricant^n, so tli«» Heidenwindere
an bej^orgoiif die iüehrest4?n Seidenwindor des Basel-
an b'ich gezogen haben, als mit ihnen mehr als
|9itren PaÄsanienteren, nml keineöwegs mit utjs Banil-
iaint«'n zxi thun gehabt habt^n; die Seidenwinder aber,
II Baitdfabriciinten Arheiteren übrig geblieben,
schleclite Leute» welrhun entweder wegen okn-
oder lichtecht geliiferter Arbeit, die ihnen vordeme
ile genommen worden und also dm-ch ihr
^ r i:,,. ,,UM4. li in die Class der Nahrnngsh)sen armen
Mbr Vrrfallen «ind; ditvse Leuthe können nhu \xi\s die
oicUabrieanten keineswegs berühren, und also nur allein
Cf' " (iniitl igen Herren empfohlen werden.^
1* iU?^?!iion nahm von diesem Bericfite
ilfti. jAnuar Kenntni»^. und wies ihn mit einem Me-
versehen an lien Kleinen Rat Ans dem letztern
pclitlirb, diisi? «i« mit den Fabrikanten in iler Haupt-
linig war. Einzig bezüglich der 3. Khisse von Fosa-
nnd den Seidenwindern machte sie folgende An^
«Allein wir kdmien hierin E, Gn. unser Bedenken
viarbelüen, dass wir in ilen Gedanketi Bt^ehen, dasa
T. im Fall sie Hülf und Unterstützung
,. -ai^^^^vh an die Herren Fabricanten, bey denen
äiühlan imd Arbeit verpflichtet sind^ zu weisen
rnii da sich übehliss noch eine Class von Arlieiteren
prem I^mde finden, deren aber die Herren Band-
ini««n keim* Erwähnung geilian, 8o können wir doch
amliin, diitMelbif namhaft zu machen, das sind die^ so
fremden Herren Fabricanten Stühle und Arbeit haben.
aick ul»er iUbs^^ groj^sentlifdls in dem Falle Imfinden
darin aiiJi die bcfintien, so von hiesigen HU,
Stöhlo und Arbeit haben, so wQsaen wir auch
li * * ander&9 auszumui'hen, als wfis bereits bey
ist.
2.\0 Hans Joncli.
Noch bleihfMi die Seidenwiiider übrig, welche die
Herren Baiidfahricanton gar iiiclit als ihre Arbeiter an- ;
sehen und von welchen sie überdies l)eiiierkeri. dass die
ineistrMi d<*n Herron Seidenzeugfal)ricanteii arbeiten, so dass
die Passanienter oft daran Mangel oder nur liederliche und
ungetreue Seidenwinder haben. Hierüber ist uns «ler zuver-
lässige Bericht erteilt worden, dass die Herren Seidenzeiig-
fabricanten würcklich viele Seidenwinder im Land liaW
un<l dass sie selbigo auch dermalen noch so mit Arbeit
V(*rsorgen. dass sie weder v«M*dienst- noch brodlos seyen. ja
dass l^esagte Herren Fabricanten Seiden winderen mit Arl)eit
von Zeit zu Zeit beigestanden, die sonst bei den Pas.^-
m^Mitern keine haben finden können.
Dass aber nichts desto weniger noch eine grosse An-
zahl Seidenwinder in unst^-em I^nd sich befinden, welch«»
alle Zeit für die J^assainrnter Seiden gewunden haben, und
die aber (h?swegen jetzt ganz verdiensth)« seyen. weilen die
Passamenter, rl«Men Arbeit nicht streng bestimmt ist. jezn
«lit» Seiden selbst winden, um sich auch diesen Verdienst
zu crwiTb^n. Hieraus folgt also, dass die Seidenwinder, s«) i;
für J^issani»'nter gewund<^n. deren es sehr viele gibt, und
natürlii'lif'nveise viele tijeben nmss. weil der Passamenter. t
wenn «»s streng geht, seine Seiden gewöhnlich aus dem |
Haus wiu«l«Mi lässt. dass also diese (Mass von Landleuthen. |
w«-l(he sriion an sich Selbsten die ärmste ist, dermalen in ,"
(irr betriibt»'st<Mi Laag.' von Verdienst- und Brodlosigkeit
sich betinden niüssm. und «la diese von niemand können
noch wolltMi unterstützt werden, so nmss und wird lüese
Class VMii Landleuthen ihre Zuflucht und Hoffnung in Euer
(ina<i«'n VM-kannt«'n (In)ssnnith und laudesvätt<3rlichen Ge-
«^innung'-n suchen uTnl finden. h"
l)tr K!»'in»' Rat wi.-s die Angelegenheit nochmalsan die
Kal)rikk<»iiinii><inn zuriH'k. jnit <lem Ersuchen, ^nähere Vor-
sj-liliiir'- ♦•in/ng«ben-,". Hiesem Auftrage kam das besagt
KoÜMC^iiiin nts./li nach, indrni es schon am 22. Januar 178B
dem Kleinen Rat»- einen ausführlichen Bericht unterbreitete,
worin »'S n{irh>r<'ln'nd»" X'orschläge machte:
'i Huiuii.-l üJKi (ie\vcrK)e: M M».
-. ProtMkcilc, Kleiner RliI ij^^, S. 24.
Ailicitiloscnfurftorgc im Alten Basel.
241
.ErfitUch* iiÄ8S es Euer Gnaden belieben möchte, tun
die gan£<^ Sache eine sichere und hinlängliche Ans-
%h TAt halu^iu von denen Herren Geistlichen unserer
h mit mögücbsteT Befürdening *'ni»^T» schriftlichen
rieht za verüingeu:
L, We»f von ihren Gemeind Angehörigen Fassamentern
' "' idenwindem würklich uiehr oder weniger ver-
"i. and dadurch in würk liehen Mangel und
BniilloHigkeit %*ersetzt seye.
wip viel Personen iliese Familien bestehen und
/mge und unerzogene Kinder darunter seyen.
7w die häuslichen umstände dieser Familien be-
seyen. und wie sich dieselben jeweilen be-
iind aiifgeftihn haben.
I\*m die^» PitssAnienterfamilien arbeiten, mid wem
ihm habenden Stilhle zugehören.
die Seidenwinder für Paasumenter, oder in die
v.„ai für Seidenzeugfabrikanten bisher gearbeitet.
Ob und was diese Familien allenfalls jetzt verdienen
k hin ti — wif* giie aich gegenwärtig durchbringen —
fi *»b >*ie und von wem sie seit ihrer Verdienst-
;^keil Untersttitzuug erhalten,
Wrtm nmt ßner Gnaden diese nach unseren Einsichten
nötigen Berichte von den HH. Landgeistlichen
leo erhahen und eingesehen haben, so zweifeln wir
, dftit»» Hi>chdieitelben alsdann nach den erlauchten Ein-
itiid lande« vätterlichen Gesinnungen, dasjenige
pn nwA veronlnen werden, was den ümstÄnden und
Wühl de«i f.4indes nur immer angemessen und nötig
wirdt.
Demnach kunnen wir Key diesem Aidass, und in Rück-
iitf dii* Herren Fabricanten si'lbsten nicht umhin,
WuDich an ftiissem^ der, wenn er schon vor Jahren
wnrdrn, htnliinglich sein würde, sowol Euer Gnaden
E Barg' -^ ^ **. und selbst die sämtlichen Land-
i#r acui ^. _ iiön Verlegenheiten zu setzen, in
bei Thetirung und Verdienstlosigkeit jeweilen
tmiiiM' mehr geimleo muss und wird. Dieser besteht
dafin^ dmm es Euer Gnaden dermahlen belieben möchte.
w. 1 Ottca. ni AlBtrtiiai. VI, 1.
2^2 Hans Joncli.
(Ion säi7itlich(*n H«*rnMi FabrieaTiten den Auftrag zu erteilen,
um sich zu bt»nithi'ii und zu vereinigen, wie eine jede
Fabrik nach dorn Boispiol anderer hiesiger und benach-
hartt*r Gowerbe, für sich zwo Annen-Cassa. eine für die
Arbeiter in dor Stadt, und die andere für jene auf der
Ijandschaft «^rrichttMi und einführen könnte, um ihr** Ar-
b(Mter, ilie in vorkommenden Fällen arm, unglücklich und
vt'nlienstlos wt^nhMi, aus denselben zu trösten und zu uutw-
stützen.
Wir stdien di«» Erfüllung dieses Wunsches für unsere
Stach und Land umso nötiger, ja unentbehrlicher an. als
wir versichert sind, «lass chidurch nicht nur das Wohl und
das Beste der samtliclien Fabrikarbeiter, sondern der
FabrikiMi selbst en, ja des ganzen gemeinen Wesens, ohn-
frhlbar erzielet wenlen kann und wird. Dahero wir. und
aus dit^son (xründiMi das Vertrauen haben, dass sich die
IbM-rrn Fabricanten, <lurch keine anfänglichen und ein-
zelnen Ilinilernissr. Schwierigkeiten und Bemühungen nm80
wtMii^tM- wenlen abwendig oder muthlos machen lassen, einen
schon so oft und si) allgemein aber mehrenteils im Stillen
get hauen Wunsch, jetzo in s«Mne glückliche Erfüllung zn
bringen, da nnsi»re Nachfahren gewiss diejenigen preisen
und segnen werden, tlie um Erfülhing desselben sich Iw-
mülit unil daran g.'arbeitet habiMi." *'i
Pieser BiM'icht fasst nun einmal die Sache recht gründ-
lich an. Zum ersi.»nnial wird einer grundsätzlichen und
ilauernden Kegidung der Arl)eitslosenfürsorge, wenigstens
für eine grosse Klasse d»»r Bevölkenmg das Wort ge-
redet. Tni in dieser Hinsicht zweckmässige Massnahmen
netten 7.\\ können. ford«^rie die Fabrikkommission zimächst
eim» Arl^eits|(»sensiaiistik und schlug zur Gewinnung des
rrniaterials ein.» KnijU'^'te vor. Was die Ausdehnung der
Krhebnng anbidangt. si> sollte sie .sich auf den grössten
Teil d.»r Landbevölkerung erstrecken. Als ausführende (h^
gani» wurden dit» (itMstlichen in Aussicht genommen, wo-
gegen nichts einzuwenden ist.'- Was nun den zweiten
M H.iiulol un.l licwoiln-: MMi.
') lohn SrlnUi<\\Nki . Cl'or AiNoitsio'^iukcit und Arbeitslosen statUtit
II. Teil. S. 12 ir.
Arbcit&loseiiTarsorge im älteti Basel.
^43
• Orschlag der Fabrikkommission betj-ifft, So uniss gesagt
^^ertlen, dass er eigentlich nicht neu war, da ja schon 1778
iie Arbeitaloseiiversichenmg angeregt wurde. Damals sollten
iber alle Hintersassen, also Arbeiter verschiedener Berufe
31 einer Kasse zusammengefasst werden, während nun für
iie Fabrikarbeiter und die Heimarbeiter gesonderte Institute
^ustiiliert wurden. Pas Risiko ist oben in den einzelnen
Bemfeti ein verschiedenes, an dass ea nicht zwtH*kmässig
bil^ wenn alle Arbeiter einer Ka^se untersteüt werden. Ja es
gibt sogar Industrien, bei denen die Errichtung mehrerer
Kassen alsrat-sam angesehen werden miiss, weil im Falle einer
Krisi» oft nur ein bestimmter Teil der Beschäftigten unter der
'Verdienstlosigkeit zu leiden hat. Das ist besonders in der
Textüipdmstrie der FuU. Wir begreifen es daher, wenn
FabrikkoDimissinn die Errichtung von zwei Kassen vor-
lag, eijie für die Arbeiter in der Stadt imd eine andere
die Posamenter auf der Landschaft. Vor einigen Jahren
man bei uns versucht* alle Arbeiter einem Versicherungs-
tz zu unterstellen, ein Vorschlag, den die Stimmbe-
htigten mit Wucht ablehnten. Unterdessen haben sich
allerdings die Anschauungen der Theoretiker und
aiker wesentlich geändert und man hält nun die Ein-
tung von Benifskassen, wie sie unsere Vorfahren schon
verlangten, als das richtige.*)
Das Gutachten der Fabrikkommission wurde am
März im Kleinen Rate verlesen und ^nach Abtritt der
Bandfai»ricanten und ihrer E. Verwandten behandelt"
,ufliin beschloss die Behörde:
^Soll in Ansehung des ersten Punktes nach iliesem
Bedenken verfahren und über die darin eiitbaltienon Fragen
von den HH. Geistlichen des Farnsburger, Homburger und
WAldenburger Amtes ausffihrliche Auskunft verlangt., zu
dem Ende Tabellen verfertiget und ihnen zugesandt werden.
Welche Berichte alsdann einer Löld. Haushaltung sollen
cnge^tellt wenien, um sich darüber zu berathen und ein
Bedenken einzugeben t mit dem ferneren Auftrag auch zu
«t Frilz 2kiAngöld, Denkschrift über die Entwicklung der «tAatticheti
ArbetUlosetifurftori^e im Kantou BäseUSUdt, S. 9,: tS ff, 4 t tuid 49.
244
Hau* Joncll.
überlegen und nötigenfaUs zu berichten, ob verdienstli
Landleat^n einige Arbeit könne angeschafft werden.
Sodann soll in einer zuzustellenden Erkanntnuss
HH, Band- und Zeugfabrikanten empfohlen werden, ihi
Arbeitern Verdienst zu geben oder ihnen mit anderweitiger
Unterstützung zu begegnen. Und endlich soll der am EiiJt^
des Bedenkens enthaltene Credard-ie wegen einer für diö
Zukunft zu errichtenden Cassa an die Hen'en Bandfabri-
canten communiciert, uni sich darüber zu unterreden, nnd
eine L. Fahriqueeonimission einen Bericht einzugeben, welchi*r
alsdann mit einem Bedenken einer L. Fabriqueconimission
an Mn. 6n. HH. l>egleitet werden solle.^ M
Um den Folgen der herrschenden Arbeitslosigkeit m
begegnen, hatte <ler Kleine Rat die Haushaltung auch anf-
gefordertj darüber zu beraten ^ ob den Laudl outen mcht
„Arbeit geschaffen werden könnte^. Schon ara 19, Mära
sandte das Kollegium einen vorläufigen Bericht ein, aus dem
wir ersehen, dass es sich auf Grand sorgfidtiger Erkun-
digungen hin genötigt sah, in einzelnen Teilen der Ijand*
Schaft sofort sogenannte Not43tandsarbeiten ausführen zd
lassen. Namentlich im Bubendorfer- und Reigoldswiler
Tal war die Verdienst losigkeit sehr gross» weshalb die
Haushaltung die ^gantz arbeitslosen Männer mit Verbesserting
der Nebenstrasse im Z\^ner Thale gegen einen geringen
Taglolm beschäftigte'^ nnd .^einen kleinen Vorrath an
misehleten Mahl und Mues'^ zu einem billigen Preis abgab*
Dann wurde von ihr auch auf die verdienstlosen ^Weibs-
bilder** Bedacht genommen. Um ihnen einen kleinen Ver-
dienst zu verschaffen, sandte die Inspektion des Waisenhauses
mehrere Zentner Hanf an verschiedene l^andpfarrer, mit der
Bitte, diesen gegen einen kleinen Spinnerlohn zur Vef-
arbeitung abzugeben. Auch in Liest^d wurde eine solche
Niederlage errichtet^ wo überdies das Deputatenamt bereits
eine ähnliche Einrichtung für das weibliche Geschlecht
getroffen hatte.
Der Kleine Hat nahm den Bericht mit Vergnügen
entgegen und erteilte dann der Haushaltung die Vollmacht^
1^ Ihrotokolle, I^Jeiner Rat 178S, S. 84.
Arbeit »lu^rnftirKirge im »Ucti Basel .
245
infltige und den gegen wärtigou verdienstlostm ümstÄnden
DiMnOi!» am verünlneii> Ausserdem erhielt sie noch den
^mit Zuziehung einer Löbl, Waldcommisson auch
Anlegung mnigör Genieindt^äcker zum Besten der
dftfi 3<ich zu ht^mthen und einen Bericht zn ertheilen.*)^
Am 6- April erstattete die Hau!?bftltung abermals dem
aitü Halt» »Mnen BericJit über die von ihr getruffenen
üitnifigHtt. Damus ersehen wir, dass das KoUegiam ea
den angefangenen Nctstandsarbeitan bewenden lieas,
in inTird« die Arbeit in Steingruben und die Ein-
»C " '^ Baum Wollenspinnerei oder Weberei in Aus-
n* aber wegen der Kosten öchÜesslich beides
*u,^^ Über die geplante Abgabe von Kartoffeln
_: von Land an Terdiensilose erfahren wir
. . „i Berichte nichts.
[Dagegen gibt uns der Bericht der Haushaltung nun
cnnigifn Aufschlusi* über den Verlauf der Arbeitiälosen-
In den drei Amteni Farnsburg, Waidenburg und
wurden 5ö2 arrn« Haushaltungen ermittelt^ von
•/» i» *i'-i* Söidenband Weberei tätig waren. Über dio
dor Zählung spricht sich der Bericht sehr sjkep-
Dumus kt^nnef so heisst es darin, doch ktdn
Scilla«»:« auf den Stand der Armut im Raselbiet
werden, da nicht alle ßeistliciien die Sache unter
li...,i ... ' - ' --»^-ininkt betracJitet hätten,*) Daas diese
^ ng missglüekte, ist sehr bedauerlich ;
fohlen wir uns nicht berechtigt, auf die Öeistlichen
Stam Cd werfen* haben wir es doch in unsem Tagen
dAM mh« ihnliche Zählung scheiterte^ obschon daran
betmligt wareUj deren Spezialfach nicht Theologie,
Statistik sein soll.
Ml« -T.idi entnehmen wir dem angezogenen Berichte
dmm manche Fabrikanten verdienstlose Arbeiter mit
THC9idit*u odar ihnen aber Unterstützungen zukommen
Aasseitlnm erhielten die Q^istUchoii von vielen
die sie an Verdienstlofle aimteilen konnten*
r4ütlr, Kl«ititf Kju i;««, S. 95.
Kkto«r Kü 1 7K8. $• f 14,
2.\f> Hans Joneli.
Dor Kleine Rat sprach dalier den Fabrikanten sein hocb-
übrigkeitlichc's Vergnügen ans. forderte sie aber zugleich arf,
den am 5. März verlangten Bericht einzusenden* . welchem
Auftrage si»* am 21. Mai endlich nachkamen. Das Schreiben
hat folgenden Wortlaut:
»Wir ermangelten nicht, uns nach Zustellung des von
U. G. HH. E. E. und Wolilweisen Eaths unterm 5. Marty und
B. Aprilis dieses Jahres aus Anlass einiger verdienstlosen
Band-Arbeiter(?n auf dem Land ergangenen Erkanntnussen
80 bald möglicli zu versammeln, uns über diesen Gegen-
stand miteinander zu berathen und mit Gefühl und Wanne
zu erwägen, wie in Rücksicht unserseitiger Anstalten iss
vätterliche Zwock Hochgedacht U. G. HH. auf das Be«-
möglichste könnte befördert werden.
Bey angf^stellter Versammlung ^vu^den sämtliche unsero
Mittglicder dringend aufgefonlert solcher beyzuwohnen, vir
er])lickton abei* mir die H<ilfte derselben, fanden aber jedod»,
dass di«» in dieser unserer eingeschränkten Versammlung
gofjillt'nt^ Nachricliteu und geäusserte Gesinnungen hin-
nMchcinl scyn krmnten. den Antheil, den wir an diesem
(reg^Mistand nohmen. zu Tage zu legen, wann auch schon
durch Mangel einer vollständigen Anzahl nichts einmüthigM
verfügt w«'nl«'n konntt*.
Von ji'dt'ni anwi'senden E. Gliede fiehle aber überhanp*
der rn)stli('In' Bericht, dass bereits schon jeder für sick,
sicli st'intM" ArheitenMi angenommen, für selbige gesorgt^
und gr.sinnt't scyt^ solclie fernerhin zu unterstützen uni
alle Anwesende glaubten hiedurch in soweit die vätterlicha
Gesinnung und Krwarthung U. G. HH. zu erreichen.
ITnsi'ie Versammlung entschlösse sich auch, fahls w
IIorlidiMiseJben l.i^lieben wüi-de. für samratliche Bedürftig*
V*. ir. IUI. Angelu^rigo eine öffentliche Collecte zu veran-
stalten, gleirli uns(Mvn übrigen Mittbürgeren das unserige
erkleeUlieh beyzutragen. auch in der Folge zu berathen:
Wie dii» niitzlieh erachteten Armen-Cassen zum Besten der
bedüring»'ti Fal)ri([ue-ArbtMter und Passamenter für dieZö-
kunfi i'in/.nrii'hten wiir»Mi."-
'» rrotokollo. Kloiiifi \\.i\ 17.^»^, ??. 114.
-i >l.iiu1c1 iiiul (iewcr^e: MMj.
Arbduloseiifürsorgc im alten Basel*
^47
Das Schreiben ist nun allerdings sehr küJil und unbe-
imt gehalten* Es beantwortet die au die Fabri kauten
richtete Frage wegen der zu errichten den Kassen
lU Das empfand denn auch die Fabrikkommissiou^
lalb wir es begreifen können, wenn sie sich in ihrem
Bricht an den Kleinen Rat über das Vorgehen der
jrikanten t^idelud ausspricht und verlaugt, dass diese
Dfamals angehalten werden sollten j innert einer besiiuimteu
ein neues Memorial einzugeben* Schliesslich entnehmen
dem Berichte noch, dasa die Fabrikkommissiou die
rgeschlagene allgemeine Kollekte nicht für nötig fand.
Am 4. Juni kam dieser Bericht samt dem Schreil>en
Fabrikanten im Kleinen Rate zur Verlesung, worauf
mix diese Behörde wirklich beschloss, dii* Fabrikanten an-
Iten, im Laufe von vier Wochen, ^eine bestimmte
kt?wort und allfallsigen Plan zur Errichtung einer Armen-
einasureichen *).^
Diese antworteten auf diesen Besehluss hin am 7. JuU
einem sehr bemerkenswerten Schreiben folgendes:
•Was nun den ersten Gegenstand anbetrifft, den arbeits-
en Landleuthen Verdienst oder sonstige Unterstützung zu
clien, so können wir nicht umhin, den vätterlichen
rimsch einer hohen Obrigkeit, zum Behuef verdien st loser
aer Unterthanen heilsame Verfügungen zu treffeiK gehörig
schätzen; auch diejenigen zweckmässigen Anstalten^
riche U. G* HH. zu Unterstützung Hnchdero Angehörigen
öita vorgekehret, dankbarst zu erkennen; allein wir finden
mcht. dass uns in Zeiten, wo unsere Fabriques weniger
fbeit gewähren, könne zugemnthet werden, den Posamentern
rbeit oder Unterhaltung, gleich als uns eigenen Leuten, zu
chaffen^ weil wie Unseren Hochgeacht und Hochzuver-
renden Herren wohl wissend seyn wird, jedem Arbeiter
by steht, für einen und welchen er will von uns zu ar-
3^ einen und den andern in guten Zeiten aufzugeben,
"Sgne Stühle zu kauffen oder verborgener Weise zu ver-
fertigen und damit für Fremde auf Aarau, Anfingen oder
Zürich nach Belieben und ohne die mindeste Hindernis
^> Proioknllr, Ktciücr Rat 1788, S. 171,
24^ Hans Joneli.
ZU unserem grössten Nachtheil zu arbeiten, wie dann auch
vor etlichen Jahren ungefehr 160 Stuehle und ca. 4(X> Per-
sonen für auswärtige Bandfabricanten beschäftigt wareD,
aus welchem deutlich erhellet, dass den hiesigen Fabricanten
nichts als ein Theil der Bandstuehle eigenthümlich zustehen.
Auf ähnliche Weise ergibt sich öfters, dass andere
bürgerliche Gewerbe oder Fabriques Noth leiden oder SüUb
stehen müssen, ohne dass deswegen die bürgerlichen Unter-
nehmer d(^rselben zur Unterhaltung ihrer Arbeiter ange-
halten werden; auch es uns allerdings beschwerlich vo^
kommen würde, wenn ein Gewerb, welches den Einwohnera
eines Landes so vielen Unterhalt und ohne Verhältnia den
besten Lohn gewähret, härter als andere Gewerl^e solltP
angesehen werden. AVir hoffen also diejenige Nachsicht^
welche U. G. HH. allen Gewerben bisher erzeigt und noch
erzeigen, in gleichem Mass zu geniessen, besonders da die
Armut und Not der Unterthanen grösstentheils ihrer
Ijioderlichkeit, ihrem unwirtschaftlichen Betragen und
dem Überschwall der Posamenter, die gantz kein ander
Arbeit vorsehen, zuzuschreiben ist; auch die diesmalige
Venlienstlosigkeit derselben ebensowohl von ehemaliger
all zugrosser Uuldung gi*gen fremde und ausgewanderte
Stühlmacher, Wegsei laffung der Stühlen und Emigrationen
fior Arbeiter, wodurch viele Fabri([ues in andern Ländern
entstand(»n, hergekommen . als aber blos von der theuren
Seiih\
Dem ungeacht werden wir uns niemals entziehen, dem
grossmütigen Beyspiel unst^rer Gnädigen Gierigkeit, soviel
möglich nachzuahiiion und für die Unterhaltung unserer
Arl)oit<'r aus eigner Bewegung besorgt zu sejm, ohne durch
Erkaiinrnusse darzu ang(.4ialt»^n zu werden.
Anlangend den 2. Auftrag U. (t. HH., die Errichtung
von Armen-Cassa. erstlich für die Posamenter der Landschaft,
so finden wir nicht, dass dergleichen Gassen in jeder be-
sondern Han(ll*al)rii[ue könnten mit Erfolg eingerichtet
weril»Mi. W(»il i\\o Arbeiter mit den Fabricanten in ganz
keiner daurenden Verlnndlirhkeit stehen und die bedauer-
liche Classe der Seiden winder diesen fast mehrtheils unbe-
kannt sind. Wir glaubten deshalben, dass eine solche
AfbeitAloftcnfürsof^ im alten Base).
249
i-C^iBMi aUgem^iii ^eyn, und mehr dazu dienen sollte^
wo ein Zusammenfliiss widriger Umstände den
ttnderi^r <*t*w»*rli«? Iiindereu wüfd«^ den Arbeiteren
IRrdgen Verdienst zu vorschafffnu als aber bloss ver-
1« Beystaureu am in ihrem Hang zu locken^r Lebons-
lieber zn müchen. Wpgen dem hiezu nötigen Fond
wir des Dafürhai tonn, dass solelier, mit aller Billigkeit
»i^Ib^t öUnt* gn>sHo B<*schwÄhrde, von den Arbeiteren
t kdunte erhüben werden, wenn ihnen bloss von ihrem
i^nstt und zwar nur wenig auf einmal inne behalten
m. Wir uc^hmeti deshalben «lie FruyliHit, unseren Hoch-
t und Hochgeehrteöton Herren folgende Einrichtung
M8g<«t>lich vorzuschlagen:
Dans von U O. HH. g<»llto erkannt werden, das» in
aUeu hiesigen Bandfabriques zum Behuef einer aolchen
Ari7<^tt4!rr-Caa«»if an dem von Hochdenselben bestimmten
Arfmtslobn vom Pfund Gelt zwei Pfennige sollten
2,j.-r. .il..Jjjjj^ji^ selbige Bogleicb in eine apparte hiezu
irj *r Fabritpie bestimmte verschlossene Büchse
verwutirt und sodann alle Jahro durch die Fabricanten
tb^ in eine allgemeine Casaa gesammelt und sofort
tJ* HH* f^rneri^r Bestimmung eingeliefert werden.
in Collegium ernannt werden, an welches die
[erren Fabriranten das gesanunelte einzuliefern hatten^
ntnj von welchism die Austheilung, so viel es nüthig
«ire« Auf das zw^ck massigste und unpartheyiste be-
sorgt wftrile,
DrUNfr»*3* Knv ht*M(S wäre Löbh I>epntatenamt das-
;e Collrgiuin, dessen sonstige Verhältnisse mit
dieser Verwaltung am besten sich vertrüge; da wir
iredi*r im allgi'm'nnen, noch durch Comuiitirte, dieses
nicht ohne grossie Schwierigkeiten besorgen könnten^
«ifcfJi allemal der Parteylichkeit würden beschuldigt
Hf (iher die>ieii auch ein obrigkeitlich antorisiertefi
***ii^i44udigw*C " -■ '^ ! mit mehrerem NaclKiruck
vnd grOoseraii n kann, als solches durch
Acy»cb(Usa bej^hehiMi könnte.
n der hiezu ernannten Commission
M y»r All j^^d.*n »'inzelnen Bedürftigen^
^5^
Mmns JonelL
wefden könne, für ihre Arbeitier auf dem Lande km »jrgen, I
da ee niclit iliri^ eigenen Leute seien, indem dieselben I
arbeiten können, wem und wie sie wollen, An Hand I
der Zähinngen von 1754 und 1786 wird dargelegt, duss die I
Zahl der Stahle der Arbeiter and fremden Fabrikantöo I
seit Jahren stabil blieb, während aber diejenige der!
hiesigen Herren von 857 auf 1893 anstieg nml , welche I
noch immer ohngeacht so viele hiesige und der Landleuthen 1
eigene Stilhl schon nnbeschäfligt waren, mit neuen ve^l
mehrt** wird. Daher findet die Fabrikkommisson es färl
nötig, „zum wahren Besten der Fahriquen gelbsten, als der!
Unterthanen, der Einrichtung neuer Stühle und der über-i
triebenen Neigung zum Posamenten billige BchrankeTi m 1
setzen.** Es sollte deshalb verfügt werden, dass ^einerseiw 1
jiUen Stuhlmachem ernstlich und bey einer bestLmmteQ J
Straf verboten würde, bis auf weitere Verfügung neuel
Stühle zu verfertigen, indeme würklich mehr vorhandeirl
sind^ als jemalen werden beschäftiget werden. Anderseits 1
sollte geordnet und genau gehiilten werden, dass keinem 1
Unterthan noch Ehepaar ein Stuhl sollte gegeben werdeB,!
oder einen eigenen zu kaufen gestattet werden, es seye denal
derselbe würklich 24 Jahre alt, wodurch der ausserordeDt^j
liehen Menge junger, unbesonnener und leichten HeuraUal
-auf einen Stuhl hin würde vorgebogen werden. Endiichi
sollte erkannt werden, dass jeder Hausvater nur 1 uder im
seiner Kinder dem Posamenten solle widmen dürfen.^ I
Dann beschäftigt sich der Bericht mit den Vorschlägen |
der Bandfabrikanten, die in der Hauptsache den Beifall der
Fabrikkommisäion fanden, wenn sie sich auch einige Ab-
ändeningsanträge zu stellen erlaubte. Bezüglich der Bei-
träge scldägt sie vor, der Posamenter soUte zwei RappenM
statt einen bezahlen, damit auch für die Seiden winder,"
^n,
di^
welche in Notfällen ebenfalls unk^rstützt werden müssten,
etwas vorhanden sei; dagegen hätten die Floretarbeitnr, difl
weniger verdienen, nnr einen Rappen zu entrichten. Aue
die Seidenzeugfabriltanten sollten in gleicher Weise Abzüge
•einsammeln und abgeben, und zwar hätte der Seidenweber
sswei Kappen, der Seidenwiniler aber^ mit dem sie direkt
verkehreji. nur einen Rappen zu leisten. Und schliesslicli
Arbcitslosenfütsorge »m alten Basel.
25,>
jt sie noch vor, dass von den für fremde Fabrikaiiten
beitenden Stülilen eine Auflag© von 5 ff erhoben werden
DÜte* wobei sie nicht zweifelt, ^dass sich die HH. Geist-
chen willig erzeigen würden, die Aufsicht über den Be-
und die Einliefening dieser Btnhlgelder zu übernehmen.^
über die Organisation der Verwaltung unterläsat es die
abrlkkomiuission sich z\i änssern, dagegen spricht sie sich
&r die Verwendung dea Fonds wie folgt aus:
^Halten wir mit den H. Fabrikanten dafür, dass der
Fond dieser Armeü-Cassa nie mit anderrii Fond sollte ver-
mischt, sondern alzeit besonders nach seiner Stiftung
and der gehabten Absicht verwaltet und zinsbar ge-
ßiAcht werden. Ebenso soll er nur hey ausserordentlichen
Füllen angegriffen, und die Fabrikarbeiter auf dem Land
daraus unterstützt werden. Wobey freylich vorausgesetzt
wirtf^ dass jeweilen die Berichte der HH. (Teistliclien uiul
i^T Orts vorgesetzten, die die Umstände derer so Unter-
stützung nötig haben, am besten wissen können, werden
abverlangt werden. Diese Falle wären ohngefehr folgende:
a) wenn der »Sack Frucht über 5 neue Thaler steigt;
bi wenn die Fabriqnen so schwach arbeiten lassen, dass.
einige gar nichts, aiidere aber nur sehr wenig zu ar-
beiten hätten.
Solchenfalls wäre zwar die Cassa nie mit baren Steuern
belästigen, sondern ihnen im ersten Fall Frucht zu
^inera moderaten Preis anzuschaffen; und im zweiten Fall
a^lbige, sowie es neuJich von ü. Gu. HH. auf das rülimlichste
TUid zweckm aasigste beschehen, mit anderem Verdienst mid
g^meimiützigen Arbeiten zu beschäftigen , da dann der Ver-
Ißät in ein und anderm Fall aus dieser Cassa zu bestreiter*
Ware; die desfalls nöthigen Veranstaltungen aber wären
Jarch die zu ernennende Commission zu bewürcken und da
Weles auf Zeit m\d Umstand ankommt, so müaste nach
Mbigen verfahren werden. ■*
Schliesslich schlägt die FabrLkkommission noch vor,,
mit dem neuen Jahre 1789 die Armen-Cassa ins Leben
treten zu lassen, ^ damit, welches Gott verhüte, wenn über
kuns oder lang, mehr oder weniger Theuerung oder Ver-
diengtlosigkeit einträte, eine Anstalt und Fonds vorhanden.
2S4 Hans Jone li.
Sfijv. wodurch dem Maugel und Elend der so zahlreichen
Fabrikarbeiter abgeholfen werden könnte, ohne allemahl
wie bisher geschehen, das gemeine Gut. E. E. Burgerschaft
und die etwaiinigen Armen- Fonds zu beschwären und zu
belästigen.-
Weniger begeistert ist die Fabrikkommission von der
Anregung der Bandl'abri kanten betreffend zweckmässige
Schulanstalten. «Wir müssen dies", schreibt sie in ihrem Be-
richt, ^lediglich den bokannton väterlichen (Tesiummgen Euer
(juaden überlassen, auch ob allenfalls Hochdieselben diesen
Vorschlag durch Löbl. I^ndkommission näher beraten lassen
wolle."
Es mag hier nicht unorwähnt bleiben, dass bezüglich
der Beiträge an die Kasse die Fabrikkommission uicht
einig war. indem ein Mitglied einen andern Modus vor-
schlug. Seine abweichenden Anschauungen über diesen
Punkt sind in dem Bericht ebenfalls enthalten. Sie gehen
dahin, dass jeder, der einen aufgestellten Stuhl hat, gehöre
er wem er wolle, ein bestimmtes Eintrittsgeld und einen
jährlichen Beitrag bezahlen soll. Auf diese Weise hofft der
Antragstoller sofort ein Kapital zu erhalten, ^so der Cassaund ^
den Tlioilhabern gleich Consistenz und Muth machen werde."') •
Am 8. Oktober nahm der Kleine Rat Kenntnis von i
diesem Be(I«Miken. um es dann in seinen Sitzungen vom
31. Dezoinlx^r liaS, l±. 14. und 2ii. Januar 1789 in B^ ^
ratung zu ziehen. Über die Vorschläge betreffend die Ee- i
duktion der Bandstühh* und die Errichtung einer Armen- ■,
kasse in der Stadt wurden einstweilen noch keine Be- ^
schliisse gt^fasst; dagegen setzte der Rat wegen eines ähn-
lichen Instituts für die Landposament^r fest:
,.1. Soll eine solche Armen-Cassa und zwar allgemein für
alle hiesigen Bandfahriques und für alle Arbeiter hie-
siger Landschaft errichtet werden; worunter auch die '
in und um dir Stadt wohnenden Unterthanen ver-
standt^n se\ni solh»n, welche von den HH. Pabricanten
oder »Mgentüniliche Possam ent^Stühle haben und U
Hause darauf arbeiten.
*) Handel und Gewerbe: MM4.
Soll dw jährliehe Beytrag von dem jeweiligeu Ar-
h^iuluhn genoiumfm und zwar hey deu einfachen
Plorfl, Friöuh-'t t»der sogenannten Hollandi^rn von jedem
Pfand Arbeiislohü ein Rappen, bei allen übrigen
Baiidt^n ftbi^r nhne Ausnahme zwei vom Pfunde innebe-
haltei) uijd damit iiuf folgende Art verfahren werden:
j£» aolle nämlich dieses Innbehaltene bey jeder Aus-
llung der* Arbeih^rs alhnual sogleich in ein© ver-
'■ Büchse, wovon jeder H. Fabrieant den
selbst verwahren solle, gelegt, auch de«-
tjfi die Bedienten oder die Personen, welch© die
klang in den Fabri(|ues besorgen, in ein G^e-
genommen. «odann der Ertrag dieser Büchse
von den H* Patronen alle halbe .lahr selbst eingesehen
imd gefühlt werden^ alsdann wiedrum verschlossen
und jeweilen auf Johannis und Weyhnachten an das
n vcixirdnendt^ CiiUeginm ohne fernen* Einsicht oder
K&ühzählenfi übergeben werden.
Der B<*CTig der Beitrage und die Verwaltung derselben
irini einer L. Landwirt^jchaftlichen Kommission der-
geslalten übergeben, dass dieses Collegium bxls drey
Herren von den Zugeordneten einer I^ Haushaltung,
ilanuittir ein jeweiliger Herr Stiidt^ohreiber sich bo-
fiodeu öolL und aus xwey Herren von Zugeordneten
«oj Ijt^bt Landcommission/) und sodann auch aus einem
j# ^ ' ■\ H. Präsidenten «iner Löbl. Fabriquecom-
mu öötehen solle, welcher Herr Pi*äse8 auch das
PrfUidiQiii dieses neuen Collegii zu führen bat.
fM' ft» E, Mitglieder sollen zwar dermalen von
iL if. H, enmnnt, in Zukunft aber, wenn eines von
L^ HaosbultTing abgeht, durch eine L. Haushaltung und
wenn ein UU^hI von den Zugt^ordneten aus L. I^and-
eommtssion »bgeht, durch eine h. Landmrtschaftliche
CSommisfiion erg&ns^t werden. Auch wini fostgesetat,
imtB luain H. Fabrieant Mitglied dieses Collegiums
könna
ftioD, 1756 wegen iler vieleii Answaodantiifibqs^ren
wurde lu aIIcüi die LaodscbAft betreffendeti Frmgim
2^t Haas Joneli.
4. Soll nach dem Vorschlag des Bedenkens dieser Fond
sobald als thunlich zinsbar gemacht und seiner Zeit
nur die Passamenter, so beytragen, und die Seyden-
winder daran Ansprache haben und daraus nnterstfiiit
wt*rden.
Mit aller Austheilung aber ist einzuhalten, bis ansi«-
ordentliche Fälle oder bedürftige Umstände sich zeigoif
da dann M. Gn. HH. vonlies Anzeige und VorschBp
von der ernannten Commission wie auch alljährlidi
einen Bericht erwarten, was in diese Cassam ge-
fallen soy.
5. AVird festgesetzt, dass diejenigen, welche für die
bey<len frembden Fabriques arbeiten, auch einen Bey-
trag an diese Cassam thun sollen.
(>. Soll mit erstem Märzen mit diesem Bezug der Anhn{
gemacht und ein Aufsatz über diese Einrichtung und
Beitrag verfertiget und M. Gil H. vorgelegt werden,
damit derselbe gednickt den HH. Fabrikanten roge-
stellt und ihnen überlassen werde, denselben ihren
Arbeitern wissend zu machen oder einzuhändigen.^
Der Antrag auf Einrichtung von Arbeitsschulen aber
>vurd(* (ItMi Visitatoren der Kirchen und Schulen überwiesen
und beschlossen, ^dass wenn je eine solche Einrichtung
für gut befunden würde, diese Anstalt niemalen mit der
Armen-Cassa vermischt oder derselben zur Last gelegt
werden sollte.^ *i
Die Fabrikkommission hatte in ihrem Berichte andi
verhingt, die Seiden winder und Seidenweber, die nur den
Seidenzeiigt'abrikanten Arbeit liefern, ebenfalls der Kaa»
zu unterst(»llen. Daher erteilte ihr der Kleine Bat •■
26. Januar den Auftrag, sich mit den letztem über die*
Sache zu verständigen. l>as tat die Fabrikkommisson den»
auch, jedoch war das Rc^sultat der Unterhandlungen ei»
negatives, indem sie den Kleinen Rat ersuchte, die ge-
nannten Arb(»itergnippen vom Eintritt in die Kasse i»
befreien, was dieser denn auch tat; dagegen beschloss tf
einem von der Fabrikkommission unterstützten Anizag
M Mandel iintl (ic werbe: MM*.
Arbeits) osenfHfsörgc im nllcii Biisel.
?57
Fabrikanten teilweise zu entspreciien, indem er am
Febraar di*^ Landleute^ welche grosse Htiüile der E,
l^iaterschaft der Posamenter besassen , ebenfalls der
jenkasse unterstelltet) Damit waren nun die letzten
astÄnde beseitigt und so konnten denn die ^Gnädigen
lerren- noch am gleichen Tage eine ausfiihrliche «Nach-
it wegen Errichtung einer Arxoen-Caäsa für die Band-
krikarbeiter auf der Landschaft^ an die Bevölkerung
Am L März 1789 trat die Arnien-Cassa wirklich ins
<?ben. Zu deren Verwalt^iTi hatte der Kleine Rat am
12« Januar folgende Herren gewählt: Ratsherr Christoph
arckhardt, Präsident, Dreierherr Friedrich Miineli, Rats-
direiber Andreas Merian, Rechenrat HieronynniH Christ,
lebt^r Jakob Christoph Rosenburger und Alt-Land vogt
emhard äarasin. Das Sekretariat führte Weinscliroil>er
Ibel Merian. Diese verfügten sich erstmals am 7- Juli 1789
asammen^ uru den auf Johann i fälligen Beitrag durcli die
Vertrauensleute der 21 Bandfabrikanten, der Posamenter
foüd der Fabrikanten Henn in Zofingen und Meyer in Aarau^
fegen 2U nehmen. Das Geld wurde ungezählt in einen
Ben Sack getan und ^dieser mit einer Nota in der Cassa
des Weinschreibers Kästlein verwahrt and die Schlüssel
Herren Präses und dem Herren Stadtschreiber zur Ver-
ing übergeben*^ Am 9. Januar 1791) trat *lie Kom-
iiuiuoD wieder znsammen, um den zweiten Beitrag in
[leicher Weise entgegen zu nehmen. Daraufhin wurde das
ißeld gezählt, wobei sich ergab, da^s in den ersten 10 Mo-
I Haien 9<>t8 U b ß eingezahlt worden waren. Noch am gleichen
[Tage erstattete die Kommission vorschriftgemäsa dem Oberst-
hnnfuneister Byhiner zu Händen des Kleinen Rates einen
fiiLrführlichen Bericfit über ihre bislierigen VerTiclittingen^
«lern wir folgendes entnehmen:
^Ds wir aber in den Gedanken stehen, dass Euer
inaden aua gegründeten und politischen Ursachen die
«) ProtokoUc, Kleiner Rat 1789» S. 27 und 65,
ProtokoUe: Oi* Fabrikkomtaissioiit S. 231 ff-
») Mandata.
0«ftler 2^tscbr, L Gesch. und Altehuiti. VI, J.
17
25«
Han% Jotieli.
Summa das ganzen Eitriges so viel möglich giiboim balloQ
möchten, so haben wir den Ertrag des in den ei^en 10
Monaten gefallenen Beitrags in einer versiegeln fieilaag
notirt nra Hochdenselben an heim zti stellen» ob nnd wiv
derselbe soll verleben oder bekannt gemacht werden. Sowia*
wir auch des ferneren nnmassgebliche Dafür Imlteni« sb4
das9 obsclion dermalen einerseits die Lebunsmittel noch in
hohem Preis sind, anderseits aber auch der Verdienst dar
sämtlichen Passauienter ganz besonders anhaltend, gut tunl
ergibig ist^ folglich an dem nötigen Unterhalt kein Mangel
sein kann, noch soll» dass ainä dieser Ürsach von dem jotit
in dem vergangenen Jahr zum erstem Mal gesammelten
Geltes noch kein (rebranch zu machen seye, sondern, da der
Endzweck und die Absicht der obwaltenden vortrefflichen
nnd für die Zukunft so gesegneten Stiftung nothwendig
eine alzeit vorrätige beträchtlich Summa haaren Geltes er-
fordert^ die nun gesammelte Summa bis auf sich ergebende
Noth&lle für die Passamenter und ihre Seidenwinder in
Cassa l>ehalten werden sollte,*')
Obschon der Kleine Rat diese Vorscliläge billigte.
er sich schon am 16. Juni genötiget, die KommissioD
SBuiragen, „ob und was bey di€*ser noch immer anhalte)
Theurung zu Erleichtemng der imbemittelten Arbei
könnte veranstaltet werden.'**)
Die Verwalter der Armenkasse versammelten sich tun*
gehend, um die Angelegenheit zu prüfen. Sie konnten
eich nicht zur Verabreichung einer ünt>erstützung verstehen,
so gern sie es auch getan hätten, dagegen waren sie für eine
Herabsetzung des Beitrages auf die Hälfte. Diesen ihren
Standpunkt motivierten sie in einem sehr beachtenswertdn
Schreiben an den Kleinen Bat wie folgt:
„Allerforderat haben wir die wegen der Armen-CassB
gedruckte Verordnung eingesehen, aus deren erhellet-^ daas
die erste und Hauptabsicht dt*r Stiftung die seye, um in
verdienstlosen Zeiten^ die Passamenter und deren Seiden-
winder aus dem gesamieten Fond mit anderweitiger Arbeit
*) ProtokoUe: O*. Deputierte tnr PosatQenter^Anne&kasset S, j.
Handel und Gewerbe : M^U.
•) Protokolle, Kleiner Rat 1790, S. 17a.
Arbeitslosenfürtorge im alteu Basel»
^59
unterstützen. Wenn wir nun die gegenwärtige Be-
diaffenbeit unserer Bandfabriken betrachten, so kann rait
rund und Einstimmung der Herren Fabrikanten 8el]>8ten
phiiupt4?t werden T dasa dermalen gar nicht fiber Verdienst-
Dsigkeit in den Fabriken kann geklagt, werden, di^nn wenn
nch schon unter der überauä grossen Menge von Passa-
leenteren nicht alle gleich viel zu arbeiten haben, so ist
och im Ganzen so viel Verdienst, dass alle die sich mit
jflfler Arbeit abgeben und selbige verstehen, entweder mit
Ptesamenten oder Seidenwinden iliren Taglohn und Unter-
balt finden und erwerben können, so dass wegen obwal-
et Verdienstlosigkeit keine Unterstüt^iung aus der
Armen-Cassa anzuwenden wäre.
Wenn wir aber femer in dieser angeflihrten Veronlnung
treehen. dass auch überdies in ausserordentlichen Fahlen
die errichtete Armen-Cassa zu angemessenen Unterstützungen
dieBen solle, so kann man füglich die gegen wärtigei noch
iuiiner anhaltende beträchtliche Theurung aller Lebens-
mittel za solchen ausserge wohn liehen Fahlen rechnen, und
&iiin sollte dem ersten Ansehen nach in dem Gedanken
stehen^ dass in dieser Rücksicht einige Unterstützung an
die bedürftige Classe dieser Fabrikarbeiter nötig wäre, und
abo statt haben sollte.
Allein wenn wir allerforderst in ßetrachtiing gezogen^
wie die nur mit vieler Mühe zu Stand gebrachte und erst
wit einem Jahr angefangene Armen-Casaa dermalen noch
einen sehr unbeträchtlichen Fond ausmache, um für eine
allgemeine Noth und Unterstützung verwendet werden zu
köaneui massen wenn wir von den vorhandenen ca. 2400
hasamenterfamilien^ ohne die Seidenwinder, nicht einmal
die Hälfte als arm und bedüi*ftig annehmen, so mirden doch
«cfaon 1200 Familien unterstützt werden müssen, und wenn
KIT auf eine Haushaltung nur einen halben Sack Korn
orler Mehl rechnen» (denn von Geld Unterstützung sollte unserem
Dafürhalten nach nie die Frage sein), so würde diese für
jeden Einzelnen so geringe Unterstützung der gesamleie
Fond beinahe auf einmal erschöpfen, wobey noch nicht
unbemerkt bleiben kann, dass die übrigen 12O0 Pasaamenter-
familien^ die nichts erliielten^ über die geschwinde Ver-
lÖO
Hans JoDelL
iheüung und Erscliöphing ihres besonders auf verdieBstlü»»
Zeiten gesamieten gemeinsamen Fonds wahrsclieiiilich sehr
unzufrieden und mürrisch sein, und in dem Gedaiiken be-
stürkt werden» dass sie also nur fiir die liederlicheu mid_
sorglosen Passamenter sammlen und bej^ragen müssen.
Wenn wir überdies femer in Erwägung gezogen,
für grosse und fast nicht zu hebende Schmerigkeiten ei
solche Unterstützung haben wiwde. wenn vorher solche
stimmt würde, was und wie viel, auf was für ein© W«
und an wen eine solche Unterstützung^ die nicht in
bestehet, sollte gegeben werden, so sind wir desto einhellig
Dafürhaltens^ dass dermalen aus der vorhandenen Arm«
Cassa den mibemittelten Arbeitern noch keine Unterstützmig^
wi'tler in Frucht imd MebK noch weniger in Geld köfi
zugedacht werden.
i Wir sind auch in dieser unvorgreiflichen Meina
nmsn mehr bestÄrkt worden, als bekannt ist, dass Eti
Gnaden schon lange sownl für die weniger bemittelte
Burgerschaft, als auch für dero Unterthanen und Hiiit<
Sassen in lande» väterlicher Weise gesorget haben, da von
E. L. Fmchtkammer*) bisher Früchten in sehr moderaten
Preisen von 15 U und 18 ff, und zwar auf Begelaeö i
auch nur sesterweise an selbige sind abgegeben word«^^
und veriinitlich noch einige Zeit biss die vorhanden^^
schöne und reiche Ernd %vii'd eingesamlet sein, werden
abgegeben werden^ welches die Passamenter, die aiich allzeit
baares Geld verdienen, in den Stand gestellt hat, um diesen
sehr herabgesetzten Preis das nötige Brot und Mehl sich
anzuschaffen.
Wenn wir aber schon Hochgeacht und Gnädige Herrfl
aus den bisher angeführten meist oeconomischen Gnlndeti
in den unmassgeblichen Gedanken stehen, dass der bisher
gesammlete Fond der Armen-Cassa nicht sollte angegrifien
und dermalen Tiichts daraus sollte gezogen werden^ so
können w^r doch dabey nicht in Abred stellen, dass so wie
bald alle Haunlmltungen durch die anhaltende Theuning
in ihren häuslichen Angelegenheiten und Vermögensum'
V KommUston« die den obrigkciUicben Fruchtbandel besorgte. ^H
\ rl^ritklMonf orsorge im alten Busch
26 t
iiMÜir oder weniger luogeti gelitten haben, dasü
anch diii Pasnatnenter niüöse betroffen haben ^ dero-
pu wir die Freiheit nehmen. Euer Gnaden erlauchten
aclicen auheiDi zu stellen, ob nicht in Bot räch tniig dieser
undüter Umstünden, die Passamenter überhaupt und
Ganzen durch etwannige Herabsetzung — und zwar
* MMlfte — de8 bisher Ijestimmt gewesenen Abzugs
lg« in die besagte Armen-Cassa, und zwar bis
[bessere Zeiten, sollte erleichtert werden, wobey wir aber
f*ii' \^* Boin*n*kung machen müssen, das« in diesem
K. jjiuden belieben möchte^ vorher die Gedanken
r Herren Bandfabrikanten hierüber gefälligst zu begehren
flieh vorlegen atu lassen." ^)
Der Kleine Rat übermittelte um 19. Juni diesen Be-
dan Bandbihrikanten mit dem Ersuchen, über den
rnthaltenen Vorschlag eine Meinung zu äueaem.
antworteteTi schon nach einigen Tagen in einem
IhrUrhen SchreH»en, sie seien fa«t eiiii^timmig gegen
vorgeschlagene kt^duktion des Beitrags. Hierauf ruhte
Angelegenheit hinge^ und als endlich am 80. Mai
Bericht der Verwalter iind das Schreiben der
im Kleinen Rate verhandelt wunlen, da konnte
r, «du stell die Umstände geäuderf* hatten^ von den
•0 Massnahmen zu Gunsten der bedrängten
mgang nehmen. ") Wenn wir uns den Bericht
Verwalter vergegenwärtigen, so kommt uns das Vor-
des Kleinen Rates geradezu empörend vor. Wir
•Ik" ' " ausser acht lassen, dass damals in Folge
b^rrst Kriegswirren gar manches verschleppt
'791 verfügte die Kasse lien^it^ über 18,17B ff»
u auch für sie die erste Schwierigkeit er-
ilicli die Zinsbarmachung des Geldes. Eine solche
ie Fabrikant&n als gute (fesciiditsleut^^ schon wieder-
i VOCg>icfalftgiin> Ihre Ansicht ging dahin, es solle das
genügende Sicherheit zu 3 7«» »o die Posamenter
im«! Gew«fbe'. MM«.
EiUe» Kleiner Rat 1790, S. 173»
262 Hans Joneli.
ausgeliehen werden, indem man, ,,wann schon die jährlich
fallende Summe sehr beträchtlich seye, doch die Vermehnmg
desselben durch Zinsbarmachung nicht aus der Acht lassen
müsse; da bekannt seye, dass ohngefehr 9000 Personen^
also etwan der dritte Teil der ganzen Bevölkerung sich
mit Posamenten und Seidenwinden abgebe; mithin in vor-
fallenden verdienstlosen Zeiten, eine übergrosse Anzahl von
Menschen aus diesem Fond unterstützt werden müsste,
welches natürlicherweise einen verhältnismässig grossen
Pond^ erfordere. Ausserdem fanden sie, es würde dieses
„einen guten Effect" bei don Posamentem „bewirken* und
ihnen „etwann noch habende Zweifel wegen dem Eigentom
dieses Fonds benehmen.^ Darüber wurden nun lange Ver-
handlungen gepflogen, die uns zeigen, mit welcher Sorgfalt,
ja Ängstlichkeit man damals solche finanzielle Fragen be-
handelte.
Die Vei'walter befürchteten, durch die Anlage eines
Teiles der Gelder könnte sich die Besorgung der Kasse nach
und nach beschwerlicher und mühsamer gestalten, und es
könntt"! ausserdem der niedere Zins für die Bürgerschaft und
die Annonbeliördeii von nachteiligen Folgen sein, weil
der gesetzliche Zinsfuss 4®/o betrage. Um nun diesen
Schwierigkeiten zu begegnen, waren einige unter ihnen der
Ansicht, einzelnen Gemeindon mit vielen Posamentem Kapi-
talien bis zu 30lX) ff zu 3% vorzuschiessen, um diesen
Betrag an ihre (xemeindegenossen, die Posament«r oder
Seiden winder waren, iu kloinen Summen gegen gehörige
Sicherheit zu 4 7^' auszuleihen, da dann die Gemeinden
den Zinsübersc^huss für ihre Bemühungen zu geniessen
liättHU und die Kassavei-Avaltung nicht mit so vielen Debi-
toren belaöt«^t würdt». Nachdem nun aber die Verwalter auf
der Landschaft nähere Erkundigungen eingezogen hatten,
kamen sie aus viTschiedeneii Gründen von dieser Ansicht
wiodt.a- ab und .schlugen ihnn Kleinen Rate vor, durch Pub-
likation in (h^i obern Aintoru Liestal, Farnsburg, Waiden-
burg und Homburg bekannt zu geben, dass ein gewisses
Kapital aus der Posam(Miterkasse gegen neue ordnungs-
massige Obligationen, nicht unter BOO ff an Posamenter
gegen billigen Zins ausgeliehen werde.
Arbiiuloscaifiirsorec im alten Ba&eL
2^3
IW Klehic Hat wies diese Vorschläge zur Begntach-
an die HaushaltUBg, die nach Yerfltiss eines Jahrea
auAfdhrtidit's Memorial eiiisuudte, Sit* war der Ansicht^
CBltoo in erster Linie darauf Bedacht geuomuien werden,
stets eine «erkleckliche Summe an Baarschaft in dieser
»iH, daun't Sit» ihrem eigentliclien Zweck luoht ent-
werde. Deshalb rnüstie auf alle Fälle weiiigatens
Hälfte des Betrages in der Kas.se gelassen werden.
tlw Zinsbanuuchung der and<M*ti Hälft« aber gingen
kl ' ' aufeinander. Die Minderheit wollte von einer
T» iles dt*.s Geldes auf der Landschaft niehls
le solche im Interesse der Ärmen-
^k^u und d*:^r liurgernchait bedenJdich* Wenn es denn
pehen werden müsse, so solle man es wenigstens in
It oder auswärts anlegten,
Db Mehrheit aber war mit den Vurschlügen der Ver-
iig einverstanden. Sie fand, der Fonds sei nicht so be-
1^ daKSSt*int^ Zinsbarmaclmng derBürgerscliaft Schaden
kdntie« namentlich da diese bereits Geld su 2 Vs und
Ivolke anbiete. Es sei auch nur billig, dass das
L; ,: uen angelegt würdt*, welche» dazu heigetragen
Auf die^e Weise könnte auch das Miss trauen be-
werden, das bei einem grossen Teil der Posamenter
aden sei, was aber nicht der Fall wEre, wenn der
iiinebt*hciltene Arbeitslohn in der Stadt oder gar
Terliehen würde. Am 2. .luni 1702 wtirde die
im Kleint*n K^ite behandelt und beschlossen :
•Wird ii^stgesetzt, dass his aiif weitere Verordnung die
d#r Beitrtige un angelegt bleiben solle. Betreffend
tuiderei Hülff«*, SO sollen die Bedencken und Berichte
HH. Bandf.Hbrikanten zugestellt werden, um meinen
H. ihr^ Vorschläge einssugelien und ob sie nicht einen
•il davrin übernehmen möchten, zu berichten. Indessen
' LH^n aufm Lande ausgestellt.^
uahme ein^s Teiles des Geldes wollten
abisr die Fabnkanten begreiflicherweise nichts wissen,
«nf eitiü Molcbi* Weise das Misstrauen unter den Ar-
pm ttiir noch gesteigert worden wäre. Dagegen
^m vor, man solh^ es ruhig tler Verwaltttng ttber-
264 Hans Joncli.
lassen, wie bis anhin, so auch künftig, das flüssige Geld
gegen gute Hinterlage anzulegen. Dieser Ansicht pflichtete
der Kleine Rat am 27. Juni 1792 bei, womit diese erste
Schwierigkeit gehoben war. ^)
Anfangs April 1793 meldeten sich viele verdienstlose
Po^menter und Seidenwinder aus dem Zyfnertale beim
Präsidenton Burckhardt, um eine Unterstützung aus der
Kasse zu erwirken. Dieser erklärte ihnen jedoch, er sei
von sich aus nicht in der I-Äge, ihrem Begehren zu ent-
sprechen. Die Venvaltung könne die Frage einer Unter-
stützung erst dann prüfen, wenn seitens der Landvögte.
Ijandgoistlichen oder Band Fabrikanten gehörige Anzeige
gemacht werde. Als sich aber die Besuche mehrten,
veranlasste Burckhardt das Kollegitim, der Sache doch
näher zu treten. Und so wurden denn am 10. April die
Baudfabrikanten und der Landvogt von Waidenburg er-
sucht, darüber zu berichten, ob wirklich Verdienstlosigkeit
auf der Landschaft herrsche und ob die Klagen der Posa-
nienter berechtigt seien. Der Landvogt von Waldenbnrg
nalim riarauf im Zyfnortale und einigen nahe gelegenen
Dörfc^rn eine Zählung der Verdienstlosen vor und sandte
nach Vorfluss von drei Wochen deren Ergebnisse ein.
(jloichzeitig antworteten auch die Bandfabrikanten. Sie
waren fast einhellig der Meinung, der Sommer sei nicht der
Zeitpunkt . um Unterstützungen auszurichten. Dieser Ansicht
stinnnK» auch di(* Verwaltung in ihrem Bedenken an den
Kloinen Rat zu: sie fand, man solle wenigstens den Winter
abwarten, weil sclir viele Sei<hMibandarbeiter nun anderweitig
Verdienst fänden. Ausserdem sei die Zahl der Arbeitslosen
nii-lit so gross, auch befänden sicli (lanmter viele, die als lieder-
liche Arbeitt?r seit Jahren nicht mehr für Baudfabrikanten
gt*arl)nit<*t hätU'U, mithin auch kcMue Unterstützung erhalten
könntiMi.-)
«) I»rotolvol]c: 04, S. 5 tV.
Protokolle, Kleiner R:U i;«)!, S. hs,.
Protokolle, Kleiner Rat 1792,. S. 5«) fi"., 177, 211.
Flandel und (rewerbe: MMj.
-) Protokolle: O^. S. 22 IV.
Handel und Gewerbe: .MM4.
1
Arbettslosenfursorge im allen Basel,
265
,Der Kleine Rat wies das Bedenken wieder an rlie
Ittmg zurück, am von ihr neue Eröffnungen zu er-
Iten. Ain 29, Juni vertilgte aieh die Versvalttmg zu-
imen, bei welchem Anlasse der Präsident eröffnete, „rlasg
BehÄndhing ol>igen Bedenkens hey U. (in. Herren die
ftnken dahin gegangen:
I L dass die Herren Deputierten vorläufig beraten möchten,
wie allenfalJs gegen den Winter die verdienstloöen
Passamenter und Seidenwinder zu unterstützen wären.
|2. daas zu Hebung alles Mistrauens der Passamenter
gegen die Passamen ter-Cassa ab der Landschaft einige
Passamenter möchten in die Stadt beschieden werden,
um ihnen die nötige Einsicht über die Verwaltung
zu geben, auf welch letzteres stmdeiiich Tliro Gnaden
Herr Bürgermeister Debary angedningen hätten.'^
Bezüglich des ersten Punktes wurde beschlossen^ die Be-
I mtongen auszustellen, da eich die Deputierten nur in kleiner
' AtiEahl eingefunden hatten^ und „die gegenwärtigen Kriegs-
operationen und die vorstechende Frankfurter Messe einigen
Einflaga auf die mehrere oder mindere Verdienstlosigkeit
<Ier Pftfieamenter gegen den Winter haben könnte^, ^)
Um die zweite sich ergebende Schwierigkeit, nämlich
das Misgtrauen der Landbevölkeniug zu beseitigen, war man
KBditig einverstanden, auf einen bestimmten Tag einige ver*
nftige, rechtschaffene und beniittelto Männer, welche das
Vertrauen der Posamenter besassen, vorzuladen. Diesen
wollte man bei nächster Lieferung des Beitrags in die IiLasse
^e nötige Einsicht und Auskunft über die Verwaltung der-
selben erteilen. Die Zahl dieser Ausschüsse wurde auf sieben
festgesetzt, nämlich drei aus dem Amt Waidenburg, zwei
Äos dem Amt Farnsburg umi je eini>r aus den Ämtern
Jpiuburg und Liestah
H Wirklich erschienen am IIL Juli die Ausschüsse big
Inf einen. ^Nachdem gut befunden worden, jeden derselben
Kden Gang und Versäumnis mit einem halben Neuthaler
der Cassa zu entschädigen , mit der Anzeig, dass dieses
die erste Ausgabe seye^ so aus der Cassa bezahlt worden^
>> Protokolle. Kleiner Rat 1793, S. 21t.
Frotokone: Ou S. 26.
266 Hans Joneli.
massen bisher alle Ausgaben für den Schreiber, den Stadl-
bott, für Geldsäck etc. von U. 6. HH. bezalt und vergütet
worden seye," wurden die Ausschüsse hereingerufen und
ihnen vom Präsidenten mitgeteilt, „dass unseren Gn. Herren
mit Missfallon zu vernehmen gekommen, dass unt^r den
Passamentern noch immer Leute sich befinden, welche
nicht nur wegen Errichtung der Passamenter-Cassa Unzu-
friedenheit äusseren, sondern Selbsten wegen der Absicht
und der Vorwaltung derselben Zweifel und irrige Begriffe
haben, dahero Hochgedacht Uns. Gn. Herren aus landes-
väterl icher Güte und Gnade, den H.Deputierten zur Passa-
menter-Cassa den Auftrag erteilet, einige Passanienter ans
den obern Amtern der Landschaft anhero zu bescheiden,
um ihnen zu Händen der übrigen und zu ihrer Uberzen-
gung und Beiiihigung die nötige Auskunft und Einsicht
zu geben und zu gestatten; zu dem End wurden diese:
Männer boy der Errichtung und dem Endzweck der
Fassamenter-Cassa auf die gednickte und im ganzen liind '.
publicirte Vorordnung vom 14. Februar 1789 verwiesen.
We^en der Verwaltung aber wurde ihnen aber Auskunft
und P^iiiHicht t»rt(»ilet, und aus dem Einnalim- u. Ausgabbach
v()r^eli»snn. avjis bisher eingenommen und was und wohin
davon angelegt und zinsbar gemacht worden. Wo dai
übrige (if»ld verwahret sey, imd dass von den 3 Schlüsäel,
drey HorrcMi Jeder Einen habe. . . . Sodann waren dieae
Passanienter-Ausschüss gegenwärtig, da die Beitrag von dan
hiesigen und frenuh^n Herron Fabricanten und den hiesigen
Passanientern-]\Ieistern geliefert wurden — und wurde ihnen
erklärt, wie solcht^ gt^sanilet werden — anbey die Anme^
kung gemacht — dass wenn schon das Passamenten über- 4
haupt (Miiigon Stillstand habe, durch laut der jetzt gefallenen -■
Summe erheh», dass in dm letzten 6 Monaten noch mehrere ;
Hundert Tausend Pt'undt Arbeitslohn an die sämtlichen ;
Passaiuf'nter seyon bezahlt worden, imd also noch keine 90
allgemeine Verdienstlosigkoit stattfinde, dass dato schon
eino allgenioinc T^ntorstützung Platz greifen solle.
Nachdem nun diese Ausschüsse über alles Auskunft
erhalten, so wurde ihnen nochmals aufgetragen, bei allen
Gelegenheiten ihren Mit-Landleuten bekannt zu machen, m
1
AfbeitftioficnfilrsQrgc im iütcn BaseK
267
tit tinr EU thoii verspraciien, sondern sich auch für
ibnea orwii^dene Gnad und Güte bedanket; und nach-
je<lMU d**r üben erkannte '/^ Neuthaler icugestellt
^ c^aben sie eich wieder auf den Heimweg."*)
1* der Anstosa zu dieaen Ausschüssen vom
»«n EjbAv uuijging, wunle im Schosse dieser Behörde
Juli ein Anzug gestellt und angenommen^ die Kom-
>n ^llt* b»^richten^ auf welche Veranlassung und auf
Iwm Btifehl, wie auch auf welche Art die Landleute
fcn worden seien.^
lurch fühlte sich die Verwaltung sehr beleidigt^
ili*tf« aber doch getreulich und bemerkte, die Süt*
pr 9men bereit^ ihre Stellen^ die sie ^ weder gesucht
erschmeichelt* hätten, andern abzutreten. Die Ver-
Bg hüL)!« ja nur im Einverständnis mit dem Kleinen
Igtihdndell, wenn sie die Sache nicht publik werden liess.
[l>i»r Kleine Rat Hess es denn auch am T.August mit
Ifericht-e b«* wenden und bezeugte L. Kommission sein
lägen.' i
ganz unberechtigt scheint nnn aber das ^lisstrauen
nicht gewesen zn sein; denn in der gleichen
ag, r die Ausschüsse empfangen wurden, bo-
dio Verwaltung der Kasse ^ den Präsidenten der
1^ n, J. J* Bachofen, zti ersuchen, ,,samtlichen
i* u die nötige und begründete Vorstellung zu
bfn, daÄ* die Herren Deputirten in Zukunft nichts aU
Gdt, woran sich kein Verlurat ergeben wirdt, er-
ansonsten V " n nach Pflicht und Gewissen ün.
dii%H>n t lg timn müssten.'* Es hatte sich
«rg«»ben, dms schon öfters, namentlich aber am
iLnlä9!^lich der Lieferung des neunten Beitrages»
,J.,r.,.. i.liff^^n^ Silber Gelt und Müntz, nicht gang-
i tind ganz leichte, abgefeilte franzijsische
l^oni atien Geprägtes "* zum Nachteil der Kasse ge-
worden waren/)
»i .ncr IUI i;«}^. S. 267
268 Hans Joneli.
Da anfangs 1794 wieder ein beträchtliclier Beitra
•die Kasse fiel, sah sich die Verwaltung nicht veranlasst
ausgestellte Beratung wegen einer Unterstützung der ]
menter vorzunehmen, namentlich da auch, wie aus
anfangs 1795 eingegangenen Bericht für 1794 zu entnol
ist, die Geschäfte anhaltend gut gingen. Dagegen sta
die Fruchtpreise unerhört hoch, weshalb sich der E
Biat am 31. März des erstgenannten Jahres veranlasst
die Landvögte um einen Bericht anzugehen. Üb<
stimmend berichteten denn der Obervogt Gemuseus
Homburg, der Obervogt Hagenbach von Famsburg un<
•Obervogt Müller von Waidenburg, es sei einstimi
Wunsch der Posamenter, dass der Beitrag an die Ai
kasse abgeschafft werde. In demselben Sinne äusserte
eine zahlreich unterschriebene Petition aus Sissacl
welcher ausgerechnet wurde, dass ein Posamenter jäl
416 ff 10 ^ 0 4 verdiene, dagegen für Stuh
Winden, Einschlag, Faden, Öl und Licht, Botenlohi
die Armenkasse 269 ff 13 ^ 4 ^ verausgabe, so
ihm nur 146 ff 16 ^ 8 cj blieben, womit er „sich
sein Weib und Kinder in Speis und Trank, Kleidung
allen andoren Notdurft, gesund und krank, erhalten,
alle andereu Abgaben daraus abrichten müsse." *)
Die Eingaben wurden vom Kleinen B*ate den ]
fabrikanten zugestellt mit der Bitte, der Kommissioi
Armenkasse einen Bericht einzugebeu. Diese antwo;
am 16. April, „dass dieser Beytrag zwar sollte beybel
werden, bis ein genügsamer Fond beysammen wäre, i
verdienstlosen Zeiten, wann die Fabriquen allenfalls
Stillstand erlitten und die Arbeit ins Stecken gei
denen Arbeiteren auf andere Art Unterstützung zu
schaffen; indeme es bey gegenwärtigen, obwohl th
Zeiten wo die Fabriquen im besten Gange sind un
Arbeiter vollauf zu thun haben, und am Verdienst ]
weniger als Mangel leiden. Schade wäre, wann eine
herrliche Stiftung, deren Einrichtung viele Mühe gel
und die bis dato ihren schönen Fortgang und Nutzen
*) Handel und Gewerbe: MM4.
ArtiriUto«enfär«OT|*e im alten Basüel,
2bq^
i¥T oder auch nur für oiriige Zeit oingest^Ilet lUid
i»bpu würdcj und schwer — schwerer als nie —
I«» e« hernach halten, sie wieder einzuführen und in
zu bringen.
rmnit auch alh^nfallö Unsere Gn* Herren gut finden
in Angehen des Beytrage» zu dieser Armen-Cassa
dtinnaligtni Ztäten etwa-s abznändei*n, so iiud8ert«5n
von unSj die jedüch auch der Majora beygeütixunit^
I Gedanken dahin^ dass in diesem Fall wenigstens nur
lelfile des Btntnigä, nicht aber da« Ganze auf einmal
m werden tnöchte. Nur eine Meinung ging da-
dieser Beytrag bis ein Jahr nach dem Frieden.
ft werden/
iv'Miiuission ihrerseits beantrugti* ebenfalls, den
flicht gan^ fallen zu lassen, war dagegen in der
^ung Ob^ die Beibehalttmg des ganzen Beitrages ge-
*t ' 'itit ötioHute für den Status ijuo, dagegen
it denselben auf die Hälfte heruntei^setzen,
liitlelpreis der Frucht wieder unter 6 Neutaler
T' h war also der Fall bereits eingetroffen, der
'^- run!^ der Kasse für die Verabfolgung ein»*r
^ -i- massgebend angenommen \inirde.*)
[lier Kleine Rat aber beschloss am 10. Juni 1796^ es
beim Bisherigen bewenden zu lassen. Immerhin
'di» V#*rwalier ersucLt, bei der nächsten Rechnung
mosgi* Posamentor vor sich zu rufen.*)
" r Ratserkanntnis wurde ^^eder in die
.. .. geschrii^ben^ am 24. Juli eine gleiche
mso vtm Posamentern in die Stadt zu senden,
»lahre 1798, jedoch «us andern Dörfern als damals.
LOfwM'JiÜÄse erschienen ?.ur festgesetzten Zeit, und (»s
ilii]<*n wi»» ihm frühem Kinsicht in die Verwaltung
g^w&brtf nachdem ihnen der Präsident vorher
if des femtini und ung^sehmülerten Bei-
p^. . ..L hiitte. Darauf wurden die Männer wieder
•und gut befunden, ihnen wegen dem schlechten
ta«Mi »
l'fotokolK «7*J5» S* 137*
2JO
Hans Joneli.
Regenwetter anstatt wie vorhin einen halben Neutalor
rei 80 jedem ab Taglohn aas der Posamenterkasse
Hitellen.^ »)
Mit dem Jahre 1795 verstuimiien dann die Klagen öh
Verdienstloöigkeit und teure Zeiten. Die Bandfabiikadol
erfreute sich eines andauernd guten Geschäftsganges,
aus den hohon Beitragen ersichtlich ist^ die alle
Monate eingingen. Infolge dessen war der Fonds im Ja
17^*7 bereits auf nahezu lOO^OCX) ff angewachsen.
Bandfabrikanten fanden daher, er sei nun hinlänglich
ötarkt, um im Notfälle zu dienen. Daher beantragten i
am 6. Januar 1798 in einem Schreiben an die Verwahti
desselben, den Beitrag auf die Hälfte herabzusetzen, Eä
vollständiger Erlass des Beitrags schien ihnen einstw'oilo
noch nicht ratsam zu sein, da die Zinsen nötigenfalls aic
ausgereicht hätten.
Die Kommission war mit diesem Vorschlag eiuvc
standen und empfahl ihn daher dem Kleinen Rat« zur
nähme. Immerhin fand sie es für angezeigt, dazu n^x
zwei Anregungen zu machen. Wir entnehmen darüber de
Bericht was folgt:
^Da wir aber zugleich überzeugt sind^ ihuss wu^ die
Anstalt zum Besten der Passamenter errichtet worden, di^
selbe auch den Fabrikanten selbst in vorkommenden FaU«
Ton Nutzen seye, wann ihre Arbeiter daraus können
tröstet werden, so nehmen wir die Freiheit Euer Qnada
anzuraten, den Herren Bandfabrikanten wissen zu mache
dass Hochdieaelben gern sehen würden, wenn die Her
Bandfabrikanten die abgetane Hälfte Beitrag aus dem ihrij
als einen frey will igen Beitrag zu dieser Cassa ergäna
würden^ als welches notwendig die Arbeiter zu grössere
Vertrauen und Dank leiten würde.
Wir glauben dieses Euer Gnaden umso mehr anra^
zu dürfen, als uns eröffaiet worden, dass mehrere H.
fabrikanten den gleichen Oedanken haben und denselben
erfüllt zu wissen^ kund thun.
<) Protokolle: O*. S. 44.
Arli^tt«lo«(cnfün>orge im alten Basel.
27t
Tem&m wünschen wir^ dass Ew. Gnaden, wie schon
go^diehen, «inige Ausschüsse aus den betreffenden
_ ri auf eine bestimmte Zeit wollten anhero be-
i^Aen, nm i]iueu die Verwaltung der Cajssa nebst
>lig]itioncn und Geldvorrath einseben zu laasen, um
Ilen&Us hegende Misstrauen benehmen, welches dann
lahr, oder von Z»^it zu Zeit beseheben sollte. "^ *)
)ni Be4lenken wurde am 13. Januar im Kleinen Eate
Die Behörde beschloss wegen der Beitrags*
%ng »in Gutachien der Bundtalinkanten einzufordern,
der Einberufung der Ans^ilülsso eiI^mi- uHrli dem Be-
f»n zu verfahren. *t
)araufhtn antworteten die Bandfabrikanten am 21. Januar:
fRiitHm wir einhellig den von unseren Bandarbeitern
liiflber inne behaltenen Boytrag zur Passamenter-
C&sfia von morndrigen 22. Januar an einzuötellen
nuUiig eracht.et, iina aber zugleich dahin vereinigt^ da
wir von dem Nutzen der Fortdauer dieses Institut«
llberzeagl sind: dass ein jeder von uns die Hälfte
d«niil)« 90 bisher den Baudarbeitern als Beitrag am
Lohn inne behalten worden iat, aus dem Seinigen
bejseica legen wollen, und zwar für so lange, bis daas
Übf»r zwirckmässige Anwendung von Zinsen und allen*
falls fernem zu bestimmenden Beitrag zwischen Aus-
jektoaan von uns den Bandfabrikanten und Au^
m von Lundbürg^rni so Passamenter sind^ ein
iTerkomamis zu Stande gekommen seyn werde.
! Wftnarhen wir einhellig, dass die Verwaltung dieser
PiWiamentr?rkan8a uns den Bandfabricant^^n und einer
^eichmisatgen Anzahl Ausschüssen von unsern Land*
Arbeitern unter obrigkeitiicheni Präsidio in Zukunft
ftbtirirmgen ^ * ' bisher verwaltende E. Deputation
• FiMsair i aber ihren letzten Status drucken
:iimhjger Wunsch^ dass die Summe des
^^-._cn OapitalSf anstatt wie solche anfing-
l*iotiikoile. KkiiKr fUt J79^, S. t\.
27- Hans Joneli.
lieh und bi» dato aiif die Hälfte des Ganzen bestimm
war. nunmehr auf zehntausend Pfund fixiert und alles
übrige zinsbar gemacht werden solle."')
Der Kleine Eat nahm am 24. Januar von diesen Vor-
schlägen Kenntnis und beschloss hierauf;
^AVird die Verfügung wegen eingestelltem Beytrag der
Arbeiter genehmigt, über das generöse Anerbieten der HE
Bandt'abricauten aber, welches anmit angenommen, soll den-
selben E. E. u. W. W. Raths Dank und Vergnügen bezeugt
worden. Die übrigen Vorschläge werden ausgestellt." *j
Unterdessen war auch im Kanton Basel die Eevolution
ausgebrochen. Infolge des siegreichen Ausgangs derselben
legte der Grosse Eat am 5. Februar die Gewalt in die
Hände der Nationalversammlung nieder, an die die Posameuter
sofort f()lgenti<^s Schreibon richteten:
Freyhoit Gleichheit
Ein igkoit Zutrauen
Lieb(» Mitbürger!
Da wir durch die Leitung Gottes die Zeit erlebt
haben, dass Gloichhoit. Froyheit und Beschützung des
Eigontlmms das allgemoino Losungs-Wort ist, so ist man
allgonieiii be^laubt. dass die Passam enter-Cassa denen,
wel(jh(*n das darin bol'indliche abgezogen worden, eben so
wohl ihr EigiMitlium Roy. als andern Professonen ihr verdientes
(iolt.
AVir wissen wolil, dass bey Stiftung derselben auf
Guttes abgi\solion wM)rdeii, um den Armen in dürftigen
Zeiten auf/.iilielfon. und sie zu unterstützen; Wir wüflsen
abfM* auch und hal)on os mit Bedauern erfahren, dass hev
den allörl)Mtrül)tesien und schwersten Zeiten, da der arme
PassaniHnter (his j\h»lil auf seinem Rucken hat herzutragen
müssen, solchen Abzug nicht nur nicht eingestelt worden,
sondern dass man nicht Einmal den l)edürftigsten Armen etwas
davon hat zutliessen lass<»n, und einem Jeden noch immer-
fort von seinem mit saurer Mühe erworbenen Arbeita-Lohu
mit (lewalt abgezog(?n. oh man sieh schon damals gemein-
h Mandel und Gewerbe: MM*.
*l Protokolle, Kleiner Rat 170S, S. 27.
Afiicililaiailftftorge im altini Ba>eJ.
^73
einige Mubl in iiDt^rthänigstpr Ansncliaug an
Ere flamala gonaunteti Gtilkligen Herren gewaiit so war
alki» viirgohens und wir al1«.«mahl mit Spott imd Hohn
L»r abgewiei?*,^!!. Einige »»ogar, welche es wtigten nur
reuig froy darüber zn sprwhen^ wurden im Gefang-
Eingf9sp«4rrt und in einem Hohen Hanse alhier wurde
Hantit der dieser S ' i einen Kanzley-Befehl
te. mit der Antwoi get: Ja. man wird dir
goli\.'n, aber an Karren.*)
l> ' s) wollen wir nnn vergessen, die Zeiten haben
Ij,,. ..-.- geändert, doch da^ geben wir noch Jedermann
^rwftgung, das« bey obgemeldeten schweren Zeiten ein
Profesfiionist den Lahn und Preiss seiner Arbeit ver-
and verdoppeln konnte^ biss er die drückent und
Ä*iti*n hat bestreiten können. Nur der Passe-
liter allüin hat bey iseiner Tax bleiben müssen, ohne daas
StUleateben des Abzngs g^niacht wTirde.
fir wnnftU'n zwar und erkennen es auch, dass unter
Bandfabrikanten Herren waren, die unsere Noth sahen,
derselben durch Wohlthateji abzuhelfen suchten, aber
rn nur wenige, und ihre Macht war eingeschränkt.
?n Ton der Mehrheit der andern überstimmt^ und
Vehrhmt der Ijandleute musste die Härte der Mehrheit
' ' I ren,
. .Jigkeit mixile, sind wir nun aUgemein ent-
kMQMii, so gnt ab für die Freyheit, wegen dieser Hache
[Eaf^m, haben aber «las gntte Zutniuen zu uns^^ni Lieben
und neuen ^' ^ :iebem, sie werden unsem
iU verachteten e Mterstand txachten aufzu-
mid uni iini»er vorenthaltt.mes Eigentham zusichern.
rb«r die allgemeine Frey- nn<l Gleichheit bezeugen wir
blUirii growe Freude, aber unsere Freude ist nicht
vt)Ukommea, biss uns die Beschützung und gewisse
»be unsüre« Eigenthmns versprochen ist.
WegBn der •■-- ''frhen Rückgabe wollen wir gern
JMrtfm, bi«ii ihr i \*i Mit-Bürgcr neben den Eurigen
^^^ j»lf» Mad %7*$S wAren in Bubcndorf fiinf utibeicrholtene roiatnefiltf
^^^■1 «d4 botraft «ordco, wdl »e über die Po£aroroterk«u43 « ungtict«
PPRf'Ak'f bAttca. <Vcf|>L ProtokoUe, Kleioer Rat ir^ij» S, 172.)
tmimd^ l Omi^ md A4i«fitmi. VT, L 18
]
274 Hansjoueli. ^
j
wichtigon Geschäften Zeit erhaltet, auch diesen Artilwl
gänzlich zu berichtigen, aber wir verlangen, dass Ihr es
biss dahin ganz in Euren Schutz nehmet.
Nebst Gniss und Freundschaft verharren die Ausschüsse
der Posamentern:
Hans Jacob Müller von Bubendorf.
Hans .Jakob (xisy von Lampenberg.
Marty Rächer von Ziefen.
Auf diese Eingabe hin fasste die provisorische Regie-
rung am 10. Februar den Beschluss:
„Die Nationalversammlung nimmt die Casse als das ,
Eigen thum derjenigen Possainenter, die dazu eingeschossen *
haben in Schutz, ladet die Ausschüsse von denselben ein,
Vorschläge wegen fernerer Vei-fügiingon vorzidegen. Unter- "■
dessen sind die B. B. Repräsentanten Mej-er von Kilchberg, i
Fiechtor von Bökten. Aenishänslin von Gelterkinden, 2
Martin von Bubcmdorf, Schwob von Brattelen und Jörv von ^
Reigoldswil ernannt, noch heute die Schlüssel dieser Casse -
in Verwahmng zu nehmen, und sind der Nationalversamm-
lung dafür verantwortlich.^ ^1
Diesem Beschlüsse wurde sofort nachgelebt. Zunächst
nahmen die genannton Volksvertreter den Fonds in Ver-
wahrung. Laut Empfangsbescheinigung befanden sich in
der Kasse l(),00i) Neuthaler und 31 Obligationen im Be-
trage von 41 »,558 u 6 ß H J). Dann wählten die Posamenter
auf je 50 einen Wahlmann imd diese die Ausschüsse,
welche wegen Verteilung der Kasse Vorsclilägo einzubringen
harten. Schon nach wenigen Tagen kamen sie ihrem Auf- i
trage nach, indom sie der Nationalversammlung nachstehen- j
des Schreiben sandten:
Freilieit Gleichheit
Liebe Zutrauen
Bürger Representiinten!
Wir Ausschüsse der Possamenter kommen auf die Auf-
forderung der Nationalversammlung wegen Vertheilung der
*) Protokolle: A'. National ver&;\ni ml uujij, 1798 Februar 6 bis 17<)S
April 18, S. i.^
Haudcl und Gewerbe: MM4.
Arbeitslosen/uriorge im alten B^^el
275
tmI.m. V.
?lilägeti als unseren
nitAT-ArcDun-CassH mit folg*»
:!hen bei denselben ein;
. Da wir nun tiiich (rott«s Regienmg und URch dem
ftUgi^nieinnn Wiinöch der Possaniöutor die Zeit erlobt
kabeiif d^ss uns nicht nur unser mit Kummer und
BtwgfaXt wohlverdienter ArbeitÄ-Lohn ganz gegebeti
wi ■ * I t das8 uns auch unser mit vielem Verdruss
ETI- . --^ - lies Eigenthum wieder soll gegeben
Wftnleu, 90 luibmi die Possamenter auf Autrag der
NiUiiinsilverHnmmlung am 10, dies AuBschüsso ernannt,
lim V^orschläge zu thun, wie man diese CasBe zum
Bt*!gtj?n eines tleden verwenden oder vertbeilen solle,
I YorK'bligo zn tiiun zu wohltJiätigen Stiftungen ist
die Schuldigkeit eines jeden reclitgesinnten Mannes,
wir glauben auch, dass bei Stiftung der Possam eater-
Cnae^ wähl auf Gutes abgesebn ^-urde^ ist aber bis
dahin gar nicht zum Benten der Armen veni^^endet
wonlnn. wann es schon in InHrübten Zeiten» in denen
wir binge gewesen ^ sehr nötig wäre.
» Wä» aber zu wohlthätigen Absicht>en bestimmt ist,
amü tiiciit den geringsten Schein von Ungerechtigkeit
kabeOf «onst verliert rs allen WertlL So verhält es
flidi auch, wenn der ungleich gesammelte Fonds za
eitlem allgemeinen Ent^wnck verwendet werden sollt»?.
Nicht eher können wir glauben* wir haben unser
Ki^ffmcbum erhalten, bis jeder einzelne es fühlt, dajss
in Eigenthum wiixler in Händen hat^ Wir vor*
iiiijgHji daher ein jeder Partirular sein Eigenthum
wiinler zurück nach der allgemeinen (lerechtigkeit-
uod nieichheits*Regel: Wer viel zurück gelassen bat, hat
T^ rdern, und wer wenig zurückgelassen, hat wenig
£u . iu, änderst lässt sich diese Gasse nicht theilen
find uÄch Billigkeit zunickgeben. Damit aber eine solche
BArk^be möglich werde, müssen die Band fuhrt kanten
er "^ ' len, dass ein jeder aus seinen Büchern
m* ^i^\ er einem jedem Arbeiter innebehaltren.
Die««* Am^ügo müssen den Possamenter-Ausschüssen
#iikgeh&ndigt werden, welche alsdann die Arbeiter
H^eh ''»**• n^Mnr*Hu]*^n »ertheilon und das Contingent
-t ::i> Jon eil.
'»: •■ :;:«i!.'j':! ^r*:;:.iiiiie zusaiuiiien berechnen, die
'^ : = • '-•>;4!!ui:!r. Ulli Beiträge aller Possamenter
•>'ii ■• \r"i» :; fi iTi Verzeichnis gebracht, welches
'..... .^ :•'• ■■••./.'«•rr lud in alle Gemeinden versandt
^ "** :t. • :•• -•.' 'nt^iikation aller Orten erschienen,
M v :•; r- :'.;^".-?! Aujiscliüsse zur VertheiluDg der
" ^ - - ■•■■•:. : • • -i it' M Au5?iH;hiissen einer jeden Ge-
. \ . ... ;: ihMi-riHtert, welchen es obliegen
- ■ V . •■ ':••!• «'Tin^i Mach der gedruckten Vor-
: • ■ 'l^?t'uri:"ni zu besorgen.
• ... • .^jj. .- :-^':v:^ ii^'it'r v»»rs<.'hiedenen Auszüge
•• ■• -i.:*. ■ •- voilfu wir ».^int^n Schreiber er-
•:•..•■. uu M diesen ins < Gelübde nehmen,
'* ■ •. "" iJ*''" iit' V-ieheirnhaltung seine«
• :- ••.^^ ^:- '■■'[•TiT labe, 'lass sie niemand
^ - '.^ ■ -i'.» 'i S'iireiber uml wir engem
. ■^.. ■^.^. \ ■ .M. 'iiuiU ieswejjen Verschwiegen-
•■.-■■■ '►»Koiiinieu.
V. •. ■ k:i:'".; HUT /AI ilii»s»-*n Auszügen
■ - \ ■■• '. -iowohl wfiTen Versäumnis
.;^^ ^» la!'« n. lis weijHii dem Nacb-
■■•••■■ i<.'> ulzuvi.-i ClM-reiiTUJ:^ ••nt-
\ ■ ^■.■.vi:*'*: i:'.-r. dass dr^i M-^iuirhe
* .. . i •--. • :^>. . '>»'/aiilunij: d«-'sSch~i:>rs
• ■> .■ X . . , •• /ju-r^t .lus d^-:i Zinsen
- ■ • ■■ \ :» '.• K'ST 1;h<it Zi!:>eri zn
■ '• x ■ nit-ri wir Tis •^►•s*'L'iers
■» • ■""■.■*
'■ . . • •■'»': Bu'*»'i:'i. rr.
■ > ■ < ■: '. .Jiii,.t'!:^^-r:j:
■ ' ' ■. < ■ : \- ■••■:: >r-!'-t- risrer:;
■- ■' - •• ■. "^iss;*cii.
■■'•■■ "\'''-. Viii K":l::»-!i :aru
.... - i
AfbefUlotcitfUrsorgc im alten BubcL
277
' Diese Vorschläge der Posamenter wurden am 21. Februar
Natiormlverstimiulung lebhaft iliskutiert Die meieten
'>n sich für die Verteilung der Kasse unter
„..iteu auÄ, Für die Beibi'haltung des Fonds
dD »ich nur Johiinn Heinrich Wieland, der spätere
't<?r, und Lukas Legrand, der nacluualige hei-
•' iMrektor. Wielarul scheint sieh mit der Roorgaui'
der Pi>sanaent«*rknsse eingehend befa^st zu haben^
litole aber schliossltch darauf, da es ihm doch unnütz
1, jieine Idet^n Clbt^r dieseTi ( regeiu^taiid näher zu er-
Li^gruud über wehrte sich wie ein Lowe fiir den
Atieb er trug schliesHlich der herrschenden Stim-
K^?chnnng. indem er ein»*n Mittelweg vorsdilng, der
^ ' das?» er wenigstens die Hälfte der lllOXlOO ff
' >n- und AVaiseukasse zu retten suchte. Um-
üogar diefier wolilgemeinte Vorschlag wurde abgelehnt
B**^chluss gefasst:
:m Bandfabricanten gehalten seyn^ aus ihrsn
atissciiziehen, was je<ler ihrer Arbeiter seit der Er-
lüg der Posameuter-Cassa ab Abzug in die^^elbe bey-
' \ und diese Auszüge binnen zwe}^ Monateji
-n der Posamenter einzidiändigen,'* *)
I Wihreiid dieaer Verhandlungen soll sich auch die
ae Äceue ahgi*spielt haben, wo der spätere ^General *^
ilnm die Herausgabe der Posamente rkasse be-
ieo Dreierherni Miineh die Perücke umkehrte.
IiAt dia^ea Vorfall einige Jahrzehnte später in seinen
inimrungeu obemus anschatiHch geschildert.^ Dann
^ Protokolle: Af NjaiontihTrsammluug. S. 23.
I UimUI miil rtrwtTtie: MM4.
I JrJ. Mütcr, OeMiiklile der pro^htorisehen NaI iottal verkam itilung, S, 33 tT,
fil »Ol B( i Flerrii Afcbivivs*.i>.ttMitcn Dr, A. Muhet*)
[^ Avcta kiAEi wc|»eu dvr t^n^itniciitcr vor, Deitcii h»lte m^o
[«voll BfUjcn tirej KA|>|>rn m tia*cl furückbehaMeti «ml tUrau» cid«
die eiar Sftminr vtin ut\gcrahr 1 00 000 Kr. einhielt. Diese
Itttsmhjibea, ümr lUo fti*lrr hAbcti sich cntsctilicb gewehrt,
— twri Baifctar Herren — die Summe mchi hAb<ro las«c0 kön
leb 4«di da» Wort begehrt uml gc4^ii|ri: *En «theiiit, wir hi&r
du« Gdd uichl hemittkcimml, Wtf HaIku
Ic yL4J.re und zu vieL IVfrickm. Jji%k mnn * <in£yid(|| i
_ - V ^ 1 :^- '^-A
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1 ri:.-: :«-
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--:::- ii. lie
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;i-.- .'. Miliar
vir- :: >r- Cjs»
rir v:;::t..l Aas-
:•.' --^* := i ?.-- i- iiT-
ir-.-.TT:. :i^ I-* :*:', JB-
\ tmbet ihr liioun* Kepraeseuiaiiteu gern bewilligt
gotaigt. irnifi solle nnr die Anstalt treffon^ um aie
sz * ' wä,rp Euch sehr lieb, wann sit^ einmal
ijtr»r verjiiorgt wäre, iiideüi ihr dorh gl u übt,
ihr ntcht Iftnge mehr die Aufsicht darüber haben
Dif^Mun nach sind wir nun von unseren R Beninteten
^äuntlich^n Pos«aih entern hieher gc»8andt und begehren
Eadi E. Repraesentanten. dass ihr wollet no gut sein,
'"' ~ die Ariwuisntig gelif^n, wo nnd wie wir diese
-4i können Imben.
Nebst Grass und Freundschaft vt*rhanvn die ÄUöschüsse
Po«9i«ni«*iiter den 5, April 1798.
l'oderEeichnet:
Heinrich Ludmann v<m Bubentiorf.
Bescheint Hant« Börlin^ des Gerichts.
Besieheint Heinrich Straumann^ des GerichtÄ.
B<ti$chi>int Hiins Jacob Bürgi, des Gerichts.
Bescheint Hans Wahl des Gerichts.
Am 6* April wurde diese Petition in der Nationalver-
nlmig verlesen und daraufliin beschlossen^ da^ frühere
wonach die Kai«se als das Eigentum chM*ienigen
it»nti*r, die dazu beigetragen hatten, erklärt worden
I Aöclunals zu bestätigen und sie den Ausschüssen aus-
[•»m, K4il>3iM flicüt^ die nötige Sicherheit für ilie Aus-
Diig derselben nnd V^>llniatht für die Übernahnu* und
Kaerong vorgelegt habt^nJ i
EurllirJ] an» 4. Mai ktun die Kasse auf die Landschaft^
A:..^.,^f. Tilge übemiittelte Leonhard Heusler, als l*räsi-
t*rwaltung, den fünf gewesenen Mitgliedi^rn der
lottftlvfiraimmlung, die anfangs Februar die Schlüssel in
1 hatten, sowie (h^n später erwähnten
Posamenter gegen Quittung l>6,i«47 ff
nÄiuIieh 94,133 ff 7 ß 10 4 in barem Geld und
17 ^ 6 »J in nicht abgezahlten Obligationen
7ti.- n»..l \r.*r*'^, >:..^ ^'\fu (li(^ser ^ninm«^ waren
28o Hans Joneli.
92,722 U b ß an Beiträgen eingegangen,*) der Eest an
Zinsen. Als Ausgaben sind einzig verzeichnet die Ver-
gütungen an die zur Einsichtnahme in die Stadt berufenen
Ausschüsse mit 32 u 1() ß. Dagegen zeigt sich ein Manko
von (KM) ff, welche dem Sekretär aus seinem verschlossenen
Pult auf dorn Ratliaus gestohlen worden waren. Alle andern
Unkosten im Betrage von (>()<.) W waren aus der Staats-
kasse bestritten worden.*)
Die Auszüge der Fabrikanten hatten ergeben, dass in
der Kasse 4849 S 13 ß S dj felilten. Diese Summe wurde
von den Fabrikanten nachträglich noch bezahlt. Wo der
Manko h(»rrührte, lässt sicli nicht feststellen.^) Anfangs Juni
gingen dann noch die ausstehenden Beiträge der auswär-
tigen Firmen Senn in Zofingen und Meyer in Aarau ein.*i
Die Verteilung des Fonds sollte nicht ohne Veidnws
vor sich gellen. Und so schliesst denn auch <lie Akten-
sainminng mit folgender Dissonanz ab:
Freyheit Gleidiheit
Der
Ret^ioningsstatthalter des Kantons Basel
aji den
Bürg(M- riiterstattlialter il«'s Distrikts Crelterkindeu.
J^asel. den 13. Juni 1798.
Die Bürger Adam M»'y<M' von Kilchberg und Johaniios
Fieehtei" von Hökteii haben mir mit Wehnnith angebracht,
dass si.» aus Anliiss d»'r ohidiiugst übernommenen Dirfction
ül)«T die \'ert hei hing der Possam enter-Cassa vielföltigo An-
fechtungen und Schmähungen von Seite des I^mdvolkes
*• Am I I. I'rhitMF is«>|^ liiflt l*r^^fc•^s^)r Dr. Hci manu Kinkelin in der
Si:itisti>ch V(»lk.-\^irt'^l•h;l^'tlichHn Gt^ellsiluift über die Posamcntcrkiissc einen
VoriT;»;,'. il'.-s-seMi Manuskript er uns in t rcumll icher Weise zur Vcrfiiguri}» stellte,
\Noliir iliMi ;in <lii.'^('r Stulle l»esten> ^cilaiikt s»ci. Dasselbe enthält nun AuA
«riniLjtr An;:aiifn iii»'.i «ii«; L-ihiic »1er ro^anienler, woraus ersichtlich ist, dass
\nii i7>".> !)i. I ;()S ii.ihiv.u /ehn iMillioncn Franken in heutiger Wahrung auf
.li<' I/iihIm )i:itt tln^vr-ii DiT r.ciliM^' lurtruj^ i'V3% ^^^ Lohnsummc.
■■'• MamU'l lunt Cicwcih..-: MM;.
•'i Alphtm- Kiiihlm-Uci^y, Die I'.ntwicklunj; der Seidenbau dfabrikati(>D
in Wa^vA. lia^ler Jahrbuch 1S.S5, S. '»2 if.
•) Kantnnsl»latt. 4. Stück vom 1. Brachraonat I7«j8.
ArbelUtotetifürsorg^ ttn iiltcti BascL
lat
Kt mymi, daher 010 mich dringend baten, ilinon in
Bücksicht KiibB und Sicherhe>it zu vorachatfeu,
fand ilir ßegnUren so geartot, daes ich keinen An-
10. demnelben ohne anders zu entsprechen; imd
g!eb<9 Euch zu diesem Emle di>n Anitrag in Euren
hauptsächlich aber in die Wohnort© dieser beyden
ttoverüüglich die nachdrücklichate Warnung ergehen
dj4*s iiiiȟiaud weder die Recht-schaft'enheit dieser
ke noch den häuslichen Frieden und die Rechte
f '% und sich hinftirt jederman aller fernem
AutJii*tuug uinl SchniÄliung gegen diesi^lli*^ nut^r
ber B4!«trafung gänzlich enthalten soll
werdet von selbst liegreüen wie nötig eine sulcht»
[uiig tjtt^ Hill Unordnung uuil zügellose Schritte zu
büten, und dasa ich keineswegs zugeben kann, dass die
and Sicherheit eine^ einzelnen Bürgers auf gesetz-
hcn werde, lun so weniger, da es
«h 1 u mag, idcht unbenommen bleibt^
einige Klagte wiegen Besorgung der Pos^amenter-Casse
«te obwölton könnte^ auf gesätÄliche Weise vor dem
Bitditer 2U suchen.
Mit (Miss und Bniderliebe
Der Ri^gierungsstatthalter des Kantons Basel
SchmidJ)^
wir t*^ auch lei)haft hodauern, «lass die revn-
'W»'gujig im Frühjahr 1798 die Posiunenterkasae
fcgt hat, so vermögen wir trotssdem das Vorgehen
aent*>r nnd der Nationalversammlung aus der Zeit
ZQ Vi»n«ftehen. Die Revohiticin war eben keine Re-
^n im Sinne dcw Staat^sozialismus oder gar der Sozial-
n bleute, sondern „trug einen Zug der Be-
* ^ rbslust in ihrem Philosophenantlitz.**
I iing der Menschenrechte stand das
■Icmi in gleichtH* Linie mit der Freiheit, Gleichheit
t^ wofür ja die Eingaben «ler Posamenter
, ,. sind. Man dachte dabei an das Eigentum
und BiiuenSf widlte dieses Eigentum der Empor-
ttful («ewetlfe ' MM.«
2t2
HAof JoQeli,
I
«trebeuden scliützeu and mehren. In dieser bäxgerlic&
Koxiiilt'n StriMiüiög versanken allo ArbeiterschtttEbestim-
tnungen, und es versank darin auch die Posamenterknaie
Em kann nicht bestritten werden, daas die Kbssp manchi
Müngt*! aufwi(?8; aber die Idee, die ihr za Grunde la|
lulmliclt für eine bestimmte Gruppe von Arbeitern eind
Fond« zn giilnden, aus dem in Notfallen c ' ' rii
kann, war durchaus richtig: sie ist denn auL :d
von versch irdener Seite wieder aufgenommen worden. DJ
Ausrichtung von Unterstützungen* also der Hauptzwt^
wurde freilich vereitelt Soll man diese bc-dBUerliche Tirf
sHclir denj iibertriebenen Basler Sparsinn zuschreiben
Nein. Die Verwaltung war ja öfters geneigt, etwas ausd
KasMe zu vembfolgen^ allein kaum war diese gegründel
worden^ so traten Teuning und Yerdienstlosigkeit so heftig
auf, daas die Ausrichtung auch nur einer ganz bescheidenen
ünterstüticung das Institut einfach niiniert hltt^.
Die Geschichte der Kasse zeigt uns die ganze
löKigkeit, in d<T man sich befindet, wenn eine unei
Kriniö die Bandweherei heimsucht. Sie gibt aber auch
Fiibrikkoinmission rt*cht, die in ihrem ersten Gutachten voaj
1788 ihr Bedauern dariilier aussprach, dass die Kasse mchl
schon Hingst bestand. Und so liegt denn der Versuch nfih<
anzunehmen, der Fonds hätte vielleicht doch die Stämn
der Revolution ausgehalten, wenn mit seiner SaratnUtni
auch nur ein Jahrzehnt früher begonnen w*orden wärc^ uni
wenn man die Verwaltung schon im Öründungsjahre
organisiert hütte, wie es dann die Fabrikanten am Ed'
vorschlugen.
Überblicken wir schliesslich nochmals die Hilfsbestrel
ungen der Behörden zu gunsten der Verdienstlosen währeUi
defi ganzen 18. Jahrhunderts, so zeigt sicb^ dass alle Probleml
aus denen sich die Arbeitslosenfragö zusammensetzt, diskl
tiert wurden sind. Vielfach liess man es allordings lü
Vorschlägen, die von einer Behörde zur andern hin» un
hergescholK^n wurden, sein Bewenden haben; aber es feh
jAUch nicht an Massnahmen, die uns einfach Bewnnderun
^ringen^ man denke nur an den grossaitigen Versui
Arbeitslosenfürsorge im alten Basel. 283
einer Versicherung der Heimarbeiter auf der Landschaft
gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit und der Teuerung.
Damit sind wir mit unserer Darstellung zu Ende, und
60 erübrigt uns nur noch, der RedcJition der „Zeitschrift für
Geschichte und Altertumskunde '^ für die Bereitwilligkeit zu
denken, mit der sie uns ihr Organ zur Verfügung gestellt
Ittt unser Dank ist umso lebhafter, als die kleine Studie
nicht der politischen Greschichte, sondern der Wirtschafts-
geechichte entnommen ist. Indessen hoffen wir, der histo-^
zische Wildling werde der Zeitschrift nicht zur Unehre ge-
leichen, und auch zur Abklärung des Arbeitslosenproblems,
«niges beitragen.
Miszellen.
Unedirte Gemäldezyklen. In den Studien zur deutschen Kunst-
geschichte veröffentlicht Konrad Escher Untersuchungen zur Geschichte
der Wand- und Deckenmalerei in der Schweiz vom IX. bis zum Aning
des XVI. Jahrhunderts. Wir möchten dieser verdienstvollen Arbeit dH
der einen der nachfolgenden Notizen einen Nachtrag liefern.
Im Engadin, das an unbekannten Denkmälern noch sehr reich itf,
liegt zwischen Scanfs und Ponte das bedeutende Dorf Zuoz, das politisdi
seit vielen Jahrhunderten eine führende Rolle gespielt hat. Hier befinda
sich heute noch drei alte Gotteshäuser; das eine davon, seit dem Bilder-
sturm zur Rumpelkammer degradiert, enthält bedeutende Reste mittel-
alterlicher Wand- und Deckenmalerei. Wir meinen die in posthanh
romanischem Styl errichtete Sebastianskapelle mit ihren Dekorationen im
dem XV. Jahrhundert. Im Chor, der auf quadratischem Gnindriss er-
richtet ist, sieht man in der Mitte des Gewölbes im Kreis die Halbfigv
des Salvators, rings herum in vier Kreisen die geflügelten HalbfignRO
der Erzengel. Auf blauem Grund waren zwischen diesen Kreisen nodi
verschiedene Figuren und die Embleme der Evangelisten zu sehen: sie
sind nur noch in (Überresten erkennbar. Die drei Wände des Altarraunes
sind mit je einem kleinen romanischen Fenster durchbrochen; in der
Leibung des Südfensters sind rote Ranken, in der des Westfensters die
Gestalten von S. Lucius und seiner Schwester S. Emerita, oben der
Namen Jesu (I. H. S.) dargestellt. An der Südmauer, d. h. an der
Wand, die hinter dem einstigen Hochaltar sich erhebt, *) sieht man,
durch Beischriften in gotischen Minuskeln bezeichnet, die Halbfigur
Mariac, zwischen zwei Engeln, zu ihrer Rechten, d. h. auf der
Hvangelicnscite. die ganze Gestalt S. Sebastians, des Kapellenpatrons,
mit dem Pfeil als Attribut. Zur Linken Mariae steht S. Antonius, der
Eremit, mit dem Stab und dem Schwein, sowie dem weissen T auf der
linken Brust bezeichnet. Schlecht erhalten sind die Kompositionen der
Mauer auf der Evangelienseite, d. h. der Ostwand, hier sind nur Figuren
mit Pergamentrollen sichtbar. Auf der gegenüberliegenden Westwand
ist noch eine thronende bärtige Gestalt mit Schriftrolle erkennbar, ihr
gegenüber eine sitzende (weibliche?) Figur. Sehr schön erhalten sind die
Borten unten und im Bogen. In der Leibung des Triumphbogens rieh!
man in je einem oben klceblattartig abschliessenden Fenster oder Rahmen
die Brustbilder Christi und der zwölf Apostel; von den Belschriflen isl
„Philippus- und .Jacobus minor" noch deutlich erkennbar. Die Vorder-
seite des Triumphbogens zeigt eine schöne Borte mit weissen Ranken an!
M Unter den erhaltenen Malereien dieser Wand scheint noch eine ältere ScMck
zu liefen.
MiÄjcUen.
285,
Bnd; die Figuren rechts und links sind nicht mehr erkennbar,
kcn wir noch die einfachen rolen Weihungskxeuze in rotem Reif
ilrcichcn Sgramul des XVI, bis XVilL Jahrhunderts, darunter
irohleriialtcne eines Peter Planta, ein Wappenschild mit zwei
die J 1 1669. 1670. 1716. 1732. Ähnliche Sgraffilti finden
bcispici -ni Kloster Fahr, In der Tresskammer von S. Peter
und lu S. Benedctg.
Der zweite OemAtdezyklus, ein Werk vom Ende des XVI. Jahr-
bdlndel sich Im ersten Stockwerk eines vornehmen Privathanses :
de vor einigen Jahren entdeckt und im August dieses Jahres
ikh und sy^icm-itisch (reigelcgl. Den rechteckigen Raum betrat man
von der Südseite; nach Norden schauten zwei Fenster; unter der
zog sich nun der Gemäldezyklus hin, nur unterbrochen durch die-
die drei Offnungen mit ihren Barockbekrönungen sich fanden.
\ der SM* (oder Tür)w3tnd war links das Abendmahl, rechts die Fuss-
dargestcilt; über der Tür, bczw, der gemalten Scheinarchilektur
PMlKfi, Ranken und ein Fruc!itbouquct. An du Westwand: Ölberg,
Chtiiitts var dem Hohepriester, vor Herodes, die Kreuzschleppung
I dk Kreii£lfUfig. An der Fensterwand (N) Ranken über den Fenslern,
Mme d^wischen David und Goliath. An der Ostwand : Simson'
]4en tUmea und den Cselskinnbacken« mit der Tempeltür. mit Dalila
nifl der Siule« Im ganzen sind 14 oblonge Kompositionen, nur
«diwirie Striche getrennt, vorhanden, fast alle recht gut erhallen;
ImI vxrtlnzelten ist mit Absicht das Eine oder Andere zerstört
Dk Füfben haben ihre ursprüngHchc Leuchtkraft nicht eingc-
1 es ist Gewähr für pietätvolle Erhaltung geboten.
Qon dfitten Zyklus, Bilder aus dem Leben des h. Benedikt, mit
j Ktoillalnschrift CRIS FRfLOCOTENENTE DISERTINENSIS 1624
fto Verfificr anfangs September d, J, in der Kapelle S, Bencdctg ob
blosgclegl,') £. K. StOckelberf.
Eint UrlHtfide betreffend Jakob Henricpetri. Wir burgermeister
I rfaat der statt Basel verkhunden hlemit, demnach an heut dato vor
I in igcsessenem rhat erschienen ist unser getreuer lieber burger und
rtialsredner Isaac Herzog und hat uns im nammen JV^alheis
I Köhlers, burger« und handelsmanns zu Wien* undcrthänlg suppli-
febdSeii, weilen er fllr sich und andere Kauffleuth mit unserem
und tlüchligen burger Jacob HenricPctri wegen ver*
iMcfl Avigtioner taflet und banden, so derselbe ihnen hinweg-
coQßsclren lassen« in otfcntlichcm process stehe, wir wollen
; Ober selfi Heiuic*Pelris verhallen ein förmliches attestatum zukommen
Und mm zcugnuss der wahrheil niemanden zu versagen, wir
I folcflie tu beförderen so geneigt als schuldig seind, als bezeugen
diss besigt er Jacob HcnrirPctri anno 1691 bey uns grw*esen,
anserer bekantcn bürgerlichen unruhcn durch allerband gc-
\tg\. H*iit furcrirr ^«iiuo^ tifA n. 2M.
2 86 Miszellen.
fähriiche rhät und anschläg einen grossen theii alhlesslger unserer burger-
schafft verführet und von uns als ihrer ordenlich und natflrlichefl
Obrigkeit abgezogen, sie zum ungehorsam gegen uns verleitet, auch sidi
selbst zum haubt und fUhrer dieser ungehorsamen gegen uns als ihrer
Obrigkeit dargestelt, hiermit der anfanger und Urheber derjenigen leydigea
Unruhen gewesen, wodurch viel bürgere in grosses unglückh gestOrtzt
auch unser standt in höchste gefahr und Verwirrung gesetzt wordea;
dannenhero wir, weilen derselbe sich darüber flüchtig geäussert, nadi
unserer statt gebrauch und gewohnheit bey dreyen als den 16 unddOta
junij und 21ten julij anno 1692 in dem hoff unsers rhathauses under
freyem himmel angestelten gerichten demselben öffentlichen für redit
umb sich obgesagter verübter missethat halber zu verantwortten, roffcfl
und verkünden lassen, auch besagten 2lten julij denselben, weilen er
nicht erschien, als einen auffrührer, meutmacher und Zerstörer des g^
meinen friedens und ruhestandts öffentlichen verruffet und aus dem frieden
in den Unfrieden, in die acht und aberacht erklärt und ausgekände!
haben. Nachdeme aber derselbe über disshien sich nicht gescheubet
annoch ein leichtfertiges tractätlin und lästerschrift under dem titui Basel-
Babel wider unseren standt in öffentlichem truckh ausgehen zu lassea,
darinn diser boswicht unns an unserer souverainitet, ehr und anseba^
judicatur und regierung, auch viel ehrliche familien auf das empfind-
lichste und im höchsten grad angegriffen, haben wir darauffen mittvodn
den 18ten aprills des letztabgewichenen 1694ten jahrs 400 louisdors arf
seinen kopff gesetzt, auch zugleich erkant und befohlen, dass allervordriit
jenige excmpiaria von diser schmach- und lästerschrifft, soviel wir deren
bis dahin zur tiand bringen können, durch den scharffrichter alhier aaf
dem marckht öffentlichen verbrandt, dessen bildtnuss aber auf ein brdt
gemahlt, sein namme oben über den kopff auff ein blech geschrieben
und daran auffgenaglet mit dieser überschrifft: Jacob Henric-Petri eia
meutmacher und fridenszerstörer, alsdann dise seine bildnuss durch dea
Scharfrichter auff einem schütten durch die statt nach dem hochgeridil
geschleppt und alda ihme und den seinigen zu ewiger schmach. aud
menniglich zum exempel öffentlich an den galgen gehenckht werden soHe.
Gestalten dann demezuvolge den darauff gefolgten donstags disc tit
cution under zusehung einer grosse menge volckhs vorgenommen und
vollzogen worden. Zu urkhundt dessen haben wir ihme Mathis Bernhard
Kohler seinem angelegenen bitten nach gegenwertiges attestatum, umb sid
dessen, wo von nOthen haben, zu bedienen, under unserer statt hiefflr«
getruckhtcm secretinsigel zuzustellen erkannt und befohlen. Actus
sambstags den 5tcn januarij anno 1695.
Konzept im Staatsarchiv Basel, Ratsbücher D 9 Nr. 177.
August Haber.
MC jjkA JL i JL
TAFEL IV.
Selbstbildnis von Urs Graf.
-'^^
Elnunddreissigster Jahresberichl
der
historischen und antiquarischen Gesellschaft.
K Mitglieder und Kommissionen.
niiitonsc}!^ Gesellschaft zahlte am Sclilusae dea
^«reinüjahres liKH 05 256 Mitgliedor. Von diesen verlor sie
hanh* drsj» ßt^ rieht« Jahres lÜ, durch Austritt 4 und durch
Tod 6. nainlich die Herren W. Bachofen-Biirckhardt,
Ifw^lin^Merian» P. Kochliii-Keru, Adolf Merian, J. R.
Ku-ZMVin und A, VoriderMühll-Merian. Es sind einge-
Äii die Herren: Dn Patü Burcklnirdt, W. Dietschy-
^^^*"- *"-'^»*r, Dr. R. Günther^ EcL Liechtenhan-Burckhardti
VonderMühll, so dass der Gesellschaft am Scldusse
Vitrt^iaH Jahres 251 Mitglieder angehören.
t>'id«»r verlor die Gesellschaft durch dt*n Tod auch eine
pr kurPe«poiidiereTiden Älitglieder, Herrrj Prof. Heinrich
m JeiiA.
Kommiii^ion der Gesellschaft, in deren Mitglieder-
^w^^vm^.'i keine Aendemng eintrat, erleiligte ihre Geschäfte
drei Silzungen.
AoMwr der Kommission bestehen noch folgende Aua-
L FUr die Zeitschrift: Prot Albert Biirckliardt^
Fin«I<>r, Dr, K. Stehlin, Dr. R. Wackernagel und Prot
i Für ^^»- ._ 1 kundenbuch: Prot Albert Burckhardt-
fintier» Pimt A. Heusler, Dr. K. Stehlin, Prot
R, Tliommeti und Dn R. Wackernagel.
3. Für die V^n Publikationen der Goaellschaft:
Prift R . n, Dr. R Wackernagel, Dr. (r. Finaler
and Prot J, Schneiden
u
n
4. Für die Ausgrabungen in Angst: Dr. TL Boick-
hardt-Biedermann. Fritz Frey, Salinenverwalter in
Äugst, und Dr. K. Stehlin.
5. Für baslorische Stadtaltertümer: Pro! P. Gans,
Dr. K Stehlin und Prof. R A, Stückelberg.
Herr Dr. Karl Stehlin leitete ausserdem die Arbeiten
am historischen Grundbuch.
IL Sitzungen und gesellige Anlässe.
In den 11 Gesellschaftssitzungen, welche alle im grossen
Saale der G^ltenzunft statt^den, wurden folgende Yortxigd
gehalten:
1906.
30. Oktober: Herr Dr. August Burckhardt: Hans Hol-
beins Ehefrau und deren Familie.
13. November: Herr Prot Albert Burckhardt-Finsler:
Eine lOeinbasler-Chronik ans der zweiten
Hälfte des XYIIL Jahrhunderts.
27. November: Herr Dr. Karl Nef: Die Musik in GothA
Wilhelm Meister.
18. Dezember: Herr Dr. A.Pfister: Politische Beziehungen
Friedrichs des Grossen zu den evangelischen
Eidgenossen 1766—1763.
1906.
8. Januar: Herr Prof. Karl Meyer: Basel von 1848
bis 1858, n. Teil
22. Januar: Herr Dr. Jakob Oeri: Ein Vortrag Jakob
Burckhardts über das vatikanische Museom
in Bom.
B, Februar: Herr Dr. Theophil Burckhardt-Bieder
mann: Komische Kastelle am Oberrheii
aus der Zeit Diokletians.
26. Februar: Herr Dr. Fritz Vischer: Zur Geschieht
Ludwigs XVJL
12. März: Herr Pfarrer Lutz aus Illzach: Die Qha
maiereien der Stephanskirche zu Mülhause
und das Speculum humanae salvationis.
Herr Acliilles Lotz-Trueb: Das Klein-
basler Richthoiis, wie es wai% 'wne es ist,
was draus werden soll.
Die Diarclischiiittszahl der Besucher für säintliche 11
SitziiDgen betrug 46 iMaxirauiu 63, Minimum 27).
Der Verband HÜdwestdoutsclier Vereine füi' römiscb-
gt?rinaD lache Altertiimsforsehung. welchem unsre Gesellschaft
Angehört, hielt den 20. bis 22, April 1906 seine Sitzungen
in Basel ab. Die Historische Gesellschaft übeniahTii die
für die Sitzungen der VerVjandsdelegierten und lud
re Mitglieder zu den Sitzungen des Verbandes ein. Samstag
21, April fand ein gemeinsamer Ausflug nach Äugst
mit einfacher Bewirtung der Gäste in den Ruinen des
Theaters.
IIL Bibliothek.
att.
Die Bibliothek der Gesellschaft vermehrte sich im Be-
richtsjahr um 334 Bände und 102 Brochüren (1904/1905:
|84!* Bände und 101 Brochürem. Die Zaiil der Tausch-
lg«iiellschaften beträgt 208,
IV. Wissenschaf fliehe Unternehmungen und Publikationen.
In Äugst v^Tirdo die Ausgrabung der nordlichen Neben-
[linme und des nordöstliehen Eingangs vollendet. Damit
lind die Ausgrabungsarbeiten beendet Bie Grabarbeiter
[WTirtlen entlassen. Gegenwärtig ist noch eine letzte um-
I lassende Maurerarbeit im Gange. Im kommenden Bericlits-
{ifthr wird die Unternehmung beendet sein und die Spezial-
*recbnuQg aufgehoben werden können, ünterhaltungsarbeiten
. «ti Lasten des antiquarischen Fonds werden natürlich auch
* in Zukunft vorkommen. Der Passivsaldo der diesmaligen
Rechnung ist gedeckt durch den noch ausstehenden Bundes-
llHntrag pro IIMJÜ, Eine Gesamtaufnahme rler Theaterniine
wunle von Herrn Martin Stohler verfertigt.
Von der Zeitschrift erschien der fünfte Band und
bereits in dem grösseren Umfang von 3ü Bogen. Durch
Vorstärkung der Bogenzahl und durch die Ausrichtung
^on AutorhoDoraren wurden die Kosten der Zeitschrift be-
düotond erhöht
i
IV
In der Herausgabe der Basler ChroDiken ist em
längerer Stilktand eingetreten, weil der Editor, Herr Dr. Aug.
Bemoulli, von der Neujahrsblattkommission mit der Dar-
stellung der Basler Wirren von 1830/33 betraut wurde, und
durch diese Arbeit so in Ansprach genommen wird, dass
der nächste Band der Chroniken voraussichtlich erst im
Laufe des Jahres 1906 erscheinen wird.
Von den Akten zum Basler Konzil wird der VL Baud
das Material enthalten, welches Herr Dr. Beckmann in
München bei seinen Archivforschungen für die EMition der
Reichstagsakten gefunden hat, eventuell auch das in den
Ai*chiven vim Dijon, Lyon und London vorhandene MatoriaL
Die von der Kommission besclilossene Herausgabe der
Akten zur Basler Reformation wurde Herrn Dr. phiL
Karl Roth übertragen.
Der Fonds für das Urkundenbuch ist wieder ange-
wachsen^ da im Berichtsjahr kein Band zur Vollendung kam.
Im kommenden Jahr wird indessen jedenfalls ein Band voll-
endet werden, und in der Folge eine grössere Ausgabe zu
machen sein.
Beim historischen Grundbuch beträgt der Zuwachs
im Jtdire lfH)5: 757(» ZetteL Totalbestand: 140,156 Zettel
Angefertigt wurde überdies eine reduzierte Kopie des Kataste
planes des Stadtbannes und ein Dohlenplan der Stadt,
Die Gesellschaft \^nirde im verflossenen Jalu- durch zwe
wertvolle Geschenke erfreut* Von Herrn H. Georg. Buch-
händler, erhielt sie anlässlich seines fünfzigjährigen Ge-
schäfts jubiläuuis die Summe von 3CK> Franken zugewiesen.
Die Kleinbaäler Teichkorporation schenkte ihr das Album,
welches von der Korporation zur Erinnerang an den Klein-
basler Teich herausgegeben worden war. — Für diese Ge-
schenke sei den Gebern auch an dieser Stelle bestens gedankt.
Basel^ den 3L August 1906.
F. Holzachy Sclireiber.
Vom Vorstand genehmigt am 2i. September 1906,
I
ei
Jahresrechnung
kr historischen und antiquarischen Gesellschaft
vom 1. September 1905 bis 31. August 1906.
A. Oesellschaftskasse.
Ziofen
Uveibeitrige von
233 Mttglicdcra .... ä Fr. 12. —
9 . im Ausland ä Fr. 11.44 netto . . .
IS . mit hohem Beitragen
INili^erbestand am 31. August 1905 .... 256
Angetreten vor Einzug der Beiträge 1
NcB eingetreten
255
5
260^
Ausgetreten nach Einzug der Beiträge 9_
Mü^iederbesUnd am 31. August 1906 251 ]
QeKlienk des Herrn H. Georg
Viriairf von 1 Exemplar oberrheinischer Siegeltafeln . .
Vtokbt auf ein Honorar für die Zeitschrift
Staagsanzeigen an die Mitglieder
UlilDlete
SpCKn des Ausflugs nach Rheinau
i^ and Versendungsspesen f. Zeitschr. u. Urkundenbuch
AKld>inderrechnungen der Bibliothek
SpMm d. Verbandstags d. Vereine f. röm.-germ. Forschungen
Ltee ffir verschiedene Besorgungen
Oltcna
Cbcrtng des halben Saldo auf den historischen Fonds .
des halben Saldo auf den antiquarischen Fonds
Fr. cu.
193.45
2796.—
102.96
380.—
300.—
5.—
33.75
3811.16
166.15
61.—
7.-
209.25
445.45
130.30
68.—
32.35
1345.83
1345.83
38ilTT6~
-. -:iÄnr-s.zKr r':aiis.
i"LJri.:»rL
C kzz.zrz,2r^ »zZ'ir Fc3w&.
- ■-. ■■ • .-■■.-.-• -. .- . . 2(^ß
- -i. .-. . 24.70
^: -.- . : .- ... ... - ^_-.: 155.15
:-• -. - - f.-- .- 7-: ;:-ri::s:hc: Planen 36.90
;.-..-... -.-..■-:-%.- - A.;?: 50iV-
: . ".. - Z- -. ■ ■ : Z:' y y'.tl ... 1373. iJ
>. -. ... ^: -.-. 361^59
"""o738Ji
D. Spezialtonds für die .\usgjabungen in Äugst.
:-.: .-<;.:•_ :'■ :.■ ': 3000.-
:•-:;::. ^ .-. s \\-..:> *. : . .- :::?: risc'r.c Museum . . . 500.-
r^. ■::._...>.-:•- .-■: : >: .- r . -c> 500.-
i:\ ^ \. ::!:.;.■ . 12.-
r.i>f:\<.^a!v' ..;:: ::c.:c K..: -.Tj. 1223.70
Aüflgaben :
Passivsaldo alter Rechnung
Graberlöhne ?
Werkzeugreparaturen etc
Landentschädigung für Schienenweg und Schutthalde . .
Planaufnahme
Diversa
L Spezialfonds fflr das Basler Urkundenbuch.
Sumahmen:
Saldo alter Rechnung
Zins ab obigem Saldo ä 3»/« 7o
Staatsbeitrag für 1906
Arugaben:
Zahlung an die Kommission für das Urkundenbuch . .
Kopiaturen
Saldo auf neue Rechnung
F. Historisches Grundbuch.
Einnaliineii :
Staatsbeitrag für 1906
Beitrag eines Mitgliedes
Ausgaben :
Auslagen im Jahr 1905
G. Basler Zeitschrift für Geschichte und
Altertunisl(unde.
TiS-n-nft.'hTnftTi *
Erlös von frühern Jahrgängen
Beitrag aus dem Historischen Fonds
Beitrag aus dem antiquarischen Fonds
Ausgaben :
Photographien, Clich^s etc
Druckkosten von Band V
Übertrag
VII
Fr. Ctsl
2884. 55
1454. 15
75.55
106.—
695. 45
20.—
5235. 70
4533. 30
158. 65
2000.—
6691.95
600.—
152. Oi
5939. 91
6691.95
1200.—
1229. 40
2429. 40
2429. 40
22.50
1373. 75
1373. 75
2770. 00
272. 90
1920. 75
"2193. 65
VIII
Honorare an die Autoren ....
Übertrag
Fr. Cts.
2193.65
566.30
Diverse Spesen
10.05
«f^'-N.»» . ^ .
2770.00
Status am 31. August 1906.
Historischer Fonds. Aktivsaldo
Antiquarischer Fonds. Aktivsaldo
Fonds für das Urkundenbuch. Aktivsaldo
Fonds für die Ausgrabungen in Äugst, Passiv-
saldo
Fr. cts.
3792.88
3619.59
5939.91
Fr. cts.
1223.70
Gesellschaftsvermögen am 31. August . . .
12128.68
13352.38
13352.38
Der Rechnungsrevisor:
E. R. Seiler-La Roche.
Der Kassier:
K, Stehtin.
Vom Vorstand genehmigt am 21. September 1906.
^K Verzeichnis der Mitglieden ^^^^^H
■
1^1 der ^^^H
^ historischen und antiquarischen Gesellschaft. ^^H
1
Öl August 190e. ^^H
1
A. Ordentliche Mitglieder. ^
_Hen
Altoth-Veith, Alfred, Dr,
Herr Brüderliii-F<ontis, Rudolf. ^H
^K
Ahoth-Vischer, Wilhelm.
* Burckhardt-Bkdermaiiii/ni.,Dr. ^H
■ '
Bachofcü-Burckhurdt, Karl.
» Burckhardt-BüriDgcr, Otto. ^^|
^H
Bally, Otto» Kommerz ienrat in
» Burckhardt-Brenncr, F., Prof. ^|
K
Sickiogen.
. Burckharai-Biirckhardt, A., Dr. ^H
^^1 *
Barth, Paul. Dr.
» Burckhardt-Biirckhardt, Hans. ^^|
^H >
de Bary-von Bavicr, Rudolf
» Burckhardt-FeUchcrio,I-Iaiis.Dr. ^H
^^^^_
Ba umgart n er, Adolf, Prof.
Reg.-Rat. ^^^H
^^H
^aur, Franz, Maler.
^ Burckbardt*Finsler, A., Prof., ^^^|
^^P
Baur, Fried,, Dr.
Reg.-Rat. ^^H
^H -»
Bernoülli-Burckhardl, A., Dr.
» Burckhardt-Friedrich, A., Prof. ^|
H .
B<moulli-Burgcr, K. Ch., Dr.
> Burckhnrdt-Groü^mann, Ed, ^H
^^^_M^
B«rnouUi'Rebcr, J. J., Prof.
Burckhardt-Hcuäler, A. ^^|
^^1
jBcrnoulli-VUcher, VV,
• Burckhardt-.Meriau. Adolf. ^H
^BP
Bemoulli-von der T.iun, W.
Burckhartlt-MeriaD, Eduard. ^^|
^^■^ •
Beriholet- Wagner, Felix.
Burckhardt-Meriaii, Julius. ^^|
^^H
_^ca8on-Sclierer, Joseph.
• Burckbardt, Paul, Dr. ^^^H
^^1
^Bieder. Adolf, Dr.
» Burckhardt-Rüsch, Ad. ^^^H
^rr
Bischoff. Wilhelm, ;th Reg.-Rat
> Burckhardt'Sarasin, Karl. ^^^
^^B •
Bischoff-HoffmaoD, Karl. Dr.
» Burckhardt-Schazmaun, C. Chr., ^H
H .
Bischoff-Ry hiner, Emil.
Prof., Reg.-Ral. ^H
H .
BischofT-Wiclaad» Eug., Dr.
. Burckhardt-ViHchen Wiih , Dr. ^|
^^L :*-
ßourcart-ßurckhardt, C, Dr.
> BiiTckhardt-Wcrlhemann, ^H
^^1
^tircaJTt-Grosjeau. Ch..
Duuiel. Prof. ^H
^^H
r in Gcbweiler,
. Burckhardt-Zabu, Karl. ^^
^^m »
Bottrcart-Vixcber, A.,
Biiscr, Hans, Dr. ^H
H
iti Gebweiler
. Christ-Iselin, Wilhelm, ^^
^^ft ^
Brdaimel, Berthold, lyr.
Cbrist-Mcrian, Balthasar* ^H
Herr Christ-Meriaii, Hans.
» Cohn, Arthur, Dr.
» David, Heinrich, Dr., Reg.-Rat.
» Dietschy-Burckhardt, J. J.
» Dictschy-Fürstenbergcr, W.
» Eckel-Labhart, Charles.
» Eckenstein-Schröter, Ed.
» Egger-Hufschmid, Ptiul.
> Eppenbcrger, Hermann, Dr.
» Erzer, Arthur, in Dornach.
» Fäh, Franz, Dr.
» Fäsch, Emil.
» Feigenwinter, Ernst, Dr.
^ Feigenwinter, Niklaus,Färsprech
in Ariesheim.
» Fininger-Merian, Leonh., Dr.
» Finsler, Georg, Dr.
» Fleiner-Schmidlin, Ed.
> Forcart-Bachofen, K.
» Freivogel, Ludwig, Dr.
» Frey-Frey vogcl, Wilhelm.
» Frey, Friedrich, Salinen-
vcrwalter, in Kaiser- Äugst.
» Frey, Haus, Dr.
> Ganz, Paul, Prof.
» Gauss, Karl, Pfr., in Liestal.
» Geering-Respinger, Adolf.
» Geering, Traugott, Dr.
* Geigy, Alfred, Dr.
* Geigy-Burckhardt, Karl.
» Geigy-Hagenbach, Karl.
» Geigy-Merian, Rudolf.
» Geig>'-Schluniberger, J. R., Dr.
^ Geizer, Karl, Pfarrer.
p Georg-Neukirch, H.
» Gessler-Hcrzog, K. A.
» Gessler-Otto, Alb., Prof.
* Goppelsröder, Friedr., Prof.
> Göttisheim, Emil, Dr.
Gräter-Campiche, A.
„ Grossmann-Släbelin, R.
^ Grüninger, Robert, Dr.
> (iünther, Rciuhold, Dr.
» Hagenbach-Bcrri, F., Prof.
» Hagenbach-Bischoff, Ed., Prof.
» Hägler-AWengen, Ad., Dr.
» Haudmann, Rud., Pfarrer, Prof.
Herr Helbing-Bernoulli, G.
» Hess, J. W., Dr.
» Heusler, Adolf, Pfarn
in M:
■> Heusler-Christ, D.
* Heusler, Fritz, in Bcr
» Heusler-Sarasin, Andn
» Heusler- Veil Ion, Rudc
» His-Schlumberger, Ed
> His-Veillon, A.
» Hoch-Quinche, P.
» Hoffmann-Krayer, E.,
» Holzach, Ferdinand, E
> Horner, Karl, Dr.
» Hotz-Linder, R., Dr.
» Huber, August, Dr.
> ImObersteg-Friedlin, l
» Iselin, Rudolf.
» Iselin-Sarasin, Isaac, I
» Kem-Alioth, E.
» Köchliu-Burckhardt, E
» Köchlin-Iselin, Karl.
» Köchlin-Stähelin, A., k
» Kündig, Rudolf, Dr.
* LaRoche-Burckhardt,
» LaRoche-Burckhardt, 1
» LaRoche-Burckhardt, ]
» LaRoche-Merian, Fritz
> LaRoche-Passavant, A
» Lichtenhahn-AWengen
» Liechtenhan-Burckhard
» Lindcr-Bischoif, Rudol
» Lotz-Trueb, A.
» Luginbühl, Rudolf, Pr
> Lüscher-Burckhardt, R
* Lüscher- Wieland, W.
» Mähly-Egliuger, Jacob,
> Mangold, Fr., Dr.
> Markus, Adolf.
> Mechel, Albert.
> Meier, John, Prof.
» , Mende-Sandreuter, J.
» Merian-Paravicini, Heii
» Merian-Preiswerk, M.
» Merian, Rudolf, Dr.
» Merian, Samuel.
» Merian-Thurneysen, A.
^^^
^^^^^^^^^x^^^H
Im 3lc}Tr, Adalbert, im Roten Haas.
' Herr Schueidcr. J. J., Prof. ^^^|
• Mmr, EmanucL
» V. Schöna«, Hermann, Freiherr^ ^^^^|
• Mcycr Lieb, Paul, Dr.
in Schuorstadt* ^^^H
• McycrSchmid, Karl, Prof.
» Schonaiier, Heinrich, Dr, ^^^^|
• Mivilk-Iselin. R,
9 Scbwabe-ChanRuion, Beuno, ^^^^B
• dtMontet, Albert,
» Seikr-LaKoche, E. R. ^H
» Moo^vbcrr, Theodor, Dr.
» Senu, Hans, Pfarrer in Sissäcb. ^H
• Mdü^er, F., Prof.
> Semi-Otto, F. ^M
• %tiuÄ-Gemuseus. H, A.
» Scltelen^Hoch. E. H
» NH Karl. Dr,
- Siegfried, Tiaugotl, Dr, ^M
• Kötilixi-Werthcmanu, H.
» Sicijmtind-Barruschky, L., Dr. ^H
• 0«fi, Alberl, Dr.
» Siegmund-von Glcnck, B. ^H
• On, Jakob, Dr.
» Speiset, FriU, Prof., in ^^^B
« Pamviciüi, Kürl, Dr.
Frei bürg i. S. ^^^H
» Panvidüi-Engel, E*
» Spciser-Sarastn, Paul, Prof. ^^^H
♦ Faravicmi-Vischer, Rudolf.
» Speiser-Stroh!, Wilhelm, ^H
» Passavirnl-AUcmatidi, E.
m Speiber-Thurueyuen. Paul, Dr. ^H
» Pfister, A.. Dr.
3» Spetz, Georges, in Isenheini. ^H
• Prckwerk. E., Dr.
0 von Spcyr-Bölgcr. Albert. ^^^H
f Freiswerk- Riogwald, R.
)» Stäheliii, Felix, Dr. ^^|
1 Fiobst» Emaniiel, Dr,
> Stäbclio-BisühofT, A. ,^^|
• Rcewt, H, L. W„ Rc^.-Rat-
> Stähelin-Licb, G., Pfarrer. J^^H
Rdärdt, Arnold.
» Stäbclin-Mcrian, Ernst, Pfarrer, ^^^|
> Rcnsch, Gustav.
. Stäbclin-Vischer, A. ^^H
Riede r. Albert, in Köln.
» Stähelin-VonderMühll, Ch. R, H
RiQgcnbach-belin, A-
* .Statu ra-P reiswerk, J. ^H
Riggenbach-Stückclberger, Ed.
Stebliu, Hans Georg, Dr. ^^^^^
t, Ritter, Paul. Dr.
. Steblin, Karl. Dr. ^^^|
Rybitier-Stehlin, Albert.
» Stehliü-vou Bavier, F. ^H
V. S*lis, Arnold, Ariti&tcs,
» Stickelberger, Emafiuel ^H
Ssrasiii, Fritx« Dr,
> Stuckert, Otto. H
Santfin, Paul, Dr.
m Stückclberg, E. A., Prof. H
SwTiÄm-Alioth, P.
• Stulx, Ulrich, Prof. in Bonn. ^1
Sara^iu-Biscboü, Tbeodor.
» Sidger, Augnät, Dr. ^M
Saraiiu-UcJin, Alfred.
^ Sutcr, Rudolf. H^
Sarasiii-Uelin, Wilhelm.
> Tbommco, Rudolf. Prof. ^M
Saraisin-Schtuiitberger, Jakob.
* Triidioger, Ph. ^H
baraain-Vischcr, Rudolf.
n UebeliD-Trautwein, F. W. ^M
SÄrtonos, Kari, Pfarrer in
» Veraguth, Daniel, Dr. ^H,
Pratlcln,
» Vificher-Baehofen, FriU. ^H
Sartoniis-Prciiwerk, Fritz,
. ViBcher-Burckhardt, Rudolf. ^H
Schüubp Erail, Dr.
p Vischer, Fritz, Dr. H
Sehet ty-OcL-htlin, KarL
» Vischer-Iseliu, Wilhelm, Dr. ■
SchlambcrKer-Vischer, Charles.
» Vischer-Köchlin, El3erhard,ProC H
v, Schlumbcrger, Jeau, Dr..
» Viscber-Sarasin, Eduard. ^M
Stauitsrat in Gebwciler.
* Vischer- Von der Mühll, Karl. ^M
S^rbmid'Paganiüi, J., Dr.
» Vischer- Von der Mühll. Tb. H
xn
Herr VonderMühll, Georg.
» VonderMühll-BachofeD, Adolf.
» VonderMühll-Burckhardt, Karl.
» VonderMühll-His, Karl, Prof.
» VondcrMühll-Kem, Wilh., Dr.
» Von derMühll-Merian, Wilh., Dr.
» VonderMühll-Vischer, Fritz.
» Wackemagel-Burckhardt,R.,Dr.
» Wackemagel-Merian, Gustav.
» Wackernagel-Stehlin, J., Prof.,
in Göttingen.
» Walser-Hindermann, F.
Herr Weitnauer-Preiswei
» V. Welck, K. A.
» Werder, Jalins, Dr
» Wemer-Riehm, M.
» Wieland-Preiswerk
» Wieland-Zahn, Alf
» WuUschleger-Harti
» Zahn-Barckhardt, ]
» Zahn-Geigy, Friedr
> Zellweger-Steiger,
Herr Grimm, Jul., Dr., in Wiesbaden,
> Lcist, B. W., Prof. und Geh,
Justizrat, in Jena.
B. Korrespondierende Mitglieder.
Herr Rieger, Max, Dr., i
C. Ehrenmitglieder.
Herr Delisle, Leopold, Administrator
der Nationalbibliothek, in Paris.
» Dragendorfl', Hans, Prof.,
in Frankfurt a. M.
> V. Liebenau, Th., Dr., Staats-
archivar, in Luzeru.
» Meyer von Knonau, Gerold,
Prof., in Zürich.
Herr Rahn, Joh. Rudol
» v. Schönberg, Gus
in
» W^artraann, Herrn:
in
->-*#f
Verzeichnis
der Vereine, Gesellschaften und Institute^
mit welchen die
Historische und antiquarische Gesellschaft zu Basel
in Tauschverkehr steht.
Kken: Aachener Geschichtsverein.
tfin: Aaiigauische Historische Gesellschaft.
ibeville: Society d'emulation d'Abbeville.
I-Cn-Provence (Boucfaes du Rhone): Bibliotheque de TUniversite.
talNlf|^: Geschichts- und alterturasforschende Gesellschaft des Osterlandes.
itess (Somme): Academie des sciences des lettres et des arts.
Slerdaili: Koninklijk ondheid kundig Genootschap.
lOVlteie (Charente): Societe archeologique et hislonque.
ifcach: Historischer Verein von Mittelfranken.
W (Pas-de-Calais) : Academie des sciences, lettres et arts.
pbWS* Historischer Verein von Schwaben und Neuburg.
fBOa (Vaacluse): Academie de Vauclnse.
■bei^: Heraldisch-genealog. Blätter f. adelige ii. bürgert. Geschlechter.
Historischer Verein zu Bamberg.
(d : Universitätsbibliothek.
Staatsarchiv.
Schweizerische Gesellschaft f. Volkskunde.
TUlll: Historischer Verein von Oberfranken.
HazOfia: Redazione del bollettino storico della Svizzera Italiana.
Hb: Gesamtvercin der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine.
Der deutsche Herold, Verein für Heraldik, Genealogie und Sphragistik.
Verein für die Geschichte Berlins.
Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.
■ : Schweizerische Landesbibliothek.
Allgcineine geschichtforschende Gesellschaft der Schweiz.
Historischer Verein des Kantons Bern.
Bimdcsarchiv.
teaMd: Verein f. Altertumskunde im Fürstentum Birkenfeld.
■: Verein von Altertumsfreunden im Rheinlandc.
(Cher): Soci^e des antiquaires du Centrc.
> d. H«: Historischer Verein.
Ortsverein für Geschichte und Altertumskunde zu Braun-
•dbweig und Wollenbüttel.
BBC: Vorariberger Mnsenms -Verein.
01: Hotorische Gesellschaft des Künstlervereins.
x:v
Breslac >. : .- -/r.(- •rf>o".!ich.ift für vaterländische Kultur.
:'..: •'-f>Kb:.h:c ixnvi Altertum Schlesiens.
BrcvellCS. S '. ;:. .:■> Rol-aiidisics.
OASsel '.*. : :'..: HissiMrbe tieschichte und Landeskunde.
iTAr&r.ia > •. :• ... -'..i... p.-.tri.i per l.i Sicilia Orientale.
.- . : . >: ::.-. r.e'. dintio Romano.
Oheir.nitr ♦; . :'..: • htr.-.:-.:!2er Geschichte.
v.>r:sr;AniÄ "v^ V:. *i:>::,::>:':Miothek.
v"^Lr . *". ■ » ' .. : : ;.T;>rhc iTCScll.«'Chaft von Graubündcn.
\.'>"r • ' -- : • Vi-:-. ... :. .'.. Niederrhein.
C'T*»^ ^ ' -■...) fr '..1 proxinci.i di ('omo.
v\^:rr:CiiT.C - *^ ■. . :. ::..::c.\:>e .l'aichoolojjic.
PÄ":ij^ » . .*».- ..^i: 'Tf>.-h'.»:ht!ivercin.
0,irT:>:Ä*:: • - •.-.■:.: '\";ti::. für das tiroÄsherzogtum Heüiseo.
Pe:rr:.''i: ■»-.-. V ■.f:*.::-.^: dc> naturwissenschaftlichen Vereine!
I'^ ■■.:~j;cr ■-■. :>.:::*r Vcn.-in.
I'*v*-.i.:t>^^:!rj^en '•.-. . *.;: «Te-ch-.i'htc und Xat«rj»e5chichie der Bi:i
l^r'tr:.;?»: -. -.;• \ ::■..:: i\:T Dortmund u. d. Grafsch.ift Mark.
P'C>»":cT >.. ** ..«-...■ A":i::i:ni>Nere:n.
0;:>. -. ^ . ^ \ : ■
PJ.s>>c!»iv^r: — .-^;i::.h:svcic::i.
r ki : " ^ u r *; ^ -* : \ :....:. o ^ -f Scotl.in »1 .
l> trc" - :■ .r.:-. ui.ii A;:eri;imer der Grafschaft MadhC
^:■^c-c:.i .. • .^. - ,:■:>.:::■::
i "-": > . ..: ; A":cr:.::r.>k:indc.
r 't^/L ..:-.-..:: >:.^r:.» paiiia.
F '.■.'• -k'l:': .'.. NV: .-.::.:.:•: ..r,.": A'.iortum-kunde.
^ - > 1 >:•.:;:: Kv'n;;>ch-j;erni.inisohe CoTin.:
F '.• jl Ti!^: - > ......... iv..:.:o:;< rb::ri;a::.
r:;::ncr*: : ^ \ '■.>>.•.:..
— :.■■-: ''e-.'::::h:s-. A'.tertum>- lind Volk*»;
F rcihjr^ - - ... ^: - .i.; ...:::■*:: de Kri:v»iir^.
■ - - .• iir \\::::i df> K..\r:-«:ii. Frcibarj;.
fried-iciishafen «.::.:::; .ii? Iv doriMie- i:r:d >o:uer L■n^^
St. Oalltn - ." •
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"'*"*' . ~ . -■ . : V r;::. i.;r LrK-rschun^ i-> vi-rUcJ
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XV
■bari^: Verein für Hamburgische Geschichte.
lan: Hanauer Geschichtsverein.
ittOVer: Historischer Verein für Niedersachsen.
ielberg: UniversitäUbibliothek.
Ibronn : Historischer Verein.
rfn^ors: Finnische Alterturosgesellschaft.
BSnnstadt: V'erein für Siebenbürgische Landeskunde.
bnr^fatflisefl : Verein für Sachsen-Meiningische Geschichte u. Landeskunde.
Mllctlben: Voigtländischer altertumsforschender Verein.
ibnr^ V. d. Höhe : Verein für Geschichte und Altertumskunde.
i: Verein für Thüringische Geschichte und Altertumskunde.
brock: Ferdinandeum für Tirol imd Vorarlberg.
ew (Dorpat): Gelehrte estnische Gesellschaft.
iSfUhc: Grossh. Altertümersaromlung.
Generallandesarchiv.
Badische historische Commission.
: Schleswig-Holstein-Lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Ge-
sdiichte.
ftnfUft: Geschichtsverein für Kärnten.
mha^di: Societe royale des antiquaires du Nord.
IZBftCh : Antiquarisch-historischer Verein f. d. Nahe u. d. Hunsrück.
ncfa: Musealverein von K.rain.
islnit : Historischer Verein für Niederbayern.
MBn6: Societe vaudoisc d*histoire et d'archeologie.
Societe d*histoire de la Suisse Romande.
len: Maat^chappij der nedcrlandsche letterkunde.
izi^: K.. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften.
Verein für die Geschichte Leipzigs.
Fürstl. Jablonowskische Gesellschaft. (Hist.-natioualökonom. Sektion.)
■i^: Geschichts- und Altertumsverein.
O^es { Haute -Vienne): Societe archeologique et historique du Limousin.
C: Museum Francisco-Carolinum.
tfon: R. Historical Society.
Society of anti(iuancs of London.
eck: Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde.
tbvrg: Mnseumsverein für das Fürstentum Lüneburg.
d: K. L'niversitätsbibliothek.
eaÜNirg: Section historique de ITnstitut grand-ducal de Luxembourg.
ern: Historischer Verein der V Orte.
■ : Bulletin historique du Diocese de Lyon.
Irld: R' Academia de historia«
^äl^bntg: Verein fiir Geschichte und Altertumskunde d. Herzogtums u.
Erzstifts Magdeburg.
B: Verein «ur Erforschung der Rheinischen Geschichte und Altertümer.
: Mmonbeimer Altertums verein.
(Belgiqae): Direction de la Revue Bencdictine.
Redaktion der Stimmen aus Maria- Uiach.
Minni -- -r - - ::_- :_ _:-j-.ri.- .= : :<-=--■:
Vi.-T-r
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-.-ir-i-.L-irii W-MfiV:
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lUUiS: Redactiou du „Bulletin ecciesiastique et d'archeologie religieuse
da dioceses de Valencc."
Ben (Scine-Infcrieiirc) : Academie des sciences, belles-Iettres et arts de Ronen.
Izbtiri^: (lescllschaft für Salzburger Landeskunde.
rneii: Historisch- antiquarischer Verein von Obwalden.
lUlffhansen: Historisch-antiquarischer Verein.
kawlkalden: Verein f. Hcunebergische Geschichte und Landeskunde.
bwerifi: Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde.
kvyz: Historischer Verein des Kantons Schwyz.
[■aringen: Verein lür Geschichte und Altertumskunde in HohenzoUern.
totharn: Historischer Verein des Kantons Solothurn.
■yer: Historischer Verein der Pfalz.
ttln: Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde.
Ckbolm: Kongl. Vitterhets Historie och Antiquitets Akademien.
Nordiska Museet.
issbarg: Societe pour la conservation des monuments historiques.
Kais. Universitäts- und Landesbibliothek.
Redaktion des Strassburger Diöcesanblattes
ttgart: K. Haus- und Staatsarchiv.
K.. Württemb. Altertumsverein.
tloase: Societe archtelogique du Midi de la France.
Sr: iTCsellschaft für nützliche Forschungen.
gee: Appenzellische gemeinnützige Gesellschaft.
i: Verein für Kunst und Altertum in Oberschwaben.
Als: Hainanisti.sk;i Vctenskaps-Samfundet.
|K. L'nivcrsitätsbibliothekJ.
eckt: Historisch Genootschap.
)mz: Historischer Verein des Fürstentums Lichtenstein.
itrington: Smithsonian Institution.
niigerode: Harzvercin für Geschichte und Altertumskunde.
91: K, Akademie der Wissenschaften (philosophisch-historische Klasse).
A Itert anisvcrciii.
Verein für Landeskunde von Xiederösterreich.
Ked;iktiou der Vicrteljahrschrift für Sozial- und \Virtscha!"t>geschichte.
Steden: Verein für Nassauischc Altertumskunde und CVeschichtfoischung
nK: Altertums^-ercin.
flbltf: Historischer Verein von L'utcrfranken und AschafTcnlnir«^.
icfc: Antiquarische Gesellschaft.
Schweizerisches Landesmuseum.
Cfcti: Allcrtunisvcrein.
X'^TI
'fOrnans: Rcdactiou du „BuHetiii ccclesiastique et d*archeo1ogie religieuse
do dtoceses de Valcucc,*'
Ben (Scinc-iuferieure): Acadcmic de&sciences, bcllcs-leUres et arU de RoueD.
Salzburg^: Gcscllsrhüft für Salzburgcr Landeskunde. |
tarnen: Historisch antiquarischer Verein von Obwalden»
Schaffhausen : Historisch-antiquarischer Verein.
Schmalkalden : Verein f. Hcnncbergische Geschichte und r^andeskuiidc*
Schwerin: Verein für Mecklenburgische Gcschidiie und Altertumskuiulc.
Schwyz: Historischer Verein de» Kantons Schwyz.
Sigmariflgen : Verein lur Geschichte und Altertumskunde in HuheuxuUern,
SolOthum : Historischer Verein des Kantons Solothurn.
Speyer: Historischer Verein der Pfal/.
Stettin: Gesellschaft für Pnmn>ersche Geschichte und Altertumskunde.
Ckhotm: Kougb Vittcrhets Historie och Antiquitet^ Akademien,
Nordiüka Musect.
Strassburg: Socicte pour la conscrvatioti de* monumcnts bistoriqucs.
Kais, Univcrsitäts- «nd Landesbibliothek.
Redaktion des Strassburgcr Diüce^^anldattes
Stuttgart: K, Haui,- und Staat s^archiv.
K^ Württemb, Altertums verein,
Toulouse: Societc archeologiquc du Midi de la Fr;ince.
Trier: GeteJUchaft für nützliche Forschungen.
Trogen: AppcnKclJischc ijemeinnü tätige (teselUcliafl,
Ulm: Verein für Kunst und Altertum in Oberschwafven.
Üpsala: Humanistiska Veten^kap'i-Sanifundet^
(K, UniversitätsbibliothekJ,
cht: Historiich Geuootschap.
Vadtiz: Historischer Verein des Fürstentums Lichteosteiu.
Washington: Smiihsonian lustittitiou«
H'eiTI i gerode l Hurzvcrein für Geschichte und Altertumsktmde.
Wien: K, Akaden»ic der Wissenschaften (philosophisch-historische Klasse).
A l tert tiins vctttto.
Verein für Landeskunde von Nicderösterrcicb*
Redaktion der Vicrtcljabrschrift fiir Sozial- und Wirtschafti^gcschichte.
Wiesbaden: Verein für Nai>Äaniächc Altertumskunde und Geschichtfoischung
Worms: Altertumsverein.
WürzbUf^: Historischer Verein von L'utcrfrarikcn und AticbaiTcnburg.
IZfirich: Antiquarische Gesellschaft.
Schweizerisches Landcsuutsf-'uuj.
Zwickau: Altcrtnms^erein.
Basler Zeitschrift
(Ur
ichichte und Altertumskunde.
lyrischen und antiquarischen Gesellschaft
zu Basel.
V j p,i (1 u, _. in
nü fQr dk ScIiircU:
Ofeettschafi SUitoAfchlv. B«f€l.
Atiftand:
Autobiographie des Johannes II. Bernoutlr.
Ueniiii!igegebeii von Fritz Biirckhardt.
Vorwort,
tliTii des bttslerischeu Familienzweigo»
.. _, ..i) t?inigf* als Stonit* ersti^r ürusse am
tliclum Hiinniol; ihre scihoptVrisch«? niitl belebende
ihr bi'stiin inender Einflus« auf den (lang dor
1^: -1. - «nculischmi Erkenntnis wird zu idlf^n Z<"it.en
.Jakob, sein jüngerer Bruder Jolninnes
^n i^ihii iJaniel bilden das berülimte Dreigestirn,
eil» Reihe anderer Faniiltenglieder 6?ieli b^Mge-
lfw*r in hüber, ja huchster wissencJcliaftlieher
ihrer Zfeit dementsprechend geehrt, wenn anch
Produktion und die schopferisehe Kraft der
FiiiniliengHeder — es sind ihrer a<*bt —
digiing gefunden in der Schrift: T)ie Mathe-
Bfrooolli von Peter Merian. Basel 184X).
der Sölme de« Johannes [aho einem Bruder
^ Niiih Jcihannes BernouHi, ,Ioh. fib zn sehreiben
liden ninn jetzt Johanni»s TL ht*isKt, hat sich eiiü»
ije vorgefunden, die sswar der wissenschaftUehen
" 1, die uns aber san*n mit; deiäsen |i»»r-
Inhalt.
Aiitolriiograp4ile dt> Johanne^» 11. Hentüulil, %^o|» Ffiti Burckti«rdt
Jüiuinfie« llc^ulin A«tf> Steiii, von Max Hos&feld
/ .' ' «rtcjitclitc BftkcH und der fv;iiitjcln>cKcti Kidmi..
4es ^icbiuijihxiga) Kriei^es, von Alexander Rtster
Di« Baftler Statligjikfittftoni von Paul KöYner
Carl Roth ,
)ic H<ritcr*heim«rfc4i*J<;, -■» ouo ri.sas^cr .
Die Auv^:ratul^£;4^n vu Dtäetitis, von E. A. Stücketberg
M 1 a £ c n c :
von K .4..
'•rar. Die MAnuM*rip'
lind aiitt*|Unrt«('bf *'
*A«ttdcrungen fallen deo VcHrtisem itir i-n%t*
X>iC VcmntWOrt-i, . (I.r J.r. r,<.»rr,r lU.n Ir.h.X ,trr Urr
VerfjkMcyti täbcrUsseii
I.. Ir, H^w
ff
Autobiographie des Johannes IL Bernoulli»
Herausgegeben von Fritz Bnrcklnirflt.
Vorwort.
I'rit^^r tJfn (Tlit'dern rh's ba.s!erisrlien FamilienzAveiges
loniti erseheiiion üinigo mI;^ 8tf:?nie erster Grosso mn
»BÄcliaftlichen Biramt^l: ihre schöpferischo iintl heloboiide
Wirkung, ihr liestiiiiinenJor Einfliiss auf den Oaiig der
ithi^matLsrh-physikalisclien Erkenntnis wird zu iillen Zeiten
tfrkaufii wtjnl*»n. Jakob, sein jüngerer Bnider Joliiumes
dessen Sohn Daniel l>ilden dus heriüinite Dreigestirn,
aber i*ine Reiho anden-r FauMÜeiigliodor sich beige-
J]on, Männer in hidier, ja höchster wissenRcbaftlicher
dUuiig. zu ilirer Zeit dementsprechenrl geehrt, wenn aucli
le iHf grosso Produktion und ilie schöpferische Kraft der
^nannten drei.
Allt^ diese Familienglieder — es sind ihrer acht —
ihre Würdigung gefuntlen in der Schrift: Die Matfie-
fttikt^r Bernoulli von Peter Merian. Bfisel 1H60.
Von einem der Söhne des Jrdiannes ^also einem Bruder
iels), der sich Johannes B«_*rnoulli. Job, tiL zw schreiben
Igte, nnd den man jetzt Johannes n. heisst, hat sich eine
Jiifiöbiograph ie vorgehmilen. die zwar der wissenschaftlichen
filgkeit kan!D erwähnt, die uns aber sonst mit dessen per-
%Sk;'i^^^'^}^^i^^ ^tpkannt madit. Diese UA^ns^
FrTtz Bürcktiardt.
beschreibung, aus 29 QiiÄrtseiteii bestehend, ist im Be&9
<lrs Urgrossobnes. Herrn Daniel Alfred Benioulli. der sie m
anderen, die Familit» betreffenden Papieren aufgefunden n
mir zur Veröftentlichiing übergehen hat |
Jobannes EL Bernoulli war seiner ganzen Xattit
anläge naeb ungemein zurückbultend, beurteilte Sf*ino Faltig-
keiten und Leistungen sehr bescheiden und scheute sich vur
der Publikation, so dass sein Sohn Daniel 11., der Doja^
probsteischaffner, in tton Personalien zur Leicheni'ed*.*, «lit?
auch noch handschriftlich vorhanden sind, aussagen könnt«?*
^Von ihm sind keine andern Scbriften im T' **
ausgegangen, al« nolche, deren Druck er nicht hat vei i
können; als da sind einigt* akademische Probeschriffcen, w^'lcht*
er ans Atdass ledig gewoniener Professorstellen öffentlich
verteidigt hat : und verschiedene Preisschriften, welche %-oi*
der kötiigb fmnzösischf'n Akademie der Wissenschaften ^irid
gekrönt und hernach dem Drucke überliefert worden/
Trotz dieser ganz aussergewöludicben Zarückludtung
fand er doch allgemeine Anerkennung: es zeugen dafür die
ausgedehnte Korres|»ondenz mit bedeutenden Gidohrten de«
In- und Auslandes und die Ernennung zu zahlreichen aka-
demischen Würden und gesellschaftlichen Ehren, X)ie hel-
vetisch-physikalische Gesellschaft in Basel, clie Akademie in
Nancy, die ökonomische GeselLschaft in Bern, die wissen-
schaftliehen Akademien und Gesellschafton in Berlin, Stock-
holm. Lyon, MarseiUe. London. R^un zählten ihn zu ihren
Mitgliedern und tlie französische Akademie der Wissen-
schaften reihte ihn nach dem Tode seines Bruders Daniel L
im Jftlire 1782 unter die Zahl der auswärtigen Mitglieder.
Eine Vorstellung von der Ausdehnung der Korrespondenz
erhält man durch ein noch vorhandenes handschriftliches
Verzeichnis der be<leuiendsten Korrespondenten, aus dem
einige Namen mögen herausgegriffen werden. Er zählt
darunter seinen Landsmann, Freund und Studiengenossen
Leonhai'd Euler. sodann de Maupertuis und längere Zeit
dessen Gemahlin. Voltaire, de la Beaumelle, die gelehrte
Marquise flu Chätelei, de Mairan, le oomte d^Argenson, Moula,
Craraer^ Clairaut, de la Condamine, le Marquis de Condorcet
289
^fil^^sherbes, le Marggnive <le Badi\ der» regierenden
*Mi^i*'n von Anhalt-Zerbst, den Duc ile Lti Rochetoticault,
ith König Stauislaiis. Mallet, Samur»! König. Johann Gessner
mit degsen Freund Haller» mit denen er einige Zeit unter
«teiii Vat<?r Johannes Mathematik studiert hat.
Er schrieb nicht g<^rne in seiner Mutter^jjrache, sumlrrH
'i'*^'*p fnuizüsi^cli trder lateinisrii.
Vielen Benifiingen widerstand er aus Anhänglichkeit
Mü ihn Eltern und da^^ Vaterland, seihst der verlockendsten
ia die konigl proussische Akademie in Berlin, Und sein«»
WiP BelahigUDg für Wissenschaft Hu lir Arbeit hat er be-
darch Losung verschiedener Preisatif gaben der fran-
«•Viscben Akademie, bei denen er mit dem Bruder Daniel
«i>*i n»it dem Freunde Leouhard Euler erfoigreicli konlairrierte,
Daniel, tler Bruder^ schrieb am 23. April 1743 an Leon-
iard Euler, als dieser ihn angefragt hatt» . nl» er sich zum
Hiiitritl in die neu belebte* Akademie der WJBS^nschaften
in Berlin und zur Übersiedehing dorthin ent«ch1iesst^n kunne:
Es nimmt mich Wunder, dass Ew. mehr auf micli als
f nioinen Bruih-r reflektieren. Der Herr Maupertuis, d*n*
beide gar wolil kennt, und allen Eifer für di^n Dienst
K. M. bezengt hal, ist hierin riner andern Mrinung. Wenn
ein Bruder nur nicht so indolent wäiv. würdi» i^r du*
bri^i^D Bernoidli leicht übertreffen.**
Die Inni Söhne von .Johannes IT. haben zur Ehnuig
ihres Vaters irn Jahre 17W eine iledaille mit seinem Bilde
van dem berühmten Stecher Sjimson lierstellen hissen.
Über die letzten Lebensjahre des verstcirbenen Vat^ers
li^richt^t sein S^ihu Danirl IL in einer handschriftliclieu
E4*i|iiisse biograpl]i(|U«» de la vie ile feu mon Pere, Monsieur
Jean Bernoulli 1 teile tpie je Tai remise le 29 AofU 17*)3 k
Mr le Secretaire d'Etat Ochs, ä sa r^quisiticui [umr ntre
oominiißiquee a Mr. *h* t'ondorcet, le secret. p<"r[>. de TAcad.
deis Sc. de Paris:
PI US ie Urs an n 6 es avant sa mort il fit une chüte sur la
Ci^te^ eil descendant des esoaliers de pierre; depuis ce temps
t' ^^«utit iine alteration et diminution ctmsidörable de ses
290 Fritz Burckhardt.
forces tant physiques qu'intellectuelles. A cet 6tat de
et de d^perissement. qui alloit tx)ujours en au|
mais qui etoit pour la plupart sans douleurs, il
au commenceraent de Juin 1790 une legere ato
apoplectique, dont il revint un peu, mais sans p
relever; il continua encore pendant plusieurs sei
v6g6ter entre la vie et la mort et rendit enfin 1
soupir le 17 Juillet 1790, ägö de 80 ans et 2 mo
Autobiographie des Johannes II. Benioulli. 29 1
Kurtze Beschreibung meines Lebenslaufs,
angefangen im Jahre 1746.
Ich bin an das Liecht dieser Welt gebohreii worden
iasel den 18. März 1710. Meine diu-ch Gottes Gnade
Zeyt annoch lebende, vielgeliebte EUtern sind H. Job.
tionlli Med. D. und bey L. Universitet Math. Prof. sodann
1 r)orothea Falcknerin.
Von diesen meinen Elltem bin ich gleich meinen Ge-
wisterten mit aller Sorgfallt aufferzogen und zu allem
en angebauten worden, also dass wann ich zu fort-
intznng des von unserem Geschlecht erworbenen Ruhms
hts beytrage, solches nicht meiner Aufferziehung, sondern
r Selbsten zuzuschreiben, sonderlich aber meiner von
jend anff schwachen Complexion und meinem daher
lirenden etwas trägen temperament, so mir niemahls eine
Bke application zugelassen.
ob ich nun schon mit meinen eigenen meriten nicht
■QD^n kan. so habe ich hingegen dem nahmen, den sich
iin Vatter und einige von nn^nen Brüdern und übrigen
(rrerwaiinten in der gelehrten Wellt erworbcMi, so viel zu
ildanken, dass von ihrem (TJantz auch einige Strahlen auff
zurüekgeprellt. wordurch ich denen (belehrten nicht
ich unbekannt geblieben bin, wiewohl rs mich schwär
imt, diesen geringen und nur entlehnten Sch(»in zu
abten und denselben nicht zu verdunkeln oder wohl
ru ersticken.
Inzwischen kan ich nicht läugnen, dass meint» zarte
1. oder vielmehr meine Kindheit ein w«*it mehn»rs
jcn versprechen geschienen als die folgende Zeit
mir erfüllet hat. Denn schon in denen irrsten jähren
> ich einen zimlich fertigen Geist hervorblicken und
fc mit leichter mühe alldasjenige, was man mir be>'-
tFBchtete.
. . ■ • - -?• L'-i- :* .i'-^.i!.j «liirtli i;iit»^ Pra«T»*ntorfü
. : -: ? - •• r-- -.:- .v r«!»-:.. «lass »la irii kaiinn' iahr
. : . ..-:•.' ?:.:•• -!': «r -i^'l m-in Vutt»'r st^llisMi
.. :- V. r..^.:r'■'*-l\. «la«? Exaiiu-ii an"^s7.ust»*lien
V : - * - ■ •. ..s •!••::.• «vi»!- zu \Vfr*nl**n. wi«- irli
: .•;' . -\..:...:.:-r: wirJ»* : - ili^rh wart- iiMii
V •- . .-. . '. - > >: . ::nr^!i ::i.-iii-r progp-ssunin an
7 ^ _ j" -. : • :. ::. i %v.«;it»* i]i aii^-ehun;: iii'-imT
•.^ . - :_■ .. : -- ivii würrkiiih in iiuiii»'!um
;-.-.. - .: .-•- \ ' T' W'i'l*' ';!i'l «lif U'i-tiinio.N iiui»lii'a>
- .- ".>".>■ ; .i'.ii ai-» /Jirui'k l»i>s in Ami
• . . _ - Til' •..:-. i.s :«.:i «laiiu erst als snuii'Hb
K • • '.. 1- '- i- :ia«.h».T Vivis in «Ifiu Pavs
'. \ ._-.-.: . .•■ :. ::•. ::v.:iZösi>oIiHS|iraohziit*rl«TneiL
'.■..-.- H-.r:. •.:*.'.: >eiuc;i Sobii /.um rutcrricbl
.-..•.- -.i-.::. r::vat;:::ternchl vnrznj;. la^ :'bne
• ^ ^ • • ■: •:..:'::::- >/::iiIe. Niemand h.iiu- Icfjfte
^ •• . ..".* iivr . ie er. vier es nicht vtTschraibt
• ^ ":•.::•.- ..f. Z.:*:.4nd •le> Gyninu'-iiiTn* e-n*'
•■■•;• ..:..: rc::!:v:2 liS'.'ricLlle VoTMh'.ii:i* f-'
^ . ■ . ..: :.!■. re. :•.:'.. /un.ivhsi »»hne ;»r.tkt'.»'''icc
\ . • ■;. ••:*-•. R.i: ei'.ie Sihulkunin;i.»>:i'ii .iJ^
s . . . ; ■ e::.A* :it '.wirde, nahni die Angelfteo*
« ^ *.: -. :.: r^ .«.N -t-.ne Pllivhl .iii^ah. <ias
, X . • • : *»:v.:. ie:. .•:: i'e>uvhen, d.irin /i: b-.ssfrt
:..■ ^-.:. N'i..'e:i /u »>animeln iniJ eudüA
V \ :%fr .V.: /;i er.*l.;ltfn, \vrnig>teii"' tüf
^ ^ " A r -.v.-.'.cr. lie'ichichtc desS.hiil\ve*t;3Si!i
. \ : -. ■ *i '....•vh \oTh.inden.
. '::■. : •> V hu'.cr der nflenllKhcn ^^ibule
•« . :• u: ur.rden. waren fv>l|;eiuie
\ ^-» . >...:';.i*"'.rij:c Bel"i»rderunj»cn entweder
\ V ., •• -. '.:•.* AI 'teil unj^ oder auch von einer
X . - . •- '..lijic. T'.issbräuchlicher Wtisc ioch
^ ' .::t : i.is *Tynin;i''ium in kurzci ItA
\ - . \ :.:•.•■. :enpriifiun;en übte die pWO"
... \- , .., ..•; d.i* (tynin.ibium /wfi J.ihns-
...'• v.inntc. Der er>te Jahrcskuri
u.. .. « . \ ■ -. : : uni.i I..iure.i, der /weile «larA
i .- M. .-: • X..- ^ . • >. '. /:.. -..••1^ •. lerrnann, Gesch. d. GymnA*- »
A(tli)>biti^*niplti<^ ^tc^ Toh^iiine^ 11 H(*nHiMl)j.
:^o;
3ii?iD«T Znniclvkmirit A<*, 17liH in titun inihjuin*
eil tli*' priiiiMiii Liviireani iiml mn jalir hernach <len
magttiterii. ^ Daranffhin wiedmete ich mich dem
ih> Jiiriji. Doch virrflosst*!! noch r*tlichr jtihrin eht* ich
tilgte LtM^tioiio« jiiridica« aiissiihöhnnj. weihjn m«?in Vatter
be&nde, dasä ich micJi noch eine zeittaiig in pbilr»-
exereif^reu sollte; dahfiro ich luich orst. ijn linlang
1729 in Jure exaniinion^n liesfüo nnd kurtx darauff
Iq de Competi-fattonilHts dinpuiirt»».
K«cliilimi ich meinen Ciirsiim jiiri<licum vollendet, ^o
ilUt ich hinfühm dorn Studio ninthmnatico, in welchen»
bon einige fundamentA gelegt hatte, etwas mehr nldiegon.
Hierzu iTaagnete siel» sonderlich eine sehr gnte Gelegen-
indeme ssu eben selbiger Zeit der sowohl in gantz
riTilit als ins l>esondere in unnerer Statt ilnrcK
i\ (g<* hieh**r g*^thane Reysen bekannte M. ile
^perttiJs anuu ersten mahl tnicher Bassel käme in der
suon »ich rloi'ch Hülffe nieinort Vatt«*rü, zu welchem Er
^r -'r».-,-s.»ü Vertrauen Imtte, in der Mnthesi noch mehrers
ren, wiewohl er es in dieser Wüssenschaft
weit gebracht batU\ sintemahl er ^chon dajnahls unter
■" » ' ■ t,»T, <;]jrKh:?rn lier Königlichen frantzüsischen
WüHsenschaften gexehlei wurde.
[Bieger Harr nun mochte nicht mir leiden» dass ich
n nnterredungen, so er täglicli mit meinem
'^ , ^' Ui mit bey wohnte, sondern angeachtet meiner
\A und des ziemlich gmssen Unterschieds, so damahls
iin«fn*n Allt4>ren wäre, würdigte er mich einer sehr
••* ■ und un verfälschten fruunJschafftT welche seithero
lange abwesenheit^ noch eine grosse entfernung
rerritmum viTm6gi*nd gewesen,
Piesu« w*erthen freundes angenehmen Umgangs genösse
|«liti9esi mahl beynaJje ein gantzes jähr, als so lang er
dtunmhU in ßa.s<dl auffgidudt4>n. B^^y seiner Abre^*so
ich ihn biss nacher Strassburg. all wo wir una
^lurtzeii Auffenthallt von einandt^r separierten.
"Aia '. Jun* 47- . " "i mit dem drei Jahre ältcrei) Lconhard Eulcr,
der VVuAtche &eiDe% V'atcr« iu die Ihcologi&cbr
q «ufde«
20^ '
F r i t ? li II I * Wli i r A t.
HO wollte er nicht versäuiuini uns micli in ilieselbe xii in
ducieren. In beineldte VerBammluug legte unter mAe
der Secretarius diejenigen Dissertationes ein, welcJie üim«
fiir den damals ttiisge3chriel)eiien Prc^iss waren zngrsrhickt
worden. Diose Dissertationes wurden unter diejenigen d
missarios ilistribuirt, welche waren ernannt worden, Aiese\]
zu examinieren und folgends den Preiss zu adjudiciei
Vorher aber wurden die Titel solclier Dissertationes.
den Devisen, so darbey gesetzt zu werden pflegen* l
vorgelesen. Da sich mm die anwesenden einbildeten,
würde uns otwan eine von diesen Selirifften nicht unbekftnnfr'
seyn, so waren gleichsam aller Augen auff uns gericlit<?t
um zu sehen, ob unser Angesicht solches bey ablesuügder
überschrifft und d^r Devise nicht verrathen wurde. Inder
that hatto es sieh just gefügt, dass dauiahls iiher die neoi-
Hclie f[uestion mein Vatter eim^ Schrifft von hier auss uudn
mein Bruder von Petersburg auss eine andere nacher Pktffll
gescliickt hatten, und zwar so hatten nach der Hand «Iih^I
ScJirifften beyde das (Tlück, dass der vorgesetzte Preis«
(welcher da^ vorige mahl niemand wäre zuerkannt worden
nnd also dissmahl verdoppelt warei unter sie getheüt wurde,
wplches vor dem niemahls geschehen, seithero aber züto
*>ffteren ist practiciert worden, wie ich denn unter anil+^ro
Preisen, die ich darvonzutragen auch das Glüek gehabt,
dass da einsmtihls tlrey differmte proponirt waren, njirdct
einte und meinem Bruder ein theil an einem anden» fM
gleicher Zeit zugetheilt wiinle.
Alldieweil wir zu Pariss waren, empfiengen wir die
Zeytung. dass mein Bruder durch ilas I^os zu der (himahtfl
vacierenden medieinischen Proiessitm gelangt seye. ')
In gleichem wurde uns überschrieben, dass mein jüng**rei
Bruder sich irj kurtzem zu Strassburg verlieurathen werde
und weilen wpgen gleichfalls bevorstehender Hochzeit meinei
') Daniel BenmuUi hatte sich von Petersburg aus um die Professur de
Anatomie uud Botanik gemeldet und das Loo» wur ihm günstig |i^./i9, S«pt
^73S)' ^^ ^^^ Decreta medica wird er wie folgt aufgeführt: Vir ExcelU Di
Di»)id Bcrnoulli M* C Joh, lil, Parcnlis filiiis digiiisslmtis et praecUrissimiu
cui Dens ö. M» valetudincm prosj>cram, iter faustum, botiores in Acadcraij
Uet0S| IalK>res farluiialo** omniaquc felicia ex voio suo largiatur.
Aitit^ToftnipItic «le« Johautits IT* Beruoül'
^Q5
i Sclin^txiti zn oimiclion, ich m5cht ileiion uctRlcmis^chori
MTY^iizen^ so offt e» mir gofä.lUg wäre, auch beywuhnen,
*hi*n t>b<^nsownlil priipoiiioreru uls \vrtini icli ein
ij' iftglietl der Acadomie wäre: w»?lrhe8 hüft'HcUt»
4iif«UioD icJi auch mit ilnnck angeuoiiiinßn und während
pftem »uffi*nllifttlt in St P«dersbur|^ w<^ni^ Hnideniisc-hi?
siumluiigoti vcrisäumet habe.
Vor meitier AhrevB*' aus dieser Statt wnirden luir pro-
aiif^ gt^macht, inicli ln*y der Kay«* acndeujie zu engi^-
i; wt*ili*n wir abor wegt>n denen Conditioneii nicht
AUsn Obereins ktHnmen. so stclüug ich dieselben auH,
»wohl als* vt^rscliiedene v^ocatioue:^, W(Uehn mir seith
H-T Ztinlckknnfft in ntein Vntterland von andern orthen
seind angetragen wt)rd«ni und weU^he ich uiclit ange-
le ihetlä aufi Lieb»* zum Vatterhind, rlieils aber luid
wc«ilen ich bilbg bedencken trngi». meine damals
t*!n EUterii in ihreni hohen Allter und zw^ar xu
Hl Zeit zu verhu;sen, da sie rni<'h v<»n allen ihren
eiiitxig boi t$ich zu Himm hatten.
Iji St, Peteniburg halie ich micti 18 biss 14 Munatli
^lit.... M,n| jiJK'lidcm sich nun mein Bruder niclit nudir
1 leren lansen. länger dorten xii verbleiben* zu-
ih ihmi* die dortige Ijut'ft nicht gar wrdd zu bekommen
fjt% Ml li«*gid^i*Ti wir uns mit eiiuiniler auf ih'e nickreysCy
^A wir am d'>h. Bapti^^taerag \<t v J 173') zu ScJiiffe an-
pii eiii»*r ^*dir gefährlichen Sc^hiffarth von tWt 3 Wochen
irtr füdlich zu f^antzig (1. L. glucklich an.
Von IhLiiiztg »Hixifn wir nach iMJiigeni Anffent hallt
Beyjw» zu Ijande ferner fort nacher Holland und von
isji. allwo iinwere erste nachfrage war nach
M-n FVt*nnd. ili»m M.di^ Manju^rtuis. mit welchem
Bnider alsdann zum ersten nmhl in »'ine persönliche
geriethe: dieser erzeigte uns. so huige wir in
f V* . ' '• alle er8iuuliche FrMundschMfft und Hofflich-
^Br V Et»» uns* die bekauntÄchafft derer meist^>n
[inuo. und weilen ein pimr t^ig nach unsert^r an-
Ije Ift: ' ^' Sammlung der Academie der Wissen-
_Viir «i r'i^tidienileu Vakarizen gidialltt^i wurde.
-»»'» Fritz Biirikbardl.
s«) wollt«* «M* nicht wrsäuiiK'ii uns noch in dieselhe zu imro-
«hicit'H'n. In benu-ldtt» Versammlung legte unter anrterm
<lt*r Si'cretarius dit^jenigen Dissertationen ein. welche ihme
ITir «IfMi «Jamals ausgeschriebiMien Preiss waren zugeschickt
wnnliMi. I>it's«» Dissertiitiones wurden unter diejenigt'ii Tora-
inissarios disiribuirt. Avelche wanm ernannt worden, diesi^lijen
•/M «'xamini««ren und i'olgends den Preiss zu adjudiciereii.
\'tirh«'r aber wurden die Titel solcher Dissertationen. >umt
diMi I)i'visiMi. so darhey gesetzt zu werd<»n pflegen, laiith
viM'ic«'h's'«Mi. Da sich mm die anwesenden einbildeten. t*s
wnrdi» uns iMwan ein«» von dies«Mi Schrifften nicht unbekaunl
si'N n. ^o wan*n gleichsam aller Augen auff uns gi^irbtrt
lim /.u M'lirii. ob unser Angesicht solches V)ey ablesung «ler
ul>iM'sihrilft und di'r I >evisi^ nicht verrathen wunle. bnler
tliai liaiii' es sich just gelügt, dass damahls iiber die la'in-
ln In» ijur^iioii mein A'atter eine Schrifft von hier auss uml
mriii Hnid.T von i^'tersburg auss eine andere n acher Pariss
.••!■ '« liit'ivi liaihMi. und zwar so hatten nach der Hand di»*?*
.'MJniltien bi'\dr da^ (rlück, «lass der vorgesetzte Pn.'iss
w.'Kh.r d.is voi'i«;.' mahl nit'Uiand wäre zuerkannt wonlo«
im.j mIn.i dissiiKiliI \»*rdoppelr warei unter sie getht'ilr wunle,
\N-lrli.- \ •:■ d.'in nitMiiahls gi»sch<dien, seithero aber zum
■ •lli.i.'! i«*! pr.uiiiii-n wonliMi. wie icli denn unter aiid^ni
l'i«! .'ü .h.' iv h »l.rvonzui ragen auch «las Glück ^phabt.
■I 1 .1.1 ri:;-:!j..'i:v .h-.-y ditfi'n'Mt«* [U'oponirt waren. unr'i'T
• «'.I. i ..! ■•'\\\r-\'. Hrr.diT «in tlifil an einem ambTH zn
\ l.iNN w • .'. l\iii<*i waren. «Mn[)fit»ngen wir di*
' > ni- J.i . !• Iv- ;.l'."- durch »las Loos zu der «lainahk
^ I" I. I.V..!. ■..'. i ■.,■••■>.,■:;• v. Prott's>ion gelangt .seve.'-
I ' • '«■:« :■' ^\ :• ! ^ :• ^ \i'' 'r^vhriebi'n. ilass mein iün^'*r^r
lim,!. 1 •.. .: ,.'. • ST;i«burg verheuratben wM^.
iniil w . ' . • \x ...' :; . ■■: . < v.^v-r.'heuiler Hochzeit meiner
p
• - . \ r-.ic: >*«i:r^ .iu> um die Professur de
•..- ; '.'< wAr ihm gün>tig |iK.. I«.». ^^'J*«
■•' . . ■ • * - :• Vi .lufjjofiihrt: Vir ExccH. Df«
' ■■ '- ^ .*.:j;p.:ss!mu> et pr.ieclarissiroflSt
...1 iv.jx o M X...1..; .... .:,.. ,. .. .... :;;;^..j-,^ hoxiores iu Acadcmia
■ u-..»-. "... ^".^•^ tv-: •..;•• .'..» , ■ ■ . ..^ ^^,.., ^^.^., Urgiatur.
r... .. .. M
öograpbi« de-* Johatitic^ IT,
. Schwester memanc] van luiöerer Familie sieb naeh(?r
irg verffigMn koiintt\ so wnrd«*rj wir gobätten, in
imen uieines Bru<lers Hüchzcitlest iM^yziiwoliiicii,
mm» dann veranla»ste. tmsere abreis» von Pariss z\i
fcW«m!ugt>u.*i ZwiM tag nach niisores ßniders Hochzeit
i^iaü^tou wir samt donon neuen EhelHinliHii von Stmss-
imd kamen zn Basel zwey tag vor unserer Schwester
an und vollcnideten also glücklich unsere Rejse.
AtiMser dieser habe ich seithero ver?»chiedene kleine
en thmh zur Lus*t. tlioils gesundheit oder anderer ur-
^rn linibftr gi.?than. Also bin ich vt^rschiedene niahl in
sburg gewefien, meinen Bruder heimzusuchen.
Im Jahr 1730 wtirde ii'li von dem damahls regh-renden
3^iften V(ui Baden-thirlaeh. welcher sich zu selbiger
'A*it allbier auffliieilte, inriiiert, Ihme nach seinen
hm uiiil in du.s nahe bey »einer Resideuzstatt gelegene
l Steinbach genannt, «u begleiten* welche invi-
unt*n*thänigeni dank aniialim uitd einige Zeit
üh gh'ichfalls iu dieses Fürsten Gelolg wie<ler »uHlck-
Ao. iril braciite ich die FHÜilingö- und Sonimers-
tXL ViviH zu.
la oWn dem^olben Jahr wurde zu Lausanne <lie luathe-
und philosophische Protess^ion leilig, welche vor-
4iaii der «lundi seine vielfalltige Schriffton iKikannte
! CnmiMiz mit Ruhm versehen \mfu> und nm wihlir
diasiiiakl wiedenim bew^arb.
Oh amn nun ^cbon Ihme dieselbe nicht wohl abschhigen
Ute tmd sie Ihme dero halben gleich anfangs zugedacht
•♦^ I« wollu^u dennuch «ü^* Herren von Bern, dass man
ilisputien^n nsollte, thetls damit die jungen Lenthe aiisi^
fA9i d«r Räckrei^c vnu Petersburg, aUo im Jahre 17.'^^ trafen
BridCT Ml KratikfcU-h tm l'o^twAgen mit einem Uubekauitteu fu«
4tm ttiild ein wissefiiithiiltlichc!* Gespräch angeknüpft wiir* iMr
fn0^ »kIi ittm X:iin«ti DaoieU, iter antwortete, er heisse BernouUi,
r AvNroci fSr einen Srherz nchmmfj, erwiderte der Mitreißende, er heisse
Ottrrli nÜirrü Nacbweisif iilicnteugte er sich« dtiss von einem Sehen«
-i; er «eibtt wnr *lrr Batuniker Tränt, Adjunkt bei der fran*
ftie der Wi «Seilschaften {nach P. MerLin, Die Math, Ber-
oOO Fritz Burckh.irdt.
lii (\(^m folgenden 1744sti»n Jahr, den lOteu Febniar,
liabe ich mich in den Stand der li. Ehe begeben mit Jgfr.
Susanna König, weyland Hrn. Emanuel Königs Med. D, nud
hey liiesigor Universität Prof. nach todthinterlassenen Tochter.
Diese gebahr mir den 4ten 9br. des nämlichen Jahres
zwischen 10 und 11 Uhr einen Sohn, welcher den folgen-
den Sonntag getaufft und Johannes genannt wurde;*, die
Taufj)nthen waren H. Dr. König als ein H. Schwager, mein
Bruder ü. Daniel BernouUi und Frau Mitzin zum Löwenzorn.
Don 7ten 8br. des folgenden Jahres brachte sie nach i
oincr Schwangerschafft von 6 Monathen eine todte Tochter
zur Wellt.
Don 21:)ton April 174r) erhielte mein Bruder naclu-icht
von Pariss, dass der ausgesi»tzt.e dre\H:*ache Preiss über die
XiJtur dos Magnets, welcher überall 75(X) li\Tes aussraachte.
in i^ tlieil seye getheilt worden und erkannten wir an denen
eiue Ordiiunj; ;uifj»estcllt, die den ganzen Modns procedcndi regelte, indcB
aus den Bewerbern nach genauen Vorschriften geheim abgestimmt, ein DreiCT-
Vorschlag (Ternarium) gemacht und aus ihm dann Einer durch das Los g^
wählt werden musste. Bei den Bestellungen der Universität hatten dicKandi-
<latin in der Regel ihre Specimina vorzulegen.
Mithin (soll) in allen Ständen, alles Ansprechen, Practicicren, Briguirtn.
Spondircn, Versprech: und Drohungen gänzlich verbotten (sein), und win»
herauskommen sollte, «lass einer dergleichen sich imtcrstanden, selbiger \oi
der Wahl ausgeschlossen und eo ipso ineligibilis seye. f
in einem Brief von Bcrnh.Merian, dem Berliner Akademiker, an Daniel HB, I
\. 1}. Dcc. 1782 wiril diese Losordnung folgendermassen verurteilt: |
Oiioi <juc votre modestie en dise, je suis tout outrd qiic les BemonHi |
iw ^oiont pas remplacös par des Bernoulli, et de ce ridicule usage de vouloir 1
-(.' procurer de grands physiciens et de grands gcometres par des billels de ^
Inttcric. r'esi ä cpioi j'attribue j^rincipalement la decadence de notrc univcralf 1
et <"'t^st cc qui probablcmcnt en operera la chute. Commc si ce D*ctoil p* }
dcj.i asst'z <r('xrlurc Ics ctrangers de uos chaires de professeur et den laire j
UM inouopolc jiour les bourgeois. Tout cela est au rebours de ce qui se pr^ 1
i'u\no (biiis Ic rcstc de TEurojK' civilisr, et partout oü Ton prend vcriiablcmfl*
a Coeur der faire lleurir les sciences et les lettres. Mais il parait hicn q*
« *»'>t la de t\\\n'\ noN chers (•omj:)atriotes se soucient le moins.
Xa<"li Johannes H. Bernoulli's Tod wurde sein Nachfolger allerdings keto
Kirrnouili. mmderu Daniel Huber, einer seiner Schüler, der sich um das vrissea» %
>chaftlichc Leb«*n seiner Vaterstadt im hcichsteu Masse verdient gemacht hat i
'1 J(^h. III. BerufiuUi, der nachmalige königliche Astronom in BerliB. ,
•'; den 13. Juli 1807 /u Köpeuik,
|b. und I>evises derer 3 Dissertatioiien, dass oiue davon
Hg angehörte* als welche mein Bnidor und irh miteiiuinder
prfrrtiget und nacJier Pariss geschickt hatten , bekäme also diss-
bilil ein jerler von uns beyden einen halben einfachen Pi'eiss, ^ )
D«?n iHten Jnnii 174r» ist meine Fnm wiederum mit
Kner fodten tochter niederkommen.
Den 7. Juli] ebeii dieses Jahres erhiehe mein Bruder
rieht, dass Er und ich zu gleicher Zeit von M, de Mau-
H^rtais, dem Präsidenten der Acadenjie dw Wissinj^ehaften
Berlin ah Mitglieder solcher Academie wären jn-opuniert
erklärt worden: bekamen auch nacii d^r Hand die
JiplomatÄ,
Pen 22. Hbn des nämlichen Jahrs habe ich für die flurch
i^n todt H. Dr. Tonjnla erledigt«' juridische profession dis-
utiert.
I)en <)ten Janij 1747 lirachte meine Fnm abermahlen
fke todte Tochter und 2 itund hernach einen lebenfligen
Q* getaufft Eraanuel. zur WelU. welcher abm' des frdgen-
©ti morgens wieder starb.
Den 29. 8bn 1747 tliate M. (h;^ Maupertuls als Praesident
er Koni gl* Academie der Wissenschafften in Berlin in einem
nüch abgelassenen Schreiben einen nochmaligen Versuch
öeinen Bruder und mich <]aliin zu locken: Er that mir so
ÄJignnehrae und honorable prnptjsitionen, dass icli mich rf*cht
len mnsste, dieselbigon auszuschlagen. Er offeriert©
Tnir. es bei dem damahligen Hecretario der Academie dahin
zu bringen, dass er sich veteranisieren liesse nnd wollte
mich an dessen Stelle setzen, welches die lürnemste ist
ttnter allen, wie auss M. de Maupertuis seinem schreiben
zo ersehen, wenn er sagt^ ce seroit bien v^otre fait; cette
place alors anroit tont Teelat et par de lä celui qu-elle a eu
jadis a Paris et öeroit la premiere de toutes: ich muss ge-
8t«ben^ dass dieses die stärkste tentation gewesen, welche
ich bis dato ausgestanden, mich ausser meinem Vatterland
ZTi Stahl lieren; doch ist es (rottes heiliger Wille gewesen,
*) Einen Teil des Erfolgeii seiucä Sohnes JobfLnoes schrieb der Vater
den Umstände nu^ dnss dessen Arbeiten ^tnient fond«^es pour 1a ptiipart snr
■a id«es. quc je lui avais communicjuees pour en faire usage cc qnll a tres-
" s «Sollte, Wolf» ßiogr. II p. 93.
Frit/ Biirckhardt.
i.— :. .^V. -Iv^se überwinden und der zärtlichen Liel»
^ ,: . - T - -tiigrten Elltern und dein Viitterlaiid aui-
- 1- . .' -r.!.-r 1748 hat es dein aIlinäcbtig«Mi Gtiit
-' i '-x-yy-^u Fürsphnng gefallen. m<Mnen golVatter
^* <* • .laiir <»'ines Alters aus dieser Zeitlichkeit zu
; ^: :*■:-••■.. nb mir nun schon dieser Fall hörhs^t
-V / ' h \'<rk«»;iiiut. s(» (»rkenne ich doch, wie vi»«! wir
V ' "':'M'Iist»Mi zu daneken ursach haben, dass er uns
- >-b«'Ti \'atter so lange gegönnt, ihm die Zeit seines
. ■ > : r so vii'lem g«Mstlichen und leiblichen Seegeii über-
-.■.-:«:. ihiih' auch zuletzt ein so sanfftes und seelif];t»s
y- ■■• V. rlit'hen hat.
Pon St«'n april 174S ist meine Frau zum vierten uiahl
• .'iin'i- todteii Tochter ni<Ml(»rgekommen.
Nach meines sei. Vatt'^M's absterben wäre man .so wohl
\(vi <i'iten MHH. und Obern als lobl. Universitaet auf mittel
•s-.lu.'ht. wi«' man die matlH^matische Profes.sion auf jemand
i^is der Beriiounischen Familie unmittelbar übertragen könnte.
W'il aber di^so sach einige Hindernuss antraff: als nuK** i
:;. »dachte math«Mnatisehi» Profession vacant dedariert unA
sut die gj'wohnlicln» Art vermittelst des L(^oses wiedeniia
■>.'M'tz! wenien: das Loos fiele auf vir. Cl. Herrn Dr. RainspiH.'ik.
wv'KhtT sich aber iuif höfliches ansuchen E. E. Regenz gleich.
d;o"u verstund, die Thme zugt^fallene mathematische Pro—
«i'NNion mit im'iner Profession Eloi^uentiae zu vertauschou "
Ks wurdt» also diesem sach vor ampliss. regen t ia MHgH. nu <-'
(Mmm'ii /MV rat ifieati(Mi vorgetragen, welche den 7t. Sept. 17-t«
dir^ru Tausch «Midiellig, aussgenommen eine einzige Stimmet"
lanluieritM» un«l mir bey diesem anlas dasjenige additame». ^
nun personale, so mein VatttM' seel. genossen hatte, ah*:^
.druli iKU'h seinem todt wieder abgesondert worden wa ^
|!..N nl.'j^vn gniidig geruhten.
honit^rkung: In den nun folgenden Blättern der oiger
mdiV'Mi Hii»graphit' sind nelx^n andern Angaben, die hie^'
vl.n\\enUM., di«* zahlreichen (ieburton der Kinder na -
idoHkintler nebst ihren Pathen aufgezählt: es erscheine
nwoekinässig. die Entwicklung des Fainilienzweige--
^^^^^P Autotiiographic de» Johannes II. Beruoulli. .^O.) ^^^|
mea IL dnrch eine» Tabelle darEust**IU^n,
d\(^ alle wüusch- ^^H
, vom V^rfiisser luüulialt geuuicht^Ti
Dut^^Q Übersicht- ^^H
sothältJ
'.geb. 17. Aug. 1770 ^H
Sus. Margai
Johannes
. 7. Juli 1774 ^H
Emanuc)
. 5. Juli 1776 ^H
^^^^ft
Daniel
, 27. Nov. 1778 ^H
^^^^" lohannes.
Veronica
. la.Mai 1781 ^H
^m 4. Nov 1744.
Dorothea
, 29. Jan. 1783 ^H
^B|3i.Verofi. Beck (28. Aug, 17f;9)
Nicolaus
. 15. Jan 1785 ^H
Hv
Catharina
5. März 1787 ^H
Es lalgen 4 todegeb, Töchter
Jacob
16, Mai 1788 ^^H
und ein Sohn Emiinuel, der
Jacob
; 3LJan, 1789 ^H
am Tag nach der Geburt starb- Elisabeth
geb26.Aug. 1789 ^H
; 7. Juni 1747,
Johannes
. 5 Juni 177e ^H
Johannes
Juni 1777 ^H
Susanna
geb. 6. Juli 1777 ^H
Bmanuel. j^cob
, 10. Febr. 1779 ^H
12 Sept 1749.
Johannes
. 22.Sept 1780 ^H
1'
uA . Sus. Cath. Geyrnüllcr
Kmanuel
. 24.Aug, 1782 ^H
(11» Sept. 1775).
Margarctlia
, 28, April 1784 ^H
Luise
. 7. Juli 1786 ^H
w
Luise
Y 29. April 1787 ^H
Hl
i Luise
geb. 2r Mai 178$ ^H
Christof
15. Mai 17S2 ^H
^^p Daniel.
Susanne
4.Aug 1783 ^H
5 ^1 Jan i75h
Johannes
. 2a Jan, 1785 ^H
1 iaJ:A,SJsdm(n.Mrz.l776)
Leonhard
. 20 Mal 1786 ^H
1' (t 13 Pcbf, 1779).
Daniel
, lOAug, 1787 ^H
;* m ri M M.Biirckh.(2l,JuH 1781)
Emanuel
, 22. Mai 1790 ^H
S [ Nicolaus.
^^1
l Scpt 1752. r 19. Oci 1762.
^^H
Susanna
, laMärz 1782 ^H
,. ^! !^. Carolina
, 30. Juni 1783 ^H
mFcbr,175*. ]c,^,^,^^
. 28. Jan. 1785 ^H
\
Pithe Maupertuis.
w.: A. CaÜL Burckli.
^^H
19. Febf, 1781.
^H
Jacob.
^H
SLJiiftl 17SS. i la Apr, 1757
^H
Jacob.
^H
> Od J7S9. t 14. J Uli 1789.
^^B
r OiirL Eulcr (1 0. Mai 1 789),
^^1
f rtninkcn in der Ncwka,
.^B
^^■kr igituht. U QmOt. md Altertum Vt, 2
^^^^^H
504
Fritz Barckhftrdl.
Den 21teii Xber 1753 bin ich in die helvetische
lehrte gesellschaft aiifgenommt^ti worden.
Den 2ten .luUj 1754 ist niein Sohn Joliaimes nat'li v
lier üboratandenein examiiie in matricuiaiu studiosonim Pliil«
sophiae rf*eipirt. worden.
Den 24, 8br. 1765 ist dvr Jnljannes unter Gottes gele;
nticher WHlsehneuenburg verreyset um sich dorten in
tVantzösischen Sprach zu perl\*ctionnicrün.
Im November 1755 wurden wir, mein Bruder mid i'
in die von dem König Stanislas zu Nanci aiifgerich
academie aufgenommen.
Gegen den Herbst 175(> liess ich meinen 2 Söhneü
Emanuel und Daniol die Kindä^blattern einpfropfen, welclio
Operation vorher hier in Basel noch an niemand als ein«»
Wiigners Kitid wäre gemtu'ht worden. Sie hatte, Gott seyt»
ilanck, einen <n wünschten success, Seithor habe ich dk^
Operation mit dem nämlichen Erfolg sowohl auf meinem
äUesten al8 auch hernach auf meinem jüngst^^n Sohn thtni
lassen.
Den 27ten Jul. 1759 ist mir mein wertlier FreuuJ
M, de Maupertuis durch den todt entrissen worden* Er wäre
den KJten 8br. 1758 hit^r angelangt- in der meynung mir
mir einen besuch abzustatten und alsdann seine Kuckrey^»>
naher Berlin fortzusetzen; er wurde aber durch seini^n
schlimmen Gesundheitsstand und andere nrnache so lang^
ilaran verhindert, biss er endlich nach einer langen und
schmertzhaften krankheit io meinem Hauss, allwo er sich
die gant^e Zeit aufgehallten den geist aufgab. Des tag»
darauf wurde er in dem Dorff Dornach, Solothumer gebieths«
begraben, 'i
Ao. i7l»<). In ih'T Promotione vem. ist mein Sohn
Emanuel ad lectiones publicas promovirt worden imd bat
die o ratio n gehabt.
Ao. 1702. In der Promotione vem. ist mein Sohn Dauiel
ad lectionis publicas promovirt worden und hat ebenfalls
die orabion gehabt.
*) S, meine MiUcilung: Mciupertuts Lebensende. Basler Jahrb. iS86.
p. 153 ff-
Aillobiocraphie ile« Johannes LI. B^rijoiillt.
3^'
lOu 17tJ2 d. 14. Junij ist mein Sohn Danit^l unter Gottes
luihcr Keuohäksl verrtM.st, wohin iel» nucli Ao, 1760
!7- Bhr, meinoD Hohii Eiiianuel gosuTidt hatte.
Ln. 17tiH den 2;-^. Jul. iat mein Sohn Jnhauni'H unt^-T'
gpJeit iiber PHri« and Hulhind naher Berlin verrei>[
er Ton J« M. dem König von Preusaen bemffen worden,
er vivrhero nm den Jnridischen Doctorgrad dispii-
Hn 27ien Juli ist mein Sohn Emanuel unter Gottes
tuiti«*r G»niff zu dt>non Hrn. Leff>rt Beaumont & Comp,
Bt^ um flie Handlung bey Ilineii 7A\ erlernen.
7tl4 d. Bl>. Mcrtz abends zwischen 8 und 9 TJltren hat
Oott iitciuc* gel. Mutter aus diesem leben, in welchem
Udi ^Q«! Gnade 91 Jalire zugebracht, in die Ewigkeit
76&r In pronnaione verna ist mein Solin Nieolaui* ad
ae« imblicas promovirt worden.
7tt7 d* Blfen Jan. ist mein Sohn Emanuel unter Gotie»
nabi^r Li^nteburg verreist, um bey «lern Hrn. Max
nradel niid S. als Handelsbedieiiter S5U stehen.
' ir>tfn rtpr. bin ich mit meiner Frauen nml
Jfr Sara Bernoulli naher Chnr in Pünten ver-
«llwn wir die letzt^^re an M. Maumary, einen in Parma
•rti»n ' iMtii^chen Handelsmann vi^rjuiililt hab(*ii.
^ ^^' .. .. .1 Docember ist mein Sohn Emiinuel unter
r oalier Zfiridi verraist, um bey Hrn. .1. Connui
\ Sl C. als Handidsbedienter zu stehen.
I' *"'- n Mart. ist mein Sohn Nicolaii^ unt»'r
|h i Stn\ssbufg verreist, um dnrr bey Hrn.
■Sptelni&nn zu disciplinieron; nachdem er in dem ver-
F^ " ' -r öd gradam Magisterii wäre admittiert worden,
k ., «: - ., Aug. hat sich mein ältester Sohn, welcher
Berlin rdj«»r Liindon und Paria hieher gekommen war
P neben, durch Göttl Schiekiuig verheyrathet mit
H !i, einer Ttuhtor H. Emanuel Beck des
i ift kurz danuü mit dieser si>iniM' Ehe-
abftr Berlin zurückgekehrt.
iTL
»ne verna ist nirin S<diT» Jukub uil
ii\irt u-iin
len.
3<>^ Fritz Burckhardt.
Den 16teD Apr. ist er unter Gottes geleyt naher Xei
cliätel verreist um dorten die französische Sprach zu erlerne
1772. In diesem Jahr wurde ich nebst viro Ampi. Hi
Dr. und Prof. Falekner und einem anständigen getolge nah
Pruntnit deputirt. um dorten gewöhnlicher massen von Di
fürstl. Gn. dem Herrn Bischoffen als Cancellario unsei
Fniversitet die Renovation des vice Cancellariates zu 1
geliron.
1774. In diesem Jahre wurde ich nach dem Absterb
d(-s Hrn. Dr. und Prof. Tluimeisen von MHgH. für denersi
in die Wahl gezogen zu der Ehrenstelle eines Statt-Coa
leiiten; das Loos aber fiele auf den Hm. Dr. und Pi
D'Annone.
Den 22ten Jun. ist mein Sohn Daniel nalier Berlin
seinem ältesten Bruder verreist, nachdem er vorhero <
spt^cimen disputatorium medico-physico mathematicum i
gelegt hatte.
In dem Monath April 1775 ist mein Sohn Daniel
Saehsen-Oothaische Dienste getretten als Unterhofraeis
des Erbprinzen.
178(> den 4ten Febr. hat mein Sohn (Daniel) die dur
I^efördeniiig des Hrn. Dr. d'Annone ledig gewordene pi
tessionein eloquentiae durch das Loos davongetragen.
1782. Den 15ten Maij schrieb mir der Herzog v
la Rocliefoucault aus eigenem Triebe und ohne dass i
vorher in der geringsten Bekaimtschafft gestanden wSi
sobald aus der Versammlung der Academie der Wisst"
scliaften zurückgekommen, einen überaus höflichen Brief n
mir anzukündigen, dass mich die gedachte academie ei
iiiüthig an die Stelle meines seel. Bruders zu ihrem MitgH
«Twählet hätte und dass diese Wahl nur noch die Bekri
tignng des Königs nöthig hätte welche. Bekräftigung an
durch die nächste Post erfolgte in einem ebenfalls sehr h«
liehen SehnulxMi des Staatssecretarii Hrn. Anielot. Ich hat
mich um diese ansehnliche und sonst so sehr gesucl
AVi'irde. zu \v«»lcher nicht mehr als 8 fremde gelangen könm
so wenig beworben, dass ich einigen Freunden in der A
demie zu gunsten meines ältesten Sohnes geschrieben hat
H Amobtogriiphie de« Jpimnne« II* ßcnioulIL
djisäf^ HerreiK so sehr sie auch dieson nietnein Sohtr
^ waren^ getruut'On sich nicht mit meinem Verlangen
d«*ni!fcihlen (Jiirch andringen, angi^sehpn dnss mein Sohn
;ii'mlirh jung luid zu einer solchen Würde noch iiirht
{etiiig wäre; sie fielen aleo mit einigen andern der «n-
Hüet«>n Mitglieder auf den Liedanken, mieli selber zu
Kh -* lle zn erheben und brachten es daliin, <las.^
_ i liiilien vviinie, bis Sit» vorj jiür dit* Einwilligung
Vonsdilag eriiallten hätten; sie Hessen mich zugleich
^ clufiü nach meinem Absterben mein Sühn um so vi»d
|iir iäcbwjerigkeit finden wtirde an meine Stelle gleich*
suvli ein Erbrecht xu gelangen, da diese Stellt* seit
itnng der Academie bisa auf den heutigen Tag von
BemouUi besetzt gewesen,
tt iiit leicht EU errathen, daÄ8 ich durch dieses so freund-
imd für mich so rühmliche verfahren mein»
M»ii innigst geddirt mich nicht imr derselben project
wi'* '■'*'*, sondern mit bezeugtmg meiner vollkoni-
trkeit in dasselbe eingewilligt habe, rla dann,
mottle Kinwilligung zu Paris eingelangt wäre, di
in ZU der Wald eines neut»n fremden academie
ßchrirte und wie gemeldt die Stimnien rler säim
zalilmch«»n Versnmmhmg auf mich fielen.*!
Jnhamit» tL BemouUi erhielt die Anzeige der Kmenntiitg dnrvti
ttSclMciben:
EA Versailles Ic i r Mai i ;H^.
m niim ilontte »vit, Monnieur que le Roi vou& a tiomme ii ta plnce
m Mmiac^f de rV-ad«<niie de» Science», vacaute pur h niort de
mt i^imhtf\ Brmoutli. CVst »Icpuis uii Sietrle ujic di&ÜnctiüU powr
i- 'mi votre famillc* et Sa Majcstc ij'iguore pas combtcn
> ^ uiicnemeut. Je »uiu Ire* tialte d*avoir a voua Vau-
T. ti qn^eUe me founiiste une ocaision de vcjujs assurer de« sentimcn
liW|«elfi je fui% tre& parfaitenicnt» Momieiir, voUc frca humbte n
t J»cr%iteur, AnifioL
aliffr bittet titach cleoi KonsepO:
Bare Ic 24 Mai 1782.
Udos, Amclot, Secretoire d'Etat.
f^ eemÜere et Avec raison comme la plut riebe portion de mmi
le le ooiD de ma £amit)e, c)ui m*a ete Iraas^mi^ pur mes attrctrr«
• - -. : r i -. i:ri:dt-
- 7":. -.*- :ii.5^r j.tügster Sohn iJi
-r" :li_ :-. V it^ii. Kais. Minister an
TzZri. -. :l Bre~:-r:er. als Secretari
:. A: r.l :?: ur.sr-r dritter Sohn D
r"r :-5fi r El. iier^nae ziir St«*lle
z^.T> .--.i. li> Lr>.»> voii KE. «ir.
- :'_ ". . - .'-i >-. ii- 5::h ui.ser jüngster J
'- -■ r- • .. '.7-*- A..-. '.:_■.. T.^ ::. St. Petvrsbnrg uiul L
::. •/. 7- • :.- ..._■...■. -^r-r '.:.'::: ::::: Jgir. Charlotte E
Hr. ' A "-— i- L--.-:- rlr^lrr .S-Hretaire perpetuo.
A ■- ■ .■..::^--- T •.■■.--:
1 ■■ 1-- ■. •'■.-•. * -". ':.:.' ►-'■-?:- «üvser lUiSi^r jüngste
'^. _:. ■. S- "^ -Tr>. -.-i: :;i.5 U:.ir:-7i\:k geliabt zu unseM
_.:::• i ..r.>: : "..^ •■•■.■? -rv.. ::. :r::: kleir.en Xewkafluss i
-v-r. .?."....:- - • - S.^.v*-.-^-r>. Hn:. F:i&?. zn enrinken. vo
•--' \.T ■-■ ^ .: .%...-:. 3-T^--' -rr-hri: «Me Schrookonsbutsclia
. ?^-r.::- > ..'.'.':.' -::.;:-. :roi:en -leii l.'<. An^rnj^ti. *
^ ." . -.»: . : .. ^r. .- it - ■: zct.tzct iic» l.\ prc:niere Je.» Ac
.? L- F ..' ■'. T-.-.z ii'.-i .: y^iSit reunit dar.> mon ooeur I
«-:: - .-i .> % ■ . r;-.-:-jr.i-.>»j^s.'« a ceu\ Je la plus hiute i
■ •_• - .;-.: It.. •.■i-vtrr y-x^z un M'.^Rorque ne poar üirt
!.-...: Li " ■ •: . e z: ; r*. :"v.riv-r> s'av^.'x^rJe j celebrrr les vcrti
..••.- .-. ■ . ..?.!. ■- ::. .: ur. r.ouvcau »vin Je la fa^on gr.icin
; ■ : • - .. j- . ; • . .-.-.' „•;::. .! ser-:: b:cn ^iioricux pt'»ur nioi si j w
r. -•..•:■. . ;■ : • ■? -.:*.:: ■.'-^o.r : wt velitc part cn voire «lime ei ^
. .- •. _i:...- ::-:■• ■ ..vre ". .^'.Il- >> A.<*uranccs du profond respccl a«
■.':,.. -.. ::.. J. B.
!.'.r ■.' :- .;^ .-.. :..?•.' Irr.ei. ::■.:■.'.,; fjinj; aus vou La Rixrhe-Fouc.vjh u
.-. '.,:.'..-. \ \i^^T ':'<:: .: kü::; ::i Frage Jos. Priesiley.
' '.- ■:•-•- ]lt'j:z'':> sehr*.::;: Fus^ i» einem Brief an Job. ULI
',•:: ::•.'; N'.-.^k.. e-: .r. r.i- .if !a Newa, ou plutot de son dimiai
. *•.>.' ..;. '.'.-: ;■ r.i- ■.:i .>c: .ire l'le apothicaire de Ivamenoi o»tr
.AT/.'r.r ]*. '. tr-? -:•? : ■ t- i-cs e: >.* p'iis }:r-in<i<^ profondeur de 4 tois
...1 .. ['*•■ ir .;t (. : :.'trc •'•»:. free e<t morl il y avoit tout au plus i ic
• ! -.«.ij- f\'.'.'-/. -.k-.'iir ■.U'=- -s'-l':; tMii> le- i:Kiice> et selon Tavi* des chirurgi
,111 «Mit . t*- .4|;pe'.« ^ il «rsi morl tliin cr'.ip d'apoplexie qu'on attribue gencr
■ii'-iit ;i im lort r'-)*.is smIm de tn^p prc- du baiii froid, car sa digestioD e
f'i ijour-. l'Mit«." »:t l.ihoricU'C.
Johannes Heyniin aus Stein.
el aui der Prültzeit des deutschen Humanismus.
Von Max Hdssfeld.
Abgekürzte TiteL
U Handschriften.
'^Codex Basiliensis A. VI. 12 (Disputatiünen).
A^ V. 2B(Epistoladcqualitatcsacefdoti$).
A. VII. 8^12 (Prcdiglcn. 5 Blinde).
F IX. 5 (Reden).
A. VII. 13 (Vorlesungen)*
IL Drucke.
|A11gcmelne dcutsciic Biographie,
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Wetzer und Weite. Kirchenlexikon. 2. Aufl.
Sebastian Brants Narrenschiff, herausgeg. von Fried r.
Zamcke, Leipz. 1854.
.^12 Max Hossfcld.
Einleitung.
Der Mann, mit dem dio folgenden Blätter siih be-
scliäftigeii. gehört nielit zu den grossen Namen unserer 6e-
scliiclite, und auch innerhalb seines Jahrhunderts nur zu den
lifst-hfideneron. Seine Arbeit war aber doch bedeutend
^enug. um von der Mitwelt als eine (rrösse empfunden and
d«Mn (Gedächtnis der Späteren überliefert zu wenlen. und die
Spuren, die soin "Wirken hinterlassen hat. sind tief und sind
zahlreich genug, um den Forscher zu locken, ihnen nach-
zugehen und das Bild seines Lebens aus ihnen wiederher-
zustellen.
Ein bewi»gtes Lt-ben in bewegter Zeit. Es ist die Epoche. ;
in der die (leburt iles jnodernen Emropa sich vorbereitete,
jene Ej)oche voll seltsamer Unruhe, die noch schwankt j
zwischen ängstlichem Festhalten der alten Dasei n-S-fonneD '
und «ler Hingabe an den neuen (ieist, der diese Formen m
spreiig.'u oder doch wegzudrängen sucht, ein Geist, »lern
:nan sich nicht entziehen kann und dessen umstürzende
<iewalr man doch mit (iraueii empfindet.
.Inliannes Ileynlin gehört ganz dem fünfzehnten Jahr-
liiindi-rr an. seine Wirksamkeit vor allem dessen letztein
hrirtel. dein Tag.« vor iler Reformation Martin Luthers. Ihr
Siliaii platz tn-ilicli war ein anderer, es war vor allem der
Sudwest»'^! l>"UtMliljin«l<. Denn obwohl Heynlin achtzehn
.1.1 In«' <.in»< l.i'sren Mannesalters in der Fremde zugebracht
li:ii. 'lüritTi wir ihn »loch tür ilie deutsche Geschichte, für
i!:»' < T.'<r!iiiliU' .l.-r iiherrheinischen Kultur in Anspruch
:i' lim» 'i. Nil In nur. dass t»r aus jener Gegend staiuiote,
.:uii -.i^i HaujiTw irktii nml seine selbständige Tätigkeit
»I-l:« :: aiit li^'s.-üi iifi'i.'T. und hier ist auch sein Einflus*
.;•;: «ü- Z. ir i:"n <><>,; 1 a: . ü:W".s<ren und greifbarsten.
Wa< al'^r k«.e.i:ite dort in jenem Moment das Wirken
• in--. i4,'i,.|irrt •; und rine> Predigers sein? "Wie kreuzten
^'.rU in iiin die w ideivinanvlerlaufenden Strömungen der
^^P fobatmes McynHti aus Stein.
? Warf **r üvh gftii» dem Neuen in die Anne oder hielt
♦dingtin^lofl aoi Alten fetjt? So klar pflegt in garentler
das Bei^-iisatsfin von dem He!t*n Zwiespalt zwiJächen Alt-
Neu tiich uicijt zu zeigen. Man wälmt die Vergangen-
%tx stützen und kann es doch mir mit den Werkzeugen,
idie noue Zeit gesrlimifdet hat, man richt4?t den Blick
Hoffnang üi die Zukunft und weiss doch kaum* wie
das Ang« noch in der alten Weise zn sehen gewohnt ist.
JReynlin ist als eini^r jener Männer bekannt, die die
rJk mit dem Huinanisnuis in einer Weij^e
binden darf man kaum sagen — , die es
fite aosscliliesslich der uint^u (xler der andern dt^r
ü Richtungen jcuzuwoisen. Man kennt seine st^irkt»
: xur Theologie, die er iür die Krone aller Wissen-
y* ikiiinon Ernst und seine Sittenstrengti, sein»»n
BöMO Sinn« Er stallt hiennit einen Typus des Hunm
p ' !or sich vorwiegend in deutachen Ijanden üihIhU
I ^ .t^ zu It^dittn, w(> die Schjulen der Xirclie hau Hg
\mu willkommener Anlass zu geistreichem Spott statt
'* 'and dos Bedauenm und der Besserungavei-suche
' T der altes^ten jener Deutschen, und spi^Äiell
^^L, rend-humaniÄtischen^ Gmppe am Oberrhoin.
Sarneke sie nennt, beanspnicht Heyniin l)esondere Be-
\ng * liimdere Aiümerksamkeit» als ihm bisher
yea Ausgangspunkt des Interesses bildete die Frage,
►weit bf?i Ht^ynlin, der lange Zeit liindurcli Basels (Tlan£
San bt, die moralisch -konservative Richtung von
iii«iU«ii wie Sebastian Brant. ÜeÜBr v. Kaisersberg, dakob
tind »mfleriui vorgezeirfinet ist, inwiefern »m-
' n her\'nrragemles älteres Mitglied, sondern
Ner (Truppe betra*"htet werden kann. Es
* tuiUinifiidit Wönlon, ob sich durch seine Beziehungen
^n fUn^som ein kulturhistorischer Zusammeniuing
Ikn Hess, von dem uns bisher sichere Kunde fehlte,
m unn Äher diese Beaiiehnngen auffinden und oin«*n
fHk Tcrgloich anstellen zu können, fehlte vor allem
L^-. .^- i^ y^^ Heynlin selbst Denn wewi
n, an verschiedenen grundlicln'n
,114
Max Ho^sfeld.
Eln^elunt4?^^suchlmgell und auch an geiijtrincluMi Sküszf^n
k»3in Maogel war, so hatte doch noch nieniiind versucH
eine zugleich eingehende und umfassende Schilderung soin»*'*
Wirkens zu geben. Da sich nun in dem uns giitigÄt x«^
Verfügung gestellten handschriftlichen Material ©ine
wartete Fülle von Nachrichten über HevTilinti Leben fiia
Äo nahm die Arbeit unter der Hand einen biographischil
Charakter an, und es ergab sich für das, was wir an Alt«
ÄUsarnmenÄufassen und an Neuem zu sagen hattren,
siiicht der Rahmen einer Lebensschilderung. Damit erwacK
aller zugleich auch die Aufgabe^ nachzuweisen, wie in Heyuli
s»'tbst die Mischung jener verschiedensn geistigen Strömiuig
von denen oben die Rede war. zu Stande gekommen M
A'ielleicht. dtuss sich dabei zugleich für die gi'össere, me^
und mehr Raum in unserer Diskussion beanspruchend
Frage eine Antwort findet, in w^elcher Weise die Gedanke
df^r neuen humanistischen und reforuiatorischen Zeit
knüpfen an di<' wissenschal'tliche Entw ick hing der aiL^ho
<h*n Scholastik. —
tTber den Wert einer festen chronologischen Grundlage*
auch für die Geschichte eines Einzelnen brauchen wir kati
ein Wort zu verlieren; von dem Momente an^ wo das Vfl
handensein einer Entwicklung gezeigt werden soll, ist sif»
unentbehrlich. Bei einem Lebenslauf, wie es der des Jfl
Iiaunes Heynlin war, nimmt sie aber noch ein besnndef
Interesse in Anspnich, denn bei ihm ist sie nicht nur dio
Vorbedingung für eine richtige Charakteristik, sie ist hier
selbst schon in hohem Grade cliaraktyeristisclu Heynli
Lebensschicksale kann man, ähnlich wie es z. B. bei Hutt
Celtes und Hermann van dem Busche der Fall ist^ gerade
ilie Verkörperung seiner geistigen Tätigkeit nennen,')
Eine Zusammenstellung der zahlreiclien Werke, die si
mit Heyniin beschäftigen oder in denen seine WirksamkJ
znr Sprache gekommen ist, wird raan uns erlassen.
glauben nichts Wesentliclies von dem, was seit HeynlS
^) Diese Bemerkung entnehmen wir Zamcke*» Einleitiing zu s. Ausg.
Brants Narrcnschi!T (S. IX A. 0. Je besser wir Hcynlins Leben kennen
ieinten. deito mehr &lcl1te sich die Ricbügkeit diefies Satiei heraus.
Jnbäimef. Me;}*tiHn au* Stein.
btü ÄUru AbscliluÄM lüeser Arbeit über ihn vtM'-
it worden bt, tibergangeii xu liabt^ii. Unsere Auf-
war f^ alle jeno T>arstelliitjgi>n oder Stiidien nach
chtnii \Vrgl»?icli iiiiteinander und mit *len Quell»'a zu
1 einbeitliclu'U Bilde ziisammeiizuiassen, vor alleui uIh»!*
ild aacli zu bereichern. Denn über die ersten Studien
Hn« wiiikstf* man so gut wie gar nichts*, fiber seinen
in Paris won ig, und auch binsictidirh seiner Tat igk»»it
r Üborsiedelung nach Deutöchhind war man doch
die Hanpttatsaehen unterrichtet. Hier kamen uns
den neuerdings zuhireich veröffentUcljfen üniversitäts-
lilU dit* sämtlich (Uirehgesehon wurden, und neben
[«Kienen einzehien Publikationen, unter denen die noch
iliUle Berner Chronik Dieboki Schillings hesunder^
Wi» vor allem die eigenen Manuskripte lieynlins,
ioodere die seiner Predigt<?n zu Hilfe, in (Ulanen sich
f>riu von kurzen Notizen eine Fülle V»iographischen
bot, il^v «einer EntJJtehung entsprechend vor allem
Wirksamkeit Heynlins als Prediger helles Lichr
Ptlr Pari^ kamen neben den neuen Verüffeni-
Ti© ssum Teil noch unbenutzten, von Bulaeus in
^(iot^Jiicht^ der Universität herausgegubeih'n
und Urkunden in Betracht.
n konnten wir bei dem rein Biogniphischen nicht
f >en, übc^rall wurden auch Heynhns SchjiftiMi
». I>ii»se wunien weget» ihrer Verscliiedenart ig*
an einer Stelle zusammenhängend, sondern an
neij Punkten seines Lebenslaufes und auch mit
mt Ausführlichkeit erörtert, So wurden z. B,
tschen Schriften, deren Abfassungszeit sich ilber
•»in Jahrzelinf *»r^tre<'kt, vor tier Einffdirung «h*s
in Basels die Predigt<»n vi»r tler Benifung di*8 Pn»-
li answärni zusajumenfassend geschildert, während
riften, wie Re<len, Briefe. Dispuiatiorjen usv.
• t «it*ii Anhissen zur Sprache kamen, rüe sie hri*
i>der an dm Stellen, wo ein Stadium sein«»r
llt twickluüg durch siegekennzoichnetw«^nlen sollte, ^1
fem Teil *^cf Schrift«!« Hcynlins gedruckt ist. wai^n wir auf
.Irr Kitii^f t'fttirr^wvtAtsbibliotlcek angewiesen, die* «»«»i»"«
r^lt) Max Hossfeld.
Aiif eine Biographie im tieferen Sinne des Wortes kann
<lieser Versuch keinen Anspruch erheben. Dazu sind, trotz-
«lem sie nicht ganz fehlen, zu wenig individuelle Züge über-
liefert. Xicht die Geschichte eines Individuums also will
unsere Studie sein, sondern ein Beitrag zur Zeitgeschichte,
die von einem bestimmten Punkte aus erlebt und beein-
flusst wird. Gerade hierin aber dürfte der Wert solcher
Einzelforschung liegen: innerhalb eines kleinen Kreises anf
sicherem Boden fussend. kann sie zur Lösung der Probleme
beitragen, die sich bei der Betrachtung der grossen geschicht-
liclu^n Zusammenhänge aufdrängen.
]
Manuskripte aufhewahrt. Wir unterlassen nicht, auch an dieser Stelle^
X'crwaltunj;, die uns die gewünschten Codices zur Benutzung in der Bcrintf'
Ivöniglichen Bibliothek überlassen hat, sowie Herrn Oberbibliothekar Dr. Berooili
persönlich für seine liebenswürdigen Auskünfte unseren wärmsten Dank zu n|
Jotumo^ Heyuliii aus Stein.
Toil
Universltätsjahre.
1. Kapitel
Name und Herkunft.
Sevor wir snir BiirhteUmig der Lebens^chicksal»* Heynliu!«
rgi^ht^u, ist es nötig, eiuen Augenblick hei seinem Namen
Irn atu bknbi^n, fiicht mir um zur Klarheit flaniber zu
, welches eigentlich der richtige Name ist, sondern
w*nl durch degüen Erklänuig gkichzeitig schon die
nüch tMn'ner Ht^iiiuit und nach seinem Stunde gelöst
Fast auf £wei Dutzen«! täHHt sich die Zahl der Namen
gi»n. tinier denen *luhunnes Heynün von Z**itgenns8un
Ton späteren CTe^chichtsscli reibern geführt wird; ^Heyn-
wtrd^ um von rein orthographischen \*ersthiedenh6iten
r. wl>^UM»hen. zw H4*ynltMn, Heuelpi. Henlin, Heiin, Hembin,
r ' - ■ j^j. Beiname heisst von, vom oder aus Stein.
ie und a Lapide^ Lapidanus, Lapidarius, l^apideus,
Petro, fmnisdäisch l^ipierre, de la Pierre usw., selbst
lin int gel lüdet worden.*) Kein Wunder, das« unter
n venschiedinirii Xamen auch verseliiedone Peri5onf*n
wcinleii fiiml« und dass in mmnohen Büchern an zwei
mehr Stellen von Ileynlin verschiedenerlei berichtet
' - ' dii3«8 der Verfasser weiss, dass er es mit dem-
i uBB EU tun hat,*» Erst wer seine Geschielite im
munhung verfolgt, erkennt hinter diesen mannigfaU
•m die Identität der Person.
! 44) gibt an« d;i»& >tcyniin in den Registern tJcr f*arUcr
irQ aU Jobanüe» Latomi aufgeführt werde. Das beruht
trriva»« denn m einem von Spirgatis berausgegehenem PersoDal-
4ct f*»ni>et Uaiver&ilit vom Jahr 1464 «teht sowohl tjoh, de
w\m tJoli. l««tbi>mi", e« »iiid also iwei verBchiedeue l^er^oneu (Bei-
I *we«, l, 4j u, 45. iHSÄ).
t» <icsch, d. Schwci«, Tüb. Aiisg. von 1817» Teil r»,
172, ^«1. — Uch», Getck. d, Stadt Baiel (r83i|. Bd W ijO» itiJ.
Ji8
Ma^ Hossfcld.
^Jolmiinesj Hevnlin de IjiipiiL** ist imcli seiner eigö
Schreibweise*) die richtige und vollständige Form seil
Nanioiis. AUerding?^ n*Mint t»r st^lbat sich in der weitai
grö«st-en Zahl der Fälle kurisweg Jolmniies de Lapide') un»!
auch seine Zeitgeiioßsen*) wenden aieistenteils diese gekürzt*^
Form an^ dennoch findet sich mehrfach und zwar gpradw
elann, wenn auf die Vnllstäniligkeit des Nümens <t, ; V' '
gelegt wunle, z. B. bei 4] er Iniitulatinn an üniver^ ^
«ler Name Heynlin hinÄngesiit^^^) Übrigens ist mir d«r^|
häufig und neuerdings'^) noch wieder gebnmchtf» NamM
a Lapidß in zeitgenösaischen Quellen nur ein einziges M«i
begegnet, in einem im übrigen deutschen Schreiben des
Bern er Rats an Heyrdin. das die Aufschrift Doct-ori a l^tipide
trägt.**) In deutschen Quellen heisst er sonst Johans edi^r
Hans von Stein, auch vom Stein* oder bloss di^r Doktor
von Stein, einmal auch ^Herr Joliannss Heinlin de Lapide.*'»
Es fragt sich nunmehr, welcher dieser beiden Na^li-
rrnuien als der (jh^sehleehtsname und welcher als der Beinamt*
anzusehen ist. Wollten wir der Kartäuser Chronik fo1gt*ii.
diu ihn als ^Johannes de lajiide cognoment/O Haenlin*' b»**
j«eichnet,*) so wäre Heynlin nur ein zur Unterscheidung von
anderen Personen des Namens Stein gewählter Beinaiiii'.
Dem dürfte doch nicht so sein. Wie sollte ein Hans iron
Stein darauf geknioineu sein, i^in Wort wie Heynlin, d»^
doch ohne deutlich erkennbare Bedeutung ist, als Beinaiaen
aiiÄtinehmen ? Sieherlich war vieUn ehr Heynlin das noraeu
g^nitilicinm. Als solches kommt dieser Name im 16, J
4
>) Codex Basil. F. VIU *>. F. Vül 11, X U 20 is. Vischer S. i>^»
Aiiin. iH und H^icnel Sp. 535^ 52O, 5ji), aticU im TrftCtatu& de rocinorift Aiig«od»
i%, Adunibr* S. 104).
5*) z, B, Disp, foK i% 54» 5«), qij, 109, 195, 219, VorL föL 170. Pr. V, !
') Wir nctiiicn hier mir Trithcmiuii. Da dieser den Namen „Hc>iinn''
nicht nennt, hi er hU gegen de» AufAng de^ 1 9. Jahrhunderts &o gut^
unbekannt geblieben.
*) Erkr I, I»i4. Rcus. I, 173, AncL I!, 903-
»I H. Hiirler, Nomcncbtor Ht. Thcol, Cath. TI, 1027 (üki^).
«) Abdruck bei Bio. Ta. S. 153.
T) i. Ardaiv f. Gesch. d. tlt. Buchhandels XI, 75.
•) Ba. Chr. l 342/3.
Jolumnet Uc^mllii 4iii Steiti.
i>9
in iil»imatmisc]ieii I^ndon häufig vor: wir nennen
den ilatrikt*lbttche^rn di*r ÜniversitÄknj Tübingen, Er-
mul iv#Mp55ig^
IS Haifiliu u»' i mmjm'hu^^'il iinnifitrik. 14HK
rlmrUiN Huinlin lU'^ (H'nllin^en il5.'iS).
an«« Heinlin de üffmheym (1470).
IJlrliiiir Hayniin tlt» (>ss»^lbing€*ii <I473).
[(^«i»«{Nir Hejnlin ik* Ulnui (14771.
Johannes Hevnlen de Leubs (in iK Oborpfalz) »1422).
bi allMi ilie»en BeisjjiVien, die m*h leicht vermehren
trit< ntiö Heynlin als der Familienname *i. der mit
Jeiu»ie Zusaty- dagegi^n als dio Bezeichnung des
entgegen, und niclit andei^ wird auch der
ItTjöhanoeH Heynlin de Lapide aufzufassen sein. Heyn-
ärt Vatersname und die Heimat des Mannes ist Hn
|2o d]t!9i^r Erklärung passt der Nfune Lapidanus, den
tilin« hn man istisch«« Freunde ihm gern geben*)! klassisch
^ciet/* Männer wie Jolianu Reuchlin, Sebastian Braut,
slin Fiebi't folgten eben iler Ansilrucksweise des Alter-
If djijt vom Ortsnamen ein Adjektivnui bildet«. Völlig
rnterpretarion t*ndlicb durch den Umstand.
\Hf\ :i\ in d<Mi R/egit^tern »ler Pariser üniveiisitiit
l^en weiteren Zutsatx als «Johannes Hejmljn^ einge-
Bß ist/) eb«»n80 wie die gleichzeitig eingetragenen
^*.t. r.j* v,.^i Inli Wvnterlyng, Symon Hatly. Wio Fest^
1*1 l/riu i». 4»i* H» Wcii«€nlinrn, Akten der Erfurter Uaiv. Tl. I, 340
(» r«rf^lt,<4jiioHrQ il. Pfon Sachscu Bd, VIIl» 188^ EHcr m, 307,
|-^ (Tbffifeitft knmmr der Name fchon im 13» JahrhuDdert in aUnianniscken
- <Liti Mhd- NAmcubucb, Hasel 1903, S. 41*»: ,»Bertotdi»
.yeV* ttftw.) ittid cti^tierl aui^b beute m>cb .tU Gescblecbtinjime,
4*t l'oivcrmitüt Leipsi^ wurde die Heimatsmiigfthc MeU ttiiC der
4ß |ic|*ebeii und leicht übersetzbare Ortsosinien ericheineii in
G««-»itde. ^Fflrr, V'orred^ S ^a — ^^»^ femer Bd. HI, ^07 tu 831^
AtlCB MnrCdili »cUi** m-nut »•j-n i ii"!,'!, (.-i it:ij >iT, 'S. vuri, (ui. '»j lind
1^ Uhrr rvrepicjruin nation. ^ilemanti* t. AiicL IT, 403» 20. I>er
^ I^r.iÄ^i .*f vfim Hernuigebcr hiiuujrcfügt, «.Vorrede in Bd. L
^ icteli« nnd 4tler1iicn VI, 2. 72
^Io
Max Ho&ftfeld.
Winterling uii*l Hntii ist auch Heyiilin als der FÄiuUi
tiame anssuäehoth tio Uipitie rnler Lapidanus aber als Hoimi
Ijezeichnung.
Wir ujöi'hteii daher, obschovi HL^ynlm selbst und seil
Zeitgenossen mit Vorliebe inir «leii vom Ort iiorgeleiiet^fl
Namen braiich<^n, wie es ja damaliger Sitte entsprach iKic
C'Usanuö, Joh, de Wesalia nsw.i, die Bezeichniing Johannti
Heynlin aus Stein heihirwcirten. Damit soll zugleich' def
immer wieder anftauehenden Meinung, flass «von Stöin*
adliger Name sei, begegnet werden.
An die Frage, oi Heynlin adliger Herkunft war, h
sich längere Erörtoningen geknüpft. Den Anstoss i]
iicheint Ejsengrein gegeben zu liaben, «lor Heynlin. ol
mmB Ansicht näher zu begründen und wahrscheinlich
tlarch den Zusatz de Lapide verführt, kurzweg als ^Joi
Kques Germanus (Hctus von Stein- bezeichnet.*^ — A
fi'ihrliehe Erörterung findet die Frage in Iselin's Lexikotu^
ebenso in der Admnbratio Emditünim Basiliensium. Beid**
erklären sich gegen adlige Herkunft. Später aber würd«>
diese auf Grund einer Identifizienmg Heyidins mit eioeJU
in Froibtirg studiereuileu ^Johannes de Lapide, nobilis Coa-
sfantiensis dioeresis" wieder verföchte u.") Blösch endlick
l>orülirt die MögliclLkeit der Zugehörigkeit Heynlins zu
Bernisch-Solothurnischen Familie lierer von Stein, ohne
jedoch iJafür zu entscheideu. — Gegen die Identität H
lins mit tlem Freibiirger Johannes de [rapide macht be
Vischer chronologische und sachliche Bedenken gehen*L
hält sie aber nicht für entsächeidend und bleibt im allj^f--
meinen wieder bei der Annahme der adligen Al)kun{t stehet!.
Hierin sind ihm die meisten gefolgt, zuletzt n(»c h Bn
idUca
erelH^
») GuiL Eys, Catml. Test, Vera. (D\\. 1565) fol, 181. E. ist uberÜ
uiijtuvcrfäistg, nennt er doch £. B. Heynlin niU einiger Ctbertreibtiog
,»primm tostaurator BAsilicnsis Acadeniiae" i
*) Jac. Chriit. Uelio, Hi&L u. gec>gr. Lex« Bd« IV ^1728) % 491.
') i, Albrecht 13, Sebreiber, Hcinr Leistungen Freiburgs für Bikher«
und l-nndkÄrlendruck , Festrede 24. VI. 1840, de«, Gescbicbte der Univ.
l'rcil)iir| 1^57, l, iJ3. VUcb. 15;, 159. Bio. T*. 241.
I
■I
Johaniii£% Hcyiitln aiu Si
boti Afltri »UinmeJ)
Uffniiocli ifit die AnriHliuit* iiuitnltbar* Sie stutzt nich
' \f z^'fi Gründe, don einen nnanHgi\^prochenen, dass
•* einen Adligc^n bezeicJinen nuUsi\ und don
dfttts in dem adligen Freihurger Studenten unser
'in z»i t*rblickon std. I>ii* UnhaltUarkiiit des t^rstini
ur oben nchon gezeigt worden : aueli der zweite
bid nftberer PdÜiing nicht Stand. I)ie drei Einträge
in Fndbnrger Matrikel biuten nilrnlicli:^)
pl: OnminuH Juhann<»H de liapide nobilts CaiutnntieiUf-
diofic^is U.Mai. (Matrikel der Universität.
Sab deeisnatn j*ecundii Kiliani W(df ile Haslach Jo-
' tli^ Lapide priniui^i amnitim proinottis eiun
- Cfeilern de Kai.sersberg.
Fftrift secunda'pOBi palnmrum dett^niiinavit J<di. tiv
Lapide, nobilis. iMatrikel der -dr/i^/^nfakultät.)
(Kuü iJt<dii aber erstens fest, da8j< Hi^ynliri niclit aus df^r
Knn^tau^. sondern aim dem Speierer Sprcnffel war/)
Ambb er bei*eita IB Jahre vor dem Freibnrger .Jo-
de lapide in Leipaiig (ieti^rniinitMie. d. li. haeenlanreud
ibns untnle/i und ilrittens, dma er in den Jahren
-14413 in l^riH un<l nicht in Fiviburg war.*i Unniög-
akr> die [ilentittit Heyidins fnit iseineni Freiburg^'r
rpttor aulVeeht erhalten wenb^n, I'aniit füllt äu-
ilie Annrihine eine.s geuieinsain*»n Studiums Heynlins
MleilefH v<in Ivai>!erKberg in Freibtirg!)
F^IImcU stir Bankr Vere»nig«ng*feicr iHt^z» S, H»o, Aurli Her*
4cr TO« ciiirtr Uligkrit H«yn)lus in Freihiir;,^ ^prirbt (S, i ;;»« int tw
Imr hohen wir fo1g;ctide Belege : dgvne Auf/c-ichouii;;cn HcyuUti»:
fi4tioiai» alciiiAQit. Uuiv, J*aris: »Jt^li, Hcyulyii de LApide
jiiresiAU** jAuct. 11, tfit) im Rtg. ong. de* prieur-* iJe Sojbonric fol.
r^tu. iti^tktri JoliAnnt» de Lnpidc alemauoi diocctig Hpitensis/*
, etwodd fol, tkt 1 «Jab^tine» d« l^pide, Alemanntifi dlocestts
S. }i« A* S), Fenirr srinc TmrtianikuUtioii iti Luwtii«
''K8C i'fkuiulc niu I4^>7, w Vl»cU i^i.
not S. ;ii o. ui j
,{22 Max Hossfcld.
I)a nun auch, wie an dem Vergleich mit anderen Htfj
lins gezeigt worden ist, das de vor Lapide nicht als Adi
prädikat. sondern als Bezeichnung der Heimat aufziifas
ist. so kann die Hypothese der adligen Abkunft Heyn'
als endgültig erledigt betrachtet werden. —
"Wenn eingangs über die Fülle der Namen für die <
Person Heynlins geklagt worden ist. so kann man ande
s<Mts auch über die Fülle der Personen klagen, die densel
Namen tragen wie er. Wir müssen ihn von diesen Nam
vettern, so wie es eben mit dem Freiburger Studenten
sclj(*hen ist, von vornherein scharf trennen, können
dah<»i aber auf diejenigen beschränken, die wirklich gh
zeitig*) mit ihm gelebt haben:
l. .Johannes de Lapide, canonicus ec^jlesiaeWormaciei
immatrikuliert an der Universität Heidelberg 1446. 3. Augu
Heynlin hatte im Jahre 144l> das kanonische Alter r
nicht erreicht.
± Johannes de Lapide, immatrikuliert an der Uni ver
Krfurt 14HH/*' — 1438 war Heynlin erst etwaB — 10 Jahre
l\. Johannes Stein von Schorndorf, als einer der er
in 'rübinpMi im Jahre 1477 immatrikuliert, ^i gleiclizeitig
Ht'vnlin Professor in Tübingen und fünfter Rektor
rniversitiit. Kr ist von Linsenmann^) mit Heynlin
\veelwt»lt worden, «loch können beide schon darum n
»lit^^olbe Person sein, weil .Johannes Stein noch drei 3i
\vM'\\ .lohanne> Heynlins Tode als Pfarrer in Gummendin
..*l»te.'"i Aiuh fällt Steins Tübinger Rektorat in eine 2
\\»> Mt-xuli:. -iievr Staiir sclion verlassen hatte."
« .>. r.'. \ li" ;~ j:ev...:.:.ter. !>ciiicn Studenten können dod
lifi- .. : ; s. . f. .:.. liei eine hfreit* 1418 in Paris studierte
. ., , . • V. . • '. . ,:*> -,Ti Ktrb:<> in Köln wurde. Hepilin
, V . , s. . \\.: ... .-: ; :.A HeidcH^erg I. 251.
w . .. \v r ... rv.'tf: rn:\. I, 174, ^O.
>:?:.. jifvröhnlich a lapide, Ijipic
^ . > >. ' r »: T 1" ai.w. •Lin.^enmann, G
XV • . .- ;>rfi.i S. 21 1.)
\. . X ^. .. .: . : r..:.ki' irj;^!!, 153.
V . . X V'. .->.- Rektor, l'rk. 47:-
jnh^imie« HcfnIJD ni» Stein.
.\^,\
4. Jotimiiie^ ilo Liipitlf. Hus dor Diozoso Cainbrai. iui-
rikuUen in Löwen 1449.'i Heynlin war. wie erwähnt
i der Dii'Sz^es^ Speyer.
6. Prat4»r •Inhamifs d*» Lapido, Piutluator Lr^vaneiiHii»,
üfttriknliorf in Luw«n 1*J47.') Hi»*r ist die MögUrhkeit di,*r
tititit mit Heynlin nicht ganz luisgescWossGii. Weiiigatans
der Zt^ii nach keint^ Hchwi»^rigk»>it vor; ein .Jahr darauf
.Ht^ynlin t\iv ITniversitat Leipzig, I>ass i^r »iridi^ror-
im PnHligt^ri>rdeu nur tdn Jahr angehört h«bon soll
fipiter iet von ^iner Zugehörigkeit Heviüinw zu den
riin nn»hr rlie liedi» — \\ijrde nirht betVeuiden ;
^unehnion. dass er 1447 di«? ja meist ein Jahr
nidt* Probezeit durchmachte, und dass er vor Ablegung
!p M'inen EtitsrhhLss, Münf'h zn werden, wieder
iikil au« dem Orden austrat, fliese Mntmassung
4«twa<i Bi^*tU»cheride«. weil seine philosophische SchiU-
ngditrdf?r iKuninikaner am nächsten .steht (lieide sind
tr '' ' ipfeu den ^Kominalismus^i und weil sioli
V, iren würde, wie Heynlin seiner philo-
u*n Pftrtei zugeführt wiirdt-. Indes weiss ich nicht,
Anadmck frater auf alle Klontergenossen, somit auch
Vtivizen ausgedehnt wurde und es nuiss diese
rjing voriilufig als blosse Muglicldteit gelten. Witt
R*>aU8t wurde, erklärt ^ich auch ohnedies,
:ja7. 347 u
^hannt^ de Lapide. pauper"*, inimatrikuliert, in
Äl IL 144I>.*1 Da Heynlin später ziemlich wohl-
&t,*l t»t man geneigt^ dit^on als ann bezeich iretou
d#* Lapide für einen anderen zu halten, obwohl Heynlin
fr'h r%»*ineh Be^iitz spau^r erworben haben kann und
für jemanden, der auü der Speien^r Diözese
it*-% Dalie lag, zunächst die Heidelberger Universität
lohanneiS de Lapide, immatrikuliert in Erfurt Michaelis
.>-M
Max flDssfeUL
144»iJj Ob hierunter Heyrilin zu verstehen ist. läsat 6i|
weder bestimmt vernmnen noch bojaheii. Dagegen spri^
vielhnrht (ebeuso wie gegen die Einssetssiiiig mit allen Vd
hergenannten I, da8«5 in tlen Matrikeln der Universitäten,
denen er wirkJieh studiert liat, der Name ^HevTilin-
destens bei der ersten Eintragung in die Register nicht le
Ein anderer ünistand spricht aber vielleiebt dafür
Jahre 1448 iMichaelis) wurde näuiiicli Heynlin zu gleic
Zeit mit einem gewissen Johannes Mukor de Lapidei
IjtMpzig immatrikuliert.*» Dieser Mukor hat nun ebenfaJl
die Erfurter ITniversität bpsueht, er ist dort Ustern 1448 hU
Johannes Mucker de Steyn de Swyefm isoll wohl Schwaben
V>edettten) intituliert wonlen.*) Man könnte meinen,
dieser Mucker oder ^Muktn- aus ilemselben Ort-e St-^in
Heynlin (s. S. 32<Vj ^tamnite untl diesem, vielleicht auf uwli
der Heimat gesandte Brief»^ hin, nacli Erfurt nachgezogpri
sei. worauf beide im Herbst 144H gemeinsam nach Leipzig 1
uhergesiedeh wären. — Dan sind freilich blosse Vermutmigeiu
es wäre indessen sehr interessant» zu erfahren, ob Heynlin
die beiden ersten Jahre seiner Studienzeit auf der für (kn
HumaniHmus und die Reformation später so bedeutsam g«?-]
wordenen Universität Erfurt zugebracht hat. — Dai* Er-
gebnis unseres Vergl ei chs ist also, dass Heynlin mit den
zuerst genanntem Namensvettern sicherlicli nicht, mit ein<|
<ler drei letzten vielleicht ein und dieselbe Person ist
hätte dann entweder in Heiilelberg (seit Febniar 1446) ol
in Erfurt iseit Septeml>er 144*i» oder in Löwen (seit 14
seine Studien begonnen. Da er aber höchst wahrschein
er«t 144h S5um erstenmal eine Universität bezog <9. xmU
S. 327 u. 32b), so brauchen wir »»instweilen mit keiner di«
Möglichkeiten zu rechnen.
Ober Heynlins Familie und Knobm^Ht ist nichts
kannt Auch das Jahr mner Gehurt ist uns nicht tih
liefert» jedoch können wir die obere Grenze des ZeitrauQ
in den es fallen niuss. mit Sicherheit und die \mte
wenigstens annähernd bestimmen. Da nämlich in Leij
*) Weisseoborn I, zoc^ 40,
•) Erlcr I, 164.
•) Wcisscnborn I, 215, 25.
Jobauuirt» Hrjrnliti nii« StciTt,
,Pi
leynliti si'ini' <Tstt^ fluivoi'sitilt^pi'tlfiuig ablegte, eine
Bostimtonng iunHiehtlicli des Alters der Kandidaten
der haccalariandns pmaste üTindestöns 17 Jahn?
|l i t*in NachltVKä konutf« höchstens bis zu einem
' gewährt w<*rden ') — . so ergibt sich für Hevuliii.
bfieiu Bakkalanrf^at Ende September 145l> erwarb.'') wenn
>;t«* erfiirderliche Alier von li)'*;^ Jahren für
.., der Dezember 143H ab der «päteste mögliche
im fiein«» OBbni-tKJahros. Hey^liti hatte ilaun mit
lahrBii die ünivereitüt be^ogenj ein ftir heutige Begrifft^
jtigendtiehefii Alter, das aber damals gans da» übliche
Wir erinnern nur an (heiler von Kaisersberg, .loh.
tldin. .lakob Winipheling, Peter Schott^ I-*andsleut*i
lina, die alle etwa mit 15 Jaliren auf die Universitäi
tihd *i Jjilin' d;irim[' dir HMkkaianrpnl>|irnfn!JK ^^*"
i'tmn wir andftrersiiit'* di»Ti Fall si*tzeii, das^s er iimno
^j — . .., tdneiii etwtis höheren als ileru niindestzulassigen
jt© — und hierauf läjwt wohl die Tatsache öchlieflsen,
Cer bc*ivils im F(*brnar 1452 eine grössere Abhandlung
A^' "' si volh^ndete — , ^o müsneu wir um ein piuir
lliTP / ->dien. Wir werden also nielit fehl gehen»
Mm in'r ila^ Jahr »meiner Gebnrt scwiischen 143^j und 143^i
itig, aiu ullo Angaben» die rmui über Heyidins
' '' ^^ 'it hat. im Einzelnen einzugehen. Man hat
h fttr einon FranÄOKen und für einen Schweiaser gehalten,
' h. wohl Olli (j^nind der Tritheimschen Angabe
.♦*olonicns*/*^ rieht iger\s'v*ise für einen Dtnitschen,
[ 1 Erkr ü. V^rf. s. 52.
S. JJ«|.
fchofcn 1445, tinmAlfikuUcrt i/^tjo, b;iccataii»ciiÄ 1462; Schott
*. Uli» t"»*«^'* HTSi KcuchUü geh. 1455, itrnn. i4;o, hacv,
t *47S' Wltuphdinfg jSeU Juli 1450, immntriic. b«rriu .)o. Okt
No^rmtier ]4f»Cj, Ahn «itmlicb rr^hrrin Em FaU wie der
Nkin ntie üclltroc Atituahmtf. — Vgl. auch Pauken, Or^gnnb,
lfm d dtseb« rni*Ten. (SybeU Zt"»chr. 4«i, 421)*
, B. ir. iT^t) ^HfJ e^ um 14;;. r*fOf. iK. c> /wisthfii 14^; utJ.l
>IJ, »Ml l.,|
j««
Ma-^ Mnsüfeld.
Biirse wobntn», wo <*r jodorzeit heschäftigt und unter Ai
öicht gehaltei» wurde.*)
Aber dir* lateiniscbe ilrammatik für dio Anfänger wa\
iti Leipzig herzlicli schlecht gelesen*) und von den in Itali«
schon geraume Zeit l>lühendeu klassischen Studien scheii
damals noch nichts nach der 9tk*lisUchen nniveraität
drnngen zu sein. Hatte doch selbst Conrad Celtis, als il
«ein Weg im Jahr^ 14S(> von Heidelberg nach l^ipzig R
noch i^tark mit dem Übelwollen der Leipziger Magister
käniiifen, die mit grosser IJuzutViedenhcit wahrnahmen,
da« l>erüchtigte Doctrinale des Alexander (Tallus von il
mit Verachtung behandelt wurde. Und auch Peter Luder,
den man wohl al« den ersten Humanisten an der LeipÄig^T
[Tniv»M^sität bezeichnen kann, lehrte dort doch erst in den
Jahren 14+U und U62/)
Dem entspricht denn aucli« dass Heynlin sich nicht um
einen reinen und scliönen lateinischen Stil otler nni eint»
Kenntnis des klassischen Altertums bemühte ^ später klagt
er dartiber, das» er ^in (termaiua . . in nudo quodaiu «*t
barbaro pene sennonc sidne l>est©n Jahre zugebracht
hätte*) — , sondern sich vor allem der aristokratischen Philo-
sophie zuwandte»* Er folgte eben den Anregangen, die ihm
damals zu Teil wurden und werden konnten.
Aber er ging mit wirklichem Eifer an diesen (legen-
stand und erfasste ihn mit selbständigem Interesse. Davon
zeugt eilte noch vorhandene*) Abhandlung über die H Bücher
des Aristoteles mp: V-'Jp/N die t*r selbst verfasste. betitelt
(iuaestiones in libnts III Aristot^lis de anima^ au deren
Ende er sich wie folgt unterschreibt:*) ^In alma universitiite
n Nur Reiche, die tiiR'n Hauslehrer halten koBiilen, dutftep cigtne
Wolinuiig haben» — Geuaue Angaben üher die Lebrgegen stände in Leipfi)*
bei Krler 11^ Vorr. S, 52.
*) K. Hartleldcr, der Zustand der deutschen Hochschukn am Ende de*
M. A. iti Hisi, Ztscb. 64 (S.V. 28) S. 50«
^1 über dsk& geistige Leben an der Universität Leipxig, Gust. Bnucb.
iTescb. d. Leipz. FriibbuTnaniimus { ii Beiheft Zeiitr. Bibliotbekswcsen iSc^k
•) Brief An Senil ii, Champ. 53.
5) Cod, Batil. F, VUt 9.
6) s. Visch. 158 A, i8.
Jutinonr^ Hrynli» xm% Htero,
j^7
!•• damaln für *^iiunj Tlmnliigoii üblich wm\ durch-
bt» Dm »uf dios**r 55ti begleiten, ist nun mehr unsere
2. KajHtrL
A^vpzi? 1448—1452.
,I>0 primae puerilmt3 stucHiii^, müssen wir vvi« Melttiioh-
l') voll Agricol» i$ii.|^on, ^cum nihil atuüerim, uod piitavi
M Rng^ndum t^sse.'^ I>it* erste sichere Nachricht iihr*r
Im» Srndien führt uns nach der Universität Lnpzig.
Hfer wardo er im Winteniemester 1448 von dem da-
pn Rektor der Universität Andreas Wagnor von Nanislau
'' i *♦ nnd wegon seiner Heimat der natio hava-
^ »^en. welche in Leipzig keineswegs nur ge-
Baii^m. sondern Qberliaupl alle aus Westeuropa
Indien Studenten urnf'HS8te.*i I>u er oiniir iler irrsten
I Wagner intitulierten Studierenden ist und da Wagner.^
[ifmt am U>. Okr4iber begjinn, JUibstMi wir annefimen,
Ende Oktober odef im Novemhtr 1448 Het^nlins lan^e.
" ;i;i i'Arf'n Anfanff nahm/)
^ . - naschalt, die man «hunnls in I^^ipzig wie ander-
ao den arti*»tiÄc»beu oder philosophischen Fakultäten,
zanftch^t jtwitT oin treten innsste, betrieb, wnirde in
iT ' ' 'rlicheni Zuschnitt geboten. Man lehrte
II i( ik und Philosophie, vorwiegend l»^tztere,
rbirWimnjStnif Dis*putativuirn und Exercitien eignete sich
§jgo Student die «parva loycalia, sophistria u, vetus
and niUKste zu diestun Zwecke, und um «latiniäando^
•I» rHtiKindendo et opponendo^ das damals üblicln>
liAndKabon »u lernen, in einem Kollegiiun oder einer
lc<k anf AifTicola (im Corp. Kcform. ed» BreUchneider Kl, 440J
[ ^ Efl«r l* t<»4.
.. ^ an d«ii luiuelali. Univcri. der Ziuu^ der SUi-
9 fpmitti Rektorats, nidit wk beute nur m Begtna des
JJO
M»ii HoN^feUl.
determinatioT d. h. die Liösiutg einer vom Pnimolor voi
legten Frage, gleiclisaui der ei^te Akt des u«^oi*u
hitireus. Da man in L+^ipzig den Magister, tinU*r d«jn ri
deteriainieren wollte, selbst wählen darfteJi werden wir
Johannes von Frankfurt einen F^lirer Heynlins zu sehe»
haben. Bis ist von ihni weiter nichts bekannt» als duss «f
s[»äter Bekretist war und lange Jahre hindurch 1438 — 146*4
eine angeriehene Stellung in der Artisten-Fakultät d<*r Leip-
ziger Univensität eingenommen hat*) 1453 war ©r Vi«^
kanzler. Er ist nicht aiu verwechseln mit dem gleichzeitig
Irbenden Heidelberger Professor und Kanzelredner Jühauii»^s
(l>ieppurg» von Frankfurt/, noch mit dem Domiiiikan*T
Johannes von Frankfurt, Doktor der Thc^ologie, der auf dem
Konstanzer Konzil gegen Hieronymus von Prag auftrat/)
Unser Leipziger Magister hiess eigentlich Johannes Schwift-
mann und war ans Bonames bei Frankfurt a. M.**) Von^r
Bakkalariatspriifung musst^ der Kandidat schwören, dasser
icwei weitere Jahre in Leipzig an der Universität bleilwn
nnd während dieser Zeit selbst lesen und disputieren oder
doch wenigstens die Vorlesungen eines Magistars hören uiifl
sich an dessen Übungen lieteiligen woUte.^t Ntir denen, dio
einen höheren Grad in der Fakultät nicht erwerben woIUhl
konnte Dispens hiervon erteilt werden. Heynlin leisi**U*
«bdier den geforderten Eid und blieb demgemäss. wie seine
beiden oben angeführten Aristoteles-Abhandlungen beweis**«,
bis zum Jahre 1462 in Ijeipzig, Man nannte das biennium
complere.
Während rliesea Bienniums musst^» der Baccalar sich
des Ferneren durch den Besuch vun Vorlesungen und Dispu-
tationen mit den Schriften des Aristoteles über Logik, Natur-
wissenschaft» Ethik und Metaphysik vertraut machen im^l
gegebem^nfalla, wie das ja der Organisation der initt*'ljilt**rj
') Seit W/s. 1449, Ericr II, LIV.
*) Erler O, 124 — 188 passim. Hcrm. ii>i-
»> 8* R. Cruel, Gesch. d. Dtsch. Predigt i.
Bibl. Latioa, Padua 1754, IV, 76,
*) Ersch und Grubers Eutyklop. \l, 32, S.
») Erlcr, Register in Bd. Hl.
*) Erlcr ri, Lm.
I
MA. S, 4;{ und Fabriciat,
184-
J<
He\'u1tn Kit« ät«iii.
lii Lypzr*ik8is in ilit* proxiina post öcolastico virgiuiö liii .-
iFöbnmr» Aniif) inc^riiHcionid domioici« 1452 Per ine ,Jn-
ueni beyniin d<* Lftpido.** ilan sieht an der Ausfuhr-
dr»r ünh*psrhrift, mit welrhnr n^'nugtiiung er dies»*
fcii<«che ErHtlirjgsurbt^it begleitote.
Aucli seine nächste Arbeit zeigt ihn wieder mit Arist*»-
h»***«' hilft igt. Diesmal ist es keine si^ü^stäiitlige AI)-
llÜDUf^* sondern nnr Anmerkungen zu Mimnn Ivomnien-
der Arintoteliftchen Natarphilosopliie. 0er Katalog di*r
%Ur Bibliothek, die das Manuskript bewahrt^ gibt folgen-
Tilel ilaidr: .Pn Lerinhuni (?| ord, Carmelit. de Monte
n<*lo qüiu^^-iiionefl niv»^ coüoctanoa in t-otuni phibi»ophL»ni
Jörn Ariüitotidis, conBignatH a Joanne Heynlin de Ln-
cum ann. 1459, 1453 et I4fi4 Lipsiae, Ijcivauii et
in !«tudereL**')
Beretli« im Hommeraeuiest^r 1450 war Hei^^din biicca-
in artibuH geworden. Das Verxeiclinis der Promotionen
darlllter den Eintrag: ^Johannets Henelyn Je Ljipidc^
ivit ¥5ub niagistro Johanne de Franckinfordis»*" •*
Detf*riiiitiatio ging die eigentliche Pinifung durch vier
pnainaioh'n voraus. Da dies^ am 12, September gewählt
IM«»/ wird die PiHitnng Ende September 145() stattg»-
liNipfn büben.^) Ihr folgt.e die Ziilassung und dann die
«I Haitn* S3I, Cod, BaaIU F. Vtl lu Nictiiaad lut liUher auf diese
Diso AagßAmD aofmerlrtam gemncht. — tch bemerke» dfts« in dem
Kltaloe ttott 1452» 1453 und 1451 vielmehr r472, 14; J uii<l
■A. Dteie Aüfriil}« beruht ofFcobär nur auf einem Le^efebter; die
I mM tu damftliger Scbrcibuug tiuer beuligen 7 oft «um Vcr-
Äknlkk. Htn OberbiUliotbeki^r Dr, C. Chr. Bcrnouni Utax gleich-
14^ na«., «ir tch aum »leitien |*efallig(:ii Mitteüiiu^eri über Heynlin'scbe
ri<Jke. Auch war H. lu den 70er J^breu nicbt in Lcip/ig und Löwen.
Dt« jelrlrhen Fehler begeht Haenel (Sp, 526) auch bei Cod, F,Vin.'»,
n ood VUeh. 1 59*
n, 150. Unter den 10 Scholareo, die im S./S. 1450 das Bacc.
«teilt fleyoUti üu i^ster SteHe. Dai darf nicht aU ein «chlechte»
Pnifttiig interpretiert werden, vielmehr richtete sich der Eiii-
eiaiicli iuch der Reihenfolge, in der die Kandidaten ioamntrikubert
wwswm, Er(er 11, LJV\ >leyDttu war demnach sugar einer von denen»
• cmit**^ ^i' l£ebrancht hatten, um bis x^um Bakkalaureat lu kommen.
Litid iie um Michaelii (at|. Sept.) »tatt. Erter IT, l.f \
14 • (H- *4^* H«ecilaf) bf sti benchttgeu.
,1.^5
fax
föüWwT
Bakkalariatsexamen verpflicht4>t hatte, da toals konnte er i
fiiüiesttiiis Leipzig verlassen. Gerade in jenen Tagen ab«f|
ftilirte Capistritnos Weg durch Sachsen. Aju 28. At
war er in Erfurt gewesen» von da ging es im Septenilu
über Mei*8eburg und Halte nach Magdeburg, wa er sich nocli
am 15. Oktober niifhielL Sechi» Tage darauf ist »t in Leipzig
Hier blieb er besonders lange, erst einen ganztuj Mona
«päter. am 20. November 1452. verliest er dio Stadt
war in Leipzig sehr ehrenvoll empfangen worden und \mni
nuter and»^ren Erfolgen aueh den gehabt, ilass sieh *50Sclio
laren durch ihn in den Barfüsserorden aufnehmen lie«sen
ihrer 34 schickte er am 15. Noveml)er nach Nürnberg
dem Guardian Albert Püchelbach,^ Bedenkt man die lock^rpii
Student'Onsitteu der Zeit^'j so will das gewiss etwaü heis§«M
Nächst seiner Predigt hatten aticJi seine Wunder gross^eü
Eindruck gemacht» noch 14B2 äusserte sich dii^ Univerüittt^
in ijnerkeniu»mi*'m Sinne tlamlier, ebenso der Magistrat.
Jugendeindrilcke pflegen die stärkst-en zx\ stein. W«
tler 20jähnge Scholar Heynlin damals von Capistrano hon
(»<h:^r wahrscheinlich selber sah, hat sieh ihnj gewiss tief inl
<lie Seele geprägt. Denn was zum grossen Teile Capistrau*»*-
Wesen ausmacht^ die bedeutende Beredsamkeit, die Idee d«
KathoHzisnms, der Kampf gegen die Feinde der Christini*
lieit und der Eifer gegen das sündige Treiben der Wehtj
rill Abbild v^on aUfdem werden wir später auch bei Heynlia
wieder entstehen sehen.
Als der junge Bakkalar Leij>zig verliess, hatten seil
[»hilosophisches Donken, snin kirchlicher Sinn und seini
Moralität bereits ihre Richtung empfangen, und schon glaube
w*ir an ilim einige Züge wahrzunehmen, die ihn spätrer aU
den Scliolastiker. den gut^Mi Katholiken und den strengi&n
Sittenprediger charakterisieren werden. Noch aber fehleö_
einige markant*' Linien in dem Bilde seiner Persönlichkell
nämlich die Ausprägung seiner Philosophie zum Realismi]
und als etwas ganz neu hinzutretendes, 4ler Humanismi
»» Jacob 68—76 lind 183— 1 88.
*) Man vergl, Alw. Schub, Dlsch. Lelicn im 14.
Autig. S. 20J— 1!«;. (i8c>2).
Jahrb. Gro
Jf^lwmics HeriTlIfi aus Stein.
33^
^^HRH|^beid»>n wichtigen Elemente in den Kreis seiner
W AiMcbauiingen einti-atent wird din Erzählung seiner weiteren
■ .Schicksale zu zeigen v»>rsnchen.
H 3. Kapitel.
M Löwen 1453,
^k Wenige Monate, nachdem wir Heyn lins S|iur in Sachsen
^Rrlieren, sehen wir ihn in Brabant wieder auftauchen ; seit
Iflem April 1453 ist er Studont an der Universität Ijöwen.
lAtif seinen Aufenthah an dieser jüngsten der lüs 1463 ge*
■ i,'[ anderen hohen Schulen '^ hat bisher niemand aufmerksam
I ^.ji'niacht. aber schon durch rlie oben augeführte Notiz „cum
■ anriis 145*2, 1453 et 1454 Lipaiae, LoA^anii et Parisiis stu-
■ d*?ret^t wird er ausser alh^n Zweifel gestellt. Die Bestätigung
Btkrch eine andere Quelle fehlt dieser Nachricht nicht: in
■ 4»'r Matrikel der Universität steht unser Student als Johannes
■ HevuliB de Ijapide. Spirensis dincesis zum Jahre 1453 ein-
BgPiühfieben**! Dies sind aber auch die beiden einzigen
■ pogitiven Angaben^ die wir über die Löwener Zeit finden
■ kfUiüten/} Das oben vorausgeuiHunn-ne Datuii! der Inmia-
■ irilnilatinn \\ny\ damit ^^xn AiiliaUspunkt für die Dauer seines
■ Bleibens in Lowen^ lässt sich annähernd genau berechnen.*)
■ ^ t^wen Ut t42 3gC5tirtc!r die tbeologi&che Fakttltäl kam tr%\ 14^1 hinzu.
I ^ Reu&ens, Maine 19031 S. 173.
H *) EiDC j^lc iietierc Gesch. d. Univ* Löwen fchU noch. Die allere
■ Ulteritur ist znsummengestelh in ,,[/l'iuvcr&, de Louvain, Coup, d'ocil sur
H tOD histoirc ctc,'* (H|00) u, von W. Emmn «. K. Harn iu der Bibliographie
Kd.dtsdi. Udiv. Bd. H (1004^ Die Matrikel hat Keuscus erst bis j'.um ju* August
^451 veroffeallichl, l>essclbeD Herausgebers Actes ou proces-%*erbaux. de
rittttfereite de Louvain lieneii erst bis 144^ vor <Bd. I, 1903). In den eben«
fiUlt von E, Reusens vcrört, „Documcnts rclatifÄ a l'hist. de la fucwite dci
H^tf de Puniv. de L/' (i^tiq) hndct sich nichts über Heyalin, anch nicht im
L^^^talogus omoium primomm . , promot. univ. LovaDicngis*' (Mcchbniac 1824b
H>ie J*hri* 1448 — 145«> feblei} tiämlich in der den beiden Ictitgcnannteu Werken
^xu Grunde Uegeodco Handschrift. Aiu:h Nie. Vernulaens' Acatlcmia Lovani-
entis (16371 und VaLer. Andreas' Fasti acad. Lovan (iI^pS^) enthaben nichts.
*| Das Original der Löwencr Matrikel ist erst vom jo. August 1453 an
crfaaltea, wir he&ttzeu aber für die Jahre 142^3—1458 einen da/u angefertigten
Indem, der sich aU eine Abschriü deä i trigiiiüls darstellt, an der nichts ver-
ändert t»t, als die Anordnnng, Der Index zählt {lämlich die lijtitulierten nach
Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen, innerhalb dieser tCategarien aber
vU M:i\ Hos-fel.l.
I.r»\vfns Universität hat im Mund«* hiiiiiauististherSilirin-
st«*llrr »'in»*!! guten Klang. Bekannt ist dan UrttMl des Em^ j
luns, d»'r sich nicht genug über tlie tüchtigen Profi?sson»;i. i
die Zahl d«*r Zuhörer und das ruhige schöne StuilioMi
fronen kiinn. bekannt ist das Kollegium der drei SprAch»n
(irirchisch. Lateinisch. Hebräisch, das hier unter Erasums'
Leitung (hircii Hieronymus Busleidanus 1518 begrüii<1t?t
wurd«'. Aber man darf nicht vergessen, dass diese Lo)»-
sprüchf zunächst nur auf den Beginn des Ifi. dalu'hunden.<
und auch da nur auf ♦?inen T«'il der akademischen BürgiT-
schaft Ix'zogen werden <lürfen, untl ilass Ijöwen bereits w.**
hundiTtjährige (4esc]iichte hintt^r sich hatte.* In seiii*?u
Anfängen war von feinerer klassischer Bildung hier oWis-
sowenig dit? Rede wie an anderen Universitäten nördlich
d<'r AlpfMi. Zwar begann man sich gerade um die Zeit,
ais Heynlin dorthin kam. auf eine etwas bessere Pflege der
Immaniora zu besinnen. Im .Jahre 1443 \\'urde an der Kirch»*
Sankt P«.»ter ein Kanonikat für einen Professor der Artisten-
fakultät gestiftet, damit er zweimal wöchentlich die Stu-
denten in der Beredsamkeit unterrichten sollte. un<l l+W
wurdi* l)«»stimuit. dass diese Vorh^sungen über Rhetorik in
scholis artiuiii. d. h. in (k'u (»igenen (4ebäuden der Universität
^♦'haltrn wenden sollten, und dass die Baccalaurei verpilichtet
s«M«'n, sicli daran zu beteiligen. (Tber die Teilnahme wnnle
«in Zeugnis des Professors verhingt. '^ Auch Heynlin. seit
rlirdiioloLiisrh :iut'. (Kcuseiis dnu^kt in hand l diesen Index ab.) Da nua
,.|()h.iniifr> Hevnliu" unter dt'n ^4 mit J l)egiiinendeu Namen des Jahres 1453
rhis ^u. August) die dritte Stelle cinnimnit, müssen wir annehmen, dass er ganz
zu Anfang des |ahre> ein^CM'hriehen wurde, und können unter Hinzuziehnog
ilcT in i.<"»wen geltenden Restinirnun^. «lass jeder akademische Bürger innerhalb
I I I aj^cn n:i» h seiner Ankunft in iler Stadt immatrikuliert sein niusste (Hcus.lXii
den StlilusN /leben, das.^ Heynlin etwa im ersten Monat des Jahres I4ji3 in
i.(.wen «-in^jelrcjtten 1*1. Hierbei ist nur auf eins zu achten. In Hrahant«
i- l.iiuleiii iiml Mrnnc^au l)e^ann i^anz wie in Frankreich das Jahr damals nodi
Hellt .itii I. lami.ii. sondern cr.^i Ostern und zwar in Brabant am K.Arfrcit;ig.
.diotclend 1. i4ni. Da nun < Ntern im Jahre 1453 auf den i. April fiel. *o
wurde das jahi in Liiwen am ;;•). Mär/, begonnen. Wir werden also Heynhn?
Ankunft in L.iweii in den Monat April 14^^^ setzen dürfen.
'1 Auch die \on Mtdanus d, 40j^— 40S) aufgezählten /eugnisse für
l..)\\cii> Kuhiit entstammen meist dem id. Jahrhundert.
•1 KeitVcnlier^. 5. menn»ir(' i^^Ti ^- -i- <I" 'Lome X der Nouv. lucm.
de i'Aiad. I<i»v. tU- Brux.i
Jobaitne« He)iilm au» Steiu»
^^5
^ fi«i*cal4iiir^UH. Juit aiao wolil tliiisen Unterriebt genossou.
dürfen wir uns von diesen lateiniscbeu Srndien
»• jcit liulifri Vorrik»lliiJigen riiach**ti. Heynlin sell»st, d^r
rtr von dem ^fa^t btirburisclien Lat^^in" spriclit, in dem
iensogen sei, dachte nicht gvonH davon. Und im AJI-
bmti^n i^rwnrb Hich Low««!» im 15, Jahrhundert Tn«»hr dnrch
uniken ' r Hcholastiker, hIa durch warme Auf-
t'di*r khi I Studinn Rid'. Petrus dt^ Rivti z. B,»
fim Jahn* HM übt^n Jone Stelle eines ProföSöorn der
mk inn<« hafta.'f glänztt> dorh vor allem als **treitbart^r
liutator'« und sicherlich wurde die Hereilsamkeit damals
Olli der Gewand he it im Disputieren als um eines
frtiscb<^n Wohlgefallens willen gepflogen. „Facultns artium.
di«T emto (tegchichtHsch reiber der Universität Lt-wen,
Ipermansit . , in stylo antiquae suae latinit-atiö. Tandem
ai pmi^valoil nermo puni8.**i Noch 1B'21 klagt Eranmus.
wir alti ihren Lobredner kennen li^niten, ilariiber, dats8
alJen AkAdemieen eigentlich nur noch die Löwx^ner
[b«ff>i»nm Ljfti*mfcur hartikäckig widerstrebe!*) Dies gi^-
am hiibeu, i«t eben erst das Verdienst der Hunumiston
*"^'-ltnndftrts. Das Hauptinteresse des damaligen
^lums war anderen DingeTi, war den j>hilo-
ien und thonlogischen Fragen /Aigew^andt, die der
lg an den mitt/elalterlichen UniversitiU^^n und di**
rJiiung «1er ripatj^cholastik mit J*ich brachten. Während
I mm in Leipxig. in einem Gegensatze, der die gebildete
huti seit langem in zwei sich befehdende Heerlager
©bi«n datnals um i\w Mitte tles 16. dalirhunderts
ne angefacht wurde, sich ziemlich neutral
hntt^ man in Ijöwen alsbald entschieden Partei
Wir meinen <bni Uegeiisutz zwischen Dckamisnius
Be^atiHmas« In Leipzig ist von ihm nichts zu spüren.
:al die Namen, mit den»m die Gegner sich be-
( lii «f. Aiisg. %oii de KAin, UrüsstI t^tn, S. 3^v^,
I V eiK Werke. Ausg* Uydeu i 703, Bd. lU, S. 68S E;
c tjui liin pcrtmaottr obluclcntur metionbu^ liten»/'),
Kcillcfib|C- 4^ Miemotrr (lu lomc VII de Xouv. Mriu vtc,^
i Oocfe. «fiil Allntum VI. ;. i
3,0 Max Hossfeld.
zeichneten, via antiqua — der Bealismus — , nnd vi
dema — der sog. ^Nominalismus" — , finden sich i
Statutenbüchern der Universität*) Ganz anders I
Bereits 1427, nur ein Jahr nach dem Beginn der Vorlesi
wurde von der Partei der Realisten der Versuch ge
die Nominalist^n völlig aus dem Lehrkörper zu verdi
„Concluditur 1427, die 2 junii, quod nuUus magister
rocipi aut adniitti ad regentiam,-) nisi juret, se nu
doctrinare Buridanum. Marsilium, Ockam aut eonim seq
lautet die rigorose Bestimmung.*) Tatsächlich scheii
sie auc^h durchgeführt und nur Lehrer der via antit]
duldet zu haben. Im Jahre 1446 \)VTirden 4 Prof(
beschuldigt, sie hätt^^n abweichende Lehren vorgei
sie rechtfertigten sich aber dadurch, dass sie nach^
ihre Ansichten seien in den Aussprüchen des Duns
begründet/) Schon 1447 aber traf man eine neue Voi
massregel, man bestimmte noch einmal ausdrücklicl
i\i{> Professoren sich vor allem mit der Auslegung des
telt^s zu befassen hätten und zwar nur gemäss
realistiscli gesinnten P^rklärem, wie Averroes, A
^lagnus. Thomas von Aquino, Aegidius de Roma
Die via modorna war somit noch einmal in aller For
geschlossen worden.
demselben (Togensatz l)egt»gTien wir dann 14(>5 in
später zu berührenden Kampfe des Petrus de Rivo ni
Xominaliston Hoinricli v. Zoemeren, in dessen Folge:
lleynlin verwickelt ist,*) und wiedenim 148(), wo n
weit ging, einige Magister, welche Aristoteles nach l
Meinungen ausgelegt hatten, auf 3 Jahre aller Eh
berauben ! ''i --
») Trantl. IV, P)I.
■^) rc^entia hiess die Aiisül)ung des Rechts, Vorlesungen zu ha
mit dem M;ij»istcrgr;ide er\vorl»cn wurde. Die lesenden Magister hie
rcgentes.
3) Mülanus 5S2.
*) ^folanus 582.
^) Molanus 383.
<») s. Kap. <).
/) Mol. 582.
Johntint« HcvöUn *iti9i Sicin,
317
So war dür Geist an «lor Lfjweiier ITnivorsität, der
liiach^kircJilicbe üeist. der mit bewasster Halte im
von der Kircln^ aiigonntiiineueii und die kirch-
.i.^men stützpTideti Lt^hrou testbielt, imd vielleicht
in dem (teftlhl des Unvermögens, der gegnerischen
!lli*ii durch biossi- Yernunftgi'ünd«^ Herr zn werden, sie
Ell anu?rdrücken versnchie. T)enn man fühlte wohl,
^1 d^r mit allerhand K«>tzereien iinangenelnu vor-
.irttt moderna*' ein zersetzender und neuernder
^bm Ansdrnck kam, der Geist «ies Wirh?rspnicUs, Gl»
jenen anden»u, den des Beharrens und der Intole-
arht hftt, wissen wir nicht, es ist unwahrsclieinlich,
Icht '^ nach Löwen — wie andi R Agrirohi mn
r iüt -- in der Absicht» sich mit der fran-
* h«' JK^kanut zu marhon, dit» man dort ebenan-
ventumd wie die deutliche J i und deren er zu einem
Ititfn Anfi^ntltalt^* in Frankreich l»edurfte, vielleicht
er fiou^t Gute*i von der Hta<lt gehört* Gewiss aljer
er von jener streng kirchlich gerichteten Gesinriung
1 riAcbbaltig beeinflusst wurde. Wnhrsclieinlicb
i^»w»*n Muipfing «1er damals etwa zwunzigjährig»^
ltii|8 die erjtten Antriebe zu der philitsnj>hischen und
liciien Richtung, in di*r wir ibn spiU»*r watideln sehen,
'■' - Wer die LoliriM* Heyn lins waren, ist
,. .... lert. (iewiHs gehörte der Realist Petras
txi ihnen, hei dem Heyniin damals Rhetorik lioren
p, und de^isen Suclie er noch 21) Jnhro später vertrat*')
*i der angesehene Heimerich von Campen, der
i) »It4»n Weg ungehürte.*) Kanm, ihis^ sich
enger an »inen derselben anschloiss^ denn nühon
|i* dl«* Jahre« verlies» er Stadt und LTnivei'sitÄt^
^pricligmixe «'erläuft (hrutc — doch war c» dAniah uickt vlet
«reaig -»Qdlkli von Lciwen und Brü&scl, s- Gröbere GrttDtlms li.
1. 42t. L<Wcu Ia|* aUo in ikutscbem Ikroch» mU winkte al^er
W ^0f potUiMiicm^ll^diiftc &o auch txxif ihpni^chlichein iti der Hiimeij;titi^
FnokftirJi itji4 iJeittHc^Ufitfid.
^ mU fUp. r>.
bH n\ »r:
Mn1;itin
iS9
iti»x Hossfctd,
4, Kapitel.
Paris 1454—1464.
Noch strahltt' den Zeitgenossen Paris, tlie Mutter ^
Hochschulen, nach deren Vortnltle die meisten audereu
bildet worden waren, in alt*Mn (llanze. Jahrhundertelüii
waren hit»r die tniropäisehen Nationen zusainmeugeströD
ivieh liier jene Bildung zu erwerben, die» einheitlich
geschlossen, wie ein grosses Netz das gauise Abendland
spannte. Dieses Netz übte einstweilen noch seine zu^^amme
haltende Kraft aus, und wer immer sich dem Studiiun
Philosuphiti oder der Theologie ergab, den zog es Mch'
seinejM Mittelpunkte hin. Italien, der neue Anzielinngspuakt
für die «ieutsche .Jugend, begann ja eben erst ein wenig
Einfluss jenseit der Alpen auszuüben, ein Eittfluss. derorüt^
in den iulg^nden Jahrzehnten mehr und mehr erstarkte,
dann endlich tlen aus Westen kommenden laluuzulegeiK
Mit einem Gefühl der Ehrfurcht mag daher Heynliu i
«Ite^ für damalige Verhältnisse riesige Stadt*! betreten an
pietätvoll durchwandert*) haben, mit deren Namen er noef
s[)äter seine Titel stets so gtTue schmückte. Hier nur koöiit^
man seine Bildung vollenden und ihr die rpchte Wt»il
geben*
Die aireu Cniversität^n zerfielen in zwei grosse Körpp
Schäften, eine lekrende und eine politische oder admiüi-
strative. Jene setzten die 4 Fakultäten, diese tlie Naiioii
— in Paris die französische, inkanlische. normannische un
deut-sche — zusammen. Heiden Körperschaften gehört*»
man gleichzeitig an, Heynlin Hess sich daher, als er ,
Winter 1463/54 in Paris anhingte. einerseits in die philo-
sophische Fakultät, andererseits in Axv deutsche Xation
') Spirgali* (eiu Hersonalvcnteichois der Univ. Paris i, J. 1404) berechnet
die /iibl Her ruiverüitätsangehorigcn allein auf ca, 3000 s. unten S. 342 A, \,
Im AU^cmeiticn war die Fre<jiiciiz der Uinvcrsitaten weit geringer. VerjjL
PauUcn, Orgauisation tii 'Lcbeuüortjnungen d. disch. Univers. Uo SybeU
/ischr. 4S).
^) Die Ausbeute einer dieser Wanderuogen durch A1li>am tiodet ^vch in
einem MS. Hcyniius; es sind Abschriften von Epitaphien des l>erQbmt«*i]
MvKtikerü Hu^o von Saiut -Victor u. aodcrer Abte d, KUi&ters. Vort fol, 207
Jcihitnnes Mejiiliii Mi% Stein.
AV)
um. Da JiB Nationen ihre Augelegötiheiten sf^lb^tändig
iralU'trii, liftttn tnni> jedt^ ihre Hig«»m»ii Vi^rsmmmlungen,
?«€»« Siegel and ihre tngLnieii Boariitni^ unter dtnien
ptrhaupt, der Prokurator. und ihr Kinanzbeaüif»*r. «!'"
ep|j»r. di«' irrste Siel Im einnahmen.
Der Prokurator und der ReEeptor führton Register,
be sra w*^rtvidlen (^nrdlen für die tToschiehto der Üni-
ii güwnnlttn sind, und in deren einnr slrh auch übrr
einp ganze Anzahl von Angaben finden, deren Zu-
iX ^'18 von di*n (rraden, die er in iseiner
.,.,;igt4\ von den Würtleu. die er in der Nation
ßidete. und von der Dauer aeiikes AufenthaUes in Paris
^sifHulicli volbtllndiges Bild gibt.^i
Zehn Jahre hat danach Heyidin an d«>r Universität zn-
cht, von Anfang 14o4 bis Anfang 1464. und da au»
dte^r Jnhre Niwdiricliteu über ihn vorHi»g»jfn» können
irirerbrcKdiene Anwesenheit in Pari^ während
, ^ — .* f**st^ti*Ilen.
i4o4 i^tehi ^Johannes Heyulyn^ tinter den in die Nation
uomnienen ^bachalarii alterius universitatis.***)
Bi dii» fnlheste Nach rieh f von seinem Aufenthalt in
ad da ^ie seine Autnahnio in die Nation niehlet» so
nein«* Ankunft in der Stadt nicht lange vorher erfolgt
' ns Anfang F^d»runr 1454 luuss diese Auf-
,.. lt»n haben, und zwar aus folgendem Umnde.
von den Bakkalaren anderer Uni v^m täten,
Ol Pftrift die lieentia i^rwerben wollten, <\ass sie vor-
«ö volles Jahr in Paris sttidiert hätten, sich zu
itiu Bi*hufe vor Beginn dey verhuigtiMi Studienjahren
rrnüsunniidtoii Nation vor8telh«»n. ihr Bukkalaureat durch
nn nachwiesen und ihre Zuiu^ibung vor Pnrifi-
>[itrüie >2. Ih nachsuchten. '| Da nun Heynlin in
ti»n Monaten ile« Jahre« 14d5 ilie Lieentia erhieh.
I 4 9$ Lil*er (ir«icttratorum XatuniU Atciimiitiiiie. Leider febicii i;cr«uJe
i^^l-^i|i>^ In iler lluiultchrilt U^ Mt>er rcceploriim itAtijiin-.
r BeM&e tiic< im Auct 11 (t8>r
jtim arc ilrt altiniindUfbcn Nalion von M4^% s. Thurt»! ^I.
MO
Ma& Hossfeld.
lunss er sich bereits vor dein 2. Februar 1464 bei rlerNat
zur AnfiialiiiH» geiiieldi»t haben.*)
Am 3. Fobmar *los iiäc^hston Jahren begaiuien diitiD iTF
Pnil'uugeu der Lizi^iitiaiideix, welche zu je HS auf eijioii iloi
verteilt wurden und nach bestandenem Examen am El
ihres Monats vom Kanzler die Lizenz erhielten.'^i Hepjin
wnrd«^ Ende Februar oder Ende März 1455 Lizentiat,
noch im Sonuaerse niest er 1455 Magister der freien Küusl
Im folgenden Jahre wählte ihn ilie Nation atii ünm
i >berliaupte. Als solches hatte er sie vor allem nach ausj^en
hin zu repräsentieren, ihre Beschltlsse zu verkünden und sit»
bei den anderen Körperscliafteu zu vertreten. Nach innen
war che Machtbefugnis des Prokurators gering, betrug dwii
seine Amtsduuer auch nur einen Monat. Am Schlusi^ des
M«ina.ts konntt» allerditigs eine continuatio eintreten, d. h.
der Prokurator konnte ermächtigt werden, sein Amt aadi
im nächsten Mnnat zu behalten, «loch war hierzu die jede**
malige Zustimmung der versammelten Nation nötig. Heynlin
ist derart durch AVahl oder Verlan gomng im ganzen 12 mal
Prokurator der deutschen Nation gewesen* Weit wenig»*!'
häufig pHegte man zu dem zweiten Amt der Nation, zum
ltez<*ptorat berufen zu werden. Dafiu^ 1)1 ieb man ein gmim"^
Jahr lang dann. Heynlin war von 1458 bis 1459 Rezeptor.
Prokui*ator und Rezeptor hatten fibrigens beide auch ^^
Examinatoren zu wirken, dieser beim Bakkalaureat, jeiior.
1
') Hiermit *ti|nml üherciiii dass der KMeptor, der Heyntins AiifualimP
in d. Nation voriiabm, Johannes K:mcdy. ^cin Amt vom Aitgust i45iJ
Sept. 1454 innehatte ^Aiict. 11, \ c.)
») Tburot 5S, 58-
3) »Joh. de Lapidc 10 su» HcentiEi solvit 20 solidos, idcni in iticeplioti^
j{ librns.** (Auctar. 11, «jo;). Die „luccptio** »st der an die Lhtm anschücssend^
Akt der Erteilung der Magisterwürde, da* heis&t die durch eine Art Antritts^
diEputation viin/.agenc (ärmliche Aufnahme ins Magisterkollegium und fanJ
meist im selben Jahre vor Begiun der Ferien »29. Juni) statt. (Thurot 39^.
Das Datum der Lizenz schliesscu wir daraus^ das» Heynlin im Buche dei
Rezeptoren unter 1 5 Examinierten seiner Nation die dritte Stelle einmmititi
Er kam aUo icienilich früh au die Reihe. — Die Lisenz entsprach etwa dem
heutigen Abiturium. Das Magisterium nar keine besondere Prüfung, «ocrdem
die zur Lizenz gehörige Feierlichkeit, (Thnrot öo).
JohaimcÄ Hcytiliu uu& Stein.
34»
Uhr höhere Würdenträger, boiiii Magi Sterin ai.*) Von den
B»ichmiiigen. die Heyiiltn in binden Äuitern zu machen
fe. .sind dit» «RHCi^ptoria" erhalten, sie hit^toii aber, rein
chäftl icher Natur wie sie sind, wenig Beioerkenswertes/^)
Eine Zusammönötellnng der Nachrichten des liberreceptonim
•rgiht nun mehr folgendes Bild voii Heynlins Tätigkeit al«
Wnter seiner Nation:
46<i. circÄ 22. 4*kt, los liJ. Dez. Prokurator <Coiitinuatit>
am 2a Nov.). »^)
157* 26. Äug, bis 1458. IB. JaiL Prokurat<ir (4 Coiitinu-
ationes: 23. Sept. 21. *>kt„ 18, Nov., Kl Dez.)* i
tö8, 21, Sept. bis 1459, 2U, Sept. Rezeptor.^)
59. 19. Sept bis 1460. 15. Jati. Prokurator {H Coiitinu-
ationesf.*^)
460^ Ende Juni bis August Prokurator d Continnatio).")
Endlich folgen mich 3 Vermerke uns den Jahren 14*iO,
il und 14<>3. 14fin heisst es: «Quaiido iiiagistt*r Johannes
Lapide posuit peciiniain ultimo ad archam nacionis,
»ntibus procuratore, chivigeris et aliis inagistris" **> und
3*1 ähnlidi: ^Diim magister Jolianoos de Lai^ide poneret
duiifun ad archam > 1461 endlich wird Hey nun zugleich
vielen anderen als Zeuge bei einer ähTilichen Handhing
Geldeiulegens durch den damaligen Rt*ze[jtor genannt"*)
m un sich gh>icb gültigen Erwähnungen haben doch den
ftrt. seine Anweseuheii in Paris in den genannten Jahren
beweisen, und dip TJnningliciikeit d>n- (41 eich Setzung
»yalins mit dem oben liesprocluMion Froibiirger .Johannes
-n2K
'» Thnrot 4r» >?.
*) Abgcdruclct Auctar. 11, <>2
'} Auct. I[, <jr j.
^ Allel, n, <)ib, 917.
*) Auut. II, <*2i — »126,
•) Auct. n, 9 2h.
*! Auct. 11, 950.
•) Aiictar- 11, 930, der vorhergehende Vermerk ist vom 24. De/cmber ;
bei&iit also wohl 31. XII.
") Der Vermerk vorher ist vom 2. Jttiü, der folgende handelt von dem
!or, dessen Amt am 23. Juni endete. Der Eintrag, der Joh. de Uipide
U mu&i» also aus d. Juni 1463 sein. |.\uct. II, Q4K.)
**) Auct. n, 93t). Id der archa lag der Schale der Nation.
342
Mfti HösUcltl.
ilri Lapid*» durzntunJ) Auch eint? von Ochi» gi?gelient* Naci-
rieht, dms Hoynlin 1460 «Canoniuö zu Babel^ gewt*Äen m,
lauss demnach ab intüuilifh hfzeiclmt't werden.*!
Noch im Jahre i4ii4 tiinlei» wir Heyuliii in PariJ^. il»
exiötiert aus diesem Jahre ein Personalverzeichnis, weicht«
die Namen säjutlicher UniversitätsaiigeliOriger entbttlt*i
Uut<>r ihnen befiii<iet sieh auch Magister Johannes df* LapiJe.
der, wie die Handnchrift sagt, ^Mercurii iiltimH Febniarii
14(J3*' seine Bur?4e bezahlte.* i Unter 14tK) ist, da der SchnnluT
natürlich nach IranzÖsischer Zahhuig das neue Jahr erst vnn
(Jstern ab rechnete, i4CA zu verstehen, was auch dadurch
bewiesen wird, dass der letzte Febrttar dos Jahres 14Bä
kein Mittwoch, sondern i^in Montag war. l4Vf4 hingegen
war der 21*ste Fel)ruar — 14t>4 ist Schaltjidir — t*in Mitt-
woch. Damals war alsu Heynlin noch in Paris. Einig?.
Wochen später i«t er l»ereits in Bai?el.
Aber womit füllt p Heynlin diesen langen Zeitraum vou
li) Jahren aus? Als er die Pariser Universität bezog, nannt«*
er sich baecalariiis in artibus, als er sie verliesa. baccalariu:^
i>acrae theol(»giae.'^j In diesen Bezeichnungen ist der Haupi-
itihalt seiner Pariser Studien angedeutet: sie umfassten im i
wesentlichen scliolastii^che Philngopliie und Theologie. Zu-
nächst gehörte er nur diir [»hilHsnphi^chen Fakultät an, i»
der er. wie erzählt, ein Jahr nach seiner Ankunft nach-
einander die Lizentiaten- und Magisten^lirde erwarb. Der '
t) 6. S. 321. Auch 1462 läfiSt sich T{. in Paris tiachwciäcu, b,
*) Ochs, Pel. Gesch. d. Stadt und Landsch. Basel V, ijo. tlcyiiSri
läsjst steh im Januar» Jimi hk Aitgui^t n. Dvz, i4r>o in Puris naKhwci!.cti.
raiiouicus in Basel war er erst 25 J.ihre später,
^) Herausgegeben von MaxSpirgatis. im Beiheft z.Zc]itraLbl.r.BibUot]iw«.I,
Oi(88). Vorhanden .sind mehr als 2500 Nanicn. doch ist eme Lücke in der
Handschrift, auf der »ach Sp*s. SchatJCimg etwa 400 Namen stehen mochten.
He^-nliDs Name anf S» 4|.
*) Die Sorbotmisten bckanieii entweder eine ,,Bursc** ausgezahlt oder
sie tinisstcn eine solche in gleicher Höhe bezahlen, je nachdem &ic arm t>der
wohlhabend waren. (Greard 32/33.) Hej'ulin war zahlendes Mitglied. Siebe
unten S. 351. Atimkg. 5.
*) Visch, 143.
JolMititi«« HeyiiHii utik Sie in,
.^41
ii|#r h^vlierc^ AVürdenträgor, hf*ini Magist4>niuu.*i Von dmi
rigüfi, die Ht^yiiliii in beiflon Aintcru zu niachoii
Ulli dl« -RerBptoriü^ erbalteu. sie* hioten abor, rein
Uiehf^r Natur wit* sie f^'nal, Wfiiig BiMiierkuiiswerteis,*)
iZn^miniiiimsteUtLtig dt^rNBchncliton dm Über receptonun
üit ncmiuelir fulgeüd»*-s Bihl voii Hpjnilins Tätigkt*it als
^eihirr Niitjun:
circa 22* «ikt. bis hl D«*j5, Proknrnt^ir (Ointintiatio
aui 23. Nov.). »^1
Wt 26. Ang. bifi 1458. 13. Jan, iVokariirnr i4 ( ournm*
atioüos: 23. S^^pt. 21. Okt» IH Nov., UkDpzY^
%h Sopt bis 1469, 20, Hepu B4>zc-ptoi.*i
!>, 19* H<%pt bi» 146(X 15. Jan. Prcikurator i3 (Jontimi-
Kiidi^ Juni bi.s Angitst Prukiinitor 1 1 Coiitiniiatio),*^
Kndlich tulg^ii noch 3 Vermerke aus den Jahren 1460,
' -- ' 14lvi. 14^1(1 he is.st t^s: ^Quando jnagist^^r Johannes
pHs^uit pfcunianj ultima ad archani naciniiis,
liibaii pmcumture^ clavigeris ei aliis magistris''^ und
inlich: ^Dum niagister J(*haun»*a de Lapid«* jioneret
111 ud urchaiu.* 1461 endlich wird Heynlin zugleich
ifdun anderen als Zeuge bei einer ähnlichen Handlung
^Idoinlegenis (hirch den danudigen RezepUH* genanntJ**)
«teh "' ' inlltigen Ervviüituingen haben doch den
KiD^ Ai or*it in Paris in den giniannton Jahivn
•iJitm, und diu Unniöglichkoit iler CHeichsetaung
mit dem oben begprochenen Freibnrger Johanneti
[•1 Tharot 47. \:.
•ilfiuzki Aucmr. II« <»2i — mj<'.
ct. II« HIJ'
Aüct. II« '-
iL '^i'-*.
n, «150, der vorhergcheiulc Vermerk ist vom 34. Deteraber ;
wohl ?j XU
Vermerk vorher ut vont 2,Jtiiit, ticr fo1|teride hAiidett ton dem
it «m 2 j. Juni etidete. D«r Eiiitrstl* ^^^^ Job. de L^ipido
^p«M .tut «L |tml 14«!,^ »ein. (Auct. II, ni^.i
*« Aacf. fl« <f^M. fn der ürchji lag der Stbatf der Nation.
o44 M.1X Hossfcld.
auch, wenn ujan noch einen ini Jahre 1464 oder 1465
Basel geschriebenen Traktat gegen die logischen Sopbistere
hinzuninimt, die sämtlichen philosophischen Werke Hepl
Wenden wir einen Augenblick ihrem Inhalte unsere -
iiierksamkeit zu.
Wie man sieht, nehmen die unselbständigen Schri
weitaus den grössten Raum ein. Fast die ganze aristoteli
Philosophie, nur die Ethik und Politik ausgenommen,
von ihm mit ausführlichen Kommentaren versehen woi
dazu treten die Neuplatoniker PorphjTios und der ^
lastik(»r ') Gilbert de la Porree, jener mit seinem
isagoganim, dieser mit dem über sex principiorum.
meisten beschäftigte Heynlin die Schrift des Aristoteles
die Seele, wir dürfen darin wohl schon seine Hinneij
zur Theologie erblicken. Nächst den ^ Auetor itates*.
man auch nicht als eigenes Werk Heynlins ans
kann, bleiben als .selbständige Arbeiten nur seijie bf
logischen Traktate übrig. Auch er also hat dem Gnmc
der Philosophie des ausgehenden Mittelalters, dem al
schwachen Paraphrasieren fremder und längst bekai
Werke. <Mnen reichlichen Tribut entrichtet und wir wc
ihn ans der (jesellschaft des ^servmn pecus commentJ\tor
das die Spätscholastikf»r nun einmal zum grossf*n
waren.-) nun und nimmer ganz erretten können.
Immerhin hat Heynlin unter ihnen einen bemerkt
Platz (»ino^enonunen. Fischer (S. öi charakterisiert ihi
<'inen «scharten, klaren, freilich ausserordentlich ums'
licluMi und spitziindigen Denker, der seinen Zweck
t'iserner Konsecjuenz durch alle möglichen Distinktit
(Jründe und (4«>gongründ<^ hindurch verfolgt."^ Origine
Heynlin freilich auc-h in seinen selbständigen Werk »mj i
-[ni Tractatus de proposititmibus exponibilibus" sc!
Icxtus totius lo^jitc Arist()t«?lis. Ich verdanke diese Mitteilungen der
lö)inmcnheit des Herrn Dr. ('. Chr. Bcrnoulli. iCod. Basil. D. III. 7, F.
i-. I. 5).
') und /war Realist, s. Uel)er\ve<»-Heinze, Gnmdriss d. <iesch. d.
IL 212 (iMOS).
■-) So urteilt Pr.uUl, IV, 174.
JobAoncs Heyn! in uiis Stein.
.145
Prantl'i dessen bewiUirter Komitnis wir uns aiivertruutjn
Mürfi^ii, .nutliält die Einleitung lediglich albertistischeQrunfl-
xitet\ hiiigeg»?n die Syllngistik folgt giinzlicli deni Thomas*
die exponibilia alier sind rt^ichliclist aus Paulus Veuetus^f
p^chöplt, während binwiederuüi der Tractatus de arte sol-
twidi . . snphistaniin argumentationes sich ganz aii Aristo-
^»•les hälL*^ Inuuerhin darf man ihm das Verdienst nicht
ibspn»rht>n, in seinen Kurnin*»ntaren eine treffende und klare
steUnng der Arisk)telischen Ansichten gelif'tert zu haben.' i
Was uns aber liier vor allein inUM^essiert, ist weniger
Heytdins Be<leutnng innerhalb der (Irisch ich te der Philo-
«npbie, als seine philosopbische Richtung. Diese Richtung
wai- iler RBalismus. Wir hatten ja gesehen, wie in Löwen
di*» Partei, die dieser Anschauung huldigtOj durchaus die
iK'iTsichende war. wir werden sehen, dass auch Heyn lins
Pariser Lehrer, soweit wir sie kennen, zu ihren Anhängern
fÄhlten, kein Wunder daher, wenn sich auch in Hey id ins
Schriften dieselben Menningen wierler-findeiL Mit ein paar
Worten wenigsteufct werden wir das philosophische Problem
jetzt streifen müssen, dessen verschiedene Beantwortung zur
Bildtnig fler realistischen und iionnnalistischen AnsicJit führt.
Kii handelt sich dabei bekanntlich um die Vorstellung von
[der Natur des Abstrakten, und die Frage ist die, ob die
I allgemeinen Begriffe eine reale Existenz haben oder nicht*
IpI*,» nachdem man diese Frage bejaht oder verneint, gelangt
titiau zum Realismus oder Nominalismus, bei denen wieder
eine gemässigte und eine extreme Richtung zu unter-
^heiden sind/i Der Nnmiualismus behauptet, dass es in
I Wirklichkeit nur Individuen gibt, dass ilagegen die Gattungen
tid Arten blosse subjektive Ztisamnieid'assungen des Ahn-
iltdien sind, doch scheiden sich seine Anhänger wiedemui
111 KoDzeptualisten i gemässigte Nominalisten l die diese Zu-
*) Pranll, IV, S, 22«/ — 230, d;u:u die AiimerUutigcii 307^313.
=1 Paulus Venetus mit seiner „SpiUlindij^kcit des Eiütcikiis, seiner
[ KaftiijU»k iitler EventuaLitatcu und unublässiger Erörterung zahlrcicfaster Sq-
u^ti** bexciclmet den „Höliepuiikt des üppigsten Wudicnis »cholaslischer
s/* PranlL IV, 118 — 140, vgl Anmerkung 523,
^) ft. Fischer S. 1 3.
*) Vgl, Ucbcrweß-Hcinae, Gnmdrisä d. GtÄch. d. Philos. II, i;i, (1905^,
.u(^
SI.XX Ht»s»feld.
sninmpiifasöiiiig des Aloilicbon mittels dvs gleichen Begriffe.
und in Terministcii oder strenge Nomintilistenf die sie mittels
do*4 gloiclieii Wortes geschofu^ii lasi?en wollen. Inj GegensafÄ
zn beiden glatilit tler RealisiniLs, dass die rTüttungsbügrifi^*
ulyektiv, realiter, existioreih da^ sie auch auKser der Ab-
straktion ein eigentümliches Dasein haben, und zwar b*^
hauptet der extreme Reali?*mns^ wie Arist-oteles ihn dem
Plato zuschreibt, dass die Uattungsliegriffe umiversalia) eint»
von den sinnlich wahrnehmbaren tregenständen abgesonderte
reale Existenz luibeii lante rein), der gemässigte Bealismiu^
ilagegen, den Arist<uelos selbst vertritt, dass sie zwar eiia*
ri*ale Exis^tenz haben. al)er nur in den Individuen. (Univer*
.^ulia in re, diessi^itige WirklichUeit «lor Universalien i.
unser Heynlin nun ist, wie bereits gesagt \\*iirde. stre!i|;eT
Arist'Oteliker Er ist, wit» Fischer stlireibt,*i der Autorität
fies Aristoteles unbedingt ergeben und in dieser Beziehung
von einer ^Rechtglänbigkeit. die so eisern ist wie seine
Lcjgik."" Er steht daher wesentlich auf dem Boden dos
fft^miissiffteji Realism us,^
Wir kunneii uns. um uns nicht zu weit zu verlieren,
ein näheres Eingehen aui' die Ausgestaltung des H^alismus
ersparen, die er im Mittelalter besonders bei Thoma« vini
Atjuino, bei Albertus Magnus und Duns Scotus fand. Während
manche R-ealistfU, wie der tViiher erwähnte Heimerich von
Kampen in Ij<Hven» die UegensätÄe zwischen diesen grossen
Scholastikern hervorhoben und so die eigene Partei spal-
teten, verfuhr Heynlin im (Gegenteil synkretistisch,^) folgt»*
bald Albert, bald Thomas, V(»r allem dem Meister Aristoteles
selljer und war bemüht, die Gegensätze zwischen ihn^n aus-
zugleichen.
In diesen srinm realistischen Uoktrinen b**l<md sieh
Heynlin in Cbereinstinunung mit den Anschauungen, die
an der Pariser Universität di*^ ln»rrschenden waren, iJi^iin
') S. 5/6. VgL Fischers D.'irstcl hingen iiud Zitate S, 15 — tU,
*) Prot, VilU }^ schreibt : Er hieU streng an Amtoieics fest und wollte
weder von der diesseitigen tioch von der jenseitigen Wirklichkeit der Ideen
etwjis wissen. — Aber d^uri wiire er doch nicht Anstoteliker, sondert!
Nominalist.
») Prantl. l\\ 22th
Jnhiifiitfft Heynlui mif Stein. 347
kuniiflich liatU* it» ParM di«* via aiitiijua stetes «iius Über-
fidit gi?höbt un<l an dor Sarbonne S5* B. wurde mir nio
w\nUh*tJ^ Was HeyiiHu in Löwen d<»eh tnir flli<liti^ koniuMj
(lenil batu% wurdt« ibiii liier zn lV»stom Bositat, Es winl
uiiriitWinid«?r utdimeu, wenn wir wehen, dasß die Manner.
iJ#Eien er in Paris verkehrt bat. gleichfalls RiniliÄt<»n
Owi von ihnen, Lucas DeKinoulinn, Thomas von Ci>ur-
nnd Petnift de VauceHu, <lfirfun wir als seine Lehrter
ehen. Sie waren alle drei altere Magister und liereits
^wwpeii der Theologie*» und gehörten zu den «lamaligen
der UniversitÄtv Desnioulin« wird von Hey^nliii
aU j«ein Ijebrer bezeichnet — ^observantissinuini niihf
itque patreni^ nennt er ihn später einmal^) — .
^i . anderen schliessen vriv es aus einem Manuskript
ulifi^ dessen gleichgültiger Inhalt in einer jener schrift-
)bangen besteht, wie Bie (hnnuls bei den SeliolaHtikern
vn, und ilesöen Übersieh riit folgen denn iisüsen lautet: *>
•<^^^?rtit»nps mote per venerabiJem viruni Johannent
^fUiaua praepositufu stuckardiensem et in scriptis pre-
p«^r inMgi.^tnini Jolutnnem de lapiile venerabilibns
{istm Thome de coui*c4dHs decano ecclesie parisiensi^^,
Pein» de foucelln, raagistro Luce de molendinis
'•' prnfe8»*i*ri anno etc, LIX*"^, also 1459. T^a
rrii lu't-r mIs T^iMK ti*ih'r fMiN-r \ um Vergefdnins^>
*\ t-mnli IV, iKf>
■> Tbcisa» «1« rtiurtTlli*, gebore« I4<»u, wurdr 1452, l*ctriis ilc \auccii«»
f Liaaitjat ^Atict. ff und ('hartubriuii) IV paisirnj. , Lticas de Molendfnt^«
I47»i {FmakU 203*, wird 145M ah Professor ilcr Theologie bc-
(Vori ial 218)
M 125.
uheut ignMmuUru Mu|*Utrr Atttwortcii «b/ti und wietlerum (fejfenhemc'r-
dirMTi Antwurtrri,
Jobanur^ Vcr|;enhiin% ht niemand ander« uh der uriUrf
KK«ki«rii% liuFch ^eine WcUchronik bekannt gewordene (te-
iber, Jariit und »pütere Kanzler der Tübinger Universifät. mit
I« drn ef»ten j£triten dieser hohen Schule in »ehr nahe Bejtieh-
M;vnu»krip( l)cuetü>(, das.«» siich beide ichoti im Jahre
n in Pari* «tttdicrteti. Wenn Heynliu einige \tnt
348 Max Hossfeld.
und Heynliii abgefassteii Arbeit erscheinen. dürfoE
Courcelles undVaucello ebensogut wie Desmoulins alsl
von ihm betrachten.'i Der eine von ihnen hat sich
ziemlichen Namen gemacht Thomas von Courcell
nämlich jener Pariser Doktor, der auf dem Basler I
den römischen Forderungen gegenüber die gallikan
Freiheiten verteidigte und den Gnindsatz vertrat, da
Konzil über dem Papst stehe. Er hat auf jener Ki
V(»rsammlung eine ziemlich bedeutende Rolle gespiel
war Kanonikus vieler Kirchen, Provisor der Sorbonne.
d^'r Pariser Kirche (seit 1458». Professor der Theologi
mehrfach Rektor und (resandter der Universität*! AV
benilimt war Petnis de Vaucello, Gesandter der Univ
beim König und auf dem gallikanischen Konzil von
tres. Magister um Kollegium von Navarra.^j Der Soi
geholte wie Courcelles Luc Desmoulins an, 1455
Prokurator. 1459 Prior und später jahrelang ihr Biblioth
An ihn scheint sich Heynlin besonders angeschloss?
haben, wie auss(*r der angeführten Bezeichnung als ..!
X'crgenhans aufgeworfene Ouaestioncn schriftlich ausarbeitet, so niü^s«
trcumlschaftlichcni Verkehr gestanden haben. Es war eine Bckannt:>cl
1 iir Heynlin ihre Füllen haben sollte.
Auch für X'crgenhans ist diese Nachricht übrigens von Interesse.
war nämlich von 1450 — 14V) Hofmeister des Grafen Eberhard von W
I>crg gewesen und al> dieser 1 }5<) mündig wurde, zum Lohn für seine
Propst der Kollegiatkirche /um heiligen Kreuz in Stuttgart gcword
Titel, mit dem Heynlin ihn hier bezeichnet. Von seinen nächsten Seh
i>t nun nichts bekannt. Man vermutete bisher, er habe eine ital
rniversität besucht. (ADBi 23, 2t)<>.) Aber Pleynlins Manuskript bek
<iass er unmittelbar nach seiner Erhebung zum l*ropst in Stuttgart na
j^cgangcn ist, dort noch im Jahre 145t) (resp. vor Ostern 14^0) au den
ilcr l'nivcrsität teilgenommen und auch unsern Hexnlin kennen gele
.Mierdings ist sein Name in dem im Auct. veröflentlichten Auszug ;
lil)er receptorum nat. alem. nicht /u finden. Vielleicht war sein V<
zur Universität nur ein lockeres», worauf auch der Umstand deutet, <
von ihm aufgeworfenen P' ragen nicht von ihm selbst, sondern von
aiifge>chrieben und vorgelegt wurden.
*) Über andere Lehrer Heynlins Hessen sich nur Vermutungen au
••«) Auct. U, 518 A. 8, 11, 343 A. I. Bul.V, 917, Frankl. 228. Fere
3) Auct. II, 800. Bul. V Reg.
*) Auct. II. 909, Frank. 88, 203.
JnhAtiDe» Keyufin am %Hin,
i4Q
ftfclv<»Ilotidcr Lt*hrt»r und Vater- auch der Umstand «a b^
mtu »vlrniiiU d&fit^ er meluvre seiner Predigt«^ii uitflif'W&lirte
d HI ^ u rigent^n ziisanuiienbantL*«
V LUid Vaucello willen wir nun mit ß**-
Emtheit, dasm sie fii*r via antiqu» angehörten'') uiid viin
DiRiaii von Cuurcf^lltrs kann man es. da i>r MitgÜrd der
t^anne war, gleichfalls al« siebter aiimdimen. Dm<*n ziiiii
I wifd Hr*yuUn dii* Ausbildnng seiner reftlisrijichea An-
Bannten leu vordaiikmi haben. Bealisttni waren aach lii»?
I - - *^ Tilins. daninter d^-r Franzos*^ WUb*»lm
i^elMni Joh. MtithitLi!J v<»n (Tt^ng^'nbHch,
li Philtfipt von Kirehhnffen (bpi Freibnrg u B.), Hani»
itz von Born und r)it*lKild Scberr von Thann, Fronndf,
wir 111 Hnvulins Leben nucb uft4*r bt*gpgnen wt*rd»*n
gerade rlann. wenn ea sicli nni niiii*n Scdiritt zn
n der r«ili.*«tiÄch**n Partei hand^dv
Die M " — y*u^ dii* H*3ynlin «o vuu xunn i>»'in«'iti
ili»^ luif Frennden übte xuul in f»igen»fin Seliriften
ete and zur llarsudhing brachte, wnrdo er auch liald
ru bdirfn beruf «ml Wwhr^chrirdich nicht lang«*, nacb-
HT dm Liz*^uz and ilas MagiÄttirinm t»rworb*?ii liatte.
Ihm 1» daa tfeeht gabt^n« Hir^lb^c V^orlesungen zu halt^^n,
ils Profe4S«or der Philo»ti|jhio zu dozieren, .regere**
Muu«i w^ ■ ■ ■ ' * Der Ciegenstand iler von
tri i _ ordi^nttii'hrn V'<irh*Äungt?n
vor allen Dingen Logik, otler wa^ daaselbe bf*siagt, dan
~ ' * ' n des.s4^n Na*urphiJoiii>phie.
seum gro»^*n Teil in da-
Zeil entstanden, und bftben wolJ ^iBetn Unterricht
rlage <i heisst i*a in der Rtplanatio rni
hen >i nMMi-i. .ii*j* PorpbyritL«* nnd ArUtoteles, »ie
magidtruni Job. df* I^pido in urttfittö P«rt»in^ re*
diligenti ^mdio collectA* und der Tr^ctatns da ex-
bös wird be^eichnirt aU «^coniposttn^ per Johanni«ni
la IV.m M |ll-4*^ i—W
KafLA,
% umA f}
S 90.
«
Ma3t Hossfcrd.
ili* Lapidt* in artibus niagistnim. tinir Parisius in oi
regoiiteiii.'*^ Wir keTinen amh »las Kollegium, in
Hoyiiliii las denn niclit in i^inejn all<T;L*miMnen UniversitÄ?«^
gehiUule wiirdt* in jonrT Zeit ih*r Unn^rriclit erteilt, ÄOnJerrj
bereits fast »iisschliesslich in ilen Kollegien oder Burscii,
iu denen <lie Studenten und meist aueh die ruagistri regf*nt^"s
ziisauiHieuw«dmton-> — , es ist «las KolK^ginm von Bargtind\
Er seihst unterschreibt sieh in dem Kommentnr zu ArisfJH
r^les de aninia ^per Johannem Heynlin da Lapide, dioce^is
Spirensis, in urtilinn mugii^tniin niinns hene nieritum, pmttinc
regenteni in urtil>n?< Parisiun in venembili collegio Burgondif*.
Diese Handschrift ist von I45y datiert* i
Aber ih^r Beinif als Lehrer der Phihisophie fiilhe Ht*yT\
lins Tätigkeit nicht aus. Er wollte nicht in der ArtistiMj
fakiiltät stehen bleiben, aondeni machte von dem zweiteu,
durch ilie Mugisterprfifuiig erwürV»en<ni Hechte, rlem iw
finer der drei oberen Fakiil täten zu studieren, < tebrai
Rr widmete sicli dem Stmlium der Tlieologie. Die Orj
sation der mittelalterlichen Universität erklärt die uns
fallend seheinende Tat-saehe. das*^ er da in als zugleich
htssor und Student war: nur lernend fing man ja damaU
seine Studien laufbahn an, lehrend und lernend setzte man
eie fort, bloss lehrend endlich schloss man sie ab.*)
1455 befand sich nun unser Heyidin in jenem mittt
Stadium. Während er am Collegiuni Burgnndiae Logik
folgte er zugleich den Vorlesungen fler theologischen
kalai*e und Magister über ilif Bil>t*l und ilii* Sententiao
4
'eiteij,
*m iw j
1
1 ^
»1 Lihri nriis logicae Porphyrü et Aristotelis cum cxplao. niiig* Jfl
Lapidc (Ensei, Amcrbacli, c. I4*»5).
^) Thurot, t>f>— 48.
^) Dan CnUtfgc de Bour^!ognc, ge^riiudcl ijj^ von der r.rälin Jobaiidi
von Biirguiid, beherbergte 20 Siudcntcu „eii logique cl scieücc imtureUc,j
pASscr outrc en autrc Fiicultc**, d. h. c* war mit für die Artisten
<Feret HI, 40 A. 3.)
V> <-od. BasiK Bell 5. GefaUijjL' Mitleiliiii^ von Herrn Überbiblic
Dr r, Ch. Bernoulli, Vgl. Phil. Fich. H4, v. d. Linde, Erfindung iler !
druckerkunst {iH^ft) III, 924-
^') So röniiuliert Paulscn, Organisation u, Lcbensordtiufigcn d.
l'nivcr*itäten lin Sybels Ztschr. 43, 3«>o)» deu Gang der Studien an der
AlterlkbcQ L'nivcrsiläl.
Johaim« He>nliu uti^ Stein»
.^31
ibiirdufi, da?« doOTiatischf* Hnnptwork d^r mitti^l-
srrv'beti JimI»/.s .Stuileriton der lliLulügi*». ih'r tiii^
|c*iuor Wit<ßoiiHclmfr hing, war damals. Mitglitni dt-
di»r Biirbr)iiiu> zu wenlon, j»Mif^r erlauchten^ »hi
de 2»K»ijkhri^tMi KrirpHrschaft, deren Ruf V(ir fdUmi
dt*r !Iniv»*röitüt Paris v<n*hroiti*t hatt<s lujd di«'
I3ü Krdlegieii ao überstrahlte* das« ihr Naiuo fast
itatid mit dt?in tlnr llniver^it-Ät überhaupt wurd*\
Mfi unhwi itiVht jr'deji auf, der Eintritt hi»-
. >t verUmgtG sie von üir^^u B*?wei*born^ da«s
Jftf der theoiogischf^n Fakultät waren, d. h. das-
Jmd idn«s bHccahirius ilrr Theologi«.* beÄasson,*»
durch <!fts Bestoheu des ersten theologischen
^nrdtj tuan ja in *\rii Srhons der Fakiiltüt aufge-
Da man aber erst nach sech?^iährigeni Studium
|i*r Th»»olc»gie werden konnte,*) so konnte HejTdin
[dem Herhst iles Jüiiroü 14H1 daran denken, öirli
lern iler Sorbonue stur AnfnaJime in ihren Krei
War dii^se i5r»t.i* Bedingung aber erftdlt.
itian dich - ' 'K^n und nm^ste sich einer ünter-
ajDpr jier- i VerhältJiisHe und einer i»eöon-
hutgonterssiehen. Dreimal wiird»» dann, in Zwischen-
m etwa acht Tagen, von der V^ersammlung der
CllM*r ileii Au trägst elKT abgestimmt**« Man besah
B<nirerb%fr recht genau, denn nur bewiUirton
wollig man den Eintritt gestatten und es gaK
^ in Paris* Schon die Anfnahnut galt daher
IV -ming/ Am 18. Juni 1462 wurde Heynlin
frSorboH9^,^) Wir niiisüen danius zugleich schlies*sen.
* *> »gv aurn KaatmsiiTi, ttc*<:h. a, oisrü. t nivcr>, 11, j* "
\^
»41.
offie» de» (kHeun de Sorb. fol 46 »tigedtiidtt bti C*liatnp. 5. 2 1
^ fnikl 14AS tici^tnigte H. ietoe Aufnahme, »m 10. Jimi wurdr
rt*** d. h. al» nfal endet Mitglied attTgcnommcu
Ivo« ttäd {km t8, Juni erfolgte die eod^ültiKr Atif-
4<L h. «Is Orient UcBci Mitglied^ ditrcli dju Kollvf^ium
et Siidt
I. C#«c^ coO Alltrtiiiii. VI,
1
.^r>2 M:ix Hossfclil.
(hiss er 1461 ofler Antrug 1462 den Grad d»^s Bakkalauivns ;
d<M' Tlieologii* erworboTi liat. Dio Elin* war für ilm ai> \
I )«.'UtschoTi umso grösser, als mau seit dem 15. Jahrhniulert. ;
iiac-li dem grossen Kriege mit England, sehr national g«*-
worden war und. obwohl die Sorbonne stiitutengeniäss tloii
Theologejv ganz Europas offen stehen sollte, fast nur iiodi
Franzosen aufnalnn.*; Das Studium au der Sorbonne, iiuler
Sache nicht verschieden von dt»m an den audt»ren KoUogh^u.
zi'ichnete sieh durch den Eifer und Ernst, mit dent es U^-
trielxni wurde, vorteilhaft aus. Während anderwärts (Tbang-'n
und \'()rlesungen vernacldässigt wurden und der einreiss«*ii«Je
Sehh'ndrian Reformen über Keformen^i ^^ötig machte. 1»^*-
wahrte die Sorl)onne den guten (reist, den ihr Stifter ihi
i*inge[)rianzt hatte. Hier wurden die wöchentlichen I>isjm-
tationen streng eingehalten, tuid so genau nahm man «
damit, dass sie auch in den Ft»rien stattfanden, tuul wenr
einmal auf den Sonnabend ein Feiertag fiel, nicht aufge-
Jioben. sondern nur vtM'legt wui*d(in.*i Grosse Vorteile Inrt
die den Mitgliedern zur VeH'ügung stehende reiche Biblio-
ihok."*' eine st^irke Anziidiung in einer Zeit, wo die BiVbei
3 loch so hoch im Preisen standen.
Dieser (TenuMuschaft der Sorbonne gehörte Heynliu als*
s<'it sein<Mii Eintritt in die theologische Fakultät oder docl
kurz nachli(»r an. Seit dem Juli 1463 wohnte er auch ii
d(Mn (M'bäud(^ der Sorbonne selbst,*) und zwar bat er an
selben Tage wie sein Freund Wilhelm Fidiet. offenbar alsi
^•♦•moinsam mit ihm. um ein Zimmer, wa^ auch beiden U»
willigt wurde.*^ Es ist das die erste Nachricht vcni eine
\'<*rl)rn(lnng d(M- beiden Männer, die spät^^^r vereint ein«* *
') <in>. Of».
-j \'ii\. /.. P>. Thiiiot, S. .^1, 51, 52, 60, 74, 71), 84, tj«, iü2. 150 ui«
Kerner nulaeus \', 727 u. Thurot S. loo, auch K. Hartfelder, d. Zust. d. dtsd
HnclKchulen am Kinlc d. M. A. S. 54 — ()8, Hist. Ztschr. (»4 (X. F. 2S\
•*») Thurot, S. I ^2.
^) V}^1. bi:s()iidcrs Franklin, La Sorbonne, sa bihliothequc etc. Fem
Cire. 57 n.
•') Man konnte Mitglied der Sorbonne sein, ohne in dem Kollegn
selbst zu wohnen. In die>cm waren nämlich nnr 30 Zimmer zu \'erg€b<
die Mitgliedcr/ahl betrug aber /u Heynlins Zeit liereits ca. 140 (Gro 30, b
•) Phil. Ficb. 30. 85.
Johannes Heynlin aus Stein. 35.^
ihiiieiiswerte Tat vollbringen sollten. Übrigtnis war ihre
c^kanntsehaft schon etwas älteren Datums, denn Fichtst,
T 145*> nach Paris gekommen war, war bereits seit dein
I. Dez(»uiber 1461. also ein halbes Jahr vor Heynlin, Mit-
i«! der Sorbonne geworden.S
Wir müssen nun. einmal, um ein Bild von Heynlins
eologischem Studium, dann auch, um ein Verständnis
iner wt-itoren Erlebnisse zu gewinnen, einen Blick auf di«»
rdnnng <les Ijehrbetriebes in der theologischen Fakultät
?r Universität Paris werfen. Nach bestan<lenem Bakkalau-
*fttsexamen begann damals für den Theologen eine mehr-
krig«* I>.»rn- und Lehrzeit, die der Vorbereitung auf di«»
Schste akademische AVünle. den theologischen Doktorat
ieiite. lind in der er in Vorlesungen und Disputatiom^n
»ine Beherrschung des kirchlichen I>»hrstoffs. in Prodigt^^n
^ine Fähigk*»it. ihn anzuwenden, dartun musst<\ Innerhalb
ieser Periode gab es nun drei Stuff*n. die sich hau[>tsäch-
di nach dem )»ehandelten Gegenstand unt<'rscliir?d**n. Di»?
We. »»twa 3 Jahre umfassend, war ^iner Vorlesung üb«r.r
ie Bibel, die zweite, von der Trauer eine:* Jahn^s. ein*T
)ltli»'n ülK?r die Sentenzen des Petrus Lombardus gewidrn^-t.
fihrnnd der ersten hiess man daher bibli^iLS (At^r cnr^or.
ihrend der zweit»*ii Sent*^ntiarius. Xa^-h iler Volh-ndung
ie«Hr Vorh»sungen t^rhi»*!: man den Titel ein^-s bao^alariu'!
mnatus und es folgte nun n^xh ein** vieriährige Stufe, di-
w letzten An^^bildung and d*-rVorb»rr»-itungai-tf *\*-u Liz^rntiat
iente.*
Wir halieii als*» Heynliii zniiach-t al- bibii'-i- zm denk-:..
Im sulcht^r pflegte üV»er i- '^•in B'i' h d*-- N'*-tj*-:, •:r;d d-r
Jten T«*stament:? zu Irs^i;. Eirir d '-rar ig- Vori*—'i:ig i-r
ns in Ht'VTilins Mana-ikrip:^:. i.i« :.•. -r:ja.''-:j. ;:-a:. ka:.:
ber vielleicht aiiiiehmeii. •Li«» ri:.- v-.:; ih::. v-rfar-*- Anj**r
ber die Hieronymiani^ch-:- Ei:/;-:*u:.i:-:- d--? A.v;. ^r. ;
«oen Teätanjentä die iii ;-:.-rZ-:- v :. .:,i', g*rba>*':-r V' r-
nng ist. We:iig:5t^ii5 wiri •:*? v • ir::. Bf'vli'.'L'rji^ir 'irr
Hier Kartaa.««. d*-r H*y:^];:. ^u^z-r s^z^ii- <j:.gr:. ^r*-. 4-
H Pkt Fkk. Z-*.
354
Max Hossfcl
eine Pariser Vorlesung bezeichnet (•Expositio Incmlciiti
prolüguniiu tam veteris quam novi testamenti ab eodeml
liL h* Johannes d^ Lapid«^) ^(ut creditiiri in scliola piirrhi^
ovwjx liabiia.**)'! und steht in dem betreffenden Codex
mittelbar vor der Vorlesung, die Heynlin als Sentt^ntiary
gc^halten hat Sie \vnrd von dem Kartäuser als mne tiiciitijl
Arbeit genihmt, Walirsehoinlich ist übrigens auch ei
oder die andere tler ^quaestiones Sorbonicae*^, ül>er
Heynlin disputierte^ und die in demselben Codex stehoHi
die Zeit zwischen dem 18. Juni 1462 und meinem Ab^
aus Paris zu versetzen.
Im Jahre 14l>4 hatte Hejmlin seine Bibel Vorlesung
endet, es hätte nun das Sentenzenjahr folgen müssen. Ah
er hat, wie er selbst bezeugt^ über ilie Sentenzen erst
Jahre 1467 gelesen.*) Was veranlasste ihn zu diesem
jährigen Aussetzen seines Studiums und warum schob i
die Erwerbung seines theologischen Doktorats so lau
hinaus?^) Warum verliess er die Sorbonne schon wied^
in die er doch vor kurzem erst eingetreten war? Es
hierfür nur eine Erklärung, das ist seine Einfi'ilimng ii
Realismus in Basel. Wenden wir aber, bevor wir zu der
Schilderung übergehen, unsere Aufmerksamkeit für eia^
Augenblick auf den Stand der Entwickelung des Humati
mm in Parü\
Die humanistischen Studien hatten in Paris bereits ei]
mal gute Tage gesehen. Schon am Ende des 14. Jabr-
hundertvS machte man die Schüler in den Kollegien mit den
alten Aut<iren bekannt, ein Nikolaiis v. Clemangis trug die
Rhetorik in Ciceros Weise vor, ein Peter von Ailly und
Joh. Grerson bekämpften erfolgreich die Scholastik, und
«J Vorl» (ol u
>) Vorl. fol. II 8: Lcctura XL Johanois de lapidc in libros sententia
in nomine domioi incipit 1467.
i) Heynlin hat in der Tat bis xur Erwerbung seines Doktorgrades 3 1
4 Jahre mehr gebraucht als vorgeschrieben und üblich war. Detm die Frist
war auf 13 bis 14 Jahre bemcsseo (Tburot 133, 135, vgl. z, B, Heynltns
Lehrer Petrus de Vaucello, der 1423 mag, art. wurde {Bul. V im Caialogns»
und 1436 Lirentiat der Theologie. (Auct. H, 525. Anmerkg. l). HevoUn
aber studierte von 1455 — 1472 Theologie, also 17 Jahre,
. Jdluniic^ Heyfiltn AtiA Steju.
355
■* wio dar des Jean de Mimtrouil zierte den Krois dor
-t«u« die den ^Btudiii huuiHiiitaiis^ gewogen waren.*)
I uhiüT diese grusüeu Mäuni?r in den 2Üer und 3üer Jahren
jAbrhnndt>rts gestorben wari»n und die Stilrnm des
ieik Krieges thiB Land vereideten , sank die Bildung
nr auf ilen alten Tiefstand herab und als Heynlin bald
»t " M deü jHbrlnnidHrts micb Paris kjirn, war Vf»n
liier wenig mehr zu spüren. Die Hmuaiüora
damab als ein Anhang zur lihetorik behandelt, über
tnrik aber könnten die Mttgister» wenn sie wollten,
deotlichti Vorlivsungen halten, und zw diesen Vor-
war 1452 weiter nicht.-* vorgeschriebeti worden,
^rte Buch von Boetiiis' Topica, also nicht einmal
lüch V ' « Work.^) — AU ich nach Pari« kanit
1471 1 1 umiÄt Flehet, und zwai* ^Aristoteleae
[ilmae cauaa« tntmbar sane rimtorem aut [loetani phoentce
m Lutetia tota inveniri.^*! Fichet kam 1459. Gerade
Zeit ab«*r bi^gann denn dorli private Initiative
zu leifitMtL Einige Italiener, Job. Balbus^ FaustUS
tiatta und Cornelius Vit^llius lehrten im Jahre 1452
ITarakiui^t. g*--wi8H nacli klnssischen Must<n*Tv,*) iumI 145*»
IIG&I weüta am französier heu Königrihofe (Tregoriü
wohl der erste jener italienischen Humanisten, die
sweitcn Hälite dem 15. Jahrhunderts die klassische
in Paris v«*rbreitel haben. Er hielt, allerdings nicht
[ig, Vorh*miugi»n über <Triechisch an der Universität,
unter anderen Robert Gaguiii gehurt hat, ein Freund
*i.'t>^. der auch Hoynlin nicht fi^rnstand. Im
11 re küui dann Fichet *»elbst aus Avignon nach
I jener begeisterte Anhänger einer feineren klassischen
der im engeren Siiui als der Wiederherst^dler des
j.^r. T*' ' -rrichtö in Paris genannt werden kann,
dem er ©in Jahrzehnt lang seine beste
rifdinet. I*as altes waren, obwohl noch keine be-
jpli l^itcrili, AUie« Cte&eh. il. tfiüt MA
41.
35^ Max Hossfeld.
deutenden, \i so doch vielversprechende Anfange, und wir
werden nicht fehlgehen, wenn wir uns auch Heynlin nicht
fem von dem Kreise der Männer denken, die das Erwachen
der klassischen Studien freudig begrüssten, und die aus
dem verknöcherten Formelwesen der Scholastik in eine:
reinere und leichte^re Atmosphäre hinauszukommen trach-
teten. War doch Fichet später sein bester Freund und
standen sich die beiden Männer doch auch schon in den
.Jahren vor 1464 nahe. Auch werden wir später die Spuren
dieses Humanismus an Heynlins eigenem Wirken kennen
lernen.
Aber das alles war doch erst später. Wir würden uns
täuschen, wollten wir annehmen, dass diese Einwirkungen
des Humanisipus es bei Heynlin einstweilen viel über das
Stadium der Anregung hinausgebracht hätten. Was ihn vo^
nehmlich bewegte, was immer noch im Vordergnind seines
Denkens stand, waren die alten, aus der Scholastik herge-
brachten Streitfragen, und war vor allem der Gegensatt
zwischen dem alten und neuen Weg. Die Basler Episode,
der wir uns jetzt zuwenden, spricht dafür deutlich genug.
(Fortsetzung folgt.)
') Dass der Eiufluss eincb Grcj;. Tifernas doch noch nicht sehr tief giog«
])c\vcist die Gräzität Robert Gaguins. s. Dclaruellc, G. Tifernas, in M^langes
d'archeolo^^ic et d'histoire 19, <) — ^^ (1899).
Zur Geschichte Basels
der evangelischen Eidgenossen Im Zeitalter
des siebenjährigen Krieges*-
rm 4ie3kRtt^ flesXVIlLJnhrlaiuilertvS traten dieKolonial-
l iIn'^ Hjuidel-^politik in tlpti Vortlf»rgriind rl^r Bestrehnng<*ii
Kugliintl ntjil Fmnkrrich bt*gegneten sich
1511^ u III d^ri araerikanischen K«)loni»^D, und boido
^fmitlt^u dttnu uuf d<*ru Koiifiiiont ihre Bunilßsgeuosa<*ii.
eulHüftiid — auch mit Rücksicht auf das englische
— der |)nnissisch-f*ngli^che Nr'ntralitÄusviTrrag für
»niL Dieöc Aiuiahcruiig Hrinuerte Ludwig XV, an
it des s|ittnis;ehen Erbtolgekriegea und an die religi-
*fe, und der König und seino Umgebung schnoben
' ■■ rM^ konfi'Äsintiellcn Charakter zu. Damit
iU'U und die Haudelsinterosseu bei den da-
fu Z^Mtgt^nossren zum grossen Teil wieder etwas zurück.
di<* Religion bogsuin die (Tt>nn*iter dV^ Regiprungskreisr
?r M.is^»*n zu bewegen; nur in den Kreisen der an(-
n»chaft scheint man davon wenig berührt.
am 9eiu. Der Wanthd der Anschauungen und Be-
in der Tagespolitik hatte sich vr>r allem in
Tfilbugun.
1^ Maniiiise von P<impud«tur, cliij frülier in der Qe-
clw schAnen (leister und der Philosophen über
4ie iporlitrecndc Arbeit hiibe ich nur den Versuch gemacht, den
imcea tu der EidgcnöftsetiftchAft in dem geuAiiüteti i^italier
An V^ontrlieiten auf diesem (rehiete der Geschichtfandiang
Über fA tnchr eine, freilich iicwh utivoIU
Ju' . lencn diCÄC Seiten einrrTi Hhtoiiker
T €»* • Brlr*ichtiinK drcscr Zeit nnd
fa* 4oAt ^ -n J. R. I*''i'*> — ^'--" ' ■
ßtlil entwerfen konnte
35'-
A leicandct Ffiitr
Kirche imd lieligion ges|M»rtft hatte, «prnch jetzt mit T^k-
fiirchi von der Offenbarung und von göttlichen Gerichf*%
und sie bemühte sich, wie si»:* «agte, dt^n König zu */<^r ;
Pflicht eines Christf^n Äiiriutkztifi'din*n. Ludwig XV. glaiibto *
bald auch selbst, dass er der kfttholischen Kirche eiiit*n
Dienst erweise, wenn er Friedrieh «len Grossen riberwHltig*'^ |
Auch der üsterreieliisclit» Minierer Kmuiitz steUte di»* \
[xditischen Verhältnisse vim rlieser Seite tlar; die VerbiniluDf; ]
zwischen Deutschland und England war ihm eine proteetnn* '
tischt? Allianz, um tlt^n katlioii«chen Hnf*»ü »*ntgegenzuwirkt*a
So entstaT*d im Mai \lhV% d»'r Buntl diT Hab?^liurger mit dm
Bourbunen. und ilinen schloss sich auch Russland an. A^^
immer besti'elit war. der Expansionspcditik Frierlriehs de«
Grossen entgegenzutreten. Diese IlmHliinde fiUirten zum Krieg.
Auch die Eidgenossen lenkten ihre ganze Aufmerksam^
keit auf di^ Kriegsmächtts Volk und Behörden glaubteü
au einen Religionskrieg. Ilire Neigung gidt den iMt*r-
reichern oder Fri«Mlrich IL Als der Kaiser im .Jahi^ 1737
gegen die Türken ausgezogen war, hatte der Rat von Ztig
eint^ off»^ntliche Andaelit veranstabet tind mit Glock*nigeiäiit4*
die Hilft* des Himmels für die kaiserliche Arme*» angerufen,—
Ganz gleich verfuhr tler Rat von Zug auch wahn^nd <1«'^
siebenjährigen Krieges.*! Nach der Schlacht von Kollin
Hess t>r «'ine öffentliche Antlacht abhalten und Gott für den
Sieg der kaiserlichen Truppen danken. Auch in ander«
Kantonen bekannten sich ilie Katlmliken offen zur Sacb«
des Kaisers. Sie waren fest ilbt^^zeugt. dass dieser den
Sieg davontragen werde, und der Ausgang ih.*r Schlat:ht hei
Prag hatte sie in ihrer Hoffnung idcht wankelmütig wenlen
lassen. Sie dachten frühzeitig daran, den Sieg auch für «ich
aussfiunützcTi. In ihrer gi'ossen Zuversicht hatten sie in diej^u
Tagen auch tlen bortmiaischen Bunil erneuert,*! Der fraa-
Zur Geschichte vnn Oesterreich im»! Pr
14, pag- 143. Bossiird, C.. Historisdu
I
*) Kntike, l^opold vnn
Werke, Bd, 30, pag, 175.
*) Der Gcschicbtsfrcund, Bd
Zeitbilder von 1736 — »770 ctc,
^ Er&ch ik. Gruber, Allgemeine Encyclopädie der Wiüenscharten un<
Künste, I. Sektion» J2- Teil,
fichafti bearbeitet vüi» E&chcr
Zur CrcMiliicitie Bosds etc.
'(f" <YGs»niliM Chav^igiiy wnnl«? der Wurtfiilirer ihrer
jA^n» dio altordings schon nach dem Fried»^n Vin»
1^48« iu\ «lor* Tilg grtret<*ii wumi,
ay halt«* inj Jahre 1750 mit deui Biitöherrn
von Zilricli eim^ Iftiigere Dnr.errf»diing. Der ö^-
irte, dr^r König vim Fninkn*i^li wän* orfreni,
Jicht* Kantijn»? den Wunsch iuissem wünletiT mit
^iti Bümluis ein/aigehL?n. Ba8t4 habt? sich tör einen
»n BuikI erklärt, uhfl Tillior und OngÄpurger stiii^ii
ilafOr zu haht*n, wenn noch Zürich neine Zustimmung
^Jkm Bi\ndnifi — r^o erklärte ChaWgny — werde die
Dati§t*iien und die evanj^felisschen Orte einander näher
PIK Vm di»* lM*i(h^n Konftsssionen udt»r dt^ivn VertreU^r
4inf^i^ii«^*»hnen, verhüllte or von den ProtesUmten <\'u^
u Baden, das iieit dem Vilhnergerkrieg den
^♦'u Hrten geliurh*. Am folgmdfn Tage (am
toih antwortet«^ Heidegger d»'in französisch im i (ie-
Wtf^iiu die SeliwiMz in diesem Augeiihiick ein Bünd-
«ti wiirdi' ilamit der Anscliein nrwoekt, als
•lid^iiDsiienNchaft am Kampfe gegen Friedrich IL
aeit: deim der König von Preussen hatte ih^n Krieg
im Angii«»t liegiinnenJ'» Aus den Forderungen den
' n sprach im aUgemein»ni di»' Stimme
|t ilii* den Bund nnt Frankreich vom
\7lh nbaniAudi^rfi wtinsehten und ilin ssugleich ihrer
»g in Beamg auf Baden Naehdmck zu verHchaffeu
Si#* waren in einer 8it*grsbevvusNteti Stimmung.
ITrkantnnea, in I^tixern uml Zug erwachte selbst die
C. lUid verschiedene Regierungen bereitetA>n sich
ir den Kampf vor. Die Mannschaften vom
im nn wnnjen zu Waffenilbungen einberufen.
Imm letBesion (ii«tnlclit standen die Kontingent«« dt*r
liiimi, um gt^g^ui lue Andersgläubigen zn Fehle
ri tum H««ten tSc« \Vai&cith;vu&eü in Ztirich fiir iSbt, p. <>.
he CfcArhirbtc uiitl Landeskundf, big. v. H. E*chei tm-j
iB27^ tl. Bd. pik^ 1 1^«
1. Vö^tfith«* J, Ki>nr;id, Ge^chicbte der SdiwcUcrUchcii R^t4sgeIM^>^
kudAiTc ni n^L. iia^v i2t.
,^6o
Alexander PfUter.
ZU ziolu^ih So kam es schon im Sommer 17rt6 zii *^m\
Zwi seinen fall in Zug und Züricli.
Ein Knnho mis Sclnvyz lin flt'rSpreuplmiililo l*ri \\ au«
wil« verbivitt^ti^' »las (Tt-niclit, tlie Zug*^r hätten tlii> AImI
Zürich zn üh(*rfHll«'n. In Züricli uu<l Ziig machten üichdi
Trii[>[jen kujnpflH*roit, In *h'T A\iiri*^nug wnr<U*n in Zürich
iVif* anwesendem Zager besclunj|»ft und Bürger lier kuthoUschen
Kantone 'misslianilelt inul ins GefänginH geworfen. Erit im
Januar 1757 wnnle der Streit beigeh^gt nnd die Ruhe wieder
hergestellt. *»
In lien evangelischen Kaiitri!i»*n berrsehte vielfach ein«
gedrückte Stimmung. Ihre Lage iTschien den Zeitgi*noiöeß
bedenklich. Zu jeder Zeit niussten sie .sieli fragen: wie wird
♦*s uns ergehen, wenn die Österreicher nnd <!ie Franzüsi^u
im Fehle siegen — WTf» wenk-n fiicb dann die kathülischeii
Orte gegenüber den evangelischen benehmen? Wäre •*»
unter den Kidgenossen 5?nui Kampfe gekommen und hÄtti*n
die Evangelischen neuerdings th^n Sieg errungi*n. so hättf'
der Nachdmck Frankreichs diese dnch gedeniütigt. Aus
dieser Stinunung ist ilie Haltung der Bäte von Bern m
Jahre 175H erklärlich.
Schon im Juni 1756 traf Frankreich die Vorbereitungen
zum Kriege. Auch die Schweizer Regimenter sollten j?ich
auf dem Kampfplätze begegnen, und iler bernische Oberst
Jenner hatte auf seinen Wunsch bin den Befehl erhalt<?ii.
mit seinem Regiment zur Einschliessung von Ot^ldeni auf-
zufjreclien.'i Die Regierung vtm Bern wurde verlegen. In
der schlimmen Lage, in der sich die evangelischen Ort«*
damals befanden, konnte sich Bern iU^u Anordnungen nicht
Hrnstlicli widersetzen; denn Friedrich IL hatte damals den
Zug gegen Sachsen noch nicht begonnen. Die Beweise
seiner Ül)erlegenheit w^aren noch nicht erbracht, nnd er
konnte für die Evangelischen zunächst noch eine kleine
Hoffmiiig sein. Andei'seits wollte das Volk die Schwäche
des R^tes nicht begreifen, noch verzeihen. Nicht ol
i) Der Gemelli cht» freuud» Bd. 14» paj*. 143. Bo^iurd, C, Histor
Zeitbilder vom 1736 — 1770 und Bd. 28, pag. 278. Wickart, P„ Blinder Kriegs-
lärm in Zürich gegen die Orte Schwy;^ und iiug. 1756 6. Wciiim,
*| Ti liier, Itcschichtc des F reife tiiaics Bern, Bd. V, pag, 253.
^ <ff:«cttichtc Buii#-U
561'
nd helian|it>*ti>n damaL*« du* AugsburgiT- uiul di^ Frank-
iff 5!Ä»itttugi'n, in B^ni liabe «ich dtts Vnll< »»rlioben, um
zu scwingeri» g^g*^^^ «l**n Auszug di^r Rpgi-
, ..uikri'ich Stelhingzu ueJinift», ujuI i«in LiifctichiT
iBeldHe damals. 5C> — f»0,(XK) ovangelischo Schweiz**r
mh Befühl HrhaJten, dif^ Waffen zn ergroifeu. um tlpii
SültJtüT g**gnii Fri<Mlncli LL zu v«M'hiii(lf?ru.
M i" «tiiijiiuteii tt'ihvoi?5t* aus Sclmffljiiasor» un<l
kltPU die Stiiumtiug df^r evangelischen Eidgoudssen aus.
dt»r Tin Ht'rbst 17o»> tn^^unn. war somit aurh
..^ uii86en in der Schweiz vieltach ein Hingen um
luid lieliginn. Diese (fofülile und Stimmungen hei
[irrnng und Volk erkannt'* anrh tlrr Ratsherr Heid»*ggor
ieh^ als t-r nach seiner nnterredung mit Chavigny
>üiiiru tiach Hern reiste, um die Zniniihmgen Frank-
mit Ttliit^r zu Ijerneen. Tilli»'r liatte Hie l.#age der
^^ ■ ' ' ' erkannt^ und »t fügte noch hinzu.
ii Uli und Preussen audi bereit wären,
ngtdi«clit^n Eidgi*m»8Si?tt zu helfen, ho «oien diese
[doch zu weit entfernt.** Der Rat von Zftricli besprach
!he vim ("havigny. und als dieser von ?!«einer Reise
zurückkehrte, erklärte ihm Heidegger im Auf-
60^ Iteheimen Rates von Zürich, das» man bei der
' f UnferredMng erklärten Ablehnung ili*r Re^ti*
.: je,-i 8fi wurden die Unterhandlungen abge-
Zürich durfte die Vorachläge um so leichter ab-
irben die erste Kunde v«»m Siege Fri*»(lncln< fl, kam.
le Behörden von BerUf so hatte sich auch Basel
dt»|j Frieden zu waliren. Der Burgermeifeter Samuel
i*rli«?^ atn U. t»ktober \7bi^ — also acht Tage mich
Friedrichs ^len Gronsen über die Österreicher bei
— ein Schreiben an die Mitt'äte tuid an den nber-
fjoll. üliitli Schnell in Riehen; darin hiesa es: ^Dein-
> missfällig verneinmen müssen, d«ss
•— jj;. v^. Mv^ö^ag besiirglicher Zeiten, an öffentlichen
■^ - . *^ f*.c*chicbte uotl Landeskunde, hsg. v, H. KsHu r
»d, r, pog. 122.
/, ivrrür*ti, GtwhMhtc der ScbwciicriÄchen EidsgenosÄCU-
UL m.. \^^ ^2 2,
Alexander Pfister.
1
Ortluoi und ZusainiiionküTiftoTi auch sonston bey auileri-n
Anlässen von denen im Krieg venvickleton Potentatttn iiiul 5
d»Ten TTndenicMnmiingen nicht nur vieles geredt, allzufwv
und et wann ohu überlegte Urteile gefallet, sondern jmnm'h
unstatthafte Zeitungen und Xachriehteu ausgestreüet >\vnleii:
Alsn haben Wir ein solches zu Herzen gezogen, uiitl aiw
I^andsvätterlieher Fürsorge zu Abwendung alles Ung«Mnachs
X'ri'driessliclikeit und Schadens so uns«» rem gemein wtM'tlifn
\'attcrlanil als auch Particular personen, hieraus entstehen:
Also habrn dem Herrn liiemit befehlen wollen, seine AjiiUits
TndergelH'nt^n publiciicu ujid an dieselbige die enisilicln»
Wahrung ergehen zu lassen, bey diesen Zeit ünisräiult'ii.
in W<M'cken. so wohl als Wortt^n sich gegen fremniJc Iv-
dnchtlich aufzuführen, b(»y ofentlichen Orthen, und Aiiläss«'!»
von gegrii wärt igen Conjuncturen, nicht all zufrey zu urthoiloii,
sond<M-n von den«'n mit einander im Kriege st^^lieiidfii
^Machten, sowohl auch jenig»\ welche des Edlen Friedous .
gfiiicssrn, nicht änderst als Wir mit geziemendtT Hoch-
achtung, also {Mich mit allmöglicher Behutsamkeit zu reden, ,
i'il)«*r ihre .\i)sichtcn und l.^ndcrncnunung sich alles uug<
zicnu'ndfii Rcurthcilms surgiairig zu enthalten, viel wenij^cr
«linch Wort oder Wcrck sich einiger Partht^ylichkeir aiizii- ^
niiKsrn: Innuissen aucii der Ausbreitung neiier nicht ^räiiz- '
lieh eiwahrt er Zeitungen wed«»r mündlich noch durch Brief- -
w«\el, e> s«\v(» hi«'r oder an freminde Örth, Mittheilnn^x derj
Kxtiiicten au> Briefen, oder iiber <lie kri«^gend«> und ander»»:
J^»r•'n/.en verterligter Schriften sich zu müssigen. bev(»rait j
;il'..r inii fiirwitzig^M* Nachforschung neuer Berichten aUs "
L »bl. KydtgtMinssensehair auch mit bedencklichen und g»^
iiihrlich«-n lieth'U iii)er b*eligions Sachen, deren besonders
ein«' Zeitheit» vieh' x» unge/i<Mnend als ungegründet»/. ^
imin<llich :ds schriftlich ausgebreitet worihu», wie nicht
weniger mit nnzeitiger Heurtheihmg über derstdben Zustand.'
•<i(h w<)hl y.n hüten und vorzustehen, keine di.s>corts bwlenk-J
liehe KFz»'idung, und Ausstreuung anzuneninien. weuijyT .
joideren l>e\zul»ringen und überhaupt gegenwärtig gefälir-j
lirher Zeiten mIso Kechining zu tragen, und in Umgang uiii^
< J"^j)räcinMi dergestalten sich aufzuführen, dass niemand 2tt
KlägUMi und Tuwilien Anlass gegeben, weniger ein o«li»r
Zur Gcschiehie Basels etc.
.S^3
limderer clor Höehston Älarhten offemliret wonle, wie daim
Ulk (IhkoTis es cschwarlich zu vemTitwort€>ii liabtni imd zu
l^bribrender 8tmf gezogt^n werden solloti: Womit Wir Uiim
|Vi»rlas«en. (xort walte ührr Uns in Gnadon." 'f
Alis diesem Erlasse sprach die grosse Besorgnis^ die di^
fogieruug ilamals hegte. Den Anlass dazu gaben Goriichte
Bud private Middungon suis dt/r fibrigen Kidgenossenscha^t,
ch iletien »Iie Schwyzt^r Züriivh übiniallen liätti?n u, dgl. im.
Rat von Basel hatte sich darüber in 8chwyz in freinnl-
Iridgeiiössischej' Art erkundigt, aber die Lainlvögte zugleich
jewieseD, auf der Hut zu sein, und in d^^n Wachtstaben
[itÄT d(m Thoren in Baisel wurden inni je weilen einige
t84ddaten gelasseu/^i Aus dt5m Schreiben des Bürgermeister«
pierian geht weiter hervor, dass rLis Basier Volk seine Sym-
athieu für Fri*,"drieli IT, ganz offen bekundete.^? Mit Rüek-
picht auf das benachbarte Frankreich musste der Bürger-
meister die Begeisterung des Volkes für Friedrich U.
ijederkäinpfen ; anderseits sprach aus dem Erhi^si> auch
wieder eine grosse Liebe zum Frieden mit den kathoHschen
In den gleichen Tagc^n w^irde el)en in Basel diesen B»^
liiumungen zuwith^r gehandelt und zwar von einem Manne^
der dem Bürgermeister Merian Avahrscheiulich nahe stand.
Ee war Johann Hudolf Iselin. Über dio Bedeutung dieses
ifaniies ist schon verschieden geuiieilt worden.'* » EiMgeheiide
Studien über seine wissenschaftliche und politische Tätig-
»^ Staati*.irchiv, Bnscl-Stadt: Politisches X*.
^) Staatsarthiv, Bas«l-Stadl; Xlller Rathsprotokoll, 8. WciomoDat 1756.
^) Ob »ier Strcil über die Fischerei bei Hüiiiögcn vom Jahre i 736 hier
äUch tioch seine Nachwirkungen haUe^ wa|;c ich nicht zu beurteilen. Vergl.
Vögclin, Geschichte der SchweiÄcnschcD Eidsgenossenschaft, III. Aufl., III. Bd,
*\ VergU darüber: AUgemeinc Deutsche Biographie^ Bd. 14, pag. hii,
die Biograpbie von J, R. Iselin, bearbeitet von A. Bemouilli.
Xcnjahribbtt zum Besten des Waisenhauses in Zürich 18Ö2, pag, 23,
Basler Jahrbuch i8c)o, pag. 216. Wielaad, Carl, Aus dem Leben zu
cl während des achtzehnten Jahrhunderts* Es ist dabei zu bemerken, dass
ofes^OT J. R. Iselin 1780 schon gestorben war.
Beilagen 2 u, 3 und Stadt-Bibliothek Zürich, Msc. L. 105; es ist ver-
Butlich eine kleine Selbstbiographie, die für das Lexikon von Leu bestimmt uar
S'M Alexander Pf istcr.
1
\u'\t iVliliMi Tiocli ganz, und doch sclioint es mir, als ol) 5j«'m
AVirkt'ii t'iner grössoivii Beachtung wünlig wäro. Vi<»lK'icht
liat. man Joh. Rud. Istdin neben seinem grossen Neffen Uaak
Isi'lin zu lt»icht vergessen. Hier scdl in sehr unv(dlkoinii)iMi«»r
AVt'ise seiner politischen Tätigkeit gedacht wenlen.
Johann Rudolf Iselin wnirde im Jahre 1705 iu Bii*4
geboren. Kr war der Sohn di^s Joliann Jakob Iselin. der
im Jahro 1780 au der Sj)itze der Basler Kaufmamisrliaft
stand. Aus dem Jugen<llebt»n des Johann Rudoli ist nichts
in Krialirung zu l)ringen. Im Alter von 21 Jalireii vull-
fhdete er schon seine juridischen Studien in Basel uiiJ
unternahm dann eine Heise durcli Deutschhind, Holland iiml
Frankreich. Nocli im gleichen Jahre promoviiTte er zum
I>oktor l)eider Rechte. Kr verlieiratete sicli darauf mit A^ies,
d<«r Tocht<'r des Ratsherrn Daniel Louis. Im selben Jahre,
17"2r» wurde <'r zum Älitglied der Berliner Akademie ernannti
und zwei Jahre später begnügte er sicli mit «h*r beschei*
d«MU'n Stellung eines Vorsteliers am Collegium aluiimonnn
in Bas(d. Aus seinem Briefwechsel, den er von 1727 h»
17<>5 mit Lt?u. dt»m V(*rfasser des Lexikons, untt'rhielt. ersieht,
niMU di<* Fülle dor Pläm» und Gedanken, die diesen Mann:
d:is ganzt' LebrMi hindurcli b(»wegt(ui. Im Jahre 1734 nnJ|
\lHi\ «rschicn seine Ausgabe des Chronicon helveticuin: ifT^
erstem Tt'il ist iiacli eintT Abschrift im Kloster Muri, nnd.;
d«'r zweite wunh» unt<M' Vergleichung mit dem Original arfj
<Jrii]dang vorfasst. Iselin wurde wiederholt gebet4,Mi, das;
\\'(M'k Tsehudi's bis auf seine Tage fortzusetzen, nnd es
mangidte ihm dazu nicht an Mut und Wissen.*) Die T(ff"
iirbritfMi. di(^ Samndung der Akten, die Ordnung der Archive.
nuissttn vorausgclnMi, und Iselin selbst ging allmählich mü
seinen geistigen Kräften zum grossen Teil im politischen
L<'ben aui.
Vi Xciijahrrjlilatt des Waiseuhauses in Zürich i8(>2, pag. 23. Hier hast-
v>: Kr (Iscliii) silicinl sehr talentvoU, aber beständig zu sehr mit den tö*-
-cliiedeustoii lite^ari^chen Projekten beschäftigt gewesen zu sein, als dasi «.
zu einem gründlichen Studium hätte gelangen können, so dass er anLeaol--
dic naivsten Fra^jen und Hcj^ehren stellt, überhaupt mehr von ihm empfia^^;
al> umgekehrt. Vgl. hic/u seine Briefe an Leu, Stadt-Bibliothek Züricki
Msc. L. 105.
2ur Ge>clüclitc Bti^rk e»
A^z
■ Ijü Jahre» 1743 übornnliDi ov «liV RiMlnktiou liL-r „Basier
Beitting**.') iukI in iliestT Stellung entfaltt3tt» ür eine re^e
■)i)litiÄclie Tätigktnt. Mohr als zwanzig Jahre iialini di\^
Blatt die Kraft des Mannes in Ansprui-b. Die «Basier
Btntung* hat. iu diesen Jahren manchi^ scliwere Krisis er-
lp>bt; aber LseÜn VLM'stanil os doch, sein Blatt zu |u)litiscbeni
Riisehen za bringen. ^lan darf wob) sagen, dass die „Basler
Keittiug" damals itn Riilunen un<l in^ der Bedeutung der
IPivsse jener Zeit das wichtigj^te fiolitiscbe Organ der Schweiz
fcir.') Im Jabre i74(i erhielt Iselin einen Ruf als Professor
kach Lieyden: er sollte der Kacliinlger des lieriibmten^'itra-
Kus werden.*) I^elin war begütert, unil ein Professoren-
fcslmtt von 2t)<>0 (Tuldeii hätte ihn nitlit von Bastd weg-
■fit»hen kännen. und doeb sehriel> er an Leu: ^Wann meine
■unille nicht dawider ist, so ziehe ieh mit grösster Freude
Hti5 dem Lunde,"* Er wur etwas erbittert, dass ihm durch
mn^ Lo8 keine angesehene» Stellung in seiner Vaterstadt zu-
mtil ^"iirde.^l Seine Familie konnte ihn dazu bewegen, in
Bmsel zu bleiben und sieh um eine I^ehrstelle an der
Universität zu bewerben. In seiner Disputation scheint
ihn das Glück nicht begünstigt zu haljpn, und auch das
üis, das bei der Wahl eines Professors entschied, fiel nicht
iti seinen Gunsten,
Im folgenden Jahro wollte Leti in Zürich eine ^Schwoi-
Eerische Zeitting^ griuiden, um! er ersuchte Iselin. die
Leitung des Blattes zu übernehmen. Es war dazu bestimmt,
g^meineidgenössischen Geist zu pflanzen, xmJ dieser Ge*
danke an .sich gefiel Iselin sehr wohl; doch zweifelte er am
Erfolg imd erklärte^ die Sonderbestrebungen der Orte in
ilitidchen Dingen würden das Unternehmen vereiteln; jeder
>rt wolle gern alles gehe im halten, was sich imiert seiner
*) Sic bei&st: Basier Mittwoch- tmd Samstag-Zeitung.
*) VcrgK Mangold, Fr., Die Bnslcr Mittwoch- und Samstag- Zef tun t*
^h$2 — 1796. Basel 1900.
Zu Isetto vergl.: AUgemeiue Deutsche Biograpkic X1V% öii; Lut«,
tfekrologe, pag. 248: Ncujahrsblatt des Zürcher Waise Dhauses 1862, p*g. 2 j ;
& Gruber, II. Sektion^ 24. Teil, bearbeitet von Escher; Leu, Lexikon
dement; Schweizerische Nachrichlcu vou Zürich 1779.
Stiidt-Bibltothek, Zürich, Msc. L. 105, pag, 375; 20, SepU 1746*
Stadt -Bibliothek, Zürich, Msc. L, 105, pag, 565; 3. Noverob. 174t}.
S'»^» Alcx;nulcr Pfistcr.
(Tivnz«Mi n-figno. Todesfälle, der Lebenslauf eines Mannes.
Kirchen- und Sclmlsachen könnten niemand aufregen: aWr
die Politik sei gefälirlieh, selbst in den evangelisolien Önfii.
Im gleichen Öchnubeii beklagte sich Iselin. dass sein Brioi-
wechsel in der Sch\vi»iz nun auch nicht mehr so umfang-
reich sei, wie früher. Er stellt«* aber in Aussicht, die ehe-
maligen Verbindungen wieder anzuknüpfen und in jedem
( hte mindestens eijien Korrespondenten zu suchen. Im
\ovenii)er 1747 niusste Istdin gestehen, seine (leschätt^
liäufti»n sich dermassen. dass or die Leitung der »Allge-
meinen Schweizer Zeitung- nicht übernehmen könne. Doch
versprach er, einen Reilaktor zu suchen. \i
Inzwischen war im gleichen Jahre 1747 der liolländische
(lesamlte r)nn()zweyer van Harren in Biisel f*ingetroff«*iL
Er kam im Auftrage des Prinzen von Uranien, «ler ebeu an
die Spitze der ^TeneralstaattMi gestellt worden war, um bei
den evangelischen Kidgenossen Tnippen anzuwerben, die
unter dem Oranier gegen den Marschall von Sachsen ziehen
sollten. Bisher hatte auch Basel Hilfstnippen gewähn.
Nun stand aber Holland mit Frankreich im offiMn^n Kriege.
und so nnisste Basel das (Tesuch abweisen und dieAWrb-'
ungen vei'bieten.-'
Onnozwt^ver van Harren Hess dennoch in Basel Mann-
^(•liaft<Mi werben, und der Hat sah sich veranlasst, die Werbt*- 1
oflizi^Te zur K*echtMischaft zu ziehen.^) Das geschah nameiil- ?
lieh mit llücksicht auf Frankreich.
Auch für ,]. R. Iselin waren das politiscli bewegte
Zeilen. Im Herzen und nach seiner (xesinnung war er ein
<Tegn»'r Frankreichs, und tM' hätte die Tnippen gerne dea
< n'nnralstaaten zu Hilfe eilen lassen; aber in der «Basler
Zeitung- sj)racli er gegen di<^ Werbung; denn er glaubte«
die Zukunft i)ringe eint^ \'erbindung zwisclien Preussen und
Frankreich, und darin liege die kommende Gefahr für die-
• •vangtdisclien Kidgenossen. Er schrieb damals an Leu in
Zürich: „Ich kann nicht alles sagen, was ich denke: doch
M St;ult-Bil)liothck, Zürich, Msr. I.. 105, pag. 439 ff., 30. X. 1747.
-) Staatsarchiv, Basel; XUIer RathsprotokoU, 28. Nov. 1747 und Raths-
Protokoll, II. November 1747.
3) Staatsarchiv, Bahcl; Xlller RathsprotokoU, i. Februar 1748.
Zur Gc»rbirhtr B^ieU •
*r Pullt kniN Mii> tmsprer limitigpii Zoituh-
iiÄtitmute vor allcui niieli dnr Pnlitik dos
wiik Iia»*d und dt^n fnMindlichfii Beziehungen dieftos
Für!*l«'U sfiu Fmnkroicb. In seiner Besorgnis nin dii>
*l<*r VaiorÄtadt trat er mit ^c»iQen vortrantcn Fround-en
^f EidgeiiofLsenitcluift In öcluiftlichera Verkehr und erJiielt
m Milien 8»dteii vertrauliche Mitteihiii^en, die
T/jM-u'f^iifie bcunniliigten.^i Dms geschali nach
yreise des biiltäQdiHchen Gesandten ; Iselin hatte dabei <
H M«rk «uf alle Bewegungen in Pnintrut
w;-* - ..,.i,..;s sehr daran gelegen, die Neutralität und
l*rieclf*ii zn wahren. Seiner StLaimung nach der hoUän-
^fi Wfriiung gilb ur in einem Briefe an Leu Ausdruck;
'* \i&H die EidgenOfiBeiiHchaft wie vor Zeiten ein-
I war»» und bev der Xeutralifät duiThans ge-
wJtfi% »o wilrc vielei^ nicht ifiu belfiireht^n.^ 'i
)w» Befttrchtungen wan^n xuin (Tlftck tiieht ganz be-
' «t<L*ns traten die erwarteten schlimmen Pulgen
iiMii Werbung nicht ein.
[bitUzi batt^^ nnterdcHson tm Auslände ein bedeutendes
erlangt« Er wiu'de im Jahre 17&) zum Mitgliede
itinii^chmi Akademie 211 Curtoua und drr arkadischen
i»? in Koni ernannt,*!
Stellung als lfedakt4>n seine vielen Verbindmigi»n
it weniger seine Kenntnisse und seine hohe Be-
ttln Iselin immer mehr auf das Feld einer frei-
titbaren piditiächen Tatigkint.
Am ÄL September 1749 hatte Cteorg II. Arthur deVillette»
*eii nach der Eidgenossenschaft abgfonlnt^t Er
TUM u SitÄ in Beni. Wenige Jahre später steht Iselin
pm Diplomatien in eiti'igem Briefwechsel; er wird der
iit Englands in Ba.<»e| Qiirl in der EiilgiMiossnnschaft.
L. 105, i^ni. 4(»2, ij. Fcüriuif 174^,
U 105» pag. 4l$7, t|w Fcbnuir 174!^.
»Bifeliofbok, ZJuicb; Ute U 105« pttg. 461, jo. L 1743.
Oibbotlieli, lAikhi .^Ui^ L. 105, ft^. S-5* ^ ^^
r»MKkt I Ci9%€k umi Aiti-rum. VI. i.
AlcxHtiücr Hfislcr,
TärigktWt
tn
(lioser Stellung isr uns iiiclii-
(Tb*T seine
Im Jahre 1753 ktim de Chavigny vkh Vertreter desHoffji
zu \>r*sailles jitich der Eidgeiios,seiischaft. und aurli mil
diesem DipUmuiU^u trat Iseliii in VerhiTidmig, als in Biel
eiue heftige Gähmrig entstand. Es handelte sich tun eiitt*
Äuiterbesetzrmg. Der Bischof von Basel tsaU krafr mnvt
Hüheit, dazwischen. \uu\ Bern trag seine Venuitthing «mi.*i
Iselin, der mit dem Biirgermeister Scholl betVeiindet wur^
bi'niilhte sich eifrig, die Parteien aiLSziisOhDeu. um einen
Konflikt mit Frankreich zu vermeiden. Er reifte selh^
nach Bern unil dann nach Solöthurn zum französischen (^^«'-
sanihen umi machte seine Vemiitthiiigsvo rsch läge.' i
Zur gleichen Zeit war Iselin von seiner Vaterstadt TUit
einer schweren Äufgab»\ mit der Führung deti Prozes>;<^
um ilie Besitzimg Michelfelden, betraut worden. Michtl-
felden ivun St* Ludwig nordwärts in wenigen Minnten sra
erreichen war eine Domäne der Stadt Basel auf franzöisiÄchem
Bodt*n. lt>1^5 war dieses Gut *'inem Bürger v<m Basel ver*
pachtet worden, 17< *7 übernahm der Sohn des vorigfD
Pächters die Besitzung für sieh und seine Xachkomuie»
unter der Bedingung^ duss dii^ Pächter stets Bürger vnn
Basel sein müssten ; zudem wurden sie verpflichtet, auf ilir<^'
Kosten eine Suillnng zn bauen. Dieser zweitgenaimtö
Pächter ertrank 1724 im Rhein, ohne seinen Verpflichtung»'»
nachgekommen zu sein. Er hinterliess eine Witwe, eintet
Sohn und drei Töchter. Im Jahre 1735 wurde der Vei'tntg
von Basel gekündet: aber der Rat der Stadt Hess Mildo
WidtHU, un<l die Pächter von Miehelfelden erklärten d
sie hätten eine Erbpacht und Basel müsse sie für den
zieht auf Michelfelilen ent9chä<ligen. Klingelhoff er,*)
Schwiegersohn tler Witwe, nahm darauf Beelitz von eil
Teil des Gutes» obsehon er nichr Bürger von Btmel war.
*) Vcrgl. Beilagen 7 — 20. Die Briefe politischen Inhalts sind
scbeioticb von Iselio selbst vernichtet worden,
') Tillier, Geschichte des Freistaales ßcnit V. Bd., pag. 235, 236. Ver^gl^
auch Stadt-Bibliothek. Zürich» Msc. L. tofi aus diesen Jahren.
') Vcrgl. Beilagen: 8, 9, 10, 11.
*) Hauptmann im Regiment von Nassau,
rir.rTikbte H.imI'^ Qta,
.if»0
Baijel Harlitf' dieso Instanss zii uingehen luni
C^heid durch iloji Inh^tidanton di»r Provinz lierb<>i-
|Dicj*i* si'liwon^ Aufgiibe 8(»llto J. R. Tselin lösen.
und Gr)tUH»r, Prnfe8s<ir Juh. iHmiel Schnepflin
f, «Ift^r m HoflcreisoTi in Paris simuo giifc^n Froundt*
ilte öeiiun» Eiiifluss vergebens grltoiid, und so
?if dem Gerichte tm Kcihnsir zur EiitscIitMdiing
l't♦rdl•ll,^ '!. R. Isriin svar im Jahre 1754 st^lh^t
Iwareii iliest« tü'hclialti' vun .Michi'lfolden rrh»ilifr|.
5Ct*it di's sii^ieiijiihrigi'ii Kriege*? nud für Iscdiii
ificier l<>bhnftc»n pi>litiseht»n Tiitigknit. Zunäcbi?t
10 NeiigeHtaltang der politiHchen BeÄiohimgeu
nach dfr koi»feSi<ioii«*llnii Zii;*ammrngphnngkoii.
iiid Fmiikreirh eiiierstnt«, England und Pn^nsseii
laelin, ilessen politisches Handeln und Strohen^
^r rnogbcb, eine pnf.s<'hi«'den konfessi(»?»eUo Kii'h*
wie das» Äoinor Zeitgt>nus:^enT musäto nimiontlieh
»El Verbindung Freude bähen. Im Oktober llbiK
du BfirgiTmeistc^r Meriun vor polit!«<'hern Brief-
Inito. ^-andte sich Ji»h, Rnd* li^elin m\ Zimmor-
Legurioim^ekretÄr vun H«>9sen -Kassel in Hegen**-
ans dtff Schwr'iz gebiirtig \vnr. Diesem schrieb
[engsten Vertrauen einen Briet. des?ien Inhalt
in deui preusssischen Cnmitiidgesandten finroii
in Beigensburg mitti»ilte. Dieser übermittelte
d^^s Briefes dem König Friedrich dem (Crossen.
olireiben sagte Uelin! ^dass t»l>\vnhJ die Srhweitz
lit&t erwählet, ilft«s j^olches in Ansehung tiller-
fero5#lben fFriedriths des Groäneni nicht zu ver-
2, 3. 4, fl. h, 7,
ilmthek« Briefe an Uelin, AI. it»> Bd. 7.
im BHtf vorn Plotbo au den Kuatg ist nicht oüber ersichtlich»
war. Der Ijek&iiDte J G. Zimmermann wir lijutttJ»
V'cf^U Alli^mcinc Dettt^chc BiogruphJe, Bd. 45, pA^, 274,
MO
Alexander Pfister.
stehet) uud somit die evaiigelisclani Schweitzer CantoiM*
bereit (sein) wtirdim, E. M. als die (sie!) feste Stütze der
Protestanten so viel Tmppeii, als verlanget würde^ za über-
hissen lind koirimr es uns <d. k. dem König und jj^ineii
Ministern f nur darauf an. im Geheimen zu haudelu**' Plotlio
versprach dem Legatirnisseki-etär Zimmermann, tiie Erofi-
Tuiugen Iselins geheim zu lialt-en, und aus diesem Gniink
mögen sich l^elins Briefe in der Akt-ensamnihmg -ßüch<*r-
Ceiisur*^ vf»rfinden.^ Phjtho trat sofort mit Iseliri in Ver-
bindung. Audi in Berlin fand das Anerbieten Iselin^ An-
klang; denn Podewils. der preussische Minister des Aussem,
begann nun mit dem Redakt^jr der ^Basier Zeitiuig^ einen
BriefwechseL Der Minister ermahnte zudem den Baron von
Plotho in Regensbnrg, ^den guten Canal"*. d. b. die gnte
Verbindung in Basel, zu erhalten und die gute Gesiniiuug
der evangelischen Eidgenossen zu pflegen. Er wurde femer
beauftragt, sich von Iselin genauer erklaren zu lassen. ai
welche Art und Weise Preusson mit den evangelischt?n Ol
ujiterhandehi könne. -j Inzwischen hatte Iselin ileu p
sischen Mimster Podew^ils gebeten, ihm für seine „
Zeitung*^ Berichte und Kcirrespondenzen einzusi^nden.
vergangenen Jahre 1756 — so klagte er — habe die Presse
der Gegner in der Schweiz die Spalten mit der Erzähli
der Heldentaten der Österreicher ausgefüllt; er and die tte-
sinnungsgenossen Friedrichs IL hätten dabei keinen Aus^
gefunden, um sich mit dem König von Preussen in
bindung zu setzen. Das evangelische Vidk in der Schweiz^
habe dadurch den Glauben an die Waffenerfolge Friedrichs
beinahe verloren, und doch sei es so wichtig, sich die S.
pathie des Volkes zu wahren.^i Auch ans diesem G]
sollte der Minister Podevv^ils dem Redakt^ir Lselin Stoff liefern^
oder liefern lassen, damit die Schule izer Pres.se die Sachej
des Königs von Preussen verfechten und die Sjmiche
iweizl
b"ichs
2^b.
<) Kgl. Geheimes Staats -Archiv, Berlin, R. XI
|6, Dezember 1756, Plotho ao den König.
') Kgl. Geheimes Staats-Archiv, Berlin, R. IX.
25. Dezember 1756^ Podewik an Plotho.
*) Kgl. Geheimes Staats- Archiv, Berliti, R. 9* F. 2 a.
1740 — »775« I^cli" ^^ PodeniU. Ba&cl, den 5. I. 1757.
260 b. Regensburg»^
Berlin«
dec
Bücherei
itiir Crc^clikhtr HaarU
.37 J
lU» dit' Wnrisich^^ IsclinSj uiid Plotlio utirde aiif
Weise iii*r Hegenalmrger Korrespond^Bt der ^Basier
lg", wilirt'ud PodtiwiLs für die Liot'i?rung der nHiesten
liriclit'^n jiu« Borliii bo^^orgt war, Djuait liatto die ^.Basier
arwei der bedeutemlHten Korrespondenten gewonnen,
irb wahr^ohrinlicli auch gnissert» Au«lagi*n
i-iiterstattnr^) Lri ilen gleichen Tagen i*r-
mnch der öouvemenr von Neuenburg, der Mar»chaU
land. den Auftrag, sich mit Iselin zu v«*rhinden,
iti seiner politischen Propaganda xu untorstiHzen,*^!
iverneur ist eine zu interessante Person h'chkeit,
irir ihn nur so obenhin erwähnen konnten.
[tW Mantcball von Schottland, damals allgeinein nntor
^ u Mllonl Mare<'hal l)rkannt, war 1685 in Schutt-
n und diente zui' Zeit der Regierung der Kcuiigin
(ITiÖ— 1714t unter Marlborough, Znr Partei der
' iid, war t*r hei denen, die im Jahre 1710
den Stieftiruiler der Königin Anna^ in den
Ixindon zum König ausriofen^ um das Haus
L*ver \*ni der engb^Ächeti Thronfolge ausznschhVj^wen*
flTaT€»rtii*linien ßchoitert^j. und der Mai'Hcbal) von Schott*
fimi in »|)aniöcbe Dienste. Nach einigen Jahren finden
|Qm imi Hofe Friinlrichs de« Gronsen. Schon am 30, Sep-
1754 wird er dann der Nachfolger von Natalis in
»rg. Hier wollte der befugte Kriegsniann (lie Kenni-
»ttnd Krfahruugeti, dio er anf seinen Fahrten gesammelt
vi»rwerien*
' * M«i>\\.!>,«^ Oit« Waftenfabrikiitinii, dm
_'t htttt4% in Neuenburg einzuführen,
tlaaalbst und in der EidgenosHem^chaft fiekeint
}!' ieg«'n*ler Bedeutiuig geworih^n S£ii
.: .V ,. r Umstand auf sein sonderbare«
ititl anf SAftne AuM^iiauungeii zni*rukzufi\bren- denn
rtr ^-n« UentM'htatirt «pnt h» tirlit) aitrb vor clvtii
^ Äft l'lciilio
372
AU'x ander Pfisler.
diese fanden im ilamallgon Neuonburg weder Anklang mM'li
grosses Verütäiulnis.
Der Marschall van Scliottland und seiue tTmg»"biuig
waren den Neuenbtirgi»i*n und auch weiteren Kreisen SonJer-
linge. Als der Murschall im Jahre 1737 nach Südruislhiiil
eüte, uju seini>n verwundeten Bruder heimzubringeu» Ja
fand sich in den Ruint^n flor Stadt üezakow. dit> el>eij von
den Russen eix^ljert unrden war. ein armes TürkeniuiulcliHi
Emetulla. Ks war »iie Toeliti*r eines Jamtscharen-Hau|»t-
nmiines. I^er Marschall V(m Schottland führte sie nach
Neuenbürg, um! zu gleicher Zeit war er auch in den Besitz
des Tartaren Ibrahim, des Kalmücken Stephan und <K'!*
Negei-s Motcho gelangt: sie alle waren ihm als Sklaven zu-
geteilt worden. I>a der Marschall unverheiratet war, so
gründete er sich nun aus diesen Vertretern der verschiedent^ii
Rassen und Religinnen iM^nf bunte Familie, indem er >ü^
alle ixh Kinder udoptieite.'i So mochte in Colombiers »nn
seltsaujer FaiiiiHengeist herrschen, als sich spater nocJi Jea«
Jacques Rnusseau dazu gesellte, -|
Diese Gesellschaft bildete einen ( tegensatz zu den Neuen-
burgern, und diese intlentifizierten sie mit Recht mit den
Vertretern des neuen Zeitgeistes. Gegen diesen hatte der
neuenburgische Klerus den Kampf begonnen und fülirt-e ihn
zunächst auf religiijsem Gebiete. Nur ein kurzes BeJspiel
aus dieser Bewegung.
Im April des Jahres IT'iti »^schien im .Nouvelliste
Suisse"^ ein Zwiegespräch zwischen Calvin und Servet, in.
dem der Verfasser dit^ Intoleranz der cahin istischen Kirch«
oder deren Vertreter geissei te. Die neuen liurgische Geist*
lichkeit fahndete nach dem Veri'asser und hielt am 6. Mai
1756 eine Versammlung ab, in d»^r diese n n seh uhtige Zeit ungs-
4
») Musec Neuchalcloiii, Bd. I. 1864, pag. 43 ff. Bonholc, J. H.
Ijauvcrnevir de Neüchatcl, Milord Marechal,
Die Kalmücken haben damals — so scheint es niiodesteiis — eine bc«
sondere Beachtung erfahren. So schenkte die Kaiserin von Russland bei
spiclsweise etiieu Kiilmückcn der Herzogin von Baden-Durlach, und dies«
sandte ihn »n das Philaiilbropiii von Mar^chlins zur Ausbildung. Vcrgl.
lagen 2t ^ 22.
*) Kou&seaU) J. J. Confessions, Uvrc XII,
. Zfkt Gesckiditi* B^cU
?i vr'T-tlnTiitTit unirrloals ^licGntieusü, Uardie, tdmeraitv,
\a DortriuM m^no dans TEgHsH Pro-
Ji. lorui^is* ', I)in Zensur iiin.sst<» dt»ni Klenis znr
jtiu micJ dem ßhitta jt^d»^ Puhlikal ion aber rpligioöo
Vt*rf>iet«*tK*^; Dor Marschall von Schottkind vi^r-
öi sU*tj^ nontral, und «eino Gleich^ltigkeit in
Jtreitfra^pn nnigHto (Um Nf*m>nburg^*rn verdächtig
i^u. Wir dnrl\»n aunrliüii*n, iliiss Colonibiers mit
bunten Ueijons^chait doa Nouenburgorn uls Mine »«chtF»
I iuntitten des gnttesfurcJitigen Fürstfinttuns vor-
, ., iJud.
Febnnir I75<i s»uchtw d«r Murschall »^n^erc Bezieh-
en dim EtdgäUfiüSHn zu gewiimmu Kr reiste nach
Ir- 'T *- 'r-n BiitMh^ zn erneuern^ und i|pr ,Non-
irr üiclj. fli^H^T Reise eine Imsondpr«»
ifmiji^ zoziL^hreilien.^i
Toiii Minif*t**r Pudi'wils wurde der Murst^hall von S('hot;t-
lani' -*n»\i hiTUittmcft. mit Iselin in Verbindung zu treten
dt '*r Zeitung** mit Mfddnugen zu dienen. Er
|tt? «lau nm «o liMchter tun. da er zum Preund»*^kr*?i8
df»54 f}ro?4i?en gehörte und n)it diesem in direktem
II I ^tJind. SeiiiM Mtdile.ngen kamen also aus bester
PcL Bfi?^h»r Zeitung^ hatt«? somit vortreffliche Be-
r gewonnen. Ks ist an^uufdimen. riass gleictie
Lm Kini¥«tiii4e Inikse« tiiuoriqu«, poUtiqiic^ Hteraire H amuüarit.
175- - .- t
Vm X SiiUie 1756, |uig. 126,
u cu rirvint Je 2H ruremcnt «atiisfAit de PAcucil H Jci
.1 rettdü ctiiiH L'c Voiai^e, Siiii reiour fiU uivoncc pnr cjuel-
ifjpp» Ur <^noit, et les Pciiplcs tlc cd HlJit 8*ern|ire8si:rent a doüer
:• (Wr la Yoie qiilU ni^eutoient; La Cunclu&iou de cel Afiitrc«
Aiifni«ot>4 %*i\ «ut «te po^sibk, Ics Scntiments de xelct d'Atüt'ho*
fteipect dorn Je« cocurs sont rcmplis pour S. M. et pour äoii
it, I-c NouvcMistc SitU<ie« Fcbruur i'Sf», p»\g. ty>^ Diese
bek¬ nntei dem Namen ,,Merciirc Sitis,sc". So war ein Bbtt
4a» vDS iri* — (*4r ^n Neuenbürg erM^hieii. l^ Jounial h^lvctiqiie
jfmlfiT Im Nruiuiburi: utttcr der Kedaktioi] vou Cluillet; diese» ßUu
'-»1 ein, I 7H7 erschien djmu Ic „Journal
JU von D. l^baillet Vcr^l, hierüber
TiödcM^e'* i«|03, p. 313, MiüUcfcr, P^iiil« l^ l'rtfse vuu»
.>74 Alcxiiiuicr l'fislcr.
I
und äliiilicho Beridito jincli andorn Tagesblättorii in iMuscli-
Umd zu^iii<;tMi: doch war di«^ «Baslor Z<*itnng" iiiim»»rhin
♦ 'iiio (^lU'lli' für grössere und kI«MiiiMY» Blätter in Süddomsch-
land und nannMitlich in dor Schweiz. Auch der .Xouwlliste
Suis><«'-. dt 4* vom Jahre 1748 — 1709 in Neuen hurg tM'schit'n
und nacli dem ZiMignis von .hdi. Kud. Lselin ül»erall gi»li'sen
wurde. vcnU'tent lichte Briefe, die (h»r Mai'scliall von Schott-
hind aus Berlin und vom Kampfplatze erhielt. Auf dif"^
Weise Avunh' dir Begeisterung für Friedrich den (^rossen im
Sehweizervolke genährt.
d. R. Tselin machte vnn (h-n Berichten, die er aus Vi-r-
sihiedenen (legenden (»rhielt. einen ausgielugen (Tohraiuh.
IMe ..Basler ZiMtung" aus d(»n Jahren I7r>() — 1702 hig mir
leider nicht vor: ich kann dalnu* kein genau(»s Urteil iib»'rj
«len Ton und «lie Sprache (h?s Blattes fälhMi. lselin wimK'^
l)eschuldigt. seine Stimnuing zu (lunsten Friedrichs II. au*-
grdri'ickt und dii^sen letztern und seine Armee auf Kesteo,
il^s (4egn(M-s verlierrlicht zu haben, fls fehlte auch aicht
an Klagen ühtM* dii» Sprache ch^r -Basler Zeitung*. Chavigiiy.
d«'i- französische (Jesiuidte. ])enutzte sein»» Privatbezieliuiig»*ii:
in Hasel, um seine Klagen odtM' Wünsche anzubringen. Er
üal) dal)ei zu verstehen, dass die Politik der ^Basier Z*'itmig*
«li-r Iland«dss;adt BaM»l Schaden bringi^n ktinne. Zu ein^r
• 'igenilieih-n Klag«' sah sich Chavigny doch nicht veraiii»!*!»!.
Auch < »sTerreich fühlte sich (hirch die ..Basler Z'MtuniT
an seiner Khre vei-|etzt. Leweidjerg, der Präsident «ier
Kamin«'!' von Konstanz, schrieb dem Rate von Basel iMiien .
gi'liarni-ieliien Brief und drohte darin, die Zeitung in ösier-
i-.Mchixln'n (!el)iet.»Mi zu unterdrücken. Er klagte in diesteift
Sciin'iben. dass die ..Hasler Zeitung* von den «dennalilig»*^
Kiiegs-zritlien gi'gen alle Wahrln^'t" schreibe, und sie sprecb*
auf das ..gchäzzigste" von dfM* kaiserlichen Armee, sogs^
auch (»fti-rs w«'i'de ..Ilii-o Kays. Königl. Mayst. ganz niJer*
liiUhtig hingochrilM'n und in das Publicum hinauss i;^''
sn-Hin/t." nie Kannner von Konstanz könne «dize bey deU
Pnblieo gjir ansT«')zzig«' sacln'u so gleichgültig Verners uni=
soweniger m«'hr aTisehen'*, als alh» gednickten Sachen del
Z^'usoren vorgelegen hätten. Lt^wenberg empfahl sodaur
Rat«' von Basel, die Zeitung.sscJireib«»r iintl Zt»usc»n»r
'Znr GescMcftte Biisch etc.
375
[zii .mehr Wahrheit und bescheideBlieit^ und zu eiuor ^ohn-
UuHtözzigen HcbreiUnt^ auzuhdren.*! Iselin hatte alvh dararif
vor den XlUer Hern^n vai rechtfortigeiL Kr zeigte dabei zu-
Imt seine Venvundemng über die eingelaufenen Klagen, du
lirrfficli dw Pflichten eines unparteiischen Schriftstellers stets
I vergegenwärtigt habe. Er habe nur gedruclae Zeitungen
Uihd Schriftnnddungen aus Deutschland benutzt und sei chi-
l bei allen ^verkleinernden^ Redpusarten gegenüber Österreiclj
[»usge wichen.' I
Im folgenden Jahre bescbwerre sieb Fivudireich neuer-
[jÜags über die ^Basier Zeitung^. Der (Tesandtsthaftssokret-ar
iWrtiDont schrieb darüber an den Dreierherni Ortinaim. der
[die Klage den XIITer Herren übermittelte. Iselin entSchub
l4igt<? sich danmf Ijeim fninzüsisclK^n t lestiivilten, und damit
R^ar die Sache wieder erle<ligt.-^i Frankreich sowue (Jster*
[fi*ich hatten jedenfalls eine übertriel>ene Enipfiiidiiohkeit
|kpwie«en: darüber kann nach dorn Urteile des englischen
sandten kaiUB ein Zweifel walten/^
J. R. Iselin hatte inzwischen mit Pndewils xmd Plotfio
weiter unterhandelt, und es scheint, als sei man in
Ä^rliü auf sein Anerlüeten, clie Neutralität zu brechen untl
für den König in der Schweiz Hilfsvölker zu sammeln.
eingegangen. Der König Friedrich Tl. hatte scIkui im
Frühjahr, sogleich nuclulem der \ fit rag vmi \ orsailles bf^-
kannt geworden war, und auc!» schon früher in der Schweiz
m werben gewünscht.^< Im Juni 1756 war der Adjutant
•les Prinzen Carl von Preussen zu diesem Zwecke aucii nach
^traubünden gesandt worden.'*) Iselin war schon zu Beginn
'ies Jahres 1757 von Plotlio aufgefonlert worden, genauer
iju erklären, wie er siidi die x\usfühning seiner Plane iiml
Auerbietungen denke. In seiner Antw<irt trat er nun von
miivr frulieren Stellung in ilieser Frage einen Schritt zurück.
') Staatsarchiv. BaseUStadt: J J J No, 7, 0*83 — tSo*). Constan^t den
25. Juni 175:.
*) Staatsarchiv, Hasel-Stadt» Xlller Rathsprotokoll, 5. Juli 1757.
^ Staatsarchiv, Bosel-Siadt, XUIcr Ralbsprotokoll, 27. Juli t75H.
•> Vcrgl. Beilage ij.
*> VergJeiche Bodmcr, J. j., Deiikschrife zum 200, Gcburtstaji, Zürich r^oo,
•) Slaai-Archh, Chur, S, J; T 8, pag. 17J.
J7Ö
Alexaetder Pfitti^r.
Kr f'rklärtiv »»r !mbf> sich *lie WüDScho Preusscits reillii
überlegt und ^ic*b auch uiif seiuen vprlrauten Frennden in
ih*ü Schweiz ln*rati?n. Alb^ (iesinnuiigi^geüossen wärfR ge-
willt, di'jij König von ProiiKs»?!! beiziistehpii: di^rb dio Au-*-
ffihruiig dieser Pläixe zitdi«^ den Krieg auf 8chweizerboden:
dit* ♦•v^mipdisch^^n Eidgenossen i^eien aber immer l)piniihf.
dcL»n SehiMn <ler ^Uuparteih'chkeit* gegenüber den kämpfon-
den Mächten sgu wahren. Iselin fügte dann im gleichen
Schreiben hinzn. tmtz alletlem wiinh' man dem Köni)^
einige Regimenter Schweizer Tnippen zukommen lasseti:
doch, frngte er, wie man diese Miiiiasehaften nael» Preiisfipu
führen wolle? Ferner «erklärt »» Iselin, er habe immer
«»ine engere Verbindung der pro testun tischen Staaten her-
beigewünscht und liegreite nicht, wie Holhind in dieüPt»
Tagen eine llediiktion d<^r Söldneitnippen vargenomm*^n
habe: die Schweizer in Holland wären gerne in preussiücU^
Dienste getreten ; doch habe Preussen dtm günstigen Zeit-
punkt für eine Anwerbung lüeser Tnippmi versannit. 'i Iseliii
jipricht in verschiedenen Briefen von seinen Freunden. S*"
mit ihm geneigt waren, dem König von Preusseu zw hellten
um] (lie schweizerische Neutralität zu opfern. Wer dii
tiesinnungsgenoftsen waren, können wir leider nicht
Bestimmtheit sagen. Indessen siiul uns Iselins Verbindun,
zum grossen Teil bekannt.' i Es ist möglich. *lass er sc
in den Jahren 1757 und 1758 mit Johann (teorg Zira
mann von Biiigg verkehrt hat; denn am IL St*ptember
1758 meldete dieser dem Dichter Halier in Bern, er habe
am Tage zuvor aus Bas»d einen gedruckteti Bericht über
die Veniiclitung der Rtissen bei Zorndorf erhalten.*) Nach
alledem* was ims über Iselin bekannt ist, zweifeln wir kö"
dass der Bericht von ihuj kam. und wir schliessen d
H Geheimes .SlaatK-Anhiv» Berlin, R. 9, K, 24. Büchcr-Ccnsur 11
bU 1775. Helai an Podcwils. Basel, dcu 5» l, 1757-
^} Vaterländische Bibliothek iu B.\scl, Briefe au Isclin U. M, t6.
•) Isther, F<udolif, Jobann Georg Zimmermanns Lcbeo «nd Werke,
Bern 1892« pag, 144. Zimmernmnn an Haller, am lt. Sept. I75S: mJ*aj re^u
hier de Bnle nne relation imprimcc de In dcfaite celcbre des Russct.
IKiroit quc les Prussicus ont empörte trois victoires con&eciUive» Ic 25,
et Ic 37, Tont ceb tjent du niiradc. Je nie flatte <pic ccs Barbarei
txtermin^s.
Zur GeÄcLitlile Basels etc.
.^77
fleich. (lass Isfliu durch il<ni Hricf v<ni KLMistaiiz uiitl
toh dk' Eiuspnic'lie Frankreichs iseiiie Propaganda für
edricli cliMi ({rossen kuiiicswegs aufgegel>en habe, Ant*h
Zürich hattf Iselin seine Freuij(h\ Wir wisj^eu, dass er
i Leu in Bri<4wecUst»l stand; duch ist in tlipseni Verkehr,
Ireii die Briefe vorliegen, seine Stolhing zu Preussen
Ibt znr Spracht^ ^ekumnxen. Iselin uiiterhielt zudtMLi in
m Kantonen B*^zielningen zn den iingeselieiistt^n ^lannern;
I" seine Briefe sind uns hirl^-r nnr teilweise i-rlialton nnd
enigen seiner Fnninde nui", insofenj sie litrnu'iseiien In-
|es sind oder dann über weniger bedeutende politische
agnisse nnd Bestrebnngen b*^richten. Unter diesen
runden nnd Bekannten treffen wir folgende Namen: Pro-
JorSchoepOin i Briefe von 17i'>Bi, PfarrerOender d 753- 1778 1.
tfiiia Hofer 1 17<i2— 177<>n') alle in Strassburg: (iroos in
irlsrahe a77BX G. Herbort (17lU s De Binvn f 17*V2), A. Tillier
p2;, A. V. Diesbacb .173*1 I7fil>). H. Sf^ttler (173L.
jr Fellenberg <l7t>2j, K. Sinner v<hi Balayrr (17*>ri). alle in
im; Bürgermeister SiOioll in Biel (r7r)4), Pfvffer in Lnzern
175— 1777). VortHiiller 1I7.H), M/Usteri il7B2t und Weiss
fZürich, J. J. Botbner in ZiVrieh 1 1732). von Meyenburg und
terinSchalflmiisen (1754 nnd 177ti), Landaniniunn Laarenz
ittar in Herisau I i77*<), Stadtscli reiber Wegelin il77*"i und
iel Zyli. Sekretär (bvs Abtes in St. Galhn il741). I^ml-
ann Job. H.Martini 1732 1^ Samuel Hi'er 1 17o4| iindTseliudi
34 1 in (Tlariis, Abt Bonaventura Bneher in Mnii, und zu
en Freunden zahlte Iselin ferner einen Professor Dnni
Bom, einen Lattuada in Mailand und den Marquis de
der von 173H — 1745 als Vertreter Siciliens in dr^r
weiz weilte u, a. ui.^) Es war ein weitverzweigter und
sehener Bekannt<'nkn'is. Die Eribrsrhnng der Bezieh-
toii dieser Männer zu Isolin wird in Zukunft vielleicht
in beitragen, ein klares Bibl dieses Mannes zu scbaffen.^f
*) VergL LiitiE, Nekrologe.
*) Vaterläfuiische Bibliothek, Bn^cl Briefe an l*.eliii U, M. in. Stadt-
äothekf Zürtcb, Mst\ L. 105 und Neujohnibtatt des Waise nliauscs Zurieb
h pag. 2J.
*) Der Verfasser dic<tcs Aufsat/cs ist für alle MittciUmgcti, die die He-
n^cn diestj Mäotier n\ J. R. Iscbü bctreflen, duukbar.
Ateitandcr "PfSstcf.
1 Zu den Mannorn von Schiuznach gehörte Iselin nicht:
r*r war ancli i?|mt<n* tiiclit Mitglied der Holvetisclieti (ie^eli-
sc'haft; US sohoint mir vielmehr, als habe er mit diesei»
Miiniiern auf gespainitoni Fasse gelebt Iselin macht atil
uns den Eindmek eines B-ealpofitikers, dor sich mit den
Gi»ffihlsäusseniiigen stduer Zeit im Stile eines Gessner ntid
Lavater nicht abtnidtMi koniiti\ Noch im Jahre 1827 fiihrte
fler Präiijdeut der (Tcsellschaft — es war der katliolische
Dl 'kau Äloys Vnck von Aarau — einen Seitenhieb auf Isel
der schon im Jahre 1779 gestorben war. ,In der gegri
»h*t-en Besorgniss, dass ein srweiter Professor J. R. L se;
Geissei über Hnhmredigkeit der Schinznacherfreiinde
schwingen möchte^, hatte er sich in seinem letzten T«
*\fv Rede ühnr di^ Bedeutung <ier Gesellschaft kurz f;
wollen. 'i J. R. Lselin war auch der Oheim von IsEiak Iselin.;
sie bevvarlfen sicfi bpide uui eine Lehrstelle an der U
versität in Basel. Von ihren Beziehungen zu einander
uns sonst wenig bekannt. Es ist behauptet worden, Isaak
Iselin sei der Agent Friedrichs des Grossen in Ba^el ge-
wesen.*) Pinso Behauptung ist jedenfalls auf eine Ver-
wt^chslung th«r Ijeidt-n Männer zurückzuführen. I^aak Iseh'i/
}j;ir zu Prenssen keine ptjlitistOien Bezitdiungen unterhalten;
».-r war vor allem nicht der Agent d»^s Comitialgesandt^'n
Plotho in Regensburg.
' J. R Iselin war im Jahre 1757 im Alter von 52 Jahrpu
Professor der .lurispnidenz geworden. Es war in der Zeit.
du pr nach allen Richtungen neue Verbindungen angeknüpft
hiitte. um seiner Stellung als Agent von Preussen und Eng-
land und als Redaktor der .^^Basler Zeitung" zu genügen.
Seine politische Tätigkeit gab er nun keineswegs auf; er
schrieb dem Direktorium der Kaufmannschaft, dass er seine
Stellung als ^Zeitungs-Conipositor* beizubehalten wünsche.
Damit Ijewahrte er sich irt allen Ijandesgegenden seine
Beii( hti/rstatter. die ilm über die politische Lage, über dio
Stimmung in den Kantonen und im Auslande unterrichteten
und ilen StoH für intimere Meldungen nach Regensbtvrg,
I) VurluLiuUmigen der Hclvetiiicheii (jescllhchaft zu Schin^tiach tSl7» pog. 8i,
') Vcrgl. AUKemeiRC Ddutt»cbc Biographie, Bd* 26, pag. 512. Xautlc.
Zur GcscUichlc Ba^U etc.
UQ
i:
rlhi und Born liefeiten. Es i>Jt aucli wahrseheiiiliclL »liiss
eiisseu einen Teil der Agenten oder Korrespondeiiteu
I>5elin8 bezalilt linbe; denn über einzelne Auslagen ei'^tattete
fT Bencht, So hatte der Pariser Korrespondent bis zvnn
Febniar 1757 «^in Jahrei!<gehalt von 4*K) Tiialt^rn bez<>gen.
Er kündete nun seinen Dienst mit der Begründung, er
»ithwebe stets in der Gefahr, dass seine Tätigkeit entdeckt
öod er zur BaätUIe abgeitührt werdeJ) Im März 1757 fand
\m — wie er in einem Briefe meldete — einen neuen
iBeriehtei'süitter, den er aber sehr hoch besolden niusste. In
'der gleichen Zeit schrieb er nach Berlin ^ i^r erwarte Bi^-
ii^hl, um von verschiedenen Seiten Korrespondenten Ijestelien
können. Man kann sich dabei kann» anders denken, als
döss Prenssen iHese Berichterstatter in Paris bt'sokhn oder
'ls4?ltn, seinen Auslagen entsprechend, entschädigt habe. Im
Prülijahr 1757 äusserte sich Baron von Plotiio in einem
;Schreiben an Iselin, er glaube nunmelir. in Süddeutschland
|Iiiit mehr Erfolg wirken zu können, und zugleich machte
in Iselin auch Hoffnung, dass Friedrieh der Tt rosse ihn ffir
;er© Dienste verwenden werde.*) In den gleichen Tagen
itt der Reichstag in Regensburg über die Beteiligung
d^^r Stände am Kampfe gegen Preussen, und Baron von
Plotho hoffte, einige Staaten für einen Bund mit Friedrich II.
zu gewinnen; es ist auch möglich, dass seine Pläne noch
Weiter gingen und sich aui^ eine Verbindung mit den
t'Vangelischen Eidgenossen bezogen, untl liier zu hätte Iselin
seine KrÄfte einsetzen können. In idnem Briefe vom
29. Januar 1757 hatte dieser genieldtt, ilass die Absichten
rief Evangelischen in der Schweisi noch immer die nämlichen
seien, wie er sie in seinem letzten Briefe (vom 17. 1. 1757)
kennzeiclinet habe ; das hiess also, man sei noch bereit, an
iissen Truppen zu senden.") Friedrich «1er rTrosse fand
*) Geheimes Staat&'Archiv, Berlin, R. 9, F, 2 a. Biicher-Ceusur 1749
»775* Ba*el den 2k U- 1757.
*) Geheimes Staats-Archiv,' Berlin, R. 'j F. Ja. Bücher-Ceuüttr 1749
1775. Bafiel, den 2. V. 1757.
*\ PoUtifiChe Korre&pondense Friedrich des frro&sen, Bd. XIV, pag. 259
260.
38o
Alpxamlcr Pfi»ten
iliti Plane PlotUiJs »,st^lir ^it und ailmirabel'* umJ lie.W
sein«? Minister -Onlro orgi»heti. tlaranl' weiter zu arbeiten.
Die Ereigniöse in Böhinen und Schlesien führten die
lK*itleTi Krieg!$pnrt4?JL'n immer wieder \nn einem Plane xiir«
andern : so mttj^öte aucli Plotlio jeweilen zu neuen Bg-
strebungen übergehen. ^H
In der Stdiwi-iz waren im FriiLjalir i7n7 ijeide Paitei???
in einer heftig erregten Stimmung.'' Iselin schrieb an Plotho.
ü9 brauche nur einen geringfügigen Anlass, und dann werd^
der Bürgerkrieg unt«r den Eidgennssen Husbrechen.*) WU*
andere Orte, so hatte sich nun auch Bastei im (teheimen!
für den Krieg Vfjrbereitet. u\n von der < iigennartei niei
ülierrascht zu werden/'
Wiederholt versitherte Iselin dem ^liiaster in Bert?
dass die evaugeUscheii Eidgenossen preussisch gesinnt sei
darauf erneuerte Friedrich der Urosse den Wunsch, die Be:
möchten ihre Regimentt^r vom Kriegsschauplatz abbei
Um seinf»m Wunsche leichter Nacfiachtnng zu verscha
trat €*r mit England in Verbirjilung, und die Vertreter der
beiden Mächte, der Marschall von Schottland und der eng-
lische Oesandte <ie Villettes. machten in Bern geiuinnsaru»'
Vorstellungen, damit das Regiment »Jermer niclit gegeri
Hannover und Prenssen geführt werde/ 1 Die beiden IHplo
matron hatten schon iui Jahre 17o6 in dies4*m Sinne gewirkt;
es waren erfolglose Bemühungen gewiesen. Nun waren iiu
Jahre 1757 — wie de Villettes meldet — die Freunde den
Begimentsinhaljers Jenner mit der französischen Partei io
Bern zerfallen, und der englische (lesanilte hoffte, dass das
Verhalten von Jenner, der sein Regiment ifür <len Kampf
gegen Preussen anerboten hatte, im Rat« der Zweihun-
-4
1) Ochs, Geschichte der Stadt Basel» Bd. VII, pag. 018. In
woUte ein Priester (1756) wetten, dass m&n im Münster in Zürich bald
lesen werde.
*) Geheimes Staats-Archiv, Berlin, R^ *.), F. 2 a. Bücher^Censur 1745
bis 1775, Basel, den 2 1. II. 1757»
5) Politische Korrespoudcnz Friedrich des Grossen, Bd, XIV^, pag. 2^*0,
*) Geheimes Stoals-Archiv, Bcrliii R. XI, 260 b, Podewils an Michel
in London, Berlin 22, IV. 1757; de la Villettes an den ^tirechal d
Beme, d. 2. IV, 1756.
VcrgL Beilage 12.
v*****»' „ii«]*. l^ri iruiizusisclit' Ges^iU'ltP wirkto
Ä^ !i**sen Bestreliimgen entgegen. Die Ver^
lliingt*!! /.iig<*ii -^ich dann in die iJtngvs bis sit.^ dnrcli
im F«U1»» iin Bf^dentiing verloron. b»»^liTi
rjich in Zürich tätig gtnvospii zu sein, flarnit
R*>|ptrit*iit I^irhrnann nicht iXbtiv d«'ü Rhi*in gpfiUirv
Je. Sein Ag*»nt in Paris uu^ldote im Juni 1757* Locli-
haht' Birh g«*w*»igortN ül>er den Rliein zu zielion, i*r
[lUrtun niidi I^iile in Arrf^st ahgefüJirt untl j<t*in Regin»pnf
K^ln iti Guniiiänii gobnicht wrvnbnJ)
In ihm folgt*nd*Mi Jahmn wirkti* Wlin iru Smn»' Vii^"
U. iini»niiüilticli weih-iv) I>us l^nglnck tle^^ Könige
er zum «einigen und der evHngBli.sch'^n Eidgenosison.
iiit*rtt* im ilalm» 17n8 dit> Doiuissinn di»H Manjuis dn
^, ili'rb*M bpidün Konffssiiunni in rlor Kidgr-nos^^onsthaft
um gewenen sein soll; er meldei^^ mit Betrübnis,
^r Fürst von Kttäi3aa-.Stiiirbr(lckiMi iKt ovangtdischi^n
-Ifin s#j! und dass auch in Zweibrückim
> hiing b<^v<»rstt^ht\ und dann schloBs
Sehrpibini nn Lt*u: ^(»rnssör (^^ott» wo wird es also
len? t^rfMlgot drr Frif^dn nicht bald, ao nuiss halb
JEii Umnd gidien.**^* Über dit* Tätigkeit Isoh'ns von
I7<>il waren im Akt«»n-Band „Bncher-Censur* keine
^11 Spuren zu verfolgen. In der ^Ba8h>r Zeirnng"* des
bftnvogiHi die Mehhingen aus Regensbnrg und
itt war noch damals ^irttzisch^ gesinnt- IHe
li^diDü waren indessen nicht zur Austdhrung gelangt:
^imchten die evangeli^schen Eidgenossen über dorn
^ OdmMS StMtft-Arob'tv« ßerlm, R, u, F. ^a, 4. Jimi 175;
^ FnMridi dff Gft»»e hntte »ntf'fdcrs^en Breslau /urückcrobert und
t&rr: t^iif4»eri*clkeu CicnetAl SexI, 8{>reti)er mit der |>aniei) östcrreiclitstchcji
L/Mfgtn genr>fnmcii. Uelin srheitil Podc\%ilH um die Befreiung; den
^.wctrit tu lulieii litiil w;if d;i2u terTfiuUicb vüq Graubündeii »11%
DitMr WuoKrh wttrdc Ihm nkht crfiiUl, weil — ao ef'
— die itWterr eicher die Hefatigeiieti auch nicht auiUeferteo;
4üdm mn dta Angehongcii schriftlich v-erkebren und t<e(ac&»e
firltwdIlUHC «Geheime« SUat»archiv, Herliis K. 9, F. 1 »* PodewiU
bcr, Gvftchirbt« Gr»tibütideiiii etc, Bd. 7» p^* aSo» Ajun.
( ii^U'liibbmhfk, Zürich, Msc, L m»:,» pog. -i; i, Basel, den 7. V
^Ie!(aii(ier Pftsfer.
Frieden, imd andefst^its wünschte Friedrich der Grosse nach
ilen Erfolgen des Juliros 1757 nm\ zu Beginn des Jahres
1758 ihre Hilfe nicht mehr.N
Es ist nicht schwer, die Stellung Isidins zu »einem
Vaterlaiide und zum Ausland zu beurt-eilen, wenn man dit^sen
Mann in deiner Zeit, in s»Mneni Basel und tn der dani.^'
Eidgenossenschaft betrachtet; tloch macht diese Beurt*
keineswegs den Anspmch der Objektivität; denn mehr oder
weniger snblektiv Heibt am Ende jede historische Be-
trachtung. Die Nentralität erschien dem Basler Rechtslehi^er^
wie seinen Zeitgenossen* wnhl kaum als ein „frei erwähltes^
st:aatlich«=*s Gmndprinzip, sondern vielmehr als ein Notbehelf^
als ein Ausweg in schweren Kriegszeiren, der auch den
Segen des Friedens mit sich bringe; <las lesen wir auc^li
aus den Worten Iselins an Leu im Jahre 1748.-) Gregt^n
diesen Ausdruck der Seil wache empörte sich das erwachende
nationale Gefühl und melir noch, in der damaligen Zeit,
eine herrschende Empfimlung religiöser Zusiunmengehörig-
keit Sehr deutlich — wenn auch indirekt — wird die^t^r
<ledanke im Erfasse rles Biirgprnieisters Merian vom II Ok*
tober des Jahres 175<i gekonnzeichnet Wie seine Zeit-
genossen in Basel ujhI in der ganzen EidgenoBsenaciiaft, so
liiit auf^h J. R. Is<Oiu in seini*m p<ditiseh*m Streben die Kon-
tossion zur <tnindlage vieler Erwägungen gemacht. Nacb
seiner Anschauung lag das Ziel der evangelischen Eidge-
nossen in der Verbindung mit den evangelischen Mächten,
um sich dadurch auch in der inneren Politik ein Über-
gewicht zu sichern. Wo nicht Handelsinteressen (wie bei
einem Tril der Bevölkerung Basels) oder MilitÄrstellen u. a. m.
mitsprachen, bestimmten diese Gedanken die politische
Stellung der Zeitgenossen Iselins. Er erscheint mir als il^r
getreue Ausdmck seiner Zeit
Die Beziehungen zum englischen Gesandten deVillettes
unterliielt Iselin auch fernerhin» Im Jahre 1762 verliess
de Villettes die Schweiz; er empfahl seinen Agenten seinem
Nachfolger Robert Colebrooke. Da dieser der französischen
') Oeuvres de Frfedcric k Grand, EdttioD J.-D*-E, Preuss. toiiic XX,
' pag. 300, Berlin, imprimeric royale (R, Decker) MDCCCLII.
*) VcrgK Seite j66 uwl 367.
Zur Geschichte Basels etc.
:>8.^
räche nicht mächtig war, so verkohrto Is«?lin mit (h^m
sandtschaftsekrotär J. (j. Catt. Dor letzte Brit^f ('att's ist
1)1 22. Februar 17H6 datiert. *)
. Bis zum Jahre 1768 behielt Iselin seine Stellung als
Kiaktor <ler -Basler Zeitung" bei, und bis zsu seinem Tode
ine er das Staat^irecht an der Hochschule in Basel.*) Sein
»hn .loh. Jakob war später Hauptmann in französischen
iensten und starb nach dem Aufstand der Tnippen in
incy 179* > an den erlittenen Wunden.^) Karl Frieflrich
ir seit dem Jahre 1765 als Kaufmann in Kopenhagen und
rheiratet^j sich daselbst im Jahre 1771 mit einer Dänin.
• war die Hauptkraft im Handelshaus des Barons Iselin
Kopenhagen.^)
Neuenbürg ging in der Zeit des siebenjährigen Kriegi'S
ch besrinderen Gefahren entgegen. Schon zu Ende des
>» Vaterländische Bibliothek, Basel; Briefe an Iselin, II. M. i6, 2.
Vergleiche Beilagen: K), 20.
-'i Manj^old, Fr. Die Basler Mittwoch- und Samstag-Zeitung; 16S2 — 17«»*',
Schweizerische Nachrichten, Zürich 177«), pag. 207.
•1 Vergleiche Beilage 23.
M V.-üerliuidische Bibliothek, Basel; Briefe an Iselin III. M. ih,\
Johann Jakob Iselin
1^75—1734
verh. mit Maria Elbs.
II -*-
Christof J Jakob, Brigadier Joh. Bwlolfy Prof.
geb. Ifx»*» 1704 — 1772 geb. 21. Juli 1705
ir. 17 22 A. Maria heir. 1733 gest. 3. März 17 7»>
Borcklttrdt, Susanne Ryhiner. heir. I72(>
'20 igeschicden. Agnes Louib.
i7»»-i7»3
fceiT. 1750
Jcae Forkart.
1. Maria s- Joh. Jakob j
geb. 1727 Hauptm.
heir. Nie. Sonntag 1 734 — i 7«)o
2. .Sara starb in Nancy,
geb. 1728, heir. seine
Friedr.Burckhardt Nachkommen
3. J^iiet, geb. 1730 sollen in Kngland
4. BotAi«, 1731-1755 lel>en.
r. f. Gesch. und Altenum. VI, 1.
h. Margret
geb. 1730
7. <*arl Friedrich
;:ci>. i74.>
heir. eine D.Hniii,
lebt dann
in Kopenhagen.
3^4 Alexander Pfister.
Jahres 175() drohte diesoin Ländcheii ein schwerer S(
salsschlag. Der König Friedrich IL machte den Yei
sich eines seiner Gegner zu entledigen und die Aufl*
des Bundes zwischen Frankreich und Österreich zu bew
Er wurde durch Frankreich dazu veranlasst — viel
durch die Marquise von Pompadour selbst.*)
Von Wülckenitz, der Comitialgesandtc; von Hessen-!
in Regensburg, lud einmal im Dezember 175(i den f
sischen Minister Abbe Lemaire und Vatan, den Com
Fdelgardo des Königs von Frankreich, zu einem Mah
Die beiden Fnnizosen baten ihren Gastgeber, er möge {
zeitig auch den preussischen Comitialgesandten Baro
Plotho einluden.^) Dieser erschien, wurde dann bei
(felegeiiheit zur Seite gefülirt und Vatan und Abbe L<
eröffneten ihm sodaim. dass Ludwig XV. bereit sei
Kampfe gegen Preussen abzustellen und sogar der Bi
genösse Friedrichs IL werden könne, wenn diesei
Fürstentum Neuenbürg der Marquise von Pompadour a
wie sclion früher davon die Rede gewesen sei. Es
dann nocli in aller Eile vereinbart, dass der Abbe
der Gesandtschaftsekretär in Berlin, die weiteren Vei
langen zwischen Friedrich TL und Ludwig XA\ vern
solle.^i Plotho meldete diese Vorschläge dem Köi
Berlin und erhielt von diesem den Auftrag, den Frai
zu erklären, dass der König von Preussen ben*it st
dieser (Tiundlage mit dem Hofe von Versailles zu
handi^in. weini von Frankreich hiezu eine vertraute 1
• TWählt W(M*(1(\
Abbe Loise war in diesiMi Tagen von Berlin ab«
und König Friedrich schrieb an Plotho, er möge sie
Vat^m. der unterdessen auch von Regensburg nach Erl
*) Vergl. Politische Correspondenz Friedrich des Grossen, Bd. XIV
Memoires de Mme. d'Epinay, tome II, chap. 7.
Musee Xcuchatclois, vol. XIV, pag. 195.
-) Politische Correspondenz Friedrich des Grossen, Bd. XIV, pag. :
Vergl. Räthnick, Dr. Richard, Die Politik des Bayreuther ¥.
siebenjährigen Kriege, im Archiv für Geschichte und Alterturaskunde ▼
franken. 22. Band, pag. 167 i[\ und 181 flf.
*) Politische Correspondenz Friedrich des Grossen, Bd. XIV, ]
. Zttf ncwbichle BnseU
.585
in VrtbiiMlung setzen und iliin den Willen
iKdriig^ nffenlmreih Pl()th<> ward beauftragt, lUs Schreiben
[Ijiiait öl* abÄsufassoii, da*«« es auch von il«/r Mudame von
*■ ^i^en vv*M*dtMi könne.' 1 Viititn Imtle unt»?rdo83en
r Markgrätin Wilholmiiie von Bairenth, der
Wr Friedrich« de« Grossen» die Wünsche betreffend
♦*lrt^nfalls eröffnet. T>iese stand mit ihrem Bruder
iL in eifrigen^ Briffwecbsel und libeniuJun iJie
iittiung(«roUo stwischen drui Höfen von Potsdam und
lÜles. Da stai'b Vatan in Erlangen,*)
In den folgenden Tagen nmclite die Markgräfin Wil-
line dein König Kriedrieh den Vurschlag* mit Folanl.
franz&djvrhen Spezialgesianflten an den Fürstenhi*fen
MiiiuIk, zn unterhandeln. Friedrieh iTsuelite die
.^ ..:,.., ihm diese gute Wrbindung 7AI erhalten; allein
ftleliH ei* nun nicht mehr an, Frankreich zu suchen.*)
Iririi U« hatte soel>en den Subsidienvertrug mit Eng-
mV - ' ' ssen und die ersten Siege ermngen, und da-
wolil auch Ni'uenhnrg der rrefahr iler Pom-
itDci sodann Frankreich anhetm^ttfallen.
& kamen dann für Preussen die Unglückstage von
Hin, Hä^tentieck und Gi'o.'^iäjitgeriidorf» und ilarauf erwachte
[Friifdrieb ilnm Grossen von Neuem der Wunsch, sich mit
'»hnen. Er wollte nun neuerdings mit der
r^i.,-, xr.ii i'..uipft«hmr unterhandeln, nn<l die St*liwester,
räfin Willi ehn ine, wunle gebeten, wieder die V*ennitt-
ille zn ttl)omehmen. Zu diesem Zwecke sollte nach ihrem
•hr Knminerh»*rr Mirabeau nach Paris reiöi»n, um
Iptfuiour zu gewinnen und ^tvllte es dann auch durch
»Bnaitechung mit einer halben Million Thaler geschehen,*)
liehen Auftrag hatte auch der Uraf von Wied or-
i^f war beauftragt, der Pompadour Neuenbürg auf
i|j»n aiiÄiihielen» wenn sie dafilr ihren Einfluss zu
Ppptiiftieni« geltemf maclns*^) Barbutt de Mausac
•; Fi
f^orrexfiotideiu Knedrich des Gro^&eii^ Bd. XIV« p$i|[, t6q, tJO,
l mdrich de^ Grosse«, Bd- XiV.pag. iH^, 19J5,
Friedrich des OroÄScn, Bd. XC\\ pag- 211.
uicnz Friedrich de?i Grosseni Bd, XV, llM,
^"rr- Friedrich des Grofceti, Bd. XV, ^77, 190,
386
Alexander Pfisler.
sollte iiach Paris reisen und der Pompadour din Wüö
Preussens darlegeu. Noch am 30. September 1757 hatt^
Friedrich den ümfeii von Wied gebeten, die Unterhi
hingen sofort anziiknupfeiL*) Dann siegte er am 5. Noveml
1757 bei Rosabaeh; er war wieder aus grosser Bedniii
gerettet, und auch Neuenburg konnte darhirch wieder vor
einer Veräussermig bewahrt bleibeiu Die Bemrihungeü
Mii-abeau's in Paris waren übrigens erfolglos gewesen, weil
Frankreich Forderungen stellte, die Friedrich nicht erinlleü
wollte.')
Von den Bemühungen Friedrichs liatte die Pompado'ff
Kunde. Ihr Einfluss und ihr Ansehen am Hofe schieiieu bis-
weilen zu schwinden; sie selbst befüiThtt^te, einmal in Un-
gnade zu fallen, und für dienen Fall wollt-e sie sich ein fii
liches Dasein sichern und in Colorabier oder Neuen b'
ihren eigenen Hof giilndeii* Es ist daher nicht aiiSj
schlössen^ dass sie zu den ersten Verbandhingen mit Fl
Veranlassung gegeben habe. Nun hatte Friedrich Ü* seit!?
Beziehungen zur Pompudom* tibgebn>chen; sie glaubte aber
nicht, dass Preussen auf die Länge den vereinigten Mächten
widerstehen könne, xind so wollte sie sich beim Friedens
schliL^s einen Vorteil sichern. Da sie über den Gang der
Ereignisse noch nicht im Klaren war, so wagte sie nur
indirekt für ihre Pläne in der Eidgenossenschaft zu wirkeiK
Madame d'Epinay,'S die in ihren Menndren von diesen Be-
strebungen derMarquise von Pompadour erzählt, sagt davon:
„Ce projet Ätait le comble de la folie.***) Um zu ihrem
Ziele zu gelangen, bediente sie sich eines Finanzraannej^,
M. de Jully, der plötzlich Diplomat wurde und sich mm in
Genf aufliielt. Er gab vor, er wolle die Haltung des Köni^
v<»n Sardinien genau beobachten und etwa auch nachforsci
was in Piemont vor sich gehe. In Wirklichkeit sollte ^r
den Übergang den Füi>;tentums Neuenbürg an die Mai*qui
*) Politisdie Corrcspondcnz Frie<lnch des Gros^n, Bd, XV, 391.
») Rüthenick, p. i86 ff.
*) Biographie UDivcrsclle, XU, 520*
*^ Äfusec Neu chätel 01*1, vol, XI V^ p, iriij,
Xur Gcscliidite Basels etc.
ompHtloiir vorbereiten*^) Mehmmls reiste er nacli dem
Zukiinftsländclii?!! seiner hoheu Gönnerin. Das Ministe riom
in Berlin erhielt in tlieser» Tagen aus Genf dit* Nachricht.
Bernis» der Staatsseki*etär des AnswÜrtigen in Paris» wünsche
mid suche den Frieden herheiÄufiiliren.^) Mau ist geneigt^
iliese Meldung mit M. de Jully und rait Bestrebungen der
Pompadour in Zusammenhang zu bringen. M. de Jnlty er*
ziehe keine Erfolge und musste sich glücklich schätzen^
durch diese Mission keinen fint\nziellen Schaden zu erleiden,
H<)schr**ibt seine Schwägerin in ihren interessanten Memoiren.^}
Die Neuenburger hatten von diesen Absichten der
ßhte wohl keine Kunde erhalt43n; doch bewiesen sie im
iJahre 1757, dass sie sich gegen die französische Herrschaft
veliren würden. Am 20. Mai 1757 flüchtoto sich ein Dragi>ner
LäUis Frankreich nach Neuenburg uriil is^irde dabei vertVilgt,
[In Neuen bürg glaubte man an einen Überfall durch diu
[Franzosen; denn ähidichi' Gerüchte waren im Lande ver-
iWeitet worden.*) Es wurde Sturm geläutet luid bei Ciaivet
[begannen die Neuenburger schon mit der Befestigung des
[liindes. als das Missvorständnis aufgeklärt wm-de."*) Das
War ein Beweis der guten (xosinnung der Neuenburger,
U»ch gegenüber dem Oherherm in Berlin.
Trotzdem war Friedrich der (Tfossi» über seine neuon-
^nrgischen Untertanen gar nicht erbaut. In der Schlacht
von Rossbach (1758) hatte er unter den üsterreicliischen
G<*faogenen eine Anzahl Neuenburger gefunden. Er war
entriistetu seine eigenen Untertanen bewaffnet in seine
Länder einziehen zu sehen, und dieser Stinunung gab er
gegenüber den] Staatsrat von Neuen bürg Äusdnick. In
Npuenburg bildeten sich nun zwei Parteien, für und wider
flen König. Valangin verbannte die Soldaten, die gf*gen
FriMth ich Tl. gekämpft hatten; allein ein Offizier^ der durch
*) Nach der Biographie Universelle XXXTV, 16 wäre dieses Bestreben
i^lii K in das Jahr 1750 zw versetzen, ^?)
*} Politische Correspondenr Friedrich de« Gro5scii, Bd* XVII, pag. 302.
*) Memoire^ de Mme. d'Epinay. tome II, chap. 7 et MusAe Ncuchätelois,
4, KIV, page i«^5.
•) Ochs, Peter, Geschiclitc 4er Stadt u. Laiidsihaft Basel, Bd.Vll, p. 618.
*) Mit&i^e Ncttcbiitelois, Bd, IX ^ pag, jH,
.^88
Alemnder Pfister.
dieses UHeil obenfalls betroffen wurde. druhu% sich iin
Frankreich zw w^ndt^n und dessen Schutz anmtrtifen. Der
Marschall von Schottland v^^rfasste eint* Doukschril't iimi
suchto darin nactizuwc^son. dass Friedrich durcli spJn A'ur-
gahen die ^ajticles g^neraux* nicht verletzt hahi\
Der Streit wurde heftif>fer, als darauf noch ein religiös<^r
Zwist ausbrach. Ferdinand-Olivier Petit|>ierre trat auf uihI
predigte, «lass die Höllenstrafen nur von zeitlicher und niciit
von ewiger Dauer sein könnten. Der Hass richtöte «icJi
zum Teil wieder gegen den Marschall von Schottland, der
in allen kirchlichen Fragen so indifferent war, wie Friedrich
iler (ffosse stdbst* Dieser letzten^ hoII damals erklärt habou:
que puisqiie les Neuchiltelois avait si fort 4 coenr d*etrv
liamnes ete-rnellenK^nt, il y donnait voIniiti<F*rs les mains^ ^t
trouvait tres bon que h} diable ne s*en fit faute.
Der Marschall von Schottland verliess im Jiihre 17nH
das Li nid und kehrte erst Ende des Jahres 17*il wie«lK
zuriicL Petitpierre wurde seines Amtes entsetzt J
Noch ein*^ (lefahr drohte dem kleinen FürsttMirum ni
diesen gufahi-lichen Zeiten. Friedrich IT. war in Geldnot;
das wusste seine Umgebung, und seinen Gegnern blieb »*s
auch nicht verborgen. Ein ehemaliger Hauptmann Gentil.
ein geborner Neuenburger, entwurf in einem Schreiben
(vom 20, Dezember 1758 aus Lfmtton) an den König einen
Plan, neue Geldmittel zu verschaffen. Darnach sollte eine
grössere Anleihe gemacht werden. Als Sicherheit für dir
Zinszahlung sollten die Einkünfte der von den ünmheii
des Krieges entfernten Fürstentümer Neuenburg und Valangin
bürgen. Die Einkünfte sollten genügen, sowohl um lUe
Zinsen aufzubringen, wie für eine Amortisation des Kapitale
Zui" rascheren Tilgung desselben sidlte zu Gunsten des
Königs in Neuenbürg eine Lotterie eingerichtet worden.
Der König wies dieses Ansinnen zurück. (^Gette sorte
tropenitiim n'etait pas ni d*^ mon goüt ni de ma con-
venanca**)*)
•) Frcderic-Ic-Graud, Oeuvres XX, j i 3»
*) PolJliBchc CorrEspondcn* Friedrich des Gro8«eii, Bd, XVIH, 24,
/am TTeschichte Basels etc.
389
Eiaige Juliri» später kam das I^tterieproj^^kt für Pi'eiissun
uitd auch für Ne^neubiirg zur Ausführung» Der preussischo
(tesmidt** lu LondniK ßarmi von Kiiyphniisim. LHuptahl diMu
König hieni inj Jahre 17ii2 doii Italieii*M' JuhaiiD Anton
Calzabigi» «inon hervorragend**!! Üeschäftsmann, mit einem
a«»gespnjrheTi'*n Hang 7MV ünreiinuhkeit Der König sagt»*:
,Je Ini pormetÄ t!e nie volRr, S'il pctit t*n vii^nir an hoiit"\
nnd Calzabigi t^rrichtoto ihm eine Zaldenlotterie, wovon
dwui später iiurfi in Neuenbürg eine Filiale bestand. Doch
hier — wie spater in Berlin ~ fanilen die LotterieUi.se
keinen guten -\bsatz, so «lass mau sie wieder einlöste und
das Unternehnieu aufgab. In Preussen w^irde ein Paclit-
sy^^teiu gewäldt. um bessere Einnahmen zu erzielen.')
In den Jahren dieses tul^enreichtm Kaoipfes war also
K«nenburg allen Verhängnis vollen Sehi^'ksalssrhlägen, die
A^m Lande drohton, entgangen, Aneh bei den Eidgenossen
»^tieg mitunrer eine schwere (Tewitt/erwnlke am politisehen
HiuiMiel empor: rloch scbwelite sie immer wieder giücklieh
iher. Der Schauplatz des Krieges lag weit von unserer
nze ah, und selbst das wirtschaftliche Leihen wurde nicht
sehr davon beeinflusst. Die Lebensmittel liehielt^^n ihre
fohu liehen Preise bei oder erfuhren keine aussergewölin-
lie Steigerung. Xur die Jahre 1759 und 17*il machen
riti eine unbedeutende Ausnahme.^)
Xarürlich waren auc h an der Grenze keine bedeutenden
ischenfälle zu erlebe u. Durch Riehen hihren ain 2D. Sep-
^Djher 17H2 drei Soldat^m auf einem Wagen; ihnen folgten
^ei Füsiliere mit geladenem (Tcwehre. Sie übergaben ihre
^aßen flem Untervogt Theobahl Wenk zur Nachbeförderung
an die Grenze. Dort ei'hielten sie diese wdeder. Es waren
einige Soldaten aus dem Regiment Marquardt in Freiburg,
die nach Säckingen hjm\ herzogen.^)
■ Als die Mäc^hte im Jahre 17H(J zum Frieden geneigt
ijraren und das Gerücht verljreitet wurde, iler Friedensschluss
tle erfolgen, da wütischten einige Oite der Eidgenossen-
F
^ Mitteilungen des Vereins für die Gesirhjchtc Berlins 1005;, pag. \\^,
*) Zeitscbria für Scbv^^eiÄerische Statistik 0103. IL Band (Lebensmittel*
ireise^
^ Archiv der Stadt Ba&et, Poiitischen X *, 2<». September 1 762,
.]<)0 Alexander Pfister.
schuft, auch ihroin Lande einen dauernden Frieden zu
sichern. An der Tagsatzung in Frauenfeld stellte Beni den
Antrag, sich bei den Mächten um den Einschluss in den
Frieden zu bewerben.*; Dabei sollte namentlich „das evan-
gelische^ Wesen in Betracht gezogen werden.'^'*) Unter dem
Einflüsse dei- katholischen Orte wurde der Antrag abge-
lehnt. •'^;
') l'.iil}^cn(').vsische Abschiede, l^and VII ^, pag. 222.
*) I\iilgeuössi.sche Abschiede, Band V'Il-, pag. 22b, 233.
3) Schweizer. Dr. l*aul, Geschichte der Neutralität, paj;. 511 und May,
Histoire nülitaire de la Suis^c, V, 484.
V'crgl. Beiluge H».
Zur Geschichte Basels etc. ,V> *
Beilagen.
(Aus Briefen an J. R. Iselin.)
Beilatje 1,
Monsieur,
J'ai ecrit co iiiatin a M. Tercier, Premier Coinmis des
Llfaires Etrangeres. II n'est pas AbW, mais il est mon
'orifrere cl'Aciidemio et Ami, il a la Suisse dans soii de-
»artenit^nt. — — — — — — — — — — —
Vou.s pouvez ^crire ä M. Tercier avec confiance je Tai
l»Ma pr**veiui snr votre chapitre -- — — — — —
5. Febr. 1753. Sclioepttin. M
Beilage 2.
Prof. Schoepfliii an Tercier in Paris.
- — — Bale. Je suis attacli^ de coeur k ce Canton depuis
ua tf*inlre jeunesse. y ayant fait nies etudes. II se trouve au-
rmrtriiiiy dans le cas de demander ä la Cour une Evocution.
Kinr iif pas plaider au Conseil de Colmar contre iiii d«'
L-Tirs Bourgeois, Censier d'une terre des ses doniaines, sitiie«»
• •US la (louiination du Roy. — — — — - —
J^- prends la liberte de Vous reeonimander ('(»tte aft'ain'
lUtaiit quo si eile nie regardoit personnellenient. M. Iselin.
!>iKteur Oll Droit a Bäle, mon Ami, Vous ecrira. a ce sujet.
Ml suppliera le Roy d'evotpier laffaire et de la renvoytjr a
'Iiitendaut <te la Province, (pii la decidera soniniainMiirnt.
»n i-raiiit d'etre traine en longueur a Colmar. — — —
.^ Rny ayant accord^ la meme graee au Dur de Wirbwii-
••i-rp eil 1749 le Canton espere de Tobtenir aussi. ()n a
leia fait niie demarche a Soleure par le Canal de il. d»-
rertiiiont, mais on ne sest pas bien pris. — -
Selioepflin.
•) Vaterläodische Bibliothek, Basel: Briefe an Iselin, III. M. H», j. Am
lieber Stelle %m«\ nar einzelne Citate aus den Briefen an Iscliu angeführt.
bt &a^xu dieoeo könDcn, die Ausfuhrungen zu belegen und auf Verhältnis. ^c
Ügxg^^Qtcn, för die der Stoff zu einer Behandlung; nicht atisreichend li'*-
kiant W3X.
M)2 Alexiiiidcr Pfistcr.
Beilage 3,
Schoepfliii an Tercier.*) Strassboiirg, le 19 fevr. 1753.
— — — Vous aves ä faire ä im Gantoii generoux et re-
c.onoissant, <|ui demande une chose juste et raisoiinable i Iä .
Conr, s^avoir (ju^Elle veuille bieu lui oparguer le chagrin
dt' plaider avec un de ses Bourgeois au Consoil Superienr
crAlsaco. — — Voua coniioisses les Avocats «t
outre cela K> Cantou a des raisoiis particuliers pour so mefier
du Conseil, daus lecjuel il se trouve des niembres, qiii ^^
roieiit aises do voir le Cantoii force de vendre la Terre,
dout il est (juestion. II est sur. qu'on a raison de dediiier
ce Tribunal. Le Roy avant eu pour M. le Duo de Wirteni-
berg et pour d'autres la complaisance et bonte dwoquer
d»^s eauses. (juf les regardent, a Elle et de les attribner i
rintendances, le Canton a bien dVsperer, que Sa Maj. ue
voudra pas le traiter njoins favorableiuent. sur tont danä
rinstant. ou il s'agit de renouveller rAlliance avec tout le
Corps Helvetique. Vous trouveres ci-joint le Placet au R(\v.
<|Uon enverra a la Cour a M. de S. Contest, ä M. le Tomw
d'Argenson, com ine Ministre de la Province, et a M. «1*
Chavigny. Vous trouvores, aussi sous cette envelopp«* nne
L<Htre de M. Iselin, a qui le Cautou a confie la ctuuiuitP
d«' ct'tte aftain\ C'est un honime de nierite et t res Lettre,
ijui est on correspondance avec une bonne partie des Sv^vans
de l'Eur()])e. et (pii meritt» votre ainitie: .il y a lougtemps
(ju'il est des niitMis. — — - — — — — — — — ■
M. le Cli»'valier de Vergennes, Ministre du Roi a la Conr
de Tn»v«»s. X<*v«mi do M. de Chavigny, nra tait riionneiir
d»» uw v(Miir voir avanthier. — -- — — — —
Je la fratt'ain» du Canton de Bäle) lui ai raconte dun
bout a rautn\ pour (ju'en arrivant a Paris il puisse la reudre
a M. dp Chavign3\ qui nrlionore depuis longtemps de son
ainitie. - - -- —
Schoepflin.
') Kinc Kopie, die Schoepllin an Iselin sandte.
2iif 6e«chii*htc HaxcU ^^^^ 393
JW ii|>pri!$ uni^ M. d»' Cliavigiiy lf»ge ä Paris ches ]\f*
[<4Knti* clo Widdner. mou aini. et i'ai trouvi^ hon de rc*-
uder Taffain^ il«* Votr«* Oairtoii a rr fl^riu^r, pouf agir
[4H»i^<N|n<nic«* ch^s rAiiibas&ÄdtMin ^ — —
k Stmsboarg, le 5 umvH 1753. Sclitiopflih
Beilage 5,
[IL d« l'hAvigiiy tJiiiiiK^rn k» plus' d** poiM <hirrs i'^»rt^«
Irr. Aiusi il (out Umjours 1p pcnisgei
41 STraülKHirg. Im 7 miir*^ 175»-?, Schut^piim
Beihifje ü*
Mulgrt« les buiiö ofGces. ipie nottö ont rendn dttiis Taffairo
Cnur^ i»4 Cliev. de VergfiintMss 1^ Cointo de Waldnor,
rerciVr et d-iintn.'s, inalgrö h»ö butis iiiteüti<mi§ de M* de
rigny. J'ArabaüHadeur, M. de S. rontest a toujour« ^te
l>|tt et mtdiniidal)le. — — — — — — — — —
ibimrg. le 31 luar*^ 1753. SehriepfliTk
Beilage* 7.
Moiiüieiir
i'it "si i»v«tc Uli veritul>le plaisir pur la Lettre tpn*
lu^ -_ iit lu grace d© m'ecrire le 3. de ce ilui^s votre
roionr de CoLmar*) 6fc le Sncces de la Commission
308 avait oblige a etitre|jreudre ce voya^e: — — —
In t«n tAUjcmrö a soiUiaiter (|u'iui hotaine du Caractere
lorur« de V*>lUiirt* sidi iiecossite de rester dans un pays
«oii eil quelijue fa4,u>n oonteDu pur l^autorit^ flu Gou-
na il IIB puia<ie pa.H drtuner \m tibre essor a
. . .^ 'ij t?t a 9on i^prit iiKjuiet, 11 m'i*st reveriu
m ett qarfqur»« id^e(s) de venir s*etöblir ^lans ud«? viJle
lUiD de R'nie im je bxüh pemuad^, sur la connoissaiiea
dti (ieiire de si*s litd)itant»^, <pVil feroit bemK'<
— Jf» IK» suis pa8 siu'prii^ quo les Jesuit<»s de 8ti
iiyMüt predig contjne Luy, luais bieu^ qu^il ait
• • Ehttii^rt ifr|*en Mklielfeldeu.
,^04 Alexander Pf ist er.
hardiesse d'oii portt^r ses plairites a leur Superieur: »jiiainl
011 a aussy peu opargiie la Religion que Monsr. de Voltaiiv.
on n'est poiiit en droit. —
A Berne. le (> Avril 1764. A. De Villettes.'.i
Beilage 8.
Monsieur,
J'ay appris avee le plus sensible plaisir par la Lettr»»
((ue vous m'avez fait la grace de m'ecrire Ic 1er de ce niok
voti-e lieureux retour cliez Vous; Et que Taccouil que vons
ont fait vos amis a Berue, et ailleui\s sur votre route. iw
vous laissoierit aueuu regret de vous en etre eloign^ pendant
([UoLpK's jours et d\avoir fait une Course jusipi'icv. »Dalwi
war Isc'Hu auch bei de Villettes in Bern und auf dein Heim-
wege i?! l)ei Cliavigny.i
Je vous HMuls niille grace de la bonte (pie vous avez
en de nie ra])peller a votre passage a Soleure dans le S(m-
voiiir de Monsr. de Cliavigny. Nous sommes toujours Mad''
(!•' Villotte (^t nioy dans Tidee de profiter des marquos «le
bonte dont c* digne Ministre nous honore. si la Sante de
ni;i Feninir \o Luv porniot — — — — -- —
J^iy vu avee un s(Misibl(i plaisir Monsieur que IVntn'tioii
i\\\r vous avez eu avcc Monsieur TAiiibassadeur de Fraiict»
au Sujt»t (b's Afi'ain^s de Bienne a produit tcmt Teffet que
i«' m'etois |)roniis: La voye de Coiiciliation que voiL< avpx
indi^jure est l'unicjue dont on puisse esperer quelque Succe>
♦ 't jr ne suis jnill(Mn(Mit surpris quun Ministre aussy clair-
voyant (|ne Monsr. de Cliavigny Pait d'abord saisio: Et
• luell.» Luv aye sur le cliamp fait renoncer a Tidee de ses
Bataillons anxiliaires (pvun nioinent de mauvais Immeur
p'HU Luv avoir sugg<M'^. inais dont la reflection Luy aiira
bientöt fait sentir toutes les consecpiences. Elles auroiei«
fort bien i)U nnMier la France plus loin qu'Elle n'a envie
(Valler et sa Situation inlerieure ne doit selon moy guerres
la j)orter a s(mhaiter des Engagements au dehors. —
A Berne. le 5 duin 1754. A. De Villettes.
^atcrl. Bibliothek, Ba^el, 11, M. ih, 2.
Zur Gefclüchtc Basels etc.
Beüage 9,
A Berne, lo 2«. -^üm 1751.
^ TtB mxis piw phis ötiifie qu«^ von« i^ur Ins Affair^?s> d*-
M% dciut notiH ne sotiuiie icy qno triJt? superficiellBiD^nit
Q^, Ku gerieral los uonvelb-^s rpit* iiims <>n recevons
bont rieti intuus qao ^atisfuii^antes, et nous annuucent
«ses parotiH^nt tcmih les jonrn plus sV «chcmiiier
% doht los snitns ne pravonb T^rr* 4110 d^sagre-
itH liicli0USL*s; Malgre cela. L'on no mt» paroit milleiiumt
irv de »Vn meler: Cela peut V€»mr di> ee qu\)H Test
«ilhmr^; Et, d'iin antn> eot^, «U» ce «lU« Ton n^a uulle
ace flaim TEveque df» Basle, dont il faut conv<>tiir qn^
[idmte n'dst poiut propre & Tinspirer. II vs\ facb»mx
I dn CliAvigny n*e,st pas gont«5 1p [»lau qiif* vouä
|iropos^. A. r>»' Villottoö.
Beilage 10.
JIorLsieur.
Od awroil pü se promcttre eles plus heuroux Effets des
l^rtiiiioBs et de« Conseibi salutÄii'ee de Monsr. I»3 BandeiHit
irgQHr. si — raml>!tioii »»t ranimosite n'avnioiit
orstnent avougl^ les Chüfs des tliflerents pailis, qui
&nt aajourd'huy ia vilk* d»^ Bionne. Plus fapprofondi«
iiflair«, plu8 j*ai Heu de me pi'rsua<ier que le ressen-
' Icöir tle so maintonir dans lours Eiuplois et
" qu*ils s'Atoient usurp4s. out porte MV>sar«.
Blo^iich j^ »acrifior leur Patrii* et ses Liberias; Et,
le Prince Eveque et MoT»sr de Chaviguy dann
^d^marcliea. J^ai lieu de croire que ce deniier en
Iqni* fii^on oon\'aincu Luy-nienie, et qu'il so por-
- a lous Ie8 expedienta qui potirroient Lay
rfi'niiin k sortir avec lionneur de noiU* T'
atit, «i ve\& üe peut en procnrant eii 1
tiouii qui convieunent a Ia dignit^ du Priiic
que s'oire Pliiij n'embras!<ie r* ^
iit>r<iiiL*;iiui
n\< th
1
V)('f Alexander Pfistcr.
V0U9 pro[)Osez a Bieime. soit comiuuniqu^ de la a Monsr.
lArabassadoiir de France, d'autiint qiie par cette voye in-
(lirecte. Vous pouvez exposcr bien des verites, quiliiecon-
vioiidroit ])eut-etre i)as de Luy mettre sous les ytnix, en
Liiy ecrivant en droiture.
De ma Cauipagne pres do Berne
le 18 Se])tenibro 1754. A. De Villem-!?.
Beilage 11,
II y a deja plus de quinze jours qiie Poii iious avoit
assure C[ue la Conference de Bienne imit (?.- ä sa fin: Et
(pie Ton etoit eonvenii. nmiablement a la Satist'aetit)u dos
dcux j)arties — — — - — — — — — —
A Berne. le 11 Janvicu- 1758.
A. ] )e Villettes.
Beilage 12,
Je Jie .suis point suri)ris que vous n'ayez point en de
CoDumications des Rei)resentations que j'ay faite conjoiiit^
luent avec Monsieur ](» Gouverneur de Neufchatel a L. L. K.
(!«' Berne. a Toccasion de Temploy du Regiment »lonner;
I)*autant (pie uous nous sommes fait une Loy ique la bien-
soance nous dictoiti de n'en donner Copie a {)ersonne, malgri
K«s lTistanc(\s ipie Ton nous en a fait de toutes paits. Si
ecs ('0})ies etoient venues a se multiplier, comiui» cela
n'auroit put nianque. (.\H Etat auroit pii nous reprochor avt'C
justice d'avoir depouille l'esprit du Caractere dont noiis
so in 111 CS revetu et de la Commission dont nous nous otioiis
cliarges: Et au lieu d'une Representation Ajnicale de Soii-
vcrain a Sou verain. d'avoir affecte de repandre un manifeste.
(Inns la veue (?) appareniment d'echauffer les esprits.
A Bcune. 1(' 22 Avril 1758. A. De Villettos.
Beilage 13.
Tl n'est pas douteux (pie la Demarche que rAnibassa
deur de France aupres de votre Magistrat an Sujet de l
Gazette de Bale, Luy fait un tort infini; En ce que le Publi
Ti'eu pas instniit d(» cette CirconstÄnce est- choqui de c
Gc»ch»cbtf B;iHcl«
J(Q7
t IWn y «]|iprimt9 dm fiuts lioKiin^s Mt tittrilui«* co SUonct*
priocipf* ilw |iartinliti. Ce qai a dwJH degnnt^ bieu des
119 icy de pretidn? cette «^ftzett*^. On nn [mn man4ii*»r d«*
P?er « cc»tto oecti^ioii raftVctution rio ne lairo aucuiio
du la prbe du Cap Breton: D^autant plnt» quo le
irdi' MonraiUcour (?i qiioyqne connu ponr etre pensionne
i|i%ar n'a la) t^n aiicuii Scnipnle th* rinserer
meiiips rircotistHnces rapjmrteps pav liiiTozett©
»ndiv^. A cet egard PAuthour di> colle dt? Baisit? t*st n
ulrr. La pnidc^iicc vout «[u'il evite ilu se faire di*.^
iir»*ri t*i en hion dn^i nceasioDs retieiit m plunu»; niais lo
nirfuii«nt «nputahlci dans sea Decisioiis. Lxiy en
Uli Crinik* et attribut^ sa rotonue a un tont antrc inotif*
bonheur^ conmifj vour Io ditf*s fort bii'»!», il iie depeiid
du Muiign dv Chavi^ny (pi'im Ev^ru^meiit <U* la namr^
rtliy de la jirUe du Cap Breton suit vray ou uon < i
sow Pouvoir. ni nieuu» celiiy ile soii jjiaitrt», nt* s^aii-
[|| f?w drnibitr la connoissjanct^ au Public: Au uiojeu d»*
fl ferott Iteaucoup mieux de 8*abstenir de pareilles
tte», — -* — — — — — ~ — — —
Je ü« sui« \nvi instmit bion au jnstL' de rAifaire du
letit de Salb: mais en gros il me paroit que la luaniero
te Cottr 011 agit avec Eux doit dt^gaut*jr tmis le.s
iffs €*i ijunimeinerit les SuJssüs d^ Son Sörvice: Et
Ikarier vray Ji^ iw coi^ois pas quo Ii*h iloruiers n«^
njant p«^ dejtt deptiis lüngt<^rn9, — - — —
A Btfme, Ifi 6 Sepk'iubre 1768. A. De Villettos
Beilaffe IL
nie pmmettre que vouh votidivz bien me reinettre
Tree« mt*s trc*8 hunibles rf^morcimeuts dej? denx
■*^ qilr viius lu'avüz euvoye et qui out ete
BaMe a rotTusiuu du Jubile (|ue voiis avez cidebrt*
»aiii (Gederikfeit*r der Universitllti.
' 2n Arril l7i'Ä A, 1>.* Vil!» rtos.
Beilage 1^>.
peraettre avantbier au Bieur Carrard, (jlf^
Banquit^rs (iruiu'r hi valeur dcVingt Duc
.•iQS Alexander Pfistcr.
1
de Convention ontre nous; En hiüt Louis d'or et trois Ecus
ueufs poiir le Compt^ du Sieur Merian a Basle. 'Merian
war früher in Bern und nun Gastwirt im Wilden Mann in
Basel).
A Berno, le 9 Juillet ITOü. A. Di- Villettes.
Beilage 16.
Quant a Tide«^ (rincluro le Corps Helvetiquf* (laus la
Pacifiwxtion generale. Je n'ignore pas quelle est venu a
plusieurs des Etats ([ui les composent: Et quoyquo lo Sea-
tini(»nt contraire. que vous semblez avoir adopte, ait aussy
des Partisans, Je vous avoue (|ue cette idöe paroit ni ab-
surd«» ni niauvaise. Surtout par rapport aux Cantons Evan-
^elirjues. Jo (tonviendray si vous voulez avec vous. qu'il
sproit peut (Jtre plus preferable pour la Suisse d'etre oubliee
«»t tranquille: Et je veux croire. vu le Systeme de Gouverae-
nient cpii prevaut generalenient chez vous, (pi'il narriveni
rien de votre part (]ui trouble la jouissance d'un etat si
desirable: Mais environnes coninie vous otes de Voisius
puissants, C -liez (jui la raison d'etat et les Convenances fönt
un inotif süffisant })our s'arrondir aux depens d'autniy. eta
memo consacre cette injuste Politique. II reste a scavoir
si vous |)()uvoz conipter qu-Ils vous laisseront toujonrs dans
i^t etat d'onbli et d(* tranquillite.
A Brrne. le IG Mav 1761. A, De Villettes.
Beilage 17,
A Berne, le H Fevrier 17«»*2.
Monsieur.
II est bien vrai, Monsieur, que je compte quitt<?r ce
[)ais dans rpielques mois d'ici, Sa Majeste ayant eu poiii
agreable de nraecorder mon Rappel et de me permettre d«
nie retinM' dans ina Patrie pour y finir tranfpiill erneut \i
rrste de nies jours; Ne doutez pas. Monsieur, tju^avant »1«
])artir d'ici. je ne vous rende aupres de mon suceessea
tous les bons ofi'ices qui seront en mon pouvoir. —
A. De Villettes.
Zur Geschichte Basels etc. 399
Beilage 18.
Je VOU8 conjure Monsieur par tonte l'Ainitie que vous
navez condtamineut temoigne. de vous employer et de
oettre meine tout en oeuvre pourque votre Etat fasse
emblant d'ignore mon passage a Basle. De mon c6t6 Je
liesiterai pas le moment que j'y seray arrive de inonter
ncognito et dans mon habit de voyage) en carrosse avec
ons et d'aller rendre une visite a Monsieur le Bourgue-
laitre regnants i\m etant faite sans Ceremonie n'exigera
en de sa part. Je suis seulement fachö que Pabsence de
bnsieur le Bourguemaitre Debary me prive du plaisir de
ay donner la meme marque de mon Attention. (De Villettes
ar eben von einer Krankheit genesen.)
A Bremgarten pres de Berne.
le 12 May 17H2. A. De Villettes.
Beilage 19.
A l'egard de votre Correspondence avec Mousr. Colo-
ooke. c'est une affaire que Monsr. de Vilh^ttos m'a le plus
rteuient reconimand^; Et vous pouvez conipter, Monsieur,
le c*» sera aussi la premi^ro quo je lui niettrai sous les
nx. a son arrivee ici. — — — — — — — — —
A Bt-rne, le 2(5 May 17H2. J. G. Catt.
Beilage 20,
il «Colebrooke) me cliarge oii niomo t<.Mns d«» vous
i«'r<le sa part «lo renouvollor la votro iCorrespondances) et dt^
lontinuer sur le memo pied (ju'avec- Mimsr. de Villettes
i predeoesseur: Les mrmes - conditions et los ju<Mnt»s
?caiitions soront oxacttMueiit obsorv6»s: Et vous pouvez
upter. Monsieur, sur le socrot 1(^ ])lus roligioux do notn»
t: — JVspere donc quo vous connnencoz votre Corrospon-
ice avec nous Tordinairo prochain. «»t quc^ vous nous
inerez tous les avis qui viondront ä votn» — connoissanco.
A Bf-nie. le 24 Juillet 17()2. J. C
Zcitschr. f. Gesch. und Altertum. VI, 2.
400 Alexander Pfister.
Beilage 21,
Monsieur.
Mr. lo Coiis. antique Schlosser (rEmiiiendingiie fait un
tour (lans la Suisse pour voir le Philaiitropine ä Marchelm. .
S. A. S. Msgr. lo Marggravo a pris la Resolution genenjiise
«l'onvoyor deux gar(;'()iis de boiine fauiillo. a Marchelhi. et
doux autres a Dessau, pour esiftiyer ces deux Ecoles.
(Carlsrouho) le 5 May 177(>. Gro«»s.
beiInge 22.
— — — — -- — Les jeunes Gens, quo Mon.seigut»ur
«'üvoio aux pliilantropines. sont i)arti8 la Semaine passeo.
Savoir quatro pour Dessau, accompagnes d'un gouverneur
(|ui y restera tcnit le teius ile leur Sejour, Savoir deux ans.
et <iui, etant un des [)r^ce[)teurs au G3'ninase d'ici. y «loit
ap[)rendr(j la Methode de L'Educntion. Et deux jwur
Marchelins, auxquels Mad*^ la Princesse h^reditaire a Joint
un Cahnmjue, dont rimperatrice de Russie lui a fait presont
Le Prince liereditaire a accompagne le nombre de ces Ecoliers
d'un gar(;on d'une l)onn(» niaison, desorte quil en partireut
aiissi 4 ])our Marchcdins. Sous les Auspices d'un gouveniour
ipie S. A. S. 1<» Marggrave leur a donne. et lui les y accom-
j)ngiuM'a. et lui rendra de tems en temps compt*» de tout
»Ils arrivnront deniaiu jnatin a Basle. Deux particuliers se
sniit aussi determiiies do prol'iter de Toccasion du voyage
• t (lo la dirt'Ction du (rouvernenient. Tun envoyant son fiU
a Dessau, et Tautre a Marehelins.
!\[sgr. a l'ait un nol)l(» Kiiiploi des 250 Exonij)laires du
Pr«'(is du Piiilantropine de ce dernier Endroit pour lesqueU
il avoit jjrenuniere. S. A. S. les a fait distribut»r i)amü s***
ot'liciers de (listineti(»n.
l\ Cai'lsnilie, le ;.^() .Juin 1776. Groos.
Heilnge, 28.
.)<• serai tres redevable a ]\I. le Conferentz Rath Iseliii
de vouloir ra])peller M. Le Cointe de St. Gonnaiii a luon
SouviMiir. ear je orois qu'il faut revenir a La charge pour
(d)tenir quelque Ais ee StMgneur.
Zur Geschichte Basels etc. 40 1
Le jeime M. Oclis; ost amv6 {9! chez nous Lundy
'I'-rnier, ot y ä Sojoiimer jusqu'ä hier Jeud}' apres dinor.
l* haziird ä voulu (jiie iious avons pü Lui procuror quelcjue
aijinsement. il y passa un Regiment quo nous avons fete,
n on donner deiix Concert 011 il fit entendro Sa belle voix.
et fiit adrnirez de tont le public, il nous honora hier avec
nos Chefs et cjuelquo Capitaines ä notre diner de Compatriote,
i-t il s est reinit en cliemin pour aller coucher k Landau,
I m'a chargö de vous assurer des Ses respect, et incessament
oiis recoverrez de ses nouvelles. — — — — — -
a Wissenbourg. le 28 Juin 1776. Tsolin.*)
• Vatcrländiiche Bibliothek, Basel, V. M. K», 5. Joh. JaUnb Isdiii.
402 Alexander Pfister.
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-^immcrmmn, Ritter v., Über Friedrich den Grossen und meine Unier-
redung mit ihm etc. Frankfurt und Leipzig 1788.
irdlive: Staatsarchiv Baselstadt.
KgL Geheimes Staatsarchiv in Berlin.
Stadt- Bibliothek Zürich.
Vaterländische Bibliothek in BaseL nunmehr mit der üniversitats-
Bibliothek in Basel vereinigt.
1
Die Basler Stadtgarnison.
Von Paul Kölner.
Zu den vornohmsi;en Pflichten, welche seit dem Epis-
kopat dos machtvollen Heinrich von Neuenbürg den ziinftigen
[jeuten Basels überbunden waren, gehörte die AVart des
Banners. Sie bestand in der Ansübung des Kriegs-. Wacht-
und Löschdienstes.*»
Während ursprünglich jeder Bürger mit Aiisualinie tkr
Ratsherren diesot Dienste persönlich zu leisten hatte, nahm
nach und nach d(>r Gebrauch überhand, sich gegen Be-
zahlung durch ärmere Zunftbrüder. Handwerksknechte, den
Ziuiftknecht oder aber städtische Söldner vertreten zu lassen-
Schliesslich konnte man sich durch eine jährliche Steuer im
Betrage von einem Gulden von der Wachtpflicht befreien.
Dieser Modus, anfänglich die Ausnahme, wurde im 17. Jahr- ^
hundert bei wohlhabi^nderen und altern Bürgern zur Regel. =
zuAvidpi' den stets erneuerten Iiatsgel)Oten. mit eigeneul
Leibe zu wachen.
Die Umwandlung eines ehedem persönlichen Leibesr-
(lienstes in <'ine Ersatzsteuer war aber nicht bloss eine Folg^
l)üi'gerli('her Be(|uemlichkeit : vielmehr forderten die schweren
Zeitereignisse eine Änderung dc^sWachtwesens von Grund aül
Bascds Sicherungsanstalten -i und Befestigungsanlagen
waren his in die ersten dahn^ des dreissigjährigeu Krieg«»«
hinein (h'rart ungeniigend. dass wir uns eigentlich wundern
müssen, wie die reiche^ Handelsstadt am (d.)ern Ende del
Pfaffengass(^ nnversehrt die Fährlichkeiten jener scldimnieB
Zidten ühtTstand.
') r. (recriii^, Hamid und Industrie der Stadt Basel, paj^. ^d, »^ü, '^
-) Kaisherr A. Hcuslcr entwirft in seinen „MiUcilungen aus den Basle
Ratsbüchern au«> den Zeiten des dreissij»jälirigeii Krieges'*, Beitr. z. vatcrU
(resch. VIII, iS»s — 2i(), ein Leben atmendes Bild ül)er die militärischen Va
hältnissc in diesem Zeitraum.
ftmi
405
Wolii t*rkaüiiten iMusii'htige Kreise die ilrolieiide Öacli-
^^gi\ Kpiii Gr^ri II gorer als AiidroäkS Rvff uittornaliin ns bereits
WM mit dem ihm eigenen Finier. die Behörden in einem
^Ickhaltlosen Bedenken- 1 mii die bedrohlichon Zustände auf-
'oerksarn zu machen luid die ganze Jämmerlichkeit dos (h\-
aiijligen Verteidigungsövstems aufÄudeeken. Die Schäden
und Mängeh welche er an d^m Unwesen der Bürgerwacheii
dartut. und <li»^ Art unrl Weisi*, wio er mit den Zünften zu
rieht geht, :5eigen uns die geradezu autiiniütaristisch ge-
nt*' BürgHrs(*haft in der Anffassnng ihrer Pflichten in
nero älisserst bedenklichen Licht.
Ryffs Vorschläge zur Erhaltung der Ontming und Sicher-
eit gipfelten in folgemlen Punkten;
Wacht unter den Toren durch kriegserfahrene Leute.
HochwacJit anf Türmen und ITauem.
Schaarwachen (hirch alle Strar^sen der Stadt.
Rine heimliche Waeht inner- und ansserhalh der Stadt,
(Irnndlicher Abhilfe verinochte ab**r der Mahnruf dieses
^charlljlirdt enden Mannes nicht Bahn zu brechen, Wohl
wurden später die Torhüter verstärkt, indem der Riit unter
|dps Tor zwei ^nach erforderlicher gezimme ausgestaffierte
Musketierer** *) Ätellen Hess, zu deren Unterhalt jeder Bürger
frolmfastenlich 7 « 6 i^ entrichten intisste. Doch blieb es
im Uros-sen und (Tanzen h»^im alten Schlenth'ian. Im Ver-
U^iuen auf ^Untf, iVw Eidgenossen und die Erbeinigiing''^)
fühlten sich Bas<ds B*»wohner in Sichorlieit^ aus welcher sie
öftft die jammervollen Zeitungen vom Krit»gss(dninplatze im
fmien Böhmerlande aul'rütteltpn und ihnen jählings the Augen
öffneten.
Trotzdem häuften sieh innm-r wieder die Klagnn nl>t*r
ssordnung anf den Tag- und Xachtwaehten, Ja der Rat
sich 16*20 genötigt, der Bürgerschaft mit der Ätnverbmig
iiider Kriegsleute zn drohen, falls nmn sich des Prassens
^einstiger Leichtfc^rtigki*iten unter den Toren inskünftig
,t enthalten würde.
^) Ab^cilrucUi lici Heu>iler, .1, »♦ O., pAg. 190 u. f.
-( Ma11d.1t V, 2b, Okt. Ihn ; Vatcrld. BiliL O 44 No, 3.
*) Heusler, »1. a. C>,* pag. 190.
406 Paul Kölner.
In (lieser Drohung lag aber gerade die Hilfsnuelle.
welcher sich die Stadt angesichts des kühlen VtThaltens der
eidgenössischen Orte und des mit allerlei Schwierigkeiten
verbundenen Zuzugs aus dem Untertanengebiet wohl oder
übel bedienen inusste; Hess doch die Verwüstung des nicht
allzu fernen Stamm landes des Winterkönigs und die Kriegs-
weise dor Heerführer vom Schlage des tollen Braunschwoigors
ahnen, was den deutsch(»n (rauen bevoratAnd.
Das Dingpu von Kjiegsvölkern war übrigens für Bas.'l
kein(» Neuheit. Die Stadt hatte sich schon früher, 1363
heim Nahen Cervolas^ und dann wieder 1426 im Ell ikuner
Kriegt) fremder Söldner zu ihrer Sicherung bedient. Man
griff also auch ji^tzt wieder zu diesem Mittel. Kräftig wunle
«He Werbetrommel gerührt und gleichzeitig mit Moritz von
Oranien, allerdings ohne Erfolg, wegen Überlassung tüch-
tiger Offizien» unterhandelt.
Bereits am 2( ). Januar 1622 konnte eine grössere Truppen-
sehar vereidigt werden. Die Angeworbenen niussten mit
-aufgt'hebton Fing<M-n und gelehrten Worten zu dem All-
wiss(»n(l«Mi Gott t'inoii oidt schweren", dass sie sich wüllt**n
..sowohl in Ix^waeh- und verwahning dieser statt mit eial»-
sigen (laghütt(Mi un<l nüchteren nachtwachten, im schilt4»n.
riiridon und was l'orn«»rs dazu gehörig ist: als auch im tür-
l^rechenden nott'ahl sanibt und sonders es sei gleich die keim»
an t'inoni oder nicht. g<*g»Mi feindt. so oft es die gelegeiiheit
('rJionschrn wird, auch in ausfählen, jederweilen mahnlioh.
(hipfcr und redlich, wie t'hrlichen unerschrokenen SoUlat«»n
wohl anst(»hrt und gezi^'ndich ist. unverdro.ssen und .stand-
haft rrzei^rn und gebrauchen lassen.'^^i
Bis zum Sommer U)*2'2 stieg die Zahl der in Zusat«
^»•uomnnMitMi Soldaten auf (ion Mann, eine für danjaligeVer-
hiihnisse ungewrjhidiehe ^lachtentfaltung.
Aher schon am 17. August gleichen Jahres hielt <ler
Kiit auf (Jutachten diM* I)reizehnerherren*i hin eine Ver-
*i u. -) \V;i(keriui;;eI, <ic?.ch. A. Stadt Basel, I. pag. 274, 422.
•») Militäractcii, K. i.
') Die Dreizehncrlicricn imIci der j^chcinicRat set/tcD sich aus den 4 Häuften
und <) .Mitgliedern des Kleinen Rats zusammen; seit dem St. Jakol)erkrics
eingeführt, r.itschhigte dieses Kollcj^ium über Staats- und Kriegssachen.
Die Basier St»dt|^r»i»otit
4<^7
' "' •• iviii 4tkl Murin t(lr tunlich* l*ir V*^ranl»i8.HiUig
[ieschluBse wt in den grosiseu Kosten, dem ijnnji»r
i»rkehr^nileii Klagelied ba^lf^riflclit^r liatHerkaimtniüse zn
EiiigeCeilt waren diese vierhundert Söldner* welchen
in »fSftjer Linie dio Torhnt anvortTaut war, in vier
npn^iiint. Von flii*8on wurdem dre»i durcli Haupt IfUt«
[irt; die erste und Kt&rkHte stand unter dein unniittel-
itu ßc^lVdii di\s Piatzkunitnandantivn «»der Stadtlieulenants,
[di?r offizielle Titel lautete. Drei der Truppi'neinheitün
eten auf OroHgba«el. während eine .jt^nHitH Rhina* be-
st wnr.
Iln diesem ans ausltindii^ehen Kiementen ziisammenK«^
tt^n HeiTi' bnnasÄ Basel .seine enit*^ 8tadtgamiHnn.*i
Die iH»^lem<*nden (ri^ldauH^aben, wrkhe die*«eEinrichtui»^
km den nan gleichzeitig eifrig betriebenen Fortifikatioui»-
1 SGiar Folge hatt^, veranlasj^t^* den Uatf sobald ilitt
iig«ntl»d9eu reiti war. die Truppen wied«*i' auHxu*
um «fdche bei wirklicher nder vermeintlicher 4 re-
•of Monate, tift blr>^ Wochen zu!«iiiiimeni&u%teh«'n
^^n fand zwar 4<clt#»n die Anerkennung d«*r
. . ... .um Namen sieb Ende der IfiSOpr Jalire
Itmf in einiiUi Menu>rial^/ energiscli g«*gt«ri einit
7n (ii»r 4iiirtiiiion wehrte. Anstatt der mit ^h^h^ti»f
"' ' * t, laufet (trafi% Argui]i»'iiiatiait,
iiigi*n, «nn^'?*chnkrt» biiw^'p^n**
^jongt« buoben^ einsosiellen.
fuid^n es die Führer nazwt*ekHi^Mg^ huh bl'»»iH4-n
rkirichten den Mangel an Hcddaten dun^lt
an ertetzen: ztimal man ihrer Meinung nach die
[ aeliinsrlicii dahin gebracht hätte, mit tlen H^jlrialett
Wacht an sieht^n: viel wcfitgffff dam «ich eralere
A»drwt «<Umk«io** ««Ufindkl r«r«r nkift
\m tat'
17- jikffc— idtrti la
4o8
Pau» Kaint
gli^ich SöldiU'rn ^komiiientiren lassen- otler einer mit il
iiiitlern in fiiueni ^ Corps tt* guartc**^ gütlich vertragt»n wurd
Letzteres wäre nllerditigs ehrsamen Bürgern uicht zu vw-
iil^flii gPVVPHPn. ihi man hei ilen oft pl5tzHch erfolff^ ^
AiiwerbungtMi niclit allzu wählerisch bozüglicli des Men-<
Tnaterials sein könnt© and oft srhliinme Oeselleu» ja zuclu-
loses Gesindel einzustellen gezwungen wm\ Dies bewei»;!
die Bluineuk'se von Mord- und andern Schr€*ckenstatt'U.
welche Hensler*) aus der Bären fei sischen Chi"onik zusaninien-
reiht. Nur durch einen überaus streng gehandhabten Straf*
kodex. in dem noch so recht die üiirtehiltL'rlichM R<dieit
bürgerlicher und militärischer R«^chtspflege zu Tage triu,
und durch kriegstüchtige Offiziere lies« sich bei diesen
Schan'u eine leidliche Mannszuclu lierstellen,
Ahldieb wue die Bürgerwiiche haben die Stadtsohlateu
— wohl einem Zuge der Zeit folgend — in ausgiebigster
Weise Gott Bachus gcnph^rt. Immer wieder findt^n sich in
den Verordnungen uml Pfliehtenheften mahnende, auf den
Weingenuss bezügliche Vni'.schrift^Mi, obschon die B*diiu*tlen
weit davon entternt wareiit in diesem Piuikte englierzig am
«ein; heisst es doch in der Wachtordnung^« vom Jahre 1»»*22:
^wiewolJ auch zu wünschen wehr, djiss jedermeniglich
vveins auK der wacht zu trinken sich entübrigi'U niöcl
will jedoch hei gegenwärtiger Winterszeit man vorera nacht—
i'ssen auffziechen und hernach ujidi zvvtllfi* hts in IB, 14. stumlt
und darüber scharen muos, also nit weil müglirh ist dt*.**
weins sich allerdings zu müssigen:
so hieltp man nit unthuidich sevTi, dass einem jeden nn<ifp-
varlitdi ein newes mässlin auff der wacht und nit dnrubrr
mit Husgedruktem anhang vernunfftiglich zu drinken zng^
lassen sein."
Di
e vi>rgesetzten Amt- uthI Oberleute soUien
'iU »'Uli'*
siges auffsehen^ haben» dnmit sich niemand ^mehr denn
sein soll mit wein beladen^ wenicher einige ungebühr anhebe.''
Den B^:)tt meistern wnnle strenge ardjefohlen. die Rott-
gesellen^ welche trunken auf die Warbt kruiu-n. „olne- Felili
zu riiegeiL*
*1 Heuslcr, a. a. O*, pag, 2 i H.
*; Mil. act* R, I.
Die Basl^'t ShiJte.'irtiisfin
40i>
Auch Ihm df^n tHiizieron sein int dt*r Hang 5aiin Beelifr-
lemm mehr als nötig im Schwange gt^wesen zu sein; wird
|itoen doch naht* gelegt, sich nicht zu ^überwinGn"*. damit
^sip ihrpn TTntorgobeneB mit G*^bühr vorstehen könnteiL
lAlu ärgst4?n trieben es die SpiüUoute, deren Tätigkeit sicii
lan( den Aufzug hei den Bürgerwachen beschränkte. Vnn
f ihnen berichten der Stndtlieiitenant und die QtiartierherrenJ)
sie seien ^vast unnütz**, cla sie idb^ Ti^ge ^voll und d<dl-^
Iftuf die Parade kamen .
In der Auswahl der erganisiereodeii Führer hatte Bas»d
entschied«»n eine gUickliche Hand. Es kommen vor allem
tirt^i Persönlichkeiten in Betracht, die während des grossen
Krieges der Stadt ihre Dienste geliehen haben. Die be-
deutendste unter ihnen ist der aus dem Nassauiselien ge-
Vairrige Obrist Peter Holtzappel/) genannt Mytander; ein
kriegserhdiren er Haudegen und himuser naiantunmo zugleieh.
Von 1622^ — 1623 Stadtlieiitenant* ist er als cler eigentliche
Organisator der G-arnison zu betrachten. F'r legte für Basels
Sicliemng einen Eifer und eine Tätigkeit an den Tag, welch»*
di^n bedächtigen Ratsherren, die für seine ungestüine Con-
»lottiePL'iuiatur kaum ilas richtige Verständnis besassen, nft
Dtir zu weit ging.
Die beiden amiern. beide baslerischen Ursprungs, sinrl
HaiL«* Jakol> Zörnlin,*) ein Schuber Mylanders, und dnr kühr**^
Dniafgängf^r (>bristwaclitin»^ister .Jonas (Irassi^r,*) der sich
durch seinen kecken Handstreich auf Kheinbdileu in der
baslerischen Kriegsgeschichte eint*n ehrenvollen Xam^'n er-
w'erben hat.
Das Ende d^*s dreissigjährigen Krieges und flie all-
I mählich erfolgende Wiederkehr des Lanrllfiudens unil der
Wegsichprheit machten auch in ßas<d grössere Tnippen-
te überflüssig, Gieichwotil wunlen nicht sänjtl idn^
I imtlassen; man behielt die trichtigstL»n und ^gesun-
iesten^, emen Stock von 70— Knj r^Iann zur Besorgung des
•J Wacht- u. Sperrtet. A. i, 14») 3— 1740,
*> Bu)i:raphischcs über Holtzappel j»ibt Heusler, a. a. O., p;ig. 202.
^ Über Zürnliu &h. A. Heusler im Basler Taschenbuch r862, pag. 22H.
•) Über Zömlm und Grasser orientiert ßuxtorf-Falkeiften, Basel. Stadt-
Lamfgieüch. ans dem 17. Jhrhdrt., pag. 75, 100 u. f.
4to
Faul Kölner
Waclitdienstes unter den Toren, weil rlie Soldaten dh
Fmiktioneu immerhin besser oder genauer gesagt, weniger
schlecht als die bürgerliche Wache bes<irgten,*)
In den zwei dem westphälischen Frieden folgenden
Jalirzehnten fliessen die Quellen zur Stadtgaruison recht
spärlich. Di*^ Ratsbücher beschränken sich auf knapp g<^
t'H.'^ste Mitteilungen über Abdankungen und Werbungen in
kioineni Umfang. Solche wunleii etwa8 eifriger beim Auj»-
bnich des sogenannten Kapperswilerkrieges im Januar 1656
betrieben.
Die Stadt traf uuifangreicheVorsichtsinas^regeln:*! grosse
MehJvorräte ^airden aufgehäuft, Pechkränze, (ininaten un*i
iionstige zu einem Sturm notwendige Sachen angefertigt.
bL*im „fTuliernator* von Breisach tausend Stück Pailisaden be-
stellt unil — als nicht UTiviHchtigste Siehe rheit.snia^Jsnaiime —
durcJi eine zwolfköpfige Ratskoinmission die Stadt von den
in grosser Anzahl sich aufhaltjonden „Italienern als ver-
ilächtigen (iesellen und Spinnen^ gesäubert.
Breiter strömen die Quellen erst wieder, als die
^roi soleil" entfachten Knege Basels benachbarte Gebij
erschütterten.
Im Febniar it)68 waren einem verlautenden Gesclirei^
Folge Kroaten im Fricktal imgelangt. IHf Stadt mahnU*
Aie Vögte auf der Landschaft zum Aufseilen und bei
ihnen, die I^andleute zu nuist^ni. Es habe in den ih
Schäften genug „Kerls^^ die in dem Kriegswesen mitgelaulVn
£ieien und darin ziemlichen Verstand hätten, um die andt»rn
zur ^Manining^ ihres (iewehres anzuleiten.
Anlas« zu längeren Verhandlungen über die GarniÄOii
gab dann ein im Schosse sowohl der Kriegskommission ab
des liats sattsam bekanntes Thema: Umsse Liederlichkoit
iler Soldaten unter lien Toren und Missbräuche bei ilen
Bürgerwachen- Zur Förderung der Ordnung sollten in Zu-
i) Der Beweis, *hk&& Basel seit dem jo jährigen tCrieif besoldete Tnippen
In seinen Klaueru hielt, lässt sich an HtUid der Rftt^biicher nicht erbriDgem ;
Tv'ohl aber liefert ihn ein Ratschlag der Xlllcr vom Jahre 1686 iMiL act.
R ) St. *}2 No. 15), in welchem von der „seit dem entstandenen deutschen
Jvrie^ bis anjetzo eontimurlicb gehaltenen Gamijiou'* die Rede ist«
*) Ratsprot. v. 20, Jan. \bjb.
Die Basier Stadlganiison.
41
[kiixift die Häiiptf^r <lip Losiuig dem Stmltlieuteiiaiit iiiclit
oeiir morgens früh, sondern erst gegen Abend erteilen,
esonders^ liefen K lagen V) itber die Hanptwarhe bei fJ»*r
beinbilicke ein. wo sich die Soldaten gar unordentlich auf-
irten, ihre Notdurft verrichteten und Tabak tranken, waf*
'der Schiffleutenzimft wegen der Feuersg^fahr ^vast nnleitU
lieh*^ war. Uie alte Brücke scheint in jenen Jahren von
«len Bürgern iU>orhau]Jt alw herreidoses Gut aidgefasst worden
ru Hein; so mussten die Kürschner mehrfach verwanit werden.
weil sie immer wieder ilire gebeitzten Felle zum Trocknen
auf der Brücke aufhingen.
Durch zahlreiche Augenscheine des Lohnamtes ontl der
Militürbehönlen unterzog man gleiclizeitig die Fortifikations-
anlögen einer Prüfung, wobei sich hauptsächlich in der
iniudeni Stallt zahlrpitlne Mängel -1 oÖ"eid>arten.
Einer mehreren Sicherheit zuliebp richtete der Rat im
Herbst 1678 eine niichtliche Patrouille auaserlialb tler Statlr
Mn: dicstdbe setzte sich aus sechs Soldaten und zwölf Metiu
Mer Bürgerwache zusammen. Sie wurde so unter die Haupt -
Itore Spalen, St-einen und St. Johann verteilt, dass von jeder
[ dieser drei Porten aus jeweilen z^vei Sohlaten un<l \ner
[Borger Sicherungsgäiige um ilie Mauern machten. Um die
Jnsketon vor Regen und Schnee zu schützen, Hessen die
jKoiDüiissarien sechs tuchtme ^Rik'ke^ aniV^rtigen, deren sich
[rfie Mannschaft bei schlechtem Wetter bediente.
Ferners war schon im Frühling*) gleichen JaJires b(*im
LKäppelin^ auf tier Rheinbrücke ein Wächter von »enet
iRheins^ gestellt mir! in der Kapelle seilest eine (Hocke auf-
eljÄngt worden. Mit dieser niusste der Wächter läuten.
tibald eine Ronde von Uross- oder Kleinbasel her naht*-.
Jer ein»» Schildwache abgelöst wurde, wie auch in vor-
ilJender Not damit ein Alarmzeichen geben. Die Glocke,
welche jetzt in dem neuen Kapellchen Platz gefunden hat,
Keilte somit nicht, wie bisher wr)hl Hngenonimen wtirde.
prchlichen. sondern militärischen Zwecken, war alst» ein
in-haus weltliches Meläute.
*) Ratsprot v. io. Sept. 1673.
'} Politisches, V. 4, 12, pag. lu
Unt^hf^rblii-^ V I? April 167 j.
\\2
P a II I K o 1 u c r.
Zur Vermi^idiing kostspieliger Aiiwerlniugeii ftir
Gurniaon, bei der durcli das Eingreifen des Kaisers bedingi^ii
Annähentng des Kriegsschauplatzes um Oberrliein, vt*r-
)iniehtet*' iiiau Hi74. ^ nach d*"m Beispiel anderer Stadt
uuch <lii* niedergelassenen Handwerksgesellen und Die]
knechte zu militärischer Hilfeleistung, Die Bewehning rief
Angestellten lag den Arbeitgehern ob, unveruiögende Me
erhielten die Armatur gegen Kaution aus dein Zeaghi
Der Lürmenplatz die.ser zwei Kompagnien bildenden t^
jSi»Uen war der Münsterplatz* wo sie alle Sonntage nach
Alx^ndpredigt exerziert und gennistert wurden.
So begegnen wir währenfl der IGTOer .Jahre mannig-
fachen gutgemeinten Anstrengungen der Dreizehn er um!
des aus den beiden Bürgermeistern and einem liatsherru
bestrebenden Kriegskommissariatä* dem das gesamti^ Waclit-
wesen anvertraut war. Trotzdem traten immer wieder knuise
ITbelstände zu Tage. Die Wälle und die darauf befindlichen
StiU'ke blieben oft ganze Nachte unverwacht. Es mag fc
auch nicht wundern, wenn die von den Bürgern gestellten
Lohnwäehter .,mehrerteils als lanie, holn»n altei's, übekehend
mnl fibel hörend'' geschikiert werden,
I>ass solche Liederlichkeit, wie sie besonders bei
Ablösungen, morgens und abends, vorkam, nicht nur
i>ich s<*nist unverantwortlich, sondern, wie sich ein (TutÄchl
der Xirier ausdruckt, auch y^vor fremden spöttisch
kam der Melirlieit der Bürgerschaft, deren vaterländii
(Tcfühl an Hand dieser Tatsaclien gering einzuschätzen i|
nicht zum Bewusstsein.
Erklären lässt sich aber aus derartigen Zuständen
cifr rücksiclitslose Verhalten des Auslandes gegenüber
Rheinstmlt. Ein typisches Beispiel hiefür ist die Ant\^
des Barons von Monclar^i auf eint? Beschwenle des Si
Biisel wegen eines Stadtsoldaten, der. auf der Patrouille
griffen, durch Franzosen war erschossen worden. In seiui
unverschämten Schreiben deutete Montdar an. diu franzö-
sischen Stücke und Canons gingen nur gegen ihre Feindvt
») RalsprDt V, 2. Mai 1^74.
^) Ratsprot, v» 21. Aug. f*>;r-
Die &Ai»lcr Stiultga^d>^<
sfidi mm Biialt?r Bürger miter dit^sen hefäudon, **« sei
k'^it )<eltlimmer für »u* nml wollte it, ujii sich besser zu
i.»ibt»n «k'S Rats tuK'h BadL^n sfliickoii.
I - Base) wäre mit Miuor solcht'ii Aut-
woUl nidbl l>f«holligt worden.
|Ati^ diesien bi^trulteiiden und beschiimeiidpn ljii»:i:tiindeii
[LS wird Ulis aacij fit?» eiusichtigen Rat^cbreiberö stereo-
SrovsiMftf^er „C4ivfl mö*>i» alles Utdioil wetiden'" be-
HMiii Kf'uu' uuruimgr Venmunng. vveivn uiaii
igt'U St-mltli«nitiMUiiit rinon Sclmldtt'il mi diesen
Mi^tjindeti ziuui^dt. Uer im Jahre 1681 erwählte
M«»pli Sixr war nicht der richtige Mann, um das An-
der Uarniscm zn lieben und bei tU^n Bürgt^rii mili-
m Sinn zu pflanzen: wurde er doch vor beide Rute
weil er Burger und Untertiinön mit „Worten und
Büti LT '1 traetierkv Si'in baldiger Tod lai Jahre
war I ein itjüek. An seine Stelle befonlerte
mit* Rat den Stadt wach tnieisti^r Couppe^ einen Basler
lieht! Jahn* als (Offizier xu 8tras«burg in Diensten ge-
ttnd seit lü8l der Basier Siadtgaruiöon angehörte.
itf^rgie v**rrnochu* keineswegs abs(diUe Besör rung zu
nmchle nieh aber balil wohltuend bemerkbar.
'^~ ^^ ' izööitscher .,Prtlpotenz'^ veranlasste die
I, Hich enustliat'ter denn j<^ mit Sirher*
Furkehmngnn zu bela»48en: die Erbauung der Ilünlnger
n deren Errichinng sich Basel und die Eid-
- .. ,.; tüit Hchwachrn Abwehrvrrsuchon in Form
Bitten and Vorstellnngen begnügen mu8i«te.
Üicb kunnen nich die geniacht^^n Rrustungcm bo>
»i"ei«*«* Anwerbungen mit den jen igen ans der Zeit
i^^irigt'u Krieg»»K nicht messen, da sie nie iiVH*r drei-
fftnndfAnfzig Mann hinaufgingen, i'ine Starke, welche
$\ !i Hilfsvölknrn und den Zuziigern
-4 .,^ . . i der Uegienmg trotz d*'^' lu.ilvoh-
^L iit hinnnchtMiil schien,
B^'ginn des Jahres Ui8(J orhiehen die l>nnzehiier
^^ich«*n nnti kinniuien'* Z^•it4^n. als auch
r laiifentler unguter Zeitungen* wefTi*n
4M
Paul Kohl er.
littfs neue den Auftrag, einen Ratsctlilag^i üinzugeben, wit*
die Stadt m bessere ^defensioDspostur^ gesetzt werden kmm.
Die M^^inung des angefragien Kollegianis ging dahin,
di»* Garnison (hundert. Mann i auf das „alle rtorderlichstye" mii
eine ^erkleckliche^ Zahl Soldaten zu verstärken. Der Rat
stiinnUf* tlfin Vorschlag bei.
Der Stadtsäckol hatte aber dureh die seit tleuj dreiasig-
jährigen Krieg ^ordinari als extraordinari* zugestandeimi
Ausgaben derart gelitten, dass ihm — wenigstens nac-li der
Ansicht der Stadtväter — eine alleinige Bestreitung «Ih'
Uarnisonskosti^n 9eh\v<*r, ja auf die Dauer unuiögb'cb
fallen wäre.
Zur Schonung des Siaiitsschatzes stdlte damni iimniii^
lieh. S4jwuh! geistlichen als weltlichen, hohen ahä uiedent
Standes an die Unkosten beisteuern. Die Mitglieder beider
Bäte erklärten öffentlich, was jeder von ihnen aus guti-ni
imd freiem Willen Tniniatlich l>eizutragen gewillt sei. Xach-
dem dies geschehen, erging durch die Vorgesetzten A^^
Zünfte an jjIIi' Bfirger die Aufforderung zu freiwilligi^u
Spenderi: hierauf wurde im Beisein verschiedener AiaJ'^
|jt*rsonen eines jeden Bürgers Meinung jinf d^rn Ifatlmus^
«,in der vordem stube^ angehört,. I
Doch scheint die Opferfreudigkeit des Volkes nicht \»*'
sonders gross gewesen zu sein, indem der llat 1690 Ji^*
StadtwechslRr — die Garnison wurde seit den IBöÜer Jahrei»
nicht mebr aus dem Brett, sondern aus dem Stadtwechsel
liestritten - beauftragte, inskünftig ^das wenige*, *f das vni^
den Zünften zu den Snhhit^'ijgelderh kuiitribuirt werde, eiu;
znzielien.
Schon seclis Monate nach der obgenannten Vei*stärk\in?
wunle ilie Garnison mit Eirjschluss der Offiziere wieder a»i^
hundert Mann^i herabgesetzt, um ilann beim Ausbruch de*'
Oleansschen Krieges aufs neue eine Verdoppelung *y «u t?r'
fnhren.
Die Soltlaten lialten nicht nur die Wacht unter lij
i
i) Mil. att. R. i St. 92 No. 15.
^} Riitsprot. V. 1*7. März it>t|0,
>) RatsbcschK v. lo. Juli if>86.
*i Ratfbcäühl, V, 19. Marx 1690,
llif B.nHitT Sladt^niisoiL
4'
|g vor der HtAdt mit „soiHlorbarem E>Hfor'' patruuillieren.
fr *' I tmng diosoH Ditnjstes warlnMi ili»^ Körn-
te HS WHlir«.»TMl il('s <ln*i8sigJHljrigeii Krieg^^s
kuni; gewesen war. noch sech» Reiter* für welclie aut
^ itiuattö piij«i Wolitjsriitto mitgoführr wurde. Dii*
k,, . .M. ^lt iintMrrichtoti^ man in uUerlittiul FcuurwerkeT*
b(ind^*auati>n. Bomben, Caniis8eu" (?), sowiu im Stiicl
'I- nntor tli« Hnupttorn liess der Bat bi?i*ondet
(1 " n. \v*Tl('lit3 di»> Papi^:'re il»>r aiiknuimeuden
^ , Imtten.
L 19. Jftiiuivr 16m» »u Beginn der Verfaüäsungsvvirrev
•lie gesrtmt«^ neugoordnt^tt> (Garnison auf d**m Poti"»rs-
dtsii Tnnn^id «b. Die b<xscliwor«-ni»»n Ordnungen 'i gebon
kJtft$obluss über die im (legeusatz zun» achiasehnteu
Eizidert «iäÄ«iß«Mi Arboitsltvi«tmig*'n dor OtTfzicrt! und
Hitlioutcmawf hatte zur Sommt*rszeit alle Ta^e
PD Winter so oft en ihm möglich war, dio Posten njit<
'ftren xti kontrr^Uioren, rdi ihre (tewehre sauber und
und mit ^kmut und hitli^ wohl versi^hmi seien.
KoittroUc i^ilhe aber nicht zu einer gewissen Stund*>»
ro ma ^ohngewohidieher* Zeit goschehen. Auch di
Ktsu und die Stth*ke auf den Wallen unterhigen seiner
T^r\ Aufeiüht * »hne Erlaubnis der Kriegskommiösion
t a d«r SfAdt nicht .weichen hoch wantheii.^
t ton ninrgens frtih vor Torulft'nuii^.
I ........ V..UT angezeigt, dass aufsein UniMohen
I im Anzug war, init Muskete und Seitengewehr
h wii* rnn^m KriegHmann gebiÜirt^, bei den Tnren
*' * den. ei-sehriiMMi ' 'if Porten gf*wahi*sam-
t I a»n Ai»i>nd i» eu helfen. KerntMs
I iknen g^haU^n« den ganzen Tag ein „ lebendig fewi
kk XU haWni und ihre Seitenwehr nie von gich zu
f \*..f Jio Tiire hinaufzugehen oder „heirowä.rtH xu
viir ebünsio .HtnMi^e unt.i>rfjagt wie Würfelspiel:
^irJi immer swischen den Tcinfn hnden lanj^ej
dl, Mid Altertum. VI 7 3
4IO
Paul Kolner.
^Itein sn soll keiner weder vor noch zwuschen dco
Thoreti mir dem andren kein ITiifin*g ttnlVitiPiiy dpHglcichen
die auss nml eingelienden. wotlor nnib Woin. oder andrifi.
es seye wenig ader viel Kchezen noch Ihnen aijgiizleiu*
Im Krankheitsfälle wwren die Soldaten verpflichtet, unf
eigene Kosten einen Ersatzmann zu stellen.
Noch im gleichen Jahre.*) wenige Wocht-n nach d<r
Hinrichrung Fatios nnd seiner lieiden Gefälirten Müller mül
Hosis, erachtete der Hat auf f bringende Befürwortung «li^r
]\Hlitärbeliörden eine Vermehrung der Stadtsohlaren auf droi-
hunderrundfünfzig Mann zu drei Kompagnien aU notwendig.
Diese Verstärkung galt nicht einem äussern Feind; sie g*»-
schah lediglich zur Unterstützung des rachsüchtigen Vtsi-
fahrens der herrschenden Faktiun,
Um die Truppen auf jeden Fall Ijcreit zu haben, walir-
ücheinlich auch, um sie einer Beeinflussung durch malkou-
tente Städter zu entziehen, sollten die Kriegsleute nicbt
mehr in Bürgerhäusern untergebracht, sondern ihnen in
^drei unterschiedlichen Klöstern Locamenten und Cazerm»'*
aufgerichtet^ werden*
Im Einverständnis mit ilem Kiit erfolgte unmittelliar
die Durclifühning dii^ser in militärischer Hinsieht überaus*
wichtigen Neuerung, die den Soldaten fürderh in den CharakW
finer eigentlichen (Tarnisonstruppe verlieh.
Das Blömlein. ein iirpbäude des ehemaligim Steinen*
klost^.n's. das Kloster Klingental und tlas zu Predigern
lieferten die erforderlichen Wohiiräumlichkeiten. Von diesen
drei Kasernen blieb das Klin^ental nur vier .Tahre in ä*-^
nützung, dn man 1695, um ^Brennholz zu sparen**, die lu-^
Sassen der Kleinbaslerkaserno auf die beiden üb
verteilte.
Auch die St. Johann-Kaserne wurde um die Mitte
achtzehnten Jahrhunderts ausser Gebrauch gesetzt und di
bloss iuH*h als Magazin.
Hauptkasorne war und blieb das BlÖmlein-) oder
^ Ralsprot. v. 14. UkL iii<n*
') Seit i»i<>H war da^ Blöiulciii auch LännciiphtK des Steineuquajticf^/
Ratslici*chl V lö. Mm iö<>8.
Ihv Hiiiiifr Sta<1l^artii«i4K9
4'
L»me. Für seiuu Wuljl hatt»' tli«? giüisti^o La;:
vii*r«^r 8uulH*>m dun Ausschlag gegebeti,
^inkaüiTTUHning iler Sültlner Wflingte ^iue Reiht«
rerter AiidfTiHjgi^t» in iUh- Sta«ltgHrrns<iiL
li( dii» Sulilateij bf*i ihnnn klirgUcheu SoUl bes^giT
ikoiinleii^ erhieliffii »ii» zu billigeiü Pipis Kiinimi
Kt-<t«'llt «US diT Fnichi (lt?r GiiiUHgtMi Ht^rrnti.
PrivUüg. Soldateiibri^t zu biicken. lag anfänglich
ideu Wi^nigMf Meister. Unterm 12. Febmar ItiOo
sm di»*j*«'S Viirrnclit »mf Bittnji d^r BrotlHH'k«»nznnlft
illiche M«?i8t«*r übcrtragon, damit ic»di*r zi'iid'tigo
^eiiit^ii billirhon Pf^mnig* venlion«». Duch mu^ste
tdtuni R*^Vi*r*i iirit^rschreihHU. laut welrbinn sie
tgat, nahrhaft and in seinem eignntliehf^n <Towicht
IH für lilh^M SL'lnidi*?! uihI Abtr?^iitr liaftliar sein
ölU^f^ I^ibt^rtfiirtiorgB iüt dah uns »elböivxn'timndlioh
fidi» ^floiss^ig»* krimnien ntid biilbien'n" äu »erwähnen,
llbngki'if li»*8H »»ich abrr auch das g»M8tigit Wohl
&n angelegen sein; öie maclite ea den Uffizieren
T'iir#krgid»rnirn zur (ii>tti*sfurfht anÄuhalten»
Fl- und Di»?nstags zur Prrdigf zu vit-
imct Utneti darin mil gutem Exenipel voranzugehti
d Sidiltrnppi^n hiidt, hatt** es ininM*r darnach
unverli»n raupte Leut*^ zu dingon* T>i*>sL« Fnr-
lie gt^wuhnlieh nie vollständig durchzufiihr«^n ge-
ll» nun mit aller Scharf «j erneuert; Verheimti t
'^ kosnierl v.
t iüt aber di- not aus vernchiedenen
ilarchlC«'hert worden. Einmal vi*rfulir tnan
!?fi^ die Bür^^-»r1örhter ehelichten* weniger ntreog
klehen. die Auf^länderiuneu freiren. Dann nötigte
au Mannschaft liie Bidiönlen auch oftfir»« *lirt*kt
lODg ihm» eigenen Machtapmches.
"- *' vvird sai dt*nk«*n s<*iii, \\>^uu
iHindert« die SLddtttenw**ib*»r
wenteDf in den Vorf*tädt«i Widmung äu nühine
liM* unter den Toren sudit*n. Bezeichnend fiir
4l8 Paul Kölner.
Gloor von Oberkulm. Bei einer Erneuerung der obgenann
Vorschrift begründete die Militärkonimission sein Blei
mit den Worten: „und ist er der schönste Mann von
Oarnison.*" *)
Die Verwirklichung des Beschlusses vom 14. Oku
1H91 gestrttt^^to den Führern des Kleinen Rats eine strai
einheitlichen^ Organisation der Stadtbesatzung; allerdi
anfgefasat im Sinne jenes Milieus, das man mit dem
historischen Ausdnick «der guten alten 2ieit'" zu
zeichnen liebt.
EintMi Einblick in das Leben und Treiben der St
Soldaten nach der Neuordnung der Dinge gewährt
Kasernenorduung'^) vom 'M. Januar 1692. Jede Käst
stand unter einem «raj)itaine d'arraes^ ^) als betr. PI
kommandanten. dem zugleich das Amt eines Verwalters
stand. Eine aus vier Mann bestehende Wache diente
Verhütung von Ungebühr, sowie zur Kontrtdlierung
Ein- und Ausgehenden.
Damit im Notfalb' das Kommando ungesäumt vonStat
ging, mussti^ jeder (-apitnine d'armes beständig w«»nigst
(Mnen Korporal bei sich haben.
Ex(M'ziert*) sollte nur W(»rden, ^wann es das Wetter
leid(Mi niochtt'.'*
Den Soldaten war verboten, auf den Betten hin i
Ikt zu «harschen''''' oder in den Kleidern darauf zu liej
auf dass dit» Schlafstellen nicht von Ungeziefer an^ost€
wiirdm. EbiMiso sollte^ sich keiner gelüsten lassen, «in
Stuben da dio Betten sind Tabak zu trinken." Das «fuuiior
war nur in der Küclu». im Knuizgang oder an andern
schädlichen Orten erlaubt.
Das Läuten des AVachtglöckleins war für die Tm
das Zridh'n. sieh ins (^nartier zu begeben: eine halbe Stil
». Mil. .i.'t. R, 7, .NFür/ 1740.
-1 Mil. ;u"t. A. I, St. t)2 No. 2.
') /a\ >okhcn wur^lcü hcstcllt: J;ik(>l) Schölle, im Steincnklostcr: Ko
Lülhcr, /ii rrcdij^crn; Michel Käser, im Ivliiijjental.
■*i Die Stadt^^.irnisoii lus.is.^ ein von iler Laudmiliz abweichendes sei
f.illigcs iCxcrzicrre^Uinent. Kist im beginnenden 18. Jahrhundert einigle
sich auf ein j^emeinsamcs h'xer/itium, damit im Notfalle beide Truppen
einander aj^ieren** binnten. (Mil. act. R. 1, St. <)2 A. No. i .)
Die Bxler Sindtgurniso».
4«<)
Verlkoteit wurdi^n dir Pforten geschlosst^n luul lueinand
r in dio Ka«i*nic eingelassen. Das Aufst>oUen einc»r
'1 Schild wacht* b«fi den Ka.st*i'!ifn hirlt ninn Hllmt
umrh iiirht für rHJtwpiidig.
ni«? BfWttffimng der Soldaten bestand in Muskote und
liaiwiihr, W^un ein Ciewnhr über acht Tsigi» getadütt
» wurtit* dnr Sdinss ^iiusgL'straubt'* at»d wiodeniin frisch
•II. Ausser der Ladung sollte jeder Soldat noeh
igstPiis fßr drei Holiüsse Kugeln und Pulvar btd steh
J^wcileu ein Drittel der GarnLson ven'ichtere täglich
Wachtdienm nntt^r d«ri Toren und in der Stndt, Den
ig^^ ^and frei, wenn sie nicht geratle exerziert wurden,
Arbeit und anderweitigem Verdienst naehzugehen.
uli^£if:hälti^ing Finden wir Hol^>iharlo'Ti, Tn*^lrihTH»m.
Bo^^irgi^n von B(>tengängen u. a.
Die / ' »i BtTufsarten und (l<»vvinl*i' blit*ht*ij di-n
«ioti^' .: ;, Widclie. Süferii sie mich Bürger waren,
e Znnft zn nnhinen braucht/en» verschlossen. Eifersüchtig
« d chen Handwerker ihre Vorrechte und uber-
ti :"■'■ Ah ii«ui Rat mit Klagen; ^u bei^tpiidsweiiti?
«lahre der trrosse Itat den Soldaten bei
der Knt^^UEung verbot, dm hte$»igefi Handwerkern
in,**
- . '- v«rljtkrgt ein»» Iidonnatiim der DreiÄehner
WacIitiJit^iäter unter dem Riehen-. Späten- und Bläaitor
- eilirr bi^ch«*idoii«m HanfUung.'/ Im aUi*geh enden
11 Jalirhunden begegnen uns sogar Wacht lueistiir
von WeinM'h^*iik*n* Auf nietirfach«* Be.srhwerden
ttet der Uiit dii5^iu die Disziplin antorgmbentliirn
den Wit ' "' I liiituben »chuf,
HH »eiti'i! L-iier ein Ende.*;
lEiiir> wi^tien« EmitigiinscbAft. die jcweifebohiM» 4i«>r lui*
^ saxuschreiben iau bildete die Uniform ierung
de» R*ebfO0 Tor ist cia liiitMmei ostt Zitzen
6& Wa^ütsbcB kiaäber« welcbis der Wadttackte
iB kjctfl Kfimlcte too Täfaakb so^ ctw» woiÄge» kal*** AJu>-
vo«B BUftt* nDd SfiAlmtnr betichlcs, I'<»litbciiev X. : 1 1. p, 149*
\20 Paul K«'>lner.
der Stadtgarnis»)ii. Dieser (rege nstand kam am li>. Noveiiil'^r
Ui92 zum (M'stenmal im Rate zur Besprochung. Dieser i)!*-
([Ut^mto sieh zwar nicht gleich zu einer Beschlussfa&mng.
sondern wies die damals noch unerhört neue Angelegeulieit
an die DnMzehner zurück, damit jeder seine ^vaterländisclie
Meinung*^ darüber eröffne.
Ln folgernden Monat gab dann die oberste Behönle ihn»
Einwilligung zur Anfertigung von Soldatenkleideni. Das
bashn'ische Staatswesen folgte hierin mit rühmenswerter Ein-
sicht dem Beispiel der damals kriegstüchtigsten europäisi'beu
Arme<\ welche durch Ludwigs des Vierzehnten allgewaltig«'!!
Minister ungefähr zwei dahrzehnte früher einheitliche B«-
kh^idung (^rhalten hatte.
Ks bedurfte aber aUer Beredsamkeit der Komuiissarifii.
um di(r daraus erfolgenden Mehrausgaben vor dem Rate zu
rechtfertigen. Die Kosten der Garnison wurden <?beii als
drückende Last des Staatshaushaltes i.Mupfunden und Wlz
d*M- kriegserfüllten Zeiten warf man im Schosse des Hatrt
immer witMlor di«' lii»duktioTisfrage auf. Nur mit Mübe
konnte im danuar 1()*.>4 t» im» Verminderung verhütet wenleii.
Man sollt»' damit abwarten, schlugen die Deputierten vor,
..was die annoeh ol>scliweb(^nden Kricgsconjuncturen l'ür »'in 1
ansehen gewinncMi möchteiL** J
(lenau ein Jahr später neigte man allseitig zu eijuT ?
Al)S(haffung eiin\s T(m1s (Um* (Tarnisonstnippe. verschob di»*- |
sflbr ul)er aus (Iründen politischer Klugheit. Basel ln*r- 1
bergt»' nänilieh in jenen Tagen mehrere in königlich trän-
z(")sisclien |)i«Mist»»n steinende Offiziere, die auf Werbuug
i)egriffen \var»*n. Da eim» gleichzeitige «Licencienmg" Jer
( iarnison Ixm" (Um «IioIumi Alliirt»'n allerhand disctmrsecausien* ^
biitt»'. unterl)li»'l) sie.
D»M- \\'artan«'r I^eligionshandel verhind»Hte eine solche
aucli fiir di»* naclisten Mc^nat»*. Erst der Beilegung ^lit*^»*
inn»'ischweiz«'iis(h»'n Zwistes folgte dann die schon längst
,ij;»'plante V»'nnindening\' auf hundert M^inn, ohne die beiden
OfliziiT»' - Stadrli»Mitenant und Stadtwachtmeister — uud
di»' acht \Vachtnieist»»r unt»»r den Toren »^sieben Stadttore
und KlKMnton.
*) Ratsprot. v. 25. Sept. i'^»)^.
Die Hi)£ier Stadtguimison. 4-7
Die Wahl drs Ktadtwacbtmeisfcers, des Miisterschreibers^)
Dil der Wachtmeister <»rfolgt<^ durch dns Los inich den Vtn-
filägt^n der Dreizehiipr, deinen von der Kommission eine
azakl Bf^werhor empfohlen werden* und zwar zwölf, woiin
izehn und darübr-r, neun, wenn weniger als fünfzehn sich
gemeldet hatten.") Bei vorkommender Vakanz wurde mit
9pr Bestellung zwei Monate eingehalten. Es konnten nur
eolche Bürger in die Wahl gezogen werden^ die in Kriegs-
ensteti gestanden uu<l mit guten Abschieden versehen
Wen/) Wenige Jahre spät^^r wurden die Wachtmeisterstellen
idi den Offizieren di^r Lanchniliz ziigänglieh gemacht^*)
Dass bei diesem Wahlsysteni das Los oft auf Utifähigo
erhellt aus den mannigfachen Klagen wider dieWacht-
*"lneister. Im Jahre 1757 wurde sogar einem Toten» Martin
Wenk.^> die Ehre zu teil, zum Wachtmeister einer löblichen
dtgarnison erwählt zu werden.
Die Wsichtmeister Jimssten sich sowohl in „Kaufhnus-.
Dlizei- und Militärsachen gebrauchen lassen"; überhaupt
feilten sie der Stadt ^treu und hold sein, deren Nutzen
i'"»rdern unil Schaden wenden, idles getrewlich und ohne
^'f^Mirde.** In erster Linie unterstand ihnen der komjili-
isiertr Waclitdienst unter den Ti>ren, über den die verschiv-
eaen Onltmugen ausführlieli Bescheid tun.
Ptinkt fünf der (»rdrmnanz vom Jahre 1722 lautet liei-
piolsweise :
»Da si<'h Much etwan begebe / dass ein Pferd fünff oder
fet;hs DJit einander kiiuien / sidlen sie (dieTorlmt) den (frendel
schlagen / dieselbige besch(*i<lenlicli anreden / befragen und
*) Erst s^ii 17^11.
^ Gr. Rxtsbeschl. v. (2. Felir. j;H;.
^ Gr. l^tsbeschl. v. hj, Okt 1724.
*) Gr. Rats^bcschU v, 16. Jim. 1727.
') Merlin Wctik war in iieapolitauiüchen Diensten gestunden. Obwohl
- VcrwiiDtilcn von ihm seit Juhrcu keine Niichrichten mehr erhalten hntttn
f<l«„uicmautl Commission gegcbcü, ihn aU Pcicnten dnschreibcij ui lassen**,
tt am 17. September 1737 ins Lris gezogen und gewähU worden. AU
nach seiner Wuhl immer ohne Nachricht blieb, ergaben die mit Hilfe
*"• Glarus durch den Fcldmarftchall <Ocneral-Major} Joseph Anton Tächudin
führten Recherchen, d;iss Wenk am 2. September 1757 zu Neapel ge^torbcii
4-'- l^iul Kölner.
Auch (las Glaiiborisdogma schob dor Werbung einen
Riogol. Diosf^r Umstand betraf gerade die nächstgelegiMi-
Bozugsquolle : das Bistum.
Dann machte sich vor allem die besserzahlende aus-
ländische, hau])tsächlich französische Werbung breit Sie
entzog der (xarnison oft die best<^ Mannschaft. Dalier (ks
in allen Kidordnungen vom Stadtlieutenant an bis auf «Ion
(lenieinen herab geltende Verbot, sich jeglicher Werbung zw
enthalten. Trotzd(»m geschah es öfters, dass Soldaten aiif
ihren Posten unter den Toren ^wider alles Völkern>chf
von AV'erbern debauchiert wurden und samt Montur uii'i
(rewehr weglieftMi. Die Behörden verbot-en zwar den Sfliild-
wachen bei Strafe des Spiessnitenlaufens das Sprechen mit
..maus oder Weibs Persohn-, ahndeten auch das Weichen
{»US drin Basl(M' Bann mit dem Halseisen. Doch taten «lit*se
.Massregeln dem Ausreissen wenig Abbruch.
Eine Massendesertion von zehn Mann gab dem
(rarnisonskommandanten Geh^genheit. sich in einem längen^n
B(>richt über dieses zunehmende Qbel zu äussern.
Schulden und die Vei-führung rlurch unzüchtige WeilnT
l)il(h»ten in den jneisten Füllen <lie Triebfeder der ehrlo**"
HcindlungswcMse. die übrigens den Soldaten durch diegn»nzeii-
Inse Liederlichkeit ihnM' Vorgesetzten leicht gemac^ht wunk
Weder durch Zensur noch Bedrohung konnten nämlich
i\\o AVachtmi' ister dazu g(4)racht werden, ihrer Pflicht g»*-
iiiiiss allzeit Ixm (")ffiiuTig der Tore bis wieder zur ßeschliessunÄ
auf ilnuMi Posten zu verbleil)en. Eine solche Amtsfühnuig
zcMti^te bei den l"nt(»rgt*bcMien natürlicherweise entsprechende
Früchte. Dt^r Stadt lieutenant stellte darum in seiner Ein-
gabt^ dio Forderung auf, fehlbare Wachtmeisti^r um zeliu.'^
Soldaten um zwei Schillinge zu büssen. Überdies griff mau
zu «MiHMii Palliativmittel von äussei'st zweifelhaftem Wert
\)\o (xarnison wurde ..Eidtlichen^ verpflichtest, in der Weise*
(lass die SoUlaten dir fehlbanui AVachtmeister. ebensowohl
als dit» Wacht nuM'ster dir ungehorsame Mannschaft verzoigen
sollten.
*) I Schillin},' o, 12 Fr. Mct;illwcrt. Diese, wie die folgenden \Vd^
augahcn Füssen auf Hanauer, Ktudes econoniiques sur TAlsace.
Hi« Bautet .SiAfUsamteon.
4^.*
Di» Ao«n*i««er ftoltKst bfvtr«»ffend, »i4ilng»^ii tli© Dreizoliiior
in Anbi^tmeht «clor wohlUekaiinUni Cleiut»nz^ df^r Giiä-
1 ^reii von Basel, wo „dii' niilto dnr strenge jeder-
'"/*»n wordmi s**i'^, für Hin c» nsti^s Mid die Nmiirtn
I< s nicJit wie andern Orts an don Gnlgini.
lem bloa8 »n den ^Est^** stdi lagen zu lassen, um die
>*ti, dii* ^nfftonnrihlefi Kinder gnt^r ffimiHie od«*r
liUi* Klirlichej! HäliSHeni" seien, vor Inttniii«' zu W-
nni: ^wan abiif di»rn Eltern, sofern sie im stand sincl^
iH^ii wurden, die entwendete monilur zu ßozalilen, hIs-
wohl all *laH Halseysen könntjen gescblageiu imd den
i4Uenti«ii Sechsten auf jeweiliges Betretteru »»ntweder
ll dt«i Hpiessriithen gejagt oder */* jähr lang auf dem
LutzH *' ' *r Arlieit angehalten werden.** 'i
IHi* l ' ignn Dirnen, dnndi welche sieli dif S»il-
u bciöron Hessen, traf, ^utu ilmen einen Sehreeken ein-
pm^, die »Strafe ilen Enek.'i
Dtt^fiN.'T Ei*<^l hestanrl aui> einem jnannslioheu hölzi»rnenT
fieft Bcnnen mhenilen Geriist mit uchurlfkan tigern Kiiek^^n;
war eil* höUf^nier Kopf mit mächtigen Ohren afige>
lit. I>aj mehrstündige Sitzen anf (liesein «Tier*, das
V«snirteilr4tn dem idt liandgreitlichen 8pott derVoniber-
pi^iägab. gehörte aeit der Zeit des dreiasigjährigen
'irll l«ii den Sühhkt<*n zu d<»n meist angewen-
., .,.,... u Strafen*
C\mr dem Rpät«*rn Schicksal utnl Ende dieses Marter-
liegt übrigens eine solche groteske Komik, dass,
itni von einem direkten Zusammenhang mit der Stadt-
•it, iliia sittengesclnrhtliclie Interesse es rechth*i-ti^.
ihn*r hier ansführlich Erwithnung getan wird.
In edier Sommernacht des Jahres 17HH, eben als da*i
;.K:it.r.nii!irt>ier «lie Wache innehatte, wnnle (k^ Esel
hen ausgehoben und weggetragen, nubemerkt
wenige Schritte entfernten SchÜdwache. Die Bürger-
st. «13 A. No. i.
Uui>g der Minnchtuug Kalto^ ^^iß*
feilt, vor der MurktpbltfroDt de»
Ä**. Vftteria ÖihU l>. 9S' l«>9l er Wesen*
4-24 Paul Kölner.
wache vigilierte vergeblich auf die Täter und machte daiin
notgedmngen Bericht an den Rat Infolge dessen Erkannt-
iiis sollte das Johannquartier in seinen Kosten einen uen»'ii
Esel auf den alten Platz stellen. Die Wache der Vorst^lt
gelangte hierauf mit einer Bittschrift an den Rat Kin
Sammelband M der vaterländischen Bibliothek enthält <ien
Entwurf dieses (rnadengesuches; er lautet:
«Mit vieler Bestürzung haben wir die sämtlichen Offi-
ziere des E. E. St. Johannquai-tiers die Erkanntnus vernoinnieii,
welch (> Euer Gnaden aus Anlass eines halb verfaulten höl-
zernen Esels, so vor wenigen AVochen nächtlicher Weil**
unserer E. Wacht an der Nase weggestohlen und weiter gt*-
schlepy^t worden.
Der (^uaitierseckel ist sehr arm und wir dürfen sm
V«»rmögen laut unsern teuren Pflicht^m zu nichts anderem
als zu E. Mahlzeiten verwenden, wenn wir in die Pusstaptu
unserer in dort iiihenden tapferen Vorfahren treten well'Mu
Bedenken Sie doch gnädige Herren! wie unschuhlig wir all»*
jui dieser l)egangeuen Freveltat sind, ruhig lag(Mi wir in
unsern Berten, schnarchren oder tändleten mit unst^m
GattinncMi . . . Die so bei dem Rathaus die Wache liattfii.
hig(»ri unbesorgt auf der Pritschen, bis an eine (»infäkig*'
ehrliche Schildwacht, die vielleicht aus Noth nicht oiiiuwi
auf dem F^)sten war und sich nichts böses vernniteT hattf.
Kine Hotte Nachtschwärmer machen sich in der Srillf zmii
Ksel, liebon ihn aus, rrans[»ortieren ihn weit-er: mir nithts.
dir niclits und Ix'raubrn also den Markt seiner grössten ^
Zi«»nle. ein ]\lonunnMit. das nebst dem Hals(M*sen die Achniui: ]
.liier ll«Msi»ndpn an sich zog ... :
WiT wai'cn dit' Räuber? Das wissen wir nicht. Wie j
ist d<M* Ksel w«'ggekommen? Das wissen wir auch nicht,
und (ItMinocIi so11«mi wii- Unschuldige dafür an unsern eigt^ien ;
Aläulern büssiMi. i
Hätte der gute alte Esel nur wie Bileams (T*^tahn«* ,
reden könniMi. so würde Er gewiss um Hülfe gerufen hal»on
und die Ehren Wacht wäre zum Succurs parat gewesen. >o ,
aber geschah nichts und nuui fordert uns dennoch zur (V)
') Vatcrld. Hihi. O. 44 No. zh.
J
D'»fS Basier StAcligariu^on*
;t<iinif( imt Mit mi*lin»rein Kocht nU C»in diü-feii wir
tig imgeu. soll ich meines Bniders Hüter seiu. Wann
rtuulint üiir ilit^iMt Spmdi aws ih-r Bibel beherzigter^
imi Sie für ein tuiHcluiUiges Ehreiiqtiartier gror^s-
Nnchüicli! haben mid den F^sel ganzlieh abgehen
Wfiieu nhnodeni dergkurlu^n SchandtiHre in allen
i _ 14!^^ «lud. Allen aber Hoch Dero giln^;tiger
. fid, beharren wir »*te.*
Ob der WortUmt der abgescliickteu, vtui Stadtschreiber
^alfi ehrerbietige VnröteUuiig'^ ' 1 bezeichneten Bit»-
mif dem eben gtmanutc^u Er»t\^Tirf übereinstimmte.
uugi^wisii. da tlm KÄts»protokoll den Inhalt der irrstem
wif^dergibt. Der drollige tmd für die damalige Zeit *)
"oti* Stil lässr es* fast bezweifeln. VieHeicht aber
» wie die nffi>;it*re des St, Julian nquurtiers iÜh
[ejfigeidi^it von der heii-ern Seite auf. Die Tatsach«'»
in 84Mni'r Sititnng vom IR Atigiisr 178^» das Ehren-
voll der Her^^teUung eines neuen Esels befreit«*»
iu tlieüer Annahme nur bestärken. Da« un^rkwürdige
]«tti mitUdalterlicher Justiz wurde nie mehr er-
I: rlamit war Basel nm seinen -Esel*- ärmer gew<*nl^n.
Es wnr\l** bereif« obi»n betcmt» unter welchen Sehwieriix-
iHn KtaiU diT Staiitgarnison knniplei zu prhahi*n
p»ti, obM*hou das KommiHgariai, besonders der von 1716
174<> amtierende U4lt^4herr und DepntJit Joh. Bernhard
riiluirdi kf*ini* Milht* scheut«»* srliöni* junge Manuftchaft
I*- Im <jM| ji'\^iMif'n ,Uii iit»') .laiin- geWort)eh»'M
be^tJind ans landfremden Verabschiedeten. An-
der refprmiorien Hrt«* Bern,^Ziii*it:h, Evangeliwli
und Hl * 11 aa>t don gemeinen Herrschaften. Di*^
♦it Tr ^il*il aus l^anileskiiMb'i'iK ilu- k*iinitiri'
,..; u^c Kqj^irruHK in jenen Jahrtii iu der SchÄUutig ibr«r
durfl^« sthm tu riskieren, de» Fluch der Lichcrliclikcit auf
ScboHem ?« laden« bewci&l die Gescbicbtc des SlAdltdftibourt
DiMtr« ti« Hiebeofigjähriger Greis, wurde 1778 »itf der ,,H^^f>batte'
^»tlcf, wvil er ticb bennugcnomiticn, ameb dem .Xti^dn^otnieln mer
Erkeiitstiit* - Vpirn (inxi Küii« jiu»ttnil«ai.
432 Paul Kölner.
als PlatzkomiuaTidant und Wi-walter der Torschlüssel oin-
räumte. Nicht zuletzt kam die Würde dieser obrigkeidicbm
Respektsperson darin zum Ausdruck, als ihr der Bat im
Jahre 1736 im Münster einen Kirchenstuhl nebst ^ Anhenker''
l)eim Eingang der grossen Pforte kaufte.
Die Kompetenzen des Stadtlieutenants waren im acht-
zehnten Jahrhundert folgende:
Jährlicher Sold') 33(> ff
Jährliclier Monturgehalt 50 ff
B2 BostMi a 1 btz.
Monatliche Besoldung 2 er Bedienten, jährlich 240 tt.
Jährlich aus dem Salzhaus als eine Entschädigung wegen
angenommener Soldaten-) 166 ff 13 ^ 4 ^.
Bei jeder Musterung für 2 Bediente jährlich 50 ff.
Für die Anschaffung ihrer Montur jährlich 40 ff.
Den Bedienten für Trinkgelderersatz d fS S ß i J,.
Bei jeder Jahresrechnung*) eine Remuneration von 250 S.
12 Monat AVaschlohn 45 ff.
2 Saum Wein *M ff.
Kerzen. ^)
Freie AVohnung samt Magazin, Stallung und Garteii.*^^'
12 Klafter Holz.
;MX) AVellen.
12 Maass Lewatöl.
AVaiiu ein Weiher gefischt wird 1 Karpfen.
Die Xaturalgaben nach dem damaligen Wert eiiige-
sehätzt, ergibt sich ein Gesamteinkommen von 1408 ff oder
2112 FrankcMi Metallwert.«)
Weniger reich bedacht in seinen Einnahmen war der
Stadtwachtmeister, (hn* als Adjutant des Stadtlieutenants den
*) Von 1695 — 1787 bezog der Stadtlicutenant bloss 3008^ jährlichen SoM.
-) J.aut Ratsbeschlush v. 15. März 1766.
^) Über die Kasernengelder, welche jedem Soldaten für Feuer, UdiU
Bettwäsche usw. abgezogen wurden, hatte der Stadtlicutenant der Kriegs*
konimission jährlich Rechnung abzulegen.
*) Wöchentlich im Winter 4 Pfund, im Sommer 3 '/s Pfund; aus dieses
Bedarf nuisste er die Soldaten der Hauptwacht versehen.
^) Im Steinenklostcr.
^) Hanauer, Etudes economiques, Bd. I, pag. 501, schätzt for Basel Ol
Jahre 1798 1 gf — Fr. 1.50 Metallwert.
t>ic V^hlm Staill|;»niiv
435
i^M i4<t\vi*' die Bürgerwache zxx b«*aorgen uml die
»ti der Liindujiliz zu loitoii harte. Nbbeti dün nlilicJuni
iD Wein, K^rzotj i4c* liezog f»r ui(«iiHtHcb hluss
Üiu d«ni vt»ranl.worruMg8volleii Di**nst beliebter zii
wurde «lern 8tüdtwaciitrneist<*r 1734 (An ^hoiio-
ptr Titiil, als eines Stallt Majoren"^ zugelegt
S*^hr inVdi^ri^ An.siitze weinen die (lehälter tUir Waehl-
;ter mid der Miiniij^ohaft auf, ungenohtet bei ihnen <üo
igubeu in Wegfall kamen mit AuHnahme der freien
lliiinn^ bt'i dtni Wttchhneii^torn und dvs Knnimii^sljmtt*»
[dt^n Soldaten. Der wälircnd des achtzehnten Jahrhunderts
{ig abnehmende Metiillwert des Oeldes bei ßteigi^nder Ver-
84lmtlic1ier Lebensbedürfnisse biM^infhisste trotz der
" Ti die iikonemische Stellung der Stmltsoldaten
Weise. Einige 8tirhpr(il)en uiügen genügen:
Ifmatlicher Sold eines Waehtmeister^
im Jabre 1«22 20 (Luiden = Fr, "iil— Mt-tallvverL
lHyr> 12 n .- .. -MMH
1731 12 . i:>M
171*2 16 „ ^ . 24.
titr.u.t Sohl einea Soldaten
im Jfthn' IH22 iM» dulden = Fr. 13.78 Metnltwert.
1(595 U R = „ 23.31
1731 9 . = . U».<iH
1792 10 ^ = r 15.-
' In der unzureichenden Löhnung sali da^ Kommisi^nriut
^t mit üurecht ein gewiehtiges Hindrrni:^ zur Komple-
deü Miinn8c}mft?^bo8tHnde^.
die oft auffallend energisclien Forderungen der
j«ti für „«S>ulngiening*t unt^^rsttit^t von kläglichen
snen der Soldaten, lies« sich der Rat zu etwelcbf»n
frungen und Remunerationen bewegen, so 1745^')
t») 1787*1 und 1792:*) gewöhnlich f^rst nach endloser
:ico die WacbtmciÄtcr auf Vor^ht.ij^ eine?. LöbK Hauskilr*
; JbmmcaitM** von 15 — lo B ^tröstet.
ITafktiaessT ' ' n 2^ ff Zul^j^c ocbst { V*er/cl Korn,
fh j^hitiiiic Zulage für die \Vachtniei*ier luitl
Ztilii'r liir tili* W'ni'lltttitTihtrr
P..-.:'. iv.Wiicr.
K l;/;-.--.-;: u. ia :: ■ K"'>t»-!;.' woldit* di*^ Garnisini ihn
-•:t«.i:i-v:: ■!. H:»'.;<:. :'.•:•• v-rär<aeliTH. doni Sparsamkoitspriiizip
H- : .ovk- .<\v.!-:. lv':::n:i--rati«»noii his zu 2<X» 'T «rhiHlf
' '^^ :• •; i.i^ lvA!i'-::v.i:.sw»»S"Ti mui dio Konvspondenz b^
- :^:e' i M >•'. rs/i::-iJ-y. w-i! ••!• -durch uiiaufscliüi»lk'h»»
\:!i>v- :-."l ':.:■::. ir-!. •■:T-r< vo:i andfrii eiuträglii'lM'nMHi-
^v!..-:- ■. ,: j- :..'^:':. \v'.:rl»\-- Pt*iu Mustersclin»ihpr Almi-
S. :.i./-.._^ Ai:: •■ 17i*4 -<'»ndt-rlieitlioli \wnr»Mi ^U\m\
\: ".•' ^ -w •'.:! ■i'::\ii;..;<^i-!Tt^v. als sioli Iuit aut'gohalT»M>.-!s
:■;'.■:'-■- .. :. Kiniiinr..: ■:.- »»:!: (Trarial zu t»m'1.
l:i :• ■ -».;.":: ::'i-^ l.xc .:ronot»'ii i«'\Vi'ilou <li»' in der
'ia-.:-- ■ .. ; ^- w r iev«:: 'ütd zum TM«-iisre nioht iiit^lir nnii:-
:.\.- 'S' :.•:• .. :j. :::.•:. <:•• tiütach »'nrlii'^yi. Im pfüiistil^HMi
r'.:. •' u- w. ■:•':- :'.r. ri. 1 !• R;i: iTuadoiig»'halto vdji n»Min fe
::*.:- . !>..:.•■' \v vh-r.r'.irli. Au d»*n (Tfiniss dieser P'/nsi'-n
•v..'- -• .:.• .i" .!' ii. \"'";i*.'a !irr.!ig ireknüptT. d»'U Bettrlvöin'''»
•: vi ■!• \' -rv '•••'::j: .l-v B'.tri'V uud lioi diTeu r)>i'rtühnu;?
li« H :■ ■ -u : ■iiütiii.'i //i ^'iii. Erst in di.-r li^tzton Z-it
'S M -' :• > •[• •■ »i;:rv.:<.'Ti iiwi Miau humau«T.' IWsTÜii-
■'.■_■ :' A'-'-^j^vliwcii-lh-u iui Spital rnr»*rku!:" :
\ : .. ■' ^- : ;■■.■.'■■:. L;-ri!:;::'*u Solil wurd»- d»Mi >"■• '
. • ■-- '• 'L- :.; :. '•;'•'•«■:! /."hu SchilIiu;L: ].i-Trag»-:i'lvi» l
!\ - - • :■■.■■:. ■.rli.:! !;.»v;li • iu < iuldtMi tiir di«» MtHitivUin? •
_ ' j: I »i- X'" ;u-ri<!'iMj: taiid .ir^'W-rdiulich all-* /.«"'• |
• : V \iA-\\K::'r\<'''"\\\iz <Tatr, Kino sidoh»« -Ofiieni! .■
■:-■•; M->:v-;- i:'" \\;t:- "iu tV-ierliches Kn-iiriii^- '^'^
' i • ; • «v :•: :- -:i •";•■ i-i^izii::.' iT,»h^ir»^'uh»*ir. sioJi in tri>«.'li»*r '
:-■ • . •'• :: '-:::,. ' \\.ix^:i <«-li\var/.triIohenou <4ama<cli»'ri'" .
; -■■ :: :: ■ ::• ■."• v.'. II. i :"<. !:\v»if d"U Burgoru -krit\ixsmiissi?' '
/."' ■ ■ . .
\\ ' .: ■ ''.'.■'.'■< Z' ■•■r.i.»'.ii^'ll rt'gtdto ih'U Gaui:: «lit^r *
; :" ■• V. :riv:i '."' n.ich dem Bei^pitfl „aiuirt-r b>bs» '
z:: • •:i-o'-v...t-.Ti v.i./r Jtcinkleideren lier Solibier. al»
Die Eiiler StAdtgnrsison,
4.55
^tigeB Angßltagonheit, Sobald der nberste Kriegökoiu-
ins eioe Montierung vc*i*fügto, kam das KoniJiiissariat
ituori, um »ich über die Montiir zu besprechen; dit^
ie bis in dio kleinsten Einzelheiten, vne Knöpfe
darchberateu. Hierauf nmssten dieWaclitmeister,
laÄl^T^ireiber und die Vicari-Wii4littneist4.*rult.er Übung
bei den GnÄdigen Herren Obern In einem unter*
&n Cteistich um dfi^ niiif.»nn anhalten, desgleiclipii anc h
, 8t«dtUeut«nnnT
So nuterbreitete der 17^6 neu eingesetÄk» Stadtlieute-
'''*^ ■ ' h Stjlhelin dem Hat folgenden Briff, M der ala
:4':n mag:
^Wami dann Ew. Gnaden Stadt öaniison. deren vor-
rbeii von l>«*niKselben mir gnadigst anvi»rtraar worden,
9IIS die auf eine newe Moutirimg zu erfolgende ge-
luliche Masreruiig pafisiereD^ bei welcher ich das erste
tn ftinciionieren die Ehr hal^im soll, mir aber nicht
• t. da&s tneine Herren vorfahren von Ew. (inaden
rill in dero Diensten zu tragen »eye bestimmt
AJ4 habe in uiitertiinigkeit anfragen wollen^ ob Ew.
leo m' -^cdche vur 'anschreiben gnädigst genihen,
H ..^ cht Euer (hiailen nach <lero anerbohrenen
orn Generosität mich Ration e flessen wie meinen
1 anzusehen belieben wollten. In welchem
».iHianglen wtTde, Ew, <iuaden meine Unter-
amt** Dankbarkeit durch vertlopplung meines
in Amlseifer» zu bezeugen und Sie Gnädige Herni
d«*r tiefÄlt^n VeiiMrution zu ver>iichern.**
►•n 3<iiimt liehe \*ürbereitiingen getroffen, so erstattete
^Koimaifiääriat Anzeige an die Breizehnen um deren
^Etir Mu.st**rnng zu veniehmeu. (iewöhnlich überlietw
i^koUegiiun dem Kommissariat, nach Gutdünken zn
pn. Am Tage vor der Musterung musiJte der St-iwlt-
früftat bin dem regierentlen Häuptern anhalten. dB&s die
rl ' ' ' >livn Morgen auf ihren Posten Ver-
nix i esorge^ bis die Garmöon sie ablöse,
[Am MuMeruTJgHtj&g »elbsi versammelte sich die gesamte
.'^vt.- ;*e-.t-Jcr:--.2::. :-: >I :z--frri-r ^rif .l-e-zi BI»:.mIr in. Hie»«
^'-:i' ii.-',:. »rr^r-^iir?-: i-L* «i^zi ^r;giukzis die Fahne, u]
v/-r.r;.r 'e::.- Zr-i^aiTL: i-g-Lilr»rri wonien war. abgehol
V',r ir:.. A^.-&rs:L r-^aLi^r^r-r ier StaJtlieutenant ilieObe
■;:>1 rr.'.-r-rorflzT'^r-. ür- il-i^ikAritea an»! Spiellente Vi ir
»-ir.*r::i F'riii.--fi»:k. ALa-iar.:. -r:.>Igtn- der Marsch nach <1p
J'ara/I«rpiarz.* %> i-rr K- 'iiLmaüdant di»^ Tmppe den Dr
7>-h:i^rri v^irrihrr«^ und ♦ii- MasTeniiLg durch die Kommissari
^rf'ilirr*:. X^oh 'ier Visiri-rnng stellte sich die Koinpagi
iri .S^hlarhrordriUTig- a-if. mit entblösstem Säbel und ai
g*-pflariZt*:rri Bajoiiett. auf welches jeder Soldat sei neu B
-t/:fkte. I)»-r Stadt- '^^•der der Ratschreiber verlas hien
f^flichr und Eid, auf welche die Mannschaft den Schw
U'ijifM*'. Nach Vollführung einiger Evolutionen erfolgte (
Riickujarsch in «lie Kaserne. Ein festliches Mahl bilA
nach gutbaslerischer Sitte den Abschluss der Phrade.* !
«li^jseiii Ehren-K<sen. welches «par tete samt Brot" 3
kostetff und zu welchem das Kelleramt den Wein spende
wiird*'n durch den Stadtlieutenant als Ehrengaste gelade
l)'u' Dreiz<'hner, die Deputaten, die Dreierherren, c
Stadtschri'iber, der Ratschreiber, die Landobersten. (
inust.(;rndrn Offiziere, der Salzschreiber als ^Tresorier" u
i'tWM in JJasel anwosonde, in fremden Diensten stehen
Offizien». I)<»r (Tarnisonsarzt und Barbier, der Stadt- u
liundinajor s()wi(» der Musterschreiber wurden als Gft
zwr'it^'ii Randes durcli <len Brettknecht invitiert
Als in den 17o()er .Jahren die Preise für das Soldat«
tucli, sowie für sämtliche andern zur Montierang erford
liehen Hinge fortwährend stiegen, behalt man sich eini
.lalip' «laniit, di(» Zeit der Montierung auf 2^2 und scili€
lirh anf drei .lalire zu verschieV^en, wodurch aber die Gamis
dor Ansri'jstung halber „in sehr schlecht- ja verachtUcl
Sland^* •) «;«M'i<»t.
M Das ^pif'l bostaiul aus sieben bis acht Mann mit „Hautboie**, F
uiul WaKlUniM. hir/ii kamen bieben bis neun Trommler und zwei Pfeif»
-') Im 17. I.ihrhinulert der Pctersplatz, später der Münsterplatz.
^) Mir M.uiHM'lKift erhielt an ihrem Ehrentag eine Soldzulage, ä
l»i«>l iiiul Wein
•i KouMuissionsluMichl R. 1 St. t)2 A. No, 66.
Die Basier Sttidtgarnisou.
43:
Zwar waren iuj Jahre 17*v4 die Stailtsoidateii aiif Vor-
«tt'llnng der Kommission hin ^sowohl aus Nötwendig- als
AnetÄndigkeit^ mit nouen, von Büchsenmacher Coulsux in
Hihiingen verfertigten (lewehren ausgerüstet worden. Wenige
Jaljrc* später erhielten sie aueh statt iler ^aUen eigenen sehr
»ibgtmnt^t<*n und der Kleiilung so verderblich als im Exercitio
liinderlichen Säbhm'* ' i eine neue Seiten wehr mit Messinggritf,
I Trotzdem dürfen wir uns von der Städtgarnison kein
all glänxendeH Bild machen; ihre Ausrüstung entsprach un-
gefähr ihrer militärischen Tüclitigkeit.
Mit der Neuordnung des Wehrsysteras, der besseren
lostaltung des Auszügerkontingents und der Ijandnüliz war
ja ihr ursprünglicher Zweck, in Kriegszeiten für die erste
Not eine schlagbereite Truppe zur Verfügung zw liaben.
Iiinfällig geworden. Sie wurde auch offiziell nicht mehr als
eigentliche <Tarnison betrachtet, sondern als Tnrwache imd
PoUzeitnippe, die im achtzehnten Jahrhundert zu allen
luoglichen Dienstleistungi^n herangezogen ^^irde. um so
mehr als die Bürgerwache auch in diesem Zeitraum der
traditionellen Liederlichkeit treu blieb. Ks fehlte zwar nicht
an An8tj*engiingen, diesem Erzübel dea baslerischen Wacht-
weßetis zu steuern* So verfügte der Grosse Rat im Jahre
1733, dass inskünftig alle Bürger, ohne Unterschied der
Person, wachen sollten, ^von dem Herrn Bürgermeister an
ins auf den Bettel vogt und von dem Herrn Oberstpfarrer
Ali bis auf den Sigrist,^ Der Ratsbeschhiss wnnle niemfds
iii seinem vollen Umfange ausgefiihrt
Günstiger hingegen gestalteten sich die Verbesseningen
''<T der Stadtgarn isnn, besonders unter dem Stadtlientenant
Abel Wettstein, 1722—1735.
Vor allem wurden die Nachtwachen verstärkt. Während
km 1712 beispielsweise vom Fröschenbollwerk bis zum
»^tmiienboUwerk, überhaupt von einem Tor zum andern,
bloss eine Schiidwache stand, verstärkte man dieselben auf
p vier zwischen zwei Toren. Sie mussten sich alleViertel-
Kfiuiden anrufen: -Schildwacht hab Acht!**
1) Mil, act. R. I St. 02 A. No, 66; Ratsprot. v. »o. Mai 1709.
N\'aliiviul df> Tagi'S vortPilti» sich di«» Mannschaft auf
i>io HaupTwa^Iu» Ivstaml aus elf Mann; diese Versalien
/.woi Posii'n. oiiifu vor dorn Gewehr, den andern bei Au
l-osuniTssTüoken a:if iler Kheinbrücke. Die St. Johaiuitor-
wache zählte elvntalls eh' Mann mit zwei Posten. Das
Spah^mor wie> dreizehn Mann und drei Posten auf. eim-u
vor d.ni iu'wehr. einen bei dem Schlagbaum und d«»n
ilrint'ii aut dem IVdivverk. Steinen-, Aesehen- und St. Alban-
t.»r hatten Besatzungen von je neun Mann, die beiden Kloin-
i>aslertor«' solche von je zehn Mann.
Ferners versah die 1 Garnison das Rathaus^ ^ das Kom-
nnd Kaut haus mit Schild wachen, ebenso an Sonn- und Feier-
ta«j:en die vitT Haupt kirchen und an den Schiesstageii die
Sihiitz»'nmatte.
Zu den nächtlichen Patrouillen ausserlialb der Stadt
sielltr ilie ilarnisonstrupp«' fünfundzwanzig Mann. Dienächi-
iichen Vurposien des St. Johanntores patrouilliertt»n bis zum
Lis.>büclu'K ilitMcni^en des Spalentors bis ^gegen derLind«Mi.
Srliützrnniatteis und Hollee.- PieSteinentorpatrouille maclit«?
SiLlierniii::>ij:änge ^eixen «Binningen. St. Margn'then uu'l
d -ihMi Srhl''>sltMu Ihtihu." Pas Aeschen- und Alhantvir
iKiri.Mi k«Mn'« Vor[K>sten umi gaben dämm alle Nacht dn'i
Mann aut dir Hanpiwacln». I^t^- Hiehent<u*mannschaft Infi
'!:<' H<»lzw;iclit ob. wiUirtMid vom Bläsitor aus bis zur\Vies«'n-
i-riuU.- innl Klibrck patn)nilli»M-t wurde.
Au<s» r dorn allnächtlichen Visitieren der Weinschenken
unl ( i;i<thäu<t'r waren die Stadtsoldaten noch veqdlichtot.
!' -i F«U'is;4.'lalir und Hochwasser Hanil anzulegen. EiuMis«»
!i!i«l«ri wir -i.« ln'im StantliVilit, indem ihnen ilie Bewachung
• i'-r Miihtikanirn übmragen war. Bei Hinrichtungen eskor- j
ii«-ri.'n ^i.. di»' X'eniiteiltfU zur Hichtstatt. j
Aurli zur Abschatt'uTi;; d»'s i\berhandnehmenden lästige" |
( i;i>s.'nlMtt»'U wnrdo di«» (Garnison zu Hilfe gez*>gkMi. !^' \
iiiMcht«- 17*.^»'» «'inr Bund»' von Stromern, die sich auf Jeni l
Holzplaiz v«.r d<'ni KMi'ln'Utor eingenistet hatten, der Sta'h j
\ i«l zu >«h:ttti'n. hie Stndche wurden durch framisönW '
'i An -u.Mrii Kat-i;i;ien .uht Mann, ;in ordinären R.itstageQ ein M-nc.
Die Bfiüler Stadtganiison.
43^
3£ur Herberge geführt, mit leinenen weisa iintl schwarzen
KaiiUHolf^ii und Kappen hekleidet, an den Karren gespannt
utkd hei Wasser iintl Brot zu harter Arbeit gezwungen.
Die Überlastung der Stadtbesatzung stiesg bei der Kriegs-
komraission auf Widerstand: lag es doch in ihrem Interesse^
»laas der Wachtdienät, für den sie in letzter Instanz verant-
|\vtntlich war, pünktlich und genau geleistet wurde. Das
war ab^r mit Soldaten, die oft drei Tage und Nächt-e hinter-
f^iimiider zu keiner Rulie kamen, undurchführbar. Das
Kommissariat w*aiidte sieh dalier in nu'breren Eingaben an
die Regierung, um sie auf (Wv ungesunden Zustände aul-
in»?rksam zu machen,
Bir Memorial vum Jahr*^ 1731 hebt hervor, dass die in
Nt Stadtgarnison betindlichen zweiundachtzig „Schihergäste*
mehr Dienst tun müsaten, als unter einem souveränen Fürsten
f^Ürhe hundert Mann versehen: ^bei inuner mehrer an-
wac.hs*.ndiT Fatigm_*n^ könnten die Sohlaten uimiuglicii lie-
stehen: man möchte sie daher ^uin etwas soulagieren. ^
Der Riit liesH sich aber nicht herbei, Handrdfming zu
♦*rt*^ilen. sondern brtonte ziemlich schroff, wenn den Ange-
worbenen der Dienst unter der baslerischen Obrigkeit nicht
Miage, sei es jedem unbenommen, jederzeit seinen Abschied
211 verlangen. Diese Ansicht widerli(*f aber dem Bestreben
[w Knmmissarien. die ihren Standpunkt li eingehend bt>-
I Jjrlmdeten.
^Aih»rmassen der allzufnihzeitige Abscheid merklichen
p^<^limlen nach sich ziehen würde , indem ein ni an eher Soldat
J^M jähr und Tag zu lehrnen hat. biss er wegen dem Kauf-
IKom- und Saltzhauss wie auch andrer intraden und Ge-
["tttiche. worauf die Garnison zu vigilieren hat. recht under-
jnc'htet ist, der vielfältigen Bemühungen zu geschwtiigen
jaie Hf. Htattlietitenant und ilie Wachtmeister mit dressimng
|d«T9elben ziiliringen nüissen. Es ist auch schon geschehen
llirjd würde noch mehr (d>erhand nemmen, dass junge Kerls
»b unserer Landschafft under die Oarnison Dienst nemmen
Ttrid sich etwa ein halb jähr exercLren lassen und wieder
/ortgehen, nur damit sie hernach bei der Landmü iz Wacht-
•) Memorial der KriegskommUsion R, i St. 92 A. No. 32; v. 5. Jan. t 732.
44^ i*a"l Kölner.
oder Exerciermeister werden köimen: sie theten sich?
mehr an die Weibsbilder hencken."
Die einzige Erleichterung, zu welcher der Bat s
Zustimmung gab, bildete die Anscliaffung einer vom
tosen erfundenen eisernen „machine '^. mit der man die
fungenen zu schliessen und zu verwahren imstande
^dass sie sich auf keine Weise davon losmachen könnt
Anfangs der 1790er Jahre wurde ein letzter Ai
i]jenommen. wie „in Ansehung der Garnison eine be.
Einrichtung überhaupt und besonders wegen deren VoUza
keit getroffen werden könnte.'' Aber alle Erdauerung
mochte nicht der Stadtgamison, die als militärische Tn
sich überlebt hatte, neue Lebenskraft einzuflössen.
war altersschwach und morsch geworden, wie ihr dama
Führer Emanuel Battier, der ihr während mehr als e
M<»nschenalters, von 17B2 bis 1797 vorstand.
Der Wechsel des Regierungssystems mit dem Be|
der Helvetik berührte vorerst die Stadtgamison nicht I
bestand weiter, ohne aber irgend welche Bedeutung in J£
bewegten Tagen zu gewinnen. Sie erwies sich vieln
als unzureichend für die Überwachung der Tore. Das Poli
koniitee verlangte darum genauere Aufsicht unter den To
da t^s sonst unmöglich sei, die Stadt genugsam vor schlech
(lesindel zu bewahren^).
Am 2. April 1798 trug das Comite militaire bei
Nationalversammlung auf Aufhebung desKriegskommissar
an, da es dessen Verrichtungen übernommen habe. 1
abtn^tenden Kommissarien blieb von Seite des Comite n
fain» der Vorwurf nicht erspart, „sich particularer Begüns
nn^en zum Nachteil des öffentlichen Schatzes*^ scha
«gemacht zu haben-). Mit dem Wechsel der vorgesetJ
Mehönle der Stadtgarnison ging gleichzeitig, allerdings o
iinnM-n Zusammenhang mit der genannten Änderung.
I) Sohreihen des Polizeikomitees an das Comite militaire v. 3. März!
-\ D.is ( omitc militaire begründete seine Anklage damit, dass der
Ars St.ultlieutcnants Christoph Stähelin cvon Jungem an» als Kadet
.In St.ul!);ariiison angenommen und ihm monatlich 6 flf für diese Stell
tikannt \\orilen sei, obwohl er nicht den mindesten Dienst getan. Mil
\. I >. April iroS.
Die Basier StadtgoruiftOttt.
MI
r'-^*^' v*<>iiahts»tr'lln i/in, iiidern ihn' It^tzto 8tadtli«nitentiiir.
BuxtA-jrf, öpiit 1797 Naclilolgt-r des verstorbeui-u
als Senator in den helvtitisrhi^n gesetzgobendi*ri
^r\\f*r gf*wilhlt wnnle. Auf Antrag StohHns, Prösicjent drs
Ipmit^ militaire. wiu'de ilas Amt nicht definitiv bes^nzt.
i iirovTSiiriHclift Loining dor (Garnison übertrug Regiurungs-
r Hchnifd — das Milittirkomitoe schlag den Mustrr-
,*M , Schilling vor — dem Ob^mten RyhintM*^ welcher
bia zur Auflösung der Tmppe dio (Toschäfte bo^orgt«^
Ü«M5 Einnicken französischer (Janiisonstnippen unter
am 24. Oktobor 171*H, welche 8<ifort die Wache unt»'r
Stadttoren und die Verwuhruiig der TorschlüÄsel iil)er-
if eötkh^ideto die 8tadtgarni8on ihrer wichtigsten
aktiüueB*
Nar die WacJn* biMiii Rk**iiit«ir und heim Richtiians
mi^ix» Verblieben der städtischen Mutmschaft Stattludter
lid forderte hei Duchez^ Nachfolger, Generaladjutani
l, auch die Wache unter dem Ratliaus, biarn AI bau-
«i beim Z4jughaus für die StaJtsohJaten uijd die bürger-
ehaft. Die Benutzung des letztgenannten Postens
Bäaier. schrieb er unterm 16, November 17i*H nn den
Piftchim Platzkommandanten «,produirait le plus grand
iieiMeur effet sur reaprir public de t/OUt notre Canton-*L
urd gowlUirte Schmids Forderung für das Zeughaus«
«einem V«"»rlangen hinHichtlich des Rathauses un<l
aior8 nur insiofern entgegen, als die dortigen
fidiiiii aeur ftinen Hälfte aus Stafltsohlat-en, zur andern aber
«in Tnippen sollten gebildet werden. Nach-
&rte er auch tlie Bewachung des Zeughtuu^e«
^mb, *1ääii dort ebenfalls liie Hälfte der WachtTDaniLschaft
^'Mqh Soldaten — aus Franzosen bestand. Sehmid musste
• dieser nicht unwichtigen Andeiiing w^ohl oder übel
1; er »ichneb darüber an das Vtdlziehungsdirektorium:
^So g(&mm ich gewünscht hätte, dass dieser Posten uns
^en wäre, so wenig wollte ich mit einem Mann,
li . „ ., sn freundschaftlich gegen ww-i luimb^lhv daruht-r
Ldeii mind^Mften Zwist kommen*^'
roüllBdief B B 5.
l'^tiKlieft B B 1.
\ \- Vau] Kölner.
iMuvh IVlIisnnrs Massnahiiion war das Schicksal ir
Siiult^aniison so zidulich ontschiedeii.
(»loirlnvolil dauerto es fast noch oiii Jahr, bis <lie Aui-
hi'lnm^ zur Tatsacht» wur(h\
Am ö. Soptombor 17iW*i bescldossen die gesctzg^lHMulH»
liiitt» zur Boscliinuung der äussern und inneni Sicherheii
iIiM- Republik ein stehendes Truppenkorps zu errichten, so
iM'träclulich als es die HilfsqueUen das Staates gestatteten.
Pi«» Anwerbung sollte ganz freiwillig geschehen und »»hii'*
an «'in Verhältnis der Bevölkening gebunden zu .sein, in
'lt»r «xin^zen Republik stattfinden.
Per diesbezügliche Befehl des VoUziehungsdirekturiiims
wurde am VX September der Stadtgamison vor der Front
viTJosiMi und Mann für Mann darüber veniomnien. Es er-
i;ab sich aber, ilass von einundneunzig Mann, womnter
/\\»>li' liivaliihMK «als vom WachtmeisttT bis auf den Pn»-
toson nur zwtMunddn»issig WiUens waren nach Bern zii
1 iiarsr hieran "-1.
Wonige Tage später erfolgte die gänzliche Entlassung;
'Irr Stailtgarnison. Woder in ilen Protokollen der Ver^'ai-
tunuskainintM* noch in denjenigen der Munizipalität winl
«l'i* Anliosuuij: Krwähnung getan. Auch im Tagblatt ikr
<'tsri/,» und Pi'krt'te lunl in (h»r Aktensammlung der Hol-
\'tiMlnMi Ixepubjik iiniiet sich kiMu Beschluss, der ilaniit
iM /usamnitMiiiang st«'ht. Ob die Aufhebung der Stadt-
irarnisun ein»' unmittelbare Folg«» der Vorgänge V(mi lRSe|»-
r. inKtM- war, \t»rt'ügt durch das Vollziehungsdirektoriiuii. ist
Ji^i^ nirhr g.'hin;;:fn nachzuweisen. AVenn nmn sich auch
:!arli .I.mi oMm;»»!! Austuhrungen mit dem Gedanken »wr
l'.itlassminr liiiinrsi v«'rtraur gemacht hatte, so bleibt immer-
'!'i:> 'lio Art ninl Weis*', in welcher sie erfolgte, auffallen«!
Am 17. oktobtT 17W wurden die entlassenen Stadt-
-'Mai.'M nochmals in tue Kaserne beschieden, um sie zum
Kmiiitt in .li,. Xationaltruppen zu animieren: doch .warb«*»
•1' :» iA-ut»ii nitliT vi.'l Lust wahrzunehmen-*- und nur ein
Si::.k;,.,. Arii-ns.unn.l^. il. Hclv. Rcpuhl. Bd. VI No. 450.
-» ^. ljr.:i;>.-n .lc> r,.,riiisoiisscIircibcr> SchiUiiig au Statlhatlcr Schmiß
V. I'». SfptiTijlii r 1 7«ji> <I< i.^.
•*' I> I. I MMni/.i|,alitaispr.,t. v. 21. OUiüber ir*^>.
Die ßn^fer
^Binziger Mann liest» sich an werben.
^ Dii^ zwölf rutttellosHn IiivalidiMj hotreffeiHl. oiätsehied
I dÄsVöUziehiingsriirektorinm ant Rajiport des Krif^gsministers
Hl-muther hin:
■ ^Cnnsiileriint que la plus pari ile c^s vÄtßrans no se
«out adstrointer \l} tlans leur ic^iinesse ä uu sei-vic^ penible
qiie dans Tegperanct^ d\>btenir imo retraite pour leurs vieux
jours,
Considerant qm? leur petit nombre ponnet rle remplir
i lear egard len engag*>meBta de J*ancien gouverneniont
arrete:
1** Les In%'atidos ile la cidevant rTrimisoii snld^f» de Bido
Ha üfimbre de dotize continueront ä jouir des meines secours
i'ine leur accordait Tancien gouveniomeiii, c*e8t k dire qii'ils
«tiroot Tciption d'entrer a riiopital aux frais du gouvenn'-
''lom an de tirer le pain et le pret jusqn'ä leiir niurt^
Dieser B«*sclihi3^s wurde 18<>2 dahin aligeäiuleit , dass
>lf Invaliden jährlich 150 ff> Pension gegeben wnrde, wälirenrl
lt?r zwölfte, alt Wachtmeister Ludwig Iselin^ ein aclizig-
S-brigcr blinder Greiö, der fünfzig daliro in baslerischen
[Diensten gestanden, einen Enhegehalt von jährlich 230 u
4 Btz. erhielt. Die Erledigung der Invalidenfrage war der
löt2ti>, friedfertige Akt in der (Tesehirlit*^ der 8tadtgarni.son.
Im siel>enÄehnten Jahrhunileii:. in einer wtigendeii un-
K<*stümen Zeit zn rein kriegerischen Zwecken geBchaffen,
haftet der Sttidtgiiniison im achtzehnten Säkuluni als 'Exe-
»^^itivorgan vrvrHchiedcnor Behörden etwius krähwinkleriischeg
*^'** Cierade dadurch passt sie aber vortrefflich als er-
^^ii5endes Stück in den Rahmen jener Bevölkerungt die
^i^H Feyerabend^i in seinen köj^tlicheii Karikaturen vor
^^^en führt.
Die Mediation, welche so manches Vorrevolutionäre
^»^Hjpr herstellte* rief auch die Stadtgarnison in veränderter
«■or^D zu neuem Loben: Fünf Jahre nach ihrem unrfüiui-
''*^Hen Ende, 1804. wurde ihr in der Basler Standeskompagnie.
^*^^ ^Stänzlern'^ den VolksmiindeH, eine gewissenuassen erb-
h^h belastete Nachfolgerin.
*) Franr Fej'crabcnd (1755 — tSoo), Maler und Radicreri hauptsächlich
^^kaanl durch «eine prägnaolcn Karikatviren basicrischer Persönlichkeiten,
1
Die Entstehung und Entwicklung
der Herrschaft Farnsburg.
Von Carl Roth.
Mit iU^m Aufkoinmeii der Feiidalität und der durch dii»
^'(»rbiudung von Amt und Beneficium geschaffenen Erblich-
keit der Ämter war das öffentliche Kechtsleben des Mittel-
alters seiner Auflösung entgegengegangen. Im Zusammenhsng
damit hatten allerorts nisch partikularistische Bestrebungen
um sich gegriffen, die alten Stammesherzogtünier ^'»ren
wieder aufgekommen, vor allem aber waren in den GninJ-
luM-rschaften Quellen eigener politischer Gebilde entstandeiL
Diese (inindluMTen suchten sich im spätem Mittelalter
für ihr (lebiet in den Besitz der nötigen Hoheitsrechte zu
setzen, und infolgedessen entwickelte sich die Grundherr-
scliaft zur Land(\shoheit.
Von der (Tnindherrschaft zur Landeshoheit sich durch-
zuringen war das allgemeine Bestreben der Grundherren.
Manchmal gtdang derVersucli, oft aber scheiterte er an dem
AV(*ttl)ewerb«* mächtigerer Herren und ganz besonders auch
an der Konkurrenz des aufblühenden Bürgertums imd an
dvv Zähigkeit etwa vorhandi^ner reichsunmittelbarer Baueni-
g(']noind(»n. '
Aus diesem allgemeinen Streben von grossen und kleinen
Herren, weltlichen und geistlichen, nach Laudeshoheit gebt
klar hervor, dass die repu])likanische und demoknitische
Entwicklung, welche die schweizerischen Lande im Verlaute
ihrer Geschichte genommen haben, keine von Anfang an
<:,^egel)ene war. Hier suchte sich wie andei'wärts die horr-
schaitliche und fürstliche Landeshoheit durchzusetzen, und
zwiM Häuser ragen hierin besonders hervor: Habsburg im
Norden und Ostern unseres Landes, Savoyen im Süden und
AV(»sten.
bwtBg tm<f Entwlieklmig
■ Nehon diesen grosöartigen Untcrnehmeu* vrm ileiiPii
mr »las eine duK Imbsbiirgi^ichc^ Urbar König Albroehts be-
redtes Zeugnis ablogt, gab c-s aiicli eine ganze Anzabl Ver-
i^iiche in kleinerem Masstiibc?. So vermögen wir in unserer
"tvächsten Umgegend eine jüngere Linie des Hauses Tierstein
211 beobachten, wie dieso im Begriffe wai\ in einem Teile
^W Sisgaues ihre Grumlberrscliaft zur LHndesherrschal't zu
erweitern* — Es ist hier die Kedc von iler Hea*scbaft Farns-
hnrg, welche H^^rrschalt »bis Uebiet iles FJussystems der
obt^rn Ergolz nmfasste. mit Aj*isriorb Wiiitersiugen, Buna
und Maispracb über die Wasserscheide hinüberreichte und
atLssorhalb des Sisgaues noch eine Anzalil Bpsit^oingen im
Fricktale in sich schloss.
Um nun auf die Geschichte der Herrschaft Farnsbiirg
»ünztigehen und vor all» 'tu ihre Entstehung zu prüfen, halten
W V(yrerst in der einschliigigen Litteratnr Umschau. AVir
^vertif?n dabei gewahr, iias>; die Mitteilungen über Farnsliurg,
'^^sonders was die Anfänge die^ier Herrschalt betrifft, nur
'^pnrliehe smd. Dazu gehen diese meist auf die Angaben
ßnickners in seinen „Merkwüi'digkeiten der Landschaft
^^el* *) zurück. Verhängnisvoll ist dabei, dass sich auf
di^se Weise bei Brückner eingeschlichene IiTtümer immer
^'^iter vererbt und zu allerlei falschen Kombinationen nml
^hlüssen gelHihrt haben. So datiert Brückner das Urbar
^^s Grafen Sigmund II. von Tierstein-Famsburg von 1322^)
5tatt von 1372, xind dieses Versehen hat sich nun durcli
^^iö ganze folgende Litteratur hindurch erhalten. iJazu
sollte noch das Missgoscliick, dass auch 1322 ein Graf Sig-
uiuiid von Tierstein-Famsburg lebte, nämlich der Orossvater
^igmiinds 11, *l Die Folge war, dass das Urbar auf den
^^rotäsvater statt auf ih-ni Enkel bezogen und dadurch die
Herrschalt in der ausgebildeten Form von Vd72 um ein
^''^Ues halbes Jahrhundert zu früh angesetzt \\^irde.
Auf Brückner ist es aucli zurücivzuführen, wenn etwa
^® Existenz der Herrschaft Farnsburg bereits für das be-
*) D, Bruckocrp Mcrkwürdigkeitcu der l^udscbaft Ba&cl, baudelt von
i^burjg auf pag, 3ii5 — 2204.
'; Brnckncr, ebenda, pag. 2140, 2152.
•) Genealog. Handb. d. Schweiz, Gesell., Bd. l. pa;». iJo/31, Tai 01,
: ;'• Carl Roth.
i^iiiiit'Tult.' Xni. Jahrhiiuden angonominen wird. wähMul
sirli. wie Avir <;l«'it.li sehen werden, die Haltlosigkeit Av'^^t
Annalnne bald ergibt. Bnickner nennt als den ältestvii l>e-
kanuren Strafen von Karnsbiirg einen ans den Schriften d«?s
Klost'TsBeinwil ans ileni Jahre 12 12 bekannten Grafen Rudolf.'-
Es findet sicli eine Beinwil»T Urkunde von 1212. die schon
in Herrpfotts -(renralogia diploiuatica Habsbiirgica- ab«?'-
'Inickt ist.'- In diesi-r ist «li«^ Bede von einem -Riidolplnis
«•onii's dl* TitT^tein". aber dass diesiT Herr zu Farnslmrg
:^»'\v*'S»'n si'i. ist aus «h-r rrkande nicht zu ersnlien.
Brückner f«)lgt L. A. Burckhardt in seiner verdi»?nst-
volltMi Arl)eit «Dii^ X'erfassnng der Land gmf Schaf r Sisgan"/-
unvfr<tiMjdliclierwois»* jt^cioch unter Berufung auf HerrgorrIL
[)ag. 2C}i), dt»m Abdruck der von Bnickner erwähnten 1 r-
kunde von 1212. S«dir ernst scheint jedoch die Aiu-
stelbmg des Uraf«Mi Kudolf als ei*sten Farnsburgers nicht
^•Minniiii«'n AvordiMi zu s«*in. denn Burckhardt weist ilanebe«
aurli gl« 'ich auf den <Trnf«Mi Sigiimnd I. von Tierst4?in leboml
zwisebeii 12M2 und 1,-V2<ii als möglichen Clründer der fani>-
burgis(li»Mi Lini«* Tierstein hin.
Martin Biniiann in seinen Ausführungen über di^* Fani>-
bnr^^ fügt blos hinzu, dass andere auch die Farnsbiirpor
mir Sigmund IL von Tin-stein bi»ginnen lass<*n niöchtt-n:
.•in«* nähten' Begnhuhmg f«*hlt jedoch. j
Was die Kntstehungsgeschichte Farnsburgs betritt!. 1
führt aiicli (h'c Dissertation von Ludwig Freivogel, "'i ili^
iibiT di«* politischen Verhähnisse der Landschaft Basel ii'i
Mitr«'lalter orientien. niclit ül)er das schon Gc-sagte hinau>.
I>i«'< ^ih auch von Wevdmanns Tiersteinergenealogio iiu
'Ist «Ml Hand (h's genenlt)gischen Handbuch zur Schweiz^^r
( J«*s(hiihn'/' wriche ihM- Tra<lition gemäss, jedoch ohne Aii-
«;abr niih«M-er (Iründe, Signmnd I. von Tiersteiii als H*Tri\
zu Karnsl)nr^ bezeichnet.
*i ünu'kncr, cInMula, jtaj^. 21 17.
') Iliiijioit, \,:v^. 21:^ No. 2i»<'. Sol. Wochenblatt 1S24, p;io, 271".
■'1 Ha^l. nciträjic Hd. 11, ja^j. 2i)^ iX.
'.) nasl. Ja]iil>. ISS2, pag. oS lt.
•') L. Frc'iv(»;ic], Die Landschaft l^ascl, Berner Diss. iH«)3.
*'') pa^. 127 IV
ntittliQfig imd KtitM^cktung der Berrscbaft Farnsbiirg. 447
5r kuTKe Überblick über ilie wichtigste Litteratur
ll wie mangelhuft «8 mh iiuHerer KenntTii*;
^*>n der Herrschaft Fani8l)iirg btistollt ij*t.
jer wohl kaum als Überflüssig oröclioineu, sich
atil ihri^ Ocjichichte näher anzusehen, be-
Anbetracht ihrer Wichtigkeit fiir die spätere
Politik Basek; bildete sie doch hernach den Kern
orinm«, das sich *lit^ Stadt unter Überwindung
|ier Schwierigkeiten im Lftufe der Z<dt ango-
ston Malo erwühnt fittch^r sich die Farnsburg in
™dp vom 8. Mai 1307.*) in welcher dem Deutsch-
xu U*fnggori (tüt*?r geschenkt werden ^in Riken-
V;irnsjierg'^, Hat» zr^^ei^e Mal wird der Burg
getan in einer Urkunde v^om 2. April 1310.*)
i*r d*jr (4mf Wernht*r von Homburg an Johann
«Ion vierten Teil '1*^^ fT-iiV.c- vt^ Raus ^unter
\^ 2U Liihen gibt.
fboicbn Urkundenbmchre sind die uinzigen bi^
Inten Zeugnisse für die Existenz der Farnsburg
der ersten Hälfte des XIV^. Jaht'hund<'rts. Erst
rm der Farrisbnrg wieder «lie Hede, intlem in
12. Mai diese« Jahres datierten Vertrage, in dem
^u You Froburg und (*raf Sigmund H von Tii^r-
über den Nutzen der I^andgrafschaft im Sisgan
1^ tuiier den Zeugen auftritt ein ^ Hanns B^nne.
iierg>*i
I«] IS ide von einer Feste Farnsberg oder Farns-
die ersten Jalu'e des Xr\\ Jahrhunderts zunick,
4be nicht ge?^agt werden von dt*r gloie!niiimigen
Atmdrücklichen Bf^richt von einer solchen er-
^rst durcli die bereits erwähnte Güterbeschreibung
vun 1872.^) Bei näherem Zusehen ergibt sich
ü. L. B, pag* 17? Ko, Jf2.
V,U n. pag. IUI Ho. aji
V. L. B. ptkg, 365 No. 389.
Ja*FAniftbiiT!g€r Urbar v. 15*2, ein BestMidteil dea Gefamturbart
Boiljc« voo 1571/1 17^*; es liefiDdei sJcli auf dem Basier
Im ilrfi TkfBlBiiit«r Akten.
f. Vituh. uitn Allenum. VI» '2.
m
448 Carl Roth.
denn auch, dass es sich bei der Herrschaft Farnsbiirg ii
Gestalt^ in der sie uns im Jahre 1372 vorgeführt vdn
<ler Tat erst um eine jüngere Erscheinung handeb 1
Betrachtet man an Hand der Urkunden, wie es sich zu
des Xni. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des
Jahrhundert« mit den Besitzvorhältnissen im Gebiet»
nachmaligen Herrschaft Farnsburg verhält, so gelangt
zu folgendem Resultate:
Der Dinghof zu Bims untersteht zum Teil dem G
von Froburg/) zum Teil dem Grafen von Homburg-»
homburg): als Herren der Höfe zu Maisprach und W
singen erscheinen die Grafen Signmnd L wie auch Sigmn
von Tierstein : *) in Arisdorf treffen wir die Grafen von
bürg*) sowohl wie die (trafen von Tierstein*) berec
Eigentum am Hofe zu G^lterkinden haben in frühere:
die Grafen von Homburg,*} spätrer die Grafen von Tierst
in Ormalingen hatten Besitzungen die Grafen von Tiersl
während die Kapelle daselbst zur Kirche von Bnus gehi
woselbst die Homburger und Frobiirger Herren waren;
ein Gemisch von Besitzungen und Bechtsamen, jedo<
der Weise, dass neben den Tiersteinem nur die Homb
und Froburgor als grössere Grundbesitzer erscheinen.
Das Gebiet stellte also keine einheitliche Herr
dar. Nun starben 1323 die Homburger aus,^®) 1366 di(
burger 'M und 1372 zeigt ims das Urbar das eben in
Zerrissenheit geschilderte Gebiet im Gebilde einer zusan
gehörigen Herrschaft. Solche Tatsachen weisen daran
<lass die eig(»ntliclio Ausbildung der Herrschaft Farr
mit dorn Aussterben der Homburger und Froburger i
M Boos, U. L. B. pag, 173 No. 223.
2) Boos, U. L. B. pa^'. 181 No. 231.
3) Boos, U. L. B. pag. i8() Xo. 238, pag. 1130 Xo. 382.
*) Boos, U. L. B. pag. 58 Xo. 80, pag. 63 No. 94.
^) Boos, U. L. B. pag. 55 Xo. 80, pag. 76 No. 113.
'•) Boos, l^. L. B. pag. 120 Xo. 167.
■) Boos, r. L. B. pag. 2^2 No. 288.
"*) Boos, U. L. B. pag. 2 1<) Xo. 275.
") Brückner, pag. 2397.
^^ Crcueal. Hdb. Bd. I, pag. 20 Tafel 6.
'') Geneal. Hdb. Bd. I, pag. 2f> Tafel 6.
Dit EnUteliiKti)! und EtitwickUtDg der Hcrrscbaft Farnsburt*. |49
aif»nbang st4>ben mnsB. Mit dem Aiifhören dieser beiden
f blt<^b«^u iilli^in tiueh (Um Tiorsteiner als grosse Grund-
•bun Plams iiihI dit^seri süirvd rinn nirlifs niebr im
i 3CU vt»nMnigi>ih
Nön bU'ibt aber die Fragte: stmidiMi din Tiernt^itier in
' *h«*n Verhältnis zxi den Frnbitrgern^ diiss mau einen
i^^r frnhuro^i8ehr*!i B<^H!tznn*^en an sie ohuo vveiterai*
on kiinn?
V^ '^chattlicbu B*^zi**hiiiigoii zwischen TitMstein und
ixi^ -u sich kleine näheren nuchweisen, ausser liasa
Ur;gn^tiSUuitD des letzten Froburger«, Richenza von Pro-
(f 120^*). *> die (ieinahlin Bertliolds L von Neuenburg-
«borR. des Bnidors di*s StammvaU*rs der Nidauer, war,^
U IV. Viin Nidau aber der Schwager Sigmunds U. von
) Diese Verwand tachaft ist eine so wettläufige,
iitf s*ie nicht allxnjjt^hr »ibstollen kann. Tatsache ii*t
Uraf Sigmund IL von Tien5tuin-Farn>^burg fre-
ie Hinterlaiüsenschaft angetreten bat. Am IL März
biitt4> der Bi.schof von Basel, Johann Senn von
n» die Grafen Sigmunrl von Tierstein und Johann
borg zum halben Teil und den Grafen Rudolf von
(Imrg-Lüufonburg zum andern lialben Teil mit der Land-
iiü Sisgnu beb»hnt. Am *i, Oktober desselben
•^ bestimmte »odann Gral' Johann von Froburg» dusa
«eitlem Tode j^ein Anteil an *ler Limdgrafschaft ganz-
en seinen Gemeinder Sigmund von Tierstein fallen
hu I^ufe de« .lahren 13<J(> starb sodann Johann von
rg, uml am 28. August 1366'') tiennt «dne LTrknride als
fen im Siisgau die Gitifen Rudolf von Hab^burg und
"^ in; der Übergang iles frof ' lien
tttii h litte sich vollzogen. Der ^l ^^ oMt
[*f Goraü* Ifdb. Bd. l, pag. 16 Tafel t*.
nl Hdli. Bd. I. par 1 1'» No. ^m
r. U B pm 564 No. j8»,
U, L. B, |>ft«. iri 1^0 394*
C. l., B» pAg. 175 No. 400.
45C> Carl Roth.
<les Übergangs der übrigen froborgischen Hmterlassenschü
auf Sigumnd in gleicher Weise steht nichts entgegen.
Eine parallele Erscheinung bietet sich in den Greschick
der Landgrafschaft im Bachsgau. die ebenfalls bei FhAti
stand, sowi^ in df*neu des froburgischen Besitzes in dies*
(Tebiete. In einem Berein von 1323 ^) erscheinen die Gral
von Xeuonburg-Nidau als Anteilhaber mit den Grafen \
Froburg zusammen im Besitze der landgraflichen Recl
iui Buchsgau. 1366 starben die Froburger aus, und ihi
Anteil an der buchsgauischen Landgrafschaft erbte G
Kudolf I\. von Xeuenburg-Nidau. Zugleich damit er
dieser auch die Herrschaften Froburg, Bipp, Erlinsburgi
dem Amte Wi*^dlisbach, dazu die Lehen, die Froburg v
Bischof vcm Basel getragt^n hatte im Balstale. im Guld
talo und im (xäu. Hier haben wir also nachgewiesen
massen dim Aufall der froburgischen Besitzungen im Gebi
dor Landgnifschaft im Buchsgau zugleich mit demjeni^
des Anteils Froburgs an der Landgrafschaft, selbst.
Graf Sigmund war mit der Schwester des let2
Xidauers. Rudolfs IV.. vt-rmählt. Ende 1375') fiel die
Graf Kudolf bei der Verteidigung seines Städtchens Bü
^egen cli»» (rugler. Sigmund erbte nun durch seine Gat
VenMia von Kudolf die Landgrafschaft im Buchsgau. so'
«lit^ alten froburgischen Besitzungen. Was das erstere
trifft, so belehnte der Bischof von Basel, Johann vonVien
den Grafen Sigmund von Ti erst ein -Fanisburg am 21. J
1376^1 mit der Landgraf seh aft im Buchsgim und allen biscl
liehen Lehon daselbst. Diese bischöflichen Lehen im Buc
gau, im Besonderen im Baistale und Guldentale, sind d<
auch mitsamt den alten froburgischen Allodien aufgezeich
im grossen Gesamturbar des Grafen Sigmund IL vonT
Stein-Farnsburg.
Dieses Urbar bt.»schreibt den ganzen Besitzstand i
ninnds. Ks i)ietet wichtige Anhaltspunkte zur Feststelli
der Genesis von Sigmunds Besitztum. Man verdankt <
dorn Umstand, dass das Urbar nicht auf einmal ange
•) Sol. Wochcnhl. 1816, pag. ^^.
^) Gcneal. Hdb. Bd. I, pag. 118 No. 61.
') Sol. Wochcnbl. 1813, pag. 240.
Difl EtiUtdbufifC i]»d Entwicklttiig der Herrschaft Fnrusburg.
4:''
n Utt )»ön(li'm succeat^ive. nach Mass des jeweiligen
uwachaesw Es ist dieei aus der Schrift wie auch au?*
s^ iliT (TÜU*rl>esehreil)ung zu «rsehf^u*
l .^ t ^amrurbar zerfälh in drei Teile» von den<*n jeder
^in kleineres Urbar für sich bildet.
}iaa ersto dieser ürl)are uinfasst den Anteil Sigmunde
kttfüH tif»rstein lochen Besitz. Es besteht dieser Anteil
Kempen mit Twing und Bann, ebenso Thenvil uml
Idly ÄW«senloiu aiis llefäUen in Büren, Reinach und
leioL
}er «weite Teil ist das Urbar der Herrschaft Farnsburg
int datiert vun 1372. Diese Herrschaft^ in ihrer Eiii-
wie wir gesehen haben^ w^ohl die Folge des Auü-
fins dm froburginchen Hauses, bildete einen ziemlich zu-
lenhängentlen Komplex von Besitzungen; es gehören
Kl mit Twing und Bann Oltingen, Wenslingen, Zeg-
► '"'" hlM*rg, Rünenberg, Teeknuu, DiepHingen, Gelrer-
L., . „lalingen, Hemmiken, Baus. Maisprach, Arisdorf»
persingen« Ricken bach, sowie der Ostergau und das
^ 1 tlos Burgstalö Scheidi^gg. Der Ostergau liegt
feitiir lii der Mitte zwischen den Ortschaften Kilchberg»
■oherg, Rtinilingen, Dieptlingen und ist wohl urspriuig-
Iwit» ms*» »i^ineni Namen hervorgeht, ein die östlichen
I fassender üntergau des Stsgaus gewesen: 1372
i . , . noch der enge Bezirk, über den der Herr zu
ibttrg Twing und B»nn beaass* Die Herrschaft ver-
\ dann noch über Einkünfte in dem homburgischen
DMi und dem kienbergischen Anwü. Ausserdem griff
lOch hinüber ins Fricktab nacli Frick, woselbst ihr diö
B an Twing und Bann asustand; sodann hatte sie inn«>
V " ^\)f* und K^jchte zu Oberfriek, (»eftchgen, Gipf^
LTmiimpf, Eiken, (irimlikun, Wittiimi* Hellikon.
üricktaliiichen Besitzungen sind zweifelsohne aHh(»nj-
<jJut, das seinen Weg über Neu hom bürg und
n: '■*• * ' 'f'i ^' t<4n4Tn genommen hatte. Das mag
iilv horvorgt*ht*n. dass (traf Sigmund,
dem Urbar ersichtlich ist^ die Landgarbe im Frick*
usburg teilte, welche Tatsache nur damit zu er-
ijisN di«*sj' li:tlb«t Landgarbe gleich den übrigen
:r: k-.:::^= :.-:. IV— i'z": ir^rii E:"' •• i>: v^ii Frobnrc: r^s-p. X» •>
:: ..."■::■ iT. v*- . ■ " . u ■ Xe-; h- • l: V " rix- r ^ ic 1 1 nach ■ h'Ui AiissterWu
i -r A'.-; ...""i'-^-;- :..:: Ha*-'?'*;ri:-La'iT.:riil'nri: in «las Eri»*
I» r ::::-'■ T- i! :•■- rrVcir- -riirnLli •enthält «lif alt'H
:r' ■■:!_::- :.• :. A!: -ii-:. ■;:.■: I^hei» ini rT.-bi»*te •!».'> Bm'li>-
lT-.-.*;-. i»;t- A'.! ii.-.isr:: r-s'.-.:*-! :i'> -leri H »Trisc halten Fmbtirü;.
B::':- -v. ! Kr'.::.-' ".r:^: ■>".: 'i-:. "••i-cii«''riiclirii l^hnusbri»*! V"iii
•Jl. .I".- ■ i:^7»- :::■-".:-:. z-ir:« k «i:«:- I^'h»-ij<iriurr in: Balsuik
::. «T-.; •.:.*..;. •;:. i i . «v-.:. A-> «l-in Uinstaniin. das*» «l-r
"•■•:'.:>_•.■.•::- ■'..- H-^i'z irr.. S:2::.t;ii.1 ^U Erbe von st-iü-n
Sv;:W:^'.-r 1»*:; ..: v •. Xi i.:-; z';i:vk.»n3::i*-n i<r. Kiulolis T"*!
i' ' r '.:. :.•> .■.:':.-• 1:!7'^ iJxVr "r.A 'i*^r bis4"hot1ich»=- l^-lirn*-
■ r:-: v :. l-i?»' -i-'-r :-:. ir-hr ii.-rv.ir. diiS'i d^r iKzre T»il
:•■- i'"" -.:- ::■::. e-'-:> 1S7'" ::Vii£:-Z'*icluiet wurden s^-in kann.
A-i'.:; ::. ■:: — :.. ■r-v:™.-:.-:: ZusiUüiUHnhange d^-r Aiil-
z-i- :.■ "L_: •.-■'!. i:;7»' ::.:• i-::. Au-i^terK-n Xiilaus liogt eine
B-k:Ä:::i:: .:! i- r A:.- :.\.iv .:.•::. iitss -H- H»?rrsclnft Fjirii>-
: ".rj ■. i :'-r K.- l:-:-. ".:..: v :i l::57'2 -in- Folge i?T •i»'^
K:' - :.- .- i-< H"^< Fr-ir-
Tl.. M -*. .; -rk' \ T H-rrM::.*:' FariisliTirg bildt?te 'las
> *.. -- r'...-: - ::.: :-r F .:■:.-"• -r::. <■• nr-:uiniit narh «l":"
}]..' -.. .-- ".. " ._ ^- ■ i
I':- /.'-:: i-r Kr' .■.•::•_- :- S. ii;.^>ses ist nicht gen^m
:■; '■:■: :■- ■.. W - < .. ■.. ^'-^.t^*. rind»:-' sich »li^^ Burg cr>r-
. . - • v'A •:::.• .: : L- • ;:-:*•:. •-- »T-i:--:: Sigmund I. von Tit-r-
-••■■• - l.»-J'i r..:. : .: :■ :. Kr: :f.>r d-r Bure oder wenig-
--'-:> :-■ .:■---■ K--::'-'v:. j.'i: d-rs^-ibe!i z-i halt-n. ftiblt
:. -:■ '.: ■:::: - :•.•■'..:• v-r.i:..a>sr. ;iU man in ihm den Gniml»?r
■•: v: :.•■:• :. L:- :• T:- r--- i-j z*. — h-Ti g^>neigt ist. Letzteivs
.:> • : . 'Tr:::..-. w- :" . :- :h::. i::- Hause Tiei*steiu ein«'
■ -:■ X.*:..- :> ■• • .- '-^'.:.:.' . Lvr::iits>-n. dass «l^^r gloiih-?
X:::.- . \v. ■ . V :. i^r >-Vii>..- a'it «l-n Enkel übergelu:
>:-. •: : I. - 1 i-i». . "•• ■ I. - l.i.Vii. Sigaimül IL t IS^jH-
' 'f II " i;".^. 7.\\ ... '.wiv-:. iie Xanu*n Sigmund nn«i
»'•• i- : T: -<-. :: ::. • > .• r rr-::: i. was auch auf ein»» ab-
iTvS! ;-.rv Kx-s:-:.:: i: ? r Li:.i-^ von «1er pfeffingischen
Ihr::-::: iv sv.:!!! ->• :: ;:i<-r. iiid-m si»* vben ihre Residt^nz
.:"t Far::<^:;:-c :::♦:::::.
IMe PuriiÄburg snirfüIU ilirer Aul)ige iiacli iu »hti oberes
In ein uuierei» Schloss. Stand auch die Burg schon
Zeil Sigmiinil>* I,, so hat ruan sicli dies«* wohl uöch
lälttiismüs^^ig btt^cht^ideu zu denken. IBoi» i'iei die Farns-
im Erdbeben ein*) und wurde sodann vom (h'afen
Diitid IL wieder »ufgeimnt Birraiuin*) mag R<L^clit babon,
^ rst tliM ubero Bur^ für sich und orst nach 1366
Burg erbaut lassen öoin mciehitv
WiMi die Wi^ditrauifübrung des Sclilossifs betrifft,
int di«»** ISCvi %riedi'r bowohnt gewesen zu sein* denn
djeiiein Jahr wird ein Vogt zn Farnsburg genannt *K
n^r mif der vaterländischen Bibliothek liegenden band-
riftliiihen Aufzeichnung Konrad Schnitts') wird aul Folio
jgk ' ^ - t'H \Vied<^raufbaue.s IHfUi ungegoben: vieUeieht
H^* -I durch den iidolge d«?.s Aussterbens der Fro-
Ker nrhaltpnan BeHitzzuwaeliSf Graf Sigmund eine n^ue
ff entwick*»lte.
. i ültt*r als die Burg ist das später einen Bestand-
dfirselben auNmachende Hau;^ der Zieh^mpen auf dem
Haus diir Ziei^mpen, eines tit^rsteini^chi^n
i>^ Iilecht4/s aus Buus, wurde bei der durch
ULI -rien Schlossanlage in diese1l>e eiiibesfiogen.
\ <li»t^^ Hau». iIa» den Namen „der Zieh»mpen" fiUirto,
die FarnsbiU'g stand, ursprünglich ein Burg- und
le'heii für liich war \ind t«^ anrli ^nlirrt Idii^b ^nlii :\m<
7A^nf^\\im^n hennir:
Im Jahre 1412. am 17. April''), iiej&eiigt Hentzman
!Dip, vn« seinen Herren von Tierstein zu einem rechten
;- und Erbb'hen zu be^itasen «rain huss zu Farsperg in
Torborg mit aller rechtung und zugebör und usszefaren
i bur^* und lehoiirocht^. Noch 1462*^). als Biw^el Scblos«
(Stru&sb. Chron. 1, p^g, 150J. KUiigenhcrgcf (^,bron.
r> pi|(< US». W««r*Uien Chroti. (is^^o) fMig. 176.
U. L B. pait. i6/i No. ji^n,
tu und BuTgcrDt &o Ton 1000 — 154«
'( hüben.»
^— I' T. n n.. r.n. V. ^,^5,
454 <'arl Roth.
und Herrschaft Famsburg käuflich erworben liatt(% musste
sich die Stadt in einem Prozesse verteidigen gegen An-
s])rüche. die ein Ludwig Zehender von Aarau auf das
Zielempenhaiis als ein Burg- und Sesslehen. das einst den
Zielempen zugestanden sei, erhob. Der Handel wurde vom
Bischof von Basel. Johann von Venningen, zu Grünsten der
Stadt entschieden.
Der Umstand, dass das Zielempenhaus ein Burglelien
für sich war, zeigt wolil. dass dieses schon auf der Fams-
bürg stand, ehe die Farnsburg errichtet wurde, und dass
t^s dann später seiner Lage wegen in die Burganlage ein-
bezogen werden musste. jedoch so, dass es ein Lehen für
sich blieb.
AVohl ist die Fanisburg ursprünglich auf ähnliche Weise
wie die iui Tale der Lüssel gelegene Burg Tierstein ent-
standen. Entsprang deren Anlage der Festsetzung der Neu-
Tierstoiner in den (regenden des Birstais, so war auch die
Errichtung der Farnsburg die Folge der Trennung der
Jüngern Linie Tierstein-Farnsburg von der altern Linie
Tierstein-Pfeffingon, indem jene die östlichen Besitzungen
Tiersteins übernahm und sich dortselbst ansetzte, während die
westlichen fast ausscliliesslich bei Tierstein-Pfeffingenbliebeu.
Soviel übor die Entstehung von Schloss luul Herrschaft
Fiirnsbur<i:. Es ist gezeigt worden, wie sich schon zur Zeit
Sjcrinunrls I.. zu Anfang dt»s XIV. Jahrhunderts, Ansätze
nachweisen lassen zu der spätem Ausbildung der fanisburj?-
is(!heii Herrschaft unter Sigmund IL Graf Sigmund IL von |
Tierstein-FarHsl)urg liattf» es verstanden, nach dem Aus- ^
sterben c1«m* Froburgor die zerstreut<)n Besitzungen in jenon
von den Herrschaften Waidenburg, Homburg und dem Amte ^
Liest al nnbeiiilirten Teile des Sisgaus in seiner Hand zu f
einer Herrseliaft zu vereinigen, wie sie uns im Urbar vou g
1)^72 vorgeführt wird. S
Als (rrundlierren stand den Farnsburgeni im Gebiet«* ^
ilirer Herrschaft Twing und Bann zu; ausserdem besas:*''^ !
si«' ilher (liesellx^ <lie Oberlierrlichkeit und zwar Kraft ihM j
Kigenscliaft als LandgraiV^n im Sisgau. Am 25. März 1367^' !
M Hoo^, r. L. H. j>a<j. .^S2 Xö. 401.
«
Qk Ei>Uie1iaii|C und Eotwicklung der HefTscball FAinsbujg. 455
;ofI<»iieiB Landgerichte? die Landsasseri der Land-
chMh^ j,so weren diso nachgeschribnen stucJi, artikel
ri'chtungf* di*r i'giHianten lautgrafsehHfr«' ini Siszgöw
bl und zugeböruiigcii^:
L allf» Hfpcligehirgo iind Hochwaldot
*L all" Fi»c*lu*nz, Wasser nnd Wa^sserlüttiV':
3. alle* Erz-, 8t4?in- und Eisen gniben;
4 die Bohigiiisse übt»r alles talirende Volk, sowie ttbt*r
die BiiÄtürdfs die in der Landgmtäcbaft sieb aufhalten;
a alk* Wiidbänne über Wild tind Foderspil:
6^ 8liiek mid Galgen:
7. 0*?lrit und Zoll;
& Aufali alles frt>mde*n »owie herrenlosi^n Gutes* ebenao
äUps verlauf enini A^'ehes imulaffe>;
da«« R*H:ht oinen LarnUag zu gebieten, wann der
Landgraf es fftr nötig erachtet und auf welche Ding-
Itte in der I^udgrafschaft er will.
iroit wanni Aiv (rrafen von Tiürst^in-Farnsburg für
Sisguu im Besitsse der Regalien sowne der hohen Ge-
aharkeit mit dem Bhitbanne, ujid so auch in Bezug
ihn« im Si«?giin geb'gi^ne Herrschaft Famsburg,
Infolge gro^yer Kxenjtionen wie die Homburgs und
1*) — die laiiiigratlichen Rechte über Waidenburg
!»rtji» Gnif Ottn IL vtvn Tierstoin-Farnslnirg 14U> an
l*j — war schliesslich die sisgauische Landgndschaft so
wiB aof die famsburgische Herrschaft beschränkt. Uasi
uhtfF zwt Folge, dass die Grafeurfchte nur um so eng^r
it i* - -~mdherrUchen Recbt4?n verbanden, sodtiss
*itH die Herrscbatt Faniüburg ganz das
iüfif.r i^xemten Grafscbatt erhitdl. Es wird denn
r ttnt^r den Falkensteinern in einer Urkunde wi«i
i im Bi^stallungHbrief der Lan<lvogtei auf Farns-
VI in l4*il «<'hU*rJitw«g von einer ßnifschaft Fanisliurg
\ 4er wariMi ,u>M in M»r iiesten Entwicklung
G Tun l^nd^*shi*rrn begrifi'en* FakriiJcii waren
f. L, K p*«. 160 No. 1»;.
45^
C:irl Roih,
sie gleieli tlonjini terra«» Hi^rreu über das Land mit Am
Rechte der Ausübung der küuigliclien AmtsgewÄlt. Nuii
bloibt aber zu b«>merkei^ dass sie? di<'8»'S Recht nicht
lniiDunitätshern'rj besasseu, sondern Kraft ihrer Belehn
mit den hiudgriiflic.hen Ri>chten dnreli rh'ü Bii^ehof von Basel.
Diese bischöfliche Lehensherrlichkeit aber, die noch nicht
zur leeren Form geworden war. sondern die der Biscfanf
wirklich uusübte, fr<*nMte die FariLsburfipr noch vcm dts£
attsgebih leten I^ndeshoheit^
In solchem Zustande hinterliess Uraf Sigmund II
seineüi Tode tlie Herrschaft Fai*nsbiirg seinem Hohne Otto
Pen Tiersteinern sollte e« aber nicht beschieflen
sich in der Landeshoheit festzusetzen. Graf Dtto Ü.
als der letzte der auf Farusburg residierenden Linie.
Todestag fällt gegeu das Ende des J all res 1418 M. MEnth
Hebe Nachkommen hatte Otto keine, uml so fiel das gaiiK«*
Erbe an seine Tochter Clara Anna, die mit einem j-
Falkensteiner, dertni Stammsitze im Baistale sich hefiui
dem Freiherrn Hans Friedrich von Falkenstein, vermählt
l)i»r ITIiergimg der Hi^rrschaft Farusburg wie auch
Ijiuulgraisehaft Sisgau auf den Kalk**nsteiner ging trotx
tanglich«*nAVirlersfanih»s seitens Tit*rstein-Pfef fingen» w
tler fiirnsburgisehen Allödien, wie auch seitens des Bi
wegeij der ßeh-hnnng mit der I^nidgrafschal't, schliesi
ohne iillzngrusse Schwierigkeiten vor sich. Wie die F
Steiner im Sisgau den Tiersteineni in ihren Rechten gei
waren, so geschah es auch iim Buchsgau.
Nicht lange jedoch vermociue sich Hans Friedrich
Falkenstein seiner neuen Stellung zu erfreuen, Zwis«
dem Juli l4i^ri uml dem Mni 1427') starb er. und es J
ihm im nktol»**r 1429") sein Vater, der alte Freiherr
von Fäilkeij stein, im Tode nach. Es liliel) znrück die junga
Witwe diir« Anna mit drei itnmünriigen Kindern, t^H
denen zwei Söhne waren, Thomas und Hans. Die Falkefi^
Steiner hatten alte Beziehungen zu Soh*thurnj und so kamen
die beiden Jungen Falkensteiner unter die VormundschAÖ
^ Gcneal. Hdb. Bd. I, p.ig. 1^9 Nr. 3t.
») Gencal. Hdb. Bti, I, pau. 251 No. 21.
h (leiical Hdb. Bd. I, pag. 250 No. li|,
Die Entstellung mid Kntwickfutii; der Herrschaft Karnslmrg. 4.^7
flüthnrns und dessen Verbündeten Berns. iJie boiilt*ii
iu^
der Atisübi
ihrer
luiidschaftliclii^
gujgen
soweitt dass sie völlig über die *Teschicke ihrer
miM verfügten. So schlössen sie am 21. Jnli 1438^) mit
Eltern der Ui*sula von Rainstein. Kiidolf von Ramst«^i!i
Ursiilii geborenen von Uoroldsegg. lunen Vertrag, in
die Tochter dem Hans v(m Falkenstein aLs (4atiiTL zn-
lacht war. Es kam aber anders; denn wir finden später
Jrsula von Ramstein nicht mit Hans, sondern mit Thomas
Fal kenstei n vermähl t. ''* i
1439 erUingte Thomas rÜp Mehr jäh rigkeit nml wn?'do
20. Januar*) für sich und seinen Bruder Hans vom
ihol von Basel» Friedrich zu Rhein, mit der Landgraf-
iaft im Sisgau belehnt. Bis 1443 nmss auch <ler jimgo
keiisteiner Hans mehrjährig geworden st'in ; denn am
Sept/ember dieses Jahres*) teilten sich die Brüiler in
Besitzungen ilires Hauses: Tliomas bekam die von seiner
ossinutter stanmjeude Herrschaft Gösgen, Hans gegeiT
^eniahme der elterlichen Rchulden im Bt^tr&ge v(jn 5<AM}(t1,
Herrschaft Fai*nsburg und die Landgrafschaft im Sisgaii.
Die jungen Falkeusteiner empfanden die bürgor!ich**n
istiohungen ihres Hauses unangemdmi^ währeuildem ihre
agung dem Adel und dm' Herrschaft üest^rreich zuge-
slitet war. So schlugen sie sich dt^nn. als 1443 <h>r Krieg
schön den Eidgenossen uml i)9terreich ausbrach, sogleich
des Letztc^rn Seite. Der Überfall von Bnigg durch
ilioLuas ist bekannt: die Tat hätte aber für die Herrschaft
^sburg von grossen Folgen sein können. War die Terri-
IPialpoIitik Basels im Kisgau sehon durch die engen Be-
diUngen Falkensteins mit Bern und Sohjthurn sehr ge*
ifdöt gewesen^ so \\nu'de sie es noch in viel höher*Mii
durch die auf den Bnigger Überfall folgende Br*-
lenmg des Schlosses Fanisburg durch die Eidgenossen,
dem Aufpflanzen des Berner und Solothurner Banners.
Ich letzteres besonders dem Stabe an so manchem Trinkt**
'l Sot Wacheiibl. 1S20, pag. 252.
*) Genealog. Hdb. Bd. I, pag. 252 No. 2j und 24.
*) Boos, U. L,B. pag. 831 No. 699.
*) Sol, Wochcnbl. [813, pag. 363.
45B
Cir! Roth,
zuvorgokotiuiieD ist, aul den ZiDnen der Famsbiirg
die weik'm Erwerbungen Basels im Siägaii zum mim
sehr forsch wert worden. Der Ab^ng der Eide
der Famsburg infolge des Ausgängen «U*r :
St Jakob rettete für Basel das Scblojss
Thomas nnd Hans v. Falkenstein trieben eine
liebe Wirtschaft; tlie Folge war immerwährender (ieldij
und die Nötigung, auf jede Weise sich Geld zu verscl
So kam 14B2 durch Haus Famsburg pfandweise an
reich*), nachdem schon 1444 Thoraas seine Fest»*» C
im die Eidgenossen verloren hatte,* i
Nun scheint aber Thomas neue Energie gefaf
haben. 1453 gelang es ihm, seine Feste Grösgen, alli|
zerstört, durch Urteilsspnich T^Heder in seinen Besi
Isnngen*!. Nun sollte es an die Wiedererwerbiu^
Famsburg gehen. Um dem leichtsinnigen Treiben j
Bniders Einhalt zu tun, srhloss er mit diesem am 19l
14öB*) »'inen Vertrag, der dem Freiherrn Haus verbot,;
(it*ld auf die Famsburg aufzunehmen, und ihm, Tl
das Recht gab, die Pfandschaft zu seinen Gunsten
losen. Um sich das hiezu nötige Geld zw verschaffend
er am 12. Juni 145i5^^ von Basel aid die 141«) Ijeroii
jifändeteü landgrafHchen Rechte in Waldenburg, |
und Homburg weitere 25tJ (tL auf gegen das Verspf
vor Ablauf von Hi) Jahren die Pt'andschaft nicht einzq
weitere 8200 GL verschaffte sich Thomas durch Veräuat
Gösgens an Solothum 1 24. Februar 1458), *) Mit diesem^
wurde die Famsburg von Österreich zurückgekauft, im
Besitz wir Thomas zu Eingang des Jalires 1400 ^
finden.^) |
Lange gefiel es aber dem Falkensteiner nicht m
seiner Lage, eingekh^tomt zwischen mächtig
*) Lichnowsky» Gc§ch. des Hause* Habsburg VI* R«g. No. Ij
»; Ba$l. Jahrb, iSSi, pag S$,
') $oL WocheDbl. 1S2I; pag. 209.
*) Hoos, U. L, B, pAg. 9^5 No» 780.
^} Boos, U, L. B. pag. 946 No. 791,
«) Sol. Wochcnbl, i8ij, jia^. 364
7 Boos» V, L. B. pag. t»;^ No. H14.
Die Eotstebung und Kntwickluug der Herrschaft; Farusbtirg. 459
Städtau, vor denen der Adel eine Stellung um die andere
ndgeben mussfe. Thomas hatte in der Gegend von Rottr-
wfl in Srliwalion dip Ht^idbnrg erworben M. und nun bot
¥r die Herrschaft Farusburg zum Kaufe aus. Er brauchte
nicht lange auf einen KäiiiVr zuwarten; denn Basel mussta
msch zugreifen» wollti^ es sich den wichtigen Besitz sichern.
80 erwarb Basel am 81. August 14*U *► die Herrschaft
Parnsburg käuflich um die Summe von ItMXKJ Ol.
Den Kauf beurkundeten Freiherr Thomas von Falken*
*Jt>nn, Herr zu Faninburg und I^ndgraf im Sisgau. als Ver-
kiinft^r und Ritter Hans von Bärenfels, Bürgermeister^ sowie
Rat und Gemeinde der Stadt Basel als Käufer. Kaufobjekt
WBr Schloss und Herrscliaft Farnsbnrg als Kigengut und die
Lmdgrafscluift im Sisgau als I^*hen vom Bischof von Basel.
Neben der Kaufsumme im Betrage von ItMXM^ v\l fl. liatte
Bjtötd Zi\ übernehmen dio W fl. Gelds, die* ah jährlicher
Ziijs an trtriehe Rtsoijou und Klöster aut das Schloss nnd
.e Herrscliaft Farns bürg verscb rieben waren: dabei wurde
immt, dafis, was sich über diese 60 Fl. auf der Herrschaft
ichrieben finde, für jeden (iiilden 20 fl. an der Kaufsimime
;iiziehen sei, waren es aber weniger als 60 fl., so seiiui
m Käufer für jeden iTulden weniger 20 fl. mehr ssu be-
len.
Am 28. September 1461 ^) vcrpfliclitr'te sich Thom;e*
10 Falkenstein, alle Briid'e, Rodel und Urbarbücher, die
Äch auf die Herrschaft Parnsburg und die Landgraf seh aft
Sisgau beziehen, an Basel auszuhändigen.
Zu dem Verkaufe gab am 28. November 1461 ^ die
kttin des Thomas von Falkenstein, Amalia geborene v«ni
eiüsbergy ihre Einwilligung vor dem Offizial zu Basel*
Di».' im Kaufl:)riefe envähnten jährlichen Zinse, zusammen
fl. betragend, die die Farnsburg belasteten, machte sich
'^ Basel gleich daran, einzulösen. Das erforderte nach
♦^m im Mittelalter üblichen Ziusfiiss von B^/o ein Kapital
ipu 12ÜU fl», sodass der für Farnsburg bezahlt« Kaufpreis
♦) GcDear Hdb. Bd. I. pag. 55^.
»} Boos, ü. L. B. pag. 981» No. 826.
*) Boos, U. L. B» pag. 99I No. 827, 828, 829.
*) Boos. U. L. B. pag. 9^7 No. 4J33.
4.5'> *^'arl Roth.
sie gleicli domiui terrat» Herren über *las Land mit Jein
R(?cht(» der Ausübung der königlichen Amtsgewalt. Xnu
bleibt ab(M- zu beuuM'ken, dass sie dieses Recht nicht aU
hnmunitätsherren bcsassen. sondern Kraft ihrer Belehnnuy 1
mit den landgrällichen Rechten durch den Bischof von Ba<vl. i
l)i(»se bisehc)lliche Lehensherrlichkeit aber, die noch nirlit
zur leeren Form gew(»rden war. sondern *lie der Bisiliof
wirklieh ausübte, trennte die Farnsburger nocli von d»T
ansg<*bild(^ten Tjandesholieit.
In solchem Zustande hinterliess (rraf Sigmund II. l»''i
srinem Tode die Herrschaft Farnsburg seinem Solme Otto IL
1 >en Tierst«Mneni sollte es aber nicht beschiedeii srin.
sich in <ler Landeshoheit festzusetzen. Graf Otto IL >tarl) .
als der letzte der auf Farnsburg residierenden I^inie. Seiu .
Todestag fällt geg<*i^ ^la« Ende des Jahres 1418*". Männ-
liche Nai^hkommen hatte Otto keine, und so fiel das ganze ■
Krbe an seine Tochter Clara Anna, die mit einem jen»»r
KallxiMist einer, deren Stammsitze im Baistale sich hefiiuW
dem Kreilienn llan-^ Friedrich von Falkenstein, vermählt war.
Per Ibeiganir d'M* Ib-rrschatt Farnsburg wie auch Ar
1 .andi^r.ilvrliati SiM^;in aut den Falkensteiner ging trotz an-
l.»ui;iiei\e;\ W id»'ist;ni'l"s si-it^ns Tiersteiu-Pfefl'ingetis \vt*fj«*:i
der inrn^ie.irivi^^l^,.'. Al]«)dien. wie auch seitens des Bischols
der l>e;.hn:r.iir mit iler l^mdgrafschaft. schliesslich
Seiiwierigki'it'^n vor sich. Wie dit» Falken-
: .i-'Vi TiiTsieiuern in ihren Rechten gefolgt
:\\ '■> :r.uli iiii Buchsgau.
.i,\li ver:.i.Mhte sich Hans Friedrich von
.".r:. S:elliing zu erfreuen. Zwisch«'n
::..: .:■ •. . M;si 1427" Starb er, und es folgte
'. <i!^'- >■ ""'.i V;uor. der alte Freiherr Hans
ve r ..:-...■. ■ r \-e ' .u ':. Es blieb zurück die jung»?
W.W r . :.. \ .: .•■.••: :;n mündigen Kindern, unter ;
. . N> S, w. -. ■ • . 'r'..v^:.^a< und Hans. Die Falken- ]
. :^ : . V.- cZ; ■-. . :: Solothurn, und so kanu-n
■■\: n: ■ >:• .:• r unter die Vorninndschatt
. , ■ ' . ^ ; \: ^■.
. , V. ..... ■.,- N . . .
wey.i'V »le
V l>e;,-!
eil Hl* .1-1 :
;'.^!"«^'^*»t'
.iei:w. :v
^ s^sj::.r
\\;j;<*- ve
.' N ' > \ I ', ,
\n 1;
'. ..'. ::
Iii^g tniif Entwirklitng
iwriciafi
i^Iuugiibrief schliesst mit den Wort«"ri: ^Hiemitte wollo
pm got gluck, selde und hoile m«n'eii tiiut siner allenvol-
getaijestcm tochter. jimgfrow»? DorottieeiL''
Armiert wiu'de 8odann die Farusburg mit 2 Nürnberger
Büciisetu 2 Tarn\sbüt*hspn, 4 Hakenlnlehsen, 6 Hatidbüdiseii
'^üiit der Botigen Muiiitiori an Pulver und Kugehi, dazu
*> Armlmist^ii mit den dazu gehör igf^n Pfeilen.
Die ünterttmeii der Herrschaft Farnsbiirg schwur en
tfl<*m neuen Vogte nnil der Stadt Basel Treue un*! HultieJ)
Der Hnldignngyeid enthielt dai>? UelöbniH, einein Bürger-
eister. einem Rat und der Oemeinde der Starlt Basel in
kllen Dingen treu und gehorsam zii sein, ihrer HiTren
(flitzen zu fordern und ihren Schaden zu wenden nacli
llestem Vermögen^ M*io sie Junker Thomas und seineu Vordem
dieser Herrschaft jeweilen pflichtig gewesen seien, ohne
Geiiihrde.
Mit Farnsburg sollte an Basei zugleich übergehen die
äuisehe Landgrafschaft-, ein Beweis, wie eng verbunden
Herrschaft und tandgrä Fliehe Rechte waren.
Nach wie vor war jedoch diese Landgrafschaft ein Lehen
vom Bischof, dessen Lehensherrlichkeit noch nicht alle Be-
irit^Qtimg verloren hatte. Wie sehr dies der Fall war, be-
TOsen die fünfzigjähiugcn Bemülmngen Basels um die Be-
k'hnung im Widerstreite mit den Orafen von Tierstein-
Pfoffingen. Erst am 28, Juni In 10*) erfolgte die Belehniing
I lind zwar durch den Biseliof Christoph von Utenheim. Diesi^
geschah nach Bezahlung von löCKJ ih an den Bischof und
500 fL Entschädigung an die (xrafen von Tierstein; der
Bischof behielt sich die WiederlfVsung der gesamten Land-
gwkfschaft, auch die der Ämter Waidenburg. Liegtal und
Homburg Vi»r, jedoch so, dai^s nur alles gleichzeitig imi
31,0(X» fL sollte zurückgekauft werden können.
Niemand dacdite wohl damals daran, dass diese Be-
«titmnung der vorgesehenen Wietlerlösung jemals wünle
P^tiaeh werden können. Da kam die Reformation, welcher
Ä^ dem Fusse folgte die Gegenreformation, und mit ihr
*) Bmckner, ^^c^kwü^L d. Ldsch. Basels p;ig. 2136.
*> Booi, L'. L, B, pag. 1112 No. <>8 1 ,
EtUtehunt: nnil Kiitwkkluii^ iler Herrvchan Parnsburg. 461
rief sohliBSst mir ilon Worten; ^Hiomitte vvolli»
[ick, seldi« und ht^ile muTOn nntl siner allenvol-
tochter. jnngfrowe Dorotheon.*^
^rr wurde siyiiann ilie Faru.sliiiTg mit 2 Nüruborg«»!*
Turitisbüchspiit 4 Hiikenbüchseu, G Handbüclisen
tiötigen Munition an Pulver und Kugeln, dazu
tten uiit d*^ri dazu gchörigou PlVilen.
IInU*rtiiiu*n ik>r Herrsch« ft. Ftirnsburg schiÄTiren
Vogte untl der Stadt Baäel Treue und Hnlda*)
?;ungHiMd i*iitlu»dt da.s Gidöbuis, oinoui Bürger-
in** tu Hm und dor Oonieinde der Stadt Basel in
m trou uüd gehorsam zu «ein, üirer Horreu
fnrdf*rn und ihr**n Schaden zu wendon nach
rmug**n, wie «le Junker Thoma^s und öeint^nVordc^rn
lerrsrhaft jeweilen [)tlichtig gewesen seien^ o1iu»j
rarnslnirg snllt*^ nn Basel zngl»^ich iii>ergehen diit
Laiidgrafsfhaft, ein Bewtd^, wie eng verbunil»>n
and lajidgräüiche Recht*? wai*eii.
I'wie vor war jednch diese Landgintf schalt ein Lebeti
|ol dessen Lehensherrlichkeit noch nicht alle Be-
ftrioren hatte* Wie sehr dies der Fall war, litv
fünCa&igjährigen Beuildiungen Basels um die Be-
WidöHitreite mit den (h^afen von Tierstein-
Krsit ani 28, •fnui 1510*) erftdgte die Belohnung
lurch den Bii^chof Christoph \ on Utenheim. Dies*^
fcch Bezahlung von 1500 fl. an den Bischof uml
ita«chiidigung an die (rrafen von Tierstein; der
liölt «ich die Wiederlösung der gesamten Land-
ftach die der Amtier Waidenburg, Liestal und
|vor, jedoch so, dms nur olles gleichzeitig um
jII|<» Äiirückge kauft werden können»
dachte wohl damals daran, das8 diese B**-
der vorgesehenen Wiederlösung ]*»nuds wUnle
rerden können. Da kam die Reformation, welcher
folgt« die ttegonreforniation. und mit ihr
Die Heitersheimerfehde.
Von Otto Hassler.
Die Blütezeit knifi voller städtischer Politik in derl
Geschichte ist unstreitig die Periode der Burgunderli
lind der kurz darauffolgenden Jahre. Es war eine
Anstrengung zur Erhaltung völliger politischer ünabha
keit. Zwar war Basel durch vielen Verkehr und fi
Bündnisse mit den Eidgenossen befreundet, doch aU
Reichsstadt auch ein Glied des Reichs: von beiden
suchte es sich unabhängig zu erhalten. Durch dies«
streben geriet die Stadt öfter in peinliche Lagen und
sich auch wohl eine politische Schlappe. Seit den Burgi
kriegen nun drängte zwischen jenen beiden grossei
bänden alles zu einer Entscheidung, die dann im Sch\
krieg erfolgt ist. Basels vollkommene Neutralität ent>»
oben diesem Streben nach voller politischer Unabhäng
sie ist zur Genüge bekannt.
Unzwt'it'elhat't mit beigetragen zu dieser Stellun
sonders gegen Maximilian, hat das Verhalten östei
in der Heitersheimerfehde, oder besser im Heiterst
])n)zess. den Basel in den Jahren 1489 bis 1491
Rudolf von Werdenberg, Komtur zu Heitersheiin,
Es ist daher wohl gerechtfertigt, dieser Episode der
Geschichte, die. da sie keine Haupt- und Staatsakti
in den Chroniken ^ und bei den Darstellern-) kurz a
wird, eine eingeliende Sehilderang zu widmen.
Reiches Material dazu fand sich im Basler Staats
im k. u. k. Statthaltoreiarchiv zu Innsbruck, dann ai
»» BChr. 5, p. i«)4, 31H: o, p. 80, 325. Mone, guellensamxr
badischen Landesgeschichte 3, p. ()5<>.
*) Ochs, Gesch. v. Basel 4, p. 425 ff. Wurstisen, Basler Chronik
p. 475, 2. Aufl. p. 507. Joh. V. Müller, Gesch. Schweiz. Eidgenos!
5» *» P» 352 nach Wurstisen. Vanotti, p. 422 nach der Kosmographie !
Münsters, cdit. 1592 p. 614, der seinerseits Wurstisen als Quene N
Die Hcitcrshcimerfehde. 4^5
lerallandesarchiv zu Karlsruhe, einzelnes im Bezirks-
01 Kolniar und im Stadtarchiv zu Konstanz. In
mswerter Zuvorkommenheit wurde mir alles zur
lg gestellt.
stag, den 26. September 1489') hatt« der Basler
eist er Hans von Bäronfels*) seine Tochter Beatrix^)
am von Landsberg,*) einem reichen Adligen aus
er-Elsass, zur Frau gegeben und die Hochzeit zu
sgerichtet. Am 29. September*) fülirte der Vater
e Paar nach Hause. Eine ansehnliche Zahl von
darunter Härtung von Andlau, alt Bürgermeister,*)
i von Löwenberg,^ Jakob von Eptingen,*^) Marx
•n R^ichenstein*) und Hans Heinrich von Baden'**)
en zwei Söhnen, sowie Ratsherrn und Bürger
1 Frauen, von denen vier guter Hoffnung waren,
is Ehrengeleit. Schon da lauerte der Johanniter
von Heitersheim,** ) Graf Rudolf von Werdemberg,'^)
Hans Heinrich von Baden in Fehde lag, auf sie,
►er bei dem stattlichen Haufen, über 30 Mann.**"*)
Ln<jjriff. **) Schon tags darauf trat das Hochzeits-
H Heimfahrt an und vtM'brachto die Nacht vom
irstiscD, 1. c.
T. B., Sohn des Arnold v. B. wird 1457 Bnir. -j- I4«)5.
V. B. heiratet 1532 in zweiter Ehe den Jakob Bejjer v. Blcyber;;.
V. L, Sohn des Heinrich v. L„ -j- 1501.
a. J.. No. 80 iS.
V. A. Bmr. seit 14H5, Icl/tc Erwühnunt; I4«)i^.
V. L., Edelkn. aus der Familie Münch von Mür.thenstein, ^c-
.-. E., Junker 1475. R. 14X4.
R. V. R., Sohn des Peter v. R.
H. V. B'>. Vater Xiklaus (f v(»r I4(>c)) war Basler Bürj;er, H.
baoniter Koniturci, seit Ende des i 5. Jh. Sitz des (rrosspriorats
lod, 1805 7.U Baden.
V. W., jüngster Sohn des Johann v. \V. Tr(>chteltin;;en. Johanniter
Hochmeister für Deutschlan<l von i4St). j 1303 zu Ereiburg i. B.
|2I ff.
Hir. 5, i>. 318.
ist. 17, p. 2h8.
4<^^' Otto Hasslcr.
30. September zu Breisacli.*» Die Breisacher im \
Verständnis mit dem Komtur, ihrem Bürger, benut
diese günstige Gelegenheit, um in dessen Streitsache
dem von Baden einen Rechtstag zu erlangen.
Graf Rudolf hatte nämlich vom flandrischen Fei
1 1488) her,^) auf welchem er Kaiser Friedrich IIL begl
hatte, gegen Hans Heinrich von Baden, seinen dama!
Hofmeister, eine Schadenersatzforderung über verunti
Proviantwagen und Zelte. In der Sache war bereits d
Herrn Rupert von Staufen in Gütlichkeit gehandelt woi
und zwar hatte man sich dahin geeinigt, dass Hans I
rieh dem Komtur 125 Gulden bezahlen solle. Doch
nach acht Wochen und nach erneuten Yerhandlungei
legte Markgraf Christoph von Baden*; für seinen
wandten 90 Gulden. Bald nachher brachte der Amti
von Hachberg die beiden 2ielte nach Heitersheim. C
glaubte Hans Heinrich der Forderung genügt zu hs
trotzdem erbot er sich zu Recht auf den Herzog von C
reich. Bezeichnend genug für seinen etwas hochfahrei
das Ansehen seines Hauses über alles hochhaltenden Chan
wies Rudolf diesen Vorschlag schroff ab. Er hoffte
leicht auch, dass das verwandtschaftliche Verhältnis, in
die beiden Familien durch seines Bruders Georg Heirat
Katharina von Baden standen, *i seinen Gegner vom An
sten abhalten werde. Doch Hans Heinrich nahm keine B
sieht, sondern drohte mit Fehde. °)
Soweit ist der Handel gediehen, als sich zu Bre:
die Basler hineinmischen, indem der Bürgermeister
seinen Freund den Sprecher macht. Den ganzen Vorm
des 1. Oktober dauert die Unterredung, die damit e:
dass die Breisacher versprechen, die neuen Rechtsvorscl
») Xo. 25.
2) Über den Feldzug: Ulmann, Maximiliau 1., i, p. 32 ff. Basels
.in diesem Zug: Boos, Gesch. B's. im M. A., p. 400 ff. A. Heusler, in B
zur vaterländischen (icsch. 0, p. 183 ff., hsg. v. d, bist. Ges. Basel ü
') Chr. V. B. Sausenburg-Hachberg * 1453, reg. Herr 1475, t
*) Vanotti p. 425.
»^ Stha. J. No. 8030.
Dif Hcitersheimcrfehde,
467
Hans Heinrichs auf östeiTeichj die Bischöfe von BaseJ oder
Strai^sburg, oder die Stadt Basel dein Knmtnr zti über-
Vuiiigoii. ' )
Xarlimittags setzen die Basier ilire Heiiniiibrt iovt.
Einem Vortrab von vier Reii^igen, geführt von Marx R.ich
lind Balthasar von Baden, ^) folgten die Wagen der Frauen
lind die übrigen. Zwischen Grisaheim^^ und Neuenburg^V
aiif österreichischem Gebiet, hatte» scheinbar mit der Jagd
beschäftigt, Graf RudoJf mit etwa 50 Mann Reisigen und
Pttssvolk sich aufgestellt. Wie er die Vorhut der Baaler
In^inerkt.* schickt er ihr zwei seiner Leute entgegen, um
Bescheid über die ihm bereits bekannten Breisacher Ver-
kaiidlungen zu verlangen. Während Marx Rieh darüber
un den Büi'germe ister berichtet, stellt der Komtur seine
Unte kampffertig aul Dann sendet er seinen Marschall
nni Antwort, dem er bald einen tl ritten folgen lässt* Zu-
gieicJi kehrt die Basler Ordonnanz zurück mit dem Bescheid,
mau lasse es bei der Breisacher Abrede bewenden, zumal
sie der Komtur ja bereits kenne. Unterdessen rückt der
Hanpthaufe der Basler heran und zieht, vom Grafen gefolgt ,
^n^ an den Landgrabeii. Dabei kann sieh Marx Rieh niclit
♦'iithaiten auszurufen: ^So mir Botzlichnam, wenn ich an
Stelle Hans Heinrichs wäre, wollt ich vom Grafen sogleicli
B**S(^he{d!^ Da sprengt plötzlich einer von des Grafen
lauten vor und schiesst. Im Xu erdsteht ein Handgemenge.
Zwar legte sich gleich der Bürgermeister Hans von Bären-
fel« ins Mittel, aber schon sind Härtung von Andhm und
gßi' Ratsherr Rudolf Schlierbach* 1 verwundet, und der von
Baden mit seinen Söhnen gefangen. Aus Rücksicht auf die
Platten gibt Rudolf gleich nach, ja er bietet sogar Recht
™ den Kaiser» den König, den Bund in Schwaben oiler
*) Die Verhau dl iiugen und der Streit, No. 25, 69; Miss. 17, p. ttjK, igti.
^^*. J., No. 8017. 8018, 8024, 8026. BChf. 5, p. (g4, 318; ty, p. 80, 325.
*t B. V. B., Sohn dc5 H. v. B., f 1522,
■) Gr. im bjid, Amt Staufen, Bcsitzuiig des Grossprtorats Heitenihcim^
' Am Rhcio.
*) R. S., Ratsb, 1470,
'lie Ei'lgeiios*eii oder gar auf Basel selber.'» Ohne i
danib*-r weht-r anszuspreohen. aber auch ohne, dass Ku(
di'r GeiaiigeDen irvilässt. ziehen die beiden Parteien ab
Xoeh am glt-ichen Donnerstag müssen die Basler t
(hfT ziemlichen Entfemnug (ca. 35Km..> in die Stadt zur
gekonijjieij str-Lii. In aller Eile wurde der Rat versami
und beschlossen, diesen Schimpf mit Waffengewalt zu riw:
Schon am Freitag, den 2. (Jktol>er, \\Tirde dem Hoclmiei
Grafen Rudolf von Werdemberg, die Fehde angesagt, d
sie -gegen me denn völligen bescheid"* auf offener Re;
Strasse überrannt halje.*; Für den Zug wurden 2000 M«
mit dem nötigen Geschütz aufgeboten. Das Gebiet
Grafen sollte gebrandschatzt, das Schloss zerstört wer
(rhächzeitig \\Tirde auch der österreichische Landvogt
Ensishoim, Kaspar Freiherr von Mörsberg,*) aufgefon
an der Bestrafung des Landfriedenbrechers mitzuwii
Am Samstag rückte dann die Basler Streitmacht unter
|)orsönlichen Führung des Bürgermeisters Hans von Ba
frls aus.
ünterdossen hatte sich die Situation vollkommen
ändert. Noch am Donnerstag Abend hatten die Neuenbu
(h'.n Vorfall nach Ensisheim gemeldet. Tags darauf •
der Statihalt(»r Ludwig von Masmünster^) herbei, um
(JratVn zu strafen. Am Samstag kam der Landvogt sc
7M (li>n Verhandlungen, an denen auch Freiburger, Breisa
und Nonenbnrgür Käto teilnahmen. Das Ergebnis war,
di«» Herrschaft Hoitersheim und die Gefangenen von ö:
HMch in Schutz und Schirm genommen wurden, und
») In Rasier Berichten wird dies Anerbieten bloss als Ausfloch
/riohnrt oi\vT j^ar nicht erwähnt. Wohl eine absichtliche Entstellang
Wrhrimlichunj; der Tatsachen, damit des Grafen Überfall um so schli
ttM-hcinr.
-> lU'n. »). No. SS.
*1 Stha. I.. No. Soir, Bt^hr. 5, p. 318, t>, p. 80. Offenbar falsch i
.\n^.\be \ou ;UHX> Mann in BChr. (>, p. 325.
'» K. \ M . 14^7 ostcrr. Rat. 1488 Freiherr, erwirbt 1502 B
^ru i Nov. 14S: l-andvogt im Elsass bis Anfang 1503. Dann Vei
dci l uud\oj;tei und Statthalter bis 1504. Lebt noch 1508.
■*» 1. N. M., 14 :S Junker u. österr. Holinarscball, 1489 — 150J
\ind Statt h.dict dc> l.and\v^t> im Elsass.
Die Heiter^helmerfebde.
469
^
»r Komtur gelobte, den Baslcrn vor dem ErzLiirzog Sig-
iTiiiü*) luler vor dessen Landvogt^ in den äussern Landen
Recht stehen zu wollen.^) Diese österreichische i,Be-
rafung'' konnte Rudolf nur angenehm sein, Iii einer Fehde
it Biisel hätte er unter allen Umständen den KürziM'j»
hen müssen. So war er vor Basel sicher, das nun mit
iter reich zu tun hatt<^, und ausserdem durfte er als Rat
nunds hoÖen, dasi^ ihn sein Herr nit-ht im Stiche lassen
•nie. Heitersheim wurde also von österreichischen Knechten
setzt, und Rudolf begab sich nach Freiburg.
Diese österreichische Intervention w^irde durch den
dschi*eiber Konrad Armbruster und einige bischölliche
noch am gleichen Tag nach Basel berichtet. Der
itten in der Nacht versarnmtdte Rat lehnte jedocti jed«*s
imreten ab und venvies die <T»>Kandteu an ilen Bürger-
»ister im Feld.*)
Inzwischen war die Basler Mannschaft nach Schhengen*i
laugt. Auf die Kunde davon ritt Ludwig von Masmünster
it einigen österreichischen Räten hertiber. Ihr Begehren,
Rechtsgebnt des Komturs anzunehmen oder doch in
Idiengen eine Einigung abzuwarten, \vurdH knrzer Hand
fbgmviesen/') Noch glaubten die Basler ilureli schnellen
ormarsch flie ganze Sache rasch und gründlieh erledigen
All können.
So rückte man aru Sonntag früli weiter vor. Nun abt-r
**rschien der Landvf>gt selbst. Nach ^\'il tadung und grosser
'i^gestümkeit" — denn dii> Basler waren von der öster-
^'icliischen Einmischung nichts weniger als erbaut — ge-
lang t*ndHeh eine Verständigung. Basel verzichtet aul Brtiml-
**t^hatzung und anerkennt das Rechtsgebot des Grafen: da-
6*'gen wird ihm Heitersheim zur Hälfte zur Besetzung ein-
räumt,*') iinrl die (TefangeniMi werden freigegeben. tiOMann
^^rä
') S. der EiüfÄltige in Tirol-V^ordcrÖstcrrcich
-t »496 Mari 14.
■) Stha. J-. No, »017.
*) Xo. I c, 17.
*) M. Seh. im badiscben Amt Müllbeini.
«) No. i8.
•) No. 21.
1446, Erzherzog (475,
\~() r»ttri Hasiler.
MiiMT Ludwig Kilchmanii.M Hans HiltbrandM iui<i Hein'
vf in Sonnlioim*) werden dazu hingesandt. Der Bürgermei
rnit dem Haupthaufen kehrte am Montag nach Basel zw
F)fii Basl«T Hauptleuten übergab Ludwig von '.
riiruist4*r das Sehloss und Hess 10 Reisige unter .In
Frii'dricli von Erzingen zurück. Noch am Sonntag A
konstatierten <lie Basler, um sich gegen jeden Vor^-u
si<*jHTn, in (Jegenwart des österreichischen Offiziers.
Hclir hf'dcinklichen Zustand, in dem sie das Schloss ;
troffVn. *"') Denn in d<?r Nacht und am Sonntag war.
durch Österreicher, besonders aber durch Ritter, die
dem (irnfen befreundet waren, durch die Bevölkerung ui
dnreli <len Pfarrherrn von St. (rügen •) alles, was im
und in der Kirche nicht niet- und nagelfest war. wegge
odnr /«»rstört wonlrn. Briefe und Papiere, soweit si<
<irnf nicht niitgenoinnien, waren zerrissen und zersi
kurz liUoH derart verwüstet, dass Heinrich von Senn
ausrii^f: ..(Jott beliüete mich vor denen friinden, die
also hnshi«'lten; wenn im (dem Grafen) die früend
lih'ud. was stnid im denn die figent tun!^ Ja. so gi
lieh war aul);t»räumt worden, dass die Hauptleute zun
tun Lrln'usmittrl und die nötigen (xeräte nach Basel sehr«
imisslen.
Ih^^ten nun die Basler dit* Hoffnung, der Handel v
ii;u h ihn»m Kntp»«::en kommen rasch erledigt, so hatte
^ith in d»M' (»sterreichischtMi und vor allem in der On
l^ipiomalii» arj; »j^etinisclit.
In lan^witMi«;en, nebtMi den Hauptgeschäften herg«
di'U \'«»riiantllunü:t»n wnnie bis zum 16. November zun
dit« Krai^t» d.M- Hi^satzunix dahin geregelt, dass beide Te
li* Kussknev-hte unter einem Hauptmann in Heitei*sheim s«
liei;>Mi liabiMi. die sowohl Oi^sterndch als Basel zusein
' A'.li- lir- K.it-. l.. K. o!>olicim in l'rk, bis 1517, H. H. bi
■) \y\ t. _*.'. _\; u. ru*:;. l.,iiKie>.irv'h. Ivari>ruhe Conv. XXIX. N«
*^. «v hcisio M r.iii'.i. r,or.^ UiutVii. bad. Amt MüHheim; zu;
• N.^ I L'. I. k. :. '.'.., ::. .;. :; 41.
Dm Hcrf1i:r*bcmierrchilc,
Btld fiadi iit*r H^ninkelu hatten dio Basiter vod Kaspar
Jlnrnberg fiuf Ziisjimrrienknnift verlangt. Ohne Aut-
nbzuwartim, reiten am 8, Oktober Hans von Bärent'ols
der RatHberr Thomas Siirlhi nach Ensisheim»') Erst
,12, TiAch niner B<tsi>n*chTing mit ch?n Räten, antwortt^t
€ler Landvogtt dass die ganze Angelegenheit dein
Iterzog^ d^ni sio horeits gnmeldt*t sei^ vorgelegt wcnlen
,*) So sendnn auch dii* Basier ein aitsführliches
an an iSigmund. in welchem deg Komturs Tat selbait-
llich rocht schwarz dargostelit ist,*)
Ibtclizettig fand in Preiburg ein Kapitel der Johanniirr
(fraf ßudoli' hat dort seinen Fall vorgebracht *) und
nach nicht ver^jch wiegen habet», dass er auf Ostt^rreioh
Niemand jacheint daran Anstoss genommen
V ^/rzogs Zn^tändigkeit bezweifelt zu haben.
^Yo» Sigmtujd erhält Ba^el schon nach 14 Tagen den
1, dmm i*r aich der Sache nur annehme, wenn Heiters-
ler volbtändig zu seinen Händen gegeben werde.*)
Z**it Ätriiubt sich die Stadt gegen diese Zumutung,
asich «iner Rei«e des Landvogts nach Innöbruck^ und
l'*m in mnndliclien Wrhniullimgen am 25. und
j»er dnrch die Räte Hermann von E^tingea*')
Lölold von Bärenfels^ die letzten Bedenken zerstreut
^n waren, liasfien sich die Bas[»»r dazu bewegen, da8
tairri^n zti lassen/) i Jhne Zwang, nur dem Erzherzog
Iren, zog man. wie im Anlassbrief aus/lrürklich betont
die Hi^satzimg von Heitersheim ziu-ück, in di*r Er-
If- ' "Hin schleunigst ein Reehts^tiig angesetzt werde.
rst ilen Meister nötigenfalls zwingen wenle*»
L.i..K-^.^U. KxrUnibe, l v. Och. »i, Fol n;a. T. S Edjc,
jcit 14^8» bU 141^ in L'rk
f"^ HtK f g, li. Stha. J., So. 801 r*
«L d. tf. Okt. Stho, 1 . So 80t 8.
Kot 11.
N<l» I r d.«L lutiftlir^'^» -,. Okt.
H* V. C« Vtttrr J«kob* V. E., kgl. Kut, verkauft 14«; \Vitd<^pltllKell
o BaMi
^ Rät. t i>i<>*
I p9 4a: Scluu Jn No. toi()i Copaalbucb 148«)* Fol im.
t7- Otto Hassler.
Alles schii»u nun in Ordnung zu sein. Und noch kun
vor Weihnachten*) konnte Hermann von Eptingou seinem
Kn'un<l, dem Bürgermeister, schreiben, alles stt?he gilt, maü
«*rwart(» l)l()ss noch den Bericht des Komturs. Diese er- j
waltete Antwort überbrachte der Meister persönlich aai ;
Weihiiachtst'ost. Es war aber keine Zustimmung, sondern
eine luMie Fordeiimg, die er schriftlich einreichte und wohl
auch niündlicth aufs nach drück) icliste begründete. Er ver-
lan;;t unverzügliche Rückgabe von Heitersheim mit dem
geluuigen Scliadenersatz zu seinen Händen. Denn nicht
nur die Herrschaft, sondern auch öst<?rreichische Untertanen,
die bei 1"2<K)1) (Tulden auf dem Lande stehen hätten, litten
l)ei Fortdauer der Besetzung schweren Schaden. Und iiWr-
haupt sei nach gemeinem Recht niemand verpflichtet, ab
Verpfilmleter vor (lericht zu erscheinen.*)
l>urch diese Kinwände seines Rates und wohl auch
ilurch Rücksicht auf ilen t >rden als solchen bewogen, erläüst
Sigmund am l\0, Dezember, (dine Anfrage der Basler. einen
neuen Abschied. ''» Nach ausdnicklicher Betonung der öswr-
reiehisehen Hesi't/.ung von Heitersheim wird ein Waffen-
stillstand Ins zum 24. Juni ii\K^ festgesetzt, während d»*ssen ^
MantM- nur der Krzlierzog gütliche oder Rechtstilge auordueu '.
kann. Tber die Anualime dieses Entscheides haben !»i('h j
die PariiMen innen sechs AVochen auszusprechen. Unterm :
jrhMJien l\\tu:n wird der l-aiulvi>gt in den vordem Landen 1
.•»ni;e wiesen. In^i tler l'^ber^rabe des Abschiedes in Basel alles
;n». nwi^nJiv.. die S::\dt tür die Wiedereinsetzung des Hoch-
\i«iNi, vs VI die Herrsehaft zu gewinnen.'')
Pn:\ h ev.e ;;nerkläriiche Verzögerung erhielt der Basler
l\\j; . :s: .r... \ Keb::;;iv lAvv Kenntnis von diesen binden
"^^ !i'. ■.'.;s;'.., ;,,^ •. •' Svl'..:. :i::i V». bekundet er dem Landvogt
v,'-\ \,'..iN Kv..\ i '^ta-i.iv.is :vii: allem in der Hoffnung, ila^
.:•.. s, ■.'.:, •.•..•..;>: :;■' Ter:..*:, av.geserzt wenle.**)
^ V.. •' \.-
• \.
V ^; . N ■
Die HeitefsheiTTjeTfelide.
47^?
Der Komtur hatte den Abschied gleich Viiii Innsbruck
:fwl refereiidiun mit sich genommen. Es sehi*ineD ihm [jlötz-
ich Bedenken aufgestiegen zu «ein über die Stelhing seines
'rtlens als solchen. Er will sich nun zunächst mit seinen
(*bern darüber besprechen. Als Ergebnis dieser Beratung
ti*ilt Rudolf am "2. Februar dem Erzherzog mit, dass er bei
Riickgahe der H%*rrschaft für seine Person, unbeschadet der
R4.^cljte des Ordens, mit den Baslern vor ihm oder besonders
BfVQlhnächtigten zu Recht erscheinen wolle.^i
Hii setzt endlich Sigmund, nach damaliger Sitte vor
dem Prozess einen gutlichen Ausgleich versuchend. iUJi
27. Februar Temiin zu einem solchen aui 19. ApiiL'-,i Beide
Parteien sind einverstaTMlen.') Anfang April hat Basel
seine V o r he r e i tun ge n b e e n 1 1 e t : d i e I n s 1 1 uk t i f > n ist au f ge s teilt,
die Abgeordneton ernannt. Docli ein neues Ereignis bringt
weit»?rt» Verzögerung,
tAni Itx März 14U0 hatte Sigmund die vordem Lande
Bpiüem Neffen^ König Maximilian, abgetreten.*) Mit allen
tttidem Regierungsgeschäl'ten übernahm der Kon ig auch
tüesen Streitfall. Damit bekam der ganze Handel ein^ IVir
Basel nicht geradu günstige Wendung, War es doch Ma.\i-
railians wie schon Friedrichs III. Plan, Ba^el dem schwäbischen
"injtie zuzuführen. Wie leicht konnte er da durch un-
^ listigen Entsclioid die Notwendigkeit eines solchen An-
■Schlusses der Stadt rocht deutlich vor Augen führen ! Für
Rndolf dagegen bedeutete diese Änderung einen ganz be-
*>oiideren (iewinn. Nun konnte sein Bnider, (Iraf Hugo^
"•^f wie Rudolf selber vom Ehrgeiz lieseelt war, das W^rdeni-
^^t*gische Ansehen zu heben, wo er nur konnte» beitjj König
luen ganzen Einfluss geltend machen. Und der war sehr
'<^8s; denn schon seit 30 Jahren war Hugo einer der ver-
ff^utesten Räte Friedrichs III. und sjjäter auch Maximilians.*)
0 Stha. J., No» 8o2b.
'') Miss. 17, p. 275; No, 60.
*) VergL darüber: Jager^ Der Übergang Tyrols vmi Erzherzog Sigmiinii
^ König Maximilian.
•) H. V. W., seit 145«) am kgl, Hof, j 1508, über ihu vcrgl, Vanotti,
IT
Utto Hu:»slcr.
.... . ?i •.■eiiieh vt.*rlängert der König den Termin d
: ;\^H"* l>i5 zum 2-1. Mai.M Kurz vor des>en ^
'..it^i er dann den ganzen Prozess noch zu
Lvii ivtuumissären. die er zugleich zur Fostsem
- ■ anii Zeitpunktes ermächtigt.* Und bei dieser <
..' »iLriieiiming hat nun unzweifelhah Hugo ein kräfti
lieg** redet. Wie wäre sonst Maximilian gerade
:^^' iTPHi vt>u Montfort-Rothenfels.'r den Schwag»*r Rud<
ii 1 it ' 11 : Dies nahe verv^'andtschaftliche Verhältn i? kon
iij.\:iiiuian unmöglich verborgen sein. Ein solcher Ricl
V .iiiie dem Komtur nur angenehm sein.
Am 3. Juni endlich laden Hugo irmi von Mimti
"va^^iar Freiherr von Mörsberg und der Kanzler Pr. Kor
Sriuzt'l.* als Bevolbnächtigte Maximilians, die Parteien
ifii i:>. .Juli zu einem gütlichen Tag nach Freiburg.*)
Nach einem vergeblichen Versuch, eine Verlegung n
Kv^isheim zu erlangen.* stellt der Rat am 2S.Jimisei
ii»s;uidten, den beiden Bürgermeistern Hans von Bären
':vl Härtung von Andlau und dem Stadtschreibor Xikl
U'.;>ch.") den Kredonzbrief aus.*« Als Instniktion hl«;
vlii.' vom Ajiril bestehen.*
Panacli snlltt-n sie auf Schadenersatz dringen oder ^'u
\ iTo^K'ioh nur dos Inhalts, dass jede Partei ihre Kos
iraijo. annehmen. Sonst jedoch sollten die B<iten fest
lioiii vor dem König vt)rgeschlagenen Recht beharr
hvvh>tens in den Räten von Konstanz. Strassburg (^
Kidniar neue Obniännor nennen.
». No. (.1.
-' No. 03, d. d. l'ln. 4. Mai.
M H V. M.-R., Sohn des Wilh. v. M.. kgl. Rat seit 1450, t i
mI'v-i »hn xerjil. V.motti, y. 142 iT.
*> ri)cr St.. vergl. die ansj^rechende Biographie von Buchwald, K
» iMuhhriiu .ins Kit/ingen.
'^ No. (^o.
"» MisN. 17, p. 200: Xo. t*'.
'• N. K., St.idt>ch! eiber 1474 — q<>, dann Ratsherr, "J" 1500, Jan,
•\ UrU. o. No. 100.
•) No. (\;. (^.
feit^tbeimfr
475
Ain 9. Ttud 1*K Juli fanrlon die VerliaiidhiTigen zu Prei-
Imrg statt.'? Iiii Xameii des Krmigs erscdii^^neii die ge-
imimten drei Bevollmächtigtuii mit lOköuigiichtni Rätcu als
LBeisitzern* Graf Kiidolf kam mit seinen beiden Brüdern^
Heinrich. Domh*?rr zu Strassburg, und Graf ITlrieli von
AVerdemberg, und *?inem grossen Gefolge von Komturen,
^Bitt^ru und Katsherreii voti Freibiirg und Breisach. Da-
gegen stach die bloss dreiköpfige Basler Abordnung merk-
lich ab.
Den Baslern wurde die Vorklage zuerkannt. Nocli am
Freitag bringen sie sie mit der Erzählung ihrer Version des
Herganges an. Mit der Rejdik des Gnden und seiner Gegen-
klagen wegen der Besetzung von Heitei"sheim werdtni Hin
Samstag die Verhandlungen wieder aufgenommen. Rede und
Widerrede auf Klage und (Gegenklage folgen sich. Beide
Parteien müssen in einigen Punkten einlenken, die Basler
üire ziem lieh unberechtigte Kiniuisehung in Hans Heinrichs
vim Baden Handel, der Komtur dagegen das Absichtliche
*ies Hin terli altes und sein erstes Losschlagen zugeben, so
_ liass als Tatl>estand die oben gegebene Schilderung des
■tberfalles resultiert..
H TrotÄ de.*5 gereizten Tones der Verhandlungen scliien
Hi^iü Vergleich nicht ausgeschlossen. Da plötzlich erhellt
B^'cli aus dem Gefolge des Komturs Balthasar Schüfeler,-^
r >lör Ordensprokurator, und gibt die Erkläning zu Protokoll,
'Ijws sich der Orden, w^elche Richtung der Meister auch per-
*^Jnlich annehme, ^von uberfahruiig und Verletzung wegen
^rfrtbeit rlurch die von BaseP volle Handlungsfreiheit wahre.
Das war fiir die Basler wie ein Blitz aus heiterm Himmel.
^War wnsst^e man von einer Klage des Ordens zu Rom. aber
L ^'f>ch Mitte März hatte man vom Grossbai lei Peter vmi
■Bchwalbach gatxz versöhnliche Ant^w^ort erhalten.^) Die Ent-
g*^giiung fiel denn auch recht scharf aus. Ein Vergleich
'Tiit dem Meister biete also bloss eine halbe Richtung. Die
iiiiliojen sie nicht an, sondern behielten sich, weil von einem
>
*) No. 69, das ProtokoU des Tages.
*) Name aus No, 76, Fol. 17 v ergänzt«
*) No. 57» ho.
47?» Otto Hassler.
Onlonsglied geschädigt, nun ihrerseits Klage gegen (
lh\len vor.
Damit war t*in gütlicher Ausgleich so gründlich '
t;ihron. dass auch bei der Bestimmung des Obmannes
dt'ii nun notwendigen Rechtstag keine Einigung gelang.
vvTlief der ^>^hörtag ganz resultatlos.
Don Baslern war aber an der Erledigung des Fi
vor weltlicliem Gericht viel gelegen: mit Recht befürcht
sio eint» Einniisi^hung der Onlensbehörden. Vor geistlic
Gt»riolit waren sie von vornherein im Nachteil. War <
damals die Zuständigkeit geistlichen oder weltlichen Ger
iii solchen Streitiallen lediglich eine Machtfrage der Part
Und in diesem Falle war Rudolf, sobald sich der Order
ihm solidarisch «*rklärt»\ zweifellos der mächtigere der be
ii'^gnor. So lag in nischem Handeln die einzige Ren
iileich in der nächsten Sitzung der Dreizehner winl
sililossen. nach wie vor bloss den König oder dessen 5
v»'itn*ter als Obmann des Gerichts anzuerkennen.';
•24. Juli winl dem I^indvogt davon Mitteiliuig gemacht
dit' Erwartunjx ausgesprochen, er werde den Koiutu
• iii^ni gli'iolbMi Enrschluss vermögen.
DtM- Hochmeister Hess ab»M' g-ar nichts von sich h
PaLr»'gen führt»: der Onlon, vielleicht auf Antrieb Riu
<• in»' Drohuni:: mit geistlichem Gerichte wirklich j
Balthasar Scliüfel»^r. d»*r W»»rmser Komtur und (n»n
j»r«»kurati»r d»'< OhUmis. ernannte am 4. August zu S|
• li" Magi<t»'r Johann Ht>dt von Strassburg und Seba
F'Tnkliardr v«mi Sp^Mor zu Pn>kuratoren speziell für die (
H;i<ili.!i<is Sofort »»rhoben «liese zu Strassburg vor
< »id.Ti<k«>nsfrvatt»r für Dtuuschland. Conrad Munthart, Pi
. ::i iuni^»'n St. Prt«T. Klage gegen den Bürgen ne ister.
't::iI i i»M i»Mn«U' vnii Basel wegen t'berfalls und Schädij
• i.i.'s nr.l.'ii.sgli».Mb's mit l»ewaff neter Hand unter V»*rlei
;i!i-i- päp>t liehen und kaiserliehen Privilegien. Am Mi
'l-n l»'). Augu<t »rlä^t der Propst »lie Citatiou gegen Bi
H::ni»':: 15 Ta:i»Mi Vi»n der Puldikation an geroohnet l
' t )eLi 7. Fol. 2 r. Xo. 70.
- Alle- diesen Pru/cs^ betrcrt'cii'le, in No. 70.
■'■ BIB. «>. No. 10;.
477
■ie Basier, bei Strafe des grossen Batines, an ordentliclieDi
BvricLtstag um 1 Uhr nachmittfigs ini Hofe spliif r gewohn-
■ichcti WohnuTig zu Strassburg vor iliiii zu erselieinen.
I Am folgenden Samstag friih 6 Ulir, als eben viel V^olk
■ur FrCihujease ging, verlas Sebastian Funkhardt persönlich
pm Portal des Münsters die Vorladung. Nachher wiederholte
■r ^ie aiu Eingang des Rieht hau ses, und au beiden Orten
whlug er Abschriften an den TorfUigeln an. In den nächsten
■agen publizierte er die Citation noch zu EnsisheiuL Frei-
ftürg und Schlettstadt. In Basel hatte ihn der Kat zwar
■icht gehindert, aber bald die Anschläge entfernen lasaen.M
■ Eine solche AVendiing der Dinge war für die Stadt eine
fcrojise. nichts wiMiig<*r als angenehme irberraschung. Dass
Her Orden so prompt vorgehe, hatte man denn doch nieht
■rwartet. Und nun waren rlie Tatsachen geradezu auf den
ÄOpf gestellt, aus den Klägern die Beklagten geworrlen. uml
m Ende nmsste man gar noch für erliltem*n Schaden Ent-
■chädigung bezahlen! Da uiussten gleich alle Mittel in Be-
pognng gesetzt wenlon, tliescs geistliche Gericht^ wu möglich
poch im Entstehen, zu unterdrückten.
I Der König, d. h. dessen Bevolhiiächtigte. konnten tla
pllein helfen. Da traf es sich gut. dass am Luzerner Tag
pom 24, August-) konigliehe Räte anwesend waren. IVii^
i^ortliin gesandten Bash^', Härtung vrni Andlau und Lienhard
tWebj erhielten also beziigliche Instruktion. Gleicli bei ihrer
Ankunft, in Luzern, am "2(1 August, suchten sie die Bäte auf
tiöd setzten durch, dass der Landschreiber Micliel Armbmster
lü ihreui Namen versuchen solh\ den Korutur zur Nieder-
«(^Wagung des geistlichen Rechtes ^u veranlassen.*) Noch
ftin Sonntag übermittelt der Rat diesen Auftrag i\ach Ensis-
tt'inL Am Montag reitet der I^andsch reiber nach Heiters-
Mm und. da er Rudolf dort nicht findet, nach Freilmrg.
Üort unterhandelt Jlichel Arml>ruster in Gegenwart des
Bürgermeisters mit ihmi (Tniien,
I>och Rudolf lehnt jedes Entgegenkommen ab: da jetzt
<ler ih"den die Angelegenheit in div Hand genommen
*) Xo. 71. Kiner dAVon mit starken Ivlebstol^rspureo ist No. 5,
») E. A. j,. |>. syh
^ So. »2h,
IkiIk'. <^oliH sit* ihn iiichr< iij^hr ait.^ Mit -::.-: i . -ti
iMit^r^li schon B»'schwr.ril.. i-rroii-ht*- *wr Ra* :.':r iir Vr-
rriKtun^. man fiol^- -iiiuial «h-n ri'-riohtsras: f.-'-'.h:<;k-L. "Lvi
• laiin w^-nL* P«'t»-r von Sohwalbach \V"'iü ••:::-:. Ai:-ri"b
^.'wälifMn. zumal a'i«.-li >i.^ ili- kgi. FJär^. B-t-«. Lar :-.nii
Stra«l'nr:X S"1i'1'-m w«ilh»,-n.^
Si \v.-id-*!i 'l^Tiü. will «ii- K'Z.rni.^az z" v-m.- ; M.. i-r
Sia.lr<r:iiv.i]...r nr.-l TK-kr..!- A:: ir-a- H-:-:::i-:- li-:: I»i'::-:ai.
• 1'^:. 7. >--:ir--::.f •-:•. ::.i: ür-h'-riLT-r V «ü::.:-! :.- T.a :. Srrri--^:::j
:;ii: "i:." :.■:•■ K ■L:-rr-:,z ::.:* i-::: M-i---r v-r: »-> - ü in
>• i:.- r •;:. i i— Kä:.z^-r< A:.w — :.::-^it ::■ X-:i-:.f'*;r:r *:aiT-
:\v.\-:.r Mi- Frr-ir:- v:-^:.-i:- >-r ßa: -li-s- t ;^ ^-g^TihrP.
>:« :. '. '. i: '-::!:-:• Sv::. •- v r i--:„ ^«^ri^t'ioh-:: «T.'riihi^
.:; •-:."%"-:•■.; v - :. ir' lAZ" ifr ^-'i«ivi. Bür^rr:;.»fi>trr
;.':.::.:■:•. l'v.. ... Y'-v-izz/iT.^ .r •. -ri»!-:. ^stvir-^ichijoheii
\l.\:- '.<. . \..' ' .;■ . '. . Sr] --:::''!• r •lcr..:i.i.-r srütliriie Al>-
:v.:^- :.-.-:- : ":. : k'- ::.-:. K*i- v.'ii K-üstaiiz
:'.-■■. :..-.- .'.-■. ..■-:. Z-:-:«-z z'i «.»t-miinii'-ni |
:. ■-- ■■ -. ■--. -: ..VLsrr^t^l;. hfiii Kt-rhi ^•^ j
. ^ -/. .:--^: "-:. 1.:.- Aiip-Iiatioi: fügea. j
> '. .<• .: ':•- 7 •• ir.i:.:: ^-wahlr. 14 Tagt* |
i— ." - ■ ..:..- ..■.--: c--^-:: u:..l »lann hinneu j
- '- ■'■ ■-':.- - ">\-.^ M.^-S'XZ' stfin." :
. -^ ^ -■ - :\.!.: :^l*:.k:ivh vt>niii*^deiJ. ]
> :.>?-'.'■- -r.irch M-liU-UTiige ;
\
'/::.r^;"rrt:r<i-r. .i>x ::s?cr >;-G
- :v-: ^.: i-r.'. Reut'.ingcr la^i«
ntersli
47«)
TTnterdessf^n hatten aber* die Verhanilliiij gen zu Ötriüä!^-
hnt^ doch ihren Anfang geiiommt»TKV' Pünktlich zur fest-
estnzten Zeit, um 1 Uhr inittags am Froitag, ihm lU. Sep-
nber, eröffnetf df^r ( )rdeusrichter, Propst Conrad Munthart,
flie Sitzung. Als \*ertTeter des Ordims war f^rschionon Ma-
pütor Johann ei^ Rodt, als Vertreter von Basel Magisttvr Matthias
Uuli. di*r dazu von den beiden Basier Rat^ljot-en ernannt
rorden, beide Geschworene der Htrassburgor Kurie, Nach
3tjn einleitenden Formuli täten verlangt der Vertreter des
prtlt?ns ohnp weiter«^s. dass die noch nicht persönlich ^r-
ienenen BashM- in Kontnniaz erklärt werden, und dass
geigen sie als solche der Prozoss gefülii*t Avi>rde. Pauli da-
egen bestreitet von vornherein die Zuständigkeit des
Propstes, ausserdem fiihrt er eine Menge Formfehler an,
le deutsche Akten l>ei geistlichem t Bericht, fehlende Sigel
ftnri, dass die Ordensvertreter als Möiiche personae inliabiles
»men. Zur Widerlegung diesi^r tormellen Einwände erhält
einen neuen Termin auf Samstag mittag zugesprochen,
^ie (Tninde, die Elodt vorliringt. «lass di^ Johanniter nacli
hren Privilegien personae habiles seien und also auch ei\
der als Notar zum Orden gehöre, \verden zw^ar als genügend
erachtet, dagegen verfügt der Propst die Rekognition der
pigel durch den Komtur und den Schreiber des Strassburger
I J<>lmnn!terhauses ^zum grünen Wörth''. Dazu werden die
[Verhandlungen zunächst auf Mittw^och» den 15- September,
hiiitl dann wegen Nicliterscheinens «ler Basler auf Donners-
tag vertagt.
Natürlich hatten untei-dessen die Basler Kunde vom
^PUenburger Abschied erhalten; sie ignorieren deiünacb alle
h^'oitern (Jitafcionen, Und durch den Kanzler des Hoch-
Miimters. der trotz seinem Auftrag, das (lericht abzustellen*
M^u ganzen Verhandlungen stillschweigend gefolgt \var.*)
M^ird endlich auch der Propst davon vernommen haben. Fr
[*t*>!lt wenigstens vorläufig das Verfahren ein.
Auf den Bericht über den Verlauf des Prozesses teilt
ppr Basler Rat dem Landvogt mit»") dass von einer Ant-
*) No. 76, 77, 78 Relationen <lts Stadt schrciberB. BÜß. 9, No. 101).
*) MiM. 17. p. 3»»-
^ Am 16. Sept. 1. c.
ßtiJtr Zeitscbr, r, Getclt. und Altertum.
VI, 2.
48f
Otto HAfisIer.
Wort auf den Neiion burger Abschied ketno Rode sein k'
bevor nicht dsm Recht zu Strassburg gänzlich abgt^tan set
Der LöTidvogt iH^schwichtigt mit d*nu Versprechen, ili*^
befremdliche HandlimgHweise des Werdern bergers dem Köni^
zu melden.*» Ho nehmtiu die Basler am 30. September da«
Recht zu Konstanz auf,*i doch unter der ansdnuk
Bedingiing, dass der Komtur das Strassburger Recht ui
und ebenfalls da** Konstanzer aufnehme.
1
Uui diesem Wunsche noch Oiehr Nachdnick za verleihtm,
soilt-en die zur Luzemer Tagsatznng abgeordneten Gesandte«
bei den dort erwarteten kgl; Raten in diesem Sinne vor-
stellig werden. Doch in Liizeni waren keine kgl. Rate an-
wesend.^) Dagegen erhielt Basel am 11, Oktober von Kaspar
von Mörsberg den Bescheid, dass der Komtur seiner^fit;
den Klingenberger zum Obmann erwählt und versprocht^n
habe, sich fiir die Aufhebung des Strassburger Rechtes xu
verwenden* sofern Basel diesen Obmann ebenfalls Äin?r-
kenne.*)
In diesem Zwiespalt wandten sich die Basler direkt
Maximilian. War ilmen der König auch nicht gerade
giinstig gesinnt, so durften sie doch hoffen, dass er den
Eingriff des Ordens in seine (lerichtsbarkeit nicht dnld**n
werde. Am 2B. Oktober erhält Diebold Siemlin eine Krede
ausgestellt Den ganzen Handel sollte er miindlicb
bringen und dann sein Schreiben übergeben. Eindringlini
wixrde darin dargelegt^ wie Basel trotz des Re<*hr.sgeboU
auf den König ^rait Bobstlichen gorichtszwang^ gedrängt.
wie sie^ die Geschädigten, nun gar „umb ein sach vor zvri-
fachen richteren in recht gezogen werden.'^ Als Glied d«^
Reiches ersuchten sie ihn also, sie bei ihrem Recht z"
schirmen und den Meister, den Grossbailei und den Richter
^ durch königliche gebotbrief l>y nemlichen penen"" anzu-
halten, das geistliche Gericht abzustellen.*)
») No, ÖK
*) No. 33 c.
») No. 83, 84: E. A. 3i. p. 368,
*) No, 82, 85,
*) Miss. 17, p. 325, 326.
Die Ht;icersbeimetfchde.
481
lozwischen hatU^n tlit* königlichen Itäte die Paiteien
Abmachung eines austräglielien Rechtes auf den 6. No-
Tembpr nach Lnzern golarlen.') Graf Rudolf orschion per-
tf^jtihch; von Bariel waren der Bürger nie ist er und Dn Andreas
Belmat anwesend. Die Unterhandlungen, geleitet von Graf
Hiigci von Montiort-llotenfels mitl dem Kanzler I)r Stiirzel
mit den Räten Ritter Ijtirenz Wirsing^) und Hans Lanritz
«ro Liebenfels^i ak Beisitzer, dauerten Samstfig und Sonn-
tag» bis endlich am Montag eine Einigung gefunden wnirde.
Konr^tanz wird als Obiuann anerkHimt. Basel soll die
^nrklage lialien, und tler Meister seine und des Ordens Klage
Züsaramen vorbringen. Innert Monatsfrist von der Übergabe
dvü Anlasses an uiuss Konstanz um (Übernahme des Rechts
ajigefragt werden. Dies wieder hat binnen eijiem Monat
Tag zu setzen und bis nach vier Monaten die ^sach zu Eiid
und vsstrag^ zii führen. Gegen das Urteil gibt (*s keinn
Appellation. Beide Partnien versprindien, nnterdi'ssen nichts
-arges noch unguetes'* gegerndnander vorzunehmen. Der
Meister behalt sich zwar die Genehmigung seiner *)berii
vor, verspricht jedoch schnftlich, alles anzuwenden, dass
der Orden das geistliche Recht aufhebe und die Klage mit
Jer seinigen v^ereinige. Bis Weihnachten will er darüber
dem Landvogt im Elsass berichten, und dann erst wird dieser
äeo Parteien den AnJassbrief ausliefern. Bei einem Miss-
«'•^olg des Komtur fiele dagegen die Abrede dahin/ 1
So liatten die Baj^ler fast alle ihre Bedingungen durch-
o dnlckt und durften lioffen, dass es dem grossen Eitdlusse
Rudolfs, der sich ja imdlicli persönlich nachgiebig gezeigt.
Utte, gelingen werde, den Orden ebenfalls zu einer ver-
^i^^bnlichen Haltung zu bewegen.
Allein der Meister konnte trotz redlichster Bemühungen
^^ die Vertagung des geistlichen Gerichts bis nach dem
*) L, W., Dieuer ti, Rat Herzog SiEmunds, 1477 — 79 Vogt m Beaumcs,
Ol kgL Rat.
*) H. L., urspr. Bürger von Konstanz, verheiratet 1403 mit Adiki von
tikofen, die Herrsch. LiebenfeU, kgl. R^t., her vorragend er Ageot Ntax L
der Schweiz 1488 — M'>8» t *5C>^'
*) BUB. 9, No, 112.
482
Otto Kassier.
tiät'hsteti Ordenskapitel zu Mainz ain Sonntag Ocnli 1491
i^rlang^n.*)
In dios«' Zoit fällt iiucli der erste Vt^rniitTiii
lies Herrn WiUiulm von Rappoltstein.'t Da aWr i
auf Schadenersatz beharrt, und Basel jede Verhamllung »uf
diejser (Inindhige aliweist, verlänft fr resnitatlos/
Endo Feivruar nimmt der Rat von Basel tUo cmA
Heitersheim in einem Schreiben an das Kapitel der Jo^
hanniter nni Zustimmung zum Luzerner Abschied wi<Hler
auf.*) Mail wnsste also noch nicht» dass Kaiser Friedricli HL
ihrem Wunsche gemäss*? sehun am 24, Januar au den Groa^
l)!dl('i, tien (Trossmeister Rndulf und an den Orden&l«on&er-
vator hatte Gebotbriefe ausgehen lassen. Er befalil iluieB
darin, ^bei Vermeidung kaiserlicher und des Reich« rnguiuli»
und Strafe" den Prozess gegen Basel^ als einen Eingriff in
seine richterliche UewaU. sofort niederzuschlagen und ili^
Stadt in dieser Sache mit geistlichem Gericht ^unen?nchr
zu lassen» Erst Dieboiil Siemlin bringt^ bei seiner Ruck-
kehr von Linz Kopien dieser Gebotbriefe,") zugleich mit
der Privatnachricht des Bischofs Matthia*; von Secknn.'i
Maximilian beabsichtige, durch Herrn Hans Jakob vj^d
Bodmati den Altern') nochmals einen gütlichen Aitsglei^li
versuchen zu lassen. So war man endlich nach sieben-
monatlichen Unterhand hingen der Gefahr des geistlicbt'«
(itericlites entronnen uuil wieder auf dem gleichen Staud-
punkt wie vor dem 16. August 1490, Leider Hess der zweite
Teil der Botschaft eine weitere Verzögemng der Entscheidung
voraussehen.
Sie trat wirklich ein. Denn auch daß Mainzer Johanniter-
kapitel hatte von dem neuen Vermittluugsaidftragvernomraen-
») No. 92, 95, 94,
■) W, V. R., 2. Sohn des 1451 f Schmiissmaim, »ca. 1417« reg. Hf^^
>45^t 1476 — ^t iiad 14S6 — 87 osterr. Lantivogt im Elso&s, f t5o6Juiii!^
5) No. 96, 97» 98, 99, ioo, ro4, RUB 5, No. 1040,
*) Miss. 18, i>. 9,
^) No» 102, 103; diese Gebotbriefe Friedr. IB. (rndeii skb aicbl b«»
Cfame), Reges tä Friderki tll.
*) M. V. Sdieidt, B« v. S, 1483—1512, No, 105.
') H,J,v. B» /u MocggitLgCD-Bhimcnreldt i4t»o Haiiptm^jin des tchwib.
Blinde, HO"-) Führer im Vorarlberg gegen die Eidgenossen, -f 1503.
Die Heitertiieinierfeb' I '
4S.1
liuiiut über iiit3sn timio Verschleppung wendi^ii
^er nochmals an den König. Wieder wird Diobold
B%on erst** Heise 8n erfolgreich wm\ mit der
ÄiH. Nacdi cdner Rekupitahitioii der Verhand-
Luzerner Tiig l)is ziun *iü März 1491 wird der
Jend eitmcht sicli Uiidolfi^, fler sicli dein Ver-
bal Hofr* befinde, ^za mächtigon by iloni ver-
rbfcen^ zu bl«?iben. (lanz 1>osonder8 wird der
Kanzl<*r Dr. Stürze! empfolden^ *Ier sich schon
kbiirger und LnzertiPr Abschied den Baslom so
sigt hatt4>.*'
ifln^ SiCirzels i.st es nun Wf>hl zuzus^'h reiben, das8
bii* xuui 9. April den Meister boistiiuiiit, dt%u
tanDtanz für sich und den Orden anzunehmen,
lii dem Vorhelmh» dass Konstanz Tiber die Vt»r-
leifle. Zugleich über trägt der König Herrn
KappoltHtein einen letzten Verniitthings versuch
lag da» im Zuge der Zeit, doch scheint ^
' nian in seiner persönlichen Vorliebe für
— geraiJe in jener Zeit erhielt irmi Hugo
ilndidn mit denen von Ztnnnern Bnieute Beweis*»
len Gunst*) — m nicht zu einor ordentlichen
idiung liabe wcdlen kommen laBsen.
lel WJir über die HHuptisacho, diusii umi endlich
BU Konstanz ali^ Schiedsgericht anerkannte.^
wt Ral den Vta*Hcldägen dos Königs um 23. April
'9VT.
«ftiiluilia \iV,, I4<M Nu, ^,
dem Rate der ^au2C Handel crsclii«!!« ^bl auch «Inravin
\mttf 4m Kunde, Graf Rudi»tf werde tu kgt AttHnig oiich Kciin
(pnuen Annckgcnbdt an den bciligen Stuhl j^fluoKte«
SttelmaUer* l.uk;is Kitmatcr» uuü durch die Vermin*
I^LettO (nt St. Manac in Purtk-ti, f 1501) erLiu^t die St.idi
fHL rin Brcvr ^d.d. H, Juiil) »1» den Abi von Reichcnau
Domb^ni Han« Konntd von Bodmun. Diese sotlen auf
fL-nzernrr Abichied vom 8. Nov »400) im Verein mit
4^4 Otto Hassler.
hei.' Sogleich nach Empfang dieser Anni-ort stellte
am t>. Mai. unter Anzeige an Basel. Jen förmlichen I
für ilen Eapf»olt>teiner ans.* Doch zögene di«e
»ler Aurfiihning. oder. wa.s noch wahrscheinlicher isi
Briefe müssen noch längere Zeit in der Kanzlei g»
haben, bevor si»^ an ihren Bestimm tiugsort abgingezL
Basel, sowie d»^r Graf ersuchen noch Mine Jnni Ko
um Clvmahme des Rechts, und Bürgermeister und Rj
Ko!;stauz setzen Anfang Juli Termin auf Mittwocl
27. Juli -ZU rechter nuzit".' Demnach hatten
Richter. :ivvh Part-ii='n Kenntnis von der Emennai
Ra in*- * ';ts:e iiiers.
A::: S, .luii erhirit Basel diese Vorlailung. zi
abor a-.ivh ::e A:.ze:gv. das;s Wilhelm von Rappoltst«
:4*.i:irorr,%ir--:.- ^ err.iirtlr^üg üb-?mommen habe.* Di
It h:;:-^ Aer Ra: -.-/v. la -s ihm eebühre den angesetzt«
«:.-: .-.v. vrrac'nier.. >-:.ifrr. zu suchen und zu It
l^vh -.1; :: a::. 14. i-es:ini::ir«^ Wilhelm ohne Rüoksi<
l:- A '.•';■.*-. •.::.^. .-.Is K- miiii^ciiir des Kaisern, einen gü
'.\i^ V r s:'.\ :..i./.. R.-p: Itsweiler ari EV^nnersta;
:>. A :^:<- . -. -7.'J:.rr T...;r:'^::. Er ^-ill auch dafür :
'..t>^ '. ■■ X :s".vj:-7 R-'. '::•>":- miir. V-.i< r..4oh -.üi^sei
^ ■ ". . .<: ,: V-. -s . . rV- 'Vrr l-"--
V"< ■> : v. itL Jil- :.;■.":. kein B*rr:cht eing
• r -.: - : ■• :*.:-. "i- ::- -irn FaH ^er^i: zu <eL
K>. .: : -• :'... — v^ V : A:. l-i". I>^. lüiarl (
^,- " c ~~ V.-- N-i'i-s 3:ls*:':i rfir ieii Koii
/ ^ .>^ '. - -. . T.v^s lirA-:!: :-:Ir- d**r R
.■ - ■ < . : X. : -7.:.: : :■: : HjjT'i-? r'r-* ^e:tcrr A|
-..:..- . .-. -..- . : ::-. r^si^iz;^ i^«r^■^^en^ Wcnv
^•' .. -. j. ..5. 5"S, i, No. 1;,
\
\ .
Dk HeiterslieJmerfcb' I
4«5
btr miU diM^s er ondlich lieii Aof^^cbub orl^iugt habe, mv\
sofflit mir den Vergleichtitag zw beschicken hätten.*)
Ha» gi»srhali iU*\\n uiu'h in *lc*r Folgp. Arn 11* August
i ^ibt der Rat <lem Bürgt»nüeistcr Han« von Bärotifelsj
^ Altbilrgeriueister Härtung von Andlau nnrl dem St-adt-
mimr Nikltioä Bü^ch volle Gewult \n (.TÜtlidikeit; zu
(Idn. Er verspricht für sich und alle der Sach Ver-
ilteu lUle«» \VJi$ äu Riippolt-sweiltAr iihgi*niacht werde, ^zu
itm tind zw Verlust miil zu allen rechten allerding vugf*-
ich** ^n halten,*^
Auj 18* August FiitMb^i dit5 Verbandlungen wirklich
i Was da abgeredet wiirde, welche für uns unkontroU
»ren Einflüsn^t^ dabei mitwirkten, dass Basel sogar ame
f^*'- -^"L'ungsforderung iles Grafen anerkannte, und «o
I , mit soviel Kraftaufwand geführt«^ Handel irn
bd voHit4^ das wissen wir nicht. Blo8s Vermutungen
p' ' »n*>n wir aus dem ganzen Verlauf und aus spätem
II i aufsfeilen.
■Einnruil lÄsst sich bei beiden Parteien aus dem lecbr
bot! und ^^achlichen Tone, in dem <He letzte Korrespon-
LrfKlülut i^t, eine gewiss«» Prozessmüdii^keit feststellen.
^^Pilltich bei der bald zweijährigen Datier tles Handels
#her begreiflich, nh die Hauptfragen — für den
dif Rtickgabr der Herrschaft, fiir BitÄtd die Anf-
lug iU*^ gei«tJichen (Terichts — ja eigentlich schon
gidi'^t waren. Soilann hat sich wohl auch hier^ viel-
gar tu gidieiuien Instruktionen^ die küniglichi^ Vor-
'^ - Wenh'mbergi^cht' geltend gemacht. Und
I »ansehen ßrüdcrpaar, das den (trafen im
tef ^un^ern lieben Oheim** nennt, wird vor-
''•^*i Mitgefühl eb^nfallj^ nicht gänzlich gefehlt
H'*m hatte Hti^sel selber ein sehr gixis.s.ii's In-
AQ dor Beilegung die$ies Handeln, in weichem seit
last die ganze ans*wärtige Politik bestanden hatte. Die
in^mii^n und immer *'indringlii'birren Werbungen Maxi-
Sji ZQxn Eintritt in den schwäbischen Bund nun$üt«n
je#0n werden, HaupmiUddiih aber musste die Stadt
Na. 1^ III
u
Kn
11 K
486 Otto Hassler.
iVoie Hand bekommen für die lichoii begonnenen Verhan
luiigen zur Emonerung des Bündnisses zwischen den Ei
genossen und der niedem Vereinigung.') Bei üfii
Fragen, bei denen es sich um die Unabhängigkeit der St
handolto. konnte eine Weiterführung der für die Zeit al
dings charakteristischen, aber im Hinblick auf solche Fnj
(loch unbedeutenden causa Heitersheim nur von Seh»
sein. So bildete zuletzt für Basel die Anerkennmig
Entschädigungsforderung des Grafen das kleinere Übel.
über die Höhe dieser Entschädigung konnte man j
zwar erst nach nouen mündlichen Unterhandlungen E
August und Anfang September einigen. Auch der
bewilligte endlich, nachdem noch Wilhelm von Rapj
stein mit dem Abbruch der Vermittlung gedroht, die ;
gemachten (KJO Gulden.-) Dabei suchte er sich wenigst
eine öffentliche Blamage zu ersparen. Er betonte
cl nick lieh, dass man die Summe Herrn Wilhelm nnd seil
Brader Schmassmaun *) zu beliebiger Verwendung sehe
und verlangte besonders, dass des Geldes im Vortrag dn
aus nicht gedacht werde.*»
So ges(!hah es deim auch. Als dann noch eine bo
Parteien genehme Form gefunden war, wurde die Rieht
rndlicli am »'^O. S«»ptember 1491 abgeschlossen. S<
zwoi Tago vorher hatten Graf Rudolf von Wenleml
^leistor zu Heitersh(Mm in seinem imd Burkhanl S]
Komtur zu Sulz, in des Ordens Namen die schritt
Ziistiiiimungs- und Vcrsöhnungsorklänmg abgegeVien.'
Durcli (h'u A'ertrag wurde? nach kurzer Darstollun«:
l».M'htsvorlaufes das Strassburger und das Konstanz»^' li
;nil<Xt*h()l)(*n. jedem Teil sein Schaden und seine* Kosten
^vl)undrn, (li(; ganze Fehde und der ganze Prozess fü
und ab ei-klärt und beide Parteien für sich und iluv
wandtrn V(M*<öhnt.'*i
». K. A. .?!. P- .^'^•^ ^' y^^ ^^' ^^^■^' *^' ^^- '34-
-) Sit- wiiriicn am 28. ^>kt. abgesandt. RUß. 5, No. 1087.
•M Soll. V. R., rct;. Herr 1507. f 1517.
'•, N(». 123, 124.
•■•) Hrn. «), Xo. 130.
") IWH. «), No. 13»-
Die Heitersheimerfehde. 4^7
Damit hat die Heitersheimerfehde für Basel, das dabei
rieht nur nicht auf seine Kosten, ca. 1000 tt, kam,\) soii-
l^m obendrein noch als Geschädigtes Schadenersatz leisten
tinfiste. ein recht unrühmliches Ende gefunden. Den oin-
K%en materiellen Erfolg bilden die 100 Bürgeraufnahmen
Infolge des Auszages, die letzten die als Belohnung für
biegsdienste stattfanden.') Aber einen nicht zu nnter-
ifchätzenden ideellen Erfolg zeitigte dieser verlorene Prozess
Bimerhin. 2ieigte er doch den Baslem wieder einmal recht
katlich, dass auf des B^iches Hilfe auch bei völligem
iecht kein Verlass sei. Und gar zu Österreichs Anhängern
iBt die zweideutige Haltung Sigmunds zu Beginn und die
ffenkundige Begünstigung des Grafen Rudolf durch Maxi-
BÜian zu Ende des Prozesses die Basler entschieden auch
idit gemacht So dürfen wir sicherlich annehmen, dass
ii all den folgenden Versuchen, die Stadt für den schwä-
bchen Bund zu gewinnen und später noch im Schwaben-
rieg, die Erinnening an diese Verkümmerung am guten
echt das ihre beigetragen hat zu Basels ablehnender Hal-
:ng Osterreich und dem Reich gegenüber.
t^ V^^-ocheoaosgabenhuch 1490 Fol. 889 — 030, 1400 — 1510 Fol. 3 — in),
»> BCbr. 4. P- '• '45 ^-
488 Otto Hassler.
Anmerkung.
Das im Basler Staatsarchiv vorhandene Akten- und Urkundenin
ist in 3 Sammel banden, Polit. J. 5, vereinigt und fortlaufend numn
es u*urde im vorhergehenden bloss mit der Nummer zitiert
Die wenigen im Basler Urkundenbuch. Bd. 9 hsg. v. R. Tbo
Basel 1905, publizierten Stücke werden nach diesem Werk - 1
zitiert.
Das Öffnungsbuch, Bd. 6. 1478-90. und 7. 1490-lc
Oeb. 6 {7).
Die in den beiden .%Ussiven Banden. 17 die Jahre 1488-14!
18 d«e Jahre 1491—1495 umfassend, enthaltenen Konzepte wen!
geführt => Miss 17 (18) mit der entsprechenden Seitenzahl.
Die übrigen archivalischen Quellen werden nach ihrer H
:itien. wobei ich mich für das K. u. k. Statthaltereiarchiv Innsbruck fol
.Abkürzung t>edienen werde Stha. J-
\*on den gedmckten Quellen werden ausser dem genannten
rrJvundenbuoh folgende mehrfach abgekürzt zitiert:
l. Rippoltsteiner Lrkundenbuch. Bd. 5, hsg. v. .AlbrechL 1
ISvS RIB. 5
J. rasier Chroniken. EUle. 4. 5, 6. hsg. von d. histor öcse
in Bj>t' Leipii^ I>^.\ i^3. 1902 = BChr.
V A:n:::chc SjTürtlurjc vi. Urem EiJg. .Abschiede, Bd. 3,
t A. A :
4 \'jr.vn:, ue<vr:vs:>.:c der Griren von Montfort und Werd
'i^cl'.e-.-c. C-.-r:>:j:L: IM.5 VjnotiL
Die Ausgrabungen zu Disentis.
Von E. A. Stückelberg,
Ii"r »Tietl*** wn (li^^ am VurderrJuMii »Hn]>nii'ilbreiiilL»
SM sich ioilt und gunWt*sttui übor »iit» Oberalp zniu
pn Südou über den Lnkmatiier luK-h Italion ftAlirt,
Dorf Disentis, HitT hat ein Junger rolumbans,
^it, Anfnng ib*8 VII. JiilirUuJiderts t*tn Mamitn*klosh*r
Di»-> Richtigkeit d€*r Tradition, welche di*\si.*
$ü die Epoche der iro-fränkisclien Mifssion verlegt,
fii*'^rn dun'h die »dten K i rrhen pal r< mute: sind dt»ch
Bü Klos^terkirchen der h. Jungfrau, St. Martin uivd
2Wfd vom Klüsier abhängige Kirchen bezw. Kh-
i'gtfn iro-frUukischen Missiunilren St. Colnmbm>
ti; und St. Gall f 8t» Gag! Hin Luknifinir-n geweiht.
[leit von Kircijengoliäudon «*nts[)rirlit wowohl «h-n
linhfdu^n diasc^r Smidboten, als wueh der hohen Zahl
^f zur Zeit des Friihmittelalters, Wenn
;. j.srhen Ansiedkujgi»n zahlreiche Einfhl^Äe
becnhi diVß auf der Freizügigkeit und Beweg-
||jf^^r M^»Tiche; Wf^nn «ich also in Disentis iri^ehiv
uliunanniscvhe oder langobardisch** Kurustfonnen
ma dies nicht verwundern. Das Mutterkh^sh-r
pflegt^e auch bei Neugründungen mit Arbeitern und
ih**lfen, *'t Auch zahlreiche Fürs^ton niögnu
gezogen sein; tÜ«» Synopsis nennt Karl
^dio französische Krinig**; sehr wahrschein-
Kftrl rler Gni.ss«* anf f?ineui seiner Feldzüg^
■lU, wird er rhadi östlicli und westlich von diesi*r
noch ala Kirehenstifter und Mehrer gefeiert.
von Müuster ü1)*»r Disentis nach Sitten ge-
F«fU iKi^4^ jt, 15 and 51.
Die ilietftiSD Oodefttiins»
i)).*hr Oller luij
lüg eifit* fr(khniifiei«ltt»Hich«^ Kirrito, rlu»
di*r PI rm. iliit
»^ p^ri
t|«ni Jmlin^ii (i7U, I5H7. 1^14, 1621, I^
du}. ' • *'
irr, ^ ....
I dir? *Ite*^T ist ift*:
Kr
Dil* l
ms drt-
f*v
4^ Hifitofovial
Aiiig;nitmiiccfi tta t>iirBti*
I Wir öclion auf r5ini^h<^n Itoltt^fM (Gmbi^toiD im Museum
Avign«»n, Sarkophag in Villa Mattet usw.K im Gebjkudtni
li^ny.VitorlHii*
biiififf bei den Amberu. voreinxelt im mmanit^chen Styl
l: df»r Katlu»ilral«* All»!, XL thilirlitimlort, Krvptu
.^i*ii. XII. lialtrlmiidort nsw,). Ini BUtiitu CUnr
ii*D huleiöeuformige Gnindriss^t^ von Apsiden vor zu
Mfistail und /.weioial 3&11 Dii^eutt««* d. b. b^i der
jl: * ' ' der Mutt» 1 ' ircb»*) und
1 aii^iseir. dJj ! in dpälc^r^r
iiott einw starktm Mauer utumantelt. Sonst scheint
PfiT Z^»it nicltt iihf»r odor an unserer KiiTh«? gebaiil
n zu sein, denu es fohliMi Fuudstüikn nus ^päu»ivr
\Vi*nn man i»if>ht, dus^ im Schutt aii>>^dilioÄ?1u'li früh-
iht^rltdif« Gi^Ki'iiÄtlinde »uui Vt^r^cheiu* kämmen^ gf-
l,man un^nllkürlieh der ^zerbrochenen Kirehen" uufl
!*. il«r nai^b Jlurer ip. 15oi »ach drin Kinlull der
[•öd nnd verstohrt^ gewesen seL Der Bodeti un8ere4\
bt auch der Marit^nkinhe, war eiust mit Musaikeu
1^1 |/*\i*w.Mi Zahlreiche Fragment^*, aus grossem und
ii^iirfehi Eusaninieugesetjst. fiinden sich
Jt, IHI^ und liK)0; in einzehiiMi Stücken sind gv^
IT- ' 1 T1 Marmorwürfehi »»itigesetzt. Von
in Mtii^aik niiul Spnrt'ii wt'il»?r vnr-
tXB, t?ni'arten.
»lN>r :»ind die Üb<»rresto der trühruittelaltcrlichrn
piiliirM^ Hunderte von farhUißen wie von hnmalten^
Herten Stuccobnichstücken sind xum Vor*
Viüle Teile (z. B. die Roste von Wand-
hVekt auf die Mauer appliziert ge weisen
li*n* dU^ ndiefii^rten FragjrM*nt<* wan*n
Rtsst von hölzernen Leisten bole«tigt. OH
li einem Holzbau gehört (xler eine Stein-
•idet4», vennngHn wir tiichi ^i eut^cht^dt^n,
Iftj^ die Stuccüüberreste die «hemaligt»
vu ein^ IjafighatiHes darstellen. Dfiäs die^ea
d#»n gi^hnidenen Apsi(h*n gehörle, hl no
bcr: da^^ ^ich aber die Stuccodekomtion
V,42
E. A. Stückelberg.
auch über die Concheii erstreckte, ist nicht erwiesen. (
gleich viele Fragmente in diesen Apsiden und in dei
Ummantelungsgemäuer lagen. Kein Stnccoüberrest zei
TcxUbblldang 3: Wandbelag aus Stucco.
nämlich irgendwelche Spur von Rundling, wie sie hei
A,erkleidung eines runden Innenraums sich ergäbe.
I^uighaus war flieWanddekoration folgende: unten (vielle
meterhoch «^in (xitt^^rornament. wovon zahlreiche Überr
vt^rhanden: darüber eine ornamentierte Zone, vielleicht
Nachahmung von Kerbschnitten. Dann folgt die breit«
bezw. höchste Zone, geschmückt mit Bildern. An der N<
s.'ite. bezw. der Bergseite befanden sich nach einem a
s.»nst in den Bergen, speziell im Bistum Chur verbreite
iiebnuich keine oder nur spärliche Öffnungen oder Fem
nie gjinze Wand bot also Raum für Darstellungen. Erha
r^vtabblldunc 4:
.'i:v^ivv^!:e mi: nordischem Muster (Rekonstitution).
Die AusgrabuDgen zu Disentis.
49J
ben sich etwa zwanzig Reste von menschlichen Köpfen,
} plastisch aus der Mauer hervortraten, mehrere Hände,
zahlige Teile von Gewändern, zwei Stöcke, der eine oben
it Carvatur, der andere mit eingesetzter Spitze versehen,
halten sind ferner Ueberreste von Kapitellen mit früh-
ittelalterlichen Voluten, anstossende Halbsäulen und Ge-
nse, ein Basament und drei verschiedene Typen von Bögen.
) letztere einst rundbogige Fensterlein der südlichen Lang-
usmauer schmückten oder als Blendarkaden sich über die
nzelfiguren wölbten, ist nicht zu ermitteln.
Die Köpfe sind rohe, primitive Arbeit und erinnern
Id an die Fratzen auf merovingischen Münzen, bald an
Bche Buchmalereien; sie sind bald en face, bald in Drei-
»rtel. bald im Profil aus Stucco gemodelt. Die grösseren
)pfe haben unge&hr die Proportionen lebender Menschen,
Textabbildung S:
StBCCokApfe In Froatdantellung. Stuccoköpfe in Dreivierteldarstellung.
(BtioalM mnd.) (Beinahe rund.)
4^f) K. A. Stücke Ibcrj».
Podiims auf das Bild eines Abtes zu scliliessen gestattet,
wage ich nicht zu sagen.
Auf demselben Wandbelag aber befanden sich auch Ge-
mälde; es existierten einerseits in Stuccorelief voi'spriiigende
Figuren auf bemaltem Grund, anderseits figürliche Wand-
malereien. Alles scheint aus derselben Zeit zu stammen;
wenigstens haben die Fragmente von Händen, wie die Lilien-
oriiamente. bei den plastischen und bei den flachen Dar-
Textabbildung: 9: Fragmente von Wandgemllden.
, Lilie: b, Kreuz und Nägel: c. Kreuz: d. Kreuz aus dem Fraumflnster in Zärich: e. Fia|B-
sttOhingeii genau densell)en Charakter. Unt^r den oben or-
wnhntcMi Arkaden waren ebenfalls einzelne mit Stuccon»liet
juiden» flache nur mit jNIalerei geschmückt. Zu den gemalten
wie zu den plastischen Bildern traten erklärende Inschriften
in entsprechender Technik, d. h. gemalt oder eingeritzt und ,
uusgeniall. ^Les inscriptions sonr nombrouses dans tout«« ;
los «'»glist'S ct'lebres antericures ä r^poque romane^: ') dies j
trifft anch für Oisentis zu. (rogen zwanzig Fragmente sind ^
l)is jotzt gebunden: si(» rühren von mindest«^ns fünf verschie- J
(leiirn Tns('hrift<»n Ix^zw. Schriftzonen her. Die Buchstaben
sind 4 bis 10 CrMitimeter hoch und bestehen aus sorgfältig
angebracht'^n KapitaltMi. Als typischf^ Formen seien genannt:
viereckigt» C. wie sio an den Victoriden Schriften von Cnr.'l
am Ambn von Romainmotier (VII. bis VIIL Jahrhun»lertl.
zu Pohl 857 ^ und an langobardischen Denkmälern vor-
kc)nnjion. Cliarakt^^ristisch sind ferner die Js und M. «leren \
Schi-ii^striche nicht an den Knden, sondern am Lauf der senk- |
n-chttMi J-lasta«' anset/.en. Der <.)berteil der T ist leicht Jlje-
l)«)i^»Mi. d.h. dit' Kndrii liäng«Mi etwas herab; der Buchstabe
M Kniart. Manuel (rari.h«'ol(>^ric \. p. i.So.
-I Kj^li, Christi, rnscbriftcn, p. 40.
•'1 Rivoira. Orijjine deH'anrhit. L«)mb., Hg. 370.
Bl« Au»gnibttnf»ai tn Di^^ntt^
497
\i3ti ganz nffiin. AJ1<* IjL>U*^rii h»l)*^u kleiite Füsschati.
Inschrift whf mindestens dreizc^ilig; keine verlief »cnvU-
H hed^>n. eine aber iiinr gemalt i dürfto eiTiem Bogen
:fi. Einzelne, gerade die geuialten, Inscriptinnen
mir Boischriften im Fi*ld eler Bilder, die einge-
' rnonumentuler Schriftznnen,*! die über
-.,,.i..t , t. ..iMheien, Eil «ein. Der grosse Ma^sstab der
iibim weist iiiil' rehil i V grosse Höhtn lor Ard>r ingimg. SicIuM'
DU Bind fulgcnde Fragmente: (in)VOCEDICl(tiirf, lOHA
* '' * ' 1 MF diesem Schmuck haben wir unn aber
/ rt, welche die Stelle anrhitektoniscli
&rter Gesims© vertraten, zn denken. Weisse Halb-
gUn and mit roten Tupfen gesprenkelt,^ ^ oder nach
tlicheni tidor langobardißchem Vorbihl mit Spimllinien
jriert. teilten in senkrechter Funktion die Flächen."'»
hari2on(&1e Gliederang wurde tlurih Onamente, unter
^iler KitrbÄcJmift vorwaltet, bestritten. Letzterer, gleich
K zxir wirksüiuen 1 Dekoration jede:» weichen Stoffes,
von den H^^mem in der Keramik, in Disentis in der
' ^ überall in der Holzarchitekmr verwendet.
..Ligen Tag dient der Korbsclinitt in unseni
lern zam Sclimuck aller denkbaren HolzgerÄte,
Mfi iib««t1r»igi'n finden wir die Formen die^jer Technik
EPA im Fmhmittelalt4^r in Italien <z, B. Maihmdi, Die in
i^ viirkomnjenden Miwier zeigen dreieckige, recht-
i|niKlmtt^che und andere Vertiefungen in allen inög-
Ktunbinationen : aucli Formen» die mu lUirch zwei
Um, tiinon gera^ien und eine Curve, entstehen, finden
hamr* Auch tla^ ( rittermuster der Snkelilekoration be-
auf Ktirkschninen, die regelmäsöig gereUit sind.
t I .^; . . '»rna men te*^ ;• zu D ist* r 1 1 is ze ige ii d ie Seh « ' i l »♦ • r i -
nur. dann haibkreisförmige BiJglein, ahn-
4lm Aft%f« vnn Tor<efrUö.
ic hei den CauonestAfeln der KiiroliogeneU
klliftünlcA nndcu hich auch in tlct KarolUigiachen Kir^lie von
^ ei*. A rchiv fiiT VolkÄkunde i oo? . Mcft l ,
j\(ß E. A. Stückclbcrg.
lieh «lenen des Museo Bocchi iii Adria; in ihren Zwickeln
fiiidf^n sich Lilien wie zu Cur und Villanova, d.h. Moim-
nieiit«»n, die dem VIII. Jahrhundert zugeschrieben werden.
F«*rner kommt vor die achtblättrige Rosette* (ohne Kern»,
pfonau wie an lango bardischen Steinreliefs. Die ausgehöhlten
Blätter siml innen bläulich bemalt, die Ränder weiss; der
Durchmesser dieser Rosetten botnig 20 Centimeter. sie
dürften also in ziemlich hoher Lage angebracht gewes»^n
sein. Einige Fragmente erinnerten an verschlungenes Riemeu-
werk, nirgends aber zeigen sich die typischen Formen laiigi»-
bardischer Ornamentik oder deren doppolte Falzung: auch
das (xewürm der irischen und germanischen Schmuckformen
fehlt in Disentis.
Ein Motiv aber haben wir nur in Schottland wiede^
p;efunden: es sind mit Haken ineinandergreifende Ketten-
glieder, die mäanderaitig einen Bogen schmücken: bis jetzt
ist uns dieses Motiv auf dem Festland nie begegnet. Sein*
nächstenVerwandten finden sich in karolingischen Miniatiirea
Unsere Stuccofragmente sind weder von Brand iiocb
K^mch beschädigt, weder .verschliffen noch bestossen. Auss<?i
(h»n Sockel rosten sind keine nachträglich übermalten Stücke
zum Vorschein gekommen : und auch bei diesen, nahe dem
Hoden befindlichen, also rasch beschmutzten Wandteilen,
kann die Bemalung isie ist schmutzig weiss» bald nach ilei
X'ollendung «les Baus nötig geworden sein.
rber ilen Stoff unstMvr Stuccaturen gibt der im Anlianj
tnlgiMide Exkurs, don wir dem gütigen Entgegeukounnei
dt^s Herrn Kantonschoniikers Prof. Dr. Kreis verdanken, aus
luinlicin» Auskunft. Er zeigt, dass ungefähr derselbe Stv^fl
d.'ssen Haupt brvstandtoile Sand und Calciumkarbonat ^ind
/.um HenialiMi w'w zum Formen benützt worden ist. Di
Zusanunensei/ung steht diM' röjnischen Mauervorkleidunj
nns.Ti's Laudo> ^»Oir nah«»: tun ganz anderes Rezept al>e
\ i rriii d«M' kan»lingisoh«'\VandbeIagausder Fraumünsterkrvpi
\\\ Ziuirli Knil«^ IX. .laiirhumlert!. Die Wand- und Decker
'i.M-.l.':i «l.M- AralM'i" l^estolion nicht aus Stucco. sondern zieui
Ulli nM'.i'in ^»>p^. <>i^ dii' Reliefs von Münster in Grar
l'-.r.i'lt'n \\\r\\v d.Mn mniischiMi oiler dem mittelalterliche
Ke-'i^jn«- toi«;-.Mi und ol» sie Marmorstaub (aus den nahe
Die Ausgrabungen zu Disentis. 499
Brüchen^ enthalten, vermag ich nicht zu sagen, da
ne Fragmente erwerben Hessen,
nd- und Deckenverkleidungen aus Stucco waren im
en Altertum häufig; im Frühmittelalter hat man in
rkophage*) aus diesem Stoff hergestellt In Cividale
rir Figuren und Ornamente im Kirchen innem®) und
igny architektonische Glieder aus Stucco. Im X. Jahr-
sind in St Gallen unter Abt Ymmo Gewölbedeko-
aus Stucco (der Text sagt zwar fornices gypsi) ge-
vorden; auch aus romanischer Zeit haben sich Fi-
ie Ornamente aus diesem Stoff erhalten*.) Die ausser-
?}i zahlreichen und mannigfaltigen Reste von Disentis
ms ein Bild von der Innendekoration einer früh-
erlichen Klosterkirche unseres Landes. Ob es sich
der im Jahr 670 zerstörten Gotteshäuser oder um
erbaute Peterskirche handelt*), ist einstweilen kaum
*heiden. Vielleicht bringen weitere Inschriften —
inzfunde nähern Aufschluss.
se Zeilen sollen nicht schliessen ohne ein Wort lierz-
aukes und wärmster Anerkennung an Abt und Kon-
1 Disentis. Der hoch würdigste Herr Prälat hat bei
ang und Untersuchung der Trümmer uns alle nur
* Förderung angedeihen lassen. Durch ausgraben,
iphioren, zeichnen, malen, untersuchen, transportieren
gewähren der Fundstücke haben sich zahlreiche Mit-
los ehrw. Benediktinerkonvents in aufopfernder Weise
'tan. Ihnen gebührt daher der Dank der Wisseii-
ir die Entdeckung.
ifbcwabrt im ErJ- und KcUcrj»eschoss des Musöc (arnavalct in Taiis,
lg. bei Kraus, Vig, 464.
jl. Bolletin de la Society des Antiquaircs de France H)07 und Hei-
lig. Zeitung, München 1906, Xo. 238, wo ein vorläurij^er Bericht
Ksentiser Grabungen zu Hnden ist.
n ist die Meinuug von Zemp, das Kloster St. Johann zu Münster
J— 20; wir halten den Bau für eine iro-fränkische (nündunjj des
loderU.
^oo
E. A. Stückclbcrg.
Textabbildung 10: Die Sttfter von Disentis.
S. SiRisbert, Abt und S. Placid, Märtyrer.
(OelRcmälde des XVI. Jh. in Truns.)
Die Ausgrabungen zu Disentis. 5^*
Anhang.
rot.-No. A 22946/50 Basel» den U). Dezember U)0(>.
liftboratoriam des Kantons-Chemlkers Basel^Stadt.
HeiTii Prof. Stückelberg,
Basel.
Am 23. November 1907 haben Sie uns B Proben von
STandbelag der nachstehend näher bezeichneten Herkunft
.bergebeii, nämlich:
. Disentis, frühmittelalterlich, a) unbemalt, b) bemalt.
!. Aiig^t, rotbemalt, römisch.
L Zürich, schwarzbemalt, Fraumünsterkirche.
L Sevilla. Stucco des 13. Jahrhunderts aus der Alhambra.
Diese Materialien sind Ihrem Ersuchen gemäss analy-
liert worden, und ich beehre mich, Ihnen hiemit von dtni
>ei dieser Untersuchung erhaltenen Resultaten Kenntnis zu
5eb*?n.
Zur Erläuterung der ermittelten Zahlen ist folgerndes
lözuführen:
1. Mit Ausnahme des Stucco's von Sevilla bestehen
Iftnitliche Proben aus Conglomeraten von mehr oder weniger
grobem Sand mit Kalk. Da eine mechanische Trennung
Her beiden Bestandteile nicht möglich war, sind die Proben
Ikr die Analyse pulverisiert worden und es beziehen sich
hiio die Analysenzahlen auf das so erhaltene Gemisch von
pand nud Bindemittel.
I 2. AJs Sand ist diejenige Substanz bezeichnet word*Mi,
pelcbe nach dreimaligem Abdam()fen mit Salzsäure ungel(')st
&b. vermehrt um die Menge der in Lösung gegangenen.
durch Ammoniak fällbaren Bestandteile (Eisenoxyd und
>nerde).
3. Der Gehalt an kohlensaurem Kalk wairde aus (U»r
■hlendäare berechnet, wobei sich durch Vergleichung mit
I Kalkbestimmnngen ergab, dass in allen Fällen ein Über-
mm von Calciamoxyd vorhanden sein muss.
50> K. A. Stückclberg.
Die nach dieser Methode erhaltenen Zahlen sind folgende:
1. Disentis.
unbemalt bemalt
AVasser "/o : 6,27 5,27
Sand Vo 54,79 58,56
Calciumcarbonat 7„ 30,48 31,82
Calciumoxyd 7„ 3,35 3,91
Der Sand dieser beiden Beläge besteht vorwiegend m
zertiümniertem Silikat-Gestein und es wird demnach die
Summe von Calciumcarbonat und Calciumoxyd in diesem
Falle der Menge des verwendeten Bindemittels annähernd
entsprechen.
Die gelbe Farbe des bemalten Stückes dürfte aus Ocker
bestehen; die vorhandene Menge war indessen zu gering?
imi einen sichern Schluss zuzulassen.
Wie sich aus einer Vergloichung der beiden Zahlen-
reihen ergibt, sind beide Materialien bezüglich ihrer Zn-
sanimensetzung von ungefähr gleicher Beschaffenheit.
•2. Angst.
AVasser 7., :
3.9G
Sand "/o :
40,38
Calciumcarbonat "/,> •
53.41
Calciumoxyd "/" •
1,37
Dieses Material unterscheidet sich vom Disentiserbelag
ganz wesentlich dadurch, dass es weniger Sand und mehr
(.Calciumcarbonat enthält. Es muss aber dahin gestellt bleiben,
ob hier wirklich ein anderes Verhältnis von Sand zu Binde-
mittel vorliegt, oder ob neben Silikat-Sand auch Karbonat-
Sand zur Verwendung g(»koniinen ist.
Dil» rott; Farbe bosteht aus gebranntem Eisenoxyd.
3. Zürich.
Wasser % : 5,22
Sand % : 11,04
Caleiuiiicarbonat ''/o : 79,32
Calciumoxyd 7,, : 4,63
Aus den vorstellenden Zahlen könnte der Schluss ge-
zom^n wnnltMi. dass es sich hier um ©in Material handle.
i f|t rv n
ruj4y,4'(i f.n^ 4- 'i>cin J
^a!t an Bindemittel dem Sandgehalt gegonubi^
'"-■^dg hoher sei. Das ist aber, wie kAw
^ des Htückns erkennen lässt, durchaus
Der Belag besteht wie die anderen Proben
' " von giT)ben Sandkörnern mit ver-
;_, t ' lemitteL Dor Unterschied gegenüber
itifler-Wandbelag beruht aber darin, dass hier di
r»r vorwiegend ans zertnim inertem Kalkstein <Cal-
^Dat), b<nni Disentiser-Bolag dagegen ans Silikat-
bestehen. Bei der Behandlung mit Salznaure gehr
id in Lusurjg und wird nachlier als Calciuni-
imint In diesem Falle ist also din Menge
lenen Calciumcarbonates nicht wie beim Diuen-
Hiintlhernd gleich dum < fehall an Bindemittrel,
ie ist viel grösser und deiiiontsprechond musste
ilt za niedrig Iiefunden w^erden. Eine einwand-
J6, am in diesem Falle den als Bindemittel vov-
aihkmaauren Kalk, von dem als Sand vorhandenen
t es nicht.
/.e Farlistoff besteht ans Russ.
4 Sevilla.
AVrtsser 7o •
md «Ai :
ftlcinuniulfat ^/o
Cölciumoxyd %
^sn vorstehenden Befund ist ersichtlich, dass hi»
^h reiner t^x'pH^ d. h. eiu ganz amleres Matt^rial,
ilbrigeu Proben, vorliegt. Von dem vorhandenen
lfl,3GV, in Form von CaSOi 4^ 2H2O (Gyps)
währoud der Rest von 3.8B7„ als Feuchtigkeit
Der Kantona-Chemiker:
23.18
l,sl
73 ja
Basler Zeitschrift
für
schichte und Altertumskunde.
Herausgegeben
von der
orischen und antiquarischen Gesellschaft
zu Basel.
Siebenter Band.
Basel 1908.
Ansliefening fttr die Schweiz:
litoriKlie und antiqnarische Gesellschaft, Staatsarchiv, Basel.
Koaunlssloosverlag und Auslieferung fttr das Ausland :
Carl Beck in Leipzig.
Basler Zeitschrift
für
Geschichte und Altertumskunde.
Herausgegeben
von der
Historischen und antiquarischen Gesellschaft
zu Basel.
Siebenter Band.
Basel 1908.
Auslieferung für die Sciiweiz:
Historische und antiquarische Gesellschaft, Staatsarchiv, Basel.
Kommissionsverlag und Auslieferung für das Ausland :
Buchhandlung Carl Beck in Leipzig.
i
Basler Zeitschrift
füi
ichichle und Altertumskunde.
:hen und antiquarischen Qesellschaft
zu Basel.
Vll R-ini? 1 n- ff
<iie !Jcttwci;E
36 /
.3 3Z
K 7
/Ko. /
William VVickhann
scher Gesandter in der Schweiz (1794—97 und 1799)»
in seinen Beziehungen zn Basel.
Charles T). Boiircart.
\\\M ci>rtc>pürtücnce of itic Kj^m Monourijljlc Wiinani
frf^m the %dr 1794, edlled, with nntes. by liis grandson
Twi> volumes. London Richard
iblk Record OUice, Foreign Olficc papcrs: SwiUcrUnd.
' fs. - N. B. Bei den Citatloncn folgt auf die
' K eine Nummer und da/,u in ( ) die Buchslübcn
r h. Um die jcweiltfn angiebt» ob die Ntimmerfcrung die
^' »iWJlrtigen Amtes. Foreign Office (F, O). oder diejenige
Slaarsarchiv5. Record Office (R. Oj, ist. Die einen
1 die eine, *'' i die andere Nun»! ^
f P. R. O. tu n Quellen sind uuf
•j Akten des en^lJHiieu Staatsarchivs, deren Kopien
Miichiv in Bern befinden.
\. Ssiyouf! Mdmrilres et correspondance de Miillet-
f I85L
,^M. . .:,v,....*a^. -- . jiiche-BorcL Gcnevc J Barbezat ä Cic. IB29.
-^ Prl^f Oüh«. Getchtcbie der Stadt und Landscliaft Basel
»y — Papiers de Barthclemy, Ambassadeur de France
o? rutM|<^5 pc»ur ia commisslon des Archivcs p,ir
t*v.4,. i.M/, ,14 i^iitigt^n Be-
llest am lä Ausist 17S»2, für
An der Neauniitiic etitfichloaiien hatte tuid wenn
'• ' ' * ^ : auf Uirtm
♦3rzicht<>U^iij
xentmle Lage der Eidgenosseiiscluift und
md AÄefüiiiu vn. ! l
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i:r-k- v-rkrLr -:.. s :^.- irr. <ick.
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f' ;■. »-M'. :-:;••:. Ka'ir.-rt war ii-i-'-r L.;^- :-r Ding«
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:.: : . :.:«!.■. ^i-- -ifj- Li:.! -l»-:» Mar!ie:i-«.hu-.::-ii -irr Fran-
< 'i'i.-. i'l" l'J!'- >t.«.iT'.-.kr';:ä'.' tür auswärtige Anseiesen-
h'ii'-f«. '■;r!":. '••i"?-;^!-' ii-ii :in«l ;Z'*wiin«lt»^u Mann, mit ans^
^r..,j,.j, ,,,..,, \\,:ii:.:ji !,•»■!; ii;..,l n-iclien «Teldmirtelii versahen,
ifi 'li" >';.•.',-.■!/. z'i -ri'l«'!!. niM <lio>»*lbe zum Mittt^lpiuikw
• ■iii»r w.i'.'. !• li'-uLij. w.iiü anch nicht immer einwandfreien
T.ji ii!l;"Ii z ; iii;>i"Iifii. 1
|)i" 'lif.-k!" \*'r;iii';j^siiiifr zn AVickhams Mission in Ji«
S'lr'v\ »'iz W;ir t'tlLCi'M'l»* :
\)i'V ( 'Im'v jiii»-!' 'I'ln''nlin^- «1»' Lametli. ein bekannter
f\'»ii-titiiti<i!i;(ii^i uml zwi >«-iiMT |)c)liti.«^chen Freunde, Dum«*
uihI Hp'mi'iimI li:itt«'Ji »-iih'ii PIsin zum Sturae der repubÖ*
k;iiii>.(li«Mi ri'M;^iiTiiii<^ iiiiil zur AVi»Mlereinsetzung der Monarch*^
;ju-i^»'il;n}it. w»'l«liiT jiiit" »'iin-r A u.s söhnung der verschiedeo®^
nionsrrfliistisclii-h P;irt«'i»-ii im In- und Auslande unter i^
< Ijiriiiiti«» lunl mit (l»r riitorstützung der allierten Mäcto-"^
William Wickhani, britischer Gesandter in der Schweiz: etc. ,3
loruhte. .Krieg der Anarchie, Achtung vor Religion und
Jesitz. erbliche Monarchie mit nationaler Vortretung*' sollten
,ie auf cl«n Fahnen des Aufnihrs sowohl als der Invasion
;Mchriel)«Mion Worte sein.^i Die Urheber des Projektes
lassen durchblicken, dass sie wertvolle Beziehungen zur
ogenannten -gemässigten* Partei sowie zu andern Unzu-
ie<lenen im Konvent hätten ixnd ihr Plan schien über-
aupt. nach der damaligen Konstellation, nicht ohne Aussicht
nf Erfolg zu sein.
Lainetli und seine Freunde residierten, wie damals so
ieln Kmigranten, in der Schweiz: sie traten mit Mallt^t-
>n Pan, <lom bekannten Genfer Jrmrnalisten. Scliriftst(dler
od Vt.'rteii liger des französischen Königtums, sowie mit
!ouiiier. früherem Präsidenten der konstituierenden Ver-
immlung, welche beide in Bern sich aufhielten, in Vt^r-
indung und vermochten diese beiden hochangeseheiien
iänner für ihre Pläne zu gewinnen. Mallet und llounier
^rfassten eine Eingabe an die britische Regierung, deren
uterstütznng in erster Linie erforderlich scliien. um einer-
its die Mitwirkung derallierten Mächte zu gewinnen und
»n widcher an<lrerseits allein die unumgänglich notwtMuligen
OS>»*n <Teld-Beiträge zu erhoffen waren.
Mallet-Du Pan übergab s»Mn Meint>riniduni dnn eng-
icheii (4«*siindtt»n in Bern. Lt)rd Robert Fitzgernld") und
uinier verfasste für letzteren td)enftills eine Kingube und
raentlicli einen s»»hr interessanten Bericht über die
litische Lage in der Schweiz, die t'r zu diesem Zweekf
^I>**n lM*reist liatte.
So i*iitscliloss sich nun die tMiglische Uei^J'^ning ant
• Vorschläge Mallet-Ou Pinfs einzugelnMi.-" wimui sich
"ausstellen s«dlte, dass der Plan seiner Hint«'iinänni*r »'in»»
'klii'h ernsthafte Gnindlage besitze. Lord l\Ml>«'ir Kitz-
•ald scliien inde.ssen nicht der richti«::" Mmuti zu --••in. um
g^ L"nt»*rhandlungen zu pflegen, wozu noch kuni. diis^*
n offen l)ar damals das S|ni'l noch für zu i:::»'tähili<'h nn-l
>• Mallet-Du Pan Rd. 1 p. 04 t\.
». Lord Robert Stephen Fitzgcrahl. ^terSohn <l«^s 1 t'-n Hrt/Mj^, M>ri
Mrr.
>) Mallet-Dii Pan Bd. IE cap. IV p. <ii tV.
4 Charles D. Bourcart.
Tingewiss hielt, um den offiziellen Vertreter bei eineni neu-
tralen Staate damit zu beauftragen. Lord Grenville*) brauchte
einen gewandteren Mann, der mit der Geschichte des
revolutionären Frankreich, mit den Parteiverhältnissen und
den Persönlichkeiten genau vertraut sich auch in der Schweiz
und' deren kompliziertem politischen System zurecht finden
Avürde. Einen solchen Mann hatte Grenville zur Hand in
der Person seines Studienfreundes William Wickham.
Seit den Zeiten König Heinrichs Vni. hatten sich die
meisten Mitglieder der angesehenen Familie der Wickhams-)
dem Kirchendienste gewidmet; Chorherren. Bischöfe, Hof-
kapläne finden wir auf deren Stammbaum verzeichnet, und
auch Henry Wickham, der Vater unseres Diplomaten, hätte
dem elterlichen Wunsche gemäss den gleichen Beruf ergreif eu
sollen. Indessen, er fühlte nicht die geringstem Neigung
dazu, sondern im Gegenteil eine unüberwindliche Abscheu
gegen die griechische und die lateinische Spniche und eine,
wie es scheint, ebenso unüberwindliche Anziehung zum
Soldatenleben. Sclion mit 15 Jahren brannte er durch und
Hess sich in ein Infanterieregiment als Gemeiner anwerben.
Natürlich konnte ihn sein Vater, Kaplan der Prinzessin
von Walc^s und Inhalier anderer hoher Aemter und Pfründen
ohne Schwierigkeit auslösen und dem jungen Mann wnirde
zunäclist insofern willfahrt, dass er statt Griechisch und
[jatein, Deutsch und Französisch lernen durfte. Zu diesem
Behufe kam er zunächst auf ein Jahr nach Leipzig und
dann nach Neuenbürg, wo er der Pflege des Pfarrers Lardy
anvertraut wurde. Allein die Aufsicht dieees Geistlichen
scheint keine allzustrenge gewesen zu sein, denn Henn^
Wickham fand dort (Telegenheit, sich in Gesellschaft zweier
Berner Offiziere dav(m zu machen und sich boi deren Re-
giment in savoyische Dienste anwerben zu laissen. Dort
diente er zwei Jahre lang als Soldat. Als er eines Tages
an den Toren von Alessandria Schildwache stand,, wurde er
aber von zwei englisclien Eilelleuten erkannt, die ihn be-
wegen konnten, sich mit seinem Vater auszusöhnen. Der
*) William Wyndham Grenville, als Lord Grenville Minister des
Acusscrn I7<ji — iSoi.
*) Corrcspondcnce Bd. I p, i fl". und „Pedigree".
William Wickbam, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 5
enge Herr Hess sich denn auch endlich erweichen und
e dem Sohn ein Leutnantspatont beim 1. Garde-Regiment
ass. Henry Wickham avancierte mit der Zeit zum
;e eines Oberstleutnants und zog sich später auf sein
gut Cottingley in Yorkshire zurück, wo er. wie jeder
sehe (irossgnmdbesitzer. der etwas auf sich hält, auch
ensrichter wurde. — Wir erwähnen diese Einzelheiten,
u zeigen, wie schon die Tradition in "Wickhams Familie
ie Schweiz deutete.
iVilliam Wickham*). der uns hier beschäftigen soll,
lun der Sohn dieses Obersten Henry Wickham und der
>eth Lamplugh, einer Erbin, die das Landgut Cottingley
» Familie brachte. Er wurde geboren im Oktober 1761.
Cnabe kam er in die berühmte Schule von Harrow
;tndierte später in Oxford, wo er Schüler von Christ
rh College ward. Unter seinen Studiengenossen und
idon ist besonders William Wyndham Grenvillo zu
ineii, der später als Lord GnMiville und Staatssekretär
iswärtige Angelegenheiten einen so ausschlaggebenden
ISS auf Wickhams Lebenslauf ausübte.
Jekanntlich war es in jener Zeit für jun^^e Engländer
en Standes schon allgemein üblich, dass sie sich zur
adung ihrer Erziehung auf den Kontinent b«>gaben und
?ll Genf war ein von diesen jungen Ijcuten besonders
zugt**s intellektuelles Zentrum. So kam auch Wickham.
I er im Jahre 1782 auf der Universität den (rrad oin(»s
alaurens artium" erworben, nach dor Rhoru^stadt, wo
amentlich bei Professor AniodiM» Perdriau. Zivilrocht
Es kehrte dann später nach England zurück, i)roni()-
> im Jahre 1786 als ^Magister artium^ und wurde im
len Jahre in den Advokatonstand aufgouonunen. Allein
>g ihn bald wieder nach (4enf zurück: denn soinon
Jen Aufenthalt hatte er, neben dein juristischen Studium.
benatzt. um sich in eine junge ProfessoreutoclittM- zu
»ben. EWonore Madeleine Bertrand. -i mit dor or dann
l(X August 1788 in der Kathedrale zu (reuf ir.^traut
1 CorrcspoodcDce Bd. I p. i tV. — l\ipicrs de B.irihclcmy HJ. IV
I.
^ Geb. 1763 g^t. 1830.
6 Charles D. Bourcart.
wurde. Diese Eleonore Bertraud. Tochter des Mathemat
Professors Louis Bertrand und der Isabelle Sarah Mal
soll eine ausgezeichnete Frau gewesen sein; ihr Grosso
schreibt von ihr^): «Mit einem guten Verstand und v
persönlicher Schönheit verband sie so viel Liebenswürdj
keit und Anmut und solchen Reiz in ihrem Auftreten, di
sie, obschon Ausländerin, die Liebe der Familie und d
Freunde ihres Mannes bald gewann; kurz, jeder der j
kannte, liebte und achtete sie-. — Wir wissen auch, da
Frau Wickham ihren (iemahl auf all seinen Irrfahrten b
gleitete und namentlich die zweite Schlacht von Zürich i
Kampfgewühl miterlebte. Die Ehe, der ein einziger So!
entspross, war eine besonders glückliche und dauerte vol
48 Jahre.
Es sei übrigens beiläufig bemerkt, dass trotz diese
Familienbanden Wickham kein allzugnädiges Urteil üb(
den Genfer Charakter fällt ; so schreibt er z. B. am 25. Juni 179
an Trevor, den englischen Gesandten in Turin: -, . . . Wen
man Genfer irgendwo verwendet, so haben sie immer eigen
Absichten und Anhänglichkeiten, welchen alles andere a
sekundär weichen muss. . . .^.*i
Im Jahre ll^H) erhielt AVilliam Wickham seine erst
staatliche Anstellung als Falliments-Kommissär und b(
kleidete dieses Amt während vier Jahren; allein schon ii
August 1793 \\nirde er nel)eaibei von seinem Freunde Lor
Grenville zur Fühning einer geheimen auswärtigen Korn
spondenz veranlasst, die so konfidentiell gehalten wurd'
dass sie keint^rloi Spuren hinterlassen durfte und unt<
Umgehung der Beamten des Auswärtigen Amtes betriebe
wurde. Zum Zwecke der Erweiterung seiner auswärtige
Korrespondenzen und Beziehungen wurde Wickham ziu
Oberaui'selier der Ausländer im Jahre 179-4 ernannt, ui
dann im ()ktob(T des gleichen Jahres, entschieden wob
vorl)er<Mt«^t und geeignet in geheimer ilission in die Schwei
gescliickt zu werden. Diese Sendung wurde übrigens Aufaiif
imch so geheim ^elialten, dass Wickham nie auf dem Au
wärtigen Amte ersctliien und dass seine Instruktionen vc
*) < orrespondeiice Bd. I p. 4.
'■^) C()rrc^p()IU^c^ce Bd. I. p. 112.
William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 7
Drd Grenville eigenhändig aufgesetzt wairden. Im Foreign
ffice erfuhr man erst mehrere Monate später durcli einen
iifall von dieser Gesandtschaft.
Wir müssen nun hier, wo wir zum eigentlichen Thema
ieser kurzen Studie kommen, gleich vorausschicken, dass
9 nicht in unserer Absicht liegen kann, ein vollständiges
iild von Wickhams Tätigkeit zu geben. Mit einem Spezial-
mftrag beginnend, entwickelte sich seine Gesandtschaft bald
zu einer Mission allerersten Ranges, bei welcher die Be-
ziehungen Englands zur Schweiz nur eine untergeordnete
Rolle spielten. Wickham wurde das Haupt der ganzen
von England auf dem Kontinente organisierten antirevolu-
tionären Bewegung; in seine Hände liefen die Fäden zu-
sammen, welche die gemeinsame Aktion der Mächte zu
Land und zur See mit den Unternehmungen der Emigranten
und den royalistischen Verschwörungen und Aufständen im
Imiern Frankreichs zu einheitlicher AVirkung bringen sollten
nnd dementsprechend flössen ungeheure Geldsummen durch
seine Finger. Nebenbei diente ihm die Schweiz als ein
Beobachtungsposteu ersten Eanges, um seiner Regierung
luitzliolie Informationen über anscheinend sehr fernliegende
Untemphrnungen des Feindes zu verschaffen. Später, zur
Zeit der '2. Koalition, wurde Wickham die eigentliche Seele
<les Krieges gegen die Franzos«Mi in der Schweiz und wirkte,
auch nach dem Verlust dieses Landes, unermüdlich am
^Viderstande gf'gen die Armeen der Republik.
Diesp. wir möchten sagen, grosse Seite von Wickhams
Tätigkeit, ist ziemlich bekannt; sie eing^^hend zu beschreiben,
l'iesse eine Geschichte der französischen Revolution und
ihrer Kriege unternehmen: wir werden uns daher damit
"^^gnügen müssen, sie nur in ganz grossen Zügen zu skizzieren.
••^'fern sie zum Verständnis der mehr die Schweiz als solche
^ind im besonderen Basel betreffenden Tätigkeit notwendig ist.
Unsere Hauptquelle ist nun Wickhams offizielle Korre-
spondenz; sie ist von seinem Grossolme William Wickham
*^ii Jahre 1870 zu einem guten Teile publiziert \) und mit
'l The Correspondence of the Right Honoiirable William Wickham
from ihe year 1794 cdited by his grandson William Wickham M. A, — 2 vol.
London. Richard Bentley 1870.
? Charles D. Bourcart.
einigen einleitenden und erläuternden Notizen versehen
worden, denen wir namentlich die biographischen Einzel-
h-^fiten entnehmen konnten. Dieses Werk scheint übrigens
lange Zeit in der Schweiz unbekannt oder wenigstens
unberücksichtigt geblieben zu sein; erst in neuerer Zeit, so
von Prof. Oechsli in seiner Geschichte der Schweiz im
19. Jahrhundert, ist es dann mehr benutzt worden. In-
dessen, wie es von seinem Standpunkte aus auch ganz
begreiflich war, hat der Grossohn hauptsächlich nur die-
jenigen Korrespondenzen publiziert, die sich auf die ^grosse
Geschichte^ beziehen, während solche, die nur lokales Interesse
boten, ausgelassen wurden. •
Wie anderswo sind nun auch im englischen Staats-
archive die Gesandtschaftsberichto aus der Schweiz zu Händen
unsen»s Bundesarchives seit einer Reihe von Jahren ab-
geschrieben worden und darunter auch Wickliams voll-
ständig^^ Korrespondenz. In beinahe dreissig Manuskript-
bändeii liegt sie im eidgenössischen Staatsarchiv. Bei deren
l^iirchsicht haben wir getraclitet, dasjenige, was sich be-
sonders auf Basel bezieht, festzuhalten; es sei aber beiläufig
benu*rkt. dass sich unter di<^sen Akten auch interessante
MittHiluiig«'!! über die politischen Ereignisse in G»^nf. Zürich.
(\*'in Wallis, (h*m Veltlin. der Abtei St. Gallon u. a. O.
linden, die aber hier nicht berücksichtigt werden kimnreii.
Vm das Verhältnis der publizierten Berichte und Bei-
l;iC^'-n zu dem noch unbenutzten ^Material klarzulegen, mujx
«rwähnt wt»rden. dass z. ß. für den Zeitraum vom 1. Januar
r/i-i zum ;]i). Juni ili^T) im publizierten Werke 11 Berichte
W'irkliams abgedruckt sind, während sich im Manuskripte
«i*'j«-n i)'2 für den g]«Mrhen Zeitraum befinden: noch zahl-
.'•ir-|ii;r sind die Bt'ilageu. v«»n denen bis zu 35 einem ein-
z Ue-rj B«*richt<* beigegt^ben sind, (nmz besonders wertvolles
'.l;it<-rial wäre tür diejenigen zu finden, die sich mit den
: .' 'i/"«-volutionän»n Umtrieb^Mi im Inn«M*n Frankreichs abgeben
.•.•...\t'ii: fast täglich laufen Berichte der englischen Geheim-
:,'j='::'*'U ♦•in.
W'irkham hat Korrespondenten in Basel, Bern. Lausanne.
^ #•.',:. Ziirieli. Luzern. in der Franche-Comte. Lyon und
r;;;g.-l;]uig, in d«*r Bretagne und der Vendee. in Savoyen,
^^^p William W}ckh;im, brttisctier Gesandter tu der Schweii etc. Q
In Pariö, Versailles. Sti-assbnrg, Tonlon und San Remo; dazu
fcoDiTnen die iimheiTeiseüden Agenten und diejenigen bei
pond^'s Eraigrantenarmee: ondHch korrespondiert er auch
fcielfacli mit den britisclien (^sandtsehaften in Wien, Berlin^
purin. Venedig. Genua. Konstantinopel und dfti englischen
Ifldmirälen im Mitteluieer. Wickhanis Beziehungen waren
pomit recht weitverzweigte: er reiste aber auch selbst viel;
Bo finden wir ihn z. B. Anfangs Juli 1795 in Lausanne,
mm 16. in Basel, am 2U. in Mülheim, am IB. August wieder
Rn Lausanne, am *>. Septeniljer in Mülheim, am Ib. in Ltin-
kanno, arn IL Oktober in Mülheim, am 2. November in
KjEUsanne u. s. f.
I Wir haben oben schon erwälmt, wie Wiekharas Reise
En die Schweiz durcb die ErÖti'nungen einiger Führer der
Ptonstitutionellen Partei veranlasst wurde. Er kam im
iDktober 1794 nach Bern^ wo er mit Mallet-Du Pan, Mounier,
pheodore de La m etil und Dumas zusammentraf. Docb schon
marh der ersten UnteiTedung zeigte sieh, dass die von
Laineth und Dumas mit so viel Wichtigtuerei entworfenen
piäue nur Trugbilder waren, zu deren Ausführung ihnen
Imch alle Mittel fehlten: sie warcm nicht einmal im Stande,
Bicb über irgendweiche Beziehungen zu massgebenden Per-
Bunltchkeiten in Paris auszuweisen und es war bald offenbar^
Bass sie die ganze Intrigue nur dazu benutzen wollten, um
Hie Freilas;sung des Alexandre de Lameth (Bn^derTheodore^s)
Bud des Generals Lafayotte zu erwirken, die sich hAde in
österreichischer Gefangenschaft befanden. Eine zweite Zu-
■ammenknnft hatte keinen Ijesseren Erfolg und man ging
Beiderseitig wenig erbaut auseinander. Wickbam war
Bacnrlich über die Art. wie er nach seiner damaligen Auf-
Bi8snng für nichts und wieder nichts auf den Kontinent
Besprengt worden, aufgel>racht und seit ilif'.sem Abenteuer
Bi'ollte er noch lange Jahre den Konstitutionellen, zu denen
Kr übrigens nie gronses Zutrauen gehabt hatte: Theodore
Be Lameth und er blieben auf immer verfeindet und schadeten
■ich auch in der Zukunft gegenseitig, wo sie nur konnten.
Eregen MaUet*Du Pan und Mounier — obschon diese beide
Eerren selbst von den «ndern getäuscht worden waren —
Behielt Wickbam noch lange Zeit auch einen gewissen
12 Charles D. Bourcart.
merken ist, dass Wickham im ganzen zu schärferem Vor-
gehen geneigt gewesen wäre, als es in den Absichten
seiner Regierung lag; denn bei verschiedenen Anlässen
erinnert Lord Grenville seinen Gesandten daran, dass es
des Königs Wunsch sei, die Gefühle und die Empfindlich-
keit der Schweizer zu schonen.*) Ein Hauptaktionsmittel
der Koalition gegen die Schweiz war bekanntlich damals
die Getroidesperre; geschickt suchte Wickham dadurch in
der Schweiz sich und seinem Lande Freunde zu machen,
dass er sich für Aufhebung derselben verwendete.*) Ein
weiteres „ Schweizerisches ~ Geschäft war die Ueberwachung
und Begünstigung der Anwerbung von Söldnertruppen in
der Schweiz, zunächst des Regiments von RolL Auch hier
musste sich Wickham sehr vorsichtig zeigen; denn der
englische Dienst war kein kapitulierter imd das AVerben
für solchen Dienst war ja auf das allerstrengste verboten;
Wickham durfte also offiziell nichts damit zu tun haben')
und die Sammelplätze und Depots durften sich nicht in
der Schweiz befinden; sie lagen in Waldshut und Villingen.
Wir wissen, dass diese englischen Werbungen eine immer
wiederkehrende Klage der französischen Gesandtschaft waren
und dass Wickham von ihr direkt bezichtigt wurde, sich
dadurch eines Neutrtilitätsbruches schuldig gemacht zu
haben. Unbegründet waren diese Klagen keineswegs, wenn
auch Wickham sich der grösston A'orsicht befliss. Das
Regiment von Roll kam allerdings zu Stande und im Herbste
des .Jahres 1795 konnte es in einer Stärke von za. 1250 Mann
von Villingen nach Gibraltar dirigiert werden. Auch später
kamen noch Unterhandlungen für andre Truppenwerbungen
vor; so namentlich im Fri'dijahr 1796 für Anwerbung
1) Z. B. P. R. O. Xo. 68 (R. ().) Lord (irenville to Wickham Xo. 2
Fchr. ^th 17. jo.
-I P. R. < ). Xo. 77 Wickham to Lonl Grenville Mülheim 12 Oct. 17^)^
/ei^t, wie nuui sich auch sonst gegen die Sperre durch Bestechungen zu
lu.'lfcn wu-slc.
^1 Kidg. Ab>chiede Vlll p. 105 und 228. — Correspondence Bd. I
p. <>.i tV. 13«). 205 P. R. (.). Xo. 4 (F. O.) encl. in No. 3: — ibid. No. 5
und Xo. 7 «F. (.).), Xo. 8 und Xo. i i (F. O.) passim.
William Wick4iam, brilischcr Gesandter in der Schweiz etc. l.>
^ Regimentes Wattenwyl (Erlach) für den englischen
»louialdienst. ^)
Aber für England von viel grösserer Wichtigkeit als
se mehr rein schweizerischen Angelegenheiten waren
! andern Aufgaben, die dem englischen Minister in Bern
ertragen wurden. — Selbstverständlich war es, dass er
t den Gesandten der andern allierten Mächte gute Be-
hungen unterhalten sollte und ebenfalls, dass er mit dem
rtreter des Kaisers, der ja schon damals den Geldbeutel
• Engländer in bedeutendem Masse in Anspruch nahm,
nähere Fühlung treten sollte: aber er hatte auch über
i Treiben dieser Herren und ihre Beziehungen zum
nzösischen Ambassador Barthelemy ein ganz besonders
chsaines Auge zu halten, stand man doch am Vorabend
< Friedens zu Basel, der für die Koalition ein so schwerer
lilag sein sollte.
Im ferneren wurde Wickham besonders ans Herz gelegt.
' f»in«m tüchtigen Informationsdienst besorgt zu sein; denn
rd (rrenville klagte, man erfahre beinahe nichts aus dem
(lern Frankreichs und ausser dem offiziellen «Moniteur"
lalte man nicht einmal Zeitungen:'') an Geld sollte auch
' diesen Zweck nicht gespart werden.
Doch die Hauptaufgabe, die Wickham zufiel, war noch
rhtigerer und auch kompIizitMterer Natur. Es handelte
h um nichts weniger als um die Ausführung eines aus-
dehnten Planes, (hn- zur re])erwältigung Frankreichs, zum
iirze der revolutionären Re<jjiening und zur Wiederauf-
htung des Königtums führen sollte. '"^i Im Einverständnis
t dem Wiener Hofe sollte zunächst das von letzterem
r vernachliL^sigte Emigrantenkorps des Prinzen von Conde
englischtMi Sold ülu^rgehen und zu euwr })isher nicht
reichten Höhe und ychhigfertigkeit gebracht werden:
ickham hatte hit»rfür zu sorgen mit Hilfe eines im Haupt-
») Corrcspondenco R<i. I p. 314. — V. R. (.). No. h«) (R. Oj Wickham
I-ord Grcnville Xo. 40; Xo. 70 {R. O.i Socrctary of State tn Wickham
.11; Xo. 70 (R. ().) Wickham to Lord (ircnville Xo. 44. Xo. lo private;
. 17 (F. ().) Dundas to Lord (irenvillc 13 May I7<M>.
'} CorrcspondcDce Bd. 1 p. 17, 22.
') Corresp. Bd. I p. 25 ff.
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William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. I 5
andre Faktor möchte versagen; und so geschah es auch:
es ist bekannt, welch schmachvolles Ende im Juli 1795 die
Landung der Emigranten in der Baie von Quiberon nahm;
General Wallis, de Vins Nachfolger, wurde am 23. November
1796 von Sch^rer in der Schlacht bei Loano geschlagen;
ebenfalls im November 1795 wurde der Emigrantenemissär
de Besignan an der Grenze von Franche-Gomt^ von den
Franzosen verhaftet; seine sämtlichen Papiere, aus denen
beinahe der ganze Insurrektionsplan ersichtlich war, trug
er auf sich und die Sache war, für den Augenblick wenigstens,
vereitelt Wenn auch die Oesterreicher einige Erfolge an
der Rheinlinie hatten, so wussten sie sie nie" genügend
auszunutzen und gegen Condes Armee zeigten sie stets ein
gewisses Misstrauen und ü^-ussten immer aus irgend einem
Grunde deren Einmarsch in Frankreich zu verhindern. Die
Unterhandlungen mit französischen Generalen schlugen
entweder fehl, wie z. B. mit Kellermann, oder zogen sich
in die Länge, wie mit Pichegrue. Unter den Emigranten
herrschte Uneinigkeit, und selbst der Comte de Provence,
der legitime Regent und spätere König Ludwig XVIIL
war auf das Kommando seines Vetters Cond^ eifersüchtig.
In Paris endlich, wo es momentan den Anschein hatte, die
Gemässigten und Royalisten würden die Oberhand gewinnen,
rettete am 13. Vend^miaire i5. Oktober) Napoleon Bonai)arte
die Republik durch Unterdrückung des Aufstandes der
Sektionen und erwarb sich damit das Oberkommando in
Italien.
Dass die Ueberwachung und teilweise Leitung so vieler
Intriguen und Unternehmungen keine leichte Aufgal)e war,
ergibt sich von selbst. Daneben mussto sich der Gesandte
noch mit allerlei Kleinigkeiten abgeben; musste er doch
dem Herzog von Portland und Lord Grenville sogar Alpen-
pflanzen und Samen verschaffen.*) Aber AVickliani hatte
mit grossem Mut und einer nie versagenden Arbeitsfreude
und Zuversicht die Saclie unternommen; er war entschiedener
Optimist und verzweifelte nie gänzlich am schliesslichon
Gelingen seiner Pläne: und Optimist musste er sein, sonst
>) Correspondence Bd. I p. 239 und 291.
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William Wickhani, britischer Gesandter in der Schweiz etc. I 7
grenze') inusste er nicht nur Leute haben, die ilini über
das. was sie hörten und sahen, berichteten; sondern es war
ihm namentlich auch dämm zu tun, dass man seine Emissäre
und Spione, die nach Frankreich hinübergingen oder von
dort herkamen, durchliess und dass man Geld, Waffen,
Pulver und Blei, Schuhwerk u. s. f. unbeanstandet den
französischen Royalisten zuführen Hess: denn, dass solche
Sendungen ungeniert vom neutralen Boden • der Schweiz
aus auf direkte Veranlassung eines akkreditierten Gesandten
«erfolgten, wird von Wickham selbst des öfteren ganz offen
erwähnt, wenn er sich auch nicht verhehlen konnte, dass
er sich damit eines völkerrechtlich nicht einwandfreien Be-
nehmens schuldig machte. Und wie ging er denn vor, um
solchen Schmuggel so unverfroren zu betreiben? Nun, es
war nicht sehr schwer; er nahm einfach die Kommandanten
des bemischen Grenzkordons in seinen Sold und zwar er-
fahren wir aus einem Briefe an I^ord Grenvilh» vom
28. März 1795*) ganz genau zu welchen Bedingungen und
was von den Herren erwartet wurde; Wickham schreibt:^)
«. . . Auf meiner Reise ins AVaadtlaud habe ich midi der
Dienste des Obersten Roland*) versichert; er ist Oberbetohls-
haber der Berner Tnippen in j^nem B<»zirk seit d(Mii Beginn
der französischen Rovohition. Kr ist vom (Tcheimen Kat
angestellt, um ihm über alles, was in don angrenzend«»n
Pri>vinzen vor sich geht, zu berichten und hat die aus-
gedehntesten Beziehung«»n in der ganzen Franche-Comte,
wo ihm die Bauern völlig ergeben sind. ... Er ist ein alt<M*
Soldat und man kann sich auf sein Benehmen und seine
lUskretion verlassen. Er hat di«* Vermittlung m<Mner ganzen
Korrespondenz mit Lyon. Paris und «lern .Fura ül)ernommen
und wird mir alles f/eben, iras er dem Geheimen
Rat mitteilt. Er ist voller Eifer und ich betrachte seine
') Correspondcnce Bd. I p. 07: n»; ;
«) I*. R. O. No. 5 (F. ().» Wickham to Lord Grciivillc Xo. *>.
*) Wir betrachten es als praktischer, die im Original englisch ge-
tchriebenen Texte hier gleich in <lcr Uebcrsct/ung zu bringen; der uns zu
Gebote stehende Kaum erlaubt uns nicht, daneben auch ntK'h den Original-
text za bringen; dagegen zitieren wir französische Korrespondenzen im Urtext.
*f S. H. J, Leu, Suppl. z. d. allg. helv. Lexik<m I7<)i.
RmIct Zeitschr. ff. Gesch. und Altertum. Vn, 1. 2
l8 Charles D. Bourcart.
Dienste als wertvoll. Die Bedingungen, die ich abgemacht
habe sind folgende: Ziehn Schillinge im Tag so lange er
angestellt bleibt — dass ich ferner Seiner Majestät seine
beiden Söhne, die er beide im englischen Dienste plazieren
möchte, empfehle. Beiliegend Kopie der Zeugnisse über
ihr Alter imd ihren Dienst. Er hofft, der ältere möge eine
Kompagnie in einem Emigrantenkorps erhalten: Der andre
ist schon vom Baron von Roll als Leutnant angestellt. Er
hofft. Seine Majestät werde diesem das Hauptmannspatent
erteilen; es wäre unmöglich ihm eine Kompagnie zu geben
ohne den Leuten von Bern vor den Kopf zu stossen; —
und im Falle, dass er (der Oberst» wegen der Dienste die
er leisten könnte, aus seinem eigenen Lande vertrieben
werden sollte, dass ihm innerhalb der Staaten Seiner Majestät
ein Zufluchtsort mit der weiteren Auszahlung der gleichen
Pension gewährt werde." — Das ist deutlich, und wenn wir
auch gerne zugestehen, dass solche Verhältnisse in damaliger
Zeit weniger streng beurteilt wurden als heutzutage, so
muss doch hervorgehoben werden, dass das Ausliefern der
für die eigene Regiening bestimmten Mitteilungen an einen
fremden Gesandten geradezu Hochverrat ist: die letzte Be-
dingung des Kontraktes zeigt auch, dass unser Oberst doch
kein ganz reines Gewissen hatte. — Von zwei andern waadt-
ländischen Offizieren an jener Grenze erfahren wir auch,
dass sie dem englischen Minister zu Diensten standen; es
waren ein Oberstleutnant Arpeau') und ein Major Russillon.
Ersterer wurde denn auch deshalb, wie wir später sehen
werden, im Jahre 1796 direkt beim Rat der 200 verklagt,
konnte sich aber aus der Klemme lierauswinden, vielleicht
nicht ohne den Beistand des Schultheissen von Steiger.
Man gewiimt bei diesem Anlass überhaupt den Eindruck,
dass der Schultheiss um das ganze Verhältnis doch etwas
wusste. was die Schuld der betreffenden Offiziere allerdings
») P. R. O. Xo. h: (R. O.) Wickham to Lord Grenvillc No. ii Lau-
sanne 28 Jan. 1796.
P. R. O. No. 15 (F. O.) C0I. .\rpeau to thc secret Council of Beine.
Cheserex 2 March 1796.
9VWB» abschwächen würde.') Major Hua^illon v^iirde im
' u zw rJnt^^rhandliiDgen init Ut>nt>ral Pichegra
■ 1. -i
Ohflchon Wickham selbst längere Zeit seinen Wohnsitz
Ltfinsiinn«?, als dum Zentrum der royalistischen Agitation
[liatte and später in Bern resi^lierte, war lür ihn Basel
dennoch ein ebenso wichtiger Punkt. Basels Nähe von
MülfainiUf wo Contlä lange Zeit sein Hauptquartier hattn
' Bir ^ und vom Elsass, dem Standorte Pichegnies andrer-
Ifi^M i das am Wege einer Armee aus dem Breingau
fiach di*r Francho-Comtö lag, wo auch der Uesandto des
[bpfreunrl«*ten Oesterreich residiert»^ wo überhaupt durch
Barthelemy Frankreichs VerhantUungen mit dem Auslande
l^fohrt wurden, Basel mit seinen vielen geschäftlichen
I Beziehungen zu Frankreich und Paris einerseits und Dmitsch-
rland andrerseits, war damals einigermassen der diplomatische
Mitt^'lpunkt Europas. Wickhaui indesi^en nahm nur ganz
iTorübergehenil seinen Wohnsitz in unserer 8tmh» auf seinen
JTleisen zu Condö nach Mülheim und auf dem Rückwege.
Er dachte zwar mehreremals daran^ sich hier für längere
tZeit niederzulassen» gab aber den Plan immer wieder auL
[Er hatte wohl verschiedene (tründe dazu. Nach dem. wa«
[wir von sieiner ganzen Tätigkeit wissen, wird ihm in erster
jj«? die Nilhi' der Fe^stung Hriningen und d«*r dortigen
fmnjBÖsischen Truppen nicht sehr geheuer gewesen sein,
r doch ein gar zu guter Fang für sie gewesen: weiter
le er, wie er selbst schreibt/) dass sein Aufenthidt
«okker Nähe des französischen Botschafters dahin mi^^
rdeatat werden könnte, als suche er Annähemng, und ilann
|wür«? das* Zutrauen der R»)yalisten ganz dahin gewi-sen un«!
lemer erklärt uns auch Wickham,*» da^s er ein Interesse
in gehabt hatte, mit den Baslern nicht auf allzugiUem
•l P. R, O. Kü. 6; R, <K Wickham tu Lnrd Grf'jivilic Xtr 8 LAusaunc
sS JjMu t7<)^ — und Beilagen,
*> Cörrctpomlcficc Bd. 1 p. 374, — i', K y :>o. ; | iK, ' » 1 Wirkham
Vord Grrotine Ka, 22 Bern 27 Aujg, ir^**
. O. Ko. e»5 (R. CX^ Wickham to Urd GtenviUe So. JSo Xliil-
*l P. R, Vo» S (F. Oj WicktiamioLordOntiiviU«. Bcni 3H Xbrcb 1795.
i&HMii
^'' Charles D. Boarcart.
K'j-*" zu kU'Ihmi, damit er sie gegebenenfalls auch nicht
;ii]ziigut zu liehandeln brauchte. Die Griinde dieser Gc-
hiiiijung werden wir später finden.
Ni<!htsdostoweniger wurde die Wichtigkeit des Platzes
von Wickham keineswegs unterschätzt und er hatte daher
auch liier die verschiedensten Agenten. Es ist nicht immer
inniglich <lie Persönlichkeit derselben zweifellos festzustellen;
d«Miii in vielen Phallen gibt AVickham keine Namen an oder
l)oz«*i<'hii«'t di(^ Autoren der Berichte nur mit konventionellen
Hurlistabcn od«>r Pseudonymen. Da sind z. B. die ersten
l(4ii)|)nrt«» aus Basel ..the clerk of Basle'' unterschrieben.'!
Di«« Ht'Zt'iclinung deutet auf einen Staatsangestellten: wer
abtT daniit gemeint ist. wissen wir nicht. Der nächste
Korrespondent ist (»in gewisser Dominik Herrenberger, der
im Jahre 17iH) Bürgermeister von Schledtstadt gewesen,*
dann nnno Yl\s\\ riic^hen nmsste und in eines der EmigranteD-
n»gimont4*r Coudes eintrat: er war früher Quartiermeister
Imm diMi Carabiuiers gewesen: mit Bacher, dem französischen
Logationssokretilr war er verwandt und Bachers eigener
Spn/.ials«»krotär. Kistelhuber. war Herrenbergers Neffe. «Er
H;,»waim das Zutrauen Bachers-* schreibt Wickham^« hindern
rr iliiii iM'i gt>wissen schändliehiMi Schmuggelgeschäften an
diT (JnM\/.o bt'hiitlirh war,- Dieser Maire von Schledtstadt^
war namentlieh soiut^r Beziehungen zum Elsass wegen
l»rauilibar und wtdil au^li deshalb, weil ihm als Elsässer
\\'w basltMisrhon Verhältnisse leicht verständlich. Aber auch
oiuiMi eehten aliiMi Haslor hatte der englische Gesandte in
seinem Solde: es war di»»s Enianuel AValther Merian-Iselin.
Win ::um WildtMi Mann, dem auch im Jahre 1798 diese
eniTÜNeheu Spionagedienste zum VerbnH^hen angerechnet
wnixh^n. A. F. Stoeker. \\\ seinen .Basier Stadt büdem"*»
• ^i.-.r.j:c M HO 'vv.j: /:o- Hc:rv. StA.:tarch:\\ir C'ahs* ia Schledtstadt.
l' K i^ N.\ c- ^K. ^V^ Wiskb.-.r; lo Lori Greavi'i- Xo. 5^«. Bern
' P ^' Uo:;/.v.c- S;!Tir..'cri:cr> -t..: ::: irr Kcrrcspo2ie=.r mm Teil
\sv.\ ,.-v •■ U ;.v; .-•■::
^ Jvis. . ,^0.^- ■> .^ - :■ :^i —
V K i* N.^ ■. ." V v^ e-.o. >f i ::•- W:/i:b.i:s5 No. ?vi. Correspondcnt
AVilliam Wickhani, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 2 l
erzählt, Merian sei damals zur Armee Condes geflohen, wo
er eine Stelle im Verwaltungsstabe mit Majorsrang erhalten
habe und bis 1801 verblieben sei. Später, nach Basel
zurückgekehrt und Ratsherr geworden, habe er ^für seine
Verluste im Dienste des französischen Königshauses "• von
der Restaurationsregierung eine Pension von 2000 Franken
erhalten. — Merian meldet allerlei über die Vorgänge in
Paris, worüber er vielleicht durch direkte Beziehungen, dann
aber durch seine kaufmännischen Bekannten in Basel und
schliesslich wohl hauptsächlich durch die in seinem Wirts-
hans absteigenden Reisenden unterrichtet war. M Eine solche
Wirtshausszene beschreibt Merian unter dem 25. Juli 1795:
•Hier soir un Commissaire de la Nation fran(;'.aise ne voulant
point se mettre k la table oü il voyait beaucoup d'officiers
de l'arm^e de Cond^ me demanda ä souper avec moi; dans
la conversation il me parla d'une paix prochaine avec
TEspagne; rejetant cela comme bien loin encore, il m'offrit
une gageure de 100 Louis contre 10 qu'elle sera faite avant
huit jours: je bomai ma gageure ä quelques boiueilles de
bourgogne que nous commeuQämes par boire aux frais de
celui qui perdrait: le vin d^lia la langue a mon commissairo
et il finit par nie dire qu'ello etait deja signee - —
Ein Hauptagent, der in der Folge, wie wir sehtqi werden,
AVickham grosse Schwierigkeiten bereitete, war ein gewisser
Chevalier d'Artes, ein französischer Emigrant, der mit oinem
englischen Hauptmannspatent versehen, dem (resandten von
LiDndon aus aufoctroyiert worden war.-- Dieser sorgte
hauptsächlich für Beziehungen mit Paris, mit der Vende**
und der Armee Condes: er wurde auch von Wickham zu
einer Mission nach Wien verwendet und hatte sich dess»»n
ganzes Zutrauen zu sichern gewusst, was er dann, nach
echter Emigrantenart, mit dem krassesten Undank erwiderte.
— Ein ähnlicher Mann scheint ein Herr d<^ Valdenays oder
Valden^e, der namentlich mit dem Elsass, dann ab^^r auch
mit Paris und Conde zu tun hatte, gewesen zu sein.
Femer lebte noch in Basel auf Kosten Sr. Brit. Majestät
ein Herr Fenouillot, früherer Rat am Parlament von Besancon.
•) Die Berichte Merians tragen die Marke M.
*) Correspoodence Bd. I p. 25.
22 Charles D. Bourcart.
Er war speziell mit den Verhandlungen vertraut, die sich
auf die Intriguen mit Pichegru bezogen. ') — Endlich finden
wir im Jahre 1796 noch einen Agenten, der über allerlei
berichtet, was er in Basel erfahren kann. Seine Berichte
sind mit E. bezeichnet, doch liess sich eine Identität einst-
weilen nicht feststellen; vielleicht war es ein Herr Bro6.*)
Ueber die Bedingungen, zu welchen diese Agenten in
Basel alle engagiert waren, erfahren wir leider nichts. Er-
hielten sie auch 10 Schillinge im Tag wie der Waadtländer
Oberst? Wenigstens scheint dieser Betrag annähernd die
Besoldung solcher Leute gewesen zu sein. Mallet-Du Pau
spricht in seiner Korrespondenz*) verächtlich von einem
„essaim d'aventuriers, de gobe-mouches et d'entrepreneurs
de contre-r^volutions ä deux cents francs par mois que paie
le Ministre d'Angleterre ..." (Wir besitzen eben nur
wenige Abrechnungen über die Gelder, die Wickham durch
die Finger gingen; sie dienten ja auch nicht alle zu Be-
soldungen und Bestechungen, sondern auch zu Anschaffungen
von Kriegsmaterial. Aus einer Abrechnung, die vom Ende
April 1795 bis zum November gleichen Jahres reicht und
die ausnahmsweise sich in unsem Akten befindet, geht
hervor, dass in jenem halben Jahre allein eine Summe von
rund einer Million siebenhundorttausend Franken von Wick-
ham für seine Zwecke verausgabt wurde; von diesen gingen
z. B. 8000 louisd'or an Fauche-Borel *) für die Intriguen
mit Pichegni; für die Vendee wurden 600000 Frs. in jener
Zeit verausgabt.)
Der Inhalt all der Korrespondenzen ist nun ein sehr
verschiedener. Abgesehen aber von den grossen Unter-
nehmungen, zu deren Förderung sie eigentlich eingerichtet
worden, bringen sie uns allerlei interessante Mitteilungen
über Basel selbst, über seine Einwohner im allgemeinen
») Fauche-Borel Bd. I pp. 228, 267 und 268.
») Correspondcnce Bd. I p. 112. 135. — P. R. O. No. 15 (F. 0.)
Letter from thc Correspondent E. at Basle, cnclosed in Wickhams No. 15.
Bäle 20 fevrier 1796. —
*) Bd. II p. 208.
*) Vergl. Fauche-Borel Bd. I p. 268.
^^P WUNwii Wlckharo» brUi»clier Gtsandter in d«r Schweiz tu
muii übtT rinaiHine Pf^r^oiieu itu besonderen, sowie iiament-
lUeh oeiie Daten über einige Ereignij^se der Geschicbte Bnaeld.
f Im ganzen fallen all clieso Herren kiMu giiiistig»-*s Urteil
tübar BilSi*! ujid die Basiter: galt rloch Basel damals schon
[als revolntionsfreundlich nnd wissen wir auch, dass Wick-
[ham über das8c*lbc^ auch gar nichts gntt'S zu hören wtiusclite.
Ein ijnüüT wiederkehrender Vorwurf ^^Jt die Schwäche
^der Regierung und die (tewinnsucht der Einwohner. Mounier,
»r im Frdhjahr 17H4 l>erichtet, *) findet damals zwar, die
[Anjesichten auf «len nächsten Feldzug hätten etwas mehr
[Energie geweckt: er freut sich, dass ein Basler Bürger
^emissaire des jacobins ayant declam^ contre la soleniuite
trellgic^uss« ordonn^o par les Cautons et meine blasph^nie
icontre JesuH-ChriHt en le traitant A'anstocrate a M^ depouill^
Id'iiii fjuploi dont il etait revetu et coudamiiä a ein«! ans de
Iprinoii daiis 1a maison de force . . . Un eonseiUer/ sagt er
Lweiter ^a 6te ceg jonra derniera chasse du conseil poiir
lavoir envoye du riz a un uiarehand frau^ais avec letjuel il
'<etatt en eorre^pondance de commerce . . ,;^ er gibt auch
Imif iIääs ,.quand on a pass^ ipielquea jours k Bale, on voit
lavec nn peu phi*i d'indulgenee la UL^utralir^ d*un pay« aussi
[t^3£p*»s^ a la fur»*ur des jacohins; taut que les Puissatici.*»
In^enti^prendront rien pour d<5Iivrer les fronti^res de la Suisse
[il «era imp(»»sihle tlVu obtenir plus de fermet^** I>och in
|i)mr*m aiulern Brief *t sagt er dünn; .,llu'ya point de pays
monde on Tagiotage invente autant de faussea nouvelles
lijne dani* la ville de Bäle . Comme leü magi^trats
ilf* Bile 8ont t^nis tm commers^ants ou arti«ans, cVst k de»
IniAgistnit» que Barthelenjy et 8 es secrötaires confient sous
b^n^Ecesi exorbitants tles commissions secr^tes pour dea
vlmi^ fniuduhnix, II est entre ces jours dan^i la villt?
fplanieurs voitures charg^es d'argent venant de France. 11
efft doiic k craindrt^ (pfon ne fasse imcore une grande contre-
hiitiflt« mnlgrä le zfele iki plu^teurs mngi^trats qiii out refusiö
• t ^Main les propositions de »'interegger i ce commerce
*i V, R, O. No, 4 (K, O4 Mouoier to Lord R« Fiucerald, «nctoAed
♦fl Sr*. lt, Bale, le 2 Avril 1794.
?\ R, O. Xo. 4 IF Ol £ado«ure Ko. 1 in Lord R, Fit2gvnild«
24 Charles D. Bourcart.
infame . . . .^ zum Schlnss erklärte er aber noch ^il existe
la Bälei beaucoup de magistrats tres devoues a la cause des
Puissances.- — Ratsherr Rosenburgers Prinzipien werden
als ausgezeichnet geschildert und Oberstzunftmeister Merian
als ^hommo de probitö et d'honneur ä qui vous pourrez
vous adresser en toute confiance lorsque vous aurez
quelqu'avis ä faire proposer ou des renseignements a
obtenir>
Ein Korrespondent aus Basel, der nicht näher bezeichnet
ist, berichtet Anfangs 1795: Vi ^Depuis la Revolution la
France a eu des agents pour faire differentes emplettes et
acheter en pays etranger pour le compte du gouvernement
et avait une maison ou deux dans cette ville chargee de
payer en rendant compte du num^raire qui lui etait envoye
ä ce sujet. Les freres Merian precedemment avaient cette
commission et on leur payait */^ ^* ^, des sommes qu'ils payai-
ent. c*est-ä-dire sur IUI) livres ils avaient 15 sous. Messi-
eurs Bourcard furent a Paris, fireiit oter cette commission
ä leurs compatriotes. en offrant de faire cette commission
pour ' ,. soit 3 sous 4 deni»Ms, ce qui fut accepte •
Herren])erger. d»M* Ex-Bürgermeister von Schledtstadt
schrei])t um dit» gleiche Zeit:^) -Les Balois ont entiere-
HK^iit (legenere d»-])uis quelquo temps: ils ne ressemblent
plus aux Suisses qui observent une neutralit^ stricte: par
les diffenuits clubs qu'ils ont Stabil dans plusieurs maisons,
par leurs cris de «Yive la nation!" et les santes (pvils
pMiteut a la Republiquo Franvaise. ils cherchent sans doute
a se distin^uer dos autres Cantons et a plaire par la aux
Frangais. Ils pousst*nt la complaisance si loin, qu'ils fönt
escorter les emigres qui entrent dans leur ville de porte en
polte jusqu'aux frontieres de leur Canton. Le Conseil des
Tr.Mze dine souvent cliez Mr. de (sie) Barthelemj- que Ton
tournient^ sans eesse pour avoir du sei et des legumes,
tjmtut pour les ])retentions (pie l'Etat de Bäle a encore ä
re])eter a la France ou ])our d'amres objets d'interet. Li
h W R. C). No. 3 iK. ().\ Flnclosed in No. 3: Extract of a Icttcr from
B.i^le Jan.-March ir<)3.
h P. R. (). No. 3 (F. O.) Jan.-March i;«)^. encl. iu Xo. lO. Intelligcnce
seilt by M. Herrcnberger,
William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 25
France leiir a accorde autant de sei qivils en ont exig^ et
voici coinrae M. Barthelemj' s'est oxprimö ä cet egard : ^La
France, mes amis, ne peiit dans ce moment vous offrir autro
chose que du sei, qiie vous vendrez au Canton de Soleure
ou ä d^autres." En 1793 on aurait eu de la peine ä trouver
dans tonte la ville douze patriotes, niais maintenant ils le
sont tou3, jusqu'au Bourgueuiaitre Bourcard^i qui est
rempant comme les autres. Ils n'ont rien perdu de leur
^goisnie, ils sont juifs dans Täme. Les voituriers qui passent
par les autres Cantons de la Suisse achetent de la poudre
a 10 Batzes la livre et la vendent aux Bälois ä 2() et ces
derniers la revendent aux Fran9ais pour 60 Batzes; il serait
bon de faire surveiller ces sortes d'acquisitions ^
Ein nicht näher bezeichneter Korrespondent schreibt
unterm 23. März 1795:-) ^ Parmi les gens qui com-
posent le gouvemement et ce qu'on peut appeler gens de
bonne compagnie, il est vrai qu'on n'est pas democrate dans
toute Tetendue du ternie ä l'exception de 3 ou 4 person-
nages citfe comme jacobins; mais on ne peut se dissimilier
que la masse entiere desire la paix et (|ue 1»» gouvemement exi-
stant en France continuät de subsister comme s'ilyenavaitun.
Quecegouvemement-cienapparencedemocratiqueiiuoiquesui-
vantmoitres aristocratiqueet dont Topinion est embrassee par la
eollection des tribus, que ce gouvemement dis-je et la masse des
habitants, tous commer<;'ants, fabricants. pour ne pas dire
agioteurs, s'etaient imagin^s qu«^ l'invasion d«^ la Hollande
allait causer une esp^ce d'insurrection en Angleterre. que
le niinistere serait culbute etc. . . .*
Der Korrespondent E. sagt:^) ., Le Balois, na-
turellement d'un caractere peu ouvert. faiiatique franrais
par interet a besoin d'etre suivi et contourne pour etre juge;
son gönie est comme son coffre-fort, peu ä la portee du
voisin ... .^; er vergleicht den (reist des Baslers mit dem
') Peter Burckhardt-Forcart 1742 — 181 7, der spätere Landammann tlcr
Schweiz (1812).
«) P. R. O. No. 5 IF. O.) Memorandum from B;\sle No. 3. —
*) P. R. O. No. I 5 (F, O.) Enclosure No. i in Wickhams No. 1 5. Basic
26 Charles D. Bourcart.
des Genuesen und findet sie identisch:') ^ . . . le meme
esprit mercantile, les meraes principes, les memes vues
politiques ciment^nt cette union; ^coutez les uns, vous
entendrez les autres; les Francjais sont leur Palladium, la
maison d'Autriche leur öpouvantail, les Anglais leurs vam-
pires. . . ."^ Die Abneigung der Basler gegen die AUierten
schreibt er hauptsächlich ihrer Ansicht zu, dass die ver-
bündeten Mächte an der Verlängerung des Krieges und
somit am schlechten Gange der Geschäfte Schuld seien.
Auch einzelne Personen, ausser den schon erwähnten,
werden verdächtigt, sei es als Vermittler französischer
Geheimkorrespondenzen, wie der Buchhändler J. J. Flick^),
Johann und Rudolph Preiswerk, Lucas Preiswerk, •) nnd *)
Lucas Legrand,*) Eatsherr Peter Vischer,*) sei es als Ban-
kiers der Franzosen, wie das Haus Merian und Preiswerk.*)
Ueber Peter Vischer äussert sich der Korrespondent E. wie
folgt: ^. . . . il faut vous dire que je suis fort bien avec
ce M.AVicher (sie) depuis quelques jours; car quoique je ne
sois pas toujours de son avis — car decemment on ne peut
pas Vetre — il a une haute idee de ma maniere de voir,
par cela meme (juetant fort vaiii, j'ai grand so in de le
flatter . . /)- Ratsredner .[. J. Imhoff soll ein Pamphlet
gegen die Royalisten und AUierten geschrieben haben,
„ . . . insolent coquin et jacobin enrag^, de plus espion de
Barthelemy et surtout de Backer (sicj dont il est le plat
valet . . .'' schreibt von ihm der Emigrant de Valdenee.'J
Das Haus des Handelsmannes Rippel gegenüber dem Kanf-
») P. R. O. No. 15 (F.O.) Enclosurc No. 3 in Wickhams No. 15. Basle
20. Febr. 1705.
^) P. R. O. No. 6 (F. O.) Enclosure No. 3 in Wickhams No. 21. Bale
10 Avril 1795.
3) P. R. O. No. 7 (F. O.) Enclosurc No. 11 in Wickhams No. 31. Bale
29 Avril 1795.
*) P. R. O. No. 67 (R. O.) Wickbam to Lord Grcnvillc Lausanoc
4 Jan. 1796.
'-) P. R. O. No. 6 (F. O.) Enclosurc No. i in Wickhams No. 25. Basle
18 April 1795.
^') P. R. O. No. 16 (F. O.) Enclosure No. 2 in Wickhams No. io
Basic 12 March 1796.
") P. R. O. No. IG (F. O.) Enclosure in Wickhams No. 62. —
William Wickliiiiiii briliscbcr (TCff^^TiiUrr m «Icr Schweiz? eu
AUS dagegen soll den kaiserlichen C^ffizieren als Rendez-
Ivons dienen. ') Merkwürdig ist. dass PekM* Ocbü mir selten
(erwähnt win!.
Doch die^e Bi^ispiele mögen genügen um zu zeigen,
[in welchem (ieiste die KorresponrlenU^n in Basel über die
[Stadt und ihre Einwohner urteilen. Wenn lUinn noch
[AViekhains h«>8onderer Freund nnd Berater. 8chultheiss von
hSU!>iger, in nhulic*heiu Sinne sich liusspricht nnd schreiben
) ^ . . Je phiins Messiifurs Bourcanl et M^rian,
BSnnetes gens et mod^r^s. niais trop faibles pour r^sister
\k leuff* advtn^ssaires, ikla tete d'une bmirgeoisif* tjui ne connut
jiimaiü i|Ue la peiir et le gain . . .*' so darf man i^ich nicht
wundem, wenn der britische Gesandte keine besonders hohe
Heinuiig von di»n Baslern hatte. Indessen mnsste sich
Wickhain docli über Basels Zwangslage Rechenschaft geben
|tind wenn er sich mit der Regierung dieses Standes nie
I auf «djien guten Fuss stellen wollt**, so geschah es — an-
f Anglich wenigstens — nicht aiis GroU, sondern weil er
I damit bestimmte Absichten verfolgte. Diese Absichten gegen
Basel nun gibt nn^ Wickham schon in einem Brit*fe vom
^28b Mikrz 1795 an Lord Grenville zu erkennen: er schreibt:*)
. , Ein andrer wichtiger Punkt im direkten Zusammen-
hang mit dem Objekt der Depeschen Ihrer Herrlichkeit und
welcher «ehr wichtig^' und delikate Fragen aufliringen kann,
ist die sehr au.ssorge wohn liehe Stellung von Stadt und
j Kanton Basid. Ich mag mich irren» aber es scheint mir
* wi?der vor>?ichtig noch in Praxi ausführbar für eine irgendwie
I grossere Truppenmacht, in die Franche^Comt^ einzurücken,
I ohni» vorher Meister wenigstens eines Teiles des Gebiet^ea
[die^Mid Knntxini9 zu sein. Es wäro nicht möglich, ohne dus-
©elbe die Qelagening von Hüningen zu unternehmen. In
der Voraussicht, dass so etwas sicli doit mdgnen könnte,
habe» idi die l>ekaunten Ansichten und das Benehmen der
Basler. die dort von Barthelemy eingerichtete Inquisition,
«) P R. a No. S (F. O.) EtAt actttcldeUFmiice. SÄk t$Uü 1795,
*> F. R, O. No. 13 iF. O.) EDctoturc lu No. S4, Avoyer de Steigiicr.
Btm 15 i)kt. 174)5,
*y P. R. O, No, s i^* <^) WlckUm tu Lord GrenviU«, Betu
28 Charles D. Bourcart.
ihre freiwillige Anerkennung der französichen Kepublik
ohne vorherige Begrüssung der andern Kantone benützt, um
einen entschiedenen Unterschied zwischen ihnen und den
übrigen zu machen und im besondem um zu insinuieren,
dass der Ruf der ganzen Schweiz durch die wohlbekannto
Unvorsichtigkeit und das schlechte Benehmen jenes Staates
bedeutend gelitten habe. Aber ich bin nicht weiter ge-
gangen (obschon sich hierüber vieles sagen Hesse), aus
Furcht ich möchte Argwohn erregen. In der Ueberzeugung
aber, dass es für die Oesterreicher unmöglich sein wird zu
vermeiden, auf irgend eine Art die Neutralität dieses Kintons
zu verletzen, so iverde ich mich betnühen die Dinge allmählich
für einen solchen Ausgang vorzubereiten. Ich neige zur
Ansicht, dass, wenn das Haus Oesterreich eine wirklich
ansehnliche Macht in jener Gegend ins Feld fülirt, die
andern Kantone sich mit Gleichgütigkeit über das Loos von
Basel hinwegsetzen werden ...,,!
Von Anfang an also werden die Basler schlecht be-
handelt, wird ihnen, trotz der anerkannten Schwierigkeit
ihrer Stellung, jedes wirkliche oder nur vermeintliche Ver-
schulden vorgehalten, damit man im gegebenen Moment
einen plausibeln Vorwand habe, über sie herzufallen. Hier
finden wir schon den Plan für die Neutralitätsverletzung, die
im Herbste 179B dann wirklich drohte und für die Ereignisse
hin der Hüninger Brücken köpf äff aire, die erst anderthalb
Jahre später eintraten.
Dieser Plan, Basels Neutralität zu verletzen, wurde ein
Lieblingsgedanke AVickhams; er kommt immer wieder da-
rauf zurück und sucht sowohl Lord Grenville als auch die
Oestorreiclier von dessen Notwendigkeit zu überzeugen. Es
handelte sich dabei für ihn hauptsächlich darum, seinen
von uns früher dargelegten grossen Plan in der Franche-
Comte durchzuführen. Ueberraschend sollte Condö, von
12000 Oesterreichern unterstützt, über Basler Territoriuni
und durch die Jurapässe in die Franche-Comte einrücken,
um die dort vorbereitete royalistische Erhebung zu ent-
fachen. Es scheint auch in der Absicht Wickhams gelegen zu
haben, sich eventuell der Stadt Basel selbst — wenigstens
>mporär — zu bemächtigen und Barthelemy mit seiner
William WickhAra, britischer Gesandter in der Schweiz efc,
29
an Geöandtscliaft tiiui was dnim und drang hing, auf-
leben ; er schreibt in der oben schon erwähnten Depesche
^m 28. März 1795 an Lord (-rrenville: ^Iin grossen und
inzen bin ich nicht sicher, ob es nicht als tUis geringere
jn zwei Uebeln notwendig sein wird, sich desselben (i, e.
isels) zu versichern. Ich, der ich die kolossale Ausdehnung
pn Herrn Bartheleniys Korrespondenz und alle seine
)rruptionsniittt!l kenne» könnte nicht ohne Zittern eine
terreichische Armee in der Franche-Conitö sehen, während
und alle seine Aidiänger im vollen Besitz aller ihrer
ittel, Schaden anzuricht<-n. direkt zwischen jener Ai-mee
der grossen Verbindungslinie mit ganz Deutschland
"erbleiben würden! . . . ,^ Freilich handelte es sich zu-
nächst darum, die Oesterre icher für diesen Plan zu gewinnen.
Wickham gab sich alle erdenkliche Midie, sie von der
Zweckmässigkeit und der Möglichkeit seines Projektes zu
Ciberzeugen. Nicht nur durch seine Berichte nach Londnu,
sondern auch durch direkte Korres|>on<lenz mit dem eng-
lischen (Tosandten in Wien» *i durch Absendung seiner
Agenten d'Artes*t und Valdenee**) nach der österreischen
Hauptstadt und durch persönliche Verhand hingen mit den
Generalen des Kaisers, namentlich mit Bellegarde, suchte
er immer i^^eder für seine Lieblingsidee Propaganda zu
machen. Herr von Thugut wollte, wie es scheint, auf liiese
Sache nicht recht eingehen, *i wollte sich aber wiederum
doch nie deutlich aussprechen; er Hess seinen Gesandten
in der Schweiz und seine (Temeräle offenbar absichtlicli
^hne Instruktionen; wenigstens schützten sie diesen Mangel
Jr.*) Das Wiener Kabinett beanstandete namentlich die
Verwendung der Armee des Prinzen von Cond#, weil sie
^B *) Corrcspondcncc Bd. I p. 127.
*) Recueil de 1a CoirespoudADce saisic che/ Lcmailre Nn. 32. Lettre
de Bale 30 Fructidor (tjqsU
*> P, R. O, Xo. II (F, 0-1 Wickham to Lord Greüvillc. Fribourg i B.
j^Scpt, 1795-
*) Corrcspondence Bd. I p. 127. fJ5, 141 fif. — 1*. R. O. No. II
\ O.) Lord GrcDvtllc to Wickham Xo. j6, London 29 Sept. 1795.
*) Correspondence Bd. I pp. I41. 151* — P. R» O. No, 11 (F. O.
blosure in Wickhams No. 71, Baron de Degelmann to Wickham, Bälc
[August 17V)5,
30 Charles D. Bourcart.
ZU einer solchen Operation nicht stark genug sei und weil
es kein Vertrauen in die royalistischen Erhebungen setze. ^)
Aber Wickham glaubt nicht recht an diese militärischon
Bedenken; immer wieder taucht bei ihm der Argwohn aiif,
Oesterreich sei viel weniger darauf bedacht, einen König
auf den französischen Thron zu setzen, als vielmehr sich
selber Vorteile zu sichern; was den Oesterreichem jetzt
vorschwebt, ist die Eroberung des Elsasses, und da der
Prinz von Cond^ und mit ihm die ^i^gländer darauf dringen,
dass keine Eroberungen gemacht und dass eingenommene
Festungen nur im Namen des Königs von Frankreich be-
setzt werden sollen, so möchten die Oestorreicher am liebsten
das Cond^ische Korps ganz aus dem Spiel lassen.-) Dann
aber traut Wickham dem Wiener Hofe insofern nicht, dass
er ihn damals stark in Verdacht hat, er gehe mit dem Ge-
danken um, dem Beispiele Preussens, Spaniens und anderer
zu folgen') und mit der Republik einen Separatfrieden
abzuschliessen. Dass er übrigens nicht ganz Unrecht hatte,
erfahren wir durch Peter Ochs, der selbst an solchen Unter-
handlungen beteiligt war.*) Es fragt sich aber doch, ob
Oesterreich je nach Umständen nicht trotzdem geneigt ge-
wesen wäre, die schweizerische Neutralität bei Basel zu ver-
letzen; wenn es dies nicht tat, so waren es jedenfalls in sehr
geringem Grade Rücksieh ton auf die Schweiz selbst, die es
davon abhielten. Wir wissen aus Dr. Karl Bronners inte-
ressanter Arbeit über diese Episode,^) wie auf das Gerücht
des bevorstehenden Einmarsches und die Vorstellungen der
französischen Botschaft hin die Basler Behörden von dem
(österreichischen Gesandten und dem kommandierenden
General Wurmser beruhigende Versicherungen verlangten
und aucli erhielten; Wurmser erklärte,®) ,,er habe, weder
*) C'orrespondence Bd. I pp. 127, 140. 1 50. —
'^) Correspondence Bd. I pp. 137. 147 — 149, 152 ff. — Fauche-Borel,
Memoircs Bd. I p. 256 Bd. IE p. 24.
3) Corrcspondencc Bd. I pp, 147. 153. 155. 156. 159. —
^) P. Ochs. Bd. VIII p. 178.
*) Karl Bronner. Der Diirchzujj der Kaiserlichen im Jahre 1791 und
die Neutralität Basels während des ersten Koalitionskrieges 1792 — 99. Basd.
Hei hing und Lichtenhahn.
•) St. A. Basel. Politisches Y. 2. 38.
WlJliatn Wickham^ britischer Gesandter in der Schweiz etc.
Jl
von Seiner kaiserlichen Majestät einen die Verletzung dea
schweizerischen Bodens bedrohenden Änftrag erhalten, noch
viel weniger ans eigenem Aütrieh zu einer ähnlichen Ver-
mutung Gelegenheit gegeben." Dieiser Brief an den Stand
Busel ist vom 31. August 1795 datiert. Baron von Degel-
mann, der kaiserliche Gesandte, hatte Tags zuvor schon
Basel ebenfalls versichert.*! dass ^So wie mir in Betreff des
Gegenstandes der von denselben geäusserten Vernnitungen
und Besorgnisse nichts bekannt ist, ebenso habe ich irgend
keine Ursache zu zweifeln* dass Se. k. k. Majestät die dem
löbl. Stande Basel bei jedem tunlichen Anlasse bisher be-
zeugte wohlwollende Gesinnung demselben femer zu be-
weisen geneigt sein werde.** — Nun finden wir aber: L Dass
Degelmann kurz vorlier in Rheinfelden mit Wickhain eine
Üntt^rrf^dung gehabt hatte/) worin die Möglichkeit dur
Neutralitätsverletzung ins Auge gefasst und die Präzedenz-
fälle geprüft worden waren; 2, dass die Oesterreicher An-
fang» September, also nach Abgabe der beruhigenden
Versicherungen an Basel die Absicht bekunden, einen
Boten nach Wien zu schicken, um die Frage des Durch-
marsches durch Basier Territorium untl den Jura zu er-
örtern; **! 3, dass General Bellegaide in einer Unterrudung, die
er am 7. September — also ebenfalls später als Wurmsers
Brief — mit Wickham in Freiburg i. B, hat, erklärt, dass,*)
wenn die neuen Rekognoszierungen Mr einen TJebergang
über den Rhein zwischen Basel und Strassburg ebenso
ungünstig ausfallen, wie die früheren, ^die Oesterreicher
ihre Aufmerksamkeit sehr *n'nstliaft anf den Durchgang durch
die Schweiz richten würden , . , , , und im Falle der Wiener
Hof es gestatten wolle, er (Bellegarde) sehr für Eoipt'ehlung
der Ma^ssregel sein werde ;^ 4, dass schon drei Monate früher^
am 31* Mai, von der vorderösterreickischeu Regierung in
«) St. A. Basel. Politisches V, 2, 38. ^
*) P. R. O. No, ir (F. O.) Enclonurc m No. 71 B;iron de Degelmann
a Wickhum Bäle te 31 Aout ir<^S.
3) P, R. O. No. M (F. O.) Wickham to Lord Greuville No. 69. Mül*
heim 6 Sept. 1793.
♦) P. R. O. No. t% (F, O,) Wikhatn to Lord Grcnville, Private,
Fribourg i. B. 7 S«pt. 1795»
i'
Charles D. Botircarl
Freiburg ein Gutachten*) zu H«nden des kaiserlichen Oe-
nerab -über die Motive, welche einen Durchpass dnr<h
Basier Territorium rechtfertigen würden,^ abgegeben wui
— Hierzu ii>t ferner noch zn bemerken, dasü im Septenjl
1795 Wickliani selbst den Durchinursch durch die Schweiz
aus politischen wie aus militilriÄchen <!Tründon gar nicht m€
für ratsam liäh und dass es jetzt die Oesterreicher sif
die den tTedanken wieder aufnehmen; wenigstens so stellt
Wickhaui die Sache dar."*! Immerhin macht er cüe Offerte
für den Fall des Einmarsches, ausser der Armee Conti
noch 15t XX) Oesterreicher in direkten englischen Sold
nehmen.-* — Eodlich sei noch einer Version gedacht,
Fauche-Borel in seinen Memoiren gibt''' Er stellt ilie Sa
m) dar, als hätt^ General Pichegru. mit dem gerade nm je
Zeit die ersten Unterhandlungen stattfanden, die Verletzung
der baslerischen Neutralität auch empfohlen, um auf Schweia
boden eine Vereinigung seiner Armpi^ mit derjenigen Con^
zw bewerkstelligen und von da ims durch die Franc
Comt6 auf Paris zu marschieren. Zwar stellte der frar
sischft Legationssekretär Bacher in einer Note vom 2i\ Augua
den Einmarsch der Franzosen in Aussicht für den Fi
da,st? die Schweiz zu schwach sei. die Oesterreicher
weisen; aber einmal war Bacher keineswegs in die
handlungen mit Pichegm einge%veiht (und er wäre at
nicht dafür zu haben gewesen), und dann waren di|
Intriguen kaum schon so weit gediehen, dass Pichegru es
mit seiner Armee hattt» wagen dürfen, sozusagen zum Feinde
überzngehen. Zweifelsohne würde auch Wickham. der dama
in dieVerhandlungen mitPichegru hineingezogen wurde, de
Plan dem Lord Grenville mitgeteih haben; er erwähnt ihn alj
auch nicht mit einer Silbe. Da Fauche-Borel im iibrigen
nicht sehr zuverlässig angesehen wnrden darf, so köni
wir dessen Version wohl ruhig bei Seite legen.
^) P. R. Ü. No, ti (F. O.) Endo&ure id No. 7t, Exirfiit de Li fra*
duction d*iine tetlre remisc ä M. le general de Wormser ä Fribourg Ic
31 Mai 1795 par la Regencc de VAutriche antcricure,
») P. R, O, No. 1 1 (F- O.) Wickham to Lord GrcDv-itlc No. 69.
beim 6 Sept. 1795. — Ibid* No, t»8. Lausauiie 26 Aug. 17^>5.
•) Fauche-Bortl Bd. 1 p, 235. 256.
*i St A. Basel. Politbchc« Y. 3. 38.
, William Wkkham» britischer Ge&aodter in der Schweiz etc.
35
I BekanntHcli kam ^*i^ dann nicht zur beabsichtigten
Bf eiitralitÄts Verletzung; die Franzosen hatten auch zeitig
Igeniig ihre Gegenmassregeln ergriffen*
I Ein Jahr später ireilieh, Viei tlor Belagerung des Brücken-
Bcopfes von Hüningen. lietraten allerdings österreichische
[Abteilungen den Basier Boden. Wir haben frülier erwähnt,
Idass Wickhani von jeher für den Fall einer Belagerung von
iHüningen die Verletzung der Schweizerichen Neutralität
■als absolut notwendig erklärte;'; er stellte dabei, als ^natüi*-
I liebes E^H:ht" das Priuzip auf, dass: ^Wenn ein Staat, sei
lesHus Schwäche, sei es in böser Absicht, einem andern Staate
■gestatte, Befestigungen innerhalb Kanonenschussweite von
seinem Territoriaui zu errichten und in solcher Stellung^
I dass diese Befestigungen zu feindseligen Handlungen gegen
leinen dritten Staat dienen können, so müsse jener erste
Staat für alle Folg»^n solcher iHikiung verantwortlich sein
md habe kein Recht, sieh zu beklagen, wenn der dritte
tStaat die zu seinem Sihutze notwendigen ^lassregeln
ergreife.*
Narh dnm verfehlten Sturm auf den Brackenkopf am
l3ü. November 17'Jt> berichtete dann Wickham-j über das
[Ereignis selbst und die darauf folgenden Kt^klamatiouen.
I^eider gibt er uns aber keinen AufscKluss über die Frage
Ider Beteiligung haslerischer (Offiziere an der Gel>ietsver-
jletzung;*! er Ijeruft sich für die Einzelheiten auf einen
■Bericht des Obersten Craufurd (englisclien Kommissärs bei
[der Cond^ischen Armeen, von dem wir aber in Bern keine
ibschrift besitzen: ifass er aber den angeldichen Landes*
l-verrat der Herren Kolb, Merian imd Burckhardt etc. nicht
ferwähnt, auch später nicht, dürfte doch zu Gunsten der
[Unschuld dieser Offiziere sprechen.*)
Dagegen berichtet AVickham über tue Bernertruppen,
lie zur Anfrechterhultnng der Neutralität aufgeboten
») P. R. O. No. II (F. O,) Wickham tn Lord Grenville No. 68.
^B «) P. R. O. No. 72 {K, (K) Wkkham to Lord Grcnville Xo. 103.
^hefu 1 1 De^, 1 706.
J^ h P* Ochs. Bd. Vni pp, 2\$, 214.
*i Vcrgl K, Wiekud: Ein Staatsprozcss ans den letxteo Tagtii der
alten Eidgenossen schafi. Basier Jahrbuch 1893 p. 18 ff*
^m BASIer Zeilichr. t. Gesch. und Altertum, Vit, L 3
34 Charles D. Bourcart.
worden waren, folgendes:*) ^Die Wahl der Tnippeii-
kommandanten sowohl als des Deputierten (v. Erlach), der
von diesem Staate nach dem Kanton Zürich gesandt worden,
ist die beste, die getroffen werden konnte. Da alle Er-
nennungen und die Leitung der ganzen Angelegenheit dem
Schultheissen von Steiger anvertraut ist, so sind sie alle
persönlich den Interessen der Allierten ergeben und werden
alles, was in ihrer Macht liegt, tun. um den Franzosen
einen tötlichen Stoss zu geben, wenn sich eine günstige
Gelegenheit darbieten sollte, vorausgesetzt, dass sich die
Oesterreicher mit gewöhnlicher Vorsicht benehmen und sich
den Anschein der Achtung für sie persönlich und im be-
sonderen für ihren Kanton geben. Ich habe sie heimlich
mit EinführungS' und Empfehlungsbriefen an die öster-
reichischen Generale versorgt und habe ausführlich an Baron
Degelmann und General La Tour über die Angelegenheit
geschrieben, um ihnen zu erklären, wie weit die Oester-
reicher mit Sicherheit gehen können, nicht nur ohne fürchten
zu müssen, sich in endlosen Zänkereien mit den Schweizer-
kantonen zu kompromittieren, sondern auch mit der sicheren
Aussicht auf Untef'stützung. . . .'^ Kommentare sind hier
wohl überflüssig; über die Gesinnung aber, welche die
Bemer und andre Eidgenossen wenige Wochen später den
Baslern gegenüber hegten, urteilt Wickham wie folgt:*)
,,Die Magistrate von Basel werden in beständigem Alarm
und Aufregung erhalten und sie ermüden die andern
Bundesstaaten mit ewigen Anfragen um Bat und Unter-
stützung. Der Kanton Luzern und die kleinen katholischen
Orte haben ihnen kategorisch beides verweigert und ich
sehe ganz genau, dass die Geduld von Bern und Zürich
beinahe erschöpft ist."
Wir müssen nun zeitlich zurilckgreifen, um auf eine
Angelegenheit zu sprechen zu kommen, die Wickham in
<nnen scharfen Konflikt mit Basel brachte.
«) P. R. O. No. 72 (R. O.) Wickham to Lord GrcnviUe No. 90
Bern 5 Oct. i7<)(^.
*) P. R. O. Xo. 72 (R. ().) Wickham to Lord GrcnviUe No. 112
Bern 28 Dec. 1796. Vergl. dagegen K. Bronner p. 148 — 151.
William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 35
Im Februar des Jahres 1795 war, wie oben ei-wälint,
ein gewisser Chevalier d^Artes, *) ein französischer Emigrant,
durch Lord Grenville in die Schweiz zu Wickham geschickt
iworden. Er schien zur Anzettelung von Intriguen in der
Franche-Comt^ und zur Anbahnung von Korrespondenzen
mit Paris und andern ähnlichen Geschäften besonders ge-
eignet und wurde Wickliam warm empfohlen; immerhin
warnte Lord Grenville seinen Gesandten, er solle d*Arte9
keine Geheimnisse enthüllen, die nicht zu dessen spezieller
Betätigung gehörten und er solle auch nicht zugeben, dass
d'Artes als mit einer offiziellen Mission der englischen
Regierung betraut erscheine; der Staatssekretär machte
Wickham ebenfalls auf die nahen Beziehungen dieses
Emigranten zu den französischen königlichen Prinzen und
die wegen dieses Verhältnisses notwendige Vorsicht auf-
merksam. D'Artfes ging unter der Marke eines französischen
Offiziers in englischen Diensten.^)
Wickham scheint nun den Franzosen sehr gut auf-
genommen zu haben: er behandelte ihn sozusagen als (»in
Mitglied seiner Familie^) und attachierte ihn mehr oder
weniger offiziös seiner Gesandtschaft, da der Mann sonst
riskierte, als intriguirender Emigrant in der Schweiz über-
haupt nicht geduldet zu werden. Er verwendete ihn zu
verschiedenen Vertrauensinissionen: im Juni 1705 schickte
er ihn in die Nähe Basels, aber auf österreichisches Gebiet,
um die Korrespondenz mit der Armee Contl^s zu erh^ichtern;
im Juli sandte <»r ihn, wie wir oben sahen, nach Wien,
und als d'Artes von dort zurückkehrte, wies ihn Wickham
nach Basel, um von dort aus Beziehungen zum Elsass und
den dortigen französischen Tnippen zu pflegen: auch sollte
er eine Korrespondenz mit Paris und sogar womöglich mit
der Vendee anknüpfen;*» im Falle ihm abt.»r die Behörden
für seinen Aufenthalt Schwierigkeiten machten, sollte er
sofort zu Wickham kommen, da sich dieser gerade damals
»> Corrcspondencc Bd. I p. 25.
*) St. A. Basel. Politisches Y. 2. ^S Sept. 20. I7t)f;.
') P. R. O. No. ()3 (R. O.) Wickham to Lord Grenville No. S4.
I^usanne 2 Nov. 1795.
*) Receuil de la correspondance saisie che/ Lemaitre No. i<).
3^> Charles D. Bourcart.
in Mülheim aufhielt. Schon nach zwei Tagen nun wurde
d'Art€s vor die Fremdenauf sichtskommissiou zitiert^) uud
aufgefordert, die Stadt sofort zu verlassen. Statt seinem Chef
zu referieren, wie ihm befohlen war, suchte d'Artes die
Häupter auf, wies seine Pässe vor und erklärte, er sei der
englischen Gesandtschaft attachiert, worauf ihm die Erlaubnis
zu bleiben «auf die netteste Art" erteilt wurde. Wickham
war mit diesem Verhalten seines Agenten nicht ganz ein-
verstanden, da er dessen Beziehungen zu seiner Gesandt-
schaft nicht gern offiziell zugeben wollte; indessen
Hess er den Dingen ihren Lauf, da das Verbleiben des Herrn
d' Art es in Basel von der allerhöchsten Wichtigkeit schien;
er Hess sogar durch Vermittlung des Wilden mann wirts
Merian. bei welchem d^\rtes logierte, diesen letzteren den
Behörden als einen vorsichtigen und diskreten Offizier
empfehlen, den er, der schlechten Postverbindungen wegen,
zur Weiterbeförderung seiner Korrespondenz unumgänglich
brauche; er fügte bei, er sehe von offiziellen Schritten ab.
indem er annehme, es sei auch den basler Behörden so
angenehmer. Als Wickham darauf, am 10. September, von
Mülheim kommend durch Basel reiste. Hess ihn Bürgermeister
Burckhanlt durch den Syndic Rigaud von Genf i^Wickhams
Verwandten, der gerade in Bas(4 weilte, fragen, ob d'Artes
wirklich in irgend einer Weise zu dessen Personal gehöre,
was l)«\iaht wurde: hierauf wurde vom Bürgermeister wieder
erklärt, in diesem Falle biete dessen Hierbleiben keine
Schwierigkeiten. Man hätte nun glauben sollen, die Sache
sei in Ordnung. Doch schon am 29. September berichtete
d'Artes wieder von Schwierigkeiten mit den Behörden,^
und zwar lag dens^^lben ein Vorgang zu Grunde, der sowohl
im hiesigen Ratsprotokoll als in d'Artes Rapporten ge-
schildert wird. ^)
') P. R. O. Xo. 63 (R. O.) AVickham to Lord Grenville Xo. 84.
Lausanne 2 Xov. iji)^.
-. V. R. (). Xo. 63 (R. O.) Wickham to Lord Grenville Xo. 84.
Lausanne 2 Xov. 1795.
a) P. R. O. Xo. 12 (F. O.) Enclosure in Wickhams No. 84. Rapport
de ce (\\u s'est passe relativement ä Tarrestation de M. Je comte de Viela. —
St. A. Basel RatsprotokoU 1795. ^ept. 19 p. 366, Sept. 23 p. 270.
Sept. 26 p. 374. —
Wtttiftni WickKam» bricisclier Gesandter in der Schweif etc.
37
I Am 20* September 1795 kam ein gewisser Graf Louis
Ide Lttbaye de Vi^Ia, ehemaliger I>ragonernbersi in köiügt
tfranzösischeu Difiisten. nach Basel, auf der Durchreise von
I DeutsclihiDd nach Bern, wo er seit drei Jahren wohnte;
f er logierte iin Wilden Mann und brachte den Abend mit
seinem engeren Landsmann, dem Chevalier d'Artes zu. Tags
darauf reiste er zu Fn.ss gegen Stdothurn ab. In Höllsti*in
kehrte der durstig gewordene Dragoner ein: er sass allein
an einem Tisch und hatte seinen Hut neben sich hingelegt.
Da konunt einer von einem Neben tische her und bctmclitet
sich den Hnt, stellt einige Fragen über die schime Koj>f-
bedeckung und knüpft auf diese Weise ein Gespräch an,
Wfibei er bald auf den Kriegsdienst zu sprechen kommt-
Der Mann. Rutlolf Häfelfinger von Sissach, erklart, er habe
Lust sich anwerben zu lassen: er sowohl als sein Freund
iHans Ltidin aus Ramlinsburg, th*r ilanoben steht; ob der
■ Herr sie nicht für die Arm<^e des Prinzen von Ctmde an-
|i^*erben könne? Hierauf ermuntert 4 Traf Vi^lii ili*> Leute
Izu ihrem Vorhaben, verspricht ihnen ein unsehnliclieN
(Handgeld und gibt ihnen schriftlich die Adrt^sse des Ht^rrn
I d'Artes in Basel, an den sie sich für die weitere Ausfühning
■ des Planes wenden sollen. Häfelfinger und Lüdin verlassen
liiun das Wirtshaus, veranstalten auf der Strasse eine Volks-
lansammlung; ^es sei ein Falschwerber da. der sie für die
ICond^ische Armee habe anwerben wollen,^ und als Vi^la
|»nch herauskommt, um seine Reise fortÄuaetzeii. wird er
■ gefangen genommen, vor den Landvogt nach Wald^idnirg
l^efiilirtt und dieser meldet dann den ganzen V'organg an
Imeine gnädigen Herren nach Basel. — Die«g die Versiun
■des Häfelfinger. — Die ganze Gesellschaft wird nun nach
yäjjflel beordert und von der Werbungskammt»r idnv<*rnomm»?n^
Hw welche d'Artes ebenfalls zitiert winl, =- Vr»*la b«'teuert
laber seine Unschuld: er gebe sich mit Werbgescliäften nii^ht
lab; es sei nicht wahr, dass er Handg»dd Ängi*bot»*ii habe;
[was Häfelfinger in seinem Kattdem'el**ch geüprochwii^ habe
ler nicht alles verstanden ; er habe oft . Ja^ g^^g^^ «"r "«"
letwa^ zu antworten und habe die AdrfviHiie A^n d*Art^ g*>*
■geben, um den Kerl lossuwenJen. ohne recht zn - t * »,;tn^
iiVHS Häfelfinger damit wollte. — Unni» Lüdin^ II : -r*
38 Charles D. Bourcart.
Zeuge, versagt total: er könne nicht französisch und habe
daher nichts verstanden. — Häfelfinger behauptet hingegen,
er selbst könne nur wenig Französisch und habe meist
Deutsch gesprochen fwas die Aussage Violas, er habe den
Mann gar nicht verstanden, sehr glaubhaft erscheinen lässt).
— D^^rtes endlich beteuert ebenfalls seine Unschuld.') —
Das Eatsprotokoll bemerkt selbst: ^Indessen scheinen die
Aussagen des Häfelfinger sehr verdächtig und zweideutig,
massen er gesteht, dass er zuerst den Franzosen gefragt
„ob er werbe? Wie viel Handgeld er gebe?^}" Am
26. September wird trotzdem vom Rat erkannt i*"*) -Soll der
Louis Viela der Haft entlassen und ihm angezeigt werden,
sich von Stadt und Land zu entfernen und soll eine Er-
kanntnis Herrn Wildmannwirt zugestellt werden, um dem
Herrn d'Artfes anzuzeigen, hiesige Stadt und Land bis
Dienstag zu verlassen.^ — Warum diese Strenge d'Artes
gegenüber, dem man nichts Rechtswidriges beweisen konnte?
Die Ausweisung hatte für ihn, der hier anerkanntermassen
im Auftrage des englischen Gesandten niedergelassen war,
eine ganz andre Bedeutung als für Viela, der einfach seine
Reise fortsetzen konnte! Die französische Gesandtschaft
steckte eben hinter der ganzen Sache und die Werbungs-
geschichte war nur eine Machenschaft, um einen Vorwand
gegen d'Artes zu haben; dieser erzählt auch, Häfelfinger
sei eigentlich ein Soldat des Basler Kontingents gewesen,
der, nachdem in Basel die beiden französischen Herren
zusammen gesehen worden waren, verkleidet dem Vi61a
nachgesandt wurde, um durch denselben den d'Artes kom-
promittieren zu können, also ein „agent provocateur**. Diese
Version hat sehr viel für sich und Bacher hatte offenbar
bei dieser Intrigue die Hand im Spiel. — Die einzige
Milderung, die d'Artes einstweilen erringen konnte, war eine
Fristverlängerung von zehn Tagen ,,um sich zu legitimieren^,
da er sich, unter Beteuning seiner Unschuld, auf den
») P. R. O. Xo. 12 (F. ().) Enclosure in Wickhams No. 84. D*Artes
ä Wickham. Bäle 28 Sept. 1795.
^) St. A. Basel. Ratsprotokoll 1795. Sept. 23 p. 370.
^) St. A. Basel. Ratsprotokoll 1795 Sept. 26 p, 374.
William Wi-rkiir:, irrj^isr -jr^ani rrrr u. inr >:xvE:r tr:. - -
englischen G^rsaiid:^- '.»r-nr—iL it~:-r. " "»^j £*.h^ i. rri-r
immer noch seinei* V-rrTTtw^^Äii-Li.^- iz. Biör-1 ItIä^s-i. zt:
können: von B^m a^i» ISr-«- ttT. -s^^i-^: iiril ?rriL-ri. T- ~-r.
den ancien synJie Bi^^'^i- -i-- Btr^-r-n^r: :*^-r ?. 3TLr:iLiiriT
benachrichtigen.*) «iÄäs -rr *5'.l zjkiJLrr.^z^ hzi rrii.^ W:..lr
nach Mülheim r^eg-rcv-i. ir-ri-T "ii.i '«rr-r:-: -j-L t^:^ :"'. — i-r
Bürgermeister eii; ytshr Zr-:lri. »Llr-^ii'riL ^ 11-. '-ri ::e?-r:..
Anlass Herrn «i'Anie* i_:».- ür-^-ki-rr j-,- Trir-rkri^zir-i.. j.1s -^
vorher geschehen. Elr ^'l'.^k ii- r^i^L-rr V:r^eiAllri.r. >»
iinregehnässig e$ a^itL s-rL *!• tni t'ii^ki^ Irrmza ~:.»^r:il-i. i
unbeachtet hingeh-rii larSr:- W*rL^ dAn-r^ iii: Ui-recL:
gewesen wäre, würsi- er iL:, k-i-rri. A::gri.llkk t-ejici-^TZri^
Auf der DurchreLi!^ ua B&?<el vrrrricL^rr-r *:cL "VTickriii:-: i:irch
genaues Ausforschei- «i-s d'Ar:-r5. lÄr* JrriüTJrrli-rr^ i-::h:>
vorzuwerf*='n seL Tiiid r-ikürrT üil. -r köi-i-rr rnLig V>:rrr:.,
wo er seL IVich a2* •<:ii.'r- w^r-ig^r Ta^e !?tiä:er a:..
IH. fJktober d'An^ zn iLn: z^h/i'h Mülieini t&iii t^A t-e-
richtete, er werde wi^ier ilit A^sw^is^iig bedroh:, iall? er
keine I>E^itima:io:i vorwei-^e. ej.^s^.Ljos* *>:'h eLi'iii-ih Wf.ikLäi:-
selbst einen Brief aii Bürg^riLriiier B^ir^kharit r:: s-ihr-ri'-r^
und dem Ch-valier gl-^i'.ii iiA^.ziz^'.'-rZ:^ I- «iier^ei^- Br.-f-
hie>s »^> aTislrick'iiih:* -J*a: !':.<. :.'je:;r ;-r j reTe:.:r V :r--
Excelleiice «-Tie 3L Ir- cLevaiier •i'Ar--"r V'^f <>f a^l-vh' '\ mi
raission s^ pr«.»;^ -*-. 'i*apr-^ le«? ■ r«ir^- o*:- 'e li: a: d- :.:-e>.
d»' passer ^juel-jue^ "our* 'i&:> vv:r-r vil.r ..." Tii-d. v-l-scii' ■:.
d^-iji d'Anes. währe li-i seir.e^ A-ii-LTbä-'r-rS ir. Müih»rii:- iix
seiner Wohnuijg der A'::'rw»^is-:i.gsr.^fvL] z'ig-sTeiit wor«ie::
war. 2:weifeite AVir-khaua :JcL:. iars r^aori iies^::^ Briv: ai.
den Bürgernieister di- Ba>l-r <if:h zorriede:; gvNvü wiiriv:..
l>:xh die Franzos*-n iiesseu die^ei» k»r;ne Ruh-: nacli ieiii iir-
(.Teschichte mit dem Häi-innger *\oi:\i Dicht gauz i.\'A\
Willi <ch ausgefalleii war. ka;:,T:j Tie-;e Kiagei;- Ein Sthrr^r! -v:.
des franzosischeij •Teneral'^ I»*r:a*r"rde iii Blotzhei::-. v.^ii:
■ St. A. Bi5^'.. R:itt:rc!cko''. 17-5. >e::. 50 f. ;7^i.
- P. R. O. No. '5 R, •' \Vkkh::m f. Lcrd «jrcnvir.e Xo. Si .it.
' St. A. BaKl. Polit-Kb« Y. r. 5>. Wickhura aa BurcKCardi. Mül-
be!::; !>*. Okt. \'*4^.
40 Charles D. Bourcart.
3. Oktober, .verzeigte «als Falschwerber, embaucheurs.
f) Emigranten, die auf den Grenzen als Emissaires der
Engländer ihren Unfug treiben: sie heissen Waldene.
fl'Artes. Chevalier de la Roche, Frangois und Hirt.*'* Dela-
borde klagte namentlich, dass ihm .seine Freiwilligen al)-
spenstig gemacht würden.-- was ja allerdings im Plane
Cond^s und Wickhams lag. Der Rat von Basel fand niii^
df)ch. dass die Sache eine etwas unangenehme Wendung
nahm, und zog die eidgenössischen Repräsentanten zu seineu
Beratungen bei: es waren damals F. L. J. A. Balthasar von
Luzeni und H. J. Postaluzz von Zürich, also liberale Männer.
Man machte zunächst einen Versuch, den Anforderungen
nicht ohne Weiteres nachzugeben;*, es „wurde dem Herrn
General gemeldet ^ . . . auf Waldene und d'Artes sei noch
nichts den hiesigen Gresetzen zuwider zum Vorschein ge-
kommen und als neutraler Staat sei man schuldig, für
Empfehlungen von einer wie von der andern Seite gebührende
Achtung zu tragen . . r Aber man kam übel an : mit einem
Schreiben vom 1^ vend^miaire an IV ill. Okt. 1795i das
Barthelomy noch am 23 vendemiaire • 15. Okt.i mit einem
Begleitschreiben versah. ^= drohte Delaborde ^dem Comite
de Salut Public . . . die notorischen Facta vorzulegen. . .•^*}
Das wirkte, und am 17. OktolxM- wurde erkannt:**; ^Soll
ihm (dem d'Artes) angezeigt werden, sich in Zeit von
24 Stunden von hier zu entfernen, und wird Herr Merian
darauf sehen, dass er wirklich verreist.'* Als hierauf d'Artes
das obenerwähnt^^ Schreiben Wickhams an Burckhardt ein-
reichte, wurde am 21. Oktober beschlossen. 'i bei der er-
gangenen Erkenntnis dennoch zu verbleiben, dem britischen
Minister gleich vom Rate und nicht zuerst vom Bürgermeister
antworten zu lassen, damit er nicht, um Zeit zu gewinnen.
«) St. A. Basel. Ratsprotokoll 1795 ^^^^' 3 P 3^3-
2) St. A. Basel. Politische^ V. 2. 38.
') St. A. Basel. Politisches V. 2. 38 Abschied der Repräsentanten
vom iS. Sept. l)is 14. De/. 17«» 5 p. <). 12. 13. —
*) St. A. Basel. Politisches Y. 2. 38.
*) St. A. Basel. Ratsprotokoll i7.)5. Okt. 17 p. 39*).
•) St. A. Basel. Ratsprotokoll 1705. Okt. 17 p. 401.
") St. A. Basel. Ratsprotokoll 1795. ^-^^^- -» P- 402.
William Wicii
Hocliinal^ an dim Rat gelangen könne, und an General
Delabord»» und BarTliplomy zu bomt^rken ^dajss dem d'Art^H
€>r*if neulieh insinuiert worden. t?iich von hier wegzubegehen.-^
Im Brieft> au Wiekhani') wurde nichts anderes vorgebracht
»Is, Jiiss d*Artes „aus Achtung für den Herrn Minister aut
dein Vorgeben, dass er von demselben Aiü'träge hal>e, bereits
eia längerer Aiifenthalt als andern Fremden gestattet worden
Mi mid als er nach des Rats Verordnungen «chon hätte
verreiöen gölten, ein selir starker Verdacht auf ihn gefallen^
dskss er auch mit WerbungsgeschUften sich aV»gegel»en; , .'^
Dicht ohne Ironie wurde weiter bemerkt: *, . . * dass man
im geringsten nicht einsehe, dass dessen hier auszurichtende
Anftriigeaut' die VerbindungSi»iiierKöTugl. GnKSshritannischen
Majestät mit der Schweiz nur den aiindesten Bezug haben. '^
Wickham w*ar durch dieses Verhalten der Basier K^^-
gierung natürlich aulgebracht: doch hatte er kein so gute«
iiewissen. dass er auf ein Kecht pochen und die Sache zum
Aeusserßten hätte bringen können: er schrieb daher an den
Rat am 27. Oktober, •) er sende den Befehl an d'Artes, das
Basler Territorium sofort zu verlassen, beklagte sich iibt^r
ungleich, offenbar nicht ganz mit Unrecht, dass man nicht
snuiächst ihn selbst ersucht habe, seinen Agenten zurück-
SEitziehen, Das etwas scharfe Schreiben scheint in Basel
einige Besorgnis erweckt zu haben, zumal da unterdessen
d'Artea, der sich weigerte, ohne direkten Befehl Sidne»
Chefs abzureisen, „manu militari^ an die Grenze gebracht
worden war. n^eT Herr Minister äussert seine Empfindliih-
keit^ sagt das Rat^protokoll vom 31. Oktober/i „da*is man
auf seine Empfehlung nicht mehr Rücksicht genommen,**
doch wird beruhigend konstatiert, dass Wickham am Enrii^
seines Briefes bekenne .dass ihm die besondere Lage tlm
hiesigen Standes längst wohl bekannt seL" Wickham »ein^r-
is erzählt**) man habe damals in Basel gefürchtet, »«r
h St. A. Baicl. Politisches Y, 2, j8. — RAt*prolok<jH [7*i5 Okt.
«) St. A. B*icl. Politische* V 2. j8.
•^ St. A, B*i«l R&tsprotokoU 17*^5. Okt- Jl p. 414.
«f P. R. O* No. 66 *R *• WickhMi to Lord rtcroviU«. Pn^atif.
Lauiaiuie 2) Nov. t*95.
4- Charles D. Bourcart.
möchte ans Rache entweder das Condeische Korps auf
Basler Territorium einrücken lassen, oder man werde sich
der Personen od^^r der Güter der in London wohnenden
Basler Vjeinächtigen.
Die Ausweisung des d'Artes war denn wirklich in
ziemlich schroffer Weise vor sich gegangen. Zuerst hatte
man ihm den Weibel in den Farben geschickt, um ihn auf-
zufordern, unverzüglich Stadt und Land zu verlassen:*»
dann wurde er auf sein Zimmer im Wilden Mann konsigniert
unter Bewachung eines Wachtmeisters, und als das auch
noch nicht fnicht«^te. wurde vom Rat am 28. Oktober be-
schlossen: .,8oll ihm 'dem d'Artesi durch den Ratsdienerin
der Farbe angezeigt werden, sich heute noch von hier weg-
zubegeben und das hiesige (iebiet nicht wieder zu betreten,
widrigenfalls werde man ihn morgen frühe um 7 Uhr in
Begleitung eines Wachtmeisters und in einer Kutsche an die
Grenze führen lassen. Zu diesem Zwecke wird Herr Merian.
falls Herr Dartez isio sich nicht freiwillig von hier heute
entfernte, dessen Effekten zusammenpacken, eine Kutsche
bestellen, dem Wachtmeister einen kleinen Taler für jeden
Tag bezahlen, diese Auslage nebst dem Kostgelde des
Wachtmeisters d^m Herrn Dartez in Rechnung bringen und
die Abreise veranstalten. . . .- — Dieser Befehl wurde auch
richtig ausgeführt und d'Artes kam nach Lausanne zu
Wickham. der ihn jnit seinen, über den Vorfall höchst ent-
rüstetHU Depeschen nach London sandte.
Man hat den Eindruck, das5 sich die Basler Regierung
in dieser ganzen Angelegenheit dem englischen Gesandten
gegcMiübcr wohl etwas zu rücksiclitslos benommen habe, dass
sie sich jedem Winke der französischen Gesandtschaft allzn
willfährig zeigte, und dass die (lefahr von Repressalien von
Seiten der in englischem Solde stehenden Armee des Prinzen
von Conde. vor der man noch wenige Wochen vorher
gezittert, keineswegs ausgeschlossen schien: doch, was nicht
in d<*n Ratsprotokollen niedergelegt ist, was wir hingegen
M 1*. K. (J. No. 12 (F. u.) Enclosure in Wickhams Xo. 84. Extrait
des lettrcs du Chevalier d'Artes. — St. A. Basel. Ratsprotokon ir95-
Okt. 24 p. 408. Okt. 2« p. 412.
William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 43
den späteren Wickham'schen Akten finden, kann den
izen Vorgang in etwas anderem Lichte erscheinen lassen.
Zunächst ist daran zu erinnern, dass gerade in jener
t die Litriguen mit Pichegru und seiner Armee be-
inen: unter die Truppen wurden massenhaft royalistische
igblätter verteilt; es machte sich unter ihnen eine all-
neine Unzufriedenheit geltend und die Desertion wurde
jede Art begünstigt. ^) Die republikanische Regierung,
nicht recht wusste, durch wen diese Wühlereien betrieben
rden, wurde offenbar etwas nervös und muss ihrem 6e-
dten Vorwürfe gemacht haben, die ihn veranlassten,
jpelten Diensteifer an den Tag zu legen. Man darf auch
ht vergessen, dass gerade damals das republikanische
ginie eine Krisis durchmachte, die erst durch Nieder-
rfung des Sektionenaufstaudes am 5. Oktober ihre
5ung fand.
Eines der Hau])tergebnisse dieses Sieges der Republi-
ler war die Entdeckung und Verhaftung des royalistischen
uptkomit<?s in Paris und die Beschlagnahme seiner sämt-
len Papiere. An der Spitze dieses Komites stand nun
gewisser Lemaitre. und obschon Wickham seinen Agenten
varnt hatte, er solle sich mit diesem Menschen nicht
lassen, hatte d'Artes in Basel nichts eiliger als gerade
t Lemaitre eine höchst kompromittierende Korrespondenz
anknüpfen, die dann richtig auch mit den übrigen Papieren
die Hände der Sieger fiel.-i Man kann sich denken,
»s dies die Lage des französischen Ambassadeurs nicht
eichterte, und er durfte, wollte er es mit der jetzt
imphierenden Partei nicht verderben, einen so offen-
ndigen Wühler, wie d'Artes es war, nicht mehr in der
fichen Stadt, kaum zehn Minuten von der französischen
enze und von den Armeen der Republik entfernt, dulden.'*»
war ihm aber offenbar, wie sich wenige Wochen später
») Vergl. Fauche- Borel. Memoires.
») P. R. O. Xo. 66 (R. O.) Wickham to Lord Grcnvillc Xo. 07.
a&aone 22 Dec. 1795.
»I P. R. O. No. 63 (R. O.) Wickham to Lord Grenville Xo. 84.
QUQQe 2 Nov. 1795. — Thiers et Bodin: Histoire de la Revolution
iK^&e. Bd, 8 p. 64 (Ed. Lecoiüte. Paris 1827).
44 Charles D. Bourcart.
zeigon soUt»^, nicht nur clamm zii tiui. den Agenten zu
entfernen, er hätte gerne auch den Minister Englands
selbst kompromittiert: es wäre ihm sehr recht gewesen,
wenn sich AVickham weniger vorsichtig gezeigt und vor
einem eigentlichen Eklat nicht gescheut hätte. Jetzt hatte
Barthelemy Akten in Händen, mit denen er Wickham recht
eigentlich blamieren konnte, wenn er für d'Artes zu energisch
eintrat. Es wird genügen, wenn wir hier nur einen kurzen
Abschnitt aus einem Briefe des d'Artes an Lemaitre ^\'ieder-
geben, um zu zeigen, wie ersterer wirklich dachte und yne
perfid sich auch dieser Emigrant gegen seinen Brotherrn
benahm. Am 30. August schreibt er an Lemaitre wie folgt:')
«I^s Anglais, mes commettants. desirent avoir une corr»^
spondance suivie avec Paris: ils mont charge de tächer
de r^tablir pour savoir ce qui se passe, et surtout de la
lier, si la chose etait possible. avec le parti Charette et
Chouans. Ils ignorent que je suis en relations avec vous,
par consequent ils ne voient point les nouvelles et seulemeut
de temps en temps je leur dis que j'ai vu une lettre de
Paris qui dit teile ou teile chose: comme pour parvenir a
savoir ce qui se passe, il faut de Targent. que pour agrandir
les fentes. y penetrer. donner des goiUes. du vin de Cham-
pagne, il faut de Targent. que nous n'en avons point. il
taut tächor d»^ faire payer nos d^couvertes a mes Anglais
et alors vous seriez mieux instniit: . . . . il faut convenir
<le nos faits c. a d. que comm*^ les Anglais verront les lettres
originales, il faut quVlles n*^ contiennent que ce qii'ils
devront voir. Par exemple tout ce qui serait projet d»>
mouvement interienr ou de toute autre chose qui tendrait
a dijoiier les jndssances^ tout cela doit etre pour uous
ecrit separement. I/opinion <lu Roi. des Princes dans
rinterieur etc. tout cela: tout cela vous sentez bien doit
etre tu. Sur toutes choses ne parlons pas de la perfidie
anglaise, d^^ cello de Pitt »^tc. mais seulement quelques legeres
iuiprobations ou conseils : tout le reste de la politique pourra
etre Ulis a decouvert: intrigues de Vieime, Celles de Doulcet
') Receuil de la corresponiauce saisie chez Lemaitre. Brumaire an
V. Xo. w. —
^ 45 V
etc. tont peüt se dire: ft si les Aii^lais poiivaient meine ■
liejouer Vientie puur Madam«:^ Royale la chose serait bien^ H
inais ptHit-etre sont-ilH d'accord ** V
Aber nicht nnr auf das Verhältnis zwischen d^Artes ■
und seinem Anfti'aggeber warf diese Korrespondenz ein ■
eigentümliches Lichte sondern sie hätte auch den Baslern ■
genügende Argumente geliefertt um ihr Verhalten zu rocht- m
fertigen, hätte Wickham eine schärfere Tun an in seinen
Reklamationen anschlagen wollen; denn ans dem Brief-
wechsel ging deutlich hervnr. dass sowold d^irtes als auch
der andre ausgewiesene Agent, Waldene, die ^o ge furch tute
Nentralitätsverletzung herbeisehnten. Schreibt doch Waiden^ ■
am 3L August:*! ^Ce qu*il y a de certain, c'est que les
premieres colonnes sont d4ja arrivees a Fribourg et quo 77
(Condei va ijiiitter MeuJheim isici pnnr vr-uir a ihnix lieues
d'ici etablir son quartier general ä Lorack isiei, de sorte que
Ton peut prfenmer quU f/ aurn uae petite vwlation du terri-
toire lml(m\ et ceiies ils ne s-y opposeront pas, car cela leur
conterait ch^r ... Je crois Faffaire arrangee avec les Cantons
pour le passage ä Texception de ceux do Zürieli et Bale.
Mais vous concevez qu'un s'en moque. Eutin nouö voilä a
la veille de grands evenernents de tous les cotes ** ■
D'Artes meldet voller freudiger Erwartung am 28. Allgnst:^^
j^. , , , Depnis deux juurs votre secretaire d'ambassade le
sieur Bacher donue notes sur notes . . . <)n ne sait plus ou
donner de la t€te; les Suisses ne sont pas en mesure et le
ierritoire va snremeni f"4re riole par tme annee de soixante ä
Cfuaire vingt nulle hothmeSj foufes les plus heUea troupes de
t Empereur qui campent depnis Fribourg et environs jusqu^
k la [MJrte d** Bäle. Vuila ou les choses eu sont ..." und
Tags daratif erklärt er:") ^. . . . Les Suisses ?ws anciens
amis^ mais que je deteste bien, se pretont k tout ce qu'ils
(les patriotesi desirent. . , .^ Wir halben vorhin gesehen*
dass sich die Ba^^ler Regierung rleiii Begehren der Franzosen
aiifängiich nicht ganz gefügig zeigte. Der Umschwnmg in
*) Recenil de la corrcspondnace saisie chez Lcmaitrc Xo. rj.
*l Receail de la correspoadance saisie chen Lemaitre No. i".
*) Kecettil de ta correspotidancc sni&ie chcz Lemaitre No. i8.
4^ Charles D. Bourcart.
den Ansichten des Bates trat Mitte Oktober ein, gerade im
Momente, da Barthelemy von dieser Korrespondenz des
Lemaitre Kenntnis bekam, ^i Wir dürfen wohl annehmen,
dass er nichts eiligeres hatte, als die Basler Magistrate
wenigstens privatim mit derselben bekannt zu machen mid
zu erschrecken. Wenn nun auch Wickham gegenüber nicht
die leiseste Anspielung auf diese kompromittierenden Briefe
seiner Agenten gemacht und ihrer im Ratsprotokoll auch
nicht mit einer Silbe erwähnt wird, so geht doch aus
den Umständen mit Evidenz hervor, dass der französische
Botschafter die ihm von Paris zugesandten Dokumente in
gehöriger Weise auszunutzen verstand. Ganz ohne Opposition
drang übrigens die schärfere Tonart nicht durch ; die franzö-
sische Partei soll im Rate sehr heftig gedrängt haben,
bevor man sich ihrem Begehren fügte : so berichtet wenigstens
Bürgermeister Burckhardt an den ancien syndic Rigaud
etwas entschuldigend. ^)
Bevor Wickham nach Ausweisung seines Agenten
weitere Massregeln ergriff, referierte er nach London; er
hatte, wie gesagt, kein ganz gutes Gewissen, indem er ge-
warnt worden war, er solle den d'Artes ja nicht offiziell
als einen englischen Agenten anerkennen, und das hatte er
doch bis zu einem gewissen Grade getan. Er suchte sich
daher bestmöglich zu entschuldigen; denn als ihm zum
Ueberfluss die Korrespondenz zwischen d'Artes und Lemaitre
zu Gesichte kam, \vurde ihm die Sache erst recht un-
angenehm-) "öd «) Indessen Wickham hatte in Lord Gren-
ville einen zu guten Freund, als dass ihn dieser desavouiert
hätte; Grenville lobte im Gegenteil sein bisheriges Verhalten,
legte dabei aber allerdings besondern Nachdruck daraui
dass Wickham den Namen des Königs nicht kompromittiert
>) P. R. O. Xo. 63 (R. O.) Wickham to Lord Grenville Xo. H-
Lausaune 2 Xov. 1795.
*) P. R. (). Xo. r>3 (R. O.) Wickham to Lord Grenville Xo. SA-
Lausanne 2 Xov. 17«)$.
3) P. R. (). Xo. ()h (R. O.) Wickham to Lord Grenville. Priv»."«'«
Lausaune 23 Xov. 1795. — Ibid. W. to Ld. G. Private. Lausanne 27 X ^^"
1795. — Ibid. W. to Ld. G. Xo. 97. Lausanne 22 Dec. 1795.
William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 47
iiabe;\) daneben wurde das Verhalten der Basler Regierung
als „ungebührlich"' bezeichnet und Wickham beauftragt, eine
Note an die eidgenössischen Orte zu richten, worin das
Missfallen Seiner Brit. Majestät an dem „respektlosen- Ge-
bahren des Kantons Basel ausgedrückt werden sollte: in-
dessen wolle der König, in der Ueberzeu^ung, dass die Eid-
genossen diese Aufführung missbilligten, über dieselbe
hinwegsehen Angesichts der besonderen Lage Basels u. s. f.
Nach dem, was vorgefallen und bekannt geworden,
aoUte hingegegen die Persönlichkeit des d'Artes so viel als
möglich aus dem Spiele gelassen werden und die ganze
Sache überhaupt nur so weit geführt werden, als es das
Ansehen des Königs absolut verlange, doch ja nicht weiter. —
Beinahe ein ganzes Jahr sollte indessen vergehen, bis
Wickham diesen Instniktionen einigermassen Folge leisten
konnte. Zunächst musste er sich noch auf der Defensive
halten; denn nachdem Barthelemy den Agenten losgeworden
war, richtete er jetzt seine Angriffe gegen den Gesandten
. selbst
Schon in der beschlagnahmten Korrespondenz des d'Artes
fand man ja genügend Anhaltspunkte um Wickhains Intri-
guen in Frankreich zu denunzieren;-) dazu kam aber noch,
dass gerade im November, da der Lärm über diese An-
gelegenheit sich kaum gelegt, der Agent de Bosigndn. der
sehr kompromittierende Papiere bei sich trug, an dt»r
Schweizergrenze von den Franzosen festgenommen wurde. ^)
Wenn sich auch keine Schriftstücke von Wickham selbst
auf ihm vorfanden, so waren doch die beschlagnahmten
Akten derart, dass sie wiederum die Wühlereien des eng-
lischen Gesandten deutlich zeigten. Nicht genug an dem
kam noch dazu, dass um die gleiche Zeit zwei Fass Pulver
iin bernischen Kantonsgebiet beschlagnahmt wurden, von
denen es sofort hiess, sie gehörten niemand anderem als
wieder dem Minister Seiner Brit. Majestät.
») P. R. O. No. 68 (R. O.) Lord Grenville to Wickham Ni».
XiowDiDg Street 19 Febr. I7«)6. —
«) Receuil de la correspoodance saisie chez Laniailre Xo. 10.
^ Correspondance Bd. I p. 216. —
4»
Charte« D, Bourcart.
Die Sache wurde in Bern am ^- Januar IVM h»
der 2CK) vorgebracht, hätte aber vielleicht keine we*
Folgen gehabt, da man keine genügenden Beweise
wenn nicht jetzt, beinahe am gleichen Tag und wie
Verabredung von Bartlielemy selbst einerseits, von ein
jungen Bernern aus Paris, von Personen, die mit den fmih
zösichen Gesandtschaf ton in Basel und Genf in Verl)influiig
standen andrerseits und endlich auch noch vom Berner H^
Präsentanten in Basel ähnliche Vorstellungen eingelaiif»^n
wären. Die Beschwerden Barthelemys und seiner Freundt^*)
gingen dahin: 1. Sei es auffallend und inkorrekt ^ dass
Wickham seinen Wohnsit» in Lausanne und nicht in der
Hauptstadt Bern, wie geh ränch lieh, genommen habe: es habe
dies kleinen Grund darin, dass er von dort aus seine Intri-
g\ien gegen Frankreich besser leiten könne. AVerui kniad
Abhilfe gestihaffen wei*de, so könnte sich Frankreich genötigt
sehen, ebenfalls einen Residenten in Lausanne 2U unterhalten
(N. B. Spione hatte es dort schon lange. Vergl. ^Papiers
de Barthelemys^ 1, 2. Sei in der ganzen "Waadt ein EmigianteD-
schwärm, der aich um den englischen Gesandten schaare.
Letzterer suche aus den angrenzenden Provinzen eine neue
Vendee zu uiachou* 3. Es habe an der frauzusischen Grenze
in den letzten Monaten ein ganz verdächtiger Goldexport
Mtattgefnnden. der auch auf ilie Intriguen Wickham s in
Frankreich znrnckzuflihren sei; nicht nur französische
louis d'or habe er nach Frankreich ausgeführt, sondern
namentlich auch Berner Ihiblunen, tim den St-aat Bern in
den Ang*^Ti der franzusischen Behörden zu komprumittierea.
4, Wickham liefere Waffen und Munition an die rovalistischen
Aufrührer in Frankreich; küralich erst sei ein© Pulversendung
ijn Kanton Bern beschlagnahmt worden, deron Eigentümer
er offenbar sei*
Zu diesen Anschuldigungen Bailhelemys und der h
züsischen Partei reihte sich noch eine weitere, die wölT
nicht ztiiiillig geratle im gleichem Momente eintraf — Der
in NeufviJle niedergelassene Chevalier Tht-odore de Lame
*) St A. Bern- Akten des Geheimen Rates, XXIU. Vcrscfaie
1796 Barlbclcmy an Scbultbeiss von Mülineii. Basel 13 Jan* ir«)6. — (jt
Rats-Manual XV. p. ^^2, Det., 22, 1705 p. 359. 360. 16 Jan. 17*|6,
WiHiaTti Wickham, britt*clicr Gesandter m der Schweiz etc.
4Q
tier gleiche^ der durch seine Vorspiegelungen die Reise
^cldiams in die Schweis:; veranlagst hatte, suchte sich für
^ineii Misserfolg dadurch zu rächen, dass er ebenfalls
^ickham beim Geheimen Rat verdächtigtet i Er behaupt/ete^
&r den Grenzkordon kommandierende Oberst-Lieot. Arpeau
llie einen Brief, den er (Lameth) an einen gewissen Hebrard
l-president tlu d^partemeiit du Jnni am 23. Dezember ge-
chtet, unterschlagen und d<'ni englischen Gesandten aus-
^liefeit* Das alU^mchiiinmste hv\ der ganzen Sache aber
tar, dass Barthelemy seine Abbenihing als eine Folge der
Ältnng der Schweizerbehörden in Aussicht stellte. In der
luzen Schweiz war man so sehr von dera iniiern Wobl-
rollen und der Mässigung des französischen Botschafters
überzeugt, dass man dessen Fortgehen als ein Landesmiglück
angesehen haben würde^ wie Wickham selbst berichtet.*)
Die Aufregung war daher in Bern gross und es kam am
13- Janutjr zu einer stürüiischt*n Sitzung im Rate der 2CKJ,
wobei mit HO gegen 17 Stimmen der Geheime Rat be-
anftragt w^irde, eine Untersuchung über die verseliiedenen
Anschuldigungen einzuleiten; mit S7 gegen 44 Stimmen
wurde dann noch verschärfend hinzugefügt, der Bericht
Büsäe innerhalb 14 Tagen eingereicht werden. ®i Wickham
Bht in einer sein* unangenehmen Lage: er konnte Anfangs
Bicht genau wissen^ was für Beweismittel seine Feinde in
Bänden hatten und er atmete erst auf, als es ihm klar
Biirde, dass man nichts absolut sicher beweisen könne: doch
^btte er keinen Moment versäumt» um seine (Tegenmass-
H^geln zu treffen, wenn er auch offiziell sich den Anschein
H|b« als kümmre er sich gar nicht um das gafize Treiben
Kiner Gegner. Im Geheimen wurden alle Hebel angesetzt.
Km den Schlag abzuweliren: man wandte sich direkt an die
Breiinde in Bern, Hess aber auch indirekt die Gegner,
Bmnentlich die gemäi^sigteren, bearbeiten und bediente sich
■fierbei mit Geschick der Beziehung»»n zu einflussreichen
Bärehern. Wickham verfehlte nicht die Drohung von
Bdrtheiemys Abberufung mit einer älinlichen Anspielung
■ •) St. A. Bern, Gcb» Rats Matmal XVI pp. 2b. 30, 42. 47. 52.
I Sä) P, R. O. No. 67 (R. tij Wickham to Lord Gr-t-n- v., y 1
H >) St. A, BerD. Rats Manual No. 443 p. 3S2.
^Hjbtlcf Zeilschr U Gc&cli« und Altertum. VU, 1.
50 Charles D. Bourcart.
ZU parieron. indem er wissen liess, der englische Gesandte
werde, wenn nicht den Kanton verlassen, so doch neue
Instruktionen von zu Hause verlangen, da die früheren für
eine Mission zu einer «für sehr weise und gemässigt
geltenden Regiening redigiert worden seien und sich nicht
für eine Gesandtschaft zu einer groben und unruhigen
Demokratie eigneten.- Er Hess auch noch durchblicken,
dasseinesolche Massregel nicht ohne vorheriges Einverständnis
mit dem kaiserlichen Hofe ergriffen i^ürde.
Die armen Berner waren jetzt in eine wenig beneidens-
werte Lage versetzt, indem ihnen, sie mochten tun. was sie
wollten, entweder die Rache der französischen Republik
oder der Zorn des Königs von England und des Kaisers
drohten. Mit viel diplomatischem Geschick zogen sie sich
aus der Klemme: Den Franzosen ^\iirde insofern eine Genug-
tuung zu Teil, als Wickham durch Hebenswürdige Wone
bewogen werden konnte, seinen Wohnsitz in Bern zu
nehmen; andrerseits hatte die durch Venner Emanuel
Friedrich v. Fischer mit sehr viel Takt geführte Unter-
suchung das glückliche Resultat, alle gegen Wickham vor-
gebrachten Anklagen als unbegründet oder wenigstens stark
übertrieben zu erweisen: Das Pulver gehörte Spekulanten,
hiess es und sei für die französische Armee in Savoyen
bostiniuit;*) der Dublonen-Export fand eine plausible Er-
klärung, die Wickhanis Beteiligung an dem Geschäft aus-
schloss, und Oberstlieut. Arpeau beteuerte hoch und heilig,
niemals einen Brief des Herrn de Lameth an Wickham
ausgeliefert zu haben - es berührt uns dann allenlings
eigentümlich, wenn wir gerade diesen Brief in Wickhams
Korn\spondenz als Beilage finden;-) er spricht sich üb»T
Wickhiim sehr wenig schmeichelhaft aus; ider englische
(Tesandtc^ (quittierte dieses Manöver damit, dass er kurz darauf
die Ausweisung Lameths aus dem Gebiete des Kantons Bern
durchsetzte. I Am 27. Januar erstattete der Geheime Bat
auftragsgemäss seinen Bericht an den Rat der 200 und mit
V» l'. K. O. Xo. 07 (R. 0.) Kiulosure in Wickhanos Ko. 8.
-) P. R. (). Xo. 14 (F. ().) Enclosiirc in Wickhams Xo. ii. — St. A.
Bern. Akten des Geheimen Rates XXIII. Verschiedenes 1796 — St. A.
Bern. Geh. Rats-Munual XV p, 342. 359. 360. —
Wlltkw Wicfefenm, bHti«cbcr Oesmnatvr in der Sdrweti etc.
5»
11 Stimmten gegen 34 wiirrle bej^chlo^sen, sich mit diesem
Rapport «güiisilieb zu ersätti^eü.^ — So hatten di^ Freunde
Wickliainsi und an deren Spitze Scholtheiäs von Steignr do
glüeklieh zti operieren gewii^st, dasö öie die gleiche Sdmmen-
£ahl für sich hatten, die 14 Tage vorher ihren (iegnem
tunc^Ti grosÄen Erfolg zu sichern schien. Bis ftaf weiteres
urfte Wickhniü nihisr in der Schweiz residieren — und
ntrigaieren.
Konnte nun wülirend dieses Snirrn»^s der englische Ge-
idte nicht daran denken, wegen des d^Arteshandels gegen
B«sel off**nsiv vorzugehen, so waren auch die iiÄchstfolgi'nden
ochen hierzu nngeidgnet, Barthtdemy und seine Freunde
mn ' ' kiinntlieh damals besonderö geschont werden, da
iji»' he Kegienmg Miene maciite. an Frieden zu denken
und ibr^n Minister in Bern beauftragt hatte, mit dem fran«
' »>n Ambassadeur in Basel zu diesem Zwecke in Ver^
,..„.,..;ig zu treten.') Bekanntlich war dann die Aiiiwort
das Direktoriums eine derartige, dass an ein weiteres Ver-
handeln nicht zu denken war. Die Kon-espondenz zwischen
i ' * lind Barthelt*my war durch Wickhanis Vetter, den
Tt ^iud» verniittelt worden. Die ersten Instruktionen
lind vom 9. Februar 179*» datiert; Anfangs April wurden
iö Verhandlung<*n abgebrnchen und rlurch Note vom
April gab Wiekham den Eidgenossen von diesem De-
henweehsel Kenntnis. Jet^t erst liranchte man die
ranzoi^en und ihre Freunde und Schützlinge nicht mehr
schonen und der englische Gesandte konnte wieder daran
enken, den Bashtrn die seit Imhi s* chs Monaten in Reserve
tone Lektion zu geben, *) Da bereiteten ihm aber diese
leichen Basler ausnahmsweise eine stdrhe Freude, dass er
eo Jlnment filr eine Strafpreiligt als schlecht gewählt an-
hen musste und ihnen nochmals eine Frist gewahrte. Am
April nämlich hatte Barthelemy der Regierung von
1 eine Mehr sch^kHe Not*^ des l>irekt4:>rimus überreicht,
eieh über angebliche neue Vorbereitungen der AlUerten
•f Coffctpoitdencr Bd. l pj». 269. jg^ 194. 31*. jjo, jjs. }X% —
tl eodta. HiM. de U Revolutton fniD^a)»e BcL ^ p* llS^^- —
•j P, R O Xo. 70 (K, Ol \Vickh:im In l^rd GreRvStle. FriboiustB,
5*
Cbarlcs D. Botsrcart.
und des Cond^ischeD Korps für eine Neutral itätsverletximg
bei Basel zu beklagen: die Behürdeu des Kautons worden
verdäci^^tigt und nicht misszuverstehendo Urohungen schlasseu
das Schreiben. *) Der Rat Hess sich indessen nicht eiii-
öchüchtern; er hatte ein gutes Gewissen und die vun Stadt-
Schreiber Peter Ochs redigierte würdevolle und feste Antwort
dürfen üueh wir als mustergiltig ansehen. Allerdings w«r
damit das Direktorium noch nicht beschwichtigt., und e«
bedurfte bekanntlich einer Reise des Peter Ochs nach Paris
um dort wieder gutes Wetter zu machen; aber für einmal
wenigstens liatten die Basler allgemeinen Beifall geerntet
Sogar die Hemer schrieben: ^ . . . Die blosse Ablesung
der Schriften reichte dahin, die geheimen Räte zu bogwalfigpö,
hochdero allgemeinen nnd so wohl verdienten Beifall über
dieses Antwortschreiben zu bezeugen;* und Wickham schrieb
an Lord Orenville:*» Ich sende zugleich als Beihig*^^
No. 2 die Antwort dieses Staates (Basels), die jedermann in
der Schweiz überrascht hat, sowohl wegen ihrer geschickten
Redaktion als wegen des Geistes und Mutee^ welche sie be-
zeugt. Dieser neue Umstand hat mich bewogen, die Ueber-
gäbe der Note, die ich im Begiüffe stand dem Kanton
Zürich*) gemäss den mir von Ihrer Hen'lichkeit in No. 6
übersandten Instniktionen einzureichen, aufzuschieben, da
ich glaubte Seine Majestät würde es nicht tadeln, wenn ich
es unterliesse, die Schwierigkeiten dieses kleinen Staates in
einem Augenblicke zu vermehren, w^o er lierufen sei. seil
ganzen Mut anzuwenden. Die Uebergabe (der Note"» w
indessen nur aufgeschoben sein. Ins sich eine geeignet
(jrelegenheit bietet, es sei denn, dass die Magistrate
Ortes unterdessen eine angemessene Entschuliligung für il
früheres Verhalten vorbringen, was, wie icli zu glaul
geneigt bin, der Fall sein wird. . , . * — An eine Gebii
Verletzung scheint gerade damals nicht gedacht won
zu sein: nicht nur gaben der österreichische Gesandte m
Feldmarschall Wurmser wiedeiTim beruhigende Versiehe^
rungen, sondern auch Wickhaui weiss nichts über solc
•) Ucber dtcsc Angelegenheit vcrgl P. OcbÄ Bd. 8 p. 1S4 ff.
*) P, R. O. Nci, 70 <R, O,). Fribourg i. B. jo Apr. 1796.
>) Als Voron.
William Wickham, britischer Gesandter io der Scbwci« etc.
5i
^sichten zu juelden. Bald darauf musste sich übrigens
die kaiserliche Armee inlolge des Einiaile.s .Tourdans und
>reaus vom Rheine zurückziehen.
Jetzt kam zunächst für AYickhaui wieder eine schlimme
pit; in Deutschland wie in Italien drangen die Franzosen
?ich vor, und erst iiie Siege Erzherzog Karls über
fourdan und Moreaus benlhmter Rückzug durch den
Schwarzwald brachten wieder eine günstigere Wen (hing der
Dinge für ihn. — für Basel aber den verhängnisvollen
Hligenblick der Demütigung,
Anfangs November 179() kam Wickham nach BaseL
Er war wieder einmal auf dem Weg*' zu Coiule nacli Mül-
^Pim und reiste inkognirn. Es war die Zeit» wo die Be*
mgerungdesBrückeidvopfes von Hüningen vorbereitet wurde;
die Sache der Allierten stanil hier wieder gut; die Basier
sahen mit Bangen der Zukunft entgegen, luid die vor
Jahresfrist dem englischen Gesandten angetane Beleidigung
bedrückte ihr Gewissen, Es war Zeit^ dass man daran
dachte^ wieder gut Wetter zu macheu ^u und so wurde der
Venner Fischer von Bern, eidgenössischer Repräsentant und
Freund Wickhaios. lienuftragt. den britischen Minister zu
Jütten, er mochte doch seine Anwesenheit in Basel ofiiziel!
^nzeigen. damit ihm die Behörden die übliche Aniwartung
^kellen könnten. Stolz Hess ihnen aber Wickham jetzt
^igen, es sei ihm unmöglich, mit ihrer Regierung irgend-
welche offizielle Beziehungen zu haben, so lange rlie be-
wusste Angelegenheit ,.in einem so unerfreulichen Stande
rbleibe'\ und er verliess Basel ohne jeglichen offiziellen
psuch zu empfangen. Auf Anraten des Yenners Fischer
jltschlossen sich nun endlich die Häupter von Basel, sich
im €»nglischen Gesandten zu entschuldigen; Peter Ochs
irde mit der Redaktion des Briefes beauftragt. Das
Rhreiben, vom 24. November 179r> datiert, findet sich
merkwürdi gerweise im hiesigen Staatsarchiv ebensowenig
Kpr als Wickhams Anrvvort. Hat man ilie Demütigmig der
Bachwelt verbergen Avollen V Wer weiss? Jedenfalls behaujitet
^Fickham, Ochs habe dem Briefe eine ganz andere Wendung
^m ») P. R. O, No. 72 <R. »>.) Wjckharo to Lord Greaville No. 105.
Hm ij Det. 17^)6.
54 Charles D. Bourcart.
gegeben, als die von den Behörden beabsichtigte, er wisse
dies aus guter Quelle, und er sieht darin eine Rücksicht
gegen die französische Gesandtschaft, welche „mit ausser-
ordentlichem Schmerz die zu ergreifende Massregel be-
trachtete." Den Text des Briefes findet er nicht ganz reuig
genug, doch will er sich grossmütig zeigen und sich ,.vom
Geiste der Mässigung und des Wohlwollens", welcher die
englische Regienmg den Schweizern gegenüber seit Beginn
des Krieges beseelt habe, leiten lassen und sich mit dieser
Entschuldigung der Basler nun endlich begnügen.
Die Briefe lauten:
1. L'Etat de Basle ä Mr. Wickham.
24 Novembre 1796.
Votre Excellence*)
Nous avons appris que ce qui s'^tait passe l'annee
derniere dans notre ville avec un emigrö francjais par
une suite de nos lois de police et des circonstauces dans
lesquelles nous nous trouvons, avait re9u une inter-
pretation d^favorable.
Quoi(j[u'il ne nous appartienne pas d'expliquer ni de
justifier les Operations du Gouvernement que nous avons
Phonneur de presider, nous croyons cependant pouvoir
assurer Votro Excellence que Tintention des membres do
cot Etat n'a jamais et6 de manquer, soit au respect du
ä Sa Majest^ Britannique, soit aux egards que ceux qui
la reprösentent ont droit d'atteiidre de nous, et quon
sera toujours empresse a manifester dans tout ce qui
conceme les rapports subsistaiits entre la Grande Bretagne
et la Suisso.
Nous avons Fhonneur d'etre etc.
Les quatre chefs de la Ville et ßepublique de Bäle.
2. Mr. Wickham a PEtat de Basle.
Berne du 1 Decembre 1796.
Magnificjues Seigneurs,
J'ai rec;u la lettre (jue Vos Seigneuries m'ont fait
riionnour de m'ecrire en date du 24 de ce mois qui ne
m'est parvenue cjue le 27.
*) Früher hatte man Wickham nicht mit „Excellenz" betitelt; das Wort
war sogar in den Konze})ten durch Ochs wieder ausgestrichen worden. —
William Wickham, britischer Gesaudter in der Schweiz etc. 55
Je m'empresserai de la communiquer ä ma Cour,
accompagnee des Observation s et des r^flexions les plus
propres a faire sentir toute la force des circonstances
extraordinaires oü Votre Ville se trouve, auxquelles la
lettre de Vos Seigueuries fait allusion.
Je me flatte que Sa Majest^ trouvera dans les cir-
constances dont vous me parlez, dans la demarche de
Vos Seigneuries et dans son ancienne amitie et affection
des motifs assez puissants pour Tengager ä oublier un
procede que les circonstances seules peuvent excuser et
iiiiUement des lois de police dont, par des raisons que
j'ai d^ja assez relev^es. il ne peut pas etre question.
Je saisis avec enipressement cette occasion de Vous
temoigner etc.
sig. Wm. Wickham.
In der Folge hatte dann Wickham mit Basel wenig
mehr zu tun; sein Wohlwollen aber genoss die Stadt immer
noch nicht, und wir stossen auch später wieder auf den 6e-
ianken einer Verletzung der schweizerischen Neutralität bei
Basel. Noch am 20. März 17i>7 hatte Wickham eine Unter-
redung mit General Mack, wobei eine solche Massregel
besprochen wurde:*) Mack war sehr dafür eingenommen,
Wickham offenbar auch, behielt sich aber «loch noch vor-
sichtig Instniktionen von London vor: hingegen bemerkte
T zum General: wenn die ( >esterreicher der Sache einen
-Anschein von Gerechtigkeit*" geben wollten, «sollten sie tun,
was sie in guter Politik schon hätten tun sollen (^wofür es
aber vielleicht jetzt zu spät seil, nämlich einen beträchtlichen
Unterschied zwischen den übrigen Schweizer Kantonen und
(lein Kantone Basel machen : den einen jeden Beweis wirk-
licher Anhänglichkeit und Achtung gebend, dem andern aber
offenesUebelwollen.wenn nicht geradezu Feindschaft zeigend.*^
•Wenn ein solches V*»rhalten^. schreibt AVickhani an Ijord
lirenville «gleich bei Anfang des Krieges mit Geschick
angenommen und später immer inne gehalten worden wäre,
»0 bin ich überzeugt, dass die übrigen Kantone mit Li»ichtig-
keit hätten bewogen werden können, ihre Interessen von
>) CorretpoDdeDce Bd. LI p. 31 ff.
5^ Charles D. Bourcart.
denen Basels zu trennen, und dass sie niemals ihren eigenen
Frieden und ihre Ruhe aufs Spiel gesetzt hätten, um einen
Kanton zu schützen, welchem keiner der andern aufrichtig
zugetan ist und welcher durch das unvorsichtige und notorisch
parteiische Benehmen seiner Führer schon mehr als einmal
die Interessen und die Sicherheit der Eidgenossenschaft
schwer kompromittiert hat. . . . *"
Man darf sich fragen, welchen Gefahren Basel wohl
noch ausgesetzt gewesen wäre, wenn nicht wenige Wochen
später, am 18. April 1797, die Friedenspräliminarien von
Leoben den Feindseligkeiten zwischen Oesterreich und
Frankreich endlich ein Ende bereitet hätten.
Die verschiedenen Anstände AVickhams mit den Baslern
und Beniern hatten ihn aber an seiner regelmässigen Bericht-
erstattung über die grösseren politischen Vorgänge und an
seinen Intriguen mit den Gegnern der Revolution nicht
gehindert; eine Hauptrolle spielten dabei die Unterhand-
lungen mit General Pichegni;^) aber auch über verschiedene
(He Schweiz näher berührende Ereignisse wird das englische
Kabinett jeweilen gonau unterrichtet, so über die revolu-
tionären Bewegungen im Kanton Zürich und in Genf, üImt
die Zukunft des Veltlins und Tessins. über die Emigranton-
(?HUswisungon u. s. f.; doch fast am meisten erfahren wir
punkto Sehweizorangelegeriheiten über das, was in jener
Zeit in Basel sich zutrug, einerseits weil die dortigen Er-
eignisse oft mit der diplomatischen Tätigkeit Wickhams in
Zusammenhang standen, andrerseits weil er gerade in Basel
so zahlreiche Berichterstatter unterhielt.
Zunächst sei hier z. B. die Auswechselung der Prinzessin
Marie Therese Charlotte von Frankreich gegen die Staats-
p'fangeiK'n Semonville, Maret, Beurnonville. Lecamus. Quinet,
Lamanjut», Drouet. Bancal und ihre Sekretäre erwähnt. ^i
die aui 26. Di^zember 1795 in Basel stattfand. Die Episode
ist ja wohl bekannt, findet sich doch fast in jedem alten
') L'ebcr die VerscliNvönin^en Piche^rus vcrjjl. Eraest Daudet: „La
Conjunition de richegni I7<)5 — «)7. Paris. Plön Nourrit. 1901.
2) Vergl. l*eter Ochs Bd. <S p. 180. — Markus Lutz: Neue Merk-
würdigkeiten der Landschaft Basel. Bd. 1 p. 324. — Karl Tschamber: Ge-
schichte der Stadt und ehemaligen Festung Hüniugca. —
Willmin Wickbiim, britischer Gesandter in der S^^hwcu *.i
ftlor Hause <lus Aquatint aus d«»r Mechelschen Offizin»
168 die Ankunft der Tochter Ludwigs XVL mif dem
l^b*.»rschRn Landgut vor dem St. Joimtintür darsrellt. Doch
dor Vorgang» 00 viel wir wisii<>n. nirgends mit sa gi'ogsor
lÄführlichkeit und Liebe geschildert, une in den damals
BrtS<d an WirWiain gerichteten Kapporten, so dass wir
IS erlauben dürfen, tue Beschreibungen dieses 2*i. DezemherH.
bn dt^uj Ochs selbat öagt: ^es war ein Tag der Freude für
iRrmann* hier wiederzugeben. Der Agent Fenouillot
ireibirM ^ . . » Madum*^ Itnyale arriva a Huiungtte le
uu niaiin; eil*« rnarniiiait do tont et Baker {!?ic)*) Ini mena
Jir Serini, niarchande ile mode, punr lui porter uu bonnt^t
id eilt* quitta Tauberge d'Hnningue, eil« n*ftvait pas nn
k «lonner au dome«tique et voulanl lui teinoigner sa
üsfaction. eile Ini dcmna mm ainuehoir. Baker retouma
»oir hl chercher k Huningiu^ ftt il la condnisit k un«
Itaon d© campagne de Mn lieber qui est ä une port^o
fnail de la porte rle Bale du cote d'Huningue. Apren
jir v^rifie en presence du Prinn? de irrave*) et de Mr.
ICgelman (sicj*) que c'^tait la Princesse Marie Thdreae
tiite, il lenr dit: ^Je .suis clmrg^ de vous ri*mettrH
16 de France,^ A cea pandes la Princes-se repondit:
loufiieur, je n^oublierai jamais que je miia Fran^aise.'' et
i lanne$ toiul»erent alors de si'S youx» L*> Print e de Urave,
treiueinent touohe, lui «lit: «Je «uis clmrge de recevoir
^<i AlivHse Royale et de La conduirt^ a Sa Maj^^ste Im-
lo ji tiui il tanle de Von« voir, d» Vüus embni3«er ©t
Vijn*i donner, Madame, des marques de 8a tendresse et
OH biitnveiiiunce.* „de suis sensilde, r^pontlii la Prin-
e^ aux bontes de Sa Majest^ Imp^rinle. »Sau« donte que
I sang qtii crmle dans nos veines lui a inupire ces nenti-
ils. ile trtchfrai, par nia conduite et ma reeonjnussanre,
tiie rendre dit^iu^ d«* s*>s Vvint4S»* et de Ini prnuver qtie
If V. H. ". AM
9 J^n, MjQiM. —
«klegtert.
t",TIClO*UIC .>t
III W iri. riiinii .>i ' i.
«iiiiisekTetAr*
Kai. et nuu KiiipfiTi;: «i^f Priofea»m
5^ Charles D. Bourcart.
Jamals ringratitude n'entra dans iiion coeur/ Un silence
assez long suivit ces paroles. Mr. d'Egelman instruit que
les ciiiq jacobins qui devaient etre Behanges etaient arrivfe
ä Bäle, il partit avec Baker pour en faire la recounaissanc«
et la remise. Pendant ce temps la Princesse accepta quel-
ques rafraichissements. Avant entendu une servante parier
fran9ais. la Princesse lui demanda si eile etait Fran^aise?
— -Non Madame, lui repondit cette fille. je suis du pays de
Vaux (sic) dans le Canton de Beme, ou Ton parle fran^ais.^ —
^Ali que vous etes houreuse d'etre de ce pays-lä!" — La
Princesse avait un chien fort laid*) pour lequel eile avait
beaucoup d'attentions : voyant qu'on etait etoimö qu'elle
prit tant de soins d'un animal aussi laid: „Je sais bien*
dit la Princesse „que cet animal n'est pas beau, mais mon
frere lui ^tait fon attache,*' et alors eile se mit ä pleurer.
— Au retour de Mr. d'Egelman eile prit cong^ de son monde.
remercia chacun en particulier et monta en voiture ä 8 heures
trois quarts du soir. Sa voiture allait fort lentement; eile
se retournait de temps en temps du c6t6 de la France en
obsei*\'ant le plus grand silence. On croit avoir observi
quVlle a ignore Tobjet de son voyage jusqu'ä son entr^e
a la maison de Mr. Reber et qu'elle paraissait y entrer avec
rej)ugnance comme dans une nouvelle prison. Lorsqu'elle
entra a Bäle on ne cessa de crier: ..Vive Marie Therese
Charlotte de France!** Elle fut surtout emue en passaut
sur le pont du Rh in (\\ü etait jonche de personnes de t^ms
etat« avec de grosses lanternes elevees en Tair, ce qui for-
mait un jour assez considerable pour la distinguer ä souliait
Les cris de: ..Vive Madame Royale!*' redoublerent et eile
y parut oxtremement sensible. C'est ainsi qu'elle traversa
Belle. La Princesse est d'une taille tres elegante; son port.
Sans annoncer de la fierte, indi([ue de la dignite et beau-
coup de gräces: eile a les cheveux blonds, un beau teint
frais et trt^s vermeil. des yeux bleus et en general une
physionomie (jui dit Ix^aucoup. Lorsque les cinc[ jacobins
echanges sont arriv^s ä Huningue le peuple criait: ..Nous
ptM'dons un ango et on nous donne a sa place cun{ mon-
1) Das Hündchen ist auf dem Mcchelscheu Aquatint abgebildet.
WiMisft» WickhAm, biitiscber Gwoiidter ia der Schweij etc
59
.. -iticier patriote a tenu des propoü ^i viuleuts
cet Ägard tjivil a H^ mis en prison/'
Eiti Anderer Berieht*) von einem nugeiianiiteTi Korre-
idetiten erzählt: «Mari«? Therese Charlotto est arriv^e a
ingut* le 24 d^ceiubre au suir; des lors ]vs jinrtes
IIa fort*»rt*ÄSc otit ete (enu^e^. Suraedi matin un d»»8
haireB do M. Bacher fni chez M''« Serini, marchande
'•iiiodes ^laldie ici. poiir parter dei^ marchandises k la
Wnr«!i«j8*j Ä Huiiinp^ie oü i'lle passa unt^ heure avec ©Ue.
deroQter Ia cariosit^ indiscr^te on avait asBure positive«
Äieiii ijiie hl c^rfimoni*? se ferait de üiiit et tpi'oü ur traver-
(?rait poiiit notro villf*. Samedi a 6 h* du soir di*.s voitures
voyagt». suivajit la route d'Huuingue a BaK?, se sont
- dHvaut la campagne d<* 3Ir. Reber a uii quart de
.. iij la villiM: un detachement de» cavalerie halcds ötait
i; car, malgrö lee pr^cautionST quehjues curieiix^ lu&me ^n
t§*3Z graiid iiumbre* s^etaient lulss^ eufcrmer. Mr. Baclier
Sl dtmc arreter les viuttires; le chemiTj 4taDt mauvais, il
prie la jeune PriiteessH d atieudrc* im fauti'Uil pour la pojtt?r
|ti% Itt ujai^n; iuais eile dit qtie eela notait pa^ ti^cea^
ir© et «ama leg^remeut ä terre eti s'appuvaut sur repaiile
il'an gsir\;on permqiiinr ijui se rroiivait la. Mr. Bacher duima
bra» a 1» Princesse pour travertfer la cour et hi conduisit
}ii aa mklou oü eile fnt reyue par deiix Antrichiens et nos
^bels^ Baloia Uno l<Sgf-re colhition fnt bervnr et a 9 h»'iiro8
^n ouvrit les portes puur contimier la route. Plusieur«
pf9oaiieä| lorHiju'elle descendit de voiture, criereut: „Vive
1** A son jHiSsage nu Petit-Bäle ces eris fiirent
1^ ... ._p6t^ö. Du officier de Conde se trouvant ä la
cirte St. Jean 4uand le cart>sse passa, ujonta sur le marche-
^ted et fraverttti la ville en s^entretonant avec^ eile. II y
^vait beancoup de monde Rur le pont du Itliin; il faisait
plair de him*;*) eile liatsäa les gliice*« h salna. l^s 12 ci-
9yeo8 (nnivaiii avaient ite reconuus le matin par Mr. Bacher
fci conduits an chäfeau dn haillif de Rien isicMvillage bälois
mr 1u rr.N!iti;*r»^) 4 5 heures apres mitii; all heurcs du
•) Aul ^9m 3klecheUvütu tiik: n. iinui drr Mom^I mhU,
6o Charles D. Bourcart.
soir ils sont entr^s ä Bäle avec six officiers autrichiens et
sont descendus aux Trois Rois. Hier ä 3 heures je les ai
vu passer sous ma fenetre allant diner chez Mr. Barthelemy.
Personne ne les suivait. . . *' Im übrigen deckt sich dieser
Bericht mit dem vorherzitierten; die Varianten in der Zahl
der ausgewechselten Franzosen erklären sich leicht; es waren
im ganzen über 20 Personen; der eine Korrespondent zählte
mehr Leute als zum Gefolge gehörend als der andre. Der
ungenannte Korrespondent fügt zum Schlüsse bei: ,,Je ra
hier le portrait de la Princesse. M. Broi Nadel,*} actuelle-
ment ä Bäle, Pa achetö d'un peintre qui depuis Paris Ta
suivie en saisissant k toutes les stations le moment de donner
quelques coups de pinceau sans etre aper^u. Les personnes
<|ui Pont Mie, Tont d'abord reconnue. mais ne Tont pas
trouvee flatt^e. Tous ont dit: „Elle est bien plus johel'*
La premi^re copie a ^te envoyee au Prince de Conde.
Mr. Broi porte Pautre a Madame Clotilde, Princesse de
Piemont/'-)
Natürlich schickte auch der Wirt zum Wilden Mann
seinen Rapport;^) er spricht sich über das Benehmen seiner
Landsleute nicht sehr befi-iedigt aus: ., . . . Bien des voix
firent ontendre les cris de: .,Vive Madame!'" mais on enten-
dait aussi chanter: .,Qa ira!'' Le pouple de Bäle s'est montr^
ä cetto occasion tres pojmlace. Les D^putes st^journent a
Bäle et sont tres fetes par les jacobins de la ville; ils sont
etonn^s de voir nos Bälois plus jacobins quils le sont eiix-
memes qui en general ne montrent pas un profond respect
pour la R6pul)li<iue/*
Bekannt ist. wie dann d^r Kaiser einige bei der Aus-
woclislnng mitwirkende Basler reich beschenkte; durch einen
Korrospondenttni Wickhaius erfahren wir auch noch Jen
') Ks ist uns bis jetzt nicht gelungen, die Identität dieses Mannes fest-
zustellen.
-) Es mag dies wohl das Bild gewesen sein, das dem hübschen kolo-
rierten vStich, der aus der Werkstatt Chr. v. Mechels hervorging, als Vorlage
gedient hat. Bekanntlich ist der Stich das Werk des geschickten französischen
Kupferstechers Sergent, der damals bei Mechel arbeitete.
3) P. R. (). No. 14 (F. (>.) Enclosure in Wickhams No. i. Corrc-
spondent M. without date.
William Wiekham. briüsclier Gesiandter m der Scliweix etc.
6t
Geldwert dieser Geschenke: 1. die mit Diamanten beseite
Golddose iles Burgernaeisters P. BnrckJiardtr RK) Louis d'or:
2. der Brillantrirjg des Herrn Reber, der sein Limdhaus
geliehen: 30> Louis dor; 3. die (.Toldkette mit dem atige-
liangten Bildnisse des Kaisers, die dem begleitenden Offizier^
Aide-Major Kolb. verliehen wordt^n: 100 Lotus d'orj)
Diiss die Basler Regierung Kavalerie aufgeboten hatte,
sar Aufx*echterhaltung der Ordnung und als Ehrenwache
ter die Prinzessin, kann uns nicht wundern; es war dies
aber auch in andrer Beziehung eine niclit ganz unnötige
Vorsieh tsraassregyl. Es war nämlich nicht jedermann mit
der Uebergabe der unglücklichen Tochter Ludwigs XVL
an die O est erreicher einverstandt*n, und piut* Eutfühning
derselben zu politischen Zwecken, im Mouiente. wo sie nicht
oielir in den Händen der Franzosen und nocli nicht unter
in Schutze der österreichischen Bajonette sich befanil,
Te ganz gut denkbar gewesen. Wickham berichtet ver-
tliiedentlich über solche Intriguen.*i Am meisten zu he-
;hteii waren die Emigranten, welche die Prinzessin etit-
»der in die Vendee zu den lusurgenten ficler nach Verona
den r(»yalistischeji Hof hätten bringen wollen; darum
igerten sich auch die Oesterreicher zu gestatten, dass
ler der französischen Prinzen oder ein Delegierter der-
Iben sich nach Basel begebe, um die Prinzessin zu be-
ssen. I>er Prinz von Conde ging so weit, dass er
^"ckham fragte,^! ob der Kantern Bern tlie Prinzessin wohl
Uter sein»^n Schutz nehmen würde, im Falle sie bei der
Kirchreise in Basel entfliehen .sollte. Der Gesandte aat-
jrtete diplomatisch: ,.Er sei überzeugt, dass jeder Staat
!>lz sein würdcj eine Prinzessin vom Hause Bourlion zu
apfangen, besonders eine solche, die durch ihre Tugenden
jwuIjJ als durch ihr Unglück so hohes Interesse en^^eeke,
l&s er aber glaube, sie würde ihre Zeit angenehmer und
lehr siÄudesgemäss am Hofe des Kaisers zubringaa
») P. R. U, No. 15 (F. O,) Enclosure No.
ile 28 Febr. ir'>6.
^) G#rrespoodciice Bd, l pp. 244. 2m, —
») P. R. u. No, 67 (R. CK) Wickham 1 "
pDc 5. Jan. I7c^6,
iD Wie
66 Charles D. Bourcart.
französischen Regierung oder wenigstens von einigen ihrer
Mitglieder erworben habe „et que ces citoyens ont sans
doute oiiblie de rendre compte de cette vente ä leurs col-
logues. . . ."\i Ob wirklich innerhal)) des Direktoriums ein
nicht ganz sauberer Handel getrieben worden ist, wie Merian
offenbar durchblicken lassen will, bleibt indessen absolut
unbewiesen. Es lässt sich im Gegenteil recht wohl annehmen,
dass der dem Meniere erteilte Auftrag — denn um einen
solchen handelte es sich — so gi^heiiu gehalten ^\•u^de, dass
nicht einmal alle Mitglieder des Direktoriums davon Kenntnis
hatten und dass die französische (iesandtschaft einen hüclist
verhängnisvollen ^faux pas^ machen konnte. Die Sache
verhielt sich nämlich in Wirklichkeit f olgendermassen : Die
Diamant<3n waren zu Intriguen gegen die Engländer in der
Levante und in Indien bestimmt;-) sie sollten zum Teil den
Sultan in Konstantinopel zur Unterstützung der französischen
Politik aufmuntern, zum Teil sollten sie einem gewissen
Abb^ de Beauchamp mitgegeben werden, der sich auf eine
Mission dos Direlvtoriums nach dem Orient rüstete und jetzt
in Venedig reisefertig nur noch auf die Kleinodien wartet»».
Er sollte zu verschiedenen Fürston reisen, namentlich zum
Tman von Mascate, ^) und diese Herrschaften dazu bewegen.
<lie englischfMi Ueberlandverbindungen, namentlich die Post,
abzuschneiden und dafür (li<» französischen Kuriere und
Emissäre durchzuhissen : in der Levante, in Mascate und in
Indien sollten den Franzosen Handelsvorrechte gesiebten
wt^rdon, Mascate sollte sogar womöglich überhaupt ftir
Frankreich gewonnen werden und. „last not least" sollten
<lie indischen Kadjas gegen England aufgewiegelt werden:
mit Ti[)po Saib im besondern hatte man grosses vor. Für
die Ausführung des Planes wurden übrigens auch nodi
andere Agenten verwendet, docli scheint de Beauchamp dit*
Hau[)trolle zugedacht gewc^sen zu sein.
Wickham bekam nun von der ganzen Intrigue Wind,
gerade zur Zeit der Verhaftung M<mieres, vielleicht sog-ar
') P. R. (). Xo. 14 (F. (.).) Enclosure in Wickhams private leUcr oi
Jau. 22. I7<X).
=*) Correspondcnce Bd. l pp. 252, 3S4, 482, 49t) Bd. II p. 70. —
ä) Am persischen Meerbusen.
Wnnaoi WicHbam* Uritischff GüBundtcr m d«r Sdiweiz etc. ^^7
dii?i«i5ni»% unti Siindt^a sofort Bericht un soiae Ki)Uegoi»
I Konstantmopel mid Venedig und nach London, damit
t» «nglUcIien Agenten in der Levante und in Indien be-
irichtigt würden; \nv(*\i Venedig rei;Jte sogar ein eif^ener
jtiüf Wickharnö, aiu Beauchamp H<»{ort imter Benbacbtriuit^
Ini^hnrnn, Wickham schreibt mit Befriedigung nach Hauöe:
herweise wurde ein Herr Meniere, der Träger dieser
.e* auf Herrn Barthelemys Verlangen verhaftet,
c»r dwr Anklage, einen Teil derselben unterscblageu tu
tien* Die Heise de$ Herrn Beauchamp wird imkriteheinUch
(* qettH(f*snd verzögert werden^ damit die Folgm seiner
its*:h(tft vereitelt werden können, . , , ** So trug viel-
ife die Regierung von Basel dazu bei, den Engländern
hr*H E**icli ZU erhalten. — Zur Vollfttändigkeit ^ei
dasH Bc^HUcbatnp in Venedig tlavon hörte, da^s
Bekham ihn beobachten loBse. und zwar mnss dieo^e Kenntnis
bi«r Indlnkretion des bririschen <lesandten *) in derLagunen-
i.lr 'M',r.'schriel)en werden. Dieser Herr war narulich all-
1 vollständig betrunken und pflegte in diesem Zu-
mit Vnrliebit die ihm anvertmuten diplomatischen
lehnni»$^e auszuschwatzen* Der Abbe de Beauchauip nabm
lier einen analem als den vorgesehenen Weg fi\r seine
doch kiinnte er nichtsdestoweuig«ir dank Wickhama
imung viiin ^♦nglLschen Residenten in Ba»>sonih angehahen
in liiune Heimat zurückgeschickt werden.'*)
DiiJM die fnuizusititche K^piddik ihren Freunden ihre
und Erkenntlichkeit oft damit %xi beweisen suchte,
MÄiev^' ' u Freunden grössere (leldsunrnnH» ^enthVh^,
xur (.T Mi^kuniit, und so kann es uns nicht ^^*^lnde^n,
wir durch Wickhaniö Agenten erfahren, ilass das
•im in den ersten Monat i*n des Jahres 17i*6 schon
... defltitiken uniging, sich bei seinen lieben Ballern
kige MiUionen «n luden; der Agent schreibt :*i ^Dea gen«
pluea ot de.<« premiers n^gociants nnt ^te consulte^ ä ce
n-mmc a Mf* \f* tn»^trie «jue celui de la fonrnii avec
•j Vtn Dn Fan. M«*moirr»» Bd ü p J.|6 Ann« i.
^ P. IL «. No. 17 (F. CX) Enclotuns in Wkkboim Ko. t; BAIe
-T', Ibid. BAI- 1 ^-•'' — -
68 Charles D. Bonrcart
la cigale: les uouveaux mandats qu'on oSrait en nantisse-
ment n'ont pas ^t^ juges d'une valeur assez recommandable
pour m6rit€^r la c^nfiance. Cette affaire a perc^ dans le
public, mais un fait qu'on ignore et dont je vous fais part
confidentiellement, c'est que les Balois veulent tirer parti
de c^tte Ouvertüre pour travailler ä leur agrandissement:
ils ont refuse net la demande d'un pret d'argent; mais comme
ils sont persuad^s que les Franpais reviendront a la charge,
ils veulent profiter de Toccasion pour leur demander une
portion de TEvechö de Bale. L'affaire nest pas mal vue.
vu la p^nurie des finances de France, en raison de laquelle
les Franpais seront certainement fort traitables: mais je
doute que, si le march6 reussit, il ne soit pas impolitiqne
comme pouvant les entrainer (suivant la toumure que peu-
vent preudre les affaires) dans des embarras qui, tot ou tard,
pourraient nuire ä leur tranquillite et, par contre coup, a
Celle du Corps lielvetique. Si les Frangais ponvaient les
agrandir aux d^pens de leurs terres. la chose pourrait etre
Sans cons6<iuence; mais le faire aux depens d'un tiers qui
est en raj)])ort direct d'int^ret avec les Suisses, ce proced^
iiullement delicat })Ourrait avoir des suites dangereuses en
gen^ral. ..." Dieser Korrespondent hatte wohl recht in
seiner Würdigung der Sachlage. Hätte sich Basel damals
ein Stück Bistum antreten IrtsstMi, so hätte es damit alle
andern E]i(lgenossen vor den Kopf gestossen und hätte
ausserdem noch mit dem Kaiser in einen schweren Konflikt
kommen müssen, da ja das Bistum noch als zum Reiche
gehörig angeschen wurde. — Wie es kam, dass der Plan
scheiterte, wissen wir nicht: wir wissen nur, dass nicht
Barthehmiy sondern ein Finanz-Agent des Direktoriums
Namens Durand dies(» Unterhandlungen in Basel führte.
Kiullich sei h'u^r noch eines Berichtes aus Basel*) vom
,'30. Miirz i7W erwähnt, worin erzählt wird, dass damals
auch in dieser Stadt (Terüchte auftauchten, der kleine Dauphin
sei gar nicht g(*st<)rben. sondern es sei ein anderes Kind
schon ein i<::;t» Zeit vorher untergeschoben worden : Ludwig XVII-
le])e. Ein Franzos«*, dessen Nain«» nicht genannt wird und
') V. R. (). No. 17 (F. ().» Enclosure in Wickhams No. 45. Bäle
^ü Mars 17M'). —
WilÜAm Wickham, brilischer Gesandter in der SchwLMjr clc, öt)
sich anf der Dtirclireise in Basel aufgehalten habe* hätt^
erklärt^ er sei bei dieser Rettung selbst tätig gewesen.
Leider heisst es im gleichen Bericht, dieser Reisende habe
den Eindruck eines „grossen Intriganten** gemacht. Wir
düi'fen also diese Aussagen, wenn sie auch schon ein halbes
^phr nach dem angeblichen Tode gemacht \\airden, nicht
TBs einen endgültigen Beweis für die Anrechte der Familie
Naundorf und Anderer auf den französischen Thron gelten
I So weit die Beziehungen Wickharas zu BaseU
Wir haben nun schon vorhin gesehen, wie es ihm um
s Jahreswende 1795/96 schwer gemaclit wurde, seine
?llung in der Schweiz zu behaupten; je nach der politischen
d militärischen I^age war auch später diese Stelhing eine
mehr oder weniger feste. Im Sommer 179H war Wickhani
daraut gefasst, dass die Franzosen seine Ausweisung ver-
langen und dassdie Eidgenossen dieselbe gewähren würden ;V)
tden ersten Tagen des Jahres 17U7 bat ^^r dann selbst
seine Abberufung; 'i seine Gesundheit hätte gelitten,
der geringe Erfolg seiner grossen Unternehmungen und die
Schwierigkeit-en, die ihm nicht am wenigsten bei seinen
Bundesgenossen, den Oesterreichern und den Emigrant*jn,
^pf Schritt und Tritt begegneten, hatten ihn verbittert, und
so wünschte er in seine Heimat zn nie kzu kehren. Indessen
er liess sich dann doch bewegen, noch länger auszuharren.
Als aber die Siege Bonapartes und der Staatsstreich vom
KFructidor (4. Sept. 1797i die Hoffnungen auf Wieder-
stellung der Monarchie in Frankreich wieder einmal zu
liichte gemacht hatten, war auch für Wickhani an ein
^Bgeres Verbleiben in der Schweiz nicht mehr zu denken.
Jetzt hatte Frankreich fr**ie Hand; der Friede von Campo
^&>rmio stand vor der Tür und an der Neutralität der
H^weiz hatte das Direktorium kein Interesse mehr: jetzt
^BT der Moment gekommen, den unermüdlichen Diplonuiten,
Ifer unter dem Schatze Berns seit drei Jahren der Republik
*) Conrcspomlciicc Bd. I p. 418. — P. R. C), No. 70 (R. O) Wickh&m
["jLord GrcnviUc No. 6ü, Bern 13 June 1796. — Ibid No. 71 (R. O.)
ckham to Lord Grcoville No. 69. Bern 14 July i"*)^.
*) (-'orrespondencc Bd. II p, 1 et S, —
70 Charles D. Bourcart.
soviel Schwierigkeiten bereitet, los zu werden und seinen
Intrigiien ein Ende zu machen.
Am 8. Oktober 1797 kam Mengaud nach Bern und
stellte sein Begehren, es möchte dem britischen Gesandten
der Befehl erteilt werden, das Land zu verlassen.') Die
Schweiz stand isoliert da: wie wollte sie allein den Forde-
rungen der siegreichen und mächtigen Schwesterrepublik
widerstehen? Wickham sah dies ein und gab den Bitten
des Schultheissen von Steiger nach, der ihm nahelegte, er
könnte die Schweiz ^freiwillig*^ verlassen und auf diese
Weise seinen Freunden einen letzten Dienst erweisen, in-
dem er sie der Schwierigkeit enthob, einen Beschluss zu
fassen. Am 7. November 1797 morgens entfernte sich
Wickham von Born-) unter dem Yor\vande, dem Obersten
Craufurd in Frankfurt einen Besuch abstatten zu wollen.
Die Gesandtschaft als solche blieb mit dem Legationssekretar
Talbot als Geschäftsträger einstweilen in Bern; doch Lord
Grenville befalil, dass die englische offizielle Vertretung in
der Schweiz bis auf weiteres überhaupt aufhören solle ^j, und
so verlioss im Dozombor auch Talbot die Aarestadt.
Hier darf man fragen, ob denn das Direktorium nicht
eigentlich berechtigt war, die Entfernung AVickhams aus
der Schweiz zu verlantjjeny Die Intriguen eines Gesandttm.
der seine unverletzliche Stellung dazu braucht, luu von
einem ntMitralen Staate aus Insurrektionen anzufachen und
Kriegskontrebande zu treiben, würden heute in diesem
neutralen Staate kaum mehr g'?duldet werden. Schützte
und begünstigte dieser Staat aber gar noch solches TreibeiK
so machte er sich doch gewissermassen eines Xeutralitiits-
brnches schuldig. Wickhains Unternehmungen waren dem
Schult lieisseij von Steiger nicht nur bekannt, sondern er
er]eicht«M*te sie so viel er konnte; damit übernahm er aber
eine schwere Verantwortlichkeit seinem Vaterlande gegeu-
iiher. Freilich war die Art. wie von Mengaud das Al)-
». Ufihsli, (iochichte der Schweiz im iM.Jhdt. Bd. I p. III. — Corre-
s|ioiidcinc l»d. II j\ 44 11.
-. W R. O. No. 74 .K. ().) J. Talbot to Lord Grcuvnie No. i. Bern
7 Nov. i7'>7.
3) C«.)rres])ondeiicc Bd. II p. i>2 tV.
William Wickliaint britischer Gesandter in der Schweiz etc.
■rufiingsbegehren gestellt wurde, für die Schweiz liüchst
■rletzend. und man darf hervorheben, dass Frankreichs imd
Bner (xesantl tschaft Gebahren auch oft keineswegs einwaiid-
n waren, so dass die Rolle des Eiitrüsteten <lem Direk-
pium nicht besonders gut anstand: ausserdem darf man
?ohl fragen» ob» wenn auch Wickhams Wühlert^ien niclit
liildet worden waren, die Berner Millionen nicht dennoch
die Kassen der französischen Republik und in die Taschen
Br Vertreter geflossen wären ; aber es kann deshalb und
Fotz aller Achtung, die dem letzten SchultlieiHsen des alten
i^rn gebührt, Steigers Benehmen hier nicht ander^i als
Ü^hängnisvoU genannt werden. Man kann sehr w<dil der
einung sein, dass es nach den EreignLsisen von 1792 der
Schw^eiz besser angestanden hätte, sich offen am Kriege
gegen Frankreich zu beteih'gen: ^ wären die Eidgenossen
unterlegen — was übrigens keineswegs bewiesen ist — , so
wären sie wenigstens ihrer grossen Helden würdig unter-
Ä^gangf'n; hatte man »sich aber einmal für die Neutralität
abschlössen, so musste auch unbedingt an derselben fest-
ge»halten werden. So lange Wickham in der Schweiz weilte,
|nr die politische und militärische Lage nie eine holche, dass
Bp den endgültigen Sieg rler Koalition hätte absohit ge-
rechnet werden können (was vielleicht, politisch wenn auch
aicht moralisch als eine Entschuldigung gelten knnnte); es
war daher ein Fehler Steigers, dass er nicht von vornherein
^■sah. dass dt»r Moment kommen konnte, wo Frankreich
im Stantle wäre, ihn und den ganzen Staat, dem er Vor-
land, für den den englischen Intriguen gewährten Schutz
Wk Rechenschaft zu ziehen. Beruhte die Stellung, welche
H| aristokratische Regierung den Waadtländern gegenüber
OTinahm. und die auch fler französisclien Int»^n^ention als
Vorwand diente, auf einem Mangel an Einsicht für die Er-
fordernisse einer neuen Zeit, und war diese St-elhmg der
Regierung durch das Bewusstsein des geleisteten (Tüten und
m Anbetracht der anerzogenen An schaumigen der Leiter
fft Staates begreiflich, so war dagegen die heimliche Be-
günstigung der Koalition, speziell durch den Schultheissen
^L ') Vcrgl. Occhsii, Geschichte der Schweiz im 19, Jhdr. Bd. I^ dagegen
^■Wei^ert Geschichte der Schweieer-Neutralität p. 515 ff.
72 Charles D. Bourcart.
von Steiger und seine Anhänger, ein politischer und diplo-
matischer Fehler, der sich bitter rächte. Wir wissen nun
wohlj dass man sich ohne Mühe in die Geistesverfassung
jener Leute versetzen und ihre Handlungsweise der vor-
abscheuten Revolution gegenüber unschwer begreifen kann;
waren doch für sie die Machthaber in Paris nichts anderes
als anarchistische Verbrecher, die am 10. August und in den
Septembertagen ihre Landsleute, Freunde und Verwandte
gemordet hatten und auf die Zerstörung von allem, was
ihnen wert und heilig war, ausgingen. Konsequent wäre
daher der offene Anschluss an die Koalition gewesen. Ver-
legte man sich hingegen auf die politische Klugheit, so
musste dann auch in dieser Richtung konsequent verfahren
und die Neutralität in jeder Beziehung aufrecht erhalten werden.
AVar ferner auch Steiger von jeher ein ausgesprochener An-
hänger des offenen Krieges gewesen, so durfte er doch,
nachdem einmal die Neutralität besclilossen worden, niclit
auf eigene Faust und hinter dem Rücken seiner Miteid-
genossen eine andere Politik betreiben, die sie und seinen
Stand kompromittierte. — Nun — das sind vielleicht
moderne Anschauungen !
Wollon wir andrerseits Wickhams eigenes Verhalten
würdigoii, so müssen wir uns natürlich auf einen ganz
andern Standpunkt setzen. Er hatte vor allem die Interessen
ineines Vaterlandes zn wahren: es gehörte geradezu zu seinen
Pflichten, dass er den Feinden Englands schadete, wo er
nur konnte, und liätt<^ er die Schweiz in den Krieg gegt'n
Frankreich hineinziehen können, so hätte es ihm sein König
zum Verdienst anreclmen müssen. Wickhams leitender
(ledanko war der Hass der Revolution; er bekämpfte sie,
w(i or ihr begegnet»^: seine Abneigung gegen Basel war
«'ine sozusngen gekünstelte, eine gewollte, weil er einerseits
in Basel einon eventuellen Stützpunkt für Frankreichs
laiternehmungen erblickt«^ und weil es ihm andrerseits, wie
wir gesehen haben, zur Ausführung seiner eigenen Pläne
dienlich sein konnte, einen Vonvand zu haben, um Basels
N'(Hitralität nicht achten zu miissen. Mag auch eine solche
Diplomatie als tnne machiavellistische bezeichnet worden,
so muss immerhin daran erinnert werden
WifHam l^lckliiwa, britischer rrciau4t«r ia der Schweii elc.
IbloriHch auch der Uegaer in seineu Mitt*^ln war, Muii
sich übrigöHö wohl fragen, oh die Basler. trotz der
' a Httlmng der Fninzoseo, sich nicht etwas vor-
^ : hätten benehmen können. Die Art. wie die An-
^iBgenhcfit des Chevalier d'Art^s geregelt wurde, war eine
in^üg schroffe, die eventuell das Spiel d<*r A liierten nur
t>e hi»g(insJtigen können. — Gegen di»' Schweiz im all-
^meinen war Wickhanj, trotz seiner alUälligen scharfen
ttiken, recht wo Id wollend gesinnt; das schweizerische
rei^n hatte seine vollen Sympathien: aber, wenn er auch
Notwendigkeit gewisser Keforruen einsah, sn war die
ihm geschätzte Schweiz nur die crHe Eidgenossenschaft;
leg wa.*« auch im geringsten einen revolutionöiren Bei-
feschmack hatte, war ihm verhasst; dies» zeigte sich
lincntlich ancb bei seinem späteren Schwcizeraufeüthaho
Zeit des '2. Koalitiunskrieges in seinem Verhalten gegen
neuen Regierungen und g»^g«in Ciennral Hot^e. als er die
Ircht^r Bauern in seinen Schutz nahm. *) Ganz »-ntschieden
agegen trat Wickham auf gegen die (lelüste Oeaterreicha,
^h in der Schweiz territorialo Entschädigungen zu holen;
ch»iinis das ViOtlin und die italienischen Vogtei«^n hättö
ihnen unter Umständen gegönnt ^weil ohne sie der Be-
Mailands unsicher sei und weil bewiesen worden ist,
ihri3 bisjmrigen Besitzer »lie Mittnl nicht hid^^^n, sie
jun eiuL'U Fcmd wie Frankreicli zu verteidigen,^-!
Wie schon gesagt, nacli Beendigung seiner ersten Mission
der Schweiz trat Wirkharn in keim» nälicreu Beziehungen
jBii»cl mehr; es erübrigt uns also nur noch, seine weiteren
iicksalf» mit einigen Worten zu skizzien-n.
i London znrtlckg«^kehrtf übernahm unser Diplomat
iw ihn während ^»»iiiMr Abwesenheit ofiVn gtdialtem*
ine^ T'nteri^ta^t-s^okn*U4rs im l>i»parteinrnt des Intn^rn;*)
bttbblt indessen die schweizerischen Angelegenheiten im
bge und wurde auch von Lord Orenville ittt*ts auf dem
{Tm R« O. No. 77 «a. O) WkldiAm to Lord Gr^vUle Na, 4, Zntkh
iff Xft. 5.» \ 1.; iiqg a^ Dt
74 Charles D. Bourcart.
lanfeiideii gehalten.'» Nachdem J. Talbot, der englische
Legationssekretär, im Dezember 1797 Bern verlassen hatte,
wurde er nämlich schon zwei Monate später in geheimer
Mission in die Nähe der Schweizergrenzen geschickt.-) unter
dem falschen Namen eines Mr. Tindal residierte er ab-
wechselnd in Ulm. Ravensburg. Wurzach, Stockach oder
Aug.<iburg; er führte flie von AVickham mit den französischen
Royalisten angeknüpften Beziehungen weiter und sollte die
Vorgänge in der »Schweiz beobachten: es wurde ihm zwar
sehr empfohlen, keine partiellen bewaffneten Erhebungen
gegen die Franzosen zu veranlassen: einmal ausgebrochene
kriegerische Unternehmungen sollte er aber kräftig unter-
stützen; im Verein mit den schweizerischen Emigranten
hatte er die AViederherstellung der früheren Ordnung an-
zustreben ; grosse Goldmittel standen auch ihm wieder zu
(lebote. Im März 1799 wurde Talbot jedoch ziemlich
plötzlich abberufen,*) da er einerseits allzufreigebig mit dem
Gelde seines Königs umging (er hatte kurz nacheinander
den französischon Royalisten einmal ^ 30.000, ein andres
mal J^' 18.0(XJ zur Verfügung gestellt) und weil er einem
Mordplan gegen das Direktorium seine Unterstützung ge-
^rhen hatte. Da der Einmarsch der Allierton in die Schweiz
i(*tzt b(^vorstand. wurde Talbot zunächst durch einen Offizier.
d(;n Oberstleutnant Robert Craufurd, Neffen und gewesenen
(ieliilfen des Obersten Chs. Craufurd, den wir als Kommissur
boi Condes Armee k<'nnen lernten, ersetzt. Im Juni 17W
sodann wurd«» AVickham selbst mit einer neuen Mission in
die Schweiz bt^traut. im Hinblick auf die erhoffte baldige
V(*rtroil)ung der Franzosen aus dem ganzen Lande und auf
die Wiedereinsetzung der alten Regierungen. Die Berichte
Wickliams aus dieser Zeit sind zum grössten Teil in seiner
pul)lizit»rten Korrespondenz abgedruckt; von besonderem
AV<*rr sind die höchst anschaulichen Beschreibungen der
') W R. (). No. 77 (R. ().) Lord Grenville to Mr. Wickham. Sccret.
() June I7<)9.
'^\ \\ R. (». No. 75 <R. <).) Lord Grenville to Mr. Talbot. Most sccrcf
14 Fci)r, I7«>S.
h V, R. O. No. 76 (R. ().) Lord Grenville to Mr. Talbot No. 3 und 4-
March 14 \'^Y).
William Wickham, britischer Gesandter io der Schweiz etc. 75
weiten Schlacht bei Zürich, welcher Wickham als Augen-
euge beiwohnte, und die Berichte über seine Beziehungen
;u Feldmarschall Suwarow. Unter den nicht veröffentlichten
Briefen finden sich interessante Mitteilungen über die Rolle,
lie Johannes von Müller damals zu spielen suchte und die
A^ickham sehr absprechend beurteilt,^) femer über die
dnigen Kantonen gewährten englischen Unterstützungen
m Geld und Lebensmitteln, über die von Oesterreich im all-
gemeinen gespielte Rolle, über G-eneral Hotzes Verhalten
md namentlich über die Organisation der ihm unterstellten
k'hweizertruppen in englischem Solde.*)
Während der Schlacht von Zürich am 25. September 1799
rprliess Wickham die Stadt und entging mit knapper Not
1er Gefahr, von den Franzosen gefangen zu werden; mit
gezücktem Degen galoppierten er und einige Begleiter
leben dem Wagen der Frau Wickham mitten durch das
Schlachtgewühl *) nach Winterthur; am 30. September konnte
r erst von Ravensburg aus einen Bericht über die Nieder-
age nach London senden.*) Zunächst betrachtete es nun
Vickham als seine Aufgabe. Oesterreicher und Russen zur
»Viedererobenmg der Schweiz anzuspornen; doch es sollt«*
lim nicht gelingen. Suwarow zu neuen Anstrengungen zu
»ewegen, und mit der Schlacht bei Zürich war auch Wick-
lanis R<jlle in der Schweiz definitiv ausgespielt. Bis An-
ang dos Jahres 1805^ blieb er noch in Deutschland mit dem
Titel eines General-Kommissärs Sr. Brit. Majestät bei don
kUierten Armeen, wälirend welcher Zeit sich die Schweizer-
vgimenter in englischem Solde — Bachmann, Roverea.
?alis — immer seines besondern Wohlwollens erfreuten;
ür die Geschichte dieser Regimenter könnte diese Korr*'-
jpondenz mit Vorteil benutzt werden.
») P. R. V). No. 77 (R. ().) Wickham to Lord Grciiville No. 4. Zürich
» July 171)9.
'■i) P. R. O. Xo. 77 (R. O.) Wickham to Lord Grcnvillc Xo. 11 and 12.
Zürich 28 July 179«) — ibid. Xo. 13 und 14. Zürich i Aujjust 1799. —
bid. Xo. 15. Zürich 3 August I7t>9. — ibid. Contidential. Schaffhauscn
> Sept. 179Q. — Ibid. Secretary of State to Wickham Xo. 5. London
13 August 1799 — »^'^i- J<>h» ^c Salis to Wickham. Coirc 11 Sept. I7<m».
') Correspondence Bd. H p. 234 ff.
♦) Correspondence Bd. 11 p. 223.
7^^ Charles D. Bourcart.
Nach England zurückgekehrt, wurde Wickham im März
1802 Staatssekretär für Irland (Chief secretarj' to the Lord
Lieutenant) und zum Geheimen Hat ernannt: letzteres ver-
lieh ihm das Recht zur Titulatur ^Right honourable*.
Diese Amtstätigkeit bracht« Wickham wieder Arbeit genug,
fiel sie doch in die Zeit der irländischen Unruhen unter
Emmett: seine diesbezügliche Korrespondenz ist zum Teil
publiziert in den zwei ersten Bänden von ^Memoires and
correspondence of Viscount Castelreagh*. Ln Jahre 1804
nahm er seine Entlassung und 1807 zog er sich aufs Land
zurück. Die Universität Oxford verlieh ihm im Jahre 1810
honoris causa den Titel eines Doktor der Rechte (D. C. L).
Lord Grenville hatte im Jahre 1801 daran gedacht,
Wickham als Gesandten nach Petersburg zu schicken:
< xrenvilles Rücktritt verhinderte aber die Ausführung dieses
Planes. Später, zwischen 1802 und 1804. war dann Wickham
auch zum Gesandten nach Berlin und nach Wien ausersehen
worden: doch war er eine den Franzosen allzuverhasste
Persönlichkeit, als dass ihn diese beiden Höfe, die gerade
damals auf gute Beziehungen zu Frankreich angewiesen
-waren, hätten annehmen können.
Nach s»'ineiii Ausschoiclen aus den öffentlichen Aemteni
l)»»z()g Wickham eine Staatsj)ensi()n von jährlich j(^ 1.8i^>
'Fr. 45.0(^)0. <li<' ihm zu geniossen noch lange vergönnt
war: denn er starb orst am 22. Oktober 1840 in Brigliton
in einem Alter von 79 Jahren.-)
Zum Sclilusse nun drängt sich un.s der Wunsch auf.
OS möchte nnsorm Vatorlande (»rspart bleiben, je wieder sti
interessantH abor auch so traurige Zeiten zu erleben, wie
die (^s waron. in die uns auch Wickhams Korrespondenz
wie(hM- einfiilirt. Ein im Innern fest zusammengefügt^^s
])olitisciies (Tobiiude uiul absolute Einigkeit dem Auslande
^♦'o:enübt*r. n;rün(lliche militärische und diplomatische Vor-
b»*nM*tUTig \v»'nlen aber dio nnorlässlichen Bedingungen für
uiisi*n» woiton» fr«'i»» Existenz srin. sollten je die Weltereignisse
M ('orrr>p()mloncc IM. 1 ]) 7. — Dictionary of National biographjr
IUI. LXI s. Wickham.
Uebcr tue durch Wickham seinem Vaterlande geleisteten grossen Dienste
vcrgl. Mallet-Du I*an, Mcmoires Bd. II p. 336 Anm. 1.
William Wickham, britischer Gesandter in der Schweiz etc. 7 7
wieder eine ähnliche Lage schaffen. Ausgeschlossen ist
diese Möglichkeit aber absolut nicht, und wenn sie eintritt,
so wird sie es wahrscheinlich mit einer Plötzlichkeit tun,
die uns nicht mehr erlaubt, Versäumtes nachzuholen. Frei-
lich wir sind, Gott sei Dank! besser vorbereitet als damals;
wir haben einen starken, einigen Bund und eine zentrale
Regiening, die einzig und allein befugt ist, mit dem Aus-
lande zu verkehren, die nur eidgenössische Interessen im
Auge hat und die sich genau bewusst ist, welche Politik
sie in Zeiten der äussern Gefahr zu befolgen haben wird;
wir haben eine wohlorganisierte Armee und suchen dieselbe
beständig zu verbessern; aber wir dürfen nicht vergessen,
(lass wir damals, am Schlüsse des 18. Jahrhunderts, auch
weise Staatsmänner, tüchtige Offiziere und gute Soldaten
besassen und doch nichts auszurichten vermochten, weil (li(^
Organisation und ein einheitlicher Wille, ein gemeinschaft-
liches Ziel fehlten: weil wir uneinig waren. Lange, vielleicht
sogar Jahre andauernde kostspielige Grenzbesetzungen,
wahrscheinlich bei schwer lastender ökonomischer Depression.
V<M*h'tzung wirtschaftlicher Interessen einzelner Landestoile
durch strenge Handhabung der Neutralität. scheinl)are Ver-
nachlässigung gewisser Gegenden aus Gründen d(»r höheren
Strategie, Opfer zum Schutze von Miteidgenossen, deren
i n*fahr uns nicht selbst direkt bedroht oder von denen uns
vielhMcht EifersüchteleitMi oder traditionelle Abneigungen
trennen, tiefe politische Syini)athien und Antipathien dtMi
kriegführenden- Parteien gegenüber, und endlich noch der
Sirenengesang der einen oder andern Grossniacht einzeln»'n
Bundesstaaten gegenüber, das sind alles Faktoren, die zer-
setzend wirken und die eventuell, einzeln oder vereinigt,
verhängnisvoller wirken k<>nnen als sogar eint» verlorene
Schlacht. Wohl wie ein Mann wäre auch die Schweiz von
1792 einem direkten Angriffe der Franzosen entgegengetreten.
und doch, welch trauriges Bild bot sie sechs .Jahre später,
als sie wirklich ihre Unabhängigkeit hätte verteidigen
sollen! Der südafrikanische und der russisch-japanische
Krieg haben gezeigt, dass trotz der modernen Waffen der
Kampf sich heutzutage auch sehr in die Länge zic^hen kann
und dass nicht notwendigerweise eine baldige Entscheidung
7«
Charles D. Boarcart.
ZU orwarten ist. Moralische Kraft, weitbl
Vatorlandsliebe. die tiefer sitzt als blosser Fes
imis, würden allein im Stande sein, uns üb
ungon hinwegzuhelfen, wie sie die Schwe
Jahren bestehen musste.
Johannes Heynlin aus Stein.
Ein Kapitel aus der Frühzeit des deutschen Humanismus,
Von Max HossfelcL
(Fortsetzung.)
5. Kapitel.
Basel 1464 und 1465.
Bisher kennen wir in Heynlin nur den Mann der Ötndier-
stubü. Wir sehen ihn als eifrigen Studenten, als gelehrten
Kommentator philosophischer Werke» als akadem ischenLehrer.
Wir sehen, wie er FreiiDdschaftan knüpft, und wir lernen
die geistige AtinospLäre kennen, in der er lebt und die
seine Anschauungen bestimmt. Jetzt auf einmal tritt er
uns in kräftiger eigener Wirksamkeit entgegen.
Gewiss hing das Wiederaufleben des alten Streites
zwischen den antiqui und modemi mit den in so erstaun-
lich rascher Folge vor sich gehenden Gründungen neuer
Universitäten zusammen. Heidelberg, Köln, Erfurt, Leipzig,
Rostock und Löwen, alle innerhalb eines Zeitraumes von
40 Jahren vor und nach 1400 gestiftet, ergriffen auch meist
sogleich für die eine oder die andere Seite Partei. Heidel-
berg und Erfurt, ebenso Frei bürg (1467 gestiftet) waren vor-
zugsweise Sitze des neuen Weges, Köln und Löwen hielten
wie Paris zum alten* Als man nun in Basel im Jahre 1460
zur Gründung einer Universität schritt, musste man sich
gleichfalls entschli essen, in dieser Fragn Stellung zu nehmen.
Nach längerem Schwanken entschied man sich für die
Duldung nur eines Weges und wählte den neuen. ^
Die Stiftung einer neuen hohen Schule in oberrhein-
ischen Landen und ihre SteUungnahine in der Streitfrage
der Zeit war bei Heynlin und seinen Landsleuten in Paris
») Viicher 140, 141.
8o Max Hofesfcld.
gewiss ein vielbesprochenes Ereignis. Es entstand in ihm
der Entschluss. die junge Universität für die Lehre, die er
für die bessere hielt, zu erobern oder doch wenigstens an
ihr seiner Richtung neben der bereits eingewurzelten Geg-
nerin gleiche Berechtigung zu erkämpfen.*'
Nichts anderes kann ihn getrieben haben, sein theo-
logisches Studium zu unterbrechen und Paris für einige
Jahre zu verlassen. Er kam nach Basel nicht gerufen, —
von einer Berufung als Professor ist in den Quellen nichts
zu finden, auch war er dazu doch noch zu wenig bekannt,
und wie hätte auch die nominalistische Fakultät, die ihre
Lehrer, soweit sie sie von ausserhalb berief, meist von
Heidelberg oder Erfurt herbeiholte, auf den Gedanken kommen
können, sich aus Paris einen Vertreter des alten Weges ans-
zubitten? Er kam auch nicht als Schüler, um berühmte
Professoren der Theologie zu hören, dazu wäre er nicht von
Paris nach der erst 4 Jahre alten Basler Universität ge-
gangen. Anscheinend hat Heynlin überhaupt in diesen
Jahren seines Basler Aufenthalts mit der theologischen
Fakultät gar nichts zu tun gehabt t»r ist nur in der Matrikel
der philosophischen Fakultät eingeschrieben'-) — . ja, er
scheint, wie auseinandergesetzt worden ist, geradezu sein
theologisches Studium für 2 oder 3 Jahre abgebrochen zu
haben, um freie Hand für seine Tätigkeit in Basel zu be-
koumieij.
Den Kern dieser Tätigkeit bezeichnet schon sein erster
Biograph. d(^r Al>t Tritheuiius. durchaus zutreffend: ^Er
brachte als erster die Lehre jener Pariser, die man Reales
nennt, nach der Basier Universität und verschaffte ihr dort
') Job. V. Müller, Gesch. d. Srlnvei/ (in d. Tül)inger Aiisg v. 1817,
Band VIII, S. f)^^) ^iht an, dass „Johann Haynlin de Lapide, über deu
Noniinalisteii- und Realistenstreit aus der Sorbonne entflohen", 1488 zu Basel
Profes>or ^'eworden sei. — Von einer Flucht aus Paris erzählt auch Ochs,
(iesch. d. Stadt u. Ldsch. Basel V. 101. — Eine völlige Verkenuung der
Initiative Ileynlins, wie sie aus der folgenden Erzählung erhellen wird.
-) Visih. 102.
Joimnnes HeynUn aus Stein.
8f
nähme, kiiLftige Geltung und Verbreitung.*^ ^) Doch kam
licht allein, er brachte, wie es scheint, eine beträchtliche
ahl OesinnmigsgenosseTi mit, die er in Paris geworben
te, und die ihm helfen sollten, Ihren Sitz schhigen sie
ler Pariserburs auf, die eben nach ihnen ihren Namen
i«dt und der wahrscheinlich Heynlin vurstand.')
Im Mai oder Juni müssen sie in Basel angekommen
1^ nicht erst am 19. August.^) Sie wandten sich zunäciist
die Fakultät mit dem Gesuch um Auifnahme, ^tirden
tÜH Realisten abgewnesen. Das -war zn erwarten und
ite sie nicbt entmutigen. Von der Fakultät gingen sie
Bat der Stadt^ der in Universitätsangelegenheiten in
^1 stark mitzusprechen hatte, und trugen ihm ihr An-
&n von r>er liess sich nicht ungünstig vernehmen,
h Trithemiua de scriptoribtis cccIeKi^sticis Basel 14Q4, fol. 129, Unsere
iuag AchUctst KicLi Vi&cbcrs ^uellcnmäi^siger Daiftellung an. iGescli, d.
. ß^el^ 140 — 157). Bis auf Vi seh er hatte man diese Einführung des
überhaupt f&lscla datiert uad daraus irHge Schlüsse gezogea.
>r. 102, Ocht» Vj r6i; Brucker, SS. rer, Ba*iL 1752 Vorrede, lu
51 Fisch, q; Zarucke EinL 13 uud 16, Anmerkg.) Erst aus Vlscher«
^eUung erkciiut man auch die Rolle, die Heynlin spiehe,
*) Sie war uieht die erste, die es in Basel gab, wie Ranke sagt (Dl seh.
I. im Zeitalter d. Ref. 7. Autl. I, löi), denn sie bestand schau, bevur
Pariserbtirse getauft wurde, imter dem Namen der Egenolfischeu Burs
I. ißt Adumbr. 102). Freiticb ist Ranke im Recht, wenn er den Namen
serburs** als ein Zeichen dafür anführt, da&s die nniver^itat Basel tmtk
nach Pariser Muster eingerichtet sei. Eben unser He)*nliii i^^t es, der
u*e diese Einrichtung nach Pariser Muster bewirkt hat und nach ihm
Mine» Pariser Anhängern wurde djüier auch die Burse iimg,etauft (vergl.
Vtseh. 171), Vischcr nimmt an. dass Hefnlm ilir vorftind, weit mit dem
»ml all der Artistenfakultät gewohnlich die Vorsteherscbaft einer Burse
löjilt war, (Vi«h. 160 und Anm. 20,)
^ Wie r. B. Siiirgali» whrvibl. (Beili. Zeutralbl. Biblioth. I, 188»,) Aller-
ist das erste datierte Schriftstück» in dem Heyiittns Name vorkommt» vom
.ttgust (s.Vtsch. 1 4|K £* meldet seine Annahme in die philosophische Fakultät,
r die Aufnahme in eine FakuHät war Tingültig, wenn der Betreffende
ir«rher vom Rektor in die allgcmeme ITuiversitÄtsniatrikcl eingeschrieben
(Visch. 151.) Heynlm ist nun vom Rektor Joh. Blichcrod aus Gotha
Lriknlicrt wortlen. (Visch. 158 Anm, 17). Da dieser sein Amt seit dem
»i 14^14 l>eklridete (V^lsch. 322 und daxu S* too) und da ferner ein gleidi
(rihuentles Gutachten, das sich bereits mit Heynhns Angelegenheit be«
Tcvr' ( iM» so musi feine Ankunft in Basirl xwischeii die«<tn
I I it Mai oder Juni liebten.
Itr Zelnclir, L Otsch. und Atienum. Vit« 1, 6
w...-- :,':-:' n---- z 1- -rLzji-e -ier Universität hören
"::i -■''•.■.z.^7 ..:-' ' z i_r-?^r -=-::. <.Tmachten über den
Ti... '. .T- >. i-.-T:^* i. .-- ::3- ^tlLi-^ji. es ist vom 3. Juli
ir.:-- r'> >.-..:- > : :.. - Il:.:> lieienheit gegen die Zn-
::.--■-.: ^ :-.:-- ""^- . - .u:^.' nicht die Eintracht und
i^^ j"*:.-.:.z \ : "."- . ----.- '*».:.ii i-rü nehme. Der Bat
..'•.:.■- •*:.:- V .:^-: _- Z.i.i-:: der Lehre erhahen
-..:..>-:: -- - ".-:.>: It^ ä'ten Weges benifeD.
T--_: - ..:.■: -. : > -..:>.-•:. ..!> beide Wege neben-
. ..: -r • r-.^ : '-> -z r:. : rfürchtende Unfriede
-r-;.: A-- . ^ - '.'. .T-r^::AT höchst gefährUch
--i:. - '. •:- V..- -> - : ■: .-- V r?telliingon HeynÜDS
-.'_.. > ..:' • . — . - — : : j^r>:i.ri.kt haben als jenen
-i~:..:--'. . Ar.:-:... T l-r üa^istrr in die philo-
-._.>:- :": V . .- ^ 1 ^- : : ■-:- >ie erfolgte an
1 _-..-^-.>- y> - - -^- S.-v^ z-z. He\Tilin emmgen
-L...T> _--.>.-'..>. - .-Stt > wir Magister Johannes
II:__-i .- iV:: ' . ^ > - 7. • ö*! lr.> Easoris deTannis'i
:.:!_>: .. :. >: : - . . - ...Lz.ir.:.. iz. via antiqiia.* j
r. . . - -f.- — i--:l::Ler Professor an |
- ' : . - : ^. V V V .'.^ •>■-■/: "jli als solcher von
2..-?T-^ : :,^.. ". . > . " -r-^r T^il>isputarionen
.-.:---: ::-... > ^ ■ v :,> - 7 .:. Tviiiar^diiingen niit
":.■"-•-■■' .,: .V. .:.-■■ ". ■ii.i^fils schrieb er s»?in«^n
7:.-:-.- . - \. - .-.>• c: T- ?^'="r:si"lhriingea der
"^ " _.?^T : r ". - ^: ^ • ■ •v".:.?: v.- >-ir-eiL Anhängern
v.-i _■ .... :...■-:.,....■ ;- -..•.- -> :■ ..*; L.i '.:-.-T^tüÄ» jecnLt
— * -..: . :...! r. -; :-: '..;-; .. - .-.rMÄ ^ i 3iir:f>:5r IL ü> 0
1- •i.:.^- vu-_i.. r-.^.-z : -. -- i: - •■.l-^■ ;: i-rr Kresse.
.".^.?-.i- ' r.ir.:-.> n '....: r ?■: * ss " A :-!ii:i.>eii^ii--iÄr isr ^^
Johannes Hcynlin AUf Stein,
f^rn heftigen Meinungskampfe, der nun entbrannte, ge-
jvonnutim war. Vii>ll«*icht darf man auch oino kleine,
p»n WillifOni von <-)kkam und seiue Anliängpr gerichtete
idlnugj die in einem Heynlin gehörigen Kodex steht^
ie ich wegen cler Ähnlichkeit der Handschrift Hi*ynlin
zuschreiben möchte, in die Basler Zeit versetzen.')
leynlin war aber mit dem Erreichten noch nicht zu-
In. F^r wollte niclit nur geduLlet sein, sondern er
sich daa Ziel» die volle Gleichheit beider Wege
msetzen. Bei dieser Gesinnung konnte es nicht fehlen^
IT «ich an einen Mann anschlossj der ssclion von An-
an, schon vor der Stiftung der Ünivorsitatt Gleiches
Jlt haue, Das war Peter von Andlau. Andlau gehört-
en v<»nh*enstvollen Männern, die der Grihuhmg der
mität in Basel vorgearbeitet haben* Er hielt schon
hief als Lizentiat des geistlichen Rechts öffentliche
Uatton»<n'1 und förderte .seitdein unerniüdlicli (h*n Go-
&n, ileni Kreis von Gelehrten, die sicli in Basel zu-
litnfandon, im Rahmen einer Universität festeren Zu-
lenhalt zu giO>en. Andlau hattt» in Heidelberg und
studiert, er rechnete sich zur via moderna, doch legt
n seinem freien <.leisto Zeugnis ab, dass er, vor die
leiflung gestellt, ob man in Basel ih^ni alt-en oder dem
Wege den Vorzug geben sollte, nicht seiner eigenen
,ung allein das Wort rodete, sondern sich für die Ein-
ig btfider aussprach*")
J'achdem einmal Heynlin und seine Leute in den Schoss
f^akultät aufgenommen waren, galt es^ einen Modus vi-
fär beide Partelen zu finden. Gewisj nicht ohne
Wirkung AndlauSf für den es ja nur die Erfüllung eines
1460 geilussert*Mi Wunsch<»8 liedeutetf*, geschah es,
'mrin H'WnUn-? Ansuchen um die Gleichberechtigung
^ \ oiU foL 256 — 2^5, Di? Ahnlicbkcit der Hund kann man an eineisi
ch mit fol. «>7 deMeU>cn Bandes gut erkennen. Es handelt sich ^i>r
um die Widerlegung der Okam 'sehen Ihe^e: ».Hssentia diviriA eikt t|u*u\*
Unuii.'* SelbiitvcfMüfidacb konnte Heyntin auch bloss der Abicbreiber
der VerfaMer,
Htirln 14 a,
HurlK 60: Vt&ch. iv Anm. |.
^ \ Max Hossfeld.
»Irr luMtien AVogo Folge gab. Es wurde von 5 De{»!;ta!-ii
<lt»s riiiviTsiTärskaiizlers und 5 Vertretern des Ratv> eii;-
<>nlnung ..siipor j^aritat«» regiminis ambanim viamiLi- aus-
goarbritot. am 15. Fobniar li^Jö von ihnen zum Abschlags
i;:»»braolit und angenommen und am 23. März bestätigt mi'l
tliMU Hekan der philosophischen Fakultät zur NachachtULg
«Mnpfohleii. ^"i Peter von Andlau ist einer der 5 Abgtf<:>rd-
\ir\o\\ dtT rniversiiät.":
Aul (irund dieser Verordnung mussten nun zunächst
lin^ Statuten der ganzen Universität abgeändert werden, hu
l''rub|ahr 14<m trat eine zu diesem Zwecke gebildete Kom-
missiott. aeht sogenannte Statutarii zusammen, zwei Juristeu.
/\>iM Meiliziner und vier Artisten, unter ihnen Peter von
Aiiillau und Heynliu. wieder gemeinsam am Werke. Von den
\ HM Anisti^u waren zwei vom neuen Wege und zwei vom
nh«M». Ib'xnlin und ein gewisser Jacobus Philippi. mit dem
imstM- rtoK^brter auch später noch zusammentraf.*) Die von
ilmi'M ausgoarbeii<Men Statuten, die die nunmehrige Gleichheit
dri luMiien WriTe zum Ausdruck bringen,*! sind, wenn auch in
lifinj; jiut dioWal/i des Kektors und des consilium univeivi-
(ili-^ ''j^atl•:■ Xv.^ier.i^isrevi vorgenommen werden mussten. im
tiioNNTM r.iiil iiar.;evi Vis zur Keformation die gleichen pe-
'■ i":.' . , . :■ r ■.-;■:■. ^^c>:.r.:r.:.::ij:en siehe Vischcr S. 145 — 147. Der
M • , 1 1 1 . , . ! . . : i , » { . , . . vv ■-.•.;. ;.-■;•. F:e'. : c ^c^J 1 m .lUcn oder ucuen Wege lehra
1.1..1 I....,,. .'i.,i : ;^.- :^fK..v. \i..:\:c ir-ucchsclnd aus ciuem der beiden Wege
■. I III .iii;.t ,1
i":i.s. ^ . ... :■ N\ 'r-.c '-.. \\\i:r:f vor. Aachen Js. Visch. 1441, der«:!
' j' '■> !^.'. \i ■ N, .'*.,;• .- .; .-.;>."• '.ernicn sich He)Tilin und Teltow
*••"•■'' l x% .. . .• ..• ". .'/.r..:;T. >:e:. iima'ijren Professoren der Theologie
■'• !*'■'. l kVs... vr .: y..s.':.-.;. Ktki^r. Canonicus und seit etvra U'*?
''•''■•« ^i .^.» i.. . ,-^. : ': j;i.,>.*hift hat Hej'olin später noch mi
■•' ' '• ^ ' '^ :..'. : :. .:>/t.z. Aäch. Creschichtsverein 14 iiS'j:'
■ I » .:
» .... *^; ... . \ V, ' ; — rii'.:; j,: und He\-nlin kannteo ?:ci
^•' • '■' *.:.•■ %.v r .■ * i. *.- ..;: rcre-r-tornm steht Phil. I45r' i-»
■■•^- \... -. .; ' .. > ■ .-c: :. .r. .irlibiis. (Auct. II, oK-, .U'-
*"•■*: - ^ ;■ . *^,.. . ; . f- ; "S.: :; :-.04-, S. 3H>— 322. Weri^
:• . » J..\. . s. .:.... : ^ - .r.f.. Zi-:i ia Paris an wie er. a?er
"' • • ■ • " ^'^ ■ -v V,- • : V... l:: c ". i: ".tTn aUo voraus.
^ ,..* \ ...,• .. \ >.r .. > A---.. zi usw.
Jfihjiunc)! Heyulin aus Stern.
85
[ehren wir znv philosophischen FaknJtät zurück. Nach
Ibniachuiigon des Ordo super paritate sollte ilii* Dekan
dtjm einen y bald dorn »nderen Wege angehören. Als
r Dekan vom alten ^\T3rdo in Anerkennung der Filhrer-
ilie t^r spi<dte» im FrüJijtthr 14G5 Heyniin gewählt.
mn noch war nicht alles geregelt, wie man es wünschen
its. Mit einem blossen modus vivendi war Heyniin
zufrieden, er wünschfe seiner Schöpfung ein«> daupr-
re Form zu geben.
)aher die Statuten, die im Horl)äte 14^5^ am Ende
Dekanats^ der philosophischen Fakultät gegeben
iUrden, Vi.scher will sie als ein Werk Heynlins betnichtet
HBie legen nattirlicli vor aUera die gh"ichber«*chtigte
Pking *le.s alt«'n Weges f«*st und treffen tlementsprechendc
tsstimmnngen über die Wahl unil da8 Amt des Dekans
tubrik 1), über die Anstellung der magiatri collegiati
^ U. de^r besoldeten L<>hrerf^ über die Bakkalaren usw. Aber
Ich von allgemeineren Gesichtspunkten her bieten sie
Iteresse. Was ordnen sie über den Studienbetrieb, was
k die Lehrbücher an?
^Wiecjerum; «ie beruhen noch ganz auf dem alten System.
Ues wie in Pleuis: Grammatik wird nur gelesen^ wenn
EDer der Lelirer will^*i Donatus, secunda par^ Alexandri
lUo de« •.Doctrinale*)» graecisüiu», Priscianus sind die Lehr-
äcber. In der Philosophie Petmjj Hiapanus mit seinen
krvB logicalia nnd vor allem (der schotastische) Aristoteles*
tllis ß* sirul die Disputationen geregelt, die Zahl
iffB&tz^ lagen, der Einwendungen sind vorgeschrieben,
H braucht mir mit seinen Argumenten da^ Schema aus-
^Uen. Von Humanismus i^ nicht die Rede, abi Lehr-
I
\ der Rhetorik nur Aristoteles- ^tractatus in rhetorica*,^ —
S. 148. Er gibt auf Seite 14K — 156 etue in ultch Einzelne gehende
JkhtmfH daton. Kiuigcs VVichti|*e heben wir heraus. Naturlich
id tk nicht freie Fjünduug Htyu\in&, siktidern lehnen lieh tettwetse lui die
HkäAtetutco (ft, Vi»ch. 14H), teil« wohl auch an Pariser Verhlltniise an.
^^^^bfcil*fii lie für ihn charakleriätiK'h.
'^i Vergi. Bd. VI« S. 555 u. unten S. 141, sowie Crevier, Hist.de 1*1^01«. de
1-1 iL- ^^r-C t»r^alic?I''il-:iX'- ZjLTr StZLSIfr "»Tri»^ Tk-lir-ioht
-';Lr. -yciT:* iz. äiä^L z^fmi- '^t-^:*^ i;ii!Ü ririi -rir.-* PeRÖL-
T.^ - : [tLi- J---JL i.':s«:Lr-:iL-:i. ziTäsc-f. lLt* Kiijst.? dnrch
-vnkc Prr-rr Z-n-f-iT. i-zL i-rr Rc -jh S.. S. I-I^L äLs? uzt »elben
Vr-m«»ri:i^ le? r^^z-aLTü* tzjI '^jät-h:* TTiT b»5-i Lc-ier nicht
ZTL £u:-rz> "rii-i i-^j '. !•;>»* iTÄ^rrLiiii-r Ki-TZ< i-rr schön-^n
F.ni. i'i -r i-riL I-a"V:L-r:L k'^z^l^rCLZ Lisse. Lac Heynlin
P-rt-rr? Tiü A:iL^-L ii-r y-rizTzuT rz HikSiSsch'^ii Scadi^u mix
«iTj.i':Lr:Zi En.*:: T-^r:ar. i-i-r. tt-t:-: :»TÄ?er: Ü3i schloss er sich
i-r-ü i- .h s^riL iz.^ >: rli-rr .z. fein.»rrL Scactnen di«? Pflege
i-rr iin4ni:rTk Tri-r :- Pirii i-er priT'Asen Becitigang übrr-
T.-rL-i:r II. l z^z-^ F iiin- ^ i-LZT^ruLz zr». ertLilren. i^t eine
}i.iJizzx*', T'Z- i^~ >-Ar7-^- £-" B^ri ^^l-i-ftrafe sin^i »ü^ Lehrer
z-r A'z:ilnzz i!-/=*:'-Hih»r- i-i-ihrr Pi^piracion-en verpfiichrK
i^-H-. ^Tir^z "jri-r i". irr SiT^'^ruL-r . TiiL'i in ir-n Börsen sollte
•rr»r.-:g-r ZccL* jrrLii. iiii:: -sr-ri^n. Czi S Cor ab^n'is wurden
-1-r ^-rs*. LI- 5.^*^1.. -i^l"'.-?-: n^-sikalische Instrozi-rnt«? w:in?iLve:
Cj«lr-r. i-r.r. -rmstei- ^^riii-r' n_i r.icht «i-er Erliehening sollrea
•iir-^ W-.Lr.z-n-'rir.'Hibiri'rn iirneiL iLin sieht, wie Hevniin
' Dtr *ri:* iz. i-iT Hiiiiäcii'-; wirkentit K:i3t3s:dt war P«cr:s Aatoo-S
:^ V.si.r-.t. :-r irr. F».:-ur i-i'J. j-if ein J^ir ia^e»cellt vrcrde, ^um a ^r
P .«••^r». z: l*;s«t- " Hirt. 1^-
- V..i.:i:*- > i*''. * 1= Al!^ Crii^-r. Rexuiss. m. Hsiaiiixsm. 3--
Liitrs ■*;.":::!.£&* G^siz".::^, i:e -icii :n icTs Spottwcrt Acsdräckt. er wöH^
*c* er i:r.:L •v-'gr:: -ie.-cr Zx«::^i ir. der Dreieinij^keit voa den nseoiogö
'.erket2<»r:i -:zi '.^- r-nn';:! Ij.iä<. li-ticr m i:e Viereini^est glauben» maa»
*:r.*r. H-r-T.!::; fr.p<Jr»c.
»^ HIrb. i::.
•1 Man bni!2i:rit Heyn'.iri hiemaä keinen besoaderen Vorwittf zu ma^A
L'-.ih in den B;*seler *^ta£cten von 14-42 wird auf dca Homaiiisaiss gw kciat
RLckiicht genommen. S. Vach. i'^ 9.
Jöbauncs Heynliu au& Steiu.
»7
|den Geist de« Eefortiiiöreus^ der in Paris angesichts des
VerfaDs der Studien und der Sitten ei-wacht warji auch
nach Ba«**l übertragt.
Anerkennen njusü man die Verbote, die gegen das An-
I locken und Abziehen ans eintf^r Burse in die andere ge-
richt^^t sind. Es mochte dies bei dem Streite der beiden
Wei^e oft genug versucht worden sein* und es macht ihm
Ehre» das:^ er gegen unriMllichi.^ Mittel zur Ausbreitung seiner
I Partei zu Felde zieht. — |
Schritt fi'ir Sehritt können wir so verfolgen, wie He>^iUn
liuid seine Kampfgenossen erst Aufnahme^ dann Duldung
finden und endlich^ nachdem sie volle Gleichbereclitigang
I ermngen haben^ die ganze Verfasisung der Universität ent^
sprechend verändern. Unserm Magister fällt dabei die Rolle
d*?s! Führer!^ zu.
Zwar tritt aucli Peter von Andlan mehrfach stark her-
vor, indes werden doi.'h überall gerade die BestimmungeUj
die auf die Durchsetzung des alten Weges zielen, Heynlin
sazuifchreiben nein. Denn wenn auch jener früher Ähnliches
gewünsclit hatte, so sind diese Wim .sehe doch erst zur Aus-
iiUiniTig gekommen, seit Heynlin die Sache energisch in die
Hand nahm. Der Nominalist Amlluu moclite es aus weisen
Brwügnngen für erspriesslich halten^ dass nicht nur seine
eigene philosophische Richtung an der UniversitÄt vertreten
[»ei^ die kräftige Initiative setzt man besser bei dem Manne
jvonui^f «h>ssen ganzes gegenwiirtiges Wirken darauf abzieltei
iiier Richtung neben der andern Geltung zu verschaffen.
Wohl aber fand Heynlin in Andluu eine Stütze. Ja,
[f?9i wtfe nicht unmöglich, dass es Andlaus Einfluss zuzu-
schreiben ist, wenn Hejmlin sich damit begnügte, der via
lanttqna nel>en der via modenia einen Platz zu erkämpfen,
I nicht «ie an die Stelle der anderen zu set-zen. Vielleicht
|xwang ihn auch einfach die Stärke der Gegner, sieh zu be-
li^dieideu: aber «^s gab immerhin Leute, welche aussprachen,
lliebt^r den neuen Weg ganz beseitigen und nur Realisten
pii*»! uns dulden, als beide Gegner auf einet» Stnld setzen.
Iit du» offiisiellen Gutachtens!)') Ob Heynlin sich
L <| Vcrcl. ^^'«n Sw jS2 (Ed. VI). i
^9 M2X Hos^feld.
anfangs nicht versacht gefühlt hat, die Gesinnung solcher
Leute als Handhabe für die gänzliche Beseitigung seiner
<jregner zn benutzen?
Aber ^-ir glauV»en nicht, dass er dies wünschte. Freilich
können wir seine eigentlichen Neigungen und nrsprunglichen
Absichten nicht ergrunden, vielleicht gab er von diesen erst
vor dem Widerstände, den er fand, oder vor Andlaos Vor-
stellungen etwas nach: wir müssen aber die Tatsachen
sprechen lassen. Und Tatsach*^ bleibt, dass er keinen wei-
t^Ten Versuch zur völligen Unterdrückung der Modemi
in Basel gemacht hat. dass er sich mit der Anerkennmtg
der via antiqua und dem Nebeneinanderbestehen beider
Wege begnügte.'
Denn kaum hat er dies erreicht, so kehrt er auch Basel
schon wieder den Rücken, um in Paris seine theologischen
Studien fortzusetzen.
Werfen wir, bevor wir ihm dahin folgen, noch einen
kurzen Blick auf die weitere Entwicklung der Dinge in Basel
Nächster Dekan im alten Wege war Johannes Mathias
von Gengenbach. Auch er war wohl schon eine Pariser
Bekanntschaft Heynlins, noch Anfang 1465 wird er dort als
Abgeordneter der deutschen Nation erwähnt.*) Bald nacli-
lier wurde er von Heynlin als damaligem Dekan der philo-
sophischen Fakultät in Basel ins Magisterkonsortium auf-
genommen. Mai 1466 wurde er selbst Dekan im alten
Wege und war es später noch zweimal, zuletzt 1472.*)
wirkte also nach Hej'nlins Fortgang in dessen Sinne. Auf
ihn folgte als realistischer Dekan Theobald Basoris.*) Als
einen der bedeutenderen Lehrer der via antiqua nennen wir
noch Johannes Syber von Wangen, später Elanonikus und
Schulherr an St. Peter, seit 1472 Doktor imd seit 1475 Pro-
fessor der Theologie. Da er Heidelberger Magister war und
schon 1460 unter den ersten « nominalistischen) Lehrern der
philosophischen Fakultät erwähnt wird, muss er zur via
*) Das hebt auch Visch. 157 hervor.
*) Auctar. II, 956, 41.
') Vischer 166, 167, 169 A. 32.
*) Visch. 166.
Johrmties l^lcyutiti aiüi Sir
8g
ktiqua übergetreten aeiu.*) Wie Gengenbarh irehört »^^r
pch »pEter zu Hoynliua Fnmndeskrins*
Die Befürchtung<?u jener Sehwarzsoher vom B. Juli 1464,
liehe VOM der Einfühning des alton W(?gi^s Verfall statt di^s
jlCüu^ns ei*wart^tivn, solltnri sicli nun ganz und gurniclit
illon. Zwar ging es ohne Kampf nicht ab» 1470 trennte
Faknititt Siigar, sd dass es fortan zwei Dekane
lig gab, und erst 1492 verf^inigte uian f^icli wieder
KU keiner Zeit vor der Reformation hat die Universität
^«^1 »'itien solchen Anfsehwting genomiiien'^) wIm nat'li der
iiführtmg deä Reah's^iDias durch Hejnlin» Gerade die l)esteti
löpf© der Universitätj Männer wie Geiler von Kaisersberg,
[»ngenbuch, Ulr. Surgant, Oiglin und andere rechneten sich
km alten Wege* Unrl auch die Ädilen beweisen^ dass die
priode der Trennung und des gröbsten Kampfes letwa
-1479) als die Blütezeit der Universität anzusehen ist.
le war der Besuch stärker «Is gerade damals*) und die junge
liversitär hatte in kurzer Zeit Heidelberg und Freiburg
^i) Rjiiig nbgelaufen/) Atidlaus und Heynlius weitherzigere
iffaasting war auch die weit^sichtigere gewesen: damalsi
kgann in Basel eine dann durch den aufblühenden Hunianis-
is fortgesetzte Zeit regen geistigen Leber»s. und was be-
die alternde Welt damals mehr als frisches Leben? —
Wir eriimem uns, dfiss in dem Menscbenalter, das die
ler betruchteten Vorkornuinisse umspannt, bei d»*n
itfichen eine Kunst erfunden und entwickelt worden ^ar,
*| Visclier, piusim. Er w»r etwa gVeichiüteriif mit Heyalin (wenifsteu»
r teine okadcmischMi Grade ungerühr lur glekben Zeit), f 150^
^ fiei Jeu Ültercu Autoren ündct maa häufig die Mebuugj al& habe sicli
's K<!.ill«iuus nur H.\der und Streit t^knüpa und alt sei
;cn für die Uriiversitiit gewofdcii. D.is i$t ;ilicr entweder
WahrtchcinlicrhkciUrexhiiutiit, t>der ci mms attf «lie jiUcrlel#lc Periode
H^i Lififogru werden, wo ;ilkrdtn|*» die abi^ebniuchlCTi Streitrnij;«! mo
rfiiiirkbch wurden, das« die j^eireutiten Fahrte teil lich schliesslich wieder
u dtcieni Menw:heua1ter hatte auch die 2«tt ein ganz
• rnmcn.
^ ViAch. 251»» itji^.
OO Max HoäifeM,
die von allen Faktoren der modernen (j**scliiclite sicherlich
di*^ gewaltigste Wirkung bei den europäischen Völkern ans-
geübt hatJ Aach sie brachte Leben and Bewegung hervor. —
in unvergleichlich grösserem Masstabe fireilich. als die eben
erzählte Umwandlung an <ler B&sler Universität! — und
auch mit ihrer (,Tes4:hichte werden wir unseren Johannes
de LÄpide an nicht unwichtigen Punkten verknöpft sehen.
Mit Begeisterung hörte dieser junge Cxelehrte die Kundr
von der Erfindung des Buchdruck^.
( TUtenberg druckte nach gerichtlicher Aussage des Strass-
burger Goldschmieds Hanns Dünne in dieser Stadt schon
im Jahre 1436. Von 1444 o<ler unmittelbar nachher stammt
das älteste bis jetzt bekannte Druckerzeugois, eine klein»-
fleutsche Dichtung vom Weltgericht.*) Es folgte der Donar,
dann ein Kalenderblatt und gewiss noch weitere Drucke,
bis Gutenberg am 22. August 1450 mit Schöffer und dem
Geldmann Fust jenen denkwüniigen Vertrag abschloss. von
dem an der Aufschwung der neuen Kunst erst recht b*^
gann. Als 14^52 nach der Eroberung von Mainz durch Erz-
bischof Adolf Gutenbergs Schüler und Gesellen sich in all»^
Welt zerstreuten, wurde die neue Kunst bald im ganzen
Abendlande bekannt. Spätestens in diesem Jahre hat auch
Heynlin die ersten gedruckten Bücher gesehen.*- Als er
dann 1464 nach Basel kam. hatte er bereits Gelegenheit,
die Dnickpresse selbst kennen zu lernen,*) und er hat da-
mals hier auch die Bekanntschaft eines der drei Dnicker
gf»macht. die er 5 Jahre später nach Paris berief. Und bis
ans Ende seines Lebens hat Heynlin. wie unten noch näher
zu besprechen sein wird, die neue Kunst gepflegt und mit
Buchdruckern in fnichtbringendem Verkehr gestanden.
Wenn wir nun hören, dass er zwischen seinem letzten
Auftreten in Basel «HcThst 1465, damals lief sein Dekanat
»» Vergl. M. Lenz. Zum Gedächtnistage Johaon Gatenbergs, io Ausge-
wählte Vortr. u, Aufs. (Deutsche Bücherei, herausg. v. Dr. A. ReimanD, Bd. i8).
•-*) Siehe Zeitschr. Oberrh. X. F. XX (i<)05) S. 335.
3) 1462 verkaufte Fust selbst seine Bächer in Paris (Phil. Fich. ;8K
*} Über die Anfange des Buchdrucks in Basel, s. Phil. Impr. 2',
G. Keichhart, Beitr. zur Inkunabelkunde (Zentralbl. Biblioth. Beiheft 14, S. 175*
Bern. Buch., Heck. 3 — 4, Ehw. 134, col. 2.
I
Johannes Heynlin aus Stein.
Ql
iiiKi st^iiicr Rückki-'hr nach Paris <^mi Summer 1467) atif
[fast zwei Jalire verschollen i»t, so will uns nach dem Ge-
lsagten eine Vermutung sehr wahrscheinlich bedünken, die
JHeynh'n in eine noch engere Beziehung zu der Buchdrueker-
'kanst und ihren Meistern bringt. Ea wird nänilicli be-
hau pt^'t, dass er vr>r seiner Ankunft in Paris (es kann wohl
,nür an seinen zweiten Pariser Aufenthalt gedacht werden)
jin Mainz gewesen, dort Einblick in die Guten berg-Fust-
Schöffersche Oflizin genommen, und hierbei für die neue
[Kunst da.s hA>hafte Interesse gewonnen haben soIK das er
|f%|iiter in bo hervorragender Weise bekundete. Ja, er sei
Imigar (wie das bei Studenten nicht .s»4ten war) als Korrektor
■bei Pttöt und Schüffer tätig gewesen.*) Diese Vermutung,
fdie wir 35U pnifen nicht. Gelegenheit hatten, die aber aus
Iftachlichen wie clironologischen <Tründen uunehmbar ist, go-
fwinnt noch an Wahrscheinlichkeit, wenn wir huren, dass
Heynlin in der Präge nach dem eigentlichen Erfinder des
Buchdnicks eine gewisse Rolle Bpielt. Eins der besten
|Zeugni§se für Gutenberg ist nämlich ein Brief von Heynlins
iPreund Pichet, in dem dieser n\s Erfinder ^Bonemontanas^
nennt. Ficliet hat nun aber aller Wahrscheinlichkeit nach
|diBöe« Wissen von niemand anders bekommen als von Heynlin
loder den drei deutschen Druckern, die dieser nach Paria
[riet^) Das aber ist zugleich ein Anzeichen dafür, dasa
liesor selbst aus beater Quelle schöpfte.
Eine sichere Nachricht über Heynlin aus dem Jahre 1466
list ni<5ht vorhanden. Weder in den Basler noch in den
[Pariser Quellen steht sein Name zu diesem Jahre. wäJirend
ihm in cler Z»»it vorher und nachher sehr häuüg be-
a©t Icli vermutete wegen des nach 1467 sich stärker
•l FlliL Jmpr, 2f\ Ptnl, l'üeh, «»3 Aiimkg. Die Annahme rührt von
^ J9^ Sieber, dem früheren Ol)erl>il>tio|bekaf in Basel her, ,.a qui'*, wie Philippe
^nrCfllichcrt, mOH pcut s'en mpfMtrter." Sicber slüute sieb, wie es Mrhcint, vor
1^^^»^ A^ einige Gutentier^'^ehe unil Fust*SchÖfler't»clie Drucke« die Heynlin
lictaM und die jeui in B^uel liegen. Dim tc^liessen sich in Ehw. 1J4 col* 2
^iiii4 Melstiet utui Luther. Eründung der fiudidruckerkunit S. io8* (Mono-
tur Weh^etch. Xl. i*>Oü).
Ühw. Der Iheste Zcu)(c für Gutetiheri: S. 129» tjj, Phil, Itnpr. 176,
qi Max Hossfeld.
bei ihm zeigenden Humanismus anfangs, er sei von Basel
aus nach dem nahen Italien gegangen, aber sein Ausspruch:
^Non enim ego, ut tu, in Latio, sed alias in germania, alias
Parisii . . . florem aetatis consumpsi''^) spricht dagegen. In
Bologna war er wahrscheinlich nicht*;. Der Grund dafür,
dass er im Herbst 1465 nicht gleich nach Paris zurück-
kehrte, mag ursprünglich ein äusserer gewesen sein: im
August und September 1466 wurde Paris von den Truppen
des französischen Königs bestürmt, der damals mit der
Ligue du bien public im Kriege lag. Wenn Heynlin das
Manuskript einer von 1465 datierten, in Löwen abgehaltenen
Disputation besitzt, so beweist das natürlich noch nicht,
dass er damals dort war*;
6. Kapitel.
Paris 1467—1474.
Die fiüheste Nachricht aus Heynlins zweitem Aufent-
halt in Paris ist eine Erwähnung im Liber procura toruni
der deutschen Nation vom 18. Juni 1467.'*) Eine Urkunde,
kraft deren Heynlin von einem gewissen Gerardus de Campo
zum Notarius publicus erhoben wurde, ist vielleicht vorher
ausgestellt, doch gibt Philippe, der sie genau beschreibt,
*) Brief an Senilis s. Champ. 53.
*) Siehe Gust. C. Kuod, deutsche Studenten in Bologna 1289 — 1562,
Berlin 1899. — Die Akten der Universität Padua sind erst bis 1405 heraus-
jjegeben, die der Pariser bis 1466 (exklusive).
3) Disp. fol. 127 — 144. Die Löwener Universitätsakten jener Zeit sind
noch nicht veröffentlicht.
*) Bei Jourd. S. 293 Sp. i, s. unt. S. 97. Also nicht der Eintrag im
Registrc original des prieurs, den C. Alb. Bernoulli (in Prot. XV, 37) als
früheste Nachricht ansieht, und woraus er auf eine Anwesenheit Heynlins in
Paris schon im Jahre 1466 schliesst. Zwar lautet dieser Eintrag in der Tat
auf Annunciationis Mariae (25. März) 1467 (siehe Champ. Facs. 86), aber der
Schreiber rechnet nach französischer, auch von den Prioren der Sorbonne an-
genommener, Weise alle vor Ostern fallenden Tage noch zum vorhergehenden
Jahre. Ostern 1468 war aber am 17. April. Für uns ist daher jener 25. HI.
s^hon dem Jahre 1468 zuzurechnen. Gleich der nächste Eintrag lautet denn
auch: „anno domini etc. LXVIIIo, die viccsima prima mensis aprilis" usw.
(Champion, 1. c.) Vergl. über diese Datierung auch Phil. Fich. 87 und Champ.
S. 20/21. — Claudin (Press. 36, Orig. 8 Anro. 1) und Herrn, macheo wiederum
icn Fehler, 1467 ungeprüft abzuschreiben.
Johanoe» Hcynlio aus Skia*
93
[mir das Jahr 14»I7, kein Datani an.*) Sie ist gegöben in
I Paris im Hause ziir blauen Glocke in der Sankt Jakobstrasse
and beglaubigt durch d»?n kaiserlichen Notar Jakob Ottlet.
[Zeugen sind Antoine Fiorence ans der Diözese Antun, in
I artibos inagister, und Blnnchet Piart, ans der Diözese Toulon.
Wiiö Heynlin mit dem Titel eines notariua publicus und
[jndex Ordinarius wollte, ist unklar: ausgeübt hat er die ih.m
verliehenen Eigenschaftun wohl niclit, es war vielleicht
blosse Titelsucht, Philippe möchte in dem Aussteller Gerardus
de Cainpo einen Mann gleichen Namens erblicken, der nnt^r
dem Vonvande, ein Kreuzheer zu sammeln^ dein Papste Geld
abgelockt hatte, es dann aber in Savoyen 2x1 seinem V©r-
I gnCigen vertat. Der Empfänger wäre dann bloss das Opfer
eines Geldschwindlers geworden. Es kommt nicht viel
I darauf an.
Als He3mlin im Jahre 1464 nach Basel zog, hatt^ er
Idie erste Stnfe des theologischen Bakkalaureats erledigt.
Erst jetzt im Jahre 1467 begann er den zweiten Abschnitt*
Ider sonst jenem ersten unmittelbar zu folgen pflegte* die
[Vorlesungen über die Sentenzen. Bevor man hierzu zuge-
laasen wurde^ hatte man sicli einer Prüfung, einer soge-
iiiannten qtiaestio iemptativa zn unterziehen. Das war noch
Ivor don Ferien, also noch vor dem 29. Juni des Jahres, in
Idem man über die Sentenzen las.*) Heynlins Arbeit, über-
[ßchriebun: ^Siirbonica ijuinla anni MCCCCLXVII^*). Ad quam
■Tespondi Ego Johannes de lapide pro temptativa Sab
Ivenerabili magistro Henrico de Quesnayo tunc priore fa-
Cinosissimi eollegii Sorbono^ ist zum Teil erhalten.*) Henri
^ Fhil. Kich. fij/6. — Bereits Vischer <i6i) «itt^rt diese Urkunde, die
m Botel atifbowahrt wird» und siebt m ihr die erste Njicbricht über Kq^nlio
am 4eiB Jthm 146/1 fireitich ohne von der Erwähnung im tiber procuratorum
M,a wkfcn.
*) Thnrot 141
•l ! ^*.c Zeit vor dem 2*). Juni 1467 rouss aUo HcynUts schon
Farik _ I hät)en; auch diese DAtierting aiber fuhrt uu» nicht weient-
|i^ ttbtr die oben aIs früheste bezeichnete htn.itift. Bei Fischer |S. S) steht
5orltonira MCCCC LVir\ oflcnbaT ein Druckfehler, in der Handschrift steht
[.deutlich I.XVIL 1457 war auch Hcyniiu noch gurnicht in der Sorbonne und
Quanoy «ich! I'rtnr,
94 Max Hossfeld.
flu Qiiesnoy, von dem wir wenig mehr wissen, als was
Heynlin selber sagt — 1466 war er Bibliothekar, 1467 Prior
der Sorbonne^) — , stellte ihm die etwas kuriose Frage, ob
alle Menschen, die dereinst auferstehen werden, dies im
selben, nämlich im jugendlichen Alter tun wtirden? Heynlin
behandelte sie in der üblichen Weise durch Aufstellen von
3 Hauptsätzen (conclusiones) mit je 2 Folgesätzen (corollaria)
und löste sie in bejahendem Sinne.*; Nach hergebrachter
Art machte der Fragesteller hiergegen Einwände und warf
neue Fragen auf (zum Teil muten sie fast komisch an:
„Dicatis, si cum barba, capillis et unguibus resurgent" !).
über die dann der Prüfling gegen eine grosse Anzahl von
Opponenten disputieren musste.^j üu Quesnoy scheint durch
Heynlins Antworten zufrieden gestellt worden zu sein: er
bekam die Erlaubnis, über die Sentenzen zu lesen. Diese
Vorlesung Heynlins ist fast vollständig erhalten und von
seiner eigenen Hand mit der Jahreszahl 1467 bezeichnet*)
Man begann sie zwischen dem 14. September und 9. Ok-
tober,*^) las über jedes der 4 Bücher der Sententiao und
hielt vor dem Beginn jedes Buches eine Art Predigt oder
Rede, das sog. principium. Das erste principiiun macht
doch einen bedeutend eleganteren Eindruck, als man von
einer Einleitung in das Hauptwerk des scholastischen Lehr-
betriebes erwarten sollte. Trotzdem Heynlin ausspricht,
dass er „7iicht einer von denen sei, die ihr Lehen mit den
Übungen der Beredsamkeit zugebracht hätten", ist diese Schrift
doch die erste, die einen Anflug von formaler humanistischer
») Frank. 203.
2) Fol. 195—195*-
3) Du Quesnoy 's Einwürfe auf fol. 196 — 198. — Den Verlauf der an-
schliessenden Disputation hat Heynlin nachträglich skizziert (fol. 198'), indem
er kurz die Einwürfe seiner Gegner (darunter einige bekannte Namen, so
Karolus Saxi (Rektor 1468), Joh. Eschart (Rektor 147 1) und andere) «od
seine Entgegnungen wiedergibt.
*) Vorl. fol. 118 (s. oben Bd. VI, S. 354 Anm. 2). Die Vorlesung reicht ^-on
fol. 95 — i6o, fol. 95 — 116 gehen die 4 „Principia", fol. 118 — 160 die cigcDt-
lichen Vorlesungen über 3 Bücher der Sentenzen. Die über Buch 4 feWt
ganz. Von Buch i ist nur vorhanden distinctio i — 29, von Buch 2 dist. 23— 44t
von Buch 3 dist. i — 10, von dist. 11 nur ein paar Worte.
») Thurot 143.
Johitnnes Htynlin iiui Stein.
Q3
Pilang aufweist*} Gerade tlass er auf Beinen Mangel au
listischer Scliahing hinweist, zeigt, dass seine Ansprüche
waren, wie dns in jenen Jahren in Paris vor alh^rn
liets Wirksaiukeit iiberbaupt der Fall war* Freilich
^«oIit>o niore**^ wie er gleichsam entschuldigend hin-
igt* zu der ühlirhen Kinteilung des principiums in eine
^bre(]e auf Petrus Londmrdus, die Aufstellung einer Thes*>
die daran unsclili»'ssende Polemik gegen die anderen
^jtentiarii üliergeht, ist es mit der eingangs sichtlieli an-
strebten (Hätte und Rundung des Stils vorbei. Wie war
iiucb anders möglich, wenn man g«'zwung*^n war, tlas
des Verfaflsers und einen kunsen Überblick über *his
Werk mit den Worten einer voraiisgescbickten Bii)elstelle
zu verknüpfi^u und au« dicker förmlich herauszuziehen.
Hejmlins Spruch war: ^Herr, du überschüttest ihn mit gutem
Segen, da setzest eine Ki'one von Kdelstein auf sein Haupt* '^^
Es war noch verhäitnismibsig leicht, ein pmir Worte über
Petrus Lombardus' Leben und Werke so anzulegen^ daas
jsiiisi 35um Scbluss ilen angeführten Bibelspruch auf ihn an-
idoii konnt^v Aber wie ungeschickt und geschraubt er-
^eint es, w^enn er^ um die Einteihmg der Sententiae in
Jücher und deren Distinktionen zur Sjn*ache zu bringen,
m ^ Krone von Edelstein^ beschreibt als bestechend aus
iihen kostbarer Steine, deren Anzahl jedesmal genau
d<»r Distinktionen eines Bncbes entspricht. Und dabei
krdon die Kapitel und die Kdelsteine nicht nur äusserlich
Parallele gesetzt, sondern es wird jedesmal der Inhalt
aer distinctio mit den spt?zi<'llen Eigenschaften des Berylls,
anragds oder Kari'unkels verglichen und die Ähnlichkeiten
fc^nrgehnben/) Welch spielerische und völlig fi-uchtlose
üötrf*ngni»g des Bonkens! Abi^r this war danuds üblich
id jeder iixgte sich der Sitte.
*f Siehe Vorl foL 95. — In hiiudschntt liehen Noti/cn Hcynlitis zum
Milium »etcrii orti« ett* ai» dem gleichen Jahre, 1467, belindeu sich
[«.Wrte vnt} Peicr Luder (im Cod. Basti. F. VI. if*: gefällige Mrtiejlung
flrrm Dr. C Chr. BemouUi), — auch ein Hinweis daraul, dass damaU
Teiidenxeil bei Heyn l in erwachten.
*) Fol. ri5— g6V
>2-:r:L Fri^rri- •> ü-r Vi-li^h fr-r iTmtotaknVolIkoiimieD-
i-rri-r-r. •>.T:e?- tzli :'• ifr V^rscii^i'eiibr-h xmd Menge A*r
G*s:!i:i:r — :*: -ir-r Ef- "r.-fr: irs Sir-ipä-rrs rs v-eT^-men seien *?*i
•>i il:*: >rr Tiri^iäCrtätetrir-i. EizLir-r: fa Chrisnis eine wahr-
Lifir: TTuT-rrscL-r: r:'g i-er s^TTtlkh-rr. nr^i isensdüiclien Namr
r:: Trrrrizi'rZ: ir-:r' «Ir t'i^l^r:^ &12<r Sakirnznente des nenen
•j^rr'izrr» iTir V<=^''g'-=-"*^ "^ z -irr S'^L-ien eiiÄ*?!5eizt habe?*
Hrrji-1:::- ■>pr*: --=■::• Tir -in cr-wifs-er Petms de Bello-
p^:::^- i-irr in KaI-^—zl t:- CZ-iilt si-e-iclizeitig über die
Sen-.ei-Zr::! Ii5-' Bri l-r ÄT^r-in-r- t«ri «ier Dispütation recht
Tanr. iTr-Tirir-:: z^ s-riz:. i-enr: iC""":*!! H^-ynün seinen Gegner
aiiiar-ff^ hvSich ä1> Masr.&«r ir-T^elliffrZiiiae viranL. domintuD
^\ M^gistrm. P-E-rrün i- BrII-rivznie- c^ me et dicta m«!
hTuniüt'rr r»c.:zLi:iir:'> tezr-icLr-et.* wirft er ihm doch bald
Ti^r. er sccLe ii'::r Aiisrücht-r :ii:d hjil^e wiederholt auf seine
EA^^r^T.gei. €-r:rw^it:r g^rr-icht ->i'er in aasweichender Weise
Brlivpontr- li-rss diesen Vorwurf aber anscheinend nicht
Siii sich si'j^^z.. Er ai-rw : rc-e-Te nnr. doch, hieranf wieder
Hrrvnlin i:A iar.r. mohnals s^in «^e^ir^er. so dass sich die
L»i^pn:Ät: i. üV-^r iir TLr>^ ir^ erstes principinms —
Hrjr-I:r. hätte r-rLä-p:^:. q~:i z«vr:«e>r::>r.es artribntales. quae
sie: :r. iivini nätrira sive in de-:, non distingnnntnr for-
ir,a!iv-r >:ve ex :.a:nri re:. B. -is-s «Tegenteil — g'uiz gegen
i Pr:i ;.::=:- ;. {:.. : :•:.
J. Pn:.::::.- :. :.:. :zy.
■ Pr.-iipi-r:: i, : ' ::i, D.e F :rr: ier Frigco haben wir g^önt
I:. itT Vzs-:'zr-.i'. :=: rr.*:?:tT.i L:«d: tlr.t Errlr.^z'g des lapa precoscs hjctst-
• F .".. : :•:• Buii r . f:'.. i :<• B-ch ; . f.L 1 1 :• Bcca 4!. Sfüter Sociu?
dtr Mr^iLr.* FriLk, 23:. i:fr:--::er:c er d.n :4rc ozter Hejclia. Skbe j
-. !:. A. :.
'• F^. . I -X-* :.:- : IC 3.
• Z. h. :>■!. :c..* ..C-riisirr-u^: es: ex respo::»i:>nibiu ma{:mn sie qo»!
f.I:r:. 'ri-i^ri: e- liiinerr." ,..\i hoc sichil atikuc responsiiai est.** »E**
JnhuDUcs HeynÜD am Stein« 97
Gewohnlioit auch noch in sämtliche folgenden principia
aninei^t rockte. '
Nach jedem dieser Principia folgte dann die eigentliche
^r1**stiiig ahvv jedes Buch der Sentenzen. Hie bestand in
aer Erläuteniiig des Textes, gegen den atich Einwände
,articnli in qutbus magieter non tenetur'* aufgestellt
Ifden.*^ Es war die hergebrachte Art der Behandlung.*)
Die Vorlesung nahm etwa ein Jahr in Anspruch» an
Sciilusse der Bakkalarius für ^fertig'* (forraatus) er-
Irt wurde. Es blitsl> nun noch ein Zeitraum von 4 Jährten
xiim völligen Abschhiss des theologischen Studiums»
)leii wir jedoch, um den Faden nicht zu verlieren, erst
10 £pi)$ude nach, die noch ins Jalir 14H7 fällt» and die
inenHwert ist, weil Hie Heynlin zum ersten Mal in einer
die das Gedeihen der Studien an der Univei-sitÄt
f, in gemeinsamer Wirksamkeit mitWilhelm Fichet zeigt.
Jiüiiig Ludwig XL hatte zwei Jahre vorher jenen harten
jpf mit der ligue du bien public auszufechten gehabt,
unentschiedener Ausgang die Lage doch fast mehr
Sfjneü Ungunsten als zu seinem Vorteil gestaltet hatte.
it allen Mitteln trachtete der König seine Macht vvieder-
^rsuKtelkm. Da ärgerte ihn das Privileg der Uüiversität,
I ihre Mitglieder vom Waffendienst befreit sein sollten.
^er^nchte es zu durchbrechen und erhob die Fordenmg,
jedes der zaldroicheu Kollegien iluu wenigstens einen
Bwaffneten «teilen sollte. Aber die UniversitÄt hatt^ noch
le gezog»?rt, wenn es gegolten hatte, ilire Privilegien zu
teidigeiK ein Stunn der Entrüstung erhob sich, Fichet
atd Ueyulin* durchdrungen von der Würde des Studiums*
m der vordersten It^ihe der Sprecher gestÄuden
Am 18. Juni wurde Hevnliu «um Gesandtiin*) seiner
PEuuil
prüfet mOTein üolitum" (fol. iio) . , . „(.um de novo contrA
rsplicaret contra nie,** <foL itsX
*\ Z. B, fol. M9» 119% 154.
•) Sielif Thnrot 146»
) EiAlroc im Über procttintoruin Xaticmit gmnauicae (bei Joiird. No. 1 ^6^)*
iL tt tfiduu: quo «upra (1407 Juiti« die vero 18, üniTcmtas . . • dedil
\m dqtuLalo« de ti&etiliii Foculuiiibiu et N^tionibui, de Nditiöiie oostm
fiMler Zdbclv. t Q«Kh. und Alt«num« VU« K 1
:*. AJ-ar; -^ i:~tr.
■-.eil wires -pjra ü-"""-
Johanocs Hcynlhi aus Stein.
99
ichet als oberster Vertreter der Universität den grösseren
iteil an diesem Erfolge hatte, brauchen wir nicht zu unter-
^foeheii — gewiss hat einer dem andern den Nacken ge-
jift — , uns kann es genügen, beide für die Freiheiten
^r Universität und ungestörte Hingabe an die Studien ge-
meinsam eintreten zu sehen.
*
Ebenso wie in seine Nation, war Heyidin 14B7 auch
»fort wieder in die Sorbonne eingetreten, verlor man doch
irch Abwesenheit seine Eigenscliaft als sociiis keineswegs» *)
roch vor Ablauf de« Sentenzenjahres wurde er, 25. März
J.4B8. zum Prior gewählt Das Priorat war da.s wichtigste
id arbeitsreichste Amt der Sorbonne. Sein Inhaber hatte
is Ansehen und die Rechte seiner Körperschaft nach aussen
iin wahrzunehmen und im Innern darüber zu wachen, dass
lies in georchietem Gangt? blieb. Er führte den Vorsitz in
*ii Versammlungen, die sich vor allem mit der Verwaltung
!es Hausos. f^er Disziplin unter den Mitgliedern und der
?iirsorge für Regehnässigkuit der Studien beschäftigten. Er
;elte Biclit nur dit» Teilnahme an den Predigt^ und Disputier-
:)iiDgen. sondr^rn führte auch in der Zeit von Petri imd
mli (29. VL) bis Maria Gebml (8. IX.) selbst alle Sonn-
bende den Vorsitz, wählte dann die Themata aus und Vje-
teiligte sich auch aktiv an der Disputation. In der Leitung
Ks Stndienbetriebes ist seine Haupttätigkeit zu erblicken.*)
Heynlin kam aber in diesem Jahre nicht zur rechten
isübung seiner Pflichten, Ein Augenleiden, so erzählt er
selbst in seinen amtlichen AufzeiclHumgen zum 27. April 1468,
das ihn schon lange heimgesucht hätte, verhinderte ihn am
(iris ISM« Paris 1521, Lyon [524 wnd die Ausgabe mit VcUeius' Siipplc-
tnt 1577) cnlspricht der Text genau dem französi schein) Philippe scheint
m anzüfiehmeD» dass d*c Worte: t,cr scheute sich nicht, Ludwig zu widcr-
rcchcn" auf eine Audieuz bciiri Ivöuig liezogcn werden müsstcn, während
i^ie doch ojTeubar in der congregatiou generulle der UuiversUiit gesagt wurden.
Auf eine persönliche Einwirkung auf Ludwig XL darf also hieraus nicht ge-
schlossen werden.
») Grc, 35. — Schon die oben besprochene cjuacstio lemptativa vom
Jahre 1467 ist auch als ,,Sorbonjca'* bezeichnet,
*) GrÄ, 36, 38, 49. Thur. 123, 13 1 — 132, siehe dort auch über die
weiteren, weniger wichtigen Ämter des Priors,
lOO Max Hossfeld.
Studieren und machte es ihm unmöglich, seinen Verpflich-
tungen als Prior nachzukommen. Er bat daher dus Kollegium.
dch nach einem Vertreter für ihn umzusehen^ und wurde
luch am 6. Mai durch Magister Michel Petit aus Bouen
ersetzt. ^)
Bald aber übertrug man ihm ein anderes, noch viel
ehrenvolleres Amt: am 24. März 1469, also an dem Tage.
5VO sein Priorat de iure ablief, wählte ihn die Universität
m ihrem Rektor.*)
Die Machtbefugnisse des Rektors gegenüber der üni-
irersität selber waren geringe, es kam wohl kaum vor, das8
?r in der Versammlung der autonomen und sich selbst ver-
ivaltenden 7 Körperschaften, wo er den Vorsitz führte, anders
entschied, als diese wünschten.') Um so grösser war das
/Vnsehen, das das Haupt von Europas berühmtester Hoch-
schule genoss; hatte er doch z. B. bei feierlichen Zeremonien
ienselben Rang wie der Bischof von Paris.*) Die Stellung
pear daher auch, trotzdem damit nur geringe Einkünfte,
iafür aber erhebliche Repräsentationskosten verbunden
waren, vielbegehrt. ^) Hatte nun auch der Rektor den
Fakultäten und Nationen, die ihn gewählt hatten, wenig
zu sagen, so war er andererseits doch mehr als ein blosser
Zierrat. An Fichets Beispiel kann man sehen, was eine
*) Champ. 86, wo alles steht, was Heynlin 1468 geschrieben hat. Über
die Zahl 1467 statt 1468 s. oben S. 92, A. 4. Die übrigen AufzeichnoDseo
Heynlins sind ohne besonderen Wert, sie handeln meist von den „Abscnticn**
der Sorbonnistcn. Am 21. April 1468 hatte er um das letzte Zimmer des
Hauses hinter der Kapelle nachgesucht (wohl das ruhigste) und es erhalte».
2) Nicht 1467, wie Claudin (Press. 35, 3; Orig. 9 A.) angibt, nodi 1468,
wie Philippe (Impr. 17, Fisch. 87) und Maddcn (149) schreiben, noch aock
1467 und 1470, wie Albrecht und Schreiber haben, die offenbar Rektont
und Priorat verwechseln. (Schreiber, Heinr., Gesch. d. Univ. Freiburg, 1 859, 23^4
Schon Visch. 161 gibt richtig 1469 an, indem er darauf aufmerksam macht,
dass Bulacus' in französischem Stil gemachte Angabe „1468" in 1469 umni'
wandeln ist. Bei Bul. V, 922 ist Heynlins Rektorat vom 24. März 1468 \»
2^. Juni 1469 gezählt; man war aber in Paris nie länger als ein Vierteljahr
Rektor.
«) Thur. 20—25.
*) Madd. 138.
*) Bud. 40. Man war zuweilen genötigt, gegen den Ehrgeiz bei der
Rektorwahl Massregeln zu ergreifen. Thur. 32.
Jobaiinirs Hcynitu aus Stein.
arke Persönlichkeit au solcher Stelh* ronnocKtit,
10 Attsfühmiig «]<*r B«^«chUisse lag ja m der Hainl do»
Bktors lind gerade nach attsßen hin konnte ein pnt-
hlosseiit^r Mann etwos leisten. Heynlin sollte die Gi»-
genhcii nicht gi*nz fehlen, seine bereits erprobte Tatkraft
)ch hier zn bewähren; wie Fichet, so hatte auch er ein'
Tvilf'g cIdp ünivt^rsitÄt zu verteidigen oder halb erst zu
^m. Die Sache war weniger glänzend, aber sie hatte
aach ihre Bedeutung.
&hon seit dem Jahri^ 1463 lag die Universität mit
jerühmten Abtei Saitit- Denis wegen dos Pergament-
%uh in Paris im Streit. '^ Der (Jrni%s verkaut des Pergii-
faml auf dem sogenannten Landittim oder Lenditi
11 gi*oHäen» am IL Juni — also während der Dauer von
ilina Rektorat — alljährHch abgt*haltenen Markte statt..
aktor und Universität zogen dann in langer Prozession
eh der Ebene von Saint^Denis, wo er stattfand, um die
^ '2 if]; der Schreibstoffe vorznnehmt^n? Der Rektor
zeugte sich von der Güte und Brauchbarkeit des
ent»i. daa Papier wurde in seinem Namen von dazu
^*.t*4iNvn Besichtigern geprüft. Es war so zu sagrn ein
uiversitätijifest^ die Vorlesungen fielen aus.-) Nun bean-
iruchte aber auch der Alit und der Konvent von Saim-
eiits das Bi*cht der Untersuchung des untor iliren Mauern
ärkauflen Pergaments, und ea war, nach vielem Streit und
mdtfVf noch zu keiner Entscli«idung gekommen.
HDii lÄ-urde Heynlin Rektor, und er naJim die Sache in
I^Hand. Er wollte noch vor dem Markttage jenes Jahrea
^T Universität endgiltig ein Recht sichern, auf das sie bei
Bin grossen Verbrauch von Schreibstoff diu'ch ihre nach
bufiendeu zählenden Angehörigen gewiss begründeten An-
^teh hatte. Er erreichte i»s, duss am 27. Mai des Jahres
H Parlament von Paris (der zustandige Gerichtshuf in
ftswärtigen Universitätsangelegenheiten) eine Verfügung
Hfe«, durch die «bis Recht der Besichtigung und Prilfung
^^ergamenU. pendente lite, also nur vorläufig, bis ^*IJ.*
i
») R«curU clfrt Privilri^«! de rt^itiren« ile Pitris p, 100 ff.
La Come 4t Saint e-Palayc, Dictiotitt»ire hitUiriqtie de Taiidcti tarij^g«!
VE, UJ
I02 Max Hossfeld.
Parteien ihre Ansprüche ausführlich geltend gemacht hätten, der
Universität zugesprochen Tvnrde. ') Auf Grund dieses Erlasses
übte denn auch die Universität 14 Tage später das ihr ver-
liehene Becht tatsächlich aus. Am 16. Juni, auf der näch-
sten Universitätsversammlung, ernteten Rektor, Abgeordnete
uiid Kommissar den verdienten Dank für die energische
Geltendmachung des Anspruches.*) Es scheint ihnen also
durch rasches Eingreifen an Ort und Stelle tatsächlich ge-
lungen zu sein, den Abt und Konvent von Saint-Denis zn
verdrängen. Wohl machten diese noch einen Versuch, das
Verlorene wieder zu erobern, aber vergeblich, am 21. De-
jsember 1472 wurde das Recht des Rektors auf das Perga-
ment von neuem durch das Parlament von Paris bestätigt''
Das unter Heynlins Rektorat erkämpfte Recht war mittler-
weile zur Gewohnheit geworden. Am 24. Juni 1469 gab
Heynlin sein Amt an seinen Nachfolger Amator Chetari
ab. „Summum schole parisiensis magistratum (quem recto-
ratimi nominaftius) prudentissime sapientissimeque gessisti"
schrieb ihm sein Freund Eichet in Anerkennung seiner
verdienstvollen Amtsf ülirung. *)
*
* *
Im folgendim Jahre wurde Heynlin abermals zuui
Prior der Sorbonne g(?wälilt (25. März 1470). Seine Auf-
») Bul. V, 688. Jourd. 1367.
2) >Illiui autem Senatuscousiiltum (d. h. die Parlamentsverfdgongi
cxeculioni demandatum est proximis Nuudinis Indictalibus mense Junio. Unde
Universilas die 16, habitis comitiis, gratias egit Rectori, Deputatis et Com-
niissario, (|ui illud executioDi demandaverant..«
3) Jourd. 1387.
*) 7. März 1472, s. Champ. 56; Cl. Press. 81. Es ist wohl nar als eine
Fügung des Satzbaiies zu ])eurtcilen, wenn Janssen in seiner Geschichte des
deutschen Volkes (17. und 18. Aufl. von Pastor I, 132) von Heynlin schreibt,
dass er « als Rektor der Pariser Universität auch in Frankreich die klassiscbeo
Studien cniporzubringeu und insbesondere die Reinheit und Schönheit ia
schriftlichen Ausdruck der lateinischen Sprache zu befördern suchte»; <U»
er dies gerade als Rektor getan habe, davon ist wenigstens in den Qacllei
nichts zu finden gewesen; auch war in den drei Monaten, die das Rektont
(lauerte, wohl nicht die Müsse gegeben, um neben dem Prozess gegen ä»
Abt von Saint-Denis noch sonderlich nachhaltig für die Ausbreitung hnn*
nistischer Studien zu wirken. Wir werden später sehen, welchen andeK»;
Anlass Heynlin benutzte, um in der Tat eine solche Wirksamkeit ausxiinl
ibeJ
Jöbanoe« HeytiUu ftus Stein.
Zeichnungen im Buch der Prioren sind überschriebea: ^In-
I cipit prioratus magistri Johaniiis de Lapide, Alemaniii,
diocesis SpireDsis, electi in die annnnciationis beatissiine
Virginis Marie a. d, 1470. quo die etiam electus fiiit in
librariuin Magister n oster G. Fischetus qui seqiienti die
officium suum queniadraodnna etiam Magbät4>r Johannes de
Lapide acceptavit.^ Vi Auffallend ist. da.s9 He\Tilin diesmal
nicht nach französischem Stil datiert. 'O^t^rn 1470 war am
[22. April.) Vor zwei Jahren hatte er es noch getan und
es war überhaupt eine bisher noch nie überschrittene Regel
gewesen. Auch sein Vorgänger Ziger, Prior des Jahres
1469, (d. h. vom 25. in. 14li9 bis 25. III. 1470) hatte den
Tag seines Amtsantrittes noch als Annunciationis Marie
1468 eingezeichnet.^) Es ist immerhin iiatoressant zu er-
fahren^ dass Heynlin der Erste war, der mit dem franzö-
sischen Osteranfang brach. ^) Er selbst schwankte später
in Deutschland, wie aus seinen Predigt manu Skripten her-
vorgeht, zwischen dem kirclilichen und in Deutschland ja
ganz üblichen AVoibnachtsanfang und dem 1. Januar des
römischen Kalenderjahres**) Es muss sich doch wohl um
eine bewnisste Einführung eines dieser beiden letzteren
Jahresanfänge gehandelt haben, wenigstens datierten aucli
die auf ihn folgenden Prioren ihren Amtsantritt nach dem
neuen Stil"^) Wahrscheinlich nahm man den 1. Januar.
Am 14. April Hess sieh Heynlin von den ^lectures
'religienses faites a haute Ynix"" (so schreibt Philippe*) ent-
binden und sich darin durch yeinen Kollegen Chenart ver-
») Champ. S. 21. A. 2.
*) Phil. Ficb, 88.
^ Erat 1 56^ wurde er durch ein Edikt Karls IX. in gan^ Frankreich
beseitigt. Grotefend I, 140 fF.
*) 1476, 1487 tiiid 1492 schreibt er die Zahl des oeucn Jahres beim
I. Januar (Fr. 1, 253, Fr, V, mj. Pr. V, 328), 1483 und 1489 beim 25. Dc-
, xember (Fr. IV, 193, Pr. V, 284), 1494 sowohl zura i. I. wie znm 25. Xll.
(Pr. V, 3S8 und 338^).
•) Lhanip. S, 21. Scboii Phil, Impr. t8 machte hierauf aufmerkfiara.
MögUchcrwcisc führte man auch den Annunciationsstil ein (vergl- darüber
Phil. Fich. 88) dann wäre die Veränderung aus der Marieovcrehrung lu
erktäreu.
«) Phil. Fich. 89.
I04 Max Hossfeld.
treten. Das bedeutete aber keineswegs ein Aufgeben seines
Amtes. Vielmehr wissen wir aus zahlreichen, von ihm
sorgfältig aufbewahrten und mit Namen und Zahlen über-
schriebenen theologischen Abhandlungen, dass er seinen
Verpflichtungen als Leiter der Studien und Disputierübongen
in vollem Umfange nachgekommen ist.*) Bei der Über-
nahme seines Amtes hielt er eine in mehrfacher Hinsicht
höchst bemerkenswerte Rede. Sie interessiert zunächst durch
ihre Form. Ilir hat Heynlin grosse Aufmerksamkeit ge-
widmet. Eine erste Fassung hat er, nachdem er viele
Korrekturen daran angebracht hatte, ^) verworfen und eine
zweite hergestellt, bei der das Bestreben nach Richtigkeit
und Eleganz des Ausdruckes und nach Abrundung des
Satzes noch deutlicher hervortritt. Bezeichnend sind auch
die Anreden „celeberrimi viri, humanissimi patres, clarissimi
viri'^.*) Humanistische Einwirkungen sind hier ganz un-
verkennbar, und sie zeigen sich auch im Inhalt, z. B. bei
einem Passus über die Erfinder der „Studien der edlen
Künste*, als welche Phoroneus, Niobe, die Priester von
Sais, Isis, Apollo, Zeus, Pj^thagoras, Thysias und Phriuius
genannt werden. Aber die Schaustellung solcher klassischen
(lelelirsanikeit war keineswegs der Zweck dieser Redo;
Heynlin hat z. B. den eben erwähnten Passus in der zweiten
P^assung ganz fortgelassen, ihn also gar nicht vorgetragen.
Auc:h fügt er schon in der ersten hinzu: ob diese Angaben
wahr oder falsch seien, wolle er niclit entscheiden, die Un-
einigkeit der (gelehrten lasse sie eher wie einen Trauiu er-
scheinen.*) Etwas gewisses aber war für ihn die geoöen-
barte Theologio. als deren Erfinder nicht irgend ein Mensch,
wie Ix'i (Ion übrigen Künsten, sondern Gott selbst (summuni
iiiaximuniquo douni) anzusehen sei.*^)
») Siehe unten S. 1 1 1 Ü\
-) Die freilich zum Teil auch auf den Inhalt gehen.
3) Die erste Fassung in Red. fol. 24«) — 252, die zweite (was in der
eisten Korrektur ist, steht hier im Context selbst) in Vorl. fol. 91— *»>
Datiert ist die Rede nicht, aber da Heynlin von der Übertragung des Pno-
rats auf seine Person, vom Beginn der sorbonnischen Disputationen u. s. w.
spricht, geh(')rt sie hierher.
-*) Red. fol. 250.
-) Red. fol. 250, Vorl. fol. 92.
Johamies Heyniiu uus Stein,
105
Den Inhalt der Redo — und er vorzüglich interessiert«
luis — bildet denn auch ein Lob der Theologie, Er preist
sie als die ^Meisterin aller anderen Künöte", ^theologia
longo quidem intervailo roteris artibus est magnitiidine
praeponenda*. ^) "Während die ßecht^gelehrten ihr Leben
unter den Streitereien des gemeinen Volkes, die Ärzte es
in dem Schnmtz der Krankheiten, die Artiateii es in den
Elementen der Wissensehaften zubringen müssten, wohntoii
die Theologen wie in einer sichern Burg des Lebens^ woher
sie sich selbst zu Ruhm und Ehre, den übrigen aber, wenn
sie nur dem Theologen als ihrem Führer folgten, zu Un-
versehrtheit nnd eineiu seligen Leben verhelfen könnten.*)
^So oft über tTutt, über die Natur der Engel, die Seele^
den Glauben, das glückliche Leben, die Natur des Himmels
und die Sterne disputiert wenlen soll, müssen wir jedes
Mal der Meinung des Theologen folgen.*) Die Theologie
übertrifft auch alle anderen Wissenschaften an Alter isie
ist ewigi au Früchten (sie bringt den Sturblichen das Heil)
und an Majestät (sie hat immer mit Gott verkehrt). Ohne
gleichen ist auch die AVonne des Fnrschens in dieser
Wissenschaft (hierfür werdon Verse aus t >vid und Orpheus^
qui est antiquissimus pnetarum beigebracht!).*) Denn wer
immer von himmlischen Dingen handelt, der scheint schon
oft mehr Lm Himmel als im Tale unserer Sterblichkeit zu
wohnen. Moses, Jesajas, Elias; Petrus^ Paulus. Johannes,
endlich Augustin, Cyprian und Thomas von Aquino, ^hi
profecto nostram mortalitatem videbantur obliti. qui solo
eorpusculo versabantur in terris, cogitatione vero et officio
in ipsis dei colloquiis et rebus <|uas praeter fleuni nemo
^m plene novit, indies avidius rapiebantur,'* Ihnen waren alle
irdischen Schlechtigkeiten und Nichtigkeiten fremd. Sie
redeten immer in der Einsamkeit mit Gott und den Bür-
gern des Himmels, ^neque propter insani et tm^bulentissimi
*) Red, foL 251, vergl. auch Disp. foL 229.
^ Red. foU 252,
3) Red. 251,
*) Da «Orplieus* von Jupiter spricht, fühlt sich Heynliii rn der Er-
IcFdrung veranlasst, •cum Jove, quem verum dcum nostrum iiitclHgimus, •
Diese Ifif!ntitizieiniigcn sind aus den Scbrifien der Humanislcn bekauot.
I06 Max Hossfeld.
populi voces a celestium contemplatione vel ad temporis
punctum divelli potuerunt-J) Solche Worte zeigen, dass
Heynlin trotz Ovid und Orpheus, Jupiter und Apollo noch
völlig mittelalterlich denkt und fühlt. Auch für ihn ist die
Philosophie noch die Magd der Theologie, geht noch der
Glaube über den Intellekt, und die "Welt ist noch ganz
nach dem Jenseits orientiert.
Was er erstrebte, war keineswegs eine Verdrängung
der Theologie durch klassische Studien, diese sollten (wie
auch in Basel) *i höchstens als Schmuck dienen und eine
feinere formale Bildung verleihen, das Gebäude der Wissen-
schaften selbst sollte in seinem Aufbau dadurch keine Ver-
änderung erleiden, den Kern und die Krone desselben
sollte nach wie vor die Theologie bilden.
Der Fortgang der Rede zeigt aber, dass Heynlin keines-
wegs mit dem Betriebe der Theologie, wie er damals in
Paris und aller Orten gehandhabt wurde, zufrieden war.
Was er daran mit unerwartet starken Ausdrücken tadelt,
ist besonders die Streitsucht, der Dünkel und die innere
Hohlheit der Theologen (Theologisten nannte sie später sein
Freund Reuchlin). An solcher Stelle und in einem solchen
Zeitpunkte gesprochen, gewinnen Heynlins Worte eine l^e-
sondere Bedeutung: sie enthalten das Programm für seine
bevorstehende Tätigkeit als Prior der Sorboime.
In Anknüpfung an seine Lobpreisung der Theologie
und die Hervorhebung ihres göttlichen Ursprungs zählt er
nächst den Aposteln eine lange Reihe von griechischen,
lateinischen und neueren Kirchenvätern und Doktoren auf.
denen die Theologie „wegen ihrer glülienden Liebe zu Gott
täglich mehr enthüllt worden sei*, und gedenkt auch
nihniend derer, die die Studien der Sorbonne gepflegt nn^'
diesem Kollegium und durch dasselbe der theologischen
Fakultät und der ganzen Universität Paris so hohes An-
sehen verschafft hätten.
Dann, auf die gegenwärtige Scholastik kommeml-
^ Diese Stelle steht übrigeus nur in der ersten Fassung (Red. 25'**
ist also nicht vorjjetragen worden. Das ändert aber nichts daran, dass sie
für Heynlin charakteristisch ist.
'^) Siehe S. 86.
Johanoeft Heynlin aus Stein,
107
\
m er fort:*) ^Wenn wir das Studium der heiligen
rhriften nach denj Vorbilde di»>si*r Männer betreiben
k'olltiO), HO uürilen Ehre und Kuhm jonor heiligen Lehre
vmi uns nicht weniger gemehrt werden, als von jenen.
Lber leider sind wir ihnen nicht »ihnlich. Wo jene nicht
Iren, sondern Gottes Kiilini suchten, da trachten wir nicht
aach Gottes, sondern nach dem eigenen eitlen Kuhm (denn
lle wiUvschen wir ducli in den Künsten der DisputAtion
Is Sieger hervorzugehen); wo jene im Gefülxl der Demut
md der Liebe die katholische Wahrheit erforschten^ zeigen
Iwir nn« von Horlunut gesehwollen und gebläht; wa8 jene
mit sanfter und klarer Vernunft darzulegen versnchteUj das
Bwolien wir mit verwickelter und verworrener, zank- nnrl
ptreit^üchuger Arguinentanun beweisen; wo jener Ben»iiiien
|deu Dingeu galt, die dem Heile des Menschen zuträglich
9r nötig sind^ riciitet. sich unser Studium auf solche, die
rir irVeder erkennen künnen noch sollen und die uns, wenn
erkannt, mehr nützen als schaden wiirden. 80 geschieht es
Jena ganz mit Kocht* dass wir das nicht wissen, was zu
rtüHen wir uns gern den Anschein gäben und dass wir ein-
üben. das8 wir gerade daa wissen sollten, wovon wir nichts
rer«tehen. Und so kommt es, dass das theologisclie Studium,
im B9 von jenen Ruhm und Bereicherung empfing, von
1» alle Tage ebenso viel Schimpf und SchÄnde erleidet,
l^isst uns also* ihr liochgelehrten Männer, um Liebe
lliemüht sein, nm Liebe sage ich, nicht um missgünstigon
IWettinfer, um Frieden, nicht um Streit, um das Heil, nicht
im Aberglauben und nicht uni d*'i> Schein, sondern um die
leologische Wahrheit.^ ^)
Hejmiin scidiesst seine Ansprache mit einer Ermun-
ig zum Studium der Theologie. In uns lebt eine an-
rene Begierde nach dieser Lehre, durch einen unbe-
«nntan Trieb werden wir zur Erforschung der himmlisclien
T>JOge Angespornt, sei es, dass Gott uns dazu treibt, sei es^
iii4^w wi'r WIM .InvMual sagt, dc-r göttlicJien Dinge fähig.
% Dttitelbcö (tcdankcu ipricbt Hcynliti später einmal 10 dem Vtn9
^ l&tet^ yuitit|tti(l patct divinU itt codidhus, Tnotuni habet qui
- i-^~ ±:zt i xirl
ri i^ -1 -r-rr:-!.
-«" r^i:
"-.:-: :.-' ZI
.,.' :.r(.. .. . . - .'.r.. .. / ;:
Johanues Heyn! in aus Stein.
lOQ
I
I
\
wir sie ohne weiteres hieher reclinen können; denn in
ihnen allen sind bald längere, bald kürzere Stücke von
Heynlins Hand geschrieben.') Sie sind samtlich folgender-
massen angeordnet:^)
Überschrift.
Sie ist von Heyulin anscheinend meist ßpät-er nach-
getragen,^ I
Die Frage. 1
Sie wird vom Prior gestellt.*) 1
a) Antworten, ■
Sie werden von dem sogenannten Respondens gegeben
lind bestehen ans drei Thesen (conclusionesi mit je zwei
Folgesätzen (corolkria), deren letzter, das Corollarium re-
sponsivum, die gestellte Frage bejaht oder verneint. Am
Schln^ss häufig eine Wendnng ^vie die folgende: Que omnia»
prostantissime nii domine prior, vestre benigne diseretione
ofltero corrigenda. 23. mau.'*!
b) Einwürfe nnd neue Fragen, I
Die Einwürfe erhebt der sogenannte Opponens, in
nnserm Falle der Prior; sie sind von Hejnlins Hand ge-
schrieben. Sie beginnen regelmässig: Contra primam i'se-
cundam n. s. w.j conclusionem vestram arguitnr u. s. w.,
die Fragen mit Dicatis oder dicetis. Am Scblnsa häuhg
die Formel: Hec pauca correctioni veatre snbmitto. *)
c) Entgegnungen und Antworten. '
Sie werden meist von dem Bespondens gegeben und
sind von derselben Schrift wie die Antworten (a). Die
formelhaften AVentlimgen sind: Ad (primam) rationem contra
(primam) conclusionejn concedo (oder declino). Am Schluas
Zuschriften an den Prior, oft in schwülstigen Phrasen, wie
') Im gau2cu B;uid i^Lible ich ji solcher Stücke von HeyuUns Hand,
ungerechtiet Raudbcmerkuugcn und dergl,
*) Dieses Schema stimmt im wesentlichen mit dem übereiiti welches
Thnrot (S» iii/2) als das üblkbe be/,eichnet.
3) Diese t^berschriften siud verwerlel oben S, 93, imtCD S. iio, 113,
114, 115, 152, 155.
♦) Siehe obeo S. cj^}.
^) Disp. Fol. 14. Übrigens stehl das Datum sonst nie da.
*) Z. B. Disp. fol, u, 26» 97\ 125', 15t« 209'. ^^^^^^^^H
I lO Max Hossfeld.
z. B. «Et hec sunt, honoratissime mi domine prior, pater et
protector observantissime, que ad vestras raciones validissimas
atque questiones difficilimas pocius suadendo quam respon-
dendo dicere potui, que utique dicta sint sub vestri benigna
et dulci correccione pia quoque supportacione'^ (Von frater
Michael Goleferdus) ') oder kürzer: „Hec sunt debiles eva-
siones ad vestras in'solubiles raciones"*) oder „Has debiles
evasiones, colendissinie domine prior, dominationi vestre
submitto corrigendas". (Von Magister Amator Chetan.)*)
In diese strengen Formen kleiden sich etwa zwei
Dutzend Abhandlungen, die während Heynlins Priorat vor-
getragen oder vielmehr disputiert wurden.*) Der Prior
hatte dabei nicht nur die Frage zu stellen, sondern auch
die Sätze des Respondens zu prüfen und zu korrigieren
und manche Seite mit seinen Einwänden zu füllen.
Das mitgeteilte Schema scheint nun zu beweisen —
*) Disp. fol. i8. Den Namen gibt Heynlin in der Überschrift (fol, 13).
«) Disp. 49*.
3) Disp. 94. Der Name in der Überschrift (fol. 91). Wir stellen hier
nach den Überschriften Hcynlins die Namen der Männer zusammen, die
unter seiner Leitung damals an der Sorbonne disputiert haben. Fol. 91 : cPro
Magistro Amatore Chetart.> Vergl. über Ch. S. 102 und 156. Fol. 99:
«Positio magistri Egidii Netelct protunc rectoris alme universitatis parisiensis.
(Jui rcspondit sub me Johanne de lapide tunc priore Sorbone nona dispa-
tatione sorbonica videlicct in profesto bcati egidii. Anno etc. LXX®.> (31. ^•
1470) Aegid. Ncctellet, damals baccal. formatus (wie Heynlin), Socius des
Colleg. Xavarr., war Rektor 23. Juni bis 10. Oktober 1470 (Bul. 865 ond
922). Fol. 155: «M. Zygeri clerici» (?) Vielleicht Sigerius Ledere, der
1467/8 Rektor war (Bul. V, Catal.). Oder Ziger, der Vorgänger Hcynlios
als Prior (s. S. 103). Dann mehrere Mönche: «Augustinensis fr. petras> fol.
201, vcrgl. 203. «Positio Bernhardite fratris protunc provisoris seu prioris
collegii sancti Bernardi» (fol. 14b, vcrgl. 145). «Carmelita» (fol. 45). «Pr^
Carmeiita» (fol. 173). «Cordiger frater Johannes Tiersere» (fol. 21). «Qucstio
theologalis pro Sorbonica fratris Michaelis Goleferdi ordinis predicatomni»
(fol. 13) «fr. Petrus de Beliopontc» (fol. 121). Über diesen vergl. S. 96.
*) Im Einzelnen kommen wohl Abweichungen vor (so fehlt z. B. die
Schlussformcl mit der Anrede an den Prior fol. ii, 37, 49', oder die
Überschrift fol. 4, 29, 46, 50, 62, 76, 163, 168, 170, 181, 189, 2i3oderdi«
drei Teile sind von einer einzigen Hand geschrieben (offenbar Reinschri/l«"'
z. B. fol. 4b— 49'» 50—33'» 155— »t)0, 170-172, 173—179', bei leuteref
nur eine Randbemerkung in Heynlins Handschrift) aber das Schema ist ober-
all das gleiche.
Joiiiittii«i; Heynim iiit»
5i«frär
md gerade das wünschten wir damit zu zeigen — das8
in an der BehafidhtngsiveiM theologisclier Fragen und
an dem Verfahren des Unterrichts nichts geändert hat. Das
Disputieren an sich abztischsfFen, ist ihm wahrscheinlidi
■ nie in den Sinn gekommen, nur der Streit.sucht wollte er in
[jener Rede entgegengetreten aein. Auch die ßegelmässigkeit
luiid Enge der Methoden, wie z. B, die obligate Aufstellung
I dreier Thesen hat er nie als unbequem empfunden, er selbst
[bedient sich dieser Dispositionsweiso noch später sehr
' häußg in seinen Predigten. Ungewöhnlich aber scheinen
die Fragen selbst gewesen zu sein, die er zu den Dispu-
itationen stellte^ wenigstens bezeichnet sie der Bibliothekar
der Baseler Kartause, der den Codex nach seinem Tode
[ registrierte y als ^rarae «juidem^ sed notatu non indignae^J)
[wir teilen ihrer einige mit.
Die erste lautete: Ob Christi Erscheinung im Wort die
'''Vollkommenste sei. Die Disputation hierüber fand gleich
im Anschluss an seine einleitende Rede statt. ^i Die übrigen
tordnen wir nach ihrem inneren Zusammenhange, Ob die
[persönlichen Eigenschaften in der Dreieinigkeit wirklich zürn
l Unterschied dreier verschiedener Pei-sonen führen?^) Ob
■©Ott alles Erschaff bare schaffen könne?*) Ob die Schöpf er-
I kraft einem blossen Geschöpf übertragen werden könne? ^)
>b es möglich sei, dass die menschliche Natur mit dem
liehen Wort vereinigt werde?') Ob den göttlichen
Personen eine zeitliche Sendung zukomme? ^) Ob irgend
fe^in blosses Geschöpf für die menschliche Natur Genugtming
leisten könne? ^)
Zur Versöhmmg des Menschen mit Gott war die Ein-
[richtung der Sakramente nötig. (Über den Unterschied
alten und neuen Bundes; Beschneidung, Taufe u. s. w.--
%Disp. foL I.
*| Vcrgl. Vorl. foL y^ luul Disp. foh 21-
') Disp. fol, 4 — 1 1 .
*) FoL 29—37.
*) Fol, 46 — 49*,
*) Fol. 43.
') Fol. 13—18.
*) FoL 61,
112 Max Hossfeld.
Die eigentliche Frage fehlt.)') Die Erbsünde wird dnrch
die Taufe zerstört. (Die eigentliche Frage fehlt.) *) Ob im
Sakrament des Abendmahls Christi wahrer Leib und Blut
wahrhaft enthalten seien ?^ Ob zur Tilgung der Sünden
Busse und Beichte nötig seien?*) Ob die menschlichen
Handlungen im Vergleich zu Gott verdienstlich seien oder
nicht?*) Ob wir verpflichtet seien, unsem Willen in volito
dem göttlichen Willen anzupassen ?•) Ob bei der Be-
lohnung für unsere Verdienste und der Bestrafung für unsere
Schuld Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in gleicher
Weise beteiligt seien? ^
Vergleicht man diese Fragen mit einigen anderen, die
nicht von Heynlin, sondern andern Theologen gestellt
waren, wie beispielweise die folgenden: Utrum Johannes
burgundie dapibus cistercienses saciaverit, hoc est quaerere:
Utrum Johannes Zacharie dapibus spiritualis elemosine in-
digentes refecerit (die Frage handelt vom Almosen)*) oder
diese: ütrum Johannes Lapidibus preciosis Badenses fon-
daverit, hoc est: Utrum fons gratiae deus Lapidibus preciosis
scilicet praeceptore Christi fideles fundaverit (Thema der
quaestio: die 10 Gebote!),^) so ist das allerdings ein Unter-
schied wie Tag und Nacht Erscheinen uns die beiden
letztgenannten Quaestionen einfach unverständlich, so
müssen wir an den von Heynlin gestellten Fragen Klar-
heit und Bedeutsamkeit loben. Denn sie beschäftigen sich.
wie man gesehen hat, mit den wichtigsten Stücken des
christlichen Glaubens, Gottes Wesen (Dreieinigkeit) unJ
seiner Allmacht. Christi göttlicher und menschlicher Natur
und seiner irdischen Sendung, mit der Versöhnung des
Menschen mit Gott, der Erbsünde und den Sakramenten der
V) Fol. 99 — io6.
'-') Fol. 9»— 97'.
3) Fol. 76— 8 r.
•) Fol. 121 — 125'.
") Fol. 145.
G) Fol. 145'— 151.
•) Fol. 201 — 209',
*) Disp. fol. 219—223'.
") Disp. fol. 225—228'.
JobaoDcs Hej^nlin aus Stein.
It3
Taufe, des Abendmahls und der Busse, mit der Verdienat-
lichkeit unserer Handlungen und Grottes Gericht, und sie
umschreiben derart. ein*»n KreiSy in dem sozusagen die ganze
christliche Theologie Platz findet. Wenn solche Fragen
damals als rar und ungewöhnlich angesehen wurden, so
spricht das nicht zu Gunsten der Zeit, wohl aber zu Gunsten
dessen, der sie stellte.
Diese Beobachtungen berechtigen uns zu der Meinung,
dass Heynlin, wie seine Antrittsrede es erwarten Hess, seine
massgebende Stellung als Prior der Sorbonne in der Tat
ilazu benutzt hat. um nach seinen Kräften den Übelständen
des hergebrachten scholastischen I^hrbetriebes entgegen-
zutreten und auf ein gehaltvolleres und erapriesslicheres
Studieren zu dringen. Sein Freund Fichet hat ihm, noch
♦»he er nach Jahresfrist sein Amt als Prior niederlegte, für
diese Bestrebungen und für seine Betriebsamkeit ein schönes
Lob gespendet: ^Sacris litteris magnopere studes . . *, cum
laude et gloria sorbonico certamini dux praefuisti^. *) Und
an anderer Stelle: „cui nihil omnino desit quod istum
laborem < nämlich die Herausgabe einer Schrift Ciceros)
graviorem tibi reddere possit: non di\iiiarum renim contem-
platio. qui theologice disputationis partes in Sorbona nostra
longe primas attigisti . . non humanarum oognitio, qui
philosophorum tetatis quidem nostre facile princeps evasisti.'* *)
Heynlin näherte sich damals dem Abschluss seines
leologischen Studiums. Vor der Erteilung der Lizenz
katte der baccalarius forinatus noch vier grössere Dispu-
ationen zu halten* darunter die sogenannte magna ordi-
Aaria, par\'a ordinaria und sorbonica.^ Zu der ^ciuiestio
leologalis pro magna ordinaria mei Johannis de Lapide
') G, Fichetus. , . Joaiiöi Lapidano Sorboncnsis sebolse priori (s. Champ.
Ko. I, Cl. Press. 71.)
B *) Siebe Champ. 55, CL Press. 8},
•) Siehe darüber Thur. 150 und 155. Magna ordinaria heisst das
Winter-, parva o, das Sommerhalbjahr. ^Thur. 64.)
BAslef Zeitsclir. f. Ge^cb. und Altertum. VII. L &
114 Max Hot>tfel(L
anno donjini M^'(j('^''^ IJK. . .-^ hatte H-evulin ach dir»
Frage gf^wähJt: Ob di*:? Sakramental-Beicht<e zum Hefle
nützlich und notw^^ndig atfi. wenn anch voiii^r di« ganze
Todsünde durch die B^Mie contritio» getilgt war, und ge-
hingt, nachdem er da« Für und Wider lange enroges und
u. a. auch die c^intritio aU unbedingt notwendig znm Heile
hingestellt hat. schliesslich, wie es l>ei einem Sorbonnist^
nicht anders zu en^'arten i.st. zur Bejahung der Frage. Die
beiden nächsten l>isputationen fallen zufällig in die Zeil
von HeynliiiS Priorat. I>ie eine ist von ihm als .Qu^stio
expectatoria- sowie njit seinem Namen und der Jahreszahl
1470 bezeichnet. Es ist die parva ordinaria,^' Sie wurde
ihm von dem Abt der Bemhardinerabtei Theolocum ge-
stellt (wahrscheinlich Tholey im Trierischeni. * » Da die
Bernhardiner zu den Zisterziensern gehören, so erklärt sich
hieraus zum Teil <lie seltsame Form der oben (S. 112) mit-
g(3teilten. von dem Almosen handelnden Frage, die Hej-nlin
zu b<»antworten hatte. Oj)j)onenteii waren ausser dem Abt
von Tholey «fol. 222. der Kanzler von Paris ifol. 220) und
M(»r Abt von Val fol. 221).^ Dieser bezeichnet Heynlin in
sein(»r Zuschrift als Prior. desgleich<*n eine Adresse in der
Schrift des Abtes von Tholey Doctissimo domino meo ac
niji^istro domino Priori Sorbone. fol. 223'). welcher übrigens
V()lh»r Hochachtung für den unter seiner Leitung disputie-
M J)cr Rest der Zahl ist vom Buchbinder abgeschnitten. Von der X
hinter L ist aiirh nur noch ein kleines Stück zu sehen. Die DisputatioD
niUfi!» in die Jahre 14^18 — 1472 fallen, in denen Heynlin bacc. formaios «v.
Am besti-n verlejjt man sie in das Wintersemester vor seinem Priorat iM^^'J^-
Sic steht Disp. fol. Iü8 — 120'.
-; Disp. ful. 2i(j — 223*. Mit quaistio expectatoria wurde nach Thwot
(S. 141/ eine Art Prüfung bezeichnet, die man zwischen der Vorlesung ober
<lie iiibcl und der über die Sentenzen machte. Heynlin war aber $ckoB
1467 Sentcntiarius und bei unserer Expectatoria steht ausdrücklich 1470, das
AVort niuss also einen weitereu Sinn haben. Wir identifizieren die «ff"
liegende cju:j-stio mit <icr parva ordiuaria, weil diese bei Gelegenheit da
-aulicav (von der aula des Bischofs so genannt) eines neuen Magisters statt&ßJ
(l'hur. 130, 155) un<l weil die vorliegende q. expect. nach He}'nluis Anpi*
' in aula domini Parisiensis» gehalten ist.
') Chevalier, Repert. njoj II, 3087 und 3098.
*) «Abbas de Valle», wahrscheinlich die Augustiner- Abtei V»I in Bis-
tum Bayeux. Chevalier II, 3225 und 3209.
Johannes Heyolin aus Stein.
115
i HeynliD gewesen zu sein scheint; er schliesst seine
jegen dessen Thesen erhobenen Einwände mit den Worten:
»Eruditissime pater, quemadmodum a principio pollicitiia
►tun, potestig omnia ista Jiintare et pro liljito disponere**
foL 222), nnd ahn lieh schreibt auch der Aljt von Val:
.Dom ine [irior, addatis, mimiatis* corrigatis ad niitura
»restnim et quicquid feceritis gratiim habebo^ (fol. 221).
^1 An die parva ordinaria schh^ss sich noch im selben
Hbre die Sorbonka^ die Heynhn überscla*ieben hat: Qiiestio
Iheologalis. ad quam respondi ego Johannes de lapide in
disputationibns sorhonicis parisins anno domini 1470 quo
^xn prior coUegii SorboneJ) Das Thema war die Passion
des Herrn, und die Abhandlung . die Heynlin darüber
schrieb, hat ihm später hei seinen Predigten ncjch mehr-
fach als Vorlage gedient — Endlich erwähnen wir noch
eine vierte grössere Disjmiation über die 10 Gehoie,-} deren
Thema ihm von *TiiilIermu9 de Ca^toforti '*) in der oben mit-
geteilten wund er h' che n Form gestellt wordeii w«r. Den
Hauptinhalt bildet eine Zurückfühnmg aller Moral Vor-
schriften auf die 10 Gebotet welche die Grundlage aller
Ethik ausmachten. Im Anschluss hieran behauptet He^'n-
^^f dass eine strenge Beobachtung der 10 Gebote, wofern
^gb nur „aus Liebe '^ und nicht im Geiste äusserer Werk-
feerechtigkeit befolgt w^ürden, genüge, um das ewige Leben
An erwerben, denn Christus habe uns zu nichts anderem
Verpflichtet; ja er versteigt sich zu dem külmon Satze, dass
ahracheiuHch eine Kenntnis von den Aitikeln der Drei-
üigkeit, der Fleisdhwerdiing, des Leidens, der Aufer-
ehung^ der Himmelfahrt und der Anktmft zum jüngsten
rieht nicht unbedingt erforderlich sei, um die Seligkeit
erwerben.^ Aus solchen liberal klingenden Sätzen darf
*) Siehe Disp. fol. 54* — 60 uod 70*^71. Id der Handfichrift steht [>V»r,
His F. Fi&rher filscblich als «professor» auflöst (S. ^. — Die Sorbomca
™lird« in den Ferien (Juli bis September) mit grosser Feierlichkeit abne-
*»aUcn. Tburot 150,
'y Disp. fol, 225 — 22%\
•) G. d, Castroforti war schou seit 144*1 Doktor der Theologie fCbart,
*V, 6Ä9), gehörte dem Kollegium \'on Navarra an, das er reformierte <BiiL
^» 876) und zeichnete sich als Professor aus» (Feret IV, 315.)
Il6 Max Hossfeld.
man aber keineswegs folgern, dass er die Kenntnis diesei
Artikel überhaupt für überflüssig gehalten habe, oder gar,
dass er auf Grund derselben für eine aller christlichen Dog-
matik bare Religion hätte eintreten wollen. Daran hat dei
Prior der Sorbonne gar nicht gedacht. Er betont viehnehr
wiederholt, dass er diese Behauptung ^probabiliter tantam
et gratia coUationis habendsB^ gegenüber den Sätzen des
Dr. Matheus Chauquet aufstelle.^) so dass diese Meinungen
gar nicht einmal als seine unwiderrufliche Überzeugung
aufgefasst werden können; sie bedeuten kaum mehr ab
eine dialektische Übung auf theologischem Gebiet. Das
zeigen auch seine Argumente. Zum Beweise des Satees.
dass die genannten Glaubensartikel nicht unbedingt not-
wendig zu wissen seien, führt er nämlich den Tod chris^
lieber Märtyrer an, die nie im Glauben unterwiesen worden
wären xmd beim Anblick des mutigen Todes von Christa
sich auf der Stelle zu deren Glauben bekannt hätten und
für ihn gestorben seien, ferner die Unwissenheit ganz ein-
fältiger und einsam lebender Menschen, wie Hirten und
dergleichen; wie man sieht, ganz akademische Beispiele,
die nur den Beweis der These im Auge haben und keines-
wegs deren Durchführung in der Praxis bezwecken. Jeden-
falls ist es später stets Heynlins Bemühen gewesen, seine
Pfarrkinder mit allen diesen Lehren der katholischen Kirche
bekannt zu machen und sie zu empfehlen.
Am 15. Februar 1472 wurde Hejmlin in Anerkennung
seiner Leistungen auf theologischem Gebiet zum Lizen-
*) Disp. fol. 228\ 225. Die Nennung dieses Namens bietet übrigeos
einen Anhaltspunkt zur Datierung der Disputation. Chauquet vrird 14W
noch als baccal. formatus bezeichnet (Bul. V, Index); da Heynlin ihn sacra-
ruin litterarum doctorem nennt, liegt sie wohl nach 1470, und da Qi.<üc
Äusserung, die Heynlin bestreitet, «in suis sollemnibus vesperiis», d. h.
während seiner Doktorprüfung (über d. vesperiae s. Ferct IV. 447, Thor. 155^
getan hatte, so wird unsere Disputation kurz nach Chauqaets Doktorat £illai'
Da sie andererseits nicht lange vor Heynlins Doktorat gehalten sein mo»
(denn erst wenn man sie in Beziehung zu dessen Doktoratsrede setzt, itr
steht man die seltsame Form der Frage: Utnim Johannes lapkUbuM fft"
ciosis Badenses fundaverit, s. S. 119 A. 1), so därfen wir sie ins J^
147 1 setzen.
Jobatines Heyalm aus Steto.
1 «7
promoviertJj Eine Prüfung fand zwar statte bo-
aber nicht mehr als eine Förmlichkeit das eigent-
itscheidende war damals di«^ Bewährung w^ährend der
[izeit- Der Kanzler von Notre Dame erti*üte im
deg Papstes die Erlaubnis zu lehren und zu pre-
in einer pomphaften Feier. ^) Einige Zeit darattf
man, wieder unter gmssen FtM*i^rlichkeiten, den so
i?öcluttzten und glänzenden Titel eines Theologia?
Parisiensis oder Doctor Sorbonse anzunehmen. Heyn-
Bintritt ins Konsortium der Doktoren der Theok>gi»'
12. Oktober 147 '2 statt '»
^nd ei* war stolz auf seinen Erfolg.^) Nachdem er in
ila des Bischofs die Abzeichen des Doktorats em-
^B hatte, hielt en wie es üblich war. eine Rede. Es
Irauch, sie zum Lobe der lieiligon Sclirift und der
In Wissenschaft der Theologie zu benutzen. Aber
pn kann sich erst gar nicht dazu entschliessen. E'
^ie sein Freund Flehet an ihm rühmte, seit Menschen-
ieu der erste Deutsche, der in Paris diesen ehrenvollen
&r\i'arb.*) Das schwellte sein Herz und davon fluss
L^r Mund über» j,Unsere Altvordern ermalinen mich.^
jefähr sagt er/") -und die Überlegung gibt ihnen
jetzt nachdem ich die Abzeichen meines göttlichen
empfangen habe, seinem Preise meine gaaze Re*lö
[ Allel, tu 91 J A. «Uc. est in theoU 1471 (1471) Febr. 15. postca prk>r
[*r9t, und Herm. mtssvrrslebeii dies, ak i«i Heynlin 1471 Lic. ge
• 471 nach d<*m mos guüii-auti», 14*^ nach b«uiiger Jjibrc »berech nun;;
Dlm 1472 mm drittcu Mal I*riorr Auch im Katalog *lcr Liren-
th«oL Fak. liest man mm Jahre »472: *Lic^LJoli. de Lajudc
Hembin, Prior Sorboiise«> {Bud. 144.)
[Thor, 151 — 154.
LAucI, II« ql3 A.
Niw'li ipaler uanpte er iicb gern tdoctf>r theolo^us Paniiensis», r, B
vict^eleftciien Kesoltuoriniii, vor nllcm datiHf wenn er mit iHesoti-
l«schdrtirk seine Autorität gcllcnii tn muchcü wünschte, wie in der
dei» <>(aktllifttett< MeffrCl: <ArfMini ir 1h»-nU*7iv Tlorlnr Pnti-
atüshnu»« oenot er sidi da*
|t Prünasque no&Ua memoria pariiü iiieuiM- nnunj^ et Ibcoiogu m
ti-anffliiliiti« Brief vom 7, IIU 1472. OiArap. No. 5$,
\IM€ Rede fttehi Di«p. foL 229 und 229* ^m Scblust de« gm^eti
zn -n.i:L_-TZ. A^:»T!r ziifiL ÜTZfrLt -ü*r Xeuheit und die
ürri-: irrr -i*-*:^:»?-!. -=cicEiz^-'TC. Ehren und nur von Jubel
iJL'i Trr^isT T^r^Ag isiii r^ fpr»=cL«i- .Faustum enim et
:.£:.: :eii i-m«: ziijii ii-riz. i^ir -j:! dixerim?- Hat er mich
i-*»:l rir n^rm-rz. F".-r-:äe iz-i zir-izL Saldieren reichlich be-
'.\hi,i, 1— -i Trir '»3j»:r aL» i*:hs T^pü«?ne. denn gleichwie
Tir.-r-i 7r-riÄ=:LLäärrz.-r- ü- rnAchÄr.gigkeit, so hat er mir
iir: Frr^L-ri- ZTL l-rlr«rz. iiL 1 iiziL iis Ansehen und die Würde
I'-i? Ä'^rr ist z1:':lz zl-zt -iz. sösses Gefühl für mich, es
iät Ä^:L ri- Bnin •iz.i -rin-r Zier für meine Freunde und
n^ii. Vät-rltni. S*:L'»'-rIi:ii giaub^ ich. dass vor mir schon
;-riL-i:.i iis i-rz: L-ini-e ier erlauchten Markgrafen von
Bä.i-:i i'i. Lirr'r-^-r i^ I»oktorars aus Paris" weltberühmter
Tii-^:1 gr:Li-:Lil-r m •i-rii Rädrasem getragen hat. Ja. aus
'i-z: ^a^zr-i: Vrlk^ irr r*eutichen mögen nur wenige im
*T^iJii:h':z.i3 IrrT itirw^l: lel-en. die diese Stufe der Ehre in
MviT-ri: ■i.ii.rr äi. irre, s*? fährt er voll rethorischen
S<:hv4-::r.^-r< ::r:. ü.r-r:>. Vi:.f-rlaride einen Triumph über seine
Feir-'i-r '''-r-:*'r:-. -rs znzi :i-äohrig-?ri Reiche ausdehnen oder
LLm U-iLerLLvSilich- Schätz- zr..nihr»:*n. ich bringe meinen
Bad-i-Sr-rr. s- i'/L-r. Rihzi ztirück. wit- seinen Bürgern ebst
Periklr?. i 'SSvh h*rrrliche< Haapt zuerst bei den Athenern
sich '1er. Scliiiinck «ier b^^id^^n verschlungenen Ölzweige vor-
^^lieiit-: von ihir: nahiii wiirdig das Recht solches Geschenk
zu verleihen seinen Urs|»ning.
Wi.hl hatte ich also Grund mich zu freuen und zu
rühm»:^n. aber stärker»- «Tründe bringen mich von so eitlem
Tun zurück, ich denke an den Spruch: Erkenne dich selbst:
und da s»^be ich. dass an mir nichts Ausgezeichnetes ist.
was ich von mir selber hättt*. nein alles kommt es von
oben, vom A'atiT des Lichts. Him also glaube ich für die
mir übertragene Khre Dank abstatten zu müssen, denn
nichts hieltt^n die Alten für notwendiger, als dass man
sich dankbar erweise.- Folgt eine Geschichte von einem
fn'igtdassenen athenischen Sklaven, der wegen Undanks von
seinem Herrn wieder verknechtet wird.)
Johamies He^^nlin aus Steia.
119
^ Wen 11 ich alßo memem eigenen Sinne folgen durfte,
würde ich jet^zt vor allem dem zu dank*^n versuchen* durch
dessen Barmherzigkeit ich dies Geschenk und alle irdischen
' Güter erhalten habe.
Aber da der Väter Autorität mich zwingt, diese Pflicht
ÄU anderer Zeit zu erfüllen, so fuhren mich höhere Crriinde
XMT Lobpreisung der theologischen Wöiaheit zurück.
Um dieser Obliegenheit schnei 1 und mit kurzen Worten
Bachzukommen (denn länger schon als ich vorhatte, habe
ich geredet), nehme icli jenen von mir schon oft bi^han-
delt^n Text aus dem Psalm 20 wieder anf: ,,Herr du hast
auf sein Haupt eine Krone von Edelstein gesetzt^. ^) Heyn-
liß eilt nun zum Schlüsse: ich wünschte beredt genug zu
Bein, sagt er. um jene g('>ttHche Wissenschaft, di*^ wir mit
griechischem Worte dit* Theologie nennen, iiirer Majestät
entsprechend würdig zu preisen. Aber so erhaben ist sie,
dass wohl nienianJ genügend gebildet ist (ita optimanim
artium studio pra^ditus), um dies in geziemender Weise
zu tun, und ich bitte euch, mir zu verzeihen, wenn ichs
wt^niger gut vollbringe als die Sache es erfordert-''
He\Tilin vergleicht nunmehr die Theologie mit seiner
Krone von Edelstein. An Glanz und Schimmt^r, an Kost-
barkeit und Wert, an Schönheit und Ansehnlichkeit, end-
lich an geheimen Kräften zeigt er die Theologie den Edel-
steinen bedeutend überlegen. Und womit sich endlich kein
Edelstein auch nur vergleichen mag: ^Sie verspriclit ihren Be-
kennem iprofessuribus) die Unsterblichkeit und das Himmel-
reich, wie geschrieben stobt Weisheit K (Vers 23) ^Liebet
die Weisheit, auf dass ihr ewiglich herrsehet." Was auch
uns gewähren möge die ewige Weisheit. Jesus, Gottes Soliny
gebenedeiet in Ewigkeit. Amen.^ So schltesst diese ^Aii-
lica^. ein merkwäirdiges Gemisch von Stolz luid Demut^
von fliessender und ungeschickter Ausdrucksweise, von alt^
hergebrachtem scholastischem Brauch und klassischen Re-
miniszenzen. Wie glatt läuft z. B., liest man das lateinische
') Der jc. B, sdueo Vorlesungen über die Scüteuzen 2a Grtiiide Jag.
Hierauf und auf den Ruhm, deti Heynliu seineo Badcnscrn bringt, spieUe
G. de Castroforti in der oben S. 112 und 116 A. 1 genannten Frage an.
' 'r.^jLJi. IT. JLZZiJz^ ii-i- 2-i-. nri wie ist dagegen der
Vr7i:'-r:.- i-rr £:-£:. ?:^:z-T ^r: i-r Th-e^-^iogie schwerfällig
'zi.i -i. i-i. HüT^i. i.-rte:^-r2:^-;_ ^'ie Tinge^rohnt mochte
:r. irr £:-- 3is.-;is>- • "t. — *^:-: Jihrhmiderteii die Pro-
11 :: iri. :-i-r rins-r I-.iTrr^ irr TLe«?iogie stattfanden.
'.:- •Tr->:i::*i.:r t.-_ i-i_ itl-m^iiri. Bürger nnd seinem
'":^i"T:- -n: i.-n c-r "-rr iTr-s-iine V^rzleich klingen, den
Hr-.-iJi- r=-->.lri. -.:i h^I.tt imi irz: herrlichen lorbeor-
j-kr ;:.:-- Pt-ÜtS utIT. Ii. i-r: 7j:. ein etwas kühner
V-r::l-.:J_ A':eT -: zii^ ?.:_ .:ir:i ir- Lohen Begriff, den
Hrv^üiL -r r. se::--: l-t^-h '-V'—ie Lärre. und den freudigen
S i-^r-.i^ >r::.Tr r--r:- ■ri:j.:l--lii^rn liLs.rrrr.. Vor allem eins:
z.: •-'?•: -ii: ':-i:i.i:.:>::>:l.. Vi: lirrirJ lehren wir jetzt be-
H-;-:.".:' -^j.' ■... z-i-.Lr^'z ?i::".:>::h Tind er war »^iii
j- Tl.— -: 7:.- '. iTr A"-:r -? --ir:- ein wesentlicher Zug
. . •- ^ T :_ 3 1. 1 V :-:.". r 1 t.- ".".- ^ : . t.- :r - : .; ht hinzuset zen : er
-.:.: ii 1 ---1. -..r- -.^-rr:- r H"iii:.:>':, r»ei:e:e sich dieser
Z:^ LI- - -1- '.. >'..-: - — il:.:-::. >*:iLrif:en -und Reden in
.1.1. r: ^'-.z '-'■- M..>>- :.■- > '.r.'z er jerzi mit voller
}1 ::.■■'.' . rr t --i. ".':."■ r::-. "..z:-:.. z*^ -iein er den
-:-- -T ■ j- •:-:. j-i.^s:. .-. ^ r: ..i^vr-.r:. eingeleitet um!
.1 ^-1 - :.- :_ 1. :: s 1:1: r"rv:ii ir 'VTilhelm Fichet in-
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-.— V ."--- > ..." V. 1- :> i:'.A:.ivni>:e s--ines Leb'^n-'
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JohaDties He>iilin aus Stein.
121
Wie früh oder spat er auch den ersten Gedankeii zii
dsem Vorhaben gefasst haben niag^^) es keimte in Heynlin
är Plan, an der grossen Werkstatt geistigen Schaffens, in
^riB, ilas ija vorzugsweise seine alma mater geworden wai%
le Druckpresse einzurichten. Niemand wusste ja besser
ie er — davon zeugt seine her^^orragende Bibliothek — ,
dlche Vorteile das neue Vervielfältigungs-Verfahren fiir
len strebenden Gelehrten bot, und um wie\nel leichter
^ch mit seiner Hilfe jetzt das geistige Rüstzeug beschaffen
Bßs. Es ist von vornherein bezeichnt^nd für den <Teist
toes Unternehmens, dass es der Humanist AVilhelm Fichet
ir, dem er seine Ideen mitteilte und mit deyi zusammen
sich im Jahre 1469 an ihre Ausführung machte* Fichet,
ar sofort erkannte* was ihm eine selbst geleitete Druckerei
öi seinen literarischen Bestrebungen für Dienste leisten
»nute, ging freudig auf den Plan ein. Da er die Unter-
rötzung mächtiger Gönner, daninter besonders des Bischofs
>n AutuUj Jean Rolin, genoss, war er ii vielleicht besser ais
sichtigeu. VcrgL auch Ehwald in Zeitschrift fiir Bücherfreunde IV, 129 — 140
(1900). Abdrücke der Vorreden zu den von Fichet und HevDlin herausge.
gebeneu Büchern bei Cl. Press. 71—87 und in Facsimilcs bei Cbamp. (1904)
einigen Punkten konnten wir CUiudins Darstellung berichtigen»
^) Diiss er und nicht Fichet den ersten Ged^nkcu htilte» ist jetzt allge-
ein anerkannt. S. Madd. 149 und 16a, Phil, Impr, 24 — 27, 237 usw.,
Press. 2; CL Orig. 8 und 14; Chanip. 9. Sie alle schreibe« auf Grund
pn Fichcts eigenen Äusserungen Hcynlin die Initiative zu. Ehwald jedoch,
zwar Heynlin das Verdienst reserviert, den Buchdruck in Paris eingeführt
haben^ steht gleichwohf in Fichet „den geistigen Urheber jeuer grossen
tat", weil er der Erwecker des Hinuanismus in Frankreich gewesen sei.
(S. 134.) Letzteres ist richtig. Aber wenn ich eine geistige Bewegung fördere
oder ins Leben rufe und mein Frcuud macht mich auf ein ausgezeichnetes
Mittel aufmerksam, um diese Bewegung auszubreiten, so ist mein Freund der
Urheber des Gedankens^ dieses Mittel anzuweuden, nicht ich. Freilich» dass
ans der ersten Pariser Presse lauter humanistische Bücher hervorgingen, ist
sicherlich Frchets Einfluss zu verdanken; Hcynbu allein hätte vielleicht auch
ein paar Kirchenväter erscheinen lassen» wie '»päter in Basel, Aber mit dem
Gedanken an die Einführung des Bachdrucks selbst bat das nichts mehr in
tun. Fichet schreibt in der V^orrede zum ersten Buch an Hcj'nliu : „At vero
roaxime laetor hanc pcstcm (d. h. der barbarische Zustand der Teile) tua
proridentkt tandcm eliminari procul a parisiorum lutetia. Et euim quos ad
hanc urbem e tua qcrmanfa librarios aseivhti quam emcndatos libros ad
e^empbria reddunt" etc, . , , (Champ. No. 2.)
122 Max Hosßfeld.
He\Ti]iii) in der Lage, die finanziellen Grundlagen des Unter-
nehmens zu sichern.^) So hatte man nicht nötig, an hohe
und höchste Stellen nm Unterstützung einzukommen: das
Untenielunen blieb ein rein privates, und niemand anders
als die, die es ausfülirt<^n, hatten über die Wahl der Bücher
zu bestimmen.-) Es konnte den beiden Männern auch nnr
emiinscht sein, wenn ihr ganzes Vorhaben so lange geheim
blieb, bis alles gut im Gange war; hatte man doch im
Jahre 1462. als die ersten deutschen Drucker nach Paris
kamen, um ihre Bücher zu verkaufen, die schlimmsten Er-
fahrungen mit den Abschreibern imd .Illuminatoren" der
Handschriften g^^macht. die um ihr Brot zu kommen fürch-
teten und daher Joh. Fust. der selbst, seine zweibändige
Foliobibel zum Verkauf nach Parias bracht«, einen Prozess
angehängt hatten. Fust sah sich damals gezwungen, zu
fliehen, und es ist wohl zum Teil dieser üblen Aufnahme
durch die mächtige Zunft der librarii und stationarii zuzu-
^rhn-iben. dass überhaupt von^rst niemand gewagt hatte, in
Frankreichs Hauptstadt eine Druckerei einzurichten.*) Unsere
fv-iderj (gelehrten konnten dies mm um so eher unternehm»*!).
al* f'< ihnen gar nicht um Geldverdienst zu tun war. sondi^ni
■-«üblich um ideale Ziele. Denn die Bücher, die sie drucken
.,*-T-'-n. waren nicht und konnten ihres Inhaltes wegen nicht
h A eiüeii Massenverkauf berechnet sein. Sie spekulierten
r.-'i^-r auf die geistigen Bedürfnisse der grossen Meng»*.
• ';: a"i den Zeitgeschmack der gebildeten Welt, sie warer.
•; ' ^r dazu bestimmt, auf den Geschmack der Zeit ersi
.• :• %^-<<t'V\A und läuternd einzuwirken: sie sollten dazu
■.:■;.. Ml-.', umzubilden. AVas Ficliet und He\'nlin wollten.
'■ T.^'-.r.'. r«.heint Heynlin persönlich vermöjyender als sein Freund ge-
. • ■' / . ';.:. Dcr.ij «iie^er wurde in der Sorbonne durch eine Börse unter«
. / .•'■. . V -.'':., 2*> ' , wahrend Heynlin eine solche zahlte (siebe obeo
A I-i J'.r S"ri>'Hine aSer waren es die ..Paaperi magistri*', welckc
•'.'*':.. M.'i die. die sie zahlten, waren die Wohlhabenden, »ör^.
■',:.•: hab>en wir manche Beweise dafür, dass Heynlin nick*
■ ,, . -r. .;.-: ':r hatte besonders tlir Bücher stets eine offene HirJ
:■ .t r r.'hct hatte dafür gute Verbindangen mit hochgestellte"
■ .••. . '... '.»r:;;. 53 und 25 A. r».
.•'": . r. Orig. 2-' 5^-
;:..:'. Im:.r. 30: Krank!. 107.
Jobauocs HeynVin au& Stein.
1^3
Idaa war. durch die A^erbreituog sorgfUltig hergestvellter Text«
rrciTi klassischen Autoren oder buomn istischen Werken den
I Bland dt?r latcinischon BiMnng in Paris z\\ heben und die
LLiebe ssam Studium de^s Altertums, wie die Fälligkeit, sich
Ku dessen Sprache gewandt und fein außxudrücken, in den
llCrffisen der Gebildeten und insbesondere unter der stu-
I dierenden Jugend zu befördern. Es ist. so lange die beiden
I Männer die Hand über dieser ersten Pariser Presse hielten^
iJcein Bnch aus ihr hervorgegangen* das diesem schönen
I Programm nicht entsprochen hätte^ und es gereicht ihnen
[beiden zur Ehre und zum bleibenden Rahm, dass nicht
Ijeiie Vortieile der neuen Kunst sie reizten, die ihrem eigenen
[Nutzen hätten dienen können, sondern dass ihr Geist die
I ergriff, die allen zugute kommen konnten. Sie haben nicht
Idie Bereicherung ihrer Taschen angestrebt, srmdern die
Kder edlen Geister dieser Stadt*^» w^e Fichet sich einmal
I ausdrückt.
I In ihrer eigenen Wohnung, in den Gebäuden der Sor-
ilionne richteten sie die neue Druckerei ein; zu Anbmg mag
[in der Stadt niemand etwas davon gewusst haben. In der
I Sorbonne selbst w«»rden «le kaum auf Schwierigkeit/en ge-
ist-os^en sein» übrigens warHejTdin ja 1470—71 Prior, Fichet
I gleichzeitig Bibliothekar. ') (Er war es schon 14^>9 gewesen
[und hatte sich vit^lleicht absichtlich sein Amt^ das von
irpcbtswegen nur ein Jahr datierte, verlängern lassen.} '• Am
iTage^ wo sein Priorat endigte, wurzle Heynlin dann FicheU
|Amti*nachfolger,'*) so dass von 1469 bis 1472 die wichtigsten
^kälter der Sorbonne in ihren Händen waren. Als Heynlin
|p 25. M4rz 1472 sein Amt als Bibliothekar niederlegte^
war»5n fast sämtliche Werke» die beide Männer ediert haben,
— Gegen l4*iH müssen sie die Erlaubnis der
: ^ 1 d't zur Einrichtung der Druckerei in ihr<L*ii Gebäu-
lliehkeiten erhalten haben.*)
[ He\Tilin als dem Detitacheu, der die neue Kunsr und
MJUß Heister kannte* fiel die Aufgabe zu* aus seiner Heimat
^B ^ Sidie 6ben S. 105.
^H^ */ Q. Orig« 9, Phil. Xuipr. ji. j
^^■KFrsnk. S. S& and 201,
124
Max Hossfeld.
Buclidiiickar zu bestellen. Auf seinen Ruf kamen ana Basel
die ^drei aleniaanischen Brüder'*^ Michel Friliurger aus
Kolmar, Ulrich Gering ans Konstanz und Martin Kranz, in
dem man einen Landsmann Heynlins erblicken wrill. Fri-
burger war ein studierter Mann^ die beiden andei-en scheinen
einfache Arbeiter gewesen zii sein, die die Lettern giessen
und die Ma^jchiiie handhaben sollten.*/ Friburger ist 14*>1
in Ba^el baccalarius^ 1463 magister art^ geworden und hat
Heynlin im Jahre 1464 hier kennen gelernt; offenbar wur
er damals schon in einer Druckerei tätig, ^^ In Paris erinnerte
sich Hejrnlin seiner, schrieb ihm, und Friburger brachte
dann die beiden anderen mit.
Während die Handwerker ihre Presse und alles zun»
Drucken nötige Material herstellten, waren die beiden Ge-
lehrten beschäftigt, die Texte druckfertig zu machen« von
deren Verbreitung sie die Fördening ihrer literarischen Be-
strebungen erhofften. Die beiden ersten Bücher, die er-
schienen, hat. wie Flehet selber angibt, Heynlin allein
besorgt.*) Dennoch spricht die Wahrscheinlichkeit dafui\
dass Flehet es war^ der <lie beiden Werke auswählte. Unil
das gilt überhaupt für alle Erzeugnisse dieser ersten Pariser
Dnickerei» Um es kurz zu sagen, w^ar es nach unserer
Meinung vor allem Heynlin. der dafür wirkte* dass gedruckt
wurde, und es war vor allem Fichet^ der angab, «tö*
druckt werden sollte. (Zuweilen tat es auch Heynli|
Überdies hat Heynlin die Mehi-zahl der herauszugebende
Texte nach den Manuskripten durchgesehen und korrigie
hat die sachgemässen Einteihxngen in Abschnitte und
pitel vorgenommen, Überschriften imd alphabetische Regia
hergestellt nnd dergleichen mehr. Er ist der eigen tlic
Herausgeber, Fichet der geistige Leiter bei dem Unt
nehm»ni, (.Terade die literarischen Ziele nämlich, die diese
seinen Charakter verliehen, müssen wir in erster Linie
Fichet suchen, denn wenn man das gesamte Lebenswei
der beiden Männer in Betracht zieht, so ei^scheint der Fr
*) Sq Cl. Orig. lo. Gering ist nicht identisch mit dem Basler
dentcn ähnüchcü Namens, der aus Beromünster war,
*) Cl. Orig. 9. — Siehe oben S, 90.
>) CU Press. 73.
Jobatines Hcynliti aus Stein.
1^5
rini eminenten Sinne als Humanist, der Deutsche erst
zweiter Linie, Und tla gerade hier zur Zeit seiner engsten
?rbiiidnrig mit Fichet der Huinanismus sich bei ihm starker
^merkbar macht als früher und auch als später, ao war f^s
^wiHs der Freund j der ihn in diesem Sinne beeinflusst hat.
&ynlin selbst erkennt das an, wenn er einmal von Fichet
t: .quem mihi semper ad optima quae<|ue dncem auc-
remque proposiii^, (Brief an Fichet.)*) Von besonderem
fertoi für die Erkenntnis des Verhältnisses zwischen den
^iden Freunden') sind die Vorreden zu ihren Ausgaben,
sie auch Heyn lins Tätigkeit im Einzelnen vorführen
und überhaupt ein lebendiges und scliönos Zeugnis für den
»ist des Unternehmens ablegen^ führen wir im Folgenden
hierher gehörigen SteUen in freier Wiedergabe an und
jlhen mm zur Aufzählung der einzelnen Bücher über.*)
1, Im September oder Oktober 1470*^ erschien das erste
*J a. Press. 82.
Mir scheint Claudins Ausdruck nicht glücklich: „c*esl lui (Fichet) qui
ndc, nieme a son ami Ja Pierre,'* (HcyDÜn de Lapide,^ CK Orig, j^3*
den Briefen der beiden geht rwar hervor» das» Heynlin die Überlegen-
»eines Freundes ;iuf humanistischem Gebiet gern und willig anerkennt
von Befehlen und Gehorchen kann matt xwischen den beiden Freunden
(lieh nicht sprechen. Wenn Fichet HcjtiUu brieflich bittet, als nächste
abe ein Werk Ciccros drucken lu b&sen (siehe uut. S. 133), so ani*
dieser twsa: „mo% aggrcdiar, quod litteris tuis hihes**, aber Fichet
«t nagt nicht inbeo, sondern „nequaquam subvercor uc forte ncges te
anim <)uod pro miiltorum dtgnitate tuaque glona per epistolam iffiagfito,
ittd ja nur h5f1»che Wendunf^en. Heynlin selbst fugte aus eigener
mmetibeii dem voit Fichet angegebenen Werke noch vier andere
iten Ciceros hinzu und licss alle fünf xusafiiaicn drucken. {Siehe unten
U56«) Claudio scheint bei dem Ausdruck Commander besonder« ein
Fichet« vorgeschwebt m haben, dorch da« dieser He)iiUii beaitAragt
s<itt. einem dritten Freunde (Gaguin) das Exemplar eines fertigen
ekt» XU iiberbrtngen, ;)ber unseres Erachtens hat C, das Wort Janas, daa
atin bezeichnen soll, missver^tanden ; siehe unt< S. 12S A. 6.
*) Wir schliessen uns Claudins Reihenfolge an. (Orig. 56).
*) X>lltin mochte ich Claudins Angabe („frühestens Juli oder Aognst
'*\ einengen. Das Datum ist nicht überliefert, latst sich aber aus
Briefe Fichet« an Heynlin crschliessen» der dem Druck als Vorred«
at, Fichet bezeichnet in der Grussformel sich selbst als Doktor
e, Heynlin als Prior und loln dann dessen Tätigkeit all solcher
den Worten: cum lande et gloria sorbonico certatnlni dux praefuisii. Die
Ute Ijeitung der Disputationen an der Sorbonne wird hier also
126 Max Hossfeld.
Buch, die Briefe des Oasparino Barzizi aus Bergamo^ ^per
Johannem Lapidaniun Sorboneiisis scliolae priorem moltis
\'igiliis ex corrapto mtegrum effectum, ingeniosa arte im-
pressoria in luceni redactum^-. ^) also eine Ausgabe Hejiilins.*)
Er hatte, um einen gereinigten Text herzustellen, denn
durch die Flüchtigkeit und Unwissenheit der Abschreiber
war er stark verdorben worden, möglichst viele Exemplare
zusammengebracht, sie verglichen und die Fehler verbessert
Den geläuterten Text') legte er den Buchdnickem vor, und
als etwas Zurückliegendes bezeichnet. Claudin schloss hieraus mit Recht,
dass seit der Übernahme des Priorats am 25. März 1470 einige Zeit \-cr-
llossen sein müsste, bis Fichet so sprechen konnte und setzt deshalb dis
Erscheinen des ersten Druckes auf den Juli oder August des Jahres (Press. 4,
C)rig. 14). Man rauss aber noch weitergehen. C. übersah, dass die Leitung
<lei- Disputationen dem Prior nicht während des ganzen Jahres, sondern nur
während der Zeit vom 29. Juni bis zum S.September oblag. Den Rest des
Jahres besorgte ein zu seiner Entlastung bestimmter ,,magister studentium.*'
((Jp'. 40, Thur. 131.) Wenn Fichet also sagt, certamini Sorben ico dux pra^
fuisti, so nuiss sein Brief nach dem 8. September oder doch wenigstens gesen
Ende der Periode, in der Heynlin den Vorsitz hatte, geschrieben und gedntdct
hi:in. Bedenkt man endlich, dass der nächste Druck erst wieder vom i. Januar
(1471) datiert ist, und dass die nunmehr erscheinenden Bücher sich in Ab-
stünden von I bis 2 Monaten folgen, so gewinnt unsere Annahme nur ao
Wahrscheinlichkeit. — Beiläufig bemerkt ist Claudius Beweisführung für das
fahr 1470 (denn der erste Druck ist auch ohne Jahresangabe) nicht stichhaltig.
(<.l, <»rik'. '4-) ^-^ argumentiert, ebenso wie Madd. S. 153 — 4 folgcnderraasseo:
\'u\u'\ wird als Doktor der Theologie, Heynlin als Prior der Sorbonne b^
/v.u\iU('.X. Nun war Heynlin 14O7 und 1470 Prior, da Fichet aber 14(17 nocb
fiuht Doktor war (er wurde es 7. April 1408, Phil. Fich. 31), so könne nur
1470 ifi Betracht kommen. — Es ist aber, wie S. 100 und S.92 gezeigt wurde,
ii/ifi'btig, dass Heynlin schon 1407 Prior gewesen sein soll, er war es vid-
ii,i.\it nrhi seit dem 25. März i4<vS. Somit ist zwar das Jahr 1407, nicht
jfi'f i4'/>5 ausgeschlossen und es könnte Fichets Brief sehr wohl zwischen
iXrti, 7. April 1468 und dem 25. März 140Q ^wo He\-nlins Priorat aWief)
yft^.ct Un*:UfM sein. Aus einem andern Grunde aber müssen wir Claudios Re-
rf.iFii /ukfiffimen: wir wissen ja, dass Honlin sich im Jahre 1408 von sein«"
/* /'Jli'.litijrigr» als Leiter der Disputationen an der Sorbonne befreien licss.
.',i,..i k'Wjii*tn Fichets Worte dux praefuisii etc, nicht auf 1408 berogen
..'/'!•»., ij/.d 1470 bleibt nach wie vor das Jahr des Erscheinens des ersten
i'.fn»'f bf'ukt». I
*, ;;i/h Ma4d. 157 hat He>-i:::a ias BuA auch aasgcvählt. Es iÄ
.. ,f,2^.f»* 'rjft^ 'td;tio princeps. Phil. Issrr. 71.
*) f/M Mauoskript, das aU Voru^ diecte, j^ebone Heynlin. O. Hist
JobsiiitTes Keynlifi iitis Stcio»
127
m überwachte er auch selbst den Druck. (An Flehet
man hierbei schon danun nicht denken, weil er nicJit
ch »pnich.) Seinem Freunde schickte er die Pi'obe-
j« ziu cUmit er die Freude üV>er das Gelingen dea
I Werkes teilen und wnhl auch es noch einmal seiner
ondigen Durchsicht unterwerfen sollte. Fichet an
}iv mit i>int'm Brief, dnr ein schönes Zeugnis für Heynlins
uüdliche Sorgfalt und für seine und seines Freundes
Ziele ablegt Er rülimt den Fleisa, den Hejnlin der
rergleichungund'Verbesserung gewidmet, den sauberen
zierlichen Dmck» den er mit seinen aus Deutschland
igenifeneu Druckern tax Stande gebracht hat »HeynJin
die klaren lateinischen Typen zweier 14(>8 und 1409
)m gednickt-er Ausgaben^ die er besass. gewählt, nicht
fon (-Jutenberg um! den deutschen Dnickeru vei'wvn-
gotischen;*) or versichert ihn des Dankes der edlen
;©r der Stadt Paris, die die Barbarei verabscheuen und
lilchreiiiü Quelle der Beredsamkeit, die süsser ist als
;, alle Tage begieriger kosten. Deine Behausung^
ibb or, ra^cht^ ich ohne alle Liobedienerei, wie Plato
von AriMtot«?les sagte, den Sitz eines höchst streb-
i Gelehrten nennen. Du studierst nicht nur floissig
a h«»iligim Schriften, was ja deines Anfites ist* sondern
»*nrend0ßt auch hervorragenden Eifer auf die Wieder-
linng der lateinischen Schriftsteller, du bringst dur*ch
sn Fleiss Licht in die lateinische Literatur, die unseres
iltera Unkenntnia mit Finsternis uiuhülh hatte. Welch
'1 lii'U hatten ihr iloch z, B. di«^ Fehh*r der
: li^'nl Du aber verjagst endlich dies Üti-
weit aaa unserer Lutetia Parisiomm!^!
V»nn nuitj bedenkt, dass noch im zweiten .Jahrzt^hut
6. Jakrhunderts in Deutschland nur sehr wenig sorg-
Ich £lAube ittd&t« dji&s He^'ntin die .inli(|Uii nur d^um wiibflc, weil
Ik wachen Au||>en tte i>es»er lesen kannieii, wie man immer behaupte! ;
war aüdi die VorliclM! dc§ Htimaiitsten für die alte romtiche Schrift
|icl* Seine eig^eoe Hand^chriA, soweit sie ZtersrhriH i«t und nicht
Kttn&ive^ iftt ui^. Humanintcn&chTift und {t B. in Di^p.) iDtcbt von
MaAchsichriftei) £U untencbeidui«
- '1 Vrt%.i :t.
128 Max Hoiifeld.
f alt ig geprüft** und gut korrigierte Texte von Klassikern
ge<lruckt wurden.' so muss man das Lob, das Fichet hier
Keinem gewissenhaften Freunde so begeistert spendet. all»»r-
diugs in vollem Masse billigen.
2. Das zweite Buch liess nicht lange auf sich warten.
Es war die Orthngraphia desselben Verfassers. Gasparinus
liergamensis.* Nach Fichets Zeugnis war wieder Heynlin
der Herausgeber.* Als Beigaben fügte er Guarinos Traktat
über die Diphthonge imd eine selbstverfasste in Dialogform
p»sohriebene kurze Anleitung zur richtigen InterptinktioD
hinzu.* Fichet steuene in Form eines Briefes an Bobert
(laguin* die Vorrede bei. einen Ausruf der Begeisterung
über das Aufl>lühen der .studia humanitatis" in Paris luid
eine Iji^bpnMsung der göttlichen Erfindung jenes Bonemon-
tanns. die so gewaltig dazu beitrage. •?
M KrhAui. G»vh:cb:e d^ Wi^eraufblühens wiss. Bildung in, 268.
^\ Nicht Hcyr.'ir.* *e*.b*:. wie es in der Grande £nc\-c1opedic heisst.
XVll. 40-. <iSo; .
*^ \}\\\ t^iAs^wris: rfrfÄr:.css:s epistolas impresserunt, quas Joannes Lapi-
iiauu> cn\nul.\\it. ^;:v.-. -.'...^i «urror:« ortkographiam, qnam hie etiam accnnte
•> Aut 10*. ::■.-. 0 . rres>. 5 u-d 50.
'"'' iK\j:uin rru :,:*::- :.. Verft-. .i:e dem Druck gleichfalls beigegebea
\\ui.\rn. Vi \»,\i c:- Ss.'r.-'e: ur.i Frt-ni Fichets, einer der Pariser Lehrer
\o\\ Knuanu^ v.-.-.,; c.r. Hur.- :.:;>:. der ?:>.:: besonders durch seine französiscl»
^irMi\uhtr r;ju*n N..r..c:-. jT; r.-.i*"r,: hi: S-.ehe S. «^8 A. 3.1 Er war naturli(i
llrxnhn wol'.l '.'«k.iV.v.: .-^^cr .. ;*. ti-r..:» sciac egregia carmina}, doch scheinen
vuU vhr 's^ulo-.'. M.-.-f: •.- v'r: -. ■."*?:■ ^ireter. zu sein; wenigstens kommt in
ti-i^Munv ..iir.'c vho.' Iv ;•:';' Hr\T'..-> N-iT.e r^irgcnds ^-or. (Siehe Roh. Gagoini
1 |Mvt ti »M.\; o-ov .V. Vr..->r.f. Fir.s :*Zi, 2 Bde. Reg.)
" ih.v '.•♦:* V ::.!.'. V-cn>. ~: — "i. Am Schluss steht: Aedibus Sor-
l>iM».»r i.r.'Vtv. .-. v.o K ,i- ■.■..; > ';.:-.:::.r.:i d.l-calö scriptum, und gleich danmier
tolj;rr..U-v IVxt.V..-. .^'..:c -.v.tf:. :':::: rur.c munera nostra Roberto, l'»
^;u» «niiv-.N ;.N';.\ » .;: ,^r.v. .. > ..;\.>" l i-d-.n -Orig. 17, Hist. 2') fasst Jane
.»K o:v.r .r.v.i-.-v.f .oh.."*: \.: \r,i.-7.f lu:" und sieht in diesen Versen eine
\\iiioi»;, :..•,.; ^ »hx:^ ./. \'r..:- f> Hi.r. .1. di> Buch persönlich Robert Gagnin
u \-.l^ i.M."i:i*.-. '.»•>. i, ■.■ ...:.:. ...>» i«r Humanist Fichet eine Zusammen*
. '.rh;-.:^ V.-...'' % s*v. "v"V..».-,^ ^;. ■..,.;; "r.:..xi. "Brürde. Vielmehr geht ans den
. ■,-. V., . ■.-. r V. .. •. ■ iir j; . . : . . v ..: >;-..-. d..» r.-.i: J:jiTii die römische Gottheit g^
-.crt '.^t W..:^.: ...vr. >.vk,": .1 f K-.trjdcü. »"ie der Januar, wie «Ue
•.'.\,V.c'.\ M.-j:c V {..../:.-■ >.; ^. ;:: .. x^-z.- tiz. Mann wie Fichet Kalcnd»
-.»■ ■.\i-. :> / '.;;»;::o >. :*.: i . . >, »-.-ir,; -Hr.-. der Gedanke an Janus ganz tob
>;'.^>; l-.ci.u-,N. \V,;> ",^: r. . .-.f: * ,r. i- K.Lid der neoen Zeit, als Bricg«
Johannet Heynlin aus Stein« ^^^1
:l Anfang Februar 1471 kam ein Saüust heraus, ent-
halt^'nd <lie Katilinarische Verschwörung und den Jugurthi-
TiTschen Krieg, wieder eine editio princeps^ gedruckt nach
Manuskripten, die Heynlin geprüft hat. Auch Fichet scheint
an der Ausgabe beteiligt gewesen zu sein,^)
4. Es folgte eine Ausgabe der Epitome des FhrttSj zu
der Robert Graguin 4 Bisticlien schrieb. Sonst keine Spuren
vom Herausgeber.
5. Die Walil des folgenden Buches ist mit Sicherheit
Fichet zuzus eil reib eiK Es waren die Reden des Kardinals
Bessarion über den Kreuzzng gegen die Türken. Der
grosse Grieche kam bekanntlich 1472 nach Frankreich, um
den König für seine Beoiühungen imi den Frieden in Eu-
ropa und um gemeinsames Vorgehen gegen die Tiirken zu
gewinnen. Fichet, von denselben Ideen erfüllt, knüpfte von
der Sorbonne aus*) eine Korrespondenz mit Bessarion an,
und suchte diesem auf alle "Weise die Wege in Frankreich
au ebnen und für seine Sache zu wirken. Er plante auf
Anregung des Kardinals eine Verteilung seiner Reden im
grossen Stile. Die neue Dnickerei kam wie geschaffen, um
diesem Wunsche Gestalt zu verleihen. Heynlin ^ mit dem
Fichet sein Vorhaben gewiss ausgiebig besprochen hat,
• etimrat^e freudig zu, und so wurden bis zum April auf
Fichets Kosten eine grosse Anzahl der Reden gednickt
[(unter ihnen übrigens auch eine demoathenische, der erste
l>emosthenesdruck, den man kennt).*) Fichet verfasste eine
grössere Reihe von Begleitschreiben, Hess sie teils drucken,
teils schreiben und verteilte dann 46 Exemplare des Bessarion
an alle Höfe Europas, darunter an den Kaiser, den fran-
zösischen König imd, was uns besonders interessiert, den
Markgrafen Karl von Baden und dessen Bruder Georg, den
der Morjjcnrotc klassischer Bildung fühlte, überhaupt naher als eine Apostrophe
an dcD rückwärts und vorwärts Bebauenden GoU, zumal in diesem Moment^
(wo er die ersten Erseitgnisse der Pariser Druckerei mit seinen Wünschen
begleitete?
•} Vcrgl. Cl. Orig. 20, ebcDfio Hkt» und Phil. Impr. 71. In gewissem
fSinuc habcti ja überhaupt stets beide zusammengewirkt«
*) R, RochoU, Bessarion (1904) S. 202.
*| Phil. Impr. 102.
Batler Zeittchf. f. Gesch. und Altertum VII, 1. 9
MO Max Jio»sfeld.
MiHchuf von M<*lz. 'i DiMiiK wie* wir bei dieser rTelegeLh«.-it
«rifilirfii, staiHi lioyiilin. der ja aus Baden gebünig war.
mit (Ifiii licrrs('lH)rljaiis<t seines I jandos in guten BeziehongeiL
Klihi'i riclil.cl«* an clio b<'i<l<'n Markgrafen zwei vom gleichen
'r«;;i« <lali«'rtf h*»^loits('lin'ib(Mi 'XII. Kl. inaias = 20. Apiil
11711,^' in di'H'ii Kin^ang «t sicli gleichsam zur Ein fi'ihruDg
soiiuT «li'n Kiirsli'n bislang unbekannten Person auf Heynliii
b«»/.ii»lit. I>i«'si«n «Twälmt rv in einer Weise, dass man an-
nt'liiufn lunss, sein Naint* war beiden Fürsten wohl vertraut.
..,b»ni(hulu!n ad t«». si»n'nissinie princeps*, beginnt er seinen
\\v\r( an Markgrat' Karl, «opus misissem quo nunc ttiam
St^riMiiiattMU «lom». si ipiat»renti mihi fidelis tabellariiis ali-
ijuando fuisstM inv«Mi!us. .Joannes vero Lapidanus vir doc-
iis>itnus a!«|Ut' gravissinms imus mihi tabellarii copiam
unpi-rrinie feeit. d«' euins erga te fide neijuaijuam sit mihi
dnbitauihiMi." ib'vnlin, diM' lu^sser mit Deutschland in Ver-
bindung st^ind als KirhtM. besorgte also den Boten. Per-
>t!h«^ HiMe nahm auch den zweiten Brief nach Metz mit.
ili :i Fii'ht'i an den Mark graten (leorg richtete. IHeseii
::ir«»ir lli'\ nun wohl per>r>nlioh gut kennen, denn Fichtst
bf^;^..:;! veinrn \\rw\ an ili-n Hisohof folgt-ndermassen: -Efc?i
.ivv»'..:.rv L;ij»id;tiin>. li:ti-ris r\ njoribn^ vir egregius. maiiüä
■ .-. :•. s;ii']»!U> y.iihi :.arra\ tM':i:. )«riiK-i']>s fu' jiaivr pnie>ta>
;.»::■. ir. v:-.;:l-:i> Si ribii-di \\h[ de>yd^'rii« vt-li.-i"::ri;T»?r -irTiiiii
;.::;'.:,;>. :..":; :;r.:;f'.i :\:ai- suMi]M'-n' Taiiiftiii r-m aTiirräiD.
■..:.... iv.ss;»:: ■ Niv:jr:.u> v';irdi:iä]i>" eU'. . . . ÜlnrT -i^L Tr-
>: y.v. ii ^.vsv: iT.; '.■.■'.. Reziriiir.igvii zwisclji-Ti iTrii baiiscL^"
M;;: kiTvii:: :. :;:..i J. Htv:."::. :iU> Sit-ii-. urA »^ir Ficb:-i t'-riZ'^^?
■.•.;. :.:.'.\:. .:::::e:. ;.:. ov:. ii'izTvrt-ii c^m-iA^vr-z. Br:-:e
i^ iJ"^"?- ">p ~ iirkei. pr^vi-ir nans. l->^-
r»- ;::*.>:— f nridoi SrUTpifisa von ?:• i-:'-
i^ncr. .*!>< lit^n vnr. riandn at> cr«n. le»*
Johaaoes Heyntin aus Stein.
131
spielt/) ist nichts weiter bekannt; man darf vermuten,
dio Bekanntschaft zwischen dem Steiner und dem
lisch of Georg schon 1458 geschlossen %^irde, als der damals
2ö jährige Markgraf auf zwei Jahrf3 nach Paris ging, iiin
dort das Französische zu lernen.*) Recht walirscheinlich ist
auch, dass He;)Tilin, als er 1467 von Mainz nach Paris ging,
das auf dem Wege Hegende Metz berülirt hat. Zweifellos
waren es humanistische Interessen, die den Oelelirten und
diö beiden Fürsten zusammengeführt hatten; hatte doch
Georg in Italien seine Studien gemacht, während Karl in
literarischem Verkehr mit dem schwäbischen Humanisten
Niklas von Wyle stand.") Später ist er noch mehrfach in
Verbindung mit der markgräflichen Familie getreten.*)
Während so die Buten mit den aus Fichets und Heynlins
Presse hervorgegangenen Reden Bessarions nach allen Hirn-
inelsriclitungen ausritten, um Europas Fürsten zu der cruciata
zu bewegen, war Ficliet des weiteren darauf bedacht^ per-
sönlich bei König Ludwig XI. für die Angelegenheit des
Griechen zu wirken. Währejid L*r sich um eine Audienz
bexnüJite, ruhte unterdessen die Tätigkeit der Urucker in
der Sorbonne keineswegs.
6. Als sechstes Buch erschien Fich§ts Rlietorik, von
ihm selbst nach Kollegheften seiner Schüler zusammen-
gestellt Ein Widniungsexemplar ist vom Juli datiert.^)
') „Propones vir t Ulis oriiamenta quae cum cctcris tum illuEtribus tt
officiotUsimis Marchionihm iui« Badensibm lüde nasccntur mfrnita,'* (Brief
vom 7. IIL 1472, CL Press, S, 81 unten.)
•) Am 28. Oktober 1457 war zwischen dem aUen Bischof Kourad von
MeU, dessen Ivoadjutor Georg war, ymd Georgs Familie ein Vertrag dieses
Inhalts geschlossen worden. I^Gallia chrisliana XIII, 786), Im Juni 1458 war
Georg noch in Metz. (FraD90is et Tabouillot, Histoirc de Metz 1769 ss. II,
655.) Als im April 1459 der Bischof Koiirad starb, Hess der Markgraf von
Paris aus seinen Bruder Mnrcug in Vertretung fiir ihn vom biüchöllidieu
Stuhle Besitz crgrcifeu (4. August), Da Georg seinen Einzug erst im Juli
1461 hielt, ist er vielleicht bis tm diesem Jahre m Paris geblieben (vergl.
Fraö^. et Tab. II, 656), Das ergäbe einen Aufenthalt in Paris vom Herb&t
1458 bis Sommer 1461. Im Liber receptorum nat. AL steht sein Name Dicht.
Er war ja auch nicht gelehrter Studien wegen nach Paris geschickt worden,
*) Vergl. Würlt, Vicrtcljahrshcfte 1896, S, 8j, 97, 124, 2<>i.
*) Siehe S, IJ7, 141 ond Kap. g, 10, n,
*) Cl. Orig. 23.
I
132
Um% not^Mä.
7. Das Qiehfile, des AffO^tmo Dati von Siena issgngieiis
libeQiis in eloqnentiae pmecepta wird wieder als eine Ai^
gßhe Heynlins angesehen ; die Anordniing des Textee schciiil
dafilr zu sprechen.')
8. — 9. Es folgten zwei Bücher, von denen es biskcr
Inoch nicht gelangen ist. Exemplare aufzufinden, die An
Flehet atisdrücklicfa ais Ausgaben Heynlina bezeichnet hau
nämlich Ciceros Orator nnd die Geechichte dea Vakriui
MaximuSj die gegen Ende 1471 erschienen sein däxftea^i
10. Noch im selben Jahre kamen die £legantiae laim
aermonis des Laurentius Vaüa heraus, denen nuui deasea
grammatische Traktate de reciprocatioue sui et saus und m
errorea Antonii Baudensis hinzufügte. Es wmr die erste
Folioausgabe, 284 Blatt fitark^i Die Heransgabe mim
wiederum Heynlin in die Hand. Er teilte das Buch« wie
es überhaupt seine Gewohnheit wurde oder vielmehr schon
war, der Klarheit wegen in Kapitel ein, stellte die Kapitel-
überschriften in einer Übersicht zusammen nnd ver&sste
ein alphabetisches Wörterbuch der in dem Buche abgehaa-
delten Materien, uju es gleichsam in ein Lexikon des gut«B
Lateins zu venÄandeln* Es ist eine editio princeps.*) Die
Korrektur des Textes bat Heynlin den Petrus Paulus Senilit
(Vieillot) zu übernehmen. Seine Freundschaft mit diesen
Ifanne ist für ihn ebenso bezeichnend wie seine Verbindußg
mit Fichet. Senilis war lange in Italien gewesen und
dichtete selber lateinische Hexameter, von denen Heynlio
eine ganze Sammlung^ meist Epigramme und kürzere G^
dichte, bewahrt hat*) Sie verraten einen für die Schön-
heiten der Natur und Kunst aufgeschlossenen Sinn und
zeigen Senilis in persönlichen Beziehungen zu italienischen
Humanisten, sowie zu hochgestellten Franzosen (vor allem
*) Phil. Fich. 121.
») Cl. Orig. 26/27.
») Cl, Press, 57. Vgl. Hain 15812, Kölner Nachdruck von 148^.
*) Phil. Inipr. 151. Claudio bemerkt, d^ss in dieser Ausgäbe uod twir
besonders in den (von Heynlin verfas&ten) Zugaben t\im er&ten Mal der ßticb*
ttmbe V von dem Vokale U abgetrennt ist. (Orig, 27.)
*) Red, fol. 199 — 210*. Ich zähle 49 Nummern und finde 21 Terschicdcoe
Personen in dco ÜberschrtAcn der Gedichte genannt.
Johannes Heyali n aus Stein«
13.^
,em Herzog von Bourbon), sind überhaupt echt hiiman-
BÜscb, woran der Umstand nichts ändert, dass sich auch
nn gereimtes ßebet an die Jungfrau Maria oder ein Epi-
p-aram auf ein Missale unter ihnen l>ejtindet. Auch Brief<3
iron ihm hat Heynliiij wahrscheinlich als Muster eines guten
Bteinischen StilsJ) teils seihst abgeschrieben, teils aufbe-
(rahrt. Einem Manne von solcher Bilduug konnte er wohl
iline Bangen die Textkritik des Laurentius Valla überlassen.
Iber Senilis war Sekretär und Hofmann Ludwigs XL und
daher viel beschäftigt. Ross und Schwert^ sagt er. nicht
JFeder und Papier forderten die stürmischen Zeiten. Aber
ffer wolle dennoch Heynlins Wunsch willfahren, denn er
könne ihm nichts abschlagen, ohne sich undankbar zu zeigen.
Dies schreibt er in einem Brief^-i d^r zusammen mit Heyn-
lins Antwort der Ausgabe des Laurent ins als Vorrede bei-
gegeben ist, und der^ ähnlich wie der des W. Fichet, von
Heynlins literarischen Bestrebungen Zeugnis al>legt. ^Vir
aumanitate litterisqne excellens^ redet Senilis ihn an, unter-
prirft seine Arbeit seiner ^feinen Feile und sndnem gewich-
tigen Urteil**, und bittet ihn, die letzte Hand anzulegen,
iie Fehler, die er stehen gelassen, auszumerzen, und „den
Ä^cker. den er, Senilis, nur von Dornen, Steinen und Uri-
craiit gereinigt und mit der Hacke bearbeitet habe, mit
Pflanzen und mannigfaltigen Blumen auszuschmücken.^
Heynlin findet das zu viel Ehre und gibt dem Freunde
^ine Lobeserhebungen mit Zinsen zurück. Nicht die kleinste
Unebenheit finde sich mehr in der Korrektur des Textes,
fcu der er, Heynlin, gar nicht im Stande gewesen wäre,
habe er doch nicht, wie sein Freund, in Latium^ sondern
bald in Deutschland, bald in Paris in einer ärmlichen und
t barbarischen Äusdiiicksweise seine besten Jahre ver-
;ehrt und sich hier wie dort flicht so sehr zu den Oratoren
Is ru den Philosophen tmd Theologen gehalten. Und das
tue er auch jetzt noch tägKch mehr, sodass er, auch wenn
^) Id dcu Abschriften ist an Stelle der Namen biäweileu ein einfaches
gesetzt. Red, fol. 211* — 212* (Kopien von Heynlins Hand), foL 213 — 226
>rigiDaIe). Datiert sind sie ans Tours und Ambnisei 1469 und 1470. Aa
leynliii ist keiner gerichtet.
»> Q. Press. 77/8, Champ. 50/51.
I.U Max Hossfeld.
er die Fähigkeiten dazu besässe, kaum einen Augenblick
der Müsse für Laurentius übrig fände.
Dennoch wolle er. so gut er es vermöge, seiner Auf-
forderung nachkommen, denn er wünsche sich nichts mehr,
als eine Gelegenheit, um sich ihm dankbar und willfahrig
zu zeigen. Er habe daher die Elegantien mit einer über-
sichtlichen Kapiteleinteilung und einem alphabetischen Bc-
gister versehen. Aber wenn jemand, der schnell irgend ein
lateinisches Wort aufsuchen wolle, diese Einrichtung bequem
fände, so solle er auch dafür nicht ihm, sondern ^nilis
dankbar sein; denn Senilis habe ihn ja dazu aufgefordert
dem Laurentius etwas Arbeit zuzuwenden.*)
Wie man sieht, sparten beide Freunde die Höflichkeiten
nicht. Natürlich darf man diese schönen Redewendxmgen
nicht alle wörtlich nehmen. So möchten wir Senilis, ob-
schon er das Gegenteil behauptet, für den gewiegteren
Lateiner halten. Andererseits übertreibt auch Heynlin offen-
sichtlich; erklärt er doch z* B. in einem Atemzuge, dasser
für schöngeistige Arbeiten keinen Augenblick Zeit &nde.
und dass er ein langes Register zu den Elegantien auge-
fertigt habe. Eine Stelle aber verdient sicher unbedingten
Glaubeu, wir meinen sein interessantes Bekenntnis über
sein Verhältnis zu den oratores auf der einen und zu den
Philosophen und Theologen auf der anderen Seite; es enthält
etwas Tatsächliches, das besonders in einem solchen Briefe
nicht bloss Floskel sein kann. Echt humanistisch bleibt
dieserdarum in derForm doch, ebenso wie der seines Freundes.
11. Noch Ende 1471 oder Anfang 1472 hatte sich Fichet
persönlich zu Ludwig XL begeben, der damals in Tours
residierte, und in einer Audienz ihn auf Bessarions Kommen
und seine Pläne vorbereitet. Während er so einige Zeit
am Hofe zubrachte, fielen ihm mehrere Drucke ciceronia-
nischer Schriften, die roisende Buchhändler dorthin brachten,
in die Hände. In dem lännenden Hoftreiben, das ihn um-
gab, war ihm, wie er schreibt, ihre Lektüre doppelt angenehm.
Aber es störte ihn die Mangelhaftigkeit der Ausgabe und
der schlechte unübersichtliche Druck, er sehnte sich nach
») Aedibus Sorbone scriptum, anno 147 1. Siehe Cl. Presi. 7^0"
Champ. 52—53.
Johannes Hcj-ulin aufe Stein.
135
^n schönen Ausgaben , die sein Freund Mejml in herzustellen
erstand. ^Um wieviel angenehmer^, schreibt er ihm am
März 1472*) ^wäre meine Lektüre noch gewesen, wenn
les der Bücher so sorgfältig korrigiert und so schön in Ab-
litte eingeteilt gewesen wtlre, wie Ciceros Orator, Valerius
imns und Laurentius') durch deine Mühe gedruckt
forden sind, In diesf Bücher haben jene Unterscheidungen,
^0 wir Kapitel nennen, sowohl zum Verständnis wie zum
äeren Behalten soviel Licht gebracht^ dass ihre T^ektllre
st kinderleicht geworden ist.^ Fichet bittet nun seinen
reund, ilem nächsteu Erzeugnis ihrer Presse, Ciceros Offizien
irch dieselbe Arbeit des Verbesserns und Unterscheidens
rechten Wert zu verleüien. Er scheut sich nicht, sagt
dies von Heynlin £.u begehren, ^multo familiarius (inara
mibus fere quos in amieis recensni. labores tibi impono,^
)enn kamn konnte er jemanden finden, der wohlwollender
!?gen ihn oder beharrlicher in literarischer Tätigkeit oder
lebenswürdiger sei, wenn es gelte jemand zu Gefallen eine
Lrbeit zu übernehmen, die allen von Nutzen wäre, als seinen
ipidanus. Für ihn, den hochgelehrten und dienstwüligen
[ann, würde das ja auch eine leichte und angenehme Auf-
tibe sein^ überall habe sich doch Heynlin ausgezeichnet:
der Sorbonne habe er in den theologischen Disputationen
>ei weitem den ersten Rang erreicht und auch als erster
seit Menschengedenken den Pariser Lizentiatentitel zu den
Deutschen gebracht, unter den Philosophen der Zeit sei er
gewiss als der erste (princeps) erfunden worden, und mit
Weisheit und Klugheit habe er das hüchste Amt, das die
^Universität verleihen könne, geführt, (iranz zu schweigen
>n der Gewalt der Rede, die ihm eigne, und von der an-
&strengten fleissigen Arbeit, die er Tag und Nacht den
Iterarischen Studien widme.
Heynlin findet das wieder zu viel des Lobes: ^nicht
Irer ich sei, lerne ich aus deinen Worten, sondern deine
>8se Freundlichkeit gegen mich.^ ^Denn ich weiss wohl,
^le sehr ich von dir» vortrefflichster Vater, geliebt und
*) Cl Press. 80—85, Champ, 5$~5r-
^) Der aTso hier trotz der Miiwtrknng des SeDilis ohne weiteres aU eine
Ausgabe HeyoHns bezeichnet wird.
U6
Uas Hosifeld.
täglich mehr geschätzt werde." ^Du hasi mich, wie die
beredten Schriftsteller, deBen dn ihnelst, zu tun pflegen, so
.hoch gelobt, dass ich ausser Stande bin^ dir Gleiches mit
^Gleichem zu vergelteo,* Den Versuch dazu macht er ah^r
doch- Besonders gedenkt er Fichets homamsuscher Tätig-
keit und seiner Rolle als Begründer der rhetorischen Studien
in Paris, rr^i^ Cicero Griechenlands Beredsamkeit nach
Latium herüberbrachte, so habe sie Fiehet jetzt aus Lutiuin
nach Lutetia verpflanzt." Und über sein Bach bedient er
sich eines Ausdrucks, den er in Bessarions Briefen an Pichet
gelesen hat: ^de stitdiis humamtatiä ea scripsisti saepe «bm?-
piusque docuisti quae (ut de te gravissimus pat^r Kicenoa
cardinalis Bessario scribit) cum optent Atheuienses, lum
mirentur BomanL" ^Was Fiehet ihm auferlegt habe, urolW
er gerne tun, wie schwach auch seine Kräfte seien. Er
wolle versuchen, Ciceroa „Pflichten** die zur Zeit ganz in
der Verbannung lebten, auf seinen Schultern wieder zu den
Gallitjm zurückzutragen."
üebrigens begnügte sich Heynlin nicht mit der Henuns-
gäbe nur der cieeronianischen Schrift, die Fiehet ihm be-
zeichnet hatte^ sondern fügte noch auf eigene Fatist vier
andere philosophische Werke desselben Autors hinzu, und
liess alles zusammen in einem Bande drucken; ein Bewm
dass gelegentlich auch er über die Wahl der Bücher be-
st im mte^ die aus der gemeinsamen Presse hörvctrgingt^iu
Er selbst ist Zeuge dafür, indem er in seinem Briefe aci
Fiehet fortfährt: ^Und nicht nur Ciceroa nfücia habe irb
flu* dich, mein Vater, der du die Rechtschaffenheit und dit*
Gefälligkeit ^officia) so liebst, nach dem Masse meiner Kräht*
verbessert und kapitelweise in Abschnitte getrennt, sondern
um dir deine Liebe mit Zinsen zu vergelten, auch Laelim,
Cato und Scipios Tmiim\) in derselben Weise berichtigt
und eingeteilt; sie alle unterwerfe ich deinem gerecht ab-
wägenden strengen Urteil, Und damit du schneller ühnr
das Ganze deinen Spruch fällen kannst, habe ich gleich^aoi
als Kommentar zu allen Büchern eine Uebersiclit meiner
*) De omicitia, de senectute und de repablica, ausserdem noch die pn^
da«a Cicero«.
Johnuii«s Hcynliti aus Stein.
1.57
tapitelQberschriften (die man Tafel zu Dennen pflt*gt) in der
rorhaUe des Werkes angebracht^')
Za diesen Beigabon fügte Heynlin ausserdem noch ein
Res GedioLt „un alle Freunde der Tugenden"",*) das una
fegeil der Verbindung humanistischer Form und moralischen
lihaltä für ihn besonders charakteriBtisch erscheint
Folge meinem liat beginnt er, damit du pflichteifrig
rirst: lies häufig diese Bücher. Denn hierin lehrt Cicero,
welcher Quelle Ehren buftigkeit, Tugend um! Pflicht-
sue fliessen , . . hier zeigt er. dass nichts verkehrter ist^
ilos KCitzliche vom Guten und Ehrenhaften zu trennen:
soll beides eng verknüpft sein. In primis igitur rectum
ilnaa tibi finem Turpia noc speres Gnibus apta tuis. Sic
tuiiif itrr tutis transibis (honesti Officio fretus) gressibos
SHJM^rOS."
Ein Exemplar dea fertigen Buches schickte HejTÜin
^inem erlauchten Gönner, Bischof G»-'Org von Metz, mit
lem gedruckten Widmungsschreiben/'^) in dem sich ähnlicJi
io in dem erwähnten Gedicht die Scliatzung feiner Form
der moralischer Vollkommenheit verbindet Auf Fichets»
r^ amicissimi'*, Wmisch habe er die Ausgabe deis
tjeüurgt Man könne nichts finden, was besser für
Je Lebenslagen geeignet sei. Es erleuchte die Moral» nicht
ic» Aristoteles tat, bloss in summa, sondern für eines jeden
lond, Altt^r, Geschlecht und LebensUige, auf zugleich ernste
id gefällige Weise* , .Diese Lektüre schmeichelt dem Ohre,
Irfeitiert die Zunge, heilt allen Kummer des Geistes und
>fiiiet den Quell eines guten und glücklicheu Lebens,
nimm mein kleines Angebinde mit deinem heiteren
entgegen und erfrische, ziere und adle daran täglich
•ini uml SinnJ* Für die Vendirung, die H«^yidin seinem
jhen Freunde entgegenbrachte, ist bezeichnend, dass er
das übliche Vale am Schlüsse des (gedruckten) Briefes
ti oigotior Haut! noch die Worte anfügte: ^fPrestantissime
ransii icriptum. (CK Prcw* öl — H^^ Cbüttip, 50—59»)
I ^H Max Hossfeld.
I)i(<Her Anfang 1472 erschienene Cicero ist nun das
\oi7Af* Blich, in dem Heynlins Name erscheint. An seine
Hiolln Irat als Korrektor ein gewisser Erhard Windsberg
odor Wiiisporg, der seine Studien in Paris gemacht hatte*)
und dem humanistischen Kreise Fichets und Heynlins an-
^lOiört hah(M) nmss. Er war auch mit Reuchlin bekannt.*)
Snin Niunt^ fiiidot sirli in drei der folgenden, 1472 erschienenen
AuNguhrn."') Aus einem unbekannten Grunde zog sich
lli\vnlin jotzt von dorn Unternehmen zurück, dem er zwei
.liihro liinduroh soviel Fleiss und Liebe gewidmet hatte.
AbtM' unch Flöhet trat damals mehr und mehr zurück. Ihn
fosst»lto ^anz die Sache Bessarions, die nunmehr ihrem
Höhepunkt und ihrem Ende zueilte. Auf Fichets Drangen
war der Kanlinal am 20. April 1472 von Rom aufgebrochen,
im .\\igiist langte er in Siuimur an. Hier oder in Paris*)
iMupfing ihn der König, aber nur um ihn mit Worten ab-
zuspeisen: dit* (losandtschaft war gescheitert, der alte Bes-
sarion gebn>cluMi, Fichot schwor, ihm nicht mehr von der
Seite zu weichen, und begleitete ihn in der Tat zurück nach
Italien, wo k\ot unglückliche Grieche im November starb und
er selbst schliesslich in Uoni Kämmerer des Papstes warde.^i
Hcvnlin n\usste an alle dorn den lebhaftesten Ajiteil nehmen,
war docli Fichct stMu nächster Freund und hatte er doch auch
in dfwscn Korrespondenz mit Bessarion Einblick gehabt")
WahrsduMuHch hat er auch Bessariiui, ..den Griechischsten
der Lateiner und ilen Lateinischsten der Griechen'' wie
l*j»nr. Valla ihn nannte, persönlich kennen gelernt, und dass
er sich auch dessen Kreu/./.ngsidee zu eigen gemacht hatte,
*^ t4^^i. Kth. \V;«»N:-en;. B.\^r.i«r:>:si diooesis bacnlarius (Auct. H, ofn.
140- ivi-ntiati-.s, i4^> r:vV;:r.Uor r.\:'..^:-.i> j>manD. iChitelain, Ics eluJ.
« N ti<-.^f: R ;;. i ;. l:i c::^e:v. Br:cf ii: R. be/eichnet er sich als
V >',e\V;rvN;v:j: ..,'.*v:,^: c: r.v.'.o". .\Tv:i:c: Br. Xo o-. \V. korrespondierte
.»;:vh r.v.T v'.fv*. Ivxn^-: H;:'v.;'..;>:fv. M.-.::r.-..-.r:: v. Epticgen is. Geiger Br. i--
.\ : \ j: ;:>^ \\ Vi IV.:;. y^. o.c Ar. :"..:;■:? ies Hunsanismus in Ingolstadt
S i, :; H h;.^: i^ ; " .-;^rk Ki. : ;. : .. :
• A c >.x-.v. ;.; i\v::>' c :.;>*->; .ic: <-.^b Ro^fco'.l S. r«»-.
Johfinnes Heyn I in aus Stein.
«59
[bei?i'ei8t niis Bine in seinem Besitze befindliche Abschrift
ieines Briefes des Türkenkaisers an den Papat vom Jalire 1453.*)
Nach dem Heynlinsclien Cicen> hat die Sorbonne-Presse
innch 11 Dmcke hervorgebracht, deren Reihenfolge nicht
[sicher festzustellen ist. Mag unser Lapidanuö aucli noch
den einen oder anderen von ihnen herausgegeben oder
wenigsten** dabei uiitgewirkt haben, so Iftsst doch die Aus-
I wähl der Bücher, zusammen mit dein Fehlen jeder positiven
I Angabe ilber eine Beteiligung von seiner Seite, darauf
schliesgen. da«8 er wie Fichet allmählich seine Hand von
dem gemeinsam begonnenen unternehmen zurückzog und
WiiiHperg und anderen seine Fortfiihrnng überliess. Zwar
blieb man im allgemeinen der von ihnen angegebenen
klassisch-humanistischen Richtung treu, jedoch zeigen Bücher
[wie das SpecuUim hnmanae vitae des Rodericus. und noch
|mirhr die Liebesgeschichte des Enea Silvio (de duobusamau-
tius),^^ dessen Buch de miserüs curialiumt sowie das viel-
f gelesene Sophologium des Jacques Legrant, femer Terentius*
' KnuiMdien und Juvenals und Persius' Satiren,^! dass ein
anderer Geist in die Druckerei eingezogen war, der mehr
Limf die Kauflust des Publikums spekulierte als sich ledig-
|lieh die Fönicruug reiner lateinischer Bildung ZTiin Ziel setzt»j.
ich die Sorgfalt in der Herstellung des Textes liess
tsnekr und mehr zu wünschen übrig. ,,Man merkt, dass
H»»yiilin nicht mehr dawar/**) Die Dnicker suchten zuerst
andere Protekdüu^ indem sie sich an den König. <len Herzog
von Bourbon und andere hochgestellte Herren wendeten,
und v^ ^ M schliesslich die Sorbonne, um sich in der
nae iS ! jques im Hause zur goldenen Sonne*i selljst-
«tftndig niod«'»nEula3sen (April 1473). Mai 1473 erschien das
B4, Cht, rV, Jt2 und Haenel 536.
*i Arfiiüi* de duobuK ^niantibfu ist nicht in Htc\ii1ini» Sammlut)|g der
Drtick«. PhiL Impr. ibo.
*> Jn^rmil und Pmitu wurden voo eJncm Wiropfcling fSr uopaf^YntU |
erklärt, Jot. ICnrppt'r, Jak. WUnpfeling 94, (ErläuL n. Einging* tu '
Gf*rfe d dlich. Volke*.)
^ ^J. Di» Haus gchoiicübrtKens, wenigstens im jAlue 1757^
1— Berii» der Sort>ottne S. d&s Inventar de* Kollegium* bei Gre;
> I'
Max Hossfeld.
1
t^rsto Huoli ihror noiUMi Presse, mit gotischen Typen gedracki.
l>io iu^si'hiohio iler ersten von Heynlin in Paris eingefühnen
\\\\i\ \o\\ Kiohei uiul ihm gehnteten Druckerei hatte ihr
Knilo »roluuilon.
Kilr tlon iuMsi. der sie einrichten hiess und in dem sie
m^loiioi \\\u\io. jjibi OS nächst den Titeln der aus ihr hervor-
^oi^ai^j^eneu Uiuhor kein schöneres Zeugnis als die zu Jen
Vorrodon vcvwondeion Hriefe Fichets und Heynlins, von
iUmicu \\ ir w cu'.Ä^^iens cinisrcs mitteilen konnten. Die Freude
ubor die j;cl;iii4;cv»c Ki'.üühnini: und über die Wirkungen
d.M uc\icu »,Svh!viM<v.r.sr\ die jugendliche Begeisterung
[\\v \\w t:»i;*uli v..ol.r ;4v.t;^'','.l;oiiden studia humanitatis, der
Kiior U!ul d'.o S.^: *;::•,■.:, .::•: :ua:i auf ihre Pflege verwendete.
iiTio».^ !nvA:ov..N 'c'ivv..r.ir-v V.ervor als in diesen Briefen.
:\'.s lanire Auseinandersetzungen,
: soi:^ wird.
.. "v-er der neuen Bildung sind
'.:- V '':-::: Freunde so auf ihrer
A" . V >:•;- ' rsa<sen auch einen
v:.:::.. :::..: a'.if dem sie scliOne
:' .,/.... i;.\ . ;. ':-. s.^".r : r Universität Paris.
\\ . ■ :'.. ..: . .:v. ^. "...:: "...:. '."r.*:: a':s Professor der
':v...;. ..-v w .^;. -» . ^^ ,-./.. :ly •.'.::■. rs sich angelegen
s. -*■..• \ ■ ; ,. V:- ..■; .;.:■.!>■•.>.::•::■- S::idien auf di»^
■v '*.-■• . ,^.- - . . :-.^.-. Vi-irtÄhr zu derZtrit.
^^ ■«■>-. ^ ..."..■ '. . s ■: . : ;:■.•..'.<: ^ ":.i wahrsch^iiilicL
-.. - V.: . - \ : ; .k:— - drr Th^jlogi-
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:- • ^-.^ ^ . . ^ ".-v. '.A:b. eij::^!.-:-^:: 't*^
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Johannes Hclntyn ans Stein.
141
eondern zu gleicher Zeit auch Literatur iind Lektüre. ^) Der
Unterricht in diesen Fächorü, wie auch in der Rhetorik
und in den beiden andreren alten Sprachen» war im 15. Jahr-
hnndert nicht in den Händen festangestellter Lehrer, sondern
Hieb denen überlassen, die Interesse dafür hatten.
Dass zu diesen Lehrern auch Heynlin gehörte, wissen
wir aas den Briefen eines seiner Schüler, dessen Name
genügt» uxn auf die Beschaffenheit seines Unterrichts ein
günstiges Licht fallen zu lassen: Johann Reuchlhu^)
^Reuohlin kam damals (es war im Jahre 1473) als He-
iter des jungen badischen Markgrafen Friedrich nach Paris,
des dritten Sohnes des regierenden Markgrafen Karl I.^)
Der Bekanntschaft He^nilins mit der badischen HeiTscher-
faniilie wird es zu verdanken sein, dass auch Renehlin ilm
zum Lehrer bekam. Friedrich war ein Neffe des Bischofs
Georg von Metz, Heynlins Gönner, der ja seihst einst zu
seiner Ausbildung nach Paris gegangen war und der von der
Tätigkeit unseres Humanisten soeben erst durch die ihm
Blgesaudten OfKcia Ciceros erneute Kunde erhalten hatte,
und auch Markgraf Karl kannte, wie wir ims erinnern.
Heynlin.*) So erklären wir uns, dass dieser mit unter den
Gelehrten war, die man dem jungen Markgrafen und seinem
Begleiter als Lehrer empfahl.
Friedrich ist später Bischof von Utrecht geworden.
Renehlin hat sich noch in hohem Alter des Unterrichts,
den er bei Heynlin genoss, gern erinnert, und stets spricht
er in den Ausdrücken der grössten Hochaclituug von ihm.
Besonders bekannt sind zwei Briefe, die er in den
Jahren 1B13 und 1B14 in Sachen des Pfefferkornschen
Handels nach Paris schrieb, nm dort ein wohlwollendes
Urteil für sich zu erlangen. In dem ersten ^ gerichtet an
Jacob Faber Stapolensis, erklärt Reuchlin die Wut. die die
Kölner Theologen gegen ihn zeigten^ vor allem aus ihrer
*) Adumbr, neont Rcucbltn filscMicli ciueQ Tübinger Schüler Heyalins
(S. 102). Als Heynlin 10 Tübingen dozierte, war Reuchlin in Fraokreich,
crtt später kam er nach Wikltemberg^ da aber war Heytilin nicht mehr dort.
*) Reuchbn war 18 Jahre alt, Friedrich 15.
*) S. S. 130.
-r >iri'::.T. ..irri-:.i -r-rza-rLTä* ii'ri'S'i': es. ..r|ua<*
-..:.::::_ ii. Tr^-ri «>ill:ä ex iisciiiTilis Gregorii
r-.T-. ii.i.-7-:^:.T P^riri: äo»:rf-rrai:i 3, i 1473, quo
."r :.-:: -" J: ;-.-.- , Loj. daftum Lhe«>iogiae doc-
. ;.'•;» ,»r, ;•..■ . s i >->r •: i-ir::. -: •T.iilirridTim Tardhum
-r_ ::. t: : '^. •T-iri. iv-lar -r: Koc-^mm Gaguinum
i'-iri:..- ii. ri..-:.r::> iri-crpv r-rs au«iivi. cum esäem
Mi Fnirr::: Pr:i.c:pi< BäJvnsiä nunc
E: !.- : : Triir .:eL-?> 'Ty'j^-v.-rrrrr.-^ I»-r zw^-ite Brief ist
.-.:. ::■- Pr Zr-?-. r-:. i:. i irL I'vkis*.. «irr :n*i' >logis^hen Fakultät
V :. PüTir j-:r: r.---. v :. i^r E---:::.li:i ein günstiges Uneil
■.v-^'-rr. - :r.-rr S.L:::--:. : -rr lie Büch-r «ier Juden erMitr'i
E: *-: <i 1"-' :- a':::: z-"^^'iss-T:iiJiss-r:i ei:* G;ie«i ihres K^ifpeR
-;:. i a:- ::.t--:u > L s-r Ler-/.rg-sa::£:ea. ..sum eiiim si'hö-
i^.ri- '"..'.iver-itaT:- P.ar:-:r:>:s. --^^ipi qv^orniam theologia»»
'io-r-ri:- fl'Zr.izii Jc^urii? r'V L-ipide </i ><•//>«/«*.• in Serbona.
-•. !i'ir--:3 Mar«::i::-:i Ba-iei.-is. :.*.:riO Episcopi Traiectensk
r jz.'li-'^.iiiui^;-. •]•; r.'Jaii: a-i < 'lein hat -irans in via S. Jacobi.')
a:i"e ix:.:. '^ -i rirv rerori-r 45 . . . ."*
S'- ::.••.;- l'r.t-rri'hre ie<r** H-y:Ji:i vlie ^ Grammatik «1«*^
Pris' i?iT. z-i <rri!i'i-. AV.r:ii::>T-:-s sagt Reuchlin an amlorer
S:»-i'..-. "in-- '■:■ i::. Jahi- 1473 iiacli iliesein Buche umer-
riflit'-r \vnr.].-i, t^^\, ..P'.>tea »riiim quam auno aetatis meae
«liiiMlevit:»r>iin" if^*'h'ir-n 1450 Prisciani Caesarionsis litt*»-
rarnm stinlia in -chohi Parisionim aggressus suni. bit^niii'i
p.ist apU"l Rauracos collegi Dictioiiarium, quem appellan
HivviloquniM/' ' T'iizwoifelhaft hat Heyniin sich aber hier-
'i lif.'rnjs wirkte \r>n 143«, — 5., in Paris, s. obcu S. 355 (Bd. VL 2\
') Vom 31. August i^f.v Oci^. Br. No. 171,
•'1 Rcuchliii wohnte al-o in demselben Hause wie «seit Anfang 147.^) auch
»hl« dii'i Drucker, die Hcynlin nach Paris berufen hatte ^vgl. oben S. i.i")'
^|>.^s M.iu> „zur Sonne" und „zur goldenen Sonne" in der Rue St. J.iajues
i-.i ,L»sM'll»t'. s. M.iddcn 157.) Wh er vielleicht einer der Korrektoren vir,
.in- M\ Mrvnlin> Siollc jetzt Gering, Friburgcr und Kranz die Bücher wr*
Im\miIc'u Auch in Basel waren Heyniin und Reuchlin später in ditst:
\\ I ir IUI den Buchtliuck gemeinsam tätig, s. unten Kapitel IJ.
M D.is i>l nicht ganz richtig. Da der Brief vom m. Jnni 1 514 datiert
I I («Mig Ml. N«>- »^7>i so waren erst 41 Jahre verflossen.
»I Und .u) seinen Bruder Dionysius (Vorrede zu Buch I der RudiinenU
In lii.th.i, IS»»«') ^»t'ig. Br. 05.
JohAuncs Heyiiliu aus SAtuu
Mi
^tt nicht hognügt. In den Vorreden zu den klassischen
ier humanistischen Werken^ die aus seiner I>ruckerei
u. liaben er lind seine Freunde ja oft darauf
1, Wi'lclien Nutzen siu sich für die studierende
igend von deren Verbreitung versprachen. , .Postulat hoc
t-e stiidioäomm invenum coetus quibus hie über niaximao
itati futiiriis est,*- so fordert Senilis seinen Freund auf,
ich einmal »eine bessernde Hund an die Blegantiae dea
luroiitiu8 Valla anzulegen,') and He^^ilin dankt ihm für
^ino eigene Arbeit mit den Worten: ,^Quo fit ut fere nea*
im, a quo potissinmni tibi gratine plures debeantur, a nie
cai morem gessisti^ an a Bcbidasticis parisiis^ cjuibua
^bor tmis fructiun est allatunis 4uammaximuni. . • , /'*^
tiwisd wurden wenigsten.s mit den vorgeschritteneren
lulern stdcho und alinliche Schriftsteller gelesen und so
Richtigkeit in Wort und Satscbau auch die ciceronianischo
inz des Stils gefügt^ der ein Lorenzo Valla vor allem
MVort geredet. Reuchlin selbst hat in einem vierten
^rief den Unterricht, den er bei Heynlm genoss, nicht
loas mit ,.(rrammatik**, sondern mit ,.hunianistischen
^cbungen** bezeichnet. Dieser Brief, gi^schrieben an Johann
m Dalberg. dient als Einleitung zti seiner Schrift vom
Kintlertätigen Worte und enthält den schönsten Aasdrnck
kbarkoit und der Verehrung^ die er seinem Lehrer
stet« bewahrte* ^^ünde ductus ego incredihili (|U0-
ira gratincandi studio* et nirainim amore singnlari erga
knnis bomie urtis cohimen egregium Jcannem lapidanum
leotogiae doctorem^ tarn monastica Carthusiensium vita,
imm editione libronim insignem^ atque primiim cuius
^mhie tnanus subdiderim iji exercitametdh humanioribui
[ititnendus. , . ,^*)
Ut^brigens darf man annehmen^ «lass Heynlin den
rian ohne die entstellenden mittelalterlichen Kommentare
i^lebrt hat Gerade mit dem Biickgang auf den Text der
^ Champ. 52, CL Press. 78.
^ De vi^fbo fntrtfico^ UaüeL Job. Amerbacti 1494^ fot. 2, aticti liei Gtlj^,
GeiiCtr« At dais Heynlin 146J iti Freiburg i»»gtst«r ßc-
•^, Ut nrxn* obco S, ^21 (Bd. Vt, i).
1 ja. -i-ir HamiiiiZi-^
:■=-" '.'- "LI. : ~-7-_Li5p:--Ti.i-ri. RerV-mL^tn der ^pnch-
^:i^ 'JL i r-i -^ -LT ^.z^jz rill w^rirr-E^r S^irh
"-r-.'iTJir AiM i:r^- >«:Lr:rr hac Tin^er HrVLii
— i' T-1 1ZL- .-.1-7 "IT. TrräL.ä". Ti t»;^ Lnunj^incti^rni^
:-■ r-?- — ""-t'^^l li? "TijLr&.h-rirLlicii 'j^ir-rrParisr:
.' — -I.-1. TrririL^ T^ri%r.kT. Die ki-rine S:hnr
. ■^•■^j-ir I:L"rr: iLi:*_'L fii. i =«:h-:n ErwaiLninir. '
1 .;-: ::i^i-:lri- V-r.:lir in I^iaiogionü g^
:.- • j IT.'- -^r- .Ir-r? "r.'-.r- Ar.Lsrigcher> Chanik:«e>
£. - -- ^.ir_r: :- ..^r:__ri::-re::. IiLhahs. einr A>
i. ll-L - - ■- :-T 147. ^rrSM-rr-^LeL. fc-rnihintr-
-_:. > J --- Mi-i-r: >_*t: 1 Prr:i^ia zu ver>?rärk'rr."
.: " - yiLi-:.»T:r.:-rr-:lrir: Johannes HenJii
;■ \ *- - ^ 147if :j:-:-r:.'
:-. .1 ^^ '— ^- "- -■ -'- Beacblin. der Var-r
- :. : L- rii^ilei. Srudien i& I^-arschlan-i.
-.*— -i^:. >:rj.lr:: v.:l: seiLen: Lehrer
■: ..:..- -jLii ir::s -v:.::iLi.^n" i^enni. iiL-i
^ . . -:- it- --rii i::-:- rewahrt hat. ULt-?:-
12 "_r. -.iL. ?■".:-* S. jf. Erhird. '.Tt?ci.
f.ii*: äicb a:«€r ic den h'*ii-
^-.-. > . -- : i_— --:?:; 5.:i:ec Abh:uQdiungen siehe
r\: --:.-.. ', : ; •. A_r v. Geiger i*>oii.
V-v; ..? ?er-?:::u5, aach de Mattiolis).
:^.'. :.v ;: .:.. -7 5 i:r.-:r. liberal; um" vurde 140J
'...-;-r 1.1. : ' -. -. 'i"-re starb- lehrte io PaJw
... >..' f. i_i>-r -; ze::; „Trartatulus de precepiis
s- .; .. .> r: :,^.; > r.fv. . .... „5 .-.i -v^fzi;:= —iexoriam admodum utilU,"
. • : : i:L' ,::..» N : w . • .: . :: .» : H .-. - ; ; . ; — : j. . : ; ». Reden und Kommentore
N ".■.•.■.
H Johannes Hcynliti aus Stein. 145
Schlosser und Ehwald für das Griecliische ^ i und für das
Hebräische von einer ganzen Reihe von Autoren, deren
ältester, soviel ich sehen kann, Aniaud de Pontac. Bischof
von Bazas ist.-) Dieser schreibt: Johannes Lapidanus,
doctor theologus, qui linguam Hebraicara Lutetiae docet
ipsuni Joan. Reuchlinuxn Capnioneni, ut agnoscä ipse in sua
Apotoyia. Wenn mit der Apologie die ja oft so bezeichnete
,/lefensio contra c^akimniatores Colon ienses** (1513) gemeint
ist, so muss die Behauptung Pontacs verworfen werden, es
findet sich in der ganzen Apologie von Johannes Lapidanus,
de Lapide usw, kein WortI Wir haben, da die Sache
immerhin von Interesse wäre, auch .^Doct^jr Johannsen
ReuclÜLDS . . . Entschukiigiing gegen . . . Pfefferkorn'^ (den
An ge n s p i e gel , 1511) '^ i so w i e Reu c h 1 i !i s Vori^^ o rt zu ££ v nc w uro S
ftTToXo^ta 2*wxpaTo*JS usw. I Hagen, 1520 Hf sorgfältig gelesen ,
aber auch hier ist von Heynlin nirgendg die Rede. Ent-
weder also meint Pontac Diifc ..Apologia** jenen oben zitierten»
an die Pariser theologische Fakultät gerichteten, allerdings
, »entschuldigenden^^ und „verteidigenden^* Brief vom 19, VI
1514^ in dem Reuchlin den Joh. Lapidanus ohne nähere
<) SchlosscTf Weltgesch. Bd, 9, S. ji8 (23, Gesamt- Aufl. 1893). ,»Ncbcti
iolin von Stein Ichrtc in Paris Hcrmonymos auB Sparta das Griccbischc**
L gibt nicht ao» wüher er diese Kenntnis hat, — Ehwald nennt Heyiilitj
einen Vertreter des ^, deutschen Hellenismus" und den ^L-ehrer des Begründers
der griechischen Stndku in Deutschland, JokanD Reuclilins.*' (S. 134 coL u)
*) In Gilberti Gcnebrardi etc. Cbronographiae libri 4 . . c D. Arnaldi
Pootact VasatensJS Episcopi Chronographia aucti etc. Paris 1580 pag, 433,
DaraoSt dass in einer kürzeren älteren Ausgabe der Chrouographia^ in der
DttT G. G, als Verfasser genannt ist, (Paris 1567) die Angabe noch nicht
steht, muss man auf Arnaud de Pontac als ihren Urheber schlicssen, LTcber
A-d. P. 2U vergleichen Jules Delpit in Revue d. Bibliophiles, 1880, S, 45
und 75 (mir nicht zugänglich gewesen), — ► Auf Gcoebrard geht zurück Paulus
Colaine&ius, Gallia orientalis elc, , (1665) S. 3. Auf diesen König, G. M.
Bibliotheca vctus et nova (Altdorf 1678) S, 458. Auf König bezieht sich
Holemiand in der Fortsetzung zu JÖchers Gclehrtenlcxikon Band UI, (iSio)
Sp. i2<>2, wo Heynlin bezeichnet wird als „ein öffentlicher Lehrer der hebräischen
Sprache zu Paris gegen 1470, von dem Job. Reuchlin die hebr. Sprache lernte.'*
3) Beide abgedruckt von Hennann v- d. Hardt» Historia Jiteraria Re-
fonnationts, Lipsiae 1717, Teil II, S, i^i — 53 und 53^ — <)3.
*} Ein Exemplar auf der Berliner Kgl. Bibliothek, in der lateinisehen
Vorrede Reuchlins au Joh. Scccrius Lauchensis ist «war von der gricch. und
hebr, Sprache die Rede, aber nicht von Heynlin.
Basler Zeiiiclir. t, Oesch, und Allertura. VII, L 10
1 ;.' Max Hossfeld.
Vv.pibi^ rtls soiiipn L»*hrer bezeichnet -Pontac hätte dann
:r.is oipvu^r Phanu'Uiie hinzugedacht, das3 es ja wohl im
Ui^brir.Sil'.or. i^ewoson sein müsse), oder er hat tias Zitat
.M^'.uh or*r.ynii^v.. Kine tendenziöse Entstellung könnte man
ai^^v l^i-i IVv.T.u si'hr wohl voraussetzen, da er sich zum
..u:.' sri^Mt: l;;UTe ..die Lügen, Flecken und Betrügereien
tLr T; r.:;;vi;t:t r. "v.Ä anderer Ketzer** aus der Geschichte
P,i :v,in Heynlin katholischer Theologe und
:':> rivhrgläubigen Sorbonne gewesen war.
:,:. w.^h! angemessen finden, einem solchen
■t:;:'s.":;:i*T für die hebräischen Kenntnisse des
..-:; V. zr.zr.sohroiben. Wie dem auch sei, so
A-.pii'i . iläss Joh. Liapidanus Reuchlin in
.. c ■ ^•■" h.-il'e. als unbegründet verworfen
: :.: <ä< hlich doch ein wenig Griechisch
; :\>;is Hebräisch verstanden hat.* wi
M. c.i^likeit bestehen, dass er seinen
...... S:*.:/iir*ni beider Sprachen angeregt
..>;:■■>, V.'.v^sson. dass er zu den „Schülern
: ■' > . :. lioiien Beuchlin seine ersten
^- :. i^ihs erwarb. Aber ehe nicht
,: k. .'.::■ auf der ganzen Vermutung
. ;i \ ."
tip '
IV^k:.^
: ,i/:
k.^v.-.:.
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>;r,^vv.-
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\\ ,".-.;,
:» ... - :.z:irt- Schüler HejTilins, den
:- •..:/:.: mindere Ehre, dass auch
-hreiivollsten Ausdrücken
1 ViS will um so mehr sagen.
\ . . . - ^. ^^ >■.-:. i;:id auch kein Jüngling
^» ^ . . :\ > ka:v.. Hier muss ersieh
fitr 40.
Jolumnc» Heynlin aus Steio.
M7
■nrischen 1469 iznd 1473 aufgehalten haben^ *) iu den Jahren
Idso, in denen Heynliri auf der Höhe seines Ansehens stand
Kmd zusammen mit Fichet, Gagiiin, Senilis und Änderen
pn der geschilderten Weise für die Hebung der klassischen
teildung in Paris wirkte. Es war natiirlich, dass der Nieder-
Under sich dp in Kreise dieser Männer anschloss, — auch mit
feexichlin und Wcssel Gansfort^) befreundete er i^iicb damals
l— und in ihren Bahnen wandelte. Dennoch glauben wir^
Hass der Einfliiss, den Heynlin mif ihn übte,*^) nicht vor-
inriegend auf humanistischem Gebiete zu suchen ist/) Im
fcpezifisch Hunmnistischen war der in Italien gebildetrO
lÖLgricola dem älteren Heynlin sicherlich überlegen. Was
■hm an dieser Persönlichkeit, deren rein menschliche Be-
in eutung übrigens einen Agricola anziehen mochte, besonders
fensagte^ war vielmehr gerade die VerViindung von klassischer
L 1) Btidius^ky gibt den Zeitraum tu weit an: zwi&cben [4b3 und 1476
BS« 176)* 1465 wurde Agricüla in LÖweü als erster von säitit liehen Bewerbern
EmiD magister artium promoviert (also im 22«, ukh\ im Ui, Lebeusjabre, wie
ftA^gricoläs neuester Biograph schreibt; Ihm, der Huronniit R. A.» s. Leben
h. s* Schriften, Paderborn tSoj, S* 5, Siehe dagegen Catalogus omnium
||>nmorum . . promot, uiiivcrs, Lovanfcos, 1429 — iTQTi Mcchliniae 1824,
tS. 15)« Von Löwen ging er 1465 oder I4h6 nach Italien (Ihm 5), und war
Inoch am l3. Juli 1469 in Pavia, wo er dann wiederum 1473 »od 1474 auf-
Itritt (Ihm 6), iu der Zwischenzeit war er in Paris (Ihm erzählt von dem
IPariser Aufenthalt nichts. S. aber A. D. B. I, 151 ucd Geig R. 11). Da
»die Lowener Matrikel erst bis 1453* uud die Akten der deutschen Nation
liii Paris tni bis 1466 verofTentlicht sind, lassen sich keine genaueren Ao-
Igaben über seinen Aufenthalt in diesen Städten machen (weder Rud. Agricola
Inoch Hnysmann steht in den Registern).
I ') W. Gansfort soll ihn damals zum Studium des Hebräischen ermuntert
lliaben. Er war vou J458— 1474 in Paris (1470 — 1472 in Rom) und war
laacli mit Heynlin ohne Zweifel bekannt. Näheres wissen wir nicht. Wessel
Iwar auch mit Bessarion befreundet. 1474 ging er wne Reuchlin und Heynlin
I II acb Basel (Vischcr 191, Ullmann, Reformatoren vor d, Reformation, 2, Aufl.
11866, II 281. N. Paulus iu W. W. 12, 1339 IL 2. AuH. i'jor).
f ') Zarncke nennt dieseu Einlluss einen wesentlichen (L c). Geiger
nimmt gleichfalls an, dass „Agricola« wie die meisten Deutschen (in Paris),
tu seinen Anschauungen von dem trefflichen Realisten Heynlin von Stein be-
stimmt wurde." A. D. B. Bd. I, Art. Agricola.
. *) Wie Janssen meint» der Agricola „im persönlichen Verkehr mit NicoL
' V. Cties und dem Scholastiker Heynlin von Stein eine so begeisterte Liebe
für die klassischen Studien gewinnen'^ lässt^ y,dass er deren Förderung und
Pflege als seine eigentliche Lebensaufgabe ansah*' (W. \V. I, 359).
.f. /:»--...:.::r>:- " v-^- — - "^-" -? " ^ ' iiucatt'd J^*nt' rvivrii zi.i
• '.t VI •/'£■».' ir.-j. :-•:- lü. -- ?:«ia. ^L':??r a^ >:i"Lr:
' ^ . ■ . • . - - -i -. -r.. . - -- - -. >_-_.-' : ' - . - •=•-1:1.-^1 :*T. '' i*f rTv»f rr-f Lz *^ izrZ.
11-;-- li A-:ir;.idi Lifidüi qicH'iir.: .:
'■.i:^:.i.- '
A-?^. Strasburg. J.^'dl Pri*.
' f :..." ■-..,. >■ . ';* .'i..!.-.!-. 5-;>-f;i ä l"l'r.:v. ie Fora: l405^, nach T- ^^ •
; .r.r. . .r "■ .♦, ...'.'•.'■'>" '«^'^r ::. F'äriä n-.j^. art. verden voilie und v-.^
«.i.T iiU'>.rf:.. f ■;. -/rriitai W.im, muääte r.och xnicdestCDS ein Jahr in Pans
%tH*\it-tft, i I Ulf '.2..
Johannes Heynlio aus Stein. ''^P
1472 noch in Paris, wurde er noch iiu selben Jahre Löut-
priester von St. Theodor in Basels wo er an der Universität
eine ausgezeichnete Stellung einnahm.^) Johannes Amorbach,
der bekannte Buchdnicker. studit'ite um 1472 in Paris*) und
wnrde hier wie Siirgant, mit dem er befreundet war, Diagistcr
artium»*) Man nimmt allgemein an, dass es der Anblick
der von Hevnlin eingerichteten Druckerei und der Einfluss
dieses seines Lelirers war, der ihn damals bestimmte, sich
der Buchdnickerei zuzuwenden/) und in der Tat haben
beide Männer später gemeinsam die schwarze Kunst mit
Eifer gepflegt'*)
Heynlin verstand es, die Jugend zu begeistern und an
eich zu fesseln. Wir besitzen eine kleine frisch gesclirieliene
Rede von ihm, die er in jenen Jahren bei Gbdegeuhoit einer
Magisterpromotion gehalten hat, und die eine hübsche Illu-
stratjon zu seinem lateinischen Unterrichte bildet ®) Selbst
Hein kleines Mlisterstück fliessender Rede will sie eine Auf-
^Bordorung zum Studiim der Beredsamkeit, wie überhaupt
^Her freien Künste sein. ,,Ich will Euch ermuntern und
immer wieder ermahnen, werte Jünglinge, die ich hier um
^aiich geschart sehe, nach dem Beispiel deren denen ich
^■etzt die Abzeichen des Magisteriums verleihen werde, die
H^ien Studien eifrig zu betreiben.**') Er führt aus, wie
Heicht und wie nützlich, wie ehrenvoll und wie nötig und
^Schliesslich wie ruhmreich dieses Stttdinm sei, er fi'eut sich,
dass die Namen des klassischen Altertums jetzt täglich
tr^' '~ "•"' ""■"•■ '■"' ■"
^^^■^H Ch* Schm. Ilt 34 liUsI ihn erst 1472 iiacb P^iris gchcu und erst »475
uieiler am Oberrhcin aaflaucben (s. aber Wack* 197 und die vorige Anmerkung).
^L •) Das berichtet Ulrich Surg»nt selbst (s, Burck. 76).
^V '1 AU iti artibus libcralibus Farisieusis magiftter wird er wiederholt
Hpou Heynlin angeredet {in den Begleitsch reiben tu Ca»fiodor& P&ftlUriytn,
Ba»el, Amerbach 1491 ttnd zq Tritbemiu^ de Script, ecclei., ebenda (494).
•) Bern, Buch, XIV, Burck. 77, Ma^cl. i;7 und andere
^m ^ S. unten Kap. 12.
■ •) Red. 255--255.
H ^) Fol 2sy.
I50
Man Ho&sfeld.
Paris genannt werden,^) und schmückt seine Rede seihst
gern mit Aussprüchen und Geschichten der Alten. ^ Be-
zeichnend ist aber hier wieder für Heynlin, dass er bei
aller Begeistentng für die Antike doch niemals aus dem
Bannkreis des Christentums heraustritt, so wenig wie seiiw
Aufmerksamkeit auf sprachliche Dinge ilm Philosophie tmd
Moral vergessen lässt. Neben Thaies und Plat-o, Aristotelt?«,
Theophrast und Hennagoras, Demosthenea und Cicero weist
©r auf Josepli in Aegypten, auf Augustin» Hieronymus,
Ambrosius^ Gregor, Cyprian und Chrysostomus und zum
Sehluss auf ^^.Temis Christus, fons artiiun et ingenuarum
rerum princeps", hin; als er von der Leichtigkeit des Er-
lemens der ^Beredsamkeit und der übrigen Studien^ spricht,
verfehlt er nicht zu zeigen, dass auch der Erwerb der
Tugenden (sanctiiasimae virtutes) dem Menschen von Natur
leicht falle;*) neben den irdischen Gütern, die einem der
Bt*sitz der Weisheit oft verschaffte, — aus dem Altertuiü
wie aus der Gegenwart gäbe es mannigfache Beispiele dafftr
— preist er vor allem den Besitz jenes inneren Reichtums,
den die Weisen haben und den das gemeine Volk nicLt
versteht: ,Jgnorationis explosio, rerum omnium quae simi
celo terra marique perfecta cognitio.'* ,, Diesen Besitz,"* so
heisst es, ,,der uns keine äussere Armut fühlen lässt, ver-
sprechen und verleihen uns die Hberalia studia. Man kanD
sich nichts Ehrenhafteres, Vortrefflicheres und Wunder-
volleres denken als sie; von ihnen gehen aus und strömen
^) . . ,,vel Piato, vel Aristoteles« vel Theofrastus vel Hermiieoras tet
quisquara . . corum quo« vicos stramini* indies magis resonat" (Fol. 2S5t»
Diese Erwähnung des vicus straminis berechtigt uns zw der Annahme^ da»
die Rede in Paris (^challeti ist; diese ,,Strobgasse** ist nämlich „U oclebft
rue du Fouärre^ aiu6i uommee du nom qu'on donoait ä ]a paille sur Laqudle
les elcves devaicnt ä'asseoir pour ecouter les Ic^ons du maitre;** in der Tve
du Fouarre iu Paris aber beiandeo sich die Gebäude der Artistenfa Imitat [i.
Madd. 140 Aomkfi., Frank. 16). ThcophniBt, der Peripatetiker, \*erfaiste
Schriaeu zur Beredsamkeit» 2ur Ethik (die Chamktere) titid t%xt Brjtamlt.
Mit Hcrmagoras kann der griechische Rhctor (aus Lcronos) oder der wcoigcf
bekannte stoische Philosoph (aus Amphipolis) gemeint sein <s. Pan!y's Rca-
lenzykl. d. klass, AU.).
') S. besonders die Anekdote von Thaies v, Milct, foL 254—254*.
3) FoK 253*,
Joliaiines Heirnliu aus Steint
15 t
1 Religion j Frömmigkeit^ Elirerbiettmg, Freundschaft,
Wahrheit, Glaube. Kraft und Mässigiing und die KenntDls
^ler Dinge^ die da waren, sind und einst nach unendlicher
Keit sein werden. Durch die sanctissima philosophiae studia^
die uns erst über die Natur der Tiere hinausheben, erwächst
uns dauernder Nachruhm auf Erden und ewige Glorie bei
den himmlischen Heerscharen, Wären uns wohl die Leuchten
des klassischen Altertums bekannt geworden, wenn ihnen
nicht das Studium der Weisheit ewigen Ruhm verliehen
hatte? Würden wohl die grossen Väter der christlichen
Religion in den Himmel gekommen sein^ wenn ilmen nicht
die Erkenntnis der Lehren die himmlische Strasse gewiesen
itte? Damm Lob und Preis den freien Künsten, die uns
icht nur zu Vorteil und Ehren verhelfen, sondern auch den
Teg zum Himmel erschliessen, in den uns aufnehmen möge
IS Christus. Amen/'
Der ganze Tenor dieser Ansprache, die in vieler Hin-
sicht an friiliere Reden, Briefe und Gedichte Heynlins
^vinnert, besonders aber der Schluss^ in den er sie aus-
RÜngen lässt. zeigt, in welchem Geiste er sich die Studien
an der Artistenfakultät betrieben denkt. Durchaus nicht
im Sinne jener italienischen Renaissance» für die der ,, moderne
Rahm'* das mittelalterliche Ideal der Frömmigkeit ersetzte,
rindern gerade in stetem Hinblick auf die göttliche Wissen-
Peebaft, auf die Theologie, Für die grossen Männer des
Altertums hat er zwar warmes Lob bereit^ aber den Weg
zur .^gloria celestis/* die er über der ..gloria int-er mortales*'
nie vergisst, hält er doch nur für die Christen offen. — So
bleibt er, während er in der nie da Fonarre die Hnomniora
doziert, doch stets im Zasammenbaog mit der Borbonne,
f^id sein eigentlicher Beml bleibt der des ProfessarM der
heohffie.
Einige seuitir tL-
_ßekommen. so eine .,-
f
B ') Die prima («clio post
Boratsrede ver&priclit
an sie ao: „Cum mem hdfmtir^
dactoratm in&igaa
\'-
•fiiid
,h
rw^ijii'Ie
1^2 Max Hossfcld.
post floctoratum, quam feci eo die quo presedi dispatationi
septimae." V Dieser Tag der siebenten Disputation der
Sori)onne war der 15. Juni 1473.-) Der (selbstgewählte'
Gegenstand der Vorlesung entspricht vollkommen den
Fordeningen. die Heynlin einst vor drei Jahren in seiner
Prioratsrede an eine gesunde und fruchtbare Theologie ge-
stellt hatte, es ist der gehaltvollste und würdigste, den er
finden konnte, die Ecangelien, Der Vortrag nmfasst eine
Einleitung in die 4 Bücher und den Beginn einer Erklärung
zu Matthäus. Er handelt von dem Xamen und Gregenstand
des Evangeliums (apparet totum hunc librum conscribi de
Jesu Christof, von den Evangelisten, ihrer Anzahl und ihren
Symbolen, ihren Unterschieden imd Uebereinstimmungen,
und er zeigt, warum, in welchen Sprachen, für welche
Völker und in welchen Jahren die einzelnen Evangelien
abgefasst wurden. Besonders betont er die Erhabenheit
und die Schlichtheit der evangelischen Lehre. Denn vor
den anderen heiligen Büchern habe das Evangelium den
Vorzug, die besten Zeugnisse und die grössten Autoritäten
für die christliche Lehre zu enthalten.*) und zeichne sich
ebenso sehr auch «luroh seine Einfachheit und Verständ-
lichkeit aus: ..die Ausvlnicksweise der heiligen Schrift, sagt
er verallg»»nit^inem'l von der ganzen Bibel, ist allen zu-
gänglich: was sie vor aller Augen enthält, spricht ungeschminkt
grati.is cj^erirriu-s** usw. Au?ser ilieser Danksagung pflegte die erste Vorlesung
wenig mehr zu enthalten.
'< Vorl. 170 — 174*. 'Fol. iJ<2 und 1S3 — 183* sind Konzepte dazD).
-) Die -ccunda kciio schlie-st nämlich mit dem Hinweis anf eine am
Nachmittag desiellien Ta;;eä al>zuhaltende Disputation, zu der Hevnlin dos
Thema gestellt hat: l'trum Christi anima ex vi sanctissimae unionis tantam
h.i' eat r.otitiäm tjuautam habet verivjm in actu visionis (fol. 174*^. EincDis-
;..:t.ition über dieses Thema betindet sich nun in Disp. fol. 39 — 44, und sie
ist vin Heynlin mit einer L*eber<chrift versehen und vom 15. Juni 1473 da-
ti'.rt worden i..Uucstio tcmptativa quam tenui ego Jo. de Lapide jarisius
A:.r.'> etc. LXXIH'' XV die Junii et respondit sub me frater Guillcnnus
I.oy\e<.k jari>iensia, ordinis fratrum hercmitarum S. Augastini**», Wilhelm
L">veilv iKT/eichnet sich als einen Schüler He\-nlins ler redet ihn als coUcu-
rJ:s-ime n^.a^istcr ac praeccptor observautissime an, fol. 44).
^1 Vorl. fol. 172.
Jokaimes Heynlin aui Stein.
rie i^in vertrauter Freund zum Horzoü dor Ujif!fHl(^hrtf»ii und
Kach der Abhaltiuig jener an die ^ecunda lectio sich
I9chliess«nden dispntafjo 8ej>rima fuhr Heynlir» in seiner
tegese ilea MatthÄusevangeliums fort* In einer dritten
Torlesiung widerlegt er zunächst die ketzerischen Meinungen,
ie ttl»<*r die (ruttlichkeit oder Menschlichkeit Christi ge-
l«isert< worden sind, knüpft damit an die (tenealagie im
»tan Kapitel Matthäi an und führt nun seine Erklärung
»s Ev-nngelium*? weiten •)
Wie lange er diese Vorlemmgen fortgesetzt hat, wissen
Hr nichts schriftlich erhalten ist ausser dieser driU«'n nichts.
ch 8t4>hen in derselben Handsclirift nocli eine Reihe Er-
terungen über theoh-^gtsche Fragen, die sich meist um die
jt^^ue, das Sakrament der Busse und ähiilieln^s drt^hpn, und
Se vielleicht auch zu Vorlesungen oder Disputationen in
^iciner letzten Zeit seines Pariser Aufenthalts gedient haben.*)
legelnuissige Kurse brauchten ja die Magister der Theologie
H>erhau{)t nicht zu halten.*!
t
Didseiii öchöne Bild der Lf^hrtätigkeit des Doktor de
»pifle Mairde noch in seinem letzten Pariser .Iidire durch
Itieti ärgerlichL*n Streit zwischen den Parteien fler Realisten
3c) Nominalisten getrübt*) Der Kampf zwischen dein alten
id dem neuen Wege, an dem Heynlin in den Jahren 14*>4
nd 14ö5 in BastVl i^inen so hervorragenden Anteil genommen
itte» hatte nändich in Paris mittlerweile incht gerulit,
Paris war tlnrchan» realistisch gesinnt und an der Sorbonne
1»^ z. B. nur die via anii(|aa gcilubh*t, ab«*r die (iegen-
tei W/ir sobr rt^trsaiTi tind suchte' sl( h, besinult^rs in Ihrem
*J ,^odii* i{%iQ äAtiA bcn|jtuja coiiUvitur ornuibu^ AcccsÄibilii; r:i juk^
coDtinei, qtiiifii amkus f^mituim smc fuca xd cor loquitur indncmnini
■1 Fol 184— 10t und IT,
H D»» Folgend« nach CaroL du ?lcsii*d*Ar^tttnr, CoUccUoIudkiorum
<lr DtwiB crroribiis. Paris 1728, Tamus I, 148—138, Biil. V 706 — Jto.
.1*--
T
154 Max Hossfeld.
Vorkämpfer Heinrich von Zoemeren, ^ neben der anderen
Geltung zu verschaffen. Schon 1460 hatte sie diesen nach
Löwen geschickt, um dem dort unterdrückten Ockamismns
nach Kräften wieder aufzuhelfen. Hier trat ihm vor allem
Petrus de Rivo, Heynlins ehemaliger Lehrer, entgegen, und
stritt mit ihm besonders über die Frage des ^.zu&Uigen
Künftigen^ (de futuris contingentibusj mit der, wie man
bemerken wird, die Fragen nach der menschlichen WiUens-
freiheit und der Prädestination eng zusammenhängen. In
der quaestio quodlibeta des Jahres 1465, deren Thema die
Frage w'ar, ob es in der Macht des Petrus gelegen habe.
Christus nicht zu verleugnen, nachdem ihm dieser gesagt
hatte: ,.Du wirst mich dreimal verleugnen*^, entschied sich
Petrus de Rivo für die Bejahung der Frage: der Jünger
habe auch anders gekonnt und das Künftige sei zufallig,
denn sonst müsste man ja die Willensfreiheit aufheben;
Zoemeren aber erhob den Einspruch, dass sein Gegner dem
Vorwissen und Vorwollen Gottes Abbruch tue und klagte
ihn des Irrtums an. Aus der kleinen Reibung wurde bald
ein grosser Brand: die Universitäten von Löwen, Paris und
Köln ergriffen für den Vertreter der via antiqua Partei.
Hierdurch aufgemuntert ging Petrus de Rivo seinerseits
zum Angriff über und kam 1470 nach Paris, um hier die
Modernen zu bekämpfen.
Aber Zoemeren brachte es in geschickter Disputation
so weit, dass nach der allgemeinen Ansicht die Realisten
unterlegen waren. Er reiste sogar nach Rom, um eine
]Massregel gegen seine AVidersacher durchzusetzen. Vier-
undzwanzig Pariser Doktoren aber erklärten sich für Petnis
de Rivo und schrieben ihre Zustimmung unter seinen Traktat
(1471'. Unter ihnen sind mehrere Lehrer Heynlins, Petrus
de Vaucello. -) Guill. de Castro forti *^) (von ihnen sind dio
ausfiilirlicliston Bemerkungen) und GuilL Bouillö/) auch
M Z. studierte und lehrte in Paris, wo Wcssel Gansfort einer seiner
Zuhfirer war. i45^> wurde er Licentiat. Um 1420 geboren.
-) S. oben S. 347 n". (Bd. VI, 2).
•*, S. 115.
*) Eine von Bouille gestellte theologische Frage befindet sich nntcr
Heynlins Manuskripten (Disp. fol. 213 — 217). B. war einer der älteren
JoliAnaea Heynlia aui Stein,
155
E?in huniajiistiacher Freund G. Pichet hat unterzeichnet,
selbst ist auffalleuderwtjise nicht dabei. Mit diesen
t^ntai'lrtpn ging nnn Petnis de Rivo 1472 nach Born, wiirde
jort 1473 für unschuldig erklärt und nach Löwen zurück-
geschickte Da Zoemeren schon 1472 in Antwerpen gestorben
schien dieser Streit beendigt Indess der Gegensatz
nschen der via antiqna und der via modema bestand fort
id die Streitigkeiten in Paria borten nicht auf. lh\ wandte
lieh, um ihnen durch eine Gewaltmassregel ein Ende zu
M^ ein Teil der Realisten durch Vermittlung des
rs von Avranches Jean Boucard, der des Königs
Bichtvater war, direkt an Ludwig XI, der sich auch zu
Einern solchen Schritte bereit finden Hess: er tibergab die
igelegenheit den Händen des Bischofs. Boucard berief
iun Anfang 1474 eine grosse Anzahl von •,viri vitae et
lomm integritate, litteranim peritia summa ac virtute et
^oruin gerencianim experientia comprobati" zusammen^ ins-
gesamt eine stattlichn Versammlung von 50 Doktoren aller
^akultiitpn und Nationen^ die nach einer .^gewaltigen B<j-
itnng** den Beschluss fassten^ dass fortan nur noch Reales
gelehrt und geduldet werden, die Lehre der Mod»*rni aber
rerboten sein sollte. ')
untrer den 22 Doktoren der Theologie, die an dieser
lussfas&ung Teil hatten, iist nun als vorletzter*) auch
innes de Lapide genannt. Heynlin hatte, wie sieh von
Einfälirer des Realismus in Basel nicht anders erwarten
t, den Streit von Anfang an mit Aufmerksamkeit ver-
jißt. In seinem Nachlass ist ein grosses Aktenstück,
reiches die von Petnis de Rivo in Löwt*ii disputierte Frage
leh dtmi ZufÄlHgen Künftigen sowie Gutachten der philo-
Fakultät dieser Universität dazu enthält; er hat
! mdig ».»juodlibeta quaestio dispulata in «studio
>vatiiensi anno etc* LXV^^ überschrieben, ')
ylogitcben Doktoreii (er war es 1444 geworden), cim in seiDfr Leu wohl-
Hier ^Utin (vgt Bn' *' "-:, Frank, 22S, Clmn. und Auct. oft.),
*^ Die I i ^tLi iJ4urb dem KangAlter (Heynlin wür erst »cit
ir>l(tobef 147: I
^ D»l|i« <ö]. 12^ — 144, Es iU nicht ui]m5|*Uch. d«ss i;erail(t Heynlin
IfnmilUntis dts Streite von Läwen nach Pari« eint gewisse Rolle
•■.ri^-'jr.::--:. 7M ha-.»'?:; y;}-«-i:.r. &]* i;.är- v-: ?-r::-: V->
■•.•.:;? •.;(-.': Krj?-;^lj'ri'J?i!;ir üb-r 'i^n SrreiT -i-r "••-: i-r. T\>2-
:.';.• :•■::.'■:.: v.?jr»-:i H'/'.h a*i' h a]:- -r^-JL-r Lr-hrrr ~i : B—
ka:. ;.»-■-.'.. L-j^;i-; «i«- M'.'i^-ri'liTii-. G^iili. -ir <.'a**r ■: r::. «ti:11
li'^iuii:»-. I^j.'iJa^'j-: '!'• P'u^-o. B'rr'-rjgarTis M-^r ."<:•':■ r: f. Ms:!
Sj--*i^i*-r ' "Ija'i'i'J'rt j. Ai:iar'.»r T^h'-tart. säiüT-ich I'-ki r-*. irr
Ti.« -^i'«:;;--. -'iv.i*r Ma^fi-r*-!' .J'ihaTjii'r-; S<Ti|iTMriT ~:. : a:. :-:-'
i:. /-;."r \""r-a:/i;'iluijg z-ig«rg<-ri -änii bei drr &=-■*•. L "."::* ^
X;:^ rj'l'-i:i mhi iVmranI 'l^ru Ent. scheid dieser I^-ki-rrL
d-!;i K''!jiir V'.rg»-I"gt liatt«-. «Tlif-ss Ludwig XL an; 1. MiT
1474-1 in Si-!jli- «'in K'likr, «las unter Aiidrohnn:; >\r*'\i%^^.
B'-stratnijg 'iarr I^rlip-ii uijfl \'<'rbnMteii nomiiiali>ti>ch>T
1 doktrinell f^ir ganz Krankr^M^-h verbot. So .suchte man mir
j;i-]'icli h.*t. \\:.- ri.it M':rrjj':liiiks Veriiiiitiii)|{ bezü};Iich der Ucbertraguri^ ies
..Nuniin.il.s::.:>.'*-^treiii auf 'iciu We;,»« Köln -Löwen — Paris — Süddcut^hläzd
/us.vnir.cn2iih:iji'.:j wäre -, Xcrrn. i}i. dcrs. in Württ. Vierteljahrshcftei-»^,
}i^S^' Auch T .ij--! ni.iiJ si'.li ijicht vorst':ll<;i», (Jass Hcynliii üIkt seiDcn hucia*
iii>ti>chen N\:^jij^'.tj di'.- 'in-it -«» tilri^; ^-cpHeytc schoiastische Philosophi;
MT-e<>L!i IiÄiiv. l'^r '"i':^i!i ■'■•.v::-! i-t, d.i^-» rr ^ich auch jetzt noch Aristi 'te>v
li.iiuUi.hii tun mit ■•• ho'.i^ti^ hm Koiiiiiiciitarcn kauft. So lindet «ich tvx
l'iT^.mu'Mth-'. „I-ibri lic r'"l«i 't rijurnli> Aristfitelis cum commento lAverruis',
;m deren iMülr steht: „Huin- lüiriim eiiii <•;;•) Jo. de Lapide 22 Julii a. d. 14''?'
pieiin j«i -')1.'*; fi:ie .iiiil<-P- „Über d»- animalibus Aristotclis** dat.) trägt d«
\'trnurk: „Umic librupi ♦.riii c^o Jo. de l.apide parisius a pascasio lihrario
iii.i;.MH) riii\er>italis a. d. 147 1 j)retii» duorum fraucoruni**. AndcrcräCit<
IM-Muh tlii.lni .iiu'h „Kpi.-.tole Nicolai de Clamentjiis" sein Cicfallen (1471 ic
l'.iri'. deiTi M^i. l*etcr \Va;;iK'r für ^2 soI. abjjekaufn, und ein ,.Kxerciciuni
Mt. ris aiti-" rtf. hat er mit Vcr-^en von IVter I-uder n4h7) jjeziert. V^l.
dir < 0,1. Ha-il. K. I. S'« *'• ^^ -'^» '^- ^'^'^' '^^' ^' ^^' '**■ I>if!ie Mil-
t'ilun-^iri vci.lanke ich dci (icfillijjkeit «les Herrn Dr. C\ Chr. Bernoulh.
») I-uh<'t fcldt, er hatte ja schon 1472 Paris verlassen l-. S. i.O.
l'.:..-r «If Mfleiidiiiis j^. S. s\- \\, (Hd. VI. 21; Ca^troforti S. 115, 154; Bouiiit
V, r;|: < haii'iuct S, ip«; Thctart S. 102, iio; Scriptoris S- 14S. Di-natus
(!•: I'iit't» lind li'iriij^cr Manhand sind ältere Studien(;cnossen re<p. I.chrtr
H-vllllM«^ (^11- stelltrn ihm Kraben zu einer Disputation, in der er >ic als
■ V rarniii litt'iarum pmfcssorc^ dij^nis">inios bezeichnet. Vorl. fol. 20*". Siehe
l.";' I -ii- l-.-rit IV. 12«) il.; d'Ar^^entrc I. 2}^^\ Hui. V, Index: Chan. IV. l::iex.
-» .\';i)it r 17^. wir f.i'>t iluichwej; an^ojjeben wird iso Zarncke. Vi-Hrher.
I'ratitl, Prot. H«rn».i. Winlcr muss der französische Ostcrstil in den he'-*-:^':^
i.l.crtra-«:n w.-iden. IXis Richtige hat schon Phil, Fich. 155 ges.i4:t.
Johannes Hcyulin aus Stein.
157
Hilfe des weltlichen Armes die Gegner im geistigen Kampfe
zu überwinden. Der Sieg konnte nicht von langer Dauer
C[, schon 1481 wurde das Edikt wieder aufgehoben.
Die Ausfühningsbestimmnngen waren rücksiclitslos ge-
en. Die Bücher der Nominaliöten sollten nicht nur ans
den Bibliotheken, sondern sogar bei Schülern und Professoren
konfisziert werden und wurden dann an Ketten gelegt. Wer
^dcht schwor, das Edikt zu halten, wiii'de nicht graduiert.
^Hle Widersetzlichen sollten aus der Universität, ja aus der
^■adt Paris getrieben und hart gestraft werden,
^ Ob Heynlin diese brutalen Bestimninngen gebilligt hat,
6t«ht dahin, wir möchten es mit Vischer^) stark bezweifeln.
tas er in Basel getan hatte, berechtigt uns nicht zu dem
hlusse, dass er sie mithervorgeruft-n oder auch nur ilinen
beigestimmt habe. Gerade aus dem humanistischen Kreise,
dem er angehörte, ertönte eine Stimme, die die fast lächer-
Ebe Strenge dieser Massregeln verspottete, ,,sic indomitos
nes et beluas vinculis cohiberaus et carcere^* schrieb
bert Gaguin an Fiehet mit Bezug auf die Anschmiedung
der nominal istischen Büclier.-)
Aber wenn wir nun Heynlin auch fiir die Gewaltsam-
keit der Massnaliuien zur DntHnlrückung der Modernen nickt
niitverantTi'ortlich machen, so bleibt doch immer noch er-
Ktaunlich. dass er, der sich einst so lebhaft über die streit*
süchtige und unfruchtbare Theologie beklagt hatte, iiber-
haupt an diesen sterilen Streitereien der beiden Wege noch
teilgenommen hat Zwar aucJi der Humanist Fiehet tat es?
und das mag uns schon stutzig machen. Die Erklärung
lir aber wird in der richtigen Auffassung des Gegensatzes
beiden Parteien liegen.
*
Die phyosopliische Bedeutung des Nominalismus und
?alisnius war oben erörtert worden. Aber war es wirklich
nur die Frage nach der Realität oder blossen Idealität der
abstrakten Begriffe, die den grossen Gegensatz zwischen
dem alten und neuen Wege hervorgerulen hat? Schon die
•) S. 162.
») Bul. V, 7» f.
r :. - rirmoxiriir-i. TäJ
:-- -rJ
•ifciS 4--«» t-iSC.:-« :^
S<^<fr33$ «ritr.
Johannes He\Dlin aus Stein.
159
verbundenen ^Sophismata, InsohibiJia, Obligatoria, Conse-
qaentiae** und ähnlicher Spitifindi ff ketten verloren. Das tritt
in vielen Aeusseningen der Zeit hervor. So wird den
Modernen einmal vorgeworfen, sie klebten nur an sophisticae
et cavillosae argumentationes, ,.Quis autetii dies snos in
sophismatibus omnes terminabit? nonne plures sutJt altio-
resque seientiae et facultates. qnibus operam impendere
necease est?'^ Ein andermal wird ihnen das Gebiet dor
figmenta und disputatio ztigewieaen^ den antiqui dagegen,
die von sich sagten „Nos imus ad res^ de terminis non
cnramus^T die -gediegene Wahrheit*^ und das ^ hinge Be-
stehen" ihrer Lehre nachgerühmt. \) Denn der Realismus
urar die ältere Doktrin, der neue Weg dagegen erst durch
Occam wieder zur GeHiing gebracht wordon.
Auch in unserem Edikt von 1474 wird nun der Gegen-
satz zwischen den beiden Parteien keineswegs als der eines
spekulativen Standpunkts behandelt, sondern es wird den
doctores renovatores vorgeworfen ^ dass sie an Stelle der
altliergebracht-en „nützlicheren, gediegenen und heilsamen
Ijehren der Reales, steriles doctrinas minusque froctuosas"
einführen wollten, uod auch aus der Antwort der moderni
geht wieder henror, dass der Pjuteigegensatz wesentlich
nur im Lehrstoff begründet war, nicht aller in der Univer-
salienfrage. *)
Jetzt aber verstehen wir auch, warum humanistisch
gebildete Männer, wie Fichet und Heynlin von diesem Streit
angezogen werden konnten. Mochte Heynlin insbesondere
noch durch seine ein gellende Beschältiguiig mit der Logik
und Philosophie darauf hingeführt werden, so musste beiden
Freunden daran gelegen sein, eine Richtung nicht aufkommen 1
zn lassen, die sich ihnen vornehmlich als Vertreterin der
Auswüchse des Scholastizismus zeigte. In dem neuen Wege
bekämpften sie das, was ihnen an der Scholastik überhaupt^
verdantmmawert erschien*
Erst von hier aus wird es uns gelingen, ein Verständnis
der Persönlichkeit Johannes Heynlins zu gewinnen. Ueber-
hlicken wir rasch seine bisherige Latifbahn. Er hatte während
«) Solida vcritas, vctustas, Prantl. S. 292.
a) S. Pranll. IV, 187.
ir>ö Max Hossfeld.
des Mn-iisohenalters, iLis er nun beinahe an verschiedeneu
(leatschen und französischen Schalen zugebracht hatte, den
^nzen langen Studiengang der mittelalterlichen Universität
dnrchgemacht. war mit deren hikhster Würde, dem theolo-
gischen Magisterium, bekleidet worden, und war nun mit
dem System, das an ihr herrschte, sozusagen bis in alle
Winkel und Falten hinein vertraut geworden. Dieses System
war jene dem Mittelalter eigentümliche, mit der Kirche in
so nahem Verhältnis stehende Verbindung von Philosophie
und Theologie, die wir Scholastik nennen. Heynlin war
ein ausgezeichneter Scholastiker, einer der hervorragenderen
seiner Zeit.
Unabhängig vii^n dem gewohnten Gange der wissen-
schaftlichen Ausbildung aber machte sich nun damals nördlich
der Alpen noch ein anderes Bildimgselement geltend, welches,
Wissenschaft und Kunst im Spiegel der Antike vereinend,
etwa seit der Mitte des Jahrhimdens von Italien aus seben '
Eroberungszug nach Norden angetreten hatte, der Humanismns
und die Renaissance. Wir brauchen nur die Namen zu j
nennen, um daran zu erinnern, dass die neue und die ahe I
Kulturströniunir sich schnurstracks zuwiderliefen. Wie aber
soll man sich ilann vt^rstellen. da<s der Scholastiker Heynlin
iukIi »-'in Hiunanist war? Wie war es möglich, dass ein
Mann >i:»lche (.TOgt.*nsätze in sich vereinigte? Liefen sie
ganz unvermittelt wie *^*1 unvl Wasser in ihm nebeneinander
her. so wi»* man wohl Bauwerke findet, bei denen die alte
gotische Knnstniktion beibehalten, alles äussere Schmuck-
werk aber dorn Ftirmenschatze der Renaissance entnommen
ist. oder wi»* es Menschen gibt, die Frivolität mit Devotion
ganz unl>t 'fangen zu vereinen wissen? He\Tilin hatte sich
zu tiet in dir eine Strömung eingelassen und der anderen
zu viel B^geisti-ning entgegengebracht, um beide so unver-
niischt in seinem Kopf»» beherbergen zu können: auch war
♦T dazu ein zu gründlicher Charakter. Nein, er hat in der
Tat ein»' Vt-rbindung der beiden Elemente angestrebt xmd
auch »'in»* gewisse V»*reinigung der Gegensätze erreicht
Das war aber nur mriglich. indem er weder das Eine
noch das Andere ganz war. Und so ist es wirklich, er war
v»im Scholastiker wie vom Humanisten nur ein Stück.
johflnne& Hcynlin aiis Stein.
l6l
Um es sogleich zu sagen: Heynlin behielt von der
Scholastik den wesentliclien Inhalt und nahm vom Human ismus
nur die äussere Fiiriii. Denn insofern die Renaissance eine
neue Ansicht von Gott» der Welt und dem Menschen bot,
^liat HeynJin sie entweder nie kennen gelernt oder aber als
lerlaubt kurzerhand abgewiesen. Von freiem Menschen-
und antiker Weltanschauung wird man keine Silbe bei
iindon. Mit Freuden machte er sich dagegen ihre
ssere Seite zu eigen, die ja ioi wesentlichen eine Ver-
feinerung der Bildung und eine sprachUche Reform, eine
riederbelebung der Äusdrucksweise des Altertums war.
Denn hier stiess ja der Humanismus auf den schwächsten
ikt des mittelalterlichen Schulbetriebes. Sein Sieg war
sr ein verhältnismässig leichter^ und so hat sieh auch
lejTilin ihm gewiss ohne Zögern angeschlossen. Das
krbarische Latein, das er daran rügte und zu verbessern
jhtej liing aber mit einem zweiten Uebelstande zusammen,
^r schon schwerer wog, der Gehaltlosigkeit und Veräusser-
chung der Scholastik und ihrer Erstarrung in spitzfindigen
Untersuchungen und fmchtlosen Streitigkeiten, Man weiss,
ie oft die Humanisten iliren (Rognern das zum Vorwurf
jmacht haben. Auch diesen Miastaod hat nun Heynlin, wie
ir gezeigt haben, wiederholt iit^kämpft. Aber er tat das
it vom Standpunkt der Renaissance aus, sondern indem
auf dem Boden der Scholastik selbst stehen bliebe indem
die ältere und gehaltvollere christliche Lehre (bis hinauf
r^ur Bibel selbst) dem decadenten Scholastizismus entgegen-
stellte; er bekämpfte diesen Missstand als „antiqims'^. Hier
Hber ist nun der Punkt gefunden, an dem sich der Scho-
iastiker und der Humanist Heynlin die Hand reichen; es
H| der sogenannte alte Weg oder Realismus.
H Dieser Realismus, der auf der einen Seite lediglich als
Hd metaphysischer Standpunkt betrachtet werden kann^ ist
Bidererseits bei Heynlin^ wie schon Zarncke^^ richtig ver-
inntet hat, die Form, unter der er den scholastischen Spitz-
findigkeiten überhaupt die Fehde ansagt. So erklärt sich
') Eml, S. t-.
Büler Zeluchr. f, Gesch. und Altertum, VU, 1,
102 Max Hossfeld.
denn auch die Tatsache, die Geiger*; einmal konstatiert.
das.s der Nomina lismus selten oder nie Begünstiger hoina-
nisrischfr^r Studien geworden sei, der E.ealisniiis dagegen
häutig. Indem die Richinntj des ^aUen Weges*^ oder der
.sogenannte Realismus dem Bedürfnis nach Vereinfachung und
Vertiefung des Studiums entgegenkam^ ist er dem Humanismm
verwandt und hat er ihm vorgeati)eitet.^j
Bei unserem Heynlin aber verbinden sich die beiden
Richtungen gegen die Auswüchse der Scholastik in der
Weise, dass er als Realist dem Betriebe der Wissenschaft und
des Unterrichts irieder einen gediegneren Gehalt^ als Humanist
ihm ff'ifder eine elegantere Form geben will. Dass die Quellen.
ans denen er das eine und das andere Mal schöpfte, die
Antike nämlich und die ältere christliche Periode, beide den
gemeinsamen Charakter des ehruiirdigen hohen Alters hatten,
war ein ZusammentreffeUy welches die Verbindung der beiden
Elemente nur erleichtem konnte.
So sehen wir in Heynlin sich angesichts eines gemein-
samen Gegners, des Scholastizismus, eine Verbindung zweier
verschiedenartiger und zu verschiedener Z^it aufgenommener
Bildungselemente vollziehen, die zwar die inneren Wider-
sprüche, die sie trotz alledem fortfuhren zu enthalten, mehr
zudeckte, als wirklich aufhob, der aber doch eine gewisse
Lebensfähigkeit innege wohnt hat.
Als Heynlin Paris verliess. war diese Verbindung des
«Realismus- und des Humanismus zur vollen Ausbildung
gelangt. Er sollte später in Deutschland damit noch Schule
njachen.
Nicht lange nach dem Erlass des Edikts gegen denXomi-
nalisinus nämlich verliess Heynlin Paris für immer. Allerdings
>> Mit diesem Ergebnis befinden wir uns in erfreulicher Ueberein-
Stimmung mit den kürzlich erschienenen Untersuchungen Herraelinks (WOrtt.
Vicrtcljahrsh. XV, H. 2 (U)oU) S. 319— 33f>; der»., Tüb. theol. Fak. (iqooi
S. ()h ff., 134, 152 iJ.).
2) Kenaiss. u. Hum. S. ^\h. Ebenso schon Zamcke, Einl. 20 Tin<i
neucstcns Hcrnieiink S. 152 fl".
Johannes Hcynliu aus Stein
«63
^Bildet sieh sein Name noch in einer Parkimentsverfügung
^voiii 12. September 1474 und die Sache, um die es sich
^■landelte, lässt den Schluss ziehen j dass er damals selbst noch
^Kn Paris anwesend war Im August 1474 starb Liernäin lieh
^Ber Geschäftsfiihrer der Mainzer Buchdrncker Poter Schüffer
^Btind Konrad Henckis, ein gewisser Hermann von Starltlohn. ')
^■Der König Hess seine reiche Hinterlaöst^risrhaft mit Beschlag
^■belegen, weil Hermann als Mainzer Binger mit Lmiwigs
^fcrösstem Gegner Karl dem Kühnen verbündet gewesen sei.
^BDer Naehlass bestand neben Geld in einer grossen Anzahl
^kon Büchern, die meist seinen Mainzer GescUäftsherren^ aber
Hanch ilim selber und einigen Angehörigen der Universität
Bgehörten. Untf?r diesen befand sich in erster Linie Hej^liii^
"der üim entweder Bücher geliehen, oder, was wahrschein-
f lieber ist, Mainzer Dnicke bei ihm gekauft hatte, die aber
^koeh nicht abgeholt waren.
^M Es dauerte nicht lange, bis er in ihren Besitz kam,
^E[)enn die Universität legte sich für ihn und die anderen
^KBeteiligten ins Mittel, verlangte die Ausfulgiing der Bücher
^pikrer Angehörigen und erreichte, dass das Parlament auf
Befehl des Königs anordnete, ihrem Wunsche Folge zu
gehen. Dies geschah durch die obener%väliiite Verfügung
»vom 12, 8eptemlver. -) Zwei Monate später werden wir
Heynlin schon bi Basel treffen.
—
^) Dies dürfte die richtige Form des viel verstümmelten Namens sein.
In einem Briefe Ludwigs XL vom 14, IX. 1474 (Letlrcfi de L. XI, publ.
[ par Vaesen et Cbaravay V, 282) wkd er na m Heb Estatelocn genannt, was
' die französiscbe LTmfonnung des deutschen ^Station** wäre; da er nim aus
der Gegend von Müuster war (s. Bud, 58), so wird StadtJohn i. W. seine
Heimat gewesen sein,
■ *) „Et aussi a dit ledit Recteur {der LTniv.) que uq Docteur nomme
de Lapide, Maistre en Theologie, et aucun*^ autres particuUerb, dcmcurans et
cstudians cn ladite Universile de Paris, avoicut aucuns livrcs chez ledit
Hcrman qui Ictir appartenoicnt et appartiemicnt ... Et tout considerc, lei
Pre&idenä ont ordoDoe et appoiote . . , que au regard des biens et livrcs
cjui tout propres bieos et livrcs audit feu Hernian et de ceux qui appar-
ticxinent audit de Lapide ^ , . . lesdits Presidents feraut droit ausdites parties
^m aiDsi qu'il app^irtiendra par laisoii, Fait en parlemcnt le ra iour de
H Septetiibre 1474 {BuL \\ 715).
1^)4 Max Hossfeld.
„Hanc, ') Lapidane pater, dum foelix Parisiorum
Gymnasium incoleres, doctor amate. paras,
In qua virtutem explanas logicaeque medullam
Usque adeo ut facilis te duce facta patet,
Tempora mult» bonis illic studiisque probatis
Trivisti, insigni praefuerasque scholae.
Sed tibi plus placuit Christi schola, dogma salutis
Sectatus, liiKiuis dogmata vana scholae.
Tu logicam linquis, quam non mediocriter olim
Callebas, praesens quod über iste docet . . .
Tu sinis artistas quod inania murmura rodant
. . . omnia Christi
Linquis amoro, suam ferre cnicemque studes.^
So dichtete Sebastian Brant auf seinen Freund Heynlin:
er wird den Beweggnind, der ihn von Paris forttrieb, richtig
getroffen haben. Aclitzelin Jahre lebte jetzt Heynlin aiif
franzr)si8chem Boden, er hatte nun fast alles, was er von
Paris erwarten koimte, erreicht. Seine Studienlaufbahn war
beendet, ihn schmückte der Titel des Doktors der Sorbonne;
die liöchsten Ehren, die ein Deutscher in Universität.
Kollegium und Nation erreichen konnte, waren ihm zu teil
g(»w()nlen; er hatb» die Kunst des Buchdrucks in Paris
heimisch gemacht, und den Anhängern seiner via antiqiia
hatte (»r in don Sattel geholfen : es gab nichts mehr, was
ihn locken konnte, seinen Aufenthalt noch weiter zu ver-
längern. Kaum blieb überhaupt jemand länger als 10 Jahre
in (h^m Kollegium der Sorbonne, und diese Zeit war jetzt
für Heynlin abgelaufen,-) er hätte» sich nach einer neu^^n
Kxistenz in Paris umsc^hen müssen.
WeU'lnu- Art iilxM' konnte diese sein? Heynlin war am
Kn(h» (h)ch (h'r Disputationen und der scholastischen Streitig-
keiten überdrüssig gewordc^n, imd die unerquickliche Schärt'o.
zu der sie sich g(Tade im hetzten Jahre zugespitzt hatten,
dir \Vi(hTwärtigkeit<Mi. die bei der Ausführung des könig-
licluMi Ediktes gezeitigt werden mussten, mocliten dazu
*) Scilicct: loj;icam. Das Gedicht s. bei Zarn, 191.
-) Die Hestimniiinjj bei Gre. 35. — Von 1462 — 1464 und 1467 — 1474
war Hcvnlin in der Sorbonne ;;c\vcscn.
Johannes Hcynlin aus Stein. 165
beitragen, sie ihm vollends zii verleiden. Die „eitlen Lehr-
meinungen- der Theologen, und das ^seichte Geschwätz'^
der Artisten konnte einem tätigen Geiste auf die Dauer keine
Befriedigung gewähren, Heynlin aber wünschte sich eine
fruchtbare Wirksamkeit. So kam es, dass er sich dem Predigt
amt bestimmte. Von seiner Ausübung aber konnte er sich
nur in seiner oberrheinischen Heimat Erfolg versprechen. M
^) Das von Zamcke angegebene Motiv für Heynlins Abgang aus Paris
lässt ihn zu kampflustig, das von Philippe (Impr. 237) genannte ihn zu
resigniert erscheinen. Zarncke befand sich freilich nur in einem chronologischen
Irrtum; er setzte noch die Einführung des Realismus in Basel nach 1473 an,
dann allerdings müsste man Heynlins Initiative bewundem, die ihn nach kaum
errungenem Siege in Paris sofort nach Basel trieb. Philippe gibt als Motiv
den unrühmlichen Ausgang des Heynlin-Fichet'schen Unternehmens an, der
dem hoffnungsvollen Anfang so gar nicht entsprochen habe; nach dem Fort-
gange Fichets und dem Abzug der drei Drucker aus der Sorbonne halte
Heynlin allen Mut verloren, voll Trauer die Sorbonne verlassen und sich so
schlecht und recht, wie es gehen wollte, der Predigt gewidmet. Das hiesse
Heynlins Interesse für den Buchdruck und für den Humanismus zu stark in
den Mittelpunkt seiner Persönlichkeit rücken. — Prot, verzichtet auf eine
Xamhaümachung seiner Beweggründe. Albr. gibt 1477 statt 1474 als Jahr
der Uebersiedelung an.
^^^(^ Max Hossfeld.
Zweiter Teil.
Predigtjahre.
7. Kapitel.
Basel 1474—1478.
So geschah es. dass HeyiiHn im Jahre 1474: zum zweiten
ilale nach Basel übersiedelte. Im selben Jahre ging anch
sein treuer Schüler Joh. Reuchlin von Paris nach Basel,
wahrscheinlich um bei dem Lehrer bleiben zu können.^)
Heynlin aber stand diesmal nicht im Dienste der Universität
sondern im Dienste der Kirche. Zwar scheint im Jahre
1477 mit ihm über die Uebernahme von Vorlesungen ver-
handelt worden zu sein; eine Stelle in den Bat^protokollen
.,von Doctor Adam Kridenwj-ss auch Meister Hannsen Durch-
lachs und Meister Hannsen von Stein wegen Ir Lectur halb**)
deutet darauf, doch findet sich in einer im selben Jahre
gehaltenen Dankredo liouchlins.**) in der er seine Lehrer auf-
zählt, zwar Kridonwyss aber nicht Heynlin, so dass man
annehmen kann, jener habe die Lectur angenommen, Heynlin
aber nicht: ihn hätte Reuchlin bei seiner Dankrede sicher
nicht vcM'gesseii. wäre er unter den Lehrern der Universität
gewesen. Auch findet sich in den Büchern der Universität
nicht eine Spur von seinem Xamen.*i
Machte also Heynlin von der ihm zwei Jahre vorher
erteilten licentia docendi keinen Gebrauch, so um so mehr
von der licentia jiraedicandi. Von der Adventszeit 1474
>) (ieij^. R. 12 und 13. F. Thudichiim, Joh. Reuchlin in Monatsbeftea
«1. Comeniu.NgebeDsch. Bd. 11, S. i<)0 (1902).
^) Visch. 163 A. 25.
••) Geig. Br. S. 344.
*) Visch. n>2. D;iss er einmal im Jahre 1476, übrigens in einer l*r-
kiindc, die mit der Universität gar nichts zu tun hat, sacre theologie profcssor
genannt wird, beweist gar nichts, «lenn auch als er längst hinter den Minera
des Klosters sas^^, bezeichnete er j-ich noch so, z. B. in der „Praemonitiö
Fratris Joh. d. L. Cartusiensi^ Sacraruni litterarum humilis professoris
Farisiensis'* (14SS;.
Jofaadoi*!^ Heyulin ntis Sttii*
167
soiiunn Tod*^ eutfalti^ti* ^r luit nur geringc*ii Cnti?r-
Xen eine ganz bedeutende^ lang« nicht genug ge-
•^♦(inligt*» Pri'digitätiglctMt, weit umlier in dt^n südwestlichen
"* lien Ländern um den ()!>eron Rh»*in, zumoisf «IdcIj in
j- wo er sie begann, und wo vr Rie nur finen Monat
K' ^inum Tode auch be!^<^h!üSs.
Seine nr)ch fast nnb^nnt/^ten Predigtentvvürfe Mlenn in
1er Ausftihrlichkeit niederg**srhrieben ist nur die Minder-
Inliln ?tind bis nuf wenige und im VerhitUni:* Icleint^ LiU Icen
prukl erhalten* und ermöglichen uns schon durch ihren Um-
' - : 1410 Predigten!» uufl dureli tue /zahlreichen fagelmeh*
^i_ fi Nfitizen, tue ihr Verfas^r^r nm Aid'ang oder mu
Ittsae einer grossen Anzahl von ilujen niederschrieb, '1
ein an**cliaulieh«»s Bild von d<T Tiitigl\»*it iM*nes Pivdigers'
mucheD, der 22 »Jahn* hindurch unerniüdet von schwei-
chen, badiüchen. wurttem bergischen und elsäÄsischen
Au das Wort Gottes verkündet und tJeistlichkini und
znr Umkehr und xn frommem Wandel ermahnt haL
Satz eines sein**r Schüler, ITIricli Surgant, ,,Ani meisten
die Predigt zur Bekehrung *les Menschen boi"*, \st für
rnlin dt-r Iveitstern gewesen, nach dem »ich in tUyn
jenden IB .lahren -i'*\u n»*nki*n und HiM*d*»h> VMmiJniilu Ii
tcht4M hat.
Am ersten Adventssonntag dm Jahn*8 1474 {21, Nck
ibf^r) bestieg H*'ynlin in St Theodor in Klein-Biisel zum
ßm Mal di«' Kunz*^!.-) Ab**r er war an di^'ser Kirche bloss
nur seine »weite und dritte Predigt hielt er noch hier
LdvMut 1474 unil Invocavit 1475, in den zwei Monat«*n
mu i\'u^<i*u lu iM.ri SunriTjL'i'n lint »»r ni<*ht L^<'pn»digt
KQ wh^mhfAen untl die Aumeikungcit nicht tu liaufcu, vct\vebcu Mtt
i für ftlle .MaI auf iUe%e TiltcWt^ welche cineu {crosscii 1 eil der Hclcjjhldleu
|dic l<>l|*riiile Krdihtunte cnthiitt. M»ii ftutrlie d^» <rcuttii&ehir> <'if ^lU" '^'■-
ttSK ^^ Tabelle iit rhntm*h>^i%ch. gtordfinlt
*> Nicht du St. I.€<iiih.ird^ wie iilicnill tu Icäcu ist, I>i'.m: lils^hc
fvhn dfivöii her, d;\*»^ Äuf dem V«r«itfbhitt de* *'odci A. VTI. H
Lenohard^kirche mit Namen gcn;innt ist, L'cbcr dieic Vonatiblütter
I. Durch ihre Kurse haheo %ie Mrhoti ^u nichretcn M»i«verititid-
ÄMiMMh i^elieti. Adiimbr, toj »chreibtt er hatte «chon 14*4 am
Ivr gepiedifl: diet wiir er«t drei Jahre i»p2trr der Knlt
I'M Max Hossfcld.
nt\cr iiiin(lost«»ns sind koino Predigten erhalten ' : aaLL
gin^ <*r nach St. Peter, predigte aber auch hier ntir dreimal
( lli. 24. F<'bruar 1476).*) Mittlerweile hatte er an Sf.Lroniari
f-iii*- «'twas fosti?re Anstellung gefunden. Euer war man
«irw'S Predigers schon seit langem entwöhnt. HernÜL
spricht in der zw(»it(m Predigt, die er dort hielt, aus. «la»
Ht'Auo, Znhönjr ^ungeübt im Hören des Wortes Gones- s*»i»-n.*
I>as war k^Mn Wunder. St. Leonhard war eine Stiftskirch*
gfjwivsi'ii. und hatto wio so mancho andere am Ausgang d^
Mittjfhih.crs sich um die Ptlichten der Seelsorge wenig g*-
krniuiiert. In der «»rst(»n Hälfte des 15. Jahrhundens l>.n
das Stift, ein schlimmes Bild geistlichen und weltlicli»'ii
Verfalls. Zwar war es dann 1462 reformiert und in ein
* KInster der n^gnliert.en August inerchorherrn von der (fi>-
scrvaiiz. die cUmii Windeshoimer Generalkapitel unterstanden,
verwandelt w()nh»n: aber die Mönche, denen anfangs auch
Pfarr«'i niid Pre<ligtamr. aufgetragen war, kamen vom Nieder-
rlH'iii und k()nnt(»n sich dem Basler Volke nur schwer ver-
stund lieh machen. Da sie nun auch in der strengen Be-
obachtung ihrer Observanz durch die Seelsorge gehindert
wunh'U. empfand man es als wünschenswert. Kloster nn-l
Kirch«' sehih'fer zu t nennen. ^' Diesem Bedürfnis ist W'thl
Hrynlins Anst«'llung an der Kirche zuzuschreiben. Seit
I ITi") l)»'(lientt^ i'r also „an Stt»lh» eines Leutpriostt^rs". wie
LanixM- seiireibt/'^i »lie moch nicht fundierte» Pfarrei r\
St. Li'onijanl. Kr scheint anfangs eine Reihe von Predigten
'l Alli-nliu^^s ist inö^^lich, dass ein paar in Band I stehende l*redij»tcr;
«lir ohiw Jalms/ald ^iml, in ilir>i' /eil j;eh(")ren. Es .sind 2 Sanistag>predigteT.
(*^al)l)at() : advt-ntu- dnmini pn>t vc«^pcra^ und Sabbato ante uativitatcni
<lnTuiiii. I*r. I, •)v-'>'>*^ »"*! t;i>» Zyklus „über den geistlichen Schmuck der
iTau", ans «Iftn eine I'rrdi^^'t »lic Anj4al)e „in die puriticationi.s*' trägt (Pr, I, 'M'.
-I S. lal'fllr. Die beiden let/ien Predigten tragen keinen Veimerk.
«bull ^eht au-^ ilireni Inhalt liervor, «la-«^ sie ^icichfall> in St. Pcler jjehalten
WUI'lcil.
') I'r. I. 2.^
'• I<)1>. r.rrri. I2I-I2.}, n»i. - Waek. H)»» gibt i4(->4 at^ da.'. Jahr de;
K'tnini an.
•'! Aul dem litell>latt /.u l'r. I. Viec plcbani bedeutet vielleicht aU'li
an Stelle fies Leut[)i ie-iei -. doch >rheint c> vor Heyniin keinen Plebao j?"
^cben zu haben. Jol». Hern, nennt keinen.
(
Johaiiües Hcynlin aus Stein.
169
der Kirche gehalten zti haben, äcliori ehe man ihm die
Stt^Huiig übi^rtnig; anfänglich ist nämlich fast allen Ent-
^*ürfen ausdmcklich apiid S, Lexniai^duin beigeschrieben, *)
;49Ci als ob es noch die Ansnahiiie, nicht die Regel gewesen
lÄTäre. und erst von Pfingsten 147r> an (14. Maij fehlen die
Notizen: es vei'stand sich nunmehr vtm selbst^ dass es die
Leonhardskirche war. für deren Besucher er seine Predigten
Tiiederschrieb. Indessen hat er gelegentlich auch an anderen
Kirchen Basels gepredigt» so am 2. Aprd 1475 Vor- und
Nachmittags in St Theodor in Kleinbasel, zur Feier der
Kirchweih, so am IB. Juli 1476 in der Margaretenkapelle
(am Tage dieser Heiligen) und im selben Jahre am Tage
üariä Geburt in St Martin, Auch in die Umgegend der
^H^dt rief mau ihn bereits, am Gründonnerstag 1475 nach
^ßmmenburg-i und am Dienstag nach Kreuzei-inidung 147*»
iJ. Mai) nach dem Frauenkloster Mutienz,^^\
Meist jcnloch sprach er in dt^r St. Leouliardskirche in
Basel, eine regelmässige Folge von Predigten führt uns von
Pfingsten 1475 bis hin zur Fastenzeit des Jahres 147i>.
<.70 Predigten;)*)
Dann finden wir ihn mit einem Male in der Haupt-
stadt des Grafen Eberhard im Bart von Württemberg:
^in die Sancti Mathie in Urach 70* schreibt er über eine
>) S. Tabelle.
^) Der Ort kann nicht weit von Basel liegen, da Heynlin am uächsteti
Morgen schon wieder in St. Leonhard predigte. — Die Handschrift kürzt
IfDtncnbg. ab und hcUt da^ r über d.^s jj» e,^ köimtc iiho iiuch Immenhcrj;
lieiäscn, VieUeicht babcn wir cj* mit einem ausgegaogeneti Orte i\x tun.
Vgl. Geogr. Lex. d. Schweiz II, (M4.
*) HejTilin *ichreibt MutiU, s. Tabelle.
*) Fr. 1, foK 72^^254', wo der Band mit Epiphanias 1476 endigt; die
iFortsetzung in Pr. U, fol. 1 ff. Die letzte Fredigt dieiscr unuuterbrochcncn
Hethe ist vom 11. Februar (Pr. 11, 8*). — ^^Basilee in diversis ecdesii£|j
maxime tarnen ad Sanctuni Leonardum**, Achrcibt Lauber nuf das Titelblatt
-des ersten Bande>. Gelegentlich zeigt c> sieb positiv, dasj* diese Prcdijjten
in St. Leonhard gehalten wurden^ so wenn Hcynlin beim Fcsfc diese> Heiligen
■(6* Nov. 1475) dreimab in profcsto^ mane und post meridiem {iredigl {Fr. I,
217*^ — 220), oder wenn er einmal seine eigene Methcwie, die Sonotugc nach
Pfingsten zu berechnen, mit dem ordo ecclesie S, Leonardi vergleicht (fol. 136),
oder wenn er seine Zuhörer direkt als Ffarrkinder von St. Leonh. anredet
<9. Juli 1475, foL 128).
i
l'jo Max Hossfcld.
dort vorgt»tragone F^redi^ -24. Februar i. Langi> ist er aber
liior nicht gebliobiMi: am ersten Fastensonntag (3. März) ist
er sehon in\ badischen Rastatty verweilte aber auch dort
nur einige Ta*::e und pnHÜgte am Sonntag Oculi (17. März-
sehon wieder an St. Leonhard in Basel. ^) Hier blieb er
i\ber i >stern und Pfingsten bis zum achten Sonntag nach
Trinitatis [A. August) und predigte in diesem 2^itranin
41 Mal. alst> recht häufig.-' Dann ging es schon wieder
nach Württembi'rg. diesmal nach Sindelfitigen bei Böblingen,
um dort bei der Visitation des Stiftes zu helfen. I)r*M
Wochen später ist er in seinem Haupt*|uartier zunick, bleibt
abt»r auch hi«»r kaum iMuen ^[onat.^i
Denn mittltTweile war sein Ruf als Prediger schon weit
iiber die Mauern der Stadt hinausgedningen.
Bevor wir abi^rHeynlin nach Bern folgen, suchen wir uns
tMuen Bt»gritf vtui seiner Predigt weise zu verschaffen, die
ihn\ zu einer si^ raschen Bt4iebtheit verhalf, und wählen
dazu als Proben einige der ausführlicheren Sermone aus
dem Jahre 1475. wie er si»: an St. Peter und St. Leonhard
in l^ajifl gehalten hat. Wir nenn»*n sie nach dem Bilde.
dessiMi t^r sich jedesmal vorwiegend beilient «Fräulein Be-
kenntnis-, das ..Mi>ri:ev.nu\hl~ und dnn - Rosengarten -.
Pas ^Fnhtltiti Pt k- nu^kii^^, vi. h. Sündenbekenntnis,
is: ein.» Keih^^ vo'.i dr»'i IVe^liiTten. die am Sonntag Reminis-
cer,», IVtri Stun'vtoior uv.d Mütthiiis 1475 U>.. 22. und 24. Fo-
biuar iü S:. \\':rv vorir^rniiTov. wor.l'^n sind. Das in allen
» V.»v Rvv r.^.vTo : . l'.I « >: ..uoh eine Predigt da, Ab*r ohi;«
v^:t- ^'.'o. .■!•.:• v.:-^. --.o iirh.^-; ./- ^ ^•■•v.^ i:.:er -.-.•.vh ::i*:h RostAtt. oder schon
• ;\, r-l^:-: -:?»>^v :i > ■: Vr II. f::. 15—24 (17. — r;. Mir:».
; -S :: :'•. lil. -,' . ;i— : -' ;^. NL;:: >:> i. A-^>l: Mit St. Lcoaiur.:
-: • .:: .-.o ..-■ Iv :.- '.w f '.v..!^- .;cr../.:^--,' Vr^i:^:: Sf.:e:chKt «>. TaSelle Juni
;" ^^<" ./';:■.' . ': ^.•: \;frx:. •■■*.: x-..-'^ >: l.^./".h.iri voE >eil^>t. — W.ihr-
-.:'..•"■.•>. ^."h. :: .• ; ^- — -' '.*>>•.■■--•.'.:*:■. ." 0>r. :>!. '^r — v-** i:^ J^r
,•• ,: - ;*.>- ■ -;:v-.\ .::.' ■ ■;-::-•■ ■■:—"::b .i~- KirtreitJig gehalten ru
«v :.■ . ■ -■ - •.; ..^-r :..■ -"•:: .:^r ;.:-— i^-i--^^^; Eia:-« iv i:r
* N.;- ■ .V :v ::.■; '.■•.! • > " 4 >■ :.Uj; • .u-i rr.~:t.ifT. ^24. Acgost ^:-
JnhjiMtteit Hn^RHti nM% Sl«];
behandeko TluMuii i^. ..- Frage: Wie kauh ^^
iiligo Seele wiiHlf»r mit 14*4 1 vorsoliiit wenlcnV, tlie Ant-
darauf mnd izimi Teil wörtlich) seiner fttnf JaJiro
111 Paris «Hsputiorteii ^inagiiii ordiuaria** iMitiJümm«*n:^
I jtlj*M* ij^t <lie Form, unter ih^r er seinHii itnplrhii'i'n
löreni (Uesen Lelmnhalt darbietet
Di«» erstf Prüdigr hat sium Text tlus Evi*ng**limn ik»s
mntttgs Bt'miniHcere: n*''^^'^^ Herr Du Sohn Davids^ urlmrm«»
ich meiüt^r! Mfine Tochter wird vom TftiitV*) »hei ge[dsgüt>
der Einleitung erzählt und erlÄut^ert w die (hAschicht45
^11 dcMU kdDanäischen Weihi% das obigi^» Wort^? zu Jesuti
ruilu, hiiiidt*h. dann in t^neni «^rsuni Tinh^ von d»^r Krank*
it dt^r Tochter, tl, h. \um «h-n Sünden unserer Soide. und
^llt im »weiten die Frage, wie wir unsere Seele heilen
iWii. Dil* Antwort darauf will HeyjiHu „naeli dem Vor-
|de unj^Mfeiii Lehrmeisters Jemis Christus*** durch ein (iliMehnis
und erzählt nun E^olgendes.
Kr nimmt an, dass er die heutig«* Predigt vnr «'ijKHu
khr liin gleichen Sonntag in PariH gepredigt und iiri dem
inkte beendigt hat, bis zu dem er sie soeben geführt bat.
rh der Predigt sei ein annseliges Weiblein mit zaghufteti
^bärdtäu zu ihm gekommen, älinUch wie da« kananöische
Ftib, Auf seinn Frage, wer sie sei und was sie wolle^
me «ich fniwlin bekäntnlss (nämlich der Sünden) go-
id geklagt, dass ihre Tochter sehr krank sei id. h.
Seide von Süudpu gejieinigt sei^; ob ich l^eliebtMi
ihr ein Mittel zur Heilung zu geben. Er habe sie
irJiHt gefragt, woher mie wüsste, dass ihre Se»de krank
Dnrauf sie: Es sei ihr nach Anh^irung seiner Predigt
die Sünde zmn Bewusstsein gekommen, sie habe an-
itigtm über die Sünden nachzudenken und bei einigen
«inon Stich im Herzen gefühlt, als wenn ein Wnnn
. — [)a sie der Predigt nicht von Anfang an bei-
srohut« hftbf» or ihr «üe GesehiclUe von der Tochter di^«*
inanäi^cben Weibes erzählt^ die von dem besten und er*
i|.r..(.wi..n Arztt- der Weit geheilt worden sei: .lesus. Ihm
.'Ji sie dich vensOhnen, wenn sie die Gesundheit
jliiugeu wolle.
Vgjl. «. B« Pr- I, IJ« — 1| liiid Di^^). fol. HO.
172 Max Hossfcld.
Wie aber sollte sie das anfangen? fragte nun das
Weiblein. Ich antwortete, sie habe eine Tochter, Liebe ge-
heissen. wenn sie zu dieser käme, würde sie gleich versöhnt
werden. Um aber zu ihr zu gelangen, müsse sie eine kost-
bare Salbe haben, wenn sie die besässe, würde Caritas sofort
von dem Gerüche angezogen werden. Sie fragte nach dem
Namen der Salbe und ich sagte, sie hiesse Gnade. Wie
man die bekommen könnte? wünschte sie zu wissen und
ich boschied sie. dass es eine Apotheke, genannt Barmherzig-
keit gebe, da würde sie sie finden.
Dort ging sie nun hin, schellte, doch machte ihr nie-
mand auf (wie Jesus dem kananäischen Weibe erst nicht
antwortete). Da kam sie traurig wieder zurück und fragt«
weiter um Rat. Ich verwies sie nun an ihre Schwester
Wahrheit. Die fragte sie, ob sie nicht jenes Evangelium
vom kananäischen Weibe gelesen habe, welches ihr Schreiber
Matthäus im 16. Kapitel niedergeschrieben habe? Und als
sie es verneinte: Dann solle sie zu ihrer Tochter Glauben
gehen. Glaube aber schickte sie noch zu ihrer Schwester
Hoffnung. Diese war gern bereit ihr zu helfen, wünschte
aber, dass sie noch zu ihrer Magd Busse ginge, und als sie
zur Busse kam, so inusste sie hören, dass diese auch noch
drei Mägde hätte, ohne dio sie nicht gehen könnte, und die
hiessen Reue. Beichte und Genugtuung.
Das schien nun dem Weiblein sehr schwer und so kam
sie wieder zu mir und fragte, ob sie diese drei auch nötig
liätte. Ich aber sagte ihr. sie sollte morgen nach der Sor-
boime kommen, dort würde ich öffentlich die Aufträge der
Wahrheit erfüllen. So kam sie am nächsten Tage wieder,
sotzte sich zu Füssen des Katheders nieder und hörte meinen
Ausführungen zu (Heynlin zählt mm drei Thesen, „veritates".
über die Notwendigkeit der Heue auf, die er damals vor-
getragen habe). Vi
Ueber diese drei Wahrheiten hätte nun das Weiblein
gern noch viele Frag<^n t2;etan. allein ich antwortete, dass
es schon spät S(u. und dass wir heute am heiligen Sonntagt*
unt<M* der Gefahr der Todsünde verpflichtet seien, die gaiwe
') l*r. I, fol. ir.
Joltnttncü Hcynlin müs Siti
173
Stil hrireü, es werde aber gerade zur Messe geläutet
solle daher jeUt nach Hause gehen, Titich drei Tagen
per smröekkonuueii und inzwischen den drei Wahrheiten
t*r dii* Reue nachdenken; am nächsten Mittwoch, wenn
wiederkäme (und zwMr sollt-e sie IViUirnorgens wieder-
^mjiien) wollte er dann über die Beichte sprechen. Somit
|i sie, fortgegangen.
Nun wendet sich Heynlin wieder direkt an seine Zu-
Irer und Bchliesst mit den Worten: ^Nach dem Vorhihl
?se9 Fränleiti Bekeiiiitriiti handelt nun auch ihr; zuerst
ietinet eure Hunden, dann schämt euch ihrer und habet
it und wenn ihr geheilt werden wollte so halt/et die
l^hrii^bene Orduiuig *^in. Vor allen Dingen aber glaubt,
ihr Gott durch Liebe viTSÖhiit werden müsst. so wie
es anseinanrlergesetzt habe. Und w^ie ich mein Weiblein
^tla£!isen habe, so entlasse ich auch encJi. Denn am Mitt-
wird das Fest d«"«« hl. Petms sein, des Patrons dieäser
^he, zu dem auch mein Weiblein gehen wdi'd^ denn er
die 8chlüß8el der Apotheke. An jenem Tage also kehrt
ick, und so Gott will werdet ihr hören, was ich meinem
^eiblein weiter über die Beichte sagen werde.
DtMikei al)«^r inzwischen! an das^ was icli über die lieue
habe und handelt auch nach den auseinandergesetzten
irheiten. Denn wenn ihr das tut. no werdet ihr iHire
lUsr geSUTul irmchen. Das mÖg<* ene!> o^invliliren Vati'i%
und heiliger Geist. Amen**^
I»i4' folgende Preiligt (in catlieilra Petri, Mittwoch
n* 75j ist nun in jeder Hinsicht eine Fortsetisung der
Nachdem er in der Einleitung unter anderem nach-
IdüicU daniuf hingewiesen hat, dasä das Frfinlein Be-
zu Petnis kommen müsste» wenn sie die Qtiade
wollre und dass jedermann Petrus, d. h. dem
^c«terj<tande, deswegen Ehrfurcht schuldig würe^ wiedcr-
fh er kurz den Inhalt der letzten Snnnt^igs predigt, ins-
imdert« die drei Wahrheiten ül>er die Notwendigkeit der
le und >«etJSt in der geschilderten Art und Weise sein
ipräch mit dem Weiblein fori. In den Mittelpunkt stellt
' ', die Beichte, deren Ndtzlichkeit und
K*r in drei Wahrheiten diirirvloL^t wird
: 7 . M a X H o s s f c i d.
;. 1 zv.jii- iii<r mir <l»*n.selbeii Worten wi»- ic dr-r öt-tl ^t-
v.4r,:.*.ri Pariser Disputation über die Sakramenialrieicb».
V',:. d*rr Beiohre handelt auch noch die dritxe Pre^ügi J^
M:r'.i:ia*-. 24. Febr. die scliliesslich n«>ch ilrei AV&hrWit«
.-.'■r <li»- «Genugtuung bringt. Die Beicht»- genügt nich; ro
'J iifriT.j^ f\rr Sün^le. w^nn man nicht wahrhaft l^absivhtigl
: .r Mi«: Si'ind- < i«-*nugtuung zu h-isten usw. -
N;i^-h der KUirlegung dieser drei zur Bn<5e Bötig^n
Sr.jt-U*' s'-TZT Heynliii das (T^spräch mit dem Fräuieiii B»-
k'Tiritiii- lorr. Er prüfr sie, ob •sie die Wahrheiten t^ehalreü
r.Att'- und sie könnt«» sie alle aufs Wort hersagen. Als ff
<i;inn Jnigi. olj si4* si»» auch wirklich für wahr hahe. zögert
i-j-. g<-sT«lif. sie kämen ihr hart vor und fragt, ob luan >ie
lii'lit niii'iern k'-nnt»*. Der Pr*-diger aber aiitwortet. da»
■,]•• naeli g«'hiiu».*r hurchsichr der heiligen Schriften eher
«•rH'-hw«'!'! als g»*miMert werden müssten. He\"nlin aber
b"gnü;(t sieh nicht damit, tlass seine Hörerin die Wahrheiten
k^'iiTit lind glaubt. <*r verlangt, dass sie auch darnach hand^i
Di*'S<' Fnrdening erscheint ihm wichtig genug, um aus-
ijjdinis\v«-is^- noch fin«* vi«'rt<» Wahrhoit anzuhängen, dif er
in di«- Wort«*fasst: -Xi«»mand mag zu rechter Reue komiae'a.
t-v wmII«- d'-nn von sündlich<.*n Werk*Mi ablassen."
Zniii Sr-Idiiss«' i-rlangt das Fräulein Bekenntnis Barm-
li<'rzigl«'it.. <Tiiad** und Liob<» und damit die Verzeihung
ilipr Si'iiid«*n.
A»-lihiifli \vi»* lii«*r unt^M* dem Bilde einer Reihe von
H;iiidliui<;<-n di»* zur Si\ndenv<M-gebung nötigen Tugenden
und kinldielien r»*bungen autgezählt und eingeprägt werlpn.
l»»-Htn-bt sirli das ^Morgeiimnhl'' eine Anzahl von Ijehret
idi'-r djK Iwilig" AlM»ndmahl in einem (xleichnis zusaraiiien-
znljissi'ii und so d<Mii ( rodäch tu is zu Hilfe zu kommen. Zwei
Fn-digt'-ii komni<*n hicT in Betracht, von Laetare-» \m\
Jndi(jr* 5. und VI. März 1475-: Heynlin benutzt sie. um
s»'inf Zuli<>n-r aut die Koninuuiion des kommenden Oster-
f.-stes würdig vnrznl)«'r(dt<Mi. Da die Predigten unmittelbar
') I'r. I. IS--
2, I'r. 1. i;'— 2o.
•»; Fr. 1, 22 — 30'.
Johannes Heynlin aus Stein.
'/.-»
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hinter den gescbüdeitoTj Zvklits fallen, fiihrt or anfangs das
Fräulein Bekenntnis redend ein und lässt sie fragen, ob es
genüge, wenn man zum köstUchen Malile des Herrn gehen
wolle^ dösis man rein sei, oder ob noch mehr daasn verlangt
werde. Er antwortet gloicliuisweise mit einor Beobac-litnng,
die er in Frankreich gemacht habe. Nein, dtis sei nicht
^euug. Was aber noch verlangt werde, krtniie Dian von
den mlhgen und hürger liehen Frauen in Frankreich und in
Paria lernen. Wenn diese nämlich zu einer Hochzeit oder
einem Gastmahle eingeladen seien, so nähnK*M sie vorher
einen Imbiss, mit dem sie den Hunger stillten, damit sie
sich beim Bankett wohlanständig und zierlich benehmen
könnten, 'f nur wenig zu essen brauchten und nicht Gefahr
liefen, durch üebermass krank zu worden.** Wie diese
Damen, so sollt auch ihr ein ^'oressen oder Morgenbrot ein-
nehmen, ehe ihr zum Abendmalile geht, aber nicht tun
leibliches, sondern ein geistiges Brot- Diese Speise ist das
rot der Lehre, der Predigt, dos Wortes Gottes. Diese
peise des Wortes Gottes zu kennen, tut Euch sehr not^
(Hier folgt eine längere Auslassung über den Wert der
Predigt und die Aufgiibe des Predigers, der seine »Stimme
erheben sollte, „wie eiii Heerhorn, eine Posaune, eine Trom-
pete^, und über die Berechtigung^ und die Pflicht die
Predigt anzuhören. Er eifert gegen die, die in der Predigt,
schlafen oder die sie nicht ernst nehmen: ,, Das Wort Gottes
ist nicht nur sufmerksaui und fromm anzuhören, sondern auch
'est zu behalten und fleissig und sorgfältig in die Tai um-
zusetzen^. Da die Zeit abgelaufen ist. verschiebt er clas
^ Morgenmahl'' auf den nächsten Sonntag und fordert seine
tHörer noch auf, auch ihre Kinder mitzubringen^ damit auch
ie lernten, wne man es würdig nehmeo sollte. ^
Am Sonntag Laetare zahlt er nun her. w^as man zur
würdigen Vorbereitimg auf das Abendmahl weissen müsse,
xiämlich. was es sei. von wem und warum es eingesetzt sei,
warum man es nehmen müsse, wie man es w^ürdig nehmen
nii^se und so fort. Die Antworten auf alle diese Fragen
I *) An den Rand schreibt HeynUn „das sie brAngGi) uncl bonicreti mögen",
I •) Anch Heideu, Juden, Ketzer und Exkommunizierte dürften zur
liPredtgt geheti, damit sie Gelegenheit hlittcn. sich *u bekehren.
176
Max Hossfeld»
bikleii mm tlas Morgonbrot, das er seinen Zuhörern biet^
Jede wird tinter dem Bilde eines Gerätes oder einer Speise
gegeben, so l>ringt er den Tisch, scbliesst ilin auf, riickt
die Schemel heran, legt das Tischtuch, sowie Hand- tmd
Mundtücher auf uud richtet dann eine ganze Anzahl Speiaea
her, bis er am Schluss des Ganzen mit den Früchten da»
Morgenraahl be»?odigt. Uebrigens befanden sich unter deti
Gerichten auch nicht wenig bittere Mandeln und Pill»*u.
denn Heynlin benutzt seine Predigt dazu, um seinen Zu-
höre ni ernstlich ins Gewissen zu reden und sie in dea
heftigsten, ja für unsere Begriffe groben Ausdrücken ^> luw-
zuscheiten. Dafür ist er aber^ wie er am Schlüsse ausspricht
der Hoffnung, dass das Mahl seinen Zuhörern gut bekommet
werde und verspricht, dass er sie das nächste Mal sanfter
behandeln wolle.
Ein charakteristisches Stück ist endlich auch der ^Äo*e»-
garien der Weli^, geprofligt im Juni und Juli «lessenM»
Jahres.'^) Wir geben hier nur den Anfang wieder. -Wi«
ich es euch am vorigen Sonntag versprochen habe^ so b(»-
ginnt er^ ^wül ich euch jetzt in den R^isengarten führet^
Und zwar predige ich für Arme und Reiche; die Armen
werde ich lehren, wie sie hier und dort ohne gi'osse Müh**
reich werden, die Reichen, wie sie es bleiben können. Üöd
damit nienianfl glaubt, dass das nur Worte seien, will ich
mn 100 Paternoster mit ihm wetten» dass er selbst es Ke«
stätigen wird, nachdem er meine Lehre gehört hat.
Vorher aber will ich mit euch noch 3 Verträge*) schliessea
Erstens, dass ihr drei oder vier meiner Predigten besucht
denn eine solche Kunst, wie ich sie verspreche, kann nicht
*) S. Tr. I. fol. 25'. Was sich die damalige Zeit an Schimpfirorieru
selbst auf 9er Kaazel leistete, kann man an der Zctsamnienstcllung »ebea*
die Heynlin auf fol. 03' und 94 des ersten Bandes der Predigten gibt (Epi*
iheta malarum mulicnim et fictarum virginum. Epitheta divcr5»or«m pecca-
torum, prcücrtim vinmim). OlTenbar entspringen diese Hässlichkeilen nur
dem frommen Eifer, das Laster möglichst abschreckend darxu^telleu. Xhä^
HeyiiUu an sich keinen Gefallen an grober Ausdrncks weise fand« beweist cme
gleich daucbenstehende SammUing von i.bchöogefärbten und anständigen Worten
«ur Bcieichniing bäs^lichcr Laster*' (fol. 95).
») Pr, r. fol. 108—128.
•) Solche Verträge s. auch Pr. I, 72* (dazu Pr. I, 115) und Pr. H 1-
Johnottcs Heyiilin aus Stein.
'77
ini»r t!jnzigfjn PreJigt gelehrt werdeti. 8ei(i mir also
pti oder vier Stnndeii lang in vier Wochen aufmerksame
Eihör^^n Zweiten», dass ihr gutc^ Katholiketi sein wollt«
imi wer das nicht will, den kann ich nicht lehren. DrittenSt
las ihr aiifmerksani zuhdrt ujid in eur*» Herzen einprägt,
is icli sagen werde^.
Hierauf beginnt Heynlin mit einer Beschreibung des
rc»gi'S xiim Rr>sengart**n. ^Dieser Weg lässt sich durch
nen ^»inzigen Biichjütiiben bezeichnen, «Ihs Y, *i ein Biich-
Jer von d^m trefflichen Pliilnsophini Pythagoras
i st^in i^oll und von den Griechen bypsilon* vun den
- n\ y greca. vom Volk aber oja genannt wird. Da-
^üir ilin aber erkennt, er hat Aehnlichkeit mit einem
Äftck oder einer auf diese Weisp» geöffneten mensch-
n Hand (hier hob der Prediger die Hand in d»?r Weise^
igt der Daumen abstand, die vier langen Fingor gescldossen
^kanderlagen). ^) ein Stumpf also, von dem zwei Hörner
Heben. Diese Figur ist ein Sinnbild des menschlichen
^kns. Denn sie bezeichnet zuerst einen gemeinsamen,
^B sEwei sich teilende Wege. In dorn ersten, der durch
^ Handgelenk veranschaulicht wird, wandebi wir von
»ften*r < t eburt an bis zu den tJahren der Ent«cbeidung,
Htn teilt sich der Weg, da entspringen die beiden Hörner
^ Buchätabinis. Der eine der beiden Wege geht mm nach
W*ht<, das i8t der Weg der Tug4*nd, er ist »ehr eng und
dimal und schwer zu beschreiten, aber er fiüirt stu der
^mmlischen Wonne. Der andre geht nach links, der ist
Holt und lieblich ru begehen und er führt nach unten zum
t garten der Welt, hernach aber hinab zur Holle.*')
wir mm bis an« Endt* des ersten Weges gekonmien
so stehen wir vor der schweron Frage, welchen be-
pilfn? n ^ iit vor einer Ueberlegung, die von allen
chwien^ wie Cicero im ersten Buch der officia sagt,
finden wir nun zwei Pülirer auf uns warten: einen guten
uud einen biiscn. den Verführer, Beide suchen uns
|»> Er dtiett siU ijutilli' L;ui;mthiK. lib. <» de ttivm, instit*
Im Mjiltil»kript cinr kkinr iCeichiiutig rtnrr Hiiuil.
Ifli M& folgcu bicr r tUxameter VifKlU, die die^r bekleti VVqj«
U Oe»ch. ttna Alleriufn VII. 1.
178
Max Hossfeld.
ZU überreHien, ihnen zu folgen, allein der Böse ve-ibi
unser Auge, sodass wir den schmalen P£ad nicht s
und so geraten wir auf den breiten, der nach dem Bost
mundi führt*.
Dies beschreibt nun Heynlin als einen weiten- wnnd
lieblichen Garten, der geschmückt ist mit Blumen und I
und allem, was den Menschen Lust bereitet, Don
Kaiser. Könige. Päpste und Kardinäle nnd Mensche:
allen Ständen, viele Reiche, viel Gold tmd Sill^er. W
und köstliche Kleidung, dort gebe es Gastmähler ud'I 1
Musik und Belustigungen aller Art. Besonders bei
man da einen Baum, dessen Wurzel sich unter dem es
(Tiinen hin «erstrecke und aus der alle anderen t>?w
t iitsprängen. Das sei der Baum der Habsucht- I^ie Hab
ist nun das eigentliche Thema der folgenden Predigrea
d»-n RoseDfrarten. ein Thema, das ihm gestartet, ein
tier Schlechtigki?it der Menschen überhaupt zu enm
Kein».-r winl da verschont, nicht Geistliche noch Laien. :
Fürst <-n nöcli Städte. Cremeinden und Einzelne. Reiche
Mächtige wie Baut-rii und Bfttler: in allen diesen StA:
>-i ^nvinl ij^iz uii'l Habgivr vorhanden, dass kein Mr
alle 'li** W>or,* iiij.i Scliliohe ausfiufiig machen kr»nn»\ 'li
••^r>iiiii':*!i. lim m\1i aul Kösti-^i der ander^^n und ü-j: >
iii-h" Viiid soLlvcln- Wt/ise zn bereichern. .Xiemaii'.i s^l
-ioh :r:'-\iT «li»'S-> l^'i>Tv!'s. nH»- >üiuligen öffentlich. AI-:
Z"i: 'irr ^'-ri:^-]Tl:^^ ^viyd kraiuiiHii!-
T»i.^. \V':.iir':. Avi-z^iiTt- •T:ri'"«glicheij eä« utjs 'i»^:'r"iT>.
Hilvi V. ? H-y:..i::- Pr-liin'^v.-is.r' zu gewinnen, ^^ir i>: ■
\v.-so'..T>A ii .i:".■^•^^. .j1^ rrift:. v..«:- »'inem Theologeii rrvrA
>■".]:. \ i'.r >:.:. >■!.>: -" >:r-:.i: in. dit- von der .SiL^'klü
;k;>i:i^1:1 =• v •- V r:.---:- *::.■: S^ii^'-ijiTa zu lialt-n piloj;::!-.
wir .7. Iv :•:. H- y:.;::.- 1 «i>;^";:;.Ti"ijeii geseb^-n hart'-rj. A
Ar. i:s :.:...:. .;;; :. ::.
• '. P:---]iinei: die >Tr---n£:en Fo.n
:? V. i-.icr kehrenden Teile uie Vo:>p:
:. ; t fo! jTeii d en Preiigieo .
Johzktitit^ Hcynihi aui Stdii.
'70
Bn Aufbau/) der sich gliedert m *cj>pnuM,
fheniA id. h. Bibeltext), Begtiissung des Volkes oder ein
EesGebetf Verdeutschung des zuerst lateiiüseh gesprochenen
Pexte**, Einleitung, Annifung des göttlichen BeistAudea
mist Marias), Wiederholung des Textes, eigentliche Predigt
üt ihren Teilen und Unterteilen! und den ^ passenden
chluss'*, und haben ferner eine oft sehr weitgehondo Eitj-
silung (Divnsionen und Subdivisinnen. häufig Dreiteilungen),
ie der SpiUfindigkeity Aeusserlichkeit und Pedanterie nicht
imer entbehrt') Dennoch ist seine Predigt-weise iru all-
R»in einen weder steif und trocken noch dunkel und ver-
rickelt^ sondern sie ist höchst anschaulich und lebendig,
Atl dabei einfach und leicht verständlich. Denn Heynliu
wohl* das8 es ein anderes Ding sei, vor einem ge-
irten Kreise zu disputieren und ein anderes, vor dem
^olke zu predigen,®) So bedient er sich denn, um der
knimerkHamkeit oder deni Gedächtnis seiner Zuhörer zu
zu kommen, mancher Mittel, die heute zum Teil für
BSend gehalten werden würden, ilamuls aber gang und
waren luid jedenfalls seiner Rede etwas Vcdktttfmiliches
iben. Dahin rechnen wir humorvolle Wendungen und
LneJcdoten,An«piehingenauf Briuiche, Sprüche und Vorgänge
der Stadt/) das Aufgaben von Rätseln,*) das Einführen
*y Vgl. /. ß. Fr. i, i. i*r, 11» 171. I>cr von uns fiu> HcyiüinH
ili^en Atjgcxogefic AuftiaQ stimmt mit dem ubcfcin^ den UTrieh SurgAiit
Manunk Curatorutn (Buch 1, ronsidc ratio 12) :ih den von Heynliu
!-n latifnhrt und befÜTwortet (ttiema, Äalutalio, icsninptin ilicrnatis in
litiiCtta« tniroductio, invoc^Ltfo divioi iiiixiHi]
^ VgL be*ondtTr% Di*p. 67*» 68. Pr U »15'. ii^»: tcmcr in-ii. 73,
Ii J-~4% J>t 4^« **>*)** 2S3» P*"' JI* «>V— 96, I*r Ul: 9*, i-f, Pr. TV:
Vr» V: &8, 19, ti2, 141, 256'» us\T,
n Vgl I'r. I. föL XXIII'. cMiti^U 12 luul !*. l, fal St ..OiuHi ichrt
li«klrran t|i**tllii«i attdiiorutu
*> Vgl. Pr. V, 11, V I. ..,H. ♦" L.v'v.M, .U.V,, M.l' i..Min »..iiv^i *U
tbMttSi^r tthcr Ryn* So wellen wir widerumb gut jjcscUeit nyn** iitirrl
n Vtdksmund. wendet aber den überraütigm Wrs in» Mortiltsche
iM äU Antwort folgenden Spruch: „Wend ir yi#f gc^icllcn sjti
trac^tca wr der hellen pyn!**) V, Ä5*. 163*. 11 tj*. I, fj;.
f^r. U, 7t 8 I, tjo. üi»p. 73\ u. B,: W»« ist dos fUr ciü Gc-
» ilein tttU Iteide Händler gewinnen, wie die Dinice aucb fallen
na» i»t da« fui ^n Hatidcl, bei welebeti) beide Partner »teU
■--- --L ^isl.zr-.rsa»"* die Ein-
•:-: r^-r il riipredigt in ««ine
-»— ?».j_'"t. '. d_2. " s^j'v^A^ die \ uF-
•^ .-_ _ir:.' Ii. eiii^r N-aiahis-
.—'j' :_ tt ti- 1' .;:ii **riii^ri H»jr*-rn
_ «.-.i-ir- tl ü- ••erv-i: sind, nun
X ~ 1 i- 'jL-i^ 'Lkt^t'T von hei:Te
- . JK- T-f H-rT:.lii: i'xn keine>-
—L^-'r-r r:: ii'-rr-r.. -^d^rr darauf.
•*-. re-j-TTifr- ät. sich zu
: j-.-TiiL. Z-l'-r-r. dir s^invü
"- — * -.^-r-l-rr 3eirl~-^r.'. schrt-ih
. . V 1^- >ir. : :. - u- '- -hr«-:. gern^
*_- I "».^T-I. ^-n-*=- IS^Sj*«!!. ww
-...:_ -r- V-; ::•; K"- i-.^-«:..*r
? .. ; ..-:- ^"^^^ ^-^7' ~ --^•- "i-r -.<?"
--: r. :• Hr - I «:-T S^irir:«: :;:
r- ~ * --^. ^-- •• . K-i*ersr-;rj ^-.-':
-^: --:•■ r- i.Z7ZiZ. "»ii »r. .'..*:
. -. : .:.. ". . ec* »..■=-_: *: zxi i'i'
.- ; . -. . :: '.t' ::'. : }z tr'.Lzzer. t:
Johannes Heyulln sms Stein.
iSl
Himmelreich inwendig eingerichtet sei. aber htnein-
ikommen gehen sie sich keine Miiha**^) Sein eigentliches
M war die moralische Besserung der ihm anvertrauten
If>rde und er hat es (Iber den kleinen Mitteln, die er zu
stner Erreichung anwandte^ nicht aus den Augen vnrloren.
,l>ie erste Aufgabe des Predigers, sagt er selbst, ist. die
|\Vahrheit zw lehren, die andere, zu guten Werken zu be-
legen.*) Dio t^rst^* Aufgahp vert^tnnd er in einem doppelten
Itnnef einmal als Vortrag der christlichen (und katholischen)
?liren, und dann als Tadel des unchristlichen Leben»-
mndels seiner Hörer.*) Die zweite suchte er zu »erfüllen
larch Schelten und Lohen,* I durch Verheissen und Warnen,
aizteres insbesondere lag ihm am Herzen, wie oft hat t*r
Brufen: tler Tag der Rache wird kommen! I**^m
j ^ werdet ihr nicht entgehen! Irret euch nicht,
>tt lägst sich nicht spotten! Denn er war davon ül>erzeugt,
]fi.«$9 die Welt schlecht und verderbt sei und aller I^aster
roll ^Ich habe bis auf diesen Tag noch keinen kennen
i*»lernt, der nicht sein eigen Wtdil vorgezogen hütte, so-
Eige er ©s ungestraft konnte.-*) ^Totu« nnindus in maligna
ntxiH est** zitiert er Johannes;') ^«lie Weh. ist wiiste,
n?«1e.-^ Hiiufig eifert er gegen Habsnclit und Wucher^
e'tcbtuw und Hochmut, gegen üppige Kleidung und Buhl-
f^haft^ Spiel. Trunk, Unmässigkeit, Fluchen unil Läätern,
*i ,»lcb furchte fwut, tlass ich mich bei cuth missUebig maebeu wcr«lc,
toemn icü euch ilic W;ibrbcit sajje, denn die Wahrheit ^bicrt Ha^*; abrr
darf «k mcht viT*chv*cigpn, deim iliriwreen stehe jth hi<rr. it.imit ich enrb
Walirfciat pwdigc*». Pr. I. 7-
*) Pr. IL, fnl. 175 stclll er es :u-, ciijt! Rc;^fj Mir .leri Prr<ijgcr Liut,
MM Lab und T^dcl abxuwcclt.^elii, VgL S. i;fj. im A)l|;cmeinen lag ihm
uh u:\hcr. In '»cinei eri^tcu l'redigt in Badeu mucht er
in (litt seineti Ziihortrti ftus, dass es ihm memAud übel
dcirfer, wtxm er Allen die W«ihrbeit sage, denn £9 ht\ Atwt Pllicht,
die frtttei» MYill^ tr daitiil nwh nicht treffcu. Auch solle keiner wegen
«trmgeu Predigt verrwetfehi« doiiii es gebe Doch Hofftiting ;Mtf die
einer Seele. Pr. V
T-. :.:-;i~- •■r-n.-y-v-r:- >t^—- Uöt :_ ?ch::: d^-r Hölle zu-
Ct"-!-: - T-.I- r- r:j:z:.i. i T.-f Tz.i ini^r-e Laster mehr:
i- 1 -^'-iTri :•-- iilu:j?T- si. Zlir-r >Tir^ v.r den heiligen
Hiji: -1^-1. ^r;rr- ia^ 'S i-c-i-^^r- L^ I-rj S-irvzLe und der-
Z.T.. :--.." ~.T— .- _-- - -_ i^^l-zL i-.:i. äiüi Kostendes
ill^T._r_--T 7--L,^ ---f ■\".-— .-:'.. i-n IlffijJLz.-:!^ wirklicher
^<'1._.j_t; ~.:>rj.;:- i j.:.:- z:;*^ ^tttis* i?:. isi^s He\iilio
•-■- ^- T 7L" -^-' ir*"-' •'.»-z. i.'T-". ••rtz.rrr üjive es ntKh
3^^' <''^i::z ~i-* ^"Vrr- j.- Iir*r- ^f:^^":^!- '-rrT: aber seien
A :"•.>"?*: ■.>- .'.... i.->T '. '.j: --ji: Ir 3L~-rl sm efürra Kreuz-
V'^ : •..•:.: 1-j- ' ^ -..s:.!- I^Lici:::. i^ii i:r wir Meü^i'hen
--I.-1.. r^.i: -_^T •: viZr i-i - ~ Cr-i:r:c.:e« als wenn
r-^ '■' : '. 7 -i«- .".. - u X.' '. - " ^'x-ttt iz,' : '^- ^i stir,-^:^. " * - «Ich
-iui- ".7 r.-.-v:.' --.T- -.- -_'■.._. i-1 •_:_ Ti.^ -i-r Propheten.
. 1 -«'^T -• j^.^?*7 t" ". -■- -^' -r^-r ''z-:-.-li-::,Tr:i Laster
'ir: - ;.a:- • *''-..- i ■ j^c-" " !i- rz;:, 3<i<^>r::. wrTia
- -. '— ■ :':.- >Iiz:-r zr-. Preirj:-
Zi, ^ 'Z • «.2 ". : ;•;- ."^..rjCi"^ ;r-;i.**
Jcihrtuncs fleynlin atis Stein,
t»j
va sich hi^ruftni soll. Sieh© Luc^ki 9 darüber* wie
BiXLB seine Jünger auügosandt hat^ das Reich Qottes zu
igen und geg<>n die spricht, die sie nicht ttiifiiehmen
9n> *) ,^Ohne Gottes Wort, ohne die Predigt kann keiner
&t werden," ^p^rmaxime necessarium est noscere pa-
verbi donrmi.***)
|So hiplt tfich Hejrulin in erater Linit» dazu verpflichret,
&liTer des Volkes zu sein. Wie er aber lehrte» dafür
sprechendes Beispiel seine Verdeutschung der zelm
jte. die er zuerst in knappe und tr»^ffende Schlagreim-
1^ brachte'^) und dann^ um sie auch den geistig Ai*rmsten
liprägen» in zwei, drei Worte zusaiunienilrängte, diealsBe*
lung iler zehn Finger gegeben werden: ,»Lieb Gott**
5t der ei^te Finger, ,,nit schwör*' der zweite und so fr»! r
Me man sie auch schon den Kindern lehren.
[Ueberhaupt liebte er in kurzen und meist gereimten
ic.h'*n den Hauptinhalt einer Prt'digt zusaitimenzufassen
|d am Schluss dem Hörer mit auf den Weg zu geben:*)
[5hwörr4M\ Merkverse und Sinnsprüclie findim sich gleich-
nicht ?*elten/) Solche Beispiele zeigen, dans Heyiüin
; volkstümlichen Ton zu treffen vei'stand. der liem ver-
lissmässig wenig gebildetven Publikum seiner Zeit gegen-
am Platsse war und sie erklären schon zum Teil wie
r&ach ein beliebter Prediger werden konnte.
F*| Pr. I, U)\
\*) Pr* II« J\ Du solt cyiieii gott liep haben und crcD und nit üppig-
•ym oamen «wer«D. Gedenk, dass du beilgest den fyerlag« Aiich
»iid niun«r in tren hnb. Xit solt dti ieman» n^meti sin leben» Auch
Itt ntt riiQl>rti oder steleu, K.eiu unküschcit usiwenig der E du ti^b,
I wid<r tiicmans fiikch« f;i*/iiggnis gyb. Kcyöi andern gemahel hab in
mnt. Auch Bit beger dir keyiis andern rncmchcn gut«
Fr« H, fol, §4 — 53 (foL t,i*: VergiM, uad sa(;li nit m^ih I ]^»ji
:icbt ttmfen; Hör und gAng dinetn htrteti iiacH, WiUu i^efuitdeti
er üineu Sihafeu.
f^ Jl. 8. mDü die frow red vorm numn und die heun kr«y vorm h«ii
hrreii gauß der knecbt, die drei stuck gebaren ull im» recht.**
07> *.ldcr: Irh gieng /u der Rilcbeu umb betcns wiücu iitl, ith »mrhl
kh 6iDd «in leyder iiit (Fr, 1. 43), Ferner ^. Pr. V, jij. 149.
Pf. U 40*.
t84
Ma\ Hos&feld.
Wir können aber diese kurze Betrachtung meiner Predi
nicht scbliessen, ohne noch einer Forderung zu ge<ipij
die er nicht mütle wurde zu erheben, und die ztun
stÄridnis seiner späteren Wirksamkeit in Bern von Wert ist.
die Forderung närolicli, dass die geistlichen und weltliches
Obrigkeiten durch ihre Machtmittel dem Worte des Pr- '
zu Hilfe kommen, und dass sie andei*erseits selbst
tadellosen Wandel dem Volk m^it gutem Beispiel voran
sollen. Um diese Forderung von der Kanzel herab jsu
heben, brauchte umn etwas Mut: Heynlin scheint ihn besej
zu haben. In seinen Exzerpten und Vorbereitungen auf^li**
Predigten befindet sich eine Stelle mit der Uebersdirift de
praedieatoribus, in der es heisst: ,, Fürchtet euch nicht vor
denen, die den Leib töten, damit ihr nicht vielleicht n;ns
Furcht vor dem Tode nicht frei heraussagt, was ihr gehön
habt Nicht nur der ist ein schlechter Prediger, der di«
Wahrheit verletzt und öffentlich statt der Wahrheit Lüg»?ii
ßprichtj sondern auch der. der die Wahrheit nicht bei
heraussagt, wenn er sie frei sagen muss, oder der die Wahr-
heit nicht frei verteidigt, wenn es sich geziemt, sie frei m
verteidigen''.') Ein aud^Tmal schreibt er: ..Wer die Ver-
brochen, die er bessern kann, nicht rügt» begeht ^e selbst***
Und gleich tlalnnter nnter der Ueberschrift .,De Correctione
snperiorum non negligenda: ..Wer vernachlässigt jemandt*n
zu bessern, den er bessern kann, hat dip gleiche Schuld WJf
der Täter'.*) In einem Predigtentwurf von 1485 heissr e^:
,,Hi*^r i«t üineZurechtweisiingdernacMässigenund schlafenden
Prälaten anzubringen, die ihre Untergebenen nicht tadeln,
und überhaupt auf alle auszudehnen, die Untergebene haben."
Und auf der folgenden Seite notiert er sich: ,.Die Piiilaten unrl
Übrigkeiten scht*Iten, welche vernachlässigen dieCTOttesläster^»r
zu bestrafen'*.**) Karfreitag 1475: ^Die Spieler tadeln und
die Behörden, die das öffentliche Spielen dulden^ hei welchei«
dann fTotteslä^sternng, Hass. Habsucht und «lle Laster g*^
deihen.*' *) An anderer Stelle: ..Uie weltlichen Fürstuu sL
*> Fr. I, ^7-
^ Pr. I, 81'.
n Pr. V. S2\ 5J.
*) Disp. 75*.
Johtianes Meyniiti atis Stein.
IÄ5
tajar Zarochtwi?i8iing ihrer UTit<?rgeb«?nt*n verpflichfcet. Demi
die Priester durch die Lehre und die Predigt nicht
F^n^ichf»n, 9oll^»n «Hp Machthaber dnrrh Owalt «*rzwingen.
Pi« weltlichen Fürsten, die iHo Kirche nicht verteidigen,
[können vom Bischof des <>rtes exkommuniziert werden.*'*)
Und wieder vor einer anderen Pi-edigt: ♦,ü(*V>*>rhimpt allen
i*»iiie Rüge erteilen, besonders abtT di^n nachhi5«igen Vor-
^ gehetzten, die die offenrlicht>n Sünden niclit ta(h*ln.*' Dann
Iffihrt er Stellen aus Cicero und Phito für den SatÄ an, dass
[-durch die Begierden und Laster der Fürssten der ganze
St^aat leidet, wtdl die Hochstehenden immt^r nachgeahmt
[werden.*) Einem Predigtentwurf aus dem Jahre 1487 legt»s
ar nachtriiglich einen Zettel mit folgendem Vermerk bei:
[».Wegen der abscheulichen Gewolmheiten. Biirgenneistor
innd Rat der Stadt nachdrücklich zurecht weisen. Folg«.^nile
JFmge «tollen: Ob die. denen ilie Beösentng der anderen
[obliegt, von Sünile frei sind und entschuldigt werden können,
[wenn sie sehen, dass üott beleidigt und verachtet wird und
licht nach ihrem Vermögen dagegen einschreiten?" Da-
[hinter folgende ^Regula**: „Ein Htaatt in dem (rott öffentlich
■Terttchtet wird^ kann nicht auf Heil hoffen." 'i Durch eine
|Ooj«innung, wie sie aich in diesem l^^itaatjs bekundet, musste
iHi^ynlin sich gerade bei der frommen Bei-ner Bt*gierung
\jAnk beiftte em[)fehlen. Folgen wir ihm mtn zunächst auf
-4#^nuM' iMNh'ti knr/.tMi n^'tse nacll <Hes*»r Snnlr
Bem^) U7ik
In Bern hatte man damals mit dem Bau einer neuen
JXirche begonnen. In riesigen VerhältnisHen war sie angelegt.
|4<^nn so verlangte es tler Stxdz einer so mächtig aufblühenden
Jetueinde und di»r Ehrgeiz einer Stadt, di»» hint*>r den
^ Pn I, iJS.
Inj Kod Fr. n, ^
■ h.vtN^fk.
:. 'V\-!' ! tljr" I hTMllHtrh, Jlll" dir Uli Ull> \i\ \ir\\ lulj^ClMlrU
I- clreuMa]i|>r<^ Wirken in Hern üttiit/tfi, t>iet»>ltl Schitltu^
^ Va)«^tt> An«l«Htn. Srhilling M?hriet» (•lcii-U/citt|» und HcUricb *clt»HlcTleHc
Kä:lr Ir^r:. -::-> >T^iaa^'•. tlt^ Frfircr^. IT-si iiiciiT zurück-
•IriVv- --.'.".:'. '»V.H ^;ji-L:-r ~&- i-Lci r-lr* GoTt besonders
V. . l'^riilli^T-f '*VTri in rzz. -rrZzZ. riir. ?^iii Haas gross nnd
"r.rrr".:;':: ":.i7,:- . ^".T:i-SiZL -^ ^rrs-ilii^r-- '=r l>r- man ihn durch
>:".>: T T%^--iT ->.- Fr. _i_.^i:-::. Z-r-z.z. fr nn. war der Bat
.-r >Tc-.i:. '«V;-:-.-^! V^: . —^ rr.irr?« ri -:chi g-r^gen die
>:->:. vrr:T-:/.? ">•. S.rr:.* -i.i IäIt*. gr^^r: ihr*? schänd-
Ar.iir^.r -.- r:*:-:::.::^: -^ij- i-i^ Tr.'s'^-srrr. n st-iien*. desri^
i ■ ii f r ?- : - ^ T : ': »7 . i ^ r •=- r > "._ . i - - . . -'^ r^k-::. ' I»a -r reigr.T-ten
-:.l :."V- :'^: Frll ijir " :. i. ^„-irr :•?< -'ii.r»r> i47»> *eri^
iTr --.'-!: '.^r: Il-.s.-^ .nifT.^: "--■ ""»r: i-rvii W- :*:_■: .i^s bur-
M'zic^^ Wv^l-
nact-
Ai-i»; t:. tf^-t:-.-r
•TT .:_i :
.n.:.t;; ii-
; : :r .i ;; i-r rrfm.T jv r.l=f :-
Joh.tfines Hcynlin a«i Stein,
187
des St. Vinzenzen Münsters wahrend der Krieg8z«»it
[>ckt, HO half ihm der neue üoVierflass auch nicht weiter^
^nn zu iillom Möglichen verwendete man den Reichtum,
ir nicht zur Förderung dor begonnenen Kirche. Aus allun
usen Nut*ea musste ein grosser Ablass helfen, er sollte das
[>Ik entKühnen und zur Einkehr mahnen, und sollte gleich-
Utig dem Vinzenzbau die Kassen ftillerK
Noch ifu Jahre 1476 verschaffte sich der Bat der Stadt
^m Papst Sixtns IV. die Ablasslnille zu seiner „Rorafahrt*.
nannte man die Zeit, für die der Ablasi^ gewährt war,
?nn der Papst Vollmacht gegeben hatte ^ auch in solchen
llen Absohition zu erteilen, wofür der Büsaende eigentlich
^ch Rom hätt«* pilgern müssen. Der Beginn der Romf«hrt
Bern war auf Michaelis angesetzt und 10 Tage sollte sie
lern. Man versprach sich von den reichen (Tuaden. die
Papst verstattet hatte, grossen Zulauf aus der Stadt und
ganzen Umgegend, Aber es war auch ji?njand nötig.
dem Volk den Inhalt der Bulle erklärte^ und der es
snd der Dauer der Romfahrt zur Busse ermahnte,
psen Prediger fand man in Heynlin. -i
Mit allen Glocken und grossen Freuden, so erzählt
lilHng/) wnirde «m Samstag vor Michaelis (dessen Fest
re auf den Sonntag fiel) der ^mannigfaltige heilige Ablass^
^geläutet. Zuerst musste die pllpstliche Bulle gelesen und
An^'bclm ucütit ihn „den bocbiidcrtcn und verrücmptcn der heiligen
Doctor und Prädicanteii, Herr Johannen vom Stein.** I» 117/8*
An&k, ihn aLs „Ftsahcm lu Mftrkgräfeti Eadeo" bezeichnet, t^o tauscht
b. denn di> war H. er^^t drei Jftbrc später, Aosh. berichtet überhaupt
%tr<rti^» ehrouolnj^riM'h im Ein#dncii. WiccriS, iib — i 17) vergeh iedeoe
jxn dfh Berucr Rats zu einer cinbeitUcbrn knappen
f, fto lut er e* auch niil den verschiedeoen Bcmcr
Ron^Uiftesi, von dcneii dte«e hier die er!»te hU Er sogt selbst, daM er fui
Z^t vor J480 nur , .einen gemeinen suramierteu Durcbganc tun" wolle
h A-> ^ 2<i). Wir schliciscn uns daher im dilgemeinen äh den Bericht
t, der roll Hcynliits Notiien yenau übercinAlimmt. — Einher hut
n% Beteiligung ati dieser RomfAhrt entweder ganz überstehen oder
docb aihrlilich im folgende Jahr vcrlcg:t. Vgl. £. Blösch, Doct. Job.
apkle im An*. Rir schwci». Gesch. 'S. F. Bd. Ul, (1880) S. 245—247,
^nlbm liftier dcw*, Titel im Berner Ta-icheB buch 1S81, S. ijg — ^274. Vischcr
lAj A. 37> be<weifeUc Überhaupt, ob Hcynlin *chon vor 1480 in Bern war.
:::- .{rr.in:-". "^ i*-!! - >rz-i..:ir;-*r: ..L*w Buile lateinisch
■ r;™-- Zl:::,i=- .i-— .k- -r iTir^m nni i»^TitS4:ii erkläreiL
Zin- -^:-.-" "^«iL.-.-- n^i-ii-n. r-r rx i»^r Pt^ü^tp nach Vesprr
"/ i*r-*. ■ ~~ ^ü-r '' '.Tiv .1 -1* -'z.;!*- -l^i^*lt**El•i^* Wort»? üb^r
-^m.:-!-- 3*-:'-":"^ii:j :^— s^* .«müti^^nri«'!! ablast»- drr
.::* 'i-üiTa ^..^i- .J":tr i-r:.inn'- ia»iaaiij?. äohr»>ibi *r.
:•- '". -lI-hv-h i::~.- ~-v:i-::ir^ :i:<. ./i« •^v.Iil'»^'- i»*«' nrinciari')
- ' ::- - — ■. ii-r i.:'-ii:r". 2 :tt: — r, -:--Tf'*riIii-'iisr. fraohtberesi.
::" " • : - ■". :- il-~ • r« -^i. ::r. .r^-.*- : r. . lam .r. B»* mTim v*?nerir.- *
y..- -vi;- "T- 1 i" :-ll: '.l->-::I Li" r ii*^ hiiHs4:aIioh bulle
*...■: ?u." i:>«':i»- .mai'.- '/ir-j. >". i- ^•.i^-l^rZ'^r. li»=m J'»hjLn.ü^!i
■ ■- ^'-::. i- '■' ■": : -r : -.i'^^-i: ^r^.'iirifr. dci canz-ri v^r- '
.1 ■.■.-.■:■-■-. ::■.-: -" ■ ■-■-: ::-—.-.. -vi.m ^i-'U .HHi^rmann rSi.'hiok»*:: 1
-■: y- rjia:- i-i: z" -^t^-t. l \i^ ^rv-r'">^ii s^ir."- Ihis war
■.■• ?:•-:._— .t--.^A -.-. -' -•: -uii :• -^ar. TU^rijli'.'LL in: lliiii^rer
;'.:..." ;.v- .-.•_.- A:--.iJ - : ■- ?• r.--rstajr? 3. >>kTob-*r'.*
^' ■.. . j -■.-:.■:...-. ..L.-T -i_* ..-: .."v "i .'srüv'ii L- ■bLioh pre^Iii:'?!!
,■■':. V-..- :-■ ri-L. .-[ ■-■.-:..!. ii^iiirtii:^-* ..-i-irch -l-r:.
'j- :. ■ . -/' .:■..-•■■. ■ - •^" in ien 'i.M.r.'rri "ii-i
: 7:- - .. * ■ -. _.-■"■-■_ A-irer.' in-l sii^h -vioi:
_;■ . .. ~ s... '- . _'- ».."- _.; .'-n-^ l."r'i.'«^r MansTr-'
Z ..'. • • ■".. .-. 7.:." - '.. . j- vis- .v-T.-r i-r -»-Men i-eklat:''!!.
.: -.-•.'.- -■'■:.-. -.„r- - ^ n:!!::.^:. s^^i-^n als ..«^tnirf
: •. . . :::-.: ". jtz:^-n'-. ilii^ liab^ »:•-
■- . .-:'■.. ?■. •' ■■■ ■ r.-:. ..-■ .^n "j:.\ ..-•loh mereii-
■ :.• - ... ■*• I: ■....--.■ l-r-r \\.:r-:i sriricb v.Hi
. .- ■:-:■: ■..:.-. :-- -:.^: ^■^:: Bcru ru h r :ifr
/ :
JubftriDcs Htfjnlit) aus Siein.
l8<>-
^Bfang HU tjitif?, aber sii:^ koiuit<ni die Meuge der BüBsenden
ichl bewältigen und viele iiiussteu angt^beichtöt wieder
dobinL Hi*yiilÜA, der sich nicht nur um »eine Vorträge.
• aat'h *»nergiseh uui die Erledi^iiig der g«^samten
iien GuHcbäfte gi^küinniert üii hnbt5ii scheint, konnte
nicht untätig zusehen; ^dann die herren* so dann in
!?m münster gf prediget, haben alwegen begerf und geheisson.
nian me bichtvätern bf»steUeii un<l iedenuan die grÖsten
inde bichten und wenig um bötenden oder hofreden machen
»Ite von menge wegen der hiteii und euch das iederman
Ji und bicht inöcht koraen."') Man folgte auch dem
II der beiden Prediger und erhöhte die Zahl der
»iehtvärer im Laufe der Woche auf 84), und hätte man
shr niogei) finden, setzt Schilling hinzu, maTi hiltte sie
ach genommen. — E^in kleiner Zug. der zeigt, dass HeynUn
liirr nicht nur seine Pflichteu erledigte, Hondern dass ünn
te Sache des Ablafises selbst am Herzen lag.
^Vom morgen fru bis nacht, on underlog** xrorde (it r«ri
der Michael isw< »che Mestäe jceleliriert, Beichte gel i ort,
Lbsolution erteilt und Predigt gehalten* Am ersten Tage
id am Sonntage darauf wurden aucli gmssartige Umzüge
%d Prozessionen veranstaltet, voran Priilaten TUid Priester
|it dem üeiligtum, dann ^vil offen sünder luid Sünderin von
^tttmen und von frowen, die manne nacket und die frowen
^rfns mitu?»henken irs bures**»^i ein fast schauerliclies Biltl
|ner mittelalterlichen Bussübung,
Am Montag den 7. Oktober um die fünfte Stunde nach-
mittägig läutete nukn ilen AVkIrss mit allen Gh>cken und
*r Andacht wieder aus. Schilling erztUilt mit Befriedi-
Mg Ton der gut^^n Aufnahme und Verpflegung, die die
iden OeijitJichen wilhrend der Rom fahrt gehmden hatt^m
i der Entschädigung, die man ihnen au8 Sant Vin-
Gelt, aläo ans den AblaÄseinkünften gab, so dass
.zu ihrer Zufriedenheit undraitEhren von Bern schieden,** •)
»ynlin i>r«*digie übrigens auch noch am Tage nach dem
igo
Max H 058 fei et
JEnde der Romfahrt, In dieser Abscliiedspredigt *) lobte unj
beglückwüBSclite er die Bemer zu dem erlangten Äbl&ss,
wie er ihnen zu Beginn dessen Kraft gezeigt, tmd wie er
ihnen während der zehn Tage ins Gewissen geredet hatt*?.
Er stellte einen gelungenen Vergleich zwischen den Bemeni
und einem Bären an, zählte eine l^ige Reihe von guten
und schlechten Eigonschaften dieses Vierfiisslers auf luni
spendete seinen Zuhörern das Lob, erstere auf sie anzu-
wenden. Man hörte ihm gewiss gerne zu.
I Nach diesem «sermo pro valedictione" ist Heynlin ver-
nnitlich gleich nach Basel zunickgekehrt-. Hier scheiur *^t
aber anfangs mir selten gepredigt zu haben; wenigstens
sind vom Oktober und November nur drei Predigten vor-
handen,*) und bei der mittleren ist überdies bemerkt : ,.Iii-
tendebam facere sermonem, sed uon leci*% bei dem letzten
ausdrücklich ,,feci sermonenr'. Erst vom 1. Dezember an
beginnt wieder eine regelmässige Folge von Predigten» bis
ins nächste .Jahr hinein.
Die Ursache zu dieser Unterbreehiing ist wahrscheinlich
in einem Sti-eite zu suchen ^ der daoials in Basel zwischen
der PfaiTgeistlichkeit und ilen Betteünönchen ausbrach* und
an dem auch Heynlin beteiligt wan*)
Die Spannung zwischen Welt- und Ordensgeistlichen
war bekanntlich schon alt. Die Bettelmönche, denn nur
um diese konnte es sich handeln, griffen häufig in die B**-
fugnisse der Pfarrer ein und machten ihnen besonders.
gestützt auf Privilegien des Papstes, die Beichtkinder ab-
spenstig. Es war ja begreiflich, dass gar mancher liebtT
einem wandernden Mönch seine Geheimnisse anvertraute,
als dem ortseingesessenen Pfarrer, begreiflich aber auch,
dass dessen Ansehen darunter litt In Basel eintzündet»*
sich damals dieser Streit an einem anderen Kampfe, dem
zwischen Bischof und Stadt Dieser alte Gegensatz loderte
*| Pr. Ui, 156 (Vorbereitungen), fol 82* (luhAU&angahe iiAch ^ebalteiM:;
Predig). ^H
*) Fr. III, 209. 210. 2 11. ^1
*) Vgl, Hans Knclwb Tagebncb in Ba. Chr, ni, [04. 118. lio. 141
und Beilage 14 (S. 483 fF,). ^m
Johannes Hcj-nlin aus Stcin.
n^t
«ben damaLs vod neuem zu heller Flamme auf und drohte
«ogar einen blutigen Ausgang zu nehmen. Schon suchten
Hl^eide Parteien nach Bundesgenossen, der Bischof und das
Kapitel bei den benachbarten Fiirsten, der Rat natürlich
bei den schweizerischen Städten Bern, Zürich, Solothurn
u. a. und die Lage war sf» gespannt ,,adeo quod totus clenis
fuit in maiori pericnlo, quam i^n- lltem ducis Burgundiae
_ itierit^^*)
^ Diese Verwirmng machten sich nun die Bettelmönche
zu Nutze. Selbstverständlich stand die Bevölkerung zum
»Rat der Stadt, der Klerus zum Bischof, Es war der geeignete
Moment, unj einen Vorstnss gegen dio Autorität der Pfarr-
^eistlichkeit zu machen* ,yAls dies *üe Brüder ans den
Baseler Bettelorden sahen, die^ wie sie versicherten^ von
dem allerheiligsten Vater Papst Sixtus Indulgenzen hätten^
dass sie Beichte hören und das Abendmahl, ja auch die
letzte Oelung spenden dürften, begannen sie das Volk ab-
»spenstig zu machen, tJass sie ihren Leutpriestern weder
beicliten, noch von ihnen die Sakramente empfangen sollten.
Denn sie meinten, wenn eine so grosse Verwirrung ent-
Istiinde^ könnten sie selber die Pfarrkinder versorgen j »,et
in predicacionibus mirabilia tecerunt*^.'*)
Hiergegen mussten sich die Leutpriester weKren. Sie
Verlan gten^ dass jeder, der bei den Bettelmönchen zu beichten
"wünschte, vorher bei iJjiien. den Pfarrern, die Erlaubnis
dazu erbitten sollte Die Sache kam vor den Bischr»! dem
beide Parteien Vollmacht eiteilten. über ihren Streit zu
H entscheiden.
H Der Bischof konnte den Mönchen nicht günstig gesinnt
^eein; aber sein Spruch war ziemlich milde. Er entschied,
dads es ^anständig, aber nicht notwendig sei^ um die er-
[ wähnte Erlaubnis zu bitten'^. Uin Aergernis zu vermeiden,
yBollt^ aber jeder gläubige Christ gehalten sein, wenigstens
ÄU Ostern seinem Pfarrgeistlichen ^fidem facere^, nachdem
[er den Mönchen gebeichtet hal>e.''i Es wurde dann beiden
») Ba. Cbr. Ol, 14», *),
*\ Ba, Chr. ril, 141, 2j^30.
*) Ba. Chr. Ill, 142 Auraerkuug
-z i-ZL -rrliz^en Ablaay.
riT- z^Z'-^.. ^:m«3 wie ^t
r^-^^^z. ^r-r^e^i*:»! hane.
.:! rT^?«:i--:i i-^n Bemeni
T:'^-='r- Ä-zz sie aiizn-
B-
■vr. A..:v.'j:e.
Johannes He)-nltn aita Stein.
IQI
damalfl vod neuem zu heller Plainme auf und drohte
sogar einen lilutigeu Ausgtitig zu nehmen. Schon sucht4»u
aide Parteien nach Bundesgenosäen, der Bischof und da«
Tapitel bei den benachbarten Fürsten, der Rat natürlicli
I bei ilen Bchweizerischen Städten ßeni^ Ziirich. Solnthurn
|ii. i\. und dio Lage war so gespannt ,^adeo quod totus clenis
fnit in maiori periculo, quam j^er litem <hicis Burgundiae
lerit**.*)
Biese Verwirrung machten sich nun die Bettelmönche
au Nutze. Selbstvert*tamllich stand dio Bevölkenmg zum
[Ttat der St*idt, der Klerus zum BitiJchnf. Es wuv dev geeignete
Monu-'iit, um einen VorsKms gegen die Autorität der Pfarr-
l^eifrtlichkeit zu maciien. ,,Als dies die Brüder aus den
JBa»eler Bettelonlen sahen, dio. wie sie versicherten, von
hdem allerheiligsten Vater Papst Sixtus Indulgt*nzen hätten^
sie Beichte hören und das AbendniahU ja auch die
State Oelung spenden diirften, begannen sie das VolJi »b-
ig zu machen, dass sie ihren L^^utpriestern weder
^\u noch von ihnen die Sakramente emplungen sollten*
>ean sie meinten, wenn eine so grosse Verwirrung ent-
stünde, könnten siti selber die Pfarrkinder versorgen, ,,et
predicacionibus mirabilia tecerunt**. *)
Hiergegen mussten sich dii» Leutpriester wehren. Sie
irarlangten, da«s jeder, der bei den Bett^hnönchen zu beichten
ilnschte, vorher bei ihnen, den Pfarrern* die Erlaubnis
lazu erbittiiU sollte. Die Sache kam vor den Bisciiof, tlem
ide Parteien Vollmacht erteilten, über ihren Streit zu
^ntacheiden.
Der Biisclioi' konnte di^n München nicht güiLstig gesinnt
aein; mber sein Spruch war ziemlich milde» Er entschied,
«6 ^anstandig^ aber nicht notwendig sei, um die er-
Ihntit Erlaubnis zu bitti^n*^. Uio Aerg«»rnis zu vermeiden,
jUte aber jeder gläubige Christ gehalten sein, wenigstens
tu llutem seinem Pfarrgeistlichen ^fidera facere*', nachdem
dem Mönchon gi^beiciit^^t habe,/'^ Es wurtle dann beiden
I) Ba. Chr. IE, I4U 9.
^ 8*, dir* in, 141, 3jt— 30,
^ Biu Clir. tu, 141 Attmerkuii^ 1.
Vi.-: ; -. r' • -- _ >riT:_^ •^"i^'^^ i:-r ^ii-lere darch Preiligt
.-.T- V ►::'^:-- ■-!-: -~ i-^.TLrr-iL Ti> Tiatürlich besonil»?rs
c^-v V- *r^:: ^•■r.'.'iiT ^-z:-::.: *:rir. di-t' ja das aufrühre-
->*:. y -V.T-. - .. >:f- r: _iipo<^r doiuiniis Johannei
-vs*. ■.■■-> r*L>-. r-_-Ls _.- r-'-rr." "L^ -Ll-iiOiim snb pena »^x-
1 ts- >;. '"..J "iL :t l-r 3_s.m : ül. 1-L Dezemb^-r 147»».
• ••-,;:■..•/<-* .cs ".**■.>'. ■:_".- — ^^.-."-f-i. A.rXirid'e'r- des Vikar*.
:: s '.'."z j > " ■:' i.> Fi— :-- zr.-.-.-irnrrZ. L^arpriester v.'ü
S: •/■ -- - <- 1. ■ • V.J.'- ^-. A :lv:.- >e. MAnrin and St. Ulri.;h
■: L • : '.>-■: . - > ■ -■-■ ■. ■ : ■ ' ^•- ' *- - r: r^ ■- r : -■ r At^TvISt in-:» r^i-re in irea.
.V'.s *_.' ■::■.-.">•:-■' ■■' - "*--. Lr-;".lj.ri Triri nun .Ti.'haiLiir'S
• "*:•- -">• >'^:* .'■ >■-■ ^-•■■^■^ :-:-Z^:"::n: 11.-1, a^tre.* E>
::=:>-i -■ l ^ ■-■ Yl-' '.■.<: :■'. .'1 3»i.^- s-:i<t ::ÄhK>stä::L. '
: tf r r:^--. -^ -«r
i-':...^: f"Lut-j _7r»«»f,-
Johannes Hcynlin aus Stein.
»95
steller bekannt, und Heynliii bat zii spinen Predigtf?Ti Öfter
die von jenem verfassten ,.Sermones thesaiiri novi'* bonutzt. '^i
Am 13. Juli bricht die von Pfingsten des Jahres 1477
an regelmässig laufende Reihe ^) der nn St. Leonhard und
am Münster in Basel abgehaltenen Predigten plötzlich ab,
und erst am 14. Augnst beginnt sie wieder. In der Zwischen-
zeit hielt Hej-nlin fünf Predigten, von denen die letzte d«n
Vermerk trägt ,,doniinica 9a in Tübingen*^ TCtbingen war
also da^ Ziel der zweiten Reise des Jahres 1477* Ob die
vier vorhergehenden Predigten novh nach Basel oder schon
nach Tübingen zu verlegen sind, ist ungewiss. Basel ist
wahi-scheinl icher, weil er sonst wohl einen besonderen Ver-
merk gemacht haben würde, wie bei der fünften. Dann
wurde die Tübinger K^ise zwischen den 27. Juli und
14. August, die dort gehaltene Predigt auf den 10. August
fallen. Damals hat sich wahrscheinHch schein die ein halbes
fahr später erfolgte Anstellung Heynlins als Pfarrer der
flStadt und Professor der Universität Tübingen entschieden.
Nach seiner Rückkehr predigte er wiederum mit Regel-
lässigkeit an seinen l>eiden Baseler Kirchen (Assumptionis
iriä bis Allerheiligen)^'} Am 1. November stellte er seine
rätigkeit am Münster und am 8. Dezember i Maria Em-
>Iangnis> auch an St. Leonhard aus unbekannten (t runden
jin. Erst in der Fastenzeit des nächsten Jahres fing er
ieder an lieiden Kirchen gleichzeitig zu predigen am Die
ersten Sermone sind von Estomihi (1. Februar i und Puri-
ieationis (*i. Februar). Von Aschermittwoch i4. Febniar)
in hat er dann ohne jede Ausnahme alle Tagp, und Sonn-
sogar fnüi und nachmittags gepredigt bis zu dem Tage^
Wühekn Textoris aus Palästina heimkehito. 42 mal in
') Er litiert sie z. ß. Pr. V» fol h;, i57M62, 363. — Jod. E.ichricb
nasser dem „thcsaunis novus'V der 148«) godruckt wurde, ein quadragcsimalc
Slrsissburg tJ^$$) und einen vocabulariits pmedicantium. Er starb 1491.
IjFabric. Bibl lal. IV, 173 Ausg. Piitaviac 1754.) — Ich dachte xuersi au
den bektiunten Jodocus (i;dly> Rubcaceusis, der seit 1476 auch tu Heidelberg
war. Aber Gallu*^ war (477 erst iS Jithre all (geb, 145*>)| kotmte also nicht
wohl alts „doctor Jodocus** iu Uriwh von der Kanzel sprechen (s. A, D. B,
VUI. 34^-35»).
«j Fr. II, Si*— 96*. 17 Predigten,
^) Pf. 11, fol toi*— 131*,
ig6 Max Hossfcld.
5 Wochen. ^ ) Vier Tage darauf steht er schon in Tübingen
auf der Kanzel.
Es geschah gewiss auf Grund der guten Erfahrungen,
die man mit Heynlin gemacht hatte, und vermutlich auch
nicht ohne seine Einwirkung, dass man sich an Sankt Leon-
hard nach seinem Abgange entschloss, die Seelsorge end-
giltig in die Hände von Weltgeistlichen zu legen und ihr
durch feste Formen eine regelmässige Ausübung zu sichern.
Als daher im folgenden Jahre die Visitatoren des Windes-
heimer Generalkapitels nach Basel kamen, wurde im Ein-
verständnis mit dem Bischof eine Verordnung erlassen
(17. Juli 1479), die die Pfarrsorge einem Leutpriester mit
zweiKaplänen, also drei Weltgeistlichen übertrug.^ Im Jahra
1489 begann man mit dem Bau eines neuen Langhauses
der Laienkirche, deren Erweiterung wegen des Zudrangs der
Besucher längst notwendig geworden war.*)
8. Kapitel.
Tübingen 1478—1479.
Im Jahre 1477 hatte Graf Eberhard von Württemberg,
bewogen durch seine hochgebildete Mutter Mechthildis und
(las Beispiel der umliegenden deutschen Länder in seiner
zweiten Haupt- und Residenzstadt"*) Tübingen eine Universität
gegründet. Schon in den vorhergehenden Jaliron waren
die vorboreitimden Schritte dazu getan worden. Bestärkt
und beraten wurde Eberliard in seinem Vorhaben durch eine
Reihe von Gelehrten, unter denen man vorzüglich Johannes
V(Tgenhans Nauclerus und Gabriel Biel zu nennen pflegt:*»
») Pr. III, fol. 243'— 263^ und Pr. II. 25—28.
*) Job. Bern. 123.
3) Wack. 185, i()f).
*) Diesen Titel erhielt T. im 1 5. Jahrhundert. Beschreibung des Ober-
aints Tübingen (Stuttjjart i8f>7) S. 270. Meist residierte Eberhard in Urach,
s. Stalin, Gesch. Wiirtt. I, 2 S. ^114, 635, 666 usw.
^) Rcuchlin trat erst Ende 1481 in Beziehungen zum Grafen Eberhard
((iciß. R. 21, Urk. 486); er kann wohl zu denen gezählt werden, die beim
Ausbau der schon errichteten Universität halfen, nicht zu denen, die bei der
Gründung und ersten Einrichtung mitwirkten. 1474 bis 1477 war er in
Basel und reiste v(»n dort aus auf 4 Jahre nach Frankreich (Geiger S. 13 — 20).
Jobannct Heynliu aus Sleio«
ii>7
bAlfsQ auch vor allein bei der Einrichtimg der hohen
da Eine Hauptfrage war es da natürlich, die geeigneten
1*1 zur Aiiötelhmg der Professoren zu finden. Es war
Dh, ilinen durch Vprlcihung von Chorhermstellen ihren
erhalt zu gewähren. In Tubingen aber mussten solche
>eQ(]eti erst nocli geschaffen werden. Um zu sparen,
iblueä man die Verlegung eines Teils des weltlichen
rherrnstift>e8 Stndelfitujen nach Tübingen.*) In der Bulle
Papstes Sixtus IV vom 11, Mai 1476 ist diese Verlegung
Bitten Eberhards und Mechthilds angeordnet Man
nU^ vom Himlelfinger Stift die Prupstei und 8 Kanoni-
ab, wies sie der Pfarrkirche (St, Georg) in Tübingen
und errichtete dann daselbnt das Sanktz-Georgenstiffc:
e Chorherren sollten zugleich Professoren^ sein Propst
Eier <ler neuen üniversitiü sein. Es gjilt nur noch» sich
dem ICloster Bebenliausen auseinanderzusetzen, dem die
rkirche St. Georg seit «lern 14. J»hrlinn<lert inki>rpori«*rt
und das aus den ihm ziifliessendeu EinkLinften der
e einen ständigen Pfarrverweser unterhalten niussre.
Klosti*r gab auch seine Zustimmung zur Verlegung des
lelfinger Stifts an seine Tübinger Kirche, nachdem
'Imrd die Zusichening erteilt hatte, dass seine Reclxte
igeiasttii l>leiben sollten (21* Febniar 1477),*)
Schon vorher hatte der Graf, wie es üblich war^ dem
lie von seiner Absicht einer Universitätiigründung
eilung gemacht, und um eine BestütigungsbuUe gebeten,
►he auch H7iJ eintraf. Am 13. November dieses Jahre«
len der Abt von Blaubeuren, der Propst von Herren-
l*i»l^rfi'ic ausser ujuch, dcu bckaniiteu Oc»chicbtcii der Univei^ilit
t*e!ion«lcrs uachSprc»U, V'crfasMiiiittlcsSl, CjfCfjnjcn-Stil'lh c« rijt>iu)fcii
. ir«rliiltfifs cur Ualv. von 1476—1534. tm Kretb. Dio«.-Ardiiv (190t
lOC^iK — SpTOtk Arbeit verbreitet wcotgsteus über einen TeiT der sonit
rtnkel liegenden AnfitiK« der Tüb, t.*n»v, Licht. Denn zum rnulückfÜr
tt? sind I ji54 beim Bnmde der Umvcrutatsgebaiide vieJe wert-
ütc voü den FUmracn vernichtet worden ( Eifert- K lüpfe 1, Gesch«
de tmd Uuiv» Tib. S» 118). Einen allerdin|£& geringen Beitrug lieTeru
Notizen in »einen l^redigtniauuskripten, die w^r im Folgenden ver-
hVifl. )ctit vor allem Henneliuk, Hctnr., die theoL Fak. in Tübingca
f ^ ^ 177 — K, Herrn, >.
198 Max Hossfeld.
berg und M. Johannes Degen zu Exekiitoren der päpstlichen
Bulle bestellt.^) Am 11. März 1477 wurde in Urach, der
Residenzstadt des Grafen, das Instrument betreffend die
Errichtung einer Universität in Tübingen feierlich veröffent-
licht und am 3. Juli stellte Eberhard im Bart den Stiftungs-
brief aus. Damit war die Hochschule ins Leben gerufen.
Am IB. September fanden die ersten Intitulationeu, am
1. Oktober die Eröffnung der Universität statt: nuimiehr
begannen die Vorlesungen.
Nach einer alten, früher öfter wiederholten.*) von den
neueren Autoren aber übergangenen*) Ueberlieferung ifl
nun unter den Männern, die Eberhard heranzog, um ihm
bei der Errichtung der Universität zu helfen, auch Hejiilin
gewesen. Jene Ueberliofening geht von dem Abt Trithemius
aus. Nun ist zwar Tritheim mit Recht als Geschichts-
schreiber übel beleumdet, und seinen Angaben gegenüber
ist eine sorgfältige Prüfung stets geboten. Gerade bei
Heynlin aber führt diese Prüfung zu einem günstigeu Er-
g(»bnis. Das Buch Tritheims de scriptoribus ecciesiasticis.
in dem auch ileiii .lohannos de Lapide ein Kapitel gewidioet
ist, wairde nämlich zuerst bei Amerbach in Basel gedruckt
und von diesem vor der Dnicklegung dem ihm befreunJewn
Heynlin zur Begutachtung vorgelegt *) Heynlin hatte also
(xelegenheit. das Werk vorher zu lesen: daher dürfen wir
den Artikel über seine eigene Person gleichsam als authen-
tisch redigiert und als glau])würdig ansehen.*) Tritheim
M Sproll 31, i«o.
-) Iscliii, Hisl. jjcogr. Lex. III, <)2. Adumbr. I02, Rotermund, Forts,
zu Jöchers Gelehrt.- Lex. und andere, auch wieder Fcret IV, 163.
') Z. B. von Fisch., Visch., Klüpfel und anderen Geschichtsschreiben
der Universität, Prot., Herrn, etc.
*) Siehe den Brief Heynlius an Joh. Amerbach in dessen Trithemiui-
Aus|;abe (Basel 1494) unt. Kap. 12.
*) Man könnte zwar meinen, er habe dadurch nur Gelegenheit bekommou
selber su seinen Gunsten gefärbte Nachrichten in den Text des Kapitds
hineinzubringen. Aber hätte er wohl Dinge von sich ausgesagt, toh deoeo
jeder gewuF* ' 1 oder gefärbt wären : Das Buch vnrde
docl> liehen Kreises aufs eifrigste dnirk-
Tritheim sonst über Heynlin sagt
ndt anderen Quellen lehrt
Jobaunes Heynliii aus Sieii^.
iqg
Ulm von Heynlin: ^hiier praecipuos qtwque Tubingensis
idii ineeptores et audores unus exsUtit^^ ') schreibt ihm
so bei der Gründung (anctoros) iiod ersten Einrichtung
jceptoresi eine herv'urragende Rolle zu.
Wenn wir nun Heynlins Tätigkeit in den Jahren 1476
id 1477 vergleichen mit dem, was wir über die in eben
lesen Jahren erfolgte Gründung und erste Einrichtung der
febinger Universität angegeben haben, so könuen wir in
&m Ergebnis dieses Vergleiches nur eine Bestätigung der
fritheimschen Angabe erblicket^ Was wollte denn Heynlin
if jenen \ner in den Jahren 1476 und 77 in so kiu-zen
tischen räumen von Basel aus unternommenen Reisen, und
irum fidiiiien ihn alle vier gerade nach Württ^^'raberg, wo
doch bisher noch nie etwas zu schaffen gehabt hatte?
Erinnern wir uns noch einmal der Orte, die er aufgesucht
at. Im FebiTiar 1476 war er in Urach, der Residenz des
Jrafen Eberhard, der damals gerade seinen (Tründiiogsplan
js Werk zu setzen begann: IL Mai 1476 ordnet der Pap^t
ie von Eberhard erbetene Verlegung des SindeU'inger Stiftes
und Mitte August 1476 reitet Heynlin nach Sindelfingen
^cum patribns visitatoribus*'! Um Hiuimelfalirt 1477 finden
lÄ'ir ilin acht Tage oder länger wieder in Eberhards Residenz
Urach, derselben Stüdt, in di*r zwei Monate vorher die
Käpstliche Bulle publiziert worden war, und wo überhaupt
irs erste alle Fäden zasammenliefen^ die wegen der Tübinger
Universität gesponnen wurden. Im Juli und August endhcht
d. t wenige Wochen nach der Stiftung der Universität
verweilt er in Tübingen selber: nur einen Monat später
werden schon Lehrer und Studenten in die Listen der
Universität eingetragen. J Vxs alles sieht doch ganz so aus,
als sei Heynlin zu den vorbereitenden Schritten mit heran-
gezogen worden.
Eine weitere Bemerkung erhöht die Wahrscheinlichkeit
dieser Annahme» Graf Eberhard bediente sich bei seiner
Gründling vorzüglich der Hilfe seines Rates und ehemaligen
Lehrers Johannes Vergenhans, der dann 1477 auch erster
Rektor und in dvn ersh?n Jahren überhaupt der Leiter und
1) Aits^. Basel, Amerbach 14*44, fol. i2q«
200 Max Hossfeld.
das tatsächliche Haupt der Universität wurde.*) Nun waren
aber Hejiilin und Vergenhans einander wohlbekannt, hattec
schon in Paris gemeinsame Studien getrieben*) und warvn
auch in Basel später zusammen gewesen. Vergenhans war
da im glf*ichen Jahr wie Heynlin intituliert worden ol»!
hatte wie er dort eine Zeitlang gelehrt. •; Angenommeri
auch, dass die beiden Männer seit jenem Pariser ZnsammeL-
treffen im Jahre 1459 nicht weiter in Verkehr miteinander
g^'standen hätten, so konnte Heynlins Tätigkeit in Bas^l
im Jahre 1464. die die ganze Universität so in AiifregUDg
versetzte, niemandem, der zu ihr gehörte, verborgen bleiben,
am wenigsten einem Lehrer, was doch Vergenhans war.
Er mussto damals auf He\'nlin aufmerksam werden and
musste sich ein Jahr später in Tübingen um so mehr an
ihn erinnern, als dieser ja gerade in organisatorischen Fragen
an der Basler Universität Energie und Geschick bewiesen
hatte. Er ist es offenbar gewesen, der den Grafen Eberhard
auf Heynlin aufmerksam machte.
Mit unserer Annahme stimmt nun endlich vortrefflicL
dass man in Tübingen gleich von Anbeginn an beide Weg^.
den alten und den neuen einführte. Beide sollten getrennt
nebeneinaiKL.T bestehen und gleiche Berechtigung haWn.
IVw Stadit.-rendrn jt^Jes d^r Wege bekamen je eine l^esoudere
Burse angewies»'n. damit nicht durch ihr Zusammen wohnten
irf^legenheit zu Reibimg und Zwietracht gegeben wünie.
und das B»>tret»Mi dt*r anden.'n Burse ^iirde verl>oteii.'
lM»*se Bestimmun«2:en streben nlso. \We man bem*^rken wiri.
*p 147'» war er Pfarrherr /u ßrackcnhcim bei Urach, ii. 111. 14:*
ia: er :n Urach Zeii;:;^ bei «1er Publikation de^ InstmmeDts betretfend ic
Errichtung der Universität rüi)in«^cn. Kr wurde auch gleich nach Errichtcr;;
de- Geor^en-tifts Chorherr ilarin. crörFnete al> er>ter Rektor die Uni%-er5iti:
am I ;. IX., war erster Pp4'es-or de-. ^ei>tlichen Rechts und seit 147^ aiAh
Kanzler der Universität und Prop-t de- CTeorgenstift- (Klüpfel l, o: A. D.
H. J ?, J'»'.: Sproll yi, i>o, i>i, 1.^2: Urk. 4»X) tfj.
■i. ^. .:.:-on S. 347 Bd. VI. 2..
^ V:-Lh. 2^'i. — K- i-t -<^};.ir aurVällig, da.-- Vergenhan» mit Hex::!:-
j^lo v.h/t:;iiL; auftaucht (14''4 und auch wieder vcr^rbwindet loach 14^^; >*
v.:. ihni ebvii.s«» weniji eiiie Sp'.-.r iu Ba-el al> von He\-n1int. Es scheint f>l
-o. a!> wenn -ie /usaniv.en von Pari- gekommen wären.
*■ Urk. 40^.
Jobaoncs HeyoliD aus Sieiis,
20 1
;enau (liisselbe an, was Hcjiilin 1465 w Bus(4 i:kirctigtt$t>tzt
Wie einst dort bei einem Peter von AndlaUt «t»
iierrschte auch biVr ein weith*»rziger und massvoller Geist
^H>r, d*>r durch Unparteilichkeit iiii*! Gewährung von Spitd-
für beide Kichtimgen der Sache der Wahrheit am
t)eston zu dienen meinte. Da wir nun Heyulio zu den
I^nnera rechnen müssen, ilie die Wiege der Universität
imslanden, so wird auch ihm an seinem Teile die ürheber-
c^haft an diesen Bestimmungen zuzuschreiben sein.*) Wti'»
vt^it der Eiufluss Vergenhans* oder anderer Männer reichte,
leren sieh Eberhard bedient haben mag^ ist unbekannt Ich
irage nicht zu futscheiden, welchen Anteil man [nsl)i*sondere
'ür Gabriel Biel in Anspnich nehmen muss. Grot" Elierhard
lernte diesen bedeut*»nden Mann, der seit 14<iH Propst eines
•"raterliftuses in Butzlmch in Hessen war, - im Jahre 147^
Heidelberg kennen; ,,er forderte Biel auf, ihm bei seinen
rirchlichen Reform plfSnen in Württemberg behilflich zu sein**
md hat ihn zuerst bei der Errichtung eini*s neuen Hauses
1er Brüder vom gemeinsamen Leben in Urach herangezogen.
H seiner Eröffnung am 10. August 1477 ist Biel in Urach
iigegeiK 1479 (Spätestens 1482 1 wird er selbst im Stelle
loö von ihm zuerst vorgeschlagenen Benedikt von Helm-
It^dt Propst in Uracli. 1482begbdtet erGraf Eberhar*! auf seiner
Icimn'ise, Zur Tübinger Universität <l hat Biel
Mifangs in keiner direkten Beziehung g»- , erst 1484
rird er Ihr Mitglied* am 22. Novi^mber dieses Jalires kommt
PT in Tübiiigen am*) Es ist mithin nicht wahrscheinlich»
las» Biel bei der eigentlichen Gründung der Univi*rsität
!*itiH hervorragende Holle gespielt hat, und der Anteil, d^n
im einige Autoren daran «uschreiben, ') scheint Hemlin
lehr als ihm zagebtlhr(*n. Immerhin krmnt«*n beide Männer
') liertneltfik (S. tb) denkt steh auch die ervleo Statute» der theo logi»c heu
IFäknltit Lfi Tübmgen unter HeynliDs Eiudii^s etitst^udrn.
*> Herrn, 8t, 505; l'rk. 4')^: Lujfcciuumin (11 Ikib. tbcol, QuartAlsfehrift
*) Marti» Ouftin** Sc'hnäb. CKrciiitk U, 107 (trank ;. * , ^^^j, Afidr. Chritt,
•Htr« Merkwiifdijjkeitru der Univ. u. Studt lübitiKeu (I74i) S, 40^; H. F.
!Lis«itf»rh, B*^ : u. Ge»cli. d. Stadt tu Uiiiv» Tiib. (18121 %, iSj;
Klipfel, i iisrr) S 1.
202 Max Hossfcld.
nebeneinander zu dem gleichen Ziele gewirkt haben; traten
sie doch auch beide im gleichen Jahre 1476 in Beziehungen
zu Graf Eberhard, in welchem dieser seinen Plan der TJni-
versitätsgründung der Verwirklichung entgegenführte. Da»
Verhältnis der beiden Gelehrten wäre dann wohl so zu
denken, dass der Ockamist Biel für die Einführung der
via modema eingetreten ist, während Heynlin dafür sorgte,
dass die Vertretung der via antiqua an der neuen Univer-
sität nicht ins Hintertreffen geriet Das Ergebnis ihrer
Beratungen wäre dann die Gleichberechtigung und das ge-
trennte Nebeneinanderbestehen beider Richtungen gewesen.
Ein abschliessendes Urteil hierüber bleibt abzuwarten. Jeden-
falls aber könnte Heynlins Anteil an der Universitäts-
gründung durch ein solches nur näher bestimmt, nicht ganz
aufgehoben werden.
Nimmt man nun alle diese Momente zusammen: die
Glaubwürdigkeit Tritheims in unserem Falle, die vier Reisen
nach Württemberg (insbesondere die Sindelfinger), die Be-
ziehungen zu Vergenhans und die Aehnlichkeit der Tü-
binger mit der Baseler Artistenfakultät so scheint uns die
Annahme einer Mitwirkung Heynlins bei der Begründung
der Universität völlig festzustehen. Auch spricht noch da-
für, dass die Gründung der Tübinger Universität schon
unter dem Eindruck humanistischer Ideen geschah-*) Wir
worden daher die Angabe des Trithemius, dass er ..unter
den vornehmlichen Anfängern und Gründern der Tübinger
Universität einer gewesen sei", rückhaltlos unterschreiben
krmnen. Das, was wir im folgenden von seiner Stellung
und seinem Wirken in Tübingen noch zur Sprache bringen
müssen, kann uns in dieser Meinung nur bestärken.
Mitte März 1478 kam nämlich Heynlin selbst endgiltig
nacli der württembergischen Universität, vier Tage nachdem
vr seinem Freunde Textoris das Baseler Predigtamt zurück-
go/:^e])oii liatte.-' und wurde gleichzeitig als Stadtpfarrer und
') Wiirtt. Viertel jahrsh. i<)0(), S. 320.
-) Bedenkt man die Entfernung der beiden Städte, so gewinnt man den
Kindruck, als ^ei schon vorher alles zur Uebersiedelung fertig gewesen und
als habe Heynlin nur gerade die Rückkunft des Dompredigers abgewartet,
um dann sofort nach Tübingen aufzubrechen.
Jotia&»es Heynlin atis Steiu.
aoj
EmU Profonöor der Theologiu angestellt *) „Dominica Pal-
marum in Tübingen'^ schreibt er lakonisch über 8eine erste
Prertig-t *; Dit^ Vi^rbiiidmig «üeHer beiden Aemter^ tihörhanpf.
[eine damals nicht ungewöhnliche Erscheinungj kann bei
d©n nahen Beziehungen^ in die St Georg und die Universität
g«^eizt. waren, vollende nicht \%ninder uehniRn, ^) Zwar zum Stift
St Georg trat Heynlin wt'der als Professor noch als Pfarrer
iii ein näherem rechtliches Verhältnis, Denn der Pfarrer
rWMT (wie vom Kloster Bebenhavisen, das ihn zn unterhalten
rhattet so auch» vom Stift das an seiner Kirche bestand, in
der AoÄÜbung der Seelsorge, in der ihn übrigens 12 Vikare
[anterstntzten, vollständig unabhängig. *) Und die Professoren
1er Theologie sollten Äwar beßtiinnningsgem&sa Chorherren
[des Stifte sein, waren es zu Anfang aber nicht, denn man
|1iatte den 8 Sindelfinger Chorherren, deren Kanon ikate man
Tübingen verlegt hatte, ihre Präbetiden nicht rauben
[können und so waren zu Anfang nur wenige Universität^-
■profossoreuden Intentionen der BnJlegemii^sanchChorherren,^)
Wohl aber bestanden solche Beziehungen zwischen dem
IPfarrer und dtT Universität. Zusammen mit dem Kanzler
'üolite nämlich der Kirchherr — ao bestimmte Eberhard —
^ J. J, Mn&er, Vitae Professor. Tubint». Ond. Tbcol, Deais prttuji
I(Tq1». 171") S. 20, .NJo&er benutzte noch handschriftliche „AnnAJcs Ac^demiAe
robtJi|>eQ»i)i" aUH dciti lö, J.'ibrhd». (s. Herrn. 44», Vgl. auch de« Text der
ikel (unten S. 205^1 sowie H«rin. S. 11, 12, 80 und Wurttemb. Kircfaeu*
ij^ochtchte hsg. vom Calwcr Verlags %'ercin (1891) -S. 2j6). Lrnsenmann vcr-
^miitet üjigegen, doss He>nlin nicht Theologie, ^otKlern philosophische Dis-
cipliiiei] gelehrt habe. Aber wohl nur, weil er der Meinung lit, d^ss Heynlin
%hth mit Biel über philosophische Stteiifnigeu ^e^tl ritten habe tvgh unsere
t|^)eeilf|ccn Ani^Fihrnngen S. 215 ff)* F. X. Ujik Konrnd Summenhart
|iil77* H, ?** A 4, K, SuMmmhart in\ übrigens ein Theologe, rier gleich-
itift *nit He^ltn in Tiibin^jen nnkAm und wirkte» 147B ist er immatrikuliert
fJEf rfr a1» die^cr und es i»t möglich» dtLs^ er m dest^en
fScb . iien AoichiiUMngen steht er Heynlin nidac (vgl. Linsen-
ticftoii S posuiuh Vgl. Herrn. 1^5, 168, tb^), 155^ den. in Prot,
u jet2t Hemt. u , it.
17S, .v>, 14a. Ertt i4Sa trat der Pfarrer in ein
loF» lum Stift.
> lernt.
204 Max Hossfcld.
1
eidlich verpflichtet werden, über die Ausführung der Uni-
versüätaordnung zu wcuJien. Dagegen sollten beide von den
Geschäften, welche nicht «die Ordnung und den Nutzen*
der Universität betrafen, frei sein. Endlich wurden sie bei
Irrungen zwischen dem Landesherm und der UniversitiLt
oder zT^-ischen letzterer und der Stadt Tübingen als ^Mittler
und Tädingsleute- bestimmt.') Gewiss Beweise daffir, dass
die Stellung des Plebanus. ähnlich der des Kanzlers eine
hochangesehene bei der Universität war. Kanzler und Kireh-
herr waren aber mm niemand anders als Vergenhans and
Heynlin. Wenn wir so die beiden Freunde in den ersten
An&ngen der Universität an massgebenden Stellen
stehen sehen, in denen ihnen eine Oberaufsicht über die
äussere und innere Politik der Körperschaft eingeräumt wir,
so kann unsere oben vertretene Annahme von Heynlins
Ifitwirkung bei der Begründung der Universität an Wahr-
sclieinlichkeit jedenfalls nichts verlieren.
HejTilin begann nun -«^neder regelmässig zu predigen
<15. März — 12. April).-» Am Tage des heiligen Ambrosins
i-l, IV, 1478) hielt er einen lateinischen Sermon in der üni-
vt.*rsitätsmo3se, "I in der er seine Zuhörer zur Xachahmnng
(1«T liehen Tugenden des Ambrosins aufforderte. Besonder»
eine \'orschrift des Heiligen legte er da den Studenten aus
Herz: die Jünglinge sollten sich den älteren Männern an-
schliessen. da sie von ihnen viel lernten, «denn der Umgang 1
mit Altorsgonossen sei zwar süsser, sicherer aber der mit
d«»n Alten. Denn nichts Schöneres gebe es, als sie m
Führern und Zeugen dos Lebens zu haben. *• ..Auf also, ihr
strebsamen Jünglinge**, nift er zum Schluss, .,wenn ihr auch
nicht alle Taten oder Lehren des Vaters Ambrosins befolgen
wollt, vorachtet wenigstens diese eine nicht, dann werdet
ilir an seiner Hand zu immer höheren Gipfeln der Tugend
aufsteigen und euch zuletzt der Tugend ewigen Lohn er-
worboii.** ' I — Eine neue Reihe fortlaufender Predigten setzt
M Sproll y), i;«); Herrn. 13.
-) Palmaruin bis Jubilatc, ii Predigten. Pr. II, 28* — 35.
3) Pr. 111, I — 4'. Ueber die Universitätsgottesdienste vgl. Sproll 31,
i(,S — i).
^) Fol. 4*. Die Predigt ist übrigens ein typisches Beispiel der btci-
nist'hen Sermone Hcvnlins.
^^^^^^^^^^r Johaunes Heyülm aus Stein. 205
Bffit wieder im Mai ein;*) die ganze zweite Hälfte des April
Diiiidarch z^vaiic^ ihn eine Augenkrankheit, sich ruhig zn
|verbalt«ru^i
I Mittlerweile hatte das neue Semester angefangen und
Ifler Prediger l>egann seine Tätigkeit an der UniversitÄt.
Bier R^kt45r Konrad Vesseler (1. Mai — 18, Oktober 1478V
kin eJiemaliger Partei^nger He>*nlins» jetzt Professor an
Ider Tübinger Artistenfakultät und mit Willu Mütschelin äu-
pumiiif^n er8t<5r Vorsteher der Burse der Realisten* **! schrieb
UB ilfi »«MagifTier Johannes de Ijiipide, sacrae theologiae
Rffofessor, plehanus huius loci TiiwingiMj*^ in die Matrikel
kin/« Worüber er la«, ist unbekannt, Es war Regel, dass
fein Profe8Sor der theologiechen Fakultät ungefähr jeden
kwinti'ii Tag eine ordentliche Lektion hielte**) Jedenfalls
krird e« einem Manne, der die Jugend zu nehmen verstand
krie Heynlin, nicht an Zuhörern gefehlt haben. Nach
lH[t*rmelink wurde seint* kürzt- Wirksamkeit an der Tübinger
IlTniversitat , »bedeutungsvoll dadurch, dass in seinem Gefolge
hie bedeutsamen Vertreter der via antiqua Walter von Werve.
bConrad Summenhari und Paul Script-oris aus Paris an die
ETübinger Hochschule gekommen sind.^*)
I IHe Kanzel scheint er rleii ganzen Juni und halben
bull 1478 hindurch nicht versehen zu haben; denn hinter
kitietn Predigtentwurf vom 31. Mai folgt gleich ein solcher
kfiui 22. Juli.') Vom 2Ck dieses Monats bis 16. August
kredtgte er clunn sechsmal in IVildhadj wo er wohl seinen
Bommerarlaub zubrachte. Wahracheinlich hat ihn Graf
l S ^,— ji. Mal, 7 Predtgteit, Pr Tl iz- - 1-\
I *t H. TaMIc lieim 3. Mai 174^,
I •> Urk, 4^1« 4p V, ^ M''S ^"-^^ *-^ '" i^-i'^t 1 Anh;inj;cr «ier viu anttqun
■Vkck ttS\. VßL ül>cr ihn Herrn. 2i2, 22^. lTet»cr MiitHcbciii» Htrm. 2i|*
I ^} Xlrk, 473. Im Jahre 1477 wird D. Conr. Brünig aU plcbonus tu
fciwfngcR in der Matrikel gctiAont (Urk. 465)» Brünig oder Breuning tmt
kill Amt, dtm et bereits 1465 hekleidete« An Hcynlm ab. 14^6 wird er qiuiti'
kftni plchduitii« KeiiAnni (Sproll 50^ 17^. i7i>). V^;!. über ibc Tüb, Ulätter
I •) S. Hffrm. 46«
kiter wmA T&btngen, vgl. utiteji.
I ^» Pf, n, foL jr. 3Ä. Vg», Eiktiu i.
--.;.-- ".-.^v.-r:. "»'r-:--:- ^-.'rr:^7 L t:- STirr^Art. *'wir -irr
;>:-':.^7: :..-->-. rl:. :- A*:ir:--* i.-?" -r in T-lbir-^n zarü-jk
-..-..*. ...-.- -r'.-rr :.-.:.: [ir.^rr Ji!.'? ir-i W- ciieii tu,,! j^jV
:.-." r!;. -r ?.* .z---:: :. : .r iir «T-r--::. iL-:-: i-s •.Tr:xferi Efc-^rhani. !
• :►::.. ::■■ K:' .:.. ^V!! : ji ::- rr:. irir- Friä-.-he n-i'h Lieh:
g- '..--: '-::.". :.•"•-. A .. I'. '^-Z't-L-'.-r L:j.oL-»r -r sich ?ohon
V. ..-.:-.- ,-,::: '::-: E-i— . r:r.-Tr.. R-J-r rois^rri-l. .;ier an- R-m
y^ t^ :, :.:« :-' '/.'\:r.ri-\ z.Ai iri^ Ergeliiis cl*?s grosj^'-
.'•.'...-: ■■ .. J ::./■: 147*'. ;..i->- ■•:- Srad: Bern ant di»*
.'.[.■ :,:•..-/.■•:• ;-- .= ..r - 147"* -:' - :i-'*:r R'?ci!ahn anges^'tzt."
I':z ■ !■:■-. -:::. }^•■;:_:■•^ -ä:-- H-rvi.li:: ni^"«tig uiitl >;
•..:•■■ . '. -. ... - ;. .. IL- A:.::'M^ ■l-> S^Tiimers au ihn
■...- ■; . H."-r. .r\: , : T ■^- .:"> A^-las<prv.iiL:or nach R*rn
z r. r:. ..■■:..
Ij. /.-..- :.:.-. . H ::.•■:• It.tr. Irü. Prv'li;r»tTimil seiii..i:i
i::. :.. :■ .. «i •:-. ■. r. \\''i:Tt»-::J'vig 'le>\v*»g»-ii gotülmeu
\ ■:::..::.. _r-:. ! -rli'-TiTL ii. wi.- hncli man aiit bt-iilt^Ti
^ ;* II ■ ::. - :. ■•/^•-. Z-'.iiäilist wandt»» sicli Turin;:
i" ;. !; <'-:; ;■-.■ !.:•■:■ r v-:i Ji-rn. im Auftracr <les KaL<
-■ .'/:•: :':... K: -«■}. ii.r -.':i-r nu«:h Tübingen giTittcii
/ - ;. . .!■-:. i: .- • :z.ii:.r. -Im-- -r Miir Hevnlin .,gi»n»(lt uii«l
-■■^ ■•:•• ■; i::i;.. -i''. !:iir v:t:-t li»-!* zu iTigon.*' Dios^T wr-
. : ■ .7' . .■.;>! il;r'.: ii \«.:. Dicliold Schillinj; iH'^-hriflHi;
i I. ^. , -7 - ! .j . \. .■■.-.. ". .- '. :i ■■-:•:. /Mfitcii Miilc ebciv-o /uitik
■'■■., \- .: '^ '.'■': j: '■.':*. :.;«* <:'-:i'«elbcn Worten wie 147'» hier
:/.ii!:: wr U m. :: i..^ ■; -i ^".-Irmi. lütrrf-s;uite Einzelheiten üIkt
II ;.■.!::; '.•'.i.i: ;!■.;.-•. ■:•.«-•:: N«'i:/'.n iu >cincn l*reiiit»teu be>tiitij»t u:.i
• ■..::./•. I ;!.■.- i:, •:• r ^ l!;!".:t.^ i,:t.ht k.itiiiti.:. nahm an, dass Heynlin 147^
■_ • r.i'li! Ii i. h licM^. ;^«.-'k'-': MvM >';i 'Uli). Ta. 23O'.
Jobiiünes Heynlin aus Stob.
207
[wies ihn an seinen Herrn, den Graüt^n^ duoL lies« sich
jEb*ThArtl ,»nichtst^hr willig fimlen.*^ Den BenierRat scJunerssto
piege ablehnende Antwort, denn ihm war viel daran gelegen,
pHejTiHn zu df»r Bomfahrt zu bekomnien. Die Hen*en Hessen
daher durch Tiiring Fricker ntich einnml au den Doktor
belbsf schreiben, dass sie Eberhards Absage sehr betrübt
pätte ^angesspchen this inen vil danin si gelegen, und nach
di^rn si nu ein bewundern vertruwlichen willen zu im tragen.
ba begeren si an in mit ganzem ernst, bi sinem gütigen
bstn^agm herznknmen zu heliheu nn«l bi guter zit hei-zukeren
^nd da^elb« sin vätterliohe 1er zu 8äien, als er mit sinr
yeniunft wo! kann und im min licrn ganz vertniwen und
imch mit dankbarem willen wellen verschulden und in sö-
|ücher massen gegen im zu ver\'arn. das er benügig (zu*
friudi*n> sin sull> Dieser Brief ist vom 10. Juli 1478,')
Heynlins Antwort ist nicht erhalten» aber 4>ie kann wiederum
Keine endgiltige Zusage bedeutet haben. Denn Eberhaixl
^OTinti* sich immer noch nicht in den Oi^danken finden, den
C'ben er«t für Tübingen gewonnenen gelehrt(»n Prediger nach
Bern ziehen zu lassen. Der Benier Kat aber schrieb noch
bin drittf'S Mal und wiederholte mit geradezu beweglichen
Worten seine Bitte, die er nun wieder an Gral Eberhard
pelber riehtefce, ^Wir haben vormalls üwer gnaden gar
di^nf^tlioh angekertj Herrn johannsen vom Stein, doktoren
der heiligen schriftt und fryer kunst zu eer und notdurfft
Qn»er Romvaii . . komm»»n zu la.ss«*n^ utuI i'ttwas beswürung
m Aift gäbnen antwurt verstanden die uiis zti Bctrübung
pet^. Und so vil fürer, so mer wir demselben henni do-
baiun^en« ns BewiUningen andrer siner tugend und gut uns
|nirmaliä (d^ h. 147CV) erzeigt, geneigt sind . * Bitten ttwer
\kOi n gnad wir mit tiefte m ernst wir lemer können
and ni-.-. ti, Ir woll g»n*ollon. uns bemellten Herni Johanni^M^n
^ uns sdlich zit ilie di>ch kurz und mit deheinen gevärden
|i€»iifäiidig^t ist, ki>mmen zw laj^iaen, das göttlich wart n^
V ^iner li*n» die vast vollkomen bewarf ist, trnwiich
^-i - i^ wir hoffen mit frucht siiyen- liolgt Versprechen
^^K 1^ ^Aji hem Johdnseti nom Stein, üAclortii der ktctljgeti »chrift**. In
Ml«tt90 iktiiet^ruckt ScbiU. tt, r*)? Anm. 1 Die dnlciteadcn Wort« eothjittcn
Hi« ^ * ' " • nbüii cT»iblkni V'orvrtluuKlIuiigciw
. ,:. T^i:-^:. ::>:»r-^:- . i3 Az^^ 147-?. S.:L^-i« nnd Bath
if'- ::-rr-rT rrT-zii-'L-rz. B:—^ L':5rr: man doch noch
rlr: ..z n Ls'i^rr^ E;:: Brir:: vi^ 31. Atistisc an Heinrich
?:ä:- I;. Tr:ri.--'r.-:r2. irr. n^*:. z'.-ricLfalls al« Pr»r<üger für die
Ao.ä---ä2^ 2r; gr»-!!.!.-?:. ?i:ir.-r. zfrizi •ii-r Zuversicht des
hizT.*^, .31::. r*erTi* wiLr-ri-T Fricker mit Bezog anf den
.V':, Är.g^erir.rrfrr* BriT: -iiäh-rr. ouch min-rin hem von
W-rT'rr.'^^rrg v r; d>?tor Hä:.'5*rn v«.ni >rein wegen geschrilx^n
',:y3 ^^'^mfr'r:l ipxziz, 'i-hrr-r'.h wepi kom-rii und allen enist
Ir» '^i-r T^t »-iiligre Ef>=-rhapl nun »endlich ein, nnd
vhor* «rif] pa^rT^igr riaoL ii-rr ArikuiLit •ii^rses letzten Schreibens
Kra^h H*-y::i::i a:ii !•.». S*=*prember. Er reiste über Basd
ufj'J r/i'i-- -»ich hier einige Z^ir aufgehalten haben, denn
fi'Kh am i?A September pre-ligre er hi»-r. .iturus ad Bemum'*.
am 22-?reri kam er in Bern an.
Hier begann die Abla-rserteilung diesmal schon 8 Tage
vor Michael 1-5. So stand ♦r< in der päpstlichen Bidle und
-o harre «— ?i'uh der Rar der Stadt ausbedungen, da man
v»r zwei Jahren di^• Menge der Beicht»^nden gar nicht hatte
b<-\iälrigen köniien. So kiiuien denn «lie meisten Geistlichen,
d'-n-ii Zahl lmrid»-rt übf'r>tiegen haben soll, \irie Hevnlin.
>(\n}H am 22. Sept fernher an. Ab*^r man hatte sich verrechnet.
d«rr gross*- Znhmf blieb in rh*r ersten "Woche aus. und man
sah sir-h gezwungen, di^ in der Xähp wohnenden Priester
..bis zu d'-n refhr**n acht Tagen- wieder nach Hause zu
srhick^n. Den grösseren Toil aber und besonders die von
w*!ith'*r gekomni»-n waren, behielt man da.'i Unter ihnen
war JiiK.h Heynlin, dem fs, wie aus seinen Niederschriften
•) Irri iiii\crkiir/ten Wortlaut abgedruckt Bl. Ta. 249.
^) Schill. II, p>3 .Xiinierkung. — Heynlin muss doch in Stras>burg
ro« ht wohl Ixrkiiiint gewesen >ein, wenn der Rat Heinrich Han ganz beiläutig
' »II'" Mitteilung; ülxrr ihn macht. - Interessant ist, dass man in Bern auch
<i(ril»:r \. Kaisers!)^, zur Rornfahrt hal>en wollte, am 28. Juli ging ein Bitt-
si hrrit)*:n srinrtucjicn an „thuniproh^t, techan und capitel der hochen stift**
Stras-Inirn ab, /S.:hill. II, i«>3 Anmerkung) „doctorn Johan Kaisersberg zu
\irwilli^«Mi, her /u komen, in den acht tagen die Kanzel der Romschen gnad
/.u v«T^c(:h<:ii". Man hat sich aber nachher doch mit Heynlin begnügt.
:•) Schill. II, 18S, 25-33.
Jolianocti HnnUii mu Stein,
irorgoht, auch an Arbeit nicht gefehlt hat. Er hatte eine
Hgi aufsgearheit^E^i, niit der er die R«^ihe seiner in den
^httMi 8Tag<Mi*' zn haltitndt*M Anspmcbon »-iröffnen wollte.
*r da man ihn 8Lhou aui Tage seiner Ankunft Imt. znui
^Ike 2U sprechen, stellte er die als eri^te gedachte Predigt
Ick, well ihre Einleihitig nur auf d«ni Text des spnteren
{es pasöte, hielt ain NachmitUig des 2'2:^ten. ^weiJ nur
^uig Leute ila waren**, aus dem Stegreif eine kurze er-
ihrittude Anspraclie un»! fordi«rte iiie auf, am nächsten Tage
l^och) früh wiederzukommen. Am I>nnner«tag beab-
te er niclit zu predigen, wie er schreibt, .^vveil al»er
iQtet wunie und das Volk zusammenstTümte, hielt ich
ivorhereitet ein*> kur^e Predio;t'**j F*irtan sprach er jeden
und an vier Tagen sogar zweimal^ früh uinl nach-
im ganzen 22 Predigten in 18 Tagen
Am Tage vor Michaelia '28. September) begann di«^
Hiiche Romfahrt mit der Vorle??uTig und Erklärung der
liclien Abla^^hulle, Das war wie im Vnrjahre Hey nl ins
Er selbst erzählt von dem feierlichen Akt, wie der
reihldschnf von BaÄol ruichmitt^igs iiurh den» (TltH^kcngoläut
Sakrament zum Altar getragen und damit ilie Indul-
811 eingeleitet habe; vnef dann zw*ei Priester die aposto-
w Bulle vor aller Augen feierlich durch die Kirche
;en hätten, vor ihnon zwei Jilnglinge mit brennenden
arzen. **lch aber, gefühlt vcm Magister Heinrich/* folgte
bis zur Kanzelf und niK*bdom ich hinaufges^tiegi'u
fir, boten sie mir die Bulle dar* Ich nahm sie voll Ehr-
u auH üiren Hunden. legte sie auf das Pult und begann
gewohnter Weise meine Predigt zu halten, zum Text
ilend den Spruch an« der Offenbarung, Kapitel 1:
i^.^ der da lieset, und die da huren die Worte* tler
;ung und behalten^ was darinnen gc-schrieben ist/**}
Weiter erzählt Hej^lin nichts, aber Schilling ergänzt
»I S. Pr, Uh Sj. «s,
*) Pr« rn, 8^1*— 102*. Früh und nAchmin^H:^ &n twti SonnVAgen
Heptesnbcf. 4* OliiJ, MIcIiJietiK und in j^rofr^lo MirbaeliM. VItrtiial sieht
• h Kdnrich Hau Atii Stnu^l>tirg, «. imteo.
nth. ittid Alttrttim. VII, 1.
14
y ".-"i. "-!_ -: -■-^- _ 7t: !:- :.r:i^-- KircLe -r-
r--; . z-:':.--. _ ."-. -J . ZI— L>. ZU. r >-:.__ ::L-r. H-\-TirJi
: '-.-. :-r ?: ; .- :- - *>..!-: K::-.!.- ir.r.^ Ni-L- h:.Zr
« jji." -« r. .. ■. ; li- . .\. ■ r~ . j. - r —r i-i*!""* i_ "■ r "'s V'-'^ü'^
-: :- : :-■ 7 "i« : ^-- :.- -:i.-r Pr- ^iir v: - H. Jxi
V.r^.: -- 1 . .'".: - 7 ' . - r. A:.. ö. • »ktob^r 147?
■■■::■ V>:r_: -i.l..-:.- ..!- ; 1- " ^:."j v :. T-v ii.ir-iL ir-rLJi:;-.'
..-.■-:.. "7-- -."-L.- 3--:-:- -.^-.z :::. ir- ::r<=^:
^r::. :--■- E:.. .r;L_: .:. '^--;;- irr ^>t:. ?r-Zr:. z^i kvM:--
^ ':.:.'-:. -vr : . i- l-ri-lriöiL :-_!:■::-- Mri:-":.;: iiivh! ^-
::-". . -! - ::. T: .:_::: in:* :. :i:::.;";'.:s:i>*:hvi. «T^in.^r:
jr-' .*''-:. ".::. i •-:. :..■.:. *■ " r . .r-in i.i\r:7..i':äJ.-^rTi W id-rr^titi-i^
/^ ".: r.j z _•■-:. .. ■ T'- .:: :i- s- M-="i::u:.i: :s:. ".vie '.vir v-:>
■- — -- ■*.i— — . * M-;: ...
Jobtuucs Heyn li II aus Str
fl i
Jion werden zu zeigen, weiter nichts als *3me faUche
>mbinaUoTi verschiedener, teils richtiger und teile falscher
Man erzählt etwa folgenderraasseu. In Tübingen
peil von Anfang an sowohl der lit^aUsnjus wie der No-
rkaliÄänius berücksichtigte worden, Per Haupt Vertreter des
Eteren sei ü^abriel Biel gewesen, daneben auch Paul
fcriptoris» der Hauptvertretor des ersteron Johannes de
lipide, Biel als Gehilfe Graf Eberhards bei der Einrich-
der Universität habe den Kampf zwischen dem No-
inalismns niid Realismus eingeführt, und Heynlin dann
fit^trem zum Siege zu verhelfen gesucht. Der Streit sei
Id sehr heftig geworden. Die Anhänger der beiden Par-
11911 hätten in verschiedenen Bursen getrennt gelebt und ihre
adüron ^Fahnen und Standarten^ gehabt, die Realisten
RAdler die Nominalißten d,en Pfauen. ..Täglich sei man
^teremaDder geraten^ und sei ^in den Hörsälen gleichkam
aswei Kastelle verschanzt und geschietlen gewesen, und
da^ feindseligste Geschrei erhoben*" <pJohannes von
hin und Gabriel Biel^, schreibt Eisenbach, ^waren hier
Su Haupthelden im Streite. Nicht blos bei eifrigen tmd
Ifzigen Disputationen blieb es. nein man ergoss sich oft
lilasphfmiscln* Zankreden, zuweilen wurde man selbst
idgemein und hie und da griff der eine in der Wut den
^dem beim Kopf, um, wenn nicht Gründe zureichten, mit
9walt dt*r Überzeugung zu gebiet en> Biel soll dann noch
eiynlins frommen Sinn dadurch verletzt haben, dass er
itt der sonntäglichen Evangelien die aristotelische Ethik
der Kanzel vortrug und die Communio sub ntraque vi*r-
hdigtit, Paul Scriptoris dadureh, dass er neben den Indul-
&ii und Gelübden aucli die unbefleckte EmpfängniB der
angiift So liabo Heynlin schliesslich das Feld giv
t| Dte»c Ansiebten bc^ondei^ bei Risrnbach, Beschreibung und Geschichte
St^t ntid Uoivrr«iUI Tübio^ru {i%22] S. 8i tr., S. iSo» t^e^ Ftseh» lOi'ii
bd hei K. Stsiiiiingi Utr« /»siii& (i^ST) S. T3/ij: aber in iniiM.i|>cfer Vomi
mdi bd VUther l6jj, |>ci Llu jm der Twbingcr ThtnjK Owairlals-
I&65, S. iii: WW V, ; , Prot. VIU, j: (i<)00)j Chr.
«^ ChsLrirvtisc « Eilt, S. ISS (1903^; Harter» Komendjitör MtKt. TheoU
214 Max Hossfeld.
Von diesen Dingen ist vieles falsch und vieles zweifd-
liaft. Falscli ist, dass die Bezeichnungen Adler und Phaen
den beiden Parteien gleichsam als Feldzeichen gedient hätten;
es steht vielmehr urkundlich fest, dass sie statt der alten
Namen Bursa Bealium und Bursa Modemoram erst im Jahr»
1525 als harmlose Bezeichnungen eingeführt worden, ani-
drücklich um die Erinnerung an den alten Zwiespalt zwischen
der via antiqua und modema auszulöschen.') Falsch ist
femer, dass Biel die Ethik des Aristoteles auf der Kanzel
vorgetragen haben soll; wie Cruel nachgewiesen hat kann
dieser Prediger gar nicht Biel gewesen sein, denn Melanch-
thon, der von ^einem grossen Prediger" erzählt, -den er
gehört habe und der Christi und des Evangeliums nicht
gedacht und Aristoteles' Ethik gepredigt habe*^, wurde eist
nach Biels Tode geboren.-) Sehr zweifelhaft ist dann, ob
Scriptoris überhaupt vor dem Juli 1479 in Tübingen ge-
wesen ist. Wann er ankam, weiös man nämlich nicht die
einzig feststehende Zahl ist 1497!*) Zeller in seiner Sn^
cessio Theologorum Professorum Tubingensium*) zählt ihn
erst als fünfzehnten Professor auf und in der Statistik der
Universität Tübingen^) figuriert er als siebzehnter Lehrer
Inkonset^ueDt verfährt Linsenniann (1. c.) weuD er Heyniin den „Haupt-
aDtagonisten Biels" nennt, und fast im selben Atemzuge letzterem einen vcit*
gehenden Kinfluss auf diesen seinen Gegner zuschreibt. Nach ihm bat
„vielleicht Biels überwiegendes Ansehen Hcynlin der Scholastik entfremdet
und seinem Geist eine Richtung für das praktische Christentum und die neuen
Ideen gegeben." Wer Heynlins Geschichte kennt, kann diese Annahme ohie
weiteres ablehnen.
*) ,,lJuapropter cxplosis viis et sectis corumderoque nominibus ipsi ph»-
losophiae professores ... in posterum sine delectu viarum et respectu aotomm
in Coutuberniis suis, quorum alterum Aquile alterum Pavonis nomine de
caetero appelletur, legant et doceant usw. Ordinatio regis Ferdinandi
v. 1 525. d'rk. 147 S).
2) Cruel, Gesch. d. dtsch. Predigt, S. hbo. C. führt überhaupt die über-
triebene liegende von den Arisloteles-Predigem auf ihr richtiges Mass zurock.
• S. (>5<) — '>»)2.)
'•*) s. X. Paulus in W\V. X, 2141, (1897).
*) A. Chr. Zeller, Merkwürdigkeiten der Universität und Stadt Tübingen
U7431 S. \üi tV.
'") im Württ. Jahrbuch f. Statistik und Landeskunde 1877, Heft j:
«»2. ^t<.
Johannes HeyaUn wn% Stein.
-'»5
Pkilo^phii\ während Heynlin beidemal richtig an
reiier Stelle steht. Ausserdem aber beruht die Ansicht,
'' riptoris ein Anhänger Occams, also t'in ^Nouünalist^
11 gei. wie Paulus nachgewiesen hat, übt^rhaupt auf
Irrtum I') Scriptoris war vielmehr ein Anhänger
^Im Dans Scotus^ üb^r desstvn Konnuentar zu den Sentenzen
Ycirlesungen gehalten unil veröjffentlicht hat; er war also
lealisi wie Heynlin selbst. Diu also werden wir von vorn-
B»rein nus der ganzen Erzählung aussehe ideu miissen. Aber
mch die Aunahnie von Kämpfen zwischen Heynlin und
(3abri(*l ßiel ist nur sehr schlecht begründet. Zunächst
Htiuiai; als jeuer in Tübingen weilte^ war Biel noch gar-
licht Mitgh'tMl der Universität, sondern, wie oben erzählt
fc'onleti ist, Pit>pst in ITrac'h, oder gar noch in dem hcs-
leu Butzbach* und erst tiinf Jahre nach Heynlins Ab-
1484, wnrde er in die Universität aufgenommen.
H'h 18t i*s bei ihm *»benso sehr als bei Scriptoris als
as zweifeibat't zu bez**ichnen. ob er üchon 1478 9
id welche Beziehungen zu den Lehrern der Universität
idiabt hat
Zweifelhaft \nt aber überhaupt, ob Biel und Heynlin
firklich so erbitterte (>egnf»r waren. Zwar jene Dai'stellung,
der sich beide Gelehrte zuweih^n in den Haaren ge-
igen hätten, wenn die Wut sie übermannte, brauchen wir
^ohl nicht entHthait zu widerli^gen, Allgemi^ine Ansicht
lÄt, dass beide die Führer der feindlichen Parteien und
tens in wissenschaftlicher Hinsicht die Hauptgegner
. Nun geben wir ohne weitiTcs zUy dass ihr philo-
>phischer Standpunkt ein entgegengesetzter war, geben
inch acu, dass bei der Nähr der SUidte Tübing«>n und tlracli
Ind dem Einfluss. d*'n man Biel in Univorsitätsangclegm*
lieiten (seit nidit näher bestimmter Zeit) zuschreibt, sich in
lür Tat auch ausserhalb der Hörsäle ihre Fr*indschaft wohl
Itte Wt&tigen können. Wir wollen aber wenigstens uul
^fi.TUMntM jiiT, vv.IviM', fb'«* 'MitiT HTtdern Ansicht vni, il,.iM
*> i.iüiu«^, I". '*>tTi|'t, MI Ihm. i tifMl, »juartiiUchrift it^Vj» -t» ^fMj,
chtm Erharil (ftcMrh. d. Wicdcruufbluhcns wt*s. Bildim}; l, jiB/t)) besvichtiot
rl« aU ReulUleu und cifri^n Skoti&teii und ncimt ihn» Mchi Heyulio*
2\h M[ax Ho>^feId.
A'orhältnis der beiden Theologen Raum geben. An sich
l)niuchte ja doch die Verschiedenheit des Standpunktes auch
l)oi den «Realisten und Nominalisten "^ des 15. Jahrhundens
noch nicht zu persönlicher Feindschaft zu führen. He\Tiliii
s(.»lbst ist dafür ein Beweis, er verkehrte bekanntlich aufs
freundschaftlichste mit einem Johann Reuchlin und einem
Christoph von ütorlieim, die beide zur via moderna gt*-
hörten.M Anderseits stand Biol wieder auf gutem Fusse
mit Freunden Heynlins, die zum Teil auch Realisten waren,
nämlich P. Schott, Geiler von Kaisersberg und ReuchliiL*
Wir weisen auch darauf hin, dass Heynlin in den Jahren
1476 78 am St. Leonhardsstift in Basel in engen Bezieh-
ungen zu der Windeshoimer Kongregation gestanden haue,
der Biel angt^hörte, und die er am Uracher Stift einführte.
(Dass Heynlin 1470 an der Uracher Stiftskirche Ablass
predigt«», beweist an und für sich noch kein gutes Ver-
liältnis zu deren Propst, legt es aber nahe.) Sie begeg-
neten sich also hier in einem gemeinsamen Ideal, der
Klosterreform. Beide Männer stehen in nahen Bezielunigen
zu (iraf Eberhard im Bart. Endlich müssen wir auch, wt^
nigstens für Heynlin, die Auffassung zurückweisen, die it
ihm eintMi Partoifanatiker und nur das Exemplar einf>
seholastiselu'ii F\ainj)fhahns sieht. Zwar er ist der Einfülm^r
des alten Weges in Basel, aber schon damals verfuhr er.
clifiiso \\\o 147-i in Paris mit Mässigung. ^Er stand.- ?«•
c harakterisiert ijm sein Freund Wimpfeling, ^stets geräst-i
im Streit und foejit manchen harten Kampf aus, aber «t
wiir in seinem Herzen stets zum Fri(*den geneigt." Vi»*l-
nn'hr war vr ja. wie Brants früher zitierte Worte und wi-
seine rii^tMi»' H»'de als Prior der Sorhonne beweisen,'; g»^
railr ein rifi-io;«'r (-Jepjner der „streitsüchtigen" Theologi'-
nnd hat sie stets l).'kämj)ft: er wenigstiMis würde an d»Mi
SrhnUti«'itigkeit«'n. die Biel und ihm zur Last gelegt werden.
wi-iiiir (i. 'lallen nu'hr i^ffundfu liahtMi. Aber auch Biel durt
nit In zu i<'n«'n st i'eitfrfudi^^en Parteianhängeru gezählt werden.
\\v WAV „mit Hoehafhtuni>- ffir alle Hichtungon erfüllt un-I
wulli.« <ieh zwar an den »'in«'n ( )ckam halten, ohne sich
'■ Vi>.h. iri, 1'.;.
-> l.in^omnanii :"■>.
JoliAnne« Heyn Uli attj^ SieiD»
in
jerlocb gegen and*^ro Autoritäten vollständig »bzu^chliossen.'*
|(HiTm. 46.1 Uiifl Heyiilin seitK^rseits st^^ht mich theoretisch
^uf gemtUsigtem. eklektisrheii Standpunkte; neben seinen
esiliKUscheu M»*i8fi>ni schöpft f*v «nch aus einoin PanhiK
^iMh'tns, der um 14i-0 die ockarriistische Literatur der Logik
irerarbeitete. Vor allem ist auch darauf hinzuweisen, dass
Mjze Erzülihuig von einer GegutM'schHft der beiden
r eiiJG reiri*5 Hypothes»i int. Keiner rlerer, die davon
mchien. beruft sich auf eine (^urllo und offenbar ist die
luze oben erzählte Annuhme nur über «len «Irei Tntsachen
Ittfgebaut, dans Hey nun Anhänger deg alten. Biel des neuen
Wegei« war» ntnl rla^^s in eini»r gewiss«*n Pi^riode vor 1625
luftig»? Kämpfe zwischen den Anhängern beider Wege an
ler Tal)iuger Universität sr.attgefun»K*n haben. Dans aber
[eynlin die ünivMr.sitüt schnn 1479 v«»rliess, Biel ^ie erst
1484 bezog, iöt jenen Berichterstattern entgangen. Endlich
lochten wir uns noch einen bescheidr*nen Zweifel erlauben,
)b denn nicht die Vorsiehtsmassregeln, die mau bei der
Jründung der Universität zur Verhütung von Streit zwischen
beiden Wegen getroffen und über deren Befolgimg
leh ^' ri^i.iilijing Hcynlin selbsrt ZU wachen hatte,*! nicht
tf-eh ^ ein paar Semester lang vorgehalten haben?
Wir fassen un;;* zusammen. E» ist falsch, dass Biels
ii«*idnischi' Predigt wei*?e Hcynlin abgestossen haben soll;
i^t höchst unwahrscheinlich, dass Scriptorist der über-
lapt garnicht dem neuen Wege angehörte, mit Heynlin
Eii^mmentraf« und gleichfalls unwahrscheinlich, dass Heynlin
In Tübingen als streitbarer Vorkämpfer der realistischen
■^artei anfgeir<*ten ist. Biel ist erst fünf Jahre nach Heyn-
iuM Abgang Pr(»fessor an der Universität geworden, doch
st nicht unbedingi ausgeschlossen, dass er diesem von
Irach her Schwierigkeiten bereitet hat. Die Ansicht von
irftigeti Kämpfen der beiden Wege in den ersten Semest*.>rn
der Gründung der Universitäi scheint übertrieben zu
»in \und i.^t vielleicht aus spfit-erer Zeit, wo solche KTimpfe
in der Tat stattfanden, hierher übeitraK»''"'* Noch einmal
•I • aliöi S. 104 umi lot. (L
"H" ii i_- -^
r-TT-£-
•« 1 T -.."T^ : _-~i'l~ "5"-
-:: kl- vi..* I:. B^J-i
.- — •. ..^ rviVilit* JN »-{•-.:-
•r -tr^-.r ^-..r«-;!. ru *e:n. lier
:. tr. M.-tr ur.i Crasiiis l i..
-.:.. r-i. I. ^2. Aun. i«»04i luj.
.-. FrfiS. Li:ö/. Archiv. :;
-_ ..'-: T.i^- r:ach liieseni Beschli;?".
r.^-rr B'...:ter V, i'io2, S, 331 Tu-
Johannes Heyaliii aus Slciiu
2iq
I
Biroi
[einkaufte kamen.') Vielleicht waren die Beziehungen unseres
i_gelehrten PrcKÜgers zu den hadischen Markgraf en noch
engere, als wir aus den obon'^) berührten Quelh:*n entnehmen
[können, seine Tätigkeit im Lichtentaler Kloster liesse da-
[jBuf schliessen, vielleicht reizte ihn der Gredanke, nun nach
Ibo langen und weiteix Irrfahrten im Lande und in der
[Fremde in nächster Nähe der alten Heimatj^) die er ja liebte,
[eich anzusiedeln. Vielleicht ergrilS ihn auch ein erster Zug
biach klösterlicher Einsamkeit, wie er ihn acht Jahre später
ssom Eintritt in den Kartäuserorden veranlasst hat.*) Mög-
lich endlich, dass ihn vielmehr gerade die sprichwörtliche
"Wanderlust des Humanisten trieb, die kaum begonnene
Tätigkeit schon wieder zu verlasseUj oder dass wir in ihm
nur wieder jene Unnihe wahrnehmen , die ihn schon ao viel
nmhergeworlen hatte und die überliaupt dem Ende des
15. Jalirhunderts, dem Vorabend des Reformation szeitalters
ein so sonderbares Gepräge gibt. Bestimmtes Uisst sich
nicht aussagen; ist es oft sclion schwer fiir den Psychologen,
die Triebfedern unseres Handelns aufzudecken, so ist es
vollends ein tnissliches Ding für den Historiker, den Ent-
ßchJiessungen der Meu selten vergangener Zeiten ohne .sichere
Anhaltspunkte Beweggründe unterlegen zu wollen.^)
*) ScbÖpflia, HUtoria Zanngo*Badetisiti {1765) Bd* VI» S. 312, jij, jtt>^
320, 321. Von den Nebcoeinkünftcu, die immerhiti eine hübsche Summe
einbringen mochten, h^ttc er m>ch Meinen Mitbng und eineü Schüler** zu
haUen, „die bcede zu versorg«*« mit Koste tmiil mit Lohn/' (S, 318) und bei
der ÜberDahme der Pfründe halte der neue Inhaber eine Abgabe vou 20
Gulden zu erlegen, (Schöpnin ^2^,\
*) S. 130^131, 137. 141.
^) Sleia Hegt etwa 5 Meilen von Baden« Der Zehnte von Stein und
Gebrichingen (heute Göbrichen bei Stein) gehörte übrigens zur Ausstattung
der Pfründen der Badener Kirche» (Fester -Witte. Regesten der Markgrafeü
lO Baden und Hachbcrg, Bd. III, 1904, No. 7494.)
^) Herrn. 82.
*) Es ist nicht ausgeschlossen» dass Hey nun einfach seiner Gesundheit
wegen nach Baden ging, sein Arzt hat ibm vielleicht die warmeo Quellen
empfohlen. Eine simple Erklärung^ die alle hochgeheuden Vcrmutuogen
über den Haufen werfen wurde. Es stand nämlich mit seiner Gesundheit
nicht zum Besten, vergK S, 99, 205 und Kap. 11 imd 12, und er ist später
vou Basel aus wiederholt nach Baden zuriickgereist, und /war, wie er aus-
drücklich bemerkt, des Badens wegen. Vgl. seinen Aufenthalt in Wildbad.
(S. 205.)
Die Ausgrabungen zu Disentis.
Von E. A. Stückelberg.
Die zweite AiisgrabuiigtcaDipagiie im östlichen Hof des
Klosters Diseiitis liat im Mai 1907 begoiinen. Ueberaub
reiche und mannigfaltige Ausbeute hat die Arbeit belohnt;
die Fundstücko })estätigon und ergänzen das, was im ersten
Bericht*) dargelegt ist.
Die in ihren Fundamenten blossgelegt«, einschiffig**
Kirche mit den drei hufeisenförmigen Apsiden ist in der
Tat ein Bauwerk des VII. oder VIII. Jahrhunderts: ein
genaues Studium der tausonde von Bruchstücken. -i die
ausgeliolxMi. gosammelt. sortiert, dann teilweise zusammen-
g»\setzt. durch- oder abgezeichnet und photographiert worden
sind, gestattet eine ideale Rekonstruktion des Gotteshauses
Der Fussbouen bestand grösstenteils aus Gihstein.
Oorselbe ist aufs sorglaltigste gt^schnitten und gesägt und
zwar bald zu AVürfi*ln. bald zu Stiften (erstero durchschnitt-
lich 17X17 jnm. letztere 27X17 i^ni» verarbeitet. Ans
di»\sen Stoi neben wurde ^iu Mosaikboden erstellt, dessen
Fugen'*' äusserst selimal. oft kaum sichtbar sind; die Arbeit
ist weit vollkoniinener als bei den meisten römischen Boden
unseres Tjandes. In diest^m Boden befanden sich, mit weissen
]\Iarniorwürfeln und -Stiften eingesetzt, allerlei grössere
Ornamente, von denen aber nur fragmentari.sche Re.ste in
<iestalt von Kurven, Rosetten, ferner ein roher Tierkopi
in \'()i'deransieht erhalten sind. Nicht weniger als 13 Kisten
enthalten die aufgefundenen Ueberreste d€»s Kirchenbodens.
darunter sind zwei Kisten, die mit einzelnen Würfeln uiid
Stiften angefüllt sind. In diesem Mosaikboden waren runde
') V}^1. h. VI. p. 4S')— 50J diiv'^cr Zeilschrift.
'^) Sie iiillcii zur Zeit nicht weniger aU 03 Kisten und werden dercin«
t^iiie in Kuropn einzig dastehende Oriippe de> künftigen lC1ostermuseum.s bildcD.
^) Der Mörtel ist hell und feinkörnig;; er enthalt, im Gegensat/ tm
söroischen Uebung, keinerlei Ziegcl/u>at/.
Die Ausgrabungen tu Diwruti^
' >I
TexUtiblldunK li tieikctpf de» Mot«ikbo<ien««
!?ii*rdi*n, atw feinge.Hchnitfenen ' filisipiüi)lart»'H grbildi^u
[oingc5*otzt. Dill Mitte wird j*^weil4>ri grbililet durch eine
[Hcheibe von 24 cm Dlirchmosser; um »liejs»* U«gen sich je-
ffikm 2li Ki*ilsti*ine von lO.B cm Lauge und nin diese ein
11135 von 52 kloinf^n Kpilsteinen von 6 in» Ijänge. Drei
[dit*i*er mridpi» Einsätze lassen sich n^konatniieren; dt»r ersh^
|lHi8t«ht »US Ifint-er tad(*llos nrhiiltviien SttM*n»*n, der zweite
|Ättfl tnittelrnässigen. der dritte aus boi^chtld igten Stücken.
Eid andf*rtir Belag, von dem aber nirlit fest^tt^ht, ob
[«r znm Fussboden tKk'r zu den Wänden, zum Innern oder
lAeti^seni der Kirche *♦ gehört bestand au» dicken Ghhis^
[plAtten von vers<diiedenpr Form. E^ fanden sich Dreiecke
[(26), Quadrate lo)» Scheiben (7/» Halbmond Ij, Dreiecke,
[fieiilicb rund eingeschnitten (7), Vierecke, auf «wei Seiten
Iratid ' linitten i4B\ Eine sichere Rekonstitntion^)
■V
nk II tni^ i]u^<i<n T^ljirh«r\ »«iiis:? «n.liildi'ti^ii TVfii^ri*r
*i V'cjAiLjun^ niit junklcii PLuicu au der l'u^iuiJ*: der K^lctlialc von
[I^licf» «»d äij einem Tympauou m Le Puy.
^ Zwei V^o^Dcbe im Sdiweix. Ardüv f. Valkikde. Bd. XI, i(>o;.
222 E. A. Stückelberg.
scheint nicht mehr möglich zu sein; wie aus einem Fragment
ersichtlich ist. bestanden die Zwischenteile aus hellem
Mörtel und dieser ist im Verlauf der Jahrhunderte zer-
bröckelt, während die härteren Einsätze sich gut erhalten
haben. Die Farbe vieler dieser Platten ist schwarz und
zwar sieht man deutlich, dass die Färbung durch Zusatz
von Kohle erzielt ust.
Nun die Innenwände: sie waren vom Boden an bis zur
(flachen) Holzdecke mit Stucco, der unmittelbar auf der
Bruchsteinmauer oder auf leichtem Holzrost aufgetragen
war, verkleidet. Die Masse war in weichem Zustande mo-
delliert, d. h. geschnitten und al fresco grösstenteils bemalt
Die unteren Partien waren in Nachahmung der heute noch
üblichen diagonalen Gitt-er und Geschränke dekoriert; ein
neugefundenes Motiv zeigt gelbe Rinnen und schwarze
Schalen. Es folgte dann eine breiten Wandfläche, die mii
lebensgrosson in Relief vortretenden Figuren geziert war;
Fragmente von über 70 Köpfen beweisen die grosse
Zahl der dargestellton Personen. Ohne Zweifel handelt es
sich ansschliesslich um Heilige. Die neuen Funde ergaben
ein paar gut orhaltono Köpfe, deren Polychromif* im Augen-
1)1 ick der Ausgrabung noch vollständig frisch war. Zahl-
rciclio Kr>piV hahon glattes braunes Haar, das durch schwarz*^
LinitMi wit^ gt^scheitclt und in Büschel zerlegt erscheint.
Alle Kö|)fo sind i)artl()s. Bei vielen ist die Röte der Wangen.
ix^stcheud aus einem zinnoberfarbenen Dreieck, wie auf den
irischen Miniaturen, doutlich sichtbar. Viele Typen der
Zeicliimn<j: des Mundt^s sind erhalten: die Lippen .sind nie
in IJclief dar^j^cstcUt. sondern nur durch den Pinsel. Der
Mund >clicint bei allen Figuren geschlossen. Auch dif
Xascnlnt'hi'r sind nur mit dem Pinsel, schwarz oder meist
rot. ane;tMl,.utet : d'w XasenfH'igel sind nur bei einem Kopf
«lurcli rote Br>glein markituM. ebenso primitiv sind die Ohren.
di<,' nur äusserst selten dargestellt sind, vermerkt. Die Dar-
<i»-]lnn^ «l.'r Au«i:en ist sehr mannigi'altig: die Zahl der
uvtuiidenrn Hejr^e ist sehr ^ross. I>as Kinn aller Küpfi'
— ilas ist typisch für die Kunst des Friihmittelalters — ist
sehr lang. ^ Ein Stück Hals zeigt den Ansatz des Gewandes.
V«»l. Dciikniäler zur Hakler Ge>chichtc, Taf. l und t>.
Die Au5grabun}*cn ku DLseuti-
^2ä
Deberrest^e von Füssen j^ind in der Zalil vou 25 ftiif uns
L'kominen; alle sind iinbekloidet und zeigen nur die Siin-
fdaleuBcliBÜre* wie sie auf den irischpn Miniaturen gey.eichnet
ind. Fast alle Füs^e nind in PmfUdiirätellung gegeben,
lar einer ist in Vorflerunsicbt gebildet Von menschlichen
^Htoden «ind 23 grössere und kleinere Bruchstücke erhalt^^n,
■ 'T mehrere Reste mit der Geberde des luteinischen
^. der Rede oder Ansprache.*} Drei Hunde halten
len schwarssen, gebogenen Stamm. Die relativ kleine
Ziihl von Hiinden f'rklärt sieh daraus» dass cdine Zweifel
ihlreiche Hände unter dem Gewand verborgeUt verliüllt
iraren. Besonders merkwürdig ist ein Fragment^ das zwei
•"inger, die (schwörend?) auf ein reich mit Steinen besetÄtea
Svangelienbucii gelegt sind, in Relief aufweist.
Ausser der grossen Zahl von lebettsgrossen Gentalten
[)efanden sieb auch Figtiron kleinern Masstnbs, von denen
uehrere KöpfchetK*) Händchen und Füsschen vorhanden
liml, unter den Bildern, Ueber ihre einstige Bedeutung
ides l&Siit sich ebensowenig bestimnit/es sagen, wie über die
jrtii^spu Figuren: sicher ist nur, dass sie ebenfalls zum
c^hmnck des hier gescliilderten (Totteshauaes gehöH haben
lind derselbiMi Z*M't und Technik ungehrnvii. Ks ist viel-
leicht »chon unrichtig» wenn man die kleineu Gestalten in
I^egensat<2 bringt zu den Lebensgrossen, denn m^glicher-
ireiw wollti.» der K(liiKih»r KiudtM *i darstelli^n, hat aber nur
Ijkleine Menschen» au>?gestattet mit den Proportionen Er-
|waclisener, zuwege gebnicht Eint» der kh>inen Hand*' nm-
Kt einen gebogenen Stab (oder einen iUinlichen Gegen-
[t^tand Von gelber Farbe; die Bedeutung des Bruchstückd
ti^t unklar.
^rh. der ICArnlmgi sehen SUterei, p, j$j; dl»
lK.i , KoptUiMun^cn, Trachten emhält manches, ih» nwh
ir%kt Zeit Gcitiinc h»U
*\ Zwtl 4a««ia ahg. B^L VI. p. 4^)4, Abb. fi in dkscr ZciucknU.
I (»ctieheniiOvchc« KiiulermoiiK yeh<ift iMtu (liih-
insl die Verfthruü]^ der InnotXMite« wtrt! |»cr«dc
iSitn It^ tten ifrlordcrt, vgl* D<rnkni3iler «nr Htu\9t
K. A. ^: .c:.':
Tcxtabbildunff 2: haluri eine Kii:Jilt-. Stiicci.
Kiu i^iui«*-- Krji;rm*Mit l)ra|H'ii»' z«*i<::t uns *U*ii vir :>
irisrlii« Kunst t\jii>(h'ii KjiluMiwm 1: ainli-iv K»sr»- \\'>-i.
<lif iM-kiiimt«- \'*'\vAt'\\\\i*^ mit (inijii>»'ii von dr*-i li« ll»i. •l-r
ilinik«'lii'l'nj)r»ii'» jMil. h{i> Hocliri'lii'f li«'i' lijaiii^ in fl.ii h^..
dirsrs in ^Imiii' MjilrnM jmi>. Zu «l«'!! Figiiroii ^»'h'-r:-::
vi'rti«'l't ♦•in^^-srlmitit-ni' imIit nur anlj;i'iiialt».» IiisL-liritT";.:
(li«' liurlisialx'ii «l»*r ••rst^Tu Sfirir siml sor^l'ältifj <ji'iirli»'if^I.
(Ii<' (l«'r li'tzti'P'ii «'twjis ua.-liljissi«; Ix'luunli'lt. UoluT zwiiüzIl'
linichstiirkr linfr schwarz autJ!;i'inalt«'ii I\<)l<>;ssaliiisrh::li
fr<^alM'n sirli \villir»'inl <l««r (lii'sjiihri^iMi Au.s«^raliUJigt'n.
Das I.iilit «1111)1111*^ unsi-rt' Kirch*' durrli scliniah*. nmi-
Ijo^io; <rrsclih)ssrn«' K«'iistt;r( Ih'u: sie \var»'n in bei räch rlich'*:
n«"»ln' und in kh'iiM'r Zaiil. SicIhMi vt'i'schiodon iM^hantl'lt«-;
ahcr im Ma^stal) idmtiscln» Arcliivnlton p'l)»'n uns viclh-iiii-
die m-sprün^liilic An/.ahl dieser Fenster an. Ist eine Anlii-
V(dt»' verh)ren ^eo;;ni^«'n. sd hiitten wir je vit?r FeiistercluTj
an der nördlichen -i un«l an der smllichen Manor (li»s l-,iii;i:-
hauses. Kin«* jed«- < »ettnunir ^^JH* flankiert »lundi zwid Hai^-
sinden; di"<'' holi.Mi si«li li.-ll von «h-r l'arbipMi Malerei «!• r
Wand al>: >ie wan-n zum Tfil ;::latt. dann rot «uU^r schwarz
;:'Tuj)tT, «nh'r sjuraliiX «^[ekiddt. |)ie Hasanicnto. ca. 14 > :;-
ii-M 1:. «.Ind phimp und l»esi«dn'n aus je »Irei AVulsten eh:f'
• er 1. K« :'.'■:. lüMcr -.Mi-l Sihtit'i/ii^e in äcii i:i-ihcu >L.:. i-
: i^ci. l.it'.i 1 iM..i 111.
::'. '.■■.{::■ «lii- N- ■w:t::.ii:' i, liii* .luf «iiT l^TgM'ilc liegt. u!c ^:c'.-
;: • : " i'iti -i..iii-i! . ^..i Krim- Lirhier. \ielloiohi nur Blindici:.-*:'r.
Die Ausgrabungen zu Diseutis.
225
J
A
')}
Textabbildung 3: Basis einer Halbsflule. Stucco.
jegliche Kehle. Alle Kapitelle zeigen primitive Voluten,
vereinzelte an den Ecken des Kelchs Blätter, einzelne rote
Textabbildung 4: Kapitell mit Voluten
und Blattern.
Basler Zeitschr. f. Gesch. und Altert. VII, 1.
Textabbildung 5: Kapitell mit Voluten.
Stucco.
15
K. A. Stückelberg.
'.'.;«/?• ;^rau*^ Farb<pnr»-ij . Zwischen den Teiisi-^r^ E
V. '^ Kapit-':']] verbiliilen«!.') befand sich «^iiie r-rii^iir:-
.' ' <.a. IB cm Höhe, d. h. der durchscliiLJnh.i-i
' 'f Kapit'-lle f-ut sprechend. Uebor diesein ai. -^nir
;* zwi-i Reilieii Rünkeri gezierten Gesims*- '^•?rif
J'« nn-ih«'. von der ziihlreirhe Beste (53'i erliah^L äUi
;:''J«T!i Si«'lleii fiillteii andere <>mameiite. iirie BoT-v
if ;«fiji'iivv<M'k. den Zwischenraum von iLapirell zl I
f/;i- •i';b«'n ArchivolttMi sind von verscliiedensrer Aufi
|;;j:« r«ir|iHte und sehünste Stück zeigt halbe fiffir^-:
ii.jlbl-.n'islöi-niigen Bügh*in: es ist koinpler erliiih«L
I):ts zweite bietet »ine Variante dazu, da» ön
..•M' /«i^i K«»rl)S(hniitdekoration. bestehend aitfl^
■ .,'1 Ifii lii«*ck«*n. das i'iint'te wrist bald stehende, bald i
I.' »Ii:ii'h!iill|)}isire ani". die sechste Archivolte isT mi
iif.di i/,',r<il"r!nl<»n Hacken, die maanderartig ansseheiL f
<|p iirbiMih' ist ^anz ^hitt und nur durch graiif n
1. . il..|i'miiud»«n'i (h-koriert.-*) Zwei Arohivoh-eiL i
<j. Miiii-. riiH» Seh lil't Zone waren oben ujit aimsexbiL
f fi n.ihi'iil lu'st't/.t, es bi'stand aus ReiJien x'oii kleii«i-
..|. I Kiiilibfii. Krsf«'!'«' wan'ii weiss, fiiizelnt- iiar
. |. I .r.iiiu mist^t'inah. d'w I\rab')i-n mit roT».'ii Liijiei: k'-i
...i. Ii . IM flih' au^Lr^schnitten«» klefddattlOnxriiir Zi
I...I M \\ im Si'lmti *^,.fmiil..ii. Zalilr»*it-he f-^irx
Mii^i |li»;',i'n lM*-<;i»t'n ih-mmieh aui ib^r •«bt-rii Neir-
I i.li.ilii II K«>mm'.
I'ni.t il.M» u«".;»": SrlimTioktonrit'ii. w-lche i:.. ö-
i.iliii.-.ii V MMip.ii;'. .";::: \ «.•r'-i:li».'i:: kum-:^. seirT. ■
,.i.,ii. I'ii-iu-. \\' ■ : \\\wk '.!.: r- FalzuLki: iar'-i-:-- :■
.11 il il llliT. » \\\\:' ..: ^- .'■ .'..LL. IVI'. II.
vi.v. :< ■ i- ■::.-:- F:tlz. :i:.:..o-:..:i::. .*•
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Die Ausgrabungen «u Discntis.
Djc AuhgrabimgcD zu DtMeiiti);
229
ierteu Rosetten^ tanden sich auch älinlicho gelbe, sjowio
)e vierblättrigu Bhunen vor. Viele i23) Bnickstücke
kes l&cher- oder palmettenartigea Ornamentes, gelb und
bemalt^ wurden gefunden^ ebenso zahlreiche Reste (21)
f\ Rebstock und farbigen Trauben. *) Letztere bestehen
reder aus naturalistischen Reliefs, rot oder »chwarz be-
Its oder aus steifen Dreiecken, die durch r<»te Tupfen als
iittben charakterisiert werden. Auch das sog. Feuerrad.
Qt roher Bildung, eingeschlosaen von Kreisschliugen, kommt
tor. Ein primitiver Mäander, dessen hacken förmig in-
^^'- -Ffcrliängende Kehlen schwarz ausgemalt sind, ist in
aber sehr kleinen und schwer zusammenfügl)aren
aerresten auf uns gekommen; er fimlet sich identisch
irischen Metallarbeiten.*)
Dm cliristliche Kreuz ist in vielen Beispielen vorhanden;
L grossem Musstab fand es sich rot bemalt in Relief an der
1^ im dwn Schenkelenden joweilen mit zwei Spiralen
»tzt uncl auf gelbem Fuss stehend. In kleinem Format
imt das Kreuz in mannigfachen Farben und Formen
bald mit, bald ohne Füsschen» Imld mit verzierten
baUl um winkelt von Tupfen, bald umgeben von
inien. In vielen Fällen bildeten diese Kreuzchen
Iweifel den Schmuck der Kleider der an den Wänden
pgeötellten Figuren.
Dil* Am^gnibung dieser nach 070 und vor 739 erbauten
ühe ist nahezu beendet; das Niveau senkt sich gegen
►ii*»n ittark und die Fnndgegenst^nde liegen deshalb hier
leutend tiefer als in den nö^^lich^*n Partien.
Ünt*>r die-^er frtihmittelalrerlichen Kirche hat sich —
fi«t die wichtigste Entd*>ckung der Atisgnibungen — eine
;ita gefunden. Sie liegt unter dem Fussbodon der Kirche
xwnr m dereji aüdwestlicher Ecke, gehört somit zn
M«r alteren Anlage. AVie (h>> obt^re Kirche ist unsere
ita orientien.
't Dicic Trauhcu hiugcn, wie ci scheiut, in dem ;i;eschii»krtcij l'i\»r
neau *^^^ »i^^^ uhulich in Chuf auf eiucr M-Aimorpbtt« wicdertiti<lci
yw^K AnhMt r Volk»k. XI. 1907, Ta(. lU, Fig. 2,
2,SO E. A. Stückelberg.
Begriff und Namen der unterirdischen Gänge, weldie
als Krj'pten bezeichnet werden, stammt aus altchristlicher
Zeit: an die Gänge stiessen an oder mündeten em kleine
Grabkammem, memoria. mart\Tium oder confessio genanm
Die ältesten Kammern diesnr Art waren unzugänglich nud
die darin befindlichen Sarkophage unsichtbar. ^) Um den
Gläubigen aVjer die Andacht dicht bei den Reliquien dei
Heiligen, der im Sarg ruhte, zu ermöglichen, legte ma
zunächst ein kleines Fenster (fenestella coniessionis) nnd
dann an dossen Stelle einen Zugang an aditus ad sanctosi
Der älteste Typus dieser Krypten hat die Gestalt eines halb-
kreisfönnigen Rings: dieses Schema fand sich unter der
Apsis der alten St. Peterskirche in Rom, unter der Thebäer-
kirche und unter der Sigismundskirche zu St. Maimce. unter
der St. Luciuskirche zu Chur und St. Emmeram zuRegensbur^
Diese Krypten sind nur zum Teil, und nicht in unbe-
rührtem Zustand erlialtou. In Chur führt vom Scheitel der
Ringkrj'pta ein Gang zur Kammer, in Disentis aber. «1»
ist das Intt^ressante, finden wir bloss ein Fensterchen.
Der neue Fund vermehrt demnach nicht nur die kiine
Reihe der bekannten Kryptaboispiele um ein wohlerhalteries
Denkmal, sondern bietet noch eine in der Schweiz bisher
nicht beobachtete, altertümliche und höchst seltene Varietät
Unser Ringgang war 88 Zentimeter breit und empfing niir
laicht durch ein kleines nmdbogiges Fenster von 55 Conti-
meter Höhe und 3() cm Breit**: es schaute durch eine 79 i:in
dicke Mauer nach Osten ins Freie. Gerade gegenüber diesem
Fensterchen befand sich die Fenestella confessionis, ein
Fensterchen, das durch oiup 3<i) Zentimeter dicke Mauer in
dio (Tniftkanmier führt. Dieser Raum ist auf einem etwa»
gestelzten Halbkreis errichtet un<l hat 230 Centimeter Dun'h-
niesser uu<l misst 123 cm vom Scheitel bis zur gera'i»"n
Al)schlussmau«M' im AVesten. Sowohl der Gang (involmio
arcuumi als «lit^ Gniftkammer sind gewölbt, luid zwar sind
wie bei der ^fiiuer keinerlei Hau- sondern nur rohe Bnioh-
^^reim^ verwendet worden. Der Boden der Kammer besi*'ut
'i \'j;l. K. Hoferdt, Ursprung uml Entwicklung der Chorkrypta, Bre>kiS
"»05. p. 34 u. H.
Die Aii»grabun^cti /.n Di&enii
^M
%^ Hehr solidem Gu!3Sfwerk* das imcli rümischer Tradition
lit gaöÄ kleinen Ziegelkünieru verniengt ist
i
; wxUbbllüiio^ 0: QrunciriB» der Krypta.
Zu dit *ier Krypta stieg man hf^rab dnrcli eine nördliche
Tn^ppe tin criptam introitiis vol exittis): auf der Siidseito
konnte* Di»n sie verlausen durch einen ähnlichen (nach nicht
jegrabent^ni Ausgang, der ndt weiteren unti*rirdischon
?n in V<^rbitiilnntt >^tai»d i In cri^itjuii in^n-ssns vel
\>\*Y nMrdli(*htr Einstieg vollzog sich nul' t»iner im rechtt^n
^ink^*! gebrociienen Steintreppp, die wahrscheinlich in der
Ncinlfistecke des Kirchenschiffs ihre Ausmündung hatte.
\t Ma«s*» der 8t iifen sintl folgende von unten nach oben
»hend :
Erj^te Stufe breit 24 cm hoch
22
34!
24.
26,
1«.
dritte « - 27 -
%Herte , ^ 2*1 .
fünft ö ^ „ 8<> .
sechste ^ 7
Dit» Breite der Treppe ^Htriigi iinitn Ki— 78 cm, üben
iurJj ti7 cm; nie ist, wie tlie Massangaben zeigen, nichtsehr
^gelmii<sig angelegt tinil nicht genau im WinkeL Bio
- ;i E. A. Stcckelberg.
Läiifie i^T östlichen Treppen wand zur Liiik^n d-er HiLi'»-
sT-igenden betragt Idi cm. zur Bechien. von der Erk- i-r
Vrrndviiig an. 75 cm. Ist man unten, a^i schwriiki 2jii
r.&ch 'iUik< in die Ringkrj-pta ab. während geradeau? -ii
si-jL senkender, tonnengewölbt^r < jang v.-in ir<& cm Br^itr
na. h Süden, also westlich \x*r d^r Grabkamm-r dur*:LÜTifL
Unten an d«=-r Treppe ist dieses iTewölbe nur l-iS nHi. weit-^
UT.ten 17i* cn:i hocL. I»er AVestabscbluss der •'Trahkaiiiiü«
besTand ursprringiich aus ein^r 70 cm dicken Mauer; die»^
wurdv durch eiL 45 cm starkes Steingeiüg'e se^eij drD
iT-raden ^.^ani: zu beschütz*: '.'nenbar ist diese Verstärkuiig?-
i::a;;-r. lie das «T^wöibe de> «Taiages tragi. erst später as-
geni^ w 'rde:.. I:. u:/'>rrkaiiL;t-r Zei- ist .ifinn aucL l-r
A' stieg zur Kr^-jito ui.-i zmh: 'jang davi.-r durth eine seni-
re/n:-:' Mäuer aus Br^ich steine:, unten verschJijssen w-jr-l-u:
w.'.Lrscheinlich :s: 'iie Trej-:-- dama-s zugesibünei w^-r-ien.
AucL 't-r ringt-r-rn::::- •-'ang ist --inst äuigefüiit woHeij. ai."^:
ri:. Fenster, i'-r '-s-rr -::.en Kanal, der das Aussenlen>ir:
•■►-s Eii.iTs :.-:* ;-.- Fvne-:ellä vr-rbiiideT. Hess man ^-nei:
>o -xis::- r- r::.e Ze::l::.:Lg -iz. Li-ir-tk^naj v-n 79 -f-S^-i-.3^)C!r.
L^ii.^"^. irr ias H- '.'..z^z..^ä' :l.:* dr-r A'-ssenw-]: v.-:-
- .\.
".- ..:. :---:.; "Wir- ür-rb-^i-^-TZ^iHel
i -..•-- ..■:■: ^-htre -in uT:?rr-r
^:- ■- . :■::. '.^ ■■■ Hu— --n Av:i:-:. :
Die Ausgrabungen- zu Disentis. 2^^
739 Vollendung der Anlage mit drei Kirchen (unser Lang-
haus mit den drei Apsiden, femer die kleinere Marien-
kirche mit den drei Apsiden sind Ueberreste dieses
Baus).
768 — 773. Bischöfliche Kanonisation der hl. Placid und Sigis-
bert durch Tello.
801 Bau der Placiduskirche.
Die Angaben dieser Regesten stimmen durchaus zum
Stil der au%efundenen Architektur- und Dekorationsüberreste;
die letztem sind in vieler Beziehung einzigartig in der
Schweiz wie in Europa. Ihre Behandlung fügt neue Kapitel
in die Kunstgeschichte des Frühmittelalters.
August 1907.
Druckfehlerberichtigung.
In Band VI, Heft 2 der Zeitschrift, Seite 328. Zeile 9 von uott
lies aristotelischen statt aristokratischen.
Zweiunddreissigster Jahresbericht
der
historischen und antiquarischen Gesellschaft.
I. Mitglieder und Kommissionen.
Aid Öchlusso des Vertuusjalires UKJb/Oß zählte di»
jHistorisrhe (Tesellschaft 251 ordentliche Mitglieder. Van
dies«>n verlor sie im Laufe des Berichtsjahreä 11» 3 durch
Austritt, imr! B durch den Tod, nämlich die Herren F. Ber-
Jlliolet-Wagner, Dr. Eugen Bischoff, Dr. Franz Fäh, Adolf
IHeuBler, Eduard Liechtenhan-Burcklianlt Wilhelm Ltlscher-
I Wieland, R. Pjiraviciui-Yiscber, Karl Sartorius. Es sind
[t?ingetreten rlre Herren : Carl Beck in Leipzigs H. W. BröckeU
Imann, Felix Burckhardt, Dr. Kurt Forcart, Leonhard Friedrich,
I>r Hans He«8, Dr. K. R HoffuiannT Hans Joneli, Paul
[Kölner, W. Merian-Mesmer. F. Meyer-Eschinann, Dr. Albort
[C>©sich, Dr. Carl BotliT M. A. Rnegg, Dr. Arnolil von Salis,
Oa»tÄV Steiner, Arthur Streichen herg, Dr. Fritz Von-
Kler Mrdill. Dr. E. Wannier, im Ganzen 19 Herren ^ so dass
|die Zahl der ordentlichen Mit^lioder am Seh hisse des Berichts-
lahrei» 259 beträgt.
Die Kommission der (teseUschaft, in deren Mitglieder*
jid keine Aendening ein mit, erknligte ihre (TescIuUte
in vier Sitzungen.
Atiflfier der Kommisaion besteben noch folgende Aus-
ühfVJse :
1, FOr die Zei tsch ri f t: Prof. Albert Burckhanlt-Finaler,
Dr. K. Stelilin, Ih, R. Wackemagel und Prot
J. Schiieifler.
2, Für das Urkunden buch: ProL Albert Biirckhardt-
Finaler. Prof. A. Heusler, Dr. K. Stehlin, Prof. Rui
Thomm^n und Dn R. Wackemagisl*
n
3. Für die andern Publikationen der Gesellschaft:
Prof. R Thommen, Dr. E. Wackernagel, Dr. G. Finsler
und Prol J. Schneider.
4. Für die Ausgrabungen in Äugst: Dr.Th.Burck-
hardt-Biedermann, Fritz Frey, Salinenverwalter in
Äugst, und Dr. Karl Stehlin.
6. Für baslerischeStadtaltertümer: Dr. Karl Stehlin.
Prol P. Ganz und Prof. E. A. Stückelberg.
Die Arbeiten am historischen Grundbuch wurden von
Dr. Karl Stehlin geleitet.
II. Sitzungen und gesellige Anlässe.
Mit Beginn des neuen Vereinsjahres wurde wieder die
Schlüsselzunft als Lokal der Gesellschaft bezogen. Dort
wurden in 10 Gesellschaftssitzungen folgende Vortrage
gehalten :
1906.
22. Oktober: Herr Prof. E. A. Stückelberg: Aus den
ältesten Klöstern des Bistums Chur.
5. November: Herr Dr. Paul Sarasin: Die Entwicklung
des griechischen Tempels aus dem Pfahl-
hause.
19. November: Herr Prof. Hoffmann -Krayer: Frucht-
barkeitszauber im schweizerischen Volkä-
brauch.
3. Dezember: Herr Dr. Paul Barth: Das Gasthaus znrn
Eoten Löwen in Kleinbasel, und
Herr Dr. Karl Stehlin: Miscellen aus Basels
Vergangenheit.
17. Dezember: Herr Dr. August Burckhardt; Aus der
altarmonischenSagen-undHeldengeschichte.
1907.
11. Januar: Herr Dr. Carl Roth: üeber die Entst<^hung
der Herrschaft Farnsburg und ihre Ge-
schichte unter den Tiersteinem.
2s. .lanuar: Herr Dr. Gustav Steiner: Die beabsichtigt**
Aufteilung der Schweiz unter Napoleon L
m
ll, F*»brnar: Herr Dr. Theopliil Burckhardt-Bieder-
Inann: Die neuesten Ausgrabungou in Angst»
ÄQ* rcüruiir: Herr Dr. Charles Bourcart: William Wick-
haui, britiscber Gesandter in der Schweiz
1794/99 in seinen Beziehungen zn Basel,
t Teil.
11. Mutz: Herr Dr. Charles Bourcart: William Wick*
liam usw.. II, Teil.
Die Durchschnittszahl dor Besucher für sätnt liehe Site-
ingen betnig 4H (Maximum 73, Minimum 32).
Arn 30. Sept^juiber 190*> fand uTjter der Beteiligung
fou aogetähr 30 Mitgliedern ein Auöflug nach Ensisheim
tnf' Rufaeh statt, der^ begünjitigt- von gutem Wetter, be-
>ndt*rs für Rufaeh infrdgt* der ge.schiekten und venlankons-
[iirert<!kn Fühning des durtigen Oberlehrers Herrn Theobald
iWalter vergnüglich und genuBsreich verliel
Auf «vine Anregung dos Herrn Dr. A. von Balis hin
Iwurde Stmntag den 16. Juni V^'ormittags ein Austlug nach
LugKt Veranstalter^ welcher zunächst der Besichtigung der
iimen Ansgmbungen am sog. Tempel galt. Daran sehlosa
kich naturgeuiUss eine Begehung der andern Ruinen, be-
|60iideris der im Frühjahr l>ei der Kiesgrube aufgedeckten
Smisc*hen Heizardage. Gegen 40 Mitglieder nahmen an
tdem Ausflug teil und folgten mit Aufmerksamkeit den sach*
[kundigen Darlegungen der Herren Dr. A, von Salibi und
)ri Burckhardt-Biedermann. denen für ihre Führung auch
ier bestens gedankt sei,
IIK Bibliothek,
Die Bibliothek der Gesellschaft vermehrte sich im
richisjahr um 369 Bände und 81 BrochQren illH*5,0():
Bände und 102 Bmchüreni. Diu Zahl der Tauscb-
geeellj»chaften beträgt 215.
IV. Wissenschaftliche Unternehmungen und Publikationen,
In Angst kann die Ausgrabung und Konservierung
Ides ThiMitDrs als abgeschlüssen betrachtet werden* Im Be>
iTic * ' ' V h Vollendung der im letzten Bericht
Ier • iten im wesentlichen nur noch Auf-
.r ;• < /f'.— ■;. / -'-''.' ■ -.liiT.?"-!. Fi-U-rC t:z. A~jg
;. '-r .♦ '/■' " '»'-; "T.i- — .• .'"i'.-'-i:- i-rj -^^^^ "^ -;— -ir_-ri. AüTeü
;, v. z\>^ ;.. . ir;. A-- :i:^ rir --i^ =i:t d^r B?-
. .-. i' :.i- '. Ia.-. f^'::- ■-■..- : -ii 7 : :- ii rtr A-^^^- n Ih-er-
*...•.. --, .'/.■• '/--'=:.--.•. l-ii- '-zi-rJiT izi l^^i-rSfer^ 10*.
?^, . . ^ / . ■ 5s ;;, . . . • ■ ;. :;. .' - : - ::. M ::, -'.r/z. :ä : -r V. y rr^at ■ i •=^r früheren
I:.:^l^*: ']«:-. I/--' .^ii'i---' -Iv/ Geis-ilichaft v.*m 11. Man
l'H)7 /' ir'J" «ifi': K''ji-kt- a;;t*-r d'.-n MitglitHleni zum Behufs
v«if«-f*f ( triihn!i'^/':i v«rran*raIr>rT. Si»ir ergab di»- Sonime von
|j. T; 101,10. l/«i d*r Kid;;*:riosseiischaft bt?warb sich der
V'ir.Lt;ifid ;ilM-ri/i;il-, um «fin^' Stibwjiition von Fr. llHlO jähr-
li< li. vv'WIm- diT (i«;s*'ll:^r:haft für V.3*f8 und ff. zugesagt wimlf.
W^ «-rsl«- Cnt« rn»dirnniig wurde zufolge freundlichtT
l'jhinlinii i\t'V Ki^«;nti"inuT • F^hingörsches Fideicouiuiiss) der
..<i;'iiijirinh' 'r<'rri|)i-l Ix'im Ti^nipclhof unter der Leitung von
II'Miii, hr-, A. von Sjilis in Ann^riff genommen. Ln Schutt**
Jim < nl»iinj|«'M wiiidi'n. wie schon bei den Grabungen A. Parenis
in «li-n JjdjH'n iSOl und ISiK-J. Bronzen von künstle rischeuj
W i'il ;'nliindrn, l'rrnor nnnische Kaisormünzen und metallene
In.'.linin»»nli' nnd MpscIiIüm;»». Dii» Ruine selbst stellt sich heraus
.il. d»'i M>;nlili''j* Tiitcrbau «Mnes Monuments von beträt'ht-
lhlii»r I''r«»niinisdrlinnn^ mit cingi^bauten Stütznischen un«!
Ki.vii'Ihitiornni;. darum ein Hof und eine Balustnide. Vom
(MumImu. ih's^iM» l^t^lontun^ h»ider noeh unklar ist. sind zahl-
irtrlb« \ »^tlvliMdiin^splaitiMi aus Marnu)r mir Rankenwerk un<i
T-iMiM d.» wiM-hrn rvluilti»ii. Naeh der Architektur und den
K'.'ininiulr'i wurde die Kntsieluuiir iles Baues in die iriih'-
!\ :•'..'• V»'.! •; ^.••..-.'v. soin.
'*^^'N '• ■1^' :-.-.^:;i^v. Av.^ir-vlniiigen in Au^sr » -eir' -iirie:;
^^ '• ■ •■• x^--i". w.i-.- dit^ ii ••>'.'! Uchatt geuötfiTT. jioh i::t
> V ". • N\ . " , • V ■ < .■ ' l «r '. ' 1 -.^ < i". ■: isoum aiise i : lande rznsr^zz-i:-
^^ "^■ ■ '^ ^v"' V".\.. . ■■ UY'T ;i\v* d'^::i all v manischen Gril-e>
M bei KaisLMiiiigät sjrstematisch zti graben angefangen
ohne die historische Gesellschaft in Basf?l von seinem
rcirhabeu ni verständigen. Dn auch Anzeichen vorlianden
i'areii, tla.s8 Si»itens der Direktion des Land*^smuseiuns Ueber-
riffu in das Gebiet von Auguöüi Bauric-a befilrchtet werden
lOHsien. ersncht*" die Kommission derOesellschaft dieLandes-
binsi'Umskommission lun best immte Erkläningeu darüber,
Inf welchem Gebiet das Landesmiiöeum seine Ausgrabungen
iruusetzen gedenke. Die Landesiimst^umskommission gab
Muf Erkbimng ab, wi^lche keinen Zweifel iibrig lässt, dass
Landeömua^eum nicht auf das Gt^biet von Baselaugst.
h. auf das spezieHe Ausgrabungsgebiet der historischen
ind antiquariscben Gesellschaft in Basel übergreifen winh
Fonds für Geschichtj^quellen. Auf Gesuch desVor-
ides bewilligte die h, Regiening von Basels! adr, dass der
}taat:«beitrag von Fr. 2000 pro Jahr, der bis jetzt ausschliess-
lich für das Urkunrlenhnch bestinmit war. in Zulamft auch
die Edition anderer Gescbicbtä(|ueUcn vei^wendet werden
ao» Er wird deshalb von nun an in der Rechnung alt»
^Fonds für die Basier Geschicht^r|uellen*^ aufgeführt
Die Zeitschrift erfreut sich wacbsendur Beiu'htung,
cliT Rechnung wurde die N^niening eingcfidirt. da^s die
Lbgabe von Exemplaren an die IVusehgeaellschaften. welche
• l«*n Konto der Zeiti?!chrift bchist-^-te^ von di-r Gesell-
1 Kassü übeniomuien wurde. Es bat dies zur Folge, dass
der •lahresreciinuug in Ziffern ersichtlich ist, wie viel
U© Ctetiellschaft jilhrlicli für ihn?, in der Univt^rsitiUsbiblio-
lek zur uff entliehen Benütjsung aufgestellte, historische und
iliipiari,Hche Bibliotiiek leLsi^t.
Von den Akten zum Basier Konzil befindet sich
ler VL Band im Pmck, Es wurde beschlossen, das Konzils-
irotokoil de;* Noturr? Jakob Hüglin, wi*lclic*s sich an das
iioti |itibHaiert4> (Band II — TV) KonzilsprotokoU des Noturs
anschliesst, zu publizieren. Die^ie Edition winl durch
iivn Dr. Beckniaim und t>r. Herre in MünclM'n be-
irgt» I>tt» Protokoll winl die Bände VI und \^I der KonzÜB-
14B11 füllen«
Herr Dr WüIut lUiiz im Aarau. der \'erfai*ser des
ot^^-'-n Werkes ül^^r «lie Bmx"ti und Wehraidugeti des
VI
Kantons Aargau, konnte für die Herausgabe eines ähnlichen,
die Burgen der Landschaft Basel umfassenden "Werke«
gewonnen werden. Die Arbeiten an dieser Publikation sind
in vollem Gange.
Auf Anregung des Herrn Prof. Harms in Jena ist die
Herstellung einer umfassenden Publikation über den mittel-
alterlichen Stadthaushalt Basels beschlossen worden.
Dieses Werk wird zerfallen in eine Edition der Jahres-
rechnungen des Zeitraums von 13HI bis 1600 und in eine
Darstellung. Die Edition soll vorangehen; mit dem Drock
des Textes wurde bereits begonnen.
Der X. Band des Urkundenbuches, dessen Heraus-
gabe Herr Professor Thommen besorgt, wird im Laufe des
Oktober erscheinen. Der Druck des Bandes XI, welcher
den Schluss des ganzen Unternehmens, soweit es die Politik
und Verwaltung Basels betrifft, bilden soll, und der von Herrn
Dr. August Huber herausgegeben wird, hat begonnen.
Beim historischen Grundbuch beträgt der Zuwachs
im Jahre 1906: 9174 Zettel, Totalbestand: 149,330 Zettel
Basel, den 10. September 1907.
F. Holzach, Schreiber.
Vom Vorstand genehmigt in der Sitzung vom 13. September 1907.
Jahresrechtiung
der historischen und antiquarischen Gesellschaft
vom l. September 1906 bis 31. August 1907,
Zinsen
Jahresbeiträge von
236 Mitgliedern äFr. 12. —
!0 , im Ausland ä Fr. 11.62 netto . .
18 , mit höheren Beiträgen .♦,,..
[Mitgiiederbestand am 3L AugusI 19Ö6 251
Ausgetreten vor Einzug der Beiträge 3
I
248
Eingetreten mit ZahlungspHicht pro 1906/07 ^ ■ - 16^
Zahlende Mitglieder pro 190B 07 ,264
Eingetreten mil Zahlungspflicht pro 1907/08 . . . 3
26r
Ausgetreten nach Einzug der Beiträge . * . . . 8
Mitgliederbestand Ende des Berichtsjahres .... 259 J
Verzicht auf ein Autorhonorar der Zeitschrift . . . .
Ausgaben:
Sitzungsanzeigen an die Mitglieder . .
Lokalmicic
Tauschverkehr; Zeitschrift und andere Publikationen an
die Tauschgcsell Schäften
Buchbinderrechnungen der Bibliothek ..-..,,
Porti und Spesen für Versendung der Zeitschrift an die
Mitgiieder und TauschgeseOschaften .
Löhne für diverse Besorgungen
Diversa
Uebertrag des halben Saldo auf den historischen Fonds .
Uebertrag des halben Saldo auf den antitiuarischen Fonds
238, 25
2832. —
1 16. 20
380.—
5.—
3571,45
186.20
150.
2420. 09
406.55
165.45
78.—
92.95
36.11
36.10
3571.45
virr
Fr. Ca.
B. Historiseber Fonds.
Saldo »Ittr Rechnung 3792.88
TJeb«rtrag aus der Gesellschaftskasse d6Ll]
3828.99
Aiisgaben: — — —
Efeitrag an die Zeitschnft, * ^ der Kosten 227.74
Saldo auf neue Rechnui^ 3601.25
~3rär«
C. Antiquarischer Fonds.
Saldo alter Rechnung
Verkauf von Beschreibungen von Äugst
Verkauf von Photographien
Pachtzins in Äugst
L'ebenrag aus der Gesellschaftskasse
Ausgaben:
Fundprämien in Äugst
Beitrag an die Schweizerische Gesellschaft ffir Erhaltung
historischer Kunstdenkmaler
Beitrag an den Verband west- und süddeutscher Vereine
für römisch-germanische Altertumsforschung ....
Spesen des Grundbesitzes in Äugst
Anschaffungen für die Sammlung photographischer Platten
Römische Ausgrabung in Ormalingen
Anteil an den Auslagen der Delegation für die antiquari-
schen Funde 1905 und 1906
Aufnahmen (Reichenstein, Klingenthal, Kataster von Äugst)
Auslagen für die Publikation: Burgen des Sisgaus . .
Beitrag an die Zeitschrift, * i der Kosten
Diversa
Saldo auf neue Rechnung
11.-
D. Spezialfonds für die Ausgrabungen in Äugst |
Alter Conto, Theaten
Einnalunen :
Bundesbeitrag pro 1906
Passiv-Saldo auf neue Rechnung
IX
AuBgaben:
Passiv-Saldo alter Rechnung
Rechnung Natterer, Maurerarbeit
Rechnung Bausteinfabrik Äugst, Maurermaterial .
Diversa
E. Spezialfonds für die Ausgrabungen in Äugst.
Neuer Conto, sog. Tempel etc.
Eizuialixnszi I
Ergebnis der Kollekte bei den Mitgliedern
Ausgaben :
Graberlohne
Diversa
Saldo auf neue Rechnung
F. Spezialfonds für Basler Qeschichtsquellen
(Urkundenbuch etc.)
Einnahmen:
Saldo alter Rechnung ....
Zins ab obigem Saldo ä 3VsV«
AüBgaben:
Auslagen ffir das Urkundenbuch
Auslagen für das Concilium Basiliense . . . .
Auslagen für den Basler Stadthaushalt im M.-A.
Saldo auf neue Rechnung
Q. Historisches Grundbuch.
Xiii3iialim6n :
Staatsbeitrag für 1907 .
Beitrag eines Mitgliedes
Ausgaben:
Auslagen im Jahr 1906
Fr Cts.
1223.70
728.-
764.40
27.—
2743.10
5101.40
1604.87
97.60
3398. 93
5101.40
5939.91
207.90
6147^ 81
425. -
798.40
700.—
4224.41
6147.81
1200-
1223.60
2423 60
2428. 60
Fr- CaL
H. Basler Zeitschrift für Geschichte and
Altertnmslcunde.
Vergätung der Gcsellschaltskasse. Exemplare för den
Tauschverkehr 2350- 30
Verkauf von Exemplaren 361.07
Beitrag aus dem Historischen Fonds 227. 74
Beitrag aus dem Antiquarischen Fonds 227.74
- 3167.05
ATLBgmben : — —
Illustrationen 302.35
Druckkosten von Band VI 2431.06
Honorare an die Autoren 429.05
Diverse Spesen 4.40
3167.05
Status am 31. August 1907.
Fr. Ct*. Fr. Ca.
Historischer Fonds, Aktivsaldo 9601.25
Antiquarischer Fonds. .\ktivsaIdo 2077.35
Fonds für Basler Geschichtsquellen. Aktivsaldo 4224.41
Fonds für die Ausgrabungen in Äugst, alter
Conto. Passivsaldo 1243.10
Fonds für die .Ausgrabungen in .\ugst, neuer
Conto. .Aktivsaldo 3396 93
Gesellschafisvermögen am 31 August. ... I 12058.^
13301.94 ; 13301.94
Der Rcchr.ur.gsrevisor:
R. Heusler-Veillon.
Der Kassier:
Karl Stehlin.
13. Sfptcmber i'jo^.
Verzeichnis der Mitglieder
der
historischen und antiquarischen Gesellschaft.
8L Augost 1907.
A. Ordentliche
Herr Alioth-Veith, Alfred, Dr.
AUoth-Vischer. Wilhelm.
Bachofen-Burckhardt, Karl.
Bally, Otto, Kommerzienrat in
Säckingen.
Barth, Paul, Dr.
de Bary-Ton Barier, Rodolf.
Baumgartner, Adolf, Prof.
Baur, Frans, Maler.
Baur, Fried., Dr.
Beck, Carl, in Leipzig.
Bemoulli-Burckhardt, A., Dr.
Bemoolli-Burger, K. Ch., Dr.
Bemonlli-Reber, J.J., Prot
Bemoulli -Vischer, W.
Bemoulli- von der Tann, W.
Besson-Scherer, Joseph.
Bieder, Adolf, Dr.
Bischoff, Wilh., alt Reg.-Rat.
Bischoff-HofTmann, Karl, Dr.
Bischoflf-Ryhiner, Emil.
Bourcart-Burckhardt, C. Dr.
Bourcart-Grosjean, Ch.,
in Gebweiler.
Bourcart -Vischer, A.,
in Gebweiler.
Brockelmann, H. W.
Brömmel, Berthold, Dr.
Mitglieder.
Herr Brüderlin-Ronus, Rudolf.
» Burckhardt-Biedermann, Th., Dr.
» Burckhardt-Böringer, Otto.
» Borckhardt-Brenner, F., Prof.
» Burckhardt-Burckhardt, A., Dr.
> Burckhardt-Burckhardt, Hans.
» Burckhardt, Felix.
» Burckhardt-Fetscherin,Hans,Dr.
» Burckhardt-Finsler, A„ ProC,
Reg.-Rat.
» Burck^ardt-Friedrich, A., Prof.
» Burckhardt -Grossmann, Ed.
» Burckhardt-Heusler, A.
» Burckhardt-Luscher, Paul, Dr.
> Burckhardt-Meriau, Adolf.
> Burckhardt-Merian, Eduard.
» Burckhardt-Merian, Julius.
» Burckhardt-Rüsch, Ad.
» Burckhardt-Sarasin, Karl.
» Burckhardt-Schazmann, C. Chr.,
Prof., Reg.-Rat.
» Burckhardt -Vischer, Wilh., Dr.
» Burckhardt -Werthcmann,
Daniel. Prof.
» Burckhardt-Zahn, Karl.
» Buscr, Haus, Dr.
» Christ-Iselin, Wilhelm.
» Christ-Mcrian, Balthasar.
xn
:*:!. Kat:.
i-Ni:
tr-ly.-. a:-
A-
.1:. A.
7--AV^-;
H^ Hers. Hnft^ Dr.
Htis. T. W. Dr.
Hrs^-Oräz, D.
Hrsslär. Frir, :z Bexx.
Hrxi^T-SvaKX, Aadzcu, Prot
Hr=ji:ÄT-V«tLc<i, Rsdoc£
Häft-SÄl^Kbcz^ger. Ed.
ffis-Vc:T>i. A.
HT«i±--^*i3ci£, P.
Hjfr-.fcTT K. R« Dr.
K:=^i=i-Kray^, E, Prot
H:«£^b. FcnLzi&ad. Dr.
H:r=«r. KiH. Dr.
Hxz-Liadffr. R.. Dr.
H-r«r. As^sss. Dr-
LrOrcragg-Fncdlr-^. Kari.
I^::::. RadoI£.
licii^-Sir^KBL Taik. Dr.
Kerü-AiMdi. E.
K^chlji-BgTrkhardt. Ernst. Dr.
Kochlfa-Sdkelia. A.. in Stcina.
K::=€r. Paal RadoTl
Ki= i:^. Radoti: Dr.
LaRct-Äe-BBTcklLinit. August.
LARrcbe-Bcrcklunit. HerR^inn.
l.iRc<b«>Ban:kiurdt. Louis.
LiR.xhe-Merlui. Fritz.
L^R.:«^«-Px-&iru]t. A.
lo: r:ez2Läha-A ^i'cx^en JvjltI^
Lin-ier-Bi^cfloo. Rado!£
]-Oir-Tn:«fc. A.
Lz^^'::^iil KndoXU Prot
LI^±cr-Barckh init, R^
Miilv-E^iin§«r, Jacob. Dr.
Miz^d, Fr, Dr.
>Lk.-k,:>. AdolC
Ms'rheL Albert.
M«:er. j5hD. Prot
M-szie-SAcdrcuter. J.
M-rr-ja-Mesmer. W.
Mir-ia-PAraTiani, Heinrich.
M-.-:A2-Pr«i>werk, >L
Mer-u=. Rudolf. Dr.
Mer..ia, Samuel.
M^r.^a-TlinnicvseD, A.
xm
Herr Meyer, Adalbert, im Roten Haus.
» Meyer, Emanuel.
» Meyer-Eschmann, F.
^ Meyer-Lieb, Paul, Dr.
» Meyer-Schmidy Karl, ProC
» Miviile-Iselin, R.
> de Montet, Albert.
> Moosherr, Theodor, Dr.
» Munzer, F., Prot
> Mylius-GemuseuSf H. A.
» Nef, Karl, Dr.
» Nötzlin-Werthemann, R.
» Oeri, Albert, Dr.
» Oeri, Jakob, Dr.
» Oesch, Albert, Dr.
> Paravicini, Karl, Dr.
» Paravicini-Engel, E.
> Passavant-AUemandi, E.
» Pfister, A., Dr.
» Preiswerk, E., Dr.
> Preiswerk-Ringwald, R.
> Probst, Emanuel, Dr.
* Reese, H. L. W., Reg.-Rat.
» Refardt, Arnold.
» Reosch, Gustav.
» Rieder, Albert, in Ronen.
» Riggenbach-Iselin, A.
> Riggenbach-Stückelberger, Ed.
:> V. Ritter, Paul, Dr.
» Roth, Karl, Dr.
> Ruegg, M. A.
» Ryhiner-Stehlin, Albert.
> V. Salif, Arnold, Antistes.
> V. Salis, Arnold, Dr.
» Sarasin, Fritz, Dr.
> Sarasin, Paul, Dr.
» Sarasin -Alioth, P.
» Sarasin-Bischoff, Theodor.
> Sarasin-Iselin, Alfred.
» Sarasin-IseliUf Wilhelm.
» Sarasin-Schlumberger, Jakob.
» Sarasin -Vischer, Rudolf.
» Sartorius-Preiswerk, Fritz.
» Schaub, Emil, Dr.
» Schetty-Oechslin, Karl.
» Schlumberger -Vischer, Charles.
Herr v. Schlumberger, Jean, Dr.,
Staatsrat in Gcbweiler.
> Schmid-Paganini, J., Dr.
» Schneider, J. J., Prof.
» V. Schönau, Hermann, Freiherr,
in Schwörstadt.
» Schonauer, Heinrich, Dr.
> Schwabe-Changuion, Benno.
» Seiler-LaRoche, £. R.
» Senn, Hans, Pfarrer in Sissach.
» Senn-Otto, F.
» Settelen-Hoch, E.
> Siegfried, Traugott, Dr.
» Siegmund-Barruschky, L., Dr.
> Siegmnnd-von Glenck, B.
» Speiser, Fritz, Prof., in
Freiburg i. S.
> Speiser-Sarasin, Paul, Prof.,
Reg.-Rat.
» Speiser-Strohl, Wilhelm.
» Speiser- Thurneysen, Paul, Dr.
» Spetz, Georges, in Isenheim.
» von Speyr- Böiger, Albert.
» Stähelin, Felix, Dr.
» Stähelin-BischofT, A.
» Stähelin- Lieb, G., Pfarrer.
» Stahelin-Merian, Ernst, Pfarrer.
» Stähelin -Vischer, A.
» Stähelin -Von der Muhll, Ch. R.
» Stamm-Preiswerk, J.
» Stehlin, Hans Georg, Dr.
» Stehlin, Karl, Dr.
» Stehlin-von Bavier, F.
• Steiner, Gustav, Dr.
» Streichenberg-Mylius, Arthur.
■* Stuckert, Otto.
» Stückclberg, E. A., Prof.
> Stutz, Ulrich, Prof. in Bonn.
> Sulgcr, Augu>t, Dr.
» Suter. Rudolf.
» Thommen, Rudolf, Prof.
» Trüdinger, Ph.
» Uebelin-Trautwein, F. W.
» Vcraguth, Daniel, Dr.
» Vischer-Bachofen, Fritz.
» Vischer-Burckhardt, Rudolf.
Inhalt
LtPvtftU VfaVTcr imd Schiilmciisl«?r in tl^r Zelt der
Karl Gauss
Die Gmbschntt i Histonsciieii McweuiitJ
Karl St9hir
El« /tilgcüosbischtLf licricbt nher dm IljuL- runt: «ItiiUaaE Jiücil
die Hcrnct m Jabrc iSJO, v*»o August Huh^^i
TrAdiienliiicblcißft, von August Huber
Eio Bet5pi«il der ktii«erlirheu Mnitänrchltpile^ft 4«u 4iaiu Aiifii&
Diu Herren M»tfirh*»ft<»r <?rlint**M! V»r »Ifii HrM^kti^jj^fi
•O Fr. Honorar. Dir '
Historische und aiitiqu-L
Atsiderungeii Iklleo den Verfatsem xiur t
Die VcfÄiilwörtniig für de« matetfclicn inthui ^ifr tyr\iT>igz nfcijj
Vtxhiattn tiberlaK«cR
üfwck ber 0«^^*
^asler Zeitschrift
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:hichte und Altertumskunde.
HerausKeireben
von der
ien und aniiquarischen Gesellschaft
2U Basel,
Vn. Band- 2. Heft
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[Romini-
bm'iwiarjufijTi'
jjitstrclilv. 8.V
' rn LdpsJg.
2:^0 Max Hossfcld.
gleichen Jahre dem Dr. Johannes de Lapide die Stelle des
Custos oder Thesanrarius übertrug.^!
Eine Sinecure war es nicht, die Hej'nlin damit erhielt,
denn der Kustos hatte alle Pflichten eines Pfarrers der
Kirche zu übernehmen. Er hatte mit seinem Kaplan alle
Tage eine Messe auf dem Pfarraltar zu lesen, sollte dafür
aber ^nit verbunden sein, frohn oder Seelmess zu halten
oder wohner zu seyn.'' (Das bezieht sich auf die von den
anderen Chorherren zu haltenden Messen.) Ueberhaupt
sollte der Kustos, ebenso wie die andern Chorherren, .y. Gottes-
dienst und den Chorgang löblich halten.** auch sollt« er
«St. Nikolaus Bruderschaften verkünden, so mann die be-
gehrt."-) Heynlin wird denn auch vielfach schlechthin als
„Rector ecclesiae Badensis"^) und als «Pfarrherr^ oder
«Pfarrer zu Markgrafen Baden" bezeichnet.*) Uebrigens
sollte sich nach ausdrücklicher Bestimmung des Stiftungs-
briefes keiner der Chorherrn in seinem Amte vertreten
lassen: ein jeglicher sollte „persönlich Besidentiam thnen,
kein Absenz haben, und seine Actus, die ihme gebührendt
in der Kirchen zu thuen, selber thuen.*^*» Zur Kirche in
Baden gehörte auch die Pfarrei im nahen Oos; doch durfte
sich der Kustos <les Kollegiatstifts hier vertreten lassen.
..Di».» pt'arre zu (')se iiiuss ein pfarrer zu Baden, das ist ein
castus alle sunntag und gebannen fvrtage durch siner iiiiet-
ling eyneii hinuss tursehen."*) Zweimal hat übrigens Hejiiliii
seilest in Oos den Gottesdienst verrichtet und gepredigt.
am Tage iler heiligen Elisabeth 1481, und 1483 am IR Sonn-
tag nach Trinitatis. doch waren das eben nur Ausnahmen.
*) Als custos >ive thesanrarius ecxlesie collegiate in Baden bezekhnel
sich Heynlin in einem Briefe an Johannes Hochberg. Ep. fol. 113. Dies ist
ortenbar die „geschriebene Kpistel", nach der Iselin, Hist. geogr. Lex. Bd. III
S. »>2, Heynlin denselben Titel ^\h\.
-.1 SihSptlin 517 — ^^20.
'•*) Von Jak. Lauber auf dem TitclblaU von Pr. IV.
*) Ansh. I, II«. Bio. Ta. 253.
■'*i Schöptlin 324.
*) Reinfried 255.
Johannes Hcj'iilia aus Stein,
^J7
Fast mit Hegel lukssigkeit versah ^r dafür die Seelnorgi»
3ti dorn nur eine lialbi* Stuiule von Baden entfernten Ben*trn»^)
ifualä Bilren genannt, luer aber nicht an einer Pfarrkirch^j
»ndern in dem dort gelegenen Nonnenkloster Lichtental.^)
Lichtentah einer Tochter des elsässischen Klosters Königs-
wohnten Zisterzienserinnen. Wie die Kirche in
so erfreute sich auch der Konvent der Lncida valHs
p?jondereu lan<le8herrlichen Scliutzes. Markgraf Karl I.,
nr Metzer Bisehof Georg und ihre Briider^ ebenso auch
tmrU .Sohn, Afarkgraf Clirisroph L, der HeynÜn nach Baden
rief, verkehrten sclion als Kinder häufig mit den Weiss-
len and besuchten und begünstigten das Kloster auch
trr noch zii \viednrholt>en Malen, Mehrere Fmuen ans
markgräflichen Hause haben in ihm gewohnt itnd ihm
standen. Ah Heynlin in Baden le))te, war Margareta^
Rv Schwester des regierendf^n Markgrafen Christoph untl
fnm Friedrich, der mir Renchlin in Paris Hoynlins Zu-
irer gewesen war. Ael>tissin in Lichtental (1477 — 149(i).')
in hielt den Doctor de Lapide sehr hoch, unvl bat ihn noch
Jahre 14)S8, ab er »chon Kartäui^er in Ba^el w^ar^ für
|4f eine Pn*djgt «ii schreiben utid sit^ ihr zu schicken.^)
imit ist Ileyidinü Tätigkeit, in Lichtontal. die keineswegs
den Verpflichtungen des Kustos in Baden gehört. aucJi
M-r Beweis für seine nahen B**zi«^liungen zu d»*n Mit-
^,i,.ii detj markgräflichen Hans*»< ^i»^ interes^i.^rt ui.<
*) Heuit als „IJclilenthal** weit bekannr, S ^i. Alb. Kriti;« r. lu^io^
') I Tabelle, Vgl l*r. tV, fol. 78*, wo er den Xanicn ^fJfrftfrntttt*^ in
ae Predigt dDflicbt, ttlwrschHcben i«« die«c Predigt ..ferta sexta in octiiv;i
f^eie ef iecundum cisterc die Margaiele, in Bilretf (20. Vü. 14^1).
Bilge t!rlii(iidct), dte Gothcin beautxt, bestltigcn, dass Heynliu Seelsmgcr
Noßtieti von IJclitentiil wAf. Eb. Gotb, l'^oratbeiinü Wrg^mgenhetr, in
nITer« *<t;uUi** und suziatuissciiscli. Furscli, B*i. <i^ Heft 3, h'^N*)) S. 32»
*) Bi&tieTt Broed., Das KrauciikloHler Lichlcnlal (Buden-Buden 189!»),
00, 61» 122. Bauer erwahtit Heynbn iii<bt. Attrh in den lUeren >khTiaea
— t ■ *^«ruUl bt «-eitcr nicbU cq findcu, (Herr. B»dcr «sw.) Die „ClitoDik
nUl« ^Mone l» it>o, l, 52*1, H, 44J) bietet gJcidifalU niebt«. Das
icbiv des Klostets L. {tischT, Ulienbcin Bd. ff — <H ^ebt nur "bit
*) Pr. V, foU 27S\ ,>«n(t^ati«i Sermonb miisi ad domiiuT» Abbolisszam
J38 Max Hossfeld-
ausserdein wegen des Erfolges, den sie gehabt hat; denn
gewiss inuss für die -.echt klösterliche Frömmigkeit und
(Jrdensziulit", die Bauer der Regierung der Aebtissin Mar-
garete iiachrühnit, auch dem Prediger ein Anteil zugeschriebeD
werden.
So liatte Heynliu als Kustos des Kollegiatstiftes. al>
Pfarrer in Baden und als Seelsorger in Lichtental ein reich-
liches Mass von Arbeit übernommen, wie denn auch einmal
von der « merklichen Last, die im sines Ampts halb zuge-
standen*^ sei. geredet wird.*) Und er suchte keineswegs.
es sich bequem zu machen. Die grosse Zahl seiner in
Baden (und Beuerni gehaltenen Predigten legt Zeugni>
von dem Eifer ab, mit dem er jener Aufforderung des
Stiftungslniefes, dass die Stiftsherren den Gottesdienst lol^
lieh versehen sollton, nachkam. Sie zeigt auch wieder, als
rinen wie wichtigen Faktor des Kultus Heynlin gerade die
Vt'rkündigung des göttlichen Wortes ansah. Was sie von
ihn-n Predigern gelernt hätten, fragt er in der ersten B«le
srint' Zuhcirer,-) und beweist schon mit dieser Frage sein
Verständnis für die Aufgaben und sein Bewusstsein von der
Vorant\v()rtlichk*»it seines Bt»rufes.
Tin ans seiner rigenen Tätigkeit nur ein Beispiel zn
«^»•brn, i'ühn'n wir wieder seine Verdeutschung der zehn
< Jfbotr an, die (»r auch hier wie einst in Basel zuNntzunJ
Froniinrn der (lemeinde zum Besten gab. Diesmal b»-
^nii^i«' »»r sich abi»r nicht damit, sie von der Kanzel r.
viUiiiiilrii. s<nid»M'n Hess sie auf eine Tafel schreiben ud'1
• iii's.' (»ttcntlich aufhängen (wahrscheinlich in seiner Kirche.
..«lainit dl»' Laion sich nicht mit Unkenntnis derselben »^ut-
" liuMi;::«!! krnmtcn*". Die Form, die er den Reimen gal'.
\v»iclit nur \v(mu^ von der früheren ab.'*» Auch uni oiu-
ji;ts-MM(l.* \'ci-cicutschang des Vateninsers gab sich Heynlin
.Miiln«. indi's hab»'n wir in seinen Manuskripten nicht die>^
• ll»^t. -«oinlcrn nur cin«^ B«Mnerkang über die Schwierigkei:
'"■liiri<lMii. iji.» dif C'bersetzung bereitete.*) Hier venli«-!;'
'.. Hin. la. 2V..
■■, IT. II, 17..'.
I l'r. 1\', «i'i', v^l. t»l)c-n S. liN^, Aniii. 3,
'. l'r. IV. 2::'.
Johannes Hcvolin aus Steio.
239
^Keh eine Anzahl von Heynlin verfasster deutscher Verse
TO*%^'ähiinng, die als Beglflitspriiche zu Wandmalereien im
Durchgang zur Marienkapelle des Spitals in Baden dienen
sollt'en, und die ebenso wie die Bekanntmachung des Deka-
logs das Bestrel)en des Predigers zeigen^ das Gemüt seiner
Pfan'kinder zu erschüttern und sie ztu* Frömmigkeit zu er-
njahnen. Es ist ein gereimtes Wechselgespi*äch zwischen
ti Königen und drei Toten, in w^elchem die Lebenden^
Lüstling, ein Hochmütiger und ein Geizhals, ihre Leiden-
schaften mid die Freuden preisen, die sie ihnen bringen,
u^hrend die Verschiedenen, die offenlmr als Gerippe gemalt
waren, die Vergänglichkeit der irdischen Güter -Lieb und
Lust, Ebr und Gewalt, Gut und Geld**, denen sie auch einst
nachgestrebt, bekennen müssen*^)
Die Haupt Wirkung konnte indessen nicht von solchen
gelegentlichen Darbietungen^ sondern niusste von der regel-
laässigen Predigt kommen. Von Hejoilins Badener Ser-
H^nen liegt uns zunächst eine zusammenhängende Gruppe
vor» die vom 25. Juli 1479 bis zum 2. März 14H(J reicht,
54 Predigtenj die bis auf drei Lichtentaler wohl sämtlicli in
Baden vorgetragen worden smd.-) Als die sieben Monate,
auf die sie sieh verteilen, verflossen waren, ging Heynlin
^lion wieder auf eine längere Reise, Im Januar i-l80
^^gten in Baden zwei Briefe an, der eine an Markgraf
Christ-öph. der andere an den Doktor von Stein gerichtet:
beide hatten denselben Inhalt, — Sie kamen vom Rat der
fidt Bern.
•) Pr. I, 88. Dies erinnert an die bekannten Baseler Totentänze, deren
einer (ans dem 14, Jahrhundert) sich im Kloster Kliugental befiod, während
der andere (Mitte des 15, jahrbuDderts) an die Kirchhofmauer des Prediger-
klosters gemalt war. Auch dOrt standen unter jeder Gruppe Reime, die
fnlin vorgeschwebt haben tnogen (s. Führer durch die mittel alter liehe
ratung z\i Basel, S. 10 (Basel 1880).
«) Pr, n, 172'— 220* (47 PrediglcD, bU 25. I. 80). Pr, IV, 2—7'
*redigtCM» 30. Januar bis 2* MäriC 80), Die Lichtentaler sind vom 21. De*
/cmber 1479 iind vom 9. und 21. Januar 1480. Man darf ex silentio argu-
mentieren, dass der Rest nach Baden zu vcr'^etzen ist. Einigemalc steht
ttbcigcns Baden aitsd rück lieb dabei (s. Tabelle), dann lag ein besonderer An-
^B vor (£. Bv URterschcidung von Lichtentaler Predigten).
240 Max Hossfeld.
10. Kapitel.
Bern: Anfang März — 20. April 1480.
Zum dritten Male hatte sich Bern zu Gunsten des
Vinzenzen Münster-Baues vom Papst eine Ablassbulle ver-
schafft — „fiinf Jahre aneinander" erlaubte sie der Stadt
Romfahrt zu lialten und Ablass zu verkaufen,^) — noil
wiederum dachte man an den in guter Erinnerung stehen-
den Heynlin. Wie einst bei Eberhard von Württemberg,
nmsste man jetzt bei Markgraf Christoi>h von Baden nm
Urlaub für ihn einkommen. Ihn baten also die Bemer.
ihnen den berühmten Prediger für ihre Romfahrt zu über-
lassen, ^da sie ein sölichen usleger des götlichen worts
suchen, der die christglöubigen zu ir seien fromen durch
sin heilsam lere wüss zu fürdern." (Schreibon vom 7. Januar
1480).-)
„Dem Erwirdigen Hochgelerten Hrn. Johannsen vom
Stein, Doctoren der heiligen Schrift, Pfarrern zu Marggrafen
Baden, unserm sundorn lieben Herrn und Fründ" selber
schrieb man, nachdem man ihm den Erwerb und die Zeit
des neuen römiaclion Ablasses mitgeteilt, folgendermasseo:
., Darzu wir nu üwer, als unsers bewärten fründ.
und des heilsamen lere uns vor allen andern liebt und genäm
ist, gantz wol bodürffon. Und ist also unser gar geflissen-
lichen und ernstig bitt an üwer ICrwirdig lieb. Es well Ibr
gevallen der selben zit, nämlichen dem Sampstag vor Mitter-
vasten (d.h. 4. März) zitlichen Hie bi uns zusind, gericht.
die sell)en tag, und ob es gesin möcht daruff bis zu end
dvv vasten lam 2. April war Ostern ., die gelich daran zu iis-
gang kompt. uns und allen Frömbden und Heimischen da?
göttlich wort zu offnen. Als Ir denn das vor ouch getan
und zu tund us gotts verlicliung Macht und Vernunft haben."
An den ]\farkgrafen soi auch geschrieben worden und man
hoffe nicht abschlägig boschieden zu werden. .Wo Ir
i»uch also konnuen. wellen ivir üch allein i)redigen und gant:
') Schill. II, 219, Aiish. I, 162.
-) Diesen von Blüsch noch nicht berücksichtigten Brief mmcht Tobler
in A. I zu Schill. II, 220 bekannt. (Tcalsch Missiven D. 650).
liemants an utrern guten willen bi^truben lassen'' iisw* Datum
JanuHrii H^V)
Der Tnii dieser Briefe verrät, daas der Berm^r Rat ia
nner Hochscliätzung des Doktors um tiicht» herabge gange«
rar. Dt'r letzte Satz zeigt sogar i^in sehr wöitgehendes
ijtgng^nkommen vor HeynliuR Wünsehen. Es iiuisg dieser
n lier Rtrmfahrt des .Ijdires 1478, sei es vou aeitien pre-
iigvfndon Attitsbrüdern,*) sei es von auderer Seite, irgend
reiche nnannehinlichkeiteu erfahren haben^ die ihn die
Jedingimg stellen ]iess«*n, dass er nur dann konmjen würde,
(renn ntan ihn allein predigen Hesse itnd dafür sorgte, daas
tu almliche Verdrie8t?li(*hki>iten nicht wieder vorkamen.
der Tat lie»isen sich die Berner hierauf ein und man
fing 90 weit» auf die Berufung anderer Prediger gansc zu
rerzichten, mn nur den einen Heynlin nicht zu niisseru
Heynlin selbst erklärte sich denn auch bereit, ihrem
k^fgehren zu willfahren, aber es war wie 1478 wueder sein
irstlicher Herr, welcher Schwierigkeiten machte. Das geht
1» einem zweiten Brief des ,. Schul thes und Rat zu B^^rn*^
k«r\%ir, den sie am 9, Februar an den ^Envirdigen und
[ochgelerten Hrn. Johannsen von Stein, lerer der Heiligen
chrift'* richteten,
, ♦ . . Uewer schrifften an uns gelangt»** sn Hrgmufu
10 uach der üblichen Gruss* und ErgebeTiheitsfonnel, «haben
irir miit den Sandtbriefen nnserea gnädigen Herren Marg-
^mfen'' verstarnli'u, und danken üch üwers gem^igten guten
rillens, mit beger, den in bekanntlicher nieynnng voll-
itnmmiltch zu beglichen^ und wollten wol, ea were zti
begirlichen willen e*rscho9sen (es w^re nach unseren
uiHx gegangen), So aber das nitt. das uns vast leyd
(, so miig^en wir geduldt und fürern betlank i Ueberlegung)
1, wie uns ziniltclie füröächung bcjschäch. Und wollen
dejit<*r minder nitt üch untrer funler ung und »üenst
jt mntrvn irMnüsttMi ninl Im !i. Iffi^ti T^ml In^volrliMn dnmift
^t Die .iosKelAHtencn St t Don eiit halte» gt:'>chhltlich« Bemc f kuugeii imd
AolaaEi^ und SchlmsformcJn. Unvcrkuntcr Abdruck U^\ Bio T^ ''^ '
KMüM «lle«er Schr«tlion Ul vorhaiuJea, BKi. T«, 954«
242 Max Hossfeld.
üwer lieb dem Allmächtigen, der well sie langzit Salig und
gesiindt behalten. Datum IX. Februarii 1480. '"V)
Nach diesen Worten scheint es iast. als verzichtete der
Rat für den Augenblick überhaupt auf den Gedanken.
Heynlin auf der Romfahrt bei sich zu sehen. Indes so war
es doch nicht: Heynlin, dem der Markgraf doch noch ür
laub gegeben haben muss. kam tatsächlich nach Bern. Es
scheint sich daher nur um einen Abstrich an Zeit von
Seiten des Markgrafen gehandelt zu haben,') über den die
Bemer sich beklagten. Denn die Romfahrt sollte nur vom
11. bis 20. März dauern,*^ der Rat aber hatte den Prediger
gleich für einen vollen Monat begehrt*)
Tatsächlich traf Heynlin nicht schon am Samstag den
4. März in Bern ein, wie der Rat gewünscht hatte, sondern
verliess Baden erst am Donnerstag den 2. Und erst aDi
Sonntag Lätare begann er zu predigen (12. IH). Der Chro-
nist Schilling fasst sich über die dritte Romfahrt ziemlich
kurz, nennt auch Heyn lins Namen diesmal nicht: „Und wie
alle Sachen in den vordrigen Romfärten mit den prelaten.
bichtvättern. i)redicanten und allen andern Dingen bestalt
wareiit, also war es ouch in diser Romfart nach aller not-
durft vorsocheii.-'^) Und Anshelm begnügt sich mit der
kurzen Notiz: «. . . . Ablass lassen verkünten und durch
den hochgelerten Doctor Johansen von Stein hie lassen
predigen. "'"•) Ihm schien Heynlins Wirksamkeit auch dies-
mal besonderer Erwähnung wert. Da er andere Namen
nielit nennt, und da auch in den Rats-Manualen und ilis-
sivenbüchern keinerlei auf die Berufung anderer Prediger
l>ezü<xliche Schreiben sich finden.") darf man annehmen.
dass der R^it sein Versi)rechen gehalten und in der Tat
'i Abgedruckt von Bio. Ta. 254 5.
-i Vgl. unten S. 243. A. 4.
•') Sv.'hill. II, 2 1'). iS.\m>tag vor Llitare bis Montag Dach Judica.)
•) Im ersten Brief au Heynlin, s. oben S. 240.
h Schill. 11, 221.
') Ansh. l, 102.
') Tobler in Schill. II. 220 Anm. i.
HC- ttr\ IIKQ
rnltn 2Ti Geftillen niemand andera als ihn die Kanzel
prselien lies».*)
Ja so sehr gpficl jot»t der Prediger dem fronitii g«^-
iiiten Beniür Kat, das« er sich erst gar nicht entsckliessen
{innte, den gßK»ie»rt»Mi Mam» wieder ziehen zu. lassen. Man
;ing diu kleine Eig<*ni!jäd»tigki>it, Heyniin fürs er^te ein-
uh daxubeh»lten, und dem Markgrafen von Baden statt
^nea Predigers einen Botr^n mit einem Brief ziirückzu-
iiek(*u, iU*T wogüu der Freihuit, die man sich genonjuieii,
Entschuldigung bat» und dem Fürsten von neuem auf
dringlichste anhig^ den Bernern ihren hochverehrten
>hrer und Prediger m»ch einige Zeit zu lassen. Per Brief
vuni 24. Mär?, «hitierf* (Am 2U hatte die Komfahrt
idet
^Heynlin lialn* ihuHji nach rfoiner Ankunft in Bern dio
ftfoble des Markgrafen auseinandergesetzt umitt vtarnüntT-
pni achin gelüt«^ret*}. Darauti ersäJien sie die gnädige
ainnnng des Markgrafen, und sie dankten ihm um **o
öbr dafür, als sie imn wussten, wie viel Arbeit Heynlin
Baih^^n hätte/*) nnd win schmerzlich njaii durt seine Ab-
Manheit empfinden mUsst4*; sie seien anch zu (iegendiensten
bm bereit rvennoch wagten sie gleich eine neue Bitte,
jTnd als wir nu verstau^ denselben Herrn Jidiannsen miit
licheni bescheid nbgelass*«n» sich nach ändung unsers Jn-
lentns wieder zu fUgen*^ (d. h. am 20. nach Baden zurück-
»iüen ,*J ^so well üwor füristlicli gnad in warh«^it glauben,
ffatttt rjrmrind so tßrosiier hetjird lu Im, uns ouch ein
') UeuQ odctibAT kmiiti man auf dco von Schilling gcbraachtcn PiurAl
iicaBteo** mi der Stelle, wo er stellt, g,ir kein Ocwidit legen, E«
; Ja SchiUitig hier duröhaas iiicbt d:^rnxif ;in «u sageu, d;i&ft vou Präkteo
it, wie von UeicbtvÄlern und auch von Pr^dikiuUeD mehf ah tinfv da*
ircften tei, »oadera nur datuuf« 6'.\i^ xi\ jeglicher Art vo» GeistUcheti^ die
M n^ih Hrrn bcriifen wurilen« kctn Miin^cl Mar, d^hfcii für Mev<ve, neichte
Pretliut eheoM> ijut wie itt den vori|*cM RomCihrdni |;esor)*t igeweieti fei.
l'luralfomi Pr^dikanteo vird eitifAtb durvh die vorb^rt^eheodett Ptunil«
cti
X>^tii« frit^ ^tgitijk AiiQuomlionU Marie, {umu i|lk^ Blotch dmckt
fcÄ \U s. 155— J5:*
">es S. T5K,
^ Vg|l< 9bcB S >bige AnnAhme wiid hkt tl^o bestitigt
246 Max Hossfeld.
herabgekommen sei. Diese 60 sollten*dann so lange gezahlt
werden, bis er Pfründen im Werte von 160 Gulden erhalten
hätte: Dann sollten die 100 Gulden ^^ganz ab sin*": Korn,
Wein. Haus. Hof und Holz sollte er aber nach wie vor
noch ausserdem haben. ^Und ist solich bestellnng sin leb-
tag US angenommen, und er soll sich ouch damf so fürder-
lichst das jemer sin mag, herfügen, handeln und tun, als
sich gebürt.^ ^
Aus dem Anfangs- und Schlusssatze scheint hervorzu-
gehen, dass HejTilin, mit dem man zweifellos, und zwar
wahrscheinlicli in der Woche zwischen den beiden Bats-
Versammlungen, über seine endgiltige Anstellung unter-
liandelt hatte, sich durchaus geneigt gezeigt hatte, das
Anerbieten des Rates anzimehmen. In der Tat bot die
Stolle, die man ihm antrug, viel Verlockendes. Hej-nlin
wurde in Bern nicht nur mit der grössten Achtung be-
handelt, ja fast verehrt, er hatte auch bereits erfahren, dass
ihm der Rat einen bedeutenden Einfluss auf die inneren
Angelegenheiten der Stadt einzuräumen bereit war. Wir
werden hierauf gleich zurückkommen. Dazu gab man sich
die grössto Mülie, ihn zurückzuhalten luid wird es an ein-
dringlicher Ueberrodung nicht haben fehlen lassen. Man
versuchte erst, ihn für längere Zeit dazubehalten, als sein
Herr, der Markgraf, ihn anfänglich beurlaubt hatte, und
luan setzte ihm jetzt, um ihn zu dauepodem Bleiben zii
bewogen, auch eine sehr gute Besoldung aus, die die Ein-
künfte, die er in Baden hatte,*) weit überstieg. Die Worte
„und er soll sich ouch daruf so fürderlichst das jemer sin
mag, lierfügen, handeln und tun als sich gebürt" setzen
voraus, dass Heynlin eingeschlagen hatte, und dass er nur
noch oinuial nach Baden zurück wollte, vermutlich doch
um seine dortigen Verbindungen zu lösen imd die Ueber-
siedelung seiner Habe iman mxiss stets an seine 200 — 300
Biuule starke Bibliothek denken-) anzuordnen. So bald als
rs sein mochte, sollte er sich dann „herfügen'* und seine
n^nio Stelle in Born antreten.
') s. oben S. 218 «>.
*) s. Kxkurs 5.
jöbannes Heyiilfn ms Stein.
I
■
1
von der dringlichen Bitte der Berner Herren, oder weil er
ihiion Ulis politischen Rficksichten eine kleine (Teialligkeit
erweisen wolltp, und ,,üborUes8 an Bern auf ihr emsiges
Anhalten den hochgelerten Johannes von Stein, Dr. der
heiligen Schrift, seinen Angoliürigen.'* ^)
In Bern dachte man aber im Stillen schon viel weiter.
Uan wollte Heynlin dauernd für die Stadt gewinnen, und
bot ihm daher die Stelle als Pfarrer am Münster auf Lebens-
zeit an. Schon am hohen Donnerstag 148<J (es war der
30. März) wurde seine Anstellung im grossen Rat m.L h, vor
H&tund Burgern) erwogen und beschlossen, ^Item den Herrn,
den Doktor, will man bestellen umb 100 Gulden des Jahres'*,
schrieb Thüring Fricker in da.s Protokoll jener Sitzung.*)
Und 8 Tage später heisst es im Protokoll:^) ,.Uff hüt ist
OBch vor M. H, H. Räten und Burgeren, mit der Gloggen
versampnet, angebracht die bestelhing Hrn, Johannsen vom
Stein^ Doktoien der heiligen Schrifft, und erzellt. durch
was mittel er sig zel>ehalten. Und nach gnindlichem ver-
haren des alles, das zugesagt, gelüteret und angenommen,
als hernach stat:
Des ersten, so geben Im M. H. Hus, Hof unil Holtz
nach notdurfft Item jerlichen 20 mütt Dinkel imd 3 vass
mit landtwin, ins Hus gewert. Item und derzu järlichen
100 Gulden, nämlichen all t'ronvasten 25 Gulden,** Die Be-
soldung sollte indessen nur ©ine vorläufige Abfindung sein.
An ihrer Stelle sollte man Heynlin mit Pfründen versehen
und ihm dabei nach und nach so viel vom Gehalt abziehen,
wie die Pfründen einbringen würden, bis man auf BD Gulden
*) Diese Antwort Christophs war ßlÖscb uobekauiit (b. S, 257). Scbou
FetBcherin (Gesch. d, bctuischeu SchylweseDs im Beraer Tafichenbuch 1853
S. 54 und S. S^r A. 95) aber hat (nach dem iDstraktioueubuch auf der Berner
Stadtbibliolhek H.H. IV 93) cid Regest davon gegeben. F. gibt als Datum
1480, März 24. Da die Antwort des Markgrafen Dicht am selben Tage ge-
«chrict>en nein kann^ wie die Anfrage des Bemcr Rats, ist diese DalieruDg
wohl a1& eine Art JournalDumnicr aufzufasseu« die man im Iiistruktiooenbuch
hinzufügte, weil ja das Schreiben Christophs zu dem am 24. 111, geschriebenen
Brief des Bern er Rats gehörte.
») Bio. Ta, 257 und 263,
^ Bio. Ta. 258. Das Datum (;. April 1480) bei Berchtotd Haller,
Bern in seinen Ratsmaaualen, Teil i (1900) S. 446,
24S
hi;kK Hoii»reld.
Tag gesprochen;') — dazu kamen dann die g<;wiss linuGg
geptlogenen Unterredungen mit den leitenden Männora dt-r
Bernor Regierung und den Mitgliedern dos Rates, Di^^
^GrosstattMi- Hiivnlins iwio Blnsch sich ausdrückt* sind im
höchsten Masse charakteristisch für sein© Sinnesweise und
für die Auffassung, die er und der Berner Rat von dem
Amt des Predigers hatten, und wir sind hen^chtigt, das,
was uns liier für Bern durch den genauen lind urkundUch
belegbaren Bericht eines Chronisten zufällig so gut öber^
liefert ist» als typisch für Heynlins Gesimiung überhanpt
anzusehen. Es sei daher gestattet, zum Verständnis de*
Folgenden auch die breiteren kulturellen Grundlagen in
Kürze anzudeuten*
Es ist bekannt, wie im 16. Jahrhundert die führend*^
Rollet die der Adel in den vergangenen Zeiten gespielt
hatte, ihm in Krieg und Frieden mehr und mehr von dem
ernporkonimendeu Bib'gertnni streitig geumcht M-iirde, Wi«
vor der Stosskruft der fpstgeschlossenon Laudsknechl^-
haufen der Glanz der Ritterheere in allen Teilen d^
Reiches und draussen dah insank, so überflügelten auch Gi^
werbe und Handtd der Städte damals bei weitem alk*
andern Knverbszweige. Wirtschaftliche und kriegerisfche
Erfolge wirkten so ztisammen, um bei den Bürgern ein hohes
Selbstgefühl und eine stet^ gesteigerte Lebenshaltung zu
orzeugen. Mohr und mehr wurde anständige Wohlhabeu-
heit zum verschwenderischen Lnxus, das Selbstbewnisstaein
zum Ueberinnt, und oft schlug die derbe Lebenslust
in Gewalttat, Roheit, Unsittlichkeit. In Speise und Tra:
in Kleidung. Schmuck und Gerät wurde eine Ueppigl
entfaltet, die selbst einem Enea Silvio auHiel, und im Volke
schien die Ausgelassenheit bei Tänzen und Spielen, hei
Festen aller Art und besonders beim Karneval ausar
sein
I
•) Tn It, fol, 151 — 161» daxu noch eine Predigt am 9. April (Pomiia
ijuaäimodü in dedic;iliouc eccie&ie ßcrucnsi^) Pr. II, 162, Die Notix
ersten Fredigt s. Tabelle. Soust fehleu nähere Aagabeu. nur dftss citiQ
,*maiie" (13, III. fol. 15J*) wnd jtwcimal ,,post mcridicm'* dabei steht <I2. Ul
ioL i$t und 19» 111. fol. »54'). Vom to. — 20. April (Abreise) sind kcifi«^
Predigten vorhaodeD. Im gaozcu ulso 2b Predigten innerbalb iH Tti^en.
Jolinunes Hc)'»lin aus Stein,
249
fllosigkeit in Rede uml SiHe völlig überhand nehmen
zu wollen.')
Wie amlorwärts, so zoigton sich dit'se Kehrseiten dos
buntbewegten Bildos ancii in der Schweiz und in Bern.
Di© gerade in jenen 7üer Jahren eintretende, allzu plötzr
iche Berührung mit der französischen und italienischen
?uais&ancekultur, der srhnell erworbene Ruhm und die
siehe Beute der Burgundersiege wirkten zerstörend auf die
ite Einfachheit und Biederkeit der Schweiz^ imd gerade
iier. wo der Unisehlag so plotzh^-h war, zeigte sich eine
urge Sittenverderbnis.
■ Aber so war nun jenes seltsame Geschlecht vom Aus-
gange des Mittelalters: je ausgelassener outn heute der Lust
die Zügel schiessen Hess, desto inbrünstiger zerknirs(dite
man sich morgen in der Busse. Stets war man bereit zum
Uebergang von der Fastnaclit zum Aschermittwoch und von
den Busstagen wieder zum KarnevaK Grell stehen die
(Tegensätze nebeneinander. Auf einer und derselben Seite
*^rzäUlt Diebold Schilling von „viel kleinen jungen Buben,
die in den Kriegsläuften der Jahre 147<i und 1477 auch
gebrannt und gesengt und Leute erstochen hätten," unil
dann wieder von dem massenhaften Zusammenströmen des
Volkes zu jenen Romfalirten, auf denen maii Nachlass für
die schwer empfundene Sündenlast zti erlangen hoffte, und
w*> man in dem düsteren und brennenden (tofühl seiner
Schtild den Priestern in gewaltiger Prozession durch die
Gassen der Stadt naclizog. zum Zeichen der Demiitigimg
den Leib entblössend, die Haare aullösend und die Anne
in Kreuzesfonn ausbreitend, „bi viertusent Personen^ an
Zahl
Mochte aber bei dem gemeinen Volke die Einkehr und
die Erschüttenuig bald wieder vertliegen^ tun neuen Lust-
barkeiten Platz zu machen, bi^i den Männern^ denen seine
Leitung anvertraut war, zeigte sich eine tiefere Einsicht in
die Schäden der Zrn't uml i-in fest«»r und danerndt^r Wille
*) Man vgl, die Abscbnittc über Tan /.beide d, Bad^tubeti» iTauetihäöser,
Über Spielen, Trinken und Fluchen, iibet- Kircbweihp Fastnacht usw. bei
Alwin Schnltsc, Dtsch. Leben im 14. und 1 5. Jahrhuodert (grosse Ausg. 1892,
S. 5^>— 77. 173— i/^ 238—242, 405—426, 488^4<>s u^w.
250 Max Hossfeld.
dem Uebel zu steuern. Was hat man in Bern nicht alles
an Verboten und Anordnungen erlassen, um den sittenlosen
Zuständen, dem Luxus, dem unrechtmässigen Erwerb von
Reichtum, der Unzucht, ja auch harmloseren Volksbelustig-
ungen und -brauchen ein Ende zu machen, um das schuldige
Volk wieder mit Gott zu versöhnen (Ablässe, Prozessionen,
Kreuzfahrten, öffentliche Bettage usw.) und es zur Ehrfurcht
vor der Religion und der Kirche anzuhalten, und das bei
Laien, wie bei Geistlichen; denn man griff auch direkt in
kirchliche Verhältnisse ein, reformierte in den Klöstern,
^trieb die Priester zu geflissenem Gt)ttsdienst** und suchte
allenthalben die faulen Glieder der Ejrche abzuschneiden
oder gute und gesunde Elemente heranzuziehen, die dann
selber bessernd und heilend wirken sollten.
Unter den letzteren hat man vor allen an Heynlin zu
denken. Man hatte den rechtgesinnten Mann, um dessen
Person man sich wiederholt so grosse Mühe gegeben hatte,
keineswegs nur kommen lassen, um mit ihm während der
Romfahrten Staat zu machen, oder nur um ihn etwa als
Zugmittel für die Füllung der dem Vinzenzbau bestimmten
Ablasstruhe zu gebrauchen, man hegte wirklich dieselben
ernsten und gottesfUrchtigen Gesinnungen wie er. Für die
Berner Regierung bedeutete diese Berufung eines eigenen
Buss- und Fastenpredigers nur eine in der Reihe der Mass-
regeln, die sie ergriff, um der Vernachlässigung des kirch-
lichen Lebens, die vielfach schon bis zum Verfall der äusseren
Formen der gottesdienstlicheu Ordnungen ging, in ihrer
Weise zu steuern. Denn neben aller Verrottung erwachte
gerade damals ein Bedürfnis nach neuer religiöser Nahrung.
Da aber die Kirche unfähig zur Erfüllung ihrer neu er-
waclisondon oder ihrer alten Pflichten war, half sich der
Bomer Rat selber, und wie man aus eigenen Mitteln mit
(l(?m Bau des grossen Münsters begann, so versuchte die
(Temoindo auch mit grossen 0[)fern sich einen Prediger nach
ilirom Herzen aus der Forno zxi holen.
Wir können nun an dieser Stelle nicht im Einzelnen
auf allo die Vorgänge und auf alle die Massregeln eingehen,
die jene kirchliclie Gesinnung des bemischen Rates und
s(Mne kirchliche Selbsthilfe — die übrigens noch keineswegs
JolLuitics Heynliu aus Stein.
251
I
mit Opposition gpgen die Kirche verwechselt werden darf
— hervortreten lassen, um so mehr da sie schon einmal im
Zusammenhange betrachtet und gewürdigt worden sind.
BlÖsch hat sie nicht unrichtig unter dem Namen der ,,Vor-
reformatton in Bern^ zusammengefasst. Wir müssen aber
diese Verordnungen, die sich in ihrer Haiiptmasse auf die
Jahre 1470 bis 1485 zusammendrängen, also gerade auf die
Jahre, innerhalb deren auch Heynlins dreimal wiederholte
Wirksamkeit in Bern fällt, wenigstens rasch überblicken.
Man könnte sie folgendermassen anordnen:*)
1. Verordnungen zur Bestrafung der Verstößse gegen
die Vorschriften der Moral und der guten Sitten. (Sitten-
polizeiliche Verordnungen.)
Dahin darf man rechnen
Luxusgesetze und Kleiderordnungen. Verbote von Spielen,
Tänzen, Unzucht, sowie von Volksbehistigungen.
Verbote der TJeberv^orteilung des Nächsten durch Wucher
oder Fürkauf (d. h. Aufkauf aller Waren durch Einzelne
zum Zweck der Preissteigerung),
Verbot und Bestrafuog des Laste rns und Flucbons^ des
Meineids.
Heiligung des Feiertages.
2. Verordnungen j die die Versöhnung der schuldigen
Menschen mit Gott bezwecken. (Religiöse Verordnungen.)
Hierher gehören die grossen Ablässe (deren finanziellen
Zweck wir hier ausser Acht lassen können). Es waren 7
..ttomfahrten"^ in den 9 Jahren von 1476 — 1484!
<) Diese Vcrordotm^CD <3es Berner Rats (cotliolteu in den Missivenbüchern
und besoiiderE in deo Rats-Mannilen) sind meines Wissens leider noch nicht
im Zusimnienhaog vcrofTentlicbt und genügend klassifuiert worden. Manches
liodet sich in den ,,Aitszügcu ans den Missiveubuchern der Stadt Bctd von
t442 — 1556*% vcröffentHcbt im Schweizer. GeBchichUforschcr 1825 <Bd. V,
S.260 fF,) 1827 (Bd, VI, 283 (T,) tuid auch in Bd, VIII, S. 126 ff, in Blüschi
oft zitiertem Aufkatz über Heynlici nnd in der oben genannten Arbeit über
die VorreformatioD in Bern (im Jahrb. Schweiz, Gesch. IX [1884I l — Id8)
ferner in vielen Anmerkiiogen zn Ansh« und SchilL,. enditch in Berchtold
Halter, Bern in seinen RatsmaQualeD, 3 Bde. Bern 1900— 1 902. Die im
Folgenden aufgenihrteD Kalegorien im einzelnen zu belegen^ ist hier nn-
nidglicb, wir verweisen im allj^emeinen auf die eben genannten Werke.
Btsler Zeit&chr f. Gesch. und Altertum, VII, 2. 17
252 Max Hossfcld.
Fomer die häufigen AnordDiingen von öffentlichen Bet-
tagen, von besonderen Gottesdiensten, von Prozessionen,
^Krüzgängen^, Heiltnmsfahrten. Andachtsübnngeu usw., her-
vorgerufen durch schwere Unglückställe, insbesondere Wasser-
flüsse, grosse Sterben, Dürre, Orkane, Erdbeben, Teuerungen,
Pestilenz und dergleichen,') auch wohl durch einen Kirchen-
frevel, wie im Jahre 14(>4 (siehe Schill. I, 45). Alle jene
Naturvorgänge wurden als Strafen des über die Sünden der
Menschen erzürnten Gottes aufgefasst, und durch ausser-
gewöhnliche und massenhafte Frömmigkeitsbezeugungen
suchte man seinen Zorn abzuwenden und ihn zu versöhnen.
(Als Iljustration nur jene Verordnung, wonach in der be-
suchtesten Messe alles Volk, was in der Kirche war, dazu
die Priester, unter dem feierlichen Geläut aller Glocken
^mit zertanen Armen in krüzeswys und die frowen mit nf-
gehopten Händen'^ fünf Paternoster und fünf Avemaria beten
sollten.)
3. Verfügungen die Ordnung der Kirche betreffend.
(Kirchenreformatorische Verordnungen.) So z. B.:
Reformationsvorsuche in Klöstern (Interlaken und
andere).^
,, Strenge Mandat, die Priesterschaft zu reformieren und
zu goflissnem (xottsdienst zu tribeu'^ (so drückt sich Ansh.
aus r. 117, vgl. auch Hallor T. 49) und Berufungen aus-
wärtiger Geist! iclier. unter denen die Chronisten HejTilin
am meisten hervorheben.
Zwar ist man versm.'ht, wenn man die Menge dieser
Erlasse und Verbote überblickt, mit Valerius Anshelm der
Mr'inung zu sein: Wenig gebot zeigt an ein guts . . . re-
gimont. Dan vil gebieten, und die gebot nit halten, stärkt
die vile der lastren, mehret die unghorsame der undertanen
und g(»bürt Vorachtung der oberkeit;^) indes wird Niemand
*) Die sich in deu Jahren 1477 — 1482 häuften, s. SchiH. IT, 193, 105,
2.U f. 243, 245, 249, 271, 272, Ansh. I, 167, 188, 222.
''^) Man vgl. Ansh. I, 225, wo von der Vertreibung der „Aebtinncn"
von Trüb (Bcnediktiuerabtei) und (xottstatt (Prämonstratenserabtei), der
,,Pr(')bstinuen" von Wangen und Buchsen „und etlich ander scharolich kilch-
hcrrinen** die Rede ist.
8) Ansh. I, 187.
Jöh.m»e» Hf^yttlhi nus SUui«
!5:>
gut«*ti Willi?» und den ornHt.eii Sinu verkiiiuieti, dor tu
M&nnorn löbto. di^ jene Verfügungen ausgehen Hessen.
So sah dio Umgebung aus^ in die J. Heynlin mitten
^iioingi*.^t.fdlt und in der er als Buss- und Fa^tenpredigor
wirken berufen war. Es ist nun von vornherein nicht
i wahrschein lieh, das« ein Mann von seiner Energie hier
^chr nur Eimlrücke empfangen und sich li-iten lassen,
jilero das?; er selbst einen starken Einlluss ausüben würde.
ad wo war es in der Tat,
Wenig erbaute m den frommen ÄCaniL »iü.-.-. das Volk,
tieh nicht /.ufrieden mit den Karnevalspossen * seine Tanxe
LuÄtbarkeiten ancli^über die Faiitnaclit hinaus auf den
itiwoeh und überhaupt auf dit? ganze Zeit der grossen
- justlehnte, E^azu kam nun in Bern noch ein be-
Ruderer Brauch. \'on altera her hatten in dieser Stiidt
Wablen in den (Irossen Bat, d. h. die Selbstergänzung
^p »ruiveninen Behörde, am Griindonnei^stag* am Osler*
loiitag dann ihr feierlicher Aufzuge und am Dienstag di<j
Tahl der verscliiedenen Amtleute stattgefunden: und m\-
?ntHeh der Ostermontag war nieht Idoss «jin gewöhnlieUer
cuttaig, sond»*ni ein grosses patriotisches Volksfest, ^der
Ig der Begenteu durcli die Stadt ein jährlicher friedlicher
ritiniplijsug stolzer Sell>stbeunindening einer freien Bürgor-
ft." V) Aber es blieb niclit bei der Bewunderung: wie
Inn Volksfesten zw gehrn pHegt^ spieU^n bald allerhand
lerze» lustige Sitten und vor allem ein guter Tmnk die
lle. Ja die Herren WähU^r und Gewählten selber
1 in einer der F»'Jitlicbkeit de^s Tagvs dtirchaus an-
letiseDen Weise dem Weinknig zugesprochen zn haben.
^18 alb-s empörte den Prediger, und nicht mit Unrecht
ihm er Anstoss an dieser Missachtung der Heiligkeit iler
sions- lind Ostertage. Er redete dem Rat ins (tewissen
ul brachte ihn auch wirklich xu Beschlüssen, die der
ironi«! Anshelm in folgemlrn Wr^rton iMTichtrt:'')
^iii der vosten et b eher missbrüchen absteilung, und
tiiimiig der lugen zw besetzung des reginien(s. von alten
•; IMlu 1a. 203.
*f Aask, 1, it»4'-J(tv
— -- - *.
LXXX. Ri:l --i 3-
Johannes Hcynlin aus Steht.
255
t
I
I
I
Von der Grossen iiud kleinen Rats und önipteren wegen,
die fürwert hin zu besetzen den Grossen Rat zum Donnstag
ach dem Heiligen Ostertag tind das alles beschliessen Mentag
d Zinstag nach dem Sunntag quasimodogeniti.
It^ni das man ouch allweg nüchtern Har in gang, und
•das In satÄiing wiss gestellt. Und Mentag mässen gehört
werden, und das man darnach Har Ingang. Und soll man
xnh der grossen glocken lüten.
Die für soll man ab dem Kilch-Hof tun.
Item den Herren, den Doktory wil man bestellen umb
Hundert gülden des Jars.^ ^)
He^^nlin begnügte sich also nicht mit Versicherimgen
oder Verordnungen dailiberj dass künftighin an den Wahl-
tagen mit Ernst und Ehrbarkeit zu Werke gegangen werden
sollte, sondern er wusato es durchzusotzen, dass der ganze
politische Akt um eine AVoche hinausgeschoben wurde und
omit die Passionswoche und tlie Osfcertage von weltlichen
Geschäften befreit wurden. Es war gewiss etwas Ungewöhn-
liches, dass man einem Moralprediger zu Liebe einen von
alters her bestehenden Brauch umstiess^ der doch den
wichtigsten innerpolitischeu Akt des Staatswesens betraf.
Manchen mag der strenge Sittenrichter damit auch vor den
Kopf gestossen haben, und der Chronist Anshehn selber ist
der erste, der Heynlin deswegen tadelt. „Mit weiser Ab*
sieht hätten die Aelteren die Besetzung des Regiments, als
das fümehmest und not wendigest Stück, Stadt und Land
zu erhalten, auf die Zeit verleg^, da männiglichs Fromkeit,
Gewissen, (Tlaul> und Lieb durch ängstige Beicht und er-
schrecklich Sakrament am höchsten ersucht ward.^ Und
mit Recht hätten sie nach Christus Lehre und Tat,') ,,deni
Feiertag die liebi gmeiner not vorgehalten.^'^) Gerade
*) Durch die Art, wie Heyiiliii*^ Anstellung hier zusammeu mit den vor-
geaüunteii Beschliisseti berichtet wird, scheint auch der Schreiber des Proto-
kolU auf dea ursächlichen ZusammeuhrLUg zwischeu ihuen und der Person des
Doktors deuten zu woUcu, den AüshcUii oben mit klaren Worten ausspricht-
*) Ansh. denkt offenbar an die Zurückwdsiuig der Pharisäer wegen der
EntheiUgiiDg des Sabbats.
*) Ansli^ I^ 1^4/S i^^^ oben ausgelassene Satz).
256 Max Hossfcld.
solcher AViderspruch gegen den übertrieben frommen Eifer
des Predigers lässt aber erkennen, wie sehr die Mehrzahl
des Rates diesem Kecht gab, und Anshelms etwas spöttisches
AVort ^nach hochgeachteter Lehre ihres hochgeachteten
Prädikanten" zeigt nur, wie bereitwillig man sich von
Heynlin bevormunden liess.
So waren nun die Wahlen mit den sich daran hängen-
den Festlichkeiten und Lustbarkeiten um 8 Tage von den
Ostertagen abgerückt worden. Aber Heynlin war es noch
nicht genug daran, die Heiligung der höchsten kirchlichen
Festzeit erreicht zu haben, er wollte auch den weltlichen
Geschäften eine neue kirchliche Weihe geben, die sie bis
dahin nicht gehabt hatten. Deswegen erst die Bestimmung
^alwegen nüchtern" (und zwar „in Satzung wis gestelh*",
also sehr eindringlich), und die Wahl der Tagesstunde (^nach
dem Gottesdienst) und deswegen besonders die Anhömng
einer gemeinsamen ausserordentlichen Messe, „dabi all bürger
sollten erschinen," und das feierliche Geläute der grossen
(Tlocke.
Vielleicht noch tiefer als diese Veränderungen der Wahl-
handlungen schnitten die anderen, von Anshelm gleichfalls
Heynlins Betreiben zugeschriebenen Bestimmungen in die
alten Gewohnheiten und Bräuche des Volkes ein. Es lässt
sich leider Genaueres über die gerügten Sitten des Werfens
der Jungfrauen in die Bach, der Metzger unsinnig Um-
laufen usw. nicht mehr angeben, man kann also den Gra<i
der Ausgelassenheit auf der einen oder den Grad des Ri-
gorismus auf der andern Seite nicht recht abschätzen. Be-
merkenswert ist dabei aber eins, nämlich dass Mandate gegen
solche Fastnachtsbräuclie und Volkssitten sich vor Hejmlins
Auftreten in Bern in den Ratsbüchern der Stadt^) nirgends
finden, während Verordnungen gegen üppige oder schamlos»*
Kleidung, gegen Spielen, Fluchen, Falschschwören und
andere Missbräuche schon vor 1470 mehrfach begegnen.
Es ist also wohl diese Anschauung von der Ungehörigkeit
solcher Volksbelustigungen , die sich dann im folgenden
*) Soweit sie bis jetzt veröftentlicht sind (s. oben S. 251, A. i).
Johauiics Hcynlin n^^^ st-n
lühne^tint dnfch wiederholt*^ Verbote vou neuem kundgibt,*)
ffBt durch Hiivnlin eiugoführt worden.
Etwas nmrh nicht Vurgekomnienes scheinen auch zwei
Uofehler^ die öich g*?gen Störer des Gottesdienstes wenden,
11 liedenten. Datiert aus den Tagen, in denen Heynlin im
*nier Münster iiretligte, weisen sie auch auf ihn als Ur-
»ber. Der eine ist die oben im RatHprotokoU erwälmte
timniung, ^diö für soll mim ah dem Kih4ihof tun,^ der
lere, vom Tage vorher i*2*J. März 14&Ji lautet: ^I>as in
1er Predye niemand uff dem kilchhoff stand, by pfandung
^inesi pl, (aphart) und sollen die weibell daniff achten, dea-
Slichim zur Zit des fronampts."*) Was iinter den Feuern
verstehen sei, ob Fastnachtfeuer, wie sie hier und da
noch jetxt gebranehlicli sind, oder aber besondere Freuden-
^etlrr, die am Ostermontag nngeznndet wanlen^ ist nicht
inz klar. Soviel ist gewiss, dass Heynlin durch den Lärm
dorn Kilchliof, d, Ji. auf dem Platze vor dem Münster
Kder heutigen Plattform *J die Andacht seiner Zuhörer be-
Imht sah und in seiner Prixligt gestört wurde, und es soll
nur im Vorbeigehen auch an diesen Beispielen gezeigt
v«Ttien, wie willig der Rat seinon Worten sein Ohr lieh,
lud wie sehneil er mir Erlassen bei der Hand war, wenn
eyniin klagte.
Mit einer gewissen Einschränkung (denn Blösch nahm
uych einen mehrjährigen Aufenthalt He>ndin9 in Bern an)/)
t'eiJen wir daher dessen zusammeniusscncien Worten zu-
imen: „Wir sind wohl zw dem Schlüsse berechtigt, doss
ier strenge Sittenprediger wälirend der kurzen Zeit seinea
NÖhtdicheii Einflnss ausgeübt und nicht
ü habe, den Sinn für ernstsittliche Ge-
^) ^C^ besostler« «liü Aus$<'lirt;it>eii vnm f>. Mai 14^1 „in stell, tünder
k»4 Uii4jc«rjchl/* d^ drni „Mutwillen UD<i L^nori)iniitj{'' auf Volkkfestenf be-
'•iHcti, ,«niif spil, tÄiitxen^ scbiesscn« kegeJn, ItÄrteii» iKifien
, hhit und et wart Todslo^cu, auch audcrcr »olicher Sachet}**
id^rcn wiiL lAbgcdiuckt Bio. Ja, 46,) Vgl ferner IUI 1er U» ^\2h (aua den
reu »483 Wöd 1485) llallcr U(, uS ,14*,, \u^h T iS^t ^Tir 1 ^HO Rio,
$1 tßitf 148;) ö«w.
n tUÜer 1, s.^.
t> Vgl. Eikurt 4.
2.58 Max Hosslcld.
staltang des Volkslebens, der den Rat zu seiner Bemfnng
be^i'og, in weiteren Kreisen der Einwohner von Bern zu
kräftigen, und dass vielleicht ein guter Teil der sittenpoli-
zeilichen Reformversuche jener Zeit gerade auf seine An-
regung zurückzuführen sei,-'»
He\Tilin konnte sich noch eines weiteren Erfolges seiner
Ermahnungen rühmen. Wie in den kirchlichen Verhältnissen,
so war auch im Schulwesen in Bern lange nicht alles so, wie
es sein sollte. Zwar bestand eine Schule, aber der Unter-
richt befand sich in ziemlich verwahrlostem Zustande, und
vor allem mangelte es an einem geeigneten Grebände, der
ersten Vorbedingung für eine gedeihliche Unterweisung der
Jugend.*) Einem Mitbegründer einer Universität und einem
Manne, der lange Jahre seines Ijebens selbst Lehrer gewesen
war, musste das ein schmerzlicher Anblick sein. Der Bat
schenkte auch diesmal wieder Heynlins Vorstellungen (Je-
hör. Valerius Anshelm, der 25 Jahre später selbst Schul-
meister von Bern wurde*) und daher genau Bescheid wissen
konnte, hat darüber folgenden Bericht,^) dessen schneidig
antithetischer Form man noch die zornige Beredsamkeit
des Predigers anhört:
..Statlicher buw und erlich versehung der zuchtschul.
Ttem, t(ss anwisung des hochgelerten doctors, Johansen von
Stein, irs präd kanten, der do bereit, man hätti zu iebiing
lastor und zu verfierung der Jugend, ein hüpschfrowenhiis^
buwen, aber zu iebung der zucht und zur 1er der Jugend,
daniss oiner stat er waclist, noch kein schul gemacht, hat
ein ersam stat Born ein wonsame schul nuw ufgericht und zu
Schulmeister besteh den wolgelerten arzet doctor Niclausen
M Bio. Ja. 54-
'^) Schon I4^>8 war das alte Schulhaus abgebrocheD worden, und während
fl<;r Zeit der Burgunderkriege bis 1481 wurde die Schule in einem PriTat-
^cbäude in der Junkerngasse notdürftig untergebracht. (Fluri, Ad. Die
hcrnischc Stadtschule, im Berner Taschenbuch 1894, S. 83/84.)
*) S. oben S. 186.
*) Ansh. I, 190.
*) Es war 1473 gebaut worden (Fluri, a.a.O. S. 84 Anmerkung 2) und
leynlin schon auf seinen ersten beiden Bemer Anfenthalten ein Dorn
ge gewesen sein.
Jn!innn''H llevT^llTi ru«^ St'-
^50
Da (lio ADstellung Widenboscbs in den ttat^büclii^rn
%ui hX Jnni 1481 vermerkt ist^*) darf man uixaebmoii, diiss
LaiiiV' dejä zwischeu He>Tilms Auftrf»teii und Wideüboschs
Prüfung liegenden Jahres der Schiilbau in Angriff genommen
le. Denn es handelte sich, wie aus Anshehns Worten
Jcin noch nicht hervorgeht, nicht etwa um die Giiindung
aer neu»>n Schule, sondern lediglicli um die Neueinrich-
Bg der alten Berner Stadtschule,*) welche in jenen im-
7()er •Jahren, nachdem 1468 das alte Schulhnus ab-
Lü war, »Qwohl an einem geeigneten (iebaude wie
einem tüchtigen Schnlmeister Mangel litt, und darliber
imd mwhr vernachlässigt wurde. Wie Fliiri nachge-
^1 Auf ADfibeliTii Worten köatile niao schliessen, doss micli die Wmhl
chs M^s Auwistjtig'* Hryolim erfolgt sei« Diis iftt nicht uumogHcb.
«tudicrtc mmdc&tCDs von 1456 — 1461 in Pans^ also gleiclueitig
IfeytiUii M45^ bacc., 143«) Uceot art, 1461 Februar und Mir* Prokurator
deutscbeo Nation. Anct. U, 9t t, *)2$, «IJJ.) 145«) kam er nacbwetiHcb
Heytilin in Bcrabrung; Heyulio wir damciU Rezeptor der dcuttcbrn
ioü und Widcnbosch hcjiaUUe ihm als sokbcm seine Kxamcnsgebijbren. —
Wintcr&cmc^tcr 147* war Wklciibosib an der lJniver«ilät ßa^el, wo ja
(rb Hrynltn »UmiiU ahh tKfaod. (Flun» a.z, O. S. S9I, Im übrigeD s. Fluri,
8S^ — 91» »^cb Fcisrberin im Bern. Tascbcnbucb lt^S.\* ^* 5^ '^•
•) Ralt-Manttal 32. S. 141. (Fetstherin S, H3* A. 96) An&b. t, im
^triebt der tj. Juoi. aber Fetscbcrin i^ibt uocb ao, dans es der Pting!»!-
irrscii sei» dieser war 14K1 am tu. Jimi.
^ Elfteres ist bäufig btbauptet uordcti, WeidJiog (Ur^acbcn und Vcr-
' der Bemcr ICircbenreform, ira Arcbi%' bist. Vcr. Kt. Bern IX, i. 18,-6,
si} tdueibf, das» Heynliti «xu Bern die Grü&dutig eber von der Kirche
' Lterar&chuie durchüusetreo fj^ewut^it babe*^, ood siebt darin
des hl »her eil Untcrrüht!» v*m der Kirche." Wie Fluri ßc*
bit. cirvund die: L*ii;4bbIiO|*«gkctt der Schule von der Kirche in Bern
1 aUviia Atifuati an, fFliiri I, t% S* Ri, 74, <»8, <>(>, 65, 56, 54 und öfter).
mer Oppo«^lioii geg«ii die Kinbe« die W. bei Heynlln vc>rauk&elft,
bei dH«em nicht die Rede sein. Job. v. Miiller (Gesch. d. SchweU»
pr Am$, 1S17. VU t^n) und vor ihm schon Grüner, Delic, Urbj% Her*
fS tt^Ü\ und Hotttnger, Hehc!. Kucbcngcicb. (S. 47i'i) tntsiverstcbfn
dm dabiii, dofü Heinlln jeites HurcnUuus in ein Schulbank verwandelt
^-> So feru MeyiiÜA daa Fraitenbaui beseUigt hätte Iman vergleiche
**•'*- t. ß. Pf. It, ftL ho gelanu ihm dai doch nicht: erst in der
! (lyO bcwblo^ii der Hat „das Frowenbatt^ licscblies^en ucd
fueu bitiMtfWkiiüi* (Fliui 84 A. :k
26o Max Hossfeld.
wiesen hat, bestand in Bern sclion seit dem 13. Jahrhundert
eine städtische, von der Kirche nicht abhangige Schule,
welche seither — in ihrem bescheidenen Rahmen — ud-
unterbrochen geblüht hatte. Von einer Neugrundung kann
also die Rede nicht sein, sondern nur von einer Reform.
Aber auch diese Reform ist doch nur in sehr beschränktem
Masse als eine prinzipielle Neuerung im Schulwesen Berns
aufzufassen. Wenn man wenigstens nach dem Eid des
Schulmeisters schliessen darf, in dem nur Lesen und Singen
namentlich aufgeführt wurden, waren die Unterrichtsgegen-
stände nach 1481 keine anderen, als die man vorher auch
schon gelehrt hatte. Nun geht zwar schon aus der Dürftig-
keit des in jenem althergebrachten Eid genannten Inventars
von Lehrfächern hervor, dass diese nicht die einzigen ge-
wesen sein können. Wozu hätte man sich einen studierten
Mann, der die berühmten Universitäten Paris und Basel
besucht hatte, kommen lassen und ihn bedeutend höher
besoldet als selbst viele Universitätslehrer der Artisten-
fakultät damals bezahlt wurden J) wenn man von ihm nur
Unterricht in den Künsten des Lesens und Singens ver-
langt hätte! Der Name ..Latin schule", den im 15.*^ un«!
16. Jahrlmndort die bernischo Stadtschule führte, beweist,
dass mindestens doch die Elemente der höheren Bildung
an ihr gelehrt wurden, imd in der Folgezeit kann die Schale
sogar eine Reihe von Männern aufweisen, die in der <ie-
schichto des Humanismus und der Reformation eine be-
deutende Rolle gespielt haben : ein Jahrzehnt nach ilin^r
Wiedorhorstellung durch Heynlin lehrte an ihr Heinrich
Lupulus (Wöltli), der verdiente Humanist, der durch seinen
Ruf die ihm anvertraute Stadtschule in kurzem zu so grossem
Ansehen brachte, dass die Zahl der fremden Schüler bis auf
IW stieg, unter ihnen kein (Geringerer als Ulrich Zwingli.
1505 — 15Ö9 war dann unser freigesinnter Chronist Valerius
») WideDbosch erhielt 40 Gulden und einen Rock und durfte ausser-
dem seine Arzneikunst ausüben und bei seiner Pfründe bleib«!. (Feticherio.
(Tcsch. beru. Schulwesen 1853, S. S3 "nd ^4)- In Tübingen bekamen (14^»'
die Professoren der Artistenfakultät 25, in Basel 80 Gulden. (Pmnlsen in
Sybels Ztschr. 45, 435).
-) Nach Fluri wurde auch schon vor 1481 etwas Latein geidirt.
loli.innrfe Hcvntiu au's Stein.
:itt'r UTMi i5iu-15'i<J Michael Hn' ':~~ni}
Myconins zu den litterarischen Zierden H» itlt»
[ifl der den nacbmaligeD Reforiaator Bercbtotd Haller nH
iM^hilfen' hrttta Erst im Jahre 1581 wnnle «die »Itp Latin-
ittle'' d. h. da8 auf Heynlius Anregung erbaute Scbulhaus
verlassen, um 159ii den Knaben der denfsehen ^Lehren*
i^ingerüiimt za werden. — 'i
Diese spfttere Blüte kann man Heynlin nicht mehr als
r^erdienM anrechneu, iniDierhin war er e« aber, der die gL*-
tnden VarbedingtingeD dafür schuf: eine wohnliclie neue
chule, welche das erste öffentliche Primarsehulhaus der
it war»') und einen ^tngentsamen, nissigen Schnlmeister**)
Hier wie in anderen Dingen hatte er der Berner Re-
gierung das Gewissen geweckt sie zum Handeln bewogen
itirl ihr die Wege gewiesen.
Das AufhliiJien der Schule war nicht die einsige siclit-
Ire Fnicht von Heyulius Wirksamkeit in Bern. Wenn
biau Biu^ch folgern will, su hatten auch seine anderen re-
pmierischen Versuche einen bleibenden Erfolg* ^Wirwertlen
lern Manne unsere Bewundeniug nicht versagen können,
ireibt er,*) dem es gelungen ist. durch die Macht seines
Tortes den Ausgelassenheiren des Fastnachtsjubels auf ein-
iial und für immer ein Ende zu machen, bei einem Volke^
alten Bräuchen gegenüber sonst die moralische Kririk
fizlich zu vergessen pflegt, und das für religiöse Er-
.. .ligund plötzliche Ent^schUisse nie viel Empfänglichkeit
[ezeigt !iat,*^ Wenigstens für die Wahlen des Rates nach
len auf Heynlins Betreiben angenommenen Satzungen lasst
rieh nachweisen, dass die neue Ordnung furtdauerte. Ans-
kelm eraählt xum Jahre 1481 ausdrücklich, dasö die,Be*
»iznng def» Regiment^} ^nach nüelist verlaufena jar» gemachter
KUng* eilie Woche später vorgenommen worden sei.*)
*\ Fluri U e. 97 ff,
8> So netitit Fliiri ^das Scbulgebäude, welches ^c'me Errichlui»|; »lein
Tukittiieu Dr. JobAnn «umi Stein vcrd«n1ll.* — Es stiuid an der Herrea-
imd !£i«t fiidi in bercitiehen Akten tuehrCtt'h nachweis«». Fhin ^4/95.
>) So urriiu ihn AiiAb. t, 190.
*) Bio* T». 2*14.
2^M Max Hossfeld.
An3helm\. schliesst seine ^tteilungen über Heynlin. ob-
wohl er, wie gezeigt, den Doktor bisweilen etwas zu rigoros
fand, mit den anerkennenden Worten, die den Schlosstein
zu seiner Wirksamkeit in Bern bilden mögen:
.Ein rechtgschafner prädicant in einer ganzen gmeind
und ein vertruwter schriber im rat mögen vil guter an-
wisung tun zu einer stat er und nüz firdrung. Wie onch
dor zit obgemelter prädicant, und mit im der wolvertrüwt
(loctor Thüring, statscliriber, als statlicher 6r und herlikeit
verständig und gneigt, on zwifel emsig hond getan.
Ein wiser, gerechter amptmann, ein gelerter, gots-
förchtiger kilchherr, ein tugentsamer, flissiger Schulmeister,
ein erfamer, frommer arzet, sind, als alle wisen zügend,
fier sül einei ieden zu Hb und s^l wolbesetzten stat.'^
11. Kapitel.
Baden-Baden: 1480-- 1484.
Nach seiner Rückkehr nach Baden (22. Mai 14SU) fiel
Heynlin in eine Krankheit, die ihn drei Wochen lang
hinderte, sich seinen Aratsgeschäften zu widmen. Dann
predigte er eine Zeit lang,-) kränkelte aber wieder und
sttjUto von neuem seine Tätigkeit ein. Wiederhergestellt
trat er eine» dreiwöchentliche Reise nach Basel an, kehrte
am 11. August zurück, scheint aber auch jetzt noch nicht
ins Amt gegangen zu sein. Denn erst am 3. September
beginnt wieder eine von jetzt ab ununterbrochene Reihe -
von Predigten. ,. Feste incipiente'' steht über dem ersten
Entwurf: Die allgemeine Not einer schweren Seuche scheint
ihn veranlasst zu haben, seine Mahnungen und seinen seel-
sorgorischon Zuspruch von neuem hören zu lassen.
Dio 4 Jahre, die Heynlin nun in Baden zubrachte.
l)i«^ten ein ziemlich gleichförmiges Bild. Wir wissen davon
w«niig mehr, als was sich aus seinen Predigtmanuskripten
entnehmen lässt und so steht denn naturgemäss seine Pri*-
<ligttätigkeit im V^ordergrundo unserer Betrachtung. Auch
») I. 190.
2) II. Juni — 2. Juli, 7 Predigten (Pr. IV, fol. 8—13«).
Jähsmies Hoyntln aus Stdii.
int «ein Seelsorgeraint in Baden und Lichtental ihn in
Tat fast ganz in Anspruch genommen zu haben, bat
doch beispielsweiso allein im Jahre 1481» von dom noch
Monat Urlaub abzuziehen ist, 116 Sermone gehalteiL*^
Durchschnitt aller Jahre predigte er zweimal wöchent<-
, niinilich albonntäglicli und jeweils an den Fest- und
ligentagen,
Sctioe Eedegabe wurde auch hier gebühreml geschätzt
kgraf Christoph hat ihn mehrfach zu sich herauf ins
loss kommen lassen-) und Bischof Georg von Metz,
i«tophä Oheim^ Heynlins Gönner, hat gelegentlich eines
ches in Baden nicht versäiimt, seine Predigt anzu-
n.') Bei den Hochzeiten oder Leichenbegängnissen
Jicher oder adliger Personen musste er die feierliche
e halten, so bei der Bestattung der Herzogin Amalie,
Ehter des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg
Gemahliri des Pfalzgrafen Kaspar von Zweibrücken/)
beim Tode Margaretas von Riepperg (in Lichtental),*)
bei der Beerdigung der Ritter Bernhard von Talen» •>
lOb von StauÖ'enberg,*) Georg ^) und Bernhard von Bach.*)
de in Steinbach bei Bühl) und bei der Hochzeit der
lara SmalstejTQin im oberen SehlossJ**) Auch nach Ort*
Iten der näheren und weiteren LTmgebung rief man ilin^
bei besonderen Anlässen auch einen besonderen Prediger
haben, so ausser dem genannten Steinbacli nach Eber*
') Dass in den übrigen Jahren die Gcsninlxiffcr nicht g^i lO hoch t&t
ij 40); findet seine EtkläruDg in Reisen oder ICrankheHen.
^ 4. Jtüi 82, 28, Sept. Hj, 6, talR-llc,
^ ^1. August 14^$,
*\ 10. Deieoiber 14)^1«
•J aj. Jmoi 1483.
>) 19, August 1482« Talen vielleiclit Thalhdm,
t) 17. Juni H»^.
*) AngYtit 1482.
^ 9. September 14S5» Bernhard von Bach wdr pflliificher HofmaricIuiU
)^ ii»tkgr.tlYi!h biidiBcbcf St^iUbAlter (t^ti«^\ tisw. Über ihn tuid Georg,
I Vater. \%l J. Kinrilcr v, KnobUxh, Oberhad. Geschlechterbudi U 25.
"*•) d, h« Hohenb^tden s. 28. September 1483.
-iin-^ii. ' 5^
^T-u_-r LS
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'.'r r.". ■■'';•
JoliAnTte« KfyrvUfi »iis Siein.
55
?r\%negende Menge der Predigten sind in Baden selhsit
laUen \vord»>nJ)
l*if8os etwiis ein form ige Dasein unterbrach Heyn I in ge*
lÜicb durch längere Eeiöen nach den grossen Nachbar-
lUm* Zwischen d<*m l(i. Juli und 11. August 148t> wnr
in Basel j und 3iK April bin 20. Mai 1481 wieder in Bn»H
und in Freiburg. Nach Frei bürg ging er auch im Sep-
U^lijlior 1484^ (liesDial aber nicht nur um sich geistig, sondern
br allem um sidi körperlich zu erholen. Axn 18, Juli ttieses
pbire^ war nändich ein schweres Augenleiden bei ihm aus-
gebrochen, das ihn bis zum 1. September au der Ausübung
meines Amtes verhinderte. Er erzählt,*) er liabe sicli nach
seiner Meinung die Krankheit dadurch zugezogen, dssa er
in iler Nacht nach der Predigt des 18. Jnli fünt bis sechs
Itnnden lang ununterbroelien in einer unbetpiemen und ihis
Ige anstrengenden Stellung gelesen habe. Am 2. Sep-
liber habe er sich ad bet»tam virginem heremitaruni et
lioatiim Otiliani ssurückgezogen und sei am 2&. September
:di Baden zurückgekehrt. Mit den genannten Orten ist
llirscl»4*inlich Kinsiedel hei Freihurg und St. Otidien bei der
feibunjer Karhun^e gemeint. St. Ottilien w*ar bekanntlich
L Wallfahrtftort mit einer wundertütigen Quelle zur Heilung
idi'iden/) der Zwrck der R^^^ise des gliUlbigun Pn-
• •nbar<Lie Gesundung seiner kranken Angen. Cbrigens
kttH er nach seiner Heimkelir noch mehrmals Rückfälle,
id erst um 17. Oktober war es ihm möglich zu |iredigen,
djy»>j er im ganzen ein volles Vierteljahr unfreiwilligen
rlanb gehabt hat. Im .Fahre vorher war Heynlin auf etwa
Tag!»*) ins Elsa^s gereist. Am Sonntag den ♦i. Juli 1483
^ Sit »iüd bis atif 2U unltejfeichnet« gebaren Kber &el1>itver«|äodticli ftii
' r Ivin-lic» \m iicr er jn afi^eslrUt war, Jcoc 2h Nutiseii feiotl atV
hr»om1err VcratiV»»stitijj bcrvorgcrtifoii < Rückkehr von ciufr Kci^e,
iißt %m gkidica Tage iu Licbtcotal usw*) also nur als Auttiiibtrie «ii be*
Auch Lauber »cb reibt kurzweg „in Baden*' üb« feäinUicIi'' ^*^r
, der J^hfc 14S0— 1484, (?r. IV, VonaUbKvttL
K Tihelle mxn tS, JitU 14^4.
rXit w;ir ()itr»ic<^n^ Avicb ilrr Odilietiberg im EIsasb, der mit beaiii
tbeiiirtgut i:9CDeiiit «ein konotc, wie die Freit »ur^er Quelle
*^ Die vorhcT|;fhciule niul die folgende Prcilij^l h^ lii.i* i. vi*»,! *.it,, »
jo. Juli 14SJI.
266 Max Hofsfeld.
war er in Strasshurg. .auf dem iTarkte* wie er schreibt.
vielleicht um Bücher zu kaufen, am 13. Juli in der nörd-
lich gelegenen Zisterzienseriiinenabtei Königsbrüekj^) wu
man ihn bat. zu der Elinkleidung einer gewissen Margarete
aus Hagenau die Predigt zu halten. lAuf den Sonntag fiel
das Fest der heiligen Margarete*, üebrigens war er wohl
kaum zu diesem Zwecke nach Konigsbruck gegangen , denn
er kannte die Dame gar nicht, -■ der er die Predigt hielt,
sondern offenbar veranlassten ihn seine Beziehungen zu
Lichtental. welches ja ein Tochterkloster von Königsbrück
war. zu diesem Besuch. Vielleicht stand er auch in einem
persönlichen Verhältnis zu der Aebtissin Elisabeth tod
Stauffenberg:*» wie schon oben erwähnt, hatte er am 17. Juni
1483, also nur einen Monat vor seinem Besuch in Königs-
brück, einem Jakob von Staufienberg die Grabrede gehalten.^
In Strassburg war damals Geiler von Kaysersberg Pre-
diger am Münster. Sicher hat Heynlin ihn wahrend seines
Aufenthaltes in der elsässischen Hauptstadt besucht, dam
die beiden Prediger waren einander seit langem bekannt.
<4ei]er kam nämlich fast alljährlich zur Erholung nach Baden-
Baden, wie das überhaupt viele Strassburger taten.*) und im
Jahre 1481 hat er hier zweimal zusammen mit Heynlin ge-
predigt, am 22. Juli und 5. August, er früh und letzterer
nachmittags. •■ Gewiss hat sich der Verkehr der beiden
Männer nicht auf die zwei Tage beschränkt, an denen der
Stra-ssburger Prediger den minder berühmten, aber gleich-
gesinnten und gleich angesehenen älteren Amtsbmder er-
Hiichte, ihm die Kanzel seiner Stiftskirche zu überlassen.
Tebrigens hatten Geiler von Kaisersberg und Hejmlin von
Stein schon sechs Jahre vorher miteinander verkehrt, oder
M B«i Leuteoheim i/£ls. i8 Kilom. östlich voo Hagenau.
^1 Er Dcont sie Margareta quaeiam, s. Tabelle.
3| Elis. V. Stauff. war 145 1 — 1467 und 1475 — 1485 Aebtissin. Xoa-
velles Oeuvres in^dites de Grandidier, Kolmar 1899, Bd. III (Bd. I der Ai-
iatia s.'icra) S. 3'»2.
S S. 26^
■'} Sc!), ßrant nannte Baden das Bajae von Strassburg. Vgl. Osk. Rössler.
(lif hinhix in Baden-Baden im 15. Jahrhundert in Aerztliche Mitteilungen ass
und für Baden 1904, 38, S. 91 — 95.
*^> Pr. IV, 8ü und 84*. s. Tabelle.
\
IfvllÄUfJ»
vort»icbtigf?r gesagt, in derselben Stadt geiri>kiil,
mlich narli »eiuer Rückkehr v»ni einer Beim
...., iihS iui JahfB 1471 die riiiversirÄi Basel
, 0icli ftld Rimltitf in der Artistenfaknität einschreiben
Eid theolcigii^cheri 8tudien obgel*^gen^ die er im JftJire 1475
ch die Erwerbnug des Lizentiaten- und Doktnrriiels zxan
iltt3?i§ bnwlitA\ Bis Anfang 1470 blieb er «Ijidu noch in
^•) und war hier auch schon als Seelsorger am Münst€
*> Der G«*istliche d»>r Dornkirch^ und der Geistliche"
. St. I^djiburd^ Ht*ynhn, komitt-n einander nirht un>>^
kannt bleiben, war doch let«t€»rer bereits ein tu der Stadt
wia im Lande wohlbekannter und gesuchter Prediger, Sich«
Hch hat Öeilf^r bisweilen der Pri*digt Heyulins zn^bGrt,
daas der 12 — 15 Jahre jüngere Prießter, der akii di
wegen der Verantwortang, die er l>eiin Erteilen d^
tion auf mirh nahm« Gewis>^f;n$biase machte, tuid der
ler mehr nnd mehr ^um Beruf des Prediger» hingesogen
y^) in dieser Neigong anch ein wenig durch das Bei-
•iel dvü dpruch gewaltigen Heynlin be^tlü4ct wurde, ist
irchatis waJirscheinlich. Wir kennen ausser Geiler nc
lige andere Badener Freunde Heynlin«. Du ist suniUik
Kollege Johannes von Hachh^n/. Hochberg hatte er
igere 5Jeit in weli* ' " ' ' ' t die Würde"
lies Kanzlers und • _ u von Baden
bkleidet., w*ar alao eine sehr angesehene PersdnlichkeiL £r
^kam dann ein Kannnikat an der StiftÄkirche und wurde
|r Kantcir. Er scheint Heynliii besonders nahe getreten
aeitif nnd viel mit ihm über diu brennenden Fragen der
Hi^ besonders die Reform der Priesterschaft diskutiert zu
Heynlin hat ihm s« ' ^" istola ile qualitute ga
gewidmet, in iler er i gn treuen Eifer rühl
(überhaupt gewann der Prediger solchen Einfluss auf den
Hevtihti ^h«
•) I4I»0 «Hier MT"^' ^V.if ..r m f ,.n> uni
teiuOi?
«I Vi»cli. tao.
*l L. Dddieas, Geiltr de Kai«. tSjd. S, 2$. Wobt »U Helfer für den
D«ifi^|if«4ii>cr Wilk Textom.
*} Dacbeiui 2$,
•» Efi. a j(fo1 114),
■Mlcr ZvIfeKlir« i <k»ch. und ATttrtuiT!. VH« X
Mtt HossfeM.
ehemaligen Hof mann » tlass sich dieser im Jwbr© 1488 ^ui-
8rh1o8S. He>Milins Bc^iapiel ztl folgen und in die Ba?ielpr
KartÄUse einzutreten. Später wurde Hochberg Prior
Kartausö in Strassliurg. wo er aiicTi sein Leben bescliloi
Ein Mitglied des Kollegintstifts war uurh Johannes Mil
»Molit<^ris)t der Lehrer Peter Schotts und Sebastian Bran
der 1473 mit Sehott in Paris gewesen war und d(jrt vielleif
Heynlin gehört hatte.*) Nachdem er einige Jahre in Ita
zugel »nicht hatte, bekam er 1479 ein Kanon ikat und
iJekanat der Kirche in Baden,*) hlieV> aVier lihit^^tens
1482 in diesem Amt.©.*)
Peter Schott selbst zählte wie sein Freund Cieiler v.
Kaisersberg zn den regelmässigen (rasten in Baden-Baden,
itnd er wird schon wegen seines Freundes Molitoris häufig,
das Kollegiatstift l^esncht und so auch mit Heynlin 1j^|
kehrt liaben, Dass er diesen wohl kannte, zeigt sich aacin
in einem Briefe, den er am 30. November 1484 an Moütoris
schrieb und den wir mit ein paar Worten erwähnen müssen»
weil die Interpretation der auf Heynlin bezüglichen St*^!)»»
durch Ch. Schmidt nach unserer Ansicht eine miss verstau d-
liche ist.^) Zum Verständnis derselben schicken wir voraus,
dass Molitoris, der sich 1484 mit dem ältesten Sohne des
Markgrafen voti Baden auf einer Studienreise in Paris l>e-
fand,*) in die Heimat zurückzukehren wünschte und sieb
deshalb utu eine Pfründe bemühte. In diesen Bemühungen
unterstüzte ihn Schf>tt aufs nachdrücklichste und viele Bri^^fe
waren deswegen schon zwischen ihnen gewechselt wordoii/?
Auch in unsere uj Briefe ist wieder davon flie Rede. Schott
kann Miiller aber noch keinen Erfolg melden. Ein Pfriinilen-
Inhaber (dessen Name nicht genannt wird* sei noch nicht
geworben, doch sei eintretenden Falles gute Hoffnung fiir
*) Ba. Chr, I, J40,
5) Ch, Schm. I, 19J.
*) S. a 148.
*) G. Knod, Deutsche Slitdenten in Bologna S. 362,
*) J482 wird als DeUau Job. Hörn genannt- Krieger. Topogr. Lex. 1, 104.
^ Ch. Schm. II, J2. Der Brief in Schotts Ltjcubratiiiiu'ul:ie iStriSshurt;
1498) foU 36.
^) Knod, iu a. O.
^} Abgedruckt m dcü Luc« brat tun culae.
pToIitori« vorlmütlen, er* Schott, hiili»^ »icIj fibt^r den Stand
[tli'r Dingo in \i<nn durch MagjtJ^ter Vitns Maoler auf dem
iLanfeudpiK SoUte f*H mit dieser Pifrüijde aber doch uicht«i
rvrGfrd^nt so könue sich MüUer anl dif» td*en frei grwonlt'nt^
BjMlener Pfründe Heyidins Hoffnungen nuichcn, dieser habe,
wie er höre, das Prefligtamt an» Basler Münster angenommen.
nnd allö vennnt^ten, dass Müller sein Nachfolger in Baden
irerdeu würde, ^Quam<iuam eciam^ so lautet die, Htelle,
^^aiidimrim Maffif^lrttm resirum de Lapide advocnfnm : in
officiHm prtmlicorhuii^ : in ecehsia Bosillemti : et per hoc
racasüc Beneficium quod in Baflen obtiuuit : ad quod tete
[a-ssiimendum ulfro onines quos audivi roniiciunt> Schmidt
üchlo^s luiü ans dieser Stolle, dass Peter Schott in Basel
mr und Heynlin im dortigen Müuater predigen hort^?* Er
lb«»rsetzt also ^Obwohl ich auch Euren zum Predigtamt
Ibi-nifenen Magister de Liipide im Biiüh^r Münster gehurt
lliabc^ . * ♦'*, wie aber \n\sst luerKU der folgentle Satz? Und
die vorhergehenden Sätze^ die doch lediglich von
Mfillen? Aussicliten auf Pfründen luindehiV Der Zusammen-
[hang verlangt vielmehr, dass advocatum {es&e) wie das
parallele vaeaase als ein Infinitiv zu fassen^ nnd dasä zn
|iiben*elÄen iijt; „Obwohl ich übrigens auch gehört habe^ dasa
Euer Magister de Lapide in das Predigtamt im Basler Münster
|>ienifoii und ilass dadurch die Pfrümle, die er in Baden
ifi« hatt4^f frei geworden ist: in dir vermuten alle, die ich
[gehört habe, den, dem man sie nun geben vvinl.^ So erst
[erliüh die Stelh^ eimni Sinn, sie bt^sagt nun nichts tiasi«
fSclifltt in Basel Hoynlins Preeligt gehört und die freu»lige
] Nachricht hiervon selbst an unpassender Stelle seinem Freunde
niitictiteilen sich getlningen fühlt, sfin(h»rn si»» bedeutet für
aiiü weiter iiiclit^ i\h einen Beweis ilafür. dtt?;s Schott, der
liitrr HO knr/ Kurem Magister de Lapide** spricht
• MolitoriH war cm Ktvilege Hin'nlins gewesen, daher das
.^Eaer'*;. den Mann Belliat gut gekannt haben muss,
'In d^r Tal war Schott gut unterrichtet: erst 6 Tage
bevor «»r dteisen Brief in Strassbnrg schrieb, war Heynlin
fvnn Baden nach Basel übergesiedeh.
I Denn auch in Baden fand er keine Befriedigung. Die
Männer^ mit denen ivin erhebender geistiger Verkehr mug-
i;r,h war — -Ärir nanr-tcn efc-en einige »liToa axid man »lart
r.ooh Jftko'rj WiinpteLing und Ba«i3lf AgricolA. velehe b
■•^Tirri Jahre Ci in Hiridelb-^rg od-?r Speier waren. ^ hinzufügen.
- ri^ ware'i li'icii fast alle nur verhilm isBifeHig seltene Ga^e
iri BeAfriL. Abgeäehen von Hochberg iMoixtorü war ja seit
1 482 riichc mehr in Baden . an den sich Heynlin wohl ger^lt-
;i-i.s lläng*rl an bedeutenderen Männern aaschlosa. dürfte di^
Mehrzahl der Sciftäh'=>rren. mit denen er znsanunen lebte,
zn «i^n nriherühniten Männern za zahlen sein.' und oh
mag äich Hevrilin mit einem Seofzer des Wortes des eng-
li.^hen Kanzlers Peter von Blois erinnert haben: Extra
ariiversitatem non est vita.
.Dem an Selbständigkeit und fruchtbare Tätigkeit g^
w/jhnten Gelehrten waren die Anforderungen, welche seine
im engen Kreise des täglichen Chordienstes be&ngenen
Kollegen an ihn stellten, nnertraglich*') In der Tat mn^s
e?« ein ärgerliches Zusammenleben gewesen sein mit Leuten,
^lie« wie He^iilin einmal klagt, ihm nicht einmal die zur Tor-
)>ereitung anf seine Predigten nötigen zwei Tage bewilligen
wollten.* und die mit kleinlicher Bechthaberei daranf be-
standen. (isL^ri er die ihm zukommenden alltäglichen sakralen
Verpflichtungen auch selbst erfüllte. Diese imerquicklich^
Spannung zvii.schen ihm und einigen seiner Kollegen tritt
anrh in seiner im üV^rigen von versöhnlichem Greiste ge-
tragenen und wohl auch für alle seine Zuhörer bestimmten
Abschieds predigt* her\'or. .Dixi me sepe eos monnisse et
r-orrexisse-. so resümiert er sich, .dixi eciam qua intentione.
'jua caritate et ex obligat ione officii pastoralis. Dixi me ali-
*) Wimpf. war bis 1483 in Heidelberg, seitdem in Speier. AgricoU
war im Scplcrnber 1479 in Speier bei Djlberg und seit 2. Mai 1484 in Heidcl-
*> Propst war ein gewisser Caspar Vogt (er wird 1478 und 1482 als
I'ropst genannt, Krieger I, 103», Dekan war nach Mullers Abgang ein ge-
wisser Johannes Hörn /wird 1482 genannt. Krieger I, 104).
*) So fasst Gothein sein sich auf „mehrere Urkunden des GenerallaDde>-
;»r<;hiv.s" in KarUriihc stützendes Urteil über diese Episode in He}'Dlins Leben
/us.irr)nicn. 'Kberh. G. , Pforzheims Vergangenheit. Schmollersche Staats-
und so/ialwiss. Forschung. Bd. IX, Heft 3, 1889, S. 32).
*) S. Tabelle beim 28. September 1483.
•''; 21. November 1484, Pr. IV, 294*.
Johniuies Heyuliu ;uii Stein.
27«
intbus clisplicuisse sicnt nemo omnilms potesr placere; cod-
Idolui istis qiiibiis sine culpa displiciii. Rogavi «Hos ut in-
rlnlgerent si iniuste offendissem . , .^
So schlug Hejmlm freudig ein^ als ihm aus der Uui-
vprsitätsstadt Basel. fiU' die er von jeher eine Vorliebe ge-
zeigt,') und die er seit 1478, wo er sie verlassen, viermal
zu längerem Aufenthalte wieder aufgesucht hatte, ein ehren-
voller Ruf kam, das Predigtamt an der Hauptkirche, das er
^ ja 1477 — 1478 schon einmal vertretungsweise gefülut hatte»
B jetzt dauernd zu übernehmen. Am 7. November 1484 wurde
ihm ein Kanonikat und die Prädikatur am Münster in Basel
übertragen,*) am 19. November kündigte er in einem Brief
dem Markgraf Christoph seine Aemter als Pfarrer und Custos
in Baden auf, am 22. ^ dem Tage nach seiner letzten Predigt»
Ilibernahm der Dekan die Pfarn^ersorgung und mn 24. No-
vember 1484 mittags reiste er ab. Seine Pfriinde in Baden
gab er auf, ebenso einige andere» die er besessen zu habf n
ßcheint, auf die er aber vielleicht schon vor 1484 verzichtet
Latte. „Qui denique post liberam plurium beneficioruni
dimissionem ad canonicatum et praedicHtionis officiuin in-
signis ecclesiae Basiliensis vocatus fuit^, so meldet Tri-
themius seine Uebersiedelung.
Dieser Ortswechsel Ivezeichnet wieder einen wichtigen
BAVendepunkt in Heyn lins Leben. Zwar war seine TätigkiMt
als Prediger in Basel im wesentlichen die gleiche wie vor-
her. — nur dass der erweiterte Wirkungskreis ihr eine
I *) Aber gewiss oicht bloss ihrer ,* Lustbarkeit'* oder »»arocenilas" wegen, wie
Faotalcon ineiDl imd Albrecbt ihm nachschreibt. (Hcinr. Pantatleot}, Pro^opo-
graphia Herouio atque ill. vir totius Gercnaniae, Basel 1565, II, 461. Der-
selbe, Tcutscher Nation Heldcnbiich, Basel 1 5O8 11, 5*>0, Albr. 14) — Im
Pantalcoü sieht man übrigens auch ein Pot'trät HeynltnSf oder sogar ?.wcf, **
leider xwci, denn sie haben beide miteinander keine Aehnlichkeitl Die grosse
Kartäiiserkapnze tst auf beiden Bildern die Hattptsachc. E* sind oftetib&r
I reine Phanta^iezeichnutigen; bringt doch Pantaleon s. B. anch Bilder von
, «^Ulisses, rcx Germauorum**, „Tursco Germauornm conditnr**» ,,Magogus Go-
[•thornm conditor*' und ähulicheu Helden. Ucber ein anderes Bildnis, das vcr-
^tuutlich Hcynlin darstellt, s, unten S» 27S.
*) Pr. IV 294*. Chr. Nicklcs gibt, ohne seine Quelle /u nennett, an,
[[Heynlin bcI 1484 Schohtsttr am Basier Münster geworden, (La Chartreu&e
[du Val Ste. Marg. a Bale, Porrenlmy 1903, S. 190^.
2-:! Max Hosffcld.
höhere Bedeutung gab — aber die Berühmiig mit den
wissenschaftliehen Kreisen und den Buchdrackem der Stadt
regte ihn noch einmal zu grösserer gelehrter l^tigkeit an,
die ja in Baden fast geruht hatte, und bald sollte durch die
neuen Verhaltnisse auch sein eigenes Dasein wesentlich um-
gestaltet werden.
12. Kapitel.
Basel 1434— liS7.
Eis war das letzte Mal, dass Heyniin seinen TTohnon
wechselte, er ist nun bis zu seinem Tode Basel treu ge-
blieben. Freilich hat er anfangs, so lange es ihm noch frei-
stand, alle Jahre eine oder mehrere Reisen angetreten, aber
sie dienten nur derErholtmg oder Greschaften oder Besuchen
und waren alle nur von kürzerer Dauer. Bis auf eine fallen
sie sämtlich in die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten, in
der er offenbar seinen regelmässigen Urlaub hatte. ' *
Xur vier Monate, nachdem er Baden verlassen hatte,
kehrte er zur Stärkung seiner angegriffenen Gesundheit zu
den heilkräftigen (Quellen der Schwarzwald-Stadt zurück.
Die Reise dauerte vom 9. April bis 20. Mai 1485.-- Am
Kirchweihtage in Baden hat man ihn die Predigt zu halten.
-15. Mai. Einp AVoche darauf, am Pfingstsonntag. sprach er
wieder im Basler Münster. 6 Wochen später ging es schon
wieder rheinabwärts. zuerst zur Strasshitrger Messe und dann
wieder nach Baden »ad computandum ciun Capitulo^. Am
17. Juli predigt f^ er bei der Kirchweih im Kloster Lichten-
tal und am 23. Juli kehrte er von dieser im wesentlichen
(Toschäften gewidmeten Reise, die ihn sicherlich aber auch
in Berühning mit alten Freunden. z.B. mit Geiler in Strass-
burg gebracht hat. zurück. ^) Auch die beiden nächsten
Reisen führten Heyniin nach Baden zurück. Er hat hier
M Vrgl. Guann in Freib. Dioz.-Archiv X. F. 7, 1906, S. 129.
-) Himmelfahrt (12. Mai» predigte im Basler Munster für ihn „m. micbael
plei'anus", wahrscheinlich der Stiftsherr und Domprediger Michael Wildcgk
in B.isel, damals bacc. theol., später Doktor und Professor der Theologie
114^1). Er gehörte dem alten Wege an. (Visch. 168. 221). f 1502. — Vgl.
W. Lindemann, Geiler v. Kaisersberg, Freib. 1877, S. 4.
^) Vgl. oben S. 266.
Johnimcji Heynlln aus Stein,
^75
(las Datiim der Abreise nuJ Ankunft nicht auailrücklich
vermerkt* doch zeigt «lan Abbrecljün der Roiho der Baseler
Predigten am (Ist eruion tilg (148G und 1487)') und ihr Wieder-
tififmug All Plingstun il487}^i und Trinitatia (liSlV)*), daös
die PaiiMr der Kinseu nngefähr die gleich«.* war^ wie im
I «fahre vorher. Man Hess auch diesmal die Gelegenlieit, den
PnHliger xu huren, nicht ungmuUzt vorübergehen: 148tl
predigte er viermal in Baden und Lichtental (3(1 April bis
7. Mai) und 1487 an denselben Orten fünfmal (13.^ — 24. Mai).
Ancli in dies?^*ii lieiden JaJiren hat er übrigeiiH »He Bäder
^der Stadt benutzt.*)
Doch kehren wir nach Basel und «un» JuJire seiner
Ankunft zurück. Am 1. Dezember 1484 ergriff Heynlin von
\ den ihm am 7. Nc»vember übertragenen Aemtern und Wür-
iden Be^itis, ^Accepi posseasionem prima decombris infra
Itionas^ «chreibt er feierlich in sein Predigtmaniiakript *)
' Schon am ertöten Adventssonntag (28. November) hatt»^ «*r
, mit der Ausübung seines Predigtamtos angefangen; ^Die
Stande ist da, aufzustehen vom Schlaf*^, so rief er mit den
[Worten der E()istel des Sonntags seinen Zuhörern sgu, als
\*^r sie das en?te Mal von der Kanzel herab l)egrüsste. •)
Wie die übrigen DomherrLn^ so wohnte atich Heynlin
l^ftuf Burg*, il. h* auf dem Hügel, der das Basler Münster
llrägt. ^) Seit 14*i9 war dem Domprediger auf Bittpu (h?s
[damaligen Inhabers des Amte^, Wilhelm Text^^ris, in dem
[Domhcrrnhof im Giisslein gegenüber Sl. Ulrich eine geräu-
[mige Amtswohnung angewiesen wvmlen, zu der man öogur i
I) Fr. V, isf unil 250'.
>j Fr. V, i42.
•) Da« ueht am* «iocr Kiimlbcmerkuinj «ur Prt'dSgt vom $ontita){ Ro|*are
14112 h«rvor *Pr V, 314*) »1»^ a»if «wci in xwfi %*«r»chicdcnen JuKreii in Baden
I ^ehaltrtie Pnrrligt«ti, die fwi>cj[cn dcu Bnscicr Sermonen xti sucbrri »cicu,
I /«nickvenn'ci&t. U,v$dc *cnnon«* <l«os in Badeti per 2 anno« fnctus tu serm^-
Millms Bft4ili<?u»ibui» cum ibidem bah%tahaf''\ OtTeubnr iind die Pfc«ligte«i
ivvio Rogate 1486 und 148; gemetut» denn diese bebiAuddn dasselbe Teict-
[woft wie untere nur guni üilcbni» skU/ierte Fredigt von Kognate 14<^2. 1
»» Pt, IV, 294* nud no«;h einmal Pr. V, i , 1
•j Rumer 13, 11. Fr. V, 1, '
F«cblfr# To|iaj*niiitiie von Üäsel 4^, 4 ^Ni »,^»(«1 im 14. Jubrlinndert*'»
nA
Max Hossfeld.
eine eigenü Bücherei fügt-e. ^ ) DeDn ilor Biisltsr jlIüti«»t»?rptT-
diger sollte nach tler Forderung der Statuten ein gelebrier
Theologt^ sein und er sollte nicht nur dem Volke preil'
aondoni wenigstens ein- oder z^tieimal ioi Jahre dem K
einen lateinischen Sermon halten und daneben von Zeit zn
Zeit für die Priester Dijspntationen über die heilige Schrift
veranstalten. -) Infolge dieser Bestimmangen und seiner gnten
Aiisstattiing» hosondons aber infolge der Besetzung mit her-
vorragenden Männern.**) wurde das Basler Dom[iredigeramt
vorbildlich fiir viele Kirchen der Uuigegenirl, ntid Schott in
Striisslnirg kornite ein Jahr nach Heyn lins Al)gang. 1488,
rühmen, dass es ^bene et firmiter institutum'^ sei, so dasi
(^eiler (den man damals nach Basel ziehen wollte) sein
Talent lieber der Stadt Stnissburg erhalten solle, w^' ^^
weit nötiger sei. *)
Die Huuptpflicht des Dompredigers bestand darin, am
Sonntag, Montag, Mittwoch und Freitiig dös Wort H ^
dem Volke zw verkünden. Für die drei übrigen Wochei , _:.
konnte er sich im Adveut und in den Fasten von dem tnr
Predigtaushilfe am Münster besteHten Stipendiaten der Miir-
gureta ßrand-Lostorfin-Stiftung vertreten lassen.^) Aber ^der
h(jcligelerte Herr Johannss Heinlin de Lapide, Doctor iiH
Burg'', wie er damals genannt wurde/) verschmähte dies«^
Hilfe; er hat, wie seine Predigthandschriften erweisen, :^'>-
u'ohl iui Advent wie in der Fastenzeit der Jahre 1484 K>.
1485/86 und 1486/87 Tag fiir Tag selber geiiredigt.") Mit
^) Job. BcnJOulU t 56,
') Joh. Bern, 155,
•} Job, Bcni. 162.
*) Petei Schott, LucubnitiQninilsfrp fal. 81 (Strasib, 1498).
*) Joh. Bcni. I55/S<^.
*^i Vergicbtbucli £um 28. September i486, s. Sieblin Rcgc&len u
schiebte des dtsch. Buchdrucks No. 41)3 (im Archiv für Gesch. des dts
BuchhAhdcIs 1888, Bd. it S. 73).
^) Auch 1477 ii»<^ M7**' a^* *=»■ Textoris vertrat, predigte er tAglid
(10— ji. m. 77. Pr. II 47—66 und 4. U. — 11, lU, 78, Pr. lU 243'— 26
Pr. n, 25 — 28). Im Advent 1484: J2, 1485: 33, 1486; MJ Frcdigten, hk
bei sind die Predigten vom 2, und 3. Weihniichtsfeicrtiig» sowie %*on N4
jiihr und Epipbanm mitcingercchucL (Pr. V, fol, i — 18, 78 — 100*, 17;
192*) In der Quadragesima »485: 40, 1480: 42, 1487: 40 Predigten» je
mal von Aschermittwoch bis Palmarum, dazu kommt in ntleu 3 Jahren nq
Joh&mics llcyulin uns Steio,
-'75
Ion beiden Abschnitten des Kirchenjahres, wo er täglich
nnch^ ist aber auch seine Haupttätigkeit als Domprediger
Erschöpft Vi Ausser in ihnen predigte er mit Regelmässig-
leit nur noch in der kurzen Zeit von Pfingsten bis Fron-
leichnam.*) Sonst hat er in diesen 3 Jakren (die sich hin-
ichtlich der Predigt überhaupt älmeln), so gut wie gar
wne Predigten „de tempore'^ gehalten, oder höchstens bei
begionderen Anlasaen, und auch die verhältnismässig wenigen
[eiligen predigten tragen durchaus den Charakter des Ausser-
[>wöhnlichen und Freiwilligen. Doch ist zu bemerken, dass
Ir keines der sechs grossen Marienfeste vorübergehen liess,
»hiie selbst zu predig^^n dliese Piedigten zeichnen sich auch
durch ihre Ijänge aus)**) und auch an den Tagen Jacobi,
Bartholomaei, Matthaei, Michaelis, Simonis und Jndae,
Audreae. Allerheiligen predigte er alljährlieh.*) Das regel-
mässige Predigen in der Zeit von Fronleichnam bis zum
Adventj von Epiphanias bis zum Beginn der grossen Fakten-
Keil und von Ostern bis Pfingsten blieb wahrscheinlich dem
Hplel>anns des Münsters überlassen, dessen Amt 1471 zur
Hjkttshilfe für den Prädi kanten geschaffen worden war.*)
Immerhin hat Heyniin in diesen drei Abschnitten des
kirchenjahres auch ausser den erwähnten Predigten de
uictis noch gelegentlich* sei es am Münster, sei es an
ideren Kirchen Basels oder auch in Ortscliaften in der
Iahe der Stadt bei besonderen Anlässen auf Bitten der be-
?iligten Personen gepredigt So in dem im weit Basel gele-
genen Heffenlieimf bei der Kirchweih und am Reraigiustage
cme Predigt am Karfrcitajj, Ostei^i^niilag und Ostermontag. (Pr. V, fol.
2 — 51' und 52 — 55; 104' — ij2*und I3i^i37\ 203'— 243 tmd 242' ittid 2$i|,
^) Vom 35» Mai bU 30» November 1486 sind z. B* nnr tb Predigten
Drhanden (fol. 144 — 172"), vom 2. Juui h\& 27. November 1485 nur ij
Ol. S» -77%
*) Nämlich am Pliugstsonntag, Pringsimoutag, Trinilatis und Froiilckh-
«tarn. 1485: fol. 56^ — 38. i486: fol. 142—143' (Die beiden ersten fehlen In
ijicsero Jahre) 1487: foU 234* — 259.
3j z. B, Puritkatioiiis 1487 12 Seiten (Pr* V, t93' ^h) Purifuiit. 1486
S Seiten (fol. 101 ss) Visiutionis i486 8 Seiten (fol. 147* »is).
*| Andere Heiligentage, für die auch aus lillen drei Jalirc»,» Predigten
sind, gehören nicht hierher, da sie in die AdveuU- oder Frtstcn?,c»t faHcn.
^} Joh. Bern. 154, 158 ff. Wack, 196.
276 Max Hossfcld.
1485. «25. September und 1. Oktober, Remigius war der
Patron der Kirchei. Ferner bei den Nonnen der Angosta
vallis in Miuitz (Muttern bei Basel) «anf Bitten des Doktor
zum Lufft" (21. Juli 1486). In Muttenz hatte Heynlin schon
vor 10 Jahren einmal gepredigt.'» Der Doktor zum Laßt
kann niemand anders sein als der im Jahre 1485 als Mit-
glied der juristischen Fakultät in Basel genannte Dr. Arnold
zum Lufft. Offizial, und seit 1506 Vizekanzler des Bischok
eine Neffe des 1474 gestorbenen Dr. decret Peter zem Lnßr.
des ersten Dekans der juridischen Fakultät.*) Arnold, eiu
Freund Sebast. Brants*^) und offenbar ein Verehrer unseres
Predigers, war Domherr am Basler Münster und gehörte
als solcher zu den nahen Bekannten Hejiilins.
Auch an SLLeonhard in Basel predigte Heynlin noch
gelegentlich; zweimal am Bartholomäustage (1485 ^in patn>-
cinio"^ und 1486), und einmal am Tage des heiligen Leon-
hard selbst (6. November 1485). Als besondere Anlässe, bei
denen Heynlin im Minister predigte, seien genannt: die
Kirch weih dl. Oktober 1485 und i486, er nennt sie die
kalt kilchwyh), das am Tage Gervasii und Prothasii (19.
Juni) gefeierte festum sacri sanguinis (so schreibt er 1485)
odor festum vf^nerationis sanguinis miraculosi (so i486', die
Bokelinmg eines Juden (Trinitatis 1486\ die Fertigstellung
f iner neuen Kanzel im Münster (2. Februar 1486 1, die Auf-
hebung dos über Basel verhängten Interdikts i23. Januar
148B', der grosse Ablass für die beiden Spitäler Basels (24.
Februar 1485» und endlich eine Prozession zum Heile df's
Herzog Sigmund von Tirol*; und der unter ihm gegt^ii
Venedig kämpfenden Baseler Hilfstruppon 16. Juni 1487.
Wir wollen uns jedoch an dieser Stelle nicht länger
mit Heynlins Predigten selbst beschäftigen, sondern eiu^^n
Augenblick vor dem Bauwerk stehen bleiben, von d»Mii
herab (t sie» gesprochen hat. der Kanzd des Basler Mihi-
M s. oben S. 169.
^) Visch, 244 5 und 232, 238.
3) Ch. Schm. I, 197.
•) Heynlin schreibt nur dux Austriae. Seit 1477 war Sigmund von
Tirol Erzherzoj^ von Ocsterreich (A. D. B. 34, 286). Uebcr den Krieg toa
Venedig s. Heinr. Leo, Gesch. v. Italien III, 191.
itii^, derön Betmelitiing uns Gediegenheit geben iJv'ird, <lie
riiiming de» ProdigLTS selber in einer neuen Beleuchtung
fkenn»n* zu lernen. Diene Kanzel, die erste gteinerne im
Basier Mtinst-er*)^ die auch hfaiU? noch im Gebmueh ist,
^war kurz nach Heynliris Bemfung iin Ltuife des Jahres 1485
nach einem EntiiiTirfe de« Müusterbauuieisters Haus von
Juäiidorf fertiggestellt wordtm*); es ist ein schönes Prunk-
Ick «piitgotischer OruamentJiunst^f. wenn auch nicht so
[priirhttg, wi»? ihr« etwa gleichzeitig erl>atite Strassbnrger
lS<^hwe«»ter. Wie diese lur Geiler von Kaysersherg errichtet
rartlen war^ so bot auch in Basel zweifellos die Berufung
\flt*H berühmten Heynlin ilen Ardass zur Herstellung einer
IwÜiHÜgen neuen Kanzel: gerade im Jahrgang 1484/85 ist
mm ersten Male urkundlich von dem «Predigtstuhl" die
le,*) Den mit Masswerk ganz überzogenen Bchlanken
LÖrper des Bauwerks schliosst oben unter dem (ipsims ein
lieniuihiulVn»der Fries ab, auf dem man figiUiiehe Darstel-
lungen und dazwischen Spruchbänder erblickt Es kam im
Mittefultfr nur selten vor^ dass man i"abg«*sehen von Stif*
tungsnotizeni an Kanzeln Inschriften anbrachte ^i^ hier für
Jasel kennen wir den Kopf^ der auf diesen Gedanken kam,
war He^^mlin. In eimim seiner Predigürianuskripte hat
t»r die Spnlche und Bilder selbst angegeben/) die aitf die
Lanzel kommen sollten, und die Hich in der Tat auch dort
*l 1« Bettrngc lur <.n..><^u. da Ba*lcr Mviustcr» III, 08**5) l^a Roche,
^dam Miottcr vor tmd &ach dem Erdbeben S. 42.
^ SteliUn, Karl» Da« geschieht c des Mihi&lcrs im Mittelalter, S. 161 —
0tt BAitgeseh. de^ B.isler Mtitisters, hsg. vom Basiter Miiiisicrbauverelri
>) Efnt |*ti(e fhotoi^mphit tu tlcr Bibliothek des Ivunstj^ewi-rbcmufeums
Berlin« Miippe 2;S; die Zeichnung; ntif Tafel VII bei Stchtm iit sehr kteiti.
^1 Fübrikrrchunngeu de« Münfiters, Stehlin i6z.
■) Oue. Handiturh der Uirchl. KuusUirchÄoIogie I, 452, (5. AuA, iSS^)
»S« Stiftun|(«outt£ fehlt auch in Basel nicht: am Fimse der ICiitucI ifl A.D.
14^6 eiti|*cmri»6e1t. (Stehlin 160,
^ l*r. 1, &S*. Die Aofieichnung beginnt: »»OrdinAvi pro arobonc Bosi«
1'* Abdruck l^i I^ Kc*khe S. 43 | L. R« la^4l hinter ,,^ml)onem** Sit
}Sq€U »,erckiie »mion* BjASilSensi»*^ »iisj Etwa» Achidiches »iiml Heynlifm
MIO Bibelkprücben fiir ein silbernes ICreit;; in Baden. (». ebenda)
die Obvn S, _'1j, /jlirrtrti Rrunr Hr v iiTm^ :n rlfii WaTwliiialppeicil
Bftd««»' %t;^1
278 Max Hossfeld.
eii)gemeisselt finden. Es sind fünf lateinische Bibelstellen,
deren Auswahl für Heynlin höchst bezeichnend ist. Zwei
sind für den Prediger und drei für die Zuhörer bestimmt.
„Rufe getrost, schone nicht (Jesaj. 68, 1) und ^die da sün-
digen, die strafe!" (1. Timoth. 6, 20), so mahnt er sich an
seine eigene Pflicht. Und dem Volke ruft er zu: „Höret,
ihr Tauben", „und schauet her, ihr Blinden** (Jesajas 42, 18)
„denn der Tag des Herrn ist nahe!** (Joel 1, 16.) Dazu
wählte er entsprechende bildliche Darstellungen, warnende
Hände, das Gesicht eines Apostels und das Antlitz eines
Blinden, und in der Mitte der Kanzel sieht man den Teufel,
wie er als Höllenschreiber mit einem Stift auf eine Rolle
notiert, was die Menschen Böses getan haben. ') Diese Skulp-
turen befinden sich am Fuss der Kanzel. Noch mehr inter-
essiert aber der Pries derselben. Hier sieht man zwischen
Laubwerk und einem Spruchband die eindrucksvollen Ge-
stalten eines Mannes mit breitkrempigem Hute und mit
sorgenvollen Zügen und ihm gegenüber ein Totengerippe,
das den Finger vor ihm erhebt und zu ihm zu reden scheint
Auf dem Bande aber liest man die Worte: „Stand auf yer
toten, kommet vür Gericht!'* und den bedeutenden Zusatz:
^Du must auch hervür!*^ Ohne Zweifel ist nun mit dem
Manne im Hut der Prediger selbst gemeint. Warnend erhebt
er von der Kanzel seine Stimme und erinnert an den Tag
des jüngsten Gerichts, an dem die Toten ihr Urteil hören
werden, wie Heynlin das ja so oft zu tun pflegte,*) aber der
Tote fällt ihm höhnisch in die Rode: „Du mustauch hervür!*"
und mahnt ihn daran, dass der, der hier den Sittenrichter ül)er
die andern spielt, an jenem Tage ebensowenig verschont
worden wird wie sie.*) Das ist ein Gedanke, den die Toten-
^) La Roche S. 44 (nach Fechter, das Münster zu Basel, S. 25. (Xco-
Jahrsblatt für Basels Jugend 1850).
«) s. S. 181.
') So legt La Roche wohl mit Recht Worte und Bilder aus. Man
kr>iinte auch denken, der fromme Baumeister oder Steinmetz habe in den
Kopf mit dem grossen Hut sich selbst darstellen wolleu, doch haben beide
sich schon am Fuss der Kanzel mit je einem Porträtkopfe bedacht. (Stehlm
i()f;/6. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass wir in dem Kopf mit den mar*
kanten Zügen und dem grossen Hut (s. die Abbildung bei La Roche, Tafd
VIII) ein Porträt Heynlins vor uns haben.
Joliannc« Heyniio aas Stein.
27Q
tanze jener Zeit^) gern zum Ausdruck bringöu. imd den
sich auch Heynlin durch die oft wiederliolte Fordeniug, der
Prediger mü*j8e vor alleui selbst untadelig sein, selber häufig
vorgehalten hat. Bilder und Sprüche verdienen wohl unsere
Beachtung, sie werfen ein Schlaglicht auf die Gesinnung
unseres Predigers, und indem sie uns erkennen lassen, wie
streng er auch mit sich selber zu (Berichte ging, helfen sie
uns schon den letzten Wendepunkt in seiner Laufbahn ver-
stehen, seinen Eintritt ins Kloster. Doch noch lialien wir
diesen Abschluss seines ^Weltlebens** nicht erreicht und
ehe wir den Mönch kennen lernen, verweilen wir noch
kurze Zeit l>ei dem Gelehrten.
Trotz seiner volkstümlichen Pre<ligttätigkeit hatte Heyn-
lin nichts von seinem Rufe als Gelehrter eingebüsst Als
im Jahre 1485 der Stadt Basel zu gunsten des Spitals und
der Elenden Herberge ein römischer Ablass gegeben wurde
und es sich heraunstellte, dass die Fassung der Absolutions-
hnlle Zweifel darüber bestehen liess, in welchen Fallen die
■Absolution nicht den Beichtvätern zustehen, sondern dem
^leiligen Stuhle vorbehalten bleiben sollte, wandte man sich
ün drei SacbverstÄndige mit der Bitti? \im ihr Gutachten,
^Bamlich den Ordinarius <li»r theologischen Fakultät Dr. Jo-
Spannes Syber. den pater lector ac predicans apud Minores
^nind den Dr. Johannes de Lapitle, ein Beweis, dass dieser
auch jetzt noch als eine Autorität auf theologischem Gebiete
Rlt^*i Zur Basler Universität stand Hejailin freilich muh
ch 1484 in keinem engeren Verhältnis. Nichtsdestoweniger
war er damals wie schon in den Jahren 1474—1478 der
;eisfeige Mittelpunkt eines Kreises trefflicher Männer, die
der Universität oder sonst in literarischer Weise wirkten.^»
*) j£, B. der oben S. 239 erwähnte Basier TotciitaTijf, in dem sich der
LÜDstlcr fielbit zusammen mit dem Tod abgebildet hat.
^ s. Wack. 25;. Hev-ntin haUc hier aUo eine aholkhe Aufgabe wie
Sn&t iu Bern 1478* s. S. 2to. üebrigens halfen die 3 GutaL^htcß /u keiner
rhcit, wsLü aber weni^r an ihnen als an den Baslcrn lagt welche einen
Verzicht de» Papstes auf die Reservationen überhaupt erlangen wollten, itnd
«itcse Interpretation in den Aeussenitigeu der Theologen nicht fanden, (s,
Kr>cfc. I. c.)
^r Jj Viscb« 165; Zam, XXI, Anmerkung; L. Geiger, Kenaiss. und Huma-
DUiDUS 416; Bern. FceL 227.
28ö
Max Hossfeld.
Eine Anzahl von ihnen fand schon gelegentlich Envälinauot,
so der Domprediger Wilhi*lni Textoris, der eben gonaniit«^
Syber, der Theologe Jakob Philippi, die späteren Beruliini'
heiten ersten Ranges Johano Reuchlin, Seliastian Brant imA
Johannes Geiler^ der Buchdnicker Johann Aiuorbaf-h mt\
der Theologt^ Ulrich Snrgant, die Jurist-en Ppter von Atidlaw
und Job. Matthias von Gengenbach: wir fügen noch hinam
die Domherrn Bernhard Oiglin ♦Offizial)^ Adalbert von Kot-
berg (Dekan u Dr. Arnold zeni Lnift't und Hnrtmann von Ep*
tingen. den Conrad Celtes 1494 hier in Ba^ol besuchte, sout«
den späteren Bischof von Basel, Christoph von Utenheitn;
auch die Humauisten Peter Schott^ Jakob AVimj>feling und
Rudolf Agrikola» sowie der Sponheimer Abt Tri th ein in - ^
der nachmalige Freiburger Kartäuserprior Gregor i^
und noch manche andere reclinen zu diesem Kreise, üataf
ihnen allen nahm Heynlin eine hochgeachtete SteUiuig nml
lajige Zeit die Rolle des Fuhrers ein. Eine ganze Anzahl
von ihnen kannton ja d^i Dokt4)r von Stein schon von
seinem ersten Basler Aufenthalte her, so And lau, Textorii,
Philippi. (Tengenbach^ Surgant und Syber. und hatten »ich
ihm schon damals angeschlossen j^) Philippi und Surgam
waren ihm dann nach Paris gefolgt, wo u. a. Reuchlin,
Agrikola tmd AmerbacJi seine Schüler waren. Mit sämr-
liehen Gt*nannten hat Heynlin seit seiner üebersiedelaag
nach Basel (1474) verkehrt. Freilich nicht mit allen gleich
lange und gleich häufig. I48l) starb And lau/) 1480 G
bach/'^l ihm ging schon 1485 der erst 42jährige Agiuv.Mi
voran/ f der im Mai dieses Jahres» Heynlin vermutlich zum
letzten Male gesehen hatte/) Andere verliessen Basel nftch
kürzerer Zeit^ um an anderen Orten zu wirken, «o Geii»^r
(seit 1471 in Basel , der Anfang 1470 nnrli Frt*ibnr£//
*) H. S. 83-89.
^) Hürb, 105 utid r04 A. 1.
'») Visch. 18»,
*) Ulyssc Chevalier, Repertoire I, 7O (1903),
^) Er reiBte damali mit Diilberg von Heidelberg nach ttalteu, ;i1so döA
wobt über Basel.
**) s. S. 267.
JciliÄRnes Heyulfo ain Sicin.
2S1
K<'utlilin. d».^r Ende 147G nack FmnkreiehS und Toxtoris,
der Ende 1478 nach Aachen ging.*) üt?brigens Wdeiitetvn
diese Uebersie dehingen keineswegs ein Anfhören des Ver-
kehrs zwischen den Freunden.*; Am längsten bh'eben Brant^
Syber. Siirgant, Philip] d uiitl Oiglin in Basel, sie alle haben
Hevhlin überlebt Mit Sijhet\, der lange Zeit hindnrch nnd
zeitweilig ganz allein Professur der Therdcjgie an der Uni-
versität war, hat doli, de Lapide in Wissenschaft lichoni Ver-
kehr gestanden, er bewahrte in seinen Mannskripten eine
von 8yber behandelte von 1486 datierte therdogische F'rage
aut^) Auch einige Quaestionen Philippls finden sich in Heyn-
1 ins Handschriften y*) sie sind von 14G7 <latiert und Btaoimen
jni8 der Pariser Zeit» Philipp!, der schon 1470 wieder nach
Btisei zurückgekehrt war'S und liier vor 1494 Leutpriester
am Münster» also Heynlins nächster Kollege war, ist der
■Vorfasser eines Reforniatorium \ntae niornnique et fionestatis
^Bclericornm. zu <lera auch Seb. Brant einen Brief beisteuerte^
Hund das 1494 erschien. ') Diost? Reform sc hrift enthält manche
Aehnlichkeiten mit Heynlins Epistola de tiualitate sacer-
kdotis und Andla\is Tractatus de canonica clericoruni secn-
lariuni vita und mag vim diesen Vorgängern inspiriert sein,
\ Joh. Ulrich Surgant ist der Verfasser eines bekannten
• und seit 1503 oft aufgelegten honnleti sehen Handbuches
(Manuale caratorium praedicandi praebens üiodumi, das in
Beinen Vorschriften und Ratschlägen vielfach mit dem über-
eiBBtimmt, was Heynlin in der Praxis übte.**) Stirgant war
«) Geig, R. 14.
*) Fromm. 154.
^) vgl. S. 266, 316—318.
*| DUp. fol. 84 ,,(JUGiitio (faeologiealiä a&signalA per eximiuni dömitiUfii
[«acre pn^itie doctorem magi>tfiim Jo. Sibcr 14 86."
*) Vorl. fol. 212—217'.
••j Zcutralblatt fiir Bibliothek&w. Ill, J56 (K. Stciff, Bcitr»|^ zur üUc-
sleo Bdcbdruckergcscfiichte). Jakob de Kilcheo (Kircbeo) ist identisch mit
I Jak. Pbilippt 6. Prot. 15, 320.
7) R. Procior, Iudex Bril. Mus, 7724. U ScbiilM in Prot. I $» Jl^) —
*) Surgjuit empficbU /. B. für die äu&serc Gestalt der Predigt den Modus
Heyniius. „Et «tc vidi vulerUCü diKion:« scrvare**, schreibt er nach der Auf-
zählung der Glieder der Prcdißl ^vgl oheu S. 179 A. l) ^.etUm pnieceptore^
^&, quoru»ii tinus» fuit doctor Jobanries bcnlia de lapide, cmmikus ei prae-
Mas Ho»feld.
lange Jahre hindurch Pfarrer an St Theodor in Klein-Bn^i
wo ja auch Heyn 1 in anfangs mehrfach gepredigt hat.') IHe
Ausübung des Prt^digtamt'es hig beiden Männern besondt^is
am Herzen und stand auch im Vordergrunde ihres M»^i-
nangsaustauschos^ wovon eich ein kleiner Beweis in Form
eines von Surgant geschriebenen Zi*tt4>!s erhalten hn" '
eine Fonnel für die Verkün*ligung der Feste und die
liehen Gebete in deutscher Sprach© sowie eine von dem
Dominikaner Heinrli^b Nolt gebrauchte Formel für die Ein-
leitung lateinischer Sermone enthält, und den er Hej^ilin
überreichte; er befindet sich in dessen Predigtmannskripteu.-
— Bernhard Oiglin, ein angesehener Jurist, Vikar des Bischok
Vizekanzler und viermal Rektor der Universität, mus» pin
warmer Verehrer He^^nlins gewesen sein, denn nach deasen
Tode wurde behauptet, Oiglin habe die Errichtung eines
Denksteins für den Doktor de Lapide betrieben.^) Am näch-
ste u von allen Männern jenes Basler Kreises stand dieseir,
jedoch der Verfasser des Narrenschiffes, Sebasiian Brant
Braut wohnte seit »lern Winter 1475/7*> in Basel, macbtt»
hier seine ganze Smdienlauflmhn durch und schloss sich
frühzeitig an den etwa 25 Jahre älteren Heyiilin, seiDeu
„geliebten Doktor^, seinen ^ Vater Lapidanua* an. Niein>ui(l
hatte grösseren Einfhiss auf ihn als dieser,*» und viele Zag*\
die für Heynlin charakteristisch sind, kennzeichnen zugleich
auch Brant, so vor allem der Humanismus, die konservativ-
kirchliche Gesinnung^ daß Predigen und Mahnen twas im
Narrenschilf mindestens so stark zur CToltiing koinnit, wi»?
der Humor) und noch manche Aehnlichkeiten im kleinen*
Im Verlauf unserer Erzählung werden Brants und He^n-
lins Beziehungen noch wiederholt zur Sprache kommeB.
dieaiis mnioris ccclcsic ba&üiensis, doctor theologu* parisien&is ctc, . . .*•
(Buch 1. coniidcratio 12, Ausg, Straisb, 1506, fotii). Vgl. aacb. Tab. thtal
^>iuirtäUicbrift Bd. 44, 1862^ S. SOQ (Kerker, Die Predigt in der leuteu Zeit
des Mittebllers usw.). Ferner über Surgant uiiier aodereu Wack. 197—100*
») s. oben S. 167, 169, 194.
t) Pr, I, foL 9<) und 100. H. Nok. 1471 Dr, tiod ord. Profet&or tfcr
Theologie in Baset, starb im Frühjahr 1474. (Vischcr 21S, 220).
»I Ba, Chr. I, 346.
*) Ch, Schm. I, 19a.
^hen wir ntm^ nachdem wir Heyuli» s Freundeskreis kennen
^lenit liabt*n, z _>»lehrteD TÄtigkeit üb-?n
AI* düf Duk: . ^ 1^ . . -_ um das Jahr 1472 vt>u
Dmckerei, di© er mit AVilb- Fichet zusammen in der
jrtKitirt^ i'iiigerichtet hatte, zorOckzog. hatte er seine T.^t--
^it als Herausgeber keinesi»*egs abgeschloss<?n. Si*> suiht*
Basel öine nur lun so nachhaltigere Fortsetziing finden*
^n ünton$chiod besteht freilich darin. das5 die gelehrten
f»^ ' r nicht mehr Besitzer der Presi^e sind, wie
an.m, sondern nur noch Helfer und Berater
Buchdrucker selbst« und dasa die Druckerei hier als
g «ehes unternehmen betrieben wird, während sie
dti .^wi.i.^ane sozusagen eine grossartige geh*hrte Lieb-
^brret gewesen w^ar. Der Buchdrucker, dem sich Hey nun
allem anachloas. war sein Pariser ächüler Johannes
ich. Dieser war wahrscheinlich gleichzeitig mit Heynlin
aohlin von Pariö aufgebrochen und errichtete in
jsl im Jahre 1475 oder wenig später eine eigene Dmckert i
bald eino der bf^deutendsten in Basel wurde. 1478 er-
lien der en^te datierte Druck, ') ein Werk Joh. Eeuehlin8,
pn BrevUoquus genanntes lateinisches Wörterbuch, das
1475 in Basel geschrieben hatte und das er als eine
* iner Pariser Studien bezeichnet,-) Als Zugabe befand
111 eiüe kleine Abhandlung über die Interpunktion,
Heynlin ssum Verfasser hat.^) Dieser ist nun fortan bis
ietnem Tode der ständige Ratgeber Amerbachs ge-
Bu^^) und hat dabei auf dit^ Auswalil wie auf die Her-
*) Bern. BSch, XIV. Vielleicbl wt »neb cio itii Jakr 147Ö gcbörißcr
ck auf Amcrbadu Preise bcrvorgcgAagwi. Es Ut die Uutiia coiitra Tor-
fot At% 14H0 (rettöfbeaen Prion der Basler ICArtaui^e Hcmridi Aniold von
■■■ie% de Fraticc [, Xo. 13^2.) Eintt Antab] und»-
beifilicb vor 147^ su setiec,
*^ 5. seioe ob. S. 142 »liierte Vorrtttc «u den Rtidiiti?QU bebr*tai.
*^ Dte»elb«, die er «cboD 1471 in pAns us die Aiisgabe von G;ispariiu
bogrBpbiA ein|;eschobrn batto; t. oben S. 128. Lieber dieseiu übrigens
imtvT nr^iiliiifi Kimeuä gedniirktco {Ijtipr'tg t^i^}) Dialogtiii de arte
Ij uud »eine tihirdcben Drucke vgL dci Vcriiisiers Anf^-^tz fra Z«n*
fttl fiir Bibliotbekt Wesen 1908, April,
*) Von 147S — 1484 wobnie HeynUo xsuxt nicbt in E««^«.«, >>irt., iloi u
kt fem djivon «iid iltierdie« b»! er »tcb wübreud dieser J^bre ii]i<:bwcislicb
BftOcf ZeHscIir. f. GcKb. und Altertum, VIJ. 2. IS
^'.^,.z.zz -r:r BV.hr-r. die ■:■»*=*** Presse ^•jrli-rsees- ^in^z.
'^■^*^'L.r\W:i^z; EiüflaÄs gr-Litr. HTr^:: wir hierib^r xmJkl«
::-: Kartaarfrrchronik:
<?* knd'j'triri vrr.^rabilis ac pI'irLiiL:in iL'>n*?rtti vir magister
J'/Tia-Mi-rs Ämor^ßarhiu^ non me^fi>Trit'>r ciA-m^m:« boQ.^:« Imeru
Js pr^i'^icipH'^ sacras p^r aa-e-m cälcognohiie ci^epit vehe-
.-irrrit^r maiti plicata«? in tnagnam profecrazi ort) is Chrisriani
'•vriigar^r. prirnum ab op^rihns ?.#('/j>i*. «ieinde ^mirosMNi.«.
Augu.^'niianii^ Gr^fßorvinis •ti tan-iem Hiersn^möiHi^ hoc
'riiiia qnaraor doctores specialiter a se veneracos intenJebAt
pro utilirate tot ins ecelesiae studi^-^sis^ime o>mp»>rtat«>3 et
♦ rnendaro.s ^-iniiter«^ magnam sibi laadem ao posteris 5uis
ijorneii ac^jnirendo. Ad quod prrfid»rndHm idem doctor saepf
cokoriati'y est eundem. ac «juoad salva ordinis cansaetadiBe
«rt officio diviiio licnit. corrigendo. oincellando^ distinffuendo
fJc. javit eundem' usw.' Wie eiost in Paris, so half Heralin
also ancli hier einen richtigen und gereinigten Text her-
stellen, der. wie wir hinzufügen dürfen, durch den Vergleich
vieler Handschriften gewonnen ^\"Tlrde,-) und was wichtiger
ist. er leitete Amerbach in der AVahl der Bücher, die er
veröffentlichen sollte. Diese Auswahl ist nun für Heynlin
höchst charakteristisch. Es sind die vier grossen Kirchen-
väter und vor allein die Bil>*l. zu deren Herausgabe t*r
Amerbach ..r»ft orniahnte". dieselben Schriften also. den^'D
er >chon in Paris besondt^re Aufmerksamkeit zugewendet
lind deren Lektüre er seinen Hörern empfohlen hatte. Wie
er dort als Prior (h'r Sorbonne und als Professor der Phil"-
s()i)hie unrl Theologit» der streitsüchtigen und inhaltsarmen
Scholastik diri g**lialtvollen Schriften der älteren Dokton-n
fiinfniiil, zum Teil mehrere Wochen hintcreinaDder, in Basel aufgehalten.
^. S. 2(;S, 211, 242, 247, 205.
•) Ha. Chr. I, 344, 18 (T.
-) So machte e.-» Heynlin in Paris (s. oben S. I2(>), und Aiuerbr.ch
hatte sich die (irund>ät/e seines J. ehrers zu eigen gemacht. So lie>s er für
seine grosse Auj;ustin-Aus;4abe (1500) meinen gelehrten Mithelfer Aujiustin
Doilo unjhcrrei>en und Mss, sammeln (Hurck. 87), und Heynlin rühmt ah
scim-r Aml)rosiu.^- Ausgabe (I4«)i) „eiVccisti diligentia tua ut fere cuuctorum
ipsius librorunj cxemj»laria a longe di>tantibus regionibus ad te fuerint cou-
^rc^ata." (I^ri«rf an Amerbach in dieser Ausgabe.)
Jobatttiei Heytüjn um Stein.
l«5
lUe Erhabenheit uüd Einfalt der Bibel gegenüberstellte
[ihr so «Inrcli seme Worte entgegentrat,') so suchte er
wo i»r kein Lf^hramt mehr bekleidete, dasselbe Ziel
die Verbreitung der Schriften zu erreichen, in denen
Mittel zu einer Gesundung der Theologie gefunden zu
glaubt«.'. So stellt sich seine private gelehrte Tätig-
in Ba^el als eine geradlinige Fortsetzung seines Wirkens
»r Pariser ITuiversitüt dar. Man darf übrigens zu seinem
1^ «agoUf dass er mit dieser Tätigkeit sieh als ein
S^r Vorläufer des grossen Kras/nus erweist, Krasnius und
iuchdrucker Frohen siöd mit ihren Ausgaben der Bibel
[der Kirchen v?iter den Spuren Heynlins n?)d Amerbaehs
Sehen wir nijs nun i\v* Anserliachschen hruck»^ seliist
nim Heynlins Mitwirkung an ihnen im einzLdnen fest-
^Uen und die Richtigkeit der Atissagen der Chronik zu
bn. Pen Anfang machten die Freunde mit der Biheh
erschien erstmals 147i>t erlebte in zehn Jahren acht
luflögt'n/) tmd erschii^n auch noch 14111^ c. 1497 und
Ider Postille des Hugo von St Clicr in sieben Bänden
j— 1502.*) Heynlins Name kommt in dem ganzen Brücke
ftndst vor. i nicht eiiimrd Amerbacli hat sich in den ersten
&n gvnannti,*) aber verschiedene Anzeichen lassen
if schlie^sen. dass er von Anfang an an der Ausgabe
ligt gewesen ist. Dafür spricht schot» di<» grosse Anzahl
fVon'edon und Inhaltsübersichten vor den einzelnen
lierti der Bibel, die viel zahlreicher sind als in deu
anderen Bil>elausgabün der Zeit."^! In dmi 4 Evan-
S. ob«! S. i 06^ ION
Bttrck. 7»). Heck, 3^.
1^ Die K^l, Bibltothck in Berlin besiui Ekcmplare eines grf>&sr(i Teils
AaJbsen. Km ExcmpUiT der Erstausgabe voo J47C) ist im Bc^ii/c «Jcr
dflreutltchcn Bilitiotbrk in Dfcsileu un.l T^n.ua»-' »»It dLit-n uüli-Lief
bub retn ua% in Berlin beotitxt wrrdci
•j E}etin(>cb wird ihm dtc tu Kedc hiti,e,i.it bit.r= i,is|^.4Mr m^ uUmi
Kttk ühctclüMimtncnd 2 Ui;«>itrh rieben, Vgl, il. H, Keck. ^2,
\ B. i Vorreden iiml 1 l»li;ihi4n^,if>i>, %iir den
I \ Vvnciitn und sr» fort, In den tiibliugmpbl'
Beidireibiificeii {ftiw uiw.) ht auf diene Prologe keine HÜck<»icbt
286
Mast HossfcKL
gellen haben sogar alle einzelnen Kapitel besonden* Inhalt*-
aogaben, welche dann, ganz wie He>mliD das zu triin pflegi«.'
am Anfang der Evangelien zu vier ^Registern** ziisammeij»
gestellt sind. Auch sonst ist die Bibelausgabe mit allerl'-J
Zugaben versehen, die ihre Benutzung erleichtem und ihreii
Wert erhöhen sollten. Sie enthlüt die Hien>nyini»nisclit*D
Krklärnngen hebräischer Worte*) und seine Prol^
Bibel, sie führt übemll im N.T. am Rande Parall-
zu einzelnen Bibelstellen an,") sie hat eine aasfuhrUctji*
Tabula textuum evangelicoruin , d. h, ein Verzeichnis de;
Perikopen für das ganz« Kirchenjahr ide tempore, de sanctis
ttsw,) und zur leichteren Auffindung von Bibelstellen di«
von Hugo von StCher herrührende Einteilung der Kapitel in
grössere, mit den 7 ersten Buchstaben bezeichnete Abschnitte
rrlie Einteilung in Bibelverse war ja damals nicht gebräuchJichi.
Neu ist eine metrische Aufzäldung der Bücher der Bibf^i
in 14 Hexametern. („Biblia quem retinet sequitur nunc m^
tricus ordo- usw.) Neu sind endlich zwei Zugaben, die oiä
als Beweis für Heynlins Mitwirkung an der Amerbach-scJjeß
Bibelausgabe dienen werden, erstens eine am Schluss d^
ganzen BaTides befindliche kurze Angabe über die Eväö*
gelisten :
Marcus Roman ia. sed Johannes Asianis.
Lucas Achaiis, Mattheus scripsit Hebraeis.
Mattheus scrij>sit evangelium anno domini 39,
Marcus 43, Lucas 53^ Johannes 83.*)
daher einige altere Bibeldracke mit der AmerbachscIieD Ausgabe selbst ftr>
gleicbea. Es wurden verglichen: 1471 Rom, Swcytibeim uod Pannartz; 147^
uod 1478 Nürubcrg, Kobcrger; 147Ö und 1477 Basel, B. Rkhel, AUc vor 14:*
erschieueoen Bibeldrucke zu vergleichen , wäre wohl mehr Mühe gewesen, ilt
die Frage verdient. Copingcr (S. 103, No, 47) neuut citie Ulmcr Ausgibt
von 14 So »Is die erste^ welche lateinische Summarien haUe. Solche lohslt»^
nngaheu finden sich aber doch schon in unserer Amerbach&chcti Ansgt^
von 1479?
♦) vgl. oben S. 132, 137.
^\ Diese allerdings erst in der zweiten Aulrlage von 1481.
*) Hicronymus' Erklärungen hcbr» Worte und seine Prologe, ebeps»
die Parnlte Istellen sind Zugaben, die sich schon in den älteren Bibeldrucltce
linden.
*) Bei Hain ist die Aracrhachsche Bibel von 1479 (No. ♦3075) die cRlc,
die diese 4 Zeilen entbält.
Jobiioties HcynlJn aus Stein.
2%7
id lEWoitens ein© mit dt»n Woiten ^^Plnres fuisse qm evau-
Blitixt) ücripsemnt" beginnende Vorrede zum Matthäujsevftu-
^linnu Dio eine wi<i diu nndi^re dieser Ziiguben befinden
udndicli in dem Manuskript der von Heynlin im Juliro
in Paris gehaltenen Vorlesung über die Evangelien.')
iiit die Vorrede zum Mattliänsuvangelium nicht etwa
in Hoynlin verfassi, sondern vnn dem heiligen Hierony-
,*j Aber Heynlin war es offenbar^ d^r ihre Aufnahme
dio Biht^lausgahe Amerbachs veranlasste, ebenso wie die
/•eiligen Nachricht über die Evangelisten. Pas macht
udere folgender Umstand wahrscheinlich. Der in
&yiilin8 Manuskript befindliche Text der Vorrede ^Flures
tisiiB^ etc, ist von ihn» erst nach einem fehlerhaften Hiero-
lOä-Manuskript abgeschrieben.^) dann aber, offenbar nach
[i#im richtigerejj, verbessert worden.*) In Amerbachs Aus-
liest man nun einen Wortlaut der genau dem ver*
n Text Heynlins entspricht, beide stimmen Wort
It. überein. Es irtt also mindestens sehr wahrschein-
Aij dass Amerbaeh nac^li dem korrigierten Heynlin*schen
ctr druckte* Durch alle diese Beobachtungen glauben wir
|e an sich übrigens völlig ghuibwürdige^ aber in etwas
libestimmten Ausdrücken gehalt(»ne Nachriclu der ('hivinik,
BS Heytjlin dem Joh. Amerbaeh bei seiner A'eröffentHehung
?r Heiligen Schriften mit Rat und Tat zur Seite gestan-
'U halle» an einem wi(*htigen PunUti.' erhiirlet zu haben;
teynlin darf, wie als geistiger Urheber, so aucdi als tlUiger
|ejfer, als Mitherausgeber der Amerbach'schen Bthelausgabe
)ti 1479 gelten.
Diese Feststellung ist nun darum noch von besonderem
fert. weil diese Amerhach^sche Ausgabe sich rühmt, zum
ti>n Mal finen nach griechischen und hubrÄischen Quellen
' ., .>[it!h ^. J51; Vorl. foU I7ufl.
*) %i«lie Koviim Toktunicntum Lathie, ed. Jab. Wonlawortb« Osfd, 1^9^
I 1 1. W, iMfrrithtict »ic als Prutogtts qii.nttuor EvÄngelionjni «x coninJcntArfo S,
Eijini tu Mtitthettm. tu Hcynluis MS. hl sie „l^refalio in mathiri cv&ti*
IHnfli** ub«r«clirieL}«a (VotI foL l8a).
S fot 1:1— ijr.
28S Max HossfcU.
verbesserten Text der Bibel zu gebeu. Am SchloBs d«
Neueu Testaments liest mau näuilich die Verse: ^FoiUtlui
ex ffraecis hebraeorum quoque libris Emendata mth ei dtor
rata simul Biblia sum praesens, superos ego testor et Ji&iw.
Est impressa nee in orbe mihi similis Singula quaeqne Iocb
cum coticonlaiitiia extant, *) Orthograpliia simtil i|uam Imiw
pressH manet** Darunter die Jahreszahl MCCCCLXXIX.
Diese Verse, die in unserer Auierbach'schen Ausgabe mm
ersten Male') vorkonimen (nachher wiirden sii*, oft wolü
nur als Aushängeschild, mehrfach kopiert).^} beweisen, d*»
die Herausgeber eine gewisse Kenntnis der beiden alten
Sprachen, und dass sie die Erkenntnis gehaljt haben^ dftö
der Text der Vulgata der Verbesserung nach den grieclii-
sehen und hebräischen Urtexten bedürfe, Mög%^n auch di"
Korrekturen, die man vornahm, noch nicht bedeutend ge-
■) Befiehl &)ch anT die oben erMrähnteu Paollelstelleii am Rande A»
Neucii TcÄlamculs.
*\ Die» bedarf der Erörterung. Allgemciii anerkaütit ist, dasi «!«
AmerbachVhe Bibel vou 147«) die erste datierte Ausgabe ist, die 4ie
Verse Fontibus ex graccis cntliält* (s. Copingcr Iücuij. bibl. 1891, No, i%
S. BS, Kaulen, Gesch. d. Vulgata (1868) S. 311). Aber eine undatierte Ato-
gal>e, die aucb kcitie Angabe des Ortes und Druckers entbilt| (Hain 304S,
CopiQgcr No. 38), raucht ihr den Rang streitig. Coprnger %erlegt nämlivi
diese undatierte Aitsgabe, die ebenfalls die Verse Fontibus usw. enlbäll, äa
ältereu Ansicht von Eberl gegenüber in» Jahr 1478 (Ivaulen ins Jahr 1470«
und erklärt diese undatierte Ausgabe demgemäsa (ur die erste mit diexcD
Venen. (Cop. l. c. Xo. 38, S. 86—87). Andere sind ihm gefolgt. (TmU Hl
43 <***97)- Aber Copinger^ Datierung ist falsch. Die undatierte Ausgabe i«t
nicht im Jahre 1478, sondern erst in den 90er Jahren des 15. Jahrhundert»
gedruckt worden nnd zwar von Caspar Hochfeder in Nürnberg, gehört al*<»
<u den AusgabeUi die die Verse der Reklame wegen von Amerbach nber»
nahmen, (s, Proctor, Rob,, An Index to tbc early printcd books in t. Brit
Mus, London 189S, I, t, S. 149. No. 2301. Herr Dr. Voullienac hatte di*
Freundlichkeit, mir aus seiner personlichen Kenntnis heraus Jtu bestätifcs,
dass der undatierte Footibus-Druck Caspar Hochfeder zuzuweisen ist, Hocb-
fedcr druckte zwischen 1491 und J498.) Da mitbin die einzige Bibelausg-^be,
die der AmerbachVcheu die Autorschaft an dem „Fontibus ex gratis" etc.
»treitig macht, fortfällt, so bleibt der Amerbach'schc Druck von 1479 nit^rt
nur der erste datierte, .sondern überhaupt der erste, der die Vene cuthjlt
■) Vgl. Fr, Kaulcu, Geschichte d. Vutgata (1868) ,S. 313. Derselbe: Ein-
leitung in die heilige Schrift (4. Auflage 1899), I, 150.
Jotmniie« Hcytilüi au« Stein.
2&9
re^en si5in,^ $o ist doch interessant ifestÄastellen, tliiss tler
ii^daiike, der oinen Reuehlin und Erasnms zw thren epoche-
nachenden Studi»*n anspornti*, schon in den 70er Jahren
[t»s 15. Jithrbiindürts hier in Basel iL^bcndig wnr und auch
bon, wenngleich in beschränktem Umfange^ ins Werk
psetssl wurd^.*) Es ist ganz woUl ujöglicJ^ dass Ri^nchlüi,
?r tlamals hier bei Ändronikos Kontoblakas (TrJerbiseh
fcdrte und mit dnui des Griechischen und Hebr&isclion kun-
figeu Wessel verkehrte, "^j zu den Herausgebern der Amer-
^«rh-Bibpl ^phört hat: war er duch mit dem Bni^hdrnckLM-
ri© mit Heynlin eng befreundet und vertrat er doch später
|ltirc*hau8 den (Vdauken, dass die hebraica veritas über Hie-
>nymus ssu stellen sei/) Aber auch Heynlin selbst, dessf*n
litwirkung bei der Ausgabe feststeht und der sogar nls
ir Urheber erscheint, gehörte zweifellos zu diesen des
Irtechiächeu und Hebräischen kundigen Korrektoren. Denn
^oiu (griechischen verstand rr nachweislich etwa«, vom
[c^bHiischen wenigstens wahrscheinlich. Fri'ilich niuss man
m^ dass die Verbessenmgen der Amerbach'schen Bibel-
Itiagabe auf ein rtudii dürftiges Mass bi*gchräJikt geblieben
idn wOnb^n, wenn keiner der Korrektoren die beiden
Sprachen besser beherrscht hätte, als er;*^l der springende
et ist aber fürs erste nicht, wie viel oder wie wenig,
inditm nur, daas überliaupt verbessert wurde.
^ Eiue srttiidliebe Uiitcrsucbnug darüber i$t iiocb nicht angedient ,
Aiileti Ut geneigt, die KmendAlioncn für iml^edeutetid ku bjilteii. (Gesch. d,
*) Audi la einer I4H7 in Ba&cl erscbietiencn Anügabe heisit es: Nota,
^«bieotiqise iu librti Veteriii TcMam. tiici»*lositAS rcjicrltitr, currendam
volumtiia Hebmeortim, i-iiumI V. T. primo in lin{»ti» hchrar;i Mrriphmi
Si Yero in libri* No\i T. rccurrcmlum e»l ad ViUiimtna Gracfx>rüm, nuod
T. primo in liu|:ua gt^eCA M:r« c*t praeter Kvaog. Matthaci et epistola»» Pauli
Htlira«9>, (KahIch, ßcseb. d. Vulguta, S. 306).
^ Viwrh. 191.
*) Getier, Rennbsf. il Hum. S. 50«. Bei der Abf;\sfung des Bn»vito-
114; 5) ioU Reiichlio nocb kern Kebriisch gekonnt haben. (Geig. R. 71)
er ipricbt xiich dskmskU ccbön den SaU au«, da^s man, lA'enn sich im
T, Fehler finden, nni ftie eu verbcsseni änf den hebräischen rrteit «u*
kgeEen DAiu%e. Int Voc. breviL 6, 1. ««A&teriscut'^', ^Gei{. K. 72, Ci )
zgo
ISnx Hossfeld.
Nach der Veröffentliciiuiig «ler Bibel iiind n<-*benKci
bemerkt auch einer grossen Anzahl anderer gangbarer
Bücher — di_*Tiu AiDi?rbach war auch Geschäftsmann) dacht«'
mau an tHi> Herausgabe der grossen Kirchenväter Augustin
Ambrosius, Hieronynius uud Gregor. Da eine GesamtaiL^-
gabe Äugttstins zu umfangreich schien^ fing man mit ein-
zehaen seiner Werke an. 1489 erschienen zM'ei seiner Hanpt-
schriften, de civitate dei uud de rrinitatej ferner die expLv
natio psalmorum. (Neuauflagen der beiden ersten Schriften
1490, der letzteren 1493 und 1497.1 Um 1491 kmii hemm
Augustinus sujier Jtiliannem evangelistaoij 1493 Epistola«'
und 1494 — 95 Pkira ac diversa sermomim opera, Leidt*r
findet sich Hepilins Name in diesen Dnicken ebensowenig
wie in der Bibelaitsgabe. doch kommt uns hier eine An-
gabe des Trithemius zu Hilfe, welche die Nachricht der
Kartäuserchronik stiizt und genauer bestimmt. Tritheim
schreibt in dem 1494 erschienenen Liber de scriptorihtifj
ecclesiasticis über Heynlin: ^Mnltc>s (»raetarea diversoruni
auctorum libros per tractatus et capitula distinxit singnlin
argumenta praemittens. quibns quae in illis sit acrtbennV
inteütiü dihicide potest agnusci. E quibiis sunt . . . liher
divi Augustini «le contritione cordis, liber epistnbirum eins*
und in Tritheiu^s 1495 erschienenem Katalog der berühtntpn
deutschen Gelehrten heisst es verallgemeinernd „o quibns
sunt , , . libri Augustini.^ Mit diesen Ausgaben Heynlui»
sind zweifellcjs die Drucke seines Freundes Amerbacb g*»-
meint. Da diese untereinander viel Aehnlichkeit habtm.
beschränken wir uns auf eine kurze Besebreibung eintt
einzigen von ihnen und wableu die, die Trithemius speziell
namhaft macht, Augustins Briefe. ') Das Schlusswort dieses
Dnickes lautet: Divi Aurelii Augustini Hipponensis episcopi
Über epistolarunx vigilanti accuratiasimoque studio emeD-
datanim et impressamm, artjumentorum qmqite not^omm
praenotatione suceincte et dilucide r»xpositarum, atque ope«
niagistri Johannis de Anierbach civis Basiliensis perfectanim
anno domiui etc. XCIII il493j. Die Ausgabe ist sehr sorg-
fältig. Jeder Brief tragt an der Spitze eine Inhaltsangabe,
*) Eine Amerliach'sclie Ausg.ibe von Aii|rustins Schrift de coötnlioiic
cnrdis ist mir nicht bekannt.
Joh^nttes Heynldi aus Str.
im Schlttssworf siog, Argamontii tiava. diu tluiui am
üg" dra gasi3&i<^n Wt^rk^j? atif 14 Seiten (foHo 2— 8*) nocli
TiniJil nnter il^m Titol: .EpUtotarum Divi Anrelit Angii-
iDi Hippont^nsis Episcopi exiiiiiii|UP eedot^ifle tlortoris i?Ir-
iuVsitijo .stilo digesit»nini brevis annntatio. singiiiarmu
ti», miiteriam atqn«? onlinem exponenß** ziisaiumengestellt
ad. Sie niü8sen als Hi-ynlius Arbeit gi.tlteD. Aui Schltiss
di*ii Bri'^feti »nn umfiingroiches Verzeichnis i<>3 Seiten)
bemerkenswerten Aussprüche nnJ der abgehandelten
beigegeben, das wii* ein Lexikon zu benutzen ist
. -* »u h Hinweise mit 2^hlen und Buchstaben** schnell
gowiin^chte Briefatelle iU»er ein bestiniuites Woit oder
»n boatimmten Gedanken finden lässt: imu sehr brauch*
i^ister. Das Buch ist in Antiquiitype gednickt.^)
ih r Weise sind aiicli die übrigen August in- Auy-
mit TJeberscbriften, Registern und Vorreden Ver-
ben und bei mehr ak #*iner von ihnen mag Heynlin nach
einzebien mitgeholfen haben.
Auf die ersten Ausgaben August ins folgte dit* <ler
r^rko de» heiligen Amhvosius^ die im Jahre 1492 in drei
I erschien , die erste Clesamtausgabe dieses
vA,^) Hier besitzen wir ausser den Angaben der
minik and des Trithemius ein noch wertvolleres Zeugnis
H«n'nHnfi Mitwirkung in einem Brief, den dieser selbst an
nerbach schrieb nnd «ler dem Werke als Vorrefli« beigi»-
bben lÄl, Di»r Gelehrte erscheint hierin durchaus als der
irende deistj der Bncbdrucker als sein getreuer und will-
helfender (k*nosse. Er hat diesen schon seit langem
dl»^ Bibel un<l dio Werke der heiligen kathoH-
len JfJimiGr, insbesondere die der vier Doktoren Augustin,
iibroäinSf Hieronyrmis luul Gregor^ die nnter jenen wi
^ Die 4^ Seilen iki Text» »ind tiicbt pji|;tuiert, aber c» tra]£vti kmtucr
imbischü /.»hl <;iUo 4H ZubkiM und die \o Seite» werden
n tu kleinere Al»&chniUc verlegt.
^ AnerbAcli war der ente Butler utid überbaii|il doer der enten
f, dk Utciul*che Typen Anwendeten. (A, U. B . He\'k. 50»)
^ BufcJk, Hl. Freiiicli fchleit nntli maoeti«* WVrke de* Amtironlus i*5b-
rrod £ti|ck»cb m^ufhe djirnnk ttitcH nicht äl« ntiecht tirkAniite Schrineti mit-
2^1
Max Hnssfeld.
hollö Sterne leiichteten^ im Druck lierauszug*?hen, ') er fr»*at
sich der Zustimmung Amerbachs, lobt iiin, dass er Urptt*
di»> Bibel und die Werke Augustius veröffentlicht habo mid
tröstet ihn» wenn er ^eintMi nach s^Muein Urteil nicht wür*
digen Lohn für seine Miiho erupfängf,*^, mit dem Hinw»*i5
auf den himmlischen Lohn, der solchem lobenswerten B^
ginnen nicht l'ehlen könnte. *t Er freut sich, wenn der Buch*
driicker zu ihm kommt, um ihm einige Ariibrosiusmaniis-
kripte zu zeigen, ernmntert iJin zur Dmcklegung und ver-
ßpricht seine Beüiilfe, um ilie jener ihn angeht. Er ühi*r-
nimmt dann auch, wie es nachher heisst, das Einteilen ci«fs
Textes in übersichtliche Abschnitte (nacii Platos Vorgang.
wie er nicht vergisst hinzuzusetzen), sowie die Henstelhn»g
der Summarien zu «len Büchern und Kapiteln, weil «li»>#i
Hilfsmittel die Lektüre ungemein erleichterten und fruchtbar
machten. Er bittet jedoch Amerbach, noch andere gelehrt«»
Männer zu dieser Arbeit heranzuziehen, die für Pineu Eii
zu schwer sei.^) Unsere dreibändige Ausgabe, dieübeir ^
sehr sorgfältig ist,*) weist denn aucli durchweg jene Ein^>i-
lung des Textes und ]en»> Inhaltsangaben am Anfang grösserer
Abschnitte und jedes Kapitels auf. Ausserdem sind dem
Druck noch verschiedene Schlagwortregister beigegebeu.
(Annotation es prineipalium oiier notabilium dictoruni Arn-
brosii iuxta onlinem alphal>eticnm). Der Heynlinsche Aii>-
brusius hat noch zwei Ausgaben erlebt. Als nach 11 Jahn^i
van den Exemplaren der ersten Auflage nichts mehr übrig
war, regte der beruh mte Nürnberger Buchdrucker und Ver-
leger Autoui Koberger, mit welchem AmerVjach in regeni
>) ,Jj}tot'uiu i^itur scripta ut lUtc taa JiiuUiplioircSt iam olim tnooui,
ii4&enfiiiti** usw.
*) ^ftx quo dignam fortassis tc iudice conipen$anouen] tion rccq>em/'
Der irdiscbc Gewinn scheint oicht sehr reichlich imd HeynliDs Zii&prtttb
und Antrciheu nötig gewesen tw »ein.
*) Zu ihnen jjcbörtc vieUeicht Heyiiliiiü Freund Seb. Braut, vou tlfW
Eich am Anfang iles ernteu Bandes 5 Distichen finden, (bje siud ohne seinifu
NAinen gedruckt, finden sidi aber in Brants Varia CArmitm in dem Gedicbi
in laudero j^anctissiroi piKtrh ArabrosH wieder. Zarn. No. 33).
*) Das rühmt auch die Karläu&erchronik », . . de opcribuä di%i ABibroai,
tfuae parlier com ingetiti hibort! di&tinxit (Hcynlin ttamliehl ac emend^ta prt>>
dire fccit in Junten.** ßa, Chr. I, 34*1, 35,
Johannes Heyutin aus Stein.
^M3
HGeschäftsverkelir stand, eine neue« Ausgtibe dos Werkes von
■ IBOO oder IBOO Exemplaren an, ') welche denn auch im pJahie
1B06 unter dem I>nickernamen des Hans Pt^tri. d*^s (Teschäfts-
^ genossen Amerbaclis, erschien. Ein*- dritte Ausgabe erschien
B weitere 10 Jahre später^ gednickt von Adam Petri, dem Nach-
Bfolger, {ür des Antoni Nachfolger Hans Koberger; nun mehr
Hinit der Kobergprsclien Verlagslirnia*^)
H Diese Augustin- und Ambnisiiisausgaben si ml alles^ was
BAmerbach zu Lebzeiten Heynlnis von den vier grossenKirchen-
B%^ätern veröÖentlicht hat. Alier er arbeitete nach dem Toile
™seines früheren Lehrers iy fleswen Geiste fort, li<^ss im .lahre
1506 eine Gesamtausgabe Augxir^tius in neuu Bänden er-
scheinen'^* und machte sich dann an die Drucklegung der
^Werke des heiligen H'm*Qmjmus. Bei den Vorbereitungen
^liierzn ereilte ihn der Tod il513),*) erst 1518 wurde die
Hieronymusausgabe fertig. Vnn Gregor dem Grossen ist
Ibei Amerbach nichts mehr erschienen/)
H^wnlins Mitwirkung beschrankt sich nun nicht aui die
bisher erwähnten Ausgaben der Bibel und der von ihm be-
vorzugten gi'osseu Kirchenväter. Kl>enso wit^ der Andjrosius
»von 1492 enthalten noch zwei andere Drucke Amerbachs,
der Cassiodor und der TritJiemius, je einen als VoiTede ver-
wendeten und an den Bucbd rucker gerichteten Brief unseres
II Johannes de Lapide. Cassiodors Erklärung zum Psalter er-
schien 149L Aus der VotTode ergibt sich, dass Hejmlin
Bdie Herausgabe besorgt und don Text druckfertig hergestellt
hat**) (^Cassiodonis, cuius opus nunc imprimendum in manus
*) Brief viim O. Februar l 50J, s, 0. Hase, Die Koberger, 2. AiitL, Brief-
buch S. -9.
■ *) Hase S. iqo,
3j Bjogr. ITniverselle, Bd. jj, S. 3Ö9 (1802) nimmt an, dass Hcyniin
oocb an dieser Augustin-Ausgabe beteiligt gewesen sei, nnd fotgert daraus»
dafiü er AiiGaLOg des 16. Jahrbuciderts starb, Heyalio starb schon 1496 und
kann höchstens als ideeller Urheber der Ausgabe gelten.
»*) Bern. Buch. XV.
^) Trilhcmius gibt an^ dass Heynbn aach ChrffBöitomus herausgegeben
habe, doch haben wir einen solchen Druck nicht nuftiudcn können.
^m *) Uebrigens noch wieder, dass er auf die AuFwaht der Drucke Arocr-
^Hj>aclis £infiuss hatte: er ermuligt den Drucker mit dem Hin^vtis ftuT ^
^EliitnniUschen Lohn* der ibm zu teil wcrdcu wird, ,,m divluos Itbro
^Kcare ouravcris; qnod horttUu meo facere velis** usw.
2Q4
Max Ho&&rehl.
snscepisti^ schreibt Heyiüin). Der Text ist übersichtlich
ungeordnet^ in Kapital abgeteilt und mit vielen Änmc
iingen v«^rsehen. Am Riindo befinden sich zahlreich«» ZeicM
dif in einer dem Briefe angehängten Inatmctio lectons il
Erklärung finden. Es sind IB verscJiiedene Zeichen, welche
philosophische oder tlieologische Begriffe wie Synogismeiu
1 Definitionen usw. M und bestimmte WissenschaftvSgebiete wi*^
Aritlmiftikj Geometrie, Musik. Astronomie. Etymologie uufl
dergleichen bedeuten, ähnlich wie man in unseren modemeü
Wörterbüchern zw verfahren pflegt. Paiin folgt auf 41 Seite«
ein alphabetisches Sachregister (Notabilimn dictoruru et ex-
positorum annotatio iuxta alphabeticum oixiinem coHects)
mit Hinweisen auf den Text, dann eine Uebersicht über dea
Inhalt des Buches und hierauf der Text selber. Im Schills^*
wort heisst es: „Cassiodori . . . psalmorum expositio . . dnU
cissimoque fönte purissimae latinitatis irrigata,-"^ cum per-
vigilanti emendationis studio» auctore omnium coop'
arte impressoria perfecta est per magistrum Jo, de a
bach praeclarae Basiliensis urbis civeni. 1491. Darunter mit
griechischen BnchstÄben rtkoi:*
Wie zum Cassiodor. so hat Heynlhi auch zu dem b«y
kannten Werke des Ab tos Trithemins^ de scriptoribiis eccle<ii»-
sticis^ die Vorrede geschrieben, und z^^ar wiederum in Form
eines Briefes an den Buchdrucker.*) Mit der Herstellung
r«^sp, Korrektur des Textes hat er bei diesem Werke eines
noch lebenden iiml unfern Basels wohnenden Schriftst^dlers
sicherlich nichts zu tun gehabt, Amerbach aber fragte ilui,
als er das Manuskript bekam, um Ritt, ob er es druck<*ii
sidlt«, bat ihn es «iurchzulesen und Uim sein TJrt*^il darüber
zu sagen. Heynlin erfüllte seinen Wunsch, und äusserte
•) z, B. bedeutet ein vcrschlufigenfrs X und P ixp) ein ,j,dogma \%Ht
net'CSSaniim'SPP bedeutet ein ,,ldioina, idcst propriam legis diviuae locutiofiem*'.
*) Auch in der Vorrede lobt Heynlin Cassiodors Schreibweise; „Mibil
intactuni reliuqucus, nihil incastigntiim, nihil ineptiartinit nihil deniqu
propnetatis vulgaris in vcrbis admiücn*.'*
*) Eine haudjcbriAliche Kopie dieses Briefes in der Bibliolheqne il*
l'Arscnal in Paris. Der Kopist unterschreibt Fr. Anthoniiis Gbeens 15
(s. Catddogue des maun&cnts des bibliolbcques de France, Paris, BibL
TArs. Bd, I, 359). Uebrigens ist der Brief in fast allen Tritbeniiussif]
»t>]/ed ruckt.
Johanne« Heynlin aus Stein,
2g5
IbicIi in höchlich anerkeiu} enden WortcTi üb^r die Gel eh r-
[Bamkeit und Nützlichkeit deg Tntheimschen Buches. ^Qtiam
üb causam^, redet er Auiorbach an, ^iiieo non sohim con-
ßilio, sed et hortatu attjue rngatn curare yelis ut, qimm totius
fieri possit, impressioni tuae illum subiicias et perficias'*.
Ende 1494 erschien dann der Dnick, der neben Heynlins
^£rief noch ein -tErapfehlentles Gedicht an den Leser^ ent*
Behielt t das wahr^cheinüeh auch von Heynlin verfa^st ist: es
Bßteht dicht hinter seiner Vorrede. ') Diese ist vom 28. August
■14'J4 datiert.
V Zu Cassiodor und TriÜiennua treten die Libri artis
logicae Porphtjrii et Aristotells cum explanatione magistri
wTohannis de Lapide sowie der Tractatus eiusdem magistri
Johannis rftr Lapide de propositionibus expoiiibilibus ciuii
tractatu de arte solvendi importunas sophistarum argumenta-
rtioneSf alles in einem Bande 1495*) von Amerbach gednickL
also die logischen Schriften des Aristoteles und Porpbyrius
mit Hey id ins Komiurntaren sowie dessen eigene logische Ab-
handlungen; Schriften, die er sämtlich schon in den sech-
I
I
') Voo ßniDl, der vielfach die Gedichte für Amcrbach^^ Dntelte lieferte
(s. oben S. 292 uod Zarn, Einkitnng), ist es nichts denn ein Gediiht Brauts
mm Lobe des Tritheinisclien Buches ist dem Druck noch afisserdem beige*
^eben. Vgl. Heynlins Gedicht in Ciccros Offizien obcQ S. 137.
*) Der Druck ist undatiert, aber das Jahr ergibt sich aus dem Li her
bencfactoriini des Kartä^jserkloAters, dem Amcrbach diesen Druck geschenkt
hat. In diesem Buch der Wohltäter sind nacheioander („succcssive") ungefähr
80 Ausgaben eingetragen, die Amerbacb dem Kloster gleich nach ihrer Fertig-
sietlung durch den Druck (»♦ Burck. 85) ztim Geschenk niachte. Unter ihnen
betindet sich etwa als 6ostes Geschenk die Logik des Aristoteles mit He}'ii-
lins Konimetjlart deren Ueberweisuug der Über bencfactorum mit den Worten
bucht f^ldem totam logicam ArislotelU cum commeolo dupliciter valentem 11
flor". Dahinter die Zahl 1495. (s. Steht in, Regelten z. Gesch. d, dtsch. Buch-
drucks No. 1623, im Archiv für Geschichte des dtsch. Buchhandels 1889, Bd.
12. S» 62 — 64,) Vom Herbst I4<>8 datiert eine Nachricht über den Verkauf
des Werkes- Der Bucbhiindler Antoiii Koberger aus Nürnberg bcslellle
damals von der Frankfurter Messe aus bei Job« Amerbach eine Anstahl seiner
Druckwerke, darunter auch : „40 logicc Johannis de lapide wie cg sich in das
Fasi' schicken will minder oder mer**, (Brief vom 21. Sepl, 1498) «öd stellt
nach Empfang der Sendung fest, dass er ,,£wcicr zvi vil fundeu habe im Text
logice und 1 margrita poetica/* (16, Nov. T498; vgl, O. Hasc^ Die Kobe^
2. Aufl., Briefbuch S. 11 und 97}.
2()6 Max Hossfcld.
ziger Jahren in Paris und Basel verfasst') und erst jetzt
durch Ainerbach, der sich hier im Schlusswort als Lapidani
quondam discipulum bezeichnet, dem Druck übergeben hat.
Der Text, enthaltend den liber isagogarum Porphyrii, das
ganze Organon des Aristoteles und ausserdem auch den liber
6 priiicipiorum des Gilbert de la Porree, ist wie üblich in
Traktate und Kapitel eingeteilt und mit Rekapitulationen
versehen.*)
Ausser im Cassiodor, Ambrosius, Trithemius und Aristo-
teles erscheint nun Heynlins Name in Amerbaohschen Drucken
nicht mehr. Da aber eine der von Tritheim dem Johannes
de Lapide zugeschriebenen Ausgaben, nämlich die Schriften
Ephräms des Syrers, von Amerbach gedruckt worden ist,
dürfen wir annehmen, dass Heynlin auch dieses Werk heraus-
gegeben hat. Es trägt weder eine Angabe des Druckers noch
des Jahres, wird aber mit Bestimmtheit Amerbach zuge-
wiesen.') Der nur 18 Folioblätter starke Druck führt den
Titel Libri Sancti Effrem diaconi und wird zur Hälfte von
Ephräms Schrift de compunctione cordis ausgefüllt. Femer
sind die kleinen Schriften des Syrers über Gottes Gericht
und die Auferstehung, über das Himmelreich und die Rein-
heit der Seele, über die Glückseligkeit der Seele, über die
Busse, über die geistliche Trauer und über das jüngste Ge-
richt aufgenommen. Es vorsteht sich von selbst, dass sich
auch diese Ausgabe durch Sorgfalt des Druckes und üeber-
sichtlichkeit des Textes (Kapiteleinteilung usw.) auszeichnet,
und dass an Inhaltsangaben kein Mangel ist.*) Diese Ephräm-
i) s. Band VI, S. 343, Band VII, S. 82.
-) Trithemius gibt an, dass Heynlin auch Aristoteles' Metaphysik und
de aninia herausgegeben habe. Vgl. oben Bd. VI, S. 343,
') Hain 65<)7. Heck. 31 und andere. Wie ich nachträglich sehe, \vei>t
E. V'^ouUicme (d. Inkunabeln d. f<gl. Bibliothek u. d. and. Bciliner Samm-
lungen — Beiheft 30 Zentralbl. Bibl.-wescn, i()o6, No. 555) diesen Effrcm-
druck Jac. (Wolf) von Pforzheim in Basel zu, aber auch dieser Buchdrucker
hatte Beziehungen zu Heynlin, s. unten S. 2«)8.
S Am Sühluss sind diese Summarien, die durchschnittlich 6 — 7 Zeilen
umfassen, also für den geringen rmfang des Druckes recht lang .sind, wie
üblich in einer tabula zusammengestellt. Die Kapitel sind gezählt, die Zahlen
am oberen Rande wiederholt, die Abschnitte durch Titel, Absätze, grössere
Schrift usw. deutlich von einander getrennt, alles Bequemlichkeiten, n:ch
denen man in vielen gleichzeitigen Drucken vergebens sucht.
Joharmcs Heynliii aus Stein.
Liiä^gaho orsoiiien zuÄummf^n'} mit cl^r lÄetorica divin» «It»
)ratioiio Douittii d^s Wilhelm von Auvergne oder Wilhelm
^on Paris Oiiilerinns Parim«>n8is), du* Tnt»glicher\vvigi> aiu*h
ron H*n"nlhi brsäürgr iau Auch sie enthalt die Kinteihtng
Kapitel, die üebersicht über dieso, ein alphabetisch*^»
schregiBfer, sowie ein Gedicht 1 10 Disticheni mid eineVur-
^*de, die t.TC*dutikon ausdrücken, welche Heynlin gnm ge-
ifig waren* ^)
Hierniii lialxHi wir \vt)bl alltj die Amerbaeh^clien I*mckü
^ulgt'Zählt« deren Herausgabe inau mit Bestimmtheit oder
IVahrschtiinlicIlkeit Heynlin zuschroilien krtnn. Gewiss haben
n'ir damit «len ganzen Umiang der Tätigkeit, die der Ge-
lehrte dem Unternehmen seines Freundes als wissenschaft-
^eher Beistautl gewidmet hat, nndi nie.ht erschöpft; ihn
^ölUg 7M UHLSchreiben ist indessen bei dem Mangel an
reiteron Anhalti^punkten kaum mügliclu Zwar macht bei
fiuep gpot«8en Anzahl der Amerbachsehen Ausgaben die
liiiGCtirntissima emendatio** und ^perutilis et antea nun vi^a
per capita distinctio- de^ Textes, die Beifügung von Inhalts-
Tu UeberHichten, Registern, alphabetischen Listen der
itze des Autors untl ähnlicher Zugaben i'ine MitwHirk-
dg Ueynline wahrscheinlich, aber alle dies© Merkmale sind
loch zu allgemeiner Natnr^ um einen bestimmten Hchluss
amde auf ihn als Herausgeber zu gestatten/'*» Denn wenn
>) la einer Ausg;ibe klcinereü FormaU (in der KgL Bibliothek iu Ücrlm
19S) ftincl die Bücher des Gtiit, Pam. und deti Eflirem derart zusaiBiuen-
rtiekt, dtüs die lei>.te Seile ^on GuiL Pirts. und die cr&te von ElTrt'm »uf
rr Voidcr* tiiid Kiit^kkcite ein *und clc&selbiMi BUtttcs Ntehcit,
»y Müll • <):*it Gedicht tnit Hcynltrs ras^iodor^Vurtede,
•j Die rr Tilunj; dt*r Berliner Kotii^lidien Hitilioüiek ad Amet*
bftcheu Dnirkcu trtwa 8(J Werke) hüben wir «elb«t ditrcligf»eheu» d«bej
l3»cr ;*a»ser den angcfilhrUn ullgemeincn Merkmalen nur noch d«i oben cr-
lihciten und sfiäter S. 50^/4 qucIi zu besprechendca Brief HeynUns m der
I' ti, der in der LiUeratur über Job. de I.i|vidc bisher
U ^^n hitt, — In der Vorrede mm Über putiiie dtf>
fmftji^ V. Üeaut^ti (rd. Amerh;ieh 1481) weiden einmal eimge in dieser
|^iisamtiittt«td1iin|( ttjrht eben bäutigr Worle |;i:hr;tucKtt ilie .im tineni Briefe
llh. FichtU an He^Dttn cntnuniinen «11 tdn ticbcinrn: «tcnius licet eopi<>-
iihn ierw, nitiäf nMntttütquf ^rTip1t inijirc«si(jne** Urin^t m da von
ir* B, lind Fiibet lohte McynliTis Aus;;^ibc de* üjispurinu U, oben
298 Max Hossfcld.
diese Beigaben aiich ganz den Grundsätzen entsprechen«
nach denen unser Joh. de Lapide bei seinen Baseler oinl
schon bei seinen Pariser Editionen verfuhr, so können si»^
doch ebenso gut auch von anderen stammen, die sich diese
Gnindsätze zu eigen gemacht hatten. Dennoch kann man
bei einem Gelehrten, von dessen Handschriften und Büchern
der Kartäuser Georg noch 1626 schreibt „Insuper et in Ins
quos peculiarius legere solebat, diligenti marginum apparatu
propriae manus industria tiotahUiora quaeque signavit. Uni^
et omnes illi Codices, qui sui fuere, prae caeteris in pretio
habentur adhuc et nonnuiiquam a calcographis desyderaniar
pro exemplaribus,^ *) mit Sicherheit darauf rechnen, dass er
nicht nur an dem Amerbachschen Druckwerk, sondern auch
überhaupt an der in Deutschland einzig dastehenden Blüte
des Basler Buchdrucks im 15. Jahrhundert einen grosseren
Anteil gehabt hat, als die besprochenen Ausgaben es ver-
raten. Denn war Joh. Amerbach auch der bevorzugte. s<>
war er doch nicht der einzige Drucker Basels, mit dem
Heynlin noch bei seinen Lobzeiten in Beziehung getreten
ist. Von einigen anderen können wir es nachweisen. Da
ist z. B. der ehemalige Korrektor Amerbachs Johannes Frohen
aus Hammelburg, der 1491 eine eigene Druckerei gründete
und im folgenden Jahre der Verleger von Heynlins Schritt
über die Messe*; ^v^lrde. Dasselbe Werkchen druckte 1497
Jacohm de Pfortzen 1 Jakob Wolff aus Pforzheim). Mehr
kommt hier noch in Betracht Nikolaus Kessler, der seit
1486 in Basel dnickte. Ihm war Heynlin gleichfalls bei
der Edition einiger seiner "Werke behilflich.') Kessler
veranstaltote, wohl auf Antrieb Heynlins/) der hier dem
Vorbilde seines Fnnmdes Geiler folgte, 1489 eine Gesamt-
S. i2(^) mit den Worten: „Gasp.irini epistolas, non a tc modo diligeoter
cmendaiaSj sed a tuis quoque germanis inipressoribus nitide et ter9t trans-
^criptas.*' Das i^t vielleicht ein Fingerzeig, dass Hevolio diesen Druck berao*-
^jegeben hat. Auch inhaltlich besteht eine gewisse Aehnlichkeit zwisckfr
tler Vorrede zu Vinz^nz v. B. und Heynlinschen Schrifien (vgl. r. B. üire«
Anfang mit dem Anfang der Vorrede Hcynlins zu seiner Ambrosiiisaosgabe .
») Ba. Chr. I, 343, 13— 34^ »•
^) Das Resolutorium, s. darüber S. 327 — 330.
') Bern. Buch. XVI.
*) Bern. Fest. 254.
Jckliatmrs TftynTttt nu* Stein.
2Qi)
(aasgabi* der Werke des berüliiiit«ii Pariser Kanzler« Gerson,
[Eid© hnmlwhrifthVhe Notiz auf tleni Vorsätzblatt des Badler
^Exemplar? dioseö Drackes .iiituim labonun 1). Job. de Lapido
[ciun boc fipt*re*^) beweist Heynlms MiUirboit nn der Ans-
Igahf^y diu sich übrigens an die von Geilor veranlasste Edition
liitilehnt*} U»T hat Kessler ancli einige Werke der
[von Heynliu \n_ i_„^reii Kirtlienv^atcr (rregor und Hierony-
ms odiert;') nicht unmöglich, dass es auf dessen Wunsch
lliin goschab* Auch drei eigene Schriften des Johannes do
I^Äfude liat Kessler gedruekt, nnmiicb seinen kleinen Dialog
über die Kunst der Interpunktion, einen AufsiitÄ über die
lUJibefleckte Empfiingnis Maria und eine Pi'edigt Die beiden
[letÄten Schriften gehen ebensowenig wie der Dialog übi^r
iclir Interpunktion, der in Reuchlins Vocabulariu»» brevilo<|UUÄ
mitauf genommen wurde,*) unter eigenem Titelj sondern sintl
[üi eine Predigtsannidung eines gewissen Meffret aufgenom-
men.*) Kessler hatte schon 1487 eine Meffretausgabe ver-
I anstaltet') und war dann von Heynlin, der das Buch ge-
lleren und an der Leugnung dor unbefleckten Empfängnis
I diu ' ^ Verfasser grossen Anstüss genommen hatte, zur
lAth seines y, Verwarnung* hetitelren Aufsatzes vemn-
%hM9t worden.^ Die Verwarnung ist vom 21, April 1488,
*) Berti, binn Avi
*) h^^h cr»cbicnesi in Stin&jibufg bei Martin Fbcb j Bände der Gersou-
f Ausgabe, auf Geilcrs Antrieb von P. Schott besorgt. Geiler hatte 146t» in
Ffaukicich Manu^^kripte Ger>ous gc&ammelt Der vierte Band dieses Strttv>-
[iMiriger Druckes, det>cn Her;iufgabe Geiler »einem Freund Wimpfcliiig ober-
Nrttic« erbditen ent 1503 tiei MMtios Schurcr- l'ßiseTe Heyutin&L-he Au)»|^be
cnlliätt e B. die ton P, Schi>tt verfasttc coaapeodio&u \aus Joh. ilc Gonati
») Hifronym«K* bnvir 14^9, 1492» I4')7 <Hain ^$S% ^S^^, ^%^ii ^«*''
I l«OT« Monifia o'It K\^K»>iU't in Job H^^«
•t ed. Kessler i486. Vgl. S. 1^5 A. J,
*i Harn •1IQ06.
^ „Praemoiiltio , , iir*^ «errooncs de conceptioue Mariae per tjue»*
Mefl'rerh iiui«.'uji.tuutt tollccto»,** GeriAuerev %, S. jio (L Diese Prae»
litio licht Im Te»t «nmUtellmr vor den beircfleiiden Predii^ieu »Mcffrct*
[(patrt de iiancii* (itL 13 — ir>'). Auf fol, i* de». pAr* bienwlu befindet tieh
fdli bMOOdcrer Hinweis dai^itf (,iDirectio tectorit in pr^kemoiiitioDcm qttandam
Imic operi circa beil;ic vir^ini» (nticepttonem noviler tnsertsim** etc. AmSchla«»
fich IC«i»lfr und Johanne« dr Lapide).
' Zülftdlt. t. Octtli. and All^ftum. VH, 2 90
Idam
30t>
Mnx Ho^ssfcfcl.
der Ihuck vom 24. JMai 1488 tlatiert In eine andere Meßret-
auiigabo ist anstsertleui noch eine Predigt Heynlins üb«T
t'hristi Hiaimelfalirt aiiigenomruen. Diese Ausgabe hat keLii*>
Ali gäbe von i>rt, .Jahr oder Drucker, ist aber auch Kessler
zuzuweisen,') und muss später als die erstgenannte ei*scliie-
nen sein, du sie bereits die Verwiirnung enthält.
Nik. Kessler und Joli. AmiM^bach waren beide (r^niier
und Freunde des in Klein Basel gelegenen Kartauserklosters
Sl Margaretental und liaVien den gelehrten Mönchen riele,
Amerbaeh nach deren eigenem Zeugnis sogar alle seine
Druckerzeugnisse gespendet. In dem ^Buche der Wohhäter",
in welchem ihre Geschenke genau veraeichnet wurden» Rodet
sich nun neben den Büchertitehi einige Mide die Bemerkmig,
duss die Bücher ^im Hinblick auf Joh. de Lapide" geschenkt
worden seien. Das ht ein neuer Beweis für die gutuu B^^
Ziehungen zwischen Heyidin und den beiden Dnickern. Ter*
mutlich werden sie ihm die Biicher geschenkt haben, deren
Herausgeber er gewesen ist. Heynhn nahm als Kartäuser-
niönch natürlich für seine Arbeit keine Bezalihuig. er half
nus Liebe zur guten Sache; die Drucker mussten daher.
wenn sie sich ihm erkenntlich erweisen w^ollten, die Bücher,
deren Herausgabe er besorgt hatte, der Gesamtheit der Mönche
schenken; um aber zu bezeichnen, dass Heynlin eigenllicli
derjenige war, dem das Geschenk gebührte, wurde es .intuini
doctoris de Lapide" gegeben. Die Bücher, die im Liber
benefactorum diese Bezeichnung tragen, sind folgende:*)
a) Geschenke Kesslers:
L ,,Item Convudantiits Biblwe et Derrefi I (»rt. flor, intaita
Doet-oris nostri de Lapide> Dies sind die Konkordanxeu
des Johanne*» Nivicelleusis, von Kessler im Jahre 1487
gedruckt (Hain 9416),
'2. ^Item dedit opera Germnis intuitu Doctoris nostri dt
Lapide. Valent HI flor.^ Das ist derselbe Kesslpt*schoDnick
von 14H1>^ in dem der oben S, 299 zitierte handschriftllclio
Vermerk .intuitu lahorum Doctoris Joh. de l^tpide ctiin
hoc opere'* steht, ein Zeichen dafür, tlass das «intuitu'
*) &. Voullicme Bcrliuer Ittkuaubcln S. 335, Xo. 550. (Hai» «iicoö.
*) Wir xitiereu »ach Stehlais Abdruck im Archiv für Gescb, d dciibch
BuchhÄudeU Bd. 12 (1889) S. 64, 62.
Jobantie^ Heyuliri aus Stefli.
301
des Hber lipnefactnniin wohl überhaupt ioi Gnimle be-
tleiitet ^im Hinblick tiiil' dip Arbeit, die Heyiiliri auT diese
Bücher verwendet hat,"
y,Iteiii dedit Sermones beaii Bernheirdi iutnitn Doctoris
nostri valentes XXX s.^ Diese Predigten Bernhards von
Clairvaux sind 1495 von Kessler gedruckt worden. (Hain
234k Proctor 7687). Sie sind mit einem alphabetischen
Sachregister und ähnlichen Zugaben versehen.
b) Geschenke Anierbachs:
^Idem de der mit (tb h, Amerbach und «Johann (^s soeius
eins"^) AugttsUmtrn de Öivitate Dei et de Trinitate intiiitu
Doctoris de Lapide valenteni \\i supra.^
^Item dedit opnscula beati Augttsiini plurima Argentine
impressa intuitu Doctoris de Lapide valent. L tlor.^
Diese beiden Geschenke lassen von neuem die Vorliebe
'Tleynlins fiir den heiligen Augnstin erkennen, und das erst-e-l
bekräftigt überdies iHe Anntihnie, dass He^-nlin auch an vielen
Ltisgaben Amerbachs beteiligt gewesen ist^ in denen sein
fame nicht genannt ist und bei dienen es sich imch sonst
lieht direkt beweisen Uisst.
Für alle kann das freilich nicht behauptet werden. Anier-
l)ach hatte auch noch andere Helfer als Heynlin, wenn dieser
auch der einflussreichste wan so Sebastian Brant und für
iurze Zeit wenigstens Job, Reucblin, ferner Männer, mit
Junen Heyidin wenig oder gar nichts zu tun hatte und die
IX Teil erst nach seinem Tode mit Amerbach in Bezieh-
ing traten, Augustinus Dodo, Francisc. Wylen Joh, Cono,
[uiirad Pellikan* Bi^atus KhenatniSj Leontor ins und anrk>re.?)
*) Dns isl Amerbachs Geschäas^enossc Johanocs Petri von LaDgcudof f, Ei
«rar glciclifalk du Kreun«! der K^rtäusermönche uod iushcsoiiderc Hcynliiis,
Iwie auch ein am 23. Oktober 1493 %od ihm an Amcrburh gerichteter Brief
Ibewcist, an dessen Schi uss er schreibt: ».Gott spar euch gesmid und euer h»iU5h-
Ifrauc und euer Kinder, und grtiBsct mtr euer möiic, uikI den vn,tter und doctor
Hapiss und alle Uarthusscr; geben am mitwoch vor simonts miil jiidc 14*^
Ijohannes Pctri" lU, Hase, Die Ivobergcr S. V,)
*> Es ist der oben S. t«)0 erwjlhnte Amerbachsche August In druck vou 1490,
3) Bern, Buch. XV; Zaru. Hinleitung: Burck. 87,
.>02 Max Hossfcld.
Amerbachs Druckwerk ist überhaupt viel zu umfangrekL
als rlass man nur an einen Gelehrten als Herausgeber d^nk-?!!
könnte, erschienen doch in den 20 Jahren bis zu Heynlinj
Tode etwa 80 — 90 verschiedene Erzeugnisse seiner Presse.'}
Im grossen und ganzen aber ist doch der Katalog der von
ihm gedruckten Bücher ein treues Spiegelbild der Sinn**
riclitung seines Beraters HejTilin, ebenso wie er für ihn
selbst charakteristisch ist.*) In der überwiegenden MengB
sind diese Bücher religiösen und theologischen Inhalts und
bekunden einen ernsten Sinn, der sich auf das Studium
der kirchlichen Schriftsteller, insbesondere der alten Väter,
und auf die Erziehung zur Frömmigkeit, zum Glauben nuJ
zu kirchlicher Gesinnung richtet.') In nächster Linie kommen
Bücher epistolograpliischen, rhetorischen und grammatischen,
auch geschichtlichen Inhalts, also Werke humanistischen &*•
präges. ^Diese W<M'ke erschienen in Basel hauptsächlich l)ei
Amerbacli, unverkennbar ist hier der Einfluss. den der hu-
manistisch gebildete Heynlin auf seinen ehemaligen Schul**.
M Heynliu selbst bittet eimnal Amerbacb, uocb andere Gelehrte heut-
zuziehen, da für ihn allein die Last zu schwer sei. s. S. 292.
-) Vgl. Roos rOo, Burck. 77, 83, 87.
^) Wir nennen hier ausser der Bibel und den vier grossen Kircbux-
Ichrcrn, von denen die Rede war, noch die Namen: Isidor von Sevilla, AnseH
V. Canterbury, Bernhard v. Clairvaux, Bernhardin v. Sicna, Alauus, P. L'^te*
bardus, Vinz. v. Beauvais, Cassianus, Cassiodor, Gcrsou, Richard v. S.»iui-
Victor, Gerhard v. Zütphcn, Wilh. v. Paris, P. Coniestor, Baptista Mantiur..:*,
Tor(|ucmada (Turrccremata), ferner Predigtsammlungeu und andere gei>tli.'i:c
Bücher. Iis zeigt sich übrigens an diesen Namen, dass schoIasti>che w:i
mystische Theologie zu gleichem Rechte kommen. — Mehrere Bücher si:.«!
dem Preise der Jungfrau Maria gewidmet (Stellarium coronae M.iriae \::-
ginis, von Pclbartus. — Andechtiges und fruchtbares Lob der Glieder M:r:j
(I4«)2); Historia beatac virginis Mariae von Bapt. von Mantua; Sant Bcrs-iit?
Rosenkranz {I4»»7). Manche haben Zusätze der Herausgeber, in deneu >:-
die gleiche Verehrung ausspricht U. B. in den opuscula Anäelni> v. C.'.r.t.
steht am Schlüsse eine „invocatio matris virginis Mariae simul et tilii eii*\
ausserdem ,,e\ gestis Anselmi colliguntur forma el more> beatae Marine vt
ciu> unici Idii Jesu." — An den liber laudum virginis gloriosac de* Vi;a
v. Beauvais schliesst der Herausgeber ein Gedicht P. Comestors de Iv'if
beatae virginis an. (Vinc. Bellovac. «»puscula 1481). Oft sieht nicht .v.:''
domini bei der Jahreszahl, sondern anno salutiferi virginalis partus /. B. "
den Augustin- und Ambrosius-Ausg;aben).
Jotintmes Kcrnlm aus Stehi«
303
|ift^- ^ Din Wrrki^ reifi pliilosophisclieD oder juristischen
ilfs treten zurück*
|t Fichtst ziisnuimeu in Paris uml die, die er mit Amor-
?h 2tu»amnHm In Basel heransgab* ho zeigt sich ein grosser
* - Aus der Pressi» der Sorbonne gingon i'iist lauter
lir, einige naoraliöierendej gar keine rein theo-
püchi'n Bücher hervor/) aus der Baaler Offizin einige
inistische und etwa dreinial so viel theologische und
^ios-erhaulicVio Werke, Es war nicht etwa nur der Ein-
ilits jeweiligen Mitherausgebers auf Heynlin, der diesen
iterschied verar^^acht hat. mit Heynlin selbst war eine Wand*
lg Vor 1' iK
NoL,' r als au den Büchern selbst erkennt man
Abwandlung in seinen bereits erwähnten Vorworten
d^n Atisgal)eu des Atnbrosius, Cassiodur und Trithemiiis.
^Qen roüsson wir daher eine etwas eingehendere Aufiuerksam-
nt zuwenden. In der Vorrede zum Cassiodor finden wir
Stellungiialmir« gegen jene ^weltlichen '^ Hunmnisten,
\v 8ich durch ihre ausschliessHche Vorliebe für Hhetorik
Eid elegantes Latein dazu verleiteu lassen, die heilige Schrift
Iiiissacht4>n und herabzusetzen: in der Vorrede zum Ani-
mxn eine Verteidigung der katholischen Wahrheit gegen
tum mul Unglaul>en und in dem Gedicht im Trithemiuis
Ä^ Aufforderung, statt- endloser 'und unnützer Alti^rtums*
:;huitgen sieh lieber mit der FiÜlo der wertvollen und
"- nden Schriften zu beschäftigen, die die Kirche
^ ' ht hah*'. ^Obw(dd die Psalmen**, so heisst es
der Vorrede zw Cassiodors expositio in psalterium, ^voll
iher Vernunft, unendlicher Tiefe der Geheimnisse und voll
*y 6«ra. Feit. 158» Wir beoneti FHctfo, Euch Sylvio, Agostino Datki^
Fetfarca (dieser Ut von Scb. ßrant hcraiisgctiebcii), Albr. v. Eyh,
fteliquiüc iirbib Koiuac» den Tract:ttiiä de mic (tratt^rui, Reucbnua
xncU htiftinni^tischc letidcfiz, \'tm Maijii> vtttd Fruiiciscu»
icn mul Kedeti cTsibieneii /iLsammeii 7 Au»|^abciu
*| H. Hurler icbrdbt Tälschlicb: ,|ipse accivit prituos typogr^phos e
i l^jimiCH, «jnot mulUim juvit iii cdcndis pcffnew operilnit," (KomcHcl.
Tbool« (!»thol TI, toi 8 (MJ06, i* Ausg.) Man vgK oben S. 125—157.
yj4 Max Hossfcld.
<ler lobenswenesten Vorzüge sind, wie aaoh Angastin und
(.'as.siodor in ihren sprachschönen und fruchtbaren Vorworten
aiLseiiianderges^itzt haben, so gibt es doch eine grosse An-
zahl von lernten, die über ihren Stil entsetzt sind, weil er
des falschen Scheines weltlicher "Wohlreden heit und schön-
rednerischen Zierwerks entbehrt und in schlichtem und ein-
fachem Gewände einhergeht. Deswegen gehen diese Leute
so weit, flass sie es vergessen und sogar verschmälien. dieses
wie die anderen Bücher der Bibel zu lesen. Wenn sie aber
glaubten, dass alle weltliche AVissenschaft in den heihg**u
Schriften enthalten ist. ') würden sie vielleicht mit ihrer
falschen Ansicht auch ihre sträfliche Meinung aufgeben.-
Denn in der Tat sei alles, was in den weltlichen Disziplinen
zur Schau getragen werde, aus den göttlichen Büchern her-
genommen, und die Griechen, von denen unsere I.«atinität
ausgehe, hätten die Gnindlagen aller Bildung und AVissen-
schaft überhaupt erst aus den heiligen Schriften der Hebräer
gostolilen. -; Ja auch aller Glanz der Beredsamkeit, alle
poetischen Aiisdnicksweisen und jegliche Mannigfaltigkeit
einer schönen Sprache habe ihren Ausgang von den gött-
lichen Schriften genommen. Diese müsse man daher fleissig
lesen, sie müsse man verbreiten und dämm gebühre eint'in
Buchdrucker wie Amerbach der Dank aller Liebhaber dt^r
lieiligen Litteratur. ebenso wie ihm einst der himmlisch»*
Lohn nicht fehlen werde.
In der Einleitung der Vorrede zu Ambrosius' gesamm»^)-
ten Werken schreibt Hej'nlin Folgendes: Grosse Verdienste
um den Staat erwir])t sich, wer ihn für kommende Krieg»»
wappnet und wehi-fähig macht. Für \nel preis\vürdiger aber
halte icli doch nocli die Männer, die der christlichen Re-
ligion nützliche und nötige Bücher verfassen und verbreiten,
und zwar schätze ich sie um so höher, je weiter diese Re-
ligion selbst jeden irdischen Staat übertrifft. In diesen
Büchern werden wie in Arsenalen die köstlichen Waff^^n
({qv heiligen Schriften aufbewahrt, durch die der ... Glaube
Christi geschützt, gestärkt und erhalten wird. In unsem
stürmischen und gefährlichen Zeitläuften haben wir ja solche
*) Universa bonarum artiuin munera in sacris litteris contineri.
-) „Fiirari, usurparc", drückt sich Heynlin aus.
JabAimes He^'iilfii aus Stein
.1O5
Tuffen auch riringt^ud u<'Higy um so iiiolir. j*» crnstore Cn*-
fahr«*!! ilrohon, je mehr dieser Glanbe verachtet iixitl bc*-
IkUmfift ttiid durch ilio schädlichiMi Irrtüm«*r, tlin loidor hier
ivitil da gesät werden iiiul hervorkeiiiien. verunglimpft und
Ihedriingt wird. Wenn Cassiodor nnd (terson einät die Ab-
clireiber höchlich priesen, so innss mau j*4zt \\m sn mehr
'ilie Bnohdmcker luben. welche nicht nnr wrniigon. son<h-m
«alli^D, die für den heiligen (Glauben kämpfen, reichlicli Waffen
liefern. Die treilich rnelno ich nicht, welohf* (o beweinens-
^ert<?8 Verbrechen) Eiun Schaden ihrer eigenen iSeele nnd
mjr Zei'stMning (wenigstens nach ihren Krafteni der ka-
llioliscJien UidigioTi iilr die Feindn d#^s KrN*nzt*H Christi und
Gfgner dea allerheih'gHten christlichen <Tlanbens dit?
Waffen des Satans zuben^iten und vertreiben, d. h, die ver-
Idamuiten und venlerblichen Bücher, di«» voll schlechter Künste
id Irrtümer sind, durch die die tliivorsichtigen getäuscht
ind verführt werden. Ihre Verdammung ist gewiss, es sei
|iieUD« dass sie rhirch Uottes grosse Bannherzigkeit für einen
schweren Frevel, ein so vervielfilltigt«*s Uebi»l und idn
ilches Majestäts verbrechen durch Busse Genugtuung tätoii,
i'iiM nach meiner Ansicht iiictht hdcht gi*sehehen mag. l>enu
sie sind an dem Verderb»^n aller Sofien schnldiLr. zn (htren
Untergang sie iU*n Anlass gegeben haben.-
„Dti aber, li*djer Brmler,** so wt*ndet i»r sich ilann an
a€»rbarh. -hast Gottns Kirche bereits mit den besten Waffen
irenwhen. indem du wiederholt die Bibel gedruckt hast^ KUst«^«
lio tiuti aucJi Doeh mit den ghinzendeu Werkzfrtigem der
chriften des Augnstin. And)rosins, Hierunymus und (Iregfir
111)^. AmbrtJhins, (l'ssen Werke du nunmehr ilrueken willst,
ein Sr^briftsteller, ih»n wir in un.*^erer jetzigen Zeit ganx
mr lirauchen können. Er kann durch srine Tugenrlen
illi ,. .t.^lirern der christiicheu Religion als Vorbild und
iporn dienern: vor aUem wi»il er ein stark<»r Verteidiger
Jer kathnlischen Wahrheit, ein treuer Wkohter und Vor-
Nt kiivhlichen Freiheit und ein scharfer Tadler
f und nih'r üngi»r**clttigkeit gewesen ist* So zu-
^ei^I&asif? und gediegen sint! seine Schriften, dass nai h dem
Ilieron^TTius alle sein»- AussprüehH feste Säulen
t\t<f Tvu'jIk- tltul •ill*it' T*!! Miiki li»ii »iiiid
r.ui
.^(;6 Max Hossfeld.
iiacliher heisst es noch einnial: ^Dio Werke des Ambrosius,
jenes hochberühmten Kirchenvaters und starken Verteidigers
des kathoh'schen Glaubens, sind in unserer Zeit so heilsam,
angebracht und notwendig, dass du dir ein grosses Verdienst
orwir])st, wenn du sie durch deine Dnickkunst vervielfältigst.
iJanim führe durch, was du dir vorgenonämen hast."* Und zum
Schluss des Briefes: ^Fahre also fort, fahre fort, bester Bruder,
fang an, vollende, dann wirst du einen Lohn empfangen, der
nicht hinfällig ist, sondern ewig dauern wird. Noch einmal:
fahre fort und lebe wohl.''
Das dritte und letzte unserer Belegstücke, das Empfehlungs-
gedicht an die Leser des Tritlieimschen Buches über die kirch-
lichen Schriftsteller lautet etwa folgendermassen : „Wenn du
von einem wahrhaft christlichen (christigena) Autor belehrt
worden und mit fnichtbarer Speise deinen Geist nähren willst,
so lies dies Buch, das über die berühmten Schriftsteller aller
Zeiten Auskunft gibt. Es wird dich lehren, auserwählte Vor-
bilder nachzuahmen und deinem Geiste wahre Speise geben.
Es wird dir zeigen, wie fruchtbar die Kirche an beredten,
wie fruchtbar sie an guten Geistern ist. Hier wirst du finden,
was wert ist, gelesen und im Busen bewahrt zu werden, was
den wahren Glauben gibt und bewährt. AVirf dich auf die
Studien, duich die du zur himmlischen Burg und zum Paradiese
Zutritt erlangen wirst. Das Leben ist kurz, weitläufig die
Wissenschaft der alten Dinge, ') und doch verbringst du mit
nutzlosem Tand deine inhaltsarme Zeit. Ahme du die Männer
nach, an deren Beispiel du deine Sitten bilden kannst, lies
die, die du als heilbringend erkennst, darum kaufe dir für
ein Billiges diesen Band, alles übrige gibt dir der Drucker
umsonst.'*
Wenn auch alle diese drei Ausarbeitimgen in vieler Bi^
Ziehung nur Gedanken wiederholen, die Heynlin schon frülier
ausgesprochen hat, so lässt sich doch ein Unterschied zwischen
ihn(»n und den Schriften der Pariser Periode feststellen. Viel
stärker als diese betonen sie den Gegensatz von weltlichen
und heiligen Biiehern und erklären die Beschäftigung mit
«'rstcrcMi für Zeitvergeudung und nur die mit letzteren für
*) d. h. de*- klassischen Altertums.
JoUnimtr^ Ho^iilru auB Stein.
307
l^'oil und frnchihringoud. Li beirmln* lieftigoii Alls-
ten wordc^u diejeiiigeTi getii<lelt, dii' die Bibel verachten^
«io nicht elegant gesclirieben srn: i3«^ii Anforderiingeu
^r blindt^n VereJirn* einf^r scliOnklingendeii Beredsamkeit
niclit mir die Nichtigkeit iJirer Bostrebungen, sondern
die Behan[ittmg entgegnngehalteu, dass alle ihre Künste
Imiipt ursprünglich ans d*T Bibel stauiniten. Schwerer
t^iuil ^\u^ Yorwüvir geg^^n die» denen auch der Inhalt der
der christliche Ghmbe. gh^ichgillig ist und vollends
die, die diesen (flauben angreifen und die tieilign
iii verletzen wollen, was leitler in diesen Zeiten mehr
[mehr versucht werde. Wenn in den Aeusseinngen der
(>er Periode die width'olien Wiasonschuften und die hu*
istischen Studien iler Theologie untergeordnet, nichts-
)weniger ahov doch mit Eifer gepflegt wurden, so ©r-
len sie hier einesteils als im Grunde doch überflüssige
l*n*<M und werden andererseits sogar in scharfem Gegen-
zur Kirche und kirchlichen Studien gebracht. Denn
I meint doch Hejidin ausser vielleicht ein paar Sekten
ketzeni mit den Leuten, welche den» heiligen Glauben
der katholischen Kii^che schä^lliche Bücher verbreiteten,
iner wie den Verfasser der „dechimatio de falso credit«
lentita Constiintini donatione- (derselbe Verfasser, dessen
latini Bermonis er ««inst in Paris herausgegeben
iH« hunmnii^tiöchen Vertreter einer welthxdien Auf-
isiner rein auf die Vernunft gestütssten Kritik, als
Tcirtffthrer heidnisch-antiker Ideale? Zwar so verfuhr
ilin nichr, dass er der AI »wehr solcher Humanisten
lu gleich ullejs venvarfj was der Ilunumismxisi gebracht
— auch jetzt zitiert er noch seinen Hesiod und Plato,
jetzt gilt ihm Spratdischünheit noch otwas, wenn er
lltch mit Vorliebe an christlichen Autoren rühmt» —
ist doch offenbar, dasa er ^ineu Frontwechsel aus-
irt bjiT, Hafl(» er einst tler scholastischen Theologie
fei tiu wei*tv<»Uen» Gehalt zum Vorwurf genuicht, so
or idch jetzt veranlasst, die gleiche Anklage der Hohl-
Bii die Liebhabt r der „wehlichen Bennisainkeit** «U
>on. Denn was nütze all das endlose Erforschen der
Dinsi?"? Auf dais Heil der Seele käme es an. und
308 Max Hossfeld.
alle Zeit sei verschweTidet, die nicht iui Hinblick auf dieses
Ziel verwendet würde. Dieses Ziel aber scheint es uns g»»-
rade zu sein, welches die Schwenkung in Heynlins (V
sinnung hervorgenifen hat. Der leitende Ge<:lanke hat sich
bei ihm gewandelt. Dieser leitende Gedanke ist jetzt alMT
bei ihm die Frage nach dem Heile der menschlichen Seele.';
Wir meinen nicht, dass er sie nicht früher auch schon auf-
geworfen und bedacht hätte, aber er stellt sie jetzt mit
einem anderen Ernste als zuvor. Zweifellos hat auf diese
Verlegung seines geistigen Schwerpunktes sein Leben und
die Veränderung seines Berufs einen grossen Einfluss ge-
habt.^ Denn aus dem humanistischen Lehrer, der sich
1) Das zeigt mit Deutlichkeit auch ein schon oben (S. 164) angefahrtes
(xedicht Sebast. Brants an Heynlin, wo es unter anderem heisst: „Mehr (als
das Universitätsleben) gefiel dir aber Christi Schule, und der Lehre des Heils
trachtest du jetzt mit Eifer nach. Du verachtest das weltliche Wohlleben,
das so mancher andere Theologe sucht und verschmähst die Güter dieser
Erde. Du verlässt die Artisten, weil sie nur leeres Geschwätz im Munde
führen, kümmerst dich nicht um die Künste der Juristen, Aerzte, Astrologen
und Naturforscher, inid um die geschminkten Worte der Redner und Dichter.
(Verba(iue fucato disponat, ut alter hiatu, Utque alius musas pieridesve canati.
Das alles war dir wohlbekannt, aber alles verlässt du aus I-iebe zu Christn-s
sein Kreuz zu tragen ist jetzt dein Streben. Hinter dir lässt du das Ge-
krächze der gottlosen Krähen und Raben imd dai schwatzhafte Gequake der
Frösche; du suchst Gedanken, die der Tod nicht vernichten kann, und welche
wahre Freuden ohne Ende verleihen werden.**
-) Das kann man z. B. an der Art beobachten, wie sich in Heynlin der
Prediger mit dem Humanij»ten auseinandersetzt. Er wirft einmal die Frage
auf: „utrura praedicatorcs debeant legere libros gentilium? Item quomodo
laudabiliter legi possint litterae gentilium vel saecularium et quomodo debeant
praedicari et cpiare prohibetur christiaiiis poetica legere**? (Pr. I, 83) und hat
darauffolgende Antworten: „Quod non praedicenlur verba gentilium.** „Prae-
dicatorcs sacrae scrij)turae auctoritatcm debent praeferre, non saecuUriam
litterarum peritiam ostendere" (Pr. I, 81). Und anderswo warnt er: „(Jui
ergo Christi lidem verbis exornare vult, obscurat illam spleudore verboram,
ut non illa sed ipse laudetur." (Pr. I, ()6'). IJebrigens hat sich Heynlin nicht
streng an die Vorschrift gehalten, da^s von den heidnischen Schriftstellern
auf der Kanzel überhaupt nicht die Rede sein solle, er führt hier und da
Aussprüche von Cicero, Vcrgil, Aulus Gellius, Horaz, Macrobius, Ovid, Fhu\
Scncca, Sallust, Valerius Maximus und hinderen in seinen Predigten an, aber
l)isweilen ohne den Namen des Heiden zu nennen (z. B. streicht er Pr. I,
io8* „Virgilius Maro*' durch und ersetzt es durch „poeta"), vor allem aber
zitiert er stets nur solche Stellen, die ebenso gut von einem Christen gesagt
Tobaiines Heviilin lUv Stein.
.^00
WBWPPÜWBiiOTfiHiiinls 111 Pmis iiimior iiii^Iu'uikI inehrzui i^hiiiK
öopliiL» hingezogen fählt»?^ war nin (ieistlichor. ein Pn*digi*i-
geworden, der in der inomlischmi Bft38»'niDg di»r Menschheit
8eino eigentliche Anfgabo erblickte. Ati?^ dem h?bensfrendjgen
Manne — lebenslustig ist i*r wohl nio gewesen — w^irdt»
[mehr und mehr dor ernste, der weltnbgewandt**. ja welt^
I feindliche Priostor. Wenn ihm einst das humanistischo
[ideal hell geleuchtet hat, — jetzt vorblasete es völlig vor
[dorn finster glühenden alten Ideal d**r mittelalterlichen Welt^
[ileoi Ideal dm Mönclhs. ]
I ^ ^
I *
I AI» einen Kampf hatte Heynlin st^int^n Beruf als Predi-
tger aufgefasst. Er sali, ganz erfiillt von den Gedanken der
[mittelalterlicheu Weltanschauung, wie er eie an der Sor-
bonne aufgenommen und im Redekampf verteidigt und be-
[festigt hatte, in dorn Meuschnn jenes Wesen, dessen Seeh>
[Gott und Teufel sich streitig machen, und er fassto es als
fiieine Aufgabe auf, dem Volke, das seiner Stimm»? zuhörh*,
[in iliesem Kampfe zu helfen» den guten Trieb in ihm asu
Ist&rkon und den bösen zu unterdrücken; er wollte den Teufel
nxx9 ihm vertreiben und das Laster, «las es niederzog, bo-
; siegen. Noch mit frischem Mut war er von Paris gekommen;
von ilor Bekehrung der Seele hegann er zu predigen und
gelang ihm damals immer, sie auf den Pfad iler Tugeinl
j «o weisen : das Weibh^in, mit dem er ilie Seele in seinen
^onitün Predigten vergleicht^ folgt seinen Ratschlagen und
obwohl es ihm sauer ankommt, was es zn seinem Heile
jian ninss. Aber in den 13 Jahren, die er nun der Predigt
jiibliig, war Hoynlin enttäuscht worden. Zwar hatte er ver-
loinzelt manchen Erfolg gehabt verstäridige Mitnnitr hatb'U
inen Wort/^n gehorcht und hatten die Massregeln ergriffen,
iTi für geeignet hielt, um das Volk dem Heile znzu-
Aln^r hatten denn diese Massrt*geln s«dbsr Erfolg
[gohabt? Fuhr nicht das Volk fort zu sündigen, als wenn
nicht?! von Gottas furchtbarem Strafgericht, vom Fegfeuer
id ewiger Verdammnis wdssre? Trieb man es nicht mit
köanlrti, aittitkh lehren dcrr MomU — Hier sieht man dcutlicb» wie
[PredtfitMitt Hifynltii vcninln^^it, settie htttiiiiaUlitc1i«ti Nei^ogtii iti ^tp*
ftkim &4er ^mis sii unterdnirken.
310 Max Hossfeld.
Tanz lind Unzucht, mit Zechen und Spiel wie zuvor, ^^irde
man nicht immer frecher im Reden und im Denken, schössen
nicht alle Laster stets üppiger ins Kraut? So wenigstens
schien es Heynlin. Er wurde nicht müde den Menschen
die ^AVahrheit zu sagen^, wie er sich ausdrückt, sie zu ta-
(lehi, zur Umkehr zu mahnen und ihnen eindringlich vorzu-
halten, wovon er selbst überzeugt war^) und was er, um es
allen einzuprägen, auf seine Kanzel meisseln liess: „Dies
judicii prope est!" Aber es schien ilim, dass man ihn mit
tauben Ohren hörte und mit blinden Augen «ah. Er mühte
sich ab und sah doch keinen Erfolg seiner Bemühungen;
die Welt verliess ihn und Gott war seinem Werke nicht
gnädig. AVenn er damals von seiner Wohnung und seiner
Kirche ^auf Burg" herübersali nach dem anderen Ufer des
Flusses, auf dem die Kartause von St. Margaretental lag.
dann wurde wohl in ilmi der Wunsch wach, sein unstates
und arbeitsvolles Leben hinter den friedlichen Mauern dieses
Klosters zu beschliessen. Die strenge Regel des Ordens
schreckte ihn nicht, er freute sich in dem Gedanken, durch
Entsagung und Askese für das Heil seiner eigenen Seele
ein gutes Werk zu tun. Er kannte das Kloster und seine
Gowohnheiten ; es war das jüngste und blühendste Basels,
hier herrschte gute Zucht und grosse Frömmigkeit, es hatte
den besten Ruf in der Stadt und die schweigsamen Mönche
liebten wie er die Bücher und die Gelehrsamkeit*) Durch
Amerljach, der schon seit 1481 in engen Beziehungen zu
dorn Kloster stand.*) das unweit seiner eigenen Wohnung
lag. wurde er mit seinen Insassen noch mehr vertraut. Seit
148G begann er sich dem Konvent durch verschiedene Ge-
schenke wohltätig zu erweisen.*) Im Jahre 1487 brachte
er den Plan endlich zur Ausführung. Die Aufsehen er-
*) Man vergleiche Pr. V, 257: „Omnia mala per totam scripturam com-
minata singalis momentis supervcnire sunt timcnda!"
-) Vgl. Boos 158 fl'. und ('. Chr. Bcruoulli über die Klostcrbibliothekcn
im Basl. Jahrbuch 1895, S. 82 ü\
3) Ba. Chr. I, 345 A. i, s. oben S. 300.
*) Ba. Chr. I, 345 A. i. Muss man mit dem Herausgeber der Kar-
täuser Chronik annehmen, dass Heynlin erst durch Amerbach mit der Kar-
tause bekannt wurde, weil dessen Geschenke an das Kloster fnnf Jahre früher
beginnen?
Jolmnocs Heyn) in aiu Stein,
aiule Bekehmiig des roichen Hierouymiii* ZbriiruvriunLunj,
dor am 31. Mai 1487 Kartäuser wiird«^, ') vielleicht auch rin
lemont^r Amjbmch der Streitigkeiten «wischen den Aii-
ItäTxgerii der via antiqna niid uiodenia au di^r Univorsiüit
im Soinmeröemesfcer desselben Jahres,*) Htreitigkeiten, als
^ deren Urheber or sich betracliton mussto. so wenig er sie
gewünscht hatte, das alles gab wohl den letzten Aust/Oss :
• er warf alles hinter sich uuil trat selbst in den Orden ein.
jDenn er hielt e«, wie die Kartäuser Chronik schreibt»'') mit
idem heiligen H.ieronymnd ^für sicherer, aUein gerettet zti
wertbm, als mit den vielen nnterzugehen,^ Die Welt, die
^er nicht bessern und retten konnte, gab er verloren, und
[inn nicht mit ihr verniteilfc zn werden, zog ersieh von ihr
zunlck. Am Tage Maria Hinimelfahrt hielt er» nachdem er
TagB zuvor äein Testament gemacht hatte**) seine letzte
Predigt im Äfünster, und ajn .selben Tage, nach dem, Mit-
»malil, trat er *, unter dem Glockenlänten das Münstera
rjcttui Salve" in die Basler Kartanse ein,^) Es war der
16. Anguj?t 1487: ain 17. November des dalires tat or Pro-
, fosa*) Er hatte nun der Welt für imuier entsagt
13. Kapitel
In der Bmler Kartaustn, 148? — 1496,
Seine Freunde waren keineswegs alle mit diesem Schritt-
Icutt. Man vermisste das Haupt jeneg gelehrten Kreises,
I
*> Ba. Chr. l 347 ff-
s» Vi^ch. I7i u»a Prot VUl. ST*
*J Ba. Chr. I» 34 j. 12.
*» Ba. Chr. I, 335, A
*) S. s, eigenen Bericht .im >i:ivlu5s der Icuicn l"rt;di^i iJ litellei,
'^) .Jntravit utiicm in fcsto Assutiiptiotiis v. M.iriac posi hnt)itum itt*
rn in tnthri)r.ili Icmplc» eiusdcm (d. h, Manä) ti c^t cirvitcr bornm pn*
pofnrficitAUutn« cl professionem fecil ipso die «aacti Hiigoais .inoo doniini
1417-" tBa, Cbr, 1, 343, 15— i»). Daistlbc berichtet kür«er J»k. Uiulirr.
I*c* V, 571 uncl TitelbUtt, noch kttrter Xrithrmius und Aitsh. t, 10c. Vgl.
Über bwiefactormti dnr Kiirtau^e jcutu is* VIll. aud 17. KL <Ba* Chr» I»
343» A, I und 2) und das in Kxkurs 5 (um Ende) bcaprocbtnc ribÄfcn^tcr
im RretiigAng dc& Klostcri. Maddeu 158 gibt filschbcb 1482, Adnmbr, lOZ,
1493 all Jiibr den EintritU ao« Erhard macht Heynlin tu einem Pariser
Kartisfter (Cmdi« d. WtedtrAulhL n«^w. 11, 152).
312 Max Hossfcld.
verinisste vor allem auch den gern gehörten Prediger.*) Eün
angesehener Bemer Edelmann — man weiss, wie hoch
HejTilin in Bern geschätzt wurde — , der Junker Brandolf
von Stein, drückte' einen Gedanken aus, den viele hegten,
als er Heynlin den Vorwurf machte, er hätte der Welt mit
seiner Predigt einen weit bessern Dienst getan, als jetzt mit
seinem Rückzug in die Kartause geschähe. Heynlin aber
blieb fest. Er wusste, wamm er sich aus der Welt begeben
hatte. Eine Seele habe er nur, antwortete er Brandolf, für
deren Heil habe er sorgen müssen. Der Bemer Chronist
Valerius Anshelm*) erzählt uns das mit den treffenden Worten:
„und ward obgenamter prädicant ein Carthuser zu Basel.
Desse in straft junkher Brandolf von Stein von Bern, recht
vermeinent: er hätti nüzer mit predigen mögen sin: antwurt
diser, wenn er zwo seien hätt, weite er gnug die eine an
gut gsellen gwagt hon." Männern, wie dem Bitter Brandolf
war eine so weltfeindliche, asketische Gesinnung, wie Heynlin
sie hier an den Tag legte, überhaupt zuwider. Sie hassten
die, welche grundsätzlich auf jeden Lebensgenuss Verzicht
leisteten, wie er es tat, meinten, man könnte auch ohne
Entsagungen, Kasteiungen und Bussübungen, auch trotzdem
man mitten im Weltleben stände, noch eines seligen Tode^
sterben, und schalten Leute wie ihn Scheinheilige und
Müssiggänger. Es waren zwei grundverschiedene Weltaii-
.schauungen, die hier aufeinanderstiessen.
Mancher Spott und manche üble Nachrede mag über
den Mönch in der Stadt ergangen sein, die als die lustigste
und übermütigste der Pfaffengasse galt.*) Aber er fand auch
A'ertoidiger. Sein Freund Sebastian Brant pries seinen Ernst
und .sein sittliches Streben, nahm seine Handlungsweise in
Schutz und spracii scharfen Tadel gegen seine Verleumder
*) „Licet .lutcm pleros(|ue male habiicrit, quod vir tantus ncglecto vcrbi
dci miiiistcrio se ad solitudincm et moDasticam vitam contulerit . . . ip*«"
tatneii, cur hoc fccerit, singiilis proposse satisfaciens, in arrepto proposito dum
stahilis i)erseverare pergeret . . .** Ba. (^hr. I, 346 2 — 8.
'') I, 190.
^) S. den alten Spruch bei Zarn. XII, A. 5.
Johiinnt« Wtyoti» ans 5ifef«.
Jt3
Ein Kapiti^l des Narn^nschiffÄ*), überschriebeii ^Minder-
kts Uuton*, ist, obwohl es keine Narnen nennt, siclierlich
[Hej'nHn und seino Verkloiii«>rer gc»münzt. Es beginnt
[dem Spruch:
„Wer wil der Worlieyt by gc^^ii
Der nuMH gnr vll iHirf^chtcr fnui
Dttt in ubkerei) uiidorstai)/*
tadolt di*t läcluTlißhe Angowohnlieit der Narren, daas
ille Wi»isL>n gern auch zu Nnrrpn muoht^n möohtL^n, um
I* u{r)i{ allt^in Ttiren heissen zu müsst^n. Umtih lüMSst es;
„Wiimi titiiri sticht eyiieii, der tlo will
Hecht iUni und «//»* inft UlsHhff/f »ttfU
So -^^priclit man „^<cliow den Uuokoliuust»r
Er uill :dl<»yti syw ryn Kurihitmr
V\\^ tribt i»yn aposlfttzcr skidt^")
Kr will verzwittleii gantx Jin gott,
Wir wen! t^beii al^ wol ornerbeii
Wii^ guit iiiig lös8t iiiM giiadoü slf'rben
Al^ er, waiiii fr scfion nig und imclit
Lvl uff den kiinwou. liät und wacht;
Kr will Vfisteu tuid /iVlIeii Ijuweu
\\v iidar weder gol noch der weit truwen;
Gott hat uns uif \Uv umb gi*sf baffen
Da« wir iniiüi'h werden o<U^r pfaffen
Und vor uds. da-( vnr uns ontMddiigcn
Der Well, wir weiii Neyn kutlen Irage»
Xüch ka]>p, sie hab dünn sebelleu oucb.
ßchuw «mb den uarrt'U und den gouch
Kr mächt ttovh i» der wrft htm fffhon
Vtl frutß, Ufui hcti noch p'Bmrvn f*»n
Knipfitn^en^ krtf rr fii gfln't
Vnfi ttff dfrtt tPfff (irr ftrlliktt/t k>'tt
Dann dan er du |\ t ^>«c eyn ^chwyn
rml nn^-Ht sidi in iler zollen ^yn
Uder bricht im minsl su vil ab
Das er kcyii freüd tioch UitrUwil liab;
Hol«, wie er dtit, dun yedernmn
In der i^hnrtuH^ die kntten an
Wer wullt die weit! d.irui fllrbii* meren
Wrj ^N oU die lur nv>rn und l-reu.''
■ Kat^Uel iiiteUt rineii vun drei K;incu itdt St«^iueu nerfolglen Mumi
i MAUuern Ihf^lit, die^c «cbeincn litkhlidi entaiiut
-•w»'i :-^ nmr iae»-i -;^ iii«l ^«^■«■j-
r,»«- -Ui i*:r ▼-iE Liar ms r "«■**I
•H IfMMf •-* ««-l MjA tuM» flw -Jl«^
rC»~ lilT JUC 5ä' k Ul»- Tmrupwi j^~
ii^ Äön.L**. :> V.- Br;fc:i: -m: iezi Beraer Cliro
d^Ei ^:i.-rr r-Aci ^^i^rr'riü^tfiiiiiLrrjd berichtigt wird. >
fcnii]:f:L b^rriLi::': gr-ToHeii zn ^-iii.
I^^ v-rrzagTrr ii:-! «iÄl-ri Vi^rbinerte Gemütsverfa;
'lie -fcri :- ihr n: 2rrTpiege>. war der geeignete BchI«
w'-i^:,. -nr: ieL E:.tä<:riii.s* zTim Rückzug ins Klost
H-y:.,i:> See:e reirVii zr. lassen. Was die Chroni
Kan-bi-^e -r-or-^t r-:-ch ar: Beweggnmden anznführen
stfiijirjt. w-Ti--:- e- r.icht ä:iss*-rlicher Art ist. ganz
übereirj. HevrjJr; sei Karräu-ser gewonJen. heisst es ii
ihm gvwi^lrijet-'ii Kapitel.^) -der Bekehrung wegen- ur
I Kx.p. 4- B*^ * '--' L 312— 34ri. Es ist überschrieben „De \-i
%-cr«;at:oa<:, --iript:- t^ ' b:r; e^re-^ii dorcini Joannis de Lapide sacrac
doctorii/* Ei «tntbi't u. A. die icurzc Biographie Hcj-nlins darch Tril
nach dem Cätal. :\\. vir. Gerrii. Was der Vcifasscr, Georg Carpenta
'rigenen Mitteln hinzufügt, l«ezicht ?icb besonders auf die BeweggruD<
die Zeit von Heynlics Eintritt, auf den materiellen Nutzen (Bücher und
Habe, s. darüber Exkur? 5- und das gesteigerte Ansehen, das das l
durch seine Ankunft gewann, auf seine gelehrten Studien und seint
rarische Tätigkeit im Klo.-ter, das Verhältnis zum Prior, seine Be/iel
zur Aussenwelt und seinen Tod. Bruder Georg, der Verfasser, seit r
Basel, seit 1509 im Kloster, schrieb die Chronik erst 1526, benutzte
mündliche und schriftliche Berichte älterer Brüder, den Über benefac
und anderes und ist durchaus glaubwürdig. S. darüber d. EinleituQ
Herausgebers I, 309 — 319.
Johannes Me\iitin aus Sltiti.
3^5
Li**be mir Ruhe^ zur Einsamkeit und zur Kontemplation
■lach den Äalillosen Anstrengimgon eines tätigen Lebens,
HUnn weil der Orden im allgenieineii und liesooders das
^p^fieler Haus in so gutoni Rufe stand, femer, „weil die Welt
damals in der Liebe zn (rott und den Närhsteu lau ge*
Tvorden» ja sozusagen durch und durch erfroren war,>* und
weil Heyuliu durch seine bisherige Tätigkeit in Universität
und Kirche wenig Fnicht entstehen sah, endlich weil er
mit dem heiligen Hieronymus glaubte, es sei sicherer allein
Ierettet zu werden, als mit vi^den unterzugehen,
Heyn I in zeigt hier jenen für die Stimmung der Zeit
berhaupt so bezeichnenden Mangel an zuversiclitlichem Mut,
er z. B. anch einen (heiler vun Kaiser^herg an der Mög*
k'hkeit einer Ileformation der Christenheit verzweifeln Hess.
^ Geiler spricht einmal die charakteristischen Worte, die auf
HHeynlin passen, als seien sie über ihn selbst ausgesagt:
^^Es ist auch keine Hoffnung^ dass es besser wird um die
Christenheit* Damm so stoss ein jeglicher sein Haupt in
neu Winke!, in ein Loch und sehe, dass er Gottes Gebote
Ite und tue, was recht ist. dass er selig werde. ^M Was
,er Strassburger Dom predige r hier befürwortet, hatte sein
1er Amtsgenosse durch seinen Eintritt in deu strengen
'rden der stillen Kartäuser bereits verwirklieht. Auch
eiler hat aber längere Zeit daran gedacht^ sich von der
Welt zurückzuziehen. Es ist bekaimt, dass er zusammen
mit Wimpfeling und tftenheim und dem Strassburger Do-
rn in ikan er Thomas Lamparter den Plan gehegt und zweimal
fast auch ausgelühn hat. nach einer einsamen Khmse im
Schwarzwald auszuwandern und dort in Gott ein ein-
siedlerisches und bescliauliches Leben zu beginnen,-)
Das war nur kurze Zeit gewesen, nachdem sie den Tod
'I Cnicl, Gesch. d. dtsth, Predigt S. 556^ nach AmciBen fol. 20.
') Nur besoodcre uml plötzliche Zw Ucbciifallc, die Bcrufuiij» Wimpfelinüs
/um Profcüsor 049^) und Ulcuhcittis zum Bischof ( 1 500), hatten jedesmal die
Absicht vereitelt, 1500 halte Wimpfeliiig bereits seine Stelle in Htiidelberg
aufgegeben; vgl. J. Kuepper, J. Wimpfeliog S* c>jj und 133, Wimpfeliug
nenut als einen seiner Beweggründe mr Wcltflucht, dass er „sab^ dass auch
andere Männer von Bedeutung, die mir gut befreundet wareu, lu demselben
Leben sich hingezogen fühlten.'* Kncppcr 1, c. S. i}^.
Basier Zeitschr. f. Gesch. und Altertum, VH. 2. 21
31^
Mnic Hossfeld.
ihres bochgesehÄtzttni Baseler Frtnindes Vümomnien Iiatt^n/*
Ist es nicht sehr wahr5cheirilich. dass dessen Boispiel hier
vorbildlieh gewirkt Imt? Gewiss ist ja HeyDÜns Fluciit im
Kloster in jeiiein Kreise der oberrheiniachen Hiinianisten
eine vielbesprochene Begebenheit gewesen; wenn ein Manu
von seiner Bedeutung von der Biüine abtrat, so mnsiste liA-«*
als ein Verlutit empfunden werden, dass er es freiwillig tut,
musste Aufsehen erregen. tJnd Geiler, Wirapfeliiig und Uten-
heim sind niebt diu einzig!*!! unter den jüngeren Freiiiid*;ii
Hey nl ins* bei denen wir dieselbe düstere Leben suuffassiini:
wahrnehmen. Auch der ernste Reuchlin dachte ähnlich.
obwohl er doch in so nahen Beziehungen zu deuj keck**ii
und kämpf freudigen HunuinisiTnis stand, der der neuen Zfit
leuchtenden Angesichts entgegenging und nicht rait j»*iifr
unheimlichen Verstimmung der Leute vom Schlage Hi*VQ-
lins. Noch 1516 liess er sich, als er sein Ende herai'
fühlte, in den Augustinerordon aufnehmen.-) Auf A^i ,, .
sei unr kui*z hingewiesen; auch bei ihm nimmt man in seinem
späteren Loben eine Wenthmg zu ernsten* ja trüben Stij»-
mungen wahr. *) aber er hat Heynlins Eintritt in die Kartaxis^
gar nicht mehr erlebt, und ist davon nicht beeinniisst wonl^^iu
Um so mehr ist das bei Sebastian Braut der FalL Wir
hatten gesehen, wie er sich zum Verteidiger Heynlins geg»*!»-
über seinen Tadlern und Spöttern aufgeworfen hatte: »^r
wurde fortan sein nächster Freund, wie er schon vorher in
den besten Beziehungen zu ihm gestanden hatte* Aucii bei
iJim bemerkt man eine Wand hing zu ernsterer Gesir- •* "•
Wenn er in den siebziger Jahren in Basel noch frivole i
las und lockere Jugendstreiche beging, die ihn wenig sptof
tief reuten iwie das auch aus Wimpfelings Leben bekanM
ist», so schloss er sich in den 8<Jer Jahren mit Vorlieh»- m
Priester und Mönche, Juristejj mul Kanonisten an, unti»r
denen Heyidin den ei*sten Platz einnahm/) Durch ihn wunl^»
I I) 1497, (Pmt 2, Aufl. 1885, ihp 2r»7) Hejtilin starb 1496.
*> Geig, R. 150, Duss die Entincning An «einen chenialt^eii l^rer
Hcyatin damals in Reucbliti noch lebendig war, beweist sein S. 142 ftritric*
Brief aus dem Jalire 1514.
, *) Geiger^ Ernleitung« — Dcrs. Rcnai.'is.. iiu4 Humaiii^mtü ^. 310
I *i Ch. Schm. r» 19$ — 197.
fölmitti^s Hpvnlifi nits ?Hdn.
-V7
?r auch, wie die Chronik des KlDStürs erzählt tivit derKar-
ISi» lind ihron Insas-sori bekannt und beffmindet. ^Itein
lios quoqiip-, so schreibt sie von Heyulin, ^donmi concili-
ftfit auitcoü et fautores^ nempedoinimtm Sebasrianiim Brant,
lOi iu gnitinm ipsius inult^i carmintt devota composuit et in
imtni^iidatiüneni orditit« Carthiü^ieTiHiü etc.- M Zn diesen
leynlin zu Ijiebe vorfassten fTctlichten gehön^n die j,Ex-
liOJtHtiii Uli lectorem de vita siilntaria^t*) das Gedicht »de
ita bnnmna bene institnenda^.*'*) ein anderog ^ad fonteni
^tiae Sil Pill icatio'** ' und noch manche mehr. Einmal ver-
ingt or «ich bis zu dem Wnnssche. selbst ein Kartäuser zu
rorden*
üjilimus vitae mudas et prabatiii
Jurt» tlictTis, utifmrii mispllo
Spes ?;ir, iithletmii furc mo piihieslrae
('artliusianae.*)
Wenn das aber bei dem verheirateten Brant ein frommer
Wnnsch bh'eb, — ernstliari hat er wohl nie an dei» Eintritt
|in diV» Kartwu-se gedacht —. ao vrdizog ihn ein anderer Freimd
lejndinH wirklich, das war sein ehemaliger KoHege im Stift
lin Baden, Johanm*«« vcm Hochberg. Die Chronik erzählt direkt,
ida;»!« «'9 Johannes de Lapide war. der ihn bewog nach Basel
kommen und die Kutte anzuziehen/) Am 2L OktobiT
M88, »in .lahr dpäter als Heyniin, tat er Profess.'^)
So fand Heynlins Ent^chlussi ebensogut Bewunderung
(Hiirt Naidndirnun^ vvio Misi^ldlligung und Tadel. Abf^r es
ili nicht nur Männer» die ihm seine Ftiiclit in.s Kloster
im Vorwurf machten^ es fanden sich auch solche, die ihn
Wiederanstritt und zur Annahme einer angesehenen
*) Ba. Chr l, }\
„Varia Carmiu,»". B,kAcl, rjlpc 14»)«. ftfi Zarn, Anhang I, No, tj,
iZArn. So ij,
h Au» j,Dliri Brui..*i.-= .,(,,. ...liautio et de laudr et exorualiduc ordinti
HttlliMU^nAKi**« ein Gtdiehl von 45 sApfibischen Strophen, die alle mit eioer
Ff»rf!i «i- CartbwAimiüÄ scbli»f>en: liei Zam. Xo. n. — Vgl. aucb
^ Dom fcili* de lttMh|>cr^ eani^nleum in Kidren B^vicu |HHt »c 4«!
fiCIra»!!. Ba.. catr. l, 34 S» 4—5.
Ba, Cht, l. ,i40f_A- i V^L ober H<whl»rr^ S, shj.
3l8 Max Hossfeld.
geistlichen Stelle zu bewegen versuchten. ^Einige sehr
mächtige Herren hatten versucht, ihm vom Papst und vom
Orden Dispens zu verschaffen, damit er, solange er noch
lebte, wieder öffentlich predigen dürfte, et vicariatum in
spiritualibus agere Ärgentorati.^ ^) Wer diese ^nonnulli prae-
potentes" waren, die ihn zum Stellvertreter des Strassburger
Bischofs in geistlichen Angelegenheiten machen wollteD.
wissen wir nicht, vielleicht darf man an die ihm wohl-
gesinnten Fürsten von Baden denken und vielleicht hat.
da es sich um Strassburg handelt, der dortige Münster-
prediger, sein Freund Geiler, die Blicke auf ihn gelenkt.
Auch wie er selbst über diese ehrenvolle Aussicht gedacht
hat, wissen wir nicht, vermutlich hat sie ihn doch etwas
aufgeregt. Aber die Entscheidung hing nicht mehr von
dem Willen des Mönches ab; sein Prior versagte die Er-
laubnis.*) Heynlin hat sein Kloster nicht mehr verlassen.
„Vivit adhiio in Cartlinsia ßasiliensi et yaria
componit multosque suo exemplo et scriptis ad
saneta studia provocat.^ Trithemius 1494.
Aber wenn er sich auch der Welt entschlug, die Welt
vergass ihn darum nicht. Auch im Kloster behielt Heynlin
das Ansehen, das er in Basel und Umgegend bis jetzt ge-
nossen hatte, und wie das eben Erzählte zeigt, waren Se-
bastian Brant und Joh. Amerbach nicht die Einzigen, die
seine Persönlichkeit noch hoch schätzten. So vergass auch
Johann Reuchlin, der mittlerweile zu Rang und Ehren ge-
kommen war, den einstigen Lehrer nicht. Als er im Jahre
1488 an eine Neuausgabe des Neuen Testaments ging und
deswegen den Prior der Basler Kartause um die Zusendung
einer griechischen Handschrift bat, versäumte er die Ge-
legenheit nicht, Heynlin als Beweis seiner Hochachtung
und wohl auch als Probe seiner humanistischen Studien
eine Uobersetzung aus dem Griechischen zu schicken, ein»*
Rodo des Piaton ikers Tyrius Maximus über die tiefsinnige
Frage, woher das Uebel komme, wenn Gott Schöpfer des
') Ba. Chr. I, 347, 1—5.
^) Ba. Chr. I, 347, 5 — 6. „Sed conatus illorum audacia dicli prioris
prudenter frustratus est."
Johiitiiie
(itAifi Sei, ^ H«*3^lli^ selbst war j» im Kloster auch ketneH-
^gn xur Untätigkeit verdammt. '( Von i<-*her war im Kar-
iseniitleii das BüfliprithscIireilmD geiil)t und Uterariselier
&isÄ hochgcdiftlt^^n wordt^n, ^niit dem Schreibrohre äh lehren
mh der Feder zn predigen*^ ]>rie9 man als dit* glück-
Iß Tätigkeit seiner Angehörigen. Dir lug auch Heynlin
i)N$ig ob. Seine oinsaine Zelle, deren achmale Fenster
ch dem stillen Klostergarten hinausgingen» h war nicht
ein Ort des Gebets und frommer Betrachtung, sie war
2h eine Stätte emsigen Studieren s und Schreibens. AI**
lenitTat nnd seine Habe dabei der Kartiiuse vermachu\
Irdo seineuj Wunsche geniäss ein Teil des Geldes ver-
endet, um ihm drei Bücherschränke ftu- seine Zelle an-
tigen zu lassen. -i Da fanden dann neben den Bän<hMi,
er zu «einem perHünlichen Gebraucli zurücki »ehalten
jlte. die Bücher ihren PUitas, die die Basler Buchdrucker
ituitu eius* der Kartause sclienktfn, i>der jene Exeiniilare,
I i»r so sorgialtig emendierte und herrichtete und die ilann
r>ruckern als Vorlagen ihrer Ausgaben dienten, \Vie
mag Amerbach von seiner nalien Wolinung*i nach
St, MargarirU^ntai herübergekommen sein, um mit dem ge-
ilten Doktor de Lapiile zu konferieren, ihn Wi»gen di*r Aus-
kbl neuer Drucke um Rat zu fragen und mit ihm v<»n
pu Nutzen zu reden, den die wohhh^ikenden Mätin*'r tler
ri«t«nheit zti erweisen hofften. Wir brauchen hier auf
oinEangreiche Tätigkeit Heynlins als Herausgeber nicht
*y Der Brief ao den iVior Latdicr ist vom Jtili 148^, k, (reig* Hr. 15,
jltto ai! vof diio$ liticlio^ i|iiortim alicrtim in tnum* attervirn in hmuini*
fiMfif»! Doctoriu f^pidani honorem de gr^rco in latitiuni traduxi, quod
»I « li, Ni liiuuU irri ^icb, wenn er tticutl, U.i-- Htyt>]iii ,,ii»ii;ai .lui jfiic
li|tk^if aU SfUrinsIcller, f'rriftKsnf iitui Prfdiger ver/khiel hftl»«,** (l, laRi
[f€>1(jl hier wohl tJcr Anj^aUe der Ailnmbratio \H, loj): Hcynlin
sttr (egdOt^Dt ««unice ad pias nicditaHrit}e& aiiinnim mtjuitclurus,** febt ^
b&t mch Schmidt, dftts lleynlin liaUdfitt der Mittelptinkl der CfClclul«!-
BmcU gehliebcu tei
*) Vgl. Gntndfliis und Ansicht des Kloster» tti Ba. Chr. t
*t . . t^tfüi ArmAfiA pto lihris itti» iu ceUa J, 7 tf/* \LiU beoeC. i^r*
Ulf. 1. 131* A 2».
Max HoBi.rckL
mehr zurückziikuTnraeiij Rt> sfi nur liervorgehobeti, dfias
grosse Mehrzahl der oben besprochenen, bei Ameri
Kessler und Aiuleren erschienenen Editionen in di**
nach 1487 fällt, mithin in die 9 Jahre, die Heynliii utiii
noch in der Kartaiise zubrachte.
Der gelehrte Mönch war aber auch noch ak selbdtäudigtT
Schriftsteller tätig. 1488 erachien in der von Kessler g»*-
dnickten Ausgabe der PredigtÄmnniliing eines Meissner Treist-
lichen Meffret eine gegen diesen gerichtete Streitschrih/i
in der Heyiilin dessen Ansichtt die Jungfrau Maria sei d*^r
Erbsünde unterlegen gewesen, auf das heftigste bekämpft uthI
geradezu als Ketzerei brandmarkt, während er selbst auf da>'
wärmste für die unhe fleckte Empfängnis eintritt uml dem g—
steigertsten Marienkultus hukligt.. Seb. Braut füjjlte sich durt'h
dieses Vorgehen seines Meisters angespornt, ein (ledicht «Pro
virginalis conceptionis defensione coutraque luaculistarun]
virginis Mariae furorem invectio" zu verfassen, welches «in
Heftigkeit den Auslasstingen Heynlins nicht nachsteht.
^Hanc tarnen ex Slett*=;tat doctissimus ille Jacobus^«
CarmiJie deprompsit jam satis atijue super
Et Lapidanus item doctor venerandus in aevurn
Chart iisiftB expressit hasque aliasque prosa.
Hos lege, et ex illis disce, o inaculista. vereri
Conceptum matris, poeniteatque precor.*^*^)
t) Ge;>chriebeo am 21. April 1488, wir meioeu d. oben S« 299 »chosi
berührte »Pracmonitio fratris JaaoötÄ de Lapide Cartustensis, Siicmran» liV
tcranim humilis professoris Pansiensis, circa sermoues de cnocepiionc glonosoP
virgiius Mariae per quendam Meffreth ntmcupatum coUectos», decla^aIl^ *)«iiJ
iu hac maleria «CDtieodum ac tcaeudum sit, notansquc eiit^em coUcdorn
asscrtioiiieÄ, quibus «tancta et Immaculata virginis coiicepüo cxiiiiqQinari p^::/^
tenditiir, (um quabficatione atquc confiitatioDe canindcm** Diese Pracmomiio
tindet sieb in folgeiideti Me Drei ausgaben : 6a&eb N. Kessler, 24. Mai M^
pars de sanctis fol, 13 — 16* (Haio *i too6); Nürnberg, A. iCoberger, 24. Aufrutt
1496, pars de sauctis (Hain ♦ 1 1007, Voulbtme Berl. Ink. 1766); feroer m
einer Ausgabe von Kessler in Basel, die vom Samstag, den 20. Jaunar mK
datiert ist, wieder pars de sanctis fob 13 — ttV (Dz, 1910 der Berliner Kit.
Bibbotbek, Voulb $13, Hiim'iioo^}, — Kaiin dieses Datum» 20, Jd
richtig sein» wci>n die in der so datierten MetTrctausgabc betiodüchc Pr.t
(in Übereinstitnmung mit ihre« übrigen Dnickenl vom 21. April 148H dar
5) Jakob Wimpfcbng. Braiit meint sein Gedieht de tnpbci crandort
'*) Brant war überhaupt ein eifriger Verehrer Marias, die crstea 6 **e*
dichte seiner Sammlung * Varia Carmina» sind ibrem Lobe gewidmet. Vß*-.
lütü. xxxra.
Infi
IW-. Hrvtiln
SSf^TmlHniiiu^ hat hiL-h iibrr den Tmktnt HpynTfTi»
lubt.HMi aüsgt^sprocheu. ') wio donn üborhaupt jem.» HaumüiHteu
\it ElsasH und am Oberrhein alles vvillkommon hiessen, was
tnr Erliohmtg iIht Marii^riverelmtiig und )>es<m<lors was zur
icft^stigintg d»>r Lt^ire von ihrer unbefleckten Empfängnia
[»itnig. Wir konnt-n es uns nun ersparen^ im einzelnen
oirmn für unser*» Begriffe widonvärtigen*) Streit eiazu-
[vhpn^ bpi dem e« in der Hauptsache sirh um die Frage
phte, ob Marin unmittelbar nach ihrer Empfängnis für
iiis gt»wisse Zoit d#^r Erbsünde unterlegenT dann aber durch
tn«m besonderen Dispens (4ott«'s davon befreit worden sei.
>d©r aber ob sie ülierhaupt nie der Erbsünde teilhaftig.
yntieni stvets und umuiterbrochen unbeflerki gewiesen sei*
Tinn or trotx aller aufgewendeten Logik dem Verstand©
sr Verteidiger Marias wenig Ehre macht, *) so um so mehr
*) Tm OujiL iU. viror« German. 14^15: -tmctfttum unum catboUcum pro
a>k>ne purii«jai«ie conccplioitis» beatne Murioe äcmper virtiinii, obstrncivü
miuiit ^^kticie quam docit ds loqucDtium ttiiqae* ete.
■) XtefTret autei^cbcidct 4 couccptiones. c. aclernn, c sei. ums, i, inutnins
ad c. Aiimiiiis oder spfrilus, und bchviuptctt tijis«> Maria cr>t am 35s»tcn Tage
• n blicke, wo *ie nach Afihicht ilcr Gelehrten menschliche Formen
icti begann I nach der c. ^eiitiuis «idtikhfiztert worden sei. Die Kirche
TC d4hcf »uch nur ein festum conceptioui>« üpiritu.s, nicht seminis« Heyntiii
atipict im Gegenteil, da& Fest Miiriii Knipräugni^ (»eziebe sich doch auf
c, trftiliiifi, und nicht auf eine Sanktttikatkin, ^ToL 14 coU i Z. 17 in der
chun M<!ffret*AtLsg;ibef. Aehnlicbc Erürteningen tiehiuen etnco breiten
eilt.
Geg^ eitlen Äus^crM Ke**bmack vollen, aii^ Pliuius berbeigetn>geuen Ver-
Xlefiietf der beihgeii Alma mit einer Dachsböblc und des leufeU mit
Fucb&c ijui ibidem Itmuin suum et urinum pmicit (iijimUch die Erb*
|e '1 Ifeynliu in voller Ernyiornng Ua»: „i^ ;ib<jminaliili», c.te4:r»hiU»i|
U», btisphemu, dctet^labiltK nrt.iledic« immo vcriiM m;iledictA Pf
^bobca riimpuniti«> et ex ea inducta assertio» «juae uon pnlUiUvil nee crevit
M|iijiiti In «tiimo cuiit*iairni]iie catholici doctoris» et fidebs chriisliaiii «^d in
1» bl4»phefoo et dialiolico^ . . . N«scio si quid aequiiu cogtlAti, tmpius •
•-'Otiri et pü* auribu!* abomm^biUus \*os%H midirf,
iti scciu.^« ineOjibitc nephas, \'\% babens nonieu
uuMi*" {ki{ 20*)
sU Probe eitieu Bewcii Hrynlin% folgcii. Der itdi&che
hol, wie bii oorptu imU siebl, »einer ünmAbbo, dtr KiiUerin» dai
l^clH ferlkhtfn^ daii (li« wie er teJbiii nnn Gesetre frei sein *oll: Wie
i|lt# ouo der Sohn Gotle*, drr Köuig ftlle? Kooii^e uni Kaiser de* biiuni-
en K«id»et iler HttttmeUköulgiii und Kalseria de» ewiijea Reich««, die
3-*2
Max Hassfeld.
ihrtuii Herzon, Fischer hat nüt Recht hervorgeliobri». -
Heynlin sich in dieser Frag*» in eiiieui Dilemma befinden
musste« Setner phihisophisch-theologischen PhrtebteUuug
nach war er ja Realist, mithin ein (resinnungsgenosöe dc*r
Dominikaner. IHese aber befehdeten die Ansicht von der
nnbefleckten Einpiangiiis Maria. Heynlin musste es aW in
dieser Frage mit den Fmnziskanern halten» die für die Erh-
sündetosigkeit Maria eintraten^ aber öonst seine jibil»>
suphiselien Gegner waren. 'i Dazu mag für ihn ncK*h schwer
ins Oewicht gefallen sein, dass drei seiner bevorziigtea
Kirchenväter, der heilige Augustin, der heilige Gregor iiaJ
di-r heilige Bernhard von oii]L»r iinnjaculata cuuceptio nicJiti
wissen wollten. Aber trotz alledera siegte seine Frömmig-
keit über die Einwände seiner Freunde und Anton
Er wies letztere mit deai Satze ab, dass sie nur P, .,...
ni einungen aufgestellt hätten, nie seien sie versammelt ge-
wesen, um in dieser Sache ein Urteil abzugeben, „unde nee
aliquid autentice in hac materia deteruiinaveniiit,'* Ja iT
geht soweit^ ihnen die Heiligkeit abzusprechen, falls sl^
anders dächten, wenn sie jetzt noch lebten: Adhuc etiani.
81 . . . nunc hrc essen t» alitet' sentirent^ re/ sanctt von rfistnit!
So sehr war Heynlin überzeugt, dass seine grosse Verehrung
der Maria ein notwendiger Bestandteil der kathoHscbti«
Frömmigkeit Sfi, uml so weit riss ihn das eigene FKiniraig-
nicht nur seine getsUge Gem^ihliß, sondern sogar noch seine natürliche .VliiUer
t*(. weniger Ehre ei-Tveisen als der irdische Kni&er seiner Ivaiserio? Alw» ist
eti gewiss, dass Chri^tON seine Mutter von dem sou&l allgemein gültigen G^
seUp das«! jedef iu der Erbsünde empfangeu wird, befreit hat, wie er $ethsl
frei dAvon war. (foL 14*),
il Fisch, 21—22.
«I Geiger (Kcnaiss. iiad Hum, S, 417^ stellt das Vcrh ,ii . mJ i
den Kopf. Kr sagt, Heynlin habe „seine Verehrung der Jini-ii.ii Mint ^f
rade dadurch bckurtdcii wnllcn, dass er ibie eigene Geburt in menschlicher
Wei^e geschehen lic&i», um dann ihre, der von Menschen erfeugten Jungfriu
Erwahlung durch den heiligen Goi^t um ^o wunderbarer und gülUicher er-
scheinen zu biJHscu und nicht dadurch, du;»» er, seinen sonstigen Ge>ionu
genoiiäeii, den Dominilcaucrn iihnlich, auch Maria unbefleckte EropfänjfniÄ
hauptete/* Umgekehrt, die Domiuiknner waren Gegner der unl^el^ecktcrt
Empfängnis. HcynJiu ihr glühender Anhänger. Kurx vorher sagt Ge
selbst dos Richtige über die Stellung der Dominikaner und Sebasl, Br
(S. 366.)
Jobnitncs Hfyntui aus Slciii.
in» Zwar sai» aiui» rv inrii \mvii AutontütoJ
Itti^ wuil rr Wür gliirklicli, <lio Eiitsuheidiingt^ii i>iijt'r Uni-
srBitHt. aiuea Konzils und pinea PapMtoö für Bicli anrufen
lu können. Obwohl in der Frage <it*r unl>oilfükfi*u Emjifiiug-
ih noch kein«; ftuthentisch*^ Eut&schoidung g<jtroi:ien soi» üü
^e|;^inüt ej% und obwohl deswegen streng genommen jeder
90 eigene Meinung haben diirfe^ so gidiöre doch diese
•^mgo zu den^^n, bf^i welchen man ^der guten Sitten hnlbf*r
lud iiuti Scheu, eleu rr*chten Glauben oder fromme Ohren
Itl verletzen" davon abstehen solle, von diesem Rechte (4e-
tmuch acu niHchen. Denn es hätten sich sowohl die Pnriäier
JniverHitiit (almn fiarens ün. par.i, <las Basler Konzil <8acro-
inetum Has. concj, das doch im heiligen OeiBt« rechtmässig
bensantmelt gewetJen sei, wie auch Papst Sixtus IV zu
S^nuBten der Immaculata conceptin erklärt, und dieser hal>e
»)gar eine Messe und ein*tn besonderen Dienst zur Feier
^enioUwMj eingericht-et und einen Abhis8 daran geknüpft.
Üine Bulh? habe da>« alles böstätifi^. Wer aber Jiolcher feiRr-
ichen päpHtliclu^n Krklänmg widerspmche, «1er denke ^tmpie,
^liii*pheme, Hacrih^ge . ,. iramo heretjce contra rcctaju fidem^
lud mti^se für seinen Widerstund l>eatraft werden. -Irro-
ibiliter diffinitum est et obstructum i*st os omnium in
jiiic niHteria lo(|aentium,"
Ausschlaggebend für Heynliu selber aber waren (U>ch
licht die Autoritäten, die er hier anführt <obwold seine
}teUnngimhnie in dieser Fnige ursprünglich sicher auf die
Nachwirkungen der Beschlüsne der Pariaer Universität und
h*& Konzil» in Basel zurückgehtt^*) ausschlaggebend war
pas religiiise Bedürfnis «eines Herzens, das sich hier zu der
linsen Kraft, deren es fähig w^ar, zusammennimmt und
ihm Wftrm^ des Gefühls entwickelt, lüe man dem klügeln-
|*ni Verfa»?ier de*» tractatus de propositionibus exponibilibus
if*r iler ICxplünatione^ in Arisitotelis logicam gurnicht zu-
lUit. Man leäM) nur dit^ folgiMMlen Tiraden, die mit ihrer
h ungei^chickten, stet^i wiederholten Verwünschung
«i^tünde Marias'' deutlich zeigen, w^e dan itefiÜd hier
intt ihm dnrehgehL
^ M.>n »tlnurr« cieb der Piedjgteo teittes F«irisirr l.fhr«r>» t^itt- Desmoiilin'*
^4w imticdfikic EtitpOuj^iiiv («^ Band VI, S» J4v> A* id
,^24 Mai Hossfcld.
Stehe niemand auf gegen den Bahm der heiligen Jnng-
fraul -Terreantnr. resipiscant. convertantur. virgini dent
gloriam et vivant Quod si rebelles facere contempseriitt.
exurge o virgo praeclara. exurge o pulcherrima inter mulien^.
quoniam tota palchra et onmimode pulchra, tota immacnlata
et semper immacnlata, non cui aliqua macala ablata sit. se*]
cjuae macnlam nullam unqnam contraxeris, exurge o deifica
mater domini et dissipa inimicos tuos, diffamatores tnos
deo odibiles detractores tuos, dissipa eos quia bella volnnt
contra t»»: fugiant a facie tua qui te oderunt, profer in et)>
propheticam illam sententiam divina dispensatione tnae
dignitati congruentera: confundantur et deficiant detraheiites
animae meae. operiantur confusione et pudore qui quaeninr
mala mihi. Et iterum, confundantur et revereantur quae-
rentes animam meam^ avertantur retrorsum et confundantur
cogitantes mihi mala, fiant tanquam pulvis ante faciem
venti . . . exurge adversus dolosum et mendacem tui de^le-
coriscompositoreml Erubescant, confundantur. contnrbentur,..
et cognoscant quia nomen tibi domina, tu sola altissima in
omni terra ■*
Und unmittelbar hinter diesen Sätzen schreibt er fol-
gen<len Schluss. dessen Superlative so bezeichnend sind tür
«len Wunsch, alles klipp und klar bewiesen zu haben: «Ex
pr^niissis inexpugnabilibus determinationibus fimiissima ra-
tione et aiitoritate roboratis evidentissime demonstratnr
(»nmes assertiones collectoris iMeffret» illis contrarias et r^
pugnantes esse falsas. erroneas. scandalosas, piarum aurinin
offousivas. et in fidf^ non sanas, et idcirco ab oninibus ca-
tholicaf» t'idei filiis respuendas, nogandas et damnanda<.*
Am Schlüsse des ganzen Traktats aber unterzeichnet er mii
vollem Titol: «In assertiones temerarias atque damnatas iu-
tenieratain Dei genitricem virginem Mariam originali lua-
culae subiectani fuisse praetendentes. Catholica Praemoniti»»
ot (iohitae castigationis lima. cum ex adverso militantiuiu
(•onfntation«^ ])er egregium religiosumque virura Johannem
(\f' Lapi(h\ artiuni ac Theologiae Uoctorem Parisiensem
fuiidatissiinuni, Onlinis Cartusiensium fratrom.^
Zugleich njit dieser Praemonitio lioss Heynlin durch
Kessler in die Meffret'sche Predigt Sammlung einen von ihm
Jnhivnücs Heyn l in aus Slefn.
«fftjhst verfasst»*tr Sermon üh*'r Christi Hinnnel/akrt aufiM^liiuon.
lUese Predigt, die sich nur in einigen Ausgaben des Meft'ret
findet, trägt selbst keine Notiz darüber, dass Hoynlin ihr
Verfasserist, aber Trithenüus ftilirt sie als eins seiner Werke
auf («De ascensione domin i inter sermnnes Meffret,'^), und
<la rhis von Tritbi*mius gegebene Iiiitinoi „Conmirge domine-*
in der Tai mit den Anfangsworten der Predigt (Consurge
domine in requiem tuam) übereinstimmt, so haben wir in
Hey nun den Autor zu erblicken. Nach ilai 1488 gedruckt.'!
ist sie jedenfalls auch in jenen Jahren in der Kartause ver-
Bh^st worden und bringt seine damalige Stimmung gut zum
^Aüsdnuk.
Die Welt, so heisst es eingangs, ist wie ein stürmisches
und unruhiges Meer, widenvärtig und bösartig. Wer tiaher
Ruhe sucht, eler darf nicht auf diesem lb*ere bleiben» son-
dern muss ans Land gehen; dort aber wird er desto mehr
Ruhe finden, je höher er emporsteigt* Denke dir» so zitiert
er Cyprian.^i du ständest auf hnheni Berge und sähest»
selbst frei von aller irdischen Berührung^ den Stnidel di»r
wogenden Welt zu deim?n Füssen. Wtis würdest du von
deiner hohen Warte alles erblicken! Krieg, Streit und
Bhitvergiessen, Totscblag, Hader, Hass, Unglück. Trübsal
und Trauer, Achtlosigkeit vor den Gesetzen, Betrug und
■Ferstellurig. Untreue und Meineid^ Unzucht. Schamlosigkeit
und alle Laster! Das ist das stfirmische und gefahrv^ulle
Jieer dieser Welt Da verschlingen die grossen Fische die
Bleinen« der Starke vergewaltigt den Schwachen, es lauem
Ble SjTten der Habgier, die Scylhi der Schwelgeroi, ilie
Sirenen der Wollust, die Cliarybdis des Gaumens und der
Völlerei. Dem Menschen wäre hesser, er würde nie in diese
Welt hineingeboren, denn er kann den Gefahren, die sie
l>irgt. nicht entrinnen. Auf diesem Meer kann niemand
lixlio finden. Wer aber ruhen will der steige auf den Berg,
*) s, oben S, 300. In dem Exemphir der Berliner Ki>L Biljliothclt
z, X910 = VouUienie, BerK Inkuo:i)>eln 550) ist sie die 19. Predigt dc&
stivalis; sie beginnt uiif fot. K U 2* und iimlasst 12 Seilen.
*) Im folgende» unterlassen >vir, jedesmal den Aotor za ncti»
Heynlin zitiert: auch was er von fremden Worten auführt, bk
finc Stimmung charakteristisch.
3-'f>
Hm..(.'1,V
nac
h dem wir uns soiineji. weiiü a\ ir vun eleu \V
?rde
den Bc
der
und
Irergeworten
Ruhe, d. Ih das Himmelreich. Stände Christus nicht am
Tjfer, wäre er nicht aus Liebe zu uns in dieses Meer hinul)-
gestiegen^ was sollte aus uns worden? Nach dieser Ein-
l'^itung spricht Heynlin anstiihrlich von »1er Buhe. All»*
B«/wegung hat zuoi Ziel die Ruhe, und jeder, der iirbeitK,
bedarf der Rast. Obwohl aber alle Menschen nach Ktili**
streben, so tun sie es doch auch auf verschiedene Wei^^*.
Denn es gibt eine doppelte Ruhe, eine eitle tind fälscht»,
und eine wahre, die meisten aber erstreben die fcilscb«^
Ruhe. Sie suchen sie in dem Gefängnis dieses Lebens, m
Reichtuna, WoUust und Ehren, V(»n diesen Dingen abor
mag die Seele so viel erlangen wie sie will, so wird m
von ihnen doch nie ausgefüllt, sie bleibt immer leer, ihr
Sehnen ungestillt. Wer nach dem Spiegelbild des CTi>ldt»u
greift, statt nach dem Grolde selbst, der wird verlacht: m
aber sind diejenigen, welche des Fleisclies Lust suchen und
die unaussprechlichen Freuden des Himmels vemchlt^iu
Deswegen suchen die Söhne iles Liclit^ die wahre Ruhe:
diese aber ist nicht in den Dingen dieser Welt xa finden.
Christi Himmelfahrt ist ein Symbol dessen^ was wir ttin
miissen^ um die wahre Ruhe zu finden: wir fitiiiiseii wk rr
diese IKrf/ terlmsen. Denn die ganze Welt ist vom Bos^u
umfangen, und wer ein Freund der Zeitlichkeit sein will,
der wird zum Feinde Gottes, Die Welt ist wie ein Pfcui,
der die Federn spreizt* von vorne schön anzusehen, von
hinten garstig entblösst; sie ist wie ein Schatten, den man
nicht fassen und dera man doch nicht entlaufen kann: wt«^
ein schlauer (iastwirt. der seinen Gästen die Mahlzeit
salzt, damit sie Durst bekommen, Sie verstrickt alles in
ihre Netze, ach wie wenige gil»t es, die Christus zu folgpü
versuchen! Und doch ist dort allein Ruhe zu finden, wo
Christus ist^ denn durch Geschaffenes kann der menschliche
Gidst nicht befriedigt werden, in Gott hat die Seele i
Ursprungs nur in ihm kann sie sich ilaher auch beruh
Die Seele ist wie die von Noah ausgesandte Taube, welch*^
umli erflatterte und keine Stelle fand^ wo ihr Fuss mhAH
konnte, bis sie in die Arche zurückkam, von der sie ftW*-
iliche j
ligroF
iitinn »II» Swm.
327
ttfiogtMi u-ür Es gibt nur eine ^suverlässige und friodsaine
Itihe, nur <*inp 8iclieri> und danerndp Geborgenheit: ent-
Dgeii zu 8»*in den Wirbeln des irdischen Lebens, von di^r
»t tiichl^ mehr zu begehren^ nichts mehr zu wunscheUt
rIOst zu werden von den Schlingen der Welt ntid von
Jiem Hchmntz der Erde gerf^inigt zu werden iui Licht der
flg^n Unsterblichkeit.
Dieser schönen Predigt, die des Menschen inneres V«*r-
lis zu fToM li^-t rächtet, und ilie ein Zeugnis von dem
li.sf:lien Verlangen des Mönches nach Vereinigung mit
ODttheii ist^ der er in seinem heiligen Stfinde nnn
ler XU koinjn<*n hoffte» liess Heynlin nach einigen Jahren
lue Arbeit folgen, die noch einmal den äusseren Oottes-
|ieoi;t betrifft und uns wieder hinaus in die Welt führt*
ist «ein Traktat über die M€M«$^ das ^Besolutorium dti-
innim circa celebrationenj missarum occurrentium**, verfasse
UT Belehrung einfacher Landgeistlicher i^eapropter, ut
acerdotes simpüces qui notitiam canonum non habent»
^<jue semper facilem recursum ad superiores suos aut ad
iros doctos habere possunt^ mt*lius cavere valeant no circa
Kiaxjmum istud mysterium deficiant vel errent^). Es lohtit.
|ieifii» Schrift Heynlins und die eben besprochene Predigt
lileinander zu vergleichen. Man gewinnt bi4 ihrer LM>ktüre
^en ganz entgL*gengesetzten Eindruck. Wussten wir nicht,
BiicJier und Bucher einen ganz verschiedenen Urnpiiing
?n können, selbst wenn sie vcm ein und demselben Ver-
»r stammen, so mfissten wir uns eigentlich wundeni.
^dii^ dt*rselbe Heynlin etwa gleichzeitig zwei so unähnliche
riften herausgeben konnte wie die Himnielfahrtspredigt
id den Messt niknit. Wt'nn jene seinem Herzen entspningen
üo dies**r ganz gewiss nur seinem Kopfe* Dort eine
t\hm% hent** noch zu Herzen geheudeWärme der Empfindung»
^r de« Ausdrucks und ein«^ anscheinend echtf^
iiusucht, hier eine Ausserlichkeit und Uesetzlicli-
it «l»«r Anschauung, die erkältend wirkt, und die hinter
\\ dorn Betonen des äusseren Di**nstes, hint^:r alt der äni;st-
^h gewisserduiften Einprägung der Kultformen undWarnung
Cir den geringsten Verstössen g<^gen das Ritunl kaum noch
r^n feniabliegend**n Ciuell der Religiosität ahnen lässt. aus
y2^ \E.x H.7,4f^ri
• !-sli -l.iih ar^'i-a -iies ganzer Fonii»e-t^e«en •*iii:?c Lerg-fl-VM^::
w^r. ♦rl-^i'.h.wohi errang -sioli Heyniins .«Brtiijlarorinin- ir.
•i-n -Ir^ri Jdiirzrhricen von seinetn Erschein«?!! bt» n Ljith-rs
A -J:r'^reii -ohr^ell ein- groseie Beliebcheir bei seinen Lfts^rrTi
-i':hrrriicrL inch wegeri seiner knappen an«! ^be^5ii:h^
II- ii-en F:rm : Lst -^ 'Lx-tL bi^ zur Bef*?nuacit)n nichr
•Ä-rr.i^rrr ;il.s 3«S rual ^n'^ liann n^ich 4« .»jähriger Pswise!.
i:^ Zt^iraiter der « regen r^rt'jrniation. auch nocli mehriiLh
anfgelrgt wonlen. Streng anf dem Beilen der Can-T.^'i
niA drrr Kirchenväter 5t«^henJ. will die S*;hrift die Mi»-
bniache b»^i d^r lleäs*? b»^<eitigen and für lii-^ Reinigung
*l^< ilesätormnlars vou den AriiwticL=en wirken. h 15*.t)
*^:ü[.fahl Christoph von Ct^nheim. Bischof zu BaseL 'U-
Bnoh in den znr Rnriorni seiner Kirche erlas&enen SvG'-Li-
-«ta raten drn «Teiatlichen s^^iner Diözese aL? Anleitung- z:A
Bi-^-ohof Oth'> voii Arig^barg nahm es in ein MissaJe jd.
dii- -r 15ol> für seinen Sprengel «Inicken liess.''- Ervtr^Lil«
-rsi.hien rs 1402 in Bas*^I hei Johannes Froben von Hain'i.-i-
r-irg* nnter dem Titel -Rersirdtitoriam dubio mm circa l-»?1-^
b/Htionem missaru^i •K'currentitmi. per venerabilem par.'VL:
do:.ii:i'ir:i Johann^zi d- lupid^ir doctor»»m Theologum pah-
-irr..^«^;.!. --rdini-: ^/ürtTL-i-^rL:?!?. ex sai/nT-nun can-'-ntim pr^'a-
r ■.-.;::: r^'i'.* di'OM'rini -r-r.ter.r.Lis düigenter c»^ll"H:tTi:.i. Soini-i
.:'L.i.-ri:. in li'>v- .)-.^^r- r-?S"iut.»niiii: I*>^.- [n «l»^!. -\'-5t-:.
»■' J:"i hr-:. -r-ri/hi-riei: ii'.!-in 14 »latir-rte Auflagen. ariss*:*pi^-.
■xi-rti-re.: '• TU. i .ri.^rtr-. V'.it 'U^ovn die grOs^jere Hälfte lizcl
i..:r >■• h-rhri* i:. -ü-^^e >". -r>ten Jahre v^rrlegt wird. Bi-
U ^ 'c*r-. V j- --Li;- ; .\ .r : i.>j . Uas Buch von AJ Fri::: i- ■
:■ . :--:-. M,:--i:i:e: i .•:!. ^. ;;^ — *> :-e&pricht dis Roolut-r:-.
L ..'-r i-ir'---. Ki'.h*-::^ ^i- r.'rt-;;'. ": ^j-sbea. Fran/s biogrr.phUirh^ Dj:.'
. '.v.-ri.^r.j*:-. . H-^^r..:!. li-im liT'* -j^-'i räbinjjen und k.ii.n nxfat i-
•r*.- K... '.'.-r.;-. I'ir - ■.;. irrr 1 : ■ r.jrrr Hccb^i.-tiule" bezeichnet werler..
-\ ': :* ^[. '•':!. P. ;. v. ;: .- •r^-':h. r::erkv.-ürdii;er Bdcher, •" S*..-.
• Li::'- F<- ■ .:.j \:zr. :: }{..::•. u^t. Manch. l«»o;. ■< !•■: >.■""
Johannes Heynlin aus Stein. ^2()
nach Holland und Polen, Frankreich und Italien trug tvs
d»»n Namen des Johannes de Lapide.*;
') Folgende 44 Ausgaben haben wir zusammenbringen können.
A. Ohne Jahresangal)«.
1. Hain 9901.
2. Hain 9899. (Rom, Stephan Planuck).
3. Proctor, Rob., Index Brit. Mus. No. H324: Paris, Pierre Poulhac (für
D. Roce).
4. Copinger, Suppl. zu Hain, II 3493: Paris, Dionysius Rocc.
5. Hain 9()02. (Dietr. Reichling, Appeud. zu Hain usw. Münch. 11)03.
S. 162, setzt den Druck auf c. 1490 an).
6. Hain 9903. Nach Proctor 8086: Paris, Pierre I.cvct. (Nach Hain: Pari^.
Georg Mittelhusius). Nach Copiuger I, 9903 ist der Druck von i4')4.
7. Hain 9900. Nach Proctor 1812: Augsburg, Johann Schönspcrgcr. (Nach
Copingcr: Köln, Heinr. ^uentell 1495).
H. Copinger II, 3494. (Rom, Euch. Silber und Mich. Ferni, 1495).
9. Hain 9904: Leipzig, Arnold von Köln. Nach Copinger I, «)9ü4 ist »Icr
Druck von 1495.
B. Mit Jahresaugabc.
10. 1492 Basel, Joh. FVobcn (Hjin 9905).
11. 1493 Köln, Heinr. Quentell (Hain 9906).
12. 1493 Strassburg, Martin Flach (Hain 9907).
'3- *4'>3 Deventcr, Rieh. Paffroed (Hain 9908).
14. 1493 Köln, H. Quentell (nicht --:- Hain 9<)o6, Copinger 11, 34*)5t.
15. 1494 Strassburg, M. Flach (Hain 9909).
16. 1495 Köln, H. Quentell (Hain 9910).
17. 1495 Antwerpen, Govaert Bac (Proctor 9434, Hain <)9ii).
I«. 1496 Leipzig (Arnold v. Köln; s. E. Voullicnic, Berliner Inkun.ibolii,
Beih. Zentralbt. Bibl. 30, n)0<>, No. 13O3). Hain t><)i2.
i<). 1497 Leipzig, Kachelofen (Hain 9913).
20. 1497, ih, Vn. Leipzig, Kachelofen (Hain <)<)I4).
21. 1497, 16. VII. I^ipzig, Stocckcl (nicht Hain «)9 14, Copinger II, 3|»>7;
\-gl. Voullieme 1407).
22. 1497 Basel, Jac. (Wolfl) von Pforzheim (Proctor 7705, Hain \V)i^).
23. 1497 Dclft, Christ. Snellaert (Proctor 88«)7, Copinger II, 34«»»»).
24. 1498 Köln, H. Quentell (Hain t)«)H>).
25. 1498 Perigueux, Jean Carant (Er>ter datierter Druck aus Pörij^'ueux, >.
Rabir, La bibliotheque de Tamatcur, n)07, S. 2(>4.)
2(*. 1499, 10, V. Leipzig, Melchior Lotter (Proctor 3ü?3. Hain «)«M7I.
27. 1500 Köln, H. Quentell (Hain «)«)iS).
2H. 1501 Köln, H. Quentell (Proctor 10357).
2'). 1504 Köln, H. Quentell (Proctor 10384).
30. 1504, 4. XI. Köln, H. OucMtcll (Pan/er, Annal. t\p(>;:r. \1, 5S1,.
31. 1506 Mitte Juni, Köln, H. Oucnlcll (Pnxrtor 10404».
32. 130^ Köln, Joh. I«anden (Prwtor 101S4).
nix Hofisiei
Weniger Aufsehen machte ein© am Ende desBeft»e
Jahro!^ 1492 geschriebene naturwissenschaftliche Abhaud
hing über den damals vielbesprochenen En^ii^heitfier Meteoi
In der Ädnmbratio Eniditomui Basiliensixini ist sie
titelt: ^Condnsiones aut propositiones physicales de lapiil
insigni, ponder*^ duurum centenariorum cum dimidü
»|ui 7 Jd. Nov. 1492 ex nubibiis magno cum fnipM
prope Ensisheimum, oppidnm Suntgojae Alsatiae superior
decidit et dein effossus in eju^dem oppidi templo catena i
locnm sublimem suspensiis est/ Es wäre sehr interessaiil
diese natnrphilosophischen Erörterungen eines Anhängen^ Jl
viti antiqiia und Huinanij^ten wie Heyniin kennen zu lem^s
Die Abhandlung soll auch gf^lruckt sein.'i i>it abor
nicht atif zufinden gewesen.
^3, 1506 Piiri&, Jac. Pouchiti (Theod. Grac&sc, Tresor de livres mres et pn^
cieux IV, 104. — i86j).
34. 1511 Aiitwer|>cü (j.J.Moiir'r, Vii ü- VroUs^^ liibiog, Urd. Thcoi,» Deca^i.
Tüb. 1718. S. 23).
5S* »5*5 Venedig (J. H, Zcdkr, iirn^^cs Uuiv,* Lexikon, I7J7, Bd. 16, 7^
36. 1516 Paris, Jac. Poucbtn (Rotcrmuod, Forts, /u Jckhers Gelchrtenlej.il
37. 1516 Venedigs Gregor Ruacouius (AtitOQ. Possevüius, Apparatus
Venct. i6o6; II, 210).
38. I5t% l. II. Krakaa per Hicron- Philovaücm Vietoreru apmi
St'h^irflfenbcrgcr ^Paoncr Anoal. typogr. 1798; VI* 461. Vgl. Gnies«e 1J
Nach der Reformation:
30. 1550 Dillingeu, Seb, Mayer (mit anderen Schriften tustmmeo, der
des Druckes lautet „Tractatu^ de AdminifitrnlioDe sacraraenti Eacharisl
et de celehralione Misnae ex csmonibu« et probatis autboribus. Cui adjttod
est libclUis D. Joanuis de Lapide S. Ibeol. Docioris Je resoliitiuijc d4
oriitn circa celcbrationcm Mis»ac occurrcnliüni" usw. s. Masch, Beitd
jeur Geschicblc merkwürdiger Biiuber 1772, 6 Stücke S* 3Ü9).
40. 1 5(|6 Konstauz» NikoL Kalt unter dem Titel »,Cai»uum, qot sacerdotil
in Mtsfiarum cclebratione conüngcre solent . i*' usw* (&. Pelreius ^F, Tb©
Pctracws) ßtbboth. CartuMaoa, Köln 1609, S. 207 und PaMevitrus Kj
41. 159Ö Konstanjc (Moser, 1. c.)
42. 1598 Paris (Moser, h c)
43. 1590 Padiia, Fraiicisc. Bol/eta unter dem Titel „Dccisioocs aurcae casi«
circa Mi&sar celebr, ocurr. e sacri5r canonibus auctore Ja, de Lapidc The
Parmcnsi** iPosscvious, L c.)
44. 1659 Paris (Graessc, L c)
Ein literarisches Barometer!
*) Adumbr. IQ3. Fisch. 24.
JftbarTtt«* Htffilits aiw Stcfü.
55 t
Eotllicli haben wir noch ftinor gaiixen Reiiie von Prediff-
1 »u go<lrnl<«.»n, flic Heynliii im Kloster voria-sst und auch
ils im Kapitel, teils vor ikm Laienbrüdern vorgetragen
t Ihre Anzahl belauft sieb, trotzduni or ja vun rochtf^-
D nicht ciiohr zu predigen brauchte, als jeder andere
der, auf über 2«J0. *) DioHo verhältnismässiig grosso Zahl
klärt sich teiln daraua, dn*s8 Hoynlin dii* aiuloren Mönche
1 hRnfig v«?rtrat (er hat 6fi Vertretungen angemerkti,
ils darans. dass der Prior ihn 2eit«veih'g mit dem regel-
Higen Predigtamt betraute, ,
Seim^ erste Predigt in der Kartause hielt er erst sieben
inate nach Ablegung der (lelübde, fast ein Jahr nach
inem Eiiitritt. Die Ankunft der Ordonsvisrtatoren gab den
ildss dazu, Heynliii überschreibt die Predigt: Anno 14HS
feuto S. Trinitatis (1. Juni) fratribtis laicia volaniate et
ic«> jirinrifi \u>M advpntnm v^j^itiiforum. *) Yielleieht wollt**
koh Lauber, der Prior, der ilberdies durch die Visitations-
te verhindert sein mochte, selbst zu predigen, seinem
cJi zeigen, was das Klc)8ter für tiichtigi^ Kräfte einsiddoss,
Lcb «cheint Heyidins Art. den Visitatoren gefallen zu
n; wenigstens beauftragte ihn vier Tage spater einer der-
ben^ tler Prior der Nilrnberger Kartause mit seiner Ver-
i^In feato Corporis Christi*^ (5. Juni) ».eisdem fratri-
is vice patris prior is Nürenbergensis visltahnis.
itatoribu^ adhuc visitantibus,**) *)
Seit diesen Tagen hat er häufiger ge)3redigt, bis zuni
"-^ dej Jahren noch 19 mal. WäJarend er ein paarmal
ditöö die Keibe an ihm war,*) geschah es in der
i> ai4 Prtdjgteu stod gebalteti worden, 322 sind crbnlten, die 32. und
Predift khlcn (BlaU 18 f und 286^^ die er»len Mi Predigten sind oam-
Pr. V. foJ. 366— 372.
•> Pr, V. 266.
^ Pr, V< ^7*. Pfior der Nürnberger Karl aus« war damaU Georg Pirck-
(Pfi<*r vifti 1477 — 1504), ein Vcr^A1l«dlcr des hcrühn»lcn Humatu»teii.
lolli, frtk Fcrdx, Ctrsrl». und Be^^chrcMhiiTt); der Nilnihcrgcr Karintisc, Nu,
S. l<^^ ^nd Am, E<etma»ti, Ptrf kheimcrstiidicn (BcrL Di»» 1900) S* ^
•2 n
•) (bt *. * .,iU decollAliouo S. Jobanoi» baptUtEic. SccundiiBo ordincru
tancesileiii, (s^, VTIL S8) foL 3J<): in fesio omniiiin Sjmctorum, ordiue
I. S8^« — fol. 281*. in fctto omnium Sanctornm, in r>rdinc meo.
— fot «8i\ In fc*tA ij. KicnlAi, In nnUnc roco." (6 XIL 8^), —
r Zdmlir. f. GtKtt. 11110 Alttrtum* VII 2, 22
Lki
.W'
Max Höisfcld.
Mehi*zahl cl*'r Fi^He in Vertretung der anderen Mouche^ (i
11 mal IUI Jahre 14881
Uehrigoiis hat auch <K*r Prior Jakob l^^uber da:;* Talent
des eheyialigen TJompredigins dem Nutzen und der Erbiwi-
ung der Klosti^rhrüder wiederholt dienstbar gemacht. Zni?r^t
im Dienste der Marienverehrung. Am Tage Purificfitionis
(2. Febmar) 148H schreilm Heynlin an den Band seinem
Predigtkonzepts, der Prior habe angoordnet, dass er bei
tillen Marienfesten eine lateinische und eine deutsche Predigt
halten solle, die lateiniaclio Ansprache üexhortatio*^) itn
Kapitel und die deutsche Predigt i^sermo'*) den Laienbrüdem,
im Refektorium nnch dem Essen. Und bei allen KenEen-
featen den Laienbrüdem eine Frühpredigt. *) Als daiui am
\K Dezember 149U iivvei Brüder, der Vikar Martin Htrdalii)
und Johannes Drj^el abgingen, *) beauftragte der Prior
Heynlin mit der dauernden Vertretung des Vikars an den
Sonntagen, wo dieser sm predigen Iiatfe. Das ist auch hk
zum Februar 14i»2 geschehen, Heynlin hat iu dieser Zeit
etwa alle 2—3 Wochen eine Sonntagspreiligt gehalten.*}
Am 5- Februar 1492 erliess der Prior eine neue Verordnung,
iler^ufolgr^ H»\vnlii) thui nicht mehr bloss an Stelle des
Vikai^, sondern auch nrjch an Stelle des Schaffners m
jy red igen hatte, so dass ihm nunmehr zwei T»rittel der ge-
samten Sonntagspredigten des Jahre^i oblagen, die jeweils
dritte Predigt wolhe der Prior selber halten,*) Diese An-
ordnung erklärt die holn» Zahl der Predigten in den Jahren
Aehnticlic Bemcrkimgcn lindcu sich nur noch fol, J07* „in fcsto S, Thoniae,
in ordiac meo/' (21. XIL S9) und fot, 558* f^in fe^^lo circunicisionifi domini,
in ordinc meo. iu drcumcistoiie (i. I.) t494i**
>| Pr. V, 28g,
-f Heynlin schreibt: „doniiaica 4 udventiiH in. Dezember yo) In recessti
h, Marti (ui) et Drycl seil, crasttiio coiiceptionis B, Marie ordinavit me p (riorl
nd prcdicaodum dicbus domiaicts vice vicarii.^' {fol. jiS*) Was i^t mit
recRiSUs gemeint: Sowohl Ströuliü wie Drycl siad später wieder in der Bailet
Kartaiusc (s. Exkur* tyL
J) Zu Anfang ist drei \Voch<?n Abstand die Regel, später zwei. An
Hei t igen tagen bat er nur selten und dann iu Vertretung für andere gepredi^,
cl*eoio an Marienfeblcu, wcirans wohl «u cnniehmen ist, da^s Laubers fwettc
Verordnung seine erste aufgehoben hat.
*i Pr. V, ija
Johannes Hcynlb aits Stein.
^:^^
1492 (48) mrd 1493 (50). ^i Am 17. Novemiipr 1493 wurde
[8i<§ aber wieder aiifgeboben,*) und gleich sinkt auch die? Zahl
[der Predigten Ht^yn litis bedeutend herab: aus rieni Jahre
{1494 sind nur 10,^) %'on 1495 23 Predigten vorhanden.*)
>AS Jahr 14^>6 brachte nur noch zwei, die erste am Tage
les heiligen Vinzenz, dio zweite am Tage Purifieationis
lariae ^in capititlo^, die hetzte Predigt, die Heyniin vor
»inem Tode hielt. —
Diese Verifiigiingen des Priors Lauber zeigen ebenso wie
[die gelegentlichen Vertretungen, mit denen er He>Tilin be-
[»ttftragte, wenn er selbst nicht zugegen war. und ebenso
l^wie die »Sorgfalt, die er nach dem Tode des Doktors dessen
[Predigtmanuj^kriptoii angedeihen li^ss, dass er seinen be-
i rühmten Untergebenen durchaus hochschätzte und dass er
Beinern Talente gern den Spielraum liess, den er ihm nach
[seiner lleinung lassen durfte. Man wird also die Ansicht.
zu der man bisher neigte, der Prior habe sich vielleicht auf
I (Trund tnlherer Feind-^t^hatt ^ Lauber hatte dem neuen Woge
angehört t Heyniin gegenüber stets nur als der strenge Vor-
gesetzte gezeigt, etwas niodifizieren müssen. Allerdings ist
richtig* dass Lauber strenge r)rdenszuebt liielt, und dass er
auch den bedeutenden Männern gegen(d>er. die sein Klost-er
piuschloss. nichts davon uachliess. Wir wussen bereites, dass
er Heyrdin oder dessen Gönnern den Dispens zum öffent-
lichen Predigen^! und zur Annahme der Stelle eines bischöf-
') Hcjiiliu predigte, da er Doch eiaige Male den Prior verlral^ latsäch-
' lieb an den meisten Sonntagen des Jahres, ferner an einigen Heiligentagen.
Maricnpredigten sind am den Jahren 1492 und 1493 nur zwei vorbanden,
beide sind in Vcrtretiing iinderer gehsiUen. tVisitat. Mariae 1493, vice Udalrici,
ft>l- 355 ^"^ Nativiuti*» I4<j2, vice fr. Nicolai Torberg» fol. 3^^)*^^ Ansserdem
Jeis er i%us dem Buch des Kapitels eine Predigt am Tage ConccpL Mariae
14*12 vor. (fol. 545\)
*> (oh 357* »dominica 24 et in festo S. Hugonis Linconiensis. hie fui
oluttts a vicariatu et ita a sermonibns dominkabhns.»
^) Davon nur 2 an Sonntagen (in Vertretung des Priors), 7 an Heiligen-
tagen und I Neujahrspredigt, ^»iu ordine nien*')
*) Davon 8 in Vertretung anderer, j an Marienfesten, 7 an anderen be-
deulcndereu Heiligentagen, ferner zw 0*lcrnj Pfingsten» Fronleichnam usw.
■> All* einer Predigt Geilers crHihrcn wir, d;iss im Kloster der theo-
logische Doktorgrad sonst so viel galt, dass der Graduierte frei ausgehen
durde und den Schlüssel zur Kloslerj>foric erhieU. (ä. Alw, Schulz, 219)
^
3J4
Mnii Hosfifeld.
liehen Vikars verweigert hatte, Auch innerhalb des Klogte
aber erwies er sich als ein strenger Wächter der >'
regeK lind er mag Heynlin damit zuweilen härter gc^- ....
haben, als es dem Alter des Mannes angemessen war, Dia
Kartäuserchronik ^ die uns von einer bedenklichen Spaumiog
sffwischen dem Prior und dem Bmder Johannes de Lupi^ii
berichtet, schwankt in dpr Angabe tler Ursachen, riie sie
herbeigefülnt haben sollten, da die älteren Brüder, auf derf»n
Berichte der Chronist sich stützt, abweichende Meinung^u
darüber hatten. Dio betreffende Stelle lautet folgen dermasseü;
(iis ist von Heynlin di^ ßede) ... .^m arrepto propositn <biin
stabil is perseverare pergeret, nonnihil a domesticis adv^-
sariis. \) hoc est a semetipso iionrfwm penitus mo»^''''
pati coeperat et poriculosa inter praelatimi Äuum et s
ac alioa t|Uosdam coniratres simultate torqueri et in - i '
Ulm plernrumque pusillonim nescio quid instabilitait^ d
aemulatioHi!< attentare. Porro querela tentationis orta Uni
«X eo, i{Uod prior, scilicet pater Jacobus. durhis qumn pn
aetate congrudmi^ etmdem traciaverit Ita sana quihusdam
Visum est. nonnullis autem, quod mnluissent illum sihi pract$^
quam patreni Jacohum, Gott aber habe ihn bald darauf von
allen diesen Versuchungen durch den Tod erlöst."
Ein tatkräftiger Geiste der von seinem Werte wcixs^
ist immer selbstherrlich. So mag es unserem Heynlin d^nn
gewiss bisweilen hart angekommen sein, seinem Vorgesetzten
willigen (gehorsam zu leisten. Es ist wahr, er hatte mit soin»»m
Eintritt in den Orden ein Gott gefälliges Werk der Erni**-
drigimg tun wollen, imd er hatte sich seines selbsteigen»'!»
Willens entäussert. Aber vielleicht war er stolz auf dieaeu
Sieg td)pr seine Natur, vielleicht meinte er nun gerade ci«
Recht auf Anni-kennuug erworben zu haben! Es mochte ihm
geheOf wie jenen Leuten, vor deren eitler Selbsttäuschung
er einst selbst seine Zuhörer in einer Predigt gewarnt
hatte;*) jene, die sich gerade dessen riUimten, dass sii? jedea
*) Vorher war von den Versuchen erzählt worden, HcjTilin wieder i'-i^
Austritt aus dem Kloster zu bewegen. Der Cbrontsl fasit dies als Ver$iii:fc-
ungeo des TeufeU anf mid crxahlt auch d.iü Folgeudc unter diesem Gesiebte
punkt*
5) Pr, III. 8*.
Jobmues BeyoUti aus Stein.
J35
ti» X' . ^olinulhttm. ^Fa' wor iiocli nicht ganz in sicli zor-
linscht", schreibt ansero Chronik, Bbäu kam, Juss er sich
HU Prior^ der zwar eine angesehen© Stelhiug in seinem
tlij'n einmihrn, aber glt-irhwdhl Tiicht als l»pilenteTulf»r Kopf
^lt*^n konnte, *) überlegen tt'ihlon mochte. Galt er selbst
kieli noch fast als der Mittelpunkt der Gelehrtenwelt Baseis.
ind Mif Band sandte er ans dern Kloster hinaas in die
Telt, and er sah. wie seiner eifrigen literarischen Tätigkeit
Teil Erfolge beschieden waren, die ihn wohl befriedigen
dnnien. Da^ alles moclite ihn sstolz machen.
Ja. so sehr niachte sich auch jetzt noch im Kloster
}m^ überlegene Persimlichkeit fühlbar^ dass man bereits
^n Wrmsch hegte, ihn an Lanbers Ötelle als Prior zu haben,
war wohl eine Folge davon, wenn er, wie die Chronik
ill, UufügÄanikeit und Eifersucht an den Tag legte. Er
[ftuilv die mhidose Tatkraft seines Geistes auch jetzt noch
il verleugnen. ALer Laiiber besass die nötige Festig-
m Widei'stand. Eine schwierige Stellung hatte er ja
M*T so vielen gelehrten und bertüimten Männern, die
I0 etwas bedeuten wollten, und es mochte Mühe kosten^
iiM titifer sich und mir iler KJosteiTegel in Einigkeit zu er-
»tten.^j So erklärt sich seine Strenge, die er Hejiiliji als
^m hervorragendsten. %nelleichr auch als früherem Partei-
»BF besonders zn ffdilen gab. Als unnötige Härte er-
iiftnr e^ jedoch, *lass er auch i»ach dessen Tode, als es
üh um *iein Begräbnis handelte, trotz der Bitten vieler
^sehener Männer noch unnachsichtlich auf der Durch-
initig der Kartäuserregel in gaiizer Strenge bestand.
Wir stehen am Ende dieses vielbewegten Lebens. Der
liig«> Tatendrang, der unsern Helden so viel umhergt»-
^orfeti uml der ihn bis ziiletzt nicht verlassen hatte, fand
idlich einen Meister, vor dem er die Waffen strecken nmsste,
^m Niichmittag des 12. März 1496") ist der Doktor Johannes
LiHpide in seiner Kartäuserzelle mutig und mit Hoiter-
Wtr Witt Braut schreibt^ gestorben* Sebastian Braut aU der
•1 t. Vi*4*. |6»/q; Wack, toy, Ba. ( Ur T ^r ^ :;.
^ VjU a». Chr. If 141 1 Fisch* 35,
JJ^
Mft\ Hosftfeld*
beste waj* ancli der einasige von seinen Frettud©!!, der die
Erlaulmis i^rhielt^ au seinem Sterbebette zügeln zu sein.
In vertniutem Gesprach iiat er ihm die letzte Stünde h-
tragen helfen. Er schriob auf den Tod Heynlins ein vca
warmer Vorehning für den verblichenen Freund getrugtfDi^
Gedicht, *) bei dem schon der bei Br&nt sonst ganz attgfh
wohnliche Mangel an mythologischem Aufputz für die Echt-
heit des Gefühles bürgt. ^) -Nichts AngL'iielimeres und Fn>
heres könnt« dir doch geschehen^ Vat.er LapiilaDus^ als dass
du nach so langen und schweren Mühseligkeiten in eint^r
trügerischen Welt freudig zu den Sternen enteil&t, WhIif-
Hch ich habe dich, als ich an deinem Sterbebette stände
kein Wort der Todesfurcht sprechen hören; wus immer Gott
über dich bestimmt hatte^ alles warst du geduldig zu \
bereit- 0 wie süss war es dir, in seliger iTOttesfur« i
in Frömmigkeit zu sterben! Wie Gott dir noch im Lebon
iTihige Zeiten beschert Itat. so wird er dir im Hinuiie!
noch bessere schenken. Dem du ein guter, rechtschaffener
und getreuer Knecht gewesen warst^ er hat dich im Vater-
land über vieles gestellt. 0 möchte doch auch nair ©in gleicb**^
Schicksal vergönnt seiii^ wie dii\ da ich dich sterber ' '
Als wir uns einander noch so viele Worte wie ru -
sagten, da spürte ich, wie fest dein Fuss stand und wie
dein Geist nicht wankte. Da halio ich dich in Wahrhtnt ;ds
einen ^ Stein ^ erkannt und gesehen, dass du deinen Namt-n
mit Recht führst: ganz wie ein Fels warst du- *) Beim jüng-
sten Gericht werde ich dein Zeuge sein, wie gern und heJt»^T
du den Tod erwartetest. Von hier unten bitte ich dich, mein
würdiger Vater in den hinnuHschon Hallen, sei eingedeuk
des kleinmütigen Söhnchens ifilioli abiecti). Dir aber falle
zu, \vie dn es verdienst, ewiger Ruhm, Leben und Heil,
Tugend, Freuden imd heitere Ruhe.*^
*) „Epigramma ciusdem doctissimi üauctlssimujiie viri** bei ZAra» No. ;<)
(S* 191) (Vorher geht Braiits ,,Elcgia coniTncndaticb** auf Heyn1m> Logil*
Na. 78)*
>) Wie Ch. Sdiiii. richtig bcmcrlit (I, 209),
■) Morte tua {praesens . ,
*) Tum vcrc agnovi Lapidcm tc, et uomcn habere Cou\*cii«oä rebtl^
«axeus omnis eras.
JotutiincE Hejnlin ans ^tvtu
y .1 /
Heyuliijjä Tod wiirdr Hllgemi*in betrauert. So von dem
lareb seine Margarita philosophica bekaimt gewordt?u^n
Mor iler Freiburger Knrtaujie. Gn-gor R^iscli, der sieh iii
jiiieui Tritlieinin^Hxeuiplar duii Tod des ihm iH^freundoteii
Predigers au merkte, * > aui meisten aber di>cli in Basel, das
Ittrch sein Ableben so viel verlor* Die gesamte Universität")
IttUMrb anderer Ivesiuig mir der grüsjsere Teil der Doktoren
[der Universität, — vielleicht eine Naehwirkung iler dnreh
[iiytiliti hervorgerufenen. 1492 allerdings offiziell beseitigten'"'»
[Spaltung in den alten und iHMien Weg — ) hat den Prior
Ituu die Erlaubnis, dem Verritorl>enen ein wünliges Begriih-
inisk herriehten zu dürfen. Man wollte ihn nicht mit den
iUHloreii Mönclien zusammen, sondern abgesondert entweiler
|iii der Kirche oder im Krenzgang bestatten tind ihm auf
»lern ^irabe oder aufrecht an d»^r AVand ein hervormgendes.
Stein gemeisselfces Epitaph setzen ^pro ilecore et reve-
[r^ntia tarn eiusdem universitatis t|uam pro dignitate docto-
iratua." In dem Andenken des ausgezeichneten ilannes glaubte
Ue Universität »ich sen>st am besten zii ehren. Besond»»rs
es Brant, der die Errichtung des Denkmals nifrig be-
trieb;*) ja er erkUlrte sich bereit, alle Kosten dafür allein
kmgen zu wollen. Aber der Prior wollte es unter keinen
umständen milassen ^aus vielen Orilnden**. wie die Clironik
ahridbt,** besondtM-s aber wt*il es gegen die Sitte des Ordens
jei und gegen die Einfachheit derer, die auf all** Eit<i>lkeiten
jr Weh Verjticht geleistet hätten, und weil es nicht mehr
ijHig sei, dass diejenigen durch solche äusseren Zeichen
den Augen der Menschen gleichsam noch einmal auf-
♦) Albrecbt fand diesen Vermerk, den er aU guter Kctiucr der Hand-
fift Heiirlis diesem ziiwcift, in dem Exemplar von Trithcm» de script eccK,
Iräher der Freibufger Kartaut^e gehurt büttc. Rcisch ist ein Schüler
chael l JudethiU'hi». der» itit Heyulins /.eil iu riibiujjen Buc'CiiUtt in der
l ArtUteiifaktiUiil, Mjtaier dort de» htiuianisti&chcti Lchr<titthi für i)rntarien innc
IjtAtte und 14H7 in Freitniri* die vi:t iiuti<|iia xur fieUung Unit hie. O^'urtt.
|V»erttljjibftbeae ii}Ot\ 33.1)
^ Dai Foli^ende noch Ba. Chr. t* 546, 30 C
*» Vitch. 176.
^ f^Ad quod perticiendnni egrqgiu» domiun* doctoi SeiiAttmou« Braut
[ti diciuit dominum Bernardiu Ougliii) plufiniiiin horiAbatur/* Auch
lOigltn ünh aUo für einen WÄrmni Verehrer Heynlin^. *, uhrt -f-' ^'itn ^ ^x-»
3.>^ Max Hossfeld.
lebten, deren Leben sclion mit Cliristus in Gott verborgen
soir Es ist schwer zu sagen, ob das wirklich Lauben
Hauptgrund war, oder ob nicht doch etwas Missgunst ihn
zu so hartnäckigem Widerstände trieb. Aber wie er es
wünschte, so geschah es; wir kennen heute die Stätte nicht
nielir, wo Johannes Heynlin aus Stein ruht.') Lauber schrieb
auf die letzte Seite der Predigtmanuskripte*) dos Doktors
die Worte:
Anno doniini 149G in die Sancti Gregorii papae obüt
venerabilis pater Johannes de Lapide, artium et sacrae Theo^
logiae doctor parisionsis egregius, nionachus sacerdos profes-
sus domus vallis beatae Margaretae in Minori Basilea ordinis
Cartusiensiuni et ibidem in Cymiterio fratrum sepultus, qui
ordinem praescriptum subiit anno 1487 in die assumptionis
gloriosae virginis Mariae.
Schbisshetrachtung.
An diesem Schicksal ist etwas, was uns ergreift Es
ist das Missverliältnis zwischen dem Willen und seinem
AVerk. zwischen der Anstrengung und dem Erfolge. Wie
kommt OS, dass eine Persönlichkeit von der Energie, wie
Heynlin sie besass, docli selbst so unbefriedigt von ihrer
eigenen Leistung gebli(4)en ist? Mit welcher Wucht Jiatte
er sich doch, überall wo er hinkam, sogleich geltend ge-
macht! Gleich das erste Mal, wo w^r ihm in eigener AVirksam-
keit begegnen, in Basel bei der Durchsetzung des alten Weges,
dann in Paris, im Studium wie im Leben, bei der Dispu-
tation und als beliebter Lehrer wie als Gesandter und als
Rektor der Universität, endlich als Einführer des Buchdnicks
und Bekämpt'er des neuen AVegos. dann in Basel, in Tü-
bingen und in Bern als der Mittelpunkt eines Kreises he-
<leutender Männc^r, als der Mitbegründer einer Universität.
als erfolgreicher Bussprediger und geschätzter Kanzelredner.
Bis ins Kleinste konnten wir diese Energie seines Wesens
M L'ebriycns hat die Sorbonne sein Andenken dadurch geehrt, dass sie
ihn in den Wandgemälden im Ireppenhaus. ihres neuen Hauses mitabge-
bililet hat.
-; Vr. V, fol. 372.
ItkhuiticH He\nlni aus Stertu
ftlff^n^ Wt>nii \\ tr ijiti in Bern in dio AblassgcstiiuH'' oiii-
:;rLMf»*n und auf rasche Erlp<ligui»g (iritigeii sehen und be-
Lierkipu, wie er liier und in Basel die gan^e Last des tÄg-
lich«*n Pn*digeijs nntor Ztirückweiäung der Hilfo fremder
Ueiötl icher aus eigenem Antrieb selbst übernimmt. Wie
los ist seiTi giin^es Wesen^ nirgends halt es ihn lange
id stets sucht er \vieder neu»' VerhältTiisse, nin in ihnen
T' a»> nach Betätigung zu genügen» Und dünn
-.^eren und kleineren Erfolge docli zum Sehluss
Vtffzagte Zurückweichen nnd diese iselbstquüloriaäche
Tendung gegen das eigene Ich in den Zeiten des Eintritts
11 die Rauher Kartauüe.
IHe Wirksamkeit^ die Heyniiu auch im Kloster noch
fitlaltet hat, beweist^ dass seine Lebenskiiifte damals noch
wegü am Ende waren, dass es nicht persönliche Er-
tig war. was iliu verzweifeln Hess. Andere Motive
ttiüstjen wirksam gewesen sein, UBd sie dürfen, wie wir
j^lattbenf nicht in der individuellen Eigenart Hevnlins ge-
liebt werden, sondern in der Beschaffenheit seiner Ideen
kind Theorieen, Nicht die Erschöpfung des Arbeiters ist
jene Entmutigung verantwortlich zu machen, sondern
lUi ITnzulänglicIikeit seiner Werkzeuge nnd die Schwierig-
firit tlesj Werks, Heynlin hatte sicli eine Aufgabe gesteckt,
lie über seine Kräfte ging und die. wie die Geschichte be-
hat, über die Kraft »:• aller rli^rer gegangi^n ist, die
' Aehnliches versuchten, Wekh«^s t\)trr war eigentlicii
Hmipt^iel seiner Lebensarbeit?
Man gestatte, um alles kurz zusammenzufassen, ein
cblugwort: He\nilin war ein ,, Reformator oAn^ Keformation.**
ur wiir »ich der Schäden wohl hewnisst, an denen in Wissen-
?htdi und Loben die katholische Welt und insbesondere
Itlie kill' ' ' . Kirche krankte, er niachte auf diese Miss-
titide saui^ tadelte sie häufig und suchte sie. soweit
IQ fleinen Kisten stanth abzustellen; aber er wollte der
[ircbe den Pelz waschiMi. ohne sie nass zu machen, er
rnlite «ie kurieren, ohne ihr weh zn tun. Er hat weder
i»Ib»t auch nur einen Augenblick daran gedacht , dass er
iiicli dieser üebelsUinde wegen, so schwer sie ihm ei^iRdieinon
iocbteti* aus ihr hinwegbegeben konnte, noch Imt er je
34^^ Max Hoftsfeld.
versacht, ihr heimlich oder öffentlich Abbrach zn tnn. Als
ein treuer Sohn seiner Kirche ist er erzogen word^i nnd
hat er sein Leben lang gewirkt. Ja. die Idee des Katholi-
zismus ist geradezu das Ideal gewesen, das ihni and seinem
Handeln besonders in der zweiten Hälfte seines Lebens die
Richtung gegeben hat. Wie er die gnadenreiche Jungfrau
Maria als seine himmlische Mutter verehrte, so sah er als
seine irdische Mutter die Kirche an — selten nennt er sie
in seinen Predigten anders als Sancta mater ecclesia — and
ihrem Dienste war vornehmlich seine Kraft geweiht. Aber
ebenso wie er jene nicht anders denken konnte als in un-
befleckter Reinheit und Glorie, und wie er sich zomeseifrig
gegen die erhob, die ihr auch nur den leisesten Makel von
Sündhaftigkeit anhaften wollten, so lag ihm auch die Rein-
heit der Kirche am Herzen, und ihren Buhm zu erhöhen
war sein Streben.^) Auch hier aber gab es ^Makulisteo*
und leider fand er sie gerade in den Reihen seiner Standes-
genossen nur allzu häufig. Auch hier suchte er, soviel er
vermochte, durch Wort und Schrift zu bessern und eu
mahnen und die Flecken von der Reinheit der Kirche
wieder abzuwaschen. Aber er selbst hat eingestanden, da^s
<^r es nicht vermochte. —
Wir sind zunächst oinige Belege und nähere Aas-
fühniugen zu dem Gesagten schuldig.
Unantastbar war in Heynlins Augen die Autorität dt*r
Kirche, unantastbar ihr Dogma. ^Wenn gegen die Autori-
tät der göttlichen Schriften ein Vernunftgrund geltend ge-
macht wird, so scharfsinnig er sein möge, so trügt er doch,
denn er kann nicht wahr sein. -^^i ,.In zweifelhaften FaDen
ist der sichere Weg zu wählen/- ..in zweifelhaften F&llen
ist die Autorität der Kirche anzurufen.'' ') Das tut denn
') Wir erinnern an Heynlins Vorrede zu seiner Ambrosiusausgabe. $.
.S. 304—306.
^) Pr. I, 84*.
") Pr. I, 97. Freilich, Konflikten zwischen Autorität und Vernunft
sucht er auszuweichen: „Gegen die Vernunft wird kein \*erstaiidiger, gegcQ
die Schrift kein christlicher, gegen die Kirche kein friedlicher Mann sich auf-
lehnen.*' (Pr. I, 86) und „wer einem offenkundigen und gewissen Vemooft*
grund die Autorität der Schrift entgegenhalten will, der handelt unverständig
(non intelligit qui hoc facit), missversteht die Schrift und legt flir seinen
eigenen unrichtigen Sinn unter." (Pr. I, 84*.)
Jobamies Heyriliii aus Stein.
341
iHeynliu auch reichlichst, aber keineswegs mir in zweifel-
lliafteii Fällen, sondern eigt^ntlieli übemlL Seine Predigten
knd seine Hchrilten sind oft geradezu gespickt mit Zitaten
hma der Bibel und den Kirchenvät^^rn, und die (Tewolmheit.
Lpidi HV^is auf eine kirchliche Autoritilt zu berufen, ist ihm
DO in Fleisch und Blut übergegaugen. dass er beispielsweise
■für die platte Wahrheit* dass 5,\ver kämpfen müsste, auch
I Waffen habun müsste**, die in seiner Predigt, nur einen
l^Hirlei tuenden Gedanken bildet, tünJ Stellen (aus Hiob. Gregor^
Hbi^tin, Bernhard und Hieronymus) anfühlt! '1
^^ Seine Theologie und seine ganze Weltanschauung ent-
|«}irocb(iin selbst VC Instand! ich genau den christlichen Dogmen,
liiiileprechen aber auch den speziell katholischen Lehren.
L^n Gott ist der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, es
Dttd Aber drei Personen, und jene di'ei Personen sind „una
^^Btitia et una natura/^^} Das Hysterium der Trinität ist
L^Uiianssprechlich und unbegreiflich* \ .«aber je gi^össer das
lljfd: - - . um SO heiliger und verehmngsmlrdiger ist e8/*^)
^lJ^t< i sind seine Vei'suche zur Verdeutschung des
Wortt*s trinitiuj, Ee sei irrig, trinitas mit Dreifaltigkeit zu
Iber^etsen, denn ,jdeiis non est dicendus multiplex sed
^trinus et siniplex/' man solle .^laüniseh-tütsch* Trinitüt
Pumß^u^ oder ,^trilikeit*^ oder ,,trjheit^**)
Sicht hoher aber inbrünstiger und ausgiebiger als die
göttlichen Pei'sonen wird, wie es dem Jahrhundert ent-
h. die Mutter Gottes verehrt. Die Welt ist wie diis
uü»che Meer, auf dem wir wild umhergeworfen werden.
*) Pr« I, 224'. Von etwa 1400 ZiUtcu. die wir i;cl«gcDOit:h t>ct der
Lekttir«; der Predigteu und Anderen Schriacn He^nliiis gcs*itnmeU haben»
kommen nogeJahr 600 auf die Bibel, etw» Stx> auf tbe Kirchenvater <%'or*
Dchmlivb Aii|;tiM]n, 94 Zitate), c, I 50 »uf das katioiiische Recbt (davcm »tieiit
III iti drr E)>i5(ob de quAlitate sacerdotis). tntere^&.ifit sind Sanimlungen
^^vott Bi{>el»teUcfi ru b«stimiuteii B^rifTen ttod VorstcliuiijE&kreiscnt die lur
^■Vorlicrritusic »uf dk Predäet dietiteti; 60 und i. B. Disp. fol. 7 a* etwa so
^■Stclleti luijimnicogetmgeti, in denen vou SckiTier^ uud Kla^j^cu die Rede ist«
^■Pr. L» 104 »olcbe, iiie von der H.di»utbt bAudelu aud dgl. mebr. Vgt Pr. I^
HfU, «u ^;\ 6S% jo, 154* ct.
■ ^ Pr. I* 79^
34- Max Hossfeld.
Maria ist der Hafen, in dem wir sicher geborgen sind,^»
oder der „leuchtende, liebliche, helle Stern", der uns in
diesem aufgeregten Meere als Führer dient.*) ..In Maria
omnis spes vitae.** Sie ist wie ein übervolles 6e&ss, welches
überläuft, sobald man nur ein wenig daran stösst: wenn wir
Maria mit einem Gebete nur ein wenig anrühren, so läuft
sie über von Gnaden und Tugend.") „Maria du Kaiserin
aller Güte und Barmherzigkeit'* redet er sie in einer Predigt
an.^) Ueberhaupt hält er keine Predigt, ohne ein oder
mehrere Male das Ave Maria zu sprechen und sie um ihren
Beistand anzuflehen. *) zahlreiche Predigten sind ihrem Ruhme
gewidmet/) Dass er für die unbefleckte Empfängnis ein-
trat, zeigte schon sein Traktat gegen Meffret zur Genüge.
in seinen Predigten tut er es nicht minder warm. ,,Nos
ob honorem virginis et filii usque ad sanguinem defendere
volumus eam sine originali (peccato) conceptam fuisse",
heisst es in der Predigt am Tage Maria Empfängnis 1486,
deren heftiger Ton an den der Praemonitio erinnert^ Die
Lehre von der unbefleckten Empfängnis ist die einzige, mit
welcher Heynlin über den Kreis der kirchlichen Dogmatik
hinausging, die einzige Fortbildung der katholischen Theo-
logie, die er sich erlaubte (und bei der er sich übrigens
mit dem Papst ^i und einem grossen Teil der Kirche im
Einklang befand). ..Er wolle versuchen zu zeigen, sagt er
einmal, dass Maria noch viel würdiger sei als irgend einer
der Doktoren gesagt habe, und dass alle Kreatur nicht im
Stande sei, sie so hoch zu loben, wie sie verdiene."*) Hier.
'j Pr. V, fol. loi«.
*) Pr. I, 126.
') Pr. V, 103, 104.
^» Siehe das deutsche Gebet, Disp. 72'.
^) Vgl. besonders Disp. 67* auch Disp. 72* Pr. I, i, 17»; Pr. III. 7. 10,
i.y. 21. 54*. 5«. 61.
**) Vgl. Pr. I, 95 — 96* über die Sonnabendspredigten zu Ehren Marias,
fol. 94* über den Zyklus „de imitatione virtutum beatiss. Mariae \nrginis*'
und oben S. 332. Vgl. auch Pr. I, 31 ff. 135 flf.
•) Pr. V, 85' ff.
®; Die Nachricht, dass Sixtus IV. im Jahre 1477 das Fest der unbc-
flccUten Emplänguis bestätigt und einen Ablass daran geknüpft habe, versetzte
Heynlin in freudige Erregung (s. Pr. I, 238).
») Pr. V, 66.
JobantieH HcyRUti aws Steh».
.M.?
3er auch mir liier, glwnbte «>r den alt^ü VätiM-n ilor Kirclit*
Idbcrlirgeu asu »»oin.
Zwischen Öott uiifl dorn Meitschon siAa nun ^ru:ssn
von Engeln, geistige Wesen, die alle von Gott ge-
chftffen «ind iind die bisweilen Körper annehmen und den
IMenschen »^rscheiüenJ) Jeder Mensch hat von .lugend atif
leinen Srlnitzengel, besonders die Unmündigen, die noch
liclit selbst gegen den Teufel kämpfen können. Auch die
I Erwachsenen stärken sie in ihren Aengsten und NöteiK
tBie bringen <_Tott unsere Gebete, unsiere guten Werke und
luuöeren Dank für seine Wohltaten dar. Heynlin ^WL*ifelt
licht, dass sie bisweilen den Menschen erscheinen, besonders
bei Begrilbnissen, wo man sie hänfig in vi*dstimnjigpni Chor
tiat singen hOren, nntl ihren Lichtschimmer sowir ihren
gen (Tferuch wahrgenommen hrtt,-) Dass er die biblischen
Tuniler für wahr hält,*) versteht sich von selbst, aber auch
lie Wunilertätigkeit von Gnadenörtern st<dit iKjn fest: er
iidbst pilgert gläubig sciir Quelle der heiligen Ottiliej als er
in einer Augenki*ankheit befallen wird.^)
Üor von Gott geschnffene Monsch ist In dieses Jammer-
il gestellt, damit er durch gerechten und tugendhaften
Handel selig werde und das ewige Leben erwerbe. Von
liie9«*n) Ziel sucht ihn (h*r Teufel durch tausend Verführungen
ftbzussi^hen, der Inhalt des mensehliclien Lebens ist also
1er Kampf mit die.sem Erbfeind.*) Abtn* kein Mensch kann
ar^ttet wenlen und das ewige Leben erwerben, als durch
Fdio heilige katholische Kirche. .,Nemo enim nisi per sanctam
Lflesiam catholicam in R-egmim dei potest intmrp.*'*) ,,Extiu
desiam non est sahis, et est in omnibus sej^uenda/^^ -JHe
bmltgste Religion christlichen Glaubens ist die allein wahre.
, a *\. iil, y, — ho, wo gegenteilige Ansichten abg^wiescti wcrdcTi.
*J Pf, in, 61—64; Pr. I. 43.
^ S. &. II. Pr, V. 88%
^ ». oben S, 365.
*J Pr. O» 17i*» \^T* If 224* — 5, 5 — <^* u*w. Deo Teufel vergleicht er
neni Diebe, der da« Dunkel (des UngUulieiifi) tiMltg hat, um tu stelileii»
fail einem Rabeti, der nach den Aii|;en seine* Opfern »kiicht (Pr* V» h^K
^ Pr. I. i2i|,
*) Pf. l, »^7.
344 Max Hossfeld.
allein vollkommene und allein heilbringende.*'*) ,,E8 gibt
keinen wahren und richtigen Glauben als den katholischen,
alle anderen Sekten (Juden, Sarrazenen und Ketzer) die
vom katholischen Glauben abweichen, sind irrig und ver-
dammenswert. Wer da glaubt, dass jemand, der nicht dem
katholischen Glauben angehört, in seinem Glauben gerettet
werden könne, .,damnabiliter errat a fide katholica.^' ^
Aus dieser Stellung der katholischen Kirche als allein
berechtigter Hoilsanstalt für die Menschheit geht ihre Würde
und ihr Vorrang vor allen anderen irdischen Instituten her-
vor. ,, Christiana religio omnem terrenam rempublicam lon-
gius anteceliit."") .,Zwei Stände gibt es in der Welt, den
geistlichen und den weltlichen, von denen der geistliche
den Prinzipat hat."*) .,Der Papst hat das Recht, die M«-
imngen der Doktoren zu billigen oder zu verwerfen, man
jnuss sich an ihn halten und ihm gehorchen."*) „Wir solloi
den heiligen römischen Stuhl und seinen Spruch fürchten,
auch wenn er ungerecht wäre."**) „In unentschiedenen
Fällen ist es besser so zu denken, wie der römische Stnhl
es wünscht, hat sich dieser aber einmal geäussert, so darf
niemand anderer Meinung sein oder seine Aeusserung in
Zweifel ziehen. Jeder, der dem römischen Stuhl nicht ge-
horcht, ist ein Ketzer.''^) Der Papst steht über dem Kaiser
(Theorie der beiden Schwerter, Vergleich mit Sonne und
Mond.^) Die weltlichen Fürsten, die die Kirche nicht ver-
') Vorl. I/O.
-) Pr, V, 88*. Bekanntlich bezweifelten das viele Humanisten, denen
der Gedanke schmerzlich war, ihre Helden des Altertums in der Verdammnsg
zu wissen, s. Burckh. Kultur d. Renais. in Ital. (8. Aufl. v. Geiger 1901)
II, 2 7()). — Verschiedentlich wird das Judentum zurückgewiesen, vgl. Disp.
227, Pr, r, 95, Pr. ri, 173, Pr. III, 23, Pr. V, 142.
^) Vorrede zur Anibrosiusausgabe.
*) I*r. II, 95'.
•) Praemonitio fol. 15. col. i.
«) Pr. V, 19.
') Praemonitio fol. 14.
^) Pr. II, 95*. Der Kaiser ii»t üljrigeiis unter den Weltlichen der Erste:
fjn seculari statu Imperium Bomanum excellentiut ett in prtndpsht^t
ebenda, mit näheren Ausführungen über den Ursprung, die Würde, die Stärke,
Dauer und Grösse des römischen Reiches (meist nach Bibelstellen und
Au'^ubtinus).
JohiiJiaes Hcynlin aus Stein.
,U5
teidigen, können vom Bischof des Ortes exkoninntBiziert
irerden. *i Dem PriL^sterstand soll jeder Ehre erweisen, deim
liemand kann ohne ihn die (^riarle erlangen;-) der Priester
Sffnet oder verychüesst das Hiunnelreich. Niemand soH ihn
Idaher verletzen ^ sondern jeder ihn ehren nnvl ihm ge-
horchen."')
Aber aus dieser herrschenden Stelhing des Priesters
[erwächst ihm auch eine ernste Pflicht. ♦,AVahrlich"*. so zi-
itiert Heynlin den heiligen Hiernn^^miis, ..wer dassii erwählt
fist, dt^n übrigen vorzustehen, der solK wie er an Würde
1 «Iisgezeichnet isi, auch an Heiligkeit hervorragen. l>enn
|da3 tut der Kirche Gottes gewaltig Abbrach, daas die Laien
besser sinrl als die Geistlii'hen." .."Wie der Priester die
»Laien an Wissen üben re Ken soll, so auch an Tugenden und
Heiligkeit.^) ,,Wenn schon bei dem Laien Unwissenheit
nnertmglich erscheint» um wieviel mehr bei denen, die
heri'schen. hier verdient sie keine Entschuldigung noch Ver-
zeihung.'^ ..Die Unwissenheit, die Mutter aller Irrtümer,
Ist besonders vim den Priestern Gottes zu meiden.''^) ,tVi-
liösimus contputanrlus est nisi praecellat scientia et sancti-
tute qui est hnnnre praestontior/'*^ Von den Geistlichen
'ist zu %'erlangen Keuschheit. Reinheit des Lebens , Be-
scheidenheit iiuoderatio discretionis superflua restringentia)
rechte Gesinnung (ut scilieet onmia fiant ad glorianj dei),
I Demut (iugis dei memoria)^ Nachsichtigkeit gegen die Unter-
•) Pr. I. 81».
*| Pr, I, 12*.
•) Pr. I, 40. ( A 11 sfüh Hingen über die Würde, die Gewalt und den
Noblen dc-^ priestcrlichcü Amtes),
*) Ep, S. 10 jfoL iij'K Die Epi$tola dr qu&litate sacerdoiisr der wir
die& Zitat ejitriehmco, i^t ganz und gm in der Absicht geschrieben, ein Bild
von der rechte« Beschafl'cnlieit eines Priesters» wie er sein soll, in jccicboen,
ts ist eine Reformbchrift ähnlich dem Tractatns de canontca clcricorum
fcaecutarium vita des Peter von Andlaii, der clvva lo Jahre vorher gCiichriebcu
wurde* (s, Hiirb. 117^ — 1^9). Wir erwähnten sie schon bei Nennung des
II Adressaten Hochberg (>. oben S. 267), und gehen nur darum nicht näher
»d;irauf ein» weil die Schrift eigentlich onr ein Mosaik aus Stellen des ka-
nuDisicbcxi Rechts, der Kircheoväler und der Bibel nod nur durch ihre An-
orduuDg selbständig ist, Die DiBpositioo des Briefes baut sich ganz logisch auf.
sacerd.
i|nal.
Ep.
•) Ep. S. 10 (fol. 117').
g'r'V^i,-;.. l^W'j^ zrzzi. V..,TiL rii. a^d 'iii* Hrr-iTTi'^i^lt^ g—
r'2f,ii'^^^T hh'.'hzj^hix^'L- -V^ ^''^^^ *^ siiC«:r*3«;*riTi:-i ri>
<-t j:. '.':.-i;: virra:!*- *ri:jii«*arrJvr," Ter mü-tn: fci:«f sc-U id ihm
Im:;. -:r ^ii^Är:, . 'ieiii« ü*-sie i«t 'ürr VichieriiA der Tiigeiid«-:!.
JjJfrJ^riTj Jd'rajbijd d'r* Pn*:«^T5. •1&5 Heyijlin liier a^:!
^iriZi4 YOJi kajjOJji^-'lieD BeytiiLUj-nTigen mid AnsspröchrL
«J<rr KirrL*?iivä.t*:r zeich jj^^ eiit^pnich aber so «eineiu Lei-J-
»'e<9eij die ^TeiirtJicLli^rh de* Jahrhnnderts recht wrf='nig. öhi.»?
nji*j a^ji ajjgej:-eiij*- Schildenuigen des damaligen VerlÄÜs
t''iiiZ^i\ü'iy^^u. ^^'r^-Lräukerj wir uns anf die Vorwürfe xnA
Kbxf^^ii, die Heyuliij selbst vorbriDgt. E« ist Stück für
Stuck g^-uan das Gegeuteil von dem. was er oben verlangt.
,.AIle neijnen .«»ich Priester, wenige aber ?ind esL" ,,T^g i>T
eiij'f Lüge- «ich einen Bischof. Priester oder Kleriker za
ut'Atu^'U 11 ud ]}'m^*: XM tun. die den Pflichten dieses Standt-*
ziiwjderlanJ<-rj.-') liie Pharisäer, sagt Theophiliis, waren
n.'iÄHeude Wölfe, sie weideten <las Volk nicht, sondern vt^r-
s^dila/jgerj es. I^eswe^en \\'nrde es um Christus, seinen
wahren Hiit«^'n v^Triamuielt. der ihm die geistige Speise,
das \Vr/rt Trottes, ^^'geb^-n hat. ..Ach ich fürchte, dass -s
awh Jetzt tiele Haien gibt. tUe flas Volk nicht weiden, sondern
vefHchlinf/en: ich fürchte, dass der grosse "Wolf, der Tt^ul^^l.
^i«' Jiiich vers'^-hlingf'ii wii'd."\i
Au and^'H'Ti St^dh'ii .sagt er deutlicher, was er hiermit
liieint. ..Ks gähr. h-ider viele Leute, die kirchliehe Guter in
unnützer oder verhr seherischer Weise vertäten^ .,quod specia-
lit^T tfingit l'ratres mens presb\-teros.'* Fleissig möchten sie
Hifji liütoii und .s<dir in Acht nehmen, dass nicht die. denni
di'- Sirlijil'c (Ifjs Haus<*8 Gottes anvertraut seien, aus dem
IhiUH«' itiiiXi'H <*in«' Käuberhöhle machten.'*^) Bedeuteinl
sriliiri'ifr klingt eine anden» Mahnung, die er an eine Er-
■') Kp. S. I ) dol. I iS).
'•) 1*1. I, «7.
'; I'». I, iK.
'•I I'r. I, 1.^
Jitbutinc^ Hcytifiti uun Siciti.
Jihitig über d*ni !ieiligt5!i Laureiitins anknüpft, wn welclH*ju
(»r lobte, dafls or das don Armen austobende (teld iiiihr zu
leni Nutzen niissbraucht !mbt\ .»Hier mögon dioienigen
i«>rksiun ziüiüren. ilit* die Einkimlte der Kirchen und
^Erbgut des gekreussigton Chrigtus nicht nur zu eigenem
ßbrauch, sondern was viel ttuchwürdigor ist, zu don schiind-
llichsten und verbrecherisdiati^ri Missbränclien aui' die Tin-
fltitigste Weise verschwenden." (spurcissime exi)endunt.-)
Die Habgier, die Sucht nacth hohen ElirensteHeu uml
[die unredlichen Mittel sie zu erwerben, die ja ganz an der
fragesQrdnuug waren, Uidelt er im Anschhiss-an eiiif^ Episode
|iiU8 dem Leben des heiligen Auibrosiiis, nilnitich die liübsche
lErzäÜdung von seiner Wahl zuui Bischof von Mailand, seiner
[Bescheidenheit, seine Ablehnung der Stelle und s<dnen zabl-
jreicheu aber Vergeblichen V'ei*suchen, sich eineni so verant-
rortungsvollen Posten zu entzielien. ,^0 ramm nunc taleni
toto orbe terrarnm Anibrosium!" ruft Heyn! in hier auö.
L,Ach selten sind jetzt schon die Mannen die nicht den
TerBUch machen, ihnen abgeschlagene Ehrenstellen zu usur-
iieren. Aber wahrhaftig noch viel seltener solche, die ihnen
' zurückweisen. Eher, glaubt mir, müchtet ihr
sen Raben oder einen schwarzen Schwan finden.
nicht eine Schmach vor Göttern und Menschen, dass
Jetzt die Männer, <lie mit <len vorzüglichsten Titeln der
[ehristlichen Kirche ausgezeichnet sind, Scholastiker miMUe
[ich und Ekklesiustikert in Dinge willigen und sie für an-
iDtändig halten^ die einst die Heiden verabscheuten und für
|h«ichHt schimpflich hielten, näralich. dass alle Wünleu und
Ehr**M8telli«n k/iullicli sind uml ilasf* man durch Verbrechen
und Unrecht in ihren Besitz zu kommen hofft.^ *) Ein
[linderes Mal heisst es: ^Es gibt so viele verschiedene Art«*n
Ivon S(nio7ik% m viele W^ge um hohe und zahh eiche Pfrutvltn
Ieh Grlangeu, dasa keiner der Doktoren genug dagegen schreiben
Jlcönnte,'* Nicht besser machten es die Mönche und Nonnen,
,,die Säcke der Bettelei*', sagt <*r von den Mendikanten,
i^liaben jetzt viele Zipfel, es ist schwer sie alle zu füllen/*')
•♦ Pr. Ul, 22*.
-, fr, Ilt, j.
&ültf Zdcidic t GtscJi. und Aliotuin« Vll. 2,
.U'* Max Hossfeld.
..M*»iin» Brüder, die Priester, mögen es mir nicht übel nehmen,
ich ijjuss fragen, ob auch sie im Kosengarten der Welt sind
(d. h. in die Sünden der Welt verstrickt sind*). Wollte
ich nein sagen, so würde es mir keiner glauben, und mit
Kocht, weil ich nicht die Wahrheit sagen würde. Ich mnss
also ♦»ingestehen, dass sie auch im Rosengarten der Welt
oder vielmehr des Teufels sind** .... ,,denn was die Welt
und das Fleisch haben, das hat auch der Teufel. Aber sie
benehmen sich in diesem Garten nicht wie die Pharisäer
und Schriftgelehrten, denn diese sündigten heimlich, und
schalten deswegen auf die Zöllner und Sünder (publicum).
So sind unsere Priester nicht. Sie sind selbst öffentliche
Sünder. Sie schelten nicht auf die Zöllner und verachten
sie nicht; nein sie lieben sie und klatschen ihnen BeihlL
Und um nur das Geringste zu berühren: spielen sie nicht
öffentlich, betrinken sie sich nicht öffentlich (nonne publice
ciapulam sequuntiu'), fluchen und lästern sie nicht öffent-
lich? Anderes verschweige ich, was, ach. weniger öffent-
lich ist.^) Alle laufen sie nach Reichtümern, alle sind voll
Habgier. Wie viele gibt es jetzt wohl, die sich mit einer
Pfründe begnügen? Nicht viel mehr als die, die nicht
inohr bekommen können. Einst waren sie mit dem Zehnten
zufrieden, jetzt fragen sie nicht nach dem Zehnten, jetzt
fragen sie nach den 9 Teilen, den zehnten aber wollen sie
Euch überlassen. ••-)
,.Ist es nicht (»ine Schande zum Erröten, heisst es vorher.
mit wohlgenährtem Leibe von dem armen und hungernden
<^»>kreuz igten Jesus zu predigen, und die Lehre der Fasten
mit roten Backen und schwellenden Lippen zu verkünden?***)
T^nd bei aller dieser Schlechtigkeit sind die Priester noch
stolz und hochfahrend, obwohl doch Christus durch die
-) Predigt vom i8. VI, 1475. (l*r. I, 114*.) Auf die schlechten Mönche
i^t er überhaupt nicht gut zu sprechen. „Non est üaevior, crudelior bestia
«juAin monachus pravus», iratus", zitiert er einmal (Pr. I, 135).
*) s. oben S. I7() ff.
') An anderer Stelle nennt er die Presbyter! mit unter denen, die ciu
ib^mus meretricum occultarum in Basel besuchen, s. Pr. II, 8.
-) Pr. I, 113. Predigt vom 18. VI. 1475.
') Pr. I, 83.
J«'»b.iniie9 He^nitii iiiis Stern.
34'»
lang ilmen ein Beispiel der Demut uufgestellt und
brti seiner Kirche deutlicli gezeigt hat, was ihnen
nliailich. dans sie nicht von Hoebuint tiufgeblasen
ond nicht sich weigerten^ da« Heilige in Demnt
*/*') und obwohl sie doch ^esen mlissten, dass
^llt^ sich doppelt schwer vergehen» weil ihr sündige-
den Untergebenen nachgeahmt \^TrdT denn wir
so der Knecht.*)
[flehen Aeusseningen hören wir zum Teil eine
lie im Munde eines heftigen Gegners der Kirche
prraschen würde. Dennoch ist Heyntin nichts
lU ein Gegner der Kirche. Ein Satz wie dieser
ecclesium derogandc» loijiiitur. hereticus est/y^)
Jasö er alle diese Vorwürfe nicht zum Schaden der
andern im Gegenteil zu ihrem Nutzen vorbringt»
ie durch seinen Tadel zu bessern hofft. Allerdings
leynliri nicht g«\scheut, diese Vonvürfe auf offener
iid vor allem Volke auszusprechen : ein Teil der
sfülirten Stellen ist deutsch gepredigt worden/)
%g ilim völlig fern, das Volk dadurch gegen die
teit aufsässig machen zu wollen. Er sprach von
lerbnis mehr, weil er sie nicht verschweigen
^Is weil er gern davon redete,*) oder darum, weil
"^Zuhörer vor solchen schlecht»^n Elementen warnen
WJH er einmal sagt: ,,ich predige euch das, damit
|t eure Söhne zu solchen Priestern macht, damit ihr
solchen schlechten lieuten hütet, dass sie euch
fuhren/* **) Aber gerade nach solchen Ausfällen
CTeistiichkeit fuhr er dann fort: ,Jhr sollt sie aber
jit Wort noch Tat verletzen oder verachten, weil
t?nres Amtes ist, sondern ihr sollt allen Achtung
I, 135. HeyMtUii lülicrt übrigens nicht dies deutsche .*^i>riciiwi>rt.
latouts cgregiAfu serttentiarn i quälen in re publica es&enl ptt-
[f^U(|iiOI c<^«Je golcrc **
U 97*
P'r. n, ». Vi I, lÖ, 4^i, IIJ, IM', aiso j;t'r;H)c uit iLinptitclIr
aUA den latemLschen Predigtet], (Pr. ül, ^ i2\ 55*1*
oben S. J48,
1. lii.
350
MajE Hossfeld.
und Elii*fiirclit orweisen^ und wenn sie selbst nicht würdig
siiid, so ist doch der wTu-dig, dessen Diener sie sich neuneo,
wenn sie auch einem anderen dienen. Eure Sorg^ lasst «t
nicht sein, wie sie zu strafen sind^ denn ihre Zeit winl
kommen und zwar schnellor fürchte ich. als sie erwanen,
sclmeller als ihnen gut ist^* Laien, dii' die GHistlirhkeit
venmglimptVu wollen, unterliegen nach seiner Ansicht einer
Versuchung des Teufela „Der Teufel versacht ganz 1)^
sonders, das Volk dazu zu verführen, dass sie iliren Oberen,
d. h. den PfaiTem und Predigern Abbruch tun.** ,.Es gibt
wohl kein schlimmeres Uebel^ als dass Christon üin*n
Priestern missgünstig sind.**')
So kommt es^ dass er, der noch eben die Habgier der
Geiitlichkeit tadelte, die dem Volke schwere Lasten auflege
und stÄtt 1/in jetzt 9/10 nähme, wie er sich ausdruckt, dnch
andererseits wieder gegen diejenigen spricht," die die Güter
der Kirche zu Unrecht rauben oder vorentlialten,**^! Ali
abschreckend ns Beispiel erzäldt er einmal die Bestraiaugf
die ein Laie dafür erhalten habe, dass er der Kirche etwas
von ihrem weltlichen Besitz geraubt habe. Dieser I^ ' '^
übrigens kein (reringerer als Markgraf Albrecht A
In einer Predigt vom 21. September i486, in der Heynlin
unter anilerm von der Freiheit der Kirche und der (geist-
lichen handelt, tadelt er diejenigen, die von diesen Zoll»*
erheben und führt dafür das ^Beispiel des Markgrafeu
Albreeht von Brandenburg an, der in diesem Jahre in
Frankfurt starb, der gewohnt war, vom Klerus Geld einzn-
treiben^ aber gegen den Willen seiner Gemahlin. Ab vr
einmal vom Bischof von Würzburg exkommuniziert war,
Hess er sich später von einem Legaten für ein Gering^^^
absul vieren. Da lachte er seine Gemalilln aus und sagte:
siehst dn, da habe ich zehntausend Gulden von den Priestern
bekommen und für 5 oder 10 bin ich absolviert wonlen.
Aber nun das Ende. Als er in Frankfurt war^ liess er sich,
weil er podagrisch war, in das Predigerkloster tragen: kaum
eingetreten, begann er Schmerzen zu fühlen und bat um
einen Beichtvater. Aber siehe, unter so viel Priestern irar
») Pr. I, 82.
I *» Pr. I. 43.
Jobannes Heynlin iuts Steiti.
351
»iner. der zu seiner Beichte kommeTi kouiite. Als er sah,
er keinen Priester haben konntOy rief er tlie Seinen
Jerl>ei tinil wollte von einein von ihnen absolviert werden.
!r versuchte zu sagen: ,tSprech mir einer eine Absohition**,
brachte aber cUis , Jution** nicht mehr hervor, sondern sagte
^r „Sprech mir einer ein Ahso'* und verschied, Daa sei
lie Strafe gewesen/' *)
Wie es sich auch mit der tTlanbwürdigkeit dieser Er-
ihiung v<*rhalten möge, sie zeigt, dass HejTilin denen nicht
rohl gesonnen war, die den weltlichen Besitzstand der
[irche antasteten. Und das. obwohl er selbst gegen die
I;ibgier des Ivleras eifert und ihren Reichtuni als teilweise
jirechtmässig erworbenen bezeichnet, Tn^tzdem er auf der
binen Seite die Verweltlichuiig d^r Kirche beklagt* kann er
^i<'h andererspiti^ doch niclit entschliessen. etwas von ihrer
reltlichen Macht aufzugeben. Diese Halbheit ist für HejTi-
lius StelhiTignahme in den kirchlichen Fragen seiner Zeit
ilM>rhaupf bezeichnend. Wir milssen noch einige Beisjdele
dafür anttlhren, die alle zeigen werden^ dass er jedesmal
lie Auswüchse, zu flenen eine Institution der Kirche ge-
führt hat* bedauert und bekämpft, dass er aber niemals
iaran denkt, die Institationeii selbst deswegen anzugreifen.
)iese hesteh+ui und darum stehen sie für ihn iinerschütter-
|ich fest.
Unter den Lehren der katholischen Kirche ist ihr die
roin Ablass am verhängnisvollsten geworden. Heyolin trägt
tm allgemeinen die Doktrinen der Kirche vor. Aus dem
Schatz der guten Werke kann den Sündern Erlass von
[Strafe gespendet werden. Die Gewalt über diesen Schatz
*) Pr. V, i6j\ Dicr,ctn luinierJiiii lütcrcssantcn Bericht über Albrechts
od, dcu Hcyuliu, wie er schreibt, dem Propst voü Meisscn verdankt, der
I4S6 in Frankfurt war» steht ein anderer gegeoüber» welcher lautet: ^^m
rustäg nach dem Sonntag Lätare lie&s sich der hochgeborene Für^t aus
ncr Herberge auf seiaem Stuhl nach seiner Gewohnheit m das Prcdigcr-
toostcr Iragen. Und desselblgen Tages um die 4. Uhr nach Mittag starb er
seligtich in demselben Kloster, dem Gott genade»** (Droysen» Gesch. der
Teuss. Politik 2, Anfl. II, I. S. 3(^0 nach Riedels Cod. dipl., dieser nach
liucm alten Protokoll in MiilJers Reichstagsthealer 11, 34). — Die Glaul*-
Würdigkeit beider Berichte wäre noch zu pröfcn. Die Tendenz, die Heynlin
Jlicr verfolgt, <^p rieht nicht zu Gvmsten des seinen.
J5^
Max Hö&sfeld.
Steht dem Papst und für ihre Sprengel und Pro\'inz/en den
Bischöfen, Legaten nsw. zu. Anf die Frage, inwielem Am
Buss*' flie SiltHlenvergebiing bewirkr», antwortete er durch
*,4 Meistersprüch" folgendermassen: 1. I>m*ch jeden Afo
wahrer Zerknirschimg wird die Schuld der Beleidiguug
(Gottes) getilgt 2. Wenn durch die Zerknirsch mig die B^
leidiguug getilgt ist, bleibt die Seele noch ztir Genngtnung
verpflichtet. 3. Doch könnte der Reueschraerz so giMü
sein, dass er jede Verpflichtung zur Genngtniing aufliDbiv
4 ^^Anch** durch die Erlangung von Ablässen kann der
AleuBch die Vergebung der gesamten Htrafe erlangen. —
Dabei ist aber zu wissen, dass lucht der Ablass seihst
sondern nur Gott die Schuld tilgt. Denn der Ablass stJtit
die Vergebung der Sünde voraus, weil er nur den ErUm
der »eitliclien Slrafe betrifft, in die die ewige Strafe doicli
die vorhergehende Rene verwandelt wurde. *) — Im übrigen
wird die Kraft des Ablasses aber nicht bezweifelt. ..Wenn
mau fragt, was Ablässe wert seien, so heisst die Antwort
genau so viel, wie sie lauten. Also wenn es heisst« wi*r
dies Uity verdient sich 4(3 Tage Ablass^ so wird ihm in Ah
Tat von der Strafe des Fegefeuers so viel abgezogen, als
wenn er 4tJ Tage gebüsst h&tte. Und wenn der Ablass auf
völlige Vergebung lautet, so wird ihm auch völlige Ver-
gebung gewährt und wctui or in dieseui Zustande stirf>t
fliegt er solort gen HimuieL (statijn evolat).*--) Es war
nicht zu vermeiden, dass bei einer solchen Lehre von der
Vergebung der Sünde gar mancher in Voraussicht Ats
künftigen Ablasses getrost sündigte; war man «loch bei *kr
Häufigkeit» mit der damals Plenarindulgeuzen gespenJet
wurden, ziemlich sicher, ihrer eine zu erleben, nni von d^a
Toilablässen ganz zu schweigen. Solche Leute aber tad^
He>mliB nachdrucklich. Mau sollte nicht meinen, dass tax
Erlangung der Ablässe keine Busse erforderlich sei, 3^
') Pr. V, 29, BekaimtUch giog Job* v, 1 "ült/ in seiner Ablasstheofii
so weit 211 behaupten, dass der Ablass die Süa^len Vergebung selbst bevirte;
nicht nur den Erlass zeitUcber Strafe. Vgl. Gerb, Ficker, Das ausf^CBik
MiltclaUer und sein Verhältnis zur Reformation i^yo}, S. 36.
•) Pr. I, 45. Heynliii nennt als Gewährsmann Franc, de M^ronif iff»
von Mayroni) tractaius de indulgentiis.
Johaitue^ Ueynlin au£ Stern.
Inders aeien ilie zw rügen. lUe aul küiiftigH Ablasse hin
sündigten I»eab8ichtigt4>n. Ihnen wurde Uott üeine Barm-
[liencigk*^it nicht erweisim, *) Uetmh^U worden aber van ihm
tauch *iu\ ilif den Ablass schmähen, so bpi (ielegenh»Mt des
fl482 zu Utinsten eini^s Krenzzugi^s gi^wfthrt«^n Ahlasses
(hortentur bominen ne detrahunt.-)
Nnch bfi manchem andern Brancli n*U^v L^^hrsnirK d^r
Kirche «eben wir Heynlin bemübt* siit mit tieferi^m Sinn xu
lerftllU^u, um der drohenden Veräiisserlichung der R^sb'giosität
[entgegenzuwirken. So bei den Prozessionen. ,.lch habe di©
[ProzesHionfn in B»sel getadelt, die ohm* Unterweisung des
JVolkes gehalten wurden und keine Besserung de» Lebens
Isdr Folge gdiabt haben, und habe sie blinde und unnütze
[Prozessinnen genannt, die eher geeignet seien» Gott zu er-
[ÄftriMMi ula zii besänftigen. Dann ein Beispiel : Wenn der
eler Fürst den Wnin und das (fetreide in seiner (4ewalt
Alle, und bei Strafe der Entziehung lieidi^r vorschriebe»
lilasa nieunmd Schnabolschuhe tragen sollte» dann nach
9einem Fortgang die Schuhe doch getragen wünlen und er
«einer Rückkehr den Baselern Korn und Wein ent-
Sge und wenn dann eine Prozession und eine Rede giv
Lhi^lten würde imd ilennoch alle wieder mit den SehniLbeln
men» derentwegen er erzürnt war* wer möchte wohl glauben»
daas er sich versöhnen liesse? So ists aber auch im vor-
. liegenden Falle."'*) ,, Vergebens sind die Prozessionen imd
|ulli>s andere, was man rut um von Gott einen guten Frieden
erlangen oder zu venlienen, so lange die. die den Frieden
irdern. den Willen zu sündigen nicht anfgebeu-'' S
S<j bei der Beichte und beim Abendmahl Eh sei nicht
*nug, den Herrn im Sakrament des Abendmahls empfangen
\tx% haben, man rniiase ihn nachher auch dnrcli gute Werke
U ii'diT lw.?n'(>rlirinfrMf( /Sflldi'S*^ iinolnnd»» jitT boiij o|M'r:t
*) Htj^Dli» bekU-k^ iibngeQ&, dass t^ rioiij» >.ci, die ilhriUcu jft/t durch
|Abll*4€ *iif Beihilfe fiir euieii ICreii«2ug hcr»ui<ufrtrdcru ; fmhct habe man
»kht iiollg gehabt« da tcicn alle voll Eifer für dn» itlaubcn {reiAtfteii.
r», IV, MO.
*> Pf. V, 61-
V: V
.!-T. \'. -•
Jduroaei Kefoliu aiu Stet
555
i selbst in Wirklkhkeil mit der Beicliu* uuil Absolntiou
|er UrnKtäuden vi^rfahr, 2^igt eeine obim orsILliIte An-
■ ■ liblass in Bern 147t^ wo er wegij'ii
, . -, „ aitiuf «inmg« tla^s lait Beichte niid
tion ..wenig ümmände und Htifreden* gemachl wer-
#oUten, damit nnr alle an tlie Reihe kämen,'» Hier
11 man deatlich^ wie tlte Praxis iler kirrhliclien Hand-
ln, so wie sie nun einmal war^ es auch Männern wie
Im nnmügUdi machte, auf ihren schonen Foniemngen
Tieu, An dieser Pnixis etwas zu andern, ist ihm
i! in den %Sinn gekommen; im «Gegenteil, wer das
icliti'j der galt ihm als ein Ungläubiger und als ein
»d der Kirche* Nein, bis in seine letzten Ausbildungen,
iii ^eiue feinsten Verästelruigen sollte das kinhliehe
m li**^tt^hen hh*ibirn, wie es itn Laufe der Jahrhunderte
rorden war Nichts Alu^ sollte hinw^eggenaoimen, nichu
f werden, es seien denn ein {>anr weitere
/.Uhuiien znr Ausschmückung de*5i Hausen.
gßüze Organismus sollte bleiben wie er war, nur er
Ite neu belobt werden* Der Veräusserlichung und dem
ImieJw**-' * i'fii Heynlin in der Scholastik imd dem er
feiner u » Eiclitnngdes Humunismu:*- also in Wissen-
nnd Litteratnr entgegentrat, dem wollte er auch im
V ' I.Heu: er wollte die überreichen
def^selben wieder mit tSifin er-
lau und sie, weil sie starr und geifttlos geworden waren,
tht clWft verwerfen, scmtlern erwärmen imd neubeleb**n.
^n Laien wollte er FnVuuuigkeit, Religiosität und Ergeben-
if gegen ilie Kirche eini»flanzon, die Priester tmf den
bfe^n Weg dw* SittlichktMt und Pflichttreue zuriickrufen*
Aber wenn dn^ mit seinen Jlitteln, den Mitteh» de«
^(urmtniktatä, der Predigt und des Appells au die weltliche
Id geistliche Obrigkeit, also mit Ermahnungen ülxTbaupt
lieh war, — ihm b»t m nicht gelungen. „Vergebens
il#t nich unsere Pn*digt ati si»% si» sagt er von den Geist-
en, denn sie sintt Im rt nackig und unv«*rbesjäerlich.'' *>
35^ Max Hossfetd.
Und in einer anderen Precligt heisst es: ^Wenu sie hier
wären, und wenn ich auf sie Eindruck zu machen hoffte,
würde ich noch nicht aufhören, sie zu tadeln. Aber sie sind
nicht hier, und auch wenn sie zuhörten, würde ich nicht
lioffen sie zu bekehren, denn ich hoffe mit Gottes Gnade
schneller 10, ja 20 Laien auf den rechten Weg zurückzii-
füliren, als einen schlechten Priester.^*) Und wiederum: .»Ich
aber versuche nicht, sie von Simonie und Habsucht abzu-
bringen, weil ich es nicht vermag. Ach könnte ich sie doch
wenigstens von anderen Dingen abbringen l'**^» So sind nach
eigenem Ausspruch Heynlins die Dinge zu tief verfahren,
als dass er sich im Stande gefühlt hätte, sie durch sein
Wort zu bessern. Wenn aber hier auch die Laien noch als
verhältnismässig leicht zu bekehren dargestellt werden, so
hat doch auch diese Meinung schliesslich einer Stimmung
der Verzweiflung weichen müssen. Wie oft mag er ein
Zitat aus Ambrosius gelesen und betrachtet haben, das or
vor die erste Seite seines Predigtmanuskriptes schrieb: .Die
heiligen Prediger des alten und neuen Testaments haben
gleichsam wie starke Ackerleute mit Hacke, Karst und Gral>
sclieit versucht, die weltliche Begierde aus den Herzen aus-
zureissen, aber sie haben es nicht vermocht, auch wenn >i«?
es sich viel Schweiss kosten Hessen."^) So kam Heynlin
schliesslich zu dem Satz, den er zwei Monate vor seinem
Eintritt in das Kloster in einer Predigt aussprach: -Da
aber fast die ganze Welt in Sünden verharrt, so ist ein Narr,
wer da hofft, er könne in dieser Welt hier Frieden erlangen.* *'f
so kam er zu dem verzweifelten Glauben, dass über kurz
oder hing eine Katastrophe über die Menschheit hereinbrechen
luüsste, und so zu dem Entschluss, den Rest seines Lebens,
das bei einer weiteren Tätigkeit in der Welt doch frucht-
los bleibcm iiiüsste. hinter den Mauern der Kartause zu ver-
bringen.
Freilich bedurfte die Zeit etwas anderes als solche
Resignation. Sollte eine Heilung ihrer Krankheit erfolgen.
') Pr. I. 113.
') Pr. 1. 114'.
3) Pr. I, fol. XXTIP.
*) Pr. V, 257.
Jobunne« HtyuUii aus Stviu.
357
[jwj waren MäniiHr nötig, die tl«Mi Kampf gegen tue kirch*
llielieti His^bHluciie tuit Kraft und voU t^ebensmut aufiialimeUr
1 Männer, die ihre PerHÖnlichkeit dafür einsetztMn. Am guten
[Willen hat es einem fle>Tilin wahrlicli nieht gi^fehlt, auch
fnicht an Willensstärke und auch ohne Einiluss ist er niclit
IgQweseiL So muss doch, was seine Anstrengungen scheitern
IHess, vor allem in der schiefen Stellung der AulgHl>e ge*
liegen haben, Heynlin hatte der Kirche helfen wollen durch
n&ie Wiederbelebung ihrer alten Prinzipien, diirch eine
HBederbelebung der mittelalterlichen, asketisclien Frnmmig*
HMl. Er träumte öich ein sittenreines, gehorsames Volk
lunter der Herrschaft and Leitung einer moralisch tadeUosen
lund pflichteifrigen Priesterschaft, er ersehnte eine Reform
rder Kirche von innen heraus» eine Wiedergeburt des
I Katholizismus, unter BeibehaUung aller seiner Auüdrncks-
I formen* Aber er sollte mit aller seiner Anstrengung mir die
[Wahrheit des Satzes an sich erfahren* «lass es nichts ntUzt,
leinen neuen Lappen auf ein altes Kleid zu flicken. Seine
|Bestgnation ist ein neuer Beweis dafür^ dass jiöue Wieder-
Igeburt ohne einen gewaltigen Anstoss von aussen her» der
Isich gegen die <J tu ndpf eiler der Kirche selber richtete, und
Idi^r alle, auch die Trägsten, aus th*r Lethargie nlttelte, nicht
lixiehr möglich war, —
I Dennoch liat Heynlin nicht vergehrms gewirkt» An der
röcJiwelle zweier Zeitalter w^re «_*s unbillig und uidiistorisch,
SU verlangen, da»s er schon da^ neue repräsentierte. In
Iseim»!] Zielen jedenfalls gehört er ganz dem alten an. Denn
\»o lagen ja damals die Dinge, dass auch die Neuerer jener
[Zeit ihre Ideale den längst vergangenen J ahrhiuiderten ent^
^Hunon. Heynlin hat die Reinheit des christlichen und des
rwTtlichen, wir diirfen nicht sagen hridnischen« Altertums
[wieder heraufführen wollen* iHirch beide Tendenzen wollte
lar vielmelir ein Bestaarator ab ein Neuerer sein. Aber die
rFoigezeit hat sein Werk geschieden. Durch den sclmH'en
iTadel und den oft wiederholten Hinweis auf die Misst^nde
liu der Kirche, als Bekämpfer des Scholastizismus und als
[Wortführer d«»a Humanismus» als Pfarlfind»»r zu ilen Ursprung-
I liehen Quellen der christlichen Lehre scheint er ebenso wie
idujxh Ritine Forderung der an sich freilich nentraien Kr-
"11"-^-— jLiz,S.'-TL -.
.^. . •/■: .:. - . . :-L ICir-:.:-?r r.nr z.:\hr:
' ..- . --. - --v-;.,^- ::rg^r. «i'-h se:V-T. Er
r. / :. '..<^-. . : - ;:-•%-..- ::- iriT. 'ins iri iieN^^n*-
. :' * .',. :r ■■'■'..•-.:.'. .—.r:.. Hvr-i: wir znin S^hln??
'.'/ . ' ; P .' . • : Ä" ;■;.:-.: r. £: uh»*rr i hri gesch t'w\ *^ii.
. . :. . . 'A' .->■:: •::. i --ir: Wf-S'^-n nor-h »^irimai
.:. ffj .•!;/• f < f!*.iO".'.-ri^t'rr "ifaruJ er stets c^rüster
.." i- ■..'.'1 !'»' fit \AA:.f\'.<-\; ij;irt'-!i Kampf an.s. abnr tT
I ifi ' IM' i;; H'-r/'-n -t'-ts zum Friedoii geneigt. Sein
irl'M '.iii v'.ii S«-^<ri lM-^l*-it«-r. Nie nahm er ein Buch
JoliaiiDC« Hc^'uUii uti>» Steffi.
^59
oder ein© Peiier znr Hand, ohne vorher im G<^b*§te vor ih\tt
$kh gesammalt zn haben. Die Heilige Schrift hatte er so oft
gelesen und betrachtet, dass er sie beinahe auswendig wti!*ste*
I Sein Geinüi war rein wie das eines Kindes: mit Kindern
I am spielen, war, wenn er nach langer Arbeir «ioli **rniftdi*r.
I ffllihe, «ein© Hebate Erholung,^
1 Aber die menschliclie Ante ihiüiitDe au dtM' l^eriiou und
I eleu Sebickäalen unseres Helden nmss vor d«^r Frage znrück-
uteheu. ob er von Einfluss anJ die geistigen Bewegungen
^i' "' ^ gewesen ist Man kann eine edle und ansprechende
Wiä; :. iki^ir genannt werden und doch für du* Geschicbto
Valoren sein. Unsere Erzähhmg Imt gezeigt» an wie vielen
t Paukten HejTilin in die Bewegungen seiner Zeit eingegriffen
^ nnd sie gefordert oder gehemnit bat Fnigen wir zmn Schlnss
I noch im l>esonderen nach den Beziehungen* die ihn mit
den hervorragenden Geistern seiner Zeit nnd seiner Um-
' gebnng verbnmlen haben, so lautet «He Antwort» dass er
, iltif «ie in der Tat nicht ohne Wirkung geblieben ist» Üii-
I miUeUmr nachweisen liLsüit ^ich sein Einfluss freilich nur b«^i
Brant, Renchlin, Agricola. Surgant, Anierbach^ welcho
H» -" '- iU ihren Lehrer bezeichnet haben. Aber zu dem
Bii isser Htimainst«*nkreiso, dem diese lunf angehören,
I sihlen auch noch Wimpfeling, (Toiler, Schott, Utenhejui^
^ Phiiip(>i und andere mehr, und es ist bereit*« erörtert wor-
[ den. tIa«iH Heynlin mit allen diesen Mtouern in naliem Ver*
kidir gei^taTulen bat Da er die meisten von ihnen um 10^
30, i» 25 Jahre an Alter übertraf, M so war es nuttirliclu dass
I öT in ihrem Kreise die Rolle des Fidirers spielte. Es besteht
1 nun in der (tesinnung aller dieser Männer eine grosse Aehn-
Uchkeir. Sie sind bei aller Begeisterung für das klassische
Altertum noch kc^iiie erklärten Feinde der id»erlii>f<'rten
Scholastik, sondern wollen matiches dnvon LThalten wissen,
dio meiirten von ihnen gehören dem ^alt^en Wege** an» Sie
fühlen ffrich als Jünger oder Meistei* ^e'* mi>dernen Bildung,
iib€»r sie wollen nichts mit den frivolen ^'ertrete^i derselbi'n
^ isti fnu haben nnd füreliten nichta mehr als den Vorwurf,
Vixterbaurb (grb* 14JO s. BeruouMi in H.i>«t«r BüchrrmArken eiJ.
If. HcfU iin<i C Chr. Ikmouli S. XV) und rhUippi (u«b. tmi m.^s* ^, Prot
^60
Max Hossfcl'
heidnisch oder niiöittlich geDaimt zu wrrdeti. Sie sii
strenge Moralisten. Daniiu gehen sie auch scharf mit d^n
Uebf*lständen ins Gmcht. die sich im kirclilichen T •
zeigen, und schreiben und predigen in hettigen Ausdi i
gegen die Habsucht und Verwahrlosung der Geistlichkeit
Den noch liegt ihnen nichts femer als die Feindschaft gegen
die Kirche selbst, im Gegenteil, mit allem ihrem Tadel hofien
sie der Kirche gerade einen Dienst zu erweisen. Alle sfind
gläubig und h'omm und verehren besonders die Jungfrau
Maria, viele stehen selbi^t in\ Dienisit der Kirche. Diese st-elle©
i?ie über den Staat, den Pajist über den Kaiser, was sie
aber wiederum nicht hindert, ein warmes Nationalgefuhl m
zeigen und zu betätigen, ebensowenig wie ihr huniftnistiischor
Bildungsstolz ihnen verbietet, volkstümlich zxx schreiben
oder zu predigen. So zeigen sie in allen Dingen das Be-
streben, die Gegeus&tzeT die die Welt erfüllen, auszugleichoa
und zw vereinigen.
Wer aber erkennt nicht in dieser Verschmelzung von
Kirclilichkeit und Humanismus» von Fortachritt und konser-
vativem 8inn unseren Ho^TiUn wieder? Zweifellos hat or
diese Verbindung, die er schon in Paris vollzogen hatte,
seit seiner Uebersiedehing nach Basel auf den dortigen Ge-
lehrtenkreis übertragen. Etwas ganz Neues war sie hier
freilicli nicht melir, — wir erinnern nur an den kirchlich*
humanistischen Peter von Andlau, — dennoch besteht ge*
rade in den Anregungen» die er in seiner langjährigen
Wirksamkeit in Basel auf den konservativen Humanismus
am Dlierrhein ausgeübt bat ein guter Teil der Bedeuhmg
des Johannes Heynlin aus Stein.
Exkurs 1.
Hei/nhns Predigtman uskripte,
Hejnlins Prodigten liegen uns in fünf Banden vor, di<J
von der Baseler Universitätsbibliothek* wo sie aufbewTibrt
worden, mit A, VIL 8, A. VII, 9, A. Vtt 10. A, \TI. 11.
A, Vn, 12 bezeichnet worden sind. Wir aitieren der Kür«*'
JohAnnei> Heviiltri uiu Stein.
361
wegen Pr. I, Pr. II, Pr. IIL Pr. l\\ Fr. W Die ungefälire
Grösse «Her 6 Bände ist für den Deckel *24X16 cm^ fiir
die Papierblättvr ii3 X 16 <*rD. iiianohe Lngon sin«! otwa**
kleiner. Die Blatter Hiiid beim Einbinden glücklieliHrweiso
nicht l»esclinitten worden, sie sind oft bis zum Rand bu-
S(*hrieben. Die Predigten liegen uns in Heynlins eigener
Kiederschrift vor. ^ Man kann bei ihm zwei Handschriften
unterscheiden, eine sorgfältige, mehr gezeichnete ids ge-
schriebene Hunianistenschrifti die sehr an Dmekschrift er-
innert, und eine ganz flüchtige Kursive, die zwar wenig
Ligaturen, aber sehr viel Aiikürzungen aiiiwf^ist nnd bis*
weilen ans Unleserliche streift, *) So verschieden beide
Schriften auf den ersten Anblick erscheinen, so hängen sie
doch ziisaDiuien, und es gil»t tMne ganze Reihe von Stellen,
wo man den Ueliergang aus der Ziersehriit in die Eilschrift
deutlich verfolgen kann, (z B, Pr. ly fol 2 unten, foL 3,
Pr* in bei den Sermonen fol 1 — \'A, ferner in Codex A. YIL 13
fol. 95— 98^ fol. 105— KJi^ besonders gut toL 110*— llti und
foL 101 unten — 102i.
K Die Humanistenschrift wird im allgemeinen nur bei den
predigten angewendet, die lateinisch vorgetragen wurden^
den von Lauber so genannten sermones latini oder collationes,
doch findet sie sich auch bei den ersten deutschen Predigten,
die Heynlin geschrieben und gehalten liat (Pr. I, fol 1 ft),
wo sie aber bald zu Gunsten der ilüchtigereu Schrift ver-
lassen wird. Diese wiegt durchaus vor und fiillt fast die
ganz eo Bä nd e , ^^ 1
Im grossen und ganzen enthalten die fiinf Bände nur
Predigten, doch finden sich in Band I auch verschiedene
zerstreute ßemerknngeD, die meist als Konzepte zur Predigt
*| Dm itd|£t der Prior Lauber, s. S. J64, Er jscUist schreibt über die
»c!cr Predigten von 1 484 flf. ,Jiii.i| nun t ScnteDtiue Sermouiim confaclorum
me JohauDCm de LÄpide" usw. Die Predij*ten sind in dersctbeo Schrift
ge^chriebeo wie diese Ueberschriß;.
^^ ^1 Vgl. BlocÄch!» ScufjEcr. (Ta< 2bt\ zbj, 271), Beide Schriften ncbcu-
^^uider kann man auf to\, ny^ in Pr. IV sehen.
^H ^ Sermones Istini ftnden &ich überhaupt itur m Vt, Ul, foU i i>\
H Predigten Hej'nlins und «jnige vcm anderen ^ ^'
rtätiHcrprcditjlcri. passim.
■. .::.-.:. v.. z B. ■:"•- ;--•->■.
c:.^->- V-:-ir,^.-r-: ::. ?:. HI.
■ -_■■- : ;-•- X.'v.h. ■•.:;"■■. v -.
.:- -:..^^. Zii/ V.- V.rir-
jr-ü.i.-li'ij .Uli Ka::i ••::'^
:. - - :.-:: -i:..-... Blatr.- v-^--
.• .. A:>i:"'.k -'"iiri-l--. '-w-:--.
:•: ^.-^ :..i-^ i'. Ha-i !■
"■ • ."".>■!:';:. ::--:i «ler z-ii^i <»■•
"'»' - ;. '.'•«• . Kiü Zw.'ii- 1. '
.. ■... '.. ...i"ii*-iii i:;iriii*'li: ■■-
ji •»v-iTf-nr B»\v«-is". .1"'
' .k-'ii.Ji'-li'ii Tnii 1u-<'-i:i::*
■.■:. Pr-'ü^xT'-ii aiisfliliii:' 'i- ■
. -.v-:..] . r 1;ir«'iiiiMli. -i. •'
^V:;■ • ::jnrli.-ii kaum zu stU'--
'^::*- :-'];:rT'-. w^im t-r ilfu:.-'-:'
;"ir' i:j:«'i:iiM"li iiiiMl.-r>':ii>'
■. * : — r*»*. iZ* — «14* u»\v.
i'rv I-.ji-r. nwhl ilon ..>tilu- r.;..^:.
il : X
Jahnniies Hcynlii» au» Stein.
.V\^
Jede Predigt trägt eiiif} Uehe^Mhriß x<m Hoyölmö Hiunl
entliält 816 weiter nichts ala den Tag des Kircheit-
(nicht. das Monat-sduttim), für den di»^ Predigt 1»^»-
imt war, häufig aber auch Angaben tlbor diis Jahr oder
W Ort fimd die Kirche), in denen sie gehalten wurde, iwui
^t den besonderp^n Anlass znr Predigt, iAblusHt«ge, Pejst,
lertretung von Kollegen, Kiri^bweih, Hr»cliz**it» Begräbnis
xd so fort.) Zuweilen wachsen diese Ueberschrit'ren zu
]if}iartiijen Notisen an, die meist da entstehen^ wu eine
stimmte Predigtreihe unterbrochen wird oder abbriclit,
i«*r wn eine neue anfängt. Bei solcien Anlässen verfehlte
^ejmlin selten, die UrsBche dieser Verändeningen hinter
lets&tgescliriebenen Predigt zu vermerken. Auf diese
' i wir häufig Kenntnis von Uehersiedlungen
in dio amlere, von lieis^ten, deren Ziel, Zweck
id Dauert von zeitweiliger Vertretung durch andere Prediger,
(rm Krankheiten^ di»f ihn am Prf^digen hindern und anderen
Ffirfüllen mehr. Auf iliese Nf>tLzen und Ueberschriften. die
Heynlins Biographie von groaaeui Wert sind, wird unt^n
näher eingegangen.
Nach Heynlins Tode gingen die Pn^»i igten nns seuh^ni
sitÄ in den der Bti^ler Kartause über. Erst damals wurden
irttititlich die bislang ungebundenen Manuskripte in 5 Bände
bget^^ilt und eingebumlen, AValirschetnlieh war es JaJcob
er, der Prior «les Klosters, der diese Verteilung vor-
l**» unti den Buchbinder bestellti^ Denn Laubtn* hnt
HUoh sonst um die Predigthandschriften Heyn Uns viel
gegeljen. Der Prior schätzte seinen berühmten üntt^r-
aen >iehr hoch und war, obwohl er mit ilim ptH^sünlii'-lt
tchinal tuieinandergeraten war, von dem Werte seiner
M durchaus überzeugt. Als Heynlin starb, trug t-r
, - i letzte Seite des itanuskriptes einen knrisen Nekrolog
den er unterMchrieb: ^Frater Jacobus prior dicte donnis
ipria mann.***) Dm die Predigten der Benutzung durch
ljkü})erf kiikfti(;e J^laod&chrift ist Idcht lirraus/uerl^ciineo. von ihr liud
KiblaUeT ttiitj itte Kcgister in dou 5, Bäudeti i^Hchnebcti) ebenso die
14« CTiT FohirTfitiß dicnm,
Ztiiselir« r. Ge»cii, und Alt«num. VII, 2. 34
y-:. M^x Hf>9»feld.
ari'lor^r Prediger zogaaglich zn machen, foliieru^* t-r all-
f int Bniid^ Band I 254. H 246. m -284. IV 295. V 372 folii,
nach LanV>^rä Zahlen zitieren wir and stellte im Jahrr
14f:f8 za jVd*'m ein aosführlicheä Begister her. in das auf
Pf'^digten Aufnahme fanden: ein Generalregister für alle
r> Bän«le hatte er geplant. Die Titelblatter weisen stets darauf
hin und hinter Heynlins letzter Predigt ist eine ganze An-
zahl weisser Blätter angebnnden, aach schon mit der Ueber-
ftchrift versehen worden^, aher er hat es nachher doch nicht
mehr aasgeführt. Za jedem der fünf Register hat er den
Tag. an dem es fertig wnrde. hinzogeschrieben Band L
24. Jnni 1498: Band IV. lu. Aagast 1498: die übrigen Bände
dazwischen;.*» Zu jedem Bande schrieb er femer ein ans-
f Ihrliches Titelblatt Vorsatzblatt', sowie eine kürzere Inhalt«-
bezeichnung (hinter dem Register.» Das Titelblatt nennt
jedesmal den Besitzer des Baches (die Kartatiser.. den Ver-
la s;5er and Schreiber der Predigten i . . . .^sermonnm doctoris
Johann is de Lapide propria eins mann scriptoraiu*i sowie
Ort und Zeitraum, hat einmal auch eine Notiz über die
Predigten fremd^-r Autoren <Band HI» and jedesmal einen
Hinweis auf das besondere Register am Anfang eines jeden
nncl das allgemeine am Scbluss des fünften Bandes. Die
SpMzialregister t^'ilen HejTilins Predigten in 2 grosse Gruppeii
-l.)e Tempore- und ..De Sanctis" (kümmern sich also nicht
um die chronologische Reihenfolge, in der die Predigten
s»-ll)st stehen . ^ und geben von jeder Predigt den Tag des
Kirchenjahres. *; an welchem, sowie die Bibelstelle, über die
.si»' gehalten wurde und die Blattzahl, unter der der Be-
nutz^T »>ie zu suchen hat. Ausser diesen beiden Haupt-
^ni]jp(Mi von Predigten de t^Miipore und de sanctis hat Lauber
in seinen Registern noch folgende Rubriken: In Band I eine
') Eine Seitenzähliing findet sich nur in Pr. V, fol. 20l* — 213. (2 langt
I*rcdi;,'ttn.) Sonst überall Blattzahlcn.
-) Z. H. „Finis tabiilc quinti voluminis factc die scti allexii a. 1498.**
*> Hierdurch wurde Blösch (Ta. 2ht>) verleitet aDzanehmen, dass Heplinj
l'redi;^ten selber „nicht chronologisch, sondern nach dem Kirchenjahr geordnet
st.ien, so dass diejenigen des gleichen Sonn- oder Festtags jeweilcn beiein-
aiidcrstehen." Das ist die Anordnung des Lauberschen Registers, nicht der
IVcdigten selbst I
') Nicht Datum und Jahreszahl.
Johtinücs Heynliw aus Stein.
365
Ktahula super aliis divtM^sis m hoc volnmine coTitentis,^ iu
iBand n — V je eine besondere Rubrik für Kirch weih predigten.'
Ein Band IU ftir Hev^^llins Abb sspred igten in Bern und Unich
lurid endlieh in Band IV noch 2 Rubriken filr Pest- („in
IprocessioDo contra pestem'^i nnd Leichenpredigten.
I Von Lanber stammt endlieh auch die Bezeichnung der
[5 Manuskrijitbände mit den Buclistaben A— E. ein Umstand,
Ittus dem wir scldiessen. dass erst er und nicht schon Heynlin
•die Verteihxng der Predigten auf 5 Bändt* vornahm. Denn
iHejnlin zitiert, wenn er gelegentlich auf fiülier gehaltene
■eigene Pi-edigten zurückverweist, nicht nach diesen fünf
IBuchstaben und überhaupt nif nach (fiinfi Bänden. öt)ndern
mach einem anderen Verfahren, deiüsen Kenntnis für uns
leinen besondern Wert liat. weil es uns lehrt, in welcher
■Weise Heynlin selbst seine Predigten angeordnet Imtte, be-
Ivor sie in die jetzige Ordnung (welche zum Teil eine zu
|eft/H*trrenrf(? Unordnung isti gebracht wurden. Hej^nlin also
■Eltiert seine eigenen äheren Predigten 1) nach den Orten, in
Ldenen sie gehalten wurden, z. B. als Sermones Bernenses^*!
leermones Basilienses.^> 2i nach der Jahreszahl, ^) oder aber 3)
l- — und dieses Zitien'^erfnhren interessiert uns besonders, —
■ er fasst eine Reihe von Predigten mit den Namen sormonea
Eprimi, secundi etc. zusammen. Was das zu bedeuten hat,
ierlEntern folgende Beispiele: a) Ueber einer Predigt von
IPraesentationis Mariae (2L Nov.Y, die er 1484 in Baden über
ISiruch 24. Vers 25 — 2(1 hielt, schreibt Heynlin ^CV>llegi hiinc
Isermonem ex sermonibus 4" scilicet in Tubingen factis, in
hodiemo festo. Item ex sermonibns 3^" in festo Nativitatis
Mariae, ubi etiam hodiernum thema. Item etiam sermonibits
Iprimis circa ilhid festum.^*) Es handelt sich für nna danim^
Idie Jahre zu ennitteln, in denen die drei zitii^rten Predigten
I gehalten wurden. Eine Tübinger Predigt zum Feste Prae-
iBentationis Mariae gibt es nun nur aus dem Jahre I47H
I ') Ä. B. Pr, n, 175*.
I «) /.. B. Fr, V, 534V
I ^ 1. B. Pr» V, jbj.Jubilale 1495: Quia iudisposHusfuii fedserniotitmsupni
I 70 pauca addendo et mutando el ita coiiclusi.*" Die Predigt zu JubiKate 1476
[ Meht Pr. III, 172*.
[ ♦) Pr. IV, 294*.
366 Max Hossfeld.
(Pr. n, 460, folglich wird hier eine am 2L November 147*<
gehaltene Predigt von Heynlin unter die sernioues quarti
gerechnet. — Eine Predigt zum Feste Nativitatis Mariae,
die über Sirach 24, 25 — 26 gehalten ist, gibt es in Pr. I— V
nur aus dem Jahre 1477 (Pr. 11, 114) also wird hier eine
am 8, September' 1477 gehaltene Predigt von Heynlin den
s&rmoiies ierüi zugezählt. — Mit den j^sermones primi muss
Heynlin die meinen, die er seit Novembet* 1474 in Basel
hielt (die ersten, die er überhaupt hielt). Die erste Predigt
über Maria Geburt, die sich überhaupt vorfindet, ist nun
aber vom 8. IX. 75 (Pr. I, 181), also rechnet der 8. Septem-
ber 1475 noch zu den sermones primi. b) Ein anderes Bei-
spiel. Pr. V, 113 steht ein Hinweis auf eine Predigt ^in
sermonibus 5 vel primis in Baden dominica 11 de publi-
cano/ Die ersten Predigten in Baden hielt Heynlin vom
26. Juli 1479 (dominica 6) an. Also wird hier eine Predigt
von dominica 11, d. h. vom 29. August 1479^) zu den ser-
mones quinti gerechnet, c) Bei einer in Beuem am Tage
der heiligen Margarete, 13. Juli 1481 gehaltenen Predigt
steht: ^Alios sermones factos in Büren quaere in sermonibus
quintis circa finem."^; Hiermit wird auf drei in Beuem am
2. April, 17. April und 15. Juni 1481 gehaltene Predigten
verwiesen, die in Pr. H, fol. 217 — 218* hinter zwei Beurener
Predigten aus dem Januar 1480 gestellt sind und an deren
Schluss wiederum ein Rückverweis auf unsere Beurener
Predigt vom 18. Juli 1481 hinzugefügt ist: „Alios sermones
factos in Büren (juaere in sermonibus 7" in die Margar»?te
et postea ordine suo."' Hieraus folgt, dass Predigten aus dem
Januar 1480 unter die sermones quinti und eine solche vom
VL Juli 14H1 unter die sermones septimi gerechnet wird.
Stellt man dioso Kesultato in die richtige zeitliche
Reihenfolge, so erhellt, dass Heynlin mit den Ausdrückten
sermones primi usw. jedesmal etwa ein Jahr zusammenfasst.
(1475 : 1. 147^) : 2 und so fort, der Anfang einer iieiv^n
Zählung scheint vor der Fastenzeit jedes neuen Jahres zn
liegen, da der Januar 1480 zu den sermones quinti gehörr.
^) Sic steht Pr. H, 179.
2) Pr. IV. 75*.
Johitnnei Heynlin au& Stein,
567
HieratiH geht niui klar liorv^or^ dass HejTiliri seine
^^digtmaiinskript** zmiächst einfach in der Reihenfolge auf-
t*ahrtL\ wie sie entstanden, also in chronologischer An-
tnung,^) Ansnahmen von dieser Regel hat Heynlin mehr-
th b^^stiiiders vermerkt. Dafiir einige Beispiele: a) Eine
igt, die ara Ostermontag 1483 gehalten wiirdo^ stand
rht. wie sie sollte, zwiselien der des Ostersonntag 1483
IVj foL 2(JR) und der des Ostenlicnstags (Pr. I\\ fol. 206*),
idtttti war aus Zufall auf einer leeren Seite hinter dem
Sien Sonntag nach Pi'ingsten 14S2 aufgezeichnet wonlen. ')
ahalb s^clireibt nun Heynlin an der Stelle, wo sie eigent-
utohen sollte, ifoh 2t)(V), folgende Notiz: ,.feria secunda
qtiaere sermonem supra post doniinicam 23 post
sfen, ubi casHallter sermo tlle fitit conscriptuö»^ b) Ein
Beispiel aus dem Jahre 1481, In Pr, TV findet sich
cheinander folgende Beihö von Predigten:
|fol 71'— 72' Peter und Paul (29. Juni)
[ toh 73. Visitat, Mariae, früh (2. Juli)
^foL 73*— 74. 1 Sonnt, post octavas Corp. Christi (L Juli)
jfoh 74* Visitiit, Mariae, nachm. (2. Juli)
jfoL 75. 2 Snnnt. post Corp. Clir (8. Juli) usw.
Die Predigt vom 2. Juli ging also aus ii'gend einem
xtnde der vom 1. Juli vorher. Um diese Verstellung wieder
pt zu machen, bezeichnete Heynlin die Predigt auf fol. 73
it B, die auf der Rückseite dos Blattes mit A und schrieb
iti*r B: „Hie sermo debet sequi sequentem sermonem-^ und
ilerA: •Hicaermo debet praecederepraecedenteuL*' c)Eine
iliche LTnrogelmässigkeit liegt in Pr. H^ fol. 8' ff. vor.*)
>rt stehen iler Reibe nach folgende Predigten: fol. 8' — 10*
Septnagesima 11, Februar (1476), fol. 11—12* Eeminiscere
Mars, fol. 13 14 Matthiae 24. Fehmar, fol. 14- Invocavit
h V^» »eihCD Ausdruck ^,et posteA ordine suo.'* Dieser ordo Ut, wie
[ TubeUe ßr die Jahre nach I4Ä1 leigl, kein anderer als der chrono*
l^* I\% 184'. Fol. 184 steht die Predigt des ij. SonnUgs, fol. 185« die
' ÜACh.
'' I wohl dj^her, dass die Hreilij{tcD In drei veriurhiedeiiefi StÄdten
witnleo («. Tabelle» und die Zettel »uf Mr Reise in Uaordt)UD£*
.>68 Max Hossfeld.
S. März. fol. 15 Oculi 17. März, um nun die Predigten des
24. Februar und 3. März nicht zu übersehen und die richtige
Reihenfolge wieder herzustellen, schrieb Heynlin an die
falschlich vorangestellte Predigt vom 10. März: «De feste
S. Mathie et dominica prima quadragesimae ^Invocavit > quaere
3 folia supter."^ di Zwei im Jahre 1477 (^Rogate und Hinunel-
fahrt) in Urach gehaltene Predigten hatte Heynlin zu d»»n
an den gleichen Tagen gesprochenen Sermonen des Jahres
1475 gelegt *) (Wahrscheinlich liatte er die Predigten des
Jahres 1475 mit nach Urach genommen und sich daran ao-
gelehnt). Bei den Predigten des Jahres 1477 steht daher
am Schlüsse der Predigt vor Rogate ein Hinweis darauf:
^Sermones domin. ante ascensionem et ipso die asceusionis
quos feci in Urach quaere de illo ipso in primis sermonibus."
Diese Beispiele, die sich noch vermehren Hessen, *; genügi?n,
um zu zeigen, dass Heynlin auf die richtige chronologische
Reihenfolge seiner Predigten Wert legte und dass er sie,
wenn sie aus irgend einem Grunde gestört war, doch stets
wenigstens durch Hinweis wiederherstellte. Was aber schon
die Ausnahmen beweisen, wird vor allem noch durch die
Beobachtung der Regel selbst bestätigt: tatsächlich besteht
die Anordnung nach der Zeitfolge auch noch jetzt in eiiioui
gewissen Sinne durchweg in allen fünf Bänden.^»
Jedoch mit einem Unterschied, der für unsere Orien-
tierung in dem Predigtmaterial von AVichtigkeit ist. Im
ersten, vierten und fünften Bande nämlich besteht die
chronologische Reihenfolge ohne EinschränkuDg; 4) der erste
umfasst die Predigton von 1474 bis 6. Januar 1476, der
vierte die vom 30. Januar 1480 bis zum 21. November 14H4.
<ier fünfte die vom 28. November 1484 bis zum 2. Febniar
1496. Im zweiten und dritten Bande aber, welche die Pre-
digten aus den Jahren 1476 (7. Januar) bis 1480**) (23. Jannar)
. ^) Pr. I, 60* und 64—64'.
^ Vgl. Pr. II, 162 Pr. m, 92, 93, 98. Pr. IV, 143.
3) Wir stützen uns hierbei auf die von Heynlin zu jeder Predigt g^
schriebencn Ueberschiiftcn, welche ja den Tag des Kirchenjahres angeben.
■•) Einige Unregelmässigkeiten im ersten Bande, in den ausser den Predigt-
entwürfen noch allerhand andere Konzepte aufgenommen und einige Predigten
aus späteren Jahren eingeschoben sind, können hier übergangen werden.
*) Auch drei nachträglich eingeschobene Predigten von 1481.
Jobaunc* Heynli» ans Stein.
569
»
0QthalteB, besteht die chronologisclio Reihenfolge mir inner*
lialb gewisser Stücke aus diesen Jahren z, B. in dem Stück
hroni 7. Januar bis 27. März 147^1 iPr. IT. f<»l 1—24) od«*r
^5. Dezember 147H bis 7. Febi-uur 1479 ^Pr. 11^ fol 139—146),
[diese Stücke selbst aber sind durcheinandergeworfen, so dass
auf ein Stück aus dem Jahre I47t> ein solches aus dem Jahre
1478 folgt^ dann eins aus dem Jahre 1477* dann aus dr-ni
Jahre 1478/9 und 80 weiter. Diese Verwirrnng hat allerdings
zuweilen ihre Gmnde, So stehen in Band ITT drei Zyklen
von Ab lasspred igten aus den Jaliren 1476 (Bern), 147B iBerni
und 1479 lUracli) hintereinander; ') und im selben Bainie
eine Anzahl sog. sermones latini, bei denen gleichfalls die
Zeit iliros Vortrags ohne Einflusa auf ihre Stellung im Bande
lieb Hier erste ist von 1478, der zweite von 1476, manche
er folgenden sind überhaupt garincht vnu Heynlin, soiid**rü
un seinem Pariser Lehi*er Lucas do Molen d in is, also schon
or 1474 geschrieben.) Hier war also der besondere Anlass
ider die besondere Art der Predigten nnissgehend für ihre
Anordnung. Zuweilen sieht man aber den Gmiid der Tren-
nung zusammengehöriger Stücke garnicht ein, das Dnrch-
— einander mhrt dann wohl nur daher, dass überhaupt ein mal
Bie strenge Zeitfolge durchbrochen war, und dass die Zu-
BftinmenstelluDg der verschiedenen übrig gebliebenen Stücke
^em Buchbinder überlassen bHeb. *)
Es galt nun, diese dnrcheiHamlergeirorfenen Brifckstitcke
in Band 11 und IIT zu sammeln und wieder in dio Ordnung
zu bringen, in der sie eins nat^h dem andern in den Jahren
1476—1480 entstanden sind, da nur so eine richtige Vor-
wertling der in ihnen enthaltenen biographischen Notizr^n
fcnöglich war. Wir hatten zu diesem Zwecke zunächst An-
■fang und Ende dieser Bruchstücke festzustellen. Dies gesdiidi
mit Hilfe der den Tag drs Kirchenjahrs enthaitenden ITeber-
V *) Pr* m. fol 70— H2'— 102'— iri-
H|ie wir oben S, 365 erwähnten.
■ ') Dies fiihrt auf die oben S, 363 aiisgcsprocheac VcrmutUTig, dass das
■Binden der MSS. erst nach He).TiUii& Tod stattfand. Schon der Umstand,
dass HevüliD nicht nach Binden (I — V oder A — E) und Blättern, sondern
^lach Orten oder Jahrgängen sf^itiert, deutet dkirauf, das^ die Aoordnuug in
Mg, Bände nicht von ihm herrührt.
Daher Heynlins Zitate nach Orten,
370
Ma\ Hossfeld,
schrilton zu jeder Predigt: 80 lange diea© Tage einander m
tier richtigen Reihe folgten, so weit ging ein Enaamuieii*
lülngt^ndes Stiiek, Es ergjib sich, dass die in Pr, II imtl
Pr. III befinclHehen Predigten der Jahre 1476—1480 in 15
grössere ßnichstficke zerschlagen sind, (Stück 1 — 7 in Pr. 11.
HrückH— 15 iti Pn IIIu ') Glücklicherweise enthielten T'
ihnen t»ine oder mehrere von He^^nliu geschriebene J
zahlen-) (nur das 10, und 15, haben keine) und konnten da-
her leicht an^iirnndergereiht werden. Wir erhalten «laim
nach Umrechnung der van Heynlin gebrauchten kirchlichen
Bezeichnungen der Tage in Monatsdaten folgende chrnm-
loffische Seihe der 13 Stücke:
1476, 7. Januar bis 27. März iPn 11, 1—24) Stück 1.
14711, 31. März l>is 15. September und 13. Oktober 1476 bk
1477. 2. Febmar iPr. UI, 154-^20*»— 239) Stück la
147<K 28. September bis 8. Oktober iPr. IH, 70— 82-) Stück 8.
1477, 9. Februar bis 1». März tPn Hl, 142—153*) Stück 12.
U77, lU. März bis H. Dezendjer (Pr. II, 47—138"» Stück o.
1478, L Febmar bis 5. März <Pr. UI, 240—263^) Stück 14.
1478, 6. März bis 9. So]>tember und 1. bis 21. November i^Pr.ü,
25—43 -4kV) Stück 2,
147H^ 22. September bis 9. Oktober (Pr, IIL 82 — lo2 ) Stück 9.
1478, 25. Dezember bis 7, Februar 1479 (Pr. U, 139— 146i
Stück 4.
1479. 31, Januar bis 2. Februar und 3, April bis 23, April
(Pn IL IbB— 164^ und 165-172) Stück 6,
1479, 2(1— 28, März .Pr. IIL 107— Ulf Stück IL
1479. IL Juli bis 148Ü, 23. Januar (Pr. D, 172^220*) StitckL
imX 12, Mäi-z bis 9. Afiril Pr. IL 151—162) Stück 5.
Stück 8. 9 und 11 <Beni 76, Bern 78, Urach 79) g^
hören also dur Zeit nach in die Stück»^ 13, 2 und 6 hinein,
\vci sich in der Tat bei den betreffenden Monaten die passen-
deu Lücken finden. (Man kann trotz dieser Lücken die
Stücke 13, 2 und fi als Ganzes betrachten, da die x^^eite
Hälfte einfach die Fortsetzung der ersten ist..)
*) Eiuzelnstehcode Prcd igten sind hier ojcht mitgeiHhlt.
■\ \\\. die Tabelle,
Jnhaime« Heyol'm aus Stein.
Ml
Wie iiiati sieht^ aiiul also l»ei «ler UmstelliiDg der 15
Intciiistücko nur wenige Predigten verloren gegaugeu: der
iintmuui vom 7. Januar 147l> bis 4. April 14&J ist last
^•nUsJtändig mit Predigten bt^setzt. Uoben wir iins indessen
chemicbaft über die Grösse der Liirken zwischen den ein-
einen Sfutkef}, (Es sollen nur Lücken, die mehr iils 14 Tage
l»*»tragon, in B**tracht koninien, wo also nvimlostens 2 Sonn-
fAgüpredigten ausgefallen sind.'
Es sind folgende 7:
1) 1477, 8, Dezeniljer Ins 1478, L Febmar,
2) 1478, 1. Juni bis 21. Juli,
8) 1478, 9. Oktober bis l. November.
4) 1478» 21, November bis 25. Dezeudier,
6) I47i>. 7. Febmnr bis 20. März,
6) 1471», 2B. April bis 11. Juli,
7) 1480, 24. Januar bis 12. März.
Iclce 7 besteht nnr scheinbar, die hetrett'enden Fred igt t4i
43U. Januar bis 2, Miirzi befinden sich bereits im vierten
der Predigten (Fr, IV, foL 2—7). Es kommen also nur
lit» 6 ersten in Betracht, Auch sie lassen sich zum Teil aus-
Ifüllen, und zwar ihirch die oben ei'wähnten beiden Bruch-
l&trieke (No. Kl und 15». in denen sich znfällijj: keine Jahres-
ihl befindet.
Lik'ke 3. Fhis i*rsle Bnichstiick iNo. lu miitassi nur
[4 Predigten, welche folgende Ueberschriften tmgen: ^lii
l&dicatione ecciesie S, Martini basilienais, quae fuit domimoa
[ibidem 22»^ (,,mane^ und ^post meridiem^) iPr, III, 103
ad 104). «Dominica 23 apud S, Martiniim ßasil> ^Pr. ni,
lOB*). •, Ibidem die Symonls et Jude.^ «Pr. Itl. lOG). Simon
[tsiid Jnda ist der 28. Oktober; die beiden Sonntage können
natürlich auf verschiedene Tage fallen. Nehmen wir einmal
lan, das9 die Predigren im Jahn* 1478 g»>halten worden sind,
1478 wur Ostern am 22. März. Pfingsten ulsi» am 10. Mai.
Iblt man nun, wie es im Mittelalter üblich war, Sonnt^ikgo
piaeh Pfingsten, so fällt dorninica 22 auf den 11. Oktober
lud ilomin. 23 auf den 18. Oktober. Zahlt man, was gleich-
ilb vorkam, nach FrunleichnamT so fallen sie auf den 18,
[und 20, Oktober. Auf alle Falle n^ibsen die 4 Predigten,
sie wirklich 1478 gehatten sind» in den ÄMtrauin
37- Max Hossfcld.
zwischen dem 11. und 28. Oktober fallen. Jene Jahreszahl
ist nun aber aus mehreren Gründen wahrscheinlich die
richtige. Es sind nämlich erstens aus den Jahren 14:75,
1476, 1477 und 1479 jedesmal Predigten vorhanden, welche
die Bezeichnung dominica 22 tmd 23 tragen, also nur von
1478 nicht.*) Zweitens würde 1478 des Ortes wegen gnt
passen; am 9. Oktober verliess nämlich Heynlin Bern und
am 31. Oktober traf er wieder in Tübingen ein: er miisste
also, wie es auf der Hinreise auch geschehen war. über
Basel kommen. Da nun Heynlin zu seiner Ereise von Bern
nach Tübingen unmöglich drei Wochen brauchen konnte,
muss er sich irgendwo längere Zeit aufgehalten haben und
was lag da für ihn näher als Basel, dem er doch schon s<i
lange angehört hatte? Endlich spricht für 1478 auch noch
der Umstand, dass die 4 Predigten in Band HI unmittelbar
hinter den Berner Predigten des Jahres 1478, an die wir
sie anschliessen wollen, stehen. (Die Bemer Predigten
reichen bis fol. 102' und fol. 103 beginnen unsere Baseler).
Wir dürfen also folgern, dass sie in der Tat im Jahre 1478
gehalten worden sind, sei es am IL, 18. und 28. oder am
18., 25. und 28. Oktober. Und richtig füllen sie dann ge-
nau die Lücke ans, die zwischen dem 9. und 31. Oktober
in unserer Predigtreiho klafft." »
Lücke 4. Es bleiben nun, da unser Bruchstück 10 in
der dritten Lücke untergebracht ist, nur noch 5 Lücken
übrig. Das 15. und letzte Bnichstück passt freilich nicht
ganz so bequem in sie hinein. Es umfasst 13 Predigten.
iPr. ni. 264 — 275*1, denen weder Ort noch Jahreszahl bei-
gesclirieben ist, und die von Katharina i25. XL) bis Sonntag
nach Epiphanias des folgenden Jahres laufen. Zur Be-
stimmung der Jahre, in die sie fallen, haben wir nur einen
*) Simou und Juda ist sonst nur von 1477 und 1479 vorhanden.
-) Es ist hierbei allerdings auliallig, dass Hc)-nlin am 28. noch in Ba>cl
und am 31. schon in Tübingen ist. Indess liess sich damals die EntferDuo^
/wischen den beiden Städten {150 Kilometer in der Luftlinie) recht wohl la
3 — 4 Tagen zurücklegen. Selbstverständlich reiste der Wohlhabende zQ
Pferde, (s. Alwin Schultz, Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert,
(irosse Ausgabe 1S92, S. 244). Im August 1477 und Anfang 1478 Iwtte
Heynlin auch nicht länger gebraucht is. Tabelle): 10. — 14. Angnst unJ
11. — 15. >[ärz.
JobAtine^ Heyiiliti zius Stein.
M.I
kt^ da8 ZusauiuieD treffen von Heiligenfesten mit
1, das Heynlin zweimal angemerkt hat Eine
/om 27. Dezember trägt nämlich die Ueberschnft
IJohiinnis et doniinica intra octavas nati\ntatis^ und
b Sonntag nach Neujahr ^dominica post circum-
i in octava JoLanuis." Das ZiLsammentrc*ffen dieser
Page mit Sonntagen fand nun aber in den in Bo-
lommenden Jahren 1476— 148<:) nur 147b 79 statt,
|ie Predigten also verlegt werden intissen. Da <li^
er Tübinger Predigten des Jahres 1478 in der Tat
11 2L November abbricht iPr, IX, 46*) und die hier
stehende Reihe mit dem 26. November beginnt^
alles passen, und die Lücke zwischen dem 2L
er und 25. Dezember 1478 würde durch die ersten
an unseres Zyklus ^Katharina 25. XI. bis 4. Advent^
ausgeftillt sein. St»jrend ist dabei aber, dass sie
ausgefüllt, sondern überschritten wdrd, und dass
edigten seit Weihnachton mit denen einer andern,
Stück 4 bezeichneten Reihe kollidieren, die am
Beüiber 1478'^ "beginnt und bis 7. Febniar des fol-
^Jalires reicht. Folgende Predigten würden dann in
lien Zeitraum fallen:
Tubingen 1478/1»
(Stück 4)
' In Fffige stehende Reiht*
(Stuck 15)
iii nativit. tlom.
tue mtioceiitiimi
111 oircutncrsione.
dotniD* post. L-irc.
ffi cpiphaiüa
domin. infra octa v. epiph.
in ilie aatlvjtatis
In 4ie St^phuni
in (he S, Ji>hiuitii>- ift du-
miu. ititra octav. nativ.
in die ciretimc.
domin. posf circ, iu oo*
tjivji JnhiiHiiis^ iutm)*
Hchmn prcditart* *?tni
dominus impedivit
in die cpiphutiic.
domin, infra oHav. ppiph.
tilin hat die ^hl &c1b;it hiniueeiotM tJn nütiviluto dumtui iu
^7 • Mxn Hr,*,f*i.l
Wi^ r;.aL -i-hr, wiird-rn j«^ 5 Predigten, wann wirklick Scäck
l'i iü^ Jahr I47>; ^f za v<^ilf>gen isc mgatr aof ein und doi-
yt^rVr^Ti Tag fallen. Damber kann die Annahme hinweg-
h^\if:u, dskBA die 10 kollidierenden Predigten xar Hüfte fräli
r^rA znr Hallte nachmittaga gepredigt worden sind, wie
Hrvnifri da.'» iri Baäei ja aach oft getan hat. Befremdlidi
i.^r dariTi nar. dsm» die am gleichen Tag gesprochenen Pire-
dii^efi an zwei verschiedenen Stellen zn zwei xerschiedeneii
Reihen ZTi.<)ammengesohrieben wnrden. Aber wenn wir tax
diese Sonderbarkeit aach keine bestimmte Erkläning geben
können. — wir mäsäen uns mit dem allgemeinen Hinweis
anf die Unordnang begnügen, in der sich die Mannacripte
der Tübinger Predigten ans dem Anfang des Jahres 1479
befindend — äo kann sie schliesslich doch nicht weiter
betinnihigen. and wir werden nichtsdestoweniger aafGnind
des oben besprochenen Zasammentreffens der Heiligen- und
Sfjnntage die in Frage stehende Reihe in die Zeit vom
25. November 1478 bis 10. Janoar 1479 verlegen können.
Damit haV>en wir das letzte der beiden undatierten Brncb-
stücke in den chronologischen Zasammenhang eingereiht
lind zngU-ich einen Ersatz für die vierte unserer Lücken
g^-fnriden.
I^ück^* o. Fi'ir die Zeit vom 7. Februar bis 20». März
1 17'.» können wir eine s^»hr einfache Erkläning geben: die
betreffenden Blätter sind leider aas dem Mannskript heraus-
g^'rissen worden «4 Blätter, Pr. II, fol. 147 — loOu es mögen
4 5 Predigten darauf gestanden haben.
Li'ickf 1. 2 und 6. Es bleiben somit nur noch 3 Lücken
übrig, fiir die wir keinen Rat mehr wissen:
1. 8. Dezember 1477 bis 1. Februar 1478, etwa acht
Wochen.
2. 1. Juni bis 21. Juli 1478, etwa 7 Wochen,
3. -23. April bis 11. Juli 1879, etwa 11 Wochen.
Ks ist nicht zu orinitteln, ob wir es hier mit längeren
Vfvii'ii zu tun haben (wie das bei Lücken in den Predigten
') /. U. stehen 2 Predigten vom 31. Januar und 2. Febmar, die cigcnt-
IkI) in ^lic Keihc 25. XII. 1478 — 7. II. 1479 (Stück 4, Pr. II, 139—14^^
^r;h<irtcn, getrennt davon als Anfang einer Reihe, die bb zum 23. IV. 147*)
gellt. (Stück 6, Vr. II, 163—172).
Johannes HeyuliM aus Stein«
.)75
in Baden nachgewieaen werden kann,') ob also Predigten
aus dies»?r Zeit nie vorhanden gewesen oder ob sie verloren
gegangen sind.^) In Tübingon hat ihn \^elleicht seine Pro-
fegsnr an der regelmässigen Predigt verhindert, was das
Vorhandensein der beiden letzt<?n Lücken erklären würde.
Anf jeden Fall ist der Verlust angesichts der vorhandenen
Predigten nicht bedeutend, und man kann sagen, dass fast
sämtliche Predigten Hepilins uns erkalten gebliehen sind.
Es sind nicht weniger als 1410 Predigten übrig < Hierbei
sind 4 handschriftliche Prerligten in Codex A. VI, 12 und
eine gedruckte Predigt mitgerechnet.) Von sämtüchen
Predigten halben wir die Ueberscbriften gesammelt, des-
gleichen die oben erwähnten tageliuchartigen Notizen. Was
davon über die blosse Benennung des Tages hinausgeht,
Bndet sich in chronologischer Folge in der Tabelle zu-
sanimengestellt, deren Anordnung ans dif* soeben ange-
stellten Untersuchungen ermöglicht haben.
Exkurs 2.
Beyfüins KenHtnme im Griechhcken und HehrälficherL
In der Chronik des Kartäuserhniders Oeorg findet sich
' in dem Kapitel, welches dem Doktor Jobannes de Lapide
gewidmet ist, folgender Satz: ^Praeterea, sicut postea com-
pertnm est et in nonnullis opusculis a se scriptis inventum,
etiam Utteris Graeeis et Hebraicis idem ips<* doctur operam
deili'^se putatitr.^^} Der Bruder ( leorg, der das »'twa 30 Jalire
, nach Heynlins Tode schrieb^ gibt liier also einn in) Kloster
wachgehaltene Meinung wieder, wonach der Doktor de La-
pide griechische und hebräische Studien getrieben haben
^aoll und erhärtet es durcli die Behauptung, dass in seinen
») %, Tabelle 14^0 ft'
^) In Pr. I fehlen 3 Blatter (98. 102. 103), in Pr. II die oben erwahötcn
Alter, i« Pr, m fc! ' ' ' 1 {tz, 13, 24 — 26, 36, 37^ 65 — 69, ü\i£
;i}»ten von t47;/78). In Pr. V fehlen
i^cliul teilt n Predigten foL 285. 286,)
■
i
Mus Hosifeia, ^1
^H
FL
Ksps «k ia der Tat Spuren MJcIier Wit-Ii^i^^
1 «
B «BS. Dmsb Bohanptnng Terdient GUbi», (
^^^^^1
l^^^^riet Eartause war, ilie ja HermliBe Bkki
^^^^^1
«i^^^feee sogar selbst kataloguien hu.^
^^^^^1
«■4 i^!r sieht lediglich auf Beofgs Veimi«H
^^^^^^1
HB. ^Mte» in der Lage, di#so dojcli HejuT»
^^^^^1
0^ «feit n pr^en. Im folg^indeii gabcft i|
^^^^^^1
B ^ ■ityrtinMen, die wir fiir seme jTJrrtii^
^^^
^»^bAoi baben; es wird sich henniBlelktt^H
igtm "Sißmehc in der Tat etwas verst8iid^^|
^n^B^ crnmipbantes quom summo lionorc» bn^l
MiMifS: Tniricr o}Jt:oa, quod est hosob te ipi^l
■
^ ^09 (yieco Tocabiilo theologinm diciinm^l
, ViMMiiirrte 1472; Disp. 229\> ..ErnTigelii noifl
4jMirinfl coDtra Faustum, latine int^rpfi^H
^^t
^^vd bona aaiiimtiatio.'' i Vorlesung ng^^B
^L
r^TuliiLITO'- — ,,. . , cenon auteiu greife i>cv|^|
^H'
.dl Aagnstinus.^^ ^Predigt, vom 2. April 1^|
^^B
^5« liitera inventa dicitiir a Pj^hagora ^|
^^^^^^^^ i'i '
^ js,jj«opliö nH vocatur a grecis li^^silou" ^H
^^^H^
2r
— - 4 Juni 1475, Pr. I, 108). — Pr/l, 12<r ictjH
as Of?lHu8 noct. atticar. Hb. 17, capT^I
^^^»47
u
^-' r:.|uJtiets ..aiv>i /«£ «Tf^of , patere et ^|
^^^H:>eti
*i ■
^ Ävd.- ti \ n, U7oL — Pr. I, 188 Eitit^r^
^^^^Hg<?r
'^
^nas 1. üb. de somLiio Hcipionia „ri*ona oi^
ip.suia. ken tlich selbs.** fin eitler ^^,
^^^^~
5
^^1
L.
: H75), - Pr. t 22LV in einer Ps^
ligen TUeodor 1475 übt^r den Te^J^ s^
aun Sit et lans tua in fines terrati^V.^^
^ tikiu lianilo daneben: 6>«oclf.^) . |,|
^^H^ übt-
ig. »
^^^^H
^^^^H
2. 1
^p06ituiji namquB est itit Jo. arroü«^ ^^
^^^H
3. 2^
d^tts \*A dl i i*t doron donnifki T^^^H
^^^Es
ist nj^
^^i^^H
^^H Feriou zu ,
1 4
*) l. BJ
■ lieh
in die Ri
B ■
^B gcliorteu.
^^^H
^^
{Siu.
l J
JcihAiuies Hcyciliii ans Stetii.
fterti hterit convenientia (e\Tihellike3t) iiunnius et rei» hoc
Bist iitruin fnent iluDiim dei sicut et appellatiis*^ Eint? äliii-
KcUe Einleitung notiert er bei der PreiUgt von Katliarinas
■.475 (Pr. L 22y). Dort steht am Rande: .,posset sumi
■hema: Secundiun noiuen tmim sit laiis tua in fines terrae*',
Bmi» katlierina a /utDigt) id est piirgo; Katherina igitiir quasi
B^nrgata. et secunduDi hoc deiliicatur thema/' — In einem
kermo latinns nni den heiligen Lanrentins steht: •^versictüos
B^nos graece tropos dicunt.*' (Pr IlL IH ). — Pn IV, 36:
K^Noticia enim sui ip^ins via et principiiun e.st saluti^s. unde
»t Appoilineni coniSuieDtL, quo pacto ud beatum vitain per-
nrenire posset responsum est: l^utm oh^toa hoc est nosoe
Bkö ipsum. (Am Rande wiederholt: rtmiai tu^ioa.) Unde et
■Miicrobiiit5; 2 li. de Soninio Scipionis: haec vox de celo*' usw.
■r{Prodigt vom L l. 1481.) — Dasselbe Citat findet sich aucii
W^ dem Brief de t|ualitate sacerdotis, s. Ep, foL 113*. »S. 2.
■ Dan stpht mit lateinisi-hen Buchstaben: gnotii stditos^ wobei
■ a^u bemerken ist, dass der uns vorliegende Brief eine Ab-
■ Schrift von fremder Hand isst, (Abfassungszeit c 1484). —
■ Aui:h in einer Predigt vom 6. Jannar 1480 jPr. V, lÜOO
■ itu^fi Heyniiu wieder das delphische Orakei: Declaretttr,
■ »5 ^'^'^t er, i[uod nnticia sui ipsius est summa sapientia,
^^Je de celo delapsa est hec vox gnoti seafton Frtiu ifeanor
^ fiande noch einmal in einem Worte rviumtuviov) et
^ ^Mr<*rjti ab app<dline facturas quid esset, ut beatus fieret,
^fponsvim est /Vfixr r/eacroi*; propterea in fronte templi
^'tebatLir.*
^ Soii^-^eit, was wir von Hevnlins griechischen Kenntnissen
^iftol-iA konnten. Man sieht, dass es damit nicht weit
i ' \vi\ r ; seine trewährsmänner sind keineswegs griechische
'^^' *^ luliTri Augustinus. Macrobius. Anlas Gellius
Hiniptschlagersclieint in dem apollinischeo
wSficti röt XU 1« -tehen, das ihm aber tinch schon betreffe
" i sehen den beiden Worten, sowie
i"^ und liechtscliroibung beträcht-
t zn haben scheint. Es sieht
Hoynlin erst im Jahre 1486
■ ^^is gegen die Mitt«
das ftlitos, oletos oder
h*r.TZ hr^^^irAiL^k^r ^r K*r»n*r w»r. die a Heynlinf Boclier
r-i^iM;.^. -^r.:: dfc rT 'ii-^if»- sotzar «elb^c k»akio<;nen hac^
^V,r v;!:! *r>rrr nictr jffd^üinh »rrf G^orgi Ter5ich«fTing
*r.2>-»-]^-^r.. v/n'fcni in i*T TAg». dkse durch H^mlixks
MÄr.-;.y^^p^««r «eirMi: zn profcc^ Im folgenden geben wir
;(rir.äi;h.4r di^ B^l^^nt^ü^^. di^ wir fär ^eixke gri«cfai9dM&
K^sTittiMfT gf^ndrr* haben: e^ wird «idb keraiUBteU«). das»
<rr v/Ti di^T^^r Sprache in der Tat etwas versomden liit.
.^.fnod Ädverviifi triam phaDte^ t^Tiom summo honon? fmerwi-
tnr ^ii^^ri c/>n^ne^-it: Ffortö ^iju^. qvod ea noace t^ ipsom.'
Aa^ ^ler UffkVßn^tsrfAtr. 1472. Disp. foL 229.> — ^divina üb
«lapierftia, qoarri graeco vocabnio theologiam dicimiis . . .*
/An* der Tinktorat^rede 1472: IHsp. 229'.. .JETmngelii nomen.
m w:r\\ß\i AngnstiriOi» contra Fanstiun. latine interpretatnr
Uirin-i rmntini» vel bona annantiado." Yorlesong ans dem
Jahre 1473, VorhfoL 170, — cenon antem grece novnni
«tjgnar, nt dicit Augnstinas/- Predigt vom 2. April 1476.
Vt. I. 44;. ..Her: littera inventa dicitur a Pythagora pro-
hat i?*:-jifiio philo*>opho et vocatur a grecis hypsilon- usw.
(Ur^'Aiuit vom 4. Juni 1475. Fr. L KSi — Fr. I, 126- zitiert
\U',yu\iu nach Auhi.s Gellius noct. atticar. lib. 17. cap. 17
^U'J^ yVri.-ispnich Epiktets .Mr^/ov jLui antyoi^ patere et ab-
Htifi«-. lyd nnd rnyd.'- -2. VIL 1475. — Pr. I, 138 zitierter
na/;h MafTohiiw 1. lib. de s<^)mnio Scipionis „rrono ohioa
hör: «-st nosre te ipsuin. ken dich selbs.** (in einer Pre-
digt vom 1«. VIL 1475 >. — Pr. L 220* in einer Pre<ligt
voin Tag«' iles heih'gen Theodor 1475 über den Text ..Se-
riindnin uouutu tiium sit et laus tua in fines terrae*' heisst
♦•s: ..TlioodoniH (am Rande daneben: Qtodvß^i;) nomen
gnrciim r;st: compositum namque est (ut Jo. arretinns dicit)
a tiM'OM (juod <^Ht ch.*us vel dei et doron donnm, quasi dei
donum. Habr'fipK' accentum in penultima ut patet ex illo
Juvonalis: Lautonim pueros artom scindens theodori. Pro
introdlutiono fruimlich d<M- Predigt) proponitur hec questio:
rtnmi in Sancto Theodoro qui appellatus est donum <lei,
«j Ha. Chr. I, 329 A. 2, 359 ff.
Johttuii«« Htynliu au» Stein,
Ml
w\*^tü fiierit cüuvetiientiH (i\>n]ln4Hkeyt) noiiiißis et rci. hoc
l^t Qtruiii inerit ilonum dei sicut et appellatixs^ Kine ahn-
■ licht* Einleitung nori««rt er bei der Predigt v^on Katharinas
[1475 (Pr. L 229), i>ort steht um Rande: ,.posset sami
Ithenid: Secmidiini nouieii tuuin sit lans tua in fines terrae*^
|f|niH laitlieriiia a mi^bqh id est piirgo; Katherüm igitiir «(uasi
fpurgata, et öccundmn lioc dediicatur thema.'' — In einem
[«ermo latinits auf den heiligen Laiirentiits steht: ^versiculos
Iquoa graeco tropos dinint,^' (Pi\ HI, 18*). — Pr, IVt 35:
L^Noticia ouim sui ipsius via et princi|)iujn est sahitii?. iindo
let Appollineni consxilenfi, quo pacto ad beatani vitam per-
prooirc posseti rej^ponüuni rst: Fvfniü oXr^ioa hoc est nose©
fie ipsuiTh (Am Rande wiederholt: Virnita ohjoG,) Unde et
IMacrobia» 2 li. do Suninio Scipionis: haec vox de celo^' usw.
[(Predigt vom 1. I, 1481.» — Dasselbe Citat findet sidi auch
Im dem Brief de ([ualitate sacerdotia s. £p. fol. 113S S. 2»
iT*«»rt steht riiit lateiiiisehfü Bnehätaben: gnotii solito«, wobei
Izu bemerken ist. dass der uns vorliegende Brief eine Ab-
l^brirt von fremder Hand ißt. (Abfassungszeit c. 1484). —
lAucli in einer Predigt vom 6, Januar 14H<i <Pr V. lOO')
•Äitiert Heynlin wietler das delphische Orakel: Declaretur*
Ischreibt en cpiod noticia sui ipsius est himuua sapientia,
lUnde deeolo delapöR est heo vox gnoti seafron rmn uimtor
|(am Rande noch einmal in einem Worte l'vomnat tor) et
[«laafn^nri ab appolline facturus quid esset, ut beatus fieret.
[Aeifponsum est rmn aiavror; pmpterea in fronte templi
Iscribebatnr/* j
I Sciwtdt^ was wir von Heynlins griechischen Kenntnisfl<3»n
wnnittoln konnten. Man sieht, dass ea damit nicht weit
pier war; seine Gewäliriimänner sind keineswegs griechische
rAni Ibsf , sondern Augustinus, Macrobius, Aulu« Gellius
luti' nts, sein Huupt>seldagt^i" seheint in dt^m apollinischen
m»c^«i^f mavrop zu bestehen, das ihm aber auch schon betreffs
lilör Tft^nnungsstelle zwischen den beiden Worten, sowno
lliinsichtlich il<»r Ausspracht und Rechtschreibung beträcht-
lliche Schwierigkeiten gemacht zu haben scheint Es sieht
lin di>r Tat ao ans, uls Imbe Heynlin erst im Jahre 1486
Idiis Wort richtig fmsÄ|>rochon hr^ren, bis gegen die Mitte
Lpdlap'^aiA*f^*ir^** -Mhre bfiiautitat üoch düa t)litatt> oioto« udttf
.378 Max Hossfcld.
solitos statt tnavcov unangefochten den Platz, auch &. c und (>
scheinen ihm nicht von Anfang an geläufig gewesen zu
sein.-)
Immerhin muss man das geringe Mass von Wissen,
das er besass. immer noch eher bewundem als verspotten,
denn in den siebziger Jahren des fünfzehnten Jahrhunderts,
aus denen unsere Proben grösstenteils stammen, war ein
Kenner des Griechischen doch noch eine grosse Seltenheit,
und es war schon viel, wenn jemand nördlich der Alpen
überhaupt den Wunsch zeigte, sich die Sprache anzueignen.
Wie wenig nun aber auch HejTilin gewusst haben mag. —
die Kenntnis des Alphabets und das Verständnis einiger
Worte kann ihm niemand absprechen — so ist doch soviel
gewiss, dass er der griechischen Gelehrsamkeit Interesse
entgegengebracht hat und dass er sich auch selbst bemüht
hat. sich die Elemente dieser Sprache anzueignen. In magnis
voluisse sat est.
Weniger leicht gelingt uns der Beweis der zweiten
Hälfte der Behauptung des Kartäuser Chronisten, der nämlich,
dass Heynlin auch Hebräisch gelernt haben soll. Uns sind
nur drei Stellen aiifgestossen, an denen er von der he-
bräischen Sprache rodet.
,,. . . huiusinodi festa (es ist von der Kirchweih die
Rode) innovationem dosignant. dicuntur enim Eucenia apud
hebreos, Cenon autem grece novum signat. ut dicit Augusti-
nus.'- (Predigt vom 2. IV. 1475 s. Pr. I, 44.) ,.Zona . . .
doscribitur 4. Rog. 1. In hebreo ut dicit Lyra, habetur de
corio*- usw. (Pr. I, 91. Predigt von Purificationis Mari<e,
wahrscheinlich 1475). — ,, Maria enim hebreo sermone Stella
maris intorpretatur."* (Pr. I, 126. Predigt vom 2. Juli 147")).
— Dazu käiiir» dann noch ein Zitat aus ,.rabi Movses*.
(1. h. aus ^[aijilonides*^) in Heynlins sermo de ascensione.*»
Wie man sieht, beweisen diese Stellen nicht, dass Heynlin
hebräisch verstanden hat. Dio orsten beiden Worterklärungeii
») Das Heoöo)()Os' "u^l x((i>fno der Predigten aus dem Jahre 1475 stehi
am Ifftndr, könnte also ein Nachtrag >ein.
^) s. Geig. R. S. 214 Aum. 2 und 119 Anm. 2.
'•^} Iq MetYreths Hortulus regiuae, (Hain 1 1 000) pars aestivalis, Predigt
19 bei D.
JciBaniies HeyiiTin kns Stritt,
379
limnit **r Angiistin und der Pastille dos Nit\ de hynu
jui>nide«i war ins Lateinische übersetzt, lUitl die Erklänuig
Namens Maria hatte er wohl den Hieronymianischeu
IterpretationeB hehraiconiDi noniimun'* entliehen, die hr-
BtUeb vielen alten Biheldnieken beigegel)en sini
Xnn hef?itJ5en wir aber mehrere Zeugnisse Ewar aichi
dass Hejyiilin helrräiseh konnte, wnhJ aber dafilr. das;«
&iii ihm geläufiger Oedanke war. dass tdle Bildung und
ssenschaft im Grund© auf die heiligen Schriften und auf
Hebräer asurückgehe, und da^s sie von ihnen durch die
rmitrhing der Griechen und Hörnor auf uns gekouiuien
Erhiit diesen C4edanken in der Vorrede ssu seiner Ans-
iron Cassiodors Kxpositio in Psalterin in entwickelt,*)
aend von einer Verteidigung der sehliehten und schönen
der biblischen Bücher und beeondera der Psalmen
»n die Ansprüche einer mit eitlem rhetorischen Aufputz
inkonden weltlich«^n BereJsauikeit, stellt er den allgemeinen
^atas auf, duss ,,alle Gaben der guten Künste'^ ,, alles, w^a^
ien weltlichen Disziplinen zur Schau getragen wird*%
».aller Glanz der Beredsamkeit^ alle poetischen Aus-
ckHweisen und jegliche Mannigfaltigkeit einer schönen
te^ nickt nur in den heiligen Schriften enthalten,
lern auch tatsächlich dannis hergekommen sei. „Constat
im qnae in saecularibus discipliiiis ostentantur. a divinis
>ris esse transsuinpta/* Das bezeugt' Eusfbins Pamphili
GMsareu, der angebef dass seine Griechen, von denen
?rö LatinitÄt ihren Anfang nahm, die Grundlagen aller
Könnt nissH von ilen Hebraorn in'st*hUclien hätten,^)
lit liege nicht der geringste Grund vor. die von diesem
Ike stammenden göttlichen Schriften zu verachton, son-
, Vgt S. 304*
p,(ii&dAfnenU ömnts boaae disci^xUiiAc ah hctimeU e«se Tiiraio«.**
für die Riihti|;kcit der AhäkIiI de* CusehiUi^ m mthtu, wrUI
hin, dii&i iirr l>erühtntc jjjricchist'hc Spnii'h yt'tü*h mttt'tnr,
* Hridcii ilem pylliincheti ApoUfi KitAcbrcihcti, iiU oh er üeltjsil der
dcfekcUHTti gewesen sei,** vielmehr um* tlenj Junftcn Bqeh Moäc h€r-
(tijiiir|>»Ufiit Kci^ wie AmbroBittfi gejEeigt habe. Modcs Hticher »her
' doch Pia weit h5herei Alter als ».dir PbiloKOphcu» dip jca» cf-
fi»l«r 2itM*Cltf. t. Gfich. und Alt^rtutti. VH,
2S
3^0
liA\ Ho^&feia.
dem im Gegenteil t?me Aiifforcleimtig sieh in i^ie zri rtr-
tiefen.
Aus dir'Seii Au>«Mti;Hider.^<»tyJUigi'ri gelit nui« wh-n-ruii,
nicht hervor, ilass Hoynlii» selbst sich in d<3n Uft^xi der
hebräischen Bücher vertieft habe, nnd auch j^ne Stelle d©r-
seüien Vorrede non juodo latinomni, verur
hebraeornm graecorumciue ßcri[)torüDi testiuioniis, qiUi. ^
pendii causa praeterimus. cojuprobtttiir,^* beweist durchaus
nicht, daj^s er die griechisrhen und hebräischen Schriltstelkr,
die er der Kihze halber übergeht, in ihrer eigenen Spmcho
gelesen hat.
\ Aber man sieht leicht ein, da^s bei einem Oelehrtpu
wie Heyniiu. d*'r überhaupt sein Augenmerk auf die alten
Sprachen richtete» von dem Satze^ dass die griechische und
röjuische Beredsamktut Ihre Quelle bei den Hebräern hÄbe,
nur noch ein kleiner Schritt war bis z\x dem Wunsche, di^
h«*bnii8che Sprache selbst kennen zu lernen. Die8t*n Wunsch
luvt er auch gewiss gehabt. Bezweifeln niDchte man aber,
(ib er der grosi^en Schwierigkeiten Heix geworden Lrt, die
dm Studium der Sprache damnU noch hot. Zv^-ur wan*n
mehrere «eitjer Freunde des Hebräii^chea kundig, vor allem
•loh* Reuchlin, dann Rudolf Agricola und Wessel Gansfort;*i
aber die Kenntnisse der beiden Letztgenannten waren doch
noch sehi' geringfügig uud Reuchlins Meisterschaft erst
J5pät4?ren Datums.') Immerhin steht fest, dass in Hevnh'us
Umgebung der Gedanke lebendig war, der ja überhaupt zur
Aufnalime <ler hebräischen Studien die Veranlassung gah,
niimlich der (ieiUuiko vun der Notwendigkeit einer leb*
hafteren Beschäftigung mit iler Bibeh verbunden mit dem
Wunsche, diese Urkunde der Religion in ihrem eigen tlichi»n
ursprünglichen Texte kennen zu lernen. Diese Idee fami
im Jahre 1479. wie oben besprochen worden ist, einen Aue-
druck in der Amerbachsclieii Bibel^ die sich rühmt, nach
griechischen und helinuschen Quellen verbessert wordenen
I ») Geiger» Keuch lin S. io8/f|. Da«s Kotirsid Summcnhart Hcbräbc^
verstanden habe, bestreitet Herraeünk (S. 160).
?) Erst J4t)2 Icrute er seinen Lehrer Jnk. Jehicl Loansi keuueii^ wenn
er auch bereits iu den ersten Jabreii wiascuschaaitcber SelbsttÄligkeit Lnst it
der Sprache Echabl liat. L. Geijjcr, Rciichbii 3<n 103,
Jobatinc* Heyniin ans Stein.
;.«!
^Kn, eine Ausgabe, die ja vur tiUeni HoynIiDS Betreiben
^pre Entstehung verdankt.^)
^B Wenn nun auch allo die angeführten Tatsaclion keinen
HBrekten Beweis dafür enthalteOj dass Johannen de Lapide
Hebräisch verstanden hat. so machen sie es doch wahr-
scheinlich und wir haben eigen tlicli keinen triftigen Grtmd,
der positiven Angabe des Kartäuserniönches, deren erste
Haltte wir als richtig enveisen konnten, in ihrer zweiten
Hälfte keinen Glauben zu schenken. Freilich, wenn He>Ti-
lins Kenntnisse im Griechisclien schon nicht hei-vorrage nd
waren, so müssen sie im Hebräischen noch unbedeutender
I gewesen sein, und niemand wird aus ihm etwa einen Ri-
valen Rcucldins machen wcdlen, noch weniger einen Lehrer.
(Eine Behauptung, die schon oben zurückgewiesen wurde.')
Aber eii:i Vorläufer dieses ersten grossen Hebraisten ist er
t>eh wohl gewesen, ebenso wie R. Agrikola, Wessel Gans-
rt und andere, und seine Wünsche und Versuche gehören
mit zu der geistigen Atmusplmre, wxdchc Reuchlin nmgab^
sie haben diesen angetrieben, iu das Dickicht einzudringen,
in dem die hebräische S]>rache damals noch verborgen lag.
Das bezeugt Bouchlin selbst, wenn er in der Vorrede zu
seinem Buch vom wundertätigen Worte'') schreibt, dass er
(Ittrch die Freundschaft zu Heb. Brant und Jcdi. Araerbach^
besonders aber zu Heynlin^ oder wde er sich ausd rückte
.dtirch einen sozusagen unglaublichi^n Kifer williabrig zu
^in und durch ein«* in AVahrheit einzige Liebe zu der
lole aller guten Kunst, dem horvorragenden Johannes
4>idanus, Doktor der Tbenlogie^ usw. sich l>ewogen gefühlt
%he^ die Finsternisse rler lieibgen und geheimen Worte zu
&ti'eten und die jüdische Geheimlehre der Kabbalnh zu
fctidieren.*) Wenigstens Anregungen zum Studium tles
') Vgl. oben s, 285 n.
') S. 144—140.
*| Gerichtet an Job. von DAlbcrg, — J. Retichlin, de \erbo mirifico,
iasel, Joh. Amerbach 1494, fol. 2^ at»gednickl aucb Geig. Br. 46,
*) Wir ßmchen hier auch auf die Aehulichkcit Reuchliascher An-
tiAUungen mit den Gedanken aufmerksam^ die Heynliu 10 seJüer Cassiodor-
forrcde dargelegt bat. Axich Keychliii stellte die kirchlichen Schriftsteller
er die weltlichen (^. Geig. R. 09), auch er verachtet die Rbctoreiikünstc
lit ihren gezierten Phrasen und Icereu FloükeUi und zog ihnen einen schlichten
3^2 Max Hos»fel<L
Grif?chisch*.*n und Hebräischen suad also von Heynliu aus-
gegangen, wenn er selVjst. wie die früheren Homanisten
überhaupt, es aucli nur zu einer oberflächlichen Kenntnis
der beiden Sprachen gebracht hat.
Exkurs 3.
Heynliu war nicht Ijeiitpriester des Deutschordenshausts
in Bern.
Zu einer ganz schiefen Auffassung von Heynlins Tätig-
keit in Bern führt ein Aufsatz von K. Howald ^Die alte
Lentkirche Berns" betitelt, V) eine Art Ehrenrettung des
Deutschordens jnit scharfer Spitze gegen den damaligen Rat
der Stadt. In Bern war nämlich die Besorgung der Leut-
kirclio dem Orden übertragen,*) da aber der Orden den
(:iottnsdieiiHt vernachlässigte, so hatte die Stadt selbst je
länger je mehr in die kirchlichen Dinge eingegriffen,*^)
HchlioHHlich das Doutschordenshaus in Bern ganz aufheben
hissc^n und an seiner Stello oin weltliches Chorherrenstift
orric-htet. (1485)^). Howald macht nun Heynlin zum Lem-
pri(^st(>r (l<'s Doutschordonshanses und dos Münsters in Bern,
und preist ihn als solchon (oder vielmehr durch Um d»^n
Ordon) mit (i<Mi etwas überschwenglichen Worten: ^Dem
dontschon Orden angeliörige Leutpriester, wie Diebolt Bast?l-
wind . . . und .Ioliann(\s von Stein, obgleich noch in (l»^n
nujjt'MU'htiMi, verständlichen »Stil luui die Beschäftigung mit ernsten Wissen-
.schalten vor ((icig. K. <)2, 13S, lOi. A. 2. L. Geiger, Studium der hebräischen
.Sprarhc usw. 1X70, S. 14), und auch er »spricht den Gedanken au.«», dasb nian
auf die Hebräer aK die ersten LchrmeiNter alles Wissens zurückgehen müs-e:
(Ciej-:. K. ()<), 138 A. \. loi A. 3., i(>3, 1S7 und Reuehlins Brief an Joh.
St<)lvaru> bei Geig. Hr. \ov, 131 2). Auch sonst ähneln sich der ältere und
der jüngere Humanist, /. B. in ihrer kirchlichen Stellung (das Festhalten :.Q
»ler alten Kinhc trotz des radcln> der Uebelstände vgl. Geig, R. 145 tt 1
und in ihieni t'h.ir.vkter (der ICriist und die fast selbstquälerische Gewi>sia-
h.ifli^jkeit >. <»eig. K. (>4) vgl. oben S. ^ih.
') Beiner laschenbuch 1S72. S. iho — 237,
•1 Howald S. 1 72.
S \gl. oben S. 180, 230 und Bio. Ja.
't Howald 174, Bio. Ja. S4 iV.
1
Jobannes He)*fi)tii
S^3
»D des Vrrfalles des Ordens^ Äind inid bleiben Männer
j{?t*»rblich^m Ruhms, so lange es eine bemische Gescbicbt«
keben wird> ')
Ans den zahlreichen nheu angt»föhrteri -i Schreibender
lern er Rpgiening an Heyn I in, an Eberhard v, Wdrtt., an
irist. V. Baden, sowie aus den ßatsprotokollen über HejTi-
Ims danernfle Anstellung geht aber klar hervor, dass es der
at der Stadt und niemand anders war. der den Prediger
berief. Von einer Zugehörigkeit desselben zum deniseben
)rden kamj nicht die Rede sein: das ist ein Missverständnis
Iowalds. He^^nlins Benifung ist vielmehr, wie Blosch her-
rorhebt.^) einer der Eingriffe der Gemeinde in ein bisher
?in kirchliches Gebiet*
Vollends verschiebt Howald das Bild, wenn er auf Grand
einer missverstandenen Stelle Anshelms*,* Feindseligkeiten
zwischen HejTilin und dem Berner Rat konstniiert *) Der
1480 ^auf Kosten des Ordens* ^ berufene Hans vom Stein
abe schon ein Jahr nach seiner Ernennung durch die Kraft
einer Predigten die Aulhebung eines Frauenhauses erwirkt
ir mssen^ dass ihui das nicht gelang),') sei deswegen bei
Jem Rat missliebig geworden und der Unannehmlichkeiten
regen, die dem unbequemen Sittenprediger nun gemacht
mrden^ bald von Bern wieder fortgegangen! Wir können
liesen ohne Quellenbelege gegebenen Ausfiihningen nicht
beipflichten. Unsere ganze Erzählung beweist, dass Heyn-
Un und der Rat von Bern ganz dieselben Gesinnungen
tegt^n und ganz in demselben Sinne auch wirkten. Weder
t^eidling. der Heynlin in einen Gegensatz zur Kirche, ^)
och Howald, der ihn in einen Gegensatz zur Regiening
Berns bringt, treffen das Richtige.
') S, 165,
^ S. 20; ff. 240 (1
*) Bio. Ja. 56, Vgl. oben S, 2 5
I*) S. oben Seite 259 und A. j,
*) s. 175—176.
*) Wober weiss das Howuld?
^berufen* Vgl. oben S, 180 und 245.
') s. oben S. 25g Anmerkung 3.
•) 5, oben S. 259 A, 3.
Auf Kosten der Stiult wurde Heynlin
.S84 Max Hossfcld.
Exkurs 4.
War Heynlin seit April 14S0 Pfarrer am Münster in Bern^
Blösch, dem wir die erste ausführliche Darstellung von
HejTilins Wirksamkeit in Bern verdanken, hat die Meinung
aufgestellt, dass dieser im Jahre 1480 die Pfarrstelle am
Münster in Bern, die man ihm auf Lebenszeit angeboten
hatte, nicht nur angenommen, sondern auch tatsächlich von
da an ein oder mehrere Jahre hindurch innegehabt hab<*.M
Diese Ansicht lässt sich, seitdem wir dank den von Heyn-
lin selbst seinen Predigten beigeschriebenen Notizen über
sein Itinerar genau Bescheid wissen, nicht mehr aufrecht
erhalten. Es wird indessen nötig sein, die Gründe, die
Blösch zu obiger Annahme bestimmten, einzeln zu ent-
kräften.
Anfang März 1480 war Heynlin zum dritten Mal *) nach
Bern gekommen. Man hatte ihn, wie wir uns erinnern, ül)er
seine Urlaubszeit hinaus zurückgehalten, dazu die nachträg-
liche Erlaubnis des Markgrafen von Baden erhalten, und
hierauf den Versuch gemacht, Heynlin dauernd für die Staiit
zu gewinnen. Am 30. März hatte man seine Anstellung im
Rate erwogen, und am 7. April war sie nebst allen Be-
dingungen genehmigt worden. Heynlin sollte nun komiii»'n
und sein Amt übernehmen, war der Gedanke des Schluss-
satzes dieses Aktenstücks, „un<l er soll sich ouch daruf so
fürderlichst das jemer sin mag, herfügen, handeln und tun.
als sich gebürt." ^'
Blösch zog aus diesen (am 7. April geschrieben«=*n)
Worten den Schluss. dass Heynlin sogleich nach Schluss
der Fastenzeit d. h. nach dem 1. April i*) nach Baden zn-
^» Bio. Ta. 259, 261, 266 7.
*) Zur Vermeidung von Verwirrung sei wiederholt, dass He\iilin ini
Jahre 1476, 1478 und 1480 in Bern war, und dass Blösch deu ersten Auf-
enthalt ins Jahr 1477 verlegt, während der zweite nach ihm gamicht statt-
gefunden hat, weil Eberhard von Württemberg Heynlin die Erlaubnis nicht
jjegeben habe. Den Aufenthalt de^ Jahres 1480 nennt Blösch daher Jca
zweiten, und den (vermeintlichen) Aufenthalt von 14S0 — 81 oder länger <ico
dritten. Nach unserer Zählung wäre dieser hypothetische Aufenthalt der vierte.
3) Bio. Ta. 258.
*) Ostern 1480 war der 2. April.
JohaiMt» Heyotm mt» Stein.
.^H
Ickgi^kchrt soi* Alwr Hi^ynliM selb«! sclirfiht» dass it er^jt
2<^ April aus Bern tibgoreist sei ') Es kau« also tiiclit
Richtig s^in, wenn Blöscli du* Stelle ^er 8ull sich herfüg»^n"
so intorpretii^rt, i\vns an sii-h nnturlirli sfiir wohl nn-
ktX lUs uei sie sclum von dem abwesende ft Ho>Tiliu gi^sagt,
Itifl als he<hmtti sie, er solle sich Imidigst wieder naeli Bern
b»*g*»ben* Da Hi^ynlin am 7. April seihst (und noch lün^er)
Bern war, kann die Stelle nur bedeuten, dasa er nacli
|lf^r halij amutreteitden, zur Bewerkstelligung seiner üeber-
liedelnng zn nnternelnnenden R'ise nach Buden rnöglich.st
ild nach Bern zuriU'kkt^liren sollte, sie bf>deuret eine Auf-
liirtictruug xiir Eile, Heynlin soll die Badenr^r Rx*ise nach
l(Aglichkeit abkürzen, damit er sein Amt bald imtretf-n kann.
Zweitens, Blö^^ch findet seine Annahme von der baldigen
breiise Heynliös ^bestHtigt durch Zuschriften^ die der Bat
km 19. April an die Stählte Bajäel und Strassburg richtr*tc
ind welche um sicheres (teleit für den Dokttir vom Stein
»einer Reise nach Bern nachsuchten, (Rntlis, Man, Nr* 28,
IH2)."* Aber das Datum dieser Geleitsbriefe erklärt sich auch
^ei unserer Annahme vortrefflich, ja noch besser. Am 20.
Lpril reiste jn Heynlin aus Bern ab^ scdir nattirlicli, ilass
im aiu Tage vorher die Papiere ausgestellt wurden, die
im die Sicherheit der Reise verbürgen sollten. Als Heyn-
"-iste, glaubte man in Bern iAvvw noch innd glaubte
ii.'inlich Heynlin selber n<jch)j flass er in kurzer Frist
|ie Rückreise nach Bem antreten würde; dämm gab man
lim gleich die Ausweispapiere für diesig UücUreisi* mit*)
Drittens. Aus diesen GeKiitbriefen folgL-n Blösch vor-
phnell die tatsächliche Uobersiedlung Heynlins nach Bern»
"Er setzt sie auf Ende April oiler Anfang Mai an, Ab«T
•J i^TuMle 3tum 20, IV. 14^
*) Hicrl>ci OchniCti wir *in, dils^, use L*ji»?>tli> Kcj^ot iini»nn, m nrti fAx-
thniun r4t*ich1irh von eintr Heise nach Bern 4ic Kctlc i*t. War* tiarin
fii I utir von riucr Rei^c Heynlin« /wisvhcn Ben» hihI Beulen «!)e keile,
:ibc der Riehtutig, %«> erkJärten fcich dir Ge1eil»sbriefe riodi einr;iirhcr:
wireii eiti£icti die itti^chriaen uro Schutr dci von Bern nm\\ Baden Rvium«
DiLnii kannte man nonehmcn <wic oben S. 24t nlft möglich hingestellt
^iifde^i duM die Verband liiitgeu ivisclicii dciti Prediger und dem KaI %idi
ni'i«cben dem r« tmd r>i, April, al&o nach in Bern fieU}%t «cr^ehlägeii
yf<h Max Hossfeld.
Iiierau kann erstens das Datum nicht richtig sein, deoD
Heynlin blieb bis zum 19. Mai in Basel and kam überhaapt
f-rst am 22. Mai in Baden an. Die üebersiedelong nach
B^m könnte also frühestens erst zu Ende Mai oder in den
«Tsten Tagen des Juni stattgefunden haben. Sie hat aber
überhaupt gamicht stattgefimden \f denn wir können mit
Hilfe seiner eigenen Aufzeichnungen seit seiner Abreise ans
Bern am 2U. April 1480 sozusagen Tag für Tag sein alibi
nachweisen.
1480.
Abreise aus Bern 20. April.-» In Basel vom 22. April
bis 19. Mai. An in Baden 22. Mai. krank bis 11. JnnL
11. Juni bis 2. Juli sieben Predigten. Dass sie in Baden
gehalten wurden, geht indirekt aus Heynlins Notizen, ausser-
dem aber auch aus dem Umstand hervor, dass er in der
ersten dieser Predigten rekapituliert, was er in den vor
seiner Berner Reise in Baden*; gehaltenen Predigten gesagt
hat. und dass er sich an dasselbe Publikum wendet, vor dem
er damals predigte. — 2. Juli bis 16. Juli krank, 16. Juli
bis 11. August in Basel, ^i zurück in Baden (^redii") kränkelt
(»r wieder, nimmt aber am 3. September seine Predigten von
ii«mem auf. ,,Sermonibus meis ultimis audistis,^ so beginnt
er die (»rsfe, spricht also wieder vor demselben Publikum.
vor dem die Predigten vorher, deren leitender Gedanke kurz
wiederholt wird, gehalten waren. Vom 3. September geht
dann eine lückenlose Kette von Sonntags- und Heiligen-
predigten bis zum Schluss des Jahres. (Pr. H", fol. 15—37).
1481— 14H4.
Vau nun an haben wir eine grosse Anzahl von Orts-
l)«3zeiclinungon, die den Predigten he {geschrieben sind und
sämtlich Baden und Liclitontal (Büren) oder in der Nähe
') Blösrh selbst ist für den vermeintlichen vierten Aufenthalt HejTjlins
auf X'crniutungen aiijjewiesen : ,, Merkwürdiger Weise ist es nun gamicht mog-
li«li fest/.ustelltn, wie ianjjc dieser dritte (unser vierter) Aufenthalt gedauert,
<1. h. wie lun<je Heynlin in Bern als Pfarrer wirklich fungiert hat."
'^) Die Hclc^htcllen s, in der Tabelle.
'*) Pr. IV, fol. 2 -7*. fol. 2 steht „Anno 8o in Baden**.
') \'on hier aus wäre ein kurzer Abstecher nach Bern denkbar, aber
natürlich nicht eine Uebernahme der Münsterpfarrei.
Jolianoe^ Heynliii ntis St'-
,187
leg«?ne Orte iienneü: (Ettlüjgen* Rastattv Oos. Alu*berstt*in,
IrasBburg, Kötiigshrilck usw.) Ans deiD Jahre 1481 sIthI
20 Ortsbezeichnungon, aiis fbim .Iahr»> 1482 achtzehn,
>fi 1483 neunzehn und von 1484 zi^bn *)• und zwar veitoilon
ph flieiie BeÄnichunngen über fast alle Monate des JabreSy
das», selbst wenn hier und da eine Lücke von einem
(li*r zwei Möfiateii sich zeigt, an eine Reise nach Bei'n
^nin gedacht werden kann, geschweige denn an eine Ueber-
iibme der Münsterpfarre der Stadt. Solehe Monate^ in denen
►ijie Ortsbezeichntingen vorkommen, sind Febniar und
rz 14H1, September 148L Febmar 1482. Februar. April,
Eimbei* 1483, .Januar und Februar 1484. Da aber während
n* Monate die Predigten vullig regelmässig und olrne
[iterbrechung weiterlaufen, so versteht sich von selbst,
sie elionso gut in Baden gehalten wurden, wie die in
Nuchbarmonaten« l>ei denen ein besonderer Anlass zur
luachung des Predigtortes vorlag. (Vergl. im übrigen
..,.. ile).
Auf Grund seiner lückenlos vorhandenen Predigton mit
^n xahlreichen Ortsangaben können wir also mit Bestimmt.-
^it sagen, dass Heyn 1 in, ubgesehen von dt^n Reisen, deren
||el er selbst angegeben hat, in den Jahren 148<i — 1484
ideii höchstens zu kleineren Ausflügen, aber auf keinen
II zu längerem Aufenthalt in Bern verlassen hat. Die
Irrigen Argumente, die dafür noch zu sprechen scheinen,
*eii sich nunmehr h>icht als haltlos enveisen. Die Er-
smuig HejTilins durch den Chronisten Val Anshelm
iter dem Jahre 1481 (bei (lelegenheit des Schulbaus), die
Im$<c1i für Anwesenheit Heynlins in Bern in diesem Jahre
Micnd machen möchte, *) beweist nur, dass damals di«
^hnle fertig wurde, wie die Ratsbücher das auch bestätigen")
^«•r nicht, «lass Heyn I in, der Anreger des Baues, danaals
zugegen wan Und wenn in einer Berner Seckel-
*) UitBt gcritt|»ere Zahl erklErt «ich dumus, da&« llcfulin tom i^, Juli
17, OktubcT 14H4 teils Ur.i«k, teils ntif Reuen wjir und nicht predigte*
388 Max Hossfeld.
meister Kechnnng des Jahres 1482') von einem «Doctor
vom Stein** die Rede ist. dem man eine Anzahl einem
Krämer Namens Jagi abgekanfter Südfrüchte znkomm*'n
liess. *) so beweist nichts, dass dieser Doktor vom Stein
HejTilin gewesen sein müsse,*) gab es doch im Bernisch>
Solothnrnischen Lande eine grosse Familie vom Stein. ^)
die damals eine recht bedeutende Rolle spielte, und die ge-
wiss mehr als einen Doktor unter ihren ilitgliedem hatte.
Wollte man aber dabei bleiben, dass mit dem Doktor vom
Stein doch unser Heynlin gemeint sei, so steht schliesslich
nichts der Annahme im Wege, dass der aufmerksame Bemer
Rat <lurch einen gelegentlichen Boten das aus Italien
kommende Obst dem verehrten Prediger auch noch bis
Baden habe nachsenden lassen.
Exkurs 5.
Vermögen, Bibliothek. Schenhingen.
Blüsch hat endlich noch ein Schreiben des Berner Rats
veröffentlicht,'^) das er noch auf Heynlin bezogen wissen
will, und das auf unseren Prediger ein ungünstiges Licht
fallen lassen würde, wenn es sich in der Tat darin um seine
Person handelte. Es ist an den Erzbischof von Mainz ge-
richtet und vom 7. März 1480 datiert, und es ist darin von
einem „Herrn Johannsen vom Stein, Propst der kilchm
Cominen^ die Rede, welcher diese Propstei durch Vermitt-
lung des Propsts zu Ansoltingen. Burkart Stör, erlangt hatte.
Herr Hans habe dem Burkart Stör für diese guten Dienste
eine jährlich«» Pension versprochen, aber dies Versprechen
*) Mitgeteilt von Fetscherin in Abhandlungen des historischen Vereins
«les Kantons Bern (1H54) II, 217 ff. Unsere Stelle S. 224. Blösch kennt sie
nicht, aber Tobler in A. zu Schill. II, 254 weist darauf hin.
^) »Ji^gi dem Kreiner von Honierantzen wurden dem Doctor vo»n Stein
14 Schilling."
*'') Das nahnj nämlich Fetscherin an (S. 259, A. 31) und Tobler folj.t
ihm in dieser Annahme.
*) Bio. Ta. 240. Vgl. die häufigen Erwähnungen bei Schill, und Ansh.
•'•) Hlo. Ta. 2 5<)— 2ho.
Johtuine-« Hcynlin aus Stein.
38Q
ich ♦'rluijgti^r Pfründe niclit gehöJU-n und Htor uitiits aus-
EahJt. D<^öwegen seien Störs Erben (udör Reclitsnncfi-
Jgor) klagbar güwordfm und ^doui berührten Herrn dohtinu-
n sei abbmohlicher Leiiniiind^ dannis «entstanden. Dur
rzbiÄchof möchto doch den Herrn Johannsen anweisen,
iiiü Schuld Hbzutragon.
Blösch erinnert nun »larari, dass ntich der Bosoldnngs-
'kunde vom 7. April 1480 Heynliiis Uehalt allmählich in
friUiden abgewandelt werden sollte/) und sieht in dieser
pstei eine jener Pfründen^ in dem Herrn Johannsen vom
teiii unseren Johann Heynlin ans Stein. Er zieht dem-
\mwss iiuö diesem Schreiben an Mainz den 8chluss, dasa
!ch Beynlin von dem I-^vster der Priesterschaft seines Jahr-
luidorts nicht ganz frei gewesen st*i, und dass sein An-
haken in Bern Schaden gelitten habe. Nun soll nicht von
imherein behauptet werden, dass Heynlin zu solcher hab-
Lchtigen und unpünktlichen Handlungsweise nicht fähig
pwesen wäre. Zwar war er, wie sein Uebergang von
übingen nach Baden beweist, auch im Stande, eine finanziell
tüistigere Stellung zu Gunsten einer, die ihn ans anderen
runden mehr reizte, aufzugeben,^) und freilich hat er oft
?gen die Habsucht der Priester geeifert.'') aber wir wollen
ierauf kein Gewicht legen. Vielleicht reiste ihn in Bern
iben anderen Vorteilen (gleiche Gesinnimg und WilUahrig-
lit der Regierung usw.) doch auch die im Verhältnis zu
aden höhere Besoldung; und viel kocht war er in seineni
iwiel gegen sich selbst, wie es menschlich ist, nachsichtiger
gen andere, (obwohl das die Reinheit seines Charakters
erlich trüben würde). AVir müssen ab«^r au.s anderen,
einfAcben Gründen Blöscha Vermutung zurückweisen,
ie wir soeben nachgewiesen haben, hat Heynliii die Stelle
In Berner Münstt^rpfarrer tatsächlich nicht bekleidet. H«i
d ihm also selbstverständlich auch weder die (Utfür ans*
worfenen 100 Gulden jährlich nebst Haus und Holz, Korn
d W«»in usw., nocli auch tlie Pfründen, in die das (Tehalt
h und nach verwandelt werden sollte, jemals ausge*
"1 Vgl oben S. 24 5/^.
•) Vg,U obcii 55. 218,
i'ß^ Max Hf^tftfeld.
Ufi'O irsttriH Johannift Lyndow. ^foi prias pro me fecit
uutut'Ui/' ^Uk X. 140* i, fol. '-ilO'. Am Neajahrstage
S^mi t'M: ..virji fratm Con. Urach fratribns laicis post
rvlu'ftt fU'. c/tuHf',unn iiatri» priorw propter novmu am
iut'/t\nf'MU'jn/' (fo\, 287;. In allen andern Fallen ist iiur
NauK? H^fH V^rrtr^jüjnen gffnannt. Eine Regelmässigkeit
dabf i iiU'hi. zu erkennen.
vt^iMLa Ui^tiu. aN \VV.:v^;a»»ritAl:oa ^•.^c:.o:.:-^.en xxord.r;: :Cs . ..>t-
Jobiuin« Heyiiliii aus Stein.
.«t
I
I
I
Um mit einor Pfründe versehen möge," *) also uiiter an-
nähernd ebenso günstigen Bedingungen ^vie Hej^nlin, Immer-
hin sind iOO Gulden eine ganz gute Besoldung, sie sind
Htwa öoviel wert wie heute 7CÖ3 Mark.^)
Man gestatte im Anschluss hieran einige Bemerkungen
über das, was von Heynlins \>ruiügensv©rhältnissen und von
seiner Freigebigkeit bekannt ist* es werden dabei noch
interessiinte Nachrichten zii geben sein. Im ganzen darf
man Um für wohlliabend halten. Wir erinnern an die Kosten
einer so hingen StutUonlauflmhn, iusbesoiulere au die mit
dem Rektorat und dejn theologischen Doktorat in Paris
damals verbundenen Ausgaben, '') sowie an die Tatsache,
dass Heynlin in der Sorbonne zu den zahlenden^ nicht zu
den Geld empfangenden Mitgliedern gehörte. *J Wir erinnern
an die Einführung des Buchilrueks in Paris, die so gut wie
kein Geld einbrachte, (man denke an die Un]iopularität der
von Umen veröffentlichten humanistischen Schriftsteller,'*)
an die geringe Höhe der AuHagej'') an die vielen gratis
verteilten Exemplare), die vielmelir Geld kostete; wir erimiern
femer an die zahlreichen und weiten Reisen Hoynlins. —
Von seinen Einkünften war schon gelegentlich die Rede<
Brant und Trithemius bezeugen libereinstimmend, dass er
mehrere Pfründen besessen habe. Beiile nihmen aber auch^
dass er sich ihrer freiwillig entäusserte. ^Quas tibi praebendas
plures fortuna secunda Übtulit, ha« temnis et bona cuncta
8oli^^') Trithemius spricht vtm der ^libera pluritioi bene-
') Bern. Toscii. 1M5J» S, 52 {nach K;vt«y-MiLtma1 18, ^f)),
«) Der Wert eines Giildctis wird verschieden angcgelieti, Alwin SchulU
OtJch. Leben im 14, und 15. Jahrhunderl S. 242 sctxt 10 rheioisdie Gulden
gleich 500 M, hciitigcn Geldes (I4r5> Aug. BurckhaHt (Basier Biograpli.
Bd. I (1900) S, H6 A. },) 9tUi I Goldßuldcn gleich circa f)o M. (dieselbe Zeit
fiir Bfvscl). Wir wählen die Mitte «wischen Heiden Angaben.
^ s, ßud. 40 und Thurot 158. Dea Aufwand für da* in mehreren Akte«
ficb abspielende fe*tttm doctoratus schsltzt Thurot auf 10000 Mark,
*) », üben B^. IV, 351; vir, 122.
») s. oben S, 159.
•) Die Sorbonnednicke gehören s?u den scltcnsicn Inkunabeln, von raanchcn
ist nur ein, von ^weicu gar kein Exemplar mehr vorh.in.irr, s CI Prr
S. 49— '>«' ' "•
') Braut, Carolina bri Zaru. No. 78*
lir»*- Im:. Tig 4*r« Kir*^iL-rii[ahrs g^Atzk wir nz^r-isc in arg*-
kfLTZ'^r •>i-rr d^r^r^rhr-r Fori^. -iir- b<räi>Dd<er&n Bein*?rkTn2»rn
ffxr.4 einr v/f^^^r^i-e Ah-s^rhriii -i^ Mannskriptis. J-e^txh
«in*! der Cf>er5ichtlichk*r£t w^^^rrZk «iie t^rtäiiAmen durch
v^-hrig-e: .Sfrhrife h^^rvorg-rhofarra. wecin sie etnen tl»rt5WrchÄi
yj^TZ^irhn*TZi^ Alles, wa» g-spem g»edmcki lä. ist voii tiib
hinznges^tzt. In Won^e-n wie dedicado and ecdesiAe er5»=-tzea
»'ir da.s toti HejtTilin gebranchte c :md e dedicacio. *o:WH'
dniTrh t nitd ae.
.?. Bii¥l mnd Foiio.
Die 2^blen I bis V in der Rubrik Band bexeichiiai
die 5 Bände, in denen sich He\TiIins Predigten befinden. —
Fol. 235' bedeutet ioL 235 verso: foL 235 be«l»rnirt
fol. 235 rer.-to. Diese Zahlen geben nur die Seite an. inf
der der Predigtentwurf beginnt, nicht die, bis zu *Ut er
reicht.
4, XII
It IL
la n.
5. tn
12. 111.
18. lu.
m iir
23. Ül
24. Hl.
2. IV.
2. Atlvent
Iiivociivit
Heminiscerc
Laetftr«'
Juilica
Aitiio 74. Sermo lueu.^ |>rirnu5
äpiid S. Theoilorum UitHtkar
Uli dem.
antio75*)ttpiiH STheoflonim Ba:«iL
;i|iud S. Petnim Hasilene «imio 75
apiifl S. Leoiiantiiin
75 apud S. Lcoimrrhim
Aimuiic. Mariae-i i apud H. Leonnrduiii
Palmarum | apud 8. Leonardiiin
It) cena dowini iu lmmeiiburg*>
,, I Senao pa., de pa^ssioue dmiiini,
I Jovja in eeria doniiiii pi>gt nwn-
flietn liora tpiitiijj.
Knrfrcilag l Hie parax Heues jipud B, Loormrd,
,, narlnnitt:i|Z< ;
Montag u.OsteiH I in primitiis apnd S. Leouantunj
Um
Qua^^imotlü
28. IV. Rogitir
14. V. PfingstsoiuitÄg
??. VII. dorn, i\ post, oct.
I <*orp. Chr.
Iß. VII [j dorn, 7 [\. iict. a
' Cirr.
hl dedicatioiie eccle^iaeSThetjdori |
in parva Ba^jlea
püst pnindiuni eadem die «ft
eoilem Joe«
iipud S. Lt'onardum 75
iiptid S« Lfsonujdum
in dcdicatione ccclr>i.»r \> iju.ir
fuit donüuKMi IJ
domiüiea ocluva dedieationiH «jiuie ,
fuit 8eptJüia^>$exta lainon s<vuti*
dum orüinem tHjdesjiie sauet i
Leonard i I
') Hinter »,75*' hatte Hcyiilin ertX „tu Rasiettcti** ^eschriclRM», tlami aber
IT darchgestricheo. Er war erst luvocavit f 17*? tu Rastatt» s» unten. Die«
It aUo eine ^9x\z^ Zeit, mindestens ein Jahr nach dem Predigttage, j;escbrM
ktnmt aber im Gegenteil auch vor» dass die Cberschriil gleich £U!»ammen
also vor der Prc*lij»t, niedcrgeschriclien wurde. (S* i, H. Pr. III, 88.)
•^ Atitiuüdationis Mariae hl am 25, Mär/. Aber in der Predigt %'om 1%
leyuiin auf die og«strige" Marienpredigt („Si htri ab ilta Id. h. Maria)»
!■ hödie feilem a Jnd^ieii" Pr. I, 57); sie ist also am t8. XLarjt gehalten
[lieh weil der 35. auf den Sonnabend \'qv Ostern ttel. Mit dem iK stimmt
Vedigt ^wistbcn der vom \t, \\\m\ t<>,
•1 Am Hrhlui^» dieser Pre<li^i steht .»De paraieheue habetur »emui in mi
bit ist eine Karfrei lag^fp red i^;t in »lern Folianten (*«d. A. VI. 12 („DtKp/*>
bcQ nebit einer i;1dchfalts in Disp. befmdttcben GründonnerKta^&prediieif
^ £• ist St« Lconhard« denn Heynlin wendet sich in der Anrede an di#
Kirdie (fol. 11 8} .
409
Bosbfeld
d,<«
Folio
8 I
londere Beaerknigai
Heynlifls
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ioctor Jo. Key«?er«perg. —
feneridiemego feei sennonem
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82
neu schweren
i^ Pfarrberr und
'^ uirg (Kindlcr
qsburj^
ff.).
eil
Jjii
$n mauepriiisquam in Büren
r
psitione illustris (lominae
Svae *) filiae marchionis
leuburgensis ?. uxor . -
41X (luci< Caspar filii ducis
%ici
U
K- post prandium frater
^s^) coramissus per nuii-
apoMtolicum seil, fratrem
*cum de Kernel 3) ad publi-
amindiilgentiasapostolieas
^ciatam
1 Baden, post meridieni
o^-n
^atione hospitalis
m
m
110
111
116
117
122
125
132
140
141 Ui
14(;
il brecht Achilles, vermählt mit K:ispar, Pfal
tji I. des Schwarzen. Sie starb 3. Sept. \^'i
<ervant, ])ekleidete seit 1480 eine hervorrager
xltor der sog. Rhodiser Ablassgelder. (Yfi
, S. 83. Burckhardt in Basl. Beitr. zur vaterlä
tidemaun, Geiler v. Kaisersberg 1877, S. :
;>. V. 83; 17. X. 84.
^^^^^^^^^^^^^^m ^^^^H
4
. . i
far|Datitm \
Tag ' Besond
I ^
de« KIrcheojAbrs
h ^
^■^
Exaudi iu ElHuget
148a
1
Doiin.itJoftätinb 1 in Buren |
ir
J
^^
' Riepperi
^H
Rissen (1
II
S
^■4. vri
Udalricl episcopi in Castro i
fi
i
Hlvii.
dom.ii poijt oct. hl Büren i
Corp, Chn nioridien
ti
t
^■6. VII.
Anna in Büren j
^^iigust*)
In exetiniiä
iit Steyil
a
SliaviiL
Müll tag lu 10.8a.
In evequi
Tafen { '?
Mprschß
dalenae
ff
•t
II
♦1
u
3t
i
Ks.vm.
Freit, n.Asmimpt,
in Büren
ginis de
^
^Hl4. IX.
Kreuz* Rrtmlnnig
niane in B
^■21. X,
U<XH) Jiuip;fr. in Büren
^HB. XI.
in octava Martini in lüipituU
Ho. XI.
Mittw. tK 2X So.
in proces^
Jio^pitÄll
^^B5, XU.
Weilmaoiiten
XXXiU 11
^K?. XIL
Johann, evang.
tnane in I
^F^s. 1.
Dienst, n. Sept, | in Büren
KauL
Karfr*^H:iL' ! maue in ]
Büren
^ftl. UL
feria i pa.sohiie 83
%i
J
^feü. IV.
Jubilate 1 prirnitii^i 1
ffi
1
^H 4
liogatp in «lecücai
n
«
^H &.
Montag n. Hog. in Büren
^H 1 1« V.
Kxaudi in dedicai
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^B SK). Y.
Dieubt, n.Pf iiigst, in Büren
14»!
^H SO. V.
Tntiitatiä | praedi^-av
^^
' KhiioI - ^ — ^
^
')i
^B Ein Hdtirkh StUtcr wird 1485 uud i| ') fl
^H^ftnnt. (ICrieger, Topogr« Leii. vou Bt *) BJ
^H V« Rieperg ist ein alles fchwibiaches i H Ol
^H Schlosis r !cii.
r l
^^1 0ie Pr«u ! ii^t vom 1 f., die nac
(. -iÖ
^H Mdr«ch xwtficilcn Rai>tatt und KarUru
M. Jji; 1
^H Über dicfc HiUcbc Stellung i)or Pre<li
'^ 1
^ftr Zeltsclir. f. GmcM. uad Altertum. Vit. 2.
^^J
r
•
^^P JoUanues Heyiiliu aus Stein. i
1
* Datum
Tag
Besotidere Bemerkungen
■
L-
des KlrcHeiiJftliri
Heynüns
U— .^
\ Ifi. II.
ScfHiiage^itnat;
anno ^
IV
m
6. UI.
Frt. luAscbermw.
in Büren
^M
16. IV.
Karfreitag
mane in Baden. — post merid.
in Hüroti
.. ii
3. V.
Misericord. dorn.
dedicalione bospitalis
■
1 24. V.
Mont. II. Rogato in Bure»
■
30. V.
Exüudl d(*dicatiotie ecelesiae Badeusb
■
9. VI.
Miltw. u. PfiiigÄt J in Brireii et dedieatione eapelki«?!
■
4. VII.
2. So. post nct. prAedicftvil ijuidam ordinb prat»-
cnrp. Chr. dicalorum ex Basilea
1
u. vu.
B. So. poftt oct*
praedicavit adiutor seil, dominus
, ^
corp. Chr.
Jobannes Sutoris de Horw *|
I
18. VII.
4. So. post oet.
Jucidi 8tatim post sermouem
' H
corp. Chr
praodirtiun eadem nocte (also |
, ■
18. VII.) in infinnitatem oculi,
^m
ea ratione, ut putabam, i]iiia sedeudo iuxt^ libnim
■
positum iiixta coxainiinclinavi lue vertendo oeuluni ad
■
librum per 5 vel 6 boran. nuiri^i infiniuLs ot nou prae-
^
dicavi iisque Aegidii (1. Sept.), Feria quinta pt»st
1
Aegidü (2. Sept f rect^ssi ad beatam tirfftnem hcfemi-
1
tanmt *) et ad beatam OiHhtm ^) . . . , Hedii Sabbato
■
pOBtMatthaet (25, Sept. f Et quia aliqtiando reeidi*
1
vuv\, noil feci sermonem tisque in dominicam XVIl*»,
1
ecil. proximain ante Ltu/ao. (17. Okt,), Tunc enim
1
intendebain (acert* ^iennonein, Scd supeneiiit frater
1 1
Einerieus d« Kcmnel uuiniu.^ apoKtübciis, ^>iii propo-
' J
l 21. X.
sito evangelio dixit *
M
■
UOOÜ Jungfr,
in Büreri
■
24. X.
18. i5o. p. 0. e. C.
in Baden
■
21. XU
PraescnfatioiiiiJ
UltimuH sermo in Baden. —
■
MiLriue fl di>'
Feria 6* ante praesentatiouJs
m
minica 22
( 1 lt. Xu V.) mm litterafi ad prio-
ri peni niarcbiont^m Cri.miJ forum
et resignavi ei eitstadiam et
cnnim^ foria 2» anteKathünnac
(22. XK) incepit decanus provi- ,
1
») Ein Jol
lanne^ voa Horwe wird H7«l ia BttUngeu äff Tfiirrer bettelll ^^H
irz, liesch, d. Stadt EttK i<>oö, S. 70.1 ^^H
^ Ktnstiedcl bct Freiburg U Br. ? ^^^|
^ St, Ottllieti bei Freibitrg i. Br. oder Ddilienbcrg im EUA»t ; bei l^eideo Ueilqui ^^H
ikldets. Kittter (Ht1i«ini folgen 4 isriiwcr ir<icr(tche Worte (..cum rmniliA pfnle ^^H
*) HcynUii |£tbt kurr dru IiihaU «{ct t^(c4tgt de« E. v. Kcnicl ^n (ebetiio ^^H
19. Mai Ut^i». .^^^^^^B
.4^ ( ^ : Hosifcld.
HeynHBs
2Jwr
291
291'
294'
^
r
ten gegen
Folt
247 iefisi ego ferü 4* sciL in pro-
251 XI.i hon meridiet anno etc.
eoIUtns canonicatos et predi-
3ß:^ 268 •^^^ BfMfWwu» Vn Novembris
^1 fises.sionem prima Decetnbris
275' nr *U
277 onfactorumpermeJohannem
2c$r doctorem« canonicum et pre-
BasiUensis. Cui coUatio fuit
288 li VII<^ Novembris anno etc.
fnit possessio prima decembris
288 V 1
'^^' %ntia primi sermonis facti
iminica prima adventos anno
aedicto ^ 1
absolutione Basiliensiom et
laxationeintcrdicti per venera- !
; tum Mansella, legatum, nun- !
I »stolicum atque cubicularium. t
am absolutionem ante fores :
bu.s 5 Nnris ex senatu et intro-
it cant. te deum laudamus, i
I celebrante et commissionem •
olico atque bullam post evan-
lo, postea mihi beuedictionem
m tradendo ut populo ex-
18
•roce.'ssione generali pro publi-
itione Indulgentiarum pro ho- [ i
n'talibus S.Michael et S. Spiri- "
|s Basiliensis 2) , „ 27'
essi Sabbato post pascha '
K IV.) ad Baden. Redii feria | '
antefestum pentecost. (20. V.) |
1 ascensione domini ( 1 2. V. ) m. j|
lichael plebanus in summo fecit
V (ßc"ed. jrmonem. Hecessi ad Baden
ro balneando i „ 54'
'tsc\v.. B^^<iV ^^SA^ Bd. 5 S. loi ff.
Johannes He\-Dl
416
tum '^^
Besom
Jahr Datc
des KIrchenJahrt {
. V. Exaudi
in Baden q
11488 3.x
. V. Pfingsten
in Basilea
;1487 1.
VII. Visitat. Mariae
Recessi in
; ,
(3. VII
i „ , 13. 1
tinenses
1
tandum
1
VII. Alexiu? u. 7. Stg.
In dedica
1
post mi
n 13. ■
gentina
„ 20.
Jacobi.
„ 21. •
VII. Jacobi
BasiUae
1 . 24.^
VIII. Bartholoniaei
Apud S. L
IX. So. nach Mattliäi
In dedica
,. 3. V
X. Reinig, episc.
in festo .
ubi pat
„ 6. V
X.
in dedical
XI. Leoiiiiard
apud S. [
XI. I. Advent
anno etc.
II. Purificationi.s
Primus s
n lö.VI.
lapideo
n
liensi.«« ,
'
IV. Rogate
in Baden
>,
V. Mont. II. Ftogate
U.Phil, et Jacobi
in Büren
jah,.
V. Himmelfahrt
in Baden
14HK 1 \h
V. . Kxaudi
dedicatio:
. V. Trinitati>
in BasfUa
1488 26. XI**
Judaeu 1
14«» 14. V
VII. indi«*S..\rl)ogasti
in Mutit: i
1490 8. 1>
zum lu '
1492 ' 1. P
!?orore!j
1492 VI V*»
xede, c
149«! 26. X^^
Vlll. Bartholoniaei
apud S. I
1494 1.1"'
X.*)
in festo
Maioris
1494 22. V3 5
frigida
>5.
>».
ne Meile westlich von Basel.
könnte auch sunie i'ele^'*'^ u'#»ri1«»ti
ittenz, vgl. 7. Mai I47^>.
») Daru-
c vorhergehende Predigt
ist vom 2
r", die dei Münster*, fand am ii. p
acißco reditn
F. 7, i»92K
^^ Ktv^v
41
Max Hossfeld.
r= IwsL Besondere Bemerknnffeii : ^ ^ ; .^ .,
, des KIrchcnJahrt Heyniins
U. 1. Advent
L
in festo circum-
eis. d.
gV. Karfreitag
V. : Cantate
V. liRogate
V. !; Montag n. Rog.
V. '! Himmelfahrt
11
'I
I. |! Pfingsten
I. ■ Mittw. nach Pf.
II. 'Assumpt. Mariae
anno Christi LXXXVI. j
i
incipiente anno LXXXVfl.
Continuatus fuit sermo cum dei
auxilio per horas quinque cum .
dimidia. Incepi enim ante ter- ;
tiam et fiuivi post octavam j
in Baden
in Büren I
in Büren
in Baden mane. — post meridiem ||
in Büren '|
in Basilea -j
in processione generali ad eccie- 'I
Slam maiorem pro pace generali !>
et prosperitate ducis Austriae V '\
et suorum militum*) in hello \
contra Venetos ' !
Sermo ultimus qoia eodem die i
tntrar! Carttutiant post cenam
sub piiisu ad Salve in Summo
175
193
242'
25r
! 262'
I 252'
i'253 2bii
254'
256
2^
\
reszahlen hei Predigten, die in der Kartanse gehalten sind. 3;
Trini- '
^•
, Triiiitatis
Anno LXXXVIII in festo
tatis etc.
II.
Weihnachten
Anno 1489 incipiente etc.
I.
Trinitatis
Anno LXXXIX etc.
k.
. Maria Geburt
Anno XCo
•' Neujahr
92 incipiente
II.
Margaretae
Anno 92
II.
Weihnachten
incipiente anno 1494
Neujahr
1494
II.
Magdalenae
1494
266
284
297
:m
328
336
358
358'
359
" erzog Sigmund vou Tirol.
"'"Viter Basler Hilfstruppea. (Heynlin schreibt in seinem Prcdigtenlwurf : .,nt pw
J" ^ militum et oobilium huius patriae qui in succursum ei ivenmt, orctur". foL 356J
Bemerkungen sind teils im Text, teils in Exkurs 6 verwertet.
^^^^H Verzeichnis der Personennamen. ^^^^^^^1
^^^^(VI und VII bedeuten Band 6 und 7 dieser Zeitschrift.) ^^^^^^|
^Bdolf« Enliiscliof von Maitu» VXl« 90.
ßadcn, Knrl I. von, VII, |2t> — 131, ^^^^|
Kiricola. Rudolf. VI, 336, 327, 357;
.^^H
H Vn. 146—148, ^70, 280. 316, }yu
— ^Lirgaretn, VII, 237 f. ^^^H
■ i^o C
Bulbus, Jobojines, VI, 355. ^^^^|
^Kitly, Peicr %iMi, VI, 354.
B^rAizi, Ga^parino, V^Tl, 126, 12K, ^^^H
^baoUce» Job. A, von Sch<inßau, Vn,
Basel, Biscbof von, s. Jobantte«; n, ^^^H
Mi^^^
Utenbeim. ^^^^^
Bbrechl Achilles v. ßrdl>».. VII. 2^13,
— Weibbischor von. VII, toq, ^^^^M
■ 350 f.. 410.
Ba&elwind, Diebolt, Vtl, 382. ^^^H
^Besandcr, piipsti. I^egat, VII, 102.
Benins Rbcnaniis» VTI, 30t. ^^^H
Hinalia (Atnelyrt), Her/ogm, Gemahliti
Hctiopoute, Petrus de» VII, 96. 1 10. ^^^H
Hites Pfaligmfeu von Zwei brücken.
Benedikt %'on Helmstedt, VII, 201. ^^^H
Hvit» 363, 410.
Bernhard von {(jikn?), VII, 263, 411. ^^^H
HücrliAch, JohAanes, VI, 343, 350;
Berti hardtner, der Prior der R tn ^^|
Bvil, K2, 143, 14« r. 19H, 280,
Paris, Vn, 110. ^^H
B^3-g9gi ioo'-ioft» jio» 3i»-Jio.
Be&snnon, VII, 129 — 131, 134, 1 ;»>, ^^^H
■5^9» 3^0 f., 392.
^^H
BidUu, PcUr von, VII, 83 f., 86-89,
Rlicberod, Job. Bl aus Golba, VU, 81 . ^^^M
H201. 280 f.. 345. 360.
Biet, Gabriel^ VII« 196, 201 — 20\, ^^^^M
HidTcliiius, Faustus, VI, 355.
^^^M
Htthelni, Valcrtiis. VII, 185^187,
EoQCArd, Jeani Beichtvater Ludwigs ^^^^|
H242, 252—256. 258-2^2, 312, 314,
^^M
m3»s. 3^7.
Bouille, GniHannie. VU, 154, 156, ^^^H
^BMllidmus de Leodio, Vtl, 9^^*
Bonrbnn, Hcriog von, VII, 133, 139. ^^^H
Hmbur^, Bitchof Utho von A., VII,
Braut, Sebastian, VU 3 13. 319, 31*». ^^^B
ms2».
Vn, 164, 216, 266, 268, 276, 280t, ^^H
^BK, Beruh. iiil von, VII, 263, 412,
^^^f Oecirg von, VTI, 263, 4n.
^itüi, MArUgrafcn von, VI, 326: Vß.
^na. 129— iji, Ji8 f., 235, 2^7,
^E- Christoph T, VII, 218, 235, 2^"^^
■l5<^-247. 263, 27t. J83. 41*. 4 «3»
282, 292, 295, 301, 303, 308» 312 ^^H
bl« 314, 316—31», 320, s^h 335 ^^H
^1!^ X^7. 1>*^K \^U 391. 3'A ^^^1
Brennini; (BrüniK), Konrad» VII* 20;, ^^^H
Bnr|*iind, Heiroi; K4.rl d. Kühne von, ^^^^H
ßtische» Hermann v. denni VI^ 114« ^^^^|
■^ FHedricb, VII, 141 f.» 13;«
Cnnipen, Ileiinerich von, VI, 337, 34«». ^^^^|
B^ Gwxrs, BiM^bof von Mrt«, VU,
Campo, GerArdui de» VII, 91 L ^^^^B
■lai^ill, 137. 141. «Ji7i i<»3. 4t J
Capictränu, Job« von, VI, 33 t 1 ^^M
Imjl .^mst 1.
-=jrr- ^*n -. ä- T~^r3r=r^ 3a
TL
■nr* ou^
:...a- ..n-T.i
sx; OD. »^DL —
-3- =j»— -A
jini -. V*,
ar-kmn-. ±*r-i:z. «^
T-.. V.
f. --.-. .= l^-
.'..-.'^■rn. -'.fc.- ::iiLa - .'.. 11
^ Jotuuifies Heyitltti iitts Stetti, 4T9 ^^M
^^H&tir« Stmofi, VI, %t*).
Koberger, Haiii&, VII, 293. ^^^^^|
^HK^^ericb von Campen« VI, >j, , h '^
IConnid Pfisler (?), \'U, 413, ^^^B
^Ki^inte (Riiräeur), VII, 411.
Kontoblukui, Androoikos, VU, 389. ^^|
^■j^iriNteili, Beiieiiild von, VIS, 201.
Rnin2, Mirtiu, VU, 124, 141. ^^^^M
^H^kckt>^, Knnr.ul, \ U, i^j.
Ivrydenwiss, Adam, VII, t66. ^^^^|
^Kermano v. d. Biiscbe, VI* J14
Künitz, HiiDä IC. von Bern, VI, 349. ^^M
^Hifeniiaaii von Sudtlobti, VII, 165.
^^^H
^niermonrmtis au» Sparta, Vli, 145.
^^^H
V . verK-hiedene, VI, 519,
fiam parter, Thomas, VTI,3J5, ^^^^|
H ^, Job. von, VU, 2j|(i, 2(»7,
Lapidc, Job, de L., nobtlU, Const^Dt, ^^M
H 770. 317. 34 St 39<>>
diiLC, VI, 320 f, 341, ^1
H}lc>ebfeder, Cjup^r, VU, 288.
— Job. de, verscbicdene VI, 322 ^^^H
Hffnni. Job,, VU. ib», 270.
^^H
^■Hago ^oa Saint -Vi clor, VI, 338.
Untomi, Joh., VI. 317. ^^^H
^BHtmen, UIHcb vod, \ I, 314.
I^uber, Jakob, VU, 16S f., 193, 23O, ^|
265, 311, 318/9. 35»— 33*** J^I» ^H
^■J4cabtts, frater, VU^ 408. 410.
i'U— it»S» 59^1 39S"i«)7. ^1
H|£kgi, der IvrÄmer, VII, 388.
Ledere, Si^erius, VU, 110. ^H
^WddocitA de Heydelbcrga (= Jod. Eich-
Lcfcvrc, J;uqijes L, d'Klaple*. VlI^ ^^^^H
^M tti;itiu)« VII, l()4 f., 404.
^^H
^Bjcidocn» GalhiÄ Rul»c;iceri!»ii» V^II, 195.
Leodio. Anthotnus tle^ Vll^ ^^^^H
^HabaxmcB, Bischof v. Basel, \'Il, 191 f.
Leoutorius, VU, 301. ^^^^|
^^^■itioes de Cim^tartti^L, \ 11, 396 t
Lindau, Joh, (s. Spilraann) VU, 39'» A". ^^^B
^HPhiancs (Petri vou Lau j^en dorn, MI,
Liüdclbaeh, Micb*eL VU, 337^ ^^H
^m ^h i^i*
Loans, Jac. Jehiel, VU. 380. ^^H
Loyvcck, WÜhcbn. VII, 1^2. ^^^H
^BlAbeTsberK, i. Geifer.
Lucns de Moleudmis, VI, 347^)i VII, ^H
^K^mipeu (s. Can»p€ti), VI, 337, 344».
15^ S^h i^O. ^M
HKunedy, Job., VI, 3411.
LttdcT. Peter, Nl, 32*^. VII, 86. 95, ^^M
^K;iDJiier. Der K. von Paris., c, 1470,
^H
H^ VU, 114
Ludovkitt. frater (L, Moser) VU, 396. ^^^1
^kurtp fJ Baden
Ludwig XL V, Frankreich, VU, 97 t, ^H
^Karl der Kitbne v, Burguod, \*U, 163,
I3L «33 f» '38 f- »35 i> «^3* H
■ 186,
Liidwi): L V. Zweibrücken. VII, 410. ^H
^■CujMir von Zweihrücken, \ ü, 2O3,
LuAt. Aniold suiti, VU, 276, 3S0, 41 5. ^H
H 4tc»-
~ Peter mm, VU, 276. ^^^|
^Keller, Jakob, \*ri, 411.
Lupulüs^ Heinrich, VU, t(*o, ^^^H
HKemel, Eincricii& de, S'U, 410» 41t.
Luther, Martin, VI, 312, VII, 318, ^^^B
H 412* 4t5
^M
^Kerer. Job., VU, 409. ,
91 Aol«r» Vittts, Vit, 20v» ^^^H
^KesAler , KtcoUitSi VII, m8— 301, 320,
Maior, Eribi»ch«»fc %'on, VU, 90, 38b 1, ^^^^H
H 324. J^^ii*
Miuwella, Bcnedictui, Legat d. Papst«, ^^^H
HKey^er^iivrig (t, GeiUr),
^^M
HKilcben (KirtiihnjTf^tM | >, .t.«
Marc band, s. Mercatori^ ^^^^|
H rbiirppi«
— de Hoisnow, VU, ibU, 411. ^^^H
^■Cobcf^er, Anioi^f» v li, ju L, :'i5,
— Von Rte]vperfjf, VU, 2^ ^^^H
H 120,
MarK^reta, <*, Budoti. ^^^H
420
Max Hossfeld.
Martinus, frater (M. Sträultn), VII,
332, 396-
Mathcolus V. Perugia, VII, 144.
Matthias, Joh. M. von Gengenbach,
VI, 349, VII, 88 f., 280.
Mechthildis (v. Württ.), VII, 196 f.,
206.
Meffrrt, VII, 1 1 7, 299 f., 320 f., 324 f.,
342.
Meissen, Propst von, VII, 351.
MelanchthoD, Philipp, VI, 325/7, VII,
214.
Mercatoris, Berengar, VII, 156.
Metenerii, Mgr. Henricus M., VI, 343.
Metz, Bischof Georg von (s. Baden)
Michael (Wildegk), VII, 272, 414.
Molendinis, Lucas de, s. Desmoulins.
Molitoris, Joh., s. Müller.
Montreuil, Jean de, VI, 355.
Moser, Ludwig, VII, 396.
Mucker (Muckor), Joh. M. de Lapide,
VI, 324.
Müller, Joh. (MoUtoris), VII, 148,
268 — 270.
Mütschelin, Wilhelm, VII, 205.
Maiiclerus, s. Vergenhans.
Netelet, Aegidius (Nectellet), VII, 1 10.
Nicolas, frater, s. Torberg. VI[, 396.
Nolt, Heinrich, VII, 282.
Nussdorf, Hans von, VII, 277.
Oigliu, Bernhard, VII, 89, 280—282,
337.
Österreich, Herzogin von, VIT, 206,
406.
— Herzog von (Sigmund v, Tirol),
VII, 416.
Otho, Bischof O. von Augsburg, VII,
328.
Ottilic aus Ulm, VII, 264, 412.
Ottlet, Jakob (Kais. Notar), VII, 93.
Paltz, Joh. von, VII, 352.
Parvi (s. Petit), VII, 100.
Pascasius, librarius magnus Uuivers.
Paris, VII, 156.
Pcllikan, Konrad, VII, 301.
Perugia, Matheolos von, VII, 144.
Petit, Michel P. aus RoueD, VII, 100.
Petri, Adam, VII, 295-
— Joh. P. von LaDgendori; VH,
293. 301.
Petrus (Augustiner), VII, iio.
Petrus (Kartäuser), VII, 396,
Petrus de Rivo, VI, 335/7, VII, 154 t
Pfalzgraf, s. Caspar, VII, 410.
— s. Philipp, VII, 406.
Pfister, Konrad (?), VII, 413.
Pfortzen, Jacobus de, VII, 296, 298.
Philipp, Pfalzgraf Ph. der Aufrichtige^
VII, 206, 406.
Philippi, Jakob (de Kilchen) VI, 34<i,
VII, 84, 98, 280 f., 359.
Piart, Blanchet, VII, 93.
Pirckheimer, Georg, VH, 331.
Puteo, Donatus de, VH, 156.
Quesnoy, Henri du, VII, 93 C
Rasoris, Theobaldus (Sdierr), \1 349»
VII, 82, 88.
Reisch, Gregor, VII, 280, 337.
Reuchlin, Joh., VI, 319, 325 f. VII,
128, 138, 141 — 148, 166, 196,216,
. 237, 280 f., 283, 289, 299, 301.
303» 316, 3>8, 359, 380 f.
Rhenauus, Beatus, VII, 301.
Riepperg, Margret von, VII, 263, 41 1.
Rissen, (?) Heintz, VII, 411.
Rivo, Petrus de, VI, 335 — 7, W
154 f.
Rolin, Jean, (Bischof v. Antun), VII,
121.
Rotberg, Adalbert von, VII, 280.
Röttli. Michael (Rubellus), VII, 201,
Saint- Victor, Hugo von, VI, 338.
Sallust, VII, 129.
Sauguet (s. Chauquet), VII, 116, 156.
Saxi, Karolus, VII, 94.
Schcrr, Diebold Seh. von Thann, \T»
349. VII, 82, 88.
Schilling, Diebold, VI, 315, VII, 183
bis 189, 206, 209 f., 242 f., 24U,
254-
Johannes Heynßis xta Stein.
421
Ißcr. Peter, Vll, <>o f,, 163.
Peter, V% ,i2S, Vll. 14», ii*».
L, 374* 2^«» 2s»*lt S5')-
stciu, s. Torberg,
iivrettmann, Joh. Schw. aus BonameK
[bei Fr&iikfuii, VI, 329 f.
iptoris, Joh., VII, 148, 156,
Paul, VII, 205, 213—5, 2ir*
tiSUs, Petr Paulus (Vieillot), VI,
3x8, vn, 42. 132—5, 14;, 147*
s. Sybcr,
erius Ledere (s. Ziger), VIL 110.
und von Tirol, VU, 276, 416.
xtm iV., VTf, 187, Uli, 197, 323,
1342.
BÄlsteyti^ Barbara, VII, 263, ^ti,
^ilniSLno, Job., VII« 396. — yß.
ii\6hn (Stadthoei), Stilleren usw.),
voü. Vll. 163*
EU&abeth von, VII, 266.
— J&kob von, vn, 263, 266, 412,
eis, ]uh. St. von St hnrniiorf, VI,
|i2r,
voi», hc^nlsc:h-^nlolbltrIl, FamiliCp
[VI. 320, VII, 38^.
Bnturloir voD, vn, 312, 314.
Johaiiu voo tPropst der Kirche
ICormiiieaK Vn» 3S8 f,
Sf, Bun;:kArd, Vtl, 388 f.
^tmlin, AUrliu, VU, 332, 396.
iih»rt, Konrnd, VU, 203. 205,
Bt. Ulrich S. von Altktrch, VII,
[^ 14S t, 167, 179, 280 — 282,
Joh. VU. 264, 4JI.
rtOTi«, Joh. S. de. Horw, Vfl, 413.
r, Heini-., Vn, 4ti.
t, Joh- S. von W&DCeo, VU, 88,
i(r), Benikud von, VII, ^63^41 1*
il, Guil. VII, 142.
i, WilK T* voo Aachen, VII,
IH 193—5, «t, 167, 273 ^, »»o f-,
|je2, 403, 40s*
Theolocum (Tholcy), Abt von, VII,
114,
Tierserc, Joh. VII, lio,
Ttferna*, Gregorio. Vt, 355 L, VII»
142, 146.
Tirol, Sigmund von, VU, 276, 416.
Torberg, NicoLii (Schursicin) v^ -- r
vn, 333, 396,
Triet s. DryeL
Triihemms, Job., VI, 318, 325, VII,
80, I44y 198, 202» 280, 290 1,
294 t, 5'4, i^i. i25, 39«*
Trucbscss, Magdalena, VII, 264, 412.
tJdnlricus (Ulrkus), Korthattscr. V'H,
Ungcluck, Jacob U. vou Stendal, VI,
341-
Urach, Conrad (Ciinliu} von U., VII^
396, 398.
UteuheiiTj, Christoph von, VII, 280,
i»S f- 328, 359»
Val, Abt von, \^I, 114 t
Valla, Loreuzo, VII, 132, 307.
Vauccllö, Pctnis ilr? \T ?j*— 1. ;;4.
vn, 154
Vergenhans.Joh* »Nauciersisi, v i, 347 j.^
Vn, I9^t 199—202, 204, 212, 217.
Vcssclcr, Konrad, VU, 20$.
St.- Victor, Hugo von^ ^ji^»
Vicillot, &, Senilif.
Vin.iriis, Petrus Antomus de, VII, 86,
Vitelliui, Comcliu«, VI, 355.
Vogt, Caspar, VTI, 270.
Wagner, Andreis \V. von Küiislau,
VI. 327^
— Mgr. Peter, VU, 120, 156,
Walter von Wcrve, VU, 205.
Wesscl, a, Gan&fort.
Widenbosch, Xikolaus, VTI, 159 t,
Wndegk, Michael, VU, 17t.
Wirupreliog, Jakob, VI, 315, 515 U
VII. 130, 194, 216, 270^ 280, 20
515 f*. 320» 3S8 t.
39^ Max Hossfeld.
loco fratris Johannis Lyndow, qui priiis pro me fecit
monem.** (16. X. 1490, fol. 316). Am Neujahrstage
heisst es: .,vice fratris Gon. Urach fratribus laicis post
ridiem de consensu patris prioris propter novum an
incipientem.^' (fol. 287). In allen andern Fällen ist nur
Name des Vertretenen genannt. Eine Begehnässigkeit
dabei nicht zu erkennen.
Die vorstehende Arbeit ist von der philosophischen Fakultät der
versität Berlin als Doktordissertation angenommen worden; als Disserl
gedruckt sind die Kapitel i — 4.
Chronologische Tabelle
der Jalire 1174--149«
ir Aufnahme der biograpliisclieii Noliieo in HeynUns Predigtmanuskripten.
ErliniemDgen.
Diese Tab«41o gibt eiseo Cberblick über die Seite 167
v.iii 3G3 besprochene» dgunhindigen Oberschriften tuid
lotiieo Hej^iiliBS in semen I^vdigteittwtlrfeiL Sie dient
ehzeitig als QoüUemiadiwm sa v^Mfer Biographie itiid
Itioprar Hej^Iios seit 1474; moA enümlt «ie lOAnche
»InachrichteD. die wir im Tcxs whergthea nmae^m Die
^ordnang der N^otigen M ArwmJbgmdk; wir baben oben
ie 365 bis 375 aber diae AiwwdJMag Bedienchffft ab-
liegt. Ad dem Wedttel der 7whlm im 4m Babrik ...Biiod''
sich seheTL we!rli#» Vt^^^mmf m Pf TT und TTT
arrscht*
U74)
Bemerkttngm n itm
Xiir die in Fetsdiwck h
1) sind überli^afft: ör
sondere Bemerl
iZalileii(U74*
iie auf der Beobachtmig
seh geordnet mnd n
ist durchweg
nur diesen schreft*
bnet.
2, Tag des Kirtkem/tka mmi
Diese zwischen
llhülten tien ersifio
ihlf-n
Babrik
B. Die
422
Max Hossfeld.
Winspcrg (Windsberg), Erhard, \TI,
138. f.. H».
WiDterling, Joh., VI., 319.
Wolff, Jakob, s. Pfortzen.
Wölfli, Heinrich (Lupulus), VII, 260,
Württemberg, s. Eberhard; s. Mech-
thUd.
Wylc, Niklas von, VII, 131.
Wyler, Franc, VH, 301.
Ziger (Prior d. Sorbonne), s. Sigerius
VII, 103, 110.
Zimmermann, Georg, VII, 298, 314,
375 f., 378.
Zoemeren, Heinrich von, VI, 336, VE,
154 t
Zscheckenbürlin, Hieron., VII, 311,
394.
Zweibrücken s. Caspar, VII, 410.
— s. Ludwig, \TI, 410.
Zwingli, Ulrich, VII, 260.
Zyger s. Ziger.
Inhaltsübersicht
Dgen , * 3o<>
A. Unlversltiltsjahre.
KapiteL Nanie und Herkunft .......
FcstfflcUmig des rklidgeti NamcuB: Jobatinei» He>*uliii de
L^püle, de I^apide bezeichnet keinen Adeligen, sondern den
Heiiti£iti»on> NAnicnsvcttcm, Verwechslungen. Jahr der Cic-
buft : zwischen 1430 und 1433. Seine Heimat ist Stein (bei
Pforxheim) in Baden. Sein vateiländihcbcr Sinii.
Kapitel, Leipzig. 1448 — 1452 . la-
Begion der Studienlaufbuhn Ende I44H. Der Luivcräi*
talÄl>etricb ist noch gant scholastisch, Heyiilin schreibt
ober Aristoteles' Niiturphilosophie. Scpt, 1450 Bakkalaureus;
bleibt noch 2 Jährt in Leipzig. — Johann von Capijitrano
1452 in Siichseii; bleibender Eindruck bei Heynlin.
Kapitel, Löwen 1453 , , . . jjj
Atiknuft im April 1453- Noch kein Humanismus au der
Uaivertität« Hcjnlin setjtt seine Ariflotclcsstudieu fort
und findet in Löwen eine scharfe Ausprägung des Rcalis-
^lu^i {via Antiqua) vor, schon hier wahrscheinlich wird er
Anhäni'er des jilieti Weges, Lehrer,
Kapitel Paris 1454—1464
Charakter der Uuiversitätr Paris dos j^eutrum der Seho«
liKlik. Heyubn wird Mitglied der deutschen Nation und
der ArtislenüikultÄt. Dauer seines Aufenthalts (AnkiinA
vor 2. IL 54, Abreise nach 3<). IL 64 ; aus jedem der «chu
Jfthrc sind Niichrichtcu vorhanden), FakuUÜt: 1455 Liccn-
li^l und Magister ortium. Nation: Seine Acmter, ewölf
M*il Prokiirator, ein Mal Receptor,
Fort sei tung der AHstolele'^s Indien uud •Schriften. Wur* J41
lUg der Philosophie Heyolins, realistische Richtung
ilbea. Der Realismus in Paris, Heynlius Lehrer und
Sctidie»geno«fien. (Vergenhoos Nauclerui.) Er wird Pro»
IbtEor am CoUeg. Burgundi,!? (I4S*)^* studiert glcichicttig
Theologie, 1461 oder Anfang 1463 Bakkalaureui der
Theologie, I4ri2 in die SoiiMmnc aufgenommen. Kreund-
ichAft mit Withclm Ktchet. Heynlin lieM ulier Hicionynius*
Eifildluogen cur Bibei. Abbrechen «Icr t heob>gi&cheii
Studien.
;-=: i»4sft;«
V. jCir^9tt^J
er.«' >>:t. Irtr^irinMaac -nir ?-SEr -*ih. ^inflan, "VlfaEsm
;.r;tf.rc. ^;uu%n ?^xci: Tr.s£ tt:' -an Hcs Jim .55-
^.^n^r.. ? «icur^^iiriaTiiEn. ler SumsiSfinnB :.sx: socä. vi-
,^m.-u^ifiui^, Z>e ^.-ule ^ if?IäPt nur ^ersilaft j^ ier
'.•#?:*-;uf«iim^ ütr i#stiea "^5^5- ra^esig ^;;rtr ne Zorn»-
*;'*<» rü^ *r fie .pns:;r.ae T^rricsiupn^ öes StimiiiauBnai
vJrr i:ir lui "r rrr jmfer^-an^ün^ ^eüer TT*^ "-aträc? Aj^
-iiiitt#5i Irr '.'i:ri?r-ir:ir 5aS'<i «er ier FIiimTiT mg äs iitEa
>..ir:«n^ irr 2*ir3itr-ir.iM*rTin ^ .n 3aae. nie.i»ijihi fifB*-
f,. Kaf/^M, FinA 1^-7—1474
.'i -.•*-. » .;•' ■-' i'-' •••^ frijjtv^ T .m :i. Jmi.. Wj^ia--
, , ; :'.-. ^ .-. n¥t '«*r 'Ä-^^ -'/^ a-.iftr. S r üi. la . Semt? >Lm oäkripts:.
^-r .u-r<* •', '->-.-.-.'-*.- -i '-,r. .i- ' Oir V:rl»isa:i;j iJrcr -iie
jßr^-f./^. : i"' -'■ A.-.-^:.- "'c: Hi-i.an'srnaa ia iicr
''/v, iryt'Tr ^-^ -: *-;*.%•' äiTS Nxnr.r. -<t K.:c» L-iti-»^ XI
; ' / i^'^.rr.^r."» rk/*r. -...• 'A'..h. Fichet flr die Fr^lfceit
/^/-r .* .: TT.. Pr '-r <*rr S^.r'y.rLZ.* r^-i.* . lädst sich. T«r-
,,^«^ p^x'^r ':':r ^'r* '.»r^i'i: i ;.'>"* . Verteidigt cxn
f '/•/.'.* '>,f r':..'Tri.r;i' ?^%^- '^^^ Kloster von Sa: et I>eius.
'}, .'j>.r i'r.or •>.f Sor'.onr.'; i ;ro — 71 . Xeccnmg im
y.A.*':>'>r ■•.^.f.': Ar.*r.rt^r*tri^ 'ir.ngt aaf eine Reform der
.i/ho:»-it»vh':ri 'fh':'''.^;!^. -w^^-her 'iie Schriftsteller des
if,r'^*;.'h^'.Ti Alt'rrttirrri 'rr»t;('^4'in^*^'tf:Ilt werden. AU Leiter
/•/ r bjsr,Nf;itjorj':ri '\':r Sorbonne sucht er die starren
i:f,*'rri'ht .forrriTii, '.on 'knfrti f:r nicht abgeht, mit wert-
:t,\,'u> MxA 'rrnpri'r.-.li' h'rrn Inhalt zu crfdllen. IntensiTC
I .♦.;'^'Mt ;il-^ J'rior, V \r\\*rX rühmt ihn.
!;»«• vi«:r iTt/t'rii I>i^[»nt.itionen vor dem Abschluss seines
l»i«olo/i>.Mi^ri Studiums. 1472 wird er Liccntiat und
|iokl«,r /Icr HiroloKi':. Inhaltsangal>c seiner Doktoratsrede,
Miuliunit von S< holastiHthcm und Humanistischem.
Jo>hannc& Heyolin aus Stein»
EiiLfulinru^ des Buclidruck:^ in Pärii (146«^ — 75), Eriäbliing
nach (.'laitdia und Philippe, VerbcsseniDgcn im Einzehicn,
Uervorbebung des Anteils He^Titins. Bücher und \'or-
ndta «eigen ihn zum ersten Mal in voller Deutlichkeit
als Huiuatusten. Beziehungen jtu den Humanisten Fichet,
Senilis, Bessarion (dessen Ivreuzzugsidce), sowie tu den
bjidischcu Markgrafen*
Lehrtätigkeit^ In der ArtistcnlAkuUät doziert Heynlin
bnmaniora. Lehrbucher: Prlscian , cif^ene Schriften.
Schüler; Reuchhn, A^rUcoln, Amerbach, Surgant und
andere. Er wirkt vorbildlich auf sie <tnrch seine Vcrbiu-
dutt^ des Humauismus mit der Theologie und der christ»
liehen ÄfoiivL Rette bei einer Promotion, in der Mch
diese Verbindung zeigt. In der theologischen Fakultät
lieft Hcyulin über die Evangelien« (er lobt die Bibel zu*
gleich wegen ihrer Erhabenheit und GcmciuverstindlichkcilK
Kampf zwischen dem alten und neuen Weg in Paris
w den 70er Jahreu, Verleidigci des Kcalismu^ ist ein
ehemaliger Lowener Lehrer Heynlius. Dieser (H,) beteiligt
sich an der Unterdrückiuig des Nomiualismus (1474), jedoch
anscheinend ohne besondere Erbitterung.
DoKs Hcynlin an die^sem Streit noch lulcrCüse litidct,
erklürt sich aus dem Wesen des alten Weges. Dicker stellt
nämlich eine Richtung der Scholastik dar« die die altbcr*
l>ebnichte Philosophie und Theologie erneuern will «nd
ileii entarteten Scbolastuismus bekämpft. Abschliessende
Erörterung über die bisherigen Bestrebungen Heynlins:
Sein Realisntus und sein Humanism«*» bilden keinen Wider-
spruch bei ihrn, da er von crsteren» eilte Vcrein(;»chung
tmd Vertiefung des SttuliuniSp von letzterem cuic V'ei*
leitieruiig der Bildung und eine Reform des mitteUIter*
licheu Lateins erwartet
Noch ti. September 1474 ist Hcynlin in Pari». Motive
Deutschland zurückiukehreu.
425
Seite
120
B. Predlgtjahre*
KapiUi Basel 1474—1478 .
Nicht mehr in Vcibmdung mit der U'oiwrsität Hcyulin
wird Prediger. Seine Manuskripte mis biographische
Qaeitc. 141a Predigten! Er predigt hi St Theodor,
M» Peter, St, Lei^nhaid luid auch schon in der rmgegcnd
Bii i-^rc An>tdluttg .m St, Lconhard, n
dir Mide I j7*> Reisen nach Ur,u:h, H,i^
fingen (Visitation dei Stifts).
Schilderung der Predigtweise Hejtilin^ .u» i-r^t;»-
«ahUen Beispielen. Form schulgerechl* AusCuhning sdir
Ubcodig und iroIkstQmbeb. Wm er mit der Predigt he-
140
14*^
«SJ
«57
it)i
thtt
426 Max Hossfeld.
zweckt, ist Unterweisung des Volkes im katholischen
Glauben und seine moralische Besserung. Er ist ein Buss-
prediger. Vom Predigtamte hat er einen hohen Begriff,
von der geistlichen und weltlichen Obrigkeit verlangt er,
dass sie dem Prediger zu Hilfe kommen sollen. Häufige
Ermahnungen an dieselben.
Michaelis 1476 als Ablassprediger in Bern. Beschrei-
bung der «Romfahrt» nach Heynlins Manuskripten und
Diebold Schillings Chronik. Ende 1476 Streit mit den
Baseler Bettelmönchen um die Pfarrbefugnisse. Schreibt
Predigten des Wilhelm Textoris nach und vertritt ihn ein
ganzes Jahr als Domprediger (1477 — 8), predigt also gleich-
zeitig an St. Leonhard und am Münster, an andern
Baseler Kirchen gastweise. Mai 1477 in Urach, August
1477 in Tübingen. Am Tage nach Textoris' Rückkehr
reist Heynlin nach Tübingen ab. Regelung der Pfarrsorge
an St. Leonhard.
a Kapitel. Tübingen 1478—1479
Stiftung der Universität. Heynlin ist bei ihrer Gründung
und Einrichtung beteiligt. (Nachweis: Glaubwürdigkeit der
Angabe Tritheims, vier Reisen Heynlins nach Württem-
berg 1476 imd 1477; seine Freundschaft mit Vergenhans,
der rechten Hand des Grafen Eberhard; Gleichstellung des
alten und neuen Weges an der Universität, (Biels Rolle),
endlich sein Ansehen bei Eberhard und bei der Universität
in der Folgezeit.)
Heynlin ist zugleich Pfarrer der Stadtkirche und Pro-
fessor der Theologie; Oberaufsicht über die Universitätsan-
gelegenheiten. Er predigt seit 15. März 1478. Predigt in
der Universitätsmesse, Ermahnungen an die Studenten. Im
S/S. 1478 inskribiert. Er predigt in Wildbad vor Graf
Eberhard und andern Fürstlichkeiten.
Michaelis 1478 wieder als Ablassprediger nach Bern.
Verhandlungen zwischen dieser Stadt und Graf Eberhard
um ihn. Er hält sich auf dem Hin- und Rückweg in Basel
auf. Seine Rolle bei der Romfahrt.
31. Oktober 1478 zurück in Tübingen. Er wird Rektor
der Universität. März 1479 als Ablassprediger in Urach.
Anfang Juli geht er ab! Die Gründe für seinen Abgang
sind unbestimmt, aber es kann nicht der Widerstand Ga-
briel Biels und Paul Scriptoris' gewesen sein; die heftigen
Kämpfe zwischen Realisten und Nominalisten in Tübingen
fanden wahrscheinlich erst später statt. Er erhält einen
Ruf nach Baden.
9. Kapitel. Baden-Baden 1479—1480
Heynlin wird von Markgraf Christoph zum Kustos oder
Thesaurarius des Chorherrnstiftes gemacht, mit der Stelle
Se;
7rih.inii«£ He^iiliu um Stein,
427
KttAtoit IM «iii8 FfÄrraml vcrbutvdcii. Pfticlilc« t!cs
iPfairer«. Hryuliti ist iiber'lie* ScclHorgcr im Nonocnklostpr
ll>tchtrutal. Beziehungen zur ÄbliNsin Margarete, der
IScliwcsIrr drs M»rk;;rafc», >;utt* Zucht iw Uchtcntal Bc*
[riebungcii rnr markgrü fliehen Fiimilk» lilKrliaxipt. Viel
I Arbeit Predigt wieder als wichtiger Teil des Kiiltns be-
lluiode}!* Die lo Gebote werden in dcutscb-'r rti.^^r-
[»eUiing in der Kirche angeschhigcn.
KapiteL Be.rn^ Anfanij Mtiri hin 20. April
iW .
VerhundJuiigen zwischen der Sliidt Bern, HeynUtl wud
|'MiirWgr.if (.'.hnstoph. Dieser willigt endbcfa eiui den Pre-
iiligrr tum drittel) Male nach Bern geben zu hissctn* Vcr-
rküret ab^T die vom Rate liegchrte LTrlaubsfrist. Erste
[l*redi|;t in Bern am 12. Äfar/,. Wie autibedungen* ist
Hc)'nlin diesmal der einzige Ablassprcdiger. Er wird über
i,cit3eii Urlaub hinaus festgehalten, man sucht ihn dauernd
lliir Bern rai gew^innen, gläujecnde Ancrbietungcn, Er
I schlägt ein, reist noch einmal niich Badeni kehrt aber nicht
itdcr nach Bern zurück,
Seine VVirlcsamkeii in Bern, Ctbereinstinimung der mo-
I r»b^ch>kirch1icfaen Gesinnung des Berner Ralj» rait der
I Heynlin»« daher seine Erfolge. Diese werden, da fic für
typisch sind, ausfübrljcher entählt. Schilderung der
ritultureBen und sittlichen Zustände Berns, Ma&sregeln der
Regierung, ura sie zu bessern. (Verfluch einer Dbcrsrcbl
täbrj- dieselben). Hcyulin baut in dieselbe Kerbe, geht abi*r
[Dodi' weiter als der Hat, Seine Erfolget ij Ver&rbiebuug
er lUtswahlcn rotlsamt dem Volksfest von der heiligen
^<)«terxeit auf acht Tage später, dem Wahltag wird ein
rrligiÖÄ wc;bcvollcs Gepr^igc gcgelHJu, 2> Abstellung ans*
i;r1assencr Volksbräuche, Verordnungen gegen Stöningcn
^de» tjottcsdienstcs. 3) Fürsorge fdr das vcrnachläsaigtc
tSdiiitwesett^ Ncufian der Schule. Nacbhaltigkcit der Erfolge.
[Urteil Valerfiis Aushelms über Hcyniin.
Kapitel Baden-Baden 1480—1464 , , . .
Anlfunft J2, ÄLii 141^0, Kmiikheit und Reise. Er«t leit
5* '^ rcgelmäistge Predigt. Ef predigt vor Fiiriten
n, in der Umgrbung^ m LicUtental, vor allem
I tu avden. Reinen uttd deren Anllbu^e <Basel, Freibtirg,
ISirMslfurg tmd Kloster Konigsbruckh Bfkaontschaflen:
Geiler von KalÄtr^U♦J^g, Job. von Hocbljcrg, Job, Müller
[(f»*' J einer Brief»! eile gfgeniibcr Ch. Schmidt»
Kn M^j In xciner Stellung, keine Anregung,
I PlACkemen mit den Kollege»« Ruf nach BascL Verticht-
[tetstntig *ttf vcrfehtedene i*fr3ndcn,
M^tT ^eitschr, L Gesch. und Antrlutn. ViJ, 'i
Seite
140
24:
inj
206
4^8 Max Hossfeld.
/•<?. Kapitel Basel 1484—1487
Hcynlin wird Kanonikus und Prediger am Münster.
Reisen nach Baden und Strassburg. Amtsantritt. Pflichten
des Dompredigers. In der Advents- und Fastenzeit predigt
Heynlin täglich, sonst viel seltener. Auch in der Um-
gebung und in anderen Kirchen Basels. Einige besondere
Anlässe zur Fredigt. Die Kanzel mit den von He}'nlin an-
gegebenen Bildern und Inschriften, ein Zeichen seines
ernsten Sinnes.
Verhältnis zur Universität, er ist nicht Professor. Den-
noch Mittelpunkt des Baseler Humanisten- und Gelehrlen-
kreises. Beziehungen zu Baseler Buchdruckern, insonderheit
Johannes Amerbach. Er ist dessen ständiger Ratgeber bei
Auswahl und Ausstattung der Bücher (vor allem die Bibel
und die vier grossen Kirchenväter). Er gibt auch viele
derselben selbst heraus. (Die Fontibus ex gra?cis — Bibel,
Augustin, Ambrosius, Kassiodor, Trithemius u. s. w.) Joh.
Froben und Jak. de Pfortzen drucken Heyulins Schrift
über die Messe. Nikolaus Kessler druckt Schriften und
Editionen Heynlin«. Bücher, die Kessler und Amerbach
der Kartause «im Hinblick auf Johannes de Lapide» ge-
schenkt haben (Bibelkonkordanz, Gerson, Augustiu, hl.
Bernhard). Amcrbachs Druckwerk für Heynlin charak-
teristisch.
Statt des Humanismus beschäftigen ihn vor allem mora-
lische und religiöse Fragen, je länger, je mehr. Ausfalle
gegen die Oberrtächlichcn und gegen die Ungläubigen, (d. h.
Humanisten). Empfehlung der kirchlichen Schriftsteller.
Richtung auf das Jenseits, der zentrale Gedanke bei ihm
wird die Frage nach dem Heil der Seele. Überzeugung
von der Verderbtheit und vom nahen Untergange der
Welt. Entmutigung wegen des Ausbleibens der Erfolge
seiner Predigttätigkeit. Bedürfnis nach Ruhe und Seelen-
frieden. Eintritt in die Kartause.
l^J. Kapitel In der Basler Kartause 1487 — 1496
Unzufriedenheit und V^orwürfe der Freunde, V^erteidigung
durch Seb. Braut. Die Kartäuserchronik über Hcynlins Be-
weggründe zum Eintritt in den Orden. Stimmung jener
Zeit, Mutlosigkeit. Die Klostergedanken Geilers, Wimpfe-
lings, Utenheims, Brants, Reuchlins; Heynlins Vorbild.
Er bewegt Hochberg, gleichfalls in die Kartause einzu-
treten. Versuche Heynlins Austritt zu eri eichen, man will
ihm eine Predigerstelle oder das bischöfliche Vikariat in
spiritualibus in Strassburg geben. Der Prior Jakob Lauber
verwehrt es.
Rege literarische Tätigkeit im Kloster. Editionen und eigene
Werke. Der Traktat über die unbefleckte Empfängnis
hlmsbetrachtung
Jbtr&tioes Hc^ttlfn ans Sicif:
ILiriji (Aui^xugK Kiiie Himmel fahruprcdigt tiber die Vcr-
def tithcit der Welt und die Sehnsucht nach Ruhe (Auszug).
Die Schrift über die Mcs.se und ihre ^osse Verbreituiig.
Tmkt.tl öher den Ensisheimer Meteor. I'rcdigten in der
Kiirtause. Der Prior bcauflnigi Heynlin mit Marien-, dann
mit den regelmA^igcn Sonntag sprcdit^cn. Verhältnis
twUcbcn Laubcr und HcynJin. Spannmtg. LctieteT^^ ^"'i
Prior werden.
Tod (i2. Mir/ I4»jb). Sebäsüan Brant an lieincm Sterbe-
tiett, idn Gedicht auf Heynlins Tod, Tiaucr der Freunde.
Mau will ihm ein DcnkmAl bctzcn, der Prior verweigert
die Erlern Imi)«.
Djw Imgische in Hcrynlins Lebenswerk: bei so viel
Eoergie und §o rastlosem Wirken doch so weujg Erfolg
imd Befriedigung^ Sein verzagter Rückzug tu die Kar-
tLuse erklart sich nicht aus Alter^müdigkeit oder Unzuläng-
lichkeit keiner persönlichen Eigen ächofteii, sondern aus der
ünmöghchkeit seiner Bestrebungen, Denn er hatte die in
leliier 2eit zu Tage tretenden Mißstände im kirchlit-hcu
Lvbeti reforntiercn wolleui ohne dabei von den kirchlichen
Eittrichtungen dns Geringste preiszugeben. Er wollte die
Formen des Gottesdienstes neu beleben, das Volk mit
religiösem Siun erfuHcu und die Priesierschafi reformieren,
hm aber selbst eingestandeiii dasa er das nicht vei mochte,
Kähere Ausführttngen dazu, Heyniiti ist der Kirche
treu ergeben, unterwirft sich ihrer Autorität» stimmt mit
fttlen ihren Lehren übcrcin {die einzige Forlbitdung ist die
Steigerung des Marienkultus). Die katholische Kirche tut
die alleinseligmachende. Daraus ergibt sich die hohe Stel-
lung des Priesters, ans ihr aber auch dessen Pßicht, in
jeder Beziehung Vorbild zu sein. Hcynlin tadelt den
Klerus (Habgier, Simonie, Pfründen, Fnisaen, Flci»chcs-
ftüudeut snperbia). Dennoch erklärt er den fnr einen
Ket#er, der gegen die Ivirchc redet, und will der Kirche
auch allen ihren weltlichen Besitz lassen. Bei dem Abbis«,
den Prorcssionen, bei der Beichte, tiberall tritt er der
Ificiit entgegen, dass der Vollzug der kirrhlichen Übnngcr
sich verdienstlich sei, dennoch versucht er nirgend«
die Äussern und äusserlichcn kirchlichen Werke cinzn-
^hrankcn, sondern crklJirt sie in Übereinstimmung mil der
Kirchcnlehre für notwendig. In seinem weltlichen Be-
itande wie in seiner geistigen Ausgestaltung soll das ganze
kirchliche Wesen unverändert bleiben. Schliesslich «oh
Heynliu die Utimogbrhkcit einer M»hhen hidt*en Rcfor*
tnation ein und trat v<mv Schauplatvee ab, Dii^sr Rciig-
5^1 vnn Ut ein lirwf'i^ <! iftir, daSS ♦'•tir Krform.it inti Arm
Seite
3*7
335
.>3«
340
43^ Max Hossfcld.
Katholizismus unter Beibehaltung aller söner Ausdrucks-
formen uicht mehr möglich war. Er hat aber doch nicht
vergebens gewirkt, zum Teil gehört er schon der neuen
Zeit an, zum Teil noch der alten, für keine kann man ihn
ganz in Anspruch nehmen.
Kurze Charakteristik seiner Persönlichkeit, Wimpfelings
Skizze. Ähnlichkeit seiner Bestrebungen mit denen der
konser\'ativeu oberrheinischen Humanistengruppe. Sein
Einfluss auf diese.
Exkurs 1
Heynlins Predigtmaniiskripte.
Jetziger Zustand. Heynlins Hand (Zier- und Eilschrift).
Inhalt der fünf Bände. Sprache der Predigten. Beigaben
(Ueberschriften, Xotizen u. s. w.). Deren biographischer
Wert. Besitzer: die Kartause. Des Priors Zutaten <Re-
gister u. s. w.). Anordnung von Predigten. Wiederher-
stellung der teilweise gestörten chronologischen Reihenfolge.
Ausfüllung von Lücken. Fast sämtliche Predigten Heyn-
lins erhalten.
Exkurs 2
Heyrüins Ketmtnisse im Oriechischen und
Hebräischen.
Der Bericht der Karläuserchronik wird durch Heynlius
Manuskripte geprüft. Es ergibt sieb, dass er etwas Grie-
chisch verstand und wahrscheinlich auch Hebräisch zu
lernen versucht hat. Mindestens hatte er den Gedanken,
dass auf <len hebräischen Urtext zurückgegangen werden
müsse.
Exkurs 3
Heynlin war uicht Leutpriester des Deutschordenshauses
in Bern.
Exkurs 4
Heynlin war /wischen April 1480 und 1484 nicht Piarrer
am Münster in Bern.
Exkurs 5
Vermögen, Bibliothek und Schenkungen.
Heynlin ist nicht identisch mit einem Propst Joh. von
.Stein, der i |8ö wegen Zahlungsverweigerung in einer
Pfriindcnsache vom Berncr Rat verklag;! wird.
Aus der Anstelluugsurkunde für Heynlin vom 7. April
1480 braucht noch nicht dessen Habsucht hervorzugehen.
Er war wohlhabend. Pfründen, Verzicht darauf. Seine
grosse Bibliothek. .Seine Mitgift für die Kartause. Stif-
tungen für das Kloster (Glasfeuster u. s. w.).
Johannes Heynlin aus Stein. 43 ^
Seite
.xkars 6 395
Zusammenstellung von Predigten, die Heynlin an Stelle
des Priors und anderer Mönche der Basler Kartause ge-
halten hat. (Laubers Itincrar.)
hronologische Tabelle 399
der Jahre 1474 — 1487 zur Aufnahme der biographischen
Notizen in Heynlins Predigtmanuskripten.
'erzeichnis der Personennamen 417
nhaltsflbersicht . 423
Liestals Pfarrer und Schulmeister in der Zeit
der Reformation.
Von Karl Ganß.
Ueber den Clems von Liestal und der für Liestal in
Betracht kommenden Pfarreien von Mnnzach und Lausen
erhalten wir zum ersten Mal eingehende Aasknnft im Liber
marcamm «l-iil'.V« Hier' werden aufgeführt: Item Hector
in Liestal (Capitalnm Basiliense). Item Yicarios ibidem.
Item Cappellanns sancte Marie primissaria. Item Cappellanofl
sancte Katherine. Item Cappellanns sancti Oswaldi et sancte
Crucis. Item Cappellanns sancte et individue Trinitatia.
Für Munzach erhalten wir folgende Angaben: Rector in
Muntzach. Vicarins in Mnnt2»ch. Lausen wird in diesem
Zusammenhang nicht erwähnt Dagegen erscheint es spater
im Begistruni Kathedralium. Item Lyestal et Lauser VI sol
Lausen war also keine selbständige Pfarrei. Munzach, dsi
damals schon im Abgange begriffen war. bedurfte gleich-
wohl eines Vicars neben dem Rector, weil zu der Pfarrei
die Dörfer Frenkendorf und Füllinsdorf mit den Kapellen
der Margaretha-; und des Gallus^) gehörten. Gegen Ende
des Jahrhunderts hatte der Pfarrer von Munzach seinen
Wohnsitz in Liestal.*) Im Jahre 1458 werden fünf Gulden
jährlich in folgender Weise geteilt: «des ersten einem jek-
liehen lutpriester zwen guldin und einem jecklichen frao-
messer daselbs einen guldin. dem capplan sant Katrinen
altar einen guldin, dem altar sancte trinitatis ein halben
guldin, dem altar sancte cnicis ein halben guldin.*'^) Auf-
^) Trouillat V. 35 f.
') Brückner Merkwürdigkeiten 12 16.
3) Ebenso 1238. Da Gallns der Kirchenpatron von Füllinsdorf ist, so
dürfte Firinisvilla t.itsächlich mit Füllinsdorf identisch sein. Vgl. Boos Vi-
kundcnbuch von Baselland. Seite 2.
*) Pfarrbuch von Munzach im pfarramtlichen Archiv von FrcnkcndorC
») Urk.-Buch Baselland 968. 10 ff.
LicslaU Pfarrer iiiil Schiitmeulei etc.
4.1.5
end ist, dass hier der Vikar felilt» und diisa wolil die Alfäro
ler nicht die Kaplänr» dor Trniität und d^s lu*iligen Kreii-
ees erwähnt werden. Möglicher Weise haben die übrigen
Oeistlichen vorübergebond auch diese Altäre bedient Denn
äpater eracheinen wriederdie sechs Geistlichen. Der geschiclit-
lieh interessierte. w»'nn aneh nteht dnrrluveg zuverlässige
tPfarrer von Liestal, Jacob Kitter (1570— Itill), teilt mit:
Xiiestal habet tres parochos: Liocbstulensem, *iui oliiii habuit
inque capellanos 1. S. Trinitatis 2. S. Cnicis 3. B, Cathe-
,ae 4. B. Brigittae B* 8. Wolffgangi. MunzachenÄem
sensem. ') Eigentündich ist, wie ra^cli die Erinnening
die frühere Zeit verloren gegangen ist. Denn ein andere»
berichtet er: ^Templo Lieebtöraliensi i|niu4Ue capellani
erviemnt: capellanus S. Cruciii», S, Trinitatt^, S. Wolff-
gi, S. Catharinae, S. Sebaldi, alii dicnnt Eiiaebii, Deinde
►bnerunt praenjissariuoi ein l'räinessen*^) Ritter hat also
m Vicarins nichts mehr gewnsst, ebensowenig, dasa einer
ir Kapläne zugleich FrühiiieHaer war. Der Marienultar
ist ihm unbekannt. Ausserdem widerspricht er »ich selbst
■A)4lann verwecliselt er zweinnd die Piitrone der Kirche mit
^Kneo der Altäre. Brigitta und En^ebins, St. Woll'gang steht
^■»hrscheinliclj statt St. Oswald, und Eusebius i»t ihm wohl
^ statt. Erhard in die Feder geflossen, der tatsächlich in Liestal
Verehrung gefunden hat.^) Sebald findet sich son^^t nirgends
erwähnt. Dagegen k(nnjnt der Name im 16. Jalirlnindert in
Liestal häuhger vor. Die Unsicherheit Ritters erklärt, sich
übrigens leicht. Denn er bekennt selbst, dass er seine Mit-
teilungen auf die sich widersprechende mündliche Ueber-
lieferung stützt, (alii dicuiit.) Das ist eine Mahnung, seine
Angaben auch sonst mit der nötigem Vorsicht aufzunehmen.
Im Gmnde alier ist tlas Bild, das Ritter üVjer die Geist-
lichlceit uns gibt, noch dasselbe^ welches wir im Über mar-
canim vorgefunden haln-n. Der Rektui* od**r später der
^ B. St.-A. Kirchenarchiv D 8 S. 8.
*) Univcrsitatibibliothek: Kircbcnt>iblioibek von AnL Falkdscn. Miiiui-
fcripta et imprcssa eccl, a rTrformaliotie ad aimiim 1585. C IV, t. Seite roo,
i«)l. Die Handschrift wie die Initialen Ja, R. B. (Jacobus RitteruK Bustlicnsis)
am Schlüsse führen auf den Liestalcr Pfarrer.
^) VgL Brodbeck, Geschichte der Stadt Liestal. Seite 6*j.
i
434
Karl nsli^i.
Ijeutpriodter und die ffinf Kapläno oder der Bektor,
Vicar und die vier Kaplane. Iiu Debrigen hatte sicli uo
aiweierlei geandi^rt. Von einem Vicar des Munzaeher PfÄrrers
wird nie mehr geredet. Dagegen tritt luu Pfarrer von Lausten
anf, der freilich in Lieatal seinen Wohnsitz hat. Laitseii
mag wohl nin 148*"» selbstundig geworden sein, wo di«
friihere Capelle zur Kirche erweitert worden ist. S
Fing Jahr 1512*) kam als Leutpriester nach Licstal
Stephaniis Stör vir doctns plebanus ecclesiae LiechtataliensiB
erat circa Aniiiiiii Christi 1512, wie .lakoh Ritter ins Kit '
buch von Lie^tal eingetr-agen hat. Er stammte aus froi
Familie von IHessenhofen. Sein Bruder Hans war Kaplan
des St. Anna-Altars seiner Vaterstadt. AJs er schon Lent*
priester in Lipstul war, vergabte er, wie das Jiihnceitbndi
von Diessenhofen bericlitet. mit seinem Bruder und seiner
Mutter MargareÜia von Schupfen 25 Pfund Hellen.*) Seit
dem Jahre 1521 *} pre<ligte St^ir ^das heiig gots wort mit
trüw und ernst, ^ Er vvurtle unterstiltzt von dem gleich-
gesinnten Ka|jlan Heinrich Sinckentaler von Luzera^ der
diu ansehnliche Katlmrincnpfründe in Liesfal ver^ V
Zwei Jahre später lieas Stör den Worten die Tat lo^, :
Denn am 17, Oktober 152H beklagte sich Ulrich Wirtnt?r
alt Obristmeister in Freibnrg im Breisgau, der ,,vmb d*?r
heiligen dryer knnigktag XXten Jar vergangenn ein Jami
in der pfarrkirch zu LiestJil mir vnd miner fordei^n sden
zu Trost gestiflftet^ hatte. ^Nu ist mir solUch Jarzj-t gar
by virr Jaretin nit gehalt/enn. desshalbenn ich gevrsacbet
das bemelt »larzyt an ein antler ort züuorwenden>*>
*) Brückner i i;cj,
») Kirckcn blich des Pfiirramt* Lic«Uü, Seite IL Ueber Stepbau Slor
vgl, Paul Biirckhardl: Die Politik der Stadt Basel im Bauernkrieg de*
J;ibrcs 1525.
*) Nuschclcr, Gotlc&häMscr der Sch^ieiz, Heft II S, 49.
*) Zu dieser Zeitbestimmung fuhrt die Erklärung Stori &m 2. Mai 1525
ipich hab üch hie «e Ltcstal hy vier Jareu das heiig wort gots mit trnvr und
ernst gcprcdijfctt.** VgL 1*. Burckbnrdt a^ n, O. S. 18. Da alier St5r seit löl'i
in Lieütal war, rt^dct er hier vom Begitm der reforrnutUchen Tätigkeit-
*) Siehe unten, S. 440 f.
•) St^A, Baj^eUnnd. Lade j C 3.
LieitnU Vf.irrrT und SchulmeUier crc.
435
I Ajji Sonntag vor St. Martin lö2*6 trat Stör mit dem
tmstUchön Anbringen vor den Sehiiltheiss und den ganzen
Bat von Ijiestal, ^.wie das ingedenk und ht^traohw wiu das
i»r uff ein jur zechen oder mer unelich bubert und «;chunnt-
lich huUgo halten dormitt das er Gott und die welU dar lunni
prcbt dellhalb inn sin concientz und gewissi»n trib und inn
Bar ziic bewHg do rrutli ^r sich anndi^i*s nndor«Uind zuo
regieren und nich dormaUen bessent daiuith vr sin cnncientss
Lntitladtv Dor nff su welle er ettwas ungehörds anbringen
iici bette er den rodt inn dor inn gnedeklich eo verhören
pnd tiicli nitt diiran auo ergercn/"
I Nnchd**m in- aeinc* Absicht, sich sm verheiraten, mit der
Bchrift verteidigt hatte, fahrt er fort: ,.So er nun aolichs
Mienthalben in der gesehrifft finde, so bpgehre er ati schult-
■lei!* unti rot das su widlent im ir hertz uff tluin, als or
Inen das sin hab geöffnet, und im iren willen sagen ob sy
Inn in solichem olichen stand dulden nntl l^'den wollen und
tucrgen.'* Er anerbietet sich, sein Begehren, mit s^eintir
bungfrau und seinen Kindern zu leben, vor der ganzen
OomiMnde zu v^ertret^n* um ihren Willen zu vernehmen, *)
Anfangs 1524 In^imt^He Stör ^nit on grosse Fn*nd vnd
irolgefaüeri der pfnrgnossen zu Liochötal'* seine Haushillterin
In off«*ntlichem Kirchgang.') Htör hatte die Gemeinde von
Liestal in ihrer Mehrheit hinter sich. ^Pan ich so vit wüsöen
rnn erfamng von jnen verstanden han / das sy mich in dem
kftichen stand wol vnd gern moechtend tulden vnd lydeu/
rnnd gar viel lieber ein predicanten der ein frommer e»»man /
Üanu ein hurer haben wolten. Das sich wol erfiinden hat^ in
Biini als sy nach miriem Kilchgang / ein volkomne gemeyn
k-on Häteu vnd bnrgerachaft vll jrenj eignen willen vnd
ppmtlt i»n all myii anniffen vnd zuthun V^erüffl han, darinn
rinheligklieh beschlossen vnd erkennt / das sy jre ver-
prdneten / nemlich zwen von dorn rat / vnd zwen von d«>r
pnrgerschafft gesandt vnd geschickt hatid für vn8**r gnaodigr»
bb<*rhern»n dt-*r loblichen stai Basel ein früntlich vnnd ernst-
lich l.iitt zethun, das icli by jnen blyben niMchte vnd m^Tien
Elichen handel mit der heiligen warhafftigen gi*:*chriHi
I H B. ^it.-A, Kirtheitukico A. 3, fol 55.
43^ K^arl Gaus>.
zuuerantworten gnädigklich zugelassen würd , als ich daun
von der gantzen burgerschafft zu Lieclistal hoch vnd trü-
lieh begert han.- Stör hatte sich «zu vvl malen vor seiner
Gremeinde gerechtfertigt und ^offenlich vff dem predigstal*
dargetan, seine ., Vermählung sye götlich /Christlich /gut/
vnd recht.'* Das Domstift') antwortete mit der Absetzung Störs.
Am Ifi. Februar 1524 fand die Disputation statt. Stör
wollte sich allein auf die Schrift «verdingt und verbunden**
haben. Ein Gegner trat nicht auf. Stör schien recht be-
halten zu haben. Den Liestalem genügte die Verant-
wortung Störs. Er konnte in Liestal bleiben und vorläufig
sein Amt noch verwalten.*) 10 Tage nach der Disputation
Hess er von Liestal aus, wohin er zurückgekehrt war. einen
ausführlichen Bericht ausgehen. Er bekennt darin, dass er
wollte ..lieber in dem Winckel sitzen, dann also an das lieclit
kommen.*
In Liestal nahm die evangelische Bewegtmg ihren
Fortgang. Schon am Aschermittwoch und dem darauffolgen-
den Tage hatten sich einige Liestaler unterstanden. Eier,
Fleisch imd Kutteln zu essen®) und wurden deshalb zur
^) Nachdem im Jahre 1400 Liestal durch Kauf an die Stadt Ri^^cl übcr-
gegangeu war, wurde am 6. November 1401 die Pfarrkirche in Licstal von
Bonifatius IX dem Domkapitel incorporiert und Bischof Humbert schenkte
am 26. November desselben Jahres die Pfarrkirche Liestal „cum suis iariba>
et pcrtiuenciis universib eins ius patronatus et instituendi rectorem dum vacat,"
dem Domkapitel. Nach Trouillat besass der Bischof die Kollatur der Kirche
von Licstal „altcrnatim". Trouillat V. 81. 82. Hec sunt dignitates altaria
et beneficia quo et quas habet dominus Episcopus conferre in Ecclesia BasilicDsi.
In Dyoccsi Basilicnsi. . . . Item Telsperg Leoltingen Liestal Arlisheim Ober-
wilr Rennendorf Lutoltzdorff ('urgemunt Bidrich et Kemps alternatim. Mit
wem, ist nicht gesagt. Ks ergibt sich alier deutlich aus dem Verlauf der
Ereignisse, indem der Rat von Basel Nachfolger sandte. In jedem Falle
handelt c> sich um einen Compromiss, der stets neuen Auseinandersetzungen
rufen konnte. Der Rat von Basel scheint sich mit dem Kauf LiestaU auch
als Rechtsnachfolger des Bischofs in Bezug auf die Kirche und da.s Patronal
betrachtet, aber nicht die Macht gehabt zu haben, seiner Auffassung zum
Siege zu verhelfen. Vielmehr haben >ich Domkapitel und Rat in der Weise
verstäjidigt, dass sie abwechsluugsweise die Pfründe der Liestaler Pfarrkirche
vergaben.
-) Mit dieser Einschränkung behält Herzog Oecolampads Leben S. 2^^
Recht gegenüber Paul Burckhardt. Seite 14. Anmerkung 2.
') B. St.-A. Kirchenacten. A. i. Nr. 4.
Liestals Pfarrer und Schulmeister etc. 437
Terantwortiiog gezogen. Die Bewt3gii]ng breitete sich aus.
Stephan Stör predigte weiter xind wurde von seinem Caplan
Sinckentaler kräftig nntorstützt. Der Rat sah sicli bakl ge-
nötigt^ gegen Stör vorzngehen. Er kani ^In widerwertig-
keit siner frowo vnnd der Pfriinit halb/ mit dem Rate von
BaseL^) Es wurde ihni befohlen, Liestal zu „meiden. "^ Es
scheiut sich al)er mehr um ein Kanzelverbot gehandelt zu
haben; denn die Familie Stör8 blieb in Liostul und Stör
konnte sie bis ins folgende Jahr ungelnndert besuchen.
Aber er scheint sieh mii das Verl»ot nicht gekiinimert zu
haben. Auch viele der übrigen Priester traten R'ir die neue
Lehre ein. Der Rat von Basel Hess danim mn 2G. Juli
1524 f<dgende3 Schreiben nacli Liestal abgehen:
Wir Heinrich meltinger burger me ister vniid der liutt
der Statt Basell Empietenn vnnserem lieben getruwen Nic-
lans Bröttlin sthulthes zii liestall vnseren gras. Ernstlich
befelcliende das du rlem dechan zu Sissach jn Namen vnsser
sagen tiegest. tlas er alle dy Seelsorger vnnd lutpriester ju
81 nein capitel vnnd vnnserem gepiet gesessen vPf «dnen dir
gelegnen tag gen liestall ze kommen verordnen well, den
wollest ernstlicli sagen, das Fy sich gemeinlich vnnd ein
jeder in Sonderheit hinfuro vff den cantzeln vnnd jn jreu
predigen des vunsere mandats vnnd sing Inhalts, dereiin
wir dir hie mit zuschicken vnnd jedem eins liehendigen
solt, halten wellen, diiis keinswegs fürgon, welcher aber das
furer als bishar heacheen fürgot. der sol vnnser schweren
vngnad vnnd straff erwarten sin. dar nach sy sich habenn
zerichten. Wyther wollest meyster sieffan sagenn, das er
sich vnnsers befelchs halt, liestal myd, das nit anders dan
wy jni von vnns erlaubt^ bruch, daran hewysest viinser
sunderlich gut wolgfallenn. Datum Zinstag:^ nacli Jacobi
ap. Anno etc, XXIITL-)
Es ist von Dr. Th. Burckhardt-Biedermann überzeugend
nachgewiesen worden, ■*) dass -das erste öffentliche Doku-
ment in Basels Reformationsgeschichto'' im April oder ilai
*) B. St-A. Pol. M. 4. 3. Verzicht Bersyi.
») B. St.-A. Missivcn 28, 3,
3) Anzeiger für schweizerische Geschichte VIT. n; ff. Basels erste*
HcforBiationsmaDdat.
i
S'"p:-4ir. S^'^r i:. *-=*i:.-r VertrridigTLTjg bei der Ehsfmtaüvn ü.
h-rjn^ ai: Ja* Mar.-la: aasgresprochen hat.
-I>-r g^tig «jor vr.d vatt«rr aller bttrnihenngkeit h^n
T/.i*^h vj Ki'.Jier sir.-r »^-rh-nnd gria^digkiich bemefft. vnd
i:^yi'- gr.a.^ ige o'-erherreri des f?i reicht igen Bats diser löblichen
•TÄtr Ba»*'i har;d mir geb«>tteii vnnd beuolhen nach Im VDd in-
hffir d^R Mandats *». von Ipj Strengen vn EIrsamen wift-
heit :::ir zngeschickt di»s ich «olle predigen anders nit
t\>iZiii all-in die heiigen götlichen vnd biblischen geachrifit.
di>3 ich »lann als der ghoraain mit trüwen sovil mir Got
verlih^n g^than han." Denn die Worte machen den Eindrack.
dasa Stör auf einen grösseren Zeitranm seit dem Erlass des
Mandates zurückV^lickt. wie er mit der Anaetznng im Früh-
ling 1523 tatsächlich gegeben ist. Allein das M^D^lftt
wuMe vielfach nicht beachtet. Im Juni 1524 gab Oekolamptd
sein- *'\yf'i\ beendigten Predigten über den ersten Johannes-
brief heraus und widmet** sie dem Bischof und seinem
Coadjutor. Die freien Worte, die er in dei Vorrede über
die Gei-stli^-hkeit aussprach, mussten die Gegner reizen, E«
war zn l^^fürchten. dass der Kampf an Leidenschaftlichkeit
wiA ScliärJe zunehme. Der Rat von Basel brachte dämm
8"iii Mandat bei d^-r Geistlichkt*it in nachdrückliche Er-
inrj'Tunj^. Denn dass »3 sich in dem Schreiben vom 26. Juli
1524 an den Rat in Liestal um das frühere Mandat handelt
^eht mit Sieherh^'it aus dem Wortlaute hervor. Denn hier
w» rd«'n dio' rreistlichen ermahnt, dass sie -das keinswegs
fürgon- sollt^Mi. «-nt^prechend dem Wortlaut des Mandates
in H<zii^ auf die «ErkanntnuH.- dass wer ..die fürging.*' der
Hollte ..vns» rer schwenT vngnad vnd straff erwarten »m
Hi< nach wiU .sich «dn jeder zurichten.- Gerade darauf aber
le^t nun auch di<* Missive den Nachdruck: ,.Welchor aber
«las fuivM' als bishar l)e8cheen für got. der sol vnser schweren
vij^nad vnnd straff erwarten sin. dar nai'h sj* sich haben Ee
ri( hteii. • I )(M'Rat geht in dioserHinsicht in denFussstapfendes
Bischofs. <l<»r die Prediger 152:5 in den bischöflichen Palast
l)('ri<»f. den Fastenhreehern für diesmal Verzeihung aussprach,
al)«T hei Wiederholung des Vergehens Strafe androhte.')
>) V|;l. Ib. BuTckVi;vTd\- Biedermann a. a. O. Seite 124.
tifcstjdt Pfiirrej" imd Scbulmeifter elc.
4^^
r Was die Aufforderung an Stör betrifft, das« er ,.Lie»tal
kyd das nit anderä dan \vy jm von viiiia tn^aubfr, bmch.^^
b ist daraus nur soviel zu entnelimcn, dass or von Liestal
■cht vdllig vertrieben war, Stör acheint sich uni das Vi^r-
pt nicht g«.*kfmiiuert zu haben. Der Rat von Basel li^^jis
pn ftlso faür»ii. Ijumerhin fand in' in Basel als Beichtvater
bitl Prediger bei den Nonnen iin Kloster (inadental in di»r
palenvoratadt wieder eine Anstellung.
[ Der Rat von Basel machte von seinein Hechte, ab-
pclislnngaweisH die Leutpriosterei zu besetaeiu Gebranch.
[ Am Dienstag nacli Bartholomäus ^) (30* Aug.) 1524 meldet
r nach Liestal. ^/Jass wir den würdigen hern Jergemi Voch-
lan priestern zoigern des brieff« bv uch zu Liestall zu
Inoni Intpriester vnnd Seelsorger vmb gueUes singen vnd
Ifious wyllen Empfangen vnnd angenommen. Ernstlich be-
Püende. da.s jr demselbigen jn geistlichen Sachen wie sich
bn einem Intpriester zu gehorsamen gepürt gewertig vnnd
phorsam sygent guter hoffnung or werd sich nit anders den
Is ©inen frommen andechtigen priester wol zu statt in der
liehen mit singim h?8«'U predigen dejs glichen gegen neh
le gF'nM^iTid mit hantreichung der sacramenten vnnd an-
trei iienstbarlich vnnd erlich haltenn/* V'^ochmajui
lieb liR.rii lange in Liestul Er muss als Altgliinbigi*r be-
■nnt gewesen oder von Stephan Stör der Gemeinde als
ilcher bezeichnet worden sein. Jedenfalls l>emächtigte sich
ir (iemoinde eine gewaltige Spantmng; verschiedene Bürger
fnnlen gefangen genommen und verhört. Lienhart Bar,
piii buwman*^ von Liestal wurde ins (lefüngnie gelegt .,da-
Mnb das er ottlich red hatt gehept mit meister st^^ffan
bm alten lütpriester zu liestaL die wider miner heren bt^
blch g«nveHen viül nil ze triden gedient haben.*^-) Ein
bdentr r»riitt dasselbe Sciiicksal, „vmb sjTier Intery wegi^n,
10 er \mg»^9chicker will gebmcht^" Er wurde am 13. Sep*
pnher 1524 entlausen mit der Warnung, .wo ersieh soUiclier
lllierischer materij nit würde messigi^n vnd dauon abston,
I würden min hernn jnn herter dan yetx bi^seJieen ist
h '*'' mit zitlicher stniff, daa er i^ollt befinden vnrecht
I • !• .St 'A. Mi^etivm« 11^24 DienAlAi; nach ßarlbcvL
1 ^ B. SL-A, tJrpheilcnbiich Hl 34.
44^ Karl Gauss.
getbon haben.-* ^) Besonders aber hatte sich der Kaplan
Sinckentaler hervorgetan. Er machte von seiner Abneigung
gegen den neuen Leutpriest^r kein Hehl. „Von wegen das
er ubeniß luterisch ist vnd jnn wincklen geprediget den
gemeinen man ze bewegen vnd das er vff die Canzel ze
Liestal geschriben / lieber predige nit lügen etc. vnd ander
vngeschicktheiten geübt," wurde er gefangen gelegt, aber
am 17. September wieder freigelassen. ..Ist im onch ver-
botten das er hinfur nit mer soll predigen sunder soll sich
des luterischen leben abthun, oder min herren wellen jnii
von siner pfrund stossen vnd vß dem land lossen schweren.*'*)
Der Kaplan konnte nicht schweigen. Im folgenden Jahre
wenigstens hatte er „weder pfrün noch huss in Liestal.*'*)
Als Sinckentaler hatte weichen müssen, wurde seine
Pfründe nicht wieder besetzt. Denn im Frühjahr 1628
brachte der Schultheiss in Basel folgendes vor: „Es ist ein
pfnmdlin zu Liestal gnannt sannt Chaterinen pfrund ist
yetz by dni jarenn onn satz gsin, hatt ein jar bey XXV
stucken jngonnd sampt einer behusung, welliche zins
bishär niemand jnnzogen vnd vff den armen luten Jon
schuld stann blibonn. Begert der Schultheis von minenn
hemn bschoid, wie er sich damit halten, wer die zins jer-
lichen innziehen vnnd wohin mann dasselbig bewenden
solli.'' Zugleich kam noch eine andere Frage zur Sprache.
„Item das Gotzhus zu Liestal hatt ein hübsche summa jer-
1 icher zinsen jnngonnd vnnd wiwol vor zweyen jarenn all-
wogen mit desselben gotzhus ptlegerenn gerechtnet, so sind
sy allwogenn by Rechnung eben vil schuldig blibenn, aber
nützit darann gebonn oder bezalt, euch es niemand vonn
juen bringeiin mögen. Zudem so ist jnn zweyenn jarenn
den n(»chstenverschinen kein Rechnung mit gmelton pflegemn
b(\schehenn, doshalb noch mor vsstat." Der Schultheiss bat
da SS mit den Pflogorn gorochnet, „das jhenig so sy schuldig
blibonn ingezogonn vnd bezalt werde vnnd wo man als-
dann dasselbig iiinzogonn gut es syg armen lüten oder
') El)enso Ul 34.
') Kbenso HI. 35.
^) B. St.-A. Pol, M 4. 3. Rechtfertigungsschreiben Störs.
tleÄlaVs Wirrer lihil S**HttlmeiÄfer elc«
441
inst liynu venvendeiin söUi.') Dor Schulüieiss Brhieh aiu
fl4. Mürz 1528 Befehl <lie Scltulilner der Katharinpnpfnind
ywie die (lotteshauspfloger aiif DiensUg in döii Ostörfeier-
Itagoii nacli Licätal zu zitieren. ^,da woltomi wir Eiiu^n
insom Bnthsfrnnd oiich daliin verordnmi. der mit dir jr
[fiHor Schuld vnd Handhuig Rfchnnug von jnoii vffnemon
[vtittd dnrandör \vu* sich gepürt handeln wnrdHtli/' ^i Vins weito^
der Sache gegangen 111^ orfahrön wir nicht So viel ist
Yklnr, dass den Lifstalern an der Wi**derh<*setzuitg dor Pfrikndu
liiicht gelogpn war. dass si«.* ein<* andere Verwendimg der
Zinse wünscliten, Dan Amt hatte in der neuen Zeit keine
seinsb<*rechtigung mehr. Das Einkommen der Katliarineij-
[|>f runde Wieb in gesonderter Verwaltung: es betnig l(i(l6:
[in Geld *iH U 12 ,i 2 ^ in Ktinj 21. VrzL 9. Ssh" In IfMl.Mr
10. Vrzl 2. Sstr, l. at. »1
Aacli Voc'hniann nius^te w»-'iehen^ naclidem er kavtm
fein«* Woche, jedenfalls mir über einen Sonntag (4. Sep-
llomber) in Liestal gewiesen war. Leider erfahren wir nichts
[gi^nanerea, wie mit ihm gehandelt wonh^n Ut Aber schon
|flin naelr^ten Sonntag fll. Septemb#*r) betrat Hans Bruwiler
ii» Kanztd. %vie wir ans den^ Schreiben erfahren, da«
rhaltheisB und Bat von Liestal am Honntag vor Matthaus
[18. Si'pt.f tiach BaiJel sandten.*) ..Dem noch u. g, vnns ge-
Bchribenn eins lutpriesters halb, do <lenn mit gehandelt als
g. wol wissendt. Nun kuujpt zuo \T>ns der winlig Hr.
lanns bniwiler von sannt gallen (fiht vnjis ftir, wie er von
ninseren gn*^digrn hernn dt*n höupteren zun vnns gi:wisefl
id wenlent berieht. cla« er ein glitte «yt ssuo sannt alban
id sannt Jnder gedient, do mit wir wellen vermeinen
l. g. wol erkannt sin/* Am IL und LS. Sept<-»nd>er pnHligto
L*r »las ..gotzwort*' und fand das Wohlgefallen der gun^sen
^meinde nml ihrer Vorsteher. .,Do ist an nwer gnad vnnser
lomütig ernstlich pitt. so er ti. g. angenem vnd äiio willen^
den verwilligen, sind wir in hoFfnung, er wenio «ich
^ St.»A, BäJ^eUAnd Ude J, Nr, 4,
"^ B. St-A. Miifcivcti t|. MÄTi 1 $J8.
•> ßrodbeck: Gc*chichte der Sudt Ljc»uI. S. Im
^ St.A. ritvcILmd I^ide 3* Kr. 14. P. BttrokhArtic ä^ütc 14« Aum. l tiAl
I^Ml MiLltbeu«» M.ttlhtas $»ele«eti.
:»■ T.:
»• ' . i. ■■ , .
- .. ?. >. \A- V..:_;.:
— .:- i^;^-: r.rtl.i.:-:, :!.:
:: i z i:;»:^5 r,vri' h---::.. -i:
: -:r. : : v v:::.- .1 . -iv •:
■■.•.':' '! :::iir iJoii- .-i:;!
. = • :■■-;• .t.-j: nr-. i: der ;:ei::;:-
tSütatf PEmrrr nod Sfchnlmristcr ctc.
443
iclwi: ..wir iiitt inacUt geliept zt» l>«*willigeu on viiseni
!t vnd gemein dt so wir rmn iiitHi solichs für gsclilagfn
^Tmenend sy ab in» vordem solich pfrund hegobt viui
eiii prieskT viid me.siHUabrii gestifftet vud der redt uochi
der mi9€tüeii halb vsggond, die messen don seien oitt
ierlich das do in^r vorderen mo^Tiung sclileehti glitt VBd
dor goftes ere bosclieheii^ vud so «*8 dv»n s*»len nitt trost-
So schade es inen nützit viid wellen niitt einhälig
imm solichs hlyben hissen, vnd wie wir vor ouch ge-
iribr*n die wyl doch die hoehe stifft sich des kilchensatz
ad d«r Ifitpri^tc^ry ouch obcrkeit do s*?lbs vennoindt xe
iben So syen sy schuldig, d^n gottsdienst vnd sin wonlt
fürdfjren, ze vffneu vnd vss irou drv*en teilen des zendens
wir geben dor vnib sy vnn« nützit tundt» vnd doch dur-
venvidraet ze ennthalten vnd dem so das gotZAVort ver-
ind»>t vnd predg^t nueh sinem Stadt ze versolden denn das
Jir vff a, g, cpuirt gunngen ist iiitt \ntin.ser ujeynung, dann
it achten das solicher fierteil vnd quart die anderen dryg
1, die 8y am zenden haben ze bescliinuen oder wie dem
fc, alü* wir denn nitt wyssen, do by wir es lossen blyben.
2h vnnser meinung gründet dur \^, das die hoche stifft
inldig sye vnnst^r kilchen vnd vnns mit dem gotts wort
den dryen teilen des zenndens, den wir geben vnd ilor-
sy ynins nützt tund erlich zuo vnderhalten^ do mitt
Itifl doran kein luangell vnd gebreat entstände vud siuuier-
80 der yet^ig vnnser lütpriester, der vnns angenaem
^mftgon do mitt er by vnns plyben vnd nitt von vnna ge-
sandt werde. *^ Sie bitien danim: ^ü. g. welle vuns vnd
aier gemein zuo mw»^n friden vnd grossem ci>8teD, so wir
' pt vnaerzogenlich belffen. dann es
Uli wirr vnnser )ütpri«»st*»r hoch an-
i(trengt domitt er vnnn onntgon ^lid äorgen ilas vnn9 ein
idorer -yffgelegt der vuns nitt «0 angnemJ* Sie er-
öD daher ,^ein vnnerxogen anntworl,***) Wie die Ani-
Hfidgetallen i(«t, vornehmen wir nicht. Aber soviel ij<t
Johannes Bmwiler blieb in Liej»t4d bi» au «»eineui
^do im Jatm» 1540. Kr wird bezeichnet als Hr docm** et
^ Hl*A Ibselländ Ud*
Zeibctif L GcfctL imil Altertum. VII, 2.
444 Karl Gauss.
inagnae staüirae qni in juventute miles fiiit. militavit tandeni
in castris Christi pro Evangelio LiechstÄÜi promulgando.
lieber Stephan Störs weiteres Ergehen sind wir nicht
genauer unterrichtet. ') Er flüchtete aus Liestal: „wie icb
aber inerck die grossen vngnad myner herm wider mich ver-
nani ouch jr trouwen ouch dasse also streflich mit dem
Sinckentaller gehandlett. den icli wüst vnschuldig sein ouch der
liott von Liestall mir vntreuw was .... vnd durch gut
frund gewarnnet wartt, bin ich vff Sontag zum thor vß
hoitrichs tags hinweg zogen . '• -) Anfangs Januar 1 526 tauchte er
in Strassburg auf, wird dort gefangen gesetzt Am 24. Februar
bittet der Rat von Basel die Strassburger, Stephan Stör
noch länger auf Basels Kosten im Gefängnis zu halten.
Anfangs April lag er noch gefangen, jedoch hoffte Capito
auf seine Freilassung. Nach einer Bemerkung von Markos
Lutz ist Stör 1629 gestorben.'*)
Jakob Ritter berichtet über die „Ministri in Lausen et
ludimoderatrores in Liecht^talP': Cum in oppido Liechtstalio
veritas Evangelica iam incepisset fulgere, quam glisC'ente
tnmultu Rusticano Catabaptista zizania exstinguere conabator.
praefuerunt duo f rat res germani Loonhardus et Foelix dicti
zuDi Stall. Unns praeerat Ecclesiae alter scholae: qui ant«
ca])ellani fuerant." M In Uebereinstimmung damit verzeichnet
das Äniterbuch und Biiickner:^) 1524 Felix und Leonhard
zum Stahl genannt, Brüder; der einte war Prediger, und
d<M- andere Schulmeister. Unrichtig ist die Jahrzahl 1524.
Leonhard zum Stahl, der Schulmeister musste schon 1522
Johannes Gelthauser weichen. Felix oder gewöhnlich Hans
VAix war Pfarrer von Munzach.*)
AVann die Schule in Liestal entstanden ist, lässt sich zwar
nicht ermitteln, dagegen aber ist gewiss, dass sie ihre Ent-
stehung 7iicht den Anregungen der Reformation zu ve^
') Paul Burckhardt a. a. (). Seite 08.
-) Pol. ^^. 4. 3. Bericht Störs. Es war der 7. Mai 1525.
^) Vatcii. P.ibl. O. 34 Die Bemerkung verdient darum Beachtung, weil
Lut/ auch richtijT mitteilt: „Stephan Störr wurde 1512 zum Leutpriester von
Licstal gewählt.**
*) L'niversiiätsbibli(nhek: Kirchcnbihliothek von Ant. Falkeiscn a.a.O.
•') Brückner 1 1 2 i .
*i Urphedcnbiich Üez. 1527.
Lfestfth Pfüfver tißd SfhtolmelÄter etc.
445
ten hat. ^) Denn schon im Jahre 1492 wird der Schill-
ieiMrr von Liostal erwähnt. Es hinden natürlich nichts^
|e Gründling lioch woiti?r hinaiifziisotÄL*ij; allein sirlifn«
jhricht liegt wenigstens bis heute nicht vor,
Die Geöchichte der Liestaler Schule setzt ausperordent-
[;b dramatisch ein, -^ Ini gi^-nanriten Jahn.« 1492 w^irfh> der
cluü ine ister hart angefnchten. Es war dazu gekommen.
einige Leute ^vä, offener straß vS ju gewartet vnd
rstauden Imbeii. vom lebnn zu dem tode ze bringen.^
['hnlmeisti:r hatte sich tapfer gewehrt und war seinen
rängern glücklicli entronnen* In einem Schreiben hatte
fr Rat sicli des angefnchten »»n Mannes angenommen und
^D selbst zu dem ^'ersp rechen bewogen. Liostal zu ver-
men. Was der Grund der Erregung gewesen ist, erfahren
ir niclit, nur so viel geht hervor, dass sehr schwer wiegende
dagon gegen ihn erhoben worden waren. Eine gericbt-
:*he Verhanclhing sollte stattfinden» da ^Er vmb all hendel
cht wol liden mag bede vor vns oder uch.*^ Allein ohne
?ii gt*richtUchen Entscheid abzuwarten, waren tlie Liestaler
;on den Schulmeii^ier vorgegangen* Der Rat von Basel
^mch ihirnm sein Befremden aus. dass die Angreifer .vnge*
ft sollen ußgan / vnd der sich sins lebeus hatt müssen
reren. sol in straff genonjen werden. / Vnd darzu nach-
lals in sorgen leben y tiessglichon dz jr jm sine schlosao
;etan haben vor vnd Ee rechtlich vßhinden worden, valleß
oder nit zu dem selber an offener tatt betrett^n noch
m warlich uberseit,"
Damm verhmgte nun auch der Rat mn 2 L März 1492;
Vnd danimbe so ist vnser ernstlich meynung \Tid wollen
jr jn vnangefochteii des «»ides uLs Er geschwtiren hatl sich
>n uvli ze tund^ sin zyl vü oder zum minsten biß pfingsten
uch enthalten vnd by ainem ampt bliben laßen sich in
iiHler zyt witter nioge vorsehen vnd jn nit also zu sumpt
!?m schaden jm zugefügt vnnd schult so yhmils vim nch
i?n vnd nch sins erbiettens y des schweren« vnd auch dt*s
chtan ob jn yonnvnd des liii verdragen mag benügen
*) J* ^V. Hcs«. Gcftchicbto d«f Schulwesens der LantJAchiin Ba«cl h\s
Pjo ni BAftier Beiträge XtV 12^. tJ^y
>) II . St.'A* XUu-itcR. I4«ii. Mittiroi.ti vot Scmjitui; ÜcuU.
44^ Karl Gauss.
lassen vnd sin widersecher wa das stist nüt bescheen ist
in trostiing nemen vnd darüber nit gestatten jm einigerley
vnfiig zuzefiigen vnd schult / denn solte jm dariiber über
sin erbietten Rechtens vnd siist utzit begegnen, were mis
ganz missfellig . . .
Ob der Schulmeister vom Rat in Basel oder von der
Bürgerschaft in Liestal angestellt war. geht aus dem ganzen
Handel nicht deutlich hervor. Doch scheint eher die Ge-
meinde das Recht der Berufimg gehabt zu haben ; so erklärt
sich am besten die nicht allzu unfreundliche Sprache, mid
der Ausdruck, sie möchten den Mann bei seinem Amte
hleil)en lassen.
Was in dieser ältesten Schule gelehrt worden ist. wird
uns zwar nicht ausdrücklich berichtet ; dagegen erlaubt uns
eine Bemerkung Jakob Ritters aus dem Jahre 1588 einen
Rückscliluss, der uns zeigt, was eigentlich das Ziel der alten
Schule war. Nachdem er die Geistlichkeit von Liestal uns
vor Augen geführt hat, fährt er fort: Uli ante reformationem
rexenint scholam an unus ex illis, qui pueros cantus missales
et antiphonos docere potuit et illis in templo praecinere nam
multos habui ante octodeciiu annos civos artifices et rusticos.
(jui hymnos latinos, symbolum Nicenum. Salve regina et
antiphonos ogrogias potuenmt cantu proferre. At nunc
latina lingua non curatur. pauci sunt, qui hanc addiscere
Student apud nos."M Der Unterricht, den nur Knaben g»-
nossen, hatte kirchliolio Abzweckung. Mit der Refonnati«m
wurdo der Unterricht in der lateinischen Sprache daniin
aufgogoben.
Dreissig Jahre später liegt die Sache in diesem Punkte
klarer. I)«n* Rat von Basel berief den Schulmeist*?r iü
Liostal. Als nämlich im Jahre 1581 die Pfarrei von Mun-
zach frei geworden -i war, erschien vor Schultheiss und Rath
von Liostiil Jakol) (irelthauser. damals deutscher Prediger
in ]\Iurten, vor Schultheiss und Kath in Liestal und gab
..Icngs nach'' zu vorstehen. .,demnach vnd erstens sein ge-
'i ITnivcrsitätsbihliothck Basel. Ivircbcnbibliothek, Ant. Falkci>en a. aA».
/) St.-A. Baselland. Liestalcr Amt Lade 2 B i. Munzach.
li^btör großvater Ruoclolö Rickher ^) seliger vH Onaden
. Sty F. E. Wyf. d<*n Kilt^heutlionst zii Tennickgen vü die sechs
[vndtzwäiiUig Jhar versehen Volgoiidta auch seit» lieber Vatier
lobunot^s Gellthanser durch Wylandt den Ehr\\itrdrigeii
it»chgHlol»rt*'n Hi^rm Johami Oecolainpadinm am-h Vjuide
*lig, vndt aaderei herreii mehr in Anno 1522*^} zti Schul-
itfistüiii by vns in E. G. Stadt Liechstall promoviert worden»
i^clion dienst nr otUche Jhar mit vlyssigüm vndi»rrichten
li»r jngondt gotrag(3n, LotztlichLMi auch di*> Pfarr Mnntzach
Ivndt Helfferie by vns vff die achtzehn jhar lang embsig-
liclien verrichtet.^ Zaniichst hat sich der Enkel geirrt, wenn
^i»r meint, daU rjecohunpmi seinen Großvater eingeführt habe.
)agogen entnehmen wir dieser Aussage das Zeugnis, dass
Vu* übrigkeit von Basel den Mann in den SchHldiend be-
ifen hat. Richtig ist weiterhin» dass Johann Gelthuser 18
Jahre in Liestal im Amte gestanden. 1540 siedelte er nach
Äafrdfingen \i{un*j nachdem rr sich mit tlem alternden Lent-
Priester von Liostal, .bdiannes Bmwiler« iiberworfen hatto.
tin tialire I5'i4 wird «*r von Bnickner il211) als Ptarrer von
iMunzaeli aiügt^ttllirt. Das i?^t unrichtig. Denn erst im Jalii'e
1&36 ist Johannes Ilfeld, genannt Gelthauser. Pfarrer von
hinzach geworden. Am B. Oktober lB8(i wurde ihm von
Ijiinker Hern mann von Offenburg, *deju rechtiMi Lehen Herr
[der Pfnind Man zach '*.'** die Seolsorge dieser Pfarrei übor-
tragen« *mit gedinge, das Ich onch hineben den helfferstand
*i Kicker war oUiio ^ro$«e ßtidung. Schon aar der ersten Synode batte
nor n gesell ihn. licss ihn aber yorlntifig: M^iÖ vff denn nechst^n
j»|T*' ^r studieren vnd wy er sich selb crbottco hatt hc&sern. Kirchen-
ktcti C« 3. Anfdcr Herb&tsynode 1539 wird über ihn vcrfügi: ,,Her Rudolü
er Pfarrer /.u Tcnnikeu wyl man Ion plyben bis vff ibs nechät Examen,
»11 er studieren vnnd sich Uei»sercii wo das nit wtrd man tu taren losseo,
*) J. Kitler notiert: Anno Damini ifi^i |irafmt |^rochi(» Muniacheuti
IJottanneK Hndtfelder dtcttis Geldthmer, quL propter disiidium erga pastorem
IX^ecbtfttalien&en) Joannem BruwÜerum Leiiffelfingatn pr<niiolns oftt* Daran bt
[lichtji^, das« JIfcld vnr 1524 in Licstal wirkte, nnrichlt(r» dtUM er »ofbrl
von M anzach |(e worden «oi.
^l Kirchenbuci} von Mtinx^iih.
■SäSbrifc
Liestals Pfarrer tmd Schulmebtcr ctc«
449
^KD^r erste, der zii diene m Doppelainte benü'eii wurde '. war
^■Johannes Ilfeld, Er bezog dahor das Pfruitdliaiis des Muii-
^B zacher Priesters, das schon langst aus dein abgegangenen
H Dorfe nach Liestal verlegt worden war. Wichtig aljer i^t
^B die Bestimmnug, dass dor neue Pfarrer den Dienst in Mnüzach
■ pSelbselgener porson" zu besorgen hatte. Das detitet wohl
^B daran! hin, dass die Vorgänger die Pfründe genossen, abt*r
Hdie Funktionen wenigstens zeitweise einem Vikar über-
Hlaasen hatten.
^m In Mnnzarh hat nach Bnickner * / schrni 1516 Heinrich
^BSchiUing als Priester geanitet. Oh die Nntiz richtig ist,
^ncann fraglich erscheinen. Aiisgeschlossen ist die Möglich-
H^^keit nicht. Aber sovieJ ijit sieher, dass in den Tagen der
B Entscheidung Hans Felix zum Stahl Pforrer in Munzach
Hivar^ und wir wurden aus der Notiz Ritters*) schliessen
^tdürfen, dasä dieser in Munzach Pfarrer wurde, als dii^ re-
■ forma torische Bewegung greifbare (Testalt annahm. Schilling
■ müsste der Unruhe aus dem Wege gegangen sein.
^K Hans Felix liess sich von Stephan Stör in die Unruhen
Hdes Bauernkrieges hineinziehen und spielte eine nicJit gerade
■ besonders rühmliche Rolle. Stephan Stör'*) sagt von ihm
^Izu einem der Fülirer: ^Er ist doch im Anfang by vc!i ge-
^vwefien, do ir gon Olsperg seint zogen vnd hett sich niitt
e^'^d zu veh verpnnden/* Er hat den ^vergifTen schantlichen''
Brief eopiert, den Stör an die Zünfte geschriehen hat. Er
I scheint etwas unselbständig gewesen zu sein. Wenigstens
behauptet er im Verhör: Er ^sye an der Gemeinde gsin^
eber nit bitz zu Ende, dann sin imtier jnn hiesse hinweg
gon*"" Er seheint also auch in Liestal aufgewachsen zu sein.
Immerhin konnte er damals bleiben. Iiu Dezember ir>27 da-
gegen finden wir ihn in ünterüruchungshaft, weil er sich zu ver-
heiraten gewagt hatte. Er hatte genn^int, or hal>e eine ehrsann^
■Tochter zur Ehe genommen und habe vor Rat di»» Herren
gnngsam überzeugt, ,,das er sy vffreclit vnd redlich zu der eu
^genommen. ^ Er wnirde aus der Haft entlassen. Es wurde
^Ldorbi die sach und diser Handel im heimgesetzt, das er
^^ ') ßruckncr 1 1 2 i .
^^^^ *) Siehe ot)cu Seite.
^^H^ a) B. St. A. Pol. M. 4, 3.
l
4r^^^ Karl Gauss.
lug. wie t*r witer mit der guten Docter und sust nocher
kuni."') Wio lange er in Liestal noch geblieben ist, ist
nicht bekannt. Jedenfalls hat er vor der ersten STOoJe
1529 das Land verlassen und wurde im Bemerland Pfarrer.^
Das Jahr 1529 brachte wieder Veränderungen. Lent-
priester in Liestal blieb Johannes Bmwiler. Johannes II-
leid rückte zum Diakon in Liestal vor. Auf der ersten
S^Tiode am 11. Mai war er «noch nit presentiert*^. Im Schnl-
uieisteramte sollte er durch Hans Kuchenacker ersetzt werden.
Munzach war frei. Erst im Herbst tritt hier Peter Beck,
vorher Pfarrer in Oltingen, auf.
Hans Ruchenacker wird auf den drei ersten Synoden
als Schulmeister von Liestal bezeichnet, auf der Synode im
Herbst 163U erscheint er als Pfarrer zu Liestal, später wieder
als Schulmeister. Er vereinigte das Amt eines Warrers zu
Lausen und des Schulmeisters zu Liestal.")
Im Herbst 1530 und 1531 erscheint Heinrich Schilling
als Pfarrer und Kai)lan auf Farnsburg. 1533 tritt wieder
auf ..Her Heinrich Schilling pfarher zu Munzach pfarher zu
Arisdorl." Und im folgenden Jahre auf der Frühjahrssynode
1534 begegnen wir .^Heinrich Schilling pfarher zu Munzach,
Hiins Ruchenacker ])farh(»r zu Arisdorf >^ Zum letzten Mal
«M'scheint er auf der Synode am 6. Juni 1536 als Munziicher
Pfarrer. Er wurde nachher Pfarrer in Sissach. Sein Nach-
f(>l*!:tM' wird Johannes Tlfeld. <ler am 5. Juni 1537 neben
') r. Hiirikhanlt. Die Hakler Täufer. 7c).
') Uli diio fratrcs invisi inatjisliatui et subtlitis in cxiliiini acti sunt, tarne«
su>ccpti a Berncnsibii^ ad niinisteriuni pracdicationis admissi, honestc et pic
otVicio suo fun;;entcs ad provcotain aetatcm perveuientes in agro Bcrnensi huic
vitae tinein fecerunt. Jakob Ritter in Kirchenbibliothek Ant. Falkeiseu a. a. 0.
•'» KircheiiactcM (" \. Liber synodorum.
Unrichtig ist die Angabe Jac. Rytcr.>, (Kirchenbibliothek von Ant
Falkeiseu a. a. O. „Anno 152; WoltTj»angus Fries solae pracfuit scholae'*
cben-o, wenn er /u 152«) WoliTj^anj^' Frisiu.s Salodorensis als Pfarrer voi
Munzach notiert, und auch die Anjjabe Brückners (1121), der 1537 Fries al
Pfarrer von Lau.-en aufführt. Fries wird 1540 Helfer in Liestal uud Pfarre
j von Munzach
LicstaU Pfarrer unil Schitlmcistcr etc.
451
aus Bruwiler von Liestal als „diacou viid pfarher zu
UDzacli** auigefüiirt wircL*)
Als 1632 Arisdorf an Basel übergegangen war und
einrieb Schilling bald darauf sein Pfarramt niedergelegt
tte, \iairde bestiiniiit, dasä Ruehünaokor „sy (die von Lausen)
,d die von Arisdorf miteinanderen versächen sot.^*-) Ganz
ichtig ist es danim nicht, was Ritter sehreibt: et primus
lit in Arisdorff eünti*»nator, cmu iötuni pagum noster
(agistrattis a Nobillbns Baris eniissent/) da vor Ruchen-
acker Heinrich Sehilling mindestens ein Jahr in Arisdorf
^ein Amt verwaltet hattt«. Riichenacker blieb gleichwohl
in Liestal. Als er 153li das Doppelamt eines Pfarrers von
Lausen iind Schulmeisters von Liestal aufgab, und er von
Liestal .,Arißdorf mit predigen zu versächen'' hatte, bezog
er gleichwohl »,eben manig stuck ouch jngan, das den von
Langson har jnie vor jaren als er sy vnd die von Arisdorf
jniteinanderen vorsäehen 8ot vorurdnet was worden/'*) Noch
am 7- Januar 1549 wird erwähnt, dass nelion dem Hochstiit,
daa einen ^Jiübschen Zehnden*^ von Lfvusen besitze, ,,auch
ein anderer als Herr Hans Rhuhenacker so Arisdorf ver-
aiciir mee nutzung dahär habe dan ein predicant zu Lang-
Bon/*^) Immerhin war im Jahre 1540 bestimmt worden,
„Her Hans Richenacker, so eben ein gute pfnind vnd
jjit vil darub zuthimd hat, dem Schulmeister a!le wercktag
zwe Stund die Eine vor Mitten tag vnnd die andere darnach
in der Schuolen behelffen sye vimd die knaben verheren
helffe/*«)
E*| Gemler (Universität^bibliolhek KircheiibiblJothek Aot Falkeisca Maims*
ipl et im^res&ä ecclesia^tica , ..C IV i. Verzeichnis der Pfarrer) führt für
_!h Jahr 1 559 aU Pfarrer von Lausen auf: Jacobus Rotwilensjs hämo irocundus
et pugoaxp der „Bretzwibm post tnuislatus." 1 539 alicr war Jcrg Gass noch
In diesem Amte. Dagegen erscheint Jakob Eii von Rolwil bei Brückner 1535
choQ in Brctxwil, Aber auch das ist unrichtig» denn vom Herb5^t 1531 bis
1542 ist Lienhardt Eppingcr Pfarrer von Bretzwil gewesen.
*) St,.A. Basdiand L4. C I.
•) KircbenbibliotKck. Ant. Falkeißcn a. a. O,
*) St.-A, Baselland L 4, C r.
*) St.-A. Baselland L 4. C 3,
•^ Sl-A. Basdiand. Dcputatcnarchiv C A. Lici^tal Nr. 10.
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v-r-.,.^'.: ;■ ;. :. ;ri'ä-*:^' L.i* i^.-r snzrrisniig iv:»r »^r ;:.r.
1 K.-;r.di
Ltestuls Pfarrer und Schulmeister etc.
453
Keinem Htiss da vil vnlusts vnd geschmack« druixib syge
{welches ju oudi an gsundheit bindori, ja zu b**sorgen das
[die kiüd oder Jugent so jnü die sclial gan sollen, oiich vn-
jgsund worden möchten. Mit begür Diewil docli der gwalt
lOottös an jm regieri das man jme die arbeit vnd müg jim
Iversechung der Schul abnemen vnd jme vmb ein ander i
behusung helHen ouch darneben nüdt dosteweniger die
iungen knallen deren eeben ein hüpöchi Zal zu disem llecki^n
it- einem anderen vermöglichen ziichtmeisfcer versorgen
^tliun Wi'ille. Doch das man jm sinen Ion was jm vntzhür
l geordnet worden zo geben filrer vnabbrüclilicli werden lasün
lao welle er dennoch t nüdt dest minder die pfrand zu Lang-
[eon vor der Statt Liechstal ob sich vff gelegen, all Sontag
' mit der predig wie bissher dessglichen viis zu Liochstal so
man sy bgere vnderdiow^'sen sydmal vnser Liitpriester ouch
eilend vnd übelmögend an einen Sontag oder sust jnn dHi:
wucherij ouch so uil jm müglich ze thundj predigeri vnd
mit heimsuchung der kranken, sich nit wideren/ Dann
heisat es weiter: ^Sidmal dann sin blödigkeit ougenschein-
klicb vnd er by einem vierwil Jar nundaling also gangen
Vist searwent dardurch die jugent sich übel verlegen vnd
Bdliein bessening allidiewil als er sagt jnn dem huss syg
B znnerhoffen, so ist sinenthalb ouch von viins<^rer kindeii
vnd jugent wegen an ü. E. v. w. vnser gar vntlertlieiiig bitt
vnd beger dessglychen vnseres lütpriesters, so ouch für jn
I^gbÖtten, vns mit einem anderen Schul oder Zuchtmeister
znnersechen jn ouch mit einer anderen behusung zu l»e-
sorgenj)
Die Antwort lief nicht so rasch ein. Die ganze An-
gelegenheit wurde genauer untersucht und beraten. Uel>er
die Entscheidung des Rates gibt das folgende Aktenstück
interessanto Auskunft.
^ Instruction,*) was vnsero Verordnette Deputaten mit den
Vnsern zn Liestal von wegen der Schiiol handlen vnd ver-
ordnen sollend,
») St-A. Baselland L 3. Nr. 5J.
') Liest Deputateoarchiv C. A Liestal Nr. 10.
454 Karl Gauss.
Diewyl das Allt huss, zu der Schneien der gelegenheit
vnnd jngebuws halben nit vngeschickt, Lassend wirs darby
pliben, das die Schnei jin alten hnss vngeendret plibe. /
Damit vnnd aber, der eilend geschmack, damit die
Schuel (wie man eigentlich achten miiss) bisshar so jemer-
lich vergifftet worden / hinfur verhütet vnd abgestellt werden/
Sollend vnsere Botten Einem Erbaren Bath zu Liestall an-
zeigen / vnnd ernstlich beitelchen /
Für das Erst / das panthaleon Singysen allt Schultheisa/
Sinen Schwinstal By der Schuole von Stund an dannen
tun / vnd an andern Ort, da der gestank vnd geschmadr
niemanden jrre, von der Schuol hinweg setzen solle. /
Zum andern / das der graben / der neben der Schul hin-
get, von Oben harus durchunder besetzt vnd dermassen zu-
gricht werde / das die vngesuber von den primaten, da
herab vnuerschwellt fliessen mvge darub ouch der Bach all
wuchen, so man den jn die Stat louffen lat, also geteylt
sol werden, das er durch disen graben auch lauffen, das
vngesubr hinflössen möge. Vnd so wend die vnseren von
Liestal jnsehen thun / vnd uerschaffen das Stein vnnd Sand
zu diser besetze one verzug vff die walstat gefront, vnd
ouch der graben gesubret werde. So wollen wir den be-
sotzerlon abrichten lassen.
Zu dem dritten sol der Ricker sine wasserstein der
jus Schulgesslein harussgat. darzu all andere wasserstein.
so jus spitallgesslin, vnd anderen orten sind, jnfassen, vnnd
das wassor mit einem Tuchel an der Muren hinab leiten
damit niemands bescholten vnd nit so ein Wüsthi sye, Es
sol ouch disor Ricker sinen gang gegen der primaten jn-
massen besorgen vnd verschlahen, damit niemands da haruss
harin«^n möge /
Zu dem vierden. Demnach hoch von nöten vnnd gut
das die Jugend jn der Schuol recht vnderwisen werde, will
vniis gefallen, das Her Hans Richenacker, so eben ein
f^ute pfrund vnd nit vil darub zuthund hat, dem Schul-
inoister alle Werktag zwe Stund, die Eine vor Mittentag
vnnd die andere daniach, jn der Schuolen behelffen sye,
vnnd die knaben verheren helffe /
Ltestals P^irrer und Schul meistor etc.
^!>5
I Zu dein fuTiffteii, das Ein Schiilmeisti^r deiätt?r besser
kchinng All den knabeii habe, will vnns gefalleu, wan einer
■Bin kind jii dir Scliul tut, das der zum Sclmliindster gienge,
IvDd jm sin kind empfehle, damit Ers jnsohriben lili vnd
borg zn jm haben kenne^ Vmid das ouch ein jeder Alle
Ifroiifa-steTu dem Seimolmeister von Einem kind zweu pla*
Ipharr^ wie hie jn der Stat Leergellt geben. t>as geschieht
lilazu das die ho in die Schul giengen vUsdg lerend vnd
Wie Eltern jr gelt Dit vergebens vss gebend, vnnd die vn-
fflissigen kiiaben. die nit wend b^ren sonder sieh selber vnnd
landere irend / schwetzend vnnd vnghick machend, daheim
Iplibend / die Sclmolen nit sumond, vnd die Eltern jr gellt
nm jnen sparend.
I Dem allen sollend die vnseren von Liestall mit vliüs
Ivxid Ernst nachkomen, vnnd sich dermassen erzeigen, das
Iwir vnnd mencklich sehen mnge. das jnen jr jiigenti vnnd
pcind lieb vnd sy dieselben wohl vnnd Recht zeerziohen,
kiit' mindt*rs geneigt syend» dann wir dfis gern sehend wie
Uanii die verordnetten werdend anznzeigeu wissen.
I Actum SarapstagB den XXV tag Sepiembria
Ao XL. J. H. Ry hiner Stattschriben
I Bmckuer nennt zum Jahm 1541 Philipp Marter, Jakob
Däitter setzt ihn mit Riuht uis Jahr 1518, wo er gestorben
uL^) Uebereinstimmeud wird für das Jahr 1542 Matthias
iBeidensticker genannt. Die Namen einiger anderer aus den
Ijahren 154(J — 1543 sind uns verloren gegangen. Denn nach
Idem Rücktritt oder Tod des Jerg Class kam die Schule in
iLiei^tai rasch hintereinamler in andere Hände. Im August
|1543 näfiiliüh beklagten sich die Untertanen von linsen,
l^wie vntzliär jnn kiirtzen jaren »y etwan munig seelsjorger
hmd predicanten ghept vnd keiner pliplich sin wollo^ vr-
paohen wegen jr coiypetens das ist jr geschöpfter lydlou
KU ring vnd cleinfii€*g syge Mit dei^elbigen sy nit vü
Bdiamen noch sich betragen mügen*'^ Es war ihnen ein
K}oi*n im Auge, dass ihn- Arisdurfer Pfarrer immer noch
felBcn Teil der Lausener Pfründe gono^s. und sie meinten
nleshjilb: «V'nd ao wan diser yetziger ir ir^nirdneter dienor
1 Htihjbiioibok Am. Falkeiitö a. js. i*
1 ,
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^ i
iraogcn ilii' Liestalor nui eine Besserstellung. Dio Be-
' ' 'u ohiie Erfolg g«^bliol»t-n zn sein. Denn
ml Battiiianii, Airi 12, Juli 15Bü weiaeu
li# Wocliermiisgal>en von Basel auf: Item X ß einem so
?Kullmeister stu Lioohstall ta* wi^deTi verweTHi.'j 1551
luden wir Johannes Petri, 1562 MattJiias Zimmer.'**
Di*-' Pfftrroi Utustm und da^ Schul moistenimr in Lioistal
irtle ttl*^ S|)ningbrett in eino bessere Stelle betrachtet und
fbenützt. auch noch im folgenilen Jalirhunflert, wo ver*
lmchin<h*nr' Basier^ ^liu irn Toggenburg gt^amtet liatleUt vor-
iborgeheiid die Pfarrei Limsen zu besorgen hatten, Dasa
inter 9olrht*n Umständen und namentlich bei dem geringen
Einkommen nicht imoicr die tüchtigi^t*»n zu diesem Auite
ttimen* ist nicht verwunderlich. Schlimmer aber war dio
aineiude wohl schwerlich einmal bedient als im Jahre 161 L
ll^a spit»lte sich folgende (Tf»schichtt* ab. An die erh^digte
'farriit'dlo hatte steh Blesi Diilar gemeldet: er war ange-
lommen wonlon, r^ill er d^inuilen fürgegeben, dasa Veronica
?chodolerin sein fludruw Si»ige.** Dit* Frau witrde aber bald
«lif einem Diebstahl ertappt» Das saubere Paar wurde zur
ift gezogen. Da stellte sich heraus, daas Didar ein Mesa*
>rie8ter war nn<I die Diebin seine Concubiue. Die Täterin
ftnirde an den Pranger gestellt und samt dem Messpfaffen
von Stadi und Litnd v**rvviesen.*)
Wir fass«?n hier da« Ergebni.s muh kurz zusammen.
iDas Amt de« Leutpriesters von Liestal ging in die neue
l^eit hinül)en Es wurde versehen von Stephan Stör 1512
»is im Sommer 1524 Es folgte ihm f(\r ganz kuiv.e Zeit
[Ji^rg Vocbmann. Dann übernahm es Hans Bruwiler. der
[liis ÄU seinem 1540 erfolgteti Tode in Liestal blieb.
Als Kaplan wirkte* bis zum Bauernkrieg HeifirichSincken-
|tiiler. Einige Jahre* bis 152i», blieb die Stelle verwaist. Da-
mals rückte Johannes Ilfeld als THakon nach. Das Amt ging
aber 15'^(J ein, als «*s mit diM* PlVronlr \i>ti Mnnzurh vt*r*-
liebmobEen wurde.
', IL si A, VVodieadmt^bcn.
'^ Brückner liir
* li.St,-A. Ratiprotoltolle sj.MAnB s6fi.
Miszellen.
Die Crabschrift der Cocusia Masucia Im Historischen Museum
^h Diis Historische Museum bewahrt eine kleine Steinplatte mit
echszciligcn Grahschrih einer COCVSIA MASVCIA. Die In-
hrftt Ist in Mommsens Inscriptiones confoederalionis Helvelicae latinae
tltt Nummer 292 aulgefuhrt mit der Angabe: rep. 18CK^ ad Bnsel -Angst.
ainiJe Basileae apad Bnrckh.irdt-Wild, nunc in museo. Im Corpus Inscrip-
ontim lalinarüm Band Xlli, II, I trägt sie die Nummer 5285 und ist von
rier gleichen Fundorlsnotiz begleitet.
Nun ist das Historische Museum im Jahr 1907 In den Besitz eines
Iisgabenbuches des obgenannten Sammlers Burckhardl-Wild gelangt, in
elchem derselbe die Erwerbungen tUr sein Curiositätencabinei in den
Uhren 1770 bis 1786 eintrug (Bibl. d. Histor. Museums A toi 21). Das
ach ist mm grossen Teil sehr sorgfältig geführt und vielf,ich durch kleine
der erworbenen Gegenstände illustriert Auf Seite 41 enthalt es
Eiden Eintrag: .Von M. Tabbe Maury, ancien professeur, par Ic
ll de M. Mclquioud pere et fils ä Nismes folgende Antiquitaclcn cr-
en, taut Ictsteren Brief vom 30. May 1781, über Lyon, par Ic canal
EM. Andre Heusler*. Hierauf werden 21 Gegenstände, jeder mit An*
des Preises, aufgeführt, wobei unter anderm: J inscriplion sur pierrc.
24 L.\ und neben diesem Eintrag ist tn einer säubern kleinen
ichnujig die Grubschrift der COCVSIA MASVCIA mit ihrem vcjllsIHndigcn
Haute abgebildet
Die Inschrift stammt somit nicht aus Äugst, sondern aus Siit]fr.ink-
Der Irrtuui, dass sie um das Jahr 1800 zu Basel-Augst gefunden
en sei, erklärt sich daraus, dass die römischen Altertümer der Samm-
ng Burckhardt-Wild zum grossen Teile von Grabungen herrührten, welche
In tlcn laliriMi 17^4 bis ]Hi)2 in Aiiir'sl v orurtiuiniTh^n u^^rdru warcn^
Karl SteliJln.
Ein xeitgen/^ssischtT Bericht Ober die Eroberung Chillons durch
lle Berner im Jahre 1536 V.ndc März des Jahres 1536 weilten in Lau-
»nnc zwei Boten Basels, Blasius SchOlli und Hans Rudolf Frey, die als
Chicdsicutc ?;wischen den feindlichen Partelen vermitteln sollten. Was
nun aus erster Hand von den Bernern vor Chillon über die Eroberung
Mcs Sclilosses erfühlen, berichteten sie In nachfolgendem Schreiben an
Obern. Bürgermeister und Rat der Stadt Ba^cl Bemerkenswert Ist.
hier der Bcfrehmg Bonivards gcdaclit wird, während ihn Nflgcll, der
lilshabcr der siegreichen Berner, In seinem Berichte nicht crwihnt,
. Dierauer, Geschichte der schweizerischen Eldgenosscnscliafi Hl, 243.)
ünnscr willig dlcnste mit sampt undertheniger gefiorsamkelt aizyt
Edl*"n strcn>^»?n fromfn Hr. fnsonders gnedigen lieben hem und
;a«lTiiui. ri r lic'UI, iltiil Allrftum« VU, 2, 90
wtm