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Full text of "Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde"

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UNIV^RSITY  «rMICHIG.\N 
GKNERAL  LIBKARY 


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Basler  Zeitschrift 


für 


Geschichte  und  Altertumskunde. 


Herausgegeben 

von  der 

Historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 

zu  Basel. 


Sechster  Band. 


Basel  1907. 

Auslieferung  für  die  Schweiz: 
Historische  und  antiquarische  Gesellschaft,  Staatsarchiv,  Basel. 

Kommissionsverlag  und  Auslieferung  für  das  Ausland : 
Buchhandlung  Carl  Beck  in  Leipzig. 


Basler  Zeitschrift 

für 

Geschichte  und  Altertumskunde. 


Herausgegeben 
von  der 

Historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 

zu  Basel. 


Sechster  Band. 


Basel  1907. 

Auslieferung  für  die  Schweiz: 
Historisclie  und  antiquarische  Gesellschaft,  Staatsarcliiv,  Basel. 

Kommissionsverlag  und  Auslieferung  für  das  Ausland: 
Buchliandlung  Carl  Beck  in  Leipzig. 


1>^J. 


INHALT. 


Seite 
Karl  Mothys    Briefe    an    Dr.  J.  R.  Schneider   in  Bern  (1837 — 1842), 

von  Gustav  Tobler i 

Beitrige    zur    Baugeschichte    der  Römischen  Theater    in    Äugst,    von 

Fritz  Frey 96 

Cber    den    Judenfriedhof   in    Zwingen    und   Judenniederlassungen    im 

Kün»thistum  Basel,  von  Achilles  Nordmann 120 

Die  Bildnistte  Urs  Grafs  und  seiner  Gattin,  von  ^mtl  Mayor      .      .  152 

Fabrikate  einer  Basier Töpfeni-erkstättc  1397 — 1457,  von  Karl  Steh I in  160 

Der  Bachofen*sche   Münzschatz    von  Äugst,   von  E.  A.  Stückelberg  164 

Arbeit  »losenfürsorge  im  alten  Basel,  von  HansJoneli                  .  180 

Autobiof^raphie  des  Johannes  If.  Benioulli,  von  Frltz  Burckhardt  .  287 

Johannes  He\-nlin  aus  Stein,  von  Max  Hossfeld 309 

Zor  Geschichte  Basels  und  der  evangelischen  Eidgenossen  im  Zeitalter 

dea»  siel>enjährigen  Krieges,  von  Alexander  Rister    .  357 

Die  Basier  Stadtgamison,  von  Paul   Kölner 404 

Die    Entstehung     und    Entwicklung    der    Herrschaft  Farnsburg,    von 

Carl  Roth 444 

De   Hcitersheimcrfchde,  von  Otto   Hassler 464 

I>.r   Aus^^rabungen  /u   Disentis,  von    E.  A.  Stückelberg  ....  489 

M  i »  /  e  n  c  n  . 

l'nedierte  (vemäldezyklen,  von   E.  A.  Stückelberg      ...  284 

Kinc  Urkunde  betreffend  Jakob  Henricpetri,  von  August  Huber  285 
Privileg  von  Kaiser  Friedrich  für  Hans  Bernhard  von  Eptingen 

zu   Pratteln   147b 504 

Jahrcsl bricht   der  Gesellschaft   1905/ 1906       ...             ....  l 

Jjijrrsrev^hiiunj;  der  Gesellschaft    1905/1906 V 

Ver/cifhfiis  der  Mitglieder  der  Gesellschaft IX 

\>rreKhni>  der  Vereine,  Gesellschaften  und  Institute,  mit  welchen  die 

r,c-flUchafi  in  Tauschvcrkehr  steht XIII 

Neunzehn  Abbildungen  im  Text  und  sechs  Tafeln. 


■  Bas 

le^eitschrift  ^^M 

^b 

für                                           ^^M 

Ecliichte  und  Altertumskunde.     ^| 

h 

Hcraasgcgcben                                        ^^^| 

Bßnscfien 

und  antiquarischen  Gesellschaft       ^^H 

l| 

zu  Basel.                                     ^^M 

1 

VI.  Band,     1.  Heft.                                   ^H 

l 

^^M 

Inhalt 


m  V 
IV  T-^' 


FrfU  Frey 


Hitikiite  rutrr  t 


Karl  St«hld 


■■a-i 

.1 

A,  Stückalberg    .  , 
Ukifkt  Hvtirkrpttrit  «<in  August  Hul 


3^  / 
.33:1. 

/^.  /j 


[Karl  Mathys  Briefe  an  Dr.  J.  R.  Schneider  in  Bern 

(1837     1842). 

Herausgegeben  durch  Gustav  Tobler. 


Dis  Ktutahrsblatt  des  liistorisclien  Vereins  des  Kantons  Bern  vom 

klirc  1906  beleuchtet  eln£elne  Seiten  aus  Karl  Malhys  Schwekerzeit.    Für 

-^  ■  - 'n  2u  den  kantonal-bemischen  und   eidgenossischen  Bc- 

r  Stoff  den  Archiven  enthoben,  f«r  seine  schriftstellerische 

g«c«  boien  seine  an  Dr  J.  R.  Scimcider  gerichteten  Briefe  die  besten 

.  Aolullspunktc.    ts  schien  mir  der  Bedeutung  des  Briefschreibenden  eni- 

I sprecheml,    Ihn  M^lber  t\x  Wort   kommen  7.u   lassen;    seine  Stellung   in 

[Grmclieti,  die  literarische  T«lti$»keit  Im  Dienste  des  bernischen  Rcgicrungs- 

Sctuicider,   dann   seine  Karlsruher  Erfatiningen,  die  zur  Wtederauf- 

^docf  Schwelzerplane  führten,  worden  am  besten  durch  ihn  selber 

lldcrt.     Dcf  Abdruck  der  Briefe  Ist  vollständig,  nur  die  Anrede  undi 

[Sdlliasslürmel   fiel  weg.    Die  letztere  enthalt  gewohnlicti  Grüsse  an 

Fnm  OemahUn,  iiuch  einigemale  Einladungen  zu  einem  Besuche  ^ts 

iicicfrr*^htn  Ehepaares   in  Grenchcn«  dann  Grüsse  an  Weingart  und 

Ii   iHn   den  Fräulein  Johanna   und  tda  Schneider  in  Bern  für  die 

iuft;;   Jer    Brii'ft    /u   grossem  Danke  verpflichtet»   ebenso  der  Re- 

dtit  jUiltr  Zr stMhrifr,  die,  weitherziger  als  die  Basler  Regierung 

hrcs  IS37»K  wenigstens  den  Briefen  Karl  Mathys  die  Aufnahme 

lUcte- 


«•  ICafI  Mulhyji  Scliwciieneit«    NeiiJAhnbUit   *\ts  hi»t, 
r^«i  Bern  i^u«/«  Kote  im, 

f.  {joelu  UI14  Altvtium.    \\    1  l 


•Cjt+ifcv    11  '.'i-i-tT 


Uh  bitJUe  rie  ws  die  rierte  li^ferong  tob  1^^,  worin 
dbs  KAptUrl  Tom  KajyiuJ  esduüiieii  isr.  aufweichest  5ch  ii:Jch 
beij/j  u*?i3iiWf&  Gespräch  über  die  Zm««eD  mrcctl^exi^^hen 
rfi^iAv«,  W>3j  lfÖ7  taube  ich  ii'ar  die  beiden  ersrea  Lief  er- 
raiJi^en  ^ax»d  ersache  sie  daher  Tim  geiaüige  ZnseiidTiiig  der 
foUfeiideai. 

Die  Bücher  iL  «.  w.  habe  ich  erhaiten  :ir;i  werde  nun 
j;-eir*e  Arbeit  raiich  voUeudeD.  Die  Materialien  werde  ich 
liiu*iu  9k\^biixii  jjjit  Dank  wi^i^^r  m^reüeiL 

MeiJie  Ajjg'Jetreuheit  ir*  LTirr*m  ist  noch  iiicht  ent- 
*f;hi<^eiL  Die  Hiegieniug  von  Bern  hat  an  den  Vör^^rt  ge- 
v;briet>eA.  ich  i»ei  Stifter  des  Jangen  Europa  und  eines 
der  t}iiltig»^te^i  Mitglieder  de«  Jungen  I^eutschlandsL  Da 
^f/ei'  die  laugen  zu  handgreiflich  und  mit  einander  im 
\^'jd*rf>;/r'ich  waren  das  Jamge  Europa  T»-urde  1S34  ge- 
^r;ft4rt  und  ich  kam  erst  1835  in  die  Schweiz  u-  s.  w. .  so 
i>.\  von  Luzem  eine  nochiualige  Anfrage  um  Aufklarung 
s,»/  U  l^mj  gegangen.  Man  bestärkt  mich  fortwährend  in 
^'iteii  ii'iÖJiUngen.  doch  gebe  ich  nicht  viel  darauf*.  In- 
zwii^:hen  bin  ich  von  der  Aargauer  Regierung  für  wahlfähig 
erklärt  zu  jeder  Lehrstelle  an  einer  hohem  Anstalt  mit  dem 
iVä/iikat  «vorzüglich".  VieUeicht  hilft  mir  dieses  Zeugniss 
in  einem  andern  Lande  zu  etwas. 


Grenchen.  5.  Mai  1838. 

In  der  Anlage  theile  ich  Ihnen  in  Kürze  meine  Ansicht 
über  das  neuere  Projekt  und  über  den  Aufschlag  mit  und 
bedauere  imr,    dass  mir  die   gegenwärtigen  Zölle  zu  wenig 

*;  K*  sind   die    ,,Ges|>räche  über  Volkswirthschaft"   gemeint,    die  Mathy 
in  Atf  Volkif-Bibliothek  erscheinen  liess.     Neujahrsblatt,  S.  23. 
«/   NcujuhrKblatt  S.  19  f. 


KatI  Mathys  Briefe  an  Dr.  J,  R.  Schneider  m  Bern   (1837—1842). 


if^karint  läind^  als  dass  ich  eine  Vergleichung  hätte  an  stellen 
lötinen,  namentlich  mit  dem  von  Ihnen  vorgeschlagenen 
Weggeld.  dem  ich  ans  tdlgemeinen  Uründen  nicht  bei- 
stimmen konnte.  Gibt  es  keine  gedrückte  ZLisammenstellung 
ler  jetzt  geltenden  Zollvorschriften  imd  Tarife V 

Meine  Frau  und  ich  wünschen  Ihnen   und  Ihrer  Frau 
Geuxalin    von    Herzen    Glück    zu    dem    Töchterlein  *)    und 
loffen,    Aiiss   es    in    Ihr  LebiBo    so   schöne  Blumen    flechten 
r^rd«,  wie  der  junge  Frühling  jetzt  in  die  Natnr. 

Wir   sind   jetzt    im    Begriff^    in   nnsere    Schulwohming 

einzuziehen  und   ich  werde    nun   mein  Lehramt  mit  Ernst 

>eginnen.   Die  Jugend  ist  munter  und  aufgeweckt,  nur  die 

^mlinge  ziehen  los  gegen  die  Schule^  aber  ohne  Erfolg, •) 

Ware  der  Kanton  Bern  in  meiner  Lage,  so  würde  eine 

iftnauzreform   bahl   zu   Stande   gebracht   sein.     Meine  Lage 

pst     nämlich    für    den    Augenblick    eine    kritische,     da    ich 

>wohl   an  Girard's*)   als   für  unsere    häusliche  Einrichtung 

viel  schuldig  bin   und  wenig   hal)e,     (Täbe  es  in   dem  geld- 

I  reichen   Bern    Jemand,    der   mir    einige     Hundert    Frauken 

I  g^gen  billige  Zinsen  leihen  wollte,   so  könnte   er  mich  aus 

piner  grossen  Verlegenheit    ziehen.     Ich  würde    die  Schuld 

Ällmälig    abtragen,     da   ich    wieder   ordentlich    zu    arbeiten 

l»ab*\  Nur  hier  im  Dorfe  möchte  ich  nichts  sehuhlig  bleiben, 

da  dies  in  der  allgemeinen  Achtung  schadet.    Könnten  Sie 

mir  zu  einer   Anleihe   in    Born   behiinicli  sein,    so  würden 

Sie  mich  in  hohem  Grad  verbinden. 

Meine  Übersetzung  von  Grellet-Wammy  ist  fertig  und 
^if4  im  Laufe  dieser  Woche  versendet,*)  —  Was  macht 
iljf  Antrag  wegen  Verwaltung    der    fremden  Fonds? '^)     Hat 


')  Am  iH.  April    183H  wiinle  Berthe,  später  Frau  Secretjin  m  Lau^anhe, 

*)  Über  Malhys  Wirken  und  Leben  in  Grencheu  vgl.  dessen  prächtige 
Srliililertttig  in  <f.  Freytags  Bildern  aus  der  deutschen  Vergaiijijcuheit  IV. 
456—486. 

^  Dr.  Joseph    GIrard    (1803 — 1869),     Frcimd    Mulhys     und    Beschüuer 
Uj#/itiit      Frtytftg,  K;irl  MiUhy,  Gcschicbte  seines  Le!iens,    1870,  5.  163, 
'ircllcl-Wammy,  Handhucli  der  Geranj»nisse.     Freytaj;,  S,  155, 
^!   Am   7*  Juli    liAtte  Sthtieider  einen   Antrii^    über  eine    )t  werk  massigere 
[Anle^guiig  der  im  AiisLindc  plazierten  Staatsgcldcr  chügcreiibt. 


4  Gustav  Tobler. 

der  Herr  Schul theiss  noch  immer  die  Nidauer  Adresse  unter 
seinem  Verschluss?')  Herr  Huber  sagte  mir  neulich  in 
Büren*),  Sie  hätten  ilim  mitgetheilt,  meine  Verweisung  sei 
von  den  Behörden  zurückgenommen ;  allein  dies  wird  wohl 
auf  einem  Missverstäjidniss  beruhen. 

Nehmen  Sie  mir  nicht  übel,  dass  ich  mich  in  meiner 
Finanzverlegenheit  an  Ihre  Vermittlung  wende;  ich  weiss 
keinen  andern  Bath  und  Ihre  freundschaftliche  Gesinnung 
gibt  mir  Muth  dazu.  Sollten  Sie  kein  Hilfsmittel  finden, 
so  bitte  ich  Sie  um  gefällige  Nachricht,  damit  ich  Anderes 
versuche. 


(Bronchen,  14.  Juni  1838. 

Einstweilen  nur  die  vorläufige  Anzeige  des  richtigen 
Empfangs  Ihrer  letzten  Sendung;  in  wenig  Tagen  werde 
ich  Ihnen  meine  Ansicht  über  die  vorgeschlagene  Ver- 
theilung  der  Staatslasten  mittheilen.  Ihrem  Hauptgedanken 
trete  ich  vollkommen  bei  und  glaube,  dass  es  vorzüglich 
auf  eine  angemessene  Form  ankommt,  um  demselben  An- 
klang zu  verschaffen.  Hinsichtlich  des  Bezugs  öffentlicher 
Abgaben  durch  die  Gemeinden  waltet  ein  Missverständniss  ob. 

Die  Gemeinden  liaben  Ausgaben  für  Gemeindezwecke 
und  bedürfen  entsprechender  Einnahmen,  um  sie  zu  decken. 
Soweit  hiozu  das  Einkommen  aus  dem  Gemeindevermögen 
nicht  reicht,  schöpfen  sie  aus  Beiträgen  ihrer  Angehörigen. 
Ich  bin  also  weit  entfernt,  ihnen  das  Recht  abzusprecheu, 
Bürger,  Einwohner  oder  Besitzer  von  Gütern  in  der  Ge- 
markung zu  besteuern,  nämlich  für  Gemeindeausgahen,  in 
dem  Masse,  als  die  betreffenden  Angehörigen  Nutzen  davon 
haben.  Dagegen  halte  ich  es  nicht  für  angemessen,  dass 
man  den  Gemeinden  die  Erhebung  von  Staats^t^m^vw  Über- 
lasso, die  für  SUiats-  und  nicht  für  Gomeindezwocke  ver- 
wendet und  wohl  auch  von  Leutt^n  erlioben  werden,  die  in 


*)  Schiilthei^s    Karl    Fr.    Tschanier.      L'cbcr    die    Nidaucr-Adrcssc    vgl. 
X<?ujahrsl)latt,  S.  21. 

■-)    lierarzt  Joseph  Hiibcr  in  Büren. 


K:iil   Malhvs  Briefe  au  Dr.  J.  R.  Schneider  in   Bt-m    MR37 — 1842).        r> 


\if>t  Gemeinde    weder    wohnen    noch    Vermögen    besitzen, 
namfiiblich  von  den   nmlipgenden  Dörlern.     Man  kann   die 
'  Gemeindebehörden  mit  der  Constatirimg  und  Controllej  den 
'  öeraeinderechner   mit   der  Erhelmng  der  Staatssttniern   be- 
auftragen; alsdann   aber  hantlehi  dieselben  als  Staatslyurgor 
und  -Beamte,  nieht  ab  Gemeindebeamte :   sie  sind  innerhalb 
diespr  Sphäre   dem  Staat,   nicht  der  Gemeinde  verantwort- 
lich.   Wollte    man    den    Gemeinden    als    Corporationen    die 
ErWbung   der  Staatsstenern    überlassen  und   mit    ihnen  ab- 
recirneri.   so   kommen  Gemeinde*  und   Staatsiiiteressen   zum 
Nachtbeil  der   letztern    in    Conllikt   und  der  alte  Streit  des 
Latidvelks   gegen   die   Städte    enti^toht    aufs  Neue.     In   den 
[meisten  Staaten   ist  diese  Ansieht   praktisch;   man  lässt  die 
I  Gemeinden  ihre  Angehörigen  besteuern  für  Gemeinrlezwecke, 
^al)er  iiiehr    für  Staat^zweeke;   folglith   dürfen    sie   auch    mir 
tdia  Urnen   mit   Leib    od**r   ih\t    Angeliörigen,    welchen    die 
Gpinpindeausgaben   zu  gut    kommen,  aber   nicht   Gemoinds- 
lin'ßido  besteuern.   Der  Staat  kann  sich  der  nämliclien  Per- 
iionen  bedienen,  wie  die  Gemeinde,  aber  mit  der  Corporation 
[bat  er  nichts  zu  schaiffen. 

Hinsichtlich  fies  tdimgelds  bin  ich  dt-r  Überzeugung, 
[das»  man  es  niclit  mehr  an  der  irränze,  sondern  am  Bo- 
[ßUnjmungsort  der  ohmgeldpfliehtigen  Artikel  erheben  soll; 
jwi«?  dieü  einzurichten^  werde  ich  Tlun^n  näle^T  mi'tthoilen. 
iSiv  lange  man  es  von  fremden  (zutränken  beim  Eintritt 
|ofh»»bt^  ist  und  bleibt  es  ein  Kingangszoll,  man  taufe  es, 
Iwio  man  will.  —  Den  Bericht  der  abgotretenen  Regiening, 
[die  Züricher  Steuertabelle  und  »lie  Akten  werde  ich  Ihnen 
(f'benklU  mit  meinem  nächsten  zunicksenden. 

Für  da«  übersendete  Geld  sagt^  ich  Ihmm  meinen 
»Tzlichsten  Dank.  Es  verhält  sich  mit  meiner  Tinanz- 
Ingeleganheit  wie  folgt.  An  G(irardf  schulde  ich  ca. 
L.;  an  Frau  Seitz  In  Biel  iür  Möbrd  u.  s.  w.  ca.  2CK.)  K 
)iese  Posten  möchte  ich  gleich  bezahlen,  hatte  es  auch 
^ereprochen,  kann  aber  nicht;  darum  wendete  ich  mich  an 
fh  mit  der  Bitte,  mir  zu  helfen.  Durch  diese  Anleihe 
ich  also  nicht  meine  Schulden  vermehren,  sondern  nur 
bleiie.  die  mir  drückend  sind,  abtragen.  Hiezu  wären  51KJ  L. 
inreichend  ;     den    Rest    könnte    ich    in    einigen    Mnnaten, 


Ö  Gustav  Tobler. 

sobald  ich  einmal  die  täglichen  Bedürfnisse  aus  meiner  Be- 
soldung bestreiten  kann,  aus  eigenen  Mitteln  abtragen. 
Nach  Ihrer  gütigen  Zusage  durfte  ich  mir  auf  die  genannte 
Summe  Hoffnung  machen  und  berichtete  demgemäss  meinen 
Gläubigem.  Leider  aber  wurden  Sie  getäuscht  und  konnten 
daher  auch  mich  nicht  in  den  Stand  setzen,  meine  Gläubiger 
Versprochenermassen  zu  befriedigen.  Die  200  L.  werde  ich 
zu  dem  bestimmten  Zwecke  so  weit  verwenden,  als  es  geht; 
wäre  es  Ihnen  möglich,  mir  innerhalb  weniger  Wochen 
noch  300  L.  zu  verschaffen,  so  wäre  ich  aus  einer  fatalen 
Lage  befreit,  und  Sie  dürften  auf  die  Erfüllung  meiner 
Verbindlichkeiten,  sowie  auf  meine  Bereitwilligkeit  zu  allen 
Gegendiensten  mit  Sicherheit  rechnen. 

Vor  einigen  Tagen  habe  ich  eine  indirekte  Aufforderung 
zur  Rückkehr  in  mein  Vaterland  und  zum  Wiedereintritt 
in  den  Staatsdienst  erhalten.  Ich  habe  als  Präliminarien 
vor  allen  weiteren  Unterhandlungen  die  Herausgabe  meiner 
Papiere  (Heimatschein  und  Pass)  verlangt,  die  mir  wider- 
rechtlich vorenthalten  werden.  Habe  ich  diese  —  und  ich 
zweifle  nicht,  dass  ich  sie  erhalten  werde  —  dann  mache 
ich  vielleicht  eine  Ferienreise  nach  Haus.  Diese  AVendung 
der  Dinge  hängt  mit  dc^m  Tode  dos  Ministers  Winter, 
meines  Feindes,  zusammen,  und  kömmt  von  dem  Finanz- 
minister V.  Böckh,  der  mir  nicht  übel  will,  weil  er  mich 
früher  gut  brauchen  konnte.  Ich  bitte  Sie  aber,  die  Sache 
vor  der  Hand  noch  niemand  mitzutheilen.  Zur  Rückkehr 
nach  Haus  würde  ich  mich  nur  in  einem  FaUe  entschliessen, 
nämlich  dem,  wenn  die  europäischen  Reaktionspläne  so 
weit  voiTücken,  dass  der  Absolutismus  ernstlich  hinter  die 
Schweiz  geht,  wo  ich  dann  zu  besorgen  hätte,  von  den  Eid- 
genossen als  Fremder  todtgeschlagen  zu  werden.  In  diesem 
Fall  und  wenn  ich  so  viel  von  Talleyrand^s  Gabe  hätte, 
den  rechten  Moment  zu  treffen,  würde  ich  nach  Haus  gehen; 
bis  dahin  aber  bleibe  ich  hier  und  bin  zufrieden,  dass  die 
Flüchtlingschaft  aufhört,  dass  ich  Besuche  in  meiner  Heimat 
abstatten  kann  und  mit  Legitimationsschriften  versehen, 
keiner  Toleranz  mehr  bedarf. 

Leider  erhielt  ich  auch  vor  kurzem  die  Nachricht  von 
'em    Tode    meiner   jüngsten    neunzehnjährigen    Schwester. 


0 1  *  '  i .    T  '.-.!*  r 

f=*r*r:    ^r*d    deri    Vater    vergfft^rn    wr-ll^a.    w^ii    »rr    mir  ihre  ' 

I<^h  v-r?>ir:h*rr*r  Si*-.  dass  w«^er  M  azzini  and  Buffinii 
r.vrfj  :rg*-nd  *rjrj  arid*fr»rr  Fiachtling  «ich  derzeit  im  < irenchen- 
wl*-  aafhält.  noch  dort  aatgehalt-=-ri  hat,  seit  ich  weg  hin. 
da«»?»  anr:h  di^  Adresse  an  das  fr  anz*j>ische  •  Vulk  weder  von 
M  azzini .  nr>ch  von  n^mst  Jemand  ht^rrühn.  als  von  dem, 
der  sie  vorgetragen.  Di^  Ehre  dit^ses  «iedaukens  gehört 
^luziff  (r  irnrdt.  Ich  wenigsten-  V>in  davon  überzeugt:  ich 
habe  ?»ie  wed^^rr  er^Iacht  noch  gemacht.* 

Dag»*g^n  hält  sich  im  •rr^^'nchenbad  ein  Spion  auf, 
dessen  Lügen  vernmthlich  die  t^uellen  der  Schnell ischen 
Aiisstreunngen  sind.  Di^s  ist  der  bekannte  Sommerlatt  von 
Beni.*)  Er  hat  vor  kurzem,  als  Prof.  Sieben  pfeif  er  *i  hieher 
kam.  nach  Bern  geschrieben.  S  iebeiipfeifer  sei  hieherge- 
kommen, um  einer  Vorsammhing  beizuwohnen  und  der 
Himmel  weiss,  dass  sich  niemand  versammelte,  als  or  und 
ich  unfl  dass  unser  Zusammenkommen  mit  der  Politik  nichts 
zu  thun  hatte.  Der  nämlicln*  Sommerlatt  mag  noch  mehr  ge- 
schrieben haben,  was  ich  nicht  weiss. 

Man  beobachte  das  Bad  und  meine  Wohnung  von 
allen  Seiten,   man  wird  weder  M(azzini)  noch  andere  Flücht- 

')  Am  2^.  Scptciuhcr  1S38  fand  in  Sachen  der  Na|)oleonsanj;elc{»cnheit 
eine  vom  Nationalvcrein  einberufene  Volksversammlung  in  I^angcnthal  htalt. 
Dabei  las  Dr.  (lirard  eine  Adresse  an  das  französische  Volk  vor.  Man  be- 
scbloss,  dieselbe  im  Falle  eines  Krieges  zu  vcröftcntlichcn.  Verfass>ung.«ifrcund 
vom  25.  September  und  4.  Oklol)er.  Dr.  Girard  bestätigt  in  einem  Briefe  an 
Dr.  Schneider,  dass  er  der  Verfasser  der  Adresse  sei.  Durch  Indiskieti«>n 
sei  sie  im  Journal   de  commerce  veröfleutlicht  worden. 

*■*)  Christian  V'.  von  Sommerlatt  von  l^ahr,  ein  bekannter  Literat.  Kr 
verr»rt*entlicht  eine  Beschreibung  des  russisch-türkischen  Krieges  von  1828 — 1829, 
des  i)olnisch-russischen  Krieges  von  1 830- 1831.  Kr  ist  auch  der  Heraus- 
geber des  von  Johann  Peter  Aebli  verfassten  Buches  „Schilderung  der  Zer- 
würfnisse in  der  Schweiz  1830—1833"  (Liestal,  1834).  Von  ihm  stammt  im 
fernem  das  Adressenbuch  der  Republik  Bern  11 836»,  mit  Ergänzung>heft 
(1839;,  ebenso  ein  Atlas  der  Schweiz  und  eine  Beschreibung  der  XXII  Schweizer- 
kantone (1838).  Die  Niederlassungsbewilligung  in  Bern  hatte  er  am  22.  Xoveml>er 
'836  erhalten.     Vergl.  den  Brief  vom  •>.  Dez.   1838. 

»>  Philipp  Jakob  Siebenpfeiffer  von  Lahr  (17HQ  — 18451,  Professur  an 
T  Universität  Bern.     Allg.  d.  Biogr.  XXXIV.   ir«>. 


Karl  Mathys  Briefe  an  Dr.  J.  R.  Schneider  in  Bern   {1837 — 1842).       Q 

linge  finden.  Gottlob,  dass  ich  nicht  mehr  im  Kanton 
Bern  bin,  dort  reichen  volksfeindliche  Verläimidungen  hin, 
einen  Mann  ohne  alle  Untersuchung  in^s  Unglück  zu  stürzen, 
hier  aber  nicht. 

Möge  die  Napoleonische  Entfernung  der  Schweiz  Fort- 
dauer dor  Ruhe  sichern;  alsdann  ist  für  den  Kanton  Bern 
eine  gedeihliche  Entwickelung  seiner  innern  Zustände  in 
^T^setzgehung.  Verwaltung  und  Finanzwesen  zu  hoffen  und 
<ii»»  Männer,  weiche  seit  Jahren  dahin  streben,  werden  end- 
lich sieb  freuen  dürfen  über  glückliches  Gelingen.  Ver- 
fugen Sie,  hochgeachteter  Freund,  über  meine  schwachen 
Kriiftt*:  können  Sie  mir  Arbeit  in  meinem  Fach  verschaffen, 
die  ich  von  hier  aus  besorgen  kann,  so  werden  Sie  mich 
verbinden. 


Grenchen,  1(1  Oktober  1838. 

Beiliegend  einige  Gerianken  über  die  Vorträge  des  De- 
paruiih'nts.  t heilweise  Wiederholung  und  P^rgänzung  früherer 
Mittheihujgt^n  und  meiner  Zehntschrift.  Der  Bericht  des 
Fiiijinzdepartements  g«'tallt  mir  wegen  seiner  Bestimmtheit 
iiii.l  .|i.n  bfigt^fügten  t''V)ersichten,  ol)gleich  icli  nicht  in 
Allem  HiiivtTsmndj'n  bin.  Das  T)epartemeut  des  Innern 
■'»•haiid»dt  mehr  das  Arin^'uwesen,  woiauf  ich  nicht  einzu- 
iiehoii  nüthig  hatte,  da  Sie  hierin  gewiss  meine  AusserungtMi 
«'-5  iib.Ttlüssig  bt^trachtJMi  würden.  (Tcrn  möchte  ich  aus- 
*ulirlii'bfre  Arbeiten  für  dii»  Finanzn^form  liefern,  wenn 
^i'*  mir  solche  verschaffen  könnten.  Ihrer  Schrift  über 
•li»*>.n  < i^»nr4*nstand  sehe  ich  mit  ges])annter  Erwartung  ent- 
P^'g-n  und  hoff»»  daraus  Belehrung  zu  schr)pfon,  aber  nicht 
>*»lolit'  zu  «Mt heilen.  In  Bern  stelnm  Ilnu'n  Männer  zur 
^it»\  dio  woit  besser  im  Stande  sind,  dan'iber  «»in  Trtln'il 
2n  f,^•h«*n,  als  ich. 

Also  Friedt*!')  Ich  wünscho  Glmdv  dazu.  Di»r  Kanton 
kann  aus  den  Ereignissen  d«»r  kritischen  Tagt'  (h»n  grr>sst(Mi 
Xntzen  ziehen.     Die  Hauptgegner  alles  Hesst'rn  sind  für  den 

'•  Durch  die  Abrtrisc  Napoleons  aus  lior  Sfhwci/  :u\\    14.  <  )ktol)cr 


lO  Gustav   Tobicr. 

Augenblick  beseitigt;^)  mögen  die  Gutgesinnten  die  Zeit 
benutzen.  Haben  sie  den  Artikel  über  die  Langenthaler 
Versammlung  in  der  ^ Augsburger  Allgemeinen'^  gelesen?*» 
Über  Mazzini's  Aufenthaltsort  wird  doch  jetzt  kein 
Zweifel  mehr  sein?  Darf  ich  nach  dem  Stand  meiner 
Angelegenheit,  d.  h.  der  Eingabe  der  Nidauer  Versammlung 
fragen? 


Grenehon,  26.  Oktober  1838. 

Wie  jedes  Zeichen  Ihres  Wohlwollens,  so  war  mir  be- 
sonders Ihr  schätzbares  Schreiben  vom  17.  d.  M.  erfreulich. 
Ich  kann  nicht  umhin,  Ihnen  wiederholt  zu  versichern,  dass 
die  Freundschaft  eines  Mannes,  den  ich  so  hoch  achte,  mir 
für  das  kostbarste  Besitzthum  gilt  und  mich  unt«r  den 
widrigsten  Verhältnissen  stärken  und  aufrecht  halten  kann. 

Ich  sehe  mit  gespannter  Erwartung  dem  Ergebniss  der 
Beratimng  über  die  Vorträge  der  Departements  entgegen, 
so  wie  Ihrer  Schrift;  dann  werde  ich  Gelegenheit  haben, 
über  das  Armenwesen  das  Wenige,  das  ich  weiss,  zu  be- 
merken, obgleich  ich  überzeugt  bin,  dass  es  ohne  Werth  für 
Sie  sein  wird.  Ich  habe  die  Verhältnisse  des  Kantons 
darin  noch  zu  wenig  kennen  gelernt,  und  doch  ist  dies  die 
Hauptsache,  wenn  es  sich  um  die  Anwendung  allgemeiner 
Grundsätze  handelt.  Dass  Herzogt»  für  Sie  so  wenig  thut, 
da  er  sich  sonst  so  sehr  um  Sie  bemüht,  wundert  mich; 
er  war,  so  viel  ich  weiss,  nie  praktischer  Geschäftsmann 
und  hält  sich  vielleicht  zurück  aus  Besorgniss  fehl  zu  gehen. 
Übrigens  halte  ich  ihn  für  einen  schlechten  Menschen. 
Siebenpfeifer  war  ein  tüchtiger  Verwaltungsbeamter;  seine 
jetzige  Richtung  scheint  aber  abstract  wissenschaftlich  und 
idealistisch. 


*)  Darunter  sind  die  Brüder  Karl  und  Hans  Schnell  verstanden,  die 
infolge  des  Ausgangs  der  Grossratsverhandlungen  aus  dem  bernischen  Staats- 
dienste ausschieden. 

*-*)  Beilage  zur  Augsburger  Allg.  Zeitung,  No.  275   u.  277. 

')  Joseph  Karl  Herzog,  Professor  für  Staatswissenschaft  an  der  Bcmer 
Universität,  Redaktor  des  ,, Verfassungsfreundes."  Vergl.  Sammlung  bernischer 
Biographien   IV,  600. 


Km\  M»lliyt  Bncfr  40  Dr.  J.  K.  HchncUlcr  in  Berti    (1837—1842 


lü  da^  bewii»8ti>i,    weitverhreitetie  Blatt  Vi   habe  ich  seit^ 
bwr  niich  mi*hr  ^eliMfert  in  Betreff  der  aristt>cratisc.hen  Um- 
T>u>  Anikt^l,  obgleich  von  der  Bedaktion  v^epstümmelt, 
u  doch   noch  gnüiig^  iim  der  gnten  Sache  zu  nutzen. 
Vim  ihrrn  letzten  Mittlieilungen  erlaubte  ich   mir  ehenlalls 
iWinmch  atu  tnaohen.   Die  S|>altuiigen  unter  den  Libcnden 
hbt  icli  al>er  nicht  erwähnt.    Wenn  Sie  irgend  etwas  dort^ 
\dn   liefr*nli»rt     wünschen,    .so    theilen    Sie    efi    mir    nur   in 
kxinm,   abgerissenen  Sätzen  mit,   ich  will  schon  die  Ein- 
•«n.     Man    kann    für   denkende  Iveaer  sagen 
mr   nicht  zw  deutlich;   auch  niiiss  man  von 
wi  Zeit   einen    weniggtena    öchembaren    Tadel    dahin 
«t«rf(!ii,    wci    man    in    der    Hauptsaclie   Billigung    ausspricht 
iA,T  'TMrvhscheinen    trusst.     Es  wäre   vieHeicht  gut^   die  Be- 
-,.  n  deü  Natiorialvereins  dort  zu  besprechen. 
Wenn   Sie    in    den    nächsten    H  — 10   Tagen    mich    mit 
niM      ^'      V   ilnng   beehnMj   wollen,    so  Imbi'ti   Sie  die  UiUe^ 
^  u    mich    Aarau    xu    adressieren,    an  B<»c.hholz '). 

nitdfMii  ich  Morgen  daliin  reise.   Vielleicht  ergibt  sich  dort 
'^^^1-      »  t-    mich   Verard»isji?en    winl,    von    (Trenchen    wegzn- 
^Mie^    ib.nie  Ami-^^tclhing  ist  zwar  hier  so  gut»  wie  ich  sie 
teiiWffrKch   nieJir  finden  werde:   allein   die   Häimlichkeit   ist 
lH^»(te|lt«     r>ie  Genudndi*   erfüllt  ilire   Verbind- 
w»*H«  [i  Tocht  —  Heit  den  acht  Monaten  meiner  Anstellung 
ich  Tun  ihr  noch  keinen  Rappen  Besoldung  erhalten  —  » 
i»tiier  Wohnung  winl  das  Not.hwi*ndigste  nicht  gemacht, 
ich    gogcn    die  Winterkälte    nicht    gesi;chützt    bin; 
wtirden  wir  rechts    und  link».     Unter   diesen  Um- 
Hidulim   will    ich    nicht    länger    hier  bleiben,  als  ich  muss. 
Iiei)f*r    im  Amte   einige    Beschwerden    und   Unan- 
'   -    '  *    nxehmen,  wenn  ich  dafür  im  Hause  und 
m  *"*  '  I'  gestellt  werde.  Um  es  aiü*  tli*m  Dorfe 

H**^Miuiltii]i^  inuss  mau  Bauer  sein,  das  sehe  ich  deutlich 
■  ♦*».  Nun  habe  ich  einige  Hoffnung,  in  Aarau  etwaa  zu 
i^m.  diL-,   mir  zuftagt,  docli  iüii  es  noch  unbestimmte 

«•  tlirJit*    wrlch«  ZeKunt;   cbmntcr  verMtnorlen  Ut;   die  Aug<v<- 
r-rtr;  n^  Lahh  «•  mcht  icin 

st  R'MLhhaU^  Pre»f<i»or  lut  der  RantoDischulc  in  Aotau.    V|il.  üWr 
J-  Haiuikcr«   ßtogr^phie    in    dcT    ßcilage   des   rro^r^mms.   der  Kanton 


12  Gustav   Tobler. 


Grenchen.  9.  Dezember  1838 

Dass  ich  Ihr  schätzbares  Schreiben  vom  19.  v.  M. 
lange  unbeantwortet,  gelassen,  rührt  lediglich  her  von  Man 
an  Stoff;  einen  ganz  leeren  Brief  mag  ich  Ihnen  ni 
gern  schreiben.  Zwar  ist  mir  auch  jetzt  nichts  Mittheile 
werthes  zugekommen,  allein  ich  darf  nicht  länger  anstoh 
einige  Punkt:e  zu  beantworten  und  Dinen  überhaupt 
Lebenszeichen  zu  geben,  zumal  da  Sie  in  dem  an  Dr.  (riini 
gelangten  Cirkular  wegen  der  Nationalzeitung  fragen, 
ich  fort  seiV  Nein,  verehrter  Freund,  ich  l)in  noch  h: 
und  den  Winter  über  ist  von  Fortgehen  keine  Rede.  J 
Ostern  wäre  es  möglich,  aber  gewiss  ist  es  noch  nicht. 

Dass  ich  lieber  nach  Bern  ginge,  als  anders  woli 
wissen  Sie;  allein  ich  sehe  dazu  keine  Mögliclikeit  n 
namentlich  auch  keine  Bürgschaft  gegen  eine  Wiederholn 
des  Unfalls  von  1836,  der  mir  so  viel  geschadet  hat.  Wr 
meine  Expulsion  zurückgenommen  würde  und  Sie  alsdn 
eine  (lelegenheit  für  mich  erfahren  könnten,  mit  eini| 
Sicherheit  des  Bleibens  nach  Bern  zu  kommen,  so  w; 
ich  Einen  dafür  sehr  verbunden:  allein,  wie  ge.sa<2;t.  i 
scheint  dazu  so  wenig  Aussicht  vorhanden,  dass  es  mir  ni 
einmal   einfällt,  \m  Ernst  daran  zu  denken. 

Auf  den  Entsumpfungsbericht  freue  ich  mich.  Ihre 
absichtigte  Schrift  üb(»r  das  Finanz-  und  Armenwesen  kii 
wohl,  bei  Ihren  vielen  (leschäften,  noch  nicht  fertig  , 
worden  sein;  sie  wird  ohnehin  bei  «lem  langsamen  iiar 
dieser  Angelegenheit  noch  früh  genug  kommen.  Dass  ! 
bei  Mittheilungen  solcher  Ansichten,  in  denen  Sie  mit  i 
übereinstimmen,  meinen  NaniiMi  nicht  nennen,  ist  sehr  Rec 
Die  Ideen  gehören  nicht  mir  und  der  Name  könnt^^  i 
schaden.  Die  Hauptsache  ist,  dass  die  (Irundsätze  Eingc 
finden:  mir  zunächst  ist  es  lieb,  wenn  dieselben  hier  du: 
Sie  gefördert  wt^rden;  steht  ja  die  Republik  darin  noch 
rücTv  gegnn  mehrere  Kantone  und  gegen  die  meisten  mon 
duschen  Regieningen. 

AVas  im  (Irossen  Rathe  vorgeht,  erfahre  ich  nur  s[ 
lieh   und    spät.     Ich  halte    mir    das    Solothurner  Blatt   i 


»f  MsUi}'»  Bfkfc  All  Dr.  ].  R,  Sclvncidn   u\  Hern    (18^7-^1 842^      1.^ 

ettwr'ilen  die  Helv^tie.^i  Dass  die  Walsjchen  nicb  auf 
Fraiueoseiirosa  setzen,  ist  lädierlieh.  Allt^iu  mit  tlireu 
"    '''  j- n  sie  zum  Ttioil   tiieht  Unrecht  haboh 

•  li  ihren  AnUuHi   an  dem  fetten   Bernvi 
Wenn   da»  wälwche  üngefttüm   ilie  Regioning  und 
M*ii  Ratli  zur  ThatigktHt  sjmrnt»  so  tlarf  man  dazu 
.Lü,     Uie  dummen  Deutschen  sollen  den  Wälsehen 
claas  sie  etwa^i  können.    An   die  Allg.  Zeitung  und 
feu  Volk^frtmml    wird   sieb   dir   Helvetie    doch    nictit    an- 


i?r  b*>wns8t**  Artikel  war  niciit  von  mir  —  ich  kenne 
iH«*mi  V,  B.  nichr  —  abttr  er  ging  nnt^^r  meiner  Firma, 
ir,  der  Herr  «ei  ein  tüchtigi^r  Staatömanu  und 
iung  nach  —  liberal!  Übrigens  Ktehe  ich  auch 
itnm  Artikeln,  wie  sie  dort  erächrinen,  nicht  immer 
bvntler.  Die  Redaktion  verhunzt  Vieloö» 
7a»  enillich  Herrn  Sommerlatt  b»'tnfft,  so  liesNi*  sich 
timr  Jt\s$ttMi  Schurkereien  ein  ganzes  Buch  8chreil>en,  Er 
k  i*m  Erzbetnlgc^r  und  «eine  Frau  treibt  das  Spiuneuhand- 
^vfk.  Pfiil  Siebenpfeif**r  ist  aus  der  gleichen  Stadt  (Lahr 
ItHinl  ihn  «eit  du  Jahren.  8ommerhttt  ist  weder  von 
sich  «chroibt),  noch  Of fixier.  Er  begann  seine  Lauf- 
iU  Kaufmann,  machte  einen  betrugeriifichen  Bankerott, 
und  brachtet  es,  glaube  ich,  zum  Feldwebel. 
"Ib*r  tmi  er  auf  mit  einer  Sammlung  von 
teil  len    Napoletinischen    Feldzügen,       Um 

I     'In,    gali   er  an,    der  Ertrag  sei   zur 
-^    I    i<    bestimmt:    allein    er    steckte    dae 
Sein  ganzer  Lebenslauf  tat  eine  Reilie  ähnlicher 
nie.     Herr  Hiadt.schre(l»er  MoMet^   ein   Murtn»'r.    weisti 
'cliivon  XU  erzählen*    Hier  im   Bad  war  eine  Frau  Zidl- 
IT  anA  St  Oallen*  die  miHslicher  Verhältnisse  wegen  ge- 
war,  einen  Dienst  an  suchen.    Sommerlatt  im  Be- 
■hzur«ii^n,  sagt«^    ihr   w  wtdle   ihr  einen  Platz   ver- 


^.vLi., 


I  «U/Hcl%ttic^,   (IrK^ii  «le»   r»dik;tlen  Stockniart    crscbieii   seil    1853  m 


•  mü  Schwciatcrieitufiij**    in   Bern   w.ir  da»    koii*ervalM' 
^\ '.  Ile'ltcanil'*  von  UnrgiUnf  vcrtn^l    dan  JiaUemUicn  tlcr  Brüdci 


14  Gustav  Tobler. 

schaffen,  or  brauche  nur  in  die  vier  Hauptstädte  der  Schweiz 
zu  schreiben,  allein  er  müsse  in  jeden  Brief  einen  neuen 
Thaler  legen;  sie  solle  ihm  daher  nur  eine  Dublone  geben, 
das  Übrige  werde  er  dann  schon  besorgen.  Die  arme,  ein- 
fältige Frau  war  daran,  es  zu  thun;  allein  Mutter  Girard 
merkte  etwas  und  hielt  sie  ab.  Mehrmals  nahm  er  in  Biel 
und  Solothum  die  Briefe  für  das  Bad  und  für  mich  in  Em- 
pfang, natürlich  ohne  Auftrag.  Darunter  war  auch  ein  Brief 
von  Ihnen  an  Dr.  G(irard).  worin  unter  Anderm  stand,  der 
Sommerlatt  werde  wegen  seiner  Ausstreuungen  über  das  Bad 
nächstens  im  Beobachter')  hergenommen  werden.  Diesen  Brief 
brachte  er  offen,  angeblicli  hatte  er  ilin  so  bekommen  ;  allein 
ohne  Zweifel  hatte  er  ihn  aufgemacht.  So  viel  ich  weiss,  ist 
Sommerlatt  Freimaurer:  daher  wohl  sein  fester  Stand  in  Bern. 

Eben  las  ich  im  Solothumer  Blatt  die  Wahl  des  Herrn 
Neuhaus*)  zum  Schultheissen  und  des  Herrn  Weber') 
zum  Regierungsrath.   Dazu  wünsche  ich  von  Herzen  Glück! 

Ich  hoffe,  dass  Sie  und  Ihre  werthe  Familie  sich  (wohl) 
befinden.  Meine  Kinder  lagen  an  einem  (Nerven?)  Fieber 
krank,  welches  hier  grassiert  und  mianches)  Opfer  fordert. 
Jetzt  geht  es  wieder  besser. 


Grenchen,  31.  Januar  1839. 

Mit  Vergnügen  nehme  ich  Ihre  gütige  Einladung  an, 
im  Laufe  des  Honmng  einige  Tage  nach  Bern  zu  kommen - 
Ich  habe  bereits  von  der  Erziehungscommission  zu  Solo- 
thurn  Urlaub  auf  acht  Tage  erbeten  und  werde  am  10.  oder 
11.  Hornung    mich   auf   den  Weg  machen,    wenn  nicht  ein 

»)  „Der  Schweizerische  Beobachter"  von  Bern,  Organ  der  Radikaleu. 
Es  ist  nichts  darin  jjegcn  Sommerlatt  zu  finden. 

*)  Joh.  Carl  Friedr.  Neuhaus  (I7»j6 — 184^).  Vgl.  Sammlung  bernischer 
Biographien   V,    108. 

^}  Johannes  Weber  von  Utzeustorf  (1801 — 1875).  Über  ihn  H.  Türlcr 
in  „Hclvetia",  polit. -liier.  Monatshefte  der  Studentenverbindung  Helvetia 
XXI  (1902). 


IbLiiby»  Hricf«  au  Dr.  J.  K.  ScKticider  in  Bern  (1K17 — 1^42).      15 

Iii7t>rbt*rge«si4«k6rittt4  UiiidHmiäs  tlazwischeti  tritt    Statt  eines 

L*kr«ibeti«    aa    dou    Horni    Central  pol  izoidirektor    will    ich 

b<  "^    Nu    Hii    Sie    richten,    so    gefasßt»    dass   sie 

^^      gt  wenieii  können.    Ich  kimn  mich  nicht 

llKHurindetK  biitweiso  iiiunittelbttr  bei  einer  Behurde  einzii- 

Dmiuerti,  van  di*r  idi  so  arg  juisshandBlt  word^^n  bin. 

Nmtitch    schrioh    mir   nvein    Fronnd,    Hpit    V-  Itzntein, 

er  di<*  AüÄtando,  welche  bisher  der  Uuruiisgabe  meiner 

ipk^re  tfolgegeDgestellt  wurden^  hegeitigen  und  nächstens 

|iii:«tni«n   Ht*inuif^c'ht^in   srhrckt^n   wönlt^     lat  dit^sr  Sat^lie  en 

fa);lt%    so    igt    meine   Steilniig    in    der    Öchweijs    um  Vieles 

Nftcb  Hatise  kann  ich  ohnehin^  wenn  ich  will;  ich 

tliibü  dii*  VerHichi-Tung,   das»  (mir)  keinerlei  ünannehmlich- 

[Wten  würden  gemtieht  w*>rden*     Vielleicht  (mriche)  ich  im 

Ltfift«  da«!  SouimefH  einen  Bemich  in  meiner  Heimat 

iH't  B**rioht  llber  die  Correktiou  der  Jiiragewasser  nnd 

•bf  Etttsanipfuiig   des  Seehindes  habe   ich   längst   erhalten 

rn-  ^..  ...    \,,»_H./    darüber    schon    am  Neujahrstag   an  diö 

mgi   gesendet.     Da  er  bis  jetzt  nicht  er- 

«•J»i«Deö  isU  90  muüü  er  entweder  nicht  angekommen  oder 

run  Gründen  nicht  anlgenommen   worden 

\^ire    mir  nicht   Heb,    weil    ich    des  Herrn 

Piifdd^nittn  der  Commi^sion  in  der  Art»  wie  meine  Über- 

:^   itnd    innere    Hochachtung  ffir  densidben  gebiet-et, 

^^e«liic*.ht    habe.*)      Ich    w^rde    die    Rücksendung    ver- 

und    den   Aufsatz    in    ein    anderes  deut«ches    Blatt 

u,    mit    dem    ich    mittlerweile    Verbindungen    ange- 

Meine  Kinder  sind  üoit  Anfang  des  Winters  krank; 
••A  metiiü  Frau,  von  der  hier  herrschenden  grippähnlichen 
Süttkii  tfTgriffen,  nmsste  das  Bett  hüten  and  leidet  noch 
iBnafT.    Sie  empfiehlt  sich   Hinen  nnd  Ujrer  Frau  Gemalin 


S  t^   A«0mIj  endilen 


Jt»l«niri» 


Am  2,  Febraar  1859  tu  der  Beilage  Xo.  jj   iJer 
l*riifiideut  der  KointtitifioD  für  die  Korrektmn 

Irr. 


l6  Gustav   Tobler. 

Grenchen,  31.  Januar  1839. 

Aus  ihrer  schätzbaren  Mittheilung  vom  25.  habe  ich  er- 
sehen, dass  die  h.  Regierung  die  tit.  Centralpolizeidirection 
ermächtigt  hat,  mir  den  Aufenthalt  in  Bern  für  einige 
Tage  zum  Behufe  der  Besorgung  meiner  Geschäfte  zu  ge- 
statten. 

Indem  ich  Ihnen  für  Ihre  gütige  Bemühung  unendlich 
danke,  zeige  ich  Ihnen  an,  dass  ich  vorhabe,  mit  Urlaub 
der  Erziehungsbehörde  von  Solothurn  am  10.  oder  11.  Hor- 
nung  nach  Bern  zu  kommen  und  bis  am  17.  daselbst  zu 
verweilen,  wobei  ich  so  frei  seyn  werde,  von  Ihrer  freund- 
schaftlichen Einladung,  bei  Ihnen  zu  wohnen,  Gebrauch  zu 
machen. 

Ich  ersuche  Sie  daher,  gefälligst  die  geeigneten  Schritte 
zu  thun,  damit  die  tit.  Centralpol izeidirektion  in  Gemässheit 
der  erhaltenen  Autorisation  mir  den  Aufenthalt  für  die  ge- 
nannten Tage  gestatten  möge. 


Grenchen,  28.  Februar  1839. 

Gestern  w^irde  mir  von  der  Polizeidirection  zu  Solo- 
thurn ein  an  sie  gerichtetes  Schreiben  der  Berner  Central- 
polizeidirection  mitgetlieilt,  folgenden  Inlialts: 

Der  deutsche  Flüchtling,  Karl  Matll3^  dermalen  Sekun- 
darlehrer  in  Grenchen,  habe  bei  dem  Regierungsrathe  in 
Bern  die  Bitte  eingelegt,  dass  ihm  der  Wiedereintritt 
in  den  Kanton  Bern  gestattet  werden  möge;  der  Kegie- 
rungsrath  habe  jedoch  keine  Gründe  gefunden,  auf  die  Bitte 
einzugehen  und  daher  beschlossen,  dass  es  bei  der  Fort- 
woisung  sein  Bewenden  l)ehalten  solle.  Die  Solothurner 
Polizei  möge  den  Bittsteller  von  diesem  Beschluss  in 
Kdintniss  setzen.') 


')  Im  Berner  Staatsarchiv  ist  von  einem  derarlij^en  Beschluss  un<l  dessen 
Ausferlijjunj;  nichts  zu  tinden.  Doch  ist  an  der  Richtijjkeit  der  Mitteilung 
Mathys  durchaus  nicht  zu  zweifeln. 


Xfjiilly«  ftridc  an  Dr.  J,  R.  Sclincider  in  Bern  (lSj7— 1B4; 


teh  knliff  rtii«  amtltcliL*  Mittbethiitg  beschemigt  mit  il<*m 
rken  jodocJi*  tkss  da*ä  Rescript  eine  Üarichtigkeit  eut- 
ijit?   •-    '  t:    ktMiiH  ilemYtigo  liitiei   bei    rk*r  Regierung 
Bi'fn  ^T  liJibi*.    Siu  wenleu  sich  bei  Herrn  Central- 

oliasoidln^ktor  Weber  über  die  Richtigkeit  des  Sachverhalts 
Bi^eu  kotinmi. 

Hiifmiis  g«*lit  htM'vor.  diist?,   wahrend  es  vielleicht  einige 

Mühe  kostete,  zu  bewirken,  dass  die  wahren  Petenten  von 

i\m:  '  süe  dos   Regierungsrathes    Kenntnias   prhielten, 

"■"  t^-  iiHMi  Anstand  nahm,  eine  iiberfluissige  Mittheiliiüg 

.»thnnier  Behörde  zu  machen  und  darin  die  Wahrheit 

n  diistalJen.    Wenn  nnn  der  Beschluss  deü  Uegieningtirathes 

'     '  '    '  Mf  Znfall    war.    so  kann    ieli  doch    in  dieser 

möglich     die     Absicht    verkennen,     joir    zn 

•ohAileti    and    micli    zu    kräitken;    ebenso    wenig   kann  ich 

ftlwr  die  Qntdh>    itn  Zweifel  sein,    woraus  dieser  neue  Bau* 

4ii»*iijitreich    fl ieiiöt.      Zwar    ist   die    Absicht    nicht    erreieht; 

Ji«  Solüthumer  Regienuig  ist  zu  rechtlich  gesinnt,  um  «ich 

ixitf'h  mlch€^  Kniffe  zu  einena  unK>yalen  Schritte  beötimmt^n 

tt»  lanw^n:  alleiji  e»  Hfcheint  mir  ungemessen,   den  Verbuch 

tl  niichen^   irgend  eine  (ientigtlinung  zu  erhuigen.   Chrigena 

imVilite  ich  keinen  Schritt  thun,  ohne  vorher  Ihi*en  gütigen 

'    zu    erbitten,     Sir  haben   ibirch   Ihre   freuodschaft- 

l:  uifthungen  uin  mich  mehr  Kummer  undVerdruss  ge- 

I^Wilsich:  Hie  sind  ärger  liint^rgangen  und  gt*kränkt  worden 

dtticb  diH  deiiden  IntrigiU'ii  einer  bekannten  Klike.  als  ich* 

Viidleichl  wire  es  gut,   wenn  nunmehr  die  Sarhe  durch 

feKidaaer  vor  den  ttrossen  Rath  gt^hraeht  und  dort  günstig 

wi^rdeii  konnte.  Obiges  Rescript  der  Centralpol ixei- 

T)    «h*b»^i    benutzen:   vielleicht    sind  nneh 

■»._       ,  -  .-  V,  :u  ergangen,    die  ich   nicht  kenne.     Lässt 

mf  die^eiu  Wege,   der  freilich   der  letxte  wäre,   nichts 

Äi'tt^   so   bbdbt    einzig  noch    der  Weg  der  öffentlich- 

fI>iidorch   kann  freilich  die  Ahändemng  des  regienmgs* 

bftu   B«*34rhlui^n»  nicht   erzielt  werden,  aber  doch  eine 

Witi  Sfttijffjirfion,    indem  ich  dii^  Behönle,  von  welcher 

iKiOcr'  r  dem  Puhlilium   der  Lüge   in  einer 

n  werde.    l*it*  Sache   ist  zwar  nirht 

ilufr  m^  l&s^  «idi   pikant  genug  ihLr^tellen, 

r.  G«Kk.  uotf  Alttnum.    \l.  l.  2 


l8  Gustav  Tobier. 

Den  Weg  der  Öffentlichkeit  g^be  ich  übrigens  erst 
als  letztes  Mittel  betreten  zu  sollen;  namentlich  dann,  wann 
irgend  ein  Blatt  die  Sache  vor  das  Pablikum  bringt  Ich 
bitte  Sie  nun,  mir  Ihren  freundschaftlichen  Bath  gefälligst 
zu  ertheilen.  Nebst  Ihren  Gresinnungen  für  mich  gereicht 
mir  auch  der  umstand  zum  Trost  dass  meine  Verhältnisse 
mit  der  badischen  Regierung  sich  geordnet  haben  und  dass 
ich  des  Prädikates  ^flüchtig"  los  geworden  bin,  welches 
das  Rescript  der  Centralpolizeidirektion  mit  so  vieler  Osten- 
tation an  der  Stime  trägt  So  bald  ich  meinen  Heimat- 
schein erhalte,  was  auch  nicht  mehr  lange  anstehen  kann, 
werde  ich  es  Ihnen  schreiben. 

Soeben  lese  ich  in  der  „Helv6tie^,  dass  der  Grosse 
Rath  das  Secundarschulgesetz  angenommen  hat  Dies  scheint 
mir  ein  grosser  Missgriff  zu  seyn,  und  ich  glaube  nicht^ 
dass  der  Kanton  gedeihliche  Früchte  davon  zu  erwarten 
habe.  Die  Knaben  sollen  vier  Jahre  darauf  verwenden, 
oberflächliche  Kenntnisse  in  etwa  16  Fächern  zu  erwerben, 
ohne  dadurch  zu  einem  bürgerlichen  oder  wissenschaft- 
lichen Benife  vorbereitet  zu  werden.  Die  Lehrer  könnea 
in  ihrem  Amte  nicht  mit  Freudigkeit  wirken,  da  ihnen. 
jede  freie  Bewegung  durch  engherzige  Vorschriften  unter- 
sagt wird. 

Den  Aufsatz  über  die  Juragewä8ser-Ck)rrection  hat  nun 
auch  das  Solothurner  Blatt  in  seine  Spalten  au%enommen. 
Könnten  Sie  mir  wohl  seiner  Zeit  die  Verhandlungen 
darüber,  sowie  über  andere  wichtige  Gegenstände,  besondere 
über  das  Budget  mittheilen? 

Weingart')  hat  die  Stelle  über  Strauss  in  der  Volks- 
Bibliothek  jämmerlich  herumgedreht  *) ;  auch  Huber  von 
Büren  hat  mir  sein  Missfallen  über  Ihre  und  meine  Ansicht 
zu  erkennoii  geben  lassen;   er  glaubt,   dass  Sie  über  diesen 

>)  über  August  Weinjjart  vgl.  Xcujahrsblatt  S.  36,  Note  25  und 
Blätter  f.  beriiische  (ieschichtc,  Kunst  und  Altertumskunde  11,  65. 

*)  Mathy  verfasste  für  die  Volks-Bibliothek  jeweilcn  die  Monatschronik. 
Die  betreffende  Stelle  über  die  Berufung  des  David  Friedrich  Strauss  nadi 
Zürich  findet  sich  dort  im  Jahrgang   1839,  S,  31  f. 


Kftf!  Matbys  Bride  au  Dn  J.  R.  Schneider  in  Beru   (1837-^1842).     I9 

egenstand  mit  Herrn  Kasthofpr  \}  zerialleii  wercJen.  Mit 
er  Geistesfreiheit  ist  es  noch  erbärmlich  bestellt  iinter  dem 
IToIke!  Die  Ziirrher  haben  die  Benifnng  »les  Dr.  Strausa 
rtthlweislich  auf  uubestimiDte  Zeit  vertagt ! 


22.  Oktober  1839. 

Soeben  erst  erhalte  ich  oieinen  Heimatschein  von 
[Aaraii  zurück  —  wo  noch  nichts  weiter  entschieden  ist  — 
[und  will  nun  keinen  Augenblick  mehr  v»^rlieren.  nm  die 
[Aiifmge  an  die  Centralp<>lizeidirection  einzusenden. 

Ich  biti  so  frei,  IhneM  die  Sache  zu  schicken,  w<-il  ich 
|Wp*eiflicher Weise  wünschen  inuss,  dasa  Rio  zuerst  Kenntniss 
l'lavoü  erhalten  und  weil  ich  Ihnen  zugleich  die  Bitte  ans 
iHenE  legen  kann,  gefällig  dafür  zu  sorgen,  dass  mir  der 
iHeimat^schein  baltbnögliehst  wieder  zukomuu3  und  nicht 
Valoren    gebe:    solche    egaremens  soHen    in    Bern    zuweilen 

Was  Sie    zur  Unterstützung    tler  Sache    bei    allfälliger 

Bemtliung   im    Regierungsrathe    noch    thun  können,    ilanini 

Ibranche    ich    Sie    nicht   erst    zu   bitten.     Wenn    Sie   i»s   für 

ngemessen    halten,    können   Sie   noch    die  Rtdigionsgefahr 

ilinfliessen    lassen.       Ich    musste   meine   Tuchter    katholisch 

aleti   lassen,    kann  weder   selbst,    noch    mit    den  Kin<lern 

ffi\  reformierten  Gottesdienst  in  Lenguau  besuchen  u.  s.  w. 

Herrn  Hchaub*)  sprach  ich    im  Durchfahren  von  Basel 

fhien    geneigt,     die     SekretärstellH    anzunehmen;     ist 

?ns  die  Sache  bei  der  Regierung  im   Reinen,    so  wird 


')  Karl  KasÜiofer  (1777— 185J),  Forstmeister,    Professor  an    der  Uni- 

rttü,  ReifierinigsraL    Altg.  d,  Biogr.  XV,  437.    ßeriier  Taschcubucb  1H56, 

174.     SnnmiUiMg    btrni.  Biographien  V  (1906),    52S — 350.     In    den    „Auf- 

".   uiii»crc»  Vaters  Karl  Hunzikcr-Schiiiz  von  Berti   und  A;ir;ui*%  als 

l^  ijsgcgeben    von    Prof.   CJtio  Hnn/ikcr   ti^»ot>L    titiden    sich    anf  den 

^  ^7^17   bemerken i werte  MiUeihmgen   über   Kasthofer.     Das  Neue  Berner 

ubnch  auf  dai  Jahr  irjo;  wird  eine  Autobiographie  ICa^tbofers  mitteileü. 

*)  Jahatin  Schanb  von   Lieslal,   Pfarrer   in    Kümlingen    ^Baselland),    seit 

1^3  Helfer  der  KUü>&c  Nidau  und  Lalcinlchrer  an  der  dortigen  Schnle.     Am 

.  )■!  u    i>i|T    wuttle   er  Strkrethr  der   Erziehungsdirektion, 


20  Gustav  Tobler. 

sich   für  mich    später    schon    eine    Beschäftigang    in    Bern 
ergeben. 

Herrn  Ochsenbein  ä.^)  konnte  ich  in  Nidan  nicht  auf- 
suchen,  sprach  darüber  mit  Herrn  Weingart  und  habe  an 
Giranl  in  Renan  bis  jetzt  noch  gar  keine  Erklärung  gegeben. 


Grenchen,  1.  Dezember  1839. 

Heute  vor  acht  Tagen  erhielt  ich  den  Bapport  für 
1838*)  mit  Ihrem  freundschaftlichen  Billet  Sogleich 
schrieb  ich  an  Herrn  Weingart  und  bat  um  das  dritte  Heft 
der  Vierteljahrschrift  mit  dem  Aufeatz  über  den  vorigen 
Bericht  Die  Zeit  bis  zum  Eintreffen  desselben  benutzte 
ich,  um  den  Bapport  zu  durchgehen  und  da  er  mir  aus- 
nehmend gefiel  imd  auch  die  Traktanden  zur  Qrossraths- 
versammlung  einen  lobenswerthen  Fleiss  und  ein  redliches 
Streben  der  Regierung  zu  beurkunden  schienen,  so  sendete 
ich  darüber  einen  Artikel  an  Dr.  F."),  der  auch  im  Solo- 
thurner  Blatt  vom  27.  November  erschienen  ist  Sobald  ich 
von  Herrn  Weingart  das  Verlangte  erhalten  hatte,  machte 
ich  mich  an  die  Arbeit,  welche  ich  Ihnen  hier  übersende, 
um  solche  mit  den  nöthigen  Abänderungen  und  Zusätzen 
nach  Ihrem  Wunsche  zu  gebrauchen.  Wenn  ich  eine  oder 
die  andere  irrige  Angabe  mache,  so  kommt  es  gewiss  nicht 
von  bösem  Willen  oder  Nachlässigkeit  her,  sondern  vom 
Mangel  an  neuerem  Material.  Es  fehlen  mir  die  Gesetz- 
sammlungen von  183B,  1837  und  1838  und  1839,  von  den 
Grossrathsverhandlungen  habe  ich  nur  die  zweite  Hälfte 
der  Wintersitzung  1839,  welche  Sie  mir  mitzutheilen  die 
Gefälligkeit  hatten.  Es  ist  mir  viel  lieber,  wenn  es  gut 
als  wenn  os  schlecht  geht;  ich  lobe  lieber,  als  ich  tadle  und 
es  machte  mir  grosses  Vergnügen,  die  Berner  Regierung 
einmal  aus  Überzeugung  loben  zu  können.  Die  tabellarischen 

M  Ulrich  Ochseiibein,   der   spätere  Tagsatzungspräsidcnt  und  Bundesrat. 

^)  Bericht  iil)er  die  Staatsverwaltung  des  Jahres  1838.  Mathys  Referat 
hierüber  helindet  sich  in  der  „Bernischen  Viertel-Jahrsschrifi*'  1839,  Heft  4, 
70—84;   1840,  Heft   1,   I — 20. 

3)   Dr.  Felbcr? 


IC/ifl  M;itk>s  ßricfc  ;\n  Dr.  J.  R.  Schneider  in  Bern    (1837—1842).     21 


)ersichten    sind    aber    zum    TLeit    liederlich    gearbeitet, 

amentlieh    bemi    Erzieliiuigsdeparteuieut    nnd    ich    konnte 

jfcicht  iindeTS,   als   «lies   an    einigen  Btellen   zu   rügen.     Der 

Idsaus  sollte  freilich  ausführlicher  sein,  aber  ich  besorgte, 

uioge    dann    für  ein  Heft    der  Vierteljahrschritt  zu   lang 

Nach  einer  Mittlieihmg  <k^r  Wintf>r- sehen  Verlagshand- 
Inng  werde  ich  das  Heft  von  Rau's  Archiv,  worin  iixeine 
Arbeit  über  die  Berner  Finanzen  steht,  in  ganz  kurzer  Zeit 
«rhatten;  ich  werde  es  Ihnen  fhinn  sogleich  zur  beliebigen 
Benlltzting  für  die  Vieiteljahrsehrift  üliersenden,') 

Wenn  es  der  Druckerei  nicht  zn  viel  Mühe  und  Kosten 
uiacht,  so  würde  es  vielleicht  zweckmässig  sem,  aus  dem 
ßÄpport  für  18B8  die  übersieht  der  Staatsrechnung  u.  s.  w. 
iJii*  letaste  Beilage»  als  Zugabe  zn  dem  Aufsatze  in  das 
virne  Heft  der  Qnartalschrift  abdrucken  zu  lassrMi. 

AtLS  meinen  schönen  Träumen  ül>er  eine  v^urtheil hafte 
OesJaltung  des  bernischen  Kegime  schreckte  mich  Ihr  Brief 
vom  2H.  November^  den  ich  letzten  Posttag  erhielt.  Ich 
8*?lie  daraus,  dass  Schüler  *i  Ihr  Vertrauen  missbraucht 
liaWn  rnuss,  dass  er  Ihnen  dadurch  Freunde  zu  Feinden 
gt'liiacht  und  damit  die  Aussichten  auf  eine  bessere  AVen- 
»imig  der  Dinge,  welche  nur  dorcl)  Einigkeit  und  festes 
Zamunnienhalten  geileihen  konnt^i^n,  zerstdrt  hat.  Schülers 
Taktlosigkeit  und  Indiskretion  kenne  ich  schon  längst  und 
übe  ihn  dai'um  auch  nie  zu  meinem  Vertrauten  gemacht; 
ein  einer  so  schändlichen  Handlung  hätta  ich  ihn  nicht 
geglaubt  und  er  würde  dazu  wohl  auch  nicht  fähig 
sen  sein,  wenn  er  die  ganze  Schändiichkeit  derselben, 
»Wie  ilire  verderblichen  Folgen  hätte  einsebeii  können. 
Iber  daran  hinderte  üin  vernmthlich  die  Verblendung,  in 
lif*  er,  wie  viele,  geräth,  sobald  das  theure  Icli  ein  wenig 
^etüst^t  wircL 

Der  tiefe  patriotische  Schmerz  und  die  ächte  Humanität 
I  Ibraxi  Äusseningon  über  diesen  Vorfall  und  die  betreffende 

•j  Nciijuhnbbtt  S.  25,  Die  Viertel -Jahrsschrift  stellte  im  Jahr  1841 
kr  Erscbcioeti  ein. 

*)  Ernst  Schtiler   (1807 — 18811   aus    Gicsscn,   m  Bicl,   später  Redaktor 
Boattsgeber  des  Handcla-Cotirier. 


22  Gustav  Tobler. 

Person   können   meine  Hochachtang  für  Sie   nxir   erhöhen. 
Allein  ich  glaube,  dass  jedenfalls  alles  Mögliche  angeboten 
werden    sollte,    um   das  Missverständniss  zwischen   wohlge- 
sinnten Männern  zu  beseitigen;  und  wenn  dies  nur  dadurch 
geschehen  kann,  dass  Sie  Schülers  Benehmen  offen  darlegen, 
so  würde   ich   an  Ihrer  Stelle  dies  unbedenklich  thun.    Eis 
gilt   der  guten  Sache,   dem  Wohl   des  Landes  und  dieser 
muss   jede  Schonung  einer  Person,   welche   dieselbe   nicht 
einmal  verdient,  nachstehen.   Selbst  wenn  jene  Männer  mit;. 
Grund  sich  von  Ihnen  verletzt  glauben  dürften,  so  wäre  e^ 
doch  kleinlich,  wenn  Sie   darum  eine  edlere,  bessere  Rieh — 
tung  aufgeben  und   einen  persönlichen  Groll  mit  Zähigkei^fc 
festhalten  würtlen. 

Insofern  durch  den  bezeichneten  Vorfall  auch  Ihr^ 
freundschaftlichen  Bemühungen  für  mich  gestört  und  mein.^ 
eigenen  Wünsche  für  die  Zukunft  Tii^reitelt  werden,  so  hi».^ 
dies  gar  nichts  zu  sagen,  ich  bin  daran  gewöhnt  und  nehm  «3 
solch  (»  Begegnungen  fast  ohne  allen  Eindruck  hin. 

In    Aarau  bin    icli,    wie   vorauszusehen   war,    geflämna^^ 
worden.     Herr   Kurz    von    St.  Gtellen,   der   zwar   selbst   eixi 
Fremder,    doch   eine  Aargauerin   zur  Frau   besitzt,    hat  die 
Stelle  erhalten. '')    Hier  kann    ich  nicht  ewig  bleiben,    wefi 
ich    kleine    Aussicht    habe,    so    viel    zu   verdienen,    als    ich 
brauche;  und  wenn  mein  Wunsch,   nach  Bern  zu  kommen, 
ganz    abgeschnitt^ni    wird,    so    bleibt   mir   am   Ende   nichts 
Anderes  übrig,  als  an  die  Heimkehr  zu  denken.   Dies  kann 
nur  geschehen  um  der  Kinder  willen,  mit  Verzichtung  aof 
Lebensgltick.     Man    wird    mir   dann    sagen:    Du    hast   dieh 
nicht  in  der  Republik  halten  können  und  das  beweist,  dass 
entweder  du   nichts   taugst   oder  die  Bepublik     Ich  werde 
den    Leuten    nicht    begreiflich    machen   können,    dass    der 
Fehler  nur  an  dem  kleinen  Umstand  liegt,   dass  ich  nicht 
in   der  Republik   geboren   bin   und  dass  nur  eine  seltsame 
Verkettung    widriger    Umstände    meine    Bemühungen    ver- 
eitelte.  Man  wird  mich  eben  auslachen.    Doch  so  weit  sind 
wir  noch  nicht  und  es  sind  noch  günstigere  Fälle  möglich. 

^)  Der  bekannte  Literarhistoriker  Heinrich  Kurz  (1805 — 1873).     AUg. 
d.  Biogr.  XVII,  421. 


kjvl  >ltfkfs  Briti 


],  R*  Scliiicider  tu  Bcm   (lajx— 1842».     25 


Pnmnd   KttozV*,    dorn    ich    <lio   Papit^ro    vor   viorzohu 
Hif^ii    öberg**ben    hal»p.    um    sie    von    der   solotlmrnischeii 
ImuTi*ü  ZU  Uj4Hi»a,    hat  siV  noch   nicht  ge- 
h  üio  aber  auch  erhalte,  will  ich  nie  doch 
BD  lange  hier  liegen  la^ßeti,  bis  ich  von  Biiieii  erfahre, 
ich    nicht   bt^öjti^r   tJjue,    meine   Atit'ragn   zurückzuziehen 
d**n    dipluinatiiichen  Weg  mi   betreten  oder   dn»  gan^e 
LVerfalinfU  gegen  mich  der  Öffentlichkeit  zu  ülK»rg»*bHU. 

Dn^i«    Schülern    nlendei}    Benehmen    Ihre    (Tei^innungen 

'^B'Jfföii  mich  nicht  geändert  hat.    ist  mir  erfreulich.     Zählen 

Si»*    ^'*«»--    iillen     UtnHtäniitMi    auf    meine    Ergob*:nheit    und 

Fr^  itt,    dii*    auf    wahrer    Achtung    und    Dankbarkeit 


Grencheu,  8.  Dezember  lKi\l 

DiP?  beiden  Briefe  und  das   3.   Heft    der  Vierteljahrs- 

tiabe   ich   erhalten,   sowie   von   Hi^rni  Woingarfc  den 

nber  dm  Gcmeindestcuerwesen.    Mit  diesem  bin  ich 

im  ^IL  iu^'inen  ein\rerstanden.     Dass  dies  wirklich  der  Fall 

idi  Ihnen  beweisen  durch  eine  Schrift  über  Ein- 

•^•r  VcriT  «nier,    die    ich    1831.    und   die   Er- 

'  u  zur  l^         .  u  Gemeindeordnung,   die  ich  1832 

Ifi  beiden   würden   Sia  viel   ähnliches    mit    Ihren 

finden,  besonden?  über  die  Einfülirung  einer  Ver- 

ler   neben   der  (Grundsteuer    und  die  Vertheilung 

udela^iten  auf  die  Bürger.    Wenn  Sic*  es  wünschen 

h  Z«ftt   nt^hfnrn  können,  sie  zu  lesen,  will  ich  Ihnen 

Ein2«dne  Bemt^rkungen  sind  in  dem 

tsung  mif  <len  historischen  Boden  be- 

Ti  Sie  viel  beiiser  kennen  als  ich;  theila  sind  sie 

^  d,  um  besprochen  xu  werden,  theils  beziehen 

*'  -..*  -u*^  Redaktion  und  siml  daher  gleichfalls  Nnben- 

Ich  war  daher  nicht  im  Fall  IJincn  eine  abweichende 

An^tht  in  wesentliclien  Punkten  mltzutheilen  und  konnte 

darauf  be^hHLnken,  das  Resüme  am  Schlustse  bei- 


^   KAiiU 


Liioi,     von    SolotUur»»: 


er   uitrde   im   Mir»    1(141 


24  Gustav   Tobler. 

zufügen,  Herrn  Weingart,  weil  er  pressirt,  das  Manuskript 
wieder  zuzustellen  und  allfällige  Änderungen  am  Scliluss- 
wort  der  Correctur  zu  überle^sen,  die  ohnehin,  weil  das 
Manuskript  etwas  flüchtig  und  mit  Abkürzungen  geschrieben 
ist,  viel  zu  thun  geben.  wirdJ) 

Schülern  habe  ich  neulich  zur  Rede  gestellt.  Er  ver- 
sichert hoch  und  theuer:  1)  keine  beleidigenden  Ausdrücke 
in  den  Artikel  gelegt,  2)  Herrn  Weber  weder  einen  Brief 
noch  sonst  etwas  von  dem  Verfasser  mitgetheilt  zu  haben. 
Es  wäre  sonach  möglich,  dass  Herr  W(eber),  nachdem  er 
Schülern  nicht  mehr  für  den  Verfasser  halten  konnte,  auf 
Sie  geschlossen  und  xuu  etwaigen  Widerspruch  zu  beseitigen, 
vorgegeben  habe,  er  habe  schriftliche  Beweise  u.  dgl.  er- 
halten. Sollte  es  sich  so  verhalten,  so  wäre  es  mir  wenigstens 
in  so  fem  lieb,  als  Schülern  kein  schlechter  Streich  zur 
Last  fallen  A\iirde. 

Ihr  Billet  vom  Montag  (2t.)  bekam  ich  erst  am  Donners- 
tag; Sonntag  (lt.)  gab  ich  meinen  Aufsatz  über  den  letzten 
Jahresbericht  mit  einem  Briefe  an  Sie  auf  die  Post  und 
hoffe,  es  wird  richtig  angekommen  sein.  Leider  erfahre  ich 
nicht,  was  der  Gr.  Rath  macht  und  bin  doch  so  neugierig. 
Eben  (Sonntag)  erhalte  ich  den  Seeländer*)  vom  letzten 
Mittwoch.  Morgen  gehe  ich  nach  Büren,  um  der  Prüfung 
eines  Sekundarlehrers  beizuwohnen,  wozu  ich  von  einem 
Mitglied  der  Commission  eingeladen  worden  bin.  Ich  muss 
also  wieder  einmal  den  Bann  brechen.  Verratlien  Sie  mich 
ja  nicht !  Wenn  Sie  wüssten,  WTe  gerne  ich  für  Sie  arbeite, 
Sie  würden  mir  gleich  wieder  etwas  schicken. 


Gronchen,  23.  Juni  1840. 

Die  aus  Ihrem  freundschaftlichen  Schreiben  vom  15.  v.  M. 
gesc]K*)j)fte  Hoffnung,  Sie  demnächst  in  Grenchen  zu  sehen, 
war  der  Grund,  wanim  ich  Ihnen  bisher  nicht  geantwortet 

*)  Daraus  j;eht  hervor,  dass  die  in  der  Bernischen  Viertel-Jahrsschrift  i830f 
Heft  4,  .^4 — 70  stehende  Abhandliuig  „Das  (iemeinde-Steuerwesen  im  Kautun 
Bern  und  die  Nothwendigkeit  der  Reform  desselben"  von  Dr.  Schneider  herrührt. 

*)  Der  „Seeländer-Anzeiger"  erschien  in  Dr.  Schneiders  Verlag  in  Biel. 
-sblatt  S.  22. 


Ksrl  Jbbibf»  Briefe  an  Dr.  J«  R.  Sdineidcr  In  Bern    (Ii4j7— .1H42).     25 

J>c,     Nun  «Ißt  mir  aber  Herr  Weingart,   Sie  seien   kmnk 

;eii'^f9<m  — ,    g^ynsH    in    Folgo   zu   gmsser  Anstrerigiing  in 

Ihr^u   vii*l^ü  Ur's^'häften  —  doch  Gottlob  wieder  iiesser;  nun 

it  ml^ttr  der  Orosse  Ilatb  vpraamuii^t  und  so  word«  irh  Hie 

roh!   nicht  ©her,  als  xnr  Znit  iIhs  Bc^luns^ens  in  Solntluirn 

y\um.     Ilort  trifft  sich  ja  Alles. 

Sie   Hinil    Si\  gut,   mir  zu   ♦•rlaulK^n,    ELn*  HfUfe  in  An- 

Ich  XU  ni»hmon,  fulls  ich  in  Finfin^noth  kuninu'.  Lutztt«res 

swar    Ul<^in  permanenter  Zustand  und  darum  eben  ein 

iHiiQpfgnuid,  warum  ich  so  i^ehnlich  wiinache,  von  hier  weg 

|sii  komaien  nach  Bern^  wo  ?«ich  jeden  Falls  mehr  Gelegon- 

hiit  gibt,  etwa«  zu  verdienen.     Dncli  nträubte  ich  mich  da- 

pgfu^   meine  Schuld   bei  Dinen   zu   vergrössern,    so  lange, 

\k  \i*h  kein  »nd*»re8  Mittel   mehr  wnissto,    8<i  habe  ich  rlf^nn 

bfOti«  einen  Wechsel  von  12(1  L.  4  AVochen  dato  auf  Sie  ge- 

ifiiP!».     Gewiss    mit   schwerem    Herzen^    iiber,    wie   gej^agt, 

'^^n  Falle.     Sie  miissen  wisneUt  wanim*     Morgens 

i    24t.L  da  geht  meini»  Magd   fort,    ich   muss  ihr 

li  bezahlen  un<l  habe  kein  Geld.  Zugleich  drangen 

wagö  (flftnbigej*    von    der  auvorraeidlicJien    Art,    MetÄger, 

kust^r  !L  ».  w.,   und  ho  wusste    ich    mir    nicht    andei's    zu 

Bün.    S«_Men  Sle^   verehrter  Freund^   mir  nicht  böse,   dass 

^him  einzigen  Weg  aus  dieser  Verlegenheit  einschlage,  den 

Sit*  mir   selhiit   gH/.eigt   habtm.     Sie  ge!»i*n   mir  dfn  Tmst, 

J.^4  .."-:  »,,.  .,,,|.^  Zeiten   kommen  werden  und  ich  hoffe  auf 

t  Sie  mir  nur.  von  hier  nach  Bern  zu  kouiüien^ 

4*ü  hin    ich   gowiass,    dass    ich    meine   Verbindlichkeiten 

'1    die   «nderr»    Art   werde    erfüllen    können* 

Buchhändler  iibnreingekomunMi,  t*in  Werk 

n  edin^ibc^n,  da^  etwa.s  ordentliches  eintrag<?n  winl;  allein 
kW  kimn  ich  es  nicht  vollenden,  denn  ich  mu«s  Bücher 
eine  Bibliothek  bentitzc^n!  So  bin  ich  IiIim- in  allem 
\kmU  da  ich  ausser  dem  Seeländer  imd  den*  Solothumer- 
k<^iiie  Verbindung  mit  der  Welt  habe ! 
Wenn  «ler  Aufs^atz  über  ihis  Zollwesen  in  der  3ten 
}''    ^imirmUchriff    erscheint  ^l     so   wäre    es    gut, 


r  üje  Rcvifcio»  dca  Zoltwescns  im  Kantoti  Bern** 


26  Gustav   Toblcr. 

wenn  die  Fortsetzung  der  Finanzen  für  die  folgende  Nummer 
verschoben  bliebe,  damit  nicht  zu  viel  über  den  gleichen 
Gegenstand  kömmt.  Ich  habe  daher  bei  Herrn  Weingart 
eine  Note  zu  dem  Zollwesen  gemacht,  des  Inhalts,  dass 
dieser  Gegenstand  in  dem  Aufsatze  über  die  Finanzen 
später  behandelt  worden  wäre,  dass  man  ihn  aber  jetzt  gebe, 
weil  er  für  den  Augenblick  Interesse  bietet,  an  der  geeig- 
neten Stelle  in  der  Arbeit  über  die  Finanzen  werde  man 
sich  darauf  zurück  beziehen.  Fehlt  es  übrigens  an  Stoff, 
so  liegt  die  Fortsetzung  der  Finanzen  zu  Ihrer  Disposition 
bereit  und  zwar  so  viel,  dass  sie  allein  zwei  Hefte  ganz 
füllen  könnte  und  mit  Benutzung  des  Berichts  für  1838, 
der  Dotationsberichte  (neuesten)  und  des  Budgets  für  1840 
durchaus  ausgearbeitet.  Wünschen  Sie  noch  andere  Stoffe 
von  mir  behandelt,  so  schreiben  Sie  mir;  es  soll  gewiss 
sehnt»]]  und  mit  grösstem  Vergnügen  geschehen. 

Das  Solotlmrner  Blatt  raisonnirt  über  eine  neue  Bemer 
Olnngeld Verfügung;  was  für  eine  ist  dies  und  was  enthält 
sii»  denn?  Icli  linbe  Herrn  Kunz  wiederholt  gebeten,  etwas 
über  die  Quartalsclirift  zu  sagen,  aber  er  hat  es  noch  nicht 
getlian. 


(Bronchen,  B.August  18-4C). 

Für  (las  4te  Hel't  der  Quartalsclirit't  will  ich  die  Fort- 
setzung des  Finanzartikels*!  sogleich  zuerst  machen;  femer 
wenle  icli  eine  kurze  kritisclie  Anzeige  der  Gonzenbach'schen 
Sclirift  über  ein  schweizerisclies  Schutzzollsystem  liefern*); 
dazu  bedarf  ich  aber  das  8tt»  Heft  der  Quartalschrift  und 
l)itte  (lalier  um  gefällige  Mittlieilung  dt^sselben,  sobald  es  die 
Presse  verlassen  hal)en  wird.  Wenn  Sie  wünschen,  dass  ich 
die  Aufsätze  über  das  (Temeindewesen.  über  das  Wirthschafts- 
wesen  und  den  Auszug  aus  dem  (^utacliten  über  das  grosse 
Moos  ausarlieite,  so  liaben  Sie  nur  die  (.Tefälligkeit,  mir  die 
Materialien    (Stettiers  Schrift,    Rheinwalds    (TUtachten,    Ihre 

»)  A.  a.  ().  S.   50— 8o. 
»)  A.  a.  O.  S.  44—55- 


HaA^  TMtik  an  Br.  J.  ^  Schtieldcr  in  Bern  (1537—1^42) 


Itwürl«?'.   Skizzen  n*  &  w.)  zu  sckickeu;   ich   will   es   daun 

Hnnceu  yi^ru  liesorgeii.    Vnu  der  GesPtZBaiumhiiig  fohlen 

die   Juhrgiingf    1837t    1838^    1830:    weuu  iclj  sie  doch 

komnit^Q  könnte!    Was  macht  Herrn  Fetscheriuö ' i  Jahres- 

ricbt    filr   1S3V»;    wird    er   tiichf    bjild   vom   Stapel   laulen? 

NmcIi     H«TZugeuliuchsef'     mag     icli     nicht.       Muss     ich 

kundarlehrer  s^ein,  so  bin  ich  oi^  aiu  liebsten  hier»  wo  man 

ftvi  bewegen  kann  antjer  einer  redliclien,  gutgesinnten, 

Runintirri  Bifgiemng.     Das  Berner  Schnurstiefelgesetz '1    gtv 

ll    mir   lüclit,    besonderu   da   auch   die  Besoldujigen  noch 

furnier  üitid   iiIh  hier.     Zur  Versammlung  nach  Soh)thurn 

ich  gDwit;»^  und  acceptire  mit  Vergnügen  die  Führung 

^     'I  Protokolls,*  f    Ich  habe  zufilllig  vernommen, 

ll)*/  die  Sekretärst^'ne    nicht  annLmmt.    Ver- 

It  tticb  ilitw  wirklich  no,  8<^>lh^  ich  mich  dann  nidit  danim 

?      Ich    könnte   dann    auch    meinen    Lieblingsplan 

—  u.    nitmlicli  an    th*v  HHchschnl»*  V< »riesungen    hult*.Mu 

halte* n  Hie  davon  V 

Aui   den    Plan    zu    einem   statietischen  Bureau  bin  ich 

ig*^  wntJ  wen«  es  zur  AnsR'ihning  kommt^  wird  Herr 

an  mir  keinen  Rivalen  fimlen;    wenn    er  nur   son>4t 

Stellung  in  Bern  beliaupten   kann;  <laran  w«dlen  aber 

rA'etftdn.      Hat    er    nicht     im    ^Verfaissnngsfreiind'^ 

Sie    geplänkelt?      Eine    Erwiederung    im    8ecländer 

mich  auf  diese  Verrautimng.    Der  Seeländer  ist  über- 


ilniLiite ! 


So^liard  Rudolf  Fettchertts  Ujn6 — 1855)»  Regicrunj^ml.  Vom 
|J«fc»  t|0  an  tieioi^te  er  4ic  Abfassung  der  Slaatsverwaltuiij»sbenchle. 
|V|i  StamlmK  brjiiiicber  BiogTA|>bien  II,  sS^  ff.  In  einem  imdAtiertcu  Bricf- 
[  Kkrcibc  Or-  Schneider  an  MAlhy :  „Ihr  Berkhi  ist  Äusserst  mterc&^ant ; 
m*ih  ftk'kl  efith.ittR(v  ihn  item  Herrn  Fet!»chcri]t  luin^iithcileii,  der 
M«  lÜdH  |Cmti|£  vprm'utiilrni  konnte,  Vk'ie  ein  \f;inu  &r>  nxscU  und  so  richtig 
•••  Dvrklit  ^fjiinirrfit  konnte^  Ex  g^b  alle  gerügU'u  Fehler  ittid  Müiti^cl 
^  •»!  kli  inttAMt  ikm  vers(}recliiet^  ihm  GcIrgeuKeit  tu  gehen,  den  statin 
•<  6tT%  ftiisieforüeiit  lieh  est  fitattfiliücheo  Talent  keuuen  tu  lernen.  Ich  ver- 
I.  Momente.** 

*«  Am  J3  iothurii  die  General venammlung  ttalt  be- 

I  mm  ^  l<),  Ko( 

hon  dACUnn.iii    ^ni^    Lft.   ^^tiniciticr   *\ni   Miithys    Id«'e    vui      Neu* 


28  Gustav    Toblcr. 

haupt  meine  einzige  Quelle  für  Bemer  Nachrichten,  da  icl 
sonst  kein  Blatt  zu  lesen  bekomme.  "Weil  nun  der  See» 
länder  in  Aufdeckung  allfalliger  BegierungsmissgriSe  ein< 
grosse  Schonung  beobachtet.  —  es  müsste  denn  gerade  eil 
Strassengeld  im  Seeland  oder  theueres  2^itung8porto  be 
treffen,  so  erfahre  ich  gar  wenig  davon:  der  sonst  so  auf 
richtige  Seeländer  spricht  überdies,  so  oft  er  Regierungs 
handlungen  berührt,  in  so  leisen  Andeutungen,  dass  sie  den 
Uneingeweihten  wie  Räthsel  klingen. 

Herr  Kym')  ist  im  Begriff  nach  Bern  zu  gehen,  unc 
wenn  ich  ihn  noch  im  Bade  antreffe,  werde  ich  ihn  bitten 
diese  Zeilen  mitzunehmen.  Ich  danke  Hinen  für  die  Ein 
lösung  des  Wechsels;  die  Sache  ist  mir  schmerzlich,  so  of 
ich  daran  denke;  ich  wusste  mir  aber  nicht  anders  zu  helfen 
Das  eidgenössische  Schiessen-)  hat  mir  auch  zugesetzt 
zwar  nicht  an  der  Gesundheit,  aber  durch  fast  zwei  Dutzenc 
Gäst^,  die  es  mir  armen  Schulmeister  brachte. 


Montag.  7.  September  1 18401 

Jhiv  Zusendungen  hal)e  ich  alle  richtig  erhalten,  und 
beeile  mich,   Ihnen  Einiges  zu  übersenden. 

Ich  l)(»ginne  mit  der    Vierteljahr  Schrift. 

Dafür  finden  Sie  hier  l)eiliegen: 

1.  Einen  halben  Bogen  voll  fronimer  Wünsche,  deren 
Erhörung,  nach  meiner  Ansicht,  zum  Gedeihen  des 
Unternehmens  beitnigen  müsste.  Der  Hauptzweck 
ist.  mehr  Mannigfaltigkeit,  überhaupt  auch  mehr 
Stoff  hineinzubringen;  um  die  vorgeschlagene  Ein- 
theilung  zu  veranschaulichen,  habe  ich  ein  Inhalts- 
V(Tzeichniss  für  das  4.  Heft  projektirt  und  die  meisten 
Rubriken    v(»rsorgt.     Es  liegen    nämlich   ferner  bei 

')  Vielleicht  Altj^rossrat  Johann  Urban  Kyni  von  Möhlin  im  Frickthal 
<ier  am  i<).  November  1841  die  Berncr  Regierung  auf  seine  Bohrversuche  au 
Salz  im  Kanton  Aargau  aufmerksam  machte.  Manual  des  Regierungsrati 
86,  207. 

*)   Das  eidgcn.  Schützenfest  in  Solothurn  vom    12. — 18.  Juli    1840. 


lUHllirfliy«  rtrirfe  an   Dr.  J,  K.  S-hiicuicr  In  Bt-ni    (i8:J7— i1i45 

%  mir  dÄ»  4.  Hoft: 

4l|  Über  die  Scbriften   von  (lonzetibach   und  Beyel. 

h)  Über  den  Zoll-  und  Zebntgosetzentwiirf  (letzerer 
liegt    uivhi    bei^    würe    also    mity-iisenden    in    ilii» 

ü)  Üb^rsicht<Mi  —  süitistisclie. 

PÄr  dl«  lotete  Rubrik  ^VerBcbiedenes*  bfgt.  uiehts  bei, 

8i^  kr>nnt4*ri  leicht  erni^t^  kurze  NotizeiK   sowohl  über 

im  Inhal t^venseichtuss   unter    dieser  Rubrik  bemerkten 

-  ■  --   *      als  auch  übtM'  anderes,  beisetzen,  wenu  e^  nur 

11   wären, 

EüitIm*!  IIIUÄ9  ich  noch  bemerken,  wenn  die  Vierteljahr- 
idirift  uach  meinen  Vorschliij^en  re«ligirt  würde,  so  müsste 
'in  Hefte  das  gatue  Manuncript  in  Händen  der  Re- 
r«*in,  ehe  es  in  den  Druck  gegeben  wird,  und  «'S 
ifabiftn  niGht  die  einzelueu  Aufsätze*  wie  sie  einlangen,  ge- 
>*m  and  ge^lmekt  wenlen.  Die  Redaction  inüsate  sie  Euerst 
««Mom,  (»intheiien,  sieht'en.  t"ohl«*ndes  ergänzen  u.  s.  w.  Lst 
diiü  geschehen,  dann  erst  soll  dos  ganze  Manuscript  zum 
konixnen,  der  aber  besehlettuigt  werden  müSHt^.  An 
Lfotsteii  Rubrik  ^V'er^icliiedt^nes*  kann  man  ab  uiul  zu 
tim  die  reebt«^  Bogenzahl  zu  erlangen, 

LAsven   Sie  mich  doch  Ihre  Anizicht   üb«*r  meiue  Vor-* 
b(ynMi.      Ich   will  gern    au»  allen  Kräften   »iir  Aus- 
sag  liplfeiu     Ich  komme  uuu  zxim 

XMgtsetien  htu  rf, 

»r  fwheint  mir  eine  gute  Gnmdlage,  woraus  sich 
%iglim  Modifikationen  etwas  machet!  lässt*  Jeth'id'alls 
ich«  sidlte  derGn  Rath  ihn  nicht  wi(^d*'r  ohneWeiti^res 
^»«  Ikch  hinab  schicken.  **i»ndem  über  die  (Inindlagen  Be- 
^Idtkiße  fid^tiU,  %voiiaeh  dersi,*lho  an  den  Regit^ningsraUi  oil*»r 
Ktimmismiiii  siir  Umarbeitung  zurückzugeben  wäre. 

1  wuti   j*cheint   mir  als  Gnindlagt^   gut,    weil   «*r 

^'  "Vnhr  fn*i  güit,   2.  weil  er   in  der  Haupt- 

M    beibehtih,    wobei    jede    vexaiorisclie 


30  Gu&tar   Tobler. 

Controle  unnöthig  Ist.  3.  weil  er  sich  von  den  Details,  die 
zum  Vollzug  gehören,  frei  halt,  und  sie  der  Behörde  über- 
lärtst,  4.  weil  er  das  Gesetz  vom  1.  Dezember  1836,  über 
Aufhebung  der  Privatzölle  zum  Vollzug  bringt.  Kurz,  — 
weil  er  grosse  V^ortheile  bringt,  und  die  Unbequemlichkeiten 
der  (iränzzölle  durch  Einfachheit  der  Bestimmungen  ge- 
mildert werden,  (durch  Verzollung  nach  dem  Gewicht,  nicht 
Vermehrung  der  Zollstätten  an  den  Gränzen  u-  s.  w.). 

Was  die  Modificationen  betrifft,  so  wären  folgende  die 
Hau  ptsächl  ichsten : 

1.  Aufeinanderfolge  der  Artikel,  In  dem  Anzüge  des 
Entwurl's  für  die  Vierteljahrsschrift  habe  ich  die  Artikel  in 
der  Ordnung  folgen  lassen,  welche  mir  die  natürlichste 
scheint.  Nämlich:  a)  Allgemeine  Bestimmungen,  b)  Tarit 
c)  Bestimmungen,  welche  auf  die  Anwendung  des  Tarifs 
Bezug  haben,     di  Zollbefreiungen,     e)  Vollzug  des  Gesetzes. 

2.  Einzelne  Modificationen, 

Art.  1.  „Tabakimport  u.  s.  w.'^  —  Ins  Gesetz  gehört 
kein  „w.  s,  fr."  Die  wegfallenden  Abgaben  sind  vollständig 
aufzuzälilon. 

-  „Im  ganzen  Gebiete  des  Cantons".  —  Sollte  heissen: 
„An  (l(^n  (iränzen  des  Cantons^.  AVeim  nach  den  Vor- 
schlä^(»n  d(T  Herren  Colin  und  Durheim*)  Entrepota  er- 
riclitet  \venl(»n,  so  wäre  zu  setzen:  „an  den  Gränzen  des 
Cantons  und  in  (l(»n  Entrepots  (Lagerliäusern)."  —  Der  Aus- 
druck „im  ganzen  (T(>biet<^^  passt  darum  nicht,  weil  die 
imuM*n  Zölle  aufhören. 

Art.  2.  —  Dali  in  gehört  der  15.  Artikel  des  Entwurfs, 
als  nati'irliehe  Fortsot:Zung  des  ersten,  indem  er  weitere  Ab- 
gabiMi  aufzählt,  <lie  aufhcH'c^n,  und  andere,  die  stehen  bleiben. 
Ob  man  die  Wi^ggelder  beibehalten,  (xler  wie  H.  Colin  will, 
als  durch  dt»n  Transitzoll  einsetzt,  aufheben  will,  ist  nicht 
von  so  gn)ssem  Belang,  dass  man  an  einer  Meinungsver- 
sohietlenheit   darüber  das  Cianze  sehtutern  lassen  sollte. 

In  tlieseiu  2ttMi  i  ITO  Artiki»!  würde  ich  statt  der  Worte: 
„auf  so  lange  nieht    mehr   brzi^gcu  werden",  bis  .  .  .  ,,sind 

•>  IVion  Vo!>ohl;i^t'  bc>pr.ich  M.uhy  in  der  Vicrtel-Jahrsschrift  1840, 
4.  Mit'i.  S.   ^j  \\, 


sri  SAMhpi  Bdefc  an  Dr.  J.  R.  Schneider  in  Beru   (i857'«iS4i).     31 

Bit  fnspuüilii^rt*',  sotsseü:  „nicht  mehr  hezogen  werden. 
[EiiU^hädigiiug^fiirdf^rmigun  werden  uacli  dem  zugleich  mit 
MiWmi  <-  in   Kraft   tretenden   G»>setz   vom    1,  Christ- 

[iB»aiÄt  Ih  ligt^ 

Ich  iM>lic*  nämlich  nicht  ein,  warum  man  nur  SHttpen- 
\Strfn  will.  Etwa  nm  die  Huttwyler  zu  beruhigen  und  auf 
[tbi?  Zukunft  zu  v^ertrösten?  Jedes  Gesetz  dauert  ja  ohnehin 
loifbt  lÄugiT»  «Isi  bis  e5  wieder  ahgeÜTidert  wird.  Nach  der 
[vttrgQidüageuen  FVi8gung  wäre  auch  der  2.  Art.  des  Ent- 
it  w»  nöUiig  ist,  aufgeuommen.  alsn  im  Entwürfe 

Art.  ich  Art.  5  des  EntwiirfsK 

Art,  4.    ^<.»ieioh  Art  (*  de«  Eutwurfs). 
Art,  6.    iGIeich  Art.  7  «Jes  Etifwi^irfs). 
Art  6.    7arif.    lArt.  3  desj  Entwurfs, 
Uiuipt.*<fiche !  —  Stimmt  mit  den  Vor8chl&gen  von  Colin 
Durhetm    im    Wfisentlichen    überein;    (Tewicht^zoll    als 
daran  Kidlt^*  man  festhaken;  wegen  ein  Paar  Batzen 
'  öder  idi  uicht  das  Ganze  verwerfen.    Die  Erfahrung  wird 
^11^  wo  man  zu  hooli  odctr  zu  tief  gegriffen. 
IHe    Rdegting    von    Getreide    und    Getränkten    ^elieint 
dem  Finanziellen  noch  den   weitern  Zweck  zu  haben, 
I  Acfcer-  niid  Wt^inbaueni  das  Gesetz  angenehm  zu  machen, 
'"^chatten  vf»n  Schutz  gewährt.     Ich  wäre 
,,  ^_^   fi,  weil  diese  Artikel,  jetzt,   wenn  sie  an 
Paar  Stationen   vorbeifahren,    mehr   zahlen  müssten  aU 
diesem  Etitwiirf. 

Aft.  7,  (Gleich  Art.  in  des  EntmiriVi. 
Art  a  |( bleich  Art  11  de**  Entwurfs). 
Art.  tl    iGIeich  iVrt.  8  dea  Entwnrfü). 

UX  1  Gleich  Art  9  den  Entwurfs).  Hier  würde  ich 
:  ^I>er  ßj^gierungsmth  wird,  unter  Mitwirkung  iU*» 
'™le[»Ärtfmrnl»  eino  Berechnung  der  Transit^Stra^seidängen 
W  Ijiiid  und  zu  Wasser  fertigen  tmd  bekannt  machen 
Üiö«  ii(t  uöthig,  damit  die  Zollbeamten  gbWelifrvrmig 
(nichi  otner  Itl,  der  andere  12  Stundend  und 
Fnhr-  und  Kaafleute  sich  danach  richten  können. 
Bai   f*        -    ^''   "      '  li    nun    die  I^igerhiluser  (Entre- 

tor  »»tz  öchweigt  davon,  scheint  altwj 


32  Gustav  Tobler. 

den  Zwischenhandel  nicht  unter  seine  Obhut  xa  nehmen, 
sondern  dem  Handel  überlassen  zu  wollen,  von  den  Gütern 
des  Zwischenhandels  (die  eine  2^it  lang  im  Lande  lagern, 
theils  da  consumirt,  theils  später  ausgeführt  werden),  den 
Eingangs-  und  dann  den  Ausgangszoll  zu  zahlen,  was  sie 
vielleicht  wohl  ertragen  können.  Doch  ist  der  Zwischen- 
handel bedeutend,  und  beide  Vorschläge  (Durheim  und  Colin» 
verlangen  Entrepots.  Die  erforderlichen  Bestimmungen 
wären  hier  einzuschalten.  Man  sollte  sich  daher  hüten,  die 
Ijagerhausverwalter  von  den  Kaufleuten  ernennen  und  be- 
zahlen zu  lassen,  wie  H.  Colin  will.  Denn  diese  Beamten 
sollen  die  Kaufleute  controliren  (nirgends  geschehen  mehr 
Unterschleife,  als  bei  den  Lagerhäusern).  Eine  Controle  aus- 
geübt von  dem  Diener  gegen  den  Herrn,  der  ihn  anstellt 
und  bezahlt  —  schöne  Controle!  —  Die  Regierung  müsste 
also  die  Lagerhausbeamten  ernennen  und  bezahlen;  die  Kanf- 
leut^  sollen  für  Beimtzung  der  Entrepots  Gebühren  (aber 
nicht  zu  hohe)  entrichten. 

Art.  11.    (Gleich  Art  12  des  Entwurfs). 

Art.  12.    ^Gleich  Art.  13  des  Entwurfs). 

Art  13.  (Gleich  Art.  14  des  Entwurfs).  Hier  wäre  a)  Der 
Verkehr  im  Innern  zu  streichen,  weil  er  sich  von  selbst 
versteht,  da  nur  Gränzzölle  bleiben,  die  Binnenzölle  auf- 
hören. Dagegen  glaube  ich,  dass  noch  manche  Gegenstände 
zollfrei  sein  sollten.     Der  Entwurf  von  1838  enthält  solche. 

Art  14  wie  im  Entwurf,  ebenso  der  Schluss. 

Lih  habe  zwar  in  dem  Aufsatze  im  3.  Heft  der  Viertel- 
jahrsschrift ein  Aufschlagsystem  vorgeschlagen,  aber  erst  in 
2.  Linie,  wenn  man  mit  einem  Gränzzoll  nicht  zurecht  käme. 
Daher  kann  ich,  ohne  Widerspnich  mit  mir  selbst,  für  diesen 
stimmen.  Das  andere  wäre  vielleicht  an  und  für  sich  zweck- 
mässiger, aber  es  wäre  ganz  neu,  und  das  ist  in  solchen 
Sachen  immer  misslich  und  auch  gefährlich. 

Wird  man^s  der  Tagsatzung  vorlegen?  —  Ich  glaube, 
man  sollte  es  tlmn. 

Nun  zu  der  Leutziger  Zehitvorstelluny.  Diese  habe  ich  — 
was  den  Styl  betrifft,  durchgesehen;  weiter  kann  ich  aber 
damit  nichts  machon,  da  ich  gar  nicht  damit  einverstanden 
bin.     Der  Ent\\^irf  gibt  den  Zehntpflichtigen  Aussicht,   um 


Karl  MaU&>^  EHc(e  ^i  Dr,  J.  K.  ScKnciiicr  in  Bern    (i^J^-^jH^; 

l&hchBti  Betrag    ihrer  La«!    loß  zu  werden»    uiitl  gibt, 
Hjfthrigi}  Zahlangsu«rmine<     Billi^«^  hat    noch  kein  Gesote 
i\d    wenn   jemand    .schlecht  wegkönunt,    «intl  es 
LTiL     Wenn    diese    «ehreieu,    wundre    ieli    tri  ich 
ib^r  die  Pdichtig^u,  das  begi-eift*  irh  nicht 

Wää  wolh«n  die  L<»inzig»'r?  —  Statt   der  Zehnten  ein«? 

lor,     Dm  Vergnügen    kuunen  sie  nach    dem   Ent^ 

.  iiui  Ai  habeiL    Sie  brauchen  nur  die  Zinsen  und  Tilgung^- 

[lullt)    dwr     lAiHkaui'ssiiuMneii     auf     ihr*^    Onind^tüek*^     lun- 

tlatiti    hab^n    eie    eine.     Aber    längstens    in    2i) 

n    die    IjtmkanfsHunirae     getilgt    ist,     hört    die 

Hilf-     tiiii!    i*s    sclifinr       >ii*   u'ulli^n    tlipst'ün'    fi*4u'r 

ijjl^ii*etlt*r    winl    dii«    Grundsteuer    nur    auf   <lje    bisher 
L,^en  Grundstücke  gelegt*  dann  ist  flie  eine  ewige 
i   Ztdini  als  Sehnld  anerkannt,  di**  rechtliche  Lage 
r,    die    ukunomischi»    nicht    viel    besser   als   bislier 
f,  die*  Granikteuer  trifft  alle  (Grundstücke  and  Gelmudi 
'  iun  tritt  ein  Wrhiiltniss  ein,  das  ich  gleich 
^  u  Winnie*  —  Einstweilen    nur  soviel:   Wenn 

\imm  Begebron  von  einer  Gemeinde  ausgeht,  so  verBicher© 
1    rtueh   zuvor  der   ljnterschrift**n   aller  Hauseigen- 
'^   ^'^itzer  «eh ntfrei**r  Liegenschuften;  sonst  gibts 
^'h  2um  zahlen  kommt,  besonders  wenn  man 
d^tt  Zektitherm  aucii  tHe  früheren  Loskäufer  schadlos 
und  die  Kaiasterarbeiton  bezahlen  will. 

■r  ftÄgen  d<*r  R«*gii»ning:   „Dir  wollt  ui»s  den 
f'i  ,   .,  .;.aen?     Gut,    aber   wie   wollt  Ihr   das  Defizit 

Wir  wollen  Euch  helf€»n;  wir  zahlen  eine  C^nind- 
r^  doa  M  3tw»r  edel,  ober  soUti*n  wohl  dergleichen  An- 
*  n  Pflichtigen   ausgehn?  — ^  Ueberlasse   man 
ing,  wie  sie  dies  machen  will;   ilas   ist  ein 
|i  -ie  sanäeM    ang^Oit    und    bei  Erörterung  <les 

iiriv  3:ur  Spruche  kommen  wird. 

r       ""  if  den   dum    passt    nicht.     Da.s  Soiten- 

\rk  .  „    .  .  u  wäre:  Fnentgeltliche  Aufhebung  aller 

Q<Uftitten.    ohne    Ent-schft4liguug    der    Berechtigten,    mit 

Bukm  X^kcte.  1^  Qmtk,  «nd  AUt num,    VI.  t  A 


34  Gustav   Tobler. 

Gewalt;  Einfiüirung  einer  Grundsteuer  auf  alle  Liegen* 
Schäften  und  Gebäude.  Das  erste  wird  man  nicht  wollen; 
das  letztere  sollten  wenigstens  die  Pflichtigen  nicht  mit  der 
Zehntfrage  in  Verbindung  bringen. 

Kurz,  indem  die  Leutziger  den  Entwurf  als  unklog, 
ungerecht  etc.  verdammen  imd  für  sich  eine  Grundsteuer 
verlangen,  bringen  sie  Spaltung  in  das  Lager  gleicher  In- 
teressen, verscherzen  angebotene  gute  Bedingungen,  schaden 
sich  selbst  und  verzögern  die  Sache  der  Zehntbefreiung. 
Ich  glaube,  sie  haben  Unrecht,  luid  könnte  noch  viele  Gründe 
anführen.     Doch  Zeit  und  Papier  gehen  zu  Ende. 

Jnrageicässer  CorreciionS'Zehyitvortrag. 

Als  ich  gestern  Ihr  freundschaftliches  Schreiben  in  be- 
treff des  letzten  erhielt,  bekam  ich  zugleich  einen  Brief  von 
meinem  ältesten,  besten  Freunde,  Winter  von  Heidelberg 
(ehem.  Deputierten)  mit  der  Anzeige,  dass  er  heut«,  7ten  ; 
abends  in  Basel  eintreffen  werde.  Ich  muss  also  heute 
schnell  nach  Basel;  deswegen  werde  ich  doch  den  Vortrag 
in  der  gesetzten  Frist  liefern.  Ich  versichere  Sie  mit  grossem 
Vergnügen  un<l  hoffentlich  zur  Zufriedenheit.  Dann  werde 
ich  Ihnen  meinem  Ansichten  über  den  Entwurf  mittheilen,  j 
Ich  glaube,  man  sollte  zugreifen.  Einzelnes  modifiziren  wir 
beiju  Zoll. 

■  Ganz  einverstanden  mit  Ihnen,  es  soll  etwas  geschehen, 
wenns  auch  nicht  das  Beste  ist;  eine  halbe  Ärndte  ist  besser 
als  gar  keine.  Man  macht,  so  gut  Zeit  und  Umstände  er- 
lauben. Die  Erfahning  wird  in  der  Folge  verbessern,  was 
mangelhaft. 

(Staatsarchiv  Bern,  Korrektion  des  Seelandes.) 


(.Trenclien,  21.  September  1840. 

Ich  bin  lange  aufg«»halton  worden  in  meinen  Arbeiten 
und  muss  nun  eilen,  damit  vorwärts  zu  kommen.  Um  nicht 
noch  tMnen  Tag  zu  verlieren,  sende  ich  Ihnen  den  Vortrag 
im  Concept.     Während    des    Schreibens    merkte    ich   wohl, 


KäiI  Stithys  Briefe  an   Dr.  J,  R»  Schoeidcr  in  Bcra    (1837  —  1842).     35 

schwierig  es  ist,  einen  Vortrag  zu  maclieii,  ^^  wenn 
ftn  den  Beratluingen  nicbt  beigewolint  hat;  ich  venuntlie, 
tBS  Sie  nicht  wenig  Abänderungen  daran  zu  machen  haben 
^len.  Übrigens  erinnerte  mich  das  Geschäft  lebhaft  an 
fühere  Zeiten^  wo  ich  in  derselben  Saclie  gar  viele  der- 
jk^ichen  gemacht  habe. 

Der  schwierigste  Punkt  scheint  niii*  der  fiinzehnfache 
ferth  zu  sein,  weil  sich  der  OesetzesentTM.irf  niclit  darül>er 
sspricht,  ob  damit  eine  voUstatidige  Entsciiädigung  gegeben 
^en.  soll  nder  nicht.  Einerseits  scheint  fler  Entwurf  die 
iuHchädigung  als  vollständig  anzusehen,  sonst  dürfte  er 
Iw!  Curporationen  und  Privaten  nicht  zumuthen.  sich  damit 

b**gniigen^  sondern  er  müsste  ihnen  das  Fehlende  aus 
itaatstnitteln  zulegen.  Anderseits  aber  sieht  dae  Finanz- 
lepurternent  in  seinem  Vortrage  denselben  als  nicht  voll- 
lÄnihg  an;  ilenn  es  bereclinet  deii  Verlust  des  Staates  auf 
Iwi  fünffachen  Juhresertrag  und  bringt  eine  F^rniassigiing 
fcr  (Inindst+nier  d<^s  Jura  in  Antrag.  Im  ZwiMfel  übrr  die 
Ansicht  der  Regiening  habe  ich  den  filnfztdm fachen  Werth 
fc  rolhtändige  Entschäiligung  nachzuw*eisen  versucht. 

Die  Berechnung  des  Finanzdepartements  unterliegt 
Ihfigeus  bedeutenden  Irrthümern.  Sie  legt  den  Enrag  des 
Katen  vom  letzten  Jahr  mit  18(>JCH)  Fr.  zu  <Trunde,  wäh- 
ad  der  Entwurf  den  21-jährigen  fhindischnitt  anninmit, 
viel  höher  ist.  Damit  fällt  die  ganze  Verhistrcch- 
mng  zitsatnmeu.  Das  Finanzdepartenient  giebt  den  Zehnt- 
rtmg  von  sechs  Jahren  zu  3ätKtKX>  Fr.,  den  jetzigen  zu 
JÖ,l)Oü  Fr.  an.  Nimmt  man  den  Durchsclinitt  nur  aus 
lesen  beiden  Summen,  so  gi^^l^t  es  i^^OjHK)  Fr,  das  lofache 
750AXJO  Fr.,  die  Zinsen  ztt  4  ''/„  140JX)0  Fn.  Ich  glaube 
am  irren,  wenn  ich  behaupte,  dass  iler  löfache  Wetth 

21-jährigen    Durchschnitts    nicht    kleiTier   sein  wird,    als 

20fiiche  ries   letztjährigen  Ertrages  ( iHi);UO<J  Fr.j,  so  dass 

Staat  nichts  verliert. 


*)  Betrifft  den  Ge^ctzesentwurf  betreffend  Ablöstiug  der  Zchitten  vom 
KAtijl^iüt  1840.  Dieser»  wie  die  Vortrage  der  Rogieritug  und  des  Fiiianr- 
tement»  sind  abgedruckt  in  der  Vicrlcl-Jahrsschrift  1840,  4*  Heft» 
[j«  ff,  »I  ff. 


3^  Gustav  Tobler. 

Ich  habe  im  Vortrag  bemerkt,  dass  der  2QEache  Werth 
unter  Umständen  geringer  sein  kann  als  der  löiache, 
weil  alles  auf  die  Ausmitteluug  des  durchschnittlichen  reinen 
Jahresertrags  ankommt.  Das  will  ich  dnrch  ein  Beispiel 
erläutern. 

Der  durchschnittliche  Rohertrag  eines  Zehnten  sei  i 
lO  Mütt;  der  Mittelpreis  von  Bern  (welchen  das  Gesetz  vom 
22.  März  1834  annimmt)  10  Fr.  pro  Mütt;  also  der  Werth 
des  Zehnten  10X10  =  100  Fr.  Davon  ab  fOr  die  Kosten 
nach  dem  Gesetz  vom  22.  Dezember  1832  16  •/.  =  16  Fr,, 
bleibt  Reinertrag  84  Fr.;  diesen  15fach  •-=  1260  Fr. 

Nun  eine  andere  Berechnung.   Durchschnittlicher  Roh* 
ertrag  wie  oben  10  Mütt,  der  wahre  Preis,  da  Zehntfr&cht» 
immer  wohlfeiler  sind  und  nicht   der  thenre  Bemermarictp 
sondern  die  Ortspreise  die  richtigen  sind,  8  Fr.  pro  Mütt^ 
also  8X10  =  80  Fr.     Davon  ab   die    wahren    Kosten  (ia 
Baden   30^0,    iii   Hessen   bis  zu  55  •/o)  wie  in  Baden  mifc 
30»/.  =  24  Fr.    Reinertrag  66  Fr.   Das  20lache  =  1120  Pr. 
Hier  ist  das  20fache  geringer,  als  oben  das  15fache.    Alles 
kommt  auf  die  Ausmittelung  des  reinen  Jahresertrages  an 
und  eben  weil  dieser  hier  zu  hoch  berechnet  ist,   halte  ich 
das   15fache  für  eine  vollständige  Entschädigung.     Ist  die 
Regiemng    dieser    Ansicht,    so    braucht    man    den    Zehnt- 
herrn    auch    nicht   mehr   zu    geben    und    die    Grundsteuer 
im  Jura  nicht  zu  ermässigen.   Hält  dagegen  die  Regierang 
den    20fachen  Werth   für    vollständig,    so    muss    dem  Ent-  : 
wurf    die    Bestimmung   beigefügt    wenlen,    dass    der  Start 
den  Corporationon  und  Privaten  das  Fehlende  sulege  (ata) 
das  fünffache,  wenn  die  Pflichtigen  das  15fache  bezahlen)  und  \ 
dann  hat  auch  der  Jura  Anspnich  auf  Ermässigung  der  Grund-  i 
Ktouer  um  V4-  «''"^^  ^"*^  iÖßJO  Fr.  (und  nicht  um  60,000  Fr^ 
wie  (las  Finanzdepart«Mnent  in  seinem  Vortrag  angiebt 
Weiten»  Bemerkungen  zu  dem  Entwurf: 
Art.  1.     Statt  ,Z(»lnitbereelitigungen''   würde  ich  sagen 
^Zehnten-,  denn  nicht  das  Recht,  sondern  die  Pflicht  wird 
abgel(')st.     So   heisst  es   auch:  Loskauf  der  Weiddienstbar- 
keiten,  nicht  der  Weidrechte. 

Den  Art.  13  würde   ich   dem  Art.  1   als  Nachsatjs    bei- 
fügen, weil  er  dahin  geliört. 


Karl  Mjitbys  Briefe  an  Di.  J.  R,  Schneider  in  Bero   (tSj; — »842).     37 


Zu  Art  3  würde  ich  folgende  Fassung  voi\srhlagen:  Dor 
skauf   wird    bestimmt    nach    dem    töfachen    Werthe    des 
^rlichen  Zehntertragos,   welcher  nach   den  Bestimmimgen 
ß^*9etze  vom  22.  Dez.  1832,   22,  März  1834  und    0.  Mai 
B37  zu  berechnen  ist. 

Es  kommen  nämlich  dort  ausser  dem  Aliziig  der  Prozente 
ch  m»*hrere  uöthige  Bestimmungen   vor,  wiivon  der  Eiit- 
iiichtJ?  t;a^t,    z.  B.  die  Sehätzung,  subsidiarisch,    wo  die 
eliiiuugen    nicht    genügen,     die    Weglassiuig    der    zwei 
iöchsten    und    der    zwei    niedrigsten  Jalire   aus  der  Durch- 
hnitt^rechnung,  die  Best inimuii gen  über  dip  Getreide-  und 
/eiupreise  u,  s.  w.     Das  müsste   alley    in  den  Entwurf  auf- 
enommen  werden,   wenn  man   sich  nicht   auf  die  tVidieren 
H^e    bezieht.     (In    diesem    Artikel    ist    ein    Druckfehler, 
litt:  Daa   Gesetz   vom  22.  November   1832  soll    es  heissen 
om  22.  Dezember.} 

Der  Ent^^iirf  enthält  nichts  über  die  Zehnttast^^n  fs. 
Mae  Zpfantschrift  §  7\}.)    Kommen  vielleicht  keine  vor? 

Bei  die.ser  Gelegenheit  wäre  es  vielleicht  gut.  meine 
Idmtschrift '1  wieiler  anzuzeigen,  da  sie  doch  zur  Beiir- 
hniliuig  der  Sache  nützlich  ist.  Es  könnten  einige  Exem- 
hlare  abge^jetzt  werden» 

Da  ich  diesen  Brief  gleich  nach  Lengnau  tragen  muss, 

liabe    ich    nicht    mehr    Zeit    auf    Ihr    freundschaftliches 

chreiben     vom    15.   zu    antworten.      Neulich    war    ich    bei 

Herrn  Weingart  und  habe  mich  überzeugt,  da^s  c»r  flie  Sache 

mit  der  Quartalschrift  gar   nicht   cayjirt   und  üire  Mittlieil- 

llgen    schwerlich     berücksichtigen    wird.      Er    sagt,    wenn 

j^n  den  Satz   compendiöser  mache,   koste   er  mehr  Setzer- 

Dbs  ist   eine   grosse  Wahrheit.     Ebenso  wahr   ist   es 

pr.  das»  wenn  man  das  Papier  den  Abonnenten  unbeilnukt 

H'liickt,  man  allen  Setzer-  und    Druckerlohn  spart.    Reden 

doch   mit  ihm.     Er  glaubt  auch,    mit  dem  vierten  Heft 

be  es  Zeit  bis  Neujahr. 

Ich   sehne    mich,    mit    limen    zu    reden.     Sie  sagen,    es 

le    in    14    Tagen    geschehen.      Aber    ich    will  Ende    der 

be  an   den  Bodensee   gehen.     Wenn  Sie   es  wünschen, 


^    HcwjahrsblaU  S,  2b. 


38  Gustav   Toblcr. 


SO  komme  ich  über  Bern,  falls  ich  Sie  dort  antreffe.  Be- 
nachrichtigen Sie  mich  nur  mit  einigen  Zeilen. 

Heute  gehe  ich  noch  an  das  Cirkular  der  Jura-Gewässer- 
Sache  und  werde  es  morgen  oder  übermorgen  in  die 
Druckerei  befördern. 

Schonen  Sie  doch,  lieber  Freund,  Ihre  Gresundheit  und 
überarbeiten  Sie  sich  nicht.  Dire  Thätigkeit  hat  mich  schon 
oft  in  Erstaunen  gesetzt,  aber  jetzt  bekümmert  sie  mich. 
Sie  plagen  sich  zu  viel  für's  Vaterland.  Alles  weitere 
mündlich. 

(Staatsarchiv  Bern,  Korrektion  des  Seelaudes). 


Grenchen,  24.  September  1840. 

Hiebei  folgen  1)  das  deutsche  und  französische  Cirkular 
betreffend  die  Generalversammlung  zu  Solothum  vom  23.  Au- 
gust. Ich  war  gerade  im  Begriff,  diese  Piecen  in  die  Druckerei 
zu  schicken,  ziehe  aber  nun  vor,  Sie  Ihnen  zu  senden,  da- 
mit Sie  nach  eigenem  Ermessen  darüber  verfügen,  und  auch 
weil  es  in  Einem  hingeht  mit  2)  den  französischen  Proto- 
kollen von  Murten  und  Solothum. 

Mit  dem  Vortrage  über  die  Zehntsache  scheinen  Sie  zu- 
frieden und  das  macht  meiner  Besorgniss  ein  Ende.  Könnte 
ich  Ihnen  doch  einmal  einen  grösseren  Dienst  leisten;  so  sehr 
Sie  dies  um  mich  verdient  haben,  so  wäre  doch  mein  Ver- 
gnügen darüber  darum  hauptsächlich  ein  grosses,  weil  ich 
Sie  liebe  und  hochschätze  als  einen  Ehrenmann. 

In  Betreff  der  Verlustrechiiung  des  Finanzdepartements 
muss  ich  noch  etwas  nachtragen,  was  ich  im  letzten  Brief 
verg(\ssen  habe.  Dort  hatte  ich  gesagt,  die  Berechnung 
tauge  nichts,  weil  sie  auf  den  letzten  Jahresertrag  basiert 
ist,  während  das  Gesetz  den  21-jährigen  Durchschnitt  zu 
Grund  legt.  d(M-  viel  höher  ausfallen  werde. 

Dagegen  kann  bemerkt  werden:  In  den  frühem . Jahren 
kamen  Zehnten  vor,  die  seither  abgelöst  wurden,  also  auch 
im  21-jährigen  Durchschnitt  nicht  mehr  vorkommen  können. 


fcui  ^Utb^*   Briefe  an  Dr.  J.  R.  Schneider  m  Beru   0  85r— 1842).     39 

Bf  Wird  alfi<i  atirh  mVht  h^hf^r  ausfallen,  als  dor  \etzto 

hu^  AjitWMfi    inii    divsL'    iiiugtiche  Kinweriduu^   isr  tui- 

wie:  a.t  au    den  abgelöstt-ii  Zi*liiiti'U   hat  der  Ötatit  nichts 

omn;  81«»  kötinirrt   »Iüo  aiitli  keint^n  Posten  in  der  Ver- 

:  bilden:  b)  die  Verminderung  der  Z**hntgefälle 

v.u.via  .i,,.,..-ujig   ist    lii^r  kleinere  Tlieil    ilrr  Gesamtvenuin- 

ilfmng.     I)t*r  gWiitiHen*  Theil    kommt    von   andern   Urnacheu 

pkhwanken    dor   Ge^etssgebung,    Unniöglieltki^it,    «lalioi    die 

pu  und    IjanUni   zu  spurtMi,    vermehrter  Widerwille  uTid 

H.'bli*tf,  höchst  w<ihlthtttigt.%  aber  nnzeitige  Aufhebung 

iNitmlzetmtt'ni.    Dieg  irt  in  iiiemer  Schrift  durch  Zahlen 

IW«it?s*»iL.    Dif*  Mihdenmg  des  Ertmgjs  dureh  solche  Ursiicheri 

KutldureJi  dun  21*jtiiingen  liurclischnitt  idlenlings  gehoberu 

thd   m   küliu    atif   «las   Remiltat    der    Liquidutiou    uu- 

XiU^hjft*«ii  Siirn?>trtg  gehe    ich   nacli  Biel.      Wiingiirt  ver- 
getipomt    «u    werden     wt-gen    der    Vierieljahrst-brifL 
nntiig  rjim*hif  ich  uiieb  »luf  d*H\  Weg  suK'h  Ktuistunz»  Viel- 
Picbt  tr«»fft»  ich  Sio  am  o,  Oktober  in  Atiniu.     In   14  Tagen 
Mt-nL,  ;.  |j  xaHkck  za  aeiiL 

^.^lüiiv  Bern,  KurrckliL»u  des  ScertAncie«i.) 


Karlsruhe,   IH.  Januar  lvH4L 

JSeii    den    drei    Wochen    meines  Hierneins    bin    ich  von 
r*ii,  GtsMjhiftfUMiY  Zintungsschroibi»rei  ho  uiitgen<»mrnent 
idi    niiibt   innmal    uns  Anspacken    meiner   Sachen    ge- 
bin.     Meine   Gesuudlunt,    »onst   80   gtit,    istt   auch 
«iil^grifl cn ;    ich  \v*m«s  nicht,    *)b  dnrt'h   das  8chh*c'htit 
IVlter    imIüt    durch     die    erbiirm liehe     Hufluft       Mehrmals 
idi  die  Feder  angeset^tf   um  Ihnen  zu  schreiben;    ich 
dfr  wr»g,  wi?U  ich  fühlte,  i\hh%  icli  keinen  Brief 
..  ..ngen  köiuie,  der  so  ausfiele,  wie  ich  Ihnen  zu 
Hilnsche.   Jinatt  aber  mu$iä  ea  genchehen.   Nehmen 
»bor  Frmind,   mit  diesi*n  Zeilen^  su  schleicht  sie  aui^- 
B]6g(?n«   %'orlicb:    ich    schreibe    in    einem    fieberbaft^«n 


40  Gustav  Tobler. 

Ich  glaube,  ich  habe  das  Heimweh  nach  der  Schweiz,     i 
Warum  bin  ich  nicht  dort  geboren?    Wie  schlftgt  mir  das 
Herz  bei  den  neuesten  Nachrichten  und  wie  kalt  lassen  mich 
unsere  deutschen  Erbärmlichkeiten;   ich  will  aber  die  gute 
Sache  in  der  Schweiz  in  meinem  Blatte  f&hren;  die  Censnr 
geniert  da  nicht.     Ich   kann  die  Sache  auch  führen,   wenn 
ich  so  unterstützt  werde,   wie   es  von  Bern  aas  geschehen 
ist,    (hirch   einen   Bericht   vom    14ten,    der    in  No.  17   der 
Bailischen  Zeitung  (^Beilage)  abgedruckt  erscheint    Der  Be- 
richt hat  mich  ausserordentlich  gefreut;   er  hat  Kohlen  auf 
mein    nachlässiges   Haupt    gesammelt.     Die   deutschen   Zei— 
tungsschreiber   kennen    die    Schweiz    nicht,    drucken   daher* 
die  Artikel    aus    den    schweizerischen  Blätter   aller   Farberx 
bunt  durcheinander  ab  und  die  Leser  wissen  nicht,  was  siö 
daraus  machen  sollen.     Ich  hoffe  Besseres  zu  leisten. 

Lieber  Freund!     Wenn  diesmal  die  Phffen  nicht  aus- 
gejagt werden,  dann  leuchtet  der  Schweiz  kein  Stern  mehr. 
Ich  verzeihe  den  Beniern  und  Aargauem  alle  Sünden,  wenn 
sie  nur  diesmal  reinfegen.    Der  Aargauische  Grosse  Bath  hat 
gut  angefangen;  Bern  hält  sich  trefflich.') 

Wenn  ich  nur  mehrere  Berichte  bekomme,  wie  den 
oben  erwähnti^n.  Der  Verfasser  braucht  sich  nicht  die 
Müho  zu  geben,  sie  in  eine  vollendete  Form  zu  bringen.  Nur 
Notizen,  zerstreut  hingeworfen;  die  Form  will  ich  ihnen 
schon  geben,  so  dass  die  guten  Schweizer  gewiss  ihre  Freude 
daran  haln^n  sollen.  Sehen  Sie  nur  in  No.  17  der  Badischen 
Zeitung,  wie  ich  Aarau  zurecht  gemacht  habe. 

Die  öffentliche  Meinung  geht  hier  mit  starken  Schritten 
vonvärts.  Die  Stimmung  ist  gar  nicht  so  antifranzösisch, 
wie  man  die  Blätter  austrompeten  lässt.  Auch  ist  man  all- 
gemein, selbst  bei  tüchtigen  Militärs  der  Meinung,  dass 
unsere  Tnippen,  weim  es  zum  Treffen  kommt,  von  den 
Franzosen  „meineidig**  geklopft  werden.  Das  Volk  wird 
am  Kam])fe  so  lange  kleinen  Theil  nehmen,  bis  es  weiss, 
warum ;  dann  allerdings  werden  die  Franzosen  heimgeschickt 
werden;  aber  das  Volk  wird  sich  auch  nicht  mehr  durch 
leere  Verspreclumgen  täuschen  lassen. 

>)  Betrifft  die  Aufhebung  der  Klöster  im  A.irgau. 


ICarl  üiMÜm  Bride  »a  Dr.  J*  R.  Scbncidn  in  Beni  (tai7--iH42).    4  t 


Wm^  diL*  PEnffi'Ji  in  der  Schwoiz,  m  fangen  aiich  unsere 

ciInttsiBfi  an,  anter  liberaler  Masko  ssii  operit^-r^'n.    Ho  i>r- 

ki»int  ».  B.  hliT  i»in  Blutt,  dU*  i  llH.'nlpntsrhM  Zeititng.   tvdi' 

von    üiehne*s    welclies   Franzosoiiljass»    Deutschlands 

^t    und  hMürisfhe  Frt^iheit   predigt     Die  (Haider  dazu 

ii«fT  Hid*i*r»    olii*miilH    BaliquiMf    des    Don   Curlds;    der 

im    iüt  Herr  von  Blitterndorl    badij^cher  Minister 

ti^en   Ajigelegeuheiten.     Die  wahre  Tendenz    bt 

iliik«r  der  Herrs*chaft  des  Absolut isinus».     Die  ersten 

'^    Wien,    flann    tont    Berlin;    ganz    hinten 

^  I   dJM  MMdiatUining  der  Fürsten  zu  Gun^t-en 

Uitutiii^n    Mtichte    gleiclisinn     in     dieser    Obenleu tsehen 

teitittig  dchon    anticipirt»     Prinzen    und  (trafen»    Adel   und 

t*n    filllen    ihre  8i)alt4Mi.     Ural    manche    Ijeute   nind  auch 

tlnmio     tmd     halten     e«     für     liberal*       Der     R«Mlaktor, 

noch   vorigei*  Jahr    in    der  deutsehen   Vierteljahr- 

Ruj^sluiul  bekam {ifu%  ist  jetzt  fiir  Geld  anderer  Mei- 

ng  geworden  und  bdirt  dit*  Deutschen,  daas  sie  von  Rusä- 

iiidii#   ztt    fttrehten    hätten.      Wenn    Sie    von    diesen 

:iuch    macJien    wnllen.    so    tun  Hie    es  ja  lücli' 

H  lUft  eini«r  Mittheilung  ans  hiesiger  Stadt:  nehnirii 

»ipzig  od»»r  Frank fun, 

I>i**  ji'txig«*»  Wirrten  in  der  Schweiz  wcnleii  hoffentlich 

'     fen    idn   Ziel    «etzen    und   den  National- 

iie    man    bei    dipser    (letegr^nheit    einen 

BOfli  Ifir  dir»  BundoHrefonu  macbt^ti? 

rhi8  Band,    von  weichem  ich   in  nietnetn   letzten   Briefe 

i,  hnt  «ich  nun  von    *ielbst  gegeben;   ich  nUeinerj^^eit«) 

mit  wanner  FnninilHchaft^    mit  Achittmg)  imd  Dank- 

il  die  V^rliindung  unterhalten;  auch  brauche  ich,  nach 

<^fiiallent«n    Beweise,    nicht    uiehr   um    da«    Gleiche  zu 

I^ben  Si««   m^UI,    lieber  Frmuid;    empfehlen   Sie    mich 

|l*»rni    F  n    und    den     Bekannten,    die    sich    meiner 

utiffTii.     .-.  *  .i*hi   Sie   ja    nicht    an    di^r   ünwand^tlbarkeit 

Gpstnnttng.     Verfugon    Sie    über    mich»    wenn    ich 

in   irg^^nd  ftwaH  dienen  kann.     Viele  Empfehlungen 


■^r%ljl«il  ^.   4!^.  Xntr   >o 


4^ 


Gu^tAv  Tobl» 


von  meiner  Frau  und  mir  »u  Hire  Gattin*  Tausend  Oriisse 
an  Weiiigartt  an  den  ich  nicht  zu  sclireibeu  wage,  weil  icJi 
mich  aus  NacliUlsj^igkeit  und  Tergesslichkeit  im  Drange 
der  tU^i  söge  sc  hafte,  nicht  absichtlich*  schwer  an  ihm  ver- 
siindigt   habe. 

In   Hiirmover  brennt  das  Königsschh:)äs.     Wanim? 
weiss  joan  nicht. 


ktte     I 
der    I 


28.  Jantiar  1841. 

Schon  lange  bevor  ich  Ihren  lieben  Brief  erhielte  hatte 
ich  mir  die  Nummern  der  allgemeinen  Ztutang,  worin  der 
Aufsatz  ^Deutschland  und  rlie  Schweiz'^  enthahen  ist, 
reeht  gelegt  um  dem  Verfasser  tüchtig  auf  die  Finger 
klnjifen,  Nnii  aber  auf  Diren  Brief  hin^  habe  ich  es  sofort 
gethtui  und  nmrgeu  wirt!  in  einer  beHonderim  BeiUige  unserer 
Zeitung  eint*  ^Beleuchtung"  erscheinen,  an  der  Sie  Wohl- 
gefallen  haben  wenlenj)  Sie  sind  viel  zu  mihi  in  Ihrem 
Urtheil  ül»er  den  Hallunken;  ich  .spreclie  in  einem  ganz 
antlern  Tone  mit  ihm  und  hebe  ihm  den  Deckel  von  seinem 
schmutzige]!  Hafen,  Da  ich  nicht  weiss,  ob  Sie  die  Badische 
Zeitung  lesen^  so  werde  ich  LIithmi  die  Nummern  schicken. 
Um  den  Verfasser  aus  seint'm  Versteck  zu  treiben,  unter- 
schreibe  ich  meinen  Namen  und  fordere  ihn  aul\  ein  Gleiches 
zu  thuiK  Thut  er  es  nichts  Sf»  i>rkläre  ich  ihn  öffentlich 
für  einen  ehrlosen  Wicht.  Ich  vermuthe  mit  mehr  als 
Wahrscheinlichkeit,  dass  es  der  nändicdie  Friedrich  Giehne 
ist,  der  die  01>erdentsche  Zeitung  schreibt  und  an  Cotta  für 
die  Vierteljahrschrift  und  die  allgemeine  Zt^itung  Aufsätze 
liefert.  In  meinem  vorigen  Briefe  htdie  ich  Ihnen  von  dem 
ln<lividimia  gesprochen.  In  dem  Aiilsutz  ist  ganz  sein  Styl, 
fiind  seine  Wendungen  und  Ausdrücke,  seine  Aufgeblasen- 
heit und  sein  leerer  Dünkel.  Der  Kerl  hat  seine  Feder 
verkauft,  aber  diesmal   kommt  er  schlecht  weg. 

Ich  betrachte  mich  hier  gleichsam   als  den  Vertheidiger 
der  liberalen  Schweiz  in   Deutschland,  des  Landes,   zn  dem 


*)  Ebenda  S.   28 — ^2    Ui    die   „Bcleucbtung**  voUiobaltlich   abgedruckt. 


Lii  JkUilky«  Bride  4»  t>r«  J.  H.  Sdincklcr  iu  Bern  (lij^— 1^42 


:).     4.? 


Harz  mich  mit  jed^m  Tage  umso  ütärkur  ziefit,  je 
iUiaftHr  mir  dk»  hii-Jüsigen  Zastäntlt»  uml  Vt^rJiältiiisse  er- 
^T  ■  '  '1  !it  meine  ^Beleuchtung^  dos  Schmäh- 
I' ken  und  erwartcM»^  oh  er  die  Druck- 
obnm  i»riht»ilt?  Stmcht  er  mir  aher  nur  ein  Wort,  so 
Ifende  ich  dm  Manuskript  Ihnen  mit  der  Bitte,  eö  in  Born 
[mit  ih?f  Bemerkutig  drucken  zu  bumsen,  tlass  es  von  der 
[bHdiw'hffn  Coniünr  gestrichen  word<3n. 

Ana  ledet  Nummer  meines  Blattee  kömien  Sie  Beben, 
U>  uh  di«*  Schweiz  verfeehie.  Die  andern  Blätter  his  nach 
iHftßibiij-g  hin,  drucken  i?ie  ab  und  so  halten  wir  den  Jesuiten- 
lorgnnyii  dii»  Wage,  dem  Fränkischen  Kourier  namentlich, 
[in  Wrichrm  JHzi  dii?  Korrospondenten  der  „Schildwache***) 
OKt  speien. 

WVun  nur  dii*  Berner  Regierung  diesmal  festhält  und 
mit^chiedene  Handeln  der  Aargauor  unterstützt  Auf 
'  M  eine  geiuesaeue  aber  feste  Erwiedening.  Die 
..  i.,.-^  u  g!i.^cHig  ZU  thun;  ^ie  werden  die  Schweiz  gehen 
ikttMi,  ^eun  «ie  keine  Furcht  eehen.  Den  Sanier n  tüchtig 
I die Mküimng  genagt,  nur  keine  Halbheit,  nur  kein  Wanken! 
t  d*tr  Augenblick,  wo  die  Schweiz  50  Jahre  vonväi"t^ 
'»Jahre  rückwärts  kommen  kuun,  jf^  nachdem  der 
[Von^rt  fich  fest  oder  verzagt  benimmt 

liabe  mir  ssom  (Grundsatz  gcMuncht,  durchaus  nichts 

'  '  rle©   zu    sagen,    die   Nachrichten   mögen    lauten» 

ti;  ej  sollt**  mir  leid  thun,  wenn  ich  dies  Prinzip 

i«i«i  That^ichen   gi-*geuüber   aufgeben    müsste.     Die    letzten 

w    '  '*  «lit»  niir    Hohr  willkommen  waren,    habe 

itk       _  -  sii^  ein  Wiidt   fiir  Bera^  aber  keine  Ab- 

IkÄlilttö^  der  Preilieit«freunde   «ind.      Solche    Berichte   sind 

«ir  in  Werthe;  wenn  man  mich   nur  damit  nicht 

MÄ  ^  '-'h    wehn^   mich    redlich    für   die    liberal© 

im 

ilwi  V<n*i»9»augirfreund  halte  ich,  aber  iöt  er  denn  nicht 
balli  ofSKioUV     Er   hat    micli   zweimal    angeführt   mit 


hildwacbc  ^m  Jum",  katbolUcli'konservntives  Or^^ui,  en^chicn 
•i><4o  iu  Soliithufu, 
war  Hern. 


•J'-r  Srlj]ie>iiirig  lief  r»^tormi»'n»^n  Kin^he  und  mit  der  Sab- 
sj»-rr':'.  Möglichst»?  Entlaming  tler  Umtriebe  der  Jesaiten, 
<l*-r  Saruer  und  ilirer  Klicke,  das  ist  gilt,  um  unserem  Pub- 
likum d\^  Augti-n  zu  üftnen. 

L.li  bin  fortwährend  unwohl  und  es  wird  immer 
»f  ijjj:iirn*-r:  WHnn's  so  fon  g^ht.  reise  ich  auf  einen  Tag 
Mi/h  Aarau  —  Bern  ist  ^n  weit  -  -.  damit  ich  wieder  Men- 
-'iiv'i  ^rh^  und  Luft  athme.  Ein  Arzt  hat  mir  gesagt^  ich 
•.v'ii'l-  »'in  liall»e"^  .Jahr  zu  leiilrn  haben,  bis  ich  wieder  accli- 
:::aTi^i':'n  wär•^  I  ^^r  Teufel  hol'  das  Klima:  in  der  Schweiz 
■.v;i;  i<h  iniHJ'-r  g.*sund.  selbst  damals,  wo  mich  der  Bär  in 
•>-:;  Klau-n  hatt«*.  auf  dess«.Mi  zottiges  Haupt  ich  feurige 
K'»j'":i  zu  sanini^i-ln   bemüht  bin. 

Viv'l»-  Enijif«*hiungpn  Hi*rrn  Fetscherin  und  den  Herren 
>.':'•]]'    und  Si.'lit'npfeiffer. 


Karlsnihe.  5.  Febnmr  1841. 

Ii:i'ik»n  Sie  dncli  tirm.  den  es  angt^ht,  für  seine  schnellen, 
>•  fi;>i/.!»ar«'n  Mittli«'ilung»*n.  die  niit-h  in  den  Stand  setzen, 
'i«  !j  iii»-ig»Mi  .b'-iiiittMi-  und  Absolmisii*n-()rganen  ihre  Lügen- 
\)>  ]\(\i\ii  :ms  ili-r  Schw.'iz  ins  nnliti'  Lieht  zu  stellen.  & 
M'in  niicli.  «lass  iilmh»-  „B»d«'uclitung~  in  Bern  gt  »f  allen  W- 
luj'l  i<li  wiMixliti-  nur.  'Ijhs  man  auf  dem  LiMSt")  die  JiaJiscbe 
Z«'itiihg  ;iii-cli;itft«-.  -  nicht  um  i.*in  Abonnement  mehr  z^ 
li;ili'-ri.  -«»ini»M-ii  nur.  diimit  man  si«»  dort  lese.  —  Sie  be- 
.-'ir;'.  n.  i<li  «^«i  7M  \v«*it  grgaiigrnl  (xorade  das  GegentUeil 
i-i  rr,.  in«.  Mi'iiMing:  i<h  lial>«'  nni*li  iMne  bessere  I-Ädung  i^ 
\, *■})',  ihmI  w.-i«!'-  ^ir  ln-lji<>«'n.  wio  der  Bursche  orwiedert. 
\\«!i:i  nm-  '{']*•  Srliw.M/.Tjirrss«*  Xotiz  nimmt  von  dem  Aui- 
;!i/..  .  Si-i  il.  I  V'.TtMS'Mi-  w.T  «T  will,  das  ist  mir  gleich? 
h  li    ;'I;i'iIm-    ;il..r'.    nh    ii:iln'    n'clit  g«M'at.lh'n.     Er  ist  ein  go- 

'i'ii.;"  i!«"f     \'  •  'I'  I  -  li;iiifiit  I 

'■    V>     I ;i' :i      •  il    i>>;|    rioti'-^nr  :in   »1er  riiivcrsitUt. 

".    I>'i    !•■■  »•!  ".    .\  I'-    «1    lim    ,j.:itcr   lUMint,    m.v^  eine  Vereiniguug   von 
ii<  .Mn«.  ;- .|     .|.,-,i,.  ti,    :'.  w   I  II    M  111,    ili.r    im  (.'.ifo    l)ci   der   altcii   Post  an  der 

K  i.i  im;.|.i    .  »     /ii.  .iriiiii'  lil  .lim  li. 


rl  >Utli)'f  Brittb  an  Dr  J.  R»  Schneider  in  liern   (i857-«i$42K    45 


iJher  die  walir^  Stimmung  der  Deutscheii  t^rfährt  mau 
oh  tlit?  Pn-ase  nichU,   etmnso    wenig   iiber  die  Ahsicht-en 
•-^müchte,      i>8U'rn>ieh    und    Preusson    wollen    nicht 
rfti^ten ;   ii:li   kann  Ihnen  aher  au**  guter  Quelle  fol- 
^ndi^  mttüieilun:  Prcmssisii  soll  mit  Metteniich  daliiti  über- 
ittit^n    nein,    dasö   dtm    öst^MTeichkchon    Posttilaton- 
'-T  Schfiilrleih  etwa«  gelüftet  und  ihnen,  wie  clf»n 
I*r«*ii  ProviiiatiaUancItjignn  einige  Enii*iteningen  ihrer 

cfti|pin;i«e    o<ler    njugeiiftiinton    Roehto    gnädigst    güstöttet 
Ml  MilL     Dagegen  HtilJen    die  Verfassungen   der  contiti- 
Eiellen  deut**eht»n  Staat.i»n  dahin  jiKiiühzirt  werdi«n,  dass 
joof*!!  gloich   komineu  und  in  solcher  Weise  eine  herr- 
kifj  Einheit  in  Deutüehland  hergestellt  werde.     Sobald  diö 
nK*an)  Rhein  steht,  wird  rnan,  unier  gelieinierZnritininnmg 
pUMlwitr  Philipps  Ahidiches  von    Frankreich  verlangen»  wo 
Krieg  1    So  steht  es^  und  die  Schweiz  gehört  mit 
PIau;   sie   soll    deutsch   werden,   wie  e«   jene 
|Vi>j,  Absolutismus   in    der   allgemeinen  Zeitung 

|ttn4  audeni  Organen  aiiütnmipeteu.  Wundern  Sie  sich  da- 
f  über  Neuenburg»  Es  ist  der  Vorposten  der  Dipln* 
.iid  Preii&äen  hat  mit  Rom  Frieden  geschlossen,  weil 
N  die  Pfaffen  braucht.  Aber  ein  grosser  Strich  wird,  so 
|<"»tt  irill,  d«T  HirojiÄiÄchen  Reaktion  durcti  ihre  Rechnung 
^^  ^  *  I,  So  gan^  von  ("tott  verlassen  werdetj  die 
Sil,  dasH  tiie  nichts  st»bald  die  Maske  fällt,  den 
forvtlrln.  Auf  die  StdiweiÄ  kommt  Jetzt  viel  an»  Eine 
UV  '       ,    aber    fe^te   Haltung  der  Bundesregiening, 

. ^  der  tfefahr  durch  dit*  Presse,    aber  in  ge- 

Ton.    ohne    SchimpferLM»    dies   kann   viel  Indien. 

at   OS    Äum    Kampfe,    m   w&ro   die   Einigkeit   die  B«  - 

Dg  d«s  Siege«.     O  Eidgenossen,  wäret   ihr  eini(f\ 

^>ocK   waat   auch   die  Plane  der  grossen  Reaktion  sein 

iw  wird  ihnen  g^hen^  wi©  es  ihnen  mit  25  Jahren 

i  n    i«u      Beim    V^orrficken    merken    sie    die 

If  *  «ie  fühlen  den  Boilen  nnt^^r  ihren  Ftlssen 

iien  ein,  da^is  fiie  es  nicht  ohne  Gefahr  aufs 

ne  imben  ilürfen.     Ef»  ent8t<^ht  hier  eine  neue  Frage. 

an  allen  Ecken  neue  Schwierig- 

die  Proussen  sauren.  al>»T  es  jeht 


4^  Gustav   Tobler. 

nich;  tlanim,  lieber  Fnnind,  uiir  Marlit  uur  nicht  vt^rzagt 
St<?ht  niliig  und  f^st  auf  Euerin  historischen  Boden  der  Fiei- 
heit  und  des  Rt^chtä,  die  Vors«?hung  hats  anders  vor  mit 
de^n  Menschen,  als  die  Machthaber! 

Hier  wimmelts  von  Rekruten:  es  w-ird  nk^end  exercirt; 
bis  1.  März  rücken  noch  4585  Mann»  durch  ansaerordeiit- 
Hch^  K*»nskri{ition  uns  friüieren  Jahrgängen  ausgehoben 
<von  1837  au)»  unter  die  Falmen.  B*n  den  Aushebungen 
hat's  böse  Auftritte  gegeben.  In  Waldshut  habeji  sie  den 
itniaun  Imll)  tötlt  gt'sddagen.  An  einem  andern  Amt*- 
>rt  im  Oberland  bektun  der  Militärarzt  Prügel  und  der 
Inspektionöoffizier  musste  unter  Gendarmeriebedeckung  fort- 
ge})mcht  werden.  Davon  liest  man  freilich  nichts  in  unseni 
Zeitungen. 

Für  mich,  lieber  Freund^  haben  Sie  keine  Sorge.  Fort^ 
jagen  können  mich  die  „Herrn**  nicht^  packen  auch  nicht* 
Hassen  mögen  Sin  mich,  das  ist  mir  recht;  ich  wDl  keine 
Freundschaft  von  den  SchlecliteiL  —  Gern  würde  ich  in 
der  Schweiz  leben;  gern  um  eine  Flinte  bitten,  uro  ©inen 
Platz  in  den  Reihen  der  Landwehr,  wenn's  gilt  für  die 
Freiheit  zu  kämpfen.  Der  roheste  Schweizerbauer,  in  dcisisen 
Rohheit  noch  Kmft.,  in  dessen  Fehlern  Natur,  ist  mir  lieber, 
als  dieses  hiesige  höfliche,  gestriegelte  Hundepack.  Ich 
glauhte,  als  ich  in  der  Schweiz  lebte,  nicht,  dass  ich  mic 
je  wieder  über  diese  Erl)ärnilichkeit  so  ärgern  könnk*. 


Karlsnihe,  22.  Februar  1841 

Vor  kui^em  ist  aus  dem  Badischen  Kabinet  ein  Cirkular 
an  sämtliche  Amter  erlassen  worden,  worin  es  heisst:  man 
habe  mit  Wnlilgi-faUen  bemerkt,  wie  bei  den  letjsten  Aus- 
hebungen die  Leute  sich  bereitwillig  eingefunden  und  sogar 
Vieh^  freiwillig  in  Dienst  getreten  seien,  iVr  kriegerische 
Geist  der  jungen  Mannschaft  sei  auch  höchsten  Orts 
Vergnügen  aufgeiiommen  worden,  iloch  wünsche  man»  da 
von  dem  Cirkular  nichts  in  den  öffentlichen  Blättern 
sprochen  werde.  —  Da  haben  Sie  den  Geist  der  hiesig 
Erbärmlichkeit.     Man  ist  fi*üh    über   das  kriegerische  Fet 


fCMl  MAthys  Briefe  m  Dt.  J.  R.  Schneider  in   Bern    11837^1842^     47 


libör   die    Fraiizos?en   sollen    ja    nichts  davon   hören,   sie 
könnten   sonst   böse   werch^iu     Mit  der  Kriegelust  selbst  ist 
*}g  aber  nicht  weit  her;  sie  lieschiiiukt  sich  auf  giiv  wenige 
und  tiolbst  von  diesen  'W.nirdtin  die  meisten  lieber  gegen  die 
Bwüsen   als    gßgen    die  Franzosen   niarschiren.     Die  Lasten 
dtir  Rüstungen  langen  schon  au,  unsere  armen  Stäätlein   in 
(WdverlegenJieit  zu  bringen.  Die  Grossh,  hessische  Regiernng 
euclit    Lo^KlXMKJ    fl.    zn    Ixdvoninien    und    unsere    Kaniniern 
rwftrden  im  April  mit  ähnlichen  Projekten  beglückt  werden. 
{Der  berste    Barometer    fili*    das    stille    Kriegsfeuer    sind   die 
[EinsTandKgelder.  welche  von  4<H>  auf   mehr  als  lUM*  fl.  ge- 
lstiegen  sind;    daher   kommt   es   auch,    dass   so  viele  junge 
I Leute  ^von  Bildung'*  diesmal  zur  Muskete  greifen,  was  als 
[Kripgslust  gepriesen  wrd.  aber  lediglich  darin  s*_nnen  Grund 
Ihai,  dass  die  Bildung  hier  häufiger  ist,  ah   KKM>  fl>  fi'ir  einen 
[Einsteher.     Das  Volk  wird  nur  dann  am  Kriege  theilnehniei^ 
l'Weijn   es   eine  Verbesserung   seiner  Zustände   zu  erkämpfen 
[lieht^    soruit   nicht.      Fängt    man   aber    an.  die   F'riordernisse 
iJer  Einheit  in  Nationalität  im  Innern   zn   entwickeln^  den 
gegenwärtigen    Rechtsr?i zustand    mit    dem    frühern    zu   ver- 
gleichen^   die    zur    germanischen    Nationalitüt    gehörenden 
gt*rmanischen  Rechte  aufzuzählen,  vor  der  (rehdir  von  Gsten 
in  warnen  —  husch   kommt    die  Censur   und  streicht,    ich 
hähf»    e^    erfahren  —  dumm    genug.     Die  Regierung   bleibt 
J;idurch    über   die    Stimmung    des  Volkes    im   Dunkeln  und 
rird  nur  um  B^^  auffallender  enttäuscht  werden.    Man  scheint 
^och  an  den  Krieg  zu  glauben;  dafür  spricht  unter  an(h_^rm 
äer  Umstand,  den  ich  erfahren  habe^  dass  im  hiesigen  Schloss 
Silberzeug  und  Gegenstände  von  Werth  gepackt  werden. 
%n  ßieht  nicht  nur  den  Schwalben,  so uf lern  auch  den  Roth- 
im  Frühjahr  entgegen. 
Unlängst    habe    ich  aus  Bern  eine  sehr  dankenswerthe 
[ittheilung  in  Betreff  der  östeiTeichischen  Note  erhalten.') 
5war  hat  die  Censur  aus  den  daran  geknü|d"ten  Betrachtungen 
ie    Hinweisung    auf    das    in    einem    Karmeliterkloster    zu 
^ien  aufgefundene  Geld    weggestrichen;  allein  es  ist  doch 

*)  Note  des  Grafen  Born  bell  es  vom  8.  Februar  1841,  dem  Vorort  Berti 
erreicbl.  TiUicr,  Geschichte  der  Eid^eoos^nschaft  während  der  Zeit  des 
gehei&senet]  Fortschritts  II,    105. 


48  Gustav    Toblcr. 

genug  stehen  geblieben,  um  grosses  Aufsehen  zu  erregen. 
Überhaupt  tragen  diese  Mittheihmgen  viel  dazu  bei,  den 
Lf^uten  über  die  Schweizer  Verhältnisse  die  Augeu  zu  öffnen. 
•Ei.  wenn  es  so  aussieht,  da  haben  die  Schweizer  ganz 
recht :  das  hat  man  uns  bisher  nicht  gesagt;  die  verdammten 
Lügenblätter!-  Solche  Aussenmgen  und  ähnliche  sind  mir 
schon  viele  zu  Ohren  gekommen,  ja  es  hat  mir  ein  hiesiger 
Bürger  «une  werthvoUe  silberne  Medaille,  die  zu  Ehren  des 
Frie<lenschlusses  zu  Baden  im  Aargau  geschlagen  wurde, 
zur  Anerkeniumg  meiner  Bemühungen,  die  Sache  der 
Schweiz  ins  rechte  Licht  zu  stellen,  geschenkt  und  konnte 
dabei  vor  Rühning  kaum  sprechen.  Dem  Korrespondenten, 
der  so  gütig  ist.  mich  zu  unterstützen,  gebührt  sein  Theil 
an  dieser  Anerkennung  und  ich  lasse  ihn  dringend  bitten, 
mir  ferner  behilflich  zu  sein,  besonders  bei  der  ausserordent- 
lichen Tagsatzung,  den  Grossrathsbeschlüssen  u.  s.  w.  Die 
Betrachtungen  zur  Note  waren  trefflich  und  haben  sehr  viel 
und  gut  g«*wirkt.  Den  Censor  habe  ich  wegen  des  Striches 
und  wegen  eines  andern,  Avodurch  er  mir  die  Rechtfertigung 
des  Schultheiß  Xeuhans  gegen  Verleumdungen  in  der  All- 
gemeinen Zeitung  verstümmelte,  beim  Ministerium  verklagt, 
als  Jesuiten  und  Beschützer  der  Pfaffen.  Seither  ist  er 
etwas  besser  geworden;  ich  hoffe,  einen  andern  zu  be- 
kommen, sowie  <lie  Druckerlaubniss  für  die  gestrichene  Stelle, 
die  ich  dann  bringen  werde.  Der  verehrliche  Korrespon- 
dent') darf  über  seine  Briefe  ganz  benihigt  sein;  ein  ge- 
branntes Kind  scheut  das  Feuer,  wirft  aber  eben  deswegen 
die  Briefe  hinein. 

Der  Vorort  hält  sich  bis  <lato  trefflich.  Wie  geht  es  mit 
der  Note?    Man  wird  wohl  die  Antwort  von  Aarau  abwarten? 

Meine  gute  Mutt(»r  ist  am  15.  in  Waldshut  gestorben. 
Eine  ihrer  letzten  Freuden  war  die  Nachricht,  dass  mir  die 
(rrenchener  Sekundarschüh^r  (Mne  silberne  Dose  zum  An- 
(hMiken  geschickt  haben.  -  Meine  Sehnsucht  nach  der 
Schweiz  wird  mit  jedem  Frühlingssounenblick  stärker  und 
ich  werde  mir  nicht  anders  helfen  können,  als  dass  ich  auf 
einen  Tag  nach  Aarau  reise. 

In  Solüthurn  ist's  gut  gegangen. 


M   Dieser  ist  selbstverständlich  Dr.  Schneider  selber. 


fAfRyS 


(t»37_i»4i).    49 


Karlsruhe^   17.  März  1841. 
Moin  34-  (xeliurtstttg.     Eheu  fngaces ! 

Mitti-»u  iii  dns  iTewühl  der  ge^item  ernäfneteii  Tagsatziing 
Jude   ich   Iliüen   meinen  GlückwiuiSLdi  zo  Ihrer  trefflich*^ ii 
le  über  die  aargauischen  und  andern  Eulenneskn\     Ich 
lese  ini  Yerfassmigsfreund.  dass  Sie  den  Nagel  auf  den  Kopf 
retroffen   und    heute  erhalte  ich   eine  schätzenswerthe  Mit- 
[theilung  darüber,  die  ich  zu  benutzen  mich  beeile.*)      Man 
>llte  jetzt  in  der  Schweiz  die  C4eschichtB  von  der  Theikmg 
^olens    als  Volks-  und  Scliulbuch   l>earbeiten,   auch    in  Ka- 
lendern   und    auf   alle    njögiicho   Weise    in    die    Hände    des 
Talks  zu  bringen  suchen.   Lord  Broughains  Schrift:   ^ Polen" 
[könnte  als  Grundlage  für  Gei.st  und  Richtung  dienen.*)    Es 
hst  hier  wie  dort  die  nämliche  Geschichte^  das  gleiche  Spieh 
11  Polen  die  Conföderation  von  Targowicz,  in  der  Scliweiz 
iie  Sanier,   vom  Ausland  unterstützt     In  Polen  wie    in  der 
chweiz  das  Veto  von  der  Fremden partoi   verlangt  und  ver- 
ktheidigt^    um    die  Anarchie    zu    vereinigen;     in    Polen    die 
si^lenten,    in    der  Schweiz    die  Klöster   vom  Ausland    in 
[RchutÄ    genommen.      Hier    wie    dort    die    mündlichen    und 
Ischriftiichen   Freundschaftsversicheningen,    Bethourung    der 
[Achtung   vor  Neutralität,    Selbständigkeit.    Unabhängigkeit, 
[Integrität   vl  s.  w.,    die    nämliche  Heuehelei,    die  nämlichen 
[Schurkenpläne.    Es  lassen  sieh  noch  eine  Menge  Parallelen 
fliehen,    aber   eine  wird   fehlen  —  die  Ähnlicltkeit   der  Re- 
soltate.     Die    Schweizer    sind   nicht    so   kindisch   naiv    und 
Lniclit   so  unbändig  ungehorsam    gfigen  das  Gesetz»    wie    die 
jlen;  sie  besitzen  ein  instinktmassiges  Misstranen,  welches 
[hier    gut    angewendet    ist;    <lie    öffentliche    Meinung   ist    in 
[Ecm)|ia   eine  Macht   geworden,    die   äich  nicht  mehr   unge- 
Ittiftft    verhöhnen    läjsst.     Nur    keine    Transaktion    mit    den 


'J  Ver£kS&t)og$(rciiiid  vom  ij,  März.  Schneider  hielt  die  Rede  am 
t|.  Mirt  im  Grossen  Rate. 

*)  Auf  diese  Anregung  Mathys  hin  erschien  dann  in  den  Jahrgängen 
1W47  und  1843  der  „Volks- Bibliothek"  nach  Broughams  Werk  eine  ausfubr- 
♦id^e  Darstellung  von  „Polens  Vcrtall  und  Untergang.  Allen  Schweizern  zur 
Lehr  und  Warnung  dargestellt/' 

a»]cr  Zeit«clif.  r.  Gesch.  und  Altertum.  VI.  1,  4 


50  Gustav  TobUr. 

Pfaffen.    Bern  fest    bei   Aargau;   es  geht  wohl   besser,  als 
sie  dachten.     Wie  lässt  sich  die  Tagsatznng  an? 

Vor  einiger  Zeit  schrieb  ich  Ihnen  von  einem  Pl&nchen 
zur  Einheit  und  Uniformität  Deutschlands.  Jetzt  haben  Sie 
den  ersten  Akt  in  den  Zeitungen  gelesen.  Den  preussischen 
Provinziallandtagen  ist  der  Schnürleib  ein  wenig  gelüftet 
Und  welcher  Jubel  unter  dem  gimpelhaften  Pablikom!  Bald 
wird  Österreich  seinen  Postulatenlandtagen  auch  etwas 
tibriges  thun.  Dann  werden  unsere  liberalen  Esel  vor 
Freude  wahnsinnig.  Wenn  dann  der  dritte  Akt  kommt, 
die  Verstümmelung  der  Konstitutionen,  oder  wie  man  sich 
jetzt,  um  den  Leuten  Sand  in  die  Augen  zu  streuen  aus- 
drückt: die  Ausbildung  eines  acht  deutschen  Stftndewesens, 
statt  der  den  Franzosen  nachgeäfften  Beprftsentativ-Ver- 
fassungen,  dann  werden  den  Gimpeln  die  Augen  aud^hen. 

Es  ist  aber  noch  sehr  die  Frage,  ob  man  den  dritten 
Akt  80  bald  aufzuführen  wagen  wird.  Die  Preussen,  nament- 
lich die  Ostpreussen,  entwickeln  eine  so  entschiedene  und 
kräftige  Gesinnung,  dass  alles  darob  verwundert  ist  Die 
deutschen  Grossmächte,  da  sie  nun  sehen,  was  für  ein  Spiel 
England  und  Eussland  im  Orient  treiben,  nähern  sich  dem 
französischen  Kabinet;  die  Truppenaufstellung  am  Rhein 
wird  vor  der  Hand  unterbleiben,  die  Rüstungen  werden 
auch  hier  schläfriger  betrieben.  Amerika  und  der  Orient 
sind  schuld,  dass  man  die  deutschen  Uniformitfttsprojekte 
vertagen  muss  und  dies  wird  auch  der  Schweiz  zu  gut 
kommen.  Oh  St.  (Tallen!  Wenn  nur  Baimigartner  auf  der 
Tagsatzung  tüchtig  herunter  gemacht  wird!  Ghrüssen  Sie 
mir  die  Aargauer  und  Solothumer  Gesandten,  Keller,  Wie- 
land, Munzinger.  Bninner.^) 

Der  Grosse  RatK  hat  endlich  ein  Zollgesetz  zu  Stande 
g(3bracht.*)  Glück  zu.  Wird'S  denn  bald  auch  zu  einem 
Zehntgesotz  kommen?   Da  hat  sich  freilich  die  Gesetzgebung 

1)  (t;i1Iiis  Jakob  Baumgartner  von  St.  GalleD.  Angustin  Keller  tod 
Aarau.  Dr.  J.  Wicland  von  Aaraii.  Joseph  Munzinger  von  Solothom.  Frau 
Brunncr  von  Solothurn. 

')  Der  Grosse  Rat  nahm  in  der  Februar-  und  Märzsitzuug  die  beiden 
Entwürfe  über  ein  Zoll-  und  Ohmgcldgcsetz  an. 


cm  (1 837— 18 


lorrh  ihr^  halben  Massregeln  seit  1832  vergaloppirt  imd  in 
lini*  soliwierigG  Lago  gebraeht 

Mir  uiLserer  Zeitung  g«:*ht  es  nicht  üliel.  Allein  An- 
dioin  nach  werden  aiif  den  L  April  ziemlich  Alinnuenten 
igeht'u,  ich  hoffe,  auch  einige  aus  der  Schweiz.  Unsere 
littlieihmgen  von  dort  sind  nicht  ohne  Wirkung  geblieben 
ad  ich  werde  die  dortigen  Zustände  noch  l»esser  behan- 
leln  tind  in  ein  der  Freiheit  günstiges  Licht  stellen.  — 
)ie  Bemerkung  wegen  Übertretung  der  Kompetenz  von 
iiteij  des  VnroiiiS  war  ja  nur  als  Vormuthung  der  Redaktion 
icht  als  Korrespondenz  aus  Bern  gegeben  unrl  ic!i  ver- 
Bichere  Sie,  dass  sie  liier  nichts  geschadet  lint.  —  Der  ^8yn- 
|dicuä,  von  Genf^  ist  aus  einem  Feuilleton  des  Siecle  übersetzt 
id  macht  keinen  Anspruch  auf  histori selten  Boden ^  wohl  aber 
lof  die  innere  Wahrheit,  dass  ein  repiiljlikanischer  Bürger 
besser  ist»  als  ein  adeliger  Höfling.  Dies  sollte  dem  hiesigen 
jblikum  in  gefälliger  Form  vorgetragen  werden.  Ich  bitte, 
Sie  dies  Herrn  Rilliet-Constant  *)  mit  meiner  höf- 
iiciieu   Em|>fehhing. 

Nun    habe    ich  noch    etwas   auf  dem  Herzen.     Es    lebt 

;eiiwärtig   ein  politischer  Flüchtling   aus   Mainz,    Klaup- 

techt^),  der  wegen  einer  Broschüre  gegen  Preussen  flüchten 

ttiosste.      Er    ist    ein    körperlich    gebrechlicher,     harmloser 

lenseli  und  gehört  einer  sehr  guten  Familie  an.    Ein  Ver- 

lirandter    ist  als    liberaler    hessischer    Deputierter    bekannt, 

ein   Bruder   ist  hier  Forstrath   und  Ynrstand    der   Forstfach- 

ischnle  am  polytechnischen  Institut,  durch  gleiche  (lesinnung 

ad  Überzeugung  mein  Freund,*)     Dieser    sagte    mir,    dass 

[die   Bemer    Regiening    seinen    Bmder    anfangs    gar    nicht 

[dulden  und  jetzt  auf  Verwenden  von  Landsleuten  unter  den 

^Professoren  ihm   gegen  Caution  von  HCCi  L.  den  Aufenthalt 

gestatten  wolle.     Das  Geld  bekömmt   er^   denn   die  Familie 


*|  Fredcric-Jacques- Louis  RjUict-de  Coii&tant  (I7')4 — 18$6)  von  Genf. 
Vgl.  W.  Oech^sli,  GcÄchicUtc  der  Gründung  des  vldg,  rolytccbnikums  (11)05), 
Sw  46«  fuit  der  dort  itngegebeneii  Literahir. 

^  Über  diesen  IrLinti  war  in  den  bertiiscben  Akten  nichts  /.vi  fintlcii. 

f)  Dieser,  Df.  J.  Ludwig  Klaiiprccht,  liattc  sich  ;im  10,  Juoi  1834  für 
elft»  ProfÄiur  an  der  zu  ürhchlcndcii  Berner  Universität  angemeldet.  Archiv 
der  Erxich«ng«direktion.     Akten  Universität   1834. 


^2  Gustav  Tobler. 

ist  sehr  wohlhabend,  und  es  wird  dem  Flüchtling  nie  an 
dritteln  f«»hlen.  Aber  ich  mnss  *  gestehen,  dass  ich  mich  in 
einiger  Verlegenheit  befand,  auf  die  Frage:  wie  es  mit  dem 
Asyl  in  der  Schweiz  stehe?  zu  antworten.  Ich  bemerkte 
übrigens,  <lie  Schweiz  sei  durch  Flüchtlinge  schon  so  oft 
in  Unannehmlichkeiten  gekommen,  dass  man  es  den  Begie- 
rungen  nicht  übelnehmen  könne,  wenn  sie  vorsichtig  ver- 
faliren.  Ich  gebe  Ihnen  diese  Notizen  für  den  Fall,  dass 
im  Regieningsrath  von  diesem  Klauprecht  die  Rede  wäre 
und  versichere  Sie,  dass  er  ein  unbedeutender  Mensch  ist^ 
wi»lcher  dem  Kanton  Bern  in  keiner  Weise  zur  Last  fallen 
winl.  Doch  wünschte  ich,  er  möchte  seiner  grossen,  ge- 
achteten und  wohlhabenden  Familie  nur  gutes  zu  berichten 
haben,  wie  ich  alles  wünsche,  was  in  Deutschland  eine  gute 
Meinung  von  der  Schweiz  befördern  kann. 

LielxT  Fnnmd,  vergessen  Sie  mich  nicht  während  der 
Tagsatzung  und  bitten  Sie  in  meinem  Namen  Ihren  Vetter 
oder  (»inen  andern  Freund,  nur  kurze  Mittheilungen  über 
wichtige  Beschlüsse,  möglichst  schnell,  auch  Blatter,  die 
Beinerk(»nswerthes  enthalten,  unter  Kreuzband  mir  zuzu- 
senden. Die  Mühe  ist  gut  angewendet  und  ich  werde  mich 
Htet^  zu  Dank  und  bereitwilliger  Gegenleistung  verpflichtet 
füll  Um  1. 

D(»r  letzte  Bericht  über  die  Berner  Staatsverwaltung 
circulirt  bei  unsern  Finanzmännern,  die  sich  nicht  wenig 
di(»  Augen  reiben  über  das  Ausgabebudget.  Was!  Keine 
Civillisti»,  keine  Pensionen  und  es  geht  doch!  Bemerken 
Sie  gefälligst,  sagte  ich  zu  einem  Staatsrath  und  einem 
Prälaten,  dass  Bern  3C)7o  seiner  (resammtausgaben  für  Kirche 
und  Schule  und  eben  so  viel  für  Strassen  und  andere  öffent- 
liche Bauten  verwendet!  ^Ei  das  ist  ja  recht  schön,**  war 
die  verzwickte  Antwort. 

Ei  Kasthofer!  Der  könnte  Hofrath  und  Professor  werden, 
80  unpraktisch  ist  er.  V) 

*)  Im  Regicriingsratc  nahm  Kasthofer  als  der  Einzige  die  Partei  gegen 
die  aargauische  Regierung.  Er  vertrat  diesen  Standpunkt  auch  im  Grossen 
Rate.     Verfassungsfreund  vom  23.  Februar  und   13.  März  1841. 


Karl  Matliys  Briefe  m  Dr.  J,  R.  Sdindacr  in  Bern    {1857—1842),     S3 


Karlsruhe,   14.  Juli   184 L 

Soifc    Mitt43    April,    wo   unsere    L^indstände    zusmniiion- 
^?tJ»    war    ich  so  übermässig   beschäftigt,    dsss   ich  köiiin 
iar  Besinnung  kam.     Mein  Mitürbeiter,  der  ohnehin  nichts 

iteU\  war  schon  anx  1,  April  iiu.sgetreteri  utid  so  big  nicht 
die  tiiglich  er8ch»>iiiende  Zeitung,  sondern  os  lügen 
h  die  Ijandtugsvorhaudlungen  ganz  allein  auf  mir.  Dazu 
imen  noch  etliche  Unterrichtsstuiideti,  die  ich,  zur  Sehiil- 
sterei,  wie  scheint,  ewig  verdammt,  au  Söline  von 
Enden  ertheile^  die  mich  s(j  lange  plagteo,  bis  ich  ^ja" 
.  Hierdurch  will  ich  mein  langes  Schweigen  nur  er- 
n .  nicht  entschuldigen.  Ich  hätte  Ihnen  allerdings 
schreiben  sollen,  lieber  Fn:'Und,  und  wäre  jedesmal^  so  oft 
ich  an  Sie  dachte,  mir  VorwHirfe  machte  und  den  festen 
Bbr^at^  dazu  lasste^  ein  Brief  fertig  gewesen,  Sie  hätten 
Pbn  genug  erhalten.  Indessen  Ilu*  letztes  fremidschaft- 
liches  Schreiben  musste  den  Vorsatz  zur  That  bringen, 
sontit  wäre  ich  ja  in  der  That  sträflich  nachlässig.  Seit  kurzem 
ich  auch  wieder  tdnen  Mitarbeiter^  dt^r  mir  ordentlich 
Hand  gidit. 

Dire  Briefe,  verehrter  Freund,   habe  ich  richtig  erhalten; 
ISO  die  Mittheihiiigen  aus  Bern,  die  alle  erschienen  sind, 
die  letzte  wegen  der  schmutzigen  Forderung  von  28  fl. 
grossen   unentgeltlichen    Ijeistnngen  Berns    gegenüben 
Di«^  Badische    Zeitung    hat   durch    ihre    Mittheihmgen 
der  Schweiz   selir  giinstig  auf  die   öffentliche  Meinung 
,JB  I^eutschland  gewirkt,  w^ie  mir  dies  von  vielen  Seiten  und 
Hlrnst  Munch  <iler   ja    Lm  Pfaffen | um kt    st,ets    gut   war) 
kuj*z   vor  seinem  Tode    versichert    wurde.'»     Die    An- 
iten  gestallen    sich   schon   darum   besser   für  die    Cultur- 
pressen   der    Schweiz,    weil    die    deutschen    Kegierungen 
st  van  den  Pfaffen  täglich  mehr  geniert  werden. 
Ho  weit  war   icli  vor   einigen  Tagen  gekominen.     Seit^ 
habe  ich  allerhand  ausgestanden.     Mein  Freund,   Buch- 
Iter  Oroos,   welcher  die  Badische  —  jetzt  Nationalzeitung 
mdet«  ist  am  Nerven  lieber  gestorben.     Während  seiner 


f^    I>er      HtÄtorikcr     Rmsl    HcrmTinn    Joseph    Münch    von    Rheinfeldeo 
hM  *'-   -    * H,,i       Ailg.  D.  Biogr.  XXIt,  717. 


54  Gustav  Tobler. 

12tägigen  Krankheit  war  ich  viel  bei  ihm,  Tag  nnd  Nacht, 
auch  sah  ich  Um  sterben.')  Oleich  darauf  wurde  mebe 
Tochter  sehr  krank  an  einem  gastrisch  katliarralischen  Fieber, 
das  aber  zum  Glück  wieder  gehoben  ist. 

Der  Tod  von  Groos  stellt  nun  das  Schicksal  der  Na- 
tionalzeitung in  Frage.  Es  ist  zweifelhaft,  ob  das  Geschäft 
fortgeführt,  noch  zweifelhafter,  ob  es  in  diesem  Falle  die 
2ieitung  beibehalten  wird ;  denn  dieVormundschaft  wird  nichts 
riskiren  wollen.  Zwar  sind  die  grössten  Opfer  schon  ge- 
bracht, das  Blatt  hebt  sich  zusehends  und  es  dürfte  nicht 
schwer  halten,  jemand  zu  finden,  der  es  übernähme.  Allein 
mir  ist  die  Sache  verleidet,  da  das  freundschaftliche  Yer- 
hältniss  mit  Groos  durch  den  Tod  zerrissen  ist;  mir  ist 
überhaupt  der  Aufenthalt  hier  verleidet  in  dieser  schlechten 
Luft,  in  diesem  Schlamm  von  geistigem  und  moralischem 
Koth.  Ich  sehne  mich  täglich  mehr  nach  der  Schweif, 
werde  aber  diesen  "Wunsch  wohl  nie  erfüllt  sehen;  für  die 
nächste  Zukunft,  wenn  die  Nationalzeitung  aufhört,  bietet 
sich  mir  die  Aussicht,  die  Redaktion  eines  andern  sicher- 
stehenden Bhittes  weit(»r  unten   am  Rhein  zu  übemehmesu 

Mit  wahrem  innigem  Interessse  verfolgte  ich  die  Ei^ 
eignisse  in  der  SchwViz,  besonders  im  Kanton  Bern.  Der 
Gedanke  eines  Zollkonkordates,  einer  schweizerischen  Zoll- 
union, wie  ich  ihn  vor  sechs  Jahren  in  der  Jeune  Suisse 
entwickelte-),  scheint  Boden  zu  gewinnen.  Die  Einigkeit 
in  Bern,  die  grossen  Schritte  zur  Annäherung  von  Land 
und  Stadt,  die  schöne  Stellung  im  Bimde  gegenüber  der 
Reaktion,  dies  sind  Gegenstände,  welche  mir  Freude  machen 
—  fast  die  einzigen.  Ebenso  angenehm  war  es  mir,  dass 
Sie,  lieber  Freund,  auf  der  Tagsatzung  erscheinen*);  zwar 
dachte  ich  wolil.  dass  man  Sie  ausersehen  (werde),  weil 
eben  die  Stellung  Berns  keine  bequeme,  sondern  eine  viel- 
fach angefeindete  ist;  allein  gerade  da  kann  sich  der  rechte 
Mann  zeigen   und  die  Eidgenossenschaft  lernt  Sie   kennen. 


«)  Freytag,  Karl  Mathy  (1870),  S.  189,  199.   . 

*)  Neujahrsblatt  S.  9. 

■)  Am  25.  Juni  1841  war  Schneider  als  dritter  Gesandter  neben  Neu- 
haus und  V.  Tillier  als  Tagsatzungsabgeordueter  gewählt  worden.  Er  erklärte 
die  Annahme  der  Wahl    besonders  im  Hinblick  auf  die  Zollverhandlungen. 


iKaH  ikUl^  Brirfe  sm  Dr.  J.  R,  Schneider  »n  Btrn  (1857— »842).     55 

Bin  Imt  sii^h  wacker  gehaltt^u.  Schade  dass  niclit  auch 
Paiir  Pfaffen  vor  die  Kugel  gekommen.*)  Oesterreich 
lin  «niger  Verlegenheit*  die  ihm  fiir  seine  Noten  wohl 
!  gönnen  nitd  dio  gut  hpnutzt  werdiMi  kann.  Waä  wird 
(tu  in  tler  Klostersitc  ho  geschelien,  werden  Aargaii's  Vor- 
genügeii  and  werden  die  Samer  ihre  Trenuungs- 
volkiehcii  ? 

l«  Do   "     '  V    id  triti  <iM'  urteiMiu-he  Meimiut^,  uutgtMv».»cKt 
ilif*  i»««  der  rigen«*»  PfaiHeu  luid  durcli   die  Bo- 

rte meine«  Blait^ei?  -    Dank  denen,  die  sie  mir  lieferten 
ch  entÄchi#dener   für  die   gute  Sache   der   Kultur   und 
nlm%   in   der  Schweiz  auf  iiiul   sie  weiss  «ich  Beachtung 
i  v>r^haffen.  Sehen  Sie  35,  B*  nur  auf  das  2ahxne  Frankfurter 
welches   sich  bereits  offen  gegen  die  Reaktion    in 
iwei7.  li;  »chen  hat  und  unsere  stärksten  Artikel 

kt.     Cl'  wird  e«  im  Deutschland  besser.  Zwar 

sich  alles  znnächat  auf  die  nationalen  Interessen^  alli^in 
T    sich    der    Zusammerdiang    mit    dem 
,.   .i„i..   ii...i!r.     Die  Eisenbahnen,  die  Dampfschiffe 
unfl  die  politische  Freihi^it  bringert.   Der  Zollverein 
iii*«er  Hinsicht  »ehr  m'el  Wi?rth,  und  wenn  die  Schweiz 
nnt    wftre,   ^o   würde   sich  gewiss    auch  dort    die   Er- 
qtituig  einer  regen  Verbünd nng  der  Kaution o  zeigtMi  imd 
I  Pf&fl«ni  tmd  Artg^okrati'rn  konnten  wenig  mehr  ausrichten, 

Difi  Ceomr  kann  durchaus  nicht  mehr  in  der  früheren 
igjo&bl  werden,   dies   wird    Ihnen    jede   Nummer   der 
dtung  beweisen.    Die  politischen  Untersuchungen, 
Itkzi  an  viek^n   Orten   gegen  Handwerker   im  Gang 
die  in  Ririi*  Dummheiten  gemacht  haV»en,  werden  als 
^ntiüh  und    verächtlich   angesehen   und   die   Ilegicrutvgen 
i^ti  Äti^  faMen  la^^en  müssen,   l*ei  Strafe^  sich  lächerlich 
Uli  Ich  will    Ihnen    ein    Beispiel    anführnn.     Ein 

tt*r  .^  T     "r^  -    Namens  Schumm,   war    verhaftet 

«Ifv  iiinj*     l>»^r    Gernfnulerath   der   Rest- 

beochloso)    einstimmig    für    den     Mann    Kantion     zu 


B»-tii\Vfkttii  lief  kcioserviitit^ti  Tesfincr  vom  t./2,Jii)i,  die  Regierung 
»(^  und  Verwundete  sb^    Am  (.  Jitli  wordt  der 
Alf  "HAI    ÄrtM   «(«iiilftdillifb  en^«")!»!»!«». 


5^  Gustav   Tobler. 

stellen  und  begehrte  seine  Freilassung.  Der  Mann  warde 
auf  freien  Fuss  gesetzt.     So  etwas  war  früher  unerhört! 

Sie  haben  vielleicht  von  unserer  berühmt-en  badischen 
Urlaubsfrage  gehört.  "Wird  man  es  in  der  Schweiz  begreifen 
können,  dass  Bürger  sicli  darum  streiten  müssen,  ^aats- 
diener  als  ihre  Vertreter  in  die  Kammer  wählen  zu  dürfen; 
dass  die  Regierung  ihre  Diener  nicht  in  der  Kammer  haben 
will,  weil  sie  ihre  Opposition  fürchtet?!  Und  doch  ist  efl 
so.  Die  Beamten  können  willkürlich  abgesetzt  werden,  dAS 
ist  die  Klage  der  Regierung.  Sie  möchte  lieber  blos  füg- 
same Instniinente  haben;  dies  kann  sie  nicht  durchführen,  so 
lange  viele  Staatsdiener,  worunter  freisinnige  Männer,  in 
der  Kammer  sitzen.     Hinc  ill»  lacryma^! 

Ich  wünsche  Ihnen  Glück  zum  fünften  Töchterlein.*) 
Fünf  wackere  Söhne  bekommen  Sie  ohnehin  in  den 
Tochtennännern,  die  oft  bessere  Söhne  sind,  als  die  eigenen 
mid  ich  hoffe  noch  die  Zeit  zu  erleben,  wo  ich  Sie  in  der 
Mitte  solclier  glücklichen  Paare  und  mit  Enkeln  gesegnet 
erblicken  werde.  Dann  wird  auch  die  Druckerei- Wunde 
verschmerzt  sein,  wofür  von  (lott-  und  Rechtswegen  die 
Regierung  von  Bern,  die  sie  1836  geschlagen  hat,  das 
Pflaster  hergeben  sollte.  Mir  hat  Girard  von  Renan  mit 
einem  Wechsel  von  15  Louisd'or  gedroht;  ich  mochte  nicht 
antworten  und  habe  seith(M-  nichts  mehr  davon  gehört.  — 
AVird  Herr  Weingart  mit  der  Druckerei  nach  Bern  ziehen 
und  wie  gebt  es  dem  ..Tinion  von  Athen",  dem  menschen- 
feindlichen, grundsätzlichen,  liartk(")pfigen  und  doch  liebens- 
würdigen Redner  und  Schriftsteller,  Jonathan  Radical?*) 
Ich  grüsse  ihn  herzlich. 

Liebster  Freund!  Ich  bin  tV'st  entschlossen,  eine  Nach- 
lässigkeit im  Schreiben  nicht  nochmals  mir  zu  Schulden 
kommen  zu  lassen.  Ich  bitte  Sie  nm*,  überzeugt  zu  sein, 
dass  ich  stets  mit  Dankbarkeit  und  mit  unveränderter  Ge- 
sinnung von  Freundschaft  und  Achtung  Ihrer  gedenke  unc 

V)  Hedwig,  gel).  20.  Mai  1S41.  Heiratete  später  den  Obcrfeldarz 
Dr.  Zie^ler. 

^)  Dies  bezieht  sich  alles  auf  Weingart,  der  als  Mitglied  der  »Juugfi 
Schweiz*'  den  Kriegsuanien  „Jonathan  Radical"  geführt  haUe. 


Kaii  Mathys  Bride  an  Dr,  J.  R.  Schneider  in  Ben»   (1837 — 1842).    $J 

I  mich  ein  wanües  Gefühl  durchzuckt,  so  oft  it'li  in  einem 

iweiÄerblatte  Ihren  Namen  lese. 

Moiiie   Frau  empfiehlt   sich  Ihnen   und  Ihrer  Frau  Ge- 

Dalin   herzlich,      Sie    sagt    fast    taglich:    ^In    der  Schweiz 

abe  ich  mich  nie  nach  Karlsruhe,  wohl  aber  in  Karlsruhe 

on  oft  nach  der  Schweiz  gesehnt^    Hierin,  wie  in  allem 

iine  ich  mit  ihr  tiberein.   Aber  unsere  Lieblingswimscho 

trollten    eben    nicht    ui    Erfüllung    gehen.     Empfehlen    Sie 

hnick  auch  Herrn   Fetscherin,     Wegen    der  Briefe   besorgen 

Y&k  uichts;  so  arg  treibt  man's  doch  nicht.     Ich  erhalte  sie 

I  richtig. 


W 


Karlsmhe,  '27.  August  1841. 
Ihrem    Wunsche  gemäss    übersende    ich   Dinen    in    der 

1)  den  ZoU-VereinigUDgsvertrag  von  1833.    Beitritt  von 

i^flntemberg  und  Bayern  : 

2i  den  Vertrag  von  18^Jn,  Beitritt  von  Raden; 

3t  die  KommisÄionsberichte  l      ,        , 

über  den 
4)  die    Protokolle    der    geheimen    Sitzungen  | 

AnjR'hlmss  von  Baden  an  den  Verein: 

6)  den  Vertrag  über  die  Verlängerung  des  Vereins  vom 

Sfai    IB4L     Er  stand  in  allen  Zi-itnngen:   ich  habe  gerade 

h  Stuttgarter  Allgemeine  zur  Hand. 

6)  Den  Kummissitjnsbericht  über  diesen  Vertrag,  wovon 

idi  leider  nur  ein  verstümmeltes  Exemplar  bekommen  habe; 

ii   »^s    zur   Zeit    noch    ein    geheimer  Bericht   ist.    wurde    es 

?<!i  ^er  halten^  ein  anderes  zu  erlangen. 

I      Ein   schweizerisdies  Zollkonkordat   wäre   einfacher,    da 

%  üich  vor  der  Hand   nicht   nm    SchutzzöUe,    sondern  um 

^Verlegung  der  Zölle  an  die  Urenzen  des  Konkordatsgebiet.es 

d  Verth**ihing  der  ZoUeinnnhmen  handeln   würde.   In  der 

Jetzigen  Zeit  wäre  es   herrlich,    wenn   Bern  mit  Aarau  und 

Taailt   ein  Konkordat  abschliessen  und  so  sein  altes  Gebiet 

Wissermassen  wieder  gewinnen  könnte. 


6o  Gustav  Tobler. 

Karlsruhe.  &  September  1841. 

Vielen  Dank  für  Ihre  beiden  freundschaftlichen  Zu- 
schriften. Die  direkten  Berichte  über  die  beiden  wichtigen 
KIoster\'erhandlangen  vom  3.  nnd  4.  waren  mir  sehr  er- 
wünscht: ich  konnte  die  Nachrichten  vor  allen  übrigen  Zei- 
tungen geben.  Mit  inniger  Freude  sehe  ich  die  günstige 
Wendung  dieser  Sache,  veranlasst  durch  SchwammendingeM; 
wenn  dieser  Geist  benutzt  wird,  muss  es  gut  gehen.  Neu- 
haus steht  gross  da.  L.  Snell  darf  also  wieder  nach  Bern, 
dem  Bern,  welches  das  Andenken  von  1836  durch  feste  Hal- 
tung und  guten  Sinn  austilgt') 

über  Löst's  Werk  ist  in  der  Leipziger  Allg.  Zeitung 
ein  erster  kritischer  Brief  erschienen,  den  ich  Ihnen  hier  bei- 
lege: er  ist  mir  aus  der  Seele  geschrieben;  ich  kenne  den 
Verfasser  nicht:  ich  glaube,  es  wird  sie  interessieren.  — 
Das  Zollkonkordat  wird  ein  guter  Keim  für  die  Zukunft 
der  Schweiz.  Bern  sollte  dabei  die  Rolle  Preussens  über- 
nehmen: aber  Herr  v.  Jenner?*)  Was  halten  Sie  von  dem 
Gedanken  ein  Memoire  wegen  Verkehrserleichterung  an  das 
französische  Ministerium  zu  richten,  das  jetzt  nach  Allianzen 
sucht?  —  Ich  schreibe  jetzt  einen  Aufsatz  für  eine  eng- 
lische Revue:  Über  die  Umtriebe  der  Jesuiten  und  die 
Pflicht  Englands,  den  Protestantisnms  in  der  Schweiz  gegen 
die  Intriguen  des  Papstthums  zu  schützen.  Dies  kann  nicht 
schaden.  WoUten  Sie  die  Gefälligkeit  haben,  Jenny*)  zu 
sagen,  dass  er  zwei  oder  drei  Exemplare  der  beiden  Schriften 
Ammanns  gegen  die  Mönche  an  ^Die  Yerlagsliandlung  von 
Chr.   Th.    Groos,    für    die  Redaction    der  Nationalzeitung^ 

*)  Die  grosse  Volksversamnilunj;  vom  20.  August  in  Schwamendiufi^en. 
Tillicr  II,    120. 

')  Ludwig  Snell  ( 1 785 — 1854),  Profosor  an  <ler  Universität  in  Bern,  hatte 
im  Oktober  1836  seine  Demission  eingereicht.  Der  Regierungsrat  nahm  sie  am 
14.  Oktober  1X36  an  und  verfugte  zugleich  die  Ausweisung  aus  dem  Kanton. 
Von  einer  Rücknahme  dieser  Ma>sregel  im  Jahr  1841  ist  in  den  Akten  nichts 
zu  finden.     Allg.  d.  Biographie  XXXIV,   508. 

')  Abr.  Ludwig  Rud.  von  Jenner  (1789 — 1853),  Regierungsrat,  Präsident 
des  Finanzdepartements. 

*)  Christian  Albrecht  Jenni  (1786 — 1861),  Lithograph   und  Buchdrucker. 


Kii^  MilIiM  ßncfc  an  Dr.  T.  K.  SthneMci    In   Hern    ÜS^T  — 1^4^).     50 
.oiN'jiinuer"     i»»K"nnnjt     ♦mihmi     Ahiiimii,     seine    Mit- 

»gen   aber  dio  aügebliche  diplomatisrhe   lütervfnüon 
itm  aUentJialbrn   citirt;    ich   Imbe   ihn  auch   lobeüd  er- 
litit     Ich   hoffe  und  wünsche,   dnss  Ihnen   <lie  Druckerei 
Bfrn  besser  gedeihe  als  in  Biet') 

Mir  liogt  die  Schweiz  sehr  tun  Herzen»  dort  fühlte  ich 

heimisch,    hier   erscheint  mir  alles    fremd ^    besonders 

nt  Gmos  todt  ist,     Zwfir  wird  die  Nationalzeitung  fortbe- 

i^n  durch   eine  AJitiengesellschaft,   aber   ich  habe  keine 

»mie  daran.     Der  Bedientengeist  wird  wieder  riesengross, 

die  K^ii•ig^^gnfHhr  vorbei  ist  und  das  deutsche  Natiimal- 

ild  i4*t  nichts.    Uhne  Krieg  ist  keine  Hoffnung  für  einen 

niigen    Zustand.      Alles    ist    Lakaien vvesen.      Ich    wurde 

wiwier  eine  Sekundarlehrstelle  annehmen,  wenn  ich 

w  ein  Bürgerrecht  Vvokommen  und    irgend  ein  (leschäft 

liWn  konnte.  w<^durcJi  ich  nach  und  nach  sicher  und  uu- 

bUngig    S5U    lebt*n   Aussicht    hätte*     Eine   Lehrstelle    (He- 

artir)  allein  wäre  doch  zu  unsicher  und  gering  besoldet.  — 

IJ.1    :.      j^i^j   TÄTieder  ständig  für  das  8taats!exikon  und 

es  würdt*  mir  niclit  schwer  halten,  eine  andere 

JEQ   gewinnen,    selbst    in    die   Deputiertenkamnier 

aen;   aber  es  gefällt  mir    hier    nicht,    alles    ist  mir 

und  ich  scliätze  jetzt  doppelt  den  Werth  der  freien 

IrJi    wussU^    es    voraus,    dass   es  so   kommen   werde ; 

t  auf  die  Kinder,    denen  ich  Heimat   und  Er- 

.xj.K  rvnuidig  bin,  bestimmte  mich  das  Opfer  zu  bringen. 

Meine  Frau   ist  schon   einige  Wochen  bei  Verwandten 
i  ^wetjcingen.   nahe  bei  Mannheim  und  Heidelbergs   um 
zn  erh'ilen;    da  wir  gutes  Wetter  liabitu   und   sie  sich 
Lust    bewegen    kann,    so    hoffe    ich    das    Beste.     Em- 
Sie   niich  vielmala  Ihrer  Frau  Gemalin,   Herrn  Re- 
Fetdcheriu  and  allen  B««könntcn.    Orüssen  Sie 
^         hnn  Radicjil»  den  ich  doch  noch  als 

ifliOH    ZU    si'heii    hoffe. 


^  3leB|ikr»hUtt  Note  ^4- 


62  Gustav  Tobler. 

bringen.  Übrigens  glaube  ich  als  Bürger  meinem  Wohnorte, 
dem  Kanton  und  vielleicht  der  Schweiz  in  mancher  Be- 
ziehung nützlich  sein  zu  können.  Gelänge  mir  nur  dies, 
so  wäre  mein  liebster  Wunsch  erfüllt.  Wissen  Sie,  verehrter 
Freund,  mir  in  irgend  einer  Weise  zur  Erreichung  desselben 
Bath  und  Beistand  zu  geben,  so  bin  ich  überzeugt,  dass  Sie 
es  thun  werden. 


(Ohne  Ort  und  Datum.) 

Eben  erhalte  ich  einen  Brief  von  Dr.  Girard  aus  Gren- 
chen;  eingeschlossen  Briefe  von  Pfr.  Stähli  zu  Lengnau, 
meinem  guten  alten  Freunde  und  Nachbarn;  dann  von 
Herrn  Albert  Kohler.  Hiemach  scheint  eine  Berufung  keine 
Schwierigkeiten' zu  haben.  Mein  Herz  klopft,  wenn  ich  an 
den  Jura,  an  Sie,  an  die  wackem  Seeländer  denke,  an  das 
nahe  Bern,  Biel,  Solothum  und  Aarau.  Ja,  ich  fühle  es, 
dort  ist  meine  Heimat;  allein  das  soll  sie  auch  werden  und 
dazu  gehört  ein  Bürgerrecht  Helfen  Sie  mir  dazu,  lieber 
Freund,  Sie  können  es  gewiss.  Dann  könnte  ich  vielleicht 
noch  mit  Lust  im  Leben  Ijiätig  sein  für  einen  freien  Staat. 
Hier  ist  es  gar  zu  öde. 

Von  meinem  Briefe   machen  Sie  nur  jeden  Gebrauch, 
der  Ihnen  geeignet  scheint 


Karlsruhe,  a  Oktober  184L 

Die  Leipziger  allgemeine  Zeitung  wird  wohl  auf  dem 
Postleist  gehalten?  In  dieser  Voraussetzung  schicke  ich 
Ihnen  die  No.  250  (Beilage)  nicht,  sondern  verweise  sie  blos 
auf  den  darin  enthaltenen  zweiten  kritischen  Brief  über 
List,  der  so  gut  gezeichnet  und  gewürdigt  ist  —  wenigstens 
nach  meiner  Ansicht,  —  dass  das  Bild  kaum  etwas  zu 
wünschen  übrig  lässt;  zum  Überfluss  wird  ihm  noch  eine 
dritte  Portion  versprochen.  —  Vor  einigen  Tagen  besuchte 
mich    Herr    Bürgermeister   Hirzel     von    Zürich*)    der    von 

*)  Konrad  Melchior  Hirzel  (1793 — ^843).    Allg.  d.  Biographie  XII,  494. 


KaH  MalbjTf  Bfi' 


J-  R-  Schucicier  in  Bcni   (l5j7»— 1U4I). 


ide?'|  Ich  mOchU^  sie  bonutaseM  uimI  rnelirere  Bürger 
n»i  00  Itmn;  ich  werde  iknim  bestiirmt.  Den  Betrag 
na  J»niny  d«^r  örooü'schLMi  BuclihandluDg  aufrechnen. 

Eine«    Anzahl  D«^puti*irte,    darunter    die    rrst-^^Ti  Männer 

r  Oppoüition  sind   im  Begriff,    ein»^  Actiengüsellschat't  zu 

Am,  ttm  die  Kationalzeitung  zu  tibernehmen.     Der  Vor- 

IbH  der  ''         'eben  Kinder  hat  mir  angeboten,  die  Füh- 

ttg  dvs  <  ie8.   wek'hos  für  d»:!n   ll-jährigen  Sohn  er- 

km  werden  soU^  zu  besorgen.    Icii  habe  geantwortet,  sie 

kliten   mir  die  Bedingungen   fnittheilen,   daun  werde   i<di 

Uta  Bcsobind    sagen«     Ich    suche  Zeit    zu    gewinnen,    um 

iflhen.   ob  sich   keine  Ctelegenheit  gibt^   in   die  Schweiz 

kamcuen.  Dies  wÄre  mir  weiiaua  am  Liebsten;  dort  fühle 

mich   hiMmisch    in   der  freien  Luft:   hier  ist  mir"«   ewig 

riibjr  unter  dem  Bedientenvolk.     Die  bescheidenste  Exi- 

Ü  m   der  Schweiz  wäre    mir   lieber  als   eine   äiisserlich 

ri5  hier.    Nur  niüsste  mir  die  Möglichkeit  gegelien 

etilen  Kindern   eine  Heimat  dort  zu  gründen,    ako 

[wrecht  zu  erwerben;  dann  an  einem  Orte  zu  wohnen^ 

ich  nelH*n  der  immer  unsichern  SekundarlehrsteHe  irgend 

hkit  begründen  köniite,  wovon  ich  später  mich  mit 

Familie    ernühren    könnte,     UnlangMt  hat    mich  Dr. 

im  Namen    des   Obribt   Köhler*)   angefragt,    ob    ich 

Sekundarlehratelle    in    Büren   annehmen    würde. 

III  ähnlicheui  Sinne   geantwortet.     Büren   ist  mir 

ah*    Hfrrzi^genbuchsee   und  ich   könnte   \nelleicht  ein 

I>ruckereige8chäft  mit  einem  Anzeig»4)latt  gründen; 

die  besta  und  wcddfeibte  Einrichtung  mit  Betrieb  (das 

Mnit    dem    Betrieb    für  ein    Jahr  würde   nicht   üljer 

n  Fr,  kommen)  stehen    mir  hier  die  besten  Notizen    zu 

Ich  könnte  di*^  nebpn  tl«*r  LehriJtelle   gut    besorgen 

lit  i«9  der  Leitung  des  Groos-schcn  Geschäftes,  80  uuö- 

t  und  blühend  es  auch  ißt»  vorziehen.   Meine  Frau  und 

gingen  herzlich  gern  in  die  Schweiz  zurück:  aber 

obn«   uichere  Stelhmg   darf   ich  sie  nicht   hin- 


heiden»    Um  Jiihrc  1841    bei  Jctini    er*«Jiic neuen 

i^ium   Amiiuuiti    vci^t;tridcn :    K  Öffnet    die  Au|*eu, 

^  Scbtt'cUcrvölk,  erkenne  deine  tögoerischeu  Miinche» 

Allu'il     Ktililrt    Vtui    Hii  ri'ii 


•riiiir*'ii.  l'Mri^'-ii-  iriuu*»^  iiL  hi^  Bü:-£:»-r  meinem  Wohnort«, 
(l-ii.  Kam  »1.  wzid  vi*-;JficbT  dt^r  StLireiz  iu  laaDcher  Be^ 
zi**iuniL^  ijülzIi'-'L  >*'iii  zu  kMiiii-ii.  VTrliiiige  mir  nur  diet, 
K'  wiir*-  !1i-:t.  :i*''»s:**:  Wuiisch  ••r*üi:T..  Wissen  Sie.  verehrter 
F'vu:i".i.  n-i:  i:.  ir:r*:id  -iiir*r  ATris-  /rar  Erreicbung  desselben 
Kati.  uik:  B*-i<*LUii".i  r:»  i:*-!'t':;,  >o  i-iu   ich  iilifrzengt.  dassSie 


<.':.!]•    «"♦n  und  Datum. 

Kn^'L  ••riiij:T':  ich  » ii!«-7i  Bri-l  v.-:i  l»r.  «-rirard  ans  Gwä- 
'  :j*-i  .  '■::.ii^^'  L\:t>t^*-::  Bri-i«.-  xou  I*rr.  SiiiLli  zn  Lenpnau, 
v.i-'ij'^iL  :r.::-':-  ii.'-T.  Fiv-iii-i-  :;:]■:  Xaolilianj:  dann  von 
ij'-v-:.  A/'— :t  K  i.j-r.  Hirn;:i':ii  m  !■•  i::T  r-iiiv  Berofung  keine 
*^- !.v"^r::ii-- :••  •-  z'i  hö'-::.  M- i:.  H- rz  kl'»}»fT.  wenn  ich  an 
•:;':.  .hin.,  ir.  ^■.-■.  M:  li-  T\-:*..K.r:;  r^— .  "ifiiidt-r  drnkr.  an  dai 
!:fc-i.  B»"-:..  Bi-;.  ^^  ';'.»Ti:iirL!  wiA  A:*r.'.-x  ,1a.  ich  fühle  rt, 
•;v:t  isT  ::•::,•  H-irr.iii:  a]]'i:.  'i:is  > -Ij  si«^  an  i-h  werden  und 
MciZV:  L'-*'?*^  •:•.  B';!i:-rr-.  }ji-  H-.  !:• ::  Si«/  mir  dazu,  lit^ber 
>  '-rv  j  "^!-  ii  •  ■  ri.  ^-  i:rw:>>.  l»a:;:i  kOnnU"  ich  \-ielleichfc 
:.  i- :.  V.  •  i^-.-:  '.iL  L-'-:.  ri.^iTij:  >-■:.  iiir  t-int^n  ireion  SwaL 
H  -•     r:    ■■-   :iu*   z-.;   ■'•■;•. 

'.'  :     :■■'••:.-   B-:-:-    ::..i-.*.^'.   >ie    :.".r    it-dt-n  Gebrauch. 


K;ir;-r;li-.  s.  «.»ktober  1^1. 

J ' .  •  j -I-  ;  z : ;: - r  r.  ^  j v:l-- - : : . »-  Z- - i : •;: . i:  wi rd  wohl  ani  dem 
P  -V'.-'  ::•■...•••-  I:.  ::---:•  V..y;i';»-tzi:Tig  i^chioke  ich 
J:  :.■■•  -  .'*'  2'"  B--..-..^-'  :.:■  !-T.  s-'^i-l'-rn  venveise  sie  Wo8 
-  :  :•  ■  '.-. :  •;•:.;-.':-:.•':.  /w- :t-v.  krni-L"ht>n  Brief  über 
L-'  •  •  -  ^-  •  ::-/,.;.:.:.-•  -::.i  ::»-\v';rdi4rt  ist  — wenigstens 
:.-■'':.  .■.••■.•  .^'-  ■•.  -  iii^-  -Ins  Bild  kaum  etwiis  zn 
■.■..:.-'.■■;.  -r^  .-.--';  z;:..  C?'--rihiss  wird  ihm  noch  **iu< 
*'-rr*-    ]'  ••  • '■;  '   '  :  ■  -  -  —  V..y  .-iT.ij^x^-n  Tagen  bestuh« 

::.;''     i:'- ':     i>    ■;:■;:.•;-?..:.•*    }Iirz'j     vlu    Zürich*     der    voi 


an 


tinettler  tii  B«m  f?83t— i«4f>. 


grosseren   Reise   2iii'ückkehrto.     Froh   war  ich,   einen 
TM^ri.  —  ach,   wenn  ich  unsere  Fja- 

L...   _       iiern  dagegen  betrachte,   ich  kann 

nicht  ertmg^^D  vor  Eckol !.  Herr  Hirzel  glaubt  aucl»  nicht, 

iW  Örnietjo  Kath  von  Zürich  nach  den  Schwamendinger 

T^n  instruieren  werde,    snndem  er  werde  vermuUiUch 

poii    Aui*w<^g    ersinnen.     Die    reformierte    Beiigiünsgefahr 

hf  freilich  nicht  %*iel  sauberer  aus,   als  ihre  iilt^re  katho- 

lS<!hwester,  aber  wenn  «^»in  Üntliier  das  andere  frisst  — 

nimix.     Ich   habe  unsere   demokratischen  Jesuiten   im 

btv  da«  ZwingU-Gk'spen«!  heraufliesciiworon  «u  haben. 

Ibrifit  RtlliPt-Constant  war  auch  hier,  ich  konnte  ihn 

nicht    xn    snhen    bekommtML  —   Wäre    ich    ni(*ht    ein 

»vt  ilm    Blatt<j»45    und    hier   angnbunden,    ich    käme   am 

.  nach  Basel  und  halte  Sie  sicher  ab.     Sie  hier  zu  sehen, 

•iffnutvg  i.st  zn  öchuru  als  das«  ich  es  wage,  anf  ihre 

ag    zu    Imuen;    ich    bin    gar    nicht    daran    gewöhnt, 

ne   HnSntmgen    verwirklicht   «u    sehen.     Können    und 

Den  Hi«»  ra  aber  thun.  liidjt^r  Freund,  ho  berf^it43n  Sie  mir 

lü  Stunden,    Von  Biusel  hieher  per  Dampf  brauchen 

9»  vollen  Tag;  wenn  ich  den  Tag  erfahre^  so  hole 

Am   Ijandungsort    Knielingen,  Vi  Htundon   von  hier^ 

Hrück    kommen  Sie   eV^enfalls   sehr   schnell:   in  einem 

Tag  von  hier  nach  Snassburg  mit  der  Post  und  von 

in  fttnf  Btnndon   nach  Basel  mit   <ler  Eisenbahn.     Bei 

w»»rtlen    Sie    das»    Heimweh    nicht    bekommen^   es  wird 

scbweij&eriseh  vorkommen  (Kanton  Solothum  ist  hier 

«»niirrV  —   In    den    Schweizerblatteru,    die    ich    haltte, 

Dw*  Vertheidigung    des  Berner  Zollgesetzes   sehr  gut 

"       -    -  _^),    aber  den  Vortrag    selbst  fand   ich  nir- 

/.  ist  an  die  F'^xperüMiktnouiission  zm-ückge- 

wonl4»ii  und  mii^s  also»  wenn  ich  nicht  irre,  wieder 

ru      Ist    denn    kein     Übereinkommen    mit    dieser 

.t»a    zu    treffen?     Auf  Bern    ist  man   freilich  eifer- 

r,  mli«  z.  B*  auf  Neuenbürg;  allein  geschickte  Unter- 

?ii,  »ur  Nüth  einige  Modifikationen  —  sollte  denn 

■■     '  Sr  seinV 

V-  is  M  Tagen  schrieb  ich  obige  Zeilen.  Seit- 

bat   mich   dan  Schickami  härter  getroffen,  als  je  zuvor. 


66 


Gustav    T  o  b  l 


:h  verbringe  dann 


^Tage, 


gugen  unstetes  Umherirren; 
wenn  freudlos,  doch  auch  sorglos  für  Weib  und  Kind  mid 
nicht  der  Gefahr  ausgesetzt^  trotz  der  redlichsten  Be- 
mtüiuiigefi  in  meineru  Wirkungskreise  als  Fremder  miss- 
handelt und  am  Ende  vertrieben  zu  werden* 

Dies  musste  ich  vorausschicken ,  lieber  Freund,  damit 
meine  Ansichten  in  Betreff  einer  Bewerbung  um  die  zweite 
Sekundarlehrerstelle  in  Büren  nichts  unklares  für  Sie  haben. 
Recht  gern  werde  ich  mich  dem  Lehrfache  in  Büren  widmen; 
gern  bescheide  ich  mich  mit  einem  Einkommen,  welches 
weit  geringer  ist  als  das,  was  ich  mir  hier  mit  leichter 
Mühe  erwerben  kann;  das  Leben  am  Jura,  unter  den  biedern^ 
freien  Männern  hat  in  meinen  Äugen  Vorzüge,  die  ich  weit 
hoher  anschlage.  Allein  ich  mochte  dann  auch  dem  Volke 
angehören,  unter  dem  ich  lebe  und  wirke;  ich  möchte 
Bürger  werden  im  Kanton  Bern.  So  viel  traue  ich  mii"  zu, 
dass  der  Kanton  und  die  Gemeinde,  die  mich  annälime, 
diesen  Beweis  von  Vertrauen  nie  bereuen  sollten.  Längere 
Studien,  praktischer  Venvaltungsdienst  imd  schrift8t4?llerische 
Thätigkeit  befähigen  mich,  der  Gemeinde  und  dem  Lande, 
welchem  ich  angehören  würde,  noch  in  anderer  Richtung 
als  im  Lehrfache  nützlich  zu  werden.  Und  an  Bemühungen 
hiezu  würde  ich  es  nicht  fehlen  lassen,  SoUt*^  nicht  die 
Gemeinde  Lengnau  V)  oder  eine  Dinen  näher  stehende  Ge- 
meinde, die  sich  meiner  von  früher  erinnerte^  veranlasst 
werden  können,  mir  ein  Bürgerrecht  zuzusichern  und  die 
Erlaubniss  vom  Regieningsrath  erwirken,  mir  solches  zu  er- 
r heilen?  Mir  scheint,  lieber  Freund,  Sie  könnten  dies  er- 
wirken? Wäre  es  Ihnen  nicht  möglich,  dann  stünden  die 
Auspizien  für  mich  sclileeht.  Im  günstigsten  Falle  aber 
w^irde  ich,  um  eine  Bmiifung  an  die  Stelle  in  Büren  zu 
motivieren,  folgende  Zeugnisse  in  beglaubigter  Abschrift 
einsenden : 

1)  Von  Biel  über  Unterricht  am   dortigen  Gymnasiimi. 

2  und  3)  Vom  Schulrath  zu  Aarau  über  die  Wahlfähig* 
keit  zu  Lehrstellen  an  mit  (leren  und  höheren  Lehranstalten 
mit  dem  besten  Prädikate,  in  Folge  abg*degter  Prüfung. 


•)  Bemücbes  Dorf  iu  der  Nähe  von  Greuchen. 


rKtfl  Afatkyt  ttriitre  aii  Dt.  J.  R   Hckndder  in  Bern   n837-'iH4^^      65 


wie  mir  Bero   Heb  ist.     Ftir  XJnangenehmes,   das 

dort   Iwstroffen.    hat   mich   die  Achmtig  und  Freund- 

r   MatiTH»r  int^lir   alss   gHUUg    entschädigt    und 

.......,.«   .itiier  Insütutioiipu  und  inner  Staateverwaltuiig. 

«ich  für  das  allgemtMiii;  Bt*sto  nach  Krjift*.»ii  aufrichtig 
ktf  bat  mir  üamer  wuhlguthan.  Ungünstigu  Umstände 
oicht  zn,  das8  uiehrjährigt»  Beiniilmiigen,  in  der 
iiHE  ^im?  üichert*  Exi^tixiz,  eint*  rinut*  Heimat  zu  gründen, 
d1|;  haU(*tL  leb  kohrte  zarück  in  niL*in  Vaterhind,  weil 
mir  Pflicht  sciiif^n,  meint«r  (tattin,  die  treu  alles  Be- 
rerliih**  inner  unsichen>n  Lage  mit  mir  getheilt  und 
vm  Kindern  oin«  Heimat,  den  letztem  eine  gute  Er- 
zn  geben,  für  mich  selbst  verzichtete  ich  auf  jede 
Inende  au>sser  der  Familie,  denn  ieh  w^usste,  dass  mir 
ligüD  Verhältni«se,  luigeachtet  besseren  und  leichteren 
kooiniettiii,  nicht  zusagen  würden. 

Koch    iKt    kidn    Jahr  verOossen,    seit    ich    die    Schweiz 

und  schon   ist  seit  Monaten  der  Freund,   welcher 

lehst  zur  Bftckkcdir  veranlasKte,  Buchhändler  (rroos, 

fÜH  Blut«)    ib^  Lebens  und   der  Kraft  gestorben.     Zwei 

[imler^  unsere  Freude  und  Hoffnung,   hat  die  Vater- 

gennmmen:  so  hatte  ich  es  nicht  gemeint,  als  ich 

nir«*twtllen    Äurftckkehrte,     ihnen    eine    Heimat    geben 

iW.    unter  die?jen   Umständ*Mi   ist  meine  Sehnsucht  nach 

äeJiweiz  mit  linppelter  Stärke  erwacht.    Ich  hatte  wäh- 

mriner  publizistisclien  Thätigkeit  oft  g<>nng  Irelegen- 

ine  Anhänglichkeit  an  das  schöne,    freie  Land   zu 

en^    indem    ich    seine    gute,    gerechte  Sache   gegen 

Eidnngi^n  und  Angriffe  vertheidigte.    Auf  iler  andern 

f^rhtelt  ich  manchen   erfreulichen  Beweis,    dass   auch 

tlnrtigen   Freunde    in    Bern,    Aargau   und   Solüthum 

nicht  vergitj*sien,  so  in  lern  uiir  ihre  wohl\vulh»!iden  ^^e- 

lagrfi  bt^w^ahreti, 

fierofi    werde    ich    daher    eine    (Telegenheit    benutzen, 
der  Schweiz   cnrQckjtnkehren.     Allein   dann  geschieht 
I  um  ilort  zu   bleiben.     Ich  will    in    dem  Lande    meiner 
in  dam  Vet^rlande  meiner  Wahl    kein   Fremder 
'■- hi*r    Burgtor    werden,      treht    dies 
vo  irh    bin,    geschützt  wenigstens 

L  Q9»ih.  4&rt4  AlUrlum.    Vi.  1  S 


68 


GufitKV  Tobt» 


Karlsruhe,  24.  Oktober  1841. 

Mitten  in  die  Tagsatziiiig  hinöiii  miiiss  ich  Ihnen 
paar  Zeilen  seodeii,  iim  Ihnen  für  Iliren  letzten  Brief  v 
l\K  zu  danken,  der  sich  mit  dem  meinigen  gekremit  hat 
In  der  Natinnalzeitiing  vom  22.  und  23.  stehen  Artikel  über 
die  Berner  Waiden  und  Antleres  aus  Bern:  ich  weiss  nicht, 
ob  ich  alles  richtig  getroffen  habe,  allein  gut  gemeint  ist 
alles.  Nun  wollte  ich  Sie  bitten,  mir  über  wichtigere  Be- 
schlüsse der  Tagsatzuug  knrze  Notizen  zukommen  zu  lassen« 
damit  ich  sie  schleunigst  zureeht  mache  und  den  übrigen 
Zeitungen  um  ein,  zwei  bis  drei  Tage  zuvorkomme,  wie  es 
mir  bei  der  letzten  Versammlung  ihirch  Dire  gütige  Ver- 
mittlung möglich  wurde.  8ir  Baumgartner  hat  also  seine 
St  Galler  noch  einmal  übertölpelt;  er  muss  doch  ein  grund- 
schlechter Charakter  sein.  Der  Zerstörer  von  Pfäffers  will 
der  Renovator  von  Mtiri  werden!  Glanis  und  Schalfhausen 
liaben  gut  instruirt;  dns  Gutachten  des  Schnltheissen 
Neuhaus  hat  "Wunder  gewirkt!  Will-s  Gott  geht's  auch  mit 
Wallis  und  Grauliünden  gut;  dann  ist  die  Ehre  der  Schwel« 
gerettet!  Eine  Mehrheit  für  die  Klöster  gibt's  nicht  und 
rufen  die  ^Ländler**  zu  den  Waffen,  so  wird  auch  für  Ein- 
siedebij  Engelberg  und  Freiburg  das  Stündlein  schlagen! 
Träume  wohl  nur  —  aber  schöue.  Es  interessirt  Sie  viel- 
leicht zu  wissen,  dass  die  grosse  Mehrzahl  der  deutschen 
Zeitungen  entschieden  für  Aargau,  gegen  die  Kloster 
sind,  die  bayerischen  PfLiffeTildätter  imd  die  der  Reaktion 
verkauften  (Oberdeutsche/  ausgenommen.  Entschieden  gegen 
die  Klöster  sind  z.  B.  die  Seeblätter  (Constanz),  die  Frei- 
burger Zeitung,  die  Nationalzeitung,  der  Schwäbische  Mer- 
kur und  die  Stuttgarter  allgemeiue  Zeitung,  das  Frankfurter 
Journal^  die  Mainzer  Zeitung^  die  Kölner  Zeitung,  die  Leip- 
ziger allgemeine  Zeitung  (welche  gute  Schweizer  Korrespon- 
denzen hat  und  scharf  gegen  die  Pfaffen  schreibt), 
Hamburger  Neue  Zeitung  und  eine  Reihe  afiderer; 
drucken  auch  meist  meine  Ai'tikel  al). 

Ich   lun  nun  sehr  begierig,   Ihre  Meinung  hinsichtlich 
eines  Bürgerrechts  zu  hören.     Sie  können  unmöglich  miss- 
billigen, dass  ich  meine  Rückkehr  nach  Bern  daran  knüpfe. 


on- 

I 

ich" 


KaiI  Jlithp  Briefe  an  Dr,  J,  R.  Schneider  in  Bern   (1857  —  1^43).    6q 

gfim  ich  in  Büren   für  die  Schale  das  Muglichgte  thun 

fonst  thätig  sein  woUt<?  zum  Nutzen  der  Stadt  und  des 

ntoiu  —  alü  Fremder  kann  und  darf  ich's  nicht.  Wollen 

lir  die  Zn«jchening  eines  Bürgerri-»cht8  gegen  billigen 

iQswirken,  so  melde  ich  mich  dann  8ogleich  in  Büren, 

m^iu^    bieisigcm   Verbindiingon    ab    und   komme   recht 

zn  Ihnen,    um  dort  zu   leben  und  zu  wirken»    so  lang 

l^be.     Die  Bürener  haben  ja  gut  gewählt  und  8k  sind 

Kann  ihre»  Vertrauens.   Dies  freut  mich  sehr;  es  zeigt, 

dii«  Lcnite  wi«^*i*n,  wen  sie  an   Ihnen  haben. 

Meine  Frau  und  ich  empfehlen  uns  Ilirer  Frau  Gemalin. 

ii4^n  Sil*  dit^  Fr«*unih»  und  Bekannten.  Meinen  Lieblings- 

in  die  Schweiz  zurückjsukehren,  gebe  ich  auch  dann 

-un    er  eich   dienmal  nicht    verwirklichen   läast 

1'*   8teU  auch   bi^r  f<irti*sihroij,    ibr**    t^Ue  Sache 

ntlirh  zu  verfechten« 

kt  öS  denn  wahr,  da^is*  der  UegierungHrath  ein  Projekt 
wHI,   woiiacb  Nit^tnand  Htaatsbürgi^r  werden  kann, 
7 — 10  Jahre  im  Kanton  ansässig  und  nicht  oCKlH)  \j, 
f»n  hat?     Warum   wollen  sich   die  Gesetzgeber   die 
l?     ^Hzi  können  Sie   ja  nach  Belif^bon    geben 
(»n.     In  dem  Punkt  ist  man   hii.T  liberaler. 


Karlsniho.  10.  Noveudjer  1841, 

(>H«iittii  habe  ich  die  Meldung  für  die  Stelle  in  Büren 

'    '    _rt,   an   Sie   adressiert,   auf   die  Post  ge- 

'U  dies  heutt*  noch  besonders  an,  damit 

^  wwfiu  <)iwii  ilt*r  Brief  nicht  atigekommen  wäre,  mir  den 

liii  nffen    halten   und  mich    davon   in  Kenntniss  setzen 

Uten,  Ich  liJiif^^die  Meldung  unmittelbar  nach  Büren  gehen 

■ö  und  Sie  uiebt  nuch  besonders  <lamit  behelligt.»  wenn 

in  Folg«  mnincir  Wahnungsverilnderung  meine  Papiere 

^'      ~ '        :        -n,  ßo  daasi  ich  die  gedruckte  Aus- 

i^^^t^  •  ke   nicht   zur  Hand    liatte,    worauf 

•ie  an  gegellt»  n   i>t, 

des  Bür  ri?s   vertraue  ich  ÄUversicht- 

r»-.Ht»Hi  )i*'i.    Äusserungen    und    B**- 


70 


Gustav    Toblcr. 


mühtiugen.  so  wie  nach  andern  Versicherungen,  die  mir 
Pfr,  StÄhli  in  Lengnau'),  von  Solothnm  und  Aarau  zng^ 
kommen  sind,  dass  ich  meinen  Zweck  erreichen  we^ 
Wenn  ich  die  Stelle  in  Büren  erhalte,  will  ich  ungesäu 
das  Ansuchen  an  die  Central poIizei-Direktion  stellen.  Wann 
wird  denn  der  beschränkende  Entwurf  dem  Grossen  Rath 
vorgelegt  werden?  Hoffentlich  nicht  eher,  als  es  mir  mög- 
lich sein  wird,  die  Erlaubniss  zur  Nachsuchung  eines  Bür- 
gerrechts zu  erlangen.  Ich  glaube  damit  warten  zu  solleni 
bis  ich  die  Stelle  erhalten  habe,  weil  ich  erst  dann  ei: 
rechkm  Grund  dazu  habe;  auch  vertraue  ich  mit  Ihn^ 
dass  das  Projekt  im  Grossen  Eathe  durchfallen  wird^  denn 
efl  iflt  ein  Rückschritt  und  zwar  ein  unnützer,  da  sich  die 
Gesetzgeber  dadurch  nur  die  Hände  binden.  Lieb  wäre  es 
mir,  wetin  die  Entscheidung  über  die  Besetzung  der  Stelle 
bald  erfolgte,  weil  ich  erst  dann,  wenn  ich  sie  erhalte, 
meine  hiesigen  Verlundlichkeiten  absagen  darf,  um  nicht 
am  Ende  zmschen  zwei  Stühlen  zu  sitzen. 

Wenn  ich  zu  Ihnen  komme,  bei  Ihnen  thätig  sein  kann, 
alsdann  lebe  ich  wohl  auch  wieder  auf;  jetzt  bin  ich  von 
dem  Verluste  meiner  Kinder  noch  hart  niedergeschlagen 
und  seit  wir  unsem  einzigen  Sohn  wieder  um  uns  liaben, 
ist  tb'f  Schmerz  um  die  andern  frisch  erwacht  und  aufge- 
rissen; meiner  Frau  geht  es  ebenso. 

Kortüm')  hat  neulich  l>ei  dem  Abschiedsach  maus  eines 
Advokaten  in  Heidelberg  einen  famosen  Toast  auf  Welker 
ausgebracht  und  zum  Schrecken  aller  Hofräthe  und  Pro- 
fessoren weidlich  gegen  die  Reaktion  losgezogen.  Es  könnte 
ihm  auch  blülipu,  dass  er  pensioniert  würde. 

Von  Bas»d  ist  noch  immer  nichts  eingetroffen;  ich  kann 
mir  nicht  denken,  wo  es  fehlt 


*)  Gottliel)  Rmiülf  Stähli,  Pfarrer  in  LcDgnau  von   1835 — 1847, 
*)  Joh.    Friedr     Christoph     Kortüm    (1788—1854).      Von     ißjj 
Professor  der  Geschichte  nn  der  Universität  Bern.     VgK  E.  MiiUcr,  Die  Hoch- 
schule Bern   1834^1884,  S.  4*)  und  Allg.  d.  Biograpliic  XVI,  730. 


Karl  Miüiys  Briefe  an  Dr.  J.  R,  Schneider  iu  Bern   (1837 — 1842).     71 


Karlsruhej   15,  November  1H41. 

>eben  frhaite    ich   Ifireii    Brief   vom    13.  tiTitl  14,^    der 

äusserst   werth   und  lieb   ist,   —  niolit  darum,   weil   er 

die  glückliche  Ankunft  meiner  Meldiuig  fiir  Büren,  die 

Aussicht,  den  Jura  i^aeder  zu  sehen,  berichtet.     Nein!    Die 

le  eines  zweiten  Sekundarlehrers  in  Bür^n  und  die  An- 

Schaft  auf  ein  Bürgerrecht  in  Madretsch.  mir  immerhin 

kfH*tbar,    als  Bedingungen    in    der   Schweiz  zu   bleiben,    wo 

'ich  Allein  noch  loben    mag  und  karm,  sinrl  doch   nicht  von 

Ider  Art,  dass  mich  eine  Wal  hing  befiele,  wie  die,  welche 
Seh  jetzt  empfinde  und  die  niick  antreibt.  Ihnen  sogleich 
pine  Erwidenmg  zu  senden. 
I  Sie  haben  mir  einen  Beweis  von  Vettrauen  gegeben, 
«er  mich  stolz  macht;  ich  %'erdiene  Ihr  Vertrauen,  wie  Sie 
meine  Hochachtang,  die  ich  in  diesem  Grade  jetÄt  vor 
keinem  andern  Manne  habe.  Aber  eben  dämm  mochte  ich 
mir  die  Gabe  der  Überredung  wünschen,  die  nöthig  wäre, 
um  meine  tiefe  Überzeugung  von  der  Nothwendigkeit  für 
Sie,  eine  Wahl  als  Nachfolger  des  Herrn  Nfeuhau^)  anzu- 
nehmen, auf  Sie  zu  übertragen.  Ich  bitte  und  beschwöre 
Sie,  um  Ihrer  und  Ihres  Vaterlandes,  um  iles  Kaiit.<r)ns  und 
der  Schweiz,  um  rler  Sache  der  Geistes-  und  politischen 
Frt»iheit  überhaupt  wnllen>  s<'hlagen  Si«?  die  Wahl  nicht 
aiiÄ,  wenn  dieselbe  auf  Sie  fallt,  Sie  früilen  in  sich  selbst 
die  Kraft  und  Fähigkeit  dazu.  Was  steht  also  entgegen? 
H&astJche  und  Vermögensverhältnisse.  Aber  wie  viel  mag 
I  wohl  Herr  Nieuhaus)  für  Repräsentation  aufgewendet  haben? 
I  Schwerlich  mehr  als  die  201XJ  Fr.^  um  welche,  wenn  ich 
[mich  n^ht  erinnere,  die  Besoldung  eines  Schultheissen  höher 
steht,  als  die  eines  Regierongsrathes,  Auch  müsste  ich 
mich  öehr  irren,  wenn  nicht  Ilire  edle  Gattin,  deren  Stolz 
Sie  sind,  sich  über  Ihre  Annahme  s*^hr  freuen,  über  eine 
t Ablehnung  betrüben  würde.  Und  sollte  sie  im  Nothfalle 
aichts  über  ihren  Vater  vennögen?  Sie  haben  Diren  ärzt- 
Schen  Berui,  Ihr  Privatleben  aufgegeben  und  sind  ein  Mann 
[des  Staates,  aber  auch  ein  Staatsmann  geworden,  Sie  haben 
die  vielen  Unannehmlichkeiten,  für  die  rastlose  Thäti| 
Bit  auch  schönte  Erffilge  errungen  durch  immer  »ieigeud 


*  Ol- . ^r. 


V«Ttram*n,  tlurch  H-cI.-c'l.^zz-vlz  v^r-J  Liebe  von  Seiten  dea 
Volkos,  iluR'h  ihis  BrT* ■>>:>-::..  >  ■  iiianches  Gute  und  Xütt- 
licho  für  «las  al-gr::!-!:.^-  W  >/i  g-fönlert  zu  haben.  Und 
jetzt  wullton  Sie  a:;:  1ia.  • :::  Wv;ire  stehen  bleiben?  Nein, 
da-^  ^f'ht  nii'ht.  .la>  >-.^'."-  :.:■:.:  >'Aii.  Es  handelt  sich  um  i 
Kill  Jahr,  nlu^r  um  -i:.  wi.!.::i:r-  :'r;r  «He  Schweiz,  ein  Jahr,, 
wrlilit's  Ihr.Mi  Xa:i;v!.  ::.::  ■:•-:::  >.s  H-rm  X  euhausWn  ehren- 
volli  r  HrwälnniUi:  a*.;:  vi'.-  ::.":..i:-- reiche  Seite  in  die  Ge- 
srhichtt^  »Irr  Ki.li:.:..>><v:>.  :.:•.::  -  ::.Tragn-n  wird.  SchlagenSie 
nicht  au>.  lirl<or  K:v::.  i.  -.v.-:>-.:.  Si-  den  Euf.  der  an  Sil 
iMgflu,   nicht   znrürk. 

Ii'h  tüldo  Wohl,  «lao  >:-    ::.v-r.'r!.  Bitten  nicht  viel  6e- 
wii'hr  ImmIi'^t^'U  wi-rd^*'..:  ivh  ■  ::.  ri:.  Fr-nnler,  ich  sehne  mich 
nach    ilcr    Schwi-iz.    Si-  ii'.;;:;:  ..-:.    vi-'/ieioht,    ich    hoffe  eine 
«iuiiNt    von»    Srhultiui»- ::   :".;   -r'-a:. *:-:;.     Nun   -  .   ich  habe 
in    nii'inoni   L»l»in    u::l     ii-  ti;:.>:    d-r  Mächtigen   nicht  g^ 
huhlt  unil  »'S  li.-l.rv  :::::    ;. :.  r:.:-r.lr;cktt^u  gehalten:  allein, 
um   seihst    «h'n  SiIuittct:   vi:.--  Vrrdacht^'S   der  Art   zu  ver- 
nn-id.-n.   v.r^int.^h.-   i.h    I..:.-.-..    :.ii  hi    nur  mit  ktnner  Bitte 
liin»Mi   lä-tiV    '/r\    laiiv'...    -•:.:•::.    -  il-sr   •-iiin*   Begünstigung^ 
dii»  mir  wähivi.il    d- «*  .i.!:.:-'*    v-v   Ii.:.t'!i   angeboten  worden 
k«»iint»'.    nicht    a:./"^.::::..  ...      l  »Lij:- iT- :.   :nach^*    ich  inich  an- 
lnM>rhig.  «li"  Sri:  .m"\.    ii-    ^i«  :■.  ir-ixe:.  Si-  erheben   könnten, 
in   <hr  «hMir-(.li.'-:.   :■  .:\/.-*i-v ':.•  :.   ■;:..i   .-'.iijjliM-heu  Pross«^  nach 
Kriift»-n   zu  h^-k.i:  i|.:.-ii   •;\-i   Im*  w;:h:'»->  Verdienst   ins  rechte 
LiciiT    zu    <T. '■;.•:..     X-liip...'.    S-;.'     :.'\v    das    Amt    an.    lieber 
Kn-nn-i.   wen'-   'ii"   \V-::1  x\i  Si.-  üiÜt.     Sit-  haben  A  g**sagt 
im  STjiar-|.-l..-:i   ■;'.■!   >:'.-   ::.■;— -ii   ;i';c':.   H  saiicn. ' 

M«Mii»:i  Mri--:  v.;..  Im.  \v-r.i.:i  Si.-  erhalten  und  daraus 
•  rs.jpii  liai..-!,.  \\;:-  j.  li  in  B»i:.tT  -irr  Bürger  rech  tssache 
tlmn  zu  mii--"'  L'la'i'f.»-.  Si.l.al-l  i«  h  ilit-  Stelh^  erlvahe. 
thuf  ii'h  i\ru  •'!-:-:.  S-hi-irT.  Machen  Sie  nur.  dass  das 
Ppijt'kt  vt-rwir:.-!:  v.iii.  Hi'^r  w-rd«-  ich  Vorwürfe  genug 
bi'krniim«-n.  v..firj  .--  i^»-ka:i::t  wird.  das<  ich  weggehe.  Aber 
irli  will  'h:.  \s*-\'".:i  ;ii-:.i:ia!i'l.r-etz*'n.  warum  ich  liebet 
Schidnu'i.st.«  r  iij  i«  .'■  >'hv.  »iz.  aU  Journalist  oder  Hofrath 
(Af'V  sori.-t    f\:.    Lakaie   hi»r  S'iit   will. 

V  I).«- V  Ji  .:'K'  •■:.•--;.  :.' .  ..:i,  v^.  N'"-Mi."ier  .iiirTscharncr  <  I  fiSSiininiCT 
Auf  Si  In, «•.«!*  I    I  ijMi»  .' :i    /f    "^'.fi.rr.«  :■. 


KatI  ÜAllijr»  Sriefe  nn  X>r.  J.  R.  Seluiciflcr  in  Bern   41^57—1^42),     JJ 


Karkruho,  2»  Dezember  1841. 


Ami  nirem  freuntlBchaftlicliou  Schreilipu  vom  24.  hahe 
erfielieti.  das«  dte  Angi^U^genhoit  von  Büren  nocl»  iiicht 
n  tj*t.  Don  iiii  Zonie  auf  irrige  Naelirichtoü  g**- 
iU  Brief  habe  irii  iiicht  «>rha1ten  und  oh  ist  dein- 
>iil  mOglicIi,  (]a$ä  Sir  dMmaellmn  r*ine  tm<lere  Atlressa 
Jirn  hüben.  Gewiss,  lieber  Freund.  Ihre  warme  Theil- 
Ihrt*  B**mi\hu!ig»Mi  um  mirh  ihnn  niir  wohl,  ich 
^Ihnim  dafür  8ti>t8  dnnkbnr  sein,  nui^  die  Suche  ans- 
^  Wi»  iri©  will»  Ich  bin  den  Büreneni  nicht  gram^ 
"fliti  einen  Andern  vorj*chhigen;  en  kommt  darauf  an, 
ikh  ji'miind  geuifhlet  Imt,  der  ihnen  näher  st-eht  und 
dem  dt^  Gutes  für  ihre  Schule  zu  erwarten  haben, 
tmn«!  jr.h  mir  zn^  der  Stadt  und  dem  Kant<:)ii  arn^h 
'  Jb  der  Schule  nützlich  zu  werden,  aber  das 
i^iijrener  nicht  im  Verauö  wissen  und  lirauchen 
uiclii  sm  gtaaben.  WiMin  nur  bald  (Tewissheit  zu 
ii  tJrt^  Ami  ij*t  alles*  was  ich  wünsche.  Hier  kaTin  ich 
|Aner  —  jetast  klein  gewordenen  —  Faniilie  mein  gutea 
leu  finden,  wt^nn  i(*li  auch  die  Zeitung  aufgebe, 
hh  vvrmnthlich  dieser  Tage  thun  werdei  da  die  krebs- 
figjwi  "*'  -'  '-  M  die<)t'S  GeHchäit  immer  eckelhaft<»r 
MtL   Z  i    ieh   biü  Frühjahr  iloch  in  die  Schweiz 

iukI  meinen  Lieblingirwunsch  erfüllen,  da  mir  von 
-   die  Stelle   an  einer    im  Bucheggberg   zu  er- 
-.    -T  kundarsclmh>   unter  sehr   guten    Bedingungen 
ttuentgeliliches    Bürgerrecht     Angeboten    ist      Die 
Anfrage  m  beaniwonen.  warte  ich  nur  auf  Ent- 
gegen   Büren.      Ich    bitt«-    Sie    übrigens,    ]ii»ber 
von  dn?«er  Mittheilung  keinen  Gebrauch  zu  machen, 
|H«rr  MoUet,  der  mir  atL<t  Auftrag  des  Herrn  Hunzinger 
?t,    in   ein«*f  Verbreitung   der    vi*rtraulichen  Eroff- 
u  M^]:<;^braQch   «le«  Vertrauens  «eben  könnte.     Ich 
ble  Ab»*r  Ihnen  mr  Benihigung   für  ein  etwaiges  Miss- 
in  Hümii    die  Soclie    mittheihm    zu   müssen,    da  Si« 
»••n  Anthtul    an  mir  nehmen    und    sich  so    sehr  V>i> 
lu    der   Schweiz   allein    kann    ich    noch   mit   Lust 


74  Gastav  Tobler. 

thätig  sein  und  leben.  Das  weiss  ich  ganz  gewiss  und 
darum  will  und  muss  ich  früher  oder  später  in  die  Schweif. 

Die  letzten  Tage  haben  viel  Gates  gebracht  für  die 
Sache  der  Kultur  in  der  Schweiz.  Oenf,  Wallis,  Solothum, 
vielleicht  auch  Graubünden  schreiten  vorwärts.  Wenn  nur 
Basel  dem  Beispiele  von  Grenf  folgen  wollte! 

Der  Grosse  Rath  hat,  so  weit  meine  Nachrichten  gehen, 
das  Projekt  wegen  des  Bürgerrechts  noch  nicht  behandelt.  Ich 
bin  gespannt  auf  den  Erfolg  und  dieser  wird  auch  für  mein 
Verhalten  einiges  Gewicht  haben. 

Die  2k»llverhandlungen  habe  ich  endlich  von  Basel  er« 
halten,  aber  noch  nicht  Zeit  gehabt,  sie  zu  lesen. 


Poststempel:  16.  Dezember  1841.      i 

Ilir  freundschaftliches  Schreiben  vom  7.  war  kurz  aber  ^ 
inhaltroich.  Ich  muss  sagen,  der  Beschluss  der  Bürener 
gefijenüber  einem  einheimischen,  wohlunterstützten  Kompe- 
tenten gilt  mir  als  erfreuliches  Zeichen  eines  Vertrauen«, 
das  die  nothwendige  Bedingung  nützlicher  Wirksamkeit 
ist. ' )  Möchte  ich  dazu  beitragen  können,  die  Parteien  dort 
in  allen  vaterländisc.hen  Dingen  zu  vereinigen.  Von  hier 
aus  sioht  mau  erst  recht  klar,  wie  nothwendig  die  Einheit 
ist  für  eine  gute  Zukunft  der  Schweiz,  besonders  für  den 
Kanton  Bern,  jetzt  der  starke  Träger  der  Kultur  und  Frei- 
heitsinteressen dort.  Wie  geringfügig  im  Vergleich  mit  den 
Fonleniiigen  für  das  allgemeine  Wohl  sind  die  Gegenstände, 
um  welche  Parteien  sich  zanken.  Es  sollte  deren  nur  zwei 
geben  in  der  Schweiz  und  nur  eine  im  Kanton  Bern. 

Aus  dvm  Verfassungsfreund  ersehe  ich,  dass  das Nationali- 
sationsprojekt  bis  Hornung  verschoben  worden  ist.  So  haben 
wir  also  noch  den  ,Jaiiuar  vor  uns,  um  die  Bürgerrechta- 
Angelegenheit  zu  betreiben.  In  der  Hoffnung,  dass  es  damit 
gut  gehen  werde,  will  ich  gern  dem  Rufe  folgen,  wenn  anders 
das  Erziehuiigs-D«»partement  den  Beschluss  des  Einwohner- 

')  Am  9.  Dezember  hatte  die  Wahl  Mathys  in  Büren  stattgefunden. 


P       KäH  Matbys  Briefe  ad  Dr.  J.  R,  Schocidcr  in  Bern   (1837—1842).    75 

^Bies  von  Büren  sanktioniert.*)    Zwar   Juibe  ich  das  Fortbe- 

Hben  der  Nationalzeitung  angeküutligt ;  allein  —  gibt  mir 

fler  Himmel  und  das  Bemer  Erzieliungsdopartement  Gelegen- 

Keit.    die   Alpen  wiederzuselit»n    vom  Fnsse    des    Jura    ans^ 

dann    mag    redigieren,   wer   da   wÜL     Dann    Lebewohl    der 

Ceusur  nnd  ihren  Freuden,  Lebewohl  den  hiesigen  Liberalen, 

die*  mir   zum   Eckel  sind  uch  will  Ibnen   Krfahningen  mit^ 

ilen,    die    ich    mit   dem   Gesindel    gemacht   habe),    dann 

t  mich  die  erste  Friihlingssonne  zu  Ihnen. 

Die  Klosterschriften   habe   ich   erhalten;    sie   sind  hier 

Cirlmlatinn:    es  haben  sich   so  viele  Liehhaber  dazu  ge- 

i:4det,  das9  ich  sie  schwerlich  wiedersehen  werde.  —   Über 

Verwaltungßbericht  habe  ich  einstweilen  eine  Mittheilung 

Sehweizerboten  aufgenoinnien,  <lie  befriedigend  war  und 

kr  überrascht  hat;  es  ist  etwas  Gutes  um  die  Ziffern;  damit 

:tk»rlegt  man  am  sichersten  die  Verläumdungen  der  Pfaiffen- 

tind  Aristokrateuorgane  gegen  den  „radikalen  Despotismus'*. 

Idi  freue  mich  auf  den  Bericht. 

Venn  ich  den  Ruf  iitich  Büren  erhalte,  komme  ich 
^ennuthlich  schon  im  Januar  auf  einige  Tage  zu  Ihnen,  um 
vorläufige  Einrichtungen  zu  treffen.  Meine  Frau  wird  mit 
miserin  Knaben  im  Frühjahr  auf  einige  Zeit  nach  Konstanz 
m  ihrem  Bruder  gehen.*)  Sie  braucht  Zerstreuung  und 
ich  brauche  —  Schweizerluft,  Empfehlen  Sie  mich  Ihrer 
Pmn  Gemalin^  griissen  Sie  die  Freunde^  (besonders  auch 
Jonathan  Radical,  den  ich  mir  zum  Kollegen  wünsche!) 
I>en  Ti'ackpm  Männern  von  Büren  einstweilen  meinen  Dank 
tnv  ihr  Vertrauen*  Ich  werde  mich  bemühen,  es  zu  recht- 
en i^^^n. 


Karlsmhe,  2L  Dezember  1S4L 

Igt    die  Sache   entschieden!     Ich   komme  zu   Uitien 
bleibe   bei   Ihnen.     Das  war  ein    fatales  Jali,r,    mir   ein 
»erzeige  dass  ich  die  Schweiz  nicht  mehr  verlassen  soll. 


*J  Dies  geschah  am    13.  Dezctnber.    Missiven-PrulokoU   tler  Erziehungs* 

SUat4archiv. 
*)  Matbys  Schwager  war  der  Oberrevisor  Fraiii  Strohmeyer  iu  Konstanx. 


76  Gustav  Tobler. 

Mutter  und  Blinder  und  liebe  Freunde  hat  mir  der  Tod 
entrissen:  ich  habe  mehr  gelitten,  tausendmal  mehr  als  in 
den  härtesten  Zeiten  des  Exils.  W&re  nur  Wettmachten 
und  Neujahr  schon  vorbei.  An  diesen  Tagen  fühlen  wir 
den  Verlust  unserer  Kinder  doppelt  hart! 

Mit  Ihrem  werthen  Briefe  vom  16.  erhielt  ich  die  Za- 
schrift  der  Sekundarschuldirektion  Büren  und  beantwortete 
sie  heute   ebenfalls.     Dass   ich   übrigens  bis  5.  Januar  dort 
sein  soll,   ist  unmöglich;  aus  der  Fassung  des  Schreibens 
sehe  ich  auch,  dass  die  Herren  dies  selbst  einsehen.    Am 
Silvester    lege    ich    die    Redaktion    nieder;    dann   hört  die  1 
National-Zeitung   auf.     Die    Liberalen   werden   sanken,  be-  j 
sonders  die  Deputierten,  die  Anfang  Jänner  kommen;  aber 
es   geschieht  ihnen   recht.    Sie  verdienen  nicht,    dass  man 
sich  für   sie  plage.  —  Dann  muss  ich  in  Mannheim  meine 
Vermögensverhältnisse  ordnen;   ob   zwar  schon  nicht  viel,  - 
erfordert    es   doch  Zeit.     Endlich   muss  ich  auch  Arbeits  ; 
fertig  machen,  die  ich  übernommen  habe.     Wäre  das  Allee  ] 
nicht,  so  köimte  ich  doch  bei  dieser  Witterung  mit  Weib  nnd 
Kind  nicht  so  weit  reisen;  ich  bin  jetzt  ängstlicher  als  sonst  1 
Dann  muss  ich  mir  auch  ein  paar  Wochen  Erholimg  gönnen 
nach  einem  Jahr  ununterbrochener  Plage  und  ernchüttemder 
Schicksalsschläge.     Aus  dem  folgt,  dass  ich  erst  bis  Ostern 
komnion  kann;  später  wird  es  gewiss  nicht.  Man  hat  ja  bei 
solchen  Gelegenheiten    immer   drei    Monate  Zeit  zum  An- 
wie  zum  Austritt.     Inzwischen   lässt  sich  auch  die  Bürge^ 
rechts-Angelegenheit    fördern.      Ich    werde   ungesäumt   die 
nöthigen  Belege   sammeln   und  Ihnen  die  Eingabe  an  die 
Centralpolizeidirektion  in  den  ersten  Januartagen  einsenden. 

Nun  habe  ich  noch  etwas  auf  dem  Herzen,  wobei  ich 
Sie,  lieber  Freund,  um  Rath  und  Beistand  bitte.  Dieser  Zug 
kostet  viel  Geld.  Ich  muss  hier  meine  Wohnung  bis  Ende 
April  bezahlen,  die  kaum  gekauften  Möbel  mit  Schaden 
losschlagen,  die  Reise  bestreiten,  mich  in  Büren  wieder 
einrichten  und  drei  Monate  dort  leben,  ehe  ich  Gehalt  be. 
ziehe.  Es  wäre  billig,  wenn  man  mir  einen  Beitrag  zu  den 
Zugskosten  gebe,  die,  wenn  ich  alles  rechne,  mehr  als  eine 
halbjährliche  Besoldung  ausmachen.  Ich  habe  der  Sekundar- 
schuldirektion  nichts    davon    geschrieben,    weil  ich  glaube, 


Kut.r\  Malbys  Briefe  an  Dr.  J.  R.  Schneider  in  Bern   (1837—1842),     77 

ftss  81©  den  gedgBetei)  Weg  besser  kennen,  aiaf  welchem 
ich  etwas  in  dieser  Beziehxiiig  thiin  liesse.  Mit  einem  Bei- 
■Ige  zu  den  Zngskosten  rni  Behiafe  von  2< J  >  L.  wäre  ich 
Rlllkommen  znfried»^n  und  hoffe,  dass  Sie  das  nii^ht  iinhilHg 
(iDdeu  werden. 

Hnbler'i  scheint  sich  im  Amte  Nidan  sehr  für  mich 
1  üht  zu  haben;  ich  danke  ihm  dafiin  und  möchte  gern  die 
^M  der  Gemeinden  wissen,  an  die  ich  niich  vvenden  darf. 
Recht  brav,  dass  die  Viertel] ah rschrift  mit  ihrer  juristischen 
\>^ster  vereinigt,  wieder  ersteht.  Ich  meine,  der  Plan 
u  jjAnklang  finden,  da  das  Publikum  die  Garantie  von 
Miunern  hat  wie  Sie,  lieber  Fretind  und  Herr  OfberhR^ichter) 
forz,  die  tüchtige  Leistungen  verbürgen.*! 

Wenn  ich  den  Verwaltuugabericht  erhalte,  will  ich 
rersuchen^  ein  Resume  zu  geben.  Für  Arbeiten  über  Z*dl- 
)d  Handelswesen,  Industrie  u.  s.  w.  ist  die  Zeit  günstig. 
etEt  s{iricht  man  von  Dingen»  die  wir  schon  vor  Jahren 
iprochen  haben.  Wenn  Sie  es  für  angemessen  halten, 
mute  ich  wohl  im  Januar  auf  einige  Tage  komnien.  müsste 
ber  mneder  zurück. 


Karlarulie.  15.  Januar  1842. 

Endlich  kann  ich  Ihnen  mein  Gesuch  an  die  Central- 
Dlizeidirektion  ara  ErlaubniBs,  ein  Bürgerrecht  nachsuchen 
dürfen,  übersenden,  und  nicht  einmal  die  Beilagen  voll- 
iidig.  Sic  werden  aus  der  Eingabe  sehen,  dass  die,  Ver- 
JÖgenszeugniftse  fehlen:  allein  ich  wollte  nicht  länger 
en.  Zweimal  habe  ich  nach  Mannheim  geschrieben, 
■reibe  ich  zum  zweiten  Mal  nach  Konstanz ;  allein  es 
II  langsam.  Die  angegebene  Summe  kann  ich 
d#nfalls  nachweisen  und  sie  würde  sich  noch  etwas  höher 


%  Jfiluiilfi  Jälcf^b  Hublcr,  Amlsgericht&sthreiUer  in  NirLiti.  Er  war 
Zeit  Mtl^tied  d^  Keclakliaaskommtssion  der  „Jungen  Schweiz**  gewesen. 
•y  Gemctnt  ist  «Jie  „Schweixeriüche  Viertcl-JahrsÄchrifl",  die  im  Jahr 
unter  <Ier  RedAktion  von  Dr,  Schneider  und  Öbcrricbtcr  All>ert  Kun 
> — 1S64)    crvThifiii*     Sic    ging    mit    dem    zweiten    Jahrgang    wieder    ein. 


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Karl  Matliys  Bride  an  Dr  J.  R.  Schucider  in  Bern   (1837—1842)«     79 


mit  beratheB,  berecküen»  IjedenkeD,  überlegen^  bis  ich 
ndlieb  ktirzen  Prozeös  machen  und  ankiindigen  inusste, 
5e  Saclie  sei  aii^.  —  Seit  deni  lü  sind  die  Stände  wieder 
Msanjiuenj  und  die  Oppositinn  gewalirt  mit  Vordruss,  dass 
ie  hinsichtlich  der  Darstellung  der  Verhandlungen  ganz 
servilen  Regieningsorganen  preisgegeben  ist;  ihre 
tönen  Reden,  die  ihnen  so  sehr  um  Herzen  liegen,  ihr 
Mle^.  der  ganze  Inbegriff  ihres  Patriotismus  werden  — 
\i)<~],\  schrecklich  verhunzt  in's  Publikum  gebracht.  Nun 
Bii  sich  ilirer  z^'ölf  ztisainniengethan.  wollen  ein  Land- 
>latt  herausgehen  und  ich  soll  es,  so  lange  ich  noch 
bin,  redigieren.  Ich  erklärte  mich  bereit  nutet'  der 
agung,  dass  in  zwei  mal  24  Stunden  die  Sache  in's 
b©  gebracht  sei,  da  keine  Zeit  zu  verlieren  ist  Morgen 
liiiii  läuft  der  Termin  ab  und  fast  möchte  ich  wetten^  dass 
bts  daraus  wird.  Geiz  und  Ärger,  oder  Geld  und  Ehre 
egen  im  Kampfe  und  der  Geiz  wird  vermuthlich  siegen.  — 
ierr  Welker,  beinahe  der  einzige,  der  es  ehrlich  mit  der 
le  meint  nnd  seine  Person  hintansetzt^  ist  oft  bei  mir; 
drängt  mich,  für  sein  Staatslexikon  zu  arbeiten  nnd  das 
ist  jetzt  meine  Hauptbeschäftigung,  Er  b*'zahlt  mir  vier 
OXLIB  dVir  fiir  den  Dnickbogen;  V^  Bogen  schreibe  ich  des 
ganz  gemächlich  und  habe  so  viele  Artikel^  dass  ich 
chwerlich  bis  Ostern  fertig  werde,  —  Wenn  ich  zu  üinen 
komme,  will  ich  ihnen  eine  Idee  mittheilen,  die  kurz  darin 
öht:  ein  schweizerisches  republikanisches  Staatslexikon 
beranszugeben,  das  aber  höchstens  zwei  Bände  stark  werden 
idrfte. 

Morgen  gehe  vermuthlich  auf  ein  paar  Tage  nach 
Stuttgart,  wo  ich  mit  zwei  Bucbbatidhingen  Geschäftsver- 
bindungen anknüpfen  werde,  damit  ich  doch  in  Büren  etwas 
la  thun  habe !  ? 

Lieber  Freund!  Wenn  ich  an  Sie  schreibe,  vergesse  ich 

Jen  Kummer:   es  wird  mir  wohl   um-s  Herz  bei   dem  Ge- 

Jikeßf  Sie  wieder  zu  sehen  und  die  hiesigen  Livreen  aus 

fu  Angen   zu  haben,  —  Für    die  Vierteljahrschrift   werde 

mit  Vergnügen  arbeiten;   wenn  Sie  glauben,  dass  mein 

Pame   anter  den  Mitarbeitern   etwas   nützen   könne,    setzen 

Jie  ihn   nur  bei.     Den  Jahresbericht  habe   ich  noch   nicht 


So 


Guftuv    TobI 


erhalten.  Die  BearbeitiiDg  von  ^Polens  Verfall''  ist  sie 
ein  zeitgemässes  nützliches  Werk;  möchte  es  beher 
w«-*rden!  W»?nn  doch  alle  Schweizer  wüssten,  wie  gut 
eö  haben  im  Besitz  des  kostbaren  Gutes  dt?r  Freiheit,  wie 
viel  sie  zu  verlieren,  wie  sorgfältig  sie  daher  ihren  Schau 
All  hüten  haben !  Ich,  meines  Theils,  möchte  zehnmal  lieber 
bei  der  Vertheidigung  der  Freiheit  sterben,  als,  nachdem 
ich  sie  einmal  genossen,  ihren  VerUist  überleben»  Aber  so 
geht  es;  dort  achtet  man  nicht  das  Gut,  welches  man  hat; 
und  hier  weiss  man  es  nicht  zu  schätzen,  weil  man  es 
nicht  besasö. 

Nun  noch  eine  Bitte!  Mein  Freund,  Jok  Ph.  Becker 
zu  Bi<l  st^ht  im  Begriff,  gleich  mir,  ein  Bürgerrecht  im 
Kanton  Bern  ntichzusnchenJ  •  Könnten  Sie  ilim  dabei  be- 
hilflich miu,  so  bitte  ich  Sie,  es  zu  thun.  Ich  kenne  keinen 
tüchtigeren  Mann;  an  ihm  wird  der  Kanton  einen  thätigen, 
kräftigen  und  hochherzigen  Bürger  gewinnen.  Nach  meiner 
Überzeugung  wiegen  alle  Deutsche,  die  seit  acht  Jahren 
Bürger  von  Bern  geworden,  diesen  Einen  nicht  auf. 


Karlsruhe,  30*  JanuÄT  1 

Hiebei  die  Vermögensausweise  von  Mannheim 
Konstanz;  ich  habe  sie  schon  seit  acht  Tagen,  wollt^e  aber 
doch  erst  einen  Brief  von  Ihnen  abwarten.  Ich  danke 
Ilinen  für  Ihr  fi'eundschafth'ches  Schreiben;  es  thut  mir 
jedesmal  w^ohl  wenn  ich  Ihre  Handschrift  sehe. 

Der  Kauf  brief  weist  mein  väterliches  Erbtheil  t  die  Huder» 
davon)  auf  legale  Weise  nach;  desgleichen  auch  meinen 
Antheil  an  der  Hinterlassensclialt  der  Mutter»  die  vor  bald 
einem    Jahrt^   in  Waldshut   starb.     Letzteres  mag  man  mir 


*)  Johann  Plvilipp  Becker  von  Frankenlh.il,  seit  1Ä38  i»  Bicl  als  Aotett- 
habcr  der  Firma  Schüler,  Becker  &  Cic.  Trotzdc^m  er  ein  Vermögen  von 
9600  Fr.  vorwies  nnd  der  Regtcraügsfitatthalter  von  Bicl  ihn  anempfahl  fü» 
,, recht schaATenen,  arbeitsamen  nnd  ordnuiigsliebendejn  Mann**  waixle  soll  Q^ 
such  um  Einbürgerung  vom  Regieruuysrate  am  Jl.  Mär/  1842  abgewiesen. 
ErÄi  im  Januar  1847  wurde  er  Bürger  vou  BieL  V|>;L  A,  Maag^  Jt»hitna 
FlvilLpp  Becker  von  Biel  und  die  dcutM:h*hclvctiüchc  Leg^tou  1K49,  m 
Zeitschrift  f,  Gesch.  u.  Altertumskutide  ÜI  iit|04^  285  flf. 


Hstl&Ti  Brtdv  m  Dfr  J»  IL  Sohndder  in  Bern  (1837— 1842).    81 


1  Wort  gl»nb«iti;  (Irtm  tuR'h  WaWshut  scliroibon,  Inventar 

[fi»rtig4)ii  liiasen^   wäre  mir  doch  zn  uriiständlieli.     Mein 

k^t  das  Vt^rnn'^rgen  moirier  Frau,  ebeoso,  wi<?  er 

t  bi'öclieinigt  hatt<.%  als  sie  zitm  Behuf u  ihrer 

imihuiig   dau  Bürgerrecht   in  Mannheim   erwarb.     Ich 

nocli  weitere  B  —  4O00  fl.  nachweisen,   wenn   ich  auf* 

if^  Lii89i.%  waa  ich  hier  besitze.  Da  aber  der  Gemeinderath 

däs»  di^s  vor  Notar»  Urkundspersonen  u.  s.  w.  geschehe 

UttieiS  etwa  drei  Louis  d*or  kosten  wllrde  an  Gebühren, 

vonlerli.-ind  bleiben  lassen,  in  der  Hoffming, 

in  Bern  mit  den  nachgewiesenen  TBÜJ  Fr. 

Wird  es  jedoch  verlangt,   so  kann  ich  es  jeden 

k  tbun  lassen. 

^'licht*  Kiugabe  itat  keine  Adresse,  keinen 
.       it  weiss,    üb  ich  sie  au  den  Regierungs- 
die  PoliÄeidirection  oder  an  wen  sonst  richten  soll* 
iUet  Sie,  daj4  Fehh^nde  zn  ergänzen. 

e   Bedenken   der  PolizeisektioUt    die    Sie*  mir   mitzu- 

ditt   Güte    hatten«    haben   mir  die  ,Iahre   183G    und 

id  djy*  Vorfahren  des   Herrn  Roschi   lebhaft    in*s  6e- 

«mlckgemfen    und    mich    lebhaft    in    der    Über- 

beRtärkl*  weU^f  grosser  Fehler  es  wäre,  wollte  ich 

aIm  al^s  Fremder  in  den  Kanton  Bern  gehen, 

ixuiichUich  der  fehlenden  Vermögensboscheinigung 
ich  aumlrücklich  bemerkt^  dass,  wenn  man  daran  An- 
lieb"        ^^^  Erlaubniss  zur  Nachsuchung  eines  Bürger- 

tuf  ick  der  Machwiiismng  ertheilt  werden  möchte. 

felgt   diese   nnd  sie  wird   genügen^    wenn   man  nicht 

will:  will    man  eiiikaniren,   so  kann  man  Alles 

\3  B««denken,  dass  ich  nicht  im  Kanton  bin*  ist  wirk- 

il^vgrandet     Icli  bin  ja   zum  -Lehrer   im  Kanton   er- 

rind    ^  ^  Regierung    bestätigte     Es   handelt   sich 

.r    V.  ...;ijii  und   ich  verlange  ja  dtis  Bürgerrecht 

Onmdet    um   im    Kanton   sicher    leben   und 

KilLfte  zum  Nutasen  de^i^elben  verwenden  zu  können, 

.    L    -  ir  die  Erlaubniss,  es  nachzusuchen*  w^as  ich 

Uiiin  wi'rth** 

;  I.  0«Kii.  uod  Attfnum,    VI,  I,  fi 


Gustav  Toblcr* 


Dass  micli  die  PöIuEeisection  als  revolutioiiÄren  Kopf 
sigiialisirt,  hat  mich  unendlich  behiatigt.  Was  waren  denn 
l  gestern  noch  diese  Herren  von  heute f  Wie  bezeichnet  man 
sü  bei  der  aristokratischen  Partei?  Cilauben  sie  etwa,  inim 
halle  sie  irgendwo  für  legitim?  Ich  kann  Sie  versichern» 
<tas8  in  den  hiesigen  and  wohl  auch  in  allen  deutschen  nnd 
weitaus  den  meisten  eiiropäi^chen  Regieningskreisen  Herr 
Neuhaue,  Herr  Tscharner  mit  der  ganzen  Beruer  Regienmg 
für  Erzradikale^  Demagogen,  Revolutionäre,  Jakobiner  n.  dgL 
gelten.  Ich  !ial>e  sie  ein  Jahr  laug  in  meinem  Blatte  naeh 
Kritften  vor  ganx  Deutschland  vertheidigt,  alles  (lute,  was 
sie  gethan,  sorgfältig  gesammelt  und  bekannt  gemacht,  nnd 
soll  nun  von  dorther  als  Revolutionär  verdächtigt  werden! 
Es  iat  zum  todtlachen!  Hätte  ich  der  hiesigen  Regierung 
nur  den  zehnten  Theil  dessen  zu  Gefallen  getlian,  w«8 
der  Berner,  ich  wäre  zum  mindesten  geheimer  Finanzratb; 
wenn  ich  hier  sagen  wollte,  die  Berner  Polizeisection  ver- 
schreie mi<;Ji  als  revolutionär,  welch  treffliches  Argument 
gegen  die  „undankbare**  Republik!  Hier  lebe  ich  doch  un- 
angefochten^ trotz  der  ^revolutionären  Gesiniinng".  Endlich 
—  wie  mag  man  einen  Revolutionär  als  Lehrer  anstellen? 
Ist  es  nicht  gewissenlos  vom  Erziehungsdepartement,  einem 
so  gefäbrlichen  Menschen»  den  man  nicht  als  Bürger  haben 
mag.  den  Unterricht  lier  Jugend  ansnivertrauen?  Doch  genug 
von  dieser  abgeschmackten  Anschuldigimg.  die  von  dorther 
nur  Mitleid  gegen  ihre  Urheber  erzeugen  kann. 

Ich  bitte  Sie,  lielier  Freund,  die  Entscheiflung  über 
mein  Gesucb  zu  beschleunigen,  so  viel  Sie  können.  Yer^ 
weigert  der  Kegienmgsrath  meine  Bitte,  so  wollen  Sit 
gefälligst  bekannt  machen,  dass  ich  meine  Stetlle  in  Büren 
nicht  antreten,  dass  ich  nicht  in  ein  Land  kommen  werde, 
wo  man  mich  zwar  als  Lehrer,  nicht  aber  als  Bürger  will 
Ich  habe  hinreichend  bewiesen,  dass  ich  für  frühere  Miss- 
handlungen kein  Gedächtniss  habe,  keine  feindseligen  Ge- 
sinnungen insbesondere  gegen  die  Regierung  von  Bei"n,  die 
ich  im  Gegentheil  aufs  Wärmsie  gegen  die  zahlreichen 
Feinde  und  Angriffe  in  meinem  Blatte  vertheidigt,  habcw 
Wird  mir  nun  ziun  Dank  dafür  erklärt^  da.ss  man  mich 
zwar  als  Lehrer  im  Kanton  dulden^  dass  ich  aber  dabei  all 


Karl  Matbys  Briefe  an  Dr.  J   R.  Schneider  iii  Bern    (iJ*i7— 1842).     83 


-Premdlmg  ausser  dem  Gesetz  stellen  soll,  so  ist  dies  eine 
^■plche  Kränkung,  dass  ich  walirliaft  wahosinnig  sein  müsste, 
^^enn  ich  sie  mir  gefallen  liosso.  Ich  hoffe,  der  Regierungs- 
rath  wird  mir  diese  Kränkung  nicht  ziiiügen.  Sie,  lieber 
Freund  j  werden  sich  meiner  annehmen  und  auch  andere 
itglieder,  wie  Herr  Neohaus,  Fetscherin  u.  a.  werden  die 
lenken  der  Polizei^sektion  nicht  theilon. 
In  meiner  Schlusserkläriing  an  die  L#eser  der  National- 
»ittmg  habe  ich  angekündigt,  dass  ich  nach  der  Schweiz 
IgBhe.  Das  werde  ich  auch  thun:  kann  ich  nicht  nach  Biiron, 
Uo  beantwoii^e  ich  die  Anfrage  <ler  Herren  Miinzinger  und 
let,  wende  mich  nach  Solothum,  wc»  mir  von  Seiten  der 
egiening  nie  die  geringste  Unannehmlichkeit  widerfahren 
|tU)d  mir  ein  Bürgerrecht  unentgeltlich  angeboten  ist  Es 
Irird  dann  mein  Wunsch  ebenfalls  erfiült,  in  die  Schweiz 
1^  kommen  und  mit  Dinen^  lieber  Freund,  in  A'erbindung 
bleiben. 
Die  Landtagszeitung,  von  der  ich  Ihnen  neulich  schrieb^ 
i^t  zu  Stande  gekomjnen  und  ich  lege  die  ^der  ersten  Probe- 
Oiimmern  bei.  Die  Zensur  wagt  nicht,  hiebei  ihre  Scheere 
zu  brauchen,  wie  bei  einer  andern  politischen  Zeitung^ 
ir  macht  das  Geschäft  nicht  gar  zu  viel  zu  thun  und  wird 
ehr  gut  honoriert.  Ich  habe  mich  nur  für  die  Zeit,  wo  ich 
öch  hier  sein  kann,  dazu  verbindlich  gemacht  Wird  mem 
^e^nch  von  der  Hemer  Regieiimg  genehmigt,  so  hält  die 
idtagszeitung  meine  Abreise  keinen  Tag  auf,  sobald 
&eine  übrigen  AngeJegenheiten  im  Reinen  sind.  Andem- 
Ib  bleibt*  ich  hier,  bis  der  Ijandtag  zu  Ende  ist,  gehe 
inn  mit  meiner  Frau  nach  Konstanz  und  werde  V(»n  dort 
Absteclier  nach  Solothurn  und  zu  Ihnen  nach  Bern 
len. 

Wenn  Becker  diirchtallt,  so  thut  es  mir  sehr  leid, 
iowohl  um  ihn  als  mn  den  Kantom  Er  ist  ein  Mann  von 
seltener  Töchtigkeit. 

Huber  von  Büren  schrieb  mir  neulich  wegen  Logis, 
MOb^l  u,  d.  gl.  Die  Antwort  an  den  wackern  Mann  lege 
idk  bei  luit  der  Bitte,  sie  ihm  zukommen  zu  lassen. 

Leben    Sie   wohl^    lieber   Freund,    lassen   Sie    mich    die 
nicht  entgelten,   die  Sie  mit  mir  haben.     Empfehlen 


84  Gustav  Tobler. 

Sie  meine  Frau  und  mich  Ihrer  Gtemalin,  mich  besonders 
Herrn  Fetscherin.  Grüsse  an  Jonathan  ßadical  und  die 
übrigen  Freunde. 

Nachschrift. 

Ich  muss  gestehen,  lieber  Freund,  dass  ich  mich  über 
die  Polizeisektioii  geärgert  habe;  daher  auch  dieses  böse 
Postskript : 

Die  Polizeisektion   scheint   in   dem   irrigen  Wahn  be- 
fangen, als  ob  sie  es  mit  einem  Manne  zu  thun  habe,  der 
etwa    Schutz    oder  Toleranz    von    ihr  erflehen   wolle;   sie 
scheint  noch  immer  in  der  Erinnerung  an  ihre  Grossihaten 
von  1836  zu  schwelgen,  wo  sie  mich,  für  den  AugenbUck 
einen  Schutzlosen,  nach  den  Gelüsten  ihrer  Brutalität  min- 
handeln    konnte,    auf   eine  Weise,   die   von   den  badischen 
Gerichten    als     „Machwerk,    welches    durchaus    kein   Ve^ 
trauen  verdiene**,   gebrandmarkt  wurde.     W&re  es  mögUcb, , 
so  sollte  man  den  Versuch  machen,  der  Polizeisektion  diesen 
irrigen    Wahn   zu   benehmen.     Die  Zeiten   von    1836  sind 
Gottlob  vorbei  und  niemand  hat  mehr  Ursache  zti  wünschen, 
dass  sie  vergessen  werden,  als  Roschi,  der  schwer  Blamirte 
und  seine  edle  Polizei.     Ich  hatte  sie  vergessen  und  werde  H 
jetzt  wieder   daran   erinnert.     Wäre  es  möglich,   so  würde  * 
ich    der  Polizeisektion  begreiflich   machen,   dass    sie  einen  - 
Mann  vor  sich  hat,  der  jetzt  in  seinem  Yaterlande,  wenige  j 
Stunden  von  seiner  Vaterstadt,  wo  er  Bürger  ist,  in  einer 
öffentlichen  Stellung,  (jetzt  Bedacteur  der  Landtagszeitang) 
steht,  anerkannt  von   der  Regierung  und  vom  Volke,  dass 
dieser  Mann    als  Lehrer   in  den  Kanton  Bern  berufen  ist 
und  nur   dämm  Bürger  werden  will,    damit  er   auch  seine 
Kräfte   für   denselben  verwenden  kann.     Allein    man  muss 
auf  die  Hoffnung  verzichten,   einer  Behörde  die  Augen  zu 
öffnen,    welclie   nicht   sehen   will  und  so  tief   im   Schlamm 
steckt,   dass   sie   es  als  revolutionäre  Gesinnung  verdäd^tigtf 
wenn  jemand   lieber  dem   freien   Staate  Bern,   der   frei   ist 
trotz  der  Polizeisection,   angehören  will,   als  seinem  Vater- 
lande.  Mein  Vorstand  ist  viel  zu  eng,  um  eine  solche  Selbst- 
verleugnung einer  republikanischen,   durch  eine  Revolution 
entstandenen    Behörde    zu    begreifen    und    darum   —   Gk>tt 
befohlen ! 


Ilmlilii  Briefe  am  Dr.  J.  R.  Schneidei   in  Bern   ( 1837—1 84^).     85 

Karlsruhe,  30.  Januar  1842. 

'  KftchiHbglieh   sni    nit^iner  Eingabo  vom    15.  Januar   um 

Mihntt«^  ein  l  Irtiibiirgorrecht  ini  Kanton  Boni  nachsuchen 

Jflflrfeii,  lege  ich  hiemit  vcn : 

li  ße^lanbigt«*  Abschrrfi  «les  Kautbrinfs^   wonach   mein 

iW  Heinrich  Matliy,  Kaufmann  in  Manuhtnui^  das  älter- 

Haofl  übernommen    hat    und   darauf    mein  väterlichea 

uahfil  liniM  nüt  1äc)3  fl,  64  Kr. 

FenitT  Ui  daraus  zu  ersehen,  dass  der  Antheil  mc^iner 
ptr  lyijl  fl,  13  Kr,  betrugt.  Da  meine  Mutter  im  Februar 
bui  miftiier  Schwester  zu  Waldähut  gestorben  ist,  so 
•ol  mich,  wie  auf  jedes  meiner  beidon  Geschwister  7i 
Kaiihlmsi^Ks:  653  fl.  46  Kr. 

2)  Ein  beglanbigtes  ZeugiiLss  meines  Schwager»  Ober- 
er   fttrohmeywr   in    Konstanz,    welcher   das   Vermögen 
er  Frmu  verwaltet,  bestehend  in  32C»0  fl. 
D:i       "       Ztitigiiij^s    gtMjClgto  früher    dem    Ueiueinderath 
M(i  als    meine    Frau    das    Bürgerrecht    daselbst 

Riemil    ist    liftchgewiesen   ein  Vermögen   von  Wb7  fl. 
fKr^  odar  beiläufig  75(Xi  Schweizerfranke u. 
Et  bittibi   mir  nun  noch  übrig,   das  Vermögen  nachzu- 
welches)  ich  hier  besitze^  um  die  in  meiner  Eingabe 
16w  Jmuoar  atigitgv^benen  lOJXX)  Fr,  mid  darüber  zu  be- 
leb imtnrlajise  es  vor  der  Hand   der   bedeutenden 
80  wt»gt?iu  in  der  Voraussetzung,  dass  die  nachgewiesene 
n«  «ur  £!rluubnisa,    ein  Ortsbürgerrecht  nw^hsuehen  zu 
[*a,  hir         '  Scdlte  dies   nicht    der   Fall   sein, 

r.ri!,-  uAu    iIhs  FHltlpinin  iiHchzubringen. 


Karlsruht*,  14.  Februar  1842. 

'iNir  Begit)ruiig»nith  von  Bern  hat  also  mein  (lesuchf 
fiürgerrschl.  naehauchen  zu  dürfen,  abgeschlagen  untl 
j    Gron«!  "1    man    die  Überzeugung    noch 

T^  habe.  *  Lnc  Natural ti^utiot»  tUnn  Land» 


86  Gustav  Tobler. 

zum  Nntzen  gereichen  werde.  ^)    Ich  bin  zwar  der  Meinung,  ; 
dass  man   ohne  diese  Überzeugung  mich   auch  nicht  zum 
Lehrer  hätte  berufen  sollen ;  allein  wie  die  Sache  liegt,  isl 
jedes  Wort  darüber  verloren. 

Ich  habe  durch  den  Beschluss  des  Begierungsrathes  die 
Oberzeugung  gewonnen,  dass  ich  diejenigen  Garantien, 
welche  ich  als  badischer  Staatsangehöriger  und  Bürger  der 
Stadt  ^lanuheini  habe,  nicht  wegwerfen  darf  gegen  eine 
völlig  garantielose  Stellung  im  Kanton  Bern,  wo  die  Lanne 
eines  Beamten  oder  einer  Behörde  hinreichen  würde,  mir 
nicht  nur  das  Lehramt  zu  nehmen,  sondern  auch  die  Auf- 
entlialtsbewilligung  zu  entziehen.  Ich  habe  femer  die  Über- 
zeugung, dass  ich  ohne  Naturalisation  dem  Lande  nicht 
nützlich  sein  kann.  Aus  diesen  Gründen  verzichte  ich  anf 
meine  Lehrstelle  in  Büren  und  ersuche  Sie,  hievon  die  be- : 
treffenden  Behörden  in  Kenntniss  zu  setzen. 

Ks  thut  mir  in  der  Seele  weh,  den  braven  Mannen 
von  Büren,  durch  deren  Vertrauen  ich  mich  in  hohem  Grade 
p*ehrt  fühlte,  eine  solche  Nachricht  geben  und  vieUeicht  d» 
Si^kundarsrhule  dadurch  einen  Nachtheil  bereiten  zu  müssen. 
Kbenso  schmerzt  es  mich,  Ihnen,  lieber  Freund,  durch  diese 
Angelegenheit  unangenehme  Augenblicke  und  viele  Mühe 
vemrsiieht  zu  haben.  Allein  ich  hatte  von  vom  herein  die 
Krwerbun^  eines  Bürgerrechts  als  Bedingung  für  den  An- 
tritt des  Lehmmtes  aufgestellt  und  meine  Schuld  ist  es 
nicht,  dass  die  BiHÜngung  nicht  erfüllt  wurde.  Ihre  Schuld, 
liebtT  Freund,  ist  es  auch  nicht.  Sie  haben  mit  Wirme 
und  fnnindseludtt lieher  Theilnahme  sich  für  mich  verwendet 
Nehmen  Sie  dafür  meinen  herzlichsten  Dank;  danken  Sie 
auch  in  meinem  Namen  den  Männern  von  Büren  für  das 
mir  «TwiestMie  Venrauen,    Dieses  Vertrauen  und  Ihre  Freund- 

M  IVi  lU'Mhlu>N  viox  Krj;icrungsr.ites  vom  31.  Januar  1842  lautet 
wöitlioh.  ..n.i  Hcir  Mathy  den  Kanton  Bern,  in  dem  er  sich  einzubfirgern 
i:r«l«Mikt.  ilrint.il  luvh  nu^ht  l>owohut,  und  auch  früher  nur  wahrend  ^nes 
kurrrn  /oiti.unuoN  Moh  in  dcmscU^n  aufi^ehalten  hat,  so  dass  wir  die  Ueber- 
•ru|«uu|;  uiH-h  nuht  ):c>Konucn  halKU.  tloss  seine  Naturalisation  dem  Lande 
•um  Nutzen  1*01  riehen  wcrxir,  »o  würde  es  g^en  vnsere  bisher  befolgten 
liruudiüitfe  »tifiicn.  wenn  wir  ihm  vlie  n.ichgesuchte  Bewilligong  ertheilen 
wollten.** 


an  Dr,  J  R.  Sehne 


rn   (t»j7— r842).     »7 


^Hsbaft  entschädigen  mich  überlliigsig  für  das  tinbegmudete 
^HBsstmuen  der  Regieniixg  von  Bern. 

^B  Meine  Antwort  auf  Ihr  Vi^rbindliches  Schreiben  vom  6. 
^■61  durch  den  Umstand  verzögert  W(jrden,  dass  ieb  vom 
^K  bis  12.  Februar,  wo  wir  Parlamentsferien  hatten,  in  Mann- 
^Beim  und  Heidelberg  war;  dort'  habe  ich  im  Kreise  von 
^Vreiiiiden  und  Mitbürgern,  wie  von  Verw^andteii,  Tage  erlebt, 
^■rie  sie  mir  schon  lange  nicht  mehr  beschert  gewesen;  zu- 
^Hleich  habe  ich  mit  Hofrath  Ran  uml  Bnclihändler  Winter 
^Bii  Ht^idelberg  Verabredungen  getroffen,  die  mir  literarische 
^Bi*:4chaftigung  sichern.  Bei  meiner  Rückkehr  tnd  ich  Itiren 
^B|qtf  Meine  Sehnsucht  nach  der  Schweiz  ist  durch  den 
^^»Whlägigen  Bescheid  der  Regierung  durclums  nicht  ge- 
^Knindert;  mein  Entsehhiss  steht  fest,  bei  erster  Gelegenheit 
^■dorthin  zuriickzukehrf^n  und  ich  werde  mich  heute  noch 
^BdBshalb  nacli  Solothurn  wenden,  da  ich  keinen  Weg  sehe, 
^Bder  zur  Äbändc^mng  jenes  Berner  Beschlusses  füliren  könnte^ 
^»«^  müsste  denn  von  Büren  aus  etw^as  in  Anregung  gebracht 
^Bwerden. 

^m  Haben  Sie  die  Giite,  meine  Papiere,  dabei  auch  jene, 
^■welche  meiner  Eingabe  an  die  Sekundurschuldirektion  in 
^KBuren  bei  lagen,  hioher  zurückzusenden.  Die  (iründe,  wek'he 
^Biie  abhielten^  einen  polemischen  Artikel  gegen  tlen  Be- 
^Behluss  der  Regierung  zu  veröffentlichen,  sind  mir  aus  der 
^Beele  genommen  und  ich  füge  noch  des  w^eitern  bei,  dass 
^Ke  ac^btbare  Sudlung.  welche  Bern  dem  Ultramontanismus 
^Hegenüber  in  der  Schweiz  eingenommen  hat.  jeden  Angriff 
^Begen  die  Regierung,  w^ozti  persönliche  Verletzung  Aidass 
Hieben  könnte,  als  unpolitiscli  und  unrathsam  erscheinen 
I  lägst»  Ich  meinerBeit«  vergesse  gerne  persönliche  Kränkung, 
I  i^enn  es  die  gut^'  Sfudie  gilt:  weit  entfernt,  dazu  beitragen 
b  lEU  wollen,  das  Anstdien  dL*r  Regiei^ng  von  Bern  zu 
^■diwächeii,  werde  ich  mich,  wie  bisher,  so  auch  in  Zukunft 
röemühou,  dasselbe  durch  Wort  und  Schrift  stärken  zn  helfen* 
i  Für  Becker   in  Biel  wünsche    ich    einen    bessern   Erfolg 

^•rinfs  Bürgergesuches,  als  für  mich.  Ihm  kann  man  nicht 
^■ie  Abwesenheit  aus  dem  Kanton  entgegenhalten.  Er  ist 
^Bq  tinrchüus  braver  und  tüchtiger  Mann, 


SS  GttftiaT  Tobler. 

Hrrni  Fetächerin  and  KAStkofer  meine  dankbaren  Em- 
pfehlu&g<>u.  An  Herrn  Kaiitliofer  hat  mir  mein  Vetter,  | 
(>V>^rforstm^Uter  vnn  Veiten  in  Schwezingen.  sein  Studien- 
geuitss^.  riribs«^  aufgetragen  mit  dem  Beifügen,  er  hofie 
Herrn  Kasth«»f<^r  im  Sommer  za  besochen.  «Herr  von  Veiten, 
hixrhl>f  jährt,  hat  eine  jnnge  Frau  nnd  zwei  kleine  Kinder, 
—  das  mai'ht  tias  Waldleben. 


Karlsrahe.  23.  Febroar  1842. 

Am  14.  tl.  M..  dem  nämlichen  Tage,  wo  Sie  Ihr 
warm»**  Billet  schrieben,  das  mich  erfreute,  schrieb  idi 
auch  an  Sio  und  hoffe.  Sie  werden  meinen  Brief  erbalten 
haben.  Am  l\K  bekam  ich  eine  Zoschrift  der  Seknndarschol- 
direktion  zu  Büren,  deren  Inhalt  Sie  ans  meiner  beiliegenden 
Erwid«*ning  t»nt nehmen  können.  Diese  Elrwidernng  sende 
ich  Ihnon,  weil  ich  glaube,  dass  es  zweckmässig  ist,  wenn 
Sie  zuerst  K»*nntniss  ilavon  erhalteiu  Den  wackem  Männern 
voll  Biin^n  muss  ich  überlassen,  was  sie  darauf  beschliessen 
wollen.  Wisst»n  Sio  ein  Mittel,  die  Regierung  von  Bern 
auf  andere  (rcsinnungen  zu  bringen,  so  stehe  ich  noch 
immer  zu  Ihron  Diensten:  es  müsste  aber  bald  geschehen,  ich 
zwoiflo  si»hr  daran.  Winl  mein  Zweifel  durch  die  That  be- 
stätigt, so  geht*  ich  nach  S«dotluirn.  Von  dort  hat  mar 
mir  trennt II ich  geantwortet,  das  Bürgerrecht  wiederholt  ru 
gesiigt  untl  mir  auch  Nachricht  von  einem  Brief  gegeben 
worin  Sie  un.^erm  Freunde.  Johannes  Kims,  Landvogt  voi 
Bucht*ggbi»rg.  vtui  meinem  Unfall  Kenntniss  gaben. 

Unser  Linultag  hier  ist  aufgelöst:  ich  sende  Ihnen  d« 
Bt»richt  d«T  nu^rkwürdigon  Sitzung  vom  18.  d.  M.,  welch 
Anlass  tlazu  gegeben.  Ich  ziehe  mich  zur  Wissenschal 
zurück,  an  «leren  Busen  sich's  sanft  ruht,  und  warte  de 
Dinge,  die  da  kommen  wenlen. 

Loben  Sie  wohl,  verehrter  Freund.  Mein  Dank  für  Ihi 
freundschaftliche  Theilnahme.  Die  Beilagen  an  Herrn  Lanc 
ammann  Hunzinger  bitte  ich  gelegentlich  zu  besorgen. 


§cbneiaer  in 


em  (1^37 — 1842). 


■  Karlsnüie.  7.  Aj>ril   1842. 

I         An  Weihoachten   hätte»   ich    nicht  goglaubt,   die  Ostern 

■  noch  in  der  grossherzoglicli  badischen  Regiemngsstadt  Karlö- 

■  ralit»  zuzubringen;  aber  mit  dem  Scluiee  zerging  meine 
I  Hoönuug.  nach  Bern  zu  kommen.    Nach  Direm  letzten  Briefe 

■  sclieinen  Sie  unziifi'ieden  mit  mir  und  die  Schulbt^liorde  von 

■  Boren  hat  durch   ©ine  lakonisch©  Empfangsanzeigp  meines 

■  Absagebriefs  ihre  Stimmung  unzweideotig  zu  ^i'ikonuen  ge- 

■  geben.     Ich   habe    den    in    meloom    Schn-iben    angeführten 

■  Gründen  nichts   beizufügen    und    bin    noch    immer  der  An- 

■  sieht*  dass  nach  dem  Misätrauensvotiim  der  Eegit^rung  mein 
I  Eöts^hhiss  durch  die  Ehre  und  selbst  diu"ch  den  gewunden 
I  Heoschen verstand  geboten  war.  Icli  muss  mir  ein  anderes 
I  ürtlieil    gefallen    la«sen^    verwahre   mich   aber  dagegen,   als 

■  bitte  ich  mir  gegen  die  Behörde  von  Büren  eine  Vernach- 
I  lü«aigmig  oder  Geringschätzimg  zu  Schulrbm  kommen  lassen. 
I  Insbesondere  ist  es  unrichtig,  dass  ieli  Herrn  Hul>er  beanf- 
I  tragt  hatte,  meinen  Verzicht  auf  dit^  Lehrstelle  der  Behörde 
I  anzuzeigen.  Herr  Huber  fragte  an,  ob  er  mir  eine  Wohnung 
I  miethen  und  Möbel  kaufen  solle.     Ich  antwortete,  er  möge 

■  'lies  than^  falls  er  erfahre,  dass  die  Regierung  mein  Gesuch 
Iwegon  des  Bürgerrechts  bewilligt  hali»^;  im  andern  Falle 
Imöge  er  nichts  thun,  da  icli  a!sdann  nicht  Ivommen  könne. 
|I)j<^  war  alles.  Zm*  Zeit,  wo  ich  Herrn  Huber  schrieb, 
Ekannte  ich  den  Beschluss  der  Regierung  noch  nicht.  k<umte 
Itlsii  keinen  Auftrfig  geben.     Diese  Sache  ist  nun  vorbei. 

I  Von  Sohlt hinrn  habe  ich  vorläufig  Nachricht,  dass  Schritte 
Igethan  sind,  tun  die  Errichtung  einer  Bezirksschule  im 
'Bncheggberg  zu  befordern:  ich  erwarte  jeden  Tag  weitere 
ilittheilung.  Geht  die  Sache  nach  meinen  Wimschen,  so 
Icomoie  ich  bald  in  Ihre  Nähe  und  dann  hoffe  ich,  den  Groll, 
Her  etw^a  noch  in  Ihrem  Herzen  geblieben,  zu  beschwich- 
pigen  und  Sie  zu  bewegen,  mir  die  alte  Freundschaft  zu 
k'haltexi.  Es  wird  femer  meine  Schuld  nicht  sein,  wenn 
poren  nicht  giite  Nachbarschaft  hält. 

I  Da  ich  für  den  Augenblick  keine  Beschäftigung  habe, 
Bie  mich  an  die  Residenz  bindet,  so  werde  ich  dieselbe  an 
U0Uk  Tage  verlassen,  wo  Sie  diesen  Brief  erhalten,  und  die 


90 


Gtttttv  Tobtcr. 


8ch5nen  FrübliJigBtage  mal  dem  Lande  zubringen.   Je  aacti- 
dem  die  Nachrichten  von  SiilotUnru  ausfallen .   reise  ich  datiu ] 
entweder  nach   der  Schweiz,   oder  übernehme   hier  ein  Ge- 
sdiäft.     Sie   werden   vielleicht   in   den   Zeitungen   Mancbesj 
Qber  die  hiesigen  Vorgang*-  lesen,  die  immer  hannoverisch«^ 
werden.    Alles  ist  auf  *lie  bevorst ♦übenden  Deputiert»  ^ 
gespannt.      Das    Ministerium    Blitt-ersdorf    erhält    \ 
eine  Mehrheit;  aber  die  Ausschliessong  der  Opposition 
ihm,   aller  angewandten    Muhe  ungeacht**t,    mcht   gt^lingen 

Den  Verwaltuiigsbericht,  w^elcher  durcli  die  Sonne 
wahrsche  Buchhandlung  an  mich  »bgegjmgen  sein  soll,  liab 
ich  nicht  erhalten:  wohl  aber  den  mit  dem  Packet  von  Ihnen 
wofür  ich  verbindlich  danke.  Im  Soelander  erkannte  ick| 
ganz  meinen  Jonathan  Badical ;  st-ets  *ler  AlteJ  i 


Konsumz,  3.  Mai  ISii 

Sie  schrieben  mir  ins  badische  Vaterland  und  ich  ant^ 
worte  Ihnen  vom  Bodensec.    So  geht  es  in  bewegten  Zeiteru  j 
Man  bewegt  sich  auf  und  ab,  bis  man  sich  nach  Buhe  mhnu 
die  man  ja  am  Ende  sicher  findet. 

Beruhigt  über  die  Fortdauer  Hirer  freniidscliaftlitlien  I 
Gesinnungen  g»*gpn  mich,  will  ich  abgethane  l>inge  nicht] 
wieder  zur  Sprache  bringen,  sondern  Ihnen  lieber  von  deal 
hiesigen  Vorkoini müssen  erzählen,  worflber,  wie  Ihr  Bridii 
andeutet,  bedenkliche  Gerüchte  in  Ilirem  freien  Lande  um-. 
laufen. 

Die  Imdische  Regienmghat,  nach  Auflösung  der  Kammer 
alle  Mittel  auigpl>oten.  um  die  neuen  AVahlen  in  ihrem  Sil 
zu  lenken.     Rundschreiben  der  Minister.  Umtriebe  der 
iünt4?n,  das  ganze  Dienerkorps  der  Minister  bis  ziun  Bütt4 
ward    aufgeboten:    Versprechungen    und   Drohungen    gegeiT 
Städte    untl   einzelne  AVähler.    nichts    waixl  versäumt     Man 
wiegte    sieh    in    der   süssen  H(jffnung,    flass  auch  nicht  ein 
Mitglied   der  verhassten  Opponition  wiederkehren,    »lass  di« 

*)    Der  Sceläodcr-Aiucigcr  fehlt   auf  der   Bcmer    Bibliothek.     Er    ww 
wobl  au&  der  Feder  Wciagarts  eiDen   Artikel  für  Mathy  gegen  den  Beschtu 
der  Regierung  enthalten  haben* 


KaH  IblAVby«  Brkt€  an  Dr.  |*  R,  Schneider  in  Ben»   (»»37  — 1842).    Ol 


a  gt*scJiIi)S8t*in*n,  unbedingt  sen^Uen  Phalanx. 
»  Kohiirtt*  von  Ju-Herrn  bilden  werde*  Mau  hat  sicli 
gecÄusK-ht  Das  Volk  war  besser  als  sein  Ruf.  Es 
\Aifi  OH  ht  nur  oino  stürkere  Opposition  als  je,  sondern 
Koiyjihfli'ij  dDrsülljeu»  v*  It^steiii,  \Velk»>r,  Basöerinaiiii, 
öder  tmd  Biasing  wurden  in  mehreren  Bezirken  gewählt. 
nfarrh  üinil  ^i  Ersatzwahlen  nOthig,  tlann  nncli  2  für 
Lüiior,  welchi'  die  Wahl  nicht  angenommen;  rlieäe  Nach- 
Mm  entscheiden  über  die  Richtung  der  Mehrheit  imd  da 
nur  I  ..iberale  treffi*n,  sio  ist  kein  Zweif»*l,  dass  die  meisten 
-  '  -  -  ^  r  Liberale  wilhleu  werden.  Die  Kammer 
'in  Monat  /.usamnien.  AVas  die  Regierung 
wird,  wiHm  sie  vermuthlich  ««»lost  nocli  niciit.  Es 
it  die  Meinung  vor.  dass  sie  einlenken  und  keinen 
geben  wird,  den  t4egen9tand  des  Streites,  die  Ur- 
abf^mials  auf  das  Tapet  zu  bringen.  Dagegen 
ich  nicht  die  Meinung  derjenigen,  welche  glauben, 
d;  -  — '  ^nssen  Land  verhasste  Minister  von  Blitters- 
u  wini,  iier  ili*ntsche  Bund  winl  nicht  zugeben, 
das  demokratische  Element  in  Baden  einen  solchen 
f    *     "  .ledenfall??  gibt   es  einen  harten  Kampf,  der 

gu;      -..  .M<  fönlern  mus«,  er  mug  aussehen  wie  er  will. 
Schritte    der   Begiemng  haben  den  freisinnigen  öeiat 
Volk  wieder  erweckt  und  die  eiireuliclic  Thatsaehe  ans 
L-    "   "*,    daß«    eine    bessere  Generation   y^iyA  lebt  als 
1,  ^n*     Die  bei  uns  unerhörte  MisBhandlung  frei- 

ätaatßdiener,  die  man  aus  ehrenv(dlen  Amtern  an 
<*tzte,   in  ungesunde  Gegeiiden  kränk- 

ii Miirdver^mche.    haben    die    ruhigisten 

pm^rU     Die  Miniät^^rialerhiäse,  wodurch  die  Männer 

irerUiUfndet,    die    Staatsdiener   unter  Drohungen 

wmnleu,    ohne   Riicksicht    auf   Eid    und    Pflicht 

rifl  XU  wühlen,  die  Au^dt-hnung  des  Wahlrecht« 

m<44^n$t4«ti  Diener,  Gendarmen,  &>llgardisten,  Chaussee- 

Limte,  ilie  nie  wählen  durften  uml  jetzt  zum 

mmaudin  wurrlt^i  — ,  tli^^st»  Schrirte   haben  der 

dar  Firiliett  mehr  genützt  ii\»  irgend  eine  BetufiiiuTig 

libffimier  Seite.     Als  die  Regierung  «ah^  dass  die  Wahlen 

i. -....,  Wiiti^cht*  au^iicden,  griff  sie  zu  einem  Ein- 


<)2  Gustav  Tobler. 

ächüchterungsmittel,  welches  sie  in  der  öffenüichen  Meianng 
vollends  ruinierte  und  dem  letzten  Bestehen  von  Achtongf 
das  sie  hie  und  da  noch  geniessen  mochte,  den  TreS  gib. 
Sie  liess  nämlich  Untersuchungen  wegen  Verbreitung  von 
Flugschriften,  die  sich  auf  die  Wahlen  bezogen,  aber  nichts 
Verbrecherisches  enthielten,  zu  Hunderten  einleiten,  während 
der  Verfasser  sich  genannt  hat  und  bereit  ist,  vor  Gericht 
zu  treten.  In  diesem  Falle  kann  nach  unserm  Gesetze  der 
Verbreiter  nicht  belangt  werden.  Dennoch  nahm  man 
hunderte  von  Männern,  die  bei  den  Wajilen  th&tig  waren, 
in  Untersuchung,  mehrere  wurden  sogar  verhaftet  Aach 
Majestätsbeleidigungsprozesse  sind  als  Schreckmittel  anhängig 
gemacht  worden;  dllein  sie  bringen  statt  der  erwartete 
gerade  die  entgegengesetzte  Wirkung  hervor. 

Es  ist  möglich,  dass  ich  berufen  werde,  an  dem  pariar 
mentarischen  Kampfe  theil  zu  nehmen.  Freunde  haben 
mich  vielfach  dazu  aufgefordert;  allein  es  ist  noch  zu  wenig 
Gewissheit  vorhanden,  als  dass  ich  Näheres  darüber  sagen 
könnte.  Bereit,  dem  Vaterlande,  wenn  es  sich  für  die  Frei- 
heit rühren  will,  jedes  neue  Opfer  zu  bringen,  hat  mich 
(loch  ein  Ereigniss  in  meiner  EntSchliessung  wankend  ge- 
macht. Die  Gemeinde  Grenchen  hat  nämlich  mir,  meiner 
Frau  und  meinem  Knaben  ihr  Bürgerrecht  unentgeltlich 
gegeben.  Der  Brief  von  Dr.  G(irard),  worin  er  mir  diese 
Nachricht  mittlieilt,  hat  mich  und  meine  Frau  tief  ergriffen 
und  gerührt.  Eine  katholische  Gemeinde  einem  Fremden. 
oinem  Protestanten,  —  ich  glaube  nicht,  dass  ein  früheres 
Beispiel  dieser  Art  schon  vorgekommen  ist,  und  ich  mufls 
mir  noch  einige  Tage  Bedenkzeit  nehmen,  um  mit  Buhe 
antworten  zu  können. 

Das  Unglück,  welches  Dr.  Siebenpfeifier  betroffen,') 
ist  in  doppelter  Beziehung  höchst  schmerzlich.  Einmal, 
weil  OS  der  freihoitsfeindlichen  Fraktion  in  Deutschland  und 
der  Schweiz  einen  Triumph  bereitet;  dann  aber  und  haupt- 
sächlich wegen  des  unglücklichen  Mannes  selbst  und  seiner 
verlassenen  Tochter.  Sie  haben  die  zu  Grund  liegenden 
Leidenschaften  gewiss  richtig  erkannt,  allein  zum  Ausbruch 


*)  Er  war  geisteskrank  geworden. 


Italh^v  Üritfe  m  Dr.  J.  R«  Schneider  in  Berti   (1937—1843).    93 

1  dus  Übel  doch  wohl  durch  <lie  polizeiliche  Aaswinsiing 

bb^npfitiflur«  1109  Freiburg;   «oinit    hat   unser©  Begiemng 

rlfick  20  ihren  übrigen  Sünden  auf  dem  Gewi^ßon. 

I    Frt^and,   venüijjutju   für   Ihre  vverkthatige  Theil- 

n«  an   dem   8chick«ale   des  unglücklichen  Mannes  den 

^  Menfichenireundeg ;    es  wäre  schlimm»  wenn  die 

I   in  Bern  dies  nicht  erkennen  würden*     Die  gnt4ö 

kU*r  Komelie  wird  wohl  ihren  Verwandten  Ln  Freiburg 

ÜvnkÄt  von  Weisseneck)  NacJi rieht  gegeben  haben? 

In  den  nächsten  Tagen  kehre  ich  wieder  nach  Bchwotz- 
^surück  und  erwarte  dort  Briefe,  deren  Inhalt  (iber  die 
litng    miiiner    uächölen     Zukunft    ent^clieidiMi     wird^ 
nämlich,  ob  ich  ein  Paar  Monate  früher  oder  später 
ad  der  freien  Jlänner  wiedei'sehen  werde.     Ich  kann 
^^  •    f-*-*t druck  nicht  besclireiben,  den  gestern,  als  ich 
\H*r  1  hieher  hihr,  der  Anblick  der  AJpen  auf  mich 

|!    Heiit^^    werde    ich    in^s  Tliurgau  spatziren  gehen, 
I  mder  einma]  freien  Boden  unter  den  Füssen  zu  haben. 


Kurlsrahe.  12.  Juni  1842. 

pftrl^W««    Schreiben    nebst    Beilagen    habe    ich    in 
dngaii  noch  erhalten«   als  ich  gerade  vom  Bodensee 
icelirt  war;  bald  darauf  kam  meine  Ernennung  zum 
ilttrtim  von  KonstAnz;  ich  reiste  hieher  tind  fand  vollauf 
[thon.  i^  ^  umiere  Ltuidtagszeitung  zu   organisiren, 

in  üi  .,   iv.4^imeru  selbät^ 

Haine  Wahl  brachte  die  Herren  all©  in  Harnisch.     Ein 
di)tt    «ie   auf  das  Blut  verfolgt,    dnir  in  der  Schweiz 
diiM>i9>i  Land  und   seine  Institutionen  liebt,   diesen 

'       »^     '      «         T\      imer  zii  sehen,   war  ihnen  ein 
K  1,  worin  die  Feinde  alh^s  gegen 

anflxiteai  die  Freunde  mir  treu  zur  Seite  standen^  ich 
'  Miten    AnschuMigangen    vernichtete    und 
.    '  '   gogvtt   12  Stimmen  als  AV>gcord neter  an* 


94  Gustav   Tobler. 

erkannt   \^iirde.     Ich   habe   Satisfaktion   für  alles,  was  die 
Schurken  mir  früher  angethanJ) 

Die  Verhandlungen  habe  ich  Ihnen,  lieber  Freund,  unter 
Kreuzband  gesendet,  weil  ich  glaube,  dass  es  Sie  interessiren 
wird.  Roschi,  Grenchen.  die  Schweiz  spielen  darin  eine 
grosso  Rolle. 

Allein  die  Regiening  ruht  nicht.  Gestern  ging  vom 
Ministerium  dos  Innern  ein  Schreiben  nach  Bern  und  Solo- 
thurn  ab.  Nach  Bern,  um  Auskunft  über  die  Geschichten 
von  1830,  nach  Solothurn  wegen  des  Bürgerrechts.')  Die 
Schreiben  sind  so  höflich  abgofasst,  wie  noch  nie  von  der 
badisclien  an  eine  Schweizor-Rogioning  geschrieben  wurde. 
Der  Zweck  ist,  wo  möglicli  etwas  Nachtheiliges  gegen  mich 
zu  erfahren.  Sie  sehen,  lieber  Freund,  ich  bin  gut  unte> 
richtet. 

Es  fragt  sich  nun,  was  Bern  thun  wird.  Ich  hoffe,  es 
wird  der  Wahrheit  die  Ehre  geben  und  erklären,  dass  die 
mir  schuld  gegebenen  politischen  Umtriebe  in  Wahrheit 
nicht  bestanden,  dass  ich  mich  mit  nützlichen  Dingen  he- 
schäftigt  habe.  Thut  Bern  dies  nicht  und  kommen  Lügen 
ä  la  Roschi  zum  Voischein,  so  habe  ich  Aktenstücke  genug 
in  Händen,  um  si<^  zu  widerlegen  und  vor  ganz  Deutsch- 
land an  den  Pranger  zu  stellen.  Aus  den  Verhandlungen 
worden  Sie  ersehen  haben,  dass  alle  Ehrenmänner  in  der 
Kummer   mir  zur  Seite  standen    und  so  werden  sie  stehen. 

Von  Ihnen,  lieber  Freund,  bin  ich  überzeugt,  da.ss  Sie 
nicht  (hirch  die  glatten  Formen  eines  badischen  Regienings-  | 
Schreibens  sich  hinter  das  Licht  füJiren  lassen.  Sie  werden 
das  Schhingengezüchte  erkennen  und  nicht  in  die  Falle 
geht»n.  Sugen  Sie  aber  auch  Ihren  Herrn  Kollegen,  um  was 
es  sich   handelt. 

Wenn  es  Ihnen  m("»glich  ist.  so  bitte  ich  Sie,  mir  ent- 
wt'der  eine  Al)sehrift  o<ler  einen  Auszug  des  Miuisterial- 
Schreibens  zu  verschaffen.     Jedenfalls  aIxT    mir  zu   melden, 

*)  Die  Kiinimerdcbattc  ln.'trcfVend  dir  Validierung  der  Wahl  Mathys 
steht  in  der  Landta^s-Zeituiitr  vom   S.  und  <.).  Juni. 

'^)  Das  war  otVenbar  nur  ein  Gerücht  —  soweit  es  die  Anfrage  in 
Hern  betritTt.  Denn  weder  in  den  Verhandlungen  des  Reg.-Rates  noch  des 
iliploni.  Departementes  findet  sirh  eine  Spur  einer  derartigen  Anfrage. 


Karl  Math>'s  Briefe  an  Dr.  J.  R.  Schneider  in  Bern    (1837— 1842).     95 

iras  man  in  Bern  in  der  Sache  thun  will.  Sie  können  von 
neiner  Diskretion  überzeugt  sein.  Es  ist  ein  Kampf  der 
guten  Sache  gegen  die  Volksfeinde,  hier  wie  bei  Ihnen.  In 
1er  Kammer  stehe  ich  fest,  die  Feinde  richten  nichts  aus; 
ich  werde  ihnen  ihre  ganze  Niederträchtigkeit  demnächst 
schlagend  darthun.  Die  aUgemeine  Stimmung  hier  ist  ganz 
zu  meinen  Gunsten. 

Soviel,  lieber  Freund,  in  aller  Eile.  Meine  Frau  ist 
noch  in  Schwetzingen  und  ich  habe  viel  zu  thun.  Die  Ab- 
theilung der  Kammer,  in  der  ich  bin,  hat  mich  in  die 
fiodgetkommission  gewählt,  ich  habe  also  Geschäfte  genug 
für  den  Landtag. 

Leben  Sie  wohl,  empfehlen  Sie  mich  Ihrer  Frau  Ge- 
mahn, Herrn  Fetscherin  und  Kasthofer,  herzlichen  Gruss 
in  Weingart     Bald  mehr  von  Ihrem  treuen 

Karl  Mathy. 


Beiträge 
zur  Baugeschichte  der  Römischen  Theater  in  Äugst 

Fritz  Frey. 


Im  vergangenen  Monat  Mai  1906  sind  die  seit  1893  sozu- 
sagen ununterbrochen  vorgenommenen  Ausgrabnngsarbeiten 
an  den  Theaterruinen  in  Äugst  zu  einem  vorläufigen  Ab- 
schlüsse gebracht  worden.  Über  den  Stand  der  Grabarbeiten 
wurde  periodisch,  u.  A.  in  den  Publikationsorganen  der 
historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft  berichtet  ^)  Aus- 
führlicher und  die  Resultate  der  Ausgrabungen  im  Gebiete 
von  Äugst  von  1877 — 1902  überhaupt  in  Eürze  wiede^ 
gebend,  geschah  dies  durch  Herrn  Dr.  Th.  Burckhardt-Bieder- 
mann  im  zweiten  Bande  dieser  Zeitschrift 

Das  wichtigste  Resultat  der  bedeutenden  Ausgrabungen 
war  bekanntlich  die  Feststellung  dreier  von  einander  gftnz- 
lich  unabhängiger  und  zeitlich  wohl  ziemlich  weit  auseb- 
anderliegender  Bauperioden.  Auf  ein  ursprüngliches,  allem 
Anscheine  nach  wohleingerichtetes  Theater  folgte  nämlich 
als  ganz  selbständiger  Bau  eine  kleinere  amphitheatrcUütke 
Anlage,  die  wiederum  durch  einen  viel  bedeutenderen 
Theater-Bau  abgelöst  worden  ist.  Der  relativ  gute  Erhal- 
tungszustand insbesondere  der  Ruinen  des  letztgenannten 
Baues  ermöglichte  es,  wertvolle  Detailstudien  machen  zu 
können.  So  wurde  schon  vor  Jahren  die  Vornahme  ver- 
schiedener Reparaturen  festgestellt,  wie  die  Höberlegung 
der  Treppe  längs  der  südwestlichen  Abschlussmauer  des  Zu- 
schauerraumes, die  Erstellung  von  Strebepfeilern  an  der 
Nordwestseite  des  Baues  u.  s.  w. 

Bis  in  die  neueste  Zeit  fasste  man  jedoch  diese  bau- 
lichen Veränderungen,  wie  schon  gesagt,  als  ReparcUuren 
auf;  eine  konstruktive  Entwicklung  des  ganzen  Theaterbaues 

1)  Soviel  mir  bekannt  ist,  wird  aus  berufener  Feder  baldmöglicfast  eine 
grössere  Publikation    ül>cr   die  Theaterausgrabungsarbeit  in  Angst  endieinen. 


ßatrjicc  .rar  ßaugcu'hicbte  iler  Romiicben  Tbcntcr  in  Äugst. 


97 


aiefat  vonetiliegeii;  man  hatte  vielmehr  den  Eindmck, 
fast  allen  Teilen  tnonunientale  Buu  sei  da.s  Produkt 
wohliinrchdftchten    Planes    und    daher  wie   ans  einem 
emiellt« 

\^H    l>ngt*r<T  Z«it    mit    der  Anfiuibme    und    zeichner- 
IQ   nanit4*UnDg  von   Eüizelheiteu   <ler  Augf^ter  Theater- 
^ind  mir  nach  und  mich  an  verschiedenen, 
^    rjode    gerockueten    Mauerresten    gewisse 
[ituiisl]chk<>iteii  anfgefalten«  die  mich  zu  weiteren  Nach- 
en   anregtim.      Das    schli«*3HHche    Ergebnis    dieser 
war,  wie  ich  gl  an  bo.  die  FeststeUunfff  dass  def  jüngste 
üierbau  kein  einheitliches  Games  darsteUf ;  vielmehr  haben 
Im  Produkt   eiiior   langen    bauliehen  Entwicklung  vor 
i  V  li  melirere  Banpcrioden  nachweisen  hissen,  von 

I  Bau  in  wenentiieht^r  Form  erweiteite.  Gleich- 
wird  mnn  in  Zukunft  nicht  von  einem  vierten,  ftinften 
io    und    m   Welten  Theater   sprechen  können,   da  mit 
ame    der    ersten    keine   der    zahlreichen    Bauperioden 
gians  »itlbsUriiligin»  Bau  heivorgrbrucht  liat,  wie  dies 
|4«i  bisher  bekannten   drei   Bauperioden   der   Fall    ist 
beim    ältesten   Theatt^r    konstiitiert   wurde,    tla^s   ein 
itJilCf^iifnnden    hat,*»    so    künnte    nian    da    von    den 
In  ttnd  Ib  reden;  in  gleicherweise  dürfen  wir  das 
Jifhe   Amphitheater    —    das    (iladiatorentheater    — 
IIa    bezeichnen,    der   dann    mit    dem    Einbauen 
venneintliehen    Tierzwinger    die    Periode    Hb    folgte, 
dienen  BejceirJinungen  wird  man  nun  beim  jüngsten 
Imui    die    Pi^rioden    Hla.    nib,    Illt .   TlTd.  nie  und 


V  Bdiftb&Üicii   geht itt    iltc  Tirpp«  in  der  Mitte  (ilcr  A\c)  den  Theater« 

ll*ttir«rk  Ao,     An  xwei  Stellen   4ic«er  Tn?p{>c  fiudeu  sich  &oge* 

ISi4e»tt    r€»r,     Voa  din«ti   Robeplätscn  fiilirtcii   Scitcntrcppcii    nach 

tptiief!itt!tioiies^,   die   im  atl^cmcineu  die  SUzrcihcu  der  Zuschauer 

•rh»ed«fi.    Bei  den  ntwirri  Seite» treppen   i<it  wohl  lu  erkcniien, 

erm  jHUucni  de»  Mittclg;mges  ^l'enadc  UI  c)  eine  VermAUcriiiig 

Aiilitttf«  bewirkt    haben.     Die   unteren   xwei  Seitentreppen   sind 

schon  früher  kusciert  worden,  da  die  Seiten  mauern  der 

Mfcpf«  hitt  kerne  Otfnun^tMi  mehr  xcigcti.      Dieser  untere,  nur  wenige 

9mn   d«ati    «4«i    oi»rfri%  Seiten  treppen    entsprcrbcndcn  Cnuloir   emfernlc 

mmnht  k*  %irllncht  mit  Sitzreihen  venehen,  was  die  frag^ 

<   wiirtlf. 


t  Cktch.  ttii4  Altcnum.    VI,  L 


98 


Frilz   Frey. 


vielleicht  noch  eine  Periode  IHf  zu  unterscheiden  haben, 
E8  darf  uns  ja  nicht  ho  sehr  überraschen,  an  einem  Bath 
werke,  das  in  seiner  uräpriin glichen  Gestalt  ^  Periode  lUin 
noch  im  ersten  nachchristlichen  Jahrhundert  entgtatida» 
sein  kann,  und  an  dem  die  Vornahme  von  umfangreichen 
Bauarbeiten  (Periode  Ille)  letztmals  in  etwa  kon^ant inischer 
Zeit  nachgewiesen  ist,  die  Spuren  mehrfacher  baulicher 
Tätigkeit  zu  finden*  Scheinen  doch  zwischen  den  Perioden 
nia  und  nie  gegen  drei,  zum  Teil  für  die  raurachiachl 
Augusta  stürmisch  bewegt«  Jahrhunderte  zu  liegen! 

Diese  kurze  Erklärung  glaubte  ich  geben  zu  sollen, 
bevor  ich  versuchen  möchte,  meine  gemachten  Beobachtungi^n 
an  Hand  einiger  Zeichnungen  und  photographischer  Ds^ 
stellung«^n  zu  skizzieren  und  zu  erläutern.  Die  Zeichnungen 
stellen  ausnahmslos  nur  Bauteile  der  jüngeren  Perioden 
tlHa  u.  8.  w.)  df*s  Theatern  dar.  Die  zahlreichen  Mauerrest«» 
des  ältesten  Theaters  und  des  darauffolgenden  AmpbitheatefS 
sind  ganz  ausser  Acht  gelassen  worden,  zur  Erleichterung 
der  sonst  etwas  schwierigen  Orientierung.  Die  Bedeutung 
der  hauptsächlichsten  Baxiteile  darf  wohl  als  bekannt  voraus- 
gesetzt werden.  Gegebenenfalls  bediene  man  sich  z.  B.  der 
bereite  erwähnten  Publikation  von  Herrn  Dr.  Th.  Burck- 
hardt-Biedennann.  die  durch  die  Beschreibung  der  Augster 
Theater  eine  Erklämng  der  M-ichtigsten  Einrieb  ttuigen 
antiker  Theateranlagen  enthält. 

Das  Amphitheater  war  bestimmt  ausser  Gebrauch  gesetzt^ 
als  die  Cloake^  w**lche  tlie  Arena  in  der  Richtung  von  Süden 
nach  Norden  durchkreuzt^  erstellt  wurde.  Andererseits  kann 
damals  das  sogenannte  jüngste  Theater  noch  nicht  bestanden 
liaben,  rla  bekanntlich  durch  die  Erbauung  der  südwestlichen 
Scenamauer  eine  Korrektur  (teilweise  Umfühningi  der  Kanal- 
leitung  notwendig  wurde.  Also,  nnisste  man  annehmeiit 
hat  eine  gewisse  Z^it  hindurch  an  dieser  Stelle  gar  kein 
Theater  existiert.  Ich  halte  diesen  Fall  für  unwahrschein-' 
lieh.  —  Es  war  zweifellos  eine  Zeit  des  Aufblühens  der 
Stadt,  als  man  die  grossartige  Wasserzuleitungsanlage  aus 
den  sluntlfiiweit  f^ntfeniieti.  siidlich  von  Augusta  gele| 


Beilrägc  zur  Baugesckicble  der  Römischen  Tliealcr  in  Äugst.  90 

Jumtälern    i^rstellte,*)     Hainl  in    Hand   mit    der    Erbauung 
dieser  Waeser^i/leitimgen    miisste    in    der   Stadt    wohl    ein 
System  von  Wasserofeleitimgen  zur  Fortscliaffung  des   ver- 
brauchten Wassers  erstellt  werden.    Als  zwei  der  wichtigsten 
dieser  Cloaken   erscheinen   mir  die  beiden  aus  dem  Weich- 
bild der  Stadt  kommenden,  die  natürliche  Senkung  zwischen 
denj   Theater-  und   Schönenbülilhüg»?!   beniUzenden  Wasser- 
läafe,  die  sich  in  der  Nähe    des  süillichen  Caveabomea   des 
Theaters  zu  einem  Kanal  vereinigen,  der  in  seinem  weiteren 
Verlaufe  noch  zur  Kanalisation   des  Theatergebietes,   sowie 


*)  Die  Gepflogenheit  der  Römer,  Ym  ihreu  festeti  Niederlassungeti  iu 
^  groc«artiger  Weise  fSr  die  Zu-  und  Ablcitiing  voa  Wn«$«r  zu  sorgen, 
indeo  wir  awch  in  Äugst  geübt.  Seit  Jahrhunderten  kcunt  maD  mehr  oder 
wtBigbT  bestimmt  buteude  Nachrichten  iilier  die  der  Ergolz  entlang  rührende 
Wacierzuleitungs^intage.  So  vermutet  Daniel  Brückner  (Merkwiiniigkeiten  der 
laft  BsiseX  XXtIL  Stück,  Seite  2807  u,  ff.),  dass  der  Anfang  des  Aquae- 
«Litktcft  zwisehen  den  Ortschaften  Gelterkinden  und  Bockten  zu  suchen  sei. 
icre^  zum  Teil  neuere  Berichte  toi^sen  den  Wasäerkanal  gar  in  der  Nähe 
Rothenfliih  beginnen.  Es  wüte  sehr  zu  begrüsscn,  wenn  in  den  in  He- 
cht IjiHcndeo  OrtBchaften  der  Sache  etwelche  AufmerküLimkeit  geschenkt 
f,  t*  B.  durch  Überwachen  von  Grabarbeitcu,  KeUcrausgrabungcu  etc. 
dt&zu  r$t  erfreulicherweise  schon  gemacht,  indem  der  Verkchrs- 
Vefsdidneruog^verein  in  Liestal  es  unternommen  hiit»  mit  Bundessub- 
eia  Grundtttück  am  Abhänge  des  Schlcifenbergs,  daä  von  der  Römer- 
^fleilung  durchbogen  wird,  anzukaufen.  Die  Anlage  soll  nun  in  bc- 
mitT  Weise  zugangbch  gemacht  und  vor  dem  Verfall  geschützt  werden. 
lehe  auch  Basellaud.  Zeitung  No.  17J  vom  24.  Juli  1906:  «Römische 
rsvscrleitung  für  Augusta  Rauracorum».) 

Im  Gebiete  der  alten  Augusta  Raurica  sind  bis  beute  KahlreicheTeilstäckc 
gemauerten  Wasserleitungen  nachgewiesen.  Herr  Dr.Th.  Burckhardt  hat  im 
leCt  des  II.  Bandes  Seite  89  und.cp  dieser  Zeitschrift  über  die  Technik  der 
Buleitung  bei  Lie.^tal  berichtet.  In  ähnlicher  Weise  wie  die^e  Rehu^asBer- 
wurden  verschiedene  Abwattsefleitungen  (Cloaken)  erstellt.  Allein  im 
der  Theaterruinen  kennen  wir  eine  ganze  An/4ihl  von  solchen  Kanälen. 
die*e  WaÄserläufe  für  die  Erforschung  der  Baugescbichle  der  Augster  rÖmi- 
;d  Ihcalcr  von  Bedeutung  sind,  möge  darüber  hier  kurz  berichtet  werden  : 
Umco  sich  sieben  Kanalleil stücke  erkennen.  In  zwei  Fällen  bestehen  die 
ilc  ganz  »«s  ßuntsandsteinblöcken  und  -Platten.  Die  Ausführung  i>»t 
ifc«f  tn  dpe»o  ein^ii  dic»cr  Kanäle  viel  sorgfältiger  ak  in  dem  andern.  Ein 
Ktaäi  besteht  au*  Kalksieinseitenmauern ;  Bodeti  «nd  Deckel  i>ind  wieder 
iQft  Ssuulstcinplattcn  gebildet.  Andere  Kanäle  sind  fa^t  aus.  ganz  Kalksteinhand- 
gebaut;  die  Kanaldecke  ist  in  diesem  Falle  als  Gewölbe  ausgeTührt, 
i|>lAtteu  fehlen  entweder  ganz  oder  besteben  eventuell  aus  Sandstein- 


lOO  Fritz   Frey. 

des  heute  „Obermühle'*  genannten  Geländes  zu  dienen  hatte. 
Was  sollen  wir  uns  aber  bis  zur  Erstellung  des  jüngsten 
Theaters  an  der  Stätte  des  aufgegebenen  Amphitheaters 
denken?  Sicherlich  wird  dieses  nun  schon  zweimal  zu 
Theat^rbauten  (ältestes  Theater  und  Amphitheater)  verwen- 
dete Areal  während  dieser  Zeit  nicht  brach  gelegen,  haben. 
Als  natürlichste  Annahme  erscheint  mir  die,  dass  auf  das 
aus  imrijor  welchen  Gründen  verlassene  Amphitheater  bald, 
vielloiclit  unmittelbar,  ein  anderer  Bau  zu  Schauspielzwecken 
folgte.  Diesem  Bau  können  aber  nach  dem  Yorhingesagten 
die  gewaltigen  Mauerkörper,  welche  die  Arena  parallel  ihrer 
Ijängsaxe  durchschneiden,  noch  nicht  angehört  haben.    Ich 

platten.  So  verschieden  nun  die  Hauart  dieser  K.iuäle  im  einzelnen  ist,  in 
einer  Bezicbunj»  stimmen  doch  alle  überein  ;  in  der  nämlich,  dass  sie  samt 
und  sonders  nicht  j^eeij^net  sind,  Wasser  ohne  grosse  Verluste  fortzuleiteo. 
Zur  Abdichtung  der  Stossfugen  an  den  Bodenplatten  nnd  an  den  SeiteQwäoden 
sind  nirgemls  be>onderc  Vorkehrungen  getroffen  worden.  Ganz  im  GegeDMlz 
zu  der  erwähnten  Wasserleitung  von  Liestal-U<>ckten  her,  von  der  Herr  Dr. 
Burckhardt-Biciiermann  schreibt,  dass  Böden  und  Seitenwände  (letztere  bis 
0,85  ni  über  den  Boden)  mit  einem  sehr  soliden,  rötlichen  Zeraentguss  w- 
sehen  seien.  Dies  h.xtte  doch  oflenbar  den  Zweck,  das  gefasste  AVasser 
mit  möglich>t  geringen  Verlusten  dem  Verwendungsorte  zuzuführen.  In  den 
Kanälen  «Ics  Theatergebietes  konnte  das  Was.ser  jedoch  an  zahlreichen  Stellen 
entweichen  und  im  Boden  versickern.  Schon  dieser  Umstand  schien  darauf 
hinzuweistfu,  da>.s  die  Ijctreffenden  Kanäle  keine  Wasscrruleitungen,  sondern 
Einleitungen  verbrauchten  Wassers,  al>o  (Moaken  darstellen.  Diese  Vermutung 
wunle  /ur  (lewissheit,  aU  man  es  unternahm,  verschiedene  ICanalteile  von 
dem  darin  befindlichen  .Schutte  zu  befreien.  Die  oft  bis  nahe  an  die  Kanal- 
decke reiihendcn  M;Lssen  erwiesen  sich  al^  Anschwcmmuugsproduktc.  Das 
meiste  davon  war  Sand  mit  mergelartigem  Kies  vermischt.  Zahlreiche  zum 
Vorschein  gek«^mnicne  Knochen  bestimmte  man  als  Küchenabfälle.  Audi 
«lie  kerami>chen  Kinzelfundc  (terra  nigra-,  terra  sigillata-  und  gewöhnliche 
Tongefäss-.SclRTben)  darf  man  wohl  mit  wenigen  Ausnahmen  zu  dieser  Kate- 
gorie zählen!  Münzen  fanden  sich  fast  gar  keine  vor;  wie  denn  Metallgeges- 
stände  selten  waren ;  ein  Umstand,  der  sich  schon  aus  dem  hohen  spezifisdien 
(lewicht  der  Metalle  erklärt.  Kinzig  zu  erwähnen  wären  hier  zahlreich  ge- 
fundene Klum4)en  von  Kisenrost  mit  Sand  und  Kies  vermengt,  die  meines 
Krachtcn>  auf  Kisellverarbeilung^stätten  im  Bereiche  der  Kanal isationsleitnogen 
schliesscn  la.>sen. 

Die  verscliiedcne  Bauart  tlcr  verhältnissmässig  kurzen  Kanalstrecken 
beim  Th^-ater  musste  autVallen  und  forderte  eine  Erklärung.  Es  zeigte  sich 
nun,  dass  infolge  von  mehrfachen  V^eränderuiigen  am  Theatergebäude  teilweise 
Verlegungen  der  Cloaken  vorgenommen  wurden.  Auf  Tafel  II  habe  ich 
versucht  diese  Umänderungen  im  Kanalsystcm  darzustellen. 


Beiti^ge  zur  Batigeschichte  der  Römischen  Tbe^alcr  in  AugsL        lOt 

mhe  jedoch,  daas  sich  noch  Reste  dieser  Bauperiode  nach- 
»isen  lassen. 

Genaue   Untersuchungen    über   die    Beschaffenheit    der 

seil   halbkreisförmigen    Mauer    im   Innern    des  Theater« 

ön    mich    nämlich    *lie    tRjerzeugung    gewinnen    lassen^ 

diese   Mauer    nicht,    wie   bisher    augenommeii    wurde, 

er    Bauperiode     ihre    Eiitstelumg    verdankt.      Viehnehr 

alte    ich    die    mittleren   Teile    dieser    Mauer    für    älter    als 

[die  beiden   auschliesöenvlen    Mauerbögen.      Diesen  gliedern 

[fiich  westwärts  zwei   noch   jüngere  Maueni  an,   die  an  den 

[inneren  Scenengebäuderaauem  endigen.     (Siehe  Tafel  L) 

Die  mittleren,  älteren  Maiierpartien  bestehen  zunächst  — 
1  soweit  sie  nicht  moderne  Ergänzungen  und  Aufbauten  dar- 
litelleii  —  aus  einem  unregel massig  dicken  Fundament  in 
I Kalkmörtel  gelegter  hitutHinöaer  Kalkschiefer idatiefh^  ^  Darüber 
I erhebt  sich  die  eigentbche  Mauer  und  zwar  zunächt  mxs 
^twa  10  Schichten  roh  behauenor  und  nicht  sehr  sorgfältig 
aanert^er  Handquadem  bestell eud.  Von  hier  ab  ist  das 
lerwerk  regelmässiger  aufgeführt;  und  ich  lasse  die  Frage 
Uffeflj  ob  dieser  obere  Teil  der  Mauer  nicht  jüngeren,  immer- 


*)  Die  Erbauer  des  Amphitheaters  haben  steh,  nach  berühmten  Mustern, 

liivmaf  beschränkt,   nur  solche  Mauern  des  vornngegangeacn  iiltcslcii   Theaters 

|2Q  cntfemen,   die  der  neuen  Anlage  hindernd  im  Wejje  wareu.     Alk  anderr 

Bauleile  wurden»  wie  es  scheiüt,   bcliissen   uud  einC^ich  mit  SchuU  über- 

|ieclEL    Dieses  tmökooo mische,  för  unsere  ForttchuDgcu  freilich  überaus  günstige 

T^ren     wiederholt     sich     bei     dcu     spiitercn     Bauten;     dadurch    blieben 

▼üO    deni    dfK-h    zicmbcb  kleinen  und   cinfacbeu  Amphilhcatcr    recht  au- 

khnHche  Reiste  erhalten 

Der  L'm&tand  nu»,  dass  die  Mauer  W  (Tafel  l\  in  ihren  minieren  Teilen 
tcb  «bf  dem  die  Re&te  der  fruhereu  Bauten  (Perioden  I  und  II)  bedeckenden 
crrictitct  worden  ist,  bewirkte,  wahrscheinlich  infolge  vou  Grabungen 
die:der  Stelle  (Amerbach,  Scbmid  etc<),  eine  teilweise  Senkung  der  Mauer, 
lim  Jahre  i8«j8  wurde  die  grosse  Halbkreismaucr  (W — 'W4)  resfauriert.  Um 
1^  dATuuter  befindlichen  älteren  Baureste  freilegen  zu  können,  hat  man  dabei 
I  die  tQitltereo  Teile  der  Mauer  W  abgetragen,  eine  "r*feilerslütÄkoiisimiklion  als 
FundameoC  erstellt  und  die  Mauer  wieder  aufgeführt*  Photographische 
1  Aufnahmen  dieser  Partie  (vor  der  Wiederberslellung)  von  Herrn  Dr.  Karl 
I  Stciilia  l2&$eti  genau  erkennen,  dass  die  Mauer(echuik  annähernd  der  in  Ab- 
'  tUUnug  1  dargeitcUtcn  entspricht.  Ebenso  ist  aus  diesen  Photographien  tu 
mefaen,  4a&s  die  beiden  hinter  der  Mauer  W  befindlichen  Mauern  D  i  und 
rBi  an  die  Mauer  W  angebaut  wurden  <s,  a.  Seite  107). 


I02 


Frit*   Fr 


hin  römisciien  Ursprunges  ist.     Der  untere  Teil  der  i 
liehen  Mauer  weist  noch  die  Eigentum  lichJceit  auf* 
••inzelnen  Steinlagen   nach  oben    etwas   ztirfiekweic 
Mauer  ist  da  also  n)it  „Anziig'^  aiifgeinbrt.  (siehe  Ahbl 


■n. 


>  ■<   '■: 


L^l  » 


h 


Schon  dadurch  nnterscheidet  sieb  dieser  Teil  der  Hai 
mauer   von    den  ansehliegsenden   wpBtliehen    Mauerköj 
{Wi  und  W2i,  von  denen  weiter  unten  noch  die  Red« 
wird.     Eine    ebenfHUs    auf    ein    äbnlicbes   Fundament 
Starkem  Anzug  gebaute  Mauer  (A.  Tafel  J)  finden 
8ogen.  Sül      *       r,  nun  fast  ganz  Überbaut  von  eiuütl 
der  8üdw  :l   Sceua-Muuer  S2   ^siehe  Tafel  I^.     (J 


Beitrüge  zur  Baiigcsclikhte  der  Roauscheo  Theater  m  Äugst.        103 


»Mauer  jDisst  heute  ohne  das  Fundament  in  der  Höhe 
IHwa  1,65  m.)  In  der  Technik  scheinen  mir  nach  allem 
|>eide  Mauern  gut  miteinander  übereinzustimmen,  so  dass 
die  Annahme  nahe  liegt,  sie  seien  ein  und  derselben  Bau- 
perioda  zuzuweisen.  Weitere  Teile  dieser  Periode  DI  a 
md  wahrscheinlich  im  Boden  mich  vorhanden.  Aus  diesen 
spärlichen  Resten  einen  Sohluss  aui  die  Natur  des  Baues 
m  ziehen,  wage  ich  nicht  Die  Form  der  Mittelmauer 
scheint  ja  freilich  schon  auf  ein  Theater  hindeuten  zu  wollen. 
kitnfcUh  wurde  durch  diesen  Bau  die  nun  entweder  schon 
trsiAUe  Cloake  nicht  beeintrachttgtj  oder  aber  der  Bau  uar 
ittgeMaU  heschaffen^  dass  die  Cloake  in  ihrer  ursprimglichen 
RifMung  (Tafel  11)  erstellt  werden  konnte. 

Auf  diesen  uns  sehr  mangelhaft  bekannten  Bau  (ina) 
folgte?  die  Errichtung  eines  Theaters  illlh),  das  im  Cirossen 
Und  Ganzen  schon  die  Umrisse  der  späteren  Bauten  zeigt 
Hierzu  rechne  ich  folgende  Mauern: 

1.  Die  gewaltigen  Sandsteinfnndamente  nonliich,  bezw. 
südlich  der  sogen.  Seitenräume.  \0  und  (/>!). 

2.  Daij  Kanalt€*ilstück  zwischen  den  genannten  Sand- 
*teinfundamenten  im  südlichen  Teile  bis  zum  sogen.  Deckel- 
nm%  (D)  im  Südseitenraum  (R  1). 

3.  Die  an  die  mittleren  Teile  der  grossen  Halbkreis- 
maner  anschliessenden  Mauerbögen  (\V  1  und  W2)  bis  zu  den 
Wrbindungsstellen  mit  den  noch  später  erstellten  Schluss* 
nuiuem  (\V3  und  W4,  s.  unten K 

4*  Die  untern  engeren  zwei  konzentrischen  Mauern  mit 
;uorsteg  links  vom  Nordeingang.  1  ? 

WahrscheinHch  gehören  die  Substruktionen  eines  Tor- 
ifigiuiged  (?!  ft  tmd  t  1)  ebenfalls  d^^r  Pcriodo  mb  an. 

Alle  diese  Mauern  weisen  durchaus  ähnliche  Fundamente 

Diese   bestehen   sozusagen   ausnahmslos  aus    5  Lagen 

3  bis  5  cm  dicker  Schiefern  aus  stark  bituminösem  Kalke, 

urch  den  nicht  gesparten  fetten  Kalkmörtel  zwischen  den 

iDzelnen    Schieferschichten   erhält    das    ganze   Fundament 

ne  Hohe  von  0,20  bis  0,30  m  (gewöhnlich  0/25  m,    siehe 

bbüdongen  2,  4  und  5).  Auf  diese  Schieferunterlagen  folgen 

der  Regel   nicht  über   10  Katkateincpiaderschichten,    auf 


lleatfftc^  MUT  BdLtti^eiicbichle  der  Rfitnisdieu  TbriUcr  tu  Aui^t        IO5 

▼ielmfihr  darauf  hin,  daB8  diese  ganze  Partie  mit* 
inander,  d.  Ii*  gloichz^^ittg  erstreik  wtirde.  Das  Eanalteil- 
töck  wEm  dann  nh  Ersatz  für  d»?n  durch  die  Erljitunng 
Quaderfiuid&BifMiie  hio fällig  gewordenen  ursprünglichen 
lal  df»n  ich  lair  vom  ^Deckeletein"  (D)  im  Südseiten- 
lig  nach  rückwärts  verlaufend  vorstelle, 

I(  mir  zwitschen  den  beiden  grossen  Sandstein- 

lenteti  [0  und  0  l)  im  Norden  und  Süden  des  Theaters 

"  fi*äud«%    wie    solche    lange  Zeit    bei 

lieh    waren.      Die    eben    erwähnten 

^tnmiMsen  wären  dann  als  die  Fundamente  von  dazu- 

^d^o    massiv  ersb^lten  Aufstiegstürmen    mit  vermut- 

Onindri^    rechteckigen  Wendetreppenanlagen    auf- 

»M*    Solche  turmartige  Aufstiegs^orrichtungen    finden 

gPwAhtüicIi  an  den  Flanken  der  Scenen-  oder  Bühnen- 

'  '        '         römischen  Theatern  vor,  <VergUz.B, 


inrti 


iidall» 


HOdlicb    des    Nnrdein ganges    freigelegten    unteren 

ti  Mauern  zeigen  als  <larchgehendt^8  Fundament 

.     .,o  sehr  soliden  Schieferschichtiingen,     Dagegen 

hiiT   <lit^  för   die  spütem  Perioden    so   charakter- 

^Muorquerstege'*  im  allgemeinen  zu  fehlen  und  ich 

'  *^  ht  für  erwiesen  annehmen,  dass  beim  Bau 

•  Tonti*ni^i*w5lht*sfat2,syiitem  Hchon  Anwen- 

sfunden  hat. 

rir  '  r  auf  eine  Reihe  von  Maueni,  die 

...,..,*:  aus    fünf  Lagen   von   bituminösen 

ides  Fundament  aufweise n.  *)     Diese  Fun- 

bowccIttPit  die  trimischeti  B;iukiitv*itlcr  mit  der  VcnÄ'cndimg 
K^lkK^iererm'  Schrieben  si«?  «licsetii  Malcriale  etwa  eine 
^  Maau^Q  %oc  lini  »clu«! liehen  Einflüssen  der  Feuchtigkeit  schätzende  Wir- 
^^  fij  t   in  drr   daUiich  durchforschten,   mir  xu- 

th^Mh  :,r^  uicbi  ijefuodcn. 

AwMKT  MI  um  f'^andAiiienten  der  Mnuern  der  Fhcaterbanten  nt;i»  Ulb 
iMi  Dir  kottitfc  Uh  in  AQ|p»t  noch  ixn  keinem  romischen  Banleil  den  bttn. 
•niiiiiia  Kjüluckicfrr  irerwetidct   ^ndeu« 

Dm»  ßtrad»'  lu  drr  aufejrianttcifol^'ciulrn  Perioden  IH  »♦   b  a  c 

ftaiifliaiM  Ml*  sl  <  n  M;iifrt.il  heMiActi,  nti^^r  vielleicht  andenteii,  d»N 

4mm  rcrinieo  leilticli  nicht  g;if  wvii  auwi*infindefbc)£en. 


,   /V^^   *"  ivx't 


iTir  K   Siriihtn  in  f.t<rstAS  i&t  diese« 


io6 


Friti  Fl 


daiiient-e  sind  jedoch  etwas  ander»  und  im  aUgememeii 
so  sorgfaltig  ausgeführt,  wie  diejenigen  der  vorbesproc 
Mauern  (siehe  Abbildung  3i. 


TektibbÜdung  8:  Rechts:  Mauer  S  3  d«r  Periode  111  c  ; 

(S.  «.  latt]  1). 


links  :  M«uer  V  drr  Ptrtoi 


Fast  scheint  es,   al«   seien  die  nun   äu   bespri^cii^u 
Objekte  einfach    als   Ergänzungsteile   der  vorangt^gatii 

Gestein  m\  einer  Stelle  am  Khcinufcr,  etwa  hulbwe^«  iwitsctieu  Aug 
Rhciufcldciif  atifgeachiossen.  Id  der  Niibc  »oll  in  romiiacher  Seit  jii  aq 
Sandstein bnieb  betrieben  worden  sein.  Die  Vermnlung  fiegt  daher  i 
die  betrcflTcndcii  Materialien  von  dieser  StHle  Btainmen«  In  den  Oii 
Angibt  ii^l  der  intuminösc  Kalk-Schicfci  nicht  au^trheml.  {VeigL  auch) 
Irägc  lUT  Kenntnis  der  Stratigruphie  des  ßjislef  Taicijlliu'*.  ÜiöuguniUDl« 
von  Or.  Kart  Strübin»  Basel   19011. 


Bcititge  züT  BäQgeschiclitc  der  Römischen  Tbeater  in  Äugst.        IO7 

Periode  aufzufassen.  Es  wäre  ja  möglich,  dass  aus  Mangel 
an  Bütte  In  infolge  kriegerisohen  Vormcklungen  oder  andern 
Gründen  der  Bau  nicht  glüich  hat  fertig  erstellt  werden 
köimen-  Wie  dem  nun  auch  sei:  die  nach  benannten  Mauer- 
körper wird  man  der  nun  folgenden  Periode  irilc)  zuteilen 
müssen : 

1,1  die  beiden  mächtigen  Mauerkörper  (Sl  und  S2)  nörd- 
lich des  Aufstiegturmes  im  Süden  des  Theaters, 

2)  Das  KanalteiLstück  zwischen  diesen  zwei  Mauern 
iTum  ^ Deckelstein ^  im  Südseitenraum  bis  zur  Einmündung 
in  den  alten  Kanal,  westlich  der  Orchestra  (Oj  reichend.! 

8)  Die  Gegenstücke  1 83  und  S  4)  zu  den  unter  1  genannten 
Maaem  \  im  Norden  des  Theaters  mit  den  Quermauern  (C 1  — C  3> 
ua  toseeren  Ende  des  nördlichen  Seitenraumes  R2)J) 

4)  Di©  Seitemnaueni  des  M^ittelganges  (D  1  und  D  2), 
ftindiert  neben  den  Einfassungsmauern  der  Treppe  des  ersten 
Theaters  (Periode  la). 

5)  Gewisse  Teile  des  StützsysteniJ^  am  Umfang  der 
Cavea,  so  das  abgebrochene  Tonnengewölbe  (E)  beim 
inneren  Tor  des  Nordeinganges  (F).  wie  auch  die  beiden 
konzentrischen  Mauern  davor. 

Zweifellos  sind  auch  aus  dieser  Periode  noch  mehr 
Mauerreste  vorhanden.  Durch  geeignete  Nachgrabungen 
Hüd  genaues  Untersuchen  der  Mauertechnik  könnte  da  wohl 
noch  manches  sicherer  ermittelt  werden.  Vom  fertigen 
Baa  dieser  Periode  mache  ich  mir  etwa  das  folgende  Büd : 
Die  vier  mächtigen  Mauerkörper  iSl— S4)  in  der  einstigen 
Anena  bildeten  die  Grundlagen  des  Scenengebäiides,  das 
flankirt  war  durch    die  bereits  erwähnten  Äufstiegstürme,  ^) 


*)  Die  Müucrti  C  i  und  C  2  roüsseo  ursprünglich  höher  gebaut  gewesen 
•tili.  Später  wurden  sie  teilweise  abgebrochen,  wie  an  den  Mauern  S5  uud  S4 
noch  deatlich  ersichtlich  ist.  Was  wurde  dadurch  bezweckt  und  in  welcher 
rmo4e  warden  diese  Umäoderusgei»  ausgeführt? 

*♦  C*rcnaucre  (Überlegung  icigt,  dass  der  Abstand  von  ca.  15«25  m»  der 
die  üordliche»  und  Hidüchew  Sccnamaucm  (S  i — S4I  von  einander  trennt» 
k*toe  willkürlich  gewählte  Grösse  darstellt.  Wi\s  veranlasste  die  Erbauer 
tlioer  grossen  MauerlcÖrper  den  ursprünglichen  Kanal  teilweise  zu  über- 
nwieni  und  dafür  einen  neuen  Kanal  zu  erstellen  (Tafel  I  und  II)?  Entweder 
[4ie  firfürclitungt  das  Kaualgewölbe  sei  der  schweren  Last  der  darüber  lie- 
Ifradftn  SA^oamauer  (Saf  nicht  gcwach«eDf  oder   aber   die  Meinung,    der  Ab* 


I 


^ 


Vor  dieftam  Q^biadey  Mlbstredead  nach  der  Seite  der  Or* 
chesfn  rO)  hin^  erhcJi  sich  die  Bahne.  Diese  winL  m 
Gblich,  ackern  der  Akustik  wegen  aus  Holz  bestanden  haben 
Dtmiii  dttffte  man  aber  auch  nicht  hoffen^  genau  bestimiD« 
bare  Reste  dieses  Theaterteils  zn  finden.  Die  Cavea  hm» 
wohl  etwa  den  gleichen  Radius  wie  die  caveae  der  späterea 
Perioden :  dagegen  wird  sie  in  der  Richtung  nach  Westen  nicht 
ao  weit  wie  diese  gereicht  haben.  Ich  vermute  vielmehr,  dm 
sich  die  beiden  westlichen  Abschlussmauem  des  oberen  Zti» 
Schauerraumes  einige  Meter  östlich  von  den  jetzt  freigelegt^u 
jungem  Mauern  befanden.  Dort  müssen  sich  aber  die  ge- 
wiss stattlichen  Caveaabschlussmauem  des  ältesten  Theaters 
< Periode  lai  i^efunden  haben,  und  so  wie  der  Mittelgang  H 
(Periode lue  >  teilweise  auf  den  Seitenmauem  derTheatertreppe 
(Periode lai  erstellt  worden  ist.  werden  die  nunmehrigen  Cave»- 
abschlussmauem  das  frühere  Mauerwerk  als  FundaiseDt 
benutzt  haben.  (Diese  Vermutung  wäre  durch  geeignete  Grab- 
ungen« —  Minierarbeiten  —  auf  ihre  Richtigkeit  hin  zu  priifea 
Der  breite  Durchlass  »H)  in  der  Richtung  der  TheatPJ- 
axe  diente  einmal  als  Zugang,  Andere  Eintrittsgelegen* 
holten  mögen  an  den  Abschlussmauem  der  Cavea  und  vi«! 
leicht   an    deren    genindt^ter    Aussenseite    bestanden    haben 


wi&stei  CTtthaUende  Kanal  konule  ciuc  scbadltcbc  Wirkung  auf  «las  iiafSbcr 
beüttdlicbc  Mauerwerk  au£iiL>eD.  (B«t  Vitruv  kann  man  z.  B,  ähnliche  uar 
Bedenken  ßndcnj  TItii  »oiche»  Bedenken  «cheint  wirklich  be&tandeQ  «a  lubcB 
Denn  die  »ödwcsiliche  Ecke  (a)  der  äu&icrea  nördlichen  SccoamAuer  (S 
teii^hl  genau  bi&  au  die  Seiteumauer  des  Kanals.  Eine  VeHauf^erung  dies 
Mutier  UAch  der  TbcAtcraxc  ^X— X)  hin,  häuc  auch  hier  eine  Eatfennoi 
und  Verlegung  dei  Cloakc  zur  Folge  gehabt  und  dies  wollte  man  offeiibl 
vermeiden.  Nachden»  so  die  Distanje  der  nordlichen  (äusseren)  Scenamaw 
^^4)  von  der  Thealeraxc  gegeben  war,  erfordcrlc  c*  schon  die  Symmetrie,  d 
enliprccheudc  »iidliche  Mauer  (S  2\  in  gleicher  EntfemunR  von  der  Mitti 
Imie  »H  erbauen.  Wire  die  Clo.aketiiml;igc  gnr  nicht  vorhanden  gewesen,  i 
wurden  die  Sccnaiiirtucrn  (S2  und  S4)  wobl  in  den  Fundamenten  aneinandi 
gebaut  worden  nein,  wie  wir  dies  in  den  meisten  römischen  Theatern  finde 
Die  Autfiihrunj:  der  w est  lieben  Sccnamauer  mag  dann  die  der  ÖätUcben  Maue 
ltör|ier  {S  t  und  S  J>  bccinflusst  haben.  So  muss  man  «ch  in  der  Mitte  di 
mächtigen  Sicucugcbäudcs  wohl  einen  reinen  Holzbau  denken*  Gerade  i 
dieter  Stelle  kamen  &.  Z.  bei  den  AusgnkUung&arbciten  belriichtlichc 
ADÄAmnilunjjcn  xum  Vorschein,  was  die  vorhin  geäusserte  Anscbauting 
tlütieu  k«.n»le. 


Beitfifte  cor  Bauifcsdiicbtc  der  KÖniischco  Thciucr  In  Aug6t.        109 

UHi   d<*r  Cftvea  und  dem  Bühnengebäudo  dürfen    wir 
H&ter   UmütÄtidoii,   nach    Atialagieti,    tu   die   Orchestra 
ido  V  H*M  di*nkpn.    Daö  wärt»   t^in   Bau,    der  ein«> 

All.  .:.  !t  mit  dem  bekannten  TJieater  von  A-spendoi* 
.  b^tte«  1;  VergL  z.  B.  I  Jclrpfold  und  Reisch :  Das  griechische 
r,  Athtm  1890,  B.  387  n.  a.  ik  St4>Ueuj 
Di<?  nttttmehr  folgende  Pha«e  unseres  Theaterbaues 
n'ahnu'beiulich  njit  der  eingetretenen  Notwendigkeit 
amfangrcichim  B«movatiün  zusammen.  Dabei  wurde, 
OS  «cheint.  zugleich  der  Zuschauerraum  vergrössert. 
clmnUcteriittiscben  Merkmale  dieser  Banperiode  sind: 
"L  Die  VerlÄiigerung  der  Cavea: 

m)  im  «ngern,  inneren  Teil  bis  an  die  östlichen  Mauern 

dt^  Scenengebäudes  i  S  1  and  S  3) : 
i^^b>  im  weiteren^  äu^ssem  Teil:   um  einige  Meter  nach 
Warten  durch  die  Eri^tellung  neuer,  teilweise  norli 
#*rlialu*ner  Cavea-Absehlussmauem  (G  1  &  G  2i 
F|.      T  „  .  H  ,^  ^,j^^^  Treppen  längs  dieser  neuerstellten 
»  Idiiiäsmauern. 

Diia  Einbauen  zweier  weiterer  Zugänge  »Nord-  und 
Südgang)  je  in  der  Mitte  zwischen  dem  Gang  H 
und  den  beiden  Cftv^eaabschUissniauem. 

9T  Wiederaufbau   gewisüer    Teile    des  Stüt«systemft 
der  Cavea  und  damit  im  Zusammenhang: 
Die  Er^*   ii.^.  -  y,^|^  (^J^f  Stri*bepfeilem  an  der  nörd- 
rlicihen  »^ite  deü  Theaters.    iP  1 — P5.> 

Wohl  in  dieHe  Zeit  fällt  die  Erstellung  von  nacJi  den 
Ultzen  fahrenden  Treppen  zwischen  den 
.u£t  nlIl-^Lhen  Mauern  zur  Seite  der  drei  radialen 
i*Ji  Milrglich  i»t  (^s  aber^  dass  da»  Einbauen  dieser 
«f»t  in  der  Folgezeit  vorgenommen  wurde. 
Auch  hier  durften  geeignete  Nachforschungen  mit  dem 
„,t   ^,..^..^..    A  "^  'if-spuiikte  !iefr»rn, 

Ai  -'T  Periode  III  d   stellen  wieder   einen 

i*itlirhrn  Typu«  dar. 


ait^f-mrtni?  Anort)iiuD|*  dieser  Trepinni  ksl  stm  deuthchsten  atts  der 
htf  «Dsit   rTimiM^bc   Thcatci    «1    Aiigufla   RanHca"    von 


I  lO 


FrlU  Fr 


Das  für  die  früheren  Bauperiodiin  so  chamktpmt 
Schieierhmdaraent  fehlt  hier  ganzlich;  dafür  treffen 
unterste  Lage  jneistens  eine  St^bicht  mehr  oder  wf»l| 
reinen  Betons  an.     Dann    folgt    in  der  Regel  eine 


TcxUbblldung  I:  Vcrbiiidungssulte  der  Mauern  W  I  I rechts)  und  WS 
der  Perioden  Hl  b  und  111  d  (S.  Tatet  I). 


rolle,    vortretende    Steiuiagc    (Kalkstein*.      lian    anfgeli 
Manei'werk  ist  sonst  aber  in  sehr  sorgfältiger  Weise  ai 
führt;   und   es   iat   beachtenswert*    daäs   die   Mauern 
PeriiMlo  dort,  wo  es  anging,  tiefer  fundiert  wurden,  als  dii 
früheren  Banperioden  (»»ehe  35*  B.  Al)bibliingen  4:  und  h 


■4 
1 


»nr  ßsiiiiEescbklite  der  KontisclieQ  Thcftter  in  Aug;it. 


I  t  I 


luten,  lins  frühere  Theater  habe  durch  ein 
Schaden  erlitten    und  die  nunmehrigen 
Mf»fi  cf  "  ^  Mflach  t  gewesen  ^  das  Neuzuschaffendo 


:££ 


51^ 


JS  s  o 

::2 


dieser  flbemiis    Testen  Bauart  \Ä^rden   im    Lauf^ 

»noch  vorsehiedene  Massnahmen  notwendig,  die 

lg    g»*rdhnij*ter    (Sehändrteile    bezweckten.      Sn 

die  rechteckigen  Hühlräum«^    zwischen  den   ein- 

rrütt^^en  der  konzentriechen  Mauern  au  der  Noril- 

les  Baue»   tnit    Kalksteinbrockeu   und   Mörtel  aus. 

All    ilrn    h«'i<lrii    (^HVi»iihörM**r!i   «»rlKilipti   swh 


Frit. 


EiDinauerangen  ahnlicher  Natur  zwischen  den  £ltorc*fi 
körpern  J  und  J  1*  Verschiedene  Anzaicheii  lassfm  überli 

orkennoii,  dass  zahh'eich»:*  ältere  Maupni  darrmls  :^ 
wnnL  IL    B^'/tMchinnHl  ist  dabei  dio  parti<^llo  Virw 


TcxUbblldurtg:  ö:   Treppen^nlrittruniinmenl  K  iler  FerloUr  lU  c, 
MfebAut  an  die  bedeutend  (iefer  reichende  C<ive«db»cli1us$mittcr  der  Pertode  li| 

{$.  Tafel  1) 


Kalkmörtel    luit    Zusatz    von    Ziogelklniu^chlug   als  M(| 
mörtel  —  Au«  der  gleichen  Zi^it  scheinen  aber  auch  eiuij 
liehe  Verändi^rungoti  zu  stammen,  die  mit  einer  abemiAl 
\''ergrössemiig  desZuschauernuimes  im  Znsainnien hängst^ 
könnten.     Wir    findt^n    *lio    erwähnte    Troppo    im    de 


BcrtträfCP  iiir  Bans^ebichlt  der  Römischen  Tbeatcr  in  Aug&L        i  i.i 

CAVe>alion)*MAner  darcb   einen   neu»3n,    etwa    1.20  m 

Itef^ndon  Aufstieg  er8et«t.   Noci  ist  davon  der  Fun- 

^'>tz  (K)   ^fliehe  Abbildung  B)    mit    einem  Teil 

\i .,   ,.   i  rcppentrittes  vorhanden- ^i  Im  entsprechenden 

liehen  Teil  des  Theaters  muss   eine  ganz  ähnlich©  Än- 
ag  volljcageD  worden  sein.   Ist  doch  auch  dort  das  von 
tlinban    bcrrührentlH    Treppenfnndament    (Klf,    wemi 
weniger  gut  erhultc^n,  zxun  Vorschein  gekonanen, 

|All4^  dieüo  Mauc^ru  weifiou  im  Gegensatz  zii  den  früher 
ii^beneci   die  Etgenttlmlichkeit  auf^    dass  ihre  Aussen- 
1        -i    "     an,    da    sie   ans  dem  ehemaligen 
^^1^,  tiilatte,  regelmiissige  ist.   Besonders 

diee  aa  der  Südwedtecke  der  Cavea  erkennbar.  Denn 
t\  rot      bemalten      Mnrtelfugen      beginnen 

-M  übergfingsstnllen.  Es  sei  hier  erwähnt, 
diu  Anbringung  der  rot^n  Fugen  an  den  dem  Auge 
»n  Stellen  am  ganzi^n  Bau  erst  in  dieser  Zeit;  d.  h. 
der  ErstoUung  der  jüng»:^rnn  Caveahomtreppe  vorge- 
wnrden     sein    kann,    wie    ich  a.  a.  0.^)   ausgeführt 

ii»  breite«   hnfeisenförmige  Mauer  <T),   die   als  Binde- 
te '  ntlichen   Zuschauerraum    und   der 
%\..^  .....     .    .  ilu   kann^   halte   ich    ebenfalls   für 

lukt   der  ßauperiode  Hie.     Denn  die  Bauart  dieser 
t«i  diiio  solche,    dass    sie    mit    keiner   der   in  Frage 
lendim  frftheren  Perioden  in  Einklang  gebracht  werden 
Wohl  abt*r  entspricht  sie  ganz  dem  letztbesprochenen 
w«fm  wir  b^^rücksichtigen,  das»  diese  Mauer,  abge- 
von  dem  S«ndstf^inplattenbelag  ganz   im  Boden   ver- 
,war    \j»ii4ie    Abbildung    3,     links).     Die   Erstellung 
aer  kann  meines  Enu^htens  nur  den  Zweck  gehabt 
da«  NivBan  der  Orchestra  um  etwa  1,6  m  zu  erhöhen, 

T  •üdiichwn  Ca%CAAhi^itis&mAner  sind  heute  Doch  recht  giU  die 
laMr  Tft|ipea^A|Ccn  tu  et  kernten. 
•  Tcriuuk    i;    *    ^    ■    iMinK  der  Mnttrlfugrn   ati    rotniit^hro    >fauern    m 
fU^tTKA.  t;   AO  der  iit beuten  Hifctiplvcri^imnilmig  de*  VeT- 

Wefti*  nt%i\  S^uddcttUchcr  Vereine  für  Romisch-Gemiant&che  Altertnms- 
SA«el   iQCiO) 

IT.  I*  QwKk,  und  Mi^rtum.    V  4.  t  8 


I  14  Fritz   Frey. 

Eine  Reihe   weiterer  Erhöhungen  .  finden  wir  aber  noch  an 
folgenden  Bauteilen: 

1)  im  Nordgang  ( F)  wurde  die  untere  noch  vorhandene  Sand- 
öteinschwelle  ca.  1,40  ni  hoch  überdeckt  und  das  Niveau  dos 
Bodens  im  Gange  ebenfalls  entsprechend  erhöbt 

2)  Durch  die  Höhernahme  der  Caveahomtreppen  wurden 
auch  die  Zugänge  zu  den  Seitenräumen  und  damit  die 
Böden  dieser  Bäume  selbst  um  ca.  1,20  m  höher  gelegt. 

B)  Muss  die  grosse  Halbkreismauer  (W  bis  W4:)  um  etwa 
1,30  m  erhöht  worden  sein.  Jedenfalls  musste  das  Couloir, 
«las  wir  uns  hier  zu  denken  haben,  diese  höhere  Lage  e^ 
haiton. 

Auf  dieses  Couloir  führte  an  der  Mündung  (L)  des 
Nordgangos  (F)  höchst  wahrscheinlich  eine  Treppe  von 
fünf  Stufen  r-^  ca.  1,20  m.  Die  unterste  dieser  Stufen  ist 
noch  vorhanden  iL  Tafel  Ii.  Beim  Südgang  (M)  ist  der  Ein- 
gang (N)  heute  noch  ca.  1,24  m.  höher  gelegen,  als  die  0be^ 
kante  der  Halbkroisniauer.  Es  ist  femer  zu  beachten,  daa 
l)('i  der  Annahme  eines  Steigungswinkels  des  Zu8chaue^ 
rauni«»s  von  31"  —  i siehe  Abbildung  7>  entsprechend  dem  Nei- 
gungswinkel der  bei  der  Orchestra  gefundenen  treppen- 
wangenartigen  Sandstoine  —  das  mittlere  Couloir  ebenfalls 
um  rund  1,20  m  erhöht  gedacht  werden  muss.  Dabei  ist 
njicli  Analogien  angenommen,  dass  die  Sitzreihen  etwi 
0,80  m  über  dem  untersten  Umgang  begonnen  haben  werden. 
Hei  der  Ifündung  (P)  des  Mittelganges  (H)  lässt  insbesondere 
der  Zustand  der  nördlichen  Seitenmauer  (Q)  erkennen,  das« 
das  Couloir  daselbst  eine  höhere  Lage,  als  sie  die  grosse 
Hall)knMsmauer  aufweist,  gohabt  haben  muss.  Schliesslich 
douti^t  auch  die  Kichtungslinie  der  jüngeren  Südcaveahorn- 
tn^ppe.  die  noch  verfolgt  worden,  kann  auf  eine  solche  höhere 
Lag«»  hin. 

Wjis  s<)ll(»n  ab.M'  all  di<^s(^  Erhöhungen?  Ich  glaube, 
man  halt«»  di(»  Absicht,  den  Zuschauerraum  etwas  zu  ve^  ^ 
;2:n)sscrn.  Ks  mag  dies,  wie  schon  bemerkt,  anlässlici 
durchgnMf(Midt*r  Renovationc^n  am  ganzen  Bau  geschehen 
sein.  Unter  Beil)ehaltung  des  bisherigen  Steigungswinkels 
der  (l'avea,  konnte  eine  derartige  Vergrösserung  eben  durch 


Beiträge  zur  Baugeschichte  der  Römischen  Theater  in  Äugst.        1 1 5 

e  ErhöhuDgen  bewirkt  werden.     Es  ging  dabei  in  der 

Q  Orchestra  allerdings  etwas  Baum  verloren;  dafür  ge- 

i  man  mit  den  neuen  oberen  Sitzreihen  um  so  mehr  Platz. 

naher   liegende  Erklärung  wüsste  ich  gegenwärtig  in 


lg  auf  diese  überall  einen  ähnlichen  Wert  ausmachenden 
»hungen  nicht  anzugeben. 

Diese  letzte  grosse  Renovationsarbeit  ist  Uank  vieler 
elfonde  annähernd  datierbar;  sie  muss  in  etwa  constan- 
cher  Zeit  geschehen  sein. '  i 

•*  SoUte  dieser  Umstand  nicht  jj^^cignet  sein,  die  unklare  Stelle  bei 
ianus  Marccllinos  —  Apud  Sequanos  Bisontios  vidimus  et  Rauracos 
wüotes  opptdts  roultis  —  auf  Äugst  zu  deuten,  statt  auf  Basel  ? 


1  !'■  Fr:t2    Frey. 

Mit  di»rs»rii  l^zzi^T^Zi.  wi»r  wir  gesehen  haben,  ziemlich 
umfarigrriche::  bäTiüchrrii  Vf-randerungen  hört  die  weitere 
Eutwjfkliiii^  *i-s  TLrater:?  auf.  Nur  ganz  unwesentliche 
Spur-ij  siiri  g-:::»r!i\vän:ü:  zu  erkennen,  die  auf  noch  spätere 
HA\iarh*rhrii  srhii*-»s*>ii  ia.'?5€-:j.  S<^»  findet  sich  an  der  äosseren 
Seit»?  'i»r  Xör'lwest5C»rriair*aii»fr  S4.  bei  der  daselbst  vo> 
haii'i'ri»ii  LichtOffiroiig.  ein-^  primitiv  ausgeflickte  Stelle  iB). 
wi'lfh^  n^fch  d^r  gr'i>s»?:i  Aiisfu^ingsarlieit  entstanden  sein 
irniss.  r)aiin  aii^-r  rijuchte  ich  das  Mäuerchen  (Sj  parallel 
ihm  wi'Stli'-bv'Ti  Sf»Miamau»>rM  ♦?benfalls  einer  recht  späten  Zeit 
zn\v('i<K'ii.  Müu'lich  ist  es  ja.  dass  die  Erstellung  dieser 
kl«Mii*'ii  Mauf-r  in  di*-  P'Ti«»de  lue  fallt:  aus  einer  dff 
frühnr«-!!  Baupt-riodon  dü'lio  dieser  so  überaus  primitive 
Bauteil  wnhl  kaum  stammen.* 

*i  I>ir  Zweck  riir5-e>  Miiutrcht-iis  ist  nicht  recht  klar. 
SiiKiii^'e  ni.iii  d.i.->  i'.iii;;<tc  Iheaier  :ils  einheitlichen  Bau  auifasste  (sidie 
Scitf  97 j  konnte  in.iii  darüljcr  im  Zweifel  sein,  ob  die  gewaltigen  Maon^ 
h'iriier  Ni  his  S4  1  I  afei  Ip  I.{c>tai»dtcile  des  Sceucngcbaudes  darsteilen  oder 
nirlit.  Nach  /.:ib!n:i<.h'.'n  .\n.il<>^'.en  biiite  sich  nämlich  das  Scemigebiodc 
weiter  wr-»tli»h,  <1.  h.  vuii  «iem  Zu-chaucrrauni  mehr  entfernt,  befinden  solle». 
Man  ;ilaiiljte  nun.  in  dem  t^ichicfe  wi^ilieh  von  den  Mauerkörpern  S2  undS4 
dun  li  die  \i»r;4e«.eli'  n«-  Aus^rabun«^  der  Aiena  des  Amphitheaters  auf  ansehn- 
iirhi;  Ke-ite  ile-  Scf-nen^ebaudc;»  de^  jjnjjsten  Theaters  zu  stosscn.  In  d« 
Knl^e  kam  j'-doth  In-i  die^en  (iral);irbeilen  nur  «las  Mäuerchen  S  zum  Vö^ 
'.«hein.  da«*  aU  J  i:il  «b.>  jün^^ten  Theaters  auf^efa.sst  werden  musste.  ^ 
andern  frei;ielir;;ien  Mauern  j^eh'irten  durchwegs  /u  ilcr  amphilhcatralisdieti 
Anlage.  [\>  halte  nun  viel  für  s-ieh,  da>  MÜucrchen  S  als  Restl>estimdteil 
Arr  Küekwand  eines  primitiven  Seenen^ebiiudcs  anzusehen.  Die  mehr  » 
<:nifai  Im:  Mau.iil  «lit>rs  Se«Mien;^ehäudes  j^ej^enübcr  den  andern  monumeotaleB 
leilt-n  de^  1  healers  (;i klärte  m.in  hieb  eini^ermasscn  durch  die  Annahme,« 
h.itttn   /um    W'riti.rbau   in   der  l)i«sheri^cn    \Vei>e  die  Mittel  gefehlt. 

Uunb  die  iPMurren  l'\'>tsii.'llun^en  des  melirmal igen  Umbaues  des  Thcal«" 
ist  linse  i'ra^ir  meines  I-'rachteiis  im  Wesentliehen  entschieden:  Das  Sccim»* 
;M-l».iiidi-  wunlc.  wie  sehon  ^^esa^^t,  durch  die  vier  stattlichen  Mauern  Sl  bs 
S4  mit  iliMii  \'erl;ini;erun;;en  naeli  Norden,  bc/w.  nach  Süden  begrenzt-  Bis 
/u  deni  als  ri-iKnl«:  Illd  (sirhe  Seite  iC)»j)  bezeichneten  Umbau  entsprach def 
Al»>.lmd  iliT  t'avea  \«»n  der  Seen.i  wohl  ziendich  den  bei  ähnlichen  römiscbfO 
1  InMtrrbaulcn  libluiien  Werten.  l)»ireh  <lie  Krwciterung  der  Cavca  in  wesl- 
behc  r   Kulitun^  wurdi-n  diese  X'erhiiltnisse  tlann  zu  anormalen. 

hie^i-i  l'mbati  muss  aber  aueh  die  Hühnc  stark  bccinflusst  hal>en;  jeden* 
Ldls  hat  .lie.se  dann  nieht  mehr  tlcn  von  Vitruv  angegebenen  Normen  ent« 
spiiMJieri.  1 


zur  Bauiteftckiditc  der  RSmiftchen  'llicater  tti  Äugst. 


117 


iekeii    wir    schliesalich    Jie    verschiedenen    Bau- 
rOmischen   Theater   zu    Äugst,    so    gelangen 
BOWUrtigt^n   Zeitpunkte  uml    nnter  Beobachtung 
[gÄiroiinenttn  Ucsuhate  zu  folgender  Entwicklung: 
L     a)  Alteatc^a  Theater. 

I      b)  ümbuiu:   Nachge wiegen    ist   die  Aufgabe 
des  oberhalb   des  Hauptumganges  befind- 
lichen Couloirs  (siehe  Auui,  1), 
IL     a)  Ampbitheatraliäche  Anlage    (Gladiatoren- 

the^ater?) 
IL     b\  Einbauen     von     sogenannten     Zwingern 
(Nebengelassen  I,  wahrscheinlich  zur  Auf- 
führung von  Tierhetzeii  u.  s.  w,, 
HL     a)  Theater   (?).     (Mauertechnisches    Charak- 
teristikum r  Schwaches  Schieferfundament 
Mauern   unregehnässig  und   teilweise   mit 
i^AnÄUg*  gebaut )  Ersstellung  der  ursprüng- 
lichen Cloakenanlago  (siehe  Tafel  II). 
b)  Die  Erstellung  der  Quaderfundamente  ini 
Südwesten    erfordert    eine  teilweise  Ver- 
legung der  CU>akenanlage  (siehe  Tafel  2). 
(Mauortechnik:  Sorgfältigste  Fundamente 
aas     bituniinrȊen     Kalkschiefern.     Outes 
Mauerwerk) 

ML  c)  Steinernes  Scenengebäud^jj.  Dadurch:  Ver- 
legung einer  weitern  Canalstrecke  (siehe 
Tafel  IL).  Erstell uixg  des  Mittelganges. 
Tonnengewölbe  -  System  u,  s.  w.  iMauer- 
tachnik:  Gutes  Schieferfundament  aus 
hh  em  Kalke.  Sorgfältigausgefülirto 

K:l^  1  mauern.) 
HL  d)  VorlÄngemng  der  Cavea,  Neue  Treppen  an 
den  Caveaabschlussmauem.  Erstellung 
dcia  Nord-  und  Siidganges,  Wiederaufbau 
gewisser  Teile  des  Stützsyistems  an  der 
Pbripherit»  der  Cavi*a.  Erstellung  von 
Sttitepfeilern  an  der  nonl  westlichen 
^'^^*  ■  des  Theaters  u.  s.  w.   Einbauen  vov 


ii8 


Periode  11 1. 


IVriode  lll. 


Fritz  Frey. 

Treppen  zwischen  den  konzentrischen 
Mauern,  seitlich  der  drei  mittleren  Za- 
ägnge.  (Mauertechnik:  Betonfnndament 
oder  Fundament  aus  Steinbrocken.  Tieb 
Fundationen.  Sehr  sorgfältige  Maaenmg^) 

e)  Bi*novatioii  des  ganzen  Baues.  Stöti- 
zwisclienniauern  an  den  CaveahömeriL 
Fülliiiauorwerk  beim  Stütz-System  im 
Nordwesten  der  Cavea.  Erhöhung  der  Or- 
chostra  und  verschiedener  anderer  Baa- 
toilo  yüngoro  Caveahorntreppen).  Bot 
bemalte  Mörtel  -  Ausfugungen  an  allen 
sichtbaren  Mauern  aus  Handquaderchen. 
(Mauerteclmik :  Fundament :  Kalkstein- 
l) rocken  und  -Stücke.  Rohes  Mauerwerk, 
soweit  dasselbe  im  Boden  steht.  Darüber 
sorgfältig  ausgefülirte  Mauern.) 

f'  S|)uron  letzter  Flickarbeiten.  Kleine  Maner 
hinter  der  S(?ona.  (Vi 


Mehrfacli  ist  in  den  vorstehenden  Ausführungen  betont 
worden,  dass  eine  sichere,  einwandfreie  P]ntscheidung  über 
dif^se  oder  jene  bautechnisehe  und  baugeschichtliche  Frage 
imr  dureh  weiter«» .  geei<i:nete  Nachgrabungen  erzielt  ^ 
werden  kann.  Nachdem ,  wie  wir  gesehen  haben,  die  i 
BeschaffenluMt  der  Mauerl'undaniente  sich  als  ein  unter  1 
Umständen  st^hr  zuverlilssii^es  Mittel  zur  Klassifizierung  der  j 
einzelnen  Ban[)eri(»d»'n  «Twirsen  hat.  musste  man.  mn  sicher  I 
zu  glühen,  eigentlich  jed»'  ^lainT  bis  zu  ihren  Fundamenten 
untersuchen.  \'erscliie<h^n<'  wichtige  Fragen,  wie  z.  B.  die 
des  Vorhandensrins  dtM'  vernmteten  Caveaabschlussmauern 
der  Perioden  I  und  III  c  könnten  nur  durch  förmliche 
Stolleneintrieb«'  in  das  (.'aveaniassiv  gelöst  werden. 

Per   Uüte    Herrn  J)r.  Th.  Burckliardt-Biederraanns  ver- 
danke   ich    den    Au.szug   eines   J^ericlites    aus    dem    18.  Jah^ 
hundert,    worin  IStadtlieutenant    Stehelin    sich    des   ihm  e^  . 
teilten  Auftrages,    neuaufgefundenene   römische  Baureste  iB  | 
Äugst  zxi  untersuchen,  entledigt.     Aus  diesem  Bericht  geht 


Äter  in  Aiig^t.        t  1 0 


vor,  dass  sich  in  der  Nähe  der  Nordwestecke  der  Cavea 
Theaters,  in  ziemlicher  Tiefe,  ein  gemauerter  Gang 
serleitungV)  befinden  nmss.  Sollten  wir  hier  wieder 
Cloake  vor  ims  haben ^  so  ist  anzunehmen^  dass  die- 
unweit  des  Theaters  in  den  nach  der  Krgolz  führenden 
uaal  einmünden  wird.  Ist  es  dagegen  eine  Wasserzideitung, 
B^  mir  weniger  wahrscheiidich  vorkommt,  so  würde  die 
ritung  wohl  in  Zusammenhang  stehen  mit  dem  soge- 
[uannteti  Heidenlocb,  dem  Ausstrahlnngspiinkte  verschiedener 
iWiis^erleitungen  —  nach  iler  heutigen  Annahme.  Wie 
auch  sei,  hier  kann  ebenfalls  nur  der  Spaten  die  end- 
iltige  Losung  der  Frage  bringen. 

Unerforscht  im    heutigen    Sinne    des  Wortes  ist   ferner 
\4ie  ganze  obere  Partie  der  Südhälfte    des  Zuschauerraumes. 
aus   dem  Grundriss   des  Theaters    (Tafel  Ij    hervorgeht. 
Di^    Angster  TheateiTuinen    bergen  wohl   noch  manche 
[interessante   Einzelheiten,     deren    Kenntnis   dazu    beitragen 
Ijytrde,  unsere  Vorstellungen  von  den  mannigfachen  Epochen 
r  ver  vollständigem 
Ein    Blick    in   die  Ausgrabnngäliterattir  zeigt,    dass    an 
[antiken   Baudenkmälern    sich    verhältnismässig  oft  mehrere 
IjBauperioden^  nachweisen  lassen.     Um   nur  von  Äugst  zu 
PH,  kann  gesagt  w erden ^  dass  an  zahlreichen  Resten  von 
^wohnlichen    Häusern    solche   Um-   oder  Neubauten    wahr- 
genommen werden  können.     In  den  meisten  Fällen  weisen 
wenigstens  die  älteren  Baureste  Brandspnren  auf,  was 
ii©  jüngeren   Bauten   gewöhnlich   erklärt.     Wie   verhält    es 
rieh  aber  bei  den  Theaterriüncm  in  Angst,  die  in  ihrem  ver- 
^wiekelteii   Aufbau   nachgerade   an    das   klassische  Dionysos- 
Theat*>r  iu  Athen  erinnern?     Wie  verschieden   müssen   die 
Verhältnisse    in    der   alti-n   Augusta   Eanrica    beispielsweise 
gegenüber  denen  im  beimchbarten  Vindonissa  gewiesen  sein. 
5n  stattliches  Amphitheater  heute  keinerlei  Spuren  von 
Jmbanten  erkennen  lässt. 


über  den  Judenfriedhof  in  Zwingen 
und  Judenniederiassungen  im  Ffirstbistum  Basel 

Von  Achilles  Nordraanii. 

In  der  hart  an  der  schweizerischen  Grenze  gelegenen 
elsässischen  (jremoinde  Hegenheini  hat  sich  die  mündliche 
(Jberliet'oning  fortgepflanzt,  dass  der  dortige  jüdische  Fried- 
hof, der  nach  der  noch  vorhandenen  tTründungsiirkunde  im 
Jahre  1673  von  Hannibal  von  Bärenfels  bewilligt  ynirAe, 
an  die  Stelle  einer  Begräbnisstätte  getreten  sei,  die  sich  för 
die  Judenschaft  einer  weiten  Umgebung  in  Zwingen  bei 
Laufen  im  heutigen  Kanton  Bern  und  damaligem  Fürstp 
bistuni  Basel  befunden  habe  und  die  wegen  Überfüllung  um 
jene  Zeit  geschlossen  w^irde.  Nachforschungen  über  die 
(.Tescliichte  des  Hegenlieiin«^r  Friedhofs  haben  uns  veranlasst, 
auch  dem  Friedhof  in  Zwingen  die  Aufmerksamkeit  zuzu- 
weiulen.  \Vir  gehen  hier  die  Befunde  wieder,  die  darüber 
(Tho>)en  wenleii  konuttMi,  und  schliessen  daran  die  Veröffent- 
lichung einiger  wenig  oder  gar  nicht  gekannter  Tatsachen 
über  .JudtMinirderlassungen  in  den  Herrschaften  Zwingen 
und  Birseck  des  damalig'Mi  Stift(^s  Basel. 

[Tnser  (iuellenniaterial  entstammt  im  Wesentlichen  dem 
fürstl)ischöriicheu  Archiv.'/  zu  dessen  Bestandteilen  eine  be- 


')  Dieses  Archiv  bat  cini^tr  Wainleiuii^^eii  durchjjcmacht.  Zuerst,  wi« 
n.iliirlii:h,  in  rriinlriU  aiillx'w.ihi t,  j^olan^tc  es  im  J;ihrc  l8oo,  als  das  1793 
in  das  DrjKutcinrut  du  Moni- Ten  ihli-  uiTij^ewandclte  Fürstbistum  zum  ober- 
ihcinist.hen  Dfpartfincnt  j^cscblagcn  wurde,  nach  Colmar,  wurde  1815  i"" 
Anschluss  an  die  Bc^chliis>e  des  Wiener  Kongresses  nach  Pruntrut  zurück- 
^cscliickt,  zulet/t  im  Jahie  i8<)9iiach  Bern  verl)racht  und  dort  mit  dem  kan- 
KniaU'n  Staai^arcliiv  vercini^jt.  Um  vijllig  l)cnützl)ar  zu  sein,  müsstc  es  neu 
geordnet  werden.  In  (olmar  cxi>tiiMt  noch  ein  Inventar  desselben,  in  dem 
unter  anderem  erwähnt  werden :  Die  Herrschatlen  häufen  und  Zwingen 
1 5'>7  — 1 7><9,  22^  vol.  I-'-s  ist  nu'iglicli,  class,  in  diesen  Fascikeln  vcrstcdtt, 
«Nich  noch  Jutlenakten  vorfinden,  die,  was  ja  auch  sonst  vorkommt,  dem  spe- 
ziellen Kascikel  nicht  einverleibt  wurden.  Hei  einer  späteren  Bearbeitung  dci 
einschlägigen  Fragen  wäre  hierauf  Rücksicht  zu  nehmen. 


Oller  dmt  JinJcnfriedliof  in  Zwingen  cie. 


111 


i\rT^    «Itiiiai^    d«i0  juib^,    der    «,Fa8eikol    .laiien^    gehört, 
l^oaaore  Aafoehrift  lautet:   Actii   und  Anstalten  in 
Hg  di^r  Jndi'^n  in  und  iiusiier  dorn  Fürst43iitiim  Baset 
mifl    Hundi^liwhÄfepttt^nte.      Actes    ot    reglementa 
aaiit  les  juif»  tlans  la  priucipaut^^   de  Bäle.     Patentes 
[pniUMrttcm  et  d©  commiTce.     Aul'  414  Bliitterii  enrliält  er 
215    von    14r»l  —  \7*M~)    reichende    Dokumente,    von 
dio  iiaclistehenden  zwei,  die  wörtlich  hier  abgedruckt 
deu  Jnthuh'miUoi  in  Zwingen*)  botreffen. 


IBIar       M 

B'       '  luden  B«'^ri»bins9  für  Zwingen. 

V»  I  ien    wnr   tlohann    Cotirad,    Bischof   zu 

J,  nrknndeu  hiermit,  nachdem  unserem  Hath  und  Vogt 

n,  lieber  Bntedorr  onnd  getreiiwer  Johann  Fnintz 

,..  ,^,fc;<*nbach   von  denn   in   unser  Teutscher  Herrschaft 

anderer  lunliegender  *^hrten   sich    aufhaltenden  Juden 

[•niltohM.  vorg^ljracht  werden^  welcher  Gestalten  Sie 

'  '    '         fahren  hiero  eine  nächst  bei  unserem 

^^•*ti^i!i  Bi»gnibuiös  liaben,  get^talten  denn 

Gehrnurh  nach  solch  wirklich  mit  der  verstorbenen 

pr   RUsgeflUlt    und    äu    andern    dahin    sm    legen    khein 

er    PltttÄ    mehr    ünye    mit    angehenkhter    gehoröand)er 

isigmid  Pill,  wir  wollten  gd  erhuiben»  das^  sie  eines  Viertels 

(ohn»  ihm  auch  bei  obgedachter  Ihrer  Begi^bniss  ein- 

l)  «u  b«Hft*iit<'»t«^m  Ende   noch  Weit^rs  gd    vergönnen. 

?nn    wir   hiermit    kein    sonderbar  Bedenkniss    tragen 

kliAiiu    berairtor  ITnuer  Vogt   und   Bruder   zu  Zwingen 

;to  Vf*rlang«*ndi^  Virrtel.*^  b<*zurkh    zur  Begrabung  Birer 

TnJfiMi    irair.M^     tr*vu'r'.lH«ti«  ^•»r    Erkanntnifis    ver- 


Jvdcolitcdli  ^cii  i>l  uustici  W  lÄ^cris  bis  jetzt  ciii  einiit^c^ 

Litenlnr  r    bti   Scheid :    Histoirc    des    jiiife    d*Al&ACc. 

^F»  !••  1*1  - 5* S»     Aiusei  einer  freien  fiAnjcösischen  Überlrugmig  der 

itiguiil^  gibt  die%er  Autor  nur   eim|re  ^mu  kurze  Notinen.    '*** 

Im  H«ufittc3kt  (tufiickt^ekommcij   werden  soU* 

fr?  Kenn^*!  »irs  Finsilfi  Vut  i  beitpriihi 

.  -u»    noch  in   snnrni  h;ui  -en  Nach* 

1  «W  eine  urtMmva  iic»cliroibiiii{>  4c%  Schla«ise%  Zwlt1^cI]  frntbAJt*  den  leüEteron 


122  Achillet  Nordmann. 

willigen  und  anff  Ihr  gebührendes  Gesach   dieser  nnser  gd  | 
Erlaubniss  Ihnen    in   seinem   Nahmen    einen    schriftüclien  ] 
Schain  erthaillen.    Zur  Urkond  haben  wir  unser  gewöhnlick 
secret   Innsiegel   für  aufftrückhen  lassen.     So  gescheh  und 
gel>en   auf  unserem   Schloss  Pnmtmt  den  9.  Martiy  1668l 

n.  Blatt  142. 

Vogt  «u  Zwingen. 

Welcher  Oestalt  der  Herr  Graff  von  Fürstenberg  ni 
Stielingou  von  seinen  schirmb  verwandten  Juden  einer 
Menke  genannt  und  dess  zwar  in  Basel  gestorbener  aber 
bei  Dir  vergrabener  Tochtermann  bei  uns  mit  mehrerer  Er- 
innerung einkam.  gibt  dir  das  copeylich  inliegendes  Schreiben 
zu  erkennen.  Nuhn  haben  wir  dessfiahls  und  was  von  Altem 
hftm  etwan  von  ausländsch  oder  einheimbsch  Jud  für  ein 
Ilecht  der  Begräbniss  halber  bis  dato  observirt  worden  sein 
möcht  kein  eigentliche  Wüssenschaft  Dahäro  denn,  da» 
Du  mit  nächstem  einen  erforderlichen,  umständlichen  Bericht 
oinzuschickst,  damit  auf  solchen  hin  wolvermeldetem  Herrn 
Graf  von  Fürstenberg  wir  wiederumb  beantworten  mögen. 
Inzwischen  kannst  etwan  den  sogenannten  bei  dem  Rothen 
Hauss  vorarrestirten  Judt  Jonas  wiederumb  erlassen  gestatten, 
Deines  befindenden  Kechts  wegen  Dich  jeder  Zeit  zu  er- 
holen wissen  wirst.') 

Indem  wir  inzwischen  mit  gd  Wollen  beharrlich  wohl 
zugethan  verbleiben  Datum  V.  U.  S.  R«)  den  29.  Jan.  1678. 

Aus  den  wiedergegebonen  zwei  Dokumenten,  die  offen- 
bar beidt*  nur  als  p]ntwürfe  oder  Abschriften  von  Erlaasen 
des  Bischofs  Johann  Conrad  von  Roggenbach  (1656 — 1693) 
an  seiniMi  als  Vogt-  in  Zwingen  amtierenden  Bruder  Johann 
Franz  hei  den  Akten  liegen  geblieben  sind,  lassen  sich  fol- 
gende Tatsachen  ableiten: 

Die  Existenz  des  Judenfriedhofs  in  Zwingen  ist  authen 
tiscli  erwiesen. 

Im  Jahre  IHOS  war  dessen  Areal  so  angefüllt,  dasi 
innerhalb  der  Uinzäuming  nur  noch  ein  kleiner  Kaum  übir( 


*)  Der   let/Acre    Satz   bezieht    sich    auf  eine  ganz  andere  Angelegenhd 
und  ist  hier  nur  nebenbei  zugefügt. 

*)  V.  U.  S.  P.  =  von  unserem  Schloss  Pruntmt. 


über  den  Judeafricdhof  in  Zwingcii  et 


^^5 


Dor  Bt9cliaf  ermächtigte  seinen   Bmder,   den  Vogt 
ZwingKin.  clesseo  Benützung  gegen  das  gewöhnliche  Ent- 

p*r  I  ^  ^ttz  wird  nicht  nur  von  den  im  deutschen 

ile«   1  >  ansässigen  Jnden,   sondern  auch  von 

bim  4tiT  Angrt*nzi«nden  Unigebnng  benutzt, 

vordenklichen-  Zeiten    soll    er   bestehen.     Das 
li»....   -ht   ist  seihst  d^ni  Bischof  nicht  bekannt. 
Dm  iltts  Jalir  li>73  in  Ba^^el  verstorbene  Juden  sind  in 

(in  btMjrdigt  word«*n. 
Bei   W€?itereni  Eingehen  auf  die  Geschichte  des  Fried- 
ig ii.i».r.  w.^  ri  vorerst  die  Frage  nach  dem  Zeitpunkt  seiner 
•er    Ansdmck    ^unvordenkb'ch^,    den    der 
>niu€fat,  sagt  in  dieser  Hinsicht  nicht  viel    Zwei 
Cjreneratinnen   genflgen.    zumal   in   Perioden   dar- 
ernden   geschichtliclien    Sinnes,    nni    Erinnerungen 
r«rwi$chen.    die   noch   kein  Jahrhundert   zurückreichen. 
nd  derartige  Angal>en  nur  mit  Vorsicht  zu  ver- 
;.    un    Scheid*;    hierüber    sagt,    „que   ceUii-ci   (der 
friodbof  in  Zwingern  existait  longtemps  avant  les  büchers 
il4*  ai^le^.  somit  den  Friedhufursprung  vor  die  im  An- 
nn    drn   schwarzen   Totl    stuttgefundenen   Jndenver- 
pn  tun  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  zurückverlegt. 
iiil  (las  mnti  Hwas  gewagte  Auss*tmng.    Auf  eine  direkte 
Qbiir  «lie  Quelle  für  dieselbe,  die  ja  überaus  interes- 
m  vhkfe.  antwortete  dieser  Autor  verlegen  aus- 
üQ   d^mt  atigi^noninieu   werden   kann«   sie  beruh«» 
ig  auf  einer  etwaa  weitgehe mien   Deutung  des  Wortes 
"  *  uklich". 

R&t>4el  wfire  mit  <?inen»  Schlag  gelöst,  wenn  eine 
LUprJinit  des  Brief««  sich  Vorgefunden  hätte,  den  der  Bischof 

'      g   auf   dnasen  Anfmge   hin   ein- 

^11  ilissiven,  die  darauflün  durch- 

ap«n  wurden,  fehlt  eine  solche  Copie,  Eine  Erkundigung 

TenhergWhen  Archivdirektion  in  Donau- 

u^vn  iiiu  j*  ii-Mi  Mwaigen  Verbleib  jeuer  Antwort  ergab 

8tiv^»fs  Re^mltÄt 


124  Achillet  NordmanD. 

Fruchtlos  waren  auch  Nachforschungen  über  weitere 
Judenakten  in  Bern.  Mag  auch  bei  einer  Neuordnung  der 
schon  erwähnten  grossen  Bestände  noch  das  eine  oder  anden 
auf  Juden  bezügliche  Dokument  getroffen  werden,  so  geht 
aus  dem  Inhalt  des  Fascikels  „Juden''  doch  hervor,  dass  so 
ziemlich  alle  hieher  gehörigen  Schriftstücke,  die  in  der 
bischöflichen  Kanzlei  vorhanden  waren,  darin  vereinigt  sind. 

Es  wurde  erwogen,  ob  das  Amtsarchiv  Laufen,  das  die 
Akt^n  der  ehemaligen  Amtsschreiberei  Zwingen  aufgenommen 
hat,  vielleicht  Anhaltspunkte  liefern  könnte.  Dort  sind  die 
alten  Kontraktenbücher,  Korrespondenzen  und  allerlei  andere 
Schriften  aus  dieser  Vogtei  aufbewahrt,  die  bis  zum  Jahre 
1550  zurückreichen,  indessen,  obwohl  gebunden,  in  einem 
ganz  ungeordneten  Zustand.  Trotz  vielfachem  Suchen  hat 
sich  nichts  ergeben,  was  über  das  GMbidungsjahr  des 
Zwingener  Friedhofs  hätte  aufklären  können;  indessen  ist 
OS  nicht  unmöglich,  dass  gerade  an  dieser  Stelle  hierauf  be- 
zügliche Dokumente  versteckt  sind. 

Bei  den  vielfachen  Beziehungen,  welche  die  Familie 
von  Roggenbach  zum  Bistum  und  namentlich  zur  Yogtei 
Zwingen  gepflogen  hat,  die  während  mehrerer  Generatiopen 
von  ihr  verwalt4?t  wurde,  konnte  vermutet  werden,  dass  das 
von  Roggenbach'sche  Familienarchiv  zugehöriges  Material 
enthalten  möcht«.  Es  beflndet  sich  zur  Zeit  in  EhnerEahmaa 
gegenüber  Fall  mau  im  badischen  Wiesonthal,  dem  Sommer- 
sitz dos  Herrn  Stnatsministers  a.  D.  Franz  von  Bogg^bach. 
Letzterer  war  so  freundlich,  es  durchzusehen  und  uns  zu 
berichten,  dass  keine  derartigen  Schriftstücke  vorhanden 
seien. 

Beim  Mangel  anderweitiger  Quellen  lag  der  Gedanke 
aiahe,  in  den  Sehaffneyrechnungen  des  Amtes  Zwingen  Hin- 
weise über  <lio  Anlage  und  Begründung  des  dortigen  Juden- 
friedliofs  anzutreffen,  in  denen  —  so  hätte  man  denken 
sollen  —  die  damit  zusammenhängenden  Einnahmen  ge- 
bucht worden  seien.  Ihre  Durchsicht  lehrte,  dass  irgend 
welche  vom  Friedhof  herrührenden  Gelder  darin  nicht  an- 
geführt sind,  lieferte  aber  anderweitige  Anhaltspunkte,  die 
über  die  Frage  seiner  Begründung  Wahrscheinlichkeits- 
schlüsse zu  ziehen  gestatten. 


übtf  ämn  JtidwifriÄdhnf  in  /winprit  rlr 


«^5 


Vom  Jalift?  1437  an,  vou  dt*ni  an  «lie  Sehafifnt^jrecb- 
II  ftlr  Zwingi^n  und  Ltiuftm  in  Ben»  mifbewahii  werden. 

fiim  Jahre  1574  geschieht  der  Juden  in  deitöelben 
M  Erwähnung*  <*rsi  im  .lalin>  1575  w<*rflen  sii*  zum 
ramul  gimünnt*    G^s  hensst  hier: 

^Etunemen  Gelt  von  den  Juden.     Satzgeh. 

tum    Von   !i»hv  Jud»*n   von   Zwingen   hiut   seines  Sau* 

Iw  tlf  Miirtirjv   .'»niiM  75  \  iM'fitllpii*'  Srltiniig^'lt   (empfange 

■Ffrad. 

ftt'in    VMU    iHntiru    lüttai*!»,    tibgcmehs    Löwen   Tochter- 
mm  von  je<lem  16  Gulden, 

Itf*m  von  MiiLbisi  Juden  von  RöBchenz,  Miehaelen  seinem 

und  Hcblani  Judini  daselbst,  so  sie  uff  palmanim  ver- 

vermög  Ihrer  SaUbrieffcn    ingenommen   40  Pfund.*^ 

t    wortttidi    die    gleichen    Einnahmen    sind    für    die 

I57t>  und  1577  verzeichnet  In  der  letzteren  Schaff ney* 

nrig  heii»t  es  weiter:  ^Hat  sich  dies  Jars  um  17  Pfund 

il'  *      ^-     '      Jud  von  RöschensE  hinweg 

>  gezogen.* 
Vtf  1B78  winl   weiter  angefllhrt:   ^Schlam.   Juden,  so 
4ies  Jahr  zn  Blauen  aufhalten*" 
Xhn^Uch  lauti^n  die  Angaben  für  1679  und  15H«>. 
Von  1581—  1G76.  ffir  welche  Jahre  alle  Schaff neyrech- 
des  Zwingener  Amtes  durchgangen  wurden,   fehlt 
welche  Judeneinnahme*     Einige  Male  mrd  nur  aus- 
BklirJi  bemerkt:  ».Satzgeld  von  den  Juden:  Nichts. "* 
Fdlli  die#e  Ponton  als  massgebend  betrachtet  wer<len» 
an«  ihnen  hervor,  das«  von   1576 — ^IBÄJ  in  Zw*ingen 
ikl  %iit*  in  mehreren  anderen   zu  dieser  Herrschaft  ge- 
^   j^f^i — 1     ..:..:....     wenn    auch    nur   wenige  Juden- 
di  ^^recht  erworben  hatten,  das»  von 

die    vorhandenen  Niederlassungen    atifliöiten    und 
■  '■  ■  *      '■■•n- 

j^         ,^  diener  Angaben  wird  ermöglicht  durch 
Dokument«   des    Fascikels   -Juden  "^    und  vor 


i  4tf  «weileik  llälfte  ds  l6.  jAbrliunderU  gehorteji  mm  Amt  Zwingen 
\  Zviaccsit  LiMtfen,  Lidl^erg,  Ros^^heux,  Wahlen,  Btancu,  Ketu- 
BriiUrh. 


126  Achilles  Nordmann. 

Allem  durch  dessen  Blatt  60'),  das  ein  Verzeichnis  aller 
Juden  aufstellt,  die  im  Jahre  1576  in  den  verschiedenen 
Dörfern  des  Fürstbistums  sesshaft  waren.  Auf  dessen  weiteren 
Inhalt  wird  später  ausführlich  zurückzukommen  sein,  hier 
sei  nur  bestätigt,  dass  für  Zwingen  die  in  der  SchaSney- 
rechnung  von  1575  erwähnten  Namen  angeführt  sind  und 
beigefügt  wird,  dass  die  Wohnbewilligungen  auf  je  5  Jabie 
lauten,  dass  sie  für  „Löw*^  vom  14.  Oktober  1673,  für  die 
..Isaacn'^  vom  14.  Oktober  1574  herrühren.  Ebenso  stimmen 
die  Namen  für  Röschenz.  Bei  den  Akten  liegt  femer  der 
Entwurf  der  Niederlassungsbewilligung  für  den  Juden  LGw 
(Blatt  72).  Uir  ist  zu  entnehmen,  dass  dieser  Low  früher 
in  Liebenzweiler  im  benachbarten  elsässischen  Leimenthal 
gewohnt  hatte.  Er  wurde  (Blatt  66  vom  2a  August  1673) 
dem  Bischof  durch  den  damaligen  Obervogt  von  PGrt  speziell 
empfohlen.  Blatt  77  vom  27.  April  1674  enthält  dieWohn- 
bewilligimg  für  Michael,  den  Juden  in  Bdschenz. 

Den  gegebenen  Ausführungen  nach  sind  die  Juden- 
niederlassungon  im  Amte  Zwingen  nicht  weiter  als  bis  nun 
Jahre  1573  urkundlich  nachweisbar.  Diese  Jahreszahl  miui 
(leshall)  als  massgebend  festgehalten  werden,  weil  nach  den 
Dokumenten  des  Fascikels  „Juden **  besonders  im  recht»- 
rheinischen  Teil  des  Stiftes  Basel  Judenwohnsitze  in  grösserer 
Zahl  bis  zum  Jahre  1542  zurück  zu  verfolgen  sind  (siehe 
weiter  unten)  und  nicht  einzusehen  wäre,  warum  gerade  fär 
das  Amt  Zwingen  die  älteren  Aufzeichnungen  fehlen  sollten. 

Da  kaum  anzunehmen   ist,    dass  ein  Judenfriedhof  an   % 
einem  Ort   begründet  wird,   ohne   dass  Juden  in  der  Nähe   ^ 
sesshaft  sind,  da  die  Judenniederlassungen  in  Zwingen  um   i 
das  Jahr  158()  ihr  Ende  erreichen  (die  betreffenden  Namen    \ 
lassen  sich  chronologisch  übereinstimmend  von  diesem  Zeit- 
])unkt  an  an  anderen  Orten   des  Bistums  nachweisen),  so 
darf,  wenn  auch  nicht  mit  absoluter  Sicherheit,  so  doch  mit 
Wiihrscheinlichkeit  geschlossen  werden,  dass  die  ersten  An- 
fänge   des   Zwingener  Judenfriedhofs   in   die  Z^it  zwischen 

')  Dieses  Schriftstück  i}>t  irrtümlich  und  in  falscher  AuflfassuDg  eines  darin 
vorkommenden  Datums  hei  der  Ordnung;  des  Fascikels  vom  4.  Augnst  1569 
<!:iticrt    worden.      Es    ist    leicht   zu   beweisen,    dass   es   aus   dem  Jahre   157b 

stammt. 


^^B3  xmä  1580  zu  verlegen  sind.  Das  GmnduDgsjahr  läast 
^^Bt  sogar  noch  tr^twas  genauer  präzisieren. 
WM  Im  Jahre  1575  fand  ein  Wechsel  in  der  Besetzung  des 
I  Biscbofästtlhles  Statt.  An  die  Stelle  Melchiors  von  Lichten- 
I  kk  trat  Jakob  Christoph  von  Blarer.  Aus  den  Bhittorn  82, 
B  83,  86  de«  Fascikels  ^ Juden "^^  besonders  aus  dem  letzteren 
Igelit  hervor,  dass  bei  der  Bischofswahl  Jakob  Christoph  im 

■  Siime  der  Ausweisung  der  Juden  aus  dem  Fürstentum^ 
l'imgen  „Abschaffung'*  derselben,  w^e  es  in  tlen  Originalieii 
IlldifiSiv  bestimmte  Verpflichtungen  eingegangen  w^ar.  Es  ist 
I  lAne  weiteres  von  der  Hand  zu  weisen^   dass  unter  diesen 

■  (Jmständen  in  den  ersten  ßegierungsiahren  des  neugewählten 

■  Bischofs  den  Juden  die  Vergiuistigung,  einen  Frieflhof  zu 
^errichten»  erteilt  worden  wäre*  Dessen  erste  Anlage  fällt 
^Hinach  noch  in  die  Begierungsperiode  Melchiors  von 
iBblitenfels  und  somit  in  die  Zeit  zwischen  1573  und  1576. 
I  Noch  ein  anderes  politisches  Moment  spricht  gerade  für 
l<tieüe  Zeitbestimmung.  An»  1.  September  1573  erliess  Erz- 
I  herzog  Ferdinand  von  Österreich  von  lonsliruck  aus  ein 
I  S4>genanntes  ^ Wuchermandat  sowohl  Christen  als  Juden  be- 
I  Inrffend.'^  Er  verfügte  darin  auf  Ansuchen  seiner  vorder- 
I  österreichischen  Landstäude^  dass  bis  zum  1.  Juni  1574 
I  sämtliche  Juden  aus  diesem  Gebiet,  also  auch  aus  dem  Bereich 
I  der  sogenannten    Landvogtei   Ensisheim,    die    den    grössten 

■  Teil  des  heutigen  iJherelsasses  umfasste,  ^auszuschaffen^ 
I  seien  and  nach  Ablauf  der  gesetzten  Frist  keiner  mehr  dort 
I  ge4luldet  werden  dürfe.  Die  Ausfühiiing  dieser  Massnahme 
I  hatte  zur  Folge,  dass  ein  Teil  der  Ausgewiesenen  im  Pürst- 
I  bistum  Basel  sich  eine  neue  Heimstätte  zu  gmnden  suchte, 

■  wU*  das  iler  geographischen  Lage  nach  tdme  weitL-res  anzii- 
nehmen  wäre,  wie  es  sich  aber  auch  aus  den  Akten  des 
Fascikels   ^ Juden  ^   beweisen  lässt.     So   legt   (Blatt  75)   am 

L31.  März  1574  der  Vogt  zu  Lstein  für  einen  Judi^n  Fürsprache 
[ein.  der  bisher  zu  Isenheiui  bei  Ensisheim  gewohnt  hatt-e 
rand  sich  in  dieser  Vogtei  niederlassen  wül  Blatt  79  und 
■81  des  Fascikels  betreffen  einen  Juden  Ulmann  in  Schliengen, 
[der  kurz  vorher  in  Merxheim.  also  in  der  Ensisheimer 
[Gegend  sesshaft  gewesen  war,  gegen  den  die  dortige  Re- 
Igiemng  und  in  ihrem  Namen  ein  Dr.  Michael  Textor  beim 


128  Achilles   Nordmaiin. 

Vogt  ZU  Istein  wegon  einer  früheren  Schuld  die  Exekntion  : 
zu  erlangen  sucht.  In  diesen  Schriftstücken  ist  auf  das 
Ausweisungsdekret  ausdrücklich  Bezug  genommen.  lu 
anderen  Fällen  wieder  weisen  die  zeitliche  Übereinstimmung 
der  Austreibung  und  der  Neuansiedelung  im  bischöflichen 
Gebiet  auf  die  Wahrscheinlichkeit  eines  Zusammenhangs.') 
Kin  Teil  der  Ensislieimer  Juden  Hess  sich  —  das  ist 
auch  für  die  Beziehungen  zu  Zwingen  von  Bedeutung  — 
jedcnifalls  in  diMi  Jen  igen  südelsässischen  Dörfern  nieder,  in 
wolclien  einzelne  Adelige  ziemlich  unabhängig  die  Hoheits- 
rechto  ausübten  und  selbständig  über  ihre  Aufnahme  ent- 
scheiden konnten.  ^1  Vielleicht  waren  sie  es,  die  an  liiesen 
Orten  (Um  Gnind  legten  für  die  Entwicklung  der  späteren 
jüdischen  (lenieinden  an  der  Schweizergrenze. 

Es  darf  angenommen  werden,  dass  die  Ensisheimer 
Austr<»ibung  ein  ursächliches,  wenn  nicht  gar  das  ausscldag- 
gebt'nde  Moment  für  die  Friedhofanlage  in  Zwingen,  die 
nach  d(Mi  Eingangs  abgedruckten  Akten  auch  ausländischen 
Judon  dient«',  gebildet  hat.  Mit  der  Austreibung  der  Juden 
vvnrdo  dii»  hisln^rigt;  Begräbnisstätte  für  sie  unzugänglich, 
die  Schnffung  ciniM*  neuen  war  ein  dringendes  Bedürfnis. 
Sie  wunh»  natürlicIitTwt^ise  in  eine  Gegend  verlegt,  deren 
liegiifrung  den  Juden  günstiger  und  gastlicher  gesinnt  war 
als  der  hisJH'i-ige  I  jande:sherr.  Für  tlie  oberelsässischen  Juden 
ninnnt  «ler  ZwiupMier  Friedhof  demnach  eine  scharf  charak- 
terisierte St«'llung  ein.  I)enn  er  bildet  das  Verbindungsglied 
zwischen  dem  Friedhof  in  Cohnar,  der  bis  zum  Beginn  des 
H).  Jahrhunch'rts  un«[  einem  and(»ren.  vielleicht  in  Hart- 
mannsweiler gelegenen,  der  bis  zur  Knsisheimer  Austreibung 

*i  SilxMil  {Inc.  rii.  ji,  1071  liiMurt  sich  auf  Hoijvalot  (Coutumcs  de  l.i  hauic 
Alsact:  ililc  <lc  l'rn cttc.  Colmar  et  Taiis  i8;o,  p.  184),  weiiD  er  angilit. 
dass  infolge  der  I''.usi>hcinj'M  AustKMhiiii;^  ilic  Jiuien  sich  im  Stifte  Basel  an- 
jjcsicdcli  h  ittcii.  Hl'I  Honvalot  ist  wohl  von  der  Austreibung  die  Rede,  aber 
es  stellt  tlurt  kein  Wott  von  den  neuen  Niederlassun|»cii.  —  Das  oben  cr- 
wälinte  j^ediuckte  Mandat  l.»(:tinilet  sich  im  Colmarer  Be/.irksarchiv  unter  der 
Sijjnatur  C  177.  lune  weitere  Hearbeilun^  haben  iliese  Vorkonimnissc  unsere» 
Wiss(Mis   bis  jetzt  nicht   j^cfuriden. 

*)  Sielie  bei  JUinvaloi  loc.  cit.  p.  10b.  Es  kommen  besonders  iu  Betracht 
die  Härcnfels  in  He^cnheim,  «lie  Kptinj^cn  in  Ober-  und  Niederhagenthal,  die 
Kcichcnstein  in  Leimen   und  Huscliwvler. 


pOber  deo  Judenlnedliof  iii  Zwingt-n  tt 


12g 


wnnii.%  mn^T-  und  den  in  den  Jahren  IHBo  und  IB7B 
Jaughols  und  Hegenheim  eiTichtet.en  B^stiiftungj^platÄeii 

iniui    an    nirn'ii  *  >i  r   v<Tii"^i    \viu<it",    ;iii  drlii 
\u*  Kftmilif»n,  nbtT  krint^<T»*ruoirHle  existiertt*^ 
i  ftirhf.  fttiffnnond.     Es  gnb  um  jeno  Zeit  in  diesem  Gebiet 
iptknir  "'  igiHigt*n,  zu  dHrcn  BiMiinje; 

der  nur  =^l  ,,  j,,  ,_  ,„,..1  iktr  Jaden  uml  hm  ihrem 
üu  Au«f^iiiAfiden»*uhneiJi  eine  Veranliissung  nicht  vorlag. 
Wollt«  mmi  dt**  Zeit  von  1573—1575  als  für  tUe  Fried- 
H*\:        *  '      i«l  nicht  nnf^rk*»nnori,  SU  kömitp  man 

^i-  ^    ••    1542    Äurüc'kgehen^   in   welchem 

JndeowohiiititAe  im  FürKtbistum  tinil  zwar  im  rechts- 
rhrn    Teil    di^Mselbmi    urkumlUch    nachweisbar    sind. 

^Au^"' ^st  aber  kurzerhand  zurückzuweisen,   denn 

inÄn»  n  iillicb,   daö!^  di<'  Juden  in  Schliengeti»  das 

i»g«  zwi^clien   Biuiel   und  Freiburg  im  Breisgau   liegt, 

m  §0   weil   entfernten  Ort  wne  Zwingen  zur  Begräbnis- 

gi^w&ldt    hätten;  ja  es   kann    unter   Berückgichtigiing 

|i*rnungvn  als  wuhnicheinlicli  nnge^eheii  werden«  das$ 

Ere  T«>dten  auch  spitterhin  nicht  dort,  sondern  in  dem 

-1    --t^tj    Sulzburg    be?<tatteten,    "wo    lun    diese    Zeit 

lischer   Friedhfif  bestand.*)      Dem  allem  nach 

die  An&nge   dt*,s  Judenfrif*dhofes   in  Zwingen,   so- 

iitisch  itnf!<lHrendrs  r^Dk-uriient  nicht 

iil  I    zwischen  1573 — 1575  vorlegt  und 

I  Aiurtreibung  ans  den  vordttfftsterreichischen  Herrschaften 

|Wnudii»t^ng  zu  seiner  BegHlndnng  betrachtet  werden. 

'       '        ^      V'       '   '   Fried hnfn  während  seiner  un- 

tUung    fi'hlen,    «bis    mitgeteilte 

BDI  von  164*8  aufgenommen,  irgend  welche  Angaben. 

[>nt  fei    nnr,  daa**   in  einer  im  Ordinärer  Bezirksarehiv 

fr«n»hrU'n    Urkundts    lietitidt:    Spi^zifikatiun    der   Güter, 

jmm  ScJiiojcs  Zwingen  gehören,  vom  4.  April  1022 

r  Jodaii  Ofebnus**  al«i(irenzbezetehnung  augeführt  wird.  — 

i;Lyefiljrf:  Giii«l?iif|»rr :  Der  Umcltti^che  Friedhof  m  Jau^hoU« 


r.  Qmdk.  and  Alienum.   Vi 


'i«.i»:iiL      Vi 


iSun.   S    *>u  tT. 


130  Achilles  Nordmaon. 

Blatt  116  des  Fascikels  „Juden^  vom  3.  Januar  1581  entr 
Iiält  im  Konzept  die  Weisung  des  Bischofs  an  den  Vogt  m 
Zwingen ;  einer  Beerdigung  daselbst  kein  Hindernis  in  den 
Weg  zu  legen.*)  Aus  dem  Datum  geht  hervor,  dass  der 
Friedhof  jedenfalls  1581  schon  existiert  hat 

Auffallend  bleibt,  dass  sich  keinerlei  Bechnungen  vor- 
gefunden haben  über  die  bei  den  Beerdigungen  bezahlten 
Taxen.     Von  den  Schaffnejnrechnungen  des  Amtes  Zwingen, 
in  denen  wohl  von  Judenniederlassungen,  aber  nicht  von 
dem  Friedhof  berichtet  wird,  war  bereits  die  Beda   Da  der- 
selbe später  zumeist  von  den  im  Amt  Birseck  wohnenden 
Juden  benutzt  wurde,  sind  auch  die  dortigen  Rechnungen, 
die  sich  nicht  in  Liestal,  sondern  eben&dls  in  Bern  befinden, 
von  1554 — 1709  durchgesehen  worden,  wieder  ohne  Erfolge 
Der  Begräbnisgebühren  geschieht,   woran   gedacht  werden 
konnte,  auch  nicht  Erwähnung  in  den  Laufener  Kirchen- 
rechnungen,^  soweit  solche  noch  vorhanden  sind,    noch  in 
den  Rechnungen  der  St.  OswaldskapeUe  in  Zwingen,  die  im 
Laufener  Amtsarchiv  aufbewahrt  werden.    Dass  hiefür  be- 
sondere Register  geführt  wurden,  die  verloren  gingen,  er- 
scheint wenig  plausibel,   denkbar  und  mehr  wahrscheinlich 
ist,  dass  bei  der  geringen  Zahl  der  Bestattungen,  von  denen 
nachher  noch  gesprochen  werden  soll,  die  Grelder  direkt  an 
den  Bischof  oder  den  Vogt  entrichtet  wurden,  dass  sie  der 
Schaffner  nicht  in  die  Hände  bekam    und  also  auch  nicht 
buchen  konnte.     Es   ist  kaum  anzunehmen,  dass  gar  keine 
Begräbnisgobühren    erhoben    wurden.      Ist    doch    in    dem 
Schreiben  des  Bischofs  an   seinen  Vogt  von  der  „gewöhn- 


^)  Das  Schriftstück  lautet  in  extenso: 
Vogt  in  Zwingen.  Jac.  Chr. 

Unseren . 

Es  hat  uns  Leuw  Jud  zu  Arlcsheim  demütig  fürbringen  lassen,  dass  a 
einen  Juden  an  Ihre  Begräbnis  zu  Zwingen  eintrag  beschehen  soll.  Ist  der 
wegen  unser  gnädiger  bcfchl,  da^s  du  ihm  dieselbige  Begrräbniss  wie  von  Alcn 
her  bräuchlich  gewesen  gestatten  und  daran  khein  Verhindenmg  thun  sollst 
Seycn  Dir  hiermit  zu  Gnaden  gewogen.     Dat.  den  3.  Jan.  Ao.  81. 

Low  Jud,  zu  Ariesheim,  ist,  wie  noch  gezeigt  werden  soll,  der  gleiche 
der  von  1573 — 1580  in  Zwingen  wohnte.  Vielleicht  ist  gerade  er  bei  de 
Friedhofgründung  wesentlich  tätig  gewesen. 

*)  Zwingen  war  nach  Laufen  kirchgenössig. 


über  den  Judenfriedhof  in  Zwingen  etc. 


I3i 


lilVIieo  Erkanntriii^^  die  Rede,  gf'geu  weleho  das  l betreffende 
rwjacli  bewilligt,  werdei»  sollte. 

JJssH  der  Friedliof  anch  nach  dem  Wegzug  der  Juden 
Itm  Zw'iiigeü  in  gleicher  Weise  wie  früLer  weiter  benutzt 
wanle,  ist  bei  jüdiseben  Begräbnisplätzen ,  die  einer  grösseren 
Juigebting  dienen,  nicht  auffallend.  Es  bestatteten  auf  ihm, 
rie  aiis  der»  abgedruckten  üokiiraenten  hervorgt*ht,  nicht 
pur  ilie  Juden  des  Fürdtentuujö,  sondern  auch  diejenigen 
ADgrenzendeii  Nachbarschaft.  Bei  den  letzteren  hatidelt 
sich  zumeist  uin  die  Juden  in  den  elsäHsisehen  Dörfern 
er  Vogteien  Landser  imd  Pfirt,  sowie  uuj  diejenigen  in 
Ximach  im  Ivant^jn  SolothurnJ) 

liu  Jahre  lGf>8  war^  nach  den  Eingangs  mitgeteilten 
Ikten  das  eingezäunte  Areal  fast  völlig  angefüllt;  immer- 
lliü  wurde  nach  der  gleichen  Quelle  noch  H?73  dort  lie- 
!>n.  Um  diese  Zeit  ungefähr  wird  di«>  Benützung 
lir  Ende  erreicht  haben,  denn  im  gleichen  Jahr 
rde  die  Bewilligung  zur  Anlage  des  Hegenheini  er  Fried- 
ig erteiJt.     Für  letzteren  ist  wohl  die  Gründungsurkunden 


^)  Die  Juden  in  Domadi,  die  mil  deiieo   des  Fürst bisitums  wnbl  iiii  eine 
lic  XU  stellen  sind,  erwähnt  auch  Ulrich  (SammUmg  jüdischer  Gescbichlen, 
176U,  p.  208).     Er    spricht    von    ungefähr    15    flausbultiingen.      Jecklin 
ravob,   Jud    in    Domacbbrugg,    wird   in    ducni    um'ä   J.ibr   ihho   spielenden 
M,  dessen   Akten  in   Liest.1l  (Alte  Akten  des  Birseck,    Civilprozcssc) 
brt    werdcD,   alt»    Partei    angeführt.  —    Laut    Blatt   107    des  Fascikels 
laijcn**  wohnt  noch   1718  eine  Familie  Lehnoann  Schwob    in  Dortweh.     Ge- 
w^e  im  Sololhunier  Staatsarchiv  nachuiischea.    Der  Name  Dornacher^ 
i»  ittt  Zeit  besonders  bei  Lörrachcr  Juden  getroffen  wird,  solJ  den  Ursprung 
I  denciben  üus  dem  Solothurn'schen  Dornach  audeittcn. 

ütjer  die  in  Betracht  falletideu  clsässinchen  Orti^chafteu  lässt  sich  oichts 
Stcheie»  aussagen.  Das  älteste  über  sie  aufklärende  statistische  Aktenstück 
üaiBint  erst  aus  dem  Jahre  1689«  Es  ist  in  der  Revue  d'Alsace  ii$59» 
P»  56*4^ — SbJJ  nach  dem  in  Colmar  befindlichen  <  higinale,  das  von  dem  Inten- 
Dien  d'Angervinieis  veriasst  hU  abgedruckt.  Aus  ihm  lasst  sich  ersehen»  wie 
isihlreich  noch  im  Jahre  1689,  also  nach  der  Schliessung  des  Zwingcoer 
E»fe§,  die  ansässigen  jüdi sehten  Familien  gewesen  sind.  Damals  xühlte, 
bei  den  Vogteicn  Laudscr  um!  Ptirl  «u  blcibcru  Ht'gcnhcini  14,  Bloiz- 
4^  Öberbogenthal  und  Kembs  je  5,  Habsheim »  Busch wyler,  Rixheiai 
•'"  '  h,    Oberatetnbruun,    Uffheim  je   t   jüdische  Familie.     Die  Be* 

v;''*cil  des   19.  Jahthunderis,  die  die  mirgeteiltcn  Znhlco  um  ein 
ilictinfflt  darf  also  bei  der  Beurteilung  der  ßeuütjtuug  des  Zwbigener 
keiner  Weise  «um  Vergleich  heningejeogen  werden. 


Ij-  Achilles   Xordmann. 

(1.  li.  clor  Vorkaufsakt  des  botn»fferiden  Laudes  an  die  Jndeii 
noch  vorhanden,  die  orhaltenon  Verwaltungsbücher  gehen 
aber  nur  bis  101)2  zurück.  Das  älteste  Buch,  das  sicherer 
nmndlichor  Überliefenmg  nach  noch  bis  1789  existierte  und 
das  wahrscheinlich  über  das  Verhältnis  beider  Friedhöfe  zu 
♦»inandor  hätte  aufklären  können,  ist  damals  verloren  ge- 
gangen. 

I)(»r  Friedhof  wird  auch  im  18.  Jahrhundert  als  an- 
grenzend in  den  Bereinen,  dii>  im  Amtsarchiv  Laufen  aof- 
b(*wahrt  \verd<*n.  öfters  erwähnt,  in  donjenigen  des  JaLres 
1751  z.  B.  heisst  es  ]>.  113:  „ein  stück  matten,  der  Juden 
garth  genannt.  Besitzer  die  Judon  und  geben  einen  Sester 
Hähern."*  Seine  Besorgung  war,  wie  uns  HeiT  Altgemeinde- 
schroibiM'  Anckh'n  in  Zwingen  mitteilte,  dem  wir  auch  ver- 
seil iodone  andere  nacthfolgende  mündliche  Auskünfte  ver- 
danken, von  jolwr  der  dortigen  Familie  Huber  übertragen, 
die  <leswegon  sogar  etwas  scheel  angesehen  wurde.  Sie  l>e- 
hielt  ihn  auch  nach  der  Schliessung  in  ilurer  Obhut. 

AVio  aus  <lon  wiedergegehenen  Schriftstücken  hervor- 
geht, war  das  Areal  des  Fried h<»i's  bischöfliches  Eigentnui. 
gehörte  zum  Sclilossgut  Zwingen  und  war  den  Juden  nur 
lehenswiM'sr  übertragtMi.  Als  im  letztf^n  Jahrzelmt  «les 
IS.Jalirhunderts  im  Ansehluss  an  die  französische  Revolution 
das  kirchliche  Besitztum  zum  Xationalgut  erklärt  und  öffent- 
lich viMNteigert  wunh\  blieb  der  Friedhof  davon  ausgt- 
schlossrn  und  gelangle  ohne  weiteres  in  den  Besitz  des 
bisherig(Mi  X'tMwalters  Hulx^r.  So  erzählte  uns  wenigstens 
Herr  Anckliii  und  nach  (^uiiiuerezM  wäre  das  nicht  auf- 
falh'nil.  indem  zu  jener  Zeit  Lehen,  die  man  vom  Bischof  odenler 
Kirche  in  Iliiiiden  hatte,  um  geringtui  Preis  ausserhalb  der 
offizielltMi  X'erHteigrrnng  erworben  werden  konnten.  Eine 
Xachpriiliin;^  dieser  Tatsache  an  der  Hand  der  Akten  über 
die  Versteigerung  der  Xationalgüter  war  nicht  möglich,  weil, 
laut  Bericiit  (i(\s  Staat sa-ehivs  Bern,  dieselben  sehr  umfang- 
r»Mch,  noch  nicht  g«»sii"litet  und  deshalb  nicht  benutzbar 
sind,  nir  Xachkommeu  der  auf  ilem  Friedhof  bestattt.-t*Mi 
JuthMi    jnüssen    sich    um    dit^   Begräbnisstätte   danmls  nichi 

')  Histoire  de  la  revr)]iilion  dans  l't>vcche  de  Bäle   l88l,  p.  267. 


er  ii«ii   fii^iff^fncdhof  iii  5!win^'?n  fT^ 


«33 


^kOmmi^rt   hab,-.      .wiut    haitü.    r.,^       ..     wühl    mit 
;k»*it  bei  ilieser  itiilpgeiih^it  an  sich  hringmi  können. 
Tm  AltoMim  Kara^sUT  von  Zwingotu  das  ims  dem  Jahre  1823 
mit  last  der  Fri<?dholf  ala  «l>.  No,  1558  Judt'nack<ai%  Eigen- 
iiif*r  Jacob  Huhor,   (»nttli«^bens^   Hiiigt*rni?^»->u.     Diir*   nc^ut^ 


i*rbtt3t^*ichtiiing   ist.   C  W.      Der   Flächeninhalt    (»eträgt 
7>^  *^Uüdmtiusj^  nach  altem»  7  Aren  45  (Quadrat- 
..i.ii  ueiuHn  Mhhs.    Im  Jährte  IH57  gelangte  da8  Terrain 
Ji    KrliU-ilnng    m\    Maria    Anna    Huher,    des    Sebastian 
len^f^«  Ehefrau*     Von   dieser  kaulte  es   zur  Abnmdung 
ihm    gehiiiigen    Schlnssgntes,    dan    dieses    Stfick   Ijantl 
II   umgibt,    Notar   Srlnder.     Im    Jalire   iHiiH    ^i»bort    es 
»mnMim  dofu  hetzte  reu  und  eiDeni  Pet^r  Bürger^   die  es 
meiu  wi«?der   einem   Herrn   Sütterlin    abtreten:    asuletsst 
fArt»  e*  zusammen    mir   «l^n  3niin'enz<*ndon  rinnMlstricken 
Crmetjtfobrik  Ditting' 

Über  die  Tnjingraphi*^  de^  b'iiediii»ts  ciriMUlit^ri  ein  Plan* 
ditn  Herr  Staatsarchivar  Prof,  Tiirler  in  Bern  ims  auf- 
rksmii  zn  machen  die  Güte  hatte.  Er  ist  in  einem  mit 
,8T2  b<?Äeichneteu  Ailw^  der  Dominialgüt^r  von  Zwingen 
^Uin*  1777/78  enthalten  mid  b«*tnidr_*t  sich  zur  Zeit 
tt.  Das  zugebürrge  Hrbur,  das  nach  Born  veHegt 
erwähnt  denselben  in  kurzer  Notiz.')  Zwischen  dem 
1  dem  H«*rr  Mnillat,  G*M»rm'tf'r  in  J^runtruf.  die 
.  i  . : .,  - 1 Idung  8  wiedergegebene  Copie  besorgt  hat  und 
henü^eu  Kataäter[dan,  der  durcli  die  Textabbildung  9 
uiti^ierU^r  Art  dargestellt  iat»  besteht  der  Unter- 
'  (Ur  der  eigentliebe  Friedhof  ak  •  Judeiuicker^ 
nl,  währentl  im  IH.  Jahrliundeil  das  sndlieh 
m^  IjMul  Xr.  32  rl«»ij  Platms,  \im  honte  nU  Hinterfeld  63* 
^  ■  ,[  i^var  Im  alten  Plan  liegt  alsn  ^der 

.^.  .    - -.     -.     — h  vom  ^Jmlenacker^.  Das  Friedhofs- 
nuf  deiualr«)n  Plan  <lurch  eingezeicbnete  Grabsteine al^^ 
l  t,  ausserdem   im  Original   durch  eine 

1.    I  I  !/aiinung  abgegrenzt.     LetJttere.  ein  soge- 
I^liliag.    ?M»il   mruellielh*r   Ansknnfl    nach    bis    182U 
n  hulM'n.     Dio  Grenzsteine    des    Friedhofs^   mit   der 
ichniiBg   2     '  stehen    (nur   die    biDchöQichen 


^ 


TcxtabbUdunK  8:  l.xirait 


ilc  l\itl.i>  vk-s  bic■^^  o.miniiiiaux  ik-  ZwinRen  1 


Cbcr  den  Judenfriedhof  in  Zwingen  etc. 


135 


waren  eingesteint),  mit  dem  alten  Plan  genau  überein- 
lend,  auch  heute  noch.     Die  Ortsbestimmung  ist  dem 

nach  eine  absolut  sichere  und  zuverlässige.    Die  zwei 
legten  Pläne  dienen  zur  Illustration  des  Gesagten. 
)er  Friedhof  ist  vom  Schloss  Zwingen  nur  wenig  ent- 
nnd  konnte,  was  wohl  absichtlich  vorgesehen  war,  von 
IS  leicht  erreicht  und  geschützt  werden.     Dass  er  nahe 


Tektabbildnng  9:  Auszuk  >itis  dem  Kataster  von  Zwin^'cn  VM^. 

Birs  errichtet  wurdi».  ontsprirlit  alt«»!*  jüdischtM' (m'woIui- 
die  mit  Vorliebe  Beerdignn^splätzt'  au  di«'  Tier  flit'ssen- 
Sewässer  verlegt,  viellrirlit  um  das  zur  Kfinifriin^  der 
Pü  nötige  Wasser  leicht^T  zur  Hand  zu   liab»*n. 
Die   alten  < Grabsteine   gelangt«Mi    mit    dem    (irundsiUck 


1.5^>  Achilles   Nordmann. 

selbst  in  den  Besitz  Jakob  Hubers.  Sie  sollen  später  im 
Jahre  1821)  beim  Bau  der  unteren  Birsb rücke  Verwendung 
gefunden  haben.  Einzelne  in  die  Brückeusteine  eingehauene 
Zeichen,  die  uns  gezeigt  wurden,  können  mit  etwas  Phan- 
tasie vielleicht  noch  als  hebräische  Buchstaben  gedeutet 
werden. 

Beim  (Traben  des  Gewerbekanals  der  Cementfabrik  Dit- 
tingen  im  Jalire  1897  wurde  ein  kleiner  Teil  der  nordöst- 
lichen Friedhofspitze  und  dabei  zwei  Skelette  in  eichenen 
Särgen  freigeh^gt.  *i  Bei  dem  einen  fand  sich  ein  grosser 
Schlüssel,  bei  dem  anderen  eine  Scheere,  Beigaben,  die  sich 
aus  altjüdischen  Gebräuchen  erklären  lassen.-) 

Das  Friedhofareal  misst  7  a.  45  m*.  Man  rechnet 
untor  Berücksichtigung  der  Weganlagen  und  der 
Hochbauten  einen  Durchschnitt  von  B'/«— 4  m^  Kaum  für 
t.'ine  Leiche.  Boi  nlten  jüdischen  Friedhöfen,  zumal  wenn 
mit  dem  Platz  so  gespart  werden  nuisste,  wie  in  Zwingen, 
verzichtete  man  so  ziemlich  auf  Gebäulichkeiten  und  Wege. 
Viel  nn'hr  als  2  m^  ist  demnach  als  durschuittlicher  Raum 
für  ein«'  Leiche  nicht  anzunehmen.  Das  ergibt  ungefähr 
iMi)  (rräbcr,  die  sich,  sofern  die  vorstehenden  Erörterungen 
richtig  sind,  nuf  etwa  100  ,Iahre  verteilen;  es  fallen  also 
auf  ein  Jahr  H  4  Beerdigungen.  Die  Zahlen  erscheinen,  vvonn 
man  diech'uin  gesätejüdischeBevölkerungjenerZeit  in  Betracht 
zieht,  nicht  unwahrscheinlich.  Ein«.'  viel  grössere  Belegziffer 
imisste  angenommen  werd«'n,  falls  eine  mehrfache  Benützung 
des  (irundstücks  durch  (^])erfi*djren  nn't  einer  neuen  Erd- 
schi("ht,  was  wegen  Platzmangel  bei  alten  jüdischen  Fried- 
iK'ifcn   vorkommt,  nachgewiesen  werden  könnte.  Sowohl  Jie 

')  Mitteilung  (Urs   Mcrn  (feTTicin«.leschrcil)er  Huber  in  Zwingen. 

■-)  Am  Kandc  jü<lischrr  Friedhöfe  werden  stcUenwcise  heute  uocb 
Leichen  heerdij^t,  die  der  vor|Tc»chri(:l)iMien  Tolenreiniguni;  nicht  nnlcrworfen 
werden  «iürfen.  Zu  ihnen  zählen  im  Wochenbett  verstorbene  Frauen,  letzter« 
nui>sen  daher,  so  mt'int  der  Volk>glaul)e,  in  der  jenseitigen  Welt  ein  rituclIcB 
Tauchbad  nehmen  und  vorher  sich  die  Xä^el  abschneiden,  daher  die  Scheere. — 
Der  .Schlüssel  soll  eine  symbolische  liedcutuFig  in  dem  Sinn  haben,  d.iss  ef 
die  Periode  <les  Unglückes  abschbessen  njö^^e,  die  der  Tod  in  eine  Familie 
j»cbracht  hat.  —  Die  eichenen  Särge  deuten  vielleicht  auf  die  Herkunft  der 
Leichen  aus  gnissercr  iMitfernung  und  wurden  wohl  aus  dem  gleichen  Grunde 
verwendet  wie  heulzut.ige  Mctallsärge. 


er  den  Judeofricdfeof  In  Zwingen  etc. 


M7 


iCoiißguration  des  Termins  als  auch  die  BenützuDgsdauer 
Isipr^i'hen  dagegen,  erstere,  woil  die  Niveauverbältnisse  dip 
■gleichen  sind  wie  in  dör  Umgehung,  letzti^re*  wl^iI  öogc- 
lluinnte  Überfühnmgeu  nur  dann  vorgenommen  zu  werden 
IjiOf^gen,  wenn  früliere  Bestattungen  so  weit  zurückliegen, 
|tlit8  k»vinerlei  Anrecht'^  an  Gräbern  in^hr  geltend  geinacht 
Iwtirflen.  in  der  Regel  erst  naeh  mehr  als  hn ml ert jähriger 
I  Duner  der  Gräbt^r.  Endgiltig  läöst  sieh  diese  Frage  nur 
I  «Udorch  «L»nt?5eheiden,  dass  Ausgrabungen  an  Ort  und  Stelle 
L^  Vorhandensein  von  ein  od»^r  zwei  Leiehen schichten 
KtetelleD.  Zur  Zeit  schweben  Unterhandlungen  wegen  Er- 
nerhung  dej^  FriiKlhofareals,  nach  deren  AhHehhiis.s  dit*se 
iFTÄge  sich  entscheiden  lassen  dürfte. 

I  loj  vorhergehenden  Abschnitt  ist  wiederholt  (hivun  die 
Ifiede  gewesen,  dass  Judenniedi^rlassungen  nicht  mir  im 
lAiDt  Zwingen^  sondern  auch  in  andia'u  Trilen  <h^s  Stiftes 
iBwel  nachweisbar  sind,  über  welche  hier  einige  bisher  nicht. 
|voroffeütlichte  Mitteilungen  folgen  mögen.  Besonfler.s 
[kommen  in  Betracht  das  alte  Amt  Birseck.  das,  die 
|iv*migen  protestantischen  Dörfer  abgerechnet,  uiigefälir  di^m 
I  heutigen  basellanih*chaftlicheri  Bezirk  dieses  Namens  entspricht, 
po)ne  die  rechtsrheinischen  Besitzungen  des  Fürstbischofs, 
I  Letztere,  die  im  Gegensatz  zum  eigentlichen,  tiberen  Amt 
iBiiBeck  als  ^niederes'"  Amt  Birseck,  sonst  auch  als  Vogtei 
[Scldiengen  bezeichnet  vv'rrden.  umfassten  die  jetzt  badischen 
[Dörfer  Haltingen,  Huttingen^  Istein,  Mauchen.  Schlicugen 
loßd  Steinenstatt  Zeitweise  standen  di*^  beiden  Aemter 
[Birseck  niiter  einem  gemeiusamen  Vogt,  zeitweise  waltete 
[oiri  besonderer  Beamter  in  Schliengen  oder  in  Istein.  Das 
Lltlf  diese  Xjfindesteile  bezügliche  Material  befind<4  sich  zu- 
Biiil  ebenfalls  im  Berner  Staatsarchiv,  zum  geringeren 
Toil  nur  in  Liestal,  Das  Genernllaudesat'cliiv  in  Karlsruhe 
Riüialt  keine,  tUe  betn^flciehM»  Jnileiniii-d«-i'lassung«Mi  an- 
Kr^bc^ndeai  Dokumente. 

I  An  der  HantI  des  Fascikels  ^ Juden ""  und  der  Birs- 
■Atechen  Schaff neyrechnungen,  die  fürtlaufend  auch  die 
PHlufainen  des  Amtes  Scldiengen  enthaltt^n,  iässt  sich 
leigeii.    dii;^,s    in    den   gemumteo    rechtsrheinischen   Dörfern 


13^  Achilles  Nordmann. 

Juden  von  1642  an   sesshaft  sind.    In  diesem  Jahr  nimmt 
der  Bischof  Philipp  von  Gundelsheim  die  Juden  Liebmaon 
und  Abraham,   beide   in  Schliengen,   in  seinen  Schutz  auf, 
zu   denen   in    der  Folge    sich   eine   ganze   Anzahl   anderer 
hinzugesellen,     deren    Satzbriefe    immer    wieder    erneuert 
wonlon.     (Blatt    13   ff.  des   Fascikels   „Juden".)  Das  schon 
orwälmte  Verzeichnis   vom   Jahre  1676  (Batt  60  des  Fase 
«Juden")  gibt  eine  genaue  Zusammenstellung  der  damaligen 
Niederlassungen.     Li  Schliengen  wohnen  sieben   Familien 
(Isaac,    Oschwaldt,    Salomon,    Joseph,   Abraham,   Hirz  und 
Bluenilin,  die  Jüdin).   Sie  haben  alle  eine  Wohnbewilligang 
für   4—6   Jahre.     In  den    Satzbriefen  ist  ausdrücklich  an- 
gefülirt,  dass  sie  auch  für  die  Anverwandten  und  die  Dienst- 
boten, beides  wohl  absichtlich  sehr  weit  und  elastisch  au^efasste 
Begriffe,  Geltung  haben.  In  Steinenstatt  wohnen  1676  Mose 
und   Raphael,    in    Haltingen  Abraham,    in   Manchen  Mose 
und  Jakob,  in  Istein  Mose  und  Isaac,  zusammen  unge&hr 
siebzelin  Familien,  welchen  zu  gleicher  Zeit  nur  etwa  sechs  im 
linksrheiniscluMi  Toil  gegenüberstehen. 

In  den  Birsock'schon  Schaffneyrechnungen  geschieht 
dor  Judon  (»rst  165()  Erwähnung.  Dort  heisst  es  ^Liebmann 
der  Jud  zu  Schliengen  hat  eines  begangenen  Frevels  wegen 
sich  mit  meinem  gnädigen  Herrn  und  Fürsten  vertragen 
und  zalilt  fünf  Pfiind^.  Vom  Jahre  1667  an  wird  die  „Innam 
aus  der  Juden  SatzgokP  ziemlich  regelmässig  angeführt. 
So  li(\st  man  in  der  Rechnung  des  Jahres  1667/58  7,Auf 
Zinstag  nach  Jubilato  anno  1558  habe  ich  von  Michael 
Hermann,  dem  Vogt  zu  Istein  von  wegen  der  zwei  neuauf- 
gononimenen  Juden  zu  Istein  und  Huttingen  für  ihr  Satz- 
geld 50  Pfund,  Georgi  1558  verfallen,  empfangen.**  In  der 
Rechnung  1558/59  werden  angeführt  „Eberlin  Jud  zu 
Schliengen  bezahlt  sein  Satzgeld  des  68.  Jahrs  uf  Martini 
thut  25  Pi'und,  Abraham  Wittwe  daselbst  16  Pfund.  Osch- 
waldt  Jud  zu  Steinenstett  17  F^md  15  Schilling.  Summa 
57  Pfund  15  Schilling.  So  geht  es  eine  Anzahl  von  Jahren 
fort,  (renannt  werden  Aron.  Jud  von  Manchen  (1569/7U), 
Rapliael  in  Steinenstatfc  (l572/7Bi,  Mose  in  Althigen  (Hal- 
tingen)  (1574 '76).  Vielfach  sind  die  Anführungen  unter  den 
Einnahmen  ..aus  Frevel  und  Bussen "*.  mit  denen  die  Juden 


über  den  Jntlenfne<Jhof  in  Zwinge»  etc. 


1.^9 


offenbar    reichlich    bedacht    wurdoü.     Vom    Jahre    1579/8'J 

^811111  statt  der  früheren  15 — 17  iinr  iiuch  5  Haushaltungen 
iihnt    und    in    der    Rechnung    15HtJ/81    fehlen    im    Amt 
liengen    Einnahmen    aus    der   Juden    SatzgeUL     In    der 
Band  be  Hier  kling  dey  SehaffnerH  ist  erklärend  beigefügt,  dass 
,n  Teil  derselben  fortgezogen,  ein  Teil  gestorben  sei.  (Siehe 
it**r  unten j 

über  den  nachweisbaren  Zusanioienlniüg  einzelner  dieser 
iinlerla^sungen  mit  der  Austreilrnng  aus  den  vorderoster- 
ichischen  Herrschaften  ist  oben  bereits  bericbtet  worcJen, 
tir  die  Mehrzahl  dei'selben  ist  er  aber  nicht  abscdut 
;UHteUen»  viehnehr  dürften  viele  unter  ihnen  auf 
ie  aasserordeuthch  geringe  Sesshaftigkeit  der  damaligen 
'uden  zurückzuführen  sein.  Dieselben  erhielten  für  einige 
'ahre  von  dem  Landesherrn  die  Erlaubnis»  in  irgend 
inem  Drirfe  ihren  AVohnöitz  aul'zuschlageiL  Die  Erlaubnis 
ituite  erneuert  werden  oder  nicht.  Eint^  Erneuerung 
nrde  wohl  gar  nicht  verlangt^  wenn  (he  Erwerbsver- 
ältniäse  ungünstig  waren,  man  zog  weiter  in  eine  mehr 
<wter  weniger  entfernte  Gegend.  Auf  die  nahen  Be- 
liehuugen  einzelner  Bezirke  weist  eine  Empfehlung  hin 
tBiatt  52  des  Fase.  ^Juden^l,  die  der  Vogt  zu  Pfirt  einem 
Ju^leik  Salomon,  der  vorher  in  seiner  Nähe  gewolmt  hatte 
und  der  sich  in  Schliengen  niederlassen  will,  an  rh^i  Bischof 
tnitgibt.  Nicht  übergangen  darf  werden,  dass  1542  die 
^_Judeu  endgiltig  aus  Basel  vertrieben  wurden  ^  i,  um!  dass 
^Blbzelne  von  ihnen  vielleicht  in  das  benachbarte  bischöfliche 
^Bebiet  weggez(.)gen  sind, 

^m  Die  Aufnahme  der  Juden  fällt  zusammen  mit  einer 
^^eriode  gmsser  finanzieller  Bedrängnis  unter  der  sowohl 
I    Philipp  von  Gundelsheim.  der  den  Bischofssitz  von  1527  bis 

1533  inne  hatte^  als  besonders  auch  sein  Nachfolger  Mel- 
^■hior  von  Lichtenfels  (1553^1675 1  schwer  zu  leirleu  hatten,*) 
WuB   ist    l^egreiflich.    dass  man    in  sok'hen  Z<^*iten    auch  über 

die  aus  den  Judenniederlassungen   fliessendi^i  Gelder   froh 


•)  Siebe  bei  Ulrich:    loc.  cit.  p,  206   uod    die  dort  angeführlen  urliuiid- 

lieben  Quellen. 
•|  Siehe   bei  Vautrey:    Hisloire  des  ^veqnes   de  Bäle  II.  p.  i)4  p.  11*». 


14^  Achilles    Nordniann. 

war.  Wie  weit  andere  Motive  in  Betracht  kamen,  ob  viel- 
leicht die  Absieht  mitspielte,  sich  zu  dem  protestantischen 
Basel,  das  die  Juden  ganz  ausgewiesen  hatte,  in  den  der  Eefor- 
mation  folgenden  Jahrzehnten  in  Gegensatz  zu  stellen,  wie 
weit  tolerante  Sinnesart  der  Kirchenfürsten  die  Entschlüsse 
heeinflusste,  entzieht  sich  dem  sicheren  Urteil. 

Mehr  beiläufig  sei  angeführt,  dass  1566  iBlatt  38  des 
Fase.  «Juden**)  von  dem  Wohnsitz  eines  Juden  Hirz  in 
Pruntrut  die  Rede  ist  und  dass  auch  Juden niederlassungen 
in  Callmis,  das  dem  heutigen  Charmoille,  unweit  Piuntut,' 
«entsprechen  soll,  erwähnt  werden  «Fase.  «Juden*  Blatt  41\ 
Mehrere  Male  werden  genannt  die  Juden  in  Brunn  seh  wvlei 

♦  Blatt  3H.  41,  48  von  ir>«)6— (>8l  Dieses  ist  wahrscheinlich 
ein  verschwundenes,  der  Grenze  nahe  gelegenes  Dorf  dcö 
Pfirter  Amtes,  das  sonst  Brnnnschweiher  genannt  i;siri*i 
Es  is  unkhir.  in  welchem  Verhältnis  es  zum  Bischof  steht, 
dessen  Entsclieid  wegen  di»r  Niederlassung  und  Wegweisung 
4ler  .luden  nachgesucht  wird.  —  Der  «Jude  von  Weyl*.  der 
von  «Kmii  Vogr  in  KiUti^ln  abhängig  ist,  kommt  als  Haiidel- 
treibondf'r  in  da<;  (iehiet  des  Bischofs  (Blatt  68,  6VI  des  Fas- 
cikels  «Juden**   vom  St'ptembor  und  Oktober  1573}. 

In  der  \\)gt«M  Birsock  im  eng»nvn  Sinne  werden  Juden 
zuerst  anici'tührt  in  Ahnsrhwevler  lAllschwil"!  im  .Jahre  1567. 
zu  wpUh«'r  Z»M*t  dtMi  .hnlen  ^lose  und  Joseph  Satzbriefe  er- 
teilt werden.  Fase,  „.luden**.  Bhut  48  .  Von  1569.70  sind 
si«'  mit  Unt«'rbnH*hun;::<Mi  in  dtMi  Schaffneyrechnungen  ver- 
zeichnet. Für  l.")6l)  70  zahlt  Felix  in  Almschweyler  für 
zwei  .Jahn^  Satzgeld  .-^n  Plund.     Das  Verzeichnis  von  1576 

•  Fase.  „.Jmlen**  Blatt  50*  kennt  nur  die  Familie  des  Joseph, 
Jud  zu  Allmschweyl(»r.  der  sieh  hier  noeh  längere  Zeit  weitet 
verfolgen  lässt  und  von  dem  in  anderem  Zusamnn»nliaiigf 
nachher  noch  gesprochen  werden  soll.  löSO/Sl  stösst  mar 
auf  Low.  Jud  zu  Ariesheim,  und  Hirz.  .lud  Löwens  Tochter 
mann,  elx.Mulaselbst.  Jud  Low  ist  uns  von  früher  her  bo 
kannt.  (h^un   von  1.")7.'5  —  loSl>  zahlte  er  Satzgeld  in  Zwinget 

M   Niich   I.cu:  Scliwci/crisches   Lexikon    ITfiO  5.  Tcit  p.  üO. 
'-*)   StotTel:    J'tipojiraphischcs   Wörterbuch  <ics  ( )l)erclsasses.      2.  Aullag 
p.  77   *  weiher  >  und    .  weiter»  sind  jjleiclibedcutcnd. 


über  den  Jiidcnfriedhof  m  Zwin|;cn  etc. 


t  M 


xu\*i  ist  dann  bir«abwärts  nach  Arlesheini  weiter  gezogen. 
In  t^iu^m  altern  Band  des  Laiifpner  Airitsarrliivs  Findet  sich 
die  Abschrift  des  Verkanfsaktes  seines  Zwingenor  Hannes. 
JFiU'  Arleshehn  werden  1589  zwei  weitere  NanK^n  gr*iiannt 
chalem  und  Isaakl  Vom  Jahre  1B12/18  versehwindet 
Aas  Jndensatzgeld  wieder  aus  den  Schaff neyreelirmngen. 
JiÄ  1654  vTird  die  Rubrik  zwai'  noch  weiter  gefüJjrt,  aber 
linzugesetzt  ^NLhil^.  Dasa  in  der  zweiten  Hälfte  des 
[17,  Jahrhunderts  keine  Judensatzgelder  gebucht  w^erden, 
[öt  umso  auffallender,  n\s  gerade  nui  diese  Zeit,  worüber 
ter  berichtet  werden  soll,  irn  ♦eigentlichen  Amt  Birseck 
tsnä  besonders  in  Allschwyl  zahlreiche  jüdische  Familien 
[»esöhaft  w^aren.  Einzelne  Golder  mögen  inick  hier  direkt 
[dein  Vogt  abgeliefoi-t  und  darum  nicht  verzeichnet  worden 
ein  im  Sinne  einer  Aeosserung  in  der  Schuffneyrechnung 
|d^  Jahres  1701/02,  wo  über  die  von  dun  Hintersassen 
hemlhrendt!n  Einnahmen  gesagt  wird:  ^Dieses  Geld  und 
Siagehen  nimmt  der  Hurr  Obervogt,  weil  solches  in  seiner 
iBestaÜung  gnädigst  inbegriffen^. 

Als  der  Bischof  im  Jahre   1567  den  Juden  Joseph  tin*l 
Jr>se  Satzbriefe  für   ihre   Niederlassung    in   Allschwjl    aus- 
stellt   hatte    (Blatt    43    des    Fase  ^Juden^).    wollten    die 
äorfbewohner  derselben  hindernd  entgegentret-en.  Allschw^yl 
ar  mit  Reinach  und  Therwil  seit  dem  27.  September  1525 
Schutz  und  Schirm  der  Stadt  Bast4  anigemunmen*)   ujid 
iier  rührt  es  wohl,    dass  über   den  A lisch wyler  Juden  (es 
tieiiit    sich    nachträglich    dem    Wortlaut   des    Schreibens 
ßb    nur    um    einen    gehandelt    zu    haben)    zwischen   dem 
lii^liof  und  dem   Rat   in  Basel   ein  Schriften  Wechsel   statt- 
fand, von  dem   die   beiderseitigen  Schreiben   erhalten    sinil; 
*  n     des  Rates  finden   sich    in    den    Missivenbntdiern 
iisarchivs  Basel-Stadt  unter  den  gleich  anzugebenden 
1,   diejenigen  des  Bischofs  sind  doppelt  vorhanden  als 
if-wilrfe   im  Fascike!   «Juden '^   iBhitt   44    und    4(>>   und  als 


*>  Sti&xktsArcbiv  ßa&eUtadt,  Blsnim  Basel  F  uod  LaU:  Geschiclite  der  vor- 
»ligeu  Herrrschaficn  Einbeck  und  Pfeffingen.  Basel  lSi6  p,  54  ff.  Ao 
«terer  SlcHc  befindet  sich  (p.  3*5  ff)  eine  allerdings  nicht  ganz  zutreffende 
tiilderuii};   der   ganzen  Angelegenheit   unter  der  Überschrift:  Judenscene  z*i 


14^  Achilles  Nordmann. 

damit   völlig  übereinstimmende,    ausgefertigte  Briefe    unter 
den  baselstäd tischen  Kirchenakten  Q.  Juden  1.  Fascikel. 

Im  ersten  Basler  Brief,  der  vom  17.  Dezember  1567 
datiert  und  wie  alle  andern  vom  Bürgermeister  Kaspar 
Krug  unterzeichnet  ist,  macht  der  Rat  auf  die  Niederlassung 
eines  Juden  in  Allschwyl  aufmerksam,  die  wahrscheinlich 
ohne  Vorwissen  des  Bischofs  erfolgt  sei.  Der  Jude  sei  den 
Bürgern  und  Untertanen  schädlich  und  darum  wieder  weg- 
zuweisen. In  seiner  am  7.  Januar  1568ausgefertigten  Ant- 
wort setzt  der  Bischof  Melchior  von  Lichtenfels  auseinander, 
dass  die  städtische  Boschwerde  imbegründet  sei,  denn  die 
fragliche  Niederlassung  habe  mit  seiner  Einwilligung  statt- 
gefunden. Man  habe  aber  dem  Juden  die  besondere  Be- 
dingung gestellt,  „sich  der  Basler  Bürgerschaft  zu  enthalten^. 
Der  Bischof  handle  innerhalb  seiner  landesfürstlichen  Ober- 
hoheit. Er  bekümmere  sich  auch  nicht  um  das,  was  die 
Basler  zu  tun  für  gut  fänden,  ^eine  Oberkheit  habe  der 
anderen  nichts  einzureden". 

Hierauf  erfolgte  mit  dem  Datum  des  28.  Januar  1568 
ein  zweiter  Brief  des  Bates.  Die  Basler  wüssten  sich  nicht 
zu  erinnern,  dass  ein  Jude  in  Allschwyl  oder  sonst  in  der 
Nähe  der  Stadt  grwohnt  habe.  Unter  Wiederholung  unge- 
fähr der  gleichen  Gründe,  wie  im  ersten  Schreiben,  wird 
<ler  Bischof  abermals  um  Wegweisung  des  Juden  ersucht 
und  in  seiner  Antwort  vom  12.  Februar  1568  lehnt  dieser 
(las  wiederum  ab.  Nicht  aus  gewinnsüchtigen  Absichten 
weigere  er  sich,  sondern  weil  es  ihm  „spöttisch  und  ver- 
ächtlich^ erscheine,  die  Bestimmungen  seines  Schutzbriefes 
nicht  einzuhalten. 

Mit  grosser  Hartnäckigkeit  versucht  der  Basler  Rat  in 
einem  dritten  Schreiben  vom  23.  Februar  1568  auf  den 
Bischof  oinzuwirk(Mi.  Er  droht  damit,  dass  in  Zukunft  die 
Stadt  die  bischöt'lichon  Wünsche  auch  nicht  berücksichtigen 
\v«Mdo.  Kino  dritte  Antwort  ist  nicht  vorhanden.  Es- scheint 
dem  nach  der  Sache  keine  weitere  Folge  gegeben  worden 
zu  S(iin.  was  aucli  daraus  ersichtlich  ist,  dass  dem  Juden 
in  Allschwyl  der  Satzbrief  verschiedentlich  erneuert  wurde. 


über  den  Judeiifricdbor  in  Zwitigen  elc. 


M3 


Felix  Platter*)    erzählt    in    seiner  Autobiographie    da^ 
er  von  den  Ärzten  spricht,  die  gleichzeitig  mit  ihm  in 
Sasel    tätig    waren:    ^es    war  auch   seer   verrienipl   domoleu 

Jer  Arnmann^  so  man  uempt  der  bur  von  Utzensdüii' 

L'ii    ihm    ist    der    judt    von    Alszwiler    inechtig  gebnicht 

irorden    lange  Zeit^.     Nach    Felix  Platter  handelte  es    sich 

am    die  Jahre    1657/58.    Duch    steht  wohl  nichtn    der  Auf- 

lliissuiig  entgegen,  dass  er  in   seiner  Biographie  zusamuien- 

3üd  auch  von  dem  gesprochen  hat,  was  sich  innerhalb 

[der  gleichen  Art  von   Erlebnissen    erst   einige  Jalire  später 

hatrug.     Der  „Judt  von  Alszwiler",    der   in  Basel  ärztliche 

[Pnuds    ausübte,    ist  nämlich  —  die    Ironie    der  Geschichte 

eknndet    sich  oft  auch    in   Kleinigkeiten  —  kein   anderefi 

[als  der  Jude  Joseph,  von  dem    oben  die  Eede  war,  dessen 

[Kiederlassung  in  Allschwyl  die  Basler  nicht  dulden  wollten 

!id  der    erst   von   15ti7    an   i nicht  schiui   1557,    wie   Platt-er 

neinte)  dort  wohnen  durite.     Das  erhellt  unzwi^ifelhaft  aus 

li^iüigen  anderen  Dokumenten,  in  denen  auf   den  ärztlichen 

IBemf    dieses  Joseph    deutlich    verwiesen    ist.     So    wird    in 

idnem  Erlass  vom  5.  *^ktober  1588  seinem  Tochtermann  er- 

[lnubt  ebenfalls  in  AUschwil  sichniederznlassen,   ihm  aber  ge- 

[boten,  keinen  Wucher  zu  treiben,  sondern  wie  sein  Schwieger- 

ater  „besonders   allein    mit  Arzney  umzugehen'^   (Fascikel 

f^Jaden"^   Blatt  12(1),     Mit   zwei  Schreiben    wird  dorn  Dom- 

apitel   und  Joseph  selbst  angezeigt,  dass  der  Bischof  „dem 

üst'er  Joseph,    dem  Juden    in  Allschweyler    in  Ansehung 

Seiner  uns  und  den  unsrigen  geleisteten  trewen  Dienste,  die 

rnade  erweist^,   lel>enslringlich  im  genannten  Orte  wohnen 

zn  dürfen    und    die  Vergünstigung  auch    auf  seine  Familie 

ad    »eine    Nachkommen    überträgt   (Fase,    „Juden"    Blatt 

^23   und    124 f.     Der   Jude   von    Allschwyl    scheint   übrigens 

*i     seiner     ärztUcheu     Tätigkeit     keine     grossen     Schätze 

irorben    zu    haben,     denn     laut   Blatt     131     des   gleicJien 

Tascilcols    vom    22,  Oktobt^r  IBIO  ergibt    sich,    dass    er    mit 

bin  er  grossen  Schuldenlast   gestorben    ist,    dass   sein  Nach- 

amtlich  geordnet  werden  muss  und   sein  Tochterniann 


•>  Thomas  und  Felix  PJaUcr,  bearbeitet  vnn   Heioricli  Boos,     Leipzig, 


1 


144  Achilles    Nord  mann. 

Doderns  sich  nach  Siilzinatt  in  Sicherheit  gebracht  liai. 
Der  Sohn  «des  alten  und  abgestorbenen  Arztes  Josepli\ 
wie  es  im  Blatt  138  di»s  Fase.  -Juden"  heisst,  liess  sich 
taufen.  —  Auch  sonst  ist  in  dieser  Zeit  von  ärztlicher 
Tätigkeit  der  .luden  die  Rede:  so  ei-sucht  Jakob  Hirsch,  der 
.hui  von  Krotzingen,  einem  unterlialb  Schliengen  gelegenen 
Dorft».  um  die  Bewilligung  nach,  im  Bereiche  des  Fiirstbis- 
tums  seinen  Bt»nif  ausüben  zu  dürfen  (Fase.  «Juden*  Blatt 
122  vom   18.  Juni   1591  ■. 

Krwähnenswi'it  sind  unter  den  Materialien  des  Fascikels 
-Juden-  die  Akten  eines  grossen,  gegen  den  Juden  Isaac 
in  Schliongeii  im  .Jahre  1580  geführten  Prozesses,  in  dem 
derselbe  beschuldigt  wird,  von  einom  Arbogast  Kaltenbach  ge- 
stohlene Kirelu^ngeräte  gekauft  zu  haben  i Blatt  101 — 1141  Der 
.lud«»  wird  vorhaftt^t,  (-s  findet  Haussuchung  bei  ihm  statt, 
es  folgen  verschiedene  Vernehmungen,  schliesslich  gibt  man 
sich,  angel>lich  auf  Fürbitte  der  für  ihn  bürgenden  Familie, 
mit  einer  den  Stempel  offensichtlicher  Übertreibung  an 
sich  tragenden  Erklärung  zufrieden,  in  der  er  «um  der 
Tortur  und  malefizrechimng  anlangend"  enthoben  zu  wenlen. 
alles,  was  mau  von  ihm  verlangt,  unterschriftlich  zugesteht. 
Er  muss  einen  -jüdist^hen  Eydf  schwören,  nie  und  nimmer 
gegen  seine  Ankläger,  gegen  den  Bischof  und  dessen  Hof- 
rat irgend  etwas  zu  unternehmen  -weder  mit  Worten,  noch 
mit  werklieu  und  in  keinerlei  weis**  und  er  verj)flichtet 
sii'h  schliesslich,  gi'giMi  Kiickzug  der  Klage,  eine,  wie 
t»r  sagrn  muss,  wohlverdiente  Strnfe  von  3(.K>  Pfund  zu 
zahlen.  Heim  Li'srii  dieses  sonderbaren  Schriftstücks  drängt 
sich  diM'  Eindruck  auf.  ila>s  es  siidi  hier  um  einen  geäng- 
stigten um!  jdigfherzten  Angeklagten  handelt,  dessen  Ver- 
si'hnlden  zweifejlial't  c^der  nur  gering  war  und  der  sich  in 
«'iner  Zwangslage  fin  w«'itgidiendes  (it^ständnis  abnötigen 
liess.  diis  aUdann  zur  Erpressung  ein»M*  für  die  Verhältnisse 
ungewr.hnlieli   h(di»*n  (Jeldsiimme   missbraucht   wir<ll 

Es  wnr  o\)ru  von  Verplliehtungen  die  Rede,  weicht' 
iler  Bisehnf  .Inkob  ('hristi^jdi  von  Blarer  im  Jahre  1570  bei 
seiner  Wahl  wegen  dt»r  Wegweisung  der  Juden  eingegangen 
war.     Es    handeln  hievon    die  Blätter  S2,    83,    86    des   Fas- 


üix^r  dd»  JudcDfi'iedhiif  in  Zwingen  ele. 


145 


cikels  ^Juden*^.     Jakob  Christoph  gibt    die    Al>yicht     kuutl 
sein    Wort    einzulösen;    da    aber    die    Chrieten    den    weg- 
siehendf-tn    Juden    ihre    Schuklen    nicht     sofort    anszahlen 
könneu^  zeigte  t*r  ßidi  gCMteigt^  i*iiie  Verlängt^rnngsfrist  von 
»wei    Jahren    zu    gewähren.     Am   25.  Oktober    1677    (Fase. 
»Jttden*^    Blatt    86)    komTut    dnt*    I>omkapitol    von   Freiburg 
Ulla  um  weit^sro  ^Prolongation-  ein,  die  oftenbar  wieder  zu- 
gestanden  wurde,    wie   denn    der  Bischof  die  ganze  Ange- 
legenheit   gerne   dilatierend    behandehi    zu    wollen    scheint. 
V:  'h  den  Aktien  lassen  sich  nicht  tillo  Phasen  der  Verliand- 
_^.'ti  tileutlich  verfolgen,  ein  (.Tesuch  der  Juden  um  aber- 
matiges  Hinausschieben  hatte  indessen  keinen  Erfolg  (Fase. 
«Juden*    Blatt    117    vom   IG.  Mai  1581).    denn   ivergl.  obenj 
von  di*^ser  Zeit  an  verschwinden    die  Einnahmen   aus    den 
rechtsrheinischen    Satzgeldern,    um    nicht    wiederzukehren. 
Mit  der  Abschaffung  der  Juden  wurde  also  dies  Mal  Ernst 
gemacht. 

Dass  aber  Jakob  ChriHtopli,  der  durcli  seine  Einsicht 
und  Tatkraft  unt^r  den  Inhabern  des  Basler  Bischofsstuhles 
so  sehr  h^srvorragt^  keine  gnindsätzlichen  Bedenken  gegen 
die  Juden  hegte,  sondern  sich  l>ei  dem  geschilderten  Vor- 
gehen wohl  mehr  vonlokalen  Bew^eggrüiiden  leiten  Hess,  beweist 
die  Tatsache,  dass  in  der  linksrheinischen,  eigentlichen  Herr- 
t  Bij*seck  sie  auch  nachher  noch  w^eiter  wohnen,  wie  bei 
r  Besprechung  der  Sclmffneyrechnungen  dargelegt  wurde. 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts  sind  sogar  neue  Nieder- 
igen derselben  in  Aesch  im  Amt  Pfeffingen  verzeichnet 
Juden"  Blatt  12B  vom  8.  Oktober  1602), 

Die  weitere  Ausbeute  aus  den  Akten  dieser  Periode 
spärlich.     Da   von   1612/18    die  Rechnungsstellung   über 

Jadengelder  aufhört,  werden  deren  Ajisiedelungen  auch 
oberen  Amt  Birseck  um  diese  Zeit   ein  vorläufiges  Ende 

icht    haben.     Einige    Wohnsitzgesuche    wurden    damals 

hlägig  beschiedeu   (^Blatt  133  von   1637,    134  von   1636, 

von  1637). 

Die  Durchsicht  des  Staatsarchivs  in  Liestal,  wo  die 
^knoiente  der  ehemaligen  Amtsschreiberei  Birseck  wohl- 
jrdnet  aufbewahrt  werden  (Lade  114),   ergab  nichts,    w^aa 

atiler  Zeitschr.  f.  Geleit,  und  Aitertum.    VI,  1.  10 


146 


Achil1c&  Xordmanti. 


über  Jiidenniederla^sungen  daselbst  hätte  aufklären  können. 
In  einem  dort^  befindlichen  „Vörzeichnis  aller  Bürger,  Hinter- 
sassen, Taglöhner,  le<ligen  Mannschaft ^  Wit\\'en  und  Pflögen" 
der  Gemeinde  Allschwyl  aus  den  Jahren  16Ö2  5H  (Lade  114A 
Nr.  62)  werden  die  Juden  nicht  genannt.  Auch  das  G^ 
meintJearchiv  in  Allschwyl,  über  dessen  Bestand  Erkun- 
digungen eingezogen  wiu*den.  enthält  nichts  Hiehergehöri ges. 

IVotz  dem  auffallenden  Fehlen  fast  aller  offiziellen 
Aufzeichnungen  müssen  die  Juden  in  der  zweiten  Halft« 
des  17*  JahrhuTiderts  ini  Flirstbistum  neuerdings  Fuss  go- 
fasBt  haben.  Das  ergibt  sich  aus  der  Eingangs  mitgeteilten 
Urktmds  über  die  Friedhoferweiterung  in  Zwingen,  in  der 
von  denselben  in  den  rleutschen  Herrschaften  die  Rede  i«t 
und  nach  der  sie  Uifö  wieder  zugelassen  waren,  ferner  aus 
dem  schon  genannten  ältesten  Buch  der  israelitischen  Fried- 
hofv'erwaltung  in  Hegenheini  und  den  ausführlichen  Akten 
über  üjre  abermalige  Ausweisung.  Wie  diese  Nieder- 
lassungen entstanden  sind^  lässt  sich  auf  Grund  des  vor- 
handenen Schriftenmaterials  nicht  feststellen,  doch  darf  bei 
der  Kurzlebigkeit,  die  fiir  Judenwohnsitze  um  diese  Zeit 
chai^akteris tisch  ist,  eher  angenommen  werden,  dass  sie  nicht 
in  continuierlicher  Art  aus  den  früher  vorhandenen  her- 
vorgegangen, sondern  erst  in  Folge  neuer  Zuwanderung  be- 
willigt worden  sind. 

Nach  dem  erwähnten  Hegenlieimer  Verwaltungsbucli 
ist  in  der  Hauptsitzung  der  dortigen  Friedhofverwaltung 
im  Mai  1692  anwesenil  der  ,,sehr  ehrenwerte  Herr  Rabbi 
Jehoschuah  Seligmann,  8ohn  des  Rabbi  Abmham  aus  AU- 
schwyler'^,  der  als  Delegierter  seiner  Gemeinde  mit  den 
Delegierten  der  Gemeinden  Hegenheini  und  Blotzheim  neue 
Friedhofsta tuten  festsetzt  Vierundzwanzig  in  Allschwyl 
wohnende  Fainilienliäupter  werden  namentlich  (es  handelt 
sich  dem  Zeitgebrauch  gemäss  immer  nur  um  Vornamen) 
angeführt^  die  sich  auf  dem  Hegenhoinier  Friedhof  da^  Be* 
erdigungsrecht  erworben  haben,  unter  ihnen  die  direkten 
Vorfahren  des  Verfassers  dieser  Arbeit.  Schönenbuch  weist 
nach  dem  gleichen  Verzeichnis  zwei  und  Ober\i^d  sechs 
jüdische  Familien  auf.  In  Allsch^v^^d  bestand  demnach 
zu  jener  Zeit  eine  förmliche  Gemeinde, 


über  den  Judctifriedhof  in  Zwingen  etc. 


147 


tTl)er  ilas  Ende  dieser  NiederlassuDgeii  haDdelii  in 
Bfölirlicher   Weise    die  Blätter    143  —  156    des    Fascikels 

Im  Jalire  1693  war  der  Bischof  Joliann  Conrad  von 
Eoggenbach  gestorben.  Er  war*  woim  nach  den  Akten 
ber  den  Friedhof  in  Zwingen  und  der  wohl  während  seiner 
egiemng  zugelassenen  Entwicklung  der  AUschwyler  Ge- 
meinde geurteüt  werden  darf,  den  Juden  offenbar  günstig 
l^sinnt  gewesen.  Zu  seinem  Nachfolger  wurde  gewählt 
T'ilhelm  Jakob  Rink  von  Baldenstein,  der  alsbald  nach 
einer  Inthronisation  sich  mit  den  Juden  beschäftigte.  Um 
lie  mit  unausldeibliclier  Regelmässigkeit  jedem  neuge- 
blten  Bischof  gegenüber  vorgebrachten  Beschwerden  zu 
fifen,  ernennt  er  eine  mit  weitgehenden  Vollmachten  aus- 
stattete, ^aigene  Kommission**,  die  aus  zwei  Deputierten, 
leü  ^hochgeehrten  Hofräten  Ignace  Seigne  und  Christoph 
noUenberg^  zusammengesetzt  ist  i'Fasc  ».Juden**  Blatt  163 
loiD  4.  Januar  lf>94).  Von  diesen  werden  ttie  eingereichten 
Sagen  in  folgende  zehn»  gekürzt  wiedergegol>ene,  Kategorien 
ordnet  iFasc.  „Juden^  Blatt  146): 

1*  Ein  gewisser  Jud  in  Oberwyler  liat  in  des  Siegristen 
o4er  Kirchen  Wärters  Haus  ^ solch  erschruckhche  blesphemias 
wider  Christum**  ausgestossen. 

2.  ^ Diese  gefähi^lichen  und  ge fluchten  Menschen'*  haben 
sich    dergestalt    veimehrt^    dass    sie    dio   (Christen    bald    an 

^hl  übertreffen.    In  AUschwyler  befinden  sich  23,  in  Ober- 

irler  drei  oder  vier,  in  Schön enbucli  zwei  Haushaltungen, 

immen    170   oder    mehr    Köpfe,     Sie    halten   die   lieston 

9er  inne,  sie  zahlen  dem  Bischof  keine  Steuer  und  nur 

Obervogt  auf  Birseck  einen  gewissen  Trilmt. 

3.  In  AUschwyler  wohnen  Cliristen  und  Juden  unter 
aem    Dach    beisaniuien.    die    Kinder    werden    beisammen 

__^fZ4igeD. 

4.  In  AUschwyler  haben  die  Juden  eine  eigene  Syna- 
l>ge,  in  der  sie  ihre  Hochzeiten  celehrieren  und  ihre 
ereinonien   zum   höchsten   Ärgerris  der  Christen   ausüben. 

5.  Die  Christen  dienen  ihnen,  namentlich  an  Samstagen 
in  Abwarten»  was  in  den  alten  statu tis  synodalibus  des 
^tiuns  verboten  isL 


148  Achilles   Nordmnnn. 

6.  Sie  haben   Wiiclier   getrieben  und   treiben  Wucher. 

7.  In  Allschwyler  liaben  die  Juden  eigene  Häuser  ge- 
baut und  auch  eigene  Ställe  für  den  Bosshandel,  so  dass 
die  Christen  bald  keine  Häuser  und  Stallungen  mehr  haben. 

8.  Auch  an  Sonntagen  sprengen  sie  mit  ihren  Rossen 
ganz  tnitzig  in's  Dorf  ohne  Entrichtung  eines  Zolles,  eines 
Unigeldes  oder  des  Accis.  M 

9.  Wenn  das  hochheilige  Sacrament  zu  Kranken  ge- 
tragen wird,  hülfen  sie  davon  wie  die  Hund  und  verfluchen 
die  heilige  Hostie. 

lö.  Sie  verfhichen  jeden  Tag  Christum  mit  solch  ab- 
scheulichen Maledictioiien  und  Imprecationen,  dass  einem  die 
Haan»  zu  Berge  stehen  möchti^n. 

„In  Sumnia^,  heisst  es  zum  Schluss,  „ihre  ganze  Vocation 
ist  die  Christen  auf  allerlei  Weise  zu  betrügen,  in  der  Noth. 
zu  überlisten  und  nach  und  nach  arm  zu  machen  und  in 
Allem  ist  noch  die  Gefahr,  dass  die  Christen  auch  in 
(ilaubt'iissachen  heimlich  verführt  werden''. 

Wi«^  man  (»rkennt  und  wie  ihn  die  Akten  selber  nennen, 
ein  eigentlicher  IiKiuisitionprocess. 

Auf  «lie  Zusainnienstellung  der  Klagepunkte  hin  ergeht 
am  7.  Mai  161)4:  iBhitt  154  des  Fase.  „Juden")  eine  Citation 
an  tlii»  .ludeiischaft,  Mittwoch  den  10.  Mai  1694  sich  vor  dem 
Mofrat  in  IVuntrut  zur  (Terichtsverhandlung  durch  einen 
Ausschnss  vertreten  zu  lassen;  bei  Nichterscheinen 
w«M*(h»  ih'V  procurator  generalis  gegen  sie  vorgehen.  Den 
Vögten  in  Hiiseck  und  Pfeffingen  wird  aufgetragen,  über 
ihn^  (tuthaben  in  der  Zwischenzeit  genaue  Erhebungen  fli 
veranstalten;  Fase.  .,Ju<len-  Blatt  149/51  vom  Mai  1694 
enthält  «lie  Zusammenstellung  dieser  Posten  für  das  Am* 
Pf»»ffingen:  nur  di<»  Schuklm^r,  nicht  die  Gläubiger  sind  daria 
ang(*geben. 

»)  Der  Pfurdehaiidel  (kr  Allschwyler  Juden  scheint  in  der  Tat  beileut» 
jjcwc.seri  zu  sein.  Mit  Schroilien  vom  ID.  Februar  16JK)  iStaats.irchiv  Ba«^ 
Stadt,  Kinhenactcn  O.Juden,  1.  Kascikcl)  beklagt  sich  Remigius  Frej-,  Vogl 
zu  Mönehenstein,  beim  Basier  Rat,  dcss  der  Jude  Joseph  von  Allschwyl  nnd 
sein  Knecht  Judel  mit  mehr  als  40  Pferden  bei  der  ZolUtätte  MargarethOi 
ohne  zu  zollen,  durchj^crittcn  seien. 


Ober  dtstt  Jiidrufiiedhof  iti  Zwingen  ctc 


149 


PrDtokoU  ülit?r  dio  gtiittgofiiuden«  iTerichtsverhand- 
iflt   nidit  vorhanden,    wnlil  aber   eristiBrt   das  Urteil^ 
3,  Juli  161*4  in  Form  ©iöos  Ausweisungtsdekreta  pr- 
wurde  und  dfw  lautet'»: 

»Voo   Ofittv«   Onjvden    wir  Willif»lm    Jacob   Bischof    zu 

I,  d«t  heil  röm.  ftoichs  Fürston  thuen  durch  dit^se  unser© 

frkl&riitig  and  Verordnung  liitiniit  zu  wü88eu,  dass  vor 

vriij  nnnerMn  Ht^rren   Vorfahren  »'ine  ge\rils8e 

fci  !i   iu  unser«  Bistums  proti-ktion  uff  und  angf*- 

ftn    worden,     dariiuien     naf*Ii    Inhalt     der    gemeinen 

kleo  und  Reichsj^tJ^ingen  zu  wohnen»   zu  handpln  un<l 

^m  Ihrenn  Thun  und  l^assen  sich  ohnverwegentlich  zu 

ijfitii.     Karhdttiu    nlior    dif*sem    zuwidi^r    dieselben    sich 

Dtlicb     \*ernu*s8en     allerhand    verbotene,     wucherliche 

^'Ui  Schaden  und  Nachteil  unserer  Unter- 

an  Sonn*  und    Festtagen   Ihre    arbeit/en 

t]iii!bc»royi»n  mit  öffentlicher  Aergernus  zn  verrichtoD, 

itndere    tägliche    Scandala    und    leichtfertige    Verach- 

t*ti    XU    Bf-üchimpfurkgfn    dt^r    chrisüiibeu,    cuthtdischen 

pim    mit   Gefahr  der  befürchtenden  Jugend  Verführung 

erübeti  dans  wir  endlich  uff  einkommen  vieltältiger  und 

aer  Cüigten  daliin   nit   nnzoitlich    vennöget  worden^ 

itlich   inijuipiition  darül»er  vernehmen   zu  lass«*n^  be- 

Joden    über    die    befundenen    Misshandlungeu     vor 

^in   Hnfmth  ilurch  un.sert^n  Procnratoreni  (TenrniUMii  zu 

ftiren    un<i   Sie    in    Ihren    Veramlwoi-tnugeu   gebiihread 

bAren^    da«»    hierauf   in    Ermangelung    ihrer   Hechtfer- 

p^tt  wi*gttn  vielfjlltiger  gmber  hoc Lstritil icher  verbrechen 

'blichen    ur^achen^    durch    die    SatziUJgen 

U-   und  wehlicher    Itechu^n  wir    uns    ver- 

jm  9etm  f^TscJitet  habi^n,   die^un  je  mehr  untl  mehr 

cidnii    Üeb*»l    zeitlich  zu   steuern  und  ein  heilsames 

tnrch  Abschaffung  diet«  schädlichen   unnilzen  Volks 

Bii.     IHeii«^m   nacJi    winl    liii^mit  gu.  gesetast   und 

lot,    iIm^  gitmelte  Juden^chafft*    Mann*    und   Weibs- 


^  D^  Cooccpt  «licie»  0«kr«ts  beiludet  tlch  aU  BLan  1  5b  im  Fitsctkcl 
i*w  ESm  lieiirr  Aiiifd!erll|>tes  dem  Wort  Unit  Dach  identisches  Escmplar 
tt^flwiirliif  Cotmair*     <Aktcn  t*<-tr.  tik  Schwci«  Nn.  ^\ 


150  Achillef  Nordonftna. 

personell,   jang  iind   alt,   sambtlich   ans   unseres  Bistombs 
Pottmässigkeit  und  Landschaften  nit  mehr  darin  ca  wohnea 
noch   hanshäblich  niederzulassen    mit   ewiger  Verweissong . 
und  Ausschaffung  innerhalb  drey  Monathen  aussaiehen  nnd  I 
sich  hinweg  begeben  sollen,  jedoch  wird  gleichwohl  Dmeal 
erlaubt,  ehrliche  und  zulässige  Handlung  mit  unseren  IJnd^^  * 
thanen  zu  treiben  und  die  gewohnlichen  Jahrmarkt  za  be>  ^ 
suchen,  mit  dieser  weitem  Erklärung,  dass  ihnen  die  wohl- 
y  erdiente  Confiscation  Ihrer  Fahmus  und  Schulden  aus  Bomiet- 
baren  Gnaden  und  C!onsideration  nachgelassen  wird,  jedocl. 
sollen  sie  von  Ihren  jetzigen  und  künftigen  Schuldgläubigeiti 
über   das  Capital  mehr  nicht  als  den  gewöhnlichen  Zintl 
fünf  per  Cento  einzufordern  befaegt  seyn  der  übersteigendB 
Wucher  aber  hiemit  annuliert  verboten  und  den  Schuldnern 
von  Bechtswegen  nachgelassen  seyn;  Mehrgedachte  Juden* 
schafft  in  die  aufgegangenen  inquisitions  und  gerichtaköstea 
verdammend  und   die   zu  Allschweyler  ohne  Erlaubniss  an 
sich  gebrachten  liegenden  Ghiether  an  Hauss,  Scheuren  und 
Stallungen  unserem  Fisco    zu  erkennen,   welchen  unseren 
gn.  willen  und  befehl  Vogt  und  Ambtschreiber  zu  Pürseck 
gebührend  exequiren  sollen. 

Decretum  in  consilio  zu^Pruntmt  under  unserem  ge- 
wöhnlichen Beeret  Insigil  und  Bbindunderschrift  verfertigt 
d.  3teii  Jnlly  1694. 

Signirt  Wilhelm  Jakob 
Bischof  zu  Basel.* 

L.a 

über  die  rechtliche  Würdigung  der  geschilderten  Au»- 
Weisungsprozedur  sind  Worte  wohl  kaum  zu  verlieren.  Die 
Klagen    gegen    die    Juden   bewegen    sich,    wie   man   sieht 
innerhalb  der  seit  Jahrhunderten  breit   getretenen,    mittel- 
alterlichen Gemeinplätze.    Bischof  Wilhelm  Jacob  war  sich 
jedenfalls  von  vorne  herein  über  das  Ziel  klar,    zu  dem  er 
durch  seinen  Inquisitionsprozess  gelangen  wollte.     Für  die 
Beurteilung  der  wirklichen  oder  scheinbaren,  schwereren  oder 
leichteren  Verschuldung  sind  hier,  wie  so  oft  im  mensch- 
lichen Leben,   nicht  objektive  Gründe,   sondern  einzig  und 


über  den  Judeofriedhof  in  Zwingen  etc.  I  5 1 

ein    wohl-    oder    übelwollende    subjektive    Gesinnungen 
sschlaggebend  gewesen. 

Die  mündliche  Überlieferung  in  Hegenheim  hat  auch 
?  Vertreibung  der  Juden  aus  Allschwyl  festgehalten,  be- 
Qders  von  der  angeblichen  Beschimpfung  Christi  in  Ober- 
r\  wissen  alte  Leute  heute  noch  zu  erzählen. 

Die  aus  den  birseck'schen  Gemeinden  vertriebenen 
[den  wandten  sich,  wie  sowohl  mündlich  überliefert  ist, 
;  auch  aus  den  Büchern  der  Friedhofverwaltung  hervor- 
ht.  grössten  Teils  nach  dem  ganz  nahe  gelegenen  Hegen- 
im,  wo  die  Herren  von  Bärenfels  ihrer  Niederlassung 
in  Hindernis  entgegensetzten  und  wo  sie  die  in  Bildung 
griffene  Gemeinde  auf  das  Doppelte  verstärkten.  Eine 
eine  Anzahl  fand  wohl  in  andern  elsässischen  Dörfern 
<ae  Unterkunft 

In  den  bischöflichen  Akten  ist  weiterhin  von  den  Handels - 
Ziehungen  auswärtiger  Juden,  von  Prozessen  und  auch 
•ü  Taufen  derselben  vielfach  die  Rede.  Juden niederlassungen 
I  fürst  bischöflichen  Gebiet  haben  aber  keine  mehr  stattge- 
lalen:  sie  haben  mit  dem  Jahre  1694   ihr  Ende    erreicht. 


D-c    Verwaliuojjcn    der    Archive    in  Basel,    Bern,    Laufen,    Li« 

Bur.  an    welch  letzterem  Orte  Herr  Rabbiner  Dr.  M.  Ginsbnrger 

Erhebuogeu     zu     besorgen     die    Güte    hatte,     haben     für    di« 

Tontebenden  Arbeit  ihre  Materialien  bereitwilligst  zur  Verfügun 

fprechen    ihnen   hiefnr    auch    an    dieser  Stell 


Die  Bildtiisse  Urs  Grafs  und  seiner  Gattin 

\  fiii   Emil  Majijr, 


4 


Viele  Maler  der  Renaissai)cezeit  liaben  der  Nachwelt 
ihre  Zügt>  in  SelhötbiMnissen  überliefert.  Ünöere  Schwt*izer 
Künstler  niacheu  hievon  keine  Ausnahm e^  nnd  man  bniricht 
nur  die  Namen  Holl>ein  oder  Manuel  zu  nennen»  um  soloft 
an  ein  Selbstportrlit  derselben  erinnert  zu  werden 

Einer  aber  stand  bis  jetzt  abseits  vom  ^Vege,  der  taie' 
volle  Basler  Uoltkchmicd  Urs  (jraf.     Und  doch  gab  es  wohl 
manchen,  dem  beim  Anblick  seiner  temperamentvollen  Zeicb^ 
nungen  oder  beim  Betrachten  meines  Lebens,  das  an  bmi 
KraftÄussernngeu  so  reich   ist,  die  Frage  aufstieg:  AVie 
dieser  KauCb*>ld,  der  natdi  (iott  und  der  Welt  nichts  fm, 
wohl  ausgesehen  haben? 

Mehrere  Handzi'iehnungen  Urs  Grafs  in  der  öffentlich^iA 
Kunstsammlung  zu  Basel  bringen  die  Antwort  auf  diest^ 
Frage,  noch  mehr»  sie  fiihren  uns  auch  die  fJattin  de^ 
Künstlers,  die  wahrlii'h  nicht  mii  Rosen  gebettete  Sibylla 
von  Bninn  vtjr  Augen. 

Ein  Scheibtmriss  1518  lU.  lü.  34.  —  Abgebildet 
Schweiz.  Arcliiv  für  Heraldik.  1899.  Tafel  XI  ►  liefert. 
Ausgangspunkt,  Unter  einem  Renaissanc4«portÄl  sieht 
zwei  Wappjenschilde.  von  deuon  der  hnke  das  WappSfl 
Grafs,  der  r«^chte  das  von  Bniioische  aufweist.  Eine  darunUr 
befindliche  Bamlrullt^  nennt  die  Ntunen  *  VHS*  GRAF*  und 
•  S  '  VON '  BRA'^'N.  Wir  haben  d^^mtuich  den  Entw^irf  zu 
einer  Glasscheibe  vor  uns.  die  der  Meister  nachher  zum 
Schmucke  seines  Hauses  sehr  wahrscheiriHch  eigenhändl 
ausgeführt  hat.  denn  ihm  war  ja  auch  die  Glasmalerei 
fri'dier  her  geläufig.  Nun  hält  eine  Frau  den  WappenscFi! 
von  Brunn.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  ein  Realist  wie 
Urs  Graf  nicht  irgend  eine  Weibsperson  dahinstellt,  sondern 
die,  welche  allein  hier  hingehört,  seine  Gattin  Sibylla.  Und 
noch  auf  einer  Reihe  von  Handzeichnungen  begegnet  uns 
dieses   kräftige    Weib    mit    seinen    üppigen    FoiTnen^ 


rjlojt, 

wohll 

5eichJ 

^  mi^ 

<! 

liest^ 

de^ 

>vlla 

i 


amRI 


len^    d^ 


Die  Bildnisse  Urs  Grafs  und  seiner  Gallin. 


15,5 


■  nüjfllichen,  vollen  Gesicht,  aus  dem  Herzensgiite  8p rieht. 
H  tum!  liera  Teichen  Haar^  welches  meist  in  zwei  dicken  Zöpfen 

■  m  den  Hinterkopf  gelegt  ist 

■  Einmal   erscheint  die   gleiche   Frauengestalt    auf    einer 

■  1512  zu  datierenden  Zeichnunc^  zusammen  mit  einem  Manne 

■  (ü.  10.  120.  —  Siehe  TatVl  Uli,  dessen  Gesichtstypus  auf 
lniaem  Blatte  von  1623  (U.  in.  l"ilj    unverkennbar   wieder- 

■  lehrt,  wo  dnr  Dargestellte  ganz  poiträtlmtt  anfgofasKt  ist 
Eontl  eine  Schriftüdel  betrachtet,  auf  iler  das  Wort  POEÜflA 
■mit  vieler  Mühe  2U  entziffern  ist  während  die  Rückseite 
llle^  Blatt«»  einen  in  (rrafs  GeheiDischrift  geschriebenen 
Brt>nimeii  Vers  aufweist,  als  dessen  Verfasser  sich  Urs  (xraf 
Uekenut.  Wenn  je  der  Charakter  eines  Mannes  aus  der 
■Physiognomie  herauszulesen  ist,  so  hier.  Kein  Zweifel,  es 
mst  Urs  Onif,  wie  er  leibt  und  lebt.  Ein  *Tesicht  mit  böse 
Ruckenden  Augen  und  kräftiger  Habichtsnase,  mit  grossem 
Htniid,  mit  vorstossendem  Kinn  und  stark  entwickelten 
^Kiiin laden.  In  der  Frühzeit  war  er  bartlos,  später  hat  er 
Lmen  knrzen  Bocksbart,  und  einen  Schnurrbart,  dessen  Enden 
■liari  »arisch  weit  heral  »hangen.  Das  Hanpthar  ist  nach 
■Kriegenirt  kurz  verschnitten. 

Gehen    wir    nun    zu    den   Darstellungen    im    Einzelnen 

über.    Die  früheste,  noch  äuss«^rst  befangene  Zeichnung,  die 

vnti  1512  (U.  10.  VKl  —  Siehe  Tafel  Uli,    ist    ein   Famiüen- 

bild  und  stellt  den  Künstler  dar*  welcher,   soeben  aus  dem 

.Uailander    Kriege    kommend,    seine    ihm    1611    angetraute 

ihiUin   tmd  sein  Kind,   dpn  kleineu  Urs   begrünst.     Graf  ist 

uuvh  ganz  kriegsmässig  ausg*^rü.stHt,   Sein  fetb>rgi\^chmücktas 

Barett*  welchem  ganz  auf  die  eine  Kopfseite  geschoben,  den 

ICopf  ttdlerförmig   einrahmt,    ist  vermittels    d^r  Kinnscbnnr 

fest  unt^^r  dem  Kinn  verknotet»  und  auf  dem  Rücken  hängt 

die  fürs  Feld  bestimmte  Pelzkappe,  die  von  einem  um  den 

Hals  laufenden  breiten  Riemen  festgehaUen  wird.    An  seiner 

Linken  sit^t  der  kräftige  Schweizerdegen  mit  dickem  Knauf. 

und  in    der  litdven   Hand  hält   er  den  merkwürdigen  Speer, 

dessen    schaufelförmige  Spitze   mit  einem   Haarbüschel   ver- 

zi»*rt   ist  und  an  dessen  obt^rem  Ende  die  Reserveschiibe  tnit 

♦^itMMfi   Ri*'Tnpn   bofostigt  sind.     Ein  eng  anliegendes  Wams» 


154  Emil   Mnjor. 

unter  dem  oben  das  gefältelte  Hemd  sichtbar  wird,  um- 
schliesst  seinen  Oberkörper:  darüber  trägt  er  eine  weite 
Schaube  mit  breitem  Schiilterkragen  und  recht  weitcu. 
Armebi,  die  hinten  der  Länge  nach  aufgetrennt  und  mit 
Nestehi  wieder  zusammengehalten  sind,  so  dass  das  bunte 
Putter  sich  herv^ordrängen  kann.  Am  Knie  etwas  zerschlitzte 
und  mit  einem  Band  umwundene  Beinlinge  und  vom  ge- 
schlitzte Kuhmäuler  bedecken  seine  Beine.  Beachtenswert 
sind  die  Handschuhe,  welche  ebenfalls  kleine  Längsschlitze 
haben.  Mit  wenig  zuversichtlichem  (K»sichte  —  liat  er  doch, 
kaum  verheiratet,  die  junge  (lattin  verlassen,  um  den  Kriegs- 
fahnen zuzueilen  —  streckt  Graf  seine  recht«  Hand,  an 
(len'u  Daumen  ein  dicker  Siegelring  steckt,  Sibylla  ent- 
gegen. Diese  steht,  das  nackte  Kind  auf  dem  rechten 
Arme,  etwas  weiter  im  Hintergninde.  Ihr  noch  gotisch 
geschwunden «M-  Kürj)er  ist  mit  einem  langen  Kock.  dessen 
Schle|)i)e  ein  naseweiser  Putto  aufhebt,  um  sich  darunter 
zu  verstecken,  und  mit  einem  rautengemusterten  vom  herab 
\orschnuiten  L(»ibch(Mi  bekleidet,  welches  so  tief  ansge- 
si'hnitten  ist.  dass  der  Saum  des  Hemdes  hervorschant 
Die  Äriiiol  haben  an  den  Schultern  geschlitzte  Piiffchen 
und  sind  auch  an  den  Ellbogen  «.zerhauen^,  wo  das  Fiuter 
ti(»f  luTubcjuillt.  Von  der  Hüfte  hängt  ihr  der  Gürtel  tief 
heral).  ist  <lann  p'knotct  und  fällt  in  einem  einen  Liebes- 
kiiDt^Mi  bildtMiden  Knd»»  htM'ab,  um  nahe  am  Boden  in  eine 
Quastt*  zu  i'ndi«j;«Mi:  ein  «jjeschlitzter  Beutel  ist  verniittek 
rines  Handt's  am  (Uirtel  befestigt.  Um  den  Hals  trägt  Si- 
bylla «Miie  dicke  Kette  nn«l  als  Kopi'putz  die  eng  anliegende, 
das  Haar  verdeckend«»  Haube.  —  "Während  am  Boden  hinter 
l'rs  (iraf  die  Horaxbüclise  und  zwischen  seinen  Füssen  das 
vt'rschhiii^ene  V  und  (J  rrscheiiit,  stehen  bei  der  Figur 
Sibyllas  die  bis  jetzt  noch  nicht  erklärten  Buchstaben 
•  M  •  S  •  H  •  ]\r  Auf  der  Rückst^it^»  des  Blattes  liest  man 
einen  von  (Irais  Hand  geschriebenen  Briefanfang:  .Min 
tniiitliclhMi  gruos  vnch  .  .  . 

Kill  zweites  Mal  in  Feldausrüstung  steht  unser  Meister 
auf  einer  Zeichnung  von  lölG  da  iIT.  lo.  78.).  Er  ist,  ein 
Barett  mit  Feder  auf  dem  rechten  Ohr,  im  Gespräche  mit 
einer  Frau   begriffen,   an  denMi  Hüfte   er  seine  linke  Haml 


Dte  BUftni&sc  Urs  Grnfs  tmd  seiner  Galtio, 


^55 


während  er  in  der  Eectiten  den  Speer  mit  dem  daran 

mgebundenen   Reserveschiihwerk   hält.     Hier  trägt   er  rinn 

chon    Bart    und    Schnnrrbart    und    steht    mit    get^preizten 

einen    stolz  da.     Das  Fort.schreit«»n  dvx  Mode   nimmt  mm} 

ID  den  vierfachen  gewaltigen  Puffen  der  Wamsärinel  wahr, 

)as  Wams   ist   stark    ausgeschnitten ,    wie    es    beliebt   war, 

Idamit  Hals  und  Brust  nicht  eingeengt  wären.     Am   linken 

eine    bemerkt   man    eine   d*^r   gröbsten  Absonderlichkeiten 

[dttnialiger  Soldnertracht ;  während  nämlieh  das  rechte  Bein 

Ig&DZ  in  einem  Beiiding  steckt,  ist  zwar  der  linke  Fnss  mit 

[eiDem    »m    Knie    gebundenen    und    dann    zurfickfaÜenden 

iStmmpfe  bekleidet,    dagegen  der  ganze  linke  Oberschenkel 

iL     Da  Irraf   dem   Beschauer   den  Rücken    zukehrt,    so 

der  hinten  am  Gnrrel  befestigte  Schweizerdolch  gut  zu 

tten. 

Eines  der  packendsten  Bilder  und  zweifelsohne  das 
pliaraktt^ristisehste  »Selbstbildnis  unseres  Meisters  ist  aber  das 
dl«  Jahres  1519  \K.  lil  Gü.  —  Siehe  Tafel  IV l  Es  liegt 
»in  gut  Stfick  Humor  darin,  wie  er  die  starken ♦  oben  aus- 
gekerbten Kuhmäiiler  an  den  Füssen,  die  rechte  Faust  aid 
dem  Bücken,  mit  energischem  Schritt  und  verbissener  Wut 
nach  links  eilt  und  auf  der  SchuUin*  den  gewaltigen  Zwei- 
llä&der  voller  Scharten  trägt^  auf  dem  die  betriibenden 
Worte  stehen:  AL  MKm  CiELT  ^T:R8PILT  15111  unrl 
von  dem  an  langer  Schmu-  der  durchlöcherte  Geldbeutel 
herabbaumelt,  w^ährend  ein  Rabe  krächzend  über  ihn  fliegt, 
ihm  Unheil  und  Spott  verkündend.  Ja,  da  kommt  er 
wieder  einmal  aus  der  Schlacht  und  hat  den  mühsarn  er- 
mngenen  Sold  hernach  hf>im  AVürfolspiel  mit  w^üsten  Kmn- 
panen  verloren.  Seine  kriegerische  Ausrüstmig  ist  diesmal 
teine  andere.  Über  den  an  den  Knien  unfcerimndenen  und 
gepufften  Beinbiigen  trägt  er  einen  grossen  Lederschurz 
lit  Schössen,  weither  sowohl  den  Unterleib  als  die  Schenkel 
gegen  einen  feindlichen  Angriff  zu  schützen  imstande  ist; 
''eine  über  der  Stirn  gekerbte,  federbestecktn  Lederkappe 
legt  aick  eng  imi  den  Kopf  und  hat  einen  herabhängenden 
)tireni9chutZf  aus  dessen  Leder  ein  Muster  herausgeschlagen 
Quer  überm  Leib  liegt  das  Schwiert  mit  S-förmiger  Ab- 
»nge,  auf  welchem  ein  Messerbesteck  angebracht  ist. 


15^  Emil    Major. 

Jhis  letzte  Selbstporträt,  das  schon  genannte  des  Jahres 
1523  (U.  10.  121.)  zeigt  Urs  Graf  als  Münzeisenschneider 
der  Stadt  Basel,  als  wohlhabenden  Bürger  in  reicher  Klei- 
dung. Eine  lange,  weitärnielige  Schaiibe  reicht  bis  auf  die 
Untersclienkel  herab  und  bedeckt  zum  Teil  das  gemusterte 
Wams,  dessen  Ausschnitt  von  einem  gefältelten  Hemde 
bis  an  den  Hals  ausgefüllt  wird.  Ein  grosses  Hutbarett  mit 
Federn  auf  dem  Ko])f,  stemmt  Urs  die  rechte  Hand,  an 
doreii  Z(?igefinger  der  Siegelring  prunkt,  selbstbewusst  iw 
dio  Seite  und  legt  die  linke  an  den  Schwertgriff,  indesser 
iVw  vor  ihm  nichts  an  einem  Baume  hängende  Tafel  an- 
.^ehant.  Das  ..POEMA--  auf  der  Eücksoit«  des  Blatte, 
das  (M-,  offenbar  der  frommen  Anwandlung  vor  seinen  Ge- 
nossen sieh  schämend,  mit  Geheimlettern  niedergeschrieben 
hat.  hiutet  folgendermassen:  «Kum  :  heiliger  :  geist  :  er- 
füll :  vnsi»r  :  herzen  :  zünd  :  an  :  in  :  vns  :  das  ;  für  :  diner: 
lil)o  :  dardnrch  :  du  :  mengerloi  :  der  :  zungen  :  die  :  heiden: 
in  :  ».'inikeir  :  gesammelt  :  hast  :  aleluia  :  aleliua  :* 

Der  Bildnisse  Sibyllas  haben  wir  eine  grössere  Anzahl 
Sic*  vert(»il(Mi  sich  in  der  Hauptsache  auf  die  Jahre  1513 
l)is  l")!-!.  Da  sehen  wir  sie  1013  als  kluge  Jungfrau  vor- 
wendet r.  in.  40.),  wie  sie  mit  hochanfgestreiften  Ärmeln 
im  Fi'eien  stellt,  den  linken  Fuss  vorgesetzt,  mit  iler  linken 
Hand  d(^n  langen  Schl(»j)|)n)ek  raffend  und  in  der  Kechton 
die  brennende  Lampe  haltend.  Links  hängt  ihr  dii»  Gürtel- 
sclinnr  mit  B<'Steck  herunter.  Ein  ganz  komplizierter 
I\«'ttensc:hmnek  zieht  sich  um  ihren  Hals  und  die  Bnist 
Kille  erste  Kette  mit  iiuiden  (TJiedern  läuft  nämlich  um  »l»'n 
Ullis,  kri'uzt  sieli  vorn  und  winl  von  eim:»m  perlenbesetzten 
Steinschmuek  zusammengehalten,  geht  dann  unter  den 
Annen  nach  hinten  durch  und  über  den  blo.ssen  Rücken: 
eine  zweite  K«*tte.  (InMtach  aus  viereckigen  Glie<lern  gehlgt. 
läntt  tiefer  unten  über  den  Busen,  vereinigt  sich  hier  eben- 
falls, wo  t'in  grosses  kreuzfrirmiges  Sclunuckstück  sie  fasst, 
um   sodjinn   übei-  die  llfiften    nach   hinten  sich  zu  schlingen. 

Auch  in  einer  alU'gorischcMi  Darstellung  wird  Sibylla 
benutzt.  Es  ist  eine  Zeichnung  aus  riem  gleichen  Jahre 
JJ.  U\.  48.  —   Abbihlung:   Albertina    Nr.  330.\     Links  liegt 


Die  Bildnisse  Ur»  Grafs  und  seiner  <i;ittin. 


15: 


Centaur  am  Bodeü,  hält  mit  der  hembLäugenden  Rechten 

Schrifttafel  .mit   Monogramm    iinil    Datum,    blickt   zu 

rt^chts  von    ihm  auf  einer  Rasen bank   sitzejidt^n  Sibylla 

hält    mit    der    Linken    einen    Renaisäancepokal    Luch 

Sibylla,    welche  in    der  Rechten   <*iuen  Apfel  hält. 

iit  den  Centiiur  an   und  schlingt   ihren  linken  Arm  um 

jungen  Urs,   welcher  sich  über  ihren  »Schoss  lehnt  und, 

Kopf  auf  die  rechte  Hand  gestützt,  schläft. 

Recht  anziehend  ist  eine  Zeichnung  von  1514^  wo 
ylla  als  Ceres  auftritt  (U,  10.  56.).  Am  Rande  eines  Bach* 
erblicken  wir  sie  in  der  Zeittracht,  wie  sie  in  dem  bis 
r  die  Knie  heraufgesehürzten  Rocke  reife  Apfel  gesaniineh. 
£ine  Zackenkrone  charakterisiert  sie  als  ln?idnische 
tin.  Sie  blickt  alier  den  Beschauer  so  lieb  ati,  dass  er 
le  Göttin,  sonderu  nur  das  vell  erblühte  Weib  in  ihr 
t  Kokett  sitzt  ein  kleiner  Dolch  an  der  linken  Hüfte 
und  hnstig  wirbeln  ihre  Locken  im  Winile.  Am  Boden 
li«*gt  —  ein  kulturgeschichtlich  interessantes  Stück  —  eine 
kleine  Taschensonnenuhr, 

H  Die  liebevolle  Mutter  naht  sich  uns  auf  dorn  auf  Tafel 
V  abgebildeten  Blatte  (ü.  10.  58.).  Sie  iiSt  hier  wirklich 
gross  aul*gt»hisstj  auf  unnötiges  Beiw-erk  ist  ganz  verzichtet 
tmd  mit  wenigen  Mitteln  ist  da  eine  hohe,  plastische  Wir- 
kung erzielt*  Wie  ruhig  steht  sie  nicht  da  im  Freien,  den 
B»-s*diauer  voll  ansehend,  als  einzigen  Schmuck  das  (lürtel- 
l>aiid  mit  Messerbesteck  und  Beutel  an  der  Seite  und  in 
den  Armen  das  zappelnde  Kind.  Wir  dürfen  sie  als  eine 
der  besten  Schöpfungen  Grafs  in  Anspruch  nehmen. 

War  auf  diesem  Blatt  die  Mutter,  so  tritt  uns  auf  einem 
U&dern  desselben  Jahres  die  sorgsame  Hausfrau  entgegen 
Hl.  1(K  69.).  Ein  Imbiss  soll  im  Freien  eingenommen  werden. 
Sibylla  hat  sich  eine  Schürze  vorgebunden,  hat  über  das 
tirf  ausgeschnittene  Ijeihclien  einen  Schulterkragen  ange- 
legt, um  sich  gegen  die  kühle  Wittening  zu  schützen,  und 
bott  in  einer  Feldflasche  Wasser  oder  Wein  zum  Mahle 
herbei;  am  (rürtel  hängen  ihre  Hausfrauenattribute,  Beutel, 
Messerbesteck,   Schlüsselbund  und  ein  Spiegel  oder  Kamm, 

Bass    Sibylla    ihrem    Gatten    auch    ztmi    Aktzeichnen 


158  Emil   Major. 

Modell  stellen  musste,  beweist  eine  weitere  Zeichnung 
(U.  10.  f)0.\  auf  welcher  sie  ganz  nackt,  nur  mit  Stirnkette 
und  zwei  Halskett'en  geziert,  und  eine  fliegende  Schnur  in 
Händen,  im  Freien  steht.  Ihre  starken  Körperformen  treten 
hier  mehr  denn  je  zu  Tage. 

Eine  Frau,  die  von  mutwilligen  Putten  attakiert  wird, 
gewiss  ein  origineller  Vorwurf.  Er  liegt  in  einer  Zeich- 
imng  von  1514  vor  lU.  10.  63.).  Sibylla  spielt  auch  hier 
din  Hauptrolle  und  steht,  die  Hände  vom  auf  dem  Leib 
üboreinandcr  haltend  und  eine  Haube  auf  dem  Kopfe,  in- 
mitten der  übermütigen  »Jugend.  Einer  fliegt  soeben  rechti 
<iavon,  die  andern  aber  nehmen  die  Sache  nicht  so  leicht 
und.  wälirond  einer  auf  Sybilla  deutet,  kommen  die  andern 
lieran.  einer  mit  einer  Hellebarde  und  einem  ovalen  Schilde, 
zwei  andere  mit  Speeren  und  ein  vierter  mit  einer  impro- 
visierten Fahne. 

Die  letzte  Zeichnung  aus  dem  Jahre  1B14,  welche  die 
i.lattin  des  Meisters  vorführt,  vermag  uns  weniger  zu  fessein 
(LT.  lO.  ()1.).  Sie  ist  in  langem  Schleppkleid,  fasst  mit  der 
Rechten  die  Schleppe  hoch  und  hält  die  Linke  mit  ausge- 
streckttun  Zeigofinger  auf  den  Leib.  Das  Ganze  ist  ziemlick 
nichtssagend  und  höchstens  als  Trachtenbild  geniessbar.  Sie 
hat  i'in  ausgeschnittenes,  über  der  Herzgnibe  vernesteltflS 
Loil)ch(.Mi.  unter  dem  sich  das  mit  Ranken  bestickte  und  oben 
mit  Knöpfchon  besetzte  Hemd  hervorschiebt.  Eine  breite 
Kette  auf  der  enthlössten  Brust,  eine  Stimkette  und  ein 
]iiit  wil(l<;eschwungenen  Federn  verziertes  Barett  vervoll« 
stiiiidigtMi  den  Aufputz. 

Und  nun  zur  Schildhaltorin  von  1518  (U.  10.  34.  - 
Al)«r,0)i]ih^t  im  Schweiz.  Archiv  für  Heraldik,  181>9,  Tafel 
Xr.i.  IK^in  feiorlicluMi  Moment  (Mit9j)rechend  ist  sie  in  be- 
sonders vornehiner  Kleidung.  Ein  sehr  tief  ausgeschnittenes 
LeibcluMi  mit  breitem  Saintstreifen  oben  sitzt  ihr  knapp 
um  (lii^  Brust.  Reichgepuffie  Ärmel  mit  allerhand  Schlitz- 
uiigeii  umgeben  ihre  Arme.  Pen  Busen  verhüllt  ein  dünner 
Schleii'r.  den  am  Halse  ein  mit  Hauten  gemustertes  Hals- 
band fasst;  darüber  liegt  eint»  dicke  und  eine  längere  dünne 
iSchnnickkette.      Auf  dem  Kojjfe,    welchen    eine    Stimkette 


Die  Bildnisse  Urs  Gräfe  und  seiner  Gattin.  159 

it,  sitzt  hinten  ein  von  Federn  über  und  über  be- 
ä  Hutbarett  Über  den  Rock,  den  die  linke  Hand 
rafft,  während  die  rechte  den  Schild  hält,  fällt  ein  vorn 
eter  Bandgürtel,  welcher  links  ein  bequastetes  Leder- 
len  mit  dahinter  gestecktem  gekrümmtem  Messer 
>cheide  trägt.  — 

ücksichtslos.  wie  Urs  Graf  immer  zeichnet,  zeichnet 
h  sich,  und  diese  Wahrheitsliebe,  welche  ihn  die 
und  Personen  beim  richtigen  Namen  nennen  lässt, 
'  ihn  bewegt,  sich  selbst  als  das.  was  er  ist,  als  rauf- 
n,  gewalttätigen  Gresellen,  und  seine  Gattin  als  freund- 
in  ihr  Schicksal  ergebene  Frau  darzustellen,  kann 
im  nicht  hoch  genug  anrechnen. 


Fabrikate  einer  Basler  Töpferwerkstätte 
1397-1457, 

Von   Karl  Stehlin. 


Im   FVühjahr   IRMi  wurden    in   dem   Hause    Äschenvor- 
stadt 10    (Eigontürner    Herr    Stadtförster    F.   Bari    bmiliiL^?^ 
Veränderungen    vorgen« mimen.      Beim    Legen    der   KanaLi- 
ßationsröhren   durch    das  nicht   unterkellerte  Vordergebäudt» 
fanden  die  Arbeiter  zahlreiche,    zatn  Teil  ganze,    zum  Teil 
fragmentierte   mittelalterliche   Ofenkacheln    und   Tongefasse^ 
Ohne  der  Bauleitung  Anzeige  davon  zu  machen,  warfen  si^ 
alle    wieder    in    den    (Traben,      Herr    H.   W.    Bröckelmanu 
welcher  dazu  kam.  als  der  Graben  bereits  wieder  eingefiUlti 
war,    raffte    die    obenauf    liegenden    Stücke    zusammen  miil 
übergab    sie    später  der  Delegation    für   die   antiqiiarischen 
Funde  zu  Händen  des  hi:4tnrischen  Museums.  ^H 

Nach  den  Aussagen  der  Arbeiter  duiThschnitt  d™ 
Kanalisation^graben  eine  mit  Lehm  gefüllte  Grube,  w 
welcher  die  Töpferwaren  zerstreut  lagen.  Eines  der  ge- 
retteten Stücke  ist  eine  Matrize  zum  Formen  von  Ofen- 
kacht'ln.  Von  den  Kacheln  selbst  erweisen  sich  mehren* 
deutlich  als  Fehlstücke  mit  missratener  Glasur,  windst^hiefer 
Oberfläche  und  Rissen,   die  beim  Brennen  entstanden  sind. 

Diese  Umstände  Hessen  deutlich  darauf  srhliessen,  dass 

man    es    mit    den    Überbleibj^eln    einer  Töpferwerkstättve   ssu 

ttui   habe.     In    der  Tat    ergibt   sich   aus    dem    hist-orischeu 

Grundbuch,    dass    das   Haus    in    den  Jahren   1897  bis  1457 

successive  von  vier  Hafnern  besessen  wurde,  wogegen  weder 

vorher  noch  nachher   ein  Hafner  als  Eigentümer  desselben 

vorkommt     Folgendes    sind    die    Auszüge    über   das    Haus 

Aschen  Vorstadt  10  in  der  genannten  Periode:  ^M 

1B97.     Das  Klostor  KÜngenthal  verleiht  an  NicoIct^ 

Hafener    von    Hirsingen ,    Burger    zu    Basel    und    Elsine 

seine  Frau    das    Haus,    welches  vorher  Conrad  Panthlion 


F:&brtkatc  ctucr  fiasler  Töpfer  werkstatte   i3*-)r~*457 


l6i 


■  der  Beck  bc?fiessen  hatte^  um  12  ^9  jälirlichen  Zidh  und 
I  2  Ring  Brot  zu  Wi'isung. 

I  1424.     Eisin     Hirssin^eriiu    Clewin  Hirssingers    des 

I  Hafeiit*rs  Wittwe  und  Heinrich  Hirsi^inger  ilir  Sohn  ver- 

I  kanferi    das    Haus    an    Peter    Hiirtlii?b     den    Hid'nor    und 

■  Ennelin  seine  Frau,  zinst  an  Klingentlud  8  ß  (hic),  uui 
I  58UulrtHn. 

■  1443.  Euneliu  Hartlieb  verkauft  tlan  Haus  an  Clausen 
I    Still   von  Sultz    den  Haffeuer    und   Ennelin    seine    Frau, 

■  max  an  Klingenthal  12  ^  jälirlieh   und  2  Ring  Brot  zu 

■  Weisung,  um  140  (Inlden. 

I  1456.     Claus    Dille    (sici ')    der     Halen*/r    und     seimi 

H  Frau  Ennelin   verkaufen   das  Haus   an    .Jacoben  Heczden- 

■  »rfen  von  Stras-sburg  den  Hafener,  zinst  an  Klitigenthiil 
W  12 /J  jährlich  urtd  1  isic)  Bing  Brot  zu  Weisung^  iirti  i(ß} 
I  (iuHen. 

I  Zur  D*»Ldvnng    des   Kaufpreises   verkauft    der    Käufer 

■  m^  Rente  von  zwei  Gulden  an  das  Kloster  Klingi?nthal 

■  \\m  4u  tFulden.  eine  solche  von  2  (Inlden  an  den  Ver- 
I  käufer  um  4<>  rTulden  und   eine  solche  von   1  ( Inlden  an 

■  fleineze  Seger  tun  20  Gulden. 

■  14B7.     Dftii  Kloster  l\Jingenthal  frönt  das  Haus  wogen 

■  Jficlitbezuhlnng   von  2  Gülden   Zins^    da  Jacoli   Setzden- 

■  ofen    flüchtig  geworden   ist^    und  übernimmt    en  um    flon 

■  Verfallenen  Zins. 

^^  Das    Kloster    Kling^'Uthal     seheint    da^    Haus    hierauf 
HBbend  mehrerer  Jahrzehnte    lediglich   a\ii  Zeit   vermietet 
■II  haben.;   1487  verkauft  es  dasselbe  an  Crista  Beiger  den 
Kubier   und    zwar,    dem    Preise    von    blos  5Ö  Ouhlen    nach 
■a  schllessen^    in    einem    ziemlich  verw^alir losten    Zustande; 
pi  ist   Kehr  nnwahrscheinh*ch.    dass    nach    dem    Zusammen- 
hrnch    von   Jacob    8etzdenofens    Geschäft    im    Jahre    1457 
Hoch  einmal  eine  Hafnerei  in  dem  Hausse   betrieben  woirde. 
Wir    dürfen     daher    mit    annähernder    Sicherheit    an- 
nehmen,   dass    die    sätntlichen    gefundenen    Stücke  Abfälle 

*)  Die  richtige  Schreibart  fcheint  Stille  zu  sem;  mit  diesem  Numen 
^M  der  Mahu  iiach  aU  AnwÜnder  der  Häuser  No.  S  und  12,  sowie  als 
Eigfiaämer  cmcr  andern   Liegenschaft  gcn.Hiiit. 

Zcitschr.  L  Gesch,  und  Allerlum.    VI.  1.  11 


lf)2  Karl    Slchli 


I 


ans  den  B»»trit.»bt'Ti  der  Hafner  Niclaus  Hirsinger.  Peter 
Haitlieb.  Claus  Stille  und  Jacob  Setzdenofen  sind  und  KU 
«len  «»U  Jaliri'n  zwisehen  1^397  und  1457  stammen.  Es  üt 
dies  ein  nieht  ^nuz  unwichtiges  Ergebnis,  wenn  man  e> 
wägt,  wie  selten  bei  dieser  (Gattung  von  Ware  die  Zeug- 
nisse* über  Urhebt.M'sehaft  und  Entstehungszeit  sind.  Auck 
di».'  kleinem  Fragmente,  die  an  sieh  nicht  viel  vorstellen, 
können  wenigstens  bei  den  mit  Modeln  geformten  Ofen- 
kacheln! zur  Zuweisung  andt»rswn  gefundener  vollständiger 
Stückt-  «li«Mdich  aviu. 

Von  den   Fundstürken  sind  namentlich  her\'orzulieben 

Die  bereits  erwähnte  Matrize  für  eine  Ofenkachel 
mit  Kranzgesinis  und  rechtwinkliger  Strebe,  21,3  cm  Loch, 
'Jr")  cm  breit,   l'i.o  cm  dick. 

Eine  gotische  Krabbe,  kleeblattfönnig.  Standfläche 
untt'r  dem  SttMig«*l.  glatte  Hinterfläche.  3t>  cm  breit.  lU^ 
spriinglich  ca.  3n  cm  hocli.     Vorderseite  grün  glasiert. 

(^uadratisclu*  Ofenkachel  von  17.7  cm  Seitenlänge; 
ein  sclirritentler  Lüwe:  mit  unvidlsländiger,  teils  grüner, 
trils  gribiT  (ilasur. 

f^uadratisclM'  Ofenkachel  von  16.(5  cm  Seitenlänge; 
*'iu  Pfau.   üb«'r   Kck  gestellt:  grün  glasiert. 

(^ujidratisclir  Ofenkachel  von  14  '14.3i  cm  SiMten- 
liuig«*:  i'iii  s(iin*it«'ii(h'r  Mann,  über  Eck  gestellt:  grün 
glasitTt. 

( )|'enkaeih'l.  Endstück  mit  (Tesims,  17  cm  lang:  zu 
rib«'reckgt»st«'l]ri'M  «luadratischen  Kacheln  von  ungefähr 
11    cm  Seitenlange  j)ass<'n(l:  grün  glasieit. 

Kranzg«-sims  ciru^s  Ofens,  mit  drei  Zinnen  und  drei 
Lücken.  2HJ^  eni   lang.  1;^5  cm  hoch,  grün  glasiert. 

Fiii<che  aus  rotem  unglasiertem  Ton,  17.5  cm  hoch, 
11  cm  dick,  der  Boden,  sowie  die  AVandung  bis  zur 
Ibihe  von  7  cm  si«.>i)artig  durclilöchert.  mit  Öffnungen 
v«)n  ii.f)  mm   Wi'it«'  in  Abständen  von  ca.  10  mm. 

Auss«Tdem  linden  sicli  darunter  zwei  Fragmente  von 
Xiscih'nkacheln  un«l  neun  weitere  Fragmente  von  Ofen- 
kailp'ln  verscliicflcner  Formen.  t«*ils  mit.  teils  ohne  Figuren, 
neun  Stücke    von  (lefässen  aus  rotem  Ton,    teils  mit.  teils 


Fabrikate  einer  Basler  Töpferwerkstätte  1397 — 1457.  163 

ie  Glasur  und  vier  Stücke  von  Gefässen  aus  schwärz- 
lem  Ton. 

£ine  nochmalige  Öffnung  des  Kanalisationsgrabens 
u£s  Gewinnung  weiterer  Fundstücke  wurde  vom  Bau- 
ster  als  untunlich  erklärt,  weil  der  Boden  locker  und 
nahe  gelegene  Scheidemauer  schlecht  fundiert  sei  Ein 
iter  paralleler  Graben,  der  für  die  Wasserleitung  ausge- 
en  wurde,  führte  nicht  durch  die  Fundstelle. 

Da    das    Haus  über    die    Baulinie    vorsteht,    muss    es 

ler    oder    später    zu    einem    umfassenden    Umbau     des 

dergebäudes    kommen,    bei    welcher    Gelegenheit    dann 

vollkommene    Ausbeutung    der    Fundstelle    möglich 

wirtl. 


Der  Bachofen'sche  Mfinzschatz  von  Äugst 

(s.  Tafel  VI.) 
Von  E.  A.  Sttickelberg. 

In  der  Geschichte  der  Numismatik  nimmt  die  Uuiveraitäts- 
Stadt  Basel  seit  vier  Jahrliundertcn  luit  einer  stattlichen  Reihe 
von  Münzkennem  und  Münzsammlern  eine  ehrenvolle 
Stellung  ein. 

Schon  Erasmus  war  ein  Liebhaber  antiker  Münzen; 
nach  ihm  sammelten  Bonifatius  Amerbach,*)  dessen  CSmeli- 
archium  später  in  Besitz  seines  Sohns  Biisilius  überging 
In  der  Familie  Fäsch  treffen  wir  Eemigius*)  (f  1666)  als 
Sammler  von  griechischen  und  römischen  Geldstücken  und 
später  Sebastian  (f  anno  1712).  August  Johann  Buxtor^ 
Pfarrer  zu  St.  Theodor  (1756),  war  zu  seiner  Zeit  als  Münzen- 
liobhaber  bekannt,  während  der  Bäcker  Emanuel  Büchel  mit 
gewandtem  Stift  baslerischc  Münzen  und  Medaillen  zeichnete*) 
und  Christian  von  iVrocliel  das  ^Oeuvre^  des  Medailleurs 
Hedliuger  stacli  und  herausgab  (1776). 

Im  .Jahr  1796  wurde  die  Sammlung  des  Xiklaus  Harscher, 
1812  die  eines  Paravicini  vergantet;  im  Besitz  von  Deputat 
Schorndorf  sehen  wir  eine  prächtige  Kollektion  von  Hed- 
lingr'rmcHlaillen.  und  vier  Jalim  nach  dem  Tod  des  Professort 
J.  ,1.  d'Annone  •  f  1804)  wurde  dessen  Münzkabinet  verwertet 

Einen  Einblick  in  die  Art,  wie,  wo  und  was  damals 
gesammelt  wurde,  gibt  uns  das  Ausgabenbuch  des  Raritäten- 
samml(Ts  D.  Burckhardt-AVildt.*)  Wir  lassen  hier  einen 
Auszag  aus  diesem  Manuskript  folgen: 

1774  1  Medaille  von  Silber,  worauf  Munatius  Plancus. 

1  dito  worauf  Constantius. 
1776  1  Kiste  zu  den  Medaillen. 

h  Athciuic  Kaurirae  p.    in  — 113. 

2)  a.  a.  O.  p.    lU)— 122. 

3)  Manuskript  der  Basler  Universitätsbibliotek. 

*)  Dem  Verfasser  liebenswürdig»  zur  Verfügung  gestellt  \t)n  Hem 
Prof.  D.  Burckhardt-Werthcmann. 


Der  BadiofiEti'scbe  Man^scfant^  sau  Aug^l. 


«65 


Ich  Nbitio«  mitf^bracttt,    Antiquen. 

m^dAilleJi  romaiDea  en  Bronce, 

dctto  in  Silber. 
-u  Äugst  bekommen. 

tnedaiUe'«  pi»  Bronxe. 

dito  m  Silber, 
amhiächi»  oder  moriselie  silbern  Müntzcn. 
gro«B9«  &l^daiUe8  romaine^  en  Bronze  (aus  Augfit). 
kleine  dito« 

Mrdaiilr,  worauf  siwei  Köpfe, 
dito  dr»  HtidrianQd. 

nübemer  Ba«cKThalfir  worauf  dos  Bildnu^^ts  des  ^lunatius 
PUnciia  A    16. 

Medaille  Greciiue  d'argi*nl  du  Roy  Autioche. 
Petite  mddaüle  d'afgetit  de  SiracuisiotK 

>  Antiquen. 

tnt'dadlo  grrccjue  de  euivre 

Dunljiillf!=i  i\v  cuivre  Grecques  et  Romainen 

5i*>daiü«*  de  Tnivro  de  ViteUius   qu'il  l  nämlich  P.  A.  Bor- 

lunl)  a  d^dari'  fauMso  et  me  Ta  doune  par  de-ssus  1p  marcho 

pour  |M>ov()ir  distinguer  le^  bonnes  meduitlet^  entrclcs  fausses. 

M^diiUt'  d'AugUi^te  ile  bronze  (Rnvers,  Providentia). 

dilto  uübekikunt  d'Em|>efeur. 

jdlbe>r-Tergokbta  Medailie  worauf  das   Bildtiuss  von  Job 
Hu^  und  auf  dem  Rtivers  wie  er  verbnindt  wird. 
ailb^m^  Arabische  Münzen. 

i*rhf»  von  Kiipf**r, 

So.  öaa,  14^,  5öO,  662,  481.  227,  417.  , 
114,  408.  308,  877,  1Ü8,  :i38,  346,  248,  461), 
THuaipbwai^en,  Hv.  Kamel 
Rof&akopf    Rv.    Triumph  wagen.     Aemüia 

4*^  i  f,    Rv,  2  figuren.    3BÄ,  Roma* 

kipf.     Rv*  TriiimpbwRgen   ot   combat    de 

nm,   1168,    1091.  Älö,   88t*, 
1325.   lülO,  iTtäV».  1276, 

i  (Domnal  Diva  Kaustina, 
Vespiuiian,  Aarel  Antoninu"^, 
Piu»,  Tiherrus,  2  üomitiait, 
«,    m\    Oomitian,    8(>«>  NVro, 


20  Consulares 
von  Silber 


1027.   7(1?. 

m&   ! 

IW4,  i 
tadD»,  2 

Ar     - 

l»i-        -  '+ »,    Antoninus  Piu>iy 

GaUiMitts,  Jul.  Pbilippiis,  Po^tumuif 
Bmiäcilla. 


28   imjieratores 
vou   Stiber. 


:| 


8  Bronze  et  ArKeut 


l66  E.  A.  Stückclberg. 

Constantin  Jun.,  Maxentios,  2  Probus, 

2  Aurelian,    Tacitus,    Claadius    Goth.,      «.         ^ 

Constantin,      Maximus,      Magnentius, 

Gratian,  Constantius. 

Caius,  Tiberius,  Agrippa,  Crispina,  M.  \ 

Aurel,  Antoninus,  Domitian,  2  Augustus  l  q,  -        j 

und  noch   viele  andere,  welche  nicht  [ 

so  remarquable.  ' 

2  Verus,   Severus  Alexander,    2   Diva  \ 

Faustina,  2  Hadrian,  3  Lucilla,  Traian,  I  ^       ,  » 

Aurelius,   2  Antoninus  Pius,   Mamaea,  | 

Maximinus.  ' 

2  Gothische  silberne  kleine  Medaillen  von  Attila.*) 

Folgt  der  Preis  für  diese  Posten  total  Fr.  68.04.  Er  fü| 
,Ich  habe  ihm  da  mehr  gegeben,  als  ihm  gehört  hätte,  die  l 
davon  ist,  weil  viel  Rare  darunter,  also  er  (Job.  Heinr.  Bawier  in 
sehr  wohl  zufrieden." 

1780  Fausta  Bronze. 

Titus. 
2  Salonina. 
2  Claudius  11. 

Aurelian. 

Consulares  von  Silber:  556,  568,  360,  407. 

Imperatores  von  Silber:  Tiberius,  Domitian. 

2  Traian,  Hadriun,  Severus. 

Probus    1  _ 

„,     .,        >  von  Bawier. 

lacitus  J 

Imperatores  von  Silber  Traian,  Domitian. 

Antique  silberne  Medailles:    68,  64,  66,  67,  72,  76, 

89,    90,   91,  von  Meyer  Amschel  Rothschild   in  Fr 

Antique  silberne  Münzen:    Vitelliua,   Tiberius,   Tit 

mit i an,  Traian.    Vom  Jud  Picart. 

Silberne  Blech-)-Müntzen  auss  dem  Elsass. 

Silberne   Römiscli.    Münzen.      Severus    n.     1463. 

n.  ioo:{. 

Silberne  Medaillen: 

Maximilian  Emanuel  Elect.  Bavari. 

Rv.  The.seus  Bavaricus  1689. 

Rv.  das  jüngste  Gericht. 
Gar     grosse     Baslerische,     rings     herum 
die  8  Dörfer-Wappen, 

Rv.  die  Stadt  Basel. 


von 
gel: 
Fl 
bek( 


*)  Bis  jetzt  sind   keine  echten  Münzen    des  HuDnenkönigs  Attil 
gewiesen. 

*)  Oflfenbar  Brakteaten. 


von  meuieii 

geliebten 

Frauen 

bekommen 


Der  Bachofen'tche  Müozscbatz  von  Äugst.  167 

Tbxiler.   BasUisc   haltet   das   Wappen    der 
Stadt  und  8  Dörfer. 

Rv.  Stadt  Basel, 
dto.    Mon.    no.    Turicensis    Civitatis    im- 
perialis  1559. 

Rv.  9  Dörfer.    Wappen, 
dto.  1647. 

Thaler,  Basel  Stab.    1624.    Rv.  Adler. 
Klein  dto.  1688. 
Thaler  Leopoldus  D.  G.  Archid.    Austriae. 

Rv.  Wappen. 
Silberne  Medaille  ludicio  judieantur  ex  timore. 

Dei  omnia  aequo.    Richterspruch  Salomonis. 

Tempelbau. 
Medailles  Grecques  de  bronze. 

2  Commagea. 

6  Regio. 

7  Athenes. 

10  Sauromates  Thracia 

14  Ptolemeus. 

3  Nero  et  Messalina. 
S  .\ugustus. 

12  Claudius  et  Messalina. 

15  Antinous. 

16  Antoniiius  Pius. 
Homaines  de  Bronze: 

1  Caesonia. 

4  ileliogiibalus. 

5  Valentia. 

9  Caesar  et  August us. 

11  Donata,  Postumi.     «Eine  erfundene  Kaiserin,  z.  Hsohr.i 

13  Pupienus. 

17  Marios,  Tvran. 

18  Tetricus  Junior. 

Plautilla.  (lermanicus.    Rv.  S.  C.  ('aligula,  Rv.  Ve^ta,  selir 

schön,  .\grippina,  (iordian  «111)  XiTo,  Claudius,  sehr  >chön, 

.\ntoniuus  Pius,   2  Diocletian,   Probus,  Maxentius,  Virtus 

Cari,     Severus    Pius,     Gallienus,    2   Constantinus    .lunior, 

Coiistans. 

In  Silber:   Vespasian  Rv.  Judaoa,  Maesa,  Constantiu<  Rv. 

Vot  XXX  Muh  X  X  X  X.     Preis   für  diese  Griech. 

und  Rom.  Münzen  Fr.  72:    gekauft  bei  Fred.  Schmidt   de 

Rossau  Conseiller  Prive  in  Frankfurt. 

Beim  selben  gekauft  13  Silbermüii/en.  53  andere  .Münzen 

für  Fr.  4S  ab  accordieiter  Rabat  von  Fr.  9:  Fr.  33. 


l68  E.  A.  Stückelberg. 

1781  Femer   21   Münzen   für  Fr.  70.42,   ab   accordirter  Ribit 

von  26.42:  Fr.  44. 

Antique    Medailles    von   Jeremias   Schlegel    gekauft  flir 

Fr.  33.20. 
1  silberne   Medaille   von  Titus,   gefunden    im  Kirschgarten, 

gekauft  von  Mahler  Linder  für  —.16. 
1  Medaille  (rOthon  en  argent  für  Fr.  3  in  Nismes  bei  Abbe 

Maury  gekauft. 
1  Medaille  de  Bronze  in  Äugst  gekauft. 
17H2  2  Abgüsse  von  der  Medaille  von  dem  Landgrafen  von  HesseB- 

Cassel,   2  Abblötscben   (?)   von   weissem  Metall;  2  Jetoi 

Meister  auf  Silber,  femer  die  Collectiou   des  Empreintii 

de  Cachets   bu<  auf  1.  Januar  1778  von  J.  T.  Samson  g^ 

kauft. 
1778  70  Medaillons  en  platre  representants  les  hommes  illustres  de 

lautiquit^e  bei  Chr.  v.  Mechel  gekauft. 
1781  «4  Abdrücke  bei  Samson  gekauft.*) 

Aiiss(M(loin  sanimelto  Burcldiardt  allo  Art^n  Altertümer 
und  Bibolots,  Natarali(*ii  und  dgl.  (xemäldo  in  Oel  und  hinter 
(Uas.-)     Das  Buch  roicht  von  1770  bis  1786. 

W(M*ter«>  Baslor  Münzi'ivundo  und  Sammler  sind  Leonhard 
Tluirnevst'n  z.  Tlinrn,  dor  brandenburgische  Arzt.  Fr.  Sml. 
Schmid  und  .1.  J.  Schmid.  Emanuel  Stickelberger  (f  1833)t 
(l<»r  römisches  Silb<»r  in  x\u^st  und  am  Bötzberg  er^'arb, 
HiiTonynnis  Falkeysen.^i  lAntistes  1S18— 183&)  Prof.  Wil- 
liehn  VisclhT,  Kwi<^.  dt'sson  Sammlung  ins  historische  Museum 
überging  *)  und  Mey(?r- Kraus.  Bekannt  sind  die  uuinis- 
niatischen  Aul'sätzt»  des  Antiquars  Albert  Sattler  im  Organ 
der  Schweiz,    numismatischen  Zeitschrift,    dem  Archäologen 


*)  SaniNOii,  der  l)i:k;iniite  Graveur,  der  für  Huudcrtc  von  Schwciicr- 
faiiiilicn    \V''appi;ii>ic";4cl    in  Stahl   j;c.>clinilt(;Ti   hat. 

-)  Sivj^.  ICijlomises;  die  Technik  kcMiuut  seit  dem  Mittelalter  vor;  Be- 
spiele .iu*s  dem  XVI  Jahrhundert  linden  sich  auf  Schloss  Wildenstein,  »D 
Hasel.  Zürich,  Xiirnher«^  u.  s.  w.  Im  XVIII.  Jahrhundert  wurden  Hinter- 
j»la.smaUTcicn  vom  ):,M•ö>^^t(■n  bis  zum  kleinsten  Format  von  den  Mitjjliedera 
der  l"'amili(^  Ah  l-^ch  in  Siirser  hergestellt;  Beispiele  sind  im  Rathaus  » 
SurM.'c  /u  sehen.  Xoch  im  XIX.  Jahrhundert  entstanden  solche  Malereien, 
sintl  indes  ;iii*;^er(>rdentlich  roh  und  j^t'hören  ihrem  Jahrmarktscharakter  oofli 
zu  den  typi^'chen  Vertretern  der  \'olk>kunst.  Tirol  versah  z.  B.  Graubünden 
mit  dj^l.  (iemählen. 

^)   Vjjl.  Achilles  Ryhiner,  Itinerairc,    1782. 

*)  Der  Katalog  wurde  von  Dr.  (i.  Crcij»y  verfasst.     Vgl.  die  folg.  Aoo- 


Der  Bttcbof^n'sclie  MuuzschiU/  von  Aug»t. 


ibg 


flaufi^  ilie  Ausführungen  Prnt.  J,  J.  Bernoulli's  in  seinön 
Terken  über  römische  und  griechische  Jkoniigraphie.  die 
lit  zahlreichen  Münztafeln  geziert  «tnd.  Den  Knustniediiillen 
iudt4"  sich  Oberst  Rudfdi"  Bräderlin  zu,  den  Schweizer- 
BÜnzen  schenkte  Dr.  Alt'rotl  Geigy  durch  Sammeln  und 
rissen  seil  aftli  che  Publikation*)  seine  Zeit^)  Eine  andere 
slerSammhmg,  die  von  Rud.  Merian-ZäsHn  rt^^-'Jnli  1906), 
&nthält  die  Münzreihen  Oistasieos  in  sehr  vollständiger  Weiae 
ItnsammengeBtellt,  geordnelr  und  bestimmt. 

Die     grösste,     auserlesen  ate    und     bedeutendste     Mf'inz- 
l£oUektion  Basels,  ja  der  Schweiz,   hesass  AVilhehu  Bachüfeu. 
Er  hatte  mit  dem  Sammeln  von  Schmetterlingen,  dann  von 
[Siegeln  begonn»:in,  als  er  im  Alter  von  fünfzehn  pJahren  von 
[Herrn  Burckhardt-Vischer    im    Ritterhof   ein    Säcklein    voll 
[alter    Geldstücke    erhielt    mit    dem  Motto:    ^Idee   zu    einer 
Münzensammlung'",    ,L  J.  Wilhelm  Bachofeu,  geboren  1853, 
[  \it  am  21.  Juni   IIXKJ    nach    langjähriger    Krankheit    dahin- 
.  geschieden.    Bis  in  seine  letzten  Jahre  blieb  er  der  Numis- 
matik treu  und  verfolgte   den  Gang   der  Auktionen,    seine 
I  Keihen  mehrend,  Liickeu  ausfüllend.    Seine  Sammlung  war 
vielseitig;  mit  besonderer  Liebhaberei  aber  liaute  er  gewisse 
,  Serien  aus;  diese  seine  Spezialitäten  waren:  Schweiz,   Elsass, 
Wallenstein,    Gustav  Adolf,  Westfälischer    Friede,    Gepräge 
der  geistlichen  Stifte   und   S.  Georgsmünzen.     Ais  ein  von 


*\    a)  Das  Müuirecht  voa  Briigg :  pp.  2. 

b)  RoUbatJcco:     L  pp.  7. 

n.  pp.  4. 

c)  Medaine  dile  de  la  Truite:  pp,  153/6  avec  la  med.  photographiee. 
„BuUeliö*  Bd.  VI  dixieme  anoeCi     Basel    1887. 

d)  Aus  schweiE.  Archiven:  pp.  55  m.    i   Tafel  Abli, 

e)  Haldetisteiti  und  Schaueiiüteiii-Rcichcuau  tmd  ihre  Müulpräguiigeti 
U  pp.  40  mit  l  Tafel  Abb.,  alle  beide  rtus  „Bulletin'*  Band  VIH, 
hutticme  aonee.     Basel    1S89. 

Ferner  diverse    kleinere  RejEensioncii    meist   ohne  Unterschrift. 

f)  Gedruckte  schweif.  Münjtmaödate.     Ba.scl    i8n<>. 

gj  K^täl.  d,  Basl.  Mzcd.  u.  Med,  d,  Ewig*schen  Snmmlung.   Basel  1899. 
b;  CoUections  otiiDismatiques  existant  en  Stusse  eo  octobre/tiovembre 

Imprime  comroe   manuscrit  Bale.     pp,    1 5   in   8". 
*)    Weitere  Basler  Sammler   der   neuesten  Zeit   sind  aufgeführt    bei  Fr. 
*a»«l  £.  rioeccbi  in  Cmida  Numismat.  Univ.  3  Aufl.    1894  p.  491 — 492. 


170 


E.  A.  Siückelberg. 


Kind  auf  begabter  Zeichner  und  eifriger  Sammlör  von  lüte« 
schweizerischen    Gla^sgemülden,    verstand    er   es.    die    Kom. 
Position  PiiiMs  Miiazbildos  zu  V»iirteileu  und  als  Freund  anJ 
Kenner   alter  tToklschniitMlearl>eiten    war   er   im   Staud^   die 
Vorzüge  von  Stempelsclmitt.   (tuss  und  Zißelierung  voll  zu 
würdigen*    Wer  die  Preise  dpriirtiger  häufig  »»C'hoii  laateridl 
sehr  wertvoller  MUn^fieu  und  Medaillen  kennt*»  wird  ersehen, 
dftsa  eine   solche   Sammlung   bedeutende   Opfer   erforderte. 
Er  hat  sie  nicht  gescheut   und  hat    golegentlich  königliche 
Sammler  überboten  und  aus  dem  Feld  geschlagen,  wenii  ps 
galt,  ein  besonders  schönes  Exemplar  eines  seltenen  Stücks 
»u  erobern.    Daneben  war  Bac^Jiofen  aber  auch  ein  tüchtiger 
Kenner  röuiiisoher  Münzen  und  als  in  Angst  ein!«Jt  ein  höchst 
interessanter  Münzschatz  entdeckt  w^irde,  hat  er  ihn  durch 
Ankauf  gerettet.    Er  hat  auch  ilen  grünpatinierten  Klumpen 
Äum  Teil  aufgelöst  und  die  sorgfaltig  losgetrennten  Stucki* 
selber   goreinigt    und   vortrefflich    bestimmt    wnd    geordnet. 
Seit  1875  g€*hörte  er  der  Basler  historischen  und  antiquar- 
ischen Gesellschaft,  seit  1883  der  Schweiz.  Numismatischen 
(tosoII Schaft  und  Ins  1902  auch  dem  Verein   für  das  histor- 
ische Museum  seiner  Vaterstarlt  an. 

Bachofen  hat  seine  Schätze  aufs  liebenswürdigste  dem 
Kenner  gezeigt  und  noch  anlässlirh  der  Tagung  der  deuti^cheii 
Limesforscher  in  Basel  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  «len  Mnnz- 
klumpt^n  und  charakteristische  Einzel  proben  von  Augusta 
ßauriconim  zur  Vorweisung  anvertraut.  Wenn  in  den  fol- 
genden Zeilen  diesem  Münzschatz  einige  Worte  gewidmet 
werden,  so  geschiebt  dies  zur  Erinnerung  an  BacJjofen  so- 
wohl, wie  um  einen  Wunsch  der  Limesforscher  und  der 
Redaktion  dieser  Zeitschrift  zu  entsjjrechon.  Der  Verfasser 
glaubt  damit,  als  Vertreter  der  Numismatik  an  der  Basler 
Hochschule  einer  Ehrenpflicht  nachzukommon. 


Keine  Epoche  der  römischen  Kaisergescluchte  bedarf 
so  sehr  der  Auflielhmg  wie  die  drei  Dezennien  von  253  bis 
283.  Diese  beginnen  mit  der  Regie nmg  des  Valerian  und 
seines  Sohnes  Gallienus  und  sehliessen  mit  dem  Auftreten 
Diocletians.    Ihren  Charakter  erhielten  diese  Zeitläufte  durch 


alz 


einö  ünzalil  vou  Usiirpatioiion,  die  dazu  geföhi^t  haben,  dass 
flian»  wenigstens   für  die  Zeit   des    (.TalHf*nns,    übertreiljend 
Ton  dreissig  Tyrannen  sprach.     Tatyächlicli    herrscht   über 
Asr  Mehrzahl   dieser  Ußurpationeii   tieisteifs   Dunkel:  sichere 
Zeugnisse  empfangen  wir  nur  ans  den  Münzen,  die  wir  als^ 
die  zuverlässigsten  und  wichtigsten  Quellen  dieser  Zeit  be- 
trachten   raössen.     Sie   orientieren   uns   über  den   richtigen 
I  Namen   dieser  Kaiser,   über  deren  Stellung   zu   den  andern 
Kaisern,   über   ihr  Herrschaftsgel >iet,    durch   ihre  Zahl    iilier 
[die  Länge  ihrer  Regie taing,   durcii  ihren  Styl  über  die  Zeit 
[der  Usurpation.     Nur  Wenige  haben  bis  jetzt  diese  Münzen 
zum  Sprechen   gezwungen,   aber  sie  weichen   in   der  Inter- 
pretation so  weit  von  einander  ab,  dass  nicht  zwei  Kaiser- 
li^ten    mit    Bezug    auf    Zahl,    Namen    und    Jahre    der    auf- 
geführten  Imperatoren    miteinander   übereinstimmen.     Und 
L«o    wenig   wie    die   Historiker,    stimmen    die   Numismatiker 
litein ander  überein.     Um  nur  ein  Beispiel  anzidiiliren,  sei 
die  KaiserfamiHe  Valerians  hingewiesen.     Diese  besteht, 
ne  aus  unantastbaren  inschriftlichen  Zeugnissen  bervorgeht^ 
idestens  ausfolgenden  Personen:  Kaiser  Valerian,  dessen 
Bekrierter   riattin    Mariniana.    Kaiser   Gallienus,    dessen 
^mahiin  Salonina  und  drei  Söhnen  dieses  Paares:  Valeria- 
aus  iH),   (Saloninus^  Valeriamis  (HI)   und  Marinianus.     Die 
[ünzen    der  drei  Valeriane,    denen    gelegentlicL    noch   ein 
ierter,  ein  angeblicher  Bruder  des  Gallienus  zugeseilt  wird, 
werden  nun  allgemein  durcheinander  geworff^n.     Eine  syste- 
jatische    Scheidung   wäre    zu    envartr^n    gewesen   von   dem 
Spezialforscher  O.  Vötter  in  Wien;    aber  da  er  Valerian  II 
[4iüd  m  nicht  auseinander  zu  halten  vermag,  kommt  er  zu 
lern   erstöunlichen    Schluss    „Der  Valeriamis    junior    ist  zur 
jFabel  geworden"  *). 

Da.ss  die  meisten  chronologischen  Ansätze  der  Usur* 
pationen  sehr  unsicher  sind,  braucht  nicht  hei^vorgehoben 
[£11  werden.  Käme  die  Numismatik  zu  Hilfe^  indem  sie  den 
^At'hweis  erbrächte,  Kaiser  A  hat  in  der  Provinz  M  vom 
Jahr  X  bis  Y  geprägt,  im  Jahr  Z  aber  nicht  gepi-agt,  dafür 
nber  habe  Kahler   B   im    Jahr  Z  hier  Oeld   geschlagen^   sa 


h   Wiener  Nuni,  Zeitscbr,    1901    p.  80, 


172  E.  A.  Stückelbcrg. 

könnte  ein  festes  Gerippe  der  Chronologie  gegeben  werden, 
wie  solches  Jules  Maurice  in  Paris  für  die  konstantiiiische 
Epoche  ausgearbeitet  liat. 

Einstweilen  sind  wir  nicht  so  weit  Wir  müssen  des- 
luvlb  für  jeden  Fund  dankbar  sein,  der  einiges  Licht  in  die 
dunklen  Jalirzohnto  des  II L  Jahrhunderts  bringt  Auch  für 
unsere  Lokulgeschichte  können  insofern  historische  Resultate 
gewonnen  werden,  als  durchaus  nicht  feststoht,  wie  lange 
und  wie  oft  unser  Land  zum  Usurpationsgebiet  oder  zum 
Reich  gehört  hat. 

Unser  Münzschatz  wurde,  wie  bereits  zur  Zeit  der  Ent- 
deckung mitgeteilt  \).  in  Äugst  in  einem  wohlerhaltenen 
Bronzetopf  gefunden;  die  griine  Patina  mehrerer  Münzen 
zeigt  den  Abdruck  des  gewobenen  Sacks,  in  welchem  die 
Münzen  in  den  Topf  gelegt  worden  sind.  Der  Fund  ge- 
langte als  Klumpen,  von  dem  nur  wenige  Stücke  losgelöst 
waren,  in  Besitz  von  W.  Bachofen:  er  hat  einen  Teil  der 
Stück«'  losgetrennt.  giM'einigt  und  bestimmt.  Den  andern 
Teil  liess  er  als  Klumpen  bestechen:  die  Abbildung  zeigt 
<lie  Form  desselben.  Er  wiegt  zur  Zeit  2245  Gramm,  wM 
auf  eine  Stückzahl  von  nind  635  Münzen  schliessen  lässt 
Killige  noubh^rteu  sind  im  Liuif  der  Jahre  vom  Besitzer 
v«'rsclienkt  wordi'U. 

Was  noch  vorhanden  ist,  stM  im  Folgenden  kurz  cha- 
rakterisiert: der  Fund  enthält  ausschliesslich  Doppeldenare, 
d.  h.  Billonmüuzen.  wt4che  bei  Kaiserbihlern  die  Stralkrone 
<1ps  Soinu'iigott»*s.  lu'i  Kaiserinnen  die  Mondsichel  als  Zeichen 
aufweisen.  Alle  Münzen  sind  somit  Reichsgeld;  provinziales 
oder  Stadtg«^ld  ist  nicht   im  Fund  vorhanden. 

I)as  idtest«»  Stück  ist  fin  Doppeldenar  von  Trebonianus 
<Iallus  mit  »lern  IJevers:  Libertas  Augg.  und  dem  Stern  im 
F.'lde. 

Es  folgt«'n  dann  d\o  Gepräge  der  valerianischen  DjTiastie: 

'•  An/,  f.  vchwci/".  Altcrliimikuihic  1SS4  p.  41 — 42.  „Die  dort  g^ 
nannte  Linie  mit  ilen  (JiierniäiKTchen  i>t  in  horizontaler  Richtung  20  Meter 
vom  südlichen  Rand  der  H»)hi'  ,,auf  Karteien**  entfernt."  Gütige  Mitt.  ▼. 
Herrn  Dr.  Hurckhardt-Uiedcrmaiin  d.  d.  24.  April   1906. 


0er  Badtofeo'irlie  ^tufttsdbil»  too  Angii, 


ns 


wmr««n  vom  dynastischen  «StnnflpUTikl  aus  am  mtkiui^ll* 
#tU2aieilen«     Wir  tmterecheidcn  folgende  Perioden: 
L  Valeriau  I,  alleiniger  August us. 
IL  Valman  I  und  (Talli<^nüi?  Augusti. 
ni  \  uml  (iftlli«tju!*  Aug-usti,  Valeiia  II  Ca^^ar. 

IV  'i^  irmi  Valeriami«  M,  Au^osti. 

V.  GairieniiA  und  Val^riaiitis  IL  Aui^usti  Valonan  llt.  Caesar. 
Vi  GalU«iuas  August ii^  uDd  Valcrian  III,  Cae>^4ir 
ril>  CiaUlMitu^t  alleiniger  Au^u^la». 
Diea^  Poriodeti  siini  von  verschiedener  Länge:  ganz 
i^  di«  orsU*,  vermutlich  (inch  die  viertle.  I^ng  »st  die 
wte^  sie  reicht  von  der  Erhebung  des  Orallienus  zum  Mit- 
i*tst»*n  biK  asar  Gefangennahme  de©  Valerian  L  dnrch  die 
n«r  VnttT  wird  iTsetzt  durch  Vülerian  IL  und  als 
folger  I Caesar)  rückt  ußch;  V'aleriau  III.  ^  Nach  der  Er- 
iung  dii^i^r  ä4*inor  Sohne  Kteht  ilallteuus  allein  da;  seine 
tvtL  Jahre  sind  charakterisiert  durch  sehr  Hcblechten  Gc- 
« •'^-loa.  Sehen  die  Münzen  der  ersten  drei  oder 
noch  aus  \vu*  SiLht^r,  die  der  vieiten  bis 
schlechtes  Silber,  so  haben  die  Gepräg©  d*^r 
'*  '  völlig  da8  Auüsehen  von  Bronze, 
;i  I  ;ii»en  nennen  stets    nur  einen  rnler 

iwei  Augnstii  nie  drei.     Gallienns   erkennt    also    nur 
Vii*  T  seinen  Sohn  ab  Mitaugusti  an;  Caesaren. 

tk  Kn.ni| — ,s,.  ..   werden    nicht   als  Augusti    mitgerechnet, 
Miwenig    die  KaiserinnenT    wenn    nicht   die  Mixnze  dan 
hfH^lbi?»   trälgT.     Ciallieniis   zählt  auf  dem  Geld  nicht 
aU  ji«    '      '   i  Jahre    der    tribunicischen  Gewalt:    er 
aljii   mt  IS    vierzehn  volle  Jahre  regiert   haben; 

itA    fklexandrinUche    Htadtgeld    nennt   uns   sechzehn 
K  n»    «ie«    GaUienus.     Sein    Vater    nennt 

Hut  Triliu....>,..:ire.  aber  sieben  ägyptischa     Galliemis 
tUi»  5  bi»  7  Jahre    mit   seinem  Vater,    kurze  Zeit  mit 
H^btiim  nutl  dio  letzten  Jahre  allein  regierte 

Bdchofen'Hchf^  Münzschatz    enthält    aus   den   oben 
bn  Periodmi  folgt*ndi*  Typen: 
ValtaiMi  I.  f  rlidtas  aagg.  ilL  Periode)  l  Stuck 


»jt   in  dos  Verf. 

4n 


2  Stück 

l'bronfolgc    von  Auguiitus 


*74 


E.  A.  Stückelberg. 


üebertrag    2  Stück 
Restitutor  orbis  (I.  od.  n.  Periode) 
Salus  aiigg  (It.  Periode) 
Securit.  pcrpet.  (I.  oder  II.  Periode) 
Victoria  augg.  (II.  Periode) 


Total 
Gallion  US.  Aetern.  aug.  MT.    (VII.  Periode) 
Coucordia  exercit.      „  „ 

Deo  Marti  „  „ 

Diauae  coiis.  aug.      „  „ 

Germanicus  Max.V.  (IL         „      ) 

(Kopf  n.  links) 
Indulg.  aug.  P.        (VII.        „      ) 
Laetitia  aug.  P.  „  „ 

Marti  pacifero  „  „ 

Pax  aug. 

Pietäs  aug.  M.  P.       ,,  „ 

Providentia  augg.  (II.  bis  V.  Periode) 
Provid.  aug.  (VII.  Periode) 

P.  M.Tr.  P.VII.  CCS.  PP.  MP.  (VII.  Periode) 
P.  M.Tr.  P.VII.  CCS.  III.  P.  P.  (VILPüriod.) 
Restitutor  Galliar.  (II.  Periode) 
Vic.  Germanica       (II.  bis  V.  Periode)    2 
Vict.  (lallicni  aug.     ,,     „     „         „  1 

Vict.  Gormaniia        „     „     „         „  2 

Virtus  augg.  „     „     „         „  2 

Unbestimmt  2 


Stück. 
Stück 


Total  36  Stück. 
S.imtlicho    Gepräge    mit    Zeichen    und    Abschnitt   i 
M(onota)  Pirimai,  Mu)nota)  T(ortia)  stammen  aus  den  Offizin 
von  Tarragona  und   bestehen  aus  weit  schlechterem  Met 
nh  ilie  Erzeugnisse  der  Ateliers  von  Lyon. 

J.)io  Familie  des  (Tallionus  ist  folgende rmasson  vertrete 
Salonina.  Pietas  augg.  (II.  bis  VI.  Periode)  1  Stück 

Venus  fei  ix.  2      „ 

„      vict  rix  3      „ 


Total  6  Stück. 
Valerian  IL  Orieiis  augg.  (IV.  od.  V.  Periode)  2  Stück 

(stehende  Figur) 

Oriens  augg.  (IV.  od.  V.  Periode)         4      „ 
(.^clireitende  Figur) 
Virtus  augg.  (IV.  od.  V.  Periode)  2      „ 


Total  8  Stück. 


tJcf  Badliofteii*sche  Münzschatz  von  Awgst. 


T75 


SäI.  Valerianus  111*  Caesar, 

Corisecratio  {ViL  Periode) 
Jo\i  cre^centi  (VI.  Peno<ie) 
Pietas  aug,  (VI.  Periode! 


4  St  Utk 
1      » 


Total  6  Stück. 

Die  Münzen  der  Salonina  sind  nicht  nälier  datierbar, 
»mmeti  aber  nicht  aus  der  It-tzteii  i  VLI.  i  Periode,  denn  sie 
Bind  aas  schönem  weissem  Metall  gefertigt.  Die  Gepräge 
[tfcs  Valerian  IL  nennen  diesen  ^sU^ts  Angustiis^  Htaminen 
[«lemnach  aus  der  FV".  oder  V.  Periode,  wähnend  die  Münzen 
Nle§  Valerianus  HI.  znm  Teil  zu  dessen  Lebzeiten  (VI,  Period.), 
itinn  Teil  erst  naeh  der  Consecratio  {YTL,  Periode  i  go- 
adilagen  Bind. 

Unter  Gallienus  erhoben  sich  an  allen  Enden  doä  Keichs 
I  Psiirpatoren.      Als    Nachfolger  Valerians    L    Hess    sich    im 
[Orient  Macrian    proklamieren   und   ernannte   seinen   Briidt^r 
[Qtti*etus    zum    Mitregenten.      An    Stelle    der    nach    Gallien 
ftari  Germanien   delegierten  Söhne   des  Gallienus   Hess  sich 
Poiitumxis  zum  Kaiser  ausrufen.     Dieser  Imperator  erkannte 
'Jfit^mand    zum  Mitangustus    an    und   wurde    seinerseits  von 
keinem   andern  Kaiser   als  Augustus  anerkannt     Seine   ge- 
samte Regierung   fällt  zeitlich    in  den  Rahmen  der  vierten 
l>is  sechsten  Periode    des  Gallienus,    d.  h,  er    beginnt  seine 
Itie^emng   nach  der  Gefangenschaft  Valerians  I  und  wahr- 
bclieinlicb    nach    dem  Tod   Valerians  IL  und    fällt    vor    der 
llt?tzten  Periode  dps  Gallienus»  d.  h.  vor  der  ganzlichen  Münz- 
Iverschlechtening. 

Postumus  zählt  zehn  Tribunatsiahre,  hat  also  mindesteng 

Ivährwud  acht  vollen  Kalenderjahren  regiert.    Seine  Münzen 

[nepnen  fünf  Konsiilate,  zehn  iinperatorisclie  BegrÜHSungen, 

riünfmatige  Proklamation    als  Germanicus  Maximus  und  die 

Feier  der  Qtiinquennalien,    Sie  rühmen  nicht  nur  die  Virtus 

und  Fides  des  Heeres,  sondern  zeigen,  dass  er  sich  auf  eine 

Spezialwaffe    besonders    stützte,     indem    sie    Fidos^    Virtus, 

Concordia    und    Pax    Equitum,    d,  h.  die    Qualitäten    seiner 

Beiterei  feiern.    Der  Usurpator  stellt  sich  nnter  den  besondem 

iWiiitz  deö  Herkules,  der  unter  den  verschiedensten  Formen 

auf  seinem  Geld  genannt  und  tiargestellt  wird:  nennen  wii* 

den  Herkules  Deusoniensis,  Magusanus,  (raditanus,  Libyens, 


17^^  E.  A.  Stückelbcrg. 


1 


Roimmiis,  Thracicus,  Pisaeus,  Nemaens.  Argiviis,  ErymantiiMtf, 
Arcadicus,  Croteiisis,  ferner  den  Herkules  als  Begleiter  des 
Augnstus,  als  Friedensbringer,  den  Unbesiegten  und  den 
ITnstorblichon.  T)er  Kaiser  lässt  sich  auch  neben  Herkules 
auf  dtMi  Münzen  darstellen  oder  aber  mit  den  Attributen 
des  (lottes  geschmückt.  AVenn  Maximianus,  der  Beherrscher 
des  Occiilents  zwanzig  .Jahre  später  dasselbe  tut  und  sich 
Herenleus  nennt,  während  Dioeletian  als  Jo vier  die  Jupiter- 
v(T<»lirung  des  ( Jallienus  fortsetzt,  so  ist  dies  gewiss  kein  Zufall 

l)io  Xuniisniatik  des  Postumus  ist  eine  äusserst  iater- 
essant«»:  der  Usurpator  zeigt  in  senien  Münzen  ein  iudivi- 
du(»ll«'s  West'n.  das  wir  bei  wenig  Kaisem  finden.  Zwar 
nrnnt  t»r  sieh,  und  jedenfalls  mit  mehr  Recht  als  GallieLUS: 
Ri»stitntor  (^allia^lnK  hyperbolisch  sogar  Rest.  Orbis.,  feiert 
aueli  di(»  Salus  provinciarum.  seine  Siege,  den  Frie^len'» 
und  >»M]ie  Indnlgentia  Pia.  Daneben  aber  belehren  uns  die 
Münzrii  üIkm"  bi'sondere  Züg(»  aus  seinem  Lebeni:  ein  Typus 
zeigt  •/..  li.  (»in  Sehil'f  mit  (b*r  Legende:  Laetitia  Augustii: 
wir  spIh'u  im  (u'ist  den  Kaiser  auf  eint^m  Moselschiff  in  der 
Näin^  sriin'r  Kt'.^idrnz  sii*h  «ler  Krholung  hingeben.  Uml  \ 
\v»Min  «'in  audiTiM'  Typus  X»»ptuuo  nnluei  geweiht  ii^t,  st»  ) 
ztMgt  ri"  uns.  (lass  der  M«M'r^otr  d«Mi  Kaiser  von  einer  Ex-  - 
pjMÜtion   nach    Hritannion   zurüeUget ragen  hat. 

PostuMius  ln'luTrselit  tatsiUhlieh  während  langer  Jalire. 
irrilii-h  nicht  nnangel'orhtcn  von  den  (-rcTmanen.  wie  vom 
n-chtniässigm  Kais<'r.  tliMi  \Vc>ten  des  römischen  AVelt- 
rcich»'^,  (l.  h.  ( «allicn.  i^ritannicn.  (Tcrmaiiien  und  Spanien. 
In  diesen  (ichirtcn  higfu  zwei  offizi<^üe  Münzstätten:  Lyon, 
das  si'ir  hin^iMii  Iveiehsgehl  ausj)rägtc  und  Tarragona.  Wf-r 
hMzten^  Münzsriitte  eröffnet  hat.  steht  dahin;  vielleicht  ist 
es  (ijdlienus.  vii'Meicht  Postutnus.  In  jedem  Fall  war 
Ptxtunms  nicht  nnunterbnx'hen  im  Besitz  von  Lyon  uiul 
Tarracn,  das  scheint  aus  (h'U  hier  erzeugten  Münzen  des 
(lallienus  hervDrzugehen.  Ol)  der  Usurpator  auch  in  Trier 
und  I\()ln  Münzen  geschlagen  hat,  kann  mit  gänzlicher 
Sicherheit  nicht  gesagt  werden;  ein  Münzrevers  mit  den 
InitiahMi     der     rheinischen    Stadt    scheint    für    letzteres   zu 

V  Sich  selbst  nennt  J'ostiiniiis  Vauitor. 


Der  Bii;üit>£en''»clie  MünxtchAl/  von  Aug<&r.  1  7 

die  Ktgenschaft   ak  KeHidenz,    sowie  dag  spätere 
|ti>u  *rrif!r  mit-ör  den  BeichsoftizineQ  scheint  aiif 
n, 
...    3Iüna5»chatz  enthält,   wie  es  scheint, 
Ml  au«  2WiHerh*i  Pragstätten,  eine  grosse  Mehrzahl 
teil    aas  Lyon,    ein   paar  Ihitzeml  Exemplare  von 
Die    letztem    Gepräge    sind    kleiner^    leichter 
•^ini*n  etwas  ver.schiedr'neu  Knpftjpns^  sehr  sorgfältig' 
mit  fiezng  anf  tlie  Gravierung  von  Bild  luul  Schrift. 
&ind  wejäentlich  verschieden  von  denen  anderer 
piij    das   Metall   weniger  schön   nnd    glänzend    als 
^n*    Zeichnen  in  Gallien  nur  ansnahmsweise  die 
Rhre  Erxeugrnsee,  so  sind  die  Gepräge  von  TaiTaeo 
mit  dem  Ateliervermerk  versehen,  von   1  hh  H 
^iHninda),  T(ertia)  oder  MP  —  UTi 
ndeii  direkt  datiert-en  Sorten  der  Postumusünlnzen 
Pandel«    stammen    vom    ersten    und    vom    vierten 
d.  h.  sie  sind  nacii    dem   erst/en  und  dritten 
lagen.     Ks   fehlen  alle   spätesten  Eniiäsioneu 
[|Q8.     E«  fehhni  auch  alle  Münzen  von  Nach 
Igehlichen  Mitregent/en  des  Postiunus.    Dagegen 
^e  dii'Äos  Uwnrjmtoris  sehr  gut,  meist  tadellos 
dd  mit  Stein pelglanz  vergehen,  vergraben  worden, 
also    nur    kurze  Zeit    in  Kurs.     Als   Datum    der 
dg  lUiKereis  Schatzes    er^ilit    sich    also    nach    all«:'n 
itorten  Punkten: 

rJj  dam  Tod  dt*8  Valeriau  L.  ü.  und  TIL 
ritr  dem  Uegieningsantritt    der  Usurpatoren    Lae- 
lianus.  Mariu«,  Victorinu«  und  der  T<itrici. 
pdohi^dnrch  den  Beginn  der  Miinzverschlechtemng 
p  *  "li'nuH    gekentizeichnet   ist»    einig«^  Jahr< 

Tod»    vor   dem    Itegieningsanstritt  dv- 
idiufl  IL,  äe»  Quin til Ins  u.  s.  w. 
^n   datit^rten    Münzen    des    Fnndt*s    i*rgehen    das 
de*«  Gallienu^  und  das  vierte  de«  Postunms. 
it  nacli  den  Inschriften  259,  letzteres  in  einem 
Jahr.    Gtjwöhnlich  wird  258  oder  2B9  als  Be- 
iBemuT    '      's   Postum ii8    an£r»*^etzt;     wenn    dieg 
eqpii  viert«>  Triliminrsiidir  2H1    oder  262 

I.  OttcSi.  and  Alitrttt«,    Vi.  I.  12 


lyS  E.  A.  Stückelberg. 

nach  Christus.    Bald  nach  diesem  Datum  dürfte  unser  Fu 
vergraben  worden  sein. 

Postumus.  A.  Lyoner  Gepräge. 

Dianae  lucif 5  Stück 

Felicitas  aug 31  „ 

Fides  militum 1  „ 

Fortuua  aug.  (stehend)    ....  41  „ 

„      (sitzend)      ....  2  „ 

Herc.  Deusoniensi 3  „ 

„      pacifero 16  „ 

Jovi  propugnatori 1  „ 

„     statori 19 

Mercurio  felici 5  „ 

Moneta  aug 40  ,, 

Neptuno  reduci 1  „ 

Oriens  aug 32  „ 

Pax.  aug.  (stehend) 68  „ 

P 6  „ 

„       ,,     (.schreitend)       ....  4  „ 

„     augusti 6  „ 

Providentia  aug 33  „ 

P.  M.  Tr.  p.  COS.  pp 1  „ 

P.  M.  Tr.  p.  Un.  co.^.  III.  pp.       .  6  „ 

Rest.  Gall 1  „ 

Restitut.  Galliar 5  „ 

Saeculi  felicitas 91 

.        frugifero 4  ,, 

Salus  aug 42  „ 

Salujsaug 28  „ 

Salu.s  exercit 7  „ 

Salus  Postumi  aug 8  „ 

Serapi  comiti  aug 162  „ 

Ubcrtas  aug 42  „ 

Virtus  aug 8  „ 

augusti 4  ., 

Total  713  Stück. 

C.  Tarragononser  Gepräge. 

Concord.  equit.  S Stück 

Fides  equit  P 

Herc.  pacifero 

Pax  equitum  T 

Salus  Aug.  P 

Virtus  equit.  P 

n      T 


Total  60  Stück. 


Her  BiidiofeiiVlie  MüazKchaije  von  Äugst, 


•79 


C.  Unbestimmt, 


Im  gro8B«u  KhuupiMi 
Itu  kleineii  Klump^'n 


c.  535  Stück 
„     52 


fon  <Ieii  bpsunimtt»n  Münzen  stammon  eouaeJi  7t>3  Stück 
Postamus,  3H  Stilek  von  H  atidem  kuiserlicheri  Per- 
di»»  nnbeHtiiuinteri  Gepräge  werden  ebenfalls  2U 
O'/.,  von  PoÄtunms  stammen,  wenigstens  zeigten  alle 
iu>  «lo!^  Klumpens  klebr»nil»?n  Exemplare  <len 
11  Roverstypus  dieses  Imperatxirs. 
i!ni«!rki*nfiwert  ist:  cluss  in  Angst  laut  diesem  Fund 
Ü  die  Gepräge  des  rechtmässigen  Kaisers  als  die  des 
aeti  Uinirpators,  zu  denson  (rebiet  unser  Land  gehörte, 
[  iiftit^*D  und  nebeneinander  als  gleit^hwertig  angenommen 
Femer,  dass  keinerlei  andere  Miinzsorten,  wie 
te,  Bronzen  oder  sog,  lledaiMons  verschiedenen 
anti*r  unseren  Doppeldenaren  gemischt  vor- 
inn*  Zu  Wachten  ist  sodann:  Dassdie  bessern  gallischen 
kr  mit  den  geringern  spanischen  vermischt  sind* 
aus  ist  mit  mindestens  39  ReverstJ^3en  ans  zahl- 
Yen*chiedenen  Stempeln  vertreten ;  der  Pariser 
JogM  verzeichnet  nicht  weniger  als  453  Varietäten 
üprigi^n  aller  Metalle  unter  diesem  Kaiser.  Raritäten 
kHiidileriscb  ht^rvorragende  Stücke^  wie  die  mit  dem 
[  4te»  Hrffktilöi*  oder  dem  Kopf  des  Kaisers  en  face  fehlen 
^Fiinde.  Die  grosse  Zahl  der  Emissionen  des 
r»ist  auf  oine  lange  Regiemng;  seine  Nachfolger 
gftllbcWn  S«>piiratreich  habi_«n  es  nur  auf  bescheidene 
gebrach  L^) 

'         MihiZüt  hiitze   aus    <ler  Schweiz  sind 
-1   :   i     -tumus  vergraben  wordeii   sind.   t*iiH*r 
Gtunigtd,*)  tl^T  andere  von  Angst  *i 

^  C<ihc9  Decription  di»  MarniAi^-  VI.   iSSo  p.   14^64 

[%  yUtk  «kfielbefi  «^elle  iicid  vc^n   LacliAn  nur  10  Typtn^  von  Victoria 
[«UM  Mattm  l>«    ton  Trtnam  L  ira,    T^ncui  tl.   loj,   von  beiden  tit- 
12   Tfpen    l>«i»itnL     Alt    diese   Zahlen    Cohens    müi»«en    tu  uiedriff 
»Mf  volUtändiger    ist,    nicht    zugänglich, 

leb  ii> 


Arbeitsloseniürsorge  im  alten  Basel. 


Von  Hans  Joneli, 


Die  Arbeiterschutzgesetzgobung  ist  eine  sehr  bemerk" 
werte  Erscheinung^  welche  die  Entwicklung  der  Indiisi 
in  der  Schweiz  begleitet  hat  Sie  reicht  bei  uns  weiter 
zurück  als  in  den  angrenzenden  Staaten,  und  hat  schon  im 
18.  Jahrhundert  eine  Richtung  eingeschlagen,  sowie  einö 
Ausdehnung  angenommen,  die  uns  heute,  wenn  wir  zttm 
erstenmal  von  ihnen  hören,  einigermassen  überraschen.  EnU 
sprechend    der    zeitgenössischen   Wirtschaftspolitik    1" 

die  Tätigkeit  des  Staates  auf  diesem  (Tebiete   hauptsa  :: 

in  <ler  Fixierung  der  Löhne,  doch  finden  wir  auch  Vor- 
schriften, welche  flie  Arbeitsgelegenheit,  die  Arbeitszeit  und 
die  Sichenmg  der  Gesundheitj  der  Gesittung  und  des  Lebenis 
der  Arbeiter  betreffen.*) 

Im  Kanton  Basel,  wo  seit  alt^ersher  neben  der  alle« 
überragenden  Haupt iridustrie,  der  Seiden bandweberei,  noch 
blühende  und  gut  eingerichtete  Seidenzeug*  und  Indieniwv 
fabriken,  Gerbereien,  Färbereien  und  Papiermühlen  bestanden, 
und  die  Herstellung  wollener  Strümpfe  und  Kappen  vielen 
Personen  reichlichen  Verdienst  brachte,  set^t  die  Arbeiter- 
schutzgesetzgebung schon  im   17.  Jahrhundert  ein.*) 

Der  Arbeitswille  bedarf,  um  zw  dem  Erwerbe  zu  führen, 
der  Arbeitsgidegenlieit  Diese  bietet  der  Arbeits  markt,  anf 
dem  dos  Arbeitsangebot  mit  der  Arbeitsnachfrage  zusammen- 
trifft.   Die  Regellosigkeit  dieses  Zusammentreffens  kann  ntm 


*>  Theodor  Curti,  Gcschiciite  der  Schwel«  im  XtX,  Jahrhundert,  S,  in  ff. 

Julius  Laudmann,  Die  Arl>eitcrschut2gcsctzgcbung  der  Schweif^  S.  XV.  ff. 

Adolf  Biirkli,  Ziirchcriscbc  Fabrikgckcttgcbung  vom  Beginn  des  14*  Jahr- 
hunderts an  bis  zar  «chwcizeriiichcD  Sta^ttsumwälzung  von   1*98.    Zürich  iH^^* 

Jakob  Btiri,  Lciuenindustne.  Hand  Wörter  buch  der  Schweizerischem 
Volkswirlschafr,  Sozialpolitik  utid  Verwaltung»  Bd.  U»  S.  923. 

^)  Johann  Conrad  Fa£>i»  Staats*  und  Erdbeschreibung  der  ganien  Eid* 
gcnoasenscbaf^i  Teil  I,  S.  85  und  Teil  II,  S.  500  ff.  Zürich   1765/6. 

Basier  Staatsarchiv:  Mau  data. 


ArbrittToiQonirEorge  an  nlteti  BftseU 


iSl 


zwf^i   Riclitnngon    liiii   za  MisstÄiiden   Kihron,    indam 

&1  diw  ZniiamniontreffGii  des  Aiigöhots  und   rior  Nacli- 

mit  stciroTidiM)    Öchwi**rigkeiteii    und   wirtschaftHclien 

*#.,:!....    verbunden   ist,    und   indem  ferner  da»  Angebot 

^1  an  Nachfrage   begegnet^   was  sodann    in  der 

lieinang  der  Arbeitslosigkeit   zu   Tage   tritt.     letztere 

hr  oder  weniger  >iiiigiilüren  Chanikter  tragen 

II.  (    von    MaHsenarbeitslortigkeit    auftreten.      Mit 

wenigen  Bemerkungen  haben  wir  nun  aber  auch  die 

^  ^eti  angegeben,  iu  welchen  auf  dem  Oebiete 

rU  .  ^'Mheif    der  Staat  regelnd    eingreifen    kann. 

H  lg   kann  dieses*  Eingreifeu   in  Form   der 

fl«?r  Arbeitövermittlung,   in  letzterer  Richtung  in 

Arbeil^laseüfürsorge  und  Arbeitslosenversicherung 


nnn    zunÄchst  die  Arbeitsvermittlung  anbelangt, 

•    uns   der  Stiiat   im   Laufe   des    18,  Jahrbuudertö 

Ai,  diesi^lbe  v^on  sich  aus  zu  organisieren,  wie  das 

dw  Fall    ist'»     Anders  verhält   es  sich   dagegen  mit 

l^tigkeit  auf  dem  Gebiete   der  Arbeitölosenfürsorge 

\f^     .  I  fierung.    Hier  finden  wir  seit  dem 

ilf»»   .  -  ^   bis  zum  Ausbniehe   der   Revo- 

im    Pnlhjahr   1798   eine   ganze   Reihe    interessanter 

fien,   die   sich  nicht   lediglich   in 

^fvicn.*)     Da    nun   seit   einiger   Zeit 

rxui  ;i,i>  öffentikhe  Arlteitsnarhweisbureau*  Vom  lo.  Mars 
•90,|. 

F*^  *  "oaOe  '»nkkommi^ioti,  174$  Sq>L  7   bis  1771  Deserabor  a* 

Ol*.  FMbrikkommiBsioo,  1772  Jan.  11  hU  1797  Februar  37. 
Oh.  Depvinerte  fur  Posamcnter- Armenkasse,    1789  Juli    7   bis 
1798  April  7. 
:  ILuMlel 
Hl  .io«i,   I73H— 1S22, 

AA|.   r»brikwcien  tn>erhavipt*  1717— lH8H, 
J  J  ••  BcfTinleruni;  vmt  Spinnen  tmd  Stricken  unf  derLandschiiH, 
•  691— 1771. 
1014.  Fti«uxiaiiter*Ka&ic,  I7«7— 1778, 
Ai,  Armtowesezi  überhaupt»   1536 — 1886, 

Eittkelmiicbe  Stcucm  und  Kollekten     »^^m   -i-o; 


t82 


Haa&  Joueti, 


bei  uns  die  mannigfachen  Probleme,  aus  denen  äioIi  fji^ 
Arbeitslosenfrage  zusammensetzt,  wieder  eingehender  studier 
werden,  scheint  es  nicht  ganz  undankliar  zu  sein,  eimna 
in  einer  DarstelUing  alk*  Massnahmen  und  Vorschläge  unsst-ref 
Vorfahren  znr  Bekämpfung  der  Arbeitslosigkeit  zu  schildemJ 
und  sie  zugleich  mit  ahnlichen  Massregeln  der  letzten  Zeiij 
zu  vergleichen,  was  ja  nicht  schwer  halt,  da  wir  iinläD| 
durch  eine  bemerkenswerte  Veröffentlichung  erfahren  habeuJ 
waa  unser  aufstrebendes  Gremeinwesen  in  den  letzten  vie 
Jahre u  auf  diesem  Gebiete  sozialer  Wohlfahrtspflege 
leistet  hat') 

Die  Arbeitslosigkeit  bildete  das  ganze  18.  Jahrhnudeii 
hindurch  für  die  besitzlosen  Volksklassen  unseres  Kaiitoo 

eine  furchtbare  Geissel     Sie  wurde  für  den  gemeinen  Mannl 
umso  fühlbarer,  als  sie  vielfach  auf  teiu-e  Zeiten  folgte  oder! 
aber  gerade   in   solche  hineinfiel     Die  Zahl   der  Erschein*! 
ungen  im  wirtschaftlichen  Leben,  welche  die  Arbeitslosigkeit! 
verursachten,  ist  natürlich  sehr  gross.     Wi=»nn   wir  sie  hier 
zu  sammeln  versuchen,  so  ist  es  selbstverständlich,  dass  witj 
uns  mit  der  Aufzählung  der  hauptsächlichsten  Gruppen 
gnügen  müssen.     Die  Arbeitslosigkeit  hatte  ihre  Quellen  inj 
physischen  Grundlagen,  d.  h.  sie  %\tir(;le  vemnlasst  (hirch  den 
Wechsel   der   Jahreszeit,   durch  WitteniiigsverhaJtnisse, 
wie    durch    mannigfache    andere    Ursachen    ähnlicher 
Dann  waren  es  technische  Ursachen,  wie  Erfindungen  und 
Ver\^ol!kommnimg    der   Arbeitsmaschinen,    welche    Arbeit 
losigkeit  hervorriefen.    Hauptsäcklich  sind  es  aber  politisch^ 
Ursachen    gewesen,     die    das    ganze    18.    Jahrhundert    hin^j 
durch  oft  ausgedehnte  und  andauernde  Ai*beitslosigkeit  ver 
anlasst   haben.     Da   müssen  wir   zunächst    die    wirtachaft 
politischen    Massnahmen    des    eigenen    oder    eines   fremdeB 
Staates  erwähnen,  durch  welche  ein  Einschränken  oder  gäna 
liches  Abschliessen  des  Absatzgebietes  herbeigeführt  wTirdc 
Zu  den   politischen  Ursachen    der  Arbeitslosigkeit    gehör 
natürlich   auch   diejenigen  Betriebsstörungen j    welche  di: 
kriegerische     Ereignisse     bedingt    wurden.       Auch     blos 


«)  Fritz    Mangold,    Denkschrift    über    die    Entwicklung    der    ^tiiAtlkhfl 
Arbcitsloscnfür^orge  im  Kauto»  Basel-Stadt.     Basel  J906. 


A rbeiUlo&enfiir^or^c  im  alten  Basel. 


•83 


rieg^befurclitungeii     k<>nnten     schon    unangenehme    wiit^ 
iliaftlicUe  Störungen   mit   ihren  weit  ein  Folgen,   zn  denen 
"wich  Arbeitslosigkeit  gehörte,  bewirken. 

hii  weitem  wurde  die  Arbeitslosigkeit!  noch  durch  Er- 
leinungen  hervorgerufen,  welche  sich  aus  dem  gesell- 
ift liehen  Zusammenleben  und  Zusammenwirken  ergeben 
ad  die  man  ak  soziale  Ursachen  der  Arbeitslosigkeit  be- 
fticknet»  Hier  ist  zunächst  der  Zug  der  Arbeiter  V(jm  Lande 
die  Stadt  zu  erwähnen,  der  sich  schon  damals,  allerdings 
cht  so  stark  wie  heute*  gelteml  machte.  Als  weitere 
eiale  ürsuche  erw^ähnen  wir  die  Herrschaft  der  Mode,  Ihre 
wechselnden  Launen  führen  ein  fortwährendes  Schwanken 
er  Produktion  und  daher  der  Arbt^itsn  ach  frage  in  den  von 
kr  beherrschten  (Tebieten  mit  sich,  und  dieses  Schwanken 
ttt  umso  unangen «dunere  Folgen,  als  der  Mode  gegenüber 
le  Berechnung  hinfällig  wird,  da  es  in  ihrem  Wesen  liegt, 
amer  gera<le  das  nn"3glichst  Unwalirscheinliche  herauszu- 
ien»  damit  das  Publikum  durch  das  Unerwartete  über- 
tht  werde.  Häufig  kann  auch  beim  Übergang  des  Arbeiters 
QS  einer  Arbeitsstelle  in  die  andere  eine,  wenn  auch  meist 
|lttr  kurze  Periode  der  Arbeitslosigkeit  entstehen,  weil  der 
rl)eit suchende  uiubt  genügend  über  die  vuiliandene  Arbeits- 
Jegenlieit  orientiert  ist.  Arbeitnehmer  und  Arbeitgeber 
?n  nicht,  wo  sie  einander  zu  socheti  haben.  Es  ist  in 
am  Fall  wohl  Arbeitsgelegenheit  vorhanden,  aber  der 
Arbeiter  kann  keinen  Gebrauch  davon  n meinen,  weil  er  nicht 
wiiiss^  dass  und  wo  dieselbe  vorhanden  istJ) 

Ak  soziale  Ursachen  dürfen  endlich  nicht  vergessen 
rerdeu  jene  wirtschaftlichen  Katastrophen,  welche  man  mit 
de-m  Ausdruck  ^Krisen"  zu  bezeichnen  pflegt,  und  die  man 
ab  die    wichtigste    ninl    für   die   gegenwärtige  Wirfcscliafts- 

*)  El*  mag  hier  crwhhiit  werden,  duss  im  Jahre  t  7*)4  die  ludJeiinefiibri kanten 
ODlcr  «i<:h  eine  Konvent ion  abscblossenf  wonneh  entlassene  Arbeiter,  wenn  sie 
■»cht  *ech^  Momilc  aii&serhalb  der  Stadt  gearbeitet  hatleo,  ohne  Erlanhnis 
^  Herrn,  bei  dem  tic  zuletzt  io  Arbeit  standen,  in  keine  iindcre  hiesige 
Vthrik  dotreteD  durften.  Dieses  Vorgehen  führte  nun  zu  einem  grossen  Streik, 
^r  mit  einem  vollständigen  Sieg  der  Arbeiter  endete»  indem  sich  die  sechs 
lodjenncfabrikauten  unlcrschriftlich  verpflichten  mnssten,  die  getroffene  t^ber* 
nkimit  rückgängig  zu  machen.  (Vergl.  Protokolle:  Oi*.  Fabrikkommission. 
55«  ff* 


184  Haus  Joueli. 

Ordnung  geradezu  charakteristische  Ursache  der  Arbeite-  J 
losigkoit  bezeichnen  niuss.  Es  kann  natürlich  nicht  unsere 
Aufgabe  sein,  hier  auf  die  Frage  der  Krisen  überhaupt  ^ 
näher  einzutreten,  es  könnte  sich  höchstens  danim  handeln,  j 
t»ine  kurze  Aufzählung  ihrer  Ursachen  folgen  zu  lassen.  D»  jl 
wir  nun  aber  eine  Anzahl  dieser  Erscheinungen  bereits  in  den  1 
vorstehenden  Ausführungen  als  Ursachen  der  Arbeitslosigkeit  1 
angeführt  haben,  so  verzicht<3n  wir  darauf,  um  Wieder- 
holungen zu  vermeiden.  Dagegen  werden  wir  später  die  j 
krisenbildenden  Momente  als  Ursachen  der  Arbeitslosigkeit  1 
noch  öft(irs  berühren,  wenn  es  sich  darum  bandelt,  die  ^ 
einzelnen  Massnahmen  dt^s  Staates  in  Zeiten  grosser  Ver-  i 
dienstlobigkeit  näher  zu  schildern.  ] 

Schliesslich  wollen   wir  es   nicht  unterlassen,  noch  anf 
einen  Punkt  hinzuweisen,  bei  dem  es  allerdings  fraglich  ist,   ' 
ob    (^r   als  Ursaclie    der   Arbeitslosigkeit   angesehen  werden  ' 
kann,  der  aber  der  Vollständigkeit  halber  nicht  ganz  une^  -' 
wähnt  bleiben  darf.  Es  ist  das  die  Untaugliehkeit  bestimmter  ^ 
Arbeiter  zu  bestimmten  Arbeiten.     Diese  Erscheimmg  tritt  : 
dann  hervor,  wenn  durch  die  Veränderung  der  Technik  eine 
neiio  Betriebsmethodf^  notwendig  geworden  ist.    Hier  gibt  e« 
dann  häufig  Arb(Mt<T,  die  nicht  willens  oder  nicht  imstande 
sind,    si(*li   den  tj;(*stellten  neuen  Anfordenmgen  anzupassen 
und    dalh'r    ausser    B<\schäftigung    gesetzt    werden    müssen. 
Dio  Organe  der  Armenpflege    klagen    denn   auch  das  ganie 
18.  Jahrhundert  hindurch  über  die  sich  mehrende  Zahl  der 
Müssiggäng<*r,    so    dass    man    zur    Annahme    geneigt    ist^ 
dass    mancher    chirch    die    geschilderten     Umstände    unter 
(Tstcrc  geriet.     Im  Anschluss  daran  kann  noch  auf  die  De- 
generation (»inzelner  Kreist*  dtvs  Arbeiterstandes,  durch  ausse^ 
ordentlich  niedrige  Lebenshaltung.  Schnapstrinken  etc.  hin- 
gewiesen  werden,  alles  Umstände,  die  gewiss  oft  schuld  an 
der  bestehenden  Arbeitslosigkeit  waren.     In  den  Akten  irt 
wenigstens  vic^lfach  von  Armen  die  Rede,  die  auf  diese  Weise 
degeneriert(Mi  und  so  zur  ArbcMt  nicht  mehr  tauglich  wurden. 
Nun   darf  aber   nicht   ausser  acht    giOassen  werden,    dass  es 
sich    in    diesen     Fällen     schoji    mehr    um    Arbeitsun&hige 
als  um  Arbeitslose  handelt. 

Die     Arbeitslosen     rekrutierten     sich     nicht     lediglich 


ArboiUiokvufdrtorft«  ^m  4)lcn  B;uel. 


185 


I  dar  Lundwirtj^tfiiHlt  iitiil  deiijenigi^ü  IiidaBtrieti,  die  sich 

ntWL  d«r  ZttiiftliöTTÄchaft  befreit  hntteii»    s«»iidem   sie 

hH    noch    vonnelirt   tlureh   Znzxkg   aus    dem    ziuikigeu 

ir^rk.    Ob  dti^Ziibl  diirOesellen,  di^  über  Boni  giugen, 

lieh  war  oder  nicht»  darüber  vermagt^n  mr  uns  kein 

Bild  XU  machen,  wohl  aber  wissen  wir^  dfiss  die  Zahl 

Mei«t<>r.    denen    »*;*    an   Arbeit    nnd   Verdienst   gebrach, 

iiH'   eine   grosse    war.     Die   arbeitölot^en    Meister    seilten 

titlieh  aiid  <lein  Kalimen  unserer  Darstellung  ausscheiden^ 

[aber  ancli  Vorschlnge   gemacht  wurden,    wie  ihnen  Ver- 

geschaßen    ^'enlen    konnte»    sn   haben  wir  es  unter- 

e».  df*n  Begriff  ^arbeiüilos'*  alhcu  eng  zu   fassen.     Auch 

lanM.'»  «ich  eben  dio  Grenz*»!!  unserer  Darstellung  nicht 

cbarf  ziehen^  dass  wir  nicht  gezwungen  waren,  über  sie 

pi*hi»n* 

Die   TUtigkeit   rb^r    meisten    Btaaton    und    Gemeinden 

Bekämpfung    der    Arbeitslosigkeit    erschöpft     »ich 

ph    vielfacli    lediglicb    in   der   Arnit^npflege.     Erst 

Eer  Zeit  beginnt  sich  allmählich  auch  bei  ihnen  die 

inntnis     dnrchsnisetzen ,     daas     die     Armenpflege     die 

lilestAt   Art    der  Arbeitslosen fursorge   ist.     Wenn    umn 

Ii«nt9  nrvch  mancherort,'*  geneigt  ist,  den  unverschuldet 

iuiijsati  mit  den  Vagabunden,  Bettlern,  Müssiggängern 

u    in    einen    Tigel    zu  werfen,    ho   dürfen 

.,     : ,    jM%r  »ufhaltiHi,  wenn  frühere  Jahrhunderte 

handelttni.       Immerhin     sorgte     öfters    auftretende 

keit  schon  im  18.  Jahrhundert  dafür,  dam 

tu  ^^  ♦*is«?n   die  Ansicht  durchrang,   der  unver- 

{lekiildei  A  -e  venliene  eben  eine  andere   Behandlung 

rArl>ei tscheue  und  Arbeitsunfähige,  Der  grosse  tHchaden« 

«hfc*  Brmddiegi*n  arbeit-^"  nnd  arbeitswilliger 

benkrtfti«  der  ge^^amten  Vuii.  chatt  droht,  wurde 

Ton  mti^t^ii  Vorfaliren   erkannt«  und   ^i»*  war^n  sich 

darüber,    welchr»  G^falintn   ausgedehnte  und  an- 

^^..    4^i,.;*,i     :..u^ii^  j^j.  ^j^jj  Staat  in  sich  barg.    War 

haupuachlich    auf   die    Armenpflogti 

9u  Hilden    wir  doch  «chon  frühe  Massnahmen 

',  illiaiwwi  di^  aya  dem    Rahmen    derselben    heraustreten 

Allhilfaaiittel  l^e^n  di«^'   Arl»eiLshMiek*Mr    ;%Tiei'^.t  li«rti 


l86  Haiisjoueli. 

werden  können.  Wie  heute  lässt  sich  innerhalb  dies» 
Abhilfsrnittel  gegen  die  Arbeitslosigkeit  eine  Scheidung 
nach  zwei  Richtungen  hin  vornehmen,  wir  finden  nämlidi 
einmal  Abhilfsmittel,  welche  die  Folgen  der  Arbeitslosigkeit 
aufheben  oder  mildern  wollen  und  zweitens  solche,  die  daza 
dienen  sollen,  die  Arbeitslosigkeit  selbst  möglichst  ebza- 
schränken. 

Was  nun  zunächst  die  Massnahmen  anbelangt,  die  den 
Eintritt  der  Arbeitslosigkeit  verhindern  sollen,  so  ist  zu 
bemerken,  dass  die  entscheidendste  Massregel  zur  Bekämpfnng 
der  Arbeitslosigkeit,  die  Vermittlung  der  vorhandenen  A^ 
beitsgelogonheit.  wie  wir  bereits  erwähnt  haben,  nicht  durdi 
den  Staat  organisiert  wurde.  Dagegen  traf  er  folgende  re- 
pressive Massregeln: 

1.  Eiut'ührung    ergänzender    Beschäftigung,     namentlidi 
der  Hausindustrie  durch  Fachschulen; 

2.  Einfülirung  neuer  Lulustriezweige;  ^ 

3.  Verbindung  von   landwirtschaftlicher  und  industrieller 
B< ^Schilf tigung  und 

4.  Schal'fung    besonderer    Arl)eitsgelegenheit,     also    Aus- 
führung sogenannter  Xotstandsarbeiten. 

Nun  liegt  auf  der  Hand,  dass  selbst  durch  die  denkbar 
radikalstcMi  Mittel  das  Auftreten  wenigstens  temporärer  und 
lokaler  Arl)eitslosigkeit  nicht  gänzlich  unmöglich  gemackt 
werden  kann.  Es  werden  daher  auch  für  alle  Zeiten  die- 
jeni^ren  Massnahmen  bi^ücksichtigt  werden  müssen,  welche 
lediglich  eine  Aufhelnmg  oder  Milderung  der  Folgen  der 
Arl)eitslosigk(^it  bezwecken.  Zu  diesen  Massregeln  gehören 
vor  allein  dir  Unterstützung  der  Arbeitslosen,  sowie  die 
VersichtM'ung  der  Arbeiter  gegen  Arbeitslosigkeit.  Diese  E^ 
kenntnis  scheint  man  nun  auch  schon  im  alten  Basel  gehabt 
zu  habc^n;  denn  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts 
treten  die  re])ressiven  Massregoln  sichtlich  zurück  und  die 
Staatsorgane  gelten  sich  alle  jMülie.  hauptsächlich  solch«* 
Massnahmen  zu  treffeji,  die  den  Arbeitslosen  vor  den  wirt- 
schaftlichen Folgen  seiner  Arbeitslosigkeit,  der  Verschlechter- 
ung seiner  Lebenshaltung,  dem  Herabsinken  in  die  Armen- 


Arbcilslo&eDfiiniOi^e  im  nlleri  BascL 


187 


pflege,  vor  Obdachlosigkeit  und  Bettelei  bewahren  sollen. 
Problem  der  Arl>eitslo8enversicherimg  tritt  nnthin 
rk  in  den  Vordergrund. 
Um  feststellen  zu  können,  oh  und  welche  Ma^sregeln 
»ir  Absei laffung  und  Einschränkung  der  Ai'beitslosigkeii 
möglich  und  empfehlenswert  sind^  und  inwieweit  die  bisher 
angewandten  Abhilf smittel  sich  als  wirksam  erwiesen  haben, 
beduHen  wir  der  Kenntnis  einer  Reihe  von  Erscheinungen, 
'  die  mit  der  Arbeitslosen  frage  verknüpft  sind.  Es  ist  not- 
I  wendig,  den  Umfang  und  die  Intensität  der  Arbeitslosig- 
bit  und  die  durch  dieselbe  hervorgenifene  Notlage,  die 
Ursachen  der  Arbeitslosigkeit  und  die  Wii^ksamk«Mt  der  vor- 
handenen Abhilf smittel  kennen  zu  lernen.  Diesen  Zwecken 
«tili  tue  Arbeitslosenstatistik  dienen. \)  Auch  im  18-  Jahr- 
hundert veruchloss  man  sich  dieser  Einsieht  nicht  und  er- 
k&nntö  bereits  den  Wert  derartiger  statistischer  Erhebungen, 
nur  ist  zu  bedauern j  da^s  sie  nicht  mit  dem  ge wamse hten 
Erfolge  begleitet  waren.  Einmal  veranstalteten  die  BehördeB 
sogar  eine  Zählung  aller  Armen,  deren  Reatiltate  wir  leider 
nicht  mehr  kennen  j  wohl  aber  den  Wortlaut  des  Fragebogens. 
Da  vor  einiger  Zeit  von  der  Allgemeinen  Armenpflege  der 
Stadt  Basel  ebenfalls  eine  solche  Enquete  vorgenommen 
I  wurdet  deren  Ergebnisse*)  nun  vorliegen,  wollen  wir  das 
wenige,  was  die  Akten  über  jene  Erhelmng  mitteilen,  be- 
at  geben.     Am  6.  April  1718  wurde  nämlich  im  Kleinen 

folgender  Anzug  gestellt : 
^Solte  mann  von  Seithen  des  Directory')  ohn verzüglich 
I  den   geaambten    Herren  Pfarrherren   eine  Verzeichnuss   der 


•)  Jobu    Schikowski»    Über    Arbeits! t>sigkeit    und    Arbeitslosenstatisük. 

Gcori»  Adler,  Arbeitslosigkeit.  Handwörttrbuch  der  Stontswissen« 
^ic^alteii«  Band  I,  5.  920  fT. 

Die  bestehenden  Einrieb tuugeu  zur  Versicherung  gegen  die  Folgen  der 
AfbeitaJa«}gke)t  im  AuäUnd  und  inj   Deutschen   Reich.     Berlin    190Ö. 

^  Fritz  Keller»  Die  Ergebnisse  der  statistischen  Erhebungen  der  All- 
Cenactnen  Arnienpflegc  im  Jiihrc   [905.     Basel   1906. 

^  Gemeint  ist  das  Direktorium  der  ScbafFneicD,  eine  Behörde,  die  seit 
der  Reformation  dai  Kircheugut  nnabhängig  vom  Staats-  oder  gemeinem  Gut 


i88 


Hans  Joneli. 


Persohnen  so  in  ihren  Gouieinclen  die  wochentlicJie,  monat- 
liche und  frohnfastenUche  Steuren*)  geniessen  Äiistellen, 
-tlamit  diese  Herren  mit  Zuziehung  der  Herron  des  E.  Bah 
sich  erkundigen: 

1.  Wie  alt  ein  jede  Persohn  seye. 

2,  Was  sie  fttr  ein  Lieben  und  Wandel  führe. 

3,  Wieviel  Kinder  sie  habe. 

4.  Von  was  Alter  die  Kinder  seyen. 
b.  Auch  ob  sie  zur  Gottsforcht,  Arbeit  und  Ehrbark 

angehalten  werden. 

G.  Ob  sie  gantz  keine  Mittel,  oder  wieviel  sie  habe 
und  worin  solche  bestehen. 

7.  Ob  sie  kein  Benii'  hab»\  und  wann  sie  einen  hätte, 
was  es  flu*  einer  seye. 

8.  Ob  sie  nicht  die  St  euren  zum  Überfluas  und  der 
Üppigkeit  gebrauche,  und  hierdnrch  das  Allmosen  wold- 
angewandt  seye. 

9.  Ob  sie  die  Kinder  annuch  habe,  so  sie  angegeben 
habe. 

Alsdann  von  allem    specifice  Mb.  Gn*  HH.  referieren.* 

Dieser  Vorschlag  scheint  aul"  keinen  Widerstand  gd- 
stossen  zu  sein^  wenigstens  £asste  der  Kleine  Hat  den  Be- 
sohl uss: 

^Soll  das  Directorium  also  gleich  eine  Verzeichnuss 
^ller  wöchentlich,  monatlich  und  frohnfastenlichen  Steuren 
in  quadniplo  expedirt^n  und  den  vier  Herren  Geistlichen 
austeilen,  die  dann  mit  Zuziehung  der  Herren  des  E.  Bahns 
IB  ihren  Gemeinden  allen  Punkten  des  vorgeschriebenen 
Einzugs  nachforschen  und  seiner  Zeit  Mn.  Gn.  HH.  schrift- 
lich referieren  werden.*^*) 

Die  erste  uns  bekannte  MassDahme  des  Staates  zur  Be- 
kämpfung der  Arbeitslosigkeit  fällt  ins  Jahr  1679.  Leider 
fliessen  darüber  die  Quellen  sehr  spärlichj  doch  ist  daraus 
«rsichtliehj  dass  es  sich  lediglich  um  eine  repressive  Mass^ 


*)  Almosen. 

*)  In   den   vier  Kirchgemeinden  der  St;idt  wurde  bald  nach  def  Refor- 
tnatian  eine  Art  Sitt  enge  rieht,  Bann  gcnanoti  geschaffien» 
»I  Protokolle,  Kleiner  Rat   1718.  S.  46. 


Arl^citslosenfürsor^c  im  alten  Basel 


189 


Ü  handelte.  Durch  Einfübmng  ergänzender  Beechäftigiing: 
hausindustrieUer  Art  wollte  der  Staat  der  auf  der 
Landschaft  herrschenden  Verdi enstlosigkeit  begegnen.  Zu 
diesem  Ende  sandt-en  anfangs  November  des  genannten 
Jahres  die  Inspektoren  des  Waisenhauses  den  Hans 
Heinrich  Wiedt  ins  Basel  biet  mit  dem  Auftrage,  junge 
l>?ut43  zu  gewinnen,  ^so  sich  sonderlich  ztmi  Wollen- 
gesponsf^  eignen.  Diese  ^lu'den  auf  Staatskosten  im 
Taiaenhans  zu  tüchtigen  Spinnern  herangebildet,  um  dann. 
Iietbst  Landleuten,  die  Mangel  an  ehrlicher  Handarbeit 
llitten,  diesen  Beruf  zu  erlernen.  Auf  solche  Weise  hofft** 
ImaD  der  auf  der  Landschaft  herrschenden  Not  abzuhelfen. 
[Dber  den  Erfolg  dieser  Massnahme  geben  uns  die  Akten 
fkider  keinen  Aufschluas.  *  ,1 

Eine  ähnliche  Massregel  traf  der  Staat  im  Jahre  1692. 
iTIm    dem    namentlich    in  Folge    der    Kriege    stark    gewor- 
denen  Umsichgreifen    der    Armut    abzuhelfen,    verfiigte    er 
iu    iliesem    Jalire^    „dass    namblichen    zu    möglichster    Ab- 
schaffung des  Gassenbett^ls  undt  Müssiggangs,  auch  anderer 
[Ungebühr,  die  Eltern  ihre  Kinder,  welche  sonsten  zu  keiner 
dderii    Arbeit    tiichtig,    zu    dem    St  rümpf  stricken    anhalten 
ülhen***    Der  Liestaler  Schultheiss  Danitd  Miiri  nahm  darauf 
seinem   Amte   sofort   ein   Verzeichnis    der    betreffenden 
ader    auf  und  schickte   dast^elbe   imi   IL  Juni  nach  Basel 
it  der  Anfrage ^  T^ne  und  wo  das  erforderliche  Geld  aufzu- 
ibringen   sei,   da   die  Eltern    dieser    Kinder    Armuts  halber 
weder    den    Lehrlohn    noch    das    Kostgeld  zu  bezahlen    im 
iftande  seien.     Er    scheint  nun,  wenigstens  hinsichtlich  des 
ehrgeldes  lund  der  Arbeitsgeräte)  die  Antwort  erlialten  zu 
1^   dass   die  Gemeinden  dafiir  zu    sorgen    hätten.     Die 
ilür  Stubenrechnung  von  1692/93  enthält  vier  Ausgabe- 
&n  von  zusammen  41  fT  4  ß   für  diese  Angelegenheit.-) 
erwähnte  Verzeichnis  umtasst  die  Namen  von  60  Kindern 
im   Äker   von    9  bis   15  Jahren.     Davon    gehörten    18   der 
ll   Lieatalf    die   übrigen   42   den    Gemeinden   rles   Amtes 


^  Konzept  in  RaUböcbcro  D  7  No,  340. 

*)  J  ^=.  Pftind;    ß   -^  Schilling.      Das    Pfund,    eioe   Rechenmäoze    iiu 

B<tfel,  xerüet  in  20  Schillinge  oder  240  Pfermigc  (^), 


IQO  Hans  Joneli. 

an.     Weitere    Angaben    über    den    Verlauf    dieser   Hilfsbe- 
strebungen lassen  sich  den  Akten  nicht  entnehmen.M 

Im    .lahre    1717    herrschte    im    Kanton    Basel   Arbeits-  \ 
losigkeit     Aus  den  wenigen  Aktenstücken,  die  darüber  Auf-  - 
schluss  geben,  erfahren  wir  leider  nichts  über  den  ümfaog  | 
und  die  Dauer  derselben.       Dagegen  erteilen   sie  uns  Ad-  ' 
schluss  über  die  Ursachen  der  aufgetretenen  Arbeitslosigkeit  ' 
Diese  lagen  eiiierseits  in  den  ausserordentlich  hohen  Preisen  , 
der  Rohstoffe  und  andrei'soits  in  einem   überaus  schlechten  , 
(loschäftsgange.     Ausser  den  traurigen   materiellen  Folgen 
übte  die  Arbeitslosigkeit  nicht  minder  traurige  sittliche  Ein- 
wirkungen  auf  die  von   ihr  Betroffenen  aus.     Es  ist  daher 
Tiiclit  verwunderlich,  wenn  Müssiggang  und  Bettol  auf  der 
liandschaft   dennassen   überhand    nahmen,    dass   der  Kleine 
B^it   genötigt  war,    die  Schultheissen  und  Obervögte  anfira- 
f ordern,    sich    zu   beraten,   welche  Mittel  dagegen  ergrifien 
werden  kchinteTi.     Die  genaimten  Beamten  kamen   dem  an 
sie  ergangenen  Befehl  nach  und  sandten  einen  ausfilhrlichen 
Bericht  ein,  der  am  0.  November  im  Kleinen  Ilate  verlesen 
und   an   das  Direktorium   der  Kaufmannschaft*)  zur  weitem 
Begutachtung  gewiesen  ^^'urde.   Die  Vorschläge,  welche  darin 
gtMnacht  werden,   sind  fast  lediglich  Polizei massregeln.    Es 
sicheln t   den  Oberbt^aniten  nicht   recht  zum  Bewusstsein  ge- 
koniiii»»n  zu  sein,  dass  der  zunehmende   Gassenbettel    seine 
ITrsachen  vielfach  in  der  herrschenden  Arbeitslosigkeit  hatte. 
dass    die    wachsende    Not,    die  allmähliche   Grewöhnung  an 
l 'ntätigki'it,    das    zit^llose    Umherstreifen    die    Leute    in  die 
Roihon  dor  Vagabunden  treiben  musste.     Daher  wird  denn 
auch  nur  oin  Vorschlag  gemacht,  der  als  Abhilfsmittel  gegen 
i\w  Arbeitslosigkeit  angesehen  werden  kann.    Es  heisst  näm- 
lich im  Bericht: 

«Damit  auch  alh^  Ew.  (in.  Unterthanen  zur  Arbeit  an- 
gehalten, und  also  dor  Müssiggang  völlig  ausgereutet  würde, 

')  >Iaiulol   uikI  (.iL'werbe:   JJv. 

Brodl>c«.k,  <ieschicbte  ilor  .Sta«lt  Licstal,  S.  150  ff. 

-)  Kill  IvoUcj^iuni  von  zwölf  KauHeutcn  als  Direktoren  und  drei  Klein- 
raten  als  Deputierte  zum  }\i>twoscn ;  es  wurde  iu  allen  kaufmännischen  Frasea 
beraten,  bei  Zöllen,  K.onkord.-iten,  Konkurs-,  <reld-  und  Wechselsachen.  Te^ 
mittel  tc  Geldaufnahme  IL,  L>esor^te  das  Postwesen  und  gab  die  öfTentlidie 
Zeitung  heraus. 


ArbeitslosenCüniorge  im  alten  Basel. 


IQI 


ite   auch   das  Flach«-  nml  Werchspinii«*Ti    uls  eine   Sach 

I  leicht  zu  erlehrnen  und  von  AJt<-in  iinrl  Jungon  koinlich 

an  getrieben  werden,  in  Ew.  Gn.  Lundschaft  eingefüliret 

xlen^    damit    aiirh    diejenigen    HH.    Fahricanten^    welche 

lalüen  ihre  Waiiren  in    fhis    benachl>arte  Bornischo    und 

Jotiiurnische  zu  verarbeiten  geben,  solche  mit  Sicherheit 

f.  Gn,  Ünterthanen   könnten   zuktminUMi   hissen,   solte  von 

ieii   der   HH.  überambtletithen  und  HH.  Predigern  den 

dtem  mit  Ernst  und  Nachtniek  zu  gesprochen  werden, 

I  sie  die  Arbeit  getreub'ch  und  säuberlich  verarbeiteten.''^) 

Das  Direktorium    der   KaulinannHchaft    Imichte  diesem 

ftrschlage   nur   geringe  Sympathien    entgegen.     In  seinem 

iten  über  den  Bericht  der  Obervögte,  das  am  29.  De- 

über  im  Kleinen  Rate  verlesen  wurde,  findet  sich  darüber 

L*nde  Stelle: 

, Sodann  wird  in  obigem  der  Herren  Obervögten  Memorial 
ner  die  Meldung  gethan,  das  die  Manufacturarbeit  dem 
interthanen  vor  den  FrÖjnbclen  zu  gönnen  sey,  worauf 
üWortet  wird,  dass  solches  geg*^n  getreu  und  ßeissige 
Arbeiteren  in  allweg  beschicht,  gleichwohlen  aber  dabey 
«ach  aiizumerckhen  ist,  dass  die  meisten  hiesigen  Unt/er- 
tlianen  bey  ihrem  Verdienst  auf  kein  Spahren  godenckhen. 
lÄOüdem  Laudkünflig  .sich  widerholtermasson  mit  Brodt  und 
!ining  also  überfüllen,  als  wann  alles  auf  ein  mahl  durch 
Gurgel  müsste;  da  hingegen  in  benachbarten  Gebieten 
Arbeiter  viel  spahrsamb  und  massiger  leben,  dahero  zu 
ter  Arbeit  desto  tüchtiger  und  geschickter  sind,  die  Arbeit 
von  ihnen  in  Betiuchtung  ihrer  geringeren  Consump- 
wohlfejler  zu  haben  ist.  Und  hiemit  giengen  unsere 
uiivorgreifliche  Gedankhen  dahin,  dass  wenn  auf  Ew.  Gn, 
Landschaft  dehro  Ober-  und  Underbeambte  auf  den  Müssig- 

EZ  recht  vigiljeren,  den  Büttel  abschaften,  gesunde  Leuth 
Arbeit  astringieren,  auch  mit  Zuthun  der  Herren  Geist- 
»n  etwas  sich  befleissen  mirden^  armer  Leuthe  Kinder 
denen  glitten  Arbeiteren,  welche  da  viele  Arbeit  haben, 
Wtalt.en  zu  recommendieren  und  unterzubringen,  dass 
fL  getreu  und    gatt.t?r  Arbeit    eingehalt*?n    und    formirt 


*)  ProtoVoUc,  Kleiner  Rat    [717/18,  S.  337. 


19« 


Hast  JoB#tk. 


«efdun  möchton.     Wuin  oau   damit   eine  x«dtlAiig  ohnv 
droMen  soUte  ccmüntueit  werdt»m  so  bieltan  wir  dafor^ 
BoMmi  iM  beste  Mitlel  wtra,  wordttirh  die  Arbeit  gepfi 
und  hmgegQn  dor  Mftasi^uig  «osgemriet  wenltfii   konnti 

Ob  der  Tcirscbbig  der  Oberbwmten  auf  der  Laudscn 
Mfllgefahrt   wiirdi>   oder  nichl^  lisst   sich   nicht  festst^lL 
Inuneilim  ist  die  Wabr-  '       '    '  '        -'brgroii^,  da^  man] 
atttarllMm  md  AkßeW  sloeigkeit  zu  steue 

nadideixi  das  DmktoriiuD     der    Kaafmannschaft    sich 
fldiarf  gegen  die  vcirgeedilageue  Masstiabme  ansgesproeh 
hatte.    Aber  leicbt  hatte  sich  dieseei  Staatsoigati  die  At 
allerdiiigB  gemadit.  wenn  man  bedenkt,  dass  as  im  gleic 
Gntat^tctn    tÄ^T   die    ^ klammern  Zeit«*»,    da  die  Comme 
ßltenJl  atül  siehi^n'^,  jammert,') 

Etwas  mehr y erstand  nis  für  die  Arbeitslosenfrage  : 
die  Behdrden  im  Jahre  1732.     Um  der  damals  berrscbeDd 
ArbeitskMitgkett  wa  begegnen,  wurde  von  ihnen  für  gut 
fanden,  «anf  derfao  Ijmdsehaft  allervonirist  die  schon  einfl 
tUirte  nütxiiche  Wullstfickenirbeit.  die  aiich  schon  ein  jti 
Kind  gar  leicht  erlehmen  and  treiben  kann,  mekrers  for 
pfiaaaan***    Zu  diesem  Ende  beauftragte  der  Kleine  Rat 
triklist  Samuel  Geniler  tind  Johaon  Bu<li*lf  Beck,  einen  Mei^ 
der  Hoeanlism«',  in  den  einsefaien  Dörfern   einen  Au^el 
eobein  vorsunelimen,  niui  daraufhin  Bericht  und  Antrag 
erilattmn      Die   beiden  Minner  begaben   sich  wirklich 
IT*  Januar  des  genannten  Jahres  auf  den  AVeg,  um  zimicb 
einige  D6rfer  des  lit^taler-  und  Famsburgeramtes  zu 
sueheu.     Den  Bestrebungen  der  Bobönien  scheint  man 
ttngUch  bei  den  Beiiem  starkes  Misstraueu  entgegengeht 
SU  habettf  weuigslens  iasaert  sich  Gemler  in  seinem  Beric 
darüber  wie  folgt: 

nWir  haben  es  in  der  That  vielfältig  vernehmen 
geapOhren  müaien*  daas  vai^t  allen  Gemeinden  beigebracht 
worden,  sie  auch  «lavon  eine  gar  satte  Meinung  gefasst,  als 
ob  Stic  für  alles,  so  den  Arbeiteren  anvertrauet  wurde,  sehen 
müasten.  tuul  Kw.  Gn.  gesinnet  wiLren  auf  dehro  Landschaft 
etliche  ZnchthÄuser  aubiiriciiten  und  allda  sowohl  dieWeiber 


^  PnHokoiK  K!r.i^r  R*t   1-1-  iS,  S    57«  C 


Dlufiorge  im  &tlcxi  Basel. 


'9.1 


jdi-:  iit^ser    Wülktrickernrbfit   underricht^n    zu 

I,  und  i»b^n  diese»  hat  aucb  die  Üiiierbeambtet^  selbst 
t>  die  LiHitli  voij  (UtiSüT  Arbeit  vielmehr  abzuhah<en, 
darscD  aiixtifmchL^ii. 
Flii;^t  allno  hiersuB  die»  ohiminbgiUigliche  Nothweiiiüg- 
an  dif*  siurilK.li<'liM  Hen-en  Ohfnögt  dor  gcHcharfte 
i],.,.,^.  »({(^thl  ^^enb\  gleich  nach  dessen  Empfang  ihmii 
li  ernstlich  zu  injungieren»  dass  sie  nach  An- 
der Uochobrigkeitlii^iieü  Committierteu  ohiiverzüglicb 
^  ]hh    Aukihidiiiig   einer   Sfrraaf  wieder  die 

'  :imbleu  la-^>jen,  und  ihren  Counnittierteii 
ndUiijxo  AiJÄiKteüx  willig  darbieten,  auch  den  Lehman- 
rlieh  denen,  welchen  liereits  Wullen  zum  ver- 
t;-  ^'  ia?n  worden^  einschärfen,  äorgöam^  i>i*'T  ii'  nU,  u 
m  ilarmit  umbzugehen,* 
TriiC£  dio^e«)  Uit^trauens  wur  doch  die  Zaiil  derjenigen« 
'  '  s  Stmii:  '';  n  erlernen  \roUten»  eine  sehr  be- 
wi^    ^  '     be^leukliche    Notlage    nnter    der 

Ib^Yölkemng  sciilietuiBn  liks^t    Lant  einem  dem  Bertchto 
'*n  Verzeicluiitt  meldeten  eich  in  den  von 
»  .    *rfem  nahezu  4UÜ  Personen^  mttist  FnmeTi 
adec    tjl>er  die  von  Ctemlor  gemurhteu  Von^ehläge 
wir  dem  Berichte: 

^--       '  *    -»ich  zn   iirtlit-iib'fi,  tbe  »neisttrr»  der 

|.toh  «veniden  Liebbaberen  Leuthif  öeind, 

i^irhin  ciaoi  Bitlel  nachgezogen,  und  anderen  zur  Im^I 
tu^  hiemit  sich  aui-sert  Stand  befinden,  weder  den 
rjyij&etig  nech  da»  Lehr-<telt  salb^ten  anzuBchaffen,  ^'» 
üb  wir  fi0nil«^rlicli  nOthig  liefunden,  dma 
I  L  Zo  )[utu»nt£  weil  allda  noch  keine  lismer  Bind,  einige 
*■    ;  *  '    ^        r   Arbeit    zn   Anweysung   der  Jugend 

it  n-j*  XM  Fn^nckendurf  aof  Unkosten  der 
IfiMiieind   eine  Stabe    gemiethet   und    in   Wintersizeit 
'     •*  Anschaffung  solcher  Stuben 

-^tadtlin  und  under  dem  (TeHtml, 

in    en   Sis^mdi    angeordnet   werden    sollte^    damit 

«u  gleicher  Zeit  von  den  Meisteren 

^     :.    .  ^^g  andere  zur  Arbeit 


VI,  L 


194  Hans  Joneii. 

2.  Ist  mit  doneii  Meistern,  welche  viele  Kinder  zu  under- 
weisen  haben  ein  Regl«Muent  einzurichten,  was  ihnen 
für  die  ohnvermögliche  pro  Lohrgelt.  sodann  auch  pro 
den  Werckhzeug  darzuraiclien,  und  wie  viele  Jahr  lang 
die  Lehrnende  jenigon  Fabricanten,  die  ihnen  schon 
anjetzo  die  Wollen  anschaffen,  vor  anderen  zu  arbeiten 
schuldig  seyn  sollen; 

3.  Verdient  es  auch  eine  Überlegung  ob  nicht  giu  wäre,  J 
für  einige  Jahr  lang  auf  die  Arbeit  einen  satten  und  '^ 
gewüssen  Lohn  zu  setzen,  luub  die  Lehrnende  danliirch  -, 
in  eine  mehrere  Lust  und  Ej'ier  zu  bringen."  j 

Schliesslich    spricht    sich    der   Bericht    noch    über  den  i 
Kostenpunkt   aus.      Obschon   (xernler   und   Beck    erst   etwa  * 
den    dritten    Teil    der    Dörfer    in    Augenschein    genommen  | 
hatt«*n,  so  glaubt  ersterer  doch  annehmen   zu  können,  -das8  | 
all(^    vorgedachti?    zu    solcher    Beschäftigung    des    müssigen  i 
Volckhs,  auch  der  r>  und  (5  jährigen  Kinderon.  erforderliche  1 
Unkosten     sich     nicht    über    2()(X)    Pfund    o<ler    höchstens  » 
2(K)l)  (JuldiMi  erstreckhen  würden,  worbey  doch  anmerckhens- 
wiinlig  ist,  dass  in  allen  deiuMi  Dorf  Schäften,  da  das  Lisinen 
bereits  eingeführt   die  (iemtMndte  keine  Anne  zu  versorgen 
habc^n,  auch  das  Lohrgelt  in  wtMiig  Jahren  an  den  Armen- 
häusern  ers])nrt  werden  könnte.*' V) 

Dt^r  Bericht  Gernlers,  den  wir  teilweise  hier  bekanntge- 
geben hai)nn,  wunle  am  Bd.  .lanuar  im  Kleinen  Rate  ver- 
lesen und  daraufhin  bi^schlossen: 

..Sind  (h'putiert  zu  dies»Mn  (leschäft  Herr  Meister  Jacob 
Christof  Frey,  Herr  Deputat  Louvis,  Herr  Rathsherr  Rvhiuer, 
HtM*r  Sanuiel  (n»rnler,  Herr  Xiclaus  Hai'scher  und  Heir 
Andreas  Mitz,  wnlclir  neben  dem  Herrn  Stadt  schrei  her  *! 
<lies(^  Saeh  fMiuM*  un<lersuchen,  und  ein  Bedencken,  wie 
alles  vollkonun^'n  einzurichten,  abfassen  und  sobald  möglich 
ringi'bi'U  sollen.** •'.. 

hi«'  „Herren  Dt'putirton  wegen  Lismerarbeit  auf  der 
Landschaft  -    trat»Mi    unverzüglieh    zusammen,    um    über  die 

';   HiiHficl   und   (iuwcrbc:  J.  J.«. 

*)  Fnnz  Christ,  J.  TJ.  D. 

^)  Protokolle,  Kleiner  Rat   1731/1732,  S.  267. 


ArliriulrtiiCtifursorge  im  alten  Bȣd. 


195 


Oemlera   zii    ^reflectireu^.     Das   Resultat    ihrer 
[igf^n  war  rtiichstelierKler  Bt^ricbt:  an  den  Kleineu  Rat: 
^Da   vnr   nun   dieses   Öofichäft    in    nähere  Betrachtung 
Ml  uijil  von  Herrn  Saamol  Oemler  einige  weitere  Um- 
dit!  «r  in  Ausricbtnng  »einer  CominiÄöion  entdecket, 
lomioen,  hielten  wir  zum  voraus  ohnmaösgebliclie  darftlr, 
jÄ*t  V        ^^     On.  gefasste  Vorhaben,  angezogene  Arbeit 
der  Li»  t   an  theiKs  Orten   einzuluhren,  an  anderen 

annaeubreiten.  mit  allem  Ernst  sollte  getrieben*  zu  dem 
IUI  die  HerrtMi  Uberamtleut  der  widerbolUe  ernstliche 
^  abgeben,  da^s  sie  zu  allem  dem  woniurch  dieses  Vor- 
keimte befiirderet  wei*den,  die  Hand  bieten,  zumablen 
^gknches  ihrtju  ünd<M4)eamt43ten  anzeigen,  auch  an  allen 
aeindenkund  machen  lassen^  dass  Ew.  Gn,  ernstlicher  Will 
Meinung  seye,  dans  die  ündertbauen  von  dem  Mitssig- 
ttbgfjZ4jgen  und  zn  der  Arbeit  mehreres  gewölmet 
iö,  ©ö  öoUten  demnach  Jen  ige,  welche  nicht  mit  der 
util  oder  anileren  nohtigerj  Berufen  beschäftiget  j^eyen, 
die  Weibsbilder  und  jungen  Kinder  sich  dieser 
^eidieit  bedienen,  uml  Ij^chteu,  durch  d\e8e  Lismer- 
i^ich  die  nuhtigen  L(d)ensmittel  anzuÄchaffen,  oder 
etwati  auf  das  Alter  für  stich  oder  <lie  ihrigen  zu 
enu  Worbey  deiinucb  die  HH.  OberamtJeuth  zugleich 
wehdie  Sich  ZU  dies«*r  Arhnit  versteheTi  würden, 
»  ^  .Jen,  darbey  neben  der  gebührenden  Aufmerk- 
und  Flei^,  rieh  getreu  aufzuführen^  zu  denen  ihnen 
itcn  Ini»tniment4«n  und  Wollen  fleissig  Borg  zu  tragen, 
ichts  zu  entfremden,  noch  wider  ihrer  Herren 
i  willen  etwa8  in  ihrem  eygenen  Nutzen  zu 
adpii,  miy<»H*n  im  Ftdil  einer  oder  der  andere  untreu 
'n^  oder   jemand  wäre,    der  denen  Ar- 

,. ^    einigtMi    BtHrngs   oder    Pieberey    mit 

agi  VertauÄcbung  oder  Hinderachlagung  der  Wahr 
gebe,  ein  doleher  ohne  Mittel  Ew.  ün.  um  denselVjen 
'-'-'*"  ^'t:-*  Mnzui^ehen,  verzeigt  werden  sollte, 
Herren  Oberamtleuth,  denen  Herren 
iauiten   aml   Uoseniiamern.   wann   sie  etwa«  zu  verar- 
alb»ii  Vur^cbub  thun,    dntnit  sie  ohne  langen 
r  Wid*r  (»dur  dciiseu   so   sie  ausgelegt,   wann 


ig6  Hans  Joneli. 

derenthalben   einige  Schwärigkeit  entstehen  würde,  habhaft 
werden. 

Weilen  aber  auf  der  Landschaft  under  denen,  welche 
sich  zu  der  Lismerarbeit  verstehen  wollen,  einige  so  arm 
sind,  dass  sie  den  erforderlichen  Werckzeug,  als  Schlumpen, 
Streichen  und  Spinnräder  aus  dem  ihrigen  anzuschaSen 
nicht  vermögend,  als  sollten  dergleichen  unvermöghche 
L(»uthen,  sofern  sie  einen  Schein  ihres  schlechten  Zustands 
von  ihrem  Herrn  Prediger  und  den  Underbeamteten  auf-  -j 
weisen  könnten,  die  nötliigen  Instnimente  hierzugestellet,  - 
darbey  verdeutet  werden,  dass  wann  sie  sich  flleissig  in  der  ^ 
Arbeit,  die  man  ihnen  anvertraue  und  übergebe  werden 
aufführen,  Ew.  Gn.  der  ihnen  übergebenen  Instrumenten 
halber  keine  Ersatzung  begehren,  sondern  ihnen  selbige 
schenken,  widrigenfalls  aber  und  wann  sie  sich  unfleissig 
oder  untreu  würden  finden  lassen,  derselben  Erstattung  mit 
allem  Ernst  von  ihnen  procurieren  oder  sie  zu  gebührender 
Straf  ziehen  werden. 

Diesem  nach  L^t  auch  wegen  dem  Lohn  der  Arbeiteren 
und  wie  laiig  ein  angehender  Arbeiter  dem  Meister,  welcher 
ihnie  für  den  Anfang  Arbeit  gegeben,  zu  arbeiten  gehalten 
seyn  solh\  noch  eines  und  das  andere  zu  betrachten,  finden  aber 
dass  solches  noch  zur  Zeit  sollte  ausgestellet  und  etwann 
hey  fernerem  Fortgang  des  Worcks  weiters  überlegt,  indessen  i 
doch  nach  der  Billigk»Mt  diesorts,  und  lun  so  weit  mög- 
lich die  Leut  anzufrischen  verfahren  werden. 

Wann  <laun  Herr  Samuel  Gernler  nebst  Herren  Hans 
Rudolf  Beck  nächstens  sich  wider  in  das  Land  begeben 
\V('nleii,  sollten  sio  nicht  nur  sehen,  ob  deme  so  sie  vorhin 
angeordnet  halxMi.  nachgek'ht  werde,  sondern  auch  das 
weiten^  sowohl  an  den  Orten,  da  sie  schon  gewesen,  als  an 
denen,  welche  noch  ferner  in  Augenschein  zu  nemmen,  ver- 
anstalten. 

Endlieh  wird  Kw.  (in.  l)is])osition  überlassen,  wo  das 
(lelt.  welches  zu  Einrichtung  dieses  Wercks  ohnumbgang- 
licli  nr)htig,  solle»  hergenommen  werden,  und  wird  dann 
alles  so  viel  in()^]ich  inc^nagit^ret  und  Ew.  Gn.  die  Rechnung 
daniber  vorgelegt   werden.** 


Arhciuicw«nf«n*orge  im  alten  Basel 


lq^ 


H.  Febmar  nahm   der  Kleiin»   Rwt   Kenntnis   von 
^Bed^ncken''   und  fosste  dann  folgenden  Beschltids: 
^!tsi  dfUien  Hi^rn^n  Dt^ptitierten  iU)orliA.s.son,  <lm  Erftirder- 
zn   V(dlkiituiiii.tiier   EiTirichtnng  des  Wprcks  zw  v«/ran- 
»f  docb  daas  sie  Mn.  Gn.  H£L  von  Zeit  zu  Zeit  von 
Fortgang   und    Zustand    d«*Ti  Beridit   rrstiitton;   das 
M*\ttT;.r..    Gelt   üüIIh   von    Löbl  Directorio  der  Kaiif- 
.  gearhni48*^n  nnd  daniVK^^r  grdiiihri^ndeKechnung 
werden.^ ' 

ÜWr  den  weitiivii  \  erlaiii  dor   Uiltsakünn  unterrichtest 
ein  knrz**r  Hericht  d»*r  Disputierten*  dm-  am  27.  Fehniar 
KlHiocn  Kati^    bekannt    gegeben    wurde.     Wir    erfahren 
sunächiit,   ilasa  8»&mael  Gemler   mit  Johann    Rudolf 
und  Deputat  Lc^uvis  ein  zweites  Mal  auf  der  Landschaft 
lim   in    verschiedenen  Dörfeiii    die   nötigen  Veranstalte 
1   trafleiL     Auch   wini    «larin    in   Aussicht   gestellt, 
rv  1^  drr    übrige  Theil  der  Landschaft   het^uchet 

,,  re  Einrichtung  vorgenommen"  werden  solL 
der  xwercen  Reise  meld«jteji  sieh  weit^*re  220  Personen 
so  dBSii  Äich  niitJiin  62ö  Personen  zur  „Lismerarheit'* 
'  n*  -  die,  sich  auf  die  Ämter  Li€*st4il,  Fama- 
lg.  !*nwit^  di<*  Dörfer  Pnitteln  und  Muttenz 
Miliiin  waren  noch  dm  Amt  Waidenburg,  eiuigo 
jdi«  Amt<**j  Famsburg,  sowie  Mttncheustein,  ßenken, 
an,  Binningen  nml  Riehen  zu  besuchen* 
Pf!r  AU*  62t)  Personen  wurden  nnn  dem  Bericht  zufolge 
r  bestellt,  die  gegen  eine  raäsi^ige  Entschäiligung 
KD  Wie   wir   bereits   gesehen    haben»   erhielten 

An  iigen  die   nötigen  Werkzeuge  auf  Knst4?n  dea 

\  xjasse^iiiüu  welcher  auch  ihr  Ltdirgeld  bezahJte.  Ausser 
gr* im II Uten   Dörfern   errichtete   man  noch  in 
>.*.^^.  M    tuul    Pratteln    sogenannte    Stuben^    wo    den 
du«  Lismen  beigebracht  wnirde. 
VSÜmiod   doi*  Üiitorrichtos    ergab    sich   nun   ein  Übel- 
IHm    L  *  wurdn-u    nämlich    in    «ihren    Ge- 

len  tnr  ^  -strenget   und   so  von   der  Arbeit 

,•     DiUinr  bati^n  «üe  Deputierten  schliesslich  noch 


«•W«,  KMlivr  R^i    I71l/i:u,  S    ::h  ff. 


Ha»«  t6»cYl. 


iü  ihrem  Bericht»  diosf*  Lelirmeister  für  die  mutmaäidid^l 
Dauer  des  Üntorrichtes*  also  etwa  für  ein  halbes  Jeilir,  10^1 
den  ,.  Wach  teil*  *  zu  befreien.  Der  Kleine  Rat  entisprach  ihraiH 
Ansuchen,  verlaugte  aber  von  ihnen  sugleich  noch  rifl 
Bedenken,  worin  sie  nach  vorangegangener  BespreebuiiM 
mit  tlen  Fabrikanten  und  Handwerkern  «wegen  dem  ArbeitM 
Lohn  und  anderen  Umständen  ihre  (redanken  waU<*ii  lassen^ 
B()Uten,\)  I 

Das  Bedenken  fehlt  leider  in  den  Akten,  welche  aucll 
keine  weiteren  Berichte  der  ^Deputierten  wegen  YersehmiH 
der  Unterthanen  mit  Wollenarbeit "  enthalten.  Dagegen  sinfl 
die  verscliiedenen  Rechnungen  noch  vorhanden,  aus  deniaH 
sich  immerhin  einige  Anhaltspunkte  über  den  Verlauf  dfl 
Hilfsbestrebungen  orgeben.  Wir  erfahren  daraus  zimsU-k^j 
daas  Samuel  Gernler  und  Ratsherr  Ry hiner  gegen  EiuH 
Februar  auch  noch  den  übrigen  Teil  iler  Landschaft  bfl 
sucht  und  dass  die  angestellten  Lehrmeister  bis  in  den  MooaH 
Juli  hinein  Unterricht  erteilt  haben.  Die  Ausgaben  d« 
Staates  für  die  Löhne  dieser  Lehrmeister  und  die  AnschaffußÄ 
der  nötigen  Werkzeuge  beliefen  sich  auf  550  GulckaB 
Über  ilen  Erfolg  und  die  A\"ii*kungen  der  vom  Staate  g« 
troffenen  Massnahmen  gibt  uns  ein©  Beilage  zu  den  Bedufl 
nnngen  einigen  Atifschluss.  Wirersehen  daraus,  dass  126 Fm 
milien,  aui^  denen  Angehörige  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahr« 
im  Lismen  und  Spinnen  unterrichtet  worden  waren^  von  städti-1 
scheu  Fabrikanten  Arbeit  zugewiesen  erhielten^  die  sonst  im 
Kanton  Solothurn  oder  im  Bistum  Basel  ausgeführt  worden 
wäre.  Und  endlich  entnehnjen  wir  einem  Schreiben  de-S  Land- 
vogts Fäsch  von  Münchenstein  an  den  Kleinen  Bat  noch 
etwas  über  die  L<3hne  der  Lismer;  sie  erhielten  für  ein 
DutÄend  Strümpfe  zwei  Gulden  von  den  Fabrikanten  au*^ 
bezahlt.  •) 

Aber  auch  der  Arbeitslosen  in  der  Stadt  nahmen  sn 
die  Behörden  im  Laufe  des  18.  Jahrhunderts  an.  Am  19.  No^ 
vember  1759  wurde  im  Kleinen  Rate  ein  ^Bedencken  der 
HH,  Depntirten  aus  den  Vier  Armen  Häusern  wegen  Beme- 
diir  in  Steuer  Begehren  und  Versorgung  der  Armen**  verleaen. 

»)  Protokolle,  Kleioer  Rat   1731/1732,  S,  296. 
»)  Hatxlel  und  Gewerbe:  J.  Jt- 


ArbelUloienfStsargc  ini  ;vUcn  H:i>ef, 


iqq 


rIW  fehJt  lüidDf  in  den  Akten,  wm  umso  bi^daiiorlichcr 
lnb  <M5  Vorschläge  für  AbhüfÄinittel  gegen  Arbiutslosig- 
..  ''- '  '^friilf  Mithilft  Es  geht  da>^  nicht  nur  aus  dem 
u  BojsL^hln*<s  de*»  Kleinen  Ruts  ht^rvor,  s(mil«>rn 
Alts  einem  Memorial  der  gleichen  l>eputinrtvn  vom 
«inber.  iti  ilrm  sie  ilom  Kleben  Rate  Rechenschaft 
cfu  IAt  Bericht  lautet: 
.Nnebdeme  Euwer  Uimden  aus  hoher  hindedvätterliclier 
[ifge  gnädig  in  Erwrtgung  gezogen,  wie  denen  hiesigen 
|im  L#»mthi*ii,  welclie  wegen  Mangel  der  hinlänglichen 
•it  zu  ihrer  täglichen  N;ihrung  sieb  beklagen,  HiÜfe  zu 
irllre.  und  xu  diesem  End  uns  den  hohen  Befehl 
'  I,  auf  ein  Jahr  hing  niit  der  in  unserem 
,,  ütagenen  BaumwoUenspinnerej^  die  Probe 
^•n^  al»  luibcti  wir  nicht  ermanglet,  die  hierzu  er- 
•I  Äntitalien  vorzukehren»  um  sowohl  mit  An- 
.^  der  Ui'ilhigen  ßaumwullen  und  einigen  Werck- 
,alü  aucli  der  erfonlerlichen  Spinnerinen,  bey  welchen 
[i?ü  Penwihnen,  so  aich  dieser  Arbeit  wiedmen  werden, 
li  ■*'  ivsenhau«  den  ITnterricht  haben  können, 

Ingleicheiii  in  Betrachtung,  dass  es  verschiedene  repu- 
picb^  Hauaarme  gi*ben  möchte,   welche   at»8tan<i   nehmen 
PH,   di€9W  Arbeit    in    dem   Wa>^enhau8  aliznliolen    und 
Pf  dahin   zu.    lilferen,    haben  wir  die  VeranstJiItung  ge- 
llt  daAs    an  einem  gelegenen  Orth    in  Mitte   der  Stadt 
V  vithen  l»ei  einem  hiesigen  Burger  die  Arbeit 
't*n    und  gegen   Bt^zug    eines    billigen   Lohnes 
abg«»tiommen  werd«»n. 
T>a  wir  nun    also   un»»    imstande   befinden,  gleich  nach 
bevorstehenden    neuen  Jadire    denen    sich    (ingebenden 
LncilhfU    mit  Arbeit    beyÄUspringent    so    halten   wir 
»bUeb  dafür,   dass  zu  dem  Finde  nicht  undienlich 
'^^        r    Gnaden  E.  E.  Bürgerschaft    auf 
machte  Veran«tJiltunf^  bekannt  zu 
ün  gvmben  wollten. 

Wifileu    auch  anbey  zu    befuR*ht4*n    stehet,    daüs    unter 
um    Arbeit  suchenden    Armen    sich   Lentlie  befinden 
Wttlclie  enKann  mit  der  ihnen  anvertraut^ni  Battm- 


20()  Hans  Joiicli. 

wollen  oder  Werckzoug  nicht  getreuw  und  ehrlich  umgehen 
inöchton,  so  wiirdei  ohne  Mawsgab  höchst  nöthwendig  sep, 
dass  Euwor  Gnaden  auf  solche  vorgehende  Malversationen 
gleich  auch  auf  diejenige,  so  diesen  Leuthen  darzu  behülf- 
lich  seyn  und  die  Sachen  abnehmen  würden,  eine  nach- 
drückliclu»  s(*harfi^  und  zu  Abschröckung  anderer  dienende 
Straafe  sezen :  dann  sousten  wiedrig«»nfahls  alle  dieser  Sache 
lmlb«M-  genommene  li pilsame  Maasregien  und  angewendete 
Kosten  und  Mühe  vereitlet  werden  würden. 

Betn^ffend  die  zwej'te  Gattung  der  Arbeit.  w»»lche  wir 
EuwtM*  (Tiuidon  voi'zuschlagen  die  Ehre  gehal)t,  nämlichen  das 
Packtucli  machen,  so  sezen  wir  zwar  selbiges  keineswegs 
aus  d«Mi  Augen,  haben  aber  bishero  wegen  verschiedenen 
Hindernussen  uichi  zur  erfordi^rlichen  Einrichtung  kommen 
kcnnien.  hoffen  jedennoch  nächstens  in  dem  Stand  zu  seyn, 
Euwer  (inadeii  auch  darüber  einen  standhaft^i^ren  Bi»rioht 
al)statl.eu  zu  können. 

Inzwischen  würde  dennoch  zu  Erlangung  desjenigen 
heilsamen  Zwecks,  welchen  Euwer  (inaden  sich  vorgesezet. 
nicht  undieiilieh  seyn.  wann  denen  Wachtknechten,  Bettel- 
vr)gten  un<l  Harschiereren  frischerdingen  alles  Ernstes  anbe- 
iohlen  würde,  auf  jenige  junge  und  aucli  schon  envachsene 
Leuthe.  <lie  zwar  arbeiten  k^nniten.  allein  von  ihren  Eltern 
/Jim  ( Jiisseiibettel  und  eiinMii  ruchlosen  Leben  angezogen 
wei'diMi,  besser  als  bislnT  brschehen,  zu  vigilieren.  und  ?*el- 
l)ii!;»*  schon  erkannter  niassen  anzuhalten,  und  in  das  Ziicht- 
\\i\\\<  /M  lül'eren.  damit  eine  E.  Burgerschaft  einmahleu  van 
dirx-ni    rl)ri-|jnit"  befreit    wenlen   möchte. 

Wir  nt'limen  <li<'  Frevheit.  imsen»  ohnnnissgebliche 
(I^Ml:ink»'n  be: r«t'f«'ni|  eine  Piil)lication,  im  Fahl  selbige  von 
Knw.'i-  (Ina<l«'n   brli«'b('T    wüi'de.  zu  gnädiger  Einsicht  beyzii- 

le^rn.  '." 

1)«M"  Kh'in»'  Kat  nuu'lite  die  Vorschläge  d<»r  Deputierten 
/n  »Jen  seiniir'Mi  un<l  so  <M'-;chi«'n  denn  schon  am  gleichen 
'r.'ige    l'olgentlrr   Ki"Ia>s: 

..l>eninaeli  l'nsfn'  ('niidi«;:''  Herren  E.  E.  AVohlweiser 
Kaih  aus  Hoch-nbrigk"ith'elirr  Vorsorg«»  gnädig  in  Betrachtung 


Att}eM»)i)«eiifilf«on;e  km  AHmu  B;isi?I.  2oi 

f  wie  jjetiigf^n  I>E»atiii^n,  welche  an  ih^r  Nahriing  Maogel 
cind  sich  beklagen  keine  Arbeit  fiudpn  zu  können, 
'fnn^  oiiieH  »^hrlirhoii  iinil  Ieicht3n  Verdi** iistes 
-  .  .  i  *ß  ktiiiiire,  auch  zu  dit^scin  Emle  von  Hoch« 
eiil#?  Doputtttion  verordnet  worden,  welche  dos 
]iroUf«nj$pmi>ßn  aln  ilas  taiiglichstö  Mittel  vorgasclilagöu, 
*  Hoch-<)brigkeitUchf*r  Goophmignng  zu  sff>Ibigem 
den  Anfang  dergegtalten  gemacht  hat,  dass 
noch  dem  neuen  Jahr  den  Persohnen  so  sich  dai*- 
m  aiuoeldeii  werden,  mit  Arbeit  böygestanden  werden 

[JUfi   wiivl    anmit  E.  £.  Btirgt3Tschaft    bekannt  gennicht, 
<"  Leiubi%     welche    durch    diese    Arbeit    sich 

^  i  zn  verschaffen  smchen,  sieh  nacli  dem  neuen 

.  Verwaltern   iles   lül>lichen    Dc^pl^tat^5n-Au^tJi*)t 
SpittliaU,    Lobl.    Waysen-Amta    und    I^'M»!.   Waysen- 
anniehlen  ktkmen,  allwo  sie  die  weitere  Anweisung 
ilen    wonlea^    wo    sie    nicht    nur   *lie    Baumwolle    zum 
abholen    und    gegen    einen   billigen  Arbeits-Lohn 
iQferen  kennen»    sond<»rn   auch  noch   deuen,    welche 
jenii  jsich  den  Werckzeug  anzuschaffen,  selbiger 
»rflen  •iolie:  Benebens  allen  denjerugen,  welche  in 
Arbeit  noch  nnerfabren,  der  nöthige  Unterricht  ohne 
wtnl  geg*d>en  werden. 

versehen    sich    al^o    unsere    (inädige    Herren,    dasü 
|ich  iHes<e!5  heibtamme  und  zum  gemeinen  Besten  ge- 
ieWerek  nach  Venn^geu  zu  befördern  tra^^ht^n  werde. 
Wii  fiinge^i^n  diejenige  Leuthe,    welche  mit  der  ihnen 
*  n  Bau !ii wollen  und  Werckzoug  ungetreu  uiugehenj 
Vi  nHeizea  «der  verkaiiffeu,  wie  nicht  minder  auch 
M  ihticin  dazu  btduUflich  seyn  und  solche  SacJien 
^    K    sicli  f  "       '  _^n  Herren  höchste 

.   unrl  d'  ^  ru  BeHtrat'ung  aus* 

wnixi(«n 

[>qMUtrtijimt  fölirte   ui^prasiglicli  ledtglicb  die  Aufsicht  über  die 

Mtmtion   wuftlcii  jedoch  dun  Deputntett  *Ämt- 

iit    und  t^ud,   die  K4rcbeu^ütcr  der  Laad* 

>  SMchmkuitit  Rtid  üet   S|iiLil  «ll   Liesul    und  dais  Armeowesen  der 


202 


H4II1S  J^ioelL 


Jeaig^    aber,    welche    sich    bey    Direr    Arbeit    get 
erzeigen,  und  dardurch.  wegen  Ünvermögenheit,  ihre  Na 
.ruDg  mcht  gantzlichrti  gewinnen  könnten,    wenn  sie  de 
falls  mit  anthentischen  Scheinen  versehen,  wurden  sich 
Beystands  gutherziger  Lenthen  desto  mehrers  zu  getrost 
haben* 

Da  auch  einer  Burgerschaft  von  Rinderen    liederlic 
Eiteren,  die  selbige  leichtfertiger  Weise  nur  zum  (rassen-Beti 
anführen,    grosser  üeberlanff   be^chiebet»   als  haben  Di 
Gnädige  Herren    zn  Abstellung    diese§  l>esonders   auch 
dergleichen  Kinder  höchst  schädlichen  Uebels,  gnädig  v« 
ordnet,  dass  selbige  von  den  Wacht^Knecht-en,  Bettel-Vög 
und  Harschiereren    ab    den    Gassen  weggenommen   und 
das  Zuchthaus  gethan  werden  sollen;  Derselben  Eltern  ab 
wann    es    Burger,    zu    empfindlicher    Straffe    gezogen, 
Hiiidersäsaen  aber,  ül>er  dieses  gänzlichen  aus-  und  for 
gchiiffet  werden  sollen,^  *) 

Am  1,  Januar  1760  wTirde  nun  also  die  - Armen-Fabriqua 
auf  ein  Jahr  in  ^effect  gesetzt''.   Nach  Yerfluss  dieser  Proh 
zeit  erstatteten  die  Deputierten  zu  den  Vier-Arm enhänsei^ 
dem  Kleinen  Rate  Vorschrift sgemäss  Bericht  und  Rechmiu 
dem  wir  über  ihre  Verrichtungen  nachstehendes  entnehme 

«,Wir  die  hierzu  Deputierte  haben  nun  hierauf  —  na 
dem  Beschluss  vom  22.  Dezember  17B9  —  nicht  ermangli 
uns    zu  öfteren  Mahlen  zusammen  zu  verfugen  und  in 
baltenen  Sessionen  uns  über  die  zu  diesem  Greschöft  erfd 
derlichen  Massregien  zu  berat hen,  auch  einen  Ansschuss 
der   genau **ren    Aufsicht  zu    ernennen,   und  durch    selbigeB^ 
Anstalt  machen  zu  lassen^  dass  die  erforderliche  Baumwolle 
und  Werckzeug  angeschaffet*  mithin  denen  sich  anmeldendd 
Armen  Arbeit  ertheilet,    denen    in    dieser  Spinnerey   uui 
fahrenen     aber    durch    zwo     zu     diesem     End     angestelt 
Spinnerinnen    in    dem    Waysenbaus,     wo    uns    von    denea 
Herren  Inspectoren  ein  hierzu  ganz  be»jnemer  Platz  einj 
räiuut    worden,     der    nötbige    Unterricht    gegeben    werdj 
konnte,  wie  wir  tlaun  diese  zwo  Spinnerinnen  insolang 
behalten    haben,     bis    verschiedene    hiesige    Persohnen 


*)  Mandata. 


Afbelts1o9c?iif«r»oTf e  im  alten  Bstsel 


20.5; 


Arltcit  flf^rg^esUilten  gefihHt  gewesen,  düss  sie  künftig» 
?ii  Platz  denen  darin  Ünwüsöenden  eine  genügsame 
klntig  %n  g«^beiji  im  Stunde  seyen.^ 

I>aiin  ünüiäli  der  Beriebt  einige  sehr  vernünftige  Be- 

an   über  die  Rjechmmg,   <iie  mit  einem  Defizit   ab* 

das  aber  die  Deputierten  koinesx^egs  beunnüiigte,  Sie 

hO,     ^der    Anfang    eines    snlcbeii  Wercks    könne    ohne 

hdung    •einiger    1  '   r^r    AiislagPii    nicht    g^^inacht 

Ich,**     da    ^den   an  *  n    Persohnen,     obwohlen    sie 

drtm  ^iiixineu  nicht  genngsam  geübet  gewesen,  damit  die 

der  Ariieit    nicht   abgeschrecket  i^iirden,    ein   mehr  Bis 

thnlicher  Lohn  gereichet  werden  niusste/'     Im  Anschhxss 

wnniHii  dann  die  Vorteile   aufg**2äklt,   die   df>m  Staat 

«ine  demrtige  Inatitution  erwachsen  können.    Die  b©- 

ade  Stelle  lautet: 

-        ', —  „t    in    B»'t  [:irnuing,    dass   wann    man 
»ders  aber  einigen  zu  Versorgung  der 
^vQ  i^wif^lmeten  Collegiis  hiednnth  beHchehene  Erleich* 
»et,  der  durch  diese  Spinnerey  geschaffene 
^    ,..  ;    auöch**ineuden  Veriursft    weit    übertreffe. 
{wich  für  das  Künftige  der  allergrosste  Tbeil  von  denen 
ten  extra  Tnkösten  nicht  mehr  nötliig^  sandern  gänas- 
lonteriibiben  winL    anbei  die  I^euthe    in    dem  Spinnen 
gn&bet  »t»indf  »Isu  ihnen  der  Löhn  nach  »ler  Billich- 
[wM  eiBgerichtei   werden    können,   so    ist  ganz  wahr- 
st* Spinnerey  wo  nicht  ohne,  dennoch  mit 

1   werd%^  können  fortgesetzt  werden»    Wir 

demnach    Euwer  Gnaden   z\i    hohem    Belieben,    ob 

Sfiinnerey    weiter    furtgeführet    otler  aber  unterlassen 

.90U«;  nmi  in  dem  erstem  Fahl  thäten  wir  für  dien- 

iieUj   dass   die  vor  einem  Jahr  beschehene   Piibli- 

iirii?dennali]eii  bei  nüchst  bevonttehendem  Prohnfasten- 

erinarhel  weHe.* 

f  Bokliinülirb   unÜlält   1!        '  ii    noch  eine  Stelle 

dM  vorgeschlagene  i  u    aus  der  ersieht- 

die  Üeputi^rtt^u  „solchea    2 war    keineswegs    aua 
wn,    allein    der  Gelegenheit    und    Umstände 
•   ")t    keinen    Anfang    zu    machen    rathsam 


204 


Hans  JonctL 


boftindeii-t    imd    .«daas   sie   nicht   ermanglen   werdea.   hm 
giinstigeuj    Aiilasi*  zu  solchöm  ebenfalls  die  Einriclitimg  zi 


i 


Aus  der  Reclmuiig  für  17«^)  «»rfuliren  wir  zunächst, 
das  Dreieramt^j  für  das  Spinnhiius  773  fT  auswarf^  wovue 
574  tf  -7  ^  6^  für  die  Anschaffung  von  Baumwolle  im« 
Wt?rkzeugen,  so\ri(?  für  die  Löhne  verausgabt  wurden.  Dem- 
nach verblieben  dem  Staat  noch  1Ü8  ff  12  ^i  6  *;.  Dßt 
Wert  der  getiponnenen  Baumwollo  veranschlagt  die  Beck 
nung  auf  458  rT  2  ß  9  «y,  denjenigen  der  Werkzeuge  abei 
auf  53  a  U»  ß  4  t^.  Ks  ergibt  das  nn  Gold,  Baimiwnll^ 
und  Werkzeug  710  ^  14  ^  7  *J.  wovon  allerdings  wiedü 
ili©  Exti*aausgaben  vuu  199  ^  li>  ß  4  «J  abgehen,  so  dasi 
schliesslich  ?nir  ein  Wert  von  510  S  18  ^5  3  <i  bleibt 
Die  Bilanz  erzeigt  für  den  Staat  an  Passiven  773  ff»  ai 
Aktiven  nur  7H*  S"  14  ^  7  4?  ^^  dass  die  Rechnung  niil 
■eineui  Defizit  von  »^2  ff  b  ß  b  i^  absrhliesst,  zu  dem  dani: 
noch  die  Extraausgaben  von  199  B*  16  ^  4  ^^  kommea 
weshalb  der  Staut  in  WirkUchkeit  2fi2  «  1  ß  9  J^  für  Ar 
beitfilose  verausgabte.  In  den  bereits  ervi^ähnten  Ext» 
Ausgaben  sind  u.  a.  die  Lohne  inbegriffen,  welche  den  zwe 
Meisterinnen  ausgerichtet  wurden,  ebenso  ihr  Kostgeld,  di< 
rTnitifikationen  für  den  Waisenvater  Ebert  und  d« 
Waisenschreiber  (ty^^endürfer.  welch  letzterer  den  Depo 
tierteu  das  Protokoll  fühlte  ^  sowie  eine  Entschädigung 
au  einen  Strassburger  Freund  des  Bürgermeisters  De  Barj 
den  man  uui  ein  Gutachten  angegangen  hatte,  weil  i 
Stnissburg  bereits  ein  Sjmmhaus  bestand.  Über  den  Lohi 
den  der  Arbeitswillige  im  Spinnhaus  erhielt,  können  w: 
den  Rechnungen  leider  nichts  entnehmen,  dagegen  erfahre 
wir  über  die  Frequenz,  dass  das  Institut  im  Laufe  d« 
Jahres  von  12  Personen    in  Anspruch   genommen   wmrde. 

Am  4.  Februar  17f>l  nahm  der  Kleine  Rat  Kenntn 
von  dem  Bericht  und  der  Rechnung  über  das  Spinnhaa 
Kr  sprach  den  Deputierten  sein  , Vergnügen'*  aus  für  ihn 
«nihmlichen    Fleiss    und    Eifer''    und  beschloss  end 


*)  Sta;t(skas<iciiverwaktuig« 
•)  A  rme  D  w  eisen  .-  A| . 


Arheilsloi^pnfuri'nrj'e  im  nltcn  ßasii. 


205 


EiiiricJitung   bis    Ende   des   *Tahres   weiterzuführen^    worauf 
dann   von    üiiien    ein    neuer    Bericht    oingegebeu    werden 

Schtjn  am  23.  Dezeuiht*r  1761  tTstatteten  die  Deputierten 
ihren  verlangten  Bericht  und  legten  zugleicli  Kechnung 
ftW  das  Unternehmen  ab.  Diese  fehlt  leider  in  den  Akten, 
wVlit  aber  der  wenig  erfreuliche  Bericht,  der  lautet: 

Es  haben  Ew.  Gn.  vor  einigen  Jahren  zum  besten 
äpT  Annen  eine  Stiftung  georclnetT  mittelst  welclier  selbige 
hrcli  ihre  Handarbeit  sich  ihr  nötiges  Anükonunen  erwerben, 
rfer  wenigstens  ihre  bedrängte  Umstände  erleichtern,  mithin 
ch  die  AnnenhäiTser  soiilagieit  werden  können,  Ans  bey- 
lohender,  von  Herrn  Überstmeister  Stnpanus  über  tlas  Baum- 
'olkpinnen  uns  vorgelegten  Rechnung  aber  werden  Ew.  (tu. 
r.«ehen.  wie  seid  echt  der  durch  diese  Spinnerey  gesuchte 
ützliche  Endzweck  erreichet  wurde.  l)ie  geringe  Anzahl 
r  in  diesem  Jahre  von  solchen  Leuten  gesponnene  Baum- 
oUen  beweist»  dass  srlbige  sieh  lieber  <lem  Beitel  und  dem 
iiHsiggang  ab  nützlichen  Arbeiten  widmen.  Alle  Cnllegia 
üf  njilden  Stiftungen  halien  die  Annen  so  sieh  bey  ihnen 
Ell  Steuer  angemeldet  an  diese  Spinnerey  gewiesen.  Diese 
rmahnung  hat  aber  wenig  gefruclitet  und  einige  haben 
rh  sogar  erfrechet,  die  ihnen  zugestellte  Baumwolle  und 
IB  znxn  Spinnen  nötige  Gerähte  zu  versetzen  und  zu  ver- 
mfien  und  das  Geld  durchzubringen.  Wir  selien  diese 
iftung  für  so  nötig  als  nutzlich  an.   ilie  rohe  Baumwolle, 

erforderliche  Gerähte    sowohl    als   die  Lehrmeisterinnen 

die  Dnerfahrenen  mnd  vorhanden,  allein  ila  wir  kein 
ittel  wij^etL  dergleichen  dem  ifüssiggang  ergebene  Arme 
I  solcher  Arbeit  anzuhalten,  so  wxdlen  wir  dieses  Ew.  Gn. 
ititerbringen.  und  Hochdenselben  Entscheidung  überlassen, 

nicht  gut  wäre,  durch  das  Wochenblatt  und  auf  den 
Zünften  eine  neue  Kundujachung  ergehen  zu  lassen, 
^bey  jemgen  Arraen,  welche  solche  Arbeit  zu  ven'ichten 
nJi  wohl  im  Stande  und  sich  bey  Ew.  Gn.  um  eine  Steuer 
i,  eher  nicht  gnädig  zu  entsprechen,  bevor  sie 
hein    vorweisen,    dass    sie    sich  würklich   mit    dem 


Dkoik.  KJcjncr  Hat   rjöi,  s.  45   un  l  4' 


20t*  Hans  Joiieli. 

BaumwollenspiiiMon  beschäftigen.  Der  diesen  Leuten  ad 
solche  Wevse  kumlgethane  Hochobrigkeitliche  Wille  würde 
bei  selln'gen  einen  kräftigen  Eindruck  machen,  und  sie  da- 
durch auf  ihr  eigenes  Beste  geleitet  werden."') 

Der  Kleine  Rat  stimmte  den  Vorschlägen  der  Depu- 
tierten bei,  indem  er  dt»n  Erlass  einer  neuen  Publikation 
beschloss:  aussenlem  verlangte  er  von  ihnen  die  Xamen 
<lerjenigen  Arbeitslosen  zu  wissen,  welche  Baumwolle  ver- 
untreut hatten.*!  Der  von  den  Deputierten  entworfene 
Aufnif  lautet: 

„Es  haben  Unsere  Gnädige  Herren  E.  E.  und  Hoch- 
weisen  Rahts  mit  Ijandesvätterlichem  Bedauren  wahrnehmen 
müssen,  wie  die  von  Hochdenselben  vor  einigen  Jahren  zun 
Besten  der  Annen  eingericlitete  BaumwoUenspinnerey  von 
denen,  auf  deren  Wohlfahrt  dieselbe  lediglich  abgesehen  war, 
schandlich  und  bossfertig  versäumet  werde:  AVie  hingegen  der 
Älüssiggang  und  der  inuhtwillige  Gassenbettel  auf  das  Neue 
mit  aller  flacht  rberhinul  nehmen:  Dieses  hat  Hochgedachte 
Tnsere  Gn.  Herren  be wogten,  Ihren  zu  diesem  Ende  ver- 
ordneten GliedtM'ii  dfi*  sämtlichen  Armen-Häuser  auf  da« 
Neue  aufzutragen.  di«\se  so  heilsame  Stifftung  wiederum  in 
Wnrcksamkrit  zu  bringen:  Es  haben  desshalben  Hochdie- 
selbeu  zu  befehlen  g(M'uh»^t,  diesen  ihren  ernstlichen  Willen 
an  allt'n  Orten,  wo  rs  sich  g.'liöret,  kund  zu  machou,  mit 
d.»r  nachdrücklieln'n  Warnung:  Dass  alle  diejenige  mutp 
willige  Bettler,  die  ihre  Annuth  allein  dem  Müssiggang  «0- 
ziischrcib.Mi  liab»Mi.  wt'un  sie  sich  diese  Vätterliche  Anstalt 
nicht  gel)ühn'nd  zu  Nutz  machen,  mit  allem  Oberkeit liehen 
Ernste  durch  das  Zuchthauss  oder  andere  ihrem  Verbrechea 
g»'mässf  Straff»Mi  w<»rden  grzüchtiget  werden.  Diejenigen. 
bedaurt'nswürdigtMi  und  unschuldigen  Armen  hingegenp 
welclu>  an  dit»st»m  Orte  und  sonst  nach  ihrer  Möglichkeit 
arb»dttMi.  und  durch  Zeugnüsse  ihrer  Herren  Seelsorger, 
durch  Scheine  di-r  Oberkeitlichen  Herren  Verordneten  «OT 
BaumwoUenspinnerey.  und  durch  andere  glaubwürdige  B^ 
weissthiim»*r  dartliun  kr»nn»Mi,  dass  ungeachtet  ihres  FleisBei 
und    ihrer  P^msigkeit,    ihr  Verdienst    nicht  zureichet   ihneia 

*j   Arinciiwcscn:   Ai. 

*)  Protokolle,  Kleiner  Rat   i;Oi,  S.  458. 


Arbdulmtcfifiirsorge  im  altcu  HascL 


107 


Siren  Kindereö  den  tiütUigen  Unterhalt  tuid  Pflegung 
ri«i9ehaff **n :  Solche,  und  aiiüere  würdige  Äi*men^  die 
|t  im  Stunde  »ind  zu  «rbeit^Ti,  werden  »He  zu  Erleich- 
der  Armnth  geordneten  L.  Collegieu  desto  milder 
^fg¥tu  kciniien,  wenn  UnwürdigM  nicht  njehr  dtircli  Uire 
r»!DBchlimfb»it  tind  Liedurlirbkeit  die  Christliche  Liebe 
den  Oberlceit  und  ihror  Mitbürger  zum  Nachtheil 
SHjnen  We^iens  miüöbraueheu.  Es  wt*nlen  also  »lle 
Digipo  Einwrdmi'rr  du*t^r  Htadi,  die  für  sich  oder  für 
I  Kinder  an  Arbeit  und  Verdienst  Mangel  leiden,  ernstlich 
<*ich  b«?y  den  Herren  Vorsteheren  des  LöbL  üepu- 
itJJ,  Lobl.  Spitt^U,  LöbL  Wttysen-Amtiä  untl  LöbL 
snhauüea  zu  melden,  von  denselben  Arbeit  zu  begehren, 
•^dferig,  getreulich  und  emsig  zuwarten,  und 
lieh  ni»*l  ehrlich  zu  nähren,  welches  einem 
arajr  Ehre  gereichen  wird.  Da  auch  einer  E.  Burger- 
vtiu  Rinderen  liederlichi*r  Eltv^ren,  die  selbige  leicht- 
er Wifi^e  nur  xnm  Giisseribettnl  anführen,  grosser 
tflBxd  besciaehel;  Als  haben  Unsere  Gn.  Herren  clieses 
»rs  auch  für  dergleichen  Kinder  höchstschadlichen 
m    _       *  ':M^t.    das8     selbige    von     den    Wacht- 

it-  1    und  Harschiereren    ab    den    Gassen 

amtneu  mid  in  dai  Zucht hauss  gethan  werden  sollen; 
r    wann  es  Burgere,  55U  empfindlicher 
.,   ..    .1  .idersäasen  aber  über  dieses  gänt/dichen 
und  fcirigescIuifiMt  wenlen  s<ilh*n. 
Hochg^^hicbte  Unnere  Gnadige  Herren  haben  anbei  gut- 
L-   v-    1».  .  _  ^    T^^fff    kund    zu    machen,    dass  Sie 
1  kcitlichen  Vergnügen  sehen,    wie 
^*i]t«chaflene   und  Christliche  Leute  ihren  armen 
i?ren    mit    ihrem    Äeegen     bey stehen.      Sie    können 
^mtidenr   lU^  «hMiselbcn  ihr  Hohtis  Vergimgen  darüber 
nu^    and  6J^  anfrischen«    in    einer  solchen  edlen  und 
tien  Denckungs-Art   fortzufahren.     Sie    aehen   sich 
|j_  ^  .  \f  .     :    t:  jj  ^^j  ermahnen,  in  diesem  Stücke 
liitsamkeit  zu  verfahren,  und  nicht 
rhVhf^    l./0ute  durch   eine   übereilte  Gutthätigkeit    zum 
itl  zur  Schwelgerey  anziifriscben,  sondern  ihr© 

IniMT,  ir+Ti      f*jriu*rs     (b*$tO     krüfftiger     itl     d<Mi 


208 


H;in*i  joncli. 


Kirchen,  und  gegen  solche  Arme  zu  erweisen,  von  dei 
sie  wahrscheinlich  versichert  sind,  dass  dieselbe  wohl 
gelegt  seye.  Daher  jenige  Anne,  welche  das  Allmosen 
fordern  genöthiget  sind,  aller  Orten,  wo  sie  solches  forde 
Scheine  ihres  Wohl  Verhaltens  von  den  Herren  Geistlichej 
und  auch  Scheine,  wo  und  weme  sie  nach  Erlaubnuss  i 
Kräfte  arbeiten,  vorweisen  sollen,''  ^ 

Diese  Publikation  blieb  jedoch  ohne  jegliche  Wirki 
Es  geht  dies  aus  dem  Bericlit  hervor,  den  die  Deputiei 
IUI!  8.  Dezember  1762  dem  Kleinen  Rat  unterbreit€*ten. 
selbe  ist  leider  nicht  mehr  vorhanden,  doch  enthält  das 
protoküU  wenigstens  eine  kurze  Wiedergabe  des  Inhalte*, 
so  dass  wir  nicht  ganz  ohne  Anhaltspunkte  sind.  Zunächst 
machen  die  Deputierten  die  immerhin  erfreuliche  Mitteilung, 
dass  ilie  veruntreute  Baum  wölb'  grösstenteils  wieder  eirig^ 
bracht  werden  konnte.  Dagegen  war  die  Frequenz  der  Au- 
stalt  auch  im  laufendi^n  Jahre  eine  sehr  geringe.  Um 
sie  zu  heben,  unterbreiten  die  Deputierten  dem  Kleinen 
Rate  wieder  ihre  diesbezüglichen  Vorschläge.  Sie  verlangen 
von  ihm,  ^weilen  sicJi  bald  niemand  um  das  Baumwolteti- 
spinnen  bewerbe,  und  auf  M,  Gn,  HH,  Holtz  und  amlere 
Steuren  sich  verlassend,  fast  jedermann  lieber  müssig  gehew 
wolle,  dass  ausser  gar  allten  Leuthen,  die  nicht  mehr  ar- 
beiten  können,  sonsten  alle  und  jede,  wann  sie  bey  Mn. 
Gn*  HH.  um  eine  Assistenz  sich  bewerben,  vordrist  ange- 
wiesen werden,  bey  Ihneu  Herren  Deputirten  sich  um  Ar- 
beit in  der  Baumwollennpimierey  umsehen,  und  dann  darüber 
bey  Mn,  Gn,  HH.  ein  schriftliches  Zeugnuss  einzulegen." 

Der  Kleine  Rat  beschloss  ^nach  diesem  Bedenken  lü 
verfahren^  denen  Löbl.  CoÜegies  so  Steuren  austheilen  und 
sonderlich  LöIjL  Waysenamt  eine  Erkanntnuss^  zuzustellen, 
worin  sie  aufgefordert  werden  sollten,  ^nach  denen  die^ 
ortigen  Verordnungen  zu  verfahren."  Ausserdem  verfügt« 
er  noch,  die  gedruckte  Verordnung  von  neuem  zu  pi 
eieren  und  auf  den  Zünften  verlesen  zu  lassen. '> 

Von  nun  an  unterbleibt  die  jährliche  Berichterstati 
und   Bechnungsablage    au    d^n   Kleinen    Rat.      Die 


*)  Maüdala, 

')  Protokolle,  Kleiner  Rat 


1762,  S.  469. 


Ü%liMpenf&rtor|^  irti  alttn  Basel 


2oq 


bdin^ineii    «ich    ersr  im   Jährt»    J7t>5  wieder  dazn, 
ttbi^r  ilini  Htoiid  dm  Ünteinehmeös    in  Kenntnis    zu 
piL  An&  ilnm  Beririit  ist  ersieht! icli,  dtiÄS  seit  17Ö1  nie- 
rinehr    dii*    Artiitalr.     besuchte.      Über    die    TTrsnchen 
ii<Q$orfiilgo«  *sagt  der  Bericht; 

,Wir  können    hieran  nichts   »ndiTPiii    di<*  Schnkl  bey- 
Mi^  »It«  diiiss  iiiis<^i>(?  hie»ifift'  Armo  allisuj^ehr  dem  Oasüc^n* 

Lood  Mn  ■-  '  Titre  Hrgt>bpn  seind  und  selhif^jem  nin- 
Mvr   n-t  '*u,   itlü   sii»    sicli    aiil    dio    Mildtliätig- 

wr^cliu^iüiior  un^i^r  Armon-Hiiusieren  und  hiesiger 
E^haft   Stenrt*n»    nn»!    durch    ih^n    davon    machi*mlt»n 

incb     r,irli      IrUMiltM«    li  in  Ifnii']  U'li     RiV^toiirrn     vu     vor- 
II    ^ 

Die  Üi^fputiiTttMi   unt«*rhiKs<*n  es  aiudi  uicht>    wie  schi»n 
^'''        Ti  Kate    ihr»^  Vonschläge    zu  unterbreiten, 
..       «  .     ,L   .;^    der    Aü^^talt    gehoben    werden     könnt" 
(^ntncflulJt•n  dem  Berichte  darüber  folgendes: 

.Dtthera  tlaun,  nacli  unserem  Erachteü.  Euwer  Gnaden 

ht*    Al>i?icht    denen    hiesigen    Annen    durch 

.^    Arbeit  Nahrung  zu  verschuffett,  insnlang  imer- 

iRibeii«    ab    nicht   denen  Verwaltnngen    der  Annen 

disr  gemessene  Bf* fehl  ertheilet,   und  E.  E.  Burger- 

friiKclierdiiig^'n    puVdicieret  wird,    keinem    zur  Arbeit 

» TanjjhVhf'T«   »^nige  BeyijJtener  zukoinmen  zu  hissen»    nie 

ailichen  Scheinen  veraehen,  dasa  sie  nach 

AiogiKhk«  u  arbeit»nu  l.** 

Am    2*    ^*    ■    uiiUm    der   Kleine    lüu     x^u    arm    Biricht 

'h-r    }  4  KeiintTii.s,     Die    Befehl iissfäsüung    rd)0r 

^nhpil  erfolgte  jedoch  erst  in  der  Sitzung  vom 

kU  er  «ich  zunüch^i  seine  frühem  Erlasse  über  die 

•Fabrique*"  vork*g«^ii  li«^»a5S.  Wie  in  df*ii  i'rühern  Jahren 

«r  dann  wieder   die   »chori    erhissone  Publikation 

-  auf  den  Zünftitn  bekanut  zu  geben.    Dann 

•  II'*    ,^     11    .:     .♦    ji^    einer     Erknnntnirt    aufgefordert 

«ich   i  ftilier  gefas^teu  Beschlüsse  zn   halteUf 

atk*ii  denjenigen,    welche  in  der  I^age  geien,    zu  ar- 


r  tetb^s.  r,  Codi«  imd  AUeraim.    VI  1 


14 


:!IO  Hans  Joncli. 

IxMtoii.  sich  abor  nicht  zum  Baumwollenspiniieu  oileranc 
ArlxMt'Mi    bo(jnomt»n    wollten,    die  Steuorn   zu  verweigei 

Auch  (lii\so  Publikation  blieb  ohne  Wirkung,  wesi 
mau  sich  billig  wundern  ruuss.  dass  der  Kleine  Rat 
4.  Fcbniar  17(i7  den  Deputierten  abermals  den  Auftrag 
teilte,  sich  zu  ver.^animeln  und  zu  überlegen,  «ob  dies 
nichts  in  Effekt  gebracht  werden  könnte*. 

Der  verlangte  Bericht  Hess  jedoch  lange  auf  sich  war 
er  wurde  «»rst  am  13.  Oktober  im  Kleinen  Rat«  verL 
und  in  Beratung  gezogen.  Wir  finden  darin  zunächst 
Aufzähhnig  der  verschiedenen  Beschlüsse  und  Erlasse. 
im  Laute  der  .fahre  in  dieser  Angelegenheit  seitens 
Behörden  ergiiig»Mi.      Dann  fährt  der  Bericlit  fort: 

„Diese  von  Ew.  (in.  gemachten  Liuidesvätterliehen  . 
richtungen  sind  von  solcher  Vollkommenheit,  da-ss 
driienselhen  nur  gar  nichts  beyzufügen  wissen,  und  es  '. 
sicli  h*i(*ht  einsehtMi,  dass  blos  der  Mangel  der  Execu 
das  ganzi^  Werck  still  gestellet.  Beneben  lässt  siclis  i 
iiiriit  in  Abred  stellen,  dass  es  pur  unmöglich  bev  die 
<  J«»g«'nstMnd  alles  so  genau  und  nach  dem  Buchstaboi 
beiolgcii. 

Di«'  Armut li    an    und  vor  sich  Selbsten    hat  etwas 
n«*hiJH*ndos.    und    r\n  einiges  ^Mitleiden,    so  sich    bey  <!' 
Anl)liek    in    den    Herzen    aller   W(dilgesinnten    erseht. 
sonrloieli    dem    arni«Mi   Mitbürger  das  Wort,    so  dass  gar 
(Itirülu'r  der  rnterschiiMl  /.wischen  wünligen  und  unwürJ: 
beseits  ^evietzt   winl. 

V]\i\     eljpii     daher,    da^s    dergleichen    Mildthätigke 
gegen  solche,  denen  es  weder  an  Kräften  noch  an  (resc 
fehler,  eine  Arbeit   zu  verrichten,  verschwendet  wenloii 
dass    (lif    11.    H.    ( ieistlichen,    welche    zu    Ertheilung  J 
Scheinen   sich  etwann  auch  leicht   bewegen  lassen,  Ew. 
zu    Einwilligung    betriieht lieber    milder    Steuren     bald 
wrx'hentlich    veranlassen.    haluM»    sich    nach   und    nach 
sehiedene   Missbriiuche    eingeschlichen,    welche    dann   n 
wendig    von  schädlicher  Würckung   auf   das    ganze  wei 
müssen.     Wie    dann    auch  <lie    Eltern,    deren    Kinder  i 


*)  Protokolle,  Ivlciner  Rat    1705.  S.  n)j. 


AAeftsToscnffrsoTge  im  alten  Basel. 


21 


Ev.  Gn,  Befehls  wegen  Gänsen bett eis  ins  Zuchthaus  gebracht 
wonlen,  gar  bald  iluroh  ihre  wehi3mfitig*'n  Vorsteüiiugeii 
Ew.  Gn*  znni  Mitle^^deu,  und  dass  ihnen  ihn*  Kinder  ohne 
imlers  wieder  seugetiteUt  wenlen,  zu  bewegen  gi?wu8st  haben* 
So  dass  ohnerachtet  Ew.  iru,  publicirter  so  heilaarner 
iiml  wnhlerdaneiter  Verordniuigon  zu  Erh^ichtening  der 
«niien  V*.'rl>urgerten  durch  den  ihm  an  Hand  geb»Mid**n 
•lienüt,  und  zu  Abwendung  des  Gasseubettels,  die  Sachen 
immer  in  der  alten  Lage  geblieben  und  gegenwärtig  noch 
Äeiud.  Dieses  und  weilen  sich  niemand  uin  die  vorhandene 
Baumwollen  zu  spinnen  bewerben ^  wie  dann  «elbiges  wiirk- 
lich  einen  sehr  geringen  Verdienst  bringet,  und  eine  hie- 
sige Verbtirgerte,  die  in  dieser  Arbeit  sich  mit  vorzüglichem 
Pleiss  hen^orgetan,  es  woclientlich  blos  auf  14  Batzen 
bringen  können,  hat  die  Herren  Inspectoren  veranlasset, 
tfee  Baumwollen,  um  allem  Schaden  bevorzn kommen,  zu 
Tfrkauffeu.  welches  auch,  wie  beiliegende  Rechnung  zeiget^ 
mit  Nuzen  beschehen  ist;  und  es  ist  nicht  ohne  Grund 
m  beförcbten.  dass  wann  da^  «[uästionierte  Institutum  dis- 
nthhl  wieder  solte  hervorgeholet  werden,  und  nenerdingen  in 
Bewegung  gebracht  werden,  jedennoch  für  das  zukünftige 
kein  besserer  Erfolg,  als  dessen  mau  bishero  durch  die 
Krfahning  überführt  worden^  zu  be winken  seyn  möchte. 

Solten  aber  je  Euwor  GnadtMi  die  dis^sfalls  ergangenen 

Verordnungen    und    die    BaiimwoUenspinnerey    w^ieder    in 

V^igor  zu  sezen  gesinnt  seyn,    so  wurde  ein    leichtes    seyn* 

IIQS   dem  hinder    denen    Herren    Inspectoren    des    Waysen- 

ses*   sich    zeigenden    Geld    Recess    von    571   B  t»  ß  l    *^ 

ihe    Baum  wollen    anzuschaffen,    die    Haspel-Bäder    uml 

't'     ^  '      V   ften,    deren  nui'  die  wenigeren    uidjraucbbar,    in 

i  1    Stand    zu    stellen,     einstweilen     aber    bis    (üe 

m wollen   nnzlich  erkauft  seyn  wird,    von  dem  Waysen- 

atten  als  welcher  deren  immer  vorrähtige  hat,  so  v^iel  als 

anzuwenden    Anlass   haben    wird,    zu   nehmen;   darzu 

aber     ohnmassgeldich    nöthig,    dass    Euwer    Gnaden 

dÜK»ortige  Verordnungen  auf  allen  E.  Zünften  pubHcirt,  und 

allen  Armen-Häusern  alles  Ernstes  darob  zu  halten,  frischer- 

dingen  eingeschärft,   besonders   aber  Lö1)b  Waysenamt   em- 

^■foblen  würde,   sich  von    ihrem    Schaffner   eine  Liste    aller 


2  12  Hans  JoDcli. 

Steuer  beziehenden  Personen,  welche  scum  BanrnwoUspinnen 
oder  anderer  ehrlicher  Arbeit  die  benötigten  Ejrdfte  und 
Erfordernisse  besizen,  geben  zu  lassen,  damit  selbigen 
künftigs  nur  nach  Maasgaab  ihrer  Arbeit  und  des  dam 
bezeugenden  Fleisses  gesteuret,  und  darob  ganz  genaa  ge- 
halten werden  möge.** 

Es  lässt  sich  wohl  begreifen,  dass  der  Kleine  Bat  nach 
den  bisher  gemachten  Erfahrungen  es  unterliess,  nochmals 
zu  versuchen,  die  Angelegenheit  in  Fluss  zu  bringen,  son- 
dern den  Beschluss  fasste,  das  ,,Greschäft  wegen  dem  Baoin- 
wollenspinnen  noch  fftr  etwas  Zeit^  einzustellen.') 

Im  Jahre  1770  entstand  eine  bis  Ende  1772  währende 
Teuerung.  Die  Ursachen  derselben  waren  znnftchst  der  all- 
gomeine  Misswaclis.  sodann  die  Ausfohrverbote  von  Seit» 
derjenigen  Länder,  aus  denen  man  sonst  das  Getreide  be- 
zog, endlich  die  im  Vergleich  mit  der  Gegenwart  noch  sehr 
unvollkommenen  Verkehrsmittel.  Die  Preiserhöhung  der 
notwendigsten  Lebensmittel  wurde  für  den  gemeinen  Mann 
umso  fühlbarer,  je  mehr  sein  Verdienst  zugleich  durch  das 
Stillstehen  vieler  Fabriken  eingeschränkt  war  oder  über-  3 
haupt  ausblieb.  Mitten  in  die  teure  Zeit  hinein  fiel  also 
noch  andauernde  und  ausgedehnte  Arbeitslosigkeit.  Did 
Ursachen  derselben  lagen  in  der  durch  den  polnischen  und 
russischen  Krieg,  sowie  die  in  der  Türkei  herrschende  Pest 
beschränkten  Kauffähigkeit  von  Industrieartikeln,  und  in 
der  durch  eine  künstliche  Bevorzung  von  Handel  und  Ge- 
werbe erzeugten  Übersetzung  einzelner  dieser  Gewerbe.*) 

Angesichts  solcher  Tatsachen  konnten  die  Behörden 
nicht  untätig  bleiben.  Und  so  sehen  wir  denn,  dass  sie 
nicht  nur  den  Armen  ^Früchte^,  Brot  und  Mehl  zu  billigen 
Preisen  zukommen  Hessen,  sondern  auch  bemüht  waren, 
geeignet  erscheinende  Massnahmen  zur  Bekämpfung  der 
liorrsclionden  Arbeitslosigkeit  zu  treffen,  die  allerdings 
nicht  als  besonders  umfassend  bezeichnet  werden  können, 
wie  es  die  Verhältnisse  erfordert  hätten. 


»)  Protokolle,  Kleiner  Rat   1767,  S.  41   uud  385  ff. 
2)  August    von  Miaskowski,   Isaak  Isclin,   Bcitrige  zar    vaterländischen 
Geschichte,  Bd.  10,  S.  171. 


Afheltutniictirüfiiorße  tm  ultett  Basel. 

der    Afbettolosigkmt    wixnleii     Imtiptsächlicb    (in^ 
bdwckht^r    harr    tmtroffcm.     Es   geht    das  auis  einen 
Brvotf   don    ein    Mitglied    de«   Klein«'n    Rateg   aiu 
bibef  1770  in    dinser  Behörde*  stellti'    und  der    fnl 
^^>rtIiitll  hau 

ite   (bi^  M,  G.  Herr<>n  Untertlianeri,    und  iv 
i«  Pti**Harnent4*r  Mangel    an  ihn*!'  Xabnmg    leiden, 
i\m*  Lijhl  Ft\hv'uinv-CinnmisshH\^\  überlegen  sollte, 
Übel  abÄuhell'on,  und  ob  nicht  die  Herren  Fabri- 
erracbitn    seyn    möchti^n,     keine    Arbeit    ausser 
jtiben  und  darüber  ein  B^donkm  eingeben. ^r 
Lnssug  ^^^l^de    erheblich    erklärt*    worauf    sich   di- 
^tmisaion    zunächst    luit    den   Fabrikanten    in   Ver- 
M5U6U%  um  dann  die  Arrgelegenhnit  in  ihrer  Sitzung 
[leeember   in  BeratiUig  zu  ziehen.     Über  die  Vnr- 
^n   liH0.    naeh»mhender    Bericht    an    ilen    Kleinen 


lULui  iiüiaiigh/i    /.ntoii;i*  desselben  —  g«>- 

tler  Anzng    —    die   H.  H,   Deputierte  von  denen 

iindfabriciinten     über     diesen     Giiigenstand     anzu- 

lieh     ilire    Oi*danken     dahin    eröffnet,     dasa 

i*'  übrigen  H,  H.  BHndfaV)rie-anten  bey  dif*sen 

iHW  min  christlicher  Liebe«    sich  soviel  müglicb, 

len  aber  Vermögen  angreiffen,  um  denen  getreuen 

i*n    VwtdGrfligen  PuÄsamt^ntern  und  ihren  Kinderen 

Verdiens^t    lU»  ßn^lt  zu  verschaffen,    nicht    nur 

acrndem  soviel  möglich    einzig,  mit  AuBschluss 

'        '!     I     liaften  sich    befindlichen   Arlieittern^ 

n,    wobey  ein  Herr  sich  vernebmen 

er  etliche  Arbeittere  auasert  Ijands  habe^  so  aber 

Tv  i,  HO  keiner  im  Land  machen  könne, 

ftin  Lim  »    r^.^  ri   '    "■- ?trht  werden,    gebe  er   jeder- 

Üch  denen  L  udern  zu  verdienen.  Wifilen 

ibenn^n  Zeitt^n  sowohl   bey  una^   als  ttuch 

groftun  iStädtien^   nicht  nur  iliese.   sondern  auch 

^iiril<'    im   jahrü    (JjX  j;rM;liaflco ;    ^i«-'  fuhrlc 
km     iiud     icbltcbt<rte    Streitigkeiten     jtwischcn 
Ucb  o»il  cwttehcii  tliti«a  und  iht^en  Arhciteni. 


2  14  H.-ins  Joncli. 

andere  Manufactnren  nicht  so  stark  getrieben  werden 
einige  Arbeittere  bey  denen  wohlfeilen  Zeitten  nicht 
theuren  Zeitten  gedaclit.  so  seye  gar  wohl  möglich 
solclie  Arbeittor  jetziiiid  nach  Arbeit  und  Brodt  senfz 
aber  nicht  denen  H.  H.  Fabricanteu,  sondern  denei 
beittern  beyzuniessen.  und  man  in  diesem  Falle  b 
bessere  Zeitten  in  Geduld  stehen  muss,  in  der  Hofl 
dass  so  Gott  wille,  auch  wiederum  bessere  Zeitten  ko 
werden;  Wir  haben  diese  beschehene  Erklänmg  den  Z 
und  Umständen  so  angemessen,  als  Löbl.  und  gerec: 
fanden,  dass  wir  weitter  nichts  beyzufügen  gewus^ 
die  H.  H.  Fabricanten  um  die  Fortdauer  solcher  Gesinn 
zu  ersuchen,  und  nun  sok:he  mit  E.  E.  (rn.  hohem  Für 
und  Be\'fall  zu  unterstützen  und  aufzufrischen  hochdenj 
zu  hinterbringen.-*  M 

Am  12.  Dezember  nahm  der  Kleine  Rat  von  ä 
Memorial  Kenntnis  und  beschloss  hierauf,  es  dami 
wenden  zu  lassen,  indem  er  zugleich  ,,die  Underthane 
Horren  P^'^bricanteii   zu  fernerer  Arbeit   bestens  empfi 

Die  SieluTStt'llung  gfgen  die  Folgen  vorübergel 
Arbeitslosigki-it  sollte  normalerweise  allerdings  in 
Linie  durch  figiMie  Vorsorgi*  und  Selbsthilfe  erfolgen, 
muss  jium  (Nmi  Fabrikanten  und  der  Fabrikkomn 
recht  ^«'bi'H.  Nun  bildete  aber  damals  die  Arbeitslos 
«MTu*  ]\lass(MU'rsclii'ijiung.  so  dass  die  Selbsthilfe  nie! 
allcMi  Arh«'iti*rn  ausreichen  konnte,  namentlich  da  d 
b(Mtslosigk«'it  in  ein<*  sehr  teure  Zeit  fiel.  Diese  Ta 
bcstriMtet  der  Bericht  in  keiner  Weise,  weshalb  m 
nicht  begn'iiVn  kann,  dass  die  Fabrikkommission  es 
üess,  dem  Kleinen  Kate  Vorschläge  zu  unterbreiten,  w 
lierrsclit'nden  Verdienst losigkeit  begegnet  werden  k 
und  .>ich  lediglich  darauf  beschränkte,  die  Arbeitei 
Wohlwollen  der  Fabrikanten  zu  empfehlen.  Das  Ver 
des  Kh'inen  Rats  mus<  ebenfalls  einiges  Befremde 
wecken,  auch  wenn  num  nicht  ausser  acht  lässt.  dass 
bestrebt  war,  wenigstiMis  die  schlimmen  Folgen  der  Te 
für  die  Besitzlosen  zu  mild<M"n. 


*)  Protokolle:  Oi '.  FahriUkoiiiinissiou,  S.  246  ff. 
')  Protokolle,  Kleiner  Rat   1770.  S.  390. 


Arbcit.slosenfürsor^e  im  alten  Biiscl.  215 

KrtVeuIicherweise  gab  es  aber  noch  Staatsorgane,  die 
i^hr  Verständnis  für  die  Arbeitslosigkeit  und  ihre  Folgen 
'sass<Mi.  Das  erhellt  sich  aus  einenj  Memorial,  welches 
i**  Haushaltung  M  wenige  Tage  spät4?r,  am  23.  DeztMiiber, 
^m  Kleinen  Rate  unterbreitete.  Dasselbe  gewährt  uns 
im-n  tiefen  Einblick  in  das  Elend,  das  damals  auf  der 
-audschaft  herrschte,  weshalb  wir  es  an  dieser  Stelle  in  der 
lauptsache  bekannt  geben  wollen.     Es  lautet: 

-Es  ist  auf  eine  sehr  zuverlässige  Weise  einer  Haus- 
laltmig  angebracht  worden,  da^s  in  verschit^denen  Teilen 
Ew.  (in.  I^indschaft  und  vorzüglich  in  dem  Waldenburger 
Vmth  sich  anfange  bey  vielen  Ijmdlt^uten  ein  merklicher  (xra<i 
nm  Ellende  zu  äussern  beginnt  und  dass  wenn  nicht  durch 
»ohl  überh'gte  und  den  Umständen  (h»r  Zeiten  angemessene 
iVransraltungen  den  trauiigen  Folgen  eines  solchen  Übels 
rDr^^nbopren  würde,  dieselben  so  gross  und  übermächtig 
rfnlen  könnten,  dass  es  täglich  schwärer  werd<Mi  dörft»\ 
liesorts  etwa<  gedeihliches  auszurichten.  L.  Haushaltung  achtet 
ich  verbun<len,  dies€»s  wii^litige  Anbringen  E.  Gn.  vorzu- 
ragen und  solches  Hochdenselb(»n  zu  der  Beherzignng  zu 
mpffhlen,  deren  es  dero  vättt»rliches  (lennitln»  ohne  Zweifel 
ninli^X  t'imlen.  Es  glaubt  auch  dieses  L.  Kollegium  nicht 
'•>nili^  zu  st'vn.  wonn  es  E.  (4n.  vorschlä«i:t.  dass  L.  Dt'pu- 
at*»!iaMit«'  aufgt'tragtMi  wenh^n  möchte,  über  diesen  (legon- 
taii'l  ungesäumt  eine  gründliche  und  v»)llständige  l'nter- 
•luhiui^  vorzunehmen,  und  wie  es  wohl  dasselbt»  gut  finden 
»'ir-l.  mit  Zuziidumg  der  Herren  ()l)»'ri)eamt<Mi  oder  ihnM* 
Sflin-ibt-r.  dentMi  Herren  (feistlichen.  der  Arnn'nsciiatfn«'r 
'UhI  .h-r  librigen  l^nterbeamt^n.  so  sio  an  jedem  Orte  dazu 
PI  ^t*l'rau<'hen  nöthig  finden  wi'rdon.  vcni  der  dicsortigrn 
B^haff^'nhoit  jfdes  Orts  zuverlässige  Kenntnis  zu  nt'linu'n. 
^•*  »li"  Armenseckel  allda  besorgt  winden  und  was  dir  Ht»- 
'lurftigiMi  damals  danuis  beziehen,  sieh  zu  erkuudigt'n  was 
oinj  nll;;emi'inen  B»»stt»n  und  zu  Bcvorkommnnng  d«r  nn- 
*li/:«*ii  F'olgen,  di»^  ein  überhand  ni^hne^ndrs  Kllond  veran- 
•ös»*ii    kann   veranstaltet  werden    könnt»»  zn  ül)«'rh'<::»'n   und 


'    Im    alten   Basel  war  die  Haushaltung  dit*  obcrvic  lU');r>r«lc  in   I*"m;in/- 


2  l()  H:iiis  Joiicli. 

darübiM-  entvvo(l*T  das  Krfonlorlich«*  zu  verordnoii  ««ler 
Kw.  (.4nadeii  (larül^»'r  die  gutl)efiiiidonen  Vorschläge  vor- 
zulegen. 

Es  ist  l)ev  diesem  Aulasse  augemerckot  wonleu,  dass 
wenn  die  Arnmt  uud  di(»  Dürftigkeit  siith  noch  feiner  ve^ 
meliren  und  zu  eincMU  allzugrossen  Übermasse  ansteigen 
sollten,  weder  die  Armenseckel  noch  die  in  L.  Deputaten- 
amts Vt'rwaltung  st4?liende  (Kapitalien,  noch  seihst  Ew.  ün. 
Gemeines  zureichend  seyn  dörfte,  ohne  einigen  üWr- 
mässigen  und  für  die  zukünftige  Zeit  höchst  bedenklichen 
Abl)ruch  (K*n  Armen  nachdrücklich  genug  zu  begegnen 
und  dass  »l»»shalb(»n  aucli  die  christliche  Liebe  und  die 
Wohltätigkeit  d«'r  Begütt'rten  sowohl  in  der  Stadt  als  aul 
(h-m  Lande  zu  einem  fnnwilligen  und  dott  gefälligen  Bev- 
trage  a'ifgf'fordert  wtM'den  köimt(Mi:  und  ins(»nderheit.  duss  da 
schon  Verschiedene  H.  II.  Fabricanten  oder  vielleicht  auch 
alle  in  dit»ser  Zeit,  da  das  Obrd  des  liohen  Freistes  der  Be- 
dürfnisse noch  durch  Abgang  der  Verdienste  erhöln^t  wirJ, 
iJirr  Arbeit«*r  dtMinnch  mit  Arbeit.  d(*nMi  sie  die  H.H. 
Fabrieanten  »'ben  nicht  i)enötigt*t  sind,  und  sonst  zu  erleich- 
tern ti-aehten.  d<'nsell)en  liierübpr  Kw.(.in.  V«Tgnügen  bezeuget 
und  sif  nicht  nur  auf  diest»  Wt'ise  fortzufahren  angefrischet 
hat.  sondern  noch  ersucht  w»*rden  könnten,  das  Klleiid 
ilin'i"  ArbeitcM'  in  gtMn«'inselial'tliclie  Überlegung  zu  neluuen, 
nnd  zum  HesttMi  drrsellx-n  solche  woliltätige  Maasregleu  zu 
ei-^n*ifrii,  d;iss  (indureli  die  Lust  zur  Auswanderung',  die 
Ii»'izuni;-  zur  l'nrr.Mi«'  und  an<lerer  t^bel.  welche  notwendige 
Kolg«'n  rl.'s  iiuss<'rsttMi  Maii«j!;ids  sind,  verhüt'-t  wenlen 
nhicJUt'n." 

hj.'srs  (iutaelit«'n  lautet  nun  allerdings  anders,  als  das- 
i»'nig«'  <l»'r  Kabrikk«Mnmission.  Wohl  werden  darin  die  Fahn- 
kaiitcn  t'lMMit'ails  aul'g»'t'oi-d«MM.  ihivn  Arbeitern  zu  helfen.  al>er 
glricjizritig  auch  dl.«  Flliclit  drs  Staates  anerkannt,  sich  an 
drn  llilt'sbrstreliuiiLCtMl  zu  (lunsten  der  Arbeitslo.sen  zu  be- 
t<Mli;^.'n.  l)i«.vsrn  Kr\vii;;uTi.L!;eu  konnte  sich  auch  der  Kleine 
Kai  nicht  v»rschlif»»Mi.  unrl  so  fasst«*  er  denn  folgenden 
Hfschlu^s: 

M  Au^^iist    vun    Miaskowski,    I*;.uik   ls(»lin,     Hcitiägc    zur   vaterländischen 
(icschicluc,  Hti.  lo,  S.  171. 


UbeltilovepfiS^rvorgc  im  nltnt  Bov 


tun  »ich  über  rlioseti  (jrügensUiinl  fenu^r  xu  be- 
ch  wo  (las  Eilend  auf  der  Landschaft  herkomnn 
tind  M.  (th.  H*  H.  <*in  B<*<io!ikeiL  oiiiziigelM'n 
..altuiig  gowiesBii ;  Von  eiu*3m  Lübl  Deputaten- 
^l!f»  iiftoh  diesniii  V^trschlag  verfahren  und  derselbig© 
crlnst  vollzogen  und  darüber  M.  G.  H*  H.  d^r  Btv 
'  -*  werden;  ttUcJi  ^ehou  M.  0.  H.  H>  gern*  dass 
i"r«n  Fabricaiitt^n  nach  dtau  in  diesem  Be* 
n  initljalt*.»non  Vorsehletg  vt^rfahren;  ITbrigtins  stdlr 
dorn  H,  Antistiti  oine  Erkanntnusö  zugostellet 
luu  ttaiinbti teilten  H.  H.  <M*i8tlicht*rj  auf  (U?r  Land* 
tibnn*chri.Mbcn,  »K*n»»n  hemittktteti  Lanilli*utht?n 
f|ie  Liebe  und  Mitt leiden  gegen  ihre  arme  iTemeins- 
Ktfi  **]nxii.Si'liärfen  tirid  nie  von  TTn  barm  herz  igkaiten 
lAbDP.n.'  1** 

n  Aeii  ersit^ii  Tagen  des  Jahres  1771  iiüui  dann  auch 
mgt?  vor,  wie  ilen  Arbeitsluüien  in  der  Stndt  zu  lo^ifen 
km  16.  Jaiioar  unterbreitete  nämlich  das  Waisenauit 
CloiuiUi  KaUi  einen  Bericht  iiber  die  vt)n  iluu  vorge- 
noiie  Stim««runiöteihing.  Au«  domsoiben  geht  her- 
'  *       Stadt    ilie  Xut  sehr  gross  war    und 

liunnn  des  SuiÄtes  ihre  Vidi e  B<treeh- 
liati«^n.     Der  Kleine  Rat   beschloss*   daher   zunächst 
nanire  weitgehende    Kompetenzen  bezüglich    der 
hren  7M  erteilen,   tint-erliesH  »58  aber  zugleich  auch 
^Herren    Deputirten    wegen    dem    Baumwolten- 
aofziifonleni.    ^ilte    diesonhs    gema<'ht4*n    Verord- 
'  '      lititen**  wieder  einzusidien,  8üwie  zu  berichten 
•  wa.H  bey    gegenwärtigen  Zeiten    für    eine 
Emricfatnng  zn  machen  »eyn  möchte.')** 
lMpttit»*rtmi    kamen   dem    an    sie   gerichteten  Auf- 
Sie    ersrütteten    schon    am    2.    Febnmr    dem 
fe    fiuen  Bi*richt    über    das    Hesultat    ihrer    Ver- 
1«  lUuntudbim  geht  hervor,   das8  sie  die  bo- 
I  liinn^ichend  genug  fanden, 
!.    ArnuT»    durch   daii    einge- 


r   Kjit   I7?ü,  S.  4U5. 


2lH  Haii<  Joncli. 

führt«»  liaumwolltMispiiineD  die  Ge.l*^gonheit  zu  verschaffen, 
sich  ihn-n  Untcrhjilt,  wo  nicht  ganz,  so  doch  teilweise  e^ 
worlx^n  zu  krniui-n.  Dcm-  nötig**  Fonds  sei  da,  ebenso  die 
W»'rkzouge.  <o  (hiss  «zu  Krreichung  dieses  so  heilsamen 
und  gtMn»Mnutzlichen  Endzweckes  weiter  nichts  als  die 
Handliabung  diosf^r  Verordnungen,  und  derselben  nach- 
dnicklicli«^  UnttTstützung  durch  <!ie  Behörden  erforderlich 
soir  Daher  ersuchen  sie  den  Kleinen  Rat,  die  Publikation 
von  IT.V,^  zu  erneuern  und  auf  den  Zünften  «E.  E.  Burger- 
scliaft  bekannt"  zu  machen,  «dass  man  denen  zur  Arbeit 
tüchtigi'Ti  und  damit  nicht  versehenen  Armen  von  Obrig- 
keitswegen i'ine  solche  anscliaffen  werde,  und  diesem  nach 
aUe  dergleichen  Arme,  welche  nicht  glaubwürdige  Scheine, 
ilass  sie  Baumwollen  gt\si)onnen  oder  sonsten  gearl>eitet 
hal)«'n.  werden  aufweisen  können,  von  allen,  sowohl  öffentr 
liehen  als  partieular  Bi'vsteuren,  als  denen  gänzlich  nn- 
würdig,''  anssehl Jessen  werde,  ^darniit  andurch  denen  würck- 
iicli  IxMlüritigen  und  (h's  Mitleydens  würdigen  Armen  desto 
na(hdriieklieln*r  heygestandi'n.  und  hingegen  dem  leiehtr 
siimiixi'n  und  mutwilligen  ( iassenb(»ttel  umso  besser  ge- 
steuret  weiihMi"  könnte.  Im  weitern  baten  sie  den  Kleinen 
Wat  auch,  drm  I  >j})utat<*na!nte  und  dem  Waisenamt*»  Jen 
Aul'tra^  zu  ertt'ihn.  ül)er  diejenigen  Armen,  welche  von 
ihnen  rntcrsiützungeu  erhielten,  eine  Untersuchung  anzu- 
stellm  und  «'in  VtM'zeiehnis  derjenigen  einzusenden,  di? 
schjitfi'ii  ki'inncn.  ab«'r  keine  ArlxMt  haben;  auch  sollen 
beidr  ('nll«'iri<.-ii  »'S  niciit  unterlassen,  ^dieselben  an  dtt 
Ailu-ir  zu  Vi  iNvi'isen-.  und  ..ihnen  könftigs.  wann  sie  nicht 
dui'eh  v»)rzuw«'ist*nde  Scht'in«'.  dass  sie  solches  getlinn. 
zeui^^'U  w.'r<lfn.  allen  Heystan«!  zu  versagen.-  Schliesslich 
klai;t  d«'r  H^Ticiit  nneh  üIht  die  zunehmende  Anniit  nu" 
den  >ieh  ni»-lirend«'n  ( Jassenljettel.  Die  Ursache  liege  viel- 
tiK-ii  in  ein«ni  .. iiblen  \\'irrs('hal'ten  und  liederlicher  Atir 
l'iilirun^-'.  da  vi<'le  Bürgrr,  „statt  ihrem  Beruf  oder  GeweA 
lleis^inr  ni^zujirn-rii.  und  ITu'  die  Ver[)negung  der  ihrigen  ^ 
sor;;en.  vieliiM'hr  das  «Tworljeiu'  in  «lenen  Würtsliäuseren  1 
verzechen  und  darbey  Wrib  un<l  l\in<ler  elendiglich  darben  ] 
lassen.-  Uni  nun  auch  ..dii'ses  Ci)el  in  der  AVurzel  auszn- 
reuthen"     rat»n    sie.    ^ denen    Ifi'rren    Vorgesetzten    der  E 


en   und  t4«»*>Ui»<?|jnfhni  (Imi  gi'ini'8s«*iion  Bttfokl  ^ii  er- 

u,  Ättf  iHiti  Kunft  niicl  Go«eUscliaftsimg»*börigu  dosfaUs 

I  mihi  zu  tragen,    und  sicli  aiigeleg»?Ti    sevii  zu  lassen. 

^ige,  dies  sicli  einttr  solrJu^n  ixUUHi  Anfftilimiig  t*chuldig 

AH,    durch  emstlichf«  VorstellurigMii   und  Krümbnuugen 

Weg  zu  bringen,  im  Fall  aber  keine  Besserung 

igi*n  *4(illU%  «<*lbigf»  7Jir  Ü<^.straffTUig  za  vorzrigen,*  V) 

t>er  Klein*,*  Rat   stimmte   den  Vornc-b lügten    der   De|ni- 

so.  ert»nl*f*  die«on  It^taütern  ab^r  ruK'b  den  Anftrag,  zn 

|i*gi*n  lind  zn  bi^ricbt-eti,  ^was  für  c^ine  Arb«>it  für  Jen  ige, 

n-rumwoilMn^pintien  nicht  tauglich**  «eien  ^aus- 

L  '    und  „auf  was  Weis«*    din  Abwendung    des 

I  angi?wundU«n    Allniogenö   vor    deti    Hanse n*n    erziollt** 

I-      "  "  *     Dio  r>oputierten  verfilgteri  sieb  zunaninven. 

„1    3tu  pridoü  luid  reichten  dann    anfangs  Mai 

Bt^ricfat   «•itu   dessen  erster  Teil   »ich  mit   den  vorgi»- 

i»oiton  l»<*fas8L     Es  wird  darin  genau 

*^  t>.  M.  a     Arbrit?^nn fähigen.    Arbeitsscb<'Uim 

n.    Piir  die  Arbeitsunfähigen  bat  die  Annen- 

f  morgen:   dagegen    srdbm  die  Aj-beitsscheuem   zur 

^         und    er8t  dann,    wenn    sie    sich 
r  ^,  ansgewieüen    haben,    selten**  dt?r 

kupflege  UnterslüUung  i*rlmltnn.   f^bor  die  Arheitsbisen 
ftiioii»!  wir  ihm  Gutachten 

F  '  ^     Ti,    fto   Gesnndlieir    imii    krjitrLii    baUu-r    sich 

r»  ^1  mit  eint*r  atigetnesseni^n  Arbeit  durclibringen 

IkNii   d<»tiou  aber   ihrer  Sage   nach  nur  au  Ai*beit   uad 
ff  fi  fehlet»  sowie  atich  die  an  «bnn  letztern 

" -.     .'lehe  aller  Conimiseratiün  unwürdig,  nnter 

wir   ttiirh    iliejenigen   «ehleu,    so   da  xwar   hinläng- 

-t    hatten,    solchen    alu^r    [»llicbtvergessener 

li    ihn»  unniHüisii^.'  f^iirpM  jagen  und  ihre 

4«:m    und  darb^Mi    Imss.ml    sind    eigentlich 

för  weicht!  nacli  der  Bauinwollspinnerey  andere 

•^n    ist,    damit   denen    erstercn    der  Vor- 


220  Hans  Joncli. 

Honimuiig  aller  andern  Assistenz  notgorlrungen  wenlenj 
sich  der  Arbeit  un<l  Massigkeit  zu  unterziehen:  obAi^'oUen  j 
wir  beglaubt  sind,  dass  so  eins  als  andere  ohne  dergleichen 
Hilf-  und  Zwangmittel  allliier  genug  Arbeit  zu  ihrer  nöhtigen 
Nahrung  finden  würden,  wofern  ihnen  rechter  Ernst  wäre 
und  ein  jeder  in  seinen  Schranken  bliebe,  geschweige^  wo 
sie  mit  dtMu  Fh»iss  auch  »»inige  Industrie  verbänden. 

AUein.  <la  hryder  die  tägliche  Erfahrung  das  Gegen- 
theil  zeiget,  so  setzen  wir  zum  Voraus,  dass  alle  die  von 
dii^ser  letztern  Ciasso  durchaus  mit  keinen  Scheinen  weder 
zu  öffentlichen  noch  Particularallmoson  vorsehen,  sondeni 
niler  viirderst  zu  nachbenannten  Arbeiten  angewiesen  werden 
sollten. 

AVrileii  nun  Euer  Gnaden  von  unsrem  ehemaligen  Vor- 
schlag, einen  Ji^hMi  mit  seiner  erlernten,  als  der  von  um 
am  verditMistlichsten  gefundenen  Arbeit  bemerkter  Schwie- 
rigkeiten halber  abstrahirt  haben,  so  wollen  wir  solchen 
nur  insoweit  wiederholen,  als  sich  für  diejenigen  thun  lässt 
welclu»  w<'gen  ihrer  ITnmässigkeit  und  Liederlichkeit  in 
Kucr  (inaden  Zucht-  und  Arbeitshaus  zu  Straf- und  Bes8e^ 
ung  versorgt  w«'rdiMi.  denen  dann  daselbst  Werckstätto  an- 
zuw(^is(Mi,  in  wflchiMi  sie  mit  Strenge  zu  den  von  ihnen  e!^ 
IcrnttMi  und  ihnen  für  E.  E.  Bürgerschaft  und  derselben 
resj).  (n'werl)er  und  Handwerker  zu  erlaubenden  Arbeit  an- 
zuhalten, in  dein  \^>rstand,  dass  von  dem  verdienenden 
Lohn  wtK'hentlich  t^twas  für  ihr  Kostgeld  zurückbehalteD 
mnl  (las  (""biige  ihren  sonst  wie  vorhin  darbenden  AVeiber 
lind  J\ind<*ren   zugestellt  werde. 

Für  die  andern  aber  glaubtiMi  w^ir  als  schickliche  Ar- 
beiion.  «Ins  3Ijitzen-  und  Packtuchmachen,  zu  welch'  letztenn 
im  h")!)!.  W'nysenhaus  als  srhon  zwei  Stühle  vorrätig  sind, 
wie  iiucli  «bis  Hirschhorn-  und  allerhand  Farbholz  raspeb 
un«l  schneiden,  wr-lclie  Wiiiiren  sonst  von  aussenher  würklick 
schon  bereitet  anhero  beschickt  werden,  worüber  dann  von 
K.  E.  \n\)\.  Kaui'mjinn>chal'r  zu  vernehmen  wäre,  ob  und 
unter  welchen  Betlingen  sie  dieses  Tnstitutum  befürderen 
könnte  und   wollte. 

(ileichwie  aber  auch  diesi*  I^nternehmung  Euer  Gnadet) 
nicht    bloss    auf  hochderost^lben    Rechnung    ins  "Werck  zö 


ArlieiHlo»cnfiifftor|$o  im  aIicii  Ha 


22  \ 


gutfiniliMi  müchtciif   ttn<leri5eits  aber  solche  üi  allweg 

An&tcbt   xmd  Ghy*iuitie  zur  Sictierheit    der  Panikular- 

i*r*^r  "    '         ^t,  so  liuruiti*  diese  Arbeit  einer  »larzu  ver- 

%mt*u  1  _j  .11  in  lübl  Wayseiüiiiiis  anvertraut  imd  von 

tu  »  i  tind  ztiiu  arbeiten  willigen  Armen  allda  ^amt 

|Anlt?iiiiiig  tint^^r  gleicher  ('onitnination   wie   früher  aln 

pvblet und  vernominen  auch  wieder  dahin  gegen  Enthebung 

LohuHH  gelieft*rt  oder  am  Ort  selb.steru  ak  wii»  selbige 

cit»er  andnm  uhrlicheu  Wi'rksUitte  l>ekannt  gemachtf 

'•'n.     Dif*  üblen  Haunhalter  und  Versehwender 

iher  Profi'ssion  kunilig,  auf  deren  zu  arbeiten  an 

i«oi  Ort  i^chtcklich,  «ollti.ni  auf  zuverlilssige  Anzeige  weg- 

«nd    allda    mit  Z%vang    auf    vorbemeldten  Fues 

\..jf.....^  seyn;  welchem  nach  sioh  ergeben  wird^ 

-oder  Hnderem  Verdieniat    hinreiehet  und 

1er  die  Seinigen  ab    ferner  Assiötenz  \vtlrdig  äu 

ilüvii  ri«*yen. 

Einrichtung    des    genug^tim    %^'ihandenen    Plntz«r> 

Mi  ver**crhieilenen  Arbeiten   im  Waysenhaus  würd*» 

rfim«*hinen  nach  nucb   keinen  grosseti  Kostenanfi^^and 

md    durch    di»\He    Einrichtung    der    muthwiüige 

I  'i,    wo    nicht   gtlntzliefi,    docli  grüis^stentheils    gi*- 

witnion,    wann    E,  E*  Pnldikuni    dieser    Verfügung 

?t,  mithin  im  Stand  seyn  wird,  die  würdigen  von 

ligen  IMttleren  zuverlÄssig   zu  unfersclieiden**"  ' 

-  ^'"  1*-   wurden    am   25.  März   vom    Klfireu 

if  die  Behörde  be^chluss: 

Bd    dit»  Aftictil    so    da»    Waiüeiihauü    und    Machung 

iJ^Mktncli    oder    antl«*rn    Arbeit    anl>etr»»ä'en,    vor    die 

Intip^Hiorcrn    de»  WaiöenhaiisoSj    welchen  zu  diesem 

If    H^rr    Oreyerherr    Münch    und     Herr    Rt>chenraht 

iigi!«ordnef    sind,     gewiesen,     um    diesidbige 

"f  n,    die  ditiorti  '  malen  gemachte  Ver- 

hen,    und  v^  p>  in   Efi'rct  zu  sezen 


ncr  H'Al   1771»  -*>.  ni4. 


22  2  Hans   foiiüli. 

Aus  iijis  uiihekninitoii  (Trüiulon  wurde  daiui  dii*  Sache 
jiul  dir  Irti)«;»»  Bindv  g»^srhol)eu,  so  dass  «ler  Kleine  Rat 
sicli  am  2S.  Dt^ZLMulx.T  gdiötigt  sah,  die  ^Herren  Dojmtirt^JD 
zu  dt*r  Baunnvollspiiiiiorev,  wie  auch  der  H<MTen  so  wegen 
d«Mn  Pac'knu'h  inaclion  im  Waisenhaus  doputirt.  .sind*  zu 
iiiahiHMi,  ihn»  BtMl«»iikcTi  (»inzugoben. *i  Endlich  nach  zwei 
IMniiattM»  crsrliitMi  diM*  B»»richt  dor  Deputiei-ten  zu  don  Vit»r- 
Ariiii-nhäu.siMM).  driM*n  dio  Baumwollspinueroi  unterstellt  war. 
Si(.'  v«'rw<'is(?n  in  druiseÜMMi  auf  ihren  Bericht  vom  2.  tVbruar, 
In  wel('h<'in  sie  ihre  ^schwachen  Einsichten  erschöpft  zu  haben 
ii;laul)rn-,  und  sprechen  die  Hoffnung  aus,  die  massgebenden 
I^Tsonen  wridrn  (l«»n  Bericht  über  die  verschiedenen  vö^ 
<;esc]i!agenen  Xot>tandsarl)eiten  schon  eingeben.  Uann 
kla<i;«'n  tlie  I  )rpnti»'rten  wie  immer  über  den  zunehmenJen 
3lü>si^^ang  und  Jii'itel.  sowii'  über  die  teuren  Zeiten  und 
d«'n  Aiigan-;-  des  \'rrdienstes  und  die  starke  Inanspnich- 
nalme'  d<M'  Arnii'nj»ri»*gi*.  weslialb  es  einfach  unerkliirlidi 
i<t.  dass  sir  die  llilfsbi'strebungen  in  der  Stadt  lediglich 
auf    diMn    Papier    stehm    lirssen.     statt    sie     in    ^Effect  zn 

l)i'r  B«Mielit  wurde  ani  2\).  Februar  177'2  im  Kleinen 
U:it»'  vi-rleNiMi,  worauf  »iirse  i-Jeh(')rd(»  beschloss.  es  den  IV 
puiir-ricn  zu  ülMMla-^srn.  ilire  X'oi'scidäge  zu  verwirkliclu'n  und 
v«»n  /»'it  zu  Z"it  zu  l)»'rieliten.  i)agegen  erteilte  er  ihnt-n 
dt'ii  R«*f«'hl,  sieh  niii  «ien  Inspektoren  des  Waisenliansei 
s(»\vi«'  drii  jb'rr«-n  b*«)st*n burger  und  ^lünch  zu  ViespnK'hen 
innl  auf  (Jnuid  d^r  Ki-kanntnis  vom  25.  März  1771  ein  &?■ 
([»Mik.n  i'inzu«i:«-bt'n."'  I>ass.'ll>e  Hess  wiederum  lange  anf  * 
<\i-\i  warten,  «li-nn  «'s  wurde  rrst  am  7.  Oktober  im  Kl<*iiwD 
liaif  \«-rli's<-n.  1  )rmsMll),.»ii  ».'ntnehmen  wir.  dass  sich  -^ 
\v«i!il  in  AiiM'liung  «Irr  \'»'rs<)rgung  der  Armen,  als  der  ihui'D 
zu  i;vb(Mi(li'ii  Arli.M't  nh'rkh'eln'  St^liwärigkeiten  und  Binder- 
nu>«^('-  rri;'jibiMi.  tia  im  AVai^^rnhause  kein  PlatÄ  mehr  war. 
Miiihiii  »T^t  iinrh  .'inigt'  ..Schaffet üben  und  Schlafgemäohef 
liiiit«'n  h(M'i^«'st''llt  \v«'i'd«'n  miisst'n.  was  auch  die  Ansehafi- 
nnir    \(>n     BrUWiH'k    zur    Kol;^«'    gehabt    hätto.      Dazu.  .^W 

'.    rn.lMlvcllr,    l\lL-iiiir   R.il    1771,   S.   421. 

■^'   Anii(:n\vi:.-i.-n :   A,. 

■')   l'njlokollc,   F<!Kim.T  Kiii    1772.  S.  h«^. 


sin^Ofcnffiftorce  im  nUen  Basel. 


223 


zn  4i<teer  ppr^obnon  Utiterhaltung»  ani  derea  ihr  Ver- 
ölt, insondttiiieit  anfangs  uioht  hinroichcfiid  wäi'e,  raüääte 

h'  Hfiftiiii^  geina*;lit  werden,    ila   dem  \Vni?j*>n- 

uofh  IwÄiciodere^  Lanien  aiifgebürdut  wurden 
ll^n.^  Bexüglicli  df^r  ftasj^ufnlirpnden  Arbi^itoti  fahrt  der 

3l  dniin  (ort 

rir  haben  Vmti    ^U^m    i'iH'mmrn    v*>r*;r^rtiin;L;oiMTi    l^uck- 

[^hent    mit    d**ii    von   dt^noii    Ht^rmn    Iiirs|H*rtoreii   dws 

»nhiut««)««  «^riuilumonoii  Bericht  hhu   dass  isich  aus  der 

Probe,    Scliaden    and  Einbusse    nrgtdn^n, 

.   ren    mÜÄSon,     und    lÄt    uilh    also    solch<>r 

Itcn  kiMfic  and^r»>  Arbeit  als  Fnrbholz  xn  üchtuMdi^n,  zu 

Lider  zw  mah](*n^  übrig  gebliGbetk. 

Alldiowit^ilen   alier    noch  höchstens  migi*%vis>   i>t,   m  wi" 

du;*    v#*.nirb«nti'tn    Farbhulx    allhier    möge    ungebnw'ht 

(«n.   HOch   ob   dor  daraus    siebe ndij  Nntxen    zu   der  ar- 

^ndcu   I  fi   l'nft*rhalr    hiulänglicli    j^eyn    worde,    so 

wi;    .   ,       w«>gi*    für    rathsam,    dass   die^ets  Farbholz 

[gkeitiiche  Kogt««n  ang^^^chaffet  nnd  verarbeitet  würde, 

T  n    für    besHer,    daus    solches    von    denen 

Ftit  Ji'  MiiiMi»    Kaufloiit^^n    und   Färben^i    dabin    nrn 

'  Lnhn  sm  v«!nirbeiten  gegeben  werde. 

I  In  MO  fern  Euer  Unaden  auf  diese  Arbeit  einige  Rück- 

Sil  tiehoinnt    auch    xu  ilii'^t^rwitgen    ntVthigiMt  Einrieb- 

in    dem  Wa\i*erdiaus    di»:  Küsten    aDZUweridini    ge- 

fu  9oilvgn^    so  würde  allerding»  nothig  seyn,  dass  aller- 

dJ#!  H#*rrrtn   F(tbric»antHn  und  Kuiin«*uthe  afjgHfragi^t 

j.  ,;..  .  ^f.jj  g^u  B«4iue{    flos  gemeinen  Besien^s  und 

^     dieses     heilsamen     Zw^eckes     verstehen 

ihr  gehrauchendeü  Farbhois    in    dem  Waysenhans 

gans  bi II leben  Prei^K  Vt'nirbeit-en  zu  lassen. 

«ie  am>h  aUenfalls  von  Euer  Gna^len  <lurch  eine 
Hfid*^     F*iddiait»*»n     kiinnt*^n    aiigi>frtsc'h<»t    und     »nfge- 
•rtb»n.M 

\ i*;4    d)4*:i«^in    Htiruhi    nahm    dt'f  Khu*o   luu    mit    Ver- 
011  K^iiiitnis.     Er  wie4«    deni!»elben    an    die    LObL  Haua- 
ff  dazait   aie   die<se  Sache  «^bey    der    wegen    besaterer 


A,. 


•2  2  I  Hans  Joncli. 

Einriclitung    des    Waisoiihanses    erkannten    Undersuehung- 
berate  und  darüber  ihre  Vorschläge  eingebe.  *) 

Über  den  weitern  Verlauf  der  Angelegenheit  ist  leider 
aus  den  Akten  nichts  mehr  ersichtlich.  Es  bleibt  daher  für 
uns  ungewiss,  ob  der  Staat  je  die  vorgeschlagenen  neuen  In- 
dustriozweige oingefiüirt  hat.  Vermutlich  verlief  aber  die  Sache 
im  Sand.  Wir  schliessen  das  aus  dem  noch  vorhandenen 
let.zt(*7i  Bericht  und  der  Kechnung  über  die  Baumwollen- 
Spinnerei  aus  dem  Jahre  1777,  welchen  Aktenstücken  sich 
cnt nehmen  lässt.  da.ss  nur  im  Jahre  1772  noch  hie  mid  di 
Arbeitslos»*  das  Spinn liaus  in  Anspruch  nahmen.-- 

Von  etwMS  mehr  Ki-fol^  waren  die  Hilfsbestrebungen 
zu  (runsten  <lor  verdienstlosej»  Untertanen  auf  der  Land- 
schaft begleitet.  Anfänglich  hatten  zwar  die  Behördoi 
wenig  Lust  zu  Massregeln,  die  aus  dem  üahmen  der  Annen- 
pflege heraustraten.  Nachdem  «lann  aber  Ende  Dezember 
1770  die  Haushaltung  drängte,  liess  sich  der  Kleine  Hat 
wi(*  wir  schon  sahen,  scliliesslich  doch  bestimmen,  das  De- 
putatenuint  zu  vt-ranlassen.  di<»  Angelegenheit  zu  prüfen 
und  dann  (larüi)er  zu  l)erichttMi.  Die  Deputaten  beeilten 
si(!h  aber  nicht  sonderlicii.  Erst  als  im  Febniar  1771  der 
Klein«'  Rat  <len  Auftrag  «»rneuert  hatte,  sahen  sie  sich  ve^ 
anlasst,  dcv  Ang.'IegcMiheit  näher  zu  treten,  und  dem  Kleinen 
Rate  iini  0.  März  eim^n  Bei  iclit  zu  unterbreiten.  Aus  dem- 
sellnMi  «Tst'lnMi  wir.  dass  da-^  l)e|)Utatenamt  daran  dachi», 
einmal  das  Baum  wollen  spinnen  auf  der  Landschaft  neu  ein- 
zuführen, dann  alx^r  auch  wieder  wie  fiiüier  schon  da« 
WollenspinniMi  und  Strumpflismen  als  Ergänzungbeschif- 
tignng  zur  Landwirts(;haft  zu  befördern.  Zu  diesem  Ende 
fandiTi  «^^  die  Deputaten  für  angezeigt,  zunächst  ^einigp 
Herren.  d^Ten  Fabriipien  den  Tnch^rt hauen  Arbeit  verschaffen* 
kr)nnren.  anzuhören.  Di^shalb  wurden  ^Herr  Rechenrath 
Rosenl)urger  wegen  der  Baumwollenarbeit  und  die  Herren 
Meister  Füistenberger  und  (terichtsherr  Ritter  wegen  der 
Wulleruirbeit  ersucht",  der  Versammlung  beizuwohneOf 
welcluM*  Bitte  sie  auch  willig  entsj)rachen. 

')   Protokolle,  Kleiner  Hat    1772,   S.  304. 
*-*}  Armcnwescn :  Ai. 


ArbcitsloscDfür^orgc  im  alten  Basel. 


225 


H     Bezüglich  den  Baimiwollpnspinnpns  führte  Rosen  burger 
His»  -es  sey  diesmahlen    sehr    schwär,    diose  Arbeit    einzu- 
Hkreiit  masseix  man  ein  schönes  Stiick  Baumwollenzoiig  in 
Hirn  Bemischen  dato  um  74  Batzen  erkauffe^  welches  ander 
^B  Batzen    nicht    könne    verarbeitet    werden."*     Ausserdem 
Hey  solches    schöne  Arbeit   und    wenn    nunmehr  Neulinge 
Hese  Arbeit  unternemmen  wallen,  so  wüniu  solche  anfang- 
en schlecht  herauskouimeu''  und  könnte  gar  nicht  gebraucht 
Htden,  „Diese  Arbeit  erfordere  wie  alle  andern  eine  Übung 
^Bel    Geschicklichkeit   und    das    Spinnen    ohne    das   Weben 
Hllle  gar  nicht  viel  sagen.    Das  Werkzeuge  zu  beiden  aber 
Bmme  über  llK)  ff  zu  stehen,  also  dass   zu  diesen  Zeiten, 
^  diese  Tücher  aller  Orten  im  Überflnss  zu  hallen,   es  be- 
denklich und    kostbahr^  wäre,    die  Arbeit   anzufangen.     Es 
te  such  zu  befürchten,  dass  die  Arbeiter  zum  Schaden  der 
Fabrikanten  diese  Arbeit  in  liessern  Zeiten  sofort  aufgeben 
wanden. 

Was  nun  die  Wollenspinnerei  anbelangt^  so  eröflnet^ 
«unächst  Meister  Fürstenberger  seine  Ansichten  darüber. 
Er  erklärte  sich  bereit,  auf  eigene  Rechnung  einen  Versuch 
iu  machen,  ^wie  die  Landletithe  mit  Wullenspinnen  sich 
verhalten  würden,**  wies  dabei  aber  gleich  wie  Rosen- 
büTger  auch  auf  die  Gefahr  hin,  die  ihn  in  bessern  Zeiten 
»len  könnte.  Schliesslich  verlangte  er  noch  von  den 
die  anderen  Fabrikanten  anzuhören,  falls  daa 
BH  zu  Stande  kommen  sollte.  Gerichtsherr  Ritter 
das    Landvolk    habe    keine    grosse    Lust    zu  dieser 

-t;     auch   sei    der    Verdienst    sehr    gering.      Trotzdem 

reniprach  er  aber  doch»  künftig  Arbeit  auf  die  Landschaft 
K  geben,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  dass  die  Arbeiter  in 
^kem  Zeiten  sich  nach  einem  lohnenderen  Verdienst  um- 
^Pfio  würden. 

Ann  dem  Memorial  ist  dann  noch  ersichtlich^  dass  alle 
Fabrikant-en  die  Bauern  des  Bistunis  und  des  Kantons 
>tliarn  rühmten,  welche  neben  der  Feldarbeit  ihre  freie 
benützten f  mn  zu  lismen,  während  der  Baselbieter 
Keber  müssig  gehe,  statt  für  einen  geringen  Lohn  zu  ar- 
beiten. Sie  finden,  er  sei  verschwenderisch  und  lebe  über 
seinen  Stand,    ..da   er   in  den  vergangenen  wohlfeilen   und 

a^lcr  Zt^ttchi.  t  G«fcli.  und  Alteftuin.    VI.  1.  IS 


22b  Hans  Joncli. 

iiabrreiclieTi  Zeiten  sich  ein  gutes  Lieben  angewöhnt'  habe; 
auch  vorlasse  (jr  sich  auf  die  reiche  Armenunterstützang, 
von  welcher  man  in  andern  Ländern  nichts  wisse. 

Wenn  man  sich  das  Memorial  der  Haushaltung  vergegen- 
wärtigt, so  nehmen  sicli  diese  Ausführungen  etwas  eigen- 
artig aus,  ebenso  wenig  kann  man  es  begreifen,  dass  der 
Bericht,  der  doch  die  Nützlichkeit  einer  Verbindung  von 
laiid wirtschaftlicher  und  industrieller  Beschäftigung  ane^ 
kennt,  schliesslich  folgendermassen  auaklingt: 

«Wir  alle  wünschten,  zum  Trost  der  würklich  Annea 
so  gern  arbt?iten  etwas  beytragcMi  zu  können,  haben  aber  zu- 
gleich erwogen,  (hiss  der  Landmann  durch  keine  andere  Arbeit 
so  glücklich  leben  kann  als  durch  den  Feldbau;  nicht  allein 
aber  durcli  <len  Pflug,  sondern  auch  durch  die  Hacke  und 
andere  Handarbeit.  w(»lche  wenn  sie  demselben  könne  an- 
gewöhnet werden,  demselben  mehrere  Stärke,  Arbeitsamkeit 
und  Wohlstand  versclmffen  würden.^ 

Der  Kleine  Hat  nahm  diesen  Bericht  mit  Vergnügen 
«Mitgegen,  ersuchte  aber  zugleich  die  Deputaten  noch  ander» 
Fabrikanten  anzutragen,  um  dann  einen  fernem  Vorschlag 
zu  unttM'breiten. 'i  Diesem  Wunsche  entsprachen  die  De- 
putat<*n  und  so  kcmnten  sie  am  29.  Mai  der  zustandigen 
Brkürde  einen  neuen  Bericht  über  diese  Angelegenheit 
unttM'bnMtrn.  l>a  darin  von  dem  vorgeschlagenen  Baum- 
wolh'nspiniien  nicht  nu^hr  die  Rede  ist,  so  darf  angenommen 
\v<M'(l«Mi.  man  habt»  zuständigen  Orts  darauf  verzichtet,  als 
Abhilismittcl  gegi'n  die  Arbeitslosigkeit  diesen  neuen  In- 
dustriezweig auf  der  Landsethaft  einzuführen,  und  sicfc 
Irdiglich  auf  chis  AVollenspinnen  und  Strumpflismen  be- 
schränkt. 

[au  dit'se  Angelegenheit  genau  zu  prüfen,  w^irden  wie  a^ 
v»'rlangt.  noclunals  mehrere  Fabrikanten  ersucht,  ihre  An- 
siclitt^n  dariil)«*r  zu  äussern.  Drm  Bericht  zufolge  vertraten 
Kitter  und  Rosenl)Mrg«'r  ihren  frühem  Standpunkt.  Ahnlid»  j 
äusst^rte  sich  der  Tiichfabrikant  Fälsch.  Er  fand  auch,  d*  ^ 
man  nicht  gerne  Wolh^  von  unkundigen  Leut^m  spiiinö" 
lasse,    so    möchten    dio  Landmeister    bewogen    werden,  ftr 


«)  Protokolle.  Kleiner  Rat   1771.  S.  83  ff. 


AfWt»1osrnfÜT8orge  im  nlten  BaseK 


227 


■  ttMge    Zielt    Gesellen    anzunehnjön,    welche    die    Lautileute 

■  imtemcht<?n     sollten.       Die     Strumpfi'alirikaiiteii     Brenner, 

■  Mein  \ind  Steiger  aber  waren  der  Meinung,  die  Bauern  der 

■  LanrJscliaft    taugten    nicht   zum  Lismen.     Man    habe   solche 

■  Arbeit   schon  oft   mit   ihnen  versuchen  wolkm»    doch    ohne 

■  Erfolg;   dann    sei  der  Lohn  sehr  gering.    Auch  sie  rühmen 

■  die  Bauern  des  Bistunis  und  des  Kantona  Solothurny  die 
MMi   ihren    Angehörigen    in    der    freien    Zeit   lismen,    statt 

■  ttjussig  zu  gehen.  Sie  bestreiten  die  schlimmen  Zeiten 
■isichu  finden  aber,  ^es  würde  ein  grosser  Tro?5t  für  die  Passa- 
■inenter  aeyn^  wenn  die  Herren  Bandfabricanten  j^oviel  Mit- 
■kiden  mit  den  Arbeitern  des  Baselbiets  hätten,  dass  sie 
■keine  Arbeit  mehr  den  Bistiimb^.^rn,  sondern  allhier  den 
Oiiselbiethern  z\ikomnien  liesseii.-  Schliesslich  verlangen 
wie  noch,  -dass  wan  je  ein  Versuch  mit  AVullenspinnen 
■Dder  sonsten,  sollt4>  gemacht  werden,  nur  dtejenigon  Under- 
lihaDen  die  obrigkeitliche  (jfnad  bey  Austheilung  von  Fracht 
■Und    Mehl    Antheil    haben    sollten,    welche    sicli    mit  einer 

■  «olchen  Arbeit  beschäftige  11  wollten."  Die  Deputaten  iinter- 
llieasen    es   auch   nicht,    einige  Landmeister  anzuliören,    die 

■  sich  bereit  erklärton,  die  Hilfsbestrelmngen  zu  gmisten  des 

■  Landvolks  zu  fördern.  Es  fand  daher  am  14.  Mai  in  Liostfd 
■eine  Besprechung  statt,  an  der  die  Deputaten,  die  I^and- 
"meister  und    die  bereits  genannten  AVollenfabrikanten    teil- 

nahmen.  I>abei  zeigte  sich,  daas  viel  Landvolk  das  Wollen- 
spinnen  und  Lisraen  erlernen  wollte^  und  da.sä  es  auch  nicht 
miktk  Lehrmeistern  felilte,  die  ihm  den  nötigen  Unterricht 
■darin  erteilen  konnten,  sowohl  ijii  Wollenspinnen  als  auch 
Km  Lismen.  Für  den  Fall  nun,  dass  der  Kleine  Rtit  diese 
■JlgÄnzungsbeschäftigiingen  in  Effekt  setzen  sollte,  wird  im 
HBricht  verlangt^  wie  ehedem  auf  Staatskosten  die  nötige o 
■W«»rk2eug©  anzuschaffen,  den  Lehrlohn  zu  liezahlen  und  die 
kotige  Wolle  anzukaufen.  Die  von  den  Lernenden  ge- 
■ttrickten  Strumpfe  sollen  den  Armen  ausgeteilt,  das  von 
ihnen  gewobene  Tuch  aber  für  die  kleine  Montur  der  Städte 
Ipmilion  verwendet  werden.  Um  allfälligem  Missbrauche 
p'^  2Cnen,  werden  abermals  Strafbestimmungen  verlangt. 
1  ■'  lieh    erfahren  wir    aus  dem  Bericht  noch,    dass    die 

Fabrikanten    Fürstenberger,    Fäsch    und   Kitt  er    sich   bereit 


228  Hans  [oncH. 

erklärten,  auf  eigene  Kosten  den  Lernenden  ein  Quantum 
Wolle  zu  liefern  und  den  Baselbieteni  vor  den  Fremden 
Arbeit  zu  geben,  wenn  sie  sich  auch  nicht  verhehlen, 
dass  das  Tjandvolk  sie  wieder  verlassen  werde,  so  bald  sich 
die  Zeiten  gebessert  hätten.*) 

Der  Kleine  Ilat  wies  das  Geschäft  an  die  Fabrik- 
kominission,  damit  sie  weitere  Vorkehrungen  treffe,  und  be- 
willigte ausserdem  zur  Bestreitung  der  Kosten  eine  Snmrae 
von  zweihundert  neuen  Talt»rn."i 

Die  Fabrik kommission  nahm  sich  nun  der  Sache  an 
und  unterbreitete  am  14.  Dezember  dem  Kleinen  Rate  einen 
Bericht  über  den  weitern  Verlauf  der  angebahnten  Hilfs- 
bestrebungen. Wir  erfahren  daraus  zunächst,  dass  sie  anf  den 
11.  Juli  alle  22  WoINmi-  und  St rumpfabri kanten  vor  sich 
beschieden  hattt*. 

Von  diesen  erschienen  aber  nur  neun,  ^welche  in  Bc- 
tracrhtung  der  verdienstlosen  Zeitten  mit  Hindansetznng 
♦4nig»?s  (Tewinns,  zum  Besten  des  annen  Landmanns  tias 
ihrigt'  beyzutragen  sich  vernehmen*  Hessen.  Am  2.  De- 
zember tM'starteten  sodann  Fäscli,  Fürstenberger  und  Zäslein 
Bericiit  über  den  bisherigen  Erfolg  ihrer  Bemühungen. 
DiestM*  war  k(Mn  grosser,  indem  die  Arbeiter,  welche  sie 
beschäftigt  eil,  bald  wieder  davon  liefen,  weil  der  Lohn  zn 
klf'in  war.     Zu  dieser  Tatsaclü*  bemerkt  der  Bericht: 

«Da  nun  Kw.  ihi.  den  21>.  ^layen  letzthin  zur  Bestreitung 
der  zu    dieser    F!ibri([U«Mi    «»twan    erft)rderlichen  Kosten  200 
jK^ue  Tlialer  destilliert  haben,  so  ist  bedauerlich,  dass  solche 
nicht  wie    es    zu  wünschen    wäre,    dato    noch    mit   Nutzen 
k(>iiiieii  gebraucht  werden,   indem  die  Anzahl  der  die  Arbeit 
verlang(Mi    sehr  gering,    hingegen   der  so  nach  Brot  gehen, 
sehr   l)etriiclit]ich    und   hiemit   die  vorgebende  Armut  nicht  | 
ih'in  Klange]  <h\^  A'erdieiistes,    sondern    allein  dem   leidigen   j 
^lüssiggaiig  zuzuschreiben   ist.  da  viele  Ijandleuthe  bey  den   s 
wohlfeilen    Zeitten.    bey  tler    leichten   Arbeit   und    grossem 
V<»rdienst  des  Wt)hlhO)(Mis  gt'wohnet  waren,  so  können  solche 
jetzt    und  bey    diesen    theiiren  Zeitten.    sich    nicht    so  g^    - 

M  Armcnwirscn:  Ai. 

*)   Protokolle,  Kleiner  R.it    1771,  S.  mo. 


ArbettHtOfefiTürfiorge  im  alten  Ba^nl, 


229 


au    dio  Arbeitsamkeit    und    Massigkeit   gewöhnen 

3S11  bofürchteu,  wann  ihnen  die  zur  Wollen-Spinnerey 

?n  Infrtnmu^nt4j»  uebst  der  Wollen  aus  dem  Obrigkeit- 

tirkimft    wilrden,    es  nicht  viel   besser  damit  ergehen 

ab  1759  bei  der  damaligen  BaumwoUen-Spinnerey,  da 

iei<ften  die  Baumwollen   und  Räder  verkauft  oder  ver- 

habeii. 

allem  cihnerachtet  versichern  die  HH.  Fabricanten 
Btk  gaten  und   denen   kundlichen  armen   arbeitsamen 
zum  Besten  der  gemachten  Hnchnbrigkeitlichen 
-.,.., ^'on,  in  diesem  Geschäft  aus  Menschenliebe  nicht 
zu   werden,    sondern  wie    in    dem  Vergangenen  also 
I  in  Zukunft  aUea  dasjenige  beyzutnigen,  was  bei  diesen 
/'      '      .    dem    nach    Arbeit    und    Brodt    seufzenden 
1  un  seine  schlimmen  Tage  vert^räglich  machen 

Zu  dem  Eud  kunuten  ohnmassgeblich  von  E,   LöbL 
litaint  die  kundlicb  Armen,  welche  dergleichen  Ar- 
ien^  in    denen  Gemeinden  an  ihre  Hfl.  Pfarrer  ge- 
^n   warden,    um    von   denselben   Scheine   zu    begehren, 
rilch*!  hin  die  HIL  Wollenfabricanten  solchen  ohne  An- 
A^*    **  ~n  geben  verspreclien.    Es  könnte  auch  diesen 
&u  i  »tatt    des  Almosens  aus  dem  Armen-Seckel 

>tdd  zu  ci^m  wenigen  erforderlichen  Werckzeugj  sowohl 
Spinnen    alü»  zum   Li^im^n    vorgestreckt  werden,    auch 
(ilaim    »olcbe    WuUen-Spinnerey    und    das    Lismen 
Gang  wäre,    so  könnte  zu    stärkerer  Betreibung 
von  denen  von  Ew.  On.  so  vätterlich  destillierten 
^''  i*eni    abdanu    zum  Besten    solcher  würdiger 
igti  beygetragen  werden. *  M 
er  fOeine  Kai   sprach    den  Fabrikanten  für  ihr  Vor- 
#«in  Ver:  forderte  sie  auf,  in  ihrem  Eifer 

in?n    Uli  ..-.„.:.     den    Vorschlägen     der    Fabrik- 

en bei-*)    Leider  erfahren  wir  nicht,  ob  sie  auch  in 
ii  umgesetzt  wurden,  da  in  den  Akten  nichts 
kaltJün    ist.      Vennutlich    verliefen    die    Hilfsbo- 
tn   »cbiiesslieh    aueli  im   Sande,    wie  diejenigen    in 


erbe:  J  J.. 


s.  410, 


230  Hans  Joncli. 

Wie  wir  sahen,  war  der  Erfolg,  den  die  Behörden  mit 
dem  Baumwolleuspiimeii  machten,  ein  sehr  massiger.  Ei 
ist  daher  sonderbar,  dass  sie  auf  dieses  Abhilfsmittel  gegen 
Arbeitslosigkeit  nicht  einfach  verzichteten,  sondern  glaubten, 
es  werde  sich  schliesslich  doch  noch  einmal  wirksam  et- 
weisen.  Und  so  sehen  wir  denn,  dass  schon  im  Jahre  1777 
wieder  dahin  gehende  Vorschläge  gemacht  werden.  Wv 
entnehmen  darüber  einem  gedruckten  Gutachten,  das  sich 
mit  der  Reorganisation  der  Armenpflege  befasst,  folgendes: 

^Wir  nehmen  dalier  keinen  Anstand  Euer  Gnaden  die 
Beybelialtnng  der  Verordnungen  wider  den  Gassenbettel  und 
die  Wiedoreinfülming  des  Baumwollenspinnens  oder  dm 
Wüllenspinnons  anzuraten;  Das  letztere  wird  mit  ebenso 
gutem,  wo  nicht  bessern  Erfolg  und  Verdienste  getrieben 
werden  können,  indem  die  Wollenarbeiter  bey  den  hiesigen 
neuen  Tuchfabriquen  gesucht  sind. 

Es  mag  zwar  wahr  seyn,  dass  dergleichen  Anstalten  n 
m(*rklichom  Schaden  dt*r  Schatzkammer  getroffen  und  ge- 
tri(»ben,  auch  Beyspi(»le  könnten  angeführt  werden,  da  leicht- 
fertige Arbeiter  diese  Waaren  und  sogar  das  Vl^erkzeug  ve^ 
pfändet,  oder  diebischer  Weise  alles  verkaufft  und  entäussert 
haben. 

Allein  b(»y  dergh^chen  Einrichtungen  soll  niemals  die 
Frage  von  einigem  üewinnste  soyn;  Es  ist  genug  für  einen 
Staat,  wt»nn  derselbe  seinen  verdienstlosen  Bürgern,  ansatt 
dieselben  durch  Steuern  noch  liederlicher  zu  machen.  Arbeit 
anweisen  kann:  Kr  gewinnt  auf  der  andern  Seite,  da  tf 
weniger  Steuern  auszutheilen  hat,  wiednim,  was  ihTn  etwis 
an  der  Arbeit  abgeht,  und  gesetzt,  es  liefe  zu  Zeiten  einig» 
Untn.Mie  mitunter,  so  kann  diese  abgeschafft  werden,  oder  ^ 
es  darf  sich  wenigstens  ein  solcher  Ungetreuer  vor  dtf  "1 
Arbeitskanmier  oder  vor  andern  milden  Stiftungen  nictt  ; 
mehr  sehen  lassen,  viel  weniger  um  fernere  Beyhülfe  •»•  ^ 
melden."* 

Ahnliche  Vorschläge  enthält  auch  ein  geschriebenei 
Gutachten  aus  dem  Jahre  1778,  das  sich  ebenfalls  nÄ 
dem  Armenwesen  befasst,  von  dem  wir  aber  nicht  wissen, 
welche  Amtsstelle   es   ausgearbeitet   hat     Wir   entnehmeo 


AfbiUvl<MiiitftLrscirg«e  im  altcu  Basel. 


23^ 


•imiiiBSiigehHch  etwas  ♦eilfertig  entworfenen  Gedanken 
äiü  Versorgung  der  Armen  und  Abwendung  des 
[|V        '       wn?{  folgt: 

M«  vartreifliclie  Ordnung  vom  6.  Homung  1771 

»börigo  AnHübnng  gebracht  würde  und  Un.  ßn.  Herren 

:!  ihrer  Grossniut  tlühiii  verwendeten,   die  Banin- 

^^t.i...  rey  al^o  bestehen  z\i  lusson,  dags  sie  dabey  guten 

iii  verheiÄsen,    wobey    die  Armen    glauben    mitssen    mit 

Flouss    erworben    zu    liftbetj,    was    ihnen    doch    aus 

len    gi5geben  wfirde*    so  wünle    das  Ärarium    vielleirht 

lieh    etlich    (auüend  (hilden    auf    eine   schöne   Art    ver- 

dit  Armen  zur  Arbeit  nnvermerkt  geloeket  und  alier 

L^   und  Vorwand    des  Bettlen    halbons    vorge- 

.  .-.     Bleibt  es  aber  hey  tieni  L<ihn,  den  etwann 

iciotnt  geb»'n  kann,  der  niclit  mit  Schaden  will  ar- 

pn  laasen,  ao  ist  m  der  allerschlechteate  Venlienst  und 

ctiit>ey   immer    Kntj»ehu1digung    des    Bettehi^    übrig, 

mtorte  während  der  Lelirzeit  etwa  vier  Wochen   lang 

[Afme  unt-erstfttzt  werden,    denn  er  muss  d<icli  hih^Ii  zu 

habeu^    bis   er  »eine  Arbeit^    so   ihm  Nahrung  geben 

nrlemt  hat,')** 

Difii«    Vorschläge    führten     die    Behörden    nicht    aus; 
I T«*«iehteteD    überhaupt  von    nun   an   darauf,    derartige 
*      jren    zn    gunsten    der  Arbeitslosen    zu  veran- 
_      -»n    richtete    dann  im  gleiclien  ,lahre  die  Ge- 
dm  Goten  und  des  (iemeinnützigen  ein  Spinnhaus 
n-^  '  K^  ein,*"! 

Wi     ...     :i  eingaoge  hervorgehoben,  «lasH  das  zünftige 
rk  die  Zaiil  der  Arbeitslosen  wesentlich  vermehrte, 
til   unu  d**ii   Kcihen  der  Gesellen    als  auch  der  Meister, 
um  letztem  beschäftigt  sich  das  Gutachten  nun  sehr 
id  und  macht  mehrt^re  Vnrijchläg*%    wie  ihner»  Ver- 
gwÄclmßen    Wf>rJen    könnte.      Wir    entnehmen    ihm 
'  '        de«: 

E.  Liibl.  Waiitenamt  oihr  anderes  CoUeginm 

«eyn,  dergleichen  verarmte  Bürger  anzuhören  und 

iH^m«o   Vorßchlage   zu    thuu,   wie   ihnen  zu  helfen 


2;^2  Hans  Joneli. 

wäre.  Wäre  der  Müssiggaiig  und  die  Verschwendung  des 
Hausvaters  oder  der  Hausmutter  an  der  Armut  schuld,  so 
sollten  dieselben  under  Obrigkeitlichem  Ansehen  und  Auf- 
sieht  zur  Arbeit  angehalten  werden.  Wäre  nur  der  Mangel 
der  Kundsanie,  des  Werkzeugs,  der  Materialien  etc.  schnli 
so  könnte  ja  auch  diesem  Übel  abgeholfen  werden.  Wän 
unverbesserliche  Liederlichkeit  die  Quelle,  so  sollten  die 
Kinder  im  Wayseuhaus  erzogen  und  den  Eltern  all« 
Bettlen  bey  Straf  des  Zuchthausos  verboten  sejii  und  sie 
also  zur  Arbeit  und  Ordnung  genötiget  werden.  Die  alle^ 
mehresttui  aber  sind  darum  in  Armut,  weil  sie  ihre  Pro- 
fession nicht  verstehen  und  doch  zu  Meistern  gemacht 
worden  sind,  w(>lcheni  übel  wohl  fürs  Künftige  von  Seite 
dtT  Ehren  Zünfte  vorgebogen  werden  könnte.  Manche 
arme  Schneider  und  Schust<»r  klagen  auch  darüber,  daäs  die 
andern  Meister,  di«»  überflüssige  Arbeit  haben,  ihnen  doch 
keine,  auch  nicht  einmal  Flickarbeit,  geben  wollen  und  wenn 
der  arme  Meist(»r  schon  gern  als  Gesell  bey  dem  bemittelten 
arbeit (41  wollte,  so  sind  die  lieblosen  Handwerksgebräucbe 
im  AVeg,  welche  dem  Gebot  Gottes  von  der  Liebe  des 
Nächst (»n  Schranken  setzen,  denn  wo  bleibt  da  die  Liebe 
des  Niichst(Mi,  w»'nn  man  seinen  Bnider  neben  sich  ver- 
armen (sieht I  und  schliesst  sein  Herz  dann  gegen  ihu  asn, 
wt'il  er  eim^   Frau  und   Kinder  hat 

Wünh'n  ^('wiss  weniger  Hausväter  verarmen,  wenn  sie 
ihren  Beruf  wohl  l(>rnten.  fl«*issig  und  getreulich  trieben, 
ihrem  Stimdi»  ^«»miiss  h'bh'ii  und  wenn  ferner  nicht  manche  i 
Reiche  ihre  Arbrit»»n  lieber  von  Fremden  imd  Auswärtigen 
als  von  ihroii  Mitl)iirg«MMi  her  hatten.  Gesetzt,  sie  müssten 
iiirem  ^[itl)ürt:;<'r  ftwas  muhrt^res  bezahlen,  so  ist  es  ja  edler 
und  l)('ss«'r.  sir  helfen  ihn  auf  diese  Art  erhalten,  als  dass 
»T  und  sriiio  Kimh'r  v«)r  ilir«»r  Türe  betteln  müssen.  Mehrere 
w»'(iis('ls<'itig<»  l)i'ir^erlicht»  und  christliche  Liebe  würde 
maiiclu'ii  Khi^«Mi  al)lh»lftMi  un«l  fs  ist  in  der  That  lieblos,  de 
iMu  s(»  grosser  Theil  unsonM*  Bürgerschaft  aus  Schneiden! 
und  Seliustern  l)est(»ht,  «lennoch  wissen,  dass  viele  hundert 
Kleidungsstücke  und  Schuht»  von  andern  Orten  her,  uffl 
etlichen  Hatzi'u  Nutzens  wilhMi  hinschrieben  und  in  der  Stadt 
gebraucht  wenlen. 


ArtieitJilos^mfursorge  im  alten  BoseL 


2.» 


I  Viellftidii    warft    es  auch    zum   Aiülielfon   der   Bürger- 

dieuliehf  wcmn  Mn«  Gn.  Herreti    außtatt  der  häufigen 

pm    alle  Jahr©  4  oder  i\  oder   mehrere  Lehrgelder   be- 

für  gfswtBsu    von  ihnen   selbst  nüt^zlieh    und    nötig 

Ktoste,   Professionen;    wie   \4ele    luanglen    noch 

uns   und    wie   viel   Geld    wird    wegen   diesem  Mangel 

ifili  rar  Siadt  hinaus  geschickt*^  *) 

Wenn  wir  von  der  Unterstützung  der  Arbeitslosen  durch 

rtnenpflege  absehen,  so  sind  die  Massnahmen,  die  der 

von  1679  bi«  1778  traf  oder  treffen  wollte,    rein   re- 

rer  Namr,  indem  sie  den  Eintritt  von  Arbeitslosigkeit 

riH"hiud*tru  siicbkni.     Auf  der  Landschalt  waren  die  Be- 

biiitirffbl,    durch    Schaffung   von    Fachschulen    un- 

"    nilienangehörigen  die  Kenntnisse  beizubringen, 

^  H*  um    neben    der    Landwiit^chaft    noch  eine 

aguog  »u    finden.     Sache    der    Fabrikanton    war   es 

die   !  ter  mit  Arbeit  zu  versehen.    Anders  lagen 

di.    1 «  I  >i>4Jtni«se  in  der  Stadt,  wo  man  durch  Not^ 

rbetlaii,  wie  sie  heute  in   verändertem  Masstabe  jede 

Großstadt    ausführt,    die   Arbeitslosigkeit    zu    hv^ 

**.     Und  s<;hliosf«lich  wM.re  noeh  über  das  vor- 

E  atzen-   und  Packtxich machen,   sowie   die  Ver- 

llotiff  von    Hirschhorn   und  Farbhoiz   als  Abhilfsmittel 

»^igkeit  am  bemerken,  dass  es  sich  dabei  um 

i  »g   neuer    Industriezweige    handelte.     Bei    deu 

iHU  hatten   die  (Inuiligen  Herren   mehr   Erfolg,    als 

8t4idt^  wenn  sich  auch  nicht  leugnen    lässt»    dass  in 

^    Verdienstlf)sigkeit     hier    mehr    hatte    get^n 

tj,    auch  wenn  wir    die  Hili'sbestrebungen    in 

2mUiik  in  Anrechnung  bringen.   An  den  Misserfolgen 

•i  die  Behörden  selbst  die  grösste  Schuld, 

.*.*,   i  ait»   allzugrosse   Mildtätigkeit   den    „repu- 

I*  Arm<m,  den  sie  vor  der  Armenpflege   bewaliren 

ichlteeslich  doch  wieder  zu  dieser  hindrängten.    £s 

nicht  v*^  '     1,   dass  ilie         '    '    n  Ein- 

mif    di-  isigkeit   B*mi  i    gross 

9B  güht  ihnen    jeglicher  Halt  verloren.      Und    so    be- 


A,. 


234  Hans  Joncli. 

greifen  wir  es  denn  auch,  wenn  viele  Arbeitslose,  statt  sich 
in  die  j,Arinen-Fabri([ue^  zu  begeben,  alles  Heil  darin  e^ 
blickten,  dass  ihnen  die  Gutherzigkeit  und  Gutmütigkeit 
oder  Leichtgläubigkeit  der  Mitmenschen  immer  wieder  über 
das  Schlimmste  hinweghalf.  Dann  dürfen  wir  aber  auch 
nicht  vergessen,  dass  die  Zuweisung  von  Arbeit  schon  damals 
nicht  immer  empfehlenswert  war,  sobald  es  sich  um  V«^ 
dienstlose  handelte,  die  einen  Beruf  erlernt  hatten. \) 

Zum  Schlüsse  wollen  wir  nicht  unterlassen,  noch  auf 
einen  Umstand  kurz  hinzuweisen,  der  sicherlich  auch  SchTiH 
an  dem  geringen  Erfolg  aller  Hilfsbestrebungen  zu  Gunsten 
der  Verdi(»nstl()sen  war,  nämlich  auf  die  eigenartigen  staats- 
rechtlichen Verhältnisse  in  unserm  Kanton.  Eine  der  Haupt* 
eigen  tüml  ich  keit  on  der  damal  igen  Regierung  war  das  Kollegial- 
syst<Mii.  Dasselbe  erforderte  es,  dass  auch  die  so  wichtige 
Angelegenheit  der  Arbeitslosenfürsorge,  wo  rasches  Handeln 
nottut,  stets  von  zahlreichen  Kollegien  erdauert  werden  musstet 
bis  <ler  Kleine  Kat  endlich  eine  entscheidende  Massnahme 
treffen  konnte.  Es  ist  daluM*  begreiflich,  wenn  die  Arbeitt- 
iosigkeit  oft  bereits  merklicli  nachgelassen  hatte  oder  schon 
ganz  vtTschwunden  war,  oIk^  die  Herren  zu  einem  Ent«chlus» 
gekommen  waren. 

Ang(»sichts  der  Misserfolge,  die  die  Behörden  mit  den 
rej)ressiven  ^lassnahmen  zu  verzeichnen  hatten,  lässt  es  sich 
l)egnMlVn,  wonn  si«'  sich  schliesslich  fast  vollständig  von  den- 
selben abwandten,  um  denjt'nigen  Vorkehren  oder  Anord- 
nungen ilin^  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  die  beim  Eintritt 
von  Arbeitslosigkeit  dtMi  Arbeitslosen  vor  den  Wirtschaft- 
lichtMi  und  sittliclu'n  Folgen  seiner  Arbeitslosigkeit  zu  be-  -i 
wahren  suchen. 

Derartige  Vt>rschläg«»  linden  wnr  erstmals  in  dem  schon  " 
mehri'aeh  erwiilmten  geseliriebenen  Gutachten  über  eine  ; 
zw(»ikniässige  1^'organisation  des  Armenwesens.  Dasselbe  .; 
empfiehlt  für  einige  Hintersassen  die  Versicherung  g^ge^^  ' 
Arbeitslosigkeit.  T)i(»se  erseheint  als  ein  Teil  ein<?r  voll- 
ständigen ArluMierversichening.  wenigstens  heisst  es  im  Gut-  ' 
.    .  i 

*)   Fritz   Mangold,    Denk^chrift   über    die  Entwicklung  der  Arbeitloseo-    ! 
fürsorge  im  Kanton  Basel-Stadt,  S.  5  ff. 


ATfieftiTcwcnf S  rsorgg  fm  alten  Ba»ei 


235 


liten,  y^die  Herren  Fabricunten  und    andere   Particularen, 

einen  verheurateten  oder  mehrere  Hmtersässeii    in   ihrer 

Lrb<öit  haben. ^  sollten  angehalten  werden,  j,eine  Ai-möncaasa 

errichten  und  für  jeden  Hintersassen  einen  Batzen  oder 

öehreres  wöchentUch  in  diese  zu  legen",  damit  alle  in  ^Noth 

id  Armut  und  Krankheit^  sich    beiindenden  Arbeitr^r  ans 

Üesem   Fonds   ^besorgt"   werden   köiititen.    Die  Verwaltung 

das  Gutachten  einem  besondern  staatlichen  Knllegium 
Ibertragen  und  hofft,  der  Fonds  werde  auch  durcli  milde 
eiträge  gespiesen  werden»*) 

Aus  diesem  Projekt  wurde  leider  nichta.  Zwar  kam  ein 
ras  weniger  weit  gehender  Vorschlag  im  tiahre  1779  vor 

Orossen  Rüt  und  eine  Zeitlang  hatte  es  den  Anschein^. 

er  verwirklicht  werden  könne.  Als  es  aber  im  Jahre 
ITOI  darüber  im  Gnissen  Rate  zur  Abstimmung  kam,  liess 
(man  die  8ache  wneder  fallend) 

In  Folge  von  Misswachs  und  ausgedehnter  Verdienst- 
|lo9igkeit  brachen  gegen  Ende  der  Wer  Jahre  abermals 
tichwere  Zeiten  über  die  untern  Volksklassen  herein.  Es 
dalier  begreiflich,  wenn  am  5.  Dezeniber  1787  im  Kleinen 
iBate  folgender  Anzug  gestellt  wurde: 

.Es  Bollte  einem  Ln,  CoUegio  zu  berathen  aufgetragen 
[werden,  wne  auf  der  Landschaft  mehrere  Arbeitsamkeit, 
[Gewerbsamkeit  oder  mehrere  Arten  von  Verdiensten  einzu* 
l&hren  waren,  damit  bey  allfallsiger  Abnahme  des  einen, 
[ein  anderes  Gewerb  die  Stelle  vertreten  könnte,  oder  was 
I Sonaten  in  dermaliger  Laage  in  Rücksicht  dieses  Gegen- 
litftndes  könnte  verfüget  w^erdon.^ 

Der  Kleine  Rat  erklärte  den  Anzug  für  erheblich  und 
[wies  ihn  an  die  Landwirtschaftliche  Kommission,  mit  dem 
I Auftrage,  ein  ausführliches  Bedenken  darüber  vorzulegen.") 
[Sie  eröffnete  jedoch  am  26.  Dezember^  „dieser  wichtige  und 
[weitläufige  Gegenstand  bedörfe  mehrerer  Berathungen  und 
'Erkundigungen,^  weshalb  es  ihr  nicht  möglich  sei,  jetzt 
schon  ein    ausführliches   Gutachten   einzugeben.      Um    nun 


')  Aimcnwesca:  A|» 

*^  Frotokolfe,  Grosser  Rat   1774/1780,  S.  356. 
ProtokoUe,  Grosser  Rat   1788/1798,  S.   104  und   113. 
«)  ProtokoUe,  Kleiner  Rat  1787,  S.  387. 


236  Hans  Joneli. 

aber  die  ^landesvätterlicheii  Absichten^  nicht  za  veizögern, 
-erachte  sie  es  für  nötig,  dem  Kleinen  Bäte  anzuzeigen,  ^daaB 
2war  Mangel  an  nötigen  Lebensmitteln  nicht  8ey,  jedoch  die- 
selben in  ziemlich  hohem  Preyss  gestiegen,  sich  aber  son- 
derlich Mangel  an  Verdienst  äussere,  da  ans  bekannten 
Ursachen  die  Band-  und  Seidenfabriques,  welche  ansonsten 
den  dritten  Teil  dos  Landes  beschäftigten,  einen  grossen  Teil 
der  Arbeiter  so  einschränken,  dass  sie  ihren  zu  jetzigem 
Unterhalt  unentbehrlichen  Verdienst  kaum  mehr  finden,  ja 
einige,  sonderlich  die  Soydenwinder,  ganz  verdienstlos  sep 
sollen.^ 

,,Wenn  nun  noch  die  Betrachtung  dazu  kommt*  so 
fälirt  das  Schreiben  fort,  „dass  Mangel  an  Verdienst  und 
Nahiimg  nicht  nur  Armut  und  Eilend,  sondern  auch  Krank- 
heiten und  andern  traurigen  Folgen,  bey  einem  des  Wohl- 
standes so  sehr  gewohntem  Volk  hervorbringen,  überdiel 
dergleichen  verdienstloso  Arbeiter  diesen  Winter  allen  etwan 
habenden  Vorrath  von  Erdäpfeln  und  andern  Lebensmitteln 
aufzehren,  folglich  im  Frühjahr  weder  Erdäpfel  zum  setzen, 
ja  einigo  nicht  einmal  Land  zum  pflanzen  haben  werden; 
so  woUttMi  wir  aus  diesem  (Irunde  E.  Gr.  ohnvorgreiflich  an- 
rät lien,  ohnt.^  Vorzug  und  weil  dermalen  noch  Zeit  dazu  ist^ 
durch  jemand  Vertrauter  eine  angemessene  Partey  Enl&pfel 
auf  Hochdt^rosolben  Koston  äussert  Landes  ankaufen  und 
wol  verwahren  zu  lassen,  damit  künftigs  Frühjalir  denen 
L'ut»»rthanen  so  «laran  Mango]  haben  und  den  Armen  zum 
Pflanzi'Ti  können  ausgeteilt  worden. 

i)amii  aber  auch  auf  das  künftige  Jahr  Vorsorge  gethan 
und  denen  könnte  <:reh()lten  worden,  welche  entweder  kein 
oder  kein  schickliches  Lan<l  zum  Erdäpfel  Pflanzen  haben, 
so  würde  es  niUi«;  seyn,  wtMin  es  Euer  Gnaden  Belieben 
wollte  in  Zeiten  L.  AValdkonimission  den  Auftrag  zu  ei^ 
tlieilen,  di(^  Verfügung  zu  treffen,  dass  benötigten  Falls  den 
Bedürfligen  und  in  henieldtem  Falle  sich  befindlichen  an- 
^omossene  llochwaldrütenen  kiinnten  angewiesen  werden, 
um  die  für  den  künftigen  Unterhalt  so  nötigen  und  unent- 
behrlichen Erdäpfel  anzupflanzen.  AVenn  es  aber  in  gegen- 
^wärtigem  Falle  und  wegen  den  zu  nehmenden  fernem 
Massregeln,    zu   wissen    besonders    nötig    ist,    wie  weit  die 


Afbeit»lo«enfü.r«örge  im  nltco  Ba&cK 


2J7 


liimsilosigkeit idorBeicletiarbeiter,  Pfissamefit€«f  tinil  Seiden- 

sieh  erstrecke,  wie  lang  diesolbe  dem  Ansaheu  naeli 

ciitlmlt^  odt^p  gar  noch  allgemeiner  worden  könnte,  so 

i!u  wir  E.  Un.  ^ezit^hmeml  vorschlagen,  von  den  Herreu 

und  Seyden-FabricaDt-en  sich  einen  Bericht  über  ob- 

Itn    Fragen    nnt  dein  Beyfügen   vorlegen    zu    lassen, 

ad  wafi  sie  für  ihre  verdienst  losen  Arbeiter  in  der  gegen- 

ligtfU  l^iaag  der  Sache  zu  thun  gesinnt  neyen.  um  nicht 

MO  gix>9«i)n  Th«il  unserer  Landeg-Einwohner  verdienst- 

bmdlos  XU  sehen.  ^ 

Per  Klrinf*  RäI  erklürti^   sich    mit    diesen   V<»rs(.*hhlgf!j 

^enstatiden  und  wies  sie  jje  nach   ihrer  Beschaffenheit  an 

H&OKhaltang,  die  Waldkommission  oder  die  Fabrikkom- 

*^  't^itÄchtung.'i     Biese  letztere  forderte  nlsubald 

....._-.. ju    auf,    den    verlangten    Bericht    einzugeben. 

kami^ii   dem   erhaltenen  Auftrage    ziemlich  rasch  nach^ 

«f*  der  Fiibrikkominission  schon  am   6,  Januar  178& 

teilenden  Bericht  unterbreiteten: 

;^^Wir  hiib«*n  nicht  erruaugeli,   uns    alsobald    zusammen 

imd  danlber  zu  herathen*   und  haben  hiemit   die 

Hochdenselben  zu  Händen  Unserer  Gnädigen  Herren 

)rMkiimt  KU  melden: 

The  uns  allenfalls  berührenden  zwey  Hauptfragen  könnea 

[etwann   die  Verdienstlosigkeit   der  Passamenteren  und 

^n%Mndr*n*ii  betreff«*»»,  und  wir  finden,  dass  die  ersteren 

ich     in    «Irey    Classeti     vertlieüt     werden     können ,     al» 

iLChuM:  liiejenigen  Unserer  Gnädigen  Herren  Unterthanen, 

^'^^  ?^tühle  haben^  und  bisher  mehrentheila  in  frembde 

u,     zu     grösstem    Schaden    Unserer    Gnädigen 

At^fmiy,    sowohl  als  hiesiger  Fabriquen,   seit  langer 

|i    _    '       V  1    arbeiten,    sich    auch    ohne    an    den  von 

Herren  gesetzten  Arbeits-Lohn  zu  halten, 

aiLiwäriigi^n  Fabricant.€ai  sich  drnckhen  lassen,  kann  also 

iFrmangidnde  Venlinnsit  dieser  Chiss  von  Leathen,    uns 

^AuidfAbricanteu  nichts  angehen.    Wann  diese  Class  von 

mit    ihnm    «eigenen  Stühlen    in  die  Höhe   getriebenen 


^^^^;_ii.j;r.    Klrtiicc    R.il    l'.*-.    S 


238  Hans  Joneli. 

wiicherlichen  Preis  derselben  femers  verhindert  wird,  so 
würde  vielleicht  mancher  Stuhl  eingehen  und  mancbr 
verdienstlose  Arbeiter  sich  hinwiderumb  denen  Landge- 
geschäfton  widmen; 

2.  Class :  diejenigen  Landleuthe,  welche  Stühle  gegen 
die  Zinse  in  Pacht  genommen  haben  und  welchen  solche 
mit  dem  Beding  verliehen  werden,  dass  man  ihnen  nickt 
darauf  zn  arbeiten  geben  dürfe,  sondern  ihnen  überlassen 
ist,  Arbeit  darauf  zu  suchen,  welche  dann,  so  wie  die  in 
(U)v  1.  Class,  bald  hier,  bald  ausserhalb  gearbeitet  haben, 
und  welche  Stühle  von  eingegangenen  Fabriquen,  uiid  von 
Eigouthümeren  so  keine  Fabricanten  sind,  bekommen;  die» 
Class  kann  folglichen  die  in  Activitö  seyeuden  Fabricanten 
ebensowenig  angehen; 

3.  Class:    Diese   betrifft  nur  diejenigen  Landleuthe,  so 
würcklich  Stuehle  von  hiesigen  Herren  Fabricanten  in  Be- 
stand haben  und  bisher  mit  Arbeit  versorgt  worden,  unter 
diesen  könnte  die  Frag  entstehen,  ob  einige  derselben  ver- 
dienstlos wären,    dieses   ab(*r  hat    bisher  von    denen  Fabri- 
canten   nicht  können    erfunden  werden,    indeme  die  einten 
mehreres.    die    andi^ren    weniger,    doch    alle  meistens  noch 
l)Ostiin<lig   zu    arbeiten    haben:    da    auch   die    einten  Herren 
Pabrieanten  weit  mehr  Stühle  als  andere  haben,  die  einten 
auch  vielleicht  mehr  als  die  anderen  zu  arbeiten  geben,  so 
wäre  auch  in  eintwn  Xothfall  schwär,  eine  freywillige  guttliätige 
generale  rnterstützung  zu  bestimmen;  Wann  sich  dennoch 
dergleichen  würckliche  verdienstlose  Arbeitere  fändeUf  und 
sich    an     ihre    Herren    Eigonthümmer    der    Stühlen,    vor- 
stellungsweis(?  wenden  würden,    so   wäre  eines    jeden  gene- 
rösen und  wohlderikenden  Eigenthümers  Belieben  lediglich  ', 
aidieinizusttdlen,  selbigen   in  ihrer  Bedurfnuss  einigerraassen  "J 
behilflich  zu  sevn,  zumahlen  auch  wir  die  Bandfabricanten -'j 
von    der    vätterlichen    Sorgfalt    Unserer    Gnädigen    Herren  "j 
gegiMi  ihrt^  Ijand(»skinder   zu   viele    Proben  haben^   als  da*  I 
Hochgedachr    IJnsen*    Gnäilige    Herren    diese    ihre    ünte^  'j 
thanen    in    ihrer  X(»th    nicht    kräftiglich    unterstützten  und  ] 
liuulesvätterlich  würden  besorgen  lassen. 

Was  nun  endlich  den  2.  Haupttheil,  nemlich  die  Seiden- 
winderen bt?trifft,  so  sind  selbige  niemahlen  von  uns  denen 


Atbcitj4cMenfürM>rgc  im  :ilicn  DjtseL 


^i9 


^jU»bricaiit#n,  solidem  jeweilen  von  denen  Arbeitern  an- 
Met   worden;  die  Bandarbf*it-er  aber  Uaben  seit  einigen 
llltüi  SitiMi-nwindiT    im   Bas»>lgeljieth   g«?inangelt  und  sind 
ingen  wordoOi  deren  auäKert  I^nda  anzustellen^  weilen 
luesig^an  Herren  Zeugfabricant^n,   so  tli«»  Heidenwindere 
an   bej^orgoiif    die  iüehrest4?n  Seidenwindor  des  Basel- 
an   b'ich  gezogen  haben,    als    mit    ihnen    mehr  als 
|9itren  PaÄsanienteren,  nml  keineöwegs  mit  utjs  Banil- 
iaint«'n  zxi  thun  gehabt  habt^n;    die  Seidenwinder  aber, 
II  Baitdfabriciinten  Arheiteren  übrig  geblieben, 
schleclite  Leute»  welrhun  entweder  wegen  okn- 
oder   lichtecht  geliiferter  Arbeit,    die   ihnen   vordeme 
ile  genommen  worden  und  also  dm-ch  ihr 
^  r  i:,,.  ,,UM4.  li    in   die   Class  der  Nahrnngsh)sen   armen 
Mbr    Vrrfallen   «ind;    ditvse  Leuthe   können   nhu   \xi\s   die 
oicUabrieanten  keineswegs   berühren,   und  also  nur  allein 
Cf'  "  (iniitl igen  Herren  empfohlen  werden.^ 

1*  iU?^?!iion     nahm    von    diesem    Bericfite 

ilfti.  jAnuar   Kenntni»^.   und    wies   ihn   mit   einem  Me- 
versehen    an    lien  Kleinen  Rat     Ans    dem    letztern 
pclitlirb,  diisi?  «i«  mit  den  Fabrikanten  in  iler  Haupt- 
linig  war.    Einzig  bezüglich  der  3.  Khisse  von  Fosa- 
nnd  den  Seidenwindern  machte  sie  folgende  An^ 

«Allein  wir  kdmien  hierin  E,  Gn.  unser  Bedenken 
viarbelüen,  dass  wir  in  ilen  Gedanketi  Bt^ehen,  dasa 
T.  im  Fall  sie  Hülf  und  Unterstützung 
,. -ai^^^^vh  an  die  Herren  Fabricanten,  bey  denen 
äiühlan  imd  Arbeit  verpflichtet  sind^  zu  weisen 
rnii  da  sich  übehliss  noch  eine  Class  von  Arlieiteren 
prem  I^mde  finden,  deren  aber  die  Herren  Band- 
ini««n  keim*  Erwähnung  geilian,  8o  können  wir  doch 
amliin,  diitMelbif  namhaft  zu  machen,  das  sind  die^  so 
fremden  Herren  Fabricanten  Stühle  und  Arbeit  haben. 
aick  ul»er  iUbs^^  groj^sentlifdls  in  dem  Falle  Imfinden 
darin  aiiJi  die  bcfintien,  so  von  hiesigen  HU, 
Stöhlo  und  Arbeit  haben,  so  wQsaen  wir  auch 
li  *  *  ander&9  auszumui'hen,  als  wfis  bereits  bey 
ist. 


2.\0  Hans  Joncli. 

Noch  bleihfMi  die  Seidenwiiider  übrig,  welche  die 
Herren  Baiidfahricanton  gar  iiiclit  als  ihre  Arbeiter  an-  ; 
sehen  und  von  welchen  sie  überdies  l)eiiierkeri.  dass  die 
ineistrMi  d<*n  Herron  Seidenzeugfal)ricanteii  arbeiten,  so  dass 
die  Passanienter  oft  daran  Mangel  oder  nur  liederliche  und 
ungetreue  Seidenwinder  haben.  Hierüber  ist  uns  «ler  zuver- 
lässige Bericht  erteilt  worden,  dass  die  Herren  Seidenzeiig- 
fabricanten  würcklich  viele  Seidenwinder  im  Land  liaW 
un<l  dass  sie  selbigo  auch  dermalen  noch  so  mit  Arbeit 
V(*rsorgen.  dass  sie  weder  v«M*dienst-  noch  brodlos  seyen.  ja 
dass  l^esagte  Herren  Fabricanten  Seiden winderen  mit  Arl)eit 
von  Zeit  zu  Zeit  beigestanden,  die  sonst  bei  den  Pas.^- 
m^Mitern  keine  haben   finden  können. 

Dass    aber    nichts  desto  weniger  noch  eine  grosse  An- 
zahl Seidenwinder  in  unst^-em  I^nd   sich  befinden,   welch«» 
alle  Zeit  für  die  J^assainrnter  Seiden  gewunden  haben,  und 
die  aber  (h?swegen  jetzt  ganz  verdiensth)«  seyen.  weilen  die 
Passamenter,    rl«Men  Arbeit  nicht  streng  bestimmt  ist.  jezn 
«lit»  Seiden    selbst  winden,    um    sich  auch    diesen  Verdienst 
zu  crwiTb^n.     Hieraus  folgt  also,  dass  die  Seidenwinder,  s«)   i; 
für  J^issani»'nter   gewund<^n.    deren    es   sehr  viele  gibt,    und 
natürlii'lif'nveise    viele  tijeben    nmss.    weil    der  Passamenter.   t 
wenn    «»s    streng    geht,    seine    Seiden    gewöhnlich    aus  dem   | 
Haus  wiu«l«Mi  lässt.   dass  also  diese  (Mass   von  Landleuthen.   | 
w«-l(he  sriion  an  sich  Selbsten  die  ärmste    ist,   dermalen  in  ," 
(irr  betriibt»'st<Mi    Laag.'    von   Verdienst-    und  Brodlosigkeit 
sich   betinden    niüssm.   und    «la    diese  von   niemand  können 
noch    wolltMi    unterstützt    werden,    so    nmss   und  wird  lüese 
Class  VMii   Landleuthen  ihre  Zuflucht  und  Hoffnung  in  Euer 
(ina<i«'n    VM-kannt«'n    (In)ssnnith    und    laudesvätt<3rlichen  Ge- 
«^innung'-n   suchen  uTnl  finden. h" 

l)tr  K!»'in»'  Rat  wi.-s  die  Angelegenheit  nochmalsan  die 
Kal)rikk<»iiinii><inn  zuriH'k.  jnit  <lem  Ersuchen,  ^nähere  Vor- 
sj-liliiir'-  ♦•in/ng«ben-,".  Hiesem  Auftrage  kam  das  besagt 
KoÜMC^iiiin  nts./li  nach,  indrni  es  schon  am  22.  Januar  178B 
dem  Kleinen  Rat»-  einen  ausführlichen  Bericht  unterbreitete, 
worin   »'S  n{irh>r<'ln'nd»"   X'orschläge  machte: 

'i   Huiuii.-l   üJKi   (ie\vcrK)e:  M  M». 

-.   ProtMkcilc,   Kleiner  RliI    ij^^,  S.  24. 


Ailicitiloscnfurftorgc  im  Alten  Basel. 


241 


.ErfitUch*  iiÄ8S  es  Euer  Gnaden  belieben  möchte,  tun 
die  gan£<^  Sache  eine  sichere  und  hinlängliche  Ans- 
%h  TAt  halu^iu  von  denen  Herren  Geistlichen  unserer 
h  mit  mögücbsteT  Befürdening  *'ni»^T»  schriftlichen 
rieht  za  verüingeu: 

L,  We»f    von    ihren  Gemeind  Angehörigen  Fassamentern 
'   "'  idenwindem  würklich    uiehr  oder  weniger  ver- 
"i.    and    dadurch    in    würk liehen    Mangel    und 
BniilloHigkeit  %*ersetzt  seye. 

wip   viel   Personen  iliese  Familien    bestehen   und 
/mge  und  unerzogene  Kinder  darunter  seyen. 
7w    die    häuslichen    umstände    dieser    Familien    be- 
seyen.   und  wie    sich   dieselben   jeweilen   be- 
iind  aiifgeftihn  haben. 
I\*m    die^»    PitssAnienterfamilien    arbeiten,    mid    wem 
ihm  habenden  Stilhle  zugehören. 

die    Seidenwinder    für    Paasumenter,    oder    in    die 
v.„ai  für  Seidenzeugfabrikanten  bisher  gearbeitet. 
Ob  und  was  diese  Familien  allenfalls   jetzt    verdienen 
k    hin  ti    —   wif*  giie  aich  gegenwärtig  durchbringen  — 
fi    *»b    >*ie  und  von  wem    sie    seit    ihrer  Verdienst- 
;^keil  Untersttitzuug  erhalten, 
Wrtm  nmt  ßner  Gnaden  diese  nach  unseren  Einsichten 
nötigen    Berichte    von     den     HH.    Landgeistlichen 
leo    erhahen    und    eingesehen    haben,    so    zweifeln    wir 
,  dftit»»  Hi>chdieitelben  alsdann  nach  den  erlauchten  Ein- 
itiid     lande«  vätterlichen      Gesinnungen,     dasjenige 
pn   nwA  veronlnen  werden,    was   den  ümstÄnden  und 
Wühl    de«i  f.4indes    nur  immer   angemessen   und  nötig 
wirdt. 

Demnach  kunnen  wir  Key  diesem  Aidass,  und  in  Rück- 
iitf    dii*    Herren    Fabricanten    si'lbsten    nicht   umhin, 
WuDich  an  ftiissem^  der,  wenn  er  schon  vor  Jahren 
wnrdrn,  htnliinglich  sein  würde,  sowol  Euer  Gnaden 
E  Barg' -^  ^    **.    und   selbst  die  sämtlichen  Land- 
i#r   acui    ^.     _        iiön    Verlegenheiten    zu    setzen,    in 
bei  Thetirung  und   Verdienstlosigkeit  jeweilen 
tmiiiM'  mehr   geimleo  muss   und  wird.     Dieser  besteht 
dafin^  dmm  es  Euer  Gnaden  dermahlen  belieben  möchte. 
w.  1  Ottca.  ni  AlBtrtiiai.   VI,  1. 


2^2  Hans  Joncli. 

(Ion  säi7itlich(*n  H«*rnMi  FabrieaTiten  den  Auftrag  zu  erteilen, 
um  sich  zu  bt»nithi'ii  und  zu  vereinigen,  wie  eine  jede 
Fabrik  nach  dorn  Boispiol  anderer  hiesiger  und  benach- 
hartt*r  Gowerbe,  für  sich  zwo  Annen-Cassa.  eine  für  die 
Arbeiter  in  dor  Stadt,  und  die  andere  für  jene  auf  der 
Ijandschaft  «^rrichttMi  und  einführen  könnte,  um  ihr**  Ar- 
b(Mter,  ilie  in  vorkommenden  Fällen  arm,  unglücklich  und 
vt'nlienstlos  wt^nhMi,  aus  denselben  zu  trösten  und  zu  uutw- 
stützen. 

Wir  stdien  di«»  Erfüllung  dieses  Wunsches  für  unsere 
Stach  und  Land  umso  nötiger,  ja  unentbehrlicher  an.  als 
wir  versichert  sind,  «lass  chidurch  nicht  nur  das  Wohl  und 
das  Beste  der  samtliclien  Fabrikarbeiter,  sondern  der 
FabrikiMi  selbst en,  ja  des  ganzen  gemeinen  Wesens,  ohn- 
frhlbar  erzielet  wenlen  kann  und  wird.  Dahero  wir.  und 
aus  dit^son  (xründiMi  das  Vertrauen  haben,  dass  sich  die 
IbM-rrn  Fabricanten,  <lurch  keine  anfänglichen  und  ein- 
zelnen Ilinilernissr.  Schwierigkeiten  und  Bemühungen  nm80 
wtMii^tM-  wenlen  abwendig  oder  muthlos  machen  lassen,  einen 
schon  so  oft  und  si)  allgemein  aber  mehrenteils  im  Stillen 
get hauen  Wunsch,  jetzo  in  s«Mne  glückliche  Erfüllung  zn 
bringen,  da  nnsi»re  Nachfahren  gewiss  diejenigen  preisen 
und  segnen  werden,  tlie  um  Erfülhing  desselben  sich  Iw- 
mülit  unil  daran   g.'arbeitet   habiMi."  *'i 

Pieser  BiM'icht  fasst  nun  einmal  die  Sache  recht  gründ- 
lich an.  Zum  ersi.»nnial  wird  einer  grundsätzlichen  und 
ilauernden  Kegidung  der  Arl)eitslosenfürsorge,  wenigstens 
für  eine  grosse  Klasse  d»»r  Bevölkenmg  das  Wort  ge- 
redet. Tni  in  dieser  Hinsicht  zweckmässige  Massnahmen 
netten  7.\\  können.  ford«^rie  die  Fabrikkommission  zimächst 
eim»  Arl^eits|(»sensiaiistik  und  schlug  zur  Gewinnung  des 
rrniaterials  ein.»  KnijU'^'te  vor.  Was  die  Ausdehnung  der 
Krhebnng  anbidangt.  si>  sollte  sie  .sich  auf  den  grössten 
Teil  d.»r  Landbevölkerung  erstrecken.  Als  ausführende  (h^ 
gani»  wurden  dit»  (itMstlichen  in  Aussicht  genommen,  wo- 
gegen   nichts    einzuwenden     ist.'-       Was    nun    den   zweiten 

M   H.iiulol   un.l   licwoiln-:  MMi. 

')  lohn  SrlnUi<\\Nki .  Cl'or  AiNoitsio'^iukcit  und  Arbeitslosen statUtit 
II.  Teil.  S.  12  ir. 


Arbcit&loseiiTarsorge  im  älteti  Basel. 


^43 


•  Orschlag   der  Fabrikkommission    betj-ifft,   So  uniss    gesagt 
^^ertlen,   dass  er  eigentlich  nicht  neu  war,  da  ja  schon  1778 
iie  Arbeitaloseiiversichenmg  angeregt  wurde.  Damals  sollten 
iber    alle  Hintersassen,    also  Arbeiter   verschiedener  Berufe 
31  einer  Kasse    zusammengefasst  werden,  während  nun  für 
iie  Fabrikarbeiter  und  die  Heimarbeiter  gesonderte  Institute 
^ustiiliert  wurden.      Pas  Risiko  ist  oben    in  den    einzelnen 
Bemfeti    ein    verschiedenes,    an    dass  ea   nicht  zwtH*kmässig 
bil^  wenn  alle  Arbeiter  einer  Ka^se  untersteüt  werden.  Ja  es 
gibt  sogar  Industrien,    bei  denen    die  Errichtung  mehrerer 
Kassen  alsrat-sam  angesehen  werden  miiss,  weil  im  Falle  einer 
Krisi»  oft  nur  ein  bestimmter  Teil  der  Beschäftigten  unter  der 
'Verdienstlosigkeit  zu  leiden  hat.     Das  ist  besonders  in  der 
Textüipdmstrie    der  FuU.     Wir    begreifen    es   daher,    wenn 
FabrikkoDimissinn  die  Errichtung  von  zwei  Kassen  vor- 
lag, eijie  für  die  Arbeiter  in  der  Stadt  imd  eine  andere 
die  Posamenter  auf  der  Landschaft.   Vor  einigen  Jahren 
man  bei  uns  versucht*  alle  Arbeiter  einem  Versicherungs- 
tz    zu  unterstellen,    ein  Vorschlag,    den    die    Stimmbe- 
htigten  mit  Wucht    ablehnten.     Unterdessen  haben   sich 
allerdings    die    Anschauungen    der    Theoretiker    und 
aiker  wesentlich   geändert  und  man    hält   nun  die  Ein- 
tung  von  Benifskassen,  wie  sie  unsere  Vorfahren  schon 
verlangten,  als  das  richtige.*) 
Das     Gutachten     der     Fabrikkommission     wurde     am 
März  im  Kleinen  Rate    verlesen    und  ^nach  Abtritt    der 
Bandfai»ricanten  und  ihrer    E.  Verwandten   behandelt" 
,ufliin  beschloss  die  Behörde: 
^Soll    in    Ansehung   des   ersten  Punktes    nach    iliesem 
Bedenken  verfahren  und  über  die  darin  eiitbaltienon  Fragen 
von  den  HH.  Geistlichen  des  Farnsburger,  Homburger  und 
WAldenburger    Amtes    ausffihrliche    Auskunft    verlangt.,    zu 
dem  Ende  Tabellen  verfertiget  und  ihnen  zugesandt  werden. 
Welche    Berichte   alsdann    einer   Löld.   Haushaltung   sollen 
cnge^tellt  wenien,    um    sich  darüber   zu    berathen    und   ein 
Bedenken  einzugeben t    mit  dem  ferneren  Auftrag   auch  zu 


«t    Frilz  2kiAngöld,    Denkschrift    über    die  Entwicklung    der    «tAatticheti 
ArbetUlosetifurftori^e  im  Kantou  BäseUSUdt,   S.  9,:  tS  ff,  4  t   tuid  49. 


244 


Hau*  Joncll. 


überlegen  und  nötigenfaUs  zu  berichten,    ob  verdienstli 
Landleat^n  einige  Arbeit  könne  angeschafft  werden. 

Sodann  soll  in  einer  zuzustellenden  Erkanntnuss 
HH,  Band-  und  Zeugfabrikanten  empfohlen  werden,  ihi 
Arbeitern  Verdienst  zu  geben  oder  ihnen  mit  anderweitiger 
Unterstützung  zu  begegnen.  Und  endlich  soll  der  am  EiiJt^ 
des  Bedenkens  enthaltene  Credard-ie  wegen  einer  für  diö 
Zukunft  zu  errichtenden  Cassa  an  die  Hen'en  Bandfabri- 
canten  communiciert,  uni  sich  darüber  zu  unterreden,  nnd 
eine  L.  Fahriqueeonimission  einen  Bericht  einzugeben,  welchi*r 
alsdann  mit  einem  Bedenken  einer  L.  Fabriqueconimission 
an  Mn.  6n.  HH.  l>egleitet  werden  solle.^  M 

Um  den  Folgen  der  herrschenden  Arbeitslosigkeit  m 
begegnen,  hatte  <ler  Kleine  Rat  die  Haushaltung  auch  anf- 
gefordertj  darüber  zu  beraten  ^  ob  den  Laudl outen  mcht 
„Arbeit  geschaffen  werden  könnte^.  Schon  ara  19,  Mära 
sandte  das  Kollegium  einen  vorläufigen  Bericht  ein,  aus  dem 
wir  ersehen,  dass  es  sich  auf  Grand  sorgfidtiger  Erkun- 
digungen hin  genötigt  sah,  in  einzelnen  Teilen  der  Ijand* 
Schaft  sofort  sogenannte  Not43tandsarbeiten  ausführen  zd 
lassen.  Namentlich  im  Bubendorfer-  und  Reigoldswiler 
Tal  war  die  Verdienst  losigkeit  sehr  gross»  weshalb  die 
Haushaltung  die  ^gantz  arbeitslosen  Männer  mit  Verbesserting 
der  Nebenstrasse  im  Z\^ner  Thale  gegen  einen  geringen 
Taglolm  beschäftigte'^  nnd  .^einen  kleinen  Vorrath  an 
misehleten  Mahl  und  Mues'^  zu  einem  billigen  Preis  abgab* 
Dann  wurde  von  ihr  auch  auf  die  verdienstlosen  ^Weibs- 
bilder** Bedacht  genommen.  Um  ihnen  einen  kleinen  Ver- 
dienst zu  verschaffen,  sandte  die  Inspektion  des  Waisenhauses 
mehrere  Zentner  Hanf  an  verschiedene  l^andpfarrer,  mit  der 
Bitte,  diesen  gegen  einen  kleinen  Spinnerlohn  zur  Vef- 
arbeitung  abzugeben.  Auch  in  Liest^d  wurde  eine  solche 
Niederlage  errichtet^  wo  überdies  das  Deputatenamt  bereits 
eine  ähnliche  Einrichtung  für  das  weibliche  Geschlecht 
getroffen  hatte. 

Der    Kleine   Hat    nahm    den    Bericht    mit    Vergnügen 
entgegen  und  erteilte  dann  der  Haushaltung  die  Vollmacht^ 


1^  Ihrotokolle,  I^Jeiner  Rat   178S,  S.  84. 


Arbeit »lu^rnftirKirge  im  »Ucti  Basel . 


245 


infltige  und  den  gegen wärtigou  verdienstlostm  ümstÄnden 

DiMnOi!»  am  verünlneii>   Ausserdem  erhielt  sie  noch  den 

^mit  Zuziehung   einer  Löbl,  Waldcommisson    auch 

Anlegung   mnigör   Genieindt^äcker   zum    Besten   der 

dftfi  3<ich  zu  ht^mthen   und  einen  Bericht  zn  ertheilen.*)^ 

Am  6-  April   erstattete  die  Hau!?bftltung  abermals  dem 

aitü    Halt»    »Mnen   BericJit    über  die  von    ihr  getruffenen 

üitnifigHtt.     Damus  ersehen  wir,  dass  das  KoUegiam  ea 

den    angefangenen    Nctstandsarbeitan    bewenden    lieas, 

in  inTird«    die  Arbeit   in  Steingruben    und    die  Ein- 

»C     "    '^  Baum  Wollenspinnerei  oder  Weberei  in  Aus- 

n*  aber  wegen  der  Kosten  öchÜesslich  beides 

*u,^^       Über   die   geplante  Abgabe   von  Kartoffeln 

_:   von    Land    an  Terdiensilose    erfahren    wir 

. .  „i  Berichte  nichts. 

[Dagegen  gibt   uns  der   Bericht    der   Haushaltung   nun 

cnnigifn  Aufschlusi*  über  den  Verlauf  der  Arbeitiälosen- 

In  den  drei  Amteni  Farnsburg,  Waidenburg  und 

wurden  5ö2  arrn«  Haushaltungen    ermittelt^    von 

•/»  i»  *i'-i*  Söidenband Weberei  tätig  waren.    Über  dio 

dor  Zählung  spricht  sich  der  Bericht  sehr  sjkep- 

Dumus    kt^nnef    so    heisst   es   darin,    doch   ktdn 

Scilla«»:«    auf   den   Stand    der  Armut    im  Raselbiet 

werden,  da  nicht  alle  ßeistliciien  die  Sache  unter 

li...,i  ...  '  -  '  --»^-ininkt  betracJitet  hätten,*)   Daas  diese 

^  ng  missglüekte,  ist  sehr  bedauerlich ; 

fohlen  wir  uns  nicht   berechtigt,    auf  die  Öeistlichen 

Stam  Cd  werfen*  haben  wir  es  doch  in  unsem  Tagen 

dAM  mh«  ihnliche  Zählung  scheiterte^  obschon  daran 

betmligt  wareUj   deren   Spezialfach   nicht  Theologie, 

Statistik  sein  soll. 

Ml«  -T.idi  entnehmen  wir  dem  angezogenen  Berichte 

dmm   manche  Fabrikanten  verdienstlose  Arbeiter  mit 

THC9idit*u  odar  ihnen  aber  Unterstützungen  zukommen 

Aasseitlnm    erhielten    die   Q^istUchoii   von    vielen 

die    sie  an  Verdienstlofle  aimteilen  konnten* 

r4ütlr,  Kl«ititf  Kju  i;««,  S.  95. 
Kkto«r  Kü  1 7K8.  $•  f  14, 


2.\f>  Hans  Joneli. 

Dor  Kleine  Rat  sprach  dalier  den  Fabrikanten  sein  hocb- 
übrigkeitlichc's  Vergnügen  ans.  forderte  sie  aber  zugleich  arf, 
den  am  5.  März  verlangten  Bericht  einzusenden* .  welchem 
Auftrage  si»*  am  21.  Mai  endlich  nachkamen.  Das  Schreiben 
hat  folgenden  Wortlaut: 

»Wir  ermangelten  nicht,  uns  nach  Zustellung  des  von 
U.  G.  HH.  E.  E.  und  Wolilweisen  Eaths  unterm  5.  Marty  und 
B.  Aprilis  dieses  Jahres  aus  Anlass  einiger  verdienstlosen 
Band-Arbeiter(?n  auf  dem  Land  ergangenen  Erkanntnussen 
80  bald  möglicli  zu  versammeln,  uns  über  diesen  Gegen- 
stand miteinander  zu  berathen  und  mit  Gefühl  und  Wanne 
zu  erwägen,  wie  in  Rücksicht  unserseitiger  Anstalten  iss 
vätterliche  Zwock  Hochgedacht  U.  G.  HH.  auf  das  Be«- 
möglichste  könnte  befördert  werden. 

Bey  angf^stellter  Versammlung  ^vu^den  sämtliche  unsero 
Mittglicder  dringend  aufgefonlert  solcher  beyzuwohnen,  vir 
er])lickton  abei*  mir  die  H<ilfte  derselben,  fanden  aber  jedod», 
dass  di«»  in  dieser  unserer  eingeschränkten  Versammlung 
gofjillt'nt^  Nachricliteu  und  geäusserte  Gesinnungen  hin- 
nMchcinl  scyn  krmnten.  den  Antheil,  den  wir  an  diesem 
(reg^Mistand  nohmen.  zu  Tage  zu  legen,  wann  auch  schon 
durch  Mangel  einer  vollständigen  Anzahl  nichts  einmüthigM 
verfügt    w«'nl«'n   konntt*. 

Von  ji'dt'ni  anwi'senden  E.  Gliede  fiehle  aber  überhanp* 
der  rn)stli('In'  Bericht,  dass  bereits  schon  jeder  für  sick, 
sicli  st'intM"  ArheitenMi  angenommen,  für  selbige  gesorgt^ 
und  gr.sinnt't  scyt^  solclie  fernerhin  zu  unterstützen  uni 
alle  Anwesende  glaubten  hiedurch  in  soweit  die  vätterlicha 
Gesinnung  und   Krwarthung  U.  G.  HH.  zu  erreichen. 

ITnsi'ie  Versammlung  entschlösse  sich  auch,  fahls  w 
IIorlidiMiseJben  l.i^lieben  wüi-de.  für  samratliche  Bedürftig* 
V*.  ir.  IUI.  Angelu^rigo  eine  öffentliche  Collecte  zu  veran- 
stalten, gleirli  uns(Mvn  übrigen  Mittbürgeren  das  unserige 
erkleeUlieh  beyzutragen.  auch  in  der  Folge  zu  berathen: 
Wie  dii»  niitzlieh  erachteten  Armen-Cassen  zum  Besten  der 
bedüring»'ti  Fal)ri([ue-ArbtMter  und  Passamenter  für  dieZö- 
kunfi   i'in/.nrii'hten  wiir»Mi."- 


'»   rrotokollo.   Kloiiifi    \\.i\    17.^»^,  ??.  114. 
-i  >l.iiu1c1   iiiul  (iewcr^e:  MMj. 


Arbduloseiifürsorgc  im  alten  Basel* 


^47 


Das  Schreiben  ist  nun  allerdings  sehr  küJil  und  unbe- 
imt  gehalten*     Es   beantwortet    die  au    die  Fabri kauten 
richtete     Frage    wegen     der     zu     errichten  den     Kassen 
lU       Das    empfand    denn    auch    die     Fabrikkommissiou^ 
lalb  wir   es    begreifen  können,    wenn  sie  sich  in  ihrem 
Bricht     an    den    Kleinen     Rat    über     das   Vorgehen    der 
jrikanten    t^idelud    ausspricht    und   verlaugt,    dass    diese 
Dfamals  angehalten  werden  sollten j  innert  einer  besiiuimteu 
ein  neues  Memorial  einzugeben*    Schliesslich  entnehmen 
dem    Berichte    noch,    dasa    die   Fabrikkommissiou     die 
rgeschlagene  allgemeine  Kollekte  nicht  für  nötig  fand. 
Am   4.  Juni    kam    dieser   Bericht  samt  dem    Schreil>en 
Fabrikanten    im  Kleinen   Rate    zur  Verlesung,    worauf 
mix  diese  Behörde  wirklich  beschloss,  dii*  Fabrikanten  an- 
Iten,    im    Laufe    von    vier    Wochen,    ^eine    bestimmte 
kt?wort  und  allfallsigen  Plan  zur  Errichtung  einer  Armen- 
einasureichen  *).^ 
Diese  antworteten  auf  diesen  Besehluss  hin  am  7.  JuU 
einem  sehr  bemerkenswerten  Schreiben  folgendes: 

•Was  nun  den  ersten  Gegenstand  anbetrifft,  den  arbeits- 
en  Landleuthen  Verdienst  oder  sonstige  Unterstützung  zu 
clien,    so    können    wir    nicht    umhin,    den    vätterlichen 
rimsch  einer  hohen  Obrigkeit,    zum  Behuef  verdien  st  loser 
aer  Unterthanen  heilsame  Verfügungen  zu  treffeiK  gehörig 
schätzen;    auch    diejenigen    zweckmässigen    Anstalten^ 
riche  U.  G*  HH.  zu  Unterstützung  Hnchdero  Angehörigen 
öita  vorgekehret,  dankbarst  zu  erkennen;  allein  wir  finden 
mcht.    dass    uns    in   Zeiten,    wo   unsere  Fabriques  weniger 
fbeit gewähren,  könne  zugemnthet  werden,  den  Posamentern 
rbeit  oder  Unterhaltung,  gleich  als  uns  eigenen  Leuten,  zu 
chaffen^  weil  wie  Unseren  Hochgeacht    und  Hochzuver- 
renden  Herren   wohl   wissend  seyn  wird,   jedem  Arbeiter 
by  steht,    für  einen  und  welchen    er  will    von  uns  zu  ar- 
3^  einen  und  den  andern  in  guten  Zeiten  aufzugeben, 
"Sgne  Stühle    zu    kauffen    oder  verborgener  Weise    zu   ver- 
fertigen   und    damit  für  Fremde    auf  Aarau,    Anfingen  oder 
Zürich    nach   Belieben   und    ohne   die    mindeste    Hindernis 


^>  Proioknllr,  Ktciücr  Rat    1788,  S.  171, 


24^  Hans  Joneli. 

ZU  unserem  grössten  Nachtheil  zu  arbeiten,  wie  dann  auch 
vor  etlichen  Jahren  ungefehr  160  Stuehle  und  ca.  4(X>  Per- 
sonen für  auswärtige  Bandfabricanten  beschäftigt  wareD, 
aus  welchem  deutlich  erhellet,  dass  den  hiesigen  Fabricanten 
nichts  als  ein  Theil  der  Bandstuehle  eigenthümlich  zustehen. 

Auf  ähnliche  Weise  ergibt  sich  öfters,  dass  andere 
bürgerliche  Gewerbe  oder  Fabriques  Noth  leiden  oder  SüUb 
stehen  müssen,  ohne  dass  deswegen  die  bürgerlichen  Unter- 
nehmer d(^rselben  zur  Unterhaltung  ihrer  Arbeiter  ange- 
halten werden;  auch  es  uns  allerdings  beschwerlich  vo^ 
kommen  würde,  wenn  ein  Gewerb,  welches  den  Einwohnera 
eines  Landes  so  vielen  Unterhalt  und  ohne  Verhältnia  den 
besten  Lohn  gewähret,  härter  als  andere  Gewerl^e  solltP 
angesehen  werden.  AVir  hoffen  also  diejenige  Nachsicht^ 
welche  U.  G.  HH.  allen  Gewerben  bisher  erzeigt  und  noch 
erzeigen,  in  gleichem  Mass  zu  geniessen,  besonders  da  die 
Armut  und  Not  der  Unterthanen  grösstentheils  ihrer 
Ijioderlichkeit,  ihrem  unwirtschaftlichen  Betragen  und 
dem  Überschwall  der  Posamenter,  die  gantz  kein  ander 
Arbeit  vorsehen,  zuzuschreiben  ist;  auch  die  diesmalige 
Venlienstlosigkeit  derselben  ebensowohl  von  ehemaliger 
all  zugrosser  Uuldung  gi*gen  fremde  und  ausgewanderte 
Stühlmacher,  Wegsei laffung  der  Stühlen  und  Emigrationen 
fior  Arbeiter,  wodurch  viele  Fabri([ues  in  andern  Ländern 
entstand(»n,  hergekommen .  als  aber  blos  von  der  theuren 
Seiih\ 

Dem  ungeacht  werden  wir  uns  niemals  entziehen,  dem 
grossmütigen  Beyspiel  unst^rer  Gnädigen  Gierigkeit,  soviel 
möglich  nachzuahiiion  und  für  die  Unterhaltung  unserer 
Arl)oit<'r  aus  eigner  Bewegung  besorgt  zu  sejm,  ohne  durch 
Erkaiinrnusse  darzu  ang(.4ialt»^n  zu  werden. 

Anlangend  den  2.  Auftrag  U.  (t.  HH.,  die  Errichtung 
von  Armen-Cassa.  erstlich  für  die  Posamenter  der  Landschaft, 
so  finden  wir  nicht,  dass  dergleichen  Gassen  in  jeder  be- 
sondern  Han(ll*al)rii[ue  könnten  mit  Erfolg  eingerichtet 
weril»Mi.  W(»il  i\\o  Arbeiter  mit  den  Fabricanten  in  ganz 
keiner  daurenden  Verlnndlirhkeit  stehen  und  die  bedauer- 
liche Classe  der  Seiden  winder  diesen  fast  mehrtheils  unbe- 
kannt   sind.     Wir    glaubten    deshalben,    dass    eine    solche 


AfbeitAloftcnfürsof^  im  alten  Base). 


249 


i-C^iBMi  aUgem^iii  ^eyn,  und  mehr  dazu  dienen  sollte^ 
wo  ein  Zusammenfliiss  widriger  Umstände  den 
ttnderi^r  <*t*w»*rli«?  Iiindereu  wüfd«^  den  Arbeiteren 
IRrdgen  Verdienst  zu  vorschafffnu  als  aber  bloss  ver- 
1«  Beystaureu  am  in  ihrem  Hang  zu  locken^r  Lebons- 
lieber  zn  müchen.  Wpgen  dem  hiezu  nötigen  Fond 
wir  des  Dafürhai  tonn,  dass  solelier,  mit  aller  Billigkeit 
»i^Ib^t  öUnt*  gn>sHo  B<*schwÄhrde,  von  den  Arbeiteren 
t  kdunte  erhüben  werden,  wenn  ihnen  bloss  von  ihrem 
i^nstt  und  zwar  nur  wenig  auf  einmal  inne  behalten 
m.  Wir  uc^hmeti  deshalben  «lie  FruyliHit,  unseren  Hoch- 
t  und  Hochgeehrteöton  Herren  folgende  Einrichtung 
M8g<«t>lich  vorzuschlagen: 
Dans  von  U  O.  HH.  g<»llto  erkannt  werden,  das»  in 
aUeu  hiesigen  Bandfabriques  zum  Behuef  einer  aolchen 
Ari7<^tt4!rr-Caa«»if  an  dem  von  Hochdenselben  bestimmten 
Arfmtslobn  vom  Pfund  Gelt  zwei  Pfennige  sollten 
2,j.-r.  .il..Jjjjj^ji^  selbige  Bogleicb  in  eine  apparte  hiezu 
irj  *r  Fabritpie  bestimmte  verschlossene  Büchse 

verwutirt  und  sodann  alle  Jahro  durch  die  Fabricanten 
tb^  in  eine  allgemeine  Casaa  gesammelt  und  sofort 
tJ*  HH*  f^rneri^r  Bestimmung  eingeliefert  werden. 
in  Collegium  ernannt  werden,  an  welches  die 
[erren  Fabriranten  das  gesanunelte  einzuliefern  hatten^ 
ntnj   von   welchism  die  Austheilung,    so  viel  es  nüthig 
«ire«    Auf   das  zw^ck massigste    und  unpartheyiste   be- 
sorgt wftrile, 

DrUNfr»*3*    Knv  ht*M(S    wäre    Löbh   I>epntatenamt    das- 

;e    Collrgiuin,    dessen    sonstige    Verhältnisse    mit 

dieser  Verwaltung  am    besten    sich   vertrüge;    da  wir 

iredi*r  im  allgi'm'nnen,  noch  durch  Comuiitirte,  dieses 

nicht  ohne   grossie  Schwierigkeiten  besorgen  könnten^ 

«ifcfJi    allemal    der   Parteylichkeit   würden    beschuldigt 

Hf  (iher  die>ieii  auch  ein  obrigkeitlich  antorisiertefi 

***ii^i44udigw*C  "   -■  '^        !  mit  mehrerem  NaclKiruck 

vnd  grOoseraii  n  kann,  als  solches  durch 

Acy»cb(Usa  bej^hehiMi  könnte. 

n    der    hiezu    ernannten    Commission 
M  y»r  All   j^^d.*n   »'inzelnen  Bedürftigen^ 


^5^ 


Mmns  JonelL 


wefden  könne,  für  ihre  Arbeitier  auf  dem  Lande  km  »jrgen,  I 
da  ee  niclit  iliri^  eigenen  Leute  seien,  indem  dieselben  I 
arbeiten  können,  wem  und  wie  sie  wollen,  An  Hand  I 
der  Zähinngen  von  1754  und  1786  wird  dargelegt,  duss  die  I 
Zahl  der  Stahle  der  Arbeiter  and  fremden  Fabrikantöo  I 
seit  Jahren  stabil  blieb,  während  aber  diejenige  der! 
hiesigen  Herren  von  857  auf  1893  anstieg  nml  , welche  I 
noch  immer  ohngeacht  so  viele  hiesige  und  der  Landleuthen  1 
eigene  Stilhl  schon  nnbeschäfligt  waren,  mit  neuen  ve^l 
mehrt**  wird.  Daher  findet  die  Fabrikkommisson  es  färl 
nötig,  „zum  wahren  Besten  der  Fahriquen  gelbsten,  als  der! 
Unterthanen,  der  Einrichtung  neuer  Stühle  und  der  über-i 
triebenen  Neigung  zum  Posamenten  billige  BchrankeTi  m  1 
setzen.**  Es  sollte  deshalb  verfügt  werden,  dass  ^einerseiw  1 
jiUen  Stuhlmachem  ernstlich  und  bey  einer  bestLmmteQ  J 
Straf  verboten  würde,  bis  auf  weitere  Verfügung  neuel 
Stühle  zu  verfertigen,  indeme  würklich  mehr  vorhandeirl 
sind^  als  jemalen  werden  beschäftiget  werden.  Anderseits  1 
sollte  geordnet  und  genau  gehiilten  werden,  dass  keinem  1 
Unterthan  noch  Ehepaar  ein  Stuhl  sollte  gegeben  werdeB,! 
oder  einen  eigenen  zu  kaufen  gestattet  werden,  es  seye  denal 
derselbe  würklich  24  Jahre  alt,  wodurch  der  ausserordeDt^j 
liehen  Menge  junger,  unbesonnener  und  leichten  HeuraUal 
-auf  einen  Stuhl  hin  würde  vorgebogen  werden.  Endiichi 
sollte  erkannt  werden,  dass  jeder  Hausvater  nur  1  uder  im 
seiner  Kinder  dem  Posamenten  solle  widmen  dürfen.^  I 

Dann  beschäftigt  sich  der  Bericht  mit  den  Vorschlägen  | 
der  Bandfabrikanten,  die  in  der  Hauptsache  den  Beifall  der 
Fabrikkommisäion    fanden,    wenn    sie  sich  auch   einige  Ab- 
ändeningsanträge   zu    stellen    erlaubte.     Bezüglich  der  Bei- 


träge scldägt   sie  vor,  der  Posamenter   soUte   zwei  RappenM 
statt   einen    bezahlen,    damit  auch    für    die    Seiden  winder," 

^n, 
di^ 


welche  in  Notfällen  ebenfalls  unk^rstützt  werden  müssten, 
etwas  vorhanden  sei;  dagegen  hätten  die  Floretarbeitnr,  difl 
weniger  verdienen,  nnr  einen  Rappen  zu  entrichten.  Aue 
die  Seidenzeugfabriltanten  sollten  in  gleicher  Weise  Abzüge 
•einsammeln  und  abgeben,  und  zwar  hätte  der  Seidenweber 
sswei  Kappen,  der  Seidenwiniler  aber^  mit  dem  sie  direkt 
verkehreji.    nur  einen  Rappen  zu  leisten.     Und  schliesslicli 


Arbcitslosenfütsorge  »m  alten  Basel. 


25,> 


jt  sie  noch  vor,  dass  von  den  für  fremde  Fabrikaiiten 
beitenden  Stülilen  eine  Auflag©  von  5  ff  erhoben  werden 
DÜte*  wobei  sie  nicht  zweifelt,  ^dass  sich  die  HH.  Geist- 
chen  willig  erzeigen  würden,  die  Aufsicht  über  den  Be- 
und  die  Einliefening  dieser  Btnhlgelder  zu  übernehmen.^ 
über  die  Organisation  der  Verwaltung  unterläsat  es  die 
abrlkkomiuission  sich  z\i  änssern,  dagegen  spricht  sie  sich 
&r  die  Verwendung  dea  Fonds  wie  folgt  aus: 
^Halten  wir  mit  den  H.  Fabrikanten  dafür,  dass  der 
Fond  dieser  Armeü-Cassa  nie  mit  anderrii  Fond  sollte  ver- 
mischt, sondern  alzeit  besonders  nach  seiner  Stiftung 
and  der  gehabten  Absicht  verwaltet  und  zinsbar  ge- 
ßiAcht  werden.  Ebenso  soll  er  nur  hey  ausserordentlichen 
Füllen  angegriffen,  und  die  Fabrikarbeiter  auf  dem  Land 
daraus  unterstützt  werden.  Wobey  freylich  vorausgesetzt 
wirtf^  dass  jeweilen  die  Berichte  der  HH.  (Teistliclien  uiul 
i^T  Orts  vorgesetzten,  die  die  Umstände  derer  so  Unter- 
stützung nötig  haben,  am  besten  wissen  können,  werden 
abverlangt  werden.  Diese  Falle  wären  ohngefehr  folgende: 
a)  wenn  der  »Sack  Frucht  über  5  neue  Thaler  steigt; 
bi  wenn  die  Fabriqnen  so  schwach  arbeiten  lassen,  dass. 
einige  gar  nichts,  aiidere  aber  nur  sehr  wenig  zu  ar- 
beiten hätten. 

Solchenfalls  wäre  zwar  die  Cassa  nie  mit  baren  Steuern 
belästigen,  sondern  ihnen  im  ersten  Fall  Frucht  zu 
^inera  moderaten  Preis  anzuschaffen;  und  im  zweiten  Fall 
a^lbige,  sowie  es  neuJich  von  ü.  Gu.  HH.  auf  das  rülimlichste 
TUid  zweckm aasigste  beschehen,  mit  anderem  Verdienst  mid 
g^meimiützigen  Arbeiten  zu  beschäftigen ,  da  dann  der  Ver- 
Ißät  in  ein  und  anderm  Fall  aus  dieser  Cassa  zu  bestreiter* 
Ware;  die  desfalls  nöthigen  Veranstaltungen  aber  wären 
Jarch  die  zu  ernennende  Commission  zu  bewürcken  und  da 
Weles  auf  Zeit  m\d  Umstand  ankommt,  so  müaste  nach 
Mbigen  verfahren  werden. ■* 

Schliesslich  schlägt  die  FabrLkkommission  noch  vor,, 
mit  dem  neuen  Jahre  1789  die  Armen-Cassa  ins  Leben 
treten  zu  lassen,  ^ damit,  welches  Gott  verhüte,  wenn  über 
kuns  oder  lang,  mehr  oder  weniger  Theuerung  oder  Ver- 
diengtlosigkeit  einträte,  eine  Anstalt  und  Fonds  vorhanden. 


2S4  Hans  Jone li. 

Sfijv.  wodurch  dem  Maugel  und  Elend  der  so  zahlreichen 
Fabrikarbeiter  abgeholfen  werden  könnte,  ohne  allemahl 
wie  bisher  geschehen,  das  gemeine  Gut.  E.  E.  Burgerschaft 
und  die  etwaiinigen  Armen- Fonds  zu  beschwären  und  zu 
belästigen.- 

Weniger  begeistert  ist  die  Fabrikkommission  von  der 
Anregung  der  Bandl'abri kanten  betreffend  zweckmässige 
Schulanstalten.  «Wir  müssen  dies",  schreibt  sie  in  ihrem  Be- 
richt, ^lediglich  den  bokannton  väterlichen  (Tesiummgen Euer 
(juaden  überlassen,  auch  ob  allenfalls  Hochdieselben  diesen 
Vorschlag  durch  Löbl.  I^ndkommission  näher  beraten  lassen 
wolle." 

Es  mag   hier  nicht  unorwähnt  bleiben,    dass  bezüglich 
der    Beiträge   an    die    Kasse    die    Fabrikkommission   uicht 
einig  war.    indem    ein  Mitglied    einen    andern  Modus  vor- 
schlug.     Seine    abweichenden    Anschauungen    über    diesen 
Punkt  sind  in  dem  Bericht  ebenfalls  enthalten.    Sie  gehen 
dahin,  dass  jeder,  der  einen  aufgestellten  Stuhl  hat,  gehöre 
er  wem    er  wolle,    ein  bestimmtes  Eintrittsgeld  und   einen 
jährlichen  Beitrag  bezahlen  soll.    Auf  diese  Weise  hofft  der 
Antragstoller  sofort  ein  Kapital  zu  erhalten,  ^so  der  Cassaund    ^ 
den  Tlioilhabern  gleich  Consistenz  und  Muth  machen  werde."')    • 
Am  8.  Oktober    nahm    der    Kleine   Rat    Kenntnis  von    i 
diesem    Be(I«Miken.    um    es   dann    in  seinen   Sitzungen  vom 
31.  Dezoinlx^r   liaS,    l±.    14.    und   2ii.  Januar    1789    in    B^    ^ 
ratung  zu  ziehen.     Über  die  Vorschläge  betreffend  die  Ee-    i 
duktion    der  Bandstühh*  und    die  Errichtung  einer  Armen-    ■, 
kasse    in    der    Stadt    wurden    einstweilen    noch    keine  Be-    ^ 
schliisse  gt^fasst;    dagegen  setzte   der  Rat  wegen  eines  ähn- 
lichen Instituts  für  die  Landposament^r  fest: 
,.1.  Soll  eine  solche  Armen-Cassa  und   zwar  allgemein  für 
alle  hiesigen  Bandfahriques  und  für  alle  Arbeiter  hie- 
siger Landschaft  errichtet  werden;  worunter  auch  die    ' 
in    und    um    dir   Stadt   wohnenden   Unterthanen   ver- 
standt^n  se\ni  solh»n,  welche  von  den  HH.  Pabricanten 
oder   »Mgentüniliche    Possam ent^Stühle    haben    und  U 
Hause  darauf  arbeiten. 

*)   Handel  und  Gewerbe:  MM4. 


Soll  dw  jährliehe  Beytrag  von  dem  jeweiligeu  Ar- 
h^iuluhn  genoiumfm  und  zwar  hey  deu  einfachen 
Plorfl,  Friöuh-'t  t»der  sogenannten  Hollandi^rn  von  jedem 
Pfand  Arbeiislohü  ein  Rappen,  bei  allen  übrigen 
Baiidt^n  ftbi^r  nhne  Ausnahme  zwei  vom  Pfunde  innebe- 
haltei)  uijd  damit  iiuf  folgende  Art  verfahren  werden: 
j£»  aolle    nämlich  dieses  Innbehaltene  bey    jeder  Aus- 

llung  der*  Arbeih^rs  alhnual  sogleich  in  ein©  ver- 
'■  Büchse,  wovon  jeder  H.  Fabrieant  den 
selbst  verwahren  solle,  gelegt,  auch  de«- 
tjfi  die  Bedienten  oder  die  Personen,  welch©  die 
klang  in  den  Fabri(|ues  besorgen,  in  ein  G^e- 
genommen.  «odann  der  Ertrag  dieser  Büchse 
von  den  H*  Patronen  alle  halbe  .lahr  selbst  eingesehen 
imd  gefühlt  werden^  alsdann  wiedrum  verschlossen 
und  jeweilen  auf  Johannis  und  Weyhnachten  an  das 
n  vcixirdnendt^  CiiUeginm  ohne  fernen*  Einsicht  oder 
K&ühzählenfi  übergeben  werden. 

Der  B<*CTig  der  Beitrage  und  die  Verwaltung  derselben 
irini  einer  L.  Landwirt^jchaftlichen  Kommission  der- 
geslalten  übergeben,  dass  dieses  Collegium  bxls  drey 
Herren  von  den  Zugeordneten  einer  I^  Haushaltung, 
ilanuittir  ein  jeweiliger  Herr  Stiidt^ohreiber  sich  bo- 
fiodeu  öolL  und  aus  xwey  Herren  von  Zugeordneten 
«oj  Ijt^bt  Landcommission/)  und  sodann  auch  aus  einem 
j# ^      '        ■\    H.   Präsidenten     «iner    Löbl.    Fabriquecom- 

mu öötehen  solle,    welcher  Herr  Pi*äse8  auch   das 

PrfUidiQiii  dieses  neuen  Collegii  zu  führen  bat. 

fM'  ft»  E,  Mitglieder  sollen  zwar  dermalen  von 
iL  if.  H,  enmnnt,  in  Zukunft  aber,  wenn  eines  von 
L^  HaosbultTing  abgeht,  durch  eine  L.  Haushaltung  und 
wenn  ein  UU^hI  von  den  Zugt^ordneten  aus  L.  I^and- 
eommtssion  »bgeht,  durch  eine  h.  Landmrtschaftliche 
CSommisfiion  erg&ns^t  werden.  Auch  wini  fostgesetat, 
imtB  luain  H.  Fabrieant  Mitglied  dieses  Collegiums 
könna 


ftioD,   1756  wegen  iler  vieleii  Answaodantiifibqs^ren 
wurde  lu  aIIcüi  die  LaodscbAft  betreffendeti  Frmgim 


2^t  Haas  Joneli. 

4.  Soll  nach  dem  Vorschlag  des  Bedenkens  dieser  Fond 
sobald  als  thunlich  zinsbar  gemacht  und  seiner  Zeit 
nur  die  Passamenter,  so  beytragen,  und  die  Seyden- 
winder  daran  Ansprache  haben  und  daraus  nnterstfiiit 
wt*rden. 

Mit  aller  Austheilung  aber  ist  einzuhalten,  bis  ansi«- 
ordentliche  Fälle  oder  bedürftige  Umstände  sich  zeigoif 
da  dann  M.  Gn.  HH.  vonlies  Anzeige  und  VorschBp 
von  der  ernannten  Commission  wie  auch  alljährlidi 
einen  Bericht  erwarten,  was  in  diese  Cassam  ge- 
fallen soy. 

5.  AVird  festgesetzt,  dass  diejenigen,  welche  für  die 
bey<len  frembden  Fabriques  arbeiten,  auch  einen  Bey- 
trag  an  diese  Cassam  thun  sollen. 

(>.  Soll   mit  erstem  Märzen  mit  diesem  Bezug  der  Anhn{ 

gemacht  und  ein  Aufsatz  über  diese  Einrichtung  und 

Beitrag   verfertiget   und    M.  Gil  H.  vorgelegt   werden, 

damit   derselbe   gednickt   den  HH.  Fabrikanten  roge- 

stellt    und    ihnen    überlassen   werde,   denselben   ihren 

Arbeitern  wissend  zu  machen  oder  einzuhändigen.^ 

Der  Antrag    auf  Einrichtung    von  Arbeitsschulen  aber 

>vurd(*  (ItMi  Visitatoren  der  Kirchen  und  Schulen  überwiesen 

und    beschlossen,    ^dass    wenn   je   eine    solche  Einrichtung 

für   gut    befunden  würde,    diese  Anstalt   niemalen  mit  der 

Armen-Cassa    vermischt    oder    derselben    zur    Last    gelegt 

werden  sollte.^  *i 

Die  Fabrikkommission  hatte  in  ihrem  Berichte  andi 
verhingt,  die  Seiden winder  und  Seidenweber,  die  nur  den 
Seidenzeiigt'abrikanten  Arbeit  liefern,  ebenfalls  der  Kaa» 
zu  unterst(»llen.  Daher  erteilte  ihr  der  Kleine  Bat  •■ 
26.  Januar  den  Auftrag,  sich  mit  den  letztem  über  die* 
Sache  zu  verständigen.  l>as  tat  die  Fabrikkommisson  den» 
auch,  jedoch  war  das  Rc^sultat  der  Unterhandlungen  ei» 
negatives,  indem  sie  den  Kleinen  Rat  ersuchte,  die  ge- 
nannten Arb(»itergnippen  vom  Eintritt  in  die  Kasse  i» 
befreien,  was  dieser  denn  auch  tat;  dagegen  beschloss  tf 
einem    von    der    Fabrikkommission    unterstützten    Anizag 

M  Mandel  iintl  (ic werbe:  MM*. 


Arbeits) osenfHfsörgc  im  nllcii  Biisel. 


?57 


Fabrikanten   teilweise    zu    entspreciien,    indem    er    am 
Febraar    di*^    Landleute^    welche    grosse    Htiüile    der    E, 
l^iaterschaft     der     Posamenter     besassen ,     ebenfalls     der 
jenkasse    unterstelltet)      Damit    waren    nun  die    letzten 
astÄnde    beseitigt    und    so    konnten    denn    die  ^Gnädigen 
lerren-  noch    am  gleichen  Tage    eine  ausfiihrliche  «Nach- 
it  wegen    Errichtung   einer  Arxoen-Caäsa    für    die  Band- 
krikarbeiter    auf    der    Landschaft^     an    die    Bevölkerung 


Am    L  März   1789   trat   die  Arnien-Cassa   wirklich    ins 

<?ben.     Zu    deren   Verwalt^iTi    hatte    der    Kleine    Rat    am 

12«  Januar    folgende   Herren   gewählt:    Ratsherr   Christoph 

arckhardt,   Präsident,    Dreierherr  Friedrich   Miineli,    Rats- 

direiber    Andreas    Merian,    Rechenrat    HieronynniH    Christ, 

lebt^r    Jakob    Christoph    Rosenburger    und    Alt-Land vogt 

emhard    äarasin.      Das   Sekretariat    führte    Weinscliroil>er 

Ibel  Merian.    Diese  verfügten  sich  erstmals  am   7-  Juli  1789 

asammen^  uru  den  auf  Johann i  fälligen  Beitrag  durcli  die 

Vertrauensleute   der    21    Bandfabrikanten,    der   Posamenter 

foüd  der  Fabrikanten  Henn  in  Zofingen  und  Meyer  in  Aarau^ 

fegen  2U  nehmen.     Das  Geld  wurde  ungezählt  in  einen 

Ben  Sack  getan  und  ^dieser  mit  einer  Nota  in  der  Cassa 

des  Weinschreibers  Kästlein  verwahrt  and  die  Schlüssel 

Herren  Präses  und  dem  Herren  Stadtschreiber  zur  Ver- 

ing    übergeben*^     Am   9.  Januar  1791)  trat    *lie  Kom- 

iiuiuoD    wieder    znsammen,    um     den    zweiten    Beitrag    in 

[leicher  Weise  entgegen  zu  nehmen.    Daraufhin  wurde  das 

ißeld  gezählt,  wobei  sich  ergab,   da^s  in  den  ersten   10  Mo- 

I  Haien  9<>t8  U  b  ß  eingezahlt  worden  waren.    Noch  am  gleichen 

[Tage  erstattete  die  Kommission  vorschriftgemäsa  dem  Oberst- 

hnnfuneister  Byhiner   zu  Händen  des    Kleinen  Rates    einen 

fiiLrführlichen  Bericfit    über    ihre    bislierigen  VerTiclittingen^ 

«lern  wir  folgendes  entnehmen: 

^Ds   wir    aber    in    den    Gedanken    stehen,   dass    Euer 
inaden    aua    gegründeten    und    politischen    Ursachen    die 


«)  ProtokoUc,  Kleiner  Rat   1789»  S.  27  und  65, 
ProtokoUe:  Oi*    Fabrikkomtaissioiit  S.  231  ff- 
»)  Mandata. 

0«ftler  2^tscbr,  L  Gesch.  und  Altehuiti.    VI,  J. 


17 


25« 


Han%  Jotieli. 


Summa  das  ganzen  Eitriges  so  viel  möglich  giiboim  balloQ 
möchten,  so  haben  wir  den  Ertrag  des  in  den  ei^en  10 
Monaten  gefallenen  Beitrags  in  einer  versiegeln  fieilaag 
notirt  nra  Hochdenselben  an  heim  zti  stellen»  ob  nnd  wiv 
derselbe  soll  verleben  oder  bekannt  gemacht  werden.  Sowia* 
wir  auch  des  ferneren  nnmassgebliche  Dafür Imlteni«  sb4 
das9  obsclion  dermalen  einerseits  die  Lebunsmittel  noch  in 
hohem  Preis  sind,  anderseits  aber  auch  der  Verdienst  dar 
sämtlichen  Passauienter  ganz  besonders  anhaltend,  gut  tunl 
ergibig  ist^  folglich  an  dem  nötigen  Unterhalt  kein  Mangel 
sein  kann,  noch  soll»  dass  ainä  dieser  Ürsach  von  dem  jotit 
in  dem  vergangenen  Jahr  zum  erstem  Mal  gesammelten 
Geltes  noch  kein  (rebranch  zu  machen  seye,  sondern,  da  der 
Endzweck  und  die  Absicht  der  obwaltenden  vortrefflichen 
nnd  für  die  Zukunft  so  gesegneten  Stiftung  nothwendig 
eine  alzeit  vorrätige  beträchtlich  Summa  haaren  Geltes  er- 
fordert^  die  nun  gesammelte  Summa  bis  auf  sich  ergebende 
Noth&lle  für  die  Passamenter  und  ihre  Seidenwinder  in 
Cassa  l>ehalten  werden  sollte,*') 

Obschon  der  Kleine  Rat  diese  Vorscliläge  billigte. 
er  sich  schon  am  16.  Juni  genötiget,  die  KommissioD 
SBuiragen,  „ob  und  was  bey  di€*ser  noch  immer  anhalte) 
Theurung  zu  Erleichtemng  der  imbemittelten  Arbei 
könnte  veranstaltet  werden.'**) 

Die  Verwalter  der  Armenkasse  versammelten  sich  tun* 
gehend,  um  die  Angelegenheit  zu  prüfen.  Sie  konnten 
eich  nicht  zur  Verabreichung  einer  ünt>erstützung  verstehen, 
so  gern  sie  es  auch  getan  hätten,  dagegen  waren  sie  für  eine 
Herabsetzung  des  Beitrages  auf  die  Hälfte.  Diesen  ihren 
Standpunkt  motivierten  sie  in  einem  sehr  beachtenswertdn 
Schreiben  an  den  Kleinen  Bat  wie  folgt: 

„Allerforderat  haben  wir  die  wegen  der  Armen-CassB 
gedruckte  Verordnung  eingesehen,  aus  deren  erhellet-^  daas 
die  erste  und  Hauptabsicht  dt*r  Stiftung  die  seye,  um  in 
verdienstlosen  Zeiten^  die  Passamenter  und  deren  Seiden- 
winder aus  dem  gesamieten  Fond  mit  anderweitiger  Arbeit 

*)  ProtokoUe:  O*.  Deputierte  tnr  PosatQenter^Anne&kasset  S,  j. 

Handel  und  Gewerbe :  M^U. 

•)  Protokolle,  Kleiner  Rat    1790,  S.  17a. 


Arbeitslosenfürtorge  im  alteu  Basel» 


^59 


unterstützen.  Wenn  wir  nun  die  gegenwärtige  Be- 
diaffenbeit  unserer  Bandfabriken  betrachten,  so  kann  rait 
rund  und  Einstimmung  der  Herren  Fabrikanten  8el]>8ten 
phiiupt4?t  werden T  dasa  dermalen  gar  nicht  fiber  Verdienst- 
Dsigkeit  in  den  Fabriken  kann  geklagt,  werden,  di^nn  wenn 
nch  schon  unter  der  überauä  grossen  Menge  von  Passa- 
leenteren  nicht  alle  gleich  viel  zu  arbeiten  haben,  so  ist 
och  im  Ganzen  so  viel  Verdienst,  dass  alle  die  sich  mit 
jflfler  Arbeit  abgeben  und  selbige  verstehen,  entweder  mit 
Ptesamenten  oder  Seidenwinden  iliren  Taglohn  und  Unter- 
balt  finden  und  erwerben  können,  so  dass  wegen  obwal- 
et  Verdienstlosigkeit  keine  Unterstüt^iung  aus  der 
Armen-Cassa  anzuwenden  wäre. 

Wenn  wir  aber  femer  in  dieser  angeflihrten  Veronlnung 
treehen.  dass  auch  überdies  in  ausserordentlichen  Fahlen 
die  errichtete  Armen-Cassa  zu  angemessenen  Unterstützungen 
dieBen  solle,  so  kann  man  füglich  die  gegen wärtigei  noch 
iuiiner  anhaltende  beträchtliche  Theurung  aller  Lebens- 
mittel za  solchen  ausserge  wohn  liehen  Fahlen  rechnen,  und 
&iiin  sollte  dem  ersten  Ansehen  nach  in  dem  Gedanken 
stehen^  dass  in  dieser  Rücksicht  einige  Unterstützung  an 
die  bedürftige  Classe  dieser  Fabrikarbeiter  nötig  wäre,  und 
abo  statt  haben  sollte. 

Allein  wenn  wir  allerforderst  in  ßetrachtiing  gezogen^ 

wie  die  nur  mit  vieler  Mühe  zu  Stand  gebrachte  und  erst 

wit  einem    Jahr   angefangene  Armen-Casaa  dermalen    noch 

einen  sehr  unbeträchtlichen    Fond  ausmache,   um   für  eine 

allgemeine  Noth   und  Unterstützung  verwendet  werden   zu 

köaneui    massen  wenn  wir    von  den  vorhandenen    ca.  2400 

hasamenterfamilien^   ohne   die  Seidenwinder,   nicht  einmal 

die  Hälfte  als  arm  und  bedüi*ftig  annehmen,  so  mirden  doch 

«cfaon  1200  Familien  unterstützt  werden  müssen,  und  wenn 

KIT   auf    eine   Haushaltung    nur    einen    halben    Sack   Korn 

orler  Mehl  rechnen»  (denn  von  Geld  Unterstützung  sollte  unserem 

Dafürhalten   nach   nie  die  Frage  sein),    so   würde   diese  für 

jeden  Einzelnen    so    geringe  Unterstützung    der    gesamleie 

Fond    beinahe    auf   einmal    erschöpfen,    wobey   noch    nicht 

unbemerkt  bleiben  kann,  dass  die  übrigen  12O0  Pasaamenter- 

familien^    die    nichts   erliielten^    über   die   geschwinde    Ver- 


lÖO 


Hans  JoDelL 


iheüung  und  Erscliöphing  ihres  besonders  auf  verdieBstlü»» 
Zeiten  gesamieten  gemeinsamen  Fonds  wahrsclieiiilich  sehr 
unzufrieden  und  mürrisch  sein,    und  in  dem  Gedaiiken  be- 
stürkt  werden»    dass  sie  also   nur   fiir  die    liederlicheu   mid_ 
sorglosen  Passamenter  sammlen  und  bej^ragen  müssen. 

Wenn  wir  überdies  femer  in  Erwägung  gezogen, 
für  grosse  und  fast  nicht  zu  hebende  Schmerigkeiten  ei 
solche  Unterstützung  haben  wiwde.  wenn  vorher  solche 
stimmt  würde,    was   und  wie  viel,    auf  was  für  ein©  W« 
und  an  wen  eine  solche  Unterstützung^  die  nicht  in 
bestehet,  sollte  gegeben  werden,  so  sind  wir  desto  einhellig 
Dafürhaltens^    dass  dermalen  aus  der  vorhandenen  Arm« 
Cassa  den  mibemittelten  Arbeitern  noch  keine  Unterstützmig^ 
wi'tler  in  Frucht  imd  MebK   noch  weniger  in    Geld  köfi 
zugedacht  werden. 

i         Wir   sind    auch    in    dieser    unvorgreiflichen    Meina 
nmsn   mehr    bestÄrkt    worden,    als    bekannt    ist,    dass  Eti 
Gnaden  schon    lange   sownl    für   die  weniger   bemittelte 
Burgerschaft,    als   auch    für   dero  Unterthanen    und  Hiiit< 
Sassen  in  lande» väterlicher  Weise  gesorget   haben,    da  von 
E.  L.  Fmchtkammer*)    bisher    Früchten    in  sehr  moderaten 
Preisen    von    15  U  und    18   ff,    und     zwar     auf    Begelaeö    i 
auch    nur  sesterweise   an    selbige   sind   abgegeben  word«^^ 
und    veriinitlich     noch    einige    Zeit    biss    die    vorhanden^^ 
schöne    und    reiche    Ernd    %vii'd    eingesamlet    sein,    werden 
abgegeben  werden^  welches  die  Passamenter,  die  aiich  allzeit 
baares  Geld  verdienen,  in  den  Stand  gestellt  hat,  um  diesen 
sehr    herabgesetzten  Preis   das  nötige  Brot    und  Mehl  sich 
anzuschaffen. 

Wenn  wir  aber  schon  Hochgeacht  und  Gnädige  Herrfl 
aus  den  bisher  angeführten  meist  oeconomischen  Gnlndeti 
in  den  unmassgeblichen  Gedanken  stehen,  dass  der  bisher 
gesammlete  Fond  der  Armen-Cassa  nicht  sollte  angegrifien 
und  dermalen  Tiichts  daraus  sollte  gezogen  werden^  so 
können  w^r  doch  dabey  nicht  in  Abred  stellen,  dass  so  wie 
bald  alle  Haunlmltungen  durch  die  anhaltende  Theuning 
in    ihren    häuslichen    Angelegenheiten    und  Vermögensum' 

V  KommUston«  die  den  obrigkciUicben  Fruchtbandel  besorgte.         ^H 


\  rl^ritklMonf  orsorge  im  alten  Busch 


26  t 


iiMÜir    oder    weniger    luogeti    gelitten    haben,    dasü 

anch  diii  Pasnatnenter  niüöse  betroffen  haben ^   dero- 

pu  wir    die  Freiheit    nehmen.    Euer  Gnaden    erlauchten 

aclicen  auheiDi  zu  stellen,  ob  nicht  in  Bot  räch  tniig  dieser 

undüter  Umstünden,    die  Passamenter    überhaupt   und 

Ganzen    durch   etwannige    Herabsetzung  —  und   zwar 

*      MMlfte  —  de8   bisher  Ijestimmt  gewesenen   Abzugs 

lg«    in    die   besagte  Armen-Cassa,    und  zwar    bis 

[bessere  Zeiten,  sollte  erleichtert  werden,  wobey  wir  aber 

f*ii'  \^*  Boin*n*kung  machen  müssen,  das«  in  diesem 

K.         jjiuden  belieben   möchte^    vorher  die  Gedanken 

r  Herren  Bandfabrikanten  hierüber  gefälligst  zu  begehren 

flieh  vorlegen  atu  lassen."  ^) 

Der  Kleine  Rat  übermittelte  um  19.  Juni  diesen  Be- 
dan  Bandbihrikanten  mit  dem  Ersuchen,  über  den 
rnthaltenen  Vorschlag  eine  Meinung  zu  äueaem. 
antworteteTi  schon  nach  einigen  Tagen  in  einem 
IhrUrhen  SchreH»en,  sie  seien  fa«t  eiiii^timmig  gegen 
vorgeschlagene  kt^duktion  des  Beitrags.  Hierauf  ruhte 
Angelegenheit  hinge^  und  als  endlich  am  80.  Mai 
Bericht  der  Verwalter  iind  das  Schreiben  der 
im  Kleinen  Rate  verhandelt  wunlen,  da  konnte 
r,  «du  stell  die  Umstände  geäuderf*  hatten^  von  den 
•0  Massnahmen  zu  Gunsten  der  bedrängten 
mgang  nehmen. ")  Wenn  wir  uns  den  Bericht 
Verwalter  vergegenwärtigen,  so  kommt  uns  das  Vor- 
des  Kleinen  Rates  geradezu  empörend  vor.  Wir 
•Ik"  '  "  ausser  acht  lassen,  dass  damals  in  Folge 
b^rrst  Kriegswirren    gar    manches    verschleppt 


'791   verfügte  die  Kasse  lien^it^  über  18,17B  ff» 
u    auch    für     sie    die     erste   Schwierigkeit    er- 
ilicli   die  Zinsbarmachung  des  Geldes.    Eine  solche 
ie  Fabrikant&n  als  gute  (fesciiditsleut^^  schon  wieder- 
i  VOCg>icfalftgiin>     Ihre  Ansicht  ging  dahin,    es  solle  das 
genügende  Sicherheit  zu  3  7«»  »o  die  Posamenter 

im«!  Gew«fbe'.  MM«. 
EiUe»  Kleiner  Rat   1790,  S.   173» 


262  Hans  Joneli. 

ausgeliehen  werden,  indem  man,  ,,wann  schon  die  jährlich 
fallende  Summe  sehr  beträchtlich  seye,  doch  die  Vermehnmg 
desselben  durch  Zinsbarmachung  nicht  aus  der  Acht  lassen 
müsse;  da  bekannt  seye,  dass  ohngefehr  9000  Personen^ 
also  etwan  der  dritte  Teil  der  ganzen  Bevölkerung  sich 
mit  Posamenten  und  Seidenwinden  abgebe;  mithin  in  vor- 
fallenden verdienstlosen  Zeiten,  eine  übergrosse  Anzahl  von 
Menschen  aus  diesem  Fond  unterstützt  werden  müsste, 
welches  natürlicherweise  einen  verhältnismässig  grossen 
Pond^  erfordere.  Ausserdem  fanden  sie,  es  würde  dieses 
„einen  guten  Effect"  bei  don  Posamentem  „bewirken*  und 
ihnen  „etwann  noch  habende  Zweifel  wegen  dem  Eigentom 
dieses  Fonds  benehmen.^  Darüber  wurden  nun  lange  Ver- 
handlungen gepflogen,  die  uns  zeigen,  mit  welcher  Sorgfalt, 
ja  Ängstlichkeit  man  damals  solche  finanzielle  Fragen  be- 
handelte. 

Die  Vei'walter  befürchteten,  durch  die  Anlage  eines 
Teiles  der  Gelder  könnte  sich  die  Besorgung  der  Kasse  nach 
und  nach  beschwerlicher  und  mühsamer  gestalten,  und  es 
könntt"!  ausserdem  der  niedere  Zins  für  die  Bürgerschaft  und 
die  Annonbeliördeii  von  nachteiligen  Folgen  sein,  weil 
der  gesetzliche  Zinsfuss  4®/o  betrage.  Um  nun  diesen 
Schwierigkeiten  zu  begegnen,  waren  einige  unter  ihnen  der 
Ansicht,  einzelnen  Gemeindon  mit  vielen  Posamentem  Kapi- 
talien bis  zu  30lX)  ff  zu  3%  vorzuschiessen,  um  diesen 
Betrag  an  ihre  (xemeindegenossen,  die  Posament«r  oder 
Seiden  winder  waren,  iu  kloinen  Summen  gegen  gehörige 
Sicherheit  zu  4  7^'  auszuleihen,  da  dann  die  Gemeinden 
den  Zinsübersc^huss  für  ihre  Bemühungen  zu  geniessen 
liättHU  und  die  Kassavei-Avaltung  nicht  mit  so  vielen  Debi- 
toren belaöt«^t  würdt».  Nachdem  nun  aber  die  Verwalter  auf 
der  Landschaft  nähere  Erkundigungen  eingezogen  hatten, 
kamen  sie  aus  viTschiedeneii  Gründen  von  dieser  Ansicht 
wiodt.a-  ab  und  .schlugen  ihnn  Kleinen  Rate  vor,  durch  Pub- 
likation in  (h^i  obern  Aintoru  Liestal,  Farnsburg,  Waiden- 
burg und  Homburg  bekannt  zu  geben,  dass  ein  gewisses 
Kapital  aus  der  Posam(Miterkasse  gegen  neue  ordnungs- 
massige  Obligationen,  nicht  unter  BOO  ff  an  Posamenter 
gegen  billigen  Zins  ausgeliehen  werde. 


Arbiiuloscaifiirsorec  im  alten  Ba&eL 


2^3 


IW  Klehic  Hat   wies  diese  Vorschläge  zur   Begntach- 

an   die  HaushaltUBg,    die  nach  Yerfltiss   eines   Jahrea 

auAfdhrtidit's  Memorial  eiiisuudte,    Sit*  war  der  Ansicht^ 

CBltoo  in  erster  Linie  darauf  Bedacht  geuomuien  werden, 

stets  eine  «erkleckliche  Summe  an  Baarschaft  in  dieser 

»iH,    daun't  Sit»  ihrem  eigentliclien  Zweck   luoht  ent- 

werde.     Deshalb    rnüstie    auf    alle    Fälle  weiiigatens 

Hälfte    des    Betrages    in    der    Kas.se    gelassen    werden. 

tlw  Zinsbanuuchung  der   and<M*ti   Hälft«   aber  gingen 

kl       '       '   aufeinander.    Die  Minderheit  wollte  von  einer 

T»  iles   dt*.s  Geldes  auf  der  Landschaft   niehls 

le    solche    im    Interesse    der   Ärmen- 

^k^u   und  d*:^r  liurgernchait  bedenJdich*   Wenn   es  denn 

pehen  werden  müsse,    so   solle   man  es  wenigstens   in 

It  oder  auswärts  anlegten, 
Db  Mehrheit  aber  war  mit  den  Vurschlügen  der  Ver- 
iig  einverstanden.  Sie  fand,  der  Fonds  sei  nicht  so  be- 
1^  daKSSt*int^  Zinsbarmaclmng  derBürgerscliaft  Schaden 
kdntie«  namentlich  da  diese  bereits  Geld  su  2  Vs  und 
Ivolke  anbiete.  Es  sei  auch  nur  billig,  dass  das 
L;  ,:  uen  angelegt  würdt*,  welche»  dazu  heigetragen 
Auf  die^e  Weise  könnte  auch  das  Miss  trauen  be- 
werden,  das  bei  einem  grossen  Teil  der  Posamenter 
aden  sei,  was  aber  nicht  der  Fall  wEre,  wenn  der 
iiinebt*hciltene  Arbeitslohn  in  der  Stadt  oder  gar 
Terliehen  würde.  Am  2.  .luni  1702  wtirde  die 
im  Kleint*n  K^ite  behandelt  und  beschlossen  : 
•Wird  ii^stgesetzt,  dass  his  aiif  weitere  Verordnung  die 
d#r  Beitrtige  un angelegt  bleiben  solle.  Betreffend 
tuiderei  Hülff«*,  SO  sollen  die  Bedencken  und  Berichte 
HH.  Bandf.Hbrikanten  zugestellt  werden,  um  meinen 
H.  ihr^  Vorschläge  einssugelien  und  ob  sie  nicht  einen 
•il  davrin  übernehmen  möchten,  zu  berichten.  Indessen 
'  LH^n  aufm  Lande  ausgestellt.^ 
uahme  ein^s  Teiles  des  Geldes  wollten 
abisr  die  Fabnkanten  begreiflicherweise  nichts  wissen, 
«nf  eitiü  Molcbi*  Weise  das  Misstrauen  unter  den  Ar- 
pm  ttiir  noch  gesteigert  worden  wäre.  Dagegen 
^m  vor,  man  solh^  es  ruhig  tler  Verwaltttng  ttber- 


264  Hans  Joncli. 

lassen,  wie  bis  anhin,  so  auch  künftig,  das  flüssige  Geld 
gegen  gute  Hinterlage  anzulegen.  Dieser  Ansicht  pflichtete 
der  Kleine  Rat  am  27.  Juni  1792  bei,  womit  diese  erste 
Schwierigkeit  gehoben  war.  ^) 

Anfangs  April  1793  meldeten  sich  viele  verdienstlose 
Po^menter  und  Seidenwinder  aus  dem  Zyfnertale  beim 
Präsidenton  Burckhardt,  um  eine  Unterstützung  aus  der 
Kasse  zu  erwirken.  Dieser  erklärte  ihnen  jedoch,  er  sei 
von  sich  aus  nicht  in  der  I-Äge,  ihrem  Begehren  zu  ent- 
sprechen. Die  Venvaltung  könne  die  Frage  einer  Unter- 
stützung erst  dann  prüfen,  wenn  seitens  der  Landvögte. 
Ijandgoistlichen  oder  Band  Fabrikanten  gehörige  Anzeige 
gemacht  werde.  Als  sich  aber  die  Besuche  mehrten, 
veranlasste  Burckhardt  das  Kollegitim,  der  Sache  doch 
näher  zu  treten.  Und  so  wurden  denn  am  10.  April  die 
Baudfabrikanten  und  der  Landvogt  von  Waidenburg  er- 
sucht, darüber  zu  berichten,  ob  wirklich  Verdienstlosigkeit 
auf  der  Landschaft  herrsche  und  ob  die  Klagen  der  Posa- 
nienter  berechtigt  seien.  Der  Landvogt  von  Waldenbnrg 
nalim  riarauf  im  Zyfnortale  und  einigen  nahe  gelegenen 
Dörfc^rn  eine  Zählung  der  Verdienstlosen  vor  und  sandte 
nach  Vorfluss  von  drei  Wochen  deren  Ergebnisse  ein. 
(jloichzeitig  antworteten  auch  die  Bandfabrikanten.  Sie 
waren  fast  einhellig  der  Meinung,  der  Sommer  sei  nicht  der 
Zeitpunkt .  um  Unterstützungen  auszurichten.  Dieser  Ansicht 
stinnnK»  auch  di(*  Verwaltung  in  ihrem  Bedenken  an  den 
Kloinen  Rat  zu:  sie  fand,  man  solle  wenigstens  den  Winter 
abwarten,  weil  sclir  viele  Sei<hMibandarbeiter  nun  anderweitig 
Verdienst  fänden.  Ausserdem  sei  die  Zahl  der  Arbeitslosen 
nii-lit  so  gross,  auch  befänden  sicli  (lanmter  viele,  die  als  lieder- 
liche Arbeitt?r  seit  Jahren  nicht  mehr  für  Baudfabrikanten 
gt*arl)nit<*t  hätU'U,  mithin  auch  kcMue  Unterstützung  erhalten 
könntiMi.-) 

«)   I»rotolvol]c:  04,  S.   5  tV. 

Protokolle,   Kleiner  R:U    i;«)!,  S.  hs,. 

Protokolle,  Kleiner  Rat    1792,.  S.    5«)  fi".,    177,   211. 

Flandel  und  (rewerbe:  MMj. 

-)  Protokolle:  O^.    S.  22   IV. 

Handel  und  Gewerbe:  .MM4. 


1 


Arbettslosenfursorge  im  allen  Basel, 


265 


,Der    Kleine    Rat   wies    das    Bedenken    wieder    an    rlie 
Ittmg   zurück,    am  von    ihr  neue  Eröffnungen  zu  er- 
Iten.     Ain    29,  Juni    vertilgte    aieh    die    Versvalttmg    zu- 
imen,  bei  welchem  Anlasse  der  Präsident  eröffnete,   „rlasg 
BehÄndhing    ol>igen  Bedenkens   hey  U.  (in.  Herren  die 
ftnken  dahin  gegangen: 
I L  dass  die  Herren  Deputierten  vorläufig  beraten  möchten, 
wie    allenfalJs    gegen    den  Winter    die    verdienstloöen 
Passamenter  und  Seidenwinder  zu  unterstützen  wären. 
|2.  daas   zu    Hebung    alles    Mistrauens    der    Passamenter 
gegen  die  Passamen ter-Cassa  ab  der  Landschaft  einige 
Passamenter  möchten  in  die  Stadt  beschieden  werden, 
um    ihnen    die    nötige  Einsicht  über    die    Verwaltung 
zu  geben,   auf  welch  letzteres  stmdeiiich  Tliro  Gnaden 
Herr  Bürgermeister    Debary    angedningen  hätten.'^ 
Bezüglich  des  ersten  Punktes  wurde  beschlossen^  die  Be- 
I  mtongen  auszustellen,  da  eich  die  Deputierten  nur  in  kleiner 
'  AtiEahl  eingefunden  hatten^  und  „die  gegenwärtigen  Kriegs- 
operationen und  die  vorstechende  Frankfurter  Messe  einigen 
Einflaga   auf   die   mehrere    oder  mindere  Verdienstlosigkeit 
<Ier  Pftfieamenter  gegen  den  Winter  haben  könnte^, ^) 

Um  die  zweite  sich   ergebende   Schwierigkeit,   nämlich 
das  Misgtrauen  der  Landbevölkeniug  zu  beseitigen,  war  man 

KBditig  einverstanden,  auf  einen  bestimmten  Tag  einige  ver* 
nftige,  rechtschaffene  und  beniittelto  Männer,  welche  das 
Vertrauen  der  Posamenter  besassen,  vorzuladen.  Diesen 
wollte  man  bei  nächster  Lieferung  des  Beitrags  in  die  IiLasse 
^e  nötige  Einsicht  und  Auskunft  über  die  Verwaltung  der- 
selben erteilen.  Die  Zahl  dieser  Ausschüsse  wurde  auf  sieben 
festgesetzt,  nämlich  drei  aus  dem  Amt  Waidenburg,  zwei 
Äos  dem  Amt  Farnsburg  umi  je  eini>r  aus  den  Ämtern 
Jpiuburg  und  Liestah 

H    Wirklich    erschienen    am    IIL  Juli    die   Ausschüsse   big 
Inf  einen.    ^Nachdem  gut  befunden  worden,  jeden  derselben 

Kden  Gang  und  Versäumnis  mit  einem  halben  Neuthaler 
der  Cassa  zu  entschädigen ,  mit  der  Anzeig,  dass  dieses 
die  erste  Ausgabe  seye^    so  aus    der  Cassa   bezahlt  worden^ 

>>  Protokolle.  Kleiner  Rat   1793,  S.  21t. 
Frotokone:  Ou  S.  26. 


266  Hans  Joneli. 

massen  bisher  alle  Ausgaben  für  den  Schreiber,  den  Stadl- 
bott,  für  Geldsäck  etc.  von  U.  6.  HH.  bezalt  und  vergütet 
worden  seye,"  wurden  die  Ausschüsse  hereingerufen  und 
ihnen  vom  Präsidenten  mitgeteilt,  „dass  unseren  Gn.  Herren 
mit  Missfallon  zu  vernehmen  gekommen,  dass  unt^r  den 
Passamentern  noch  immer  Leute  sich  befinden,  welche 
nicht  nur  wegen  Errichtung  der  Passamenter-Cassa  Unzu- 
friedenheit äusseren,  sondern  Selbsten  wegen  der  Absicht 
und  der  Vorwaltung  derselben  Zweifel  und  irrige  Begriffe 
haben,  dahero  Hochgedacht  Uns.  Gn.  Herren  aus  landes- 
väterl  icher  Güte  und  Gnade,  den  H.Deputierten  zur  Passa- 
menter-Cassa den  Auftrag  erteilet,  einige  Passanienter  ans 
den  obern  Amtern  der  Landschaft  anhero  zu  bescheiden, 
um  ihnen  zu  Händen  der  übrigen  und  zu  ihrer  Uberzen- 
gung  und  Beiiihigung  die  nötige  Auskunft  und  Einsicht 
zu  geben  und  zu  gestatten;  zu  dem  End  wurden  diese: 
Männer  boy  der  Errichtung  und  dem  Endzweck  der 
Fassamenter-Cassa  auf  die  gednickte  und  im  ganzen  liind  '. 
publicirte  Vorordnung  vom  14.  Februar  1789  verwiesen. 
We^en  der  Verwaltung  aber  wurde  ihnen  aber  Auskunft 
und  P^iiiHicht  t»rt(»ilet,  und  aus  dem  Einnalim-  u.  Ausgabbach 
v()r^eli»snn.  avjis  bisher  eingenommen  und  was  und  wohin 
davon  angelegt  und  zinsbar  gemacht  worden.  Wo  dai 
übrige  (if»ld  verwahret  sey,  imd  dass  von  den  3  Schlüsäel, 
drey  HorrcMi  Jeder  Einen  habe.  .  .  .  Sodann  waren  dieae 
Passanienter-Ausschüss  gegenwärtig,  da  die  Beitrag  von  dan 
hiesigen  und  frenuh^n  Herron  Fabricanten  und  den  hiesigen 
Passanientern-]\Ieistern  geliefert  wurden  —  und  wurde  ihnen 
erklärt,  wie  solcht^  gt^sanilet  werden  —  anbey  die  Anme^ 
kung  gemacht  —  dass  wenn  schon  das  Passamenten  über-  4 
haupt  (Miiigon  Stillstand  habe,  durch  laut  der  jetzt  gefallenen  -■ 
Summe  erheh»,  dass  in  dm  letzten  6  Monaten  noch  mehrere  ; 
Hundert  Tausend  Pt'undt  Arbeitslohn  an  die  sämtlichen ; 
Passaiuf'nter  seyon  bezahlt  worden,  imd  also  noch  keine  90 
allgemeine  Verdienstlosigkoit  stattfinde,  dass  dato  schon 
eino  allgenioinc  T^ntorstützung  Platz  greifen  solle. 

Nachdem  nun  diese  Ausschüsse  über  alles  Auskunft 
erhalten,  so  wurde  ihnen  nochmals  aufgetragen,  bei  allen 
Gelegenheiten  ihren  Mit-Landleuten  bekannt  zu  machen,  m 


1 


AfbeitftioficnfilrsQrgc  im  iütcn  BaseK 


267 


tit   tinr  EU    thoii  verspraciien,    sondern  sich  auch  für 

ibnea  orwii^dene  Gnad   und  Güte  bedanket;   und  nach- 

je<lMU    d**r    üben    erkannte    '/^   Neuthaler    icugestellt 

^    c^aben  sie  eich  wieder  auf  den  Heimweg."*) 

1*     der    Anstosa    zu    dieaen     Ausschüssen     vom 

»«n    EjbAv    uuijging,  wunle   im  Schosse    dieser  Behörde 

Juli  ein  Anzug  gestellt  und  angenommen^  die  Kom- 

>n   ^llt*   b»^richten^    auf  welche  Veranlassung   und    auf 

Iwm  Btifehl,    wie   auch    auf  welche   Art    die    Landleute 

fcn  worden  seien.^ 

lurch    fühlte    sich    die  Verwaltung    sehr   beleidigt^ 

ili*tf«    aber    doch    getreulich    und   bemerkte,     die    Süt* 

pr   9men    bereit^    ihre  Stellen^   die   sie  ^ weder  gesucht 

erschmeichelt*  hätten,    andern    abzutreten.     Die  Ver- 

Bg  hüL)!«  ja   nur   im   Einverständnis  mit   dem  Kleinen 

Igtihdndell,  wenn  sie  die  Sache  nicht  publik  werden  liess. 

[l>i»r  Kleine  Rat   Hess   es  denn    auch  am  T.August  mit 

Ifericht-e   b«* wenden  und   bezeugte  L.  Kommission   sein 

lägen.' i 

ganz  unberechtigt  scheint  nnn  aber  das  ^lisstrauen 
nicht  gewesen  zn  sein;  denn   in  der  gleichen 
ag,  r    die    Ausschüsse    empfangen    wurden,    bo- 

dio   Verwaltung   der    Kasse  ^    den   Präsidenten    der 
1^  n,   J.  J*  Bachofen,    zti  ersuchen,    ,,samtlichen 

i*  u  die  nötige  und  begründete  Vorstellung  zu 
bfn,    daÄ*  die  Herren  Deputirten  in  Zukunft  nichts  aU 
Gdt,    woran    sich    kein  Verlurat    ergeben    wirdt,    er- 
ansonsten    V       "   n  nach  Pflicht  und  Gewissen  ün. 
dii%H>n    t  lg  timn  müssten.'*     Es  hatte  sich 

«rg«»ben,    dms   schon    öfters,    namentlich    aber  am 
iLnlä9!^lich    der    Lieferung    des    neunten  Beitrages» 
,J.,r.,..  i.liff^^n^  Silber  Gelt  und  Müntz,    nicht  gang- 
i   tind   ganz    leichte,    abgefeilte  franzijsische 
l^oni   atien    Geprägtes "*    zum    Nachteil    der   Kasse    ge- 
worden waren/) 


»i  .ncr  IUI   i;«}^.  S.  267 


268  Hans  Joneli. 

Da  anfangs  1794  wieder  ein  beträchtliclier  Beitra 
•die  Kasse  fiel,  sah  sich  die  Verwaltung  nicht  veranlasst 
ausgestellte  Beratung  wegen  einer  Unterstützung  der  ] 
menter  vorzunehmen,  namentlich  da  auch,  wie  aus 
anfangs  1795  eingegangenen  Bericht  für  1794  zu  entnol 
ist,  die  Geschäfte  anhaltend  gut  gingen.  Dagegen  sta 
die  Fruchtpreise  unerhört  hoch,  weshalb  sich  der  E 
Biat  am  31.  März  des  erstgenannten  Jahres  veranlasst 
die  Landvögte  um  einen  Bericht  anzugehen.  Üb< 
stimmend  berichteten  denn  der  Obervogt  Gemuseus 
Homburg,  der  Obervogt  Hagenbach  von  Famsburg  un< 
•Obervogt  Müller  von  Waidenburg,  es  sei  einstimi 
Wunsch  der  Posamenter,  dass  der  Beitrag  an  die  Ai 
kasse  abgeschafft  werde.  In  demselben  Sinne  äusserte 
eine  zahlreich  unterschriebene  Petition  aus  Sissacl 
welcher  ausgerechnet  wurde,  dass  ein  Posamenter  jäl 
416  ff  10  ^  0  4  verdiene,  dagegen  für  Stuh 
Winden,  Einschlag,  Faden,  Öl  und  Licht,  Botenlohi 
die  Armenkasse  269  ff  13  ^  4  ^  verausgabe,  so 
ihm  nur  146  ff  16  ^  8  cj  blieben,  womit  er  „sich 
sein  Weib  und  Kinder  in  Speis  und  Trank,  Kleidung 
allen  andoren  Notdurft,  gesund  und  krank,  erhalten, 
alle  andereu  Abgaben  daraus  abrichten  müsse."  *) 

Die  Eingaben  wurden  vom  Kleinen  B*ate  den  ] 
fabrikanten  zugestellt  mit  der  Bitte,  der  Kommissioi 
Armenkasse  einen  Bericht  einzugebeu.  Diese  antwo; 
am  16.  April,  „dass  dieser  Beytrag  zwar  sollte  beybel 
werden,  bis  ein  genügsamer  Fond  beysammen  wäre,  i 
verdienstlosen  Zeiten,  wann  die  Fabriquen  allenfalls 
Stillstand  erlitten  und  die  Arbeit  ins  Stecken  gei 
denen  Arbeiteren  auf  andere  Art  Unterstützung  zu 
schaffen;  indeme  es  bey  gegenwärtigen,  obwohl  th 
Zeiten  wo  die  Fabriquen  im  besten  Gange  sind  un 
Arbeiter  vollauf  zu  thun  haben,  und  am  Verdienst  ] 
weniger  als  Mangel  leiden.  Schade  wäre,  wann  eine 
herrliche  Stiftung,  deren  Einrichtung  viele  Mühe  gel 
und  die  bis  dato  ihren  schönen  Fortgang  und  Nutzen 


*)  Handel  und  Gewerbe:  MM4. 


ArtiriUto«enfär«OT|*e  im  alten  Basüel, 


2bq^ 


i¥T  oder  auch  nur  für   oiriige  Zeit    oingest^Ilet  lUid 
i»bpu    würdcj    und   schwer    —    schwerer    als    nie    — 
I«»   e«   hernach  halten,    sie  wieder    einzuführen    und    in 
zu  bringen. 

rmnit    auch    alh^nfallö  Unsere   Gn*  Herren   gut   finden 

in  Angehen   des  Beytrage»  zu   dieser  Armen-Cassa 

dtinnaligtni    Ztäten    etwa-s    abznändei*n,    so    iiud8ert«5n 

von  unSj    die  jedüch   auch   der  Majora  beygeütixunit^ 

I  Gedanken  dahin^    dass  in  diesem  Fall  wenigstens  nur 

lelfile  des  Btntnigä,    nicht  aber  da«  Ganze    auf  einmal 

m  werden  tnöchte.     Nur  eine  Meinung  ging  da- 

dieser  Beytrag  bis    ein  Jahr  nach   dem   Frieden. 

ft  werden/ 

iv'Miiuission    ihrerseits    beantrugti*    ebenfalls,    den 

flicht  gan^    fallen  zu    lassen,    war  dagegen    in   der 

^ung  Ob^  die   Beibehalttmg   des    ganzen  Beitrages  ge- 

*t      '     'itit  ötioHute  für  den  Status  ijuo,  dagegen 

it  denselben  auf  die  Hälfte  heruntei^setzen, 

liitlelpreis   der    Frucht    wieder    unter  6  Neutaler 

T'  h  war  also  der  Fall  bereits  eingetroffen,   der 

'^-  run!^   der  Kasse    für   die  Verabfolgung    ein»*r 

^    -i-  massgebend  angenommen  \inirde.*) 
[lier   Kleine  Rat   aber  beschloss   am  10.  Juni  1796^    es 
beim   Bisherigen  bewenden    zu  lassen.    Immerhin 
'di»  V#*rwalier  ersucLt,    bei  der  nächsten  Rechnung 
mosgi*  Posamentor  vor  sich  zu  rufen.*) 

"      r    Ratserkanntnis    wurde    ^^eder    in    die 
..  ..    geschrii^ben^    am    24.  Juli    eine    gleiche 
mso  vtm  Posamentern   in  die  Stadt  zu  senden, 
»lahre   1798,  jedoch  «us  andern  Dörfern   als  damals. 
LOfwM'JiÜÄse    erschienen  ?.ur  festgesetzten   Zeit,    und    (»s 
ilii]<*n   wi»»   ihm   frühem  Kinsicht    in    die  Verwaltung 
g^w&brtf    nachdem   ihnen   der  Präsident   vorher 
if    des  femtini    und  ung^sehmülerten  Bei- 
p^.    .   ..L   hiitte.    Darauf  wurden  die  Männer  wieder 
•und  gut  befunden,  ihnen  wegen  dem  schlechten 

ta«Mi  » 
l'fotokolK  «7*J5»  S*  137* 


2JO 


Hans  Joneli. 


Regenwetter   anstatt  wie  vorhin    einen    halben  Neutalor 
rei  80  jedem   ab    Taglohn  aas   der  Posamenterkasse 
Hitellen.^ ») 

Mit  dem  Jahre  1795  verstuimiien  dann  die  Klagen  öh 
Verdienstloöigkeit  und    teure  Zeiten.     Die  Bandfabiikadol 
erfreute  sich   eines   andauernd   guten  Geschäftsganges, 
aus    den    hohon    Beitragen    ersichtlich    ist^    die    alle 
Monate  eingingen.    Infolge  dessen  war  der  Fonds  im  Ja 
17^*7    bereits    auf    nahezu    lOO^OCX)   ff    angewachsen. 
Bandfabrikanten    fanden  daher,    er   sei  nun   hinlänglich 
ötarkt,    um   im   Notfälle  zu  dienen.     Daher  beantragten  i 
am  6.  Januar  1798   in  einem  Schreiben  an   die  Verwahti 
desselben,    den   Beitrag   auf   die  Hälfte  herabzusetzen,    Eä 
vollständiger  Erlass   des  Beitrags  schien   ihnen   einstw'oilo 
noch  nicht  ratsam  zu  sein,  da  die  Zinsen  nötigenfalls  aic 
ausgereicht  hätten. 

Die  Kommission    war    mit    diesem    Vorschlag    eiuvc 
standen  und  empfahl  ihn  daher  dem  Kleinen  Rat«  zur 
nähme.     Immerhin    fand    sie    es    für  angezeigt,    dazu   n^x 
zwei  Anregungen  zu  machen.   Wir  entnehmen  darüber  de 
Bericht  was  folgt: 

^Da  wir  aber  zugleich  überzeugt  sind^    ihuss   wu^  die 
Anstalt  zum  Besten  der  Passamenter  errichtet  worden,  di^ 
selbe  auch  den  Fabrikanten  selbst  in  vorkommenden  FaU« 
Ton  Nutzen  seye,    wann    ihre  Arbeiter    daraus    können 
tröstet  werden,    so   nehmen  wir  die   Freiheit  Euer  Qnada 
anzuraten,   den  Herren  Bandfabrikanten  wissen  zu  mache 
dass    Hochdieaelben  gern    sehen  würden,    wenn  die    Her 
Bandfabrikanten  die  abgetane  Hälfte  Beitrag  aus  dem  ihrij 
als    einen  frey  will  igen    Beitrag    zu    dieser    Cassa    ergäna 
würden^   als  welches   notwendig  die  Arbeiter  zu  grössere 
Vertrauen  und  Dank  leiten  würde. 

Wir  glauben   dieses  Euer  Gnaden  umso   mehr  anra^ 
zu  dürfen,   als  uns  eröffaiet  worden,  dass  mehrere  H. 
fabrikanten   den    gleichen   Oedanken   haben   und   denselben 
erfüllt  zu  wissen^  kund  thun. 


<)  Protokolle:  O*.  S.  44. 


Arli^tt«lo«(cnfün>orge  im  alten  Basel. 


27t 


Tem&m  wünschen  wir^  dass  Ew.  Gnaden,  wie  schon 
go^diehen,  «inige  Ausschüsse  aus  den  betreffenden 
_  ri  auf  eine  bestimmte  Zeit  wollten  anhero  be- 
i^Aen,  nm  i]iueu  die  Verwaltung  der  Cajssa  nebst 
>lig]itioncn  und  Geldvorrath  einseben  zu  laasen,  um 
Ilen&Us  hegende  Misstrauen  benehmen,  welches  dann 
lahr,  oder  von  Z»^it  zu  Zeit  beseheben  sollte. "^  *) 
)ni  Be4lenken  wurde  am  13.  Januar  im  Kleinen  Eate 
Die  Behörde  beschloss  wegen  der  Beitrags* 
%ng  »in  Gutachien  der  Bundtalinkanten  einzufordern, 
der  Einberufung  der  Ans^ilülsso  eiI^mi-  uHrli  dem  Be- 
f»n  zu  verfahren.  *t 

)araufhtn  antworteten  die  Bandfabrikanten  am  21.  Januar: 
fRiitHm  wir  einhellig  den  von  unseren  Bandarbeitern 
liiflber  inne  behaltenen  Boytrag  zur  Passamenter- 
C&sfia  von  morndrigen  22.  Januar  an  einzuötellen 
nuUiig  eracht.et,  iina  aber  zugleich  dahin  vereinigt^  da 
wir  von  dem  Nutzen  der  Fortdauer  dieses  Institut« 
llberzeagl  sind:  dass  ein  jeder  von  uns  die  Hälfte 
d«niil)«  90  bisher  den  Baudarbeitern  als  Beitrag  am 
Lohn  inne  behalten  worden  iat,  aus  dem  Seinigen 
bejseica  legen  wollen,  und  zwar  für  so  lange,  bis  daas 
Übf»r  zwirckmässige  Anwendung  von  Zinsen  und  allen* 
falls  fernem  zu  bestimmenden  Beitrag  zwischen  Aus- 
jektoaan  von  uns  den  Bandfabrikanten  und  Au^ 
m  von  Lundbürg^rni  so  Passamenter  sind^  ein 
iTerkomamis  zu  Stande  gekommen  seyn  werde. 
!  Wftnarhen  wir  einhellig,  dass  die  Verwaltung  dieser 
PiWiamentr?rkan8a  uns  den  Bandfabricant^^n  und  einer 
^eichmisatgen  Anzahl  Ausschüssen  von  unsern  Land* 
Arbeitern  unter  obrigkeitiicheni  Präsidio  in  Zukunft 
ftbtirirmgen  ^  *  '  bisher  verwaltende  E.  Deputation 
•  FiMsair  i  aber  ihren  letzten  Status  drucken 


:iimhjger  Wunsch^    dass  die  Summe  des 
^^-._cn  OapitalSf    anstatt  wie    solche    anfing- 


l*iotiikoile.  KkiiKr  fUt  J79^,  S.  t\. 


27-  Hans  Joneli. 

lieh  und  bi»  dato  aiif  die  Hälfte  des  Ganzen  bestimm 
war.  nunmehr  auf  zehntausend  Pfund  fixiert  und  alles 
übrige  zinsbar  gemacht  werden  solle."') 

Der  Kleine  Eat  nahm  am  24.  Januar  von  diesen  Vor- 
schlägen Kenntnis  und  beschloss  hierauf; 

^AVird  die  Verfügung  wegen  eingestelltem  Beytrag  der 
Arbeiter  genehmigt,  über  das  generöse  Anerbieten  der  HE 
Bandt'abricauten  aber,  welches  anmit  angenommen,  soll  den- 
selben E.  E.  u.  W.  W.  Raths  Dank  und  Vergnügen  bezeugt 
worden.     Die  übrigen  Vorschläge  werden  ausgestellt."  *j 

Unterdessen  war  auch  im  Kanton  Basel  die  Eevolution 
ausgebrochen.  Infolge  des  siegreichen  Ausgangs  derselben 
legte  der  Grosse  Eat  am  5.  Februar  die  Gewalt  in  die 
Hände  der  Nationalversammlung  nieder,  an  die  die  Posameuter 
sofort  f()lgenti<^s  Schreibon   richteten: 

Freyhoit  Gleichheit 

Ein  igkoit  Zutrauen 

Lieb(»  Mitbürger! 
Da  wir  durch  die  Leitung  Gottes  die  Zeit  erlebt 
haben,  dass  Gloichhoit.  Froyheit  und  Beschützung  des 
Eigontlmms  das  allgemoino  Losungs-Wort  ist,  so  ist  man 
allgonieiii  be^laubt.  dass  die  Passam enter-Cassa  denen, 
wel(jh(*n  das  darin  bol'indliche  abgezogen  worden,  eben  so 
wohl  ihr  EigiMitlium  Roy.  als  andern  Professonen  ihr  verdientes 
(iolt. 

AVir  wissen  wolil,  dass  bey  Stiftung  derselben  auf 
Guttes  abgi\solion  wM)rdeii,  um  den  Armen  in  dürftigen 
Zeiten  auf/.iilielfon.  und  sie  zu  unterstützen;  Wir  wüflsen 
abfM*  auch  und  hal)on  os  mit  Bedauern  erfahren,  dass  hev 
den  allörl)Mtrül)tesien  und  schwersten  Zeiten,  da  der  arme 
PassaniHnter  (his  j\h»lil  auf  seinem  Rucken  hat  herzutragen 
müssen,  solchen  Abzug  nicht  nur  nicht  eingestelt  worden, 
sondern  dass  man  nicht  Einmal  den  l)edürftigsten  Armen  etwas 
davon  hat  zutliessen  lass<»n,  und  einem  Jeden  noch  immer- 
fort von  seinem  mit  saurer  Mühe  erworbenen  Arbeita-Lohu 
mit  (lewalt  abgezog(?n.  oh  man  sieh  schon  damals  gemein- 

h   Mandel  und  Gewerbe:  MM*. 

*l   Protokolle,  Kleiner  Rat    170S,  S.   27. 


Afiicililaiailftftorge  im  altini  Ba>eJ. 


^73 


einige    Mubl    in    iiDt^rthänigstpr    Ansncliaug    an 

Ere  flamala  gonaunteti  Gtilkligen  Herren  gewaiit  so  war 
alki»  viirgohens  und  wir  al1«.«mahl  mit  Spott  imd  Hohn 
L»r   abgewiei?*,^!!.     Einige   »»ogar,    welche    es  wtigten   nur 
reuig   froy    darüber  zn    sprwhen^    wurden    im  Gefang- 
Eingf9sp«4rrt  und  in  einem  Hohen  Hanse  alhier  wurde 
Hantit  der  dieser  S     '  i  einen  Kanzley-Befehl 

te.    mit   der  Antwoi  get:   Ja.   man  wird  dir 

goli\.'n,  aber  an  Karren.*) 
l>  '      s)  wollen  wir  nnn  vergessen,  die  Zeiten  haben 

Ij,,.  ..-.-  geändert,  doch  da^  geben  wir  noch  Jedermann 
^rwftgung,    das«  bey  obgemeldeten  schweren  Zeiten  ein 
Profesfiionist  den  Lahn  und  Preiss  seiner  Arbeit  ver- 
and  verdoppeln  konnte^    biss  er  die  drückent  und 
Ä*iti*n    hat   bestreiten    können.     Nur    der   Passe- 
liter allüin  hat  bey  iseiner  Tax  bleiben  müssen,  ohne  daas 
StUleateben  des  Abzngs  g^niacht  wTirde. 
fir  wnnftU'n    zwar   und  erkennen  es  auch,    dass  unter 
Bandfabrikanten  Herren  waren,  die  unsere  Noth  sahen, 
derselben  durch  Wohlthateji  abzuhelfen  suchten,  aber 
rn  nur  wenige,  und  ihre  Macht  war  eingeschränkt. 
?n  Ton   der  Mehrheit  der  andern   überstimmt^    und 
Vehrhmt  der  Ijandleute  musste  die  Härte  der  Mehrheit 
'     '  I  ren, 

.   .Jigkeit  mixile,  sind  wir  nun  aUgemein  ent- 
kMQMii,  so  gnt  ab  für  die  Freyheit,    wegen  dieser  Hache 
[Eaf^m,  haben  aber  «las  gntte  Zutniuen  zu  uns^^ni  Lieben 
und    neuen  ^'      ^  :iebem,    sie  werden    unsem 
iU    verachteten    e  Mterstand    txachten    aufzu- 

mid  uni  iini»er  vorenthaltt.mes  Eigentham  zusichern. 
rb«r  die  allgemeine  Frey-  nn<l  Gleichheit  bezeugen  wir 
blUirii    growe    Freude,    aber    unsere  Freude   ist    nicht 
vt)Ukommea,   biss   uns    die  Beschützung  und   gewisse 
»be  unsüre«  Eigenthmns  versprochen  ist. 
WegBn    der    •■--  ''frhen    Rückgabe    wollen    wir    gern 
JMrtfm,   bi«ii  ihr    i  \*i  Mit-Bürgcr  neben   den  Eurigen 

^^^         j»lf»  Mad  %7*$S  wAren  in  Bubcndorf  fiinf  utibeicrholtene  roiatnefiltf 
^^^■1  «d4  botraft  «ordco,  wdl   »e  über    die    Po£aroroterk«u43  « ungtict« 
PPRf'Ak'f  bAttca.  <Vcf|>L  ProtokoUe,  Kleioer  Rat  ir^ij»  S,  172.) 
tmimd^  l  Omi^  md  A4i«fitmi.    VT,  L  18 


] 


274  Hansjoueli.  ^ 

j 

wichtigon  Geschäften  Zeit  erhaltet,  auch  diesen  Artilwl 
gänzlich  zu  berichtigen,  aber  wir  verlangen,  dass  Ihr  es 
biss  dahin  ganz  in  Euren  Schutz  nehmet. 

Nebst  Gniss  und  Freundschaft  verharren  die  Ausschüsse 
der  Posamentern: 

Hans  Jacob  Müller  von  Bubendorf. 

Hans  .Jakob  (xisy  von  Lampenberg. 

Marty  Rächer  von  Ziefen. 

Auf  diese  Eingabe  hin   fasste   die  provisorische  Regie- 
rung am  10.  Februar  den  Beschluss: 

„Die  Nationalversammlung  nimmt  die  Casse  als  das  , 
Eigen thum  derjenigen  Possainenter,  die  dazu  eingeschossen  * 
haben  in  Schutz,  ladet  die  Ausschüsse  von  denselben  ein, 
Vorschläge  wegen  fernerer  Vei-fügiingon  vorzidegen.  Unter-  "■ 
dessen  sind  die  B.  B.  Repräsentanten  Mej-er  von  Kilchberg,  i 
Fiechtor  von  Bökten.  Aenishänslin  von  Gelterkinden,  2 
Martin  von  Bubcmdorf,  Schwob  von  Brattelen  und  Jörv  von  ^ 
Reigoldswil  ernannt,  noch  heute  die  Schlüssel  dieser  Casse  - 
in  Verwahmng  zu  nehmen,  und  sind  der  Nationalversamm- 
lung dafür  verantwortlich.^  ^1 

Diesem  Beschlüsse  wurde  sofort  nachgelebt.  Zunächst 
nahmen  die  genannton  Volksvertreter  den  Fonds  in  Ver- 
wahrung. Laut  Empfangsbescheinigung  befanden  sich  in 
der  Kasse  l(),00i)  Neuthaler  und  31  Obligationen  im  Be- 
trage von  41  »,558  u  6  ß  H  J).  Dann  wählten  die  Posamenter 
auf  je  50  einen  Wahlmann  imd  diese  die  Ausschüsse, 
welche  wegen  Verteilung  der  Kasse  Vorsclilägo  einzubringen 
harten.  Schon  nach  wenigen  Tagen  kamen  sie  ihrem  Auf-  i 
trage  nach,  indom  sie  der  Nationalversammlung  nachstehen-  j 
des  Schreiben  sandten: 

Freilieit  Gleichheit 

Liebe  Zutrauen 

Bürger  Representiinten! 
Wir  Ausschüsse  der  Possamenter  kommen  auf  die  Auf- 
forderung der  Nationalversammlung  wegen  Vertheilung  der 

*)  Protokolle:    A'.    National ver&;\ni ml uujij,     1798    Februar  6     bis     17<)S 
April    18,  S.   i.^ 

Haudcl  und  Gewerbe:  MM4. 


Arbeitslosen/uriorge  im  alten  B^^el 


275 


tmI.m.    V. 


?lilägeti  als  unseren 


nitAT-ArcDun-CassH  mit  folg*» 
:!hen  bei  denselben  ein; 

.  Da  wir  nun  tiiich  (rott«s  Regienmg  und  URch  dem 
ftUgi^nieinnn  Wiinöch  der  Possaniöutor  die  Zeit  erlobt 
kabeiif  d^ss  uns  nicht  nur  unser  mit  Kummer  und 
BtwgfaXt  wohlverdienter  ArbeitÄ-Lohn  ganz  gegebeti 
wi    ■  *   I  t  das8  uns  auch  unser  mit  vielem  Verdruss 

ETI-  .  --^  -  lies  Eigenthum  wieder  soll  gegeben 
Wftnleu,  90  luibmi  die  Possamenter  auf  Autrag  der 
NiUiiinsilverHnmmlung  am  10,  dies  AuBschüsso  ernannt, 
lim  V^orschläge  zu  thun,  wie  man  diese  CasBe  zum 
Bt*!gtj?n    eines  tleden    verwenden    oder  vertbeilen  solle, 

I  YorK'bligo  zn  tiiun  zu  wohltJiätigen  Stiftungen  ist 
die  Schuldigkeit  eines  jeden  reclitgesinnten  Mannes, 
wir  glauben  auch,  dass  bei  Stiftung  der  Possam eater- 
Cnae^  wähl  auf  Gutes  abgesebn  ^-urde^  ist  aber  bis 
dahin  gar  nicht  zum  Benten  der  Armen  veni^^endet 
wonlnn.  wann  es  schon  in  InHrübten  Zeiten»  in  denen 
wir  binge  gewesen ^  sehr  nötig  wäre. 

»  Wä»  aber  zu  wohlthätigen  Absicht>en  bestimmt  ist, 
amü  tiiciit  den  geringsten  Schein  von  Ungerechtigkeit 
kabeOf  «onst  verliert  rs  allen  WertlL  So  verhält  es 
flidi  auch,  wenn  der  ungleich  gesammelte  Fonds  za 
eitlem  allgemeinen  Ent^wnck  verwendet  werden  sollt»?. 
Nicht  eher  können  wir  glauben*  wir  haben  unser 
Ki^ffmcbum  erhalten,  bis  jeder  einzelne  es  fühlt,  dajss 
in  Eigenthum  wiixler  in  Händen  hat^  Wir  vor* 
iiiijgHji  daher  ein  jeder  Partirular  sein  Eigenthum 
wiinler  zurück  nach  der  allgemeinen  (lerechtigkeit- 
uod  nieichheits*Regel:  Wer  viel  zurück  gelassen  bat,  hat 
T^  rdern,  und  wer  wenig  zurückgelassen,  hat  wenig 

£u   . iu,  änderst  lässt  sich  diese  Gasse  nicht  theilen 

find  uÄch  Billigkeit  zunickgeben.  Damit  aber  eine  solche 
BArk^be  möglich  werde,  müssen  die  Band  fuhrt  kanten 
er      "^ '  len,    dass    ein  jeder    aus   seinen   Büchern 

m*  ^i^\  er  einem  jedem  Arbeiter  innebehaltren. 

Die««*  Am^ügo  müssen  den  Possamenter-Ausschüssen 
#iikgeh&ndigt  werden,  welche  alsdann  die  Arbeiter 
H^eh    ''»**•  n^Mnr*Hu]*^n    »ertheilon  und    das  Contingent 


-t  ::i>  Jon  eil. 

'»:   •■     :;:«i!.'j':!     ^r*:;:.iiiiie     zusaiuiiien     berechnen,    die 
'^  :  =  •  '-•>;4!!ui:!r.    Ulli    Beiträge   aller   Possamenter 

•>'ii ■•    \r"i»  :;    fi    iTi  Verzeichnis  gebracht,  welches 

'.....  .^    :•'•  ■■••./.'«•rr   lud  in  alle  Gemeinden  versandt 

^ "**    :t.  •     :•• -•.'     'nt^iikation  aller  Orten  erschienen, 

M     v  :•;  r-  :'.;^".-?!   Aujiscliüsse  zur  VertheiluDg  der 

"  ^ -    - ■•■■•:.    : •  •  -i    it' M  Au5?iH;hiissen  einer  jeden  Ge- 

.      \  .  ...  ;:    ihMi-riHtert,   welchen    es  obliegen 
-    ■             V    .      •■    ':••!•  «'Tin^i  Mach  der  gedruckten  Vor- 
:  •   ■    'l^?t'uri:"ni  zu  besorgen. 

•  ...    •  .^jj.  .-  :-^':v:^     ii^'it'r   v»»rs<.'hiedenen  Auszüge 

••  ■•     -i.:*.  ■     •-    voilfu   wir  ».^int^n  Schreiber  er- 

•:•..•■.    uu  M  diesen  ins  < Gelübde  nehmen, 

'*  ■ •.  ""     iJ*''"    iit'  V-ieheirnhaltung  seine« 

•  :-  ••.^^  ^:-   '■■'[•TiT     labe,     'lass    sie    niemand 

^        -       '.^    ■     -i'.»  'i    S'iireiber    uml    wir    engem 
.  ■^..      ■^.^.  \  ■      .M. 'iiuiU    ieswejjen  Verschwiegen- 

•■.-■■■     '►»Koiiinieu. 

V.     •.  ■  k:i:'".;     HUT   /AI    ilii»s»-*n  Auszügen 

■  -  \     ■■•   '.   -iowohl  wfiTen  Versäumnis 

.;^^  ^»   la!'«  n.     lis  weijHii   dem  Nacb- 

■■•••■■     i<.'>    ulzuvi.-i    ClM-reiiTUJ:^  ••nt- 

\    ■   ^■.■.vi:*'*:    i:'.-r.  dass  dr^i  M-^iuirhe 

*  ..  .  i  •--.   •  :^>.  .  '>»'/aiilunij:  d«-'sSch~i:>rs 

•  ■>  .■  X     .  .  ,  ••   /ju-r^t   .lus  d^-:i  Zinsen 

-     ■  •     ■■  \  :»  '.•  K'ST    1;h<it  Zi!:>eri  zn 

■  '•   x  ■  nit-ri  wir  Tis  •^►•s*'L'iers 

■»     •       ■""■.■* 

'■  .   .  •  •■'»':   Bu'*»'i:'i.  rr. 

■  >  ■  <         ■:    '.  .Jiii,.t'!:^^-r:j: 

■  '     '     ■.       <  ■    :    \-     ■••■::    >r-!'-t- risrer:; 

■-      ■'    -     ••         ■.    "^iss;*cii. 

■■'•■■     "\'''-.   Viii    K":l::»-!i  :aru 

....  -  i 


AfbefUlotcitfUrsorgc  im  alten  BubcL 


277 


'  Diese  Vorschläge  der  Posamenter  wurden  am  21.  Februar 
Natiormlverstimiulung  lebhaft  iliskutiert   Die  meieten 
'>n    sich    für    die    Verteilung    der  Kasse  unter 
„..iteu  auÄ,      Für    die    Beibi'haltung    des   Fonds 
dD   »ich   nur  Johiinn  Heinrich  Wieland,    der  spätere 
't<?r,    und    Lukas   Legrand,    der    nacluualige    hei- 
•'   iMrektor.    Wielarul  scheint  sieh  mit  der  Roorgaui' 
der    Pi>sanaent«*rknsse    eingehend    befa^st   zu    haben^ 
litole  aber  schliossltch  darauf,  da  es  ihm  doch  unnütz 
1,  jieine   Idet^n  Clbt^r  dieseTi  ( regeiu^taiid  näher  zu  er- 
Li^gruud   über  wehrte    sich  wie  ein  Lowe   fiir  den 
Atieb   er  trug  schliesHlich  der   herrschenden  Stim- 
K^?chnnng.  indem  er  ein»*n  Mittelweg  vorsdilng,  der 

^      '    das?»  er  wenigstens  die  Hälfte  der  lllOXlOO  ff 

' >n-  und  AVaiseukasse  zu  retten  suchte.     Um- 
üogar  diefier  wolilgemeinte  Vorschlag  wurde  abgelehnt 
B**^chluss  gefasst: 

:m   Bandfabricanten   gehalten  seyn^    aus  ihrsn 
atissciiziehen,  was  je<ler  ihrer  Arbeiter  seit  der  Er- 
lüg der  Posameuter-Cassa  ab  Abzug  in  die^^elbe  bey- 
'  \    und   diese  Auszüge   binnen   zwe}^  Monateji 
-n  der  Posamenter  einzidiändigen,'*  *) 
I  Wihreiid    dieaer    Verhandlungen    soll    sich    auch    die 
ae  Äceue  ahgi*spielt  haben,  wo  der  spätere  ^General *^ 
ilnm     die     Herausgabe     der     Posamente  rkasse     be- 
ieo    Dreierherni    Miineh    die    Perücke    umkehrte. 
IiAt  dia^ea  Vorfall  einige  Jahrzehnte  später  in  seinen 
inimrungeu  obemus  anschatiHch  geschildert.^    Dann 


^  Protokolle:  Af  NjaiontihTrsammluug.  S.  23. 
I  UimUI  miil  rtrwtTtie:  MM4. 
I  JrJ.  Mütcr,  OeMiiklile  der  pro^htorisehen  NaI  iottal verkam itilung,  S,  33  tT, 

fil  »Ol  B(  i  Flerrii  Afcbivivs*.i>.ttMitcn   Dr,  A.  Muhet*) 

[^  Avcta  kiAEi  wc|»eu  dvr  t^n^itniciitcr  vor,     Deitcii  h»lte  m^o 

[«voll  BfUjcn  tirej  KA|>|>rn  m  tia*cl  furückbehaMeti  «ml  tUrau»  cid« 
die  eiar  Sftminr    vtin    ut\gcrahr   1 00 000  Kr.    einhielt.     Diese 
Itttsmhjibea,  ümr  lUo  fti*lrr  hAbcti  sich  cntsctilicb  gewehrt, 
—  twri  Baifctar  Herren  —  die  Summe  mchi  hAb<ro  las«c0  kön 
leb  4«di  da»  Wort  begehrt  uml  gc4^ii|ri:  *En  «theiiit,  wir  hi&r 
du«  Gdd    uichl    hemittkcimml,     Wtf    HaIku 
Ic  yL4J.re  und   zu  vieL  IVfrickm.    Jji%k  mnn    *  <in£yid(|| i 


_    -   V   ^      1    :^-  '^-A 


--:.i-:^.  fr 
1  ri:.-:  :«- 


-i- 


--:::-   ii.   lie 


^  -     .1     ---.iL     JirP 

;i-.-  .'.  Miliar 
vir-  ::  >r-  Cjs» 
rir    v:;::t..l  Aas- 


:•.'  --^*     :=  i    ?.--     i-   iiT- 
ir-.-.TT:.  :i^       I-*     :*:',    JB- 


\  tmbet  ihr  liioun*  Kepraeseuiaiiteu  gern  bewilligt 

gotaigt.    irnifi   solle   nnr   die    Anstalt    treffon^    um    aie 

sz   *    '  wä,rp    Euch   sehr    lieb,    wann   sit^   einmal 

ijtr»r  verjiiorgt  wäre,  iiideüi  ihr  dorh  gl u übt, 

ihr    ntcht    Iftnge    mehr    die    Aufsicht    darüber    haben 

Dif^Mun  nach  sind    wir  nun  von  unseren   R  Beninteten 

^äuntlich^n  Pos«aih entern  hieher  gc»8andt  und  begehren 

Eadi  E.  Repraesentanten.   dass   ihr  wollet  no  gut  sein, 

'"' ~    die    Ariwuisntig    gelif^n,    wo    nnd    wie    wir    diese 

-4i  können   Imben. 
Nebst  Grass  und  Freundschaft  vt*rhanvn  die  ÄUöschüsse 
Po«9i«ni«*iiter  den  5,  April  1798. 
l'oderEeichnet: 
Heinrich  Ludmann  v<m  Bubentiorf. 

Bescheint  Hant«  Börlin^  des  Gerichts. 

Besieheint  Heinrich  Straumann^  des  GerichtÄ. 

B<ti$chi>int  Hiins  Jacob  Bürgi,  des  Gerichts. 

Bescheint  Hans  Wahl  des  Gerichts. 

Am  6*  April  wurde  diese  Petition  in  der  Nationalver- 
nlmig  verlesen  und  daraufliin  beschlossen^  da^  frühere 
wonach  die  Kai«se  als  das  Eigentum  chM*ienigen 
it»nti*r,  die  dazu  beigetragen  hatten,  erklärt  worden 
I  Aöclunals  zu  bestätigen  und  sie  den  Ausschüssen  aus- 
[•»m,  K4il>3iM  flicüt^  die  nötige  Sicherheit  für  ilie  Aus- 
Diig  derselben  nnd  V^>llniatht  für  die  Übernahnu*  und 
Kaerong  vorgelegt  habt^nJ  i 

EurllirJ]  an»    4.  Mai  ktun   die   Kasse  auf  die  Landschaft^ 
A:..^.,^f.  Tilge  übemiittelte   Leonhard   Heusler,   als   l*räsi- 
t*rwaltung,  den  fünf  gewesenen  Mitgliedi^rn    der 
lottftlvfiraimmlung,  die  anfangs  Februar  die  Schlüssel  in 
1   hatten,  sowie  (h^n  später  erwähnten 
Posamenter  gegen  Quittung   l>6,i«47  ff 
nÄiuIieh   94,133  ff  7  ß  10  4  in  barem  Geld  und 
17    ^    6    »J     in     nicht    abgezahlten    Obligationen 
7ti.-     n»..l     \r.*r*'^,  >:..^        ^'\fu     (li(^ser    ^ninm«^     waren 


28o  Hans  Joneli. 

92,722  U  b  ß  an  Beiträgen  eingegangen,*)  der  Eest  an 
Zinsen.  Als  Ausgaben  sind  einzig  verzeichnet  die  Ver- 
gütungen an  die  zur  Einsichtnahme  in  die  Stadt  berufenen 
Ausschüsse  mit  32  u  1()  ß.  Dagegen  zeigt  sich  ein  Manko 
von  (KM)  ff,  welche  dem  Sekretär  aus  seinem  verschlossenen 
Pult  auf  dorn  Ratliaus  gestohlen  worden  waren.  Alle  andern 
Unkosten  im  Betrage  von  (>()<.)  W  waren  aus  der  Staats- 
kasse bestritten  worden.*) 

Die  Auszüge  der  Fabrikanten  hatten  ergeben,  dass  in 
der  Kasse  4849  S  13  ß  S  dj  felilten.  Diese  Summe  wurde 
von  den  Fabrikanten  nachträglich  noch  bezahlt.  Wo  der 
Manko  h(»rrührte,  lässt  sicli  nicht  feststellen.^)  Anfangs  Juni 
gingen  dann  noch  die  ausstehenden  Beiträge  der  auswär- 
tigen Firmen  Senn  in  Zofingen  und  Meyer  in  Aarau  ein.*i 

Die  Verteilung  des  Fonds  sollte  nicht  ohne  Veidnws 
vor  sich  gellen.  Und  so  schliesst  denn  auch  <lie  Akten- 
sainminng  mit  folgender  Dissonanz  ab: 

Freyheit  Gleidiheit 

Der 

Ret^ioningsstatthalter  des  Kantons  Basel 

aji   den 

Bürg(M-  riiterstattlialter  il«'s  Distrikts  Crelterkindeu. 

J^asel.  den  13.  Juni  1798. 
Die  Bürger  Adam  M»'y<M'  von  Kilchberg  und  Johaniios 
Fieehtei"  von  Hökteii  haben  mir  mit  Wehnnith  angebracht, 
dass  si.»  aus  Anliiss  d»'r  ohidiiugst  übernommenen  Dirfction 
ül)«T  die  \'ert  hei  hing  der  Possam enter-Cassa  vielföltigo  An- 
fechtungen   und    Schmähungen    von    Seite    des    I^mdvolkes 

*•  Am  I  I.  I'rhitMF  is«>|^  liiflt  l*r^^fc•^s^)r  Dr.  Hci manu  Kinkelin  in  der 
Si:itisti>ch  V(»lk.-\^irt'^l•h;l^'tlichHn  Gt^ellsiluift  über  die  Posamcntcrkiissc  einen 
VoriT;»;,'.  il'.-s-seMi  Manuskript  er  uns  in  t rcumll icher  Weise  zur  Vcrfiiguri}»  stellte, 
\Noliir  iliMi  ;in  <lii.'^('r  Stulle  l»esten>  ^cilaiikt  s»ci.  Dasselbe  enthält  nun  AuA 
«riniLjtr  An;:aiifn  iii»'.i  «ii«;  L-ihiic  »1er  ro^anienler,  woraus  ersichtlich  ist,  dass 
\nii  i7>".>  !)i.  I  ;()S  ii.ihiv.u  /ehn  iMillioncn  Franken  in  heutiger  Wahrung  auf 
.li<'   I/iihIm  )i:itt  tln^vr-ii       DiT  r.ciliM^'  lurtruj^   i'V3%  ^^^  Lohnsummc. 

■■'•   MamU'l   lunt  Cicwcih..-:   MM;. 

•'i   Alphtm-   Kiiihlm-Uci^y,    Die  I'.ntwicklunj;  der  Seidenbau dfabrikati(>D 
in    Wa^vA.      lia^ler  Jahrbuch    1S.S5,  S.   '»2    if. 

•)   Kantnnsl»latt.  4.    Stück   vom    1.   Brachraonat   I7«j8. 


ArbelUtotetifürsorg^  ttn  iiltcti  BascL 


lat 


Kt  mymi,  daher  010  mich  dringend  baten,  ilinon  in 
Bücksicht  KiibB  und  Sicherhe>it  zu  vorachatfeu, 

fand  ilir  ßegnUren  so  geartot,  daes  ich  keinen  An- 

10.    demnelben   ohne  anders  zu  entsprechen;   imd 

g!eb<9   Euch   zu   diesem    Emle    di>n    Anitrag    in    Euren 

hauptsächlich  aber  in  die  Wohnort©  dieser  beyden 

ttoverüüglich  die  nachdrücklichate  Warnung  ergehen 

dj4*s  iiiiȟiaud  weder  die  Recht-schaft'enheit  dieser 

ke  noch  den  häuslichen  Frieden  und  die  Rechte 

f '%    und    sich    hinftirt    jederman    aller    fernem 

AutJii*tuug  uinl  SchniÄliung gegen diesi^lli*^  nut^r 

ber  B4!«trafung  gänzlich  enthalten  soll 

werdet  von   selbst  liegreüen  wie  nötig  eine  sulcht» 

[uiig   tjtt^    Hill    Unordnung   uuil   zügellose   Schritte  zu 

büten,  und  dasa  ich  keineswegs  zugeben  kann,  dass  die 

and   Sicherheit   eine^    einzelnen  Bürgers   auf  gesetz- 

hcn  werde,  lun  so  weniger,  da  es 

«h  1    u  mag,  idcht  unbenommen  bleibt^ 

einige  Klagte  wiegen  Besorgung  der  Pos^amenter-Casse 

«te  obwölton  könnte^  auf  gesätÄliche  Weise  vor  dem 

Bitditer  2U  suchen. 

Mit  (Miss  und  Bniderliebe 
Der  Ri^gierungsstatthalter  des  Kantons  Basel 

SchmidJ)^ 
wir    t*^    auch    lei)haft    hodauern,    «lass    die    revn- 
'W»'gujig  im  Frühjahr  1798  die  Posiunenterkasae 
fcgt  hat,  so  vermögen  wir  trotssdem  das  Vorgehen 
aent*>r  nnd  der  Nationalversammlung  aus  der  Zeit 
ZQ  Vi»n«ftehen.     Die  Revohiticin  war  eben    keine  Re- 
^n  im  Sinne  dcw  Staat^sozialismus  oder  gar  der  Sozial- 
n  bleute,   sondern  „trug   einen   Zug   der  Be- 
*   ^        rbslust    in  ihrem  Philosophenantlitz.** 
I  iing    der    Menschenrechte    stand    das 

■Icmi   in   gleichtH*  Linie   mit  der   Freiheit,    Gleichheit 
t^  wofür  ja  die  Eingaben  «ler  Posamenter 
,  ,.  sind.   Man  dachte  dabei  an  das  Eigentum 
und  BiiuenSf  widlte  dieses  Eigentum  der  Empor- 


ttful   («ewetlfe '    MM.« 


2t2 


HAof  JoQeli, 


I 


«trebeuden  scliützeu  and  mehren.  In  dieser  bäxgerlic& 
Koxiiilt'n  StriMiüiög  versanken  allo  ArbeiterschtttEbestim- 
tnungen,   und   es  versank  darin  auch   die  Posamenterknaie 

Em  kann  nicht  bestritten  werden,  daas  die  Kbssp  manchi 
Müngt*!  aufwi(?8;  aber  die  Idee,  die  ihr  za  Grunde  la| 
lulmliclt  für  eine  bestimmte  Gruppe  von  Arbeitern  eind 
Fond«  zn  giilnden,  aus  dem  in  Notfallen   c       '  '  rii 

kann,  war  durchaus  richtig:  sie  ist  denn  auL  :d 

von  versch irdener  Seite  wieder  aufgenommen  worden.  DJ 
Ausrichtung  von  Unterstützungen*  also  der  Hauptzwt^ 
wurde  freilich  vereitelt  Soll  man  diese  bc-dBUerliche  Tirf 
sHclir  denj  iibertriebenen  Basler  Sparsinn  zuschreiben 
Nein.  Die  Verwaltung  war  ja  öfters  geneigt,  etwas  ausd 
KasMe  zu  vembfolgen^  allein  kaum  war  diese  gegründel 
worden^  so  traten  Teuning  und  Yerdienstlosigkeit  so  heftig 
auf,  daas  die  Ausrichtung  auch  nur  einer  ganz  bescheidenen 
ünterstüticung  das  Institut  einfach  niiniert  hltt^. 

Die  Geschichte  der  Kasse  zeigt  uns  die  ganze 
löKigkeit,  in  d<T  man  sich  befindet,  wenn  eine  unei 
Kriniö  die  Bandweherei  heimsucht.  Sie  gibt  aber  auch 
Fiibrikkoinmission  rt*cht,  die  in  ihrem  ersten  Gutachten  voaj 
1788  ihr  Bedauern  dariilier  aussprach,  dass  die  Kasse  mchl 
schon  Hingst  bestand.  Und  so  liegt  denn  der  Versuch  nfih< 
anzunehmen,  der  Fonds  hätte  vielleicht  doch  die  Stämn 
der  Revolution  ausgehalten,  wenn  mit  seiner  SaratnUtni 
auch  nur  ein  Jahrzehnt  früher  begonnen  w*orden  wärc^  uni 
wenn  man  die  Verwaltung  schon  im  Öründungsjahre 
organisiert  hütte,  wie  es  dann  die  Fabrikanten  am  Ed' 
vorschlugen. 

Überblicken  wir  schliesslich  nochmals  die  Hilfsbestrel 
ungen  der  Behörden  zu  gunsten  der  Verdienstlosen  währeUi 
defi  ganzen  18.  Jahrhunderts,  so  zeigt  sicb^  dass  alle  Probleml 
aus  denen  sich  die  Arbeitslosenfragö  zusammensetzt,  diskl 
tiert  wurden  sind.  Vielfach  liess  man  es  allordings  lü 
Vorschlägen,  die  von  einer  Behörde  zur  andern  hin»  un 
hergescholK^n  wurden,  sein  Bewenden  haben;  aber  es  feh 
jAUch  nicht  an  Massnahmen,  die  uns  einfach  Bewnnderun 
^ringen^    man    denke    nur    an    den    grossaitigen    Versui 


Arbeitslosenfürsorge  im  alten  Basel.  283 

einer  Versicherung  der  Heimarbeiter  auf  der  Landschaft 
gegen  die  Folgen  der  Arbeitslosigkeit  und  der  Teuerung. 
Damit  sind  wir  mit  unserer  Darstellung  zu  Ende,  und 
60  erübrigt  uns  nur  noch,  der  RedcJition  der  „Zeitschrift  für 
Geschichte  und  Altertumskunde '^  für  die  Bereitwilligkeit  zu 
denken,  mit  der  sie  uns  ihr  Organ  zur  Verfügung  gestellt 
Ittt  unser  Dank  ist  umso  lebhafter,  als  die  kleine  Studie 
nicht  der  politischen  Greschichte,  sondern  der  Wirtschafts- 
geechichte  entnommen  ist.  Indessen  hoffen  wir,  der  histo-^ 
zische  Wildling  werde  der  Zeitschrift  nicht  zur  Unehre  ge- 
leichen,  und  auch  zur  Abklärung  des  Arbeitslosenproblems, 
«niges  beitragen. 


Miszellen. 


Unedirte  Gemäldezyklen.  In  den  Studien  zur  deutschen  Kunst- 
geschichte veröffentlicht  Konrad  Escher  Untersuchungen  zur  Geschichte 
der  Wand-  und  Deckenmalerei  in  der  Schweiz  vom  IX.  bis  zum  Aning 
des  XVI.  Jahrhunderts.  Wir  möchten  dieser  verdienstvollen  Arbeit  dH 
der  einen  der  nachfolgenden  Notizen  einen  Nachtrag  liefern. 

Im  Engadin,  das  an  unbekannten  Denkmälern  noch  sehr  reich  itf, 
liegt  zwischen  Scanfs  und  Ponte  das  bedeutende  Dorf  Zuoz,  das  politisdi 
seit  vielen  Jahrhunderten  eine  führende  Rolle  gespielt  hat.  Hier  befinda 
sich  heute  noch  drei  alte  Gotteshäuser;  das  eine  davon,  seit  dem  Bilder- 
sturm zur  Rumpelkammer  degradiert,  enthält  bedeutende  Reste  mittel- 
alterlicher Wand-  und  Deckenmalerei.  Wir  meinen  die  in  posthanh 
romanischem  Styl  errichtete  Sebastianskapelle  mit  ihren  Dekorationen  im 
dem  XV.  Jahrhundert.  Im  Chor,  der  auf  quadratischem  Gnindriss  er- 
richtet  ist,  sieht  man  in  der  Mitte  des  Gewölbes  im  Kreis  die  Halbfigv 
des  Salvators,  rings  herum  in  vier  Kreisen  die  geflügelten  HalbfignRO 
der  Erzengel.  Auf  blauem  Grund  waren  zwischen  diesen  Kreisen  nodi 
verschiedene  Figuren  und  die  Embleme  der  Evangelisten  zu  sehen:  sie 
sind  nur  noch  in  (Überresten  erkennbar.  Die  drei  Wände  des  Altarraunes 
sind  mit  je  einem  kleinen  romanischen  Fenster  durchbrochen;  in  der 
Leibung  des  Südfensters  sind  rote  Ranken,  in  der  des  Westfensters  die 
Gestalten  von  S.  Lucius  und  seiner  Schwester  S.  Emerita,  oben  der 
Namen  Jesu  (I.  H.  S.)  dargestellt.  An  der  Südmauer,  d.  h.  an  der 
Wand,  die  hinter  dem  einstigen  Hochaltar  sich  erhebt,  *)  sieht  man, 
durch  Beischriften  in  gotischen  Minuskeln  bezeichnet,  die  Halbfigur 
Mariac,  zwischen  zwei  Engeln,  zu  ihrer  Rechten,  d.  h.  auf  der 
Hvangelicnscite.  die  ganze  Gestalt  S.  Sebastians,  des  Kapellenpatrons, 
mit  dem  Pfeil  als  Attribut.  Zur  Linken  Mariae  steht  S.  Antonius,  der 
Eremit,  mit  dem  Stab  und  dem  Schwein,  sowie  dem  weissen  T  auf  der 
linken  Brust  bezeichnet.  Schlecht  erhalten  sind  die  Kompositionen  der 
Mauer  auf  der  Evangelienseite,  d.  h.  der  Ostwand,  hier  sind  nur  Figuren 
mit  Pergamentrollen  sichtbar.  Auf  der  gegenüberliegenden  Westwand 
ist  noch  eine  thronende  bärtige  Gestalt  mit  Schriftrolle  erkennbar,  ihr 
gegenüber  eine  sitzende  (weibliche?)  Figur.  Sehr  schön  erhalten  sind  die 
Borten  unten  und  im  Bogen.  In  der  Leibung  des  Triumphbogens  rieh! 
man  in  je  einem  oben  klceblattartig  abschliessenden  Fenster  oder  Rahmen 
die  Brustbilder  Christi  und  der  zwölf  Apostel;  von  den  Belschriflen  isl 
„Philippus-  und  .Jacobus  minor"  noch  deutlich  erkennbar.  Die  Vorder- 
seite des  Triumphbogens  zeigt  eine  schöne  Borte  mit  weissen  Ranken  an! 

M  Unter  den  erhaltenen  Malereien  dieser  Wand  scheint  noch  eine  ältere  ScMck 
zu  liefen. 


MiÄjcUen. 


285, 


Bnd;   die  Figuren  rechts  und   links  sind  nicht  mehr  erkennbar, 
kcn  wir  noch  die  einfachen   rolen  Weihungskxeuze  in  rotem  Reif 
ilrcichcn  Sgramul  des  XVI,  bis  XVilL  Jahrhunderts,   darunter 
irohleriialtcne  eines  Peter  Planta,   ein  Wappenschild  mit  zwei 
die  J  1  1669.  1670.  1716.  1732.    Ähnliche  Sgraffilti  finden 

bcispici  -ni  Kloster  Fahr,    In   der  Tresskammer  von  S.  Peter 

und  lu  S.  Benedctg. 

Der  zweite   OemAtdezyklus,   ein   Werk   vom   Ende   des  XVI.  Jahr- 

bdlndel  sich  Im  ersten  Stockwerk  eines  vornehmen  Privathanses : 

de  vor  einigen   Jahren  entdeckt   und    im   August   dieses  Jahres 

ikh  und  sy^icm-itisch  (reigelcgl.    Den  rechteckigen  Raum  betrat  man 

von  der  Südseite;   nach  Norden   schauten  zwei  Fenster;    unter  der 

zog  sich  nun  der  Gemäldezyklus  hin,  nur  unterbrochen  durch  die- 

die  drei  Offnungen  mit  ihren  Barockbekrönungen  sich  fanden. 

\  der  SM*  (oder  Tür)w3tnd  war  links  das  Abendmahl,  rechts  die  Fuss- 

dargestcilt;  über  der  Tür,  bczw,  der  gemalten  Scheinarchilektur 

PMlKfi,  Ranken  und  ein  Fruc!itbouquct.    An  du  Westwand:  Ölberg, 

Chtiiitts  var  dem  Hohepriester,  vor  Herodes,  die  Kreuzschleppung 

I  dk  Kreii£lfUfig.  An  der  Fensterwand  (N)  Ranken  über  den  Fenslern, 

Mme  d^wischen  David   und  Goliath.     An  der  Ostwand :   Simson' 

]4en  tUmea  und  den  Cselskinnbacken«  mit  der  Tempeltür.  mit  Dalila 

nifl  der  Siule«     Im  ganzen   sind    14    oblonge   Kompositionen,    nur 

«diwirie  Striche  getrennt,  vorhanden,   fast  alle  recht  gut  erhallen; 

ImI  vxrtlnzelten   ist   mit   Absicht   das    Eine    oder    Andere    zerstört 

Dk  Füfben  haben  ihre   ursprüngHchc   Leuchtkraft  nicht  eingc- 

1  es  ist  Gewähr  für  pietätvolle  Erhaltung  geboten. 

Qon  dfitten  Zyklus,   Bilder   aus  dem  Leben  des  h.  Benedikt,    mit 

j  Ktoillalnschrift  CRIS   FRfLOCOTENENTE  DISERTINENSIS  1624 

fto  Verfificr  anfangs  September  d,  J,  in  der  Kapelle  S,  Bencdctg  ob 

blosgclegl,')  £.  K.  StOckelberf. 

Eint  UrlHtfide  betreffend  Jakob  Henricpetri.  Wir  burgermeister 
I  rfaat  der  statt  Basel  verkhunden  hlemit,  demnach  an  heut  dato  vor 
I  in  igcsessenem  rhat  erschienen  ist  unser  getreuer  lieber  burger  und 
rtialsredner  Isaac  Herzog  und  hat  uns  im  nammen  JV^alheis 
I  Köhlers,  burger«  und  handelsmanns  zu  Wien*  undcrthänlg  suppli- 
febdSeii,  weilen  er  fllr  sich  und  andere  Kauffleuth  mit  unserem 
und  tlüchligen  burger  Jacob  HenricPctri  wegen  ver* 
iMcfl  Avigtioner  taflet  und  banden,  so  derselbe  ihnen  hinweg- 
coQßsclren  lassen«  in  otfcntlichcm  process  stehe,  wir  wollen 
;  Ober  selfi  Heiuic*Pelris  verhallen  ein  förmliches  attestatum  zukommen 
Und  mm  zcugnuss  der  wahrheil  niemanden  zu  versagen,  wir 
I  folcflie  tu  beförderen  so  geneigt  als  schuldig  seind,  als  bezeugen 
diss  besigt  er  Jacob  HcnrirPctri  anno  1691  bey  uns  grw*esen, 
anserer  bekantcn    bürgerlichen   unruhcn  durch   allerband  gc- 


\tg\.  H*iit  furcrirr  ^«iiuo^  tifA  n.  2M. 


2  86  Miszellen. 

fähriiche  rhät  und  anschläg  einen  grossen  theii  alhlesslger  unserer  burger- 
schafft verführet  und  von  uns  als  ihrer  ordenlich  und  natflrlichefl 
Obrigkeit  abgezogen,  sie  zum  ungehorsam  gegen  uns  verleitet,  auch  sidi 
selbst  zum  haubt  und  fUhrer  dieser  ungehorsamen  gegen  uns  als  ihrer 
Obrigkeit  dargestelt,  hiermit  der  anfanger  und  Urheber  derjenigen  leydigea 
Unruhen  gewesen,  wodurch  viel  bürgere  in  grosses  unglückh  gestOrtzt 
auch  unser  standt  in  höchste  gefahr  und  Verwirrung  gesetzt  wordea; 
dannenhero  wir,  weilen  derselbe  sich  darüber  flüchtig  geäussert,  nadi 
unserer  statt  gebrauch  und  gewohnheit  bey  dreyen  als  den  16  unddOta 
junij  und  21ten  julij  anno  1692  in  dem  hoff  unsers  rhathauses  under 
freyem  himmel  angestelten  gerichten  demselben  öffentlichen  für  redit 
umb  sich  obgesagter  verübter  missethat  halber  zu  verantwortten,  roffcfl 
und  verkünden  lassen,  auch  besagten  2lten  julij  denselben,  weilen  er 
nicht  erschien,  als  einen  auffrührer,  meutmacher  und  Zerstörer  des  g^ 
meinen  friedens  und  ruhestandts  öffentlichen  verruffet  und  aus  dem  frieden 
in  den  Unfrieden,  in  die  acht  und  aberacht  erklärt  und  ausgekände! 
haben.  Nachdeme  aber  derselbe  über  disshien  sich  nicht  gescheubet 
annoch  ein  leichtfertiges  tractätlin  und  lästerschrift  under  dem  titui  Basel- 
Babel  wider  unseren  standt  in  öffentlichem  truckh  ausgehen  zu  lassea, 
darinn  diser  boswicht  unns  an  unserer  souverainitet,  ehr  und  anseba^ 
judicatur  und  regierung,  auch  viel  ehrliche  familien  auf  das  empfind- 
lichste und  im  höchsten  grad  angegriffen,  haben  wir  darauffen  mittvodn 
den  18ten  aprills  des  letztabgewichenen  1694ten  jahrs  400  louisdors  arf 
seinen  kopff  gesetzt,  auch  zugleich  erkant  und  befohlen,  dass  allervordriit 
jenige  excmpiaria  von  diser  schmach-  und  lästerschrifft,  soviel  wir  deren 
bis  dahin  zur  tiand  bringen  können,  durch  den  scharffrichter  alhier  aaf 
dem  marckht  öffentlichen  verbrandt,  dessen  bildtnuss  aber  auf  ein  brdt 
gemahlt,  sein  namme  oben  über  den  kopff  auff  ein  blech  geschrieben 
und  daran  auffgenaglet  mit  dieser  überschrifft:  Jacob  Henric-Petri  eia 
meutmacher  und  fridenszerstörer,  alsdann  dise  seine  bildnuss  durch  dea 
Scharfrichter  auff  einem  schütten  durch  die  statt  nach  dem  hochgeridil 
geschleppt  und  alda  ihme  und  den  seinigen  zu  ewiger  schmach.  aud 
menniglich  zum  exempel  öffentlich  an  den  galgen  gehenckht  werden  soHe. 
Gestalten  dann  demezuvolge  den  darauff  gefolgten  donstags  disc  tit 
cution  under  zusehung  einer  grosse  menge  volckhs  vorgenommen  und 
vollzogen  worden.  Zu  urkhundt  dessen  haben  wir  ihme  Mathis  Bernhard 
Kohler  seinem  angelegenen  bitten  nach  gegenwertiges  attestatum,  umb  sid 
dessen,  wo  von  nOthen  haben,  zu  bedienen,  under  unserer  statt  hiefflr« 
getruckhtcm  secretinsigel  zuzustellen  erkannt  und  befohlen.  Actus 
sambstags  den  5tcn  januarij  anno  1695. 

Konzept  im  Staatsarchiv  Basel,  Ratsbücher  D  9  Nr.  177. 

August  Haber. 


MC  jjkA  JL  i  JL 


TAFEL  IV. 

Selbstbildnis  von  Urs  Graf. 


-'^^ 


Elnunddreissigster  Jahresberichl 

der 

historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft. 


K  Mitglieder  und  Kommissionen. 

niiitonsc}!^  Gesellschaft  zahlte  am  Sclilusae  dea 
^«reinüjahres  liKH  05  256  Mitgliedor.  Von  diesen  verlor  sie 
hanh*  drsj»  ßt^ rieht« Jahres  lÜ,  durch  Austritt  4  und  durch 
Tod  6.  nainlich  die  Herren  W.  Bachofen-Biirckhardt, 
Ifw^lin^Merian»  P.  Kochliii-Keru,  Adolf  Merian,  J.  R. 
Ku-ZMVin  und  A,  VoriderMühll-Merian.  Es  sind  einge- 
Äii  die  Herren:  Dn  Patü  Burcklnirdt,  W.  Dietschy- 
^^^*"-  *"-'^»*r,  Dr.  R.  Günther^  EcL  Liechtenhan-Burckhardti 
VonderMühll,  so  dass  der  Gesellschaft  am  Scldusse 
Vitrt^iaH Jahres  251  Mitglieder  angehören. 
t>'id«»r  verlor  die  Gesellschaft  durch  dt*n  Tod  auch  eine 
pr  kurPe«poiidiereTiden  Älitglieder,  Herrrj  Prof.  Heinrich 
m  JeiiA. 
Kommiii^ion  der  Gesellschaft,  in  deren  Mitglieder- 
^w^^vm^.'i  keine  Aendemng  eintrat,  erleiligte  ihre  Geschäfte 
drei  Silzungen. 
AoMwr  der  Kommission  bestehen   noch   folgende  Aua- 


L  FUr    die   Zeitschrift:     Prot   Albert    Biirckliardt^ 
Fin«I<>r,  Dr,  K.  Stehlin,  Dr.  R.  Wackernagel  und  Prot 

i  Für  ^^»-   ._  1  kundenbuch:  Prot  Albert  Burckhardt- 

fintier»    Pimt    A.    Heusler,    Dr.    K.    Stehlin,    Prot 

R,  Tliommeti  und  Dn  R.  Wackernagel. 
3.  Für   die         V^n  Publikationen    der   Goaellschaft: 

Prift  R  .  n,  Dr.  R  Wackernagel,  Dr.  (r.  Finaler 

and  Prot  J,  Schneiden 

u 


n 


4.  Für  die  Ausgrabungen  in  Angst:  Dr.  TL  Boick- 
hardt-Biedermann.  Fritz  Frey,  Salinenverwalter  in 
Äugst,  und  Dr.  K.  Stehlin. 

5.  Für  baslorische  Stadtaltertümer:  Pro!  P.  Gans, 
Dr.  K  Stehlin  und  Prof.  R  A,  Stückelberg. 

Herr  Dr.  Karl  Stehlin  leitete  ausserdem  die  Arbeiten 
am  historischen  Grundbuch. 


IL  Sitzungen  und  gesellige  Anlässe. 

In  den  11  Gesellschaftssitzungen,  welche  alle  im  grossen 
Saale  der  G^ltenzunft  statt^den,  wurden  folgende  Yortxigd 
gehalten: 

1906. 

30.  Oktober:      Herr  Dr.  August  Burckhardt:  Hans  Hol- 
beins Ehefrau  und  deren  Familie. 
13.  November:  Herr  Prot  Albert  Burckhardt-Finsler: 
Eine  lOeinbasler-Chronik  ans  der  zweiten 
Hälfte  des  XYIIL  Jahrhunderts. 
27.  November:  Herr  Dr.  Karl  Nef:  Die  Musik  in  GothA 

Wilhelm  Meister. 
18.  Dezember:  Herr  Dr.  A.Pfister:  Politische  Beziehungen 
Friedrichs  des  Grossen  zu  den  evangelischen 
Eidgenossen  1766—1763. 

1906. 

8.  Januar:        Herr  Prof.  Karl  Meyer:  Basel  von  1848 

bis  1858,  n.  Teil 
22.  Januar:        Herr  Dr.  Jakob  Oeri:  Ein  Vortrag  Jakob 

Burckhardts  über  das  vatikanische  Museom 

in  Bom. 
B,  Februar:       Herr  Dr.  Theophil  Burckhardt-Bieder 

mann:  Komische  Kastelle   am  Oberrheii 

aus  der  Zeit  Diokletians. 
26.  Februar:       Herr  Dr.  Fritz  Vischer:   Zur  Geschieht 

Ludwigs  XVJL 
12.  März:  Herr  Pfarrer  Lutz  aus  Illzach:  Die  Qha 

maiereien  der  Stephanskirche  zu  Mülhause 

und  das  Speculum  humanae  salvationis. 


Herr  Acliilles  Lotz-Trueb:  Das  Klein- 

basler  Richthoiis,   wie  es  wai%   'wne  es  ist, 
was  draus  werden  soll. 
Die  Diarclischiiittszahl    der  Besucher    für  säintliche  11 
SitziiDgen  betrug  46  iMaxirauiu  63,  Minimum  27). 

Der  Verband  HÜdwestdoutsclier  Vereine  füi'  römiscb- 
gt?rinaD lache  Altertiimsforsehung.  welchem  unsre  Gesellschaft 
Angehört,  hielt  den  20.  bis  22,  April  1906  seine  Sitzungen 
in  Basel  ab.  Die  Historische  Gesellschaft  übeniahTii  die 
für  die  Sitzungen  der  VerVjandsdelegierten  und  lud 
re  Mitglieder  zu  den  Sitzungen  des  Verbandes  ein.  Samstag 
21,  April  fand  ein  gemeinsamer  Ausflug  nach  Äugst 
mit  einfacher  Bewirtung  der  Gäste  in  den  Ruinen  des 
Theaters. 

IIL  Bibliothek. 


att. 


Die  Bibliothek  der  Gesellschaft  vermehrte  sich  im  Be- 
richtsjahr um   334  Bände   und    102   Brochüren   (1904/1905: 
|84!*  Bände    und    101    Brochürem.      Die   Zaiil    der   Tausch- 
lg«iiellschaften  beträgt  208, 

IV.  Wissenschaf  fliehe  Unternehmungen  und  Publikationen. 

In  Äugst  v^Tirdo  die  Ausgrabung  der  nordlichen  Neben- 
[linme  und  des  nordöstliehen  Eingangs  vollendet.  Damit 
lind  die  Ausgrabungsarbeiten  beendet  Bie  Grabarbeiter 
[WTirtlen  entlassen.  Gegenwärtig  ist  noch  eine  letzte  um- 
I  lassende  Maurerarbeit  im  Gange.  Im  kommenden  Bericlits- 
{ifthr  wird  die  Unternehmung  beendet  sein  und  die  Spezial- 
*recbnuQg  aufgehoben  werden  können,  ünterhaltungsarbeiten 
.  «ti  Lasten  des  antiquarischen  Fonds  werden  natürlich  auch 
*  in  Zukunft  vorkommen.  Der  Passivsaldo  der  diesmaligen 
Rechnung  ist  gedeckt  durch  den  noch  ausstehenden  Bundes- 
llHntrag  pro  IIMJÜ,  Eine  Gesamtaufnahme  rler  Theaterniine 
wunle  von  Herrn  Martin  Stohler  verfertigt. 

Von  der  Zeitschrift  erschien  der  fünfte  Band  und 
bereits  in  dem  grösseren  Umfang  von  3ü  Bogen.  Durch 
Vorstärkung  der  Bogenzahl  und  durch  die  Ausrichtung 
^on  AutorhoDoraren  wurden  die  Kosten  der  Zeitschrift  be- 
düotond  erhöht 


i 


IV 


In  der  Herausgabe  der  Basler  ChroDiken  ist  em 
längerer  Stilktand  eingetreten,  weil  der  Editor,  Herr  Dr.  Aug. 
Bemoulli,  von  der  Neujahrsblattkommission  mit  der  Dar- 
stellung der  Basler  Wirren  von  1830/33  betraut  wurde,  und 
durch  diese  Arbeit  so  in  Ansprach  genommen  wird,  dass 
der  nächste  Band  der  Chroniken  voraussichtlich  erst  im 
Laufe  des  Jahres  1906  erscheinen  wird. 

Von  den  Akten  zum  Basler  Konzil  wird  der  VL  Baud 
das  Material  enthalten,  welches  Herr  Dr.  Beckmann  in 
München  bei  seinen  Archivforschungen  für  die  EMition  der 
Reichstagsakten  gefunden  hat,  eventuell  auch  das  in  den 
Ai*chiven  vim  Dijon,  Lyon  und  London  vorhandene  MatoriaL 

Die  von  der  Kommission  besclilossene  Herausgabe  der 
Akten  zur  Basler  Reformation  wurde  Herrn  Dr.  phiL 
Karl  Roth  übertragen. 

Der  Fonds  für  das  Urkundenbuch  ist  wieder  ange- 
wachsen^  da  im  Berichtsjahr  kein  Band  zur  Vollendung  kam. 
Im  kommenden  Jahr  wird  indessen  jedenfalls  ein  Band  voll- 
endet werden,  und  in  der  Folge  eine  grössere  Ausgabe  zu 
machen  sein. 

Beim  historischen  Grundbuch  beträgt  der  Zuwachs 
im  Jtdire  lfH)5:  757(»  ZetteL  Totalbestand:  140,156  Zettel 
Angefertigt  wurde  überdies  eine  reduzierte  Kopie  des  Kataste 
planes  des  Stadtbannes  und  ein  Dohlenplan  der  Stadt, 


Die  Gesellschaft  \^nirde  im  verflossenen  Jalu-  durch  zwe 
wertvolle  Geschenke  erfreut*  Von  Herrn  H.  Georg.  Buch- 
händler, erhielt  sie  anlässlich  seines  fünfzigjährigen  Ge- 
schäfts jubiläuuis  die  Summe  von  3CK>  Franken  zugewiesen. 
Die  Kleinbaäler  Teichkorporation  schenkte  ihr  das  Album, 
welches  von  der  Korporation  zur  Erinnerang  an  den  Klein- 
basler  Teich  herausgegeben  worden  war.  —  Für  diese  Ge- 
schenke sei  den  Gebern  auch  an  dieser  Stelle  bestens  gedankt. 

Basel^  den  3L  August  1906. 

F.  Holzachy  Sclireiber. 

Vom  Vorstand  genehmigt  am  2i.  September  1906, 


I 

ei 


Jahresrechnung 

kr  historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 

vom  1.  September  1905  bis  31.  August  1906. 


A.  Oesellschaftskasse. 


Ziofen 

Uveibeitrige  von 

233  Mttglicdcra  ....      ä  Fr.  12.  — 

9         .  im  Ausland  ä  Fr.  11.44  netto     .    .    . 

IS         .  mit  hohem  Beitragen 

INili^erbestand  am  31.  August  1905     ....    256 
Angetreten  vor  Einzug  der  Beiträge 1 


NcB  eingetreten 


255 
5 

260^ 


Ausgetreten  nach  Einzug  der  Beiträge 9_ 

Mü^iederbesUnd  am  31.  August  1906 251  ] 

QeKlienk  des  Herrn  H.  Georg 

Viriairf  von  1  Exemplar  oberrheinischer  Siegeltafeln  .    . 
Vtokbt  auf  ein  Honorar  für  die  Zeitschrift 


Staagsanzeigen  an  die  Mitglieder 

UlilDlete 

SpCKn  des  Ausflugs  nach  Rheinau 

i^  and  Versendungsspesen  f.  Zeitschr.  u.  Urkundenbuch 

AKld>inderrechnungen  der  Bibliothek 

SpMm  d.  Verbandstags  d.  Vereine  f.  röm.-germ.  Forschungen 

Ltee  ffir  verschiedene  Besorgungen      

Oltcna 

Cbcrtng  des  halben  Saldo  auf  den  historischen  Fonds    . 
des  halben  Saldo  auf  den  antiquarischen  Fonds 


Fr.    cu. 


193.45 

2796.— 
102.96 
380.— 


300.— 

5.— 

33.75 


3811.16 


166.15 

61.— 

7.- 

209.25 

445.45 

130.30 

68.— 

32.35 

1345.83 

1345.83 

38ilTT6~ 


-.  -:iÄnr-s.zKr  r':aiis. 


i"LJri.:»rL 


C   kzz.zrz,2r^  »zZ'ir  Fc3w&. 


-  ■-.   ■■   •  .-■■.-.-•  -.  .-                                          .     .  2(^ß 

-    -i.    .-.                                                                             .  24.70 

^:    -.-       .    :   .-  ...    ...     -    ^_-.:                   155.15 

:-•           -.          -      -  f.--  .-  7-:  ;:-ri::s:hc:  Planen  36.90 

;.-..-...    -.-..■-:-%.-     -  A.;?:         50iV- 

:   .     "..                  -    Z-     -.     ■     ■         :     Z:'    y    y'.tl                             ...  1373.  iJ 

>.         -.       ...   ^:     -.-.                                361^59 

"""o738Ji 

D.  Spezialtonds  für  die  .\usgjabungen  in  Äugst. 

:-.:   .-<;.:•_  :'■     :.■    ':                         3000.- 

:•-:;::.  ^  .-.  s  \\-..:>  *. :  .    .-  :::?:  risc'r.c  Museum      .     .     .  500.- 

r^. ■::._...>.-:•-  .-■: :  >:   .-   r . -c> 500.- 

i:\  ^  \.  ::!:.;.■      .                                      12.- 

r.i>f:\<.^a!v'  ..;::  ::c.:c   K..:  -.Tj.                        1223.70 


Aüflgaben : 

Passivsaldo  alter  Rechnung 

Graberlöhne ? 

Werkzeugreparaturen  etc 

Landentschädigung  für  Schienenweg  und  Schutthalde  .    . 

Planaufnahme 

Diversa 

L  Spezialfonds  fflr  das  Basler  Urkundenbuch. 

Sumahmen: 

Saldo  alter  Rechnung 

Zins  ab  obigem  Saldo  ä  3»/«  7o 

Staatsbeitrag  für  1906 

Arugaben: 

Zahlung  an  die  Kommission  für  das  Urkundenbuch     .    . 

Kopiaturen 

Saldo  auf  neue  Rechnung 

F.  Historisches  Grundbuch. 

Einnaliineii : 

Staatsbeitrag  für  1906 

Beitrag  eines  Mitgliedes 

Ausgaben : 
Auslagen  im  Jahr  1905 


G.  Basler  Zeitschrift  für  Geschichte  und 
Altertunisl(unde. 

TiS-n-nft.'hTnftTi  * 

Erlös  von  frühern  Jahrgängen 

Beitrag  aus  dem  Historischen  Fonds 

Beitrag  aus  dem  antiquarischen  Fonds 

Ausgaben : 

Photographien,  Clich^s  etc 

Druckkosten  von  Band  V 

Übertrag 


VII 

Fr.    Ctsl 

2884. 55 

1454. 15 

75.55 

106.— 

695. 45 

20.— 


5235.  70 


4533. 30 

158. 65 

2000.— 


6691.95 


600.— 

152.  Oi 

5939. 91 


6691.95 


1200.— 
1229. 40 


2429.  40 


2429. 40 


22.50 
1373. 75 
1373.  75 


2770. 00 


272. 90 
1920. 75 

"2193.  65 


VIII 


Honorare  an  die  Autoren  .... 

Übertrag 

Fr.    Cts. 

2193.65 
566.30 

Diverse  Spesen 

10.05 

«f^'-N.»»                             .    ^ . 

2770.00 

Status  am  31.  August  1906. 


Historischer  Fonds.  Aktivsaldo 

Antiquarischer  Fonds.  Aktivsaldo 

Fonds  für  das  Urkundenbuch.  Aktivsaldo 
Fonds  für  die  Ausgrabungen  in  Äugst,  Passiv- 
saldo      

Fr.    cts. 

3792.88 
3619.59 
5939.91 

Fr.    cts. 
1223.70 

Gesellschaftsvermögen  am  31.  August     .    .    . 

12128.68 

13352.38 

13352.38 

Der  Rechnungsrevisor: 
E.  R.  Seiler-La  Roche. 


Der  Kassier: 
K,  Stehtin. 


Vom  Vorstand  genehmigt  am  21.  September  1906. 


^K         Verzeichnis  der  Mitglieden            ^^^^^H 

■ 

1^1                                                  der                                                                         ^^^H 

^  historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft.      ^^H 

1 

Öl  August  190e.                                               ^^H 

1 

A.  Ordentliche  Mitglieder.                                             ^ 

_Hen 

Altoth-Veith,  Alfred,  Dr, 

Herr  Brüderliii-F<ontis,   Rudolf.                         ^H 

^K 

Ahoth-Vischer,  Wilhelm. 

*     Burckhardt-Bkdermaiiii/ni.,Dr.               ^H 

■    ' 

Bachofcü-Burckhurdt,  Karl. 

»     Burckhardt-BüriDgcr,  Otto.                       ^^| 

^H 

Bally,  Otto»  Kommerz ienrat  in 

»     Burckhardt-Brenncr,  F.,  Prof.                 ^| 

K 

Sickiogen. 

.     Burckharai-Biirckhardt,  A.,  Dr.              ^H 

^^1  * 

Barth,  Paul.  Dr. 

»      Burckhardt-Biirckhardt,  Hans.                 ^^| 

^H  > 

de  Bary-von  Bavicr,  Rudolf 

»      Burckhardt-FeUchcrio,I-Iaiis.Dr.              ^H 

^^^^_ 

Ba umgart n er,  Adolf,  Prof. 

Reg.-Rat.            ^^^H 

^^H 

^aur,  Franz,  Maler. 

^     Burckbardt*Finsler,  A.,  Prof.,         ^^^| 

^^P 

Baur,  Fried,,  Dr. 

Reg.-Rat.          ^^H 

^H  -» 

Bernoülli-Burckhardl,  A.,  Dr. 

»     Burckhardt-Friedrich,  A.,  Prof.              ^| 

H  . 

B<moulli-Burgcr,   K.  Ch.,  Dr. 

>     Burckhnrdt-Groü^mann,   Ed,                      ^H 

^^^_M^ 

B«rnouUi'Rebcr,  J.  J.,  Prof. 

Burckhardt-Hcuäler,   A.                              ^^| 

^^1 

jBcrnoulli-VUcher,  VV, 

•     Burckhardt-.Meriau.  Adolf.                        ^H 

^BP 

Bemoulli-von  der  T.iun,  W. 

Burckhartlt-MeriaD,   Eduard.                    ^^| 

^^■^  • 

Beriholet- Wagner,  Felix. 

Burckhardt-Meriaii,  Julius.                       ^^| 

^^H 

_^ca8on-Sclierer,  Joseph. 

•      Burckbardt,   Paul,  Dr.                         ^^^H 

^^1 

^Bieder.  Adolf,  Dr. 

»      Burckhardt-Rüsch,  Ad.                      ^^^H 

^rr 

Bischoff.  Wilhelm,  ;th  Reg.-Rat 

>      Burckhardt'Sarasin,  Karl.                         ^^^ 

^^B    • 

Bischoff-HoffmaoD,  Karl.  Dr. 

»     Burckhardt-Schazmaun,  C.  Chr.,               ^H 

H  . 

Bischoff-Ry hiner,  Emil. 

Prof.,  Reg.-Ral.                   ^H 

H  . 

BischofT-Wiclaad»  Eug.,   Dr. 

.      Burckhardt-ViHchen  Wiih ,  Dr.               ^| 

^^L  :*- 

ßourcart-ßurckhardt,  C,  Dr. 

>      BiiTckhardt-Wcrlhemann,                            ^H 

^^1 

^tircaJTt-Grosjeau.  Ch.. 

Duuiel.  Prof.                   ^H 

^^H 

r                                in  Gcbweiler, 

.      Burckhardt-Zabu,  Karl.                             ^^ 

^^m  » 

Bottrcart-Vixcber,  A., 

Biiscr,  Hans,  Dr.                                         ^H 

H 

iti  Gebweiler 

.      Christ-Iselin,  Wilhelm,                              ^^ 

^^ft  ^ 

Brdaimel,  Berthold,  lyr. 

Cbrist-Mcrian,  Balthasar*                           ^H 

Herr  Christ-Meriaii,  Hans. 

»  Cohn,  Arthur,  Dr. 

»  David,  Heinrich,  Dr.,  Reg.-Rat. 

»  Dietschy-Burckhardt,  J.  J. 

»  Dictschy-Fürstenbergcr,  W. 

»  Eckel-Labhart,  Charles. 

»  Eckenstein-Schröter,  Ed. 

»  Egger-Hufschmid,  Ptiul. 

>  Eppenbcrger,  Hermann,  Dr. 
»  Erzer,  Arthur,  in  Dornach. 
»  Fäh,  Franz,  Dr. 

»  Fäsch,  Emil. 

»  Feigenwinter,  Ernst,  Dr. 

^  Feigenwinter,  Niklaus,Färsprech 

in  Ariesheim. 

»  Fininger-Merian,  Leonh.,  Dr. 

»  Finsler,  Georg,  Dr. 

»  Fleiner-Schmidlin,  Ed. 

>  Forcart-Bachofen,  K. 

»  Freivogel,  Ludwig,  Dr. 

»  Frey-Frey vogcl,  Wilhelm. 

»  Frey,  Friedrich,  Salinen- 

vcrwalter,  in  Kaiser- Äugst. 

»  Frey,  Haus,  Dr. 

>  Ganz,  Paul,  Prof. 

»  Gauss,  Karl,  Pfr.,  in  Liestal. 

»  Geering-Respinger,  Adolf. 

»  Geering,  Traugott,  Dr. 

*  Geigy,  Alfred,  Dr. 

*  Geigy-Burckhardt,  Karl. 
»  Geigy-Hagenbach,  Karl. 
»  Geigy-Merian,  Rudolf. 

»  Geig>'-Schluniberger,  J.  R.,  Dr. 

^  Geizer,  Karl,  Pfarrer. 

p  Georg-Neukirch,  H. 

»  Gessler-Hcrzog,  K.  A. 

»  Gessler-Otto,  Alb.,  Prof. 

*  Goppelsröder,  Friedr.,  Prof. 

>  Göttisheim,  Emil,  Dr. 
Gräter-Campiche,   A. 

„  Grossmann-Släbelin,  R. 

^  Grüninger,  Robert,  Dr. 

>  (iünther,  Rciuhold,  Dr. 

»  Hagenbach-Bcrri,  F.,  Prof. 

»  Hagenbach-Bischoff,  Ed.,  Prof. 

»  Hägler-AWengen,  Ad.,  Dr. 

»  Haudmann,  Rud.,  Pfarrer,  Prof. 


Herr  Helbing-Bernoulli,  G. 

»  Hess,  J.  W.,  Dr. 

»  Heusler,  Adolf,  Pfarn 
in  M: 

■>  Heusler-Christ,  D. 

*  Heusler,  Fritz,  in  Bcr 
»  Heusler-Sarasin,  Andn 
»  Heusler- Veil Ion,  Rudc 
»  His-Schlumberger,  Ed 

>  His-Veillon,  A. 

»  Hoch-Quinche,  P. 

»  Hoffmann-Krayer,  E., 

»  Holzach,  Ferdinand,  E 

>  Horner,  Karl,  Dr. 

»  Hotz-Linder,  R.,  Dr. 

»  Huber,  August,  Dr. 

>  ImObersteg-Friedlin,  l 
»  Iselin,  Rudolf. 

»  Iselin-Sarasin,  Isaac,  I 

»  Kem-Alioth,  E. 

»  Köchliu-Burckhardt,  E 

»  Köchlin-Iselin,  Karl. 

»  Köchlin-Stähelin,  A.,  k 

»  Kündig,  Rudolf,  Dr. 

*  LaRoche-Burckhardt, 

»  LaRoche-Burckhardt,  1 

»  LaRoche-Burckhardt,  ] 

»  LaRoche-Merian,  Fritz 

>  LaRoche-Passavant,  A 
»  Lichtenhahn-AWengen 
»  Liechtenhan-Burckhard 
»  Lindcr-Bischoif,  Rudol 
»  Lotz-Trueb,  A. 

»  Luginbühl,  Rudolf,  Pr 

>  Lüscher-Burckhardt,  R 

*  Lüscher- Wieland,  W. 
»  Mähly-Egliuger,  Jacob, 

>  Mangold,  Fr.,  Dr. 

>  Markus,  Adolf. 

>  Mechel,  Albert. 

>  Meier,  John,  Prof. 

»  ,  Mende-Sandreuter,  J. 

»  Merian-Paravicini,  Heii 

»  Merian-Preiswerk,  M. 

»  Merian,  Rudolf,  Dr. 

»  Merian,  Samuel. 

»  Merian-Thurneysen,  A. 


^^^ 

^^^^^^^^^x^^^H 

Im  3lc}Tr,  Adalbert,  im  Roten  Haas. 

'    Herr  Schueidcr.  J.  J.,  Prof.                           ^^^| 

•     Mmr,  EmanucL 

»     V.  Schöna«,  Hermann,  Freiherr^          ^^^^| 

•     Mcycr  Lieb,  Paul,  Dr. 

in  Schuorstadt*                ^^^H 

•     McycrSchmid,  Karl,  Prof. 

»      Schonaiier,  Heinrich,   Dr,                        ^^^^| 

•     Mivilk-Iselin.  R, 

9     Scbwabe-ChanRuion,  Beuno,                   ^^^^B 

•     dtMontet,  Albert, 

»     Seikr-LaKoche,  E.  R.                                   ^H 

»    Moo^vbcrr,  Theodor,  Dr. 

»     Senu,  Hans,  Pfarrer  in  Sissäcb.                   ^H 

•    Mdü^er,  F.,  Prof. 

>     Semi-Otto,  F.                                                 ^M 

•    %tiuÄ-Gemuseus.  H,  A. 

»     Scltelen^Hoch.  E.                                           H 

»    NH  Karl.  Dr, 

-     Siegfried,  Tiaugotl,  Dr,                                   ^M 

•    Kötilixi-Werthcmanu,  H. 

»      Sicijmtind-Barruschky,  L.,  Dr.                       ^H 

•    0«fi,  Alberl,  Dr. 

»     Siegmund-von  Glcnck,   B.                              ^H 

•    On,  Jakob,  Dr. 

»      Speiset,   FriU,  Prof.,   in                            ^^^B 

«    Pamviciüi,  Kürl,  Dr. 

Frei  bürg  i.  S.                ^^^H 

»    Panvidüi-Engel,  E* 

»      Spciser-Sarastn,  Paul,  Prof.                   ^^^H 

♦    Faravicmi-Vischer,  Rudolf. 

»     Speiser-Stroh!,  Wilhelm,                               ^H 

»    Passavirnl-AUcmatidi,   E. 

m     Speiber-Thurueyuen.  Paul,  Dr.                     ^H 

»    Pfister,  A..  Dr. 

3»     Spetz,  Georges,  in   Isenheini.                       ^H 

•    Prckwerk.  E.,  Dr. 

0      von  Spcyr-Bölgcr.  Albert.                         ^^^H 

f    Freiswerk- Riogwald,  R. 

)»     Stäheliii,  Felix,  Dr.                                   ^^| 

1    Fiobst»  Emaniiel,  Dr, 

>     Stäbclio-BisühofT,  A.                                  ,^^| 

•    Rcewt,  H,  L.  W„  Rc^.-Rat- 

>     Stähelin-Licb,  G.,  Pfarrer.                      J^^H 

Rdärdt,  Arnold. 

»     Stäbclin-Mcrian,  Ernst,  Pfarrer,            ^^^| 

>    Rcnsch,  Gustav. 

.     Stäbclin-Vischer,  A.                                  ^^H 

Riede r.  Albert,  in  Köln. 

»     Stähelin-VonderMühll,  Ch.  R,                     H 

RiQgcnbach-belin,  A- 

*     .Statu ra-P reiswerk,  J.                                        ^H 

Riggenbach-Stückclberger,  Ed. 

Stebliu,  Hans  Georg,  Dr.                      ^^^^^ 

t,  Ritter,  Paul.  Dr. 

.      Steblin,  Karl.  Dr.                                    ^^^| 

Rybitier-Stehlin,  Albert. 

»     Stehliü-vou  Bavier,  F.                                    ^H 

V.  S*lis,  Arnold,  Ariti&tcs, 

»     Stickelberger,  Emafiuel                                 ^H 

Ssrasiii,  Fritx«  Dr, 

>     Stuckert,  Otto.                                                 H 

Santfin,  Paul,  Dr. 

m     Stückclberg,  E.  A.,  Prof.                               H 

SwTiÄm-Alioth,  P. 

•     Stulx,  Ulrich,  Prof.  in  Bonn.                         ^1 

Sara^iu-Biscboü,  Tbeodor. 

»     Sidger,  Augnät,  Dr.                                         ^M 

Saraiiu-UcJin,  Alfred. 

^     Sutcr,  Rudolf.                                                  H^ 

Sarasiii-Uelin,  Wilhelm. 

>     Tbommco,  Rudolf.   Prof.                                ^M 

Saraisin-Schtuiitberger,  Jakob. 

*     Triidioger,  Ph.                                                    ^H 

baraain-Vischcr,   Rudolf. 

n     UebeliD-Trautwein,   F.  W.                              ^M 

SÄrtonos,  Kari,  Pfarrer  in 

»      Veraguth,  Daniel,  Dr.                                      ^H, 

Pratlcln, 

»      Vificher-Baehofen,  FriU.                                  ^H 

Sartoniis-Prciiwerk,  Fritz, 

.     ViBcher-Burckhardt,  Rudolf.                           ^H 

Schüubp  Erail,  Dr. 

p     Vischer,  Fritz,  Dr.                                            H 

Sehet ty-OcL-htlin,  KarL 

»      Vischer-Iseliu,  Wilhelm,  Dr.                          ■ 

SchlambcrKer-Vischer,  Charles. 

»      Vischer-Köchlin,  El3erhard,ProC                     H 

v,  Schlumbcrger,  Jeau,  Dr.. 

»     Viscber-Sarasin,  Eduard.                                 ^M 

Stauitsrat  in  Gebwciler. 

*     Vischer- Von  der  Mühll,  Karl.                           ^M 

S^rbmid'Paganiüi,  J.,  Dr. 

»      Vischer- Von  der  Mühll.  Tb.                             H 

xn 


Herr  VonderMühll,  Georg. 

»     VonderMühll-BachofeD,  Adolf. 
»     VonderMühll-Burckhardt,  Karl. 
»     VonderMühll-His,  Karl,  Prof. 
»     VondcrMühll-Kem,  Wilh.,  Dr. 
»     Von  derMühll-Merian,  Wilh.,  Dr. 
»     VonderMühll-Vischer,  Fritz. 
»     Wackemagel-Burckhardt,R.,Dr. 
»     Wackemagel-Merian,  Gustav. 
»     Wackernagel-Stehlin,  J.,  Prof., 

in  Göttingen. 
»     Walser-Hindermann,  F. 


Herr  Weitnauer-Preiswei 

»  V.  Welck,  K.  A. 

»  Werder,  Jalins,  Dr 

»  Wemer-Riehm,  M. 

»  Wieland-Preiswerk 

»  Wieland-Zahn,  Alf 

»  WuUschleger-Harti 

»  Zahn-Barckhardt,  ] 

»  Zahn-Geigy,  Friedr 

>  Zellweger-Steiger, 


Herr  Grimm,  Jul.,  Dr.,  in  Wiesbaden, 

>     Lcist,  B.  W.,  Prof.  und  Geh, 

Justizrat,  in  Jena. 


B.  Korrespondierende  Mitglieder. 

Herr  Rieger,  Max,  Dr.,  i 


C.  Ehrenmitglieder. 


Herr  Delisle,  Leopold,  Administrator 
der  Nationalbibliothek,  in  Paris. 
»     Dragendorfl',  Hans,  Prof., 

in  Frankfurt  a.  M. 
>     V.  Liebenau,  Th.,  Dr.,  Staats- 
archivar, in  Luzeru. 
»     Meyer  von  Knonau,  Gerold, 
Prof.,  in  Zürich. 


Herr  Rahn,  Joh.  Rudol 

»     v.  Schönberg,  Gus 
in 
»     W^artraann,  Herrn: 
in 


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Verzeichnis 
der  Vereine,  Gesellschaften  und  Institute^ 

mit  welchen  die 

Historische  und  antiquarische  Gesellschaft  zu  Basel 

in  Tauschverkehr  steht. 


Kken:  Aachener  Geschichtsverein. 

tfin:  Aaiigauische  Historische  Gesellschaft. 

ibeville:  Society  d'emulation  d'Abbeville. 

I-Cn-Provence  (Boucfaes  du  Rhone):  Bibliotheque  de  TUniversite. 

talNlf|^:  Geschichts-  und  alterturasforschende  Gesellschaft  des  Osterlandes. 

itess  (Somme):  Academie  des  sciences  des  lettres  et  des  arts. 

Slerdaili:  Koninklijk  ondheid  kundig  Genootschap. 

lOVlteie  (Charente):  Societe  archeologique  et  hislonque. 

ifcach:  Historischer  Verein  von  Mittelfranken. 

W  (Pas-de-Calais) :   Academie  des  sciences,  lettres  et  arts. 

pbWS*  Historischer  Verein  von  Schwaben  und  Neuburg. 

fBOa  (Vaacluse):  Academie  de  Vauclnse. 

■bei^:  Heraldisch-genealog.  Blätter  f.  adelige  ii.  bürgert.  Geschlechter. 

Historischer  Verein  zu  Bamberg. 
(d :  Universitätsbibliothek. 

Staatsarchiv. 

Schweizerische  Gesellschaft  f.  Volkskunde. 
TUlll:  Historischer  Verein  von  Oberfranken. 
HazOfia:  Redazione  del  bollettino  storico  della  Svizzera  Italiana. 
Hb:  Gesamtvercin  der  deutschen  Geschichts-  und  Altertumsvereine. 

Der  deutsche  Herold,  Verein  für  Heraldik,  Genealogie  und  Sphragistik. 

Verein  für  die  Geschichte  Berlins. 

Verein  für  Geschichte  der  Mark  Brandenburg. 
■  :  Schweizerische  Landesbibliothek. 

Allgcineine  geschichtforschende  Gesellschaft  der  Schweiz. 

Historischer  Verein  des  Kantons  Bern. 

Bimdcsarchiv. 
teaMd:  Verein  f.  Altertumskunde  im  Fürstentum  Birkenfeld. 
■:   Verein  von  Altertumsfreunden  im  Rheinlandc. 
(Cher):  Soci^e  des  antiquaires  du  Centrc. 
>  d.  H«:  Historischer  Verein. 
Ortsverein   für   Geschichte   und  Altertumskunde   zu  Braun- 

•dbweig  und  Wollenbüttel. 
BBC:  Vorariberger  Mnsenms -Verein. 
01:  Hotorische  Gesellschaft  des  Künstlervereins. 


x:v 

Breslac     >. :  .- -/r.(-  •rf>o".!ich.ift  für  vaterländische  Kultur. 

:'..:  •'-f>Kb:.h:c  ixnvi  Altertum  Schlesiens. 
BrcvellCS.   S '.  ;:.    .:■>  Rol-aiidisics. 

OASsel      '.*.  :    :'..:   HissiMrbe  tieschichte  und  Landeskunde. 
iTAr&r.ia     >  •.  :•     ...  -'..i...  p.-.tri.i  per  l.i  Sicilia  Orientale. 

.-     . :      .    >:   ::.-.  r.e'.  dintio  Romano. 
Oheir.nitr      ♦;   .       :'..:  •  htr.-.:-.:!2er  Geschichte. 
v.>r:sr;AniÄ     "v^     V:.  *i:>::,::>:':Miothek. 
v"^Lr       .  *".   ■  »   '    ..  :  :    ;.T;>rhc  iTCScll.«'Chaft  von  Graubündcn. 
\.'>"r     •    '       --    :  •  Vi-:-.  ...  :.  .'..  Niederrhein. 
C'T*»^     ^  '  -■...)  fr   '..1  proxinci.i  di  ('omo. 

v\^:rr:CiiT.C         -        *^  ■.  . :.    ::..::c.\:>e  .l'aichoolojjic. 
PÄ":ij^  »       .  .*».- ..^i:   'Tf>.-h'.»:ht!ivercin. 

0,irT:>:Ä*::     •    -     •.-.■:.:  '\";ti::.  für  das  tiroÄsherzogtum  Heüiseo. 
Pe:rr:.''i:      ■»-.-.      V   ■.f:*.::-.^:    dc>    naturwissenschaftlichen  Vereine! 

I'^  ■■.:~j;cr  ■-■.   :>.:::*r  Vcn.-in. 

I'*v*-.i.:t>^^:!rj^en     '•.-.  .    *.;:  «Te-ch-.i'htc  und  Xat«rj»e5chichie  der  Bi:i 

l^r'tr:.;?»:  -.      -.;•  \  ::■..::  i\:T  Dortmund  u.  d.  Grafsch.ift  Mark. 

P'C>»":cT      >..      **  ..«-...■    A":i::i:ni>Nere:n. 

0;:>.  -.     ^     .    ^       \      :      ■ 

PJ.s>>c!»iv^r:  —  .-^;i::.h:svcic::i. 

r  ki : "  ^  u  r *;  ^     -*  :    \   :....:.  o  ^  -f  Scotl.in »1 . 

l>  trc"  -  :■  .r.:-.    ui.ii  A;:eri;imer  der  Grafschaft  MadhC 

^:■^c-c:.i  ..       •       .^.  -  ,:■:>.:::■:: 

i  "-":  >       .  ..:  ;   A":cr:.::r.>k:indc. 

r    't^/L  ..:-.-..::  >:.^r:.»  paiiia. 

F '.■.'• -k'l:':   .'..  NV:  .-.::.:.:•:    ..r,.":  A'.iortum-kunde. 

^  -       >    1   >:•.:;::       Kv'n;;>ch-j;erni.inisohe    CoTin.: 
F '.•  jl  Ti!^:  -        >  .........   iv..:.:o:;<    rb::ri;a::. 

r:;::ncr*:         :  ^        \       '■.>>.•.:.. 


— :.■■-: ''e-.'::::h:s-.  A'.tertum>- lind  Volk*»; 

F  rcihjr^     -  -      ...   ^:     -   .i.;   ...:::■*::  de   Kri:v»iir^. 

■  -      -      .•   iir  \\::::i  df>   K..\r:-«:ii.  Frcibarj;. 
fried-iciishafen  «.::.:::;    .ii?  Iv  doriMie-  i:r:d  >o:uer  L■n^^ 

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XV 

■bari^:  Verein  für  Hamburgische  Geschichte. 

lan:  Hanauer  Geschichtsverein. 

ittOVer:  Historischer  Verein  für  Niedersachsen. 

ielberg:  UniversitäUbibliothek. 

Ibronn :  Historischer  Verein. 

rfn^ors:  Finnische  Alterturosgesellschaft. 

BSnnstadt:  V'erein  für  Siebenbürgische  Landeskunde. 

bnr^fatflisefl :  Verein  für  Sachsen-Meiningische  Geschichte  u.  Landeskunde. 

Mllctlben:  Voigtländischer  altertumsforschender  Verein. 

ibnr^  V.  d.  Höhe :  Verein  für  Geschichte  und  Altertumskunde. 

i:  Verein  für  Thüringische  Geschichte  und  Altertumskunde. 

brock:  Ferdinandeum  für  Tirol  imd  Vorarlberg. 

ew  (Dorpat):    Gelehrte  estnische  Gesellschaft. 

iSfUhc:  Grossh.  Altertümersaromlung. 

Generallandesarchiv. 

Badische  historische  Commission. 
:    Schleswig-Holstein-Lauenburgische   Gesellschaft   für   vaterländische  Ge- 

sdiichte. 
ftnfUft:  Geschichtsverein  für  Kärnten. 
mha^di:  Societe  royale  des  antiquaires  du  Nord. 
IZBftCh :  Antiquarisch-historischer  Verein  f.  d.  Nahe  u.  d.  Hunsrück. 
ncfa:  Musealverein  von  K.rain. 
islnit :  Historischer  Verein  für  Niederbayern. 
MBn6:  Societe  vaudoisc  d*histoire  et  d'archeologie. 

Societe  d*histoire  de  la  Suisse  Romande. 
len:  Maat^chappij  der  nedcrlandsche  letterkunde. 
izi^:  K..  Sächsische  Gesellschaft  der  Wissenschaften. 

Verein  für  die  Geschichte  Leipzigs. 

Fürstl.  Jablonowskische  Gesellschaft.    (Hist.-natioualökonom.  Sektion.) 
■i^:  Geschichts-  und  Altertumsverein. 

O^es  { Haute -Vienne):  Societe  archeologique  et  historique  du  Limousin. 
C:  Museum  Francisco-Carolinum. 
tfon:  R.  Historical  Society. 

Society  of  anti(iuancs  of  London. 
eck:  Verein  für  Lübeckische  Geschichte  und  Altertumskunde. 
tbvrg:  Mnseumsverein  für  das  Fürstentum  Lüneburg. 
d:  K.  L'niversitätsbibliothek. 

eaÜNirg:  Section  historique  de  ITnstitut  grand-ducal  de  Luxembourg. 
ern:  Historischer  Verein  der  V  Orte. 
■  :  Bulletin  historique  du  Diocese  de  Lyon. 
Irld:  R'  Academia  de  historia« 
^äl^bntg:  Verein   fiir   Geschichte   und  Altertumskunde   d.  Herzogtums  u. 

Erzstifts  Magdeburg. 
B:  Verein  «ur  Erforschung  der  Rheinischen  Geschichte  und  Altertümer. 
:  Mmonbeimer  Altertums  verein. 
(Belgiqae):  Direction  de  la  Revue  Bencdictine. 
Redaktion  der  Stimmen  aus  Maria- Uiach. 


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lUUiS:    Redactiou   du   „Bulletin    ecciesiastique    et   d'archeologie   religieuse 

da  dioceses  de  Valencc." 
Ben  (Scine-Infcrieiirc) :  Academie  des  sciences,  belles-Iettres  et  arts  de  Ronen. 
Izbtiri^:  (lescllschaft  für  Salzburger  Landeskunde. 
rneii:  Historisch- antiquarischer  Verein  von  Obwalden. 
lUlffhansen:  Historisch-antiquarischer  Verein. 

kawlkalden:  Verein  f.  Hcunebergische  Geschichte  und  Landeskunde. 
bwerifi:   Verein  für  Mecklenburgische  Geschichte  und  Altertumskunde. 
kvyz:  Historischer  Verein  des  Kantons  Schwyz. 

[■aringen:  Verein   lür  Geschichte    und  Altertumskunde  in  HohenzoUern. 
totharn:  Historischer  Verein  des  Kantons  Solothurn. 
■yer:  Historischer  Verein  der  Pfalz. 

ttln:  Gesellschaft  für  Pommersche  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Ckbolm:  Kongl.  Vitterhets  Historie  och  Antiquitets  Akademien. 

Nordiska  Museet. 
issbarg:  Societe  pour  la  conservation  des  monuments  historiques. 

Kais.  Universitäts-  und  Landesbibliothek. 

Redaktion  des  Strassburger  Diöcesanblattes 
ttgart:  K.  Haus-  und  Staatsarchiv. 

K..  Württemb.  Altertumsverein. 
tloase:  Societe  archtelogique  du  Midi  de  la  France. 
Sr:  iTCsellschaft  für  nützliche  Forschungen. 
gee:   Appenzellische  gemeinnützige  Gesellschaft. 
i:  Verein  für  Kunst  und  Altertum  in  Oberschwaben. 
Als:    Hainanisti.sk;i  Vctenskaps-Samfundet. 

|K.  L'nivcrsitätsbibliothekJ. 
eckt:   Historisch  Genootschap. 

)mz:  Historischer  Verein  des  Fürstentums  Lichtenstein. 
itrington:  Smithsonian  Institution. 

niigerode:  Harzvercin  für  Geschichte  und  Altertumskunde. 
91:  K,  Akademie  der  Wissenschaften  (philosophisch-historische  Klasse). 

A  Itert  anisvcrciii. 

Verein  für  Landeskunde  von  Xiederösterreich. 

Ked;iktiou  der  Vicrteljahrschrift  für  Sozial-  und  \Virtscha!"t>geschichte. 
Steden:  Verein  für  Nassauischc  Altertumskunde  und  CVeschichtfoischung 
nK:  Altertums^-ercin. 

flbltf:  Historischer  Verein  von  L'utcrfranken  und  AschafTcnlnir«^. 
icfc:  Antiquarische  Gesellschaft. 

Schweizerisches    Landesmuseum. 
Cfcti:  Allcrtunisvcrein. 


X'^TI 


'fOrnans:   Rcdactiou   du   „BuHetiii    ccclesiastique    et  d*archeo1ogie   religieuse 
do  dtoceses  de  Valcucc,*' 
Ben  (Scinc-iuferieure):  Acadcmic  de&sciences,  bcllcs-leUres  et  arU  de  RoueD. 
Salzburg^:  Gcscllsrhüft  für  Salzburgcr  Landeskunde.  | 

tarnen:   Historisch  antiquarischer  Verein   von  Obwalden» 
Schaffhausen :  Historisch-antiquarischer  Verein. 

Schmalkalden :  Verein  f.  Hcnncbergische  Geschichte  und   r^andeskuiidc* 
Schwerin:   Verein  für  Mecklenburgische  Gcschidiie  und  Altertumskuiulc. 
Schwyz:  Historischer  Verein  de»  Kantons  Schwyz. 

Sigmariflgen :   Verein   lur  Geschichte    und  Altertumskunde  in   HuheuxuUern, 
SolOthum :  Historischer  Verein  des  Kantons  Solothurn. 
Speyer:  Historischer  Verein  der  Pfal/. 

Stettin:  Gesellschaft  für  Pnmn>ersche  Geschichte  und  Altertumskunde. 
Ckhotm:   Kougb  Vittcrhets  Historie  och  Antiquitet^  Akademien, 
Nordiüka  Musect. 

Strassburg:  Socicte  pour  la  conscrvatioti  de*  monumcnts  bistoriqucs. 
Kais,  Univcrsitäts-  «nd   Landesbibliothek. 
Redaktion  des  Strassburgcr  Diüce^^anldattes 
Stuttgart:  K,  Haui,-  und  Staat s^archiv. 
K^  Württemb,   Altertums  verein, 
Toulouse:  Societc  archeologiquc  du  Midi  de  la  Fr;ince. 
Trier:  GeteJUchaft  für  nützliche  Forschungen. 
Trogen:  AppcnKclJischc  ijemeinnü tätige  (teselUcliafl, 
Ulm:  Verein  für  Kunst   und  Altertum  in  Oberschwafven. 
Üpsala:   Humanistiska  Veten^kap'i-Sanifundet^ 
(K,  UniversitätsbibliothekJ, 
cht:  Historiich  Geuootschap. 
Vadtiz:  Historischer  Verein  des  Fürstentums  Lichteosteiu. 
Washington:  Smiihsonian  lustittitiou« 

H'eiTI i gerode  l  Hurzvcrein  für  Geschichte  und  Altertumsktmde. 
Wien:  K,  Akaden»ic  der  Wissenschaften  (philosophisch-historische  Klasse). 
A  l  tert  tiins  vctttto. 

Verein  für  Landeskunde  von  Nicderösterrcicb* 

Redaktion  der  Vicrtcljabrschrift  fiir  Sozial-  und  Wirtschafti^gcschichte. 
Wiesbaden:  Verein  für  Nai>Äaniächc  Altertumskunde  und  Geschichtfoischung 
Worms:  Altertumsverein. 

WürzbUf^:  Historischer  Verein  von   L'utcrfrarikcn   und  AticbaiTcnburg. 
IZfirich:  Antiquarische  Gesellschaft. 

Schweizerisches  Landcsuutsf-'uuj. 
Zwickau:  Altcrtnms^erein. 


Basler  Zeitschrift 


(Ur 


ichichte  und  Altertumskunde. 


lyrischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 
zu  Basel. 


V  j     p,i  (1  u,       _.    in 


nü  fQr  dk  ScIiircU: 

Ofeettschafi  SUitoAfchlv.  B«f€l. 

Atiftand: 


Autobiographie  des  Johannes  II.  Bernoutlr. 

Ueniiii!igegebeii  von  Fritz  Biirckhardt. 

Vorwort, 

tliTii   des  bttslerischeu    Familienzweigo» 

..   _,  ..i)    t?inigf*    als    Stonit*   ersti^r   ürusse   am 

tliclum  Hiinniol;  ihre  scihoptVrisch«?  niitl  belebende 

ihr   bi'stiin inender    Einflus«    auf    den    (lang    dor 

1^:    -1.  -  «nculischmi  Erkenntnis  wird  zu  idlf^n  Z<"it.en 

.Jakob,    sein   jüngerer  Bruder  Jolninnes 

^n  i^ihii  iJaniel  bilden   das   berülimte  Dreigestirn, 

eil»    Reihe    anderer   Faniiltenglieder   6?ieli    b^Mge- 

lfw*r    in    hüber,    ja    huchster    wissencJcliaftlieher 

ihrer  Zfeit  dementsprechend  geehrt,  wenn  anch 

Produktion  und  die  schopferisehe  Kraft  der 


FiiiniliengHeder    —    es    sind    ihrer    a<*bt    — 
digiing  gefunden  in  der  Schrift:  T)ie  Mathe- 
Bfrooolli  von  Peter  Merian.     Basel  184X). 

der  Sölme  de«  Johannes  [aho  einem  Bruder 

^  Niiih  Jcihannes  BernouHi,  ,Ioh.  fib  zn  sehreiben 

liden  ninn  jetzt  Johanni»s  TL  ht*isKt,  hat  sich  eiiü» 

ije  vorgefunden,  die  sswar  der  wissenschaftUehen 

"     1,  die  uns  aber  san*n  mit;  deiäsen  |i»»r- 


Inhalt. 


Aiitolriiograp4ile  dt>  Johanne^»  11.  Hentüulil,  %^o|»  Ffiti  Burckti«rdt 
Jüiuinfie«  llc^ulin  A«tf>  Steiii,  von  Max  Hos&feld 
/  .'  '  «rtcjitclitc  BftkcH  und  der  fv;iiitjcln>cKcti  Kidmi.. 

4es  ^icbiuijihxiga)  Kriei^es,  von  Alexander  Rtster 
Di«  Baftler  Statligjikfittftoni  von  Paul  KöYner 

Carl  Roth  , 
)ic  H<ritcr*heim«rfc4i*J<;,   -■»    ouo   ri.sas^cr    . 
Die  Auv^:ratul^£;4^n  vu  Dtäetitis,  von  E.  A.  Stücketberg 


M 1  a  £  c  n  c  : 


von  K .4.. 


'•rar.     Die  MAnuM*rip' 

lind  aiitt*|Unrt«('bf  *' 

*A«ttdcrungen  fallen  deo  VcHrtisem  itir  i-n%t* 

X>iC    VcmntWOrt-i,   .     (I.r     J.r.     r,<.»rr,r  lU.n     Ir.h.X     ,trr     Urr 

VerfjkMcyti  täbcrUsseii 


I..        Ir,      H^w 


ff 


Autobiographie  des  Johannes  IL  Bernoulli» 

Herausgegeben  von  Fritz  Bnrcklnirflt. 


Vorwort. 

I'rit^^r  tJfn  (Tlit'dern  rh's  ba.s!erisrlien  FamilienzAveiges 
loniti  erseheiiion  üinigo  mI;^  8tf:?nie  erster  Grosso  mn 
»BÄcliaftlichen  Biramt^l:  ihre  schöpferischo  iintl  heloboiide 
Wirkung,  ihr  liestiiiiinenJor  Einfliiss  auf  den  Oaiig  der 
ithi^matLsrh-physikalisclien  Erkenntnis  wird  zu  iillen  Zeiten 
tfrkaufii  wtjnl*»n.  Jakob,  sein  jüngerer  Bnider  Joliiumes 
dessen  Sohn  Daniel  l>ilden  dus  heriüinite  Dreigestirn, 
aber  i*ine  Reiho  anden-r  FauMÜeiigliodor  sich  beige- 
J]on,  Männer  in  hidier,  ja  höchster  wissenRcbaftlicher 
dUuiig.  zu  ilirer  Zeit  dementsprechenrl  geehrt,  wenn  aucli 
le  iHf  grosso  Produktion  und  ilie  schöpferische  Kraft  der 
^nannten  drei. 

Allt^   diese   Familienglieder    —    es    sind    ihrer    acht    — 
ihre  Würdigung  gefuntlen  in  der  Schrift:  Die  Matfie- 
fttikt^r  Bernoulli  von  Peter  Merian.     Bfisel  1H60. 

Von  einem  der  Söhne  des  Jrdiannes  ^also  einem  Bruder 

iels),  der  sich  Johannes  B«_*rnoulli.  Job,  tiL  zw  schreiben 

Igte,  nnd  den  man  jetzt  Johannes  n.  heisst,  hat  sich  eine 

Jiifiöbiograph ie  vorgehmilen.  die  zwar  der  wissenschaftlichen 

filgkeit  kan!D  erwähnt,  die  uns  aber  sonst  mit  dessen  per- 

%Sk;'i^^^'^}^^i^^  ^tpkannt  madit.  Diese  UA^ns^ 


FrTtz  Bürcktiardt. 


beschreibung,  aus  29  QiiÄrtseiteii  bestehend,  ist  im  Be&9 
<lrs  Urgrossobnes.  Herrn  Daniel  Alfred  Benioulli.  der  sie  m 
anderen,  die  Familit»  betreffenden  Papieren  aufgefunden  n 
mir  zur  Veröftentlichiing  übergehen  hat  | 

Jobannes  EL  Bernoulli  war  seiner  ganzen  Xattit 
anläge  naeb  ungemein  zurückbultend,  beurteilte  Sf*ino  Faltig- 
keiten  und  Leistungen  sehr  bescheiden  und  scheute  sich  vur 
der  Publikation,  so  dass  sein  Sohn  Daniel  11.,  der  Doja^ 
probsteischaffner,  in  tton  Personalien  zur  Leicheni'ed*.*,  «lit? 
auch  noch  handschriftlich  vorhanden  sind,  aussagen  könnt«?* 

^Von  ihm  sind  keine  andern  Scbriften  im  T'  ** 
ausgegangen,  al«  nolche,  deren  Druck  er  nicht  hat  vei  i 
können;  als  da  sind  einigt*  akademische  Probeschriffcen, w^'lcht* 
er  ans  Atdass  ledig  gewoniener  Professorstellen  öffentlich 
verteidigt  hat :  und  verschiedene  Preisschriften,  welche  %-oi* 
der  kötiigb  fmnzösischf'n  Akademie  der  Wissenschaften  ^irid 
gekrönt  und  hernach  dem  Drucke  überliefert  worden/ 

Trotz  dieser  ganz  aussergewöludicben  Zarückludtung 
fand  er  doch  allgemeine  Anerkennung:  es  zeugen  dafür  die 
ausgedehnte  Korres|»ondenz  mit  bedeutenden  Gidohrten  de« 
In-  und  Auslandes  und  die  Ernennung  zu  zahlreichen  aka- 
demischen Würden  und  gesellschaftlichen  Ehren,  X)ie  hel- 
vetisch-physikalische Gesellschaft  in  Basel,  clie  Akademie  in 
Nancy,  die  ökonomische  GeselLschaft  in  Bern,  die  wissen- 
schaftliehen Akademien  und  Gesellschafton  in  Berlin,  Stock- 
holm. Lyon,  MarseiUe.  London.  R^un  zählten  ihn  zu  ihren 
Mitgliedern  und  tlie  französische  Akademie  der  Wissen- 
schaften reihte  ihn  nach  dem  Tode  seines  Bruders  Daniel  L 
im  Jftlire  1782  unter  die  Zahl  der  auswärtigen  Mitglieder. 
Eine  Vorstellung  von  der  Ausdehnung  der  Korrespondenz 
erhält  man  durch  ein  noch  vorhandenes  handschriftliches 
Verzeichnis  der  be<leuiendsten  Korrespondenten,  aus  dem 
einige  Namen  mögen  herausgegriffen  werden.  Er  zählt 
darunter  seinen  Landsmann,  Freund  und  Studiengenossen 
Leonhai'd  Euler.  sodann  de  Maupertuis  und  längere  Zeit 
dessen  Gemahlin.  Voltaire,  de  la  Beaumelle,  die  gelehrte 
Marquise  flu  Chätelei,  de  Mairan,  le  oomte  d^Argenson,  Moula, 
Craraer^  Clairaut,  de  la  Condamine,  le  Marquis  de  Condorcet 


289 


^fil^^sherbes,  le  Marggnive  <le  Badi\  der»  regierenden 
*Mi^i*'n  von  Anhalt-Zerbst,  den  Duc  ile  Lti  Rochetoticault, 
ith  König  Stauislaiis.  Mallet,  Samur»!  König.  Johann  Gessner 
mit  degsen  Freund  Haller»  mit  denen  er  einige  Zeit  unter 
«teiii  Vat<?r  Johannes  Mathematik  studiert  hat. 

Er  schrieb  nicht  g<^rne  in  seiner  Mutter^jjrache,  sumlrrH 
'i'*^'*p  fnuizüsi^cli  trder  lateinisrii. 

Vielen  Benifiingen  widerstand  er  aus  Anhänglichkeit 
Mü  ihn  Eltern  und  da^^  Vaterland,  seihst  der  verlockendsten 
ia  die  konigl  proussische  Akademie  in  Berlin,  Und  sein«» 
WiP  BelahigUDg  für  Wissenschaft  Hu  lir  Arbeit  hat  er  be- 
darch  Losung  verschiedener  Preisatif gaben  der  fran- 
«•Viscben  Akademie,  bei  denen  er  mit  dem  Bruder  Daniel 
«i>*i  n»it  dem  Freunde  Leouhard  Euler  erfoigreicli  konlairrierte, 

Daniel,  tler  Bruder^  schrieb  am  23.  April  1743  an  Leon- 

iard  Euler,  als  dieser  ihn  angefragt  hatt»  .    nl»  er  sich  zum 

Hiiitritl   in   die    neu   belebte*  Akademie   der  WJBS^nschaften 

in  Berlin  und  zur  Übersiedehing  dorthin  ent«ch1iesst^n  kunne: 

Es  nimmt  mich  Wunder,  dass  Ew.  mehr  auf  micli  als 
f  nioinen  Bruih-r  reflektieren.     Der  Herr  Maupertuis,  d*n* 
beide  gar  wolil  kennt,    und   allen  Eifer  für  di^n  Dienst 
K.  M.  bezengt  hal,  ist  hierin  riner  andern  Mrinung.   Wenn 
ein    Bruder    nur    nicht    so    indolent    wäiv.    würdi»   i^r   du* 
bri^i^D  Bernoidli  leicht  übertreffen.** 

Die  Inni  Söhne  von  .Johannes  IT.  haben  zur  Ehnuig 
ihres  Vaters  irn  Jahre  17W  eine  iledaille  mit  seinem  Bilde 
van   dem  berühmten   Stecher  Sjimson   lierstellen   hissen. 

Über  die  letzten  Lebensjahre  des  verstcirbenen  Vat^ers 
li^richt^t  sein  S^ihu  Danirl  IL  in  einer  handschriftliclieu 
E4*i|iiisse  biograpl]i(|U«»  de  la  vie  ile  feu  mon  Pere,  Monsieur 
Jean  Bernoulli  1  teile  tpie  je  Tai  remise  le  29  AofU  17*)3  k 
Mr  le  Secretaire  d'Etat  Ochs,  ä  sa  r^quisiticui  [umr  ntre 
oominiißiquee  a  Mr.  *h*  t'ondorcet,  le  secret.  p<"r[>.  de  TAcad. 
deis  Sc.  de  Paris: 

PI  US  ie  Urs  an  n  6  es  avant  sa  mort  il  fit  une  chüte  sur  la 
Ci^te^  eil  descendant  des  esoaliers  de  pierre;  depuis  ce  temps 
t'    ^^«utit   iine   alteration   et   diminution   ctmsidörable  de  ses 


290  Fritz  Burckhardt. 

forces  tant  physiques  qu'intellectuelles.  A  cet  6tat  de 
et  de  d^perissement.  qui  alloit  tx)ujours  en  au| 
mais  qui  etoit  pour  la  plupart  sans  douleurs,  il 
au  commenceraent  de  Juin  1790  une  legere  ato 
apoplectique,  dont  il  revint  un  peu,  mais  sans  p 
relever;  il  continua  encore  pendant  plusieurs  sei 
v6g6ter  entre  la  vie  et  la  mort  et  rendit  enfin  1 
soupir  le  17  Juillet  1790,  ägö  de  80  ans  et  2  mo 


Autobiographie  des  Johannes  II.  Benioulli.  29 1 


Kurtze  Beschreibung  meines  Lebenslaufs, 
angefangen  im  Jahre  1746. 

Ich  bin  an  das  Liecht  dieser  Welt  gebohreii  worden 
iasel  den  18.  März  1710.  Meine  diu-ch  Gottes  Gnade 
Zeyt  annoch  lebende,  vielgeliebte  EUtern  sind  H.  Job. 
tionlli  Med.  D.  und  bey  L.  Universitet  Math.  Prof.  sodann 
1   r)orothea  Falcknerin. 

Von  diesen  meinen  Elltem  bin  ich  gleich  meinen  Ge- 
wisterten mit  aller  Sorgfallt  aufferzogen  und  zu  allem 
en  angebauten  worden,  also  dass  wann  ich  zu  fort- 
intznng  des  von  unserem  Geschlecht  erworbenen  Ruhms 
hts  beytrage,  solches  nicht  meiner  Aufferziehung,  sondern 
r  Selbsten  zuzuschreiben,  sonderlich  aber  meiner  von 
jend  anff  schwachen  Complexion  und  meinem  daher 
lirenden  etwas  trägen  temperament,  so  mir  niemahls  eine 
Bke  application  zugelassen. 

ob  ich  nun  schon  mit  meinen  eigenen  meriten  nicht 
■QD^n  kan.  so  habe  ich  hingegen  dem  nahmen,  den  sich 
iin  Vatter  und  einige  von  nn^nen  Brüdern  und  übrigen 
(rrerwaiinten  in  der  gelehrten  Wellt  erworbcMi,  so  viel  zu 
ildanken,  dass  von  ihrem  (TJantz  auch  einige  Strahlen  auff 
zurüekgeprellt.  wordurch  ich  denen  (belehrten  nicht 
ich  unbekannt  geblieben  bin,  wiewohl  rs  mich  schwär 
imt,  diesen  geringen  und  nur  entlehnten  Sch(»in  zu 
abten  und  denselben  nicht  zu  verdunkeln  oder  wohl 
ru  ersticken. 

Inzwischen    kan    ich    nicht    läugnen,    dass    meint»   zarte 

1.    oder   vielmehr   meine   Kindheit    ein    w«*it   mehn»rs 

jcn   versprechen   geschienen    als   die   folgende  Zeit 

mir  erfüllet  hat.     Denn   schon    in    denen  irrsten  jähren 

>  ich    einen    zimlich    fertigen  Geist   hervorblicken   und 

fc  mit  leichter  mühe  alldasjenige,    was  man    mir  be>'- 

tFBchtete. 


.  .  ■  •  -      -?•    L'-i-  :*  .i'-^.i!.j  «liirtli  i;iit»^  Pra«T»*ntorfü 

.   :     -:       ?   -     ••  r-- -.:-    .v   r«!»-:..  «lass  »la  irii  kaiinn' iahr 

.  :    .  ..-:•.'  ?:.:••  -!':  «r -i^'l  m-in  Vutt»'r  st^llisMi 

..  :-  V.    r..^.:r'■'*-l\.  «la«?  Exaiiu-ii  an"^s7.ust»*lien 

V  :  -    *         -    ■   •.        ..s     •!••::.•  «vi»!-    zu    \Vfr*nl**n.   wi«-  irli 

:   .•;'      .    -\..:...:.:-r:  wirJ»* :  -     ili^rh  wart-  iiMii 

V  •-    .       .-.  .     '.     -  >    >:  .    ::nr^!i    ::i.-iii-r    progp-ssunin  an 

7  ^    _      j"    -. :  • :.     ::.  i   %v.«;it»*    i]i  aii^-ehun;:  iii'-imT 

•.^       .  -       :_■        ..     :  --    ivii    würrkiiih     in    iiuiii»'!um 

;-.-..    -  .:    .-•-     \   '  T'   W'i'l*'  ';!i'l  «lif  U'i-tiinio.N  iiui»lii'a> 

-     .-       ".>".>■     ;  .i'.ii    ai-»    /Jirui'k    l»i>s   in  Ami 

•  .    .     _        -      Til'  •..:-.     i.s   :«.:i  «laiiu  erst  als  snuii'Hb 

K  •  •    '..  1-     '-  i-    :ia«.h».T  Vivis    in    «Ifiu   Pavs 

'.   \       ._-.-.:      .   .•■  :.  ::•.  ::v.:iZösi>oIiHS|iraohziit*rl«TneiL 

'.■..-.-   H-.r:.   •.:*.'.:    >eiuc;i    Sobii    /.um  rutcrricbl 

.-..•.-    -.i-.::.  r::vat;:::ternchl   vnrznj;.  la^  :'bne 

•       ^  ^   •  •     ■:         •:..:'::::- >/::iiIe.     Niemand  h.iiu- Icfjfte 

^  ••  .  ..".*  iivr .  ie  er.  vier  es  nicht  vtTschraibt 

•    ^  ":•.::•.-    ..f.  Z.:*:.4nd    •le>  Gyninu'-iiiTn*  e-n*' 

•■■•;•     ..:..:   rc::!:v:2   liS'.'ricLlle  VoTMh'.ii:i*  f-' 

^  .  ■        .  ..:  :.!■.  re. :•.:'..  /un.ivhsi  »»hne  ;»r.tkt'.»'''icc 

\  .  •       ■;.        ••:*-•.    R.i:    ei'.ie   Sihulkunin;i.»>:i'ii  .iJ^ 

s    .    .       .  ;    ■  e::.A*  :it   '.wirde,   nahni  die  Angelfteo* 

«   ^    *.:  -.     :.:     r^   .«.N   -t-.ne  Pllivhl  .iii^ah.  <ias 

,   X         .  •    •    :    *»:v.:.  ie:.  .•::  i'e>uvhen,  d.irin /i:  b-.ssfrt 

:..■  ^-.:.   N'i..'e:i    /u  »>animeln    iniJ  eudüA 

V  \  :%fr  .V.:    /;i    er.*l.;ltfn,     \vrnig>teii"'  tüf 

^    ^  "     A   r -.v.-.'.cr.  lie'ichichtc  desS.hiil\ve*t;3Si!i 

.   \    :    -. ■     *i  '....•vh  \oTh.inden. 

.     '::■.     :  •>    V  hu'.cr  der  nflenllKhcn  ^^ibule 

•«  .    :•  u:   ur.rden.   waren  fv>l|;eiuie 

\  ^-»  .  >...:';.i*"'.rij:c  Bel"i»rderunj»cn  entweder 

\  V     .,  ••  -.    '.:•.*  AI 'teil  unj^  oder  auch  von  einer 

X    .  -       .  •-  '..lijic.  T'.issbräuchlicher  Wtisc  ioch 

^  '  .::t :     i.is  *Tynin;i''ium   in  kurzci  ItA 

\     -  .  \     :.:•.•■.  :enpriifiun;en    übte    die  pWO" 

...  \-  ,        ..,    ..•;    d.i*  (tynin.ibium    /wfi  J.ihns- 

...'•    v.inntc.     Der  er>te  Jahrcskuri 

u..  ..  «    .  \  ■  -.  :    :  uni.i   I..iure.i,  der  /weile  «larA 

i  .-    M.  .-:   •    X..-  ^     .  •    >. '.  /:.. -..••1^  •.  lerrnann,    Gesch.    d.  GymnA*- » 


A(tli)>biti^*niplti<^  ^tc^   Toh^iiine^   11    H(*nHiMl)j. 


:^o; 


3ii?iD«T  Znniclvkmirit    A<*,    17liH    in    titun    inihjuin* 

eil  tli*'  priiiiMiii  Liviireani  iiml  mn  jalir  hernach  <len 

magttiterii.  ^     Daranffhin   wiedmete  ich   mich  dem 

ih>  Jiiriji.     Doch   virrflosst*!!   noch   r*tlichr  jtihrin    eht*  ich 

tilgte  LtM^tioiio«  jiiridica«  aiissiihöhnnj.  weihjn   m«?in  Vatter 

be&nde,  dasä  ich  micJi  noch  eine  zeittaiig  in  pbilr»- 

exereif^reu  sollte;  dahfiro   ich   luich  orst.  ijn  linlang 

1729  in  Jure  exaniinion^n  liesfüo  nnd  kurtx  darauff 

Iq  de  Competi-fattonilHts  dinpuiirt»». 

K«cliilimi    ich  meinen  Ciirsiim    jiiri<licum  vollendet,    ^o 

ilUt  ich  hinfühm  dorn  Studio  ninthmnatico,    in  welchen» 

bon  einige  fundamentA  gelegt  hatte,  etwas  mehr  nldiegon. 

Hierzu  iTaagnete  siel»  sonderlich  eine  sehr  gnte  Gelegen- 

indeme   ssu   eben    selbiger  Zeit   der   sowohl    in   gantz 

riTilit  als  ins  l>esondere  in  unnerer  Statt  ilnrcK 

i\  (g<*    hieh**r    g*^thane    Reysen    bekannte    M.  ile 

^perttiJs   anuu    ersten    mahl    tnicher  Bassel    käme   in   der 

suon  »ich  rloi'ch  Hülffe  nieinort  Vatt«*rü,  zu  welchem  Er 

^r  -'r».-,-s.»ü  Vertrauen  Imtte,  in  der  Mnthesi  noch  mehrers 

ren,    wiewohl    er    es    in    dieser  Wüssenschaft 

weit  gebracht  batU\  sintemahl  er  ^chon  dajnahls  unter 

■"    »  '  ■  t,»T,    <;]jrKh:?rn    lier    Königlichen     frantzüsischen 

WüHsenschaften  gexehlei  wurde. 

[Bieger   Harr   nun    mochte    nicht    mir    leiden»    dass  ich 

n  nnterredungen,    so   er  täglicli   mit  meinem 

'^   ,       ^' Ui  mit  bey wohnte,  sondern  angeachtet  meiner 

\A  und  des  ziemlich   gmssen  Unterschieds,    so  damahls 

iin«fn*n  Allt4>ren  wäre,    würdigte   er   mich   einer  sehr 

••*   ■    und  un verfälschten  fruunJschafftT  welche  seithero 

lange  abwesenheit^  noch   eine  grosse  entfernung 

rerritmum  viTm6gi*nd  gewesen, 

Piesu«  w*erthen   freundes  angenehmen  Umgangs  genösse 

|«liti9esi    mahl    beynaJje    ein  gantzes  jähr,    als  so  lang  er 

dtunmhU  in   ßa.s<dl    auffgidudt4>n.     B^^y   seiner  Abre^*so 

ich   ihn    biss  nacher  Strassburg.    all  wo    wir   una 

^lurtzeii  Auffenthallt  von   einandt^r  separierten. 


"Aia  '.  Jun*  47-  .         "      "i   mit  dem  drei  Jahre  ältcrei)  Lconhard  Eulcr, 
der  VVuAtche  &eiDe%  V'atcr«   iu  die   Ihcologi&cbr 

q  «ufde« 


20^ ' 


F  r  i  t  ?     li  II  I  *  Wli  i  r  A  t. 


HO  wollte  er  nicht  versäuiuini  uns  micli  in  ilieselbe  xii  in 
ducieren.     In    beineldte  VerBammluug  legte  unter  mAe 
der  Secretarius  diejenigen  Dissertationes  ein,   welcJie  üim« 
fiir  den  damals  ttiisge3chriel)eiien  Prc^iss   waren   zngrsrhickt 
worden.     Diose  Dissertationes  wurden  unter  diejenigen  d 
missarios  ilistribuirt,  welche  waren  ernannt  worden,  Aiese\] 
zu   examinieren    und    folgends   den    Preiss  zu  adjudiciei 
Vorher  aber  wurden   die   Titel    solclier   Dissertationes. 
den   Devisen,    so    darbey   gesetzt  zu  werden  pflegen*   l 
vorgelesen.     Da   sich    mm   die   anwesenden   einbildeten, 
würde  uns  otwan  eine  von  diesen  Selirifften  nicht  unbekftnnfr' 
seyn,    so   waren   gleichsam    aller  Augen    auff  uns  gericlit<?t 
um  zu  sehen,  ob  unser  Angesicht  solches  bey  ablesuügder 
überschrifft  und  d^r  Devise  nicht  verrathen  wurde.    Inder 
that  hatto  es  sieh  just  gefügt,  dass  dauiahls  iiher  die  neoi- 
Hclie  f[uestion   mein  Vatter  eim^  Schrifft  von   hier  auss  uudn 
mein  Bruder  von  Petersburg  auss  eine  andere  nacher  Pktffll 
gescliickt  hatten,  und  zwar  so  hatten  nach  der  Hand  «Iih^I 
ScJirifften    beyde    das    (Tlück,    dass    der    vorgesetzte   Preis« 
(welcher  da^  vorige  mahl  niemand  wäre  zuerkannt  worden 
nnd  also  dissmahl  verdoppelt  warei  unter  sie  getheüt  wurde, 
wplches   vor    dem    niemahls  geschehen,   seithero  aber  züto 
*>ffteren    ist    practiciert   worden,    wie  ich  denn  unter  anil+^ro 
Preisen,    die    ich    darvonzutragen    auch    das   Glüek   gehabt, 
dass  da  einsmtihls  tlrey  differmte  proponirt  waren,  njirdct 
einte    und    meinem   Bruder   ein   theil   an   einem   anden»  fM 
gleicher  Zeit  zugetheilt  wiinle. 

Alldieweil  wir  zu  Pariss  waren,  empfiengen  wir  die 
Zeytung.  dass  mein  Bruder  durch  ilas  I^os  zu  der  (himahtfl 
vacierenden  medieinischen  Proiessitm  gelangt  seye. ') 

In  gleichem  wurde  uns  überschrieben,  dass  mein  jüng**rei 
Bruder  sich  irj  kurtzem  zu  Strassburg  verlieurathen  werde 
und  weilen  wpgen  gleichfalls  bevorstehender  Hochzeit  meinei 


')  Daniel  BenmuUi  hatte  sich  von  Petersburg  aus  um  die  Professur  de 
Anatomie  uud  Botanik  gemeldet  und  das  Loo»  wur  ihm  günstig  |i^./i9,  S«pt 
^73S)'  ^^  ^^^  Decreta  medica  wird  er  wie  folgt  aufgeführt:  Vir  ExcelU  Di 
Di»)id  Bcrnoulli  M*  C  Joh,  lil,  Parcnlis  filiiis  digiiisslmtis  et  praecUrissimiu 
cui  Dens  ö.  M»  valetudincm  prosj>cram,  iter  faustum,  botiores  in  Acadcraij 
Uet0S|  IalK>res  farluiialo**  omniaquc  felicia  ex  voio  suo  largiatur. 


Aitit^ToftnipItic  «le«  Johautits  IT*  Beruoül' 


^Q5 


i  Sclin^txiti  zn  oimiclion,  ich  m5cht  ileiion  uctRlcmis^chori 

MTY^iizen^  so  offt  e»  mir  gofä.lUg  wäre,  auch  beywuhnen, 

*hi*n  t>b<^nsownlil  priipoiiioreru  uls  \vrtini  icli  ein 

ij'  iftglietl  der  Acadomie  wäre:  w»?lrhe8  hüft'HcUt» 

4iif«UioD  icJi  auch  mit  ilnnck  angeuoiiiinßn  und  während 

pftem   »uffi*nllifttlt    in   St  P«dersbur|^   w<^ni^   Hnideniisc-hi? 

siumluiigoti  vcrisäumet  habe. 

Vor  meitier  AhrevB*'  aus  dieser  Statt  wnirden  luir  pro- 
aiif^  gt^macht,  inicli  ln*y  der  Kay«*  acndeujie  zu  engi^- 
i;  wt*ili*n  wir  abor  wegt>n  denen  Conditioneii  nicht 
AUsn  Obereins  ktHnmen.  so  stclüug  ich  dieselben  auH, 
»wohl  als*  vt^rscliiedene  v^ocatioue:^,  W(Uehn  mir  seith 
H-T  Ztinlckknnfft  in  ntein  Vntterland  von  andern  orthen 
seind  angetragen  wt)rd«ni  und  weU^he  ich  uiclit  ange- 
le ihetlä  aufi  Lieb»*  zum  Vatterhind,  rlieils  aber  luid 
wc«ilen  ich  bilbg  bedencken  trngi».  meine  damals 
t*!n  EUterii  in  ihreni  hohen  Allter  und  zw^ar  xu 
Hl  Zeit  zu  verhu;sen,  da  sie  rni<'h  v<»n  allen  ihren 
eiiitxig  boi  t$ich  zu  Himm  hatten. 
Iji  St,  Peteniburg  halie  ich  micti  18  biss  14  Munatli 
^lit....  M,n|  jiJK'lidcm  sich  nun  mein  Bruder  niclit  nudir 
1  leren  lansen.  länger  dorten  xii  verbleiben*  zu- 

ih  ihmi*  die  dortige  Ijut'ft  nicht  gar  wrdd  zu  bekommen 
fjt%  Ml  li«*gid^i*Ti  wir  uns  mit  eiiuiniler  auf  ih'e  nickreysCy 
^A  wir  am  d'>h.  Bapti^^taerag  \<t  v  J  173')  zu  ScJiiffe  an- 


pii  eiii»*r  ^*dir  gefährlichen  Sc^hiffarth  von  tWt  3  Wochen 
irtr  füdlich  zu   f^antzig  (1.  L.  glucklich  an. 
Von    IhLiiiztg   »Hixifn    wir    nach    iMJiigeni    Anffent hallt 
Beyjw»  zu   Ijande  ferner  fort  nacher  Holland  und  von 
isji.    allwo    iinwere    erste    nachfrage    war    nach 
M-n  FVt*nnd.  ili»m  M.di^  Manju^rtuis.  mit  welchem 
Bnider  alsdann  zum   ersten   nmhl    in   »'ine  persönliche 
geriethe:  dieser  erzeigte  uns.  so  huige   wir  in 
f  V* .  '  '•    alle  er8iuuliche  FrMundschMfft  und  Hofflich- 

^Br   V  Et»»    uns*   die  bekauntÄchafft   derer   meist^>n 

[inuo.  und  weilen  ein  pimr  t^ig  nach  unsert^r  an- 
Ije  Ift:  '  ^'  Sammlung  der  Academie  der  Wissen- 
_Viir  «i  r'i^tidienileu  Vakarizen  gidialltt^i  wurde. 


-»»'»  Fritz  Biirikbardl. 

s«)  wollt«*  «M*  nicht  wrsäuiiK'ii  uns  noch  in  dieselhe  zu  imro- 
«hicit'H'n.  In  benu-ldtt»  Versammlung  legte  unter  anrterm 
<lt*r  Si'cretarius  dit^jenigen  Dissertationen  ein.  welche  ihme 
ITir  «IfMi  «Jamals  ausgeschriebiMien  Preiss  waren  zugeschickt 
wnnliMi.  I>it's«»  Dissertiitiones  wurden  unter  diejenigt'ii  Tora- 
inissarios  disiribuirt.  Avelche  wanm  ernannt  worden,  diesi^lijen 
•/M  «'xamini««ren  und  i'olgends  den  Preiss  zu  adjudiciereii. 
\'tirh«'r  aber  wurden  die  Titel  solcher  Dissertationen.  >umt 
diMi  I)i'visiMi.  so  darhey  gesetzt  zu  werd<»n  pflegen,  laiith 
viM'ic«'h's'«Mi.  Da  sich  mm  die  anwesenden  einbildeten.  t*s 
wnrdi»  uns  iMwan  ein«»  von  dies«Mi  Schrifften  nicht  unbekaunl 
si'N  n.  ^o  wan*n  gleichsam  aller  Augen  auff  uns  gi^irbtrt 
lim  /.u  M'lirii.  ob  unser  Angesicht  solches  V)ey  ablesung  «ler 
ul>iM'sihrilft  und  di'r  I  >evisi^  nicht  verrathen  wunle.  bnler 
tliai  liaiii'  es  sich  just  gelügt,  dass  damahls  iiber  die  la'in- 
ln  In»  ijur^iioii  mein  A'atter  eine  Schrifft  von  hier  auss  uml 
mriii  Hnid.T  von  i^'tersburg  auss  eine  andere  n acher  Pariss 
.••!■ '«  liit'ivi  liaihMi.  und  zwar  so  hatten  nach  der  Hand  di»*?* 
.'MJniltien  bi'\dr  da^  (rlück,  «lass  der  vorgesetzte  Pn.'iss 
w.'Kh.r  d.is  voi'i«;.'  mahl  nit'Uiand  wäre  zuerkannt  wonlo« 
im.j  mIn.i  dissiiKiliI  \»*rdoppelr  warei  unter  sie  getht'ilr  wunle, 
\N-lrli.-  \  •:■  d.'in  nitMiiahls  gi»sch<dien,  seithero  aber  zum 
■  •lli.i.'!  i«*!  pr.uiiiii-n  wonliMi.  wie  icli  denn  unter  aiid^ni 
l'i«!  .'ü  .h.'  iv  h  »l.rvonzui  ragen  auch  «las  Glück  ^phabt. 
■I  1  .1.1  ri:;-:!j..'i:v  .h-.-y  ditfi'n'Mt«*  [U'oponirt  waren.  unr'i'T 
•  «'.I.      i  ..!       ■•'\\\r-\'.    Hrr.diT   «in    tlifil   an   einem   ambTH  zn 

\     l.iNN  w   •       .'.     l\iii<*i    waren.    «Mn[)fit»ngen   wir  di* 

'  >  ni-        J.i    .         !•    Iv- ;.l'."-  durch  »las  Loos  zu  der  «lainahk 

^  I"  I.  I.V..!. ■..'. i ■.,■••■>.,■:;•  v.    Prott's>ion  gelangt  .seve.'- 

I  '  •  '«■:«  :■'       ^\  :•  !  ^  :•  ^  \i''  'r^vhriebi'n.  ilass  mein  iün^'*r^r 
lim,!.  1      •..  .:  ,.'.  •   ST;i«burg  verheuratben  wM^. 

iniil  w  .  '  .  •    \x  ...'       :;     .  ■■:  .    <      v.^v-r.'heuiler  Hochzeit  meiner 


p 


•     -  .      \        r-.ic:  >*«i:r^  .iu>  um  die  Professur  de 
•..-  ;    '.'<  wAr  ihm  gün>tig  |iK..  I«.».  ^^'J*« 
■•'  .  .       ■  •  *  -  :•  Vi  .lufjjofiihrt:   Vir  ExccH.  Df« 

'     ■■   '-        ^  .*.:j;p.:ss!mu>  et  pr.ieclarissiroflSt 
...1   iv.jx  o    M    X...1..;   ....     .:,..   ,.     ..     ....    :;;;^..j-,^    hoxiores   iu   Acadcmia 

■  u-..»-.  "...  ^".^•^  tv-: •..;••  .'..»  ,  ■  ■  .    ..^  ^^,..,  ^^.^.,  Urgiatur. 


r...  .. ..     M 


öograpbi«  de-*  Johatitic^  IT, 


.  Schwester  memanc]  van  luiöerer  Familie  sieb  naeh(?r 

irg  verffigMn    koiintt\    so    wnrd«*rj    wir    gobätten,    in 

imen    uieines   Bru<lers   Hüchzcitlest    iM^yziiwoliiicii, 

mm»  dann  veranla»ste.  tmsere  abreis»  von  Pariss  z\i 

fcW«m!ugt>u.*i     ZwiM   tag  nach   niisores  ßniders  Hochzeit 

i^iaü^tou   wir  samt  donon   neuen  EhelHinliHii   von  Stmss- 

imd  kamen  zn  Basel  zwey  tag  vor  unserer  Schwester 

an    und   vollcnideten    also  glücklich  unsere  Rejse. 

AtiMser    dieser    habe    ich    seithero    ver?»chiedene    kleine 

en  thmh  zur  Lus*t.    tlioils  gesundheit  oder  anderer  ur- 

^rn   linibftr  gi.?than.     Also  bin  ich  vt^rschiedene    niahl   in 

sburg  gewefien,  meinen  Bruder  heimzusuchen. 

Im  Jahr  1730  wtirde  ii'li   von  dem  damahls  regh-renden 

3^iften    V(ui    Baden-thirlaeh.    welcher   sich    zu   selbiger 

'A*it   allbier   auffliieilte,    inriiiert,    Ihme    nach   seinen 

hm  uiiil  in  du.s  nahe  bey  »einer  Resideuzstatt  gelegene 

l  Steinbach  genannt,  «u  begleiten*  welche  invi- 

unt*n*thänigeni  dank  aniialim  uitd  einige  Zeit 

üh  gh'ichfalls  iu  dieses  Fürsten  Gelolg  wie<ler  »uHlck- 

Ao.   iril   braciite   ich   die  FHÜilingö-  und  Sonimers- 

tXL  ViviH  zu. 

la  oWn  dem^olben  Jahr  wurde  zu  Lausanne  <lie  luathe- 

und   philosophische  Protess^ion   leilig,    welche  vor- 

4iaii  der  «lundi  seine  vielfalltige  Schriffton  iKikannte 

!  CnmiMiz  mit  Ruhm   versehen  \mfu>  und  nm  wihlir 

diasiiiakl  wiedenim  bew^arb. 

Oh  amn  nun  ^cbon  Ihme  dieselbe  nicht  wohl  abschhigen 

Ute  tmd   sie  Ihme  dero halben    gleich  anfangs  zugedacht 

•♦^  I«  wollu^u  dennuch  «ü^*  Herren   von  Bern,  dass  man 

ilisputien^n  nsollte,  thetls  damit  die  jungen  Lenthe  aiisi^ 

fA9i  d«r  Räckrei^c    vnu    Petersburg,    aUo    im   Jahre    17.'^^    trafen 
BridCT   Ml  KratikfcU-h   tm   l'o^twAgen   mit  einem   Uubekauitteu  fu« 
4tm  ttiild  ein  wissefiiithiiltlichc!*  Gespräch  angeknüpft  wiir*     iMr 
fn0^  »kIi  ittm  X:iin«ti  DaoieU,  iter  antwortete,  er  heisse  BernouUi, 
r  AvNroci  fSr  einen  Srherz  nchmmfj,  erwiderte  der  Mitreißende,  er  heisse 
Ottrrli  nÜirrü  Nacbweisif  iilicnteugte  er  sich«  dtiss  von  einem  Sehen« 
-i;    er  «eibtt    wnr  *lrr  Batuniker  Tränt,    Adjunkt    bei  der  fran* 
ftie    der  Wi «Seilschaften    {nach    P.  MerLin,    Die  Math,    Ber- 


oOO  Fritz  Burckh.irdt. 

lii  (\(^m  folgenden  1744sti»n  Jahr,  den  lOteu  Febniar, 
liabe  ich  mich  in  den  Stand  der  li.  Ehe  begeben  mit  Jgfr. 
Susanna  König,  weyland  Hrn.  Emanuel  Königs  Med.  D,  nud 
hey  liiesigor  Universität  Prof.  nach  todthinterlassenen Tochter. 
Diese  gebahr  mir  den  4ten  9br.  des  nämlichen  Jahres 
zwischen  10  und  11  Uhr  einen  Sohn,  welcher  den  folgen- 
den Sonntag  getaufft  und  Johannes  genannt  wurde;*,  die 
Taufj)nthen  waren  H.  Dr.  König  als  ein  H.  Schwager,  mein 
Bruder  ü.  Daniel  BernouUi  und  Frau  Mitzin  zum  Löwenzorn. 

Don  7ten  8br.   des   folgenden  Jahres   brachte  sie  nach  i 
oincr  Schwangerschafft  von  6  Monathen  eine  todte  Tochter 
zur  Wellt. 

Don  21:)ton  April  174r)  erhielte  mein  Bruder  naclu-icht 
von  Pariss,  dass  der  ausgesi»tzt.e  dre\H:*ache  Preiss  über  die 
XiJtur  dos  Magnets,  welcher  überall  75(X)  li\Tes  aussraachte. 
in  i^  tlieil  seye  getheilt  worden  und  erkannten  wir  an  denen 

eiue  Ordiiunj;  ;uifj»estcllt,  die  den  ganzen  Modns  procedcndi  regelte,  indcB 
aus  den  Bewerbern  nach  genauen  Vorschriften  geheim  abgestimmt,  ein  DreiCT- 
Vorschlag  (Ternarium)  gemacht  und  aus  ihm  dann  Einer  durch  das  Los  g^ 
wählt  werden  musste.  Bei  den  Bestellungen  der  Universität  hatten  dicKandi- 
<latin   in  der  Regel  ihre  Specimina  vorzulegen. 

Mithin  (soll)  in  allen  Ständen,  alles  Ansprechen,  Practicicren,  Briguirtn. 
Spondircn,  Versprech:  und  Drohungen  gänzlich  verbotten  (sein),  und  win» 
herauskommen  sollte,  «lass  einer  dergleichen  sich  imtcrstanden,  selbiger  \oi 
der  Wahl   ausgeschlossen  und  eo  ipso  ineligibilis  seye.  f 

in  einem  Brief  von  Bcrnh.Merian,  dem  Berliner  Akademiker,  an  Daniel  HB,  I 
\.   1}.  Dcc.   1782   wiril  diese  Losordnung  folgendermassen  verurteilt:  | 

Oiioi  <juc  votre  modestie  en  dise,  je  suis  tout  outrd  qiic  les  BemonHi  | 
iw  ^oiont  pas  remplacös  par  des  Bernoulli,  et  de  ce  ridicule  usage  de  vouloir  1 
-(.'  procurer  de  grands  physiciens  et  de  grands  gcometres  par  des  billels  de  ^ 
Inttcric.  r'esi  ä  cpioi  j'attribue  j^rincipalement  la  decadence  de  notrc  univcralf  1 
et  <"'t^st  cc  qui  probablcmcnt  en  operera  la  chute.  Commc  si  ce  D*ctoil  p*  } 
dcj.i  asst'z  <r('xrlurc  Ics  ctrangers  de  uos  chaires  de  professeur  et  den  laire  j 
UM  inouopolc  jiour  les  bourgeois.  Tout  cela  est  au  rebours  de  ce  qui  se  pr^  1 
i'u\no  (biiis  Ic  rcstc  de  TEurojK'  civilisr,  et  partout  oü  Ton  prend  vcriiablcmfl* 
a  Coeur  der  faire  lleurir  les  sciences  et  les  lettres.  Mais  il  parait  hicn  q* 
« *»'>t  la  de  t\\\n'\  noN  chers  (•omj:)atriotes  se  soucient  le  moins. 

Xa<"li  Johannes  H.  Bernoulli's   Tod  wurde  sein  Nachfolger  allerdings  keto 
Kirrnouili.   mmderu  Daniel  Huber,  einer  seiner  Schüler,  der  sich  um  das  vrissea»  % 
>chaftlichc   Leb«*n  seiner  Vaterstadt   im  hcichsteu  Masse  verdient    gemacht  hat  i 

'1  J(^h.  III.   BerufiuUi,   der   nachmalige   königliche   Astronom    in   BerliB. , 
•';   den    13.  Juli   1807   /u   Köpeuik, 


|b.  und  I>evises  derer  3  Dissertatioiien,  dass  oiue  davon 
Hg  angehörte*  als  welche  mein  Bnidor  und  irh  miteiiuinder 
prfrrtiget  und  nacJier  Pariss  geschickt  hatten ,  bekäme  also  diss- 
bilil  ein  jerler  von  uns  beyden  einen  halben  einfachen  Pi'eiss,  ^ ) 
D«?n  iHten  Jnnii  174r»  ist  meine  Fnm  wiederum  mit 
Kner  fodten  tochter  niederkommen. 

Den    7.  Juli]   ebeii    dieses  Jahres   erhiehe  mein  Bruder 
rieht,  dass  Er  und  ich  zu  gleicher  Zeit  von  M,  de  Mau- 
H^rtais,    dem   Präsidenten   der  Acadenjie  dw  Wissinj^ehaften 
Berlin  ah  Mitglieder  solcher  Academie  wären  jn-opuniert 
erklärt   worden:    bekamen    auch    nacii    d^r    Hand    die 
JiplomatÄ, 

Pen  22.  Hbn  des   nämlichen  Jahrs  habe  ich  für  die  flurch 
i^n  todt  H.  Dr.  Tonjnla  erledigt«'  juridische  profession  dis- 
utiert. 

I)en  <)ten  Janij   1747    lirachte   meine  Fnm    abermahlen 
fke  todte  Tochter   und  2  itund    hernach   einen   lebenfligen 
Q*  getaufft   Eraanuel.  zur  WelU.  welcher  abm' des  frdgen- 
©ti  morgens  wieder  starb. 

Den  29.  8bn  1747  tliate  M.  (h;^  Maupertuls  als  Praesident 

er  Koni  gl*  Academie  der  Wissenschafften  in  Berlin  in  einem 

nüch  abgelassenen  Schreiben  einen  nochmaligen  Versuch 

öeinen  Bruder  und  mich  <]aliin  zu  locken:  Er  that  mir  so 

ÄJignnehrae  und  honorable  prnptjsitionen,  dass  icli  mich  rf*cht 

len    mnsste,    dieselbigon   auszuschlagen.     Er  offeriert© 

Tnir.  es  bei  dem  damahligen  Hecretario  der  Academie  dahin 

zu  bringen,    dass    er    sich    veteranisieren    liesse   nnd    wollte 

mich    an    dessen    Stelle    setzen,    welches   die   lürnemste  ist 

ttnter  allen,   wie   auss   M.  de   Maupertuis   seinem   schreiben 

zo  ersehen,  wenn  er  sagt^    ce    seroit  bien  v^otre    fait;    cette 

place  alors  anroit  tont  Teelat  et   par  de  lä  celui  qu-elle  a  eu 

jadis  a  Paris  et  öeroit  la  premiere  de  toutes:   ich  muss  ge- 

8t«ben^   dass   dieses   die   stärkste  tentation  gewesen,    welche 

ich  bis  dato  ausgestanden,  mich   ausser  meinem  Vatterland 

ZTi  Stahl lieren;   doch   ist   es  (rottes   heiliger  Wille  gewesen, 


*)  Einen  Teil  des  Erfolgeii  seiucä  Sohnes  JobfLnoes  schrieb  der  Vater 
den  Umstände  nu^  dnss  dessen  Arbeiten  ^tnient  fond«^es  pour  1a  ptiipart  snr 
■a  id«es.  quc  je  lui  avais  communicjuees  pour  en  faire  usage  cc  qnll  a  tres- 
"  s  «Sollte,    Wolf»  ßiogr.  II    p.  93. 


Frit/  Biirckhardt. 

i.—     :.     .^V.    -Iv^se   überwinden    und   der  zärtlichen  Liel» 
^  ,:    .        -     T    - -tiigrten    Elltern    und    dein   Viitterlaiid  aui- 

-      1-    .  .'  -r.!.-r  1748   hat  es  dein   aIlinäcbtig«Mi  Gtiit 

-'  i  '-x-yy-^u  Fürsphnng  gefallen.  m<Mnen  golVatter 

^*  <*  •    .laiir  <»'ines  Alters  aus  dieser  Zeitlichkeit  zu 

;   ^:     :*■:-••■..      nb    mir    nun    schon    dieser    Fall    hörhs^t 

-V  /    '  h  \'<rk«»;iiiut.    s(»  (»rkenne  ich   doch,    wie  vi»«!  wir 

V   '  "':'M'Iist»Mi   zu   daneken   ursach   haben,    dass  er  uns 

-         >-b«'Ti  \'atter  so   lange  gegönnt,    ihm  die  Zeit  seines 

.  ■  >  :    r  so  vii'lem  g«Mstlichen  und  leiblichen  Seegeii  über- 

-.■.-:«:.    ihiih'    auch    zuletzt    ein    so    sanfftes    und   seelif];t»s 

y-  ■■•     V.  rlit'hen  hat. 

Pon  St«'n  april   174S  ist  meine  Frau  zum  vierten  uiahl 
•   .'iin'i-  todteii  Tochter  ni<Ml(»rgekommen. 

Nach   meines  sei.  Vatt'^M's  absterben  wäre    man  .so  wohl 
\(vi  <i'iten   MHH.  und  Obern  als  lobl.  Universitaet  auf  mittel 
•s-.lu.'ht.  wi«'  man  die  matlH^matische  Profes.sion  auf  jemand 
i^is  der  Beriiounischen  Familie  unmittelbar  übertragen  könnte. 
W'il  aber  di^so  sach  einige   Hindernuss  antraff:  als  nuK**  i 
:;. »dachte    math«Mnatisehi»    Profession    vacant    dedariert  unA 
sut    die   gj'wohnlicln»  Art    vermittelst   des  L(^oses   wiedeniia 
■>.'M'tz!  wenien:  das  Loos  fiele  auf  vir.  Cl.  Herrn  Dr.  RainspiH.'ik. 
wv'KhtT  sich  aber  iuif  höfliches  ansuchen  E.  E.  Regenz  gleich. 
d;o"u    verstund,    die  Thme    zugt^fallene    mathematische  Pro— 
«i'NNion    mit    im'iner  Profession   Eloi^uentiae  zu  vertauschou  " 
Ks  wurdt»  also  diesem  sach  vor  ampliss.  regen t ia  MHgH.  nu <-' 
(Mmm'ii  /MV  rat ifieati(Mi  vorgetragen,  welche  den  7t.  Sept.  17-t« 
dir^ru  Tausch  «Midiellig,  aussgenommen  eine  einzige  Stimmet" 
lanluieritM»  un«l  mir  bey  diesem  anlas  dasjenige  additame».  ^ 
nun    personale,    so    mein  VatttM'   seel.   genossen    hatte,    ah*:^ 
.druli    iKU'h    seinem    todt   wieder  abgesondert    worden    wa  ^ 
|!..N    nl.'j^vn   gniidig  geruhten. 

honit^rkung:   In  den  nun  folgenden  Blättern  der  oiger 

mdiV'Mi    Hii»graphit'  sind  nelx^n  andern  Angaben,  die  hie^' 

vl.n\\enUM.,    di«*    zahlreichen  (ieburton    der  Kinder  na  - 

idoHkintler    nebst    ihren   Pathen   aufgezählt:    es  erscheine 

nwoekinässig.    die    Entwicklung    des    Fainilienzweige-- 


^^^^^P     Autotiiographic  de»  Johannes  II.  Beruoulli.                       .^O.)              ^^^| 

mea  IL  dnrch  eine»  Tabelle  darEust**IU^n, 

d\(^  alle  wüusch-            ^^H 

,   vom   V^rfiisser   luüulialt  geuuicht^Ti 

Dut^^Q  Übersicht-           ^^H 

sothältJ 

'.geb.  17.  Aug.   1770            ^H 

Sus.  Margai 

Johannes 

.     7.  Juli     1774            ^H 

Emanuc) 

.     5.  Juli     1776            ^H 

^^^^ft 

Daniel 

,   27.  Nov.  1778           ^H 

^^^^"          lohannes. 

Veronica 

.    la.Mai     1781             ^H 

^m              4.  Nov    1744. 

Dorothea 

,    29.  Jan.    1783            ^H 

^B|3i.Verofi.  Beck  (28.  Aug,  17f;9) 

Nicolaus 

.    15.  Jan      1785            ^H 

Hv 

Catharina 

5.  März   1787             ^H 

Es   lalgen   4  todegeb,  Töchter 

Jacob 

16,  Mai     1788            ^^H 

und   ein   Sohn   Emiinuel,    der 

Jacob 

;    3LJan,     1789            ^H 

am  Tag  nach  der  Geburt  starb-     Elisabeth 

geb26.Aug.   1789            ^H 

;  7.  Juni  1747, 

Johannes 

.     5  Juni    177e            ^H 

Johannes 

Juni    1777            ^H 

Susanna 

geb.   6.  Juli     1777            ^H 

Bmanuel.                     j^cob 

,    10.  Febr.  1779             ^H 

12  Sept  1749. 

Johannes 

.    22.Sept   1780             ^H 

1' 

uA  .  Sus.  Cath.  Geyrnüllcr 

Kmanuel 

.    24.Aug,    1782            ^H 

(11»  Sept.  1775). 

Margarctlia 

,    28,  April  1784            ^H 

Luise 

.     7.  Juli     1786            ^H 

w 

Luise 

Y   29.  April  1787            ^H 

Hl 

i  Luise 

geb.  2r  Mai     178$            ^H 

Christof 

15.  Mai     17S2             ^H 

^^p                 Daniel. 

Susanne 

4.Aug    1783            ^H 

5                ^1   Jan   i75h 

Johannes 

.    2a  Jan,     1785             ^H 

1  iaJ:A,SJsdm(n.Mrz.l776) 

Leonhard 

.    20  Mal     1786            ^H 

1'            (t  13  Pcbf,  1779). 

Daniel 

,    lOAug,   1787            ^H 

;*    m  ri  M  M.Biirckh.(2l,JuH  1781) 

Emanuel 

,    22.  Mai     1790            ^H 

S  [               Nicolaus. 

^^1 

l  Scpt  1752.    r  19.  Oci  1762. 

^^H 

Susanna 

,    laMärz  1782             ^H 

,.  ^!    !^.                    Carolina 

,    30.  Juni    1783            ^H 

mFcbr,175*.              ]c,^,^,^^ 

.    28.  Jan.     1785             ^H 

\ 

Pithe  Maupertuis. 

w.:  A.  CaÜL  Burckli. 

^^H 

19.  Febf,  1781. 

^H 

Jacob. 

^H 

SLJiiftl  17SS.   i  la  Apr,  1757 

^H 

Jacob. 

^H 

>  Od  J7S9.    t  14.  J Uli  1789. 

^^B 

r    OiirL  Eulcr  (1 0.  Mai  1 789), 

^^1 

f  rtninkcn  in  der  Ncwka, 

.^B 

^^■kr  igituht.  U  QmOt.  md  Altertum  Vt,  2 

^^^^^H 

504 


Fritz  Barckhftrdl. 


Den  21teii  Xber  1753  bin  ich    in    die  helvetische 
lehrte  gesellschaft  aiifgenommt^ti  worden. 

Den  2ten  .luUj  1754  ist   niein  Sohn  Joliaimes  nat'li  v 
lier  üboratandenein  examiiie  in  matricuiaiu  studiosonim  Pliil« 
sophiae  rf*eipirt.  worden. 

Den  24,  8br.  1765  ist  dvr  Jnljannes  unter  Gottes  gele; 
nticher  WHlsehneuenburg    verreyset   um  sich  dorten  in 
tVantzösischen  Sprach  zu  perl\*ctionnicrün. 

Im  November  1755  wurden  wir,  mein  Bruder  mid  i' 
in   die  von    dem    König    Stanislas   zu   Nanci    aiifgerich 
academie  aufgenommen. 

Gegen  den  Herbst  175(>  liess  ich  meinen  2  Söhneü 
Emanuel  und  Daniol  die  Kindä^blattern  einpfropfen,  welclio 
Operation  vorher  hier  in  Basel  noch  an  niemand  als  ein«» 
Wiigners  Kitid  wäre  gemtu'ht  worden.  Sie  hatte,  Gott  seyt» 
ilanck,  einen  <n wünschten  success,  Seithor  habe  ich  dk^ 
Operation  mit  dem  nämlichen  Erfolg  sowohl  auf  meinem 
äUesten  al8  auch  hernach  auf  meinem  jüngst^^n  Sohn  thtni 
lassen. 

Den    27ten    Jul.    1759    ist   mir   mein    wertlier   FreuuJ 
M,  de  Maupertuis  durch  den  todt  entrissen  worden*   Er  wäre 
den   KJten  8br.  1758  hit^r  angelangt-  in  der   meynung  mir 
mir  einen  besuch  abzustatten  und  alsdann  seine  Kuckrey^»> 
naher    Berlin    fortzusetzen;    er    wurde    aber    durch    seini^n 
schlimmen   Gesundheitsstand    und    andere   nrnache  so  lang^ 
ilaran    verhindert,    biss  er    endlich    nach    einer   langen   und 
schmertzhaften  krankheit  io  meinem  Hauss,    allwo    er   sich 
die  gant^e  Zeit    aufgehallten    den    geist  aufgab.     Des  tag» 
darauf  wurde  er  in  dem  Dorff  Dornach,  Solothumer  gebieths« 
begraben,  'i 

Ao.  i7l»<).  In  ih'T  Promotione  vem.  ist  mein  Sohn 
Emanuel  ad  lectiones  publicas  promovirt  worden  imd  bat 
die  o ratio n  gehabt. 

Ao.  1702.  In  der  Promotione  vem.  ist  mein  Sohn  Dauiel 
ad  lectionis  publicas  promovirt  worden  und  hat  ebenfalls 
die  orabion  gehabt. 


*)  S,   meine   MiUcilung:   Mciupertuts  Lebensende.     Basler  Jahrb.   iS86. 
p.   153  ff- 


Aillobiocraphie  ile«  Johannes  LI.  B^rijoiillt. 


3^' 


lOu  17tJ2  d.  14.  Junij  ist  mein  Sohn  Danit^l  unter  Gottes 
luihcr  Keuohäksl   verrtM.st,   wohin    iel»  nucli  Ao,  1760 

!7-  Bhr,  meinoD  Hohii  Eiiianuel  gosuTidt  hatte. 

Ln.  17tiH   den   2;-^.  Jul.  iat   mein    Sohn  Jnhauni'H  unt^-T' 
gpJeit  iiber  PHri«  and  Hulhind   naher  Berlin  verrei>[ 
er  Ton  J«  M.  dem  König  von  Preusaen  bemffen  worden, 
er  vivrhero  nm  den  Jnridischen  Doctorgrad  dispii- 


Hn  27ien  Juli  ist  mein  Sohn  Emanuel  unter  Gottes 
tuiti«*r  G»niff  zu  dt>non  Hrn.  Leff>rt  Beaumont  &  Comp, 
Bt^  um  flie  Handlung  bey  Ilineii  7A\  erlernen. 
7tl4  d.  Bl>.  Mcrtz  abends  zwischen  8  und  9  TJltren  hat 
Oott  iitciuc*  gel.  Mutter  aus  diesem  leben,  in  welchem 
Udi  ^Q«!  Gnade  91  Jalire  zugebracht,  in  die  Ewigkeit 

76&r   In  pronnaione  verna  ist  mein  Solin  Nieolaui*  ad 
ae«  imblicas  promovirt  worden. 

7tt7  d*  Blfen  Jan.  ist  mein  Sohn  Emanuel  unter  Gotie» 
nabi^r  Li^nteburg  verreist,  um  bey  «lern  Hrn.  Max 
nradel  niid  S.  als  Handelsbedieiiter  S5U  stehen. 

'    ir>tfn   rtpr.    bin    ich    mit    meiner    Frauen    nml 
Jfr  Sara  Bernoulli  naher  Chnr  in  Pünten  ver- 
«llwn  wir  die  letzt^^re  an  M.  Maumary,  einen  in  Parma 
•rti»n    '  iMtii^chen    Handelsmann    vi^rjuiililt    hab(*ii. 

^  ^^'  ..   ..    .1  Docember  ist  mein  Sohn  Emiinuel  unter 
r   oalier  Zfiridi  verraist,  um  bey  Hrn.  .1.  Connui 
\  Sl  C.  als  Handidsbedienter  zu  stehen. 

I'  *"'-  n    Mart.    ist    mein    Sohn   Nicolaii^    unt»'r 

|h  i    Stn\ssbufg  verreist,  um  dnrr   bey  Hrn. 

■Sptelni&nn  zu  disciplinieron;  nachdem  er  in  dem  ver- 
F^  " '        -r  öd  gradam  Magisterii  wäre  admittiert  worden, 

k  .,  «:  -  .,  Aug.  hat  sich  mein  ältester  Sohn,  welcher 
Berlin  rdj«»r  Liindon  und  Paria  hieher  gekommen  war 
P  neben,  durch  Göttl  Schiekiuig  verheyrathet  mit 

H     !i,    einer  Ttuhtor    H.  Emanuel   Beck    des 
i    ift   kurz  danuü    mit  dieser  si>iniM'  Ehe- 
abftr  Berlin  zurückgekehrt. 


iTL 


»ne  verna    ist  nirin  S<diT»    Jukub    uil 


ii\irt    u-iin 


len. 


3<>^  Fritz  Burckhardt. 

Den  16teD  Apr.  ist  er  unter  Gottes  geleyt  naher  Xei 
cliätel  verreist  um  dorten  die  französische  Sprach  zu  erlerne 

1772.  In  diesem  Jahr  wurde  ich  nebst  viro  Ampi.  Hi 
Dr.  und  Prof.  Falekner  und  einem  anständigen  getolge  nah 
Pruntnit  deputirt.  um  dorten  gewöhnlicher  massen  von  Di 
fürstl.  Gn.  dem  Herrn  Bischoffen  als  Cancellario  unsei 
Fniversitet  die  Renovation  des  vice  Cancellariates  zu  1 
geliron. 

1774.  In  diesem  Jahre  wurde  ich  nach  dem  Absterb 
d(-s  Hrn.  Dr.  und  Prof.  Tluimeisen  von  MHgH.  für  denersi 
in  die  Wahl  gezogen  zu  der  Ehrenstelle  eines  Statt-Coa 
leiiten;  das  Loos  aber  fiele  auf  den  Hm.  Dr.  und  Pi 
D'Annone. 

Den  22ten  Jun.  ist  mein  Sohn  Daniel  nalier  Berlin 
seinem  ältesten  Bruder  verreist,  nachdem  er  vorhero  < 
spt^cimen  disputatorium  medico-physico  mathematicum  i 
gelegt  hatte. 

In  dem  Monath  April  1775  ist  mein  Sohn  Daniel 
Saehsen-Oothaische  Dienste  getretten  als  Unterhofraeis 
des  Erbprinzen. 

178(>  den  4ten  Febr.  hat  mein  Sohn  (Daniel)  die  dur 
I^efördeniiig  des  Hrn.  Dr.  d'Annone  ledig  gewordene  pi 
tessionein  eloquentiae  durch  das  Loos  davongetragen. 

1782.  Den  15ten  Maij  schrieb  mir  der  Herzog  v 
la  Rocliefoucault  aus  eigenem  Triebe  und  ohne  dass  i 
vorher  in  der  geringsten  Bekaimtschafft  gestanden  wSi 
sobald  aus  der  Versammlung  der  Academie  der  Wisst" 
scliaften  zurückgekommen,  einen  überaus  höflichen  Brief  n 
mir  anzukündigen,  dass  mich  die  gedachte  academie  ei 
iiiüthig  an  die  Stelle  meines  seel.  Bruders  zu  ihrem  MitgH 
«Twählet  hätte  und  dass  diese  Wahl  nur  noch  die  Bekri 
tignng  des  Königs  nöthig  hätte  welche.  Bekräftigung  an 
durch  die  nächste  Post  erfolgte  in  einem  ebenfalls  sehr  h« 
liehen  SehnulxMi  des  Staatssecretarii  Hrn.  Anielot.  Ich  hat 
mich  um  diese  ansehnliche  und  sonst  so  sehr  gesucl 
AVi'irde.  zu  \v«»lcher  nicht  mehr  als  8  fremde  gelangen  könm 
so  wenig  beworben,  dass  ich  einigen  Freunden  in  der  A 
demie  zu  gunsten  meines  ältesten  Sohnes  geschrieben  hat 


H  Amobtogriiphie  de«  Jpimnne«  II*  ßcnioulIL 

djisäf^  HerreiK  so  sehr  sie  auch  dieson  nietnein  Sohtr 
^  waren^  getruut'On  sich  nicht  mit  meinem  Verlangen 
d«*ni!fcihlen  (Jiirch andringen,  angi^sehpn  dnss  mein  Sohn 
;ii'mlirh  jung  luid  zu  einer  solchen  Würde  noch  iiirht 
{etiiig  wäre;  sie  fielen  aleo  mit  einigen  andern  der  «n- 
Hüet«>n  Mitglieder  auf  den  Liedanken,    mieli   selber  zu 

Kh        -*  lle  zn  erheben  und  brachten    es  daliin,  <las.^ 
_       i  liiilien  vviinie,  bis  Sit»  vorj  jiür  dit*  Einwilligung 

Vonsdilag  eriiallten  hätten;  sie  Hessen  mich  zugleich 
^  clufiü  nach  meinem  Absterben  mein  Sühn  um  so  vi»d 
|iir  iäcbwjerigkeit  finden  wtirde  an  meine  Stelle  gleich* 
suvli  ein  Erbrecht  xu  gelangen,  da  diese  Stellt*  seit 
itnng  der  Academie  bisa  auf  den  heutigen  Tag  von 
BemouUi  besetzt  gewesen, 
tt  iiit  leicht  EU  errathen,  daÄ8  ich  durch  dieses  so  freund- 

imd    für   mich    so    rühmliche   verfahren    mein» 
M»ii  innigst  geddirt  mich    nicht  imr  derselben  project 
wi'*  '■'*'*,   sondern   mit  bezeugtmg   meiner  vollkoni- 
trkeit  in  dasselbe  eingewilligt  habe,  rla  dann, 
mottle    Kinwilligung   zu  Paris   eingelangt  wäre,    di 
in    ZU    der    Wald     eines    neut»n    fremden    academie 
ßchrirte  und   wie  gemeldt  die  Stimnien  rler  säim 
zalilmch«»n  Versnmmhmg  auf  mich  fielen.*! 

Jnhamit»  tL  BemouUi    erhielt    die   Anzeige   der    Kmenntiitg  dnrvti 
ttSclMciben: 

EA  Versailles  Ic   i  r  Mai  i  ;H^. 
m  niim  ilontte  »vit,  Monnieur  que  le  Roi  vou&  a  tiomme  ii  ta  plnce 
m  Mmiac^f  de   rV-ad«<niie  de»   Science»,    vacaute   pur   h  niort  de 
mt  i^imhtf\  Brmoutli.     CVst  »Icpuis  uii   Sietrle  ujic  di&ÜnctiüU  powr 
i-  'mi  votre  famillc*  et  Sa  Majcstc  ij'iguore  pas  combtcn 

>  ^         uiicnemeut.    Je  »uiu  Ire*  tialte  d*avoir  a  voua  Vau- 

T.  ti  qn^eUe  me  founiiste  une  ocaision  de  vcjujs  assurer  de«  sentimcn 
liW|«elfi  je  fui%  tre&  parfaitenicnt»    Momieiir,  voUc  frca  humbte  n 
t  J»cr%iteur,  AnifioL 

aliffr  bittet  titach  cleoi  KonsepO: 

Bare  Ic  24  Mai  1782. 
Udos,  Amclot,  Secretoire  d'Etat. 

f^  eemÜere  et  Avec  raison  comme  la  plut  riebe   portion  de  mmi 
le  le  ooiD  de  ma  £amit)e,  c)ui  m*a  ete  Iraas^mi^  pur  mes  attrctrr« 


•  -   -. :  r  i  -.  i:ri:dt- 
-  7":.  -.*-    :ii.5^r   j.tügster   Sohn  iJi 
-r"    :li_    :-.  V    it^ii.   Kais.  Minister  an 
TzZri.  -.  :l  Bre~:-r:er.  als  Secretari 

:.  A:  r.l     :?:   ur.sr-r  dritter  Sohn  D 
r"r  :-5fi  r    El.  iier^nae    ziir    St«*lle 
z^.T>    .--.i.  li>  Lr>.»>  voii  KE.  «ir. 


-  :'_    ". .  -       .'-i  >-.    ii-    5::h    ui.ser   jüngster  J 

'-  -■    r-  •  ..  '.7-*-   A..-. '.:_■.. T.^  ::.  St.  Petvrsbnrg  uiul  L 

::.  •/.    7-   •      :.-  ..._■...■.    -^r-r '.:.':::  :::::  Jgir.  Charlotte  E 

Hr.      '    A  "-—    i-    L--.-:-    rlr^lrr     .S-Hretaire    perpetuo. 

A     ■-     ■  .■..::^---  T  •.■■.--: 

1  ■■     1--   ■.   •'■.-•.    *     -".    ':.:.'    ►-'■-?:-   «üvser  lUiSi^r  jüngste 

'^.  _:.     ■.    S-    "^  -Tr>. -.-i:     :;i.5    U:.ir:-7i\:k    geliabt    zu   unseM 

_.:::•  i  ..r.>:  :     "..^  •■•■.■? -rv..   ::.    :r:::  kleir.en   Xewkafluss  i 

-v-r. .?."....:-   -  •      -  S.^.v*-.-^-r>.  Hn:.  F:i&?.  zn  enrinken.  vo 

•--'  \.T    ■-■  ^  .:  .%...-:.   3-T^--' -rr-hri:  «Me  Schrookonsbutsclia 

.  ?^-r.::-      >  ..'.'.':.'       -::.;:-. :roi:en  -leii  l.'<.  An^rnj^ti.  * 

^     ." .    -.»: .  :     ..    ^r.  .-     it    -  ■:    zct.tzct   iic»    l.\  prc:niere  Je.»  Ac 

.?    L-      F ..'    ■'.         T-.-.z  ii'.-i  .:    y^iSit    reunit    dar.>    mon  ooeur  I 

«-::  -  .-i  .>    %  ■ .    r;-.-:-jr.i-.>»j^s.'«   a   ceu\   Je    la  plus  hiute  i 

■     •_•     -  .;-.:    It..  •.■i-vtrr   y-x^z  un  M'.^Rorque  ne  poar  üirt 

!.-...:    Li   "        ■  •: .     e   z:    ;   r*.   :"v.riv-r>  s'av^.'x^rJe  j  celebrrr  les  vcrti 

..••.-     .-.   ■      .   ..?.!.   ■-   ::.    .:  ur.  r.ouvcau  »vin  Je  la  fa^on  gr.icin 

;   ■  :  •       -   ..    j-  . ;    •    .      .-.-.'      „•;::.   .!  ser-::  b:cn  ^iioricux  pt'»ur  nioi  si  j  w 

r. -•..•:■. .     ;■  :   •  ■?  -.:*.::    ■.'-^o.r  :  wt  velitc  part  cn  voire  «lime  ei  ^ 

.  .-    •.    _i:...-   ::-:■•     ■  ..vre  ".  .^'.Il-  >>  A.<*uranccs  du  profond  respccl  a« 

■.':,..  -..    ::..  J.   B. 

!.'.r  ■.'   :-       .;^  .-..    :..?•.'  Irr.ei. ::■.:■.'.,;  fjinj;  aus  vou  La  Rixrhe-Fouc.vjh  u 
.-.    '.,:.'..-.  \  \i^^T  ':'<::        .:   kü::;  ::i  Frage  Jos.  Priesiley. 

'   '.-    ■:•-•-    ]lt'j:z'':>    sehr*.::;:    Fus^    i»   einem    Brief  an  Job.  ULI 

',•::  ::•.';  N'.-.^k..  e-:    .r.      r.i-   .if  !a  Newa,  ou  plutot  de  son  dimiai 

.    *•.>.'  ..;.    '.'.-:    ;■       r.i-    ■.:i    .>c:  .ire     l'le     apothicaire   de     Ivamenoi  o»tr 

.AT/.'r.r   ]*.   '.     tr-?  -:•?  :     ■  t- i-cs  e:   >.*  p'iis  }:r-in<i<^  profondeur    de  4  tois 

...1     ..  ['*•■   ir  .;t   (.  :   :.'trc   •'•»:.   free  e<t    morl  il  y  avoit  tout  au  plus  i  ic 

•  !    -.«.ij-   f\'.'.'-/.   -.k-.'iir  ■.U'=-  -s'-l':;   tMii>  le-  i:Kiice>  et  selon  Tavi*  des  chirurgi 

,111  «Mit   .  t*-  .4|;pe'.«  ^  il  «rsi  morl  tliin  cr'.ip  d'apoplexie  qu'on  attribue  gencr 

■ii'-iit  ;i   im   lort   r'-)*.is  smIm  de  tn^p  prc-  du  baiii  froid,  car  sa  digestioD  e 

f'i  ijour-.  l'Mit«."  »:t   l.ihoricU'C. 


Johannes  Heyniin  aus  Stein. 

el  aui  der  Prültzeit  des  deutschen  Humanismus. 
Von  Max  Hdssfeld. 


Abgekürzte  TiteL 

U  Handschriften. 
'^Codex  Basiliensis  A.  VI.  12  (Disputatiünen). 

A^  V.  2B(Epistoladcqualitatcsacefdoti$). 
A.  VII.  8^12  (Prcdiglcn.  5  Blinde). 
F   IX.  5  (Reden). 
A.  VII.  13  (Vorlesungen)* 

IL  Drucke. 
|A11gcmelne  dcutsciic  Biographie, 
^dunibratio   Erudiiorum    Basiliensium    elc.    (Anhang    zu 

1  W.  Herzog  Alhenae  Rauricae).    Basel  1780. 
Jos.  Ign.  Aibrecht,  de  singularibiis  Academlae  Albertinae 

In  alias  quamplurcs  meritis,  Kreibiirg  1808.  (S.  13-15)* 
Die  Bcmer  Chronik  des  Valcrius  Anshehn»  herausgeg,  v, 

histor.  Verein  des  Kantons  Bern.  Bd.  1-6,  1884-1901. 
Auctarium  Charlularii  Universita  tis  Parisiensis,  ed,  H.  Denifle 

et  A,  Chatclain  II  vol.  Paris  1894,  1897. 

tler  Chroniken,  ed.  Vischer,  Stern,  Bemoutli,  Bd.  1—6 

l«72— 1902. 
Paul  Hcitr  und  Carl  Chr.  Bcrnoulli,  Baseler  Büchermarken 

bis  zum  Anfang  des  17.  Jahrh.  Strassburg  1895*  (Einleit. 

V,  Bernoulli). 
C^rt  Chr,  Bcrnoulli,   Basels  Bedeutung  für  Wissenschaft 

und  Kunst  im  15*  Jhdt.    Geistiges  Leben,  Buchdruck; 

in  Basler  Festschrm  z.  Jahre  190L 
Emil  Bloesch,  die  Vurreformation  in  Beni ;   im  Jahrbuch 

f*  Schweiz,  Geschichte  IX,   1  —  108  (1884), 

nil  Blocsch.  Dr  Johannes  a  Lapide:  im  Bcmer  Tascbcn- 

buch  auf  das  Jahr  1881.  S.  239-274. 
H*  Bocis,  Kloslerleben  in  KIcinbasel;  im  histor*  Festbuch 

zur  Basier  Vereinigimgsfcicr  1892*  S,  115—165. 
Alei.  Budlns/ky,  Die  üniversitilt  Paris  und  die  Fremden 

30  derselben  im  Mittelalter.     Berlin  1876. 
Cdcr  Bgass.  Bulaeus  (Du  Boula>)  Historia  L'nivorsilJtis 

Parisiensls.  Tomus  V,  Paris  1670, 


^^1^^ 

^^^^^^^^M?3^fe»tm3^^^^^^^^^^^^^^^H 

^^m 

Th.  Burckhardt'Biedermann,    Hans  Amerbach  und  ^^'^^^B 

^^^^^ 

Familie;  im  Histor  Festbuch  z.  BasJ  Vereinigongrfti^^^B 

^^^^f 

1892.  S.  73-114.                                                        ^1 

^        Champ. 

Lcs  plus  anciens  monumcms  de  la  lypographie  pansienn^^| 

^^^^^^ 

Prefaces  lypographlques  des  livrcs  sortis  des  presfC^H 

^^^^^H 

de  Sorbonne    H70— 1472.     Recueil    de    Fac<SiRÜl«^| 

^^^^H 

pr^c^dd    dune    Introduction    par    Pierre    Champioi^H 

^^^^^H 

Paris  1904.                                                                  ^M 

^^^^^  Chart. 

Chartularium  Universitatis  Parfsjensis  ed,  Denüle  et  Cli^H 

^^^B 

^H 

^^H         CK.  Schm. 

Charles  Schmidt,  Histoire  littdrairc  de  TAlsace.  Paris  IB^H 

^^1 

Anatole    Claudin,    Histoire    de    l'imprimerie    en   FranC^H 

^^H 

Tome  l  \m)                                                             J^ä 

^^B                Orig. 

An.  Claudin»   Les   origines  de  rimprimerie   ä  Paris.  ^^| 

^^H 

premiere  presse  de  la  Sorbonne.     Paris  1899.  (Eitn^H 

^^H 

du  Bulletin  du  Bibliophile).                                      ^H 

^^B 

An.  Claudin,  The  first  Paris  Press,     An  account  ol  ^^t^M 

^^H 

books  printed  for  ü.  Ficbel  and  J,  Heynlin  in  thc  S<>^| 

^^^^^L 

bonne  1470^1472.    London  1898  {-     iuustrated  MoiK^B 

^^^^V 

graphs  issued  by  the   Bibliographical  Society  No- \1^H 

^^m        Ehw. 

R,  Ehwald,  Der  älteste  Zeuge  für  Gutenberg;  in  Zeltsch^^ 

^^^H 

f.  Bücherfreunde  IV,  129-140  (Juli  1900).                 " 

^^H 

Georg  Frier,  Die  Matrikel  der  Unlvcrs.  Leipzig.    Bd.  l-l 

^^H 

1895—1902. 

^^H 

P.  Feret,  La  facultc  de  Iheologie  de  Paris  el  ses  doctcurs 

^^H 

les  plus  c6R'bres.     1894  ff.    (Band  4,  1897.) 

^^m 

Friedrich  Fischer,  Joh.  Heynlin, genannt  a  Lapide.  Basel  185L 

^^H 

^  Alfred  Franklin.  La  Sorbonne.    2me  t^d,  Paris  1875. 

^^H         Geig.  Br. 

Johann  Reuchlins  Briefwechsel,  cd.  Ludw.  Geiger.  Tub.lR75. 

^^H 

Ludwig  Geiger,  Johann  Reuchlin,     Lcipz.  1871. 

^^1 

Oct.  Gr^ard,  Nos  adieux  ä  la  vieillc  Sorbonne.    Par.  1893. 

^^H        Haenel 

QusL  HaeneL  Catalogi  llbrorum  manuscrlptorum  qui  in 

^^^H 

bibliothecis  Galliae,  Hei  vettae  etc.  asservantur.  Lelpz.l83CK 

^^m 

L.  Hain,  Repertorium  bibliographicum- 

^H 

Ch.  Will.  Heckethorn,  The  printers  of  Basle  in  tlie  XV 

^^H 

and  XVI  centuries  etc.     London  1897. 

^^^ft 

Heinr.  Hermelink,  Die  theolog.  Fakultät  in  Tübingen  vor 

^^H 

der  Reformalion,  Tüb.  1906. 

^^m 

Jos.  Hürbin,  Peter  von  Andlau,  Strassb.  1897. 

^^^K          Joh.  Bern 

Job,  BernoulH.  Die  Kirchgemeinden  Basels  vor  der  Refor- 

^^^^H 

mation:  im  Basler  Jahrbuch  1895.  S.  99  ff.                Ä| 

^^^^^^   Jöurd. 

Charles  Jourdain.  Index  chronologicus  chartarum  penCT 

^^H 

ncntium  ad  hisloriam  Universitatis  Parisiensis.  1862. 

^^M 

J.  P.  A.  Madden,  Lettres  d'un  bibliographe,  suivies  dun 

^^^^H 

essai    sur   l'origlne   de  rimprimerie  de  Paris.    5  te^ 

■ 

Serie.  Paris  1878.                                                       ^M 

Johannes  Heyniin  aus  Stein.  ,)  I  I 

eh.  Jules  Philippe,  Guillaume  Fichet;  sa  vie,  ses  oeuvres. 

Annecy  1892. 
ipr.       -  Jules  Philippe,  Origine  de  rimprimerie  ä  Paris.  1885. 

Carl    Prantl,    Geschichte    der    Logik    im    Abendlande. 

Bd.  4,  1870. 
Realencyklopfldie  für  protestantische  Theologie  und  Kirche, 

3.  Aufl. 
-  Edm.  Reusens,    Matricule   de   Tüniversitc   de   Louvain; 

Bd.  I,  Brüssel  1903 
-.  Diebold  Schillings  Bemer  Chronik,  ed.  Gust.  Tobler  i.  A. 

des  historischen  Vereins  des  Kantons  Bern.    2  Bde. 

1897,  1901. 
Joh.  Bapt  Sproll,  Verfassung  des  Sankt  Georgen-Stifts 

in  Tübingen  u.  sein  Verhältnis  zur  Universität.  Im  Frei- 

burger  Diözesan-Archiv.     Bd.   30,    105—192    (1902); 

Bd.  31,  141-197  (1903). 
Charles  Thurot,  De  l'organisation  de  l'enseignement  dans 

rUniversit^  de  Paris  au  moyen  dge.  Par.  et  Besan^on  1 850. 
-.  Urkunden  zur  Geschichte  der  Universität  Tübingen  aus 

den  Jahren  1476-1550.    Tüb.  1877. 
Wilh.Vischer,  Geschichte  der  Universität  Basel,  1460— 1529. 

Basel  1860. 
Rud.  Wackemagel,  Mitteilungen  über  Raym.  Peraudi  und 

kirchliche  Zustände  seiner  Zeit  in  Basel ;  in  Basler  Zeit- 
schrift   für   Geschichte    und   Altertumskunde;    Bd.   2, 

171—273.    Basel  1903. 
Wetzer  und  Weite.  Kirchenlexikon.    2.  Aufl. 
Sebastian    Brants   Narrenschiff,    herausgeg.   von    Fried r. 

Zamcke,  Leipz.  1854. 


.^12  Max  Hossfcld. 


Einleitung. 


Der  Mann,  mit  dem  dio  folgenden  Blätter  siih  be- 
scliäftigeii.  gehört  nielit  zu  den  grossen  Namen  unserer  6e- 
scliiclite,  und  auch  innerhalb  seines  Jahrhunderts  nur  zu  den 
lifst-hfideneron.  Seine  Arbeit  war  aber  doch  bedeutend 
^enug.  um  von  der  Mitwelt  als  eine  (rrösse  empfunden  and 
d«Mn  (Gedächtnis  der  Späteren  überliefert  zu  wenlen.  und  die 
Spuren,  die  soin  "Wirken  hinterlassen  hat.  sind  tief  und  sind 
zahlreich  genug,  um  den  Forscher  zu  locken,  ihnen  nach- 
zugehen und  das  Bild  seines  Lebens  aus  ihnen  wiederher- 
zustellen. 

Ein  bewi»gtes  Lt-ben  in  bewegter  Zeit.  Es  ist  die  Epoche.  ; 
in  der  die  (leburt   iles   jnodernen  Emropa  sich  vorbereitete, 
jene    Ej)oche    voll    seltsamer    Unruhe,    die    noch   schwankt  j 
zwischen    ängstlichem   Festhalten    der   alten    Dasei n-S-fonneD  ' 
und  «ler  Hingabe  an  den   neuen  (ieist,  der  diese  Formen  m 
spreiig.'u   oder   doch    wegzudrängen   sucht,    ein    Geist,   »lern 
:nan    sich    nicht    entziehen    kann    und    dessen    umstürzende 
<iewalr   man   doch   mit  (iraueii  empfindet. 

.Inliannes  Ileynlin  gehört  ganz  dem  fünfzehnten  Jahr- 
liiindi-rr  an.  seine  Wirksamkeit  vor  allem  dessen  letztein 
hrirtel.  dein  Tag.«  vor  iler  Reformation  Martin  Luthers.  Ihr 
Siliaii platz  tn-ilicli  war  ein  anderer,  es  war  vor  allem  der 
Sudwest»'^!  l>"UtMliljin«l<.  Denn  obwohl  Heynlin  achtzehn 
.1.1  In«'  <.in»<  l.i'sren  Mannesalters  in  der  Fremde  zugebracht 
li:ii.  'lüritTi  wir  ihn  »loch  tür  ilie  deutsche  Geschichte,  für 
i!:»'  <  T.'<r!iiiliU'  .l.-r  iiherrheinischen  Kultur  in  Anspruch 
:i'  lim»  'i.  Nil  In  nur.  dass  t»r  aus  jener  Gegend  staiuiote, 
.:uii  -.i^i  HaujiTw  irktii  nml  seine  selbständige  Tätigkeit 
»I-l:«  ::  aiit  li^'s.-üi  iifi'i.'T.  und  hier  ist  auch  sein  Einflus* 
.;•;:   «ü-  Z.  ir  i:"n  <><>,;  1   a:  .   ü:W".s<ren  und  greifbarsten. 

Wa<  al'^r  k«.e.i:ite  dort  in  jenem  Moment  das  Wirken 
•  in--.  i4,'i,.|irrt  •;  und  rine>  Predigers  sein?  "Wie  kreuzten 
^'.rU    in    iiin    die    w  ideivinanvlerlaufenden    Strömungen  der 


^^P         fobatmes  McynHti  aus  Stein. 

?  Warf  **r  üvh  gftii»  dem  Neuen  in  die  Anne  oder  hielt 
♦dingtin^lofl  aoi  Alten  fetjt?  So  klar  pflegt  in  garentler 
das  Bei^-iisatsfin  von  dem  He!t*n  Zwiespalt  zwiJächen  Alt- 
Neu  tiich  uicijt  zu  zeigen.  Man  wälmt  die  Vergangen- 
%tx  stützen  und  kann  es  doch  mir  mit  den  Werkzeugen, 
idie  noue  Zeit  gesrlimifdet  hat,  man  richt4?t  den  Blick 
Hoffnang  üi  die  Zukunft  und  weiss  doch  kaum*  wie 
das  Ang«  noch  in  der  alten  Weise  zn  sehen  gewohnt  ist. 
JReynlin  ist  als  eini^r  jener  Männer  bekannt,  die  die 
rJk  mit  dem  Huinanisnuis  in  einer  Weij^e 
binden  darf  man  kaum  sagen  — ,  die  es 
fite  aosscliliesslich  der  uint^u  (xler  der  andern  dt^r 
ü  Richtungen  jcuzuwoisen.  Man  kennt  seine  st^irkt» 
:  xur  Theologie,  die  er  iür  die  Krone  aller  Wissen- 
y*  ikiiinon   Ernst    und    seine   Sittenstrengti,    sein»»n 

BöMO  Sinn«     Er  stallt  hiennit  einen  Typus  des  Hunm 
p    '         !or  sich  vorwiegend  in  deutachen  Ijanden  üihIhU 
I    ^        .t^  zu   It^dittn,   w(>  die  Schjulen  der  Xirclie  hau  Hg 
\mu   willkommener  Anlass   zu  geistreichem  Spott  statt 
'*  'and  dos  Bedauenm  und  der  Besserungavei-suche 

'   T  der  altes^ten  jener  Deutschen,    und  spi^Äiell 
^^L,  rend-humaniÄtischen^  Gmppe  am  Oberrhoin. 

Sarneke  sie  nennt,  beanspnicht  Heyniin  l)esondere  Be- 
\ng        *  liimdere  Aiümerksamkeit»  als  ihm  bisher 

yea  Ausgangspunkt  des  Interesses  bildete  die  Frage, 
►weit  bf?i  Ht^ynlin,  der  lange  Zeit  liindurcli  Basels  (Tlan£ 
San  bt,  die  moralisch -konservative  Richtung  von 
iii«iU«ii  wie  Sebastian  Brant.  ÜeÜBr  v.  Kaisersberg,  dakob 
tind  »mfleriui  vorgezeirfinet  ist,  inwiefern  »m- 
'  n  her\'nrragemles  älteres  Mitglied,  sondern 
Ner  (Truppe  betra*"htet  werden  kann.  Es 
*  tuiUinifiidit  Wönlon,  ob  sich  durch  seine  Beziehungen 
^n  fUn^som  ein  kulturhistorischer  Zusammeniuing 
Ikn  Hess,  von  dem  uns  bisher  sichere  Kunde  fehlte, 
m  unn  Äher  diese  Beaiiehnngen  auffinden  und  oin«*n 
fHk  Tcrgloich  anstellen  zu   können,   fehlte  vor  allem 

L^-.  .^-  i^  y^^  Heynlin  selbst    Denn  wewi 

n,   an  verschiedenen  grundlicln'n 


,114 


Max  Ho^sfeld. 


Eln^elunt4?^^suchlmgell  und  auch  an  geiijtrincluMi  Sküszf^n 
k»3in  Maogel  war,  so  hatte  doch  noch  nieniiind  versucH 
eine  zugleich  eingehende  und  umfassende  Schilderung  soin»*'* 
Wirkens  zu  geben.  Da  sich  nun  in  dem  uns  giitigÄt  x«^ 
Verfügung  gestellten  handschriftlichen  Material  ©ine 
wartete  Fülle  von  Nachrichten  über  HevTilinti  Leben  fiia 
Äo  nahm  die  Arbeit  unter  der  Hand  einen  biographischil 
Charakter  an,  und  es  ergab  sich  für  das,  was  wir  an  Alt« 
ÄUsarnmenÄufassen  und  an  Neuem  zu  sagen  hattren, 
siiicht  der  Rahmen  einer  Lebensschilderung.  Damit  erwacK 
aller  zugleich  auch  die  Aufgabe^  nachzuweisen,  wie  in  Heyuli 
s»'tbst  die  Mischung  jener  verschiedensn  geistigen  Strömiuig 
von  denen  oben  die  Rede  war.  zu  Stande  gekommen  M 
A'ielleicht.  dtuss  sich  dabei  zugleich  für  die  gi'össere,  me^ 
und  mehr  Raum  in  unserer  Diskussion  beanspruchend 
Frage  eine  Antwort  findet,  in  w^elcher  Weise  die  Gedanke 
df^r  neuen  humanistischen  und  reforuiatorischen  Zeit 
knüpfen  an  di<'  wissenschal'tliche  Entw ick  hing  der  aiL^ho 
<h*n  Scholastik.  — 

tTber  den  Wert  einer  festen  chronologischen  Grundlage* 
auch  für  die  Geschichte  eines  Einzelnen  brauchen  wir  kati 
ein  Wort  zu  verlieren;  von  dem  Momente  an^  wo  das  Vfl 
handensein  einer  Entwicklung  gezeigt  werden  soll,  ist  sif» 
unentbehrlich.  Bei  einem  Lebenslauf,  wie  es  der  des  Jfl 
Iiaunes  Heynlin  war,  nimmt  sie  aber  noch  ein  besnndef 
Interesse  in  Anspnich,  denn  bei  ihm  ist  sie  nicht  nur  dio 
Vorbedingung  für  eine  richtige  Charakteristik,  sie  ist  hier 
selbst  schon  in  hohem  Grade  cliaraktyeristisclu  Heynli 
Lebensschicksale  kann  man,  ähnlich  wie  es  z.  B.  bei  Hutt 
Celtes  und  Hermann  van  dem  Busche  der  Fall  ist^  gerade 
ilie  Verkörperung  seiner  geistigen  Tätigkeit  nennen,') 

Eine  Zusammenstellung  der  zahlreiclien  Werke,  die  si 
mit  Heyniin  beschäftigen  oder  in  denen  seine  WirksamkJ 
znr   Sprache   gekommen    ist,    wird  raan  uns  erlassen. 
glauben    nichts  Wesentliclies   von   dem,    was  seit  HeynlS 


^)  Diese  Bemerkung  entnehmen   wir   Zamcke*»   Einleitiing  zu   s.  Ausg. 
Brants  Narrcnschi!T  (S.  IX  A.  0.     Je  besser  wir   Hcynlins  Leben    kennen 
ieinten.  deito  mehr  &lcl1te  sich  die  Ricbügkeit  diefies  Satiei  heraus. 


Jnbäimef.  Me;}*tiHn  au*  Stein. 


btü  ÄUru  AbscliluÄM  lüeser  Arbeit  über  ihn  vtM'- 
it  worden  bt,  tibergangeii  xu  liabt^ii.  Unsere  Auf- 
war f^  alle  jeno  T>arstelliitjgi>n  oder  Stiidien  nach 
chtnii  \Vrgl»?icli  iiiiteinander  und  mit  *len  Quell»'a  zu 
1  einbeitliclu'U  Bilde  ziisammeiizuiassen,  vor  alleui  uIh»!* 
ild  aacli  zu  bereichern.  Denn  über  die  ersten  Studien 
Hn«  wiiikstf*  man  so  gut  wie  gar  nichts*,  fiber  seinen 
in  Paris  won  ig,  und  auch  binsictidirh  seiner  Tat  igk»»it 
r  Üborsiedelung  nach  Deutöchhind  war  man  doch 
die  Hanpttatsaehen  unterrichtet.  Hier  kamen  uns 
den  neuerdings  zuhireich  veröffentUcljfen  üniversitäts- 
lilU  dit*  sämtlich  (Uirehgesehon  wurden,  und  neben 
[«Kienen  einzehien  Publikationen,  unter  denen  die  noch 
iliUle  Berner  Chronik  Dieboki  Schillings  hesunder^ 
Wi»  vor  allem  die  eigenen  Manuskripte  lieynlins, 
ioodere  die  seiner  Predigt<?n  zu  Hilfe,  in  (Ulanen  sich 
f>riu  von  kurzen  Notizen  eine  Fülle  V»iographischen 
bot,  il^v  «einer  EntJJtehung  entsprechend  vor  allem 
Wirksamkeit  Heynlins  als  Prediger  helles  Lichr 
Ptlr  Pari^  kamen  neben  den  neuen  Verüffeni- 
Ti©  ssum  Teil  noch  unbenutzten,   von  Bulaeus   in 

^(iot^Jiicht^    der    Universität    herausgegubeih'n 
und  Urkunden  in  Betracht. 
n  konnten  wir  bei  dem  rein  Biogniphischen  nicht 
f  >en,    übc^rall    wurden    auch    Heynhns    SchjiftiMi 

».     I>ii»se  wunien  weget»  ihrer  Verscliiedenart ig* 
an  einer  Stelle   zusammenhängend,    sondern   an 
neij   Punkten   seines   Lebenslaufes   und   auch   mit 
mt   Ausführlichkeit    erörtert,      So    wurden    z.    B, 
tschen  Schriften,  deren  Abfassungszeit  sich  ilber 
•»in  Jahrzelinf   *»r^tre<'kt,    vor  tier  Einffdirung  «h*s 
in  Basels  die  Predigt<»n  vi»r  tler  Benifung  di*8  Pn»- 
li  answärni  zusajumenfassend  geschildert,  während 
riften,  wie  Re<len,  Briefe.  Dispuiatiorjen  usv. 
•  t  «it*ii  Anhissen  zur  Sprache  kamen,  rüe  sie  hri* 
i>der    an    dm    Stellen,    wo    ein    Stadium    sein«»r 
llt  twickluüg  durch  siegekennzoichnetw«^nlen  sollte,  ^1 

fem  Teil  *^cf  Schrift«!«  Hcynlins  gedruckt  ist.   wai^n  wir  auf 

.Irr     Kitii^f     t'fttirr^wvtAtsbibliotlcek    angewiesen,    die*    «»«»i»"« 


r^lt)  Max  Hossfeld. 

Aiif  eine  Biographie  im  tieferen  Sinne  des  Wortes  kann 
<lieser  Versuch  keinen  Anspruch  erheben.  Dazu  sind,  trotz- 
«lem  sie  nicht  ganz  fehlen,  zu  wenig  individuelle  Züge  über- 
liefert. Xicht  die  Geschichte  eines  Individuums  also  will 
unsere  Studie  sein,  sondern  ein  Beitrag  zur  Zeitgeschichte, 
die  von  einem  bestimmten  Punkte  aus  erlebt  und  beein- 
flusst  wird.  Gerade  hierin  aber  dürfte  der  Wert  solcher 
Einzelforschung  liegen:  innerhalb  eines  kleinen  Kreises  anf 
sicherem  Boden  fussend.  kann  sie  zur  Lösung  der  Probleme 
beitragen,  die  sich  bei  der  Betrachtung  der  grossen  geschicht- 
liclu^n  Zusammenhänge  aufdrängen. 


] 


Manuskripte  aufhewahrt.  Wir  unterlassen  nicht,  auch  an  dieser  Stelle^ 
X'crwaltunj;,  die  uns  die  gewünschten  Codices  zur  Benutzung  in  der  Bcrintf' 
Ivöniglichen  Bibliothek  überlassen  hat,  sowie  Herrn Oberbibliothekar Dr. Berooili 
persönlich  für  seine  liebenswürdigen  Auskünfte  unseren  wärmsten  Dank  zu  n| 


Jotumo^  Heyuliii  aus  Stein. 


Toil 


Universltätsjahre. 

1.  Kapitel 
Name  und  Herkunft. 

Sevor  wir  snir  BiirhteUmig  der  Lebens^chicksal»*  Heynliu!« 
rgi^ht^u,  ist  es  nötig,  eiuen  Augenblick  hei  seinem  Namen 
Irn  atu   bknbi^n,   fiicht    mir   um  zur  Klarheit  flaniber  zu 
,  welches  eigentlich  der  richtige  Name  ist,  sondern 
w*nl   durch   degüen    Erklänuig   gkichzeitig  schon   die 
nüch  tMn'ner  Ht^iiiuit  und   nach  seinem  Stunde  gelöst 

Fast  auf  £wei  Dutzen«!  täHHt  sich   die  Zahl  der  Namen 

gi»n.   tinier   denen  *luhunnes  Heynün   von   Z**itgenns8un 

Ton  späteren  CTe^chichtsscli reibern  geführt  wird;  ^Heyn- 

wtrd^  um  von  rein  orthographischen  \*ersthiedenh6iten 

r.  wl>^UM»hen.  zw  H4*ynltMn,  Heuelpi.  Henlin,  Heiin,  Hembin, 

r       '  -  ■   j^j.  Beiname    heisst  von,   vom    oder  aus  Stein. 

ie  und  a  Lapide^  Lapidanus,  Lapidarius,   l^apideus, 

Petro,    fmnisdäisch    l^ipierre,    de    la    Pierre    usw.,    selbst 

lin    int    gel  lüdet  worden.*)      Kein  Wunder,    das«    unter 

n    venschiedinirii    Xamen    auch    verseliiedone  Peri5onf*n 

wcinleii  fiiml«  und  dass  in  mmnohen  Büchern  an  zwei 

mehr   Stellen   von  Ileynlin   verschiedenerlei   berichtet 

'  -  '    dii3«8  der  Verfasser   weiss,    dass   er  es  mit  dem- 

i    uBB  EU  tun  hat,*»     Erst  wer   seine  Geschielite  im 

munhung  verfolgt,    erkennt  hinter  diesen  mannigfaU 

•m  die  Identität  der  Person. 

!  44)   gibt   an«   d;i»&   >tcyniin    in   den    Registern   tJcr    f*arUcr 

irQ  aU  Jobanüe»  Latomi  aufgeführt  werde.     Das  beruht 

trriva»«   denn   m   einem   von  Spirgatis   berausgegehenem   PersoDal- 

4ct  f*»ni>et   Uaiver&ilit  vom  Jahr    1464    «teht   sowohl    tjoh,  de 

w\m  tJoli.  l««tbi>mi",  e«  »iiid  also  iwei  verBchiedeue  l^er^oneu  (Bei- 

I  *we«,  l,  4j  u,  45.     iHSÄ). 

t»  <icsch,  d.  Schwci«,  Tüb.  Aiisg.  von  1817»  Teil  r», 
172,  ^«1.  —  Uch»,   Getck.   d,  Stadt  Baiel  (r83i|.    Bd    W  ijO»   itiJ. 


Ji8 


Ma^  Hossfcld. 


^Jolmiinesj  Hevnlin  de  IjiipiiL**  ist  imcli  seiner  eigö 
Schreibweise*)   die  richtige  und    vollständige  Form  seil 
Nanioiis.     AUerding?^    n*Mint   t»r  st^lbat   sich    in    der  weitai 
grö«st-en  Zahl  der  Fälle  kurisweg  Jolmniies  de  Lapide')  un»! 
auch  seine  Zeitgeiioßsen*)  wenden  aieistenteils  diese  gekürzt*^ 
Form   an^   dennoch   findet  sich   mehrfach  und  zwar  gpradw 
elann,    wenn    auf   die  Vnllstäniligkeit   des    Nümens  <t,     ;  V'   ' 
gelegt    wunle,   z.  B.   bei    4] er   Iniitulatinn    an  üniver^        ^ 
«ler  Name  Heynlin  hinÄngesiit^^^)     Übrigens  ist  mir  d«r^| 
häufig   und    neuerdings'^)    noch     wieder    gebnmchtf»    NamM 
a  Lapidß  in  zeitgenösaischen  Quellen  nur  ein  einziges  M«i 
begegnet,    in    einem   im   übrigen    deutschen    Schreiben  des 
Bern  er  Rats  an  Heyrdin.  das  die  Aufschrift  Doct-ori  a  l^tipide 
trägt.**)     In   deutschen  Quellen    heisst  er  sonst  Johans  edi^r 
Hans   von   Stein,    auch   vom  Stein*    oder   bloss    di^r   Doktor 
von  Stein,  einmal  auch  ^Herr  Joliannss  Heinlin  de  Lapide.*'» 

Es  fragt  sich  nunmehr,  welcher  dieser  beiden  Na^li- 
rrnuien  als  der  (jh^sehleehtsname  und  welcher  als  der  Beinamt* 
anzusehen  ist.  Wollten  wir  der  Kartäuser  Chronik  fo1gt*ii. 
diu  ihn  als  ^Johannes  de  lajiide  cognoment/O  Haenlin*'  b»** 
j«eichnet,*)  so  wäre  Heynlin  nur  ein  zur  Unterscheidung  von 
anderen  Personen  des  Namens  Stein  gewählter  Beinaiiii'. 
Dem  dürfte  doch  nicht  so  sein.  Wie  sollte  ein  Hans  iron 
Stein  darauf  geknioineu  sein,  i^in  Wort  wie  Heynlin,  d»^ 
doch  ohne  deutlich  erkennbare  Bedeutung  ist,  als  Beinaiaen 
aiiÄtinehmen  ?  Sieherlich  war  vieUn ehr  Heynlin  das  noraeu 
g^nitilicinm.     Als  solches  kommt  dieser  Name  im   16,  J 


4 


>)  Codex  Basil.  F.  VIU  *>.  F.  Vül  11,  X  U  20  is.  Vischer  S.  i>^» 
Aiiin.  iH  und  H^icnel  Sp.  535^  52O,  5ji),  aticU  im  TrftCtatu&  de  rocinorift  Aiig«od» 
i%,  Adunibr*  S.  104). 

5*)  z,  B,  Disp,  foK  i%  54»  5«),  qij,  109,  195,  219,  VorL  föL  170.  Pr.  V,  ! 

')  Wir  nctiiicn  hier  mir  Trithcmiuii.     Da  dieser  den  Namen  „Hc>iinn'' 
nicht  nennt,  hi  er  hU  gegen  de»  AufAng  de^   1 9.  Jahrhunderts    &o  gut^ 
unbekannt  geblieben. 

*)  Erkr  I,   I»i4.     Rcus.  I,   173,  AncL  I!,  903- 

»I  H.  Hiirler,  Nomcncbtor  Ht.  Thcol,  Cath.  TI,   1027  (üki^). 

«)  Abdruck  bei  Bio.  Ta.  S.  153. 

T)  i.  Ardaiv  f.  Gesch.  d.  tlt.  Buchhandels  XI,  75. 

•)  Ba.  Chr.  l  342/3. 


Jolumnet  Uc^mllii  4iii  Steiti. 


i>9 


in  iil»imatmisc]ieii  I^ndon  häufig  vor:   wir  nennen 
den  ilatrikt*lbttche^rn  di*r  ÜniversitÄknj  Tübingen,  Er- 

mul    iv#Mp55ig^ 

IS   Haifiliu   u»'   i  mmjm'hu^^'il    iinnifitrik.    14HK 
rlmrUiN  Huinlin  lU'^  (H'nllin^en  il5.'iS). 
an««  Heinlin  de  üffmheym  (1470). 
IJlrliiiir  Hayniin  tlt»  (>ss»^lbing€*ii  <I473). 
[(^«i»«{Nir  Hejnlin  ik*  Ulnui  (14771. 
Johannes  Hevnlen  de  Leubs  (in  iK  Oborpfalz)  »1422). 
bi  allMi  ilie»en  BeisjjiVien,    die    m*h    leicht  vermehren 
trit<   ntiö  Heynlin  als  der  Familienname *i.    der   mit 
Jeiu»ie    Zusaty-    dagegi^n    als    dio    Bezeichnung    des 
entgegen,    und    niclit    andei^    wird    auch    der 
ItTjöhanoeH  Heynlin  de  Lapide  aufzufassen  sein.     Heyn- 
ärt  Vatersname  und  die  Heimat  des  Mannes  ist  Hn 


|2o  d]t!9i^r  Erklärung  passt  der  Nfune  Lapidanus,  den 
tilin«  hn  man  istisch««  Freunde  ihm  gern  geben*)!  klassisch 
^ciet/*    Männer    wie  Jolianu   Reuchlin,    Sebastian   Braut, 

slin  Fiebi't  folgten  eben  iler  Ansilrucksweise  des  Alter- 
If  djijt  vom  Ortsnamen  ein  Adjektivnui  bildet«.  Völlig 
rnterpretarion  t*ndlicb  durch  den  Umstand. 
\Hf\  :i\  in  d<Mi  R/egit^tern  »ler  Pariser  üniveiisitiit 

l^en  weiteren  Zutsatx  als  «Johannes  Hejmljn^  einge- 
Bß  ist/)  eb«»n80  wie  die  gleichzeitig  eingetragenen 
^*.t.    r.j*   v,.^i     Inli  Wvnterlyng,  Symon  Hatly.   Wio  Fest^ 


1*1  l/riu  i».  4»i*     H»  Wcii«€nlinrn,  Akten  der  Erfurter  Uaiv.  Tl.  I,   340 

(»  r«rf^lt,<4jiioHrQ  il.  Pfon  Sachscu  Bd,  VIIl»   188^  EHcr  m,  307, 

|-^  (Tbffifeitft  knmmr  der  Name  fchon  im  13»  JahrhuDdert  in  aUnianniscken 

-  <Liti   Mhd-  NAmcubucb,    Hasel    1903,    S.   41*»:    ,»Bertotdi» 

.yeV*  ttftw.)  ittid  cti^tierl  aui^b  beute  m>cb  .tU  Gescblecbtinjime, 

4*t  l'oivcrmitüt  Leipsi^  wurde   die  Heimatsmiigfthc   MeU   ttiiC  der 

4ß    |ic|*ebeii    und    leicht     übersetzbare    Ortsosinien     ericheineii    in 

G««-»itde.    ^Fflrr,  V'orred^  S    ^a — ^^»^  femer  Bd.  HI,   ^07  tu  831^ 

AtlCB    MnrCdili    »cUi**     m-nut     »•j-n     i  ii"!,'!,  (.-i  it:ij     >iT,    'S.    vuri,    (ui.    '»j     lind 

1^    Uhrr   rvrepicjruin    nation.    ^ilemanti*   t.  AiicL  IT,    403»    20.     I>er 
^   I^r.iÄ^i   .*f  vfim  Hernuigebcr  hiiuujrcfügt,  «.Vorrede  in  Bd.  L 

^  icteli«  nnd  4tler1iicn  VI,  2.  72 


^Io 


Max  Ho&ftfeld. 


Winterling  uii*l  Hntii  ist  auch  Heyiilin  als  der  FÄiuUi 
tiame  anssuäehoth  tio  Uipitie  rnler  Lapidanus  aber  als  Hoimi 
Ijezeichnung. 

Wir  ujöi'hteii  daher,  obschovi  HL^ynlm  selbst  und  seil 
Zeitgenossen  mit  Vorliebe  inir  «leii  vom  Ort  iiorgeleiiet^fl 
Namen  braiich<^n,  wie  es  ja  damaliger  Sitte  entsprach  iKic 
C'Usanuö,  Joh,  de  Wesalia  nsw.i,  die  Bezeichniing  Johannti 
Heynlin  aus  Stein  heihirwcirten.  Damit  soll  zugleich'  def 
immer  wieder  anftauehenden  Meinung,  flass  «von  Stöin* 
adliger  Name  sei,  begegnet  werden. 

An  die  Frage,  oi  Heynlin  adliger  Herkunft  war,  h 

sich  längere  Erörtoningen  geknüpft.  Den  Anstoss  i] 
iicheint  Ejsengrein  gegeben  zu  liaben,  «lor  Heynlin.  ol 
mmB  Ansicht  näher  zu  begründen  und  wahrscheinlich 
tlarch  den  Zusatz  de  Lapide  verführt,  kurzweg  als  ^Joi 
Kques  Germanus  (Hctus  von  Stein-  bezeichnet.*^  —  A 
fi'ihrliehe  Erörterung  findet  die  Frage  in  Iselin's  Lexikotu^ 
ebenso  in  der  Admnbratio  Emditünim  Basiliensium.  Beid** 
erklären  sich  gegen  adlige  Herkunft.  Später  aber  würd«> 
diese  auf  Grund  einer  Identifizienmg  Heyidins  mit  eioeJU 
in  Froibtirg  studiereuileu  ^Johannes  de  Lapide,  nobilis  Coa- 
sfantiensis  dioeresis"  wieder  verföchte u.")  Blösch  endlick 
l>orülirt  die  MögliclLkeit  der  Zugehörigkeit  Heynlins  zu 
Bernisch-Solothurnischen  Familie  lierer  von  Stein,  ohne 
jedoch  iJafür  zu  entscheideu.  —  Gegen  die  Identität  H 
lins  mit  tlem  Freibiirger  Johannes  de  [rapide  macht  be 
Vischer  chronologische  und  sachliche  Bedenken  gehen*L 
hält  sie  aber  nicht  für  entsächeidend  und  bleibt  im  allj^f-- 
meinen  wieder  bei  der  Annahme  der  adligen  Al)kun{t  stehet!. 
Hierin  sind  ihm  die  meisten  gefolgt,  zuletzt  n(»c  h  Bn 


idUca 
erelH^ 


»)  GuiL  Eys,  Catml.  Test,  Vera.  (D\\.  1565)  fol,  181.  E.  ist  uberÜ 
uiijtuvcrfäistg,  nennt  er  doch  £.  B.  Heynlin  niU  einiger  Ctbertreibtiog 
,»primm  tostaurator  BAsilicnsis  Acadeniiae"  i 

*)  Jac.  Chriit.  Uelio,  Hi&L  u.  gec>gr.  Lex«  Bd«  IV  ^1728)  %  491. 

')  i,  Albrecht  13,  Sebreiber,  Hcinr  Leistungen  Freiburgs  für  Bikher« 
und  l-nndkÄrlendruck ,  Festrede  24.  VI.  1840,  de«,  Gescbicbte  der  Univ. 
l'rcil)iir|   1^57,  l,  iJ3.    VUcb.  15;,   159.    Bio.  T*.  241. 


I 

■I 


Johaniii£%  Hcyiitln  aiu  Si 

boti  Afltri  »UinmeJ) 
Uffniiocli    ifit   die  AnriHliuit*   iiuitnltbar*     Sie   stutzt  nich 

' \f  z^'fi  Gründe,  don  einen  nnanHgi\^prochenen,  dass 

•*     einen    Adligc^n    bezeicJinen    nuUsi\    und    don 
dfttts  in  dem  adligen  Freihurger  Studenten  unser 
'in  z»i  t*rblickon  std.    I>ii*  UnhaltUarkiiit  des  t^rstini 
ur  oben  nchon  gezeigt  worden :   aueli  der  zweite 
bid  nftberer  PdÜiing  nicht  Stand.     I)ie  drei  Einträge 
in  Fndbnrger  Matrikel   biuten  nilrnlicli:^) 
pl:  OnminuH  Juhann<»H  de  liapide  nobilts  CaiutnntieiUf- 
diofic^is  U.Mai.     (Matrikel  der  Universität. 
Sab  deeisnatn  j*ecundii  Kiliani  W(df  ile  Haslach  Jo- 
'  tli^   Lapide   priniui^i   amnitim   proinottis   eiun 

-  Cfeilern  de  Kai.sersberg. 
Fftrift  secunda'pOBi  palnmrum  dett^niiinavit  J<di.  tiv 
Lapide,  nobilis.     iMatrikel  der  -dr/i^/^nfakultät.) 
(Kuü  iJt<dii  aber  erstens  fest,   da8j<  Hi^ynliri  niclit  aus  df^r 
Knn^tau^.  sondern  aim  dem  Speierer  Sprcnffel  war/) 
Ambb  er  bei*eita  IB  Jahre  vor  dem  Freibnrger  .Jo- 
de lapide  in  Leipaiig  (ieti^rniinitMie.  d.  li.  haeenlanreud 
ibns    untnle/i    und    ilrittens,    dma    er    in    den  Jahren 
-14413  in  l^riH  un<l  nicht  in  Fiviburg  war.*i     Unniög- 
akr>  die  [ilentittit  Heyidins  fnit  iseineni  Freiburg^'r 
rpttor   aulVeeht    erhalten    wenb^n,       I'aniit    füllt   äu- 
ilie  Annrihine  eine.s  geuieinsain*»n  Studiums  Heynlins 
MleilefH  v<in  Ivai>!erKberg  in  Freibtirg!) 


F^IImcU   stir  Bankr  Vere»nig«ng*feicr   iHt^z»  S,  H»o,     Aurli  Her* 
4cr  TO«  ciiirtr  Uligkrit  H«yn)lus  in  Freihiir;,^  ^prirbt  (S,  i  ;;»«   int  tw 

Imr  hohen  wir   fo1g;ctide    Belege :   dgvne  Auf/c-ichouii;;cn   HcyuUti»: 

fi4tioiai»  alciiiAQit.    Uuiv,  J*aris:  »Jt^li,  Hcyulyii  de  LApide 

jiiresiAU**  jAuct.  11,  tfit)  im  Rtg.  ong.  de*  prieur-*  iJe  Sojbonric  fol. 

r^tu.    iti^tktri   JoliAnnt»    de    Lnpidc    alemauoi    diocctig    Hpitensis/* 

,  etwodd  fol,  tkt  1  «Jab^tine»  d«  l^pide,  Alemanntifi  dlocestts 

S.  }i«   A*  S),     Fenirr   srinc   TmrtianikuUtioii   iti    Luwtii« 

''K8C  i'fkuiulc  niu   I4^>7,  w  Vl»cU  i^i. 

not    S.    ;ii    o.   ui   j 


,{22  Max  Hossfcld. 

I)a  nun  auch,  wie  an  dem  Vergleich  mit  anderen  Htfj 
lins  gezeigt  worden  ist,  das  de  vor  Lapide  nicht  als  Adi 
prädikat.  sondern  als  Bezeichnung  der  Heimat  aufziifas 
ist.  so  kann  die  Hypothese  der  adligen  Abkunft  Heyn' 
als  endgültig  erledigt  betrachtet  werden.  — 

"Wenn  eingangs  über  die  Fülle  der  Namen  für  die  < 
Person  Heynlins  geklagt  worden  ist.  so  kann  man  ande 
s<Mts  auch  über  die  Fülle  der  Personen  klagen,  die  densel 
Namen  tragen  wie  er.  Wir  müssen  ihn  von  diesen  Nam 
vettern,  so  wie  es  eben  mit  dem  Freiburger  Studenten 
sclj(*hen  ist,  von  vornherein  scharf  trennen,  können 
dah<»i  aber  auf  diejenigen  beschränken,  die  wirklich  gh 
zeitig*)  mit  ihm  gelebt  haben: 

l.  .Johannes  de  Lapide,  canonicus  ec^jlesiaeWormaciei 
immatrikuliert  an  der  Universität  Heidelberg  1446. 3.  Augu 
Heynlin  hatte  im  Jahre  144l>  das  kanonische  Alter  r 
nicht   erreicht. 

±  Johannes  de  Lapide,  immatrikuliert  an  der  Uni ver 
Krfurt  14HH/*'  —  1438  war  Heynlin  erst  etwaB — 10  Jahre 

l\.  Johannes  Stein  von  Schorndorf,  als  einer  der  er 
in  'rübinpMi  im  Jahre  1477  immatrikuliert, ^i  gleiclizeitig 
Ht'vnlin  Professor  in  Tübingen  und  fünfter  Rektor 
rniversitiit.  Kr  ist  von  Linsenmann^)  mit  Heynlin 
\veelwt»lt  worden,  «loch  können  beide  schon  darum  n 
»lit^^olbe  Person  sein,  weil  .Johannes  Stein  noch  drei  3i 
\vM'\\  .lohanne>  Heynlins  Tode  als  Pfarrer  in  Gummendin 
..*l»te.'"i  Aiuh  fällt  Steins  Tübinger  Rektorat  in  eine  2 
\\»>   Mt-xuli:.  -iievr  Staiir  sclion  verlassen  hatte." 

«     .>.  r.'.    \  li"    ;~   j:ev...:.:.ter.    !>ciiicn   Studenten    können  dod 

lifi-  ..  :  ;    s.    .     f.    .:..    liei    eine  hfreit*   1418  in  Paris  studierte 

.   .,    ,       .  •      V.  .  •      '.   .     ,:*>   -,Ti    Ktrb:<>  in  Köln  wurde.     Hepilin 

,     V      .    ,    s.     .     \\.:    ...     .-:    ;  :.A    HeidcH^erg  I.  251. 
w  .   ..  \v  r      ...   rv.'tf:  rn:\.  I,    174,   ^O. 

>:?:..  jifvröhnlich  a  lapide,  Ijipic 

^    .    >  >.  '        r  »:    T  1"   ai.w.      •Lin.^enmann,  G 
XV  •       .    .-     ;>rfi.i  S.  21 1.) 
\.  .     X     ^.    ..         .:      .     :  r..:.ki'   irj;^!!,   153. 

V       .        .  X   V'.     .->.-  Rektor,     l'rk.  47:- 


jnh^imie«  HcfnIJD  ni»  Stein. 


.\^,\ 


4.  Jotimiiie^  ilo  Liipitlf.   Hus   dor  Diozoso  Cainbrai.   iui- 

rikuUen    in   Löwen  1449.'i     Heynlin  war.  wie  erwähnt 

i  der  Dii'Sz^es^  Speyer. 

6.  Prat4»r  •Inhamifs  d*»    Lapido,    Piutluator    Lr^vaneiiHii», 

üfttriknliorf  in  Luw«n  1*J47.')    Hi»*r  ist  die  MögUrhkeit  di,*r 

tititit  mit  Heynlin  nicht  ganz  luisgescWossGii.  Weiiigatans 

der  Zt^ii   nach  keint^  Hchwi»^rigk»>it  vor;  ein  .Jahr  darauf 

.Ht^ynlin    t\iv   ITniversitat   Leipzig,      I>ass   i^r  »iridi^ror- 

im  PnHligt^ri>rdeu  nur  tdn  Jahr  angehört  h«bon  soll 

fipiter   iet    von    ^iner   Zugehörigkeit   Heviüinw    zu    den 

riin  nn»hr  rlie  liedi»  —  \\ijrde  nirht  betVeuiden ; 

^unehnion.  dass  er  1447  di«?  ja  meist  ein  Jahr 

nidt*  Probezeit  durchmachte,  und  dass  er  vor  Ablegung 

!p    M'inen   EtitsrhhLss,    Münf'h  zn  werden,   wieder 

iikil    au«    dem   Orden    austrat,     fliese   Mntmassung 

4«twa<i   Bi^*tU»cheride«.    weil    seine   philosophische   SchiU- 

ngditrdf?r  iKuninikaner  am  nächsten  .steht  (lieide  sind 

tr        ''    '       ipfeu  den  ^Kominalismus^i  und  weil  sioli 

V,  iren  würde,    wie  Heynlin  seiner  philo- 

u*n  Pftrtei  zugeführt  wiirdt-.     Indes  weiss  ich  nicht, 

Anadmck  frater  auf  alle  Klontergenossen,  somit  auch 

Vtivizen    ausgedehnt    wurde    und    es     nuiss    diese 

rjing  voriilufig  als  blosse  Muglicldteit  gelten.     Witt 

R*>aU8t     wurde,     erklärt     ^ich     auch     ohnedies, 

:ja7.  347  u 

^hannt^    de    Lapide.    pauper"*,    inimatrikuliert,    in 
Äl  IL  144I>.*1     Da  Heynlin  später  ziemlich  wohl- 
&t,*l  t»t  man  geneigt^  dit^on  als  ann    bezeich iretou 
d#*  Lapide  für  einen  anderen  zu  halten,  obwohl  Heynlin 
fr'h    r%»*ineh    Be^iitz    spau^r    erworben    haben    kann    und 
für    jemanden,    der    auü    der   Speien^r   Diözese 
it*-%    Dalie  lag,   zunächst  die  Heidelberger  Universität 

lohanneiS  de  Lapide,  immatrikuliert  in  Erfurt  Michaelis 


.>-M 


Max   flDssfeUL 


144»iJj     Ob   hierunter  Heyrilin  zu    verstehen  ist.   läsat  6i| 
weder  bestimmt  vernmnen  noch  bojaheii.     Dagegen  spri^ 
vielhnrht  (ebeuso  wie  gegen  die  Einssetssiiiig  mit  allen  Vd 
hergenannten  I,  da8«5  in  tlen  Matrikeln  der  Universitäten, 
denen   er  wirkJieh  studiert  liat,   der  Name  ^HevTilin- 
destens  bei  der  ersten  Eintragung  in  die  Register  nicht  le 

Ein  anderer  ünistand  spricht  aber  vielleiebt  dafür 
Jahre  1448  iMichaelis)  wurde  näuiiicli  Heynlin   zu  gleic 
Zeit   mit   einem  gewissen   Johannes    Mukor  de  Lapidei 
IjtMpzig  immatrikuliert.*»     Dieser  Mukor    hat    nun    ebenfaJl 
die  Erfurter  ITniversität  bpsueht,  er  ist  dort  Ustern  1448  hU 
Johannes  Mucker  de  Steyn  de  Swyefm  isoll  wohl  Schwaben 
V>edettten)   intituliert   wonlen.*)     Man   könnte    meinen, 
dieser  Mucker   oder    ^Muktn-    aus   ilemselben  Ort-e  St-^in 
Heynlin  (s.  S.  32<Vj  ^tamnite  untl  diesem,  vielleicht  auf  uwli 
der  Heimat  gesandte  Brief»^  hin,    nacli  Erfurt   nachgezogpri 
sei.  worauf  beide  im  Herbst  144H  gemeinsam   nach  Leipzig  1 
uhergesiedeh  wären.  —  Dan  sind  freilich  blosse  Vermutmigeiu 
es  wäre  indessen  sehr  interessant»  zu  erfahren,  ob  Heynlin 
die  beiden  ersten  Jahre  seiner  Studienzeit  auf   der  für  (kn 
HumaniHmus  und  die  Reformation  später  so  bedeutsam  g«?-] 
wordenen    Universität    Erfurt    zugebracht   hat.    —    Dai*  Er- 
gebnis unseres  Vergl ei chs  ist  also,  dass  Heynlin  mit  den 
zuerst  genanntem  Namensvettern  sicherlicli  nicht,   mit  ein<| 
<ler  drei  letzten  vielleicht  ein  und  dieselbe  Person   ist 
hätte  dann  entweder  in   Heiilelberg  (seit  Febniar  1446)  ol 
in  Erfurt  iseit  Septeml>er  144*i»   oder  in  Löwen   (seit  14 
seine  Studien  begonnen.     Da   er  aber   höchst wahrschein 
er«t  144h   S5um    erstenmal  eine  Universität  bezog   <9.  xmU 
S.  327  u.  32b),  so  brauchen  wir  »»instweilen  mit  keiner  di« 
Möglichkeiten  zu  rechnen. 

Ober   Heynlins  Familie  und  Knobm^Ht    ist  nichts 
kannt     Auch   das  Jahr  mner  Gehurt  ist  uns  nicht   tih 
liefert»  jedoch  können  wir  die  obere  Grenze  des  ZeitrauQ 
in    den    es    fallen    niuss.     mit    Sicherheit    und    die    \mte 
wenigstens  annähernd  bestimmen.     Da  nämlich  in  Leij 

*)  Weisseoborn  I,  zoc^  40, 

•)  Erlcr  I,    164. 

•)  Wcisscnborn  I,  215,  25. 


Jobauuirt»  Hrjrnliti  nii«  StciTt, 


,Pi 


leynliti    si'ini'    <Tstt^   fluivoi'sitilt^pi'tlfiuig  ablegte,    eine 

Bostimtonng   iunHiehtlicli   des  Alters   der  Kandidaten 

der  haccalariandns  pmaste  üTindestöns  17  Jahn? 

|l  i    t*in    NachltVKä    konutf«    höchstens   bis   zu  einem 

'  gewährt  w<*rden ')  — .  so  ergibt  sich  für  Hevuliii. 

bfieiu  Bakkalanrf^at  Ende  September  145l>  erwarb.'')  wenn 

>;t«*  erfiirderliche  Alier   von    li)'*;^   Jahren    für 

..,  der  Dezember  143H  ab  der  «päteste  mögliche 

im   fiein«»    OBbni-tKJahros.      Hey^liti    hatte    ilaun     mit 

lahrBii  die  ünivereitüt  be^ogenj  ein  ftir  heutige  Begrifft^ 

jtigendtiehefii  Alter,   das  aber  damals  gans  da»  übliche 

Wir    erinnern    nur    an  (heiler    von    Kaisersberg,    .loh. 

tldin.    .lakob    Winipheling,     Peter    Schott^     I-*andsleut*i 

lina,   die  alle  etwa  mit   15  Jaliren  auf   die  Universitäi 

tihd    *i   Jjilin'    d;irim['    dir    HMkkaianrpnl>|irnfn!JK    ^^*" 

i'tmn  wir  andftrersiiit'*  di»Ti   Fall  si*tzeii,    das^s   er  iimno 
^j — .  ..,  tdneiii  etwtis  höheren  als  ileru  niindestzulassigen 
jt©  —  und  hierauf  läjwt  wohl  die  Tatsache  öchlieflsen, 

Cer  bc*ivils  im  F(*brnar  1452  eine  grössere  Abhandlung 
A^'  "' si  volh^ndete  — ,  ^o  müsneu  wir  um  ein  piuir 

lliTP    /  ->dien.      Wir    werden    also    nielit    fehl    gehen» 

Mm  in'r  ila^  Jahr  »meiner  Gebnrt  scwiischen  143^j  und  143^i 


itig,  aiu  ullo  Angaben»  die  rmui  über  Heyidins 

'      ''  ^^       'it   hat.    im  Einzelnen    einzugehen.     Man  hat 

h  fttr  einon  FranÄOKen  und  für  einen  Schweiaser  gehalten, 

'  h.    wohl    Olli  (j^nind   der   Tritheimschen    Angabe 

.♦*olonicns*/*^    rieht iger\s'v*ise    für  einen  Dtnitschen, 

[  1  Erkr  ü.  V^rf.  s.  52. 
S.  JJ«|. 

fchofcn   1445,  tinmAlfikuUcrt   i/^tjo,  b;iccataii»ciiÄ  1462;  Schott 

*.   Uli»    t"»*«^'*  HTSi    KcuchUü    geh.   1455,    itrnn.   i4;o,    hacv, 

t  *47S'     Wltuphdinfg  jSeU  Juli  1450,  immntriic.  b«rriu  .)o.  Okt 

No^rmtier    ]4f»Cj,    Ahn    «itmlicb    rr^hrrin      Em    FaU    wie    der 

Nkin  ntie  üclltroc  Atituahmtf.  —   Vgl.  auch  Pauken,    Or^gnnb, 

lfm  d    dtseb«  rni*Ten.   (SybeU  Zt"»chr.  4«i,  421)* 

,  B.      ir.    iT^t)  ^HfJ    e^    um   14;;.    r*fOf.  iK.   c>  /wisthfii   14^;  utJ.l 


>IJ,       »Ml  l.,| 


j«« 


Ma-^   Mnsüfeld. 


Biirse  wobntn»,   wo  <*r  jodorzeit  heschäftigt   und  unter  Ai 
öicht  gehaltei»  wurde.*) 

Aber  dir*  lateiniscbe  ilrammatik  für  dio  Anfänger  wa\ 
iti  Leipzig  herzlicli  schlecht  gelesen*)  und  von  den  in  Itali« 
schon  geraume  Zeit  l>lühendeu  klassischen  Studien  scheii 
damals  noch  nichts  nach  der  9tk*lisUchen  nniveraität 
drnngen  zu  sein.  Hatte  doch  selbst  Conrad  Celtis,  als  il 
«ein  Weg  im  Jahr^  14S(>  von  Heidelberg  nach  l^ipzig  R 
noch  i^tark  mit  dem  Übelwollen  der  Leipziger  Magister 
käniiifen,  die  mit  grosser  IJuzutViedenhcit  wahrnahmen, 
da«  l>erüchtigte  Doctrinale  des  Alexander  (Tallus  von  il 
mit  Verachtung  behandelt  wurde.  Und  auch  Peter  Luder, 
den  man  wohl  al«  den  ersten  Humanisten  an  der  LeipÄig^T 
[Tniv»M^sität  bezeichnen  kann,  lehrte  dort  doch  erst  in  den 
Jahren   14+U  und  U62/) 

Dem  entspricht  denn  aucli«  dass  Heynlin  sich  nicht  um 
einen  reinen  und  scliönen  lateinischen  Stil  otler  nni  eint» 
Kenntnis  des  klassischen  Altertums  bemühte  ^  später  klagt 
er  dartiber,  das»  er  ^in  (termaiua  .  .  in  nudo  quodaiu  «*t 
barbaro  pene  sennonc  sidne  l>est©n  Jahre  zugebracht 
hätte*)  — ,  sondern  sich  vor  allem  der  aristokratischen  Philo- 
sophie zuwandte»*  Er  folgte  eben  den  Anregangen,  die  ihm 
damals  zu  Teil  wurden  und  werden  konnten. 

Aber  er  ging  mit  wirklichem  Eifer  an  diesen  (legen- 
stand und  erfasste  ihn  mit  selbständigem  Interesse.  Davon 
zeugt  eilte  noch  vorhandene*)  Abhandlung  über  die  H  Bücher 
des  Aristoteles  mp:  V-'Jp/N  die  t*r  selbst  verfasste.  betitelt 
(iuaestiones  in  libnts  III  Aristot^lis  de  anima^  au  deren 
Ende  er  sich  wie  folgt  unterschreibt:*)  ^In  alma  universitiite 


n  Nur  Reiche,  die  tiiR'n  Hauslehrer  halten  koBiilen,  dutftep  cigtne 
Wolinuiig  haben»  —  Geuaue  Angaben  üher  die  Lebrgegen stände  in  Leipfi)* 
bei   Krler  11^  Vorr.  S,   52. 

*)  K.  Hartleldcr,  der  Zustand  der  deutschen  Hochschukn  am  Ende  de* 
M.  A.  iti  Hisi,    Ztscb.  64  (S.V.  28)  S.  50« 

^1  über  dsk&  geistige  Leben  an  der  Universität  Leipxig,  Gust.  Bnucb. 
iTescb.  d.  Leipz.  FriibbuTnaniimus  {       ii  Beiheft  Zeiitr.  Bibliotbekswcsen  iSc^k 

•)  Brief  An  Senil  ii,  Champ.  53. 

5)  Cod,  Batil.  F,  VUt  9. 

6)  s.  Visch.  158  A,  i8. 


Jutinonr^  Hrynli»  xm%  Htero, 


j^7 


!••  damaln  für  *^iiunj  Tlmnliigoii  üblich  wm\  durch- 
bt»     Dm  »uf  dios**r  55ti  begleiten,    ist  nun  mehr  unsere 


2.  KajHtrL 

A^vpzi?  1448—1452. 

,I>0  primae  puerilmt3  stucHiii^,  müssen  wir  vvi«  Melttiioh- 

l')  voll  Agricol»  i$ii.|^on,  ^cum  nihil  atuüerim,  uod  piitavi 

M  Rng^ndum  t^sse.'^      I>it*  erste  sichere  Nachricht   iihr*r 

Im»  Srndien    führt    uns  nach    der  Universität   Lnpzig. 

Hfer  wardo   er    im  Winteniemester  1448  von  dem  da- 

pn  Rektor  der  Universität  Andreas  Wagnor  von  Nanislau 

''     i  *♦  nnd  wegon  seiner  Heimat    der  natio  hava- 

^       »^en.    welche    in   Leipzig   keineswegs   nur  ge- 

Baii^m.    sondern     Qberliaupl    alle    aus    Westeuropa 

Indien  Studenten  urnf'HS8te.*i     I>u  er  oiniir  iler  irrsten 

I  Wagner  intitulierten  Studierenden  ist  und  da  Wagner.^ 

[ifmt    am    U>.  Okr4iber   begjinn,    JUibstMi    wir    annefimen, 

Ende  Oktober  odef  im  Novemhtr  1448   Het^nlins  lan^e. 

"    ;i;i  i'Arf'n  Anfanff  nahm/) 

^  .  -  naschalt,  die  man  «hunnls  in  I^^ipzig  wie  ander- 
ao  den  arti*»tiÄc»beu    oder  philosophischen  Fakultäten, 
zanftch^t   jtwitT  oin treten   innsste,    betrieb,    wnirde   in 
iT  '    '   'rlicheni  Zuschnitt  geboten.    Man  lehrte 

II  i(  ik  und  Philosophie,  vorwiegend  l»^tztere, 

rbirWimnjStnif    Dis*putativuirn   und   Exercitien   eignete  sich 
§jgo  Student   die    «parva  loycalia,   sophistria   u,  vetus 
and  niUKste  zu  diestun  Zwecke,  und  um  «latiniäando^ 
•I»    rHtiKindendo  et  opponendo^    das    damals  üblicln> 
liAndKabon  »u  lernen,  in  einem  Kollegiiun  oder  einer 


lc<k  anf  AifTicola  (im  Corp.  Kcform.  ed»  BreUchneider  Kl,  440J 
[  ^  Efl«r  l*   t<»4. 

..  ^   an   d«ii   luiuelali.  Univcri.   der  Ziuu^   der  SUi- 
9  fpmitti   Rektorats,   nidit  wk  beute  nur  m  Begtna  des 


JJO 


M»ii  HoN^feUl. 


determinatioT  d.  h.  die  Liösiutg  einer  vom  Pnimolor  voi 
legten  Frage,  gleiclisaui  der  ei^te  Akt  des  u«^oi*u 
hitireus.  Da  man  in  L+^ipzig  den  Magister,  tinU*r  d«jn  ri 
deteriainieren  wollte,  selbst  wählen  darfteJi  werden  wir 
Johannes  von  Frankfurt  einen  F^lirer  Heynlins  zu  sehe» 
haben.  Bis  ist  von  ihni  weiter  nichts  bekannt»  als  duss  «f 
s[»äter  Bekretist  war  und  lange  Jahre  hindurch  1438 — 146*4 
eine  angeriehene  Stellung  in  der  Artisten-Fakultät  d<*r  Leip- 
ziger Univensität  eingenommen  hat*)  1453  war  ©r  Vi«^ 
kanzler.  Er  ist  nicht  aiu  verwechseln  mit  dem  gleichzeitig 
Irbenden  Heidelberger  Professor  und  Kanzelredner  Jühauii»^s 
(l>ieppurg»  von  Frankfurt/,  noch  mit  dem  Domiiiikan*T 
Johannes  von  Frankfurt,  Doktor  der  Thc^ologie,  der  auf  dem 
Konstanzer  Konzil  gegen  Hieronymus  von  Prag  auftrat/) 
Unser  Leipziger  Magister  hiess  eigentlich  Johannes  Schwift- 
mann  und  war  ans  Bonames  bei  Frankfurt  a.  M.**)  Von^r 
Bakkalariatspriifung  musst^  der  Kandidat  schwören,  dasser 
icwei  weitere  Jahre  in  Leipzig  an  der  Universität  bleilwn 
nnd  während  dieser  Zeit  selbst  lesen  und  disputieren  oder 
doch  wenigstens  die  Vorlesungen  eines  Magistars  hören  uiifl 
sich  an  dessen  Übungen  lieteiligen  woUte.^t  Ntir  denen,  dio 
einen  höheren  Grad  in  der  Fakultät  nicht  erwerben  woIUhl 
konnte  Dispens  hiervon  erteilt  werden.  Heynlin  leisi**U* 
«bdier  den  geforderten  Eid  und  blieb  demgemäss.  wie  seine 
beiden  oben  angeführten  Aristoteles-Abhandlungen  beweis**«, 
bis  zum  Jahre  1462  in  Ijeipzig,  Man  nannte  das  biennium 
complere. 

Während  rliesea  Bienniums  musst^»  der  Baccalar  sich 
des  Ferneren  durch  den  Besuch  vun  Vorlesungen  und  Dispu- 
tationen mit  den  Schriften  des  Aristoteles  über  Logik,  Natur- 
wissenschaft» Ethik  und  Metaphysik  vertraut  machen  im^l 
gegebem^nfalla,  wie  das  ja  der  Organisation  der  initt*'ljilt**rj 


')  Seit  W/s.    1449,  Ericr  II,  LIV. 
*)  Erler  O,   124 — 188  passim.    Hcrm.  ii>i- 
»>  8*  R.  Cruel,  Gesch.  d.  Dtsch.  Predigt  i. 
Bibl.  Latioa,  Padua  1754,  IV,  76, 

*)  Ersch  und  Grubers  Eutyklop.  \l,  32,  S. 
»)  Erlcr,  Register  in  Bd.  Hl. 
*)  Erlcr  ri,  Lm. 


I 


MA.  S,  4;{   und  Fabriciat, 
184- 


J< 


He\'u1tn  Kit«  ät«iii. 


lii  Lypzr*ik8is  in  ilit*  proxiina  post   öcolastico  virgiuiö  liii  .- 

iFöbnmr»  Aniif)  inc^riiHcionid  domioici«  1452  Per  ine  ,Jn- 

ueni  beyniin  d<*  Lftpido.**     ilan    sieht   an   der   Ausfuhr- 

dr»r  ünh*psrhrift,  mit  welrhnr  n^'nugtiiung  er  dies»* 

fcii<«che  ErHtlirjgsurbt^it  begleitote. 

Aucli  seine  nächste  Arbeit  zeigt  ihn  wieder  mit  Arist*»- 

h»***«' hilft  igt.      Diesmal    ist    es    keine    si^ü^stäiitlige  AI)- 

llÜDUf^*    sondern    nnr  Anmerkungen  zu  Mimnn    Ivomnien- 

der  Arintoteliftchen  Natarphilosopliie.     0er  Katalog  di*r 

%Ur  Bibliothek,  die  das  Manuskript  bewahrt^  gibt  folgen- 

Tilel  ilaidr:  .Pn  Lerinhuni  (?|  ord,  Carmelit.  de  Monte 

n<*lo  qüiu^^-iiionefl  niv»^  coüoctanoa  in  t-otuni  phibi»ophL»ni 

Jörn  Ariüitotidis,  conBignatH  a  Joanne  Heynlin  de  Ln- 

cum   ann.    1459,    1453    et    I4fi4    Lipsiae,    Ijcivauii    et 

in  !«tudereL**') 

Beretli«  im  Hommeraeuiest^r  1450  war  Hei^^din  biicca- 
in  artibuH  geworden.  Das  Verxeiclinis  der  Promotionen 
darlllter  den  Eintrag:  ^Johannets  Henelyn  Je  Ljipidc^ 
ivit  ¥5ub  niagistro  Johanne  de  Franckinfordis»*"  •* 
Detf*riiiitiatio  ging  die  eigentliche  Pinifung  durch  vier 
pnainaioh'n  voraus.  Da  dies^  am  12,  September  gewählt 
IM«»/  wird  die  PiHitnng  Ende  September  145()  stattg»- 
liNipfn  büben.^)     Ihr    folgt.e   die    Ziilassung    und    dann   die 

«I  Haitn*   S3I,  Cod,   BaaIU   F.  Vtl   lu     Nictiiaad   lut   liUher  auf  diese 

Diso  AagßAmD   aofmerlrtam   gemncht.    —    tch   bemerke»    dfts«   in  dem 

Kltaloe  ttott    1452»    1453   und   1451  vielmehr   r472,    14; J  uii<l 

■A.     Dteie  Aüfriil}«    beruht  ofFcobär  nur  auf  einem  Le^efebter;    die 

I  mM   tu   damftliger    Scbrcibuug   tiuer   beuligen    7    oft   «um  Vcr- 

Äknlkk.     Htn   OberbiUliotbeki^r   Dr,  C.  Chr.  Bcrnouni    Utax  gleich- 

14^  na«.,  «ir  tch  aum  »leitien  |*efallig(:ii   Mitteüiiu^eri  über  Heynlin'scbe 

ri<Jke.     Auch  war  H.  lu  den  70er  J^breu  nicbt  in  Lcip/ig  und  Löwen. 

Dt«  jelrlrhen  Fehler  begeht  Haenel  (Sp,  526)  auch  bei  Cod,  F,Vin.'», 

n  ood  VUeh.  1 59* 

n,   150.     Unter  den  10  Scholareo,  die  im  S./S.  1450  das  Bacc. 

«teilt  fleyoUti  üu   i^ster  SteHe.     Dai  darf  nicht  aU  ein  «chlechte» 

Pnifttiig  interpretiert  werden,  vielmehr  richtete  sich  der  Eiii- 

eiaiicli  iuch  der  Reihenfolge,  in  der  die  Kandidaten  ioamntrikubert 

wwswm,     Er(er  11,  LJV\    >leyDttu  war  demnach  sugar  einer  von  denen» 

•  cmit**^  ^i'  l£ebrancht  hatten,  um  bis  x^um  Bakkalaureat  lu  kommen. 


Litid  iie  um  Michaelii  (at|.  Sept.)  »tatt.    Erter  IT,  l.f  \ 
14  •  (H-  *4^*  H«ecilaf)  bf  sti  benchttgeu. 


,1.^5 


fax 


föüWwT 


Bakkalariatsexamen  verpflicht4>t  hatte,  da toals  konnte  er  i 
fiiüiesttiiis  Leipzig  verlassen.  Gerade  in  jenen  Tagen  ab«f| 
ftilirte  Capistritnos  Weg  durch  Sachsen.  Aju  28.  At 
war  er  in  Erfurt  gewesen»  von  da  ging  es  im  Septenilu 
über  Mei*8eburg  und  Halte  nach  Magdeburg,  wa  er  sich  nocli 
am  15.  Oktober  niifhielL  Sechi»  Tage  darauf  ist  »t  in  Leipzig 
Hier  blieb  er  besonders  lange,  erst  einen  ganztuj  Mona 
«päter.  am  20.  November  1452.  verliest  er  dio  Stadt 
war  in  Leipzig  sehr  ehrenvoll  empfangen  worden  und  \mni 
nuter  and»^ren  Erfolgen  aueh  den  gehabt,  ilass  sieh  *50Sclio 
laren  durch  ihn  in  den  Barfüsserorden  aufnehmen  lie«sen 
ihrer  34  schickte  er  am  15.  Noveml)er  nach  Nürnberg 
dem  Guardian  Albert  Püchelbach,^  Bedenkt  man  die  lock^rpii 
Student'Onsitteu  der  Zeit^'j  so  will  das  gewiss  etwaü  heis§«M 
Nächst  seiner  Predigt  hatten  aticJi  seine  Wunder  gross^eü 
Eindruck  gemacht»  noch  14B2  äusserte  sich  dii^  Univerüittt^ 
in  ijnerkeniu»mi*'m  Sinne  tlamlier,  ebenso  der  Magistrat. 

Jugendeindrilcke  pflegen  die  stärkst-en  zx\  stein.  W« 
tler  20jähnge  Scholar  Heynlin  damals  von  Capistrano  hon 
(»<h:^r  wahrscheinlich  selber  sah,  hat  sieh  ihnj  gewiss  tief  inl 
<lie  Seele  geprägt.  Denn  was  zum  grossen  Teile  Capistrau*»*- 
Wesen  ausmacht^  die  bedeutende  Beredsamkeit,  die  Idee  d« 
KathoHzisnms,  der  Kampf  gegen  die  Feinde  der  Christini* 
lieit  und  der  Eifer  gegen  das  sündige  Treiben  der  Wehtj 
rill  Abbild  v^on  aUfdem  werden  wir  später  auch  bei  Heynlia 
wieder  entstehen  sehen. 

Als    der    junge  Bakkalar  Leij>zig  verliess,    hatten    seil 
[»hilosophisches    Donken,    snin    kirchlicher    Sinn    und   seini 
Moralität  bereits  ihre  Richtung  empfangen,  und  schon  glaube 
w*ir  an  ilim  einige  Züge  wahrzunehmen,  die  ihn  spätrer  aU 
den  Scliolastiker.    den    gut^Mi  Katholiken  und  den  strengi&n 
Sittenprediger   charakterisieren   werden.     Noch   aber   fehleö_ 
einige  markant*'  Linien   in  dem  Bilde  seiner  Persönlichkell 
nämlich  die  Ausprägung  seiner  Philosophie  zum  Realismi] 
und  als  etwas  ganz    neu    hinzutretendes,    4ler  Humanismi 


»»  Jacob  68—76  lind   183— 1 88. 

*)  Man    vergl,  Alw.  Schub,  Dlsch.  Lelicn  im    14. 
Autig.  S.  20J— 1!«;.    (i8c>2). 


Jahrb.     Gro 


Jf^lwmics  HeriTlIfi  aus  Stein. 


33^ 


^^HRH|^beid»>n  wichtigen  Elemente  in  den  Kreis  seiner 
W  AiMcbauiingen  einti-atent  wird  din  Erzählung  seiner  weiteren 

■  .Schicksale  zu  zeigen  v»>rsnchen. 

H  3.  Kapitel. 

M  Löwen  1453, 

^k  Wenige  Monate,  nachdem  wir  Heyn  lins  S|iur  in  Sachsen 
^Rrlieren,  sehen  wir  ihn  in  Brabant  wieder  auftauchen ;  seit 
Iflem  April  1453  ist  er  Studont  an  der  Universität  Ijöwen. 
lAtif  seinen  Aufenthah  an  dieser  jüngsten  der  lüs  1463  ge* 

■  i,'[ anderen  hohen  Schulen '^  hat  bisher  niemand  aufmerksam 
I  ^.ji'niacht.  aber  schon  durch  rlie  oben  augeführte  Notiz  „cum 

■  anriis  145*2,    1453    et  1454  Lipaiae,    LoA^anii  et  Parisiis  stu- 

■  d*?ret^t  wird  er  ausser  alh^n  Zweifel  gestellt.  Die  Bestätigung 
Btkrch   eine    andere    Quelle  fehlt  dieser  Nachricht  nicht:   in 

■  4»'r  Matrikel  der  Universität  steht  unser  Student  als  Johannes 

■  HevuliB  de  Ijapide.  Spirensis  dincesis  zum  Jahre  1453  ein- 
BgPiühfieben**!      Dies    sind    aber   auch    die    beiden    einzigen 

■  pogitiven  Angaben^    die   wir   über  die  Löwener  Zeit  finden 

■  kfUiüten/}     Das  oben  vorausgeuiHunn-ne  Datuii!    der  Inmia- 

■  irilnilatinn  \\ny\  damit  ^^xn  AiiliaUspunkt  für  die  Dauer  seines 

■  Bleibens  in  Lowen^  lässt  sich  annähernd  genau  berechnen.*) 

■  ^  t^wen  Ut  t42  3gC5tirtc!r  die  tbeologi&che  Fakttltäl  kam  tr%\  14^1  hinzu. 
I          ^  Reu&ens,  Maine   19031  S.  173. 

H  *)  EiDC    j^lc    iietierc    Gesch.    d.  Univ*   Löwen    fchU    noch.      Die    allere 

■  Ulteritur  ist  znsummengestelh  in  ,,[/l'iuvcr&,  de  Louvain,  Coup,  d'ocil  sur 
H  tOD  histoirc  ctc,'*  (H|00)  u,  von  W.  Emmn  «.  K.  Harn  iu  der  Bibliographie 
Kd.dtsdi.  Udiv.  Bd.  H  (1004^    Die  Matrikel  hat  Keuscus  erst  bis  j'.um  ju*  August 

^451  veroffeallichl,      l>essclbeD    Herausgebers    Actes    ou   proces-%*erbaux.    de 
rittttfereite  de  Louvain  lieneii  erst  bis   144^  vor  <Bd.  I,  1903).     In  den  eben« 
fiUlt  von    E,   Reusens   vcrört,   „Documcnts    rclatifÄ   a    l'hist.  de    la  fucwite  dci 
H^tf  de  Puniv.  de  L/'   (i^tiq)  hndct  sich  nichts  über  Heyalin,    anch  nicht  im 
L^^^talogus  omoium  primomm  .  ,  promot.  univ.  LovaDicngis*'  (Mcchbniac  1824b 
H>ie  J*hri*  1448  — 145«>  feblei}  tiämlich  in  der  den  beiden  Ictitgcnannteu  Werken 
^xu  Grunde  Uegeodco  Handschrift.     Aiu:h  Nie.   Vernulaens'  Acatlcmia  Lovani- 
entis  (16371    und  VaLer.  Andreas'  Fasti    acad.  Lovan    (iI^pS^)    enthaben    nichts. 
*|  Das  Original  der  Löwencr  Matrikel  ist  erst   vom  jo.  August  1453  an 
crfaaltea,  wir  he&ttzeu  aber  für  die  Jahre  142^3—1458  einen  da/u  angefertigten 
Indem,    der  sich  aU  eine  Abschriü  deä  i  trigiiiüls  darstellt,   an  der  nichts  ver- 
ändert t»t,  als  die  Anordnnng,    Der  Index  zählt  {lämlich  die  lijtitulierten  nach 
Anfangsbuchstaben    ihrer  Vornamen,    innerhalb    dieser    tCategarien   aber 


vU  M:i\   Hos-fel.l. 

I.r»\vfns  Universität  hat  im  Mund«*  hiiiiiauististherSilirin- 
st«*llrr  »'in»*!!  guten  Klang.  Bekannt  ist  dan  UrttMl  des  Em^  j 
luns,  d»'r  sich  nicht  genug  über  tlie  tüchtigen  Profi?sson»;i.  i 
die  Zahl  d«*r  Zuhörer  und  das  ruhige  schöne  StuilioMi 
fronen  kiinn.  bekannt  ist  das  Kollegium  der  drei  SprAch»n 
(irirchisch.  Lateinisch.  Hebräisch,  das  hier  unter  Erasums' 
Leitung  (hircii  Hieronymus  Busleidanus  1518  begrüii<1t?t 
wurd«'.  Aber  man  darf  nicht  vergessen,  dass  diese  Lo)»- 
sprüchf  zunächst  nur  auf  den  Beginn  des  Ifi.  dalu'hunden.< 
und  auch  da  nur  auf  ♦?inen  T«'il  der  akademischen  BürgiT- 
schaft  Ix'zogen  werden  <lürfen,  untl  ilass  Ijöwen  bereits  w.** 
hundiTtjährige  (4esc]iichte  hintt^r  sich  hatte.*  In  seiii*?u 
Anfängen  war  von  feinerer  klassischer  Bildung  hier  oWis- 
sowenig  dit?  Rede  wie  an  anderen  Universitäten  nördlich 
d<'r  AlpfMi.  Zwar  begann  man  sich  gerade  um  die  Zeit, 
ais  Heynlin  dorthin  kam.  auf  eine  etwas  bessere  Pflege  der 
Immaniora  zu  besinnen.  Im  .Jahre  1443  \\'urde  an  der  Kirch»* 
Sankt  P«.»ter  ein  Kanonikat  für  einen  Professor  der  Artisten- 
fakultät gestiftet,  damit  er  zweimal  wöchentlich  die  Stu- 
denten in  der  Beredsamkeit  unterrichten  sollte.  un<l  l+W 
wurdi*  l)«»stimuit.  dass  diese  Vorh^sungen  über  Rhetorik  in 
scholis  artiuiii.  d.  h.  in  (k'u  (»igenen  (4ebäuden  der  Universität 
^♦'haltrn  wenden  sollten,  und  dass  die  Baccalaurei  verpilichtet 
s«M«'n,  sicli  daran  zu  beteiligen.  (Tber  die  Teilnahme  wnnle 
«in   Zeugnis  des   Professors   verhingt. '^     Auch    Heynlin.   seit 

rlirdiioloLiisrh  :iut'.  (Kcuseiis  dnu^kt  in  hand  l  diesen  Index  ab.)  Da  nua 
,.|()h.iniifr>  Hevnliu"  unter  dt'n  ^4  mit  J  l)egiiinendeu  Namen  des  Jahres  1453 
rhis  ^u.  August)  die  dritte  Stelle  cinnimnit,  müssen  wir  annehmen,  dass  er  ganz 
zu  Anfang  des  |ahre>  ein^CM'hriehen  wurde,  und  können  unter  Hinzuziehnog 
ilcT  in  i.<"»wen  geltenden  Restinirnun^.  «lass  jeder  akademische  Bürger  innerhalb 
I  I  I  aj^cn  n:i»  h  seiner  Ankunft  in  iler  Stadt  immatrikuliert  sein  niusste  (Hcus.lXii 
den  StlilusN  /leben,  das.^  Heynlin  etwa  im  ersten  Monat  des  Jahres  I4ji3  in 
i.(.wen  «-in^jelrcjtten  1*1.  Hierbei  ist  nur  auf  eins  zu  achten.  In  Hrahant« 
i- l.iiuleiii  iiml  Mrnnc^au  l)e^ann  i^anz  wie  in  Frankreich  das  Jahr  damals  nodi 
Hellt  .itii  I.  lami.ii.  sondern  cr.^i  Ostern  und  zwar  in  Brabant  am  K.Arfrcit;ig. 
.diotclend  1.  i4ni.  Da  nun  <  Ntern  im  Jahre  1453  auf  den  i.  April  fiel.  *o 
wurde  das  jahi  in  Liiwen  am  ;;•).  Mär/,  begonnen.  Wir  werden  also  Heynhn? 
Ankunft   in    L.iweii   in  den  Monat  April    14^^^  setzen  dürfen. 

'1  Auch  die  \on  Mtdanus  d,  40j^— 40S)  aufgezählten  /eugnisse  für 
l..)\\cii>    Kuhiit   entstammen   meist   dem    id.  Jahrhundert. 

•1  KeitVcnlier^.  5.  menn»ir('  i^^Ti  ^-  -i-  <I"  'Lome  X  der  Nouv.  lucm. 
de   i'Aiad.    I<i»v.   tU-   Brux.i 


Jobaitne«  He)iilm  au»  Steiu» 


^^5 


^  fi«i*cal4iiir^UH.  Juit  aiao  wolil  tliiisen  Unterriebt  genossou. 

dürfen   wir  uns  von  diesen  lateiniscbeu  Srndien 

»•  jcit  liulifri  Vorrik»lliiJigen   riiach**ti.     Heynlin  sell»st,  d^r 

rtr  von  dem   ^fa^t  btirburisclien  Lat^^in"  spriclit,  in  dem 

iensogen  sei,  dachte  nicht  gvonH  davon.     Und   im  AJI- 

bmti^n  i^rwnrb  Hich  Low««!»  im  15,  Jahrhundert  Tn«»hr  dnrch 

uniken        '    r  Hcholastiker,    hIa    durch   warme  Auf- 

t'di*r  khi  I   Studinn  Rid'.     Petrus  dt^  Rivti  z.  B,» 

fim  Jahn*  HM   übt^n    Jone    Stelle   eines   ProföSöorn   der 

mk  inn<«  hafta.'f  glänztt>  dorh  vor  allem  als  **treitbart^r 

liutator'«  und  sicherlich  wurde  die  Hereilsamkeit  damals 

Olli    der   Gewand  he  it    im    Disputieren    als    um    eines 

frtiscb<^n  Wohlgefallens  willen  gepflogen.  „Facultns  artium. 

di«T   emto   (tegchichtHsch reiber    der  Universität   Lt-wen, 

Ipermansit  .  ,  in  stylo  antiquae  suae  latinit-atiö.    Tandem 

ai  pmi^valoil  nermo  puni8.**i    Noch  1B'21  klagt  Eranmus. 

wir  alti  ihren  Lobredner  kennen  li^niten,  ilariiber,  dats8 

alJen    AkAdemieen    eigentlich    nur    noch    die    Löwx^ner 

[b«ff>i»nm  Ljfti*mfcur  hartikäckig  widerstrebe!*)     Dies  gi^- 

am  hiibeu,  i«t  eben  erst  das  Verdienst  der  Hunumiston 

*"^'-ltnndftrts.      Das   Hauptinteresse    des    damaligen 

^lums    war    anderen    DingeTi,    war    den    j>hilo- 

ien   und  thonlogischen    Fragen    /Aigew^andt,    die  der 

lg    an    den    mitt/elalterlichen    UniversitiU^^n    und   di** 

rJiiung  «1er  ripatj^cholastik  mit  J*ich  brachten.  Während 

I  mm  in  Leipxig.  in  einem  Gegensatze,  der  die  gebildete 

huti  seit  langem   in  zwei  sich  befehdende  Heerlager 

©bi«n  datnals  um  i\w  Mitte  tles  16.  dalirhunderts 

ne    angefacht    wurde,    sich  ziemlich    neutral 

hntt^    man    in   Ijöwen   alsbald    entschieden  Partei 

Wir  meinen  <bni  Uegeiisutz  zwischen  Dckamisnius 

Be^atiHmas«     In  Leipzig  ist  von  ihm    nichts  zu  spüren. 

:al  die  Namen,    mit    den»m   die  Gegner  sich   be- 


(  lii   «f.  Aiisg.  %oii  de  KAin,   UrüsstI   t^tn,  S.  3^v^, 

I  V  eiK  Werke.  Ausg*  Uydeu  i  703,  Bd.  lU,  S.  68S  E; 

c  tjui  liin  pcrtmaottr  obluclcntur   metionbu^  liten»/'), 
Kcillcfib|C-  4^  Miemotrr  (lu   lomc   VII  de  Xouv.  Mriu    vtc,^ 

i  Oocfe.  «fiil  Allntum  VI.  ;.  i 


3,0  Max  Hossfeld. 

zeichneten,  via  antiqua  —  der  Bealismus  — ,  nnd  vi 
dema  —  der  sog.  ^Nominalismus"  — ,  finden  sich  i 
Statutenbüchern  der  Universität*)  Ganz  anders  I 
Bereits  1427,  nur  ein  Jahr  nach  dem  Beginn  der  Vorlesi 
wurde  von  der  Partei  der  Realisten  der  Versuch  ge 
die  Nominalist^n  völlig  aus  dem  Lehrkörper  zu  verdi 
„Concluditur  1427,  die  2  junii,  quod  nuUus  magister 
rocipi  aut  adniitti  ad  regentiam,-)  nisi  juret,  se  nu 
doctrinare  Buridanum.  Marsilium,  Ockam  aut  eonim  seq 
lautet  die  rigorose  Bestimmung.*)  Tatsächlich  scheii 
sie  auc^h  durchgeführt  und  nur  Lehrer  der  via  antit] 
duldet  zu  haben.  Im  Jahre  1446  \)VTirden  4  Prof( 
beschuldigt,  sie  hätt^^n  abweichende  Lehren  vorgei 
sie  rechtfertigten  sich  aber  dadurch,  dass  sie  nach^ 
ihre  Ansichten  seien  in  den  Aussprüchen  des  Duns 
begründet/)  Schon  1447  aber  traf  man  eine  neue  Voi 
massregel,  man  bestimmte  noch  einmal  ausdrücklicl 
i\i{>  Professoren  sich  vor  allem  mit  der  Auslegung  des 
telt^s  zu  befassen  hätten  und  zwar  nur  gemäss 
realistiscli  gesinnten  P^rklärem,  wie  Averroes,  A 
^lagnus.  Thomas  von  Aquino,  Aegidius  de  Roma 
Die  via  modorna  war  somit  noch  einmal  in  aller  For 
geschlossen   worden. 

demselben  (Togensatz  l)egt»gTien  wir  dann  14(>5  in 
später  zu  berührenden  Kampfe  des  Petrus  de  Rivo  ni 
Xominaliston  Hoinricli  v.  Zoemeren,  in  dessen  Folge: 
lleynlin  verwickelt  ist,*)  und  wiedenim  148(),  wo  n 
weit  ging,  einige  Magister,  welche  Aristoteles  nach  l 
Meinungen  ausgelegt  hatten,  auf  3  Jahre  aller  Eh 
berauben !  ''i  -- 

»)   Trantl.   IV,    P)I. 

■^)  rc^entia  hiess  die  Aiisül)ung  des  Rechts,  Vorlesungen  zu  ha 
mit  dem  M;ij»istcrgr;ide  er\vorl»cn  wurde.  Die  lesenden  Magister  hie 
rcgentes. 

3)  Mülanus   5S2. 

*)  ^folanus   582. 

^)  Molanus  383. 

<»)  s.  Kap.  <). 

/)  Mol.  582. 


Johntint«  HcvöUn  *iti9i  Sicin, 


317 


So  war    dür   Geist   an    «lor    Lfjweiier    ITnivorsität,    der 

liiach^kircJilicbe  üeist.    der   mit    bewasster  Halte  im 

von   der  Kircln^  aiigonntiiineueii    und  die  kirch- 

.i.^men  stützpTideti   Lt^hrou    testbielt,   imd  vielleicht 

in  dem   (teftlhl   des  Unvermögens,    der   gegnerischen 

!lli*ii  durch  biossi-  Yernunftgi'ünd«^  Herr  zn  werden,  sie 

Ell  anu?rdrücken  versnchie.     T)enn  man  fühlte  wohl, 

^1    d^r    mit    allerhand    K«>tzereien    iinangenelnu    vor- 

.irttt   moderna*'    ein   zersetzender   und    neuernder 

^bm  Ansdrnck  kam,  der  Geist   «ies  Wirh?rspnicUs,    Gl» 

jenen  anden»u,  den  des  Beharrens  und  der  Intole- 

arht  hftt,  wissen  wir  nicht,  es  ist  unwahrsclieinlich, 

Icht  '^  nach  Löwen  —  wie  andi   R  Agrirohi  mn 

r  iüt    --  in  der  Absicht»    sich    mit  der  fran- 

*  h«'  JK^kanut  zu  marhon,  dit»  man  dort  ebenan- 

ventumd    wie    die    deutliche J  i    und   deren   er  zu  einem 

Ititfn    Anfi^ntltalt^*    in    Frankreich    l»edurfte,    vielleicht 

er  fiou^t  Gute*i    von    der    Hta<lt    gehört*      Gewiss  aljer 

er  von  jener  streng  kirchlich  gerichteten  Gesinriung 

1    riAcbbaltig    beeinflusst    wurde.      Wnhrsclieinlicb 

i^»w»*n    Muipfing   «1er    damals   etwa    zwunzigjährig»^ 

ltii|8    die    erjtten  Antriebe   zu   der  philitsnj>hischen  und 

liciien  Richtung,  in  di*r  wir  ibn  spiU»*r  watideln  sehen, 

'■'      -      Wer    die    LoliriM*   Heyn  lins    waren,    ist 

,.         ....  lert.     (iewiHs    gehörte    der    Realist    Petras 

txi  ihnen,  hei  dem  Heyniin  damals  Rhetorik  lioren 

p,  und  de^isen  Suclie  er  noch  21)  Jnhro  später  vertrat*') 

*i  der  angesehene  Heimerich  von  Campen,  der 

i)    »It4»n   Weg    ungehürte.*)     Kanm,    ihis^  sich 
enger   an   »inen   derselben    anschloiss^    denn  nühon 
|i*  dl«*  Jahre«  verlies»  er  Stadt  und   LTnivei'sitÄt^ 


^pricligmixe  «'erläuft   (hrutc  —  doch   war   c»   dAniah  uickt  vlet 
«reaig   -»Qdlkli  von  Lciwen   und  Brü&scl,  s-  Gröbere  GrttDtlms  li. 
1.  42t.     L<Wcu   Ia|*   aUo   in  ikutscbem  Ikroch»  mU winkte  al^er 
W  ^0f  potUiMiicm^ll^diiftc  &o  auch  txxif  ihpni^chlichein  iti  der  Hiimeij;titi^ 
FnokftirJi  itji4  iJeittHc^Ufitfid. 


^    mU  fUp.  r>. 

bH   n\  »r: 


Mn1;itin 


iS9 


iti»x  Hossfctd, 


4,  Kapitel. 
Paris  1454—1464. 

Noch   strahltt'   den  Zeitgenossen  Paris,    tlie  Mutter  ^ 
Hochschulen,  nach  deren  Vortnltle  die  meisten  audereu 
bildet   worden    waren,    in    alt*Mn  (llanze.     Jahrhundertelüii 
waren    hit»r    die   tniropäisehen  Nationen  zusainmeugeströD 
ivieh   liier  jene  Bildung  zu   erwerben,    die»    einheitlich 
geschlossen,  wie  ein  grosses  Netz  das  gauise  Abendland 
spannte.    Dieses  Netz  übte  einstweilen  noch  seine  zu^^amme 
haltende  Kraft  aus,  und  wer  immer  sich  dem  Studiiun 
Philosuphiti    oder    der   Theologie    ergab,    den    zog   es  Mch' 
seinejM  Mittelpunkte  hin.    Italien,  der  neue  Anzielinngspuakt 
für  die   «ieutsche  .Jugend,    begann    ja    eben   erst   ein   wenig 
Einfluss  jenseit  der  Alpen  auszuüben,  ein  Eittfluss.  derorüt^ 
in  den  iulg^nden  Jahrzehnten  mehr  und  mehr  erstarkte, 
dann  endlich  tlen  aus  Westen  kommenden  laluuzulegeiK 

Mit  einem  Gefühl  der  Ehrfurcht  mag  daher  Heynliu  i 
«Ite^  für  damalige  Verhältnisse  riesige  Stadt*!   betreten  an 
pietätvoll  durchwandert*)  haben,  mit  deren  Namen  er  noef 
s[)äter  seine  Titel  stets  so  gtTue  schmückte.    Hier  nur  koöiit^ 
man    seine    Bildung    vollenden    und    ihr    die    rpchte  Wt»il 
geben* 

Die  aireu  Cniversität^n  zerfielen  in  zwei  grosse  Körpp 
Schäften,    eine    lekrende    und    eine    politische   oder   admiüi- 
strative.     Jene  setzten  die  4  Fakultäten,  diese  tlie  Naiioii 
—  in  Paris  die  französische,   inkanlische.  normannische  un 
deut-sche    —    zusammen.      Heiden     Körperschaften    gehört*» 
man    gleichzeitig  an,     Heynlin   Hess  sich  daher,   als  er , 
Winter  1463/54  in  Paris  anhingte.    einerseits   in   die  philo- 
sophische Fakultät,  andererseits  in  Axv  deutsche  Xation 


')  Spirgali*  (eiu  Hersonalvcnteichois  der  Univ.  Paris  i,  J.  1404)  berechnet 
die  /iibl  Her  ruiverüitätsangehorigcn  allein  auf  ca,  3000  s.  unten  S.  342  A,  \, 
Im  AU^cmeiticn  war  die  Fre<jiiciiz  der  Uinvcrsitaten  weit  geringer.  VerjjL 
PauUcn,  Orgauisation  tii  'Lcbeuüortjnungen  d.  disch.  Univers.  Uo  SybeU 
/ischr.  4S). 

^)  Die  Ausbeute  einer  dieser  Wanderuogen  durch  A1li>am  tiodet  ^vch  in 
einem  MS.  Hcyniius;  es  sind  Abschriften  von  Epitaphien  des  l>erQbmt«*i] 
MvKtikerü  Hu^o  von  Saiut -Victor  u.  aodcrer  Abte  d,  KUi&ters.    Vort  fol,  207 


Jcihitnnes  Mejiiliii  Mi%  Stein. 


AV) 


um.     Da  JiB  Nationen  ihre  Augelegötiheiten  sf^lb^tändig 

iralU'trii,    liftttn  tnni>  jedt^   ihre  Hig«»m»ii  Vi^rsmmmlungen, 

?«€»«  Siegel  and  ihre  tngLnieii  Boariitni^  unter  dtnien 

ptrhaupt,  der  Prokurator.  und  ihr  Kinanzbeaüif»*r.  «!'" 

ep|j»r.  di«'  irrste  Siel  Im  einnahmen. 

Der  Prokurator    und    der   ReEeptor    führton    Register, 

be  sra   w*^rtvidlen  (^nrdlen    für  die  tToschiehto  der  Üni- 

ii  güwnnlttn  sind,   und   in  deren  einnr  slrh  auch  übrr 

einp  ganze  Anzahl  von  Angaben  finden,  deren  Zu- 

iX    ^'18    von    di*n    (rraden,    die    er    in    iseiner 

.,.,;igt4\    von  den  Würtleu.    die   er   in  der  Nation 

ßidete.  und  von  der  Dauer  aeiikes  AufenthaUes  in  Paris 

^sifHulicli  volbtllndiges  Bild  gibt.^i 

Zehn  Jahre  hat   danach  Heyidin  an  d«>r  Universität  zn- 

cht,    von  Anfang  14o4    bis  Anfang  1464.    und   da  au» 

dte^r  Jnhre  Niwdiricliteu  über  ihn  vorHi»g»jfn»  können 

irirerbrcKdiene  Anwesenheit   in   Pari^  während 

,  ^  — .*    f**st^ti*Ilen. 

i4o4  i^tehi  ^Johannes  Heyulyn^  tinter  den  in  die  Nation 

uomnienen     ^bachalarii     alterius    universitatis.***) 

Bi   dii»  fnlheste  Nach  rieh  f    von    seinem    Aufenthalt  in 

ad  da  ^ie  seine  Autnahnio  in   die  Nation  niehlet»  so 

nein«*  Ankunft  in  der  Stadt  nicht  lange  vorher  erfolgt 

'  ns  Anfang  F^d»runr  1454  luuss  diese  Auf- 

,..  lt»n  haben,  und  zwar  aus  folgendem  Umnde. 

von    den   Bakkalaren    anderer  Uni v^m täten, 

Ol  Pftrift    die  lieentia    i^rwerben   wollten,    <\ass    sie    vor- 

«ö    volles    Jahr    in    Paris    sttidiert     hätten,     sich    zu 

itiu    Bi*hufe    vor    Beginn    dey    verhuigtiMi    Studienjahren 

rrnüsunniidtoii  Nation  vor8telh«»n.   ihr  Bukkalaureat  durch 

nn    nachwiesen    und    ihre    Zuiu^ibung    vor    Pnrifi- 

>[itrüie  >2.  Ih    nachsuchten. '|     Da    nun    Heynlin    in 

ti»n  Monaten   ile«  Jahre«   14d5   ilie    Lieentia   erhieh. 


I  4  9$  Lil*er   (ir«icttratorum    XatuniU    Atciimiitiiiie.     Leider   febicii   i;cr«uJe 
i^^l-^i|i>^    In    iler    lluiultchrilt        U^    Mt>er    rcceploriim    itAtijiin-. 
r      BeM&e  tiic<  im  Auct  11  (t8>r 

jtim arc   ilrt  altiniindUfbcn  Nalion  von   M4^%  s.  Thurt»!   ^I. 


MO 


Ma&  Hossfeld. 


lunss  er  sich  bereits  vor  dein  2.  Februar  1464  bei  rlerNat 
zur  AnfiialiiiH»  geiiieldi»t  haben.*) 

Am  3.  Fobmar  *los  iiäc^hston  Jahren  begaiuien  diitiD  iTF 
Pnil'uugeu  der  Lizi^iitiaiideix,  welche  zu  je  HS  auf  eijioii  iloi 
verteilt  wurden  und  nach  bestandenem  Examen  am  El 
ihres  Monats  vom  Kanzler  die  Lizenz  erhielten.'^i  Hepjin 
wnrd«^  Ende  Februar  oder  Ende  März  1455  Lizentiat, 
noch   im  Sonuaerse  niest  er  1455  Magister  der  freien  Küusl 

Im  folgenden  Jahre  wählte  ihn  ilie  Nation  atii  ünm 
i  >berliaupte.  Als  solches  hatte  er  sie  vor  allem  nach  ausj^en 
hin  zu  repräsentieren,  ihre  Beschltlsse  zu  verkünden  und  sit» 
bei  den  anderen  Körperscliafteu  zu  vertreten.  Nach  innen 
war  che  Machtbefugnis  des  Prokurators  gering,  betrug  dwii 
seine  Amtsduuer  auch  nur  einen  Monat.  Am  Schlusi^  des 
M«ina.ts  konntt»  allerditigs  eine  continuatio  eintreten,  d.  h. 
der  Prokurator  konnte  ermächtigt  werden,  sein  Amt  aadi 
im  nächsten  Mnnat  zu  behalten,  «loch  war  hierzu  die  jede** 
malige  Zustimmung  der  versammelten  Nation  nötig.  Heynlin 
ist  derart  durch  AVahl  oder  Verlan gomng  im  ganzen  12  mal 
Prokurator  der  deutschen  Nation  gewesen*  Weit  wenig»*!' 
häufig  pHegte  man  zu  dem  zweiten  Amt  der  Nation,  zum 
ltez<*ptorat  berufen  zu  werden.  Dafiu^  1)1  ieb  man  ein  gmim"^ 
Jahr  lang  dann.  Heynlin  war  von  1458  bis  1459  Rezeptor. 
Prokui*ator  und  Rezeptor  hatten  fibrigens  beide  auch  ^^ 
Examinatoren   zu  wirken,   dieser  beim  Bakkalaureat,   jeiior. 


1 


')  Hiermit  *ti|nml  üherciiii  dass  der  KMeptor,  der  Heyntins  AiifualimP 
in  d.  Nation  voriiabm,    Johannes    K:mcdy.    ^cin    Amt    vom    Aitgust   i45iJ 
Sept.    1454  innehatte  ^Aiict.  11,   \    c.) 

»)  Tburot  5S,   58- 

3)  »Joh.  de  Lapidc  10  su»  HcentiEi  solvit  20  solidos,  idcni  in  iticeplioti^ 
j{  librns.**  (Auctar.  11,  «jo;).  Die  „luccptio**  »st  der  an  die  Lhtm  anschücssend^ 
Akt  der  Erteilung  der  Magisterwürde,  da*  heis&t  die  durch  eine  Art  Antritts^ 
diEputation  viin/.agenc  (ärmliche  Aufnahme  ins  Magisterkollegium  und  fanJ 
meist  im  selben  Jahre  vor  Begiun  der  Ferien  »29.  Juni)  statt.  (Thurot  39^. 
Das  Datum  der  Lizenz  schliesscu  wir  daraus^  das»  Heynlin  im  Buche  dei 
Rezeptoren  unter  1 5  Examinierten  seiner  Nation  die  dritte  Stelle  einmmititi 
Er  kam  aUo  icienilich  früh  au  die  Reihe.  —  Die  Lisenz  entsprach  etwa  dem 
heutigen  Abiturium.  Das  Magisterium  nar  keine  besondere  Prüfung,  «ocrdem 
die  zur  Lizenz  gehörige  Feierlichkeit,    (Thnrot  öo). 


JohaimcÄ  Hcytiliu  uu&  Stein. 


34» 


Uhr  höhere  Würdenträger,  boiiii  Magi Sterin ai.*)    Von  den 
B»ichmiiigen.  die  Heyiiltn  in  binden  Äuitern  zu  machen 

fe.  .sind  dit»  «RHCi^ptoria"  erhalten,    sie  hit^toii  aber,  rein 

chäftl icher  Natur  wie  sie  sind,  wenig  Beioerkenswertes/^) 
Eine  Zusammönötellnng  der  Nachrichten  des  liberreceptonim 
•rgiht  nun  mehr   folgendes  Bild  voii   Heynlins  Tätigkeit    al« 

Wnter  seiner  Nation: 

46<i.  circÄ  22.  4*kt,  los  liJ.  Dez.  Prokurator  <Coiitinuatit> 
am  2a  Nov.). »^) 

157*  26.  Äug,  bis  1458.    IB.  JaiL  Prokurat<ir  (4  Coiitinu- 
ationes:  23.  Sept.  21.  *>kt„   18,  Nov.,   Kl  Dez.)* i 

tö8,  21,  Sept.  bis  1459,  2U,  Sept.  Rezeptor.^) 
59.  19.  Sept  bis  1460.  15.  Jati.  Prokurator  {H  Coiitinu- 
ationesf.*^) 

460^  Ende  Juni  bis  August  Prokurator  d  Continnatio).") 
Endlich  folgen   mich  3  Vermerke  uns  den  Jahren  14*iO, 

il   und   14<>3.    14fin  heisst  es:   «Quaiido  iiiagistt*r  Johannes 

Lapide    posuit    peciiniain    ultimo    ad    archam    nacionis, 

»ntibus  procuratore,  chivigeris  et  aliis  inagistris"  **>  und 

3*1  ähnlidi:  ^Diim  magister  Jolianoos  de  Lai^ide  poneret 

duiifun  ad  archam  >  1461  endlich  wird  Hey  nun  zugleich 
vielen  anderen  als  Zeuge  bei  einer  ähTilichen  Handhing 
Geldeiulegens  durch  den  damaligen  Rt*ze[jtor  genannt"*) 

m  un  sich  gh>icb gültigen  Erwähnungen  haben  doch  den 

ftrt.  seine  Anweseuheii  in  Paris  in  den  genannten  Jahren 
beweisen,     und     dip    TJnningliciikeit    d>n-    (41  eich  Setzung 

»yalins  mit  dem  oben   liesprocluMion    Froibiirger  .Johannes 


-n2K 


'»  Thnrot  4r»  >?. 

*)  Abgcdruclct  Auctar.  11,  <>2 

'}  Auct.  I[,  <jr  j. 

^  Allel,  n,  <)ib,  917. 

*)  Auut.  II,  <*2i — »126, 

•)  Auct.  n,  9 2h. 

*!  Auct.  11,  950. 

•)  Aiictar-  11,  930,  der  vorhergehende  Vermerk  ist  vom  24.  De/cmber ; 
bei&iit  also  wohl  31.  XII. 

")  Der  Vermerk  vorher  ist  vom  2.  Jttiü,  der  folgende  handelt  von  dem 
!or,  dessen  Amt  am  23.  Juni  endete.  Der  Eintrag,  der  Joh.  de  Uipide 
U  mu&i»  also  aus  d.  Juni   1463  sein.    |.\uct.  II,  Q4K.) 

**)  Auct.  n,  93t).     Id  der  archa  lag  der  Schale  der  Nation. 


342 


Mfti  HösUcltl. 


ilri  Lapid*»  durzntunJ)  Auch  eint?  von  Ochi»  gi?gelient*  Naci- 
rieht,  dms  Hoynlin  1460  «Canoniuö  zu  Babel^  gewt*Äen  m, 
lauss  demnach  ab  intüuilifh  hfzeiclmt't  werden.*! 

Noch  im  Jahre  i4ii4  tiinlei»  wir  Heyuliii  in  PariJ^.  il» 
exiötiert  aus  diesem  Jahre  ein  Personalverzeichnis,  weicht« 
die  Namen  säjutlicher  UniversitätsaiigeliOriger  entbttlt*i 
Uut<>r  ihnen  befiii<iet  sieh  auch  Magister  Johannes  df*  LapiJe. 
der,  wie  die  Handnchrift  sagt,  ^Mercurii  iiltimH  Febniarii 
14(J3*'  seine  Bur?4e  bezahlte.*  i  Unter  14tK)  ist,  da  der  SchnnluT 
natürlich  nach  IranzÖsischer  Zahhuig  das  neue  Jahr  erst  vnn 
(Jstern  ab  rechnete,  i4CA  zu  verstehen,  was  auch  dadurch 
bewiesen  wird,  dass  der  letzte  Febrttar  dos  Jahres  14Bä 
kein  Mittwoch,  sondern  i^in  Montag  war.  l4Vf4  hingegen 
war  der  21*ste  Fel)ruar  —  14t>4  ist  Schaltjidir  —  t*in  Mitt- 
woch. Damals  war  alsu  Heynlin  noch  in  Paris.  Einig?. 
Wochen  später  i«t  er  l»ereits  in  Bai?el. 


Aber  womit  füllt p  Heynlin  diesen  langen  Zeitraum  vou 
li)  Jahren  aus?  Als  er  die  Pariser  Universität  bezog,  nannt«* 
er  sich  baecalariiis  in  artibus,  als  er  sie  verliesa.  baccalariu:^ 
i>acrae  theol(»giae.'^j  In  diesen  Bezeichnungen  ist  der  Haupi- 
itihalt  seiner  Pariser  Studien  angedeutet:  sie  umfassten  im  i 
wesentlichen  scliolastii^che  Philngopliie  und  Theologie.  Zu- 
nächst gehörte  er  nur  diir  [»hilHsnphi^chen  Fakultät  an,  i» 
der  er.  wie  erzählt,  ein  Jahr  nach  seiner  Ankunft  nach- 
einander die  Lizentiaten-  und   Magisten^lirde  erwarb.     Der  ' 


t)  6.  S.   321.     Auch    1462  läfiSt  sich  T{.  in   Paris  tiachwciäcu,  b, 

*)  Ochs,  Pel.  Gesch.  d.  Stadt  und  Landsch.  Basel  V,  ijo.  tlcyiiSri 
läsjst  steh  im  Januar»  Jimi  hk  Aitgui^t  n.  Dvz,  i4r>o  in  Puris  naKhwci!.cti. 
raiiouicus  in  Basel  war  er  erst   25  J.ihre  später, 

^)  Herausgegeben  von  MaxSpirgatis.  im  Beiheft  z.Zc]itraLbl.r.BibUot]iw«.I, 
Oi(88).  Vorhanden  .sind  mehr  als  2500  Nanicn.  doch  ist  eme  Lücke  in  der 
Handschrift,  auf  der  »ach  Sp*s.  SchatJCimg  etwa  400  Namen  stehen  mochten. 
He^-nliDs  Name  anf  S»  4|. 

*)  Die  Sorbotmisten  bckanieii  entweder  eine  ,,Bursc**  ausgezahlt  oder 
sie  tinisstcn  eine  solche  in  gleicher  Höhe  bezahlen,  je  nachdem  &ic  arm  t>der 
wohlhabend  waren.  (Greard  32/33.)  Hej'ulin  war  zahlendes  Mitglied.  Siebe 
unten  S.  351.  Atimkg.  5. 

*)  Visch,  143. 


JolMititi««  HeyiiHii  utik  Sie  in, 


.^41 


ii|#r  h^vlierc^  AVürdenträgor,  hf*ini  Magist4>niuu.*i    Von  dmi 
rigüfi,  die  Ht^yiiliii  in  beiflon  Aintcru  zu  niachoii 
Ulli  dl«  -RerBptoriü^  erbalteu.    sie*  hioten  abor,  rein 
Uiehf^r  Natur  wit*  sie  f^'nal,  Wfiiig  BiMiierkuiiswerteis,*) 
iZn^miniiiimsteUtLtig  dt^rNBchncliton  dm  Über  receptonun 
üit  ncmiuelir   fulgeüd»*-s  Bihl  voii   Hpjnilins  Tätigkt*it   als 
^eihirr  Niitjun: 
circa  22*  «ikt.  bis  hl  D«*j5,  Proknrnt^ir  (Ointintiatio 
aui  23.  Nov.).  »^1 
Wt  26.  Ang.  bifi  1458.    13.  Jan,    iVokariirnr  i4  (  ournm* 
atioüos:  23.  S^^pt.  21.  Okt»   IH  Nov.,   UkDpzY^ 
%h  Sopt  bis  1469,  20,  Hepu  B4>zc-ptoi.*i 
!>,  19*  H<%pt  bi»  146(X  15.  Jan.  Prcikurator  i3  (Jontimi- 

Kiidi^  Juni  bi.s  Angitst   Prukiinitor  1 1   Coiitiniiatio),*^ 

Kndlich  tulg^ii  noch  3  Vermerke  aus  den  Jahren  1460, 

'   --  '    14lvi.    14^1(1  he is.st  t^s:  ^Quando  jnagist^^r  Johannes 

pHs^uit    pfcunianj    ultima    ad    archani    naciniiis, 

liibaii  pmcumture^  clavigeris  ei  aliis  magistris''^  und 

inlich:  ^Dum  niagister  J(*haun»*a  de  Lapid«*  jioneret 

111  ud  urchaiu.*     1461  endlich  wird  Heynlin  zugleich 

ifdun  anderen  als  Zeuge  bei  einer  ähnlichen  Handlung 

^Idoinlegenis  (hirch  den  danudigen  RezepUH*  genanntJ**) 

«teh    "'      '  inlltigen  Ervviüituingen  haben  doch  den 

KiD^  Ai  or*it   in  Paris  in  den  giniannton  Jahivn 

•iJitm,    und    diu    Unniöglichkoit    iler   CHeichsetaung 

mit  dem  oben  begprochenen  Freibnrger  Johanneti 


[•1  Tharot  47.   \:. 

•ilfiuzki  Aucmr.  II«  <»2i  — mj<'. 

ct.   II«   HIJ' 

Aüct.  II«  '- 

iL  '^i'-*. 

n,  «150,   der  vorhergcheiulc  Vermerk  ist  vom  34.  Deteraber ; 
wohl    ?j    XU 
Vermerk  vorher  ut  vont  2,Jtiiit,    ticr  fo1|teride  hAiidett  ton  dem 
it  «m  2 j.  Juni  etidete.     D«r    Eiiitrstl*  ^^^^  Job.  de  L^ipido 
^p«M  .tut  «L  |tml   14«!,^  »ein.    (Auct.  II,  ni^.i 
*«  Aacf.  fl«  <f^M.     fn  der  ürchji  lag  der  Stbatf  der  Nation. 


o44  M.1X  Hossfcld. 

auch,  wenn  ujan  noch  einen  ini  Jahre  1464  oder  1465 
Basel  geschriebenen  Traktat  gegen  die  logischen  Sopbistere 
hinzuninimt,  die  sämtlichen  philosophischen  Werke  Hepl 
Wenden  wir  einen  Augenblick  ihrem  Inhalte  unsere  - 
iiierksamkeit  zu. 

Wie  man  sieht,  nehmen  die  unselbständigen  Schri 
weitaus  den  grössten  Raum  ein.  Fast  die  ganze  aristoteli 
Philosophie,  nur  die  Ethik  und  Politik  ausgenommen, 
von  ihm  mit  ausführlichen  Kommentaren  versehen  woi 
dazu  treten  die  Neuplatoniker  PorphjTios  und  der  ^ 
lastik(»r ')  Gilbert  de  la  Porree,  jener  mit  seinem 
isagoganim,  dieser  mit  dem  über  sex  principiorum. 
meisten  beschäftigte  Heynlin  die  Schrift  des  Aristoteles 
die  Seele,  wir  dürfen  darin  wohl  schon  seine  Hinneij 
zur  Theologie  erblicken.  Nächst  den  ^ Auetor itates*. 
man  auch  nicht  als  eigenes  Werk  Heynlins  ans 
kann,  bleiben  als  .selbständige  Arbeiten  nur  seijie  bf 
logischen  Traktate  übrig.  Auch  er  also  hat  dem  Gnmc 
der  Philosophie  des  ausgehenden  Mittelalters,  dem  al 
schwachen  Paraphrasieren  fremder  und  längst  bekai 
Werke.  <Mnen  reichlichen  Tribut  entrichtet  und  wir  wc 
ihn  ans  der  (jesellschaft  des  ^servmn  pecus  commentJ\tor 
das  die  Spätscholastikf»r  nun  einmal  zum  grossf*n 
waren.-)  nun  und  nimmer  ganz  erretten  können. 

Immerhin  hat  Heynlin  unter  ihnen  einen  bemerkt 
Platz  (»ino^enonunen.  Fischer  (S.  öi  charakterisiert  ihi 
<'inen  «scharten,  klaren,  freilich  ausserordentlich  ums' 
licluMi  und  spitziindigen  Denker,  der  seinen  Zweck 
t'iserner  Konsecjuenz  durch  alle  möglichen  Distinktit 
(Jründe  und  (4«>gongründ<^  hindurch  verfolgt."^  Origine 
Heynlin  freilich  auc-h  in  seinen  selbständigen  Werk »mj  i 
-[ni    Tractatus    de    proposititmibus    exponibilibus"    sc! 

Icxtus  totius  lo^jitc  Arist()t«?lis.  Ich  verdanke  diese  Mitteilungen  der 
lö)inmcnheit  des  Herrn  Dr.  ('.  Chr.  Bcrnoulli.  iCod.  Basil.  D.  III.  7,  F. 
i-.   I.   5). 

')  und  /war  Realist,  s.  Uel)er\ve<»-Heinze,  Gnmdriss  d.  <iesch.  d. 
IL  212   (iMOS). 

■-)  So  urteilt   Pr.uUl,   IV,   174. 


JobAoncs  Heyn! in  uiis  Stein. 


.145 


Prantl'i   dessen    bewiUirter  Komitnis   wir    uns    aiivertruutjn 

Mürfi^ii,  .nutliält  die  Einleitung  lediglich  albertistischeQrunfl- 

xitet\  hiiigeg»?n  die  Syllngistik  folgt  giinzlicli  deni  Thomas* 

die  exponibilia  alier  sind   rt^ichliclist   aus   Paulus  Veuetus^f 

p^chöplt,  während  binwiederuüi  der  Tractatus  de  arte  sol- 

twidi  .  .  snphistaniin  argumentationes  sich  ganz  aii  Aristo- 

^»•les  hälL*^     Inuuerhin  darf  man   ihm    das  Verdienst    nicht 

ibspn»rht>n,  in  seinen  Kurnin*»ntaren  eine  treffende  und  klare 

steUnng  der  Arisk)telischen  Ansichten  gelif'tert  zu  haben.' i 

Was   uns   aber   liier  vor  allein   inUM^essiert,    ist  weniger 

Heytdins   Be<leutnng   innerhalb    der   (Irisch ich te    der   Philo- 

«npbie,  als  seine  philosopbische  Richtung.     Diese  Richtung 

wai-  iler  RBalismus.     Wir  hatten  ja  gesehen,  wie  in  Löwen 

di*»  Partei,   die   dieser  Anschauung   huldigtOj    durchaus    die 

iK'iTsichende    war.    wir    werden    sehen,    dass    auch    Heyn  lins 

Pariser  Lehrer,  soweit  wir  sie  kennen,  zu  ihren  Anhängern 

fÄhlten,    kein  Wunder   daher,    wenn   sich  auch  in  Hey id ins 

Schriften  dieselben  Menningen  wierler-findeiL     Mit  ein  paar 

Worten  wenigsteufct  werden  wir  das  philosophische  Problem 

jetzt  streifen   müssen,  dessen  verschiedene  Beantwortung  zur 

Bildtnig  fler  realistischen  und  iionnnalistischen  AnsicJit  führt. 

Kii  handelt   sich  dabei  bekanntlich    um   die  Vorstellung  von 

[der  Natur  des  Abstrakten,    und    die   Frage   ist   die,    ob   die 

I allgemeinen  Begriffe  eine  reale  Existenz  haben    oder  nicht* 

IpI*,»  nachdem  man  diese  Frage  bejaht  oder  verneint,  gelangt 

titiau    zum  Realismus   oder  Nominalismus,    bei  denen  wieder 

eine   gemässigte   und   eine   extreme  Richtung   zu  unter- 

^heiden  sind/i      Der  Nnmiualismus  behauptet,    dass  es    in 

I Wirklichkeit  nur  Individuen  gibt,  dass  ilagegen  die  Gattungen 

tid  Arten  blosse  subjektive  Ztisamnieid'assungen    des  Ahn- 

iltdien   sind,    doch   scheiden  sich   seine  Anhänger  wiedemui 

111  KoDzeptualisten  i  gemässigte  Nominalisten  l  die  diese  Zu- 


*)  Pranll,   IV,  S,   22«/ — 230,  d;u:u  die  AiimerUutigcii   307^313. 
=1   Paulus  Venetus    mit    seiner    „SpiUlindij^kcit    des    Eiütcikiis,    seiner 
[  KaftiijU»k  iitler  EventuaLitatcu  und  unublässiger   Erörterung    zahlrcicfaster  Sq- 
u^ti**  bexciclmet  den   „Höliepuiikt  des  üppigsten  Wudicnis  »cholaslischer 
s/*     PranlL  IV,   118  —  140,  vgl  Anmerkung   523, 
^)  ft.  Fischer  S.  1 3. 
*)    Vgl,  Ucbcrweß-Hcinae,  Gnmdrisä  d.  GtÄch.  d.  Philos.  II,    i;i,  (1905^, 


.u(^ 


SI.XX   Ht»s»feld. 


sninmpiifasöiiiig  des  Aloilicbon  mittels  dvs  gleichen  Begriffe. 
und  in  Terministcii  oder  strenge  Nomintilistenf  die  sie  mittels 
do*4  gloiclieii  Wortes  geschofu^ii  lasi?en  wollen.  Inj  GegensafÄ 
zn  beiden  glatilit  tler  RealisiniLs,  dass  die  rTüttungsbügrifi^* 
ulyektiv,  realiter,  existioreih  da^  sie  auch  auKser  der  Ab- 
straktion ein  eigentümliches  Dasein  haben,  und  zwar  b*^ 
hauptet  der  extreme  Reali?*mns^  wie  Arist-oteles  ihn  dem 
Plato  zuschreibt,  dass  die  Uattungsliegriffe  umiversalia)  eint» 
von  den  sinnlich  wahrnehmbaren  tregenständen  abgesonderte 
reale  Existenz  luibeii  lante  rein),  der  gemässigte  Bealismiu^ 
ilagegen,  den  Arist<uelos  selbst  vertritt,  dass  sie  zwar  eiia* 
ri*ale  Exis^tenz  haben.  al)er  nur  in  den  Individuen.  (Univer* 
.^ulia  in  re,  diessi^itige  WirklichUeit  «lor  Universalien i. 

unser  Heynlin  nun  ist,  wie  bereits  gesagt  \\*iirde.  stre!i|;eT 
Arist'Oteliker  Er  ist,  wit»  Fischer  stlireibt,*i  der  Autorität 
fies  Aristoteles  unbedingt  ergeben  und  in  dieser  Beziehung 
von  einer  ^Rechtglänbigkeit.  die  so  eisern  ist  wie  seine 
Lcjgik.""  Er  steht  daher  wesentlich  auf  dem  Boden  dos 
fft^miissiffteji  Realism  us,^ 

Wir  kunneii  uns.  um  uns  nicht  zu  weit  zu  verlieren, 
ein  näheres  Eingehen  aui'  die  Ausgestaltung  des  H^alismus 
ersparen,  die  er  im  Mittelalter  besonders  bei  Thoma«  vini 
Atjuino,  bei  Albertus  Magnus  und  Duns  Scotus  fand.  Während 
manche  R-ealistfU,  wie  der  tViiher  erwähnte  Heimerich  von 
Kampen  in  Ij<Hven»  die  UegensätÄe  zwischen  diesen  grossen 
Scholastikern  hervorhoben  und  so  die  eigene  Partei  spal- 
teten, verfuhr  Heynlin  im  (Gegenteil  synkretistisch,^)  folgt»* 
bald  Albert,  bald  Thomas,  V(»r  allem  dem  Meister  Aristoteles 
selljer  und  war  bemüht,  die  Gegensätze  zwischen  ihn^n  aus- 
zugleichen. 

In  diesen  srinm  realistischen  Uoktrinen  b**l<md  sieh 
Heynlin  in  Cbereinstinunung  mit  den  Anschauungen,  die 
an   der  Pariser  Universität    di*^    ln»rrschenden  waren,      iJi^iin 


')  S.  5/6.    VgL  Fischers  D.'irstcl hingen  iiud  Zitate  S,  15 — tU, 

*)   Prot,  VilU  }^  schreibt :  Er  hieU  streng  an  Amtoieics  fest  und  wollte 

weder  von  der  diesseitigen  tioch  von    der  jenseitigen  Wirklichkeit    der   Ideen 

etwjis    wissen.    —    Aber    d^uri    wiire    er    doch    nicht    Anstoteliker,    sondert! 

Nominalist. 

»)  Prantl.  l\\  22th 


Jnhiifiitfft  Heynlui  mif  Stein.  347 

kuniiflich  liatU*  it»  ParM  di«*  via  aiitiijua   stetes   «iius  Über- 

fidit  gi?höbt  un<l  an   dor  Sarbonne  S5*  B.  wurde   mir  nio 

w\nUh*tJ^  Was  HeyiiHu  in  Löwen   d<»eh  tnir  flli<liti^  koniuMj 

(lenil  batu%    wurdt«    ibiii    liier  zn  lV»stom  Bositat,     Es  winl 

uiiriitWinid«?r  utdimeu,  wenn  wir  wehen,  dasß  die  Manner. 

iJ#Eien   er    in    Paris   verkehrt   bat.    gleichfalls  RiniliÄt<»n 

Owi  von  ihnen,  Lucas  DeKinoulinn,  Thomas  von  Ci>ur- 
nnd  Petnift  de  VauceHu,  <lfirfun  wir  als  seine  Lehrter 
ehen.  Sie  waren  alle  drei  altere  Magister  und  liereits 
^wwpeii  der  Theologie*»  und  gehörten  zu  den  «lamaligen 
der  UniversitÄtv  Desnioulin«  wird  von  Hey^nliii 
aU  j«ein  Ijebrer  bezeichnet  —  ^observantissinuini  niihf 
itque  patreni^  nennt  er  ihn  später  einmal^)  —  . 
^i  .  anderen  schliessen  vriv  es  aus  einem  Manuskript 

ulifi^  dessen  gleichgültiger  Inhalt  in  einer  jener  schrift- 
)bangen  besteht,  wie  Bie  (hnnuls  bei  den  SeliolaHtikern 
vn,  und  ilesöen  Übersieh  riit  folgen  denn  iisüsen  lautet:  *> 
•<^^^?rtit»nps  mote  per  venerabiJem  viruni  Johannent 
^fUiaua  praepositufu  stuckardiensem  et  in  scriptis  pre- 
p«^r  inMgi.^tnini  Jolutnnem  de  lapiile  venerabilibns 
{istm  Thome  de  coui*c4dHs  decano  ecclesie  parisiensi^^, 
Pein»  de  foucelln,  raagistro  Luce  de  molendinis 
'•'  prnfe8»*i*ri  anno  etc,  LIX*"^,  also  1459.  T^a 
rrii  lu't-r  mIs  T^iMK ti*ih'r  fMiN-r   \ um  Vergefdnins^> 

*\  t-mnli  IV,   iKf> 

■>  Tbcisa»  «1«  rtiurtTlli*,  gebore«   I4<»u,  wurdr  1452,   l*ctriis  ilc  \auccii«» 
f  Liaaitjat  ^Atict.  ff  und  ('hartubriuii)  IV  paisirnj.  ,  Lticas  de  Molendfnt^« 
I47»i   {FmakU   203*,    wird    145M    ah    Professor   ilcr  Theologie    bc- 
(Vori  ial  218) 
M  125. 

uheut  ignMmuUru  Mu|*Utrr  Atttwortcii  «b/ti    und  wietlerum  (fejfenhemc'r- 
dirMTi  Antwurtrri, 

Jobanur^  Vcr|;enhiin%    ht    niemand    ander«   uh   der  uriUrf 

KK«ki«rii%  liuFch   ^eine  WcUchronik   bekannt   gewordene  (te- 

iber,   Jariit    und   »pütere  Kanzler    der  Tübinger  Universifät.    mit 

I«  drn  ef»ten  j£triten  dieser  hohen  Schule  in  »ehr  nahe  Bejtieh- 

M;vnu»krip(  l)cuetü>(,  das.«»  siich  beide  ichoti  im  Jahre 

n   in   Pari*  «tttdicrteti.    Wenn   Heynliu  einige  \tnt 


348  Max  Hossfeld. 

und  Heynliii  abgefassteii  Arbeit  erscheinen.  dürfoE 
Courcelles  undVaucello  ebensogut  wie  Desmoulins  alsl 
von  ihm  betrachten.'i  Der  eine  von  ihnen  hat  sich 
ziemlichen  Namen  gemacht  Thomas  von  Courcell 
nämlich  jener  Pariser  Doktor,  der  auf  dem  Basler  I 
den  römischen  Forderungen  gegenüber  die  gallikan 
Freiheiten  verteidigte  und  den  Gnindsatz  vertrat,  da 
Konzil  über  dem  Papst  stehe.  Er  hat  auf  jener  Ki 
V(»rsammlung  eine  ziemlich  bedeutende  Rolle  gespiel 
war  Kanonikus  vieler  Kirchen,  Provisor  der  Sorbonne. 
d^'r  Pariser  Kirche  (seit  1458».  Professor  der  Theologi 
mehrfach  Rektor  und  (resandter  der  Universität*!  AV 
benilimt  war  Petnis  de  Vaucello,  Gesandter  der  Univ 
beim  König  und  auf  dem  gallikanischen  Konzil  von 
tres.  Magister  um  Kollegium  von  Navarra.^j  Der  Soi 
geholte  wie  Courcelles  Luc  Desmoulins  an,  1455 
Prokurator.  1459  Prior  und  später  jahrelang  ihr  Biblioth 
An  ihn  scheint  sich  Heynlin  besonders  angeschloss? 
haben,  wie  auss(*r  der  angeführten  Bezeichnung  als  ..! 

X'crgenhans  aufgeworfene  Ouaestioncn  schriftlich  ausarbeitet,  so  niü^s« 
trcumlschaftlichcni  Verkehr  gestanden  haben.  Es  war  eine  Bckannt:>cl 
1  iir  Heynlin   ihre  Füllen  haben  sollte. 

Auch  für  X'crgenhans  ist  diese  Nachricht  übrigens  von  Interesse. 
war  nämlich  von  1450 — 14V)  Hofmeister  des  Grafen  Eberhard  von  W 
I>crg  gewesen  und  al>  dieser  1  }5<)  mündig  wurde,  zum  Lohn  für  seine 
Propst  der  Kollegiatkirche  /um  heiligen  Kreuz  in  Stuttgart  gcword 
Titel,  mit  dem  Heynlin  ihn  hier  bezeichnet.  Von  seinen  nächsten  Seh 
i>t  nun  nichts  bekannt.  Man  vermutete  bisher,  er  habe  eine  ital 
rniversität  besucht.  (ADBi  23,  2t)<>.)  Aber  Pleynlins  Manuskript  bek 
<iass  er  unmittelbar  nach  seiner  Erhebung  zum  l*ropst  in  Stuttgart  na 
j^cgangcn  ist,  dort  noch  im  Jahre  145t)  (resp.  vor  Ostern  14^0)  au  den 
ilcr  l'nivcrsität  teilgenommen  und  auch  unsern  Hexnlin  kennen  gele 
.Mierdings  ist  sein  Name  in  dem  im  Auct.  veröflentlichten  Auszug  ; 
lil)er  receptorum  nat.  alem.  nicht  /u  finden.  Vielleicht  war  sein  V< 
zur  Universität  nur  ein  lockeres»,  worauf  auch  der  Umstand  deutet,  < 
von  ihm  aufgeworfenen  P' ragen  nicht  von  ihm  selbst,  sondern  von 
aiifge>chrieben  und  vorgelegt  wurden. 

*)   Über  andere  Lehrer  Heynlins  Hessen  sich  nur  Vermutungen  au 

••«)  Auct.  U,  518  A.  8,  11,  343  A.  I.  Bul.V,  917,  Frankl.  228.  Fere 

3)  Auct.  II,  800.    Bul.  V  Reg. 

*)  Auct.  II.  909,  Frank.  88,  203. 


JnhAtiDe»  Keyufin  am  %Hin, 


i4Q 


ftfclv<»Ilotidcr  Lt*hrt»r  und  Vater-  auch  der  Umstand  «a  b^ 
mtu  »vlrniiiU  d&fit^  er  meluvre  seiner  Predigt«^ii  uitflif'W&lirte 
d  HI  ^  u  rigent^n  ziisanuiienbantL*« 

V  LUid  Vaucello  willen  wir  nun  mit  ß**- 

Emtheit,  dasm  sie  fii*r  via  antiqu»  angehörten'')  uiid  viin 
DiRiaii  von  Cuurcf^lltrs  kann  man  es.  da  i>r  MitgÜrd  der 
t^anne  war,  gleichfalls  al«  siebter  aiimdimen.  Dm<*n  ziiiii 
I  wifd  Hr*yuUn  dii*  Ausbildnng  seiner  reftlisrijichea  An- 
Bannten  leu  vordaiikmi  haben.  Bealisttni  waren  aach  lii»? 
I  -  -     *^     Tilins.   daninter  d^-r  Franzos*^  WUb*»lm 

i^elMni   Joh.  MtithitLi!J    v<»n  (Tt^ng^'nbHch, 
li  Philtfipt  von  Kirehhnffen  (bpi  Freibnrg  u  B.),   Hani» 
itz  von  Born  und   r)it*lKild  Scberr  von  Thann,  Fronndf, 
wir  111  Hnvulins  Leben  nucb  uft4*r  bt*gpgnen   wt*rd»*n 
gerade  rlann.  wenn  ea  sicli  nni  niiii*n  Scdiritt  zn 
n  der  r«ili.*«tiÄch**n  Partei  hand^dv 
Die   M   " —  y*u^    dii*   H*3ynlin  «o    vuu    xunn    i>»'in«'iti 
ili»^  luif  Frennden  übte  xuul  in  f»igen»fin  Seliriften 

ete  and  zur  llarsudhing  brachte,  wnrdo  er  auch  liald 
ru  bdirfn  beruf  «ml    Wwhr^chrirdich  nicht  lang«*,  nacb- 
HT   dm   Liz*^uz    and   ilas  MagiÄttirinm   t»rworb*?ii   liatte. 
Ihm  1»  daa  tfeeht  gabt^n«  Hir^lb^c  V^orlesungen  zu  halt^^n, 
ils  Profe4S«or  der  Philo»ti|jhio  zu  dozieren,  .regere** 

Muu«i  w^      ■     ■  ■ '    *       Der  Ciegenstand  iler  von 

tri  i  _  ordi^nttii'hrn  V'<irh*Äungt?n 

vor  allen  Dingen  Logik,  otler  wa^  daaselbe  bf*siagt,  dan 
~  '  *      '  n  des.s4^n  Na*urphiJoiii>phie. 

seum  gro»^*n  Teil   in  da- 

Zeil  entstanden,  und  bftben  wolJ  ^iBetn  Unterricht 

rlage  <i   heisst   i*a  in  der  Rtplanatio  rni 

hen  >i  nMMi-i.  .ii*j*  PorpbyritL«*  nnd  ArUtoteles,  »ie 

magidtruni  Job.  df*  I^pido  in  urttfittö  P«rt»in^  re* 

diligenti  ^mdio  collectA*  und  der  Tr^ctatns  da  ex- 

bös  wird  be^eichnirt  aU  «^coniposttn^  per  Johanni«ni 


la  IV.m  M  |ll-4*^  i—W 
KafLA, 


%  umA  f} 


S  90. 


« 


Ma3t  Hossfcrd. 


ili*  Lapidt*  in  artibus  niagistnim.  tinir  Parisius  in  oi 
regoiiteiii.'*^  Wir  keTinen  amh  »las  Kollegium,  in 
Hoyiiliii  las  denn  niclit  in  i^inejn  all<T;L*miMnen  UniversitÄ?«^ 
gehiUule  wiirdt*  in  jonrT  Zeit  ih*r  Unn^rriclit  erteilt,  ÄOnJerrj 
bereits  fast  »iisschliesslich  in  ilen  Kollegien  oder  Burscii, 
iu  denen  <lie  Studenten  und  meist  aueh  die  ruagistri  regf*nt^"s 
ziisauiHieuw«dmton-> — ,  es  ist  «las  KolK^ginm  von  Bargtind\ 
Er  seihst  unterschreibt  sieh  in  dem  Kommentnr  zu  ArisfJH 
r^les  de  aninia  ^per  Johannem  Heynlin  da  Lapide,  dioce^is 
Spirensis,  in  urtilinn  mugii^tniin  niinns  hene  nieritum,  pmttinc 
regenteni  in  urtil>n?<  Parisiun  in  venembili  collegio  Burgondif*. 
Diese  Handschrift  ist  von   I45y  datiert*  i 

Aber  ih^r  Beinif  als  Lehrer  der  Phihisophie  fiilhe  Ht*yT\ 
lins  Tätigkeit  nicht  aus.  Er  wollte  nicht  in  der  ArtistiMj 
fakiiltät  stehen  bleiben,  aondeni  machte  von  dem  zweiteu, 
durch  ilie  Mugisterprfifuiig  erwürV»en<ni  Hechte,  rlem  iw 
finer  der  drei  oberen  Fakiil täten  zu  studieren,  <  tebrai 
Rr  widmete  sicli  dem  Stmlium  der  Tlieologie.  Die  Orj 
sation  der  mittelalterlichen  Universität  erklärt  die  uns 
fallend  seheinende  Tat-saehe.  das*^  er  da  in  als  zugleich 
htssor  und  Student  war:  nur  lernend  fing  man  ja  damaU 
seine  Studien laufbahn  an,  lehrend  und  lernend  setzte  man 
eie  fort,  bloss  lehrend  endlich  schloss  man  sie  ab.*) 
1455  befand  sich  nun  unser  Heyidin  in  jenem  mittt 
Stadium.  Während  er  am  Collegiuni  Burgnndiae  Logik 
folgte  er  zugleich  den  Vorlesungen  fler  theologischen 
kalai*e  und  Magister  über  ilif  Bil>t*l   und  ilii*  Sententiao 


4 

'eiteij, 
*m  iw  j 

1 

1  ^ 


»1   Lihri  nriis  logicae  Porphyrü  et   Aristotelis  cum  cxplao.  niiig*  Jfl 
Lapidc  (Ensei,  Amcrbacli,  c.  I4*»5). 

^)  Thurot,  t>f>— 48. 

^)  Dan  CnUtfgc  de  Bour^!ognc,    ge^riiudcl   ijj^  von  der  r.rälin  Jobaiidi 
von  Biirguiid,  beherbergte  20  Siudcntcu  „eii  logique  cl  scieücc  imtureUc,j 
pASscr  outrc  en  autrc  Fiicultc**,   d.  h.  c*  war  mit  für  die  Artisten 
<Feret  HI,  40  A.  3.) 

V>  <-od.  BasiK  Bell  5.  GefaUijjL'  Mitleiliiii^  von  Herrn  Überbiblic 
Dr  r,  Ch.  Bernoulli,  Vgl.  Phil.  Fich.  H4,  v.  d.  Linde,  Erfindung  iler  ! 
druckerkunst  {iH^ft)  III,  924- 

^')  So  röniiuliert  Paulscn,  Organisation  u,  Lcbensordtiufigcn  d. 
l'nivcr*itäten  lin  Sybels  Ztschr.  43,  3«>o)»  deu  Gang  der  Studien  an  der 
AlterlkbcQ   L'nivcrsiläl. 


Johaim«  He>nliu  uti^  Stein» 


.^31 


ibiirdufi,  da?«  doOTiatischf*  Hnnptwork  d^r  mitti^l- 

srrv'beti    JimI»/.s   .Stuileriton    der    lliLulügi*».    ih'r    tiii^ 

|c*iuor  Wit<ßoiiHclmfr  hing,  war  damals.  Mitglitni  dt- 

di»r  Biirbr)iiiu>  zu  wenlon,  j»Mif^r  erlauchten^   »hi 

de  2»K»ijkhri^tMi  KrirpHrschaft,  deren  Ruf  V(ir  fdUmi 

dt*r  !Iniv»*röitüt  Paris  v<n*hroiti*t    hatt<s    lujd   di«' 

I3ü  Krdlegieii  ao  überstrahlte*    das«  ihr  Naiuo  fast 

itatid  mit  dt?in  tlnr  llniver^it-Ät  überhaupt  wurd*\ 

Mfi  unhwi  itiVht    jr'deji   auf,   der  Eintritt   hi»- 

.  >t  verUmgtG  sie  von  üir^^u  B*?wei*born^  da«s 

Jftf  der  theoiogischf^n  Fakultät  waren,  d.  h.  das- 

Jmd    idn«s    bHccahirius    ilrr   Theologi«.*    beÄasson,*» 

durch    <!fts    Bestoheu    des    ersten    theologischen 

^nrdtj  tuan   ja   in  *\rii  Srhons  der  Fakiiltüt  aufge- 

Da  man   aber  erst   nach  sech?^iährigeni  Studium 

|i*r  Th»»olc»gie  werden  konnte,*)  so  konnte  HejTdin 

[dem  Herhst  iles  Jüiiroü   14H1  daran  denken,    öirli 

lern  iler  Sorbonue  stur  AnfnaJime  in  ihren  Krei 

War  dii^se  i5r»t.i*  Bedingung   aber  erftdlt. 

itian  dich       -  '   'K^n  und  nm^ste  sich  einer  ünter- 

ajDpr   jier-  i  VerhältJiisHe  und  einer  i»eöon- 

hutgonterssiehen.  Dreimal  wiird»»  dann,  in  Zwischen- 

m   etwa   acht  Tagen,   von    der  V^ersammlung  der 

CllM*r  ileii  Au  trägst  elKT  abgestimmt**«   Man  besah 

B<nirerb%fr   recht    genau,    denn    nur  bewiUirton 

wollig   man   den   Eintritt  gestatten   und   es  gaK 

^ in  Paris*     Schon  die  Anfnahnut  galt  daher 

IV  -ming/      Am   18.  Juni   1462  wurde  Heynlin 

frSorboH9^,^)  Wir  niiisüen danius zugleich  schlies*sen. 


*  *>   »gv  aurn   KaatmsiiTi,   ttc*<:h.   a,  oisrü.   t  nivcr>,     11,   j* " 

\^ 
»41. 

offie»  de»  (kHeun  de  Sorb.  fol  46  »tigedtiidtt  bti  C*liatnp.  5.  2 1 

^  fnikl  14AS  tici^tnigte  H.  ietoe  Aufnahme,  »m  10.  Jimi  wurdr 

rt***  d.  h.  al»  nfal endet  Mitglied  attTgcnommcu 

Ivo«   ttäd  {km   t8,  Juni  erfolgte   die  eod^ültiKr  Atif- 

4<L  h.  «Is  Orient UcBci  Mitglied^  ditrcli  dju  Kollvf^ium 

et  Siidt 


I.  C#«c^  coO  Alltrtiiiii.  VI, 


1 


.^r>2  M:ix  Hossfclil. 


(hiss  er  1461  ofler  Antrug  1462  den  Grad  d»^s  Bakkalauivns  ; 
d<M'  Tlieologii*  erworboTi  liat.  Dio  Elin*  war  für  ilm  ai>  \ 
I  )«.'UtschoTi  umso  grösser,  als  mau  seit  dem  15.  Jahrhniulert.  ; 
iiac-li  dem  grossen  Kriege  mit  England,  sehr  national  g«*- 
worden  war  und.  obwohl  die  Sorbonne  stiitutengeniäss  tloii 
Theologejv  ganz  Europas  offen  stehen  sollte,  fast  nur  iiodi 
Franzosen  aufnalnn.*;  Das  Studium  au  der  Sorbonne,  iiuler 
Sache  nicht  verschieden  von  dt»m  an  den  audt»ren  KoUogh^u. 
zi'ichnete  sieh  durch  den  Eifer  und  Ernst,  mit  dent  es  U^- 
trielxni  wurde,  vorteilhaft  aus.  Während  anderwärts  (Tbang-'n 
und  \'()rlesungen  vernacldässigt  wurden  und  der  einreiss«*ii«Je 
Sehh'ndrian  Reformen  über  Keformen^i  ^^ötig  machte.  1»^*- 
wahrte  die  Sorl)onne  den  guten  (reist,  den  ihr  Stifter  ihi 
i*inge[)rianzt  hatte.  Hier  wurden  die  wöchentlichen  I>isjm- 
tationen  streng  eingehalten,  tuid  so  genau  nahm  man  « 
damit,  dass  sie  auch  in  den  Ft»rien  stattfanden,  tuul  wenr 
einmal  auf  den  Sonnabend  ein  Feiertag  fiel,  nicht  aufge- 
Jioben.  sondern  nur  vtM'legt  wui*d(in.*i  Grosse  Vorteile  Inrt 
die  den  Mitgliedern  zur  VeH'ügung  stehende  reiche  Biblio- 
ihok."*'  eine  st^irke  Anziidiung  in  einer  Zeit,  wo  die  BiVbei 
3 loch  so  hoch   im  Preisen  standen. 

Dieser  (TenuMuschaft  der  Sorbonne  gehörte  Heynliu  als* 
s<'it  sein<Mii  Eintritt  in  die  theologische  Fakultät  oder  docl 
kurz  nachli(»r  an.  Seit  dem  Juli  1463  wohnte  er  auch  ii 
d(Mn  (M'bäud(^  der  Sorbonne  selbst,*)  und  zwar  bat  er  an 
selben  Tage  wie  sein  Freund  Wilhelm  Fidiet.  offenbar  alsi 
^•♦•moinsam  mit  ihm.  um  ein  Zimmer,  wa^  auch  beiden  U» 
willigt  wurde.*^  Es  ist  das  die  erste  Nachricht  vcni  eine 
\'<*rl)rn(lnng  d(M-  beiden   Männer,    die  spät^^^r  vereint  ein«*  * 

')  <in>.   Of». 

-j  \'ii\.  /..  P>.  Thiiiot,  S.  .^1,  51,  52,  60,  74,  71),  84,  tj«,  iü2.  150  ui« 
Kerner  nulaeus  \',  727  u.  Thurot  S.  loo,  auch  K.  Hartfelder,  d.  Zust.  d.  dtsd 
HnclKchulen  am   Kinlc  d.  M.  A.  S.  54 — ()8,   Hist.  Ztschr.  (»4  (X.  F.  2S\ 

•*»)   Thurot,  S.   I  ^2. 

^)  V}^1.  bi:s()iidcrs  Franklin,  La  Sorbonne,  sa  bihliothequc  etc.  Fem 
Cire.    57  n. 

•')  Man  konnte  Mitglied  der  Sorbonne  sein,  ohne  in  dem  Kollegn 
selbst  zu  wohnen.  In  die>cm  waren  nämlich  nnr  30  Zimmer  zu  \'erg€b< 
die  Mitgliedcr/ahl  betrug  aber  /u  Heynlins  Zeit  liereits  ca.  140  (Gro  30,  b 

•)  Phil.  Ficb.  30.  85. 


Johannes  Heynlin  aus  Stein.  35.^ 

ihiiieiiswerte  Tat  vollbringen  sollten.  Übrigtnis  war  ihre 
c^kanntsehaft  schon  etwas  älteren  Datums,  denn  Fichtst, 
T  145*>  nach  Paris  gekommen  war,  war  bereits  seit  dein 
I.  Dez(»uiber  1461.  also  ein  halbes  Jahr  vor  Heynlin,  Mit- 
i«!  der  Sorbonne  geworden.S 

Wir  müssen  nun.  einmal,  um  ein  Bild  von  Heynlins 
eologischem  Studium,  dann  auch,  um  ein  Verständnis 
iner  wt-itoren  Erlebnisse  zu  gewinnen,  einen  Blick  auf  di«» 
rdnnng  <les  Ijehrbetriebes  in  der  theologischen  Fakultät 
?r  Universität  Paris  werfen.  Nach  bestan<lenem  Bakkalau- 
*fttsexamen  begann  damals  für  den  Theologen  eine  mehr- 
krig«*  I>.»rn-  und  Lehrzeit,  die  der  Vorbereitung  auf  di«» 
Schste  akademische  AVünle.  den  theologischen  Doktorat 
ieiite.  lind  in  der  er  in  Vorlesungen  und  Disputatiom^n 
»ine  Beherrschung  des  kirchlichen  I>»hrstoffs.  in  Prodigt^^n 
^ine  Fähigk*»it.  ihn  anzuwenden,  dartun  musst<\  Innerhalb 
ieser  Periode  gab  es  nun  drei  Stuff*n.  die  sich  hau[>tsäch- 
di  nach  dem  )»ehandelten  Gegenstand  unt<'rscliir?d**n.  Di»? 
We.  »»twa  3  Jahre  umfassend,  war  ^iner  Vorlesung  üb«r.r 
ie  Bibel,  die  zweite,  von  der  Trauer  eine:*  Jahn^s.  ein*T 
)ltli»'n  ülK?r  die  Sentenzen  des  Petrus  Lombardus  gewidrn^-t. 
fihrnnd  der  ersten  hiess  man  daher  bibli^iLS  (At^r  cnr^or. 
ihrend  der  zweit»*ii  Sent*^ntiarius.  Xa^-h  iler  Volh-ndung 
ie«Hr  Vorh»sungen  t^rhi»*!:  man  den  Titel  ein^-s  bao^alariu'! 
mnatus  und  es  folgte  nun  n^xh  ein**  vieriährige  Stufe,  di- 
w  letzten  An^^bildung  and  d*-rVorb»rr»-itungai-tf  *\*-u  Liz^rntiat 
iente.* 

Wir  halieii  als*»  Heynliii  zniiach-t  al-  bibii'-i-  zm  denk-:.. 
Im  sulcht^r  pflegte  üV»er  i-  '^•in  B'i' h  d*--  N'*-tj*-:,  •:r;d  d-r 
Jten  T«*stament:?  zu  Irs^i;.  Eirir  d '-rar  ig-  Vori*—'i:ig  i-r 
ns  in  Ht'VTilins  Mana-ikrip:^:.  i.i«  :.•.  -r:ja.''-:j.  ;:-a:.  ka:.: 
ber  vielleicht  aiiiiehmeii.  •Li«»  ri:.-  v-.:;  ih::.  v-rfar-*-  Anj**r 
ber  die  Hieronymiani^ch-:-  Ei:/;-:*u:.i:-:-  d--?  A.v;.  ^r. ; 
«oen  Teätanjentä  die  iii  ;-:.-rZ-:-  v  :.  .:,i',  g*rba>*':-r  V' r- 
nng  ist.  We:iig:5t^ii5  wiri  •:*?  v  •  ir::.  Bf'vli'.'L'rji^ir  'irr 
Hier  Kartaa.««.    d*-r  H*y:^];:.    ^u^z-r     s^z^ii-   <j:.gr:.  ^r*-.    4- 

H  Pkt  Fkk.  Z-*. 


354 


Max  Hossfcl 


eine  Pariser  Vorlesung  bezeichnet  (•Expositio  Incmlciiti 
prolüguniiu  tam  veteris  quam  novi  testamenti  ab  eodeml 
liL  h*  Johannes  d^  Lapid«^)  ^(ut  creditiiri  in  scliola  piirrhi^ 
ovwjx  liabiia.**)'!  und  steht  in  dem  betreffenden  Codex 
mittelbar  vor  der  Vorlesung,  die  Heynlin  als  Sentt^ntiary 
gc^halten  hat  Sie  \vnrd  von  dem  Kartäuser  als  mne  tiiciitijl 
Arbeit  genihmt,  Walirsehoinlich  ist  übrigens  auch  ei 
oder  die  andere  tler  ^quaestiones  Sorbonicae*^,  ül>er 
Heynlin  disputierte^  und  die  in  demselben  Codex  stehoHi 
die  Zeit  zwischen  dem  18.  Juni  1462  und  meinem  Ab^ 
aus  Paris  zu  versetzen. 

Im  Jahre  14l>4  hatte  Hejmlin  seine  Bibel  Vorlesung 
endet,  es  hätte  nun  das  Sentenzenjahr  folgen  müssen.  Ah 
er  hat,  wie  er  selbst  bezeugt^  über  ilie  Sentenzen  erst 
Jahre  1467  gelesen.*)  Was  veranlasste  ihn  zu  diesem 
jährigen  Aussetzen  seines  Studiums  und  warum  schob  i 
die  Erwerbung  seines  theologischen  Doktorats  so  lau 
hinaus?^)  Warum  verliess  er  die  Sorbonne  schon  wied^ 
in  die  er  doch  vor  kurzem  erst  eingetreten  war?  Es 
hierfür  nur  eine  Erklärung,  das  ist  seine  Einfi'ilimng  ii 
Realismus  in  Basel.  Wenden  wir  aber,  bevor  wir  zu  der 
Schilderung  übergehen,  unsere  Aufmerksamkeit  für  eia^ 
Augenblick  auf  den  Stand  der  Entwickelung  des  Humati 
mm  in  Parü\ 

Die  humanistischen  Studien  hatten  in  Paris  bereits  ei] 
mal  gute  Tage  gesehen.  Schon  am  Ende  des  14.  Jabr- 
hundertvS  machte  man  die  Schüler  in  den  Kollegien  mit  den 
alten  Aut<iren  bekannt,  ein  Nikolaiis  v.  Clemangis  trug  die 
Rhetorik  in  Ciceros  Weise  vor,  ein  Peter  von  Ailly  und 
Joh.  Grerson  bekämpften  erfolgreich  die  Scholastik,  und 


«J  Vorl»  (ol  u 

>)  Vorl.  fol.  II 8:  Lcctura  XL  Johanois  de  lapidc    in  libros  sententia 
in  nomine  domioi  incipit  1467. 

i)  Heynlin  hat  in  der  Tat  bis  xur  Erwerbung  seines  Doktorgrades  3 1 
4  Jahre  mehr  gebraucht  als  vorgeschrieben  und  üblich  war.  Detm  die  Frist 
war  auf  13  bis  14  Jahre  bemcsseo  (Tburot  133,  135,  vgl.  z,  B,  Heynltns 
Lehrer  Petrus  de  Vaucello,  der  1423  mag,  art.  wurde  {Bul.  V  im  Caialogns» 
und  1436  Lirentiat  der  Theologie.  (Auct.  H,  525.  Anmerkg.  l).  HevoUn 
aber  studierte  von   1455 — 1472  Theologie,  also   17  Jahre, 


.  Jdluniic^  Heyfiltn  AtiA  Steju. 


355 


■*  wio  dar  des  Jean  de  Mimtrouil  zierte  den  Krois  dor 

-t«u«  die  den  ^Btudiii  huuiHiiitaiis^  gewogen  waren.*) 

I  uhiüT  diese  grusüeu  Mäuni?r  in  den  2Üer  und  3üer  Jahren 

jAbrhnndt>rts  gestorben  wari»n   und  die  Stilrnm  des 

ieik  Krieges  thiB  Land  vereideten ,   sank   die  Bildung 

nr  auf  ilen  alten  Tiefstand  herab  und  als  Heynlin  bald 

»t       "      M  deü  jHbrlnnidHrts  micb  Paris  kjirn,  war  Vf»n 

liier  wenig  mehr  zu  spüren.     Die  Hmuaiüora 

damab  als  ein  Anhang  zur  lihetorik  behandelt,  über 
tnrik  aber  könnten  die  Mttgister»  wenn  sie  wollten, 
deotlichti  Vorlivsungen  halten,  und  zw  diesen  Vor- 
war 1452  weiter  nicht.-*  vorgeschriebeti  worden, 
^rte  Buch  von  Boetiiis'  Topica,  also  nicht  einmal 
lüch  V  '    «  Work.^)  —  AU  ich  nach  Pari«  kanit 

1471    1  1  umiÄt  Flehet,    und  zwai*  ^Aristoteleae 

[ilmae  cauaa«  tntmbar  sane  rimtorem  aut  [loetani  phoentce 
m  Lutetia  tota  inveniri.^*!  Fichet  kam  1459.  Gerade 
Zeit  ab«*r  bi^gann  denn  dorli  private  Initiative 
zu  leifitMtL  Einige  Italiener,  Job.  Balbus^  FaustUS 
tiatta  und  Cornelius  Vit^llius  lehrten  im  Jahre  1452 
ITarakiui^t.  g*--wi8H  nacli  klnssischen  Must<n*Tv,*)  iumI  145*» 
IIG&I  weüta  am  französier  heu  Königrihofe  (Tregoriü 
wohl  der  erste  jener  italienischen  Humanisten,  die 
sweitcn  Hälite  dem  15.  Jahrhunderts  die  klassische 
in  Paris  v«*rbreitel  haben.  Er  hielt,  allerdings  nicht 
[ig,  Vorh*miugi»n  über  <Triechisch  an  der  Universität, 
unter  anderen  Robert  Gaguiii  gehurt  hat,  ein  Freund 
*i.'t>^.  der  auch  Hoynlin  nicht  fi^rnstand.  Im 
11  re  küui  dann  Fichet  *»elbst  aus  Avignon  nach 
I  jener  begeisterte  Anhänger  einer  feineren  klassischen 
der  im  engeren  Siiui  als  der  Wiederherst^dler  des 
j.^r.  T*'  ' -rrichtö  in  Paris  genannt  werden  kann, 
dem  er  ©in  Jahrzehnt  lang  seine  beste 
rifdinet.     I*as  altes  waren,   obwohl  noch  keine  be- 


jpli    l^itcrili,  AUie«  Cte&eh.  il.  tfiüt  MA 


41. 


35^  Max  Hossfeld. 

deutenden,  \i    so    doch   vielversprechende  Anfange,   und  wir 
werden  nicht  fehlgehen,  wenn  wir  uns  auch  Heynlin  nicht 
fem  von  dem  Kreise  der  Männer  denken,  die  das  Erwachen 
der   klassischen    Studien    freudig    begrüssten,    und   die  aus 
dem    verknöcherten    Formelwesen    der    Scholastik   in  eine: 
reinere   und   leichte^re  Atmosphäre   hinauszukommen  trach- 
teten.    War   doch    Fichet    später    sein    bester   Freund  und 
standen    sich    die    beiden   Männer  doch  auch  schon  in  den 
.Jahren  vor  1464  nahe.    Auch  werden  wir  später  die  Spuren 
dieses  Humanismus   an   Heynlins   eigenem  Wirken   kennen 
lernen. 

Aber  das  alles  war  doch  erst  später.  Wir  würden  uns 
täuschen,  wollten  wir  annehmen,  dass  diese  Einwirkungen 
des  Humanisipus  es  bei  Heynlin  einstweilen  viel  über  das 
Stadium  der  Anregung  hinausgebracht  hätten.  Was  ihn  vo^ 
nehmlich  bewegte,  was  immer  noch  im  Vordergnind  seines 
Denkens  stand,  waren  die  alten,  aus  der  Scholastik  herge- 
brachten Streitfragen,  und  war  vor  allem  der  Gegensatt 
zwischen  dem  alten  und  neuen  Weg.  Die  Basler  Episode, 
der  wir  uns  jetzt  zuwenden,    spricht  dafür  deutlich  genug. 

(Fortsetzung  folgt.) 


')  Dass  der  Eiufluss  eincb  Grcj;.  Tifernas  doch  noch  nicht  sehr  tief  giog« 
])c\vcist  die  Gräzität  Robert  Gaguins.  s.  Dclaruellc,  G.  Tifernas,  in  M^langes 
d'archeolo^^ic  et  d'histoire   19,  <) — ^^  (1899). 


Zur  Geschichte  Basels 
der  evangelischen  Eidgenossen  Im  Zeitalter 
des  siebenjährigen  Krieges*- 


rm  4ie3kRtt^  flesXVIlLJnhrlaiuilertvS  traten  dieKolonial- 
l  iIn'^  Hjuidel-^politik  in  tlpti  Vortlf»rgriind  rl^r  Bestrehnng<*ii 
Kugliintl    ntjil    Fmnkrrich    bt*gegneten    sich 
1511^  u     III    d^ri    araerikanischen    K«)loni»^D,    und    boido 
^fmitlt^u  dttnu  uuf  d<*ru  Koiifiiiont  ihre  Bunilßsgeuosa<*ii. 
eulHüftiid  —  auch  mit  Rücksicht  auf  das  englische 
—  der  |)nnissisch-f*ngli^che  Nr'ntralitÄusviTrrag  für 
»niL     Dieöc  Aiuiahcruiig  Hrinuerte  Ludwig  XV,  an 
it  des  s|ittnis;ehen  Erbtolgekriegea  und   an  die  religi- 
*fe,  und  der  König  und  seino  Umgebung  schnoben 
'      ■■  rM^    konfi'Äsintiellcn    Charakter    zu.      Damit 
iU'U  und  die  Haudelsinterosseu  bei  den  da- 
fu  Z^Mtgt^nossren  zum  grossen  Teil  wieder  etwas  zurück. 
di<*  Religion  bogsuin  die  (Tt>nn*iter  dV^  Regiprungskreisr 
?r   M.is^»*n  zu  bewegen;    nur    in  den  Kreisen  der  an(- 
n»chaft    scheint    man   davon    wenig   berührt. 
am  9eiu.     Der  Wanthd   der  Anschauungen   und   Be- 
in   der    Tagespolitik    hatte    sich    vr>r    allem    in 
Tfilbugun. 
1^  Maniiiise  von  P<impud«tur,    cliij   frülier    in    der  Qe- 
clw  schAnen   (leister    und    der    Philosophen    über 

4ie  iporlitrecndc  Arbeit  hiibe  ich  nur  den  Versuch  gemacht,  den 

imcea  tu  der  EidgcnöftsetiftchAft   in   dem  geuAiiüteti  i^italier 

An  V^ontrlieiten  auf  diesem  (rehiete  der  Geschichtfandiang 

Über  fA  tnchr  eine,  freilich  iicwh  utivoIU 

Ju' .  lencn  diCÄC  Seiten  einrrTi  Hhtoiiker 

T  €»*  •  Brlr*ichtiinK  drcscr  Zeit  nnd 

fa*  4oAt  ^ -n  J.  R.  I*''i'*>    —   ^'--"    '    ■ 

ßtlil  entwerfen  konnte 


35'- 


A  leicandct    Ffiitr 


Kirche  imd  lieligion  ges|M»rtft  hatte,  «prnch  jetzt  mit  T^k- 
fiirchi  von  der  Offenbarung  und  von   göttlichen  Gerichf*% 
und    sie    bemühte    sich,    wie    si»:*    «agte,    dt^n  König  zu  */<^r  ; 
Pflicht  eines  Christf^n  Äiiriutkztifi'din*n.    Ludwig  XV.  glaiibto  * 
bald    auch    selbst,    dass   er   der    kfttholischen   Kirche  eiiit*n 
Dienst  erweise,  wenn  er  Friedrieh  «len  Grossen  riberwHltig*'^  | 

Auch   der  üsterreieliisclit»   Minierer   Kmuiitz   steUte  di»*  \ 
[xditischen  Verhältnisse  vim  rlieser  Seite  tlar;  die  VerbiniluDf;  ] 
zwischen  Deutschland  und  England  war  ihm  eine  proteetnn* ' 
tischt?  Allianz,  um  tlt^n  katlioii«chen  Hnf*»ü  »*ntgegenzuwirkt*a 
So  entstaT*d   im  Mai  \lhV%  d»'r  Buntl  diT  Hab?^liurger  mit  dm 
Bourbunen.  und   ilinen   schloss  sich  auch  Russland  an.  A^^ 
immer  besti'elit   war.   der   Expansionspcditik    Frierlriehs   de« 
Grossen  entgegenzutreten.  Diese IlmHliinde  fiUirten  zum  Krieg. 

Auch  die  Eidgenossen  lenkten  ihre  ganze  Aufmerksam^ 
keit  auf  di^  Kriegsmächtts  Volk  und  Behörden  glaubteü 
au  einen  Religionskrieg.  Ilire  Neigung  gidt  den  iMt*r- 
reichern  oder  Fri«Mlrich  IL  Als  der  Kaiser  im  .Jahi^  1737 
gegen  die  Türken  ausgezogen  war,  hatte  der  Rat  von  Ztig 
eint^  off»^ntliche  Andaelit  veranstabet  tind  mit  Glock*nigeiäiit4* 
die  Hilft*  des  Himmels  für  die  kaiserliche  Arme*»  angerufen,— 
Ganz  gleich  verfuhr  tler  Rat  von  Zug  auch  wahn^nd  <1«'^ 
siebenjährigen  Krieges.*!  Nach  der  Schlacht  von  Kollin 
Hess  t>r  «'ine  öffentliche  Antlacht  abhalten  und  Gott  für  den 
Sieg  der  kaiserlichen  Truppen  danken.  Auch  in  ander« 
Kantonen  bekannten  sich  ilie  Katlmliken  offen  zur  Sacb« 
des  Kaisers.  Sie  waren  fest  ilbt^^zeugt.  dass  dieser  den 
Sieg  davontragen  werde,  und  der  Ausgang  ih.*r  Schlat:ht  hei 
Prag  hatte  sie  in  ihrer  Hoffnung  idcht  wankelmütig  wenlen 
lassen.  Sie  dachten  frühzeitig  daran,  den  Sieg  auch  für  «ich 
aussfiunützcTi.  In  ihrer  gi'ossen  Zuversicht  hatten  sie  in  diej^u 
Tagen  auch  tlen  bortmiaischen  Bunil  erneuert,*!     Der  fraa- 


Zur  Geschichte  vnn  Oesterreich  im»!   Pr 

14,   pag-   143.      Bossiird,    C..   Historisdu 


I 


*)  Kntike,   l^opold  vnn 
Werke,  Bd,  30,  pag,    175. 

*)  Der  Gcschicbtsfrcund,    Bd 
Zeitbilder  von   1736 — »770  ctc, 

^  Er&ch  ik.  Gruber,   Allgemeine   Encyclopädie  der  Wiüenscharten    un< 
Künste,  I.  Sektion»  J2-  Teil, 
fichafti  bearbeitet  vüi»  E&chcr 


Zur  CrcMiliicitie  Bosds  etc. 

'(f"  <YGs»niliM  Chav^igiiy   wnnl«?    der  Wurtfiilirer    ihrer 
jA^n»  dio  altordings  schon  nach  dem  Fried»^n  Vin» 
1^48«  iu\  «lor*  Tilg  grtret<*ii   wumi, 

ay  halt«*  inj  Jahre  1750  mit  deui  Biitöherrn 
von  Zilricli  eim^  Iftiigere  Dnr.errf»diing.  Der  ö^- 
irte,  dr^r  König  vim  Fninkn*i^li  wän*  orfreni, 
Jicht*  Kantijn»?  den  Wunsch  iuissem  wünletiT  mit 
^iti  Bümluis  ein/aigehL?n.  Ba8t4  habt?  sich  tör  einen 
»n  BuikI  erklärt,  uhfl  Tillior  und  OngÄpurger  stiii^ii 
ilafOr  zu  haht*n,  wenn    noch  Zürich  neine  Zustimmung 

^Jkm   Bi\ndnifi    —    r^o    erklärte   ChaWgny  —   werde   die 

Dati§t*iien    und    die    evanj^felisschen    Orte    einander    näher 

PIK    Vm  di»*  lM*i(h^n  Konftsssionen  udt»r  dt^ivn  VertreU^r 

4inf^i^ii«^*»hnen,   verhüllte  or  von  den  ProtesUmten  <\'u^ 

u    Baden,    das   iieit  dem  Vilhnergerkrieg  den 

^♦'u    Hrten     geliurh*.      Am    folgmdfn    Tage    (am 

toih  antwortet«^  Heidegger  d»'in  französisch  im  i  (ie- 

Wtf^iiu  die  SeliwiMz  in  diesem  Augeiihiick  ein  Bünd- 

«ti    wiirdi'    ilamit   der  Anscliein    nrwoekt,    als 

•lid^iiDsiienNchaft  am  Kampfe  gegen  Friedrich  IL 

aeit:  deim  der  König  von  Preussen  hatte  ih^n  Krieg 

im  Angii«»t   liegiinnenJ'»     Aus   den  Forderungen   den 

'    n  sprach  im  aUgemein»ni  di»' Stimme 

|t  ilii*   den   Bund    nnt  Frankreich    vom 

\7lh  nbaniAudi^rfi   wtinsehten    und   ilin  ssugleich  ihrer 

»g  in  Beamg  auf   Baden   Naehdmck   zu    verHchaffeu 

Si#*    waren    in    einer    8it*grsbevvusNteti   Stimmung. 

ITrkantnnea,  in  I^tixern  uml  Zug  erwachte  selbst  die 

C.  lUid  verschiedene   Regierungen    bereitetA>n   sich 

ir    den    Kampf    vor.       Die    Mannschaften    vom 

im    nn    wnnjen    zu  Waffenilbungen    einberufen. 

Imm    letBesion  (ii«tnlclit   standen   die   Kontingent««  dt*r 

liiimi,    um  gt^g^ui    lue  Andersgläubigen   zn  Fehle 

ri  tum  H««ten  tSc«  \Vai&cith;vu&eü  in  Ztirich  fiir  iSbt,  p.  <>. 
he  CfcArhirbtc  uiitl  Landeskundf,  big.  v.  H.  E*chei  tm-j 
iB27^  tl.  Bd.  pik^    1 1^« 
1.  Vö^tfith«*  J,  Ki>nr;id,  Ge^chicbte  der  SdiwcUcrUchcii  R^t4sgeIM^>^ 

kudAiTc  ni  n^L.  iia^v  i2t. 


,^6o 


Alexander  PfUter. 


ZU  ziolu^ih     So  kam   es  schon  im  Sommer   17rt6    zii    *^m\ 
Zwi seinen  fall   in  Zug  und  Züricli. 

Ein  Knnho  mis  Sclnvyz  lin  flt'rSpreuplmiililo  l*ri  \\  au« 
wil«  verbivitt^ti^'  »las  (Tt-niclit,  tlie  Zug*^r  hätten  tlii>  AImI 
Zürich  zn  üh(*rfHll«'n.  In  Züricli  uu<l  Ziig  machten  üichdi 
Trii[>[jen  kujnpflH*roit,  In  *h'T  A\iiri*^nug  wnr<U*n  in  Zürich 
iVif*  anwesendem  Zager  besclunj|»ft  und  Bürger  lier  kuthoUschen 
Kantone 'misslianilelt  inul  ins  GefänginH  geworfen.  Erit  im 
Januar  1757  wnnle  der  Streit  beigeh^gt  nnd  die  Ruhe  wieder 
hergestellt.  *» 

In  lien  evangelischen  Kaiitri!i»*n  berrsehte  vielfach  ein« 
gedrückte  Stimmung.  Ihre  Lage  iTschien  den  Zeitgi*noiöeß 
bedenklich.  Zu  jeder  Zeit  niussten  sie  .sieli  fragen:  wie  wird 
♦*s  uns  ergehen,  wenn  die  Österreicher  nnd  <!ie  Franzüsi^u 
im  Fehle  siegen  —  WTf»  wenk-n  fiicb  dann  die  kathülischeii 
Orte  gegenüber  den  evangelischen  benehmen?  Wäre  •*» 
unter  den  Kidgenossen  5?nui  Kampfe  gekommen  und  hÄtti*n 
die  Evangelischen  neuerdings  th^n  Sieg  errungi*n.  so  hättf' 
der  Nachdmck  Frankreichs  diese  dnch  gedeniütigt.  Aus 
dieser  Stinunung  ist  ilie  Haltung  der  Bäte  von  Bern  m 
Jahre   175H  erklärlich. 

Schon  im  Juni  1756  traf  Frankreich  die  Vorbereitungen 
zum  Kriege.     Auch  die  Schweizer  Regimenter   sollten  j?ich 
auf  dem   Kampfplätze  begegnen,   und   iler  bernische  Oberst 
Jenner  hatte   auf   seinen  Wunsch    bin    den  Befehl    erhalt<?ii. 
mit  seinem  Regiment  zur  Einschliessung  von  Ot^ldeni  auf- 
zufjreclien.'i     Die  Regierung  vtm  Bern  wurde  verlegen.    In 
der    schlimmen    Lage,    in    der    sich    die   evangelischen  Ort«* 
damals  befanden,  konnte  sich  Bern  iU^u  Anordnungen  nicht 
Hrnstlicli  widersetzen;  denn  Friedrich   IL  hatte   damals  den 
Zug   gegen    Sachsen    noch    nicht    begonnen.      Die   Beweise 
seiner    Ül)erlegenheit   w^aren    noch    nicht   erbracht,    nnd   er 
konnte    für    die    Evangelischen    zunächst    noch  eine   kleine 
Hoffmiiig  sein.     Andei'seits  wollte   das  Volk   die   Schwäche 
des    R^tes    nicht    begreifen,     noch    verzeihen.     Nicht    ol 


i)  Der   Gemelli  cht»  freuud»    Bd.  14»   paj*.   143.     Bo^iurd,    C,    Histor 
Zeitbilder  vom  1736 — 1770  und  Bd.  28,  pag.  278.    Wickart,  P„  Blinder  Kriegs- 
lärm  in  Zürich  gegen  die  Orte  Schwy;^  und  iiug.    1756    6.  Wciiim, 

*|  Ti liier,  Itcschichtc  des  F reife tiiaics  Bern,  Bd.  V,  pag,  253. 


^  <ff:«cttichtc   Buii#-U 


561' 


nd  helian|it>*ti>n  damaL*«  du*  AugsburgiT-  uiul  di^  Frank- 

iff  5!Ä»itttugi'n,  in  B^ni  liabe  «ich  dtts  Vnll<  »»rlioben,  um 

zu    scwingeri»    g^g*^^^    «l**n  Auszug  di^r  Rpgi- 

,  ..uikri'ich  Stelhingzu  ueJinift»,  ujuI  i«in  LiifctichiT 

iBeldHe  damals.  5C> — f»0,(XK)    ovangelischo    Schweiz**r 

mh    Befühl    HrhaJten,    dif^  Waffen   zn   ergroifeu.   um   tlpii 

SültJtüT   g**gnii   Fri<Mlncli    LL  zu  v«M'hiii(lf?ru. 

M  i"    «tiiijiiuteii    tt'ihvoi?5t*   aus   Sclmffljiiasor»    un<l 

kltPU  die  Stiiumtiug  df^r  evangelischen  Eidgoudssen  aus. 

dt»r    Tin   Ht'rbst    17o»>   tn^^unn.    war    somit    aurh 

..^  uii86en    in   der  Schweiz  vieltach   ein   Hingen   um 

luid   lieliginn.     Diese  (fofülile  und  Stimmungen  hei 

[irrnng  und  Volk  erkannt'*  anrh  tlrr  Ratsherr  Heid»*ggor 

ieh^   als  t-r  nach  seiner  nnterredung  mit  Chavigny 

>üiiiru  tiach  Hern  reiste,  um  die  Zniniihmgen  Frank- 

mit    Ttliit^r    zu   Ijerneen.     Tilli»'r    liatte   Hie  l.#age  der 

^^     ■  '  '    '      erkannt^    und    »t   fügte   noch  hinzu. 

ii        Uli    und    Preussen    audi    bereit  wären, 

ngtdi«clit^n   Eidgi*m»8Si?tt    zu    helfen,    ho    «oien    diese 

[doch  zu  weit  entfernt.**  Der  Rat  von  Zftricli  besprach 

!he  vim  ("havigny.  und  als  dieser  von  ?!«einer  Reise 

zurückkehrte,   erklärte    ihm    Heidegger   im  Auf- 

60^   Iteheimen    Rates   von  Zürich,   das»    man  bei  der 

'  f  UnferredMng  erklärten  Ablehnung  ili*r  Re^ti* 

.:  je,-i     8fi  wurden    die  Unterhandlungen  abge- 

Zürich  durfte  die  Vorachläge  um  so  leichter  ab- 

irben  die  erste  Kunde  v«»m  Siege  Fri*»(lncln<  fl,  kam. 

le  Behörden  von  BerUf  so  hatte  sich  auch  Basel 

dt»|j  Frieden  zu  waliren.     Der  Burgermeifeter  Samuel 

i*rli«?^  atn  U.  t»ktober  \7bi^  —  also  acht  Tage  mich 

Friedrichs  ^len  Gronsen   über  die  Österreicher  bei 

—  ein  Schreiben  an  die  Mitt'äte  tuid  an  den  nber- 

fjoll.  üliitli  Schnell  in  Riehen;  darin   hiesa  es:  ^Dein- 

>  missfällig  verneinmen  müssen,  d«ss 

•—  jj;.  v^.  Mv^ö^ag  besiirglicher  Zeiten,  an  öffentlichen 

■^         -  .    *^    f*.c*chicbte  uotl  Landeskunde,  hsg.  v,  H.  KsHu  r 
»d,  r,  pog.  122. 
/,   ivrrür*ti,   GtwhMhtc   der   ScbwciicriÄchen    EidsgenosÄCU- 

UL  m..  \^^  ^2  2, 


Alexander  Pfister. 


1 


Ortluoi    und  ZusainiiionküTiftoTi    auch    sonston    bey   auileri-n 
Anlässen  von  denen  im  Krieg  venvickleton  Potentatttn  iiiul  5 
d»Ten  TTndenicMnmiingen  nicht  nur  vieles  geredt,  allzufwv 
und  et  wann   ohu überlegte  Urteile  gefallet,    sondern  jmnm'h 
unstatthafte  Zeitungen  und  Xachriehteu  ausgestreüet  >\vnleii: 
Alsn    haben   Wir    ein    solches   zu  Herzen  gezogen,  uiitl  aiw 
I^andsvätterlieher  Fürsorge  zu  Abwendung  alles  Ung«Mnachs 
X'ri'driessliclikeit  und  Schadens  so  uns«» rem  gemein  wtM'tlifn 
\'attcrlanil   als  auch  Particular  personen,  hieraus  entstehen: 
Also  habrn  dem  Herrn  liiemit  befehlen  wollen,  seine  AjiiUits 
TndergelH'nt^n    publiciicu   ujid    an   dieselbige    die   enisilicln» 
Wahrung  ergehen   zu   lassen,    bey   diesen   Zeit  ünisräiult'ii. 
in  W<M'cken.    so  wohl  als   Wortt^n  sich  gegen   fremniJc  Iv- 
dnchtlich  aufzuführen,   b(»y  ofentlichen  Orthen,  und  Aiiläss«'!» 
von  gegrii  wärt  igen  Conjuncturen,  nicht  all  zufrey  zu  urthoiloii, 
sond<M-n     von    den«'n     mit     einander    im     Kriege    st^^lieiidfii 
^Machten,    sowohl    auch    jenig»\    welche    des   Edlen   Friedous . 
gfiiicssrn,    nicht    änderst    als   Wir    mit   geziemendtT  Hoch- 
achtung, also  {Mich   mit  allmöglicher  Behutsamkeit  zu  reden, , 
i'il)«*r  ihre   .\i)sichtcn    und   l.^ndcrncnunung    sich    alles  uug< 
zicnu'ndfii  Rcurthcilms  surgiairig  zu  enthalten,  viel  wenij^cr 
«linch   Wort  oder  Wcrck    sich    einiger  Partht^ylichkeir  aiizii- ^ 
niiKsrn:    Innuissen   aucii  der  Ausbreitung  neiier  nicht  ^räiiz- ' 
lieh   eiwahrt er  Zeitungen   wed«»r  mündlich  noch  durch  Brief- - 
w«\el,  e>  s«\v(»  hi«'r  oder  an  freminde  Örth,  Mittheilnn^x  derj 
Kxtiiicten  au>  Briefen,  oder  iiber  <lie  kri«^gend«>  und  ander»»: 
J^»r•'n/.en    verterligter  Schriften    sich    zu    müssigen.    bev(»rait  j 
;il'..r    inii     fiirwitzig^M*    Nachforschung    neuer    Berichten   aUs  " 
L  »bl.    KydtgtMinssensehair    auch    mit   bedencklichen    und  g»^ 
iiihrlich«-n    lieth'U    iii)er    b*eligions   Sachen,    deren    besonders 
ein«'  Zeitheit»    vieh'    x»    unge/i<Mnend   als    ungegründet»/.  ^ 
imin<llich    :ds    schriftlich     ausgebreitet    worihu»,     wie    nicht 
weniger  mit  nnzeitiger  Heurtheihmg  über  derstdben  Zustand.' 
•<i(h    w<)hl   y.n   hüten  und  vorzustehen,  keine  di.s>corts  bwlenk-J 
liehe    KFz»'idung,    und    Ausstreuung    anzuneninien.   weuijyT . 
joideren    l>e\zul»ringen    und    überhaupt    gegenwärtig  gefälir-j 
lirher  Zeiten  mIso  Kechining  zu  tragen,  und  in  Umgang uiii^ 
<  J"^j)räcinMi  dergestalten  sich  aufzuführen,  dass  niemand  2tt 
KlägUMi   und    Tuwilien   Anlass    gegeben,    weniger    ein    o«li»r 


Zur  Gcschiehie  Basels    etc. 


.S^3 


limderer  clor  Höehston  Älarhten  offemliret  wonle,  wie  daim 
Ulk  (IhkoTis  es  cschwarlich  zu  vemTitwort€>ii  liabtni  imd  zu 
l^bribrender  8tmf  gezogt^n  werden  solloti:  Womit  Wir  Uiim 
|Vi»rlas«en.  (xort  walte  ührr  Uns  in  Gnadon." 'f 

Alis  diesem  Erlasse  sprach  die  grosse  Besorgnis^  die  di^ 
fogieruug  ilamals  hegte.  Den  Anlass  dazu  gaben  Goriichte 
Bud  private  Middungon  suis  dt/r  fibrigen  Kidgenossenscha^t, 
ch  iletien  »Iie  Schwyzt^r  Züriivh  übiniallen  liätti?n  u,  dgl.  im. 
Rat  von  Basel  hatte  sich  darüber  in  8chwyz  in  freinnl- 
Iridgeiiössischej'  Art  erkundigt,  aber  die  Lainlvögte  zugleich 
jewieseD,  auf  der  Hut  zu  sein,  und  in  d^^n  Wachtstaben 
[itÄT  d(m  Thoren  in  Baisel  wurden  inni  je  weilen  einige 
t84ddaten  gelasseu/^i  Aus  dt5m  Schreiben  des  Bürgermeister« 
pierian  geht  weiter  hervor,  dass  rLis  Basier  Volk  seine  Sym- 
athieu  für  Fri*,"drieli  IT,  ganz  offen  bekundete.^?  Mit  Rüek- 
picht  auf  das  benachbarte  Frankreich  musste  der  Bürger- 
meister die  Begeisterung  des  Volkes  für  Friedrich  U. 
ijederkäinpfen ;  anderseits  sprach  aus  dem  Erhi^si>  auch 
wieder  eine  grosse  Liebe  zum  Frieden  mit  den  kathoHschen 

In  den  gleichen  Tagc^n  w^irde  el)en  in  Basel  diesen  B»^ 
liiumungen  zuwith^r  gehandelt  und  zwar  von  einem  Manne^ 
der  dem  Bürgermeister  Merian  Avahrscheiulich  nahe  stand. 
Ee  war  Johann  Hudolf  Iselin.  Über  dio  Bedeutung  dieses 
ifaniies  ist  schon  verschieden  geuiieilt  worden.'* »  EiMgeheiide 
Studien  über  seine  wissenschaftliche  und   politische  Tätig- 


»^  Staati*.irchiv,  Bnscl-Stadt:   Politisches  X*. 

^)  Staatsarthiv,  Bas«l-Stadl;  Xlller  Rathsprotokoll,  8.  WciomoDat  1756. 

^)  Ob  »ier  Strcil  über  die  Fischerei  bei  Hüiiiögcn  vom  Jahre  i  736  hier 
äUch  tioch  seine  Nachwirkungen  haUe^  wa|;c  ich  nicht  zu  beurteilen.  Vergl. 
Vögclin,  Geschichte  der  SchweiÄcnschcD  Eidsgenossenschaft,  III.  Aufl.,  III.  Bd, 

*\  VergU  darüber:  AUgemeinc  Deutsche  Biographie^  Bd.  14,  pag.  hii, 
die  Biograpbie  von  J,  R.  Iselin,  bearbeitet  von  A.  Bemouilli. 

Xcnjahribbtt  zum  Besten  des  Waisenhauses  in  Zürich   18Ö2,  pag,  23, 
Basler  Jahrbuch  i8c)o,   pag.  216.    Wielaad,   Carl,   Aus   dem  Leben   zu 
cl  während  des  achtzehnten  Jahrhunderts*     Es  ist  dabei  zu  bemerken,  dass 
ofes^OT  J.  R.  Iselin    1780  schon  gestorben  war. 

Beilagen  2  u,  3  und  Stadt-Bibliothek  Zürich,  Msc.  L.  105;  es  ist  ver- 
Butlich  eine  kleine  Selbstbiographie,  die  für  das  Lexikon  von  Leu  bestimmt  uar 


S'M  Alexander  Pf istcr. 


1 


\u'\t  iVliliMi  Tiocli  ganz,  und  doch  sclioint  es  mir,  als  ol)  5j«'m 
AVirkt'ii  t'iner  grössoivii  Beachtung  wünlig  wäro.  Vi<»lK'icht 
liat.  man  Joh.  Rud.  Istdin  neben  seinem  grossen  Neffen  Uaak 
Isi'lin  zu  lt»icht  vergessen.  Hier  scdl  in  sehr  unv(dlkoinii)iMi«»r 
AVt'ise  seiner  politischen  Tätigkeit  gedacht  wenlen. 

Johann    Rudolf    Iselin    wnirde    im  Jahre  1705   iu  Bii*4 
geboren.     Kr    war   der  Sohn    di^s  Joliann  Jakob    Iselin.  der 
im  Jahro    1780   au    der   Sj)itze    der   Basler   Kaufmamisrliaft 
stand.     Aus  dem  Jugen<llebt»n  des  Johann  Rudoli  ist  nichts 
in  Krialirung   zu    l)ringen.     Im  Alter   von    21    Jalireii  vull- 
fhdete    er    schon    seine    juridischen   Studien    in    Basel  uiiJ 
unternahm  dann  eine  Heise  durcli  Deutschhind,  Holland  iiml 
Frankreich.     Nocli    im    gleichen  Jahre   promoviiTte  er  zum 
I>oktor  l)eider  Rechte.    Kr  verlieiratete  sicli  darauf  mit  A^ies, 
d<«r  Tocht<'r  des   Ratsherrn  Daniel  Louis.    Im  selben  Jahre, 
17"2r»  wurde  <'r  zum  Älitglied  der  Berliner  Akademie  ernannti 
und    zwei  Jahre    später    begnügte    er   sicli    mit  «h*r  beschei* 
d«MU'n  Stellung  eines  Vorsteliers  am  Collegium  aluiimonnn 
in  Bas(d.     Aus   seinem    Briefwechsel,   den   er   von    1727  h» 
17<>5  mit  Lt?u.  dt»m  V(*rfasser  des  Lexikons,  untt'rhielt.  ersieht, 
niMU  di<*  Fülle   dor  Pläm»   und  Gedanken,   die   diesen  Mann: 
d:is  ganzt'   LebrMi    hindurcli  b(»wegt(ui.     Im  Jahre  1734  nnJ| 
\lHi\  «rschicn  seine  Ausgabe  des  Chronicon  helveticuin:  ifT^ 
erstem    Tt'il    ist    iiacli    eintT  Abschrift   im    Kloster  Muri,  nnd.; 
d«'r  zweite  wunh»  unt<M'  Vergleichung  mit  dem  Original  arfj 
<Jrii]dang    vorfasst.      Iselin    wurde    wiederholt    gebet4,Mi,   das; 
\\'(M'k    Tsehudi's    bis  auf    seine  Tage    fortzusetzen,    nnd  es 
mangidte  ihm  dazu  nicht    an  Mut  und  Wissen.*)     Die  T(ff" 
iirbritfMi.  di(^  Samndung  der  Akten,  die  Ordnung  der  Archive. 
nuissttn   vorausgclnMi,  und  Iselin  selbst  ging  allmählich  mü 
seinen    geistigen    Kräften    zum   grossen  Teil    im    politischen 
L<'ben  aui. 

Vi  Xciijahrrjlilatt  des  Waiseuhauses  in  Zürich  i8(>2,  pag.  23.  Hier  hast- 
v>:  Kr  (Iscliii)  silicinl  sehr  talentvoU,  aber  beständig  zu  sehr  mit  den  tö*- 
-cliiedeustoii  lite^ari^chen  Projekten  beschäftigt  gewesen  zu  sein,  als  dasi «. 
zu  einem  gründlichen  Studium  hätte  gelangen  können,  so  dass  er  anLeaol-- 
dic  naivsten  Fra^jen  und  Hcj^ehren  stellt,  überhaupt  mehr  von  ihm  empfia^^; 
al>  umgekehrt.  Vgl.  hic/u  seine  Briefe  an  Leu,  Stadt-Bibliothek  Züricki 
Msc.   L.   105. 


2ur  Ge>clüclitc  Bti^rk  e» 


A^z 


■  Ijü  Jahre»  1743  übornnliDi  ov  «liV  RiMlnktiou  liL-r  „Basier 
Beitting**.')  iukI  in  iliestT  Stellung  entfaltt3tt»  ür  eine  re^e 
■)i)litiÄclie  Tätigktnt.  Mohr  als  zwanzig  Jahre  iialini  di\^ 
Blatt  die  Kraft  des  Mannes  in  Ansprui-b.  Die  «Basier 
Btntung*  hat.  iu  diesen  Jahren  manchi^  scliwere  Krisis  er- 
lp>bt;  aber  LseÜn  VLM'stanil  os  doch,  sein  Blatt  zu  |u)litiscbeni 
Riisehen  za  bringen.  ^lan  darf  wob)  sagen,  dass  die  „Basler 
Keittiug"  damals  itn  Riilunen  un<l  in^  der  Bedeutung  der 
IPivsse  jener  Zeit  das  wichtigj^te  fiolitiscbe  Organ  der  Schweiz 
fcir.')  Im  Jabre  i74(i  erhielt  Iselin  einen  Ruf  als  Professor 
kach  Lieyden:  er  sollte  der  Kacliinlger  des  lieriibmten^'itra- 
Kus  werden.*)  I^elin  war  begütert,  unil  ein  Professoren- 
fcslmtt  von  2t)<>0  (Tuldeii  hätte  ihn  nitlit  von  Bastd  weg- 
■fit»hen  kännen.  und  doeb  sehriel>  er  an  Leu:  ^Wann  meine 
■unille  nicht  dawider  ist,  so  ziehe  ieh  mit  grösster  Freude 
Hti5  dem  Lunde,"*  Er  wur  etwas  erbittert,  dass  ihm  durch 
mn^  Lo8  keine  angesehene»  Stellung  in  seiner  Vaterstadt  zu- 
mtil  ^"iirde.^l  Seine  Familie  konnte  ihn  dazu  bewegen,  in 
Bmsel  zu  bleiben  und  sieh  um  eine  I^ehrstelle  an  der 
Universität  zu  bewerben.  In  seiner  Disputation  scheint 
ihn  das  Glück  nicht  begünstigt  zu  haljpn,  und  auch  das 
üis,  das  bei  der  Wahl  eines  Professors  entschied,  fiel  nicht 
iti  seinen  Gunsten, 

Im  folgenden  Jahro  wollte  Leti  in  Zürich  eine  ^Schwoi- 
Eerische  Zeitting^  griuiden,  um!  er  ersuchte  Iselin.  die 
Leitung  des  Blattes  zu  übernehmen.  Es  war  dazu  bestimmt, 
g^meineidgenössischen  Geist  zu  pflanzen,  xmJ  dieser  Ge* 
danke  an  .sich  gefiel  Iselin  sehr  wohl;  doch  zweifelte  er  am 
Erfolg  imd  erklärte^  die  Sonderbestrebungen  der  Orte  in 
ilitidchen  Dingen  würden  das  Unternehmen  vereiteln;  jeder 
>rt  wolle  gern  alles  gehe  im   halten,    was  sich  imiert  seiner 

*)  Sic  bei&st:  Basier  Mittwoch-  tmd  Samstag-Zeitung. 
*)  VcrgK  Mangold,    Fr.,    Die    Bnslcr    Mittwoch-    und    Samstag- Zef tun t* 
^h$2 — 1796.     Basel   1900. 

Zu    Isetto    vergl.:    AUgemeiue    Deutsche    Biograpkic    X1V%    öii;    Lut«, 
tfekrologe,  pag.  248:  Ncujahrsblatt  des  Zürcher  Waise Dhauses   1862,  p*g.  2  j  ; 
&  Gruber,  II.  Sektion^  24.  Teil,  bearbeitet  von  Escher;  Leu,    Lexikon 
dement;  Schweizerische  Nachrichlcu  vou  Zürich   1779. 

Stiidt-Bibltothek,  Zürich,  Msc.  L.  105,  pag,  375;  20,  SepU  1746* 
Stadt -Bibliothek,  Zürich,  Msc.  L,  105,  pag,  565;  3.  Noverob.  174t}. 


S'»^»  Alcx;nulcr  Pfistcr. 

(Tivnz«Mi  n-figno.  Todesfälle,  der  Lebenslauf  eines  Mannes. 
Kirchen-  und  Sclmlsachen  könnten  niemand  aufregen:  aWr 
die  Politik  sei  gefälirlieh,  selbst  in  den  evangelisolien Önfii. 
Im  gleichen  Öchnubeii  beklagte  sich  Iselin.  dass  sein  Brioi- 
wechsel  in  der  Sch\vi»iz  nun  auch  nicht  mehr  so  umfang- 
reich sei,  wie  früher.  Er  stellt«*  aber  in  Aussicht,  die  ehe- 
maligen Verbindungen  wieder  anzuknüpfen  und  in  jedem 
( hte  mindestens  eijien  Korrespondenten  zu  suchen.  Im 
\ovenii)er  1747  niusste  Istdin  gestehen,  seine  (leschätt^ 
liäufti»n  sich  dermassen.  dass  or  die  Leitung  der  »Allge- 
meinen Schweizer  Zeitung-  nicht  übernehmen  könne.  Doch 
versprach  er,  einen   Reilaktor  zu  suchen.  \i 

Inzwischen  war  im  gleichen  Jahre  1747  der  liolländische 
(lesamlte  r)nn()zweyer  van  Harren  in  Biisel  f*ingetroff«*iL 
Er  kam  im  Auftrage  des  Prinzen  von  Uranien,  «ler  ebeu  an 
die  Spitze  der  ^TeneralstaattMi  gestellt  worden  war,  um  bei 
den  evangelischen  Kidgenossen  Tnippen  anzuwerben,  die 
unter  dem  Oranier  gegen  den  Marschall  von  Sachsen  ziehen 
sollten.  Bisher  hatte  auch  Basel  Hilfstnippen  gewähn. 
Nun  stand  aber  Holland  mit  Frankreich  im  offiMn^n  Kriege. 
und  so  nnisste  Basel  das  (Tesuch  abweisen  und  dieAWrb-' 
ungen    vei'bieten.-' 

Onnozwt^ver  van  Harren  Hess  dennoch  in  Basel  Mann- 
^(•liaft<Mi  werben,  und  der  Hat  sah  sich  veranlasst,  die  Werbt*- 1 
oflizi^Te  zur  K*echtMischaft  zu  ziehen.^)  Das  geschah  nameiil-  ? 
lieh   mit    llücksicht  auf  Frankreich. 

Auch  für  ,].  R.  Iselin  waren  das  politiscli  bewegte 
Zeilen.  Im  Herzen  und  nach  seiner  (xesinnung  war  er  ein 
<Tegn»'r  Frankreichs,  und  tM'  hätte  die  Tnippen  gerne  dea 
<  n'nnralstaaten  zu  Hilfe  eilen  lassen;  aber  in  der  «Basler 
Zeitung-  sj)racli  er  gegen  di<^  Werbung;  denn  er  glaubte« 
die  Zukunft  i)ringe  eint^  \'erbindung  zwisclien  Preussen  und 
Frankreich,  und  darin  liege  die  kommende  Gefahr  für  die- 
•  •vangtdisclien  Kidgenossen.  Er  schrieb  damals  an  Leu  in 
Zürich:   „Ich   kann    nicht  alles  sagen,  was  ich  denke:  doch 

M  St;ult-Bil)liothck,  Zürich,  Msr.  I..  105,  pag.  439  ff.,  30.  X.  1747. 
-)  Staatsarchiv,  Basel;  XUIer  RathsprotokoU,  28.  Nov.  1747  und  Raths- 
Protokoll,   II.  November   1747. 

3)  Staatsarchiv,  Bahcl;  Xlller  RathsprotokoU,  i.  Februar   1748. 


Zur  Gc»rbirhtr  B^ieU  • 
*r    Pullt kniN    Mii>    tmsprer    limitigpii    Zoituh- 

iiÄtitmute  vor  allcui  niieli  dnr  Pnlitik  dos 

wiik  Iia»*d  und  dt^n  fnMindlichfii  Beziehungen  dieftos 

Für!*l«'U  sfiu   Fmnkroicb.     In  seiner  Besorgnis  nin  dii> 

*l<*r  VaiorÄtadt  trat  er  mit  ^c»iQen  vortrantcn  Fround-en 

^f  EidgeiiofLsenitcluift  In  öcluiftlichera  Verkehr  und  erJiielt 

m  Milien  8»dteii  vertrauliche  Mitteihiii^en,  die 

T/jM-u'f^iifie  bcunniliigten.^i     Dms  geschali  nach 

yreise  des  biiltäQdiHchen  Gesandten ;  Iselin  hatte  dabei  < 

H  M«rk    «uf    alle    Bewegungen    in    Pnintrut 

w;-*      -    ..,.i,..;s  sehr  daran  gelegen,  die  Neutralität  und 

l*rieclf*ii  zn  wahren.    Seiner  StLaimung  nach  der  hoUän- 

^fi  Wfriiung  gilb  ur  in  einem  Briefe  an  Leu  Ausdruck; 

'*  \i&H  die  EidgenOfiBeiiHchaft  wie  vor  Zeiten  ein- 

I  war»»  und  bev  der  Xeutralifät   duiThans  ge- 

wJtfi%  »o  wilrc  vielei^  nicht  ifiu  belfiireht^n.^ 'i 

)w»  Befttrchtungen    wan^n   xuin  (Tlftck  tiieht  ganz   be- 

'  «t<L*ns  traten  die  erwarteten  schlimmen  Pulgen 

iiMii  Werbung  nicht  ein. 

[bitUzi   batt^^  nnterdcHson   tm  Auslände  ein  bedeutendes 
erlangt«     Er  wiu'de  im  Jahre  17&)  zum  Mitgliede 
itinii^chmi  Akademie  211  Curtoua  und  drr  arkadischen 
i»?  in  Koni  ernannt,*! 

Stellung  als  lfedakt4>n  seine  vielen  Verbindmigi»n 
it  weniger  seine  Kenntnisse  und  seine  hohe  Be- 
ttln Iselin  immer  mehr  auf  das  Feld  einer  frei- 
titbaren  piditiächen  Tatigkint. 
Am  ÄL  September  1749  hatte  Cteorg  II.  Arthur  deVillette» 
*eii  nach  der  Eidgenossenschaft  abgfonlnt^t  Er 
TUM  u  SitÄ  in  Beni.  Wenige  Jahre  später  steht  Iselin 
pm  Diplomatien  in  eiti'igem  Briefwechsel;  er  wird  der 
iit   Englands   in    Ba.<»e|   Qiirl   in    der   EiilgiMiossnnschaft. 


L.  105,  i^ni.  4(»2,    ij.  Fcüriuif  174^, 
U  105»  pag.  4l$7,  t|w  Fcbnuir  174!^. 

»Bifeliofbok,  ZJuicb;  Ute  U  105«  pttg.  461,  jo.  L  1743. 
Oibbotlieli,  lAikhi  .^Ui^  L.  105,   ft^.  S-5*   ^  ^^ 

r»MKkt    I    Ci9%€k    umi  Aiti-rum.  VI.  i. 


AlcxHtiücr    Hfislcr, 


TärigktWt 


tn 


(lioser    Stellung    isr    uns    iiiclii- 


(Tb*T    seine 

Im  Jahre  1753  ktim  de  Chavigny  vkh  Vertreter  desHoffji 
zu  \>r*sailles  jitich  der  Eidgeiios,seiischaft.  und  aurli  mil 
diesem  DipUmuiU^u  trat  Iseliii  in  VerhiTidmig,  als  in  Biel 
eiue  heftige  Gähmrig  entstand.  Es  handelte  sich  tun  eiitt* 
Äuiterbesetzrmg.  Der  Bischof  von  Basel  tsaU  krafr  mnvt 
Hüheit,  dazwischen.  \uu\  Bern  trag  seine  Venuitthing  «mi.*i 
Iselin,  der  mit  dem  Biirgermeister  Scholl  betVeiindet  wur^ 
bi'niilhte  sich  eifrig,  die  Parteien  aiLSziisOhDeu.  um  einen 
Konflikt  mit  Frankreich  zu  vermeiden.  Er  reifte  selh^ 
nach  Bern  unil  dann  nach  Solöthurn  zum  französischen  (^^«'- 
sanihen  umi  machte  seine  Vemiitthiiigsvo rsch läge.' i 

Zur  gleichen  Zeit  war  Iselin  von  seiner  Vaterstadt  TUit 
einer  schweren  Äufgab»\  mit  der  Führung  deti  Prozes>;<^ 
um  ilie  Besitzimg  Michelfelden,  betraut  worden.  Michtl- 
felden  ivun  St*  Ludwig  nordwärts  in  wenigen  Minnten  sra 
erreichen  war  eine  Domäne  der  Stadt  Basel  auf  franzöisiÄchem 
Bodt*n.  lt>1^5  war  dieses  Gut  *'inem  Bürger  v<m  Basel  ver* 
pachtet  worden,  17<  *7  übernahm  der  Sohn  des  vorigfD 
Pächters  die  Besitzung  für  sieh  und  seine  Xachkomuie» 
unter  der  Bedingung^  duss  dii^  Pächter  stets  Bürger  vnn 
Basel  sein  müssten ;  zudem  wurden  sie  verpflichtet,  auf  ilir<^' 
Kosten  eine  Suillnng  zn  bauen.  Dieser  zweitgenaimtö 
Pächter  ertrank  1724  im  Rhein,  ohne  seinen  Verpflichtung»'» 
nachgekommen  zu  sein.  Er  hinterliess  eine  Witwe,  eintet 
Sohn  und  drei  Töchter.  Im  Jahre  1735  wurde  der  Vei'tntg 
von  Basel  gekündet:  aber  der  Rat  der  Stadt  Hess  Mildo 
WidtHU,  un<l  die  Pächter  von  Miehelfelden  erklärten  d 
sie  hätten  eine  Erbpacht  und  Basel  müsse  sie  für  den 
zieht  auf  Michelfelilen  ent9chä<ligen.  Klingelhoff  er,*) 
Schwiegersohn  tler  Witwe,  nahm  darauf  Beelitz  von  eil 
Teil  des  Gutes»    obsehon    er    nichr    Bürger   von    Btmel    war. 


*)  Vcrgl.  Beilagen    7 — 20.     Die    Briefe    politischen    Inhalts    sind 
scbeioticb  von  Iselio  selbst  vernichtet  worden, 

')  Tillier,  Geschichte  des  Freistaales  ßcnit  V.  Bd.,  pag.  235,  236.    Ver^gl^ 
auch  Stadt-Bibliothek.  Zürich»  Msc.  L.  tofi  aus  diesen  Jahren. 

')   Vcrgl.  Beilagen:  8,  9,   10,   11. 

*)  Hauptmann  im  Regiment  von  Nassau, 


rir.rTikbte  H.imI'^    Qta, 


.if»0 


Baijel  Harlitf'  dieso  Instanss    zii    uingehen  luni 

C^heid  durch  iloji  Inh^tidanton  di»r  Provinz  lierb<>i- 

|Dicj*i*  si'liwon^  Aufgiibe  8(»llto  J.  R.  Tselin    lösen. 

und  Gr)tUH»r,  Prnfe8s<ir  Juh.  iHmiel  Schnepflin 

f,  «Ift^r  m  HoflcreisoTi  in  Paris  simuo  giifc^n  Froundt* 

ilte   öeiiun»    Eiiifluss  vergebens    grltoiid,    und  so 

?if  dem  Gerichte  tm  Kcihnsir  zur  EiitscIitMdiing 

l't♦rdl•ll,^     '!.  R.  Isriin   svar  im  Jahre  1754  st^lh^t 


Iwareii   iliest«  tü'hclialti'  vun  .Michi'lfolden  rrh»ilifr|. 

5Ct*it  di's  sii^ieiijiihrigi'ii   Kriege*?    nud  für  Iscdiii 

ificier  l<>bhnftc»n  pi>litiseht»n  Tiitigknit.  Zunäcbi?t 
10  NeiigeHtaltang    der    politiHchen    BeÄiohimgeu 

nach  dfr  koi»feSi<ioii«*llnii  Zii;*ammrngphnngkoii. 
iiid  Fmiikreirh  eiiierstnt«,   England  und  Pn^nsseii 

laelin,  ilessen  politisches  Handeln  und  Strohen^ 
^r  rnogbcb,  eine  pnf.s<'hi«'den  konfessi(»?»eUo  Kii'h* 

wie  das»  Äoinor  Zeitgt>nus:^enT  musäto  nimiontlieh 

»El  Verbindung  Freude  bähen.    Im  Oktober  llbiK 

du  BfirgiTmeistc^r  Meriun  vor  polit!«<'hern  Brief- 

Inito.  ^-andte  sich  Ji»h,  Rnd*  li^elin  m\  Zimmor- 

Legurioim^ekretÄr  vun  H«>9sen -Kassel  in  Hegen**- 

ans  dtff  Schwr'iz  gebiirtig  \vnr.     Diesem  schrieb 

[engsten   Vertrauen     einen    Briet.     des?ien    Inhalt 

in    deui    preusssischen    Cnmitiidgesandten    finroii 

in  Beigensburg   mitti»ilte.     Dieser  übermittelte 

d^^s  Briefes  dem  König  Friedrich    dem  (Crossen. 

olireiben  sagte  Uelin!  ^dass  t»l>\vnhJ  die  Srhweitz 
lit&t  erwählet,  ilft«s  j^olches  in  Ansehung  tiller- 
fero5#lben    fFriedriths   des   Groäneni   nicht  zu  ver- 


2,   3.   4,    fl.  h,   7, 
ilmthek«  Briefe  an  Uelin,  AI.  it»>  Bd.  7. 
im  BHtf  vorn  Plotbo  au  den  Kuatg  ist  nicht  oüber  ersichtlich» 
war.     Der    Ijek&iiDte  J   G.  Zimmermann  wir  lijutttJ» 
V'cf^U  Alli^mcinc  Dettt^chc  BiogruphJe,    Bd.  45,  pA^,  274, 


MO 


Alexander  Pfister. 


stehet)  uud  somit  die  evaiigelisclani  Schweitzer  CantoiM* 
bereit  (sein)  wtirdim,  E.  M.  als  die  (sie!)  feste  Stütze  der 
Protestanten  so  viel  Tmppeii,  als  verlanget  würde^  za  über- 
hissen lind  koirimr  es  uns  <d.  k.  dem  König  und  jj^ineii 
Ministern  f  nur  darauf  an.  im  Geheimen  zu  haudelu**'  Plotlio 
versprach  dem  Legatirnisseki-etär  Zimmermann,  tiie  Erofi- 
Tuiugen  Iselins  geheim  zu  lialt-en,  und  aus  diesem  Gniink 
mögen  sich  l^elins  Briefe  in  der  Akt-ensamnihmg  -ßüch<*r- 
Ceiisur*^  vf»rfinden.^  Phjtho  trat  sofort  mit  Iseliri  in  Ver- 
bindung. Audi  in  Berlin  fand  das  Anerbieten  Iselin^  An- 
klang; denn  Podewils.  der  preussische  Minister  des  Aussem, 
begann  nun  mit  dem  Redakt^jr  der  ^Basier  Zeitiuig^  einen 
BriefwechseL  Der  Minister  ermahnte  zudem  den  Baron  von 
Plotho  in  Regensbnrg,  ^den  guten  Canal"*.  d.  b.  die  gnte 
Verbindung  in  Basel,  zu  erhalten  und  die  gute  Gesiniiuug 
der  evangelischen  Eidgenossen  zu  pflegen.  Er  wurde  femer 
beauftragt,  sich  von  Iselin  genauer  erklaren  zu  lassen.  ai 
welche  Art  und  Weise  Preusson  mit  den  evangelischt?n  Ol 
ujiterhandehi  könne. -j  Inzwischen  hatte  Iselin  ileu  p 
sischen  Mimster  Podew^ils  gebeten,  ihm  für  seine  „ 
Zeitung*^  Berichte  und  Kcirrespondenzen  einzusi^nden. 
vergangenen  Jahre  1756  —  so  klagte  er  —  habe  die  Presse 
der  Gegner  in  der  Schweiz  die  Spalten  mit  der  Erzähli 
der  Heldentaten  der  Österreicher  ausgefüllt;  er  and  die  tte- 
sinnungsgenossen  Friedrichs  IL  hätten  dabei  keinen  Aus^ 
gefunden,  um  sich  mit  dem  König  von  Preussen  in 
bindung  zu  setzen.  Das  evangelische  Vidk  in  der  Schweiz^ 
habe  dadurch  den  Glauben  an  die  Waffenerfolge  Friedrichs 
beinahe  verloren,  und  doch  sei  es  so  wichtig,  sich  die  S. 
pathie  des  Volkes  zu  wahren.^i  Auch  ans  diesem  G] 
sollte  der  Minister  Podevv^ils  dem  Redakt^ir  Lselin  Stoff  liefern^ 
oder  liefern  lassen,  damit  die  Schule izer  Pres.se  die  Sachej 
des  Königs   von   Preussen  verfechten  und  die  Sjmiche 


iweizl 

b"ichs 


2^b. 


<)  Kgl.  Geheimes  Staats -Archiv,  Berlin,  R.  XI 
|6,  Dezember  1756,   Plotho  ao   den  König. 

')  Kgl.  Geheimes    Staats-Archiv,    Berlin,    R.    IX. 
25.  Dezember  1756^  Podewik  an  Plotho. 

*)  Kgl.    Geheimes    Staats- Archiv,    Berliti,   R.  9*   F.  2  a. 
1740 — »775«  I^cli"  ^^  PodeniU.    Ba&cl,  den  5.  I.   1757. 


260  b.    Regensburg»^ 
Berlin« 


dec 


Bücherei 


itiir  Crc^clikhtr  HaarU 


.37  J 


lU»  dit' Wnrisich^^  IsclinSj   uiid  Plotlio  utirde   aiif 

Weise   iii*r   Hegenalmrger   Korrespond^Bt  der   ^Basier 

lg",  wilirt'ud  PodtiwiLs  für  die  Liot'i?rung  der  nHiesten 

liriclit'^n  jiu«  Borliii  bo^^orgt  war,    Djuait  liatto  die  ^.Basier 

arwei  der  bedeutemlHten  Korrespondenten  gewonnen, 

irb  wahr^ohrinlicli  auch  gnissert»  Au«lagi*n 

i-iiterstattnr^)     Lri   ilen    gleichen  Tagen   i*r- 

mnch   der  öouvemenr  von  Neuenburg,    der  Mar»chaU 

land.  den  Auftrag,  sich   mit  Iselin  zu  v«*rhinden, 

iti  seiner  politischen  Propaganda  xu  untorstiHzen,*^! 

iverneur  ist  eine  zu   interessante  Person h'chkeit, 

irir  ihn  nur  so  obenhin  erwähnen  konnten. 

[tW  Mantcball  von  Schottland,  damals  allgeinein  nntor 

^ u  Mllonl  Mare<'hal   l)rkannt,   war  1685  in  Schutt- 

n  und  diente  zui'  Zeit  der  Regierung  der  Kcuiigin 

(ITiÖ— 1714t    unter    Marlborough,      Znr    Partei    der 

'        iid,    war    t*r    hei    denen,    die    im   Jahre   1710 

den  Stieftiruiler   der  Königin  Anna^    in  den 

Ixindon   zum  König  ausriofen^   um  das  Haus 

L*ver    \*ni    der  engb^Ächeti   Thronfolge    ausznschhVj^wen* 

flTaT€»rtii*linien  ßchoitert^j.  und  der  Mai'Hcbal)  von  Schott* 

fimi   in  »|)aniöcbe  Dienste.    Nach  einigen  Jahren  finden 

|Qm  imi  Hofe  Friinlrichs  de«  Gronsen.   Schon  am  30,  Sep- 

1754  wird   er   dann    der  Nachfolger  von  Natalis  in 

»rg.    Hier  wollte  der  befugte  Kriegsniann  (lie  Kenni- 

»ttnd  Krfahruugeti,  dio  er  anf  seinen  Fahrten  gesammelt 

vi»rwerien* 

'  *  M«i>\\.!>,«^  Oit«   Waftenfabrikiitinii,    dm 

_'t    htttt4%    in    Neuenburg   einzuführen, 

tlaaalbst  und  in  der  EidgenosHem^chaft  fiekeint 

}!'  ieg«'n*ler  Bedeutiuig  geworih^n  S£ii 

.:    .V     ,.       r  Umstand    auf   sein    sonderbare« 

ititl  anf  SAftne  AuM^iiauungeii  zni*rukzufi\bren-   denn 


rtr  ^-n«   UentM'htatirt    «pnt  h»    tirlit)    aitrb  vor  clvtii 
^     Äft  l'lciilio 


372 


AU'x ander  Pfisler. 


diese  fanden  im  ilamallgon  Neuonburg  weder  Anklang  mM'li 
grosses  Verütäiulnis. 

Der  Marschall  van  Scliottland  und  seiue  tTmg»"biuig 
waren  den  Neuenbtirgi»i*n  und  auch  weiteren  Kreisen  SonJer- 
linge.  Als  der  Murschall  im  Jahre  1737  nach  Südruislhiiil 
eüte,  uju  seini>n  verwundeten  Bruder  heimzubringeu»  Ja 
fand  sich  in  den  Ruint^n  flor  Stadt  üezakow.  dit>  el>eij  von 
den  Russen  eix^ljert  unrden  war.  ein  armes  TürkeniuiulcliHi 
Emetulla.  Ks  war  »iie  Toeliti*r  eines  Jamtscharen-Hau|»t- 
nmiines.  I^er  Marschall  V(m  Schottland  führte  sie  nach 
Neuenbürg,  um!  zu  gleicher  Zeit  war  er  auch  in  den  Besitz 
des  Tartaren  Ibrahim,  des  Kalmücken  Stephan  und  <K'!* 
Negei-s  Motcho  gelangt:  sie  alle  waren  ihm  als  Sklaven  zu- 
geteilt worden.  I>a  der  Marschall  unverheiratet  war,  so 
gründete  er  sich  nun  aus  diesen  Vertretern  der  verschiedent^ii 
Rassen  und  Religinnen  iM^nf  bunte  Familie,  indem  er  >ü^ 
alle  ixh  Kinder  udoptieite.'i  So  mochte  in  Colombiers  »nn 
seltsaujer  FaiiiiHengeist  herrschen,  als  sich  spater  nocJi  Jea« 
Jacques  Rnusseau  dazu  gesellte, -| 

Diese  Gesellschaft  bildete  einen  ( tegensatz  zu  den  Neuen- 
burgern,  und  diese  intlentifizierten  sie  mit  Recht  mit  den 
Vertretern  des  neuen  Zeitgeistes.  Gegen  diesen  hatte  der 
neuenburgische  Klerus  den  Kampf  begonnen  und  fülirt-e  ihn 
zunächst  auf  religiijsem  Gebiete.  Nur  ein  kurzes  BeJspiel 
aus   dieser  Bewegung. 

Im  April  des  Jahres  IT'iti  »^schien  im  .Nouvelliste 
Suisse"^  ein  Zwiegespräch  zwischen  Calvin  und  Servet,  in. 
dem  der  Verfasser  dit^  Intoleranz  der  cahin istischen  Kirch« 
oder  deren  Vertreter  geissei te.  Die  neuen liurgische  Geist* 
lichkeit  fahndete  nach  dem  Veri'asser  und  hielt  am  6.  Mai 
1756  eine  Versammlung  ab,  in  d»^r  diese  n n seh uhtige  Zeit ungs- 


4 


»)  Musec   Neuchalcloiii,    Bd.   I.    1864,    pag.  43  ff.     Bonholc,  J.  H. 
Ijauvcrnevir  de  Neüchatcl,  Milord  Marechal, 

Die  Kalmücken  haben  damals  —  so  scheint  es  niiodesteiis  —  eine  bc« 
sondere  Beachtung  erfahren.  So  schenkte  die  Kaiserin  von  Russland  bei 
spiclsweise  etiieu  Kiilmückcn  der  Herzogin  von  Baden-Durlach,  und  dies« 
sandte  ihn  »n  das  Philaiilbropiii  von  Mar^chlins  zur  Ausbildung.  Vcrgl. 
lagen  2t ^  22. 

*)  Kou&seaU)  J.  J.  Confessions,   Uvrc  XII, 


.  Zfkt  Gesckiditi*  B^cU 

?i  vr'T-tlnTiitTit  unirrloals  ^licGntieusü,  Uardie,  tdmeraitv, 

\a  DortriuM  m^no  dans   TEgHsH  Pro- 

Ji.  lorui^is* ',     I)in  Zensur   iiin.sst<»  dt»ni   Klenis  znr 

jtiu  micJ  dem  ßhitta  jt^d»^  Puhlikal  ion  aber  rpligioöo 

Vt*rf>iet«*tK*^;     Dor  Marschall  von  Schottkind  vi^r- 

öi  sU*tj^  nontral,  und  «eino  Gleich^ltigkeit  in 

Jtreitfra^pn  nnigHto  (Um  Nf*m>nburg^*rn  verdächtig 

i^u.     Wir  dnrl\»n   aunrliüii*n,    iliiss  Colonibiers   mit 

bunten  Ueijons^chait  doa  Nouenburgorn  uls  Mine  »«chtF» 

I  iuntitten  des  gnttesfurcJitigen  Fürstfinttuns  vor- 

,    .,   iJud. 

Febnnir  I75<i  s»uchtw  d«r  Murschall   »^n^erc  Bezieh- 
en  dim   EtdgäUfiüSHn   zu   gewiimmu     Kr  reiste  nach 
Ir-     'T        *-       'r-n  BiitMh^  zn  erneuern^  und  i|pr  ,Non- 
irr  üiclj.    fli^H^T  Reise   eine   Imsondpr«» 
ifmiji^  zoziL^hreilien.^i 

Toiii  Minif*t**r  Pudi'wils  wurde  der  Murst^hall  von  S('hot;t- 

lani'  -*n»\i  hiTUittmcft.  mit  Iselin  in  Verbindung  zu  treten 

dt  '*r  Zeitung**    mit  Mfddnugen    zu  dienen.     Er 

|tt?    «lau    nm    «o    liMchter  tun.    da  er  zum  Preund»*^kr*?i8 

df»54  f}ro?4i?en  gehörte  und  n)it  diesem  in  direktem 

II  I   ^tJind.     SeiiiM  Mtdile.ngen  kamen  also  aus  bester 

PcL  Bfi?^h»r  Zeitung^   hatt«?  somit  vortreffliche  Be- 

r  gewonnen.     Ks   ist  an^uufdimen.    riass  gleictie 

Lm   Kini¥«tiii4e   Inikse«    tiiuoriqu«,    poUtiqiic^    Hteraire    H   amuüarit. 

175-     -    .-      t 
Vm  X  SiiUie  1756,  |uig.  126, 

u    cu    rirvint    Je    2H  ruremcnt    «atiisfAit  de  PAcucil  H  Jci 

.1  rettdü  ctiiiH  L'c  Voiai^e,     Siiii  reiour  fiU  uivoncc  pnr  cjuel- 

ifjpp»  Ur  <^noit,  et  les  Pciiplcs  tlc  cd  HlJit  8*ern|ire8si:rent  a  doüer 

:•   (Wr   la  Yoie   qiilU    ni^eutoient;    La  Cunclu&iou   de   cel  Afiitrc« 

Aiifni«ot>4  %*i\  «ut  «te  po^sibk,  Ics  Scntiments  de  xelct  d'Atüt'ho* 

fteipect  dorn   Je«  cocurs  sont   rcmplis   pour  S.  M.   et  pour  äoii 

it,     I-c  NouvcMistc  SitU<ie«    Fcbruur   i'Sf»,  p»\g.  ty>^    Diese 

bek&not  nntei  dem  Namen  ,,Merciirc  Sitis,sc".    So  war  ein  Bbtt 

4a»  vDS   iri*  —  (*4r  ^n  Neuenbürg  erM^hieii.     l^  Jounial  h^lvctiqiie 

jfmlfiT  Im  Nruiuiburi:  utttcr  der  Kedaktioi]  vou  Cluillet;  diese»  ßUu 

'-»1  ein,     I  7H7  erschien  djmu  Ic  „Journal 

JU   von    D.  l^baillet      Vcr^l,    hierüber 

TiödcM^e'*   i«|03,  p.  313,    MiüUcfcr,   P^iiil«    l^  l'rtfse  vuu» 


.>74  Alcxiiiuicr  l'fislcr. 


I 


und  äliiilicho  Beridito  jincli  andorn  Tagesblättorii  in  iMuscli- 
Umd    zu^iii<;tMi:    doch    war   di«^    «Baslor  Z<*itnng"    iiiim»»rhin 

♦  'iiio  (^lU'lli'  für  grössere  und  kI«MiiiMY»  Blätter  in  Süddomsch- 
land  und  nannMitlich  in  dor  Schweiz.  Auch  der  .Xouwlliste 
Suis><«'-.  dt 4*  vom  Jahre  1748 — 1709  in  Neuen hurg  tM'schit'n 
und  nacli  dem  ZiMignis  von  .hdi.  Kud.  Lselin  ül»erall  gi»li'sen 
wurde.  vcnU'tent lichte  Briefe,  die  (h»r  Mai'scliall  von  Schott- 
hind  aus  Berlin  und  vom  Kampfplatze  erhielt.  Auf  dif"^ 
Weise  Avunh'  dir  Begeisterung  für  Friedrich  den  (^rossen  im 
Sehweizervolke  genährt. 

d.  R.  Tselin  machte  vnn  (h-n  Berichten,  die  er  aus  Vi-r- 
sihiedenen  (legenden  (»rhielt.  einen  ausgielugen  (Tohraiuh. 
IMe  ..Basler  ZiMtung"  aus  d(»n  Jahren  I7r>() — 1702  hig  mir 
leider  nicht  vor:  ich  kann  dalnu*  kein  genau(»s  Urteil  iib»'rj 
«len  Ton  und  «lie  Sprache  (h?s  Blattes  fälhMi.  lselin  wimK'^ 
l)eschuldigt.  seine  Stimnuing  zu  (lunsten  Friedrichs  II.  au*- 
grdri'ickt  und  dii^sen  letztern  und  seine  Armee  auf  Kesteo, 
il^s  (4egn(M-s  verlierrlicht  zu  haben,  fls  fehlte  auch  aicht 
an  Klagen  ühtM*  dii»  Sprache  ch^r  -Basler  Zeitung*.  Chavigiiy. 
d«'i-  französische  (Jesiuidte.  ])enutzte  sein»»  Privatbezieliuiig»*ii: 
in  Hasel,  um  seine  Klagen  odtM'  Wünsche  anzubringen.  Er 
üal)  dal)ei  zu  verstehen,  dass  die  Politik  der  ^Basier  Z*'itmig* 
«li-r   Iland«dss;adt    BaM»l   Schaden    bringi^n    ktinne.     Zu  ein^r 

•  'igenilieih-n  Klag«'  sah  sich  Chavigny  doch   nicht  veraiii»!*!»!. 

Auch  <  »sTerreich   fühlte  sich   (hirch  die  ..Basler  Z'MtuniT 
an    seiner    Khre     vei-|etzt.       Leweidjerg,    der     Präsident    «ier 
Kamin«'!'  von    Konstanz,  schrieb  dem   Rate  von  Basel  iMiien . 
gi'liarni-ieliien    Brief  und  drohte  darin,  die  Zeitung  in  ösier- 
i-.Mchixln'n   (!el)iet.»Mi   zu  unterdrücken.    Er  klagte  in  diesteift 
Sciin'iben.   dass  die  ..Hasler  Zeitung*  von  den  «dennalilig»*^ 
Kiiegs-zritlien  gi'gen  alle  Wahrln^'t"  schreibe,  und  sie  sprecb* 
auf    das    ..gchäzzigste"    von    dfM*    kaiserlichen  Armee,   sogs^ 
auch    (»fti-rs    w«'i'de    ..Ilii-o   Kays.   Königl.  Mayst.  ganz  niJer* 
liiUhtig    hingochrilM'n    und    in    das    Publicum    hinauss  i;^'' 
sn-Hin/t."      nie   Kannner  von  Konstanz  könne  «dize  bey  deU 
Pnblieo  gjir  ansT«')zzig«'  sacln'u    so  gleichgültig  Verners  uni= 
soweniger  m«'hr  aTisehen'*,    als   alh»   gednickten   Sachen  del 
Z^'usoren    vorgelegen    hätten.      Lt^wenberg    empfahl    sodaur 
Rat«'    von    Basel,    die   Zeitung.sscJireib«»r   iintl    Zt»usc»n»r 


'Znr  GescMcftte  Biisch  etc. 


375 


[zii  .mehr  Wahrheit  und  bescheideBlieit^  und  zu  eiuor  ^ohn- 
UuHtözzigen  HcbreiUnt^  auzuhdren.*!  Iselin  hatte  alvh  dararif 
vor  den  XlUer  Hern^n  vai  rechtfortigeiL  Kr  zeigte  dabei  zu- 
Imt  seine  Venvundemng  über  die  eingelaufenen  Klagen,  du 
lirrfficli  dw  Pflichten  eines  unparteiischen  Schriftstellers  stets 
I vergegenwärtigt  habe.  Er  habe  nur  gedruclae  Zeitungen 
Uihd  Schriftnnddungen  aus  Deutschland  benutzt  und  sei  chi- 
l bei  allen  ^verkleinernden^  Redpusarten  gegenüber  Österreiclj 
[»usge  wichen.' I 

Im  folgenden  Jahre  bescbwerre  sieb  Fivudireich  neuer- 

[jÜags  über  die  ^Basier  Zeitung^.    Der  (Tesandtsthaftssokret-ar 

iWrtiDont  schrieb  darüber  an  den  Dreierherni  Ortinaim.  der 

[die  Klage  den  XIITer  Herren  übermittelte.     Iselin  entSchub 

l4igt<?  sich  danmf  Ijeim  fninzüsisclK^n  t  lestiivilten,  und  damit 

R^ar  die  Sache  wieder  erle<ligt.-^i     Frankreich    sowue    (Jster* 

[fi*ich     hatten    jedenfalls    eine    übertriel>ene    Enipfiiidiiohkeit 

|kpwie«en:  darüber  kann    nach    dorn  Urteile    des    englischen 

sandten  kaiUB  ein  Zweifel  walten/^ 

J.  R.  Iselin  hatte  inzwischen   mit  Pndewils  xmd  Plotfio 

weiter   unterhandelt,    und    es  scheint,    als  sei  man  in 

Ä^rliü  auf  sein  Anerlüeten,  clie  Neutralität  zu  brechen  untl 

für  den   König    in    der  Schweiz    Hilfsvölker    zu    sammeln. 

eingegangen.     Der    König    Friedrich    Tl.     hatte     scIkui     im 

Frühjahr,   sogleich    nuclulem    der  \  fit  rag  vmi  \  orsailles  bf^- 

kannt  geworden  war,   und  auc!»  schon  früher  in  der  Schweiz 

m  werben  gewünscht.^<     Im   Juni    1756    war    der  Adjutant 

•les  Prinzen  Carl  von  Preussen  zu  diesem  Zwecke  aucii  nach 

^traubünden   gesandt  worden.'*)     Iselin  war  schon  zu  Beginn 

'ies  Jahres  1757   von   Plotlio   aufgefonlert   worden,    genauer 

iju  erklären,   wie    er  siidi   die  x\usfühning  seiner  Plane    iiml 

Auerbietungen  denke.     In    seiner  Antw<irt  trat   er  nun  von 

miivr  frulieren  Stellung  in  ilieser  Frage  einen  Schritt  zurück. 


')  Staatsarchiv.   BaseUStadt:  J  J  J   No,  7,    0*83 — tSo*).     Constan^t    den 
25.  Juni   175:. 

*)  Staatsarchiv,  Hasel-Stadt»  Xlller  Rathsprotokoll,  5.  Juli  1757. 
^  Staatsarchiv,  Bosel-Siadt,  XUIcr  Ralbsprotokoll,  27.  Juli  t75H. 
•>  Vcrgl.  Beilage    ij. 

*>  VergJeiche  Bodmcr,  J.  j.,  Deiikschrife  zum  200,  Gcburtstaji,  Zürich  r^oo, 
•)  Slaai-Archh,  Chur,  S,  J;  T  8,  pag.    17J. 


J7Ö 


Alexaetder  Pfitti^r. 


Kr   f'rklärtiv    »»r  !mbf>  sich    *lie  WüDScho  Preusscits  reillii 
überlegt  und  ^ic*b  auch  uiif  seiuen  vprlrauten  Frennden  in 
ih*ü  Schweiz  ln*rati?n.     Alb^  (iesinnuiigi^geüossen    wärfR  ge- 
willt, di'jij   König  von  ProiiKs»?!!  beiziistehpii:  di^rb  dio  Au-*- 
ffihruiig  dieser  Pläixe  zitdi«^  den  Krieg  auf  8chweizerboden: 
dit*   ♦•v^mipdisch^^n    Eidgenossen    i^eien    aber   immer  l)piniihf. 
dcL»n  SehiMn  <ler  ^Uuparteih'chkeit*  gegenüber  den  kämpfon- 
den    Mächten    sgu    wahren.     Iselin   fügte  dann    im  gleichen 
Schreiben    hinzn.    tmtz    alletlem    wiinh'    man    dem    Köni)^ 
einige   Regimenter   Schweizer  Tnippen    zukommen    lasseti: 
doch,  frngte  er,   wie  man  diese  Miiiiasehaften   nael»  Preiisfipu 
führen    wolle?      Ferner     «erklärt »»     Iselin,     er    habe     immer 
«»ine  engere  Verbindung  der   pro testun tischen   Staaten  her- 
beigewünscht   und    liegreite    nicht,    wie   Holhind    in    dieüPt» 
Tagen    eine    llediiktion    d<^r    Söldneitnippen    vargenomm*^n 
habe:  die  Schweizer  in  Holland  wären  gerne  in  preussiücU^ 
Dienste  getreten ;   doch   habe  Preussen  dtm  günstigen  Zeit- 
punkt für  eine  Anwerbung  lüeser  Tnippmi  versannit.  'i    Iseliii 
jipricht  in  verschiedenen  Briefen  von  seinen  Freunden.  S*" 
mit  ihm  geneigt  waren,  dem  König  von  Preusseu  zw  hellten 
um]    (lie    schweizerische   Neutralität    zu  opfern.     Wer  dii 
tiesinnungsgenoftsen   waren,    können    wir    leider   nicht 
Bestimmtheit  sagen.    Indessen  siiul  uns  Iselins  Verbindun, 
zum  grossen  Teil  bekannt.' i     Es  ist  möglich.  *lass  er  sc 
in  den  Jahren    1757  und    1758   mit  Johann  (teorg  Zira 
mann    von    Biiigg   verkehrt    hat;    denn    am    IL   St*ptember 
1758   meldete    dieser   dem  Dichter  Halier  in  Bern,  er  habe 
am  Tage    zuvor    aus   Bas»d    einen    gedruckteti  Bericht   über 
die  Veniiclitung  der  Rtissen  bei  Zorndorf  erhalten.*)    Nach 
alledem*  was  ims  über  Iselin  bekannt  ist,  zweifeln  wir  kö" 
dass  der  Bericht  von  ihuj  kam.    und  wir    schliessen    d 


H  Geheimes  .SlaatK-Anhiv»    Berlin,    R.  9,  K,  24.     Büchcr-Ccnsur    11 
bU   1775.     Helai  an  Podcwils.     Basel,  dcu   5»  l,    1757- 

^}  Vaterländische  Bibliothek  iu  B.\scl,  Briefe  au  Isclin   U.    M,    t6. 

•)  Isther,  F<udolif,  Jobann  Georg  Zimmermanns  Lcbeo  «nd  Werke, 
Bern  1892«  pag,  144.  Zimmernmnn  an  Haller,  am  lt.  Sept.  I75S:  mJ*aj  re^u 
hier  de  Bnle  nne  relation  imprimcc  de  In  dcfaite  celcbre  des  Russct. 
IKiroit  quc  les  Prussicus  ont  empörte  trois  victoires  con&eciUive»  Ic  25, 
et  Ic  37,  Tont  ceb  tjent  du  niiradc.  Je  nie  flatte  <pic  ccs  Barbarei 
txtermin^s. 


Zur  GeÄcLitlile  Basels   etc. 


.^77 


fleich.    (lass    Isfliu    durch    il<ni    Hricf  v<ni    KLMistaiiz   uiitl 

toh    dk'    Eiuspnic'lie    Frankreichs    iseiiie    Propaganda    für 

edricli  cliMi   ({rossen  kuiiicswegs  aufgegel>en  habe,     Ant*h 

Zürich  hattf  Iselin  seine  Freuij(h\     Wir  wisj^eu,  dass  er 

i  Leu  in  Bri<4wecUst»l  stand;  duch  ist  in  tlipseni  Verkehr, 

Ireii    die    Briefe   vorliegen,    seine    Stolhing    zu    Preussen 

Ibt  znr  Spracht^  ^ekumnxen.     Iselin   uiiterhielt   zudtMLi   in 

m  Kantonen  B*^zielningen  zn  den  iingeselieiistt^n  ^lannern; 

I"  seine  Briefe  sind  uns  hirl^-r  nnr  teilweise  i-rlialton  nnd 

enigen  seiner  Fnninde  nui",  insofenj  sie  litrnu'iseiien  In- 

|es   sind    oder    dann   über  weniger  bedeutende   politische 

agnisse     nnd     Bestrebnngen     b*^richten.       Unter    diesen 

runden  nnd  Bekannten  treffen  wir  folgende  Namen:  Pro- 

JorSchoepOin  i  Briefe  von  17i'>Bi,  PfarrerOender  d  753-  1778 1. 

tfiiia   Hofer   1 17<i2— 177<>n')   alle    in    Strassburg:   (iroos   in 

irlsrahe  a77BX  G.  Herbort  (17lU  s  De  Binvn  f  17*V2),  A.  Tillier 

p2;,    A.   V.   Diesbacb    .173*1     I7fil>).    H.    Sf^ttler    (173L. 

jr Fellenberg  <l7t>2j,  K.  Sinner  v<hi   Balayrr  (17*>ri).    alle   in 

im;  Bürgermeister  SiOioll  in  Biel  (r7r)4),  Pfvffer  in  Lnzern 

175— 1777).  VortHiiller  1I7.H),  M/Usteri  il7B2t  und  Weiss 

fZürich,  J.  J.  Botbner  in  ZiVrieh  1 1732).  von  Meyenburg  und 

terinSchalflmiisen  (1754  nnd  177ti),  Landaniniunn  Laarenz 

ittar  in  Herisau  I  i77*<),  Stadtscli reiber  Wegelin  il77*"i  und 

iel  Zyli.  Sekretär  (bvs  Abtes  in  St.  Galhn  il741).   I^ml- 

ann  Job.  H.Martini  1732 1^  Samuel  Hi'er  1 17o4|  iindTseliudi 

34 1  in   (Tlariis,  Abt  Bonaventura  Bneher  in   Mnii,  und  zu 

en  Freunden    zahlte  Iselin   ferner   einen   Professor  Dnni 

Bom,    einen    Lattuada    in    Mailand    und    den  Marquis  de 

der    von  173H — 1745  als  Vertreter  Siciliens    in   dr^r 

weiz  weilte  u,  a.  ui.^)     Es   war   ein  weitverzweigter   und 

sehener  Bekannt<'nkn'is.      Die   Eribrsrhnng  der  Bezieh- 

toii   dieser  Männer  zu  Isolin  wird    in  Zukunft    vielleicht 

in  beitragen,  ein  klares  Bibl  dieses  Mannes  zu  scbaffen.^f 


*)  VergL  LiitiE,  Nekrologe. 

*)  Vaterläfuiische  Bibliothek,  Bn^cl  Briefe  an  l*.eliii  U,  M.  in.  Stadt- 
äothekf  Zürtcb,  Mst\  L.  105  und  Neujohnibtatt  des  Waise nliauscs  Zurieb 
h  pag.   2J. 

*)  Der  Verfasser  dic<tcs  Aufsat/cs  ist  für  alle  MittciUmgcti,  die  die  He- 
n^cn  diestj    Mäotier  n\  J.  R.  Iscbü  bctreflen,  duukbar. 


Ateitandcr  "PfSstcf. 


1        Zu  den  Mannorn  von  Schiuznach  gehörte  Iselin  nicht: 
r*r  war  ancli  i?|mt<n*  tiiclit  Mitglied  der  Holvetisclieti  (ie^eli- 
sc'haft;    US   sohoint    mir    vielmehr,    als    habe    er   mit   diesei» 
Miiniiern   auf  gespainitoni    Fasse   gelebt     Iselin  macht  atil 
uns   den  Eindmek   eines  B-ealpofitikers,    dor   sich  mit  den 
Gi»ffihlsäusseniiigen  stduer  Zeit  im  Stile  eines  Gessner  ntid 
Lavater  nicht  abtnidtMi  koniiti\     Noch  im  Jahre  1827  fiihrte 
fler    Präiijdeut    der    (Tcsellschaft   —   es   war    der    katliolische 
Dl 'kau  Äloys  Vnck  von  Aarau  —  einen  Seitenhieb  auf  Isel 
der   schon    im  Jahre  1779  gestorben  war.    ,In  der  gegri 
»h*t-en  Besorgniss,    dass    ein   srweiter  Professor  J.  R.  L  se; 
Geissei      über      Hnhmredigkeit      der     Schinznacherfreiinde 
schwingen    möchte^,    hatte    er    sich    in    seinem  letzten  T« 
*\fv  Rede  ühnr  di^  Bedeutung  <ier  Gesellschaft    kurz  f; 
wollen. 'i     J.  R.  Lselin  war  auch  der  Oheim  von  IsEiak  Iselin.; 
sie    bevvarlfen   sicfi    bpide    uui    eine  Lehrstelle    an    der  U 
versität  in  Basel.     Von  ihren  Beziehungen    zu  einander 
uns  sonst  wenig  bekannt.     Es  ist  behauptet  worden,   Isaak 
Iselin   sei    der  Agent  Friedrichs  des  Grossen   in  Ba^el   ge- 
wesen.*)     Pinso    Behauptung    ist    jedenfalls    auf    eine   Ver- 
wt^chslung  th«r  Ijeidt-n  Männer  zurückzuführen.     I^aak  Iseh'i/ 
}j;ir  zu  Prenssen   keine  ptjlitistOien  Bezitdiungen  unterhalten; 
».-r   war  vor    allem    nicht    der   Agent  d»^s  Comitialgesandt^'n 
Plotho  in    Regensburg. 

'  J.  R  Iselin  war  im  Jahre  1757  im  Alter  von  52  Jahrpu 

Professor  der  .lurispnidenz  geworden.  Es  war  in  der  Zeit. 
du  pr  nach  allen  Richtungen  neue  Verbindungen  angeknüpft 
hiitte.  um  seiner  Stellung  als  Agent  von  Preussen  und  Eng- 
land und  als  Redaktor  der  .^^Basler  Zeitung"  zu  genügen. 
Seine  politische  Tätigkeit  gab  er  nun  keineswegs  auf;  er 
schrieb  dem  Direktorium  der  Kaufmannschaft,  dass  er  seine 
Stellung  als  ^Zeitungs-Conipositor*  beizubehalten  wünsche. 
Damit  Ijewahrte  er  sich  irt  allen  Ijandesgegenden  seine 
Beii(  hti/rstatter.  die  ilm  über  die  politische  Lage,  über  dio 
Stimmung  in  den  Kantonen  und  im  Auslande  unterrichteten 
und    ilen   StoH    für   intimere  Meldungen   nach    Regensbtvrg, 

I)  VurluLiuUmigen  der  Hclvetiiicheii  (jescllhchaft  zu  Schin^tiach  tSl7»  pog.  8i, 
')  Vcrgl.  AUKemeiRC  Ddutt»cbc  Biographie,  Bd*  26,  pag.  512.    Xautlc. 


Zur  GcscUichlc  Ba^U  etc. 


UQ 


i: 


rlhi  und  Born  liefeiten.  Es  i>Jt  aucli  wahrseheiiiliclL  »liiss 
eiisseu  einen  Teil  der  Agenten  oder  Korrespondeiiteu 
I>5elin8  bezalilt  linbe;  denn  über  einzelne  Auslagen  ei'^tattete 
fT  Bencht,  So  hatte  der  Pariser  Korrespondent  bis  zvnn 
Febniar  1757  «^in  Jahrei!<gehalt  von  4*K)  Tiialt^rn  bez<>gen. 
Er  kündete  nun  seinen  Dienst  mit  der  Begründung,  er 
»ithwebe  stets  in  der  Gefahr,  dass  seine  Tätigkeit  entdeckt 
öod  er  zur  BaätUIe  abgeitührt  werdeJ)  Im  März  1757  fand 
\m  —  wie  er  in  einem  Briefe  meldete  —  einen  neuen 
iBeriehtei'süitter,  den  er  aber  sehr  hoch  besolden  niusste.  In 
'der  gleichen  Zeit  schrieb  er  nach  Berlin ^  i^r  erwarte  Bi^- 
ii^hl,  um  von  verschiedenen  Seiten  Korrespondenten  Ijestelien 
können.  Man  kann  sich  dabei  kann»  anders  denken,  als 
döss  Prenssen  iHese  Berichterstatter  in  Paris  bt'sokhn  oder 
'ls4?ltn,  seinen  Auslagen  entsprechend,  entschädigt  habe.  Im 
Prülijahr  1757  äusserte  sich  Baron  von  Plotiio  in  einem 
;Schreiben  an  Iselin,  er  glaube  nunmelir.  in  Süddeutschland 
|Iiiit  mehr  Erfolg  wirken  zu  können,  und  zugleich  machte 
in  Iselin  auch  Hoffnung,  dass  Friedrieh  der  Tt rosse  ihn  ffir 
;er©  Dienste  verwenden  werde.*)  In  den  gleichen  Tagen 
itt  der  Reichstag  in  Regensburg  über  die  Beteiligung 
d^^r  Stände  am  Kampfe  gegen  Preussen,  und  Baron  von 
Plotho  hoffte,  einige  Staaten  für  einen  Bund  mit  Friedrich  II. 
zu  gewinnen;  es  ist  auch  möglich,  dass  seine  Pläne  noch 
Weiter  gingen  und  sich  aui^  eine  Verbindung  mit  den 
t'Vangelischen  Eidgenossen  bezogen,  untl  liier  zu  hätte  Iselin 
seine  KrÄfte  einsetzen  können.  In  idnem  Briefe  vom 
29.  Januar  1757  hatte  dieser  genieldtt,  ilass  die  Absichten 
rief  Evangelischen  in  der  Schweisi  noch  immer  die  nämlichen 
seien,  wie  er  sie  in  seinem  letzten  Briefe  (vom  17.  1.  1757) 
kennzeiclinet  habe ;  das  hiess  also,  man  sei  noch  bereit,  an 
iissen  Truppen   zu  senden.")     Friedrich  «1er  rTrosse   fand 


*)  Geheimes  Staat&'Archiv,  Berlin,  R.  9,  F,  2  a.  Biicher-Ceusur  1749 
»775*     Ba*el  den  2k  U-    1757. 

*)  Geheimes  Staats-Archiv,'  Berlin,  R.  'j  F.  Ja.  Bücher-Ceuüttr  1749 
1775.     Bafiel,  den  2.  V.   1757. 

*\  PoUtifiChe  Korre&pondense  Friedrich  des  frro&sen,  Bd.  XIV,  pag.  259 
260. 


38o 


Alpxamlcr  Pfi»ten 


iliti   Plane   PlotUiJs    »,st^lir  ^it   und  ailmirabel'*  umJ    lie.W 
sein«?  Minister  -Onlro  orgi»heti.   tlaranl'  weiter   zu  arbeiten. 

Die  Ereigniöse  in  Böhinen  und  Schlesien  führten  die 
lK*itleTi  Krieg!$pnrt4?JL'n  immer  wieder  \nn  einem  Plane  xiir« 
andern :  so  mttj^öte  aucli  Plotlio  jeweilen  zu  neuen  Bg- 
strebungen  übergehen.  ^H 

In  der  Stdiwi-iz  waren  im  FriiLjalir  i7n7  ijeide  Paitei??? 
in  einer  heftig  erregten  Stimmung.''  Iselin  schrieb  an  Plotho. 
ü9  brauche  nur  einen  geringfügigen  Anlass,  und  dann  werd^ 
der  Bürgerkrieg  unt«r  den  Eidgennssen  Husbrechen.*)  WU* 
andere  Orte,  so  hatte  sich  nun  auch  Bastei  im  (teheimen! 
für  den  Krieg  Vfjrbereitet.  u\n  von  der  <  iigennartei  niei 
ülierrascht  zu  werden/' 

Wiederholt   versitherte   Iselin    dem    ^liiaster   in  Bert? 
dass  die  evaugeUscheii  Eidgenossen  preussisch  gesinnt  sei 
darauf  erneuerte  Friedrich  der  Urosse  den  Wunsch,  die  Be: 
möchten  ihre  Regimentt^r  vom   Kriegsschauplatz  abbei 
Um    seinf»m  Wunsche   leichter  Nacfiachtnng   zu  verscha 
trat  €*r   mit  England  in  Verbirjilung,   und    die  Vertreter  der 
beiden  Mächte,  der  Marschall  von  Schottland  und  der  eng- 
lische Oesandte  <ie  Villettes.    machten   in  Bern  geiuinnsaru»' 
Vorstellungen,    damit    das    Regiment    »Jermer    niclit    gegeri 
Hannover  und  Prenssen  geführt  werde/ 1    Die  beiden  IHplo 
matron  hatten  schon  iui  Jahre  17o6  in  dies4*m  Sinne  gewirkt; 
es  waren  erfolglose  Bemühungen  gewiesen.     Nun  waren  iiu 
Jahre  1757  —  wie  de  Villettes  meldet  —  die  Freunde  den 
Begimentsinhaljers  Jenner  mit  der    französischen   Partei  io 
Bern  zerfallen,  und  der  englische  (lesanilte  hoffte,  dass  das 
Verhalten  von  Jenner,    der   sein  Regiment  ifür   <len  Kampf 
gegen    Preussen    anerboten    hatte,    im    Rat«    der   Zweihun- 


-4 


1)  Ochs,   Geschichte   der   Stadt   Basel»    Bd.  VII,   pag.   018.     In 
woUte  ein  Priester  (1756)  wetten,  dass  m&n  im  Münster  in  Zürich  bald 
lesen  werde. 

*)  Geheimes  Staats-Archiv,    Berlin,    R^  *.),   F.  2  a.     Bücher^Censur   1745 
bis   1775,    Basel,  den  2  1.  II.   1757» 

5)  Politische  Korrespoudcnz  Friedrich  des  Grossen,  Bd,  XIV^,  pag.  2^*0, 

*)  Geheimes   Stoals-Archiv,   Bcrliii   R.  XI,    260  b,     Podewils    an  Michel 
in   London,  Berlin  22,  IV.   1757;    de  la  Villettes  an  den   ^tirechal  d 
Beme,  d.  2.  IV,   1756. 

VcrgL  Beilage   12. 


v*****»'  „ii«]*.     l^ri    iruiizusisclit'    Ges^iU'ltP    wirkto 

Ä^  !i**sen     Bestreliimgen     entgegen.       Die    Ver^ 

lliingt*!!  /.iig<*ii  -^ich   dann   in   die  iJtngvs    bis  sit.^  dnrcli 

im    F«U1»»    iin    Bf^dentiing    verloron.     b»»^liTi 

rjich  in  Zürich  tätig  gtnvospii  zu  sein,   flarnit 

R*>|ptrit*iit    I^irhrnann    nicht    iXbtiv    d«'ü    Rhi*in    gpfiUirv 

Je.     Sein  Ag*»nt  in  Paris  uu^ldote  im  Juni   1757*    Locli- 

haht'  Birh  g«*w*»igortN    ül>er  den   Rliein   zu  zielion,    i*r 

[lUrtun  niidi  I^iile  in  Arrf^st  ahgefüJirt  untl  j<t*in  Regin»pnf 

K^ln  iti  Guniiiänii  gobnicht  wrvnbnJ) 

In  ihm  folgt*nd*Mi  Jahmn  wirkti*  Wlin   iru  Smn»'  Vii^" 

U.   iini»niiüilticli    weih-iv)     I>us  l^nglnck    tle^^    Könige 

er  zum  «einigen  und  der  evHngBli.sch'^n  Eidgenosison. 

iiit*rtt*  im  ilalm»  17n8  dit>  Doiuissinn  di»H  Manjuis  dn 

^,  ili'rb*M  bpidün  Konffssiiunni  in  rlor  Kidgr-nos^^onsthaft 

um    gewenen   sein    soll;    er   meldei^^  mit   Betrübnis, 

^r  Fürst  von  Kttäi3aa-.Stiiirbr(lckiMi  iKt  ovangtdischi^n 

-Ifin  s#j!  und  dass  auch  in  Zweibrückim 

>  hiing    b<^v<»rstt^ht\    und    dann    schloBs 

Sehrpibini  nn  Lt*u:   ^(»rnssör  (^^ott»   wo  wird  es  also 

len?  t^rfMlgot  drr  Frif^dn   nicht  bald,    ao  nuiss  halb 

JEii  Umnd  gidien.**^*     Über  dit*  Tätigkeit  Isoh'ns  von 

I7<>il  waren  im  Akt«»n-Band    „Bncher-Censur*   keine 

^11  Spuren  zu  verfolgen.     In  der  ^Ba8h>r  Zeirnng"*  des 

bftnvogiHi  die  Mehhingen  aus  Regensbnrg  und 

itt  war   noch  damals  ^irttzisch^  gesinnt-     IHe 

li^diDü  waren  indessen  nicht  zur  Austdhrung  gelangt: 

^imchten  die  evangeli^schen   Eidgenossen  über  dorn 


^  OdmMS  StMtft-Arob'tv«  ßerlm,  R,  u,  F.  ^a,    4.  Jimi  175; 

^  FnMridi    dff  Gft»»e   hntte   »ntf'fdcrs^en  Breslau   /urückcrobert    und 

t&rr:  t^iif4»eri*clkeu  CicnetAl  SexI,  8{>reti)er  mit  der  |>aniei)  östcrreiclitstchcji 

L/Mfgtn  genr>fnmcii.     Uelin  srheitil  Podc\%ilH  um  die  Befreiung;  den 

^.wctrit  tu  lulieii    litiil    w;if   d;i2u    terTfiuUicb    vüq  Graubündeii    »11% 

DitMr  WuoKrh  wttrdc  Ihm  nkht  crfiiUl,   weil  —  ao  ef' 

—  die  itWterr eicher  die  Hefatigeiieti    auch   nicht   auiUeferteo; 

4üdm  mn   dta  Angehongcii    schriftlich    v-erkebren    und   t<e(ac&»e 

firltwdIlUHC     «Geheime«  SUat»archiv,  Herliis  K.  9,  F.  1  »*   PodewiU 

bcr,  Gvftchirbt«  Gr»tibütideiiii  etc,    Bd.  7»   p^*  aSo»  Ajun. 
(  ii^U'liibbmhfk,  Zürich,  Msc,  L  m»:,»  pog.  -i;  i,  Basel,  den  7.  V 


^Ie!(aii(ier  Pftsfer. 


Frieden,  imd  andefst^its  wünschte  Friedrich  der  Grosse  nach 
ilen  Erfolgen  des  Juliros  1757  nm\  zu  Beginn  des  Jahres 
1758  ihre  Hilfe  nicht  mehr.N 

Es    ist    nicht   schwer,    die    Stellung  Isidins   zu    »einem 
Vaterlaiide  und  zum  Ausland  zu  beurt-eilen,  wenn  man  dit^sen 
Mann  in  deiner  Zeit,   in   s»Mneni  Basel  und  tn  der  dani.^' 
Eidgenossenschaft  betrachtet;  tloch  macht  diese  Beurt* 
keineswegs  den  Anspmch  der  Objektivität;  denn  mehr  oder 
weniger    snblektiv    Heibt    am    Ende    jede    historische    Be- 
trachtung.   Die  Nentralität  erschien  dem  Basler  Rechtslehi^er^ 
wie  seinen  Zeitgenossen*  wnhl  kaum  als  ein  „frei  erwähltes^ 
st:aatlich«=*s  Gmndprinzip,  sondern  vielmehr  als  ein  Notbehelf^ 
als    ein    Ausweg    in    schweren    Kriegszeiren,    der   auch  den 
Segen    des   Friedens    mit    sich    bringe;    <las   lesen  wir  auc^li 
aus   den  Worten    Iselins   an   Leu    im  Jahre  1748.-)     Gregt^n 
diesen  Ausdruck  der  Seil  wache  empörte  sich  das  erwachende 
nationale   Gefühl    und    melir    noch,    in   der  damaligen  Zeit, 
eine  herrschende  Empfimlung  religiöser  Zusiunmengehörig- 
keit     Sehr  deutlich  —  wenn  auch   indirekt  —  wird  die^t^r 
<ledanke  im  Erfasse  rles  Biirgprnieisters  Merian  vom  II  Ok* 
tober    des    Jahres    175<i    gekonnzeichnet      Wie    seine    Zeit- 
genossen in  Basel  ujhI  in  der  ganzen  EidgenoBsenaciiaft,  so 
liiit  auf^h  J.  R.  Is<Oiu  in  seini*m  p<ditiseh*m  Streben  die  Kon- 
tossion  zur  <tnindlage   vieler  Erwägungen    gemacht.     Nacb 
seiner  Anschauung   lag   das  Ziel   der   evangelischen   Eidge- 
nossen in  der  Verbindung  mit  den  evangelischen  Mächten, 
um    sich    dadurch   auch    in    der   inneren   Politik   ein   Über- 
gewicht  zu   sichern.     Wo    nicht  Handelsinteressen  (wie  bei 
einem  Tril  der  Bevölkerung  Basels)  oder  MilitÄrstellen  u.  a.  m. 
mitsprachen,    bestimmten     diese    Gedanken     die     politische 
Stellung  der  Zeitgenossen  Iselins.    Er  erscheint  mir  als  il^r 
getreue  Ausdmck  seiner  Zeit 

Die  Beziehungen  zum  englischen  Gesandten  deVillettes 
unterliielt  Iselin  auch  fernerhin»  Im  Jahre  1762  verliess 
de  Villettes  die  Schweiz;  er  empfahl  seinen  Agenten  seinem 
Nachfolger  Robert  Colebrooke.     Da  dieser  der  französischen 


')  Oeuvres   de  Frfedcric  k  Grand,   EdttioD  J.-D*-E,  Preuss.    toiiic  XX, 
'  pag.  300,     Berlin,  imprimeric  royale  (R,  Decker)  MDCCCLII. 
*)  VcrgK  Seite  j66  uwl  367. 


Zur  Geschichte  Basels  etc. 


:>8.^ 


räche  nicht  mächtig  war,  so  verkohrto  Is«?lin  mit  (h^m 
sandtschaftsekrotär  J.  (j.  Catt.  Dor  letzte  Brit^f  ('att's  ist 
1)1  22.  Februar  17H6  datiert.  *) 

.  Bis  zum  Jahre  1768  behielt  Iselin  seine  Stellung  als 
Kiaktor  <ler  -Basler  Zeitung"  bei,  und  bis  zsu  seinem  Tode 
ine  er  das  Staat^irecht  an  der  Hochschule  in  Basel.*)  Sein 
»hn  .loh.  Jakob  war  später  Hauptmann  in  französischen 
iensten  und  starb  nach  dem  Aufstand  der  Tnippen  in 
incy  179* >  an  den  erlittenen  Wunden.^)  Karl  Frieflrich 
ir  seit  dem  Jahre  1765  als  Kaufmann  in  Kopenhagen  und 
rheiratet^j  sich  daselbst  im  Jahre  1771  mit  einer  Dänin. 
•  war  die  Hauptkraft  im  Handelshaus  des  Barons  Iselin 
Kopenhagen.^) 


Neuenbürg  ging  in  der  Zeit  des  siebenjährigen  Kriegi'S 
ch  besrinderen  Gefahren    entgegen.     Schon    zu  Ende  des 


>»  Vaterländische  Bibliothek,  Basel;  Briefe  an  Iselin,  II.  M.  i6,  2. 

Vergleiche  Beilagen:    K),  20. 

-'i  Manj^old,  Fr.    Die  Basler  Mittwoch-  und  Samstag-Zeitung;  16S2 — 17«»*', 

Schweizerische  Nachrichten,  Zürich   177«),  pag.  207. 
•1  Vergleiche  Beilage  23. 

M  V.-üerliuidische  Bibliothek,  Basel;  Briefe  an  Iselin  III.  M.  ih,\ 
Johann  Jakob  Iselin 

1^75—1734 

verh.  mit  Maria  Elbs. 

II  -*- 

Christof  J Jakob,  Brigadier  Joh.  Bwlolfy  Prof. 

geb.   Ifx»*»  1704  — 1772  geb.  21.  Juli  1705 

ir.  17 22  A. Maria  heir.   1733  gest.  3.  März  17 7»> 

Borcklttrdt,  Susanne  Ryhiner.  heir.   I72(> 

'20  igeschicden.  Agnes  Louib. 


i7»»-i7»3 
fceiT.  1750 
Jcae  Forkart. 


1.  Maria  s-    Joh.  Jakob j 

geb.   1727  Hauptm. 

heir.  Nie.  Sonntag  1 734  —  i  7«)o 

2.  .Sara  starb  in  Nancy, 

geb.   1728,  heir.  seine 

Friedr.Burckhardt  Nachkommen 

3.  J^iiet, geb.  1730  sollen  in  Kngland 

4.  BotAi«,  1731-1755  lel>en. 
r.  f.  Gesch.  und  Altenum.   VI,  1. 


h.      Margret 
geb.   1730 
7.  <*arl  Friedrich 

;:ci>.  i74.> 
heir.  eine  D.Hniii, 

lebt  dann 
in  Kopenhagen. 


3^4  Alexander  Pfister. 

Jahres  175()  drohte  diesoin  Ländcheii  ein  schwerer  S( 
salsschlag.  Der  König  Friedrich  IL  machte  den  Yei 
sich  eines  seiner  Gegner  zu  entledigen  und  die  Aufl* 
des  Bundes  zwischen  Frankreich  und  Österreich  zu  bew 
Er  wurde  durch  Frankreich  dazu  veranlasst  —  viel 
durch  die  Marquise  von  Pompadour  selbst.*) 

Von  Wülckenitz,  der  Comitialgesandtc;  von  Hessen-! 
in  Regensburg,  lud  einmal  im  Dezember  175(i  den  f 
sischen  Minister  Abbe  Lemaire  und  Vatan,  den  Com 
Fdelgardo  des  Königs  von  Frankreich,  zu  einem  Mah 
Die  beiden  Fnnizosen  baten  ihren  Gastgeber,  er  möge  { 
zeitig  auch  den  preussischen  Comitialgesandten  Baro 
Plotho  einluden.^)  Dieser  erschien,  wurde  dann  bei 
(felegeiiheit  zur  Seite  gefülirt  und  Vatan  und  Abbe  L< 
eröffneten  ihm  sodaim.  dass  Ludwig  XV.  bereit  sei 
Kampfe  gegen  Preussen  abzustellen  und  sogar  der  Bi 
genösse  Friedrichs  IL  werden  könne,  wenn  diesei 
Fürstentum  Neuenbürg  der  Marquise  von  Pompadour  a 
wie  sclion  früher  davon  die  Rede  gewesen  sei.  Es 
dann  nocli  in  aller  Eile  vereinbart,  dass  der  Abbe 
der  Gesandtschaftsekretär  in  Berlin,  die  weiteren  Vei 
langen  zwischen  Friedrich  TL  und  Ludwig  XA\  vern 
solle.^i  Plotho  meldete  diese  Vorschläge  dem  Köi 
Berlin  und  erhielt  von  diesem  den  Auftrag,  den  Frai 
zu  erklären,  dass  der  König  von  Preussen  ben*it  st 
dieser  (Tiundlage  mit  dem  Hofe  von  Versailles  zu 
handi^in.  weini  von   Frankreich  hiezu  eine  vertraute  1 

•  TWählt    W(M*(1(\ 

Abbe  Loise  war  in  diesiMi  Tagen  von  Berlin  ab« 
und  König  Friedrich  schrieb  an  Plotho,  er  möge  sie 
Vat^m.  der  unterdessen  auch  von  Regensburg  nach  Erl 

*)  Vergl.  Politische  Correspondenz  Friedrich  des  Grossen,  Bd.  XIV 

Memoires  de  Mme.  d'Epinay,  tome  II,  chap.  7. 

Musee  Xcuchatclois,  vol.  XIV,  pag.  195. 

-)  Politische  Correspondenz  Friedrich  des  Grossen,  Bd. XIV,  pag.  : 

Vergl.  Räthnick,   Dr.  Richard,   Die   Politik   des   Bayreuther    ¥. 

siebenjährigen  Kriege,  im  Archiv  für  Geschichte  und  Alterturaskunde  ▼ 

franken.    22.  Band,  pag.   167  i[\  und  181  flf. 

*)  Politische  Correspondenz  Friedrich  des  Grossen,    Bd.  XIV,  ] 


.  Zttf  ncwbichle  BnseU 


.585 


in  VrtbiiMlung  setzen  und  iliin  den  Willen 
iKdriig^  nffenlmreih  Pl()th<>  ward  beauftragt,  lUs  Schreiben 
[Ijiiait  öl*  abÄsufassoii,  da*««  es  auch  von  il«/r  Mudame  von 

*■ ^i^en  vv*M*dtMi  könne.' 1   Viititn  Imtle  unt»?rdo83en 

r  Markgrätin  Wilholmiiie  von   Bairenth,   der 
Wr  Friedrich«  de«  Grossen»   die  Wünsche  betreffend 
♦*lrt^nfalls  eröffnet.    T>iese  stand  mit  ihrem  Bruder 
iL    in    eifrigen^    Briffwecbsel   und    libeniuJun   iJie 
iittiung(«roUo   stwischen    drui    Höfen    von    Potsdam   und 
lÜles.     Da  stai'b  Vatan   in  Erlangen,*) 
In  den    folgenden  Tagen    nmclite   die    Markgräfin  Wil- 
line  dein    König  Kriedrieh   den  Vurschlag*   mit    Folanl. 
franz&djvrhen   Spezialgesianflten    an    den   Fürstenhi*fen 
MiiiuIk,    zn    unterhandeln.     Friedrieh    iTsuelite  die 
.^  ..:,..,  ihm  diese  gute  Wrbindung  7AI   erhalten;    allein 
ftleliH   ei*   nun    nicht  mehr  an,   Frankreich   zu  suchen.*) 
Iririi  U«    hatte   soel>en    den  Subsidienvertrug   mit  Eng- 
mV  -      '  '   ssen  und  die  ersten  Siege  ermngen,  und  da- 
wolil  auch  Ni'uenhnrg  der  rrefahr  iler  Pom- 
itDci  sodann  Frankreich  anhetm^ttfallen. 
&    kamen    dann    für    Preussen    die  Unglückstage    von 
Hin,  Hä^tentieck  und  Gi'o.'^iäjitgeriidorf»  und  ilarauf  erwachte 
[Friifdrieb  ilnm  Grossen  von  Neuem  der  Wunsch,  sich  mit 
'»hnen.     Er  wollte  nun  neuerdings  mit  der 
r^i.,-,    xr.ii    i'..uipft«hmr  unterhandeln,  nn<l  die  St*liwester, 
räfin  Willi ehn ine,  wunle  gebeten,  wieder  die  V*ennitt- 
ille  zn  ttl)omehmen.  Zu  diesem  Zwecke  sollte  nach  ihrem 
•hr  Knminerh»*rr  Mirabeau  nach  Paris  reiöi»n,  um 
Iptfuiour  zu  gewinnen  und  ^tvllte  es  dann  auch  durch 
»Bnaitechung  mit  einer  halben  Million  Thaler  geschehen,*) 
liehen  Auftrag  hatte  auch  der  Uraf  von  Wied  or- 
i^f  war  beauftragt,   der  Pompadour  Neuenbürg  auf 
i|j»n   aiiÄiihielen»    wenn    sie    dafilr    ihren    Einfluss    zu 
Ppptiiftieni«    geltemf    maclns*^)      Barbutt    de    Mausac 


•;  Fi 


f^orrexfiotideiu  Knedrich  des  Gro^&eii^  Bd.  XIV«  p$i|[,  t6q,  tJO, 

l  mdrich  de^  Grosse«,  Bd- XiV.pag.  iH^,  19J5, 
Friedrich  des  OroÄScn,  Bd.  XC\\  pag-  211. 
uicnz   Friedrich  de?i  Grosseni  Bd,  XV,  llM, 
^"rr-  Friedrich  des  Grofceti,  Bd.   XV,    ^77,   190, 


386 


Alexander  Pfisler. 


sollte  iiach  Paris  reisen  und  der  Pompadour  din  Wüö 
Preussens  darlegeu.  Noch  am  30.  September  1757  hatt^ 
Friedrich  den  ümfeii  von  Wied  gebeten,  die  Unterhi 
hingen  sofort  anziiknupfeiL*)  Dann  siegte  er  am  5.  Noveml 
1757  bei  Rosabaeh;  er  war  wieder  aus  grosser  Bedniii 
gerettet,  und  auch  Neuenburg  konnte  darhirch  wieder  vor 
einer  Veräussermig  bewahrt  bleibeiu  Die  Bemrihungeü 
Mii-abeau's  in  Paris  waren  übrigens  erfolglos  gewesen,  weil 
Frankreich  Forderungen  stellte,  die  Friedrich  nicht  erinlleü 
wollte.') 

Von  den  Bemühungen  Friedrichs  liatte  die  Pompado'ff 
Kunde.  Ihr  Einfluss  und  ihr  Ansehen  am  Hofe  schieiieu  bis- 
weilen zu  schwinden;  sie  selbst  befüiThtt^te,  einmal  in  Un- 
gnade zu  fallen,  und  für  dienen  Fall  wollt-e  sie  sich  ein  fii 
liches  Dasein  sichern  und  in  Colorabier  oder  Neuen b' 
ihren  eigenen  Hof  giilndeii*  Es  ist  daher  nicht  aiiSj 
schlössen^  dass  sie  zu  den  ersten  Verbandhingen  mit  Fl 
Veranlassung  gegeben  habe.  Nun  hatte  Friedrich  Ü*  seit!? 
Beziehungen  zur  Pompudom*  tibgebn>chen;  sie  glaubte  aber 
nicht,  dass  Preussen  auf  die  Länge  den  vereinigten  Mächten 
widerstehen  könne,  xind  so  wollte  sie  sich  beim  Friedens 
schliL^s  einen  Vorteil  sichern.  Da  sie  über  den  Gang  der 
Ereignisse  noch  nicht  im  Klaren  war,  so  wagte  sie  nur 
indirekt  für  ihre  Pläne  in  der  Eidgenossenschaft  zu  wirkeiK 
Madame  d'Epinay,'S  die  in  ihren  Menndren  von  diesen  Be- 
strebungen derMarquise  von  Pompadour  erzählt,  sagt  davon: 
„Ce  projet  Ätait  le  comble  de  la  folie.***)  Um  zu  ihrem 
Ziele  zu  gelangen,  bediente  sie  sich  eines  Finanzraannej^, 
M.  de  Jully,  der  plötzlich  Diplomat  wurde  und  sich  mm  in 
Genf  aufliielt.  Er  gab  vor,  er  wolle  die  Haltung  des  Köni^ 
v<»n  Sardinien  genau  beobachten  und  etwa  auch  nachforsci 
was  in  Piemont  vor  sich  gehe.  In  Wirklichkeit  sollte  ^r 
den  Übergang  den  Füi>;tentums  Neuenbürg  an  die  Mai*qui 


*)  Politisdie  Corrcspondcnz  Frie<lnch  des  Gros^n,  Bd,  XV,  391. 

»)  Rüthenick,  p.  i86  ff. 

*)  Biographie  UDivcrsclle,  XU,   520* 

*^  Äfusec  Neu  chätel 01*1,   vol,  XI V^  p,  iriij, 


Xur  Gcscliidite  Basels  etc. 


ompHtloiir  vorbereiten*^)    Mehmmls  reiste  er  nacli  dem 

Zukiinftsländclii?!!  seiner  hoheu  Gönnerin.    Das  Ministe riom 

in  Berlin  erhielt   in   tlieser»  Tagen   aus  Genf  dit*  Nachricht. 

Bernis»  der  Staatsseki*etär  des  AnswÜrtigen  in  Paris»  wünsche 

mid  suche  den  Frieden  herheiÄufiiliren.^)     Mau    ist  geneigt^ 

iliese  Meldung  mit  M.  de  Jully  und    rait   Bestrebungen  der 

Pompadour  in  Zusammenhang  zu  bringen.     M.  de  Jnlty  er* 

ziehe    keine    Erfolge    und    musste    sich    glücklich   schätzen^ 

durch  diese  Mission  keinen  fint\nziellen  Schaden  zu  erleiden, 

H<)schr**ibt  seine  Schwägerin  in  ihren  interessanten  Memoiren.^} 

Die    Neuenburger    hatten    von    diesen    Absichten    der 

ßhte  wohl  keine  Kunde  erhalt43n;   doch   bewiesen  sie  im 

iJahre  1757,  dass  sie  sich  gegen  die  französische  Herrschaft 

veliren  würden.    Am  20.  Mai  1757  flüchtoto  sich  ein  Dragi>ner 

LäUis  Frankreich  nach  Neuenburg  uriil  is^irde  dabei  vertVilgt, 

[In  Neuen  bürg   glaubte    man    an    einen  Überfall    durch    diu 

[Franzosen;    denn   ähidichi'  Gerüchte   waren   im    Lande  ver- 

iWeitet  worden.*)     Es  wurde  Sturm  geläutet  luid  bei  Ciaivet 

[begannen  die  Neuenburger  schon   mit  der  Befestigung  des 

[liindes.    als   das   Missvorständnis    aufgeklärt    wm-de."*)      Das 

War   ein    Beweis    der    guten    (xosinnung    der  Neuenburger, 

U»ch  gegenüber  dem  Oherherm   in  Berlin. 

Trotzdem  war  Friedrich  der  (Tfossi»  über  seine  neuon- 
^nrgischen  Untertanen  gar  nicht  erbaut.  In  der  Schlacht 
von  Rossbach  (1758)  hatte  er  unter  den  üsterreicliischen 
G<*faogenen  eine  Anzahl  Neuenburger  gefunden.  Er  war 
entriistetu  seine  eigenen  Untertanen  bewaffnet  in  seine 
Länder  einziehen  zu  sehen,  und  dieser  Stinunung  gab  er 
gegenüber  den]  Staatsrat  von  Neuen  bürg  Äusdnick.  In 
Npuenburg  bildeten  sich  nun  zwei  Parteien,  für  und  wider 
flen  König.  Valangin  verbannte  die  Soldaten,  die  gf*gen 
FriMth  ich   Tl.  gekämpft  hatten;  allein   ein  Offizier^  der  durch 


*)  Nach  der  Biographie  Universelle  XXXTV,    16  wäre  dieses  Bestreben 
i^lii  K    in  das  Jahr   1750  zw  versetzen,  ^?) 

*}  Politische  Correspondenr  Friedrich  de«  Gro5scii,  Bd*  XVII,  pag.  302. 
*)  Memoire^  de  Mme.  d'Epinay.  tome  II,  chap.  7  et  MusAe  Ncuchätelois, 
4,  KIV,  page  i«^5. 

•)  Ochs,  Peter,  Geschiclitc  4er  Stadt  u.  Laiidsihaft  Basel,  Bd.Vll,  p.  618. 
*)  Mit&i^e  Ncttcbiitelois,  Bd,  IX ^  pag,   jH, 


.^88 


Alemnder  Pfister. 


dieses  UHeil  obenfalls  betroffen  wurde.  druhu%  sich  iin 
Frankreich  zw  w^ndt^n  und  dessen  Schutz  anmtrtifen.  Der 
Marschall  von  Schottland  v^^rfasste  eint*  Doukschril't  iimi 
suchto  darin  nactizuwc^son.  dass  Friedrich  durcli  spJn  A'ur- 
gahen  die  ^ajticles  g^neraux*  nicht  verletzt  hahi\ 

Der  Streit  wurde  heftif>fer,  als  darauf  noch  ein  religiös<^r 
Zwist  ausbrach.  Ferdinand-Olivier  Petit|>ierre  trat  auf  uihI 
predigte,  «lass  die  Höllenstrafen  nur  von  zeitlicher  und  niciit 
von  ewiger  Dauer  sein  könnten.  Der  Hass  richtöte  «icJi 
zum  Teil  wieder  gegen  den  Marschall  von  Schottland,  der 
in  allen  kirchlichen  Fragen  so  indifferent  war,  wie  Friedrich 
iler  (ffosse  stdbst*  Dieser  letzten^  hoII  damals  erklärt  habou: 
que  puisqiie  les  Neuchiltelois  avait  si  fort  4  coenr  d*etrv 
liamnes  ete-rnellenK^nt,  il  y  donnait  voIniiti<F*rs  les  mains^  ^t 
trouvait  tres  bon  que  h}  diable  ne  s*en  fit  faute. 

Der  Marschall  von  Schottland  verliess  im  Jiihre  17nH 
das  Li  nid  und  kehrte  erst  Ende  des  Jahres  17*il  wie«lK 
zuriicL     Petitpierre  wurde  seines  Amtes  entsetzt J 

Noch   ein*^  (lefahr   drohte   dem    kleinen  FürsttMirum  ni 
diesen    gufahi-lichen    Zeiten.     Friedrich   IT.  war    in  Geldnot; 
das  wusste  seine  Umgebung,  und  seinen  Gegnern   blieb  »*s 
auch  nicht  verborgen.     Ein  ehemaliger  Hauptmann  Gentil. 
ein    geborner    Neuenburger,     entwurf    in    einem    Schreiben 
(vom  20,  Dezember  1758  aus  Lfmtton)  an  den  König  einen 
Plan,    neue  Geldmittel  zu  verschaffen.     Darnach  sollte  eine 
grössere  Anleihe   gemacht  werden.     Als  Sicherheit   für   dir 
Zinszahlung    sollten    die    Einkünfte    der   von    den   ünmheii 
des  Krieges  entfernten  Fürstentümer  Neuenburg  und  Valangin 
bürgen.     Die    Einkünfte    sollten    genügen,    sowohl    um    lUe 
Zinsen  aufzubringen,  wie  für  eine  Amortisation  des  Kapitale 
Zui"    rascheren    Tilgung    desselben    sidlte    zu    Gunsten    des 
Königs   in    Neuenbürg    eine    Lotterie    eingerichtet    worden. 
Der    König    wies    dieses    Ansinnen    zurück.     (^Gette    sorte 
tropenitiim    n'etait   pas    ni    d*^    mon    goüt   ni    de    ma    con- 
venanca**)*) 


•)  Frcderic-Ic-Graud,  Oeuvres  XX,  j  i  3» 

*)  PolJliBchc  CorrEspondcn*  Friedrich  des  Gro8«eii,  Bd,  XVIH,  24, 


/am  TTeschichte  Basels  etc. 


389 


Eiaige  Juliri»  später  kam  das  I^tterieproj^^kt  für  Pi'eiissun 
uitd  auch  für  Ne^neubiirg  zur  Ausführung»  Der  preussischo 
(tesmidt**  lu  LondniK  ßarmi  von  Kiiyphniisim.  LHuptahl  diMu 
König  hieni  inj  Jahre  17ii2  doii  Italieii*M'  JuhaiiD  Anton 
Calzabigi»  «inon  hervorragend**!!  Üeschäftsmann,  mit  einem 
a«»gespnjrheTi'*n  Hang  7MV  ünreiinuhkeit  Der  König  sagt»*: 
,Je  Ini  pormetÄ  t!e  nie  volRr,  S'il  pctit  t*n  vii^nir  an  hoiit"\ 
nnd  Calzabigi  t^rrichtoto  ihm  eine  Zaldenlotterie,  wovon 
dwui  später  iiurfi  in  Neuenbürg  eine  Filiale  bestand.  Doch 
hier  —  wie  spater  in  Berlin  ~  fanilen  die  LotterieUi.se 
keinen  guten  -\bsatz,  so  «lass  mau  sie  wieder  einlöste  und 
das  Unternehnieu  aufgab.  In  Preussen  w^irde  ein  Paclit- 
sy^^teiu  gewäldt.  um   bessere  Einnahmen  zu  erzielen.') 

In  den  Jahren  dieses  tul^enreichtm  Kaoipfes  war  also 
K«nenburg  allen  Verhängnis  vollen  Sehi^'ksalssrhlägen,  die 
A^m  Lande  drohton,  entgangen,  Aneh  bei  den  Eidgenossen 
»^tieg  mitunrer  eine  schwere  (Tewitt/erwnlke  am  politisehen 
HiuiMiel  empor:  rloch  scbwelite  sie  immer  wieder  giücklieh 
iher.  Der  Schauplatz  des  Krieges  lag  weit  von  unserer 
nze  ah,  und  selbst  das  wirtschaftliche  Leihen  wurde  nicht 
sehr  davon  beeinflusst.  Die  Lebensmittel  liehielt^^n  ihre 
fohu liehen  Preise  bei  oder  erfuhren  keine  aussergewölin- 
lie  Steigerung.  Xur  die  Jahre  1759  und  17*il  machen 
riti  eine  unbedeutende  Ausnahme.^) 

Xarürlich  waren  auc  h  an  der  Grenze  keine  bedeutenden 
ischenfälle  zu  erlebe u.  Durch  Riehen  hihren  ain  2D.  Sep- 
^Djher  17H2  drei  Soldat^m  auf  einem  Wagen;  ihnen  folgten 
^ei  Füsiliere  mit  geladenem  (Tcwehre.  Sie  übergaben  ihre 
^aßen  flem  Untervogt  Theobahl  Wenk  zur  Nachbeförderung 
an  die  Grenze.  Dort  ei'hielten  sie  diese  wdeder.  Es  waren 
einige  Soldaten  aus  dem  Regiment  Marquardt  in  Freiburg, 
die  nach  Säckingen   hjm\ herzogen.^) 

■  Als  die  Mäc^hte  im  Jahre  17H(J  zum  Frieden  geneigt 
ijraren  und  das  Gerücht  verljreitet  wurde,  iler  Friedensschluss 
tle  erfolgen,  da  wütischten  einige  Oite  der  Eidgenossen- 


F 


^  Mitteilungen  des  Vereins  für   die  Gesirhjchtc  Berlins   1005;,    pag.  \\^, 
*)  Zeitscbria  für  Scbv^^eiÄerische  Statistik    0103.   IL   Band  (Lebensmittel* 


ireise^ 


^  Archiv  der  Stadt  Ba&et,  Poiitischen  X  *,  2<».  September  1 762, 


.]<)0  Alexander  Pfister. 

schuft,  auch  ihroin  Lande  einen  dauernden  Frieden  zu 
sichern.  An  der  Tagsatzung  in  Frauenfeld  stellte  Beni  den 
Antrag,  sich  bei  den  Mächten  um  den  Einschluss  in  den 
Frieden  zu  bewerben.*;  Dabei  sollte  namentlich  „das  evan- 
gelische^ Wesen  in  Betracht  gezogen  werden.'^'*)  Unter  dem 
Einflüsse  dei-  katholischen  Orte  wurde  der  Antrag  abge- 
lehnt. •'^; 


')    l'.iil}^cn(').vsische   Abschiede,  l^and  VII ^,  pag.  222. 
*)   I\iilgeuössi.sche  Abschiede,   Band  V'Il-,   pag.  22b,  233. 
3)  Schweizer.   Dr.  l*aul,    Geschichte   der  Neutralität,  paj;.  511    und  May, 
Histoire  nülitaire  de  la  Suis^c,  V,  484. 
V'crgl.  Beiluge   H». 


Zur  Geschichte  Basels  etc.  ,V>  * 


Beilagen. 

(Aus  Briefen  an  J.  R.  Iselin.) 
Beilatje  1, 
Monsieur, 

J'ai  ecrit  co  iiiatin  a  M.  Tercier,  Premier  Coinmis  des 
Llfaires  Etrangeres.  II  n'est  pas  AbW,  mais  il  est  mon 
'orifrere  cl'Aciidemio  et  Ami,  il  a  la  Suisse  dans  soii  de- 
»artenit^nt.   —    —    —   —   —   —   —   —   —  — — 

Vou.s  pouvez  ^crire  ä  M.  Tercier  avec  confiance  je  Tai 
l»Ma    pr**veiui  snr  votre  chapitre    --   —  —  —  — — 

5.   Febr.  1753.  Sclioepttin.  M 

Beilage  2. 
Prof.  Schoepfliii  an  Tercier  in  Paris. 
-  —  —  Bale.  Je  suis  attacli^  de  coeur  k  ce  Canton  depuis 
ua  tf*inlre  jeunesse.  y  ayant  fait  nies  etudes.  II  se  trouve  au- 
rmrtriiiiy  dans  le  cas  de  demander  ä  la  Cour  une  Evocution. 
Kinr  iif  pas  plaider  au  Conseil  de  Colmar  contre  iiii  d«' 
L-Tirs  Bourgeois,  Censier  d'une  terre  des  ses  doniaines,  sitiie«» 
•  •US    la    (louiination   du  Roy.     —    —  —    —     -  — 

J^-  prends  la  liberte  de  Vous  reeonimander  ('(»tte  aft'ain' 
lUtaiit  quo  si  eile  nie  regardoit  personnellenient.  M.  Iselin. 
!>iKteur  Oll  Droit  a  Bäle,  mon  Ami,  Vous  ecrira.  a  ce  sujet. 
Ml  suppliera  le  Roy  d'evotpier  laffaire  et  de  la  renvoytjr  a 
'Iiitendaut  <te  la  Province,  (pii  la  decidera  soniniainMiirnt. 
»n  i-raiiit  d'etre  traine  en  longueur  a  Colmar.  —  —  — 
.^  Rny  ayant  accord^  la  meme  graee  au  Dur  de  Wirbwii- 
••i-rp  eil  1749  le  Canton  espere  de  Tobtenir  aussi.  ()n  a 
leia  fait  niie  demarche  a  Soleure  par  le  Canal  de  il.  d»- 
rertiiiont,   mais  on  ne  sest    pas   bien  pris.  —     - 

Selioepflin. 

•)  Vaterläodische  Bibliothek,  Basel:  Briefe  an  Iselin,  III.  M.  H»,  j.  Am 
lieber  Stelle  %m«\  nar  einzelne  Citate  aus  den  Briefen  an  Iscliu  angeführt. 
bt  &a^xu  dieoeo  könDcn,  die  Ausfuhrungen  zu  belegen  und  auf  Verhältnis. ^c 
Ügxg^^Qtcn,  för  die  der  Stoff  zu  einer  Behandlung;  nicht  atisreichend  li'*- 
kiant  W3X. 


M)2  Alexiiiidcr   Pfistcr. 


Beilage  3, 


Schoepfliii  an  Tercier.*)         Strassboiirg,  le  19  fevr.  1753. 
—  —  —  Vous  aves  ä  faire   ä  im   Gantoii  generoux  et  re- 
c.onoissant,  <|ui  demande  une  chose  juste  et  raisoiinable  i  Iä  . 
Conr,   s^avoir  (ju^Elle  veuille  bieu  lui  oparguer  le  chagrin 
dt'  plaider  avec  un   de  ses  Bourgeois  au  Consoil  Superienr 

crAlsaco. —  —  Voua    coniioisses    les   Avocats  «t 

outre  cela  K>  Cantou  a  des  raisoiis  particuliers  pour  so  mefier 
du  Conseil,  daus  lecjuel  il  se  trouve  des  niembres,  qiii  ^^ 
roieiit  aises  do  voir  le  Cantoii  force  de  vendre  la  Terre, 
dout  il  est  (juestion.  II  est  sur.  qu'on  a  raison  de  dediiier 
ce  Tribunal.  Le  Roy  avant  eu  pour  M.  le  Duo  de  Wirteni- 
berg  et  pour  d'autres  la  complaisance  et  bonte  dwoquer 
d»^s  eauses.  (juf  les  regardent,  a  Elle  et  de  les  attribner  i 
rintendances,  le  Canton  a  bien  dVsperer,  que  Sa  Maj.  ue 
voudra  pas  le  traiter  njoins  favorableiuent.  sur  tont  danä 
rinstant.  ou  il  s'agit  de  renouveller  rAlliance  avec  tout  le 
Corps  Helvetique.  Vous  trouveres  ci-joint  le  Placet  au  R(\v. 
<|Uon  enverra  a  la  Cour  a  M.  de  S.  Contest,  ä  M.  le  Tomw 
d'Argenson,  com  ine  Ministre  de  la  Province,  et  a  M.  «1* 
Chavigny.  Vous  trouvores,  aussi  sous  cette  envelopp«*  nne 
L<Htre  de  M.  Iselin,  a  qui  le  Cautou  a  confie  la  ctuuiuitP 
d«'  ct'tte  aftain\  C'est  un  honime  de  nierite  et  t res  Lettre, 
ijui  est  on  correspondance  avec  une  bonne  partie  des  Sv^vans 
de  l'Eur()])e.    et    (pii   meritt»  votre  ainitie:  .il  y  a  lougtemps 

(ju'il   est  des  niitMis.  —  —     -    —  —  —  —  —  —  — ■ 

M.  le  Cli»'valier  de  Vergennes,  Ministre  du  Roi  a  la  Conr 
de  Tn»v«»s.  X<*v«mi  do  M.  de  Chavigny,  nra  tait  riionneiir 
d»»   uw  v(Miir  voir  avanthier.    —   --    —    —   —  — 

Je  la  fratt'ain»  du  Canton  de  Bäle)  lui  ai  raconte  dun 
bout  a  rautn\  pour  (ju'en  arrivant  a  Paris  il  puisse  la  reudre 
a  M.  dp  Chavign3\  qui  nrlionore  depuis  longtemps  de  son 
ainitie.    -  -   --  — 

Schoepflin. 

')  Kinc  Kopie,  die  Schoepllin  an  Iselin  sandte. 


2iif  6e«chii*htc  HaxcU  ^^^^       393 

JW  ii|>pri!$  uni^  M.  d»'  Cliavigiiy  lf»ge  ä  Paris  ches  ]\f* 
[<4Knti*  clo  Widdner.  mou  aini.  et  i'ai  trouvi^  hon  de  rc*- 
uder  Taffain^  il«*  Votr«*  Oairtoii  a  rr  fl^riu^r,  pouf  agir 
[4H»i^<N|n<nic«*  ch^s  rAiiibas&ÄdtMin  ^  —  — 

k  Stmsboarg,  le  5  umvH  1753.  Sclitiopflih 

Beilage  5, 

[IL  d«  l'hAvigiiy    tJiiiiiK^rn    k»   plus'   d**    poiM    <hirrs   i'^»rt^« 
Irr.     Aiusi  il  (out  Umjours  1p  pcnisgei 
41  STraülKHirg.  Im  7  miir*^  175»-?,  Schut^piim 

Beihifje  ü* 

Mulgrt«  les  buiiö  ofGces.  ipie  nottö  ont  rendn  dttiis  Taffairo 

Cnur^  i»4  Cliev.  de  VergfiintMss    1^  Cointo  de  Waldnor, 

rerciVr  et   d-iintn.'s,  inalgrö  h»ö  butis  iiiteüti<mi§  de  M*  de 

rigny.  J'ArabaüHadeur,   M.  de  S.  rontest  a  toujour«   ^te 

l>|tt  et  mtdiniidal)le.         —   —   —   —  —  —  —  —  — 

ibimrg.  le  31   luar*^   1753.  SehriepfliTk 

Beilage*  7. 

Moiiüieiir 

i'it  "si  i»v«tc  Uli   veritul>le  plaisir  pur   la  Lettre  tpn* 

lu^    -_     iit  lu  grace  d©  m'ecrire  le  3.  de  ce  ilui^s  votre 

roionr  de  CoLmar*)  6fc  le  Sncces  de  la  Commission 

308  avait  oblige  a  etitre|jreudre  ce  voya^e:   —  —  — 

In  t«n  tAUjcmrö  a  soiUiaiter  (|u'iui   hotaine  du  Caractere 

lorur«  de  V*>lUiirt*  sidi  iiecossite  de  rester  dans  un  pays 

«oii  eil  quelijue  fa4,u>n  oonteDu  pur  l^autorit^  flu  Gou- 

na   il  IIB  puia<ie   pa.H  drtuner  \m  tibre  essor  a 

.  .  .^  'ij    t?t  a  9on    i^prit    iiKjuiet,     11  m'i*st    reveriu 

m  ett  qarfqur»«  id^e(s)  de  venir  s*etöblir  ^lans  ud«?  viJle 

lUiD  de  R'nie  im  je  bxüh  pemuad^,  sur  la  connoissaiiea 

dti   (ieiire   de   si*s   litd)itant»^,    <pVil  feroit  bemK'< 

—  Jf»  IK»  suis  pa8  siu'prii^  quo  les  Jesuit<»s  de  8ti 
iiyMüt  predig  contjne  Luy,   luais  bieu^   qu^il   ait 

•  •  Ehttii^rt  ifr|*en  Mklielfeldeu. 


,^04  Alexander  Pf  ist  er. 

hardiesse  d'oii  portt^r  ses  plairites  a  leur  Superieur:  »jiiainl 
011  a  aussy  peu  opargiie  la  Religion  que  Monsr.  de  Voltaiiv. 
on  n'est  poiiit  en  droit.  — 

A  Berne.  le  (>  Avril  1764.  A.  De  Villettes.'.i 

Beilage  8. 
Monsieur, 

J'ay  appris  avee  le  plus  sensible  plaisir  par  la  Lettr»» 
((ue  vous  m'avez  fait  la  grace  de  m'ecrire  Ic  1er  de  ce  niok 
voti-e  lieureux  retour  cliez  Vous;  Et  que  Taccouil  que  vons 
ont  fait  vos  amis  a  Berue,  et  ailleui\s  sur  votre  route.  iw 
vous  laissoierit  aueuu  regret  de  vous  en  etre  eloign^  pendant 
([UoLpK's  jours  et  d\avoir  fait  une  Course  jusipi'icv.  »Dalwi 
war  Isc'Hu  auch  bei  de  Villettes  in  Bern  und  auf  dein  Heim- 
wege i?!  l)ei  Cliavigny.i 

Je  vous  HMuls  niille  grace  de  la  bonte  (pie  vous  avez 
en  de  nie  ra])peller  a  votre  passage  a  Soleure  dans  le  S(m- 
voiiir  de  Monsr.  de  Cliavigny.  Nous  sommes  toujours  Mad'' 
(!•'  Villotte  (^t  nioy  dans  Tidee  de  profiter  des  marquos  «le 
bonte  dont  c*  digne  Ministre  nous  honore.  si  la  Sante  de 
ni;i    Feninir    \o    Luv    porniot    —   —    —  —    --   — 

J^iy  vu  avee  un  s(Misibl(i  plaisir  Monsieur  que  IVntn'tioii 
i\\\r  vous  avez  eu  avcc  Monsieur  TAiiibassadeur  de  Fraiict» 
au  Sujt»t  (b's  Afi'ain^s  de  Bienne  a  produit  tcmt  Teffet  que 
i«'  m'etois  |)roniis:  La  voye  de  Coiiciliation  que  voiL<  avpx 
indi^jure  est    l'unicjue  dont  on  puisse  esperer  quelque  Succe> 

♦  't  jr  ne  suis  jnill(Mn(Mit  surpris  quun  Ministre  aussy  clair- 
voyant    (|ne    Monsr.    de    Cliavigny    Pait    d'abord    saisio:  Et 

•  luell.»  Luv  aye  sur  le  cliamp  fait  renoncer  a  Tidee  de  ses 
Bataillons  anxiliaires  (pvun  nioinent  de  mauvais  Immeur 
p'HU  Luv  avoir  sugg<M'^.  inais  dont  la  reflection  Luy  aiira 
bientöt  fait  sentir  toutes  les  consecpiences.  Elles  auroiei« 
fort  bien  i)U  nnMier  la  France  plus  loin  qu'Elle  n'a  envie 
(Valler  et  sa  Situation  inlerieure  ne  doit  selon  moy  guerres 
la   j)orter  a  s(mhaiter  des  Engagements  au  dehors.  — 

A  Berne.   le  5  duin  1754.  A.  De  Villettes. 

^atcrl.  Bibliothek,  Ba^el,  11,  M.    ih,   2. 


Zur  Gefclüchtc  Basels  etc. 

Beüage  9, 

A  Berne,  lo  2«.  -^üm    1751. 

^  TtB  mxis  piw  phis  ötiifie  qu«^  von«  i^ur  Ins  Affair^?s>  d*- 
M%  dciut  notiH  ne  sotiuiie  icy  qno  triJt?  superficiellBiD^nit 
Q^,     Ku  gerieral    los   uonvelb-^s  rpit*    iiims  <>n  recevons 
bont  rieti  intuus  qao  ^atisfuii^antes,   et  nous  annuucent 
«ses  parotiH^nt  tcmih  les  jonrn  plus   sV  «chcmiiier 
%  doht    los  snitns   ne  pravonb  T^rr*   4110  d^sagre- 
itH  liicli0USL*s;  Malgre  cela.  L'on  no  mt»  paroit  milleiiumt 
irv  de  »Vn  meler:  Cela  peut  V€»mr  di>  ee  qu\)H  Test 
«ilhmr^;  Et,  d'iin  antn>  eot^,   «U»  ce  «lU«  Ton  n^a  uulle 
ace  flaim  TEveque  df»  Basle,  dont  il  faut  conv<>tiir  qn^ 
[idmte  n'dst   poiut   propre  &  Tinspirer.     II  vs\  facb»mx 
I  dn  CliAvigny  n*e,st  pas  gont«5   1p   [»lau  qiif*  vouä 

|iropos^.  A.  r>»'  Villottoö. 


Beilage  10. 


JIorLsieur. 


Od  awroil  pü  se  promcttre  eles  plus  heuroux  Effets  des 

l^rtiiiioBs  et  de«  Conseibi  salutÄii'ee  de  Monsr.  I»3  BandeiHit 

irgQHr.     si     —    raml>!tioii    »»t    ranimosite    n'avnioiit 

orstnent    avougl^    les    Chüfs    des    tliflerents    pailis,    qui 

&nt  aajourd'huy  ia  vilk*  d»^  Bionne.    Plus  fapprofondi« 

iiflair«,  plu8  j*ai  Heu  de  me  pi'rsua<ier  que   le  ressen- 

'       Icöir   tle   so   maintonir  dans   lours  Eiuplois  et 

"    qu*ils    s'Atoient    usurp4s.    out   porte   MV>sar«. 

Blo^iich  j^  »acrifior  leur  Patrii*  et  ses  Liberias;   Et, 

le  Prince   Eveque    et    MoT»sr   de  Chaviguy    dann 

^d^marcliea.     J^ai  lieu  de  croire  que  ce  deniier  en 

Iqni*  fii^on  oon\'aincu  Luy-nienie,  et  qu'il  so  por- 

-   a   lous    Ie8  expedienta  qui    potirroient  Lay 

rfi'niiin  k  sortir  avec  lionneur  de  noiU*    T' 

atit,  «i  ve\&  üe  peut  en  procnrant  eii  1 
tiouii  qui  convieunent  a  Ia  dignit^  du  Priiic 
que  s'oire  Pliiij  n'embras!<ie  r*      ^ 


iit>r<iiiL*;iiui 


n\<    th 


1 


V)('f  Alexander  Pfistcr. 


V0U9  pro[)Osez  a  Bieime.  soit  comiuuniqu^  de  la  a  Monsr. 
lArabassadoiir  de  France,  d'autiint  qiie  par  cette  voye  in- 
(lirecte.  Vous  pouvez  exposcr  bien  des  verites,  quiliiecon- 
vioiidroit   ])eut-etre  i)as  de  Luy  mettre    sous    les  ytnix,  en 

Liiy  ecrivant  en  droiture. 

De  ma  Cauipagne  pres  do  Berne 

le  18  Se])tenibro  1754.  A.  De  Villem-!?. 

Beilage  11, 
II  y  a  deja    plus    de    quinze    jours  qiie   Poii  iious  avoit 
assure  C[ue  la  Conference   de  Bienne    imit  (?.-   ä  sa   fin:  Et 
(pie    Ton    etoit   eonvenii.    nmiablement   a  la  Satist'aetit)u  dos 

dcux    j)arties    —  —  —      -  —  —  —   —  —  — 

A  Berne.   le  11  Janvicu-   1758. 

A.  ]  )e  Villettes. 

Beilage  12, 

Je  Jie  .suis  point  suri)ris  que  vous  n'ayez  point  en  de 
CoDumications  des  Rei)resentations  que  j'ay  faite  conjoiiit^ 
luent  avec  Monsieur  ](»  Gouverneur  de  Neufchatel  a  L.  L.  K. 
(!«'  Berne.  a  Toccasion  de  Temploy  du  Regiment  »lonner; 
I)*autant  (pie  uous  nous  sommes  fait  une  Loy  ique  la  bien- 
soance  nous  dictoiti  de  n'en  donner  Copie  a  {)ersonne,  malgri 
K«s  lTistanc(\s  ipie  Ton  nous  en  a  fait  de  toutes  paits.  Si 
ecs  ('0})ies  etoient  venues  a  se  multiplier,  comiui»  cela 
n'auroit  put  nianque.  (.\H  Etat  auroit  pii  nous  reprochor  avt'C 
justice  d'avoir  depouille  l'esprit  du  Caractere  dont  noiis 
so  in  111  CS  revetu  et  de  la  Commission  dont  nous  nous  otioiis 
cliarges:  Et  au  lieu  d'une  Representation  Ajnicale  de  Soii- 
vcrain  a  Sou verain.  d'avoir  affecte  de  repandre  un  manifeste. 
(Inns  la  veue  (?)  appareniment  d'echauffer  les  esprits. 

A  Bcune.  1('  22  Avril  1758.  A.  De  Villettos. 

Beilage  13. 

Tl  n'est  pas  douteux  (pie  la  Demarche  que  rAnibassa 
deur  de  France  aupres  de  votre  Magistrat  an  Sujet  de  l 
Gazette  de  Bale,  Luy  fait  un  tort  infini;  En  ce  que  le  Publi 

Ti'eu  pas  instniit  d(»  cette  CirconstÄnce  est-  choqui  de  c 


Gc»ch»cbtf  B;iHcl« 


J(Q7 


t  IWn  y  «]|iprimt9  dm  fiuts  lioKiin^s  Mt  tittrilui«*  co  SUonct* 

priocipf*  ilw  |iartinliti.  Ce  qai  a  dwJH  degnnt^  bieu  des 

119  icy  de  pretidn?  cette  «^ftzett*^.     On  nn  [mn  man4ii*»r  d«* 

P?er  «   cc»tto    oecti^ioii    raftVctution    rio    ne    lairo    aucuiio 

du  la  prbe  du  Cap  Breton:   D^autant  plnt»  quo  le 

irdi'  MonraiUcour  (?i  qiioyqne  connu  ponr  etre  pensionne 

i|i%ar   n'a    la)   t^n   aiicuii    Scnipnle    th*    rinserer 

meiiips  rircotistHnces  rapjmrteps  pav  liiiTozett© 

»ndiv^.     A  cet  egard  PAuthour  di>  colle  dt?  Baisit?  t*st  n 

ulrr.      La    pnidc^iicc    vout    «[u'il    evite    ilu    se    faire    di*.^ 

iir»*ri  t*i  en  hion  dn^i  nceasioDs  retieiit  m  plunu»;  niais  lo 

nirfuii«nt  «nputahlci   dans   sea  Decisioiis.    Lxiy  en 

Uli  Crinik*  et  attribut^  sa  rotonue  a  un  tont  antrc  inotif* 

bonheur^  conmifj  vour  Io  ditf*s  fort  bii'»!»,    il    iie  depeiid 

du  Muiign  dv  Chavi^ny  (pi'im  Ev^ru^meiit  <U*  la  namr^ 

rtliy  de   la  jirUe   du  Cap  Breton  suit    vray    ou   uon   <  i 

sow  Pouvoir.    ni    nieuu»   celiiy  ile  soii   jjiaitrt»,  nt*  s^aii- 

[||  f?w  drnibitr  la  connoissjanct^  au  Public:  Au  uiojeu  d»* 

fl  ferott   Iteaucoup   mieux   de   8*abstenir  de  pareilles 

tte»,  —  -* —  —  —  —  —  ~  —  —  — 

Je   ü«   sui«   \nvi   instmit   bion   au  jnstL'  de  rAifaire  du 

letit  de  Salb:  mais  en  gros  il  me  paroit  que  la  luaniero 

te    Cottr    011    agit    avec    Eux    doit    dt^gaut*jr  tmis  le.s 

iffs    €*i    ijunimeinerit  les  SuJssüs   d^  Son  Sörvice:   Et 

Ikarier  vray  Ji^   iw  coi^ois   pas  quo   Ii*h  iloruiers  n«^ 

njant  p«^  dejtt  deptiis  lüngt<^rn9,  —  -  —  — 

A  Btfme,  Ifi  6  Sepk'iubre  1768.  A.  De  Villettos 

Beilaffe  IL 
nie  pmmettre  que  vouh  votidivz  bien  me  reinettre 
Tree«  mt*s  trc*8  hunibles  rf^morcimeuts  dej?  denx 
■*^    qilr    viius    lu'avüz    euvoye    et    qui    out   ete 
BaMe  a  rotTusiuu  du  Jubile  (|ue  voiis  avez  cidebrt* 
»aiii  (Gederikfeit*r  der  Universitllti. 
'     2n  Arril  l7i'Ä  A,  1>.*  Vil!»  rtos. 


Beilage  1^>. 

peraettre   avantbier   au    Bieur   Carrard,    (jlf^ 
Banquit^rs  (iruiu'r  hi   valeur  dcVingt   Duc 


.•iQS  Alexander  Pfistcr. 


1 


de  Convention  ontre  nous;  En  hiüt  Louis  d'or  et  trois  Ecus 
ueufs  poiir  le  Compt^  du  Sieur  Merian  a  Basle.  'Merian 
war  früher  in  Bern  und  nun  Gastwirt  im  Wilden  Mann  in 
Basel). 

A  Berno,  le  9  Juillet  ITOü.  A.  Di-  Villettes. 

Beilage  16. 

Quant  a  Tide«^  (rincluro  le  Corps  Helvetiquf*  (laus  la 
Pacifiwxtion  generale.  Je  n'ignore  pas  quelle  est  venu  a 
plusieurs  des  Etats  ([ui  les  composent:  Et  quoyquo  lo  Sea- 
tini(»nt  contraire.  que  vous  semblez  avoir  adopte,  ait  aussy 
des  Partisans,  Je  vous  avoue  (|ue  cette  idöe  paroit  ni  ab- 
surd«» ni  niauvaise.  Surtout  par  rapport  aux  Cantons  Evan- 
^elirjues.  Jo  (tonviendray  si  vous  voulez  avec  vous.  qu'il 
sproit  peut  (Jtre  plus  preferable  pour  la  Suisse  d'etre  oubliee 
«»t  tranquille:  Et  je  veux  croire.  vu  le  Systeme  de  Gouverae- 
nient  cpii  prevaut  generalenient  chez  vous,  (pi'il  narriveni 
rien  de  votre  part  (]ui  trouble  la  jouissance  d'un  etat  si 
desirable:  Mais  environnes  coninie  vous  otes  de  Voisius 
puissants,  C -liez  (jui  la  raison  d'etat  et  les  Convenances  fönt 
un  inotif  süffisant  })our  s'arrondir  aux  depens  d'autniy.  eta 
memo  consacre  cette  injuste  Politique.  II  reste  a  scavoir 
si  vous  |)()uvoz  conipter  qu-Ils  vous  laisseront  toujonrs  dans 
i^t  etat  d'onbli  et  d(*  tranquillite. 

A  Brrne.  le  IG  Mav  1761.  A,  De  Villettes. 


Beilage  17, 

A  Berne,  le  H  Fevrier  17«»*2. 


Monsieur. 


II  est  bien  vrai,  Monsieur,  que  je  compte  quitt<?r  ce 
[)ais  dans  rpielques  mois  d'ici,  Sa  Majeste  ayant  eu  poiii 
agreable  de  nraecorder  mon  Rappel  et  de  me  permettre  d« 
nie  retinM'  dans  ina  Patrie  pour  y  finir  tranfpiill erneut  \i 
rrste  de  nies  jours;  Ne  doutez  pas.  Monsieur,  tju^avant  »1« 
])artir  d'ici.  je  ne  vous  rende  aupres  de  mon  suceessea 
tous  les  bons  ofi'ices  qui  seront  en  mon   pouvoir.    — 

A.  De  Villettes. 


Zur  Geschichte  Basels  etc.  399 

Beilage  18. 

Je  VOU8  conjure  Monsieur  par  tonte  l'Ainitie  que  vous 
navez  condtamineut  temoigne.  de  vous  employer  et  de 
oettre  meine  tout  en  oeuvre  pourque  votre  Etat  fasse 
emblant  d'ignore  mon  passage  a  Basle.  De  mon  c6t6  Je 
liesiterai  pas  le  moment  que  j'y  seray  arrive  de  inonter 
ncognito  et  dans  mon  habit  de  voyage)  en  carrosse  avec 
ons  et  d'aller  rendre  une  visite  a  Monsieur  le  Bourgue- 
laitre  regnants  i\m  etant  faite  sans  Ceremonie  n'exigera 
en  de  sa  part.  Je  suis  seulement  fachö  que  Pabsence  de 
bnsieur  le  Bourguemaitre  Debary  me  prive  du  plaisir  de 
ay  donner  la  meme  marque  de  mon  Attention.  (De  Villettes 
ar  eben  von  einer  Krankheit  genesen.) 

A  Bremgarten  pres  de  Berne. 

le  12  May  17H2.  A.  De  Villettes. 

Beilage  19. 

A  l'egard  de  votre  Correspondence  avec  Mousr.  Colo- 
ooke.  c'est  une  affaire  que  Monsr.  de  Vilh^ttos  m'a  le  plus 
rteuient  reconimand^;  Et  vous  pouvez  conipter,  Monsieur, 
le  c*»  sera  aussi  la  premi^ro  quo  je  lui  niettrai  sous  les 
nx.  a  son  arrivee  ici.  —  —   — —  —  —  —    —   — 

A  Bt-rne,  le  2(5  May  17H2.  J.  G.  Catt. 

Beilage  20, 

il  «Colebrooke)  me  cliarge  oii  niomo  t<.Mns  d«»  vous 

i«'r<le  sa  part  «lo  renouvollor  la  votro  iCorrespondances)  et  dt^ 
lontinuer  sur  le  memo  pied  (ju'avec-  Mimsr.  de  Villettes 
i  predeoesseur:  Les  mrmes  -  conditions  et  los  ju<Mnt»s 
?caiitions  soront  oxacttMueiit  obsorv6»s:  Et  vous  pouvez 
upter.  Monsieur,  sur  le  socrot  1(^  ])lus  roligioux  do  notn» 
t:  — JVspere  donc  quo  vous  connnencoz  votre  Corrospon- 
ice  avec  nous  Tordinairo  prochain.  «»t  quc^  vous  nous 
inerez  tous  les  avis  qui  viondront  ä  votn»  —  connoissanco. 

A  Bf-nie.  le  24  Juillet  17()2.  J.  C 

Zcitschr.  f.  Gesch.  und  Altertum.   VI,  2. 


400  Alexander  Pfister. 

Beilage  21, 
Monsieur. 


Mr.  lo  Coiis.  antique  Schlosser  (rEmiiiendingiie  fait  un 
tour  (lans  la  Suisse  pour  voir  le  Philaiitropine  ä  Marchelm.  . 
S.  A.  S.  Msgr.  lo  Marggravo  a  pris  la  Resolution  genenjiise 
«l'onvoyor  deux  gar(;'()iis  de   boiine  fauiillo.    a  Marchelhi.  et 
doux  autres  a  Dessau,  pour  esiftiyer  ces  deux  Ecoles. 

(Carlsrouho)  le  5  May  177(>.  Gro«»s. 

beiInge  22. 

—  —  —  —  --  —  Les  jeunes  Gens,  quo  Mon.seigut»ur 
«'üvoio  aux  pliilantropines.  sont  i)arti8  la  Semaine  passeo. 
Savoir  quatro  pour  Dessau,  accompagnes  d'un  gouverneur 
(|ui  y  restera  tcnit  le  teius  ile  leur  Sejour,  Savoir  deux  ans. 
et  <iui,  etant  un  des  [)r^ce[)teurs  au  G3'ninase  d'ici.  y  «loit 
ap[)rendr(j  la  Methode  de  L'Educntion.  Et  deux  jwur 
Marchelins,  auxquels  Mad*^  la  Princesse  h^reditaire  a  Joint 
un  Cahnmjue,  dont  rimperatrice  de  Russie  lui  a  fait  presont 
Le  Prince  liereditaire  a  accompagne  le  nombre  de  ces  Ecoliers 
d'un  gar(;on  d'une  l)onn(»  niaison,  desorte  quil  en  partireut 
aiissi  4  ])our  Marchcdins.  Sous  les  Auspices  d'un  gouveniour 
ipie  S.  A.  S.  1<»  Marggrave  leur  a  donne.  et  lui  les  y  accom- 
j)ngiuM'a.  et  lui  rendra  de  tems  en  temps  compt*»  de  tout 
»Ils  arrivnront  deniaiu  jnatin  a  Basle.  Deux  particuliers  se 
sniit  aussi  determiiies  do  prol'iter  de  Toccasion  du  voyage 
•  t  (lo  la  dirt'Ction  du  (rouvernenient.  Tun  envoyant  son  fiU 
a    Dessau,  et    Tautre  a  Marehelins. 

!\[sgr.  a  l'ait  un  nol)l(»  Kiiiploi  des  250  Exonij)laires  du 
Pr«'(is  du  Piiilantropine  de  ce  dernier  Endroit  pour  lesqueU 
il  avoit  jjrenuniere.  S.  A.  S.  les  a  fait  distribut»r  i)amü  s*** 
ot'liciers  de  (listineti(»n. 

l\  Cai'lsnilie,  le  ;.^()  .Juin   1776.  Groos. 

Heilnge,  28. 
.)<•  serai  tres  redevable  a  ]\I.  le  Conferentz  Rath   Iseliii 
de  vouloir  ra])peller   M.  Le  Cointe   de   St.  Gonnaiii    a   luon 
SouviMiir.   ear  je  orois  qu'il  faut   revenir  a  La  charge  pour 
(d)tenir  quelque  Ais  ee  StMgneur. 


Zur  Geschichte  Basels  etc.  40 1 

Le  jeime  M.  Oclis;  ost  amv6  {9!  chez  nous  Lundy 
'I'-rnier,  ot  y  ä  Sojoiimer  jusqu'ä  hier  Jeud}'  apres  dinor. 
l*  haziird  ä  voulu  (jiie  iious  avons  pü  Lui  procuror  quelcjue 
aijinsement.  il  y  passa  un  Regiment  quo  nous  avons  fete, 
n  on  donner  deiix  Concert  011  il  fit  entendro  Sa  belle  voix. 
et  fiit  adrnirez  de  tont  le  public,  il  nous  honora  hier  avec 
nos  Chefs  et  cjuelquo  Capitaines  ä  notre  diner  de  Compatriote, 
i-t  il  s  est  reinit  en  cliemin  pour  aller  coucher  k  Landau, 
I  m'a  chargö  de  vous  assurer  des  Ses  respect,  et  incessament 

oiis  recoverrez  de  ses  nouvelles.  — —  —  —  —  - 

a  Wissenbourg.  le  28  Juin  1776.  Tsolin.*) 


•   Vatcrländiiche  Bibliothek,  Basel,  V.  M.  K»,  5.  Joh.  JaUnb  Isdiii. 


402  Alexander  Pfister. 


Quellen. 


Allgemeine  Deutsche  Biographie,  Band  14,  28  und  32. 

Archiv  für  Geschichte  und  Altertumskunde  von  Oberfranken.    Zweiusd- 

zwanzigster  Band.    Drittes  Heft.    Bayreuth  1905. 
Archiv  für  sächsische  Geschichte,  Band  14. 
Archiv  für  schweizerische  Geschichte  und  Landeskunde,  herausgegeben 

von  H.  Escher  und  J.  J.  Hottinger.  I.  Band.    Zürich  1827. 
Basler  Jahrbuch  1890. 
Basler  Zeitschrift  für  Geschichte  und  Altertumskunde.    IV.  Band,  2.  Heft    ! 

und  V.  Band,  1.  Heft. 
Biographie  Universelle  (Michaud).    Paris  und  Leipzig. 
Bodmer,  J.  J.,  Denkschrift  zum  200.  Geburtstag.    Zürich  1900. 
Borel,   Arnold,    Le   conflit   entre   les   Neuchatclois   et  Fr^deric-Ic-Grand. 

Neuchdtel  1898. 
Hidgenössischc  Abschiede,  Band  VII-*. 
Hrsch  &  Gruber,  Aligemeine  Encyklopädie  der  Wissenschaften  und  Künste. 

I.  Sektion,  32.  Teil  und  11.  Sektion,  24.  Teil. 
Hstignard,  A.,  Le  parlement  de  Franche-Comt^  1674—1790. 
Festgabe    zur    LX.   Jahresversammlung    der  Schweizerischen   geschichl- 

forschenden  Gesellschaft,  Bern  1905. 
Frederic  le  Grand,    Oeuvres.    Edition   J-D-E.  Preuss,   tome  XX.    Berlin 

MDCCCLII. 
Friedrich    der   Grosse,    Hinterlassene  Werke   Friedrichs  IL,   Königs  von 

Prcusscn,  Frankfurt  und  Leipzig  1788. 
Friedrich  der  Grosse,  Politische  Correspondenz,  12.— 23.  Band. 
(icschichtsfreund,  der,  14.  und  28.  Band. 
Ciirard,   Abbe    Franvois,    Histoire  abregee   des   officiers    Suisses,   I.  voL 

Fribourg  1781. 
Haller,  üottiieb  Fmanuel  v.,    Bibliothek  der  Schweizer  Geschichte.  Bern 

1785,  II.  IV.  VL  Band. 
Haller,    Ludwig  Fr.,    Leben   des  Herrn   Robert  Scipio  von  Lentutus  etc. 

Bern  1787. 
Helvetia.  Band  7.  1832. 

Ischer,  Rudolf.  Johann  Georg  Zimmermann's  Leben  und  Werke,  Bern  18^2. 
Leu,  J.  J.,  Allgemeines  helvetisches  eidgenössisches  Lexikon  1747—1763. 

(Supplement  Bände  1786—1797). 
Lutz,  Markus.  Nekrologe  denkwürdiger  Schweizer,  Aarau  1812. 
.Mangold,   Fr..    Die    Basler  Mittwoch-    und  Samstag-Zeitung    1682-1796. 

Basel  1900. 
May,  M..  Histoire  miiitaire  de  la  Suissc,  tome  V..  VII.    Lausanne  1788. 
Miscellanea  di  storia  italiana  cdita  per  cura  della  regia   dcputazione  di 

storia  patria,  lomo  28.   Torino  1890. 


^ 


Zur  Geschichte  Buseb  ete 


•^Hteilangen  des  Vereins  für  die  Geschichte  Berlins,  herausgegeben  von 
,       Dr  Hans  Brcndicke.    22,  Jahrgang-    Berlin  1905. 
Mjpnnard,  K.,  Geschichte  der  Ridgenossen  etc..  2  Bände,  Zürich  1847, 1848* 
BreJi,  Karl,  Die  helvetische  Gesellschaft,  Winterthur  1863. 
■^e  Neuchdtelais,  voK  I   XI.  XIV. 
^c  Zürcher  Zeitung,  April  und  Mal  1899. 
Nfwjahrsblatl  zum  Besten  des  Waisenhauses  in  Zürich  für  1861,  1862. 

fNouvelliste  Sutsse,   historique,  politique,   literaire  et   amüsant.     Neu- 
chatel  1756. 
ÖClis.  Pelcr,  Geschichte  der  Stadt  und  Undschaft  Basel.  Bd.  VIL  Basel  1821. 
Rengger,  A.,  Johann  Georg  Zimmermann's  Briefe  an  einige  seiner  Freunde 

in  der  Schweiz.    Aarau  1830. 
Revüe  historique  vaudoise  1902, 
Rousseau,  J,  J,  Confessions,  livrc  XIL 
Rütbenick»  Dr  Richard,   Die  Politik  des  Bay  reut  her  Hofes  während  des 

siebenjährigen  Krieges.    Im  Archiv    für   Geschichte    und    Altertums- 
kunde von  Oberfranken.    1905. 
Schwarz,  Ferdinand.   Die  Schweizerregtmenfcr  in  französischen  Diensten. 

Basel  1892. 
Schweizer,  Paul,  Geschichte  der  schweizerischen  Neutralität.  Frauenfeld  1895. 
Sf^recheti  J.  Andreas  v ,  Geschichte  der  Republik  der  drei  Bünde  im  acht* 

zehnten  Jahrhundert,    l.  und  II.  Band,  1873  und  1875, 
TtJllcr,  A*  V.,  Geschichte  des  Freistaates  Bern.   V.  Band.     Bern  1839» 
Ttificcnsia,  Festschrift  1891. 

Verhandlungen  der  Helvetischen  Gesellschaft  1827. 
VCfgtlin,  J.  K.,  Geschichte  der  Schweizerischen  Eidgenossenschaft.  HL  Band. 

tIL  Auflage  von  Dr.  Heinrich  Escher.   Zürich  1857, 
Wjfschauer,  Otto,    Die  Lotterieprojekte  Friedrichs  des  Grossen.    In  Mit- 

leilungen  des  Vereins  für  die  Geschichte  Berlins  1905. 
Zeitschrift  für  Schweizerische  Statistik  19a3,    IL  Band.   39,  Jahrgang, 
-^immcrmmn,    Ritter  v.,    Über  Friedrich  den  Grossen   und  meine  Unier- 

redung  mit  ihm  etc.    Frankfurt  und  Leipzig  1788. 
irdlive:  Staatsarchiv  Baselstadt. 

KgL  Geheimes  Staatsarchiv  in  Berlin. 
Stadt- Bibliothek  Zürich. 

Vaterländische  Bibliothek  in  BaseL  nunmehr  mit  der  üniversitats- 
Bibliothek  in  Basel  vereinigt. 


1 


Die  Basler  Stadtgarnison. 

Von  Paul  Kölner. 


Zu  den  vornohmsi;en  Pflichten,  welche  seit  dem  Epis- 
kopat dos  machtvollen  Heinrich  von  Neuenbürg  den  ziinftigen 
[jeuten  Basels  überbunden  waren,  gehörte  die  AVart  des 
Banners.  Sie  bestand  in  der  Ansübung  des  Kriegs-.  Wacht- 
und  Löschdienstes.*» 

Während  ursprünglich  jeder  Bürger  mit  Aiisualinie  tkr 
Ratsherren  diesot  Dienste  persönlich  zu  leisten  hatte,  nahm 
nach    und    nach    d(>r    Gebrauch    überhand,    sich    gegen  Be- 
zahlung durch  ärmere  Zunftbrüder.  Handwerksknechte,  den 
Ziuiftknecht  oder  aber  städtische  Söldner  vertreten  zu  lassen- 
Schliesslich  konnte  man  sich  durch  eine  jährliche  Steuer  im 
Betrage  von   einem  Gulden   von   der  Wachtpflicht  befreien. 
Dieser  Modus,  anfänglich  die  Ausnahme,  wurde  im  17.  Jahr- ^ 
hundert   bei  wohlhabi^nderen  und  altern  Bürgern  zur  Regel.  = 
zuAvidpi'    den    stets    erneuerten    Iiatsgel)Oten.     mit    eigeneul 
Leibe  zu  wachen. 

Die  Umwandlung  eines  ehedem  persönlichen  Leibesr- 
(lienstes  in  <'ine  Ersatzsteuer  war  aber  nicht  bloss  eine  Folg^ 
l)üi'gerli('her  Be(|uemlichkeit :  vielmehr  forderten  die  schweren 
Zeitereignisse  eine  Änderung  dc^sWachtwesens  von  Grund aül 

Bascds  Sicherungsanstalten -i  und  Befestigungsanlagen 
waren  his  in  die  ersten  dahn^  des  dreissigjährigeu  Krieg«»« 
hinein  (h'rart  ungeniigend.  dass  wir  uns  eigentlich  wundern 
müssen,  wie  die  reiche^  Handelsstadt  am  (d.)ern  Ende  del 
Pfaffengass(^  nnversehrt  die  Fährlichkeiten  jener  scldimnieB 
Zidten   ühtTstand. 


')    r.  (recriii^,    Hamid  und   Industrie  der  Stadt  Basel,    paj^.    ^d,  »^ü,  '^ 

-)  Kaisherr  A.  Hcuslcr  entwirft  in  seinen  „MiUcilungen  aus  den  Basle 

Ratsbüchern  au«>   den  Zeiten    des   dreissij»jälirigeii  Krieges'*,   Beitr.  z.  vatcrU 

(resch.  VIII,   iS»s — 2i(),  ein   Leben   atmendes  Bild  ül)er  die  militärischen  Va 

hältnissc  in  diesem  Zeitraum. 


ftmi 


405 


Wolii  t*rkaüiiten  iMusii'htige  Kreise  die  ilrolieiide  Öacli- 

^^gi\    Kpiii  Gr^ri II gorer  als  AiidroäkS  Rvff  uittornaliin  ns  bereits 

WM  mit  dem  ihm  eigenen   Finier.    die  Behörden  in  einem 

^Ickhaltlosen  Bedenken- 1  mii  die  bedrohlichon  Zustände  auf- 

'oerksarn  zu  machen  luid  die  ganze  Jämmerlichkeit  dos  (h\- 

aiijligen  Verteidigungsövstems    aufÄudeeken.      Die    Schäden 

und   Mängeh  welche  er  an  d^m  Unwesen  der  Bürgerwacheii 

dartut.  und  <li»^  Art  unrl  Weisi*,  wio  er  mit  den  Zünften  zu 

rieht  geht,  :5eigen  uns  die  geradezu  autiiniütaristisch  ge- 

nt*'    BürgHrs(*haft    in    der   Anffassnng    ihrer   Pflichten    in 

nero  älisserst  bedenklichen   Licht. 

Ryffs  Vorschläge  zur  Erhaltung  der  Ontming  und  Sicher- 
eit  gipfelten  in  folgemlen   Punkten; 
Wacht  unter  den  Toren  durch  kriegserfahrene  Leute. 
HochwacJit  anf  Türmen  und  ITauem. 
Schaarwachen  (hirch  alle  Strar^sen  der  Stadt. 
Rine  heimliche  Waeht  inner-  und  ansserhalh  der  Stadt, 
(Irnndlicher  Abhilfe  verinochte  ab**r  der  Mahnruf  dieses 
^charlljlirdt enden    Mannes    nicht    Bahn    zu    brechen,     Wohl 
wurden  später  die  Torhüter  verstärkt,   indem  der  Riit  unter 
|dps  Tor  zwei  ^nach  erforderlicher  gezimme  ausgestaffierte 
Musketierer**  *)  Ätellen  Hess,  zu  deren  Unterhalt  jeder  Bürger 
frolmfastenlich  7  «  6  i^  entrichten    intisste.      Doch    blieb    es 
im  Uros-sen  und  (Tanzen    h»^im    alten  Schlenth'ian.     Im  Ver- 
U^iuen  auf   ^Untf,    iVw  Eidgenossen  und  die   Erbeinigiing''^) 
fühlten  sich   Bas<ds  B*»wohner  in  Sichorlieit^  aus  welcher  sie 
öftft  die  jammervollen  Zeitungen   vom  Krit»gss(dninplatze  im 
fmien  Böhmerlande  aul'rütteltpn  und  ihnen  jählings  the  Augen 
öffneten. 

Trotzdem   häuften   sieh   innm-r  wieder  die  Klagnn    nl>t*r 

ssordnung  anf  den   Tag-  und  Xachtwaehten,     Ja  der  Rat 

sich  16*20  genötigt,  der  Bürgerschaft  mit  der  Ätnverbmig 

iiider  Kriegsleute  zn  drohen,  falls  nmn  sich  des  Prassens 

^einstiger  Leichtfc^rtigki*iten   unter  den  Toren  inskünftig 

,t  enthalten  würde. 


^)  Ab^cilrucUi  lici  Heu>iler,  .1,  »♦  O.,  pAg.  190  u.  f. 

-(  Ma11d.1t  V,  2b,  Okt.  Ihn  ;  Vatcrld.  BiliL  O  44  No,  3. 

*)  Heusler,  »1.  a.  C>,*  pag.  190. 


406  Paul   Kölner. 

In  (lieser  Drohung  lag  aber  gerade  die  Hilfsnuelle. 
welcher  sich  die  Stadt  angesichts  des  kühlen  VtThaltens  der 
eidgenössischen  Orte  und  des  mit  allerlei  Schwierigkeiten 
verbundenen  Zuzugs  aus  dem  Untertanengebiet  wohl  oder 
übel  bedienen  inusste;  Hess  doch  die  Verwüstung  des  nicht 
allzu  fernen  Stamm landes  des  Winterkönigs  und  die  Kriegs- 
weise dor  Heerführer  vom  Schlage  des  tollen  Braunschwoigors 
ahnen,  was  den  deutsch(»n  (rauen  bevoratAnd. 

Das  Dingpu  von  Kjiegsvölkern  war  übrigens  für  Bas.'l 
kein(»  Neuheit.  Die  Stadt  hatte  sich  schon  früher,  1363 
heim  Nahen  Cervolas^  und  dann  wieder  1426  im  Ell ikuner 
Kriegt)  fremder  Söldner  zu  ihrer  Sicherung  bedient.  Man 
griff  also  auch  ji^tzt  wieder  zu  diesem  Mittel.  Kräftig  wunle 
«He  Werbetrommel  gerührt  und  gleichzeitig  mit  Moritz  von 
Oranien,  allerdings  ohne  Erfolg,  wegen  Überlassung  tüch- 
tiger Offizien»  unterhandelt. 

Bereits  am  2( ).  Januar  1622  konnte  eine  grössere  Truppen- 
sehar  vereidigt  werden.  Die  Angeworbenen  niussten  mit 
-aufgt'hebton  Fing<M-n  und  gelehrten  Worten  zu  dem  All- 
wiss(»n(l«Mi  Gott  t'inoii  oidt  schweren",  dass  sie  sich  wüllt**n 
..sowohl  in  Ix^waeh-  und  verwahning  dieser  statt  mit  eial»- 
sigen  (laghütt(Mi  un<l  nüchteren  nachtwachten,  im  schilt4»n. 
riiridon  und  was  l'orn«»rs  dazu  gehörig  ist:  als  auch  im  tür- 
l^rechenden  nott'ahl  sanibt  und  sonders  es  sei  gleich  die  keim» 
an  t'inoni  oder  nicht.  g<*g»Mi  feindt.  so  oft  es  die  gelegeiiheit 
('rJionschrn  wird,  auch  in  ausfählen,  jederweilen  mahnlioh. 
(hipfcr  und  redlich,  wie  t'hrlichen  unerschrokenen  SoUlat«»n 
wohl  anst(»hrt  und  gezi^'ndich  ist.  unverdro.ssen  und  .stand- 
haft  rrzei^rn   und  gebrauchen  lassen.'^^i 

Bis  zum  Sommer  U)*2'2  stieg  die  Zahl  der  in  Zusat« 
^»•uomnnMitMi  Soldaten  auf  (ion  Mann,  eine  für  danjaligeVer- 
hiihnisse  ungewrjhidiehe  ^lachtentfaltung. 

Aher  schon  am  17.  August  gleichen  Jahres  hielt  <ler 
Kiit    auf   (Jutachten    diM*    I)reizehnerherren*i    hin     eine  Ver- 

*i   u.  -)    \V;i(keriui;;eI,  <ic?.ch.  A.  Stadt  Basel,   I.  pag.   274,  422. 

•»)  Militäractcii,   K.  i. 

')  Die  Dreizehncrlicricn  imIci  der  j^chcinicRat  set/tcD  sich  aus  den  4  Häuften 
und  <)  .Mitgliedern  des  Kleinen  Rats  zusammen;  seit  dem  St.  Jakol)erkrics 
eingeführt,  r.itschhigte  dieses  Kollcj^ium  über  Staats-  und  Kriegssachen. 


Die  Basier  St»dt|^r»i»otit 


4<^7 


'  "'    ••    iviii    4tkl   Murin    t(lr   tunlich*      l*ir  V*^ranl»i8.HiUig 

[ieschluBse  wt  in  den  grosiseu  Kosten,  dem  ijnnji»r 

i»rkehr^nileii  Klagelied  ba^lf^riflclit^r  liatHerkaimtniüse  zn 

EiiigeCeilt    waren    diese    vierhundert   Söldner*    welchen 
in   »fSftjer    Linie    dio   Torhnt  anvortTaut   war,    in   vier 
npn^iiint.     Von    flii*8on    wurdem    dre»i   durcli  Haupt IfUt« 
[irt;   die   erste   und   Kt&rkHte  stand  unter  dein   unniittel- 
itu  ßc^lVdii  di\s  Piatzkunitnandantivn   «»der  Stadtlieulenants, 
[di?r  offizielle  Titel  lautete.     Drei  der  Truppi'neinheitün 
eten  auf  OroHgba«el.   während  eine    .jt^nHitH  Rhina*  be- 
st wnr. 
Iln  diesem  ans  ausltindii^ehen  Kiementen  ziisammenK«^ 
tt^n  HeiTi'  bnnasÄ  Basel  .seine  enit*^  8tadtgamiHnn.*i 
Die  iH»^lem<*nden  (ri^ldauH^aben,  wrkhe  die*«eEinrichtui»^ 
km  den    nan  gleichzeitig   eifrig   betriebenen  Fortifikatioui»- 
1   SGiar  Folge  hatt^,   veranlasj^t^*   den    Uatf   sobald   ilitt 
iig«ntl»d9eu    reiti    war.    die    Truppen    wied«*i'   auHxu* 
um  «fdche  bei  wirklicher  nder  vermeintlicher  4  re- 
•of  Monate,  tift  blr>^  Wochen  zu!«iiiiimeni&u%teh«'n 

^^n  fand  zwar  4<clt#»n  die  Anerkennung  d«*r 
.    .    ...     .um   Namen   sieb    Ende    der   IfiSOpr  Jalire 

Itmf   in    einiiUi   Menu>rial^/   energiscli   g«*gt«ri   einit 

7n  (ii»r  4iiirtiiiion  wehrte.    Anstatt  der  mit  ^h^h^ti»f 

"'   '  *        t,  laufet  (trafi%  Argui]i»'iiiatiait, 

iiigi*n,  «nn^'?*chnkrt»  biiw^'p^n** 

^jongt«  buoben^  einsosiellen. 

fuid^n  es  die  Führer  nazwt*ekHi^Mg^  huh  bl'»»iH4-n 

rkirichten     den    Mangel    an    Hcddaten    dun^lt 

an   ertetzen:   ztimal    man    ihrer  Meinung  nach  die 

[  aeliinsrlicii  dahin  gebracht  hätte,   mit  tlen  H^jlrialett 

Wacht    an   sieht^n:    viel  wcfitgffff  dam  «ich  eralere 


A»drwt  «<Umk«io**  ««Ufindkl  r«r«r  nkift 


\m  tat' 
17- jikffc— idtrti  la 


4o8 


Pau»   Kaint 


gli^ich  SöldiU'rn  ^komiiientiren  lassen-  otler  einer  mit  il 
iiiitlern  in  fiiueni  ^ Corps  tt*  guartc**^  gütlich  vertragt»n  wurd 
Letzteres  wäre  nllerditigs  ehrsamen  Bürgern  uicht  zu  vw- 
iil^flii  gPVVPHPn.  ihi  man  hei  ilen  oft  pl5tzHch  erfolff^  ^ 
AiiwerbungtMi  niclit  allzu  wählerisch  bozüglicli  des  Men-< 
Tnaterials  sein  könnt©  and  oft  srhliinme  Oeselleu»  ja  zuclu- 
loses  Gesindel  einzustellen  gezwungen  wm\  Dies  bewei»;! 
die  Bluineuk'se  von  Mord-  und  andern  Schr€*ckenstatt'U. 
welche  Hensler*)  aus  der  Bären  fei sischen  Chi"onik  zusaninien- 
reiht.  Nur  durch  einen  überaus  streng  gehandhabten  Straf* 
kodex.  in  dem  noch  so  recht  die  üiirtehiltL'rlichM  R<dieit 
bürgerlicher  und  militärischer  R«^chtspflege  zu  Tage  triu, 
und  durch  kriegstüchtige  Offiziere  lies«  sich  bei  diesen 
Schan'u   eine  leidliche  Mannszuclu   lierstellen, 

Ahldieb  wue  die  Bürgerwiiche  haben  die  Stadtsohlateu 
—  wohl  einem  Zuge  der  Zeit  folgend  —  in  ausgiebigster 
Weise  Gott  Bachus  gcnph^rt.  Immer  wieder  findt^n  sich  in 
den  Verordnungen  uml  Pfliehtenheften  mahnende,  auf  den 
Weingenuss  bezügliche  Vni'.schrift^Mi,  obschon  die  B*diiu*tlen 
weit  davon  entternt  wareiit  in  diesem  Piuikte  englierzig  am 
«ein;  heisst  es  doch  in  der  Wachtordnung^«  vom  Jahre  1»»*22: 
^wiewolJ  auch  zu  wünschen  wehr,  djiss  jedermeniglich 
vveins  auK  der  wacht  zu  trinken  sich  entübrigi'U  niöcl 
will  jedoch  hei  gegenwärtiger  Winterszeit  man  vorera  nacht— 
i'ssen  auffziechen  und  hernach  ujidi  zvvtllfi*  hts  in  IB,  14.  stumlt 
und  darüber  scharen  muos,  also  nit  weil  müglirh  ist  dt*.** 
weins  sich  allerdings  zu  müssigen: 

so  hieltp  man  nit  unthuidich  sevTi,  dass  einem  jeden  nn<ifp- 
varlitdi  ein  newes  mässlin  auff  der  wacht  und  nit  dnrubrr 
mit  Husgedruktem  anhang  vernunfftiglich  zu  drinken  zng^ 
lassen  sein." 


Di 


e  vi>rgesetzten  Amt-  uthI  Oberleute  soUien 


'iU    »'Uli'* 

siges  auffsehen^  haben»  dnmit  sich  niemand  ^mehr  denn 
sein  soll  mit  wein  beladen^  wenicher  einige  ungebühr  anhebe.'' 
Den  B^:)tt meistern  wnnle  strenge  ardjefohlen.  die  Rott- 
gesellen^  welche  trunken  auf  die  Warbt  kruiu-n.  „olne- Felili 
zu  riiegeiL* 

*1  Heuslcr,  a.  a.  O*,  pag,  2  i  H. 
*;  Mil.  act*  R,  I. 


Die  Basl^'t  ShiJte.'irtiisfin 


40i> 


Auch   Ihm  df^n   tHiizieron  sein  int   dt*r  Hang  5aiin  Beelifr- 

lemm  mehr  als  nötig  im  Schwange  gt^wesen  zu  sein;  wird 

|itoen  doch  naht*  gelegt,  sich  nicht  zu  ^überwinGn"*.    damit 

^sip  ihrpn    TTntorgobeneB    mit    G*^bühr    vorstehen     könnteiL 

lAlu  ärgst4?n  trieben  es  die  SpiüUoute,    deren  Tätigkeit  sicii 

lan(  den  Aufzug   hei    den  Bürgerwachen    beschränkte.     Vnn 

f ihnen  berichten  der  Stndtlieiitenant  und  die  QtiartierherrenJ) 

sie  seien  ^vast  unnütz**,    cla    sie   idb^  Ti^ge    ^voll   und  d<dl-^ 

Iftuf  die  Parade  kamen  . 

In  der  Auswahl  der  erganisiereodeii  Führer  hatte  Bas»d 
entschied«»n    eine    gUickliche   Hand.     Es  kommen  vor  allem 
tirt^i  Persönlichkeiten  in  Betracht,  die  während  des  grossen 
Krieges   der   Stadt   ihre   Dienste   geliehen   haben.     Die  be- 
deutendste  unter    ihnen    ist   der  aus  dem  Nassauiselien  ge- 
Vairrige    Obrist    Peter   Holtzappel/)    genannt  Mytander;    ein 
kriegserhdiren er  Haudegen  und  himuser  naiantunmo  zugleieh. 
Von  1622^ — 1623  Stadtlieiitenant*    ist  er  als  cler  eigentliche 
Organisator  der  G-arnison  zu  betrachten.    F'r  legte  für  Basels 
Sicliemng  einen  Eifer  und  eine  Tätigkeit  an  den  Tag,  welch»* 
di^n  bedächtigen  Ratsherren,  die  für  seine  ungestüine  Con- 
»lottiePL'iuiatur  kaum    ilas  richtige  Verständnis  besassen,    nft 
Dtir  zu  weit  ging. 

Die  beiden  amiern.  beide  baslerischen  Ursprungs,  sinrl 
HaiL«*  Jakol>  Zörnlin,*)  ein  Schuber  Mylanders,  und  dnr  kühr**^ 
Dniafgängf^r  (>bristwaclitin»^ister  .Jonas  (Irassi^r,*)  der  sich 
durch  seinen  kecken  Handstreich  auf  Kheinbdileu  in  der 
baslerischen  Kriegsgeschichte  eint*n  ehrenvollen  Xam^'n  er- 
w'erben  hat. 

Das    Ende    d^*s    dreissigjährigen    Krieges    und    flie    all- 

I mählich  erfolgende  Wiederkehr    des  Lanrllfiudens    unil    der 

Wegsichprheit    machten    auch    in    ßas<d    grössere   Tnippen- 

te  überflüssig,     Gieichwotil    wunlen    nicht    sänjtl idn^ 

I    imtlassen;  man  behielt  die  trichtigstL»n  und  ^gesun- 

iesten^,  emen  Stock  von  70— Knj  r^Iann  zur  Besorgung  des 


•J  Wacht-  u.  Sperrtet.  A.  i,    14») 3— 1740, 

*>  Bu)i:raphischcs  über  Holtzappel  j»ibt  Heusler,  a.  a.  O.,  p;ig.  202. 
^  Über  Zürnliu  &h.  A.  Heusler  im  Basler  Taschenbuch  r862,  pag.  22H. 
•)  Über  Zömlm  und  Grasser  orientiert  ßuxtorf-Falkeiften,  Basel.    Stadt- 
Lamfgieüch.  ans  dem   17.  Jhrhdrt.,  pag.  75,   100  u.  f. 


4to 


Faul   Kölner 


Waclitdienstes    unter   den    Toren,    weil    rlie  Soldaten   dh 
Fmiktioneu  immerhin  besser  oder  genauer  gesagt,   weniger 
schlecht  als  die  bürgerliche  Wache  bes<irgten,*) 

In  den  zwei  dem  westphälischen  Frieden  folgenden 
Jalirzehnten  fliessen  die  Quellen  zur  Stadtgaruison  recht 
spärlich.  Di*^  Ratsbücher  beschränken  sich  auf  knapp  g<^ 
t'H.'^ste  Mitteilungen  über  Abdankungen  und  Werbungen  in 
kioineni  Umfang.  Solche  wunleii  etwa8  eifriger  beim  Auj»- 
bnich  des  sogenannten  Kapperswilerkrieges  im  Januar  1656 
betrieben. 

Die  Stadt  traf  uuifangreicheVorsichtsinas^regeln:*!  grosse 
MehJvorräte  ^airden  aufgehäuft,  Pechkränze,  (ininaten  un*i 
iionstige  zu  einem  Sturm  notwendige  Sachen  angefertigt. 
bL*im  „fTuliernator*  von  Breisach  tausend  Stück  Pailisaden  be- 
stellt unil  —  als  nicht  UTiviHchtigste  Siehe rheit.snia^Jsnaiime  — 
durcJi  eine  zwolfköpfige  Ratskoinmission  die  Stadt  von  den 
in  grosser  Anzahl  sich  aufhaltjonden  „Italienern  als  ver- 
ilächtigen  (iesellen  und  Spinnen^  gesäubert. 

Breiter   strömen    die  Quellen   erst  wieder,   als  die 
^roi    soleil"    entfachten   Knege  Basels   benachbarte  Gebij 
erschütterten. 

Im  Febniar  it)68  waren  einem  verlautenden  Gesclirei^ 
Folge  Kroaten  im  Fricktal  imgelangt.  IHf  Stadt  mahnU* 
Aie  Vögte  auf  der  Landschaft  zum  Aufseilen  und  bei 
ihnen,  die  I^andleute  zu  nuist^ni.  Es  habe  in  den  ih 
Schäften  genug  „Kerls^^  die  in  dem  Kriegswesen  mitgelaulVn 
£ieien  und  darin  ziemlichen  Verstand  hätten,  um  die  andt»rn 
zur  ^Manining^  ihres  (iewehres  anzuleiten. 

Anlas«  zu  längeren  Verhandlungen  über  die  GarniÄOii 
gab  dann  ein  im  Schosse  sowohl  der  Kriegskommission  ab 
des  liats  sattsam  bekanntes  Thema:  Umsse  Liederlichkoit 
iler  Soldaten  unter  lien  Toren  und  Missbräuche  bei  ilen 
Bürgerwachen-     Zur  Förderung  der  Ordnung  sollten  in  Zu- 


i)  Der  Beweis,  *hk&&  Basel  seit  dem  jo  jährigen  tCrieif  besoldete  Tnippen 
In  seinen  Klaueru  hielt,  lässt  sich  an  HtUid  der  Rftt^biicher  nicht  erbriDgem ; 
Tv'ohl  aber  liefert  ihn  ein  Ratschlag  der  Xlllcr  vom  Jahre  1686  iMiL  act. 
R  )  St.  *}2  No.  15),  in  welchem  von  der  „seit  dem  entstandenen  deutschen 
Jvrie^  bis  anjetzo  eontimurlicb  gehaltenen  Gamijiou'*  die  Rede  ist« 

*)  Ratsprot.  v.  20,  Jan.    \bjb. 


Die  Basier  Stadlganiison. 


41 


[kiixift  die  Häiiptf^r  <lip  Losiuig  dem  Stmltlieuteiiaiit  iiiclit 
oeiir  morgens  früh,  sondern  erst  gegen  Abend  erteilen, 
esonders^  liefen  K lagen  V)  itber  die  Hanptwarhe  bei  fJ»*r 
beinbilicke  ein.  wo  sich  die  Soldaten  gar  unordentlich  auf- 
irten,  ihre  Notdurft  verrichteten  und  Tabak  tranken,  waf* 
'der  Schiffleutenzimft  wegen  der  Feuersg^fahr  ^vast  nnleitU 
lieh*^  war.  Uie  alte  Brücke  scheint  in  jenen  Jahren  von 
«len  Bürgern  iU>orhau]Jt  alw  herreidoses  Gut  aidgefasst  worden 
ru  Hein;  so  mussten  die  Kürschner  mehrfach  verwanit  werden. 
weil  sie  immer  wieder  ilire  gebeitzten  Felle  zum  Trocknen 
auf  der  Brücke  aufhingen. 

Durch  zahlreiche  Augenscheine  des  Lohnamtes  ontl  der 
Militürbehönlen  unterzog  man  gleiclizeitig  die  Fortifikations- 
anlögen  einer  Prüfung,  wobei  sich  hauptsächlich  in  der 
iniudeni  Stallt  zahlrpitlne  Mängel -1  oÖ"eid>arten. 

Einer  mehreren  Sicherheit  zuliebp  richtete  der  Rat  im 
Herbst  1678  eine  niichtliche  Patrouille  auaserlialb  tler  Statlr 
Mn:  dicstdbe  setzte  sich  aus  sechs  Soldaten  und  zwölf  Metiu 
Mer  Bürgerwache  zusammen.  Sie  wurde  so  unter  die  Haupt - 
Itore  Spalen,  St-einen  und  St.  Johann  verteilt,  dass  von  jeder 
[ dieser  drei  Porten  aus  jeweilen  z^vei  Sohlaten  un<l  \ner 
[Borger  Sicherungsgäiige  um  ilie  Mauern  machten.  Um  die 
Jnsketon  vor  Regen  und  Schnee  zu  schützen,  Hessen  die 
jKoiDüiissarien  sechs  tuchtme  ^Rik'ke^  aniV^rtigen,  deren  sich 
[rfie  Mannschaft  bei   schlechtem  Wetter  bediente. 

Ferners  war  schon  im  Frühling*)  gleichen  JaJires  b(*im 
LKäppelin^  auf  tier  Rheinbrücke  ein  Wächter  von  »enet 
iRheins^  gestellt  mir!  in  der  Kapelle  seilest  eine  (Hocke  auf- 
eljÄngt  worden.  Mit  dieser  niusste  der  Wächter  läuten. 
tibald  eine  Ronde  von  Uross-  oder  Kleinbasel  her  naht*-. 
Jer  ein»»  Schildwache  abgelöst  wurde,  wie  auch  in  vor- 
ilJender  Not  damit  ein  Alarmzeichen  geben.  Die  Glocke, 
welche  jetzt  in  dem  neuen  Kapellchen  Platz  gefunden  hat, 
Keilte  somit  nicht,  wie  bisher  wr)hl  Hngenonimen  wtirde. 
prchlichen.  sondern  militärischen  Zwecken,  war  alst»  ein 
in-haus  weltliches  Meläute. 


*)  Ratsprot  v.  io.  Sept.  1673. 
'}  Politisches,  V.  4,  12,  pag.  lu 
Unt^hf^rblii-^  V    I?    April  167 j. 


\\2 


P  a  II I    K  o  1  u  c  r. 


Zur  Vermi^idiing  kostspieliger  Aiiwerlniugeii  ftir 
Gurniaon,  bei  der  durcli  das  Eingreifen  des  Kaisers  bedingi^ii 
Annähentng  des  Kriegsschauplatzes  um  Oberrliein,  vt*r- 
)iniehtet*'  iiiau  Hi74. ^  nach  d*"m  Beispiel  anderer  Stadt 
uuch  <lii*  niedergelassenen  Handwerksgesellen  und  Die] 
knechte  zu  militärischer  Hilfeleistung,  Die  Bewehning  rief 
Angestellten  lag  den  Arbeitgehern  ob,  unveruiögende  Me 
erhielten  die  Armatur  gegen  Kaution  aus  dein  Zeaghi 
Der  Lürmenplatz  die.ser  zwei  Kompagnien  bildenden  t^ 
jSi»Uen  war  der  Münsterplatz*  wo  sie  alle  Sonntage  nach 
Alx^ndpredigt  exerziert  und  gennistert  wurden. 

So  begegnen  wir  währenfl  der  IGTOer  .Jahre  mannig- 
fachen gutgemeinten  Anstrengungen  der  Dreizehn  er  um! 
des  aus  den  beiden  Bürgermeistern  and  einem  liatsherru 
bestrebenden  Kriegskommissariatä*  dem  das  gesamti^  Waclit- 
wesen  anvertraut  war.  Trotzdem  traten  immer  wieder  knuise 
ITbelstände  zu  Tage.  Die  Wälle  und  die  darauf  befindlichen 
StiU'ke  blieben  oft  ganze  Nachte  unverwacht.  Es  mag  fc 
auch  nicht  wundern,  wenn  die  von  den  Bürgern  gestellten 
Lohnwäehter  .,mehrerteils  als  lanie,  holn»n  altei's,  übekehend 
mnl   fibel hörend''  geschikiert  werden, 

I>ass  solche  Liederlichkeit,    wie   sie   besonders  bei 
Ablösungen,    morgens   und   abends,   vorkam,    nicht   nur 
i>ich  s<*nist  unverantwortlich,  sondern,  wie  sich  ein  (TutÄchl 
der  Xirier  ausdruckt,   auch    y^vor    fremden   spöttisch 
kam   der  Melirlieit  der  Bürgerschaft,   deren  vaterländii 
(Tcfühl  an  Hand  dieser  Tatsaclien  gering  einzuschätzen  i| 
nicht  zum  Bewusstsein. 

Erklären   lässt  sich  aber  aus  derartigen  Zuständen 
cifr    rücksiclitslose  Verhalten    des  Auslandes    gegenüber 
Rheinstmlt.     Ein    typisches  Beispiel    hiefür   ist  die  Ant\^ 
des  Barons  von  Monclar^i  auf  eint?  Beschwenle  des  Si 
Biisel  wegen  eines  Stadtsoldaten,  der.  auf  der  Patrouille 
griffen,  durch  Franzosen  war  erschossen  worden.     In  seiui 
unverschämten  Schreiben    deutete  Montdar   an.    diu    franzö- 
sischen Stücke  und  Canons  gingen  nur  gegen  ihre  Feindvt 


»)  RalsprDt  V,  2.  Mai  1^74. 
^)  Ratsprot,  v»  21.  Aug.  f*>;r- 


Die  &Ai»lcr  Stiultga^d>^< 

sfidi  mm  Biialt?r  Bürger  miter  dit^sen  hefäudon,  **«  sei 

k'^it  )<eltlimmer  für  »u*  nml  wollte  it,  ujii  sich  besser  zu 

i.»ibt»n  «k'S  Rats  tuK'h  BadL^n  sfliickoii. 

I  -  Base)   wäre  mit   Miuor    solcht'ii  Aut- 

woUl  nidbl  l>f«holligt  worden. 

|Ati^  diesien  bi^trulteiiden  und  beschiimeiidpn  ljii»:i:tiindeii 

[LS  wird  Ulis  aacij  fit?»  eiusichtigen  Rat^cbreiberö  stereo- 

SrovsiMftf^er    „C4ivfl     mö*>i»    alles    Utdioil    wetiden'"    be- 


HMiii    Kf'uu'    uuruimgr   Venmunng.    vveivn  uiaii 
igt'U   St-mltli«nitiMUiiit    rinon   Sclmldtt'il   mi  diesen 
Mi^tjindeti    ziuui^dt.      Uer   im  Jahre   1681    erwählte 
M«»pli  Sixr  war    nicht    der  richtige  Mann,    um  das  An- 
der Uarniscm   zn    lieben    und    bei  tU^n   Bürgt^rii  mili- 
m  Sinn  zu  pflanzen:   wurde  er  doch  vor  beide  Rute 
weil  er  Burger  und   Untertiinön   mit    „Worten   und 
Büti   LT         '1   traetierkv     Si'in  baldiger  Tod   lai  Jahre 
war  I  ein  itjüek.     An    seine  Stelle    befonlerte 

mit*  Rat  den  Stadt  wach tnieisti^r  Couppe^  einen  Basler 
lieht!  Jahn*  als  (Offizier  xu  8tras«burg  in  Diensten  ge- 
ttnd  seit  lü8l  der  Basier  Siadtgaruiöon   angehörte. 
itf^rgie  v**rrnochu*  keineswegs  abs(diUe  Besör rung  zu 
nmchle  nieh  aber  balil  wohltuend  bemerkbar. 
'^~  ^^    '      izööitscher  .,Prtlpotenz'^  veranlasste   die 
I,  Hich  enustliat'ter  denn  j<^  mit  Sirher* 
Furkehmngnn  zu  bela»48en:  die  Erbauung  der  Ilünlnger 
n    deren   Errichinng  sich  Basel  und  die  Eid- 
-  ..  ,.;    tüit   Hchwachrn    Abwehrvrrsuchon    in    Form 
Bitten  and  Vorstellnngen  begnügen  mu8i«te. 
Üicb    kunnen    nich    die    geniacht^^n    Rrustungcm    bo> 
»i"ei«*«*   Anwerbungen    mit    den jen igen   ans   der  Zeit 
i^^irigt'u  Krieg»»K  nicht  messen,  da  sie  nie  iiVH*r  drei- 
fftnndfAnfzig  Mann  hinaufgingen,  i'ine  Starke,  welche 
$\  !i   Hilfsvölknrn   und  den  Zuziigern 

-4  .,^  .  .  i  der  Uegienmg  trotz  d*'^'  lu.ilvoh- 

^L  iit  hinnnchtMiil  schien, 

B^'ginn    des  Jahres  Ui8(J   orhiehen    die  l>nnzehiier 
^^ich«*n  nnti  kinniuien'*  Z^•it4^n.  als  auch 
r  laiifentler  unguter  Zeitungen*  wefTi*n 


4M 


Paul    Kohl  er. 


littfs  neue  den  Auftrag,    einen  Ratsctlilag^i  üinzugeben,  wit* 
die  Stadt  m  bessere  ^defensioDspostur^  gesetzt  werden  kmm. 

Die  M^^inung  des  angefragien  Kollegianis  ging  dahin, 
di»*  Garnison  (hundert.  Mann  i  auf  das  „alle rtorderlichstye"  mii 
eine  ^erkleckliche^  Zahl  Soldaten  zu  verstärken.  Der  Rat 
stiinnUf*  tlfin  Vorschlag  bei. 

Der  Stadtsäckol  hatte  aber  dureh  die  seit  tleuj  dreiasig- 
jährigen  Krieg  ^ordinari  als  extraordinari*  zugestandeimi 
Ausgaben  derart  gelitten,  dass  ihm  —  wenigstens  nac-li  der 
Ansicht  der  Stadtväter  —  eine  alleinige  Bestreitung  «Ih' 
Uarnisonskosti^n  9eh\v<*r,  ja  auf  die  Dauer  unuiögb'cb 
fallen  wäre. 

Zur  Schonung  des  Siaiitsschatzes  stdlte  damni  iimniii^ 
lieh.  S4jwuh!  geistlichen  als  weltlichen,  hohen  ahä  uiedent 
Standes  an  die  Unkosten  beisteuern.  Die  Mitglieder  beider 
Bäte  erklärten  öffentlich,  was  jeder  von  ihnen  aus  guti-ni 
imd  freiem  Willen  Tniniatlich  l>eizutragen  gewillt  sei.  Xach- 
dem  dies  geschehen,  erging  durch  die  Vorgesetzten  A^^ 
Zünfte  an  jjIIi'  Bfirger  die  Aufforderung  zu  freiwilligi^u 
Spenderi:  hierauf  wurde  im  Beisein  verschiedener  AiaJ'^ 
|jt*rsonen  eines  jeden  Bürgers  Meinung  jinf  d^rn  Ifatlmus^ 
«,in  der  vordem  stube^  angehört,.  I 

Doch  scheint  die  Opferfreudigkeit  des  Volkes  nicht  \»*' 
sonders  gross  gewesen  zu  sein,  indem  der  llat  1690  Ji^* 
StadtwechslRr  —  die  Garnison  wurde  seit  den  IBöÜer  Jahrei» 
nicht  mebr  aus  dem  Brett,  sondern  aus  dem  Stadtwechsel 
liestritten  -  beauftragte,  inskünftig  ^das  wenige*, *f  das  vni^ 
den  Zünften  zu  den  Snhhit^'ijgelderh  kuiitribuirt  werde,  eiu; 
znzielien. 

Schon  seclis  Monate  nach  der  obgenannten  Vei*stärk\in? 
wunle  ilie  Garnison  mit  Eirjschluss  der  Offiziere  wieder  a»i^ 
hundert  Mann^i  herabgesetzt,  um  ilann  beim  Ausbruch  de*' 
Oleansschen  Krieges  aufs  neue  eine  Verdoppelung *y  «u  t?r' 
fnhren. 

Die   Soltlaten    lialten    nicht    nur    die  Wacht    unter  lij 


i 


i)  Mil.  att.  R.  i  St.  92  No.  15. 
^}  Riitsprot.  V.  1*7.  März  it>t|0, 
>)  RatsbcschK  v.  lo.  Juli  if>86. 
*i  Ratfbcäühl,  V,  19.  Marx  1690, 


llif  B.nHitT  Sladt^niisoiL 


4' 


|g  vor  der  HtAdt  mit  „soiHlorbarem  E>Hfor''  patruuillieren. 
fr  *'  I     tmng   diosoH   Ditnjstes  warlnMi   ili»^   Körn- 

te HS  WHlir«.»TMl  il('s  <ln*i8sigJHljrigeii  Krieg^^s 

kuni;  gewesen  war.  noch  sech»  Reiter*  für  welclie  aut 
^  itiuattö  piij«i  Wolitjsriitto  mitgoführr   wurde.     Dii* 

k,,  .  .M.  ^lt  iintMrrichtoti^  man  in  uUerlittiul  FcuurwerkeT* 
b(ind^*auati>n.  Bomben,  Caniis8eu"  (?),  sowiu  im  Stiicl 
'I-  nntor    tli«    Hnupttorn    liess    der  Bat   bi?i*ondet 

(1  "   n.   \v*Tl('lit3  di»>  Papi^:'re  il»>r  aiiknuimeuden 

^  ,  Imtten. 

L  19.  Jftiiuivr  16m»  »u  Beginn  der  Verfaüäsungsvvirrev 
•lie  gesrtmt«^   neugoordnt^tt>  (Garnison    auf   d**m   Poti"»rs- 
dtsii  Tnnn^id  «b.    Die  b<xscliwor«-ni»»n  Ordnungen 'i  gebon 
kJtft$obluss    über   die    im    (legeusatz    zun»    achiasehnteu 
Eizidert    «iäÄ«iß«Mi    Arboitsltvi«tmig*'n    dor  OtTfzicrt!   und 

Hitlioutcmawf    hatte   zur   Sommt*rszeit   alle  Ta^e 
PD  Winter  so  oft  en  ihm  möglich  war,  dio  Posten  njit< 
'ftren    xti   kontrr^Uioren,    rdi    ihre  (tewehre   sauber  und 
und    mit    ^kmut    und    hitli^    wohl   versi^hmi    seien. 
KoittroUc  i^ilhe  aber  nicht  zu  einer  gewissen  Stund*>» 
ro    ma  ^ohngewohidieher*  Zeit  goschehen.     Auch   di 
Ktsu   und  die  Stth*ke  auf  den  Wallen  unterhigen  seiner 
T^r\   Aufeiüht     *  »hne  Erlaubnis  der  Kriegskommiösion 
t  a  d«r  SfAdt  nicht  .weichen  hoch  wantheii.^ 

t  ton    ninrgens    frtih    vor  Torulft'nuii^. 

I  ........ V..UT  angezeigt,  dass  aufsein  UniMohen 

I  im  Anzug  war,  init  Muskete  und  Seitengewehr 

h  wii*  rnn^m  KriegHmann  gebiÜirt^,  bei  den  Tnren 

*'  *     den.  ei-sehriiMMi         '     'if  Porten  gf*wahi*sam- 

t  I    a»n    Ai»i>nd    i»  eu    helfen.      KerntMs 

I  iknen  g^haU^n«  den  ganzen  Tag  ein  „  lebendig  fewi 
kk    XU    haWni   und   ihre  Seitenwehr  nie   von    gich   zu 
f    \*..f    Jio  Tiire    hinaufzugehen    oder    „heirowä.rtH    xu 
viir  ebünsio  .HtnMi^e    unt.i>rfjagt    wie  Würfelspiel: 
^irJi   immer  swischen  den  Tcinfn  hnden  lanj^ej 

dl,  Mid  Altertum.   VI  7  3 


4IO 


Paul  Kolner. 


^Itein  sn  soll  keiner  weder  vor  noch  zwuschen  dco 
Thoreti  mir  dem  andren  kein  ITiifin*g  ttnlVitiPiiy  dpHglcichen 
die  auss  nml  eingelienden.  wotlor  nnib  Woin.  oder  andrifi. 
es  seye  wenig  ader  viel  Kchezen   noch  Ihnen  aijgiizleiu* 

Im  Krankheitsfälle  wwren  die  Soldaten  verpflichtet,  unf 
eigene  Kosten  einen  Ersatzmann  zu  stellen. 

Noch  im  gleichen  Jahre.*)  wenige  Wocht-n  nach  d<r 
Hinrichrung  Fatios  nnd  seiner  lieiden  Gefälirten  Müller  mül 
Hosis,  erachtete  der  Hat  auf  f bringende  Befürwortung  «li^r 
]\Hlitärbeliörden  eine  Vermehrung  der  Stadtsohlaren  auf  droi- 
hunderrundfünfzig  Mann  zu  drei  Kompagnien  aU  notwendig. 
Diese  Verstärkung  galt  nicht  einem  äussern  Feind;  sie  g*»- 
schah  lediglich  zur  Unterstützung  des  rachsüchtigen  Vtsi- 
fahrens  der  herrschenden  Faktiun, 

Um  die  Truppen  auf  jeden  Fall  Ijcreit  zu  haben,  walir- 
ücheinlich  auch,  um  sie  einer  Beeinflussung  durch  malkou- 
tente  Städter  zu  entziehen,  sollten  die  Kriegsleute  nicbt 
mehr  in  Bürgerhäusern  untergebracht,  sondern  ihnen  in 
^drei  unterschiedlichen  Klöstern  Locamenten  und  Cazerm»'* 
aufgerichtet^  werden* 

Im  Einverständnis  mit  ilem  Kiit  erfolgte  unmittelliar 
die  Durclifühning  dii^ser  in  militärischer  Hinsieht  überaus* 
wichtigen  Neuerung,  die  den  Soldaten  fürderh in  den  CharakW 
finer  eigentlichen  (Tarnisonstruppe  verlieh. 

Das  Blömlein.  ein  iirpbäude  des  ehemaligim  Steinen* 
klost^.n's.  das  Kloster  Klingental  und  tlas  zu  Predigern 
lieferten  die  erforderlichen  Wohiiräumlichkeiten.  Von  diesen 
drei  Kasernen  blieb  das  Klin^ental  nur  vier  .Tahre  in  ä*-^ 
nützung,  dn  man  1695,  um  ^Brennholz  zu  sparen**,  die  lu-^ 
Sassen  der  Kleinbaslerkaserno  auf  die  beiden  üb 
verteilte. 

Auch  die  St.  Johann-Kaserne  wurde  um  die  Mitte 
achtzehnten  Jahrhunderts  ausser  Gebrauch  gesetzt  und  di 
bloss  iuH*h  als  Magazin. 

Hauptkasorne  war  und  blieb  das  BlÖmlein-)  oder 


^  Ralsprot.  v.    14.  UkL    iii<n* 

')  Seit   i»i<>H  war  da^  Blöiulciii   auch  LännciiphtK  des  Steineuquajticf^/ 
Ratslici*chl  V    lö.  Mm   iö<>8. 


Ihv  Hiiiiifr  Sta<1l^artii«i4K9 


4' 


L»me.     Für   seiuu  Wuljl    hatt»'   tli«?   giüisti^o   La;: 

vii*r«^r  8uulH*>m  dun  Ausschlag  gegebeti, 
^inkaüiTTUHning  iler  Sültlner  Wflingte   ^iue   Reiht« 
rerter  AiidfTiHjgi^t»   in  iUh-  Sta«ltgHrrns<iiL 
li(   dii»  Sulilateij    bf*i    ihnnn   klirgUcheu  SoUl  bes^giT 
ikoiinleii^  erhieliffii  »ii»  zu  billigeiü  Pipis  Kiinimi 
Kt-<t«'llt  «US  diT  Fnichi  (lt?r  GiiiUHgtMi  Ht^rrnti. 
PrivUüg.   Soldateiibri^t   zu   biicken.    lag  anfänglich 
ideu  Wi^nigMf  Meister.     Unterm  12.  Febmar  ItiOo 
sm  di»*j*«'S  Viirrnclit   »mf  Bittnji  d^r  BrotlHH'k«»nznnlft 
illiche  M«?i8t«*r  übcrtragon,    damit    ic»di*r  zi'iid'tigo 
^eiiit^ii   billirhon  Pf^mnig*    venlion«».      Duch   mu^ste 
tdtuni    R*^Vi*r*i    iirit^rschreihHU.    laut  welrbinn   sie 
tgat,  nahrhaft  and  in  seinem  eignntliehf^n  <Towicht 
IH    für    lilh^M  SL'lnidi*?!   uihI    Abtr?^iitr    liaftliar  sein 


ölU^f^  I^ibt^rtfiirtiorgB  iüt  dah  uns  »elböivxn'timndlioh 
fidi»  ^floiss^ig»*  krimnien  ntid  biilbien'n"  äu  »erwähnen, 
llbngki'if  li»*8H  »»ich  abrr  auch  das  g»M8tigit  Wohl 
&n  angelegen  sein;  öie  maclite  ea  den  Uffizieren 
T'iir#krgid»rnirn  zur  (ii>tti*sfurfht  anÄuhalten» 
Fl-  und  Di»?nstags  zur  Prrdigf  zu  vit- 
imct  Utneti  darin  mil  gutem  Exenipel  voranzugehti 
d  Sidiltrnppi^n  hiidt,  hatt**  es  ininM*r  darnach 
unverli»n raupte  Leut*^  zu  dingon*  T>i*>sL«  Fnr- 
lie  gt^wuhnlieh  nie  vollständig  durchzufiihr«^n  ge- 
ll» nun  mit  aller  Scharf «j  erneuert;  Verheimti  t 
'^  kosnierl   v. 

t   iüt  aber  di-  not  aus  vernchiedenen 

ilarchlC«'hert  worden.    Einmal  vi*rfulir  tnan 

!?fi^  die  Bür^^-»r1örhter  ehelichten*  weniger  ntreog 

klehen.   die  Auf^länderiuneu  freiren.     Dann  nötigte 

au  Mannschaft  liie  Bidiönlen  auch  oftfir»«  *lirt*kt 

lODg  ihm»  eigenen  Machtapmches. 

"-     *'  vvird    sai    dt*nk«*n    s<*iii,    \\>^uu 

iHindert«   die    SLddtttenw**ib*»r 
wenteDf  in  den  Vorf*tädt«i  Widmung  äu  nühine 
liM*  unter  den  Toren  sudit*n.     Bezeichnend   fiir 


4l8  Paul   Kölner. 

Gloor  von  Oberkulm.    Bei  einer  Erneuerung  der  obgenann 
Vorschrift   begründete   die   Militärkonimission   sein  Blei 
mit  den  Worten:    „und   ist   er   der   schönste  Mann  von 
Oarnison.*"  *) 

Die  Verwirklichung  des  Beschlusses  vom  14.  Oku 
1H91  gestrttt^^to  den  Führern  des  Kleinen  Rats  eine  strai 
einheitlichen^  Organisation  der  Stadtbesatzung;  allerdi 
anfgefasat  im  Sinne  jenes  Milieus,  das  man  mit  dem 
historischen  Ausdnick  «der  guten  alten  2ieit'"  zu 
zeichnen  liebt. 

EintMi  Einblick  in  das  Leben  und  Treiben  der  St 
Soldaten  nach  der  Neuordnung  der  Dinge  gewährt 
Kasernenorduung'^)  vom  'M.  Januar  1692.  Jede  Käst 
stand  unter  einem  «raj)itaine  d'arraes^  ^)  als  betr.  PI 
kommandanten.  dem  zugleich  das  Amt  eines  Verwalters 
stand.  Eine  aus  vier  Mann  bestehende  Wache  diente 
Verhütung  von  Ungebühr,  sowie  zur  Kontrtdlierung 
Ein-  und  Ausgehenden. 

Damit  im  Notfalb'  das  Kommando  ungesäumt  vonStat 
ging,  mussti^  jeder  (-apitnine  d'armes  beständig  w«»nigst 
(Mnen  Korporal   bei  sich  haben. 

Ex(M'ziert*)  sollte  nur  W(»rden,  ^wann  es  das  Wetter 
leid(Mi    niochtt'.'* 

Den  Soldaten  war  verboten,  auf  den  Betten  hin  i 
Ikt  zu  «harschen'''''  oder  in  den  Kleidern  darauf  zu  liej 
auf  dass  dit»  Schlafstellen  nicht  von  Ungeziefer  an^ost€ 
wiirdm.  EbiMiso  sollte^  sich  keiner  gelüsten  lassen,  «in 
Stuben  da  dio  Betten  sind  Tabak  zu  trinken."  Das  «fuuiior 
war  nur  in  der  Küclu».  im  Knuizgang  oder  an  andern 
schädlichen   Orten   erlaubt. 

Das  Läuten  des  AVachtglöckleins  war  für  die  Tm 
das  Zridh'n.  sieh  ins  (^nartier  zu  begeben:  eine  halbe  Stil 

».   Mil.  .i.'t.   R,  7,   .NFür/    1740. 

-1   Mil.  ;u"t.   A.   I,   St.  t)2    No.  2. 

')  /a\  >okhcn  wur^lcü  hcstcllt:  J;ik(>l)  Schölle,  im  Steincnklostcr:  Ko 
Lülhcr,  /ii   rrcdij^crn;   Michel    Käser,   im   Ivliiijjental. 

■*i  Die  Stadt^^.irnisoii  lus.is.^  ein  von  iler  Laudmiliz  abweichendes  sei 
f.illigcs  iCxcrzicrre^Uinent.  Kist  im  beginnenden  18.  Jahrhundert  einigle 
sich  auf  ein  j^emeinsamcs  h'xer/itium,  damit  im  Notfalle  beide  Truppen 
einander  aj^ieren**  binnten.    (Mil.  act.   R.  1,  St.  <)2   A.  No.  i .) 


Die  Bxler  Sindtgurniso». 


4«<) 


Verlkoteit  wurdi^n  dir  Pforten  geschlosst^n  luul  lueinand 

r   in    dio    Ka«i*nic    eingelassen.      Das   Aufst>oUen    einc»r 

'1  Schild  wacht*  b«fi  den  Ka.st*i'!ifn   hirlt  ninn  Hllmt 

umrh   iiirht  für  rHJtwpiidig. 

ni«?  BfWttffimng  der  Soldaten  bestand  in  Muskote  und 

liaiwiihr,     W^un    ein    Ciewnhr    über   acht   Tsigi»   getadütt 

»  wurtit*  dnr  Sdinss  ^iiusgL'straubt'*  at»d  wiodeniin  frisch 

•II.       Ausser    der    Ladung    sollte    jeder    Soldat    noeh 

igstPiis   fßr   drei   Holiüsse   Kugeln    und  Pulvar  btd  steh 


J^wcileu  ein  Drittel  der  GarnLson    ven'ichtere    täglich 
Wachtdienm   nntt^r  d«ri  Toren    und  in  der  Stndt,     Den 
ig^^  ^and  frei,  wenn  sie  nicht  geratle  exerziert  wurden, 
Arbeit  und  anderweitigem   Verdienst  naehzugehen. 
uli^£if:hälti^ing  Finden  wir  Hol^>iharlo'Ti,   Tn*^lrihTH»m. 
Bo^^irgi^n  von  B(>tengängen  u.  a. 

Die    /      '        »i    BtTufsarten    und  (l<»vvinl*i'    blit*ht*ij    di-n 

«ioti^'      .:   ;,    Widclie.    Süferii    sie  mich   Bürger  waren, 

e  Znnft  zn  nnhinen  braucht/en»  verschlossen.   Eifersüchtig 

«  d  chen  Handwerker  ihre  Vorrechte  und  uber- 

ti  :"■'■  Ah  ii«ui  Rat  mit  Klagen;  ^u  bei^tpiidsweiiti? 

«lahre  der  trrosse   Itat   den   Soldaten    bei 

der  Knt^^UEung  verbot,   dm    hte$»igefi   Handwerkern 

in,** 

-  .  '-    v«rljtkrgt    ein»»    Iidonnatiim    der    DreiÄehner 

WacIitiJit^iäter  unter  dem  Riehen-.  Späten-  und  Bläaitor 
-  eilirr  bi^ch«*idoii«m  HanfUung.'/    Im  aUi*geh enden 
11  Jalirhunden  begegnen  uns  sogar  Wacht  lueistiir 
von  WeinM'h^*iik*n*    Auf  nietirfach«*  Be.srhwerden 
ttet  der  Uiit    dii5^iu    die   Disziplin   antorgmbentliirn 
den   Wit  '  "'     I liiituben     »chuf, 

HH  »eiti'i!  L-iier  ein  Ende.*; 

lEiiir>  wi^tien«  EmitigiinscbAft.  die  jcweifebohiM»  4i«>r  lui* 
^  saxuschreiben  iau  bildete  die  Uniform ierung 


de»  R*ebfO0  Tor  ist  cia  liiitMmei  ostt  Zitzen 
6&  Wa^ütsbcB  kiaäber«  welcbis  der  Wadttackte 
iB   kjctfl  Kfimlcte  too  Täfaakb    so^  ctw»  woiÄge»  kal***     AJu>- 
vo«B  BUftt*  nDd  SfiAlmtnr  betichlcs,     I'<»litbciiev  X.  :    1 1.  p,  149* 


\20  Paul   K«'>lner. 

der  Stadtgarnis»)ii.  Dieser  (rege nstand  kam  am  li>.  Noveiiil'^r 
Ui92  zum  (M'stenmal  im  Rate  zur  Besprochung.  Dieser  i)!*- 
([Ut^mto  sieh  zwar  nicht  gleich  zu  einer  Beschlussfa&mng. 
sondern  wies  die  damals  noch  unerhört  neue  Angelegeulieit 
an  die  DnMzehner  zurück,  damit  jeder  seine  ^vaterländisclie 
Meinung*^  darüber  eröffne. 

Ln  folgernden  Monat  gab  dann  die  oberste  Behönle  ihn» 
Einwilligung  zur  Anfertigung  von  Soldatenkleideni.  Das 
bashn'ische  Staatswesen  folgte  hierin  mit  rühmenswerter  Ein- 
sicht dem  Beispiel  der  damals  kriegstüchtigsten  europäisi'beu 
Arme<\  welche  durch  Ludwigs  des  Vierzehnten  allgewaltig«'!! 
Minister  ungefähr  zwei  dahrzehnte  früher  einheitliche  B«- 
kh^idung  (^rhalten   hatte. 

Ks  bedurfte  aber  aUer  Beredsamkeit  der  Komuiissarifii. 
um  di(r  daraus  erfolgenden  Mehrausgaben  vor  dem  Rate  zu 
rechtfertigen.  Die  Kosten  der  Garnison  wurden  <?beii  als 
drückende  Last  des  Staatshaushaltes  i.Mupfunden  und  Wlz 
d*M-  kriegserfüllten  Zeiten  warf  man  im  Schosse  des  Hatrt 
immer  witMlor  di«'  lii»duktioTisfrage  auf.  Nur  mit  Mübe 
konnte  im  danuar  1()*.>4  t» im»  Verminderung  verhütet  wenleii. 
Man  sollt»'  damit  abwarten,  schlugen  die  Deputierten  vor, 
..was  die  annoeh  ol>scliweb(^nden  Kricgsconjuncturen  l'ür  »'in  1 
ansehen   gewinncMi   möchteiL**  J 

(lenau    ein    Jahr    später    neigte    man    allseitig  zu  eijuT  ? 
Al)S(haffung  eiin\s  T(m1s  (Um*  (Tarnisonstnippe.   verschob  di»*-  | 
sflbr    ul)er    aus    (Iründen    politischer    Klugheit.     Basel  ln*r-  1 
bergt»'   nänilieh   in  jenen  Tagen   mehrere    in    königlich  trän- 
z(")sisclien     |)i«Mist»»n     steinende    Offiziere,     die     auf   Werbuug 
i)egriffen   \var»*n.      Da  eim»  gleichzeitige   «Licencienmg"  Jer 
( iarnison  Ixm"  (Um  «IioIumi  Alliirt»'n  allerhand  disctmrsecausien*  ^ 
biitt»'.  unterl)li»'l)  sie. 

D»M-  \\'artan«'r  I^eligionshandel  verhind»Hte  eine  solche 
aucli  fiir  di»*  naclisten  Mc^nat»*.  Erst  der  Beilegung  ^lit*^»* 
inn»'ischweiz«'iis(h»'n  Zwistes  folgte  dann  die  schon  längst 
,ij;»'plante  V»'nnindening\'  auf  hundert  M^inn,  ohne  die  beiden 
OfliziiT»'  -  Stadrli»Mitenant  und  Stadtwachtmeister  — uud 
di»'  acht  \Vachtnieist»»r  unt»»r  den  Toren  »^sieben  Stadttore 
und  KlKMnton. 

*)   Ratsprot.   v.   25.  Sept.    i'^»)^. 


Die  Hi)£ier  Stadtguimison.  4-7 

Die  Wahl  drs  Ktadtwacbtmeisfcers,  des  Miisterschreibers^) 
Dil  der  Wachtmeister  <»rfolgt<^  durch  dns  Los  inich  den  Vtn- 
filägt^n  der  Dreizehiipr,  deinen  von  der  Kommission  eine 
azakl  Bf^werhor  empfohlen  werden*  und  zwar  zwölf,  woiin 
izehn  und  darübr-r,  neun,  wenn  weniger  als  fünfzehn  sich 
gemeldet  hatten.")  Bei  vorkommender  Vakanz  wurde  mit 
9pr  Bestellung  zwei  Monate  eingehalten.  Es  konnten  nur 
eolche  Bürger  in  die  Wahl  gezogen  werden^  die  in  Kriegs- 
ensteti  gestanden  uu<l  mit  guten  Abschieden  versehen 
Wen/)  Wenige  Jahre  spät^^r  wurden  die  Wachtmeisterstellen 
idi  den  Offizieren  di^r  Lanchniliz  ziigänglieh  gemacht^*) 
Dass  bei  diesem  Wahlsysteni  das  Los  oft  auf  Utifähigo 
erhellt  aus  den  mannigfachen  Klagen  wider  dieWacht- 
*"lneister.  Im  Jahre  1757  wurde  sogar  einem  Toten»  Martin 
Wenk.^>  die  Ehre  zu  teil,  zum  Wachtmeister  einer  löblichen 
dtgarnison  erwählt  zu  werden. 
Die  Wsichtmeister  Jimssten  sich  sowohl  in  „Kaufhnus-. 
Dlizei-  und  Militärsachen  gebrauchen  lassen";  überhaupt 
feilten  sie  der  Stadt  ^treu  und  hold  sein,  deren  Nutzen 
i'"»rdern  unil  Schaden  wenden,  idles  getrewlich  und  ohne 
^'f^Mirde.**  In  erster  Linie  unterstand  ihnen  der  komjili- 
isiertr  Waclitdienst  unter  den  Ti>ren,  über  den  die  verschiv- 
eaen  Onltmugen  ausführlieli  Bescheid   tun. 

Ptinkt  fünf  der  (»rdrmnanz  vom  Jahre  1722  lautet  liei- 
piolsweise : 

»Da  si<'h  Much  etwan  begebe  /  dass  ein  Pferd  fünff  oder 
fet;hs  DJit  einander  kiiuien  /  sidlen  sie  (dieTorlmt)  den  (frendel 
schlagen  /  dieselbige  besch(*i<lenlicli  anreden  /  befragen  und 


*)  Erst  s^ii  17^11. 

^  Gr.  Rxtsbeschl.  v.  (2.  Felir.  j;H;. 

^  Gr.  l^tsbeschl.  v.  hj,  Okt  1724. 

*)  Gr.  Rats^bcschU  v,  16.  Jim.  1727. 

')  Merlin  Wctik  war  in  iieapolitauiüchen  Diensten  gestunden.  Obwohl 
-  VcrwiiDtilcn  von  ihm  seit  Juhrcu  keine  Niichrichten  mehr  erhalten  hntttn 
f<l«„uicmautl  Commission  gegcbcü,  ihn  aU  Pcicnten  dnschreibcij  ui  lassen**, 

tt  am    17.  September  1737  ins  Lris  gezogen  und  gewähU  worden.     AU 

nach  seiner  Wuhl  immer  ohne  Nachricht  blieb,  ergaben  die  mit  Hilfe 
*"•  Glarus  durch  den  Fcldmarftchall  <Ocneral-Major}  Joseph  Anton  Tächudin 
führten  Recherchen,  d;iss  Wenk  am  2.  September  1757  zu  Neapel  ge^torbcii 


4-'-  l^iul  Kölner. 

Auch  (las  Glaiiborisdogma  schob  dor  Werbung  einen 
Riogol.  Diosf^r  Umstand  betraf  gerade  die  nächstgelegiMi- 
Bozugsquolle :  das  Bistum. 

Dann  machte  sich  vor  allem  die  besserzahlende  aus- 
ländische, hau])tsächlich  französische  Werbung  breit  Sie 
entzog  der  (xarnison  oft  die  best<^  Mannschaft.  Dalier  (ks 
in  allen  Kidordnungen  vom  Stadtlieutenant  an  bis  auf  «Ion 
(lenieinen  herab  geltende  Verbot,  sich  jeglicher  Werbung  zw 
enthalten.  Trotzd(»m  geschah  es  öfters,  dass  Soldaten  aiif 
ihren  Posten  unter  den  Toren  ^wider  alles  Völkern>chf 
von  AV'erbern  debauchiert  wurden  und  samt  Montur  uii'i 
(rewehr  weglieftMi.  Die  Behörden  verbot-en  zwar  den  Sfliild- 
wachen  bei  Strafe  des  Spiessnitenlaufens  das  Sprechen  mit 
..maus  oder  Weibs  Persohn-,  ahndeten  auch  das  Weichen 
{»US  drin  Basl(M'  Bann  mit  dem  Halseisen.  Doch  taten  «lit*se 
.Massregeln  dem  Ausreissen  wenig  Abbruch. 

Eine  Massendesertion  von  zehn  Mann  gab  dem 
(rarnisonskommandanten  Geh^genheit.  sich  in  einem  längen^n 
B(>richt  über  dieses  zunehmende  Qbel  zu  äussern. 

Schulden  und  die  Vei-führung  rlurch  unzüchtige  WeilnT 
l)il(h»ten  in  den  jneisten  Füllen  <lie  Triebfeder  der  ehrlo**" 
HcindlungswcMse.  die  übrigens  den  Soldaten  durch  diegn»nzeii- 
Inse  Liederlichkeit    ihnM'  Vorgesetzten  leicht  gemac^ht  wunk 

Weder  durch  Zensur  noch  Bedrohung  konnten  nämlich 
i\\o  AVachtmi' ister  dazu  g(4)racht  werden,  ihrer  Pflicht  g»*- 
iiiiiss  allzeit  Ixm  (")ffiiuTig  der  Tore  bis  wieder  zur  ßeschliessunÄ 
auf  ilnuMi  Posten  zu  verbleil)en.  Eine  solche  Amtsfühnuig 
zcMti^te  bei  den  l"nt(»rgt*bcMien  natürlicherweise  entsprechende 
Früchte.  Dt^r  Stadt lieutenant  stellte  darum  in  seiner  Ein- 
gabt^ dio  Forderung  auf,  fehlbare  Wachtmeisti^r  um  zeliu.'^ 
Soldaten  um  zwei  Schillinge  zu  büssen.  Überdies  griff  mau 
zu  «MiHMii  Palliativmittel  von  äussei'st  zweifelhaftem  Wert 
\)\o  (xarnison  wurde  ..Eidtlichen^  verpflichtest,  in  der  Weise* 
(lass  die  SoUlaten  dir  fehlbanui  AVachtmeister.  ebensowohl 
als  dit»  Wacht nuM'ster  dir  ungehorsame  Mannschaft  verzoigen 
sollten. 


*)   I   Schillin},'         o,  12  Fr.  Mct;illwcrt.     Diese,  wie  die  folgenden  \Vd^ 
augahcn  Füssen  auf  Hanauer,  Ktudes  econoniiques  sur  TAlsace. 


Hi«  Bautet  .SiAfUsamteon. 


4^.* 


Di»  Ao«n*i««er  ftoltKst  bfvtr«»ffend,  »i4ilng»^ii  tli©  Dreizoliiior 

in  Anbi^tmeht  «clor  wohlUekaiinUni  Cleiut»nz^  df^r  Giiä- 

1    ^reii  von  Basel,   wo    „dii'    niilto  dnr  strenge  jeder- 

'"/*»n  wordmi  s**i'^,  für  Hin  c» nsti^s  Mid  die  Nmiirtn 

I<  s    nicJit    wie    andern    Orts    an    don    Gnlgini. 

lem   bloa8   »n   den   ^Est^**   stdi  lagen  zu   lassen,   um  die 

>*ti,    dii*    ^nfftonnrihlefi    Kinder    gnt^r    ffimiHie    od«*r 

liUi*  Klirlichej!   HäliSHeni"   seien,   vor  Inttniii«'  zu  W- 

nni:    ^wan  abiif  di»rn  Eltern,    sofern   sie    im  stand  sincl^ 

iH^ii  wurden,  die  entwendete  monilur  zu  ßozalilen,  hIs- 

wohl   all    *laH  Halseysen    könntjen  gescblageiu    imd  den 

i4Uenti«ii    Sechsten    auf    jeweiliges    Betretteru    »»ntweder 

ll  dt«i  Hpiessriithen    gejagt    oder    */*  jähr  lang  auf  dem 

LutzH  *'     '  *r  Arlieit  angehalten   werden.** 'i 

IHi*   l  '  ignn   Dirnen,    dnndi   welche    sieli   dif  S»il- 

u  bciöron  Hessen,  traf,  ^utu  ilmen  einen  Sehreeken  ein- 

pm^,  die  »Strafe  ilen  Enek.'i 

Dtt^fiN.'T  Ei*<^l  hestanrl  aui>  einem  jnannslioheu  hölzi»rnenT 
fieft  Bcnnen  mhenilen  Geriist  mit  uchurlfkan tigern  Kiiek^^n; 
war   eil*    höUf^nier  Kopf   mit   mächtigen  Ohren  afige> 
lit.     I>aj    mehrstündige   Sitzen    anf  (liesein  «Tier*,    das 
V«snirteilr4tn  dem  idt  liandgreitlichen  8pott  derVoniber- 
pi^iägab.  gehörte  aeit  der  Zeit  des  dreiasigjährigen 
'irll  l«ii  den  Sühhkt<*n   zu  d<»n  meist  angewen- 
.,  .,.,...    u  Strafen* 

C\mr  dem   Rpät«*rn  Schicksal    utnl  Ende   dieses  Marter- 
liegt übrigens  eine  solche  groteske  Komik,  dass, 
itni  von  einem  direkten  Zusammenhang  mit  der  Stadt- 
•it,    iliia  sittengesclnrhtliclie  Interesse    es    rechth*i-ti^. 
ihn*r  hier  ansführlich  Erwithnung  getan  wird. 
In   edier  Sommernacht    des  Jahres   17HH,    eben   als   da*i 
;.K:it.r.nii!irt>ier   «lie   Wache    innehatte,    wnnle    (k^    Esel 
hen  ausgehoben  und  weggetragen,  nubemerkt 
wenige  Schritte  entfernten  SchÜdwache.   Die  Bürger- 


st. «13  A.  No.  i. 

Uui>g  der  Minnchtuug  Kalto^  ^^iß* 
feilt,    vor  der  MurktpbltfroDt  de» 
Ä**.     Vftteria    ÖihU  l>.  9S'   l«>9l  er  Wesen* 


4-24  Paul   Kölner. 

wache  vigilierte  vergeblich  auf  die  Täter  und  machte  daiin 
notgedmngen  Bericht  an  den  Rat  Infolge  dessen  Erkannt- 
iiis  sollte  das  Johannquartier  in  seinen  Kosten  einen  uen»'ii 
Esel  auf  den  alten  Platz  stellen.  Die  Wache  der  Vorst^lt 
gelangte  hierauf  mit  einer  Bittschrift  an  den  Rat  Kin 
Sammelband  M  der  vaterländischen  Bibliothek  enthält  <ien 
Entwurf  dieses  (rnadengesuches;  er  lautet: 

«Mit  vieler  Bestürzung  haben  wir  die  sämtlichen  Offi- 
ziere des  E.  E.  St.  Johannquai-tiers  die  Erkanntnus  vernoinnieii, 
welch (>  Euer  Gnaden  aus  Anlass  eines  halb  verfaulten  höl- 
zernen Esels,  so  vor  wenigen  AVochen  nächtlicher  Weil** 
unserer  E.  Wacht  an  der  Nase  weggestohlen  und  weiter  gt*- 
schlepy^t  worden. 

Der  (^uaitierseckel  ist  sehr  arm  und  wir  dürfen  sm 
V«»rmögen  laut  unsern  teuren  Pflicht^m  zu  nichts  anderem 
als  zu  E.  Mahlzeiten  verwenden,  wenn  wir  in  die  Pusstaptu 
unserer  in  dort  iiihenden  tapferen  Vorfahren  treten  well'Mu 
Bedenken  Sie  doch  gnädige  Herren!  wie  unschuhlig  wir  all»* 
jui  dieser  l)egangeuen  Freveltat  sind,  ruhig  lag(Mi  wir  in 
unsern  Berten,  schnarchren  oder  tändleten  mit  unst^m 
GattinncMi  .  .  .  Die  so  bei  dem  Rathaus  die  Wache  liattfii. 
hig(»ri  unbesorgt  auf  der  Pritschen,  bis  an  eine  (»infäkig*' 
ehrliche  Schildwacht,  die  vielleicht  aus  Noth  nicht  oiiiuwi 
auf  dem  F^)sten  war  und  sich  nichts  böses  vernniteT  hattf. 
Kine  Hotte  Nachtschwärmer  machen  sich  in  der  Srillf  zmii 
Ksel,  liebon  ihn  aus,  rrans[»ortieren  ihn  weit-er:  mir  nithts. 
dir  niclits  und  Ix'raubrn  also  den  Markt  seiner  grössten  ^ 
Zi«»nle.  ein  ]\lonunnMit.  das  nebst  dem  Hals(M*sen  die  Achniui:  ] 
.liier   ll«Msi»ndpn   an  sich  zog  ...  : 

WiT  wai'cn  dit'   Räuber?     Das  wissen  wir   nicht.     Wie  j 
ist    d<M*    Ksel    w«'ggekommen?      Das   wissen  wir   auch  nicht, 
und  (ItMinocIi  so11«mi  wii- Unschuldige  dafür  an  unsern  eigt^ien  ; 
Aläulern   büssiMi.  i 

Hätte    der    gute    alte    Esel    nur    wie    Bileams   (T*^tahn«*  , 
reden  könniMi.  so  würde  Er  gewiss  um  Hülfe  gerufen  hal»on 
und  die  Ehren  Wacht   wäre  zum  Succurs  parat  gewesen.  >o , 
aber  geschah  nichts  und   nuui  fordert  uns  dennoch  zur  (V) 


')  Vatcrld.  Hihi.  O.  44   No.  zh. 


J 


D'»fS  Basier  StAcligariu^on* 

;t<iinif(  imt  Mit  mi*lin»rein  Kocht  nU  C»in  diü-feii  wir 
tig  imgeu.  soll  ich  meines  Bniders  Hüter  seiu.  Wann 
rtuulint  üiir  ilit^iMt  Spmdi  aws  ih-r  Bibel  beherzigter^ 
imi  Sie  für  ein  tuiHcluiUiges  Ehreiiqtiartier  gror^s- 
Nnchüicli!  haben  mid  den  F^sel  ganzlieh  abgehen 
Wfiieu  nhnodeni  dergkurlu^n  SchandtiHre  in  allen 
i  _  14!^^  «lud.  Allen  aber  Hoch  Dero  giln^;tiger 
.  fid,  beharren  wir  »*te.* 

Ob  der  WortUmt  der  abgescliickteu,  vtui  Stadtschreiber 
^alfi  ehrerbietige  VnröteUuiig'^ '  1  bezeichneten  Bit»- 
mif  dem  eben  gtmanutc^u  Er»t\^Tirf  übereinstimmte. 
uugi^wisii.  da  tlm  KÄts»protokoll  den  Inhalt  der  irrstem 
wif^dergibt.  Der  drollige  tmd  für  die  damalige  Zeit  *) 
"oti*  Stil  lässr  es*  fast  bezweifeln.  VieHeicht  aber 
»  wie  die  nffi>;it*re  des  St,  Julian nquurtiers  iÜh 
[ejfigeidi^it  von  der  heii-ern  Seite  auf.  Die  Tatsach«'» 
in  84Mni'r  Sititnng  vom  IR  Atigiisr  178^»  das  Ehren- 
voll der  Her^^teUung  eines  neuen  Esels  befreit«*» 
iu  tlieüer  Annahme  nur  bestärken.  Da«  un^rkwürdige 
]«tti  mitUdalterlicher  Justiz  wurde  nie  mehr  er- 
I:  rlamit  war  Basel  nm  seinen  -Esel*-  ärmer  gew<*nl^n. 
Es  wnr\l**  bereif«  obi»n  betcmt»  unter  welchen  Sehwieriix- 
iHn  KtaiU  diT  Staiitgarnison  knniplei  zu  prhahi*n 
p»ti,  obM*hou  das  KommiHgariai,  besonders  der  von  1716 
174<>  amtierende  U4lt^4herr  und  DepntJit  Joh.  Bernhard 
riiluirdi  kf*ini*  Milht*   scheut«»*    srliöni*  junge  Manuftchaft 


I*-    Im  <jM|    ji'\^iMif'n  ,Uii  iit»')  .laiin-  geWort)eh»'M 

be^tJind  ans  landfremden  Verabschiedeten.  An- 
der refprmiorien  Hrt«*  Bern,^Ziii*it:h,  Evangeliwli 
und  Hl      *  11  aa>t  don  gemeinen  Herrschaften.    Di*^ 

♦it   Tr  ^il*il  aus  l^anileskiiMb'i'iK   ilu-  k*iinitiri' 


,..;    u^c     Kqj^irruHK    in    jenen   Jahrtii    iu    der  SchÄUutig   ibr«r 
durfl^«  sthm  tu  riskieren,    de»    Fluch    der   Lichcrliclikcit  auf 
ScboHem  ?«  laden«  bewci&l  die  Gescbicbtc  des  SlAdltdftibourt 
DiMtr«  ti«  Hiebeofigjähriger  Greis,  wurde  1778  »itf  der  ,,H^^f>batte' 
^»tlcf,  wvil  er  ticb  bennugcnomiticn,  ameb  dem  .Xti^dn^otnieln  mer 
Erkeiitstiit*    -    Vpirn  (inxi  Küii«  jiu»ttnil«ai. 


432  Paul   Kölner. 

als  PlatzkomiuaTidant  und  Wi-walter  der  Torschlüssel  oin- 
räumte.  Nicht  zuletzt  kam  die  Würde  dieser  obrigkeidicbm 
Respektsperson  darin  zum  Ausdruck,  als  ihr  der  Bat  im 
Jahre  1736  im  Münster  einen  Kirchenstuhl  nebst  ^  Anhenker'' 
l)eim  Eingang  der  grossen  Pforte  kaufte. 

Die  Kompetenzen  des  Stadtlieutenants  waren  im  acht- 
zehnten Jahrhundert  folgende: 

Jährlicher  Sold')  33(>  ff 

Jährliclier  Monturgehalt  50  ff 
B2  BostMi  a  1  btz. 
Monatliche  Besoldung  2  er  Bedienten,  jährlich  240  tt. 
Jährlich  aus  dem  Salzhaus  als  eine  Entschädigung  wegen 

angenommener  Soldaten-)  166  ff  13  ^  4  ^. 
Bei  jeder  Musterung  für  2  Bediente  jährlich  50  ff. 
Für  die  Anschaffung  ihrer  Montur  jährlich  40  ff. 
Den  Bedienten  für  Trinkgelderersatz  d  fS  S  ß  i  J,. 
Bei  jeder  Jahresrechnung*)  eine  Remuneration  von  250 S. 
12  Monat  AVaschlohn  45  ff. 
2  Saum  Wein  *M  ff. 
Kerzen.  ^) 

Freie  AVohnung  samt  Magazin,  Stallung  und  Garteii.*^^' 
12  Klafter  Holz. 
;MX)  AVellen. 
12  Maass  Lewatöl. 
AVaiiu  ein  Weiher  gefischt  wird  1  Karpfen. 

Die  Xaturalgaben  nach  dem  damaligen  Wert  eiiige- 
sehätzt,  ergibt  sich  ein  Gesamteinkommen  von  1408  ff  oder 
2112  FrankcMi  Metallwert.«) 

Weniger  reich  bedacht  in  seinen  Einnahmen  war  der 
Stadtwachtmeister,  (hn*  als  Adjutant  des  Stadtlieutenants  den 


*)  Von  1695 — 1787  bezog  der  Stadtlicutenant  bloss  3008^  jährlichen SoM. 

-)  J.aut  Ratsbeschlush  v.    15.  März  1766. 

^)  Über  die  Kasernengelder,  welche  jedem  Soldaten  für  Feuer,  UdiU 
Bettwäsche  usw.  abgezogen  wurden,  hatte  der  Stadtlicutenant  der  Kriegs* 
konimission  jährlich  Rechnung  abzulegen. 

*)  Wöchentlich  im  Winter  4  Pfund,  im  Sommer  3 '/s  Pfund;  aus  dieses 
Bedarf  nuisste  er  die  Soldaten  der  Hauptwacht  versehen. 

^)  Im  Steinenklostcr. 

^)  Hanauer,  Etudes  economiques,  Bd.  I,  pag.  501,  schätzt  for  Basel  Ol 
Jahre  1798   1   gf  —  Fr.  1.50  Metallwert. 


t>ic  V^hlm  Staill|;»niiv 


435 


i^M    i4<t\vi*'    die  Bürgerwache    zxx   b«*aorgen   uml  die 

»ti  der  Liindujiliz  zu  loitoii  harte.   Nbbeti  dün  nlilicJuni 

iD  Wein,    K^rzotj  i4c*    liezog   f»r    ui(«iiHtHcb   hluss 

Üiu  d«ni   vt»ranl.worruMg8volleii    Di**nst    beliebter   zii 

wurde    «lern    8tüdtwaciitrneist<*r    1734    (An    ^hoiio- 

ptr  Titiil,    als  eines  Stallt  Majoren"^  zugelegt 

S*^hr  inVdi^ri^  An.siitze  weinen   die  (lehälter  tUir  Waehl- 

;ter  mid  der  Miiniij^ohaft  auf,  ungenohtet  bei  ihnen  <üo 

igubeu  in  Wegfall  kamen  mit  AuHnahme  der  freien 

lliiinn^   bt'i   dtni  Wttchhneii^torn   und   dvs  Knnimii^sljmtt*» 

[dt^n  Soldaten.  Der  wälircnd  des  achtzehnten  Jahrhunderts 

{ig  abnehmende  Metiillwert  des  Oeldes  bei  ßteigi^nder  Ver- 

84lmtlic1ier  Lebensbedürfnisse  biM^infhisste  trotz  der 

" Ti  die  iikonemische  Stellung  der  Stmltsoldaten 

Weise.  Einige  8tirhpr(il)en  uiügen  genügen: 
Ifmatlicher  Sold  eines  Waehtmeister^ 
im  Jabre  1«22     20  (Luiden  =  Fr,  "iil—  Mt-tallvverL 
lHyr>     12  n  .-     ..    -MMH 

1731     12    .  i:>M 

171*2     16   „  ^     .    24. 

titr.u.t   Sohl  einea  Soldaten 
im  Jfthn'  IH22    iM»  dulden  =  Fr.   13.78  Metnltwert. 
1(595       U  R  =     „    23.31 

1731       9   .  =     .    U».<iH 

1792     10  ^  =     r    15.- 

'  In  der  unzureichenden  Löhnung  sali  da^  Kommisi^nriut 
^t  mit  üurecht  ein  gewiehtiges  Hindrrni:^  zur  Komple- 
deü  Miinn8c}mft?^bo8tHnde^. 

die  oft  auffallend  energisclien  Forderungen  der 
j«ti  für  „«S>ulngiening*t  unt^^rsttit^t  von  kläglichen 
snen  der  Soldaten,  lies«  sich  der  Rat  zu  etwelcbf»n 
frungen    und    Remunerationen    bewegen,    so    1745^') 
t»)  1787*1  und  1792:*)  gewöhnlich  f^rst  nach  endloser 


:ico   die  WacbtmciÄtcr  auf  Vor^ht.ij^  eine?.  LöbK  Hauskilr* 
;  JbmmcaitM**  von  15 — lo  B  ^tröstet. 

ITafktiaessT  '    '    n  2^  ff  Zul^j^c  ocbst   {  V*er/cl  Korn, 

fh  j^hitiiiic  Zulage  für  die  \Vachtniei*ier  luitl 


Ztilii'r    liir    tili*  W'ni'lltttitTihtrr 


P..-.:'.    iv.Wiicr. 

K    l;/;-.--.-;:  u.     ia     ::  ■    K"'>t»-!;.'     woldit*    di*^    Garnisini   ihn 
-•:t«.i:i-v::  ■!.  H:»'.;<:. :'.•:••  v-rär<aeliTH.  doni  Sparsamkoitspriiizip 

H-  :  .ovk-  .<\v.!-:.  lv':::n:i--rati«»noii  his  zu  2<X»  'T  «rhiHlf 
'  '^^  :•  •;  i.i^  lvA!i'-::v.i:.sw»»S"Ti  mui  dio  Konvspondenz  b^ 
-  :^:e'  i  M  >•'.  rs/i::-iJ-y.  w-i!  ••!•  -durch  uiiaufscliüi»lk'h»» 
\:!i>v- :-."l ':.:■::. ir-!.  •■:T-r<  vo:i  andfrii  eiuträglii'lM'nMHi- 
^v!..-:-  ■.  ,:  j- :..'^:':.  \v'.:rl»\--  Pt*iu  Mustersclin»ihpr  Almi- 
S.  :.i./-.._^  Ai::  •■  17i*4  -<'»ndt-rlieitlioli  \wnr»Mi  ^U\m\ 
\:  ".•'  ^ -w  •'.:!  ■i'::\ii;..;<^i-!Tt^v.  als  sioli  Iuit  aut'gohalT»M>.-!s 
:■;'.■:'-■-    .. :.   Kiniiinr..:  ■:.-    »»:!:  (Trarial  zu  t»m'1. 

l:i      :•  ■     -».;."::  ::'i-^    l.xc    .:ronot»'ii    i«'\Vi'ilou   <li»'  in  der 

'ia-.:--   ■    ..  ;   ^-  w  r  iev«::  'ütd  zum  TM«-iisre  nioht  iiit^lir  nnii:- 

:.\.-  'S'  :.•:•    ..     :j.  :::.•:.  <:••  tiütach  »'nrlii'^yi.    Im  pfüiistil^HMi 

r'.:.  •'  u- w. ■:•':-    :'.r.  ri.    1  !•  R;i:   iTuadoiig»'halto  vdji  n»Min  fe 

::*.:-  .      !>..:.•■'    \v   vh-r.r'.irli.    Au  d»*n  (Tfiniss  dieser  P'/nsi'-n 

•v..'-  -•  .:.•    .i"  .!'   ii.    \"'";i*.'a  !irr.!ig  ireknüptT.  d»'U  Bettrlvöin'''» 

•:   vi  ■!•  \'    -rv '•••'::j:  .l-v  B'.tri'V  uud  lioi   diTeu  r)>i'rtühnu;? 

li«    H  :■  ■  -u     :   ■iiütiii.'i  //i  ^'iii.     Erst  in  di.-r  li^tzton  Z-it 

'S    M  -'   :•     >    •[•  •■   »i;:rv.:<.'Ti    iiwi    Miau    humau«T.'    IWsTÜii- 

■'.■_■  :'      A'-'-^j^vliwcii-lh-u    iui    Spital   rnr»*rku!:"  : 

\  :   ..     ■' ^- :  ;■■.■.'■■:.    L;-ri!:;::'*u  Solil   wurd»-  d»Mi  >"■•  ' 

.   •  ■--  '•    'L- :.;     :.    '•;'•'•«■:!    /."hu    SchilIiu;L:     ].i-Trag»-:i'lvi»  l 

!\    -  -      •  :■■.■■:.  ■.rli.:!   !;.»v;li  •  iu  <  iuldtMi  tiir  di«»  MtHitivUin?  • 

_    '   j:  I  »i-     X'"  ;u-ri<!'iMj:  taiid  .ir^'W-rdiulich    all-*  /.«"'•  | 

•     :   V   \iA-\\K::'r\<'''"\\\iz  <Tatr,     Kino  sidoh»« -Ofiieni!  .■ 

■:-■•;    M->:v-;- i:'"   \\;t:-  "iu   tV-ierliches  Kn-iiriii^-  '^'^ 

'    i  •        ;  •  «v  :•:  :-  -:i  •";•■    i-i^izii::.' iT,»h^ir»^'uh»*ir.  sioJi  in  tri>«.'li»*r ' 

:-■  •    .    •'•  ::  '-:::,.    '  \\.ix^:i    <«-li\var/.triIohenou   <4ama<cli»'ri'"  . 

;  -■■  ::  ::  ■  ::•  ■."•  v.'.  II. i  :"<.  !:\v»if  d"U  Burgoru  -krit\ixsmiissi?'  ' 

/."'      ■  ■ . . 

\\  ' .:  ■   ''.'.■'.'■<   Z'   ■•■r.i.»'.ii^'ll    rt'gtdto    ih'U   Gaui::  «lit^r  * 


;  :"  ■•   V.  :riv:i    '."'   n.ich  dem   Bei^pitfl   „aiuirt-r  b>bs»  ' 
z::    •    •:i-o'-v...t-.Ti  v.i./r  Jtcinkleideren    lier  Solibier.  al» 


Die  Eiiler  StAdtgnrsison, 


4.55 


^tigeB   Angßltagonheit,     Sobald   der  nberste   Kriegökoiu- 

ins  eioe  Montierung  vc*i*fügto,  kam  das  KoniJiiissariat 

ituori,    um    »ich  über  die  Montiir  zu  besprechen;  dit^ 

ie  bis  in  dio   kleinsten  Einzelheiten,    vne  Knöpfe 

darchberateu.    Hierauf  nmssten  dieWaclitmeister, 

laÄl^T^ireiber  und  die Vicari-Wii4littneist4.*rult.er Übung 

bei    den    GnÄdigen   Herren  Obern    In    einem  unter* 

&n  Cteistich  um  dfi^  niiif.»nn   anhalten,  desgleiclipii  anc  h 

,  8t«dtUeut«nnnT 

So  nuterbreitete  der  17^6   neu   eingesetÄk»  Stadtlieute- 

'''*^    ■    '  h  Stjlhelin  dem  Hat  folgenden  Briff, M  der  ala 

:4':n   mag: 
^Wami  dann  Ew.  Gnaden  Stadt  öaniison.   deren  vor- 
rbeii  von  l>«*niKselben   mir  gnadigst    anvi»rtraar   worden, 
9IIS  die  auf   eine  newe  Moutirimg  zu   erfolgende  ge- 
luliche   Masreruiig  pafisiereD^   bei  welcher   ich  das  erste 
tn    ftinciionieren    die   Ehr   hal^im   soll,    mir  aber  nicht 
•  t.  da&s  tneine  Herren  vorfahren  von  Ew.  (inaden 
rill    in    dero    Diensten    zu   tragen  »eye  bestimmt 
AJ4  habe  in  uiitertiinigkeit  anfragen  wollen^  ob  Ew. 
leo   m'  -^cdche    vur 'anschreiben    gnädigst    genihen, 

H     ..^       cht  Euer  (hiailen  nach  <lero  anerbohrenen 
orn  Generosität  mich  Ration e  flessen  wie  meinen 
1  anzusehen  belieben  wollten.    In  welchem 
».iHianglen  wtTde,  Ew,  <iuaden  meine  Unter- 
amt** Dankbarkeit    durch  vertlopplung    meines 
in  Amlseifer»  zu  bezeugen  und  Sie  Gnädige  Herni 
d«*r  tiefÄlt^n  VeiiMrution  zu  ver>iichern.** 
►•n  3<iiimt liehe  \*ürbereitiingen  getroffen,  so  erstattete 
^Koimaifiääriat   Anzeige   an   die  Breizehnen   um  deren 
^Etir  Mu.st**rnng  zu  veniehmeu.    (iewöhnlich  überlietw 
i^koUegiiun  dem  Kommissariat,  nach  Gutdünken  zn 
pn.     Am  Tage  vor  der  Musterung  musiJte  der  St-iwlt- 
früftat  bin  dem  regierentlen  Häuptern  anhalten.  dB&s  die 
rl       '        '  '        >livn  Morgen  auf   ihren  Posten  Ver- 
nix i  esorge^  bis  die  Garmöon  sie  ablöse, 
[Am  MuMeruTJgHtj&g  »elbsi  versammelte  sich  die  gesamte 


.'^vt.- ;*e-.t-Jcr:--.2::.  :-:  >I  :z--frri-r  ^rif  .l-e-zi  BI»:.mIr  in.  Hie»« 
^'-:i'  ii.-',:.  »rr^r-^iir?-:  i-L*  «i^zi  ^r;giukzis  die  Fahne,  u] 
v/-r.r;.r  'e::.-  Zr-i^aiTL:  i-g-Lilr»rri  wonien  war.  abgehol 
V',r  ir:..  A^.-&rs:L  r-^aLi^r^r-r  ier  StaJtlieutenant  ilieObe 
■;:>1  rr.'.-r-rorflzT'^r-.  ür-  il-i^ikAritea  an»!  Spiellente Vi  ir 
»-ir.*r::i  F'riii.--fi»:k.  ALa-iar.:.  -r:.>Igtn-  der  Marsch  nach  <1p 
J'ara/I«rpiarz.*  %>  i-rr  K- 'iiLmaüdant  di»^  Tmppe  den  Dr 
7>-h:i^rri  v^irrihrr«^  und  ♦ii-  MasTeniiLg  durch  die  Kommissari 
^rf'ilirr*:.  X^oh  'ier  Visiri-rnng  stellte  sich  die  Koinpagi 
iri  .S^hlarhrordriUTig-  a-if.  mit  entblösstem  Säbel  und  ai 
g*-pflariZt*:rri  Bajoiiett.  auf  welches  jeder  Soldat  sei  neu  B 
-t/:fkte.  I)»-r  Stadt-  '^^•der  der  Ratschreiber  verlas  hien 
f^flichr  und  Eid,  auf  welche  die  Mannschaft  den  Schw 
U'ijifM*'.  Nach  Vollführung  einiger  Evolutionen  erfolgte  ( 
Riickujarsch  in  «lie  Kaserne.  Ein  festliches  Mahl  bilA 
nach  gutbaslerischer  Sitte  den  Abschluss  der  Phrade.*  ! 
«li^jseiii  Ehren-K<sen.  welches  «par  tete  samt  Brot"  3 
kostetff  und  zu  welchem  das  Kelleramt  den  Wein  spende 
wiird*'n  durch  den  Stadtlieutenant   als  Ehrengaste  gelade 

l)'u'  Dreiz<'hner,  die  Deputaten,  die  Dreierherren,  c 
Stadtschri'iber,  der  Ratschreiber,  die  Landobersten.  ( 
inust.(;rndrn  Offiziere,  der  Salzschreiber  als  ^Tresorier"  u 
i'tWM  in  JJasel  anwosonde,  in  fremden  Diensten  stehen 
Offizien».  I)<»r  (Tarnisonsarzt  und  Barbier,  der  Stadt-  u 
liundinajor  s()wi(»  der  Musterschreiber  wurden  als  Gft 
zwr'it^'ii    Randes  durcli  <len  Brettknecht  invitiert 

Als  in  den  17o()er  .Jahren  die  Preise  für  das  Soldat« 
tucli,  sowie  für  sämtliche  andern  zur  Montierang  erford 
liehen  Hinge  fortwährend  stiegen,  behalt  man  sich  eini 
.lalip'  «laniit,  di(»  Zeit  der  Montierung  auf  2^2  und  scili€ 
lirh  anf  drei  .lalire  zu  verschieV^en,  wodurch  aber  die  Gamis 
dor  Ansri'jstung  halber  „in  sehr  schlecht-  ja  verachtUcl 
Sland^*  •)   «;«M'i<»t. 

M  Das  ^pif'l  bostaiul  aus  sieben  bis  acht  Mann  mit  „Hautboie**,  F 
uiul  WaKlUniM.  hir/ii  kamen  bieben  bis  neun  Trommler  und  zwei  Pfeif» 

-')   Im    17.  I.ihrhinulert  der  Pctersplatz,  später  der  Münsterplatz. 

^)  Mir  M.uiHM'lKift  erhielt  an  ihrem  Ehrentag  eine  Soldzulage,  ä 
l»i«>l   iiiul  Wein 

•i  KouMuissionsluMichl  R.  1   St.  t)2  A.  No,  66. 


Die  Basier  Sttidtgarnisou. 


43: 


Zwar  waren  iuj  Jahre  17*v4  die  Stailtsoidateii  aiif  Vor- 
«tt'llnng  der  Kommission  hin  ^sowohl  aus  Nötwendig-  als 
AnetÄndigkeit^  mit  nouen,  von  Büchsenmacher  Coulsux  in 
Hihiingen  verfertigten  (lewehren  ausgerüstet  worden.  Wenige 
Jaljrc*  später  erhielten  sie  aueh  statt  iler  ^aUen  eigenen  sehr 
»ibgtmnt^t<*n  und  der  Kleiilung  so  verderblich  als  im  Exercitio 
liinderlichen  Säbhm'* '  i  eine  neue  Seiten  wehr  mit  Messinggritf, 

I  Trotzdem  dürfen  wir  uns  von  der  Städtgarnison  kein 
all  glänxendeH  Bild  machen;  ihre  Ausrüstung  entsprach  un- 
gefähr ihrer  militärischen  Tüclitigkeit. 
Mit  der  Neuordnung  des  Wehrsysteras,  der  besseren 
lostaltung  des  Auszügerkontingents  und  der  Ijandnüliz  war 
ja  ihr  ursprünglicher  Zweck,  in  Kriegszeiten  für  die  erste 
Not  eine  schlagbereite  Truppe  zur  Verfügung  zw  liaben. 
Iiinfällig  geworden.  Sie  wurde  auch  offiziell  nicht  mehr  als 
eigentliche  <Tarnison  betrachtet,  sondern  als  Tnrwache  imd 
PoUzeitnippe,  die  im  achtzehnten  Jahrhundert  zu  allen 
luoglichen  Dienstleistungi^n  herangezogen  ^^irde.  um  so 
mehr  als  die  Bürgerwache  auch  in  diesem  Zeitraum  der 
traditionellen  Liederlichkeit  treu  blieb.  Ks  fehlte  zwar  nicht 
an  An8tj*engiingen,  diesem  Erzübel  dea  baslerischen  Wacht- 
weßetis  zu  steuern*  So  verfügte  der  Grosse  Rat  im  Jahre 
1733,  dass  inskünftig  alle  Bürger,  ohne  Unterschied  der 
Person,  wachen  sollten,  ^von  dem  Herrn  Bürgermeister  an 
ins  auf  den  Bettel vogt  und  von  dem  Herrn  Oberstpfarrer 
Ali  bis  auf  den  Sigrist,^  Der  Ratsbeschhiss  wnnle  niemfds 
iii  seinem  vollen  Umfange  ausgefiihrt 

Günstiger  hingegen  gestalteten  sich  die  Verbesseningen 
''<T  der  Stadtgarn isnn,  besonders  unter  dem  Stadtlientenant 
Abel  Wettstein,  1722—1735. 

Vor  allem  wurden  die  Nachtwachen  verstärkt.    Während 

km  1712  beispielsweise  vom  Fröschenbollwerk  bis  zum 
»^tmiienboUwerk,  überhaupt  von  einem  Tor  zum  andern, 
bloss  eine  Schiidwache  stand,  verstärkte  man  dieselben  auf 
p  vier  zwischen  zwei  Toren.  Sie  mussten  sich  alleViertel- 
Kfiuiden  anrufen:  -Schildwacht  hab  Acht!** 


1)  Mil,  act.  R.  I   St.  02  A.  No,  66;  Ratsprot.  v.    »o.  Mai  1709. 


N\'aliiviul   df>  Tagi'S  vortPilti»  sich   di«»  Mannschaft  auf 

i>io  HaupTwa^Iu»  Ivstaml  aus  elf  Mann;  diese  Versalien 
/.woi  Posii'n.  oiiifu  vor  dorn  Gewehr,  den  andern  bei  Au 
l-osuniTssTüoken  a:if  iler  Kheinbrücke.  Die  St.  Johaiuitor- 
wache  zählte  elvntalls  eh'  Mann  mit  zwei  Posten.  Das 
Spah^mor  wie>  dreizehn  Mann  und  drei  Posten  auf.  eim-u 
vor  d.ni  iu'wehr.  einen  bei  dem  Schlagbaum  und  d«»n 
ilrint'ii  aut  dem  IVdivverk.  Steinen-,  Aesehen-  und  St.  Alban- 
t.»r  hatten  Besatzungen  von  je  neun  Mann,  die  beiden  Kloin- 
i>aslertor«'  solche  von  je  zehn  Mann. 

Ferners  versah  die  1  Garnison  das  Rathaus^ ^  das  Kom- 
nnd  Kaut  haus  mit  Schild  wachen,  ebenso  an  Sonn-  und  Feier- 
ta«j:en  die  vitT  Haupt kirchen  und  an  den  Schiesstageii  die 
Sihiitz»'nmatte. 

Zu  den  nächtlichen  Patrouillen  ausserlialb  der  Stadt 
sielltr  ilie  ilarnisonstrupp«'  fünfundzwanzig  Mann.  Dienächi- 
iichen  Vurposien  des  St.  Johanntores  patrouilliertt»n  bis  zum 
Lis.>büclu'K  ilitMcni^en  des  Spalentors  bis  ^gegen  derLind«Mi. 
Srliützrnniatteis  und  Hollee.-  PieSteinentorpatrouille  maclit«? 
SiLlierniii::>ij:änge  ^eixen  «Binningen.  St.  Margn'then  uu'l 
d -ihMi  Srhl''>sltMu  Ihtihu."  Pas  Aeschen-  und  Alhantvir 
iKiri.Mi  k«Mn'«  Vor[K>sten  umi  gaben  dämm  alle  Nacht  dn'i 
Mann  aut  dir  Hanpiwacln».  I^t^-  Hiehent<u*mannschaft  Infi 
'!:<' H<»lzw;iclit  ob.  wiUirtMid  vom  Bläsitor  aus  bis  zur\Vies«'n- 
i-riuU.-  innl    Klibrck   patn)nilli»M-t   wurde. 

Au<s»  r  dorn  allnächtlichen  Visitieren  der  Weinschenken 
unl  ( i;i<thäu<t'r  waren  die  Stadtsoldaten  noch  veqdlichtot. 
!' -i  F«U'is;4.'lalir  und  Hochwasser  Hanil  anzulegen.  EiuMis«» 
!i!i«l«ri  wir  -i.«  ln'im  StantliVilit,  indem  ihnen  ilie  Bewachung 
•  i'-r  Miihtikanirn  übmragen  war.  Bei  Hinrichtungen  eskor-  j 
ii«-ri.'n   ^i..  di»'  X'eniiteiltfU  zur  Hichtstatt.  j 

Aurli  zur  Abschatt'uTi;;  d»'s  i\berhandnehmenden  lästige"  | 
( i;i>s.'nlMtt»'U  wnrdo  di«»  (Garnison  zu  Hilfe  gez*>gkMi.  !^'  \ 
iiiMcht«-  17*.^»'»  «'inr  Bund»'  von  Stromern,  die  sich  auf  Jeni  l 
Holzplaiz  v«.r  d<'ni  KMi'ln'Utor  eingenistet  hatten,  der  Sta'h  j 
\  i«l  zu  >«h:ttti'n.      hie   Stndche    wurden    durch    framisönW  ' 

'i   An  -u.Mrii   Kat-i;i;ien  .uht  Mann,  ;in  ordinären  R.itstageQ  ein  M-nc. 


Die  Bfiüler  Stadtganiison. 


43^ 


3£ur  Herberge  geführt,  mit  leinenen  weisa  iintl  schwarzen 
KaiiUHolf^ii  und  Kappen  hekleidet,  an  den  Karren  gespannt 
utkd  hei  Wasser  iintl  Brot  zu  harter  Arbeit  gezwungen. 

Die  Überlastung  der  Stadtbesatzung  stiesg  bei  der  Kriegs- 
komraission  auf  Widerstand:  lag  es  doch  in  ihrem  Interesse^ 
»laas  der  Wachtdienät,  für  den  sie  in  letzter  Instanz  verant- 
|\vtntlich  war,  pünktlich  und  genau  geleistet  wurde.  Das 
war  ab^r  mit  Soldaten,  die  oft  drei  Tage  und  Nächt-e  hinter- 
f^iimiider  zu  keiner  Rulie  kamen,  undurchführbar.  Das 
Kommissariat  w*aiidte  sieh  dalier  in  nu'breren  Eingaben  an 
die  Regierung,  um  sie  auf  (Wv  ungesunden  Zustände  aul- 
in»?rksam  zu  machen, 

Bir  Memorial  vum  Jahr*^  1731  hebt  hervor,  dass  die  in 
Nt Stadtgarnison  betindlichen  zweiundachtzig  „Schihergäste* 
mehr  Dienst  tun  müsaten,  als  unter  einem  souveränen  Fürsten 
f^Ürhe  hundert  Mann  versehen:  ^bei  inuner  mehrer  an- 
wac.hs*.ndiT  Fatigm_*n^  könnten  die  Sohlaten  uimiuglicii  lie- 
stehen:  man  möchte  sie  daher  ^uin  etwas  soulagieren. ^ 

Der  Riit  liesH  sich  aber  nicht  herbei,  Handrdfming  zu 
♦*rt*^ilen.  sondern  brtonte  ziemlich  schroff,  wenn  den  Ange- 
worbenen  der  Dienst  unter  der  baslerischen  Obrigkeit  nicht 
Miage,  sei  es  jedem  unbenommen,  jederzeit  seinen  Abschied 
211  verlangen.  Diese  Ansicht  widerli(*f  aber  dem  Bestreben 
[w  Knmmissarien.  die  ihren  Standpunkt li  eingehend  bt>- 
I  Jjrlmdeten. 

^Aih»rmassen  der  allzufnihzeitige  Abscheid  merklichen 
p^<^limlen  nach  sich  ziehen  würde ,  indem  ein  ni  an  eher  Soldat 
J^M  jähr  und  Tag  zu  lehrnen  hat.  biss  er  wegen  dem  Kauf- 
IKom-  und  Saltzhauss  wie  auch  andrer  intraden  und  Ge- 
["tttiche.  worauf  die  Garnison  zu  vigilieren  hat.  recht  under- 
jnc'htet  ist,  der  vielfältigen  Bemühungen  zu  geschwtiigen 
jaie  Hf.  Htattlietitenant  und  ilie  Wachtmeister  mit  dressimng 
|d«T9elben  ziiliringen  nüissen.  Es  ist  auch  schon  geschehen 
llirjd  würde  noch  mehr  (d>erhand  nemmen,  dass  junge  Kerls 
»b  unserer  Landschafft  under  die  Oarnison  Dienst  nemmen 
Ttrid  sich  etwa  ein  halb  jähr  exercLren  lassen  und  wieder 
/ortgehen,  nur  damit  sie  hernach  bei  der  Landmü iz Wacht- 


•)  Memorial  der  KriegskommUsion  R,  i  St.  92  A.  No.  32;  v.  5.  Jan.  t  732. 


44^  i*a"l   Kölner. 

oder  Exerciermeister  werden  köimen:   sie  theten  sich? 
mehr  an  die  Weibsbilder  hencken." 

Die  einzige  Erleichterung,  zu   welcher    der  Bat  s 
Zustimmung  gab,   bildete   die  Anscliaffung  einer  vom 
tosen  erfundenen  eisernen  „machine '^.  mit  der  man  die 
fungenen    zu   schliessen   und   zu   verwahren   imstande 
^dass  sie  sich  auf  keine  Weise  davon  losmachen  könnt 

Anfangs  der  1790er  Jahre  wurde  ein  letzter  Ai 
i]jenommen.  wie  „in  Ansehung  der  Garnison  eine  be. 
Einrichtung  überhaupt  und  besonders  wegen  deren  VoUza 
keit  getroffen  werden  könnte.''  Aber  alle  Erdauerung 
mochte  nicht  der  Stadtgamison,  die  als  militärische  Tn 
sich  überlebt  hatte,  neue  Lebenskraft  einzuflössen. 
war  altersschwach  und  morsch  geworden,  wie  ihr  dama 
Führer  Emanuel  Battier,  der  ihr  während  mehr  als  e 
M<»nschenalters,  von  17B2  bis  1797  vorstand. 

Der  Wechsel  des  Regierungssystems  mit  dem  Be| 
der  Helvetik  berührte  vorerst  die  Stadtgamison  nicht  I 
bestand  weiter,  ohne  aber  irgend  welche  Bedeutung  in  J£ 
bewegten  Tagen  zu  gewinnen.  Sie  erwies  sich  vieln 
als  unzureichend  für  die  Überwachung  der  Tore.  Das  Poli 
koniitee  verlangte  darum  genauere  Aufsicht  unter  den  To 
da  t^s  sonst  unmöglich  sei,  die  Stadt  genugsam  vor  schlech 
(lesindel  zu  bewahren^). 

Am  2.  April  1798  trug  das  Comite  militaire  bei 
Nationalversammlung  auf  Aufhebung  desKriegskommissar 
an,  da  es  dessen  Verrichtungen  übernommen  habe.  1 
abtn^tenden  Kommissarien  blieb  von  Seite  des  Comite  n 
fain»  der  Vorwurf  nicht  erspart,  „sich  particularer  Begüns 
nn^en  zum  Nachteil  des  öffentlichen  Schatzes*^  scha 
«gemacht  zu  haben-).  Mit  dem  Wechsel  der  vorgesetJ 
Mehönle  der  Stadtgarnison  ging  gleichzeitig,  allerdings  o 
iinnM-n  Zusammenhang  mit    der  genannten   Änderung. 

I)  Sohreihen  des  Polizeikomitees  an  das  Comite  militaire  v.  3.  März! 

-\  D.is  (  omitc  militaire  begründete  seine  Anklage  damit,  dass  der 
Ars  St.ultlieutcnants  Christoph  Stähelin  cvon  Jungem  an»  als  Kadet 
.In  St.ul!);ariiison  angenommen  und  ihm  monatlich  6  flf  für  diese  Stell 
tikannt  \\orilen  sei,  obwohl  er  nicht  den  mindesten  Dienst  getan.  Mil 
\.    I    >.   April    iroS. 


Die  Basier  StadtgoruiftOttt. 


MI 


r'-^*^'  v*<>iiahts»tr'lln  i/in,    iiidern  ihn'  It^tzto  8tadtli«nitentiiir. 

BuxtA-jrf,   öpiit   1797  Naclilolgt-r  des  verstorbeui-u 

als  Senator    in    den    helvtitisrhi^n    gesetzgobendi*ri 

^r\\f*r  gf*wilhlt  wnnle.     Auf  Antrag  StohHns,  Prösicjent  drs 

Ipmit^   militaire.    wiu'de   ilas   Amt   nicht    definitiv    bes^nzt. 

i  iirovTSiiriHclift  Loining  dor  (Garnison  übertrug  Regiurungs- 

r  Hchnifd  —  das  Milittirkomitoe  schlag  den  Mustrr- 

,*M  ,   Schilling  vor  —  dem  Ob^mten  RyhintM*^   welcher 

bia  zur  Auflösung  der  Tmppe  dio  (Toschäfte  bo^orgt«^ 

Ü«M5    Einnicken    französischer    (Janiisonstnippen    unter 

am  24.  Oktobor  171*H,  welche  8<ifort  die  Wache  unt»'r 

Stadttoren  und  die  Verwuhruiig  der  TorschlüÄsel  iil)er- 

if    eötkh^ideto    die    8tadtgarni8on    ihrer    wichtigsten 

aktiüueB* 

Nar    die  WacJn*    biMiii   Rk**iiit«ir   und    heim    Richtiians 

mi^ix»  Verblieben  der  städtischen  Mutmschaft     Stattludter 

lid    forderte    hei    Duchez^  Nachfolger,    Generaladjutani 

l,  auch  die  Wache  unter  dem   Ratliaus,  biarn  AI  bau- 

«i  beim  Z4jughaus  für  die  StaJtsohJaten  uijd  die  bürger- 

ehaft.  Die  Benutzung  des  letztgenannten  Postens 

Bäaier.  schrieb  er  unterm   16,  November  17i*H  nn  den 

Piftchim  Platzkommandanten  «,produirait  le  plus  grand 

iieiMeur  effet  sur  reaprir  public  de  t/OUt  notre  Canton-*L 

urd   gowlUirte   Schmids  Forderung  für  das  Zeughaus« 

«einem  V«"»rlangen  hinHichtlich  des  Rathauses  un<l 

aior8   nur    insiofern    entgegen,     als    die    dortigen 

fidiiiii  aeur  ftinen  Hälfte  aus  Stafltsohlat-en,  zur  andern  aber 

«in    Tnippen    sollten    gebildet    werden.     Nach- 

&rte   er  auch    tlie   Bewachung   des   Zeughtuu^e« 

^mb,  *1ääii  dort  ebenfalls  liie  Hälfte  der  WachtTDaniLschaft 

^'Mqh  Soldaten  —  aus  Franzosen  bestand.     Sehmid  musste 

•  dieser  nicht   unwichtigen    Andeiiing   w^ohl    oder   übel 

1;  er  »ichneb  darüber  an  das  Vtdlziehungsdirektorium: 

^So  g(&mm  ich  gewünscht  hätte,  dass  dieser  Posten  uns 

^en  wäre,  so  wenig  wollte  ich  mit  einem  Mann, 

li  .  „   .,    sn  freundschaftlich  gegen  ww-i  luimb^lhv  daruht-r 

Ldeii  mind^Mften  Zwist  kommen*^' 

roüllBdief  B  B  5. 
l'^tiKlieft  B  B  1. 


\  \-  Vau]  Kölner. 

iMuvh    IVlIisnnrs  Massnahiiion   war  das  Schicksal  ir 
Siiult^aniison  so  zidulich  ontschiedeii. 

(»loirlnvolil  dauerto  es  fast  noch  oiii  Jahr,  bis  <lie  Aui- 
hi'lnm^  zur  Tatsacht»  wur(h\ 

Am  ö.  Soptombor  17iW*i  bescldossen  die  gesctzg^lHMulH» 
liiitt»  zur  Boscliinuung  der  äussern  und  inneni  Sicherheii 
iIiM-  Republik  ein  stehendes  Truppenkorps  zu  errichten,  so 
iM'träclulich  als  es  die  HilfsqueUen  das  Staates  gestatteten. 
Pi«»  Anwerbung  sollte  ganz  freiwillig  geschehen  und  »»hii'* 
an  «'in  Verhältnis  der  Bevölkening  gebunden  zu  .sein,  in 
'lt»r  «xin^zen   Republik  stattfinden. 

Per  diesbezügliche  Befehl  des  VoUziehungsdirekturiiims 
wurde  am  VX  September  der  Stadtgamison  vor  der  Front 
viTJosiMi  und  Mann  für  Mann  darüber  veniomnien.  Es  er- 
i;ab  sich  aber,  ilass  von  einundneunzig  Mann,  womnter 
/\\»>li'  liivaliihMK  «als  vom  WachtmeisttT  bis  auf  den  Pn»- 
toson  nur  zwtMunddn»issig  WiUens  waren  nach  Bern  zii 
1  iiarsr  hieran  "-1. 

Wonige  Tage  später  erfolgte  die  gänzliche  Entlassung; 
'Irr  Stailtgarnison.  Woder  in  ilen  Protokollen  der  Ver^'ai- 
tunuskainintM*  noch  in  denjenigen  der  Munizipalität  winl 
«l'i*  Anliosuuij:  Krwähnung  getan.  Auch  im  Tagblatt  ikr 
<'tsri/,»  und  Pi'krt'te  lunl  in  (h»r  Aktensammlung  der  Hol- 
\'tiMlnMi  Ixepubjik  iiniiet  sich  kiMu  Beschluss,  der  ilaniit 
iM  /usamnitMiiiang  st«'ht.  Ob  die  Aufhebung  der  Stadt- 
irarnisun  ein»'  unmittelbare  Folg«»  der  Vorgänge  V(mi  lRSe|»- 
r.  inKtM-  war,  \t»rt'ügt  durch  das  Vollziehungsdirektoriiuii.  ist 
Ji^i^  nirhr  g.'hin;;:fn  nachzuweisen.  AVenn  nmn  sich  auch 
:!arli  .I.mi  oMm;»»!!  Austuhrungen  mit  dem  Gedanken  »wr 
l'.itlassminr  liiiinrsi  v«'rtraur  gemacht  hatte,  so  bleibt  immer- 
'!'i:>  'lio  Art  ninl   Weis*',    in  welcher  sie  erfolgte,  auffallen«! 

Am  17.  oktobtT  17W  wurden  die  entlassenen  Stadt- 
-'Mai.'M  nochmals  in  tue  Kaserne  beschieden,  um  sie  zum 
Kmiiitt  in  .li,.  Xationaltruppen  zu  animieren:  doch  .warb«*» 
•1' :»    iA-ut»ii   nitliT   vi.'l    Lust   wahrzunehmen-*-  und  nur  ein 

Si::.k;,.,.    Arii-ns.unn.l^.   il.    Hclv.    Rcpuhl.    Bd.    VI   No.  450. 
-»  ^.  ljr.:i;>.-n    .lc>  r,.,riiisoiisscIircibcr>    SchiUiiig    au    Statlhatlcr   Schmiß 
V.    I'».  SfptiTijlii  r    1 7«ji>  <I<  i.^. 

•*'   I>  I.    I    MMni/.i|,alitaispr.,t.  v.   21.  OUiüber   ir*^>. 


Die  ßn^fer 


^Binziger  Mann  liest»  sich  an  werben. 
^  Dii^    zwölf    rutttellosHn    IiivalidiMj    hotreffeiHl.    oiätsehied 

I    dÄsVöUziehiingsriirektorinm  ant  Rajiport  des  Krif^gsministers 
Hl-muther  hin: 

■  ^Cnnsiileriint    que    la   plus  pari   ile  c^s  vÄtßrans   no  se 

«out  adstrointer  \l}  tlans  leur  ic^iinesse  ä  uu  sei-vic^  penible 
qiie  dans  Tegperanct^  d\>btenir  imo  retraite  pour  leurs  vieux 
jours, 

Considerant   qm?    leur  petit  nombre  ponnet  rle  remplir 
i  lear  egard   len  engag*>meBta  de  J*ancien  gouverneniont 

arrete: 
1**  Les  In%'atidos  ile  la  cidevant  rTrimisoii  snld^f»  de  Bido 
Ha  üfimbre  de  dotize  continueront  ä  jouir  des  meines  secours 

i'ine  leur  accordait  Tancien  gouveniomeiii,  c*e8t  k  dire  qii'ils 
«tiroot  Tciption   d'entrer  a  riiopital  aux  frais  du  gouvenn'- 
''lom  an  de  tirer  le  pain  et  le  pret  jusqn'ä  leiir  niurt^ 
Dieser  B«*sclihi3^s  wurde    18<>2    dahin   aligeäiuleit ,    dass 
>lf  Invaliden  jährlich  150  ff>  Pension  gegeben  wnrde,  wälirenrl 
lt?r  zwölfte,    alt   Wachtmeister  Ludwig  Iselin^    ein    aclizig- 
S-brigcr    blinder  Greiö,    der    fünfzig   daliro    in    baslerischen 
[Diensten  gestanden,   einen   Enhegehalt  von  jährlich  230  u 
4  Btz.  erhielt.     Die  Erledigung  der  Invalidenfrage  war  der 
löt2ti>,  friedfertige  Akt  in  der  (Tesehirlit*^  der  8tadtgarni.son. 
Im  siel>enÄehnten  Jahrhunileii:.   in  einer  wtigendeii   un- 
K<*stümen  Zeit  zn   rein    kriegerischen  Zwecken   geBchaffen, 
haftet  der  Sttidtgiiniison  im  achtzehnten  Säkuluni    als  'Exe- 
»^^itivorgan  vrvrHchiedcnor  Behörden  etwius  krähwinkleriischeg 
*^'**      Cierade    dadurch    passt    sie    aber   vortrefflich    als   er- 
^^ii5endes  Stück    in    den    Rahmen   jener  Bevölkerungt    die 
^i^H    Feyerabend^i    in    seinen    köj^tlicheii    Karikaturen    vor 
^^^en  führt. 

Die  Mediation,  welche  so  manches  Vorrevolutionäre 
^»^Hjpr  herstellte*  rief  auch  die  Stadtgarnison  in  veränderter 
«■or^D  zu  neuem  Loben:  Fünf  Jahre  nach  ihrem  unrfüiui- 
''*^Hen  Ende,  1804.  wurde  ihr  in  der  Basler  Standeskompagnie. 
^*^^  ^Stänzlern'^  den  VolksmiindeH,  eine  gewissenuassen  erb- 
h^h   belastete  Nachfolgerin. 

*)  Franr  Fej'crabcnd  (1755 — tSoo),  Maler  und  Radicreri  hauptsächlich 
^^kaanl   durch   «eine  prägnaolcn   Karikatviren    basicrischer   Persönlichkeiten, 


1 


Die  Entstehung  und  Entwicklung 
der  Herrschaft  Farnsburg. 

Von  Carl  Roth. 


Mit  iU^m  Aufkoinmeii  der  Feiidalität  und  der  durch  dii» 
^'(»rbiudung  von  Amt  und  Beneficium  geschaffenen  Erblich- 
keit der  Ämter  war  das  öffentliche  Kechtsleben  des  Mittel- 
alters seiner  Auflösung  entgegengegangen.  Im  Zusammenhsng 
damit  hatten  allerorts  nisch  partikularistische  Bestrebungen 
um  sich  gegriffen,  die  alten  Stammesherzogtünier  ^'»ren 
wieder  aufgekommen,  vor  allem  aber  waren  in  den  GninJ- 
luM-rschaften  Quellen  eigener  politischer  Gebilde  entstandeiL 

Diese  (inindluMTen  suchten  sich  im  spätem  Mittelalter 
für  ihr  (lebiet  in  den  Besitz  der  nötigen  Hoheitsrechte  zu 
setzen,  und  infolgedessen  entwickelte  sich  die  Grundherr- 
scliaft  zur  Land(\shoheit. 

Von  der  (Tnindherrschaft  zur  Landeshoheit  sich  durch- 
zuringen war  das  allgemeine  Bestreben  der  Grundherren. 
Manchmal  gtdang  derVersucli,  oft  aber  scheiterte  er  an  dem 
AV(*ttl)ewerb«*  mächtigerer  Herren  und  ganz  besonders  auch 
an  der  Konkurrenz  des  aufblühenden  Bürgertums  imd  an 
dvv  Zähigkeit  etwa  vorhandi^ner  reichsunmittelbarer  Baueni- 
g(']noind(»n.  ' 

Aus  diesem  allgemeinen  Streben  von  grossen  und  kleinen 
Herren,  weltlichen  und  geistlichen,  nach  Laudeshoheit  gebt 
klar   hervor,    dass    die    repu])likanische    und    demoknitische 
Entwicklung,  welche  die  schweizerischen  Lande  im  Verlaute 
ihrer  Geschichte   genommen    haben,   keine   von  Anfang  an 
<:,^egel)ene  war.     Hier  suchte   sich  wie  andei'wärts   die  horr- 
schaitliche  und   fürstliche  Landeshoheit  durchzusetzen,  und 
zwiM  Häuser  ragen   hierin  besonders   hervor:    Habsburg  im 
Norden  und  Ostern  unseres  Landes,  Savoyen  im  Süden  und 
AV(»sten. 


bwtBg  tm<f  Entwlieklmig 


■         Nehon    diesen    grosöartigen   Untcrnehmeu*    vrm    ileiiPii 
mr   »las  eine  duK   Imbsbiirgi^ichc^  Urbar  König  Albroehts  be- 
redtes Zeugnis  ablogt,  gab  c-s  aiicli  eine  ganze  Anzabl  Ver- 
i^iiche  in  kleinerem  Masstiibc?.     So  vermögen  wir  in  unserer 
"tvächsten  Umgegend  eine  jüngere  Linie  des  Hauses  Tierstein 
211   beobachten,    wie   dieso  im  Begriffe  wai\    in    einem  Teile 
^W  Sisgaues  ihre  Grumlberrscliaft    zur  LHndesherrschal't  zu 
erweitern*  —  Es  ist  hier  die  Kedc  von  iler  Hea*scbaft  Farns- 
hnrg,    welche    H^^rrschalt    »bis   Uebiet    iles   FJussystems   der 
obt^rn    Ergolz    nmfasste.    mit   Aj*isriorb   Wiiitersiugen,   Buna 
und  Maispracb   über  die  Wasserscheide  hinüberreichte  und 
atLssorhalb   des  Sisgaues   noch  eine  Anzalil  Bpsit^oingen   im 
Fricktale  in  sich  schloss. 

Um  nun  auf  die  Geschichte   der   Herrschaft  Farnsbiirg 

»ünztigehen  und  vor  all» 'tu  ihre  Entstehung  zu  prüfen,  halten 

W  V(yrerst   in  der  einschliigigen   Litteratnr  Umschau.     AVir 

^vertif?n  dabei  gewahr,  iias>;  die  Mitteilungen  über  Farnsliurg, 

'^^sonders  was   die  Anfänge   die^ier  Herrschalt   betrifft,    nur 

'^pnrliehe    smd.     Dazu   gehen    diese   meist  auf   die  Angaben 

ßnickners    in     seinen     „Merkwüi'digkeiten     der    Landschaft 

^^el*  *)    zurück.     Verhängnisvoll    ist    dabei,    dass    sich   auf 

di^se  Weise   bei  Brückner  eingeschlichene  IiTtümer   immer 

^'^iter  vererbt  und  zu  allerlei  falschen   Kombinationen  nml 

^hlüssen    gelHihrt    haben.     So    datiert   Brückner  das  Urbar 

^^s  Grafen  Sigmund  II.  von  Tierstein-Famsburg  von  1322^) 

5tatt  von    1372,    xind    dieses  Versehen  hat  sich   nun  durcli 

^^iö    ganze    folgende    Litteratur    hindurch    erhalten.      iJazu 

sollte  noch  das  Missgoscliick,  dass  auch  1322  ein  Graf  Sig- 

uiuiid  von  Tierstein-Famsburg  lebte,  nämlich  der  Orossvater 

^igmiinds  11, *l     Die    Folge    war,    dass    das   Urbar    auf    den 

^^rotäsvater    statt    auf    ih-ni  Enkel   bezogen    und  dadurch  die 

Herrschalt    in    der    ausgebildeten    Form    von  Vd72    um    ein 

^''^Ues  halbes  Jahrhundert  zu  früh  angesetzt  \\^irde. 

Auf  Brückner  ist  es   aucli  zurücivzuführen,   wenn  etwa 
^®   Existenz  der  Herrschaft   Farnsburg  bereits  für  das  be- 

*)  D,  Bruckocrp    Mcrkwürdigkeitcu    der    l^udscbaft  Ba&cl,    baudelt    von 
i^burjg  auf  pag,  3ii5 — 2204. 

';  Brnckncr,  ebenda,  pag.  2140,  2152. 

•)  Genealog.  Handb.  d.  Schweiz,  Gesell.,  Bd.  l.  pa;».  iJo/31,  Tai  01, 


:  ;'•  Carl    Roth. 

i^iiiiit'Tult.'  Xni.  Jahrhiiuden  angonominen  wird.  wähMul 
sirli.  wie  Avir  <;l«'it.li  sehen  werden,  die  Haltlosigkeit  Av'^^t 
Annalnne  bald  ergibt.  Bnickner  nennt  als  den  ältestvii l>e- 
kanuren  Strafen  von  Karnsbiirg  einen  ans  den  Schriften  d«?s 
Klost'TsBeinwil  ans  ileni  Jahre  12 12  bekannten  Grafen  Rudolf.'- 
Es  findet  sicli  eine  Beinwil»T  Urkunde  von  1212.  die  schon 
in  Herrpfotts  -(renralogia  diploiuatica  Habsbiirgica-  ab«?'- 
'Inickt  ist.'-  In  diesi-r  ist  «li«^  Bede  von  einem  -Riidolplnis 
«•onii's  dl*  TitT^tein".  aber  dass  diesiT  Herr  zu  Farnslmrg 
:^»'\v*'S»'n  si'i.  ist  aus  «h-r  rrkande  nicht  zu  ersnlien. 

Brückner  f«)lgt  L.  A.  Burckhardt  in  seiner  verdi»?nst- 
volltMi  Arl)eit  «Dii^  X'erfassnng  der  Land gmf Schaf r  Sisgan"/- 
unvfr<tiMjdliclierwois»*  jt^cioch  unter  Berufung  auf  HerrgorrIL 
[)ag.  2C}i),  dt»m  Abdruck  der  von  Bnickner  erwähnten  1  r- 
kunde  von  1212.  S«dir  ernst  scheint  jedoch  die  Aiu- 
stelbmg  des  Uraf«Mi  Kudolf  als  ei*sten  Farnsburgers  nicht 
^•Minniiii«'n  AvordiMi  zu  s«*in.  denn  Burckhardt  weist  ilanebe« 
aurli  gl« 'ich  auf  den  <Trnf«Mi  Sigiimnd  I.  von  Tierst4?in  leboml 
zwisebeii  12M2  und  1,-V2<ii  als  möglichen  Clründer  der  fani>- 
burgis(li»Mi    Lini«*  Tierstein   hin. 

Martin  Biniiann  in  seinen  Ausführungen  über  di^*  Fani>- 
bnr^^  fügt  blos  hinzu,  dass  andere  auch  die  Farnsbiirpor 
mir  Sigmund  IL  von  Tin-stein  bi»ginnen  lass<*n  niöchtt-n: 
.•in«*  nähten'   Begnhuhmg  f«*hlt  jedoch.  j 

Was    die     Kntstehungsgeschichte     Farnsburgs    betritt!.  1 
führt    aiicli    (h'c    Dissertation    von    Ludwig  Freivogel, "'i  ili^ 
iibiT   di«*    politischen  Verhähnisse   der   Landschaft  Basel  ii'i 
Mitr«'lalter  orientien.    niclit  ül)er  das  schon  Gc-sagte  hinau>. 
I>i«'<    ^ih    auch    von  Wevdmanns   Tiersteinergenealogio  iiu 
'Ist «Ml    Hand   (h's  genenlt)gischen    Handbuch   zur    Schweiz^^r 
( J«*s(hiihn'/'    wriche  ihM- Tra<lition  gemäss,  jedoch  ohne  Aii- 
«;abr   niih«M-er  (Iründe,    Signmnd  I.  von  Tiersteiii    als  H*Tri\ 
zu   Karnsl)nr^  bezeichnet. 

*i   ünu'kncr,  cInMula,   jtaj^.  21  17. 

')   Iliiijioit,  \,:v^.  21:^  No.   2i»<'.     Sol.  Wochenblatt    1S24,   p;io,  271". 

■'1   Ha^l.  nciträjic  Hd.  11,  ja^j.  2i)^  iX. 

'.)    nasl.  Ja]iil>.   ISS2,   pag.  oS  lt. 

•')  L.  Frc'iv(»;ic],   Die  Landschaft  l^ascl,  Berner  Diss.  iH«)3. 

*'')   pa^.  127  IV 


ntittliQfig  imd  KtitM^cktung  der  Berrscbaft  Farnsbiirg.       447 

5r  kuTKe  Überblick  über  ilie  wichtigste  Litteratur 
ll  wie  mangelhuft  «8  mh  iiuHerer  KenntTii*; 

^*>n    der   Herrschaft  Fani8l)iirg    btistollt   ij*t. 
jer  wohl    kaum   als  Überflüssig  oröclioineu,    sich 
atil   ihri^  Ocjichichte  näher  anzusehen,  be- 
Anbetracht    ihrer  Wichtigkeit    fiir    die    spätere 
Politik  Basek;  bildete  sie  doch  hernach  den  Kern 
orinm«,    das   sich  *lit^  Stadt  unter  Überwindung 
|ier    Schwierigkeiten    im    Lftufe    der    Z<dt    ango- 

ston  Malo  erwühnt  fittch^r  sich  die  Farnsburg  in 
™dp  vom  8.  Mai  1307.*)  in  welcher  dem  Deutsch- 
xu  U*fnggori  (tüt*?r  geschenkt  werden  ^in  Riken- 
V;irnsjierg'^,      Hat»   zr^^ei^e    Mal    wird    der  Burg 
getan  in  einer  Urkunde   v^om   2.  April    1310.*) 
i*r   d*jr  (4mf  Wernht*r  von   Homburg   an  Johann 
«Ion    vierten  Teil    '1*^^    fT-iiV.c-    vt^    Raus   ^unter 
\^  2U  Liihen  gibt. 

fboicbn  Urkundenbmchre  sind  die  uinzigen  bi^ 
Inten  Zeugnisse  für  die  Existenz  der  Farnsburg 
der  ersten  Hälfte  des  XIV^.  Jaht'hund<'rts.  Erst 
rm  der  Farrisbnrg  wieder  «lie  Hede,  intlem  in 
12.  Mai  diese«  Jahres  datierten  Vertrage,  in  dem 
^u  You  Froburg  und  (*raf  Sigmund  H  von  Tii^r- 
über  den  Nutzen  der  I^andgrafschaft  im  Sisgan 
1^  tuiier  den  Zeugen  auftritt  ein  ^  Hanns  B^nne. 
iierg>*i 
I«]  IS  ide  von  einer  Feste  Farnsberg  oder  Farns- 
die  ersten  Jalu'e  des  Xr\\  Jahrhunderts  zunick, 
4be  nicht  ge?^agt  werden  von  dt*r  gloie!niiimigen 
Atmdrücklichen  Bf^richt  von  einer  solchen  er- 
^rst  durcli  die  bereits  erwähnte  Güterbeschreibung 
vun  1872.^)     Bei  näherem  Zusehen  ergibt  sich 


ü.  L.  B,  pag*  17?  Ko,  Jf2. 
V,U  n.  pag.  IUI  Ho.  aji 
V.  L.  B.  ptkg,  365  No.  389. 

Ja*FAniftbiiT!g€r  Urbar  v.  15*2,  ein  BestMidteil  dea  Gefamturbart 
Boiljc«  voo   1571/1 17^*;  es  liefiDdei  sJcli  auf  dem  Basier 
Im  ilrfi  TkfBlBiiit«r  Akten. 


f.  Vituh.  uitn  Allenum.    VI»  '2. 


m 


448  Carl    Roth. 

denn  auch,  dass  es  sich  bei  der  Herrschaft  Farnsbiirg  ii 
Gestalt^  in  der  sie  uns  im  Jahre  1372  vorgeführt  vdn 
<ler  Tat  erst  um  eine  jüngere  Erscheinung  handeb  1 
Betrachtet  man  an  Hand  der  Urkunden,  wie  es  sich  zu 
des  Xni.  Jahrhunderts  und  in  der  ersten  Hälfte  des 
Jahrhundert«  mit  den  Besitzvorhältnissen  im  Gebiet» 
nachmaligen  Herrschaft  Farnsburg  verhält,  so  gelangt 
zu  folgendem  Resultate: 

Der  Dinghof  zu  Bims  untersteht  zum  Teil  dem  G 
von  Froburg/)  zum  Teil  dem  Grafen  von  Homburg-» 
homburg):  als  Herren  der  Höfe  zu  Maisprach  und  W 
singen  erscheinen  die  Grafen  Signmnd  L  wie  auch  Sigmn 
von  Tierstein :  *)  in  Arisdorf  treffen  wir  die  Grafen  von 
bürg*)  sowohl  wie  die  (trafen  von  Tierstein*)  berec 
Eigentum  am  Hofe  zu  G^lterkinden  haben  in  frühere: 
die  Grafen  von  Homburg,*}  spätrer  die  Grafen  von  Tierst 
in  Ormalingen  hatten  Besitzungen  die  Grafen  von  Tiersl 
während  die  Kapelle  daselbst  zur  Kirche  von  Bnus  gehi 
woselbst  die  Homburger  und  Frobiirger  Herren  waren; 
ein  Gemisch  von  Besitzungen  und  Bechtsamen,  jedo< 
der  Weise,  dass  neben  den  Tiersteinem  nur  die  Homb 
und  Froburgor  als  grössere  Grundbesitzer  erscheinen. 

Das  Gebiet  stellte  also  keine  einheitliche  Herr 
dar.  Nun  starben  1323  die  Homburger  aus,^®)  1366  di( 
burger 'M  und  1372  zeigt  ims  das  Urbar  das  eben  in 
Zerrissenheit  geschilderte  Gebiet  im  Gebilde  einer  zusan 
gehörigen  Herrschaft.  Solche  Tatsachen  weisen  daran 
<lass  die  eig(»ntliclio  Ausbildung  der  Herrschaft  Farr 
mit  dorn  Aussterben  der  Homburger  und  Froburger  i 


M  Boos,  U.  L.  B.  pag,  173  No.  223. 

2)  Boos,  U.  L.  B.  pa^'.  181   No.  231. 

3)  Boos,  U.  L.  B.  pag.  i8()  Xo.  238,  pag.  1130  Xo.  382. 
*)  Boos,  U.  L.  B.  pag.  58  Xo.  80,  pag.  63  No.  94. 

^)  Boos,  U.  L.  B.  pag.  55  Xo.  80,  pag.  76  No.  113. 

'•)  Boos,  l^.  L.  B.  pag.  120  Xo.  167. 

■)  Boos,  r.  L.  B.  pag.  2^2   No.  288. 

"*)  Boos,  U.  L.  B.  pag.  2 1<)   Xo.  275. 

")  Brückner,  pag.  2397. 
^^  Crcueal.  Hdb.  Bd.  I,  pag.  20  Tafel  6. 
'')  Geneal.  Hdb.  Bd.  I,  pag.  2f>  Tafel  6. 


Dit  EnUteliiKti)!  und  EtitwickUtDg  der  Hcrrscbaft  Farnsburt*.        |49 


aif»nbang  st4>ben  mnsB.    Mit  dem  Aiifhören  dieser  beiden 

f  blt<^b«^u  iilli^in  tiueh  (Um  Tiorsteiner  als  grosse  Grund- 

•bun  Plams   iiihI  dit^seri  süirvd  rinn  nirlifs  niebr  im 

i  3CU  vt»nMnigi>ih 

Nön  bU'ibt  aber  die   Fragte:   stmidiMi   din  Tiernt^itier  in 
'  *h«*n  Verhältnis  zxi  den  Frnbitrgern^  diiss  mau  einen 
i^^r  frnhuro^i8ehr*!i  B<^H!tznn*^en  an  sie  ohuo  vveiterai* 
on  kiinn? 
V^  '^chattlicbu  B*^zi**hiiiigoii  zwischen  TitMstein  und 

ixi^  -u  sich  kleine  näheren  nuchweisen,  ausser  liasa 

Ur;gn^tiSUuitD  des  letzten  Froburger«,  Richenza  von  Pro- 
(f  120^*).  *>  die  (ieinahlin  Bertliolds  L  von  Neuenburg- 
«borR.  des  Bnidors  di*s  StammvaU*rs  der  Nidauer,  war,^ 
U  IV.  Viin  Nidau  aber  der  Schwager  Sigmunds  U.  von 
)     Diese  Verwand tachaft   ist   eine  so  wettläufige, 
iitf  s*ie  nicht  allxnjjt^hr  »ibstollen  kann.    Tatsache  ii*t 
Uraf  Sigmund  IL   von  Tien5tuin-Farn>^burg    fre- 
ie Hinterlaiüsenschaft  angetreten  bat.     Am   IL  März 
biitt4>    der    Bi.schof    von    Basel,    Johann    Senn    von 
n»  die  Grafen  Sigmunrl  von  Tierstein  und  Johann 
borg  zum  halben  Teil   und  den  Grafen  Rudolf  von 
(Imrg-Lüufonburg  zum  andern  lialben  Teil  mit  der  Land- 
iiü    Sisgnu    beb»hnt.      Am    *i,  Oktober    desselben 
•^  bestimmte  »odann  Gral'  Johann  von  Froburg»  dusa 
«eitlem  Tode  j^ein  Anteil  an  *ler  Limdgrafschaft  ganz- 
en   seinen    Gemeinder    Sigmund    von   Tierstein    fallen 
hu  I^ufe  de«  .lahren   13<J(>  starb  sodann  Johann  von 
rg,  uml  am  28.  August  1366'')  tiennt  «dne  LTrknride  als 
fen  im  Siisgau  die  Gitifen  Rudolf  von  Hab^burg  und 
"^  in;    der   Übergang   iles    frof        '     lien 

tttii  h litte  sich  vollzogen.    Der  ^l    ^^         oMt 


[*f  Goraü*  Ifdb.  Bd.  l,  pag.  16  Tafel  t*. 

nl  Hdli.  Bd.  I.  par  1 1'»  No.  ^m 
r.  U  B    pm   564  No.  j8», 
U,  L.  B,  |>ft«.  iri   1^0   394* 
C.  l.,  B»  pAg.   175  No.  400. 


45C>  Carl   Roth. 

<les  Übergangs  der  übrigen  froborgischen  Hmterlassenschü 
auf  Sigumnd  in  gleicher  Weise  steht  nichts  entgegen. 

Eine  parallele  Erscheinung  bietet  sich  in  den  Greschick 
der  Landgrafschaft  im  Bachsgau.  die  ebenfalls  bei  FhAti 
stand,  sowi^  in  df*neu  des  froburgischen  Besitzes  in  dies* 
(Tebiete.  In  einem  Berein  von  1323 ^)  erscheinen  die  Gral 
von  Xeuonburg-Nidau  als  Anteilhaber  mit  den  Grafen  \ 
Froburg  zusammen  im  Besitze  der  landgraflichen  Recl 
iui  Buchsgau.  1366  starben  die  Froburger  aus,  und  ihi 
Anteil  an  der  buchsgauischen  Landgrafschaft  erbte  G 
Kudolf  I\.  von  Xeuenburg-Nidau.  Zugleich  damit  er 
dieser  auch  die  Herrschaften  Froburg,  Bipp,  Erlinsburgi 
dem  Amte  Wi*^dlisbach,  dazu  die  Lehen,  die  Froburg  v 
Bischof  vcm  Basel  getragt^n  hatte  im  Balstale.  im  Guld 
talo  und  im  (xäu.  Hier  haben  wir  also  nachgewiesen 
massen  dim  Aufall  der  froburgischen  Besitzungen  im  Gebi 
dor  Landgnifschaft  im  Buchsgau  zugleich  mit  demjeni^ 
des  Anteils  Froburgs  an  der  Landgrafschaft,  selbst. 

Graf  Sigmund  war  mit  der  Schwester  des  let2 
Xidauers.  Rudolfs  IV..  vt-rmählt.  Ende  1375')  fiel  die 
Graf  Kudolf  bei  der  Verteidigung  seines  Städtchens  Bü 
^egen  cli»»  (rugler.  Sigmund  erbte  nun  durch  seine  Gat 
VenMia  von  Kudolf  die  Landgrafschaft  im  Buchsgau.  so' 
«lit^  alten  froburgischen  Besitzungen.  Was  das  erstere 
trifft,  so  belehnte  der  Bischof  von  Basel,  Johann  vonVien 
den  Grafen  Sigmund  von  Ti  erst  ein -Fanisburg  am  21.  J 
1376^1  mit  der  Landgraf  seh  aft  im  Buchsgim  und  allen  biscl 
liehen  Lehon  daselbst.  Diese  bischöflichen  Lehen  im  Buc 
gau,  im  Besonderen  im  Baistale  und  Guldentale,  sind  d< 
auch  mitsamt  den  alten  froburgischen  Allodien  aufgezeich 
im  grossen  Gesamturbar  des  Grafen  Sigmund  IL  vonT 
Stein-Farnsburg. 

Dieses  Urbar  bt.»schreibt  den  ganzen  Besitzstand  i 
ninnds.  Ks  i)ietet  wichtige  Anhaltspunkte  zur  Feststelli 
der  Genesis  von  Sigmunds  Besitztum.  Man  verdankt  < 
dorn  Umstand,    dass    das  Urbar   nicht   auf   einmal    ange 

•)  Sol.  Wochcnhl.    1816,  pag.  ^^. 

^)  Gcneal.  Hdb.  Bd.  I,  pag.  118  No.  61. 

')  Sol.  Wochcnbl.  1813,  pag.  240. 


Difl  EtiUtdbufifC  i]»d  Entwicklttiig  der  Herrschaft  Fnrusburg. 


4:'' 


n    Utt    )»ön(li'm   succeat^ive.    nach  Mass  des  jeweiligen 
uwachaesw     Es  ist  dieei  aus  der  Schrift  wie  auch  au?* 
s^  iliT  (TÜU*rl>esehreil)ung  zu  «rsehf^u* 

l  .^  t  ^amrurbar  zerfälh  in  drei  Teile»  von  den<*n  jeder 
^in  kleineres  Urbar  für  sich  bildet. 
}iaa  ersto  dieser  ürl)are  uinfasst  den  Anteil  Sigmunde 
kttfüH  tif»rstein lochen  Besitz.  Es  besteht  dieser  Anteil 
Kempen  mit  Twing  und  Bann,  ebenso  Thenvil  uml 
Idly  ÄW«senloiu  aiis  llefäUen  in  Büren,  Reinach  und 
leioL 

}er  «weite  Teil  ist  das  Urbar  der  Herrschaft  Farnsburg 

int  datiert  vun  1372.     Diese  Herrschaft^  in  ihrer  Eiii- 

wie    wir   gesehen    haben^    w^ohl    die   Folge   des   Auü- 

fins  dm  froburginchen  Hauses,  bildete  einen  ziemlich  zu- 

lenhängentlen    Komplex  von  Besitzungen;    es  gehören 

Kl  mit  Twing   und    Bann  Oltingen,  Wenslingen,  Zeg- 

►      '"'"   hlM*rg,  Rünenberg,  Teeknuu,  DiepHingen,  Gelrer- 

L.,       .  „lalingen,  Hemmiken,  Baus.  Maisprach,  Arisdorf» 

persingen«    Ricken bach,    sowie    der    Ostergau    und    das 

^  1  tlos  Burgstalö  Scheidi^gg.     Der  Ostergau  liegt 

feitiir  lii  der  Mitte  zwischen  den  Ortschaften  Kilchberg» 

■oherg,  Rtinilingen,  Dieptlingen  und  ist  wohl  urspriuig- 

Iwit»  ms*»  »i^ineni  Namen    hervorgeht,    ein  die  östlichen 

I  fassender  üntergau  des  Stsgaus    gewesen:    1372 

i   .     , .    noch  der   enge   Bezirk,   über   den  der   Herr  zu 

ibttrg  Twing   und  B»nn   beaass*     Die   Herrschaft  ver- 

\  dann    noch   über  Einkünfte    in   dem   homburgischen 

DMi  und  dem  kienbergischen  Anwü.     Ausserdem  griff 

lOch  hinüber  ins  Fricktab  nacli  Frick,  woselbst  ihr  diö 

B  an  Twing  und  Bann  asustand;  sodann  hatte  sie  inn«> 

V      "   ^\)f*   und   K^jchte    zu    Oberfriek,    (»eftchgen,    Gipf^ 

LTmiimpf,   Eiken,    (irimlikun,  Wittiimi*  Hellikon. 

üricktaliiichen  Besitzungen  sind  zweifelsohne  aHh(»nj- 

<jJut,   das   seinen    Weg   über    Neu  hom  bürg   und 

n:    '■*•     *  '    'f'i  ^'  t<4n4Tn   genommen    hatte.     Das  mag 

iilv  horvorgt*ht*n.  dass  (traf  Sigmund, 

dem  Urbar  ersichtlich  ist^  die  Landgarbe  im  Frick* 

usburg  teilte,   welche  Tatsache  nur  damit  zu  er- 

ijisN   di«*sj'  li:tlb«t  Landgarbe  gleich  den   übrigen 


:r:  k-.:::^=  :.-:.  IV— i'z":  ir^rii  E:"' ••  i>:  v^ii  Frobnrc:  r^s-p.  X» •> 
::  ..."■::■  iT.  v*- . ■ " .  u ■  Xe-; h-  •  l: V  "  rix- r  ^ ic 1 1  nach  ■  h'Ui  AiissterWu 
i -r  A'.-;    ...""i'-^-;-    :..::    Ha*-'?'*;ri:-La'iT.:riil'nri:    in    «las  Eri»* 

I»  r  ::::-'■  T- i!  :•■-  rrVcir-  -riirnLli  •enthält  «lif  alt'H 
:r'  ■■:!_::-  :.•  :.  A!:  -ii-:.  ■;:.■:  I^hei»  ini  rT.-bi»*te  •!».'>  Bm'li>- 
lT-.-.*;-.  i»;t- A'.!  ii.-.isr::  r-s'.-.:*-!  :i'>  -leri  H »Trisc halten  Fmbtirü;. 
B::':-  -v.  !  Kr'.::.-'  ".r:^:  ■>".:  'i-:.  "••i-cii«''riiclirii  l^hnusbri»*!  V"iii 
•Jl.  .I".-  ■  i:^7»-  :::■-".:-:.  z-ir:«  k  «i:«:-  I^'h»-ij<iriurr  in:  Balsuik 
::.  «T-.;  •.:.*..;.  •;:.  i  i  .  «v-.:.  A->  «l-in  Uinstaniin.  das*»  «l-r 
"•■•:'.:>_•.■.•::-  ■'..-  H-^i'z  irr..  S:2::.t;ii.1  ^U  Erbe  von  st-iü-n 
Sv;:W:^'.-r  1»*:;  ..:  v  •.  Xi  i.:-;  z';i:vk.»n3::i*-n  i<r.  Kiulolis  T"*! 
i'  '  r  '.:.  :.•>  .■.:':.-•  1:!7'^  iJxVr  "r.A  'i*^r  bis4"hot1ich»=-  l^-lirn*- 
■  r:-:  v  :.  l-i?»'  -i-'-r  :-:.  ir-hr  ii.-rv.ir.  diiS'i  d^r  iKzre  T»il 
:•■-  i'""  -.:-  ::■::. e-'-:>   1S7'"  ::Vii£:-Z'*icluiet  wurden  s^-in  kann. 

A-i'.:;  ::.  ■:: — :..  ■r-v:™.-:.-::  ZusiUüiUHnhange  d^-r  Aiil- 
z-i- :.■  "L_:  •.-■'!.  i:;7»'  ::.:•  i-::.  Au-i^terK-n  Xiilaus  liogt  eine 
B-k:Ä:::i::  .:!  i-  r  A:.-  :.\.iv .:.•::.  iitss  -H-  H»?rrsclnft  Fjirii>- 
:  ".rj  ■.  i  :'-r  K.- l:-:-. ".:..:  v  :i  l::57'2  -in-  Folge  i?T  •i»'^ 
K:'   -  :.-   .-    i-<   H"^<  Fr-ir- 

Tl..  M  -*.  .;  -rk'  \  T  H-rrM::.*:'  FariisliTirg  bildt?te 'las 
>  *..  --  r'...-:  -  ::.:  :-r  F  .:■:.-"• -r::.  <■•  nr-:uiniit  narh  «l":" 
}]..'  -..     .--    ".. "    ._  ^-  ■    i 

I':-  /.'-::  i-r  Kr' .■.•::•_-  :-  S.  ii;.^>ses  ist  nicht  gen^m 
:■;  '■:■:  :■-  ■..  W  -  <  ..  ■..  ^'-^.t^*.  rind»:-'  sich  »li^^  Burg  cr>r- 
.  .  -  •  v'A  •:::.•  .:  :  L-  •  ;:-:*•:.  •--  »T-i:--::  Sigmund  I.  von  Tit-r- 
-••■■•  -  l.»-J'i  r..:.  :  .:  :■  :.  Kr:  :f.>r  d-r  Bure  oder  wenig- 
--'-:>  :-■  .:■---■  K--::'-'v:.  j.'i:  d-rs^-ibe!i  z-i  halt-n.  ftiblt 
:.  -:■  '.:  ■::::  -  :•.•■'..:•  v-r.i:..a>sr.  ;iU  man  in  ihm  den  Gniml»?r 
■•:  v:  :.•■:•  :.  L:-  :•  T:- r---  i-j  z*.  — h-Ti  g^>neigt  ist.  Letzteivs 
.:>  • :  .  'Tr:::..-.  w- :"  .  :-  :h::.  i::-  Hause  Tiei*steiu  ein«' 
■ -:■  X.*:..- :>  ■•  •  .-  '-^'.:.:.' .  Lvr::iits>-n.  dass  «l^^r  gloiih-? 
X:::.-  .  \v.  ■  .  V  :.  i^r  >-Vii>..-  a'it  «l-n  Enkel  übergelu: 
>:-.  •:  :  I.  -  1  i-i».  .  "••  ■  I.  -  l.i.Vii.  Sigaimül  IL  t  IS^jH- 
' 'f  II  "  i;".^.  7.\\  ...  '.wiv-:.  iie  Xanu*n  Sigmund  nn«i 
»'••  i- :  T:  -<-.  ::  ::.  •  >  .•  r  rr-:::  i.  was  auch  auf  ein»»  ab- 
iTvS!  ;-.rv  Kx-s:-:.::  i:  ?  r  Li:.i-^  von  «1er  pfeffingischen 
Ihr::-:::  iv  sv.:!!!  ->•  ::  ;:i<-r.  iiid-m  si»*  vben  ihre  Residt^nz 
.:"t   Far::<^:;:-c  :::♦:::::. 


IMe  PuriiÄburg  snirfüIU  ilirer  Aul)ige  iiacli  iu  »hti  oberes 
In  ein  uuierei»  Schloss.  Stand  auch  die  Burg  schon 
Zeil  Sigmiinil>*  I,,  so  hat  ruan  sicli  dies«*  wohl  uöch 
lälttiismüs^^ig  btt^cht^ideu  zu  denken.  IBoi»  i'iei  die  Farns- 
im  Erdbeben  ein*)  und  wurde  sodann  vom  (h'afen 
Diitid  IL  wieder  »ufgeimnt  Birraiuin*)  mag  R<L^clit  babon, 
^  rst  tliM  ubero  Bur^  für  sich  und  orst  nach  1366 
Burg  erbaut  lassen  öoin  mciehitv 
WiMi  die  Wi^ditrauifübrung  des  Sclilossifs  betrifft, 
int  di«»**  ISCvi  %riedi'r  bowohnt  gewesen  zu  sein*  denn 
djeiiein  Jahr  wird  ein  Vogt  zn  Farnsburg  genannt *K 
n^r  mif  der  vaterländischen  Bibliothek  liegenden  band- 
riftliiihen  Aufzeichnung  Konrad  Schnitts')  wird  aul  Folio 
jgk  '  ^  -  t'H  \Vied<^raufbaue.s  IHfUi  ungegoben:  vieUeieht 
H^*  -I  durch  den   iidolge  d«?.s  Aussterbens  der  Fro- 

Ker  nrhaltpnan  BeHitzzuwaeliSf   Graf  Sigmund   eine  n^ue 
ff   entwick*»lte. 
.  i  ültt*r  als  die  Burg  ist  das  später  einen  Bestand- 
dfirselben   auNmachende    Hau;^  der  Zieh^mpen   auf   dem 
Haus  diir  Ziei^mpen,  eines  tit^rsteini^chi^n 
i>^  Iilecht4/s  aus  Buus,   wurde   bei   der  durch 

ULI  -rien  Schlossanlage  in  diese1l>e  eiiibesfiogen. 

\  <li»t^^  Hau».  iIa»  den  Namen  „der  Zieh»mpen"  fiUirto, 
die  FarnsbiU'g  stand,    ursprünglich   ein  Burg-  und 
le'heii    für   liich  war  \ind   t«^  anrli   ^nlirrt    Idii^b    ^nlii    :\m< 

7A^nf^\\im^n  hennir: 
Im  Jahre  1412.  am  17.  April''),  iiej&eiigt  Hentzman 
!Dip,  vn«  seinen  Herren  von  Tierstein  zu  einem  rechten 
;-  und  Erbb'hen  zu  be^itasen  «rain  huss  zu  Farsperg  in 
Torborg  mit  aller  rechtung  und  zugebör  und  usszefaren 
i  bur^*  und  lehoiirocht^.     Noch  1462*^).  als  Biw^el  Scblos« 


(Stru&sb.  Chron.  1,  p^g,  150J.    KUiigenhcrgcf  (^,bron. 
r>  pi|(<  US».     W««r*Uien  Chroti.  (is^^o)  fMig.  176. 

U.  L  B.  pait.  i6/i  No.  ji^n, 

tu  und  BuTgcrDt  &o  Ton   1000 — 154« 
'(  hüben.» 

^—       I'       T.      n      n..      r.n.     V.      ^,^5, 


454  <'arl   Roth. 

und  Herrschaft  Famsburg  käuflich  erworben  liatt(%  musste 
sich  die  Stadt  in  einem  Prozesse  verteidigen  gegen  An- 
s])rüche.  die  ein  Ludwig  Zehender  von  Aarau  auf  das 
Zielempenhaiis  als  ein  Burg-  und  Sesslehen.  das  einst  den 
Zielempen  zugestanden  sei,  erhob.  Der  Handel  wurde  vom 
Bischof  von  Basel.  Johann  von  Venningen,  zu  Grünsten  der 
Stadt  entschieden. 

Der  Umstand,  dass  das  Zielempenhaus  ein  Burglelien 
für  sich  war,  zeigt  wolil.  dass  dieses  schon  auf  der  Fams- 
bürg  stand,  ehe  die  Farnsburg  errichtet  wurde,  und  dass 
t^s  dann  später  seiner  Lage  wegen  in  die  Burganlage  ein- 
bezogen werden  musste.  jedoch  so,  dass  es  ein  Lehen  für 
sich  blieb. 

AVohl  ist  die  Fanisburg  ursprünglich  auf  ähnliche  Weise 
wie  die  iui  Tale  der  Lüssel  gelegene  Burg  Tierstein  ent- 
standen. Entsprang  deren  Anlage  der  Festsetzung  der  Neu- 
Tierstoiner  in  den  (regenden  des  Birstais,  so  war  auch  die 
Errichtung  der  Farnsburg  die  Folge  der  Trennung  der 
Jüngern  Linie  Tierstein-Farnsburg  von  der  altern  Linie 
Tierstein-Pfeffingon,  indem  jene  die  östlichen  Besitzungen 
Tiersteins  übernahm  und  sich  dortselbst  ansetzte,  während  die 
westlichen  fast  ausscliliesslich  bei  Tierstein-Pfeffingenbliebeu. 

Soviel  übor  die  Entstehung  von  Schloss  luul  Herrschaft 
Fiirnsbur<i:.  Es  ist  gezeigt  worden,  wie  sich  schon  zur  Zeit 
Sjcrinunrls  I..  zu  Anfang  dt»s  XIV.  Jahrhunderts,  Ansätze 
nachweisen  lassen  zu  der  spätem  Ausbildung  der  fanisburj?- 
is(!heii  Herrschaft  unter  Sigmund  IL  Graf  Sigmund  IL  von  | 
Tierstein-FarHsl)urg  liattf»  es  verstanden,  nach  dem  Aus-  ^ 
sterben  c1«m*  Froburgor  die  zerstreut<)n  Besitzungen  in  jenon 
von  den  Herrschaften  Waidenburg,  Homburg  und  dem  Amte  ^ 
Liest al  nnbeiiilirten  Teile  des  Sisgaus  in  seiner  Hand  zu  f 
einer  Herrseliaft  zu  vereinigen,  wie  sie  uns  im  Urbar  vou  g 
1)^72  vorgeführt  wird.  S 

Als  (rrundlierren  stand  den  Farnsburgeni  im  Gebiet«*  ^ 
ilirer  Herrschaft  Twing  und  Bann  zu;  ausserdem  besas:*''^  ! 
si«'  ilher  (liesellx^  <lie  Oberlierrlichkeit  und  zwar  Kraft  ihM  j 
Kigenscliaft  als  LandgraiV^n  im  Sisgau.    Am  25.  März  1367^'  ! 

M  Hoo^,  r.  L.  H.  j>a<j.   .^S2   Xö.  401. 


« 


Qk  Ei>Uie1iaii|C  und  Eotwicklung  der  HefTscball  FAinsbujg.        455 

;ofI<»iieiB   Landgerichte?  die  Landsasseri  der  Land- 
chMh^    j,so   weren    diso    nachgeschribnen  stucJi,  artikel 
ri'chtungf*    di*r  i'giHianten    lautgrafsehHfr«'    ini  Siszgöw 
bl  und  zugeböruiigcii^: 
L  allf»  Hfpcligehirgo  iind  Hochwaldot 
*L  all"  Fi»c*lu*nz,  Wasser  nnd  Wa^sserlüttiV': 
3.  alle*  Erz-,  8t4?in-  und  Eisen gniben; 
4  die  Bohigiiisse  übt»r  alles  talirende  Volk,  sowie  ttbt*r 
die  BiiÄtürdfs  die  in  der  Landgmtäcbaft  sieb  aufhalten; 
a  alk*  Wiidbänne  über  Wild  tind  Foderspil: 
6^  8liiek  mid  Galgen: 
7.  0*?lrit  und  Zoll; 

&  Aufali  alles  frt>mde*n  »owie  herrenlosi^n  Gutes*  ebenao 
äUps  verlauf enini  A^'ehes  imulaffe>; 
da««    R*H:ht    oinen    LarnUag    zu    gebieten,    wann    der 
Landgraf  es  fftr  nötig  erachtet  und  auf  welche  Ding- 

Itte  in  der  I^udgrafschaft  er  will. 
iroit  wanni  Aiv  (rrafen  von  Tiürst^in-Farnsburg  für 
Sisguu  im  Besitsse  der  Regalien  sowne  der  hohen  Ge- 
aharkeit  mit  dem  Bhitbanne,  ujid  so  auch  in  Bezug 
ihn«  im  Si«?giin  geb'gi^ne  Herrschaft  Famsburg, 
Infolge  gro^yer  Kxenjtionen  wie  die  Homburgs  und 
1*)  —  die  laiiiigratlichen  Rechte  über  Waidenburg 
!»rtji»  Gnif  Ottn  IL  vtvn  Tierstoin-Farnslnirg  14U>  an 
l*j  —  war  schliesslich  die  sisgauische  Landgndschaft  so 
wiB  aof  die  famsburgische  Herrschaft  beschränkt.  Uasi 
uhtfF  zwt  Folge,  dass  die  Grafeurfchte  nur  um  so  eng^r 
it  i*  -  -~mdherrUchen  Recbt4?n  verbanden,  sodtiss 
*itH  die  Herrscbatt  Faniüburg  ganz  das 
iüfif.r  i^xemten  Grafscbatt  erhitdl.  Es  wird  denn 
r  ttnt^r  den  Falkensteinern  in  einer  Urkunde  wi«i 

i    im  Bi^stallungHbrief    der  Lan<lvogtei    auf  Farns- 

VI  in  l4*il   «<'hU*rJitw«g  von  einer  ßnifschaft  Fanisliurg 

\  4er  wariMi    ,u>M   in   M»r   iiesten  Entwicklung 

G  Tun  l^nd^*shi*rrn  begrifi'en*  FakriiJcii  waren 


f.  L,  K  p*«.  160  No.  1»;. 


45^ 


C:irl    Roih, 


sie    gleieli  tlonjini  terra«»  Hi^rreu  über   das  Land    mit  Am 
Rechte    der  Ausübung    der   küuigliclien  AmtsgewÄlt.    Nuii 
bloibt   aber  zu  b«>merkei^    dass    sie?    di<'8»'S  Recht    nicht 
lniiDunitätshern'rj  besasseu,  sondern  Kraft  ihrer  Belehn 
mit  den  hiudgriiflic.hen  Ri>chten  dnreli  rh'ü  Bii^ehof  von  Basel. 
Diese   bischöfliche  Lehensherrlichkeit   aber,  die  noch  nicht 
zur    leeren  Form    geworden  war.    sondern    die  der  Biscfanf 
wirklich    uusübte,    fr<*nMte   die   FariLsburfipr    noch    vcm  dts£ 
attsgebih  leten   I^ndeshoheit^ 

In   solchem  Zustande  hinterliess  Uraf  Sigmund  II 
seineüi  Tode  tlie  Herrschaft  Fai*nsbiirg  seinem  Hohne  Otto 

Pen  Tiersteinern  sollte  e«  aber  nicht  beschieflen 
sich  in  der  Landeshoheit  festzusetzen.  Graf  Dtto  Ü. 
als  der  letzte  der  auf  Farusburg  residierenden  Linie. 
Todestag  fällt  gegeu  das  Ende  des  J  all  res  1418  M.  MEnth 
Hebe  Nachkommen  hatte  Otto  keine,  uml  so  fiel  das  gaiiK«* 
Erbe  an  seine  Tochter  Clara  Anna,  die  mit  einem  j- 
Falkensteiner,  dertni  Stammsitze  im  Baistale  sich  hefiui 
dem  Freiherrn  Hans  Friedrich  von  Falkenstein,  vermählt 

l)i»r  ITIiergimg  der  Hi^rrschaft  Farusburg  wie  auch 
Ijiuulgraisehaft  Sisgau  auf  den  Kalk**nsteiner  ging  trotx 
tanglich«*nAVirlersfanih»s  seitens  Tit*rstein-Pfef fingen»  w 
tler  fiirnsburgisehen  Allödien,  wie  auch  seitens  des  Bi 
wegeij  der  ßeh-hnnng  mit  der  I^nidgrafschal't,  schliesi 
ohne  iillzngrusse  Schwierigkeiten  vor  sich.  Wie  die  F 
Steiner  im  Sisgau  den  Tiersteineni  in  ihren  Rechten  gei 
waren,  so  geschah  es  auch  iim  Buchsgau. 

Nicht  lange  jedoch  vermociue  sich  Hans  Friedrich 
Falkenstein  seiner  neuen  Stellung  zu  erfreuen,  Zwis« 
dem  Juli  l4i^ri  uml  dem  Mni  1427')  starb  er.  und  es  J 
ihm  im  nktol»**r  1429")  sein  Vater,  der  alte  Freiherr 
von  Fäilkeij stein,  im  Tode  nach.  Es  liliel)  znrück  die  junga 
Witwe  diir«  Anna  mit  drei  itnmünriigen  Kindern,  t^H 
denen  zwei  Söhne  waren,  Thomas  und  Hans.  Die  Falkefi^ 
Steiner  hatten  alte  Beziehungen  zu  Soh*thurnj  und  so  kamen 
die   beiden  Jungen    Falkensteiner  unter  die  VormundschAÖ 


^  Gcneal.  Hdb.  Bd.  I,  p.ig.  1^9  Nr.  3t. 
»)  Gencal.  Hdb.  Bti,  I,  pau.  251  No.  21. 
h  (leiical     Hdb.   Bd.   I,   pag.   250  No.    li|, 


Die  Entstellung  mid  Kntwickfutii;  der  Herrschaft  Karnslmrg.        4.^7 


flüthnrns    und    dessen    Verbündeten    Berns.     iJie    boiilt*ii 


iu^ 


der  Atisübi 


ihrer 


luiidschaftliclii^ 


gujgen 

soweitt    dass   sie   völlig    über    die    *Teschicke    ihrer 
miM  verfügten.     So  schlössen  sie  am  21.  Jnli  1438^)  mit 
Eltern  der  Ui*sula  von   Rainstein.  Kiidolf  von  Ramst«^i!i 
Ursiilii   geborenen   von  Uoroldsegg.    lunen  Vertrag,    in 
die  Tochter  dem   Hans  v(m  Falkenstein   aLs  (4atiiTL  zn- 
lacht  war.     Es  kam  aber  anders;  denn  wir  finden  später 
Jrsula  von  Ramstein  nicht  mit  Hans,  sondern  mit  Thomas 
Fal kenstei n  vermähl t.  ''* i 

1439    erUingte   Thomas  rÜp   Mehr  jäh  rigkeit    nml    wn?'do 

20.  Januar*)   für   sich    und    seinen    Bruder    Hans   vom 

ihol  von  Basel»    Friedrich  zu   Rhein,    mit   der  Landgraf- 

iaft  im   Sisgau   belehnt.     Bis    1443   nmss  auch  <ler  jimgo 

keiisteiner    Hans    mehrjährig    geworden  st'in ;    denn    am 

Sept/ember    dieses    Jahres*)    teilten    sich    die  Brüiler  in 

Besitzungen  ilires  Hauses:  Tliomas  bekam  die  von  seiner 

ossinutter    stanmjeude    Herrschaft    Gösgen,    Hans    gegeiT 

^eniahme  der  elterlichen  Rchulden  im  Bt^tr&ge  v(jn  5<AM}(t1, 

Herrschaft  Fai*nsburg  und  die  Landgrafschaft  im  Sisgaii. 

Die  jungen  Falkeusteiner   empfanden  die  bürgor!ich**n 

istiohungen   ihres  Hauses    unangemdmi^    währeuildem    ihre 

agung   dem    Adel    und    dm'    Herrschaft  üest^rreich   zuge- 

slitet  war.     So  schlugen  sie  sich  dt^nn.  als  1443  <h>r  Krieg 

schön  den  Eidgenossen  uml  i)9terreich  ausbrach,  sogleich 

des   Letztc^rn    Seite.     Der   Überfall    von    Bnigg    durch 

ilioLuas  ist  bekannt:   die  Tat  hätte  aber  für  die  Herrschaft 

^sburg  von  grossen  Folgen  sein  können.    War  die  Terri- 

IPialpoIitik   Basels    im   Kisgau   sehon    durch  die  engen  Be- 

diUngen  Falkensteins    mit    Bern    und  Sohjthurn   sehr  ge* 

ifdöt  gewesen^    so  \\nu'de    sie    es    noch    in   viel    höher*Mii 

durch    die    auf   den   Bnigger    Überfall    folgende    Br*- 

lenmg   des  Schlosses  Fanisburg   durch    die   Eidgenossen, 

dem  Aufpflanzen  des  Berner  und  Solothurner  Banners. 

Ich  letzteres  besonders  dem  Stabe  an  so  manchem  Trinkt** 

'l  Sot  Wacheiibl.    1S20,  pag.  252. 

*)  Genealog.  Hdb.  Bd.  I,  pag.  252  No.  2j  und  24. 

*)  Boos,  U.  L,B.  pag.  831   No.  699. 

*)  Sol,  Wochcnbl.    [813,  pag.  363. 


45B 


Cir!   Roth, 


zuvorgokotiuiieD  ist,  aul  den  ZiDnen  der  Famsbiirg 
die  weik'm  Erwerbungen  Basels  im  Siägaii  zum  mim 
sehr  forsch  wert  worden.     Der   Ab^ng   der  Eide 
der    Famsburg    infolge    des    Ausgängen    «U*r    : 
St  Jakob  rettete  für  Basel  das  Scblojss 

Thomas  nnd  Hans  v.  Falkenstein   trieben   eine 
liebe  Wirtschaft;  tlie  Folge  war  immerwährender  (ieldij 
und  die  Nötigung,  auf  jede  Weise  sich  Geld  zu  verscl 
So  kam  14B2  durch  Haus  Famsburg  pfandweise  an 
reich*),   nachdem   schon    1444  Thoraas   seine   Fest»*»  C 
im  die  Eidgenossen  verloren  hatte,*  i 

Nun  scheint  aber  Thomas  neue  Energie  gefaf 
haben.  1453  gelang  es  ihm,  seine  Feste  Grösgen,  alli| 
zerstört,  durch  Urteilsspnich  T^Heder  in  seinen  Besi 
Isnngen*!.  Nun  sollte  es  an  die  Wiedererwerbiu^ 
Famsburg  gehen.  Um  dem  leichtsinnigen  Treiben j 
Bniders  Einhalt  zu  tun,  srhloss  er  mit  diesem  am  19l 
14öB*)  »'inen  Vertrag,  der  dem  Freiherrn  Haus  verbot,; 
(it*ld  auf  die  Famsburg  aufzunehmen,  und  ihm,  Tl 
das  Recht  gab,  die  Pfandschaft  zu  seinen  Gunsten 
losen.  Um  sich  das  hiezu  nötige  Geld  zw  verschaffend 
er  am  12.  Juni  145i5^^  von  Basel  aid  die  141«)  Ijeroii 
jifändeteü  landgrafHchen  Rechte  in  Waldenburg,  | 
und  Homburg  weitere  25tJ  (tL  auf  gegen  das  Verspf 
vor  Ablauf  von  Hi)  Jahren  die  Pt'andschaft  nicht  einzq 
weitere  8200  GL  verschaffte  sich  Thomas  durch  Veräuat 
Gösgens  an  Solothum  1 24.  Februar  1458),  *)  Mit  diesem^ 
wurde  die  Famsburg  von  Österreich  zurückgekauft,  im 
Besitz  wir  Thomas  zu  Eingang  des  Jalires  1400  ^ 
finden.^)  | 

Lange  gefiel   es  aber  dem  Falkensteiner  nicht  m 
seiner  Lage,   eingekh^tomt   zwischen  mächtig 


*)   Lichnowsky»  Gc§ch.  des  Hause*  Habsburg  VI*  R«g.  No.  Ij 

»;  Ba$l.  Jahrb,   iSSi,  pag  S$, 

')  $oL  WocheDbl.  1S2I;  pag.  209. 

*)  Hoos,  U.  L,  B,  pAg.  9^5  No»  780. 

^}  Boos,  U,  L.  B.  pag.  946  No.  791, 

«)  Sol.  Wochcnbl,   i8ij,  jia^.  364 

7     Boos»  V,  L.  B.  pag.  t»;^  No.  H14. 


Die  Eotstebung  und  Kntwickluug  der  Herrschaft;  Farusbtirg.        459 

Städtau,   vor  denen  der  Adel  eine  Stellung  um  die  andere 
ndgeben  mussfe.     Thomas  hatte  in  der  Gegend  von  Rottr- 

wfl  in  Srliwalion  dip  Ht^idbnrg  erworben  M.  und  nun  bot 
¥r  die  Herrschaft  Farusburg  zum  Kaufe  aus.  Er  brauchte 
nicht  lange  auf  einen  KäiiiVr  zuwarten;  denn  Basel  mussta 
msch  zugreifen»  wollti^  es  sich  den  wichtigen  Besitz  sichern. 
80  erwarb  Basel  am  81.  August  14*U  *►  die  Herrschaft 
Parnsburg  käuflich  um  die  Summe  von  ItMXKJ  Ol. 

Den  Kauf  beurkundeten  Freiherr  Thomas  von  Falken* 
*Jt>nn,  Herr  zu  Faninburg  und  I^ndgraf  im  Sisgau.  als  Ver- 
kiinft^r  und  Ritter  Hans  von  Bärenfels,  Bürgermeister^  sowie 
Rat  und  Gemeinde  der  Stadt  Basel  als  Käufer.  Kaufobjekt 
WBr  Schloss  und  Herrscliaft  Farnsbnrg  als  Kigengut  und  die 
Lmdgrafscluift  im  Sisgau  als  I^*hen  vom  Bischof  von  Basel. 
Neben  der  Kaufsumme  im  Betrage  von  ItMXM^  v\l  fl.  liatte 
Bjtötd  Zi\  übernehmen  dio  W  fl.  Gelds,  die*  ah  jährlicher 
Ziijs  an  trtriehe  Rtsoijou  und  Klöster  aut  das  Schloss  nnd 
.e  Herrscliaft  Farns  bürg  verscb  rieben  waren:  dabei  wurde 
immt,  dafis,  was  sich  über  diese  60  Fl.  auf  der  Herrschaft 
ichrieben  finde,  für  jeden  (iiilden  20  fl.  an  der  Kaufsimime 
;iiziehen  sei,  waren  es  aber  weniger  als  60  fl.,  so  seiiui 
m  Käufer  für  jeden  iTulden  weniger  20  fl.  mehr  ssu  be- 
len. 

Am    28.  September   1461  ^)    vcrpfliclitr'te    sich    Thom;e* 
10  Falkenstein,    alle  Briid'e,    Rodel    und  Urbarbücher,    die 
Äch  auf  die   Herrschaft  Parnsburg  und   die  Landgraf  seh  aft 
Sisgau  beziehen,  an  Basel  auszuhändigen. 
Zu    dem  Verkaufe    gab    am    28.  November    1461  ^    die 
kttin  des  Thomas  von  Falkenstein,   Amalia  geborene  v«ni 
eiüsbergy  ihre  Einwilligung  vor  dem  Offizial  zu  Basel* 

Di».'  im  Kaufl:)riefe  envähnten  jährlichen  Zinse,  zusammen 
fl.  betragend,  die  die  Farnsburg  belasteten,  machte  sich 
'^  Basel    gleich    daran,    einzulösen.     Das  erforderte  nach 
♦^m  im  Mittelalter   üblichen  Ziusfiiss  von  B^/o  ein  Kapital 
ipu  12ÜU  fl»,    sodass    der   für  Farnsburg  bezahlt«  Kaufpreis 


♦)  GcDear  Hdb.  Bd.  I.  pag.   55^. 

»}  Boos,   ü.  L.  B.  pag.  981»  No.  826. 

*)  Boos,  U.  L.  B»  pag.  99I  No.  827,  828,  829. 

*)  Boos.  U.  L.  B.  pag.  9^7  No.  4J33. 


4.5'>  *^'arl    Roth. 

sie    gleicli  domiui  terrat»  Herren  über    *las  Land    mit  Jein 
R(?cht(»    der  Ausübung    der   königlichen  Amtsgewalt.    Xnu 
bleibt   ab(M-  zu  beuuM'ken,    dass    sie    dieses  Recht    nicht  aU 
hnmunitätsherren  bcsassen.  sondern  Kraft  ihrer  Belehnnuy    1 
mit  den  landgrällichen  Rechten  durch  den  Bischof  von  Ba<vl.    i 
l)i(»se   bisehc)lliche  Lehensherrlichkeit   aber,   die   noch  nirlit 
zur    leeren   Form    gew(»rden  war.    sondern    *lie   der  Bisiliof 
wirklieh    ausübte,    trennte   die   Farnsburger    nocli    von  d»T 
ansg<*bild(^ten  Tjandesholieit. 

In  solchem  Zustande  hinterliess  (rraf  Sigmund  II.  l»''i 
srinem  Tode  die  Herrschaft  Farnsburg  seinem  Solme  Otto  IL 
1  >en  Tierst«Mneni  sollte  es  aber  nicht  beschiedeii  srin. 
sich  in  <ler  Landeshoheit  festzusetzen.  Graf  Otto  IL  >tarl)  . 
als  der  letzte  der  auf  Farnsburg  residierenden  I^inie.  Seiu  . 
Todestag  fällt  geg<*i^  ^la«  Ende  des  Jahres  1418*".  Männ- 
liche Nai^hkommen  hatte  Otto  keine,  und  so  fiel  das  ganze  ■ 
Krbe  an  seine  Tochter  Clara  Anna,  die  mit  einem  jen»»r 
KallxiMist einer,  deren  Stammsitze  im  Baistale  sich  hefiiuW 
dem  Kreilienn  llan-^  Friedrich  von  Falkenstein,  vermählt  war. 
Per  Ibeiganir  d'M*  Ib-rrschatt  Farnsburg  wie  auch  Ar 
1  .andi^r.ilvrliati  SiM^;in  aut  den  Falkensteiner  ging  trotz  an- 
l.»ui;iiei\e;\  W id»'ist;ni'l"s  si-it^ns  Tiersteiu-Pfefl'ingetis  \vt*fj«*:i 
der  inrn^ie.irivi^^l^,.'.  Al]«)dien.  wie  auch  seitens  des  Bischols 
der  l>e;.hn:r.iir  mit  iler  l^mdgrafschaft.  schliesslich 
Seiiwierigki'it'^n  vor  sich.  Wie  dit»  Falken- 
:  .i-'Vi  TiiTsieiuern  in  ihren  Rechten  gefolgt 
:\\  '■>  :r.uli   iiii   Buchsgau. 

.i,\li  ver:.i.Mhte  sich  Hans  Friedrich  von 

.".r:.    S:elliing   zu   erfreuen.     Zwisch«'n 

::..:   .:■  •.  .  M;si  1427"    Starb  er,  und  es  folgte 

'.  <i!^'-     >■  ""'.i   V;uor.  der  alte  Freiherr  Hans 

ve      r     ..:-...■.   ■       r  \-e   '  .u ':.    Es  blieb  zurück  die  jung»? 

W.W      r  .  :..     \  .:    .•■.••:    :;n mündigen  Kindern,  unter  ; 

.    .         N>       S,  w.  -. ■  •  .  'r'..v^:.^a<  und  Hans.     Die  Falken-  ] 

.         :^     :   .  V.-  cZ;  ■-.  . ::  Solothurn,  und  so  kanu-n 

■■\:  n:  ■  >:•  .:•  r  unter  die  Vorninndschatt 

.        ,         ■  '        .      ^       ;      \:     ^■. 

.    ,        V.         .....     ■.,-   N   .    .  . 


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V    l>e;,-! 

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Iii^g  tniif  Entwirklitng 


iwriciafi 


i^Iuugiibrief   schliesst   mit    den  Wort«"ri:    ^Hiemitte    wollo 
pm  got  gluck,    selde    und    hoile    m«n'eii    tiiut    siner   allenvol- 
getaijestcm  tochter.  jimgfrow»?  DorottieeiL'' 

Armiert  wiu'de  8odann  die  Farusburg  mit  2  Nürnberger 
Büciisetu  2  Tarn\sbüt*hspn,   4  Hakenlnlehsen,  6  Hatidbüdiseii 
'^üiit    der    Botigen    Muiiitiori    an    Pulver  und  Kugehi,    dazu 
*>  Armlmist^ii  mit  den  dazu  gehör igf^n  Pfeilen. 

Die    ünterttmeii    der    Herrschaft    Farnsbiirg    schwur en 

tfl<*m    neuen  Vogte  nnil  der  Stadt  Basel  Treue   un*!   HultieJ) 

Der  Hnldignngyeid    enthielt    dai>?    UelöbniH,     einein    Bürger- 

eister.   einem  Rat   und   der  Oemeinde   der  Starlt  Basel  in 

kllen    Dingen    treu    und    gehorsam    zii    sein,    ihrer   HiTren 

(flitzen    zu    fordern    und    ihren    Schaden    zu    wenden    nacli 

llestem  Vermögen^  M*io  sie  Junker  Thomas  und  seineu  Vordem 

dieser  Herrschaft  jeweilen  pflichtig  gewesen  seien,  ohne 

Geiiihrde. 

Mit  Farnsburg  sollte  an  Basei   zugleich  übergehen   die 
äuisehe  Landgrafschaft-,  ein  Beweis,  wie  eng  verbunden 
Herrschaft  und  tandgrä Fliehe  Rechte  waren. 

Nach  wie  vor  war  jedoch  diese  Landgrafschaft  ein  Lehen 
vom  Bischof,  dessen  Lehensherrlichkeit  noch  nicht  alle  Be- 
irit^Qtimg  verloren  hatte.  Wie  sehr  dies  der  Fall  war,  be- 
TOsen  die  fünfzigjähiugcn  Bemülmngen  Basels  um  die  Be- 
k'hnung  im  Widerstreite  mit  den  Orafen  von  Tierstein- 
Pfoffingen.  Erst  am  28,  Juni  In  10*)  erfolgte  die  Belehniing 
I  lind  zwar  durch  den  Biseliof  Christoph  von  Utenheim.  Diesi^ 
geschah  nach  Bezahlung  von  löCKJ  ih  an  den  Bischof  und 
500  fL  Entschädigung  an  die  (xrafen  von  Tierstein;  der 
Bischof  behielt  sich  die  WiederlfVsung  der  gesamten  Land- 
gwkfschaft,  auch  die  der  Ämter  Waidenburg.  Liegtal  und 
Homburg  Vi»r,  jedoch  so,  dai^s  nur  alles  gleichzeitig  imi 
31,0(X»  fL  sollte  zurückgekauft  werden  können. 

Niemand  dacdite  wohl  damals  daran,  dass  diese  Be- 
«titmnung  der  vorgesehenen  Wietlerlösung  jemals  wünle 
P^tiaeh  werden  können.  Da  kam  die  Reformation,  welcher 
Ä^  dem   Fusse    folgte    die   Gegenreformation,    und  mit  ihr 


*)  Bmckner,  ^^c^kwü^L  d.  Ldsch.  Basels  p;ig.  2136. 
*>  Booi,  L'.  L,  B,  pag.  1112  No.  <>8 1 , 


EtUtehunt:  nnil  Kiitwkkluii^  iler  Herrvchan  Parnsburg.        461 

rief  sohliBSst   mir    ilon  Worten;    ^Hiomitte    vvolli» 
[ick,    seldi«    und    ht^ile   muTOn   nntl  siner  allenvol- 

tochter.  jnngfrowe  Dorotheon.*^ 

^rr  wurde  siyiiann  ilie  Faru.sliiiTg  mit  2  Nüruborg«»!* 

Turitisbüchspiit  4  Hiikenbüchseu,  G  Handbüclisen 

tiötigen    Munition    an    Pulver  und  Kugeln,    dazu 

tten  uiit  d*^ri  dazu  gchörigou  PlVilen. 

IInU*rtiiiu*n    ik>r    Herrsch« ft.    Ftirnsburg    schiÄTiren 

Vogte  untl  der  Stadt  Baäel  Treue  und  Hnlda*) 

?;ungHiMd    i*iitlu»dt    da.s   Gidöbuis,    oinoui    Bürger- 

in** tu   Hm   und   dor  Oonieinde   der  Stadt  Basel  in 

m    trou   uüd    gehorsam    zu   «ein,    üirer  Horreu 

fnrdf*rn    und    ihr**n    Schaden    zu    wendon    nach 

rmug**n,  wie  «le  Junker  Thoma^s  und  öeint^nVordc^rn 

lerrsrhaft  jeweilen   [)tlichtig  gewesen  seien^  o1iu»j 

rarnslnirg  snllt*^  nn   Basel    zngl»^ich   iii>ergehen    diit 

Laiidgrafsfhaft,  ein  Bewtd^,   wie  eng  verbunil»>n 

and  lajidgräüiche  Recht*?  wai*eii. 

I'wie  vor  war  jednch  diese  Landgintf schalt  ein  Lebeti 

|ol  dessen  Lehensherrlichkeit  noch  nicht  alle  Be- 

ftrioren   hatte*     Wie   sehr  dies  der  Fall  war,   litv 

fünCa&igjährigen  Beuildiungen  Basels  um  die  Be- 

WidöHitreite    mit    den    (h^afen    von    Tierstein- 

Krsit  ani  28,  •fnui  1510*)  erftdgte  die  Belohnung 

lurch  den  Bii^chof  Christoph  \  on  Utenheim.    Dies*^ 

fcch   Bezahlung  von   1500  fl.  an   den   Bischof   uml 

ita«chiidigung    an    die    (rrafen    von   Tierstein;    der 

liölt  «ich  die  Wiederlösung   der  gesamten  Land- 

ftach    die   der   Amtier  Waidenburg,    Liestal   und 

|vor,   jedoch    so,    dms    nur  olles  gleichzeitig   um 

jII|<»  Äiirückge kauft  werden  können» 

dachte   wohl    damals    daran,    das8   diese    B**- 
der    vorgesehenen   Wiederlösung    ]*»nuds    wUnle 
rerden  können.     Da  kam  die  Reformation,  welcher 
folgt«   die  ttegonreforniation.    und  mit  ihr 


Die  Heitersheimerfehde. 

Von  Otto  Hassler. 


Die  Blütezeit  knifi voller  städtischer  Politik  in  derl 
Geschichte  ist  unstreitig  die  Periode  der  Burgunderli 
lind  der  kurz  darauffolgenden  Jahre.  Es  war  eine 
Anstrengung  zur  Erhaltung  völliger  politischer  ünabha 
keit.  Zwar  war  Basel  durch  vielen  Verkehr  und  fi 
Bündnisse  mit  den  Eidgenossen  befreundet,  doch  aU 
Reichsstadt  auch  ein  Glied  des  Reichs:  von  beiden 
suchte  es  sich  unabhängig  zu  erhalten.  Durch  dies« 
streben  geriet  die  Stadt  öfter  in  peinliche  Lagen  und 
sich  auch  wohl  eine  politische  Schlappe.  Seit  den  Burgi 
kriegen  nun  drängte  zwischen  jenen  beiden  grossei 
bänden  alles  zu  einer  Entscheidung,  die  dann  im  Sch\ 
krieg  erfolgt  ist.  Basels  vollkommene  Neutralität  ent>» 
oben  diesem  Streben  nach  voller  politischer  Unabhäng 
sie  ist  zur  Genüge  bekannt. 

Unzwt'it'elhat't  mit  beigetragen  zu  dieser  Stellun 
sonders  gegen  Maximilian,  hat  das  Verhalten  östei 
in  der  Heitersheimerfehde,  oder  besser  im  Heiterst 
])n)zess.  den  Basel  in  den  Jahren  1489  bis  1491 
Rudolf  von  Werdenberg,  Komtur  zu  Heitersheiin, 
Es  ist  daher  wohl  gerechtfertigt,  dieser  Episode  der 
Geschichte,  die.  da  sie  keine  Haupt-  und  Staatsakti 
in  den  Chroniken  ^  und  bei  den  Darstellern-)  kurz  a 
wird,  eine  eingeliende  Sehilderang  zu  widmen. 

Reiches  Material  dazu  fand  sich  im  Basler  Staats 
im  k.  u.  k.  Statthaltoreiarchiv  zu  Innsbruck,  dann  ai 

»»  BChr.  5,  p.  i«)4,  31H:  o,  p.  80,  325.  Mone,  guellensamxr 
badischen  Landesgeschichte  3,  p.  ()5<>. 

*)  Ochs,  Gesch.  v.  Basel  4,  p.  425  ff.  Wurstisen,  Basler  Chronik 
p.  475,  2.  Aufl.  p.  507.  Joh.  V.  Müller,  Gesch.  Schweiz.  Eidgenos! 
5»  *»  P»  352  nach  Wurstisen.  Vanotti,  p.  422  nach  der  Kosmographie ! 
Münsters,  cdit.   1592  p.  614,  der  seinerseits  Wurstisen  als  Quene  N 


Die  Hcitcrshcimerfehde.  4^5 

lerallandesarchiv  zu  Karlsruhe,  einzelnes  im  Bezirks- 
01  Kolniar  und  im  Stadtarchiv  zu  Konstanz.  In 
mswerter  Zuvorkommenheit  wurde  mir  alles  zur 
lg  gestellt. 


stag,  den  26.  September  1489')  hatt«  der  Basler 
eist  er  Hans  von  Bäronfels*)  seine  Tochter  Beatrix^) 
am  von  Landsberg,*)  einem  reichen  Adligen  aus 
er-Elsass,  zur  Frau  gegeben  und  die  Hochzeit  zu 
sgerichtet.  Am  29.  September*)  fülirte  der  Vater 
e  Paar  nach  Hause.  Eine  ansehnliche  Zahl  von 
darunter  Härtung  von  Andlau,  alt  Bürgermeister,*) 
i  von  Löwenberg,^  Jakob  von  Eptingen,*^)  Marx 
•n  R^ichenstein*)  und  Hans  Heinrich  von  Baden'**) 
en  zwei  Söhnen,  sowie  Ratsherrn  und  Bürger 
1  Frauen,  von  denen  vier  guter  Hoffnung  waren, 
is  Ehrengeleit.  Schon  da  lauerte  der  Johanniter 
von  Heitersheim,** )  Graf  Rudolf  von  Werdemberg,'^) 
Hans  Heinrich  von  Baden  in  Fehde  lag,  auf  sie, 
►er  bei  dem  stattlichen  Haufen,  über  30  Mann.**"*) 
Ln<jjriff.  **)  Schon  tags  darauf  trat  das  Hochzeits- 
H    Heimfahrt    an    und  vtM'brachto    die    Nacht    vom 

irstiscD,  1.  c. 

T.  B.,  Sohn  des  Arnold  v.  B.  wird    1457   Bnir.  -j-    I4«)5. 
V.  B.  heiratet    1532   in  zweiter  Ehe  den  Jakob  Bejjer  v.  Blcyber;;. 
V.   L,  Sohn  des  Heinrich  v.  L„  -j-    1501. 
a.  J..  No.  80 iS. 

V.   A.  Bmr.  seit    14H5,  Icl/tc  Erwühnunt;    I4«)i^. 
V.    L.,    Edelkn.    aus    der    Familie    Münch  von    Mür.thenstein,    ^c- 

.-.   E.,  Junker   1475.  R.    14X4. 
R.   V.  R.,  Sohn  des  Peter  v.    R. 
H.  V.    B'>.    Vater    Xiklaus    (f  v(»r    I4(>c))    war    Basler  Bürj;er,  H. 

baoniter  Koniturci,    seit  Ende  des    i  5.  Jh.    Sitz  des    (rrosspriorats 

lod,   1805  7.U  Baden. 

V.  W.,  jüngster  Sohn  des  Johann  v.  \V.  Tr(>chteltin;;en.     Johanniter 
Hochmeister  für  Deutschlan<l  von   i4St).     j  1303  zu  Ereiburg  i.  B. 

|2I    ff. 

Hir.  5,  i>.  318. 
ist.    17,  p.  2h8. 


4<^^'  Otto   Hasslcr. 

30.  September  zu  Breisacli.*»  Die  Breisacher  im  \ 
Verständnis  mit  dem  Komtur,  ihrem  Bürger,  benut 
diese  günstige  Gelegenheit,  um  in  dessen  Streitsache 
dem  von  Baden  einen  Rechtstag  zu  erlangen. 

Graf  Rudolf  hatte  nämlich  vom  flandrischen  Fei 
1 1488)  her,^)  auf  welchem  er  Kaiser  Friedrich  IIL  begl 
hatte,  gegen  Hans  Heinrich  von  Baden,  seinen  dama! 
Hofmeister,  eine  Schadenersatzforderung  über  verunti 
Proviantwagen  und  Zelte.  In  der  Sache  war  bereits  d 
Herrn  Rupert  von  Staufen  in  Gütlichkeit  gehandelt  woi 
und  zwar  hatte  man  sich  dahin  geeinigt,  dass  Hans  I 
rieh  dem  Komtur  125  Gulden  bezahlen  solle.  Doch 
nach  acht  Wochen  und  nach  erneuten  Yerhandlungei 
legte  Markgraf  Christoph  von  Baden*;  für  seinen 
wandten  90  Gulden.  Bald  nachher  brachte  der  Amti 
von  Hachberg  die  beiden  2ielte  nach  Heitersheim.  C 
glaubte  Hans  Heinrich  der  Forderung  genügt  zu  hs 
trotzdem  erbot  er  sich  zu  Recht  auf  den  Herzog  von  C 
reich.  Bezeichnend  genug  für  seinen  etwas  hochfahrei 
das  Ansehen  seines  Hauses  über  alles  hochhaltenden  Chan 
wies  Rudolf  diesen  Vorschlag  schroff  ab.  Er  hoffte 
leicht  auch,  dass  das  verwandtschaftliche  Verhältnis,  in 
die  beiden  Familien  durch  seines  Bruders  Georg  Heirat 
Katharina  von  Baden  standen,  *i  seinen  Gegner  vom  An 
sten  abhalten  werde.  Doch  Hans  Heinrich  nahm  keine  B 
sieht,  sondern  drohte  mit  Fehde. °) 

Soweit  ist  der  Handel  gediehen,  als  sich  zu  Bre: 
die  Basler  hineinmischen,  indem  der  Bürgermeister 
seinen  Freund  den  Sprecher  macht.  Den  ganzen  Vorm 
des  1.  Oktober  dauert  die  Unterredung,  die  damit  e: 
dass  die  Breisacher  versprechen,  die  neuen  Rechtsvorscl 


»)   Xo.   25. 

2)  Über  den  Feldzug:  Ulmann,  Maximiliau  1.,  i,  p.  32  ff.  Basels 
.in  diesem  Zug:  Boos,  Gesch.  B's.  im  M.  A.,  p.  400  ff.  A.  Heusler,  in  B 
zur  vaterländischen  (icsch.  0,  p.  183  ff.,  hsg.  v.  d,  bist.  Ges.  Basel  ü 

')  Chr.  V.  B.  Sausenburg-Hachberg  *  1453,    reg.    Herr   1475,    t 

*)  Vanotti  p.  425. 

»^  Stha.  J.  No.  8030. 


Dif  Hcitersheimcrfehde, 


467 


Hans  Heinrichs  auf  östeiTeichj  die  Bischöfe  von  BaseJ  oder 
Strai^sburg,  oder  die  Stadt  Basel  dein  Knmtnr  zti  über- 
Vuiiigoii. ' ) 

Xarlimittags  setzen  die  Basier  ilire  Heiiniiibrt  iovt. 
Einem  Vortrab  von  vier  Reii^igen,  geführt  von  Marx  R.ich 
lind  Balthasar  von  Baden,  ^)  folgten  die  Wagen  der  Frauen 
lind  die  übrigen.  Zwischen  Grisaheim^^  und  Neuenburg^V 
aiif  österreichischem  Gebiet,  hatte»  scheinbar  mit  der  Jagd 
beschäftigt,  Graf  RudoJf  mit  etwa  50  Mann  Reisigen  und 
Pttssvolk  sich  aufgestellt.  Wie  er  die  Vorhut  der  Baaler 
In^inerkt.*  schickt  er  ihr  zwei  seiner  Leute  entgegen,  um 
Bescheid  über  die  ihm  bereits  bekannten  Breisacher  Ver- 
kaiidlungen  zu  verlangen.  Während  Marx  Rieh  darüber 
un  den  Büi'germe ister  berichtet,  stellt  der  Komtur  seine 
Unte  kampffertig  aul  Dann  sendet  er  seinen  Marschall 
nni  Antwort,  dem  er  bald  einen  tl ritten  folgen  lässt*  Zu- 
gieicJi  kehrt  die  Basler  Ordonnanz  zurück  mit  dem  Bescheid, 
mau  lasse  es  bei  der  Breisacher  Abrede  bewenden,  zumal 
sie  der  Komtur  ja  bereits  kenne.  Unterdessen  rückt  der 
Hanpthaufe  der  Basler  heran  und  zieht,  vom  Grafen  gefolgt , 
^n^  an  den  Landgrabeii.  Dabei  kann  sieh  Marx  Rieh  niclit 
♦'iithaiten  auszurufen:  ^So  mir  Botzlichnam,  wenn  ich  an 
Stelle  Hans  Heinrichs  wäre,  wollt  ich  vom  Grafen  sogleicli 
B**S(^he{d!^  Da  sprengt  plötzlich  einer  von  des  Grafen 
lauten  vor  und  schiesst.  Im  Xu  erdsteht  ein  Handgemenge. 
Zwar  legte  sich  gleich  der  Bürgermeister  Hans  von  Bären- 
fel«  ins  Mittel,  aber  schon  sind  Härtung  von  Andhm  und 
gßi'  Ratsherr  Rudolf  Schlierbach*  1  verwundet,  und  der  von 
Baden  mit  seinen  Söhnen  gefangen.  Aus  Rücksicht  auf  die 
Platten  gibt  Rudolf  gleich  nach,  ja  er  bietet  sogar  Recht 
™  den  Kaiser»   den    König,   den  Bund    in   Schwaben   oiler 


*)  Die  Verhau  dl  iiugen  und  der  Streit,  No.  25,  69;  Miss.  17,  p.  ttjK,  igti. 
^^*.  J.,  No.  8017.  8018,  8024,  8026.     BChf.  5,  p.  (g4,  318;  ty,  p.  80,  325. 

*t  B.  V.  B.,  Sohn  dc5  H.  v.  B.,  f   1522, 

■)  Gr.  im  bjid,  Amt  Staufen,    Bcsitzuiig  des  Grossprtorats  Heitenihcim^ 
'  Am  Rhcio. 

*)  R.  S.,  Ratsb,   1470, 


'lie  Ei'lgeiios*eii  oder  gar  auf  Basel  selber.'»  Ohne  i 
danib*-r  weht-r  anszuspreohen.  aber  auch  ohne,  dass  Ku( 
di'r  GeiaiigeDen  irvilässt.  ziehen  die  beiden  Parteien  ab 

Xoeh  am  glt-ichen  Donnerstag  müssen  die  Basler  t 
(hfT  ziemlichen  Entfemnug  (ca.  35Km..>  in  die  Stadt  zur 
gekonijjieij  str-Lii.  In  aller  Eile  wurde  der  Rat  versami 
und  beschlossen,  diesen  Schimpf  mit  Waffengewalt  zu  riw: 
Schon  am  Freitag,  den  2.  (Jktol>er,  \\Tirde  dem  Hoclmiei 
Grafen  Rudolf  von  Werdemberg,  die  Fehde  angesagt,  d 
sie  -gegen  me  denn  völligen  bescheid"*  auf  offener  Re; 
Strasse  überrannt  halje.*;  Für  den  Zug  wurden  2000  M« 
mit  dem  nötigen  Geschütz  aufgeboten.  Das  Gebiet 
Grafen  sollte  gebrandschatzt,  das  Schloss  zerstört  wer 
(rhächzeitig  \\Tirde  auch  der  österreichische  Landvogt 
Ensishoim,  Kaspar  Freiherr  von  Mörsberg,*)  aufgefon 
an  der  Bestrafung  des  Landfriedenbrechers  mitzuwii 
Am  Samstag  rückte  dann  die  Basler  Streitmacht  unter 
|)orsönlichen  Führung  des  Bürgermeisters  Hans  von  Ba 
frls  aus. 

ünterdossen  hatte  sich  die  Situation  vollkommen 
ändert.  Noch  am  Donnerstag  Abend  hatten  die  Neuenbu 
(h'.n  Vorfall  nach  Ensisheim  gemeldet.  Tags  darauf  • 
der  Statihalt(»r  Ludwig  von  Masmünster^)  herbei,  um 
(JratVn  zu  strafen.  Am  Samstag  kam  der  Landvogt  sc 
7M  (li>n  Verhandlungen,  an  denen  auch  Freiburger,  Breisa 
und  Nonenbnrgür  Käto  teilnahmen.  Das  Ergebnis  war, 
di«»  Herrschaft  Hoitersheim  und  die  Gefangenen  von  ö: 
HMch  in  Schutz  und  Schirm  genommen  wurden,   und 

»)  In  Rasier  Berichten  wird  dies  Anerbieten  bloss  als  Ausfloch 
/riohnrt  oi\vT  j^ar  nicht  erwähnt.  Wohl  eine  absichtliche  Entstellang 
Wrhrimlichunj;  der  Tatsachen,  damit  des  Grafen  Überfall  um  so  schli 
ttM-hcinr. 

->   lU'n.  »).  No.  SS. 

*1  Stha.  I..  No.  Soir,  Bt^hr.  5,  p.  318,  t>,  p.  80.  Offenbar  falsch  i 
.\n^.\be  \ou  ;UHX>  Mann  in  BChr.  (>,  p.  325. 

'»  K.  \  M  .  14^7  ostcrr.  Rat.  1488  Freiherr,  erwirbt  1502  B 
^ru  i  Nov.  14S:  l-andvogt  im  Elsass  bis  Anfang  1503.  Dann  Vei 
dci    l  uud\oj;tei  und  Statthalter  bis   1504.     Lebt  noch   1508. 

■*»  1.  N.  M.,  14 :S  Junker  u.  österr.  Holinarscball,  1489 — 150J 
\ind  Statt h.dict   dc>  l.and\v^t>  im  Elsass. 


Die  Heiter^helmerfebde. 


469 


^ 


»r  Komtur  gelobte,  den  Baslcrn  vor  dem  ErzLiirzog  Sig- 
iTiiiü*)  luler  vor  dessen  Landvogt^  in  den  äussern  Landen 
Recht  stehen  zu  wollen.^)  Diese  österreichische  i,Be- 
rafung''  konnte  Rudolf  nur  angenehm  sein,  Iii  einer  Fehde 
it  Biisel  hätte  er  unter  allen  Umständen  den  KürziM'j» 
hen  müssen.  So  war  er  vor  Basel  sicher,  das  nun  mit 
iter reich  zu  tun  hatt<^,  und  ausserdem  durfte  er  als  Rat 
nunds  hoÖen,  dasi^  ihn  sein  Herr  nit-ht  im  Stiche  lassen 
•nie.  Heitersheim  wurde  also  von  österreichischen  Knechten 
setzt,  und  Rudolf  begab  sich  nach  Freiburg. 

Diese  österreichische  Intervention  w^irde  durch  den 
dschi*eiber  Konrad  Armbruster  und  einige  bischölliche 
noch  am  gleichen  Tag  nach  Basel  berichtet.  Der 
itten  in  der  Nacht  versarnmtdte  Rat  lehnte  jedocti  jed«*s 
imreten  ab  und  venvies  die  <T»>Kandteu  an  ilen  Bürger- 
»ister  im  Feld.*) 

Inzwischen  war  die  Basler  Mannschaft  nach  Schhengen*i 
laugt.  Auf  die  Kunde  davon  ritt  Ludwig  von  Masmünster 
it  einigen  österreichischen  Räten  hertiber.  Ihr  Begehren, 
Rechtsgebnt  des  Komturs  anzunehmen  oder  doch  in 
Idiengen  eine  Einigung  abzuwarten,  \vurdH  knrzer  Hand 
fbgmviesen/')  Noch  glaubten  die  Basler  ilureli  schnellen 
ormarsch  flie  ganze  Sache  rasch  und  gründlieh  erledigen 
All  können. 

So  rückte  man  aru  Sonntag  früli  weiter  vor.  Nun  abt-r 
**rschien  der  Landvf>gt  selbst.  Nach  ^\'il  tadung  und  grosser 
'i^gestümkeit"  —  denn  dii>  Basler  waren  von  der  öster- 
^'icliischen  Einmischung  nichts  weniger  als  erbaut  —  ge- 
lang t*ndHeh  eine  Verständigung.  Basel  verzichtet  aul  Brtiml- 
**t^hatzung  und  anerkennt  das  Rechtsgebot  des  Grafen:  da- 
6*'gen  wird  ihm  Heitersheim  zur  Hälfte  zur  Besetzung  ein- 
räumt,*') iinrl  die  (TefangeniMi  werden  freigegeben.  tiOMann 


^^rä 


')  S.   der   EiüfÄltige   in  Tirol-V^ordcrÖstcrrcich 
-t  »496  Mari   14. 

■)  Stha.  J-.  No,  »017. 

*)  Xo.   I   c,   17. 

*)  M.  Seh.  im  badiscben  Amt  Müllbeini. 

«)  No.   i8. 

•)  No.   21. 


1446,    Erzherzog    (475, 


\~()  r»ttri   Hasiler. 

MiiMT  Ludwig  Kilchmanii.M  Hans  HiltbrandM  iui<i  Hein' 
vf  in  Sonnlioim*)  werden  dazu  hingesandt.  Der  Bürgermei 
rnit  dem  Haupthaufen  kehrte  am  Montag  nach  Basel  zw 

F)fii  Basl«T  Hauptleuten  übergab  Ludwig  von  '. 
riiruist4*r  das  Sehloss  und  Hess  10  Reisige  unter  .In 
Frii'dricli  von  Erzingen  zurück.  Noch  am  Sonntag  A 
konstatierten  <lie  Basler,  um  sich  gegen  jeden  Vor^-u 
si<*jHTn,  in  (Jegenwart  des  österreichischen  Offiziers. 
Hclir  hf'dcinklichen  Zustand,  in  dem  sie  das  Schloss  ; 
troffVn.  *"')  Denn  in  d<?r  Nacht  und  am  Sonntag  war. 
durch  Österreicher,  besonders  aber  durch  Ritter,  die 
dem  (irnfen  befreundet  waren,  durch  die  Bevölkerung  ui 
dnreli  <len  Pfarrherrn  von  St.  (rügen •)  alles,  was  im 
und  in  der  Kirche  nicht  niet-  und  nagelfest  war.  wegge 
odnr  /«»rstört  wonlrn.  Briefe  und  Papiere,  soweit  si< 
<irnf  nicht  niitgenoinnien,  waren  zerrissen  und  zersi 
kurz  liUoH  derart  verwüstet,  dass  Heinrich  von  Senn 
ausrii^f:  ..(Jott  beliüete  mich  vor  denen  friinden,  die 
also  hnshi«'lten;  wenn  im  (dem  Grafen)  die  früend 
lih'ud.  was  stnid  im  denn  die  figent  tun!^  Ja.  so  gi 
lieh  war  aul);t»räumt  worden,  dass  die  Hauptleute  zun 
tun  Lrln'usmittrl  und  die  nötigen  (xeräte  nach  Basel  sehr« 
imisslen. 

Ih^^ten  nun  die  Basler  dit*  Hoffnung,  der  Handel  v 
ii;u  h  ihn»m  Kntp»«::en kommen  rasch  erledigt,  so  hatte 
^ith  in  d»M'  (»sterreichischtMi  und  vor  allem  in  der  On 
l^ipiomalii»  arj;  »j^etinisclit. 

In  lan^witMi«;en,  nebtMi  den  Hauptgeschäften  herg« 
di'U  \'«»riiantllunü:t»n  wnnie  bis  zum  16.  November  zun 
dit«  Krai^t»  d.M-  Hi^satzunix  dahin  geregelt,  dass  beide Te 
li*  Kussknev-hte  unter  einem  Hauptmann  in  Heitei*sheim  s« 
liei;>Mi  liabiMi.  die  sowohl  Oi^sterndch  als  Basel    zusein 


'     A'.li-  lir-   K.it-.     l..  K.  o!>olicim    in    l'rk,  bis    1517,   H.  H.  bi 

■)  \y\   t.  _*.'.  _\;  u.  ru*:;.  l.,iiKie>.irv'h.  Ivari>ruhe  Conv.  XXIX.   N« 
*^.  «v  hcisio  M    r.iii'.i.  r,or.^  UiutVii.   bad.  Amt  MüHheim;    zu; 

•     N.^      I     L'.    I.    k.    :.    '.'..,    ::.    .;.    :;    41. 


Dm  Hcrf1i:r*bcmierrchilc, 

Btld  fiadi  iit*r  H^ninkelu   hatten  dio  Basiter  vod  Kaspar 

Jlnrnberg    fiuf   Ziisjimrrienknnift   verlangt.     Ohne   Aut- 

nbzuwartim,  reiten  am  8,  Oktober  Hans  von  Bärent'ols 

der  RatHberr  Thomas  Siirlhi   nach    Ensisheim»')      Erst 

,12,  TiAch  niner  B<tsi>n*chTing    mit   ch?n   Räten,  antwortt^t 

€ler  Landvogtt    dass   die   ganze  Angelegenheit   dein 

Iterzog^  d^ni  sio  horeits  gnmeldt*t  sei^  vorgelegt   wcnlen 

,*)     So     sendnn     auch     dii*    Basier    ein    aitsführliches 

an  an  iSigmund.  in  welchem  deg  Komturs  Tat  selbait- 

llich  rocht  schwarz  dargostelit  ist,*) 

Ibtclizettig  fand  in  Preiburg  ein  Kapitel  der  Johanniirr 

(fraf  ßudoli'  hat  dort  seinen  Fall  vorgebracht  *)  und 

nach  nicht  ver^jch wiegen  habet»,  dass  er  auf  Ostt^rreioh 

Niemand  jacheint  daran  Anstoss  genommen 

V ^/rzogs  Zn^tändigkeit  bezweifelt  zu  haben. 

^Yo»  Sigmtujd   erhält  Ba^el   schon   nach  14  Tagen  den 

1,  dmm  i*r  aich  der  Sache  nur  annehme,  wenn  Heiters- 

ler  volbtändig  zu  seinen  Händen  gegeben  werde.*) 

Z**it  Ätriiubt  sich  die  Stadt  gegen  diese  Zumutung, 

asich  «iner  Rei«e  des  Landvogts  nach  Innöbruck^  und 

l'*m    in    mnndliclien   Wrhniullimgen   am   25.  und 

j»er   dnrch    die    Räte     Hermann    von    E^tingea*') 

Lölold  von  Bärenfels^   die  letzten  Bedenken   zerstreut 

^n   waren,    liasfien   sich    die  Bas[»»r   dazu  bewegen,   da8 

tairri^n  zti  lassen/)     i Jhne  Zwang,  nur  dem  Erzherzog 

Iren,  zog  man.  wie  im  Anlassbrief  aus/lrürklich  betont 

die   Hi^satzimg  von   Heitersheim  ziu-ück,    in    di*r  Er- 

If-     '        "Hin  schleunigst  ein  Reehts^tiig  angesetzt  werde. 

rst  ilen  Meister  nötigenfalls  zwingen  wenle*» 


L.i..K-^.^U.  KxrUnibe,  l  v.      Och.  »i,  Fol  n;a.     T.  S  Edjc, 
jcit  14^8»  bU  141^  in  L'rk 
f"^  HtK  f  g,  li.     Stha.  J.,  So.  801  r* 
«L  d.  tf.  Okt.     Stho,   1  .  So    80t 8. 
Kot  11. 

N<l»   I   r  d.«L   lutiftlir^'^»    -,.  Okt. 

H*  V.  C«  Vtttrr  J«kob*  V.  E.,  kgl.  Kut,    verkauft  14«;  \Vitd<^pltllKell 
o  BaMi 

^  Rät.  t  i>i<>* 
I  p9  4a:  Scluu  Jn  No.  toi()i  Copaalbucb  148«)*  Fol   im. 


t7-  Otto   Hassler. 

Alles  schii»u  nun  in  Ordnung  zu  sein.  Und  noch  kun 
vor  Weihnachten*)  konnte  Hermann  von  Eptingou  seinem 
Kn'un<l,  dem  Bürgermeister,  schreiben,  alles  stt?he  gilt,  maü 
«*rwart(»  l)l()ss  noch  den  Bericht  des  Komturs.  Diese  er-  j 
waltete  Antwort  überbrachte  der  Meister  persönlich  aai  ; 
Weihiiachtst'ost.  Es  war  aber  keine  Zustimmung,  sondern 
eine  luMie  Fordeiimg,  die  er  schriftlich  einreichte  und  wohl 
auch  niündlicth  aufs  nach  drück)  icliste  begründete.  Er  ver- 
lan;;t  unverzügliche  Rückgabe  von  Heitersheim  mit  dem 
geluuigen  Scliadenersatz  zu  seinen  Händen.  Denn  nicht 
nur  die  Herrschaft,  sondern  auch  öst<?rreichische  Untertanen, 
die  bei  1"2<K)1)  (Tulden  auf  dem  Lande  stehen  hätten,  litten 
l)ei  Fortdauer  der  Besetzung  schweren  Schaden.  Und  iiWr- 
haupt  sei  nach  gemeinem  Recht  niemand  verpflichtet,  ab 
Verpfilmleter  vor  (lericht  zu  erscheinen.*) 

l>urch    diese    Kinwände    seines  Rates    und    wohl   auch 
ilurch  Rücksicht  auf  ilen  t  >rden  als  solchen  bewogen,  erläüst 
Sigmund  am  l\0,  Dezember,  (dine  Anfrage  der  Basler.  einen 
neuen  Abschied. ''»     Nach  ausdnicklicher  Betonung  der  öswr- 
reiehisehen    Hesi't/.ung  von    Heitersheim    wird    ein   Waffen- 
stillstand Ins  zum  24.  Juni  ii\K^  festgesetzt,  während  d»*ssen  ^ 
MantM-  nur  der  Krzlierzog  gütliche  oder  Rechtstilge  auordueu  '. 
kann.     Tber   die    Anualime    dieses  Entscheides    haben  !»i('h  j 
die   PariiMen    innen   sechs  AVochen  auszusprechen.     Unterm  : 
jrhMJien    l\\tu:n  wird  der  l-aiulvi>gt   in  den  vordem  Landen  1 
.•»ni;e wiesen.  In^i  tler  l'^ber^rabe  des  Abschiedes  in  Basel  alles 
;n».  nwi^nJiv..  die  S::\dt   tür  die  Wiedereinsetzung  des  Hoch- 
\i«iNi,  vs   VI   die   Herrsehaft   zu  gewinnen.'') 

Pn:\  h  ev.e  ;;nerkläriiche  Verzögerung  erhielt  der  Basler 

l\\j;    .  :s:    .r...    \    Keb::;;iv   lAvv  Kenntnis  von  diesen  binden 

"^^  !i'.  ■.'.;s;'..,  ;,,^  •.  •'        Svl'..:.  :i::i  V».  bekundet  er  dem  Landvogt 

v,'-\   \,'..iN  Kv..\  i '^ta-i.iv.is  :vii:  allem  in  der  Hoffnung,  ila^ 

.:•..    s,  ■.'.:,  •.•..•..;>:    :;■'    Ter:..*:,  av.geserzt  wenle.**) 

^   V..  •'  \.- 

•    \. 

V ^;  .      N  ■ 


Die  HeitefsheiTTjeTfelide. 


47^? 


Der  Komtur  hatte  den  Abschied  gleich  Viiii  Innsbruck 
:fwl  refereiidiun  mit  sich  genommen.  Es  sehi*ineD  ihm  [jlötz- 
ich  Bedenken  aufgestiegen  zu  «ein  über  die  Stelhing  seines 
'rtlens  als  solchen.  Er  will  sich  nun  zunächst  mit  seinen 
(*bern  darüber  besprechen.  Als  Ergebnis  dieser  Beratung 
ti*ilt  Rudolf  am  "2.  Februar  dem  Erzherzog  mit,  dass  er  bei 
Riickgahe  der  H%*rrschaft  für  seine  Person,  unbeschadet  der 
R4.^cljte  des  Ordens,  mit  den  Baslern  vor  ihm  oder  besonders 
BfVQlhnächtigten  zu  Recht  erscheinen  wolle.^i 

Hii  setzt  endlich  Sigmund,  nach  damaliger  Sitte  vor 
dem  Prozess  einen  gutlichen  Ausgleich  versuchend.  iUJi 
27.  Februar  Temiin  zu  einem  solchen  aui  19.  ApiiL'-,i  Beide 
Parteien  sind  einverstaTMlen.')  Anfang  April  hat  Basel 
seine  V o  r he  r e  i  tun  ge  n  b  e  e  n  1 1  e  t :  d i e  I  n  s  1 1  uk  t  i  f > n  ist  au f ge s  teilt, 
die  Abgeordneton  ernannt.  Docli  ein  neues  Ereignis  bringt 
weit»?rt»  Verzögerung, 

tAni    Itx  März   14U0   hatte  Sigmund   die  vordem   Lande 
Bpiüem  Neffen^  König  Maximilian,  abgetreten.*)       Mit  allen 
tttidem    Regierungsgeschäl'ten    übernahm    der    Kon  ig    auch 
tüesen  Streitfall.      Damit  bekam  der  ganze   Handel  ein^  IVir 
Basel  nicht  geradu  günstige  Wendung,     War  es  doch  Ma.\i- 
railians  wie  schon  Friedrichs  III.  Plan,  Ba^el  dem  schwäbischen 
"injtie    zuzuführen.     Wie    leicht    konnte    er   da    durch    un- 
^  listigen   Entsclioid   die  Notwendigkeit    eines   solchen  An- 
■Schlusses  der  Stadt  rocht  deutlich  vor  Augen  führen !     Für 
Rndolf  dagegen   bedeutete  diese  Änderung    einen  ganz  be- 
*>oiideren   (iewinn.      Nun    konnte   sein    Bnider,    (Iraf  Hugo^ 
"•^f  wie  Rudolf  selber  vom  Ehrgeiz  lieseelt  war,  das  W^rdeni- 
^^t*gische  Ansehen  zu  heben,  wo  er  nur  konnte»  beitjj  König 
luen  ganzen  Einfluss  geltend  machen.     Und  der  war  sehr 
'<^8s;  denn  schon  seit  30  Jahren  war  Hugo  einer  der  ver- 
ff^utesten  Räte  Friedrichs  III.  und  sjjäter  auch  Maximilians.*) 


0  Stha.  J.,  No»  8o2b. 


'')  Miss.   17,  p.  275;  No,  60. 

*)  VergL  darüber:    Jager^  Der  Übergang  Tyrols  vmi  Erzherzog  Sigmiinii 
^  König  Maximilian. 

•)  H.  V.  W.,    seit    145«)  am  kgl,  Hof,  j  1508,  über  ihu  vcrgl,  Vanotti, 

IT 


Utto    Hu:»slcr. 

.... .  ?i    •.■eiiieh  vt.*rlängert  der  König  den  Termin  d 
:  ;\^H"*  l>i5  zum  2-1.  Mai.M      Kurz  vor  des>en  ^ 
'..it^i    er   dann    den    ganzen    Prozess   noch  zu 
Lvii    ivtuumissären.    die  er  zugleich  zur  Fostsem 
-     ■  anii  Zeitpunktes  ermächtigt.*       Und  bei  dieser < 
..'  »iLriieiiming  hat  nun  unzweifelhah  Hugo  ein  kräfti 
lieg** redet.     Wie  wäre  sonst   Maximilian  gerade 
:^^'  iTPHi  vt>u  Montfort-Rothenfels.'r  den  Schwag»*r  Rud< 
ii  1  it '  11 :     Dies  nahe  verv^'andtschaftliche  Verhältn  i?  kon 
iij.\:iiiuian  unmöglich  verborgen  sein.     Ein  solcher  Ricl 
V  .iiiie  dem  Komtur  nur  angenehm  sein. 

Am  3.  Juni  endlich  laden  Hugo  irmi  von  Mimti 
"va^^iar  Freiherr  von  Mörsberg  und  der  Kanzler  Pr.  Kor 
Sriuzt'l.*  als  Bevolbnächtigte  Maximilians,  die  Parteien 
ifii  i:>.  .Juli  zu  einem  gütlichen  Tag  nach  Freiburg.*) 

Nach  einem  vergeblichen  Versuch,  eine  Verlegung  n 
Kv^isheim  zu  erlangen.*  stellt  der  Rat  am  2S.Jimisei 
ii»s;uidten,  den  beiden  Bürgermeistern  Hans  von  Bären 
':vl  Härtung  von  Andlau  und  dem  Stadtschreibor  Xikl 
U'.;>ch.")  den  Kredonzbrief  aus.*«  Als  Instniktion  hl«; 
vlii.'  vom  Ajiril  bestehen.* 

Panacli  snlltt-n  sie  auf  Schadenersatz  dringen  oder  ^'u 
\  iTo^K'ioh  nur  dos  Inhalts,  dass  jede  Partei  ihre  Kos 
iraijo.  annehmen.  Sonst  jedoch  sollten  die  B<iten  fest 
lioiii  vor  dem  König  vt)rgeschlagenen  Recht  beharr 
hvvh>tens  in  den  Räten  von  Konstanz.  Strassburg  (^ 
Kidniar  neue  Obniännor  nennen. 

».   No.  (.1. 

-'   No.  03,  d.  d.   l'ln.  4.  Mai. 

M  H  V.  M.-R.,  Sohn  des  Wilh.  v.  M..  kgl.  Rat  seit  1450,  t  i 
mI'v-i    »hn  xerjil.   V.motti,   y.    142   iT. 

*>  ri)cr  St..  vergl.  die  ansj^rechende  Biographie  von  Buchwald,  K 
»     iMuhhriiu  .ins  Kit/ingen. 

'^  No.  (^o. 

"»   MisN.    17,  p.  200:  Xo.  t*'. 

'•   N.  K.,    St.idt>ch! eiber  1474 — q<>,   dann  Ratsherr,    "J"   1500,  Jan, 

•\  UrU.  o.   No.    100. 

•)  No.  (\;.  (^. 


feit^tbeimfr 


475 


Ain  9.  Ttud  1*K  Juli  fanrlon  die  VerliaiidhiTigen  zu  Prei- 
Imrg  statt.'?  Iiii  Xameii  des  Krmigs  erscdii^^neii  die  ge- 
imimten  drei  Bevollmächtigtuii  mit  lOköuigiichtni  Rätcu  als 
LBeisitzern*  Graf  Kiidolf  kam  mit  seinen  beiden  Brüdern^ 
Heinrich.  Domh*?rr  zu  Strassburg,  und  Graf  ITlrieli  von 
AVerdemberg,  und  *?inem  grossen  Gefolge  von  Komturen, 
^Bitt^ru  und  Katsherreii  voti  Freibiirg  und  Breisach.  Da- 
gegen stach  die  bloss  dreiköpfige  Basler  Abordnung  merk- 
lich ab. 

Den  Baslern  wurde  die  Vorklage  zuerkannt.  Nocli  am 
Freitag  bringen  sie  sie  mit  der  Erzählung  ihrer  Version  des 
Herganges  an.  Mit  der  Rejdik  des  Gnden  und  seiner  Gegen- 
klagen wegen  der  Besetzung  von  Heitei"sheim  werdtni  Hin 
Samstag  die  Verhandlungen  wieder  aufgenommen.  Rede  und 
Widerrede  auf  Klage  und  (Gegenklage  folgen  sich.  Beide 
Parteien  müssen  in  einigen  Punkten  einlenken,  die  Basler 
üire  ziem  lieh  unberechtigte  Kiniuisehung  in  Hans  Heinrichs 
vim  Baden  Handel,  der  Komtur  dagegen  das  Absichtliche 
*ies  Hin terli altes  und  sein  erstes  Losschlagen  zugeben,  so 
_  liass  als  Tatl>estand  die  oben  gegebene  Schilderung  des 
■tberfalles  resultiert.. 

H       TrotÄ   de.*5   gereizten    Tones   der  Verhandlungen   scliien 

Hi^iü  Vergleich    nicht    ausgeschlossen.      Da    plötzlich    erhellt 

B^'cli  aus   dem    Gefolge   des    Komturs  Balthasar   Schüfeler,-^ 

r    >lör  Ordensprokurator,  und  gibt  die  Erkläning  zu  Protokoll, 

'Ijws  sich  der  Orden,  w^elche  Richtung  der  Meister  auch  per- 

*^Jnlich  annehme,   ^von  uberfahruiig  und  Verletzung  wegen 

^rfrtbeit  rlurch  die  von  BaseP  volle  Handlungsfreiheit  wahre. 

Das  war  fiir  die  Basler  wie  ein  Blitz  aus  heiterm  Himmel. 

^War  wnsst^e  man   von  einer  Klage  des  Ordens  zu  Rom.  aber 

L  ^'f>ch    Mitte    März    hatte    man    vom    Grossbai lei    Peter  vmi 

■Bchwalbach  gatxz  versöhnliche  Ant^w^ort  erhalten.^)     Die  Ent- 

g*^giiung    fiel    denn    auch  recht  scharf   aus.     Ein  Vergleich 

'Tiit  dem  Meister  biete  also  bloss  eine  halbe  Richtung.    Die 

iiiiliojen  sie  nicht  an,  sondern  behielten  sich,  weil  von  einem 


> 


*)  No.  69,  das  ProtokoU  des  Tages. 
*)  Name  aus  No,  76,  Fol.   17  v    ergänzt« 
*)  No.  57»  ho. 


47?»  Otto   Hassler. 

Onlonsglied  geschädigt,  nun  ihrerseits  Klage  gegen  ( 
lh\len  vor. 

Damit  war  t*in  gütlicher  Ausgleich  so  gründlich  ' 
t;ihron.  dass  auch  bei  der  Bestimmung  des  Obmannes 
dt'ii  nun  notwendigen  Rechtstag  keine  Einigung  gelang. 
vvTlief  der  ^>^hörtag  ganz  resultatlos. 

Don  Baslern  war  aber  an  der  Erledigung  des  Fi 
vor  weltlicliem  Gericht  viel  gelegen:  mit  Recht  befürcht 
sio  eint»  Einniisi^hung  der  Onlensbehörden.  Vor  geistlic 
Gt»riolit  waren  sie  von  vornherein  im  Nachteil.  War  < 
damals  die  Zuständigkeit  geistlichen  oder  weltlichen  Ger 
iii  solchen  Streitiallen  lediglich  eine  Machtfrage  der  Part 
Und  in  diesem  Falle  war  Rudolf,  sobald  sich  der  Order 
ihm  solidarisch  «*rklärt»\  zweifellos  der  mächtigere  der  be 
ii'^gnor.  So  lag  in  nischem  Handeln  die  einzige  Ren 
iileich  in  der  nächsten  Sitzung  der  Dreizehner  winl 
sililossen.  nach  wie  vor  bloss  den  König  oder  dessen  5 
v»'itn*ter  als  Obmann  des  Gerichts  anzuerkennen.'; 
•24.  Juli  winl  dem  I^indvogt  davon  Mitteiliuig  gemacht 
dit'    Erwartunjx    ausgesprochen,    er    werde    den    Koiutu 

•  iii^ni  gli'iolbMi   Enrschluss  vermögen. 

DtM-  Hochmeister  Hess  ab»M'  g-ar  nichts  von  sich  h 
PaLr»'gen  führt»:  der  Onlon,  vielleicht  auf  Antrieb  Riu 
<•  in»'  Drohuni::  mit  geistlichem  Gerichte  wirklich  j 
Balthasar  Scliüfel»^r.  d»*r  W»»rmser  Komtur  und  (n»n 
j»r«»kurati»r    d»'<    OhUmis.    ernannte   am   4.  August  zu  S| 

•  li"  Magi<t»'r  Johann  Ht>dt  von  Strassburg  und  Seba 
F'Tnkliardr  v«mi  Sp^Mor  zu  Pn>kuratoren  speziell  für  die  ( 
H;i<ili.!i<is      Sofort    »»rhoben    «liese    zu   Strassburg  vor 

<  »id.Ti<k«>nsfrvatt»r  für  Dtuuschland.  Conrad  Munthart,  Pi 
.  ::i  iuni^»'n  St.  Prt«T.  Klage  gegen  den  Bürgen ne ister. 
't::iI  i  i»M  i»Mn«U'  vnii  Basel  wegen   t'berfalls  und  Schädij 

•  i.i.'s  nr.l.'ii.sgli».Mb's  mit  l»ewaff neter  Hand  unter  V»*rlei 
;i!i-i-  päp>t liehen  und  kaiserliehen  Privilegien.  Am  Mi 
'l-n  l»').  Augu<t  »rlä^t  der  Propst  »lie  Citatiou  gegen  Bi 
H::ni»'::    15  Ta:i»Mi   Vi»n   der  Puldikation  an  geroohnet  l 

'    t  )eLi    7.  Fol.   2  r.   Xo.   70. 

-    Alle-  diesen   Pru/cs^  betrcrt'cii'le,   in   No.  70. 

■'■   BIB.  «>.  No.    10;. 


477 


■ie  Basier,  bei  Strafe  des  grossen  Batines,  an  ordentliclieDi 
BvricLtstag  um  1  Uhr  nachmittfigs  ini  Hofe  spliif r  gewohn- 
■ichcti  WohnuTig  zu  Strassburg  vor  iliiii  zu  erselieinen. 
I  Am  folgenden  Samstag  friih  6  Ulir,  als  eben  viel  V^olk 
■ur  FrCihujease  ging,  verlas  Sebastian  Funkhardt  persönlich 
pm  Portal  des  Münsters  die  Vorladung.  Nachher  wiederholte 
■r  ^ie  aiu  Eingang  des  Rieht  hau  ses,  und  au  beiden  Orten 
whlug  er  Abschriften  an  den  TorfUigeln  an.  In  den  nächsten 
■agen  publizierte  er  die  Citation  noch  zu  EnsisheiuL  Frei- 
ftürg  und  Schlettstadt.  In  Basel  hatte  ihn  der  Kat  zwar 
■icht  gehindert,  aber  bald  die  Anschläge  entfernen  lasaen.M 
■  Eine  solche  AVendiing  der  Dinge  war  für  die  Stadt  eine 
fcrojise.  nichts  wiMiig<*r  als  angenehme  irberraschung.  Dass 
Her  Orden  so  prompt  vorgehe,  hatte  man  denn  doch  nieht 
■rwartet.  Und  nun  waren  rlie  Tatsachen  geradezu  auf  den 
ÄOpf  gestellt,  aus  den  Klägern  die  Beklagten  geworrlen.  uml 
m  Ende  nmsste  man  gar  noch  für  erliltem*n  Schaden  Ent- 
■chädigung  bezahlen!  Da  uiussten  gleich  alle  Mittel  in  Be- 
pognng  gesetzt  wenlon,  tliescs  geistliche  Gericht^  wu  möglich 
poch  im  Entstehen,  zu  unterdrückten. 

I       Der  König,    d.  h.    dessen   Bevolhiiächtigte.  konnten  tla 

pllein  helfen.     Da  traf  es  sich  gut.    dass   am    Luzerner  Tag 

pom  24,  August-)   konigliehe   Räte   anwesend   waren.       IVii^ 

i^ortliin  gesandten  Bash^',  Härtung  vrni  Andlau  und  Lienhard 

tWebj  erhielten  also  beziigliche  Instruktion.    Gleicli  bei  ihrer 

Ankunft,  in  Luzern,  am  "2(1  August,  suchten  sie  die  Bäte  auf 

tiöd  setzten  durch,  dass  der  Landschreiber  Micliel  Armbmster 

lü  ihreui  Namen  versuchen  solh\    den  Korutur  zur  Nieder- 

«(^Wagung  des  geistlichen   Rechtes  ^u  veranlassen.*)      Noch 

ftin  Sonntag  übermittelt  der  Rat  diesen  Auftrag  i\ach  Ensis- 

tt'inL     Am  Montag    reitet  der  I^andsch reiber  nach   Heiters- 

Mm   und.    da   er  Rudolf   dort  nicht  findet,    nach    Freilmrg. 

Üort   unterhandelt    Jlichel    Arml>ruster    in    Gegenwart    des 

Bürgermeisters  mit  ihmi  (Tniien, 

I>och  Rudolf  lehnt   jedes  Entgegenkommen  ab:  da  jetzt 
<ler   ih"den    die    Angelegenheit    in    div    Hand    genommen 

*)  Xo.   71.      Kiner  dAVon  mit  starken  Ivlebstol^rspureo  ist  No.  5, 
»)  E.  A.  j,.  |>.  syh 
^  So.    »2h, 


IkiIk'.  <^oliH  sit*  ihn  iiichr<  iij^hr  ait.^  Mit  -::.-:  i  . -ti 
iMit^r^li schon  B»'schwr.ril..  i-rroii-ht*-  *wr  Ra*  :.':r  iir  Vr- 
rriKtun^.   man  fiol^-  -iiiuial  «h-n  ri'-riohtsras:  f.-'-'.h:<;k-L.  "Lvi 

•  laiin  w^-nL*  P«'t»-r  von  Sohwalbach  \V"'iü  ••:::-:.  Ai:-ri"b 
^.'wälifMn.  zumal  a'i«.-li  >i.^  ili-  kgi.  FJär^.  B-t-«. Lar  :-.nii 
Stra«l'nr:X  S"1i'1'-m  w«ilh»,-n.^ 

Si  \v.-id-*!i  'l^Tiü.  will  «ii-  K'Z.rni.^az  z"   v-m.- ;  M..  i-r 
Sia.lr<r:iiv.i]...r    nr.-l    TK-kr..!-    A::  ir-a-  H-:-:::i-:-  li-::   I»i'::-:ai. 

•  1'^:.   7.  >--:ir--::.f  •-:•.   ::.i:   ür-h'-riLT-r  V  «ü::.:-!  :.-   T.a  :.  Srrri--^:::j 

:;ii:  "i:."  :.■:•■  K  ■L:-rr-:,z  ::.:*  i-:::  M-i---r  v-r:  »->  -  ü  in 
>•  i:.-  r  •;:.  i  i—  Kä:.z^-r<  A:.w — :.::-^it  ::■  X-:i-:.f'*;r:r  *:aiT- 
:\v.\-:.r  Mi-  Frr-ir:-  v:-^:.-i:-  >-r  ßa:  -li-s-  t ;^ ^-g^TihrP. 
>:«  :.  '.  '.  i:  '-::!:-:•  Sv::.  •-  v  r  i--:„  ^«^ri^t'ioh-::  «T.'riihi^ 
.:;  •-:."%"-:•■.;  v  - :.  ir'  lAZ"  ifr  ^-'i«ivi.  Bür^rr:;.»fi>trr 
;.':.::.:■:•.  l'v.. ...  Y'-v-izz/iT.^  .r  •. -ri»!-:.  ^stvir-^ichijoheii 
\l.\:-    '.<.  .      \..' '     .;■  .    '.  .  Sr] --:::''!•   r  •lcr..:i.i.-r   srütliriie  Al>- 


:v.:^-    :.-.-:- :    ":.  :    k'- ::.-:.    K*i-    v.'ii    K-üstaiiz 

:'.-■■.        :..-.-    .'.-■.  ..■-:.   Z-:-:«-z    z'i    «.»t-miinii'-ni  | 

:.    ■--  ■■    -.  ■--.     -:    ..VLsrr^t^l;.  hfiii    Kt-rhi  ^•^  j 

.    ^    -/.     .:--^:     "-:.      1.:.-    Aiip-Iiatioi:   fügea.  j 

>  '.      .<•      .:   ':•- 7  ••  ir.i:.::  ^-wahlr.  14  Tagt*  | 

i— ."  -    ■   ..:..-     ..■.--:  c--^-::    u:..l   »lann  hinneu  j 

-    '-      ■'■      ■-':.-    -  ">\-.^  M.^-S'XZ'  stfin."  : 

.  -^   ^    -■  -  :\.!.:    :^l*:.k:ivh    vt>niii*^deiJ.  ] 

>  :.>?-'.'■-    -r.irch    M-liU-UTiige  ; 


\ 


'/::.r^;"rrt:r<i-r.     .i>x    ::s?cr  >;-G 


-    :v-:  ^.:  i-r.'.  Reut'.ingcr  la^i« 


ntersli 


47«) 


TTnterdessf^n  hatten  aber*  die  Verhanilliiij gen    zu  Ötriüä!^- 
hnt^  doch  ihren  Anfang  geiiommt»TKV'       Pünktlich  zur  fest- 
estnzten  Zeit,  um   1  Uhr  inittags  am  Froitag,  ihm   lU.  Sep- 
nber,  eröffnetf  df^r  ( )rdeusrichter,  Propst  Conrad  Munthart, 
flie  Sitzung.     Als  \*ertTeter  des  Ordims  war  f^rschionon  Ma- 
pütor  Johann  ei^  Rodt,  als  Vertreter  von  Basel  Magisttvr  Matthias 
Uuli.    di*r  dazu  von   den  beiden  Basier  Rat^ljot-en    ernannt 
rorden,  beide  Geschworene   der  Htrassburgor  Kurie,     Nach 
3tjn   einleitenden    Formuli täten    verlangt   der  Vertreter    des 
prtlt?ns   ohnp    weiter«^s.    dass   die    noch  nicht  persönlich  ^r- 
ienenen    BashM-    in    Kontnniaz   erklärt  werden,    und  dass 
geigen  sie  als  solche  der  Prozoss   gefülii*t  Avi>rde.     Pauli  da- 
egen    bestreitet    von    vornherein     die    Zuständigkeit    des 
Propstes,    ausserdem    fiihrt    er    eine    Menge  Formfehler  an, 
le  deutsche  Akten  l>ei  geistlichem  t Bericht,   fehlende  Sigel 
ftnri,  dass  die  Ordensvertreter  als  Möiiche  personae  inliabiles 
»men.     Zur  Widerlegung   diesi^r   tormellen   Einwände   erhält 
einen  neuen  Termin  auf  Samstag  mittag  zugesprochen, 
^ie  (Tninde,    die  Elodt  vorliringt.  «lass  di^  Johanniter  nacli 
hren  Privilegien   personae  habiles   seien   und  also  auch  ei\ 
der  als  Notar  zum  Orden  gehöre,  \verden  zw^ar  als  genügend 
erachtet,    dagegen  verfügt   der  Propst   die  Rekognition  der 
pigel  durch  den  Komtur  und  den  Schreiber  des  Strassburger 
I J<>lmnn!terhauses   ^zum    grünen  Wörth''.     Dazu   werden  die 
[Verhandlungen   zunächst  auf  Mittw^och»  den   15-  September, 
hiiitl  dann  wegen  Nicliterscheinens  «ler  Basler  auf  Donners- 
tag vertagt. 

Natürlich  hatten  untei-dessen  die  Basler  Kunde  vom 
^PUenburger  Abschied  erhalten;  sie  ignorieren  deiünacb  alle 
h^'oitern  (Jitafcionen,  Und  durch  den  Kanzler  des  Hoch- 
Miimters.  der  trotz  seinem  Auftrag,  das  (lericht  abzustellen* 
M^u  ganzen  Verhandlungen  stillschweigend  gefolgt  \var.*) 
M^ird  endlich  auch  der  Propst  davon  vernommen  haben.  Fr 
[*t*>!lt  wenigstens  vorläufig  das  Verfahren  ein. 

Auf   den  Bericht  über  den  Verlauf  des  Prozesses  teilt 
ppr  Basler  Rat  dem  Landvogt   mit»")    dass   von   einer  Ant- 

*)  No.  76,  77,  78     Relationen  <lts  Stadt schrciberB.      BÜß.  9,  No.  101). 
*)  MiM.  17.  p.  3»»- 


^  Am  16.  Sept.  1.  c. 
ßtiJtr  Zeitscbr,  r,  Getclt.  und  Altertum. 


VI,  2. 


48f 


Otto  HAfisIer. 


Wort  auf  den  Neiion burger  Abschied  ketno  Rode  sein  k' 
bevor  nicht  dsm  Recht  zu  Strassburg  gänzlich  abgt^tan  set 
Der  LöTidvogt  iH^schwichtigt  mit  d*nu  Versprechen,  ili*^ 
befremdliche  HandlimgHweise  des  Werdern  bergers  dem  Köni^ 
zu  melden.*»  Ho  nehmtiu  die  Basler  am  30.  September  da« 
Recht  zu  Konstanz  auf,*i  doch  unter  der  ansdnuk 
Bedingiing,  dass  der  Komtur  das  Strassburger  Recht  ui 
und  ebenfalls  da**  Konstanzer  aufnehme. 


1 


Uui  diesem  Wunsche  noch  Oiehr  Nachdnick  za  verleihtm, 
soilt-en  die  zur  Luzemer  Tagsatznng  abgeordneten  Gesandte« 
bei  den  dort  erwarteten  kgl;  Raten  in  diesem  Sinne  vor- 
stellig werden.  Doch  in  Liizeni  waren  keine  kgl.  Rate  an- 
wesend.^) Dagegen  erhielt  Basel  am  11,  Oktober  von  Kaspar 
von  Mörsberg  den  Bescheid,  dass  der  Komtur  seiner^fit; 
den  Klingenberger  zum  Obmann  erwählt  und  versprocht^n 
habe,  sich  fiir  die  Aufhebung  des  Strassburger  Rechtes  xu 
verwenden*  sofern  Basel  diesen  Obmann  ebenfalls  Äin?r- 
kenne.*) 

In  diesem  Zwiespalt  wandten  sich  die  Basler  direkt 
Maximilian.  War  ilmen  der  König  auch  nicht  gerade 
giinstig  gesinnt,  so  durften  sie  doch  hoffen,  dass  er  den 
Eingriff  des  Ordens  in  seine  (lerichtsbarkeit  nicht  dnld**n 
werde.  Am  2B.  Oktober  erhält  Diebold  Siemlin  eine  Krede 
ausgestellt  Den  ganzen  Handel  sollte  er  miindlicb 
bringen  und  dann  sein  Schreiben  übergeben.  Eindringlini 
wixrde  darin  dargelegt^  wie  Basel  trotz  des  Re<*hr.sgeboU 
auf  den  König  ^rait  Bobstlichen  gorichtszwang^  gedrängt. 
wie  sie^  die  Geschädigten,  nun  gar  „umb  ein  sach  vor  zvri- 
fachen  richteren  in  recht  gezogen  werden.'^  Als  Glied  d«^ 
Reiches  ersuchten  sie  ihn  also,  sie  bei  ihrem  Recht  z" 
schirmen  und  den  Meister,  den  Grossbailei  und  den  Richter 
^ durch  königliche  gebotbrief  l>y  nemlichen  penen""  anzu- 
halten, das  geistliche  Gericht  abzustellen.*) 


»)  No,  ÖK 

*)  No.  33  c. 

»)  No.  83,  84:  E.  A.  3i.  p.  368, 

*)  No,  82,  85, 

*)  Miss.   17,  p.  325,  326. 


Die  Ht;icersbeimetfchde. 


481 


lozwischen  hatU^n  tlit*  königlichen  Itäte  die  Paiteien 
Abmachung  eines  austräglielien  Rechtes  auf  den  6.  No- 
Tembpr  nach  Lnzern  golarlen.')  Graf  Rudolf  orschion  per- 
tf^jtihch;  von  Bariel  waren  der  Bürger  nie  ist  er  und  Dn  Andreas 
Belmat  anwesend.  Die  Unterhandlungen,  geleitet  von  Graf 
Hiigci  von  Montiort-llotenfels  mitl  dem  Kanzler  I)r  Stiirzel 
mit  den  Räten  Ritter  Ijtirenz  Wirsing^)  und  Hans  Lanritz 
«ro  Liebenfels^i  ak  Beisitzer,  dauerten  Samstfig  und  Sonn- 
tag» bis  endlich  am  Montag  eine  Einigung  gefunden  wnirde. 
Konr^tanz  wird  als  Obiuann  anerkHimt.  Basel  soll  die 
^nrklage  lialien,  und  tler  Meister  seine  und  des  Ordens  Klage 
Züsaramen  vorbringen.  Innert  Monatsfrist  von  der  Übergabe 
dvü  Anlasses  an  uiuss  Konstanz  um  (Übernahme  des  Rechts 
ajigefragt  werden.  Dies  wieder  hat  binnen  eijiem  Monat 
Tag  zu  setzen  und  bis  nach  vier  Monaten  die  ^sach  zu  Eiid 
und  vsstrag^  zii  führen.  Gegen  das  Urteil  gibt  (*s  keinn 
Appellation.  Beide  Partnien  versprindien,  nnterdi'ssen  nichts 
-arges  noch  unguetes'*  gegerndnander  vorzunehmen.  Der 
Meister  behalt  sich  zwar  die  Genehmigung  seiner  *)berii 
vor,  verspricht  jedoch  schnftlich,  alles  anzuwenden,  dass 
der  Orden  das  geistliche  Recht  aufhebe  und  die  Klage  mit 
Jer  seinigen  v^ereinige.  Bis  Weihnachten  will  er  darüber 
dem  Landvogt  im  Elsass  berichten,  und  dann  erst  wird  dieser 
äeo  Parteien    den   AnJassbrief  ausliefern.     Bei  einem  Miss- 

«'•^olg  des  Komtur  fiele  dagegen  die  Abrede  dahin/ 1 
So  liatten  die  Baj^ler  fast  alle  ihre  Bedingungen  durch- 
o  dnlckt  und  durften  lioffen,  dass  es  dem  grossen  Eitdlusse 
Rudolfs,  der  sich  ja  imdlicli  persönlich  nachgiebig  gezeigt. 
Utte,  gelingen  werde,  den  Orden  ebenfalls  zu  einer  ver- 
^i^^bnlichen  Haltung  zu  bewegen. 

Allein  der  Meister  konnte  trotz  redlichster  Bemühungen 
^^  die  Vertagung    des    geistlichen  Gerichts   bis   nach  dem 


*)  L,  W.,  Dieuer  ti,  Rat  Herzog  SiEmunds,  1477 — 79  Vogt  m  Beaumcs, 
Ol  kgL  Rat. 

*)  H.  L.,  urspr.  Bürger  von  Konstanz,  verheiratet  1403  mit  Adiki  von 
tikofen,  die  Herrsch.  LiebenfeU,  kgl.  R^t.,  her  vorragend  er  Ageot  Ntax  L 
der  Schweiz   1488 — M'>8»  t   *5C>^' 

*)  BUB.  9,  No,   112. 


482 


Otto  Kassier. 


tiät'hsteti  Ordenskapitel    zu    Mainz  ain  Sonntag  Ocnli  1491 
i^rlang^n.*) 

In  dios«'  Zoit  fällt  iiucli  der  erste  Vt^rniitTiii 
lies  Herrn  WiUiulm  von  Rappoltstein.'t     Da  aWr    i 
auf  Schadenersatz  beharrt,  und  Basel  jede  Verhamllung  »uf 
diejser  (Inindhige  aliweist,  verlänft  fr  resnitatlos/ 

Endo  Feivruar  nimmt  der  Rat  von  Basel  tUo  cmA 
Heitersheim  in  einem  Schreiben  an  das  Kapitel  der  Jo^ 
hanniter  nni  Zustimmung  zum  Luzerner  Abschied  wi<Hler 
auf.*)  Mail  wnsste  also  noch  nicht»  dass  Kaiser  Friedricli  HL 
ihrem  Wunsche  gemäss*?  sehun  am  24,  Januar  au  den  Groa^ 
l)!dl('i,  tien  (Trossmeister  Rndulf  und  an  den  Orden&l«on&er- 
vator  hatte  Gebotbriefe  ausgehen  lassen.  Er  befalil  iluieB 
darin,  ^bei  Vermeidung  kaiserlicher  und  des  Reich«  rnguiuli» 
und  Strafe"  den  Prozess  gegen  Basel^  als  einen  Eingriff  in 
seine  richterliche  UewaU.  sofort  niederzuschlagen  und  ili^ 
Stadt  in  dieser  Sache  mit  geistlichem  Gericht  ^unen?nchr 
zu  lassen»  Erst  Dieboiil  Siemlin  bringt^  bei  seiner  Ruck- 
kehr von  Linz  Kopien  dieser  Gebotbriefe,")  zugleich  mit 
der  Privatnachricht  des  Bischofs  Matthia*;  von  Secknn.'i 
Maximilian  beabsichtige,  durch  Herrn  Hans  Jakob  vj^d 
Bodmati  den  Altern')  nochmals  einen  gütlichen  Aitsglei^li 
versuchen  zu  lassen.  So  war  man  endlich  nach  sieben- 
monatlichen  Unterhand  hingen  der  Gefahr  des  geistlicbt'« 
(itericlites  entronnen  uuil  wieder  auf  dem  gleichen  Staud- 
punkt  wie  vor  dem  16.  August  1490,  Leider  Hess  der  zweite 
Teil  der  Botschaft  eine  weitere Verzögemng  der  Entscheidung 
voraussehen. 

Sie  trat  wirklich  ein.  Denn  auch  daß  Mainzer  Johanniter- 
kapitel  hatte  von  dem  neuen  Vermittluugsaidftragvernomraen- 

»)  No.  92,  95,  94, 

■)  W,  V.  R.,  2.  Sohn  des  1451  f  Schmiissmaim,  »ca.  1417«  reg.  Hf^^ 
>45^t  1476 — ^t   iiad  14S6 — 87  osterr.  Lantivogt  im  Elso&s,  f   t5o6Juiii!^ 

5)  No.  96,  97»  98,  99,   ioo,   ro4,  RUB  5,  No.   1040, 

*)  Miss.   18,  i>.  9, 

^)  No»  102,  103;  diese  Gebotbriefe  Friedr.  IB.  (rndeii  skb  aicbl  b«» 
Cfame),  Reges  tä  Friderki  tll. 

*)  M.  V.  Sdieidt,  B«  v.  S,  1483—1512,     No,   105. 

')  H,J,v.  B»  /u  MocggitLgCD-Bhimcnreldt  i4t»o  Haiiptm^jin  des  tchwib. 
Blinde,  HO"-)  Führer  im  Vorarlberg  gegen  die  Eidgenossen,  -f   1503. 


Die  Heitertiieinierfeb' I ' 


4S.1 


liuiiut    über    iiit3sn    timio  Verschleppung    wendi^ii 
^er  nochmals  an  den  König.  Wieder  wird  Diobold 
B%on    erst**  Heise    8n    erfolgreich    wm\    mit   der 
ÄiH.     Nacdi  cdner  Rekupitahitioii   der  Verhand- 
Luzerner  Tiig  l)is  ziun  *iü  März  1491  wird  der 
Jend  eitmcht   sicli    Uiidolfi^,    fler  sicli   dein  Ver- 
bal Hofr*  befinde,  ^za  mächtigon  by  iloni  ver- 
rbfcen^    zu    bl«?iben.     (lanz   1>osonder8   wird   der 
Kanzl<*r  Dr.  Stürze!  empfolden^  *Ier  sich  schon 
kbiirger  und  LnzertiPr  Abschied    den  Baslom    so 
sigt  hatt4>.*' 

ifln^  SiCirzels  i.st  es  nun  Wf>hl  zuzus^'h reiben,  das8 

bii*    xuui    9.   April   den   Meister    boistiiuiiit,    dt%u 

tanDtanz  für  sich   und  den  Orden  anzunehmen, 

lii  dem  Vorhelmh»   dass  Konstanz  Tiber  die  Vt»r- 

leifle.     Zugleich    über    trägt    der    König    Herrn 

KappoltHtein  einen  letzten  Verniitthings versuch 

lag   da»    im  Zuge  der  Zeit,    doch    scheint   ^ 

'  nian    in    seiner    persönlichen  Vorliebe  für 

—  geraiJe  in  jener  Zeit  erhielt  irmi  Hugo 

ilndidn  mit  denen  von  Ztnnnern  Bnieute  Beweis*» 

len  Gunst*)   —  m  nicht  zu  einor  ordentlichen 

idiung  liabe  wcdlen  kommen  laBsen. 
lel  WJir  über  die  HHuptisacho,    diusii  umi  endlich 
BU  Konstanz  ali^   Schiedsgericht   anerkannte.^ 
wt  Ral  den  Vta*Hcldägen  dos  Königs  um  23.  April 


'9VT. 


«ftiiluilia    \iV,,    I4<M    Nu,    ^, 


dem  Rate  der   ^au2C  Handel  crsclii«!!«  ^bl  auch  «Inravin 

\mttf  4m  Kunde,  Graf  Rudi»tf  werde  tu  kgt  AttHnig  oiich  Kciin 

(pnuen  Annckgcnbdt  an  den  bciligen  Stuhl  j^fluoKte« 

SttelmaUer*    l.uk;is  Kitmatcr»    uuü   durch  die  Vermin* 

I^LettO  (nt  St.  Manac  in  Purtk-ti,  f  1501)  erLiu^t  die  St.idi 

fHL  rin  Brcvr  ^d.d.  H,  Juiil)  »1»  den  Abi  von  Reichcnau 

Domb^ni  Han«  Konntd  von  Bodmun.     Diese  sotlen  auf 

fL-nzernrr  Abichied  vom  8.  Nov    »400)  im  Verein  mit 


4^4  Otto   Hassler. 

hei.'  Sogleich  nach  Empfang  dieser  Anni-ort  stellte 
am  t>.  Mai.  unter  Anzeige  an  Basel.  Jen  förmlichen  I 
für  ilen  Eapf»olt>teiner  ans.*  Doch  zögene  di«e 
»ler  Aurfiihning.  oder.  wa.s  noch  wahrscheinlicher  isi 
Briefe  müssen  noch  längere  Zeit  in  der  Kanzlei  g» 
haben,  bevor  si»^  an  ihren  Bestimm tiugsort  abgingezL 
Basel,  sowie  d»^r  Graf  ersuchen  noch  Mine  Jnni  Ko 
um  Clvmahme  des  Rechts,  und  Bürgermeister  und  Rj 
Ko!;stauz  setzen  Anfang  Juli  Termin  auf  Mittwocl 
27.  Juli  -ZU  rechter  nuzit".'  Demnach  hatten 
Richter.  :ivvh  Part-ii='n  Kenntnis  von  der  Emennai 
Ra  in*-  *  ';ts:e  iiiers. 

A:::  S,  .luii  erhirit  Basel  diese  Vorlailung.  zi 
abor  a-.ivh  ::e  A:.ze:gv.  das;s  Wilhelm  von  Rappoltst« 
:4*.i:irorr,%ir--:.-  ^  err.iirtlr^üg  üb-?mommen  habe.*  Di 
It  h:;:-^  Aer  Ra:  -.-/v.  la  -s  ihm  eebühre  den  angesetzt« 
«:.-:  .-.v.  vrrac'nier..  >-:.ifrr.  zu  suchen  und  zu  It 
l^vh  -.1;  ::  a::.  14.  i-es:ini::ir«^  Wilhelm  ohne  Rüoksi< 
l:-  A  '.•';■.*-. •.::.^.  .-.Is  K-  miiii^ciiir  des  Kaisern,  einen  gü 
'.\i^  V  r  s:'.\  :..i./..  R.-p:  Itsweiler  ari  EV^nnersta; 
:>.  A  :^:<-  .  -.  -7.'J:.rr  T...;r:'^::.  Er  ^-ill  auch  dafür  : 
'..t>^  '.  ■■  X  :s".vj:-7  R-'. '::•>":- miir.  V-.i<  r..4oh  -.üi^sei 
^  ■ ". .  .<:  ,:  V-.  -s  .  .    rV-  'Vrr  l-"-- 

V"<       ■>    :  v.     itL  Jil-    :.;■.":.    kein    B*rr:cht    eing 

•   r    -.:    -      :  ■•  :*.:-.  "i-    ::-    -irn  FaH  ^er^i:  zu  <eL 

K>.  .:  : -•      :'... — v^    V   :      A:.  l-i".      I>^.  lüiarl     ( 

^,-  "    c  ~~     V.--    N-i'i-s  3:ls*:':i  rfir    ieii  Koii 

/  ^    .>^         '.       -    -.       .    T.v^s    lirA-:!:    :-:Ir-    d**r   R 

.■  -     ■  <  .        :   X.    :  -7.:.: :    :■: :   HjjT'i-?    r'r-*  ^e:tcrr  A| 

-..:..-  .    .-.      -..-  .    :    ::-.    r^si^iz;^    i^«r^■^^en^    Wcnv 

^•' ..      -.        j.    ..5.    5"S,    i,  No.   1;, 

\ 


\    . 


Dk  HeiterslieJmerfcb' I 


4«5 


btr  miU  diM^s  er  ondlich  lieii  Aof^^cbub  orl^iugt  habe,  mv\ 
sofflit  mir  den  Vergleichtitag  zw  beschicken  hätten.*) 
Ha»  gi»srhali  iU*\\n  uiu'h  in  *lc*r  Folgp.  Arn  11*  August 
i  ^ibt  der  Rat  <lem  Bürgt»nüeistcr  Han«  von  Bärotifelsj 
^  Altbilrgeriueister  Härtung  von  Andlau  nnrl  dem  St-adt- 
mimr  Nikltioä  Bü^ch  volle  Gewult  \n  (.TÜtlidikeit;  zu 
(Idn.  Er  verspricht  für  sich  und  alle  der  Sach  Ver- 
ilteu  lUle«»  \VJi$  äu  Riippolt-sweiltAr  iihgi*niacht  werde,  ^zu 
itm  tind  zw  Verlust  miil  zu  allen  rechten  allerding  vugf*- 
ich**  ^n  halten,*^ 

Auj  18*  August  FiitMb^i  dit5  Verbandlungen  wirklich 
i  Was  da  abgeredet  wiirde,  welche  für  uns  unkontroU 
»ren  Einflüsn^t^  dabei  mitwirkten,  dass  Basel  sogar  ame 
f^*'- -^"L'ungsforderung    iles    Grafen    anerkannte,    und    «o 

I  ,  mit  soviel  Kraftaufwand  geführt«^  Handel  irn 
bd  voHit4^  das  wissen  wir  nicht.  Blo8s  Vermutungen 
p'       '     »n*>n  wir  aus  dem  ganzen  Verlauf  und  aus  spätem 

II  i  aufsfeilen. 

■Einnruil    lÄsst   sich    bei  beiden  Parteien  aus   dem  lecbr 
bot!  und  ^^achlichen  Tone,  in  dem  <He  letzte  Korrespon- 
LrfKlülut  i^t,  eine  gewiss«»  Prozessmüdii^keit    feststellen. 
^^Pilltich   bei   der  bald  zweijährigen  Datier   tles  Handels 
#her    begreiflich,    nh   die    Hauptfragen    —    für    den 
dif  Rtickgabr    der    Herrschaft,    fiir    BitÄtd    die    Anf- 
lug   iU*^    gei«tJichen    (Terichts    —     ja    eigentlich    schon 
gidi'^t  waren.   Soilann  hat  sich  wohl  auch  hier^  viel- 
gar  tu   gidieiuien  Instruktionen^    die  küniglichi^  Vor- 
'^    -    Wenh'mbergi^cht'    geltend    gemacht.     Und 
I  »ansehen   ßrüdcrpaar,    das    den    (trafen    im 
tef    ^un^ern    lieben    Oheim**    nennt,    wird    vor- 
''•^*i  Mitgefühl   eb^nfallj^  nicht  gänzlich  gefehlt 
H'*m   hatte  Hti^sel   selber  ein  sehr  gixis.s.ii's  In- 
AQ  dor  Beilegung  die$ies  Handeln,    in  weichem    seit 
last  die  ganze  ans*wärtige  Politik  bestanden  hatte.    Die 
in^mii^n  und  immer  *'indringlii'birren  Werbungen  Maxi- 
Sji   ZQxn  Eintritt   in  den    schwäbischen  Bund  nun$üt«n 
je#0n  werden,     HaupmiUddiih    aber  musste    die  Stadt 

Na.  1^   III 


u 


Kn 


11 K 


486  Otto   Hassler. 

iVoie  Hand  bekommen  für  die  lichoii  begonnenen  Verhan 
luiigen  zur  Emonerung  des  Bündnisses  zwischen  den  Ei 
genossen  und  der  niedem  Vereinigung.')  Bei  üfii 
Fragen,  bei  denen  es  sich  um  die  Unabhängigkeit  der  St 
handolto.  konnte  eine  Weiterführung  der  für  die  Zeit  al 
dings  charakteristischen,  aber  im  Hinblick  auf  solche  Fnj 
(loch  unbedeutenden  causa  Heitersheim  nur  von  Seh» 
sein.  So  bildete  zuletzt  für  Basel  die  Anerkennmig 
Entschädigungsforderung  des  Grafen  das  kleinere  Übel. 

über  die  Höhe  dieser  Entschädigung  konnte  man  j 
zwar  erst  nach  nouen  mündlichen  Unterhandlungen  E 
August  und  Anfang  September  einigen.  Auch  der 
bewilligte  endlich,  nachdem  noch  Wilhelm  von  Rapj 
stein  mit  dem  Abbruch  der  Vermittlung  gedroht,  die  ; 
gemachten  (KJO  Gulden.-)  Dabei  suchte  er  sich  wenigst 
eine  öffentliche  Blamage  zu  ersparen.  Er  betonte 
cl  nick  lieh,  dass  man  die  Summe  Herrn  Wilhelm  nnd  seil 
Brader  Schmassmaun  *)  zu  beliebiger  Verwendung  sehe 
und  verlangte  besonders,  dass  des  Geldes  im  Vortrag  dn 
aus  nicht  gedacht  werde.*» 

So  ges(!hah  es  deim  auch.  Als  dann  noch  eine  bo 
Parteien  genehme  Form  gefunden  war,  wurde  die  Rieht 
rndlicli  am  »'^O.  S«»ptember  1491  abgeschlossen.  S< 
zwoi  Tago  vorher  hatten  Graf  Rudolf  von  Wenleml 
^leistor  zu  Heitersh(Mm  in  seinem  imd  Burkhanl  S] 
Komtur  zu  Sulz,  in  des  Ordens  Namen  die  schritt 
Ziistiiiimungs-  und  Vcrsöhnungsorklänmg  abgegeVien.' 

Durcli  (h'u  A'ertrag  wurde?  nach  kurzer  Darstollun«: 
l».M'htsvorlaufes  das  Strassburger  und  das  Konstanz»^' li 
;nil<Xt*h()l)(*n.  jedem  Teil  sein  Schaden  und  seine*  Kosten 
^vl)undrn,  (li(;  ganze  Fehde  und  der  ganze  Prozess  fü 
und  ab  ei-klärt  und  beide  Parteien  für  sich  und  iluv 
wandtrn   V(M*<öhnt.'*i 

».  K.  A.  .?!.  P-  .^'^•^  ^'  y^^  ^^'    ^^^■^'  *^'  ^^-  '34- 

-)  Sit-   wiiriicn  am  28.  ^>kt.  abgesandt.     RUß.   5,  No.    1087. 

•M  Soll.   V.   R.,  rct;.  Herr   1507.    f   1517. 

'•,  N(».    123,    124. 

•■•)  Hrn.  «),  Xo.  130. 

")  IWH.  «),   No.   13»- 


Die  Heitersheimerfehde.  4^7 

Damit  hat  die  Heitersheimerfehde  für  Basel,  das  dabei 
rieht  nur  nicht  auf  seine  Kosten,  ca.  1000  tt,  kam,\)  soii- 
l^m  obendrein  noch  als  Geschädigtes  Schadenersatz  leisten 
tinfiste.  ein  recht  unrühmliches  Ende  gefunden.  Den  oin- 
K%en  materiellen  Erfolg  bilden  die  100  Bürgeraufnahmen 
Infolge  des  Auszages,  die  letzten  die  als  Belohnung  für 
biegsdienste  stattfanden.')  Aber  einen  nicht  zu  nnter- 
ifchätzenden  ideellen  Erfolg  zeitigte  dieser  verlorene  Prozess 
Bimerhin.  2ieigte  er  doch  den  Baslem  wieder  einmal  recht 
katlich,  dass  auf  des  B^iches  Hilfe  auch  bei  völligem 
iecht  kein  Verlass  sei.  Und  gar  zu  Österreichs  Anhängern 
iBt  die  zweideutige  Haltung  Sigmunds  zu  Beginn  und  die 
ffenkundige  Begünstigung  des  Grafen  Rudolf  durch  Maxi- 
BÜian  zu  Ende  des  Prozesses  die  Basler  entschieden  auch 
idit  gemacht  So  dürfen  wir  sicherlich  annehmen,  dass 
ii  all  den  folgenden  Versuchen,  die  Stadt  für  den  schwä- 
bchen  Bund  zu  gewinnen  und  später  noch  im  Schwaben- 
rieg,  die  Erinnening  an  diese  Verkümmerung  am  guten 
echt  das  ihre  beigetragen  hat  zu  Basels  ablehnender  Hal- 
:ng  Osterreich  und  dem  Reich  gegenüber. 


t^  V^^-ocheoaosgabenhuch    1490   Fol.  889 — 030,   1400 — 1510  Fol.  3 — in), 
»>  BCbr.   4.   P-   '•   '45  ^- 


488  Otto  Hassler. 


Anmerkung. 


Das  im  Basler  Staatsarchiv  vorhandene  Akten-  und  Urkundenin 
ist  in  3  Sammel banden,  Polit.  J.  5,  vereinigt  und  fortlaufend  numn 
es  u*urde  im  vorhergehenden  bloss  mit  der  Nummer  zitiert 

Die  wenigen  im  Basler  Urkundenbuch.  Bd.  9  hsg.  v.  R.  Tbo 
Basel  1905,  publizierten  Stücke  werden  nach  diesem  Werk  -  1 
zitiert. 

Das  Öffnungsbuch,  Bd.  6.  1478-90.  und  7.  1490-lc 
Oeb.  6  {7). 

Die  in  den  beiden  .%Ussiven  Banden.  17  die  Jahre  1488-14! 
18  d«e  Jahre  1491—1495  umfassend,  enthaltenen  Konzepte  wen! 
geführt  =>  Miss  17  (18)  mit  der  entsprechenden  Seitenzahl. 

Die  übrigen  archivalischen  Quellen  werden  nach  ihrer  H 
:itien.  wobei  ich  mich  für  das  K.  u.  k.  Statthaltereiarchiv  Innsbruck  fol 
.Abkürzung  t>edienen  werde        Stha.  J- 

\*on  den  gedmckten  Quellen  werden  ausser  dem  genannten 
rrJvundenbuoh  folgende  mehrfach  abgekürzt  zitiert: 

l.  Rippoltsteiner  Lrkundenbuch.  Bd.  5,  hsg.  v.  .AlbrechL  1 

ISvS        RIB.  5 
J.  rasier  Chroniken.   EUle.  4.  5,  6.  hsg.  von  d.  histor   öcse 

in  Bj>t'      Leipii^  I>^.\  i^3.  1902  =  BChr. 
V  A:n:::chc  SjTürtlurjc  vi.  Urem  EiJg.  .Abschiede,  Bd.  3, 

t   A.  A  : 
4    \'jr.vn:,    ue<vr:vs:>.:c  der  Griren  von  Montfort  und  Werd 
'i^cl'.e-.-c.  C-.-r:>:j:L:  IM.5         VjnotiL 


Die  Ausgrabungen  zu  Disentis. 

Von  E.  A.  Stückelberg, 

Ii"r  »Tietl***    wn  (li^^  am   VurderrJuMii  »Hn]>nii'ilbreiiilL» 
SM  sich  ioilt  und  gunWt*sttui  übor  »iit»  Oberalp  zniu 
pn  Südou  über  den  Lnkmatiier  luK-h  Italion  ftAlirt, 
Dorf  Disentis,     HitT    hat    ein   Junger   rolumbans, 
^it,  Anfnng  ib*8  VII.  JiilirUuJiderts  t*tn  Mamitn*klosh*r 
Di»->    Richtigkeit    d€*r   Tradition,    welche    di*\si.* 
$ü  die  Epoche  der  iro-fränkisclien  Mifssion  verlegt, 
fii*'^rn  dun'h  die  »dten  K i rrhen pal r< mute:  sind   dt»ch 
Bü  Klos^terkirchen  der  h.  Jungfrau,  St.  Martin  uivd 
2Wfd  vom  Klüsier  abhängige  Kirchen   bezw.  Kh- 
i'gtfn     iro-frUukischen   Missiunilren    St.  Colnmbm> 
ti;  und  St.  Gall  f 8t»  Gag!  Hin  Luknifinir-n  geweiht. 
[leit  von  Kircijengoliäudon  «*nts[)rirlit  wowohl  «h-n 
linhfdu^n   diasc^r  Smidboten,    als  wueh  der  hohen  Zahl 
^f  zur   Zeit    des   Friihmittelalters,     Wenn 

;.  j.srhen  Ansiedkujgi»n  zahlreiche  Einfhl^Äe 
becnhi  diVß  auf  der  Freizügigkeit  und  Beweg- 
||jf^^r  M^»Tiche;  Wf^nn  «ich  also  in    Disentis  iri^ehiv 
uliunanniscvhe  oder   langobardisch**   Kurustfonnen 
ma    dies    nicht    verwundern.      Das    Mutterkh^sh-r 
pflegt^e  auch  bei  Neugründungen  mit  Arbeitern  und 
ih**lfen,  *'t     Auch    zahlreiche   Fürs^ton    niögnu 
gezogen    sein;    tÜ«»    Synopsis    nennt    Karl 
^dio  französische  Krinig**;   sehr  wahrschein- 
Kftrl   rler  Gni.ss«*   anf   f?ineui    seiner  Feldzüg^ 
■lU,  wird  er  rhadi  östlicli  und  westlich  von  diesi*r 
noch   ala  Kirehenstifter  und  Mehrer  gefeiert. 
von   Müuster   ü1)*»r   Disentis    nach  Sitten  ge- 


F«fU  iKi^4^  jt,  15  and  51. 


Die  ilietftiSD  Oodefttiins» 
i)).*hr  Oller  luij 

lüg  eifit*  fr(khniifiei«ltt»Hich«^  Kirrito,  rlu» 


di*r  PI  rm.   iliit 


»^    p^ri 


t|«ni  Jmlin^ii  (i7U,  I5H7.  1^14,  1621,  I^ 
du}.          '  •      *' 

irr,  ^  .... 

I   dir?  *Ite*^T  ist   ift*: 


Kr 


Dil*  l 


ms  drt- 


f*v 


4^  Hifitofovial 


Aiiig;nitmiiccfi  tta  t>iirBti* 


I  Wir  öclion  auf  r5ini^h<^n  Itoltt^fM  (Gmbi^toiD  im  Museum 
Avign«»n,  Sarkophag  in  Villa  Mattet  usw.K  im  Gebjkudtni 

li^ny.VitorlHii* 

biiififf  bei  den  Amberu.  voreinxelt  im  mmanit^chen  Styl 

l:   df»r  Katlu»ilral«*   All»!,   XL  thilirlitimlort,  Krvptu 

.^i*ii.    XII.  lialtrlmiidort    nsw,).      Ini    BUtiitu    CUnr 

ii*D   huleiöeuformige   Gnindriss^t^  von   Apsiden   vor  zu 

Mfistail    und    /.weioial    3&11    Dii^eutt««*   d.  b.  b^i  der 

jl:      *  '    '  der  Mutt»  1  '  ircb»*)    und 

1    aii^iseir.  dJj  !  in  dpälc^r^r 

iiott  einw  starktm  Mauer  utumantelt.     Sonst  scheint 

PfiT    Z^»it    nicltt    iihf»r    odor    an    unserer  KiiTh«?    gebaiil 

n  zu  sein,    denu    es   fohliMi   Fuudstüikn    nus   ^päu»ivr 

\Vi*nn  man  i»if>ht,  dus^  im  Schutt  aii>>^dilioÄ?1u'li  früh- 

iht^rltdif«   Gi^Ki'iiÄtlinde  »uui  Vt^r^cheiu*  kämmen^   gf- 

l,man    un^nllkürlieh   der  ^zerbrochenen   Kirehen"  uufl 

!*.    il«r    nai^b   Jlurer  ip.  15oi    »ach   drin    Kinlull  der 

[•öd  nnd  verstohrt^  gewesen  seL     Der  Bodeti  un8ere4\ 

bt   auch   der   Marit^nkinhe,   war  eiust  mit   Musaikeu 

1^1   |/*\i*w.Mi      Zahlreiche  Fragment^*,  aus  grossem  und 

ii^iirfehi    Eusaninieugesetjst.     fiinden    sich 

Jt,  IHI^  und   liK)0;    in  einzehiiMi  Stücken  sind  gv^ 

IT-  '  1      T1  Marmorwürfehi  »»itigesetzt.   Von 

in  Mtii^aik  niiul  Spnrt'ii  wt'il»?r  vnr- 

tXB,  t?ni'arten. 

»lN>r  :»ind  die  Üb<»rresto  der  trühruittelaltcrlichrn 

piiliirM^     Hunderte  von  farhUißen  wie  von  hnmalten^ 

Herten  Stuccobnichstücken  sind  xum  Vor* 

Viüle  Teile  (z.  B.  die  Roste  von  Wand- 

hVekt  auf  die  Mauer  appliziert  ge weisen 

li*n*  dU^    ndiefii^rten  FragjrM*nt<*    wan*n 

Rtsst  von  hölzernen  Leisten   bole«tigt.     OH 

li   einem   Holzbau  gehört  (xler  eine  Stein- 

•idet4»,  vennngHn  wir  tiichi  ^i  eut^cht^dt^n, 

Iftj^    die    Stuccüüberreste    die    «hemaligt» 

vu  ein^  IjafighatiHes  darstellen.      Dfiäs    die^ea 

d#»n    gi^hnidenen     Apsi(h*n     gehörle,    hl    no 

bcr:     da^^    ^ich    aber     die     Stuccodekomtion 


V,42 


E.  A.  Stückelberg. 


auch  über  die  Concheii  erstreckte,  ist  nicht  erwiesen.  ( 
gleich  viele  Fragmente  in  diesen  Apsiden  und  in  dei 
Ummantelungsgemäuer  lagen.     Kein  Stnccoüberrest  zei 


TcxUbblldang  3:  Wandbelag  aus  Stucco. 

nämlich  irgendwelche  Spur  von  Rundling,  wie  sie  hei 
A,erkleidung  eines  runden  Innenraums  sich  ergäbe. 
I^uighaus  war  flieWanddekoration  folgende:  unten  (vielle 
meterhoch  «^in  (xitt^^rornament.  wovon  zahlreiche  Überr 
vt^rhanden:  darüber  eine  ornamentierte  Zone,  vielleicht 
Nachahmung  von  Kerbschnitten.  Dann  folgt  die  breit« 
bezw.  höchste  Zone,  geschmückt  mit  Bildern.  An  der  N< 
s.'ite.  bezw.  der  Bergseite  befanden  sich  nach  einem  a 
s.»nst  in  den  Bergen,  speziell  im  Bistum  Chur  verbreite 
iiebnuich  keine  oder  nur  spärliche  Öffnungen  oder  Fem 
nie  gjinze  Wand  bot  also  Raum  für  Darstellungen.    Erha 


r^vtabblldunc  4: 


.'i:v^ivv^!:e  mi:  nordischem  Muster  (Rekonstitution). 


Die  AusgrabuDgen  zu  Disentis. 


49J 


ben  sich  etwa  zwanzig  Reste  von  menschlichen  Köpfen, 
}  plastisch  aus  der  Mauer  hervortraten,  mehrere  Hände, 
zahlige  Teile  von  Gewändern,  zwei  Stöcke,  der  eine  oben 
it  Carvatur,  der  andere  mit  eingesetzter  Spitze  versehen, 
halten  sind  ferner  Ueberreste  von  Kapitellen  mit  früh- 
ittelalterlichen  Voluten,  anstossende  Halbsäulen  und  Ge- 
nse,  ein  Basament  und  drei  verschiedene  Typen  von  Bögen. 
)  letztere  einst  rundbogige  Fensterlein  der  südlichen  Lang- 
usmauer  schmückten  oder  als  Blendarkaden  sich  über  die 
nzelfiguren  wölbten,  ist  nicht  zu  ermitteln. 

Die  Köpfe  sind  rohe,  primitive  Arbeit  und  erinnern 
Id  an  die  Fratzen  auf  merovingischen  Münzen,  bald  an 
Bche  Buchmalereien;  sie  sind  bald  en  face,  bald  in  Drei- 
»rtel.  bald  im  Profil  aus  Stucco  gemodelt.  Die  grösseren 
)pfe  haben  unge&hr  die  Proportionen  lebender  Menschen, 


Textabbildung  S: 
StBCCokApfe  In  Froatdantellung.  Stuccoköpfe  in  Dreivierteldarstellung. 

(BtioalM  mnd.)  (Beinahe  rund.) 


4^f)  K.  A.  Stücke Ibcrj». 

Podiims    auf   das   Bild    eines  Abtes   zu  scliliessen  gestattet, 
wage  ich  nicht  zu  sagen. 

Auf  demselben  Wandbelag  aber  befanden  sich  auch  Ge- 
mälde; es  existierten  einerseits  in  Stuccorelief  voi'spriiigende 
Figuren  auf  bemaltem  Grund,  anderseits  figürliche  Wand- 
malereien. Alles  scheint  aus  derselben  Zeit  zu  stammen; 
wenigstens  haben  die  Fragmente  von  Händen,  wie  die  Lilien- 
oriiamente.  bei    den    plastischen   und   bei   den    flachen  Dar- 


Textabbildung:  9:  Fragmente  von  Wandgemllden. 
,  Lilie:  b,  Kreuz  und  Nägel:  c.  Kreuz:  d.  Kreuz  aus  dem  Fraumflnster  in  Zärich:  e.  Fia|B- 

sttOhingeii  genau  densell)en  Charakter.     Unt^r  den  oben  or- 
wnhntcMi  Arkaden  waren  ebenfalls  einzelne  mit  Stuccon»liet 
juiden»  flache  nur  mit  jNIalerei  geschmückt.    Zu  den  gemalten 
wie  zu  den  plastischen  Bildern  traten  erklärende  Inschriften 
in   entsprechender  Technik,   d.  h.  gemalt  oder  eingeritzt  und    , 
uusgeniall.     ^Les  inscriptions  sonr  nombrouses   dans  tout««    ; 
los    «'»glist'S  ct'lebres  antericures   ä  r^poque    romane^: ')  dies   j 
trifft  anch  für  Oisentis  zu.     (rogen  zwanzig  Fragmente  sind  ^ 
l)is  jotzt   gebunden:  si(»  rühren  von  mindest«^ns  fünf  verschie-   J 
(leiirn  Tns('hrift<»n  Ix^zw.  Schriftzonen   her.     Die  Buchstaben 
sind  4  bis   10  CrMitimeter  hoch  und  bestehen  aus  sorgfältig 
angebracht'^n  KapitaltMi.  Als  typischf^  Formen  seien  genannt: 
viereckigt»  C.  wie  sio  an   den  Victoriden Schriften  von  Cnr.'l 
am    Ambn    von    Romainmotier   (VII.  bis  VIIL  Jahrhun»lertl. 
zu    Pohl    857  ^    und    an    langobardischen    Denkmälern    vor- 
kc)nnjion.     Cliarakt^^ristisch   sind  ferner  die  Js   und  M.  «leren  \ 
Schi-ii^striche  nicht  an  den  Knden,  sondern  am  Lauf  der  senk-  | 
n-chttMi   J-lasta«'  anset/.en.      Der  <.)berteil  der  T  ist   leicht  Jlje- 
l)«)i^»Mi.   d.h.  dit'   Kndrii   liäng«Mi  etwas  herab;  der  Buchstabe 

M   Kniart.  Manuel   (rari.h«'ol(>^ric   \.   p.   i.So. 

-I    Kj^li,  Christi,   rnscbriftcn,   p.  40. 

•'1   Rivoira.   Orijjine  deH'anrhit.  L«)mb.,  Hg.  370. 


Bl«  Au»gnibttnf»ai  tn  Di^^ntt^ 


497 


\i3ti    ganz   nffiin.     AJ1<*    IjL>U*^rii    h»l)*^u    kleiite    Füsschati. 
Inschrift  whf  mindestens  dreizc^ilig;  keine  verlief  »cnvU- 
H  hed^>n.  eine  aber  iiinr  gemalt i  dürfto  eiTiem  Bogen 
:fi.     Einzelne,  gerade  die  geuialten,    Inscriptinnen 
mir    Boischriften    im   Fi*ld   eler  Bilder,    die  einge- 
'         rnonumentuler  Schriftznnen,*!  die  über 
-.,,.i..t  ,  t.  ..iMheien,  Eil  «ein.     Der  grosse  Ma^sstab  der 
iibim  weist  iiiil'  rehil  i  V  grosse  Höhtn  lor  Ard>r  ingimg.  SicIuM' 
DU  Bind  fulgcnde  Fragmente:  (in)VOCEDICl(tiirf,  lOHA 
*  ''  *       '   1     MF  diesem  Schmuck  haben  wir  unn  aber 
/  rt,    welche    die   Stelle    anrhitektoniscli 

&rter  Gesims©  vertraten,  zn  denken.  Weisse  Halb- 
gUn  and  mit  roten  Tupfen  gesprenkelt,^ ^  oder  nach 
tlicheni  tidor  langobardißchem  Vorbihl  mit  Spimllinien 
jriert.  teilten  in  senkrechter  Funktion  die  Flächen."'» 
hari2on(&1e  Gliederang  wurde  tlurih  Onamente,  unter 
^iler  KitrbÄcJmift  vorwaltet,  bestritten.  Letzterer,  gleich 
K  zxir  wirksüiuen  1  Dekoration  jede:»  weichen  Stoffes, 
von  den  H^^mem  in  der  Keramik,  in  Disentis  in  der 
'  ^  überall  in  der  Holzarchitekmr  verwendet. 
..Ligen  Tag  dient  der  Korbsclinitt  in  unseni 
lern  zam  Sclimuck  aller  denkbaren  HolzgerÄte, 
Mfi  iib««t1r»igi'n  finden  wir  die  Formen  die^jer  Technik 
EPA  im  Fmhmittelalt4^r  in  Italien  <z,  B.  Maihmdi,  Die  in 
i^  viirkomnjenden  Miwier  zeigen  dreieckige,  recht- 
i|niKlmtt^che  und  andere  Vertiefungen  in  allen  inög- 
Ktunbinationen :  aucli  Formen»  die  mu  lUirch  zwei 
Um,  tiinon  gera^ien  und  eine  Curve,  entstehen,  finden 
hamr*  Auch  tla^  ( rittermuster  der  Snkelilekoration  be- 
auf  Ktirkschninen,  die  regelmäsöig  gereUit  sind. 
t  I  .^; .  .  '»rna men te*^ ;•  zu  D ist* r 1 1 is  ze ige ii  d ie Seh « ' i l »♦  •  r i - 
nur.  dann  haibkreisförmige   BiJglein,    ahn- 

4lm  Aft%f«  vnn  Tor<efrUö. 

ic    hei  den  CauonestAfeln  der  KiiroliogeneU 

klliftünlcA  nndcu  hich  auch  in  tlct   KarolUigiachen  Kir^lie   von 


^  ei*.  A  rchiv  fiiT  VolkÄkunde  i  oo? .  Mcft  l , 


j\(ß  E.  A.  Stückclbcrg. 

lieh  «lenen  des  Museo  Bocchi  iii  Adria;    in  ihren  Zwickeln 
fiiidf^n    sich   Lilien  wie  zu  Cur  und  Villanova,    d.h.  Moim- 
nieiit«»n,   die   dem  VIII.  Jahrhundert  zugeschrieben  werden. 
F«*rner    kommt   vor   die   achtblättrige  Rosette*  (ohne  Kern», 
pfonau  wie  an  lango bardischen  Steinreliefs.  Die  ausgehöhlten 
Blätter  siml  innen  bläulich  bemalt,    die  Ränder   weiss;  der 
Durchmesser    dieser    Rosetten    botnig    20    Centimeter.  sie 
dürften    also    in    ziemlich   hoher  Lage  angebracht  gewes»^n 
sein.  Einige  Fragmente  erinnerten  an  verschlungenes  Riemeu- 
werk,  nirgends  aber  zeigen  sich  die  typischen  Formen  laiigi»- 
bardischer  Ornamentik   oder   deren  doppolte  Falzung:  auch 
das  (xewürm  der  irischen  und  germanischen  Schmuckformen 
fehlt  in  Disentis. 

Ein  Motiv  aber  haben  wir  nur  in  Schottland  wiede^ 
p;efunden:  es  sind  mit  Haken  ineinandergreifende  Ketten- 
glieder, die  mäanderaitig  einen  Bogen  schmücken:  bis  jetzt 
ist  uns  dieses  Motiv  auf  dem  Festland  nie  begegnet.  Sein* 
nächstenVerwandten  finden  sich  in  karolingischen  Miniatiirea 

Unsere  Stuccofragmente  sind  weder  von  Brand  iiocb 
K^mch  beschädigt,  weder  .verschliffen  noch  bestossen.  Auss<?i 
(h»n  Sockel  rosten  sind  keine  nachträglich  übermalten  Stücke 
zum  Vorschein  gekommen :  und  auch  bei  diesen,  nahe  dem 
Hoden  befindlichen,  also  rasch  beschmutzten  Wandteilen, 
kann  die  Bemalung  isie  ist  schmutzig  weiss»  bald  nach  ilei 
X'ollendung  «les  Baus  nötig  geworden  sein. 

rber  ilen  Stoff  unstMvr  Stuccaturen  gibt  der  im  Anlianj 
tnlgiMide  Exkurs,  don  wir  dem  gütigen  Entgegeukounnei 
dt^s  Herrn  Kantonschoniikers  Prof.  Dr.  Kreis  verdanken,  aus 
luinlicin»  Auskunft.  Er  zeigt,  dass  ungefähr  derselbe  Stv^fl 
d.'ssen  Haupt brvstandtoile  Sand  und  Calciumkarbonat  ^ind 
/.um  HenialiMi  w'w  zum  Formen  benützt  worden  ist.  Di 
Zusanunensei/ung  steht  diM'  röjnischen  Mauervorkleidunj 
nns.Ti's  Laudo>  ^»Oir  nah«»:  tun  ganz  anderes  Rezept  al>e 
\  i  rriii  d«M'  kan»lingisoh«'\VandbeIagausder  Fraumünsterkrvpi 
\\\  Ziuirli  Knil«^  IX.  .laiirhumlert!.  Die  Wand- und  Decker 
'i.M-.l.':i  «l.M-  AralM'i"  l^estolion  nicht  aus  Stucco.  sondern  zieui 
Ulli  nM'.i'in  ^»>p^.  <>i^  dii'  Reliefs  von  Münster  in  Grar 
l'-.r.i'lt'n  \\\r\\v  d.Mn  mniischiMi  oiler  dem  mittelalterliche 
Ke-'i^jn«-   toi«;-.Mi    und    ol»    sie    Marmorstaub    (aus   den  nahe 


Die  Ausgrabungen  zu  Disentis.  499 

Brüchen^  enthalten,  vermag  ich  nicht  zu  sagen,  da 
ne  Fragmente  erwerben  Hessen, 
nd-  und  Deckenverkleidungen  aus  Stucco  waren  im 
en  Altertum  häufig;  im  Frühmittelalter  hat  man  in 
rkophage*)  aus  diesem  Stoff  hergestellt  In  Cividale 
rir  Figuren  und  Ornamente  im  Kirchen innem®)  und 
igny  architektonische  Glieder  aus  Stucco.  Im  X.  Jahr- 
sind in  St  Gallen  unter  Abt  Ymmo  Gewölbedeko- 
aus  Stucco  (der  Text  sagt  zwar  fornices  gypsi)  ge- 
vorden;  auch  aus  romanischer  Zeit  haben  sich  Fi- 
ie  Ornamente  aus  diesem  Stoff  erhalten*.)  Die  ausser- 
?}i  zahlreichen  und  mannigfaltigen  Reste  von  Disentis 
ms  ein  Bild  von  der  Innendekoration  einer  früh- 
erlichen  Klosterkirche  unseres  Landes.  Ob  es  sich 
der  im  Jahr  670  zerstörten  Gotteshäuser  oder  um 
erbaute  Peterskirche  handelt*),  ist  einstweilen  kaum 
*heiden.  Vielleicht  bringen  weitere  Inschriften  — 
inzfunde  nähern  Aufschluss. 

se  Zeilen  sollen  nicht  schliessen  ohne  ein  Wort  lierz- 
aukes  und  wärmster  Anerkennung  an  Abt  und  Kon- 
1  Disentis.  Der  hoch  würdigste  Herr  Prälat  hat  bei 
ang  und  Untersuchung  der  Trümmer  uns  alle  nur 
*  Förderung  angedeihen  lassen.  Durch  ausgraben, 
iphioren,  zeichnen,  malen,  untersuchen,  transportieren 
gewähren  der  Fundstücke  haben  sich  zahlreiche  Mit- 
los ehrw.  Benediktinerkonvents  in  aufopfernder  Weise 
'tan.  Ihnen  gebührt  daher  der  Dank  der  Wisseii- 
ir  die  Entdeckung. 


ifbcwabrt  im  ErJ-  und  KcUcrj»eschoss  des  Musöc  (arnavalct  in  Taiis, 
lg.  bei  Kraus,  Vig,  464. 

jl.  Bolletin  de  la  Society  des  Antiquaircs  de  France  H)07  und  Hei- 
lig. Zeitung,  München  1906,  Xo.  238,  wo  ein  vorläurij^er  Bericht 
Ksentiser  Grabungen  zu  Hnden  ist. 

n  ist  die  Meinuug  von  Zemp,  das  Kloster  St.  Johann  zu  Münster 
J— 20;  wir  halten  den  Bau  für  eine  iro-fränkische  (nündunjj  des 
loderU. 


^oo 


E.  A.  Stückclbcrg. 


Textabbildung  10:  Die  Sttfter  von  Disentis. 

S.  SiRisbert,  Abt   und  S.  Placid,  Märtyrer. 

(OelRcmälde  des  XVI.  Jh.  in  Truns.) 


Die  Ausgrabungen  zu  Disentis.  5^* 


Anhang. 

rot.-No.   A   22946/50  Basel»  den   U).  Dezember   U)0(>. 

liftboratoriam  des  Kantons-Chemlkers  Basel^Stadt. 

HeiTii  Prof.  Stückelberg, 

Basel. 

Am  23.  November  1907  haben  Sie  uns  B  Proben  von 
STandbelag  der  nachstehend  näher  bezeichneten  Herkunft 
.bergebeii,  nämlich: 

.  Disentis,  frühmittelalterlich,  a)  unbemalt,  b)  bemalt. 
!.  Aiig^t,  rotbemalt,  römisch. 
L  Zürich,  schwarzbemalt,  Fraumünsterkirche. 
L  Sevilla.   Stucco  des   13.  Jahrhunderts  aus  der  Alhambra. 
Diese  Materialien   sind  Ihrem  Ersuchen  gemäss  analy- 
liert   worden,  und  ich  beehre  mich,   Ihnen  hiemit  von  dtni 
>ei   dieser  Untersuchung  erhaltenen  Resultaten  Kenntnis  zu 
5eb*?n. 

Zur  Erläuterung  der  ermittelten  Zahlen  ist  folgerndes 
lözuführen: 

1.  Mit  Ausnahme  des  Stucco's  von  Sevilla  bestehen 
Iftnitliche  Proben  aus  Conglomeraten  von  mehr  oder  weniger 
grobem  Sand  mit  Kalk.  Da  eine  mechanische  Trennung 
Her  beiden  Bestandteile  nicht  möglich  war,  sind  die  Proben 
Ikr  die  Analyse  pulverisiert  worden  und  es  beziehen  sich 
hiio  die  Analysenzahlen  auf  das  so  erhaltene  Gemisch  von 
pand  nud   Bindemittel. 

I         2.  AJs  Sand  ist  diejenige  Substanz  bezeichnet  word*Mi, 
pelcbe  nach  dreimaligem  Abdam()fen  mit  Salzsäure  ungel(')st 
&b.   vermehrt  um  die  Menge  der  in  Lösung  gegangenen. 
durch  Ammoniak  fällbaren  Bestandteile  (Eisenoxyd  und 
>nerde). 

3.  Der  Gehalt   an  kohlensaurem    Kalk   wairde    aus    (U»r 
■hlendäare  berechnet,  wobei  sich  durch  Vergleichung  mit 
I  Kalkbestimmnngen  ergab,  dass  in  allen  Fällen  ein  Über- 
mm  von  Calciamoxyd  vorhanden  sein  muss. 


50>  K.  A.  Stückclberg. 

Die  nach  dieser  Methode  erhaltenen  Zahlen  sind  folgende: 
1.  Disentis. 

unbemalt       bemalt 
AVasser  "/o  :  6,27  5,27 

Sand  Vo  54,79  58,56 

Calciumcarbonat  7„  30,48  31,82 

Calciumoxyd  7„  3,35  3,91 

Der  Sand  dieser  beiden  Beläge  besteht  vorwiegend  m 
zertiümniertem  Silikat-Gestein  und  es  wird  demnach  die 
Summe  von  Calciumcarbonat  und  Calciumoxyd  in  diesem 
Falle  der  Menge  des  verwendeten  Bindemittels  annähernd 
entsprechen. 

Die  gelbe  Farbe  des  bemalten  Stückes  dürfte  aus  Ocker 
bestehen;  die  vorhandene  Menge  war  indessen  zu  gering? 
imi  einen  sichern  Schluss  zuzulassen. 

Wie  sich  aus  einer  Vergloichung  der  beiden  Zahlen- 
reihen ergibt,  sind  beide  Materialien  bezüglich  ihrer  Zn- 
sanimensetzung  von  ungefähr  gleicher  Beschaffenheit. 


•2.  Angst. 

AVasser  7.,                            : 

3.9G 

Sand  "/o                               : 

40,38 

Calciumcarbonat  "/,>           • 

53.41 

Calciumoxyd  "/"                 • 

1,37 

Dieses  Material  unterscheidet  sich  vom  Disentiserbelag 
ganz  wesentlich  dadurch,  dass  es  weniger  Sand  und  mehr 
(.Calciumcarbonat  enthält.  Es  muss  aber  dahin  gestellt  bleiben, 
ob  hier  wirklich  ein  anderes  Verhältnis  von  Sand  zu  Binde- 
mittel vorliegt,  oder  ob  neben  Silikat-Sand  auch  Karbonat- 
Sand  zur  Verwendung  g(»koniinen  ist. 

Dil»  rott;  Farbe  bosteht  aus  gebranntem  Eisenoxyd. 

3.  Zürich. 

Wasser  %  :  5,22 

Sand  %  :  11,04 

Caleiuiiicarbonat  ''/o  :  79,32 

Calciumoxyd  7,,  :  4,63 

Aus  den  vorstellenden  Zahlen  könnte  der  Schluss  ge- 
zom^n  wnnltMi.    dass    es    sich    hier   um  ©in  Material  handle. 


i  f|t      rv  n 


ruj4y,4'(i     f.n^    4-  'i>cin  J 


^a!t   an  Bindemittel    dem   Sandgehalt    gegonubi^ 
'"-■^dg  hoher  sei.     Das    ist   aber,    wie  kAw 
^  des  Htückns  erkennen   lässt,    durchaus 
Der  Belag  besteht  wie  die  anderen  Proben 
'  "    von   giT)ben   Sandkörnern   mit  ver- 

;_,       t '  lemitteL   Dor  Unterschied  gegenüber 
itifler-Wandbelag  beruht  aber  darin,  dass  hier  di 
r»r  vorwiegend  ans  zertnim inertem  Kalkstein  <Cal- 
^Dat),    b<nni  Disentiser-Bolag    dagegen   ans  Silikat- 
bestehen.     Bei  der  Behandlung  mit  Salznaure  gehr 
id    in  Lusurjg   und    wird    nachlier   als    Calciuni- 
imint     In    diesem    Falle    ist    also    din    Menge 
lenen  Calciumcarbonates   nicht   wie   beim    Diuen- 
Hiintlhernd    gleich    dum   <  fehall    an  Bindemittrel, 
ie    ist  viel  grösser   und    deiiiontsprechond    musste 
ilt  za  niedrig  Iiefunden  w^erden.    Eine  einwand- 
J6,  am  in  diesem  Falle  den  als  Bindemittel  vov- 
aihkmaauren  Kalk,  von  dem  als  Sand  vorhandenen 
t  es  nicht. 
/.e  Farlistoff  besteht  ans  Russ. 

4  Sevilla. 

AVrtsser  7o  • 

md  «Ai  : 

ftlcinuniulfat  ^/o 

Cölciumoxyd  % 

^sn  vorstehenden  Befund  ist  ersichtlich,  dass  hi» 

^h    reiner  t^x'pH^    d.  h.  eiu  ganz   amleres  Matt^rial, 

ilbrigeu  Proben,  vorliegt.    Von  dem  vorhandenen 

lfl,3GV,  in  Form  von  CaSOi  4^  2H2O  (Gyps) 

währoud  der  Rest  von  3.8B7„  als  Feuchtigkeit 

Der  Kantona-Chemiker: 


23.18 

l,sl 
73  ja 


Basler  Zeitschrift 

für 

schichte  und  Altertumskunde. 


Herausgegeben 
von  der 

orischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 
zu  Basel. 


Siebenter  Band. 


Basel  1908. 

Ansliefening  fttr  die  Schweiz: 
litoriKlie  und  antiqnarische  Gesellschaft,  Staatsarchiv,  Basel. 

Koaunlssloosverlag  und  Auslieferung  fttr  das  Ausland : 
Carl  Beck  in  Leipzig. 


Basler  Zeitschrift 

für 

Geschichte  und  Altertumskunde. 


Herausgegeben 
von  der 

Historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 
zu  Basel. 


Siebenter  Band. 


Basel  1908. 

Auslieferung  für  die  Sciiweiz: 
Historische  und  antiquarische  Gesellschaft,  Staatsarchiv,  Basel. 

Kommissionsverlag  und  Auslieferung  für  das  Ausland : 
Buchhandlung  Carl  Beck  in  Leipzig. 


i 


Basler  Zeitschrift 


füi 


ichichle  und  Altertumskunde. 


:hen   und  antiquarischen  Qesellschaft 
zu  Basel. 


Vll     R-ini?        1      n-   ff 


<iie  !Jcttwci;E 


36  / 

.3  3Z 
K   7 

/Ko.  / 

William  VVickhann 
scher  Gesandter  in  der  Schweiz  (1794—97  und  1799)» 
in  seinen  Beziehungen  zn  Basel. 

Charles  T).  Boiircart. 


\\\M  ci>rtc>pürtücnce  of  itic  Kj^m  Monourijljlc  Wiinani 

frf^m  the  %dr  1794,  edlled,  with  nntes.  by  liis  grandson 

Twi>     volumes.      London       Richard 

iblk  Record  OUice,  Foreign  Olficc  papcrs:    SwiUcrUnd. 

'  fs.    -    N.  B.    Bei  den  Citatloncn  folgt  auf  die 

'  K  eine  Nummer  und  da/,u  in  (  )  die  Buchslübcn 

r  h.  Um  die  jcweiltfn  angiebt»  ob  die  Ntimmerfcrung  die 

^' »iWJlrtigen  Amtes.  Foreign  Office  (F,  O).  oder  diejenige 

Slaarsarchiv5.  Record  Office  (R.  Oj,  ist.    Die  einen 

1    die  eine,  *''  i  die    andere    Nun»!  ^ 

f  P.  R.  O.  tu  n  Quellen  sind  uuf 

•j  Akten  des  en^lJHiieu  Staatsarchivs,  deren  Kopien 

Miichiv  in  Bern  befinden. 

\.  Ssiyouf!    Mdmrilres  et  correspondance  de   Miillet- 
f      I85L 
,^M. .      .:,v,....*a^.  --  .  jiiche-BorcL  Gcnevc  J   Barbezat  ä  Cic.  IB29. 
-^  Prl^f  Oüh«.    Getchtcbie  der  Stadt  und  Landscliaft  Basel 

»y  —  Papiers  de  Barthclemy,  Ambassadeur  de  France 
o?    rutM|<^5  pc»ur  ia  commisslon  des  Archivcs  p,ir 


t*v.4,.     i.M/,     ,14     i^iitigt^n  Be- 
llest   am    lä  Ausist    17S»2,    für 
An  der  Neauniitiic  etitfichloaiien  hatte  tuid  wenn 
'•     '  '     *   ^  :  auf     Uirtm 

♦3rzicht<>U^iij 
xentmle  Lage   der   Eidgenosseiiscluift  und 

md  AÄefüiiiu    vn.  !  l 


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Z-;   T^:,    '.-r.:-    -iv.ir.-:.. 


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•i;—  -i'-:.  ).'»:. '••.'■•.■.■•;■.  ••;.  K:-:::'-:.:-:.  i!: -i-r  S<:Lt%--:z  "Wrrii^^wM 
:.:  :  .   :.:«!.■.    ^i--  -ifj-   Li:.!    -l»-:»    Mar!ie:i-«.hu-.::-ii    -irr   Fran- 

< 'i'i.-.  i'l"  l'J!'-  >t.«.iT'.-.kr';:ä'.'  tür  auswärtige  Anseiesen- 
h'ii'-f«.  '■;r!":.  '••i"?-;^!-' ii-ii  :in«l  ;Z'*wiin«lt»^u  Mann,  mit  ans^ 
^r..,j,.j, ,,,..,,  \\,:ii:.:ji  !,•»■!;  ii;..,l  n-iclien  «Teldmirtelii  versahen, 
ifi  'li"  >';.•.',-.■!/.  z'i  -ri'l«'!!.  niM  <lio>»*lbe  zum  Mittt^lpiuikw 
•  ■iii»r  w.i'.'.  !•  li'-uLij.  w.iiü  anch  nicht  immer  einwandfreien 
T.ji  ii!l;"Ii    z  ;    iii;>i"Iifii.  1 

|)i"  'lif.-k!"   \*'r;iii';j^siiiifr  zn  AVickhams  Mission  in  Ji« 

S'lr'v\  »'iz    W;ir    t'tlLCi'M'l»*  : 

\)i'V    ( 'Im'v  jiii»-!'    'I'ln''nlin^-    «1»'    Lametli.    ein    bekannter 
f\'»ii-titiiti<i!i;(ii^i  uml  zwi  >«-iiMT  |)c)liti.«^chen  Freunde,  Dum«* 
uihI   Hp'mi'iimI    li:itt«'Ji    »-iih'ii    PIsin   zum  Sturae  der  repubÖ* 
k;iiii>.(li«Mi  ri'M;^iiTiiii<^  iiiiil  zur  AVi»Mlereinsetzung  der  Monarch*^ 
;ju-i^»'il;n}it.   w»'l«liiT  jiiit"  »'iin-r  A  u.s  söhnung  der  verschiedeo®^ 
nionsrrfliistisclii-h    P;irt«'i»-ii    im   In-  und  Auslande  unter  i^ 
<  Ijiriiiiti«»    lunl    mit    (l»r  riitorstützung  der  allierten  Mäcto-"^ 


William  Wickhani,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz:  etc.  ,3 

loruhte.  .Krieg  der  Anarchie,  Achtung  vor  Religion  und 
Jesitz.  erbliche  Monarchie  mit  nationaler  Vortretung*'  sollten 
,ie  auf  cl«n  Fahnen  des  Aufnihrs  sowohl  als  der  Invasion 
;Mchriel)«Mion  Worte  sein.^i  Die  Urheber  des  Projektes 
lassen  durchblicken,  dass  sie  wertvolle  Beziehungen  zur 
ogenannten  -gemässigten*  Partei  sowie  zu  andern  Unzu- 
ie<lenen  im  Konvent  hätten  ixnd  ihr  Plan  schien  über- 
aupt.  nach  der  damaligen  Konstellation,  nicht  ohne  Aussicht 
nf  Erfolg  zu  sein. 

Lainetli  und  seine  Freunde  residierten,  wie  damals  so 
ieln  Kmigranten,  in  der  Schweiz:  sie  traten  mit  Mallt^t- 
>n  Pan,  <lom  bekannten  Genfer  Jrmrnalisten.  Scliriftst(dler 
od  Vt.'rteii liger  des  französischen  Königtums,  sowie  mit 
!ouiiier.  früherem  Präsidenten  der  konstituierenden  Ver- 
immlung,  welche  beide  in  Bern  sich  aufhielten,  in  Vt^r- 
indung  und  vermochten  diese  beiden  hochangeseheiien 
iänner  für  ihre  Pläne  zu  gewinnen.  Mallet  und  llounier 
^rfassten  eine  Eingabe  an  die  britische  Regierung,  deren 
uterstütznng  in  erster  Linie  erforderlich  scliien.  um  einer- 
its  die  Mitwirkung  derallierten  Mächte  zu  gewinnen  und 
»n  widcher  an<lrerseits  allein  die  unumgänglich  notwtMuligen 
OS>»*n  <Teld-Beiträge  zu  erhoffen  waren. 

Mallet-Du  Pan  übergab  s»Mn  Meint>riniduni  dnn  eng- 
icheii  (4«*siindtt»n  in  Bern.  Lt)rd  Robert  Fitzgernld")  und 
uinier  verfasste  für  letzteren  td)enftills  eine  Kingube  und 
raentlicli  einen  s»»hr  interessanten  Bericht  über  die 
litische  Lage  in  der  Schweiz,  die  t'r  zu  diesem  Zweekf 
^I>**n   lM*reist  liatte. 

So  i*iitscliloss  sich  nun  die  tMiglische  Uei^J'^ning  ant 
•  Vorschläge  Mallet-Ou  Pinfs  einzugelnMi.-"  wimui  sich 
"ausstellen  s«dlte,  dass  der  Plan  seiner  Hint«'iinänni*r  »'in»» 
'klii'h  ernsthafte  Gnindlage  besitze.  Lord  l\Ml>«'ir  Kitz- 
•ald  scliien  inde.ssen  nicht  der  richti«::"  Mmuti  zu  --••in.  um 
g^  L"nt»*rhandlungen  zu  pflegen,  wozu  noch  kuni.  diis^* 
n  offen l)ar  damals  das  S|ni'l    noch  für  zu  i:::»'tähili<'h  nn-l 

>•   Mallet-Du    Pan  Rd.  1  p.  04  t\. 

».   Lord    Robert    Stephen    Fitzgcrahl.   ^terSohn  <l«^s    1  t'-n  Hrt/Mj^,  M>ri 
Mrr. 
>)   Mallet-Dii   Pan   Bd.  IE  cap.  IV  p.  <ii    tV. 


4  Charles   D.  Bourcart. 

Tingewiss  hielt,  um  den  offiziellen  Vertreter  bei  eineni  neu- 
tralen Staate  damit  zu  beauftragen.  Lord  Grenville*)  brauchte 
einen  gewandteren  Mann,  der  mit  der  Geschichte  des 
revolutionären  Frankreich,  mit  den  Parteiverhältnissen  und 
den  Persönlichkeiten  genau  vertraut  sich  auch  in  der  Schweiz 
und'  deren  kompliziertem  politischen  System  zurecht  finden 
Avürde.  Einen  solchen  Mann  hatte  Grenville  zur  Hand  in 
der  Person  seines  Studienfreundes  William  Wickham. 

Seit  den  Zeiten  König  Heinrichs  Vni.  hatten  sich  die 
meisten  Mitglieder  der  angesehenen  Familie  der  Wickhams-) 
dem  Kirchendienste  gewidmet;  Chorherren.  Bischöfe,  Hof- 
kapläne  finden  wir  auf  deren  Stammbaum  verzeichnet,  und 
auch  Henry  Wickham,  der  Vater  unseres  Diplomaten,  hätte 
dem  elterlichen  Wunsche  gemäss  den  gleichen  Beruf  ergreif eu 
sollen.  Indessen,  er  fühlte  nicht  die  geringstem  Neigung 
dazu,  sondern  im  Gegenteil  eine  unüberwindliche  Abscheu 
gegen  die  griechische  und  die  lateinische  Spniche  und  eine, 
wie  es  scheint,  ebenso  unüberwindliche  Anziehung  zum 
Soldatenleben.  Sclion  mit  15  Jahren  brannte  er  durch  und 
Hess  sich  in  ein  Infanterieregiment  als  Gemeiner  anwerben. 
Natürlich  konnte  ihn  sein  Vater,  Kaplan  der  Prinzessin 
von  Walc^s  und  Inhalier  anderer  hoher  Aemter  und  Pfründen 
ohne  Schwierigkeit  auslösen  und  dem  jungen  Mann  wnirde 
zunäclist  insofern  willfahrt,  dass  er  statt  Griechisch  und 
[jatein,  Deutsch  und  Französisch  lernen  durfte.  Zu  diesem 
Behufe  kam  er  zunächst  auf  ein  Jahr  nach  Leipzig  und 
dann  nach  Neuenbürg,  wo  er  der  Pflege  des  Pfarrers  Lardy 
anvertraut  wurde.  Allein  die  Aufsicht  dieees  Geistlichen 
scheint  keine  allzustrenge  gewesen  zu  sein,  denn  Henn^ 
Wickham  fand  dort  (Telegenheit,  sich  in  Gesellschaft  zweier 
Berner  Offiziere  dav(m  zu  machen  und  sich  boi  deren  Re- 
giment in  savoyische  Dienste  anwerben  zu  laissen.  Dort 
diente  er  zwei  Jahre  lang  als  Soldat.  Als  er  eines  Tages 
an  den  Toren  von  Alessandria  Schildwache  stand,,  wurde  er 
aber  von  zwei  englisclien  Eilelleuten  erkannt,  die  ihn  be- 
wegen  konnten,    sich    mit  seinem  Vater  auszusöhnen.     Der 

*)   William      Wyndham     Grenville,    als    Lord    Grenville     Minister     des 
Acusscrn    I7<ji  —  iSoi. 

*)  Corrcspondcnce    Bd.  I  p,    i    fl".  und  „Pedigree". 


William  Wickbam,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  5 

enge  Herr  Hess  sich  denn  auch  endlich  erweichen  und 
e  dem  Sohn  ein  Leutnantspatont  beim  1.  Garde-Regiment 
ass.  Henry  Wickham  avancierte  mit  der  Zeit  zum 
;e  eines  Oberstleutnants  und  zog  sich  später  auf  sein 
gut  Cottingley  in  Yorkshire  zurück,  wo  er.  wie  jeder 
sehe  (irossgnmdbesitzer.  der  etwas  auf  sich  hält,  auch 
ensrichter  wurde.  —  Wir  erwähnen  diese  Einzelheiten, 
u  zeigen,  wie  schon  die  Tradition  in  "Wickhams  Familie 
ie  Schweiz  deutete. 

iVilliam  Wickham*).  der  uns  hier  beschäftigen  soll, 
lun  der  Sohn  dieses  Obersten  Henry  Wickham  und  der 
>eth  Lamplugh,  einer  Erbin,  die  das  Landgut  Cottingley 
»  Familie  brachte.  Er  wurde  geboren  im  Oktober  1761. 
Cnabe  kam  er  in  die  berühmte  Schule  von  Harrow 
;tndierte  später  in  Oxford,  wo  er  Schüler  von  Christ 
rh  College  ward.  Unter  seinen  Studiengenossen  und 
idon  ist  besonders  William  Wyndham  Grenvillo  zu 
ineii,  der  später  als  Lord  GnMiville  und  Staatssekretär 
iswärtige  Angelegenheiten  einen  so  ausschlaggebenden 
ISS  auf  Wickhams  Lebenslauf  ausübte. 
Jekanntlich  war  es  in  jener  Zeit  für  jun^^e  Engländer 
en  Standes  schon  allgemein  üblich,  dass  sie  sich  zur 
adung  ihrer  Erziehung  auf  den  Kontinent  b«>gaben  und 
?ll  Genf  war  ein  von  diesen  jungen  Ijcuten  besonders 
zugt**s  intellektuelles  Zentrum.  So  kam  auch  Wickham. 
I  er  im  Jahre  1782  auf  der  Universität  den  (rrad  oin(»s 
alaurens  artium"  erworben,  nach  dor  Rhoru^stadt,  wo 
amentlich  bei  Professor  AniodiM»  Perdriau.  Zivilrocht 
Es  kehrte  dann  später  nach  England  zurück,  i)roni()- 
>  im  Jahre  1786  als  ^Magister  artium^  und  wurde  im 
len  Jahre  in  den  Advokatonstand  aufgouonunen.  Allein 
>g  ihn  bald  wieder  nach  (4enf  zurück:  denn  soinon 
Jen  Aufenthalt  hatte  er,  neben  dein  juristischen  Studium. 
benatzt.  um  sich  in  eine  junge  ProfessoreutoclittM-  zu 
»ben.  EWonore  Madeleine  Bertrand. -i  mit  dor  or  dann 
l(X  August  1788   in    der    Kathedrale    zu    (reuf   ir.^traut 

1  CorrcspoodcDce   Bd.  I   p.   i   tV.    —    l\ipicrs  de  B.irihclcmy  HJ.   IV 
I. 
^  Geb.  1763  g^t.  1830. 


6  Charles   D.  Bourcart. 

wurde.  Diese  Eleonore  Bertraud.  Tochter  des  Mathemat 
Professors  Louis  Bertrand  und  der  Isabelle  Sarah  Mal 
soll  eine  ausgezeichnete  Frau  gewesen  sein;  ihr  Grosso 
schreibt  von  ihr^):  «Mit  einem  guten  Verstand  und  v 
persönlicher  Schönheit  verband  sie  so  viel  Liebenswürdj 
keit  und  Anmut  und  solchen  Reiz  in  ihrem  Auftreten,  di 
sie,  obschon  Ausländerin,  die  Liebe  der  Familie  und  d 
Freunde  ihres  Mannes  bald  gewann;  kurz,  jeder  der  j 
kannte,  liebte  und  achtete  sie-.  —  Wir  wissen  auch,  da 
Frau  Wickham  ihren  (iemahl  auf  all  seinen  Irrfahrten  b 
gleitete  und  namentlich  die  zweite  Schlacht  von  Zürich  i 
Kampfgewühl  miterlebte.  Die  Ehe,  der  ein  einziger  So! 
entspross,  war  eine  besonders  glückliche  und  dauerte  vol 
48  Jahre. 

Es  sei  übrigens  beiläufig  bemerkt,  dass  trotz  diese 
Familienbanden  Wickham  kein  allzugnädiges  Urteil  üb( 
den  Genfer  Charakter  fällt ;  so  schreibt  er  z.  B.  am  25.  Juni  179 
an  Trevor,  den  englischen  Gesandten  in  Turin:  -,  .  .  .  Wen 
man  Genfer  irgendwo  verwendet,  so  haben  sie  immer  eigen 
Absichten  und  Anhänglichkeiten,  welchen  alles  andere  a 
sekundär  weichen  muss.  .  .  .^.*i 

Im  Jahre  ll^H)  erhielt  AVilliam  Wickham  seine  erst 
staatliche  Anstellung  als  Falliments-Kommissär  und  b( 
kleidete  dieses  Amt  während  vier  Jahren;  allein  schon  ii 
August  1793  \\nirde  er  nel)eaibei  von  seinem  Freunde  Lor 
Grenville  zur  Fühning  einer  geheimen  auswärtigen  Korn 
spondenz  veranlasst,  die  so  konfidentiell  gehalten  wurd' 
dass  sie  keint^rloi  Spuren  hinterlassen  durfte  und  unt< 
Umgehung  der  Beamten  des  Auswärtigen  Amtes  betriebe 
wurde.  Zum  Zwecke  der  Erweiterung  seiner  auswärtige 
Korrespondenzen  und  Beziehungen  wurde  Wickham  ziu 
Oberaui'selier  der  Ausländer  im  Jahre  179-4  ernannt,  ui 
dann  im  ()ktob(T  des  gleichen  Jahres,  entschieden  wob 
vorl)er<Mt«^t  und  geeignet  in  geheimer  ilission  in  die  Schwei 
gescliickt  zu  werden.  Diese  Sendung  wurde  übrigens  Aufaiif 
imch  so  geheim  ^elialten,  dass  Wickham  nie  auf  dem  Au 
wärtigen  Amte  ersctliien    und    dass  seine  Instruktionen  vc 

*)  <  orrespondeiice  Bd.  I  p.   4. 
'■^)   C()rrc^p()IU^c^ce  Bd.   I.  p.    112. 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  7 

Drd  Grenville  eigenhändig  aufgesetzt  wairden.  Im  Foreign 
ffice  erfuhr  man  erst  mehrere  Monate  später  durcli  einen 
iifall  von  dieser  Gesandtschaft. 

Wir  müssen  nun  hier,  wo  wir  zum  eigentlichen  Thema 
ieser  kurzen  Studie  kommen,    gleich  vorausschicken,    dass 
9  nicht  in  unserer  Absicht  liegen  kann,   ein   vollständiges 
iild  von  Wickhams  Tätigkeit  zu  geben.     Mit  einem  Spezial- 
mftrag  beginnend,  entwickelte  sich  seine  Gesandtschaft  bald 
zu  einer   Mission   allerersten  Ranges,    bei  welcher  die  Be- 
ziehungen Englands    zur   Schweiz  nur  eine  untergeordnete 
Rolle    spielten.     Wickham   wurde    das   Haupt   der    ganzen 
von  England  auf  dem  Kontinente  organisierten  antirevolu- 
tionären Bewegung;    in    seine    Hände    liefen  die  Fäden  zu- 
sammen,   welche    die    gemeinsame    Aktion    der   Mächte    zu 
Land  und  zur  See  mit  den  Unternehmungen  der  Emigranten 
und  den  royalistischen  Verschwörungen  und  Aufständen  im 
Imiern  Frankreichs  zu  einheitlicher  AVirkung  bringen  sollten 
nnd  dementsprechend  flössen  ungeheure  Geldsummen  durch 
seine  Finger.     Nebenbei    diente   ihm    die    Schweiz   als    ein 
Beobachtungsposteu    ersten    Eanges,    um    seiner  Regierung 
luitzliolie  Informationen  über  anscheinend  sehr  fernliegende 
Untemphrnungen  des  Feindes    zu  verschaffen.     Später,    zur 
Zeit  der  '2.  Koalition,  wurde  Wickham  die  eigentliche  Seele 
<les  Krieges  gegen  die  Franzos«Mi  in  der  Schweiz  und  wirkte, 
auch  nach    dem    Verlust    dieses    Landes,    unermüdlich    am 
^Viderstande  gf'gen  die  Armeen  der  Republik. 

Diesp.  wir  möchten  sagen,  grosse  Seite  von  Wickhams 
Tätigkeit,  ist  ziemlich  bekannt;  sie  eing^^hend  zu  beschreiben, 
l'iesse  eine  Geschichte  der  französischen  Revolution  und 
ihrer  Kriege  unternehmen:  wir  werden  uns  daher  damit 
"^^gnügen  müssen,  sie  nur  in  ganz  grossen  Zügen  zu  skizzieren. 
••^'fern  sie  zum  Verständnis  der  mehr  die  Schweiz  als  solche 
^ind  im  besonderen  Basel  betreffenden  Tätigkeit  notwendig  ist. 
Unsere  Hauptquelle  ist  nun  Wickhams  offizielle  Korre- 
spondenz; sie  ist  von  seinem  Grossolme  William  Wickham 
*^ii  Jahre   1870  zu  einem  guten  Teile  publiziert  \)    und    mit 

'l  The  Correspondence  of  the  Right  Honoiirable  William  Wickham 
from  ihe  year  1794  cdited  by  his  grandson  William  Wickham  M.  A,  —  2  vol. 
London.     Richard  Bentley   1870. 


?  Charles    D.  Bourcart. 

einigen  einleitenden  und  erläuternden  Notizen  versehen 
worden,  denen  wir  namentlich  die  biographischen  Einzel- 
h-^fiten  entnehmen  konnten.  Dieses  Werk  scheint  übrigens 
lange  Zeit  in  der  Schweiz  unbekannt  oder  wenigstens 
unberücksichtigt  geblieben  zu  sein;  erst  in  neuerer  Zeit,  so 
von  Prof.  Oechsli  in  seiner  Geschichte  der  Schweiz  im 
19.  Jahrhundert,  ist  es  dann  mehr  benutzt  worden.  In- 
dessen, wie  es  von  seinem  Standpunkte  aus  auch  ganz 
begreiflich  war,  hat  der  Grossohn  hauptsächlich  nur  die- 
jenigen Korrespondenzen  publiziert,  die  sich  auf  die  ^grosse 
Geschichte^  beziehen,  während  solche,  die  nur  lokales  Interesse 
boten,  ausgelassen  wurden.  • 

Wie  anderswo  sind  nun  auch  im  englischen  Staats- 
archive die  Gesandtschaftsberichto  aus  der  Schweiz  zu  Händen 
unsen»s  Bundesarchives  seit  einer  Reihe  von  Jahren  ab- 
geschrieben worden  und  darunter  auch  Wickliams  voll- 
ständig^^  Korrespondenz.  In  beinahe  dreissig  Manuskript- 
bändeii  liegt  sie  im  eidgenössischen  Staatsarchiv.  Bei  deren 
l^iirchsicht  haben  wir  getraclitet,  dasjenige,  was  sich  be- 
sonders auf  Basel  bezieht,  festzuhalten;  es  sei  aber  beiläufig 
benu*rkt.  dass  sich  unter  di<^sen  Akten  auch  interessante 
MittHiluiig«'!!  über  die  politischen  Ereignisse  in  G»^nf.  Zürich. 
(\*'in  Wallis,  (h*m  Veltlin.  der  Abtei  St.  Gallon  u.  a.  O. 
linden,    die  aber  hier  nicht  berücksichtigt  werden  kimnreii. 

Vm  das  Verhältnis  der  publizierten  Berichte  und  Bei- 
l;iC^'-n  zu  dem  noch  unbenutzten  ^Material  klarzulegen,  mujx 
«rwähnt  wt»rden.  dass  z.  ß.  für  den  Zeitraum  vom  1.  Januar 
r/i-i  zum  ;]i).  Juni  ili^T)  im  publizierten  Werke  11  Berichte 
W'irkliams  abgedruckt  sind,  während  sich  im  Manuskripte 
«i*'j«-n  i)'2  für  den  g]«Mrhen  Zeitraum  befinden:  noch  zahl- 
.'•ir-|ii;r  sind  die  Bt'ilageu.  v«»n  denen  bis  zu  35  einem  ein- 
z  Ue-rj  B«*richt<*  beigegt^ben  sind,  (nmz  besonders  wertvolles 
'.l;it<-rial  wäre  tür  diejenigen  zu  finden,  die  sich  mit  den 
:  .'  'i/"«-volutionän»n  Umtrieb^Mi  im  Inn«M*n  Frankreichs  abgeben 
.•.•...\t'ii:  fast  täglich  laufen  Berichte  der  englischen  Geheim- 
:,'j='::'*'U   ♦•in. 

W'irkham  hat  Korrespondenten  in  Basel,  Bern.  Lausanne. 
^  #•.',:.  Ziirieli.  Luzern.  in  der  Franche-Comte.  Lyon  und 
r;;;g.-l;]uig,   in  d«*r  Bretagne   und  der  Vendee.   in  Savoyen, 


^^^p       William  W}ckh;im,  brttisctier  Gesandter  tu  der  Schweii  etc.  Q 

In  Pariö,  Versailles.  Sti-assbnrg,  Tonlon  und  San  Remo;  dazu 
fcoDiTnen  die  iimheiTeiseüden  Agenten  und  diejenigen  bei 
pond^'s  Eraigrantenarmee:  ondHch  korrespondiert  er  auch 
fcielfacli  mit  den  britisclien  (^sandtsehaften  in  Wien,  Berlin^ 
purin.  Venedig.  Genua.  Konstantinopel  und  dfti  englischen 
Ifldmirälen  im  Mitteluieer.  Wickhanis  Beziehungen  waren 
pomit  recht  weitverzweigte:  er  reiste  aber  auch  selbst  viel; 
Bo  finden  wir  ihn  z.  B.  Anfangs  Juli  1795  in  Lausanne, 
mm  16.  in  Basel,  am  2U.  in  Mülheim,  am  IB.  August  wieder 
Rn  Lausanne,  am  *>.  Septeniljer  in  Mülheim,  am  Ib.  in  Ltin- 
kanno,  arn  IL  Oktober  in  Mülheim,  am  2.  November  in 
KjEUsanne  u.  s.  f. 

I  Wir  haben  oben  schon  erwälmt,  wie  Wiekharas  Reise 
En  die  Schweiz  durcb  die  ErÖti'nungen  einiger  Führer  der 
Ptonstitutionellen  Partei  veranlasst  wurde.  Er  kam  im 
iDktober  1794  nach  Bern^  wo  er  mit  Mallet-Du  Pan,  Mounier, 
pheodore  de  La m etil  und  Dumas  zusammentraf.  Docb  schon 
marh  der  ersten  UnteiTedung  zeigte  sieh,  dass  die  von 
Laineth  und  Dumas  mit  so  viel  Wichtigtuerei  entworfenen 
piäue  nur  Trugbilder  waren,  zu  deren  Ausführung  ihnen 
Imch  alle  Mittel  fehlten:  sie  warcm  nicht  einmal  im  Stande, 
Bicb  über  irgendweiche  Beziehungen  zu  massgebenden  Per- 
Bunltchkeiten  in  Paris  auszuweisen  und  es  war  bald  offenbar^ 
Bass  sie  die  ganze  Intrigue  nur  dazu  benutzen  wollten,  um 
Hie  Freilas;sung  des  Alexandre  de  Lameth  (Bn^derTheodore^s) 
Bud  des  Generals  Lafayotte  zu  erwirken,  die  sich  hAde  in 
österreichischer  Gefangenschaft  befanden.  Eine  zweite  Zu- 
■ammenknnft  hatte  keinen  Ijesseren  Erfolg  und  man  ging 
Beiderseitig  wenig  erbaut  auseinander.  Wickbam  war 
Bacnrlich  über  die  Art.  wie  er  nach  seiner  damaligen  Auf- 
Bi8snng  für  nichts  und  wieder  nichts  auf  den  Kontinent 
Besprengt  worden,  aufgel>racht  und  seit  ilif'.sem  Abenteuer 
Bi'ollte  er  noch  lange  Jahre  den  Konstitutionellen,  zu  denen 
Kr  übrigens  nie  gronses  Zutrauen  gehabt  hatte:  Theodore 
Be  Lameth  und  er  blieben  auf  immer  verfeindet  und  schadeten 
■ich  auch  in  der  Zukunft  gegenseitig,  wo  sie  nur  konnten. 
Eregen  MaUet*Du  Pan  und  Mounier  —  obschon  diese  beide 
Eerren  selbst  von  den  «ndern  getäuscht  worden  waren  — 
Behielt    Wickbam    noch    lange    Zeit   auch    einen    gewissen 


12  Charles   D.  Bourcart. 

merken  ist,  dass  Wickham  im   ganzen    zu  schärferem  Vor- 
gehen   geneigt    gewesen    wäre,    als    es    in    den    Absichten 
seiner    Regierung    lag;    denn    bei    verschiedenen    Anlässen 
erinnert   Lord   Grenville   seinen    Gesandten  daran,    dass  es 
des  Königs  Wunsch  sei,  die  Gefühle  und  die  Empfindlich- 
keit  der   Schweizer  zu  schonen.*)     Ein  Hauptaktionsmittel 
der  Koalition  gegen  die   Schweiz   war  bekanntlich   damals 
die  Getroidesperre;   geschickt  suchte   Wickham  dadurch  in 
der  Schweiz  sich   und   seinem   Lande   Freunde  zu  machen, 
dass   er  sich   für  Aufhebung   derselben    verwendete.*)     Ein 
weiteres  „  Schweizerisches ~  Geschäft  war  die  Ueberwachung 
und  Begünstigung   der  Anwerbung  von  Söldnertruppen  in 
der  Schweiz,  zunächst  des  Regiments  von  RolL     Auch  hier 
musste    sich    Wickham    sehr   vorsichtig   zeigen;    denn    der 
englische  Dienst    war   kein    kapitulierter   imd    das  AVerben 
für  solchen  Dienst  war  ja  auf  das  allerstrengste  verboten; 
Wickham  durfte    also   offiziell  nichts  damit  zu  tun  haben') 
und   die   Sammelplätze  und    Depots    durften  sich    nicht   in 
der  Schweiz  befinden;  sie  lagen  in  Waldshut  und  Villingen. 
Wir  wissen,  dass  diese  englischen  Werbungen  eine  immer 
wiederkehrende  Klage  der  französischen  Gesandtschaft  waren 
und  dass  Wickham   von    ihr   direkt   bezichtigt  wurde,    sich 
dadurch    eines    Neutrtilitätsbruches     schuldig    gemacht     zu 
haben.     Unbegründet  waren  diese  Klagen  keineswegs,  wenn 
auch     Wickham    sich    der    grösston    A'orsicht    befliss.      Das 
Regiment  von  Roll  kam  allerdings  zu  Stande  und  im  Herbste 
des  .Jahres  1795  konnte  es  in  einer  Stärke  von  za.  1250 Mann 
von  Villingen  nach  Gibraltar  dirigiert  werden.     Auch  später 
kamen  noch  Unterhandlungen  für  andre  Truppenwerbungen 
vor;     so     namentlich     im     Fri'dijahr    1796     für    Anwerbung 


1)  Z.  B.  P.  R.  O.  Xo.  68  (R.  ().)  Lord  (irenville  to  Wickham  Xo.  2 
Fchr.    ^th    17. jo. 

-I  P.  R.  < ).  Xo.  77  Wickham  to  Lonl  Grenville  Mülheim  12  Oct.  17^)^ 
/ei^t,  wie  nuui  sich  auch  sonst  gegen  die  Sperre  durch  Bestechungen  zu 
lu.'lfcn   wu-slc. 

^1  Kidg.  Ab>chiede  Vlll  p.  105  und  228.  —  Correspondence  Bd.  I 
p.  <>.i  tV.  13«).  205  P.  R.  (.).  Xo.  4  (F.  O.)  encl.  in  No.  3:  —  ibid.  No.  5 
und  Xo.   7   «F.  (.).),  Xo.  8   und  Xo.   i  i   (F.  O.)  passim. 


William  Wick4iam,  brilischcr  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  l.> 

^  Regimentes  Wattenwyl  (Erlach)  für  den  englischen 
»louialdienst.  ^) 

Aber  für  England  von  viel  grösserer  Wichtigkeit  als 
se  mehr  rein  schweizerischen  Angelegenheiten  waren 
!  andern  Aufgaben,  die  dem  englischen  Minister  in  Bern 
ertragen  wurden.  —  Selbstverständlich  war  es,  dass  er 
t  den  Gesandten  der  andern  allierten  Mächte  gute  Be- 
hungen  unterhalten  sollte  und  ebenfalls,  dass  er  mit  dem 
rtreter  des  Kaisers,  der  ja  schon  damals  den  Geldbeutel 
•  Engländer  in  bedeutendem  Masse  in  Anspruch  nahm, 
nähere  Fühlung  treten  sollte:  aber  er  hatte  auch  über 
i  Treiben  dieser  Herren  und  ihre  Beziehungen  zum 
nzösischen  Ambassador  Barthelemy  ein  ganz  besonders 
chsaines  Auge  zu  halten,  stand  man  doch  am  Vorabend 
<  Friedens  zu  Basel,  der  für  die  Koalition  ein  so  schwerer 
lilag  sein  sollte. 

Im  ferneren  wurde  Wickham  besonders  ans  Herz  gelegt. 
'  f»in«m  tüchtigen  Informationsdienst  besorgt  zu  sein;  denn 
rd  (rrenville  klagte,  man  erfahre  beinahe  nichts  aus  dem 
(lern  Frankreichs  und  ausser  dem  offiziellen  «Moniteur" 
lalte  man  nicht  einmal  Zeitungen:'')  an  Geld  sollte  auch 
'  diesen  Zweck  nicht  gespart  werden. 

Doch  die  Hauptaufgabe,  die  Wickham  zufiel,  war  noch 
rhtigerer  und  auch  kompIizitMterer  Natur.  Es  handelte 
h  um  nichts  weniger  als  um  die  Ausführung  eines  aus- 
dehnten Planes,  (hn-  zur  re])erwältigung  Frankreichs,  zum 
iirze  der  revolutionären  Re<jjiening  und  zur  Wiederauf- 
htung  des  Königtums  führen  sollte. '"^i  Im  Einverständnis 
t  dem  Wiener  Hofe  sollte  zunächst  das  von  letzterem 
r  vernachliL^sigte  Emigrantenkorps  des  Prinzen  von  Conde 
englischtMi  Sold  ülu^rgehen  und  zu  euwr  })isher  nicht 
reichten  Höhe  und  ychhigfertigkeit  gebracht  werden: 
ickham  hatte  hit»rfür  zu  sorgen  mit  Hilfe  eines  im  Haupt- 

»)  Corrcspondenco  R<i.  I  p.  314.  —  V.  R.  (.).  No.  h«)  (R.  Oj  Wickham 
I-ord  Grcnville  Xo.  40;  Xo.  70  {R.  O.i  Socrctary  of  State  tn  Wickham 
.11;  Xo.  70  (R.  ().)  Wickham  to  Lord  (ircnville  Xo.  44.  Xo.  lo  private; 
.    17   (F.  ().)  Dundas  to  Lord  (irenvillc    13   May   I7<M>. 

'}  CorrcspondcDce  Bd.  1  p.   17,  22. 

')  Corresp.  Bd.  I  p.  25  ff. 


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William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  I  5 

andre  Faktor  möchte  versagen;  und  so  geschah  es  auch: 
es  ist  bekannt,  welch  schmachvolles  Ende  im  Juli  1795  die 
Landung  der  Emigranten  in  der  Baie  von  Quiberon  nahm; 
General  Wallis,  de  Vins  Nachfolger,  wurde  am  23.  November 
1796  von  Sch^rer  in  der  Schlacht  bei  Loano  geschlagen; 
ebenfalls  im  November  1795  wurde  der  Emigrantenemissär 
de  Besignan  an  der  Grenze  von  Franche-Gomt^  von  den 
Franzosen  verhaftet;  seine  sämtlichen  Papiere,  aus  denen 
beinahe  der  ganze  Insurrektionsplan  ersichtlich  war,  trug 
er  auf  sich  und  die  Sache  war,  für  den  Augenblick  wenigstens, 
vereitelt  Wenn  auch  die  Oesterreicher  einige  Erfolge  an 
der  Rheinlinie  hatten,  so  wussten  sie  sie  nie"  genügend 
auszunutzen  und  gegen  Condes  Armee  zeigten  sie  stets  ein 
gewisses  Misstrauen  und  ü^-ussten  immer  aus  irgend  einem 
Grunde  deren  Einmarsch  in  Frankreich  zu  verhindern.  Die 
Unterhandlungen  mit  französischen  Generalen  schlugen 
entweder  fehl,  wie  z.  B.  mit  Kellermann,  oder  zogen  sich 
in  die  Länge,  wie  mit  Pichegrue.  Unter  den  Emigranten 
herrschte  Uneinigkeit,  und  selbst  der  Comte  de  Provence, 
der  legitime  Regent  und  spätere  König  Ludwig  XVIIL 
war  auf  das  Kommando  seines  Vetters  Cond^  eifersüchtig. 
In  Paris  endlich,  wo  es  momentan  den  Anschein  hatte,  die 
Gemässigten  und  Royalisten  würden  die  Oberhand  gewinnen, 
rettete  am  13.  Vend^miaire  i5.  Oktober)  Napoleon  Bonai)arte 
die  Republik  durch  Unterdrückung  des  Aufstandes  der 
Sektionen  und  erwarb  sich  damit  das  Oberkommando  in 
Italien. 

Dass  die  Ueberwachung  und  teilweise  Leitung  so  vieler 
Intriguen  und  Unternehmungen  keine  leichte  Aufgal)e  war, 
ergibt  sich  von  selbst.  Daneben  mussto  sich  der  Gesandte 
noch  mit  allerlei  Kleinigkeiten  abgeben;  musste  er  doch 
dem  Herzog  von  Portland  und  Lord  Grenville  sogar  Alpen- 
pflanzen und  Samen  verschaffen.*)  Aber  AVickliani  hatte 
mit  grossem  Mut  und  einer  nie  versagenden  Arbeitsfreude 
und  Zuversicht  die  Saclie  unternommen;  er  war  entschiedener 
Optimist  und  verzweifelte  nie  gänzlich  am  schliesslichon 
Gelingen  seiner  Pläne:   und  Optimist  musste  er  sein,  sonst 


>)  Correspondence  Bd.  I  p.  239  und  291. 


V 


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William  Wickhani,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  I  7 

grenze')  inusste  er  nicht  nur  Leute  haben,    die    ilini    über 
das.  was  sie  hörten  und  sahen,  berichteten;  sondern  es  war 
ihm  namentlich  auch  dämm  zu  tun,  dass  man  seine  Emissäre 
und  Spione,   die  nach  Frankreich  hinübergingen  oder  von 
dort    herkamen,    durchliess    und    dass    man    Geld,    Waffen, 
Pulver   und   Blei,    Schuhwerk    u.    s.   f.    unbeanstandet    den 
französischen  Royalisten  zuführen  Hess:    denn,    dass    solche 
Sendungen  ungeniert  vom   neutralen   Boden  •  der    Schweiz 
aus  auf  direkte  Veranlassung  eines  akkreditierten  Gesandten 
«erfolgten,  wird  von  Wickham  selbst  des  öfteren  ganz  offen 
erwähnt,   wenn  er  sich   auch   nicht  verhehlen  konnte,  dass 
er  sich  damit  eines  völkerrechtlich  nicht  einwandfreien  Be- 
nehmens schuldig  machte.     Und  wie  ging  er  denn  vor,  um 
solchen  Schmuggel  so  unverfroren   zu  betreiben?    Nun,   es 
war  nicht  sehr  schwer;  er  nahm  einfach  die  Kommandanten 
des  bemischen  Grenzkordons   in  seinen  Sold   und  zwar  er- 
fahren    wir    aus    einem    Briefe    an    I^ord    Grenvilh»     vom 
28.  März  1795*)  ganz  genau  zu  welchen  Bedingungen  und 
was  von  den  Herren  erwartet  wurde;    Wickham  schreibt:^) 
«.  .  .  Auf  meiner  Reise   ins  AVaadtlaud   habe  ich  midi  der 
Dienste  des  Obersten  Roland*)  versichert;  er  ist  Oberbetohls- 
haber  der  Berner  Tnippen  in  j^nem  B<»zirk  seit  d(Mii  Beginn 
der  französischen  Rovohition.     Kr    ist   vom    (Tcheimen    Kat 
angestellt,    um    ihm    über    alles,    was   in  don  angrenzend«»n 
Pri>vinzen    vor    sich    geht,    zu    berichten    und    hat  die  aus- 
gedehntesten  Beziehung«»n    in   der   ganzen   Franche-Comte, 
wo  ihm  die  Bauern  völlig  ergeben  sind.  ...  Er  ist  ein  alt<M* 
Soldat    und   man    kann    sich   auf  sein   Benehmen  und  seine 
lUskretion  verlassen.     Er  hat  di«*  Vermittlung  m<Mner  ganzen 
Korrespondenz  mit  Lyon.  Paris  und  «lern  .Fura  ül)ernommen 
und      wird     mir     alles     f/eben,     iras     er     dem      Geheimen 
Rat    mitteilt.     Er   ist    voller  Eifer   und    ich   betrachte  seine 


')  Correspondcnce  Bd.  I  p.  07:   n»; ; 

«)  I*.  R.  O.  No.   5  (F.  ().»   Wickham  to   Lord  Grciivillc  Xo.  *>. 

*)  Wir  betrachten  es  als  praktischer,  die  im  Original  englisch  ge- 
tchriebenen  Texte  hier  gleich  in  <lcr  Uebcrsct/ung  zu  bringen;  der  uns  zu 
Gebote  stehende  Kaum  erlaubt  uns  nicht,  daneben  auch  ntK'h  den  Original- 
text za  bringen;  dagegen  zitieren  wir  französische  Korrespondenzen  im  Urtext. 

*f  S.  H.  J,  Leu,  Suppl.  z.  d.  allg.  helv.  Lexik<m   I7<)i. 

RmIct  Zeitschr.  ff.  Gesch.  und  Altertum.    Vn,  1.  2 


l8  Charles   D.  Bourcart. 

Dienste  als  wertvoll.  Die  Bedingungen,  die  ich  abgemacht 
habe  sind  folgende:  Ziehn  Schillinge  im  Tag  so  lange  er 
angestellt  bleibt  —  dass  ich  ferner  Seiner  Majestät  seine 
beiden  Söhne,  die  er  beide  im  englischen  Dienste  plazieren 
möchte,  empfehle.  Beiliegend  Kopie  der  Zeugnisse  über 
ihr  Alter  imd  ihren  Dienst.  Er  hofft,  der  ältere  möge  eine 
Kompagnie  in  einem  Emigrantenkorps  erhalten:  Der  andre 
ist  schon  vom  Baron  von  Roll  als  Leutnant  angestellt.  Er 
hofft.  Seine  Majestät  werde  diesem  das  Hauptmannspatent 
erteilen;  es  wäre  unmöglich  ihm  eine  Kompagnie  zu  geben 
ohne  den  Leuten  von  Bern  vor  den  Kopf  zu  stossen;  — 
und  im  Falle,  dass  er  (der  Oberst»  wegen  der  Dienste  die 
er  leisten  könnte,  aus  seinem  eigenen  Lande  vertrieben 
werden  sollte,  dass  ihm  innerhalb  der  Staaten  Seiner  Majestät 
ein  Zufluchtsort  mit  der  weiteren  Auszahlung  der  gleichen 
Pension  gewährt  werde."  —  Das  ist  deutlich,  und  wenn  wir 
auch  gerne  zugestehen,  dass  solche  Verhältnisse  in  damaliger 
Zeit  weniger  streng  beurteilt  wurden  als  heutzutage,  so 
muss  doch  hervorgehoben  werden,  dass  das  Ausliefern  der 
für  die  eigene  Regiening  bestimmten  Mitteilungen  an  einen 
fremden  Gesandten  geradezu  Hochverrat  ist:  die  letzte  Be- 
dingung des  Kontraktes  zeigt  auch,  dass  unser  Oberst  doch 
kein  ganz  reines  Gewissen  hatte.  —  Von  zwei  andern  waadt- 
ländischen  Offizieren  an  jener  Grenze  erfahren  wir  auch, 
dass  sie  dem  englischen  Minister  zu  Diensten  standen;  es 
waren  ein  Oberstleutnant  Arpeau')  und  ein  Major  Russillon. 
Ersterer  wurde  denn  auch  deshalb,  wie  wir  später  sehen 
werden,  im  Jahre  1796  direkt  beim  Rat  der  200  verklagt, 
konnte  sich  aber  aus  der  Klemme  lierauswinden,  vielleicht 
nicht  ohne  den  Beistand  des  Schultheissen  von  Steiger. 
Man  gewiimt  bei  diesem  Anlass  überhaupt  den  Eindruck, 
dass  der  Schultheiss  um  das  ganze  Verhältnis  doch  etwas 
wusste.  was  die  Schuld  der  betreffenden  Offiziere  allerdings 


»)  P.  R.  O.  Xo.  h:  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grenvillc  No.   ii    Lau- 
sanne  28  Jan.    1796. 

P.  R.  O.  No.   15    (F.  O.)   C0I.    .\rpeau  to  thc  secret  Council  of  Beine. 
Cheserex  2   March   1796. 


9VWB»   abschwächen   würde.')      Major    Hua^illon    v^iirde  im 

'      u     zw     rJnt^^rhandliiDgen    init    Ut>nt>ral    Pichegra 

■  1.  -i 

Ohflchon  Wickham  selbst  längere  Zeit  seinen  Wohnsitz 

Ltfinsiinn«?,  als  dum  Zentrum  der  royalistischen  Agitation 

[liatte    and    später    in    Bern    resi^lierte,    war   lür  ihn  Basel 

dennoch    ein    ebenso    wichtiger    Punkt.     Basels   Nähe   von 

MülfainiUf    wo    Contlä   lange   Zeit   sein  Hauptquartier  hattn 

'  Bir         ^     und  vom  Elsass,  dem  Standorte  Pichegnies  andrer- 

Ifi^M  i  das  am  Wege    einer  Armee   aus  dem  Breingau 

fiach    di*r   Francho-Comtö    lag,    wo   auch  der  Uesandto  des 

[bpfreunrl«*ten    Oesterreich     residiert»^    wo    überhaupt    durch 

Barthelemy  Frankreichs  VerhantUungen  mit  dem  Auslande 

l^fohrt    wurden,    Basel    mit    seinen    vielen    geschäftlichen 

I Beziehungen  zu  Frankreich  und  Paris  einerseits  und  Dmitsch- 

rland  andrerseits,  war  damals  einigermassen  der  diplomatische 

Mitt^'lpunkt    Europas.     Wickhaui  indesi^en    nahm  nur   ganz 

iTorübergehenil  seinen  Wohnsitz  in  unserer  8tmh»  auf  seinen 

JTleisen    zu    Condö   nach    Mülheim  und  auf  dem  Rückwege. 

Er    dachte    zwar    mehreremals  daran^    sich  hier  für  längere 

tZeit  niederzulassen»  gab  aber  den   Plan  immer  wieder  auL 

[Er  hatte  wohl  verschiedene  (tründe  dazu.     Nach  dem.   wa« 

[wir  von  sieiner  ganzen  Tätigkeit  wissen,  wird  ihm  in  erster 

jj«?   die    Nilhi'    der   Fe^stung  Hriningen    und  d«*r  dortigen 

fmnjBÖsischen   Truppen    nicht    sehr   geheuer    gewesen    sein, 

r  doch  ein  gar  zu  guter  Fang  für  sie  gewesen:  weiter 

le  er,   wie  er  selbst  schreibt/)   dass   sein    Aufenthidt 

«okker  Nähe   des  französischen  Botschafters  dahin  mi^^ 

rdeatat  werden  könnte,  als  suche  er  Annähemng,  und  ilann 

|wür«?  das*  Zutrauen  der  R»)yalisten  ganz  dahin  gewi-sen  un«! 

lemer    erklärt   uns    auch  Wickham,*»   da^s  er  ein  Interesse 

in  gehabt  hatte,    mit  den   Baslern  nicht  auf  allzugiUem 


•l  P.  R,  O.  Kü.  6;   R,  <K  Wickham  tu  Lnrd  Grf'jivilic  Xtr  8  LAusaunc 
sS  JjMu  t7<)^  —  und  Beilagen, 

*>  Cörrctpomlcficc  Bd.  1  p.  374,   —  i',  K   y    :>o.  ;  |   iK,  '  »  1   Wirkham 
Vord  Grrotine  Ka,  22  Bern  27  Aujg,    ir^** 

.  O.  Ko.  e»5  (R.  CX^  Wickham  to  Urd  GtenviUe  So.  JSo  Xliil- 

*l  P.  R,  Vo»  S  (F.  Oj  WicktiamioLordOntiiviU«.  Bcni  3H  Xbrcb  1795. 


i&HMii 


^''  Charles   D.  Boarcart. 

K'j-*"  zu  kU'Ihmi,  damit  er  sie  gegebenenfalls  auch  nicht 
;ii]ziigut  zu  liehandeln  brauchte.  Die  Griinde  dieser  Gc- 
hiiiijung  werden  wir  später  finden. 

Ni<!htsdostoweniger  wurde  die  Wichtigkeit  des  Platzes 
von  Wickham  keineswegs  unterschätzt  und  er  hatte  daher 
auch  liier  die  verschiedensten  Agenten.  Es  ist  nicht  immer 
inniglich  <lie  Persönlichkeit  derselben  zweifellos  festzustellen; 
d«Miii  in  vielen  Phallen  gibt  AVickham  keine  Namen  an  oder 
l)oz«*i<'hii«'t  di(^  Autoren  der  Berichte  nur  mit  konventionellen 
Hurlistabcn  od«>r  Pseudonymen.  Da  sind  z.  B.  die  ersten 
l(4ii)|)nrt«»  aus  Basel  ..the  clerk  of  Basle''  unterschrieben.'! 
Di««  Ht'Zt'iclinung  deutet  auf  einen  Staatsangestellten:  wer 
abtT  daniit  gemeint  ist.  wissen  wir  nicht.  Der  nächste 
Korrespondent  ist  (»in  gewisser  Dominik  Herrenberger,  der 
im  Jahre  17iH)  Bürgermeister  von  Schledtstadt  gewesen,* 
dann  nnno  Yl\s\\  riic^hen  nmsste  und  in  eines  der  EmigranteD- 
n»gimont4*r  Coudes  eintrat:  er  war  früher  Quartiermeister 
Imm  diMi  Carabiuiers  gewesen:  mit  Bacher,  dem  französischen 
Logationssokretilr  war  er  verwandt  und  Bachers  eigener 
Spn/.ials«»krotär.  Kistelhuber.  war  Herrenbergers  Neffe.  «Er 
H;,»waim  das  Zutrauen  Bachers-*  schreibt  Wickham^«  hindern 
rr  iliiii  iM'i  gt>wissen  schändliehiMi  Schmuggelgeschäften  an 
diT  (JnM\/.o  bt'hiitlirh  war,-  Dieser  Maire  von  Schledtstadt^ 
war  namentlieh  soiut^r  Beziehungen  zum  Elsass  wegen 
l»rauilibar  und  wtdil  au^li  deshalb,  weil  ihm  als  Elsässer 
\\'w  basltMisrhon  Verhältnisse  leicht  verständlich.  Aber  auch 
oiuiMi  eehten  aliiMi  Haslor  hatte  der  englische  Gesandte  in 
seinem  Solde:  es  war  di»»s  Enianuel  AValther  Merian-Iselin. 
Win  ::um  WildtMi  Mann,  dem  auch  im  Jahre  1798  diese 
eniTÜNeheu  Spionagedienste  zum  VerbnH^hen  angerechnet 
wnixh^n.     A.  F.  Stoeker.    \\\    seinen    .Basier  Stadt büdem"*» 

•    ^i.-.r.j:c  M  HO 'vv.j:  /:o-  Hc:rv.  StA.:tarch:\\ir  C'ahs*  ia  Schledtstadt. 
l'    K    i^    N.\  c-  ^K.  ^V^    Wiskb.-.r;  lo  Lori  Greavi'i-  Xo.  5^«.    Bern 

'     P  ^'    Uo:;/.v.c-    S;!Tir..'cri:cr>    -t..:    :::    irr    Kcrrcspo2ie=.r   mm  Teil 
\sv.\   ,.-v   •■    U    ;.v;  .-•■:: 

^     Jvis.   .    ,^0.^-      ■>    .^     -   :■     :^i     — 

V    K    i*    N.^     ■. ."    V    v^     e-.o.   >f  i  ::•-  W:/i:b.i:s5  No.  ?vi.  Correspondcnt 


AVilliam  Wickhani,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  2  l 

erzählt,  Merian  sei  damals  zur  Armee  Condes  geflohen,  wo 
er  eine  Stelle  im  Verwaltungsstabe  mit  Majorsrang  erhalten 
habe  und  bis  1801  verblieben  sei.  Später,  nach  Basel 
zurückgekehrt  und  Ratsherr  geworden,  habe  er  ^für  seine 
Verluste  im  Dienste  des  französischen  Königshauses "•  von 
der  Restaurationsregierung  eine  Pension  von  2000  Franken 
erhalten.  —  Merian  meldet  allerlei  über  die  Vorgänge  in 
Paris,  worüber  er  vielleicht  durch  direkte  Beziehungen,  dann 
aber  durch  seine  kaufmännischen  Bekannten  in  Basel  und 
schliesslich  wohl  hauptsächlich  durch  die  in  seinem  Wirts- 
hans absteigenden  Reisenden  unterrichtet  war.  M  Eine  solche 
Wirtshausszene  beschreibt  Merian  unter  dem  25.  Juli  1795: 
•Hier  soir  un  Commissaire  de  la  Nation  fran(;'.aise  ne  voulant 
point  se  mettre  k  la  table  oü  il  voyait  beaucoup  d'officiers 
de  l'arm^e  de  Cond^  me  demanda  ä  souper  avec  moi;  dans 
la  conversation  il  me  parla  d'une  paix  prochaine  avec 
TEspagne;  rejetant  cela  comme  bien  loin  encore,  il  m'offrit 
une  gageure  de  100  Louis  contre  10  qu'elle  sera  faite  avant 
huit  jours:  je  bomai  ma  gageure  ä  quelques  boiueilles  de 
bourgogne  que  nous  commeuQämes  par  boire  aux  frais  de 
celui  qui  perdrait:  le  vin   d^lia  la  langue  a  mon  commissairo 

et   il   finit  par  nie  dire  qu'ello  etait  deja  signee -  — 

Ein  Hauptagent,  der  in  der  Folge,  wie  wir  sehtqi  werden, 
AVickham  grosse  Schwierigkeiten  bereitete,  war  ein  gewisser 
Chevalier  d'Artes,  ein  französischer  Emigrant,  der  mit  oinem 
englischen  Hauptmannspatent  versehen,  dem  (resandten  von 
LiDndon  aus  aufoctroyiert  worden  war.--  Dieser  sorgte 
hauptsächlich  für  Beziehungen  mit  Paris,  mit  der  Vende** 
und  der  Armee  Condes:  er  wurde  auch  von  Wickham  zu 
einer  Mission  nach  Wien  verwendet  und  hatte  sich  dess»»n 
ganzes  Zutrauen  zu  sichern  gewusst,  was  er  dann,  nach 
echter  Emigrantenart,  mit  dem  krassesten  Undank  erwiderte. 
—  Ein  ähnlicher  Mann  scheint  ein  Herr  d<^  Valdenays  oder 
Valden^e,  der  namentlich  mit  dem  Elsass,  dann  ab^^r  auch 
mit  Paris  und  Conde  zu  tun  hatte,  gewesen  zu  sein. 
Femer  lebte  noch  in  Basel  auf  Kosten  Sr.  Brit.  Majestät 
ein  Herr  Fenouillot,  früherer  Rat  am  Parlament  von  Besancon. 

•)  Die  Berichte  Merians  tragen  die  Marke  M. 
*)  Correspoodence  Bd.  I  p.  25. 


22  Charles   D.  Bourcart. 

Er  war  speziell  mit  den  Verhandlungen  vertraut,  die  sich 
auf  die  Intriguen  mit  Pichegru  bezogen. ')  —  Endlich  finden 
wir  im  Jahre  1796  noch  einen  Agenten,  der  über  allerlei 
berichtet,  was  er  in  Basel  erfahren  kann.  Seine  Berichte 
sind  mit  E.  bezeichnet,  doch  liess  sich  eine  Identität  einst- 
weilen nicht  feststellen;   vielleicht  war  es  ein  Herr  Bro6.*) 

Ueber  die  Bedingungen,  zu  welchen  diese  Agenten  in 
Basel  alle  engagiert  waren,  erfahren  wir  leider  nichts.  Er- 
hielten sie  auch  10  Schillinge  im  Tag  wie  der  Waadtländer 
Oberst?  Wenigstens  scheint  dieser  Betrag  annähernd  die 
Besoldung  solcher  Leute  gewesen  zu  sein.  Mallet-Du  Pau 
spricht  in  seiner  Korrespondenz*)  verächtlich  von  einem 
„essaim  d'aventuriers,  de  gobe-mouches  et  d'entrepreneurs 
de  contre-r^volutions  ä  deux  cents  francs  par  mois  que  paie 
le  Ministre  d'Angleterre  ..."  (Wir  besitzen  eben  nur 
wenige  Abrechnungen  über  die  Gelder,  die  Wickham  durch 
die  Finger  gingen;  sie  dienten  ja  auch  nicht  alle  zu  Be- 
soldungen und  Bestechungen,  sondern  auch  zu  Anschaffungen 
von  Kriegsmaterial.  Aus  einer  Abrechnung,  die  vom  Ende 
April  1795  bis  zum  November  gleichen  Jahres  reicht  und 
die  ausnahmsweise  sich  in  unsem  Akten  befindet,  geht 
hervor,  dass  in  jenem  halben  Jahre  allein  eine  Summe  von 
rund  einer  Million  siebenhundorttausend  Franken  von  Wick- 
ham für  seine  Zwecke  verausgabt  wurde;  von  diesen  gingen 
z.  B.  8000  louisd'or  an  Fauche-Borel  *)  für  die  Intriguen 
mit  Pichegni;  für  die  Vendee  wurden  600000  Frs.  in  jener 
Zeit  verausgabt.) 

Der  Inhalt  all  der  Korrespondenzen  ist  nun  ein  sehr 
verschiedener.  Abgesehen  aber  von  den  grossen  Unter- 
nehmungen, zu  deren  Förderung  sie  eigentlich  eingerichtet 
worden,  bringen  sie  uns  allerlei  interessante  Mitteilungen 
über  Basel    selbst,    über    seine   Einwohner  im  allgemeinen 


»)  Fauche-Borel  Bd.  I  pp.  228,  267   und  268. 

»)  Correspondcnce  Bd.  I  p.  112.  135.  —  P.  R.  O.  No.  15  (F.  0.) 
Letter  from  thc  Correspondent  E.  at  Basle,  cnclosed  in  Wickhams  No.  15. 
Bäle  20  fevrier   1796. — 

*)  Bd.  II  p.  208. 

*)  Vergl.  Fauche-Borel  Bd.  I  p.  268. 


^^P         WUNwii  Wlckharo»  brUi»clier  Gtsandter  in  d«r  Schweiz  tu 

muii  übtT  rinaiHine  Pf^r^oiieu  itu  besonderen,  sowie  iiament- 
lUeh  oeiie  Daten  über  einige  Ereignij^se  der  Geschicbte  Bnaeld. 
f  Im  ganzen  fallen  all  clieso  Herren  kiMu  giiiistig»-*s  Urteil 

tübar  BilSi*!  ujid  die  Basiter:  galt  rloch  Basel  damals  schon 
[als  revolntionsfreundlich  nnd  wissen  wir  auch,  dass  Wick- 
[ham  über  das8c*lbc^  auch  gar  nichts  gntt'S  zu  hören  wtiusclite. 
Ein  ijnüüT  wiederkehrender  Vorwurf  ^^Jt  die  Schwäche 
^der  Regierung  und  die  (tewinnsucht  der  Einwohner.  Mounier, 
»r  im  Frdhjahr  17H4  l>erichtet,  *)  findet  damals  zwar,  die 
[Anjesichten  auf  «len  nächsten  Feldzug  hätten  etwas  mehr 
[Energie  geweckt:    er    freut    sich,     dass    ein  Basler    Bürger 

^emissaire  des  jacobins  ayant  declam^  contre  la  soleniuite 
trellgic^uss«  ordonn^o  par  les  Cautons  et  meine  blasph^nie 
icontre  JesuH-ChriHt  en  le  traitant  A'anstocrate  a  M^  depouill^ 
Id'iiii  fjuploi  dont  il  etait  revetu  et  coudamiiä  a  ein«!  ans  de 
Iprinoii  daiis  1a  maison  de  force  .  .  .  Un  eonseiUer/  sagt  er 
Lweiter  ^a  6te  ceg  jonra  derniera  chasse  du  conseil  poiir 
lavoir  envoye  du  riz  a  un  uiarehand  frau^ais  avec  letjuel  il 

'<etatt  en  eorre^pondance  de  commerce  .  .  ,;^  er  gibt  auch 
Imif  iIääs  ,.quand  on  a  pass^  ipielquea  jours  k  Bale,  on  voit 
lavec  nn  peu  phi*i  d'indulgenee  la  UL^utralir^  d*un  pay«  aussi 
[t^3£p*»s^  a  la  fur»*ur  des  jacohins;  taut  que  les  Puissatici.*» 
In^enti^prendront  rien  pour  d<5Iivrer  les  fronti^res  de  la  Suisse 
[il  «era  imp(»»sihle  tlVu  obtenir  plus  de  fermet^**  I>och  in 
|i)mr*m  aiulern  Brief *t  sagt  er  dünn;  .,llu'ya  point  de  pays 
monde  on  Tagiotage  invente  autant  de  faussea  nouvelles 
lijne  dani*  la  ville  de  Bäle  . Comme  leü  magi^trats 

ilf*  Bile  8ont  t^nis  tm  commers^ants  ou  arti«ans,  cVst  k  de» 
IniAgistnit»  que  Barthelenjy  et  8 es  secrötaires  confient  sous 
b^n^Ecesi  exorbitants  tles  commissions  secr^tes  pour  dea 
vlmi^  fniuduhnix,  II  est  entre  ces  jours  dan^i  la  villt? 
fplanieurs  voitures  charg^es  d'argent  venant    de  France.     11 

efft  doiic  k  craindrt^  (pfon  ne  fasse  imcore  une  grande  contre- 

hiitiflt«  mnlgrä  le  zfele  iki  plu^teurs  mngi^trats  qiii  out  refusiö 
•    t    ^Main  les  propositions  de  »'interegger  i  ce  commerce 


*i  V,  R,  O.  No,  4    (K,  O4    Mouoier  to  Lord  R«  Fiucerald,    «nctoAed 
♦fl  Sr*.    lt,  Bale,  le  2  Avril    1794. 

?\  R,  O.    Xo.  4    IF    Ol    £ado«ure   Ko.  1    in  Lord  R,  Fit2gvnild« 


24  Charles   D.  Bourcart. 

infame  .  .  .  .^  zum  Schlnss  erklärte  er  aber  noch  ^il  existe 
la  Bälei  beaucoup  de  magistrats  tres  devoues  a  la  cause  des 
Puissances.-  —  Ratsherr  Rosenburgers  Prinzipien  werden 
als  ausgezeichnet  geschildert  und  Oberstzunftmeister  Merian 
als  ^hommo  de  probitö  et  d'honneur  ä  qui  vous  pourrez 
vous  adresser  en  toute  confiance  lorsque  vous  aurez 
quelqu'avis  ä  faire  proposer  ou  des  renseignements  a 
obtenir> 

Ein  Korrespondent  aus  Basel,  der  nicht  näher  bezeichnet 
ist,  berichtet  Anfangs  1795:  Vi  ^Depuis  la  Revolution  la 
France  a  eu  des  agents  pour  faire  differentes  emplettes  et 
acheter  en  pays  etranger  pour  le  compte  du  gouvernement 
et  avait  une  maison  ou  deux  dans  cette  ville  chargee  de 
payer  en  rendant  compte  du  num^raire  qui  lui  etait  envoye 
ä  ce  sujet.  Les  freres  Merian  precedemment  avaient  cette 
commission  et  on  leur  payait  */^  ^*  ^,  des  sommes  qu'ils  payai- 
ent.  c*est-ä-dire  sur  IUI)  livres  ils  avaient  15  sous.  Messi- 
eurs Bourcard  furent  a  Paris,  fireiit  oter  cette  commission 
ä  leurs  compatriotes.  en  offrant  de  faire  cette  commission 
pour  '  ,.  soit  3  sous  4  deni»Ms,   ce   qui  fut  accepte • 

Herren])erger.  d»M*  Ex-Bürgermeister  von  Schledtstadt 
schrei])t  um  dit»  gleiche  Zeit:^)  -Les  Balois  ont  entiere- 
HK^iit  (legenere  d»-])uis  quelquo  temps:  ils  ne  ressemblent 
plus  aux  Suisses  qui  observent  une  neutralit^  stricte:  par 
les  diffenuits  clubs  qu'ils  ont  Stabil  dans  plusieurs  maisons, 
par  leurs  cris  de  «Yive  la  nation!"  et  les  santes  (pvils 
pMiteut  a  la  Republiquo  Franvaise.  ils  cherchent  sans  doute 
a  se  distin^uer  dos  autres  Cantons  et  a  plaire  par  la  aux 
Frangais.  Ils  pousst*nt  la  complaisance  si  loin,  qu'ils  fönt 
escorter  les  emigres  qui  entrent  dans  leur  ville  de  porte  en 
polte  jusqu'aux  frontieres  de  leur  Canton.  Le  Conseil  des 
Tr.Mze  dine  souvent  cliez  Mr.  de  (sie)  Barthelemj-  que  Ton 
tournient^  sans  eesse  pour  avoir  du  sei  et  des  legumes, 
tjmtut  pour  les  ])retentions  (pie  l'Etat  de  Bäle  a  encore  ä 
re])eter  a  la  France    ou   ])our  d'amres    objets    d'interet.     Li 

h  W  R.  C).  No.  3  iK.  ().\  Flnclosed  in  No.  3:  Extract  of  a  Icttcr  from 
B.i^le  Jan.-March    ir<)3. 

h  P.  R.  ().  No.  3  (F.  O.)  Jan.-March  i;«)^.  encl.  iu  Xo.  lO.  Intelligcnce 
seilt  by  M.  Herrcnberger, 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  25 

France  leiir  a  accorde  autant  de  sei  qivils  en  ont  exig^  et 
voici  coinrae  M.  Barthelemj'  s'est  oxprimö  ä  cet  egard :  ^La 
France,  mes  amis,  ne  peiit  dans  ce  moment  vous  offrir  autro 
chose  que  du  sei,  qiie  vous  vendrez  au  Canton  de  Soleure 
ou  ä  d^autres."  En  1793  on  aurait  eu  de  la  peine  ä  trouver 
dans  tonte  la  ville  douze  patriotes,  niais  maintenant  ils  le 
sont  tou3,  jusqu'au  Bourgueuiaitre  Bourcard^i  qui  est 
rempant  comme  les  autres.  Ils  n'ont  rien  perdu  de  leur 
^goisnie,  ils  sont  juifs  dans  Täme.  Les  voituriers  qui  passent 
par  les  autres  Cantons  de  la  Suisse  achetent  de  la  poudre 
a  10  Batzes  la  livre  et  la  vendent  aux  Bälois  ä  2()  et  ces 
derniers  la  revendent  aux  Fran9ais  pour  60  Batzes;  il  serait 
bon  de  faire  surveiller  ces  sortes  d'acquisitions ^ 

Ein    nicht  näher  bezeichneter   Korrespondent  schreibt 

unterm  23.  März  1795:-)     ^ Parmi  les  gens  qui  com- 

posent  le  gouvemement  et  ce  qu'on  peut  appeler  gens  de 
bonne  compagnie,  il  est  vrai  qu'on  n'est  pas  democrate  dans 
toute  Tetendue  du  ternie  ä  l'exception  de  3  ou  4  person- 
nages  citfe  comme  jacobins;  mais  on  ne  peut  se  dissimilier 
que  la  masse  entiere  desire  la  paix  et  (|ue  1»»  gouvemement  exi- 
stant  en  France  continuät  de  subsister  comme  s'ilyenavaitun. 
Quecegouvemement-cienapparencedemocratiqueiiuoiquesui- 
vantmoitres  aristocratiqueet  dont  Topinion  est  embrassee  par  la 
eollection  des  tribus,  que  ce  gouvemement  dis-je  et  la  masse  des 
habitants,  tous  commer<;'ants,  fabricants.  pour  ne  pas  dire 
agioteurs,  s'etaient  imagin^s  qu«^  l'invasion  d«^  la  Hollande 
allait  causer  une  esp^ce  d'insurrection  en  Angleterre.  que 
le   niinistere  serait  culbute  etc.  .  .  .* 

Der  Korrespondent  E.  sagt:^)     ., Le  Balois,  na- 

turellement  d'un  caractere  peu  ouvert.  faiiatique  franrais 
par  interet  a  besoin  d'etre  suivi  et  contourne  pour  etre  juge; 
son  gönie  est  comme  son  coffre-fort,  peu  ä  la  portee  du 
voisin  ...  .^;  er  vergleicht  den  (reist  des  Baslers  mit  dem 

')  Peter  Burckhardt-Forcart    1742  — 181 7,  der  spätere  Landammann  tlcr 
Schweiz  (1812). 

«)  P.  R.  O.  No.   5  IF.  O.)  Memorandum  from  B;\sle  No.  3.  — 

*)  P.  R.  O.  No.   I  5  (F,  O.)  Enclosure  No.  i  in  Wickhams  No.  1  5.  Basic 


26  Charles   D.  Bourcart. 

des  Genuesen  und  findet  sie  identisch:')  ^  .  .  .  le  meme 
esprit  mercantile,  les  meraes  principes,  les  memes  vues 
politiques  ciment^nt  cette  union;  ^coutez  les  uns,  vous 
entendrez  les  autres;  les  Francjais  sont  leur  Palladium,  la 
maison  d'Autriche  leur  öpouvantail,  les  Anglais  leurs  vam- 
pires.  .  .  ."^  Die  Abneigung  der  Basler  gegen  die  AUierten 
schreibt  er  hauptsächlich  ihrer  Ansicht  zu,  dass  die  ver- 
bündeten Mächte  an  der  Verlängerung  des  Krieges  und 
somit  am  schlechten  Gange  der  Geschäfte  Schuld  seien. 

Auch  einzelne  Personen,  ausser  den  schon  erwähnten, 
werden  verdächtigt,  sei  es  als  Vermittler  französischer 
Geheimkorrespondenzen,  wie  der  Buchhändler  J.  J.  Flick^), 
Johann  und  Rudolph  Preiswerk,  Lucas  Preiswerk,  •)  nnd  *) 
Lucas  Legrand,*)  Eatsherr  Peter  Vischer,*)  sei  es  als  Ban- 
kiers der  Franzosen,  wie  das  Haus  Merian  und  Preiswerk.*) 
Ueber  Peter  Vischer  äussert  sich  der  Korrespondent  E.  wie 
folgt:  ^.  .  .  .  il  faut  vous  dire  que  je  suis  fort  bien  avec 
ce  M.AVicher  (sie)  depuis  quelques  jours;  car  quoique  je  ne 
sois  pas  toujours  de  son  avis  —  car  decemment  on  ne  peut 
pas  Vetre  —  il  a  une  haute  idee  de  ma  maniere  de  voir, 
par  cela  meme  (juetant  fort  vaiii,  j'ai  grand  so  in  de  le 
flatter  .  .  /)-  Ratsredner  .[.  J.  Imhoff  soll  ein  Pamphlet 
gegen  die  Royalisten  und  AUierten  geschrieben  haben, 
„  .  .  .  insolent  coquin  et  jacobin  enrag^,  de  plus  espion  de 
Barthelemy  et  surtout  de  Backer  (sicj  dont  il  est  le  plat 
valet  .  .  .''  schreibt  von  ihm  der  Emigrant  de  Valdenee.'J 
Das  Haus  des  Handelsmannes  Rippel  gegenüber  dem  Kanf- 

»)  P.  R.  O.  No.  15  (F.O.)  Enclosurc  No.  3  in  Wickhams  No.  15.  Basle 
20.  Febr.    1705. 

^)  P.  R.  O.  No.  6  (F.  O.)  Enclosure  No.  3  in  Wickhams  No.  21.  Bale 
10  Avril    1795. 

3)  P.  R.  O.  No.  7  (F.  O.)  Enclosurc  No.  11  in  Wickhams  No.  31.  Bale 
29  Avril    1795. 

*)  P.  R.  O.  No.  67  (R.  O.)  Wickbam  to  Lord  Grcnvillc  Lausanoc 
4  Jan.    1796. 

'-)  P.  R.  O.  No.  6  (F.  O.)  Enclosurc  No.  i  in  Wickhams  No.  25.  Basle 
18  April    1795. 

^')  P.  R.  O.  No.  16  (F.  O.)  Enclosure  No.  2  in  Wickhams  No.  io 
Basic   12  March    1796. 

")  P.  R.  O.  No.   IG  (F.  O.)  Enclosure  in  Wickhams  No.  62.  — 


William  Wickliiiiiii  briliscbcr  (TCff^^TiiUrr  m  «Icr  Schweiz?  eu 


AUS  dagegen  soll  den  kaiserlichen  C^ffizieren  als  Rendez- 
Ivons  dienen. ')  Merkwürdig  ist.  dass  PekM*  Ocbü  mir  selten 
(erwähnt  win!. 

Doch   die^e    Bi^ispiele   mögen   genügen   um  zu  zeigen, 
[in  welchem  (ieiste  die  KorresponrlenU^n   in  Basel  über  die 
[Stadt    und     ihre   Einwohner    urteilen.     Wenn    lUinn    noch 
[AViekhains  h«>8onderer  Freund  nnd  Berater.  8chultheiss  von 
hSU!>iger,  in  nhulic*heiu  Sinne    sich  liusspricht  nnd  schreiben 
)     ^    .  .    Je    phiins    Messiifurs   Bourcanl    et    M^rian, 
BSnnetes    gens    et   mod^r^s.    niais  trop  faibles  pour  r^sister 
\k  leuff*  advtn^ssaires,  ikla  tete  d'une  bmirgeoisif*  tjui  ne  connut 
jiimaiü  i|Ue  la   peiir  et  le  gain  .  .  .*'  so  darf  man  i^ich  nicht 
wundem,  wenn  der  britische  Gesandte  keine  besonders  hohe 
Heinuiig    von    di»n    Baslern    hatte.     Indessen    mnsste    sich 
Wickhain  docli  über  Basels  Zwangslage  Rechenschaft  geben 
|tind    wenn    er  sich   mit   der  Regierung  dieses  Standes  nie 
I  auf  «djien  guten  Fuss  stellen  wollt**,  so  geschah  es    —   an- 
f Anglich   wenigstens    —    nicht   aiis   GroU,   sondern   weil  er 
I  damit  bestimmte  Absichten  verfolgte.  Diese  Absichten  gegen 
Basel   nun   gibt  nn^  Wickham  schon  in  einem  Brit*fe  vom 
^28b  Mikrz  1795  an  Lord  Grenville  zu  erkennen:  er  schreibt:*) 
.  ,  Ein  andrer  wichtiger  Punkt   im    direkten  Zusammen- 
hang mit  dem  Objekt  der  Depeschen  Ihrer  Herrlichkeit  und 
welcher  «ehr  wichtig^'  und  delikate  Fragen  aufliringen  kann, 
ist     die    sehr    au.ssorge  wohn  liehe    Stellung    von    Stadt    und 
j  Kanton  Basid.     Ich    mag    mich    irren»    aber   es  scheint  mir 
*  wi?der  vor>?ichtig  noch  in  Praxi  ausführbar  für  eine  irgendwie 
I  grossere  Truppenmacht,  in  die  Franche^Comt^  einzurücken, 
I  ohni»   vorher   Meister   wenigstens  eines  Teiles  des  Gebiet^ea 
[die^Mid  Knntxini9  zu  sein.    Es  wäro  nicht  möglich,  ohne  dus- 
©elbe  die  Qelagening  von   Hüningen  zu   unternehmen.     In 
der  Voraussicht,   dass  so    etwas    sicli  doit  mdgnen  könnte, 
habe»  idi  die  l>ekaunten  Ansichten  und  das   Benehmen  der 
Basler.  die  dort  von  Barthelemy  eingerichtete  Inquisition, 


«)  P    R.  a  No.  S  (F.  O.)  EtAt  actttcldeUFmiice.     SÄk  t$Uü  1795, 
*>  F.  R,  O.  No.  13  iF.  O.)  EDctoturc  lu  No.  S4,  Avoyer  de  Steigiicr. 
Btm  15  i)kt.  174)5, 

*y  P.    R.   O,    No,    s    i^*    <^)    WlckUm    tu    Lord    GrenviU«,     Betu 


28  Charles   D.  Bourcart. 

ihre  freiwillige  Anerkennung  der  französichen  Kepublik 
ohne  vorherige  Begrüssung  der  andern  Kantone  benützt,  um 
einen  entschiedenen  Unterschied  zwischen  ihnen  und  den 
übrigen  zu  machen  und  im  besondem  um  zu  insinuieren, 
dass  der  Ruf  der  ganzen  Schweiz  durch  die  wohlbekannto 
Unvorsichtigkeit  und  das  schlechte  Benehmen  jenes  Staates 
bedeutend  gelitten  habe.  Aber  ich  bin  nicht  weiter  ge- 
gangen (obschon  sich  hierüber  vieles  sagen  Hesse),  aus 
Furcht  ich  möchte  Argwohn  erregen.  In  der  Ueberzeugung 
aber,  dass  es  für  die  Oesterreicher  unmöglich  sein  wird  zu 
vermeiden,  auf  irgend  eine  Art  die  Neutralität  dieses  Kintons 
zu  verletzen,  so  iverde  ich  mich  betnühen  die  Dinge  allmählich 
für  einen  solchen  Ausgang  vorzubereiten.  Ich  neige  zur 
Ansicht,  dass,  wenn  das  Haus  Oesterreich  eine  wirklich 
ansehnliche  Macht  in  jener  Gegend  ins  Feld  fülirt,  die 
andern  Kantone  sich  mit  Gleichgütigkeit  über  das  Loos  von 
Basel  hinwegsetzen  werden  ...,,! 

Von  Anfang  an  also  werden  die  Basler  schlecht  be- 
handelt, wird  ihnen,  trotz  der  anerkannten  Schwierigkeit 
ihrer  Stellung,  jedes  wirkliche  oder  nur  vermeintliche  Ver- 
schulden vorgehalten,  damit  man  im  gegebenen  Moment 
einen  plausibeln  Vorwand  habe,  über  sie  herzufallen.  Hier 
finden  wir  schon  den  Plan  für  die  Neutralitätsverletzung,  die 
im  Herbste  179B  dann  wirklich  drohte  und  für  die  Ereignisse 
hin  der  Hüninger  Brücken  köpf  äff  aire,  die  erst  anderthalb 
Jahre  später  eintraten. 

Dieser  Plan,  Basels  Neutralität  zu  verletzen,  wurde  ein 
Lieblingsgedanke  AVickhams;  er  kommt  immer  wieder  da- 
rauf zurück  und  sucht  sowohl  Lord  Grenville  als  auch  die 
Oestorreiclier  von  dessen  Notwendigkeit  zu  überzeugen.  Es 
handelte  sich  dabei  für  ihn  hauptsächlich  darum,  seinen 
von  uns  früher  dargelegten  grossen  Plan  in  der  Franche- 
Comte  durchzuführen.  Ueberraschend  sollte  Condö,  von 
12000  Oesterreichern  unterstützt,  über  Basler  Territoriuni 
und  durch  die  Jurapässe  in  die  Franche-Comte  einrücken, 
um  die  dort  vorbereitete  royalistische  Erhebung  zu  ent- 
fachen. Es  scheint  auch  in  der  Absicht  Wickhams  gelegen  zu 
haben,  sich  eventuell  der  Stadt  Basel  selbst  —  wenigstens 
>mporär   —    zu  bemächtigen  und  Barthelemy   mit  seiner 


William  WickhAra,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  efc, 


29 


an  Geöandtscliaft  tiiui  was  dnim  und  drang  hing,  auf- 
leben ;  er  schreibt  in  der  oben  schon  erwähnten  Depesche 
^m  28.  März  1795  an   Lord  (-rrenville:    ^Iin   grossen   und 
inzen  bin  ich  nicht  sicher,   ob  es  nicht  als  tUis  geringere 
jn  zwei  Uebeln  notwendig  sein  wird,  sich  desselben  (i,  e. 
isels)  zu  versichern.     Ich,  der  ich  die  kolossale  Ausdehnung 
pn     Herrn    Bartheleniys    Korrespondenz    und    alle    seine 
)rruptionsniittt!l    kenne»    könnte    nicht    ohne    Zittern  eine 
terreichische  Armee  in  der  Franche-Conitö  sehen,  während 
und    alle   seine  Aidiänger   im    vollen   Besitz  aller  ihrer 
ittel,  Schaden  anzuricht<-n.    direkt  zwischen    jener  Ai-mee 
der   grossen    Verbindungslinie    mit    ganz  Deutschland 
"erbleiben  würden!  .  .  .  ,^     Freilich    handelte    es    sich    zu- 
nächst darum,  die  Oesterre icher  für  diesen  Plan  zu  gewinnen. 
Wickham    gab    sich    alle    erdenkliche    Midie,    sie    von    der 
Zweckmässigkeit   und   der   Möglichkeit  seines  Projektes  zu 
Ciberzeugen.     Nicht  nur  durch  seine  Berichte  nach  Londnu, 
sondern   auch    durch   direkte   Korres|>on<lenz  mit  dem  eng- 
lischen   (Tosandten    in    Wien»  *i    durch    Absendung    seiner 
Agenten    d'Artes*t    und   Valdenee**)   nach  der  österreischen 
Hauptstadt  und    durch  persönliche  Verhand hingen  mit   den 
Generalen  des  Kaisers,   namentlich    mit  Bellegarde,   suchte 
er   immer   i^^eder    für   seine    Lieblingsidee    Propaganda   zu 
machen.     Herr  von  Thugut  wollte,  wie  es  scheint,  auf  liiese 
Sache    nicht    recht    eingehen, *i    wollte   sich  aber  wiederum 
doch  nie  deutlich   aussprechen;   er   Hess   seinen   Gesandten 
in    der    Schweiz    und    seine    (Temeräle    offenbar   absichtlicli 
^hne  Instruktionen;  wenigstens  schützten  sie  diesen  Mangel 
Jr.*)     Das  Wiener  Kabinett  beanstandete   namentlich   die 
Verwendung   der  Armee  des   Prinzen  von   Cond#,  weil  sie 


^B       *)  Corrcspondcncc  Bd.  I  p.   127. 


*)  Recueil  de  1a  CoirespoudADce  saisic   che/    Lcmailre   Nn.   32.     Lettre 
de  Bale  30  Fructidor  (tjqsU 

*>  P,  R.  O,  Xo.   II   (F,  0-1  Wickham  to  Lord  Greüvillc.     Fribourg  i  B. 
j^Scpt,   1795- 

*)  Corrcspondence  Bd.  I  p.  127.  fJ5,  141  fif.  —  1*.  R.  O.  No.  II 
\  O.)  Lord  GrcDvtllc  to  Wickham  Xo.  j6,   London  29  Sept.  1795. 

*)  Correspondence  Bd.  I  pp.  I41.  151*  —  P.  R»  O.  No,  11  (F.  O. 
blosure  in  Wickhams  No.  71,  Baron  de  Degelmann  to  Wickham,  Bälc 
[August   17V)5, 


30  Charles   D.  Bourcart. 

ZU  einer  solchen  Operation  nicht  stark  genug  sei  und  weil 
es  kein  Vertrauen  in  die  royalistischen  Erhebungen  setze.  ^) 
Aber  Wickham  glaubt  nicht  recht  an  diese  militärischon 
Bedenken;  immer  wieder  taucht  bei  ihm  der  Argwohn  aiif, 
Oesterreich  sei  viel  weniger  darauf  bedacht,  einen  König 
auf  den  französischen  Thron  zu  setzen,  als  vielmehr  sich 
selber  Vorteile  zu  sichern;  was  den  Oesterreichem  jetzt 
vorschwebt,  ist  die  Eroberung  des  Elsasses,  und  da  der 
Prinz  von  Cond^  und  mit  ihm  die  ^i^gländer  darauf  dringen, 
dass  keine  Eroberungen  gemacht  und  dass  eingenommene 
Festungen  nur  im  Namen  des  Königs  von  Frankreich  be- 
setzt werden  sollen,  so  möchten  die  Oestorreicher  am  liebsten 
das  Cond^ische  Korps  ganz  aus  dem  Spiel  lassen.-)  Dann 
aber  traut  Wickham  dem  Wiener  Hofe  insofern  nicht,  dass 
er  ihn  damals  stark  in  Verdacht  hat,  er  gehe  mit  dem  Ge- 
danken um,  dem  Beispiele  Preussens,  Spaniens  und  anderer 
zu  folgen')  und  mit  der  Republik  einen  Separatfrieden 
abzuschliessen.  Dass  er  übrigens  nicht  ganz  Unrecht  hatte, 
erfahren  wir  durch  Peter  Ochs,  der  selbst  an  solchen  Unter- 
handlungen beteiligt  war.*)  Es  fragt  sich  aber  doch,  ob 
Oesterreich  je  nach  Umständen  nicht  trotzdem  geneigt  ge- 
wesen wäre,  die  schweizerische  Neutralität  bei  Basel  zu  ver- 
letzen; wenn  es  dies  nicht  tat,  so  waren  es  jedenfalls  in  sehr 
geringem  Grade  Rücksieh  ton  auf  die  Schweiz  selbst,  die  es 
davon  abhielten.  Wir  wissen  aus  Dr.  Karl  Bronners  inte- 
ressanter Arbeit  über  diese  Episode,^)  wie  auf  das  Gerücht 
des  bevorstehenden  Einmarsches  und  die  Vorstellungen  der 
französischen  Botschaft  hin  die  Basler  Behörden  von  dem 
(österreichischen  Gesandten  und  dem  kommandierenden 
General  Wurmser  beruhigende  Versicherungen  verlangten 
und   aucli    erhielten;   Wurmser   erklärte,®)   ,,er   habe,   weder 

*)  C'orrespondence  Bd.  I  pp.   127,   140.   1 50.  — 

'^)  Correspondence  Bd.  I  pp.  137.  147  —  149,  152  ff.  —  Fauche-Borel, 
Memoircs  Bd.  I  p.  256  Bd.  IE  p.   24. 

3)  Corrcspondencc  Bd.  I  pp,    147.    153.    155.    156.   159.  — 

^)  P.  Ochs.     Bd.  VIII  p.    178. 

*)  Karl  Bronner.  Der  Diirchzujj  der  Kaiserlichen  im  Jahre  1791  und 
die  Neutralität  Basels  während  des  ersten  Koalitionskrieges  1792 — 99.  Basd. 
Hei  hing  und  Lichtenhahn. 

•)  St.  A.  Basel.     Politisches  Y.     2.  38. 


WlJliatn  Wickham^  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc. 


Jl 


von  Seiner  kaiserlichen  Majestät  einen  die  Verletzung  dea 
schweizerischen  Bodens  bedrohenden  Änftrag  erhalten,  noch 
viel  weniger  ans  eigenem  Aütrieh  zu  einer  ähnlichen  Ver- 
mutung Gelegenheit  gegeben."  Dieiser  Brief  an  den  Stand 
Busel  ist  vom  31.  August  1795  datiert.  Baron  von  Degel- 
mann,  der  kaiserliche  Gesandte,  hatte  Tags  zuvor  schon 
Basel  ebenfalls  versichert.*!  dass  ^So  wie  mir  in  Betreff  des 
Gegenstandes  der  von  denselben  geäusserten  Vernnitungen 
und  Besorgnisse  nichts  bekannt  ist,  ebenso  habe  ich  irgend 
keine  Ursache  zu  zweifeln*  dass  Se.  k.  k.  Majestät  die  dem 
löbl.  Stande  Basel  bei  jedem  tunlichen  Anlasse  bisher  be- 
zeugte wohlwollende  Gesinnung  demselben  femer  zu  be- 
weisen geneigt  sein  werde.**  —  Nun  finden  wir  aber:  L  Dass 
Degelmann  kurz  vorlier  in  Rheinfelden  mit  Wickhain  eine 
Üntt^rrf^dung  gehabt  hatte/)  worin  die  Möglichkeit  dur 
Neutralitätsverletzung  ins  Auge  gefasst  und  die  Präzedenz- 
fälle geprüft  worden  waren;  2,  dass  die  Oesterreicher  An- 
fang»  September,  also  nach  Abgabe  der  beruhigenden 
Versicherungen  an  Basel  die  Absicht  bekunden,  einen 
Boten  nach  Wien  zu  schicken,  um  die  Frage  des  Durch- 
marsches durch  Basier  Territorium  untl  den  Jura  zu  er- 
örtern; **!  3,  dass  General  Bellegaide  in  einer  Unterrudung,  die 
er  am  7.  September  —  also  ebenfalls  später  als  Wurmsers 
Brief  —  mit  Wickham  in  Freiburg  i.  B,  hat,  erklärt,  dass,*) 
wenn  die  neuen  Rekognoszierungen  Mr  einen  TJebergang 
über  den  Rhein  zwischen  Basel  und  Strassburg  ebenso 
ungünstig  ausfallen,  wie  die  früheren,  ^die  Oesterreicher 
ihre  Aufmerksamkeit  sehr  *n'nstliaft  anf  den  Durchgang  durch 
die  Schweiz  richten  würden  ,  .  ,  ,  ,  und  im  Falle  der  Wiener 
Hof  es  gestatten  wolle,  er  (Bellegarde)  sehr  für  Eoipt'ehlung 
der  Ma^ssregel  sein  werde  ;^  4,  dass  schon  drei  Monate  früher^ 
am  31*  Mai,    von    der   vorderösterreickischeu   Regierung   in 

«)  St.  A.  Basel.  Politisches  V,     2,   38.  ^ 

*)   P.  R.  O.  No,  ir   (F.  O.)  Enclonurc  m  No.   71    B;iron  de  Degelmann 

a  Wickhum  Bäle  te  31  Aout   ir<^S. 

3)  P,  R.  O.  No.  M  (F.  O.)  Wickham  to  Lord  Greuville  No.  69.  Mül* 
heim  6  Sept.   1793. 

♦)  P.  R.  O.    No.  t%    (F,    O,)    Wikhatn    to    Lord    Grcnville,      Private, 

Fribourg  i.  B.   7  S«pt.  1795» 


i' 


Charles   D.  Botircarl 


Freiburg  ein  Gutachten*)  zu  H«nden  des  kaiserlichen  Oe- 
nerab  -über  die  Motive,  welche  einen  Durchpass  dnr<h 
Basier  Territorium  rechtfertigen  würden,^  abgegeben  wui 
—  Hierzu  ii>t  ferner  noch  zn  bemerken,  dasü  im  Septenjl 
1795  Wickliani  selbst  den  Durchinursch  durch  die  Schweiz 
aus  politischen  wie  aus  militilriÄchen  <!Tründon  gar  nicht  m€ 
für  ratsam  liäh  und  dass  es  jetzt  die  Oesterreicher  sif 
die  den  tTedanken  wieder  aufnehmen;  wenigstens  so  stellt 
Wickhaui  die  Sache  dar."*!  Immerhin  macht  er  cüe  Offerte 
für  den  Fall  des  Einmarsches,  ausser  der  Armee  Conti 
noch  15t XX)  Oesterreicher  in  direkten  englischen  Sold 
nehmen.-*  —  Eodlich  sei  noch  einer  Version  gedacht, 
Fauche-Borel  in  seinen  Memoiren  gibt'''  Er  stellt  ilie  Sa 
m)  dar,  als  hätt^  General  Pichegru.  mit  dem  gerade  nm  je 
Zeit  die  ersten  Unterhandlungen  stattfanden,  die  Verletzung 
der  baslerischen  Neutralität  auch  empfohlen,  um  auf  Schweia 
boden  eine  Vereinigung  seiner  Armpi^  mit  derjenigen  Con^ 
zw  bewerkstelligen  und  von  da  ims  durch  die  Franc 
Comt6  auf  Paris  zu  marschieren.  Zwar  stellte  der  frar 
sischft  Legationssekretär  Bacher  in  einer  Note  vom  2i\  Augua 
den  Einmarsch  der  Franzosen  in  Aussicht  für  den  Fi 
da,st?  die  Schweiz  zu  schwach  sei.  die  Oesterreicher 
weisen;  aber  einmal  war  Bacher  keineswegs  in  die 
handlungen  mit  Pichegm  einge%veiht  (und  er  wäre  at 
nicht  dafür  zu  haben  gewesen),  und  dann  waren  di| 
Intriguen  kaum  schon  so  weit  gediehen,  dass  Pichegru  es 
mit  seiner  Armee  hattt»  wagen  dürfen,  sozusagen  zum  Feinde 
überzngehen.  Zweifelsohne  würde  auch  Wickham.  der  dama 
in  dieVerhandlungen  mitPichegru  hineingezogen  wurde,  de 
Plan  dem  Lord  Grenville  mitgeteih  haben;  er  erwähnt  ihn  alj 
auch  nicht  mit  einer  Silbe.  Da  Fauche-Borel  im  iibrigen 
nicht  sehr  zuverlässig  angesehen  wnrden  darf,  so  köni 
wir  dessen  Version  wohl  ruhig  bei  Seite  legen. 

^)  P.  R.  Ü.  No,  ti  (F.  O.)  Endo&ure  id  No.  7t,  Exirfiit  de  Li  fra* 
duction  d*iine  tetlre  remisc  ä  M.  le  general  de  Wormser  ä  Fribourg  Ic 
31   Mai    1795  par  la  Regencc  de  VAutriche  antcricure, 

»)  P.  R,  O,  No.   1 1    (F-  O.)  Wickham  to  Lord  GrcDv-itlc  No.  69. 
beim  6  Sept.  1795.  —  Ibid*     No,  t»8.     Lausauiie  26  Aug.    17^>5. 

•)  Fauche-Bortl  Bd.  1  p,  235.  256. 

*i  St  A.  Basel.     Politbchc«  Y.     3.  38. 


,  William  Wkkham»  britischer  Ge&aodter  in  der  Schweiz  etc. 


35 


I  BekanntHcli  kam  ^*i^  dann  nicht  zur  beabsichtigten 
Bf eiitralitÄts Verletzung;  die  Franzosen  hatten  auch  zeitig 
Igeniig  ihre  Gegenmassregeln  ergriffen* 

I  Ein  Jahr  später  ireilieh,  Viei  tlor  Belagerung  des  Brücken- 

Bcopfes  von  Hüningen.  lietraten  allerdings  österreichische 
[Abteilungen  den  Basier  Boden.  Wir  haben  frülier  erwähnt, 
Idass  Wickhani  von  jeher  für  den  Fall  einer  Belagerung  von 
iHüningen  die  Verletzung  der  Schweizerichen  Neutralität 
■als  absolut  notwendig  erklärte;';  er  stellte  dabei,  als  ^natüi*- 
I liebes  E^H:ht"  das  Priuzip  auf,  dass:  ^Wenn  ein  Staat,  sei 
lesHus  Schwäche,  sei  es  in  böser  Absicht,  einem  andern  Staate 
■gestatte,   Befestigungen  innerhalb  Kanonenschussweite  von 

seinem  Territoriaui  zu  errichten  und  in  solcher  Stellung^ 
I  dass  diese  Befestigungen  zu  feindseligen  Handlungen  gegen 
leinen    dritten    Staat    dienen   können,   so   müsse  jener  erste 

Staat  für  alle  Folg»^n   solcher  iHikiung  verantwortlich    sein 

md  habe  kein  Recht,  sieh  zu  beklagen,  wenn  der  dritte 
tStaat    die     zu     seinem     Sihutze     notwendigen     ^lassregeln 

ergreife.* 

Narh  dnm  verfehlten  Sturm  auf  den  Brackenkopf  am 
l3ü.  November  17'Jt>  berichtete  dann  Wickham-j  über  das 
[Ereignis  selbst   und    die    darauf  folgenden   Kt^klamatiouen. 

I^eider  gibt  er  uns  aber  keinen  AufscKluss  über  die  Frage 
Ider  Beteiligung  haslerischer  (Offiziere  an  der  Gel>ietsver- 
jletzung;*!  er  Ijeruft  sich  für  die  Einzelheiten  auf  einen 
■Bericht  des  Obersten  Craufurd  (englisclien  Kommissärs  bei 
[der  Cond^ischen  Armeen,  von  dem  wir  aber  in  Bern  keine 
ibschrift  besitzen:  ifass  er  aber  den  angeldichen  Landes* 
l-verrat  der  Herren  Kolb,  Merian  imd  Burckhardt  etc.  nicht 
ferwähnt,  auch  später  nicht,  dürfte  doch  zu  Gunsten  der 
[Unschuld  dieser  Offiziere  sprechen.*) 

Dagegen    berichtet  AVickham  über    tue  Bernertruppen, 

lie     zur     Anfrechterhultnng     der     Neutralität      aufgeboten 

»)    P.  R.  O.    No.     II    (F.  O,)    Wickham    tn    Lord    Grenville    No.  68. 

^B  «)  P.  R.  O.    No.  72    {K,  (K)    Wkkham    to    Lord    Grcnville    Xo.   103. 

^hefu   1 1  De^,   1 706. 

J^  h  P*  Ochs.     Bd.  Vni  pp,   2\$,  214. 

*i  Vcrgl  K,  Wiekud:    Ein    Staatsprozcss    ans    den  letxteo  Tagtii  der 
alten  Eidgenossen schafi.     Basier  Jahrbuch   1893  p.   18  ff* 

^m        BASIer  Zeilichr.  t.  Gesch.  und  Altertum,    Vit,  L  3 


34  Charles   D.  Bourcart. 

worden  waren,  folgendes:*)  ^Die  Wahl  der  Tnippeii- 
kommandanten  sowohl  als  des  Deputierten  (v.  Erlach),  der 
von  diesem  Staate  nach  dem  Kanton  Zürich  gesandt  worden, 
ist  die  beste,  die  getroffen  werden  konnte.  Da  alle  Er- 
nennungen und  die  Leitung  der  ganzen  Angelegenheit  dem 
Schultheissen  von  Steiger  anvertraut  ist,  so  sind  sie  alle 
persönlich  den  Interessen  der  Allierten  ergeben  und  werden 
alles,  was  in  ihrer  Macht  liegt,  tun.  um  den  Franzosen 
einen  tötlichen  Stoss  zu  geben,  wenn  sich  eine  günstige 
Gelegenheit  darbieten  sollte,  vorausgesetzt,  dass  sich  die 
Oesterreicher  mit  gewöhnlicher  Vorsicht  benehmen  und  sich 
den  Anschein  der  Achtung  für  sie  persönlich  und  im  be- 
sonderen für  ihren  Kanton  geben.  Ich  habe  sie  heimlich 
mit  EinführungS'  und  Empfehlungsbriefen  an  die  öster- 
reichischen Generale  versorgt  und  habe  ausführlich  an  Baron 
Degelmann  und  General  La  Tour  über  die  Angelegenheit 
geschrieben,  um  ihnen  zu  erklären,  wie  weit  die  Oester- 
reicher mit  Sicherheit  gehen  können,  nicht  nur  ohne  fürchten 
zu  müssen,  sich  in  endlosen  Zänkereien  mit  den  Schweizer- 
kantonen zu  kompromittieren,  sondern  auch  mit  der  sicheren 
Aussicht  auf  Untef'stützung.  .  .  .'^  Kommentare  sind  hier 
wohl  überflüssig;  über  die  Gesinnung  aber,  welche  die 
Bemer  und  andre  Eidgenossen  wenige  Wochen  später  den 
Baslern  gegenüber  hegten,  urteilt  Wickham  wie  folgt:*) 
,,Die  Magistrate  von  Basel  werden  in  beständigem  Alarm 
und  Aufregung  erhalten  und  sie  ermüden  die  andern 
Bundesstaaten  mit  ewigen  Anfragen  um  Bat  und  Unter- 
stützung. Der  Kanton  Luzern  und  die  kleinen  katholischen 
Orte  haben  ihnen  kategorisch  beides  verweigert  und  ich 
sehe  ganz  genau,  dass  die  Geduld  von  Bern  und  Zürich 
beinahe  erschöpft  ist." 

Wir  müssen  nun  zeitlich  zurilckgreifen,  um  auf  eine 
Angelegenheit  zu  sprechen  zu  kommen,  die  Wickham  in 
<nnen  scharfen  Konflikt  mit  Basel  brachte. 

«)  P.  R.  O.  No.  72  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  GrcnviUe  No.  90 
Bern   5  Oct.   i7<)(^. 

*)  P.  R.  O.  Xo.  72  (R.  ().)  Wickham  to  Lord  GrcnviUe  No.  112 
Bern   28  Dec.   1796.     Vergl.  dagegen  K.  Bronner  p.   148 — 151. 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  35 

Im  Februar  des  Jahres  1795  war,  wie  oben  ei-wälint, 
ein  gewisser  Chevalier  d^Artes,  *)  ein  französischer  Emigrant, 
durch  Lord  Grenville  in  die  Schweiz  zu  Wickham  geschickt 
iworden.  Er  schien  zur  Anzettelung  von  Intriguen  in  der 
Franche-Comt^  und  zur  Anbahnung  von  Korrespondenzen 
mit  Paris  und  andern  ähnlichen  Geschäften  besonders  ge- 
eignet und  wurde  Wickliam  warm  empfohlen;  immerhin 
warnte  Lord  Grenville  seinen  Gesandten,  er  solle  d*Arte9 
keine  Geheimnisse  enthüllen,  die  nicht  zu  dessen  spezieller 
Betätigung  gehörten  und  er  solle  auch  nicht  zugeben,  dass 
d'Artes  als  mit  einer  offiziellen  Mission  der  englischen 
Regierung  betraut  erscheine;  der  Staatssekretär  machte 
Wickham  ebenfalls  auf  die  nahen  Beziehungen  dieses 
Emigranten  zu  den  französischen  königlichen  Prinzen  und 
die  wegen  dieses  Verhältnisses  notwendige  Vorsicht  auf- 
merksam. D'Artfes  ging  unter  der  Marke  eines  französischen 
Offiziers  in  englischen  Diensten.^) 

Wickham  scheint  nun  den  Franzosen  sehr  gut  auf- 
genommen zu  haben:  er  behandelte  ihn  sozusagen  als  (»in 
Mitglied  seiner  Familie^)  und  attachierte  ihn  mehr  oder 
weniger  offiziös  seiner  Gesandtschaft,  da  der  Mann  sonst 
riskierte,  als  intriguirender  Emigrant  in  der  Schweiz  über- 
haupt nicht  geduldet  zu  werden.  Er  verwendete  ihn  zu 
verschiedenen  Vertrauensinissionen:  im  Juni  1705  schickte 
er  ihn  in  die  Nähe  Basels,  aber  auf  österreichisches  Gebiet, 
um  die  Korrespondenz  mit  der  Armee  Contl^s  zu  erh^ichtern; 
im  Juli  sandte  <»r  ihn,  wie  wir  oben  sahen,  nach  Wien, 
und  als  d'Artes  von  dort  zurückkehrte,  wies  ihn  Wickham 
nach  Basel,  um  von  dort  aus  Beziehungen  zum  Elsass  und 
den  dortigen  französischen  Tnippen  zu  pflegen:  auch  sollte 
er  eine  Korrespondenz  mit  Paris  und  sogar  womöglich  mit 
der  Vendee  anknüpfen;*»  im  Falle  ihm  abt.»r  die  Behörden 
für  seinen  Aufenthalt  Schwierigkeiten  machten,  sollte  er 
sofort  zu  Wickham  kommen,    da    sich  dieser  gerade  damals 

»>  Corrcspondencc  Bd.  I  p.  25. 

*)  St.  A.  Basel.     Politisches  Y.   2.  ^S     Sept.   20.      I7t)f;. 
')  P.  R.  O.    No.  ()3    (R.    O.)    Wickham    to    Lord    Grenville    No.    S4. 
I^usanne  2  Nov.  1795. 

*)  Receuil  de  la  correspondance  saisie  che/  Lemaitre  No.   i<). 


3^>  Charles  D.  Bourcart. 

in  Mülheim  aufhielt.  Schon  nach  zwei  Tagen  nun  wurde 
d'Art€s  vor  die  Fremdenauf sichtskommissiou  zitiert^)  uud 
aufgefordert,  die  Stadt  sofort  zu  verlassen.  Statt  seinem  Chef 
zu  referieren,  wie  ihm  befohlen  war,  suchte  d'Artes  die 
Häupter  auf,  wies  seine  Pässe  vor  und  erklärte,  er  sei  der 
englischen  Gesandtschaft  attachiert,  worauf  ihm  die  Erlaubnis 
zu  bleiben  «auf  die  netteste  Art"  erteilt  wurde.  Wickham 
war  mit  diesem  Verhalten  seines  Agenten  nicht  ganz  ein- 
verstanden, da  er  dessen  Beziehungen  zu  seiner  Gesandt- 
schaft nicht  gern  offiziell  zugeben  wollte;  indessen 
Hess  er  den  Dingen  ihren  Lauf,  da  das  Verbleiben  des  Herrn 
d' Art  es  in  Basel  von  der  allerhöchsten  Wichtigkeit  schien; 
er  Hess  sogar  durch  Vermittlung  des  Wilden  mann  wirts 
Merian.  bei  welchem  d^\rtes  logierte,  diesen  letzteren  den 
Behörden  als  einen  vorsichtigen  und  diskreten  Offizier 
empfehlen,  den  er,  der  schlechten  Postverbindungen  wegen, 
zur  Weiterbeförderung  seiner  Korrespondenz  unumgänglich 
brauche;  er  fügte  bei,  er  sehe  von  offiziellen  Schritten  ab. 
indem  er  annehme,  es  sei  auch  den  basler  Behörden  so 
angenehmer.  Als  Wickham  darauf,  am  10.  September,  von 
Mülheim  kommend  durch  Basel  reiste.  Hess  ihn  Bürgermeister 
Burckhanlt  durch  den  Syndic  Rigaud  von  Genf  i^Wickhams 
Verwandten,  der  gerade  in  Bas(4  weilte,  fragen,  ob  d'Artes 
wirklich  in  irgend  einer  Weise  zu  dessen  Personal  gehöre, 
was  l)«\iaht  wurde:  hierauf  wurde  vom  Bürgermeister  wieder 
erklärt,  in  diesem  Falle  biete  dessen  Hierbleiben  keine 
Schwierigkeiten.  Man  hätte  nun  glauben  sollen,  die  Sache 
sei  in  Ordnung.  Doch  schon  am  29.  September  berichtete 
d'Artes  wieder  von  Schwierigkeiten  mit  den  Behörden,^ 
und  zwar  lag  dens^^lben  ein  Vorgang  zu  Grunde,  der  sowohl 
im  hiesigen  Ratsprotokoll  als  in  d'Artes  Rapporten  ge- 
schildert wird.  ^) 


')  P.  R.  O.  Xo.  63  (R.  O.)  AVickham  to  Lord  Grenville  Xo.  84. 
Lausanne   2   Xov.    iji)^. 

-.  V.  R.  ().  Xo.  63  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grenville  Xo.  84. 
Lausanne   2   Xov.   1795. 

a)  P.  R.  O.  Xo.  12  (F.  O.)  Enclosure  in  Wickhams  No.  84.  Rapport 
de  ce  (\\u  s'est  passe  relativement  ä  Tarrestation  de  M.  Je  comte  de  Viela. — 

St.  A.  Basel  RatsprotokoU  1795.  ^ept.  19  p.  366,  Sept.  23  p.  270. 
Sept.  26  p.  374.  — 


Wtttiftni  WickKam»  bricisclier  Gesandter  in  der  Schweif  etc. 


37 


I  Am  20*  September  1795  kam  ein  gewisser  Graf  Louis 

Ide  Lttbaye  de  Vi^Ia,    ehemaliger  I>ragonernbersi   in  köiügt 

tfranzösischeu   Difiisten.  nach  Basel,  auf  der  Durchreise  von 

I  DeutsclihiDd    nach    Bern,    wo    er   seit    drei   Jahren  wohnte; 

f  er  logierte  iin  Wilden  Mann    und    brachte    den  Abend  mit 

seinem  engeren  Landsmann,  dem  Chevalier  d'Artes  zu.  Tags 

darauf  reiste  er  zu  Fn.ss  gegen    Stdothurn  ab.     In  Höllsti*in 

kehrte  der  durstig  gewordene  Dragoner  ein:   er  sass  allein 

an  einem  Tisch  und  hatte  seinen  Hut  neben  sich  hingelegt. 

Da  konunt  einer  von  einem  Neben  tische  her  und  bctmclitet 

sich  den  Hnt,   stellt   einige   Fragen    über   die  schime  Koj>f- 

bedeckung   und    knüpft   auf  diese  Weise  ein  Gespräch  an, 

Wfibei    er    bald    auf    den   Kriegsdienst  zu   sprechen  kommt- 

Der  Mann.  Rutlolf  Häfelfinger  von  Sissach,  erklart,  er  habe 

Lust  sich  anwerben   zu  lassen:   er  sowohl   als  sein   Freund 

iHans  Ltidin  aus  Ramlinsburg,   th*r    ilanoben   steht;    ob    der 

■  Herr  sie  nicht  für  die  Arm<^e  des  Prinzen  von  Ctmde  an- 
|i^*erben  könne?  Hierauf  ermuntert  4 Traf  Vi^lii  ili*>  Leute 
Izu  ihrem  Vorhaben,  verspricht  ihnen  ein  unsehnliclieN 
(Handgeld  und  gibt  ihnen  schriftlich  die  Adrt^sse  des  Ht^rrn 
I  d'Artes  in  Basel,  an  den  sie  sich  für  die  weitere  Ausfühning 

■  des  Planes  wenden  sollen.  Häfelfinger  und  Lüdin  verlassen 
liiun  das  Wirtshaus,  veranstalten  auf  der  Strasse  eine  Volks- 
lansammlung;  ^es  sei  ein  Falschwerber  da.  der  sie  für  die 
ICond^ische  Armee  habe  anwerben  wollen,^  und  als  Vi^la 
|»nch   herauskommt,  um   seine    Reise   fortÄuaetzeii.   wird  er 

■  gefangen  genommen,  vor  den  Landvogt  nach  Wald^idnirg 
l^efiilirtt  und  dieser  meldet  dann  den  ganzen  V'organg  an 
Imeine  gnädigen  Herren  nach  Basel.  —  Die«g  die  Versiun 
■des  Häfelfinger.  —  Die  ganze  Gesellschaft  wird  nun  nach 
yäjjflel  beordert  und  von  der  Werbungskammt»r  idnv<*rnomm»?n^ 
Hw  welche  d'Artes  ebenfalls  zitiert  winl,  =-  Vr»*la  b«'teuert 
laber  seine  Unschuld:  er  gebe  sich  mit  Werbgescliäften  nii^ht 
lab;  es  sei  nicht  wahr,  dass  er  Handg»dd  Ängi*bot»*ii  habe; 
[was  Häfelfinger  in  seinem  Kattdem'el**ch  geüprochwii^  habe 
ler  nicht  alles  verstanden ;  er  habe  oft  . Ja^  g^^g^^  «"r  "«" 
letwa^  zu  antworten  und  habe  die  AdrfviHiie  A^n  d*Art^  g*>* 
■geben,  um  den  Kerl  lossuwenJen.  ohne  recht  zn  -  t  *  »,;tn^ 
iiVHS  Häfelfinger  damit  wollte.    —  Unni»  Lüdin^  II  : -r* 


38  Charles   D.  Bourcart. 

Zeuge,  versagt  total:  er  könne  nicht  französisch  und  habe 
daher  nichts  verstanden.  —  Häfelfinger  behauptet  hingegen, 
er  selbst  könne  nur  wenig  Französisch  und  habe  meist 
Deutsch  gesprochen  fwas  die  Aussage  Violas,  er  habe  den 
Mann  gar  nicht  verstanden,  sehr  glaubhaft  erscheinen  lässt). 
—  D^^rtes  endlich  beteuert  ebenfalls  seine  Unschuld.')  — 
Das  Eatsprotokoll  bemerkt  selbst:  ^Indessen  scheinen  die 
Aussagen  des  Häfelfinger  sehr  verdächtig  und  zweideutig, 
massen  er  gesteht,  dass  er  zuerst  den  Franzosen  gefragt 
„ob  er  werbe?  Wie  viel  Handgeld  er  gebe?^}"  Am 
26.  September  wird  trotzdem  vom  Rat  erkannt i*"*)  -Soll  der 
Louis  Viela  der  Haft  entlassen  und  ihm  angezeigt  werden, 
sich  von  Stadt  und  Land  zu  entfernen  und  soll  eine  Er- 
kanntnis  Herrn  Wildmannwirt  zugestellt  werden,  um  dem 
Herrn  d'Artfes  anzuzeigen,  hiesige  Stadt  und  Land  bis 
Dienstag  zu  verlassen.^  —  Warum  diese  Strenge  d'Artes 
gegenüber,  dem  man  nichts  Rechtswidriges  beweisen  konnte? 
Die  Ausweisung  hatte  für  ihn,  der  hier  anerkanntermassen 
im  Auftrage  des  englischen  Gesandten  niedergelassen  war, 
eine  ganz  andre  Bedeutung  als  für  Viela,  der  einfach  seine 
Reise  fortsetzen  konnte!  Die  französische  Gesandtschaft 
steckte  eben  hinter  der  ganzen  Sache  und  die  Werbungs- 
geschichte war  nur  eine  Machenschaft,  um  einen  Vorwand 
gegen  d'Artes  zu  haben;  dieser  erzählt  auch,  Häfelfinger 
sei  eigentlich  ein  Soldat  des  Basler  Kontingents  gewesen, 
der,  nachdem  in  Basel  die  beiden  französischen  Herren 
zusammen  gesehen  worden  waren,  verkleidet  dem  Vi61a 
nachgesandt  wurde,  um  durch  denselben  den  d'Artes  kom- 
promittieren zu  können,  also  ein  „agent  provocateur**.  Diese 
Version  hat  sehr  viel  für  sich  und  Bacher  hatte  offenbar 
bei  dieser  Intrigue  die  Hand  im  Spiel.  —  Die  einzige 
Milderung,  die  d'Artes  einstweilen  erringen  konnte,  war  eine 
Fristverlängerung  von  zehn  Tagen  ,,um  sich  zu  legitimieren^, 
da    er    sich,    unter    Beteuning    seiner    Unschuld,    auf    den 


»)  P.  R.  O.  Xo.   12   (F.  ().)  Enclosure  in  Wickhams  No.  84.    D*Artes 
ä  Wickham.    Bäle  28  Sept.    1795. 

^)  St.  A.  Basel.  Ratsprotokoll   1795.     Sept.  23  p.  370. 
^)  St.  A.  Basel.     Ratsprotokoll   1795  Sept.  26  p,  374. 


William  Wi-rkiir:,  irrj^isr  -jr^ani  rrrr   u.   inr  >:xvE:r  tr:.  -  - 

englischen  G^rsaiid:^-  '.»r-nr—iL  it~:-r. "  "»^j  £*.h^  i.  rri-r 
immer  noch  seinei*  V-rrTTtw^^Äii-Li.^-  iz.  Biör-1  ItIä^s-i.  zt: 
können:  von  B^m  a^i»  ISr-«-  ttT.  -s^^i-^:  iiril  ?rriL-ri.  T- ~-r. 
den  ancien  synJie  Bi^^'^i-  -i--  Btr^-r-n^r: :*^-r  ?.  3TLr:iLiiriT 
benachrichtigen.*)  «iÄäs  -rr  *5'.l  zjkiJLrr.^z^  hzi  rrii.^  W:..lr 
nach  Mülheim  r^eg-rcv-i.  ir-ri-T  "ii.i  '«rr-r:-:  -j-L  t^:^  :"'.  —  i-r 
Bürgermeister  eii;  ytshr  Zr-:lri.  »Llr-^ii'riL  ^  11-.  '-ri  ::e?-r:.. 
Anlass  Herrn  «i'Anie*  i_:».-  ür-^-ki-rr  j-,-  Trir-rkri^zir-i..  j.1s  -^ 
vorher  geschehen.  Elr  ^'l'.^k  ii-  r^i^L-rr  V:r^eiAllri.r.  >» 
iinregehnässig  e$  a^itL  s-rL  *!•  tni  t'ii^ki^  Irrmza  ~:.»^r:il-i.  i 
unbeachtet  hingeh-rii  larSr:-  W*rL^  dAn-r^  iii:  Ui-recL: 
gewesen  wäre,  würsi-  er  iL:,  k-i-rri.  A::gri.llkk  t-ejici-^TZri^ 
Auf  der  DurchreLi!^  ua  B&?<el  vrrrricL^rr-r  *:cL  "VTickriii:-:  i:irch 
genaues  Ausforschei-  «i-s  d'Ar:-r5.  lÄr*  JrriüTJrrli-rr^  i-::h:> 
vorzuwerf*='n  seL  Tiiid  r-ikürrT  üil.  -r  köi-i-rr  rnLig  V>:rrr:., 
wo  er  seL  IVich  a2*  •<:ii.'r-  w^r-ig^r  Ta^e  !?tiä:er  a:.. 
IH.  fJktober  d'An^  zn  iLn:  z^h/i'h  Mülieini  t&iii  t^A  t-e- 
richtete,  er  werde  wi^ier  ilit  A^sw^is^iig  bedroh:,  iall?  er 
keine  I>E^itima:io:i  vorwei-^e.  ej.^s^.Ljos*  *>:'h  eLi'iii-ih  Wf.ikLäi:- 
selbst  einen  Brief  aii  Bürg^riLriiier  B^ir^kharit  r::  s-ihr-ri'-r^ 
und  dem  Ch-valier  gl-^i'.ii  iiA^.ziz^'.'-rZ:^  I-  «iier^ei^-  Br.-f- 
hie>s  »^>  aTislrick'iiih:*  -J*a:  !':.<.  :.'je:;r  ;-r  j  reTe:.:r  V  :r-- 
Excelleiice  «-Tie  3L  Ir-  cLevaiier  •i'Ar--"r  V'^f  <>f  a^l-vh'  '\  mi 
raission  s^  pr«.»;^ -*-.  'i*apr-^  le«?  ■  r«ir^-  o*:-  'e  li:  a:  d-  :.:-e>. 
d»'  passer  ^juel-jue^  "our*  'i&:>  vv:r-r  vil.r  ..."  Tii-d.  v-l-scii' ■:. 
d^-iji  d'Anes.  währe li-i  seir.e^  A-ii-LTbä-'r-rS  ir.  Müih»rii:-  iix 
seiner  Wohnuijg  der  A'::'rw»^is-:i.gsr.^fvL]  z'ig-sTeiit  wor«ie:: 
war.  2:weifeite  AVir-khaua  :JcL:.  iars  r^aori  iies^::^  Briv:  ai. 
den  Bürgernieister  di-  Ba>l-r  <if:h  zorriede:;  gvNvü  wiiriv:.. 
l>:xh  die  Franzos*-n  iiesseu  die^ei»  k»r;ne  Ruh-:  nacli  ieiii  iir- 
(.Teschichte  mit  dem  Häi-innger  *\oi:\i  Dicht  gauz  i.\'A\ 
Willi <ch  ausgefalleii  war.  ka;:,T:j  Tie-;e  Kiagei;-  Ein  Sthrr^r!  -v:. 
des    franzosischeij    •Teneral'^    I»*r:a*r"rde    iii  Blotzhei::-.    v.^ii: 


■    St.  A.  Bi5^'..  R:itt:rc!cko''.   17-5.  >e::.  50  f.   ;7^i. 

-    P.  R.  O.  No.  '5    R,  •'      \Vkkh::m    f.    Lcrd  «jrcnvir.e   Xo.  Si   .it. 

'    St.  A.  BaKl.  Polit-Kb«  Y.    r.   5>.    Wickhura  aa  BurcKCardi.  Mül- 
be!::;    !>*.  Okt.   \'*4^. 


40  Charles   D.  Bourcart. 

3.  Oktober,  .verzeigte  «als  Falschwerber,  embaucheurs. 
f)  Emigranten,  die  auf  den  Grenzen  als  Emissaires  der 
Engländer  ihren  Unfug  treiben:  sie  heissen  Waldene. 
fl'Artes.  Chevalier  de  la  Roche,  Frangois  und  Hirt.*'*  Dela- 
borde  klagte  namentlich,  dass  ihm  .seine  Freiwilligen  al)- 
spenstig  gemacht  würden.--  was  ja  allerdings  im  Plane 
Cond^s  und  Wickhams  lag.  Der  Rat  von  Basel  fand  niii^ 
df)ch.  dass  die  Sache  eine  etwas  unangenehme  Wendung 
nahm,  und  zog  die  eidgenössischen  Repräsentanten  zu  seineu 
Beratungen  bei:  es  waren  damals  F.  L.  J.  A.  Balthasar  von 
Luzeni  und  H.  J.  Postaluzz  von  Zürich,  also  liberale  Männer. 
Man  machte  zunächst  einen  Versuch,  den  Anforderungen 
nicht  ohne  Weiteres  nachzugeben;*,  es  „wurde  dem  Herrn 
General  gemeldet  ^  .  .  .  auf  Waldene  und  d'Artes  sei  noch 
nichts  den  hiesigen  Gresetzen  zuwider  zum  Vorschein  ge- 
kommen und  als  neutraler  Staat  sei  man  schuldig,  für 
Empfehlungen  von  einer  wie  von  der  andern  Seite  gebührende 
Achtung  zu  tragen  .  .  r  Aber  man  kam  übel  an :  mit  einem 
Schreiben  vom  1^  vend^miaire  an  IV  ill.  Okt.  1795i  das 
Barthelomy  noch  am  23  vendemiaire  •  15.  Okt.i  mit  einem 
Begleitschreiben  versah.  ^=  drohte  Delaborde  ^dem  Comite 
de  Salut  Public  .  .  .  die  notorischen  Facta  vorzulegen.  .  .•^*} 
Das  wirkte,  und  am  17.  OktolxM-  wurde  erkannt:**;  ^Soll 
ihm  (dem  d'Artes)  angezeigt  werden,  sich  in  Zeit  von 
24  Stunden  von  hier  zu  entfernen,  und  wird  Herr  Merian 
darauf  sehen,  dass  er  wirklich  verreist.'*  Als  hierauf  d'Artes 
das  obenerwähnt^^  Schreiben  Wickhams  an  Burckhardt  ein- 
reichte, wurde  am  21.  Oktober  beschlossen. 'i  bei  der  er- 
gangenen Erkenntnis  dennoch  zu  verbleiben,  dem  britischen 
Minister  gleich  vom  Rate  und  nicht  zuerst  vom  Bürgermeister 
antworten  zu  lassen,  damit  er  nicht,  um  Zeit  zu  gewinnen. 

«)  St.  A.  Basel.  Ratsprotokoll    1795   ^^^^'  3  P    3^3- 

2)  St.  A.  Basel.  Politische^  V.  2.  38. 

')  St.  A.  Basel.  Politisches    V.    2.    38    Abschied    der    Repräsentanten 

vom    iS.  Sept.  l)is   14.  De/.   17«» 5  p.  <).    12.    13.  — 

*)  St.  A.  Basel.  Politisches  Y.   2.  38. 

*)  St.  A.  Basel.  Ratsprotokoll    i7.)5.     Okt.    17   p.  39*). 

•)  St.  A.  Basel.  Ratsprotokoll   1705.     Okt.   17  p.  401. 

")  St.  A.  Basel.  Ratsprotokoll   1795.     ^-^^^-  -»   P-  402. 


William  Wicii 

Hocliinal^    an    dim    Rat    gelangen    könne,    und   an   General 

Delabord»»  und  BarTliplomy  zu  bomt^rken  ^dajss  dem  d'Art^H 

€>r*if   neulieh  insinuiert  worden.  t?iich  von  hier  wegzubegehen.-^ 

Im  Brieft>  au  Wiekhani')  wurde  nichts  anderes  vorgebracht 

»Is,  Jiiss  d*Artes  „aus  Achtung  für  den  Herrn  Minister  aut 

dein  Vorgeben,  dass  er  von  demselben  Aiü'träge  hal>e,  bereits 

eia  längerer  Aiifenthalt  als  andern  Fremden  gestattet  worden 

Mi  mid   als   er    nach    des   Rats  Verordnungen   «chon  hätte 

verreiöen  gölten,  ein  selir  starker  Verdacht  auf  ihn  gefallen^ 

dskss  er  auch   mit  WerbungsgeschUften   sich  aV»gegel»en;  ,  .'^ 

Dicht  ohne   Ironie   wurde  weiter  bemerkt:  *,  .  .  *  dass  man 

im  geringsten  nicht  einsehe,  dass  dessen  hier  auszurichtende 

Anftriigeaut'  die  VerbindungSi»iiierKöTugl.  GnKSshritannischen 

Majestät  mit  der  Schweiz  nur  den  aiindesten  Bezug  haben. '^ 

Wickham    w*ar   durch  dieses   Verhalten    der   Basier  K^^- 

gierung  natürlich  aulgebracht:  doch  hatte  er  kein  so  gute« 

iiewissen.  dass  er  auf  ein  Kecht  pochen  und  die  Sache  zum 

Aeusserßten  hätte  bringen  können:  er  schrieb  daher  an  den 

Rat  am  27.  Oktober,  •)  er  sende  den  Befehl  an  d'Artes,  das 

Basler  Territorium  sofort  zu   verlassen,  beklagte  sich  iibt^r 

ungleich,  offenbar  nicht  ganz  mit  Unrecht,   dass  man  nicht 

snuiächst  ihn  selbst   ersucht  habe,    seinen  Agenten  zurück- 

SEitziehen,     Das    etwas    scharfe    Schreiben   scheint    in    Basel 

einige  Besorgnis  erweckt   zu  haben,    zumal    da  unterdessen 

d'Artea,    der    sich    weigerte,     ohne   direkten    Befehl     Sidne» 

Chefs  abzureisen,    „manu  militari^  an  die  Grenze   gebracht 

worden  war.     n^eT  Herr  Minister  äussert  seine  Empfindliih- 

keit^  sagt  das  Rat^protokoll  vom  31.  Oktober/i   „da*is  man 

auf  seine  Empfehlung  nicht  mehr  Rücksicht  genommen,** 

doch  wird  beruhigend  konstatiert,  dass  Wickham  am   Enrii^ 

seines  Briefes  bekenne    .dass  ihm   die  besondere    Lage  tlm 

hiesigen  Standes  längst  wohl  bekannt  seL"    Wickham  »ein^r- 

is   erzählt**)    man    habe   damals   in  Basel   gefürchtet,    »«r 


h  St.  A.  Baicl.     Politisches  Y,  2,  j8.  —  RAt*prolok<jH   [7*i5    Okt. 

«)  St.  A.  B*icl.     Politische*  V    2.  j8. 
•^  St.  A,  B*i«l      R&tsprotokoU   17*^5.     Okt-  Jl  p.  414. 
«f  P.  R.  O*    No.  66    *R     *•      WickhMi    to    Lord  rtcroviU«.     Pn^atif. 
Lauiaiuie  2)  Nov.  t*95. 


4-  Charles   D.  Bourcart. 

möchte  ans  Rache  entweder  das  Condeische  Korps  auf 
Basler  Territorium  einrücken  lassen,  oder  man  werde  sich 
der  Personen  od^^r  der  Güter  der  in  London  wohnenden 
Basler  Vjeinächtigen. 

Die  Ausweisung  des  d'Artes  war  denn  wirklich  in 
ziemlich  schroffer  Weise  vor  sich  gegangen.  Zuerst  hatte 
man  ihm  den  Weibel  in  den  Farben  geschickt,  um  ihn  auf- 
zufordern, unverzüglich  Stadt  und  Land  zu  verlassen:*» 
dann  wurde  er  auf  sein  Zimmer  im  Wilden  Mann  konsigniert 
unter  Bewachung  eines  Wachtmeisters,  und  als  das  auch 
noch  nicht  fnicht«^te.  wurde  vom  Rat  am  28.  Oktober  be- 
schlossen: .,8oll  ihm  'dem  d'Artesi  durch  den  Ratsdienerin 
der  Farbe  angezeigt  werden,  sich  heute  noch  von  hier  weg- 
zubegeben und  das  hiesige  (iebiet  nicht  wieder  zu  betreten, 
widrigenfalls  werde  man  ihn  morgen  frühe  um  7  Uhr  in 
Begleitung  eines  Wachtmeisters  und  in  einer  Kutsche  an  die 
Grenze  führen  lassen.  Zu  diesem  Zwecke  wird  Herr  Merian. 
falls  Herr  Dartez  isio  sich  nicht  freiwillig  von  hier  heute 
entfernte,  dessen  Effekten  zusammenpacken,  eine  Kutsche 
bestellen,  dem  Wachtmeister  einen  kleinen  Taler  für  jeden 
Tag  bezahlen,  diese  Auslage  nebst  dem  Kostgelde  des 
Wachtmeisters  d^m  Herrn  Dartez  in  Rechnung  bringen  und 
die  Abreise  veranstalten.  .  .  .-  —  Dieser  Befehl  wurde  auch 
richtig  ausgeführt  und  d'Artes  kam  nach  Lausanne  zu 
Wickham.  der  ihn  jnit  seinen,  über  den  Vorfall  höchst  ent- 
rüstetHU  Depeschen  nach   London  sandte. 

Man  hat  den  Eindruck,  das5  sich  die  Basler  Regierung 
in  dieser  ganzen  Angelegenheit  dem  englischen  Gesandten 
gegcMiübcr  wohl  etwas  zu  rücksiclitslos  benommen  habe,  dass 
sie  sich  jedem  Winke  der  französischen  Gesandtschaft  allzn 
willfährig  zeigte,  und  dass  die  (lefahr  von  Repressalien  von 
Seiten  der  in  englischem  Solde  stehenden  Armee  des  Prinzen 
von  Conde.  vor  der  man  noch  wenige  Wochen  vorher 
gezittert,  keineswegs  ausgeschlossen  schien:  doch,  was  nicht 
in  d<*n    Ratsprotokollen  niedergelegt  ist,    was  wir  hingegen 

M  1*.  K.  (J.  No.  12  (F.  u.)  Enclosure  in  Wickhams  Xo.  84.  Extrait 
des  lettrcs  du  Chevalier  d'Artes.  —  St.  A.  Basel.  Ratsprotokon  ir95- 
Okt.  24  p.  408.  Okt.   2«  p.  412. 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  43 

den  späteren  Wickham'schen  Akten  finden,  kann  den 
izen  Vorgang  in  etwas  anderem  Lichte  erscheinen  lassen. 

Zunächst  ist  daran  zu  erinnern,  dass  gerade  in  jener 
t  die  Litriguen  mit  Pichegru  und  seiner  Armee  be- 
inen:  unter  die  Truppen  wurden  massenhaft  royalistische 
igblätter  verteilt;  es  machte  sich  unter  ihnen  eine  all- 
neine  Unzufriedenheit  geltend  und   die    Desertion  wurde 

jede  Art  begünstigt.  ^)     Die  republikanische  Regierung, 

nicht  recht  wusste,  durch  wen  diese  Wühlereien  betrieben 
rden,  wurde  offenbar  etwas  nervös  und  muss  ihrem  6e- 
dten  Vorwürfe  gemacht  haben,  die  ihn  veranlassten, 
jpelten  Diensteifer  an  den  Tag  zu  legen.  Man  darf  auch 
ht  vergessen,  dass  gerade  damals  das  republikanische 
ginie  eine  Krisis  durchmachte,  die  erst  durch  Nieder- 
rfung  des  Sektionenaufstaudes  am  5.  Oktober  ihre 
5ung  fand. 

Eines  der  Hau])tergebnisse  dieses  Sieges  der  Republi- 
ler  war  die  Entdeckung  und  Verhaftung  des  royalistischen 
uptkomit<?s  in  Paris  und  die  Beschlagnahme  seiner  sämt- 
len  Papiere.     An   der  Spitze   dieses  Komites  stand  nun 

gewisser  Lemaitre.  und  obschon  Wickham  seinen  Agenten 
varnt  hatte,  er  solle  sich  mit  diesem  Menschen  nicht 
lassen,  hatte  d'Artes  in  Basel  nichts  eiliger  als  gerade 
t  Lemaitre  eine  höchst  kompromittierende  Korrespondenz 
anknüpfen,  die  dann  richtig  auch  mit  den  übrigen  Papieren 

die  Hände  der  Sieger  fiel.-i  Man  kann  sich  denken, 
»s  dies  die  Lage  des  französischen  Ambassadeurs  nicht 
eichterte,  und  er  durfte,  wollte  er  es  mit  der  jetzt 
imphierenden  Partei  nicht  verderben,  einen  so  offen- 
ndigen  Wühler,  wie  d'Artes  es  war,  nicht  mehr  in  der 
fichen  Stadt,  kaum  zehn  Minuten  von  der  französischen 
enze  und  von  den  Armeen  der  Republik  entfernt,  dulden.'*» 

war  ihm  aber  offenbar,  wie  sich  wenige  Wochen  später 


»)  Vergl.  Fauche- Borel.  Memoires. 

»)  P.  R.  O.  Xo.  66  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grcnvillc  Xo.  07. 
a&aone  22  Dec.   1795. 

»I  P.  R.  O.  No.  63  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grenville  Xo.  84. 
QUQQe  2  Nov.  1795.  —  Thiers  et  Bodin:  Histoire  de  la  Revolution 
iK^&e.     Bd,  8  p.  64  (Ed.  Lecoiüte.  Paris   1827). 


44  Charles   D.  Bourcart. 

zeigon  soUt»^,  nicht  nur  clamm  zii  tiui.  den  Agenten  zu 
entfernen,  er  hätte  gerne  auch  den  Minister  Englands 
selbst  kompromittiert:  es  wäre  ihm  sehr  recht  gewesen, 
wenn  sich  AVickham  weniger  vorsichtig  gezeigt  und  vor 
einem  eigentlichen  Eklat  nicht  gescheut  hätte.  Jetzt  hatte 
Barthelemy  Akten  in  Händen,  mit  denen  er  Wickham  recht 
eigentlich  blamieren  konnte,  wenn  er  für  d'Artes  zu  energisch 
eintrat.  Es  wird  genügen,  wenn  wir  hier  nur  einen  kurzen 
Abschnitt  aus  einem  Briefe  des  d'Artes  an  Lemaitre  ^\'ieder- 
geben,  um  zu  zeigen,  wie  ersterer  wirklich  dachte  und  yne 
perfid  sich  auch  dieser  Emigrant  gegen  seinen  Brotherrn 
benahm.  Am  30.  August  schreibt  er  an  Lemaitre  wie  folgt:') 
«I^s  Anglais,  mes  commettants.  desirent  avoir  une  corr»^ 
spondance  suivie  avec  Paris:  ils  mont  charge  de  tächer 
de  r^tablir  pour  savoir  ce  qui  se  passe,  et  surtout  de  la 
lier,  si  la  chose  etait  possible.  avec  le  parti  Charette  et 
Chouans.  Ils  ignorent  que  je  suis  en  relations  avec  vous, 
par  consequent  ils  ne  voient  point  les  nouvelles  et  seulemeut 
de  temps  en  temps  je  leur  dis  que  j'ai  vu  une  lettre  de 
Paris  qui  dit  teile  ou  teile  chose:  comme  pour  parvenir  a 
savoir  ce  qui  se  passe,  il  faut  de  Targent.  que  pour  agrandir 
les  fentes.  y  penetrer.  donner  des  goiUes.  du  vin  de  Cham- 
pagne, il  faut  de  Targent.  que  nous  n'en  avons  point.  il 
taut  tächor  d»^  faire  payer  nos  d^couvertes  a  mes  Anglais 
et  alors  vous  seriez  mieux  instniit:  .  .  .  .  il  faut  convenir 
<le  nos  faits  c.  a  d.  que  comm*^  les  Anglais  verront  les  lettres 
originales,  il  faut  quVlles  n*^  contiennent  que  ce  qii'ils 
devront  voir.  Par  exemple  tout  ce  qui  serait  projet  d»> 
mouvement  interienr  ou  de  toute  autre  chose  qui  tendrait 
a  dijoiier  les  jndssances^  tout  cela  doit  etre  pour  uous 
ecrit  separement.  I/opinion  <lu  Roi.  des  Princes  dans 
rinterieur  etc.  tout  cela:  tout  cela  vous  sentez  bien  doit 
etre  tu.  Sur  toutes  choses  ne  parlons  pas  de  la  perfidie 
anglaise,  d^^  cello  de  Pitt  »^tc.  mais  seulement  quelques  legeres 
iuiprobations  ou  conseils :  tout  le  reste  de  la  politique  pourra 
etre  Ulis  a  decouvert:  intrigues  de  Vieime,  Celles  de  Doulcet 


')  Receuil    de    la    corresponiauce    saisie   chez    Lemaitre.     Brumaire  an 
V.  Xo.   w.  — 


^         45     V 

etc.    tont   peüt  se  dire:   ft   si  les  Aii^lais    poiivaient    meine      ■ 
liejouer  Vientie  puur  Madam«:^  Royale  la  chose  serait   bien^     H 

inais  ptHit-etre  sont-ilH  d'accord **  V 

Aber    nicht    nnr    auf    das    Verhältnis    zwischen  d^Artes      ■ 
und    seinem    Anfti'aggeber   warf    diese    Korrespondenz    ein      ■ 
eigentümliches  Lichte    sondern   sie   hätte   auch    den  Baslern       ■ 
genügende  Argumente  geliefertt  um  ihr  Verhalten  zu  rocht-       m 
fertigen,    hätte   Wickham    eine   schärfere   Tun  an    in  seinen 
Reklamationen    anschlagen    wollen;    denn    ans    dem    Brief- 
wechsel ging  deutlich  hervnr.  dass  sowold   d^irtes  als  auch 
der  andre  ausgewiesene  Agent,  Waldene,  die  ^o  ge  furch  tute 
Nentralitätsverletzung  herbeisehnten.    Schreibt  doch  Waiden^       ■ 
am    3L    August:*!    ^Ce  qu*il   y  a  de   certain,    c'est    que    les 
premieres  colonnes  sont  d4ja  arrivees  a  Fribourg  et  quo  77 
(Condei  va  ijiiitter  MeuJheim  isici  pnnr  vr-uir  a  ihnix  lieues 
d'ici  etablir  son  quartier  general  ä  Lorack  isiei,  de  sorte  que 
Ton  peut  prfenmer  quU  f/  aurn  uae  petite  vwlation  du  terri- 
toire  lml(m\  et  ceiies  ils  ne  s-y  opposeront  pas,  car  cela  leur 
conterait  ch^r  ...  Je  crois  Faffaire  arrangee  avec  les  Cantons 
pour    le    passage  ä    Texception   de  ceux  do  Zürieli  et  Bale. 
Mais  vous  concevez  qu'un  s'en  moque.     Eutin  nouö  voilä   a 

la  veille  de  grands  evenernents  de  tous  les  cotes **       ■ 

D'Artes  meldet  voller  freudiger  Erwartung  am  28.  Allgnst:^^ 
j^.  ,  ,  ,  Depnis  deux  juurs  votre  secretaire  d'ambassade  le 
sieur  Bacher  donue  notes  sur  notes  .  .  .  <)n  ne  sait  plus  ou 
donner  de  la  t€te;  les  Suisses  ne  sont  pas  en  mesure  et  le 
ierritoire  va  snremeni  f"4re  riole  par  tme  annee  de  soixante  ä 
Cfuaire  vingt  nulle  hothmeSj  foufes  les  plus  heUea  troupes  de 
t Empereur  qui  campent  depnis  Fribourg  et  environs  jusqu^ 
k  la  [MJrte  d**  Bäle.  Vuila  ou  les  choses  eu  sont  ..."  und 
Tags  daratif  erklärt  er:")  ^.  .  .  .  Les  Suisses  ?ws  anciens 
amis^  mais  que  je  deteste  bien,  se  pretont  k  tout  ce  qu'ils 
(les  patriotesi  desirent.  .  ,  .^  Wir  halben  vorhin  gesehen* 
dass  sich  die  Ba^^ler  Regierung  rleiii  Begehren  der  Franzosen 
aiifängiich  nicht   ganz  gefügig  zeigte.     Der  Umschwnmg  in 


*)  Recenil  de  la  corrcspondnace  saisie  chez  Lcmaitrc  Xo.  rj. 
*l  Receail  de  la  correspoadance  saisie  chen  Lemaitre  No.  i". 
*)  Kecettil  de  ta  correspotidancc  sni&ie  chcz  Lemaitre  No.   i8. 


4^  Charles   D.   Bourcart. 

den  Ansichten  des  Bates  trat  Mitte  Oktober  ein,  gerade  im 
Momente,  da  Barthelemy  von  dieser  Korrespondenz  des 
Lemaitre  Kenntnis  bekam,  ^i  Wir  dürfen  wohl  annehmen, 
dass  er  nichts  eiligeres  hatte,  als  die  Basler  Magistrate 
wenigstens  privatim  mit  derselben  bekannt  zu  machen  mid 
zu  erschrecken.  Wenn  nun  auch  Wickham  gegenüber  nicht 
die  leiseste  Anspielung  auf  diese  kompromittierenden  Briefe 
seiner  Agenten  gemacht  und  ihrer  im  Ratsprotokoll  auch 
nicht  mit  einer  Silbe  erwähnt  wird,  so  geht  doch  aus 
den  Umständen  mit  Evidenz  hervor,  dass  der  französische 
Botschafter  die  ihm  von  Paris  zugesandten  Dokumente  in 
gehöriger  Weise  auszunutzen  verstand.  Ganz  ohne  Opposition 
drang  übrigens  die  schärfere  Tonart  nicht  durch ;  die  franzö- 
sische Partei  soll  im  Rate  sehr  heftig  gedrängt  haben, 
bevor  man  sich  ihrem  Begehren  fügte :  so  berichtet  wenigstens 
Bürgermeister  Burckhardt  an  den  ancien  syndic  Rigaud 
etwas  entschuldigend.  ^) 

Bevor  Wickham  nach  Ausweisung  seines  Agenten 
weitere  Massregeln  ergriff,  referierte  er  nach  London;  er 
hatte,  wie  gesagt,  kein  ganz  gutes  Gewissen,  indem  er  ge- 
warnt worden  war,  er  solle  den  d'Artes  ja  nicht  offiziell 
als  einen  englischen  Agenten  anerkennen,  und  das  hatte  er 
doch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  getan.  Er  suchte  sich 
daher  bestmöglich  zu  entschuldigen;  denn  als  ihm  zum 
Ueberfluss  die  Korrespondenz  zwischen  d'Artes  und  Lemaitre 
zu  Gesichte  kam,  \vurde  ihm  die  Sache  erst  recht  un- 
angenehm-) "öd  «)  Indessen  Wickham  hatte  in  Lord  Gren- 
ville  einen  zu  guten  Freund,  als  dass  ihn  dieser  desavouiert 
hätte;  Grenville  lobte  im  Gegenteil  sein  bisheriges  Verhalten, 
legte  dabei  aber  allerdings  besondern  Nachdruck  daraui 
dass  Wickham  den  Namen  des  Königs  nicht  kompromittiert 


>)  P.  R.  O.    Xo.    63    (R.    O.)    Wickham    to    Lord    Grenville    Xo.  H- 
Lausaune  2   Xov.    1795. 

*)  P.  R.  ().  Xo.  r>3  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grenville  Xo.  SA- 
Lausanne  2  Xov.    17«)$. 

3)  P.  R.  ().  Xo.  ()h  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grenville.  Priv»."«'« 
Lausaune  23  Xov.  1795.  —  Ibid.  W.  to  Ld.  G.  Private.  Lausanne  27  X  ^^" 
1795.  —  Ibid.  W.  to  Ld.  G.  Xo.  97.  Lausanne  22  Dec.   1795. 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  47 

iiabe;\)  daneben  wurde  das  Verhalten  der  Basler  Regierung 
als  „ungebührlich"'  bezeichnet  und  Wickham  beauftragt,  eine 
Note  an  die  eidgenössischen  Orte  zu  richten,  worin  das 
Missfallen  Seiner  Brit.  Majestät  an  dem  „respektlosen-  Ge- 
bahren  des  Kantons  Basel  ausgedrückt  werden  sollte:  in- 
dessen wolle  der  König,  in  der  Ueberzeu^ung,  dass  die  Eid- 
genossen diese  Aufführung  missbilligten,  über  dieselbe 
hinwegsehen  Angesichts  der  besonderen  Lage  Basels  u.  s.  f. 
Nach  dem,  was  vorgefallen  und  bekannt  geworden, 
aoUte  hingegegen  die  Persönlichkeit  des  d'Artes  so  viel  als 
möglich  aus  dem  Spiele  gelassen  werden  und  die  ganze 
Sache  überhaupt  nur  so  weit  geführt  werden,  als  es  das 
Ansehen  des  Königs  absolut  verlange,  doch  ja  nicht  weiter.  — 
Beinahe  ein  ganzes  Jahr  sollte  indessen  vergehen,  bis 
Wickham  diesen  Instniktionen  einigermassen  Folge  leisten 
konnte.  Zunächst  musste  er  sich  noch  auf  der  Defensive 
halten;  denn  nachdem  Barthelemy  den  Agenten  losgeworden 
war,  richtete  er  jetzt  seine  Angriffe  gegen  den  Gesandten 
.  selbst 

Schon  in  der  beschlagnahmten  Korrespondenz  des  d'Artes 
fand  man  ja  genügend  Anhaltspunkte  um  Wickhains  Intri- 
guen  in  Frankreich  zu  denunzieren;-)  dazu  kam  aber  noch, 
dass  gerade  im  November,  da  der  Lärm  über  diese  An- 
gelegenheit sich  kaum  gelegt,  der  Agent  de  Bosigndn.  der 
sehr  kompromittierende  Papiere  bei  sich  trug,  an  dt»r 
Schweizergrenze  von  den  Franzosen  festgenommen  wurde.  ^) 
Wenn  sich  auch  keine  Schriftstücke  von  Wickham  selbst 
auf  ihm  vorfanden,  so  waren  doch  die  beschlagnahmten 
Akten  derart,  dass  sie  wiederum  die  Wühlereien  des  eng- 
lischen Gesandten  deutlich  zeigten.  Nicht  genug  an  dem 
kam  noch  dazu,  dass  um  die  gleiche  Zeit  zwei  Fass  Pulver 
iin  bernischen  Kantonsgebiet  beschlagnahmt  wurden,  von 
denen  es  sofort  hiess,  sie  gehörten  niemand  anderem  als 
wieder  dem  Minister  Seiner  Brit.  Majestät. 


»)   P.  R.  O.    No.  68    (R.   O.)    Lord    Grenville    to     Wickham    Ni». 
XiowDiDg  Street   19  Febr.   I7«)6.  — 

«)  Receuil  de  la  correspoodance  saisie  chez  Laniailre  Xo.   10. 
^  Correspondance  Bd.  I  p.  216.  — 


4» 


Charte«  D,  Bourcart. 


Die  Sache  wurde  in  Bern  am  ^-  Januar  IVM  h» 
der  2CK)   vorgebracht,    hätte   aber   vielleicht  keine  we* 
Folgen    gehabt,    da   man    keine  genügenden    Beweise 
wenn    nicht   jetzt,    beinahe    am    gleichen  Tag   und  wie 
Verabredung  von  Bartlielemy  selbst  einerseits,  von  ein 
jungen  Bernern  aus  Paris,  von  Personen,  die  mit  den  fmih 
zösichen  Gesandtschaf  ton  in  Basel  und  Genf  in  Verl)influiig 
standen  andrerseits  und  endlich  auch   noch  vom  Berner  H^ 
Präsentanten    in    Basel    ähnliche    Vorstellungen  eingelaiif»^n 
wären.     Die  Beschwerden  Barthelemys  und  seiner  Freundt^*) 
gingen    dahin:    1.    Sei  es    auffallend    und    inkorrekt ^    dass 
Wickham  seinen  Wohnsit»  in  Lausanne   und    nicht  in  der 
Hauptstadt  Bern,  wie  geh ränch lieh,  genommen  habe:  es  habe 
dies  kleinen  Grund  darin,   dass  er  von  dort  aus  seine  Intri- 
g\ien  gegen  Frankreich   besser   leiten   könne.     AVerui   kniad 
Abhilfe  gestihaffen  wei*de,  so  könnte  sich  Frankreich  genötigt 
sehen,  ebenfalls  einen  Residenten  in  Lausanne  2U  unterhalten 
(N.  B.    Spione    hatte   es  dort  schon  lange.     Vergl.    ^Papiers 
de  Barthelemys^  1,  2.  Sei  in  der  ganzen  "Waadt  ein  EmigianteD- 
schwärm,    der   aich   um   den  englischen  Gesandten  schaare. 
Letzterer  suche  aus  den  angrenzenden  Provinzen  eine  neue 
Vendee  zu  uiachou*     3.  Es  habe  an  der  frauzusischen  Grenze 
in  den  letzten  Monaten  ein  ganz  verdächtiger  Goldexport 
Mtattgefnnden.    der    auch    auf    ilie    Intriguen    Wickham s  in 
Frankreich     znrnckzuflihren     sei;     nicht     nur    französische 
louis    d'or    habe    er    nach    Frankreich    ausgeführt,    sondern 
namentlich    auch  Berner  Ihiblunen,    tim   den  St-aat  Bern  in 
den  Ang*^Ti  der  franzusischen  Behörden  zu  komprumittierea. 
4,  Wickham  liefere  Waffen  und  Munition  an  die  rovalistischen 
Aufrührer  in  Frankreich;  küralich  erst  sei  ein©  Pulversendung 
ijn   Kanton  Bern  beschlagnahmt  worden,  deron  Eigentümer 
er  offenbar  sei* 

Zu  diesen  Anschuldigungen  Bailhelemys  und  der  h 
züsischen  Partei  reihte  sich  noch  eine  weitere,  die  wölT 
nicht  ztiiiillig  geratle  im  gleichem  Momente  eintraf  —  Der 
in  NeufviJle  niedergelassene  Chevalier  Tht-odore  de  Lame 

*)  St  A.  Bern-     Akten  des  Geheimen   Rates,     XXIU.     Vcrscfaie 
1796  Barlbclcmy  an  Scbultbeiss  von  Mülineii.     Basel   13  Jan*   ir«)6.  —  (jt 
Rats-Manual   XV.  p.    ^^2,  Det.,  22,   1705  p.  359.  360.   16  Jan.   17*|6, 


WiHiaTti  Wickham,  britt*clicr  Gesandter  m  der  Schweiz  etc. 


4Q 


tier   gleiche^    der    durch    seine    Vorspiegelungen    die    Reise 

^cldiams  in  die  Schweis:;  veranlagst  hatte,    suchte  sich  für 

^ineii    Misserfolg    dadurch    zu    rächen,    dass    er    ebenfalls 

^ickham  beim  Geheimen  Rat  verdächtigtet  i     Er  behaupt/ete^ 

&r  den  Grenzkordon  kommandierende  Oberst-Lieot.  Arpeau 

llie  einen  Brief,  den  er  (Lameth)  an  einen  gewissen  Hebrard 

l-president   tlu  d^partemeiit  du  Jnni  am  23.  Dezember  ge- 

chtet,   unterschlagen    und  d<'ni  englischen  Gesandten  aus- 

^liefeit*     Das    alU^mchiiinmste    hv\   der   ganzen  Sache   aber 

tar,  dass  Barthelemy  seine  Abbenihing  als  eine  Folge  der 

Ältnng  der  Schweizerbehörden   in  Aussicht  stellte.     In  der 

luzen  Schweiz  war   man   so   sehr  von  dera  iniiern   Wobl- 

rollen  und   der  Mässigung   des   französischen   Botschafters 

überzeugt,  dass  man  dessen  Fortgehen  als  ein  Landesmiglück 

angesehen    haben    würde^    wie    Wickham   selbst  berichtet.*) 

Die    Aufregung   war  daher    in   Bern  gross  und  es  kam  am 

13-  Janutjr  zu  einer  stürüiischt*n  Sitzung   im  Rate  der  2CKJ, 

wobei    mit    HO   gegen    17    Stimmen    der  Geheime  Rat  be- 

anftragt  w^irde,   eine  Untersuchung   über  die  verseliiedenen 

Anschuldigungen    einzuleiten;    mit    S7   gegen    44  Stimmen 

wurde   dann    noch    verschärfend    hinzugefügt,     der    Bericht 

Büsäe  innerhalb  14  Tagen  eingereicht  werden. ®i     Wickham 

Bht  in  einer  sein*   unangenehmen  Lage:    er  konnte  Anfangs 

Bicht  genau  wissen^    was   für   Beweismittel  seine  Feinde  in 

Bänden    hatten   und    er   atmete  erst  auf,    als    es    ihm    klar 

Biirde,  dass  man  nichts  absolut  sicher  beweisen  könne:  doch 

^btte    er  keinen  Moment   versäumt»    um    seine    (Tegenmass- 

H^geln  zu  treffen,  wenn  er  auch  offiziell  sich  den  Anschein 

H|b«   als  kümmre   er  sich  gar  nicht    um   das  gafize  Treiben 

Kiner  Gegner.     Im  Geheimen  wurden  alle  Hebel  angesetzt. 

Km  den  Schlag  abzuweliren:  man  wandte  sich  direkt  an  die 

Breiinde    in    Bern,    Hess    aber    auch    indirekt     die     Gegner, 

Bmnentlich  die  gemäi^sigteren,  bearbeiten  und  bediente  sich 

■fierbei    mit    Geschick    der    Beziehung»»n    zu  einflussreichen 

Bärehern.       Wickham   verfehlte     nicht     die    Drohung    von 

Bdrtheiemys   Abberufung   mit    einer  älinlichen    Anspielung 

■         •)  St.  A.  Bern,     Gcb»  Rats  Matmal  XVI  pp.  2b.  30,  42.  47.  52. 
I         Sä)  P,  R.  O.  No.  67   (R.  tij  Wickham  to  Lord  Gr-t-n-  v.,    y    1 
H         >)  St.  A,  BerD.     Rats  Manual   No.  443  p.  3S2. 

^Hjbtlcf  Zeilschr  U  Gc&cli«  und  Altertum.    VU,  1. 


50  Charles   D.  Bourcart. 

ZU  parieron.  indem  er  wissen  liess,  der  englische  Gesandte 
werde,  wenn  nicht  den  Kanton  verlassen,  so  doch  neue 
Instruktionen  von  zu  Hause  verlangen,  da  die  früheren  für 
eine  Mission  zu  einer  «für  sehr  weise  und  gemässigt 
geltenden  Regiening  redigiert  worden  seien  und  sich  nicht 
für  eine  Gesandtschaft  zu  einer  groben  und  unruhigen 
Demokratie  eigneten.-  Er  Hess  auch  noch  durchblicken, 
dasseinesolche  Massregel  nicht  ohne  vorheriges  Einverständnis 
mit  dem  kaiserlichen  Hofe  ergriffen  i^ürde. 

Die  armen  Berner  waren  jetzt  in  eine  wenig  beneidens- 
werte Lage  versetzt,  indem  ihnen,  sie  mochten  tun.  was  sie 
wollten,  entweder  die  Rache  der  französischen  Republik 
oder  der  Zorn  des  Königs  von  England  und  des  Kaisers 
drohten.  Mit  viel  diplomatischem  Geschick  zogen  sie  sich 
aus  der  Klemme:  Den  Franzosen ^\iirde  insofern  eine  Genug- 
tuung zu  Teil,  als  Wickham  durch  Hebenswürdige  Wone 
bewogen  werden  konnte,  seinen  Wohnsitz  in  Bern  zu 
nehmen;  andrerseits  hatte  die  durch  Venner  Emanuel 
Friedrich  v.  Fischer  mit  sehr  viel  Takt  geführte  Unter- 
suchung das  glückliche  Resultat,  alle  gegen  Wickham  vor- 
gebrachten Anklagen  als  unbegründet  oder  wenigstens  stark 
übertrieben  zu  erweisen:  Das  Pulver  gehörte  Spekulanten, 
hiess  es  und  sei  für  die  französische  Armee  in  Savoyen 
bostiniuit;*)  der  Dublonen-Export  fand  eine  plausible  Er- 
klärung, die  Wickhanis  Beteiligung  an  dem  Geschäft  aus- 
schloss,  und  Oberstlieut.  Arpeau  beteuerte  hoch  und  heilig, 
niemals  einen  Brief  des  Herrn  de  Lameth  an  Wickham 
ausgeliefert  zu  haben  -  es  berührt  uns  dann  allenlings 
eigentümlich,  wenn  wir  gerade  diesen  Brief  in  Wickhams 
Korn\spondenz  als  Beilage  finden;-)  er  spricht  sich  üb»T 
Wickhiim  sehr  wenig  schmeichelhaft  aus;  ider  englische 
(Tesandtc^  (quittierte  dieses  Manöver  damit,  dass  er  kurz  darauf 
die  Ausweisung  Lameths  aus  dem  Gebiete  des  Kantons  Bern 
durchsetzte.  I  Am  27.  Januar  erstattete  der  Geheime  Bat 
auftragsgemäss  seinen  Bericht  an  den  Rat  der  200  und  mit 

V»  l'.   K.  O.   Xo.  07  (R.  0.)  Kiulosure  in  Wickhanos  Ko.  8. 

-)  P.  R.  ().  Xo.  14  (F.  ().)  Enclosiirc  in  Wickhams  Xo.  ii.  —  St.  A. 
Bern.  Akten  des  Geheimen  Rates  XXIII.  Verschiedenes  1796  —  St.  A. 
Bern.     Geh.  Rats-Munual    XV  p,  342.  359.  360.  — 


Wlltkw  Wicfefenm,  bHti«cbcr  Oesmnatvr  in  der  Sdrweti  etc. 


5» 


11  Stimmten  gegen  34  wiirrle  bej^chlo^sen,  sich  mit  diesem 
Rapport  «güiisilieb  zu  ersätti^eü.^  —  So  hatten  di^  Freunde 
Wickliainsi  und  an  deren  Spitze  Scholtheiäs  von  Steignr  do 
glüeklieh  zti  operieren  gewii^st,  dasö  öie  die  gleiche  Sdmmen- 
£ahl  für  sich  hatten,  die  14  Tage  vorher  ihren  (iegnem 
tunc^Ti  grosÄen  Erfolg  zu  sichern  schien.  Bis  ftaf  weiteres 
urfte  Wickhniü  nihisr  in  der  Schweiz  residieren  —  und 
ntrigaieren. 

Konnte  nun  wülirend  dieses  Snirrn»^s  der  englische  Ge- 
idte  nicht  daran  denken,  wegen  des  d^Arteshandels  gegen 
B«sel  off**nsiv  vorzugehen,  so  waren  auch  die  iiÄchstfolgi'nden 
ochen  hierzu  nngeidgnet,     Barthtdemy  und  seine  Freunde 
mn    '       '    kiinntlieh  damals  besonderö  geschont  werden,  da 
iji»'  he  Kegienmg  Miene  maciite.  an  Frieden  zu  denken 

und  ibr^n  Minister  in  Bern  beauftragt  hatte,  mit  dem  fran« 
'  »>n  Ambassadeur  in  Basel  zu  diesem  Zwecke  in  Ver^ 
,..„.,..;ig   zu   treten.')     Bekanntlich  war  dann  die    Aiiiwort 
das  Direktoriums  eine  derartige,  dass  an  ein  weiteres  Ver- 
handeln nicht  zu  denken  war.     Die  Kon-espondenz  zwischen 
i  '  *         lind  Barthelt*my  war  durch  Wickhanis  Vetter,  den 
Tt  ^iud»  verniittelt  worden.     Die  ersten  Instruktionen 

lind  vom  9.  Februar  179*»  datiert;  Anfangs  April  wurden 
iö  Verhandlung<*n  abgebrnchen  und  rlurch  Note  vom 
April  gab  Wiekham  den  Eidgenossen  von  diesem  De- 
henweehsel  Kenntnis.  Jet^t  erst  liranchte  man  die 
ranzoi^en  und  ihre  Freunde  und  Schützlinge  nicht  mehr 
schonen  und  der  englische  Gesandte  konnte  wieder  daran 
enken,  den  Bashtrn  die  seit  Imhi  s*  chs  Monaten  in  Reserve 
tone  Lektion  zu  geben,  *)  Da  bereiteten  ihm  aber  diese 
leichen  Basler  ausnahmsweise  eine  stdrhe  Freude,  dass  er 
eo  Jlnment  filr  eine  Strafpreiligt  als  schlecht  gewählt  an- 
hen  musste  und  ihnen  nochmals  eine  Frist  gewahrte.  Am 
April  nämlich  hatte  Barthelemy  der  Regierung  von 
1  eine  Mehr  sch^kHe  Not*^  des  l>irekt4:>rimus  überreicht, 
eieh  über  angebliche  neue  Vorbereitungen  der  AlUerten 


•f  Coffctpoitdencr    Bd.    l    pj».  269.    jg^  194.  31*.  jjo,  jjs.  }X%   — 

tl  eodta.    HiM.  de  U  Revolutton  fniD^a)»e  BcL  ^  p*  llS^^-  — 
•j  P,  R    O    Xo.  70  (K,  Ol  \Vickh:im  In  l^rd  GreRvStle.  FriboiustB, 


5* 


Cbarlcs   D.  Botsrcart. 


und  des  Cond^ischeD  Korps  für  eine  Neutral itätsverletximg 

bei  Basel  zu  beklagen:  die  Behürdeu  des  Kautons  worden 
verdäci^^tigt  und  nicht  misszuverstehendo  Urohungen  schlasseu 
das  Schreiben.  *)  Der  Rat  Hess  sich  indessen  nicht  eiii- 
öchüchtern;  er  hatte  ein  gutes  Gewissen  und  die  vun  Stadt- 
Schreiber  Peter  Ochs  redigierte  würdevolle  und  feste  Antwort 
dürfen  üueh  wir  als  mustergiltig  ansehen.  Allerdings  w«r 
damit  das  Direktorium  noch  nicht  beschwichtigt.,  und  e« 
bedurfte  bekanntlich  einer  Reise  des  Peter  Ochs  nach  Paris 
um  dort  wieder  gutes  Wetter  zu  machen;  aber  für  einmal 
wenigstens  liatten  die  Basler  allgemeinen  Beifall  geerntet 
Sogar  die  Hemer  schrieben:  ^  .  .  .  Die  blosse  Ablesung 
der  Schriften  reichte  dahin,  die  geheimen  Räte  zu  bogwalfigpö, 
hochdero  allgemeinen  nnd  so  wohl  verdienten  Beifall  über 
dieses  Antwortschreiben  zu  bezeugen;*  und  Wickham schrieb 

an  Lord  Orenville:*» Ich   sende  zugleich  als  Beihig*^^ 

No.  2  die  Antwort  dieses  Staates  (Basels),  die  jedermann  in 
der  Schweiz  überrascht  hat,  sowohl  wegen  ihrer  geschickten 
Redaktion  als  wegen  des  Geistes  und  Mutee^  welche  sie  be- 
zeugt. Dieser  neue  Umstand  hat  mich  bewogen,  die  Ueber- 
gäbe  der  Note,  die  ich  im  Begiüffe  stand  dem  Kanton 
Zürich*)  gemäss  den  mir  von  Ihrer  Hen'lichkeit  in  No.  6 
übersandten  Instniktionen  einzureichen,  aufzuschieben,  da 
ich  glaubte  Seine  Majestät  würde  es  nicht  tadeln,  wenn  ich 
es  unterliesse,  die  Schwierigkeiten  dieses  kleinen  Staates  in 
einem  Augenblicke  zu  vermehren,  w^o  er  lierufen  sei.  seil 
ganzen  Mut  anzuwenden.  Die  Uebergabe  (der  Note"»  w 
indessen  nur  aufgeschoben  sein.  Ins  sich  eine  geeignet 
(jrelegenheit  bietet,  es  sei  denn,  dass  die  Magistrate 
Ortes  unterdessen  eine  angemessene  Entschuliligung  für  il 
früheres  Verhalten  vorbringen,  was,  wie  icli  zu  glaul 
geneigt  bin,  der  Fall  sein  wird.  .  ,  .  *  —  An  eine  Gebii 
Verletzung  scheint  gerade  damals  nicht  gedacht  won 
zu  sein:  nicht  nur  gaben  der  österreichische  Gesandte  m 
Feldmarschall  Wurmser  wiedeiTim  beruhigende  Versiehe^ 
rungen,    sondern    auch    Wickhaui    weiss    nichts  über  solc 


•)  Ucber  dtcsc  Angelegenheit  vcrgl  P.  OcbÄ  Bd.  8  p.   1S4  ff. 
*)  P,  R.  O.  Nci,  70  <R,  O,).     Fribourg  i.  B.  jo  Apr.  1796. 
>)  Als  Voron. 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  io  der  Scbwci«  etc. 


5i 


^sichten   zu    juelden.     Bald    darauf    musste    sich    übrigens 
die    kaiserliche  Armee    inlolge    des  Einiaile.s  .Tourdans   und 
>reaus  vom  Rheine  zurückziehen. 

Jetzt  kam  zunächst  für  AYickhaui  wieder  eine  schlimme 

pit;  in  Deutschland  wie  in  Italien  drangen  die  Franzosen 

?ich    vor,    und    erst    iiie   Siege   Erzherzog  Karls   über 

fourdan     und     Moreaus     benlhmter     Rückzug     durch     den 

Schwarzwald  brachten  wieder  eine  günstigere  Wen  (hing  der 

Dinge    für    ihn.    —     für   Basel   aber   den   verhängnisvollen 

Hligenblick  der  Demütigung, 

Anfangs    November    179()    kam    Wickham    nach    BaseL 
Er  war  wieder  einmal    auf  dem  Weg*'  zu  Coiule  nacli  Mül- 
^Pim    und    reiste    inkognirn.     Es  war  die  Zeit»    wo  die  Be* 
mgerungdesBrückeidvopfes  von  Hüningen  vorbereitet  wurde; 
die  Sache  der  Allierten    stanil   hier  wieder  gut;    die   Basier 
sahen    mit    Bangen    der  Zukunft    entgegen,    luid    die    vor 
Jahresfrist  dem  englischen  Gesandten  angetane  Beleidigung 
bedrückte   ihr  Gewissen,     Es    war    Zeit^     dass    man    daran 
dachte^  wieder  gut  Wetter  zu  macheu  ^u   und  so  wurde  der 
Venner  Fischer  von  Bern,  eidgenössischer  Repräsentant  und 
Freund  Wickhaios.    lienuftragt.    den    britischen   Minister  zu 
Jütten,  er  mochte  doch  seine  Anwesenheit  in  Basel  ofiiziel! 
^nzeigen.  damit  ihm  die  Behörden  die  übliche  Aniwartung 
^kellen  könnten.     Stolz    Hess    ihnen   aber    Wickham    jetzt 
^igen,    es  sei  ihm  unmöglich,   mit   ihrer  Regierung  irgend- 
welche   offizielle    Beziehungen    zu   haben,    so    lange    rlie   be- 
wusste  Angelegenheit   ,.in   einem   so   unerfreulichen  Stande 
rbleibe'\    und    er  verliess  Basel  ohne  jeglichen   offiziellen 
psuch   zu    empfangen.     Auf   Anraten    des  Yenners  Fischer 
jltschlossen  sich  nun  endlich  die  Häupter  von  Basel,   sich 
im  €»nglischen    Gesandten  zu    entschuldigen;    Peter   Ochs 
irde    mit    der    Redaktion    des     Briefes    beauftragt.     Das 
Rhreiben,    vom    24.    November    179r>    datiert,    findet    sich 
merkwürdi gerweise    im    hiesigen    Staatsarchiv    ebensowenig 
Kpr  als  Wickhams  Anrvvort.     Hat  man   ilie  Demütigmig  der 
Bachwelt  verbergen  Avollen  V  Wer  weiss?  Jedenfalls  behaujitet 
^Fickham,  Ochs  habe  dem  Briefe  eine  ganz  andere  Wendung 

^m      »)  P.  R.  O,    No.  72   <R.  »>.)    Wjckharo    to    Lord   Greaville    No.    105. 
Hm  ij  Det.  17^)6. 


54  Charles   D.  Bourcart. 

gegeben,  als  die  von  den  Behörden  beabsichtigte,  er  wisse 
dies  aus  guter  Quelle,  und  er  sieht  darin  eine  Rücksicht 
gegen  die  französische  Gesandtschaft,  welche  „mit  ausser- 
ordentlichem Schmerz  die  zu  ergreifende  Massregel  be- 
trachtete." Den  Text  des  Briefes  findet  er  nicht  ganz  reuig 
genug,  doch  will  er  sich  grossmütig  zeigen  und  sich  ,.vom 
Geiste  der  Mässigung  und  des  Wohlwollens",  welcher  die 
englische  Regienmg  den  Schweizern  gegenüber  seit  Beginn 
des  Krieges  beseelt  habe,  leiten  lassen  und  sich  mit  dieser 
Entschuldigung  der  Basler  nun  endlich  begnügen. 
Die  Briefe  lauten: 

1.  L'Etat  de  Basle  ä  Mr.  Wickham. 

24  Novembre  1796. 
Votre  Excellence*) 

Nous  avons  appris  que  ce  qui  s'^tait  passe  l'annee 
derniere  dans  notre  ville  avec  un  emigrö  francjais  par 
une  suite  de  nos  lois  de  police  et  des  circonstauces  dans 
lesquelles  nous  nous  trouvons,  avait  re9u  une  inter- 
pretation  d^favorable. 

Quoi(j[u'il  ne  nous  appartienne  pas  d'expliquer  ni  de 
justifier  les  Operations  du  Gouvernement  que  nous  avons 
Phonneur  de  presider,  nous  croyons  cependant  pouvoir 
assurer  Votro  Excellence  que  Tintention  des  membres  do 
cot  Etat  n'a  jamais  et6  de  manquer,  soit  au  respect  du 
ä  Sa  Majest^  Britannique,  soit  aux  egards  que  ceux  qui 
la  reprösentent  ont  droit  d'atteiidre  de  nous,  et  quon 
sera  toujours  empresse  a  manifester  dans  tout  ce  qui 
conceme  les  rapports  subsistaiits  entre  la  Grande  Bretagne 
et  la  Suisso. 

Nous  avons  Fhonneur  d'etre  etc. 

Les  quatre  chefs  de  la  Ville  et  ßepublique  de  Bäle. 

2.  Mr.  Wickham  a  PEtat  de  Basle. 

Berne  du  1  Decembre  1796. 
Magnificjues  Seigneurs, 
J'ai    rec;u  la   lettre    (jue    Vos   Seigneuries  m'ont   fait 
riionnour  de   m'ecrire    en  date   du  24  de  ce  mois  qui  ne 
m'est  parvenue  cjue  le  27. 

*)  Früher  hatte  man  Wickham  nicht  mit  „Excellenz"  betitelt;  das  Wort 
war  sogar  in  den  Konze})ten  durch  Ochs  wieder  ausgestrichen  worden.  — 


William  Wickham,  britischer  Gesaudter  in  der  Schweiz  etc.  55 

Je  m'empresserai  de  la  communiquer  ä  ma  Cour, 
accompagnee  des  Observation s  et  des  r^flexions  les  plus 
propres  a  faire  sentir  toute  la  force  des  circonstances 
extraordinaires  oü  Votre  Ville  se  trouve,  auxquelles  la 
lettre  de  Vos  Seigueuries  fait  allusion. 

Je  me  flatte  que  Sa  Majest^  trouvera  dans  les  cir- 
constances dont  vous  me  parlez,  dans  la  demarche  de 
Vos  Seigneuries  et  dans  son  ancienne  amitie  et  affection 
des  motifs  assez  puissants  pour  Tengager  ä  oublier  un 
procede  que  les  circonstances  seules  peuvent  excuser  et 
iiiiUement  des  lois  de  police  dont,  par  des  raisons  que 
j'ai  d^ja  assez  relev^es.  il  ne  peut  pas  etre  question. 

Je  saisis  avec  enipressement  cette  occasion  de  Vous 
temoigner  etc. 

sig.  Wm.  Wickham. 

In  der  Folge  hatte  dann  Wickham  mit  Basel  wenig 
mehr  zu  tun;  sein  Wohlwollen  aber  genoss  die  Stadt  immer 
noch  nicht,  und  wir  stossen  auch  später  wieder  auf  den  6e- 
ianken  einer  Verletzung  der  schweizerischen  Neutralität  bei 
Basel.  Noch  am  20.  März  17i>7  hatte  Wickham  eine  Unter- 
redung mit  General  Mack,  wobei  eine  solche  Massregel 
besprochen  wurde:*)  Mack  war  sehr  dafür  eingenommen, 
Wickham  offenbar  auch,  behielt  sich  aber  «loch  noch  vor- 
sichtig Instniktionen  von  London  vor:  hingegen  bemerkte 
T  zum  General:  wenn  die  ( >esterreicher  der  Sache  einen 
-Anschein  von  Gerechtigkeit*"  geben  wollten,  «sollten  sie  tun, 
was  sie  in  guter  Politik  schon  hätten  tun  sollen  (^wofür  es 
aber  vielleicht  jetzt  zu  spät  seil,  nämlich  einen  beträchtlichen 
Unterschied  zwischen  den  übrigen  Schweizer  Kantonen  und 
(lein  Kantone  Basel  machen :  den  einen  jeden  Beweis  wirk- 
licher Anhänglichkeit  und  Achtung  gebend,  dem  andern  aber 
offenesUebelwollen.wenn  nicht  geradezu  Feindschaft  zeigend.*^ 
•Wenn  ein  solches  V*»rhalten^.  schreibt  AVickhani  an  Ijord 
lirenville  «gleich  bei  Anfang  des  Krieges  mit  Geschick 
angenommen  und  später  immer  inne  gehalten  worden  wäre, 
»0  bin  ich  überzeugt,  dass  die  übrigen  Kantone  mit  Li»ichtig- 
keit  hätten  bewogen  werden   können,    ihre    Interessen    von 


>)  CorretpoDdeDce  Bd.  LI  p.  31   ff. 


5^  Charles  D.  Bourcart. 

denen  Basels  zu  trennen,  und  dass  sie  niemals  ihren  eigenen 
Frieden  und  ihre  Ruhe  aufs  Spiel  gesetzt  hätten,  um  einen 
Kanton  zu  schützen,  welchem  keiner  der  andern  aufrichtig 
zugetan  ist  und  welcher  durch  das  unvorsichtige  und  notorisch 
parteiische  Benehmen  seiner  Führer  schon  mehr  als  einmal 
die  Interessen  und  die  Sicherheit  der  Eidgenossenschaft 
schwer  kompromittiert  hat.  .  .  .  *" 

Man  darf  sich  fragen,  welchen  Gefahren  Basel  wohl 
noch  ausgesetzt  gewesen  wäre,  wenn  nicht  wenige  Wochen 
später,  am  18.  April  1797,  die  Friedenspräliminarien  von 
Leoben  den  Feindseligkeiten  zwischen  Oesterreich  und 
Frankreich  endlich  ein  Ende  bereitet  hätten. 

Die  verschiedenen  Anstände  AVickhams  mit  den  Baslern 
und  Beniern  hatten  ihn  aber  an  seiner  regelmässigen  Bericht- 
erstattung über  die  grösseren  politischen  Vorgänge  und  an 
seinen  Intriguen  mit  den  Gegnern  der  Revolution  nicht 
gehindert;  eine  Hauptrolle  spielten  dabei  die  Unterhand- 
lungen mit  General  Pichegni;^)  aber  auch  über  verschiedene 
(He  Schweiz  näher  berührende  Ereignisse  wird  das  englische 
Kabinett  jeweilen  gonau  unterrichtet,  so  über  die  revolu- 
tionären Bewegungen  im  Kanton  Zürich  und  in  Genf,  üImt 
die  Zukunft  des  Veltlins  und  Tessins.  über  die  Emigranton- 
(?HUswisungon  u.  s.  f.;  doch  fast  am  meisten  erfahren  wir 
punkto  Sehweizorangelegeriheiten  über  das,  was  in  jener 
Zeit  in  Basel  sich  zutrug,  einerseits  weil  die  dortigen  Er- 
eignisse oft  mit  der  diplomatischen  Tätigkeit  Wickhams  in 
Zusammenhang  standen,  andrerseits  weil  er  gerade  in  Basel 
so  zahlreiche  Berichterstatter  unterhielt. 

Zunächst  sei  hier  z.  B.  die  Auswechselung  der  Prinzessin 
Marie  Therese  Charlotte  von  Frankreich  gegen  die  Staats- 
p'fangeiK'n  Semonville,  Maret,  Beurnonville.  Lecamus.  Quinet, 
Lamanjut»,  Drouet.  Bancal  und  ihre  Sekretäre  erwähnt. ^i 
die  aui  26.  Di^zember  1795  in  Basel  stattfand.  Die  Episode 
ist  ja  wohl  bekannt,    findet    sich    doch  fast   in  jedem  alten 


')  L'ebcr  die  VerscliNvönin^en  Piche^rus  vcrjjl.  Eraest  Daudet:  „La 
Conjunition  de  richegni    I7<)5 — «)7.      Paris.     Plön  Nourrit.      1901. 

2)  Vergl.  l*eter  Ochs  Bd.  <S  p.  180.  —  Markus  Lutz:  Neue  Merk- 
würdigkeiten der  Landschaft  Basel.  Bd.  1  p.  324.  —  Karl  Tschamber:  Ge- 
schichte der  Stadt  und  ehemaligen  Festung  Hüniugca.  — 


Willmin  Wickbiim,  britischer  Gesandter  in  der  S^^hwcu  *.i 

ftlor   Hause  <lus  Aquatint   aus    d«»r    Mechelschen    Offizin» 

168   die   Ankunft   der   Tochter  Ludwigs  XVL  mif  dem 

l^b*.»rschRn  Landgut  vor  dem  St.  Joimtintür  darsrellt.     Doch 

dor  Vorgang»  00  viel  wir  wisii<>n.  nirgends  mit  sa  gi'ogsor 

lÄführlichkeit  und  Liebe   geschildert,   une   in   den  damals 

BrtS<d  an  WirWiain  gerichteten  Kapporten,  so  dass  wir 

IS  erlauben  dürfen,  tue  Beschreibungen  dieses  2*i.  DezemherH. 

bn  dt^uj  Ochs  selbat  öagt:  ^es  war  ein  Tag  der  Freude  für 

iRrmann*    hier    wiederzugeben.     Der    Agent    Fenouillot 

ireibirM     ^  .  .  »    Madum*^    Itnyale   arriva    a  Huiungtte  le 

uu  niaiin;  eil*«  rnarniiiait  do  tont  et  Baker  {!?ic)*)  Ini  mena 

Jir    Serini,   niarchande    ile  mode,  punr  lui  porter  uu  bonnt^t 

id  eilt*  quitta  Tauberge  d'Hnningue,  eil«  n*ftvait  pas  nn 

k   «lonner   au  dome«tique    et   voulanl   lui   teinoigner  sa 

üsfaction.  eile  Ini  dcmna  mm    ainuehoir.     Baker   retouma 

»oir    hl    chercher  k  Huningiu^    ftt   il  la  condnisit  k  un« 

Itaon    d©    campagne   de    Mn  lieber  qui   est  ä  une  port^o 

fnail    de   la  porte   rle   Bale  du  cote  d'Huningue.     Apren 

jir    v^rifie    en  presence  du  Prinn?  de  irrave*)   et  de   Mr. 

ICgelman  (sicj*)   que   c'^tait   la   Princesse   Marie   Thdreae 

tiite,    il    lenr    dit:    ^Je    .suis   clmrg^    de   vous  ri*mettrH 

16  de  France,^     A  cea  pandes  la  Princes-se  repondit: 

loufiieur,  je  n^oublierai  jamais  que  je  miia  Fran^aise.''  et 

i  lanne$  toiul»erent  alors  de  si'S  youx»     L*>  Print  e  de  Urave, 

treiueinent   touohe,    lui   «lit:    «Je  «uis  clmrge  de  recevoir 

^<i   AlivHse   Royale  et  de  La  conduirt^  a  Sa  Maj^^ste  Im- 

lo  ji  tiui  il  tanle   de  Von«  voir,  d»  Vüus  embni3«er  ©t 

Vijn*i  donner,  Madame,    des  marques  de  8a  tendresse  et 

OH  biitnveiiiunce.*     „de  suis  sensilde,   r^pontlii   la  Prin- 

e^  aux  bontes  de  Sa  Majest^  Imp^rinle.     »Sau«  donte  que 

I  sang  qtii  crmle   dans   nos  veines  lui   a   inupire  ces  nenti- 

ils.     ile  trtchfrai,  par  nia  conduite  et  ma  reeonjnussanre, 

tiie   rendre   dit^iu^   d«*    s*>s   Vvint4S»*   et  de  Ini  prnuver  qtie 


If  V.  H.  ".    AM 
9  J^n,  MjQiM.  — 


«klegtert. 


t",TIClO*UIC       .>t 


III      W  iri.  riiinii     .>i '      i. 


«iiiiisekTetAr* 

Kai. et       nuu     KiiipfiTi;:     «i^f     Priofea»m 


5^  Charles   D.  Bourcart. 

Jamals  ringratitude  n'entra  dans  iiion  coeur/  Un  silence 
assez  long  suivit  ces  paroles.  Mr.  d'Egelman  instruit  que 
les  ciiiq  jacobins  qui  devaient  etre  Behanges  etaient  arrivfe 
ä  Bäle,  il  partit  avec  Baker  pour  en  faire  la  recounaissanc« 
et  la  remise.  Pendant  ce  temps  la  Princesse  accepta  quel- 
ques rafraichissements.  Avant  entendu  une  servante  parier 
fran9ais.  la  Princesse  lui   demanda  si    eile  etait  Fran^aise? 

—  -Non  Madame,  lui  repondit  cette  fille.  je  suis  du  pays  de 
Vaux  (sic)  dans  le  Canton  de  Beme,  ou  Ton  parle  fran^ais.^  — 
^Ali  que  vous  etes  houreuse  d'etre  de  ce  pays-lä!"  —  La 
Princesse  avait  un  chien  fort  laid*)  pour  lequel  eile  avait 
beaucoup  d'attentions :  voyant  qu'on  etait  etoimö  qu'elle 
prit  tant  de  soins  d'un  animal  aussi  laid:  „Je  sais  bien* 
dit  la  Princesse  „que  cet  animal  n'est  pas  beau,  mais  mon 
frere  lui  ^tait  fon  attache,*'   et  alors  eile  se  mit  ä  pleurer. 

—  Au  retour  de  Mr.  d'Egelman  eile  prit  cong^  de  son  monde. 
remercia  chacun  en  particulier  et  monta  en  voiture  ä  8  heures 
trois  quarts  du  soir.  Sa  voiture  allait  fort  lentement;  eile 
se  retournait  de  temps  en  temps  du  c6t6  de  la  France  en 
obsei*\'ant  le  plus  grand  silence.  On  croit  avoir  observi 
quVlle  a  ignore  Tobjet  de  son  voyage  jusqu'ä  son  entr^e 
a  la  maison  de  Mr.  Reber  et  qu'elle  paraissait  y  entrer  avec 
rej)ugnance  comme  dans  une  nouvelle  prison.  Lorsqu'elle 
entra  a  Bäle  on  ne  cessa  de  crier:  ..Vive  Marie  Therese 
Charlotte  de  France!**  Elle  fut  surtout  emue  en  passaut 
sur  le  pont  du  Rh  in  (\\ü  etait  jonche  de  personnes  de  t^ms 
etat«  avec  de  grosses  lanternes  elevees  en  Tair,  ce  qui  for- 
mait  un  jour  assez  considerable  pour  la  distinguer  ä  souliait 
Les  cris  de:  ..Vive  Madame  Royale!*'  redoublerent  et  eile 
y  parut  oxtremement  sensible.  C'est  ainsi  qu'elle  traversa 
Belle.  La  Princesse  est  d'une  taille  tres  elegante;  son  port. 
Sans  annoncer  de  la  fierte,  indi([ue  de  la  dignite  et  beau- 
coup de  gräces:  eile  a  les  cheveux  blonds,  un  beau  teint 
frais  et  trt^s  vermeil.  des  yeux  bleus  et  en  general  une 
physionomie  (jui  dit  Ix^aucoup.  Lorsque  les  cinc[  jacobins 
echanges  sont  arriv^s  ä  Huningue  le  peuple  criait:  ..Nous 
ptM'dons  un  ango  et   on  nous    donne   a  sa  place   cun{  mon- 


1)  Das  Hündchen  ist  auf  dem  Mcchelscheu  Aquatint  abgebildet. 


WiMisft»  WickhAm,  biitiscber  Gwoiidter  ia  der  Schweij  etc 


59 


..     -iticier  patriote  a  tenu  des  propoü  ^i  viuleuts 
cet  Ägard  tjivil  a  H^  mis  en  prison/' 

Eiti  Anderer  Berieht*)   von  einem  nugeiianiiteTi  Korre- 

idetiten  erzählt:  «Mari«?  Therese  Charlotto  est  arriv^e  a 

ingut*    le    24    d^ceiubre    au    suir;     des    lors    ]vs    jinrtes 

IIa    fort*»rt*ÄSc   otit   ete    (enu^e^.     Suraedi    matin    un    d»»8 

haireB  do  M.  Bacher  fni  chez   M''«     Serini,    marchande 

'•iiiodes    ^laldie    ici.    poiir    parter  dei^   marchandises  k  la 

Wnr«!i«j8*j   Ä   Huiiinp^ie   oü   i'lle   passa   unt^   heure  avec   ©Ue. 

deroQter  Ia  cariosit^  indiscr^te  on  avait  asBure  positive« 

Äieiii  ijiie  hl  c^rfimoni*?  se  ferait  de  üiiit  et  tpi'oü  ur  traver- 

(?rait  poiiit  notro  villf*.     Samedi  a  6  h*  du  soir  di*.s  voitures 

voyagt».    suivajit    la    route    d'Huuingue   a  BaK?,    se  sont 

-  dHvaut  la  campagne  d<*  3Ir.  Reber    a  uii  quart  de 

..     iij  la  villiM:  un  detachement  de»  cavalerie  halcds  ötait 

i;  car,  malgrö  lee  pr^cautionST  quehjues  curieiix^  lu&me  ^n 

t§*3Z  graiid  iiumbre*  s^etaient   lulss^  eufcrmer.     Mr.  Baclier 

Sl  dtmc  arreter  les  viuttires;    le    chemiTj    4taDt   mauvais,    il 

prie  la  jeune  PriiteessH  d  atieudrc*  im  fauti'Uil  pour  la  pojtt?r 

|ti%   Itt  ujai^n;    iuais  eile  dit  qtie  eela  notait  pa^  ti^cea^ 

ir©  et  «ama  leg^remeut  ä  terre  eti  s'appuvaut   sur  repaiile 

il'an  gsir\;on  permqiiinr  ijui  se  rroiivait  la.  Mr.  Bacher  duima 

bra»  a  1»  Princesse  pour  travertfer  la  cour  et  hi  conduisit 

}ii  aa  mklou  oü  eile  fnt  reyue  par  deiix  Antrichiens  et  nos 

^bels^  Baloia     Uno  l<Sgf-re   colhition  fnt  bervnr  et  a  9  h»'iiro8 

^n   ouvrit    les    portes    puur   contimier    la    route.     Plusieur« 

pf9oaiieä|  lorHiju'elle  descendit  de  voiture,   criereut:    „Vive 

1**     A  son  jHiSsage  nu  Petit-Bäle  ces  eris  fiirent 

1^    ...    ._p6t^ö.     Du   officier   de    Conde   se   trouvant   ä    la 

cirte  St.  Jean  4uand  le  cart>sse  passa,  ujonta  sur  le  marche- 

^ted    et    fraverttti    la   ville   en   s^entretonant   avec^  eile.    II  y 

^vait   beancoup    de   monde   Rur   le  pont  du  Itliin;  il  faisait 

plair  de  him*;*)    eile  liatsäa  les  gliice*«  h  salna.     l^s  12    ci- 

9yeo8  (nnivaiii  avaient  ite  reconuus  le  matin  par  Mr.  Bacher 

fci  conduits  an  chäfeau  dn  haillif  de  Rien  isicMvillage  bälois 

mr   1u    rr.N!iti;*r»^)   4   5  heures   apres    mitii;   all  heurcs  du 

•)  Aul  ^9m  3klecheUvütu   tiik:   n.  iinui   drr   Mom^I   mhU, 


6o  Charles   D.  Bourcart. 

soir  ils  sont  entr^s  ä  Bäle  avec  six  officiers  autrichiens  et 
sont  descendus  aux  Trois  Rois.  Hier  ä  3  heures  je  les  ai 
vu  passer  sous  ma  fenetre  allant  diner  chez  Mr.  Barthelemy. 
Personne  ne  les  suivait.  .  .  *'  Im  übrigen  deckt  sich  dieser 
Bericht  mit  dem  vorherzitierten;  die  Varianten  in  der  Zahl 
der  ausgewechselten  Franzosen  erklären  sich  leicht;  es  waren 
im  ganzen  über  20  Personen;  der  eine  Korrespondent  zählte 
mehr  Leute  als  zum  Gefolge  gehörend  als  der  andre.  Der 
ungenannte  Korrespondent  fügt  zum  Schlüsse  bei:  ,,Je  ra 
hier  le  portrait  de  la  Princesse.  M.  Broi  Nadel,*}  actuelle- 
ment  ä  Bäle,  Pa  achetö  d'un  peintre  qui  depuis  Paris  Ta 
suivie  en  saisissant  k  toutes  les  stations  le  moment  de  donner 
quelques  coups  de  pinceau  sans  etre  aper^u.  Les  personnes 
<|ui  Pont  Mie,  Tont  d'abord  reconnue.  mais  ne  Tont  pas 
trouvee  flatt^e.  Tous  ont  dit:  „Elle  est  bien  plus  johel'* 
La  premi^re  copie  a  ^te  envoyee  au  Prince  de  Conde. 
Mr.  Broi  porte  Pautre  a  Madame  Clotilde,  Princesse  de 
Piemont/'-) 

Natürlich  schickte  auch  der  Wirt  zum  Wilden  Mann 
seinen  Rapport;^)  er  spricht  sich  über  das  Benehmen  seiner 
Landsleute  nicht  sehr  befi-iedigt  aus:  .,  .  .  .  Bien  des  voix 
firent  ontendre  les  cris  de:  .,Vive  Madame!'"  mais  on  enten- 
dait  aussi  chanter:  .,Qa  ira!''  Le  pouple  de  Bäle  s'est  montr^ 
ä  cetto  occasion  tres  pojmlace.  Les  D^putes  st^journent  a 
Bäle  et  sont  tres  fetes  par  les  jacobins  de  la  ville;  ils  sont 
etonn^s  de  voir  nos  Bälois  plus  jacobins  quils  le  sont  eiix- 
memes  qui  en  general  ne  montrent  pas  un  profond  respect 
pour  la  R6pul)li<iue/* 

Bekannt  ist.  wie  dann  d^r  Kaiser  einige  bei  der  Aus- 
woclislnng  mitwirkende  Basler  reich  beschenkte;  durch  einen 
Korrospondenttni    Wickhaius    erfahren    wir    auch   noch   Jen 

')  Ks  ist  uns  bis  jetzt  nicht  gelungen,  die  Identität  dieses  Mannes  fest- 
zustellen. 

-)  Es  mag  dies  wohl  das  Bild  gewesen  sein,  das  dem  hübschen  kolo- 
rierten vStich,  der  aus  der  Werkstatt  Chr.  v.  Mechels  hervorging,  als  Vorlage 
gedient  hat.  Bekanntlich  ist  der  Stich  das  Werk  des  geschickten  französischen 
Kupferstechers  Sergent,  der  damals  bei  Mechel  arbeitete. 

3)  P.  R.  ().  No.  14  (F.  (>.)  Enclosure  in  Wickhams  No.  i.  Corrc- 
spondent  M.  without  date. 


William  Wiekham.  briüsclier  Gesiandter  m  der  Scliweix  etc. 


6t 


Geldwert  dieser  Geschenke:  1.  die  mit  Diamanten  beseite 

Golddose  iles  Burgernaeisters  P.  BnrckJiardtr  RK)  Louis  d'or: 
2.  der  Brillantrirjg  des  Herrn  Reber,  der  sein  Limdhaus 
geliehen:  30>  Louis  dor;  3.  die  (.Toldkette  mit  dem  atige- 
liangten  Bildnisse  des  Kaisers,  die  dem  begleitenden  Offizier^ 
Aide-Major  Kolb.  verliehen  wordt^n:  100  Lotus  d'orj) 

Diiss  die  Basler  Regierung  Kavalerie  aufgeboten  hatte, 
sar  Aufx*echterhaltung  der  Ordnung  und  als  Ehrenwache 
ter  die  Prinzessin,  kann  uns  nicht  wundern;  es  war  dies 
aber  auch  in  andrer  Beziehung  eine  niclit  ganz  unnötige 
Vorsieh tsraassregyl.  Es  war  nämlich  nicht  jedermann  mit 
der  Uebergabe  der  unglücklichen  Tochter  Ludwigs  XVL 
an  die  O  est  erreicher  einverstandt*n,  und  piut*  Eutfühning 
derselben  zu  politischen  Zwecken,  im  Mouiente.  wo  sie  nicht 
oielir  in  den  Händen  der  Franzosen  und  nocli  nicht  unter 
in  Schutze  der  österreichischen  Bajonette  sich  befanil, 
Te  ganz  gut  denkbar  gewesen.  Wickham  berichtet  ver- 
tliiedentlich  über  solche  Intriguen.*i  Am  meisten  zu  he- 
;hteii  waren  die  Emigranten,  welche  die  Prinzessin  etit- 
»der  in  die  Vendee  zu  den  lusurgenten  ficler  nach  Verona 
den  r(»yalistischeji  Hof  hätten  bringen  wollen;  darum 
igerten  sich  auch  die  Oesterreicher  zu  gestatten,  dass 
ler  der  französischen  Prinzen  oder  ein  Delegierter  der- 
Iben  sich  nach  Basel  begebe,  um  die  Prinzessin  zu  be- 
ssen.  I>er  Prinz  von  Conde  ging  so  weit,  dass  er 
^"ckham  fragte,^!  ob  der  Kantern  Bern  tlie  Prinzessin  wohl 
Uter  sein»^n  Schutz  nehmen  würde,  im  Falle  sie  bei  der 
Kirchreise  in  Basel  entfliehen  .sollte.  Der  Gesandte  aat- 
jrtete  diplomatisch:  ,.Er  sei  überzeugt,  dass  jeder  Staat 
!>lz  sein  würdcj  eine  Prinzessin  vom  Hause  Bourlion  zu 
apfangen,  besonders  eine  solche,  die  durch  ihre  Tugenden 
jwuIjJ  als  durch  ihr  Unglück  so  hohes  Interesse  en^^eeke, 
l&s  er  aber  glaube,  sie  würde  ihre  Zeit  angenehmer  und 
lehr  siÄudesgemäss  am  Hofe  des  Kaisers  zubringaa 


»)  P.  R.  U,    No.   15    (F.  O,)    Enclosure   No. 

ile  28  Febr.   ir'>6. 

^)  G#rrespoodciice  Bd,  l  pp.  244.  2m,  — 
»)  P.  R.  u.  No,  67  (R.  CK)  Wickham  1     " 

pDc  5.  Jan.  I7c^6, 


iD    Wie 


66  Charles   D.  Bourcart. 

französischen  Regierung  oder  wenigstens  von  einigen  ihrer 
Mitglieder  erworben  habe  „et  que  ces  citoyens  ont  sans 
doute  oiiblie  de  rendre  compte  de  cette  vente  ä  leurs  col- 
logues.  .  .  ."\i  Ob  wirklich  innerhal))  des  Direktoriums  ein 
nicht  ganz  sauberer  Handel  getrieben  worden  ist,  wie  Merian 
offenbar  durchblicken  lassen  will,  bleibt  indessen  absolut 
unbewiesen.  Es  lässt  sich  im  Gegenteil  recht  wohl  annehmen, 
dass  der  dem  Meniere  erteilte  Auftrag  —  denn  um  einen 
solchen  handelte  es  sich  —  so  gi^heiiu  gehalten  ^\•u^de,  dass 
nicht  einmal  alle  Mitglieder  des  Direktoriums  davon  Kenntnis 
hatten  und  dass  die  französische  (iesandtschaft  einen  hüclist 
verhängnisvollen  ^faux  pas^  machen  konnte.  Die  Sache 
verhielt  sich  nämlich  in  Wirklichkeit  f olgendermassen :  Die 
Diamant<3n  waren  zu  Intriguen  gegen  die  Engländer  in  der 
Levante  und  in  Indien  bestimmt;-)  sie  sollten  zum  Teil  den 
Sultan  in  Konstantinopel  zur  Unterstützung  der  französischen 
Politik  aufmuntern,  zum  Teil  sollten  sie  einem  gewissen 
Abb^  de  Beauchamp  mitgegeben  werden,  der  sich  auf  eine 
Mission  dos  Direlvtoriums  nach  dem  Orient  rüstete  und  jetzt 
in  Venedig  reisefertig  nur  noch  auf  die  Kleinodien  wartet»». 
Er  sollte  zu  verschiedenen  Fürston  reisen,  namentlich  zum 
Tman  von  Mascate,  ^)  und  diese  Herrschaften  dazu  bewegen. 
<lie  englischfMi  Ueberlandverbindungen,  namentlich  die  Post, 
abzuschneiden  und  dafür  (li<»  französischen  Kuriere  und 
Emissäre  durchzuhissen :  in  der  Levante,  in  Mascate  und  in 
Indien  sollten  den  Franzosen  Handelsvorrechte  gesiebten 
wt^rdon,  Mascate  sollte  sogar  womöglich  überhaupt  ftir 
Frankreich  gewonnen  werden  und.  „last  not  least"  sollten 
<lie  indischen  Kadjas  gegen  England  aufgewiegelt  werden: 
mit  Ti[)po  Saib  im  besondern  hatte  man  grosses  vor.  Für 
die  Ausführung  des  Planes  wurden  übrigens  auch  nodi 
andere  Agenten  verwendet,  docli  scheint  de  Beauchamp  dit* 
Hau[)trolle  zugedacht  gewc^sen  zu  sein. 

Wickham    bekam    nun   von  der  ganzen  Intrigue  Wind, 
gerade  zur  Zeit  der  Verhaftung   M<mieres,   vielleicht  sog-ar 

')  P.  R.  ().    Xo.    14    (F.  (.).)    Enclosure    in   Wickhams    private   leUcr  oi 
Jau.  22.    I7<X). 

=*)  Correspondcnce  Bd.   l  pp.   252,  3S4,  482,  49t)  Bd.  II  p.  70.  — 
ä)  Am  persischen  Meerbusen. 


Wnnaoi  WicHbam*  Uritischff  GüBundtcr  m  d«r  Sdiweiz  etc.  ^^7 

dii?i«i5ni»%  unti  Siindt^a  sofort  Bericht  un  soiae  Ki)Uegoi» 

I  Konstantmopel  mid  Venedig  und   nach    London,   damit 

t»  «nglUcIien  Agenten  in  der  Levante  und  in  Indien  be- 

irichtigt  würden;  \nv(*\i  Venedig  rei;Jte  sogar  ein  eif^ener 

jtiüf  Wickharnö,  aiu  Beauchamp  H<»{ort  imter  Benbacbtriuit^ 

Ini^hnrnn,     Wickham  schreibt  mit  Befriedigung  nach  Hauöe: 

herweise  wurde  ein  Herr  Meniere,  der  Träger  dieser 

.e*    auf    Herrn    Barthelemys    Verlangen    verhaftet, 

c»r   dwr   Anklage,  einen  Teil   derselben   unterscblageu  tu 

tien*     Die  Heise  de$  Herrn  Beauchamp  wird  imkriteheinUch 

(*  qettH(f*snd  verzögert  werden^  damit  die  Folgm   seiner 

its*:h(tft  vereitelt  werden  können,  .  ,  ,  **     So  trug  viel- 

ife  die  Regierung  von  Basel  dazu   bei,  den   Engländern 

hr*H  E**icli  ZU  erhalten.  —  Zur  Vollfttändigkeit  ^ei 

dasH    Bc^HUcbatnp    in   Venedig   tlavon    hörte,  da^s 

Bekham  ihn  beobachten  loBse.  und  zwar  mnss  dieo^e  Kenntnis 

bi«r  Indlnkretion  des  bririschen  <lesandten  *)  in  derLagunen- 

i.lr    'M',r.'schriel)en  werden.     Dieser  Herr  war  narulich  all- 

1  vollständig  betrunken  und  pflegte  in  diesem  Zu- 

mit    Vnrliebit   die   ihm  anvertmuten  diplomatischen 

lehnni»$^e  auszuschwatzen*  Der  Abbe  de  Beauchauip  nabm 

lier    einen    analem    als  den  vorgesehenen   Weg    fi\r  seine 

doch  kiinnte  er  nichtsdestoweuig«ir  dank   Wickhama 

imung  viiin  ^♦nglLschen  Residenten  in  Ba»>sonih  angehahen 

in  liiune  Heimat  zurückgeschickt  werden.'*) 

DiiJM    die    fnuizusititche    K^piddik    ihren    Freunden  ihre 

und  Erkenntlichkeit   oft   damit  %xi    beweisen    suchte, 

MÄiev^'      '        u  Freunden  grössere  (leldsunrnnH»  ^enthVh^, 

xur  (.T  Mi^kuniit,  und  so  kann  es  uns  nicht  ^^*^lnde^n, 

wir   durch    Wickhaniö    Agenten    erfahren,    ilass    das 

•im  in  den  ersten  Monat i*n  des  Jahres  17i*6  schon 

...  defltitiken  uniging,  sich  bei  seinen  lieben  Ballern 

kige  MiUionen  «n  luden;  der  Agent  schreibt :*i  ^Dea  gen« 

pluea  ot  de.<«  premiers  n^gociants  nnt  ^te  consulte^  ä  ce 

n-mmc  a  Mf*  \f*  tn»^trie  «jue  celui  de  la  fonrnii  avec 


•j  Vtn  Dn  Fan.     M«*moirr»»  Bd    ü  p    J.|6  Ann«     i. 

^  P.  IL  «.    No.    17    (F.    CX)    Enclotuns    in  Wkkboim  Ko.   t;      BAIe 
-T',     Ibid.     BAI-  1   ^-•''    —  - 


68  Charles  D.  Bonrcart 

la  cigale:  les  uouveaux  mandats  qu'on  oSrait  en  nantisse- 
ment  n'ont  pas  ^t^  juges  d'une  valeur  assez  recommandable 
pour  m6rit€^r  la  c^nfiance.  Cette  affaire  a  perc^  dans  le 
public,  mais  un  fait  qu'on  ignore  et  dont  je  vous  fais  part 
confidentiellement,  c'est  que  les  Balois  veulent  tirer  parti 
de  c^tte  Ouvertüre  pour  travailler  ä  leur  agrandissement: 
ils  ont  refuse  net  la  demande  d'un  pret  d'argent;  mais  comme 
ils  sont  persuad^s  que  les  Franpais  reviendront  a  la  charge, 
ils  veulent  profiter  de  Toccasion  pour  leur  demander  une 
portion  de  TEvechö  de  Bale.  L'affaire  nest  pas  mal  vue. 
vu  la  p^nurie  des  finances  de  France,  en  raison  de  laquelle 
les  Franpais  seront  certainement  fort  traitables:  mais  je 
doute  que,  si  le  march6  reussit,  il  ne  soit  pas  impolitiqne 
comme  pouvant  les  entrainer  (suivant  la  toumure  que  peu- 
vent  preudre  les  affaires)  dans  des  embarras  qui,  tot  ou  tard, 
pourraient  nuire  ä  leur  tranquillite  et,  par  contre  coup,  a 
Celle  du  Corps  lielvetique.  Si  les  Frangais  ponvaient  les 
agrandir  aux  d^pens  de  leurs  terres.  la  chose  pourrait  etre 
Sans  cons6<iuence;  mais  le  faire  aux  depens  d'un  tiers  qui 
est  en  raj)])ort  direct  d'int^ret  avec  les  Suisses,  ce  proced^ 
iiullement  delicat  })Ourrait  avoir  des  suites  dangereuses  en 
gen^ral.  ..."  Dieser  Korrespondent  hatte  wohl  recht  in 
seiner  Würdigung  der  Sachlage.  Hätte  sich  Basel  damals 
ein  Stück  Bistum  antreten  IrtsstMi,  so  hätte  es  damit  alle 
andern  E]i(lgenossen  vor  den  Kopf  gestossen  und  hätte 
ausserdem  noch  mit  dem  Kaiser  in  einen  schweren  Konflikt 
kommen  müssen,  da  ja  das  Bistum  noch  als  zum  Reiche 
gehörig  angeschen  wurde.  —  Wie  es  kam,  dass  der  Plan 
scheiterte,  wissen  wir  nicht:  wir  wissen  nur,  dass  nicht 
Barthehmiy  sondern  ein  Finanz-Agent  des  Direktoriums 
Namens  Durand  dies(»  Unterhandlungen  in  Basel  führte. 

Kiullich  sei  h'u^r  noch  eines  Berichtes  aus  Basel*)  vom 
,'30.  Miirz  i7W  erwähnt,  worin  erzählt  wird,  dass  damals 
auch  in  dieser  Stadt  (Terüchte  auftauchten,  der  kleine  Dauphin 
sei  gar  nicht  g(*st<)rben.  sondern  es  sei  ein  anderes  Kind 
schon  ein i<::;t» Zeit  vorher  untergeschoben  worden :  Ludwig XVII- 
le])e.     Ein  Franzos«*,  dessen  Nain«»  nicht  genannt  wird  und 

')  V.  R.  ().  No.  17  (F.  ().»  Enclosure  in  Wickhams  No.  45.  Bäle 
^ü  Mars    17M').  — 


WilÜAm  Wickham,  brilischer  Gesandter  in  der  SchwLMjr  clc,  öt) 

sich  anf  der  Dtirclireise  in  Basel  aufgehalten  habe*  hätt^ 
erklärt^  er  sei  bei  dieser  Rettung  selbst  tätig  gewesen. 
Leider  heisst  es  im  gleichen  Bericht,  dieser  Reisende  habe 
den  Eindruck  eines  „grossen  Intriganten**  gemacht.  Wir 
düi'fen  also  diese  Aussagen,  wenn  sie  auch  schon  ein  halbes 
^phr  nach  dem  angeblichen  Tode  gemacht  \\airden,  nicht 
TBs  einen  endgültigen  Beweis  für  die  Anrechte  der  Familie 
Naundorf  und  Anderer  auf  den  französischen  Thron  gelten 


I  So  weit  die  Beziehungen  Wickharas  zu  BaseU 
Wir  haben  nun  schon  vorhin  gesehen,  wie  es  ihm  um 
s  Jahreswende  1795/96  schwer  gemaclit  wurde,  seine 
?llung  in  der  Schweiz  zu  behaupten;  je  nach  der  politischen 
d  militärischen  I^age  war  auch  später  diese  Stelhing  eine 
mehr  oder  weniger  feste.  Im  Sommer  179H  war  Wickhani 
daraut  gefasst,  dass  die  Franzosen  seine  Ausweisung  ver- 
langen und  dassdie  Eidgenossen  dieselbe  gewähren  würden  ;V) 
tden  ersten  Tagen  des  Jahres  17U7  bat  ^^r  dann  selbst 
seine  Abberufung; 'i  seine  Gesundheit  hätte  gelitten, 
der  geringe  Erfolg  seiner  grossen  Unternehmungen  und  die 
Schwierigkeit-en,  die  ihm  nicht  am  wenigsten  bei  seinen 
Bundesgenossen,  den  Oesterreichern  und  den  Emigrant*jn, 
^pf  Schritt  und  Tritt  begegneten,  hatten  ihn  verbittert,  und 
so  wünschte  er  in  seine  Heimat  zn nie kzu kehren.  Indessen 
er  liess  sich  dann  doch  bewegen,  noch  länger  auszuharren. 
Als  aber  die  Siege  Bonapartes    und    der   Staatsstreich  vom 

KFructidor  (4.  Sept.  1797i  die  Hoffnungen  auf  Wieder- 
stellung der  Monarchie  in  Frankreich  wieder  einmal  zu 
liichte  gemacht  hatten,  war  auch  für  Wickhani  an  ein 
^Bgeres  Verbleiben  in  der  Schweiz  nicht  mehr  zu  denken. 
Jetzt  hatte  Frankreich  fr**ie  Hand;  der  Friede  von  Campo 
^&>rmio  stand  vor  der  Tür  und  an  der  Neutralität  der 
H^weiz  hatte  das  Direktorium  kein  Interesse  mehr:  jetzt 
^BT  der  Moment  gekommen,  den  unermüdlichen  Diplonuiten, 
Ifer  unter  dem  Schatze  Berns  seit  drei  Jahren  der  Republik 


*)  Conrcspomlciicc  Bd.  I  p.  418.  —  P.  R.  C),  No.  70  (R.  O)  Wickh&m 
["jLord  GrcnviUc  No.  6ü,     Bern    13   June    1796.     —    Ibid  No.  71   (R.  O.) 
ckham  to  Lord  Grcoville  No.  69.     Bern    14  July   i"*)^. 
*)  (-'orrespondencc  Bd.  II  p,    1    et  S,  — 


70  Charles   D.  Bourcart. 

soviel  Schwierigkeiten  bereitet,  los  zu  werden   und  seinen 
Intrigiien  ein  Ende  zu  machen. 

Am  8.  Oktober  1797  kam  Mengaud  nach  Bern  und 
stellte  sein  Begehren,  es  möchte  dem  britischen  Gesandten 
der  Befehl  erteilt  werden,  das  Land  zu  verlassen.')  Die 
Schweiz  stand  isoliert  da:  wie  wollte  sie  allein  den  Forde- 
rungen der  siegreichen  und  mächtigen  Schwesterrepublik 
widerstehen?  Wickham  sah  dies  ein  und  gab  den  Bitten 
des  Schultheissen  von  Steiger  nach,  der  ihm  nahelegte,  er 
könnte  die  Schweiz  ^freiwillig*^  verlassen  und  auf  diese 
Weise  seinen  Freunden  einen  letzten  Dienst  erweisen,  in- 
dem er  sie  der  Schwierigkeit  enthob,  einen  Beschluss  zu 
fassen.  Am  7.  November  1797  morgens  entfernte  sich 
Wickham  von  Born-)  unter  dem  Yor\vande,  dem  Obersten 
Craufurd  in  Frankfurt  einen  Besuch  abstatten  zu  wollen. 
Die  Gesandtschaft  als  solche  blieb  mit  dem  Legationssekretar 
Talbot  als  Geschäftsträger  einstweilen  in  Bern;  doch  Lord 
Grenville  befalil,  dass  die  englische  offizielle  Vertretung  in 
der  Schweiz  bis  auf  weiteres  überhaupt  aufhören  solle  ^j,  und 
so  verlioss  im  Dozombor  auch  Talbot  die  Aarestadt. 

Hier  darf  man  fragen,  ob  denn  das  Direktorium  nicht 
eigentlich  berechtigt  war,  die  Entfernung  AVickhams  aus 
der  Schweiz  zu  verlantjjeny  Die  Intriguen  eines  Gesandttm. 
der  seine  unverletzliche  Stellung  dazu  braucht,  luu  von 
einem  ntMitralen  Staate  aus  Insurrektionen  anzufachen  und 
Kriegskontrebande  zu  treiben,  würden  heute  in  diesem 
neutralen  Staate  kaum  mehr  g'?duldet  werden.  Schützte 
und  begünstigte  dieser  Staat  aber  gar  noch  solches  TreibeiK 
so  machte  er  sich  doch  gewissermassen  eines  Xeutralitiits- 
brnches  schuldig.  Wickhains  Unternehmungen  waren  dem 
Schult lieisseij  von  Steiger  nicht  nur  bekannt,  sondern  er 
er]eicht«M*te  sie  so  viel  er  konnte;  damit  übernahm  er  aber 
eine  schwere  Verantwortlichkeit  seinem  Vaterlande  gegeu- 
iiher.     Freilich    war    die    Art.    wie    von    Mengaud  das   Al)- 

».  Ufihsli,  (iochichte  der  Schweiz  im  iM.Jhdt.  Bd.  I  p.  III.  —  Corre- 
s|ioiidcinc  l»d.  II  j\  44   11. 

-.  W  R.  O.  No.  74  .K.  ().)  J.  Talbot  to  Lord  Grcuvnie  No.  i.  Bern 
7   Nov.    i7'>7. 

3)   C«.)rres])ondeiicc   Bd.  II  p.  i>2   tV. 


William  Wickliaint  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc. 


■rufiingsbegehren    gestellt   wurde,   für  die  Schweiz  liüchst 
■rletzend.  und  man  darf  hervorheben,  dass  Frankreichs  imd 
Bner  (xesantl tschaft  Gebahren  auch  oft  keineswegs  einwaiid- 
n    waren,    so  dass  die  Rolle   des  Eiitrüsteten  <lem  Direk- 
pium  nicht  besonders   gut  anstand:   ausserdem   darf   man 
?ohl   fragen»    ob»    wenn  auch  Wickhams  Wühlert^ien    niclit 
liildet  worden  waren,  die  Berner  Millionen  nicht  dennoch 
die  Kassen  der  französischen  Republik  und  in  die  Taschen 
Br  Vertreter  geflossen  wären ;   aber  es  kann  deshalb  und 
Fotz  aller  Achtung,  die  dem  letzten  SchultlieiHsen  des  alten 

i^rn  gebührt,  Steigers  Benehmen  hier  nicht  ander^i  als 
Ü^hängnisvoU  genannt  werden.  Man  kann  sehr  w<dil  der 
einung  sein,  dass  es  nach  den  EreignLsisen  von  1792  der 
Schw^eiz  besser  angestanden  hätte,  sich  offen  am  Kriege 
gegen  Frankreich  zu  beteih'gen:  ^  wären  die  Eidgenossen 
unterlegen  —  was  übrigens  keineswegs  bewiesen  ist  — ,  so 
wären  sie  wenigstens  ihrer  grossen  Helden  würdig  unter- 
Ä^gangf'n;  hatte  man  »sich  aber  einmal  für  die  Neutralität 
abschlössen,  so  musste  auch  unbedingt  an  derselben  fest- 
ge»halten  werden.  So  lange  Wickham  in  der  Schweiz  weilte, 
|nr  die  politische  und  militärische  Lage  nie  eine  holche,  dass 
Bp  den  endgültigen  Sieg  rler  Koalition  hätte  absohit  ge- 
rechnet werden  können  (was  vielleicht,  politisch  wenn  auch 
aicht  moralisch  als  eine  Entschuldigung  gelten  knnnte);  es 
war  daher  ein  Fehler  Steigers,  dass  er  nicht  von  vornherein 
^■sah.  dass  dt»r  Moment  kommen  konnte,  wo  Frankreich 
im  Stantle  wäre,  ihn  und  den  ganzen  Staat,  dem  er  Vor- 
land, für  den  den  englischen  Intriguen  gewährten  Schutz 
Wk  Rechenschaft  zu  ziehen.  Beruhte  die  Stellung,  welche 
H|  aristokratische  Regierung  den  Waadtländern  gegenüber 
OTinahm.  und  die  auch  fler  französisclien  Int»^n^ention  als 
Vorwand  diente,  auf  einem  Mangel  an  Einsicht  für  die  Er- 
fordernisse einer  neuen  Zeit,  und  war  diese  St-elhmg  der 
Regierung  durch  das  Bewusstsein  des  geleisteten  (Tüten  und 
m  Anbetracht  der  anerzogenen  An  schaumigen  der  Leiter 
fft  Staates  begreiflich,  so  war  dagegen  die  heimliche  Be- 
günstigung der  Koalition,  speziell  durch  den   Schultheissen 

^L      ')  Vcrgl.  Occhsii,  Geschichte  der  Schweiz  im    19,  Jhdr.   Bd.    I^  dagegen 
^■Wei^ert  Geschichte  der  Schweieer-Neutralität  p.   515  ff. 


72  Charles   D.  Bourcart. 

von  Steiger  und  seine  Anhänger,  ein  politischer  und  diplo- 
matischer Fehler,   der  sich  bitter  rächte.     Wir  wissen   nun 
wohlj    dass    man    sich   ohne  Mühe  in  die  Geistesverfassung 
jener  Leute  versetzen  und   ihre    Handlungsweise    der   vor- 
abscheuten  Revolution  gegenüber  unschwer  begreifen  kann; 
waren  doch  für  sie  die  Machthaber  in  Paris  nichts  anderes 
als  anarchistische  Verbrecher,  die  am  10.  August  und  in  den 
Septembertagen    ihre   Landsleute,   Freunde  und  Verwandte 
gemordet    hatten    und    auf   die   Zerstörung  von  allem,   was 
ihnen  wert  und  heilig  war,    ausgingen.     Konsequent   wäre 
daher  der  offene  Anschluss  an  die  Koalition  gewesen.    Ver- 
legte   man   sich    hingegen  auf   die   politische  Klugheit,   so 
musste  dann  auch  in  dieser  Richtung  konsequent  verfahren 
und  die  Neutralität  in  jeder  Beziehung  aufrecht  erhalten  werden. 
AVar  ferner  auch  Steiger  von  jeher  ein  ausgesprochener  An- 
hänger   des    offenen  Krieges    gewesen,   so  durfte   er  doch, 
nachdem  einmal  die  Neutralität  besclilossen   worden,  niclit 
auf   eigene   Faust   und    hinter   dem  Rücken   seiner  Miteid- 
genossen eine  andere  Politik  betreiben,   die  sie  und  seinen 
Stand    kompromittierte.    —    Nun    —    das    sind     vielleicht 
moderne  Anschauungen ! 

Wollon  wir  andrerseits  Wickhams  eigenes  Verhalten 
würdigoii,  so  müssen  wir  uns  natürlich  auf  einen  ganz 
andern  Standpunkt  setzen.  Er  hatte  vor  allem  die  Interessen 
ineines  Vaterlandes  zn  wahren:  es  gehörte  geradezu  zu  seinen 
Pflichten,  dass  er  den  Feinden  Englands  schadete,  wo  er 
nur  konnte,  und  liätt<^  er  die  Schweiz  in  den  Krieg  gegt'n 
Frankreich  hineinziehen  können,  so  hätte  es  ihm  sein  König 
zum  Verdienst  anreclmen  müssen.  Wickhams  leitender 
(ledanko  war  der  Hass  der  Revolution;  er  bekämpfte  sie, 
w(i  or  ihr  begegnet»^:  seine  Abneigung  gegen  Basel  war 
«'ine  sozusngen  gekünstelte,  eine  gewollte,  weil  er  einerseits 
in  Basel  einon  eventuellen  Stützpunkt  für  Frankreichs 
laiternehmungen  erblickt«^  und  weil  es  ihm  andrerseits,  wie 
wir  gesehen  haben,  zur  Ausführung  seiner  eigenen  Pläne 
dienlich  sein  konnte,  einen  Vonvand  zu  haben,  um  Basels 
N'(Hitralität  nicht  achten  zu  miissen.  Mag  auch  eine  solche 
Diplomatie  als  tnne  machiavellistische  bezeichnet  worden, 
so     muss     immerhin     daran    erinnert    werden 


WifHam  l^lckliiwa,  britischer  rrciau4t«r  ia  der  Schweii  elc. 


IbloriHch   auch  der   Uegaer   in  seineu  Mitt*^ln  war,     Muii 
sich    übrigöHö    wohl    fragen,    oh    die  Basler.    trotz  der 
'   a    Httlmng   der  Fninzoseo,   sich  nicht    etwas  vor- 
^  :    hätten    benehmen  können.     Die  Art.  wie  die  An- 
^iBgenhcfit  des  Chevalier  d'Art^s  geregelt   wurde,  war  eine 
in^üg  schroffe,  die  eventuell  das  Spiel  d<*r   A liierten    nur 
t>e  hi»g(insJtigen  können.    —    Gegen   di»'  Schweiz  im  all- 
^meinen    war    Wickhanj,    trotz   seiner    alUälligen   scharfen 
ttiken,    recht    wo Id wollend  gesinnt;    das    schweizerische 
rei^n  hatte  seine  vollen  Sympathien:  aber,  wenn  er  auch 
Notwendigkeit   gewisser    Keforruen   einsah,    sn  war  die 
ihm  geschätzte  Schweiz  nur  die  crHe  Eidgenossenschaft; 
leg    wa.*«    auch    im    geringsten    einen   revolutionöiren  Bei- 
feschmack    hatte,     war    ihm     verhasst;    dies»    zeigte    sich 
lincntlich  ancb    bei   seinem  späteren  Schwcizeraufeüthaho 
Zeit  des  '2.  Koalitiunskrieges  in  seinem  Verhalten  gegen 
neuen  Regierungen  und  g»^g«in  Ciennral  Hot^e.  als  er  die 
Ircht^r  Bauern  in  seinen  Schutz  nahm.  *)    Ganz  »-ntschieden 
agegen  trat  Wickham  auf  gegen  die  (lelüste  Oeaterreicha, 
^h  in  der  Schweiz  territorialo  Entschädigungen  zu  holen; 
ch»iinis  das  ViOtlin   und   die  italienischen  Vogtei«^n  hättö 
ihnen  unter  Umständen  gegönnt  ^weil  ohne  sie  der  Be- 
Mailands unsicher  sei   und    weil   bewiesen  worden  ist, 
ihri3    bisjmrigen    Besitzer   »lie   Mittnl   nicht  hid^^^n,    sie 
jun  eiuL'U  Fcmd  wie  Frankreicli  zu  verteidigen,^-! 

Wie  schon  gesagt,  nacli  Beendigung  seiner  ersten  Mission 
der  Schweiz  trat  Wirkharn  in  keim»  nälicreu  Beziehungen 
jBii»cl  mehr;  es  erübrigt  uns  also  nur  noch,  seine  weiteren 
iicksalf»  mit  einigen  Worten  zu  skizzien-n. 

i  London  znrtlckg«^kehrtf  übernahm  unser  Diplomat 
iw    ihn    während    ^»»iiiMr    Abwesenheit   ofiVn  gtdialtem* 
ine^  T'nteri^ta^t-s^okn*U4rs  im  l>i»parteinrnt  des  Intn^rn;*) 
bttbblt  indessen  die  schweizerischen  Angelegenheiten  im 
bge  und   wurde   auch   von   Lord  Orenville  ittt*ts  auf  dem 


{Tm  R«  O.  No.  77  «a.  O)  WkldiAm  to  Lord  Gr^vUle  Na,  4,  Zntkh 
iff  Xft.  5.»      \  1.;    iiqg  a^  Dt 


74  Charles  D.  Bourcart. 

lanfeiideii  gehalten.'»  Nachdem  J.  Talbot,  der  englische 
Legationssekretär,  im  Dezember  1797  Bern  verlassen  hatte, 
wurde  er  nämlich  schon  zwei  Monate  später  in  geheimer 
Mission  in  die  Nähe  der  Schweizergrenzen  geschickt.-)  unter 
dem  falschen  Namen  eines  Mr.  Tindal  residierte  er  ab- 
wechselnd in  Ulm.  Ravensburg.  Wurzach,  Stockach  oder 
Aug.<iburg;  er  führte  flie  von  AVickham  mit  den  französischen 
Royalisten  angeknüpften  Beziehungen  weiter  und  sollte  die 
Vorgänge  in  der  »Schweiz  beobachten:  es  wurde  ihm  zwar 
sehr  empfohlen,  keine  partiellen  bewaffneten  Erhebungen 
gegen  die  Franzosen  zu  veranlassen:  einmal  ausgebrochene 
kriegerische  Unternehmungen  sollte  er  aber  kräftig  unter- 
stützen; im  Verein  mit  den  schweizerischen  Emigranten 
hatte  er  die  AViederherstellung  der  früheren  Ordnung  an- 
zustreben ;  grosse  Goldmittel  standen  auch  ihm  wieder  zu 
(lebote.  Im  März  1799  wurde  Talbot  jedoch  ziemlich 
plötzlich  abberufen,*)  da  er  einerseits  allzufreigebig  mit  dem 
Gelde  seines  Königs  umging  (er  hatte  kurz  nacheinander 
den  französischon  Royalisten  einmal  ^  30.000,  ein  andres 
mal  J^'  18.0(XJ  zur  Verfügung  gestellt)  und  weil  er  einem 
Mordplan  gegen  das  Direktorium  seine  Unterstützung  ge- 
^rhen  hatte.  Da  der  Einmarsch  der  Allierton  in  die  Schweiz 
i(*tzt  b(^vorstand.  wurde  Talbot  zunächst  durch  einen  Offizier. 
d(;n  Oberstleutnant  Robert  Craufurd,  Neffen  und  gewesenen 
(ieliilfen  des  Obersten  Chs.  Craufurd,  den  wir  als  Kommissur 
boi  Condes  Armee  k<'nnen  lernten,  ersetzt.  Im  Juni  17W 
sodann  wurd«»  AVickham  selbst  mit  einer  neuen  Mission  in 
die  Schweiz  bt^traut.  im  Hinblick  auf  die  erhoffte  baldige 
V(*rtroil)ung  der  Franzosen  aus  dem  ganzen  Lande  und  auf 
die  Wiedereinsetzung  der  alten  Regierungen.  Die  Berichte 
Wickliams  aus  dieser  Zeit  sind  zum  grössten  Teil  in  seiner 
pul)lizit»rten  Korrespondenz  abgedruckt;  von  besonderem 
AV<*rr    sind    die    höchst    anschaulichen   Beschreibungen   der 


')  W  R.  ().  No.  77  (R.  ().)  Lord  Grenville  to  Mr.  Wickham.  Sccret. 
()  June    I7<)9. 

'^\  \\  R.  (».  No.  75  <R.  <).)  Lord  Grenville  to  Mr.  Talbot.  Most  sccrcf 
14   Fci)r,    I7«>S. 

h  V,  R.  O.  No.  76  (R.  ().)  Lord  Grenville  to  Mr.  Talbot  No.  3  und  4- 
March    14    \'^Y). 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  io  der  Schweiz  etc.  75 

weiten  Schlacht  bei  Zürich,  welcher  Wickham  als  Augen- 
euge  beiwohnte,  und  die  Berichte  über  seine  Beziehungen 
;u  Feldmarschall  Suwarow.  Unter  den  nicht  veröffentlichten 
Briefen  finden  sich  interessante  Mitteilungen  über  die  Rolle, 
lie  Johannes  von  Müller  damals  zu  spielen  suchte  und  die 
A^ickham  sehr  absprechend  beurteilt,^)  femer  über  die 
dnigen  Kantonen  gewährten  englischen  Unterstützungen 
m  Geld  und  Lebensmitteln,  über  die  von  Oesterreich  im  all- 
gemeinen gespielte  Rolle,  über  G-eneral  Hotzes  Verhalten 
md  namentlich  über  die  Organisation  der  ihm  unterstellten 
k'hweizertruppen  in  englischem  Solde.*) 

Während  der  Schlacht  von  Zürich  am  25.  September  1799 
rprliess  Wickham  die  Stadt  und  entging  mit  knapper  Not 
1er  Gefahr,  von  den  Franzosen  gefangen  zu  werden;  mit 
gezücktem  Degen  galoppierten  er  und  einige  Begleiter 
leben  dem  Wagen  der  Frau  Wickham  mitten  durch  das 
Schlachtgewühl  *)  nach  Winterthur;  am  30.  September  konnte 
r  erst  von  Ravensburg  aus  einen  Bericht  über  die  Nieder- 
age  nach  London  senden.*)  Zunächst  betrachtete  es  nun 
Vickham  als  seine  Aufgabe.  Oesterreicher  und  Russen  zur 
»Viedererobenmg  der  Schweiz  anzuspornen;  doch  es  sollt«* 
lim  nicht  gelingen.  Suwarow  zu  neuen  Anstrengungen  zu 
»ewegen,  und  mit  der  Schlacht  bei  Zürich  war  auch  Wick- 
lanis  R<jlle  in  der  Schweiz  definitiv  ausgespielt.  Bis  An- 
ang  dos  Jahres  1805^  blieb  er  noch  in  Deutschland  mit  dem 
Titel  eines  General-Kommissärs  Sr.  Brit.  Majestät  bei  don 
kUierten  Armeen,  wälirend  welcher  Zeit  sich  die  Schweizer- 
vgimenter  in  englischem  Solde  —  Bachmann,  Roverea. 
?alis  —  immer  seines  besondern  Wohlwollens  erfreuten; 
ür  die  Geschichte  dieser  Regimenter  könnte  diese  Korr*'- 
jpondenz  mit  Vorteil  benutzt  werden. 

»)  P.  R.  V).  No.  77  (R.  ().)  Wickham  to  Lord  Grciiville  No.  4.  Zürich 
»  July   171)9. 

'■i)  P.  R.  O.  Xo.  77  (R.  O.)  Wickham  to  Lord  Grcnvillc  Xo.  11  and  12. 
Zürich  28  July  179«)  —  ibid.  Xo.  13  und  14.  Zürich  i  Aujjust  1799.  — 
bid.  Xo.  15.  Zürich  3  August  I7t>9.  —  ibid.  Contidential.  Schaffhauscn 
>  Sept.  179Q.  —  Ibid.  Secretary  of  State  to  Wickham  Xo.  5.  London 
13  August  1799  —  »^'^i-     J<>h»  ^c  Salis  to  Wickham.     Coirc   11  Sept.  I7<m». 

')  Correspondence  Bd.  H  p.  234  ff. 

♦)  Correspondence  Bd.  11  p.  223. 


7^^  Charles   D.  Bourcart. 

Nach  England  zurückgekehrt,  wurde  Wickham  im  März 
1802  Staatssekretär  für  Irland  (Chief  secretarj'  to  the  Lord 
Lieutenant)  und  zum  Geheimen  Hat  ernannt:  letzteres  ver- 
lieh ihm  das  Recht  zur  Titulatur  ^Right  honourable*. 
Diese  Amtstätigkeit  bracht«  Wickham  wieder  Arbeit  genug, 
fiel  sie  doch  in  die  Zeit  der  irländischen  Unruhen  unter 
Emmett:  seine  diesbezügliche  Korrespondenz  ist  zum  Teil 
publiziert  in  den  zwei  ersten  Bänden  von  ^Memoires  and 
correspondence  of  Viscount  Castelreagh*.  Ln  Jahre  1804 
nahm  er  seine  Entlassung  und  1807  zog  er  sich  aufs  Land 
zurück.  Die  Universität  Oxford  verlieh  ihm  im  Jahre  1810 
honoris  causa  den  Titel  eines  Doktor  der  Rechte  (D.  C.  L). 

Lord  Grenville  hatte  im  Jahre  1801  daran  gedacht, 
Wickham  als  Gesandten  nach  Petersburg  zu  schicken: 
<  xrenvilles  Rücktritt  verhinderte  aber  die  Ausführung  dieses 
Planes.  Später,  zwischen  1802  und  1804.  war  dann  Wickham 
auch  zum  Gesandten  nach  Berlin  und  nach  Wien  ausersehen 
worden:  doch  war  er  eine  den  Franzosen  allzuverhasste 
Persönlichkeit,  als  dass  ihn  diese  beiden  Höfe,  die  gerade 
damals  auf  gute  Beziehungen  zu  Frankreich  angewiesen 
-waren,  hätten  annehmen  können. 

Nach  s»'ineiii  Ausschoiclen  aus  den  öffentlichen  Aemteni 
l)»»z()g  Wickham  eine  Staatsj)ensi()n  von  jährlich  j(^  1.8i^> 
'Fr.  45.0(^)0.  <li<'  ihm  zu  geniossen  noch  lange  vergönnt 
war:  denn  er  starb  orst  am  22.  Oktober  1840  in  Brigliton 
in  einem  Alter  von   79  Jahren.-) 

Zum  Sclilusse  nun  drängt  sich  un.s  der  Wunsch  auf. 
OS  möchte  nnsorm  Vatorlande  (»rspart  bleiben,  je  wieder  sti 
interessantH  abor  auch  so  traurige  Zeiten  zu  erleben,  wie 
die  (^s  waron.  in  die  uns  auch  Wickhams  Korrespondenz 
wie(hM-  einfiilirt.  Ein  im  Innern  fest  zusammengefügt^^s 
])olitisciies  (Tobiiude  uiul  absolute  Einigkeit  dem  Auslande 
^♦'o:enübt*r.  n;rün(lliche  militärische  und  diplomatische  Vor- 
b»*nM*tUTig  \v»'nlen  aber  dio  nnorlässlichen  Bedingungen  für 
uiisi*n»  woiton»  fr«'i»» Existenz  srin.  sollten  je  die  Weltereignisse 

M  ('orrr>p()mloncc  IM.  1  ])  7.  —  Dictionary  of  National  biographjr 
IUI.  LXI  s.   Wickham. 

Uebcr  tue  durch  Wickham  seinem  Vaterlande  geleisteten  grossen  Dienste 
vcrgl.  Mallet-Du   I*an,  Mcmoires  Bd.   II  p.   336  Anm.    1. 


William  Wickham,  britischer  Gesandter  in  der  Schweiz  etc.  7  7 

wieder  eine  ähnliche  Lage  schaffen.  Ausgeschlossen  ist 
diese  Möglichkeit  aber  absolut  nicht,  und  wenn  sie  eintritt, 
so  wird  sie  es  wahrscheinlich  mit  einer  Plötzlichkeit  tun, 
die  uns  nicht  mehr  erlaubt,  Versäumtes  nachzuholen.  Frei- 
lich wir  sind,  Gott  sei  Dank!  besser  vorbereitet  als  damals; 
wir  haben  einen  starken,  einigen  Bund  und  eine  zentrale 
Regiening,  die  einzig  und  allein  befugt  ist,  mit  dem  Aus- 
lande zu  verkehren,  die  nur  eidgenössische  Interessen  im 
Auge  hat  und  die  sich  genau  bewusst  ist,  welche  Politik 
sie  in  Zeiten  der  äussern  Gefahr  zu  befolgen  haben  wird; 
wir  haben  eine  wohlorganisierte  Armee  und  suchen  dieselbe 
beständig  zu  verbessern;  aber  wir  dürfen  nicht  vergessen, 
(lass  wir  damals,  am  Schlüsse  des  18.  Jahrhunderts,  auch 
weise  Staatsmänner,  tüchtige  Offiziere  und  gute  Soldaten 
besassen  und  doch  nichts  auszurichten  vermochten,  weil  (li(^ 
Organisation  und  ein  einheitlicher  Wille,  ein  gemeinschaft- 
liches Ziel  fehlten:  weil  wir  uneinig  waren.  Lange,  vielleicht 
sogar  Jahre  andauernde  kostspielige  Grenzbesetzungen, 
wahrscheinlich  bei  schwer  lastender  ökonomischer  Depression. 
V<M*h'tzung  wirtschaftlicher  Interessen  einzelner  Landestoile 
durch  strenge  Handhabung  der  Neutralität.  scheinl)are  Ver- 
nachlässigung gewisser  Gegenden  aus  Gründen  d(»r  höheren 
Strategie,  Opfer  zum  Schutze  von  Miteidgenossen,  deren 
i  n*fahr  uns  nicht  selbst  direkt  bedroht  oder  von  denen  uns 
vielhMcht  EifersüchteleitMi  oder  traditionelle  Abneigungen 
trennen,  tiefe  politische  Syini)athien  und  Antipathien  dtMi 
kriegführenden- Parteien  gegenüber,  und  endlich  noch  der 
Sirenengesang  der  einen  oder  andern  Grossniacht  einzeln»'n 
Bundesstaaten  gegenüber,  das  sind  alles  Faktoren,  die  zer- 
setzend wirken  und  die  eventuell,  einzeln  oder  vereinigt, 
verhängnisvoller  wirken  k<>nnen  als  sogar  eint»  verlorene 
Schlacht.  Wohl  wie  ein  Mann  wäre  auch  die  Schweiz  von 
1792  einem  direkten  Angriffe  der  Franzosen  entgegengetreten. 
und  doch,  welch  trauriges  Bild  bot  sie  sechs  .Jahre  später, 
als  sie  wirklich  ihre  Unabhängigkeit  hätte  verteidigen 
sollen!  Der  südafrikanische  und  der  russisch-japanische 
Krieg  haben  gezeigt,  dass  trotz  der  modernen  Waffen  der 
Kampf  sich  heutzutage  auch  sehr  in  die  Länge  zic^hen  kann 
und  dass  nicht  notwendigerweise  eine  baldige  Entscheidung 


7« 


Charles  D.  Boarcart. 


ZU  orwarten  ist.  Moralische  Kraft,  weitbl 
Vatorlandsliebe.  die  tiefer  sitzt  als  blosser  Fes 
imis,  würden  allein  im  Stande  sein,  uns  üb 
ungon  hinwegzuhelfen,  wie  sie  die  Schwe 
Jahren  bestehen  musste. 


Johannes  Heynlin  aus  Stein. 

Ein  Kapitel  aus  der  Frühzeit  des  deutschen  Humanismus, 

Von  Max  HossfelcL 

(Fortsetzung.) 


5.  Kapitel. 

Basel  1464  und  1465. 

Bisher  kennen  wir  in  Heynlin  nur  den  Mann  der  Ötndier- 
stubü.  Wir  sehen  ihn  als  eifrigen  Studenten,  als  gelehrten 
Kommentator  philosophischer  Werke»  als  akadem  ischenLehrer. 
Wir  sehen,  wie  er  FreiiDdschaftan  knüpft,  und  wir  lernen 
die  geistige  AtinospLäre  kennen,  in  der  er  lebt  und  die 
seine  Anschauungen  bestimmt.  Jetzt  auf  einmal  tritt  er 
uns  in  kräftiger  eigener  Wirksamkeit  entgegen. 

Gewiss  hing  das  Wiederaufleben  des  alten  Streites 
zwischen  den  antiqui  und  modemi  mit  den  in  so  erstaun- 
lich rascher  Folge  vor  sich  gehenden  Gründungen  neuer 
Universitäten  zusammen.  Heidelberg,  Köln,  Erfurt,  Leipzig, 
Rostock  und  Löwen,  alle  innerhalb  eines  Zeitraumes  von 
40  Jahren  vor  und  nach  1400  gestiftet,  ergriffen  auch  meist 
sogleich  für  die  eine  oder  die  andere  Seite  Partei.  Heidel- 
berg und  Erfurt,  ebenso  Frei  bürg  (1467  gestiftet)  waren  vor- 
zugsweise Sitze  des  neuen  Weges,  Köln  und  Löwen  hielten 
wie  Paris  zum  alten*  Als  man  nun  in  Basel  im  Jahre  1460 
zur  Gründung  einer  Universität  schritt,  musste  man  sich 
gleichfalls  entschli essen,  in  dieser  Fragn  Stellung  zu  nehmen. 
Nach  längerem  Schwanken  entschied  man  sich  für  die 
Duldung  nur  eines  Weges  und  wählte  den  neuen.  ^ 

Die  Stiftung  einer  neuen  hohen  Schule  in  oberrhein- 
ischen Landen  und  ihre  SteUungnahine  in  der  Streitfrage 
der  Zeit  war  bei  Heynlin  und  seinen  Landsleuten  in  Paris 


»)  Viicher  140,  141. 


8o  Max  Hofesfcld. 

gewiss  ein  vielbesprochenes  Ereignis.  Es  entstand  in  ihm 
der  Entschluss.  die  junge  Universität  für  die  Lehre,  die  er 
für  die  bessere  hielt,  zu  erobern  oder  doch  wenigstens  an 
ihr  seiner  Richtung  neben  der  bereits  eingewurzelten  Geg- 
nerin gleiche  Berechtigung  zu  erkämpfen.*' 

Nichts  anderes  kann  ihn  getrieben  haben,  sein  theo- 
logisches Studium  zu  unterbrechen  und  Paris  für  einige 
Jahre  zu  verlassen.  Er  kam  nach  Basel  nicht  gerufen,  — 
von  einer  Berufung  als  Professor  ist  in  den  Quellen  nichts 
zu  finden,  auch  war  er  dazu  doch  noch  zu  wenig  bekannt, 
und  wie  hätte  auch  die  nominalistische  Fakultät,  die  ihre 
Lehrer,  soweit  sie  sie  von  ausserhalb  berief,  meist  von 
Heidelberg  oder  Erfurt  herbeiholte,  auf  den  Gedanken  kommen 
können,  sich  aus  Paris  einen  Vertreter  des  alten  Weges  ans- 
zubitten?  Er  kam  auch  nicht  als  Schüler,  um  berühmte 
Professoren  der  Theologie  zu  hören,  dazu  wäre  er  nicht  von 
Paris  nach  der  erst  4  Jahre  alten  Basler  Universität  ge- 
gangen. Anscheinend  hat  Heynlin  überhaupt  in  diesen 
Jahren  seines  Basler  Aufenthalts  mit  der  theologischen 
Fakultät  gar  nichts  zu  tun  gehabt  t»r  ist  nur  in  der  Matrikel 
der  philosophischen  Fakultät  eingeschrieben'-)  — .  ja,  er 
scheint,  wie  auseinandergesetzt  worden  ist,  geradezu  sein 
theologisches  Studium  für  2  oder  3  Jahre  abgebrochen  zu 
haben,  um  freie  Hand  für  seine  Tätigkeit  in  Basel  zu  be- 
koumieij. 


Den  Kern  dieser  Tätigkeit  bezeichnet  schon  sein  erster 
Biograph.  d(^r  Al>t  Tritheuiius.  durchaus  zutreffend:  ^Er 
brachte  als  erster  die  Lehre  jener  Pariser,  die  man  Reales 
nennt,  nach  der  Basier  Universität  und  verschaffte  ihr  dort 

')  Job.  V.  Müller,  Gesch.  d.  Srlnvei/  (in  d.  Tül)inger  Aiisg  v.  1817, 
Band  VIII,  S.  f)^^)  ^iht  an,  dass  „Johann  Haynlin  de  Lapide,  über  deu 
Noniinalisteii-  und  Realistenstreit  aus  der  Sorbonne  entflohen",  1488  zu  Basel 
Profes>or  ^'eworden  sei.  —  Von  einer  Flucht  aus  Paris  erzählt  auch  Ochs, 
(iesch.  d.  Stadt  u.  Ldsch.  Basel  V.  101.  —  Eine  völlige  Verkenuung  der 
Initiative  Ileynlins,   wie  sie  aus  der  folgenden  Erzählung  erhellen  wird. 

-)  Visih.  102. 


Joimnnes  HeynUn  aus  Stein. 


8f 


nähme,  kiiLftige  Geltung  und  Verbreitung.*^  ^)  Doch  kam 
licht  allein,  er  brachte,  wie  es  scheint,  eine  beträchtliche 

ahl  OesinnmigsgenosseTi  mit,  die  er  in  Paris  geworben 
te,  und  die  ihm  helfen  sollten,  Ihren  Sitz  schhigen  sie 
ler  Pariserburs  auf,  die  eben  nach  ihnen  ihren  Namen 
i«dt  und  der  wahrscheinlich  Heynlin  vurstand.') 

Im  Mai  oder  Juni  müssen  sie  in  Basel  angekommen 
1^  nicht  erst  am  19.  August.^)    Sie  wandten  sich  zunäciist 

die  Fakultät  mit  dem  Gesuch  um  Auifnahme,  ^tirden 
tÜH  Realisten  abgewnesen.     Das  -war  zn  erwarten  und 

ite  sie  nicbt  entmutigen.    Von  der  Fakultät  gingen  sie 

Bat  der  Stadt^  der  in  Universitätsangelegenheiten   in 

^1   stark   mitzusprechen   hatte,   und  trugen  ihm   ihr  An- 

&n    von      r>er    liess    sich    nicht    ungünstig   vernehmen, 


h  Trithemiua  de  scriptoribtis  cccIeKi^sticis  Basel  14Q4,  fol.  129,    Unsere 
iuag   AchUctst   KicLi  Vi&cbcrs  ^uellcnmäi^siger  Daiftellung   an.    iGescli,  d. 

.   ß^el^    140 — 157).     Bis   auf  Vi  seh  er   hatte   man   diese   Einführung    des 

überhaupt    f&lscla    datiert    uad    daraus    irHge    Schlüsse    gezogea. 

>r.  102,  Ocht»  Vj   r6i;    Brucker,  SS.  rer,  Ba*iL  1752  Vorrede,  lu 

51  Fisch,  q;   Zarucke  EinL   13   uud   16,   Anmerkg.)     Erst  aus  Vlscher« 

^eUung   erkciiut  man  auch  die  Rolle,    die  Heynlin  spiehe, 
*)  Sie  war  uieht  die  erste,  die  es  in  Basel  gab,  wie  Ranke  sagt  (Dl seh. 

I.   im  Zeitalter  d.  Ref.  7.  Autl.  I,    löi),   denn  sie   bestand   schau,   bevur 

Pariserbtirse  getauft  wurde,  imter  dem  Namen  der  Egenolfischeu  Burs 
I.  ißt  Adumbr.  102).  Freiticb  ist  Ranke  im  Recht,  wenn  er  den  Namen 
serburs**  als  ein  Zeichen  dafür  anführt,  da&s  die  nniver^itat  Basel  tmtk 
nach  Pariser  Muster  eingerichtet  sei.  Eben  unser  He)*nliii  i^^t  es,  der 
u*e   diese    Einrichtung   nach  Pariser  Muster   bewirkt  hat   und  nach  ihm 

Mine»  Pariser  Anhängern  wurde  djüier  auch  die  Burse  iimg,etauft  (vergl. 

Vtseh.  171),    Vischcr  nimmt  an.  dass  Hefnlm  ilir  vorftind,  weit  mit  dem 

»ml   all   der  Artistenfakultät  gewohnlich  die  Vorsteherscbaft   einer  Burse 

löjilt  war,    (Vi«h.  160  und  Anm.  20,) 

^  Wie  r.  B.  Siiirgali»  whrvibl.  (Beili.  Zeutralbl.  Biblioth.  I,  188»,)  Aller- 
ist  das  erste  datierte  Schriftstück»  in  dem  Heyiittns  Name  vorkommt»  vom 

.ttgust  (s.Vtsch.  1 4|K  £*  meldet  seine  Annahme  in  die  philosophische  Fakultät, 

r   die    Aufnahme    in    eine   FakuHät    war  Tingültig,    wenn  der  Betreffende 
ir«rher  vom  Rektor  in  die  allgcmeme  ITuiversitÄtsniatrikcl  eingeschrieben 
(Visch.   151.)     Heynlm   ist   nun  vom  Rektor  Joh.  Blichcrod  aus  Gotha 
Lriknlicrt  wortlen.     (Visch.  158  Anm,  17).     Da  dieser  sein  Amt  seit  dem 

»i  14^14  l>eklridete  (V^lsch.  322  und  daxu  S*  too)  und  da  ferner  ein  gleidi 
(rihuentles  Gutachten,  das  sich  bereits  mit  Heynhns  Angelegenheit  be« 
Tcvr'  (  iM»  so  musi  feine  Ankunft  in  Basirl  xwischeii  die«<tn 

I   I  it  Mai  oder  Juni  liebten. 

Itr  Zelnclir,  L  Otsch.  und  Atienum.    Vit«  1,  6 


w...--    :,':-:'  n----    z  1-     -rLzji-e  -ier  Universität   hören 

"::i  -■''•.■.z.^7  ..:-'  '  z  i_r-?^r  -=-::.  <.Tmachten  über  den 
Ti...  '.  .T-  >.  i-.-T:^*  i.  .--  ::3-  ^tlLi-^ji.  es  ist  vom  3.  Juli 
ir.:--  r'>  >.-..:-  >  :  :..  -  Il:.:>  lieienheit  gegen  die  Zn- 
::.--■-.:  ^  :-.:--  ""^-  .  -  .u:^.'  nicht  die  Eintracht  und 
i^^  j"*:.-.:.z  \  :  "."- .  ----.-  '*».:.ii  i-rü  nehme.  Der  Bat 
..'•.:.■-  •*:.:-  V  .:^-:  _-  Z.i.i-::  der  Lehre  erhahen 
-..:..>-::  --  -   ".-:.>:    It^   ä'ten  Weges  benifeD. 

T--_:     -    ..:.■:    -.  :        >     -..:>.-•:.  ..!>  beide  Wege  neben- 

.   ..:  -r  •    r-.^   :         '->  -z  r:.  :  rfürchtende  Unfriede 

-r-;.:  A--  .  ^        -  '.'.  .T-r^::AT   höchst   gefährUch 

--i:.  -  '.  •:-  V..-  ->  -  :  ■:  .-- V  r?telliingon  HeynÜDS 
-.'_..  >  ..:'    •    .    —  .  -    —  :    :  j^r>:i.ri.kt  haben  als  jenen 

-i~:..:--'.  .      Ar.:-:...  T    l-r  üa^istrr  in  die  philo- 

-._.>:-  :":  V  .  .-  ^  1  ^-  : :  ■-:-  >ie  erfolgte  an 
1  _-..-^-.>-  y>  -  -  -^-  S.-v^  z-z.  He\Tilin  emmgen 
-L...T>    _--.>.-'..>.         -  .-Stt  >  wir  Magister  Johannes 

II:__-i   .-  iV::  ' .  ^  >    -  7.  •    ö*!  lr.> Easoris  deTannis'i 

:.:!_>:    ..  :.        >:  : -    .     .  - ...Lz.ir.:..  iz.  via  antiqiia.*  j 

r.      .  .         -  -f.-    — i--:l::Ler  Professor  an   | 

- '  :  .       -  :   ^.          V  V     V       .'.^ •>■-■/:  "jli  als  solcher  von 

2..-?T-^  :  :,^..          ".  .        >    .    "  -r-^r  T^il>isputarionen 

.-.:---:  ::-...  >    ^  ■      v  :,>  -  7  .:.  Tviiiar^diiingen  niit 

":.■"-•-■■'  .,:  .V.  .:.-■■       ".  ■ii.i^fils  schrieb  er  s»?in«^n 

7:.-:-.-    .  -            \.  -               .-.>•  c:  T- ?^'="r:si"lhriingea  der 

"^  "  _.?^T :    r  ".    -  ^:  ^  •   ■  •v".:.?:    v.-  >-ir-eiL  Anhängern 


v.-i      _■      ....   :...■-:.,....■  ;-     -..•.-  ->     :■       ..*;   L.i  '.:-.-T^tüÄ»  jecnLt 

—    *     -..:  .     :...!     r.    -;  :-:    '..;-;  ..  -    .-.rMÄ    ^  i    3iir:f>:5r    IL  ü>  0 

1- •i.:.^-    vu-_i..     r-.^.-z    :    -. --    i:  -  •■.l-^■    ;:    i-rr    Kresse. 

.".^.?-.i-    '   r.ir.:-.>    n    '....:     r  ?■:       *   ss "       A :-!ii:i.>eii^ii--iÄr   isr  ^^ 


Johannes  Hcynlin  AUf  Stein, 

f^rn  heftigen  Meinungskampfe,  der  nun  entbrannte,  ge- 
jvonnutim  war.     Vii>ll«*icht  darf  man  auch  oino  kleine, 
p»n  WillifOni  von  <-)kkam  und  seiue  Anliängpr  gerichtete 
idlnugj  die  in  einem   Heynlin  gehörigen  Kodex  steht^ 
ie  ich  wegen  cler  Ähnlichkeit  der  Handschrift  Hi*ynlin 
zuschreiben   möchte,   in   die   Basler  Zeit   versetzen.') 
leynlin  war  aber  mit  dem  Erreichten  noch  nicht  zu- 
In.     F^r   wollte   niclit   nur   geduLlet   sein,    sondern    er 
sich   daa  Ziel»    die   volle    Gleichheit   beider  Wege 
msetzen.    Bei  dieser  Gesinnung  konnte  es  nicht  fehlen^ 
IT  «ich  an  einen  Mann  anschlossj    der  ssclion  von  An- 
an,  schon  vor  der  Stiftung  der  Ünivorsitatt  Gleiches 
Jlt  haue,     Das  war  Peter  von  Andlau.     Andlau  gehört- 
en   v<»nh*enstvollen    Männern,    die   der    Grihuhmg   der 
mität  in  Basel  vorgearbeitet  haben*     Er  hielt   schon 
hief   als  Lizentiat   des  geistlichen  Rechts  öffentliche 
Uatton»<n'1  und  förderte  .seitdein  unerniüdlicli  (h*n  Go- 
&n,   ileni    Kreis   von   Gelehrten,    die   sicli    in   Basel   zu- 
litnfandon,   im   Rahmen   einer  Universität  festeren  Zu- 
lenhalt    zu    giO>en.     Andlau    hattt»    in   Heidelberg    und 
studiert,  er  rechnete  sich  zur  via  moderna,  doch  legt 
n  seinem  freien  <.leisto  Zeugnis  ab,   dass  er,   vor  die 
leiflung  gestellt,  ob  man  in  Basel  ih^ni  alt-en  oder  dem 
Wege  den  Vorzug  geben  sollte,  nicht  seiner  eigenen 
,ung  allein  das  Wort  rodete,  sondern  sich  für  die  Ein- 
ig btfider  aussprach*") 

J'achdem  einmal  Heynlin  und  seine  Leute  in  den  Schoss 
f^akultät  aufgenommen  waren,  galt  es^  einen  Modus  vi- 
fär  beide  Partelen  zu  finden.  Gewisj  nicht  ohne 
Wirkung  AndlauSf  für  den  es  ja  nur  die  Erfüllung  eines 
1460  geilussert*Mi  Wunsch<»8  liedeutetf*,  geschah  es, 
'mrin    H'WnUn-?    Ansuchen    um    die   Gleichberechtigung 


^  \  oiU  foL  256 — 2^5,  Di?  Ahnlicbkcit  der  Hund  kann  man  an  eineisi 
ch  mit  fol.  «>7  deMeU>cn  Bandes  gut  erkennen.  Es  handelt  sich  ^i>r 
um  die  Widerlegung  der  Okam 'sehen  Ihe^e:  ».Hssentia  diviriA  eikt  t|u*u\* 
Unuii.'*     SelbiitvcfMüfidacb  konnte  Heyntin  auch  bloss  der  Abicbreiber 

der  VerfaMer, 
Htirln  14  a, 
HurlK  60:  Vt&ch.  iv  Anm.  |. 


^  \  Max  Hossfeld. 

»Irr  luMtien  AVogo  Folge  gab.  Es  wurde  von  5  De{»!;ta!-ii 
<lt»s  riiiviTsiTärskaiizlers  und  5  Vertretern  des  Ratv>  eii;- 
<>nlnung  ..siipor  j^aritat«»  regiminis  ambanim  viamiLi-  aus- 
goarbritot.  am  15.  Fobniar  li^Jö  von  ihnen  zum  Abschlags 
i;:»»braolit  und  angenommen  und  am  23.  März  bestätigt  mi'l 
tliMU  Hekan  der  philosophischen  Fakultät  zur  NachachtULg 
«Mnpfohleii.  ^"i  Peter  von  Andlau  ist  einer  der  5  Abgtf<:>rd- 
\ir\o\\  dtT  rniversiiät.": 

Aul  (irund  dieser  Verordnung  mussten  nun  zunächst 
lin^  Statuten  der  ganzen  Universität  abgeändert  werden,  hu 
l''rub|ahr  14<m  trat  eine  zu  diesem  Zwecke  gebildete  Kom- 
missiott.  aeht  sogenannte  Statutarii  zusammen,  zwei  Juristeu. 
/\>iM  Meiliziner  und  vier  Artisten,  unter  ihnen  Peter  von 
Aiiillau  und  Heynliu.  wieder  gemeinsam  am  Werke.  Von  den 
\  HM  Anisti^u  waren  zwei  vom  neuen  Wege  und  zwei  vom 
nh«M».  Ib'xnlin  und  ein  gewisser  Jacobus  Philippi.  mit  dem 
imstM-  rtoK^brter  auch  später  noch  zusammentraf.*)  Die  von 
ilmi'M  ausgoarbeii<Men  Statuten,  die  die  nunmehrige  Gleichheit 
dri  luMiien  WriTe  zum  Ausdruck  bringen,*!  sind,  wenn  auch  in 
lifinj;  jiut  dioWal/i  des  Kektors  und  des  consilium  univeivi- 
(ili-^  ''j^atl•:■  Xv.^ier.i^isrevi  vorgenommen  werden  mussten.  im 
tiioNNTM  r.iiil  iiar.;evi  Vis  zur  Keformation   die  gleichen  pe- 

'■  i":.'  .  ,  .  :■  r  ■.-;■:■.  ^^c>:.r.:r.:.::ij:en  siehe  Vischcr  S.  145 — 147.  Der 
M  • ,  1 1  1 . , . ! . . :  i  , » { .  , . .  vv  ■-.•.;.  ;.-■;•.  F:e'. :  c  ^c^J  1  m  .lUcn  oder  ucuen  Wege  lehra 
1.1..1   I....,,.  .'i.,i :       ;^.-     :^fK..v.  \i..:\:c   ir-ucchsclnd  aus  ciuem  der  beiden  Wege 

■.  I  III    .iii;.t   ,1 

i":i.s.  ^  . ...  :■  N\  'r-.c '-..  \\\i:r:f  vor.  Aachen  Js.  Visch.  1441,  der«:! 
'  j'  '■>  !^.'.  \i  ■  N,  .'*.,;•  .-  .;  .-.;>."•  '.ernicn  sich  He)Tilin  und  Teltow 
*••"•■''        l     x%  ..   .     .•    ..•  ".  .'/.r..:;T.  >:e:.  iima'ijren  Professoren  der  Theologie 

■'•  !*'■'.   l kVs...  vr     .:   y..s.':.-.;.   Ktki^r.  Canonicus  und  seit  etvra  U'*? 

''•''■•«  ^i   .^.»         i..    .   ,-^. :    ':   j;i.,>.*hift   hat    Hej'olin    später  noch  mi 

■•'   '     '•  ^  ' '^       :..'.   :  :.  .:>/t.z.    Aäch.  Creschichtsverein   14  iiS'j:' 

■  I  »  .: 

»  ....  *^;  ...  .  \  V,  '  ;  —  rii'.:;  j,:  und  He\-nlin  kannteo  ?:ci 
^•'    •  '■'  *.:.•■    %.v    r  .■  *   i.         *.-       ..;:    rcre-r-tornm    steht    Phil.    I45r'  i-» 

■■•^-         \... -.    .; '    ..  >    ■  .-c:  :.   .r.  .irlibiis.    (Auct.  II,  oK-,  .U'- 

*"•■*:    -        ^        ;■      .      *^,..  .    ;      .     f-    ;    "S.:    :;     :-.04-,   S.  3H>— 322.     Weri^ 
:•       .  »    J..\.      .    s.       .:....  :   ^  -  .r.f..  Zi-:i  ia  Paris  an  wie  er.  a?er 

"' •  •  ■        •    "     ^'^   ■  -v  V,-  •   :    V...  l::    c ".  i:  ".tTn  aUo  voraus. 

^    ,..*    \  ...,•  ..    \   >.r       ..         >     A---..  zi   usw. 


Jfihjiunc)!  Heyulin  aus  Stern. 


85 


[ehren  wir  znv  philosophischen  FaknJtät  zurück.  Nach 
Ibniachuiigon  des  Ordo  super  paritate  sollte  ilii*  Dekan 
dtjm   einen y   bald  dorn  »nderen  Wege  angehören.     Als 

r  Dekan  vom  alten  ^\T3rdo  in  Anerkennung  der  Filhrer- 
ilie   t^r    spi<dte»    im  FrüJijtthr  14G5   Heyniin    gewählt. 
mn  noch  war  nicht  alles  geregelt,  wie  man  es  wünschen 
its.     Mit    einem    blossen    modus   vivendi    war  Heyniin 
zufrieden,  er  wünschfe  seiner  Schöpfung  ein«>  daupr- 
re  Form  zu  geben. 

)aher   die   Statuten,    die   im  Horl)äte    14^5^   am   Ende 
Dekanats^    der    philosophischen    Fakultät    gegeben 
iUrden,    Vi.scher  will  sie  als  ein  Werk   Heynlins  betnichtet 

HBie  legen  nattirlicli  vor  aUera  die  gh"ichber«*chtigte 
Pking  *le.s  alt«'n  Weges  f«*st  und  treffen  tlementsprechendc 
tsstimmnngen  über  die  Wahl  unil  da8  Amt  des  Dekans 
tubrik  1),  über  die  Anstellung  der  magiatri  collegiati 
^  U.  de^r  besoldeten  L<>hrerf^  über  die  Bakkalaren  usw.  Aber 
Ich  von  allgemeineren  Gesichtspunkten  her  bieten  sie 
Iteresse.  Was  ordnen  sie  über  den  Studienbetrieb,  was 
k  die  Lehrbücher  an? 

^Wiecjerum;  «ie  beruhen  noch  ganz  auf  dem  alten  System. 
Ues  wie  in  Pleuis:  Grammatik  wird  nur  gelesen^  wenn 
EDer  der  Lelirer  will^*i  Donatus,  secunda  par^  Alexandri 
lUo  de«  •.Doctrinale*)»  graecisüiu»,  Priscianus  sind  die  Lehr- 
äcber.  In  der  Philosophie  Petmjj  Hiapanus  mit  seinen 
krvB  logicalia  nnd  vor  allem  (der  schotastische)  Aristoteles* 
tllis  ß*  sirul    die   Disputationen    geregelt,    die  Zahl 

iffB&tz^  lagen,  der  Einwendungen  sind  vorgeschrieben, 

H  braucht  mir  mit  seinen  Argumenten  da^  Schema  aus- 
^Uen.     Von   Humanismus   i^   nicht   die  Rede,  abi  Lehr- 

I 


\  der  Rhetorik  nur  Aristoteles-  ^tractatus  in  rhetorica*,^ — 


S.  148.  Er  gibt  auf  Seite  14K — 156  etue  in  ultch  Einzelne  gehende 
JkhtmfH  daton.  Kiuigcs  VVichti|*e  heben  wir  heraus.  Naturlich 
id  tk  nicht  freie  Fjünduug  Htyu\in&,  siktidern  lehnen  lieh  tettwetse  lui  die 
HkäAtetutco  (ft,  Vi»ch.  14H),  teil«  wohl  auch  an  Pariser  Verhlltniise  an. 
^^^^bfcil*fii  lie  für  ihn  charakleriätiK'h. 

'^i  Vergi.  Bd.  VI«  S.  555  u.  unten  S.  141,  sowie  Crevier,  Hist.de  1*1^01«.  de 


1-1  iL-    ^^r-C    t»r^alic?I''il-:iX'-       ZjLTr   StZLSIfr   "»Tri»^    Tk-lir-ioht 

-';Lr.  -yciT:*  iz.  äiä^L  z^fmi-    '^t-^:*^  i;ii!Ü   ririi  -rir.-*  PeRÖL- 

T.^    - : [tLi- J---JL    i.':s«:Lr-:iL-:i.    ziTäsc-f.    lLt*    Kiijst.?    dnrch 

-vnkc  Prr-rr  Z-n-f-iT.    i-zL    i-rr  Rc  -jh  S..  S.  I-I^L  äLs?  uzt  »elben 

Vr-m«»ri:i^  le?  r^^z-aLTü*  tzjI  '^jät-h:*  TTiT  b»5-i  Lc-ier  nicht 
ZTL  £u:-rz>  "rii-i  i-^j  '.  !•;>»*  iTÄ^rrLiiii-r  Ki-TZ<  i-rr  schön-^n 
F.ni.    i'i    -r    i-riL  I-a"V:L-r:L  k'^z^l^rCLZ  Lisse.   Lac  Heynlin 

P-rt-rr?  Tiü  A:iL^-L  ii-r  y-rizTzuT  rz  HikSiSsch'^ii  Scadi^u  mix 
«iTj.i':Lr:Zi  En.*::  T-^r:ar.  i-i-r.  tt-t:-:  :»TÄ?er:  Ü3i  schloss  er  sich 
i-r-ü  i- .h  s^riL  iz.^     >:  rli-rr  .z.  fein.»rrL  Scactnen  di«?  Pflege 

i-rr  iin4ni:rTk  Tri-r  :-    Pirii   i-er  priT'Asen  Becitigang  übrr- 

T.-rL-i:r  II.  l  z^z-^  F  iiin- ^  i-LZT^ruLz  zr».  ertLilren.  i^t  eine 
}i.iJizzx*',  T'Z-  i^~  >-Ar7-^-  £-"  B^ri  ^^l-i-ftrafe  sin^i  »ü^  Lehrer 
z-r  A'z:ilnzz  i!-/=*:'-Hih»r- i-i-ihrr  Pi^piracion-en  verpfiichrK 
i^-H-.  ^Tir^z  "jri-r  i".  irr  SiT^'^ruL-r .  TiiL'i  in  ir-n  Börsen  sollte 
•rr»r.-:g-r  ZccL*  jrrLii.  iiii::  -sr-ri^n.  Czi  S  Cor  ab^n'is  wurden 
-1-r  ^-rs*. LI-  5.^*^1..  -i^l"'.-?-:  n^-sikalische  Instrozi-rnt«?  w:in?iLve: 
Cj«lr-r.  i-r.r.  -rmstei-  ^^riii-r'  n_i  r.icht  «i-er  Erliehening  sollrea 
•iir-^  W-.Lr.z-n-'rir.'Hibiri'rn    iirneiL     iLin  sieht,  wie  Hevniin 


'  Dtr  *ri:*  iz.  i-iT  Hiiiiäcii'-;  wirkentit  K:i3t3s:dt  war  P«cr:s  Aatoo-S 
:^  V.si.r-.t.  :-r  irr.  F».:-ur  i-i'J.  j-if  ein  J^ir  ia^e»cellt  vrcrde,  ^um  a  ^r 
P  .«••^r».  z:  l*;s«t- "     Hirt.  1^- 

-  V..i.:i:*-  >  i*''.  *  1=  Al!^  Crii^-r.  Rexuiss.  m.  Hsiaiiixsm.  3-- 
Liitrs  ■*;.":::!.£&*  G^siz".::^,  i:e  -icii  :n  icTs  Spottwcrt  Acsdräckt.  er  wöH^ 
*c*  er  i:r.:L  •v-'gr::  -ie.-cr  Zx«::^i  ir.  der  Dreieinij^keit  voa  den  nseoiogö 
'.erket2<»r:i  -:zi  '.^- r-nn';:!  Ij.iä<.  li-ticr  m  i:e  Viereini^est  glauben»  maa» 
*:r.*r.   H-r-T.!::;  fr.p<Jr»c. 

»^   HIrb.  i::. 

•1  Man  bni!2i:rit  Heyn'.iri  hiemaä  keinen  besoaderen  Vorwittf  zu  ma^A 
L'-.ih  in  den  B;*seler  *^ta£cten  von  14-42  wird  auf  dca  Homaiiisaiss  gw  kciat 
RLckiicht  genommen.     S.  Vach.  i'^  9. 


Jöbauncs  Heynliu  au&  Steiu. 


»7 


|den  Geist  de«  Eefortiiiöreus^  der  in  Paris  angesichts  des 
VerfaDs  der  Studien  und  der  Sitten  ei-wacht  warji  auch 
nach  Ba«**l  übertragt. 

Anerkennen  njusü  man  die  Verbote,  die  gegen  das  An- 

I  locken   und   Abziehen   ans   eintf^r  Burse    in    die   andere  ge- 

richt^^t  sind.     Es  mochte  dies   bei  dem  Streite  der  beiden 

Wei^e  oft  genug  versucht  worden  sein*  und   es  macht  ihm 

Ehre»  das:^  er  gegen  unriMllichi.^  Mittel  zur  Ausbreitung  seiner 

I  Partei  zu  Felde  zieht.  —  | 

Schritt  fi'ir  Sehritt  können  wir  so  verfolgen,  wie  He>^iUn 

liuid   seine  Kampfgenossen    erst   Aufnahme^   dann   Duldung 

finden  und  endlich^   nachdem  sie  volle  Gleichbereclitigang 

I  ermngen  haben^  die  ganze  Verfasisung  der  Universität  ent^ 

sprechend  verändern.    Unserm  Magister  fällt  dabei  die  Rolle 

d*?s!  Führer!^  zu. 

Zwar  tritt  aucli  Peter  von  Andlan  mehrfach  stark  her- 
vor,   indes  werden  doi.'h  überall    gerade  die  BestimmungeUj 
die  auf  die  Durchsetzung  des  alten  Weges  zielen,   Heynlin 
sazuifchreiben  nein.   Denn  wenn  auch  jener  früher  Ähnliches 
gewünsclit  hatte,  so  sind  diese  Wim  .sehe  doch  erst  zur  Aus- 
iiUiniTig  gekommen,  seit  Heynlin  die  Sache  energisch  in  die 
Hand  nahm.     Der  Nominalist  Amlluu  moclite  es  aus  weisen 
Brwügnngen  für  erspriesslich  halten^    dass  nicht  nur  seine 
eigene  philosophische  Richtung  an  der  UniversitÄt  vertreten 
[»ei^  die  kräftige  Initiative  setzt  man  besser  bei  dem  Manne 
jvonui^f  «h>ssen  ganzes  gegenwiirtiges  Wirken  darauf  abzieltei 
iiier  Richtung  neben  der  andern  Geltung  zu  verschaffen. 
Wohl  aber  fand  Heynlin    in   Andluu   eine   Stütze.     Ja, 
[f?9i  wtfe   nicht   unmöglich,    dass   es  Andlaus  Einfluss  zuzu- 
schreiben ist,  wenn  Hejmlin  sich  damit  begnügte,  der  via 
lanttqna  nel>en  der  via  modenia  einen  Platz   zu   erkämpfen, 
I nicht    «ie   an    die  Stelle  der  anderen  zu  set-zen.     Vielleicht 
|xwang  ihn  auch  einfach  die  Stärke  der  Gegner,  sieh  zu  be- 
li^dieideu:  aber  «^s  gab  immerhin  Leute,  welche  aussprachen, 
lliebt^r  den   neuen  Weg  ganz   beseitigen   und   nur  Realisten 
pii*»!   uns  dulden,    als   beide  Gegner  auf    einet»  Stnld  setzen. 
Iit  du»  offiisiellen  Gutachtens!)')    Ob  Heynlin  sich 
L  <|  Vcrcl.  ^^'«n  Sw  jS2  (Ed.  VI).  i 


^9  M2X  Hos^feld. 

anfangs  nicht  versacht  gefühlt  hat,  die  Gesinnung  solcher 
Leute  als  Handhabe  für  die  gänzliche  Beseitigung  seiner 
<jregner  zn  benutzen? 

Aber  ^-ir  glauV»en  nicht,  dass  er  dies  wünschte.  Freilich 
können  wir  seine  eigentlichen  Neigungen  und  nrsprunglichen 
Absichten  nicht  ergrunden,  vielleicht  gab  er  von  diesen  erst 
vor  dem  Widerstände,  den  er  fand,  oder  vor  Andlaos  Vor- 
stellungen etwas  nach:  wir  müssen  aber  die  Tatsachen 
sprechen  lassen.  Und  Tatsach*^  bleibt,  dass  er  keinen  wei- 
t^Ten  Versuch  zur  völligen  Unterdrückung  der  Modemi 
in  Basel  gemacht  hat.  dass  er  sich  mit  der  Anerkennmtg 
der  via  antiqua  und  dem  Nebeneinanderbestehen  beider 
Wege  begnügte.' 

Denn  kaum  hat  er  dies  erreicht,  so  kehrt  er  auch  Basel 
schon  wieder  den  Rücken,  um  in  Paris  seine  theologischen 
Studien  fortzusetzen. 

Werfen  wir,  bevor  wir  ihm  dahin  folgen,  noch  einen 
kurzen  Blick  auf  die  weitere  Entwicklung  der  Dinge  in  Basel 

Nächster  Dekan  im  alten  Wege  war  Johannes  Mathias 
von  Gengenbach.  Auch  er  war  wohl  schon  eine  Pariser 
Bekanntschaft  Heynlins,  noch  Anfang  1465  wird  er  dort  als 
Abgeordneter  der  deutschen  Nation  erwähnt.*)  Bald  nacli- 
lier  wurde  er  von  Heynlin  als  damaligem  Dekan  der  philo- 
sophischen Fakultät  in  Basel  ins  Magisterkonsortium  auf- 
genommen. Mai  1466  wurde  er  selbst  Dekan  im  alten 
Wege  und  war  es  später  noch  zweimal,  zuletzt  1472.*) 
wirkte  also  nach  Hej'nlins  Fortgang  in  dessen  Sinne.  Auf 
ihn  folgte  als  realistischer  Dekan  Theobald  Basoris.*)  Als 
einen  der  bedeutenderen  Lehrer  der  via  antiqua  nennen  wir 
noch  Johannes  Syber  von  Wangen,  später  Elanonikus  und 
Schulherr  an  St.  Peter,  seit  1472  Doktor  imd  seit  1475  Pro- 
fessor der  Theologie.  Da  er  Heidelberger  Magister  war  und 
schon  1460  unter  den  ersten  « nominalistischen)  Lehrern  der 
philosophischen    Fakultät    erwähnt    wird,    muss    er  zur  via 


*)  Das  hebt  auch  Visch.  157  hervor. 
*)  Auctar.  II,  956,  41. 
')  Vischer  166,   167,   169  A.  32. 
*)  Visch.   166. 


Johrmties  l^lcyutiti  aiüi  Sir 


8g 


ktiqua   übergetreten    aeiu.*)     Wie    Gengenbarh    irehört    »^^r 
pch  »pEter  zu  Hoynliua  Fnmndeskrins* 

Die  Befürchtung<?u  jener  Sehwarzsoher  vom  B.  Juli  1464, 

liehe  VOM  der  Einfühning  des  alton  W(?gi^s  Verfall  statt  di^s 

jlCüu^ns  ei*wart^tivn,  solltnri  sicli  nun  ganz  und  gurniclit 

illon.    Zwar  ging  es  ohne  Kampf  nicht  ab»  1470  trennte 

Faknititt   Siigar,    sd    dass   es    fortan    zwei  Dekane 

lig  gab,  und  erst   1492  verf^inigte  uian  f^icli  wieder 

KU  keiner  Zeit  vor  der  Reformation  hat  die  Universität 

^«^1  »'itien  solchen  Anfsehwting  genomiiien'^)  wIm  nat'li  der 

iiführtmg  deä  Reah's^iDias  durch  Hejnlin»    Gerade  die  l)esteti 

löpf©  der  Universitätj  Männer  wie  Geiler  von  Kaisersberg, 

[»ngenbuch,  Ulr.  Surgant,  Oiglin  und  andere  rechneten  sich 

km  alten  Wege*     Unrl  auch  die  Ädilen  beweisen^  dass  die 

priode   der    Trennung    und    des    gröbsten    Kampfes    letwa 

-1479)  als  die  Blütezeit  der  Universität  anzusehen  ist. 

le  war  der  Besuch  stärker  «Is  gerade  damals*)  und  die  junge 

liversitär    hatte  in  kurzer  Zeit  Heidelberg   und  Freiburg 

^i)  Rjiiig  nbgelaufen/)   Atidlaus  und  Heynlius  weitherzigere 

iffaasting   war   auch   die   weit^sichtigere   gewesen:  damalsi 

kgann  in  Basel  eine  dann  durch  den  aufblühenden  Hunianis- 

is  fortgesetzte  Zeit  regen  geistigen   Leber»s.  und  was  be- 

die  alternde  Welt  damals  mehr  als  frisches  Leben?  — 


Wir  eriimem  uns,  dfiss  in  dem  Menscbenalter,  das  die 
ler  betruchteten  Vorkornuinisse  umspannt,  bei  d»*n 
itfichen  eine  Kunst  erfunden  und  entwickelt  worden  ^ar, 


*|  Visclier,  piusim.     Er  w»r  etwa  gVeichiüteriif  mit  Heyalin  (wenifsteu» 
r  teine  okadcmischMi  Grade   ungerühr   lur  glekben  Zeit),   f  150^ 


^  fiei  Jeu  Ültercu  Autoren  ündct  maa  häufig  die  Mebuugj  al&  habe  sicli 

's  K<!.ill«iuus  nur  H.\der  und  Streit  t^knüpa  und  alt  sei 

;cn  für  die  Uriiversitiit  gewofdcii.     D.is  i$t  ;ilicr  entweder 

WahrtchcinlicrhkciUrexhiiutiit,    t>der   ci  mms  attf  «lie   jiUcrlel#lc  Periode 

H^i   Lififogru    werden,    wo  ;ilkrdtn|*»   die  abi^ebniuchlCTi  Streitrnij;«!  mo 

rfiiiirkbch   wurden,   das«  die  j^eireutiten  Fahrte  teil   lich   schliesslich  wieder 

u    dtcieni   Menw:heua1ter    hatte   auch   die   2«tt  ein  ganz 

•  rnmcn. 

^  ViAch.  251»»  itji^. 


OO  Max   HoäifeM, 

die  von  allen  Faktoren  der  modernen  (j**scliiclite  sicherlich 
di*^  gewaltigste  Wirkung  bei  den  europäischen  Völkern  ans- 
geübt  hatJ  Aach  sie  brachte  Leben  and  Bewegung  hervor.  — 
in  unvergleichlich  grösserem  Masstabe  fireilich.  als  die  eben 
erzählte  Umwandlung  an  <ler  B&sler  Universität!  —  und 
auch  mit  ihrer  (,Tes4:hichte  werden  wir  unseren  Johannes 
de  LÄpide  an  nicht  unwichtigen  Punkten  verknöpft  sehen. 
Mit  Begeisterung  hörte  dieser  junge  Cxelehrte  die  Kundr 
von  der  Erfindung  des  Buchdruck^. 

( TUtenberg  druckte  nach  gerichtlicher  Aussage  des  Strass- 
burger  Goldschmieds  Hanns  Dünne  in  dieser  Stadt  schon 
im  Jahre  1436.  Von  1444  o<ler  unmittelbar  nachher  stammt 
das  älteste  bis  jetzt  bekannte  Druckerzeugois,  eine  klein»- 
fleutsche  Dichtung  vom  Weltgericht.*)  Es  folgte  der  Donar, 
dann  ein  Kalenderblatt  und  gewiss  noch  weitere  Drucke, 
bis  Gutenberg  am  22.  August  1450  mit  Schöffer  und  dem 
Geldmann  Fust  jenen  denkwüniigen  Vertrag  abschloss.  von 
dem  an  der  Aufschwung  der  neuen  Kunst  erst  recht  b*^ 
gann.  Als  14^52  nach  der  Eroberung  von  Mainz  durch  Erz- 
bischof Adolf  Gutenbergs  Schüler  und  Gesellen  sich  in  all»^ 
Welt  zerstreuten,  wurde  die  neue  Kunst  bald  im  ganzen 
Abendlande  bekannt.  Spätestens  in  diesem  Jahre  hat  auch 
Heynlin  die  ersten  gedruckten  Bücher  gesehen.*-  Als  er 
dann  1464  nach  Basel  kam.  hatte  er  bereits  Gelegenheit, 
die  Dnickpresse  selbst  kennen  zu  lernen,*)  und  er  hat  da- 
mals hier  auch  die  Bekanntschaft  eines  der  drei  Dnicker 
gf»macht.  die  er  5  Jahre  später  nach  Paris  berief.  Und  bis 
ans  Ende  seines  Lebens  hat  Heynlin.  wie  unten  noch  näher 
zu  besprechen  sein  wird,  die  neue  Kunst  gepflegt  und  mit 
Buchdruckern  in  fnichtbringendem  Verkehr  gestanden. 

Wenn  wir  nun  hören,  dass  er  zwischen  seinem  letzten 
Auftreten  in  Basel  «HcThst  1465,   damals  lief  sein  Dekanat 


»»  Vergl.  M.  Lenz.  Zum  Gedächtnistage  Johaon  Gatenbergs,  io  Ausge- 
wählte Vortr.  u,  Aufs.  (Deutsche  Bücherei,  herausg.  v.  Dr.  A.  ReimanD,  Bd.  i8). 

•-*)  Siehe  Zeitschr.  Oberrh.  X.  F.  XX  (i<)05)  S.  335. 

3)   1462  verkaufte  Fust  selbst  seine  Bächer  in  Paris  (Phil.  Fich.  ;8K 

*}  Über  die  Anfange  des  Buchdrucks  in  Basel,  s.  Phil.  Impr.  2', 
G.  Keichhart,  Beitr.  zur  Inkunabelkunde  (Zentralbl.  Biblioth.  Beiheft  14,  S.  175* 
Bern.  Buch.,  Heck.  3 — 4,  Ehw.   134,  col.  2. 


I 


Johannes  Heynlin  aus  Stein. 


Ql 


iiiKi  st^iiicr  Rückki-'hr  nach  Paris  <^mi  Summer  1467)  atif 
[fast  zwei  Jalire  verschollen  i»t,  so  will  uns  nach  dem  Ge- 
lsagten eine  Vermutung  sehr  wahrscheinlich  bedünken,  die 
JHeynh'n  in  eine  noch  engere  Beziehung  zu  der  Buchdrueker- 
'kanst    und    ihren    Meistern    bringt.     Ea    wird   nänilicli   be- 
hau pt^'t,  dass  er  vr>r  seiner  Ankunft  in  Paris  (es  kann  wohl 
,nür  an   seinen  zweiten  Pariser  Aufenthalt  gedacht  werden) 
jin    Mainz   gewesen,    dort    Einblick    in   die  Guten berg-Fust- 
Schöffersche  Oflizin   genommen,   und   hierbei  für  die  neue 
[Kunst  da.s  hA>hafte  Interesse  gewonnen  haben  soIK   das  er 
|f%|iiter    in    bo    hervorragender  Weise  bekundete.     Ja,  er  sei 
Imigar  (wie  das  bei  Studenten  nicht  .s»4ten  war)  als  Korrektor 
■bei  Pttöt  und  Schüffer  tätig  gewesen.*)     Diese  Vermutung, 
fdie  wir  35U   pnifen    nicht.  Gelegenheit  hatten,    die  aber  aus 
Iftachlichen  wie  clironologischen  <Tründen  uunehmbar  ist,  go- 
fwinnt  noch  an  Wahrscheinlichkeit,    wenn  wir  huren,    dass 
Heynlin  in  der  Präge  nach  dem  eigentlichen  Erfinder  des 
Buchdnicks    eine    gewisse    Rolle    Bpielt.      Eins   der    besten 
|Zeugni§se  für  Gutenberg  ist  nämlich  ein  Brief  von  Heynlins 
iPreund  Pichet,  in  dem  dieser  n\s  Erfinder  ^Bonemontanas^ 
nennt.     Ficliet  hat  nun  aber  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
|diBöe« Wissen  von  niemand  anders  bekommen  als  von  Heynlin 
loder  den   drei   deutschen  Druckern,   die   dieser  nach  Paria 
[riet^)     Das   aber    ist    zugleich    ein    Anzeichen    dafür,    dasa 
liesor  selbst  aus  beater  Quelle  schöpfte. 

Eine  sichere  Nachricht  über  Heynlin  aus  dem  Jahre  1466 
list  ni<5ht  vorhanden.     Weder   in    den  Basler   noch   in   den 
[Pariser  Quellen  steht  sein  Name  zu  diesem  Jahre.  wäJirend 
ihm   in   cler  Z»»it  vorher  und  nachher  sehr  häuüg  be- 
a©t     Icli   vermutete  wegen   des  nach   1467   sich  stärker 


•l  FlliL   Jmpr,   2f\    Ptnl,   l'üeh,  «»3    Aiimkg.      Die    Annahme    rührt    von 

^  J9^  Sieber,  dem  früheren  Ol)erl>il>tio|bekaf  in  Basel  her,  ,.a  qui'*,  wie  Philippe 

^nrCfllichcrt,  mOH  pcut  s'en  mpfMtrter."     Sicber  slüute  sieb,  wie  es  Mrhcint,  vor 

1^^^»^  A^  einige  Gutentier^'^ehe    unil  Fust*SchÖfler't»clie  Drucke«   die  Heynlin 

lictaM  und  die  jeui  in  B^uel  liegen.    Dim  tc^liessen  sich  in  Ehw.  1J4  col*  2 

^iiii4  Melstiet  utui   Luther.   Eründung  der  fiudidruckerkunit  S.  io8*    (Mono- 

tur  Weh^etch.  Xl.  i*>Oü). 

Ühw.  Der  Iheste  Zcu)(c  für  Gutetiheri:  S.  129»   tjj,  Phil,  Itnpr.  176, 


qi  Max  Hossfeld. 

bei  ihm  zeigenden  Humanismus  anfangs,  er  sei  von  Basel 
aus  nach  dem  nahen  Italien  gegangen,  aber  sein  Ausspruch: 
^Non  enim  ego,  ut  tu,  in  Latio,  sed  alias  in  germania,  alias 
Parisii  .  .  .  florem  aetatis  consumpsi''^)  spricht  dagegen.  In 
Bologna  war  er  wahrscheinlich  nicht*;.  Der  Grund  dafür, 
dass  er  im  Herbst  1465  nicht  gleich  nach  Paris  zurück- 
kehrte, mag  ursprünglich  ein  äusserer  gewesen  sein:  im 
August  und  September  1466  wurde  Paris  von  den  Truppen 
des  französischen  Königs  bestürmt,  der  damals  mit  der 
Ligue  du  bien  public  im  Kriege  lag.  Wenn  Heynlin  das 
Manuskript  einer  von  1465  datierten,  in  Löwen  abgehaltenen 
Disputation  besitzt,  so  beweist  das  natürlich  noch  nicht, 
dass  er  damals  dort  war*; 

6.  Kapitel. 
Paris  1467—1474. 
Die  fiüheste  Nachricht  aus  Heynlins  zweitem  Aufent- 
halt in  Paris  ist  eine  Erwähnung  im  Liber  procura toruni 
der  deutschen  Nation  vom  18.  Juni  1467.'*)  Eine  Urkunde, 
kraft  deren  Heynlin  von  einem  gewissen  Gerardus  de  Campo 
zum  Notarius  publicus  erhoben  wurde,  ist  vielleicht  vorher 
ausgestellt,    doch    gibt  Philippe,    der  sie  genau  beschreibt, 

*)  Brief  an  Senilis  s.  Champ.  53. 

*)  Siehe  Gust.  C.  Kuod,  deutsche  Studenten  in  Bologna  1289 — 1562, 
Berlin  1899.  —  Die  Akten  der  Universität  Padua  sind  erst  bis  1405  heraus- 
jjegeben,  die  der  Pariser  bis   1466  (exklusive). 

3)  Disp.  fol.  127 — 144.  Die  Löwener  Universitätsakten  jener  Zeit  sind 
noch  nicht  veröffentlicht. 

*)  Bei  Jourd.  S.  293  Sp.  i,  s.  unt.  S.  97.  Also  nicht  der  Eintrag  im 
Registrc  original  des  prieurs,  den  C.  Alb.  Bernoulli  (in  Prot.  XV,  37)  als 
früheste  Nachricht  ansieht,  und  woraus  er  auf  eine  Anwesenheit  Heynlins  in 
Paris  schon  im  Jahre  1466  schliesst.  Zwar  lautet  dieser  Eintrag  in  der  Tat 
auf  Annunciationis  Mariae  (25.  März)  1467  (siehe  Champ.  Facs.  86),  aber  der 
Schreiber  rechnet  nach  französischer,  auch  von  den  Prioren  der  Sorbonne  an- 
genommener, Weise  alle  vor  Ostern  fallenden  Tage  noch  zum  vorhergehenden 
Jahre.  Ostern  1468  war  aber  am  17.  April.  Für  uns  ist  daher  jener  25.  HI. 
s^hon  dem  Jahre  1468  zuzurechnen.  Gleich  der  nächste  Eintrag  lautet  denn 
auch:  „anno  domini  etc.  LXVIIIo,  die  viccsima  prima  mensis  aprilis"  usw. 
(Champion,  1.  c.)  Vergl.  über  diese  Datierung  auch  Phil.  Fich.  87  und  Champ. 
S.  20/21.  —  Claudin  (Press.  36,  Orig.  8  Anro.  1)  und  Herrn,  macheo  wiederum 
icn  Fehler,   1467  ungeprüft  abzuschreiben. 


Johanoe»  Hcynlio  aus  Skia* 


93 


[mir  das  Jahr  14»I7,  kein   Datani  an.*)     Sie  ist  gegöben  in 

I  Paris  im  Hause  ziir  blauen  Glocke  in  der  Sankt  Jakobstrasse 

and  beglaubigt  durch  d»?n  kaiserlichen  Notar  Jakob  Ottlet. 

[Zeugen  sind  Antoine  Fiorence  ans  der  Diözese  Antun,    in 

I  artibos  inagister,  und  Blnnchet  Piart,  ans  der  Diözese  Toulon. 

Wiiö   Heynlin    mit    dem  Titel    eines    notariua   publicus  und 

[jndex  Ordinarius  wollte,  ist  unklar:  ausgeübt  hat  er  die  ih.m 

verliehenen    Eigenschaftun    wohl    niclit,    es    war    vielleicht 

blosse  Titelsucht,  Philippe  möchte  in  dem  Aussteller  Gerardus 

de  Cainpo  einen  Mann  gleichen  Namens  erblicken,  der  nnt^r 

dem  Vonvande,  ein  Kreuzheer  zu  sammeln^  dein  Papste  Geld 

abgelockt  hatte,  es  dann  aber  in  Savoyen  2x1  seinem  V©r- 

I  gnCigen  vertat.     Der  Empfänger  wäre  dann  bloss  das  Opfer 

eines   Geldschwindlers    geworden.      Es    kommt    nicht    viel 

I  darauf  an. 

Als  He3mlin  im  Jahre  1464  nach  Basel  zog,  hatt^  er 
Idie  erste  Stnfe  des  theologischen  Bakkalaureats  erledigt. 
Erst  jetzt  im  Jahre  1467  begann  er  den  zweiten  Abschnitt* 
Ider  sonst  jenem  ersten  unmittelbar  zu  folgen  pflegte*  die 
[Vorlesungen  über  die  Sentenzen.  Bevor  man  hierzu  zuge- 
laasen  wurde^  hatte  man  sicli  einer  Prüfung,  einer  soge- 
iiiannten  qtiaestio  iemptativa  zn  unterziehen.  Das  war  noch 
Ivor  don  Ferien,  also  noch  vor  dem  29.  Juni  des  Jahres,  in 
Idem  man  über  die  Sentenzen  las.*)  Heynlins  Arbeit,  über- 
[ßchriebun:  ^Siirbonica  ijuinla  anni  MCCCCLXVII^*).  Ad  quam 
■Tespondi  Ego  Johannes  de  lapide  pro  temptativa  Sab 
Ivenerabili  magistro  Henrico  de  Quesnayo  tunc  priore  fa- 
Cinosissimi  eollegii  Sorbono^  ist  zum  Teil  erhalten.*)    Henri 


^  Fhil.  Kich.  fij/6.  —  Bereits  Vischer  <i6i)  «itt^rt  diese  Urkunde,  die 
m  Botel  atifbowahrt  wird»  und  siebt  m  ihr  die  erste  Njicbricht  über  Kq^nlio 
am  4eiB  Jthm  146/1  fireitich  ohne  von  der  Erwähnung  im  tiber  procuratorum 
M,a  wkfcn. 

*)  Thnrot   141 

•l  !  ^*.c  Zeit   vor  dem  2*).  Juni   1467  rouss  aUo  HcynUts  schon 

Farik      _  I   hät)en;  auch  diese  DAtierting  aiber  fuhrt  uu»  nicht  weient- 

|i^  ttbtr  die  oben  aIs  früheste  bezeichnete  htn.itift.     Bei  Fischer  |S.  S)  steht 

5orltonira  MCCCC  LVir\  oflcnbaT  ein  Druckfehler,  in  der  Handschrift   steht 

[.deutlich  I.XVIL  1457  war  auch  Hcyniiu  noch  gurnicht  in  der  Sorbonne  und 

Quanoy   «ich!   I'rtnr, 


94  Max  Hossfeld. 

flu  Qiiesnoy,  von  dem  wir  wenig  mehr  wissen,  als  was 
Heynlin  selber  sagt  —  1466  war  er  Bibliothekar,  1467  Prior 
der  Sorbonne^)  — ,  stellte  ihm  die  etwas  kuriose  Frage,  ob 
alle  Menschen,  die  dereinst  auferstehen  werden,  dies  im 
selben,  nämlich  im  jugendlichen  Alter  tun  wtirden?  Heynlin 
behandelte  sie  in  der  üblichen  Weise  durch  Aufstellen  von 
3  Hauptsätzen  (conclusiones)  mit  je  2  Folgesätzen  (corollaria) 
und  löste  sie  in  bejahendem  Sinne.*;  Nach  hergebrachter 
Art  machte  der  Fragesteller  hiergegen  Einwände  und  warf 
neue  Fragen  auf  (zum  Teil  muten  sie  fast  komisch  an: 
„Dicatis,  si  cum  barba,  capillis  et  unguibus  resurgent" !). 
über  die  dann  der  Prüfling  gegen  eine  grosse  Anzahl  von 
Opponenten  disputieren  musste.^j  üu  Quesnoy  scheint  durch 
Heynlins  Antworten  zufrieden  gestellt  worden  zu  sein:  er 
bekam  die  Erlaubnis,  über  die  Sentenzen  zu  lesen.  Diese 
Vorlesung  Heynlins  ist  fast  vollständig  erhalten  und  von 
seiner  eigenen  Hand  mit  der  Jahreszahl  1467  bezeichnet*) 
Man  begann  sie  zwischen  dem  14.  September  und  9.  Ok- 
tober,*^) las  über  jedes  der  4  Bücher  der  Sententiao  und 
hielt  vor  dem  Beginn  jedes  Buches  eine  Art  Predigt  oder 
Rede,  das  sog.  principium.  Das  erste  principiiun  macht 
doch  einen  bedeutend  eleganteren  Eindruck,  als  man  von 
einer  Einleitung  in  das  Hauptwerk  des  scholastischen  Lehr- 
betriebes erwarten  sollte.  Trotzdem  Heynlin  ausspricht, 
dass  er  „7iicht  einer  von  denen  sei,  die  ihr  Lehen  mit  den 
Übungen  der  Beredsamkeit  zugebracht  hätten",  ist  diese  Schrift 
doch  die  erste,  die  einen  Anflug  von  formaler  humanistischer 


»)  Frank.   203. 

2)  Fol.   195—195*- 

3)  Du  Quesnoy 's  Einwürfe  auf  fol.  196 — 198.  —  Den  Verlauf  der  an- 
schliessenden Disputation  hat  Heynlin  nachträglich  skizziert  (fol.  198'),  indem 
er  kurz  die  Einwürfe  seiner  Gegner  (darunter  einige  bekannte  Namen,  so 
Karolus  Saxi  (Rektor  1468),  Joh.  Eschart  (Rektor  147 1)  und  andere)  «od 
seine  Entgegnungen  wiedergibt. 

*)  Vorl.  fol.  118  (s.  oben  Bd.  VI,  S.  354  Anm.  2).  Die  Vorlesung  reicht  ^-on 
fol.  95 — i6o,  fol.  95 — 116  gehen  die  4  „Principia",  fol.  118 — 160  die  cigcDt- 
lichen  Vorlesungen  über  3  Bücher  der  Sentenzen.  Die  über  Buch  4  feWt 
ganz.  Von  Buch  i  ist  nur  vorhanden  distinctio  i — 29,  von  Buch  2  dist.  23— 44t 
von  Buch  3  dist.  i  — 10,  von  dist.  11   nur  ein  paar  Worte. 

»)  Thurot   143. 


Johitnnes  Htynlin  iiui  Stein. 


Q3 


Pilang  aufweist*}  Gerade  tlass  er  auf  Beinen  Mangel  au 
listischer  Scliahing  hinweist,  zeigt,  dass  seine  Ansprüche 
waren,  wie  dns  in  jenen  Jahren  in  Paris  vor  alh^rn 
liets  Wirksaiukeit  iiberbaupt  der  Fall  war*  Freilich 
^«oIit>o  niore**^  wie  er  gleichsam  entschuldigend  hin- 
igt* zu  der  ühlirhen  Kinteilung  des  principiums  in  eine 
^bre(]e  auf  Petrus  Londmrdus,  die  Aufstellung  einer  Thes*> 
die  daran  unsclili»'ssende  Polemik  gegen  die  anderen 
^jtentiarii  üliergeht,  ist  es  mit  der  eingangs  sichtlieli  an- 
strebten (Hätte  und  Rundung  des  Stils  vorbei.  Wie  war 
iiucb  anders  möglich,  wenn  man  g«'zwung*^n  war,  tlas 
des  Verfaflsers  und  einen  kunsen  Überblick  über  *his 
Werk  mit  den  Worten  einer  voraiisgescbickten  Bii)elstelle 
zu  verknüpfi^u  und  au«  dicker  förmlich  herauszuziehen. 
Hejmlins  Spruch  war:  ^Herr,  du  überschüttest  ihn  mit  gutem 
Segen,  da  setzest  eine  Ki'one  von  Kdelstein  auf  sein  Haupt* '^^ 
Es  war  noch  verhäitnismibsig  leicht,  ein  pmir  Worte  über 
Petrus  Lombardus'  Leben  und  Werke  so  anzulegen^  daas 
jsiiisi  35um  Scbluss  ilen  angeführten  Bibelspruch  auf  ihn  an- 
idoii  konnt^v  Aber  wie  ungeschickt  und  geschraubt  er- 
^eint  es,  w^enn  er^  um  die  Einteihmg  der  Sententiae  in 
Jücher  und  deren  Distinktionen  zur  Sjn*ache  zu  bringen, 
m  ^ Krone  von  Edelstein^  beschreibt  als  bestechend  aus 
iihen  kostbarer  Steine,  deren  Anzahl  jedesmal  genau 
d<»r  Distinktionen  eines  Bncbes  entspricht.  Und  dabei 
krdon  die  Kapitel  und  die  Kdelsteine  nicht  nur  äusserlich 
Parallele  gesetzt,  sondern  es  wird  jedesmal  der  Inhalt 
aer  distinctio  mit  den  spt?zi<'llen  Eigenschaften  des  Berylls, 
anragds  oder  Kari'unkels  verglichen  und  die  Ähnlichkeiten 
fc^nrgehnben/)  Welch  spielerische  und  völlig  fi-uchtlose 
üötrf*ngni»g  des  Bonkens!  Abi^r  this  war  danuds  üblich 
id  jeder  iixgte  sich  der  Sitte. 


*f  Siehe   Vorl    foL  95.    —   In   hiiudschntt liehen    Noti/cn    Hcynlitis    zum 
Milium   »etcrii   orti«   ett*   ai»   dem   gleichen  Jahre,    1467,    belindeu   sich 
[«.Wrte  vnt}  Peicr  Luder  (im  Cod.  Basti.  F.  VI.  if*:  gefällige  Mrtiejlung 
flrrm  Dr.  C  Chr.  BemouUi),    —  auch  ein  Hinweis  daraul,  dass  damaU 
Teiidenxeil  bei  Heyn l in  erwachten. 

*)  Fol.  ri5— g6V 


>2-:r:L  Fri^rri-  •>  ü-r  Vi-li^h  fr-r  iTmtotaknVolIkoiimieD- 
i-rri-r-r.  •>.T:e?-  tzli  :'•  ifr  V^rscii^i'eiibr-h  xmd  Menge  A*r 
G*s:!i:i:r  — :*:  -ir-r  Ef-  "r.-fr:  irs  Sir-ipä-rrs  rs  v-eT^-men  seien *?*i 
•>i  il:*:  >rr  Tiri^iäCrtätetrir-i.  EizLir-r:  fa  Chrisnis  eine  wahr- 
Lifir:  TTuT-rrscL-r:  r:'g  i-er  s^TTtlkh-rr.  nr^i  isensdüiclien  Namr 
r::  Trrrrizi'rZ:  ir-:r'  «Ir  t'i^l^r:^  &12<r  Sakirnznente  des  nenen 
•j^rr'izrr»  iTir  V<=^''g'-=-"*^  "^  z  -irr  S'^L-ien  eiiÄ*?!5eizt  habe?* 

Hrrji-1:::-  ■>pr*: --=■::•  Tir  -in  cr-wifs-er  Petms  de  Bello- 
p^:::^-  i-irr  in  KaI-^—zl  t:-  CZ-iilt  si-e-iclizeitig  über  die 
Sen-.ei-Zr::!  Ii5-'  Bri  l-r  ÄT^r-in-r-  t«ri  «ier  Dispütation  recht 
Tanr.  iTr-Tirir-::  z^  s-riz:.  i-enr:  iC""":*!!  H^-ynün  seinen  Gegner 
aiiiar-ff^  hvSich  ä1>  Masr.&«r  ir-T^elliffrZiiiae  viranL.  domintuD 
^\  M^gistrm.  P-E-rrün  i-  BrII-rivznie-  c^  me  et  dicta  m«! 
hTuniüt'rr  r»c.:zLi:iir:'>  tezr-icLr-et.*  wirft  er  ihm  doch  bald 
Ti^r.  er  sccLe  ii'::r  Aiisrücht-r  :ii:d  hjil^e  wiederholt  auf  seine 
EA^^r^T.gei.  €-r:rw^it:r  g^rr-icht  ->i'er  in  aasweichender  Weise 

Brlivpontr-  li-rss  diesen  Vorwurf  aber  anscheinend  nicht 
Siii  sich  si'j^^z..  Er  ai-rw :  rc-e-Te  nnr.  doch,  hieranf  wieder 
Hrrvnlin  i:A  iar.r.  mohnals  s^in  «^e^ir^er.  so  dass  sich  die 
L»i^pn:Ät:  i.  üV-^r  iir  TLr>^  ir^  erstes  principinms  — 
Hrjr-I:r.  hätte  r-rLä-p:^:.  q~:i  z«vr:«e>r::>r.es  artribntales.  quae 
sie:  :r.  iivini  nätrira  sive  in  de-:,  non  distingnnntnr  for- 
ir,a!iv-r  >:ve  ex  :.a:nri  re:.  B.  -is-s  «Tegenteil  —  g'uiz  gegen 

i    Pr:i ;.::=:-  ;.  {:..  :  :•:. 

J.  Pn:.::::.-   :.  :.:.  :zy. 

■  Pr.-iipi-r::  i,  :  '  ::i,  D.e  F :rr:  ier  Frigco  haben  wir  g^önt 
I:.   itT  Vzs-:'zr-.i'.  :=:  rr.*:?:tT.i  L:«d:  tlr.t  Errlr.^z'g  des  lapa  precoscs  hjctst- 

•  F ."..  :  :•:•   Buii  r  .  f:'..  i  :<•    B-ch  ; .  f.L  1 1  :•   Bcca  4!.    Sfüter  Sociu? 
dtr  Mr^iLr.*     FriLk,  23:.    i:fr:--::er:c   er    d.n  :4rc  ozter   Hejclia.    Skbe     j 
-.  !:.   A.  :. 

'•    F^.  .  I -X-*  :.:- :   IC  3. 

•  Z.  h.  :>■!.  :c..*  ..C-riisirr-u^:  es:  ex  respo::»i:>nibiu  ma{:mn  sie  qo»! 
f.I:r:.   'ri-i^ri:   e- liiinerr."     ,..\i   hoc   sichil  atikuc  responsiiai   est.**    »E** 


JnhuDUcs  HeynÜD  am  Stein«  97 

Gewohnlioit  auch  noch  in  sämtliche  folgenden  principia 
aninei^t  rockte. ' 

Nach  jedem  dieser  Principia  folgte  dann  die  eigentliche 
^r1**stiiig  ahvv  jedes  Buch  der  Sentenzen.  Hie  bestand  in 
aer  Erläuteniiig  des  Textes,  gegen  den  atich  Einwände 
,articnli  in  qutbus  magieter  non  tenetur'*  aufgestellt 
Ifden.*^  Es  war  die  hergebrachte  Art  der  Behandlung.*) 
Die  Vorlesung  nahm  etwa  ein  Jahr  in  Anspruch»  an 
Sciilusse  der  Bakkalarius  für  ^fertig'*  (forraatus)  er- 
Irt  wurde.  Es  blitsl>  nun  noch  ein  Zeitraum  von  4  Jährten 
xiim  völligen  Abschhiss  des  theologischen  Studiums» 
)leii  wir  jedoch,  um  den  Faden  nicht  zu  verlieren,  erst 
10  £pi)$ude  nach,  die  noch  ins  Jalir  14H7  fällt»  and  die 
inenHwert  ist,  weil  Hie  Heynlin  zum  ersten  Mal  in  einer 
die  das  Gedeihen  der  Studien  an  der  Univei-sitÄt 
f,  in  gemeinsamer  Wirksamkeit  mitWilhelm  Fichet  zeigt. 

Jiüiiig  Ludwig  XL  hatte  zwei  Jahre  vorher  jenen  harten 

jpf  mit  der  ligue  du  bien  public  auszufechten  gehabt, 

unentschiedener  Ausgang  die  Lage  doch  fast  mehr 

Sfjneü  Ungunsten  als  zu  seinem  Vorteil  gestaltet  hatte. 

it  allen  Mitteln  trachtete  der  König  seine  Macht  vvieder- 

^rsuKtelkm.     Da  ärgerte  ihn  das  Privileg  der  Uüiversität, 

I  ihre  Mitglieder  vom  Waffendienst  befreit  sein  sollten. 

^er^nchte  es  zu  durchbrechen  und  erhob  die  Fordenmg, 

jedes  der  zaldroicheu  Kollegien  iluu  wenigstens  einen 

Bwaffneten  «teilen  sollte.     Aber  die  UniversitÄt  hatt^  noch 

le  gezog»?rt,   wenn   es  gegolten   hatte,   ilire  Privilegien  zu 

teidigeiK  ein  Stunn  der  Entrüstung  erhob  sich,     Fichet 

atd  Ueyulin*  durchdrungen  von  der  Würde  des  Studiums* 

m   der  vordersten  It^ihe    der  Sprecher   gestÄuden 

Am  18.  Juni  wurde  Hevnliu  «um  Gesandtiin*)  seiner 


PEuuil 


prüfet  mOTein  üolitum"  (fol.  iio)  .  ,  .  „(.um   de   novo  contrA 
rsplicaret  contra  nie,**  <foL  itsX 
*\  Z.  B,  fol.  M9»  119%   154. 
•)  Sielif  Thnrot    146» 

)  EiAlroc  im  Über  procttintoruin  Xaticmit  gmnauicae  (bei  Joiird.  No.  1  ^6^)* 

iL  tt   tfiduu:  quo   «upra  (1407  Juiti«  die  vero  18,  üniTcmtas  .  .  •  dedil 

\m  dqtuLalo«  de  ti&etiliii  Foculuiiibiu  et  N^tionibui,  de  Nditiöiie  oostm 

fiMler  Zdbclv.  t  Q«Kh.  und  Alt«num«    VU«  K  1 


:*.    AJ-ar;  -^  i:~tr. 
■-.eil  wires  -pjra  ü-"""- 


Johanocs  Hcynlhi  aus  Stein. 


99 


ichet  als  oberster  Vertreter  der  Universität   den  grösseren 
iteil  an  diesem  Erfolge  hatte,  brauchen  wir  nicht  zu  unter- 
^foeheii  —  gewiss   hat   einer   dem    andern    den  Nacken  ge- 
jift  — ,  uns  kann   es  genügen,    beide    für   die   Freiheiten 
^r  Universität  und  ungestörte  Hingabe  an  die  Studien  ge- 
meinsam eintreten  zu  sehen. 

* 

Ebenso   wie   in   seine    Nation,  war  Heyidin  14B7  auch 
»fort  wieder  in  die  Sorbonne  eingetreten,  verlor  man  doch 
irch  Abwesenheit  seine  Eigenscliaft  als  sociiis  keineswegs»  *) 
roch  vor  Ablauf  de«   Sentenzenjahres   wurde    er,    25.  März 
J.4B8.  zum  Prior  gewählt     Das  Priorat  war   da.s  wichtigste 
id  arbeitsreichste  Amt  der  Sorbonne.     Sein  Inhaber  hatte 
is  Ansehen  und  die  Rechte  seiner  Körperschaft  nach  aussen 
iin  wahrzunehmen  und  im  Innern  darüber  zu  wachen,  dass 
lies  in  georchietem  Gangt?  blieb.     Er  führte  den  Vorsitz  in 
*ii  Versammlungen,  die  sich  vor  allem  mit  der  Verwaltung 
!es  Hausos.    f^er  Disziplin    unter   den    Mitgliedern    und   der 
?iirsorge  für  Regehnässigkuit  der  Studien  beschäftigten.    Er 
;elte  Biclit  nur  dit»  Teilnahme  an  den  Predigt^  und  Disputier- 
:)iiDgen.    sondr^rn    führte  auch    in   der  Zeit   von  Petri   imd 
mli  (29.  VL)   bis   Maria  Gebml  (8.  IX.)    selbst  alle  Sonn- 
bende  den  Vorsitz,  wählte  dann  die  Themata  aus  und  Vje- 
teiligte  sich  auch  aktiv  an  der  Disputation.    In  der  Leitung 

Ks  Stndienbetriebes  ist  seine  Haupttätigkeit  zu  erblicken.*) 
Heynlin  kam  aber  in  diesem  Jahre  nicht  zur  rechten 
isübung  seiner  Pflichten,  Ein  Augenleiden,  so  erzählt  er 
selbst  in  seinen  amtlichen  AufzeiclHumgen  zum 27.  April  1468, 
das  ihn  schon  lange  heimgesucht  hätte,  verhinderte  ihn  am 


(iris  ISM«  Paris  1521,  Lyon  [524  wnd  die  Ausgabe  mit  VcUeius'  Siipplc- 
tnt  1577)  cnlspricht  der  Text  genau  dem  französi schein)  Philippe  scheint 
m  anzüfiehmeD»  dass  d*c  Worte:  t,cr  scheute  sich  nicht,  Ludwig  zu  widcr- 
rcchcn"  auf  eine  Audieuz  bciiri  Ivöuig  liezogcn  werden  müsstcn,  während 
i^ie  doch  ojTeubar  in  der  congregatiou  generulle  der  UuiversUiit  gesagt  wurden. 
Auf  eine  persönliche  Einwirkung  auf  Ludwig  XL  darf  also  hieraus  nicht  ge- 
schlossen werden. 

»)  Grc,  35.    —   Schon    die   oben    besprochene  cjuacstio   lemptativa  vom 
Jahre   1467  ist  auch  als  ,,Sorbonjca'*  bezeichnet, 

*)  GrÄ,  36,  38,  49.     Thur.   123,    13 1 — 132,    siehe   dort    auch   über   die 
weiteren,  weniger  wichtigen  Ämter  des  Priors, 


lOO  Max  Hossfeld. 

Studieren  und  machte  es  ihm  unmöglich,  seinen  Verpflich- 
tungen als  Prior  nachzukommen.  Er  bat  daher  dus  Kollegium. 
dch  nach  einem  Vertreter  für  ihn  umzusehen^  und  wurde 
luch  am  6.  Mai  durch  Magister  Michel  Petit  aus  Bouen 
ersetzt.  ^) 

Bald  aber  übertrug  man  ihm  ein  anderes,  noch  viel 
ehrenvolleres  Amt:  am  24.  März  1469,  also  an  dem  Tage. 
5VO  sein  Priorat  de  iure  ablief,  wählte  ihn  die  Universität 
m  ihrem  Rektor.*) 

Die  Machtbefugnisse  des  Rektors  gegenüber  der  üni- 
irersität  selber  waren  geringe,  es  kam  wohl  kaum  vor,  das8 
?r  in  der  Versammlung  der  autonomen  und  sich  selbst  ver- 
ivaltenden  7  Körperschaften,  wo  er  den  Vorsitz  führte,  anders 
entschied,  als  diese  wünschten.')  Um  so  grösser  war  das 
/Vnsehen,  das  das  Haupt  von  Europas  berühmtester  Hoch- 
schule genoss;  hatte  er  doch  z.  B.  bei  feierlichen  Zeremonien 
ienselben  Rang  wie  der  Bischof  von  Paris.*)  Die  Stellung 
pear  daher  auch,  trotzdem  damit  nur  geringe  Einkünfte, 
iafür  aber  erhebliche  Repräsentationskosten  verbunden 
waren,  vielbegehrt.  ^)  Hatte  nun  auch  der  Rektor  den 
Fakultäten  und  Nationen,  die  ihn  gewählt  hatten,  wenig 
zu  sagen,  so  war  er  andererseits  doch  mehr  als  ein  blosser 
Zierrat.     An  Fichets  Beispiel   kann    man   sehen,    was   eine 


*)  Champ.  86,  wo  alles  steht,  was  Heynlin  1468  geschrieben  hat.  Über 
die  Zahl  1467  statt  1468  s.  oben  S.  92,  A.  4.  Die  übrigen  AufzeichnoDseo 
Heynlins  sind  ohne  besonderen  Wert,  sie  handeln  meist  von  den  „Abscnticn** 
der  Sorbonnistcn.  Am  21.  April  1468  hatte  er  um  das  letzte  Zimmer  des 
Hauses  hinter  der  Kapelle  nachgesucht   (wohl  das  ruhigste)   und   es  erhalte». 

2)  Nicht  1467,  wie  Claudin  (Press.  35,  3;  Orig.  9  A.)  angibt,  nodi  1468, 
wie  Philippe  (Impr.  17,  Fisch.  87)  und  Maddcn  (149)  schreiben,  noch  aock 
1467  und  1470,  wie  Albrecht  und  Schreiber  haben,  die  offenbar  Rektont 
und  Priorat  verwechseln.  (Schreiber,  Heinr.,  Gesch.  d.  Univ.  Freiburg,  1 859, 23^4 
Schon  Visch.  161  gibt  richtig  1469  an,  indem  er  darauf  aufmerksam  macht, 
dass  Bulacus'  in  französischem  Stil  gemachte  Angabe  „1468"  in  1469  umni' 
wandeln  ist.  Bei  Bul.  V,  922  ist  Heynlins  Rektorat  vom  24.  März  1468  \» 
2^.  Juni  1469  gezählt;  man  war  aber  in  Paris  nie  länger  als  ein  Vierteljahr 
Rektor. 

«)  Thur.  20—25. 

*)  Madd.  138. 

*)  Bud.  40.  Man  war  zuweilen  genötigt,  gegen  den  Ehrgeiz  bei  der 
Rektorwahl  Massregeln  zu  ergreifen.     Thur.  32. 


Jobaiinirs  Hcynitu  aus  Stein. 


arke  Persönlichkeit  au  solcher  Stelh*  ronnocKtit, 
10  Attsfühmiig  «]<*r  B«^«chUisse  lag  ja  m  der  Hainl  do» 
Bktors  lind  gerade  nach  attsßen  hin  konnte  ein  pnt- 
hlosseiit^r  Mann  etwos  leisten.  Heynlin  sollte  die  Gi»- 
genhcii  nicht  gi*nz  fehlen,  seine  bereits  erprobte  Tatkraft 
)ch  hier  zn  bewähren;  wie  Fichet,  so  hatte  auch  er  ein' 
Tvilf'g  cIdp  ünivt^rsitÄt  zu  verteidigen  oder  halb  erst  zu 
^m.  Die  Sache  war  weniger  glänzend,  aber  sie  hatte 
aach  ihre  Bedeutung. 

&hon  seit  dem  Jahri^  1463  lag  die  Universität  mit 
jerühmten  Abtei  Saitit- Denis  wegen  dos  Pergament- 
%uh  in  Paris  im  Streit. '^  Der  (Jrni%s verkaut  des  Pergii- 
faml  auf  dem  sogenannten  Landittim  oder  Lenditi 
11  gi*oHäen»  am  IL  Juni  —  also  während  der  Dauer  von 
ilina  Rektorat  —  alljährHch  abgt*haltenen  Markte  statt.. 
aktor  und  Universität  zogen  dann  in  langer  Prozession 
eh  der  Ebene  von  Saint^Denis,  wo  er  stattfand,  um  die 
^  '2  if];  der  Schreibstoffe  vorznnehmt^n?  Der  Rektor 
zeugte  sich  von  der  Güte  und  Brauchbarkeit  des 
ent»i.  daa  Papier  wurde  in  seinem  Namen  von  dazu 
^*.t*4iNvn  Besichtigern  geprüft.  Es  war  so  zu  sagrn  ein 
uiversitätijifest^  die  Vorlesungen  fielen  aus.-)  Nun  bean- 
iruchte  aber  auch  der  Alit  und  der  Konvent  von  Saim- 
eiits  das  Bi*cht  der  Untersuchung  des  untor  iliren  Mauern 
ärkauflen  Pergaments,  und  ea  war,  nach  vielem  Streit  und 
mdtfVf  noch  zu  keiner  Entscli«idung  gekommen. 
HDii  lÄ-urde  Heynlin  Rektor,  und  er  naJim  die  Sache  in 
I^Hand.  Er  wollte  noch  vor  dem  Markttage  jenes  Jahrea 
^T  Universität  endgiltig  ein  Recht  sichern,  auf  das  sie  bei 
Bin  grossen  Verbrauch  von  Schreibstoff  diu'ch  ihre  nach 
bufiendeu  zählenden  Angehörigen  gewiss  begründeten  An- 
^teh  hatte.  Er  erreichte  i»s,  duss  am  27.  Mai  des  Jahres 
H  Parlament  von  Paris  (der  zustandige  Gerichtshuf  in 
ftswärtigen  Universitätsangelegenheiten)  eine  Verfügung 
Hfe«,  durch  die  «bis  Recht  der  Besichtigung  und  Prilfung 
^^ergamenU.  pendente  lite,  also  nur  vorläufig,  bis  ^*IJ.* 


i 


»)  R«curU  clfrt  Privilri^«!  de  rt^itiren«  ile  Pitris  p,  100  ff. 
La  Come  4t  Saint e-Palayc,  Dictiotitt»ire  hitUiriqtie  de  Taiidcti  tarij^g«! 
VE,  UJ 


I02  Max  Hossfeld. 

Parteien  ihre  Ansprüche  ausführlich  geltend  gemacht  hätten,  der 
Universität  zugesprochen  Tvnrde. ')   Auf  Grund  dieses  Erlasses 
übte  denn  auch  die  Universität  14  Tage  später  das  ihr  ver- 
liehene Becht  tatsächlich  aus.     Am  16.  Juni,  auf  der  näch- 
sten Universitätsversammlung,  ernteten  Rektor,  Abgeordnete 
uiid   Kommissar  den   verdienten   Dank   für   die    energische 
Geltendmachung  des  Anspruches.*)     Es  scheint  ihnen  also 
durch  rasches  Eingreifen  an  Ort  und  Stelle  tatsächlich  ge- 
lungen zu  sein,  den  Abt  und  Konvent  von  Saint-Denis  zn 
verdrängen.   Wohl  machten  diese  noch  einen  Versuch,  das 
Verlorene  wieder  zu  erobern,    aber  vergeblich,   am  21.  De- 
jsember  1472  wurde  das  Recht  des  Rektors  auf  das  Perga- 
ment von  neuem  durch  das  Parlament  von  Paris  bestätigt'' 
Das  unter  Heynlins  Rektorat  erkämpfte  Recht  war  mittler- 
weile  zur  Gewohnheit   geworden.     Am    24.  Juni  1469  gab 
Heynlin   sein   Amt   an   seinen  Nachfolger  Amator  Chetari 
ab.     „Summum  schole  parisiensis  magistratum  (quem  recto- 
ratimi  nominaftius)  prudentissime  sapientissimeque  gessisti" 
schrieb    ihm    sein   Freund  Eichet   in   Anerkennung   seiner 
verdienstvollen  Amtsf ülirung.  *) 

* 

*  * 

Im  folgendim  Jahre  wurde  Heynlin  abermals  zuui 
Prior   der    Sorbonne    g(?wälilt  (25.  März  1470).     Seine  Auf- 

»)  Bul.  V,  688.  Jourd.  1367. 

2)  >Illiui  autem  Senatuscousiiltum  (d.  h.  die  Parlamentsverfdgongi 
cxeculioni  demandatum  est  proximis  Nuudinis  Indictalibus  mense  Junio.  Unde 
Universilas  die  16,  habitis  comitiis,  gratias  egit  Rectori,  Deputatis  et  Com- 
niissario,  (|ui  illud  executioDi  demandaverant..« 

3)  Jourd.  1387. 
*)  7.  März   1472,  s.  Champ.  56;  Cl.  Press.  81.    Es  ist  wohl  nar  als  eine 

Fügung  des  Satzbaiies  zu  ])eurtcilen,  wenn  Janssen  in  seiner  Geschichte  des 
deutschen  Volkes  (17.  und  18.  Aufl.  von  Pastor  I,  132)  von  Heynlin  schreibt, 
dass  er  «  als  Rektor  der  Pariser  Universität  auch  in  Frankreich  die  klassiscbeo 
Studien  cniporzubringeu  und  insbesondere  die  Reinheit  und  Schönheit  ia 
schriftlichen  Ausdruck  der  lateinischen  Sprache  zu  befördern  suchte»;  <U» 
er  dies  gerade  als  Rektor  getan  habe,  davon  ist  wenigstens  in  den  Qacllei 
nichts  zu  finden  gewesen;  auch  war  in  den  drei  Monaten,  die  das  Rektont 
(lauerte,  wohl  nicht  die  Müsse  gegeben,  um  neben  dem  Prozess  gegen  ä» 
Abt  von  Saint-Denis  noch  sonderlich  nachhaltig  für  die  Ausbreitung  hnn* 
nistischer  Studien  zu  wirken.  Wir  werden  später  sehen,  welchen  andeK»; 
Anlass  Heynlin  benutzte,  um  in  der  Tat  eine  solche  Wirksamkeit  ausxiinl 


ibeJ 


Jöbanoe«  HeytiUu  ftus  Stein. 


Zeichnungen  im  Buch  der  Prioren  sind  überschriebea:  ^In- 
I  cipit  prioratus  magistri  Johaniiis  de  Lapide,  Alemaniii, 
diocesis  SpireDsis,  electi  in  die  annnnciationis  beatissiine 
Virginis  Marie  a.  d,  1470.  quo  die  etiam  electus  fiiit  in 
librariuin  Magister  n oster  G.  Fischetus  qui  seqiienti  die 
officium  suum  queniadraodnna  etiam  Magbät4>r  Johannes  de 
Lapide  acceptavit.^  Vi  Auffallend  ist.  da.s9  He\Tilin  diesmal 
nicht  nach  französischem  Stil  datiert.  'O^t^rn  1470  war  am 
[22.  April.)  Vor  zwei  Jahren  hatte  er  es  noch  getan  und 
es  war  überhaupt  eine  bisher  noch  nie  überschrittene  Regel 
gewesen.  Auch  sein  Vorgänger  Ziger,  Prior  des  Jahres 
1469,  (d.  h.  vom  25.  in.  14li9  bis  25.  III.  1470)  hatte  den 
Tag  seines  Amtsantrittes  noch  als  Annunciationis  Marie 
1468  eingezeichnet.^)  Es  ist  immerhin  iiatoressant  zu  er- 
fahren^ dass  Heynlin  der  Erste  war,  der  mit  dem  franzö- 
sischen Osteranfang  brach. ^)  Er  selbst  schwankte  später 
in  Deutschland,  wie  aus  seinen  Predigt  manu  Skripten  her- 
vorgeht, zwischen  dem  kirclilichen  und  in  Deutschland  ja 
ganz  üblichen  AVoibnachtsanfang  und  dem  1.  Januar  des 
römischen  Kalenderjahres**)  Es  muss  sich  doch  wohl  um 
eine  bewnisste  Einführung  eines  dieser  beiden  letzteren 
Jahresanfänge  gehandelt  haben,  wenigstens  datierten  aucli 
die  auf  ihn  folgenden  Prioren  ihren  Amtsantritt  nach  dem 
neuen  Stil"^)     Wahrscheinlich  nahm  man  den  1.  Januar. 

Am    14.  April    Hess    sieh    Heynlin    von    den    ^lectures 
'religienses  faites  a  haute  Ynix""   (so  schreibt  Philippe*)  ent- 
binden und  sich  darin  durch   yeinen  Kollegen  Chenart  ver- 


»)  Champ.  S.  21.  A.  2. 

*)  Phil.  Ficb,  88. 

^  Erat  1 56^  wurde  er  durch  ein  Edikt  Karls  IX.  in  gan^  Frankreich 
beseitigt.     Grotefend  I,   140  fF. 

*)  1476,  1487  tiiid  1492  schreibt  er  die  Zahl  des  oeucn  Jahres  beim 
I.  Januar  (Fr.  1,  253,  Fr,  V,  mj.  Pr.  V,  328),  1483  und  1489  beim  25.  Dc- 
,  xember  (Fr.  IV,  193,  Pr.  V,  284),  1494  sowohl  zura  i.  I.  wie  znm  25.  Xll. 
(Pr.  V,  3S8  und  338^). 

•)  Lhanip.  S,  21.  Scboii  Phil,  Impr.  t8  machte  hierauf  aufmerkfiara. 
MögUchcrwcisc  führte  man  auch  den  Annunciationsstil  ein  (vergl-  darüber 
Phil.  Fich.  88)  dann  wäre  die  Veränderung  aus  der  Marieovcrehrung  lu 
erktäreu. 

«)  Phil.  Fich.  89. 


I04  Max  Hossfeld. 

treten.  Das  bedeutete  aber  keineswegs  ein  Aufgeben  seines 
Amtes.  Vielmehr  wissen  wir  aus  zahlreichen,  von  ihm 
sorgfältig  aufbewahrten  und  mit  Namen  und  Zahlen  über- 
schriebenen  theologischen  Abhandlungen,  dass  er  seinen 
Verpflichtungen  als  Leiter  der  Studien  und  Disputierübongen 
in  vollem  Umfange  nachgekommen  ist.*)  Bei  der  Über- 
nahme seines  Amtes  hielt  er  eine  in  mehrfacher  Hinsicht 
höchst  bemerkenswerte  Rede.  Sie  interessiert  zunächst  durch 
ihre  Form.  Ilir  hat  Heynlin  grosse  Aufmerksamkeit  ge- 
widmet. Eine  erste  Fassung  hat  er,  nachdem  er  viele 
Korrekturen  daran  angebracht  hatte,  ^)  verworfen  und  eine 
zweite  hergestellt,  bei  der  das  Bestreben  nach  Richtigkeit 
und  Eleganz  des  Ausdruckes  und  nach  Abrundung  des 
Satzes  noch  deutlicher  hervortritt.  Bezeichnend  sind  auch 
die  Anreden  „celeberrimi  viri,  humanissimi  patres,  clarissimi 
viri'^.*)  Humanistische  Einwirkungen  sind  hier  ganz  un- 
verkennbar, und  sie  zeigen  sich  auch  im  Inhalt,  z.  B.  bei 
einem  Passus  über  die  Erfinder  der  „Studien  der  edlen 
Künste*,  als  welche  Phoroneus,  Niobe,  die  Priester  von 
Sais,  Isis,  Apollo,  Zeus,  Pj^thagoras,  Thysias  und  Phriuius 
genannt  werden.  Aber  die  Schaustellung  solcher  klassischen 
(lelelirsanikeit  war  keineswegs  der  Zweck  dieser  Redo; 
Heynlin  hat  z.  B.  den  eben  erwähnten  Passus  in  der  zweiten 
P^assung  ganz  fortgelassen,  ihn  also  gar  nicht  vorgetragen. 
Auc:h  fügt  er  schon  in  der  ersten  hinzu:  ob  diese  Angaben 
wahr  oder  falsch  seien,  wolle  er  niclit  entscheiden,  die  Un- 
einigkeit der  (gelehrten  lasse  sie  eher  wie  einen  Trauiu  er- 
scheinen.*) Etwas  gewisses  aber  war  für  ihn  die  geoöen- 
barte  Theologio.  als  deren  Erfinder  nicht  irgend  ein  Mensch, 
wie  Ix'i  (Ion  übrigen  Künsten,  sondern  Gott  selbst  (summuni 
iiiaximuniquo  douni)  anzusehen  sei.*^) 

»)  Siehe  unten  S.  1 1 1   Ü\ 

-)  Die  freilich  zum  Teil  auch  auf  den  Inhalt  gehen. 

3)  Die  erste  Fassung  in  Red.  fol.  24«) — 252,  die  zweite  (was  in  der 
eisten  Korrektur  ist,  steht  hier  im  Context  selbst)  in  Vorl.  fol.  91— *»> 
Datiert  ist  die  Rede  nicht,  aber  da  Heynlin  von  der  Übertragung  des  Pno- 
rats  auf  seine  Person,  vom  Beginn  der  sorbonnischen  Disputationen  u.  s.  w. 
spricht,  geh(')rt  sie  hierher. 

-*)  Red.  fol.  250. 

-)  Red.  fol.  250,  Vorl.  fol.  92. 


Johamies  Heyniiu  uus  Stein, 


105 


Den  Inhalt  der  Redo  —  und  er  vorzüglich  interessiert« 
luis  —  bildet  denn  auch  ein  Lob  der  Theologie,  Er  preist 
sie  als  die  ^Meisterin  aller  anderen  Künöte",  ^theologia 
longo  quidem  intervailo  roteris  artibus  est  magnitiidine 
praeponenda*.  ^)  "Während  die  ßecht^gelehrten  ihr  Leben 
unter  den  Streitereien  des  gemeinen  Volkes,  die  Ärzte  es 
in  dem  Schnmtz  der  Krankheiten,  die  Artiateii  es  in  den 
Elementen  der  Wissensehaften  zubringen  müssten,  wohntoii 
die  Theologen  wie  in  einer  sichern  Burg  des  Lebens^  woher 
sie  sich  selbst  zu  Ruhm  und  Ehre,  den  übrigen  aber,  wenn 
sie  nur  dem  Theologen  als  ihrem  Führer  folgten,  zu  Un- 
versehrtheit nnd  eineiu  seligen  Leben  verhelfen  könnten.*) 
^So  oft  über  tTutt,  über  die  Natur  der  Engel,  die  Seele^ 
den  Glauben,  das  glückliche  Leben,  die  Natur  des  Himmels 
und  die  Sterne  disputiert  wenlen  soll,  müssen  wir  jedes 
Mal  der  Meinung  des  Theologen  folgen.*)  Die  Theologie 
übertrifft  auch  alle  anderen  Wissenschaften  an  Alter  isie 
ist  ewigi  au  Früchten  (sie  bringt  den  Sturblichen  das  Heil) 
und  an  Majestät  (sie  hat  immer  mit  Gott  verkehrt).  Ohne 
gleichen  ist  auch  die  AVonne  des  Fnrschens  in  dieser 
Wissenschaft  (hierfür  werdon  Verse  aus  t  >vid  und  Orpheus^ 
qui  est  antiquissimus  pnetarum  beigebracht!).*)  Denn  wer 
immer  von  himmlischen  Dingen  handelt,  der  scheint  schon 
oft  mehr  Lm  Himmel  als  im  Tale  unserer  Sterblichkeit  zu 
wohnen.  Moses,  Jesajas,  Elias;  Petrus^  Paulus.  Johannes, 
endlich  Augustin,  Cyprian  und  Thomas  von  Aquino,  ^hi 
profecto  nostram  mortalitatem  videbantur  obliti.  qui  solo 
eorpusculo  versabantur  in  terris,  cogitatione  vero  et  officio 
in  ipsis  dei  colloquiis  et  rebus  <|uas  praeter  fleuni  nemo 
^m  plene  novit,  indies  avidius  rapiebantur,'*  Ihnen  waren  alle 
irdischen  Schlechtigkeiten  und  Nichtigkeiten  fremd.  Sie 
redeten  immer  in  der  Einsamkeit  mit  Gott  und  den  Bür- 
gern des  Himmels,  ^neque  propter  insani  et  tm^bulentissimi 


*)  Red,  foL  251,  vergl.  auch  Disp.  foL  229. 

^  Red.  foU  252, 

3)  Red.  251, 

*)  Da  «Orplieus*  von  Jupiter  spricht,  fühlt  sich  Heynliii  rn  der  Er- 
IcFdrung  veranlasst,  •cum  Jove,  quem  verum  dcum  nostrum  iiitclHgimus, • 
Diese  Ifif!ntitizieiniigcn  sind  aus  den  Scbrifien  der  Humanislcn  bekauot. 


I06  Max  Hossfeld. 

populi  voces  a  celestium  contemplatione  vel  ad  temporis 
punctum  divelli  potuerunt-J)  Solche  Worte  zeigen,  dass 
Heynlin  trotz  Ovid  und  Orpheus,  Jupiter  und  Apollo  noch 
völlig  mittelalterlich  denkt  und  fühlt.  Auch  für  ihn  ist  die 
Philosophie  noch  die  Magd  der  Theologie,  geht  noch  der 
Glaube  über  den  Intellekt,  und  die  "Welt  ist  noch  ganz 
nach  dem  Jenseits  orientiert. 

Was  er  erstrebte,  war  keineswegs  eine  Verdrängung 
der  Theologie  durch  klassische  Studien,  diese  sollten  (wie 
auch  in  Basel)  *i  höchstens  als  Schmuck  dienen  und  eine 
feinere  formale  Bildung  verleihen,  das  Gebäude  der  Wissen- 
schaften selbst  sollte  in  seinem  Aufbau  dadurch  keine  Ver- 
änderung erleiden,  den  Kern  und  die  Krone  desselben 
sollte  nach  wie  vor  die  Theologie  bilden. 

Der  Fortgang  der  Rede  zeigt  aber,  dass  Heynlin  keines- 
wegs mit  dem  Betriebe  der  Theologie,  wie  er  damals  in 
Paris  und  aller  Orten  gehandhabt  wurde,  zufrieden  war. 
Was  er  daran  mit  unerwartet  starken  Ausdrücken  tadelt, 
ist  besonders  die  Streitsucht,  der  Dünkel  und  die  innere 
Hohlheit  der  Theologen  (Theologisten  nannte  sie  später  sein 
Freund  Reuchlin).  An  solcher  Stelle  und  in  einem  solchen 
Zeitpunkte  gesprochen,  gewinnen  Heynlins  Worte  eine  l^e- 
sondere  Bedeutung:  sie  enthalten  das  Programm  für  seine 
bevorstehende  Tätigkeit  als  Prior  der  Sorboime. 

In  Anknüpfung  an  seine  Lobpreisung  der  Theologie 
und  die  Hervorhebung  ihres  göttlichen  Ursprungs  zählt  er 
nächst  den  Aposteln  eine  lange  Reihe  von  griechischen, 
lateinischen  und  neueren  Kirchenvätern  und  Doktoren  auf. 
denen  die  Theologie  „wegen  ihrer  glülienden  Liebe  zu  Gott 
täglich  mehr  enthüllt  worden  sei*,  und  gedenkt  auch 
nihniend  derer,  die  die  Studien  der  Sorbonne  gepflegt  nn^' 
diesem  Kollegium  und  durch  dasselbe  der  theologischen 
Fakultät  und  der  ganzen  Universität  Paris  so  hohes  An- 
sehen verschafft  hätten. 

Dann,     auf    die    gegenwärtige     Scholastik    kommeml- 

^  Diese  Stelle  steht  übrigeus  nur  in  der  ersten  Fassung  (Red.  25'** 
ist  also  nicht  vorjjetragen  worden.  Das  ändert  aber  nichts  daran,  dass  sie 
für  Heynlin  charakteristisch  ist. 

'^)  Siehe  S.  86. 


Johanoeft  Heynlin  aus  Stein, 


107 


\ 


m    er   fort:*)    ^Wenn   wir    das    Studium    der    heiligen 
rhriften    nach    denj    Vorbilde    di»>si*r    Männer    betreiben 
k'olltiO),    HO  uürilen  Ehre   und  Kuhm  jonor  heiligen   Lehre 
vmi    uns   nicht   weniger   gemehrt   werden,    als   von    jenen. 
Lber  leider  sind  wir   ihnen  nicht  »ihnlich.     Wo  jene  nicht 
Iren,  sondern  Gottes  Kiilini  suchten,  da  trachten  wir  nicht 
aach  Gottes,  sondern  nach  dem  eigenen  eitlen  Kuhm  (denn 
lle  wiUvschen   wir   ducli    in    den  Künsten    der  DisputAtion 
Is  Sieger  hervorzugehen);    wo  jene  im  Gefülxl  der  Demut 
md  der  Liebe  die  katholische  Wahrheit  erforschten^  zeigen 
Iwir   nn«  von   Horlunut  gesehwollen  und  gebläht;    wa8  jene 
mit  sanfter  und  klarer  Vernunft  darzulegen  versnchteUj  das 
Bwolien    wir    mit  verwickelter   und   verworrener,    zank-  nnrl 
ptreit^üchuger  Arguinentanun  beweisen;  wo  jener  Ben»iiiien 
|deu  Dingeu  galt,    die    dem  Heile  des  Menschen   zuträglich 
9r  nötig  sind^  riciitet.  sich  unser  Studium  auf  solche,  die 
rir  irVeder  erkennen  künnen  noch  sollen  und  die  uns,  wenn 
erkannt,  mehr  nützen  als  schaden  wiirden.    80  geschieht  es 
Jena  ganz   mit  Kocht*    dass  wir   das  nicht  wissen,    was  zu 
rtüHen  wir  uns  gern  den  Anschein  gäben  und  dass  wir  ein- 
üben. das8  wir  gerade  daa  wissen  sollten,  wovon  wir  nichts 
rer«tehen.   Und  so  kommt  es,  dass  das  theologisclie  Studium, 
im  B9  von  jenen   Ruhm  und  Bereicherung  empfing,   von 
1»  alle  Tage  ebenso   viel  Schimpf  und  SchÄnde   erleidet, 
l^isst  uns  also*   ihr   liochgelehrten  Männer,    um    Liebe 
lliemüht  sein,  nm  Liebe   sage  ich,  nicht  um  missgünstigon 
IWettinfer,  um  Frieden,  nicht  um  Streit,  um  das  Heil,  nicht 
im  Aberglauben  und  nicht  uni  d*'i>  Schein,  sondern  um  die 
leologische  Wahrheit.^  ^) 

Hejmiin   scidiesst  seine  Ansprache   mit   einer  Ermun- 
ig  zum  Studium  der  Theologie.     In  uns  lebt  eine  an- 
rene   Begierde   nach    dieser  Lehre,    durch  einen   unbe- 
«nntan  Trieb  werden  wir  zur  Erforschung  der  himmlisclien 
T>JOge  Angespornt,  sei  es,  dass  Gott  uns  dazu  treibt,  sei  es^ 
iii4^w    wi'r     WIM  .InvMual    sagt,    dc-r    göttlicJien    Dinge   fähig. 


%  Dttitelbcö   (tcdankcu   ipricbt  Hcynliti    später   einmal    10   dem  Vtn9 
^  l&tet^   yuitit|tti(l  patct    divinU  itt  codidhus,    Tnotuni  habet  qui 


-    i-^~      ±:zt  i  xirl 
ri    i^     -1  -r-rr:-!. 


-«"  r^i: 


"-.:-:  :.-'  ZI 


.,.'  :.r(..  ..    .  .    -  .'.r..  ..    /     ;: 


Johanues  Heyn! in  aus  Stein. 


lOQ 


I 

I 

\ 


wir  sie  ohne  weiteres  hieher  reclinen  können;  denn  in 
ihnen  allen  sind  bald  längere,  bald  kürzere  Stücke  von 
Heynlins  Hand  geschrieben.')  Sie  sind  samtlich  folgender- 
massen  angeordnet:^) 

Überschrift. 
Sie   ist   von   Heyulin    anscheinend   meist  ßpät-er   nach- 
getragen,^ I 

Die  Frage.  1 

Sie  wird  vom  Prior  gestellt.*)  1 

a)  Antworten,  ■ 

Sie  werden  von  dem  sogenannten  Respondens  gegeben 
lind  bestehen  ans  drei  Thesen  (conclusionesi  mit  je  zwei 
Folgesätzen  (corolkria),  deren  letzter,  das  Corollarium  re- 
sponsivum,  die  gestellte  Frage  bejaht  oder  verneint.  Am 
Schln^ss  häufig  eine  Wendnng  ^vie  die  folgende:  Que  omnia» 
prostantissime  nii  domine  prior,  vestre  benigne  diseretione 
ofltero  corrigenda.     23.  mau.'*! 

b)  Einwürfe  nnd  neue  Fragen,  I 

Die  Einwürfe  erhebt  der  sogenannte  Opponens,  in 
nnserm  Falle  der  Prior;  sie  sind  von  Hejnlins  Hand  ge- 
schrieben. Sie  beginnen  regelmässig:  Contra  primam  i'se- 
cundam  n.  s.  w.j  conclusionem  vestram  arguitnr  u.  s.  w., 
die  Fragen  mit  Dicatis  oder  dicetis.  Am  Scblnsa  häuhg 
die  Formel:  Hec  pauca  correctioni  veatre  snbmitto.  *) 

c)  Entgegnungen  und  Antworten.  ' 

Sie  werden  meist  von  dem  Bespondens  gegeben  und 
sind  von  derselben  Schrift  wie  die  Antworten  (a).  Die 
formelhaften  AVentlimgen  sind:  Ad  (primam)  rationem  contra 
(primam)  conclusionejn  concedo  (oder  declino).  Am  Schluas 
Zuschriften  an  den  Prior,  oft  in  schwülstigen  Phrasen,  wie 

')  Im  gau2cu  B;uid  i^Lible  ich  ji  solcher  Stücke  von  HeyuUns  Hand, 
ungerechtiet  Raudbcmerkuugcn  und  dergl, 

*)  Dieses  Schema  stimmt  im  wesentlichen  mit  dem  übereiiti  welches 
Thnrot  (S»  iii/2)  als  das  üblkbe  be/,eichnet. 

3)  Diese  t^berschriften  siud  verwerlel  oben  S,  93,  imtCD  S.  iio,  113, 
114,    115,   152,   155. 

♦)  Siehe  obeo  S.  cj^}. 

^)  Disp.  Fol.  14.     Übrigens  stehl  das  Datum  sonst  nie  da. 

*)  Z.  B.  Disp.  fol,  u,  26»  97\   125',    15t«  209'.  ^^^^^^^^H 


I  lO  Max  Hossfeld. 

z.  B.  «Et  hec  sunt,  honoratissime  mi  domine  prior,  pater  et 
protector  observantissime,  que  ad  vestras  raciones  validissimas 
atque  questiones  difficilimas  pocius  suadendo  quam  respon- 
dendo  dicere  potui,  que  utique  dicta  sint  sub  vestri  benigna 
et  dulci  correccione  pia  quoque  supportacione'^  (Von  frater 
Michael  Goleferdus) ')  oder  kürzer:  „Hec  sunt  debiles  eva- 
siones  ad  vestras  in'solubiles  raciones"*)  oder  „Has  debiles 
evasiones,  colendissinie  domine  prior,  dominationi  vestre 
submitto  corrigendas".      (Von  Magister  Amator   Chetan.)*) 

In  diese  strengen  Formen  kleiden  sich  etwa  zwei 
Dutzend  Abhandlungen,  die  während  Heynlins  Priorat  vor- 
getragen oder  vielmehr  disputiert  wurden.*)  Der  Prior 
hatte  dabei  nicht  nur  die  Frage  zu  stellen,  sondern  auch 
die  Sätze  des  Respondens  zu  prüfen  und  zu  korrigieren 
und  manche  Seite  mit  seinen  Einwänden  zu  füllen. 

Das   mitgeteilte   Schema   scheint  nun   zu   beweisen  — 


*)  Disp.  fol.  i8.    Den  Namen  gibt  Heynlin  in  der  Überschrift  (fol,  13). 

«)  Disp.  49*. 

3)  Disp.  94.  Der  Name  in  der  Überschrift  (fol.  91).  Wir  stellen  hier 
nach  den  Überschriften  Hcynlins  die  Namen  der  Männer  zusammen,  die 
unter  seiner  Leitung  damals  an  der  Sorbonne  disputiert  haben.  Fol.  91 :  cPro 
Magistro  Amatore  Chetart.>  Vergl.  über  Ch.  S.  102  und  156.  Fol.  99: 
«Positio  magistri  Egidii  Netelct  protunc  rectoris  alme  universitatis  parisiensis. 
(Jui  rcspondit  sub  me  Johanne  de  lapide  tunc  priore  Sorbone  nona  dispa- 
tatione  sorbonica  videlicct  in  profesto  bcati  egidii.  Anno  etc.  LXX®.>  (31.  ^• 
1470)  Aegid.  Ncctellet,  damals  baccal.  formatus  (wie  Heynlin),  Socius  des 
Colleg.  Xavarr.,  war  Rektor  23.  Juni  bis  10.  Oktober  1470  (Bul.  865  ond 
922).  Fol.  155:  «M.  Zygeri  clerici»  (?)  Vielleicht  Sigerius  Ledere,  der 
1467/8  Rektor  war  (Bul.  V,  Catal.).  Oder  Ziger,  der  Vorgänger  Hcynlios 
als  Prior  (s.  S.  103).  Dann  mehrere  Mönche:  «Augustinensis  fr.  petras>  fol. 
201,  vcrgl.  203.  «Positio  Bernhardite  fratris  protunc  provisoris  seu  prioris 
collegii  sancti  Bernardi»  (fol.  14b,  vcrgl.  145).  «Carmelita»  (fol.  45).  «Pr^ 
Carmeiita»  (fol.  173).  «Cordiger  frater  Johannes  Tiersere»  (fol.  21).  «Qucstio 
theologalis  pro  Sorbonica  fratris  Michaelis  Goleferdi  ordinis  predicatomni» 
(fol.  13)  «fr.  Petrus  de  Beliopontc»  (fol.  121).     Über  diesen  vergl.  S.  96. 

*)  Im  Einzelnen  kommen  wohl  Abweichungen  vor  (so  fehlt  z.  B.  die 
Schlussformcl  mit  der  Anrede  an  den  Prior  fol.  ii,  37,  49',  oder  die 
Überschrift  fol.  4,  29,  46,  50,  62,  76,  163,  168,  170,  181,  189,  2i3oderdi« 
drei  Teile  sind  von  einer  einzigen  Hand  geschrieben  (offenbar  Reinschri/l«"' 
z.  B.  fol.  4b— 49'»  50—33'»  155— »t)0,  170-172,  173—179',  bei  leuteref 
nur  eine  Randbemerkung  in  Heynlins  Handschrift)  aber  das  Schema  ist  ober- 
all  das  gleiche. 


Joiiiittii«i;  Heynim  iiit» 


5i«frär 


md  gerade  das  wünschten  wir  damit  zu  zeigen  —  das8 
in  an  der  BehafidhtngsiveiM  theologisclier  Fragen  und 

an  dem  Verfahren  des  Unterrichts  nichts  geändert  hat.  Das 

Disputieren  an  sich  abztischsfFen,  ist  ihm  wahrscheinlidi 
■  nie  in  den  Sinn  gekommen,  nur  der  Streit.sucht  wollte  er  in 
[jener  Rede  entgegengetreten  aein.  Auch  die  ßegelmässigkeit 
luiid  Enge  der  Methoden,  wie  z.  B,  die  obligate  Aufstellung 
I  dreier  Thesen  hat  er  nie  als  unbequem  empfunden,  er  selbst 
[bedient  sich  dieser  Dispositionsweiso  noch  später  sehr 
'  häußg    in    seinen  Predigten.     Ungewöhnlich    aber  scheinen 

die  Fragen  selbst  gewesen  zu  sein,  die  er  zu  den  Dispu- 
itationen  stellte^  wenigstens  bezeichnet  sie  der  Bibliothekar 

der  Baseler  Kartause,  der  den  Codex  nach  seinem  Tode 
[ registrierte y  als  ^rarae  «juidem^  sed  notatu  non  indignae^J) 
[wir  teilen  ihrer  einige  mit. 

Die  erste  lautete:  Ob  Christi  Erscheinung  im  Wort  die 

'''Vollkommenste   sei.     Die  Disputation    hierüber   fand   gleich 

im  Anschluss  an  seine  einleitende  Rede  statt. ^i    Die  übrigen 

tordnen  wir  nach    ihrem    inneren  Zusammenhange,     Ob  die 

[persönlichen  Eigenschaften  in  der  Dreieinigkeit  wirklich  zürn 

l Unterschied    dreier    verschiedener    Pei-sonen   führen?^)      Ob 

■©Ott  alles  Erschaff  bare  schaffen  könne?*)   Ob  die  Schöpf  er- 

I kraft  einem   blossen  Geschöpf   übertragen   werden    könne? ^) 

>b    es  möglich  sei,    dass    die  menschliche   Natur   mit   dem 

liehen    Wort    vereinigt    werde?')      Ob    den     göttlichen 

Personen   eine   zeitliche    Sendung   zukomme?  ^)     Ob    irgend 

fe^in  blosses  Geschöpf  für  die  menschliche  Natur  Genugtming 

leisten  könne? ^) 

Zur  Versöhmmg  des  Menschen  mit  Gott  war  die  Ein- 

[richtung   der    Sakramente   nötig.      (Über    den    Unterschied 

alten  und  neuen  Bundes;  Beschneidung,  Taufe  u.  s.  w.-- 


%Disp.  foL  I. 

*|  Vcrgl.  Vorl.  foL  y^  luul  Disp.  foh  21- 

')  Disp.  fol,  4 —  1 1 . 

*)  FoL  29—37. 

*)  Fol,  46 — 49*, 

*)  Fol.  43. 

')  Fol.  13—18. 

*)  FoL  61, 


112  Max  Hossfeld. 

Die  eigentliche  Frage  fehlt.)')  Die  Erbsünde  wird  dnrch 
die  Taufe  zerstört.  (Die  eigentliche  Frage  fehlt.)  *)  Ob  im 
Sakrament  des  Abendmahls  Christi  wahrer  Leib  und  Blut 
wahrhaft  enthalten  seien  ?^  Ob  zur  Tilgung  der  Sünden 
Busse  und  Beichte  nötig  seien?*)  Ob  die  menschlichen 
Handlungen  im  Vergleich  zu  Gott  verdienstlich  seien  oder 
nicht?*)  Ob  wir  verpflichtet  seien,  unsem  Willen  in  volito 
dem  göttlichen  Willen  anzupassen ?•)  Ob  bei  der  Be- 
lohnung für  unsere  Verdienste  und  der  Bestrafung  für  unsere 
Schuld  Gottes  Barmherzigkeit  und  Gerechtigkeit  in  gleicher 
Weise  beteiligt  seien?  ^ 

Vergleicht  man  diese  Fragen  mit  einigen  anderen,  die 
nicht    von    Heynlin,    sondern    andern    Theologen    gestellt 
waren,   wie  beispielweise   die  folgenden:     Utrum  Johannes 
burgundie  dapibus  cistercienses  saciaverit,  hoc  est  quaerere: 
Utrum  Johannes  Zacharie  dapibus  spiritualis  elemosine  in- 
digentes  refecerit  (die  Frage  handelt  vom  Almosen)*)  oder 
diese:   ütrum   Johannes  Lapidibus  preciosis  Badenses  fon- 
daverit,  hoc  est:  Utrum  fons  gratiae  deus  Lapidibus  preciosis 
scilicet   praeceptore    Christi    fideles   fundaverit   (Thema  der 
quaestio:  die  10  Gebote!),^)  so  ist  das  allerdings  ein  Unter- 
schied  wie    Tag   und    Nacht     Erscheinen   uns   die   beiden 
letztgenannten     Quaestionen     einfach     unverständlich,    so 
müssen  wir   an   den   von   Heynlin   gestellten   Fragen  Klar- 
heit und  Bedeutsamkeit  loben.   Denn  sie  beschäftigen  sich. 
wie    man    gesehen    hat,    mit    den    wichtigsten    Stücken  des 
christlichen   Glaubens,    Gottes   Wesen    (Dreieinigkeit)   unJ 
seiner  Allmacht.  Christi  göttlicher  und  menschlicher  Natur 
und    seiner    irdischen    Sendung,    mit    der  Versöhnung  des 
Menschen  mit  Gott,  der  Erbsünde  und  den  Sakramenten  der 


V)  Fol.  99 — io6. 

'-')  Fol.  9»— 97'. 

3)  Fol.  76— 8  r. 

•)  Fol.  121  —  125'. 

")  Fol.  145. 

G)  Fol.  145'— 151. 

•)  Fol.  201  —  209', 

*)  Disp.  fol.  219—223'. 

")  Disp.  fol.  225—228'. 


JobaoDcs  Hej^nlin  aus  Stein. 


It3 


Taufe,  des  Abendmahls  und  der  Busse,  mit  der  Verdienat- 
lichkeit  unserer  Handlungen  und  Grottes  Gericht,  und  sie 
umschreiben  derart.  ein*»n  KreiSy  in  dem  sozusagen  die  ganze 
christliche  Theologie  Platz  findet.  Wenn  solche  Fragen 
damals  als  rar  und  ungewöhnlich  angesehen  wurden,  so 
spricht  das  nicht  zu  Gunsten  der  Zeit,  wohl  aber  zu  Gunsten 
dessen,  der  sie  stellte. 

Diese  Beobachtungen  berechtigen  uns  zu  der  Meinung, 
dass  Heynlin,  wie  seine  Antrittsrede  es  erwarten  Hess,  seine 
massgebende  Stellung  als  Prior  der  Sorbonne  in  der  Tat 
ilazu  benutzt  hat.  um  nach  seinen  Kräften  den  Übelständen 
des  hergebrachten  scholastischen  I^hrbetriebes  entgegen- 
zutreten und  auf  ein  gehaltvolleres  und  erapriesslicheres 
Studieren  zu  dringen.  Sein  Freund  Fichet  hat  ihm,  noch 
♦»he  er  nach  Jahresfrist  sein  Amt  als  Prior  niederlegte,  für 
diese  Bestrebungen  und  für  seine  Betriebsamkeit  ein  schönes 
Lob  gespendet:  ^Sacris  litteris  magnopere  studes  .  .  *,  cum 
laude  et  gloria  sorbonico  certamini  dux  praefuisti^.  *)  Und 
an  anderer  Stelle:  „cui  nihil  omnino  desit  quod  istum 
laborem  <  nämlich  die  Herausgabe  einer  Schrift  Ciceros) 
graviorem  tibi  reddere  possit:  non  di\iiiarum  renim  contem- 
platio.  qui  theologice  disputationis  partes  in  Sorbona  nostra 
longe  primas  attigisti  .  .  non  humanarum  oognitio,  qui 
philosophorum  tetatis  quidem  nostre  facile  princeps  evasisti.'*  *) 


Heynlin  näherte  sich  damals  dem  Abschluss  seines 
leologischen    Studiums.      Vor    der    Erteilung    der    Lizenz 

katte  der  baccalarius  forinatus  noch  vier  grössere  Dispu- 
ationen    zu  halten*    darunter    die    sogenannte    magna  ordi- 

Aaria,  par\'a  ordinaria  und  sorbonica.^  Zu  der  ^ciuiestio 
leologalis    pro   magna  ordinaria   mei  Johannis   de  Lapide 


')  G,  Fichetus.  ,  .  Joaiiöi  Lapidano  Sorboncnsis  sebolse  priori  (s.  Champ. 
Ko.  I,   Cl.  Press.  71.) 

B  *)  Siebe  Champ.  55,  CL  Press.  8}, 

•)  Siehe    darüber    Thur.    150    und    155.      Magna    ordinaria    heisst    das 
Winter-,  parva  o,  das  Sommerhalbjahr.     ^Thur.  64.) 

BAslef  Zeitsclir.  f.  Ge^cb.  und  Altertum.  VII.  L  & 


114  Max  Hot>tfel(L 

anno  donjini  M^'(j('^''^  IJK.  .  .-^  hatte  H-evulin  ach  dir» 
Frage  gf^wähJt:  Ob  di*:?  Sakramental-Beicht<e  zum  Hefle 
nützlich  und  notw^^ndig  atfi.  wenn  anch  voiii^r  di«  ganze 
Todsünde  durch  die  B^Mie  contritio»  getilgt  war,  und  ge- 
hingt, nachdem  er  da«  Für  und  Wider  lange  enroges  und 
u.  a.  auch  die  c^intritio  aU  unbedingt  notwendig  znm  Heile 
hingestellt  hat.  schliesslich,  wie  es  l>ei  einem  Sorbonnist^ 
nicht  anders  zu  en^'arten  i.st.  zur  Bejahung  der  Frage.  Die 
beiden  nächsten  l>isputationen  fallen  zufällig  in  die  Zeil 
von  HeynliiiS  Priorat.  I>ie  eine  ist  von  ihm  als  .Qu^stio 
expectatoria-  sowie  njit  seinem  Namen  und  der  Jahreszahl 
1470  bezeichnet.  Es  ist  die  parva  ordinaria,^'  Sie  wurde 
ihm  von  dem  Abt  der  Bemhardinerabtei  Theolocum  ge- 
stellt (wahrscheinlich  Tholey  im  Trierischeni. * »  Da  die 
Bernhardiner  zu  den  Zisterziensern  gehören,  so  erklärt  sich 
hieraus  zum  Teil  <lie  seltsame  Form  der  oben  (S.  112)  mit- 
g(3teilten.  von  dem  Almosen  handelnden  Frage,  die  Hej-nlin 
zu  b<»antworten  hatte.  Oj)j)onenteii  waren  ausser  dem  Abt 
von  Tholey  «fol.  222.  der  Kanzler  von  Paris  ifol.  220)  und 
M(»r  Abt  von  Val  fol.  221).^  Dieser  bezeichnet  Heynlin  in 
sein(»r  Zuschrift  als  Prior.  desgleich<*n  eine  Adresse  in  der 
Schrift  des  Abtes  von  Tholey  Doctissimo  domino  meo  ac 
niji^istro  domino  Priori  Sorbone.  fol.  223').  welcher  übrigens 
V()lh»r  Hochachtung  für  den    unter  seiner  Leitung  disputie- 

M  J)cr  Rest  der  Zahl  ist  vom  Buchbinder  abgeschnitten.  Von  der  X 
hinter  L  ist  aiirh  nur  noch  ein  kleines  Stück  zu  sehen.  Die  DisputatioD 
niUfi!»  in  die  Jahre  14^18 — 1472  fallen,  in  denen  Heynlin  bacc.  formaios  «v. 
Am  besti-n  verlejjt  man  sie  in  das  Wintersemester  vor  seinem  Priorat  iM^^'J^- 
Sic  steht  Disp.  fol.  Iü8 — 120'. 

-;  Disp.  ful.  2i(j — 223*.  Mit  quaistio  expectatoria  wurde  nach  Thwot 
(S.  141/  eine  Art  Prüfung  bezeichnet,  die  man  zwischen  der  Vorlesung  ober 
<lie  iiibcl  und  der  über  die  Sentenzen  machte.  Heynlin  war  aber  $ckoB 
1467  Sentcntiarius  und  bei  unserer  Expectatoria  steht  ausdrücklich  1470,  das 
AVort  niuss  also  einen  weitereu  Sinn  haben.  Wir  identifizieren  die  «ff" 
liegende  cju:j-stio  mit  <icr  parva  ordiuaria,  weil  diese  bei  Gelegenheit  da 
-aulicav  (von  der  aula  des  Bischofs  so  genannt)  eines  neuen  Magisters  statt&ßJ 
(l'hur.  130,  155)  un<l  weil  die  vorliegende  q.  expect.  nach  He}'nluis  Anpi* 
'  in    aula  domini  Parisiensis»   gehalten  ist. 

')  Chevalier,  Repert.   njoj  II,  3087  und  3098. 

*)  «Abbas  de  Valle»,  wahrscheinlich  die  Augustiner- Abtei  V»I  in  Bis- 
tum Bayeux.     Chevalier  II,  3225  und  3209. 


Johannes  Heyolin  aus  Stein. 


115 


i  HeynliD  gewesen  zu  sein  scheint;  er  schliesst  seine 
jegen  dessen  Thesen  erhobenen  Einwände  mit  den  Worten: 
»Eruditissime   pater,    quemadmodum    a   principio    pollicitiia 
►tun,    potestig    omnia    ista    Jiintare    et   pro  liljito  disponere** 
foL    222),    nnd   ahn  lieh    schreibt    auch    der    Aljt    von   Val: 
.Dom ine    [irior,    addatis,    mimiatis*     corrigatis    ad     niitura 
»restnim  et  quicquid  feceritis  gratiim  habebo^  (fol.  221). 
^1      An    die    parva  ordinaria    schh^ss    sich    noch    im  selben 
Hbre  die  Sorbonka^  die  Heynhn  überscla*ieben  hat:  Qiiestio 
Iheologalis.    ad    quam   respondi   ego  Johannes  de  lapide   in 
disputationibns   sorhonicis    parisins    anno    domini  1470   quo 
^xn  prior  coUegii  SorboneJ)     Das  Thema    war    die   Passion 
des    Herrn,    und   die     Abhandlung .    die    Heynlin    darüber 
schrieb,   hat    ihm    später    hei  seinen  Predigten    ncjch  mehr- 
fach   als  Vorlage    gedient   —  Endlich    erwähnen  wir    noch 
eine  vierte  grössere  Disjmiation  über  die  10  Gehoie,-}   deren 
Thema  ihm  von  *TiiilIermu9  de  Ca^toforti  '*)  in  der  oben  mit- 
geteilten   wund  er  h' che  n    Form    gestellt    wordeii    w«r.      Den 
Hauptinhalt     bildet    eine    Zurückfühnmg    aller    Moral  Vor- 
schriften  auf    die   10  Gebotet    welche    die    Grundlage    aller 
Ethik  ausmachten.     Im  Anschluss   hieran    behauptet  He^'n- 
^^f    dass  eine  strenge  Beobachtung  der  10  Gebote,    wofern 
^gb  nur  „aus  Liebe '^  und   nicht   im    Geiste   äusserer  Werk- 
feerechtigkeit  befolgt  w^ürden,  genüge,  um  das  ewige  Leben 
An  erwerben,    denn  Christus  habe    uns    zu    nichts  anderem 
Verpflichtet;  ja  er  versteigt  sich  zu  dem  külmon  Satze,  dass 
ahracheiuHch  eine  Kenntnis  von  den  Aitikeln  der  Drei- 
üigkeit,     der    Fleisdhwerdiing,    des    Leidens,    der    Aufer- 
ehung^    der  Himmelfahrt   und  der  Anktmft  zum    jüngsten 
rieht  nicht  unbedingt  erforderlich   sei,   um  die  Seligkeit 
erwerben.^     Aus  solchen  liberal  klingenden  Sätzen  darf 


*)  Siehe  Disp.  fol.  54* — 60  uod  70*^71.  Id  der  Handfichrift  steht  [>V»r, 
His  F.  Fi&rher  filscblich  als  «professor»  auflöst  (S.  ^.  —  Die  Sorbomca 
™lird«  in  den  Ferien  (Juli  bis  September)  mit  grosser  Feierlichkeit  abne- 
*»aUcn.     Tburot   150, 

'y  Disp.  fol,  225 — 22%\ 

•)  G.  d,  Castroforti  war  schou  seit  144*1  Doktor  der  Theologie  fCbart, 
*V,  6Ä9),  gehörte  dem  Kollegium  \'on  Navarra  an,  das  er  reformierte  <BiiL 
^»  876)  und  zeichnete  sich  als  Professor  aus»  (Feret  IV,  315.) 


Il6  Max  Hossfeld. 

man  aber  keineswegs  folgern,    dass  er  die  Kenntnis  diesei 
Artikel  überhaupt  für  überflüssig  gehalten  habe,    oder  gar, 
dass  er  auf  Grund  derselben  für  eine  aller  christlichen  Dog- 
matik  bare  Religion  hätte  eintreten  wollen.   Daran  hat  dei 
Prior  der  Sorbonne  gar  nicht  gedacht.  Er  betont  viehnehr 
wiederholt,   dass  er  diese  Behauptung  ^probabiliter  tantam 
et  gratia   coUationis  habendsB^  gegenüber   den    Sätzen  des 
Dr.  Matheus  Chauquet  aufstelle.^)  so  dass  diese  Meinungen 
gar   nicht   einmal   als   seine    unwiderrufliche   Überzeugung 
aufgefasst   werden   können;    sie  bedeuten    kaum    mehr  ab 
eine   dialektische   Übung   auf    theologischem    Gebiet.    Das 
zeigen   auch   seine  Argumente.     Zum  Beweise   des   Satees. 
dass   die   genannten    Glaubensartikel   nicht  unbedingt  not- 
wendig zu  wissen  seien,   führt  er  nämlich  den  Tod  chris^ 
lieber  Märtyrer  an,  die  nie  im  Glauben  unterwiesen  worden 
wären  xmd  beim  Anblick  des  mutigen  Todes  von  Christa 
sich  auf   der  Stelle  zu  deren  Glauben  bekannt  hätten  und 
für  ihn  gestorben  seien,  ferner  die  Unwissenheit  ganz  ein- 
fältiger  und   einsam    lebender  Menschen,    wie  Hirten  und 
dergleichen;   wie   man   sieht,   ganz   akademische   Beispiele, 
die  nur  den  Beweis  der  These  im  Auge  haben  und  keines- 
wegs deren  Durchführung  in  der  Praxis  bezwecken.  Jeden- 
falls ist   es  später  stets  Heynlins  Bemühen   gewesen,  seine 
Pfarrkinder  mit  allen  diesen  Lehren  der  katholischen  Kirche 
bekannt  zu  machen  und  sie  zu  empfehlen. 

Am  15.  Februar  1472  wurde  Hejmlin  in  Anerkennung 
seiner   Leistungen    auf    theologischem    Gebiet    zum   Lizen- 

*)  Disp.  fol.  228\  225.  Die  Nennung  dieses  Namens  bietet  übrigeos 
einen  Anhaltspunkt  zur  Datierung  der  Disputation.  Chauquet  vrird  14W 
noch  als  baccal.  formatus  bezeichnet  (Bul.  V,  Index);  da  Heynlin  ihn  sacra- 
ruin  litterarum  doctorem  nennt,  liegt  sie  wohl  nach  1470,  und  da  Qi.<üc 
Äusserung,  die  Heynlin  bestreitet,  «in  suis  sollemnibus  vesperiis»,  d.  h. 
während  seiner  Doktorprüfung  (über  d.  vesperiae  s.  Ferct  IV.  447,  Thor.  155^ 
getan  hatte,  so  wird  unsere  Disputation  kurz  nach  Chauqaets  Doktorat  £illai' 
Da  sie  andererseits  nicht  lange  vor  Heynlins  Doktorat  gehalten  sein  mo» 
(denn  erst  wenn  man  sie  in  Beziehung  zu  dessen  Doktoratsrede  setzt,  itr 
steht  man  die  seltsame  Form  der  Frage:  Utnim  Johannes  lapkUbuM fft" 
ciosis  Badenses  fundaverit,  s.  S.  119  A.  1),  so  därfen  wir  sie  ins  J^ 
147 1  setzen. 


Jobatines  Heyalm  aus  Steto. 


1  «7 


promoviertJj     Eine    Prüfung    fand    zwar    statte    bo- 

aber  nicht  mehr  als  eine  Förmlichkeit  das  eigent- 

itscheidende  war  damals  di«^  Bewährung  w^ährend  der 

[izeit-     Der   Kanzler    von    Notre    Dame    erti*üte    im 

deg  Papstes   die  Erlaubnis   zu    lehren  und    zu  pre- 

in    einer   pomphaften    Feier. ^)      Einige    Zeit    darattf 

man,    wieder  unter   gmssen  FtM*i^rlichkeiten,   den  so 

i?öcluttzten     und    glänzenden    Titel     eines    Theologia? 

Parisiensis  oder  Doctor  Sorbonse  anzunehmen.  Heyn- 

Bintritt    ins  Konsortium   der  Doktoren   der  Theok>gi»' 

12.  Oktober  147 '2  statt '» 

^nd  ei*  war  stolz  auf  seinen  Erfolg.^)     Nachdem  er  in 

ila  des   Bischofs    die   Abzeichen    des   Doktorats   em- 

^B  hatte,  hielt  en   wie  es  üblich  war.  eine  Rede.     Es 

Irauch,    sie  zum  Lobe    der    lieiligon    Sclirift    und   der 

In  Wissenschaft     der   Theologie    zu  benutzen.      Aber 

pn  kann    sich    erst  gar   nicht   dazu  entschliessen.     E' 

^ie  sein  Freund  Flehet  an  ihm  rühmte,  seit  Menschen- 

ieu  der  erste  Deutsche,  der  in  Paris  diesen  ehrenvollen 

&r\i'arb.*)     Das   schwellte   sein  Herz   und  davon    fluss 

L^r  Mund  über»    j,Unsere  Altvordern  ermalinen  mich.^ 

jefähr   sagt    er/")    -und    die  Überlegung    gibt    ihnen 

jetzt  nachdem  ich  die  Abzeichen  meines  göttlichen 

empfangen  habe,  seinem  Preise  meine  gaaze  Re*lö 


[  Allel,  tu  91 J  A.  «Uc.  est  in  theoU  1471  (1471)  Febr.  15.  postca  prk>r 
[*r9t,  und  Herm.  mtssvrrslebeii   dies,    ak    i«i    Heynlin   1471  Lic.  ge 
•  471  nach  d<*m  mos  guüii-auti»,   14*^  nach  b«uiiger  Jjibrc »berech nun;; 
Dlm  1472    mm   drittcu  Mal  I*riorr     Auch  im    Katalog   *lcr    Liren- 
th«oL  Fak.   liest  man   mm   Jahre   »472:    *Lic^LJoli.  de    Lajudc 
Hembin,  Prior  Sorboiise«>  {Bud.  144.) 
[Thor,  151 — 154. 
LAucI,  II«  ql3  A. 
Niw'li   ipaler  uanpte  er  iicb  gern  tdoctf>r  theolo^us  Paniiensis»,  r,  B 
vict^eleftciien  Kesoltuoriniii,    vor  nllcm  datiHf    wenn  er  mit    iHesoti- 
l«schdrtirk    seine  Autorität  gcllcnii    tn  muchcü  wünschte,    wie    in  der 

dei»    <>(aktllifttett<     MeffrCl:      <ArfMini     ir      1h»-nU*7iv     Tlorlnr     Pnti- 

atüshnu»«  oenot  er  sidi  da* 
|t Prünasque    no&Ua    memoria    pariiü    iiieuiM-    nnunj^    et  Ibcoiogu   m 

ti-anffliiliiti«  Brief  vom  7,  IIU  1472.     OiArap.  No.  5$, 
\IM€    Rede   fttehi    Di«p.  foL  229   und    229*   ^m    Scblust  de«    gm^eti 


zn  -n.i:L_-TZ.  A^:»T!r  ziifiL  ÜTZfrLt  -ü*r  Xeuheit  und  die 
ürri-:  irrr  -i*-*:^:»?-!.  -=cicEiz^-'TC.  Ehren  und  nur  von  Jubel 
iJL'i  Trr^isT  T^r^Ag  isiii  r^  fpr»=cL«i-  .Faustum  enim  et 
:.£:.:  :eii  i-m«:  ziijii  ii-riz.  i^ir  -j:!  dixerim?-  Hat  er  mich 
i-*»:l  rir  n^rm-rz.  F".-r-:äe  iz-i  zir-izL  Saldieren  reichlich  be- 
'.\hi,i,  1— -i  Trir  '»3j»:r  aL»  i*:hs  T^pü«?ne.  denn  gleichwie 
Tir.-r-i  7r-riÄ=:LLäärrz.-r-  ü-  rnAchÄr.gigkeit,  so  hat  er  mir 
iir:  Frr^L-ri-  ZTL  l-rlr«rz.  iiL  1  iiziL  iis  Ansehen  und  die  Würde 

I'-i?  Ä'^rr  ist  z1:':lz  zl-zt  -iz.  sösses  Gefühl  für  mich,  es 
iät  Ä^:L  ri-  Bnin  •iz.i  -rin-r  Zier  für  meine  Freunde  und 
n^ii.  Vät-rltni.  S*:L'»'-rIi:ii  giaub^  ich.  dass  vor  mir  schon 
;-riL-i:.i  iis  i-rz:  L-ini-e  ier  erlauchten  Markgrafen  von 
Bä.i-:i  i'i.  Lirr'r-^-r  i^  I»oktorars  aus  Paris"  weltberühmter 
Tii-^:1  gr:Li-:Lil-r  m  •i-rii  Rädrasem  getragen  hat.  Ja.  aus 
'i-z:  ^a^zr-i:  Vrlk^  irr  r*eutichen  mögen  nur  wenige  im 
*T^iJii:h':z.i3    IrrT  itirw^l:  lel-en.  die  diese  Stufe  der  Ehre  in 

MviT-ri:  ■i.ii.rr  äi.  irre,  s*?  fährt  er  voll  rethorischen 
S<:hv4-::r.^-r<  ::r:.  ü.r-r:>.  Vi:.f-rlaride  einen  Triumph  über  seine 
Feir-'i-r  '''-r-:*'r:-.  -rs  znzi  :i-äohrig-?ri  Reiche  ausdehnen  oder 
LLm  U-iLerLLvSilich-  Schätz-  zr..nihr»:*n.  ich  bringe  meinen 
Bad-i-Sr-rr.  s-  i'/L-r.  Rihzi  ztirück.  wit-  seinen  Bürgern  ebst 
Periklr?.  i 'SSvh  h*rrrliche<  Haapt  zuerst  bei  den  Athenern 
sich  '1er.  Scliiiinck  «ier  b^^id^^n  verschlungenen  Ölzweige  vor- 
^^lieiit-:  von  ihir:  nahiii  wiirdig  das  Recht  solches  Geschenk 
zu  verleihen  seinen  Urs|»ning. 

Wi.hl  hatte  ich  also  Grund  mich  zu  freuen  und  zu 
rühm»:^n.  aber  stärker»-  «Tründe  bringen  mich  von  so  eitlem 
Tun  zurück,  ich  denke  an  den  Spruch:  Erkenne  dich  selbst: 
und  da  s»^be  ich.  dass  an  mir  nichts  Ausgezeichnetes  ist. 
was  ich  von  mir  selber  hättt*.  nein  alles  kommt  es  von 
oben,  vom  A'atiT  des  Lichts.  Him  also  glaube  ich  für  die 
mir  übertragene  Khre  Dank  abstatten  zu  müssen,  denn 
nichts  hieltt^n  die  Alten  für  notwendiger,  als  dass  man 
sich  dankbar  erweise.-  Folgt  eine  Geschichte  von  einem 
fn'igtdassenen  athenischen  Sklaven,  der  wegen  Undanks  von 
seinem  Herrn  wieder  verknechtet  wird.) 


Johamies  He^^nlin  aus  Steia. 


119 


^ Wen  11  ich  alßo  memem  eigenen  Sinne  folgen  durfte, 
würde  ich  jet^zt  vor  allem  dem  zu  dank*^n  versuchen*  durch 
dessen  Barmherzigkeit  ich  dies  Geschenk  und  alle  irdischen 
'  Güter  erhalten  habe. 

Aber  da  der  Väter  Autorität  mich  zwingt,  diese  Pflicht 
ÄU  anderer  Zeit  zu  erfüllen,  so  fuhren  mich  höhere  Crriinde 
XMT  Lobpreisung  der  theologischen  Wöiaheit  zurück. 

Um  dieser  Obliegenheit  schnei  1  und  mit  kurzen  Worten 
Bachzukommen  (denn  länger  schon  als  ich  vorhatte,  habe 
ich  geredet),  nehme  icli  jenen  von  mir  schon  oft  bi^han- 
delt^n  Text  aus  dem  Psalm  20  wieder  anf:  ,,Herr  du  hast 
auf  sein  Haupt  eine  Krone  von  Edelstein  gesetzt^. ^)  Heyn- 
liß  eilt  nun  zum  Schlüsse:  ich  wünschte  beredt  genug  zu 
Bein,  sagt  er.  um  jene  g('>ttHche  Wissenschaft,  di*^  wir  mit 
griechischem  Worte  dit*  Theologie  nennen,  iiirer  Majestät 
entsprechend  würdig  zu  preisen.  Aber  so  erhaben  ist  sie, 
dass  wohl  nienianJ  genügend  gebildet  ist  (ita  optimanim 
artium  studio  pra^ditus),  um  dies  in  geziemender  Weise 
zu  tun,  und  ich  bitte  euch,  mir  zu  verzeihen,  wenn  ichs 
wt^niger  gut  vollbringe  als  die  Sache  es  erfordert-'' 

He\Tilin  vergleicht  nunmehr  die  Theologie  mit  seiner 
Krone  von  Edelstein.  An  Glanz  und  Schimmt^r,  an  Kost- 
barkeit und  Wert,  an  Schönheit  und  Ansehnlichkeit,  end- 
lich an  geheimen  Kräften  zeigt  er  die  Theologie  den  Edel- 
steinen bedeutend  überlegen.  Und  womit  sich  endlich  kein 
Edelstein  auch  nur  vergleichen  mag:  ^Sie  verspriclit  ihren  Be- 
kennem  iprofessuribus)  die  Unsterblichkeit  und  das  Himmel- 
reich, wie  geschrieben  stobt  Weisheit  K  (Vers  23)  ^Liebet 
die  Weisheit,  auf  dass  ihr  ewiglich  herrsehet."  Was  auch 
uns  gewähren  möge  die  ewige  Weisheit.  Jesus,  Gottes  Soliny 
gebenedeiet  in  Ewigkeit.  Amen.^  So  schltesst  diese  ^Aii- 
lica^.  ein  merkwäirdiges  Gemisch  von  Stolz  luid  Demut^ 
von  fliessender  und  ungeschickter  Ausdrucksweise,  von  alt^ 
hergebrachtem  scholastischem  Brauch  und  klassischen  Re- 
miniszenzen.  Wie  glatt  läuft  z.  B.,  liest  man  das  lateinische 


')  Der  jc.  B,  sdueo  Vorlesungen  über  die  Scüteuzen  2a  Grtiiide  Jag. 
Hierauf  und  auf  den  Ruhm,  deti  Heynliu  seineo  Badcnscrn  bringt,  spieUe 
G.  de  Castroforti  in  der  oben  S.  112  und   116  A.  1   genannten  Frage  an. 


'  'r.^jLJi.  IT.  JLZZiJz^  ii-i-  2-i-.  nri  wie  ist  dagegen  der 
Vr7i:'-r:.-  i-rr  £:-£:. ?:^:z-T  ^r:  i-r  Th-e^-^iogie  schwerfällig 
'zi.i  -i.  i-i.  HüT^i.  i.-rte:^-r2:^-;_  ^'ie  Tinge^rohnt  mochte 
:r.  irr  £:--  3is.-;is>-  •  "t.  —  *^:-:  Jihrhmiderteii  die  Pro- 
11  ::  iri.  :-i-r  rins-r  I-.iTrr^  irr  TLe«?iogie  stattfanden. 
'.:-  •Tr->:i::*i.:r  t.-_  i-i_  itl-m^iiri.  Bürger  nnd  seinem 
'":^i"T:-  -n:  i.-n  c-r  "-rr  iTr-s-iine  V^rzleich  klingen,  den 
Hr-.-iJi-  r=-->.lri.  -.:i  h^I.tt  imi  irz:  herrlichen  lorbeor- 
j-kr ;:.:--  Pt-ÜtS  utIT.  Ii.  i-r:  7j:.  ein  etwas  kühner 
V-r::l-.:J_  A':eT  -:  zii^  ?.:_  .:ir:i  ir-  Lohen  Begriff,  den 
Hrv^üiL  -r  r.  se::--:  l-t^-h  '-V'—ie  Lärre.  und  den  freudigen 
S  i-^r-.i^  >r::.Tr  r--r:-  ■ri:j.:l--lii^rn  liLs.rrrr..  Vor  allem  eins: 
z.:  •-'?•:  -ii:  ':-i:i.i:.:>::>:l..     Vi:  lirrirJ  lehren  wir  jetzt  be- 

H-;-:.".:'   -^j.'    ■...  z-i-.Lr^'z  ?i::".:>::h  Tind  er  war  »^iii 

j-  Tl.— -:   7:.-  '.  iTr      A"-:r    -?  --ir:-    ein  wesentlicher  Zug 

. .     •-  ^  T :_  3 1. 1 V  :-:.".  r  1     t.-  ".".-  ^ : .  t.- :r    - : .;  ht  hinzuset zen :  er 

-.:.:    ii  1  ---1.     -..r- -.^-rr:- r    H"iii:.:>':,     r»ei:e:e    sich   dieser 

Z:^    LI-    -  -1- '..      >'..-:    -  —  il:.:-::.    >*:iLrif:en    -und  Reden  in 

.1.1. r:  ^'-.z  '-'■-    M..>>-    :.■-        >      '.r.'z  er   jerzi  mit  voller 

}1    ::.■■'.'    .    rr    t        --i.   ".':."■  r::-. "..z:-:..    z*^    -iein    er   den 

-:--         -T  ■  j-  •:-:.    j-i.^s:.    .-.  ^    r:  ..i^vr-.r:.    eingeleitet  um! 

.1   ^-1  -  :.-  :_    1.  ::   s    1:1:   r"rv:ii  ir  'VTilhelm  Fichet   in- 

••■'-.  j:    _:---"-    : :.:    ".'..'.    "   -  ::.a:-    -^vrii::  j-ijh  iiiohi  als  »las 

-.— V   ."---    >         ..."    V.  1-    :>  i:'.A:.ivni>:e  s--ines  Leb'^n-' 

_-.:.: -1    •..  r:     \r7  Z  .''\     '.:    '■>  i>   .'^.5  u<:i>  in  Paris.- 

:.-.■-:■.■;:.?.:  >-  i_.i  i-««  Hi"-  :  z:  J>iri  :--r  :=  Pari»  ien 
."  .'j-  ?.:.-  ■■'..:-::  :.:  ;:  a  I-.--.  :;-  >"  *;»-.#  3>  '.^^^vm^fj?««  j.bkiif: 
.    .    :  _r    A    '.":::        .      •.•■.     ^:    :::•::      .-^    t^i  y.-'r:   l'-.  ^ .  «rbr.  Bcmodli. 

■■■-.'-.■. l:     t  ..;  -        '           :      ^        7  :f"    -     -    V;rr*i.-br:i   ier  Arkr- 

.jt-       :::?T     .  I::    --?-   }    .-  r  r.-.-r   ^-.r.    :*    ^.  klrrir  ;—    Text.  >chr  a-r 

.:■    .:■:  1.  ;-    :  1  ■-::?..:     H  r".     T j    f.         :■..   A -iT _^  i:is  «:zcs  irülie?t2 

'       -    .    .  1  •'_■  - :  .  r :  :  - .  r  :  ■  ^  L  -          ..->!_-:.     :  _-  ir:   .  ■» .-  Pii.l:  r e  srlirc:'* 

:■     :     -.         :.  ._^   :_.             .>":_..:    :-:  i.;    z'.zt  re-isvirlt   «  pJ^^if 

.-..:■  -.-.■:?--_.::.:    -    r:_. -.-;..!   :.^:     :-.:::       ::i'.z     z.-.z.-i   "C^r-cräici:  ^?«  «^^ 

.  ■   :r    1  ::    j;  .:        i  .  1.-.     !  :  ,;    :  —  -       .\_i    :r.r  ».ri  ::;S;z  Miiie::  b«.  »i^ 

.  :*     Ar   ^.--.L   -.    -    '  _■    :i     "*    >. .:.  :?*c   -"i  riehst   i>..2     rc  *:<rtcl;* 


JohaDties  He>iilin  aus  Stein. 


121 


Wie  früh  oder  spat  er  auch  den  ersten  Gedankeii  zii 
dsem  Vorhaben  gefasst  haben  niag^^)  es  keimte  in  Heynlin 
är  Plan,  an  der  grossen  Werkstatt  geistigen  Schaffens,  in 
^riB,  ilas  ija  vorzugsweise  seine  alma  mater  geworden  wai% 
le  Druckpresse  einzurichten.  Niemand  wusste  ja  besser 
ie  er  —  davon  zeugt  seine  her^^orragende  Bibliothek  — , 
dlche  Vorteile    das    neue    Vervielfältigungs-Verfahren    fiir 

len  strebenden  Gelehrten    bot,    und  um   wie\nel   leichter 

^ch  mit  seiner  Hilfe  jetzt  das  geistige  Rüstzeug  beschaffen 

Bßs.      Es    ist    von    vornherein    bezeichnt^nd    für    den  <Teist 

toes  Unternehmens,  dass  es  der  Humanist  AVilhelm  Fichet 

ir,  dem  er  seine  Ideen  mitteilte  und  mit  deyi  zusammen 

sich  im  Jahre  1469  an  ihre  Ausführung  machte*  Fichet, 
ar  sofort  erkannte*  was  ihm  eine  selbst  geleitete  Druckerei 
öi  seinen  literarischen  Bestrebungen  für  Dienste  leisten 
»nute,  ging  freudig  auf  den  Plan  ein.  Da  er  die  Unter- 
rötzung  mächtiger  Gönner,  daninter  besonders  des  Bischofs 
>n  AutuUj  Jean  Rolin,  genoss,  war  er  ii  vielleicht  besser  ais 


sichtigeu.  VcrgL  auch  Ehwald  in  Zeitschrift  fiir  Bücherfreunde  IV,  129 — 140 
(1900).  Abdrücke  der  Vorreden  zu  den  von  Fichet  und  HevDlin  herausge. 
gebeneu  Büchern  bei  Cl.  Press.  71—87  und  in  Facsimilcs  bei  Cbamp.  (1904) 
einigen  Punkten  konnten  wir  CUiudins  Darstellung  berichtigen» 
^)  Diiss  er  und  nicht  Fichet  den  ersten  Ged^nkcu  htilte»  ist  jetzt  allge- 
ein  anerkannt.  S.  Madd.  149  und  16a,  Phil,  Impr,  24 — 27,  237  usw., 
Press.  2;  CL  Orig.  8  und  14;  Chanip.  9.  Sie  alle  schreibe«  auf  Grund 
pn  Fichcts  eigenen  Äusserungen  Hcynlin  die  Initiative  zu.  Ehwald  jedoch, 
zwar  Heynlin  das  Verdienst  reserviert,  den  Buchdruck  in  Paris  eingeführt 
haben^  steht  gleichwohf  in  Fichet  „den  geistigen  Urheber  jeuer  grossen 
tat",  weil  er  der  Erwecker  des  Hinuanismus  in  Frankreich  gewesen  sei. 
(S.  134.)  Letzteres  ist  richtig.  Aber  wenn  ich  eine  geistige  Bewegung  fördere 
oder  ins  Leben  rufe  und  mein  Frcuud  macht  mich  auf  ein  ausgezeichnetes 
Mittel  aufmerksam,  um  diese  Bewegung  auszubreiten,  so  ist  mein  Freund  der 
Urheber  des  Gedankens^  dieses  Mittel  anzuweuden,  nicht  ich.  Freilich»  dass 
ans  der  ersten  Pariser  Presse  lauter  humanistische  Bücher  hervorgingen,  ist 
sicherlich  Frchets  Einfluss  zu  verdanken;  Hcynbu  allein  hätte  vielleicht  auch 
ein  paar  Kirchenväter  erscheinen  lassen»  wie  '»päter  in  Basel,  Aber  mit  dem 
Gedanken  an  die  Einführung  des  Bachdrucks  selbst  bat  das  nichts  mehr  in 
tun.  Fichet  schreibt  in  der  V^orrede  zum  ersten  Buch  an  Hcj'nliu :  „At  vero 
roaxime  laetor  hanc  pcstcm  (d.  h.  der  barbarische  Zustand  der  Teile)  tua 
proridentkt  tandcm  eliminari  procul  a  parisiorum  lutetia.  Et  euim  quos  ad 
hanc  urbem  e  tua  qcrmanfa  librarios  aseivhti  quam  emcndatos  libros  ad 
e^empbria  reddunt"  etc,  .  ,  ,     (Champ.  No.  2.) 


122  Max  Hosßfeld. 

He\Ti]iii)  in  der  Lage,  die  finanziellen  Grundlagen  des  Unter- 
nehmens zu  sichern.^)  So  hatte  man  nicht  nötig,  an  hohe 
und  höchste  Stellen  nm  Unterstützung  einzukommen:  das 
Untenielunen  blieb  ein  rein  privates,  und  niemand  anders 
als  die,  die  es  ausfülirt<^n,  hatten  über  die  Wahl  der  Bücher 
zu  bestimmen.-)  Es  konnte  den  beiden  Männern  auch  nnr 
emiinscht  sein,  wenn  ihr  ganzes  Vorhaben  so  lange  geheim 
blieb,  bis  alles  gut  im  Gange  war;  hatte  man  doch  im 
Jahre  1462.  als  die  ersten  deutschen  Drucker  nach  Paris 
kamen,  um  ihre  Bücher  zu  verkaufen,  die  schlimmsten  Er- 
fahrungen mit  den  Abschreibern  imd  .Illuminatoren"  der 
Handschriften  g^^macht.  die  um  ihr  Brot  zu  kommen  fürch- 
teten und  daher  Joh.  Fust.  der  selbst,  seine  zweibändige 
Foliobibel  zum  Verkauf  nach  Parias  bracht«,  einen  Prozess 
angehängt  hatten.  Fust  sah  sich  damals  gezwungen,  zu 
fliehen,  und  es  ist  wohl  zum  Teil  dieser  üblen  Aufnahme 
durch  die  mächtige  Zunft  der  librarii  und  stationarii  zuzu- 
^rhn-iben.  dass  überhaupt  von^rst  niemand  gewagt  hatte,  in 
Frankreichs  Hauptstadt  eine  Druckerei  einzurichten.*)  Unsere 
fv-iderj  (gelehrten  konnten  dies  mm  um  so  eher  unternehm»*!). 
al*  f'<  ihnen  gar  nicht  um  Geldverdienst  zu  tun  war.  sondi^ni 
■-«üblich  um  ideale  Ziele.  Denn  die  Bücher,  die  sie  drucken 
.,*-T-'-n.  waren  nicht  und  konnten  ihres  Inhaltes  wegen  nicht 
h  A  eiüeii  Massenverkauf  berechnet  sein.  Sie  spekulierten 
r.-'i^-r  auf  die  geistigen  Bedürfnisse  der  grossen  Meng»*. 
•  ';:  a"i  den  Zeitgeschmack  der  gebildeten  Welt,  sie  warer. 
•; '  ^r  dazu  bestimmt,  auf  den  Geschmack  der  Zeit  ersi 
.•  :•  %^-<<t'V\A  und  läuternd  einzuwirken:  sie  sollten  dazu 
■.:■;..   Ml-.',  umzubilden.     AVas  Ficliet  und  He\'nlin  wollten. 

'■   T.^'-.r.'.   r«.heint   Heynlin  persönlich  vermöjyender  als  sein  Freund ge- 
.  •  ■'      /  .     ';.:.       Dcr.ij  «iie^er  wurde  in  der  Sorbonne  durch  eine  Börse  unter« 
.  /       .•'■.  .     V -.'':.,  2*>  '  ,    wahrend    Heynlin    eine   solche   zahlte    (siebe  obeo 
A  I-i    J'.r  S"ri>'Hine  aSer  waren  es  die  ..Paaperi  magistri*',  welckc 

•'.'*':..    M.'i    die.    die  sie  zahlten,   waren  die  Wohlhabenden,    »ör^. 
■',:.•:    hab>en  wir  manche  Beweise  dafür,   dass  Heynlin  nick* 
■      ,,  . -r.    .;.-:   ':r  hatte  besonders  tlir  Bücher  stets  eine  offene  HirJ 

:■  .t    r  r.'hct    hatte  dafür   gute  Verbindangen   mit    hochgestellte" 

■  .••.  .     '...  '.»r:;;.  53   und   25  A.  r». 
.•'":   .    r.  Orig.  2-'  5^- 
;:..:'.   Im:.r.  30:   Krank!.  107. 


Jobauocs  HeynVin  au&  Stein. 


1^3 


Idaa  war.  durch  die  A^erbreituog  sorgfUltig  hergestvellter  Text« 
rrciTi  klassischen  Autoren  oder  buomn istischen  Werken  den 
I  Bland  dt?r  latcinischon  BiMnng  in  Paris  z\\  heben  und  die 
LLiebe  ssam  Studium  de^s  Altertums,  wie  die  Fälligkeit,  sich 
Ku  dessen  Sprache  gewandt  und  fein  außxudrücken,  in  den 
llCrffisen  der  Gebildeten  und  insbesondere  unter  der  stu- 
I  dierenden  Jugend  zu  befördern.  Es  ist.  so  lange  die  beiden 
I  Männer  die  Hand  über  dieser  ersten  Pariser  Presse  hielten^ 
iJcein  Bnch  aus  ihr  hervorgegangen*  das  diesem  schönen 
I Programm  nicht  entsprochen  hätte^  und  es  gereicht  ihnen 
[beiden  zur  Ehre  und  zum  bleibenden  Rahm,  dass  nicht 
Ijeiie  Vortieile  der  neuen  Kunst  sie  reizten,  die  ihrem  eigenen 
[Nutzen  hätten  dienen  können,  sondern  dass  ihr  Geist  die 
I ergriff,  die  allen  zugute  kommen  konnten.  Sie  haben  nicht 
Idie  Bereicherung  ihrer  Taschen  angestrebt,  srmdern  die 
Kder  edlen  Geister  dieser  Stadt*^»  w^e  Fichet  sich  einmal 
I  ausdrückt. 

I  In  ihrer  eigenen  Wohnung,  in  den  Gebäuden  der  Sor- 

ilionne  richteten  sie  die  neue  Druckerei  ein;  zu  Anbmg  mag 
[in  der  Stadt  niemand  etwas  davon  gewusst  haben.  In  der 
I  Sorbonne  selbst  w«»rden  «le  kaum  auf  Schwierigkeit/en  ge- 
ist-os^en  sein»  übrigens  warHejTdin  ja  1470—71  Prior,  Fichet 
I  gleichzeitig  Bibliothekar. ')  (Er  war  es  schon  14^>9  gewesen 
[und  hatte  sich  vit^lleicht  absichtlich  sein  Amt^  das  von 
irpcbtswegen  nur  ein  Jahr  datierte,  verlängern  lassen.} '•  Am 
iTage^  wo  sein  Priorat  endigte,  wurzle  Heynlin  dann  FicheU 
|Amti*nachfolger,'*)  so  dass  von  1469  bis  1472  die  wichtigsten 
^kälter  der  Sorbonne  in  ihren  Händen  waren.  Als  Heynlin 
|p  25.  M4rz  1472    sein    Amt   als    Bibliothekar    niederlegte^ 

war»5n  fast  sämtliche  Werke»  die  beide  Männer  ediert  haben, 
—    Gegen    l4*iH    müssen    sie    die    Erlaubnis    der 

:      ^  1  d't  zur  Einrichtung  der  Druckerei  in  ihr<L*ii  Gebäu- 

lliehkeiten  erhalten  haben.*) 

[  He\Tilin   als  dem  Detitacheu,    der  die  neue  Kunsr  und 

MJUß  Heister  kannte*  fiel  die  Aufgabe  zu*  aus  seiner  Heimat 

^B    ^  Sidie  6ben  S.  105. 

^H^  */  Q.  Orig«  9,  Phil.  Xuipr.  ji.  j 

^^■KFrsnk.  S.  S&  and  201, 


124 


Max  Hossfeld. 


Buclidiiickar  zu  bestellen.  Auf  seinen  Ruf  kamen  ana  Basel 
die  ^drei  aleniaanischen  Brüder'*^  Michel  Friliurger  aus 
Kolmar,  Ulrich  Gering  ans  Konstanz  und  Martin  Kranz,  in 
dem  man  einen  Landsmann  Heynlins  erblicken  wrill.  Fri- 
burger  war  ein  studierter  Mann^  die  beiden  andei-en  scheinen 
einfache  Arbeiter  gewesen  zii  sein,  die  die  Lettern  giessen 
und  die  Ma^jchiiie  handhaben  sollten.*/  Friburger  ist  14*>1 
in  Ba^el  baccalarius^  1463  magister  art^  geworden  und  hat 
Heynlin  im  Jahre  1464  hier  kennen  gelernt;  offenbar  wur 
er  damals  schon  in  einer  Druckerei  tätig,  ^^  In  Paris  erinnerte 
sich  Hejrnlin  seiner,  schrieb  ihm,  und  Friburger  brachte 
dann  die  beiden  anderen  mit. 

Während  die  Handwerker  ihre  Presse  und  alles  zun» 
Drucken  nötige  Material  herstellten,  waren  die  beiden  Ge- 
lehrten beschäftigt,  die  Texte  druckfertig  zu  machen«  von 
deren  Verbreitung  sie  die  Fördening  ihrer  literarischen  Be- 
strebungen erhofften.  Die  beiden  ersten  Bücher,  die  er- 
schienen, hat.  wie  Flehet  selber  angibt,  Heynlin  allein 
besorgt.*)  Dennoch  spricht  die  Wahrscheinlichkeit  dafui\ 
dass  Flehet  es  war^  der  <lie  beiden  Werke  auswählte.  Unil 
das  gilt  überhaupt  für  alle  Erzeugnisse  dieser  ersten  Pariser 
Dnickerei»  Um  es  kurz  zu  sagen,  w^ar  es  nach  unserer 
Meinung  vor  allem  Heynlin.  der  dafür  wirkte*  dass  gedruckt 
wurde,  und  es  war  vor  allem  Fichet^  der  angab,  «tö* 
druckt  werden  sollte.  (Zuweilen  tat  es  auch  Heynli| 
Überdies  hat  Heynlin  die  Mehi-zahl  der  herauszugebende 
Texte  nach  den  Manuskripten  durchgesehen  und  korrigie 
hat  die  sachgemässen  Einteihxngen  in  Abschnitte  und 
pitel  vorgenommen,  Überschriften  imd  alphabetische  Regia 
hergestellt  nnd  dergleichen  mehr.  Er  ist  der  eigen tlic 
Herausgeber,  Fichet  der  geistige  Leiter  bei  dem  Unt 
nehm»ni,  (.Terade  die  literarischen  Ziele  nämlich,  die  diese 
seinen  Charakter  verliehen,  müssen  wir  in  erster  Linie 
Fichet  suchen,  denn  wenn  man  das  gesamte  Lebenswei 
der  beiden  Männer  in  Betracht  zieht,  so  ei^scheint  der  Fr 


*)  Sq  Cl.  Orig.  lo.      Gering  ist   nicht   identisch   mit    dem    Basler 
dentcn  ähnüchcü  Namens,  der  aus  Beromünster  war, 
*)  Cl.  Orig.  9.  —  Siehe  oben  S,  90. 
>)  CU  Press.  73. 


Jobatines  Hcynliti  aus  Stein. 


1^5 


rini  eminenten  Sinne  als  Humanist,   der  Deutsche  erst 
zweiter  Linie,   Und  tla  gerade  hier  zur  Zeit  seiner  engsten 
?rbiiidnrig  mit  Fichet  der  Huinanismus  sich  bei  ihm  starker 
^merkbar  macht  als  früher  und  auch  als  später,  ao  war  f^s 
^wiHs  der  Freund j  der  ihn  in  diesem  Sinne  beeinflusst  hat. 
&ynlin  selbst  erkennt  das  an,  wenn  er  einmal  von  Fichet 
t:   .quem  mihi  semper  ad  optima  quae<|ue  dncem  auc- 
remque  proposiii^,    (Brief  an  Fichet.)*)     Von  besonderem 
fertoi  für  die  Erkenntnis   des  Verhältnisses   zwischen   den 
^iden   Freunden')    sind    die  Vorreden   zu  ihren  Ausgaben, 
sie    auch   Heyn  lins  Tätigkeit    im   Einzelnen   vorführen 
und  überhaupt  ein  lebendiges  und  scliönos  Zeugnis  für  den 
»ist  des  Unternehmens  ablegen^  führen  wir  im  Folgenden 
hierher  gehörigen  SteUen  in  freier  Wiedergabe  an  und 
jlhen  mm  zur  Aufzählung  der  einzelnen  Bücher  über.*) 
1,  Im  September  oder  Oktober  1470*^  erschien  das  erste 

*J  a.  Press.  82. 

Mir  scheint  Claudins  Ausdruck  nicht  glücklich:  „c*esl  lui  (Fichet)  qui 

ndc,    nieme  a  son  ami  Ja  Pierre,'*    (HcyDÜn  de  Lapide,^    CK  Orig,   j^3* 

den  Briefen  der  beiden  geht  rwar  hervor»    das»  Heynlin    die  Überlegen- 

»eines  Freundes   ;iuf  humanistischem  Gebiet  gern  und  willig   anerkennt 

von  Befehlen  und  Gehorchen  kann  matt  xwischen  den   beiden  Freunden 

(lieh    nicht   sprechen.     Wenn    Fichet   HcjtiUu    brieflich    bittet,   als   nächste 

abe    ein  Werk    Ciccros    drucken    lu    b&sen   (siehe  uut.  S.   133),   so  ani* 

dieser   twsa:    „mo%   aggrcdiar,   quod    litteris  tuis  hihes**,    aber  Fichet 

«t    nagt    nicht   inbeo,    sondern    „nequaquam   subvercor   uc   forte  ncges  te 

anim  <)uod  pro  miiltorum  dtgnitate  tuaque  glona  per  epistolam  iffiagfito, 

ittd  ja  nur  h5f1»che  Wendunf^en.     Heynlin  selbst  fugte  aus  eigener 

mmetibeii  dem  voit  Fichet  angegebenen  Werke    noch    vier  andere 

iten  Ciceros  hinzu  und  licss   alle   fünf  xusafiiaicn  drucken.    {Siehe  unten 

U56«)       Claudio    scheint    bei    dem    Ausdruck    Commander    besonder«    ein 

Fichet«  vorgeschwebt  m  haben,  dorch  da«  dieser  He)iiUii  beaitAragt 

s<itt.    einem    dritten    Freunde    (Gaguin)    das    Exemplar    eines    fertigen 

ekt»  XU  iiberbrtngen,  ;)ber  unseres  Erachtens  hat  C,  das  Wort  Janas,  daa 

atin  bezeichnen  soll,  missver^tanden ;  siehe  unt<  S.  12S  A.  6. 

*)   Wir  schliessen  uns  Claudins  Reihenfolge  an.    (Orig.  56). 

*)  X>lltin   mochte    ich    Claudins    Angabe   („frühestens  Juli   oder  Aognst 

'*\   einengen.      Das    Datum    ist    nicht   überliefert,    latst    sich    aber    aus 

Briefe  Fichet«   an   Heynlin   crschliessen»   der  dem   Druck  als  Vorred« 

at,     Fichet  bezeichnet  in  der  Grussformel  sich  selbst  als  Doktor 

e,  Heynlin  als  Prior  und  loln  dann  dessen  Tätigkeit  all  solcher 

den  Worten:  cum  lande  et  gloria  sorbonico  certatnlni  dux  praefuisii.    Die 

Ute  Ijeitung   der  Disputationen  an   der  Sorbonne  wird  hier   also 


126  Max  Hossfeld. 

Buch,  die  Briefe  des  Oasparino  Barzizi  aus  Bergamo^  ^per 
Johannem  Lapidaniun  Sorboneiisis  scliolae  priorem  moltis 
\'igiliis  ex  corrapto  mtegrum  effectum,  ingeniosa  arte  im- 
pressoria  in  luceni  redactum^-.  ^)  also  eine  Ausgabe  Hejiilins.*) 
Er  hatte,  um  einen  gereinigten  Text  herzustellen,  denn 
durch  die  Flüchtigkeit  und  Unwissenheit  der  Abschreiber 
war  er  stark  verdorben  worden,  möglichst  viele  Exemplare 
zusammengebracht,  sie  verglichen  und  die  Fehler  verbessert 
Den  geläuterten  Text')  legte  er  den  Buchdnickem  vor,  und 

als  etwas  Zurückliegendes  bezeichnet.  Claudin  schloss  hieraus  mit  Recht, 
dass  seit  der  Übernahme  des  Priorats  am  25.  März  1470  einige  Zeit  \-cr- 
llossen  sein  müsste,  bis  Fichet  so  sprechen  konnte  und  setzt  deshalb  dis 
Erscheinen  des  ersten  Druckes  auf  den  Juli  oder  August  des  Jahres  (Press.  4, 
C)rig.  14).  Man  rauss  aber  noch  weitergehen.  C.  übersah,  dass  die  Leitung 
<lei-  Disputationen  dem  Prior  nicht  während  des  ganzen  Jahres,  sondern  nur 
während  der  Zeit  vom  29.  Juni  bis  zum  S.September  oblag.  Den  Rest  des 
Jahres  besorgte  ein  zu  seiner  Entlastung  bestimmter  ,,magister  studentium.*' 
((Jp'.  40,  Thur.  131.)  Wenn  Fichet  also  sagt,  certamini  Sorben ico  dux  pra^ 
fuisti,  so  nuiss  sein  Brief  nach  dem  8.  September  oder  doch  wenigstens  gesen 
Ende  der  Periode,  in  der  Heynlin  den  Vorsitz  hatte,  geschrieben  und  gedntdct 
hi:in.  Bedenkt  man  endlich,  dass  der  nächste  Druck  erst  wieder  vom  i.  Januar 
(1471)  datiert  ist,  und  dass  die  nunmehr  erscheinenden  Bücher  sich  in  Ab- 
stünden von  I  bis  2  Monaten  folgen,  so  gewinnt  unsere  Annahme  nur  ao 
Wahrscheinlichkeit.  —  Beiläufig  bemerkt  ist  Claudius  Beweisführung  für  das 
fahr  1470  (denn  der  erste  Druck  ist  auch  ohne  Jahresangabe)  nicht  stichhaltig. 
(<.l,  <»rik'.  '4-)  ^-^  argumentiert,  ebenso  wie  Madd.  S.  153 — 4  folgcnderraasseo: 
\'u\u'\  wird  als  Doktor  der  Theologie,  Heynlin  als  Prior  der  Sorbonne  b^ 
/v.u\iU('.X.  Nun  war  Heynlin  14O7  und  1470  Prior,  da  Fichet  aber  14(17  nocb 
fiuht  Doktor  war  (er  wurde  es  7.  April  1408,  Phil.  Fich.  31),  so  könne  nur 
1470  ifi  Betracht  kommen.  —  Es  ist  aber,  wie  S.  100  und  S.92  gezeigt  wurde, 
ii/ifi'btig,  dass  Heynlin  schon  1407  Prior  gewesen  sein  soll,  er  war  es  vid- 
ii,i.\it  nrhi  seit  dem  25.  März  i4<vS.  Somit  ist  zwar  das  Jahr  1407,  nicht 
jfi'f  i4'/>5  ausgeschlossen  und  es  könnte  Fichets  Brief  sehr  wohl  zwischen 
iXrti,  7.  April  1468  und  dem  25.  März  140Q  ^wo  He\-nlins  Priorat  aWief) 
yft^.ct  Un*:UfM  sein.  Aus  einem  andern  Grunde  aber  müssen  wir  Claudios  Re- 
rf.iFii  /ukfiffimen:  wir  wissen  ja,  dass  Honlin  sich  im  Jahre  1408  von  sein«" 
/* /'Jli'.litijrigr»  als  Leiter  der  Disputationen  an  der  Sorbonne  befreien  licss. 
.',i,..i  k'Wjii*tn  Fichets  Worte  dux  praefuisii  etc,  nicht  auf  1408  berogen 
..'/'!•».,  ij/.d  1470  bleibt  nach  wie  vor  das  Jahr  des  Erscheinens  des  ersten 
i'.fn»'f   bf'ukt».  I 

*,   ;;i/h    Ma4d.    157    hat   He>-i:::a   ias   BuA   auch   aasgcvählt.     Es  iÄ 
..  ,f,2^.f»*  'rjft^  'td;tio  princeps.  Phil.  Issrr.  71. 

*)  f/M  Mauoskript,  das  aU  Voru^  diecte,  j^ebone  Heynlin.    O.  Hist 


JobsiiitTes  Keynlifi  iitis  Stcio» 


127 


m  überwachte  er  auch  selbst  den  Druck.  (An  Flehet 
man  hierbei  schon  danun  nicht  denken,  weil  er  nicJit 
ch  »pnich.)  Seinem  Freunde  schickte  er  die  Pi'obe- 
j«  ziu  cUmit  er  die  Freude  üV>er  das  Gelingen  dea 
I  Werkes  teilen  und  wnhl  auch  es  noch  einmal  seiner 
ondigen  Durchsicht  unterwerfen  sollte.  Fichet  an 
}iv  mit  i>int'm  Brief,  dnr  ein  schönes  Zeugnis  für  Heynlins 
uüdliche  Sorgfalt  und  für  seine  und  seines  Freundes 
Ziele  ablegt  Er  rülimt  den  Fleisa,  den  Hejnlin  der 
rergleichungund'Verbesserung  gewidmet,  den  sauberen 
zierlichen  Dmck»  den  er  mit  seinen  aus  Deutschland 
igenifeneu  Druckern  tax  Stande  gebracht  hat  »HeynJin 
die  klaren  lateinischen  Typen  zweier  14(>8  und  1409 
)m  gednickt-er  Ausgaben^  die  er  besass.  gewählt,  nicht 
fon  (-Jutenberg   um!    den   deutschen   Dnickeru   vei'wvn- 

gotischen;*)  or  versichert  ihn   des  Dankes  der  edlen 

;©r  der  Stadt  Paris,  die  die  Barbarei  verabscheuen  und 

lilchreiiiü  Quelle   der  Beredsamkeit,   die  süsser  ist  als 

;,    alle    Tage    begieriger    kosten.      Deine    Behausung^ 

ibb  or,  ra^cht^  ich  ohne  alle  Liobedienerei,   wie  Plato 

von  AriMtot«?les  sagte,  den  Sitz  eines  höchst  streb- 
i  Gelehrten  nennen.  Du  studierst  nicht  nur  floissig 
a  h«»iligim  Schriften,  was  ja  deines  Anfites  ist*  sondern 
»*nrend0ßt  auch  hervorragenden  Eifer  auf  die  Wieder- 
linng  der  lateinischen  Schriftsteller,  du  bringst  dur*ch 
sn  Fleiss  Licht  in  die  lateinische  Literatur,  die  unseres 
iltera  Unkenntnia  mit  Finsternis  uiuhülh  hatte.  Welch 
'1  lii'U  hatten  ihr  iloch  z,  B.  di«^  Fehh*r  der 
:      li^'nl     Du   aber  verjagst   endlich   dies  Üti- 

weit  aaa  unserer  Lutetia  Parisiomm!^! 

V»nn  nuitj  bedenkt,   dass   noch    im   zweiten  .Jahrzt^hut 
6.  Jakrhunderts  in   Deutschland   nur  sehr  wenig  sorg- 


Ich  £lAube  ittd&t«    dji&s   He^'ntin   die  .inli(|Uii  nur  d^um  wiibflc,    weil 

Ik wachen  Au||>en  tte  i>es»er  lesen  kannieii,  wie  man  immer  behaupte! ; 

war   aüdi   die  VorliclM!  dc§  Htimaiitsten    für   die  alte  romtiche  Schrift 

|icl*      Seine    eig^eoe    Hand^chriA,    soweit   sie   ZtersrhriH    i«t    und    nicht 

Kttn&ive^  iftt   ui^.  Humanintcn&chTift   und  {t   B.  in  Di^p.)   iDtcbt  von 

MaAchsichriftei)  £U  untencbeidui« 

-    '1   Vrt%.i   :t. 


128  Max  Hoiifeld. 

f  alt  ig  geprüft**  und  gut  korrigierte  Texte  von  Klassikern 
ge<lruckt  wurden.'  so  muss  man  das  Lob,  das  Fichet  hier 
Keinem  gewissenhaften  Freunde  so  begeistert  spendet.  all»»r- 
diugs  in  vollem  Masse  billigen. 

2.  Das  zweite  Buch  liess  nicht  lange  auf  sich  warten. 
Es  war  die  Orthngraphia  desselben  Verfassers.  Gasparinus 
liergamensis.*  Nach  Fichets  Zeugnis  war  wieder  Heynlin 
der  Herausgeber.*  Als  Beigaben  fügte  er  Guarinos  Traktat 
über  die  Diphthonge  imd  eine  selbstverfasste  in  Dialogform 
p»sohriebene  kurze  Anleitung  zur  richtigen  InterptinktioD 
hinzu.*  Fichet  steuene  in  Form  eines  Briefes  an  Bobert 
(laguin*  die  Vorrede  bei.  einen  Ausruf  der  Begeisterung 
über  das  Aufl>lühen  der  .studia  humanitatis"  in  Paris  luid 
eine  Iji^bpnMsung  der  göttlichen  Erfindung  jenes  Bonemon- 
tanns.  die  so  gewaltig  dazu  beitrage.  •? 

M  KrhAui.  G»vh:cb:e  d^  Wi^eraufblühens  wiss.  Bildung  in,  268. 

^\  Nicht  Hcyr.'ir.*  *e*.b*:.  wie  es  in  der  Grande  £nc\-c1opedic  heisst. 
XVll.  40-.  <iSo;  . 

*^  \}\\\  t^iAs^wris:  rfrfÄr:.css:s  epistolas  impresserunt,  quas  Joannes  Lapi- 
iiauu>  cn\nul.\\it.  ^;:v.-.  -.'...^i  «urror:«  ortkographiam,  qnam  hie  etiam  accnnte 

•>   Aut  10*.    ::■.-.  0  .   rres>.   5  u-d   50. 

'"''  iK\j:uin  rru :,:*::-  :..  Verft-.  .i:e  dem  Druck  gleichfalls  beigegebea 
\\ui.\rn.  Vi  \»,\i  c:-  Ss.'r.-'e:  ur.i  Frt-ni  Fichets,  einer  der  Pariser  Lehrer 
\o\\  Knuanu^  v.-.-.,;  c.r.  Hur.- :.:;>:.  der  ?:>.::  besonders  durch  seine  französiscl» 
^irMi\uhtr  r;ju*n  N..r..c:-.  jT; r.-.i*"r,:  hi:  S-.ehe  S.  «^8  A.  3.1  Er  war  naturli(i 
llrxnhn  wol'.l  '.'«k.iV.v.:  .-^^cr  ..  ;*.  ti-r..:»  sciac  egregia  carmina},  doch  scheinen 
vuU  vhr  's^ulo-.'.  M.-.-f:  •.- v'r:  -. ■."*?:■  ^ireter.  zu  sein;  wenigstens  kommt  in 
ti-i^Munv  ..iir.'c  vho.'  Iv  ;•:';'  Hr\T'..->  N-iT.e  r^irgcnds  ^-or.  (Siehe  Roh.  Gagoini 
1  |Mvt    ti  »M.\;  o-ov   .V.     Vr..->r.f.  Fir.s    :*Zi,  2  Bde.  Reg.) 

"  ih.v '.•♦:*  V  ::.!.'.  V-cn>.  ~:  —  "i.  Am  Schluss  steht:  Aedibus  Sor- 
l>iM».»r  i.r.'Vtv.  .-.  v.o  K  ,i- ■.■..;  >  ';.:-.:::.r.:i  d.l-calö  scriptum,  und  gleich  danmier 
tolj;rr..U-v  IVxt.V..-.  .^'..:c  -.v.tf:.  :'::::  rur.c  munera  nostra  Roberto,  l'» 
^;u»  «niiv-.N  ;.N';.\  » .;:  ,^r.v.  ..  >  ..;\.>"  l  i-d-.n  -Orig.  17,  Hist.  2')  fasst  Jane 
.»K  o:v.r  .r.v.i-.-v.f  .oh.."*:  \.:  \r,i.-7.f  lu:"  und  sieht  in  diesen  Versen  eine 
\\iiioi»;,  :..•,.;  ^   »hx:^  ./.   \'r..:-    f>  Hi.r.  .1.  di>  Buch  persönlich  Robert  Gagnin 

u  \-.l^  i.M."i:i*.-.       '.»•>.   i, ■.■    ...:.:.   ...>»  i«r  Humanist  Fichet  eine  Zusammen* 

. '.rh;-.:^  V.-...''  %  s*v.  "v"V..».-,^  ^;. ■..,.;;  "r.:..xi.  "Brürde.  Vielmehr  geht  ans  den 
.  ■,-. V.,  .  ■.-.  r  V. .. •. ■  iir  j; . . : . .  v  ..:  >;-..-.  d..»  r.-.i:  J:jiTii  die  römische  Gottheit  g^ 
-.crt  '.^t     W..:^.:  ...vr.  >.vk,":     .1  f  K-.trjdcü.  »"ie   der  Januar,   wie  «Ue 

•.'.\,V.c'.\  M.-j:c  V {..../:.-■  >.;  ^.  ;:: ..  x^-z.-  tiz.  Mann  wie  Fichet  Kalcnd» 
-.»■  ■.\i-. :>  / '.;;»;::o  >.  :*.:  i . .  >,  »-.-ir,;  -Hr.-.  der  Gedanke  an  Janus  ganz  tob 
>;'.^>;  l-.ci.u-,N.     \V,;>  ",^:    r.    .  .-.f:  *  ,r.  i-  K.Lid  der  neoen  Zeit,  als  Bricg« 


Johannet  Heynlin  aus  Stein«  ^^^1 

:l  Anfang  Februar  1471  kam  ein  Saüust  heraus,  ent- 
halt^'nd  <lie  Katilinarische  Verschwörung  und  den  Jugurthi- 
TiTschen  Krieg,  wieder  eine  editio  princeps^  gedruckt  nach 
Manuskripten,  die  Heynlin  geprüft  hat.  Auch  Fichet  scheint 
an  der  Ausgabe  beteiligt  gewesen  zu  sein,^) 

4.  Es  folgte  eine  Ausgabe  der  Epitome  des  FhrttSj  zu 
der  Robert  Graguin  4  Bisticlien  schrieb.  Sonst  keine  Spuren 
vom  Herausgeber. 

5.  Die  Walil   des   folgenden   Buches   ist  mit  Sicherheit 
Fichet  zuzus  eil  reib  eiK     Es   waren   die  Reden    des   Kardinals 
Bessarion    über    den    Kreuzzng    gegen    die    Türken.      Der 
grosse  Grieche  kam  bekanntlich  1472  nach  Frankreich,  um 
den  König  für  seine  Beoiühungen  imi  den  Frieden  in  Eu- 
ropa und  um  gemeinsames  Vorgehen   gegen  die  Tiirken  zu 
gewinnen.    Fichet,  von  denselben  Ideen  erfüllt,  knüpfte  von 
der  Sorbonne  aus*)  eine  Korrespondenz  mit  Bessarion  an, 
und  suchte  diesem  auf  alle  "Weise  die  Wege  in  Frankreich 
au    ebnen   und   für  seine  Sache    zu  wirken.     Er  plante  auf 
Anregung  des  Kardinals   eine  Verteilung  seiner  Reden   im 
grossen  Stile.     Die  neue  Dnickerei  kam  wie  geschaffen,  um 
diesem  Wunsche  Gestalt   zu   verleihen.     Heynlin ^    mit  dem 
Fichet    sein  Vorhaben    gewiss    ausgiebig    besprochen    hat, 
•  etimrat^e   freudig   zu,    und    so    wurden    bis   zum   April    auf 
Fichets   Kosten    eine    grosse    Anzahl    der    Reden    gednickt 
[(unter  ihnen  übrigens  auch  eine  demoathenische,    der  erste 
l>emosthenesdruck,  den  man  kennt).*)    Fichet  verfasste  eine 
grössere  Reihe  von  Begleitschreiben,  Hess  sie  teils  drucken, 
teils  schreiben  und  verteilte  dann  46  Exemplare  des  Bessarion 
an   alle  Höfe  Europas,   darunter  an    den   Kaiser,   den   fran- 
zösischen König  imd,  was  uns  besonders  interessiert,   den 
Markgrafen  Karl  von  Baden  und  dessen  Bruder  Georg,  den 


der  Morjjcnrotc  klassischer  Bildung  fühlte,  überhaupt  naher  als  eine  Apostrophe 
an  dcD  rückwärts  und  vorwärts  Bebauenden  GoU,  zumal  in  diesem  Moment^ 
(wo  er  die  ersten  Erseitgnisse  der  Pariser  Druckerei  mit  seinen  Wünschen 
begleitete? 

•}  Vcrgl.  Cl.  Orig.  20,  ebcDfio  Hkt»  und  Phil.  Impr.   71.     In  gewissem 
fSinuc  habcti  ja  überhaupt  stets  beide  zusammengewirkt« 

*)  R,  RochoU,  Bessarion  (1904)  S.  202. 

*|  Phil.  Impr.  102. 
Batler  Zeittchf.  f.  Gesch.  und  Altertum  VII,  1.  9 


MO  Max  Jio»sfeld. 

MiHchuf  von   M<*lz. 'i     DiMiiK  wie*  wir  bei  dieser  rTelegeLh«.-it 
«rifilirfii,    staiHi    lioyiilin.    der  ja   aus  Baden  gebünig  war. 
mit  (Ifiii  licrrs('lH)rljaiis<t  seines  I jandos  in  guten  BeziehongeiL 
Klihi'i   riclil.cl«*  an  clio  b<'i<l<'n  Markgrafen  zwei  vom  gleichen 
'r«;;i«  <lali«'rtf   h*»^loits('lin'ib(Mi  'XII.  Kl.  inaias  =  20.  Apiil 
11711,^'  in  di'H'ii  Kin^ang  «t  sicli  gleichsam  zur  Ein fi'ihruDg 
soiiuT  «li'n  Kiirsli'n  bislang  unbekannten  Person  auf  Heynliii 
b«»/.ii»lit.      I>i«'si«n    «Twälmt    rv   in  einer  Weise,  dass  man  an- 
nt'liiufn   lunss,  sein  Naint*  war  beiden  Fürsten  wohl  vertraut. 
..,b»ni(hulu!n  ad  t«».  si»n'nissinie  princeps*,  beginnt  er  seinen 
\\v\r(   an    Markgrat'    Karl,    «opus   misissem    quo    nunc  ttiam 
St^riMiiiattMU   «lom».    si   ipiat»renti    mihi  fidelis   tabellariiis  ali- 
ijuando  fuisstM   inv«Mi!us.     .Joannes  vero  Lapidanus  vir  doc- 
iis>itnus     a!«|Ut'     gravissinms     imus     mihi    tabellarii     copiam 
unpi-rrinie  feeit.   d«'  euins  erga   te  fide  neijuaijuam   sit  mihi 
dnbitauihiMi."      ib'vnlin,  diM'  lu^sser  mit  Deutschland  in  Ver- 
bindung  st^ind   als    KirhtM.    besorgte  also   den  Boten.     Per- 
>t!h«^  HiMe   nahm    auch    den    zweiten    Brief   nach  Metz  mit. 
ili  :i    Fii'ht'i     an    den    Mark  graten    (leorg    richtete.      IHeseii 
::ir«»ir  lli'\  nun  wohl    per>r>nlioh   gut   kennen,    denn  Fichtst 
bf^;^..:;!  veinrn  \\rw\  an  ili-n  Hisohof  folgt-ndermassen:  -Efc?i 
.ivv»'..:.rv   L;ij»id;tiin>.   li:ti-ris  r\   njoribn^  vir  egregius.  maiiüä 
■  .-.    :•.    s;ii']»!U>    y.iihi    :.arra\  tM':i:.    )«riiK-i']>s    fu'    jiaivr  pnie>ta> 
;.»::■. ir.    v:-.;:l-:i>    Si  ribii-di    \\h[    de>yd^'rii«   vt-li.-i"::ri;T»?r  -irTiiiii 
;.::;'.:,;>.    :..":;    :;r.:;f'.i    :\:ai-    suMi]M'-n'    Taiiiftiii    r-m    aTiirräiD. 
■..:....    iv.ss;»::  ■   Niv:jr:.u>  v';irdi:iä]i>"   eU'.   .  .  .   ÜlnrT  -i^L  Tr- 
>:  y.v.  ii     ^.vsv:    iT.; '.■.■'..    Reziriiir.igvii  zwisclji-Ti    iTrii    baiiscL^" 
M;;:  kiTvii:: :.  :;:..i  J.  Htv:."::.  :iU>  Sit-ii-.  urA  »^ir  Ficb:-i  t'-riZ'^^? 
■.•.;.         :.:.'.\:.    .:::::e:.    ;.:.    ov:.   ii'izTvrt-ii  c^m-iA^vr-z.  Br:-:e 


i^    iJ"^"?-    ">p    ~  iirkei.   pr^vi-ir    nans.     l->^- 

r»-     ;::*.>:— f     nridoi     SrUTpifisa     von     ?:•   i-:'- 
i^ncr.   .*!><    lit^n    vnr.  riandn    at>  cr«n.  le»* 


Johaaoes  Heyntin  aus  Stein. 


131 


spielt/)  ist  nichts  weiter  bekannt;  man  darf  vermuten, 
dio  Bekanntschaft  zwischen  dem  Steiner  und  dem 
lisch of  Georg  schon  1458  geschlossen  %^irde,  als  der  damals 
2ö  jährige  Markgraf  auf  zwei  Jahrf3  nach  Paris  ging,  iiin 
dort  das  Französische  zu  lernen.*)  Recht  walirscheinlich  ist 
auch,  dass  He;)Tilin,  als  er  1467  von  Mainz  nach  Paris  ging, 
das  auf  dem  Wege  Hegende  Metz  berülirt  hat.  Zweifellos 
waren  es  humanistische  Interessen,  die  den  Oelelirten  und 
diö  beiden  Fürsten  zusammengeführt  hatten;  hatte  doch 
Georg  in  Italien  seine  Studien  gemacht,  während  Karl  in 
literarischem  Verkehr  mit  dem  schwäbischen  Humanisten 
Niklas  von  Wyle  stand.")  Später  ist  er  noch  mehrfach  in 
Verbindung  mit  der  markgräflichen  Familie  getreten.*) 

Während  so  die  Buten  mit  den  aus  Fichets  und  Heynlins 
Presse  hervorgegangenen  Reden  Bessarions  nach  allen  Hirn- 
inelsriclitungen  ausritten,  um  Europas  Fürsten  zu  der  cruciata 
zu  bewegen,  war  Ficliet  des  weiteren  darauf  bedacht^  per- 
sönlich bei  König  Ludwig  XI.  für  die  Angelegenheit  des 
Griechen  zu  wirken.  Währejid  L*r  sich  um  eine  Audienz 
bexnüJite,  ruhte  unterdessen  die  Tätigkeit  der  Urucker  in 
der  Sorbonne  keineswegs. 

6.  Als  sechstes  Buch  erschien  Fich§ts  Rlietorik,  von 
ihm  selbst  nach  Kollegheften  seiner  Schüler  zusammen- 
gestellt   Ein  Widniungsexemplar  ist  vom  Juli  datiert.^) 


')  „Propones  vir t Ulis  oriiamenta  quae  cum  cctcris  tum  illuEtribus  tt 
officiotUsimis  Marchionihm  iui«  Badensibm  lüde  nasccntur  mfrnita,'*  (Brief 
vom   7.  IIL    1472,  CL  Press,  S,  81   unten.) 

•)  Am  28.  Oktober  1457  war  zwischen  dem  aUen  Bischof  Kourad  von 
MeU,  dessen  Ivoadjutor  Georg  war,  ymd  Georgs  Familie  ein  Vertrag  dieses 
Inhalts  geschlossen  worden.  I^Gallia  chrisliana  XIII,  786),  Im  Juni  1458  war 
Georg  noch  in  Metz.  (FraD90is  et  Tabouillot,  Histoirc  de  Metz  1769  ss.  II, 
655.)  Als  im  April  1459  der  Bischof  Koiirad  starb,  Hess  der  Markgraf  von 
Paris  aus  seinen  Bruder  Mnrcug  in  Vertretung  fiir  ihn  vom  biüchöllidieu 
Stuhle  Besitz  crgrcifeu  (4.  August),  Da  Georg  seinen  Einzug  erst  im  Juli 
1461  hielt,  ist  er  vielleicht  bis  tm  diesem  Jahre  m  Paris  geblieben  (vergl. 
Fraö^.  et  Tab.  II,  656),  Das  ergäbe  einen  Aufenthalt  in  Paris  vom  Herb&t 
1458  bis  Sommer  1461.  Im  Liber  receptorum  nat.  AL  steht  sein  Name  Dicht. 
Er  war  ja  auch  nicht  gelehrter  Studien  wegen  nach  Paris   geschickt  worden, 

*)  Vergl.  Würlt,  Vicrtcljahrshcfte  1896,  S,  8j,  97,   124,  2<>i. 

*)  Siehe  S,  IJ7,   141    ond  Kap.  g,    10,    n, 

*)  Cl.  Orig.  23. 


I 


132 


Um%  not^Mä. 


7.  Das  Qiehfile,  des  AffO^tmo  Dati  von  Siena  issgngieiis 
libeQiis  in  eloqnentiae  pmecepta  wird  wieder  als  eine  Ai^ 
gßhe  Heynlins  angesehen ;  die  Anordniing  des  Textee  schciiil 
dafilr  zu  sprechen.') 

8. — 9.  Es  folgten  zwei  Bücher,   von   denen   es  biskcr 

Inoch  nicht  gelangen  ist.    Exemplare   aufzufinden,    die  An 

Flehet  atisdrücklicfa  ais  Ausgaben  Heynlina  bezeichnet  hau 

nämlich    Ciceros   Orator  nnd   die   Geechichte    dea    Vakriui 

MaximuSj  die  gegen  Ende  1471   erschienen   sein   däxftea^i 

10.  Noch  im  selben  Jahre  kamen  die  £legantiae  laim 
aermonis  des  Laurentius  Vaüa  heraus,  denen  nuui  deasea 
grammatische  Traktate  de  reciprocatioue  sui  et  saus  und  m 
errorea  Antonii  Baudensis  hinzufügte.  Es  wmr  die  erste 
Folioausgabe,  284  Blatt  fitark^i  Die  Heransgabe  mim 
wiederum  Heynlin  in  die  Hand.  Er  teilte  das  Buch«  wie 
es  überhaupt  seine  Gewohnheit  wurde  oder  vielmehr  schon 
war,  der  Klarheit  wegen  in  Kapitel  ein,  stellte  die  Kapitel- 
überschriften in  einer  Übersicht  zusammen  nnd  ver&sste 
ein  alphabetisches  Wörterbuch  der  in  dem  Buche  abgehaa- 
delten Materien,  uju  es  gleichsam  in  ein  Lexikon  des  gut«B 
Lateins  zu  venÄandeln*  Es  ist  eine  editio  princeps.*)  Die 
Korrektur  des  Textes  bat  Heynlin  den  Petrus  Paulus  Senilit 
(Vieillot)  zu  übernehmen.  Seine  Freundschaft  mit  diesen 
Ifanne  ist  für  ihn  ebenso  bezeichnend  wie  seine  Verbindußg 
mit  Fichet.  Senilis  war  lange  in  Italien  gewesen  und 
dichtete  selber  lateinische  Hexameter,  von  denen  Heynlio 
eine  ganze  Sammlung^  meist  Epigramme  und  kürzere  G^ 
dichte,  bewahrt  hat*)  Sie  verraten  einen  für  die  Schön- 
heiten der  Natur  und  Kunst  aufgeschlossenen  Sinn  und 
zeigen  Senilis  in  persönlichen  Beziehungen  zu  italienischen 
Humanisten,  sowie  zu  hochgestellten  Franzosen    (vor  allem 


*)  Phil.  Fich.  121. 

»)  Cl.  Orig.  26/27. 

»)  Cl,  Press,  57.     Vgl.  Hain  15812,  Kölner  Nachdruck  von   148^. 

*)  Phil.  Inipr.  151.  Claudio  bemerkt,  d^ss  in  dieser  Ausgäbe  uod  twir 
besonders  in  den  (von  Heynlin  verfas&ten)  Zugaben  t\im  er&ten  Mal  der  ßticb* 
ttmbe  V  von  dem  Vokale  U  abgetrennt  ist.     (Orig,  27.) 

*)  Red,  fol.  199 — 210*.  Ich  zähle  49  Nummern  und  finde  21  Terschicdcoe 
Personen  in  dco  ÜberschrtAcn  der  Gedichte  genannt. 


Johannes  Heyali n  aus  Stein« 


13.^ 


,em    Herzog    von  Bourbon),    sind  überhaupt   echt  hiiman- 
BÜscb,  woran  der  Umstand  nichts  ändert,   dass  sich  auch 
nn    gereimtes  ßebet  an   die  Jungfrau  Maria  oder  ein  Epi- 
p-aram  auf  ein  Missale  unter  ihnen  l>ejtindet.     Auch   Brief<3 
iron  ihm  hat  Heynliiij  wahrscheinlich  als  Muster  eines  guten 
Bteinischen   StilsJ)    teils   seihst  abgeschrieben,   teils   aufbe- 
(rahrt.     Einem  Manne  von  solcher  Bilduug  konnte  er  wohl 
iline  Bangen  die  Textkritik  des  Laurentius  Valla  überlassen. 
Iber  Senilis  war  Sekretär  und  Hofmann  Ludwigs  XL  und 
daher  viel   beschäftigt.     Ross  und   Schwert^   sagt   er.    nicht 
JFeder  und  Papier  forderten   die  stürmischen  Zeiten.     Aber 
ffer    wolle    dennoch    Heynlins   Wunsch    willfahren,    denn    er 
könne  ihm  nichts  abschlagen,  ohne  sich  undankbar  zu  zeigen. 
Dies  schreibt  er  in  einem  Brief^-i  d^r  zusammen  mit  Heyn- 
lins Antwort  der  Ausgabe  des  Laurent  ins  als  Vorrede  bei- 
gegeben ist,  und  der^   ähnlich   wie  der  des  W.  Fichet,  von 
Heynlins    literarischen  Bestrebungen  Zeugnis  al>legt.     ^Vir 
aumanitate  litterisqne  excellens^   redet  Senilis  ihn  an,  unter- 
prirft  seine  Arbeit  seiner  ^feinen  Feile  und  sndnem  gewich- 
tigen Urteil**,    und    bittet  ihn,    die   letzte  Hand  anzulegen, 
iie  Fehler,  die  er  stehen  gelassen,  auszumerzen,    und  „den 
Ä^cker.   den  er,   Senilis,   nur  von  Dornen,   Steinen  und  Uri- 
craiit   gereinigt   und    mit   der  Hacke   bearbeitet   habe,    mit 
Pflanzen  und  mannigfaltigen  Blumen  auszuschmücken.^ 

Heynlin  findet  das  zu  viel  Ehre  und  gibt  dem  Freunde 
^ine  Lobeserhebungen  mit  Zinsen  zurück.  Nicht  die  kleinste 
Unebenheit  finde  sich  mehr  in  der  Korrektur  des  Textes, 
fcu  der  er,  Heynlin,  gar  nicht  im  Stande  gewesen  wäre, 
habe  er  doch  nicht,  wie  sein  Freund,  in  Latium^  sondern 
bald  in  Deutschland,  bald  in  Paris  in  einer  ärmlichen  und 
t  barbarischen  Äusdiiicksweise  seine  besten  Jahre  ver- 
;ehrt  und  sich  hier  wie  dort  flicht  so  sehr  zu  den  Oratoren 
Is  ru  den  Philosophen  tmd  Theologen  gehalten.  Und  das 
tue  er  auch  jetzt  noch  tägKch  mehr,  sodass  er,   auch  wenn 


^)  Id  dcu  Abschriften    ist  an  Stelle  der  Namen  biäweileu   ein  einfaches 
gesetzt.    Red,  fol.   211* — 212*  (Kopien   von  Heynlins  Hand),  foL  213 — 226 
>rigiDaIe).     Datiert   sind  sie  ans  Tours    und  Ambnisei    1469  und   1470.     Aa 
leynliii  ist  keiner  gerichtet. 

»>  Q.  Press.  77/8,     Champ.  50/51. 


I.U  Max  Hossfeld. 

er  die  Fähigkeiten   dazu  besässe,   kaum  einen  Augenblick 
der  Müsse  für  Laurentius  übrig  fände. 

Dennoch  wolle  er.  so  gut  er  es  vermöge,  seiner  Auf- 
forderung nachkommen,  denn  er  wünsche  sich  nichts  mehr, 
als  eine  Gelegenheit,  um  sich  ihm  dankbar  und  willfahrig 
zu  zeigen.  Er  habe  daher  die  Elegantien  mit  einer  über- 
sichtlichen Kapiteleinteilung  und  einem  alphabetischen  Bc- 
gister  versehen.  Aber  wenn  jemand,  der  schnell  irgend  ein 
lateinisches  Wort  aufsuchen  wolle,  diese  Einrichtung  bequem 
fände,  so  solle  er  auch  dafür  nicht  ihm,  sondern  ^nilis 
dankbar  sein;  denn  Senilis  habe  ihn  ja  dazu  aufgefordert 
dem  Laurentius  etwas  Arbeit  zuzuwenden.*) 

Wie  man  sieht,  sparten  beide  Freunde  die  Höflichkeiten 
nicht.  Natürlich  darf  man  diese  schönen  Redewendxmgen 
nicht  alle  wörtlich  nehmen.  So  möchten  wir  Senilis,  ob- 
schon  er  das  Gegenteil  behauptet,  für  den  gewiegteren 
Lateiner  halten.  Andererseits  übertreibt  auch  Heynlin  offen- 
sichtlich; erklärt  er  doch  z*  B.  in  einem  Atemzuge,  dasser 
für  schöngeistige  Arbeiten  keinen  Augenblick  Zeit  &nde. 
und  dass  er  ein  langes  Register  zu  den  Elegantien  auge- 
fertigt habe.  Eine  Stelle  aber  verdient  sicher  unbedingten 
Glaubeu,  wir  meinen  sein  interessantes  Bekenntnis  über 
sein  Verhältnis  zu  den  oratores  auf  der  einen  und  zu  den 
Philosophen  und  Theologen  auf  der  anderen  Seite;  es  enthält 
etwas  Tatsächliches,  das  besonders  in  einem  solchen  Briefe 
nicht  bloss  Floskel  sein  kann.  Echt  humanistisch  bleibt 
dieserdarum  in  derForm  doch,  ebenso  wie  der  seines  Freundes. 

11.  Noch  Ende  1471  oder  Anfang  1472  hatte  sich  Fichet 
persönlich  zu  Ludwig  XL  begeben,  der  damals  in  Tours 
residierte,  und  in  einer  Audienz  ihn  auf  Bessarions  Kommen 
und  seine  Pläne  vorbereitet.  Während  er  so  einige  Zeit 
am  Hofe  zubrachte,  fielen  ihm  mehrere  Drucke  ciceronia- 
nischer  Schriften,  die  roisende  Buchhändler  dorthin  brachten, 
in  die  Hände.  In  dem  lännenden  Hoftreiben,  das  ihn  um- 
gab, war  ihm,  wie  er  schreibt,  ihre  Lektüre  doppelt  angenehm. 
Aber  es  störte  ihn  die  Mangelhaftigkeit  der  Ausgabe  und 
der  schlechte  unübersichtliche  Druck,   er  sehnte   sich  nach 

»)  Aedibus  Sorbone  scriptum,  anno  147 1.  Siehe  Cl.  Presi.  7^0" 
Champ.   52—53. 


Johannes  Hcj-ulin  aufe  Stein. 


135 


^n  schönen  Ausgaben ,  die  sein  Freund  Mejml in  herzustellen 
erstand.  ^Um  wieviel  angenehmer^,  schreibt  er  ihm  am 
März  1472*)  ^wäre  meine  Lektüre  noch  gewesen,  wenn 
les  der  Bücher  so  sorgfältig  korrigiert  und  so  schön  in  Ab- 
litte  eingeteilt  gewesen  wtlre,  wie  Ciceros  Orator,  Valerius 
imns  und  Laurentius')  durch  deine  Mühe  gedruckt 
forden  sind,  In  diesf  Bücher  haben  jene  Unterscheidungen, 
^0  wir  Kapitel  nennen,  sowohl  zum  Verständnis  wie  zum 
äeren  Behalten  soviel  Licht  gebracht^  dass  ihre  T^ektllre 
st  kinderleicht  geworden  ist.^  Fichet  bittet  nun  seinen 
reund,  ilem  nächsteu  Erzeugnis  ihrer  Presse,  Ciceros  Offizien 
irch  dieselbe  Arbeit  des  Verbesserns  und  Unterscheidens 
rechten  Wert  zu  verleüien.  Er  scheut  sich  nicht,  sagt 
dies  von  Heynlin  £.u  begehren,  ^multo  familiarius  (inara 
mibus  fere  quos  in  amieis  recensni.  labores  tibi  impono,^ 
)enn  kamn  konnte  er  jemanden  finden,  der  wohlwollender 
!?gen  ihn  oder  beharrlicher  in  literarischer  Tätigkeit  oder 
lebenswürdiger  sei,  wenn  es  gelte  jemand  zu  Gefallen  eine 
Lrbeit  zu  übernehmen,  die  allen  von  Nutzen  wäre,  als  seinen 
ipidanus.  Für  ihn,  den  hochgelehrten  und  dienstwüligen 
[ann,  würde  das  ja  auch  eine  leichte  und  angenehme  Auf- 
tibe  sein^  überall  habe  sich  doch  Heynlin  ausgezeichnet: 
der  Sorbonne  habe  er  in  den  theologischen  Disputationen 
>ei  weitem  den  ersten  Rang  erreicht  und  auch  als  erster 
seit  Menschengedenken  den  Pariser  Lizentiatentitel  zu  den 
Deutschen  gebracht,  unter  den  Philosophen  der  Zeit  sei  er 
gewiss  als  der  erste  (princeps)  erfunden  worden,  und  mit 
Weisheit  und  Klugheit  habe  er  das  hüchste  Amt,  das  die 
^Universität  verleihen  könne,  geführt,  (iranz  zu  schweigen 
>n  der  Gewalt  der  Rede,  die  ihm  eigne,  und  von  der  an- 
&strengten  fleissigen  Arbeit,  die  er  Tag  und  Nacht  den 
Iterarischen  Studien  widme. 

Heynlin    findet  das  wieder    zu  viel  des  Lobes:    ^nicht 
Irer   ich  sei,    lerne  ich   aus  deinen  Worten,    sondern  deine 
>8se  Freundlichkeit  gegen  mich.^     ^Denn  ich  weiss  wohl, 
^le   sehr   ich    von    dir»    vortrefflichster  Vater,    geliebt    und 

*)  Cl  Press.  80—85,  Champ,   5$~5r- 

^)  Der  aTso  hier  trotz  der  Miiwtrknng  des  SeDilis  ohne  weiteres  aU  eine 
Ausgabe  HeyoHns  bezeichnet  wird. 


U6 


Uas  Hosifeld. 


täglich  mehr  geschätzt  werde."  ^Du  hasi  mich,  wie  die 
beredten  Schriftsteller,  deBen  dn  ihnelst,  zu  tun  pflegen,  so 
.hoch  gelobt,  dass  ich  ausser  Stande  bin^  dir  Gleiches  mit 
^Gleichem  zu  vergelteo,*  Den  Versuch  dazu  macht  er  ah^r 
doch-  Besonders  gedenkt  er  Fichets  homamsuscher  Tätig- 
keit und  seiner  Rolle  als  Begründer  der  rhetorischen  Studien 
in  Paris,  rr^i^  Cicero  Griechenlands  Beredsamkeit  nach 
Latium  herüberbrachte,  so  habe  sie  Fiehet  jetzt  aus  Lutiuin 
nach  Lutetia  verpflanzt."  Und  über  sein  Bach  bedient  er 
sich  eines  Ausdrucks,  den  er  in  Bessarions  Briefen  an  Pichet 
gelesen  hat:  ^de  stitdiis  humamtatiä  ea  scripsisti  saepe  «bm?- 
piusque  docuisti  quae  (ut  de  te  gravissimus  pat^r  Kicenoa 
cardinalis  Bessario  scribit)  cum  optent  Atheuienses,  lum 
mirentur  BomanL"  ^Was  Fiehet  ihm  auferlegt  habe,  urolW 
er  gerne  tun,  wie  schwach  auch  seine  Kräfte  seien.  Er 
wolle  versuchen,  Ciceroa  „Pflichten**  die  zur  Zeit  ganz  in 
der  Verbannung  lebten,  auf  seinen  Schultern  wieder  zu  den 
Gallitjm  zurückzutragen." 

üebrigens  begnügte  sich  Heynlin  nicht  mit  der  Henuns- 
gäbe  nur  der  cieeronianischen  Schrift,  die  Fiehet  ihm  be- 
zeichnet hatte^  sondern  fügte  noch  auf  eigene  Fatist  vier 
andere  philosophische  Werke  desselben  Autors  hinzu,  und 
liess  alles  zusammen  in  einem  Bande  drucken;  ein  Bewm 
dass  gelegentlich  auch  er  über  die  Wahl  der  Bücher  be- 
st im  mte^  die  aus  der  gemeinsamen  Presse  hörvctrgingt^iu 
Er  selbst  ist  Zeuge  dafür,  indem  er  in  seinem  Briefe  aci 
Fiehet  fortfährt:  ^Und  nicht  nur  Ciceroa  nfücia  habe  irb 
flu*  dich,  mein  Vater,  der  du  die  Rechtschaffenheit  und  dit* 
Gefälligkeit  ^officia)  so  liebst,  nach  dem  Masse  meiner  Kräht* 
verbessert  und  kapitelweise  in  Abschnitte  getrennt,  sondern 
um  dir  deine  Liebe  mit  Zinsen  zu  vergelten,  auch  Laelim, 
Cato  und  Scipios  Tmiim\)  in  derselben  Weise  berichtigt 
und  eingeteilt;  sie  alle  unterwerfe  ich  deinem  gerecht  ab- 
wägenden strengen  Urteil,  Und  damit  du  schneller  ühnr 
das  Ganze  deinen  Spruch  fällen  kannst,  habe  ich  gleich^aoi 
als  Kommentar   zu   allen   Büchern   eine   Uebersiclit  meiner 


*)  De  omicitia,  de  senectute  und  de  repablica,  ausserdem  noch  die  pn^ 
da«a  Cicero«. 


Johnuii«s  Hcynliti  aus  Stein. 


1.57 


tapitelQberschriften  (die  man  Tafel  zu  Dennen  pflt*gt)  in  der 
rorhaUe  des  Werkes  angebracht^') 

Za  diesen  Beigabon  fügte  Heynlin  ausserdem  noch  ein 
Res  GedioLt  „un  alle  Freunde  der  Tugenden"",*)  das  una 
fegeil  der  Verbindung  humanistischer  Form  und  moralischen 
lihaltä  für  ihn  besonders  charakteriBtisch  erscheint 

Folge  meinem  liat    beginnt   er,    damit  du  pflichteifrig 
rirst:    lies  häufig  diese  Bücher.     Denn  hierin  lehrt  Cicero, 
welcher   Quelle   Ehren buftigkeit,    Tugend    um!   Pflicht- 
sue  fliessen  ,  .  .   hier  zeigt  er.  dass  nichts  verkehrter  ist^ 
ilos  KCitzliche  vom  Guten  und  Ehrenhaften  zu  trennen: 
soll  beides  eng  verknüpft  sein.     In  primis  igitur  rectum 
ilnaa  tibi  finem  Turpia  noc  speres  Gnibus  apta  tuis.    Sic 
tuiiif  itrr  tutis  transibis  (honesti  Officio  fretus)  gressibos 

SHJM^rOS." 

Ein    Exemplar   dea   fertigen    Buches    schickte  HejTÜin 

^inem  erlauchten  Gönner,    Bischof  G»-'Org   von   Metz,    mit 

lem  gedruckten  Widmungsschreiben/'^)  in  dem  sich  ähnlicJi 

io  in  dem  erwähnten  Gedicht  die  Scliatzung  feiner  Form 

der  moralischer  Vollkommenheit  verbindet     Auf  Fichets» 

r^   amicissimi'*,    Wmisch    habe    er   die  Ausgabe  deis 

tjeüurgt     Man   könne   nichts  finden,  was  besser  für 

Je  Lebenslagen  geeignet  sei.     Es  erleuchte  die  Moral»  nicht 

ic»  Aristoteles  tat,  bloss  in  summa,  sondern  für  eines  jeden 

lond,  Altt^r,  Geschlecht  und  LebensUige,  auf  zugleich  ernste 

id  gefällige  Weise*     , .Diese  Lektüre  schmeichelt  dem  Ohre, 

Irfeitiert  die  Zunge,    heilt  allen  Kummer  des  Geistes  und 

>fiiiet    den   Quell   eines    guten    und    glücklicheu    Lebens, 

nimm  mein  kleines  Angebinde  mit  deinem  heiteren 

entgegen  und  erfrische,  ziere  und  adle  daran  täglich 

•ini  uml  SinnJ*     Für  die  Vendirung,  die  H«^yidin  seinem 

jhen  Freunde  entgegenbrachte,    ist   bezeichnend,    dass   er 

das  übliche  Vale   am  Schlüsse  des  (gedruckten)  Briefes 

ti  oigotior  Haut!  noch  die  Worte  anfügte:  ^fPrestantissime 


ransii  icriptum.  (CK  Prcw*  öl — H^^  Cbüttip,  50—59») 


I  ^H  Max  Hossfeld. 

I)i(<Her    Anfang    1472    erschienene   Cicero    ist   nun  das 
\oi7Af*  Blich,    in   dem  Heynlins  Name   erscheint.     An  seine 
Hiolln    Irat    als   Korrektor  ein   gewisser  Erhard  Windsberg 
odor  Wiiisporg,  der  seine  Studien  in  Paris  gemacht  hatte*) 
und  dem  humanistischen  Kreise  Fichets   und  Heynlins  an- 
^lOiört   hah(M)  nmss.     Er  war  auch  mit  Reuchlin  bekannt.*) 
Snin  Niunt^  fiiidot  sirli  in  drei  der  folgenden,  1472  erschienenen 
AuNguhrn."')      Aus    einem    unbekannten    Grunde    zog    sich 
lli\vnlin  jotzt  von  dorn  Unternehmen  zurück,    dem  er  zwei 
.liihro    liinduroh    soviel    Fleiss   und  Liebe  gewidmet  hatte. 
AbtM'  unch  Flöhet  trat  damals  mehr  und  mehr  zurück.    Ihn 
fosst»lto    ^anz    die    Sache    Bessarions,    die    nunmehr    ihrem 
Höhepunkt  und  ihrem  Ende  zueilte.     Auf  Fichets  Drangen 
war  der  Kanlinal  am  20.  April  1472  von  Rom  aufgebrochen, 
im  .\\igiist  langte  er  in  Siuimur  an.     Hier   oder   in  Paris*) 
iMupfing  ihn  der  König,   aber  nur  um  ihn  mit  Worten  ab- 
zuspeisen: dit*  (losandtschaft  war  gescheitert,    der  alte  Bes- 
sarion  gebn>cluMi,     Fichot  schwor,  ihm  nicht  mehr  von  der 
Seite  zu  weichen,  und  begleitete  ihn  in  der  Tat  zurück  nach 
Italien,  wo  k\ot  unglückliche  Grieche  im  November  starb  und 
er  selbst  schliesslich  in  Uoni  Kämmerer  des  Papstes  warde.^i 
Hcvnlin   n\usste  an  alle  dorn  den  lebhaftesten  Ajiteil  nehmen, 
war  docli  Fichct  stMu  nächster  Freund  und  hatte  er  doch  auch 
in  dfwscn   Korrespondenz   mit  Bessarion  Einblick    gehabt") 
WahrsduMuHch  hat  er  auch  Bessariiui,  ..den  Griechischsten 
der    Lateiner    und    ilen    Lateinischsten   der  Griechen''  wie 
l*j»nr.  Valla  ihn  nannte,  persönlich  kennen  gelernt,  und  dass 
er  sich  auch  dessen  Kreu/./.ngsidee  zu  eigen  gemacht  hatte, 

*^    t4^^i.  Kth.   \V;«»N:-en;.  B.\^r.i«r:>:si  diooesis  bacnlarius    (Auct.  H,  ofn. 
140-     ivi-ntiati-.s,     i4^>    r:vV;:r.Uor    r.\:'..^:-.i>    j>manD.     iChitelain,  Ics    eluJ. 

«  N  ti<-.^f:  R  ;;.  i ;.  l:i  c::^e:v.  Br:cf  ii:  R.  be/eichnet  er  sich  als 
V  >',e\V;rvN;v:j:  ..,'.*v:,^:  c:  r.v.'.o".  .\Tv:i:c:  Br.  Xo  o-.  \V.  korrespondierte 
.»;:vh  r.v.T  v'.fv*.  Ivxn^-:  H;:'v.;'..;>:fv.  M.-.::r.-..-.r::  v.  Epticgen  is.  Geiger  Br.  i-- 
.\  :  \  j:  ;:>^  \\  Vi  IV.:;.  y^.  o.c  Ar. :"..:;■:?  ies  Hunsanismus  in  Ingolstadt 
S     i,      :;       H  h;.^:    i^  ; "  .-;^rk  Ki.  :  ;.  :  ..  : 

•      A   c  >.x-.v.  ;.;    i\v::>'     c :.;>*->;  .ic:   <-.^b  Ro^fco'.l    S.   r«»-. 


Johfinnes  Heyn I in  aus  Stein. 


«59 


[bei?i'ei8t   niis    Bine    in    seinem  Besitze   befindliche  Abschrift 

ieines  Briefes  des  Türkenkaisers  an  den  Papat  vom  Jalire  1453.*) 

Nach  dem  Heynlinsclien  Cicen>  hat  die  Sorbonne-Presse 

innch    11    Dmcke   hervorgebracht,    deren    Reihenfolge   nicht 

[sicher  festzustellen  ist.     Mag   unser    Lapidanuö    aucli    noch 

den    einen    oder   anderen    von    ihnen    herausgegeben    oder 

wenigsten**  dabei  uiitgewirkt  haben,  so  Iftsst  doch  die  Aus- 

I  wähl  der  Bücher,  zusammen  mit  dein  Fehlen  jeder  positiven 

I  Angabe    ilber   eine  Beteiligung    von    seiner   Seite,    darauf 

schliesgen.    da«8    er   wie  Fichet  allmählich  seine  Hand  von 

dem  gemeinsam   begonnenen  unternehmen  zurückzog   und 

WiiiHperg  und  anderen   seine  Fortfiihrnng  überliess.     Zwar 

blieb    man    im    allgemeinen    der    von    ihnen    angegebenen 

klassisch-humanistischen  Richtung  treu,  jedoch  zeigen  Bücher 

[wie  das  SpecuUim  hnmanae  vitae  des  Rodericus.  und  noch 

|mirhr  die  Liebesgeschichte  des  Enea  Silvio  (de  duobusamau- 

tius),^^  dessen  Buch  de  miserüs  curialiumt  sowie  das  viel- 

f  gelesene  Sophologium  des  Jacques  Legrant,  femer  Terentius* 

'  KnuiMdien   und   Juvenals    und  Persius'   Satiren,^!    dass    ein 

anderer  Geist   in  die  Druckerei  eingezogen  war,   der  mehr 

Limf  die  Kauflust  des  Publikums  spekulierte  als  sich  ledig- 

|lieh  die  Fönicruug  reiner  lateinischer  Bildung  ZTiin  Ziel  setzt»j. 

ich    die    Sorgfalt    in    der   Herstellung    des   Textes    liess 

tsnekr    und    mehr   zu   wünschen    übrig.     ,,Man  merkt,    dass 

H»»yiilin  nicht  mehr  dawar/**)     Die  Dnicker  suchten  zuerst 

andere  Protekdüu^  indem  sie  sich  an  den  König.  <len  Herzog 

von   Bourbon    und    andere   hochgestellte  Herren  wendeten, 

und    v^   ^         M    schliesslich  die   Sorbonne,  um  sich  in  der 

nae  iS  !      jques    im   Hause   zur  goldenen  Sonne*i   selljst- 

«tftndig  niod«'»nEula3sen  (April  1473).     Mai  1473  erschien  das 


B4,  Cht,  rV,  Jt2  und  Haenel   536. 
*i  Arfiiüi*  de  duobuK  ^niantibfu    ist    nicht   in    Htc\ii1ini»    Sammlut)|g   der 

Drtick«.     PhiL  Impr.  ibo. 
*>  Jn^rmil  und  Pmitu  wurden    voo    eJncm  Wiropfcling  fSr  uopaf^YntU  | 

erklärt,    Jot.  ICnrppt'r,  Jak.  WUnpfeling  94,     (ErläuL  n.  Einging*  tu  ' 

Gf*rfe    d    dlich.  Volke*.) 

^    ^J.    Di»  Haus  gchoiicübrtKens,  wenigstens  im  jAlue  1757^ 
1—   Berii»   der  Sort>ottne     S.   d&s  Inventar  de*  Kollegium*  bei  Gre; 


>  I' 


Max  Hossfeld. 


1 


t^rsto  Huoli  ihror  noiUMi  Presse,  mit  gotischen  Typen  gedracki. 
l>io  iu^si'hiohio  iler  ersten  von  Heynlin  in  Paris  eingefühnen 
\\\\i\  \o\\  Kiohei  uiul  ihm  gehnteten  Druckerei  hatte  ihr 
Knilo  »roluuilon. 

Kilr  tlon  iuMsi.  der  sie  einrichten  hiess  und  in  dem  sie 
m^loiioi  \\\u\io.  jjibi  OS  nächst  den  Titeln  der  aus  ihr  hervor- 
^oi^ai^j^eneu  Uiuhor  kein  schöneres  Zeugnis  als  die  zu  Jen 
Vorrodon  vcvwondeion  Hriefe  Fichets  und  Heynlins,  von 
iUmicu  \\  ir  w  cu'.Ä^^iens  cinisrcs  mitteilen  konnten.  Die  Freude 
ubor  die  j;cl;iii4;cv»c  Ki'.üühnini:  und  über  die  Wirkungen 
d.M  uc\icu  »,Svh!viM<v.r.sr\  die  jugendliche  Begeisterung 
[\\v  \\w  t:»i;*uli  v..ol.r  ;4v.t;^'','.l;oiiden  studia  humanitatis,  der 
Kiior  U!ul  d'.o  S.^: *;::•,■.:,  .::•:  :ua:i  auf  ihre  Pflege  verwendete. 
iiTio».^    !nvA:ov..N    'c'ivv..r.ir-v    V.ervor    als    in    diesen    Briefen. 

:\'.s  lanire  Auseinandersetzungen, 
:   soi:^  wird. 

..  "v-er  der  neuen  Bildung  sind 
'.:-  V  '':-:::  Freunde  so  auf  ihrer 
A"  .  V  >:•;-  '  rsa<sen  auch  einen 
v:.:::..  :::..:  a'.if  dem  sie  scliOne 
:'  .,/....    i;.\  .  ;.  ':-.     s.^".r    :  r  Universität  Paris. 

\\  .  ■    :'..  ..:  .    .:v.  ^.     "...::    "...:. '."r.*::  a':s  Professor  der 

':v...;.    ..-v    w   .^;.      -»       .  ^^    ,-./..    :ly •.'.::■.    rs   sich  angelegen 
s.         -*■..•   \    ■  ;  ,.    V:-    ..■;    .;.:■.!>■•.>.::•::■- S::idien   auf  di»^ 

■v '*.-■•    .     ,^.-    -  .    .   :-.^.-.     Vi-irtÄhr  zu  derZtrit. 

^^  ■«■>-.   ^  ..."..■    '.      .    s    ■:  .  :  ;:■.•..'.<:  ^  ":.i  wahrsch^iiilicL 
-..    -             V.:     .  -  \  :     ;  .k:— -    drr  Th^jlogi- 

>:       '•'--  s  --  \.- .-— A::^kr-::.     r»-r  h-xh- 

:-          •      ^-.^  ^  .  .         ^         ".-v.    '.A:b.    eij::^!.-:-^::  't*^ 

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■•.•,:  .•..  •.-.  ^..   >-..•  .•.•■ 

Johannes  Hclntyn  ans  Stein. 


141 


eondern  zu  gleicher  Zeit  auch  Literatur  iind  Lektüre.  ^)  Der 
Unterricht  in  diesen  Fächorü,  wie  auch  in  der  Rhetorik 
und  in  den  beiden  andreren  alten  Sprachen»  war  im  15.  Jahr- 
hnndert  nicht  in  den  Händen  festangestellter  Lehrer,  sondern 
Hieb  denen  überlassen,  die  Interesse  dafür  hatten. 

Dass  zu  diesen  Lehrern  auch  Heynlin  gehörte,  wissen 
wir  aas  den  Briefen  eines  seiner  Schüler,  dessen  Name 
genügt»  uxn  auf  die  Beschaffenheit  seines  Unterrichts  ein 
günstiges  Licht  fallen  zu  lassen:  Johann  Reuchlhu^) 

^Reuohlin  kam  damals  (es  war  im  Jahre  1473)  als  He- 
iter des  jungen  badischen  Markgrafen  Friedrich  nach  Paris, 
des  dritten  Sohnes  des  regierenden  Markgrafen  Karl  I.^) 
Der  Bekanntschaft  He^nilins  mit  der  badischen  HeiTscher- 
faniilie  wird  es  zu  verdanken  sein,  dass  auch  Renehlin  ilm 
zum  Lehrer  bekam.  Friedrich  war  ein  Neffe  des  Bischofs 
Georg  von  Metz,  Heynlins  Gönner,  der  ja  seihst  einst  zu 
seiner  Ausbildung  nach  Paris  gegangen  war  und  der  von  der 
Tätigkeit  unseres  Humanisten  soeben  erst  durch  die  ihm 
Blgesaudten  OfKcia  Ciceros  erneute  Kunde  erhalten  hatte, 
und  auch  Markgraf  Karl  kannte,  wie  wir  ims  erinnern. 
Heynlin.*)  So  erklären  wir  uns,  dass  dieser  mit  unter  den 
Gelehrten  war,  die  man  dem  jungen  Markgrafen  und  seinem 
Begleiter  als  Lehrer  empfahl. 

Friedrich  ist  später  Bischof  von  Utrecht  geworden. 
Renehlin  hat  sich  noch  in  hohem  Alter  des  Unterrichts, 
den  er  bei  Heynlin  genoss,  gern  erinnert,  und  stets  spricht 
er  in  den  Ausdrücken  der  grössten  Hochaclituug  von  ihm. 

Besonders  bekannt  sind  zwei  Briefe,  die  er  in  den 
Jahren  1B13  und  1B14  in  Sachen  des  Pfefferkornschen 
Handels  nach  Paris  schrieb,  nm  dort  ein  wohlwollendes 
Urteil  für  sich  zu  erlangen.  In  dem  ersten ^  gerichtet  an 
Jacob  Faber  Stapolensis,  erklärt  Reuchlin  die  Wut.  die  die 
Kölner  Theologen  gegen   ihn   zeigten^   vor  allem  aus  ihrer 


*)  Adumbr,  neont  Rcucbltn  filscMicli  ciueQ  Tübinger  Schüler  Heyalins 
(S.  102).  Als  Heynlin  10  Tübingen  dozierte,  war  Reuchlin  in  Fraokreich, 
crtt  später  kam  er  nach  Wikltemberg^  da  aber  war  Heytilin  nicht  mehr  dort. 

*)  Reuchbn  war   18  Jahre  alt,  Friedrich   15. 

*)  S.  S.   130. 


-r  >iri'::.T.  ..irri-:.i  -r-rza-rLTä*  ii'ri'S'i':  es.  ..r|ua<* 
-..:.::::_  ii.  Tr^-ri  «>ill:ä  ex  iisciiiTilis  Gregorii 
r-.T-.  ii.i.-7-:^:.T  P^riri:  äo»:rf-rrai:i  3,  i  1473,  quo 
."r  :.-::  -"  J:  ;-.-.-  ,  Loj.  daftum  Lhe«>iogiae  doc- 
.  ;.'•;»  ,»r,  ;•..■  .  s  i  >->r  •:  i-ir::.  -:  •T.iilirridTim  Tardhum 
-r_  ::.  t:  :  '^.  •T-iri.  iv-lar  -r:  Koc-^mm  Gaguinum 
i'-iri:..-  ii.  ri..-:.r::>  iri-crpv  r-rs  au«iivi.  cum  esäem 
Mi  Fnirr:::  Pr:i.c:pi<  BäJvnsiä  nunc 
E:  !.-  :  :  Triir  .:eL-?>  'Ty'j^-v.-rrrrr.-^  I»-r  zw^-ite  Brief  ist 
.-.:.  ::■-  Pr  Zr-?-. r-:.  i:.  i  irL  I'vkis*..  «irr  :n*i' >logis^hen  Fakultät 
V  :.  PüTir  j-:r:  r.---.  v  :.  i^r  E---:::.li:i  ein  günstiges  Uneil 
■.v-^'-rr.  -  :r.-rr  S.L:::--:.  :  -rr  lie  Büch-r  «ier  Juden  erMitr'i 
E:  *-:  <i  1"-'  :-  a'::::  z-"^^'iss-T:iiJiss-r:i  ei:*  G;ie«i  ihres  K^ifpeR 
-;:.  i  a:-  ::.t--:u  >  L  s-r  Ler-/.rg-sa::£:ea.  ..sum  eiiim  si'hö- 
i^.ri-  '"..'.iver-itaT:-  P.ar:-:r:>:s.  --^^ipi  qv^orniam  theologia»» 
'io-r-ri:-  fl'Zr.izii  Jc^urii?  r'V  L-ipide  </i ><•//>«/«*.•  in  Serbona. 
-•.  !i'ir--:3  Mar«::i::-:i  Ba-iei.-is.  :.*.:riO  Episcopi  Traiectensk 
r  jz.'li-'^.iiiui^;-.  •]•;  r.'Jaii:  a-i  < 'lein  hat -irans  in  via  S.  Jacobi.') 
a:i"e  ix:.:.  '^  -i   rirv   rerori-r  45  .  .  .  ."* 

S'- ::.••.;-  l'r.t-rri'hre  ie<r**  H-y:Ji:i  vlie  ^ Grammatik  «1«*^ 
Pris' i?iT.  z-i  <rri!i'i-.  AV.r:ii::>T-:-s  sagt  Reuchlin  an  amlorer 
S:»-i'..-.  "in--  '■:■  i::.  Jahi-  1473  iiacli  iliesein  Buche  umer- 
riflit'-r  \vnr.].-i,  t^^\,  ..P'.>tea  »riiim  quam  auno  aetatis  meae 
«liiiMlevit:»r>iin"  if^*'h'ir-n  1450  Prisciani  Caesarionsis  litt*»- 
rarnm  stinlia  in  -chohi  Parisionim  aggressus  suni.  bit^niii'i 
p.ist  apU"l  Rauracos  collegi  Dictioiiarium,  quem  appellan 
HivviloquniM/' '      T'iizwoifelhaft  hat  Heyniin  sich  aber  hier- 

'i    lif.'rnjs  wirkte  \r>n   143«, —  5.,  in  Paris,    s.  obcu  S.  355  (Bd.  VL  2\ 

')   Vom   31.   August    i^f.v     Oci^.  Br.  No.    171, 

•'1  Rcuchliii  wohnte  al-o  in  demselben  Hause  wie  «seit  Anfang  147.^)  auch 
»hl«  dii'i  Drucker,  die  Hcynlin  nach  Paris  berufen  hatte  ^vgl.  oben  S.  i.i")' 
^|>.^s  M.iu>  „zur  Sonne"  und  „zur  goldenen  Sonne"  in  der  Rue  St.  J.iajues 
i-.i  ,L»sM'll»t'.  s.  M.iddcn  157.)  Wh  er  vielleicht  einer  der  Korrektoren  vir, 
.in-  M\  Mrvnlin>  Siollc  jetzt  Gering,  Friburgcr  und  Kranz  die  Bücher  wr* 
Im\miIc'u  Auch  in  Basel  waren  Heyniin  und  Reuchlin  später  in  ditst: 
\\  I  ir  IUI   den   Buchtliuck  gemeinsam  tätig,  s.  unten  Kapitel    IJ. 

M  D.is  i>l  nicht  ganz  richtig.  Da  der  Brief  vom  m.  Jnni  1 514  datiert 
I  I  («Mig    Ml.   N«>-    »^7>i  so  waren  erst  41  Jahre  verflossen. 

»I  Und  .u)  seinen  Bruder  Dionysius  (Vorrede  zu  Buch  I  der  RudiinenU 
In  lii.th.i,    IS»»«')  ^»t'ig.  Br.  05. 


JohAuncs  Heyiiliu  aus  SAtuu 


Mi 


^tt  nicht  hognügt.     In   den    Vorreden   zu   den  klassischen 

ier    humanistischen    Werken^    die    aus    seiner   I>ruckerei 

u.    liaben    er  lind    seine   Freunde  ja  oft  darauf 

1,    Wi'lclien   Nutzen    siu   sich  für  die  studierende 

igend  von  deren  Verbreitung  versprachen.     , .Postulat  hoc 

t-e  stiidioäomm  invenum  coetus  quibus  hie  über  niaximao 

itati  futiiriis  est,*-  so  fordert  Senilis   seinen  Freund  auf, 

ich    einmal    »eine  bessernde  Hund  an  die  Blegantiae  dea 

luroiitiu8  Valla  anzulegen,')   and  He^^ilin  dankt  ihm   für 

^ino  eigene  Arbeit  mit  den  Worten:  ,^Quo  fit  ut  fere  nea* 

im,  a  quo  potissinmni  tibi  gratine  plures  debeantur,  a  nie 

cai    morem    gessisti^    an    a    Bcbidasticis  parisiis^  cjuibua 

^bor   tmis   fructiun   est   allatunis  4uammaximuni.   .  •  ,  /'*^ 

tiwisd     wurden     wenigsten.s     mit     den    vorgeschritteneren 

lulern  stdcho  und  alinliche  Schriftsteller  gelesen   und  so 

Richtigkeit  in  Wort  und  Satscbau  auch  die  ciceronianischo 

inz  des  Stils  gefügt^  der  ein  Lorenzo  Valla  vor  allem 

MVort  geredet.     Reuchlin    selbst    hat   in    einem    vierten 

^rief  den   Unterricht,    den   er   bei   Heynlm   genoss,    nicht 

loas    mit    ,.(rrammatik**,     sondern     mit     ,.hunianistischen 

^cbungen**  bezeichnet.     Dieser  Brief,  gi^schrieben  an  Johann 

m  Dalberg.    dient   als   Einleitung   zti   seiner  Schrift  vom 

Kintlertätigen  Worte   und  enthält  den  schönsten  Aasdrnck 

kbarkoit  und  der  Verehrung^  die  er  seinem   Lehrer 

stet«  bewahrte*     ^^ünde  ductus  ego  incredihili  (|U0- 

ira    gratincandi   studio*    et   nirainim  amore  singnlari  erga 

knnis  bomie    urtis  cohimen   egregium   Jcannem    lapidanum 

leotogiae    doctorem^    tarn    monastica   Carthusiensium    vita, 

imm    editione    libronim    insignem^    atque    primiim    cuius 

^mhie    tnanus   subdiderim  iji    exercitametdh    humanioribui 

[ititnendus.  ,  .  ,^*) 

Ut^brigens    darf    man    annehmen^    «lass    Heynlin    den 
rian  ohne  die  entstellenden  mittelalterlichen  Kommentare 
i^lebrt  hat     Gerade  mit  dem  Biickgang  auf  den  Text  der 


^  Champ.  52,  CL  Press.  78. 

^  De  vi^fbo  fntrtfico^  UaüeL  Job.  Amerbacti   1494^  fot.  2,  aticti  liei  Gtlj^, 
GeiiCtr«    At  dais    Heynlin    146J    iti  Freiburg  i»»gtst«r  ßc- 

•^,  Ut  nrxn*  obco  S,  ^21   (Bd.  Vt,  i). 


1  ja.  -i-ir  HamiiiiZi-^ 
:■=-"  '.'-  "LI. :  ~-7-_Li5p:--Ti.i-ri.  RerV-mL^tn  der  ^pnch- 
^:i^        'JL  i    r-i    -^ -LT   ^.z^jz   rill   w^rirr-E^r  S^irh 

"-r-.'iTJir  AiM  i:r^-  >«:Lr:rr  hac  Tin^er  HrVLii 
—  i'  T-1  1ZL-  .-.1-7  "IT. TrräL.ä". Ti t»;^  Lnunj^incti^rni^ 
:-■  r-?- — ""-t'^^l  li?  "TijLr&.h-rirLlicii 'j^ir-rrParisr: 
.'  — -I.-1.  TrririL^  T^ri%r.kT.  Die  ki-rine  S:hnr 
.  ■^•■^j-ir  I:L"rr:  iLi:*_'L  fii.  i  =«:h-:n  ErwaiLninir. ' 
1  .;-:  ::i^i-:lri-  V-r.:lir  in  I^iaiogionü  g^ 
:.- •  j  IT.'-  -^r-  .Ir-r?  "r.'-.r- Ar.Lsrigcher>  Chanik:«e> 
£.  -  --    ^.ir_r:    :- ..^r:__ri::-re::.  IiLhahs.    einr  A> 

i.  ll-L  -  -  ■-  :-T  147.  ^rrSM-rr-^LeL.  fc-rnihintr- 
-_:.  >  J  ---  Mi-i-r:  >_*t:  1  Prr:i^ia  zu  ver>?rärk'rr." 
.:  "  -  yiLi-:.»T:r.:-rr-:lrir:  Johannes  HenJii 
;■  \    *-  -  ^   147if    :j:-:-r:.' 

:-.  .1  ^^  '— ^-    "-  -■    -'-  Beacblin.    der  Var-r 

- :. :    L-   rii^ilei.  Srudien   i&  I^-arschlan-i. 

-.*—     -i^:.  >:rj.lr::   v.:l:   seiLen:    Lehrer 

■:  ..:..-     -jLii  ir::s -v:.::iLi.^n"  i^enni.  iiL-i 

^       .  .  -:-  it-    --rii  i::-:-  rewahrt  hat.  ULt-?:- 


12 "_r. -.iL. ?■".:-*  S.  jf.  Erhird. '.Tt?ci. 
f.ii*:  äicb  a:«€r  ic  den  h'*ii- 


^-.-.    >  . --       :    i_— --:?:; 5.:i:ec   Abh:uQdiungen  siehe 
r\:       --:.-..    ',    :    ;     •.  A_r    v.  Geiger   i*>oii. 

V-v;     ..?    ?er-?:::u5,     aach    de    Mattiolis). 
:^.'.  :.v  ;:    .:..    -7  5    i:r.-:r.  liberal; um"    vurde   140J 

'...-;-r   1.1.    :    '     -.     -.     'i"-re  starb-    lehrte    io    PaJw 
...    >..'  f.    i_i>-r    -;  ze::;    „Trartatulus    de   precepiis 
s-  .;  ..  .>  r:  :,^.;    >  r.fv.  .     ....  „5  .-.i  -v^fzi;:=  —iexoriam  admodum  utilU," 

. • : :  i:L' ,::..» N :  w .  • .: . ::   .» :    H .-.  -    ; ;    .  ;  — :  j. . : ; ».    Reden  und  Kommentore 


N  ".■.•.■. 


H  Johannes  Hcynliti  aus  Stein.  145 

Schlosser  und  Ehwald  für  das  Griecliische  ^  i  und  für  das 
Hebräische  von  einer  ganzen  Reihe  von  Autoren,  deren 
ältester,  soviel  ich  sehen  kann,  Aniaud  de  Pontac.  Bischof 
von  Bazas  ist.-)  Dieser  schreibt:  Johannes  Lapidanus, 
doctor  theologus,  qui  linguam  Hebraicara  Lutetiae  docet 
ipsuni  Joan.  Reuchlinuxn  Capnioneni,  ut  agnoscä  ipse  in  sua 
Apotoyia.  Wenn  mit  der  Apologie  die  ja  oft  so  bezeichnete 
,/lefensio  contra  c^akimniatores  Colon ienses**  (1513)  gemeint 
ist,  so  muss  die  Behauptung  Pontacs  verworfen  werden,  es 
findet  sich  in  der  ganzen  Apologie  von  Johannes  Lapidanus, 
de  Lapide  usw,  kein  WortI  Wir  haben,  da  die  Sache 
immerhin  von  Interesse  wäre,  auch  .^Doct^jr  Johannsen 
ReuclÜLDS  .  .  .  Entschukiigiing  gegen  .  .  .  Pfefferkorn'^  (den 
An ge n s p i e gel ,  1511)  '^  i  so w i e  Reu c  h  1  i  !i s  Vori^^ o rt  zu  ££ v nc w uro S 
ftTToXo^ta  2*wxpaTo*JS  usw.  I  Hagen,  1520 Hf  sorgfältig  gelesen , 
aber  auch  hier  ist  von  Heynlin  nirgendg  die  Rede.  Ent- 
weder also  meint  Pontac  Diifc  ..Apologia**  jenen  oben  zitierten» 
an  die  Pariser  theologische  Fakultät  gerichteten,  allerdings 
, »entschuldigenden^^  und  „verteidigenden^*  Brief  vom  19,  VI 
1514^    in   dem   Reuchlin  den  Joh.  Lapidanus    ohne   nähere 


<)  SchlosscTf  Weltgesch.  Bd,  9,  S.  ji8  (23,  Gesamt- Aufl.  1893).  ,»Ncbcti 

iolin  von  Stein  Ichrtc  in  Paris  Hcrmonymos  auB  Sparta  das  Griccbischc** 

L  gibt  nicht  ao»  wüher  er  diese   Kenntnis  hat,    —     Ehwald    nennt   Heyiilitj 

einen   Vertreter  des  ^, deutschen  Hellenismus"  und  den  ^L-ehrer  des  Begründers 

der  griechischen  Stndku  in  Deutschland,  JokanD  Reuclilins.*'     (S.  134  coL  u) 

*)  In  Gilberti  Gcnebrardi  etc.  Cbronographiae  libri  4  .  .  c  D.  Arnaldi 
Pootact  VasatensJS  Episcopi  Chronographia  aucti  etc.  Paris  1580  pag,  433, 
DaraoSt  dass  in  einer  kürzeren  älteren  Ausgabe  der  Chrouographia^  in  der 
DttT  G.  G,  als  Verfasser  genannt  ist,  (Paris  1567)  die  Angabe  noch  nicht 
steht,  muss  man  auf  Arnaud  de  Pontac  als  ihren  Urheber  schlicssen,  LTcber 
A-d.  P.  2U  vergleichen  Jules  Delpit  in  Revue  d.  Bibliophiles,  1880,  S,  45 
und  75  (mir  nicht  zugänglich  gewesen),  — ►  Auf  Gcoebrard  geht  zurück  Paulus 
Colaine&ius,  Gallia  orientalis  elc,  ,  (1665)  S.  3.  Auf  diesen  König,  G.  M. 
Bibliotheca  vctus  et  nova  (Altdorf  1678)  S,  458.  Auf  König  bezieht  sich 
Holemiand  in  der  Fortsetzung  zu  JÖchers  Gclehrtenlcxikon  Band  UI,  (iSio) 
Sp.  i2<>2,  wo  Heynlin  bezeichnet  wird  als  „ein  öffentlicher  Lehrer  der  hebräischen 
Sprache  zu  Paris  gegen  1470,  von  dem  Job.  Reuchlin  die  hebr.  Sprache  lernte.'* 

3)  Beide  abgedruckt  von  Hennann  v-  d.  Hardt»  Historia  Jiteraria  Re- 
fonnationts,  Lipsiae   1717,  Teil  II,  S,    i^i  — 53  und  53^ — <)3. 

*}  Ein  Exemplar  auf  der  Berliner  Kgl.  Bibliothek,  in  der  lateinisehen 
Vorrede  Reuchlins  au  Joh.  Scccrius  Lauchensis  ist  «war  von  der  gricch.  und 
hebr,  Sprache  die  Rede,  aber  nicht  von  Heynlin. 

Basler  Zeiiiclir.  t,  Oesch,  und  Allertura.  VII,  L  10 


1  ;.'  Max  Hossfeld. 

Vv.pibi^  rtls  soiiipn  L»*hrer  bezeichnet  -Pontac  hätte  dann 
:r.is  oipvu^r  Phanu'Uiie  hinzugedacht,  das3  es  ja  wohl  im 
Ui^brir.Sil'.or.  i^ewoson  sein  müsse),  oder  er  hat  tias  Zitat 
.M^'.uh  or*r.ynii^v..  Kine  tendenziöse  Entstellung  könnte  man 
ai^^v  l^i-i  IVv.T.u  si'hr  wohl  voraussetzen,  da  er  sich  zum 
..u:.'  sri^Mt:  l;;UTe  ..die  Lügen,  Flecken  und  Betrügereien 
tLr  T;  r.:;;vi;t:t  r.  "v.Ä  anderer  Ketzer**  aus  der  Geschichte 
P,i  :v,in  Heynlin  katholischer  Theologe  und 
:':>  rivhrgläubigen  Sorbonne  gewesen  war. 
:,:.  w.^h!  angemessen  finden,  einem  solchen 
■t:;:'s.":;:i*T  für  die  hebräischen  Kenntnisse  des 
..-:;  V.  zr.zr.sohroiben.  Wie  dem  auch  sei,  so 
A-.pii'i .  iläss  Joh.  Liapidanus  Reuchlin  in 
..    c  ■  ^•■"   h.-il'e.    als  unbegründet  verworfen 


: :.:  <ä<  hlich  doch  ein  wenig  Griechisch 

;  :\>;is   Hebräisch  verstanden  hat.*   wi 

M.  c.i^likeit   bestehen,   dass  er  seinen 

......  S:*.:/iir*ni  beider  Sprachen  angeregt 

..>;:■■>,  V.'.v^sson.  dass  er  zu  den  „Schülern 

:    ■'    > . :.  lioiien  Beuchlin  seine  ersten 

^-       :.    i^ihs  erwarb.     Aber  ehe  nicht 

,:        k. .'.::■  auf  der  ganzen  Vermutung 


.  ;i    \  ." 

tip  ' 

IV^k:.^ 

:     ,i/: 

k.^v.-.:. 

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'• : . »  . . 

\\  ,".-.;, 

:»    ...  -  :.z:irt-  Schüler  HejTilins,  den 

:-         •..:/:.:  mindere  Ehre,  dass  auch 

-hreiivollsten   Ausdrücken 

1  ViS  will  um  so  mehr  sagen. 

\       .  .    .     -  ^.  ^^   >■.-:.  i;:id  auch  kein  Jüngling 

^»  ^  .  .     :\     >    ka:v..     Hier  muss  ersieh 


fitr  40. 


Jolumnc»  Heynlin  aus  Steio. 


M7 


■nrischen  1469  iznd  1473  aufgehalten  haben^  *)  iu  den  Jahren 
Idso,  in  denen  Heynliri  auf  der  Höhe  seines  Ansehens  stand 
Kmd  zusammen  mit  Fichet,  Gagiiin,  Senilis  und  Änderen 
pn  der  geschilderten  Weise  für  die  Hebung  der  klassischen 
teildung  in  Paris  wirkte.  Es  war  natiirlich,  dass  der  Nieder- 
Under  sich  dp  in  Kreise  dieser  Männer  anschloss,  —  auch  mit 
feexichlin  und  Wcssel  Gansfort^)  befreundete  er  i^iicb  damals 
l—  und  in  ihren  Bahnen  wandelte.  Dennoch  glauben  wir^ 
Hass  der  Einfliiss,  den  Heynlin  mif  ihn  übte,*^)  nicht  vor- 
inriegend  auf  humanistischem  Gebiete  zu  suchen  ist/)  Im 
fcpezifisch  Hunmnistischen  war  der  in  Italien  gebildetrO 
lÖLgricola  dem  älteren  Heynlin  sicherlich  überlegen.  Was 
■hm  an  dieser  Persönlichkeit,  deren  rein  menschliche  Be- 
in eutung  übrigens  einen  Agricola  anziehen  mochte,  besonders 
fensagte^  war  vielmehr  gerade  die  VerViindung  von  klassischer 

L  1)  Btidius^ky   gibt   den  Zeitraum  tu  weit  an:    zwi&cben    [4b3  und   1476 

BS«  176)*  1465  wurde  Agricüla  in  LÖweü  als  erster  von  säitit liehen  Bewerbern 
EmiD  magister  artium  promoviert  (also  im  22«,  ukh\  im  Ui,  Lebeusjabre,  wie 
ftA^gricoläs  neuester  Biograph  schreibt;  Ihm,  der  Huronniit  R.  A.»  s.  Leben 
h.  s*  Schriften,  Paderborn  tSoj,  S*  5,  Siehe  dagegen  Catalogus  omnium 
||>nmorum  .  .  promot,  uiiivcrs,  Lovanfcos,  1429 — iTQTi  Mcchliniae  1824, 
tS.  15)«  Von  Löwen  ging  er  1465  oder  I4h6  nach  Italien  (Ihm  5),  und  war 
Inoch  am  l3.  Juli  1469  in  Pavia,  wo  er  dann  wiederum  1473  »od  1474  auf- 
Itritt  (Ihm  6),  iu  der  Zwischenzeit  war  er  in  Paris  (Ihm  erzählt  von  dem 
IPariser  Aufenthalt  nichts.  S.  aber  A.  D.  B.  I,  151  ucd  Geig  R.  11).  Da 
»die  Lowener  Matrikel  erst  bis  1453*  uud  die  Akten  der  deutschen  Nation 
liii  Paris  tni  bis  1466  verofTentlicht  sind,  lassen  sich  keine  genaueren  Ao- 
Igaben  über  seinen  Aufenthalt  in  diesen  Städten  machen  (weder  Rud.  Agricola 
Inoch  Hnysmann  steht  in  den  Registern). 

I  ')  W.  Gansfort  soll  ihn  damals  zum  Studium  des  Hebräischen  ermuntert 

lliaben.  Er  war  vou  J458— 1474  in  Paris  (1470 — 1472  in  Rom)  und  war 
laacli  mit  Heynlin  ohne  Zweifel  bekannt.  Näheres  wissen  wir  nicht.  Wessel 
Iwar  auch  mit  Bessarion  befreundet.  1474  ging  er  wne  Reuchlin  und  Heynlin 
I II acb  Basel  (Vischcr  191,  Ullmann,  Reformatoren  vor  d,  Reformation,  2,  Aufl. 
11866,  II  281.  N.  Paulus  iu  W.  W.  12,  1339  IL  2.  AuH.  i'jor). 
f  ')  Zarncke    nennt    dieseu    Einlluss    einen    wesentlichen    (L    c).     Geiger 

nimmt  gleichfalls  an,   dass    „Agricola«   wie   die  meisten  Deutschen    (in  Paris), 
tu  seinen  Anschauungen  von  dem  trefflichen  Realisten  Heynlin  von  Stein  be- 
stimmt wurde."     A.  D.  B.  Bd.  I,  Art.  Agricola. 
.  *)  Wie  Janssen  meint»  der  Agricola  „im  persönlichen  Verkehr  mit  NicoL 

'  V.  Cties  und  dem  Scholastiker  Heynlin  von  Stein  eine  so  begeisterte  Liebe 
für  die  klassischen  Studien  gewinnen'^  lässt^  y,dass  er  deren  Förderung  und 
Pflege  als  seine  eigentliche  Lebensaufgabe  ansah*'  (W.  \V.  I,  359). 


.f.     /:»--...:.::r>:-  "  v-^- — -   "^-"  -?  "   ^    ' iiucatt'd  J^*nt' rvivrii  zi.i 
•  '.t    VI  •/'£■».'      ir.-j.     :-•:-    lü. --    ?:«ia.  ^L':??r  a^  >:i"Lr: 

'  ^ .  ■ .  • .  -    -  -i  -.  -r.. .  -  --  -  -.  >_-_.-'  : '  - .  - •=•-1:1.-^1  :*T.  ''    i*f  rTv»f  rr-f  Lz  *^ izrZ. 


11-;--     li    A-:ir;.idi    Lifidüi    qicH'iir.:    .: 
'■.i:^:.i.-        ' 


A-?^.  Strasburg.  J.^'dl  Pri*. 


'    f  :..."  ■-..,.  >■ .  ';*  .'i..!.-.!-.  5-;>-f;i  ä  l"l'r.:v.    ie  Fora:   l405^,  nach  T- ^^  • 
;  .r.r.     .  .r  "■  .♦,  ...'.'•.'■'>"     '«^'^r  ::.  F'äriä  n-.j^.  art.   verden  voilie  und  v-.^ 
«.i.T    iiU'>.rf:..    f  ■;. -/rriitai    W.im,    muääte    r.och   xnicdestCDS  ein  Jahr  in  Pans 
%tH*\it-tft,  i  I  Ulf     '.2.. 


Johannes  Heynlio  aus  Stein.  ''^P 

1472  noch  in  Paris,  wurde  er  noch  iiu  selben  Jahre  Löut- 
priester  von  St.  Theodor  in  Basels  wo  er  an  der  Universität 

eine  ausgezeichnete  Stellung  einnahm.^)  Johannes  Amorbach, 
der  bekannte  Buchdnicker.  studit'ite  um  1472  in  Paris*)  und 
wnrde  hier  wie  Siirgant,  mit  dem  er  befreundet  war,  Diagistcr 
artium»*)  Man  nimmt  allgemein  an,  dass  es  der  Anblick 
der  von  Hevnlin  eingerichteten  Druckerei  und  der  Einfluss 
dieses  seines  Lelirers  war,  der  ihn  damals  bestimmte,  sich 
der  Buchdnickerei  zuzuwenden/)  und  in  der  Tat  haben 
beide  Männer  später  gemeinsam  die  schwarze  Kunst  mit 
Eifer  gepflegt'*) 

Heynlin  verstand  es,  die  Jugend  zu  begeistern  und  an 
eich  zu  fesseln.  Wir  besitzen  eine  kleine  frisch  gesclirieliene 
Rede  von  ihm,  die  er  in  jenen  Jahren  bei  Gbdegeuhoit  einer 
Magisterpromotion  gehalten  hat,  und  die  eine  hübsche  Illu- 
stratjon  zu  seinem  lateinischen  Unterrichte  bildet  ®)  Selbst 
Hein  kleines  Mlisterstück  fliessender  Rede  will  sie  eine  Auf- 
^Bordorung  zum  Studiim  der  Beredsamkeit,  wie  überhaupt 
^Her  freien  Künste  sein.  ,,Ich  will  Euch  ermuntern  und 
immer  wieder  ermahnen,  werte  Jünglinge,  die  ich  hier  um 
^aiich  geschart  sehe,  nach  dem  Beispiel  deren  denen  ich 
^■etzt  die  Abzeichen  des  Magisteriums  verleihen  werde,  die 
H^ien  Studien  eifrig  zu  betreiben.**')  Er  führt  aus,  wie 
Heicht  und  wie  nützlich,  wie  ehrenvoll  und  wie  nötig  und 
^Schliesslich  wie  ruhmreich  dieses  Stttdinm  sei,  er  fi'eut  sich, 
dass    die   Namen    des    klassischen   Altertums   jetzt    täglich 

tr^' '~  "•"' ""■"•■  '■"'  ■" 

^^^■^H  Ch*  Schm.  Ilt  34  liUsI  ihn  erst   1472  iiacb  P^iris  gchcu  und  erst  »475 
uieiler  am  Oberrhcin  aaflaucben  (s.  aber  Wack*  197  und  die  vorige  Anmerkung). 

^L         •)  Das  berichtet  Ulrich  Surg»nt  selbst  (s,  Burck.  76). 

^V         '1  AU    iti    artibus    libcralibus   Farisieusis   magiftter   wird   er   wiederholt 

Hpou    Heynlin    angeredet    {in    den   Begleitsch reiben    tu  Ca»fiodor&  P&ftlUriytn, 
Ba»el,  Amerbach   1491   ttnd  zq  Tritbemiu^  de  Script,  ecclei.,  ebenda   (494). 
•)  Bern,  Buch,   XIV,  Burck.  77,  Ma^cl.    i;7   und  andere 

^m         ^  S.  unten  Kap.  12. 

■         •)  Red.  255--255. 

H      ^)  Fol  2sy. 


I50 


Man  Ho&sfeld. 


Paris  genannt  werden,^)  und  schmückt  seine  Rede  seihst 
gern  mit  Aussprüchen  und  Geschichten  der  Alten. ^  Be- 
zeichnend ist  aber  hier  wieder  für  Heynlin,  dass  er  bei 
aller  Begeistentng  für  die  Antike  doch  niemals  aus  dem 
Bannkreis  des  Christentums  heraustritt,  so  wenig  wie  seiiw 
Aufmerksamkeit  auf  sprachliche  Dinge  ilm  Philosophie  tmd 
Moral  vergessen  lässt.  Neben  Thaies  und  Plat-o,  Aristotelt?«, 
Theophrast  und  Hennagoras,  Demosthenea  und  Cicero  weist 
©r  auf  Josepli  in  Aegypten,  auf  Augustin»  Hieronymus, 
Ambrosius^  Gregor,  Cyprian  und  Chrysostomus  und  zum 
Sehluss  auf  ^^.Temis  Christus,  fons  artiiun  et  ingenuarum 
rerum  princeps",  hin;  als  er  von  der  Leichtigkeit  des  Er- 
lemens  der  ^Beredsamkeit  und  der  übrigen  Studien^  spricht, 
verfehlt  er  nicht  zu  zeigen,  dass  auch  der  Erwerb  der 
Tugenden  (sanctiiasimae  virtutes)  dem  Menschen  von  Natur 
leicht  falle;*)  neben  den  irdischen  Gütern,  die  einem  der 
Bt*sitz  der  Weisheit  oft  verschaffte,  —  aus  dem  Altertuiü 
wie  aus  der  Gegenwart  gäbe  es  mannigfache  Beispiele  dafftr 
—  preist  er  vor  allem  den  Besitz  jenes  inneren  Reichtums, 
den  die  Weisen  haben  und  den  das  gemeine  Volk  nicLt 
versteht:  ,Jgnorationis  explosio,  rerum  omnium  quae  simi 
celo  terra  marique  perfecta  cognitio.'*  ,, Diesen  Besitz,"*  so 
heisst  es,  ,,der  uns  keine  äussere  Armut  fühlen  lässt,  ver- 
sprechen und  verleihen  uns  die  Hberalia  studia.  Man  kanD 
sich  nichts  Ehrenhafteres,  Vortrefflicheres  und  Wunder- 
volleres denken  als  sie;  von  ihnen  gehen  aus  und  strömen 


^)  .  .  ,,vel  Piato,  vel  Aristoteles«  vel  Theofrastus  vel  Hermiieoras  tet 
quisquara  .  .  corum  quo«  vicos  stramini*  indies  magis  resonat"  (Fol.  2S5t» 
Diese  Erwähnung  des  vicus  straminis  berechtigt  uns  zw  der  Annahme^  da» 
die  Rede  in  Paris  (^challeti  ist;  diese  ,,Strobgasse**  ist  nämlich  „U  oclebft 
rue  du  Fouärre^  aiu6i  uommee  du  nom  qu'on  donoait  ä  ]a  paille  sur  Laqudle 
les  elcves  devaicnt  ä'asseoir  pour  ecouter  les  Ic^ons  du  maitre;**  in  der  Tve 
du  Fouarre  iu  Paris  aber  beiandeo  sich  die  Gebäude  der  Artistenfa Imitat  [i. 
Madd.  140  Aomkfi.,  Frank.  16).  ThcophniBt,  der  Peripatetiker,  \*erfaiste 
Schriaeu  zur  Beredsamkeit»  2ur  Ethik  (die  Chamktere)  titid  t%xt  Brjtamlt. 
Mit  Hcrmagoras  kann  der  griechische  Rhctor  (aus  Lcronos)  oder  der  wcoigcf 
bekannte  stoische  Philosoph  (aus  Amphipolis)  gemeint  sein  <s.  Pan!y's  Rca- 
lenzykl.  d.  klass,  AU.). 

')  S.  besonders  die  Anekdote  von  Thaies  v,  Milct,  foL   254—254*. 

3)  FoK  253*, 


Joliaiines  Heirnliu  aus  Steint 


15  t 


1  Religion j  Frömmigkeit^  Elirerbiettmg,  Freundschaft, 
Wahrheit,  Glaube.  Kraft  und  Mässigiing  und  die  KenntDls 
^ler  Dinge^  die  da  waren,  sind  und  einst  nach  unendlicher 
Keit  sein  werden.  Durch  die  sanctissima  philosophiae  studia^ 
die  uns  erst  über  die  Natur  der  Tiere  hinausheben,  erwächst 
uns  dauernder  Nachruhm  auf  Erden  und  ewige  Glorie  bei 
den  himmlischen  Heerscharen,  Wären  uns  wohl  die  Leuchten 
des  klassischen  Altertums  bekannt  geworden,  wenn  ihnen 
nicht  das  Studium  der  Weisheit  ewigen  Ruhm  verliehen 
hatte?  Würden  wohl  die  grossen  Väter  der  christlichen 
Religion  in  den  Himmel  gekommen  sein^  wenn  ilmen  nicht 
die  Erkenntnis  der  Lehren  die  himmlische  Strasse  gewiesen 
itte?  Damm  Lob  und  Preis  den  freien  Künsten,  die  uns 
icht  nur  zu  Vorteil  und  Ehren  verhelfen,  sondern  auch  den 
Teg  zum  Himmel  erschliessen,  in  den  uns  aufnehmen  möge 
IS  Christus.     Amen/' 

Der  ganze  Tenor  dieser  Ansprache,    die  in  vieler  Hin- 
sicht   an    friiliere    Reden,     Briefe    und    Gedichte    Heynlins 
^vinnert,    besonders    aber   der   Schluss^    in   den    er  sie  aus- 
RÜngen  lässt.  zeigt,  in  welchem  Geiste  er  sich  die  Studien 
an    der   Artistenfakultät    betrieben    denkt.     Durchaus  nicht 
im  Sinne  jener  italienischen  Renaissance»  für  die  der  ,, moderne 
Rahm'*  das  mittelalterliche  Ideal  der  Frömmigkeit  ersetzte, 
rindern  gerade  in  stetem  Hinblick  auf  die  göttliche  Wissen- 
Peebaft,    auf   die    Theologie,     Für    die    grossen    Männer   des 
Altertums  hat  er  zwar  warmes  Lob  bereit^  aber  den  Weg 
zur  .^gloria  celestis/*  die  er  über  der  ..gloria  int-er  mortales*' 
nie  vergisst,  hält  er  doch  nur  für  die  Christen  offen.  —  So 
bleibt  er,  während  er  in  der  nie  da  Fonarre  die  Hnomniora 
doziert,    doch   stets   im   Zasammenbaog  mit  der  Borbonne, 

f^id    sein   eigentlicher  Beml   bleibt  der  des  ProfessarM  der 
heohffie. 


Einige   seuitir   tL- 
_ßekommen.    so    eine    .,- 

f 

B  ')  Die  prima  («clio  post 

Boratsrede  ver&priclit 

an  sie  ao:  „Cum  mem  hdfmtir^ 

dactoratm   in&igaa 


\'- 


•fiiid 


,h 


rw^ijii'Ie 


1^2  Max  Hossfcld. 

post  floctoratum,  quam  feci  eo  die  quo  presedi  dispatationi 
septimae." V  Dieser  Tag  der  siebenten  Disputation  der 
Sori)onne  war  der  15.  Juni  1473.-)  Der  (selbstgewählte' 
Gegenstand  der  Vorlesung  entspricht  vollkommen  den 
Fordeningen.  die  Heynlin  einst  vor  drei  Jahren  in  seiner 
Prioratsrede  an  eine  gesunde  und  fruchtbare  Theologie  ge- 
stellt hatte,  es  ist  der  gehaltvollste  und  würdigste,  den  er 
finden  konnte,  die  Ecangelien,  Der  Vortrag  nmfasst  eine 
Einleitung  in  die  4  Bücher  und  den  Beginn  einer  Erklärung 
zu  Matthäus.  Er  handelt  von  dem  Xamen  und  Gregenstand 
des  Evangeliums  (apparet  totum  hunc  librum  conscribi  de 
Jesu  Christof,  von  den  Evangelisten,  ihrer  Anzahl  und  ihren 
Symbolen,  ihren  Unterschieden  imd  Uebereinstimmungen, 
und  er  zeigt,  warum,  in  welchen  Sprachen,  für  welche 
Völker  und  in  welchen  Jahren  die  einzelnen  Evangelien 
abgefasst  wurden.  Besonders  betont  er  die  Erhabenheit 
und  die  Schlichtheit  der  evangelischen  Lehre.  Denn  vor 
den  anderen  heiligen  Büchern  habe  das  Evangelium  den 
Vorzug,  die  besten  Zeugnisse  und  die  grössten  Autoritäten 
für  die  christliche  Lehre  zu  enthalten.*)  und  zeichne  sich 
ebenso  sehr  auch  «luroh  seine  Einfachheit  und  Verständ- 
lichkeit aus:  ..die  Ausvlnicksweise  der  heiligen  Schrift,  sagt 
er  verallg»»nit^inem'l  von  der  ganzen  Bibel,  ist  allen  zu- 
gänglich: was  sie  vor  aller  Augen  enthält,  spricht  ungeschminkt 


grati.is  cj^erirriu-s**  usw.     Au?ser  ilieser  Danksagung  pflegte  die  erste  Vorlesung 

wenig  mehr  zu  enthalten. 

'<   Vorl.    170 — 174*.     'Fol.   iJ<2   und   1S3 — 183*  sind  Konzepte  dazD). 

-)  Die  -ccunda  kciio  schlie-st  nämlich  mit  dem  Hinweis  anf  eine  am 
Nachmittag  desiellien  Ta;;eä  al>zuhaltende  Disputation,  zu  der  Hevnlin  dos 
Thema  gestellt  hat:  l'trum  Christi  anima  ex  vi  sanctissimae  unionis  tantam 
h.i' eat  r.otitiäm  tjuautam  habet  verivjm  in  actu  visionis  (fol.  174*^.  EincDis- 
;..:t.ition  über  dieses  Thema  betindet  sich  nun  in  Disp.  fol.  39 — 44,  und  sie 
ist  vin  Heynlin  mit  einer  L*eber<chrift  versehen  und  vom  15.  Juni  1473  da- 
ti'.rt  worden  i..Uucstio  tcmptativa  quam  tenui  ego  Jo.  de  Lapide  jarisius 
A:.r.'>  etc.  LXXIH''  XV  die  Junii  et  respondit  sub  me  frater  Guillcnnus 
I.oy\e<.k  jari>iensia,  ordinis  fratrum  hercmitarum  S.  Augastini**»,  Wilhelm 
L">veilv  iKT/eichnet  sich  als  einen  Schüler  He\-nlins  ler  redet  ihn  als  coUcu- 
rJ:s-ime  n^.a^istcr  ac  praeccptor  observautissime  an,  fol.  44). 

^1  Vorl.  fol.    172. 


Jokaimes  Heynlin  aui  Stein. 

rie  i^in  vertrauter  Freund  zum  Horzoü  dor  Ujif!fHl(^hrtf»ii  und 

Kach  der  Abhaltiuig  jener  an  die  ^ecunda  lectio  sich 
I9chliess«nden  dispntafjo  8ej>rima  fuhr  Heynlir»  in  seiner 
tegese  ilea  MatthÄusevangeliums  fort*  In  einer  dritten 
Torlesiung  widerlegt  er  zunächst  die  ketzerischen  Meinungen, 
ie  ttl»<*r  die  (ruttlichkeit  oder  Menschlichkeit  Christi  ge- 
l«isert<  worden  sind,  knüpft  damit  an  die  (tenealagie  im 
»tan  Kapitel  Matthäi  an  und  führt  nun  seine  Erklärung 
»s  Ev-nngelium*?  weiten  •) 

Wie  lange  er  diese  Vorlemmgen  fortgesetzt  hat,  wissen 
Hr  nichts  schriftlich  erhalten  ist  ausser  dieser  driU«'n  nichts. 
ch  8t4>hen  in  derselben  Handsclirift  nocli  eine  Reihe  Er- 
terungen  über  theoh-^gtsche  Fragen,  die  sich  meist  um  die 
jt^^ue,  das  Sakrament  der  Busse  und  ähiilieln^s  drt^hpn,  und 
Se  vielleicht  auch  zu  Vorlesungen  oder  Disputationen  in 
^iciner  letzten  Zeit  seines  Pariser  Aufenthalts  gedient  haben.*) 
legelnuissige  Kurse  brauchten  ja  die  Magister  der  Theologie 
H>erhau{)t  nicht  zu  halten.*! 

t 

Didseiii   öchöne    Bild    der   Lf^hrtätigkeit   des   Doktor  de 
»pifle  Mairde   noch    in    seinem   letzten  Pariser  .Iidire  durch 
Itieti  ärgerlichL*n  Streit  zwischen  den  Parteien  fler  Realisten 
3c)  Nominalisten  getrübt*)     Der  Kampf  zwischen  dein  alten 
id  dem  neuen  Wege,  an  dem  Heynlin  in  den  Jahren  14*>4 
nd  14ö5  in  BastVl  i^inen  so  hervorragenden  Anteil  genommen 
itte»    hatte    nändich    in    Paris    mittlerweile    incht    gerulit, 
Paris  war  tlnrchan»  realistisch  gesinnt  und  an  der  Sorbonne 
1»^  z.  B.  nur  die  via  anii(|aa  gcilubh*t,  ab«*r  die  (iegen- 
tei   W/ir  sobr  rt^trsaiTi    tind   suchte'  sl(  h,  besinult^rs  in  Ihrem 


*J  ,^odii*  i{%iQ  äAtiA  bcn|jtuja  coiiUvitur  ornuibu^  AcccsÄibilii;  r:i     juk^ 
coDtinei,  qtiiifii  amkus  f^mituim  smc  fuca  xd  cor  loquitur  indncmnini 

■1  Fol   184— 10t  und  IT, 

H  D»»  Folgend«  nach  CaroL  du  ?lcsii*d*Ar^tttnr,  CoUccUoIudkiorum 
<lr  DtwiB  crroribiis.    Paris    1728,    Tamus    I,    148—138,    Biil.  V    706 — Jto. 


.1*-- 


T 


154  Max  Hossfeld. 

Vorkämpfer  Heinrich  von  Zoemeren,  ^  neben  der  anderen 
Geltung  zu  verschaffen.  Schon  1460  hatte  sie  diesen  nach 
Löwen  geschickt,  um  dem  dort  unterdrückten  Ockamismns 
nach  Kräften  wieder  aufzuhelfen.  Hier  trat  ihm  vor  allem 
Petrus  de  Rivo,  Heynlins  ehemaliger  Lehrer,  entgegen,  und 
stritt  mit  ihm  besonders  über  die  Frage  des  ^.zu&Uigen 
Künftigen^  (de  futuris  contingentibusj  mit  der,  wie  man 
bemerken  wird,  die  Fragen  nach  der  menschlichen  WiUens- 
freiheit  und  der  Prädestination  eng  zusammenhängen.  In 
der  quaestio  quodlibeta  des  Jahres  1465,  deren  Thema  die 
Frage  w'ar,  ob  es  in  der  Macht  des  Petrus  gelegen  habe. 
Christus  nicht  zu  verleugnen,  nachdem  ihm  dieser  gesagt 
hatte:  ,.Du  wirst  mich  dreimal  verleugnen*^,  entschied  sich 
Petrus  de  Rivo  für  die  Bejahung  der  Frage:  der  Jünger 
habe  auch  anders  gekonnt  und  das  Künftige  sei  zufallig, 
denn  sonst  müsste  man  ja  die  Willensfreiheit  aufheben; 
Zoemeren  aber  erhob  den  Einspruch,  dass  sein  Gegner  dem 
Vorwissen  und  Vorwollen  Gottes  Abbruch  tue  und  klagte 
ihn  des  Irrtums  an.  Aus  der  kleinen  Reibung  wurde  bald 
ein  grosser  Brand:  die  Universitäten  von  Löwen,  Paris  und 
Köln  ergriffen  für  den  Vertreter  der  via  antiqua  Partei. 
Hierdurch  aufgemuntert  ging  Petrus  de  Rivo  seinerseits 
zum  Angriff  über  und  kam  1470  nach  Paris,  um  hier  die 
Modernen  zu  bekämpfen. 

Aber  Zoemeren  brachte  es  in  geschickter  Disputation 
so  weit,  dass  nach  der  allgemeinen  Ansicht  die  Realisten 
unterlegen  waren.  Er  reiste  sogar  nach  Rom,  um  eine 
]Massregel  gegen  seine  AVidersacher  durchzusetzen.  Vier- 
undzwanzig Pariser  Doktoren  aber  erklärten  sich  für  Petnis 
de  Rivo  und  schrieben  ihre  Zustimmung  unter  seinen  Traktat 
(1471'.  Unter  ihnen  sind  mehrere  Lehrer  Heynlins,  Petrus 
de  Vaucello. -)  Guill.  de  Castro forti *^)  (von  ihnen  sind  dio 
ausfiilirlicliston  Bemerkungen)    und    GuilL    Bouillö/)    auch 

M  Z.  studierte  und  lehrte  in  Paris,  wo  Wcssel  Gansfort  einer  seiner 
Zuhfirer  war.      i45^>  wurde  er  Licentiat.     Um   1420  geboren. 

-)  S.  oben  S.  347  n".  (Bd.  VI,  2). 

•*,  S.    115. 

*)  Eine  von  Bouille  gestellte  theologische  Frage  befindet  sich  nntcr 
Heynlins    Manuskripten    (Disp.    fol.    213 — 217).     B.    war    einer    der  älteren 


JoliAnaea  Heynlia  aui  Stein, 


155 


E?in    huniajiistiacher    Freund   G.  Pichet   hat  unterzeichnet, 
selbst    ist   auffalleuderwtjise    nicht    dabei.      Mit    diesen 
t^ntai'lrtpn  ging  nnn  Petnis  de  Rivo  1472  nach  Born,  wiirde 
jort  1473  für  unschuldig  erklärt   und   nach  Löwen  zurück- 
geschickte Da  Zoemeren  schon  1472  in  Antwerpen  gestorben 
schien   dieser    Streit  beendigt     Indess  der  Gegensatz 
nschen  der  via  antiqna  und  der  via  modema  bestand  fort 
id  die  Streitigkeiten  in  Paria  borten  nicht  auf.     lh\  wandte 
lieh,    um    ihnen    durch  eine  Gewaltmassregel  ein  Ende  zu 
M^    ein    Teil    der   Realisten    durch    Vermittlung    des 
rs   von    Avranches    Jean    Boucard,    der    des   Königs 
Bichtvater  war,  direkt  an  Ludwig  XI,   der   sich    auch   zu 
Einern  solchen  Schritte  bereit  finden  Hess:    er   tibergab  die 
igelegenheit   den    Händen    des   Bischofs.     Boucard  berief 
iun   Anfang  1474    eine    grosse  Anzahl    von    •,viri    vitae    et 
lomm  integritate,   litteranim   peritia  summa  ac  virtute  et 
^oruin  gerencianim  experientia  comprobati"  zusammen^  ins- 
gesamt eine  stattlichn  Versammlung  von  50  Doktoren  aller 
^akultiitpn    und  Nationen^  die  nach  einer   .^gewaltigen  B<j- 
itnng**  den  Beschluss  fassten^  dass  fortan  nur  noch  Reales 
gelehrt  und  geduldet  werden,   die  Lehre    der  Mod»*rni  aber 
rerboten  sein  sollte. ') 

untrer  den  22  Doktoren  der  Theologie,   die  an  dieser 

lussfas&ung  Teil  hatten,    iist    nun  als  vorletzter*)  auch 

innes  de  Lapide  genannt.     Heynlin  hatte,  wie  sieh  von 

Einfälirer  des  Realismus  in  Basel  nicht  anders  erwarten 

t,  den  Streit  von  Anfang  an  mit  Aufmerksamkeit  ver- 

jißt.     In     seinem    Nachlass    ist    ein    grosses    Aktenstück, 

reiches  die  von  Petnis  de  Rivo  in  Löwt*ii  disputierte  Frage 

leh  dtmi    ZufÄlHgen  Künftigen   sowie  Gutachten  der  philo- 

Fakultät  dieser  Universität  dazu  enthält;  er  hat 

! mdig    ».»juodlibeta    quaestio    dispulata    in    «studio 

>vatiiensi  anno  etc*  LXV^^  überschrieben, ') 

ylogitcben  Doktoreii  (er  war  es  1444  geworden),  cim  in  seiDfr  Leu  wohl- 
Hier  ^Utin  (vgt  Bn'    *'    "-:,  Frank,  22S,  Clmn.  und  Auct.  oft.), 

*^  Die    I  i    ^tLi    iJ4urb  dem   KangAlter    (Heynlin  wür  erst  »cit 

ir>l(tobef  147:    I 

^  D»l|i«  <ö].   12^ — 144,     Es    iU    nicht  ui]m5|*Uch.    d«ss  i;erail(t  Heynlin 
IfnmilUntis  dts   Streite  von  Läwen   nach  Pari«    eint  gewisse  Rolle 


•■.ri^-'jr.::--:.    7M    ha-.»'?:;    y;}-«-i:.r.    &]*    i;.är-    v-:    ?-r::-:    V-> 

■•.•.:;?  •.;(-.':  Krj?-;^lj'ri'J?i!;ir  üb-r  'i^n  SrreiT  -i-r  "••-:  i-r.  T\>2- 
:.';.•  :•■::.'■:.:  v.?jr»-:i  H'/'.h  a*i' h  a]:-  -r^-JL-r  Lr-hrrr  ~i :  B— 
ka:. ;.»-■-.'..  L-j^;i-;  «i«-  M'.'i^-ri'liTii-.  G^iili.  -ir  <.'a**r  ■:  r::.  «ti:11 
li'^iuii:»-.  I^j.'iJa^'j-:  '!'•  P'u^-o.  B'rr'-rjgarTis  M-^r  ."<:•':■  r: f.  Ms:! 
Sj--*i^i*-r  '  "Ija'i'i'J'rt  j.  Ai:iar'.»r  T^h'-tart.  säiüT-ich  I'-ki  r-*.  irr 
Ti.« -^i'«:;;--.  -'iv.i*r  Ma^fi-r*-!'  .J'ihaTjii'r-;  S<Ti|iTMriT  ~:.  :  a:.  :-:-' 
i:.    /-;."r    \""r-a:/i;'iluijg    z-ig«rg<-ri    -änii    bei     drr    &=-■*•.  L "."::* ^ 

X;:^  rj'l'-i:i  mhi  iVmranI  'l^ru  Ent. scheid  dieser  I^-ki-rrL 
d-!;i  K''!jiir  V'.rg»-I"gt  liatt«-.  «Tlif-ss  Ludwig  XL  an;  1.  MiT 
1474-1  in  Si-!jli-  «'in  K'likr,  «las  unter  Aiidrohnn:;  >\r*'\i%^^. 
B'-stratnijg  'iarr  I^rlip-ii  uijfl  \'<'rbnMteii  nomiiiali>ti>ch>T 
1  doktrinell  f^ir  ganz  Krankr^M^-h  verbot.     So  .suchte  man  mir 

j;i-]'icli  h.*t.  \\:.-  ri.it  M':rrjj':liiiks  Veriiiiitiii)|{  bezü};Iich  der  Ucbertraguri^  ies 
..Nuniin.il.s::.:>.'*-^treiii  auf  'iciu  We;,»«  Köln  -Löwen — Paris — Süddcut^hläzd 
/us.vnir.cn2iih:iji'.:j  wäre  -,  Xcrrn.  i}i.  dcrs.  in  Württ.  Vierteljahrshcftei-»^, 
}i^S^'  Auch  T  .ij--!  ni.iiJ  si'.li  ijicht  vorst':ll<;i»,  (Jass  Hcynliii  üIkt  seiDcn  hucia* 
iii>ti>chen  N\:^jij^'.tj  di'.-  'in-it  -«»  tilri^;  ^-cpHeytc  schoiastische  Philosophi; 
MT-e<>L!i  IiÄiiv.  l'^r  '"i':^i!i  ■'■•.v::-!  i-t,  d.i^-»  rr  ^ich  auch  jetzt  noch  Aristi 'te>v 
li.iiuUi.hii  tun  mit  ■••  ho'.i^ti^  hm  Koiiiiiiciitarcn  kauft.  So  lindet  «ich  tvx 
l'iT^.mu'Mth-'.  „I-ibri  lic  r'"l«i  't  rijurnli>  Aristfitelis  cum  commento  lAverruis', 
;m  deren  iMülr  steht:  „Huin-  lüiriim  eiiii  <•;;•)  Jo.  de  Lapide  22  Julii  a.  d.  14''?' 
pieiin  j«i  -')1.'*;  fi:ie  .iiiil<-P-  „Über  d»-  animalibus  Aristotclis**  dat.)  trägt  d« 
\'trnurk:  „Umic  librupi  ♦.riii  c^o  Jo.  de  l.apide  parisius  a  pascasio  lihrario 
iii.i;.MH)  riii\er>italis  a.  d.  147 1  j)retii»  duorum  fraucoruni**.  AndcrcräCit< 
IM-Muh  tlii.lni  .iiu'h  „Kpi.-.tole  Nicolai  de  Clamentjiis"  sein  Cicfallen  (1471  ic 
l'.iri'.  deiTi  M^i.  l*etcr  \Va;;iK'r  für  ^2  soI.  abjjekaufn,  und  ein  ,.Kxerciciuni 
Mt.  ris  aiti-"  rtf.  hat  er  mit  Vcr-^en  von  IVter  I-uder  n4h7)  jjeziert.  V^l. 
dir  <  0,1.  Ha-il.  K.  I.  S'«  *'•  ^^  -'^»  '^-  ^'^'^'  '^^'  ^'  ^^'  '**■  I>if!ie  Mil- 
t'ilun-^iri   vci.lanke  ich  dci    (icfillijjkeit  «les  Herrn  Dr.  C\  Chr.  Bernoulh. 

»)  I-uh<'t  fcldt,  er  hatte  ja  schon  1472  Paris  verlassen  l-.  S.  i.O. 
l'.:..-r  «If  Mfleiidiiiis  j^.  S.  s\- \\,  (Hd.  VI.  21;  Ca^troforti  S.  115,  154;  Bouiiit 
V,  r;|:  <  haii'iuct  S,  ip«;  Thctart  S.  102,  iio;  Scriptoris  S-  14S.  Di-natus 
(!•:  I'iit't»  lind  li'iriij^cr  Manhand  sind  ältere  Studien(;cnossen  re<p.  I.chrtr 
H-vllllM«^  (^11-  stelltrn  ihm  Kraben  zu  einer  Disputation,  in  der  er  >ic  als 
■  V  rarniii  litt'iarum  pmfcssorc^  dij^nis">inios  bezeichnet.  Vorl.  fol.  20*".  Siehe 
l.";'  I  -ii-  l-.-rit  IV.  12«)  il.;  d'Ar^^entrc  I.  2}^^\  Hui.  V,  Index:  Chan.  IV.  l::iex. 

-»  .\';i)it  r  17^.  wir  f.i'>t  iluichwej;  an^ojjeben  wird  iso  Zarncke.  Vi-Hrher. 
I'ratitl,  Prot.  H«rn».i.  Winlcr  muss  der  französische  Ostcrstil  in  den  he'-*-:^':^ 
i.l.crtra-«:n   w.-iden.      IXis  Richtige  hat  schon  Phil,  Fich.   155  ges.i4:t. 


Johannes  Hcyulin  aus  Stein. 


157 


Hilfe  des  weltlichen  Armes  die  Gegner  im  geistigen  Kampfe 
zu  überwinden.     Der  Sieg  konnte   nicht  von  langer  Dauer 

C[,  schon  1481  wurde  das  Edikt  wieder  aufgehoben. 
Die  Ausfühningsbestimmnngen  waren  rücksiclitslos  ge- 
en.     Die  Bücher  der  Nominaliöten  sollten  nicht  nur  ans 
den  Bibliotheken,  sondern  sogar  bei  Schülern  und  Professoren 
konfisziert  werden  und  wurden  dann  an  Ketten  gelegt.  Wer 
^dcht  schwor,   das  Edikt  zu  halten,   wiii'de  nicht  graduiert. 
^Hle  Widersetzlichen  sollten  aus  der  Universität,  ja  aus  der 
^■adt  Paris  getrieben  und  hart  gestraft  werden, 
^      Ob  Heynlin  diese  brutalen  Bestimninngen  gebilligt  hat, 
6t«ht  dahin,  wir  möchten  es  mit  Vischer^)  stark  bezweifeln. 

tas  er  in  Basel  getan  hatte,  berechtigt  uns  nicht  zu  dem 
hlusse,  dass  er  sie  mithervorgeruft-n  oder  auch  nur  ilinen 
beigestimmt  habe.  Gerade  aus  dem  humanistischen  Kreise, 
dem  er  angehörte,  ertönte  eine  Stimme,  die  die  fast  lächer- 

Ebe  Strenge  dieser  Massregeln  verspottete,   ,,sic  indomitos 
nes    et    beluas    vinculis    cohiberaus    et    carcere^*    schrieb 
bert  Gaguin  an  Fiehet  mit  Bezug  auf  die  Anschmiedung 
der  nominal  istischen  Büclier.-) 

Aber  wenn  wir  nun  Heynlin  auch  fiir  die  Gewaltsam- 
keit der  Massnaliuien  zur  DntHnlrückung  der  Modernen  nickt 
niitverantTi'ortlich  machen,  so  bleibt  doch  immer  noch  er- 
Ktaunlich.  dass  er,  der  sich  einst  so  lebhaft  über  die  streit* 
süchtige  und  unfruchtbare  Theologie  beklagt  hatte,  iiber- 
haupt  an  diesen  sterilen  Streitereien  der  beiden  Wege  noch 
teilgenommen  hat  Zwar  aucJi  der  Humanist  Fiehet  tat  es? 
und  das  mag  uns  schon  stutzig  machen.  Die  Erklärung 
lir  aber  wird  in  der  richtigen  Auffassung  des  Gegensatzes 
beiden  Parteien  liegen. 

* 


Die  phyosopliische  Bedeutung  des  Nominalismus  und 
?alisnius  war  oben  erörtert  worden.  Aber  war  es  wirklich 
nur  die  Frage  nach  der  Realität  oder  blossen  Idealität  der 
abstrakten  Begriffe,  die  den  grossen  Gegensatz  zwischen 
dem  alten  und  neuen  Wege  hervorgerulen  hat?     Schon  die 


•)  S.  162. 

»)  Bul.  V,  7»  f. 


r  :.  -     rirmoxiriir-i.  TäJ 


:--   -rJ 


•ifciS    4--«»    t-iSC.:-«  :^ 


S<^<fr33$  «ritr. 


Johannes  He\Dlin  aus  Stein. 


159 


verbundenen  ^Sophismata,  InsohibiJia,  Obligatoria,  Conse- 
qaentiae**  und  ähnlicher  Spitifindi ff  ketten  verloren.  Das  tritt 
in  vielen  Aeusseningen  der  Zeit  hervor.  So  wird  den 
Modernen  einmal  vorgeworfen,  sie  klebten  nur  an  sophisticae 
et  cavillosae  argumentationes,  ,.Quis  autetii  dies  snos  in 
sophismatibus  omnes  terminabit?  nonne  plures  sutJt  altio- 
resque  seientiae  et  facultates.  qnibus  operam  impendere 
necease  est?'^  Ein  andermal  wird  ihnen  das  Gebiet  dor 
figmenta  und  disputatio  ztigewieaen^  den  antiqui  dagegen, 
die  von  sich  sagten  „Nos  imus  ad  res^  de  terminis  non 
cnramus^T  die  -gediegene  Wahrheit*^  und  das  ^ hinge  Be- 
stehen" ihrer  Lehre  nachgerühmt.  \)  Denn  der  Realismus 
urar  die  ältere  Doktrin,  der  neue  Weg  dagegen  erst  durch 
Occam  wieder  zur  GeHiing  gebracht  wordon. 

Auch  in  unserem  Edikt  von  1474  wird  nun  der  Gegen- 
satz zwischen  den  beiden  Parteien  keineswegs  als  der  eines 
spekulativen  Standpunkts  behandelt,  sondern  es  wird  den 
doctores  renovatores  vorgeworfen ^  dass  sie  an  Stelle  der 
altliergebracht-en  „nützlicheren,  gediegenen  und  heilsamen 
Ijehren  der  Reales,  steriles  doctrinas  minusque  froctuosas" 
einführen  wollten,  uod  auch  aus  der  Antwort  der  moderni 
geht  wieder  henror,  dass  der  Pjuteigegensatz  wesentlich 
nur  im  Lehrstoff  begründet  war,  nicht  aller  in  der  Univer- 
salienfrage. *) 

Jetzt  aber  verstehen  wir  auch,  warum  humanistisch 
gebildete  Männer,  wie  Fichet  und  Heynlin  von  diesem  Streit 
angezogen  werden  konnten.  Mochte  Heynlin  insbesondere 
noch  durch  seine  ein  gellende  Beschältiguiig  mit  der  Logik 
und  Philosophie  darauf  hingeführt  werden,  so  musste  beiden 
Freunden  daran  gelegen  sein,  eine  Richtung  nicht  aufkommen  1 
zn  lassen,  die  sich  ihnen  vornehmlich  als  Vertreterin  der 
Auswüchse  des  Scholastizismus  zeigte.  In  dem  neuen  Wege 
bekämpften  sie  das,  was  ihnen  an  der  Scholastik  überhaupt^ 
verdantmmawert  erschien* 

Erst  von  hier  aus  wird  es  uns  gelingen,  ein  Verständnis 
der  Persönlichkeit  Johannes  Heynlins  zu  gewinnen.  Ueber- 
hlicken  wir  rasch  seine  bisherige  Latifbahn.    Er  hatte  während 

«)  Solida  vcritas,  vctustas,     Prantl.  S.   292. 
a)  S.  Pranll.  IV,   187. 


ir>ö  Max  Hossfeld. 

des  Mn-iisohenalters,  iLis  er  nun  beinahe  an  verschiedeneu 
(leatschen  und  französischen  Schalen  zugebracht  hatte,  den 
^nzen  langen  Studiengang  der  mittelalterlichen  Universität 
dnrchgemacht.  war  mit  deren  hikhster  Würde,  dem  theolo- 
gischen Magisterium,  bekleidet  worden,  und  war  nun  mit 
dem  System,  das  an  ihr  herrschte,  sozusagen  bis  in  alle 
Winkel  und  Falten  hinein  vertraut  geworden.  Dieses  System 
war  jene  dem  Mittelalter  eigentümliche,  mit  der  Kirche  in 
so  nahem  Verhältnis  stehende  Verbindung  von  Philosophie 
und  Theologie,  die  wir  Scholastik  nennen.  Heynlin  war 
ein  ausgezeichneter  Scholastiker,  einer  der  hervorragenderen 
seiner  Zeit. 

Unabhängig  vii^n  dem  gewohnten  Gange  der  wissen- 
schaftlichen Ausbildung  aber  machte  sich  nun  damals  nördlich 
der  Alpen  noch  ein  anderes  Bildimgselement  geltend,  welches, 
Wissenschaft  und  Kunst  im  Spiegel  der  Antike  vereinend, 
etwa  seit  der  Mitte  des  Jahrhimdens  von  Italien  aus  seben  ' 
Eroberungszug  nach  Norden  angetreten  hatte,  der  Humanismns 
und  die  Renaissance.  Wir  brauchen  nur  die  Namen  zu  j 
nennen,  um  daran  zu  erinnern,  dass  die  neue  und  die  ahe  I 
Kulturströniunir  sich  schnurstracks  zuwiderliefen.  Wie  aber 
soll  man  sich  ilann  vt^rstellen.  da<s  der  Scholastiker  Heynlin 
iukIi  »-'in  Hiunanist  war?  Wie  war  es  möglich,  dass  ein 
Mann  >i:»lche  (.TOgt.*nsätze  in  sich  vereinigte?  Liefen  sie 
ganz  unvermittelt  wie  *^*1  unvl  Wasser  in  ihm  nebeneinander 
her.  so  wi»*  man  wohl  Bauwerke  findet,  bei  denen  die  alte 
gotische  Knnstniktion  beibehalten,  alles  äussere  Schmuck- 
werk aber  dorn  Ftirmenschatze  der  Renaissance  entnommen 
ist.  oder  wi»*  es  Menschen  gibt,  die  Frivolität  mit  Devotion 
ganz  unl>t 'fangen  zu  vereinen  wissen?  He\Tilin  hatte  sich 
zu  tiet  in  dir  eine  Strömung  eingelassen  und  der  anderen 
zu  viel  B^geisti-ning  entgegengebracht,  um  beide  so  unver- 
niischt  in  seinem  Kopf»»  beherbergen  zu  können:  auch  war 
♦T  dazu  ein  zu  gründlicher  Charakter.  Nein,  er  hat  in  der 
Tat  ein»'  Vt-rbindung  der  beiden  Elemente  angestrebt  xmd 
auch  »'in»*  gewisse  V»*reinigung  der  Gegensätze  erreicht 

Das  war  aber  nur  mriglich.  indem  er  weder  das  Eine 
noch  das  Andere  ganz  war.  Und  so  ist  es  wirklich,  er  war 
v»im  Scholastiker  wie  vom  Humanisten  nur  ein  Stück. 


johflnne&  Hcynlin  aiis  Stein. 


l6l 


Um    es   sogleich  zu  sagen:    Heynlin    behielt    von    der 
Scholastik  den  wesentliclien  Inhalt  und  nahm  vom  Human  ismus 
nur  die  äussere  Fiiriii.     Denn  insofern  die  Renaissance  eine 
neue  Ansicht  von  Gott»    der  Welt  und  dem  Menschen  bot, 
^liat  HeynJin  sie  entweder  nie  kennen  gelernt  oder  aber  als 
lerlaubt   kurzerhand    abgewiesen.     Von    freiem  Menschen- 
und  antiker  Weltanschauung  wird  man  keine  Silbe  bei 
iindon.     Mit    Freuden    machte    er    sich    dagegen    ihre 
ssere   Seite   zu   eigen,    die   ja  ioi  wesentlichen  eine  Ver- 
feinerung   der  Bildung    und  eine  sprachUche  Reform,    eine 
riederbelebung  der  Äusdrucksweise  des  Altertums  war. 

Denn  hier  stiess  ja  der  Humanismus  auf  den  schwächsten 
ikt  des  mittelalterlichen  Schulbetriebes.  Sein  Sieg  war 
sr  ein  verhältnismässig  leichter^  und  so  hat  sieh  auch 
lejTilin  ihm  gewiss  ohne  Zögern  angeschlossen.  Das 
krbarische  Latein,  das  er  daran  rügte  und  zu  verbessern 
jhtej  liing  aber  mit  einem  zweiten  Uebelstande  zusammen, 
^r  schon  schwerer  wog,  der  Gehaltlosigkeit  und  Veräusser- 
chung  der  Scholastik  und  ihrer  Erstarrung  in  spitzfindigen 
Untersuchungen  und  fmchtlosen  Streitigkeiten,  Man  weiss, 
ie  oft  die  Humanisten  iliren  (Rognern  das  zum  Vorwurf 
jmacht  haben.  Auch  diesen  Miastaod  hat  nun  Heynlin,  wie 
ir  gezeigt  haben,  wiederholt  iit^kämpft.  Aber  er  tat  das 
it  vom  Standpunkt  der  Renaissance  aus,  sondern  indem 
auf  dem  Boden  der  Scholastik  selbst  stehen  bliebe  indem 
die  ältere  und  gehaltvollere  christliche  Lehre  (bis  hinauf 
r^ur  Bibel  selbst)  dem  decadenten  Scholastizismus  entgegen- 
stellte; er  bekämpfte  diesen  Missstand  als  „antiqims'^.  Hier 
Hber  ist  nun  der  Punkt  gefunden,  an  dem  sich  der  Scho- 
iastiker  und  der  Humanist  Heynlin  die  Hand  reichen;  es 
H|  der  sogenannte  alte  Weg  oder  Realismus. 

H      Dieser  Realismus,  der  auf  der  einen  Seite  lediglich  als 
Hd  metaphysischer  Standpunkt  betrachtet  werden  kann^  ist 
Bidererseits  bei  Heynlin^    wie  schon  Zarncke^^  richtig  ver- 
inntet  hat,  die  Form,  unter  der  er  den  scholastischen  Spitz- 
findigkeiten überhaupt   die   Fehde  ansagt.     So    erklärt  sich 


')  Eml,  S.  t-. 

Büler  Zeluchr.  f,  Gesch.  und  Altertum,    VU,  1, 


102  Max  Hossfeld. 

denn  auch  die  Tatsache,  die  Geiger*;  einmal  konstatiert. 
das.s  der  Nomina lismus  selten  oder  nie  Begünstiger  hoina- 
nisrischfr^r  Studien  geworden  sei,  der  E.ealisniiis  dagegen 
häutig.  Indem  die  Richinntj  des  ^aUen  Weges*^  oder  der 
.sogenannte  Realismus  dem  Bedürfnis  nach  Vereinfachung  und 
Vertiefung  des  Studiums  entgegenkam^  ist  er  dem  Humanismm 
verwandt  und  hat  er  ihm  vorgeati)eitet.^j 

Bei  unserem  Heynlin  aber  verbinden  sich  die  beiden 
Richtungen  gegen  die  Auswüchse  der  Scholastik  in  der 
Weise,  dass  er  als  Realist  dem  Betriebe  der  Wissenschaft  und 
des  Unterrichts  irieder  einen  gediegneren  Gehalt^  als  Humanist 
ihm  ff'ifder  eine  elegantere  Form  geben  will.  Dass  die  Quellen. 
ans  denen  er  das  eine  und  das  andere  Mal  schöpfte,  die 
Antike  nämlich  und  die  ältere  christliche  Periode,  beide  den 
gemeinsamen  Charakter  des  ehruiirdigen  hohen  Alters  hatten, 
war  ein  ZusammentreffeUy  welches  die  Verbindung  der  beiden 
Elemente  nur  erleichtem  konnte. 

So  sehen  wir  in  Heynlin  sich  angesichts  eines  gemein- 
samen Gegners,  des  Scholastizismus,  eine  Verbindung  zweier 
verschiedenartiger  und  zu  verschiedener  Z^it  aufgenommener 
Bildungselemente  vollziehen,  die  zwar  die  inneren  Wider- 
sprüche, die  sie  trotz  alledem  fortfuhren  zu  enthalten,  mehr 
zudeckte,  als  wirklich  aufhob,  der  aber  doch  eine  gewisse 
Lebensfähigkeit  innege wohnt  hat. 

Als  Heynlin  Paris  verliess.  war  diese  Verbindung  des 
«Realismus-  und  des  Humanismus  zur  vollen  Ausbildung 
gelangt.  Er  sollte  später  in  Deutschland  damit  noch  Schule 
njachen. 


Nicht  lange  nach  dem  Erlass  des  Edikts  gegen  denXomi- 
nalisinus  nämlich  verliess  Heynlin  Paris  für  immer.  Allerdings 


>>  Mit  diesem  Ergebnis  befinden  wir  uns  in  erfreulicher  Ueberein- 
Stimmung  mit  den  kürzlich  erschienenen  Untersuchungen  Herraelinks  (WOrtt. 
Vicrtcljahrsh.  XV,  H.  2  (U)oU)  S.  319— 33f>;  der».,  Tüb.  theol.  Fak.  (iqooi 
S.  ()h  ff.,    134,    152  iJ.). 

2)  Kenaiss.  u.  Hum.  S.  ^\h.  Ebenso  schon  Zamcke,  Einl.  20  Tin<i 
neucstcns  Hcrnieiink  S.   152  fl". 


Johannes  Hcynliu  aus  Stein 


«63 


^Bildet  sieh  sein  Name  noch  in  einer  Parkimentsverfügung 
^voiii  12.  September  1474  und  die  Sache,  um  die  es  sich 
^■landelte,  lässt  den  Schluss  ziehen j  dass  er  damals  selbst  noch 
^Kn  Paris  anwesend  war  Im  August  1474  starb  Liernäin lieh 
^Ber  Geschäftsfiihrer  der  Mainzer  Buchdrncker  Poter  Schüffer 
^Btind  Konrad  Henckis,  ein  gewisser  Hermann  von  Starltlohn. ') 
^■Der  König  Hess  seine  reiche  Hinterlaöst^risrhaft  mit  Beschlag 
^■belegen,  weil  Hermann  als  Mainzer  Binger  mit  Lmiwigs 
^fcrösstem  Gegner  Karl  dem  Kühnen  verbündet  gewesen  sei. 
^BDer  Naehlass  bestand  neben  Geld  in  einer  grossen  Anzahl 
^kon  Büchern,  die  meist  seinen  Mainzer  GescUäftsherren^  aber 
Hanch  ilim  selber  und  einigen  Angehörigen  der  Universität 
Bgehörten.  Untf?r  diesen  befand  sich  in  erster  Linie  Hej^liii^ 
"der  üim  entweder  Bücher  geliehen,  oder,  was  wahrschein- 
f  lieber  ist,  Mainzer  Dnicke  bei  ihm  gekauft  hatte,  die  aber 
^koeh  nicht  abgeholt  waren. 

^M  Es  dauerte  nicht  lange,  bis  er  in  ihren  Besitz  kam, 
^E[)enn  die  Universität  legte  sich  für  ihn  und  die  anderen 
^KBeteiligten  ins  Mittel,  verlangte  die  Ausfulgiing  der  Bücher 
^pikrer  Angehörigen  und  erreichte,  dass  das  Parlament  auf 
Befehl  des  Königs  anordnete,  ihrem  Wunsche  Folge  zu 
gehen.     Dies    geschah    durch   die  obener%väliiite    Verfügung 

»vom    12,    8eptemlver. -)     Zwei    Monate    später    werden    wir 
Heynlin  schon  bi  Basel  treffen. 
— 
^)  Dies  dürfte  die  richtige  Form   des   viel   verstümmelten  Namens  sein. 

In  einem  Briefe  Ludwigs  XL  vom  14,  IX.  1474  (Letlrcfi  de  L.  XI,  publ. 
[  par  Vaesen  et  Cbaravay  V,  282)  wkd  er  na m Heb  Estatelocn  genannt,  was 
'        die   französiscbe  LTmfonnung  des  deutschen  ^Station**    wäre;    da    er    nim  aus 

der  Gegend   von  Müuster  war    (s.  Bud,  58),    so    wird    StadtJohn  i.  W.  seine 

Heimat  gewesen  sein, 

■  *)  „Et    aussi    a    dit    ledit   Recteur   {der  LTniv.)  que  uq  Docteur  nomme 

de  Lapide,  Maistre  en  Theologie,  et  aucun*^  autres  particuUerb,  dcmcurans  et 
cstudians  cn  ladite  Universile  de  Paris,  avoicut  aucuns  livrcs  chez  ledit 
Hcrman  qui  Ictir  appartenoicnt  et  appartiemicnt  ...  Et  tout  considerc,  lei 
Pre&idenä  ont  ordoDoe  et  appoiote  .  .  ,  que  au  regard  des  biens  et  livrcs 
cjui  tout  propres  bieos  et  livrcs  audit  feu  Hernian  et  de  ceux  qui  appar- 
ticxinent  audit  de  Lapide ^  ,  .  .  lesdits  Presidents  feraut  droit  ausdites  parties 
^m  aiDsi  qu'il  app^irtiendra  par  laisoii,  Fait  en  parlemcnt  le  ra  iour  de 
H  Septetiibre  1474  {BuL  \\  715). 


1^)4  Max  Hossfeld. 

„Hanc, ')  Lapidane  pater,  dum  foelix  Parisiorum 

Gymnasium  incoleres,  doctor  amate.  paras, 

In  qua  virtutem  explanas  logicaeque  medullam 

Usque  adeo  ut  facilis  te  duce  facta  patet, 

Tempora  mult»  bonis  illic  studiisque  probatis 

Trivisti,  insigni  praefuerasque  scholae. 

Sed  tibi  plus  placuit  Christi  schola,  dogma  salutis 

Sectatus,  liiKiuis  dogmata  vana  scholae. 

Tu  logicam  linquis,  quam  non  mediocriter  olim 

Callebas,  praesens  quod  über  iste  docet  .  .  . 

Tu  sinis  artistas  quod  inania  murmura  rodant 

.  .  .  omnia  Christi 
Linquis  amoro,  suam  ferre  cnicemque  studes.^ 

So  dichtete  Sebastian  Brant  auf  seinen  Freund  Heynlin: 
er  wird  den  Beweggnind,  der  ihn  von  Paris  forttrieb,  richtig 
getroffen  haben.  Aclitzelin  Jahre  lebte  jetzt  Heynlin  aiif 
franzr)si8chem  Boden,  er  hatte  nun  fast  alles,  was  er  von 
Paris  erwarten  koimte,  erreicht.  Seine  Studienlaufbahn  war 
beendet,  ihn  schmückte  der  Titel  des  Doktors  der  Sorbonne; 
die  liöchsten  Ehren,  die  ein  Deutscher  in  Universität. 
Kollegium  und  Nation  erreichen  konnte,  waren  ihm  zu  teil 
g(»w()nlen;  er  hatb»  die  Kunst  des  Buchdrucks  in  Paris 
heimisch  gemacht,  und  den  Anhängern  seiner  via  antiqiia 
hatte  (»r  in  don  Sattel  geholfen :  es  gab  nichts  mehr,  was 
ihn  locken  konnte,  seinen  Aufenthalt  noch  weiter  zu  ver- 
längern. Kaum  blieb  überhaupt  jemand  länger  als  10  Jahre 
in  (h^m  Kollegium  der  Sorbonne,  und  diese  Zeit  war  jetzt 
für  Heynlin  abgelaufen,-)  er  hätte»  sich  nach  einer  neu^^n 
Kxistenz  in   Paris  umsc^hen   müssen. 

WeU'lnu-  Art  iilxM'  konnte  diese  sein?  Heynlin  war  am 
Kn(h»  (h)ch  (h'r  Disputationen  und  der  scholastischen  Streitig- 
keiten überdrüssig  gewordc^n,  imd  die  unerquickliche  Schärt'o. 
zu  der  sie  sich  g(Tade  im  hetzten  Jahre  zugespitzt  hatten, 
dir  \Vi(hTwärtigkeit<Mi.  die  bei  der  Ausführung  des  könig- 
licluMi    Ediktes    gezeitigt    werden    mussten,    mocliten    dazu 

*)  Scilicct:  loj;icam.     Das  Gedicht  s.  bei  Zarn,    191. 
-)  Die  Hestimniiinjj  bei  Gre.  35.  —  Von   1462 — 1464  und   1467 — 1474 
war  Hcvnlin  in  der  Sorbonne  ;;c\vcscn. 


Johannes  Hcynlin  aus  Stein.  165 

beitragen,  sie  ihm  vollends  zii  verleiden.  Die  „eitlen  Lehr- 
meinungen- der  Theologen,  und  das  ^seichte  Geschwätz'^ 
der  Artisten  konnte  einem  tätigen  Geiste  auf  die  Dauer  keine 
Befriedigung  gewähren,  Heynlin  aber  wünschte  sich  eine 
fruchtbare  Wirksamkeit.  So  kam  es,  dass  er  sich  dem  Predigt 
amt  bestimmte.  Von  seiner  Ausübung  aber  konnte  er  sich 
nur  in  seiner  oberrheinischen  Heimat  Erfolg  versprechen.  M 

^)  Das  von  Zamcke  angegebene  Motiv  für  Heynlins  Abgang  aus  Paris 
lässt  ihn  zu  kampflustig,  das  von  Philippe  (Impr.  237)  genannte  ihn  zu 
resigniert  erscheinen.  Zarncke  befand  sich  freilich  nur  in  einem  chronologischen 
Irrtum;  er  setzte  noch  die  Einführung  des  Realismus  in  Basel  nach  1473  an, 
dann  allerdings  müsste  man  Heynlins  Initiative  bewundem,  die  ihn  nach  kaum 
errungenem  Siege  in  Paris  sofort  nach  Basel  trieb.  Philippe  gibt  als  Motiv 
den  unrühmlichen  Ausgang  des  Heynlin-Fichet'schen  Unternehmens  an,  der 
dem  hoffnungsvollen  Anfang  so  gar  nicht  entsprochen  habe;  nach  dem  Fort- 
gange Fichets  und  dem  Abzug  der  drei  Drucker  aus  der  Sorbonne  halte 
Heynlin  allen  Mut  verloren,  voll  Trauer  die  Sorbonne  verlassen  und  sich  so 
schlecht  und  recht,  wie  es  gehen  wollte,  der  Predigt  gewidmet.  Das  hiesse 
Heynlins  Interesse  für  den  Buchdruck  und  für  den  Humanismus  zu  stark  in 
den  Mittelpunkt  seiner  Persönlichkeit  rücken.  —  Prot,  verzichtet  auf  eine 
Xamhaümachung  seiner  Beweggründe.  Albr.  gibt  1477  statt  1474  als  Jahr 
der  Uebersiedelung  an. 


^^^(^  Max   Hossfeld. 

Zweiter  Teil. 

Predigtjahre. 

7.  Kapitel. 
Basel  1474—1478. 

So  geschah  es.  dass  HeyiiHn  im  Jahre  1474:  zum  zweiten 
ilale  nach  Basel  übersiedelte.  Im  selben  Jahre  ging  anch 
sein  treuer  Schüler  Joh.  Reuchlin  von  Paris  nach  Basel, 
wahrscheinlich  um  bei  dem  Lehrer  bleiben  zu  können.^) 
Heynlin  aber  stand  diesmal  nicht  im  Dienste  der  Universität 
sondern  im  Dienste  der  Kirche.  Zwar  scheint  im  Jahre 
1477  mit  ihm  über  die  Uebernahme  von  Vorlesungen  ver- 
handelt worden  zu  sein;  eine  Stelle  in  den  Bat^protokollen 
.,von  Doctor  Adam  Kridenwj-ss  auch  Meister  Hannsen  Durch- 
lachs  und  Meister  Hannsen  von  Stein  wegen  Ir  Lectur  halb**) 
deutet  darauf,  doch  findet  sich  in  einer  im  selben  Jahre 
gehaltenen  Dankredo  liouchlins.**)  in  der  er  seine  Lehrer  auf- 
zählt, zwar  Kridonwyss  aber  nicht  Heynlin,  so  dass  man 
annehmen  kann,  jener  habe  die  Lectur  angenommen,  Heynlin 
aber  nicht:  ihn  hätte  Reuchlin  bei  seiner  Dankrede  sicher 
nicht  vcM'gesseii.  wäre  er  unter  den  Lehrern  der  Universität 
gewesen.  Auch  findet  sich  in  den  Büchern  der  Universität 
nicht   eine  Spur  von  seinem  Xamen.*i 

Machte  also  Heynlin  von  der  ihm  zwei  Jahre  vorher 
erteilten  licentia  docendi  keinen  Gebrauch,  so  um  so  mehr 
von   der    licentia   jiraedicandi.     Von    der   Adventszeit    1474 

>)  (ieij^.  R.  12  und  13.  F.  Thudichiim,  Joh.  Reuchlin  in  Monatsbeftea 
«1.  Comeniu.NgebeDsch.   Bd.    11,   S.    i<)0  (1902). 

^)   Visch.    163  A.   25. 

••)  Geig.  Br.  S.   344. 

*)  Visch.  n>2.  D;iss  er  einmal  im  Jahre  1476,  übrigens  in  einer  l*r- 
kiindc,  die  mit  der  Universität  gar  nichts  zu  tun  hat,  sacre  theologie  profcssor 
genannt  wird,  beweist  gar  nichts,  «lenn  auch  als  er  längst  hinter  den  Minera 
des  Klosters  sas^^,  bezeichnete  er  j-ich  noch  so,  z.  B.  in  der  „Praemonitiö 
Fratris  Joh.  d.  L.  Cartusiensi^  Sacraruni  litterarum  humilis  professoris 
Farisiensis'*  (14SS;. 


Jofaadoi*!^  Heyulin  ntis  Sttii* 


167 


soiiunn  Tod*^  eutfalti^ti*  ^r  luit  nur  geringc*ii  Cnti?r- 
Xen  eine  ganz  bedeutende^  lang«  nicht  genug  ge- 
•^♦(inligt*»  Pri'digitätiglctMt,  weit  umlier  in  dt^n  südwestlichen 
"*  lien  Ländern  um  den  ()!>eron  Rh»*in,  zumoisf  «IdcIj  in 

j-  wo    er   sie   begann,    und  wo   vr  Rie  nur  finen   Monat 

K'  ^inum  Tode  auch  be!^<^h!üSs. 
Seine  nr)ch  fast  nnb^nnt/^ten  Predigtentvvürfe  Mlenn  in 
1er  Ausftihrlichkeit  niederg**srhrieben  ist  nur  die  Minder- 
Inliln  ?tind  bis  nuf  wenige  und  im  VerhitUni:*  Icleint^  LiU  Icen 
prukl  erhalten*  und  ermöglichen  uns  schon  durch  ihren  Um- 
'  -  :  1410 Predigten!»  uufl  dureli  tue  /zahlreichen  fagelmeh* 
^i_  fi  Nfitizen,  tue  ihr  Verfas^r^r  nm  Aid'ang  oder  mu 
Ittsae  einer  grossen  Anzahl  von  ilujen  niederschrieb,  '1 
ein  an**cliaulieh«»s  Bild  von  d<T  Tiitigl\»*it  iM*nes  Pivdigers' 
mucheD,  der  22  »Jahn*  hindurch  unerniüdet  von  schwei- 
chen,  badiüchen.  wurttem  bergischen  und  elsäÄsischen 
Au  das  Wort  Gottes  verkündet  und  tJeistlichkini  und 
znr  Umkehr  und  xn  frommem  Wandel  ermahnt  haL 
Satz  eines  sein**r  Schüler,  ITIricli  Surgant,  ,,Ani  meisten 
die  Predigt  zur  Bekehrung  *les  Menschen  boi"*,  \st  für 
rnlin  dt-r  Iveitstern  gewesen,  nach  dem  »ich  in  tUyn 
jenden  IB  .lahren  -i'*\u  n»*nki*n  und  HiM*d*»h>  VMmiJniilu  Ii 
tcht4M  hat. 

Am    ersten    Adventssonntag    dm   Jahn*8   1474  {21,  Nck 

ibf^r)  bestieg  H*'ynlin  in  St  Theodor  in  Klein-Biisel  zum 

ßm   Mal  di«'  Kunz*^!.-)  Ab**r  er  war  an  di^'ser  Kirche  bloss 

nur  seine  »weite  und  dritte  Predigt  hielt  er  noch  hier 

LdvMut   1474  unil  Invocavit  1475,   in  den  zwei  Monat«*n 

mu  i\'u^<i*u    lu  iM.ri    SunriTjL'i'n    lint    »»r    ni<*ht    L^<'pn»digt 


KQ  wh^mhfAen  untl  die  Aumeikungcit    nicht   tu   liaufcu,   vct\vebcu  Mtt 
i  für  ftlle  .MaI  auf  iUe%e  TiltcWt^  welche  cineu  {crosscii  1  eil  der  Hclcjjhldleu 
|dic  l<>l|*riiile  Krdihtunte  cnthiitt.     M»ii  ftutrlie  d^»  <rcuttii&ehir>  <'if  ^lU"  '^'■- 
ttSK  ^^  Tabelle  iit  rhntm*h>^i%ch.  gtordfinlt 

*>  Nicht    du    St.    I.€<iiih.ird^    wie    iilicnill    tu   Icäcu    ist,      I>i'.m:    lils^hc 

fvhn  dfivöii    her,    d;\*»^    Äuf  dem    V«r«itfbhitt   de*   *'odci  A.  VTI.  H 

Lenohard^kirche  mit  Namen  gcn;innt  ist,     L'cbcr  dieic  Vonatiblütter 

I.     Durch  ihre  Kurse  haheo  %ie  Mrhoti  ^u  nichretcn  M»i«verititid- 

ÄMiMMh  i^elieti.     Adiimbr,    toj    »chreibtt    er    hatte    «chon    14*4    am 

Ivr  gepiedifl:  diet  wiir  er«t  drei  Jahre  i»p2trr  der  Knlt 


I'M  Max  Hossfcld. 

nt\cr    iiiin(lost«»ns   sind    koino   Predigten    erhalten  '  :    aaLL 
gin^  <*r  nach  St.  Peter,  predigte  aber  auch  hier  ntir  dreimal 
( lli.     24.  F<'bruar  1476).*)  Mittlerweile  hatte  er  an Sf.Lroniari 
f-iii*-    «'twas    fosti?re  Anstellung   gefunden.     Euer   war  man 
«irw'S    Predigers     schon     seit    langem     entwöhnt.     HernÜL 
spricht  in  der  zw(»it(m  Predigt,   die  er  dort  hielt,  aus.  «la» 
Ht'Auo,  Znhönjr  ^ungeübt  im  Hören  des  Wortes  Gones-  s*»i»-n.* 
I>as  war  k^Mn   Wunder.     St.  Leonhard  war  eine  Stiftskirch* 
gfjwivsi'ii.   und  hatto  wio  so  mancho  andere  am  Ausgang  d^ 
Mittjfhih.crs   sich  um  die  Ptlichten  der  Seelsorge  wenig  g*- 
krniuiiert.     In    der    «»rst(»n    Hälfte   des  15.  Jahrhundens  l>.n 
das    Stift,    ein    schlimmes    Bild    geistlichen    und  weltlicli»'ii 
Verfalls.     Zwar    war   es    dann    1462    reformiert    und   in  ein 
*  KInster   der    n^gnliert.en    August inerchorherrn    von   der  (fi>- 
scrvaiiz.  die  cUmii  Windeshoimer  Generalkapitel  unterstanden, 
verwandelt  w()nh»n:    aber  die  Mönche,    denen  anfangs  auch 
Pfarr«'i  niid  Pre<ligtamr.  aufgetragen  war,  kamen  vom  Nieder- 
rlH'iii   und   k()nnt(»n  sich  dem  Basler  Volke   nur  schwer  ver- 
stund lieh   machen.     Da    sie   nun    auch    in    der  strengen  Be- 
obachtung ihrer  Observanz    durch    die   Seelsorge   gehindert 
wunh'U.    empfand    man    es   als  wünschenswert.    Kloster  nn-l 
Kirch«'   sehih'fer   zu    t nennen. ^'      Diesem   Bedürfnis    ist  W'thl 
Hrynlins    Anst«'llung    an    der    Kirche    zuzuschreiben.      Seit 
I  ITi")  l)»'(lientt^  i'r  also    „an  Stt»lh»  eines  Leutpriostt^rs".   wie 
LanixM-    seiireibt/'^i    »lie    moch     nicht    fundierte»    Pfarrei  r\ 
St.    Li'onijanl.      Kr  scheint  anfangs  eine  Reihe  von  Predigten 

'l  Alli-nliu^^s  ist  inö^^lich,  dass  ein  paar  in  Band  I  stehende  l*redij»tcr; 
«lir  ohiw  Jalms/ald  ^iml,  in  ilir>i'  /eil  j;eh(")ren.  Es  .sind  2  Sanistag>predigteT. 
(*^al)l)at()  :  advt-ntu-  dnmini  pn>t  vc«^pcra^  und  Sabbato  ante  uativitatcni 
<lnTuiiii.  I*r.  I,  •)v-'>'>*^  »"*!  t;i>»  Zyklus  „über  den  geistlichen  Schmuck  der 
iTau",  ans  «Iftn  eine  I'rrdi^^'t  »lic  Anj4al)e  „in  die  puriticationi.s*'  trägt  (Pr,  I, 'M'. 

-I  S.  lal'fllr.  Die  beiden  let/ien  Predigten  tragen  keinen  Veimerk. 
«bull   ^eht   au-^   ilireni    Inhalt   liervor,    «la-«^   sie  ^icichfall>   in  St.  Pcler  jjehalten 

WUI'lcil. 

')  I'r.    I.   2.^ 

'•  I<)1>.  r.rrri.  I2I-I2.},  n»i.  -  Waek.  H)»»  gibt  i4(->4  at^  da.'.  Jahr  de; 
K'tnini   an. 

•'!  Aul  dem  litell>latt  /.u  l'r.  I.  Viec  plcbani  bedeutet  vielleicht  aU'li 
an  Stelle  fies  Leut[)i  ie-iei -.  doch  >rheint  c>  vor  Heyniin  keinen  Plebao  j?" 
^cben   zu   haben.  Jol».   Hern,   nennt   keinen. 


( 


Johaiiües  Hcynlin  aus  Stein. 


169 


der  Kirche  gehalten  zti  haben,  äcliori  ehe  man  ihm  die 
Stt^Huiig  übi^rtnig;  anfänglich  ist  nämlich  fast  allen  Ent- 
^*ürfen  ausdmcklich  apiid  S,  Lexniai^duin  beigeschrieben,  *) 
;49Ci  als  ob  es  noch  die  Ansnahiiie,  nicht  die  Regel  gewesen 
lÄTäre.  und  erst  von  Pfingsten  147r>  an  (14.  Maij  fehlen  die 
Notizen:  es  vei'stand  sich  nunmehr  vtm  selbst^  dass  es  die 
Leonhardskirche  war.  für  deren  Besucher  er  seine  Predigten 
Tiiederschrieb.  Indessen  hat  er  gelegentlich  auch  an  anderen 
Kirchen  Basels  gepredigt»  so  am  2.  Aprd  1475  Vor-  und 
Nachmittags  in  St  Theodor  in  Kleinbasel,  zur  Feier  der 
Kirchweih,  so  am  IB.  Juli  1476  in  der  Margaretenkapelle 
(am  Tage  dieser  Heiligen)  und  im  selben  Jahre  am  Tage 
üariä  Geburt  in  St  Martin,  Auch  in  die  Umgegend  der 
^H^dt  rief  mau  ihn  bereits,  am  Gründonnerstag  1475  nach 
^ßmmenburg-i  und  am  Dienstag  nach  Kreuzei-inidung  147*» 
iJ.  Mai)  nach  dem  Frauenkloster  Mutienz,^^\ 

Meist  jcnloch  sprach  er  in  dt^r  St.  Leouliardskirche  in 
Basel,  eine  regelmässige  Folge  von  Predigten  führt  uns  von 
Pfingsten  1475  bis  hin  zur  Fastenzeit  des  Jahres  147i>. 
<.70  Predigten;)*) 

Dann  finden  wir  ihn  mit  einem  Male  in  der  Haupt- 
stadt des  Grafen  Eberhard  im  Bart  von  Württemberg: 
^in  die  Sancti  Mathie  in   Urach  70*   schreibt  er  über  eine 


>)  S.  Tabelle. 

^)  Der  Ort  kann  nicht  weit  von  Basel  liegen,  da  Heynlin  am  uächsteti 
Morgen  schon  wieder  in  St.  Leonhard  predigte.  —  Die  Handschrift  kürzt 
IfDtncnbg.  ab  und  hcUt  da^  r  über  d.^s  jj»  e,^  köimtc  iiho  iiuch  Immenhcrj; 
lieiäscn,  VieUeicht  babcn  wir  cj*  mit  einem  ausgegaogeneti  Orte  i\x  tun. 
Vgl.  Geogr.  Lex.  d.  Schweiz  II,  (M4. 

*)  HejTilin  *ichreibt  MutiU,  s.  Tabelle. 

*)  Fr.  1,  foK  72^^254',  wo  der  Band  mit  Epiphanias  1476  endigt;  die 
iFortsetzung  in  Pr.  U,  fol.  1  ff.  Die  letzte  Fredigt  dieiscr  unuuterbrochcncn 
Hethe  ist  vom  11.  Februar  (Pr.  11,  8*).  —  ^^Basilee  in  diversis  ecdesii£|j 
maxime  tarnen  ad  Sanctuni  Leonardum**,  Achrcibt  Lauber  nuf  das  Titelblatt 
-des  ersten  Bande>.  Gelegentlich  zeigt  c>  sieb  positiv,  dasj*  diese  Prcdijjten 
in  St.  Leonhard  gehalten  wurden^  so  wenn  Hcynlin  beim  Fcsfc  diese>  Heiligen 
■(6*  Nov.  1475)  dreimab  in  profcsto^  mane  und  post  meridiem  {iredigl  {Fr.  I, 
217*^ — 220),  oder  wenn  er  einmal  seine  eigene  Methcwie,  die  Sonotugc  nach 
Pfingsten  zu  berechnen,  mit  dem  ordo  ecclesie  S,  Leonardi  vergleicht  (fol.  136), 
oder  wenn  er  seine  Zuhörer  direkt  als  Ffarrkinder  von  St.  Leonh.  anredet 
<9.  Juli   1475,  foL    128). 


i 


l'jo  Max  Hossfcld. 

dort  vorgt»tragone  F^redi^  -24.  Februar i.  Langi>  ist  er  aber 
liior  nicht  gebliobiMi:  am  ersten  Fastensonntag  (3.  März)  ist 
er  sehon  in\  badischen  Rastatty  verweilte  aber  auch  dort 
nur  einige  Ta*::e  und  pnHÜgte  am  Sonntag  Oculi  (17.  März- 
sehon  wieder  an  St.  Leonhard  in  Basel. ^)  Hier  blieb  er 
i\ber  i  >stern  und  Pfingsten  bis  zum  achten  Sonntag  nach 
Trinitatis  [A.  August)  und  predigte  in  diesem  2^itranin 
41  Mal.  alst>  recht  häufig.-'  Dann  ging  es  schon  wieder 
nach  Württembi'rg.  diesmal  nach  Sindelfitigen  bei  Böblingen, 
um  dort  bei  der  Visitation  des  Stiftes  zu  helfen.  I)r*M 
Wochen  später  ist  er  in  seinem  Haupt*|uartier  zunick,  bleibt 
abt»r  auch  hi«»r  kaum  iMuen  ^[onat.^i 

Denn  mittltTweile  war  sein  Ruf  als  Prediger  schon  weit 
iiber  die  Mauern  der  Stadt  hinausgedningen. 

Bevor  wir  abi^rHeynlin  nach  Bern  folgen,  suchen  wir  uns 
tMuen  Bt»gritf  vtui  seiner  Predigt  weise  zu  verschaffen,  die 
ihn\  zu  einer  si^  raschen  Bt4iebtheit  verhalf,  und  wählen 
dazu  als  Proben  einige  der  ausführlicheren  Sermone  aus 
dem  Jahre  1475.  wie  er  si»:  an  St.  Peter  und  St.  Leonhard 
in  l^ajifl  gehalten  hat.  Wir  nenn»*n  sie  nach  dem  Bilde. 
dessiMi  t^r  sich  jedesmal  vorwiegend  beilient  «Fräulein  Be- 
kenntnis-, das  ..Mi>ri:ev.nu\hl~  und  dnn  -  Rosengarten -. 

Pas  ^Fnhtltiti  Pt  k-  nu^kii^^,  vi.  h.  Sündenbekenntnis, 
is:  ein.»  Keih^^  vo'.i  dr»'i  IVe^liiTten.  die  am  Sonntag  Reminis- 
cer,»,  IVtri  Stun'vtoior  uv.d  Mütthiiis  1475  U>..  22.  und  24.  Fo- 
biuar    iü  S:.   \\':rv  vorir^rniiTov.  wor.l'^n  sind.     Das  in  allen 

»  V.»v  Rvv  r.^.vTo  : .  l'.I  «  >:  ..uoh  eine  Predigt  da,  Ab*r  ohi;« 
v^:t- ^'.'o. .■!•.:•  v.:-^.    --.o    iirh.^-;    ./- ^     ^•■•v.^  i:.:er    -.-.•.vh  ::i*:h  RostAtt.    oder  schon 

•  ;\,  r-l^:-:  -:?»>^v  :i  >  ■:  Vr  II.  f::.  15—24  (17. — r;.  Mir:». 
;  -S    ::    :'•.    lil.    -,' .      ;i— :    -'     ;^.   NL;::   >:>   i.   A-^>l:       Mit  St.   Lcoaiur.: 

-:  •  .::  .-.o  ..-■  Iv  :.- '.w  f '.v..!^-  .;cr../.:^--,'  Vr^i:^::  Sf.:e:chKt  «>.  TaSelle  Juni 
;"        ^^<"     ./';:■.'     .   ':  ^.•:    \;frx:. •■■*.:   x-..-'^  >:    l.^./".h.iri  voE  >eil^>t.     —     W.ihr- 

-.:'..•"■.•>.  ^."h.  ::  .•  ;  ^-  — -'  '.*>>•.■■--•.'.:*:■.  ."  0>r.  :>!.  '^r — v-**  i:^  J^r 
,••      ,:  -     ;*.>-     ■ -;:v-.\  .::.'       ■    ■;-::-•■    ■■:—"::b    .i~-     KirtreitJig     gehalten     ru 

«v  :.■  .      ■  -■     -    •.;      ..^-r     :..■     -"•::    .:^r     ;.:-—     i^-i--^^^;      Eia:-«     iv    i:r 

*  N.;- ■  .V    :v  ::.■; '.■•.!      •  >    "  4    >■ :.Uj;  •  .u-i   rr.~:t.ifT.  ^24.  Acgost  ^:- 


JnhjiMtteit  Hn^RHti  nM%  Sl«]; 


behandeko    TluMuii    i^.     ..-   Frage:    Wie    kauh   ^^ 

iiligo  Seele  wiiHlf»r  mit  14*4 1  vorsoliiit  wenlcnV,  tlie  Ant- 

darauf  mnd   izimi  Teil  wörtlich)    seiner   fttnf   JaJiro 

111  Paris  «Hsputiorteii  ^inagiiii  ordiuaria**  iMitiJümm«*n:^ 

I   jtlj*M*  ij^t  <lie  Form,  unter  ih^r  er  seinHii  itnplrhii'i'n 

löreni  (Uesen  Lelmnhalt  darbietet 

Di«»    erstf   Prüdigr    hat   sium  Text  tlus  Evi*ng**limn  ik»s 

mntttgs  Bt'miniHcere:  n*''^^'^^  Herr  Du  Sohn  Davids^  urlmrm«» 

ich  meiüt^r!  Mfine  Tochter  wird  vom  TftiitV*)  »hei  ge[dsgüt> 

der  Einleitung  erzählt   und   erlÄut^ert  w  die  (hAschicht45 

^11   dcMU  kdDanäischen    Weihi%    das    obigi^»  Wort^?    zu  Jesuti 

ruilu,  hiiiidt*h.  dann  in  t^neni  «^rsuni  Tinh^  von  d»^r  Krank* 

it  dt^r  Tochter,  tl,  h.  \um  «h-n  Sünden  unserer  Soide.  und 

^llt    im   »weiten    die    Frage,    wie    wir  unsere  Seele  heilen 

iWii.     Dil*  Antwort  darauf  will   HeyjiHu    „naeli  dem  Vor- 

|de  unj^Mfeiii  Lehrmeisters  Jemis  Christus***  durch  ein  (iliMehnis 

und  erzählt  nun  E^olgendes. 

Kr  nimmt  an,   dass    er   die    heutig«*  Predigt   vnr  «'ijKHu 

khr  liin  gleichen  Sonntag  in  PariH  gepredigt  und  iiri  dem 

inkte  beendigt  hat,  bis  zu  dem  er  sie  soeben  geführt  bat. 

rh  der  Predigt  sei  ein  annseliges  Weiblein  mit  zaghufteti 

^bärdtäu  zu  ihm  gekommen,   älinUch  wie   da«  kananöische 

Ftib,     Auf   seinn    Frage,    wer    sie   sei   und  was  sie  wolle^ 

me  «ich  fniwlin  bekäntnlss  (nämlich  der  Sünden)  go- 

id  geklagt,  dass  ihre  Tochter  sehr  krank  sei  id.  h. 

Seide  von  Süudpu  gejieinigt  sei^;  ob   ich   l^eliebtMi 

ihr  ein  Mittel  zur  Heilung  zu  geben.     Er  habe  sie 

irJiHt  gefragt,    woher    mie  wüsste,    dass  ihre  Se»de  krank 

Dnrauf  sie:    Es  sei  ihr  nach  Anh^irung  seiner  Predigt 

die  Sünde  zmn  Bewusstsein  gekommen,    sie  habe  an- 

itigtm   über   die  Sünden   nachzudenken    und  bei  einigen 

«inon  Stich  im  Herzen  gefühlt,  als  wenn  ein  Wnnn 

.  —    [)a  sie  der  Predigt  nicht  von  Anfang  an  bei- 

srohut«  hftbf»  or   ihr  «üe  GesehiclUe  von  der  Tochter  di^«* 

inanäi^cben  Weibes  erzählt^    die   von  dem    besten  und   er* 

i|.r..(.wi..n  Arztt-  der  Weit  geheilt  worden  sei:  .lesus.     Ihm 

.'Ji  sie  dich   vensOhnen,    wenn    sie   die   Gesundheit 

jliiugeu  wolle. 

Vgjl.  «.  B«  Pr-  I,  IJ« — 1|   liiid  Di^^).  fol.    HO. 


172  Max  Hossfcld. 

Wie  aber  sollte  sie  das  anfangen?  fragte  nun  das 
Weiblein.  Ich  antwortete,  sie  habe  eine  Tochter,  Liebe  ge- 
heissen.  wenn  sie  zu  dieser  käme,  würde  sie  gleich  versöhnt 
werden.  Um  aber  zu  ihr  zu  gelangen,  müsse  sie  eine  kost- 
bare Salbe  haben,  wenn  sie  die  besässe,  würde  Caritas  sofort 
von  dem  Gerüche  angezogen  werden.  Sie  fragte  nach  dem 
Namen  der  Salbe  und  ich  sagte,  sie  hiesse  Gnade.  Wie 
man  die  bekommen  könnte?  wünschte  sie  zu  wissen  und 
ich  boschied  sie.  dass  es  eine  Apotheke,  genannt  Barmherzig- 
keit gebe,  da  würde  sie  sie  finden. 

Dort  ging  sie  nun  hin,  schellte,  doch  machte  ihr  nie- 
mand auf  (wie  Jesus  dem  kananäischen  Weibe  erst  nicht 
antwortete).  Da  kam  sie  traurig  wieder  zurück  und  fragt« 
weiter  um  Rat.  Ich  verwies  sie  nun  an  ihre  Schwester 
Wahrheit.  Die  fragte  sie,  ob  sie  nicht  jenes  Evangelium 
vom  kananäischen  Weibe  gelesen  habe,  welches  ihr  Schreiber 
Matthäus  im  16.  Kapitel  niedergeschrieben  habe?  Und  als 
sie  es  verneinte:  Dann  solle  sie  zu  ihrer  Tochter  Glauben 
gehen.  Glaube  aber  schickte  sie  noch  zu  ihrer  Schwester 
Hoffnung.  Diese  war  gern  bereit  ihr  zu  helfen,  wünschte 
aber,  dass  sie  noch  zu  ihrer  Magd  Busse  ginge,  und  als  sie 
zur  Busse  kam,  so  inusste  sie  hören,  dass  diese  auch  noch 
drei  Mägde  hätte,  ohne  dio  sie  nicht  gehen  könnte,  und  die 
hiessen  Reue.  Beichte  und  Genugtuung. 

Das  schien  nun  dem  Weiblein  sehr  schwer  und  so  kam 
sie  wieder  zu  mir  und  fragte,  ob  sie  diese  drei  auch  nötig 
liätte.  Ich  aber  sagte  ihr.  sie  sollte  morgen  nach  der  Sor- 
boime  kommen,  dort  würde  ich  öffentlich  die  Aufträge  der 
Wahrheit  erfüllen.  So  kam  sie  am  nächsten  Tage  wieder, 
sotzte  sich  zu  Füssen  des  Katheders  nieder  und  hörte  meinen 
Ausführungen  zu  (Heynlin  zählt  mm  drei  Thesen,  „veritates". 
über  die  Notwendigkeit  der  Heue  auf,  die  er  damals  vor- 
getragen habe).  Vi 

Ueber  diese  drei  Wahrheiten  hätte  nun  das  Weiblein 
gern  noch  viele  Frag<^n  t2;etan.  allein  ich  antwortete,  dass 
es  schon  spät  S(u.  und  dass  wir  heute  am  heiligen  Sonntagt* 
unt<M*  der  Gefahr  der  Todsünde  verpflichtet  seien,  die  gaiwe 

')  l*r.  I,  fol.  ir. 


Joltnttncü  Hcynlin  müs  Siti 


173 


Stil  hrireü,  es  werde  aber  gerade  zur  Messe  geläutet 
solle  daher  jeUt  nach  Hause  gehen,  Titich  drei  Tagen 
per  smröekkonuueii  und  inzwischen  den  drei  Wahrheiten 
t*r  dii*  Reue  nachdenken;  am  nächsten  Mittwoch,  wenn 
wiederkäme  (und  zwMr  sollt-e  sie  IViUirnorgens  wieder- 
^mjiien)  wollte  er  dann  über  die  Beichte  sprechen.  Somit 
|i  sie,  fortgegangen. 

Nun    wendet   sich  Heynlin  wieder  direkt  an  seine  Zu- 
Irer  und   Bchliesst  mit  den  Worten:    ^Nach  dem  Vorhihl 
?se9    Fränleiti    Bekeiiiitriiti    handelt    nun  auch  ihr;    zuerst 
ietinet  eure  Hunden,    dann   schämt  euch  ihrer  und  habet 
it  und  wenn  ihr  geheilt  werden  wollte    so   halt/et   die 
l^hrii^bene  Orduiuig  *^in.     Vor  allen  Dingen   aber  glaubt, 
ihr  Gott  durch  Liebe  viTSÖhiit   werden   müsst.    so  wie 
es  anseinanrlergesetzt  habe.     Und  w^ie  ich  mein  Weiblein 
^tla£!isen  habe,  so  entlasse  ich  auch  encJi.     Denn  am  Mitt- 
wird das  Fest  d«"««  hl.  Petms  sein,  des  Patrons  dieäser 
^he,   zu  dem  auch  mein  Weiblein  gehen  wdi'd^   denn  er 
die  8chlüß8el  der  Apotheke.     An  jenem  Tage  also  kehrt 
ick,  und  so  Gott  will  werdet  ihr  hören,  was  ich  meinem 
^eiblein  weiter  über  die  Beichte  sagen  werde. 

DtMikei  al)«^r  inzwischen!  an  das^  was  icli  über  die  lieue 

habe  und  handelt  auch  nach  den  auseinandergesetzten 

irheiten.     Denn    wenn    ihr  das  tut.    no  werdet  ihr  iHire 

lUsr  geSUTul   irmchen.     Das  mÖg<*  ene!>   o^invliliren   Vati'i% 

und  heiliger  Geist.     Amen**^ 

I»i4'    folgende    Preiligt     (in    catlieilra    Petri,    Mittwoch 

n*  75j    ist    nun  in   jeder  Hinsicht  eine  Fortsetisung  der 

Nachdem  er  in  der  Einleitung  unter  anderem  nach- 

IdüicU    daniuf    hingewiesen    hat,    dasä   das    Frfinlein  Be- 

zu    Petnis    kommen   müsste»    wenn  sie  die  Qtiade 

wollre    und    dass   jedermann    Petrus,    d.    h.    dem 

^c«terj<tande,  deswegen  Ehrfurcht  schuldig  würe^    wiedcr- 

fh  er  kurz  den   Inhalt  der    letzten    Snnnt^igs predigt,    ins- 

imdert«  die  drei   Wahrheiten  ül>er  die  Notwendigkeit  der 

le  und  >«etJSt  in  der   geschilderten    Art  und  Weise   sein 

ipräch  mit  dem  Weiblein  fori.     In  den  Mittelpunkt  stellt 

'     ',    die  Beichte,    deren    Ndtzlichkeit   und 

K*r    in    drei  Wahrheiten    diirirvloL^t  wird 


:  7  .  M  a  X   H  o  s  s  f  c  i  d. 

;.  1  zv.jii-  iii<r  mir  <l»*n.selbeii  Worten  wi»-  ic  dr-r  öt-tl  ^t- 
v.4r,:.*.ri  Pariser  Disputation  über  die  Sakramenialrieicb». 
V',:.  d*rr  Beiohre  handelt  auch  noch  die  dritxe  Pre^ügi  J^ 
M:r'.i:ia*-.  24.  Febr.  die  scliliesslich  n«>ch  ilrei  AV&hrWit« 
.-.'■r  <li»-  «Genugtuung  bringt.  Die  Beicht»- genügt  nich;  ro 
'J  iifriT.j^  f\rr  Sün^le.  w^nn  man  nicht  wahrhaft  l^absivhtigl 
:  .r  Mi«:  Si'ind-  < i«-*nugtuung  zu  h-isten  usw.  - 

N;i^-h  der  KUirlegung  dieser  drei  zur  Bn<5e  Bötig^n 
Sr.jt-U*'  s'-TZT  Heynliii  das  (T^spräch  mit  dem  Fräuieiii  B»- 
k'Tiritiii-  lorr.  Er  prüfr  sie,  ob  •sie  die  Wahrheiten  t^ehalreü 
r.Att'-  und  sie  könnt«»  sie  alle  aufs  Wort  hersagen.  Als  ff 
<i;inn  Jnigi.  olj  si4*  si»»  auch  wirklich  für  wahr  hahe.  zögert 
i-j-.  g<-sT«lif.  sie  kämen  ihr  hart  vor  und  fragt,  ob  luan  >ie 
lii'lit  niii'iern  k'-nnt»*.  Der  Pr*-diger  aber  aiitwortet.  da» 
■,]••  naeli  g«'hiiu».*r  hurchsichr  der  heiligen  Schriften  eher 
«•rH'-hw«'!'!  als  g»*miMert  werden  müssten.  He\"nlin  aber 
b"gnü;(t  sieh  nicht  damit,  tlass  seine  Hörerin  die  Wahrheiten 
k^'iiTit  lind  glaubt.  <*r  verlangt,  dass  sie  auch  darnach  hand^i 
Di*'S<'  Fnrdening  erscheint  ihm  wichtig  genug,  um  aus- 
ijjdinis\v«-is^-  noch  fin«*  vi«'rt<»  Wahrhoit  anzuhängen,  dif  er 
in  di«-  Wort«*fasst:  -Xi«»mand  mag  zu  rechter  Reue  komiae'a. 
t-v  wmII«-  d'-nn   von  sündlich<.*n   Werk*Mi  ablassen." 

Zniii  Sr-Idiiss«'  i-rlangt  das  Fräulein  Bekenntnis  Barm- 
li<'rzigl«'it..  <Tiiad**  und  Liob<»  und  damit  die  Verzeihung 
ilipr  Si'iiid«*n. 

A»-lihiifli  \vi»*  lii«*r  unt^M*  dem  Bilde  einer  Reihe  von 
H;iiidliui<;<-n  di»*  zur  Si\ndenv<M-gebung  nötigen  Tugenden 
und  kinldielien  r»*bungen  autgezählt  und  eingeprägt  werlpn. 
l»»-Htn-bt  sirli  das  ^Morgeiimnhl''  eine  Anzahl  von  Ijehret 
idi'-r  djK  Iwilig"  AlM»ndmahl  in  einem  (xleichnis  zusaraiiien- 
znljissi'ii  und  so  d<Mii  ( rodäch tu is  zu  Hilfe  zu  kommen.  Zwei 
Fn-digt'-ii  komni<*n  hicT  in  Betracht,  von  Laetare-»  \m\ 
Jndi(jr*  5.  und  VI.  März  1475-:  Heynlin  benutzt  sie.  um 
s»'inf  Zuli<>n-r  aut  die  Koninuuiion  des  kommenden  Oster- 
f.-stes  würdig  vnrznl)«'r(dt<Mi.     Da  die  Predigten  unmittelbar 

')  I'r.   I.    IS-- 

2,    I'r.    1.    i;'— 2o. 

•»;  Fr.  1,   22  —  30'. 


Johannes  Heynlin  aus  Stein. 


'/.-» 


K 


¥ 


hinter  den  gescbüdeitoTj  Zvklits  fallen,  fiihrt  or  anfangs  das 
Fräulein  Bekenntnis  redend  ein  und  lässt  sie  fragen,  ob  es 
genüge,  wenn  man  zum  köstUchen  Malile  des  Herrn  gehen 
wolle^  dösis  man  rein  sei,  oder  ob  noch  mehr  daasn  verlangt 
werde.  Er  antwortet  gloicliuisweise  mit  einor  Beobac-litnng, 
die  er  in  Frankreich  gemacht  habe.  Nein,  dtis  sei  nicht 
^euug.  Was  aber  noch  verlangt  werde,  krtniie  Dian  von 
den  mlhgen  und  hürger liehen  Frauen  in  Frankreich  und  in 
Paria  lernen.  Wenn  diese  nämlich  zu  einer  Hochzeit  oder 
einem  Gastmahle  eingeladen  seien,  so  nähnK*M  sie  vorher 
einen  Imbiss,  mit  dem  sie  den  Hunger  stillten,  damit  sie 
sich  beim  Bankett  wohlanständig  und  zierlich  benehmen 
könnten, 'f  nur  wenig  zu  essen  brauchten  und  nicht  Gefahr 
liefen,  durch  üebermass  krank  zu  worden.**  Wie  diese 
Damen,  so  sollt  auch  ihr  ein  ^'oressen  oder  Morgenbrot  ein- 
nehmen, ehe  ihr  zum  Abendmalile  geht,  aber  nicht  tun 
leibliches,  sondern  ein  geistiges  Brot-  Diese  Speise  ist  das 
rot  der  Lehre,  der  Predigt,  dos  Wortes  Gottes.  Diese 
peise  des  Wortes  Gottes  zu  kennen,  tut  Euch  sehr  not^ 
(Hier  folgt  eine  längere  Auslassung  über  den  Wert  der 
Predigt  und  die  Aufgiibe  des  Predigers,  der  seine  »Stimme 
erheben  sollte,  „wie  eiii  Heerhorn,  eine  Posaune,  eine  Trom- 
pete^, und  über  die  Berechtigung^  und  die  Pflicht  die 
Predigt  anzuhören.  Er  eifert  gegen  die,  die  in  der  Predigt, 
schlafen  oder  die  sie  nicht  ernst  nehmen:  ,, Das  Wort  Gottes 
ist  nicht  nur  sufmerksaui  und  fromm  anzuhören,  sondern  auch 
'est  zu  behalten  und  fleissig  und  sorgfältig  in  die  Tai  um- 
zusetzen^. Da  die  Zeit  abgelaufen  ist.  verschiebt  er  clas 
^ Morgenmahl''  auf  den  nächsten  Sonntag  und  fordert  seine 
tHörer  noch  auf,  auch  ihre  Kinder  mitzubringen^  damit  auch 
ie  lernten,  wne  man  es  würdig  nehmeo  sollte.       ^ 

Am  Sonntag  Laetare  zahlt  er  nun  her.  w^as  man  zur 
würdigen  Vorbereitimg  auf  das  Abendmahl  weissen  müsse, 
xiämlich.  was  es  sei.  von  wem  und  warum  es  eingesetzt  sei, 
warum  man  es  nehmen  müsse,  wie  man  es  w^ürdig  nehmen 
nii^se    und    so    fort.     Die  Antworten  auf  alle  diese  Fragen 

I  *)  An  den  Rand  schreibt  HeynUn  „das  sie  brAngGi)  uncl  bonicreti  mögen", 

I  •)  Anch    Heideu,    Juden,    Ketzer    und    Exkommunizierte    dürften    zur 

liPredtgt  geheti,  damit  sie  Gelegenheit  hlittcn.  sich  *u  bekehren. 


176 


Max   Hossfeld» 


bikleii  mm  tlas  Morgonbrot,  das  er  seinen  Zuhörern  biet^ 
Jede  wird  tinter  dem  Bilde  eines  Gerätes  oder  einer  Speise 
gegeben,  so  l>ringt  er  den  Tisch,  scbliesst  ilin  auf,  riickt 
die  Schemel  heran,  legt  das  Tischtuch,  sowie  Hand-  tmd 
Mundtücher  auf  uud  richtet  dann  eine  ganze  Anzahl  Speiaea 
her,  bis  er  am  Schluss  des  Ganzen  mit  den  Früchten  da» 
Morgenraahl  be»?odigt.  Uebrigens  befanden  sich  unter  deti 
Gerichten  auch  nicht  wenig  bittere  Mandeln  und  Pill»*u. 
denn  Heynlin  benutzt  seine  Predigt  dazu,  um  seinen  Zu- 
höre ni  ernstlich  ins  Gewissen  zu  reden  und  sie  in  dea 
heftigsten,  ja  für  unsere  Begriffe  groben  Ausdrücken  ^>  luw- 
zuscheiten.  Dafür  ist  er  aber^  wie  er  am  Schlüsse  ausspricht 
der  Hoffnung,  dass  das  Mahl  seinen  Zuhörern  gut  bekommet 
werde  und  verspricht,  dass  er  sie  das  nächste  Mal  sanfter 
behandeln  wolle. 

Ein  charakteristisches  Stück  ist  endlich  auch  der  ^Äo*e»- 
garien  der  Weli^,  geprofligt  im  Juni  und  Juli  «lessenM» 
Jahres.'^)  Wir  geben  hier  nur  den  Anfang  wieder.  -Wi« 
ich  es  euch  am  vorigen  Sonntag  versprochen  habe^  so  b(»- 
ginnt  er^  ^wül  ich  euch  jetzt  in  den  R^isengarten  führet^ 
Und  zwar  predige  ich  für  Arme  und  Reiche;  die  Armen 
werde  ich  lehren,  wie  sie  hier  und  dort  ohne  gi'osse  Müh** 
reich  werden,  die  Reichen,  wie  sie  es  bleiben  können.  Üöd 
damit  nienianfl  glaubt,  dass  das  nur  Worte  seien,  will  ich 
mn  100  Paternoster  mit  ihm  wetten»  dass  er  selbst  es  Ke« 
stätigen  wird,  nachdem  er  meine  Lehre  gehört  hat. 

Vorher  aber  will  ich  mit  euch  noch  3  Verträge*)  schliessea 
Erstens,  dass  ihr  drei  oder  vier  meiner  Predigten  besucht 
denn  eine  solche  Kunst,  wie  ich  sie  verspreche,  kann  nicht 


*)  S.  Tr.  I.  fol.  25'.  Was  sich  die  damalige  Zeit  an  Schimpfirorieru 
selbst  auf  9er  Kaazel  leistete,  kann  man  an  der  Zctsamnienstcllung  »ebea* 
die  Heynlin  auf  fol.  03'  und  94  des  ersten  Bandes  der  Predigten  gibt  (Epi* 
iheta  malarum  mulicnim  et  fictarum  virginum.  Epitheta  divcr5»or«m  pecca- 
torum,  prcücrtim  vinmim).  OlTenbar  entspringen  diese  Hässlichkeilen  nur 
dem  frommen  Eifer,  das  Laster  möglichst  abschreckend  darxu^telleu.  Xhä^ 
HeyiiUu  an  sich  keinen  Gefallen  an  grober  Ausdrncks weise  fand«  beweist  cme 
gleich  daucbenstehende  SammUing  von  i.bchöogefärbten  und  anständigen  Worten 
«ur  Bcieichniing  bäs^lichcr  Laster*'  (fol.  95). 

»)  Pr,  r.  fol.    108—128. 

•)  Solche  Verträge  s.  auch  Pr.  I,   72*  (dazu  Pr.  I,   115)  und   Pr.  H    1- 


Johnottcs  Heyiilin  aus  Stein. 


'77 


ini»r  t!jnzigfjn  PreJigt  gelehrt  werdeti.  8ei(i  mir  also 
pti  oder  vier  Stnndeii  lang  in  vier  Wochen  aufmerksame 
Eihör^^n  Zweiten»,  dass  ihr  gutc^  Katholiketi  sein  wollt« 
imi  wer  das  nicht  will,  den  kann  ich  nicht  lehren.  DrittenSt 
las  ihr  aiifmerksani  zuhdrt  ujid  in  eur*»  Herzen  einprägt, 
is  icli  sagen  werde^. 

Hierauf    beginnt    Heynlin    mit   einer  Beschreibung  des 

rc»gi'S   xiim   Rr>sengart**n.     ^Dieser   Weg   lässt   sich   durch 

nen  ^»inzigen  Biichjütiiben  bezeichnen,   «Ihs  Y, *i   ein  Biich- 

Jer    von    d^m    trefflichen    Pliilnsophini    Pythagoras 

i  st^in  i^oll  und  von  den  Griechen  bypsilon*  vun  den 

-  n\  y  greca.  vom  Volk  aber  oja  genannt  wird.     Da- 

^üir  ilin  aber  erkennt,  er  hat  Aehnlichkeit  mit  einem 
Äftck  oder  einer  auf  diese  Weisp»  geöffneten  mensch- 
n  Hand  (hier  hob  der  Prediger  die  Hand  in  d»?r  Weise^ 
igt  der  Daumen  abstand,  die  vier  langen  Fingor  gescldossen 
^kanderlagen).  ^)  ein  Stumpf  also,  von  dem  zwei  Hörner 
Heben.  Diese  Figur  ist  ein  Sinnbild  des  menschlichen 
^kns.  Denn  sie  bezeichnet  zuerst  einen  gemeinsamen, 
^B  sEwei  sich  teilende  Wege.  In  dorn  ersten,  der  durch 
^  Handgelenk  veranschaulicht  wird,  wandebi  wir  von 
»ften*r  <  t eburt  an  bis  zu  den  tJahren  der  Ent«cbeidung, 
Htn  teilt  sich  der  Weg,  da  entspringen  die  beiden  Hörner 
^  Buchätabinis.  Der  eine  der  beiden  Wege  geht  mm  nach 
W*ht<,  das  i8t  der  Weg  der  Tug4*nd,  er  ist  »ehr  eng  und 
dimal  und  schwer  zu  beschreiten,  aber  er  fiüirt  stu  der 
^mmlischen  Wonne.  Der  andre  geht  nach  links,  der  ist 
Holt  und  lieblich  ru  begehen  und  er  führt  nach  unten  zum 

t garten    der    Welt,    hernach    aber    hinab    zur   Holle.*') 
wir  mm  bis  an«  Endt*  des  ersten  Weges  gekonmien 
so   stehen  wir  vor  der  schweron  Frage,  welchen  be- 
pilfn?  n     ^  iit  vor  einer  Ueberlegung,  die  von  allen 

chwien^  wie  Cicero  im  ersten  Buch  der  officia  sagt, 

finden  wir  nun  zwei  Pülirer  auf  uns  warten:  einen  guten 
uud  einen  biiscn.  den  Verführer,     Beide  suchen   uns 


|»>  Er  dtiett  siU  ijutilli'  L;ui;mthiK.  lib.  <»  de  ttivm,  instit* 
Im  Mjiltil»kript  cinr   kkinr  iCeichiiutig  rtnrr  Hiiuil. 
Ifli   M&    folgcu    bicr    r    tUxameter  VifKlU,    die  die^r  bekleti  VVqj« 

U  Oe»ch.  ttna  Alleriufn     VII.  1. 


178 


Max  Hossfeld. 


ZU  überreHien,  ihnen  zu  folgen,  allein  der  Böse  ve-ibi 
unser  Auge,  sodass  wir  den  schmalen  P£ad  nicht  s 
und  so  geraten  wir  auf  den  breiten,  der  nach  dem  Bost 
mundi  führt*. 

Dies  beschreibt  nun  Heynlin  als  einen  weiten-  wnnd 
lieblichen  Garten,  der  geschmückt  ist  mit  Blumen  und  I 
und  allem,  was  den  Menschen  Lust  bereitet,  Don 
Kaiser.  Könige.  Päpste  und  Kardinäle  nnd  Mensche: 
allen  Ständen,  viele  Reiche,  viel  Gold  tmd  Sill^er.  W 
und  köstliche  Kleidung,  dort  gebe  es  Gastmähler  ud'I  1 
Musik  und  Belustigungen  aller  Art.  Besonders  bei 
man  da  einen  Baum,  dessen  Wurzel  sich  unter  dem  es 
(Tiinen  hin  «erstrecke  und  aus  der  alle  anderen  t>?w 
t  iitsprängen.  Das  sei  der  Baum  der  Habsucht-  I^ie  Hab 
ist  nun  das  eigentliche  Thema  der  folgenden  Predigrea 
d»-n  RoseDfrarten.  ein  Thema,  das  ihm  gestartet,  ein 
tier  Schlechtigki?it  der  Menschen  überhaupt  zu  enm 
Kein».-r  winl  da  verschont,  nicht  Geistliche  noch  Laien. : 
Fürst <-n  nöcli  Städte.  Cremeinden  und  Einzelne.  Reiche 
Mächtige  wie  Baut-rii  und  Bfttler:  in  allen  diesen  StA: 
>-i  ^nvinl  ij^iz  uii'l  Habgivr  vorhanden,  dass  kein  Mr 
alle  'li**  W>or,*  iiij.i  Scliliohe  ausfiufiig  machen  kr»nn»\  'li 
••^r>iiiii':*!i.  lim  m\1i  aul  Kösti-^i  der  ander^^n  und  ü-j:  > 
iii-h"  Viiid  soLlvcln- Wt/ise  zn  bereichern.  .Xiemaii'.i  s^l 
-ioh  :r:'-\iT  «li»'S->  l^'i>Tv!'s.  nH»-  >üiuligen  öffentlich.  AI-: 
Z"i:  'irr  ^'-ri:^-]Tl:^^  ^viyd  kraiuiiHii!- 


T»i.^.    \V':.iir':.  Avi-z^iiTt-  •T:ri'"«glicheij  eä«  utjs 'i»^:'r"iT>. 

Hilvi  V.  ?  H-y:..i::-  Pr-liin'^v.-is.r'  zu  gewinnen,  ^^ir  i>:  ■ 
\v.-so'..T>A ii  .i:".■^•^^.  .j1^  rrift:.  v..«:-  »'inem  Theologeii  rrvrA 
>■".]:. \  i'.r  >:.:.  >■!.>:  -"  >:r-:.i:  in.  dit-  von  der  .SiL^'klü 
;k;>i:i^1:1  =•  v  •-  V  r:.---:-  *::.■:  S^ii^'-ijiTa  zu  lialt-n  piloj;::!-. 
wir  .7.  Iv  :•:.  H- y:.;::.-  1  «i>;^";:;.Ti"ijeii  geseb^-n  hart'-rj.  A 
Ar.  i:s   :.:...:.   .;;;  :.   ::. 


•  '.   P:---]iinei:  die  >Tr---n£:en  Fo.n 


:?   V.  i-.icr kehrenden  Teile  uie  Vo:>p: 


:. ;  t fo! jTeii d en  Preiigieo . 


Johzktitit^  Hcynihi  aui  Stdii. 


'70 


Bn  Aufbau/)  der  sich  gliedert  m  *cj>pnuM, 

fheniA    id.  h.  Bibeltext),    Begtiissung  des  Volkes    oder   ein 

EesGebetf  Verdeutschung  des  zuerst  lateiiüseh  gesprochenen 

Pexte**,    Einleitung,    Annifung    des    göttlichen    BeistAudea 

mist  Marias),  Wiederholung  des  Textes,  eigentliche  Predigt 

üt   ihren    Teilen    und  Unterteilen!    und    den    ^ passenden 

chluss'*,  und  haben  ferner  eine  oft  sehr  weitgehondo  Eitj- 

silung  (Divnsionen  und  Subdivisinnen.  häufig  Dreiteilungen), 

ie  der  SpiUfindigkeity  Aeusserlichkeit  und  Pedanterie  nicht 

imer  entbehrt')     Dennoch  ist   seine  Predigt-weise  iru  all- 

R»in einen    weder    steif    und   trocken    noch  dunkel  und  ver- 

rickelt^    sondern    sie    ist    höchst  anschaulich  und  lebendig, 

Atl  dabei   einfach  und  leicht  verständlich.     Denn  Heynliu 

wohl*  das8  es  ein  anderes  Ding  sei,    vor  einem  ge- 

irten  Kreise  zu  disputieren    und    ein    anderes,    vor   dem 

^olke  zu  predigen,®)     So    bedient    er   sich    denn,    um    der 

knimerkHamkeit   oder   deni    Gedächtnis   seiner  Zuhörer  zu 

zu  kommen,  mancher  Mittel,    die  heute  zum  Teil  für 

BSend  gehalten  werden  würden,  ilamuls  aber  gang  und 

waren  luid  jedenfalls  seiner  Rede  etwas  Vcdktttfmiliches 

iben.     Dahin    rechnen    wir   humorvolle   Wendungen    und 

LneJcdoten,An«piehingenauf  Briuiche,  Sprüche  und  Vorgänge 

der  Stadt/)  das  Aufgaben  von  Rätseln,*)   das  Einführen 


*y  Vgl.    /.    ß.    Fr.    i,     i.      i*r,   11»    171.     I>cr    von    uns    fiu>    HcyiüinH 

ili^en  Atjgcxogefic  AuftiaQ  stimmt  mit  dem  ubcfcin^    den    UTrieh   SurgAiit 

Manunk  Curatorutn  (Buch    1,  ronsidc ratio  12)  :ih  den  von  Heynliu 

!-n  latifnhrt  und  befÜTwortet  (ttiema,  Äalutalio,  icsninptin  ilicrnatis   in 

litiiCtta«  tniroductio,  invoc^Ltfo  divioi  iiiixiHi] 

^  VgL    be*ondtTr%    Di*p.   67*»    68.     Pr    U  »15'.    ii^»:    tcmcr  in-ii.  73, 

Ii  J-~4%  J>t  4^«  **>*)**  2S3»  P*"'  JI*  «>V— 96,   I*r  Ul:   9*,   i-f,  Pr.  TV: 

Vr»  V:  &8,  19,  ti2,   141,  256'»  us\T, 

n   Vgl  I'r.  I.  föL  XXIII'.  cMiti^U   12   luul  !*.    l,  fal  St     ..OiuHi  ichrt 
li«klrran  t|i**tllii«i  attdiiorutu 

*>    Vgl.     Pr.     V,     11, V         I.       ..,H.       ♦"  L.v'v.M,      .U.V,,      M.l'     i..Min       »..iiv^i     *U 

tbMttSi^r  tthcr  Ryn*   So   wellen   wir   widerumb  gut   jjcscUeit   nyn**  iitirrl 
n  Vtdksmund.   wendet  aber  den  überraütigm  Wrs  in»  Mortiltsche 
iM  äU  Antwort  folgenden  Spruch:    „Wend  ir  yi#f  gc^icllcn  sjti 
trac^tca  wr  der  hellen  pyn!**)  V,  Ä5*.   163*.   11  tj*.  I,  fj;. 

f^r.  U,  7t  8      I,   tjo.    üi»p.  73\     u.   B,:   W»«   ist  dos  fUr  ciü  Gc- 

»    ilein   tttU   Iteide  Händler   gewinnen,    wie   die  Dinice  aucb  fallen 

na»  i»t  da«  fui  ^n  Hatidcl,    bei   welebeti)   beide  Partner  »teU 


■---  --L    ^isl.zr-.rsa»"*     die  Ein- 

•:-:  r^-r  il  riipredigt  in  ««ine 

-»— ?».j_'"t. '.  d_2. "     s^j'v^A^  die  \  uF- 

•^  .-_   _ir:.'      Ii.  eiii^r  N-aiahis- 

.—'j' :_  tt  ti-  1'  .;:ii  **riii^ri  H»jr*-rn 

_  «.-.i-ir-  tl     ü-  ••erv-i:  sind,  nun 

X  ~  1    i-  'jL-i^  'Lkt^t'T  von  hei:Te 

- .     JK-     T-f  H-rT:.lii:    i'xn  keine>- 

—L^-'r-r  r::  ii'-rr-r..    -^d^rr    darauf. 

•*-.  re-j-TTifr-        ät.        sich       zu 

:    j-.-TiiL.    Z-l'-r-r.  dir  s^invü 

"-  — *     -.^-r-l-rr  3eirl~-^r.'.  schrt-ih 

. .    V 1^- >ir. : :.    -  u- '- -hr«-:.  gern^ 

*_-     I    "».^T-I.    ^-n-*=-    IS^Sj*«!!.     ww 

-...:_    -r-    V-;     ::•;  K"-  i-.^-«:..*r 

?    ..   ;    ..-:-    ^"^^^  ^-^7'    ~  --^•-   "i-r  -.<?" 

--:       r.       :•    Hr    -    I    «:-T     S^irir:«:  :;: 
r-  ~  *      --^.  ^--    •• .    K-i*ersr-;rj    ^-.-': 

-^:        --:•■     r-    i.Z7ZiZ.     "»ii   »r. .'..*: 

.    -. :    .:..    ".  .   ec*    »..■=-_:  *:  zxi     i'i' 
.-    ;  . -. .    ::       '.t'     ::'.    :  }z    tr'.Lzzer.  t: 


Johannes  Heyulln  sms  Stein. 


iSl 


Himmelreich  inwendig  eingerichtet  sei.  aber  htnein- 
ikommen  gehen  sie  sich  keine  Miiha**^)  Sein  eigentliches 
M  war  die  moralische  Besserung  der  ihm  anvertrauten 
If>rde  und  er  hat  es  (Iber  den  kleinen  Mitteln,  die  er  zu 
stner  Erreichung  anwandte^  nicht  aus  den  Augen  vnrloren. 
,l>ie  erste  Aufgabe  des  Predigers,  sagt  er  selbst,  ist.  die 
|\Vahrheit  zw  lehren,  die  andere,  zu  guten  Werken  zu  be- 
legen.*) Dio  t^rst^*  Aufgahp  vert^tnnd  er  in  einem  doppelten 
Itnnef  einmal  als  Vortrag  der  christlichen  (und  katholischen) 
?liren,  und  dann  als  Tadel  des  unchristlichen  Leben»- 
mndels  seiner  Hörer.*)  Die  zweite  suchte  er  zu  »erfüllen 
larch  Schelten  und  Lohen,*  I  durch  Verheissen  und  Warnen, 
aizteres  insbesondere  lag  ihm  am  Herzen,  wie  oft  hat  t*r 
Brufen:  tler  Tag  der  Rache  wird  kommen!  I**^m 
j       ^  werdet    ihr    nicht    entgehen!    Irret   euch  nicht, 

>tt  lägst  sich  nicht  spotten!  Denn  er  war  davon  ül>erzeugt, 
]fi.«$9  die  Welt   schlecht   und    verderbt    sei    und    aller  I^aster 
roll     ^Ich    habe    bis    auf  diesen  Tag    noch   keinen  kennen 
i*»lernt,    der    nicht  sein  eigen  Wtdil   vorgezogen  hütte,    so- 
Eige  er  ©s ungestraft  konnte.-*)     ^Totu«  nnindus  in  maligna 
ntxiH  est**    zitiert    er   Johannes;')    ^«lie    Weh.    ist    wiiste, 
n?«1e.-^     Hiiufig   eifert   er    gegen    Habsnclit   und   Wucher^ 
e'tcbtuw  und  Hochmut,  gegen   üppige  Kleidung  und  Buhl- 
f^haft^    Spiel.    Trunk,    Unmässigkeit,   Fluchen  unil  Läätern, 


*i  ,»lcb  furchte  fwut,    tlass  ich  mich  bei  cuth  missUebig  maebeu  wcr«lc, 
toemn  icü  euch  ilic   W;ibrbcit  sajje,    denn    die    Wahrheit   ^bicrt   Ha^*;    abrr 
darf  «k  mcht  viT*chv*cigpn,  deim  iliriwreen  stehe  jth  hi<rr.  it.imit  ich  enrb 
Walirfciat  pwdigc*».     Pr.  I.  7- 

*)  Pr.  IL,    fnl.    175    stclll    er    es    :u-,    ciijt!    Rc;^fj    Mir   .leri    Prr<ijgcr   Liut, 
MM    Lab    und    T^dcl    abxuwcclt.^elii,     VgL  S.   i;fj.     im  A)l|;cmeinen  lag  ihm 
uh    u:\hcr.     In   '»cinei    eri^tcu    l'redigt    in    Badeu   mucht  er 
in    (litt  seineti  Ziihortrti   ftus,   dass   es   ihm    memAud   übel 
dcirfer,   wtxm  er  Allen  die  W«ihrbeit    sage,   denn   £9   ht\  Atwt  Pllicht, 
die  frtttei»   MYill^  tr  daitiil  nwh  nicht  treffcu.     Auch  solle  keiner  wegen 
«trmgeu    Predigt    verrwetfehi«   doiiii    es    gebe    Doch    Hofftiting   ;Mtf  die 
einer  Seele.     Pr.  V 


T-.  :.:-;i~-  •■r-n.-y-v-r:-  >t^—-  Uöt  :_  ?ch:::  d^-r  Hölle  zu- 
Ct"-!-:  -  T-.I-  r-  r:j:z:.i.  i T.-f  Tz.i  ini^r-e  Laster  mehr: 
i-  1  -^'-iTri  :•--  iilu:j?T-  si.  Zlir-r  >Tir^  v.r  den  heiligen 
Hiji: -1^-1.  ^r;rr-  ia^  'S  i-c-i-^^r-  L^  I-rj  S-irvzLe  und  der- 
Z.T.. :--.."  ~.T— .-  _--  -  -_  i^^l-zL  i-.:i.  äiüi  Kostendes 
ill^T._r_--T  7--L,^  ---f  ■\".-— .-:'..  i-n  IlffijJLz.-:!^  wirklicher 
^<'1._.j_t;  ~.:>rj.;:-  i  j.:.:-  z:;*^  ^tttis*  i?:.  isi^s  He\iilio 
•-■-  ^-  T  7L"  -^-'  ir*"-'  •'.»-z.  i.'T-".  ••rtz.rrr  üjive  es  ntKh 
3^^'  <''^i::z  ~i-*  ^"Vrr-  j.-  Iir*r- ^f:^^":^!-  '-rrT:  aber  seien 
A  :"•.>"?*:    ■.>-  .'.... i.->T   '.    '.j:    --ji:    Ir  3L~-rl  sm  efürra  Kreuz- 

V'^  :  •..•:.:      1-j-  '    ^    -..s:.!-  I^Lici:::.  i^ii  i:r  wir  Meü^i'hen 

--I.-1..  r^.i:  -_^T  •:  viZr  i-i  -  ~  Cr-i:r:c.:e«  als  wenn 
r-^  '■' : '.    7  -i«- ."..  -  u   X.'  '.  - "    ^'x-ttt  iz,'  :  '^-  ^i  stir,-^:^. "  *  -     «Ich 

-iui-  ".7  r.-.-v:.'  --.T-  -.-  -_'■.._. i-1  •_:_  Ti.^  -i-r  Propheten. 
.    1   -«'^T   -•        j^.^?*7  t"     ". -■-    -^'    -r^-r    ''z-:-.-li-::,Tr:i  Laster 

'ir:   -  ;.a:- •       *''-..-     i  ■    j^c-"     "    !i-   rz;:,   3<i<^>r::.    wrTia 


-  -. '—  ■ :':.-  >Iiz:-r  zr-.  Preirj:- 


Zi,    ^  'Z   •  «.2   ". :    ;•;-  ."^..rjCi"^  ;r-;i.** 


Jcihrtuncs  fleynlin  atis  Stein, 


t»j 


va  sich    hi^ruftni    soll.     Sieh©   Luc^ki   9   darüber*   wie 

BiXLB  seine  Jünger  auügosandt  hat^  das  Reich  Qottes  zu 

igen  und    geg<>n    die   spricht,    die  sie  nicht  ttiifiiehmen 

9n>  *)     ,^Ohne  Gottes  Wort,  ohne  die  Predigt  kann  keiner 

&t  werden,"     ^p^rmaxime  necessarium  est  noscere  pa- 

verbi  donrmi.***) 

|So  hiplt  tfich  Hejrulin  in  erater  Linit»  dazu  verpflichret, 

&liTer  des  Volkes  zu  sein.     Wie  er  aber  lehrte»    dafür 

sprechendes  Beispiel  seine  Verdeutschung  der  zelm 

jte.    die  er  zuerst  in  knappe  und  tr»^ffende  Schlagreim- 

1^  brachte'^)  und  dann^  um  sie  auch  den  geistig  Ai*rmsten 

liprägen»  in  zwei,  drei  Worte  zusaiunienilrängte,  diealsBe* 

lung    iler   zehn    Finger   gegeben  werden:    ,»Lieb  Gott** 

5t  der  ei^te  Finger,  ,,nit  schwör*'  der  zweite  und  so  fr»!  r 

Me  man  sie  auch  schon  den  Kindern  lehren. 

[Ueberhaupt   liebte   er   in   kurzen  und  meist  gereimten 

ic.h'*n  den  Hauptinhalt  einer  Prt'digt  zusaitimenzufassen 

|d  am  Schluss  dem  Hörer   mit  auf  den  Weg  zu  geben:*) 

[5hwörr4M\  Merkverse  und  Sinnsprüclie  findim  sich  gleich- 

nicht  ?*elten/)     Solche  Beispiele  zeigen,   dans   Heyiüin 

;  volkstümlichen  Ton   zu  treffen  vei'stand.   der  liem  ver- 

lissmässig  wenig  gebildetven  Publikum  seiner  Zeit  gegen- 

am  Platsse  war  und  sie  erklären  schon  zum  Teil   wie 

r&ach  ein  beliebter  Prediger  werden  konnte. 


F*|  Pr.  I,  U)\ 

\*)  Pr*  II«  J\     Du  solt  cyiieii  gott  liep  haben   und  crcD    und  nit  üppig- 

•ym  oamen  «wer«D.     Gedenk,    dass    du    beilgest    den   fyerlag«    Aiich 

»iid  niun«r  in  tren  hnb.     Xit  solt  dti  ieman»   n^meti  sin  leben»   Auch 

Itt   ntt   riiQl>rti    oder    steleu,     K.eiu  unküschcit  usiwenig  der  E  du  ti^b, 

I  wid<r  tiicmans  fiikch«    f;i*/iiggnis  gyb.     Kcyöi  andern  gemahel   hab  in 

mnt.   Auch  Bit  beger  dir  keyiis  andern  rncmchcn  gut« 

Fr«  H,  fol,  §4 — 53  (foL  t,i*:  VergiM,  uad  sa(;li  nit  m^ih  I  ]^»ji 
:icbt  ttmfen;  Hör  und  gAng  dinetn  htrteti  iiacH,  WiUu  i^efuitdeti 
er  üineu  Sihafeu. 

f^  Jl.  8.  mDü  die  frow  red  vorm  numn    und   die  heun  kr«y  vorm  h«ii 
hrreii    gauß    der   knecbt,    die  drei   stuck  gebaren  ull  im»  recht.** 
07>  *.ldcr:  Irh  gieng  /u  der  Rilcbeu  umb  betcns  wiücu  iitl,  ith  »mrhl 
kh    6iDd   «in    leyder  iiit   (Fr,  1.  43),     Ferner  ^.  Pr.  V,  jij.  149. 
Pf.  U  40*. 


t84 


Ma\  Hos&feld. 


Wir  können  aber  diese  kurze  Betrachtung  meiner  Predi 
nicht  scbliessen,  ohne  noch  einer  Forderung  zu  ge<ipij 
die  er  nicht  mütle  wurde  zu  erheben,  und  die  ztun 
stÄridnis  seiner  späteren  Wirksamkeit  in  Bern  von  Wert  ist. 
die  Forderung  närolicli,  dass  die  geistlichen  und  weltliches 
Obrigkeiten  durch  ihre  Machtmittel  dem  Worte  des  Pr-  ' 
zu  Hilfe  kommen,  und  dass  sie  andei*erseits  selbst 
tadellosen  Wandel  dem  Volk  m^it  gutem  Beispiel  voran 
sollen.  Um  diese  Forderung  von  der  Kanzel  herab  jsu 
heben,  brauchte  umn  etwas  Mut:  Heynlin  scheint  ihn  besej 
zu  haben.  In  seinen  Exzerpten  und  Vorbereitungen  auf^li** 
Predigten  befindet  sich  eine  Stelle  mit  der  Uebersdirift  de 
praedieatoribus,  in  der  es  heisst:  ,, Fürchtet  euch  nicht  vor 
denen,  die  den  Leib  töten,  damit  ihr  nicht  vielleicht  n;ns 
Furcht  vor  dem  Tode  nicht  frei  heraussagt,  was  ihr  gehön 
habt  Nicht  nur  der  ist  ein  schlechter  Prediger,  der  di« 
Wahrheit  verletzt  und  öffentlich  statt  der  Wahrheit  Lüg»?ii 
ßprichtj  sondern  auch  der.  der  die  Wahrheit  nicht  bei 
heraussagt,  wenn  er  sie  frei  sagen  muss,  oder  der  die  Wahr- 
heit nicht  frei  verteidigt,  wenn  es  sich  geziemt,  sie  frei  m 
verteidigen''.')  Ein  aud^Tmal  schreibt  er:  ..Wer  die  Ver- 
brochen, die  er  bessern  kann,  nicht  rügt»  begeht  ^e  selbst*** 
Und  gleich  tlalnnter  nnter  der  Ueberschrift  .,De  Correctione 
snperiorum  non  negligenda:  ..Wer  vernachlässigt  jemandt*n 
zu  bessern,  den  er  bessern  kann,  hat  dip  gleiche  Schuld  WJf 
der  Täter'.*)  In  einem  Predigtentwurf  von  1485  heissr  e^: 
,,Hi*^r  i«t  üineZurechtweisiingdernacMässigenund  schlafenden 
Prälaten  anzubringen,  die  ihre  Untergebenen  nicht  tadeln, 
und  überhaupt  auf  alle  auszudehnen,  die  Untergebene  haben." 
Und  auf  der  folgenden  Seite  notiert  er  sich:  ,.Die  Piiilaten  unrl 
Übrigkeiten  scht*Iten,  welche  vernachlässigen  dieCTOttesläster^»r 
zu  bestrafen'*.**)  Karfreitag  1475:  ^Die  Spieler  tadeln  und 
die  Behörden,  die  das  öffentliche  Spielen  dulden^  hei  welchei« 
dann  fTotteslä^sternng,  Hass.  Habsucht  und  «lle  Laster  g*^ 
deihen.*' *)     An   anderer  Stelle:  ..Uie  weltlichen  Fürstuu  sL 


*>  Fr.  I,  ^7- 
^  Pr.  I,  81'. 
n  Pr.  V.   S2\  5J. 
*)  Disp.  75*. 


Johtianes  Meyniiti  atis  Stein. 


IÄ5 


tajar  Zarochtwi?i8iing  ihrer  UTit<?rgeb«?nt*n  verpflichfcet.  Demi 
die  Priester  durch  die  Lehre  und  die  Predigt  nicht 
F^n^ichf»n,    9oll^»n   «Hp   Machthaber   dnrrh  Owalt  «*rzwingen. 

Pi«  weltlichen  Fürsten,  die  iHo  Kirche  nicht  verteidigen, 
[können  vom  Bischof  des  <>rtes   exkommuniziert  werden.*'*) 

Und  wieder  vor  einer  anderen  Pi-edigt:  ♦,ü(*V>*>rhimpt  allen 
i*»iiie  Rüge  erteilen,  besonders  abtT  di^n  nachhi5«igen  Vor- 
^  gehetzten,  die  die  offenrlicht>n  Sünden  niclit  ta(h*ln.*'  Dann 
Iffihrt  er  Stellen  aus  Cicero  und  Phito  für  den  SatÄ  an,  dass 
[-durch    die    Begierden    und    Laster    der    Fürssten   der  ganze 

St^aat  leidet,  wtdl  die  Hochstehenden  immt^r  nachgeahmt 
[werden.*)     Einem  Predigtentwurf  aus  dem  Jahre  1487  legt»s 

ar  nachtriiglich  einen  Zettel  mit  folgendem  Vermerk  bei: 
[».Wegen  der  abscheulichen  Gewolmheiten.  Biirgenneistor 
innd  Rat  der  Stadt  nachdrücklich  zurecht  weisen.  Folg«.^nile 
JFmge  «tollen:  Ob  die.  denen  ilie  Beösentng  der  anderen 
[obliegt,  von  Sünile  frei  sind  und  entschuldigt  werden  können, 
[wenn  sie  sehen,  dass  üott  beleidigt  und  verachtet  wird  und 

licht  nach  ihrem  Vermögen  dagegen  einschreiten?"  Da- 
[hinter  folgende  ^Regula**:  „Ein  Htaatt  in  dem  (rott  öffentlich 
■Terttchtet  wird^  kann  nicht  auf  Heil  hoffen." 'i  Durch  eine 
|Ooj«innung,  wie  sie  aich  in  diesem  l^^itaatjs  bekundet,  musste 
iHi^ynlin  sich  gerade  bei  der  frommen  Bei-ner  Bt*gierung 
\jAnk  beiftte  em[)fehlen.     Folgen    wir    ihm    mtn    zunächst  auf 

-4#^nuM'   iMNh'ti    knr/.tMi    n^'tse  nacll   <Hes*»r   Snnlr 

Bem^)  U7ik 

In    Bern    hatte   man  damals  mit  dem  Bau  einer  neuen 
JXirche  begonnen.    In  riesigen  VerhältnisHen  war  sie  angelegt. 
|4<^nn  so  verlangte  es  tler  Stxdz  einer  so  mächtig  aufblühenden 
Jetueinde    und    di»r    Ehrgeiz    einer    Stadt,    di»»    hint*>r   den 


^  Pn  I,  iJS. 
Inj  Kod  Fr.  n,  ^ 


■  h.vtN^fk. 


:.      'V\-!'  !      tljr"     I    hTMllHtrh,       Jlll"      dir       Uli       Ull>      \i\      \ir\\     lulj^ClMlrU 

I-   clreuMa]i|>r<^  Wirken  in  Hern  üttiit/tfi,   t>iet»>ltl  Schitltu^ 
^  Va)«^tt>  An«l«Htn.     Srhilling  M?hriet»  (•lcii-U/citt|»  und  HcUricb  *clt»HlcTleHc 


Kä:lr  Ir^r:.  -::->  >T^iaa^'•. tlt^  Frfircr^.  IT-si  iiiciiT  zurück- 
•IriVv-  --.'.".:'.  '»V.H  ^;ji-L:-r  ~&-  i-Lci  r-lr*  GoTt  besonders 
V. .  l'^riilli^T-f  '*VTri  in  rzz.  -rrZzZ.  riir.  ?^iii  Haas  gross  nnd 
"r.rrr".:;'::  ":.i7,:- .  ^".T:i-SiZL  -^  ^rrs-ilii^r--  '=r  l>r-  man  ihn  durch 
>:".>:  T  T%^--iT  ->.- Fr.  _i_.^i:-::.  Z-r-z.z.  fr  nn.  war  der  Bat 
.-r  >Tc-.i:.  '«V;-:-.-^!  V^:  .  —^  rr.irr?«  ri  -:chi  g-r^gen  die 
>:->:. vrr:T-:/.?  ">•.  S.rr:.*  -i.i  IäIt*.  gr^^r:  ihr*?  schänd- 

Ar.iir^.r  -.-  r:*:-:::.::^:  -^ij-  i-i^  Tr.'s'^-srrr.  n  st-iien*.  desri^ 
i  ■  ii f  r  ?- :  -  ^  T :  ':  »7 .  i  ^  r  •=- r  > "._ .  i  -  - .  .  -'^  r^k-::. '  I»a  -r  reigr.T-ten 
-:.l  :."V-  :'^:  Frll  ijir  " :.  i.  ^„-irr  :•?<  -'ii.r»r>  i47»>  *eri^ 
iTr --.'-!: '.^r:     Il-.s.-^  .nifT.^:  "--■      ""»r:    i-rvii  W- :*:_■:    .i^s  bur- 


M'zic^^  Wv^l- 


nact- 


Ai-i»;  t:.       tf^-t:-.-r 


•TT     .:_i : 


.n.:.t;;     ii- 


;  :      :r  .i ;;  i-r  rrfm.T  jv  r.l=f :- 


Joh.tfines  Hcynlin  a«i  Stein, 


187 


des  St.  Vinzenzen  Münsters  wahrend  der  Krieg8z«»it 
[>ckt,  HO  half  ihm  der  neue  üoVierflass  auch  nicht  weiter^ 
^nn  zu  iillom  Möglichen  verwendete  man  den  Reichtum, 
ir  nicht  zur  Förderung  dor  begonnenen  Kirche.  Aus  allun 
usen  Nut*ea  musste  ein  grosser  Ablass  helfen,  er  sollte  das 
[>Ik  entKühnen  und  zur  Einkehr  mahnen,  und  sollte  gleich- 
Utig  dem  Vinzenzbau  die  Kassen  ftillerK 

Noch  ifu  Jahre  1476  verschaffte  sich  der  Bat  der  Stadt 

^m  Papst  Sixtns  IV.  die  Ablasslnille  zu  seiner  „Rorafahrt*. 

nannte  man  die  Zeit,    für  die   der  Ablasi^  gewährt  war, 

?nn  der  Papst  Vollmacht  gegeben  hatte ^  auch  in  solchen 

llen  Absohition  zu  erteilen,  wofür  der  Büsaende  eigentlich 

^ch  Rom  hätt«*  pilgern  müssen.     Der  Beginn  der  Romf«hrt 

Bern  war  auf  Michaelis  angesetzt  und   10  Tage  sollte  sie 

lern.     Man  versprach  sich  von  den  reichen  (Tuaden.    die 

Papst  verstattet  hatte,  grossen  Zulauf  aus  der  Stadt  und 

ganzen    Umgegend,     Aber   es   war  auch  ji?njand  nötig. 

dem  Volk  den  Inhalt   der  Bulle  erklärte^   und   der  es 

snd    der    Dauer    der   Romfahrt   zur   Busse    ermahnte, 

psen  Prediger  fand  man  in  Heynlin. -i 

Mit    allen    Glocken    und    grossen    Freuden,    so   erzählt 

lilHng/)   wnirde  «m  Samstag  vor  Michaelis   (dessen  Fest 

re  auf  den  Sonntag  fiel)  der  ^mannigfaltige  heilige  Ablass^ 

^geläutet.     Zuerst  musste  die  pllpstliche  Bulle  gelesen  und 


An^'bclm  ucütit  ihn  „den  bocbiidcrtcn  und  verrücmptcn  der  heiligen 
Doctor    und    Prädicanteii,    Herr   Johannen    vom    Stein.**     I»    117/8* 
An&k,  ihn  aLs  „Ftsahcm  lu  Mftrkgräfeti  Eadeo"  bezeichnet,  t^o  tauscht 
b.  denn  di>  war  H.  er^^t  drei  Jftbrc  später,     Aosh.  berichtet  überhaupt 
%tr<rti^»    ehrouolnj^riM'h  im   Ein#dncii.     WiccriS,  iib — i  17)  vergeh iedeoe 
jxn  dfh  Berucr  Rats  zu  einer  cinbeitUcbrn  knappen 
f,   fto    lut   er  e*  auch  niil  den  verschiedeoen  Bcmcr 
Ron^Uiftesi,  von  dcneii  dte«e  hier  die  er!»te  hU     Er  sogt  selbst,  daM  er  fui 
Z^t   vor   J480    nur    , .einen  gemeinen  suramierteu  Durcbganc  tun"  wolle 
h  A->  ^  2<i).     Wir  schliciscn  uns   daher  im  dilgemeinen  äh  den  Bericht 
t,  der  roll  Hcynliits  Notiien   yenau  übercinAlimmt.   —   Einher  hut 
n%  Beteiligung  ati  dieser  RomfAhrt  entweder  ganz  überstehen  oder 
docb    aihrlilich   im   folgende  Jahr   vcrlcg:t.     Vgl.    £.  Blösch,    Doct.  Job. 
apkle  im  An*.  Rir  schwci».  Gesch.    'S.  F.    Bd.  Ul,  (1880)  S.  245—247, 
^nlbm  liftier  dcw*,  Titel  im  Berner  Ta-icheB buch  1S81,  S.  ijg — ^274.    Vischcr 
lAj  A.  37>  be<weifeUc  Überhaupt,  ob  Hcynlin  *chon  vor  1480  in  Bern  war. 


:::-    .{rr.in:-".    "^  i*-!!    -      >rz-i..:ir;-*r:     ..L*w  Buile   lateinisch 

■  r;™--  Zl:::,i=-  .i-— .k-  -r  iTir^m  nni  i»^TitS4:ii  erkläreiL 
Zin-  -^:-.-"  "^«iL.-.--  n^i-ii-n.  r-r  rx  i»^r  Pt^ü^tp  nach  Vesprr 
"/  i*r-*.  ■        ~~  ^ü-r    ''  '.Tiv .1    -1*   -'z.;!*-  -l^i^*lt**El•i^*   Wort»?  üb^r 

-^m.:-!--  3*-:'-":"^ii:j  :^— s^*  .«müti^^nri«'!!  ablast»-  drr 
.::*  'i-üiTa  ^..^i-  .J":tr  i-r:.inn'-  ia»iaaiij?.  äohr»>ibi  *r. 
:•-  '".  -lI-hv-h  i::~.-  ~-v:i-::ir^  :i:<.  ./i«  •^v.Iil'»^'-  i»*«'  nrinciari') 
-  '  ::-  - — ■.  ii-r  i.:'-ii:r".  2  :tt: — r,  -:--Tf'*riIii-'iisr.  fraohtberesi. 
::" " • : - ■". :-  il-~     •  r«  -^i. ::r.     .r^-.*-    : r.  . lam  .r.  B»* mTim  v*?nerir.- * 

y..-   -vi;-     "T-  1    i"     :-ll:   '.l->-::I    Li"  r    ii*^  hiiHs4:aIioh  bulle 
*...■:    ?u."  i:>«':i»-  .mai'.-  '/ir-j.    >".  i-  ^•.i^-l^rZ'^r.  li»=m  J'»hjLn.ü^!i 

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■.■•   ?:•-:._— .t--.^A -.-.  -'  -•:  -uii  :•  -^ar.  TU^rijli'.'LL  in:  lliiii^rer 

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'j-    :.  ■    .        -/'  .:■..-•■■.     ■  -     •^"  in    ien    'i.M.r.'rri  "ii-i 

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_;■         .   ..      ~  s... '-  .    _'- ».."-     _.;  .'-n-^      l."r'i.'«^r  MansTr-' 

Z  ..'.    •  •  ■"..    .-.   7.:."  -  '..  .  j-  vis-  .v-T.-r    i-r   -»-Men  i-eklat:''!!. 

.:  -.-•.'.-     -■'■:.-.      -.„r-     -  ^  n:!!::.^:.  s^^i-^n  als  ..«^tnirf 

:    •.     .  .      :::-.:  ".     jtz:^-n'-.    ilii^  liab^  »:•- 

■-   .  .-:'■..  ?■.   •' ■■■     ■  r.-:.   ..-■  .^n  "j:.\  ..-•loh  mereii- 

■   :.•  -      ...  ■*•     I:   ■....--.■  l-r-r    \\.:r-:i   sriricb  v.Hi 


.  .-      ■:-:■:      ■..:.-.    :--  -:.^:  ^■^::   Bcru   ru  h  r  :ifr 
/       : 


JubftriDcs  Htfjnlit)  aus  Siein. 


l8<>- 


^Bfang  HU  tjitif?,  aber  sii:^  koiuit<ni  die  Meuge  der  BüBsenden 
ichl  bewältigen  und  viele  iiiussteu  angt^beichtöt  wieder 
dobinL  Hi*yiilÜA,  der  sich  nicht  nur  um  »eine  Vorträge. 
•  aat'h  *»nergiseh  uui  die  Erledi^iiig  der  g«^samten 
iien  GuHcbäfte  gi^küinniert  üii  hnbt5ii  scheint,  konnte 
nicht  untätig  zusehen;  ^dann  die  herren*  so  dann  in 
!?m  münster  gf  prediget,  haben  alwegen  begerf  und  geheisson. 
nian  me  bichtvätern  bf»steUeii  un<l  iedenuan  die  grÖsten 
inde  bichten  und  wenig  um  bötenden  oder  hofreden  machen 
»Ite  von  menge  wegen  der  hiteii  und  euch  das  iederman 
Ji  und  bicht  inöcht  koraen."')  Man  folgte  auch  dem 
II  der  beiden  Prediger  und  erhöhte  die  Zahl  der 
»iehtvärer  im  Laufe  der  Woche  auf  84),  und  hätte  man 
shr  niogei)  finden,  setzt  Schilling  hinzu,  maTi  hiltte  sie 
ach  genommen.  —  E^in  kleiner  Zug.  der  zeigt,  dass  HeynUn 
liirr  nicht  nur  seine  Pflichteu  erledigte,  Hondern  dass  ünn 
te  Sache  des  Ablafises  selbst  am  Herzen  lag. 

^Vom  morgen  fru  bis  nacht,  on  underlog**  xrorde  (it  r«ri 
der  Michael isw< »che  Mestäe  jceleliriert,  Beichte  gel i ort, 
Lbsolution  erteilt  und  Predigt  gehalten*  Am  ersten  Tage 
id  am  Sonntage  darauf  wurden  aucli  gmssartige  Umzüge 
%d  Prozessionen  veranstaltet,  voran  Priilaten  TUid  Priester 
|it  dem  üeiligtum,  dann  ^vil  offen  sünder  luid  Sünderin  von 
^tttmen  und  von  frowen,  die  manne  nacket  und  die  frowen 
^rfns  mitu?»henken  irs  bures**»^i  ein  fast  schauerliclies  Biltl 
|ner  mittelalterlichen  Bussübung, 

Am  Montag  den  7.  Oktober  um  die  fünfte  Stunde  nach- 
mittägig läutete  nukn  ilen  AVkIrss  mit  allen  Gh>cken  und 
*r  Andacht  wieder  aus.  Schilling  erztUilt  mit  Befriedi- 
Mg  Ton  der  gut^^n  Aufnahme  und  Verpflegung,  die  die 
iden  OeijitJichen  wilhrend  der  Rom  fahrt  gehmden  hatt^m 
i  der  Entschädigung,  die  man  ihnen  au8  Sant  Vin- 
Gelt,  aläo  ans  den  AblaÄseinkünften  gab,  so  dass 
.zu  ihrer  Zufriedenheit  undraitEhren  von  Bern  schieden,**  •) 
»ynlin  i>r«*digie  übrigens  auch    noch  am  Tage  nach  dem 


igo 


Max  H  058  fei  et 


JEnde  der  Romfahrt,  In  dieser  Abscliiedspredigt  *)  lobte  unj 
beglückwüBSclite  er  die  Bemer  zu  dem  erlangten  Äbl&ss, 
wie  er  ihnen  zu  Beginn  dessen  Kraft  gezeigt,  tmd  wie  er 
ihnen  während  der  zehn  Tage  ins  Gewissen  geredet  hatt*?. 
Er  stellte  einen  gelungenen  Vergleich  zwischen  den  Bemeni 
und  einem  Bären  an,  zählte  eine  l^ige  Reihe  von  guten 
und  schlechten  Eigonschaften  dieses  Vierfiisslers  auf  luni 
spendete  seinen  Zuhörern  das  Lob,  erstere  auf  sie  anzu- 
wenden.    Man  hörte  ihm  gewiss  gerne  zu. 

I  Nach  diesem  «sermo  pro  valedictione"  ist  Heynlin  ver- 

nnitlich  gleich  nach  Basel  zunickgekehrt-.  Hier  scheiur  *^t 
aber  anfangs  mir  selten  gepredigt  zu  haben;  wenigstens 
sind  vom  Oktober  und  November  nur  drei  Predigten  vor- 
handen,*) und  bei  der  mittleren  ist  überdies  bemerkt :  ,.Iii- 
tendebam  facere  sermonem,  sed  uon  leci*%  bei  dem  letzten 
ausdrücklich  ,,feci  sermonenr'.  Erst  vom  1.  Dezember  an 
beginnt  wieder  eine  regelmässige  Folge  von  Predigten»  bis 
ins  nächste  .Jahr  hinein. 

Die  Ursache  zu  dieser  Unterbreehiing  ist  wahrscheinlich 
in  einem  Sti-eite  zu  suchen ^  der  daoials  in  Basel  zwischen 
der  PfaiTgeistlichkeit  und  ilen  Betteünönchen  ausbrach*  und 
an  dem  auch  Heynlin  beteiligt  wan*) 

Die  Spannung  zwischen  Welt-  und  Ordensgeistlichen 
war  bekanntlich  schon  alt.  Die  Bettelmönche,  denn  nur 
um  diese  konnte  es  sich  handeln,  griffen  häufig  in  die  B**- 
fugnisse  der  Pfarrer  ein  und  machten  ihnen  besonders. 
gestützt  auf  Privilegien  des  Papstes,  die  Beichtkinder  ab- 
spenstig. Es  war  ja  begreiflich,  dass  gar  mancher  liebtT 
einem  wandernden  Mönch  seine  Geheimnisse  anvertraute, 
als  dem  ortseingesessenen  Pfarrer,  begreiflich  aber  auch, 
dass  dessen  Ansehen  darunter  litt  In  Basel  eintzündet»* 
sich  damals  dieser  Streit  an  einem  anderen  Kampfe,  dem 
zwischen  Bischof  und  Stadt     Dieser  alte  Gegensatz  loderte 

*|  Pr.  Ui,  156  (Vorbereitungen),  fol  82*  (luhAU&angahe  iiAch  ^ebalteiM:; 

Predig).  ^H 

*)  Fr.  III,  209.  210.  2  11.  ^1 

*)  Vgl,  Hans  Knclwb   Tagebncb   in    Ba.    Chr,  ni,   [04.   118.   lio.  141 

und  Beilage   14  (S.  483  fF,).  ^m 


Johannes  Hcj-nlin  aus  Stcin. 


n^t 


«ben  damaLs  vod  neuem  zu  heller  Flamme  auf  und  drohte 
«ogar  einen  blutigen   Ausgang  zu  nehmen.     Schon  suchten 

Hl^eide  Parteien  nach  Bundesgenossen,  der  Bischof  und  das 
Kapitel  bei  den  benachbarten  Fiirsten,  der  Rat  natürlich 
bei  den  schweizerischen  Städten  Bern,  Zürich,  Solothurn 
u.  a.  und  die  Lage  war  sf»  gespannt  ,,adeo  quod  totus  clenis 
fuit  in  maiori   pericnlo,   quam   i^n-  lltem   ducis  Burgundiae 

_  itierit^^*) 

^  Diese  Verwirmng  machten  sich  nun  die  Bettelmönche 

zu  Nutze.     Selbstverständlich    stand    die   Bevölkerung  zum 

»Rat  der  Stadt,  der  Klerus  zum  Bischof,  Es  war  der  geeignete 
Moment,  unj  einen  Vorstnss  gegen  dio  Autorität  der  Pfarr- 
^eistlichkeit  zu  machen*  ,yAls  dies  *üe  Brüder  ans  den 
Baseler  Bettelorden  sahen,  die^  wie  sie  versicherten^  von 
dem  allerheiligsten  Vater  Papst  Sixtus  Indulgenzen  hätten^ 
dass  sie  Beichte  hören  und  das  Abendmahl,  ja  auch  die 
letzte  Oelung  spenden  dürften,    begannen  sie  das  Volk  ab- 

»spenstig  zu  machen,  tJass  sie  ihren  Leutpriestern  weder 
beicliten,  noch  von  ihnen  die  Sakramente  empfangen  sollten. 
Denn    sie    meinten,   wenn   eine    so   grosse  Verwirrung  ent- 

Istiinde^  könnten  sie  selber  die  Pfarrkinder  versorgen j  »,et 
in  predicacionibus  mirabilia  tecerunt*^.'*) 
Hiergegen  mussten  sich  die  Leutpriester  weKren.  Sie 
Verlan gten^  dass  jeder,  der  bei  den  Bettelmönchen  zu  beichten 
"wünschte,  vorher  bei  iJjiien.  den  Pfarrern,  die  Erlaubnis 
dazu  erbitten  sollte  Die  Sache  kam  vor  den  Bischr»!  dem 
beide  Parteien  Vollmacht  eiteilten.  über  ihren  Streit  zu 
H  entscheiden. 

H  Der  Bischof  konnte  den  Mönchen  nicht  günstig  gesinnt 

^eein;  aber  sein  Spruch   war  ziemlich  milde.     Er  entschied, 

dads  es    ^anständig,   aber  nicht  notwendig  sei^   um   die    er- 

[  wähnte  Erlaubnis  zu  bitten'^.     Uin  Aergernis  zu  vermeiden, 

yBollt^  aber  jeder  gläubige   Christ  gehalten  sein,   wenigstens 

ÄU  Ostern  seinem  Pfarrgeistlichen  ^fidem  facere^,   nachdem 

[er  den  Mönchen  gebeichtet  hal>e.''i     Es  wurde  dann  beiden 


»)  Ba.  Cbr.  Ol,    14»,  *), 

*\  Ba,  Chr.  ril,    141,  2j^30. 

*)  Ba.  Chr.  Ill,    142  Auraerkuug 


-z   i-ZL  -rrliz^en  Ablaay. 

riT-  z^Z'-^..   ^:m«3   wie  ^t 

r^-^^^z.   ^r-r^e^i*:»!  hane. 

.:!  rT^?«:i--:i  i-^n  Bemeni 

T:'^-='r-    Ä-zz    sie  aiizn- 


B- 


■vr.   A..:v.'j:e. 


Johannes  He)-nltn  aita  Stein. 


IQI 


damalfl  vod  neuem  zu  heller  Plainme  auf   und  drohte 

sogar  einen  lilutigeu  Ausgtitig  zu  nehmen.     Schon  sucht4»u 

aide  Parteien  nach  Bundesgenosäen,   der   Bischof  und  da« 

Tapitel    bei    den   benachbarten  Fürsten,    der    Rat    natürlicli 

I  bei    ilen   Bchweizerischen   Städten    ßeni^    Ziirich.    Solnthurn 

|ii.  i\.  und  dio  Lage  war  so  gespannt  ,^adeo  quod  totus  clenis 

fnit  in  maiori   periculo,   quam   j^er  litem   <hicis  Burgundiae 

lerit**.*) 

Biese  Verwirrung  machten  sich  nun  die  Bettelmönche 
au  Nutze.     Selbstvert*tamllich    stand    dio  Bevölkenmg  zum 
[Ttat  der  St*idt,  der  Klerus  zum  BitiJchnf.     Es  wuv  dev  geeignete 
Monu-'iit,  um  einen  VorsKms  gegen  die  Autorität  der  Pfarr- 
l^eifrtlichkeit    zu   maciien.     ,,Als    dies    die   Brüder   aus    den 
JBa»eler    Bettelonlen    sahen,    dio.    wie  sie  versicherten,    von 
hdem  allerheiligsten  Vater  Papst  Sixtus  Indulgt*nzen  hätten^ 
sie  Beichte   hören    und    das   AbendniahU    ja    auch    die 
State  Oelung  spenden  diirften,    begannen  sie  das  VolJi  »b- 
ig    zu    machen,    dass    sie    ihren    L^^utpriestern    weder 
^\u  noch  von  ihnen  die  Sakramente  emplungen  sollten* 
>ean   sie   meinten,   wenn  eine    so  grosse  Verwirrung  ent- 
stünde,   könnten    siti   selber   die  Pfarrkinder  versorgen,    ,,et 
predicacionibus  mirabilia  tecerunt**. *) 
Hiergegen    mussten   sich  dii»  Leutpriester  wehren.     Sie 
irarlangten,  da«s  jeder,  der  bei  den  Bett^hnönchen  zu  beichten 
ilnschte,    vorher    bei    ihnen,    den    Pfarrern*   die  Erlaubnis 
lazu  erbittiiU  sollte.     Die  Sache   kam  vor  den  Bisciiof,  tlem 
ide   Parteien    Vollmacht   erteilten,    über    ihren   Streit  zu 
^ntacheiden. 

Der  Biisclioi'  konnte  di^n  München  nicht  güiLstig  gesinnt 
aein;  mber  sein  Spruch  war  ziemlich  milde»  Er  entschied, 
«6  ^anstandig^  aber  nicht  notwendig  sei,  um  die  er- 
Ihntit  Erlaubnis  zu  bitti^n*^.  Uio  Aerg«»rnis  zu  vermeiden, 
jUte  aber  jeder  gläubige  Christ  gehalten  sein,  wenigstens 
tu  llutem  seinem  Pfarrgeistlichen  ^fidera  facere*',  nachdem 
dem  Mönchon  gi^beiciit^^t  habe,/'^     Es  wurtle  dann  beiden 


I)  Ba.  Chr.  IE,  I4U  9. 

^  8*,  dir*  in,  141,  3jt— 30, 

^  Biu  Clir.  tu,  141  Attmerkuii^  1. 


Vi.-:  ;  -.  r'  • -- _  >riT:_^  •^"i^'^^  i:-r  ^ii-lere  darch  Preiligt 
.-.T-  V  ►::'^:-- ■-!-:  -~  i-^.TLrr-iL  Ti>  Tiatürlich  besonil»?rs 
c^-v  V-  *r^::  ^•■r.'.'iiT  ^-z:-::.:  *:rir.  di-t'  ja  das  aufrühre- 
->*:.  y  -V.T-.  -  ..  >:f-  r:  _iipo<^r  doiuiniis  Johannei 
-vs*.   ■.■■->  r*L>-.  r-_-Ls    _.-  r-'-rr."  "L^  -Ll-iiOiim    snb  pena  »^x- 

1    ts-      >;.  '"..J   "iL  :t    l-r  3_s.m  :  ül.  1-L  Dezemb^-r  147»». 
•   ••-,;:■..•/<-*  .cs  ".**■.>'.  ■:_".-     — ^^.-."-f-i.  A.rXirid'e'r-  des  Vikar*. 

::  s  '.'."z  j  >  "  ■:'  i.>  Fi—  :--  zr.-.-.-irnrrZ.  L^arpriester  v.'ü 
S:  •/■  --  -  <-  1.  ■  •  V.J.'-  ^-.  A  :lv:.-  >e.  MAnrin  and  St.  Ulri.;h 
■:  L •  :  '.>-■: .  - >    ■  -■-■  ■.     ■ :  ■  ' ^•- '    *-  -  r: r^  ■-  r     : -■  r    At^TvISt in-:» r^i-re in irea. 

.V'.s  *_.'  ■::■.-.">•:-■'  ■■'  -     "*--.   Lr-;".lj.ri  Triri  nun  .Ti.'haiLiir'S 

•  "*:•-    -">•     >'^:*    .'■      >■-■    ^-•■■^■^  :-:-Z^:"::n:  11.-1,   a^tre.*     E> 

::=:>-i  -■      l  ^    ■-■     Yl-'  '.■.<:    :■'.     .'1  3»i.^-    s-:i<t   ::ÄhK>stä::L. ' 


:  tf    r  r:^--.      -^    -«r 


i-':...^:      f"Lut-j  _7r»«»f,- 


Johannes  Hcynlin  aus  Stein. 


»95 


steller  bekannt,  und  Heynliii  bat  zii  spinen  Predigtf?Ti  Öfter 
die  von  jenem  verfassten  ,.Sermones  thesaiiri  novi'*  bonutzt. '^i 
Am  13.  Juli  bricht  die  von  Pfingsten  des  Jahres  1477 
an   regelmässig  laufende  Reihe ^)    der   nn   St.  Leonhard   und 
am  Münster  in  Basel   abgehaltenen  Predigten   plötzlich  ab, 
und  erst  am  14.  Augnst  beginnt  sie  wieder.     In  der  Zwischen- 
zeit hielt  Hej-nlin  fünf  Predigten,   von  denen  die  letzte  d«n 
Vermerk  trägt  ,,doniinica  9a  in  Tübingen*^     TCtbingen  war 
also    da^  Ziel    der  zweiten  Reise  des  Jahres  1477*     Ob  die 
vier  vorhergehenden  Predigten  novh   nach  Basel  oder  schon 
nach   Tübingen    zu    verlegen    sind,    ist  ungewiss.    Basel  ist 
wahi-scheinl icher,   weil  er  sonst  wohl  einen  besonderen  Ver- 
merk gemacht  haben   würde,    wie   bei    der   fünften.     Dann 
wurde    die    Tübinger    K^ise    zwischen    den    27.    Juli    und 
14.  August,  die  dort  gehaltene  Predigt  auf  den   10.  August 
fallen.     Damals  hat  sich  wahrscheinHch  schein  die  ein  halbes 
fahr    später   erfolgte    Anstellung    Heynlins   als   Pfarrer  der 
flStadt  und  Professor  der  Universität  Tübingen  entschieden. 
Nach  seiner  Rückkehr  predigte  er  wiederum  mit  Regel- 
lässigkeit an  seinen  l>eiden  Baseler  Kirchen  (Assumptionis 
iriä  bis  Allerheiligen)^'}     Am   1.  November  stellte  er  seine 
rätigkeit    am    Münster    und    am    8.  Dezember    i  Maria  Em- 
>Iangnis>  auch  an  St.  Leonhard   aus  unbekannten  (t runden 
jin.     Erst    in    der    Fastenzeit    des   nächsten  Jahres    fing  er 
ieder  an  lieiden  Kirchen  gleichzeitig  zu  predigen  am    Die 
ersten  Sermone  sind  von  Estomihi    (1.  Februar i    und  Puri- 
ieationis   (*i.   Februar).     Von    Aschermittwoch   i4.    Febniar) 
in  hat  er  dann  ohne  jede  Ausnahme  alle  Tagp,  und  Sonn- 
sogar  fnüi  und  nachmittags  gepredigt  bis  zu  dem  Tage^ 
Wühekn  Textoris  aus  Palästina  heimkehito.   42  mal  in 


')  Er  litiert  sie  z.  ß.  Pr.  V»  fol  h;,  i57M62,  363.  —  Jod.  E.ichricb 
nasser  dem  „thcsaunis  novus'V  der  148«)  godruckt  wurde,  ein  quadragcsimalc 
Slrsissburg  tJ^$$)  und  einen  vocabulariits  pmedicantium.  Er  starb  1491. 
IjFabric.  Bibl  lal.  IV,  173  Ausg.  Piitaviac  1754.)  —  Ich  dachte  xuersi  au 
den  bektiunten  Jodocus  (i;dly>  Rubcaceusis,  der  seit  1476  auch  tu  Heidelberg 
war.  Aber  Gallu*^  war  (477  erst  iS  Jithre  all  (geb,  145*>)|  kotmte  also  nicht 
wohl  alts  „doctor  Jodocus**  iu  Uriwh  von  der  Kanzel  sprechen  (s.  A,  D.  B, 
VUI.  34^-35»). 

«j  Fr.  II,  Si*— 96*.   17  Predigten, 

^)  Pf.  11,  fol   toi*— 131*, 


ig6  Max  Hossfcld. 

5  Wochen.  ^ )     Vier  Tage  darauf  steht  er  schon  in  Tübingen 
auf  der  Kanzel. 

Es  geschah  gewiss  auf  Grund  der  guten  Erfahrungen, 
die  man  mit  Heynlin  gemacht  hatte,  und  vermutlich  auch 
nicht  ohne  seine  Einwirkung,  dass  man  sich  an  Sankt  Leon- 
hard  nach  seinem  Abgange  entschloss,  die  Seelsorge  end- 
giltig  in  die  Hände  von  Weltgeistlichen  zu  legen  und  ihr 
durch  feste  Formen  eine  regelmässige  Ausübung  zu  sichern. 
Als  daher  im  folgenden  Jahre  die  Visitatoren  des  Windes- 
heimer  Generalkapitels  nach  Basel  kamen,  wurde  im  Ein- 
verständnis mit  dem  Bischof  eine  Verordnung  erlassen 
(17.  Juli  1479),  die  die  Pfarrsorge  einem  Leutpriester  mit 
zweiKaplänen,  also  drei  Weltgeistlichen  übertrug.^  Im  Jahra 
1489  begann  man  mit  dem  Bau  eines  neuen  Langhauses 
der  Laienkirche,  deren  Erweiterung  wegen  des  Zudrangs  der 
Besucher  längst  notwendig  geworden  war.*) 

8.  Kapitel. 
Tübingen  1478—1479. 

Im  Jahre  1477  hatte  Graf  Eberhard  von  Württemberg, 
bewogen  durch  seine  hochgebildete  Mutter  Mechthildis  und 
(las  Beispiel  der  umliegenden  deutschen  Länder  in  seiner 
zweiten  Haupt- und  Residenzstadt"*)  Tübingen  eine  Universität 
gegründet.  Schon  in  den  vorhergehenden  Jaliron  waren 
die  vorboreitimden  Schritte  dazu  getan  worden.  Bestärkt 
und  beraten  wurde  Eberliard  in  seinem  Vorhaben  durch  eine 
Reihe  von  Gelehrten,  unter  denen  man  vorzüglich  Johannes 
V(Tgenhans  Nauclerus  und  Gabriel  Biel  zu  nennen  pflegt:*» 

»)  Pr.  III,  fol.  243'— 263^  und  Pr.  II.  25—28. 

*)  Job.  Bern.   123. 

3)  Wack.   185,  i()f). 

*)  Diesen  Titel  erhielt  T.  im  1 5.  Jahrhundert.  Beschreibung  des  Ober- 
aints  Tübingen  (Stuttjjart  i8f>7)  S.  270.  Meist  residierte  Eberhard  in  Urach, 
s.  Stalin,  Gesch.  Wiirtt.  I,  2  S.  ^114,  635,  666  usw. 

^)  Rcuchlin  trat  erst  Ende  1481  in  Beziehungen  zum  Grafen  Eberhard 
((iciß.  R.  21,  Urk.  486);  er  kann  wohl  zu  denen  gezählt  werden,  die  beim 
Ausbau  der  schon  errichteten  Universität  halfen,  nicht  zu  denen,  die  bei  der 
Gründung  und  ersten  Einrichtung  mitwirkten.  1474  bis  1477  war  er  in 
Basel  und  reiste  v(»n  dort  aus  auf  4  Jahre  nach  Frankreich  (Geiger  S.  13 — 20). 


Jobannct  Heynliu  aus  Sleio« 


ii>7 


bAlfsQ  auch  vor  allein  bei  der  Einrichtimg  der  hohen 
da  Eine  Hauptfrage  war  es  da  natürlich,  die  geeigneten 
1*1  zur  Aiiötelhmg  der  Professoren  zu  finden.  Es  war 
Dh,  ilinen  durch  Vprlcihung  von  Chorhermstellen  ihren 
erhalt  zu  gewähren.  In  Tubingen  aber  mussten  solche 
>eQ(]eti  erst  nocli  geschaffen  werden.  Um  zu  sparen, 
iblueä  man  die  Verlegung  eines  Teils  des  weltlichen 
rherrnstift>e8  Stndelfitujen  nach  Tübingen.*)  In  der  Bulle 
Papstes  Sixtus  IV  vom  11,  Mai  1476  ist  diese  Verlegung 
Bitten  Eberhards  und  Mechthilds  angeordnet  Man 
nU^  vom  Himlelfinger  Stift  die  Prupstei  und  8  Kanoni- 
ab,  wies  sie  der  Pfarrkirche  (St,  Georg)  in  Tübingen 
und  errichtete  dann  daselbnt  das  Sanktz-Georgenstiffc: 
e  Chorherren  sollten  zugleich  Professoren^  sein  Propst 
Eier  <ler  neuen  üniversitiü  sein.  Es  gjilt  nur  noch»  sich 
dem  ICloster  Bebenliausen  auseinanderzusetzen,  dem  die 
rkirche  St.  Georg  seit  «lern  14.  J»hrlinn<lert  inki>rpori«*rt 
und  das  aus  den  ihm  ziifliessendeu  EinkLinften  der 
e  einen  ständigen  Pfarrverweser  unterhalten  niussre. 
Klosti*r  gab  auch  seine  Zustimmung  zur  Verlegung  des 
lelfinger  Stifts  an  seine  Tübinger  Kirche,  nachdem 
'Imrd  die  Zusichening  erteilt  hatte,  dass  seine  Reclxte 
igeiasttii  l>leiben  sollten  (21*  Febniar  1477),*) 
Schon  vorher  hatte  der  Graf,  wie  es  üblich  war^  dem 
lie  von  seiner  Absicht  einer  Universitätiigründung 
eilung  gemacht,  und  um  eine  BestütigungsbuUe  gebeten, 
►he  auch  H7iJ  eintraf.  Am  13.  November  dieses  Jahre« 
len  der  Abt   von  Blaubeuren,  der  Propst  von  Herren- 


l*i»l^rfi'ic  ausser  ujuch,  dcu  bckaniiteu  Oc»chicbtcii  der  Univei^ilit 

t*e!ion«lcrs  uachSprc»U,   V'crfasMiiiittlcsSl,  CjfCfjnjcn-Stil'lh  c«  rijt>iu)fcii 

.  ir«rliiltfifs  cur  Ualv.  von  1476—1534.     tm  Kretb.  Dio«.-Ardiiv  (190t 

lOC^iK  —  SpTOtk  Arbeit  verbreitet  wcotgsteus  über  einen  TeiT  der  sonit 

rtnkel  liegenden  AnfitiK«  der  Tüb,  t.*n»v,   Licht.     Denn  zum  rnulückfÜr 

tt?  sind   I  ji54    beim    Bnmde   der    Umvcrutatsgebaiide  vieJe  wert- 

ütc  voü  den  FUmracn  vernichtet  worden  ( Eifert- K lüpfe  1,  Gesch« 

de  tmd  Uuiv»  Tib.  S»   118).     Einen   allerdin|£&   geringen  Beitrug  lieTeru 

Notizen  in  »einen  l^redigtniauuskripten,   die  w^r  im  Folgenden  ver- 

hVifl.  )ctit  vor  allem  Henneliuk,  Hctnr.,  die  theoL  Fak.  in  Tübingca 

f  ^  ^  177 — K,  Herrn,   >. 


198  Max  Hossfeld. 

berg  und  M.  Johannes  Degen  zu  Exekiitoren  der  päpstlichen 
Bulle  bestellt.^)  Am  11.  März  1477  wurde  in  Urach,  der 
Residenzstadt  des  Grafen,  das  Instrument  betreffend  die 
Errichtung  einer  Universität  in  Tübingen  feierlich  veröffent- 
licht und  am  3.  Juli  stellte  Eberhard  im  Bart  den  Stiftungs- 
brief  aus.  Damit  war  die  Hochschule  ins  Leben  gerufen. 
Am  IB.  September  fanden  die  ersten  Intitulationeu,  am 
1.  Oktober  die  Eröffnung  der  Universität  statt:  nuimiehr 
begannen  die  Vorlesungen. 

Nach  einer  alten,  früher  öfter  wiederholten.*)  von  den 
neueren  Autoren  aber  übergangenen*)  Ueberlieferung  ifl 
nun  unter  den  Männern,  die  Eberhard  heranzog,  um  ihm 
bei  der  Errichtung  der  Universität  zu  helfen,  auch  Hejiilin 
gewesen.  Jene  Ueberliofening  geht  von  dem  Abt  Trithemius 
aus.  Nun  ist  zwar  Tritheim  mit  Recht  als  Geschichts- 
schreiber übel  beleumdet,  und  seinen  Angaben  gegenüber 
ist  eine  sorgfältige  Prüfung  stets  geboten.  Gerade  bei 
Heynlin  aber  führt  diese  Prüfung  zu  einem  günstigeu  Er- 
g(»bnis.  Das  Buch  Tritheims  de  scriptoribus  ecciesiasticis. 
in  dem  auch  ileiii  .lohannos  de  Lapide  ein  Kapitel  gewidioet 
ist,  wairde  nämlich  zuerst  bei  Amerbach  in  Basel  gedruckt 
und  von  diesem  vor  der  Dnicklegung  dem  ihm  befreunJewn 
Heynlin  zur  Begutachtung  vorgelegt  *)  Heynlin  hatte  also 
(xelegenheit.  das  Werk  vorher  zu  lesen:  daher  dürfen  wir 
den  Artikel  über  seine  eigene  Person  gleichsam  als  authen- 
tisch   redigiert    und    als  glau])würdig    ansehen.*)     Tritheim 


M  Sproll  31,   i«o. 

-)  Iscliii,  Hisl.  jjcogr.  Lex.  III,  <)2.  Adumbr.  I02,  Rotermund,  Forts, 
zu  Jöchers  Gelehrt.- Lex.  und  andere,  auch  wieder  Fcret  IV,   163. 

')  Z.  B.  von  Fisch.,  Visch.,  Klüpfel  und  anderen  Geschichtsschreiben 
der  Universität,  Prot.,  Herrn,  etc. 

*)  Siehe  den  Brief  Heynlius  an  Joh.  Amerbach  in  dessen  Trithemiui- 
Aus|;abe  (Basel   1494)  unt.  Kap.   12. 

*)  Man  könnte  zwar  meinen,  er  habe  dadurch  nur  Gelegenheit  bekommou 
selber  su  seinen  Gunsten  gefärbte  Nachrichten  in  den  Text  des  Kapitds 
hineinzubringen.  Aber  hätte  er  wohl  Dinge  von  sich  ausgesagt,  toh  deoeo 
jeder  gewuF*  '  1  oder  gefärbt  wären :     Das    Buch  vnrde 

docl>  liehen  Kreises  aufs  eifrigste  dnirk- 

Tritheim  sonst  über  Heynlin  sagt 
ndt  anderen  Quellen  lehrt 


Jobaunes  Heynliii  aus  Sieii^. 


iqg 


Ulm  von  Heynlin:  ^hiier  praecipuos  qtwque  Tubingensis 
idii  ineeptores  et  audores  unus  exsUtit^^ ')  schreibt  ihm 
so  bei  der  Gründung  (anctoros)  iiod  ersten  Einrichtung 
jceptoresi  eine  herv'urragende  Rolle  zu. 

Wenn  wir  nun  Heynlins  Tätigkeit  in  den  Jahren  1476 
id  1477  vergleichen  mit  dem,  was  wir  über  die  in  eben 
lesen  Jahren  erfolgte  Gründung  und  erste  Einrichtung  der 
febinger  Universität  angegeben  haben,  so  könuen  wir  in 
&m  Ergebnis  dieses  Vergleiches  nur  eine  Bestätigung  der 
fritheimschen  Angabe  erblicket^  Was  wollte  denn  Heynlin 
if  jenen  \ner  in  den  Jahren  1476  und  77  in  so  kiu-zen 
tischen  räumen  von  Basel  aus  unternommenen  Reisen,  und 
irum  fidiiiien  ihn  alle  vier  gerade  nach  Württ^^'raberg,  wo 
doch  bisher  noch  nie  etwas  zu  schaffen  gehabt  hatte? 
Erinnern  wir  uns  noch  einmal  der  Orte,  die  er  aufgesucht 
at.  Im  FebiTiar  1476  war  er  in  Urach,  der  Residenz  des 
Jrafen  Eberhard,  der  damals  gerade  seinen  (Tründiiogsplan 
js  Werk  zu  setzen  begann:  IL  Mai  1476  ordnet  der  Pap^t 
ie  von  Eberhard  erbetene  Verlegung  des  SindeU'inger  Stiftes 
und  Mitte  August  1476  reitet  Heynlin  nach  Sindelfingen 
^cum  patribns  visitatoribus*'!  Um  Hiuimelfalirt  1477  finden 
lÄ'ir  ilin  acht  Tage  oder  länger  wieder  in  Eberhards  Residenz 
Urach,    derselben    Stüdt,     in    di*r    zwei    Monate    vorher  die 

Käpstliche  Bulle  publiziert  worden  war,  und  wo  überhaupt 
irs  erste  alle  Fäden  zasammenliefen^  die  wegen  der  Tübinger 
Universität  gesponnen  wurden.  Im  Juli  und  August  endhcht 
d.  t  wenige  Wochen  nach  der  Stiftung  der  Universität 
verweilt  er  in  Tübingen  selber:  nur  einen  Monat  später 
werden  schon  Lehrer  und  Studenten  in  die  Listen  der 
Universität  eingetragen.  J  Vxs  alles  sieht  doch  ganz  so  aus, 
als  sei  Heynlin  zu  den  vorbereitenden  Schritten  mit  heran- 
gezogen worden. 

Eine  weitere  Bemerkung  erhöht  die  Wahrscheinlichkeit 
dieser  Annahme»  Graf  Eberhard  bediente  sich  bei  seiner 
Gründling  vorzüglich  der  Hilfe  seines  Rates  und  ehemaligen 
Lehrers  Johannes  Vergenhans,  der  dann  1477  auch  erster 
Rektor  und  in  dvn  ersh?n  Jahren  überhaupt  der  Leiter  und 


1)  Aits^.  Basel,  Amerbach   14*44,  fol.  i2q« 


200  Max   Hossfeld. 

das  tatsächliche  Haupt  der  Universität  wurde.*)  Nun  waren 
aber  Hejiilin  und  Vergenhans  einander  wohlbekannt,  hattec 
schon  in  Paris  gemeinsame  Studien  getrieben*)  und  warvn 
auch  in  Basel  später  zusammen  gewesen.  Vergenhans  war 
da  im  glf*ichen  Jahr  wie  Heynlin  intituliert  worden  ol»! 
hatte  wie  er  dort  eine  Zeitlang  gelehrt.  •;  Angenommeri 
auch,  dass  die  beiden  Männer  seit  jenem  Pariser  ZnsammeL- 
treffen  im  Jahre  1459  nicht  weiter  in  Verkehr  miteinander 
g^'standen  hätten,  so  konnte  Heynlins  Tätigkeit  in  Bas^l 
im  Jahre  1464.  die  die  ganze  Universität  so  in  AiifregUDg 
versetzte,  niemandem,  der  zu  ihr  gehörte,  verborgen  bleiben, 
am  wenigsten  einem  Lehrer,  was  doch  Vergenhans  war. 
Er  mussto  damals  auf  He\'nlin  aufmerksam  werden  and 
musste  sich  ein  Jahr  später  in  Tübingen  um  so  mehr  an 
ihn  erinnern,  als  dieser  ja  gerade  in  organisatorischen  Fragen 
an  der  Basler  Universität  Energie  und  Geschick  bewiesen 
hatte.  Er  ist  es  offenbar  gewesen,  der  den  Grafen  Eberhard 
auf  Heynlin  aufmerksam  machte. 

Mit  unserer  Annahme  stimmt  nun  endlich  vortrefflicL 
dass  man  in  Tübingen  gleich  von  Anbeginn  an  beide  Weg^. 
den  alten  und  den  neuen  einführte.  Beide  sollten  getrennt 
nebeneinaiKL.T  bestehen  und  gleiche  Berechtigung  haWn. 
IVw  Stadit.-rendrn  jt^Jes  d^r  Wege  bekamen  je  eine  l^esoudere 
Burse  angewies»'n.  damit  nicht  durch  ihr  Zusammen  wohnten 
irf^legenheit  zu  Reibimg  und  Zwietracht  gegeben  wünie. 
und  das  B»>tret»Mi  dt*r  anden.'n  Burse  ^iirde  verl>oteii.' 
lM»*se  Bestimmun«2:en  streben  nlso.  \We  man  bem*^rken  wiri. 


*p  147'»  war  er  Pfarrherr  /u  ßrackcnhcim  bei  Urach,  ii.  111.  14:* 
ia:  er  :n  Urach  Zeii;:;^  bei  «1er  Publikation  de^  InstmmeDts  betretfend  ic 
Errichtung  der  Universität  rüi)in«^cn.  Kr  wurde  auch  gleich  nach  Errichtcr;; 
de-  Geor^en-tifts  Chorherr  ilarin.  crörFnete  al>  er>ter  Rektor  die  Uni%-er5iti: 
am  I ;.  IX.,  war  erster  Pp4'es-or  de-.  ^ei>tlichen  Rechts  und  seit  147^  aiAh 
Kanzler  der  Universität  und  Prop-t  de-  CTeorgenstift-  (Klüpfel  l,  o:  A.  D. 
H.   J  ?,   J'»'.:   Sproll    yi,    i>o,    i>i,    1.^2:   Urk.  4»X)  tfj. 

■i.  ^.  .:.:-on  S.   347     Bd.  VI.  2.. 

^  V:-Lh.  2^'i.  —  K-  i-t  -<^};.ir  aurVällig,  da.--  Vergenhan»  mit  Hex::!:- 
j^lo  v.h/t:;iiL;  auftaucht  (14''4  und  auch  wieder  vcr^rbwindet  loach  14^^;  >* 
v.:.  ihni  ebvii.s«»  weniji  eiiie  Sp'.-.r  iu  Ba-el  al>  von  He\-n1int.  Es  scheint  f>l 
-o.  a!>   wenn   -ie  /usaniv.en  von   Pari-  gekommen  wären. 

*■   Urk.  40^. 


Jobaoncs  HeyoliD  aus  Sieiis, 


20 1 


;enau  (liisselbe  an,  was  Hcjiilin  1465  w  Bus(4  i:kirctigtt$t>tzt 

Wie   einst   dort   bei   einem   Peter  von   AndlaUt   «t» 

iierrschte  auch  biVr  ein  weith*»rziger   und   massvoller  Geist 

^H>r,  d*>r  durch  Unparteilichkeit  iiii*!  Gewährung  von  Spitd- 

für   beide   Kichtimgen   der   Sache    der  Wahrheit  am 

t)eston    zu   dienen    meinte.     Da    wir    nun    Heyulio    zu  den 

I^nnera  rechnen    müssen,    ilie   die   Wiege    der   Universität 

imslanden,  so  wird  auch  ihm  an  seinem  Teile  die  ürheber- 

c^haft  an  diesen  Bestimmungen  zuzuschreiben  sein.*)     Wti'» 

vt^it  der  Eiufluss  Vergenhans*  oder  anderer  Männer  reichte, 

leren  sieh  Eberhard  bedient   haben  mag^  ist  unbekannt  Ich 

irage  nicht  zu  futscheiden,  welchen  Anteil  man  [nsl)i*sondere 

'ür  Gabriel  Biel  in  Anspnich  nehmen  muss.     Grot"  Elierhard 

lernte  diesen  bedeut*»nden  Mann,  der  seit  14<iH  Propst  eines 

•"raterliftuses   in    Butzlmch    in   Hessen  war, -  im  Jahre  147^ 

Heidelberg  kennen;  ,,er  forderte  Biel  auf,  ihm  bei  seinen 

rirchlichen  Reform plfSnen  in  Württemberg  behilflich  zu  sein** 

md   hat  ihn  zuerst  bei  der  Errichtung  eini*s  neuen  Hauses 

1er  Brüder  vom  gemeinsamen  Leben  in  Urach  herangezogen. 

H  seiner  Eröffnung  am  10.  August  1477  ist  Biel  in  Urach 

iigegeiK     1479    (Spätestens  1482 1   wird   er   selbst   im  Stelle 

loö   von    ihm   zuerst   vorgeschlagenen  Benedikt  von  Helm- 

It^dt  Propst  in  Uracli.  1482begbdtet  erGraf  Eberhar*!  auf  seiner 

Icimn'ise,      Zur    Tübinger    Universität    <l  hat    Biel 

Mifangs  in  keiner  direkten  Beziehung  g»-  ,  erst  1484 

rird  er  Ihr  Mitglied*  am  22.  Novi^mber  dieses  Jalires  kommt 

PT  in  Tübiiigen  am*)     Es   ist   mithin  nicht  wahrscheinlich» 

las»   Biel    bei    der   eigentlichen    Gründung   der  Univi*rsität 

!*itiH  hervorragende  Holle  gespielt  hat,  und  der  Anteil,  d^n 

im  einige  Autoren  daran   «uschreiben, ')   scheint   Hemlin 

lehr  als  ihm  zagebtlhr(*n.     Immerhin  krmnt«*n  beide  Männer 


')  liertneltfik  (S.  tb)  denkt  steh  auch  die  ervleo  Statute»  der  theo logi»c heu 

IFäknltit  Lfi  Tübmgen  unter  HeynliDs  Eiudii^s  etitst^udrn. 

*>  Herrn,   8t,  505;  l'rk.  4')^:  Lujfcciuumin  (11  Ikib.  tbcol,  QuartAlsfehrift 

*)  Marti»  Ouftin**  Sc'hnäb.  CKrciiitk  U,  107  (trank ;.  * ,  ^^^j,  Afidr.  Chritt, 
•Htr«  Merkwiifdijjkeitru  der  Univ.  u.  Studt  lübitiKeu  (I74i)  S,  40^;  H.  F. 
!Lis«itf»rh,    B*^  :    u.    Ge»cli.    d.    Stadt  tu   Uiiiv»  Tiib.   (18121  %,  iSj; 

Klipfel,  i  iisrr)  S    1. 


202  Max   Hossfcld. 

nebeneinander  zu  dem  gleichen  Ziele  gewirkt  haben;  traten 
sie  doch  auch  beide  im  gleichen  Jahre  1476  in  Beziehungen 
zu  Graf  Eberhard,  in  welchem  dieser  seinen  Plan  der  TJni- 
versitätsgründung  der  Verwirklichung  entgegenführte.  Da» 
Verhältnis  der  beiden  Gelehrten  wäre  dann  wohl  so  zu 
denken,  dass  der  Ockamist  Biel  für  die  Einführung  der 
via  modema  eingetreten  ist,  während  Heynlin  dafür  sorgte, 
dass  die  Vertretung  der  via  antiqua  an  der  neuen  Univer- 
sität nicht  ins  Hintertreffen  geriet  Das  Ergebnis  ihrer 
Beratungen  wäre  dann  die  Gleichberechtigung  und  das  ge- 
trennte Nebeneinanderbestehen  beider  Richtungen  gewesen. 
Ein  abschliessendes  Urteil  hierüber  bleibt  abzuwarten.  Jeden- 
falls aber  könnte  Heynlins  Anteil  an  der  Universitäts- 
gründung durch  ein  solches  nur  näher  bestimmt,  nicht  ganz 
aufgehoben  werden. 

Nimmt  man  nun  alle  diese  Momente  zusammen:  die 
Glaubwürdigkeit  Tritheims  in  unserem  Falle,  die  vier  Reisen 
nach  Württemberg  (insbesondere  die  Sindelfinger),  die  Be- 
ziehungen zu  Vergenhans  und  die  Aehnlichkeit  der  Tü- 
binger mit  der  Baseler  Artistenfakultät  so  scheint  uns  die 
Annahme  einer  Mitwirkung  Heynlins  bei  der  Begründung 
der  Universität  völlig  festzustehen.  Auch  spricht  noch  da- 
für, dass  die  Gründung  der  Tübinger  Universität  schon 
unter  dem  Eindruck  humanistischer  Ideen  geschah-*)  Wir 
worden  daher  die  Angabe  des  Trithemius,  dass  er  ..unter 
den  vornehmlichen  Anfängern  und  Gründern  der  Tübinger 
Universität  einer  gewesen  sei",  rückhaltlos  unterschreiben 
krmnen.  Das,  was  wir  im  folgenden  von  seiner  Stellung 
und  seinem  Wirken  in  Tübingen  noch  zur  Sprache  bringen 
müssen,  kann  uns  in  dieser  Meinung  nur  bestärken. 

Mitte  März  1478  kam  nämlich  Heynlin  selbst  endgiltig 
nacli  der  württembergischen  Universität,  vier  Tage  nachdem 
vr  seinem  Freunde  Textoris  das  Baseler  Predigtamt  zurück- 
go/:^e])oii  liatte.-'  und  wurde  gleichzeitig  als  Stadtpfarrer  und 

')  Wiirtt.   Viertel jahrsh.    i<)0(),  S.  320. 

-)  Bedenkt  man  die  Entfernung  der  beiden  Städte,  so  gewinnt  man  den 
Kindruck,  als  ^ei  schon  vorher  alles  zur  Uebersiedelung  fertig  gewesen  und 
als  habe  Heynlin  nur  gerade  die  Rückkunft  des  Dompredigers  abgewartet, 
um  dann  sofort   nach  Tübingen  aufzubrechen. 


Jotia&»es  Heynlin  atis  Steiu. 


aoj 


EmU   Profonöor   der    Theologiu  angestellt  *)     „Dominica  Pal- 

marum  in  Tübingen'^  schreibt  er  lakonisch  über  8eine  erste 

Prertig-t  *;     Dit^  Vi^rbiiidmig  «üeHer  beiden  Aemter^  tihörhanpf. 

[eine    damals    nicht    ungewöhnliche   Erscheinungj    kann  bei 

d©n  nahen  Beziehungen^  in  die  St  Georg  und  die  Universität 

g«^eizt.  waren,  vollende  nicht  \%ninder  uehniRn,  ^)  Zwar  zum  Stift 

St  Georg  trat  Heynlin  wt'der  als  Professor  noch  als  Pfarrer 

iii    ein    näherem    rechtliches    Verhältnis,     Denn  der  Pfarrer 

rWMT  (wie  vom  Kloster  Bebenhavisen,  das  ihn  zn  unterhalten 

rhattet  so  auch»  vom  Stift  das  an  seiner  Kirche  bestand,  in 

der  AoÄÜbung  der  Seelsorge,  in  der  ihn  übrigens  12  Vikare 

[anterstntzten,  vollständig  unabhängig.  *)    Und  die  Professoren 

1er  Theologie  sollten  Äwar  beßtiinnningsgem&sa  Chorherren 

[des  Stifte  sein,  waren  es  zu  Anfang  aber  nicht,    denn  man 

|1iatte  den  8  Sindelfinger  Chorherren,  deren  Kanon ikate  man 

Tübingen  verlegt  hatte,   ihre  Präbetiden  nicht  rauben 

[können    und  so  waren  zu  Anfang  nur  wenige  Universität^- 

■profossoreuden  Intentionen  der  BnJlegemii^sanchChorherren,^) 

Wohl  aber  bestanden  solche  Beziehungen  zwischen  dem 

IPfarrer  und  dtT  Universität.     Zusammen   mit  dem  Kanzler 

'üolite  nämlich  der  Kirchherr  —  ao  bestimmte  Eberhard  — 


^  J.  J,  Mn&er,    Vitae    Professor.     Tubint».    Ond.    Tbcol,     Deais    prttuji 

I(Tq1».    171")  S.   20,     .NJo&er  benutzte  noch  handschriftliche  „AnnAJcs  Ac^demiAe 

robtJi|>eQ»i)i"  aUH  dciti    lö,  J.'ibrhd».  (s.  Herrn.  44»,     Vgl.   auch   de«  Text  der 

ikel  (unten  S.  205^1  sowie  H«rin.  S.  11,  12,  80  und  Wurttemb.  Kircfaeu* 

ij^ochtchte  hsg.  vom   Calwcr  Verlags %'ercin   (1891)   -S.  2j6).     Lrnsenmann  vcr- 

^miitet  üjigegen,    doss    He>nlin    nicht   Theologie,    ^otKlern  philosophische  Dis- 

cipliiiei]  gelehrt  habe.  Aber  wohl  nur,    weil  er  der  Meinung  lit,  d^ss  Heynlin 

%hth    mit    Biel   über    philosophische  Stteiifnigeu  ^e^tl ritten  habe    tvgh  unsere 

t|^)eeilf|ccn  Ani^Fihrnngen   S.  215  ff)*     F.    X.    Ujik    Konrnd    Summenhart 

|iil77*  H,  ?**  A    4,     K,  SuMmmhart  in\  übrigens  ein  Theologe,   rier   gleich- 

itift  *nit  He^ltn  in  Tiibin^jen  nnkAm  und  wirkte»  147B  ist  er  immatrikuliert 

fJEf  rfr  a1»  die^cr    und    es    i»t  möglich»    dtLs^  er  m  dest^en 

fScb  .  iien  AoichiiUMngen  steht  er  Heynlin  nidac  (vgl.  Linsen- 

ticftoii  S  posuiuh     Vgl.  Herrn.   1^5,    168,    tb^),   155^  den.  in  Prot, 


u  jet2t  Hemt.  u ,  it. 
17S,     .v>,  14a.     Ertt  i4Sa  trat  der  Pfarrer  in  ein 
loF»  lum  Stift. 

>  lernt. 


204  Max  Hossfcld. 


1 


eidlich  verpflichtet  werden,  über  die  Ausführung  der  Uni- 
versüätaordnung  zu  wcuJien.  Dagegen  sollten  beide  von  den 
Geschäften,  welche  nicht  «die  Ordnung  und  den  Nutzen* 
der  Universität  betrafen,  frei  sein.  Endlich  wurden  sie  bei 
Irrungen  zwischen  dem  Landesherm  und  der  UniversitiLt 
oder  zT^-ischen  letzterer  und  der  Stadt  Tübingen  als  ^Mittler 
und Tädingsleute-  bestimmt.')  Gewiss  Beweise  daffir,  dass 
die  Stellung  des  Plebanus.  ähnlich  der  des  Kanzlers  eine 
hochangesehene  bei  der  Universität  war.  Kanzler  und  Kireh- 
herr  waren  aber  mm  niemand  anders  als  Vergenhans  and 
Heynlin.  Wenn  wir  so  die  beiden  Freunde  in  den  ersten 
An&ngen  der  Universität  an  massgebenden  Stellen 
stehen  sehen,  in  denen  ihnen  eine  Oberaufsicht  über  die 
äussere  und  innere  Politik  der  Körperschaft  eingeräumt  wir, 
so  kann  unsere  oben  vertretene  Annahme  von  Heynlins 
Ifitwirkung  bei  der  Begründung  der  Universität  an  Wahr- 
sclieinlichkeit  jedenfalls  nichts  verlieren. 

HejTilin  begann  nun  -«^neder  regelmässig  zu  predigen 
<15.  März  —  12.  April).-»  Am  Tage  des  heiligen  Ambrosins 
i-l,  IV,  1478)  hielt  er  einen  lateinischen  Sermon  in  der  üni- 
vt.*rsitätsmo3se,  "I  in  der  er  seine  Zuhörer  zur  Xachahmnng 
(1«T  liehen  Tugenden  des  Ambrosins  aufforderte.  Besonder» 
eine  \'orschrift  des  Heiligen  legte  er  da  den  Studenten  aus 
Herz:  die  Jünglinge  sollten  sich  den  älteren  Männern  an- 
schliessen.  da  sie  von  ihnen  viel  lernten,  «denn  der  Umgang  1 
mit  Altorsgonossen  sei  zwar  süsser,  sicherer  aber  der  mit 
d«»n  Alten.  Denn  nichts  Schöneres  gebe  es,  als  sie  m 
Führern  und  Zeugen  dos  Lebens  zu  haben. *•  ..Auf  also,  ihr 
strebsamen  Jünglinge**,  nift  er  zum  Schluss,  .,wenn  ihr  auch 
nicht  alle  Taten  oder  Lehren  des  Vaters  Ambrosins  befolgen 
wollt,  vorachtet  wenigstens  diese  eine  nicht,  dann  werdet 
ilir  an  seiner  Hand  zu  immer  höheren  Gipfeln  der  Tugend 
aufsteigen  und  euch  zuletzt  der  Tugend  ewigen  Lohn  er- 
worboii.** '  I  —  Eine  neue  Reihe  fortlaufender  Predigten  setzt 

M  Sproll   y),    i;«);  Herrn.    13. 

-)  Palmaruin  bis  Jubilatc,   ii    Predigten.     Pr.  II,   28* — 35. 

3)  Pr.  111,  I — 4'.  Ueber  die  Universitätsgottesdienste  vgl.  Sproll  31, 
i(,S — i). 

^)  Fol.  4*.  Die  Predigt  ist  übrigens  ein  typisches  Beispiel  der  btci- 
nist'hen  Sermone  Hcvnlins. 


^^^^^^^^^^r  Johaunes  Heyülm  aus  Stein.  205 

Bffit  wieder  im  Mai  ein;*)  die  ganze  zweite  Hälfte  des  April 
Diiiidarch  z^vaiic^  ihn  eine  Augenkrankheit,  sich  ruhig  zn 
|verbalt«ru^i 

I  Mittlerweile  hatte  das    neue  Semester  angefangen    und 

Ifler  Prediger  l>egann  seine  Tätigkeit  an  der  UniversitÄt. 
Bier  R^kt45r  Konrad  Vesseler  (1.  Mai  —  18,  Oktober  1478V 
kin  eJiemaliger  Partei^nger  He>*nlins»  jetzt  Professor  an 
Ider  Tübinger  Artistenfakultät  und  mit  Willu  Mütschelin  äu- 
pumiiif^n  er8t<5r  Vorsteher  der  Burse  der  Realisten*  **!  schrieb 
UB  ilfi  »«MagifTier  Johannes  de  Ijiipide,  sacrae  theologiae 
Rffofessor,  plehanus  huius  loci  TiiwingiMj*^  in  die  Matrikel 
kin/«  Worüber  er  la«,  ist  unbekannt,  Es  war  Regel,  dass 
fein  Profe8Sor  der  theologiechen  Fakultät  ungefähr  jeden 
kwinti'ii  Tag  eine  ordentliche  Lektion  hielte**)  Jedenfalls 
krird  e«  einem  Manne,  der  die  Jugend  zu  nehmen  verstand 
krie  Heynlin,  nicht  an  Zuhörern  gefehlt  haben.  Nach 
lH[t*rmelink  wurde  seint*  kürzt- Wirksamkeit  an  der  Tübinger 
IlTniversitat  , »bedeutungsvoll  dadurch,  dass  in  seinem  Gefolge 
hie  bedeutsamen  Vertreter  der  via  antiqua  Walter  von  Werve. 
bConrad  Summenhari  und  Paul  Script-oris  aus  Paris  an  die 
ETübinger  Hochschule  gekommen  sind.^*) 
I  IHe    Kanzel    scheint    er   rleii    ganzen  Juni  und  halben 

bull  1478  hindurch  nicht  versehen  zu  haben;  denn  hinter 
kitietn  Predigtentwurf  vom  31.  Mai  folgt  gleich  ein  solcher 
kfiui  22.  Juli.')  Vom  2Ck  dieses  Monats  bis  16.  August 
kredtgte  er  clunn  sechsmal  in  IVildhadj  wo  er  wohl  seinen 
Bommerarlaub    zubrachte.     Wahracheinlich    hat   ihn    Graf 

l  S   ^,— ji.  Mal,  7   Predtgteit,  Pr  Tl     iz- - 1-\ 

I  *t  H.  TaMIc  lieim  3.  Mai   174^, 

I  •>  Urk,  4^1«  4p V,    ^    M''S  ^"-^^  *-^   '"    i^-i'^t  1    Anh;inj;cr  «ier  viu  anttqun 

■Vkck  ttS\.  VßL  ül>cr  ihn  Herrn.  2i2,  22^.  lTet»cr  MiitHcbciii»  Htrm.  2i|* 
I  ^}  Xlrk,  473.     Im    Jahre    1477    wird    D.  Conr.  Brünig  aU  plcbonus  tu 

fciwfngcR  in  der  Matrikel  gctiAont  (Urk.  465)»  Brünig  oder  Breuning  tmt 
kill  Amt,  dtm  et  bereits  1465  hekleidete«  An  Hcynlm  ab.  14^6  wird  er  qiuiti' 
kftni    plchduitii«    KeiiAnni    (Sproll    50^    17^.    i7i>).     V^;!.  über  ibc  Tüb,  Ulätter 

I  •)  S.  Hffrm.  46« 

kiter  wmA  T&btngen,  vgl.  utiteji. 

I      ^»  Pf,  n,  foL  jr.  3Ä.  Vg»,  Eiktiu  i. 


--.;.--     ".-.^v.-r:.   "»'r-:--:-  ^-.'rr:^7 L  t:-    STirr^Art.    *'wir  -irr 

;>:-':.^7:  :..-->-.  rl:. :-  A*:ir:--*  i.-?"  -r  in  T-lbir-^n  zarü-jk 
-..-..*.    ...-.-    -r'.-rr    :.-.:.:    [ir.^rr    Ji!.'?     ir-i  W- ciieii    tu,,!  j^jV 

:.-."  r!;.  -r  ?.*  .z---::  :.  :  .r  iir  «T-r--::.  iL-:-:  i-s  •.Tr:xferi  Efc-^rhani.    ! 

•  :►::..  ::■■  K:'  .:..  ^V!!  :  ji  ::-  rr:.  irir-  Friä-.-he  n-i'h  Lieh: 
g- '..--: '-::.".  :.•"•-.  A  ..  I'.  '^-Z't-L-'.-r  L:j.oL-»r  -r  sich  ?ohon 
V. ..-.:-.-   ,-,:::    '::-:    E-i— .    r:r.-Tr..   R-J-r  rois^rri-l.    .;ier    an-  R-m 

y^  t^ :,    :.:« :-'    '/.'\:r.ri-\    z.Ai    iri^    Ergeliiis   cl*?s  grosj^'- 

.'•.'...-: ■■  ..    J  ::./■:    147*'.    ;..i->-    ■•:-    Srad:    Bern    ant    di»* 

.'.[.■  :,:•..-/.■•:•    ;--  .=    ..r  -  147"*  -:'  -  :i-'*:r  R'?ci!ahn  anges^'tzt." 
I':z       ■  !■:■-.    -:::.   }^•■;:_:■•^   -ä:--  H-rvi.li::   ni^"«tig     uiitl  >; 

•..:•■■  .  '.  -.  ...  -  ;.  ..  IL-  A:.::'M^  ■l->  S^Tiimers  au  ihn 
■...-  ■;  .  H."-r.  .r\:  ,  :  T  ■^-  .:">  A^-las<prv.iiL:or  nach  R*rn 
z      r.   r:.  ..■■:.. 

Ij.     /.-..-  :.:.-.         .  H  ::.•■:•  It.tr.    Irü.  Prv'li;r»tTimil  seiii..i:i 
i::. :..    :■  ..     «i    •:-.     ■.    r.    \\''i:Tt»-::J'vig    'le>\v*»g»-ii   gotülmeu 

\  ■:::..::..    _r-:.    ! -rli'-TiTL  ii.   wi.-  hncli    man   aiit  bt-iilt^Ti 

^   ;*  II    ■       ::.     -  :.  ■•/^•-.      Z-'.iiäilist     wandt»»     sicli    Turin;: 

i"  ;.  !;  <'-:;  ;■-.■  !.:•■:■    r  v-:i   Ji-rn.   im  Auftracr  <les  KaL< 

-■    .'/:•:  :':...    K:    -«■}.   ii.r  -.':i-r  nu«:h  Tübingen  giTittcii 

/      -  ;.  .   .!■-:. i:   .-  •  :z.ii:.r.   -Im--  -r  Miir  Hevnlin   .,gi»n»(lt  uii«l 

-■■^  ■•:••  ■;    i::i;..   -i''.    !:iir   v:t:-t    li»-!*  zu  iTigon.*'      Dios^T  wr- 

.    :     ■  .7' .   .■.;>!  il;r'.:  ii  \«.:.  Dicliold  Schillinj;  iH'^-hriflHi; 

i  I.    ^.    , -7    - !  .j  .      \.   .■■.-..    ".  .-    '.  :i    ■■-:•:.   /Mfitcii   Miilc  ebciv-o  /uitik 

■'■■.,    \-  .:     '^  '.'■':  j:    '■.':*.    :.;«*    <:'-:i'«elbcn    Worten    wie    147'»  hier 

:/.ii!::     wr    U    m.  ::      i..^     ■;   -i  ^".-Irmi.      lütrrf-s;uite   Einzelheiten    üIkt 

II   ;.■.!::;      '.•'.i.i:    ;!■.;.-•.    ■:•.«-•::     N«'i:/'.n     iu    >cincn     l*reiiit»teu     be>tiitij»t  u:.i 

•  ■..::./•.  I ;!.■.- i:,  •:•  r  ^  l!;!".:t.^  i,:t.ht  k.itiiiti.:.  nahm  an,  dass  Heynlin  147^ 
■_    •    r.i'li!    Ii  i.  h    licM^.    ;^«.-'k'-':  MvM    >';i    'Uli).    Ta.    23O'. 


Jobiiünes  Heynlin  aus  Stob. 


207 


[wies  ihn  an  seinen  Herrn,  den  Graüt^n^  duoL  lies«  sich 
jEb*ThArtl  ,»nichtst^hr  willig  fimlen.*^  Den  BenierRat  scJunerssto 
piege  ablehnende  Antwort,  denn  ihm  war  viel  daran  gelegen, 
pHejTiHn  zu  df»r  Bomfahrt  zu  bekomnien.  Die  Hen*en  Hessen 
daher  durch  Tiiring  Fricker  ntich  einnml  au  den  Doktor 
belbsf  schreiben,  dass  sie  Eberhards  Absage  sehr  betrübt 
pätte  ^angesspchen  this  inen  vil  danin  si  gelegen,  und  nach 
di^rn  si  nu  ein  bewundern  vertruwlichen  willen  zu  im  tragen. 
ba  begeren  si  an  in  mit  ganzem  ernst,  bi  sinem  gütigen 
bstn^agm  herznknmen  zu  heliheu  nn«l  bi  guter  zit  hei-zukeren 
^nd  da^elb«  sin  vätterliohe  1er  zu  8äien,  als  er  mit  sinr 
yeniunft  wo!  kann  und  im  min  licrn  ganz  vertniwen  und 
imch  mit  dankbarem  willen  wellen  verschulden  und  in  sö- 
|ücher  massen  gegen  im  zu  ver\'arn.  das  er  benügig  (zu* 
friudi*n>  sin  sull>  Dieser  Brief  ist  vom  10.  Juli  1478,') 
Heynlins  Antwort  ist  nicht  erhalten»  aber  4>ie  kann  wiederum 
Keine  endgiltige  Zusage  bedeutet  haben.  Denn  Eberhaixl 
^OTinti*  sich  immer  noch  nicht  in  den  Oi^danken  finden,  den 
C'ben  er«t  für  Tübingen  gewonnenen  gelehrt(»n  Prediger  nach 
Bern  ziehen  zu  lassen.  Der  Benier  Kat  aber  schrieb  noch 
bin  drittf'S  Mal  und  wiederholte  mit  geradezu  beweglichen 
Worten  seine  Bitte,  die  er  nun  wieder  an  Gral  Eberhard 
pelber  riehtefce,  ^Wir  haben  vormalls  üwer  gnaden  gar 
di^nf^tlioh  angekertj  Herrn  johannsen  vom  Stein,  doktoren 
der  heiligen  schriftt  und  fryer  kunst  zu  eer  und  notdurfft 
Qn»er  Romvaii  .  .  komm»»n  zu  la.ss«*n^  utuI  i'ttwas  beswürung 
m  Aift  gäbnen  antwurt  verstanden  die  uiis  zti  Bctrübung 
pet^.  Und  so  vil  fürer,  so  mer  wir  demselben  henni  do- 
baiun^en«  ns  BewiUningen  andrer  siner  tugend  und  gut  uns 
|nirmaliä  (d^  h.  147CV)  erzeigt,  geneigt  sind  .  *  Bitten  ttwer 
\kOi  n  gnad  wir  mit  tiefte m  ernst  wir  lemer  können 

and  ni-.-.  ti,  Ir  woll  g»n*ollon.  uns  bemellten  Herni  Johanni^M^n 
^  uns  sdlich  zit  ilie  di>ch  kurz  und  mit  deheinen  gevärden 
|i€»iifäiidig^t  ist,  ki>mmen  zw  laj^iaen,  das  göttlich  wart  n^ 
V  ^iner   li*n»   die  vast  vollkomen  bewarf  ist,    trnwiich 

^-i    -  i^    wir   hoffen    mit    frucht  siiyen-  liolgt  Versprechen 

^^K  1^  ^Aji  hem  Johdnseti  nom  Stein,  üAclortii  der  ktctljgeti  »chrift**.  In 
Ml«tt90  iktiiet^ruckt  ScbiU.  tt,  r*)?  Anm.  1  Die  dnlciteadcn  Wort«  eothjittcn 
Hi«  ^      *     '  "      •      nbüii  cT»iblkni   V'orvrtluuKlIuiigciw 


.  ,:.    T^i:-^:.  ::>:»r-^:- .     i3  Az^^  147-?.     S.:L^-i«  nnd  Bath 

if'-  ::-rr-rT  rrT-zii-'L-rz.  B:—^  L':5rr:  man  doch  noch 
rlr:  ..z  n  Ls'i^rr^  E;::  Brir::  vi^  31.  Atistisc  an  Heinrich 
?:ä:-  I;.  Tr:ri.--'r.-:r2.  irr.  n^*:.  z'.-ricLfalls  al«  Pr»r<üger  für  die 
Ao.ä---ä2^  2r;  gr»-!!.!.-?:.  ?i:ir.-r.  zfrizi  •ii-r  Zuversicht  des 
hizT.*^,  .31::.  r*erTi*  wiLr-ri-T  Fricker  mit  Bezog  anf  den 
.V':,  Är.g^erir.rrfrr*  BriT:  -iiäh-rr.  ouch  min-rin  hem  von 
W-rT'rr.'^^rrg  v  r;  d>?tor  Hä:.'5*rn  v«.ni  >rein  wegen  geschrilx^n 
',:y3  ^^'^mfr'r:l  ipxziz,    'i-hrr-r'.h    wepi    kom-rii   und   allen  enist 

Ir»  '^i-r  T^t  »-iiligre  Ef>=-rhapl  nun  »endlich  ein,  nnd 
vhor*  «rif]  pa^rT^igr  riaoL  ii-rr  ArikuiLit  •ii^rses  letzten  Schreibens 
Kra^h  H*-y::i::i  a:ii  !•.».  S*=*prember.  Er  reiste  über  Basd 
ufj'J  r/i'i--  -»ich  hier  einige  Z^ir  aufgehalten  haben,  denn 
fi'Kh  am  i?A  September  pre-ligre  er  hi»-r.  .iturus  ad  Bemum'*. 
am  22-?reri   kam  er  in  Bern  an. 

Hier  begann  die  Abla-rserteilung  diesmal  schon  8  Tage 
vor  Michael  1-5.  So  stand  ♦r<  in  der  päpstlichen  Bidle  und 
-o  harre  «—  ?i'uh  der  Rar  der  Stadt  ausbedungen,  da  man 
v»r  zwei  Jahren  di^•  Menge  der  Beicht»^nden  gar  nicht  hatte 
b<-\iälrigen  köniien.  So  kiiuien  denn  «lie  meisten  Geistlichen, 
d'-n-ii  Zahl  lmrid»-rt  übf'r>tiegen  haben  soll,  \irie  Hevnlin. 
>(\n}H  am  22.  Sept  fernher  an.  Ab*^r  man  hatte  sich  verrechnet. 
d«rr  gross*-  Znhmf  blieb  in  rh*r  ersten  "Woche  aus.  und  man 
sah  sir-h  gezwungen,  di^  in  der  Xähp  wohnenden  Priester 
..bis  zu  d'-n  refhr**n  acht  Tagen-  wieder  nach  Hause  zu 
srhick^n.  Den  grösseren  Toil  aber  und  besonders  die  von 
w*!ith'*r  gekomni»-n  waren,  behielt  man  da.'i  Unter  ihnen 
war  JiiK.h   Heynlin,  dem  fs,    wie  aus  seinen  Niederschriften 

•)  Irri  iiii\crkiir/ten   Wortlaut  abgedruckt  Bl.  Ta.  249. 

^)  Schill.  II,  p>3  .Xiinierkung.  —  Heynlin  muss  doch  in  Stras>burg 
ro«  ht  wohl  Ixrkiiiint  gewesen  >ein,  wenn  der  Rat  Heinrich  Han  ganz  beiläutig 
'  »II'"  Mitteilung;  ülxrr  ihn  macht.  -  Interessant  ist,  dass  man  in  Bern  auch 
<i(ril»:r  \.  Kaisers!)^,  zur  Rornfahrt  hal>en  wollte,  am  28.  Juli  ging  ein  Bitt- 
si  hrrit)*:n  srinrtucjicn  an  „thuniproh^t,  techan  und  capitel  der  hochen  stift** 
Stras-Inirn  ab,  /S.:hill.  II,  i«>3  Anmerkung)  „doctorn  Johan  Kaisersberg  zu 
\irwilli^«Mi,  her  /u  komen,  in  den  acht  tagen  die  Kanzel  der  Romschen  gnad 
/.u  v«T^c(:h<:ii".     Man  hat  sich  aber  nachher  doch  mit  Heynlin  begnügt. 

:•)  Schill.  II,   18S,  25-33. 


Jolianocti  HnnUii  mu  Stein, 

irorgoht,  auch  an  Arbeit  nicht  gefehlt  hat.     Er  hatte  eine 

Hgi  aufsgearheit^E^i,  niit  der  er  die  R«^ihe  seiner  in  den 

^httMi  8Tag<Mi*'  zn  haltitndt*M  Anspmcbon  »-iröffnen  wollte. 

*r  da  man  ihn  8Lhou  aui  Tage  seiner  Ankunft  Imt.  znui 

^Ike  2U  sprechen,  stellte  er  die  als  eri^te  gedachte  Predigt 

Ick,  well  ihre  Einleihitig  nur  auf  d«ni  Text  des  spnteren 

{es  pasöte,    hielt   ain  NachmitUig  des  2'2:^ten.    ^weiJ  nur 

^uig  Leute  ila  waren**,   aus  dem    Stegreif  eine   kurze   er- 

ihrittude  Anspraclie  un»!  fordi«rte  iiie  auf,  am  nächsten  Tage 

l^och)   früh   wiederzukommen.     Am    I>nnner«tag    beab- 

te  er  niclit  zu  predigen,    wie  er  schreibt,    .^vveil  al»er 

iQtet  wunie  und  das  Volk  zusammenstTümte,   hielt  ich 

ivorhereitet  ein*>  kur^e  Predio;t'**j     F*irtan  sprach  er  jeden 

und    an    vier    Tagen  sogar  zweimal^    früh  uinl    nach- 

im  ganzen  22  Predigten  in  18  Tagen 

Am    Tage   vor   Michaelia   '28.  September)    begann   di«^ 

Hiiche  Romfahrt  mit  der  Vorle??uTig  und  Erklärung  der 

liclien  Abla^^hulle,     Das  war  wie  im  Vnrjahre  Hey nl ins 

Er  selbst  erzählt   von  dem  feierlichen  Akt,  wie   der 

reihldschnf  von  BaÄol  ruichmitt^igs  iiurh  den»  (TltH^kcngoläut 

Sakrament  zum  Altar  getragen    und  damit  ilie    Indul- 

811  eingeleitet  habe;  vnef  dann  zw*ei  Priester  die  aposto- 

w    Bulle    vor    aller  Augen    feierlich   durch  die  Kirche 

;en  hätten,  vor  ihnon  zwei  Jilnglinge  mit  brennenden 

arzen.     **lch  aber,  gefühlt  vcm  Magister  Heinrich/*  folgte 

bis    zur    Kanzelf    und    niK*bdom  ich  hinaufges^tiegi'u 

fir,  boten  sie  mir  die  Bulle  dar*     Ich  nahm  sie  voll  Ehr- 

u  auH  üiren  Hunden.  legte  sie  auf  das  Pult  und  begann 

gewohnter   Weise   meine   Predigt  zu  halten,   zum  Text 

ilend    den    Spruch    an«    der    Offenbarung,     Kapitel    1: 

i^.^  der  da  lieset,   und  die   da  huren  die  Worte*  tler 

;ung  und  behalten^  was  darinnen  gc-schrieben  ist/**} 

Weiter  erzählt  Hej^lin  nichts,    aber  Schilling  ergänzt 


»I  S.  Pr,  Uh  Sj.  «s, 

*)  Pr«    rn,    8^1*— 102*.     Früh    und    nAchmin^H:^    &n    twti    SonnVAgen 
Heptesnbcf.  4*  OliiJ,  MIcIiJietiK  und  in  j^rofr^lo  MirbaeliM.     VItrtiial  sieht 

•  h  Kdnrich  Hau  Atii  Stnu^l>tirg,  «.  imteo. 


nth.  ittid  Alttrttim.  VII,  1. 


14 


y   ".-"i.   "-!_     -:    -■-^- _   7t:     !:-     :.r:i^--  KircLe  -r- 
r--;  .  z-:':.--.  _  ."-.       -J  .  ZI—  L>.  ZU.  r    >-:.__  ::L-r.       H-\-TirJi 

:    '-.-.    :-r  ?:   ;  .-     :- -   *>..!-:  K::-.!.-  ir.r.^       Ni-L-   h:.Zr 

«  jji."  -«  r.   ..  ■. ; li-  .  .\. ■  r~ .  j.  -  r  —r  i-i*!""*  i_  "■  r    "'s  V'-'^ü'^ 

-:         :-    :  :-■    7      "i«  :    ^-- :.-    -:i.-r    Pr- ^iir    v:  -     H.  Jxi 

V.r^.:  --  1  .  .'".:  -  7  '  .  -  r.  A:..  ö.  •  »ktob^r  147? 
■■■::■    V>:r_: -i.l..-:.-     ..!-    ;  1- "  ^:."j    v  :.    T-v  ii.ir-iL    ir-rLJi:;-.' 

..-.■-:..   "7--    -."-L.-    3--:-:-     -.^-.z  :::.  ir-    ::r<=^: 

^r::.  :--■-  E:..  .r;L_:  .:.  '^--;;-  irr  ^>t:.  ?r-Zr:.  z^i  kvM:-- 
^ ':.:.'-:.    -vr     :    .        i-     l-ri-lriöiL  :-_!:■::--    Mri:-":.;:    iiivh!  ^- 

::-".  .  -!  -  ::.  T:  .:_:::  in:*  :.  :i:::.;";'.:s:i>*:hvi.  «T^in.^r: 
jr-'  .*''-:.  ".::.  i  •-:.  :..■.:.  *■ "  r  .  .r-in  i.i\r:7..i':äJ.-^rTi  W  id-rr^titi-i^ 
/^  ".:      r.j  z   _•■-:.  ..  ■  T'-  .::    :i- s-  M-="i::u:.i:  :s:.    ".vie  '.vir  v-:> 


■- —   --  ■*.i— — .    *  M-;:  ... 


Jobtuucs  Heyn li II  aus  Str 


fl  i 


Jion  werden    zu    zeigen,    weiter   nichts   als   *3me   faUche 

>mbinaUoTi  verschiedener,  teils  richtiger  und  teile  falscher 

Man   erzählt   etwa   folgenderraasseu.      In   Tübingen 

peil  von  Anfang    an    sowohl    der  lit^aUsnjus    wie   der  No- 

rkaliÄänius  berücksichtigte  worden,     Per  Haupt  Vertreter  des 

Eteren    sei    ü^abriel    Biel    gewesen,    daneben    auch    Paul 

fcriptoris»    der    Hauptvertretor    des    ersteron    Johannes   de 

lipide,     Biel  als  Gehilfe  Graf   Eberhards   bei    der  Einrich- 

der  Universität  habe  den  Kampf   zwischen   dem  No- 

inalismns   niid  Realismus   eingeführt,  und    Heynlin   dann 

fit^trem  zum  Siege  zu  verhelfen  gesucht.     Der    Streit  sei 

Id  sehr  heftig  geworden.     Die  Anhänger  der  beiden  Par- 

11911  hätten  in  verschiedenen  Bursen  getrennt  gelebt  und  ihre 

adüron  ^Fahnen  und  Standarten^  gehabt,  die  Realisten 

RAdler  die  Nominalißten  d,en  Pfauen.     ..Täglich  sei  man 

^teremaDder  geraten^  und  sei  ^in  den  Hörsälen  gleichkam 

aswei  Kastelle  verschanzt  und   geschietlen    gewesen,  und 

da^  feindseligste  Geschrei   erhoben*"     <pJohannes   von 

hin  und  Gabriel  Biel^,    schreibt    Eisenbach,    ^waren    hier 

Su  Haupthelden   im   Streite.     Nicht   blos   bei   eifrigen   tmd 

Ifzigen   Disputationen  blieb  es.   nein   man   ergoss  sich  oft 

lilasphfmiscln*  Zankreden,    zuweilen  wurde    man    selbst 

idgemein  und  hie  und  da  griff  der  eine  in  der  Wut  den 

^dem  beim  Kopf,  um,  wenn  nicht  Gründe  zureichten,  mit 

9walt  dt*r  Überzeugung  zu  gebiet en>    Biel  soll  dann  noch 

eiynlins  frommen  Sinn    dadurch   verletzt   haben,    dass   er 

itt  der  sonntäglichen  Evangelien  die  aristotelische  Ethik 

der  Kanzel  vortrug  und  die  Communio  sub  ntraque  vi*r- 

hdigtit,  Paul  Scriptoris  dadureh,  dass  er  neben  den  Indul- 

&ii  und  Gelübden  aucli  die  unbefleckte  EmpfängniB  der 

angiift     So  liabo  Heynlin  schliesslich    das   Feld  giv 


t|  Dte»c  Ansiebten  bc^ondei^  bei  Risrnbach,  Beschreibung  und  Geschichte 

St^t  ntid  Uoivrr«iUI  Tübio^ru  {i%22]  S.  8i  tr.,  S.  iSo»  t^e^  Ftseh»    lOi'ii 

bd  hei  K.  Stsiiiiingi  Utr«  /»siii&  (i^ST)  S.  T3/ij:  aber  in  iniiM.i|>cfer  Vomi 

mdi  bd  VUther  l6jj,  |>ci  Llu  jm  der  Twbingcr  ThtnjK  Owairlals- 

I&65,   S.  iii:    WW    V,    ;  ,    Prot.  VIU,   j:  (i<)00)j   Chr. 

«^  ChsLrirvtisc  «  Eilt,  S.  ISS  (1903^;  Harter»  Komendjitör  MtKt.  TheoU 


214  Max  Hossfeld. 

Von  diesen  Dingen  ist  vieles  falsch  und  vieles  zweifd- 
liaft.     Falscli  ist,  dass  die  Bezeichnungen  Adler  und  Phaen 
den  beiden  Parteien  gleichsam  als  Feldzeichen  gedient  hätten; 
es  steht  vielmehr  urkundlich  fest,    dass    sie    statt  der  alten 
Namen  Bursa  Bealium  und  Bursa  Modemoram  erst  im  Jahr» 
1525  als  harmlose  Bezeichnungen  eingeführt   worden,  ani- 
drücklich  um  die  Erinnerung  an  den  alten  Zwiespalt  zwischen 
der  via    antiqua    und    modema    auszulöschen.')     Falsch  ist 
femer,   dass  Biel  die  Ethik  des  Aristoteles   auf   der  Kanzel 
vorgetragen  haben  soll;  wie  Cruel  nachgewiesen  hat  kann 
dieser  Prediger  gar  nicht  Biel  gewesen  sein,  denn  Melanch- 
thon,    der  von  ^einem  grossen  Prediger"    erzählt,    -den  er 
gehört    habe  und    der  Christi   und    des  Evangeliums   nicht 
gedacht  und  Aristoteles'  Ethik  gepredigt  habe*^,   wurde  eist 
nach  Biels  Tode  geboren.-)     Sehr  zweifelhaft   ist   dann,  ob 
Scriptoris  überhaupt   vor  dem  Juli  1479    in  Tübingen  ge- 
wesen ist.     Wann  er  ankam,  weiös  man  nämlich  nicht  die 
einzig  feststehende  Zahl  ist  1497!*)     Zeller   in    seiner  Sn^ 
cessio  Theologorum  Professorum  Tubingensium*)   zählt  ihn 
erst  als  fünfzehnten  Professor  auf  und  in  der  Statistik  der 
Universität  Tübingen^)    figuriert    er  als  siebzehnter  Lehrer 

Inkonset^ueDt  verfährt  Linsenniann  (1.  c.)  weuD  er  Heyniin  den  „Haupt- 
aDtagonisten  Biels"  nennt,  und  fast  im  selben  Atemzuge  letzterem  einen  vcit* 
gehenden  Kinfluss  auf  diesen  seinen  Gegner  zuschreibt.  Nach  ihm  bat 
„vielleicht  Biels  überwiegendes  Ansehen  Hcynlin  der  Scholastik  entfremdet 
und  seinem  Geist  eine  Richtung  für  das  praktische  Christentum  und  die  neuen 
Ideen  gegeben."  Wer  Heynlins  Geschichte  kennt,  kann  diese  Annahme  ohie 
weiteres  ablehnen. 

*)  ,,lJuapropter  cxplosis  viis  et  sectis  corumderoque  nominibus  ipsi  ph»- 
losophiae  professores  ...  in  posterum  sine  delectu  viarum  et  respectu  aotomm 
in  Coutuberniis  suis,  quorum  alterum  Aquile  alterum  Pavonis  nomine  de 
caetero  appelletur,  legant  et  doceant  usw.  Ordinatio  regis  Ferdinandi 
v.    1 525.  d'rk.    147  S). 

2)  Cruel,  Gesch.  d.  dtsch.  Predigt,  S.  hbo.  C.  führt  überhaupt  die  über- 
triebene liegende  von  den  Arisloteles-Predigem  auf  ihr  richtiges  Mass  zurock. 
•  S.  (>5<) — '>»)2.) 

'•*)  s.   X.  Paulus  in  W\V.  X,   2141,  (1897). 

*)  A.  Chr.  Zeller,  Merkwürdigkeiten  der  Universität  und  Stadt  Tübingen 
U7431  S.    \üi    tV. 

'")  im  Württ.  Jahrbuch  f.  Statistik  und  Landeskunde  1877,  Heft  j: 
«»2.  ^t<. 


Johannes  HeyaUn  wn%  Stein. 


-'»5 


Pkilo^phii\    während    Heynlin    beidemal    richtig    an 

reiier  Stelle  steht.     Ausserdem  aber  beruht  die  Ansicht, 

'' riptoris  ein  Anhänger  Occams,  also  t'in  ^Nouünalist^ 

11  gei.  wie  Paulus  nachgewiesen    hat,    übt^rhaupt   auf 

Irrtum  I')     Scriptoris   war  vielmehr   ein   Anhänger 

^Im  Dans  Scotus^  üb^r  desstvn  Konnuentar  zu  den  Sentenzen 

Ycirlesungen  gehalten  unil  veröjffentlicht  hat;  er  war  also 

lealisi   wie  Heynlin  selbst.     Diu  also  werden  wir  von  vorn- 

B»rein  nus  der  ganzen  Erzählung  aussehe ideu  miissen.  Aber 

mch    die    Aunahnie    von    Kämpfen   zwischen    Heynlin    und 

(3abri(*l  ßiel    ist    nur    sehr    schlecht    begründet.     Zunächst 

Htiuiai;  als  jeuer  in  Tübingen  weilte^    war  Biel    noch   gar- 

licht  Mitgh'tMl  der  Universität,   sondern,    wie    oben    erzählt 

fc'onleti  ist,    Pit>pst  in  ITrac'h,    oder  gar  noch  in    dem    hcs- 

leu    Butzbach*    und  erst  tiinf  Jahre  nach  Heynlins  Ab- 

1484,    wnrde    er    in    die    Universität    aufgenommen. 

H'h  18t  i*s  bei   ihm  *»benso  sehr  als  bei  Scriptoris  als 

as    zweifeibat't    zu    bez**ichnen.    ob    er  üchon   1478  9 

id  welche  Beziehungen  zu  den  Lehrern  der  Universität 

idiabt  hat 

Zweifelhaft  \nt  aber  überhaupt,    ob    Biel   und    Heynlin 
firklich  so  erbitterte  (>egnf»r  waren.    Zwar  jene  Dai'stellung, 
der  sich  beide  Gelehrte  zuweih^n   in    den   Haaren    ge- 
igen hätten,  wenn  die  Wut  sie  übermannte,  brauchen  wir 
^ohl    nicht    entHthait   zu    widerli^gen,     Allgemi^ine    Ansicht 
lÄt,  dass  beide  die  Führer  der  feindlichen  Parteien  und 
tens  in  wissenschaftlicher  Hinsicht   die  Hauptgegner 
.     Nun  geben  wir  ohne   weitiTcs   zUy    dass    ihr  philo- 
>phischer   Standpunkt   ein    entgegengesetzter    war,    geben 
inch  acu,  dass  bei  der  Nähr  der  SUidte  Tübing«>n  und  tlracli 
Ind  dem  Einfluss.  d*'n  man   Biel    in   Univorsitätsangclegm* 
lieiten  (seit  nidit  näher  bestimmter  Zeit)  zuschreibt,  sich  in 
lür  Tat  auch  ausserhalb  der  Hörsäle  ihre  Fr*indschaft  wohl 
Itte  Wt&tigen  können.     Wir  wollen    aber   wenigstens   uul 
^fi.TUMntM  jiiT, vv.IviM',  fb'«*  'MitiT  HTtdern  Ansicht  vni,  il,.iM 


*>     i.iüiu«^,    I".  '*>tTi|'t,   MI     Ihm.    i  tifMl,   »juartiiUchrift    it^Vj»    -t»      ^fMj, 
chtm  Erharil  (ftcMrh.  d.  Wicdcruufbluhcns  wt*s.  Bildim};  l,  jiB/t))  besvichtiot 
rl«  aU  ReulUleu  und  cifri^n  Skoti&teii  und  ncimt  ihn»  Mchi  Heyulio* 


2\h  M[ax  Ho>^feId. 

A'orhältnis    der   beiden  Theologen    Raum    geben.     An   sich 
l)niuchte  ja  doch  die  Verschiedenheit  des  Standpunktes  auch 
l)oi  den  «Realisten  und  Nominalisten "^  des  15.  Jahrhundens 
noch  nicht  zu  persönlicher  Feindschaft  zu  führen.   He\Tiliii 
s(.»lbst  ist  dafür  ein  Beweis,    er  verkehrte    bekanntlich   aufs 
freundschaftlichste   mit  einem   Johann  Reuchlin  und  einem 
Christoph  von  ütorlieim,    die  beide    zur    via    moderna   gt*- 
hörten.M     Anderseits  stand    Biol  wieder    auf    gutem    Fusse 
mit  Freunden  Heynlins,  die  zum  Teil  auch  Realisten  waren, 
nämlich  P.  Schott,    Geiler  von   Kaisersberg   und   ReuchliiL* 
Wir  weisen  auch  darauf  hin,  dass  Heynlin    in    den  Jahren 
1476     78  am  St.  Leonhardsstift   in  Basel    in    engen  Bezieh- 
ungen zu  der  Windeshoimer  Kongregation  gestanden  haue, 
der  Biel  angt^hörte,  und  die  er  am  Uracher  Stift  einführte. 
(Dass    Heynlin    1470    an    der    Uracher    Stiftskirche   Ablass 
predigt«»,    beweist    an    und    für    sich   noch    kein  gutes  Ver- 
liältnis  zu  deren   Propst,    legt  es   aber    nahe.)       Sie    begeg- 
neten   sich    also    hier    in    einem    gemeinsamen    Ideal,   der 
Klosterreform.     Beide  Männer  stehen  in  nahen  Bezielunigen 
zu  (iraf  Eberhard  im  Bart.    Endlich  müssen   wir  auch,  wt^ 
nigstens  für  Heynlin,    die  Auffassung  zurückweisen,  die  it 
ihm    eintMi    Partoifanatiker    und    nur    das    Exemplar    einf> 
seholastiselu'ii  F\ainj)fhahns  sieht.     Zwar  er  ist  der  Einfülm^r 
des  alten    Weges  in   Basel,    aber    schon    damals    verfuhr  er. 
clifiiso  \\\o  147-i  in   Paris    mit   Mässigung.     ^Er  stand.-  ?«• 
c  harakterisiert    ijm   sein    Freund  Wimpfeling,    ^stets  geräst-i 
im   Streit  und  foejit    manchen    harten  Kampf    aus,    aber  «t 
wiir  in   seinem   Herzen    stets    zum   Fri(*den    geneigt."     Vi»*l- 
nn'hr  war  vr  ja.   wie   Brants  früher  zitierte  Worte    und  wi- 
seine   rii^tMi»'   H»'de  als   Prior   der    Sorhonne    beweisen,';   g»^ 
railr    ein    rifi-io;«'r    (-Jepjner    der    „streitsüchtigen"    Theologi'- 
nnd  hat   sie   stets   l).'kämj)ft:    er    wenigstiMis    würde    an   d»Mi 
SrhnUti«'itigkeit«'n.  die  Biel  und  ihm  zur  Last  gelegt  werden. 
wi-iiiir  (i. 'lallen   nu'hr  i^ffundfu   liahtMi.    Aber  auch  Biel  durt 
nit  In  zu  i<'n«'n  st i'eitfrfudi^^en  Parteianhängeru  gezählt  werden. 
\\v  WAV  „mit    Hoehafhtuni>-    ffir    alle   Hichtungon   erfüllt  un-I 
wulli.«  <ieh   zwar    an    den    »'in«'n    ( )ckam    halten,    ohne    sich 

'■    Vi>.h.    iri,    1'.;. 
->    l.in^omnanii    :"■>. 


JoliAnne«  Heyn  Uli  attj^  SieiD» 


in 


jerlocb  gegen  and*^ro  Autoritäten  vollständig  »bzu^chliossen.'* 

|(HiTm.  46.1     Uiifl  Heyiilin  seitK^rseits  st^^ht  mich  theoretisch 

^uf  gemtUsigtem.   eklektisrheii  Standpunkte;    neben    seinen 

esiliKUscheu   M»*i8fi>ni    schöpft    f*v   «nch    aus    einoin    PanhiK 

^iMh'tns,  der  um  14i-0  die  ockarriistische  Literatur  der  Logik 

irerarbeitete.     Vor  allem  ist  auch  darauf  hinzuweisen,   dass 

Mjze    Erzülihuig    von    einer  GegutM'schHft    der    beiden 

r  eiiJG  reiri*5  Hypothes»i  int.     Keiner  rlerer,   die  davon 

mchien.  beruft  sich  auf  eine  (^urllo  und  offenbar    ist  die 

luze  oben  erzählte  Annuhme  nur  über  «len  «Irei  Tntsachen 

Ittfgebaut,  dans  Hey  nun  Anhänger  deg  alten.  Biel  des  neuen 

Wegei«  war»  ntnl  rla^^s   in  eini»r   gewiss«*n  Pi^riode   vor  1625 

luftig»?  Kämpfe  zwischen  den  Anhängern   beider  Wege  an 

ler  Tal)iuger  Universität  sr.attgefun»K*n    haben.     Dans    aber 

[eynlin  die  ünivMr.sitüt  schnn   1479  v«»rliess,    Biel    ^ie   erst 

1484  bezog,  iöt  jenen  Berichterstattern  entgangen.    Endlich 

lochten  wir  uns  noch  einen  bescheidr*nen  Zweifel  erlauben, 

)b  denn  nicht    die  Vorsiehtsmassregeln,    die   mau    bei    der 

Jründung  der  Universität  zur  Verhütung  von  Streit  zwischen 

beiden   Wegen    getroffen    und    über   deren    Befolgimg 

leh       ^'  ri^i.iilijing  Hcynlin  selbsrt  ZU  wachen  hatte,*!   nicht 

tf-eh  ^  ein  paar  Semester  lang  vorgehalten  haben? 

Wir  fassen  un;;*   zusammen.     E»    ist    falsch,    dass  Biels 

ii«*idnischi'    Predigt wei*?e    Hcynlin    abgestossen    haben    soll; 

i^t  höchst  unwahrscheinlich,    dass    Scriptorist    der   über- 

lapt  garnicht  dem  neuen  Wege    angehörte,    mit   Heynlin 

Eii^mmentraf«  und  gleichfalls  unwahrscheinlich,  dass  Heynlin 

In    Tübingen    als    streitbarer   Vorkämpfer    der    realistischen 

■^artei  anfgeir<*ten  ist.     Biel   ist  erst  fünf  Jahre  nach  Heyn- 

iuM  Abgang  Pr(»fessor  an    der  Universität    geworden,    doch 

st    nicht    unbedingi    ausgeschlossen,    dass    er    diesem    von 

Irach  her  Schwierigkeiten  bereitet  hat.     Die   Ansicht    von 

irftigeti  Kämpfen  der  beiden  Wege  in  den  ersten  Semest*.>rn 

der  Gründung  der  Universitäi  scheint  übertrieben  zu 

»in  \und  i.^t  vielleicht  aus  spfit-erer  Zeit,  wo  solche  KTimpfe 

in  der  Tat  stattfanden,    hierher    übeitraK»''"'*     Noch    einmal 


•I  •  aliöi  S.  104  umi  lot.  (L 


"H"    ii  i_-       -^ 


r-TT-£- 


•«  1  T  -.."T^  :     _-~i'l~        "5"- 


-::  kl- vi..*       I:.  B^J-i 


.- — •.  ..^      rviVilit*    JN »-{•-.:- 

•r  -tr^-.r  ^-..r«-;!.    ru   *e:n.   lier 

:.  tr.  M.-tr    ur.i   Crasiiis  l    i.. 

-.:..   r-i.  I.  ^2.  Aun.  i«»04i  luj. 
.-.   FrfiS.  Li:ö/.   Archiv.  :; 


-_   ..'-:  T.i^-  r:ach  liieseni  Beschli;?". 
r.^-rr  B'...:ter  V,    i'io2,  S,   331  Tu- 


Johannes  Heyaliii  aus  Slciiu 


2iq 


I 


Biroi 


[einkaufte  kamen.')  Vielleicht  waren  die  Beziehungen  unseres 
i_gelehrten  PrcKÜgers  zu  den  hadischen  Markgraf en  noch 
engere,  als  wir  aus  den  obon'^)  berührten  Quelh:*n  entnehmen 
[können,  seine  Tätigkeit  im  Lichtentaler  Kloster  liesse  da- 
[jBuf  schliessen,  vielleicht  reizte  ihn  der  Gredanke,  nun  nach 
Ibo  langen  und  weiteix  Irrfahrten  im  Lande  und  in  der 
[Fremde  in  nächster  Nähe  der  alten  Heimatj^)  die  er  ja  liebte, 
[eich  anzusiedeln.  Vielleicht  ergrilS  ihn  auch  ein  erster  Zug 
biach  klösterlicher  Einsamkeit,  wie  er  ihn  acht  Jahre  später 
ssom  Eintritt  in  den  Kartäuserorden  veranlasst  hat.*)  Mög- 
lich endlich,  dass  ihn  vielmehr  gerade  die  sprichwörtliche 
"Wanderlust  des  Humanisten  trieb,  die  kaum  begonnene 
Tätigkeit  schon  wieder  zu  verlasseUj  oder  dass  wir  in  ihm 
nur  wieder  jene  Unnihe  wahrnehmen ,  die  ihn  schon  ao  viel 
nmhergeworlen  hatte  und  die  überliaupt  dem  Ende  des 
15.  Jalirhunderts,  dem  Vorabend  des  Reformation szeitalters 
ein  so  sonderbares  Gepräge  gibt.  Bestimmtes  Uisst  sich 
nicht  aussagen;  ist  es  oft  sclion  schwer  fiir  den  Psychologen, 
die  Triebfedern  unseres  Handelns  aufzudecken,  so  ist  es 
vollends  ein  tnissliches  Ding  für  den  Historiker,  den  Ent- 
ßchJiessungen  der  Meu selten  vergangener  Zeiten  ohne  .sichere 
Anhaltspunkte  Beweggründe  unterlegen  zu  wollen.^) 

*)  ScbÖpflia,  HUtoria  Zanngo*Badetisiti  {1765)  Bd*  VI»  S.  312,  jij,  jtt>^ 
320,  321.  Von  den  Nebcoeinkünftcu,  die  immerhiti  eine  hübsche  Summe 
einbringen  mochten,  h^ttc  er  m>ch  Meinen  Mitbng  und  eineü  Schüler**  zu 
haUen,  „die  bcede  zu  versorg«*«  mit  Koste  tmiil  mit  Lohn/'  (S,  318)  und  bei 
der  ÜberDahme  der  Pfründe  halte  der  neue  Inhaber  eine  Abgabe  vou  20 
Gulden  zu  erlegen,  (Schöpnin  ^2^,\ 

*)  S.  130^131,   137.   141. 

^)  Sleia  Hegt  etwa  5  Meilen  von  Baden«  Der  Zehnte  von  Stein  und 
Gebrichingen  (heute  Göbrichen  bei  Stein)  gehörte  übrigens  zur  Ausstattung 
der  Pfründen  der  Badener  Kirche»  (Fester -Witte.  Regesten  der  Markgrafeü 
lO  Baden  und  Hachbcrg,  Bd.  III,   1904,  No.   7494.) 

^)  Herrn.   82. 

*)  Es  ist  nicht  ausgeschlossen»  dass  Hey  nun  einfach  seiner  Gesundheit 
wegen  nach  Baden  ging,  sein  Arzt  hat  ibm  vielleicht  die  warmeo  Quellen 
empfohlen.  Eine  simple  Erklärung^  die  alle  hochgeheuden  Vcrmutuogen 
über  den  Haufen  werfen  wurde.  Es  stand  nämlich  mit  seiner  Gesundheit 
nicht  zum  Besten,  vergK  S,  99,  205  und  Kap.  11  imd  12,  und  er  ist  später 
vou  Basel  aus  wiederholt  nach  Baden  zuriickgereist,  und  /war,  wie  er  aus- 
drücklich bemerkt,  des  Badens  wegen.  Vgl.  seinen  Aufenthalt  in  Wildbad. 
(S.  205.) 


Die  Ausgrabungen  zu  Disentis. 

Von  E.  A.  Stückelberg. 

Die  zweite  AiisgrabuiigtcaDipagiie  im  östlichen  Hof  des 
Klosters  Diseiitis  liat  im  Mai  1907  begoiinen.  Ueberaub 
reiche  und  mannigfaltige  Ausbeute  hat  die  Arbeit  belohnt; 
die  Fundstücko  })estätigon  und  ergänzen  das,  was  im  ersten 
Bericht*)  dargelegt  ist. 

Die  in  ihren  Fundamenten  blossgelegt«,  einschiffig** 
Kirche  mit  den  drei  hufeisenförmigen  Apsiden  ist  in  der 
Tat  ein  Bauwerk  des  VII.  oder  VIII.  Jahrhunderts:  ein 
genaues  Studium  der  tausonde  von  Bruchstücken. -i  die 
ausgeliolxMi.  gosammelt.  sortiert,  dann  teilweise  zusammen- 
g»\setzt.  durch-  oder  abgezeichnet  und  photographiert  worden 
sind,  gestattet  eine  ideale  Rekonstruktion  des  Gotteshauses 

Der  Fussbouen  bestand  grösstenteils  aus  Gihstein. 
Oorselbe  ist  aufs  sorglaltigste  gt^schnitten  und  gesägt  und 
zwar  bald  zu  AVürfi*ln.  bald  zu  Stiften  (erstero  durchschnitt- 
lich 17X17  jnm.  letztere  27X17  i^ni»  verarbeitet.  Ans 
di»\sen  Stoi neben  wurde  ^iu  Mosaikboden  erstellt,  dessen 
Fugen'*'  äusserst  selimal.  oft  kaum  sichtbar  sind;  die  Arbeit 
ist  weit  vollkoniinener  als  bei  den  meisten  römischen  Boden 
unseres  Tjandes.  In  diest^m  Boden  befanden  sich,  mit  weissen 
]\Iarniorwürfeln  und  -Stiften  eingesetzt,  allerlei  grössere 
Ornamente,  von  denen  aber  nur  fragmentari.sche  Re.ste  in 
<iestalt  von  Kurven,  Rosetten,  ferner  ein  roher  Tierkopi 
in  \'()i'deransieht  erhalten  sind.  Nicht  weniger  als  13  Kisten 
enthalten  die  aufgefundenen  Ueberreste  d€»s  Kirchenbodens. 
darunter  sind  zwei  Kisten,  die  mit  einzelnen  Würfeln  uiid 
Stiften  angefüllt  sind.     In  diesem  Mosaikboden  waren  runde 

')   V}^1.   h.   VI.  p.  4S')— 50J  diiv'^cr  Zeilschrift. 

'^)  Sie  iiillcii  zur  Zeit  nicht  weniger  aU  03  Kisten  und  werden  dercin« 
t^iiie  in  Kuropn  einzig  dastehende  Oriippe  de>  künftigen  lC1ostermuseum.s  bildcD. 

^)  Der  Mörtel  ist  hell  und  feinkörnig;;  er  enthalt,  im  Gegensat/  tm 
söroischen  Uebung,  keinerlei  Ziegcl/u>at/. 


Die  Ausgrabungen  tu  Diwruti^ 


'  >I 


TexUtiblldunK  li  tieikctpf  de»  Mot«ikbo<ien«« 

!?ii*rdi*n,  atw  feinge.Hchnitfenen  '  filisipiüi)lart»'H  grbildi^u 
[oingc5*otzt.  Dill  Mitte  wird  j*^weil4>ri  grbililet  durch  eine 
[Hcheibe  von  24  cm  Dlirchmosser;  um  »liejs»*  U«gen  sich  je- 
ffikm  2li  Ki*ilsti*ine  von  lO.B  cm  Lauge  und  nin  diese  ein 
11135  von  52  kloinf^n  Kpilsteinen  von  6  in»  Ijänge.  Drei 
[dit*i*er  mridpi»  Einsätze  lassen  sich  n^konatniieren;  dt»r  ersh^ 
|lHi8t«ht  »US  Ifint-er  tad(*llos  nrhiiltviien  SttM*n»*n,  der  zweite 
|Ättfl  tnittelrnässigen.  der  dritte  aus  boi^chtld igten  Stücken. 

Eid  andf*rtir  Belag,  von  dem  aber  nirlit  fest^tt^ht,  ob 
[«r  znm  Fussboden  tKk'r  zu  den  Wänden,  zum  Innern  oder 
lAeti^seni  der  Kirche  *♦  gehört  bestand  au»  dicken  Ghhis^ 
[plAtten  von  vers<diiedenpr  Form.  E^  fanden  sich  Dreiecke 
[(26),  Quadrate  lo)»  Scheiben  (7/»  Halbmond  Ij,  Dreiecke, 
[fieiilicb  rund  eingeschnitten  (7),  Vierecke,  auf  «wei  Seiten 
Iratid    '  linitten    i4B\      Eine    sichere    Rekonstitntion^) 


■V 


nk  II    tni^    i]u^<i<n  T^ljirh«r\  »«iiis:?   «n.liildi'ti^ii  TVfii^ri*r 


*i   V'cjAiLjun^    niit    junklcii    PLuicu    au  der  l'u^iuiJ*:  der   K^lctlialc  von 
[I^licf»  «»d  äij  einem  Tympauou  m  Le  Puy. 

^  Zwei    V^o^Dcbe   im   Sdiweix.    Ardüv   f.   Valkikde.    Bd.  XI,    i(>o;. 


222  E.  A.  Stückelberg. 

scheint  nicht  mehr  möglich  zu  sein;  wie  aus  einem  Fragment 
ersichtlich  ist.  bestanden  die  Zwischenteile  aus  hellem 
Mörtel  und  dieser  ist  im  Verlauf  der  Jahrhunderte  zer- 
bröckelt, während  die  härteren  Einsätze  sich  gut  erhalten 
haben.  Die  Farbe  vieler  dieser  Platten  ist  schwarz  und 
zwar  sieht  man  deutlich,  dass  die  Färbung  durch  Zusatz 
von  Kohle  erzielt  ust. 

Nun  die  Innenwände:  sie  waren  vom  Boden  an  bis  zur 
(flachen)  Holzdecke  mit  Stucco,  der  unmittelbar  auf  der 
Bruchsteinmauer  oder  auf  leichtem  Holzrost  aufgetragen 
war,  verkleidet.  Die  Masse  war  in  weichem  Zustande  mo- 
delliert, d.  h.  geschnitten  und  al  fresco  grösstenteils  bemalt 
Die  unteren  Partien  waren  in  Nachahmung  der  heute  noch 
üblichen  diagonalen  Gitt-er  und  Geschränke  dekoriert;  ein 
neugefundenes  Motiv  zeigt  gelbe  Rinnen  und  schwarze 
Schalen.  Es  folgte  dann  eine  breiten  Wandfläche,  die  mii 
lebensgrosson  in  Relief  vortretenden  Figuren  geziert  war; 
Fragmente  von  über  70  Köpfen  beweisen  die  grosse 
Zahl  der  dargestellton  Personen.  Ohne  Zweifel  handelt  es 
sich  ansschliesslich  um  Heilige.  Die  neuen  Funde  ergaben 
ein  paar  gut  orhaltono  Köpfe,  deren  Polychromif*  im  Augen- 
1)1  ick  der  Ausgrabung  noch  vollständig  frisch  war.  Zahl- 
rciclio  Kr>piV  hahon  glattes  braunes  Haar,  das  durch  schwarz*^ 
LinitMi  wit^  gt^scheitclt  und  in  Büschel  zerlegt  erscheint. 
Alle  Kö|)fo  sind  i)artl()s.  Bei  vielen  ist  die  Röte  der  Wangen. 
ix^stcheud  aus  einem  zinnoberfarbenen  Dreieck,  wie  auf  den 
irischen  Miniaturen,  doutlich  sichtbar.  Viele  Typen  der 
Zeicliimn<j:  des  Mundt^s  sind  erhalten:  die  Lippen  .sind  nie 
in  IJclief  dar^j^cstcUt.  sondern  nur  durch  den  Pinsel.  Der 
Mund  >clicint  bei  allen  Figuren  geschlossen.  Auch  dif 
Xascnlnt'hi'r  sind  nur  mit  dem  Pinsel,  schwarz  oder  meist 
rot.  ane;tMl,.utet :  d'w  XasenfH'igel  sind  nur  bei  einem  Kopf 
«lurcli  rote  Br>glein  markituM.  ebenso  primitiv  sind  die  Ohren. 
di<,'  nur  äusserst  selten  dargestellt  sind,  vermerkt.  Die  Dar- 
<i»-]lnn^  «l.'r  Au«i:en  ist  sehr  mannigi'altig:  die  Zahl  der 
uvtuiidenrn  Hejr^e  ist  sehr  ^ross.  I>as  Kinn  aller  Küpfi' 
—  ilas  ist  typisch  für  die  Kunst  des  Friihmittelalters  —  ist 
sehr  lang.  ^    Ein  Stück  Hals  zeigt  den  Ansatz  des  Gewandes. 

V«»l.   Dciikniäler  zur  Hakler  Ge>chichtc,  Taf.    l    und  t>. 


Die  Au5grabun}*cn  ku  DLseuti- 


^2ä 


Deberrest^e  von  Füssen  j^ind  in  der  Zalil  vou  25  ftiif  uns 
L'kominen;  alle  sind  iinbekloidet  und  zeigen  nur  die  Siin- 
fdaleuBcliBÜre*  wie  sie  auf  den  irischpn  Miniaturen  gey.eichnet 
ind.  Fast  alle  Füs^e  nind  in  PmfUdiirätellung  gegeben, 
lar  einer  ist  in  Vorflerunsicbt  gebildet  Von  menschlichen 
^Htoden  «ind  23  grössere  und  kleinere  Bruchstücke  erhalt^^n, 
■  'T  mehrere  Reste  mit  der  Geberde  des  luteinischen 
^.  der  Rede  oder  Ansprache.*}  Drei  Hunde  halten 
len  schwarssen,  gebogenen  Stamm.  Die  relativ  kleine 
Ziihl  von  Hiinden  f'rklärt  sieh  daraus»  dass  cdine  Zweifel 
ihlreiche  Hände  unter  dem  Gewand  verborgeUt  verliüllt 
iraren.  Besonders  merkwürdig  ist  ein  Fragment^  das  zwei 
•"inger,  die  (schwörend?)  auf  ein  reich  mit  Steinen  besetÄtea 
Svangelienbucii  gelegt  sind,  in  Relief  aufweist. 

Ausser  der  grossen   Zahl   von    lebettsgrossen  Gentalten 
[)efanden  sieb  auch   Figtiron  kleinern  Masstnbs,     von  denen 
uehrere   KöpfchetK*)   Händchen   und  Füsschen   vorhanden 
liml,    unter  den    Bildern,     Ueber    ihre   einstige  Bedeutung 
ides  l&Siit  sich  ebensowenig  bestimnit/es  sagen,  wie  über  die 
jrtii^spu    Figuren:    sicher    ist    nur,    dass    sie    ebenfalls  zum 
c^hmnck  des  hier  gescliilderten  (Totteshauaes  gehöH  haben 
lind    derselbiMi    Z*M't  und    Technik   ungehrnvii.     Ks  ist  viel- 
leicht »chon  unrichtig»  wenn   man  die  kleineu  Gestalten  in 
I^egensat<2  bringt   zu  den  Lebensgrossen,    denn  m^glicher- 
ireiw  wollti.»  der  K(liiKih»r  KiudtM  *i  darstelli^n,  hat  aber  nur 
Ijkleine    Menschen»    au>?gestattet    mit    den   Proportionen    Er- 
|waclisener,  zuwege  gebnicht     Eint»  der  kh>inen  Hand*'  nm- 
Kt  einen   gebogenen   Stab  (oder  einen  iUinlichen  Gegen- 
[t^tand    Von   gelber  Farbe;  die  Bedeutung  des  Bruchstückd 
ti^t   unklar. 


^rh.    der    ICArnlmgi sehen    SUterei,    p,  j$j;    dl» 
lK.i  ,   KoptUiMun^cn,  Trachten  emhält  manches,  ih»  nwh 

ir%kt  Zeit  Gcitiinc  h»U 

*\  Zwtl  4a««ia  ahg.  B^L  VI.  p.  4^)4,  Abb.  fi  in  dkscr  ZciucknU. 

I  (»ctieheniiOvchc«  KiiulermoiiK  yeh<ift  iMtu  (liih- 

insl    die    Verfthruü]^  der  InnotXMite«  wtrt!  |»cr«dc 

iSitn    It^  tten  ifrlordcrt,    vgl*  D<rnkni3iler  «nr  Htu\9t 


K.  A.   ^:  .c:.': 


Tcxtabbildunff  2:  haluri  eine  Kii:Jilt-.     Stiicci. 

Kiu  i^iui«*--  Krji;rm*Mit  l)ra|H'ii»'  z«*i<::t  uns  *U*ii  vir  :> 
irisrlii«  Kunst  t\jii>(h'ii  KjiluMiwm  1:  ainli-iv  K»sr»-  \\'>-i. 
<lif  iM-kiiimt«-  \'*'\vAt'\\\\i*^  mit  (inijii>»'ii  von  dr*-i  li«  ll»i.  •l-r 
ilinik«'lii'l'nj)r»ii'»  jMil.  h{i>  Hocliri'lii'f  li«'i'  lijaiii^  in  fl.ii  h^.. 
dirsrs  in  ^Imiii'  MjilrnM  jmi>.  Zu  «l«'!!  Figiiroii  ^»'h'-r:-:: 
vi'rti«'l't  ♦•in^^-srlmitit-ni'  imIit  nur  anlj;i'iiialt».»  IiisL-liritT";.: 
(li«'  liurlisialx'ii  «l»*r  ••rst^Tu  Sfirir  siml  sor^l'ältifj  <ji'iirli»'if^I. 
(Ii<'  (l«'r  li'tzti'P'ii  «'twjis  ua.-liljissi«;  Ix'luunli'lt.  UoluT  zwiiüzIl' 
linichstiirkr  linfr  schwarz  autJ!;i'inalt«'ii  I\<)l<>;ssaliiisrh::li 
fr<^alM'n  sirli   \villir»'inl   <l««r  (lii'sjiihri^iMi  Au.s«^raliUJigt'n. 

Das  I.iilit  «1111)1111*^  unsi-rt'  Kirch*' durrli  scliniah*.  nmi- 
Ijo^io;  <rrsclih)ssrn«'  K«'iistt;r(  Ih'u:  sie  \var»'n  in  bei  räch  rlich'*: 
n«"»ln'  und  in  kh'iiM'r  Zaiil.  SicIhMi  vt'i'schiodon  iM^hantl'lt«-; 
ahcr  im  Ma^stal)  idmtiscln»  Arcliivnlton  p'l)»'n  uns  viclh-iiii- 
die  m-sprün^liilic  An/.ahl  dieser  Fenster  an.  Ist  eine  Anlii- 
V(dt»'  verh)ren  ^eo;;ni^«'n.  sd  hiitten  wir  je  vit?r  FeiistercluTj 
an  der  nördlichen -i  un«l  an  der  smllichen  Manor  (li»s  l-,iii;i:- 
hauses.  Kin«*  jed«-  <  »ettnunir  ^^JH*  flankiert  »lundi  zwid  Hai^- 
sinden;  di"<''  holi.Mi  si«li  li.-ll  von  «h-r  l'arbipMi  Malerei  «!•  r 
Wand  al>:  >ie  wan-n  zum  Tfil  ;::latt.  dann  rot  «uU^r  schwarz 
;:'Tuj)tT,  «nh'r  sjuraliiX  «^[ekiddt.  |)ie  Hasanicnto.  ca.  14  >  :;- 
ii-M  1:.    «.Ind    phimp  und   l»esi«dn'n    aus  je  »Irei   AVulsten  eh:f' 


•  er  1.    K«  :'.'■:.     lüMcr    -.Mi-l    Sihtit'i/ii^e    in   äcii    i:i-ihcu   >L.:.  i- 
:     i^ci.    l.it'.i    1    iM..i    111. 

::'.    '.■■.{::■  «lii-   N- ■w:t::.ii:' i,   liii*  .luf  «iiT  l^TgM'ilc  liegt.   u!c  ^:c'.- 
;:  •  :  "  i'iti -i..iii-i! .  ^..i  Krim- Lirhier.  \ielloiohi  nur  Blindici:.-*:'r. 


Die  Ausgrabungen  zu  Diseutis. 


225 


J 


A 


')} 


Textabbildung  3:  Basis  einer  Halbsflule.    Stucco. 

jegliche   Kehle.     Alle  Kapitelle  zeigen  primitive  Voluten, 
vereinzelte  an  den  Ecken  des  Kelchs  Blätter,  einzelne   rote 


Textabbildung  4:  Kapitell  mit  Voluten 
und  Blattern. 

Basler  Zeitschr.  f.  Gesch.  und  Altert.  VII,  1. 


Textabbildung  5:  Kapitell  mit  Voluten. 
Stucco. 

15 


K.  A.  Stückelberg. 

'.'.;«/?•  ;^rau*^  Farb<pnr»-ij  .  Zwischen  den  Teiisi-^r^  E 
V. '^   Kapit-':']]  verbiliilen«!.')  befand  sich  «^iiie  r-rii^iir:- 

.'  '  <.a.  IB  cm  Höhe,  d.  h.  der  durchscliiLJnh.i-i 
'  'f  Kapit'-lle  f-ut sprechend.  Uebor  diesein  ai.  -^nir 
;*  zwi-i  Reilieii  Rünkeri  gezierten  Gesims*-  '^•?rif 
J'«  nn-ih«'.  von  der  ziihlreirhe  Beste  (53'i  erliah^L  äUi 
;:''J«T!i  Si«'lleii  fiillteii  andere  <>mameiite.  iirie  BoT-v 
if  ;«fiji'iivv<M'k.  den  Zwischenraum  von  iLapirell  zl  I 
f/;i-  •i';b«'n  ArchivolttMi  sind  von  verscliiedensrer  Aufi 
|;;j:«  r«ir|iHte  und  sehünste  Stück  zeigt  halbe  fiffir^-: 
ii.jlbl-.n'islöi-niigen  Bügh*in:  es  ist  koinpler  erliiih«L 
I):ts   zweite    bietet   »ine   Variante    dazu,    da»  ön 

..•M'  /«i^i  K«»rl)S(hniitdekoration.  bestehend  aitfl^ 
■  .,'1  Ifii  lii«*ck«*n.  das  i'iint'te  wrist  bald  stehende,  bald  i 
I.' »Ii:ii'h!iill|)}isire  ani".  die  sechste  Archivolte  isT  mi 
iif.di  i/,',r<il"r!nl<»n  Hacken,  die  maanderartig  ansseheiL  f 
<|p  iirbiMih'  ist  ^anz  ^hitt  und  nur  durch  graiif  n 
1. .  il..|i'miiud»«n'i  (h-koriert.-*)  Zwei  Arohivoh-eiL  i 
<j.  Miiii-.  riiH»  Seh lil't Zone  waren  oben  ujit  aimsexbiL 
f  fi  n.ihi'iil    lu'st't/.t,  es  bi'stand  aus  ReiJien  x'oii  kleii«i- 

..|.  I    Kiiilibfii.      Krsf«'!'«'    wan'ii    weiss,     fiiizelnt-   iiar 

.  |.  I  .r.iiiu  mist^t'inah.  d'w  I\rab')i-n  mit  roT».'ii  Liijiei:  k'-i 
...i.  Ii  .  IM  flih'  au^Lr^schnitten«»  klefddattlOnxriiir  Zi 
I...I M  \\   im  Si'lmti    *^,.fmiil..ii.     Zalilr»*it-he    f-^irx 

Mii^i  |li»;',i'n  lM*-<;i»t'n  ih-mmieh  aui  ib^r  •«bt-rii  Neir- 
I   i.li.ilii  II    K«>mm'. 

I'ni.t    il.M»   u«".;»":   SrlimTioktonrit'ii.    w-lche  i:..  ö- 
i.iliii.-.ii   V  MMip.ii;'.      .";:::   \  «.•r'-i:li».'i::    kum-:^.     seirT.  ■ 
,.i.,ii.       I'ii-iu-.  \\'   ■   :  \\\wk  '.!.:  r- FalzuLki:    iar'-i-:--  :■ 

.11  il      il    llliT. »      \\\\:'    ..:         ^-     .'■     .'..LL.  IVI'.  II. 

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Die  Ausgrabungen  «u  Discntis. 


Djc  AuhgrabimgcD  zu  DtMeiiti); 


229 


ierteu  Rosetten^  tanden  sich  auch  älinlicho  gelbe,  sjowio 
)e  vierblättrigu  Bhunen  vor.  Viele  i23)  Bnickstücke 
kes  l&cher-  oder  palmettenartigea  Ornamentes,  gelb  und 
bemalt^  wurden  gefunden^  ebenso  zahlreiche  Reste  (21) 
f\  Rebstock  und  farbigen  Trauben.  *)  Letztere  bestehen 
reder  aus  naturalistischen  Reliefs,  rot  oder  »chwarz  be- 
Its  oder  aus  steifen  Dreiecken,  die  durch  r<»te  Tupfen  als 
iittben  charakterisiert  werden.  Auch  das  sog.  Feuerrad. 
Qt  roher  Bildung,  eingeschlosaen  von  Kreisschliugen,  kommt 
tor.  Ein  primitiver  Mäander,  dessen  hacken  förmig  in- 
^^'-  -Ffcrliängende  Kehlen  schwarz  ausgemalt  sind,  ist  in 
aber  sehr  kleinen  und  schwer  zusammenfügl)aren 
aerresten  auf  uns  gekommen;  er  fimlet  sich  identisch 
irischen  Metallarbeiten.*) 

Dm  cliristliche  Kreuz  ist  in  vielen  Beispielen  vorhanden; 

L grossem  Musstab  fand  es  sich  rot  bemalt  in  Relief  an  der 

1^   im   dwn   Schenkelenden  joweilen  mit  zwei  Spiralen 

»tzt  uncl  auf  gelbem  Fuss  stehend.     In  kleinem  Format 

imt   das   Kreuz   in   mannigfachen   Farben   und  Formen 

bald    mit,    bald    ohne    Füsschen»    Imld    mit  verzierten 

baUl    um  winkelt    von  Tupfen,    bald    umgeben    von 

inien.     In    vielen    Fällen    bildeten    diese    Kreuzchen 

Iweifel  den  Schmuck  der  Kleider  der  an  den  Wänden 

pgeötellten  Figuren. 

Dil*  Am^gnibung  dieser  nach  070  und  vor  739  erbauten 
ühe    ist   nahezu   beendet;   das   Niveau   senkt   sich  gegen 
►ii*»n  ittark  und  die    Fnndgegenst^nde  liegen  deshalb  hier 
leutend  tiefer  als  in  den  nö^^lich^*n  Partien. 

Ünt*>r  die-^er    frtihmittelalrerlichen    Kirche   hat  sich  — 

fi«t  die  wichtigste  Entd*>ckung  der  Atisgnibungen  —  eine 

;ita  gefunden.     Sie  liegt  unter  dem  Fussbodon  der  Kirche 

xwnr   m   dereji    aüdwestlicher   Ecke,   gehört  somit  zn 

M«r  alteren   Anlage.     AVie    (h>>    obt^re    Kirche    ist    unsere 

ita  orientien. 


't  Dicic  Trauhcu  hiugcn,  wie  ci  scheiut,  in  dem  ;i;eschii»krtcij  l'i\»r 
neau  *^^^  »i^^^  uhulich  in  Chuf  auf  eiucr  M-Aimorpbtt«  wicdertiti<lci 
yw^K  AnhMt  r  Volk»k.  XI.   1907,  Ta(.  lU,  Fig.  2, 


2,SO  E.  A.  Stückelberg. 

Begriff  und  Namen  der  unterirdischen  Gänge,  weldie 
als  Krj'pten  bezeichnet  werden,  stammt  aus  altchristlicher 
Zeit:  an  die  Gänge  stiessen  an  oder  mündeten  em  kleine 
Grabkammem,  memoria.  mart\Tium  oder  confessio  genanm 
Die  ältesten  Kammern  diesnr  Art  waren  unzugänglich  nud 
die  darin  befindlichen  Sarkophage  unsichtbar.  ^)  Um  den 
Gläubigen  aVjer  die  Andacht  dicht  bei  den  Reliquien  dei 
Heiligen,  der  im  Sarg  ruhte,  zu  ermöglichen,  legte  ma 
zunächst  ein  kleines  Fenster  (fenestella  coniessionis)  nnd 
dann  an  dossen  Stelle  einen  Zugang  an  aditus  ad  sanctosi 
Der  älteste  Typus  dieser  Krypten  hat  die  Gestalt  eines  halb- 
kreisfönnigen  Rings:  dieses  Schema  fand  sich  unter  der 
Apsis  der  alten  St.  Peterskirche  in  Rom,  unter  der  Thebäer- 
kirche  und  unter  der  Sigismundskirche  zu  St.  Maimce.  unter 
der  St.  Luciuskirche  zu  Chur  und  St.  Emmeram  zuRegensbur^ 

Diese  Krypten  sind  nur  zum  Teil,  und  nicht  in  unbe- 
rührtem Zustand  erlialtou.  In  Chur  führt  vom  Scheitel  der 
Ringkrj'pta  ein  Gang  zur  Kammer,  in  Disentis  aber.  «1» 
ist  das  Intt^ressante,  finden  wir  bloss  ein  Fensterchen. 

Der  neue  Fund  vermehrt  demnach  nicht  nur  die  kiine 
Reihe  der  bekannten  Kryptaboispiele  um  ein  wohlerhalteries 
Denkmal,  sondern  bietet  noch  eine  in  der  Schweiz  bisher 
nicht  beobachtete,  altertümliche  und  höchst  seltene  Varietät 
Unser  Ringgang  war  88  Zentimeter  breit  und  empfing  niir 
laicht  durch  ein  kleines  nmdbogiges  Fenster  von  55  Conti- 
meter  Höhe  und  3()  cm  Breit**:  es  schaute  durch  eine  79  i:in 
dicke  Mauer  nach  Osten  ins  Freie.  Gerade  gegenüber  diesem 
Fensterchen  befand  sich  die  Fenestella  confessionis,  ein 
Fensterchen,  das  durch  oiup  3<i)  Zentimeter  dicke  Mauer  in 
dio  (Tniftkanmier  führt.  Dieser  Raum  ist  auf  einem  etwa» 
gestelzten  Halbkreis  errichtet  un<l  hat  230  Centimeter  Dun'h- 
niesser  uu<l  misst  123  cm  vom  Scheitel  bis  zur  gera'i»"n 
Al)schlussmau«M'  im  AVesten.  Sowohl  der  Gang  (involmio 
arcuumi  als  «lit^  Gniftkammer  sind  gewölbt,  luid  zwar  sind 
wie  bei  der  ^fiiuer  keinerlei  Hau-  sondern  nur  rohe  Bnioh- 
^^reim^  verwendet  worden.     Der  Boden  der  Kammer  besi*'ut 


'i   \'j;l.  K.  Hoferdt,   Ursprung  uml  Entwicklung  der  Chorkrypta,   Bre>kiS 

"»05.  p.   34  u.  H. 


Die  Aii»grabun^cti  /.n  Di&enii 


^M 


%^  Hehr  solidem  Gu!3Sfwerk*   das   imcli   rümischer  Tradition 
lit  gaöÄ  kleinen  Ziegelkünieru  verniengt  ist 


i 


;  wxUbbllüiio^  0:  QrunciriB»  der  Krypta. 

Zu  dit  *ier  Krypta  stieg  man  hf^rab  dnrcli  eine  nördliche 
Tn^ppe  tin  criptam  introitiis  vol  exittis):  auf  der  Siidseito 
konnte*  Di»n  sie  verlausen  durch  einen  ähnlichen  (nach  nicht 
jegrabent^ni  Ausgang,  der  ndt  weiteren  unti*rirdischon 
?n    in    V<^rbitiilnntt    >^tai»d    i  In    cri^itjuii    in^n-ssns    vel 

\>\*Y  nMrdli(*htr  Einstieg  vollzog  sich  nul'  t»iner  im  rechtt^n 

^ink^*!  gebrociienen  Steintreppp,  die  wahrscheinlich  in  der 

Ncinlfistecke    des    Kirchenschiffs    ihre    Ausmündung    hatte. 

\t  Ma«s*»  der  8t iifen  sintl  folgende   von   unten  nach  oben 

»hend : 

Erj^te  Stufe    breit  24  cm    hoch 


22 
34! 

24. 
26, 
1«. 


dritte      «         -  27    - 

%Herte      ,          ^  2*1     . 

fünft  ö      ^          „  8<>     . 

sechste    ^  7 

Dit»  Breite  der  Treppe  ^Htriigi   iinitn  Ki— 78  cm,  üben 
iurJj  ti7  cm;  nie  ist,  wie  tlie  Massangaben  zeigen,  nichtsehr 

^gelmii<sig    angelegt    tinil  nicht   genau    im    WinkeL     Bio 


-  ;i  E.  A.  Stcckelberg. 

Läiifie  i^T  östlichen  Treppen  wand  zur  Liiik^n  d-er  HiLi'»- 
sT-igenden  betragt   Idi  cm.  zur  Bechien.  von  der  Erk- i-r 

Vrrndviiig  an.  75  cm.  Ist  man  unten,  a^i  schwriiki  2jii 
r.&ch  'iUik<  in  die  Ringkrj-pta  ab.  während  geradeau?  -ii 
si-jL  senkender,  tonnengewölbt^r  <  jang  v.-in  ir<&  cm  Br^itr 
na.  h  Süden,  also  westlich  \x*r  d^r  Grabkamm-r  dur*:LÜTifL 
Unten  an  d«=-r  Treppe  ist  dieses  iTewölbe  nur  l-iS  nHi.  weit-^ 
UT.ten  17i*  cn:i  hocL.  I»er  AVestabscbluss  der  •'Trahkaiiiiü« 
besTand  ursprringiich  aus  ein^r  70  cm  dicken  Mauer;  die»^ 
wurdv  durch  eiL  45  cm  starkes  Steingeiüg'e  se^eij  drD 
iT-raden  ^.^ani:  zu  beschütz*:  '.'nenbar  ist  diese  Verstärkuiig?- 
i::a;;-r.  lie  das  «T^wöibe  de>  «Taiages  tragi.  erst  später  as- 
geni^  w  'rde:..  I:.  u:/'>rrkaiiL;t-r  Zei-  ist  .ifinn  aucL  l-r 
A' stieg  zur  Kr^-jito  ui.-i  zmh:  'jang  davi.-r  durth  eine  seni- 
re/n:-:'  Mäuer  aus  Br^ich steine:,  unten  verschJijssen  w-jr-l-u: 
w.'.Lrscheinlich  :s:  'iie  Trej-:--  dama-s  zugesibünei  w^-r-ien. 
AucL  't-r  ringt-r-rn::::-  •-'ang  ist  --inst  äuigefüiit  woHeij.  ai."^: 
ri:.  Fenster,  i'-r  '-s-rr  -::.en  Kanal,  der  das  Aussenlen>ir: 
•■►-s  Eii.iTs  :.-:*  ;-.-  Fvne-:ellä  vr-rbiiideT.  Hess  man  ^-nei: 
>o  -xis::-  r-  r::.e  Ze::l::.:Lg  -iz.  Li-ir-tk^naj  v-n  79  -f-S^-i-.3^)C!r. 
L^ii.^"^.     irr     ias    H-  '.'..z^z..^ä'     :l.:*     dr-r    A'-ssenw-]:    v.-:- 


-     .\. 


".-     ..:.   :---:.;  "Wir- ür-rb-^i-^-TZ^iHel 
i    -..•--   ..■:■:    ^-htre     -in    uT:?rr-r 

^:-  ■-     .    :■::.     '.^ ■■■    Hu— --n     Av:i:-:.  : 


Die  Ausgrabungen- zu  Disentis.  2^^ 

739  Vollendung  der  Anlage  mit  drei  Kirchen  (unser  Lang- 
haus mit  den  drei  Apsiden,  femer  die  kleinere  Marien- 
kirche mit  den  drei  Apsiden  sind  Ueberreste  dieses 
Baus). 

768 — 773.  Bischöfliche  Kanonisation  der  hl.  Placid  und  Sigis- 
bert  durch  Tello. 

801   Bau  der  Placiduskirche. 

Die  Angaben  dieser  Regesten  stimmen  durchaus  zum 
Stil  der  au%efundenen  Architektur- und  Dekorationsüberreste; 
die  letztem  sind  in  vieler  Beziehung  einzigartig  in  der 
Schweiz  wie  in  Europa.  Ihre  Behandlung  fügt  neue  Kapitel 
in  die  Kunstgeschichte  des  Frühmittelalters. 

August  1907. 


Druckfehlerberichtigung. 

In  Band  VI,  Heft  2  der  Zeitschrift,  Seite  328.  Zeile  9  von  uott 
lies  aristotelischen  statt  aristokratischen. 


Zweiunddreissigster  Jahresbericht 


der 


historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft. 


I.  Mitglieder  und  Kommissionen. 

Aid     Öchlusso    des    Vertuusjalires     UKJb/Oß    zählte    di» 

jHistorisrhe   (Tesellschaft    251    ordentliche    Mitglieder.     Van 

dies«>n    verlor  sie  im  Laufe  des  Berichtsjahreä  11»  3  durch 

Austritt,  imr!  B  durch  den  Tod,  nämlich  die  Herren  F.  Ber- 

Jlliolet-Wagner,   Dr.  Eugen  Bischoff,    Dr.  Franz  Fäh,    Adolf 

IHeuBler,  Eduard  Liechtenhan-Burcklianlt  Wilhelm  Ltlscher- 

I Wieland,    R.    Pjiraviciui-Yiscber,    Karl    Sartorius.     Es    sind 

[t?ingetreten  rlre  Herren  :  Carl  Beck  in  Leipzigs  H.  W.  BröckeU 

Imann,  Felix  Burckhardt,  Dr.  Kurt  Forcart,  Leonhard  Friedrich, 

I>r    Hans  He«8,    Dr.    K.  R  HoffuiannT    Hans  Joneli,    Paul 

[Kölner,  W.  Merian-Mesmer.  F.  Meyer-Eschinann,  Dr.  Albort 

[C>©sich,  Dr.  Carl  BotliT  M.  A.  Rnegg,  Dr.  Arnolil  von  Salis, 

Oa»tÄV  Steiner,    Arthur  Streichen herg,    Dr.  Fritz  Von- 

Kler  Mrdill.  Dr.  E.  Wannier,  im  Ganzen   19  Herren ^   so  dass 

|die  Zahl  der  ordentlichen  Mit^lioder  am  Seh  hisse  des  Berichts- 

lahrei»  259  beträgt. 

Die  Kommission  der  (teseUschaft,  in  deren  Mitglieder* 
jid   keine  Aendening  ein  mit,    erknligte  ihre  (TescIuUte 
in  vier  Sitzungen. 

Atiflfier  der   Kommisaion    besteben  noch  folgende  Aus- 
ühfVJse : 

1,  FOr  die  Zei tsch  ri f t:  Prof.  Albert  Burckhanlt-Finaler, 
Dr.  K.  Stelilin,  Ih,  R.  Wackemagel  und  Prot 
J.  Schiieifler. 

2,  Für  das  Urkunden  buch:  ProL  Albert  Biirckhardt- 
Finaler.  Prof.  A.  Heusler,  Dr.  K.  Stehlin,  Prof.  Rui 
Thomm^n  und  Dn  R.  Wackemagisl* 


n 

3.  Für  die  andern  Publikationen  der  Gesellschaft: 
Prof.  R  Thommen,  Dr.  E.  Wackernagel,  Dr.  G.  Finsler 
und  Prol  J.  Schneider. 

4.  Für  die  Ausgrabungen  in  Äugst:  Dr.Th.Burck- 
hardt-Biedermann,  Fritz  Frey,  Salinenverwalter  in 
Äugst,  und  Dr.  Karl  Stehlin. 

6.  Für  baslerischeStadtaltertümer:  Dr.  Karl  Stehlin. 

Prol  P.  Ganz  und  Prof.  E.  A.  Stückelberg. 
Die  Arbeiten   am   historischen  Grundbuch  wurden  von 
Dr.  Karl  Stehlin  geleitet. 

II.  Sitzungen  und  gesellige  Anlässe. 

Mit  Beginn  des  neuen  Vereinsjahres  wurde  wieder  die 
Schlüsselzunft  als  Lokal  der  Gesellschaft  bezogen.  Dort 
wurden  in  10  Gesellschaftssitzungen  folgende  Vortrage 
gehalten : 

1906. 
22.  Oktober:       Herr   Prof.   E.  A.  Stückelberg:   Aus  den 
ältesten  Klöstern  des  Bistums  Chur. 
5.  November:  Herr   Dr.  Paul  Sarasin:   Die  Entwicklung 
des   griechischen  Tempels  aus  dem  Pfahl- 
hause. 
19.  November:  Herr    Prof.    Hoffmann -Krayer:    Frucht- 
barkeitszauber  im   schweizerischen  Volkä- 
brauch. 
3.  Dezember:    Herr  Dr.  Paul  Barth:    Das  Gasthaus  znrn 
Eoten  Löwen  in  Kleinbasel,  und 
Herr  Dr.  Karl  Stehlin:  Miscellen  aus  Basels 
Vergangenheit. 
17.  Dezember:    Herr   Dr.   August  Burckhardt;    Aus  der 
altarmonischenSagen-undHeldengeschichte. 

1907. 

11.  Januar:  Herr  Dr.  Carl  Roth:  üeber  die  Entst<^hung 
der  Herrschaft  Farnsburg  und  ihre  Ge- 
schichte unter  den  Tiersteinem. 

2s.  .lanuar:  Herr  Dr.  Gustav  Steiner:  Die  beabsichtigt** 
Aufteilung  der  Schweiz  unter  Napoleon  L 


m 


ll,  F*»brnar:  Herr  Dr.  Theopliil  Burckhardt-Bieder- 
Inann:  Die  neuesten  Ausgrabungou  in  Angst» 
ÄQ*  rcüruiir:  Herr  Dr.  Charles  Bourcart:  William  Wick- 
haui,  britiscber  Gesandter  in  der  Schweiz 
1794/99  in  seinen  Beziehungen  zn  Basel, 
t  Teil. 

11.  Mutz:  Herr  Dr.  Charles  Bourcart:  William  Wick* 

liam  usw..  II,  Teil. 
Die  Durchschnittszahl   dor  Besucher  für  sätnt liehe  Site- 
ingen  betnig  4H  (Maximum  73,  Minimum  32). 

Arn    30.    Sept^juiber  190*>    fand    uTjter    der    Beteiligung 

fou  aogetähr  30  Mitgliedern  ein   Auöflug   nach  Ensisheim 

tnf'  Rufaeh  statt,    der^    begünjitigt-   von  gutem  Wetter,    be- 

>ndt*rs  für  Rufaeh  infrdgt*  der  ge.schiekten  und  venlankons- 

[iirert<!kn  Fühning   des    durtigen  Oberlehrers  Herrn  Theobald 

iWalter  vergnüglich  und  genuBsreich  verliel 

Auf   «vine    Anregung   dos    Herrn    Dr.   A.  von  Balis  hin 

Iwurde  Stmntag  den   16.  Juni    V^'ormittags   ein  Austlug  nach 

LugKt  Veranstalter^    welcher  zunächst  der  Besichtigung  der 

iimen  Ansgmbungen   am  sog.  Tempel  galt.     Daran  sehlosa 

kich  naturgeuiUss   eine    Begehung   der    andern    Ruinen,   be- 

|60iideris    der    im    Frühjahr    l>ei  der  Kiesgrube  aufgedeckten 

Smisc*hen    Heizardage.     Gegen    40   Mitglieder    nahmen    an 

tdem  Ausflug  teil  und  folgten  mit  Aufmerksamkeit  den  sach* 

[kundigen    Darlegungen    der    Herren    Dr.  A,  von  Salibi    und 

)ri  Burckhardt-Biedermann.   denen  für  ihre  Führung  auch 

ier  bestens  gedankt  sei, 

IIK  Bibliothek, 

Die    Bibliothek    der    Gesellschaft    vermehrte    sich    im 
richisjahr    um    369    Bände    und  81  BrochQren    illH*5,0(): 
Bände    und    102    Bmchüreni.     Diu   Zahl    der  Tauscb- 
geeellj»chaften  beträgt  215. 


IV.  Wissenschaftliche  Unternehmungen  und  Publikationen, 

In  Angst  kann  die  Ausgrabung  und  Konservierung 
Ides  ThiMitDrs  als  abgeschlüssen  betrachtet  werden*  Im  Be> 
iTic  *         '  '  V  h  Vollendung  der  im   letzten  Bericht 

Ier  •  iten    im   wesentlichen  nur  noch  Auf- 


.r    ;•    <        /f'.— ■;.     /     -'-''.'       ■ -.liiT.?"-!.    Fi-U-rC    t:z.    A~jg 

;.    '-r  .♦       '/■' "   '»'-;  "T.i- —  .•   .'"i'.-'-i:-    i-rj    -^^^^   "^  -;—  -ir_-ri.  AüTeü 

;,  v.    z\>^  ;..    .      ir;.   A--  :i:^  rir    --i^   =i:t  d^r  B?- 

. .-. i'     :.i- '.   Ia.-.  f^'::-  ■-■..-    : -ii  7 : :- ii  rtr  A-^^^-  n  Ih-er- 

*...•..     --,       .'/.■•    '/--'=:.--.•. l-ii-    '-zi-rJiT    izi  l^^i-rSfer^    10*. 

?^, . . ^   /  .  ■  5s ;;, . . . •  ■ ;.  :;. .' -   : - ::.  M  ::,  -'.r/z.  :ä  : -r  V. y rr^at  ■  i •=^r  früheren 

I:.:^l^*:  ']«:-.  I/--' .^ii'i---'  -Iv/  Geis-ilichaft  v.*m  11.  Man 
l'H)7  /'  ir'J"  «ifi':  K''ji-kt-  a;;t*-r  d'.-n  MitglitHleni  zum  Behufs 
v«if«-f*f  ( triihn!i'^/':i  v«rran*raIr>rT.  Si»ir  ergab  di»- Sonime  von 
|j.  T;  101,10.  l/«i  d*r  Kid;;*:riosseiischaft  bt?warb  sich  der 
V'ir.Lt;ifid  ;ilM-ri/i;il-,  um  «fin^'  Stibwjiition  von  Fr.  llHlO  jähr- 
li<  li.  vv'WIm-  diT  (i«;s*'ll:^r:haft  für  V.3*f8  und  ff.  zugesagt  wimlf. 

W^  «-rsl«-  Cnt«  rn»dirnniig  wurde  zufolge  freundlichtT 
l'jhinlinii  i\t'V  Ki^«;nti"inuT  •  F^hingörsches  Fideicouiuiiss)  der 
..<i;'iiijirinh'  'r<'rri|)i-l  Ix'im  Ti^nipclhof  unter  der  Leitung  von 
II'Miii,  hr-,  A.  von  Sjilis  in  Ann^riff  genommen.  Ln  Schutt** 
Jim  <  nl»iinj|«'M  wiiidi'n.  wie  schon  bei  den  Grabungen  A.  Parenis 
in  «li-n  JjdjH'n  iSOl  und  ISiK-J.  Bronzen  von  künstle rischeuj 
W  i'il  ;'nliindrn,  l'rrnor  nnnische  Kaisormünzen  und  metallene 
In.'.linin»»nli' nnd  MpscIiIüm;»».  Dii»  Ruine  selbst  stellt  sich  heraus 
.il.  d»'i  M>;nlili''j*  Tiitcrbau  «Mnes  Monuments  von  beträt'ht- 
lhlii»r  I''r«»niinisdrlinnn^  mit  cingi^bauten  Stütznischen  un«! 
Ki.vii'Ihitiornni;.  darum  ein  Hof  und  eine  Balustnide.  Vom 
(MumImu.  ih's^iM»  l^t^lontun^  h»ider  noeh  unklar  ist.  sind  zahl- 
irtrlb«  \  »^tlvliMdiin^splaitiMi  aus  Marnu)r  mir  Rankenwerk  un<i 
T-iMiM  d.»  wiM-hrn  rvluilti»ii.  Naeh  der  Architektur  und  den 
K'.'ininiulr'i  wurde  die  Kntsieluuiir  iles  Baues  in  die  iriih'- 
!\  :•'..'•    V»'.!      •;   ^.••..-.'v.   soin. 

'*^^'N  '•     ■1^'    :-.-.^:;i^v.     Av.^ir-vlniiigen    in    Au^sr    » -eir' -iirie:; 

^^  '•  ■  •■•     x^--i".    w.i-.-   dit^    ii ••>'.'! Uchatt    geuötfiTT.    jioh   i::t 

> V ".  •  N\ . "   , •  V  ■  <  .■ '  l  «r '. '  1  -.^ <  i".  ■:  isoum    aiise i : lande rznsr^zz-i:- 

^^    "^■  ■  '^  ^v"'    V".\..  .  ■■    UY'T  ;i\v*  d'^::i  all v manischen  Gril-e> 


M   bei    KaisLMiiiigät    sjrstematisch    zti   graben    angefangen 
ohne  die  historische  Gesellschaft  in  Basf?l  von  seinem 
rcirhabeu  ni  verständigen.     Dn  auch  Anzeichen  vorlianden 
i'areii,  tla.s8  Si»itens  der  Direktion  des  Land*^smuseiuns  Ueber- 
riffu  in  das  Gebiet  von  Auguöüi  Bauric-a  befilrchtet  werden 
lOHsien.  ersncht*"  die  Kommission  derOesellschaft  dieLandes- 
binsi'Umskommission    lun   best immte    Erkläningeu    darüber, 
Inf  welchem  Gebiet  das  Landesmiiöeum  seine  Ausgrabungen 
iruusetzen  gedenke.     Die  Landesiimst^umskommission  gab 
Muf  Erkbimng  ab,  wi^lche  keinen  Zweifel  iibrig  lässt,  dass 
Landeömua^eum    nicht   auf   das   Gt^biet   von  Baselaugst. 
h.  auf  das  spezieHe  Ausgrabungsgebiet  der  historischen 
ind  antiquariscben  Gesellschaft   in  Basel   übergreifen  winh 
Fonds  für  Geschichtj^quellen.   Auf  Gesuch  desVor- 
ides  bewilligte  die  h,  Regiening  von  Basels! adr,  dass  der 
}taat:«beitrag  von  Fr.  2000  pro  Jahr,  der  bis  jetzt  ausschliess- 
lich für  das  Urkunrlenhnch  bestinmit  war.  in  Zulamft  auch 
die  Edition  anderer  Gescbicbtä(|ueUcn  vei^wendet  werden 
ao»    Er  wird  deshalb  von  nun  an  in  der  Rechnung  alt» 
^Fonds  für  die  Basier  Geschicht^r|uellen*^  aufgeführt 

Die   Zeitschrift    erfreut  sich   wacbsendur  Beiu'htung, 

cliT  Rechnung  wurde  die  N^niening  eingcfidirt.  da^s  die 

Lbgabe  von  Exemplaren  an  die  IVusehgeaellschaften.  welche 

•  l«*n  Konto  der  Zeiti?!chrift  bchist-^-te^  von  di-r  Gesell- 

1    Kassü  übeniomuien  wurde.    Es  bat  dies  zur  Folge,  dass 

der  •lahresreciinuug  in  Ziffern  ersichtlich  ist,  wie  viel 

U©  Ctetiellschaft  jilhrlicli  für  ihn?,   in  der  Univt^rsitiUsbiblio- 

lek  zur  uff  entliehen  Benütjsung  aufgestellte,  historische  und 

iliipiari,Hche  Bibliotiiek  leLsi^t. 

Von  den   Akten   zum    Basier  Konzil   befindet  sich 
ler  VL  Band  im  Pmck,    Es  wurde  beschlossen,  das  Konzils- 
irotokoil    de;*  Noturr?  Jakob   Hüglin,    wi*lclic*s  sich   an  das 
iioti  |itibHaiert4>  (Band  II — TV)  KonzilsprotokoU  des  Noturs 
anschliesst,  zu  publizieren.  Die^ie  Edition  winl  durch 
iivn  Dr.  Beckniaim   und    t>r.  Herre  in  MünclM'n  be- 
irgt»  I>tt»  Protokoll  winl  die  Bände  VI  und  \^I  der  KonzÜB- 
14B11  füllen« 

Herr    Dr    WüIut    lUiiz    im    Aarau.    der    \'erfai*ser    des 
ot^^-'-n    Werkes    ül^^r    «lie    Bmx"ti    und    Wehraidugeti   des 


VI 

Kantons  Aargau,  konnte  für  die  Herausgabe  eines  ähnlichen, 
die  Burgen  der  Landschaft  Basel  umfassenden  "Werke« 
gewonnen  werden.  Die  Arbeiten  an  dieser  Publikation  sind 
in  vollem  Gange. 

Auf  Anregung  des  Herrn  Prof.  Harms  in  Jena  ist  die 
Herstellung  einer  umfassenden  Publikation  über  den  mittel- 
alterlichen Stadthaushalt  Basels  beschlossen  worden. 
Dieses  Werk  wird  zerfallen  in  eine  Edition  der  Jahres- 
rechnungen des  Zeitraums  von  13HI  bis  1600  und  in  eine 
Darstellung.  Die  Edition  soll  vorangehen;  mit  dem  Drock 
des  Textes  wurde  bereits  begonnen. 

Der  X.  Band  des  Urkundenbuches,  dessen  Heraus- 
gabe Herr  Professor  Thommen  besorgt,  wird  im  Laufe  des 
Oktober  erscheinen.  Der  Druck  des  Bandes  XI,  welcher 
den  Schluss  des  ganzen  Unternehmens,  soweit  es  die  Politik 
und  Verwaltung  Basels  betrifft,  bilden  soll,  und  der  von  Herrn 
Dr.  August  Huber  herausgegeben  wird,  hat  begonnen. 

Beim  historischen  Grundbuch  beträgt  der  Zuwachs 
im  Jahre  1906:   9174  Zettel,   Totalbestand:    149,330  Zettel 

Basel,  den  10.  September  1907. 

F.  Holzach,  Schreiber. 


Vom  Vorstand  genehmigt  in  der  Sitzung  vom   13.  September   1907. 


Jahresrechtiung 


der  historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft 

vom  l.  September  1906  bis  31.  August  1907, 


Zinsen 
Jahresbeiträge  von 
236  Mitgliedern äFr.  12.  — 

!0  ,  im  Ausland   ä  Fr.  11.62  netto  .    . 

18  ,  mit  höheren  Beiträgen     .♦,,.. 

[Mitgiiederbestand  am  3L  AugusI  19Ö6 251 

Ausgetreten  vor  Einzug  der  Beiträge 3 


I 


248 
Eingetreten  mit  ZahlungspHicht  pro  1906/07    ^    ■    -     16^ 

Zahlende  Mitglieder  pro  190B  07 ,264 

Eingetreten  mil  Zahlungspflicht  pro  1907/08    .    .    .      3 

26r 

Ausgetreten  nach  Einzug  der  Beiträge     .    *    .    .    .      8 
Mitgliederbestand  Ende  des  Berichtsjahres  ....  259  J 
Verzicht  auf  ein  Autorhonorar  der  Zeitschrift   .         .    .    . 


Ausgaben: 

Sitzungsanzeigen  an  die  Mitglieder .    . 

Lokalmicic 

Tauschverkehr;   Zeitschrift  und  andere   Publikationen   an 

die  Tauschgcsell  Schäften 

Buchbinderrechnungen  der  Bibliothek  ..-..,, 
Porti   und  Spesen   für  Versendung  der  Zeitschrift  an  die 

Mitgiieder  und  TauschgeseOschaften     . 

Löhne  für  diverse  Besorgungen       

Diversa 

Uebertrag  des  halben  Saldo  auf  den  historischen  Fonds  . 
Uebertrag  des  halben  Saldo  auf  den  antitiuarischen  Fonds 


238,  25 


2832.  — 
1 16. 20 

380.— 


5.— 


3571,45 


186.20 
150. 


2420.  09 

406.55 

165.45 

78.— 

92.95 

36.11 

36.10 

3571.45 

virr 


Fr.    Ca. 

B.  Historiseber  Fonds. 

Saldo  »Ittr  Rechnung 3792.88 

TJeb«rtrag  aus  der  Gesellschaftskasse d6Ll] 

3828.99 
Aiisgaben:  — — — 

Efeitrag  an  die  Zeitschnft,  *  ^  der  Kosten 227.74 

Saldo  auf  neue  Rechnui^ 3601.25 

~3rär« 


C.  Antiquarischer  Fonds. 


Saldo  alter  Rechnung 

Verkauf  von  Beschreibungen  von  Äugst 

Verkauf  von  Photographien 

Pachtzins  in  Äugst 

L'ebenrag  aus  der  Gesellschaftskasse 


Ausgaben: 

Fundprämien  in  Äugst 

Beitrag  an  die  Schweizerische  Gesellschaft  ffir  Erhaltung 
historischer  Kunstdenkmaler 

Beitrag  an  den  Verband  west-  und  süddeutscher  Vereine 
für  römisch-germanische  Altertumsforschung    .... 

Spesen  des  Grundbesitzes  in  Äugst 

Anschaffungen  für  die  Sammlung  photographischer  Platten 

Römische  Ausgrabung  in  Ormalingen 

Anteil  an  den  Auslagen  der  Delegation  für  die  antiquari- 
schen Funde  1905  und  1906  

Aufnahmen  (Reichenstein,  Klingenthal,  Kataster  von  Äugst) 

Auslagen  für  die  Publikation:  Burgen  des  Sisgaus      .    . 

Beitrag  an  die  Zeitschrift,  *  i  der  Kosten 

Diversa  

Saldo  auf  neue  Rechnung 


11.- 


D.  Spezialfonds  für  die  Ausgrabungen  in  Äugst  | 
Alter  Conto,  Theaten 

Einnalunen : 

Bundesbeitrag  pro  1906 

Passiv-Saldo  auf  neue  Rechnung 


IX 


AuBgaben: 

Passiv-Saldo  alter  Rechnung 

Rechnung  Natterer,  Maurerarbeit 

Rechnung  Bausteinfabrik  Äugst,  Maurermaterial  . 
Diversa 


E.  Spezialfonds  für  die  Ausgrabungen  in  Äugst. 
Neuer  Conto,  sog.  Tempel  etc. 

Eizuialixnszi  I 
Ergebnis  der  Kollekte  bei  den  Mitgliedern 

Ausgaben : 

Graberlohne 

Diversa 

Saldo  auf  neue  Rechnung 

F.  Spezialfonds  für  Basler  Qeschichtsquellen 
(Urkundenbuch  etc.) 

Einnahmen: 


Saldo  alter  Rechnung  .... 
Zins  ab  obigem  Saldo  ä  3VsV« 


AüBgaben: 

Auslagen  ffir  das  Urkundenbuch 

Auslagen  für  das  Concilium  Basiliense  .  .  .  . 
Auslagen  für  den  Basler  Stadthaushalt  im  M.-A. 
Saldo  auf  neue  Rechnung 


Q.  Historisches  Grundbuch. 


Xiii3iialim6n : 

Staatsbeitrag  für  1907  . 
Beitrag  eines  Mitgliedes 

Ausgaben: 
Auslagen  im  Jahr  1906 


Fr     Cts. 

1223.70 

728.- 

764.40 

27.— 

2743.10 


5101.40 


1604.87 

97.60 

3398. 93 

5101.40 


5939.91 

207.90 

6147^  81 

425.  - 

798.40 

700.— 

4224.41 

6147.81 


1200- 
1223.60 
2423  60 

2428.  60 


Fr-    CaL 

H.  Basler  Zeitschrift  für  Geschichte  and 
Altertnmslcunde. 

Vergätung    der    Gcsellschaltskasse.    Exemplare    för    den 

Tauschverkehr 2350- 30 

Verkauf  von  Exemplaren 361.07 

Beitrag  aus  dem  Historischen  Fonds 227. 74 

Beitrag  aus  dem  Antiquarischen  Fonds 227.74 

-     3167.05 
ATLBgmben :  — — 

Illustrationen 302.35 

Druckkosten  von  Band  VI 2431.06 

Honorare  an  die  Autoren 429.05 

Diverse  Spesen 4.40 

3167.05 


Status  am  31.  August  1907. 


Fr.     Ct*.  Fr.    Ca. 

Historischer  Fonds,  Aktivsaldo 9601.25 

Antiquarischer  Fonds.  .\ktivsaIdo 2077.35 

Fonds  für  Basler  Geschichtsquellen.  Aktivsaldo         4224.41 
Fonds    für   die  Ausgrabungen   in  Äugst,    alter 

Conto.  Passivsaldo 1243.10 

Fonds  für  die  .Ausgrabungen  in  .\ugst,   neuer 

Conto.  .Aktivsaldo 3396  93 

Gesellschafisvermögen  am  31   August.     ...  I     12058.^ 


13301.94  ;     13301.94 


Der  Rcchr.ur.gsrevisor: 

R.  Heusler-Veillon. 


Der  Kassier: 
Karl  Stehlin. 


13.  Sfptcmber  i'jo^. 


Verzeichnis  der  Mitglieder 

der 

historischen  und  antiquarischen  Gesellschaft. 

8L  Augost  1907. 


A.  Ordentliche 

Herr  Alioth-Veith,  Alfred,  Dr. 
AUoth-Vischer.  Wilhelm. 
Bachofen-Burckhardt,  Karl. 
Bally,  Otto,  Kommerzienrat  in 

Säckingen. 
Barth,  Paul,  Dr. 
de  Bary-Ton  Barier,  Rodolf. 
Baumgartner,  Adolf,  Prof. 
Baur,  Frans,  Maler. 
Baur,  Fried.,  Dr. 
Beck,  Carl,  in  Leipzig. 
Bemoulli-Burckhardt,  A.,  Dr. 
Bemoolli-Burger,  K.  Ch.,  Dr. 
Bemonlli-Reber,  J.J.,  Prot 
Bemoulli -Vischer,  W. 
Bemoulli- von  der  Tann,  W. 
Besson-Scherer,  Joseph. 
Bieder,  Adolf,  Dr. 
Bischoff,  Wilh.,  alt  Reg.-Rat. 
Bischoff-HofTmann,   Karl,  Dr. 
Bischoflf-Ryhiner,  Emil. 
Bourcart-Burckhardt,  C.  Dr. 
Bourcart-Grosjean,  Ch., 

in  Gebweiler. 
Bourcart -Vischer,  A., 

in  Gebweiler. 
Brockelmann,  H.  W. 
Brömmel,  Berthold,  Dr. 


Mitglieder. 

Herr  Brüderlin-Ronus,  Rudolf. 
»     Burckhardt-Biedermann,  Th.,  Dr. 
»     Burckhardt-Böringer,  Otto. 
»     Borckhardt-Brenner,  F.,  Prof. 
»     Burckhardt-Burckhardt,  A.,  Dr. 

>  Burckhardt-Burckhardt,  Hans. 
»     Burckhardt,  Felix. 
»     Burckhardt-Fetscherin,Hans,Dr. 
»     Burckhardt-Finsler,  A„  ProC, 

Reg.-Rat. 
»     Burck^ardt-Friedrich,  A.,  Prof. 
»     Burckhardt -Grossmann,  Ed. 
»     Burckhardt-Heusler,  A. 
»     Burckhardt-Luscher,  Paul,  Dr. 

>  Burckhardt-Meriau,  Adolf. 

>  Burckhardt-Merian,  Eduard. 
»     Burckhardt-Merian,  Julius. 
»     Burckhardt-Rüsch,  Ad. 
»     Burckhardt-Sarasin,  Karl. 
»     Burckhardt-Schazmann,  C.  Chr., 

Prof.,  Reg.-Rat. 
»  Burckhardt -Vischer,  Wilh.,  Dr. 
»     Burckhardt -Werthcmann, 

Daniel.  Prof. 
»      Burckhardt-Zahn,  Karl. 
»     Buscr,  Haus,   Dr. 
»     Christ-Iselin,  Wilhelm. 
»     Christ-Mcrian,  Balthasar. 


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:*:!.  Kat:. 


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7--AV^-; 


H^  Hers.  Hnft^  Dr. 
Htis.  T.  W.  Dr. 
Hrs^-Oräz,  D. 
Hrsslär.  Frir,  :z  Bexx. 
Hrxi^T-SvaKX,  Aadzcu,  Prot 
Hr=ji:ÄT-V«tLc<i,  Rsdoc£ 
Häft-SÄl^Kbcz^ger.  Ed. 
ffis-Vc:T>i.  A. 

HT«i±--^*i3ci£,    P. 

Hjfr-.fcTT    K.  R«  Dr. 
K:=^i=i-Kray^,  E,  Prot 
H:«£^b.  FcnLzi&ad.  Dr. 
H:r=«r.  KiH.  Dr. 
Hxz-Liadffr.  R..  Dr. 
H-r«r.  As^sss.  Dr- 
LrOrcragg-Fncdlr-^.  Kari. 

I^::::.  RadoI£. 
licii^-Sir^KBL  Taik.  Dr. 
Kerü-AiMdi.  E. 
K^chlji-BgTrkhardt.  Ernst.  Dr. 

Kochlfa-Sdkelia.  A..  in  Stcina. 
K::=€r.  Paal  RadoTl 
Ki=  i:^.  Radoti:  Dr. 
LaRct-Äe-BBTcklLinit.  August. 
LARrcbe-Bcrcklunit.  HerR^inn. 
l.iRc<b«>Ban:kiurdt.  Louis. 
LiR.xhe-Merlui.  Fritz. 
L^R.:«^«-Px-&iru]t.  A. 
lo:  r:ez2Läha-A  ^i'cx^en  JvjltI^ 
Lin-ier-Bi^cfloo.  Rado!£ 
]-Oir-Tn:«fc.  A. 
Lz^^'::^iil  KndoXU  Prot 
LI^±cr-Barckh init,  R^ 
Miilv-E^iin§«r,  Jacob.  Dr. 
Miz^d,  Fr,  Dr. 
>Lk.-k,:>.  AdolC 
Ms'rheL  Albert. 
M«:er.  j5hD.  Prot 
M-szie-SAcdrcuter.  J. 
M-rr-ja-Mesmer.  W. 
Mir-ia-PAraTiani,  Heinrich. 
M-.-:A2-Pr«i>werk,  >L 
Mer-u=.  Rudolf.  Dr. 
Mer..ia,  Samuel. 
M^r.^a-TlinnicvseD,  A. 


xm 


Herr  Meyer,  Adalbert,  im  Roten  Haus. 

»  Meyer,  Emanuel. 

»  Meyer-Eschmann,  F. 

^  Meyer-Lieb,  Paul,  Dr. 

»  Meyer-Schmidy  Karl,  ProC 

»  Miviile-Iselin,  R. 

>  de  Montet,  Albert. 

>  Moosherr,  Theodor,  Dr. 
»  Munzer,  F.,  Prot 

>  Mylius-GemuseuSf  H.  A. 
»  Nef,  Karl,  Dr. 

»  Nötzlin-Werthemann,  R. 

»  Oeri,  Albert,  Dr. 

»  Oeri,  Jakob,  Dr. 

»  Oesch,  Albert,  Dr. 

>  Paravicini,  Karl,  Dr. 
»  Paravicini-Engel,  E. 

>  Passavant-AUemandi,  E. 
»  Pfister,  A.,  Dr. 

»  Preiswerk,  E.,  Dr. 

>  Preiswerk-Ringwald,  R. 

>  Probst,  Emanuel,  Dr. 

*  Reese,  H.  L.  W.,  Reg.-Rat. 

»  Refardt,  Arnold. 

»  Reosch,  Gustav. 

»  Rieder,  Albert,  in  Ronen. 

»  Riggenbach-Iselin,  A. 

>  Riggenbach-Stückelberger,  Ed. 
:>  V.  Ritter,  Paul,  Dr. 

»  Roth,  Karl,  Dr. 

>  Ruegg,  M.  A. 

»  Ryhiner-Stehlin,  Albert. 

>  V.  Salif,  Arnold,  Antistes. 

>  V.  Salis,  Arnold,  Dr. 
»  Sarasin,  Fritz,   Dr. 

>  Sarasin,  Paul,  Dr. 
»  Sarasin -Alioth,  P. 

»  Sarasin-Bischoff,  Theodor. 

>  Sarasin-Iselin,  Alfred. 

»  Sarasin-IseliUf  Wilhelm. 

»  Sarasin-Schlumberger,  Jakob. 

»  Sarasin -Vischer,  Rudolf. 

»  Sartorius-Preiswerk,   Fritz. 

»  Schaub,  Emil,  Dr. 

»  Schetty-Oechslin,  Karl. 

»  Schlumberger -Vischer,  Charles. 


Herr  v.  Schlumberger,  Jean,  Dr., 
Staatsrat  in  Gcbweiler. 

>  Schmid-Paganini,  J.,  Dr. 
»  Schneider,  J.  J.,  Prof. 

»  V.  Schönau,  Hermann,  Freiherr, 

in  Schwörstadt. 

»  Schonauer,  Heinrich,  Dr. 

>  Schwabe-Changuion,  Benno. 
»  Seiler-LaRoche,  £.  R. 

»  Senn,  Hans,  Pfarrer  in  Sissach. 

»  Senn-Otto,  F. 

»  Settelen-Hoch,  E. 

>  Siegfried,  Traugott,  Dr. 

»  Siegmund-Barruschky,  L.,  Dr. 

>  Siegmnnd-von  Glenck,  B. 
»  Speiser,  Fritz,  Prof.,  in 

Freiburg  i.  S. 

>  Speiser-Sarasin,  Paul,  Prof., 

Reg.-Rat. 

»  Speiser-Strohl,  Wilhelm. 

»  Speiser- Thurneysen,  Paul,  Dr. 

»  Spetz,  Georges,  in  Isenheim. 

»  von  Speyr- Böiger,  Albert. 

»  Stähelin,  Felix,  Dr. 

»  Stähelin-BischofT,  A. 

»  Stähelin- Lieb,  G.,  Pfarrer. 

»  Stahelin-Merian,  Ernst,  Pfarrer. 

»  Stähelin -Vischer,  A. 

»  Stähelin -Von  der Muhll,  Ch.  R. 

»  Stamm-Preiswerk,  J. 

»  Stehlin,  Hans  Georg,  Dr. 

»  Stehlin,  Karl,  Dr. 

»  Stehlin-von  Bavier,  F. 

•  Steiner,  Gustav,  Dr. 

»  Streichenberg-Mylius,  Arthur. 

■*  Stuckert,  Otto. 

»  Stückclberg,  E.  A.,  Prof. 

>  Stutz,  Ulrich,  Prof.  in  Bonn. 

>  Sulgcr,  Augu>t,  Dr. 
»  Suter.  Rudolf. 

»  Thommen,  Rudolf,   Prof. 

»  Trüdinger,  Ph. 

»  Uebelin-Trautwein,  F.  W. 

»  Vcraguth,  Daniel,  Dr. 

»  Vischer-Bachofen,  Fritz. 

»  Vischer-Burckhardt,  Rudolf. 


Inhalt 


LtPvtftU    VfaVTcr  imd  Schiilmciisl«?r    in    tl^r   Zelt    der 

Karl  Gauss 

Die  Gmbschntt  i   Histonsciieii  McweuiitJ 

Karl  St9hir 

El«  /tilgcüosbischtLf  licricbt  nher  dm  IljuL-  runt:  «ItiiUaaE  Jiücil 
die  Hcrnct  m  Jabrc  iSJO,  v*»o  August   Huh^^i 

TrAdiienliiicblcißft,  von  August  Huber 
Eio  Bet5pi«il  der  ktii«erlirheu  Mnitänrchltpile^ft  4«u  4iaiu  Aiifii& 


Diu  Herren  M»tfirh*»ft<»r  <?rlint**M!    V»r   »Ifii   HrM^kti^jj^fi 
•O  Fr.  Honorar.     Dir  ' 
Historische  und  aiitiqu-L 
Atsiderungeii  Iklleo  den  Verfatsem  xiur  t 

Die  VcfÄiilwörtniig  für  de«  matetfclicn   inthui  ^ifr  tyr\iT>igz   nfcijj 
Vtxhiattn  tiberlaK«cR 


üfwck  ber  0«^^* 


^asler  Zeitschrift 


ni( 


:hichte  und  Altertumskunde. 


HerausKeireben 


von  der 


ien  und  aniiquarischen  Gesellschaft 
2U  Basel, 


Vn.  Band-    2.  Heft 


-*-»«*^- 


cmd 


[Romini- 


bm'iwiarjufijTi' 


jjitstrclilv.  8.V 
'    rn  LdpsJg. 


2:^0  Max  Hossfcld. 

gleichen  Jahre  dem  Dr.  Johannes  de  Lapide  die  Stelle  des 
Custos  oder  Thesanrarius  übertrug.^! 

Eine  Sinecure  war  es  nicht,  die  Hej'nlin  damit  erhielt, 
denn  der  Kustos  hatte  alle  Pflichten  eines  Pfarrers  der 
Kirche  zu  übernehmen.  Er  hatte  mit  seinem  Kaplan  alle 
Tage  eine  Messe  auf  dem  Pfarraltar  zu  lesen,  sollte  dafür 
aber  ^nit  verbunden  sein,  frohn  oder  Seelmess  zu  halten 
oder  wohner  zu  seyn.''  (Das  bezieht  sich  auf  die  von  den 
anderen  Chorherren  zu  haltenden  Messen.)  Ueberhaupt 
sollte  der  Kustos,  ebenso  wie  die  andern  Chorherren,  .y. Gottes- 
dienst und  den  Chorgang  löblich  halten.**  auch  sollt«  er 
«St.  Nikolaus  Bruderschaften  verkünden,  so  mann  die  be- 
gehrt."-) Heynlin  wird  denn  auch  vielfach  schlechthin  als 
„Rector  ecclesiae  Badensis"^)  und  als  «Pfarrherr^  oder 
«Pfarrer  zu  Markgrafen  Baden"  bezeichnet.*)  Uebrigens 
sollte  sich  nach  ausdrücklicher  Bestimmung  des  Stiftungs- 
briefes keiner  der  Chorherrn  in  seinem  Amte  vertreten 
lassen:  ein  jeglicher  sollte  „persönlich  Besidentiam  thnen, 
kein  Absenz  haben,  und  seine  Actus,  die  ihme  gebührendt 
in  der  Kirchen  zu  thuen,  selber  thuen.*^*»  Zur  Kirche  in 
Baden  gehörte  auch  die  Pfarrei  im  nahen  Oos;  doch  durfte 
sich  der  Kustos  <les  Kollegiatstifts  hier  vertreten  lassen. 
..Di».»  pt'arre  zu  (')se  iiiuss  ein  pfarrer  zu  Baden,  das  ist  ein 
castus  alle  sunntag  und  gebannen  fvrtage  durch  siner  iiiiet- 
ling  eyneii  hinuss  tursehen."*)  Zweimal  hat  übrigens  Hejiiliii 
seilest  in  Oos  den  Gottesdienst  verrichtet  und  gepredigt. 
am  Tage  iler  heiligen  Elisabeth  1481,  und  1483  am  IR  Sonn- 
tag nach  Trinitatis.  doch  waren  das  eben  nur  Ausnahmen. 

*)  Als  custos  >ive  thesanrarius  ecxlesie  collegiate  in  Baden  bezekhnel 
sich  Heynlin  in  einem  Briefe  an  Johannes  Hochberg.  Ep.  fol.  113.  Dies  ist 
ortenbar  die  „geschriebene  Kpistel",  nach  der  Iselin,  Hist.  geogr.  Lex.  Bd.  III 

S.  »>2,  Heynlin  denselben  Titel  ^\h\. 

-.1  SihSptlin    517 — ^^20. 

'•*)  Von  Jak.   Lauber  auf  dem  TitclblaU  von  Pr.  IV. 

*)  Ansh.   I,    II«.     Bio.  Ta.   253. 

■'*i  Schöptlin  324. 

*)  Reinfried  255. 


Johannes  Hcj'iilia  aus  Stein, 


^J7 


Fast  mit  Hegel lukssigkeit  versah  ^r  dafür  die  Seelnorgi» 
3ti  dorn  nur  eine  lialbi*  Stuiule  von  Baden  entfernten  Ben*trn»^) 
ifualä  Bilren  genannt,  luer  aber  nicht  an  einer  Pfarrkirch^j 
»ndern  in  dem  dort  gelegenen  Nonnenkloster  Lichtental.^) 
Lichtentah  einer  Tochter  des  elsässischen  Klosters  Königs- 
wohnten    Zisterzienserinnen.     Wie    die    Kirche    in 
so  erfreute  sich  auch  der  Konvent  der  Lncida  valHs 
p?jondereu  lan<le8herrlichen  Scliutzes.    Markgraf  Karl  I., 
nr  Metzer  Bisehof  Georg   und    ihre   Briider^   ebenso   auch 
tmrU  .Sohn,  Afarkgraf  Clirisroph  L,  der  HeynÜn  nach  Baden 
rief,  verkehrten  sclion  als  Kinder  häufig  mit  den  Weiss- 
len  and  besuchten  und    begünstigten    das    Kloster   auch 
trr    noch    zii    \viednrholt>en   Malen,     Mehrere  Fmuen   ans 
markgräflichen  Hause  haben   in  ihm  gewohnt  itnd  ihm 
standen.  Ah  Heynlin   in  Baden   le))te,    war  Margareta^ 
Rv  Schwester  des    regierendf^n  Markgrafen    Christoph    untl 
fnm   Friedrich,    der    mir  Renchlin  in    Paris   Hoynlins  Zu- 
irer  gewesen  war.  Ael>tissin  in   Lichtental   (1477 — 149(i).') 
in  hielt  den  Doctor  de  Lapide  sehr  hoch,  unvl  bat  ihn  noch 
Jahre  14)S8,   ab   er  »chon  Kartäui^er   in  Ba^el   w^ar^   für 
|4f  eine  Pn*djgt    «ii    schreiben    utid    sit^    ihr    zu    schicken.^) 
imit  ist  Ileyidinü  Tätigkeit,  in   Lichtontal.  die  keineswegs 
den  Verpflichtungen  des  Kustos  in  Baden  gehört.  aucJi 
M-r  Beweis  für  seine  nahen  B**zi«^liungen   zu  d»*n  Mit- 
^,i,.ii  detj    markgräflichen    Hans*»<      ^i»^    interes^i.^rt    ui.< 

*)  Heuit    als    „IJclilenthal**    weit    bekannr,      S  ^i.  Alb.  Kriti;«  r.     lu^io^ 

')  I    Tabelle,  Vgl   l*r.  tV,  fol.  78*,  wo  er  den  Xanicn  ^fJfrftfrntttt*^  in 

ae  Predigt  dDflicbt,  ttlwrschHcben  i««  die«c  Predigt  ..ferta  sexta   in   octiiv;i 

f^eie   ef    iecundum    cisterc    die    Margaiele,    in  Bilretf   (20.  Vü.  14^1). 

Bilge  t!rlii(iidct),    dte  Gothcin  beautxt,   bestltigcn,   dass    Heynliu  Seelsmgcr 

Noßtieti    von    IJclitentiil  wAf.     Eb.  Gotb,  l'^oratbeiinü   Wrg^mgenhetr,    in 

nITer«  *<t;uUi**  und  suziatuissciiscli.  Furscli,  B*i.  <i^  Heft   3,  h'^N*))  S.  32» 

*)  Bi&tieTt    Broed.,    Das   KrauciikloHler    Lichlcnlal    (Buden-Buden     189!»), 

00,  61»  122.     Bauer  erwahtit  Heynbn  iii<bt.    Attrh  in  den  lUeren  >khTiaea 

—  t  ■  *^«ruUl  bt  «-eitcr  nicbU  cq  findcu,    (Herr.  B»dcr  «sw.)    Die  „ClitoDik 

nUl«  ^Mone  l»  it>o,  l,  52*1,  H,  44J)  bietet  gJcidifalU  niebt«.     Das 

icbiv  des  Klostets  L.  {tischT,  Ulienbcin  Bd.  ff — <H   ^ebt   nur  "bit 


*)  Pr.  V,  foU  27S\     ,>«n(t^ati«i  Sermonb  miisi  ad  domiiuT»  Abbolisszam 


J38  Max  Hossfeld- 

ausserdein  wegen  des  Erfolges,  den  sie  gehabt  hat;  denn 
gewiss  inuss  für  die  -.echt  klösterliche  Frömmigkeit  und 
(Jrdensziulit",  die  Bauer  der  Regierung  der  Aebtissin  Mar- 
garete iiachrühnit,  auch  dem  Prediger  ein  Anteil  zugeschriebeD 
werden. 

So   liatte  Heynliu  als  Kustos   des   Kollegiatstiftes.  al> 
Pfarrer  in  Baden  und  als  Seelsorger  in  Lichtental  ein  reich- 
liches Mass  von  Arbeit  übernommen,  wie  denn  auch  einmal 
von  der  « merklichen  Last,   die  im  sines  Ampts   halb  zuge- 
standen*^   sei.    geredet  wird.*)     Und    er    suchte    keineswegs. 
es    sich    bequem    zu    machen.      Die    grosse    Zahl    seiner  in 
Baden    (und    Beuerni    gehaltenen   Predigten    legt   Zeugni> 
von    dem   Eifer   ab,    mit   dem    er   jener    Aufforderung  des 
Stiftungslniefes,  dass  die  Stiftsherren  den  Gottesdienst  lol^ 
lieh  versehen  sollton,  nachkam.     Sie  zeigt  auch  wieder,  als 
rinen  wie  wichtigen  Faktor  des  Kultus  Heynlin  gerade  die 
Vt'rkündigung  des  göttlichen  Wortes  ansah.     Was  sie  von 
ihn-n  Predigern  gelernt  hätten,  fragt  er  in  der  ersten  B«le 
srint'  Zuhcirer,-)   und   beweist   schon   mit   dieser  Frage  sein 
Verständnis  für  die  Aufgaben  und  sein  Bewusstsein  von  der 
Vorant\v()rtlichk*»it   seines  Bt»rufes. 

Tin  ans  seiner  rigenen  Tätigkeit  nur  ein  Beispiel  zn 
«^»•brn,  i'ühn'n  wir  wieder  seine  Verdeutschung  der  zehn 
<  Jfbotr  an,  die  (»r  auch  hier  wie  einst  in  Basel  zuNntzunJ 
Froniinrn  der  (lemeinde  zum  Besten  gab.  Diesmal  b»- 
^nii^i«'  »»r  sich  abi»r  nicht  damit,  sie  von  der  Kanzel  r. 
viUiiiiilrii.  s<nid»M'n  Hess  sie  auf  eine  Tafel  schreiben  ud'1 
•  iii's.'  (»ttcntlich  aufhängen  (wahrscheinlich  in  seiner  Kirche. 
..«lainit   dl»'   Laion  sich  nicht  mit  Unkenntnis  derselben  »^ut- 

"  liuMi;::«!!  krnmtcn*".  Die  Form,  die  er  den  Reimen  gal'. 
\v»iclit  nur  \v(mu^  von  der  früheren  ab.'*»  Auch  uni  oiu- 
ji;ts-MM(l.*  \'ci-cicutschang  des  Vateninsers  gab  sich  Heynlin 
.Miiln«.   indi's  hab»'n  wir  in  seinen  Manuskripten  nicht  die>^ 

•  ll»^t.  -«oinlcrn  nur  cin«^  B«Mnerkang  über  die  Schwierigkei: 
'"■liiri<lMii.    iji.»    dif   C'bersetzung    bereitete.*)      Hier   venli«-!;' 

'..  Hin.     la.    2V.. 

■■,  IT.    II,     17..'. 

I  l'r.    1\',  «i'i',   v^l.  t»l)c-n  S.    liN^,  Aniii.  3, 

'.  l'r.    IV.   2::'. 


Johannes  Hcvolin  aus  Steio. 


239 


^Keh  eine  Anzahl  von  Heynlin  verfasster  deutscher  Verse 
TO*%^'ähiinng,  die  als  Beglflitspriiche  zu  Wandmalereien  im 
Durchgang  zur  Marienkapelle  des  Spitals  in  Baden  dienen 
sollt'en,  und  die  ebenso  wie  die  Bekanntmachung  des  Deka- 
logs das  Bestrel)en  des  Predigers  zeigen^  das  Gemüt  seiner 
Pfan'kinder  zu  erschüttern  und  sie  ztu*  Frömmigkeit  zu  er- 
njahnen.     Es   ist   ein   gereimtes  Wechselgespi*äch   zwischen 

ti  Königen  und  drei  Toten,  in  w^elchem  die  Lebenden^ 
Lüstling,  ein  Hochmütiger  und  ein  Geizhals,  ihre  Leiden- 
schaften mid  die  Freuden  preisen,  die  sie  ihnen  bringen, 
u^hrend  die  Verschiedenen,  die  offenlmr  als  Gerippe  gemalt 
waren,  die  Vergänglichkeit  der  irdischen  Güter  -Lieb  und 
Lust,  Ebr  und  Gewalt,  Gut  und  Geld**,  denen  sie  auch  einst 
nachgestrebt,  bekennen  müssen*^) 

Die  Haupt  Wirkung  konnte  indessen   nicht  von  solchen 

gelegentlichen  Darbietungen^  sondern  niusste  von  der  regel- 

laässigen    Predigt    kommen.     Von    Hejoilins   Badener   Ser- 

H^nen  liegt  uns  zunächst  eine  zusammenhängende  Gruppe 

vor»    die   vom   25.  Juli   1479   bis  zum  2.  März  14H(J  reicht, 

54  Predigtenj  die  bis  auf  drei  Lichtentaler  wohl  sämtlicli  in 

Baden  vorgetragen  worden  smd.-)     Als  die  sieben  Monate, 

auf  die  sie  sieh  verteilen,   verflossen  waren,   ging  Heynlin 

^lion    wieder    auf    eine    längere    Reise,      Im    Januar    i-l80 

^^gten   in   Baden   zwei   Briefe   an,    der  eine    an   Markgraf 

Christ-öph.  der  andere   an   den  Doktor  von  Stein   gerichtet: 

beide  hatten  denselben  Inhalt,   —  Sie  kamen  vom  Rat  der 

fidt  Bern. 
•)  Pr.  I,  88.  Dies  erinnert  an  die  bekannten  Baseler  Totentänze,  deren 
einer  (ans  dem  14,  Jahrhundert)  sich  im  Kloster  Kliugental  befiod,  während 
der  andere  (Mitte  des  15,  jahrbuDderts)  an  die  Kirchhofmauer  des  Prediger- 
klosters gemalt  war.  Auch  dOrt  standen  unter  jeder  Gruppe  Reime,  die 
fnlin  vorgeschwebt  haben  tnogen  (s.  Führer  durch  die  mittel  alter  liehe 
ratung  z\i  Basel,  S.  10  (Basel  1880). 
«)  Pr,  n,  172'— 220*  (47  PrediglcD,  bU  25.  I.  80).  Pr,  IV,  2—7' 
*redigtCM»  30.  Januar  bis  2*  MäriC  80),  Die  Lichtentaler  sind  vom  21.  De* 
/cmber  1479  iind  vom  9.  und  21.  Januar  1480.  Man  darf  ex  silentio  argu- 
mentieren, dass  der  Rest  nach  Baden  zu  vcr'^etzen  ist.  Einigemalc  steht 
ttbcigcns  Baden  aitsd  rück  lieb  dabei  (s.  Tabelle),  dann  lag  ein  besonderer  An- 
^B  vor  (£.  Bv  URterschcidung  von  Lichtentaler  Predigten). 


240  Max  Hossfeld. 

10.  Kapitel. 
Bern:  Anfang  März — 20.  April  1480. 

Zum  dritten  Male  hatte  sich  Bern  zu  Gunsten  des 
Vinzenzen  Münster-Baues  vom  Papst  eine  Ablassbulle  ver- 
schafft —  „fiinf  Jahre  aneinander"  erlaubte  sie  der  Stadt 
Romfahrt  zu  lialten  und  Ablass  zu  verkaufen,^)  —  noil 
wiederum  dachte  man  an  den  in  guter  Erinnerung  stehen- 
den Heynlin.  Wie  einst  bei  Eberhard  von  Württemberg, 
nmsste  man  jetzt  bei  Markgraf  Christoi>h  von  Baden  nm 
Urlaub  für  ihn  einkommen.  Ihn  baten  also  die  Bemer. 
ihnen  den  berühmten  Prediger  für  ihre  Romfahrt  zu  über- 
lassen, ^da  sie  ein  sölichen  usleger  des  götlichen  worts 
suchen,  der  die  christglöubigen  zu  ir  seien  fromen  durch 
sin  heilsam  lere  wüss  zu  fürdern."  (Schreibon  vom  7.  Januar 
1480).-) 

„Dem  Erwirdigen  Hochgelerten  Hrn.  Johannsen  vom 
Stein,  Doctoren  der  heiligen  Schrift,  Pfarrern  zu  Marggrafen 
Baden,  unserm  sundorn  lieben  Herrn  und  Fründ"  selber 
schrieb  man,  nachdem  man  ihm  den  Erwerb  und  die  Zeit 
des  neuen  römiaclion  Ablasses  mitgeteilt,    folgendermasseo: 

., Darzu  wir  nu  üwer,  als    unsers  bewärten  fründ. 

und  des  heilsamen  lere  uns  vor  allen  andern  liebt  und  genäm 
ist,  gantz  wol  bodürffon.  Und  ist  also  unser  gar  geflissen- 
lichen  und  ernstig  bitt  an  üwer  ICrwirdig  lieb.  Es  well  Ibr 
gevallen  der  selben  zit,  nämlichen  dem  Sampstag  vor  Mitter- 
vasten  (d.h.  4.  März)  zitlichen  Hie  bi  uns  zusind,  gericht. 
die  sell)en  tag,  und  ob  es  gesin  möcht  daruff  bis  zu  end 
dvv  vasten  lam  2.  April  war  Ostern .,  die  gelich  daran  zu  iis- 
gang  kompt.  uns  und  allen  Frömbden  und  Heimischen  da? 
göttlich  wort  zu  offnen.  Als  Ir  denn  das  vor  ouch  getan 
und  zu  tund  us  gotts  verlicliung  Macht  und  Vernunft  haben." 
An  den  ]\farkgrafen  soi  auch  geschrieben  worden  und  man 
hoffe  nicht  abschlägig  boschieden  zu  werden.  .Wo  Ir 
i»uch  also  konnuen.  wellen  ivir  üch  allein  i)redigen  und  gant: 

')  Schill.  II,  219,  Aiish.  I,   162. 

-)  Diesen  von  Blüsch  noch  nicht  berücksichtigten  Brief  mmcht  Tobler 
in  A.   I   zu  Schill.  II,  220  bekannt.     (Tcalsch  Missiven  D.  650). 


liemants  an  utrern  guten  willen  bi^truben  lassen''  iisw*  Datum 
JanuHrii  H^V) 
Der  Tnii  dieser  Briefe  verrät,   daas  der  Berm^r  Rat  ia 
nner  Hochscliätzung  des  Doktors  um  tiicht»  herabge gange« 
rar.     Dt'r   letzte  Satz   zeigt   sogar   i^in    sehr   wöitgehendes 
ijtgng^nkommen  vor  HeynliuR  Wünsehen.    Es  iiuisg  dieser 
n  lier  Rtrmfahrt  des  .Ijdires  1478,    sei  es  vou    aeitien  pre- 
iigvfndon  Attitsbrüdern,*)   sei  es  von    auderer  Seite,    irgend 
reiche    nnannehinlichkeiteu    erfahren    haben^    die    ihn    die 
Jedingimg  stellen  ]iess«*n,  dass  er  nur  dann  konmjen  würde, 
(renn  ntan  ihn  allein  predigen  Hesse  itnd  dafür  sorgte,  daas 
tu    almliche   Verdrie8t?li(*hki>iten    nicht    wieder    vorkamen. 
der  Tat  lie»isen    sich    die  Berner    hierauf    ein    und    man 
fing  90  weit»  auf  die  Berufung    anderer  Prediger   gansc    zu 
rerzichten,  mn  nur  den  einen   Heynlin  nicht  zu  niisseru 

Heynlin  selbst  erklärte  sich  denn  auch  bereit,  ihrem 
k^fgehren  zu  willfahren,  aber  es  war  wie  1478  wueder  sein 
irstlicher  Herr,  welcher  Schwierigkeiten  machte.  Das  geht 
1»  einem  zweiten  Brief  des  ,. Schul thes  und  Rat  zu  B^^rn*^ 
k«r\%ir,  den  sie  am  9,  Februar  an  den  ^Envirdigen  und 
[ochgelerten  Hrn.  Johannsen  von  Stein,  lerer  der  Heiligen 
chrift'*   richteten, 

,  ♦  .  .  Uewer  schrifften  an   uns  gelangt»**  sn  Hrgmufu 

10  uach  der  üblichen  Gruss*  und  ErgebeTiheitsfonnel,  «haben 

irir  miit  den  Sandtbriefen  nnserea  gnädigen  Herren  Marg- 

^mfen''    verstarnli'u,  und  danken  üch  üwers  gem^igten  guten 

rillens,    mit    beger,    den    in    bekanntlicher    nieynnng    voll- 

itnmmiltch   zu    beglichen^    und    wollten    wol,    ea   were  zti 

begirlichen  willen  e*rscho9sen  (es  w^re  nach  unseren 

uiHx  gegangen),     So  aber  das  nitt.  das  uns  vast  leyd 

(,  so  miig^en  wir  geduldt  und  fürern  betlank  i  Ueberlegung) 

1,  wie  uns  ziniltclie  füröächung  bcjschäch.     Und  wollen 

dejit<*r  minder  nitt    üch  untrer    funler ung    und    »üenst 

jt    mntrvn   irMnüsttMi  ninl  Im  !i.  Iffi^ti     T^ml  In^volrliMn  dnmift 


^t  Die  .iosKelAHtencn  St t Don   eiit halte»    gt:'>chhltlich«    Bemc f kuugeii    imd 
AolaaEi^  und  SchlmsformcJn.     Unvcrkuntcr  Abdruck  U^\  Bio    T^    ''^   ' 

KMüM  «lle«er  Schr«tlion  Ul  vorhaiuJea,     BKi.  T«,  954« 


242  Max  Hossfeld. 

üwer  lieb  dem  Allmächtigen,  der  well  sie  langzit  Salig  und 
gesiindt  behalten.     Datum  IX.  Februarii  1480. '"V) 

Nach  diesen  Worten  scheint  es  iast.  als  verzichtete  der 
Rat  für  den  Augenblick  überhaupt  auf  den  Gedanken. 
Heynlin  auf  der  Romfahrt  bei  sich  zu  sehen.  Indes  so  war 
es  doch  nicht:  Heynlin,  dem  der  Markgraf  doch  noch  ür 
laub  gegeben  haben  muss.  kam  tatsächlich  nach  Bern.  Es 
scheint  sich  daher  nur  um  einen  Abstrich  an  Zeit  von 
Seiten  des  Markgrafen  gehandelt  zu  haben,')  über  den  die 
Bemer  sich  beklagten.  Denn  die  Romfahrt  sollte  nur  vom 
11.  bis  20.  März  dauern,*^  der  Rat  aber  hatte  den  Prediger 
gleich  für  einen  vollen  Monat  begehrt*) 

Tatsächlich  traf  Heynlin  nicht  schon  am  Samstag  den 
4.  März  in  Bern  ein,  wie  der  Rat  gewünscht  hatte,  sondern 
verliess  Baden  erst  am  Donnerstag  den  2.  Und  erst  aDi 
Sonntag  Lätare  begann  er  zu  predigen  (12.  IH).  Der  Chro- 
nist Schilling  fasst  sich  über  die  dritte  Romfahrt  ziemlich 
kurz,  nennt  auch  Heyn  lins  Namen  diesmal  nicht:  „Und  wie 
alle  Sachen  in  den  vordrigen  Romfärten  mit  den  prelaten. 
bichtvättern.  i)redicanten  und  allen  andern  Dingen  bestalt 
wareiit,  also  war  es  ouch  in  diser  Romfart  nach  aller  not- 
durft  vorsocheii.-'^)  Und  Anshelm  begnügt  sich  mit  der 
kurzen  Notiz:  «.  .  .  .  Ablass  lassen  verkünten  und  durch 
den  hochgelerten  Doctor  Johansen  von  Stein  hie  lassen 
predigen. "'"•)  Ihm  schien  Heynlins  Wirksamkeit  auch  dies- 
mal besonderer  Erwähnung  wert.  Da  er  andere  Namen 
nielit  nennt,  und  da  auch  in  den  Rats-Manualen  und  ilis- 
sivenbüchern  keinerlei  auf  die  Berufung  anderer  Prediger 
l>ezü<xliche  Schreiben  sich  finden.")  darf  man  annehmen. 
dass    der  R^it    sein  Versi)rechen    gehalten    und    in    der  Tat 

'i  Abgedruckt  von  Bio.  Ta.   254  5. 

-i  Vgl.  unten  S.   243.  A.  4. 

•')  Sv.'hill.  II,  2  1').     iS.\m>tag  vor  Llitare  bis  Montag  Dach  Judica.) 

•)  Im  ersten   Brief  au  Heynlin,  s.  oben  S.   240. 

h  Schill.  11,  221. 

')  Ansh.  l,   102. 

')  Tobler  in  Schill.  II.  220  Anm.   i. 


HC-      ttr\  IIKQ 


rnltn  2Ti  Geftillen    niemand   andera   als   ihn   die   Kanzel 
prselien  lies».*) 

Ja  so  sehr  gpficl  jot»t    der   Prediger  dem    fronitii    g«^- 

iiiten  Beniür  Kat,  das«  er  sich  erst  gar  nicht  entsckliessen 

{innte,  den  gßK»ie»rt»Mi  Mam»   wieder  ziehen  zu.  lassen.  Man 

;ing  diu  kleine  Eig<*ni!jäd»tigki>it,  Heyniin  fürs  er^te  ein- 

uh  daxubeh»lten,   und   dem   Markgrafen  von  Baden   statt 

^nea    Predigers    einen  Botr^n    mit    einem  Brief   ziirückzu- 

iiek(*u,  iU*T  wogüu  der  Freihuit,  die  man  sich  genonjuieii, 

Entschuldigung  bat»  und  dem  Fürsten  von  neuem  auf 

dringlichste    anhig^    den    Bernern    ihren    hochverehrten 

>hrer  und  Prediger  m»ch  einige  Zeit  zu  lassen.  Per  Brief 

vuni   24.  Mär?,    «hitierf*      (Am    2U    hatte   die   Komfahrt 

idet 

^Heynlin   lialn*  ihuHji  nach  rfoiner  Ankunft  in  Bern  dio 

ftfoble  des  Markgrafen  auseinandergesetzt  umitt  vtarnüntT- 

pni  achin    gelüt«^ret*}.     Darauti   ersäJien    sie    die   gnädige 

ainnnng  des  Markgrafen,   und    sie   dankten    ihm    um  **o 

öbr  dafür,   als  sie  imn  wussten,    wie    viel  Arbeit  Heynlin 

Baih^^n  hätte/*)  nnd  win  schmerzlich  njaii  durt  seine  Ab- 

Manheit  empfinden  mUsst4*;  sie  seien  anch  zu  (iegendiensten 

bm  bereit     rvennoch  wagten  sie    gleich    eine    neue  Bitte, 

jTnd  als  wir  nu  verstau^  denselben  Herrn  Jidiannsen  miit 

licheni  bescheid  nbgelass*«n»  sich  nach  ändung  unsers  Jn- 

lentns  wieder  zu  fUgen*^  (d.  h.  am  20.  nach  Baden  zurück- 

»iüen  ,*J  ^so  well  üwor  füristlicli  gnad  in  warh«^it  glauben, 

ffatttt  rjrmrind  so  tßrosiier  hetjird  lu  Im,   uns  ouch  ein 


')  UeuQ  odctibAT    kmiiti    man    auf  dco  von  Schilling  gcbraachtcn  PiurAl 

iicaBteo**   mi    der    Stelle,    wo   er   stellt,     g,ir  kein    Ocwidit    legen,      E« 

;  Ja  SchiUitig  hier  duröhaas  iiicbt  d:^rnxif  ;in  «u  sageu,  d;i&ft  vou  Präkteo 

it,  wie  von  UeicbtvÄlern  und  auch  von   Pr^dikiuUeD    mehf  ah  tinfv  da* 

ircften  tei,  »oadera  nur  datuuf«  6'.\i^  xi\  jeglicher  Art    vo»  GeistUcheti^    die 

M  n^ih  Hrrn  bcriifen   wurilen«  kctn   Miin^cl   Mar,    d^hfcii  für  Mev<ve,    neichte 

Pretliut  eheoM>  ijut  wie  itt  den  vori|*cM  RomCihrdni  |;esor)*t  igeweieti  fei. 

l'luralfomi  Pr^dikanteo  vird  eitifAtb   durvh    die  vorb^rt^eheodett  Ptunil« 

cti 

X>^tii«  frit^  ^tgitijk  AiiQuomlionU  Marie,  {umu  i|lk^   Blotch  dmckt 

fcÄ  \U  s.  155— J5:* 

">es  S.   T5K, 
^  Vg|l<  9bcB  S  >bige  AnnAhme  wiid  hkt  tl^o  bestitigt 


246  Max  Hossfeld. 

herabgekommen  sei.  Diese  60  sollten*dann  so  lange  gezahlt 
werden,  bis  er  Pfründen  im  Werte  von  160  Gulden  erhalten 
hätte:  Dann  sollten  die  100  Gulden  ^^ganz  ab  sin*":  Korn, 
Wein.  Haus.  Hof  und  Holz  sollte  er  aber  nach  wie  vor 
noch  ausserdem  haben.  ^Und  ist  solich  bestellnng  sin  leb- 
tag  US  angenommen,  und  er  soll  sich  ouch  damf  so  fürder- 
lichst  das  jemer  sin  mag,  herfügen,  handeln  und  tun,  als 
sich  gebürt.^  ^ 

Aus  dem  Anfangs-  und  Schlusssatze  scheint  hervorzu- 
gehen, dass  HejTilin,  mit  dem  man  zweifellos,  und  zwar 
wahrscheinlicli  in  der  Woche  zwischen  den  beiden  Bats- 
Versammlungen,  über  seine  endgiltige  Anstellung  unter- 
liandelt  hatte,  sich  durchaus  geneigt  gezeigt  hatte,  das 
Anerbieten  des  Rates  anzimehmen.  In  der  Tat  bot  die 
Stolle,  die  man  ihm  antrug,  viel  Verlockendes.  Hej-nlin 
wurde  in  Bern  nicht  nur  mit  der  grössten  Achtung  be- 
handelt, ja  fast  verehrt,  er  hatte  auch  bereits  erfahren,  dass 
ihm  der  Rat  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  die  inneren 
Angelegenheiten  der  Stadt  einzuräumen  bereit  war.  Wir 
werden  hierauf  gleich  zurückkommen.  Dazu  gab  man  sich 
die  grössto  Mülie,  ihn  zurückzuhalten  luid  wird  es  an  ein- 
dringlicher  Ueberrodung  nicht  haben  fehlen  lassen.  Man 
versuchte  erst,  ihn  für  längere  Zeit  dazubehalten,  als  sein 
Herr,  der  Markgraf,  ihn  anfänglich  beurlaubt  hatte,  und 
luan  setzte  ihm  jetzt,  um  ihn  zu  dauepodem  Bleiben  zii 
bewogen,  auch  eine  sehr  gute  Besoldung  aus,  die  die  Ein- 
künfte, die  er  in  Baden  hatte,*)  weit  überstieg.  Die  Worte 
„und  er  soll  sich  ouch  daruf  so  fürderlichst  das  jemer  sin 
mag,  lierfügen,  handeln  und  tun  als  sich  gebürt"  setzen 
voraus,  dass  Heynlin  eingeschlagen  hatte,  und  dass  er  nur 
noch  oinuial  nach  Baden  zurück  wollte,  vermutlich  doch 
um  seine  dortigen  Verbindungen  zu  lösen  imd  die  Ueber- 
siedelung  seiner  Habe  iman  mxiss  stets  an  seine  200 — 300 
Biuule  starke  Bibliothek  denken-)  anzuordnen.  So  bald  als 
rs  sein  mochte,  sollte  er  sich  dann  „herfügen'*  und  seine 
n^nio  Stelle  in  Born  antreten. 

')  s.  oben  S.   218  «>. 
*)  s.  Kxkurs  5. 


jöbannes  Heyiilfn  ms  Stein. 


I 

■ 
1 


von  der  dringlichen  Bitte  der  Berner  Herren,  oder  weil  er 
ihiion  Ulis  politischen  Rficksichten  eine  kleine  (Teialligkeit 
erweisen  wolltp,  und  ,,üborUes8  an  Bern  auf  ihr  emsiges 
Anhalten  den  hochgelerten  Johannes  von  Stein,  Dr.  der 
heiligen   Schrift,  seinen  Angoliürigen.'*  ^) 

In  Bern  dachte  man  aber  im  Stillen  schon  viel  weiter. 
Uan  wollte  Heynlin  dauernd  für  die  Stadt  gewinnen,  und 
bot  ihm  daher  die  Stelle  als  Pfarrer  am  Münster  auf  Lebens- 
zeit an.  Schon  am  hohen  Donnerstag  148<J  (es  war  der 
30.  März)  wurde  seine  Anstellung  im  grossen  Rat  m.L  h,  vor 
H&tund  Burgern)  erwogen  und  beschlossen,  ^Item  den  Herrn, 
den  Doktor,  will  man  bestellen  umb  100  Gulden  des  Jahres'*, 
schrieb  Thüring  Fricker  in  da.s  Protokoll  jener  Sitzung.*) 
Und  8  Tage  später  heisst  es  im  Protokoll:^)  ,.Uff  hüt  ist 
OBch  vor  M.  H,  H.  Räten  und  Burgeren,  mit  der  Gloggen 
versampnet,  angebracht  die  bestelhing  Hrn,  Johannsen  vom 
Stein^  Doktoien  der  heiligen  Schrifft,  und  erzellt.  durch 
was  mittel  er  sig  zel>ehalten.  Und  nach  gnindlichem  ver- 
haren  des  alles,  das  zugesagt,  gelüteret  und  angenommen, 
als  hernach  stat: 

Des  ersten,  so  geben  Im  M.  H.  Hus,  Hof  unil  Holtz 
nach  notdurfft  Item  jerlichen  20  mütt  Dinkel  imd  3  vass 
mit  landtwin,  ins  Hus  gewert.  Item  und  derzu  järlichen 
100  Gulden,  nämlichen  all  t'ronvasten  25  Gulden,**  Die  Be- 
soldung sollte  indessen  nur  ©ine  vorläufige  Abfindung  sein. 
An  ihrer  Stelle  sollte  man  Heynlin  mit  Pfründen  versehen 
und  ihm  dabei  nach  und  nach  so  viel  vom  Gehalt  abziehen, 
wie  die  Pfründen  einbringen  würden,  bis  man  auf  BD  Gulden 


*)  Diese  Antwort  Christophs  war  ßlÖscb  uobekauiit  (b.  S,  257).  Scbou 
FetBcherin  (Gesch.  d,  bctuischeu  SchylweseDs  im  Beraer  Tafichenbuch  1853 
S.  54  und  S.  S^r  A.  95)  aber  hat  (nach  dem  iDstraktioueubuch  auf  der  Berner 
Stadtbibliolhek  H.H.  IV  93)  cid  Regest  davon  gegeben.  F.  gibt  als  Datum 
1480,  März  24.  Da  die  Antwort  des  Markgrafen  Dicht  am  selben  Tage  ge- 
«chrict>en  nein  kann^  wie  die  Anfrage  des  Bemcr  Rats,  ist  diese  DalieruDg 
wohl  a1&  eine  Art  JournalDumnicr  aufzufasseu«  die  man  im  Iiistruktiooenbuch 
hinzufügte,  weil  ja  das  Schreiben  Christophs  zu  dem  am  24.  111,  geschriebenen 
Brief  des  Bern  er  Rats  gehörte. 

»)  Bio.  Ta,  257  und  263, 

^  Bio.  Ta.  258.  Das  Datum  (;.  April  1480)  bei  Berchtotd  Haller, 
Bern  in  seinen  Ratsmaaualen,  Teil   i  (1900)  S.  446, 


24S 


hi;kK  Hoii»reld. 


Tag  gesprochen;')  —  dazu  kamen  dann  die  g<;wiss  linuGg 
geptlogenen  Unterredungen  mit  den  leitenden  Männora  dt-r 
Bernor  Regierung  und  den    Mitgliedern    dos    Rates,     Di^^ 

^GrosstattMi-  Hiivnlins  iwio  Blnsch  sich  ausdrückt*  sind  im 
höchsten  Masse  charakteristisch  für  sein©  Sinnesweise  und 
für  die  Auffassung,  die  er  und  der  Berner  Rat  von  dem 
Amt  des  Predigers  hatten,  und  wir  sind  hen^chtigt,  das, 
was  uns  liier  für  Bern  durch  den  genauen  lind  urkundUch 
belegbaren  Bericht  eines  Chronisten  zufällig  so  gut  öber^ 
liefert  ist»  als  typisch  für  Heynlins  Gesimiung  überhanpt 
anzusehen.  Es  sei  daher  gestattet,  zum  Verständnis  de* 
Folgenden  auch  die  breiteren  kulturellen  Grundlagen  in 
Kürze  anzudeuten* 

Es  ist  bekannt,  wie  im  16.  Jahrhundert  die  führend*^ 
Rollet  die  der  Adel  in  den  vergangenen  Zeiten  gespielt 
hatte,  ihm  in  Krieg  und  Frieden  mehr  und  mehr  von  dem 
ernporkonimendeu  Bib'gertnni  streitig  geumcht  M-iirde,  Wi« 
vor  der  Stosskruft  der  fpstgeschlossenon  Laudsknechl^- 
haufen  der  Glanz  der  Ritterheere  in  allen  Teilen  d^ 
Reiches  und  draussen  dah insank,  so  überflügelten  auch  Gi^ 
werbe  und  Handtd  der  Städte  damals  bei  weitem  alk* 
andern  Knverbszweige.  Wirtschaftliche  und  kriegerisfche 
Erfolge  wirkten  so  ztisammen,  um  bei  den  Bürgern  ein  hohes 
Selbstgefühl  und  eine  stet^  gesteigerte  Lebenshaltung  zu 
orzeugen.  Mohr  und  mehr  wurde  anständige  Wohlhabeu- 
heit  zum  verschwenderischen  Lnxus,  das  Selbstbewnisstaein 
zum  Ueberinnt,  und  oft  schlug  die  derbe  Lebenslust 
in  Gewalttat,  Roheit,  Unsittlichkeit.  In  Speise  und  Tra: 
in  Kleidung.  Schmuck  und  Gerät  wurde  eine  Ueppigl 
entfaltet,  die  selbst  einem  Enea  Silvio  auHiel,  und  im  Volke 
schien  die  Ausgelassenheit  bei  Tänzen  und  Spielen,  hei 
Festen  aller  Art  und  besonders  beim  Karneval  ausar 


sein 

I 


•)  Tn  It,  fol,  151  —  161»  daxu  noch  eine  Predigt  am  9.  April  (Pomiia 
ijuaäimodü  in  dedic;iliouc  eccie&ie  ßcrucnsi^)  Pr.  II,  162,  Die  Notix 
ersten  Fredigt  s.  Tabelle.  Soust  fehleu  nähere  Aagabeu.  nur  dftss  citiQ 
,*maiie"  (13,  III.  fol.  15J*)  wnd  jtwcimal  ,,post  mcridicm'*  dabei  steht  <I2.  Ul 
ioL  i$t  und  19»  111.  fol.  »54').  Vom  to. — 20.  April  (Abreise)  sind  kcifi«^ 
Predigten  vorhaodeD.     Im  gaozcu  ulso  2b  Predigten  innerbalb  iH  Tti^en. 


Jolinunes  Hc)'»lin  aus  Stein, 


249 


fllosigkeit  in  Rede  uml  SiHe  völlig  überhand  nehmen 
zu  wollen.') 

Wie  amlorwärts,  so  zoigton  sich  dit'se  Kehrseiten  dos 
buntbewegten  Bildos  ancii  in  der  Schweiz  und  in  Bern. 
Di©  gerade  in  jenen  7üer  Jahren  eintretende,  allzu  plötzr 
iche  Berührung  mit  der  französischen  und  italienischen 
?uais&ancekultur,  der  srhnell  erworbene  Ruhm  und  die 
siehe  Beute  der  Burgundersiege  wirkten  zerstörend  auf  die 
ite  Einfachheit  und  Biederkeit  der  Schweiz^  imd  gerade 
iier.  wo  der  Unisehlag  so  plotzh^-h  war,  zeigte  sich  eine 
urge  Sittenverderbnis. 
■  Aber  so  war  nun  jenes  seltsame  Geschlecht  vom  Aus- 
gange des  Mittelalters:  je  ausgelassener  outn  heute  der  Lust 
die  Zügel  schiessen  Hess,  desto  inbrünstiger  zerknirs(dite 
man  sich  morgen  in  der  Busse.  Stets  war  man  bereit  zum 
Uebergang  von  der  Fastnaclit  zum  Aschermittwoch  und  von 
den  Busstagen  wieder  zum  KarnevaK  Grell  stehen  die 
(Tegensätze  nebeneinander.  Auf  einer  und  derselben  Seite 
*^rzäUlt  Diebold  Schilling  von  „viel  kleinen  jungen  Buben, 
die  in  den  Kriegsläuften  der  Jahre  147<i  und  1477  auch 
gebrannt  und  gesengt  und  Leute  erstochen  hätten,"  unil 
dann  wieder  von  dem  massenhaften  Zusammenströmen  des 
Volkes  zu  jenen  Romfalirten,  auf  denen  maii  Nachlass  für 
die  schwer  empfundene  Sündenlast  zti  erlangen  hoffte,  und 
w*>  man  in  dem  düsteren  und  brennenden  (tofühl  seiner 
Schtild  den  Priestern  in  gewaltiger  Prozession  durch  die 
Gassen  der  Stadt  naclizog.  zum  Zeichen  der  Demiitigimg 
den  Leib  entblössend,  die  Haare  aullösend  und  die  Anne 
in  Kreuzesfonn  ausbreitend,  „bi  viertusent  Personen^  an 
Zahl 

Mochte  aber  bei  dem  gemeinen  Volke  die  Einkehr  und 
die  Erschüttenuig  bald  wieder  vertliegen^  tun  neuen  Lust- 
barkeiten Platz  zu  machen,  bi^i  den  Männern^  denen  seine 
Leitung  anvertraut  war,  zeigte  sich  eine  tiefere  Einsicht  in 
die  Schäden  der  Zrn't   uml  i-in    fest«»r   und    danerndt^r  Wille 


*)  Man  vgl,  die  Abscbnittc  über  Tan /.beide  d,  Bad^tubeti»  iTauetihäöser, 
Über  Spielen,  Trinken  und  Fluchen,  iibet-  Kircbweihp  Fastnacht  usw.  bei 
Alwin  Schnltsc,  Dtsch.  Leben  im  14.  und  1 5.  Jahrhuodert  (grosse  Ausg.  1892, 
S.  5^>— 77.  173— i/^  238—242,  405—426,  488^4<>s  u^w. 


250  Max  Hossfeld. 

dem  Uebel  zu  steuern.  Was  hat  man  in  Bern  nicht  alles 
an  Verboten  und  Anordnungen  erlassen,  um  den  sittenlosen 
Zuständen,  dem  Luxus,  dem  unrechtmässigen  Erwerb  von 
Reichtum,  der  Unzucht,  ja  auch  harmloseren  Volksbelustig- 
ungen und  -brauchen  ein  Ende  zu  machen,  um  das  schuldige 
Volk  wieder  mit  Gott  zu  versöhnen  (Ablässe,  Prozessionen, 
Kreuzfahrten,  öffentliche  Bettage  usw.)  und  es  zur  Ehrfurcht 
vor  der  Religion  und  der  Kirche  anzuhalten,  und  das  bei 
Laien,  wie  bei  Geistlichen;  denn  man  griff  auch  direkt  in 
kirchliche  Verhältnisse  ein,  reformierte  in  den  Klöstern, 
^trieb  die  Priester  zu  geflissenem  Gt)ttsdienst**  und  suchte 
allenthalben  die  faulen  Glieder  der  Ejrche  abzuschneiden 
oder  gute  und  gesunde  Elemente  heranzuziehen,  die  dann 
selber  bessernd  und  heilend  wirken  sollten. 

Unter  den  letzteren  hat  man  vor  allen  an  Heynlin  zu 
denken.  Man  hatte  den  rechtgesinnten  Mann,  um  dessen 
Person  man  sich  wiederholt  so  grosse  Mühe  gegeben  hatte, 
keineswegs  nur  kommen  lassen,  um  mit  ihm  während  der 
Romfahrten  Staat  zu  machen,  oder  nur  um  ihn  etwa  als 
Zugmittel  für  die  Füllung  der  dem  Vinzenzbau  bestimmten 
Ablasstruhe  zu  gebrauchen,  man  hegte  wirklich  dieselben 
ernsten  und  gottesfUrchtigen  Gesinnungen  wie  er.  Für  die 
Berner  Regierung  bedeutete  diese  Berufung  eines  eigenen 
Buss-  und  Fastenpredigers  nur  eine  in  der  Reihe  der  Mass- 
regeln, die  sie  ergriff,  um  der  Vernachlässigung  des  kirch- 
lichen Lebens,  die  vielfach  schon  bis  zum  Verfall  der  äusseren 
Formen  der  gottesdienstlicheu  Ordnungen  ging,  in  ihrer 
Weise  zu  steuern.  Denn  neben  aller  Verrottung  erwachte 
gerade  damals  ein  Bedürfnis  nach  neuer  religiöser  Nahrung. 
Da  aber  die  Kirche  unfähig  zur  Erfüllung  ihrer  neu  er- 
waclisondon  oder  ihrer  alten  Pflichten  war,  half  sich  der 
Bomer  Rat  selber,  und  wie  man  aus  eigenen  Mitteln  mit 
(l(?m  Bau  des  grossen  Münsters  begann,  so  versuchte  die 
(Temoindo  auch  mit  grossen  0[)fern  sich  einen  Prediger  nach 
ilirom  Herzen  aus  der  Forno  zxi  holen. 

Wir  können  nun  an  dieser  Stelle  nicht  im  Einzelnen 
auf  allo  die  Vorgänge  und  auf  alle  die  Massregeln  eingehen, 
die  jene  kirchliclie  Gesinnung  des  bemischen  Rates  und 
s(Mne  kirchliche  Selbsthilfe  —  die  übrigens  noch  keineswegs 


JolLuitics  Heynliu  aus  Stein. 


251 


I 


mit  Opposition  gpgen  die  Kirche  verwechselt  werden  darf 
—  hervortreten  lassen,  um  so  mehr  da  sie  schon  einmal  im 
Zusammenhange  betrachtet  und  gewürdigt  worden  sind. 
BlÖsch  hat  sie  nicht  unrichtig  unter  dem  Namen  der  ,,Vor- 
reformatton  in  Bern^  zusammengefasst.  Wir  müssen  aber 
diese  Verordnungen,  die  sich  in  ihrer  Haiiptmasse  auf  die 
Jahre  1470  bis  1485  zusammendrängen,  also  gerade  auf  die 
Jahre,  innerhalb  deren  auch  Heynlins  dreimal  wiederholte 
Wirksamkeit  in  Bern  fällt,  wenigstens  rasch  überblicken. 
Man  könnte  sie  folgendermassen  anordnen:*) 

1.  Verordnungen  zur  Bestrafung  der  Verstößse  gegen 
die  Vorschriften  der  Moral  und  der  guten  Sitten.  (Sitten- 
polizeiliche  Verordnungen.) 

Dahin  darf  man  rechnen 

Luxusgesetze  und  Kleiderordnungen.  Verbote  von  Spielen, 
Tänzen,  Unzucht,  sowie  von  Volksbehistigungen. 

Verbote  der  TJeberv^orteilung  des  Nächsten  durch  Wucher 
oder  Fürkauf  (d.  h.  Aufkauf  aller  Waren  durch  Einzelne 
zum  Zweck  der  Preissteigerung), 

Verbot  und  Bestrafuog  des  Laste rns  und  Flucbons^  des 
Meineids. 

Heiligung  des  Feiertages. 

2.  Verordnungen j  die  die  Versöhnung  der  schuldigen 
Menschen  mit  Gott  bezwecken.     (Religiöse  Verordnungen.) 

Hierher  gehören  die  grossen  Ablässe  (deren  finanziellen 
Zweck  wir  hier  ausser  Acht  lassen  können).  Es  waren  7 
..ttomfahrten"^  in  den  9  Jahren  von  1476 — 1484! 


<)  Diese  Vcrordotm^CD  <3es  Berner  Rats  (cotliolteu  in  den  Missivenbüchern 
und  besoiiderE  in  deo  Rats-Mannilen)  sind  meines  Wissens  leider  noch  nicht 
im  Zusimnienhaog  vcrofTentlicbt  und  genügend  klassifuiert  worden.  Manches 
liodet  sich  in  den  ,,Aitszügcu  ans  den  Missiveubuchern  der  Stadt  Bctd  von 
t442 — 1556*%  vcröffentHcbt  im  Schweizer.  GeBchichUforschcr  1825  <Bd.  V, 
S.260  fF,)  1827  (Bd,  VI,  283  (T,)  tuid  auch  in  Bd,  VIII,  S.  126  ff,  in  Blüschi 
oft  zitiertem  Aufkatz  über  Heynlici  nnd  in  der  oben  genannten  Arbeit  über 
die  VorreformatioD  in  Bern  (im  Jahrb.  Schweiz,  Gesch.  IX  [1884I  l  —  Id8) 
ferner  in  vielen  Anmerkiiogen  zn  Ansh«  und  SchilL,.  enditch  in  Berchtold 
Halter,  Bern  in  seinen  RatsmaQualeD,  3  Bde.  Bern  1900— 1 902.  Die  im 
Folgenden  aufgenihrteD  Kalegorien  im  einzelnen  zu  belegen^  ist  hier  nn- 
nidglicb,  wir  verweisen  im  allj^emeinen  auf  die  eben  genannten  Werke. 

Btsler  Zeit&chr  f.  Gesch.  und  Altertum,    VII,  2.  17 


252  Max  Hossfcld. 

Fomer  die  häufigen  AnordDiingen  von  öffentlichen  Bet- 
tagen, von  besonderen  Gottesdiensten,  von  Prozessionen, 
^Krüzgängen^,  Heiltnmsfahrten.  Andachtsübnngeu  usw.,  her- 
vorgerufen durch  schwere  Unglückställe,  insbesondere  Wasser- 
flüsse, grosse  Sterben,  Dürre,  Orkane,  Erdbeben,  Teuerungen, 
Pestilenz  und  dergleichen,')  auch  wohl  durch  einen  Kirchen- 
frevel, wie  im  Jahre  14(>4  (siehe  Schill.  I,  45).  Alle  jene 
Naturvorgänge  wurden  als  Strafen  des  über  die  Sünden  der 
Menschen  erzürnten  Gottes  aufgefasst,  und  durch  ausser- 
gewöhnliche  und  massenhafte  Frömmigkeitsbezeugungen 
suchte  man  seinen  Zorn  abzuwenden  und  ihn  zu  versöhnen. 
(Als  Iljustration  nur  jene  Verordnung,  wonach  in  der  be- 
suchtesten Messe  alles  Volk,  was  in  der  Kirche  war,  dazu 
die  Priester,  unter  dem  feierlichen  Geläut  aller  Glocken 
^mit  zertanen  Armen  in  krüzeswys  und  die  frowen  mit  nf- 
gehopten  Händen'^  fünf  Paternoster  und  fünf  Avemaria  beten 
sollten.) 

3.  Verfügungen  die  Ordnung  der  Kirche  betreffend. 
(Kirchenreformatorische  Verordnungen.)     So  z.  B.: 

Reformationsvorsuche  in  Klöstern  (Interlaken  und 
andere).^ 

,, Strenge  Mandat,  die  Priesterschaft  zu  reformieren  und 
zu  goflissnem  (xottsdienst  zu  tribeu'^  (so  drückt  sich  Ansh. 
aus  r.  117,  vgl.  auch  Hallor  T.  49)  und  Berufungen  aus- 
wärtiger Geist! iclier.  unter  denen  die  Chronisten  HejTilin 
am  meisten  hervorheben. 

Zwar  ist  man  versm.'ht,  wenn  man  die  Menge  dieser 
Erlasse  und  Verbote  überblickt,  mit  Valerius  Anshelm  der 
Mr'inung  zu  sein:  Wenig  gebot  zeigt  an  ein  guts  .  .  .  re- 
gimont.  Dan  vil  gebieten,  und  die  gebot  nit  halten,  stärkt 
die  vile  der  lastren,  mehret  die  unghorsame  der  undertanen 
und  g(»bürt  Vorachtung  der  oberkeit;^)  indes  wird  Niemand 


*)  Die  sich  in  deu  Jahren  1477 — 1482  häuften,  s.  SchiH.  IT,  193,  105, 
2.U  f.  243,   245,  249,  271,  272,  Ansh.  I,   167,   188,  222. 

''^)  Man  vgl.  Ansh.  I,  225,  wo  von  der  Vertreibung  der  „Aebtinncn" 
von  Trüb  (Bcnediktiuerabtei)  und  (xottstatt  (Prämonstratenserabtei),  der 
,,Pr(')bstinuen"  von  Wangen  und  Buchsen  „und  etlich  ander  scharolich  kilch- 
hcrrinen**  die  Rede  ist. 

8)  Ansh.  I,   187. 


Jöh.m»e»  Hf^yttlhi  nus  SUui« 


!5:> 


gut«*ti   Willi?»  und  den  ornHt.eii  Sinu  verkiiiuieti,  dor  tu 

M&nnorn  löbto.  di^  jene  Verfügungen  ausgehen  Hessen. 

So  sah   dio  Umgebung   aus^    in  die  J.  Heynlin    mitten 

^iioingi*.^t.fdlt    und    in  der  er  als  Buss-  und  Fa^tenpredigor 

wirken  berufen  war.     Es   ist  nun  von  vornherein   nicht 

i wahrschein  lieh,   das«  ein  Mann  von   seiner  Energie   hier 

^chr    nur   Eimlrücke    empfangen    und    sich    li-iten    lassen, 

jilero  das?;  er  selbst  einen  starken  Einlluss  ausüben  würde. 

ad  wo  war  es  in  der  Tat, 

Wenig  erbaute  m  den   frommen  ÄCaniL    »iü.-.-.  das  Volk, 

tieh  nicht  /.ufrieden  mit  den  Karnevalspossen  *  seine  Tanxe 

LuÄtbarkeiten  ancli^über  die  Faiitnaclit  hinaus  auf  den 

itiwoeh  und  überhaupt  auf  dit?  ganze  Zeit  der  grossen 

-    justlehnte,     E^azu    kam    nun    in    Bern  noch  ein  be- 

Ruderer  Brauch.     \'on    altera    her    hatten    in    dieser  Stiidt 

Wablen  in  den  (Irossen  Bat,    d.  h.  die  Selbstergänzung 

^p    »ruiveninen    Behörde,    am  Griindonnei^stag*    am    Osler* 

loiitag  dann  ihr  feierlicher  Aufzuge   und   am  Dienstag  di<j 

Tahl  der  verscliiedenen  Amtleute  stattgefunden:  und    m\- 

?ntHeh  der  Ostermontag  war  nieht  Idoss  «jin  gewöhnlieUer 

cuttaig,    sond»*ni    ein    grosses   patriotisches  Volksfest,    ^der 

Ig  der  Begenteu  durcli  die  Stadt  ein  jährlicher  friedlicher 

ritiniplijsug  stolzer  Sell>stbeunindening  einer  freien  Bürgor- 

ft."  V)     Aber  es  blieb  niclit    bei   der  Bewunderung:    wie 

Inn  Volksfesten  zw  gehrn  pHegt^   spieU^n  bald  allerhand 

lerze»  lustige  Sitten  und  vor  allem   ein  guter  Tmnk  die 

lle.     Ja  die  Herren  WähU^r  und    Gewählten   selber 

1   in  einer  der  F»'Jitlicbkeit  de^s  Tagvs   dtirchaus    an- 

letiseDen  Weise  dem  Weinknig  zugesprochen  zn  haben. 

^18  alb-s  empörte   den   Prediger,    und    nicht    mit    Unrecht 

ihm  er  Anstoss  an  dieser  Missachtung  der  Heiligkeit  iler 

sions-  lind  Ostertage.     Er  redete  dem  Rat  ins  (tewissen 

ul  brachte    ihn    auch    wirklich    xu    Beschlüssen,    die    der 

ironi«!  Anshelm  in  folgemlrn  Wr^rton  iMTichtrt:'') 

^iii    der  vosten    et b eher    missbrüchen    absteilung,    und 
tiiimiig  der  lugen  zw  besetzung  des  reginien(s.    von  alten 


•;   IMlu  1a.  203. 

*f  Aask,  1,  it»4'-J(tv 


— --    - *. 

LXXX.  Ri:l  --i  3- 


Johannes  Hcynlin  aus  Steht. 


255 


t 

I 
I 
I 


Von  der  Grossen  iiud  kleinen  Rats  und  önipteren  wegen, 
die  fürwert  hin  zu  besetzen  den  Grossen  Rat  zum  Donnstag 
ach  dem  Heiligen  Ostertag  tind  das  alles  beschliessen  Mentag 
d  Zinstag  nach  dem  Sunntag  quasimodogeniti. 

It^ni  das  man  ouch  allweg  nüchtern  Har  in  gang,  und 
•das  In  satÄiing  wiss  gestellt.  Und  Mentag  mässen  gehört 
werden,  und  das  man  darnach  Har  Ingang.  Und  soll  man 
xnh  der  grossen  glocken  lüten. 

Die  für  soll  man  ab  dem  Kilch-Hof  tun. 

Item  den  Herren,  den  Doktory  wil  man  bestellen  umb 
Hundert  gülden  des  Jars.^  ^) 

He^^nlin  begnügte  sich  also  nicht  mit  Versicherimgen 
oder  Verordnungen  dailiberj  dass  künftighin  an  den  Wahl- 
tagen mit  Ernst  und  Ehrbarkeit  zu  Werke  gegangen  werden 
sollte,  sondern  er  wusato  es  durchzusotzen,  dass  der  ganze 
politische  Akt  um  eine  AVoche  hinausgeschoben  wurde  und 
omit  die  Passionswoche  und  tlie  Osfcertage  von  weltlichen 
Geschäften  befreit  wurden.  Es  war  gewiss  etwas  Ungewöhn- 
liches, dass  man  einem  Moralprediger  zu  Liebe  einen  von 
alters  her  bestehenden  Brauch  umstiess^  der  doch  den 
wichtigsten  innerpolitischeu  Akt  des  Staatswesens  betraf. 
Manchen  mag  der  strenge  Sittenrichter  damit  auch  vor  den 
Kopf  gestossen  haben,  und  der  Chronist  Anshehn  selber  ist 
der  erste,  der  Heynlin  deswegen  tadelt.  „Mit  weiser  Ab* 
sieht  hätten  die  Aelteren  die  Besetzung  des  Regiments,  als 
das  fümehmest  und  not  wendigest  Stück,  Stadt  und  Land 
zu  erhalten,  auf  die  Zeit  verleg^,  da  männiglichs  Fromkeit, 
Gewissen,  (Tlaul>  und  Lieb  durch  ängstige  Beicht  und  er- 
schrecklich Sakrament  am  höchsten  ersucht  ward.^  Und 
mit  Recht  hätten  sie  nach  Christus  Lehre  und  Tat,')  ,,deni 
Feiertag    die    liebi    gmeiner    not    vorgehalten.^'^)       Gerade 


*)  Durch  die  Art,  wie  Heyiiliii*^  Anstellung  hier  zusammeu  mit  den  vor- 
geaüunteii  Beschliisseti  berichtet  wird,  scheint  auch  der  Schreiber  des  Proto- 
kolU  auf  dea  ursächlichen  ZusammeuhrLUg  zwischeu  ihuen  und  der  Person  des 
Doktors  deuten  zu  woUcu,  den  AüshcUii  oben  mit  klaren  Worten  ausspricht- 

*)  Ansh.  denkt  offenbar  an  die  Zurückwdsiuig  der  Pharisäer  wegen  der 
EntheiUgiiDg  des  Sabbats. 

*)  Ansli^  I^   1^4/S  i^^^  oben  ausgelassene  Satz). 


256  Max  Hossfcld. 

solcher  AViderspruch  gegen  den  übertrieben  frommen  Eifer 
des  Predigers  lässt  aber  erkennen,  wie  sehr  die  Mehrzahl 
des  Rates  diesem  Kecht  gab,  und  Anshelms  etwas  spöttisches 
AVort  ^nach  hochgeachteter  Lehre  ihres  hochgeachteten 
Prädikanten"  zeigt  nur,  wie  bereitwillig  man  sich  von 
Heynlin  bevormunden  liess. 

So  waren  nun  die  Wahlen  mit  den  sich  daran  hängen- 
den Festlichkeiten  und  Lustbarkeiten  um  8  Tage  von  den 
Ostertagen  abgerückt  worden.  Aber  Heynlin  war  es  noch 
nicht  genug  daran,  die  Heiligung  der  höchsten  kirchlichen 
Festzeit  erreicht  zu  haben,  er  wollte  auch  den  weltlichen 
Geschäften  eine  neue  kirchliche  Weihe  geben,  die  sie  bis 
dahin  nicht  gehabt  hatten.  Deswegen  erst  die  Bestimmung 
^alwegen  nüchtern"  (und  zwar  „in  Satzung  wis  gestelh*", 
also  sehr  eindringlich),  und  die  Wahl  der  Tagesstunde  (^nach 
dem  Gottesdienst)  und  deswegen  besonders  die  Anhömng 
einer  gemeinsamen  ausserordentlichen  Messe,  „dabi  all  bürger 
sollten  erschinen,"  und  das  feierliche  Geläute  der  grossen 
(Tlocke. 

Vielleicht  noch  tiefer  als  diese  Veränderungen  der  Wahl- 
handlungen schnitten  die  anderen,  von  Anshelm  gleichfalls 
Heynlins  Betreiben  zugeschriebenen  Bestimmungen  in  die 
alten  Gewohnheiten  und  Bräuche  des  Volkes  ein.  Es  lässt 
sich  leider  Genaueres  über  die  gerügten  Sitten  des  Werfens 
der  Jungfrauen  in  die  Bach,  der  Metzger  unsinnig  Um- 
laufen usw.  nicht  mehr  angeben,  man  kann  also  den  Gra<i 
der  Ausgelassenheit  auf  der  einen  oder  den  Grad  des  Ri- 
gorismus auf  der  andern  Seite  nicht  recht  abschätzen.  Be- 
merkenswert ist  dabei  aber  eins,  nämlich  dass  Mandate  gegen 
solche  Fastnachtsbräuclie  und  Volkssitten  sich  vor  Hejmlins 
Auftreten  in  Bern  in  den  Ratsbüchern  der  Stadt^)  nirgends 
finden,  während  Verordnungen  gegen  üppige  oder  schamlos»* 
Kleidung,  gegen  Spielen,  Fluchen,  Falschschwören  und 
andere  Missbräuche  schon  vor  1470  mehrfach  begegnen. 
Es  ist  also  wohl  diese  Anschauung  von  der  Ungehörigkeit 
solcher  Volksbelustigungen ,    die    sich    dann    im    folgenden 


*)  Soweit  sie  bis  jetzt  veröftentlicht  sind  (s.  oben  S.  251,  A.  i). 


Johauiics  Hcynlin  n^^^  st-n 


lühne^tint  dnfch  wiederholt*^  Verbote  vou  neuem  kundgibt,*) 
ffBt  durch  Hiivnlin  eiugoführt  worden. 

Etwas  nmrh  nicht  Vurgekomnienes  scheinen  auch  zwei 

Uofehler^  die  öich  g*?gen  Störer  des  Gottesdienstes  wenden, 

11  liedenten.     Datiert  aus  den  Tagen,  in  denen  Heynlin  im 

*nier  Münster  iiretligte,    weisen    sie   auch  auf  ihn  als  Ur- 

»ber.    Der  eine  ist  die  oben    im    RatHprotokoU   erwälmte 

timniung,  ^diö  für  soll  mim  ah  dem  Kih4ihof  tun,^  der 

lere,  vom  Tage  vorher  i*2*J.  März  14&Ji   lautet:     ^I>as  in 

1er  Predye  niemand  uff  dem  kilchhoff  stand,  by  pfandung 

^inesi  pl,  (aphart)  und  sollen  die  weibell  daniff  achten,  dea- 

Slichim  zur  Zit  des  fronampts."*)     Was   iinter   den  Feuern 

verstehen    sei,    ob    Fastnachtfeuer,    wie   sie  hier  und  da 

noch  jetxt  gebranehlicli  sind,  oder  aber  besondere  Freuden- 

^etlrr,    die   am  Ostermontag   nngeznndet    wanlen^    ist    nicht 

inz  klar.   Soviel  ist  gewiss,  dass  Heynlin  durch  den  Lärm 

dorn  Kilchliof,  d,  Ji.  auf  dem  Platze   vor   dem    Münster 

Kder  heutigen  Plattform *J    die  Andacht   seiner  Zuhörer   be- 

Imht  sah  und  in  seiner  Prixligt  gestört  wurde,  und  es  soll 

nur    im   Vorbeigehen    auch    an    diesen    Beispielen    gezeigt 

v«Ttien,  wie  willig  der  Rat  seinon  Worten    sein    Ohr    lieh, 

lud  wie  sehneil  er  mir  Erlassen    bei    der  Hand  war,  wenn 

eyniin  klagte. 

Mit  einer  gewissen  Einschränkung  (denn  Blösch  nahm 
uych  einen  mehrjährigen  Aufenthalt  He>ndin9  in  Bern  an)/) 
t'eiJen  wir  daher  dessen  zusammeniusscncien  Worten  zu- 
imen:  „Wir  sind  wohl  zw  dem  Schlüsse  berechtigt,  doss 
ier  strenge  Sittenprediger  wälirend  der  kurzen  Zeit  seinea 
NÖhtdicheii  Einflnss  ausgeübt  und  nicht 
ü  habe,  den  Sinn  für  ernstsittliche  Ge- 


^)  ^C^  besostler«  «liü  Aus$<'lirt;it>eii  vnm  f>.  Mai  14^1  „in  stell,  tünder 
k»4  Uii4jc«rjchl/*  d^  drni  „Mutwillen  UD<i  L^nori)iniitj{''  auf  Volkkfestenf  be- 
'•iHcti,  ,«niif  spil,  tÄiitxen^  scbiesscn«  kegeJn,  ItÄrteii»  iKifien 
,  hhit  und  et  wart  Todslo^cu,  auch  audcrcr  »olicher  Sachet}** 
id^rcn  wiiL  lAbgcdiuckt  Bio.  Ja,  46,)  Vgl  ferner  IUI  1er  U»  ^\2h  (aua  den 
reu  »483  Wöd  1485)  llallcr  U(,  uS  ,14*,,  \u^h  T  iS^t  ^Tir  1  ^HO  Rio, 
$1  tßitf  148;)  ö«w. 
n  tUÜer  1,  s.^. 

t>  Vgl.  Eikurt  4. 


2.58  Max  Hosslcld. 

staltang  des  Volkslebens,  der  den  Rat  zu  seiner  Bemfnng 
be^i'og,  in  weiteren  Kreisen  der  Einwohner  von  Bern  zu 
kräftigen,  und  dass  vielleicht  ein  guter  Teil  der  sittenpoli- 
zeilichen Reformversuche  jener  Zeit  gerade  auf  seine  An- 
regung zurückzuführen  sei,-'» 

He\Tilin  konnte  sich  noch  eines  weiteren  Erfolges  seiner 
Ermahnungen  rühmen.  Wie  in  den  kirchlichen  Verhältnissen, 
so  war  auch  im  Schulwesen  in  Bern  lange  nicht  alles  so,  wie 
es  sein  sollte.  Zwar  bestand  eine  Schule,  aber  der  Unter- 
richt befand  sich  in  ziemlich  verwahrlostem  Zustande,  und 
vor  allem  mangelte  es  an  einem  geeigneten  Grebände,  der 
ersten  Vorbedingung  für  eine  gedeihliche  Unterweisung  der 
Jugend.*)  Einem  Mitbegründer  einer  Universität  und  einem 
Manne,  der  lange  Jahre  seines  Ijebens  selbst  Lehrer  gewesen 
war,  musste  das  ein  schmerzlicher  Anblick  sein.  Der  Bat 
schenkte  auch  diesmal  wieder  Heynlins  Vorstellungen  (Je- 
hör.  Valerius  Anshelm,  der  25  Jahre  später  selbst  Schul- 
meister von  Bern  wurde*)  und  daher  genau  Bescheid  wissen 
konnte,  hat  darüber  folgenden  Bericht,^)  dessen  schneidig 
antithetischer  Form  man  noch  die  zornige  Beredsamkeit 
des  Predigers  anhört: 

..Statlicher  buw  und  erlich  versehung  der  zuchtschul. 
Ttem,  t(ss  anwisung  des  hochgelerten  doctors,  Johansen  von 
Stein,  irs  präd kanten,  der  do  bereit,  man  hätti  zu  iebiing 
lastor  und  zu  verfierung  der  Jugend,  ein  hüpschfrowenhiis^ 
buwen,  aber  zu  iebung  der  zucht  und  zur  1er  der  Jugend, 
daniss  oiner  stat  er  waclist,  noch  kein  schul  gemacht,  hat 
ein  ersam  stat  Born  ein  wonsame  schul  nuw  ufgericht  und  zu 
Schulmeister  besteh  den  wolgelerten  arzet  doctor  Niclausen 


M  Bio.  Ja.   54- 

'^)  Schon  I4^>8  war  das  alte  Schulhaus  abgebrocheD  worden,  und  während 
fl<;r  Zeit  der  Burgunderkriege  bis  1481  wurde  die  Schule  in  einem  PriTat- 
^cbäude  in  der  Junkerngasse  notdürftig  untergebracht.  (Fluri,  Ad.  Die 
hcrnischc  Stadtschule,  im  Berner  Taschenbuch   1894,  S.  83/84.) 

*)  S.  oben  S.   186. 

*)  Ansh.  I,   190. 

*)  Es  war  1473  gebaut  worden  (Fluri,  a.a.O.  S.  84  Anmerkung  2)  und 

leynlin   schon  auf  seinen   ersten  beiden  Bemer  Anfenthalten  ein  Dorn 

ge  gewesen  sein. 


Jn!innn''H  llevT^llTi   ru«^  St'- 


^50 


Da   (lio   ADstellung  Widenboscbs    in  den   ttat^büclii^rn 

%ui  hX  Jnni  1481  vermerkt  ist^*)  darf  man  uixaebmoii,  diiss 

LaiiiV'  dejä  zwischeu  He>Tilms  Auftrf»teii  und  Wideüboschs 

Prüfung  liegenden  Jahres  der  Schiilbau  in  Angriff  genommen 

le.     Denn  es  handelte  sich,  wie  aus  Anshehns  Worten 

Jcin  noch  nicht  hervorgeht,  nicht  etwa  um  die  Giiindung 

aer  neu»>n  Schule,  sondern   lediglicli  um   die  Neueinrich- 

Bg   der  alten  Berner  Stadtschule,*)  welche  in  jenen  im- 

7()er  •Jahren,  nachdem  1468  das  alte  Schulhnus  ab- 

Lü  war,  »Qwohl   an   einem  geeigneten  (iebaude  wie 

einem  tüchtigen  Schnlmeister  Mangel  litt,   und  darliber 

imd  mwhr  vernachlässigt  wurde.    Wie  Fliiri  nachge- 


^1  Auf  ADfibeliTii  Worten  köatile  niao  schliessen,   doss  micli  die  Wmhl 

chs  M^s  Auwistjtig'*  Hryolim  erfolgt  sei«     Diis  iftt  nicht  uumogHcb. 

«tudicrtc  mmdc&tCDs  von   1456 — 1461   in  Pans^   also  gleiclueitig 

IfeytiUii  M45^  bacc.,  143«)  Uceot  art,  1461  Februar  und  Mir*  Prokurator 

deutscbeo  Nation.  Anct.  U,  9t  t,  *)2$,  «IJJ.)     145«)    kam   er  nacbwetiHcb 

Heytilin    in    Bcrabrung;   Heyulio  wir   damciU    Rezeptor    der    dcuttcbrn 

ioü  und  Widcnbosch  hcjiaUUe  ihm  als  sokbcm  seine  Kxamcnsgebijbren.  — 

Wintcr&cmc^tcr    147*  war  Wklciibosib    an   der    lJniver«ilät  ßa^el,    wo  ja 

(rb  Hrynltn  »UmiiU  ahh  tKfaod.    (Flun»  a.z,  O.  S.  S9I,    Im  übrigeD  s.  Fluri, 

8S^ — 91»  »^cb  Fcisrberin  im  Bern.  Tascbcnbucb  lt^S.\*  ^*  5^  '^• 

•)  Ralt-Manttal    32.   S.   141.     (Fetstherin   S,  H3*    A.  96)   An&b.  t,  im 
^triebt  der   tj.  Juoi.  aber  Fetscbcrin  i^ibt  uocb  ao,   dans  es  der  Pting!»!- 
irrscii  sei»  dieser  war   14K1   am   tu.  Jimi. 

^  Elfteres  ist  bäufig  btbauptet  uordcti,     WeidJiog  (Ur^acbcn  und  Vcr- 

'  der  Bemcr  ICircbenreform,  ira  Arcbi%'  bist.  Vcr.  Kt.  Bern  IX,   i.   18,-6, 

si}  tdueibf,  das»  Heynliti  «xu  Bern  die  Grü&dutig  eber  von  der  Kirche 

'  Lterar&chuie  durchüusetreo   fj^ewut^it   babe*^,    ood    siebt    darin 

des   hl  »her  eil   Untcrrüht!»  v*m    der  Kirche."      Wie  Fluri  ßc* 

bit.    cirvund   die:    L*ii;4bbIiO|*«gkctt   der    Schule  von    der  Kirche  in  Bern 

1  aUviia   Atifuati  an,     fFliiri  I,  t%  S*  Ri,  74,  <»8,  <>(>,  65,  56,  54  und  öfter). 

mer  Oppo«^lioii  geg«ii   die  Kinbe«    die  W.  bei   Heynlln  vc>rauk&elft, 

bei  dH«em   nicht  die   Rede  sein.    Job.  v.  Miiller  (Gesch.    d.  SchweU» 

pr  Am$,  1S17.  VU  t^n)  und  vor  ihm  schon  Grüner,  Delic,  Urbj%  Her* 

fS    tt^Ü\  und   Hotttnger,    Hehc!.    Kucbcngcicb.  (S.  47i'i)  tntsiverstcbfn 

dm  dabiii,  dofü  Heinlln  jeites  HurcnUuus  in  ein  Schulbank  verwandelt 

^->  So  feru   MeyiiÜA  daa   Fraitenbaui   beseUigt  hätte  Iman  vergleiche 

**•'*-      t.  ß.  Pf.  It,  ftL  ho  gelanu  ihm  dai  doch  nicht:  erst   in  der 

!  (lyO  bcwblo^ii  der  Hat  „das  Frowenbatt^  licscblies^en  ucd 

fueu  bitiMtfWkiiüi*  (Fliui  84   A.    :k 


26o  Max  Hossfeld. 

wiesen  hat,  bestand  in  Bern  sclion  seit  dem  13.  Jahrhundert 
eine  städtische,  von  der  Kirche  nicht  abhangige  Schule, 
welche  seither  —  in  ihrem  bescheidenen  Rahmen  —  ud- 
unterbrochen  geblüht  hatte.  Von  einer  Neugrundung  kann 
also  die  Rede  nicht  sein,  sondern  nur  von  einer  Reform. 
Aber  auch  diese  Reform  ist  doch  nur  in  sehr  beschränktem 
Masse  als  eine  prinzipielle  Neuerung  im  Schulwesen  Berns 
aufzufassen.  Wenn  man  wenigstens  nach  dem  Eid  des 
Schulmeisters  schliessen  darf,  in  dem  nur  Lesen  und  Singen 
namentlich  aufgeführt  wurden,  waren  die  Unterrichtsgegen- 
stände  nach  1481  keine  anderen,  als  die  man  vorher  auch 
schon  gelehrt  hatte.  Nun  geht  zwar  schon  aus  der  Dürftig- 
keit des  in  jenem  althergebrachten  Eid  genannten  Inventars 
von  Lehrfächern  hervor,  dass  diese  nicht  die  einzigen  ge- 
wesen sein  können.  Wozu  hätte  man  sich  einen  studierten 
Mann,  der  die  berühmten  Universitäten  Paris  und  Basel 
besucht  hatte,  kommen  lassen  und  ihn  bedeutend  höher 
besoldet  als  selbst  viele  Universitätslehrer  der  Artisten- 
fakultät damals  bezahlt  wurden J)  wenn  man  von  ihm  nur 
Unterricht  in  den  Künsten  des  Lesens  und  Singens  ver- 
langt hätte!  Der  Name  ..Latin schule",  den  im  15.*^  un«! 
16.  Jahrlmndort  die  bernischo  Stadtschule  führte,  beweist, 
dass  mindestens  doch  die  Elemente  der  höheren  Bildung 
an  ihr  gelehrt  wurden,  imd  in  der  Folgezeit  kann  die  Schale 
sogar  eine  Reihe  von  Männern  aufweisen,  die  in  der  <ie- 
schichto  des  Humanismus  und  der  Reformation  eine  be- 
deutende Rolle  gespielt  haben :  ein  Jahrzehnt  nach  ilin^r 
Wiedorhorstellung  durch  Heynlin  lehrte  an  ihr  Heinrich 
Lupulus  (Wöltli),  der  verdiente  Humanist,  der  durch  seinen 
Ruf  die  ihm  anvertraute  Stadtschule  in  kurzem  zu  so  grossem 
Ansehen  brachte,  dass  die  Zahl  der  fremden  Schüler  bis  auf 
IW  stieg,  unter  ihnen  kein  (Geringerer  als  Ulrich  Zwingli. 
1505 — 15Ö9  war  dann  unser  freigesinnter  Chronist  Valerius 


»)  WideDbosch  erhielt  40  Gulden  und  einen  Rock  und  durfte  ausser- 
dem seine  Arzneikunst  ausüben  und  bei  seiner  Pfründe  bleib«!.  (Feticherio. 
(Tcsch.  beru.  Schulwesen  1853,  S.  S3  "nd  ^4)-  In  Tübingen  bekamen  (14^»' 
die  Professoren  der  Artistenfakultät  25,  in  Basel  80  Gulden.  (Pmnlsen  in 
Sybels  Ztschr.  45,  435). 

-)  Nach  Fluri  wurde  auch  schon  vor  1481  etwas  Latein  geidirt. 


loli.innrfe  Hcvntiu   au's  Stein. 

:itt'r  UTMi  i5iu-15'i<J  Michael  Hn'  ':~~ni} 

Myconins  zu  den  litterarischen  Zierden  H»  itlt» 

[ifl   der  den  nacbmaligeD  Reforiaator  Bercbtotd  Haller  nH 

iM^hilfen'  hrttta     Erst  im  Jahre  1581  wnnle  «die  »Itp  Latin- 

ittle''  d.  h.  da8  auf  Heynlius  Anregung  erbaute  Scbulhaus 

verlassen,   um    159ii   den  Knaben    der   denfsehen    ^Lehren* 

i^ingerüiimt  za  werden.   — 'i 

Diese  spfttere  Blüte  kann  man  Heynlin  nicht  mehr  als 
r^erdienM  anrechneu,  iniDierhin  war  er  e«  aber,  der  die  gL*- 
tnden  VarbedingtingeD   dafür  schuf:  eine  wohnliclie  neue 
chule,    welche   das   erste  öffentliche   Primarsehulhaus  der 
it  war»')  und  einen  ^tngentsamen,  nissigen  Schnlmeister**) 
Hier  wie  in  anderen  Dingen  hatte  er  der  Berner  Re- 
gierung das  Gewissen  geweckt   sie  zum  Handeln  bewogen 
itirl  ihr  die  Wege  gewiesen. 

Das  AufhliiJien  der  Schule  war  nicht  die  einsige  siclit- 

Ire  Fnicht  von   Heyulius  Wirksamkeit   in   Bern.     Wenn 

biau  Biu^ch  folgern  will,    su   hatten   auch    seine  anderen  re- 

pmierischen  Versuche  einen  bleibenden  Erfolg*   ^Wirwertlen 

lern    Manne  unsere  Bewundeniug  nicht   versagen  können, 

ireibt  er,*)  dem  es  gelungen  ist.   durch  die  Macht  seines 

Tortes  den  Ausgelassenheiren  des  Fastnachtsjubels  auf  ein- 

iial  und  für  immer  ein  Ende  zu  machen,  bei  einem  Volke^ 

alten  Bräuchen  gegenüber  sonst  die  moralische  Kririk 

fizlich  zu  vergessen  pflegt,  und  das  für  religiöse  Er- 

..  .ligund  plötzliche  Ent^schUisse  nie  viel  Empfänglichkeit 

[ezeigt  !iat,*^     Wenigstens  für  die  Wahlen  des  Rates  nach 

len  auf  Heynlins  Betreiben  angenommenen  Satzungen  lasst 

rieh  nachweisen,  dass  die  neue  Ordnung  furtdauerte.     Ans- 

kelm    eraählt   xum  Jahre    1481   ausdrücklich,    dasö    die,Be* 

»iznng  def»  Regiment^}  ^nach  nüelist  verlaufena  jar»  gemachter 

KUng*  eilie  Woche  später  vorgenommen  worden  sei.*) 


*\  Fluri  U  e.  97  ff, 

8>  So  netitit    Fliiri    ^das   Scbulgebäude,  welches   ^c'me   Errichlui»|;  »lein 
Tukittiieu   Dr.  JobAnn  «umi  Stein  vcrd«n1ll.*    —    Es  stiuid  an   der   Herrea- 
imd  !£i«t  fiidi  in  bercitiehen  Akten  tuehrCtt'h  nachweis«».     Fhin  ^4/95. 
>)  So  urriiu  ihn  AiiAb.  t,  190. 
*)  Bio*  T».  2*14. 


2^M  Max  Hossfeld. 

An3helm\.  schliesst  seine  ^tteilungen  über  Heynlin.  ob- 
wohl er,  wie  gezeigt,  den  Doktor  bisweilen  etwas  zu  rigoros 
fand,  mit  den  anerkennenden  Worten,  die  den  Schlosstein 
zu  seiner  Wirksamkeit  in  Bern  bilden  mögen: 

.Ein  rechtgschafner  prädicant  in  einer  ganzen  gmeind 
und  ein  vertruwter  schriber  im  rat  mögen  vil  guter  an- 
wisung  tun  zu  einer  stat  er  und  nüz  firdrung.  Wie  onch 
dor  zit  obgemelter  prädicant,  und  mit  im  der  wolvertrüwt 
(loctor  Thüring,  statscliriber,  als  statlicher  6r  und  herlikeit 
verständig  und  gneigt,  on  zwifel  emsig  hond  getan. 

Ein  wiser,  gerechter  amptmann,  ein  gelerter,  gots- 
förchtiger  kilchherr,  ein  tugentsamer,  flissiger  Schulmeister, 
ein  erfamer,  frommer  arzet,  sind,  als  alle  wisen  zügend, 
fier  sül  einei  ieden  zu  Hb  und  s^l  wolbesetzten  stat.'^ 

11.  Kapitel. 
Baden-Baden:  1480-- 1484. 

Nach  seiner  Rückkehr  nach  Baden  (22.  Mai  14SU)  fiel 
Heynlin  in  eine  Krankheit,  die  ihn  drei  Wochen  lang 
hinderte,  sich  seinen  Aratsgeschäften  zu  widmen.  Dann 
predigte  er  eine  Zeit  lang,-)  kränkelte  aber  wieder  und 
sttjUto  von  neuem  seine  Tätigkeit  ein.  Wiederhergestellt 
trat  er  eine»  dreiwöchentliche  Reise  nach  Basel  an,  kehrte 
am  11.  August  zurück,  scheint  aber  auch  jetzt  noch  nicht 
ins  Amt  gegangen  zu  sein.  Denn  erst  am  3.  September 
beginnt  wieder  eine  von  jetzt  ab  ununterbrochene  Reihe  - 
von  Predigten.  ,. Feste  incipiente''  steht  über  dem  ersten 
Entwurf:  Die  allgemeine  Not  einer  schweren  Seuche  scheint 
ihn  veranlasst  zu  haben,  seine  Mahnungen  und  seinen  seel- 
sorgorischon  Zuspruch  von  neuem  hören  zu  lassen. 

Dio  4  Jahre,  die  Heynlin  nun  in  Baden  zubrachte. 
l)i«^ten  ein  ziemlich  gleichförmiges  Bild.  Wir  wissen  davon 
w«niig  mehr,  als  was  sich  aus  seinen  Predigtmanuskripten 
entnehmen  lässt  und  so  steht  denn  naturgemäss  seine  Pri*- 
<ligttätigkeit  im  V^ordergrundo  unserer  Betrachtung.    Auch 


»)  I.  190. 

2)   II.  Juni  —  2.  Juli,  7  Predigten  (Pr.  IV,  fol.  8—13«). 


Jähsmies  Hoyntln  aus  Stdii. 

int  «ein  Seelsorgeraint  in  Baden  und  Lichtental  ihn  in 
Tat  fast  ganz  in  Anspruch  genommen  zu  haben,  bat 
doch  beispielsweiso  allein  im  Jahre  1481»  von  dom  noch 
Monat  Urlaub  abzuziehen  ist,  116  Sermone  gehalteiL*^ 
Durchschnitt  aller  Jahre  predigte  er  zweimal  wöchent<- 
,  niinilich  albonntäglicli  und  jeweils  an  den  Fest-  und 
ligentagen, 
Sctioe  Eedegabe  wurde  auch  hier  gebühreml  geschätzt 
kgraf  Christoph  hat  ihn  mehrfach  zu  sich  herauf  ins 
loss  kommen  lassen-)  und  Bischof  Georg  von  Metz, 
i«tophä  Oheim^  Heynlins  Gönner,  hat  gelegentlich  eines 
ches  in  Baden  nicht  versäiimt,  seine  Predigt  anzu- 
n.')  Bei  den  Hochzeiten  oder  Leichenbegängnissen 
Jicher  oder  adliger  Personen  musste  er  die  feierliche 
e  halten,  so  bei  der  Bestattung  der  Herzogin  Amalie, 
Ehter  des  Kurfürsten  Albrecht  Achilles  von  Brandenburg 
Gemahliri  des  Pfalzgrafen  Kaspar  von  Zweibrücken/) 
beim  Tode  Margaretas  von  Riepperg  (in  Lichtental),*) 
bei  der  Beerdigung  der  Ritter  Bernhard  von  Talen»  •> 
lOb  von  StauÖ'enberg,*)  Georg ^)  und  Bernhard  von  Bach.*) 
de  in  Steinbach  bei  Bühl)  und  bei  der  Hochzeit  der 
lara  SmalstejTQin  im  oberen  SehlossJ**)  Auch  nach  Ort* 
Iten  der  näheren  und  weiteren  LTmgebung  rief  man  ilin^ 
bei  besonderen  Anlässen  auch  einen  besonderen  Prediger 
haben,  so  ausser  dem  genannten  Steinbacli  nach  Eber* 


')  Dass  in  den  übrigen  Jahren  die  Gcsninlxiffcr  nicht  g^i  lO  hoch  t&t 
ij  40);  findet  seine  EtkläruDg  in  Reisen  oder  ICrankheHen. 
^  4.  Jtüi  82,  28,  Sept.  Hj,  6,  talR-llc, 
^  ^1.  August  14^$, 
*\  10.  Deieoiber  14)^1« 
•J  aj.  Jmoi  1483. 

>)  19,  August  1482«  Talen  vielleiclit  Thalhdm, 
t)  17.  Juni  H»^. 
*)  AngYtit  1482. 

^  9.  September  14S5»  Bernhard  von  Bach  wdr  pflliificher  HofmaricIuiU 
)^  ii»tkgr.tlYi!h  biidiBcbcf  St^iUbAlter  (t^ti«^\  tisw.  Über  ihn  tuid  Georg, 
I  Vater.  \%l  J.  Kinrilcr  v,  KnobUxh,  Oberhad.  Geschlechterbudi  U  25. 
"*•)  d,  h«  Hohenb^tden  s.  28.  September  1483. 


-iin-^ii. '    5^ 


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...   ::     N    Vi- 


'.'r     r.".    ■■'';• 


JoliAnTte«  KfyrvUfi  »iis  Siein. 


55 


?r\%negende  Menge  der  Predigten  sind  in  Baden  selhsit 
laUen  \vord»>nJ) 
l*if8os  etwiis  ein  form  ige  Dasein  unterbrach  Heyn  I  in  ge* 
lÜicb  durch  längere  Eeiöen  nach  den  grossen  Nachbar- 
lUm*  Zwischen  d<*m  l(i.  Juli  und  11.  August  148t>  wnr 
in  Basel j  und  3iK  April  bin  20.  Mai  1481  wieder  in  Bn»H 
und  in  Freiburg.  Nach  Frei  bürg  ging  er  auch  im  Sep- 
U^lijlior  1484^  (liesDial  aber  nicht  nur  um  sich  geistig,  sondern 
br  allem  um  sidi  körperlich  zu  erholen.  Axn  18,  Juli  ttieses 
pbire^  war  nändich  ein  schweres  Augenleiden  bei  ihm  aus- 
gebrochen, das  ihn  bis  zum  1.  September  au  der  Ausübung 
meines  Amtes  verhinderte.  Er  erzählt,*)  er  liabe  sicli  nach 
seiner  Meinung  die  Krankheit  dadurch  zugezogen,  dssa  er 
in  iler  Nacht  nach  der  Predigt  des  18.  Jnli  fünt  bis  sechs 
Itnnden  lang  ununterbroelien  in  einer  unbetpiemen  und  ihis 
Ige  anstrengenden  Stellung  gelesen  habe.  Am  2.  Sep- 
liber  habe  er  sich  ad  bet»tam  virginem  heremitaruni  et 
lioatiim  Otiliani  ssurückgezogen  und  sei  am  2&.  September 
:di  Baden  zurückgekehrt.  Mit  den  genannten  Orten  ist 
llirscl»4*inlich  Kinsiedel  hei  Freihurg  und  St.  Otidien  bei  der 
feibunjer  Karhun^e  gemeint.  St.  Ottilien  w*ar  bekanntlich 
L  Wallfahrtftort  mit  einer  wundertütigen  Quelle  zur  Heilung 
idi'iden/)  der  Zwrck  der  R^^^ise  des  gliUlbigun  Pn- 
•  •nbar<Lie  Gesundung  seiner  kranken  Angen.  Cbrigens 
kttH  er  nach  seiner  Heimkelir  noch  mehrmals  Rückfälle, 
id  erst  um  17.  Oktober  war  es  ihm  möglich  zu  |iredigen, 
djy»>j  er  im  ganzen  ein  volles  Vierteljahr  unfreiwilligen 
rlanb  gehabt  hat.  Im  .Fahre  vorher  war  Heynlin  auf  etwa 
Tag!»*)  ins  Elsa^s  gereist.     Am  Sonntag  den  ♦i.  Juli  1483 


^  Sit  »iüd  bis  atif  2U  unltejfeichnet«  gebaren  Kber  &el1>itver«|äodticli  ftii 

'       r  Ivin-lic»  \m  iicr  er  jn  afi^eslrUt   war,     Jcoc  2h  Nutiseii  feiotl  atV 

hr»om1err  VcratiV»»stitijj  bcrvorgcrtifoii  < Rückkehr  von  ciufr  Kci^e, 

iißt  %m  gkidica  Tage  iu  Licbtcotal  usw*)  also  nur  als  Auttiiibtrie  «ii  be* 

Auch  Lauber  »cb reibt   kurzweg  „in   Baden*'   üb«   feäinUicIi''   ^*^r 

,  der  J^hfc   14S0— 1484,     (?r.  IV,  VonaUbKvttL 

K  Tihelle  mxn   tS,  JitU  14^4. 

rXit   w;ir   ()itr»ic<^n^   Avicb    ilrr  Odilietiberg   im   EIsasb,  der  mit  beaiii 
tbeiiirtgut  i:9CDeiiit  «ein  konotc,  wie  die  Freit »ur^er  Quelle 
*^  Die  vorhcT|;fhciule   niul    die   folgende  Prcilij^l  h^  lii.i*  i.  vi*»,!   *.it,,    » 
jo.  Juli  14SJI. 


266  Max  Hofsfeld. 

war  er  in   Strasshurg.    .auf   dem  iTarkte*  wie   er  schreibt. 
vielleicht  um  Bücher  zu  kaufen,  am   13.  Juli  in  der  nörd- 
lich   gelegenen   Zisterzienseriiinenabtei    Königsbrüekj^)   wu 
man  ihn  bat.  zu  der  Elinkleidung  einer  gewissen  Margarete 
aus  Hagenau  die  Predigt  zu  halten.     lAuf  den  Sonntag  fiel 
das  Fest  der  heiligen  Margarete*,     üebrigens  war  er  wohl 
kaum  zu  diesem  Zwecke  nach  Konigsbruck  gegangen ,  denn 
er  kannte  die  Dame  gar  nicht, -■   der  er  die  Predigt  hielt, 
sondern   offenbar   veranlassten    ihn   seine   Beziehungen  zu 
Lichtental.  welches  ja  ein  Tochterkloster  von  Königsbrück 
war.  zu  diesem  Besuch.     Vielleicht  stand  er  auch  in  einem 
persönlichen    Verhältnis    zu    der    Aebtissin    Elisabeth   tod 
Stauffenberg:*»  wie  schon  oben  erwähnt,  hatte  er  am  17.  Juni 
1483,  also  nur  einen  Monat  vor  seinem  Besuch  in  Königs- 
brück, einem  Jakob  von  Staufienberg  die  Grabrede  gehalten.^ 
In  Strassburg  war  damals  Geiler  von  Kaysersberg  Pre- 
diger am  Münster.     Sicher  hat  Heynlin  ihn  wahrend  seines 
Aufenthaltes  in  der  elsässischen  Hauptstadt  besucht,  dam 
die  beiden   Prediger  waren   einander  seit  langem   bekannt. 
<4ei]er  kam  nämlich  fast  alljährlich  zur  Erholung  nach  Baden- 
Baden,  wie  das  überhaupt  viele  Strassburger  taten.*)  und  im 
Jahre  1481  hat  er  hier  zweimal  zusammen  mit  Heynlin  ge- 
predigt, am  22.  Juli  und  5.  August,   er  früh   und  letzterer 
nachmittags.  •■      Gewiss    hat    sich   der  Verkehr   der  beiden 
Männer  nicht  auf  die  zwei  Tage  beschränkt,    an  denen  der 
Stra-ssburger  Prediger  den  minder  berühmten,   aber  gleich- 
gesinnten  und   gleich   angesehenen  älteren  Amtsbmder  er- 
Hiichte,    ihm    die  Kanzel    seiner   Stiftskirche   zu   überlassen. 
Tebrigens  hatten  Geiler  von  Kaisersberg  und  Hejmlin  von 
Stein  schon  sechs  Jahre  vorher  miteinander  verkehrt,  oder 

M  B«i   Leuteoheim  i/£ls.   i8  Kilom.  östlich  voo  Hagenau. 

^1   Er  Dcont  sie  Margareta  quaeiam,  s.  Tabelle. 

3|  Elis.  V.  Stauff.  war  145 1  — 1467  und  1475 — 1485  Aebtissin.  Xoa- 
velles  Oeuvres  in^dites  de  Grandidier,  Kolmar  1899,  Bd.  III  (Bd.  I  der  Ai- 
iatia  s.'icra)  S.   3'»2. 

S  S.   26^ 

■'}  Sc!),  ßrant  nannte  Baden  das  Bajae  von  Strassburg.  Vgl.  Osk.  Rössler. 
(lif  hinhix  in  Baden-Baden  im  15.  Jahrhundert  in  Aerztliche  Mitteilungen  ass 
und  für  Baden   1904,   38,  S.  91 — 95. 

*^>   Pr.   IV,  8ü  und  84*.  s.  Tabelle. 


\ 


IfvllÄUfJ» 


vort»icbtigf?r  gesagt,   in  derselben  Stadt  geiri>kiil, 

mlich  narli  »eiuer  Rückkehr  v»ni  einer  Beim 
....,   iihS  iui  JahfB  1471  die  riiiversirÄi  Basel 


,  0icli  ftld  Rimltitf   in  der  Artistenfaknität  einschreiben 

Eid  theolcigii^cheri  8tudien  obgel*^gen^  die  er  im  JftJire  1475 
ch  die  Erwerbnug  des  Lizentiaten-  und  Doktnrriiels  zxan 
iltt3?i§  bnwlitA\  Bis  Anfang  1470  blieb  er  «Ijidu  noch  in 
^•)  und  war  hier  auch  schon  als  Seelsorger  am  Münst€ 
*>  Der  G«*istliche  d»>r  Dornkirch^  und  der  Geistliche" 
.  St.  I^djiburd^  Ht*ynhn,  komitt-n  einander  nirht  un>>^ 
kannt  bleiben,  war  doch  let«t€»rer  bereits  ein  tu  der  Stadt 
wia  im  Lande  wohlbekannter  und  gesuchter  Prediger,  Sich« 
Hch  hat  Öeilf^r  bisweilen  der  Pri*digt  Heyulins  zn^bGrt, 
daas  der  12 — 15  Jahre  jüngere  Prießter,  der  akii  di 
wegen  der  Verantwortang,  die  er  l>eiin  Erteilen  d^ 
tion  auf  mirh  nahm«  Gewis>^f;n$biase  machte,  tuid  der 
ler  mehr  nnd  mehr  ^um  Beruf  des  Prediger»  hingesogen 
y^)  in  dieser  Neigong  anch  ein  wenig  durch  das  Bei- 
•iel  dvü  dpruch gewaltigen  Heynlin  be^tlü4ct  wurde,  ist 
irchatis  waJirscheinlich.  Wir  kennen  ausser  Geiler  nc 
lige  andere  Badener  Freunde  Heynlin«.  Du  ist  suniUik 
Kollege  Johannes  von  Hachh^n/.  Hochberg  hatte  er 
igere  5Jeit    in  weli*    '  "        '  '  '  t   die  Würde" 

lies  Kanzlers  und    •  _        u  von  Baden 

bkleidet.,  w*ar  alao  eine  sehr  angesehene  PersdnlichkeiL    £r 
^kam  dann   ein  Kannnikat  an  der  StiftÄkirche  und  wurde 
|r   Kantcir.     Er  scheint   Heynliii   besonders  nahe   getreten 
aeitif   nnd  viel  mit  ihm  über  diu  brennenden  Fragen  der 
Hi^  besonders  die  Reform  der  Priesterschaft  diskutiert  zu 
Heynlin   hat   ihm  s«  '        ^"   istola  ile  qualitute  ga 
gewidmet,   in  iler  er   i  gn  treuen   Eifer  rühl 

(überhaupt   gewann  der  Prediger  solchen  Einfluss  auf  den 


Hevtihti   ^h« 


•)    I4I»0    «Hier    MT"^'       ^V.if     ..r      m      f  ,.n>     uni 

teiuOi? 

«I  Vi»cli.  tao. 

*l  L.  Dddieas,  Geiltr  de  Kai«.  tSjd.  S,  2$.    Wobt  »U  Helfer  für  den 
D«ifi^|if«4ii>cr  Wilk  Textom. 

*}  Dacbeiui  2$, 

•»  Efi.  a  j(fo1    114), 

■Mlcr  ZvIfeKlir«  i  <k»ch.  und  ATttrtuiT!.    VH«  X 


Mtt  HossfeM. 


ehemaligen  Hof  mann »  tlass  sich  dieser  im  Jwbr©  1488  ^ui- 
8rh1o8S.    He>Milins    Bc^iapiel    ztl    folgen    und    in    die    Ba?ielpr 
KartÄUse    einzutreten.      Später  wurde    Hochberg    Prior 
Kartausö  in  Strassliurg.  wo  er  aiicTi  sein  Leben  bescliloi 
Ein  Mitglied   des  Kollegintstifts  war  uurh  Johannes  Mil 
»Molit<^ris)t  der  Lehrer  Peter  Schotts  und  Sebastian  Bran 
der  1473  mit  Sehott  in  Paris  gewesen  war  und  d(jrt  vielleif 
Heynlin  gehört  hatte.*)    Nachdem  er  einige  Jahre  in  Ita 
zugel »nicht   hatte,    bekam   er    1479   ein   Kanon ikat   und 
iJekanat    der  Kirche    in    Baden,*)    hlieV>    aVier    lihit^^tens 
1482  in  diesem  Amt.©.*) 

Peter  Schott  selbst  zählte  wie  sein  Freund  Cieiler  v. 
Kaisersberg  zn  den  regelmässigen  (rasten  in  Baden-Baden, 
itnd  er  wird  schon  wegen  seines  Freundes  Molitoris  häufig, 
das  Kollegiatstift  l^esncht  und  so  auch  mit  Heynlin  1j^| 
kehrt  liaben,  Dass  er  diesen  wohl  kannte,  zeigt  sich  aacin 
in  einem  Briefe,  den  er  am  30.  November  1484  an  Moütoris 
schrieb  und  den  wir  mit  ein  paar  Worten  erwähnen  müssen» 
weil  die  Interpretation  der  auf  Heynlin  bezüglichen  St*^!)»» 
durch  Ch.  Schmidt  nach  unserer  Ansicht  eine  miss verstau d- 
liche  ist.^)  Zum  Verständnis  derselben  schicken  wir  voraus, 
dass  Molitoris,  der  sich  1484  mit  dem  ältesten  Sohne  des 
Markgrafen  voti  Baden  auf  einer  Studienreise  in  Paris  l>e- 
fand,*)  in  die  Heimat  zurückzukehren  wünschte  und  sieb 
deshalb  utu  eine  Pfründe  bemühte.  In  diesen  Bemühungen 
unterstüzte  ihn  Schf>tt  aufs  nachdrücklichste  und  viele  Bri^^fe 
waren  deswegen  schon  zwischen  ihnen  gewechselt  wordoii/? 
Auch  in  unsere uj  Briefe  ist  wieder  davon  flie  Rede.  Schott 
kann  Miiller  aber  noch  keinen  Erfolg  melden.  Ein  Pfriinilen- 
Inhaber  (dessen  Name  nicht  genannt  wird*  sei  noch  nicht 
geworben,   doch   sei  eintretenden  Falles  gute  Hoffnung  fiir 


*)  Ba.  Chr,  I,  J40, 
5)  Ch,  Schm.  I,   19J. 
*)  S.  a   148. 

*)  G.  Knod,  Deutsche  Slitdenten  in  Bologna  S.  362, 
*)   J482  wird  als  DeUau  Job.  Hörn  genannt-  Krieger.  Topogr.  Lex.  1,  104. 
^  Ch.  Schm.  II,   J2.     Der  Brief  in  Schotts  Ltjcubratiiiiu'ul:ie  iStriSshurt; 
1498)  foU  36. 

^)  Knod,  iu  a.  O. 

^}  Abgedruckt  m  dcü  Luc«  brat  tun  culae. 


pToIitori«  vorlmütlen,   er*  Schott,  hiili»^  »icIj  fibt^r  den  Stand 

[tli'r  Dingo   in   \i<nn   durch  MagjtJ^ter  Vitns  Maoler  auf  dem 

iLanfeudpiK     SoUte   f*H   mit  dieser  Pifrüijde  aber  doch  uicht«i 

rvrGfrd^nt  so  könue  sich  MüUer  anl  dif»  td*en  frei  grwonlt'nt^ 

BjMlener  Pfründe  Heyidins  Hoffnungen  nuichcn,  dieser  habe, 

wie  er  höre,  das  Prefligtamt  an»  Basler  Münster  angenommen. 

nnd  allö  vennnt^ten,  dass  Müller  sein  Nachfolger  in  Baden 

irerdeu  würde,      ^Quam<iuam   eciam^    so    lautet  die,  Htelle, 

^^aiidimrim    Maffif^lrttm    resirum    de   Lapide   advocnfnm  :  in 

officiHm  prtmlicorhuii^  :  in   ecehsia    Bosillemti  :  et    per   hoc 

racasüc  Beneficium  quod   in   Baflen  obtiuuit  :  ad  quod  tete 

[a-ssiimendum  ulfro  onines  quos  audivi  roniiciunt>     Schmidt 

üchlo^s   luiü    ans  dieser  Stolle,   dass   Peter  Schott   in   Basel 

mr  und  Heynlin  im  dortigen  Müuater  predigen  hort^?*     Er 

lb«»rsetzt    also   ^Obwohl    ich    auch    Euren    zum  Predigtamt 

Ibi-nifenen    Magister  de  Liipide    im    Biiüh^r   Münster  gehurt 

lliabc^  .  *  ♦'*,  wie  aber  \n\sst  luerKU  der  folgentle  Satz?     Und 

die    vorhergehenden    Sätze^    die    doch    lediglich    von 

Mfillen?  Aussicliten  auf  Pfründen   luindehiV     Der  Zusammen- 

[hang  verlangt   vielmehr,    dass    advocatum    {es&e)   wie    das 

parallele  vaeaase    als   ein   Infinitiv  zu   fassen^  nnd   dasä  zn 

|iiben*elÄen  iijt;  „Obwohl  ich  übrigens  auch  gehört  habe^  dasa 

Euer  Magister  de  Lapide  in  das  Predigtamt  im  Basler  Münster 

|>ienifoii    und    ilass    dadurch    die   Pfrümle,    die  er   in   Baden 

ifi«  hatt4^f  frei  geworden  ist:  in  dir  vermuten  alle,  die  ich 

[gehört  habe,  den,  dem  man  sie  nun  geben  vvinl.^     So  erst 

[erliüh    die  Stelh^    eimni    Sinn,    sie    bt^sagt    nun    nichts   tiasi« 

fSclifltt  in  Basel  Hoynlins  Preeligt  gehört   und  die  freu»lige 

]  Nachricht  hiervon  selbst  an  unpassender  Stelle  seinem  Freunde 

niitictiteilen   sich  getlningen  fühlt,   sfin(h»rn  si»»  bedeutet  für 

aiiü  weiter  iiiclit^  i\h  einen  Beweis  ilafür.   dtt?;s  Schott,  der 

liitrr    HO    knr/  Kurem    Magister   de    Lapide**    spricht 

•  MolitoriH    war   cm     Ktvilege    Hin'nlins   gewesen,    daher   das 

.^Eaer'*;.  den  Mann  Belliat  gut  gekannt  haben  muss, 

'In   d^r  Tal  war  Schott  gut  unterrichtet:   erst   6  Tage 
bevor  «»r   dteisen  Brief   in  Strassbnrg   schrieb,    war   Heynlin 
fvnn  Baden  nach  Basel  übergesiedeh. 

I  Denn  auch  in  Baden  fand  er  keine  Befriedigung.     Die 

Männer^  mit  denen  ivin  erhebender  geistiger  Verkehr  mug- 


i;r,h  war  —  -Ärir  nanr-tcn  efc-en  einige  »liToa  axid  man  »lart 
r.ooh  Jftko'rj  WiinpteLing  und  Ba«i3lf  AgricolA.  velehe  b 
■•^Tirri  Jahre Ci  in  Hiridelb-^rg  od-?r  Speier  waren.  ^  hinzufügen. 
-  ri^  ware'i  li'icii  fast  alle  nur  verhilm isBifeHig  seltene  Ga^e 
iri  BeAfriL.  Abgeäehen  von  Hochberg  iMoixtorü  war  ja  seit 
1 482  riichc  mehr  in  Baden  .  an  den  sich  Heynlin  wohl  ger^lt- 
;i-i.s  lläng*rl  an  bedeutenderen  Männern  aaschlosa.  dürfte  di^ 
Mehrzahl  der  Sciftäh'=>rren.  mit  denen  er  znsanunen  lebte, 
zn  «i^n  nriherühniten  Männern  za  zahlen  sein.'  und  oh 
mag  äich  Hevrilin  mit  einem  Seofzer  des  Wortes  des  eng- 
li.^hen  Kanzlers  Peter  von  Blois  erinnert  haben:  Extra 
ariiversitatem  non  est  vita. 

.Dem  an  Selbständigkeit  und  fruchtbare  Tätigkeit  g^ 
w/jhnten  Gelehrten  waren  die  Anforderungen,  welche  seine 
im  engen  Kreise  des  täglichen  Chordienstes  be&ngenen 
Kollegen  an  ihn  stellten,  nnertraglich*')  In  der  Tat  mn^s 
e?«  ein  ärgerliches  Zusammenleben  gewesen  sein  mit  Leuten, 
^lie«  wie  He^iilin  einmal  klagt,  ihm  nicht  einmal  die  zur  Tor- 
)>ereitung  anf  seine  Predigten  nötigen  zwei  Tage  bewilligen 
wollten.*  und  die  mit  kleinlicher  Bechthaberei  daranf  be- 
standen. (isL^ri  er  die  ihm  zukommenden  alltäglichen  sakralen 
Verpflichtungen  auch  selbst  erfüllte.  Diese  imerquicklich^ 
Spannung  zvii.schen  ihm  und  einigen  seiner  Kollegen  tritt 
anrh  in  seiner  im  üV^rigen  von  versöhnlichem  Greiste  ge- 
tragenen und  wohl  auch  für  alle  seine  Zuhörer  bestimmten 
Abschieds  predigt*  her\'or.  .Dixi  me  sepe  eos  monnisse  et 
r-orrexisse-.  so  resümiert  er  sich,  .dixi  eciam  qua  intentione. 
'jua  caritate  et  ex  obligat ione  officii  pastoralis.     Dixi  me  ali- 


*)  Wimpf.  war  bis  1483  in  Heidelberg,  seitdem  in  Speier.  AgricoU 
war  im  Scplcrnber  1479  in  Speier  bei  Djlberg  und  seit  2.  Mai  1484  in  Heidcl- 

*>  Propst  war  ein  gewisser  Caspar  Vogt  (er  wird  1478  und  1482  als 
I'ropst  genannt,  Krieger  I,  103»,  Dekan  war  nach  Mullers  Abgang  ein  ge- 
wisser Johannes  Hörn  /wird   1482  genannt.  Krieger  I,   104). 

*)  So  fasst  Gothein  sein  sich  auf  „mehrere  Urkunden  des  GenerallaDde>- 
;»r<;hiv.s"  in  KarUriihc  stützendes  Urteil  über  diese  Episode  in  He}'Dlins  Leben 
/us.irr)nicn.  'Kberh.  G. ,  Pforzheims  Vergangenheit.  Schmollersche  Staats- 
und   so/ialwiss.  Forschung.     Bd.  IX,  Heft  3,   1889,  S.  32). 

*)  S.  Tabelle  beim   28.  September  1483. 

•'';   21.  November   1484,  Pr.  IV,   294*. 


Johniuies  Heyuliu  ;uii  Stein. 


27« 


intbus  clisplicuisse  sicnt  nemo  omnilms  potesr  placere;  cod- 

Idolui  istis  qiiibiis  sine  culpa  displiciii.  Rogavi  «Hos  ut  in- 
rlnlgerent  si  iniuste  offendissem . ,  .^ 
So  schlug  Hejmlm  freudig  ein^  als  ihm  aus  der  Uui- 
vprsitätsstadt  Basel.  fiU'  die  er  von  jeher  eine  Vorliebe  ge- 
zeigt,') und  die  er  seit  1478,  wo  er  sie  verlassen,  viermal 
zu  längerem  Aufenthalte  wieder  aufgesucht  hatte,  ein  ehren- 
voller Ruf  kam,  das  Predigtamt  an  der  Hauptkirche,  das  er 
^  ja  1477 — 1478  schon  einmal  vertretungsweise  gefülut  hatte» 
B  jetzt  dauernd  zu  übernehmen.  Am  7.  November  1484  wurde 
ihm  ein  Kanonikat  und  die  Prädikatur  am  Münster  in  Basel 
übertragen,*)  am  19.  November  kündigte  er  in  einem  Brief 
dem  Markgraf  Christoph  seine  Aemter  als  Pfarrer  und  Custos 
in  Baden  auf,  am  22. ^  dem  Tage  nach  seiner  letzten  Predigt» 

Ilibernahm  der  Dekan  die  Pfarn^ersorgung  und  mn  24.  No- 
vember 1484  mittags  reiste  er  ab.  Seine  Pfriinde  in  Baden 
gab  er  auf,  ebenso  einige  andere»  die  er  besessen  zu  habf n 
ßcheint,  auf  die  er  aber  vielleicht  schon  vor  1484  verzichtet 
Latte.  „Qui  denique  post  liberam  plurium  beneficioruni 
dimissionem  ad  canonicatum  et  praedicHtionis  officiuin  in- 
signis  ecclesiae  Basiliensis  vocatus  fuit^,  so  meldet  Tri- 
themius  seine  Uebersiedelung. 

Dieser  Ortswechsel   Ivezeichnet  wieder  einen  wichtigen 
BAVendepunkt  in  Heyn  lins  Leben.     Zwar  war  seine  TätigkiMt 
als  Prediger  in  Basel  im  wesentlichen  die  gleiche  wie  vor- 
her.   —    nur   dass   der    erweiterte    Wirkungskreis   ihr   eine 


I  *)  Aber  gewiss  oicht  bloss  ihrer  ,* Lustbarkeit'*  oder  »»arocenilas"  wegen,  wie 

Faotalcon  ineiDl  imd  Albrecbt  ihm  nachschreibt.  (Hcinr.  Pantatleot},  Pro^opo- 
graphia  Herouio  atque  ill.  vir  totius  Gercnaniae,  Basel  1565,  II,  461.  Der- 
selbe, Tcutscher  Nation  Heldcnbiich,  Basel  1 5O8  11,  5*>0,  Albr.  14)  —  Im 
Pantalcoü  sieht  man  übrigens  auch  ein  Pot'trät  HeynltnSf  oder  sogar  ?.wcf,  ** 
leider  xwci,  denn  sie  haben  beide  miteinander  keine  Aehnlichkeitl  Die  grosse 
Kartäiiserkapnze   tst  auf  beiden   Bildern   die   Hattptsachc.     E*   sind    oftetib&r 

I  reine  Phanta^iezeichnutigen;    bringt    doch    Pantaleon   s.  B.   anch   Bilder   von 

,  «^Ulisses,  rcx  Germauorum**,    „Tursco  Germauornm  conditnr**»   ,,Magogus  Go- 

[•thornm  conditor*'  und  ähulicheu  Helden.     Ucber  ein  anderes  Bildnis,  das  vcr- 

^tuutlich  Hcynlin  darstellt,  s,  unten  S»  27S. 

*)  Pr.  IV  294*.     Chr.   Nicklcs   gibt,  ohne   seine   Quelle  /u  nennett,    an, 

[[Heynlin  bcI    1484  Schohtsttr  am  Basier  Münster   geworden,     (La  Chartreu&e 

[du  Val  Ste.  Marg.  a  Bale,  Porrenlmy   1903,  S.   190^. 


2-:!  Max  Hosffcld. 

höhere  Bedeutung  gab  —  aber  die  Berühmiig  mit  den 
wissenschaftliehen  Kreisen  und  den  Buchdrackem  der  Stadt 
regte  ihn  noch  einmal  zu  grösserer  gelehrter  l^tigkeit  an, 
die  ja  in  Baden  fast  geruht  hatte,  und  bald  sollte  durch  die 
neuen  Verhaltnisse  auch  sein  eigenes  Dasein  wesentlich  um- 
gestaltet werden. 

12.  Kapitel. 
Basel  1434— liS7. 

Eis  war  das  letzte  Mal,  dass  Heyniin  seinen  TTohnon 
wechselte,  er  ist  nun  bis  zu  seinem  Tode  Basel  treu  ge- 
blieben. Freilich  hat  er  anfangs,  so  lange  es  ihm  noch  frei- 
stand, alle  Jahre  eine  oder  mehrere  Reisen  angetreten,  aber 
sie  dienten  nur  derErholtmg  oder  Greschaften  oder  Besuchen 
und  waren  alle  nur  von  kürzerer  Dauer.  Bis  auf  eine  fallen 
sie  sämtlich  in  die  Zeit  zwischen  Ostern  und  Pfingsten,  in 
der  er  offenbar  seinen  regelmässigen  Urlaub  hatte. '  * 

Xur  vier  Monate,  nachdem  er  Baden  verlassen  hatte, 
kehrte  er  zur  Stärkung  seiner  angegriffenen  Gesundheit  zu 
den  heilkräftigen  (Quellen  der  Schwarzwald-Stadt  zurück. 
Die  Reise  dauerte  vom  9.  April  bis  20.  Mai  1485.--  Am 
Kirchweihtage  in  Baden  hat  man  ihn  die  Predigt  zu  halten. 
-15.  Mai.  Einp  AVoche  darauf,  am  Pfingstsonntag.  sprach  er 
wieder  im  Basler  Münster.  6  Wochen  später  ging  es  schon 
wieder  rheinabwärts.  zuerst  zur  Strasshitrger  Messe  und  dann 
wieder  nach  Baden  »ad  computandum  ciun  Capitulo^.  Am 
17.  Juli  predigt f^  er  bei  der  Kirchweih  im  Kloster  Lichten- 
tal  und  am  23.  Juli  kehrte  er  von  dieser  im  wesentlichen 
(Toschäften  gewidmeten  Reise,  die  ihn  sicherlich  aber  auch 
in  Berühning  mit  alten  Freunden.  z.B.  mit  Geiler  in  Strass- 
burg  gebracht  hat.  zurück.  ^)  Auch  die  beiden  nächsten 
Reisen   führten  Heyniin   nach   Baden  zurück.     Er   hat  hier 

M  Vrgl.  Guann  in  Freib.  Dioz.-Archiv  X.  F.  7,   1906,  S.   129. 

-)  Himmelfahrt  (12.  Mai»  predigte  im  Basler  Munster  für  ihn  „m.  micbael 
plei'anus",  wahrscheinlich  der  Stiftsherr  und  Domprediger  Michael  Wildcgk 
in  B.isel,  damals  bacc.  theol.,  später  Doktor  und  Professor  der  Theologie 
114^1).  Er  gehörte  dem  alten  Wege  an.  (Visch.  168.  221).  f  1502.  —  Vgl. 
W.  Lindemann,  Geiler  v.  Kaisersberg,  Freib.   1877,  S.  4. 

^)  Vgl.  oben  S.  266. 


Johnimcji  Heynlln  aus  Stein, 


^75 


(las  Datiim  der  Abreise  nuJ  Ankunft  nicht  auailrücklich 
vermerkt*  doch  zeigt  «lan  Abbrecljün  der  Roiho  der  Baseler 
Predigten  am  (Ist eruion tilg  (148G  und  1487)')  und  ihr  Wieder- 
tififmug  All  Plingstun  il487}^i  und  Trinitatia  (liSlV)*),  daös 
die  PaiiMr  der  Kinseu  nngefähr  die  gleich«.*  war^  wie  im 
I  «fahre  vorher.  Man  Hess  auch  diesmal  die  Gelegenlieit,  den 
PnHliger  xu  huren,  nicht  ungmuUzt  vorübergehen:  148tl 
predigte  er  viermal  in  Baden  und  Lichtental  (3(1  April  bis 
7.  Mai)  und  1487  an  denselben  Orten  fünfmal  (13.^ — 24.  Mai). 
Ancli  in  dies?^*ii  lieiden  JaJiren  hat  er  übrigeiiH  »He  Bäder 
^der  Stadt  benutzt.*) 

Doch  kehren  wir  nach  Basel  und  «un»  JuJire  seiner 
Ankunft  zurück.  Am  1.  Dezember  1484  ergriff  Heynlin  von 
\  den  ihm  am  7.  Nc»vember  übertragenen  Aemtern  und  Wür- 
iden  Be^itis,  ^Accepi  posseasionem  prima  decombris  infra 
Itionas^  «chreibt  er  feierlich  in  sein  Predigtmaniiakript  *) 
' Schon  am  ertöten  Adventssonntag  (28.  November)  hatt»^  «*r 
,  mit  der  Ausübung  seines  Predigtamtos  angefangen;  ^Die 
Stande  ist  da,  aufzustehen  vom  Schlaf*^,  so  rief  er  mit  den 
[Worten  der  E()istel  des  Sonntags  seinen  Zuhörern  sgu,  als 
\*^r  sie  das  en?te  Mal  von  der  Kanzel  herab  l)egrüsste.  •) 

Wie  die  übrigen  DomherrLn^  so  wohnte  atich  Heynlin 
l^ftuf  Burg*,  il.  h*  auf  dem  Hügel,  der  das  Basler  Münster 
llrägt.  ^)  Seit  14*i9  war  dem  Domprediger  auf  Bittpu  (h?s 
[damaligen  Inhabers  des  Amte^,  Wilhelm  Text^^ris,  in  dem 
[Domhcrrnhof  im  Giisslein  gegenüber  Sl.  Ulrich  eine  geräu- 
[mige  Amtswohnung  angewiesen  wvmlen,  zu  der  man  öogur  i 

I)  Fr.  V,  isf  unil  250'. 

>j  Fr.  V,   i42. 

•)  Da«  ueht  am*  «iocr  Kiimlbcmerkuinj  «ur  Prt'dSgt  vom  $ontita){  Ro|*are 
14112  h«rvor  *Pr  V,  314*)  »1»^  a»if  «wci  in  xwfi  %*«r»chicdcnen  JuKreii  in  Baden 
I  ^ehaltrtie  Pnrrligt«ti,  die  fwi>cj[cn  dcu  Bnscicr  Sermonen  xti  sucbrri  »cicu, 
I  /«nickvenn'ci&t.  U,v$dc  *cnnon«*  <l«os  in  Badeti  per  2  anno«  fnctus  tu  serm^- 
Millms  Bft4ili<?u»ibui»  cum  ibidem  bah%tahaf''\  OtTeubnr  iind  die  Pfc«ligte«i 
ivvio  Rogate  1486  und  148;  gemetut»  denn  diese  bebiAuddn  dasselbe  Teict- 
[woft    wie  untere  nur   guni   üilcbni»  skU/ierte  Fredigt  von  Kognate  14<^2.  1 

»»   Pt,  IV,  294*  nud  no«;h  einmal   Pr.  V,   i ,  1 

•j  Rumer  13,  11.  Fr.  V,   1,  ' 

F«cblfr#  To|iaj*niiitiie  von  Üäsel  4^,  4  ^Ni  »,^»(«1  im  14.  Jubrlinndert*'» 


nA 


Max  Hossfeld. 


eine  eigenü  Bücherei  fügt-e.  ^ )  DeDn  ilor  Biisltsr  jlIüti«»t»?rptT- 
diger  sollte  nach  tler  Forderung  der  Statuten  ein  gelebrier 
Theologt^  sein  und  er  sollte  nicht  nur  dem  Volke  preil' 
aondoni  wenigstens  ein-  oder  z^tieimal  ioi  Jahre  dem  K 
einen  lateinischen  Sermon  halten  und  daneben  von  Zeit  zn 
Zeit  für  die  Priester  Dijspntationen  über  die  heilige  Schrift 
veranstalten.  -)  Infolge  dieser  Bestimmangen  und  seiner  gnten 
Aiisstattiing»  hosondons  aber  infolge  der  Besetzung  mit  her- 
vorragenden Männern.**)  wurde  das  Basler  Dom[iredigeramt 
vorbildlich  fiir  viele  Kirchen  der  Uuigegenirl,  ntid  Schott  in 
Striisslnirg  kornite  ein  Jahr  nach  Heyn  lins  Al)gang.  1488, 
rühmen,  dass  es  ^bene  et  firmiter  institutum'^  sei,  so  dasi 
(^eiler  (den  man  damals  nach  Basel  ziehen  wollte)  sein 
Talent  lieber  der  Stadt  Stnissburg  erhalten  solle,  w^'  ^^ 
weit  nötiger  sei.  *) 

Die  Huuptpflicht  des  Dompredigers  bestand  darin,  am 
Sonntag,  Montag,  Mittwoch  und  Freitiig  dös  Wort  H  ^ 
dem  Volke  zw  verkünden.  Für  die  drei  übrigen  Wochei  ,  _:. 
konnte  er  sich  im  Adveut  und  in  den  Fasten  von  dem  tnr 
Predigtaushilfe  am  Münster  besteHten  Stipendiaten  der  Miir- 
gureta  ßrand-Lostorfin-Stiftung  vertreten  lassen.^)  Aber  ^der 
h(jcligelerte  Herr  Johannss  Heinlin  de  Lapide,  Doctor  iiH 
Burg'',  wie  er  damals  genannt  wurde/)  verschmähte  dies«^ 
Hilfe;  er  hat,  wie  seine  Predigthandschriften  erweisen,  :^'>- 
u'ohl  iui  Advent  wie  in  der  Fastenzeit  der  Jahre  1484  K>. 
1485/86  und  1486/87  Tag  fiir  Tag  selber  geiiredigt.")    Mit 


^)  Job.  BcnJOulU   t  56, 

')  Joh.  Bern,   155, 

•}  Job,  Bcni.   162. 

*)  Petei  Schott,  LucubnitiQninilsfrp  fal.  81  (Strasib,   1498). 

*)  Joh.  Bcni.  I55/S<^. 

*^i  Vergicbtbucli   £um  28.  September  i486,  s.  Sieblin  Rcgc&len  u 
schiebte   des   dtsch.  Buchdrucks   No.  41)3   (im   Archiv   für  Gesch.   des   dts 
BuchhAhdcIs   1888,  Bd.  it  S.  73). 

^)  Auch  1477  ii»<^  M7**'  a^*  *=»■  Textoris  vertrat,  predigte  er  tAglid 
(10— ji.  m.  77.  Pr.  II  47—66  und  4.  U.  — 11,  lU,  78,  Pr.  lU  243'— 26 
Pr.  n,  25  —  28).  Im  Advent  1484:  J2,  1485:  33,  1486;  MJ  Frcdigten,  hk 
bei  sind  die  Predigten  vom  2,  und  3.  Weihniichtsfeicrtiig»  sowie  %*on  N4 
jiihr  und  Epipbanm  mitcingercchucL  (Pr.  V,  fol,  i  — 18,  78 — 100*,  17; 
192*)  In  der  Quadragesima  »485:  40,  1480:  42,  1487:  40  Predigten»  je 
mal  von  Aschermittwoch  bis  Palmarum,  dazu  kommt  in  ntleu  3  Jahren  nq 


Joh&mics  llcyulin  uns  Steio, 


-'75 


Ion  beiden  Abschnitten  des  Kirchenjahres,   wo  er  täglich 
nnch^  ist  aber  auch  seine  Haupttätigkeit  als  Domprediger 
Erschöpft  Vi    Ausser  in  ihnen  predigte  er  mit  Regelmässig- 
leit  nur  noch  in  der   kurzen  Zeit  von  Pfingsten  bis  Fron- 
leichnam.*)  Sonst  hat  er  in  diesen  3  Jakren  (die  sich  hin- 
ichtlich    der  Predigt   überhaupt   älmeln),    so    gut  wie   gar 
wne  Predigten  „de  tempore'^  gehalten,  oder  höchstens  bei 
begionderen  Anlasaen,  und  auch  die  verhältnismässig  wenigen 
[eiligen predigten  tragen  durchaus  den  Charakter  des  Ausser- 
[>wöhnlichen  und  Freiwilligen.   Doch  ist  zu  bemerken,  dass 
Ir  keines  der  sechs  grossen  Marienfeste  vorübergehen  liess, 
»hiie  selbst  zu  predig^^n  dliese  Piedigten  zeichnen  sich  auch 
durch   ihre    Ijänge   aus)**)  und   auch   an   den  Tagen  Jacobi, 
Bartholomaei,    Matthaei,    Michaelis,    Simonis   und    Jndae, 
Audreae.  Allerheiligen  predigte  er  alljährlieh.*)    Das  regel- 
mässige Predigen  in    der   Zeit   von  Fronleichnam    bis   zum 
Adventj  von  Epiphanias  bis  zum  Beginn  der  grossen  Fakten- 
Keil  und  von  Ostern  bis  Pfingsten  blieb  wahrscheinlich  dem 
Hplel>anns    des    Münsters    überlassen,    dessen    Amt    1471    zur 
Hjkttshilfe    für    den    Prädi kanten    geschaffen    worden    war.*) 
Immerhin    hat    Heyniin    in    diesen    drei    Abschnitten    des 
kirchenjahres    auch    ausser    den    erwähnten    Predigten    de 
uictis    noch    gelegentlich*    sei   es  am    Münster,    sei    es   an 
ideren  Kirchen   Basels   oder   auch    in   Ortscliaften    in   der 
Iahe  der  Stadt  bei  besonderen  Anlässen  auf  Bitten  der  be- 
?iligten  Personen  gepredigt  So  in  dem  im  weit  Basel  gele- 
genen Heffenlieimf  bei  der  Kirchweih  und  am  Reraigiustage 


cme  Predigt   am  Karfrcitajj,    Ostei^i^niilag   und  Ostermontag.    (Pr.   V,  fol. 

2 — 51'  und  52 — 55;  104' — ij2*und  I3i^i37\  203'— 243  tmd  242' ittid  2$i|, 

^)  Vom   35»  Mai   bU  30»  November   1486    sind  z.  B*    nnr   tb  Predigten 

Drhanden   (fol.    144  —  172"),    vom    2.  Juui   h\&    27.  November  1485    nur    ij 

Ol.  S» -77% 

*)  Nämlich  am  Pliugstsonntag,  Pringsimoutag,  Trinilatis  und  Froiilckh- 
«tarn.  1485:  fol.  56^ — 38.  i486:  fol.  142—143'  (Die  beiden  ersten  fehlen  In 
ijicsero  Jahre)    1487:  foU  234* — 259. 

3j  z.  B,  Puritkatioiiis  1487  12  Seiten  (Pr*  V,  t93'  ^h)  Purifuiit.  1486 
S  Seiten  (fol.   101  ss)   Visiutionis   i486  8  Seiten  (fol.   147*  »is). 

*|  Andere  Heiligentage,   für   die   auch   aus   lillen   drei  Jalirc»,»  Predigten 
sind,  gehören  nicht  hierher,  da  sie  in  die  AdveuU-  oder  Frtstcn?,c»t  faHcn. 
^}  Joh.  Bern.   154,   158  ff.  Wack,   196. 


276  Max  Hossfcld. 

1485.  «25.  September  und  1.  Oktober,  Remigius  war  der 
Patron  der  Kirchei.  Ferner  bei  den  Nonnen  der  Angosta 
vallis  in  Miuitz  (Muttern  bei  Basel)  «anf  Bitten  des  Doktor 
zum  Lufft"  (21.  Juli  1486).  In  Muttenz  hatte  Heynlin  schon 
vor  10  Jahren  einmal  gepredigt.'»  Der  Doktor  zum  Laßt 
kann  niemand  anders  sein  als  der  im  Jahre  1485  als  Mit- 
glied der  juristischen  Fakultät  in  Basel  genannte  Dr.  Arnold 
zum  Lufft.  Offizial,  und  seit  1506  Vizekanzler  des  Bischok 
eine  Neffe  des  1474  gestorbenen  Dr.  decret  Peter  zem  Lnßr. 
des  ersten  Dekans  der  juridischen  Fakultät.*)  Arnold,  eiu 
Freund  Sebast.  Brants*^)  und  offenbar  ein  Verehrer  unseres 
Predigers,  war  Domherr  am  Basler  Münster  und  gehörte 
als  solcher  zu  den  nahen  Bekannten  Hejiilins. 

Auch  an  SLLeonhard  in  Basel  predigte  Heynlin  noch 
gelegentlich;  zweimal  am  Bartholomäustage  (1485  ^in  patn>- 
cinio"^  und  1486),  und  einmal  am  Tage  des  heiligen  Leon- 
hard  selbst  (6.  November  1485).  Als  besondere  Anlässe,  bei 
denen  Heynlin  im  Minister  predigte,  seien  genannt:  die 
Kirch  weih  dl.  Oktober  1485  und  i486,  er  nennt  sie  die 
kalt  kilchwyh),  das  am  Tage  Gervasii  und  Prothasii  (19. 
Juni)  gefeierte  festum  sacri  sanguinis  (so  schreibt  er  1485) 
odor  festum  vf^nerationis  sanguinis  miraculosi  (so  i486',  die 
Bokelinmg  eines  Juden  (Trinitatis  1486\  die  Fertigstellung 
f  iner  neuen  Kanzel  im  Münster  (2.  Februar  1486 1,  die  Auf- 
hebung dos  über  Basel  verhängten  Interdikts  i23.  Januar 
148B',  der  grosse  Ablass  für  die  beiden  Spitäler  Basels  (24. 
Februar  1485»  und  endlich  eine  Prozession  zum  Heile  df's 
Herzog  Sigmund  von  Tirol*;  und  der  unter  ihm  gegt^ii 
Venedig   kämpfenden    Baseler  Hilfstruppon    16.  Juni    1487. 

Wir  wollen  uns  jedoch  an  dieser  Stelle  nicht  länger 
mit  Heynlins  Predigten  selbst  beschäftigen,  sondern  eiu^^n 
Augenblick  vor  dem  Bauwerk  stehen  bleiben,  von  d»Mii 
herab   (t   sie»   gesprochen  hat.   der  Kanzd  des  Basler  Mihi- 


M   s.  oben   S.  169. 

^)   Visch,   244  5  und  232,  238. 

3)  Ch.  Schm.  I,   197. 

•)  Heynlin  schreibt  nur  dux  Austriae.  Seit  1477  war  Sigmund  von 
Tirol  Erzherzoj^  von  Ocsterreich  (A.  D.  B.  34,  286).  Uebcr  den  Krieg  toa 
Venedig  s.  Heinr.  Leo,  Gesch.  v.  Italien  III,   191. 


itii^,  derön  Betmelitiing  uns  Gediegenheit  geben  iJv'ird,   <lie 
riiiming  de»  ProdigLTS  selber  in  einer  neuen  Beleuchtung 
fkenn»n*    zu    lernen.     Diene  Kanzel,    die    erste   gteinerne    im 
Basier   Mtinst-er*)^   die  auch    hfaiU?   noch    im   Gebmueh  ist, 
^war  kurz  nach  Heynliris  Bemfung  iin  Ltuife  des  Jahres  1485 
nach    einem    EntiiiTirfe    de«    Müusterbauuieisters    Haus   von 
Juäiidorf  fertiggestellt  wordtm*);   es  ist  ein  schönes  Prunk- 
Ick  «piitgotischer  OruamentJiunst^f.    wenn  auch   nicht  so 
[priirhttg,    wi»?    ihr«    etwa   gleichzeitig   erl>atite  Strassbnrger 
lS<^hwe«»ter.    Wie  diese  lur  Geiler  von  Kaysersherg  errichtet 
rartlen  war^  so  bot  auch  in  Basel  zweifellos  die  Berufung 
\flt*H   berühmten  Heynlin   ilen  Ardass  zur   Herstellung   einer 
IwÜiHÜgen   neuen   Kanzel:   gerade  im   Jahrgang  1484/85   ist 
mm    ersten  Male    urkundlich  von   dem   «Predigtstuhl"    die 
le,*)    Den    mit  Masswerk    ganz    überzogenen    Bchlanken 
LÖrper  des  Bauwerks  schliosst  oben  unter  dem  (ipsims  ein 
lieniuihiulVn»der  Fries  ab,   auf  dem   man    figiUiiehe   Darstel- 
lungen und  dazwischen  Spruchbänder  erblickt   Es  kam  im 
Mittefultfr   nur   selten  vor^   dass    man   i"abg«*sehen  von  Stif* 
tungsnotizeni  an  Kanzeln   Inschriften   anbrachte ^i^   hier  für 
Jasel  kennen  wir  den  Kopf^  der  auf  diesen  Gedanken  kam, 
war  He^^mlin.    In   eimim    seiner  Predigürianuskripte   hat 
t»r  die  Spnlche   und  Bilder  selbst  angegeben/)  die  aitf  die 
Lanzel  kommen  sollten,  und  die  Hich  in  der  Tat  auch  dort 


*l  1«  Bettrngc  lur   <.n..><^u.    da   Ba*lcr  Mviustcr»  III,    08**5)    l^a  Roche, 
^dam  Miottcr  vor  tmd  &ach  dem  Erdbeben  S.  42. 

^  SteliUn,  Karl»    Da« geschieht c  des  Mihi&lcrs    im  Mittelalter,  S.    161  — 
0tt  BAitgeseh.    de^  B.isler  Mtitisters,    hsg.  vom    Basiter  Miiiisicrbauverelri 

>)  Efnt  |*ti(e  fhotoi^mphit  tu  tlcr  Bibliothek  des  Ivunstj^ewi-rbcmufeums 
Berlin«  Miippe  2;S;  die  Zeichnung;  ntif  Tafel  VII  bei  Stchtm  iit  sehr  kteiti. 
^1  Fübrikrrchunngeu  de«  Münfiters,  Stehlin   i6z. 

■)  Oue.   Handiturh  der  Uirchl.  KuusUirchÄoIogie  I,  452,    (5.  AuA,  iSS^) 
»S«  Stiftun|(«outt£  fehlt  auch  in  Basel  nicht:  am  Fimse  der  ICiitucI  ifl  A.D. 
14^6  eiti|*cmri»6e1t.  (Stehlin  160, 

^  l*r.  1,  &S*.  Die  Aofieichnung  beginnt:    »»OrdinAvi  pro  arobonc  Bosi« 
1'*    Abdruck   l^i  I^  Kc*khe    S.  43    |  L.  R«    la^4l    hinter  ,,^ml)onem**    Sit 
}Sq€U  »,erckiie  »mion*  BjASilSensi»*^    »iisj    Etwa»  Achidiches   »iiml    Heynlifm 
MIO  Bibelkprücben    fiir    ein   silbernes  ICreit;;    in  Baden.   (».  ebenda) 
die  Obvn    S,    _'1j,   /jlirrtrti    Rrunr    Hr  v  iiTm^    :n    rlfii    WaTwliiialppeicil 


Bftd««»'  %t;^1 


278  Max  Hossfeld. 

eii)gemeisselt  finden.    Es  sind   fünf  lateinische  Bibelstellen, 
deren  Auswahl  für  Heynlin  höchst  bezeichnend   ist.    Zwei 
sind  für  den  Prediger  und  drei  für  die  Zuhörer  bestimmt. 
„Rufe  getrost,  schone  nicht  (Jesaj.  68,  1)  und  ^die  da  sün- 
digen, die  strafe!"   (1.  Timoth.  6,  20),   so  mahnt  er  sich  an 
seine   eigene  Pflicht.    Und   dem  Volke  ruft  er  zu:    „Höret, 
ihr  Tauben",  „und  schauet  her,  ihr  Blinden**  (Jesajas  42,  18) 
„denn    der  Tag   des  Herrn    ist   nahe!**    (Joel  1,   16.)    Dazu 
wählte  er  entsprechende  bildliche  Darstellungen,   warnende 
Hände,    das  Gesicht  eines  Apostels  und  das  Antlitz  eines 
Blinden,  und  in  der  Mitte  der  Kanzel  sieht  man  den  Teufel, 
wie  er  als  Höllenschreiber  mit  einem  Stift  auf  eine  Rolle 
notiert,  was  die  Menschen  Böses  getan  haben. ')  Diese  Skulp- 
turen befinden  sich  am  Fuss  der  Kanzel.  Noch  mehr  inter- 
essiert aber  der  Pries  derselben.    Hier  sieht  man  zwischen 
Laubwerk   und  einem  Spruchband  die  eindrucksvollen  Ge- 
stalten   eines  Mannes    mit   breitkrempigem   Hute    und  mit 
sorgenvollen  Zügen  und  ihm   gegenüber  ein  Totengerippe, 
das  den  Finger  vor  ihm  erhebt  und  zu  ihm  zu  reden  scheint 
Auf  dem  Bande  aber  liest  man  die  Worte:   „Stand  auf  yer 
toten,  kommet  vür  Gericht!'*  und  den  bedeutenden  Zusatz: 
^Du    must   auch  hervür!*^     Ohne  Zweifel  ist   nun    mit  dem 
Manne  im  Hut  der  Prediger  selbst  gemeint.  Warnend  erhebt 
er  von  der  Kanzel  seine  Stimme  und  erinnert  an  den  Tag 
des  jüngsten  Gerichts,    an  dem  die  Toten   ihr  Urteil  hören 
werden,  wie  Heynlin  das  ja  so  oft  zu  tun  pflegte,*)  aber  der 
Tote  fällt  ihm  höhnisch  in  die  Rode:  „Du  mustauch  hervür!*" 
und  mahnt  ihn  daran,  dass  der,  der  hier  den  Sittenrichter  ül)er 
die   andern   spielt,    an  jenem  Tage  ebensowenig  verschont 
worden  wird  wie  sie.*)  Das  ist  ein  Gedanke,  den  die  Toten- 


^)  La  Roche  S.  44  (nach  Fechter,  das  Münster  zu  Basel,  S.  25.  (Xco- 
Jahrsblatt  für  Basels  Jugend   1850). 

«)  s.  S.   181. 

')  So  legt  La  Roche  wohl  mit  Recht  Worte  und  Bilder  aus.  Man 
kr>iinte  auch  denken,  der  fromme  Baumeister  oder  Steinmetz  habe  in  den 
Kopf  mit  dem  grossen  Hut  sich  selbst  darstellen  wolleu,  doch  haben  beide 
sich  schon  am  Fuss  der  Kanzel  mit  je  einem  Porträtkopfe  bedacht.  (Stehlm 
i()f;/6.  Es  ist  also  sehr  wahrscheinlich,  dass  wir  in  dem  Kopf  mit  den  mar* 
kanten  Zügen  und  dem  grossen  Hut  (s.  die  Abbildung  bei  La  Roche,  Tafd 
VIII)  ein  Porträt  Heynlins  vor  uns  haben. 


Joliannc«  Heyniio  aas  Stein. 


27Q 


tanze  jener  Zeit^)  gern  zum  Ausdruck  bringöu.  imd  den 
sich  auch  Heynlin  durch  die  oft  wiederliolte  Fordeniug,  der 
Prediger  mü*j8e  vor  alleui  selbst  untadelig  sein,  selber  häufig 
vorgehalten  hat.  Bilder  und  Sprüche  verdienen  wohl  unsere 
Beachtung,  sie  werfen  ein  Schlaglicht  auf  die  Gesinnung 
unseres  Predigers,  und  indem  sie  uns  erkennen  lassen,  wie 
streng  er  auch  mit  sich  selber  zu  (Berichte  ging,  helfen  sie 
uns  schon  den  letzten  Wendepunkt  in  seiner  Laufbahn  ver- 
stehen, seinen  Eintritt  ins  Kloster.  Doch  noch  lialien  wir 
diesen  Abschluss  seines  ^Weltlebens**  nicht  erreicht  und 
ehe  wir  den  Mönch  kennen  lernen,  verweilen  wir  noch 
kurze  Zeit  l>ei  dem  Gelehrten. 

Trotz  seiner  volkstümlichen  Pre<ligttätigkeit  hatte  Heyn- 
lin nichts  von  seinem  Rufe  als  Gelehrter  eingebüsst  Als 
im  Jahre  1485  der  Stadt  Basel  zu  gunsten  des  Spitals  und 
der  Elenden  Herberge  ein  römischer  Ablass  gegeben  wurde 
und  es  sich  heraunstellte,  dass  die  Fassung  der  Absolutions- 
hnlle  Zweifel  darüber  bestehen  liess,  in  welchen  Fallen  die 
■Absolution  nicht  den  Beichtvätern  zustehen,  sondern  dem 
^leiligen  Stuhle  vorbehalten  bleiben  sollte,  wandte  man  sich 
ün  drei  SacbverstÄndige  mit  der  Bitti?  \im  ihr  Gutachten, 
^Bamlich  den  Ordinarius  <li»r  theologischen  Fakultät  Dr.  Jo- 
Spannes  Syber.  den  pater  lector  ac  predicans  apud  Minores 
^nind  den  Dr.  Johannes  de  Lapitle,  ein  Beweis,  dass  dieser 
auch  jetzt  noch  als  eine  Autorität  auf  theologischem  Gebiete 

Rlt^*i  Zur  Basler  Universität   stand  Hejailin    freilich   muh 
ch  1484  in  keinem  engeren  Verhältnis.  Nichtsdestoweniger 
war  er  damals   wie  schon   in   den  Jahren    1474—1478  der 
;eisfeige  Mittelpunkt  eines  Kreises   trefflicher  Männer,    die 
der  Universität  oder  sonst  in  literarischer  Weise  wirkten.^» 


*)  j£,  B.   der  oben  S.  239    erwähnte  Basier  TotciitaTijf,    in  dem  sich  der 
LÜDstlcr  fielbit  zusammen  mit  dem  Tod  abgebildet  hat. 

^  s.  Wack.  25;.    Hev-ntin  haUc    hier  aUo    eine  aholkhe  Aufgabe    wie 
Sn&t  iu  Bern  1478*  s.  S.  2to.    üebrigens  halfen   die  3  GutaL^htcß   /u  keiner 
rhcit,    wsLü  aber  weni^r  an  ihnen    als  an  den  Baslcrn  lagt    welche  einen 
Verzicht  de»  Papstes  auf  die  Reservationen  überhaupt  erlangen  wollten,    itnd 
«itcse  Interpretation    in  den  Aeussenitigeu    der  Theologen    nicht    fanden,  (s, 

Kr>cfc.  I.  c.) 

^r        Jj  Viscb«  165;  Zam,  XXI,   Anmerkung;  L.  Geiger,    Kenaiss.  und  Huma- 
DUiDUS  416;  Bern.  FceL  227. 


28ö 


Max  Hossfeld. 


Eine  Anzahl  von  ihnen  fand  schon  gelegentlich  Envälinauot, 
so  der  Domprediger  Wilhi*lni  Textoris,  der  eben  gonaniit«^ 
Syber,  der  Theologe  Jakob  Philippi,  die  späteren  Beruliini' 
heiten  ersten  Ranges  Johano  Reuchlin,  Seliastian  Brant  imA 
Johannes  Geiler^  der  Buchdnicker  Johann  Aiuorbaf-h  mt\ 
der  Theologt^  Ulrich  Snrgant,  die  Jurist-en  Ppter  von  Atidlaw 
und  Job.  Matthias  von  Gengenbach:  wir  fügen  noch  hinam 
die  Domherrn  Bernhard  Oiglin  ♦Offizial)^  Adalbert  von  Kot- 
berg (Dekan u  Dr.  Arnold  zeni  Lnift't  und  Hnrtmann  von  Ep* 
tingen.  den  Conrad  Celtes  1494  hier  in  Ba^ol  besuchte,  sout« 
den  späteren  Bischof  von  Basel,  Christoph  von  Utenheitn; 
auch  die  Humauisten  Peter  Schott^  Jakob  AVimj>feling  und 
Rudolf  Agrikola»  sowie  der  Sponheimer  Abt  Tri th ein  in  -  ^ 
der  nachmalige  Freiburger  Kartäuserprior  Gregor  i^ 
und  noch  manche  andere  reclinen  zu  diesem  Kreise,  üataf 
ihnen  allen  nahm  Heynlin  eine  hochgeachtete  SteUiuig  nml 
lajige  Zeit  die  Rolle  des  Fuhrers  ein.  Eine  ganze  Anzahl 
von  ihnen  kannton  ja  d^i  Dokt4)r  von  Stein  schon  von 
seinem  ersten  Basler  Aufenthalte  her,  so  And  lau,  Textorii, 
Philippi.  (Tengenbach^  Surgant  und  Syber.  und  hatten  »ich 
ihm  schon  damals  angeschlossen j^)  Philippi  und  Surgam 
waren  ihm  dann  nach  Paris  gefolgt,  wo  u.  a.  Reuchlin, 
Agrikola  tmd  AmerbacJi  seine  Schüler  waren.  Mit  sämr- 
liehen  Gt*nannten  hat  Heynlin  seit  seiner  üebersiedelaag 
nach  Basel  (1474)  verkehrt.  Freilich  nicht  mit  allen  gleich 
lange  und  gleich  häufig.  I48l)  starb  And  lau/)  1480  G 
bach/'^l  ihm  ging  schon  1485  der  erst  42jährige  Agiuv.Mi 
voran/ f  der  im  Mai  dieses  Jahres»  Heynlin  vermutlich  zum 
letzten  Male  gesehen  hatte/)  Andere  verliessen  Basel  nftch 
kürzerer  Zeit^  um  an  anderen  Orten  zu  wirken,  «o  Geii»^r 
(seit    1471    in    Basel  ,     der    Anfang    1470    nnrli    Frt*ibnr£// 


*)  H.  S.  83-89. 
^)  Hürb,   105  utid   r04  A.   1. 
'»)  Visch.   18», 

*)  Ulyssc  Chevalier,  Repertoire  I,  7O  (1903), 
^)  Er  reiBte  damali  mit  Diilberg  von  Heidelberg  nach  ttalteu,  ;i1so  döA 
wobt  über  Basel. 
**)  s.  S.  267. 


JciliÄRnes  Heyulfo  ain  Sicin. 


2S1 


K<'utlilin.  d».^r  Ende  147G  nack  FmnkreiehS  und  Toxtoris, 
der  Ende  1478  nach  Aachen  ging.*)  üt?brigens  Wdeiitetvn 
diese  Uebersie dehingen  keineswegs  ein  Anfhören  des  Ver- 
kehrs zwischen  den  Freunden.*;  Am  längsten  bh'eben  Brant^ 
Syber.  Siirgant,  Philip] d  uiitl  Oiglin  in  Basel,  sie  alle  haben 
Hevhlin  überlebt  Mit  Sijhet\,  der  lange  Zeit  hindnrch  nnd 
zeitweilig  ganz  allein  Professur  der  Therdcjgie  an  der  Uni- 
versität  war,  hat  doli,  de  Lapide  in  Wissenschaft lichoni  Ver- 
kehr gestanden,  er  bewahrte  in  seinen  Mannskripten  eine 
von  8yber  behandelte  von  1486  datierte  therdogische  F'rage 
aut^)  Auch  einige  Quaestionen  Philippls  finden  sich  in  Heyn- 
1  ins  Handschriften y*)  sie  sind  von  14G7  <latiert  und  Btaoimen 
jni8  der  Pariser  Zeit»  Philipp!,  der  schon  1470  wieder  nach 
Btisei  zurückgekehrt  war'S  und  liier  vor  1494  Leutpriester 
am  Münster»  also  Heynlins  nächster  Kollege  war,  ist  der 
■Vorfasser  eines  Reforniatorium  \ntae  niornnique  et  fionestatis 
^Bclericornm.  zu  <lera  auch  Seb.  Brant  einen  Brief  beisteuerte^ 
Hund  das  1494  erschien. ')  Diost?  Reform  sc  hrift  enthält  manche 
Aehnlichkeiten    mit    Heynlins   Epistola   de   tiualitate    sacer- 

kdotis  und  Andla\is  Tractatus  de  canonica  clericoruni  secn- 
lariuni  vita  und  mag  vim  diesen  Vorgängern  inspiriert  sein, 
\  Joh.  Ulrich  Surgant  ist  der  Verfasser  eines  bekannten 
•  und  seit  1503  oft  aufgelegten  honnleti sehen  Handbuches 
(Manuale  caratorium  praedicandi  praebens  üiodumi,  das  in 
Beinen  Vorschriften  und  Ratschlägen  vielfach  mit  dem  über- 
eiBBtimmt,  was  Heynlin  in  der  Praxis  übte.**)   Stirgant  war 

«)  Geig,  R.  14. 

*)  Fromm.  154. 

^)  vgl.  S.  266,  316—318. 

*|  DUp.  fol.  84  ,,(JUGiitio  (faeologiealiä  a&signalA   per  eximiuni  dömitiUfii 
[«acre  pn^itie  doctorem  magi>tfiim  Jo.  Sibcr   14 86." 

*)  Vorl.  fol.  212—217'. 

••j  Zcutralblatt  fiir  Bibliothek&w.  Ill,   J56  (K.  Stciff,    Bcitr»|^   zur  üUc- 
sleo   Bdcbdruckergcscfiichte).    Jakob  de  Kilcheo   (Kircbeo)   ist   identisch   mit 
I  Jak.  Pbilippt  6.  Prot.  15,  320. 

7)  R.  Procior,  Iudex  Bril.  Mus,  7724.    U  ScbiilM  in  Prot.    I  $»   Jl^)  — 

*)  Surgjuit  empficbU  /.  B.  für  die  äu&serc  Gestalt  der  Predigt  den  Modus 
Heyniius.  „Et  «tc  vidi  vulerUCü  diKion:«  scrvare**,   schreibt  er  nach  der  Auf- 
zählung der  Glieder  der  Prcdißl  ^vgl    oheu  S.  179  A.  l)  ^.etUm  pnieceptore^ 
^&,  quoru»ii  tinus»  fuit  doctor  Jobanries  bcnlia  de  lapide,  cmmikus  ei  prae- 


Mas  Ho»feld. 


lange  Jahre  hindurch  Pfarrer  an  St  Theodor  in  Klein-Bn^i 
wo  ja  auch  Heyn  1  in  anfangs  mehrfach  gepredigt  hat.')  IHe 
Ausübung  des  Prt^digtamt'es  hig  beiden  Männern  besondt^is 
am  Herzen  und  stand  auch  im  Vordergrunde  ihres  M»^i- 
nangsaustauschos^  wovon  eich  ein  kleiner  Beweis  in  Form 
eines  von  Surgant  geschriebenen  Zi*tt4>!s  erhalten  hn"  ' 
eine  Fonnel  für  die  Verkün*ligung  der  Feste  und  die 
liehen  Gebete  in  deutscher  Sprach©  sowie  eine  von  dem 
Dominikaner  Heinrli^b  Nolt  gebrauchte  Formel  für  die  Ein- 
leitung lateinischer  Sermone  enthält,  und  den  er  Hej^ilin 
überreichte;  er  befindet  sich  in  dessen  Predigtmannskripteu.- 
—  Bernhard  Oiglin,  ein  angesehener  Jurist,  Vikar  des  Bischok 
Vizekanzler  und  viermal  Rektor  der  Universität,  mus»  pin 
warmer  Verehrer  He^^nlins  gewesen  sein,  denn  nach  deasen 
Tode  wurde  behauptet,  Oiglin  habe  die  Errichtung  eines 
Denksteins  für  den  Doktor  de  Lapide  betrieben.^)  Am  näch- 
ste u  von  allen  Männern  jenes  Basler  Kreises  stand  dieseir, 
jedoch  der  Verfasser  des  Narrenschiffes,  Sebasiian  Brant 
Braut  wohnte  seit  »lern  Winter  1475/7*>  in  Basel,  macbtt» 
hier  seine  ganze  Smdienlauflmhn  durch  und  schloss  sich 
frühzeitig  an  den  etwa  25  Jahre  älteren  Heyiilin,  seiDeu 
„geliebten  Doktor^,  seinen  ^ Vater  Lapidanua*  an.  Niein>ui(l 
hatte  grösseren  Einfhiss  auf  ihn  als  dieser,*»  und  viele  Zag*\ 
die  für  Heynlin  charakteristisch  sind,  kennzeichnen  zugleich 
auch  Brant,  so  vor  allem  der  Humanismus,  die  konservativ- 
kirchliche  Gesinnung^  daß  Predigen  und  Mahnen  twas  im 
Narrenschilf  mindestens  so  stark  zur  CToltiing  koinnit,  wi»? 
der  Humor)  und  noch  manche  Aehnlichkeiten  im  kleinen* 
Im  Verlauf  unserer  Erzählung  werden  Brants  und  He^n- 
lins  Beziehungen    noch   wiederholt    zur   Sprache    kommeB. 


dieaiis  mnioris  ccclcsic  ba&üiensis,  doctor  theologu*  parisien&is  ctc,  .  .  .*• 
(Buch  1.  coniidcratio  12,  Ausg,  Straisb,  1506,  fotii).  Vgl.  aacb.  Tab.  thtal 
^>iuirtäUicbrift  Bd.  44,  1862^  S.  SOQ  (Kerker,  Die  Predigt  in  der  leuteu  Zeit 
des  Mittebllers  usw.).  Ferner  über  Surgant   uiiier  aodereu  Wack.   197—100* 

»)  s.  oben  S.  167,  169,   194. 

t)  Pr,  I,  foL  9<)  und  100.  H.  Nok.  1471  Dr,  tiod  ord.  Profet&or  tfcr 
Theologie  in  Baset,  starb  im  Frühjahr  1474.  (Vischcr  21S,  220). 

»I  Ba,  Chr.  I,  346. 

*)  Ch,  Schm.  I,  19a. 


^hen  wir  ntm^  nachdem  wir  Heyuli» s  Freundeskreis  kennen 
^lenit  liabt*n,  z  _>»lehrteD  TÄtigkeit  üb-?n 

AI*  düf  Duk:  .    ^ 1^  . .         -_  um  das  Jahr  1472  vt>u 

Dmckerei,  di©  er  mit  AVilb-  Fichet  zusammen   in  der 

jrtKitirt^  i'iiigerichtet  hatte,  zorOckzog.  hatte  er  seine  T.^t-- 

^it    als  Herausgeber  keinesi»*egs   abgeschloss<?n.    Si*>  suiht* 

Basel  öine  nur  lun  so  nachhaltigere  Fortsetziing  finden* 

^n  ünton$chiod  besteht  freilich  darin.  das5   die  gelehrten 

f»^        '      r  nicht  mehr  Besitzer  der  Presi^e  sind,  wie 

an.m,  sondern  nur  noch  Helfer  und  Berater 

Buchdrucker   selbst«    und  dasa   die  Druckerei    hier   als 

g  «ehes  unternehmen  betrieben  wird,  während  sie 

dti   .^wi.i.^ane  sozusagen    eine  grossartige  geh*hrte  Lieb- 

^brret  gewesen  w^ar.    Der  Buchdrucker,  dem  sich  Hey  nun 

allem   anachloas.    war   sein    Pariser    ächüler   Johannes 

ich.  Dieser  war  wahrscheinlich  gleichzeitig  mit  Heynlin 

aohlin    von    Pariö   aufgebrochen    und    errichtete    in 

jsl  im  Jahre  1475  oder  wenig  später  eine  eigene  Dmckert  i 

bald  eino  der  bf^deutendsten   in  Basel  wurde.     1478  er- 

lien  der  en^te  datierte  Druck, ')  ein  Werk  Joh.  Eeuehlin8, 

pn    BrevUoquus    genanntes    lateinisches  Wörterbuch,    das 

1475  in  Basel    geschrieben    hatte    und    das   er  als    eine 

*         iner  Pariser  Studien  bezeichnet,-)  Als  Zugabe  befand 

111  eiüe  kleine  Abhandlung  über  die  Interpunktion, 

Heynlin  ssum  Verfasser  hat.^)  Dieser  ist  nun  fortan  bis 

ietnem    Tode     der    ständige     Ratgeber   Amerbachs    ge- 

Bu^^)   und   hat  dabei   auf  dit^  Auswalil  wie   auf  die  Her- 


*)  Bern.  BSch,  XIV.    Vielleicbl   wt   »neb  cio  itii  Jakr  147Ö  gcbörißcr 
ck  auf  Amcrbadu  Preise  bcrvorgcgAagwi.  Es  Ut  die  Uutiia  coiitra  Tor- 
fot  At%   14H0   (rettöfbeaen  Prion   der  Basler  ICArtaui^e    Hcmridi  Aniold  von 
■■■ie%   de    Fraticc  [,    Xo.  13^2.)    Eintt   Antab]   und»- 
beifilicb  vor   147^  su  setiec, 
*^  5.  seioe  ob.  S.  142  »liierte  Vorrtttc  «u  den  Rtidiiti?QU  bebr*tai. 
*^  Dte»elb«,  die  er  «cboD    1471   in  pAns  us  die  Aiisgabe  von  G;ispariiu 
bogrBpbiA   ein|;eschobrn   batto;    t.   oben   S.   128.     Lieber   dieseiu   übrigens 
imtvT    nr^iiliiifi    Kimeuä    gedniirktco    {Ijtipr'tg   t^i^})    Dialogtiii    de  arte 
Ij  uud  »eine  tihirdcben  Drucke  vgL  dci  Vcriiisiers  Anf^-^tz    fra  Z«n* 
fttl  fiir  Bibliotbekt Wesen  1908,  April, 

*)  Von   147S — 1484  wobnie   HeynUo    xsuxt  nicbt   in   E««^«.«,    >>irt.,    iloi  u 
kt  fem  djivon  «iid  iltierdie«  b»!  er  »tcb  wübreud  dieser  J^bre  ii]i<:bwcislicb 

BftOcf  ZeHscIir.  f.  GcKb.  und  Altertum,    VIJ.  2.  IS 


^'.^,.z.zz  -r:r  BV.hr-r.  die  ■:■»*=***  Presse  ^•jrli-rsees-  ^in^z. 
'^■^*^'L.r\W:i^z;  EiüflaÄs  gr-Litr.  HTr^::  wir  hierib^r  xmJkl« 
::-:  Kartaarfrrchronik: 

<?*  knd'j'triri  vrr.^rabilis  ac  pI'irLiiL:in  iL'>n*?rtti  vir  magister 
J'/Tia-Mi-rs  Ämor^ßarhiu^  non  me^fi>Trit'>r  ciA-m^m:«  boQ.^:«  Imeru 
Js  pr^i'^icipH'^  sacras  p^r  aa-e-m  cälcognohiie  ci^epit  vehe- 
.-irrrit^r  maiti plicata«?  in  tnagnam  profecrazi  ort)  is  Chrisriani 
'•vriigar^r.  prirnum  ab  op^rihns  ?.#('/j>i*.  «ieinde  ^mirosMNi.«. 
Augu.^'niianii^  Gr^fßorvinis  •ti  tan-iem  Hiersn^möiHi^  hoc 
'riiiia  qnaraor  doctores  specialiter  a  se  veneracos  intenJebAt 
pro  utilirate  tot  ins  ecelesiae  studi^-^sis^ime  o>mp»>rtat«>3  et 
♦  rnendaro.s  ^-iniiter«^  magnam  sibi  laadem  ao  posteris  5uis 
ijorneii  ac^jnirendo.  Ad  quod  prrfid»rndHm  idem  doctor  saepf 
cokoriati'y  est  eundem.  ac  «juoad  salva  ordinis  cansaetadiBe 
«rt  officio  diviiio  licnit.  corrigendo.  oincellando^  distinffuendo 
fJc.  javit  eundem'  usw.'  Wie  eiost  in  Paris,  so  half  Heralin 
also  ancli  hier  einen  richtigen  und  gereinigten  Text  her- 
stellen, der.  wie  wir  hinzufügen  dürfen,  durch  den  Vergleich 
vieler  Handschriften  gewonnen  ^\"Tlrde,-)  und  was  wichtiger 
ist.  er  leitete  Amerbach  in  der  AVahl  der  Bücher,  die  er 
veröffentlichen  sollte.  Diese  Auswahl  ist  nun  für  Heynlin 
höchst  charakteristisch.  Es  sind  die  vier  grossen  Kirchen- 
väter und  vor  allein  die  Bil>*l.  zu  deren  Herausgabe  t*r 
Amerbach  ..r»ft  orniahnte".  dieselben  Schriften  also.  den^'D 
er  >chon  in  Paris  besondt^re  Aufmerksamkeit  zugewendet 
lind  deren  Lektüre  er  seinen  Hörern  empfohlen  hatte.  Wie 
er  dort  als  Prior  (h'r  Sorbonne  und  als  Professor  der  Phil"- 
s()i)hie  unrl  Theologit»  der  streitsüchtigen  und  inhaltsarmen 
Scholastik  diri  g**lialtvollen  Schriften  der   älteren  Dokton-n 

fiinfniiil,    zum    Teil    mehrere    Wochen    hintcreinaDder,    in    Basel    aufgehalten. 

^.     S.     2(;S,     211,     242,     247,     205. 

•)  Ha.  Chr.  I,  344,   18  (T. 

-)  So  machte  e.-»  Heynlin  in  Paris  (s.  oben  S.  I2(>),  und  Aiuerbr.ch 
hatte  sich  die  (irund>ät/e  seines  J. ehrers  zu  eigen  gemacht.  So  lie>s  er  für 
seine  grosse  Auj;ustin-Aus;4abe  (1500)  meinen  gelehrten  Mithelfer  Aujiustin 
Doilo  unjhcrrei>en  und  Mss,  sammeln  (Hurck.  87),  und  Heynlin  rühmt  ah 
scim-r  Aml)rosiu.^- Ausgabe  (I4«)i)  „eiVccisti  diligentia  tua  ut  fere  cuuctorum 
ipsius  librorunj  cxemj»laria  a  longe  di>tantibus  regionibus  ad  te  fuerint  cou- 
^rc^ata."  (I^ri«rf  an  Amerbach  in  dieser  Ausgabe.) 


Jobatttiei  Heytüjn  um  Stein. 


l«5 


lUe  Erhabenheit  uüd  Einfalt  der  Bibel  gegenüberstellte 
[ihr  so  «Inrcli  seme  Worte  entgegentrat,')  so  suchte  er 
wo  i»r  kein  Lf^hramt  mehr  bekleidete,  dasselbe  Ziel 
die  Verbreitung  der  Schriften  zu  erreichen,  in  denen 
Mittel  zu  einer  Gesundung  der  Theologie  gefunden  zu 
glaubt«.'.  So  stellt  sich  seine  private  gelehrte  Tätig- 
in  Ba^el  als  eine  geradlinige  Fortsetzung  seines  Wirkens 
»r  Pariser  ITuiversitüt  dar.  Man  darf  übrigens  zu  seinem 
1^  «agoUf  dass  er  mit  dieser  Tätigkeit  sieh  als  ein 
S^r  Vorläufer  des  grossen  Kras/nus  erweist,  Krasnius  und 
iuchdrucker  Frohen  siöd  mit  ihren  Ausgaben  der  Bibel 
[der  Kirchen v?iter  den  Spuren  Heynlins  n?)d  Amerbaehs 

Sehen   wir   nijs    nun   i\v*  Anserliachschen    hruck»^   seliist 

nim  Heynlins  Mitwirkung  an  ihnen   im  einzLdnen  fest- 

^Uen  und  die  Richtigkeit  der  Atissagen  der  Chronik  zu 

bn.   Pen  Anfang   machten    die  Freunde  mit  der  Biheh 

erschien   erstmals    147i>t    erlebte    in    zehn   Jahren    acht 

luflögt'n/)  tmd  erschii^n   auch  noch   14111^  c.  1497  und 

Ider  Postille  des  Hugo  von  St  Clicr  in  sieben  Bänden 

j— 1502.*)  Heynlins  Name  kommt  in  dem  ganzen  Brücke 

ftndst  vor.  i  nicht  eiiimrd  Amerbacli  hat  sich  in  den  ersten 

&n  gvnannti,*)    aber   verschiedene    Anzeichen    lassen 

if  schlie^sen.   dass  er  von  Anfang  an   an   der  Ausgabe 

ligt  gewesen  ist.  Dafür  spricht  schot»  di<»  grosse  Anzahl 

fVon'edon    und    Inhaltsübersichten    vor    den    einzelnen 

lierti  der   Bibel,  die  viel    zahlreicher  sind   als   in    deu 

anderen  Bil>elausgabün  der  Zeit."^!   In  dmi  4  Evan- 


S.  ob«!  S.  i 06^ ION 
Bttrck.  7»).  Heck,  3^. 
1^  Die  K^l,  Bibltothck  in  Berlin   besiui  Ekcmplare  eines  grf>&sr(i  Teils 
AaJbsen.  Km  ExcmpUiT  der  Erstausgabe  voo   J47C)   ist  im  Bc^ii/c  «Jcr 
dflreutltchcn  Bilitiotbrk  in  Dfcsileu   un.l   T^n.ua»-'  »»It  dLit-n  uüli-Lief 
bub  retn  ua%  in  Berlin  beotitxt  wrrdci 

•j  E}etin(>cb   wird   ihm   dtc   tu    Kedc    hiti,e,i.it    bit.r=  i,is|^.4Mr     m^    uUmi 
Kttk  ühctclüMimtncnd  2 Ui;«>itrh rieben,   Vgl,   il.  H,   Keck.  ^2, 

\  B.  i    Vorreden    iiml    1    l»li;ihi4n^,if>i>,   %iir   den 
I    \  Vvnciitn    und  sr»  fort,    In  den  tiibliugmpbl' 
Beidireibiificeii   {ftiw   uiw.)    ht    auf  diene    Prologe    keine   HÜck<»icbt 


286 


Mast  HossfcKL 


gellen  haben  sogar  alle  einzelnen  Kapitel  besonden*  Inhalt*- 
aogaben,  welche  dann,  ganz  wie  He>mliD  das  zu  triin  pflegi«.' 
am  Anfang  der  Evangelien  zu  vier  ^Registern**  ziisammeij» 
gestellt  sind.     Auch  sonst   ist  die  Bibelausgabe    mit  allerl'-J 
Zugaben  versehen,  die  ihre  Benutzung  erleichtem  und  ihreii 
Wert  erhöhen   sollten.    Sie   enthlüt   die   Hien>nyini»nisclit*D 
Krklärnngen    hebräischer  Worte*)    und    seine   Prol^ 
Bibel,    sie   führt   übemll    im  N.T.  am  Rande  Parall- 
zu    einzelnen    Bibelstellen   an,")     sie   hat   eine   aasfuhrUctji* 
Tabula   textuum   evangelicoruin ,    d.  h,  ein   Verzeichnis  de; 
Perikopen  für  das  ganz«  Kirchenjahr  ide  tempore,  de  sanctis 
ttsw,)    und  zur  leichteren  Auffindung  von  Bibelstellen  di« 
von  Hugo  von  StCher  herrührende  Einteilung  der  Kapitel  in 
grössere,  mit  den  7  ersten  Buchstaben  bezeichnete  Abschnitte 
rrlie  Einteilung  in  Bibelverse  war  ja  damals  nicht  gebräuchJichi. 
Neu  ist  eine   metrische  Aufzäldung  der  Bücher  der  Bibf^i 
in  14  Hexametern.    („Biblia  quem  retinet  sequitur  nunc  m^ 
tricus  ordo-   usw.)   Neu  sind  endlich  zwei  Zugaben,  die  oiä 
als  Beweis  für  Heynlins  Mitwirkung  an  der  Amerbach-scJjeß 
Bibelausgabe  dienen  werden,    erstens  eine   am  Schluss  d^ 
ganzen   BaTides   befindliche    kurze  Angabe    über    die  Eväö* 
gelisten : 

Marcus  Roman  ia.   sed  Johannes  Asianis. 

Lucas  Achaiis,  Mattheus  scripsit  Hebraeis. 

Mattheus  scrij>sit  evangelium  anno  domini  39, 

Marcus  43,  Lucas  53^  Johannes  83.*) 

daher  einige  altere  Bibeldracke  mit  der  AmerbachscIieD  Ausgabe  selbst  ftr> 
gleicbea.  Es  wurden  verglichen:  1471  Rom,  Swcytibeim  uod  Pannartz;  147^ 
uod  1478  Nürubcrg,  Kobcrger;  147Ö  und  1477  Basel,  B.  Rkhel,  AUc  vor  14:* 
erschieueoen  Bibeldrucke  zu  vergleichen ,  wäre  wohl  mehr  Mühe  gewesen,  ilt 
die  Frage  verdient.  Copingcr  (S.  103,  No,  47)  neuut  citie  Ulmcr  Ausgibt 
von  14 So  »Is  die  erste^  welche  lateinische  Summarien  haUe.  Solche  lohslt»^ 
nngaheu  finden  sich  aber  doch  schon  in  unserer  Amerbach&chcti  Ansgt^ 
von   1479? 

♦)  vgl.  oben  S.    132,   137. 

^\  Diese  allerdings  erst  in  der  zweiten  Aulrlage  von   1481. 

*)  Hicronymus'  Erklärungen  hcbr»  Worte  und  seine  Prologe,  ebeps» 
die  Parnlte Istellen  sind  Zugaben,  die  sich  schon  in  den  älteren  Bibeldrucltce 
linden. 

*)  Bei  Hain  ist  die  Aracrhachsche  Bibel  von  1479  (No.  ♦3075)  die  cRlc, 
die  diese  4  Zeilen  entbält. 


Jobiioties  HcynlJn  aus  Stein. 


2%7 


id  lEWoitens  ein©  mit  dt»n  Woiten  ^^Plnres  fuisse  qm  evau- 
Blitixt)  ücripsemnt"  beginnende  Vorrede  zum  Matthäujsevftu- 
^linnu    Dio  eine  wi<i   diu  nndi^re  dieser  Ziiguben   befinden 
udndicli  in  dem  Manuskript  der  von  Heynlin  im  Juliro 
in  Paris  gehaltenen  Vorlesung  über  die  Evangelien.') 
iiit  die  Vorrede   zum  Mattliänsuvangelium  nicht   etwa 
in  Hoynlin  verfassi,   sondern  vnn   dem    heiligen  Hierony- 
,*j   Aber  Heynlin   war  es  offenbar^   d^r   ihre  Aufnahme 
dio  Biht^lausgahe  Amerbachs  veranlasste,  ebenso  wie  die 
/•eiligen  Nachricht  über  die  Evangelisten.  Pas  macht 
udere    folgender    Umstand    wahrscheinlich.     Der    in 
&yiilin8  Manuskript  befindliche  Text  der  Vorrede  ^Flures 
tisiiB^  etc,  ist  von  ihn»  erst  nach  einem  fehlerhaften  Hiero- 
lOä-Manuskript  abgeschrieben.^)  dann  aber,  offenbar  nach 
[i#im  richtigerejj,  verbessert  worden.*)  In  Amerbachs  Aus- 
liest man   nun  einen  Wortlaut    der  genau  dem  ver* 
n   Text   Heynlins  entspricht,    beide    stimmen  Wort 
It.  überein.   Es  irtt    also  mindestens  sehr  wahrschein- 
Aij   dass  Amerbaeh   nac^li    dem   korrigierten  Heynlin*schen 
ctr  druckte*  Durch  alle  diese  Beobachtungen  glauben  wir 
|e    an    sich    übrigens    völlig  ghuibwürdige^    aber    in   etwas 
libestimmten  Ausdrücken  gehalt(»ne  Nachriclu  der  ('hivinik, 
BS  Heytjlin  dem  Joh.  Amerbaeh  bei  seiner  A'eröffentHehung 
?r  Heiligen  Schriften   mit  Rat  und  Tat    zur  Seite  gestan- 
'U  halle»    an   einem  wi(*htigen  PunUti.'   erhiirlet    zu  haben; 
teynlin  darf,  wie  als  geistiger  Urheber,  so  aucdi  als  tlUiger 
|ejfer,  als  Mitherausgeber  der  Amerbach'schen  Bthelausgabe 
)ti    1479  gelten. 

Diese  Feststellung  ist  nun  darum  noch  von  besonderem 
fert.  weil  diese  Amerhach^sche  Ausgabe  sich  rühmt,  zum 
ti>n  Mal  finen  nach  griechischen  und  hubrÄischen  Quellen 


'     .,  .>[it!h  ^.    J51;  Vorl.  foU   I7ufl. 

*)  %i«lie  Koviim  Toktunicntum  Lathie,  ed.  Jab.  Wonlawortb«  Osfd,  1^9^ 
I  1 1.  W,  iMfrrithtict  »ic  als  Prutogtts  qii.nttuor  EvÄngelionjni  «x  coninJcntArfo  S, 

Eijini  tu  Mtitthettm.  tu  Hcynluis  MS.  hl  sie  „l^refalio  in  mathiri  cv&ti* 
IHnfli**  ub«r«clirieL}«a  (VotI  foL  l8a). 

S  fot    1:1— ijr. 


28S  Max    HossfcU. 

verbesserten  Text  der  Bibel  zu  gebeu.  Am  SchloBs  d« 
Neueu  Testaments  liest  mau  näuilich  die  Verse:  ^FoiUtlui 
ex  ffraecis  hebraeorum  quoque  libris  Emendata  mth  ei  dtor 
rata  simul  Biblia  sum  praesens,  superos  ego  testor  et  Ji&iw. 
Est  impressa  nee  in  orbe  mihi  similis  Singula  quaeqne  Iocb 
cum  coticonlaiitiia  extant,  *)  Orthograpliia  simtil  i|uam  Imiw 
pressH  manet**  Darunter  die  Jahreszahl  MCCCCLXXIX. 
Diese  Verse,  die  in  unserer  Auierbach'schen  Ausgabe  mm 
ersten  Male')  vorkonimen  (nachher  wiirden  sii*,  oft  wolü 
nur  als  Aushängeschild,  mehrfach  kopiert).^}  beweisen,  d*» 
die  Herausgeber  eine  gewisse  Kenntnis  der  beiden  alten 
Sprachen,  und  dass  sie  die  Erkenntnis  gehaljt  haben^  dftö 
der  Text  der  Vulgata  der  Verbesserung  nach  den  grieclii- 
sehen  und  hebräischen  Urtexten  bedürfe,  Mög%^n  auch  di" 
Korrekturen,  die  man  vornahm,   noch  nicht  bedeutend  ge- 


■)  Befiehl  &)ch  anT  die  oben  erMrähnteu  Paollelstelleii  am  Rande  A» 
Neucii  TcÄlamculs. 

*\  Die»  bedarf  der  Erörterung.  Allgemciii  anerkaütit  ist,  dasi  «!« 
AmerbachVhe  Bibel  vou  147«)  die  erste  datierte  Ausgabe  ist,  die  4ie 
Verse  Fontibus  ex  graccis  cntliält*  (s.  Copingcr  Iücuij.  bibl.  1891,  No,  i% 
S.  BS,  Kaulen,  Gesch.  d.  Vulgata  (1868)  S.  311).  Aber  eine  undatierte  Ato- 
gal>e,  die  aucb  kcitie  Angabe  des  Ortes  und  Druckers  entbilt|  (Hain  304S, 
CopiQgcr  No.  38),  raucht  ihr  den  Rang  streitig.  Coprnger  %erlegt  nämlivi 
diese  undatierte  Aitsgabe,  die  ebenfalls  die  Verse  Fontibus  usw.  enlbäll,  äa 
ältereu  Ansicht  von  Eberl  gegenüber  in»  Jahr  1478  (Ivaulen  ins  Jahr  1470« 
und  erklärt  diese  undatierte  Ausgabe  demgemäsa  (ur  die  erste  mit  diexcD 
Venen.  (Cop.  l.  c.  Xo.  38,  S.  86—87).  Andere  sind  ihm  gefolgt.  (TmU  Hl 
43  <***97)-  Aber  Copinger^  Datierung  ist  falsch.  Die  undatierte  Ausgabe  i«t 
nicht  im  Jahre  1478,  sondern  erst  in  den  90er  Jahren  des  15.  Jahrhundert» 
gedruckt  worden  nnd  zwar  von  Caspar  Hochfeder  in  Nürnberg,  gehört  al*<» 
<u  den  AusgabeUi  die  die  Verse  der  Reklame  wegen  von  Amerbach  nber» 
nahmen,  (s,  Proctor,  Rob,,  An  Index  to  tbc  early  printcd  books  in  t.  Brit 
Mus,  London  189S,  I,  t,  S.  149.  No.  2301.  Herr  Dr.  Voullienac  hatte  di* 
Freundlichkeit,  mir  aus  seiner  personlichen  Kenntnis  heraus  Jtu  bestätifcs, 
dass  der  undatierte  Footibus-Druck  Caspar  Hochfeder  zuzuweisen  ist,  Hocb- 
fedcr  druckte  zwischen  1491  und  J498.)  Da  mitbin  die  einzige  Bibelausg-^be, 
die  der  AmerbachVcheu  die  Autorschaft  an  dem  „Fontibus  ex  gratis"  etc. 
»treitig  macht,  fortfällt,  so  bleibt  der  Amerbach'schc  Druck  von  1479  nit^rt 
nur  der  erste  datierte,  .sondern  überhaupt  der  erste,   der  die  Vene  cuthjlt 

■)  Vgl.  Fr,  Kaulcu,  Geschichte  d.  Vutgata  (1868)  ,S.  313.  Derselbe:  Ein- 
leitung in  die  heilige  Schrift  (4.  Auflage  1899),  I,  150. 


Jotmniie«  Hcytilüi  au«  Stein. 


2&9 


re^en  si5in,^  $o  ist  doch  interessant  ifestÄastellen,  tliiss  tler 

ii^daiike,  der  oinen  Reuehlin  und  Erasnms  zw  thren  epoche- 

nachenden  Studi»*n   anspornti*,   schon   in    den    70er  Jahren 

[t»s  15.  Jithrbiindürts  hier  in  Basel  iL^bcndig  wnr  und  auch 

bon,    wenngleich    in    beschränktem   Umfange^    ins   Werk 

psetssl  wurd^.*)  Es  ist  ganz  woUl  ujöglicJ^  dass  Ri^nchlüi, 

?r    tlamals    hier    bei    Ändronikos    Kontoblakas    (TrJerbiseh 

fcdrte  und  mit  dnui  des  Griechischen  und  Hebr&isclion  kun- 

figeu  Wessel  verkehrte,  "^j  zu  den  Herausgebern  der  Amer- 

^«rh-Bibpl  ^phört  hat:  war  er  duch   mit  dem  Bni^hdrnckLM- 

ri©  mit  Heynlin  eng  befreundet  und  vertrat  er  doch  später 

|ltirc*hau8  den  (Vdauken,  dass  die  hebraica  veritas  über  Hie- 

>nymus  ssu  stellen  sei/)  Aber  auch  Heynlin  selbst,  dessf*n 

litwirkung    bei   der  Ausgabe   feststeht    und  der  sogar  nls 

ir    Urheber    erscheint,    gehörte    zweifellos    zu    diesen    des 

Irtechiächeu  und  Hebräischen  kundigen  Korrektoren.  Denn 

^oiu    (griechischen    verstand    rr    nachweislich    etwa«,    vom 

[c^bHiischen  wenigstens  wahrscheinlich.  Fri'ilich  niuss  man 

m^  dass  die  Verbessenmgen  der  Amerbach'schen  Bibel- 

Itiagabe  auf   ein  rtudii  dürftiges  Mass  bi*gchräJikt  geblieben 

idn    wOnb^n,    wenn    keiner     der    Korrektoren    die    beiden 

Sprachen  besser   beherrscht  hätte,   als  er;*^l    der  springende 

et   ist  aber  fürs  erste  nicht,    wie  viel  oder  wie  wenig, 

inditm  nur,  daas  überliaupt  verbessert  wurde. 


^  Eiue   srttiidliebe    Uiitcrsucbnug    darüber    i$t    iiocb    nicht   angedient , 
Aiileti  Ut  geneigt,  die  KmendAlioncn  für  iml^edeutetid  ku  bjilteii.  (Gesch.  d, 

*)  Audi  la  einer  I4H7  in  Ba&cl  erscbietiencn  Anügabe  heisit  es:  Nota, 

^«bieotiqise    iu    librti   Veteriii  TcMam.    tiici»*lositAS   rcjicrltitr,    currendam 

volumtiia  Hebmeortim,   i-iiumI  V.  T.  primo  in  lin{»ti»  hchrar;i  Mrriphmi 

Si  Yero  in  libri*  No\i  T.  rccurrcmlum  e»l  ad  ViUiimtna  Gracfx>rüm,  nuod 

T.  primo  in  liu|:ua  gt^eCA  M:r«  c*t  praeter  Kvaog.  Matthaci  et  epistola»»  Pauli 

Htlira«9>,  (KahIch,  ßcseb.  d.  Vulguta,  S.  306). 
^  Viwrh.    191. 

*)  Getier,  Rennbsf.  il  Hum.  S.  50«.  Bei  der  Abf;\sfung  des  Bn»vito- 
114; 5)  ioU  Reiichlio  nocb  kern  Kebriisch  gekonnt  haben.  (Geig.  R.  71) 
er  ipricbt   xiich  dskmskU  ccbön  den  SaU  au«,   da^s  man,    lA'enn  sich  im 

T,  Fehler  finden,    nni  ftie  eu  verbcsseni    änf  den  hebräischen  rrteit   «u* 

kgeEen  DAiu%e.  Int  Voc.  breviL  6,  1.  ««A&teriscut'^',  ^Gei{.  K.  72,  Ci ) 


zgo 


ISnx  Hossfeld. 


Nach   der    Veröffentliciiuiig   «ler   Bibel    iiind    n<-*benKci 
bemerkt    auch    einer    grossen   Anzahl    anderer    gangbarer 
Bücher  —  di_*Tiu  AiDi?rbach  war  auch  Geschäftsmann)  dacht«' 
mau  an  tHi>  Herausgabe  der  grossen  Kirchenväter  Augustin 
Ambrosius,   Hieronynius  uud  Gregor.    Da  eine  GesamtaiL^- 
gabe  Äugttstins  zu  umfangreich  schien^  fing   man   mit  ein- 
zehaen  seiner  Werke  an.  1489  erschienen  zM'ei  seiner  Hanpt- 
schriften,  de  civitate  dei   uud  de  rrinitatej  ferner  die  expLv 
natio  psalmorum.   (Neuauflagen  der  beiden  ersten  Schriften 
1490,   der  letzteren  1493  und  1497.1    Um   1491   kmii  hemm 
Augustinus   sujier  Jtiliannem  evangelistaoij    1493  Epistola«' 
und    1494  —  95   Pkira    ac   diversa   sermomim   opera,     Leidt*r 
findet  sich  Hepilins  Name  in  diesen  Dnicken  ebensowenig 
wie  in  der  Bibelaitsgabe.    doch   kommt   uns   hier   eine  An- 
gabe   des   Trithemius   zu  Hilfe,    welche    die    Nachricht   der 
Kartäuserchronik    stiizt   und    genauer   bestimmt.     Tritheim 
schreibt    in   dem    1494    erschienenen   Liber  de   scriptorihtifj 
ecclesiasticis   über  Heynlin:    ^Mnltc>s    (»raetarea   diversoruni 
auctorum  libros   per  tractatus  et  capitula  distinxit  singnlin 
argumenta  praemittens.    quibns  quae   in  illis  sit  acrtbennV 
inteütiü    dihicide   potest    agnusci.  E    quibiis    sunt  .  .  .    liher 
divi  Augustini  «le  contritione  cordis,  liber  epistnbirum  eins* 
und  in  Tritheiu^s  1495  erschienenem  Katalog  der  berühtntpn 
deutschen  Gelehrten    heisst   es  verallgemeinernd    „o  quibns 
sunt ,  ,  .   libri  Augustini.^     Mit  diesen   Ausgaben    Heynlui» 
sind   zweifellcjs    die  Drucke  seines  Freundes  Amerbacb  g*»- 
meint.    Da   diese  untereinander    viel   Aehnlichkeit   habtm. 
beschränken    wir   uns   auf    eine    kurze    Besebreibung    eintt 
einzigen  von  ihnen  und  wableu  die,  die  Trithemius  speziell 
namhaft  macht,  Augustins  Briefe. ')  Das  Schlusswort  dieses 
Dnickes  lautet:  Divi  Aurelii  Augustini  Hipponensis  episcopi 
Über  epistolarunx    vigilanti    accuratiasimoque    studio    emeD- 
datanim    et    impressamm,    artjumentorum    qmqite    not^omm 
praenotatione  suceincte  et  dilucide  r»xpositarum,  atque  ope« 
niagistri  Johannis  de  Anierbach  civis  Basiliensis  perfectanim 
anno  domiui  etc.  XCIII  il493j.  Die  Ausgabe  ist  sehr  sorg- 
fältig.   Jeder  Brief  tragt  an  der  Spitze  eine  Inhaltsangabe, 

*)  Eine  Amerliach'sclie  Ausg.ibe   von    Aii|rustins   Schrift    de  coötnlioiic 
cnrdis  ist  mir  nicht  bekannt. 


Joh^nttes  Heynldi  aus  Str. 

im   Schlttssworf   siog,  Argamontii   tiava.    diu   tluiui    am 
üg"  dra  gasi3&i<^n  Wt^rk^j?  atif  14  Seiten  (foHo  2— 8*)  nocli 
TiniJil  nnter  il^m  Titol:   .EpUtotarum  Divi  Anrelit  Angii- 
iDi  Hippont^nsis  Episcopi  exiiiiiii|UP  eedot^ifle  tlortoris  i?Ir- 
iuVsitijo   .stilo   digesit»nini    brevis    annntatio.    singiiiarmu 
ti»,  miiteriam  atqn«?  onlinem  exponenß**  ziisaiumengestellt 
ad.    Sie  niü8sen  als  Hi-ynlius  Arbeit  gi.tlteD.    Aui  Schltiss 
di*ii  Bri'^feti    »nn    umfiingroiches  Verzeichnis  i<>3  Seiten) 
bemerkenswerten  Aussprüche   nnJ   der   abgehandelten 
beigegeben,  das  wii*  ein   Lexikon  zu  benutzen  ist 
.  -*  »u h  Hinweise    mit  2^hlen  und  Buchstaben**  schnell 
gowiin^chte  Briefatelle    iU»er  ein  bestiniuites  Woit  oder 
»n  boatimmten  Gedanken  finden  lässt:   imu   sehr  brauch* 
i^ister.  Das  Buch   ist  in  Antiquiitype  gednickt.^) 
ih  r    Weise   sind   aiicli    die   übrigen   August  in- Auy- 

mit   TJeberscbriften,   Registern    und    Vorreden    Ver- 
ben und  bei  mehr  ak  #*iner  von  ihnen  mag  Heynlin  nach 
einzebien  mitgeholfen  haben. 

Auf   die    ersten    Ausgaben    August  ins    folgte    dit*    <ler 
r^rko  de»  heiligen  Amhvosius^  die  im  Jahre  1492  in  drei 
I     erschien ,      die     erste     Clesamtausgabe     dieses 
vA,^)  Hier  besitzen  wir  ausser  den  Angaben  der 
minik  and  des  Trithemius  ein  noch  wertvolleres  Zeugnis 
H«n'nHnfi  Mitwirkung  in  einem  Brief,  den  dieser  selbst  an 
nerbach  schrieb   nnd  «ler   dem  Werke  als  Vorrefli«  beigi»- 
bben   lÄl,  Di»r  Gelehrte   erscheint   hierin  durchaus   als  der 
irende  deistj  der  Bncbdrucker  als  sein  getreuer  und  will- 
helfender (k*nosse.  Er  hat  diesen  schon  seit  langem 
dl»^    Bibel    un<l    dio    Werke    der   heiligen    kathoH- 
len  JfJimiGr,  insbesondere  die  der  vier  Doktoren  Augustin, 
iibroäinSf   Hieronyrmis   luul  Gregor^  die  nnter  jenen  wi 


^  Die  4^  Seilen  iki  Text»  »ind  tiicbt  pji|;tuiert,  aber  c»  tra]£vti  kmtucr 
imbischü  /.»hl    <;iUo  4H  ZubkiM    und    die    \o  Seite»    werden 
n  tu  kleinere  Al»&chniUc  verlegt. 
^  AnerbAcli    war   der   ente  Butler    utid    überbaii|il   doer    der   enten 

f,  dk  Utciul*che  Typen  Anwendeten.  (A,  U.  B .  He\'k.  50») 
^  BufcJk,  Hl.  Freiiicli  fchleit  nntli  maoeti«*  WVrke  de*  Amtironlus  i*5b- 
rrod  £ti|ck»cb  m^ufhe  djirnnk  ttitcH   nicht   äl«  ntiecht  tirkAniite  Schrineti   mit- 


2^1 


Max  Hnssfeld. 


hollö  Sterne  leiichteten^  im  Druck  lierauszug*?hen, ')  er  fr»*at 
sich  der  Zustimmung  Amerbachs,  lobt  iiin,  dass  er  Urptt* 
di»>  Bibel  und  die  Werke  Augustius  veröffentlicht  habo  mid 
tröstet  ihn»  wenn  er  ^eintMi  nach  s^Muein  Urteil  nicht  wür* 
digen  Lohn  für  seine  Miiho  erupfängf,*^,  mit  dem  Hinw»*i5 
auf  den  himmlischen  Lohn,  der  solchem  lobenswerten  B^ 
ginnen  nicht  l'ehlen  könnte. *t  Er  freut  sich,  wenn  der  Buch* 
driicker  zu  ihm  kommt,  um  ihm  einige  Ariibrosiusmaniis- 
kripte  zu  zeigen,  ernmntert  iJin  zur  Dmcklegung  und  ver- 
ßpricht  seine  Beüiilfe,  um  ilie  jener  ihn  angeht.  Er  ühi*r- 
nimmt  dann  auch,  wie  es  nachher  heisst,  das  Einteilen  ci«fs 
Textes  in  übersichtliche  Abschnitte  (nacii  Platos  Vorgang. 
wie  er  nicht  vergisst  hinzuzusetzen),  sowie  die  Henstelhn»g 
der  Summarien  zu  «len  Büchern  und  Kapiteln,  weil  «li»>#i 
Hilfsmittel  die  Lektüre  ungemein  erleichterten  und  fruchtbar 
machten.  Er  bittet  jedoch  Amerbach,  noch  andere  gelehrt«» 
Männer  zu  dieser  Arbeit  heranzuziehen,  die  für  Pineu  Eii 
zu  schwer  sei.^)  Unsere  dreibändige  Ausgabe,  dieübeir  ^ 
sehr  sorgfältig  ist,*)  weist  denn  aucli  durchweg  jene  Ein^>i- 
lung  des  Textes  und  ]en»>  Inhaltsangaben  am  Anfang  grösserer 
Abschnitte  und  jedes  Kapitels  auf.  Ausserdem  sind  dem 
Druck  noch  verschiedene  Schlagwortregister  beigegebeu. 
(Annotation es  prineipalium  oiier  notabilium  dictoruni  Arn- 
brosii  iuxta  onlinem  alphal>eticnm).  Der  Heynlinsche  Aii>- 
brusius  hat  noch  zwei  Ausgaben  erlebt.  Als  nach  11  Jahn^i 
van  den  Exemplaren  der  ersten  Auflage  nichts  mehr  übrig 
war,  regte  der  beruh mte  Nürnberger  Buchdrucker  und  Ver- 
leger Autoui  Koberger,    mit   welchem   AmerVjach    in    regeni 


>)  ,Jj}tot'uiu  i^itur  scripta  ut  lUtc  taa  JiiuUiplioircSt  iam  olim  tnooui, 
ii4&enfiiiti**  usw. 

*)  ^ftx  quo  dignam  fortassis  tc  iudice  conipen$anouen]  tion  rccq>em/' 
Der  irdiscbc  Gewinn  scheint  oicht  sehr  reichlich  imd  HeynliDs  Zii&prtttb 
und  Antrciheu  nötig  gewesen  tw  »ein. 

*)  Zu  ihnen  jjcbörtc  vieUeicht  Heyiiliiiü  Freund  Seb.  Braut,  vou  tlfW 
Eich  am  Anfang  iles  ernteu  Bandes  5  Distichen  finden,  (bje  siud  ohne  seinifu 
NAinen  gedruckt,  finden  sidi  aber  in  Brants  Varia  CArmitm  in  dem  Gedicbi 
in  laudero  j^anctissiroi  piKtrh  ArabrosH  wieder.    Zarn.  No.  33). 

*)  Das  rühmt  auch  die  Karläu&erchronik  »,  .  .  de  opcribuä  di%i  ABibroai, 
tfuae  parlier  com  ingetiti  hibort!  di&tinxit  (Hcynlin  ttamliehl  ac  emend^ta  prt>> 
dire  fccit  in  Junten.**     ßa,  Chr.  I,  34*1,  35, 


Johannes  Heyutin  aus  Stein. 


^M3 


HGeschäftsverkelir  stand,  eine  neue«  Ausgtibe  dos  Werkes  von 
■  IBOO  oder  IBOO  Exemplaren  an, ')  welche  denn  auch  im  pJahie 
1B06  unter  dem  I>nickernamen  des  Hans  Pt^tri.  d*^s  (Teschäfts- 
^  genossen  Amerbaclis,  erschien.  Ein*-  dritte  Ausgabe  erschien 
B  weitere  10  Jahre  später^  gednickt  von  Adam  Petri,  dem  Nach- 
Bfolger,  {ür  des  Antoni  Nachfolger  Hans  Koberger;  nun  mehr 
Hinit  der  Kobergprsclien  Verlagslirnia*^) 

H  Diese  Augustin- und  Ambnisiiisausgaben  si ml  alles^  was 

BAmerbach  zu  Lebzeiten  Heynlnis  von  den  vier  grossenKirchen- 
B%^ätern  veröÖentlicht  hat.     Alier  er  arbeitete  nach  dem  Toile 
™seines  früheren  Lehrers  iy  fleswen  Geiste  fort,   li<^ss  im  .lahre 
1506    eine  Gesamtausgabe   Augxir^tius    in    neuu   Bänden    er- 
scheinen'^* und   machte   sich  dann  an  die  Drucklegung  der 
^Werke   des   heiligen   H'm*Qmjmus.     Bei  den   Vorbereitungen 
^liierzn    ereilte   ihn    der  Tod    il513),*)    erst   1518  wurde  die 
Hieronymusausgabe   fertig.     Vnn   Gregor   dem    Grossen    ist 

Ibei  Amerbach  nichts  mehr  erschienen/) 
H^wnlins  Mitwirkung  beschrankt  sich  nun  nicht  aui  die 
bisher  erwähnten  Ausgaben  der  Bibel  und  der  von  ihm  be- 
vorzugten gi'osseu  Kirchenväter.     Kl>enso  wit^  der  Andjrosius 
»von   1492   enthalten    noch   zwei   andere   Drucke  Amerbachs, 
der  Cassiodor  und  der  TritJiemius,  je  einen  als  VoiTede  ver- 
wendeten und  an  den  Bucbd rucker  gerichteten  Brief  unseres 
II     Johannes  de  Lapide.     Cassiodors  Erklärung  zum  Psalter  er- 
schien 149L     Aus   der  VotTode    ergibt    sich,    dass    Hejmlin 
Bdie  Herausgabe  besorgt  und  don  Text  druckfertig  hergestellt 
hat**)  (^Cassiodonis,  cuius  opus  nunc  imprimendum  in  manus 

*)  Brief  viim  O.  Februar  l  50J,  s,  0.  Hase,  Die  Koberger,  2.  AiitL,  Brief- 
buch  S.  -9. 

■  *)  Hase  S.   iqo, 

3j  Bjogr.  ITniverselle,  Bd.  jj,  S.  3Ö9  (1802)  nimmt  an,  dass  Hcyniin 
oocb  an  dieser  Augustin-Ausgabe  beteiligt  gewesen  sei,  nnd  fotgert  daraus» 
dafiü  er  AiiGaLOg  des  16.  Jahrbuciderts  starb,  Heyalio  starb  schon  1496  und 
kann  höchstens  als  ideeller  Urheber  der  Ausgabe  gelten. 

»*)  Bern.  Buch.   XV. 
^)  Trilhcmius  gibt  an^  dass  Heynbn  aach  ChrffBöitomus    herausgegeben 
habe,  doch  haben  wir  einen  solchen  Druck  nicht  nuftiudcn  können. 
^m  *)  Uebrigens  noch  wieder,  dass  er  auf  die  AuFwaht  der  Drucke  Arocr- 

^Hj>aclis  £infiuss   hatte:    er    ermuligt    den  Drucker    mit    dem  Hin^vtis   ftuT  ^ 
^EliitnniUschen  Lohn*  der  ibm  zu  teil  wcrdcu  wird,  ,,m  divluos  Itbro 
^Kcare  ouravcris;  qnod  horttUu  meo  facere  velis**   usw. 


2Q4 


Max  Ho&&rehl. 


snscepisti^  schreibt  Heyiüin).  Der  Text  ist  übersichtlich 
ungeordnet^  in  Kapital  abgeteilt  und  mit  vielen  Änmc 
iingen  v«^rsehen.  Am  Riindo  befinden  sich  zahlreich«»  ZeicM 
dif  in  einer  dem  Briefe  angehängten  Inatmctio  lectons  il 
Erklärung  finden.  Es  sind  IB  verscJiiedene  Zeichen,  welche 
philosophische  oder  tlieologische  Begriffe  wie  Synogismeiu 
1  Definitionen  usw. M  und  bestimmte  WissenschaftvSgebiete  wi*^ 
Aritlmiftikj  Geometrie,  Musik.  Astronomie.  Etymologie  uufl 
dergleichen  bedeuten,  ähnlich  wie  man  in  unseren  modemeü 
Wörterbüchern  zw  verfahren  pflegt.  Paiin  folgt  auf  41  Seite« 
ein  alphabetisches  Sachregister  (Notabilimn  dictoruru  et  ex- 
positorum  annotatio  iuxta  alphabeticum  oixiinem  coHects) 
mit  Hinweisen  auf  den  Text,  dann  eine  Uebersicht  über  dea 
Inhalt  des  Buches  und  hierauf  der  Text  selber.  Im  Schills^* 
wort  heisst  es:  „Cassiodori  .  .  .  psalmorum  expositio  . .  dnU 
cissimoque  fönte  purissimae  latinitatis  irrigata,-"^  cum  per- 
vigilanti  emendationis  studio»  auctore  omnium  coop' 
arte  impressoria  perfecta  est  per  magistrum  Jo,  de  a 
bach  praeclarae  Basiliensis  urbis  civeni.  1491.  Darunter  mit 
griechischen  BnchstÄben   rtkoi:* 

Wie  zum  Cassiodor.  so  hat  Heynlhi  auch  zu  dem  b«y 
kannten  Werke  des  Ab  tos  Trithemins^  de  scriptoribiis  eccle<ii»- 
sticis^  die  Vorrede  geschrieben,  und  z^^ar  wiederum  in  Form 
eines  Briefes  an  den  Buchdrucker.*)  Mit  der  Herstellung 
r«^sp,  Korrektur  des  Textes  hat  er  bei  diesem  Werke  eines 
noch  lebenden  iiml  unfern  Basels  wohnenden  Schriftst^dlers 
sicherlich  nichts  zu  tun  gehabt,  Amerbach  aber  fragte  ilui, 
als  er  das  Manuskript  bekam,  um  Ritt,  ob  er  es  druck<*ii 
sidlt«,  bat  ihn  es  «iurchzulesen  und  Uim  sein  TJrt*^il  darüber 
zu  sagen.     Heynlin   erfüllte   seinen   Wunsch,    und  äusserte 


•)  z,  B.  bedeutet    ein   vcrschlufigenfrs  X    und    P  ixp)   ein   ,j,dogma  \%Ht 
net'CSSaniim'SPP  bedeutet  ein  ,,ldioina,  idcst  propriam  legis  diviuae  locutiofiem*'. 

*)  Auch    in  der  Vorrede   lobt  Heynlin  Cassiodors  Schreibweise;    „Mibil 
intactuni  reliuqucus,    nihil    incastigntiim,    nihil    ineptiartinit    nihil  deniqu 
propnetatis  vulgaris  in  vcrbis  admiücn*.'* 

*)  Eine  haudjcbriAliche  Kopie   dieses   Briefes   in    der   Bibliolheqne  il* 
l'Arscnal   in  Paris.     Der  Kopist   unterschreibt   Fr.  Anthoniiis   Gbeens    15 
(s.  Catddogue    des    maun&cnts   des   bibliolbcques  de   France,   Paris,    BibL 
TArs.  Bd,  I,  359).     Uebrigens  ist  der  Brief  in  fast  allen  Tritbeniiussif] 
»t>]/ed  ruckt. 


Johanne«  Heynlin  aus  Stein, 


2g5 


IbicIi  in  höchlich  anerkeiu}  enden  WortcTi  üb^r  die  Gel  eh  r- 
[Bamkeit  und  Nützlichkeit  deg  Tntheimschen  Buches.  ^Qtiam 
üb  causam^,  redet  er  Auiorbach  an,  ^iiieo  non  sohim  con- 
ßilio,  sed  et  hortatu  attjue  rngatn  curare  yelis  ut,  qimm  totius 
fieri  possit,  impressioni  tuae  illum  subiicias  et  perficias'*. 
Ende  1494  erschien  dann  der  Dnick,  der  neben  Heynlins 
^£rief  noch  ein  -tErapfehlentles  Gedicht  an  den  Leser^  ent* 
Behielt t  das  wahr^cheinüeh  auch  von  Heynlin  verfa^st  ist:  es 
Bßteht  dicht  hinter  seiner  Vorrede. ')  Diese  ist  vom  28.  August 
■14'J4  datiert. 

V  Zu    Cassiodor    und    TriÜiennua    treten    die    Libri    artis 

logicae  Porphtjrii  et  Aristotells  cum  explanatione  magistri 
wTohannis  de  Lapide  sowie  der  Tractatus  eiusdem  magistri 
Johannis  rftr  Lapide  de  propositionibus  expoiiibilibus  ciuii 
tractatu  de  arte  solvendi  importunas  sophistarum  argumenta- 

rtioneSf  alles  in  einem  Bande  1495*)  von  Amerbach  gednickL 
also  die  logischen  Schriften  des  Aristoteles  und  Porpbyrius 
mit  Hey id ins  Komiurntaren  sowie  dessen  eigene  logische  Ab- 
handlungen;   Schriften,    die  er  sämtlich  schon  in  den  sech- 


I 
I 


')  Voo  ßniDl,  der  vielfach  die  Gedichte  für  Amcrbach^^  Dntelte  lieferte 
(s.  oben  S.  292  uod  Zarn,  Einkitnng),  ist  es  nichts  denn  ein  Gediiht  Brauts 
mm  Lobe  des  Tritheinisclien  Buches  ist  dem  Druck  noch  afisserdem  beige* 
^eben.     Vgl.  Heynlins  Gedicht  in  Ciccros  Offizien  obcQ  S.   137. 

*)  Der  Druck  ist  undatiert,  aber  das  Jahr  ergibt  sich  aus  dem  Li  her 
bencfactoriini  des  Kartä^jserkloAters,  dem  Amcrbach  diesen  Druck  geschenkt 
hat.  In  diesem  Buch  der  Wohltäter  sind  nacheioander  („succcssive")  ungefähr 
80  Ausgaben  eingetragen,  die  Amerbacb  dem  Kloster  gleich  nach  ihrer  Fertig- 
sietlung  durch  den  Druck  (»♦  Burck.  85)  ztim  Geschenk  niachte.  Unter  ihnen 
betindet  sich  etwa  als  6ostes  Geschenk  die  Logik  des  Aristoteles  mit  He}'ii- 
lins  Konimetjlart  deren  Ueberweisuug  der  Über  bencfactorum  mit  den  Worten 
bucht  f^ldem  totam  logicam  ArislotelU  cum  commeolo  dupliciter  valentem  11 
flor".  Dahinter  die  Zahl  1495.  (s.  Steht  in,  Regelten  z.  Gesch.  d,  dtsch.  Buch- 
drucks No.  1623,  im  Archiv  für  Geschichte  des  dtsch.  Buchhandels  1889,  Bd. 
12.  S»  62 — 64,)  Vom  Herbst  I4<>8  datiert  eine  Nachricht  über  den  Verkauf 
des  Werkes-  Der  Bucbhiindler  Antoiii  Koberger  aus  Nürnberg  bcslellle 
damals  von  der  Frankfurter  Messe  aus  bei  Job«  Amerbach  eine  Anstahl  seiner 
Druckwerke,  darunter  auch :  „40  logicc  Johannis  de  lapide  wie  cg  sich  in  das 
Fasi'  schicken  will  minder  oder  mer**,  (Brief  vom  21.  Sepl,  1498)  «öd  stellt 
nach  Empfang  der  Sendung  fest,  dass  er  ,,£wcicr  zvi  vil  fundeu  habe  im  Text 
logice  und  1  margrita  poetica/*  (16,  Nov.  T498;  vgl,  O.  Hasc^  Die  Kobe^ 
2.  Aufl.,  Briefbuch  S.    11   und  97}. 


2()6  Max  Hossfcld. 

ziger  Jahren  in  Paris  und  Basel  verfasst')  und  erst  jetzt 
durch  Ainerbach,  der  sich  hier  im  Schlusswort  als  Lapidani 
quondam  discipulum  bezeichnet,  dem  Druck  übergeben  hat. 
Der  Text,  enthaltend  den  liber  isagogarum  Porphyrii,  das 
ganze  Organon  des  Aristoteles  und  ausserdem  auch  den  liber 
6  priiicipiorum  des  Gilbert  de  la  Porree,  ist  wie  üblich  in 
Traktate  und  Kapitel  eingeteilt  und  mit  Rekapitulationen 
versehen.*) 

Ausser  im  Cassiodor,  Ambrosius,  Trithemius  und  Aristo- 
teles erscheint  nun  Heynlins  Name  in  Amerbaohschen  Drucken 
nicht  mehr.  Da  aber  eine  der  von  Tritheim  dem  Johannes 
de  Lapide  zugeschriebenen  Ausgaben,  nämlich  die  Schriften 
Ephräms  des  Syrers,  von  Amerbach  gedruckt  worden  ist, 
dürfen  wir  annehmen,  dass  Heynlin  auch  dieses  Werk  heraus- 
gegeben hat.  Es  trägt  weder  eine  Angabe  des  Druckers  noch 
des  Jahres,  wird  aber  mit  Bestimmtheit  Amerbach  zuge- 
wiesen.') Der  nur  18  Folioblätter  starke  Druck  führt  den 
Titel  Libri  Sancti  Effrem  diaconi  und  wird  zur  Hälfte  von 
Ephräms  Schrift  de  compunctione  cordis  ausgefüllt.  Femer 
sind  die  kleinen  Schriften  des  Syrers  über  Gottes  Gericht 
und  die  Auferstehung,  über  das  Himmelreich  und  die  Rein- 
heit der  Seele,  über  die  Glückseligkeit  der  Seele,  über  die 
Busse,  über  die  geistliche  Trauer  und  über  das  jüngste  Ge- 
richt aufgenommen.  Es  vorsteht  sich  von  selbst,  dass  sich 
auch  diese  Ausgabe  durch  Sorgfalt  des  Druckes  und  üeber- 
sichtlichkeit  des  Textes  (Kapiteleinteilung  usw.)  auszeichnet, 
und  dass  an  Inhaltsangaben  kein  Mangel  ist.*)  Diese  Ephräm- 

i)  s.  Band  VI,  S.  343,  Band  VII,  S.  82. 

-)  Trithemius  gibt  an,  dass  Heynlin  auch  Aristoteles'  Metaphysik  und 
de  aninia  herausgegeben  habe.     Vgl.  oben  Bd.  VI,  S.  343, 

')  Hain  65<)7.  Heck.  31  und  andere.  Wie  ich  nachträglich  sehe,  \vei>t 
E.  V'^ouUicme  (d.  Inkunabeln  d.  f<gl.  Bibliothek  u.  d.  and.  Bciliner  Samm- 
lungen —  Beiheft  30  Zentralbl.  Bibl.-wescn,  i()o6,  No.  555)  diesen  Effrcm- 
druck  Jac.  (Wolf)  von  Pforzheim  in  Basel  zu,  aber  auch  dieser  Buchdrucker 
hatte  Beziehungen  zu  Heynlin,  s.  unten  S.   2«)8. 

S  Am  Sühluss  sind  diese  Summarien,  die  durchschnittlich  6 — 7  Zeilen 
umfassen,  also  für  den  geringen  rmfang  des  Druckes  recht  lang  .sind,  wie 
üblich  in  einer  tabula  zusammengestellt.  Die  Kapitel  sind  gezählt,  die  Zahlen 
am  oberen  Rande  wiederholt,  die  Abschnitte  durch  Titel,  Absätze,  grössere 
Schrift  usw.  deutlich  von  einander  getrennt,  alles  Bequemlichkeiten,  n:ch 
denen  man  in  vielen  gleichzeitigen  Drucken  vergebens  sucht. 


Joharmcs  Heynliii  aus  Stein. 

Liiä^gaho  orsoiiien  zuÄummf^n'}  mit  cl^r  lÄetorica  divin»  «It» 
)ratioiio  Douittii  d^s  Wilhelm  von  Auvergne  oder  Wilhelm 
^on  Paris  Oiiilerinns  Parim«>n8is),  du*  Tnt»glicher\vvigi>  aiu*h 
ron  H*n"nlhi  brsäürgr  iau  Auch  sie  enthalt  die  Kinteihtng 
Kapitel,  die  üebersicht  über  dieso,  ein  alphabetisch*^» 
schregiBfer,  sowie  ein  Gedicht  1 10  Disticheni  mid  eineVur- 
^*de,  die  t.TC*dutikon  ausdrücken,  welche  Heynlin  gnm  ge- 
ifig  waren*  ^) 


Hierniii  lialxHi  wir  \vt)bl  alltj  die  Amerbaeh^clien  I*mckü 
^ulgt'Zählt«  deren  Herausgabe  inau  mit  Bestimmtheit  oder 
IVahrschtiinlicIlkeit  Heynlin  zuschroilien  krtnn.  Gewiss  haben 
n'ir  damit  «len  ganzen  Umiang  der  Tätigkeit,  die  der  Ge- 
lehrte dem  Unternehmen  seines  Freundes  als  wissenschaft- 
^eher  Beistautl  gewidmet  hat,  nndi  nie.ht  erschöpft;  ihn 
^ölUg  7M  UHLSchreiben  ist  indessen  bei  dem  Mangel  an 
reiteron  Anhalti^punkten  kaum  mügliclu  Zwar  macht  bei 
fiuep  gpot«8en  Anzahl  der  Amerbachsehen  Ausgaben  die 
liiiGCtirntissima  emendatio**  und  ^perutilis  et  antea  nun  vi^a 
per  capita  distinctio-  de^  Textes,  die  Beifügung  von  Inhalts- 
Tu  UeberHichten,  Registern,  alphabetischen  Listen  der 
itze  des  Autors  untl  ähnlicher  Zugaben  i'ine  MitwHirk- 

dg  Ueynline  wahrscheinlich,  aber  alle  dies©  Merkmale  sind 
loch   zu  allgemeiner  Natnr^   um    einen   bestimmten  Hchluss 

amde  auf  ihn  als  Herausgeber  zu  gestatten/'*»     Denn  wenn 


>)  la  einer  Ausg;ibe  klcinereü  FormaU  (in  der  KgL  Bibliothek  iu  Ücrlm 
19S)  ftincl  die  Bücher  des  Gtiit,  Pam.  und  deti  Eflirem  derart  zusaiBiuen- 
rtiekt,  dtüs  die  lei>.te  Seile  ^on  GuiL  Pirts.  und  die  cr&te  von  ElTrt'm  »uf 
rr  Voidcr*  tiiid   Kiit^kkcite  ein  *und  clc&selbiMi   BUtttcs  Ntehcit, 

»y  Müll   •  <):*it  Gedicht  tnit  Hcynltrs  ras^iodor^Vurtede, 

•j  Die  rr  Tilunj;  dt*r  Berliner  Kotii^lidien  Hitilioüiek  ad  Amet* 

bftcheu  Dnirkcu  trtwa  8(J  Werke)  hüben  wir  «elb«t  ditrcligf»eheu»  d«bej 
l3»cr  ;*a»ser  den  angcfilhrUn  ullgemeincn  Merkmalen  nur  noch  d«i  oben  cr- 
lihciten  und  sfiäter  S.  50^/4  qucIi  zu  besprechendca  Brief  HeynUns  m  der 
I'  ti,  der  in  der  LiUeratur  über  Job.  de  I.i|vidc  bisher 
U  ^^n   hitt,    —    In    der  Vorrede    mm   Über  putiiie   dtf> 

fmftji^  V.  Üeaut^ti   (rd.  Amerh;ieh    1481)    weiden    einmal    eimge   in   dieser 
|^iisamtiittt«td1iin|(  ttjrht  eben  bäutigr  Worle  |;i:hr;tucKtt  ilie  .im  tineni  Briefe 
llh.  FichtU   an   He^Dttn   cntnuniinen  «11  tdn  ticbcinrn:   «tcnius   licet  eopi<>- 
iihn  ierw,  nitiäf  nMntttütquf  ^rTip1t  inijirc«si(jne**    Urin^t   m  da  von 
ir*  B,    lind  Fiibet    lohte    McynliTis   Aus;;^ibc    de*    üjispurinu   U,  oben 


298  Max  Hossfcld. 

diese  Beigaben  aiich  ganz  den  Grundsätzen  entsprechen« 
nach  denen  unser  Joh.  de  Lapide  bei  seinen  Baseler  oinl 
schon  bei  seinen  Pariser  Editionen  verfuhr,  so  können  si»^ 
doch  ebenso  gut  auch  von  anderen  stammen,  die  sich  diese 
Gnindsätze  zu  eigen  gemacht  hatten.  Dennoch  kann  man 
bei  einem  Gelehrten,  von  dessen  Handschriften  und  Büchern 
der  Kartäuser  Georg  noch  1626  schreibt  „Insuper  et  in  Ins 
quos  peculiarius  legere  solebat,  diligenti  marginum  apparatu 
propriae  manus  industria  tiotahUiora  quaeque  signavit.  Uni^ 
et  omnes  illi  Codices,  qui  sui  fuere,  prae  caeteris  in  pretio 
habentur  adhuc  et  nonnuiiquam  a  calcographis  desyderaniar 
pro  exemplaribus,^  *)  mit  Sicherheit  darauf  rechnen,  dass  er 
nicht  nur  an  dem  Amerbachschen  Druckwerk,  sondern  auch 
überhaupt  an  der  in  Deutschland  einzig  dastehenden  Blüte 
des  Basler  Buchdrucks  im  15.  Jahrhundert  einen  grosseren 
Anteil  gehabt  hat,  als  die  besprochenen  Ausgaben  es  ver- 
raten. Denn  war  Joh.  Amerbach  auch  der  bevorzugte.  s<> 
war  er  doch  nicht  der  einzige  Drucker  Basels,  mit  dem 
Heynlin  noch  bei  seinen  Lobzeiten  in  Beziehung  getreten 
ist.  Von  einigen  anderen  können  wir  es  nachweisen.  Da 
ist  z.  B.  der  ehemalige  Korrektor  Amerbachs  Johannes  Frohen 
aus  Hammelburg,  der  1491  eine  eigene  Druckerei  gründete 
und  im  folgenden  Jahre  der  Verleger  von  Heynlins  Schritt 
über  die  Messe*;  ^v^lrde.  Dasselbe  Werkchen  druckte  1497 
Jacohm  de  Pfortzen  1  Jakob  Wolff  aus  Pforzheim).  Mehr 
kommt  hier  noch  in  Betracht  Nikolaus  Kessler,  der  seit 
1486  in  Basel  dnickte.  Ihm  war  Heynlin  gleichfalls  bei 
der  Edition  einiger  seiner  "Werke  behilflich.')  Kessler 
veranstaltote,  wohl  auf  Antrieb  Heynlins/)  der  hier  dem 
Vorbilde  seines  Fnnmdes  Geiler  folgte,    1489  eine  Gesamt- 

S.  i2(^)  mit  den  Worten:  „Gasp.irini  epistolas,  non  a  tc  modo  diligeoter 
cmendaiaSj  sed  a  tuis  quoque  germanis  inipressoribus  nitide  et  ter9t  trans- 
^criptas.*'  Das  i^t  vielleicht  ein  Fingerzeig,  dass  Hevolio  diesen  Druck  berao*- 
^jegeben  hat.  Auch  inhaltlich  besteht  eine  gewisse  Aehnlichkeit  zwisckfr 
tler  Vorrede  zu  Vinz^nz  v.  B.  und  Heynlinschen  Schrifien  (vgl.  r.  B.  üire« 
Anfang  mit  dem  Anfang  der  Vorrede  Hcynlins  zu  seiner  Ambrosiiisaosgabe . 

»)  Ba.  Chr.  I,  343,   13— 34^   »• 

^)  Das  Resolutorium,  s.  darüber  S.  327 — 330. 

')  Bern.  Buch.  XVI. 

*)  Bern.  Fest.  254. 


Jckliatmrs  TftynTttt  nu*  Stein. 


2Qi) 


(aasgabi*  der  Werke  des  berüliiiit«ii  Pariser  Kanzler«  Gerson, 
[Eid©  hnmlwhrifthVhe  Notiz  auf  tleni  Vorsätzblatt  des  Badler 
^Exemplar?  dioseö  Drackes  .iiituim  labonun  1).  Job.  de  Lapido 
[ciun  boc  fipt*re*^)  beweist  Heynlms  MiUirboit  nn  der  Ans- 
Igahf^y  diu  sich  übrigens  an  die  von  Geilor  veranlasste  Edition 
liitilehnt*}     U»T  hat   Kessler  ancli    einige   Werke   der 

[von  Heynliu  \n_     i_„^reii  Kirtlienv^atcr  (rregor  und  Hierony- 
ms  odiert;')  nicht  unmöglich,    dass  es  auf  dessen  Wunsch 
lliin  goschab*     Auch  drei  eigene  Schriften  des  Johannes  do 
I^Äfude  liat  Kessler  gedruekt,  nnmiicb  seinen  kleinen  Dialog 
über  die  Kunst  der  Interpunktion,   einen  AufsiitÄ  über   die 
lUJibefleckte  Empfiingnis  Maria  und  eine  Pi'edigt    Die  beiden 
[letÄten  Schriften    gehen   ebensowenig  wie   der  Dialog  übi^r 
iclir  Interpunktion,  der  in  Reuchlins  Vocabulariu»»  brevilo<|UUÄ 
mitauf genommen  wurde,*)  unter  eigenem  Titelj  sondern  sintl 
[üi  eine  Predigtsannidung  eines  gewissen  Meffret  aufgenom- 
men.*)    Kessler  hatte  schon  1487  eine  Meffretausgabe  ver- 
I anstaltet')   und   war  dann  von   Heynlin,   der  das  Buch  ge- 
lleren und  an  der  Leugnung  dor  unbefleckten  Empfängnis 
I  diu   '     ^        Verfasser  grossen  Anstüss  genommen  hatte,  zur 
lAth  seines  y,  Verwarnung*   hetitelren  Aufsatzes  vemn- 

%hM9t  worden.^     Die  Verwarnung  ist  vom  21,  April  1488, 


*)   Berti,    binn      Avi 

*)  h^^h  cr»cbicnesi  in  Stin&jibufg  bei  Martin  Fbcb  j  Bände  der  Gersou- 

f Ausgabe,   auf  Geilcrs  Antrieb  von    P.  Schott   besorgt.     Geiler  hatte   146t»  in 

Ffaukicich  Manu^^kripte  Ger>ous  gc&ammelt     Der  vierte  Band  dieses  Strttv>- 

[iMiriger  Druckes,  det>cn  Her;iufgabe  Geiler  »einem  Freund  Wimpfcliiig  ober- 

Nrttic«   erbditen  ent   1503  tiei  MMtios  Schurcr-     l'ßiseTe  Heyutin&L-he  Au)»|^be 

cnlliätt  e   B.  die  ton  P,  Schi>tt   verfasttc  coaapeodio&u  \aus  Joh.   ilc   Gonati 

»)  Hifronym«K*  bnvir  14^9,  1492»  I4')7  <Hain  ^$S%  ^S^^,  ^%^ii  ^«*'' 
I  l«OT«  Monifia  o'It  K\^K»>iU't  in  Job  H^^« 

•t  ed.  Kessler  i486.    Vgl.  S.  1^5  A.  J, 

*i  Harn  •1IQ06. 

^  „Praemoiiltio  ,  ,       iir*^  «errooncs  de  conceptioue  Mariae   per  tjue»* 

Mefl'rerh    iiui«.'uji.tuutt  tollccto»,**     GeriAuerev  %,  S.  jio  (L     Diese  Prae» 

litio  licht  Im  Te»t  «nmUtellmr  vor  den   beircfleiiden   Predii^ieu   »Mcffrct* 

[(patrt   de  iiancii*   (itL   13 — ir>').     Auf  fol,    i*    de».    pAr*   bienwlu   befindet  tieh 

fdli  bMOOdcrer  Hinweis  dai^itf  (,iDirectio  tectorit  in  pr^kemoiiitioDcm  qttandam 

Imic  operi  circa  beil;ic  vir^ini»  (nticepttonem  noviler  tnsertsim**  etc.    AmSchla«» 

fich  IC«i»lfr  und  Johanne«  dr   Lapide). 

'  Zülftdlt.  t.  Octtli.  and  All^ftum.    VH,  2  90 


Idam 


30t> 


Mnx  Ho^ssfcfcl. 


der  Ihuck  vom  24.  JMai  1488  tlatiert  In  eine  andere  Meßret- 
auiigabo  ist  anstsertleui  noch  eine  Predigt  Heynlins  üb«T 
t'hristi  Hiaimelfalirt  aiiigenomruen.  Diese  Ausgabe  hat  keLii*> 
Ali  gäbe  von  i>rt,  .Jahr  oder  Drucker,  ist  aber  auch  Kessler 
zuzuweisen,')  und  muss  später  als  die  erstgenannte  ei*scliie- 
nen  sein,  du  sie  bereits  die  Verwiirnung  enthält. 

Nik.  Kessler  und  Joli.  AmiM^bach  waren  beide  (r^niier 
und  Freunde  des  in  Klein  Basel  gelegenen  Kartauserklosters 
Sl  Margaretental  und  liaVien  den  gelehrten  Mönchen  riele, 
Amerbaeh  nach  deren  eigenem  Zeugnis  sogar  alle  seine 
Druckerzeugnisse  gespendet.  In  dem  ^Buche  der  Wohhäter", 
in  welchem  ihre  Geschenke  genau  veraeichnet  wurden»  Rodet 
sich  nun  neben  den  Büchertitehi  einige  Mide  die  Bemerkmig, 
duss  die  Bücher  ^im  Hinblick  auf  Joh.  de  Lapide"  geschenkt 
worden  seien.  Das  ht  ein  neuer  Beweis  für  die  gutuu  B^^ 
Ziehungen  zwischen  Heyidin  und  den  beiden  Dnickern.  Ter* 
mutlich  werden  sie  ihm  die  Biicher  geschenkt  haben,  deren 
Herausgeber  er  gewesen  ist.  Heynhn  nahm  als  Kartäuser- 
niönch  natürlich  für  seine  Arbeit  keine  Bezalihuig.  er  half 
nus  Liebe  zur  guten  Sache;  die  Drucker  mussten  daher. 
wenn  sie  sich  ihm  erkenntlich  erweisen  w^ollten,  die  Bücher, 
deren  Herausgabe  er  besorgt  hatte,  der  Gesamtheit  der  Mönche 
schenken;  um  aber  zu  bezeichnen,  dass  Heynlin  eigenllicli 
derjenige  war,  dem  das  Geschenk  gebührte,  wurde  es  .intuini 
doctoris  de  Lapide"  gegeben.  Die  Bücher,  die  im  Liber 
benefactorum  diese  Bezeichnung  tragen,  sind  folgende:*) 

a)  Geschenke  Kesslers: 
L  ,,Item  Convudantiits  Biblwe  et  Derrefi  I  (»rt.  flor,  intaita 
Doet-oris  nostri  de  Lapide>  Dies  sind  die  Konkordanxeu 
des  Johanne*»  Nivicelleusis,  von  Kessler  im  Jahre  1487 
gedruckt  (Hain  9416), 
'2.  ^Item  dedit  opera  Germnis  intuitu  Doctoris  nostri  dt 
Lapide.  Valent  HI  flor.^  Das  ist  derselbe  Kesslpt*schoDnick 
von  14H1>^  in  dem  der  oben  S,  299  zitierte  handschriftllclio 
Vermerk  .intuitu  lahorum  Doctoris  Joh.  de  l^tpide  ctiin 
hoc  opere'*   steht,   ein  Zeichen  dafür,   tlass  das  «intuitu' 

*)  &.  Voullicme  Bcrliuer   Ittkuaubcln   S.  335,   Xo.  550.    (Hai»  «iicoö. 
*)  Wir  xitiereu  »ach  Stehlais  Abdruck  im  Archiv  für  Gescb,  d  dciibch 
BuchhÄudeU  Bd.   12  (1889)  S.  64,  62. 


Jobantie^  Heyuliri  aus  Stefli. 


301 


des  Hber  lipnefactnniin  wohl  überhaupt  ioi  Gnimle  be- 
tleiitet  ^im  Hinblick  tiiil'  dip  Arbeit,  die  Heyiiliri  auT  diese 
Bücher  verwendet  hat," 

y,Iteiii  dedit  Sermones  beaii  Bernheirdi  iutnitn  Doctoris 
nostri  valentes  XXX  s.^  Diese  Predigten  Bernhards  von 
Clairvaux  sind  1495  von  Kessler  gedruckt  worden.  (Hain 
234k  Proctor  7687).  Sie  sind  mit  einem  alphabetischen 
Sachregister  und  ähnlichen  Zugaben  versehen. 

b)  Geschenke  Anierbachs: 

^Idem  de  der  mit  (tb  h,  Amerbach  und  «Johann  (^s  soeius 
eins"^)  AugttsUmtrn  de  Öivitate  Dei  et  de  Trinitate  intiiitu 
Doctoris  de  Lapide  valenteni  \\i  supra.^ 

^Item  dedit  opnscula  beati  Augttsiini  plurima  Argentine 
impressa  intuitu  Doctoris  de  Lapide  valent.  L  tlor.^ 

Diese  beiden  Geschenke  lassen  von  neuem  die  Vorliebe 

'Tleynlins  fiir  den  heiligen  Augnstin  erkennen,  und  das  erst-e-l 

bekräftigt  überdies  iHe  Anntihnie,  dass  He^-nlin  auch  an  vielen 

Ltisgaben  Amerbachs   beteiligt  gewesen  ist^   in   denen   sein 

fame  nicht  genannt   ist   und  bei  dienen  es  sich  imch  sonst 

lieht  direkt  beweisen  Uisst. 

Für  alle  kann  das  freilich  nicht  behauptet  werden.  Anier- 
l)ach  hatte  auch  noch  andere  Helfer  als  Heynlin,  wenn  dieser 
auch  der  einflussreichste  wan  so  Sebastian  Brant  und  für 
iurze  Zeit  wenigstens  Job,  Reucblin,  ferner  Männer,  mit 
Junen  Heyidin  wenig  oder  gar  nichts  zu  tun  hatte  und  die 
IX  Teil  erst  nach  seinem  Tode  mit  Amerbach  in  Bezieh- 
ing  traten,  Augustinus  Dodo,  Francisc.  Wylen  Joh,  Cono, 
[uiirad  Pellikan*  Bi^atus  KhenatniSj  Leontor  ins  und  anrk>re.?) 


*)  Dns  isl  Amerbachs  Geschäas^enossc  Johanocs  Petri  von  LaDgcudof  f,  Ei 
«rar  glciclifalk  du  Kreun«!  der  K^rtäusermönche  uod  iushcsoiiderc  Hcynliiis, 
Iwie  auch  ein  am  23.  Oktober  1493  %od  ihm  an  Amcrburh  gerichteter  Brief 
Ibewcist,  an  dessen  Schi uss  er  schreibt:  ».Gott  spar  euch  gesmid  und  euer  h»iU5h- 
Ifrauc  und  euer  Kinder,  und  grtiBsct  mtr  euer  möiic,  uikI  den  vn,tter  und  doctor 
Hapiss  und  alle  Uarthusscr;  geben  am  mitwoch  vor  simonts  miil  jiidc  14*^ 
Ijohannes  Pctri"     lU,  Hase,  Die  Ivobergcr  S.   V,) 

*>  Es  ist  der  oben  S.  t«)0  erwjlhnte  Amerbachsche  August  In  druck  vou  1490, 

3)  Bern,  Buch.  XV;  Zaru.  Hinleitung:  Burck.  87, 


.>02  Max  Hossfcld. 

Amerbachs  Druckwerk  ist  überhaupt  viel  zu  umfangrekL 
als  rlass  man  nur  an  einen  Gelehrten  als  Herausgeber  d^nk-?!! 
könnte,  erschienen  doch  in  den  20  Jahren  bis  zu  Heynlinj 
Tode  etwa  80 — 90  verschiedene  Erzeugnisse  seiner  Presse.'} 
Im  grossen  und  ganzen  aber  ist  doch  der  Katalog  der  von 
ihm  gedruckten  Bücher  ein  treues  Spiegelbild  der  Sinn** 
riclitung  seines  Beraters  HejTilin,  ebenso  wie  er  für  ihn 
selbst  charakteristisch  ist.*)  In  der  überwiegenden  MengB 
sind  diese  Bücher  religiösen  und  theologischen  Inhalts  und 
bekunden  einen  ernsten  Sinn,  der  sich  auf  das  Studium 
der  kirchlichen  Schriftsteller,  insbesondere  der  alten  Väter, 
und  auf  die  Erziehung  zur  Frömmigkeit,  zum  Glauben  nuJ 
zu  kirchlicher  Gesinnung  richtet.')  In  nächster  Linie  kommen 
Bücher  epistolograpliischen,  rhetorischen  und  grammatischen, 
auch  geschichtlichen  Inhalts,  also  Werke  humanistischen  &*• 
präges.  ^Diese  W<M'ke  erschienen  in  Basel  hauptsächlich  l)ei 
Amerbacli,  unverkennbar  ist  hier  der  Einfluss.  den  der  hu- 
manistisch gebildete  Heynlin  auf  seinen  ehemaligen  Schul**. 

M  Heynliu  selbst  bittet  eimnal  Amerbacb,  uocb  andere  Gelehrte  heut- 
zuziehen,  da  für  ihn  allein  die  Last  zu  schwer  sei.     s.  S.   292. 

-)   Vgl.  Roos    rOo,  Burck.  77,  83,  87. 

^)  Wir  nennen  hier  ausser  der  Bibel  und  den  vier  grossen  Kircbux- 
Ichrcrn,  von  denen  die  Rede  war,  noch  die  Namen:  Isidor  von  Sevilla,  AnseH 
V.  Canterbury,  Bernhard  v.  Clairvaux,  Bernhardin  v.  Sicna,  Alauus,  P.  L'^te* 
bardus,  Vinz.  v.  Beauvais,  Cassianus,  Cassiodor,  Gcrsou,  Richard  v.  S.»iui- 
Victor,  Gerhard  v.  Zütphcn,  Wilh.  v.  Paris,  P.  Coniestor,  Baptista  Mantiur..:*, 
Tor(|ucmada  (Turrccremata),  ferner  Predigtsammlungeu  und  andere  gei>tli.'i:c 
Bücher.  Iis  zeigt  sich  übrigens  an  diesen  Namen,  dass  schoIasti>che  w:i 
mystische  Theologie  zu  gleichem  Rechte  kommen.  —  Mehrere  Bücher  si:.«! 
dem  Preise  der  Jungfrau  Maria  gewidmet  (Stellarium  coronae  M.iriae  \::- 
ginis,  von  Pclbartus.  —  Andechtiges  und  fruchtbares  Lob  der  Glieder  M:r:j 
(I4«)2);  Historia  beatac  virginis  Mariae  von  Bapt.  von  Mantua;  Sant  Bcrs-iit? 
Rosenkranz  {I4»»7).  Manche  haben  Zusätze  der  Herausgeber,  in  deneu  >:- 
die  gleiche  Verehrung  ausspricht  U.  B.  in  den  opuscula  Anäelni>  v.  C.'.r.t. 
steht  am  Schlüsse  eine  „invocatio  matris  virginis  Mariae  simul  et  tilii  eii*\ 
ausserdem  ,,e\  gestis  Anselmi  colliguntur  forma  el  more>  beatae  Marine  vt 
ciu>  unici  Idii  Jesu."  —  An  den  liber  laudum  virginis  gloriosac  de*  Vi;a 
v.  Beauvais  schliesst  der  Herausgeber  ein  Gedicht  P.  Comestors  de  Iv'if 
beatae  virginis  an.  (Vinc.  Bellovac.  «»puscula  1481).  Oft  sieht  nicht  .v.:'' 
domini  bei  der  Jahreszahl,  sondern  anno  salutiferi  virginalis  partus  /.  B.  " 
den  Augustin-  und  Ambrosius-Ausg;aben). 


Jotintmes  Kcrnlm  aus  Stehi« 


303 


|ift^-  ^     Din  Wrrki^  reifi  pliilosophisclieD  oder  juristischen 
ilfs  treten  zurück* 


|t  Fichtst  ziisnuimeu  in  Paris  uml  die,  die  er  mit  Amor- 
?h  2tu»amnHm  In  Basel  heransgab*  ho  zeigt  sich  ein  grosser 
*  -  Aus  der  Pressi»  der  Sorbonne  gingon  i'iist  lauter 
lir,  einige  naoraliöierendej  gar  keine  rein  theo- 
püchi'n  Bücher  hervor/)  aus  der  Baaler  Offizin  einige 
inistische  und  etwa  dreinial  so  viel  theologische  und 
^ios-erhaulicVio  Werke,  Es  war  nicht  etwa  nur  der  Ein- 
ilits  jeweiligen  Mitherausgebers  auf  Heynlin,  der  diesen 
iterschied  verar^^acht  hat.  mit  Heynlin  selbst  war  eine  Wand* 
lg  Vor  1' iK 

NoL,'  r  als   au    den  Büchern   selbst  erkennt  man 

Abwandlung  in  seinen  bereits  erwähnten  Vorworten 

d^n  Atisgal)eu  des  Atnbrosius,  Cassiodur  und  Trithemiiis. 

^Qen  roüsson  wir  daher  eine  etwas  eingehendere  Aufiuerksam- 

nt  zuwenden.     In  der  Vorrede  zum  Cassiodor  finden  wir 

Stellungiialmir«  gegen  jene   ^weltlichen '^   Hunmnisten, 

\v   8ich    durch    ihre   ausschliessHche  Vorliebe   für  Hhetorik 

Eid  elegantes  Latein  dazu  verleiteu  lassen,  die  heilige  Schrift 

Iiiissacht4>n  und  herabzusetzen:  in  der  Vorrede  zum  Ani- 

mxn  eine  Verteidigung  der  katholischen  Wahrheit  gegen 

tum  mul  Unglaul>en  und  in  dem  Gedicht  im  Trithemiuis 

Ä^  Aufforderung,   statt-  endloser  'und  unnützer  Alti^rtums* 

:;huitgen  sieh   lieber  mit  der  FiÜlo  der  wertvollen  und 

"-      nden  Schriften  zu  beschäftigen,   die  die  Kirche 

^         '  ht  hah*'.     ^Obw(dd  die  Psalmen**,   so    heisst  es 

der  Vorrede  zw  Cassiodors  expositio  in  psalterium,  ^voll 

iher  Vernunft,  unendlicher  Tiefe  der  Geheimnisse  und  voll 


*y  6«ra.  Feit.  158»     Wir  beoneti  FHctfo,  Euch  Sylvio,  Agostino  Datki^ 

Fetfarca    (dieser  Ut   von  Scb.  ßrant   hcraiisgctiebcii),    Albr.   v.  Eyh, 

fteliquiüc    iirbib    Koiuac»     den    Tract:ttiiä    de    mic    (tratt^rui,      Reucbnua 

xncU    htiftinni^tischc    letidcfiz,     \'tm   Maijii>    vtttd  Fruiiciscu» 

icn  mul  Kedeti  cTsibieneii  /iLsammeii  7   Au»|^abciu 

*|  H.  Hurler  icbrdbt   Tälschlicb:    ,|ipse   accivit   prituos   typogr^phos  e 

i  l^jimiCH,  «jnot  mulUim  juvit  iii  cdcndis  pcffnew  operilnit,"  (KomcHcl. 

Tbool«  (!»thol  TI,  toi 8  (MJ06,  i*  Ausg.)     Man  vgK  oben  S.   125—157. 


yj4  Max  Hossfcld. 

<ler  lobenswenesten  Vorzüge  sind,  wie  aaoh  Angastin  und 
(.'as.siodor  in  ihren  sprachschönen  und  fruchtbaren  Vorworten 
aiLseiiianderges^itzt  haben,  so  gibt  es  doch  eine  grosse  An- 
zahl von  lernten,  die  über  ihren  Stil  entsetzt  sind,  weil  er 
des  falschen  Scheines  weltlicher  "Wohlreden heit  und  schön- 
rednerischen  Zierwerks  entbehrt  und  in  schlichtem  und  ein- 
fachem Gewände  einhergeht.  Deswegen  gehen  diese  Leute 
so  weit,  flass  sie  es  vergessen  und  sogar  verschmälien.  dieses 
wie  die  anderen  Bücher  der  Bibel  zu  lesen.  Wenn  sie  aber 
glaubten,  dass  alle  weltliche  AVissenschaft  in  den  heihg**u 
Schriften  enthalten  ist. ')  würden  sie  vielleicht  mit  ihrer 
falschen  Ansicht  auch  ihre  sträfliche  Meinung  aufgeben.- 
Denn  in  der  Tat  sei  alles,  was  in  den  weltlichen  Disziplinen 
zur  Schau  getragen  werde,  aus  den  göttlichen  Büchern  her- 
genommen, und  die  Griechen,  von  denen  unsere  I.«atinität 
ausgehe,  hätten  die  Gnindlagen  aller  Bildung  und  AVissen- 
schaft  überhaupt  erst  aus  den  heiligen  Schriften  der  Hebräer 
gostolilen. -;  Ja  auch  aller  Glanz  der  Beredsamkeit,  alle 
poetischen  Aiisdnicksweisen  und  jegliche  Mannigfaltigkeit 
einer  schönen  Sprache  habe  ihren  Ausgang  von  den  gött- 
lichen Schriften  genommen.  Diese  müsse  man  daher  fleissig 
lesen,  sie  müsse  man  verbreiten  und  dämm  gebühre  eint'in 
Buchdrucker  wie  Amerbach  der  Dank  aller  Liebhaber  dt^r 
lieiligen  Litteratur.  ebenso  wie  ihm  einst  der  himmlisch»* 
Lohn  nicht  fehlen  werde. 

In  der  Einleitung  der  Vorrede  zu  Ambrosius'  gesamm»^)- 
ten  Werken  schreibt  Hej'nlin  Folgendes:  Grosse  Verdienste 
um  den  Staat  erwir])t  sich,  wer  ihn  für  kommende  Krieg»» 
wappnet  und  wehi-fähig  macht.  Für  \nel  preis\vürdiger  aber 
halte  icli  doch  nocli  die  Männer,  die  der  christlichen  Re- 
ligion nützliche  und  nötige  Bücher  verfassen  und  verbreiten, 
und  zwar  schätze  ich  sie  um  so  höher,  je  weiter  diese  Re- 
ligion selbst  jeden  irdischen  Staat  übertrifft.  In  diesen 
Büchern  werden  wie  in  Arsenalen  die  köstlichen  Waff^^n 
({qv  heiligen  Schriften  aufbewahrt,  durch  die  der  ...  Glaube 
Christi  geschützt,  gestärkt  und  erhalten  wird.  In  unsem 
stürmischen  und  gefährlichen  Zeitläuften  haben  wir  ja  solche 

*)  Universa  bonarum  artiuin  munera  in  sacris  litteris  contineri. 
-)  „Fiirari,  usurparc",  drückt  sich  Heynlin  aus. 


JabAimes  He^'iilfii  aus  Stein 


.1O5 


Tuffen  auch  riringt^ud  u<'Higy   um  so  iiiolir.  j*»  crnstore  Cn*- 

fahr«*!!   ilrohon,   je   mehr  dieser   Glanbe  verachtet  iixitl   bc*- 

IkUmfift  ttiid  durch  ilio  schädlichiMi  Irrtüm«*r,  tlin  loidor  hier 

ivitil  da  gesät  werden   iiiul  hervorkeiiiien.  verunglimpft  und 

Ihedriingt  wird.     Wenn  Cassiodor  nnd  (terson  einät  die  Ab- 

clireiber  höchlich  priesen,  so  innss  mau  j*4zt  \\m  sn  mehr 

'ilie  Bnohdmcker  luben.  welche  nicht  nnr  wrniigon.  son<h-m 

«alli^D,  die  für  den  heiligen  (Glauben  kämpfen,  reichlicli  Waffen 

liefern.     Die  treilich  rnelno  ich  nicht,  welohf*  (o  beweinens- 

^ert<?8  Verbrechen)   Eiun  Schaden    ihrer  eigenen  iSeele  nnd 

mjr  Zei'stMning  (wenigstens   nach    ihren   Krafteni    der    ka- 

llioliscJien    UidigioTi   iilr  die  Feindn  d#^s  KrN*nzt*H  Christi  und 

Gfgner    dea   allerheih'gHten    christlichen    <Tlanbens   dit? 

Waffen  des  Satans  zuben^iten  und  vertreiben,  d.  h,  die  ver- 

Idamuiten  und  venlerblichen  Bücher,  di«»  voll  schlechter  Künste 

id  Irrtümer  sind,  durch  die  die  tliivorsichtigen  getäuscht 

ind  verführt  werden.     Ihre  Verdammung  ist  gewiss,  es  sei 

|iieUD«  dass  sie  rhirch  Uottes  grosse  Bannherzigkeit  für  einen 

schweren  Frevel,   ein    so  vervielfilltigt«*s  Uebi»l    und   idn 

ilches  Majestäts verbrechen  durch  Busse  Genugtuung  tätoii, 

i'iiM  nach  meiner  Ansicht  iiictht  hdcht  gi*sehehen  mag.    l>enu 

sie  sind  an  dem  Verderb»^n  aller  Sofien  schnldiLr.  zn  (htren 

Untergang  sie  iU*n  Anlass  gegeben  haben.- 

„Dti  aber,  li*djer  Brmler,**  so  wt*ndet  i»r  sich  ilann  an 
a€»rbarh.  -hast  Gottns  Kirche  bereits  mit  den  besten  Waffen 
irenwhen.  indem  du  wiederholt  die  Bibel  gedruckt  hast^  KUst«^« 
lio  tiuti  aucJi  Doeh  mit  den  ghinzendeu  Werkzfrtigem  der 
chriften  des  Augnstin.  And)rosins,  Hierunymus  und  (Iregfir 
111)^.  AmbrtJhins,  (l'ssen  Werke  du  nunmehr  ilrueken  willst, 
ein  Sr^briftsteller,  ih»n  wir  in  un.*^erer  jetzigen  Zeit  ganx 
mr  lirauchen  können.    Er  kann  durch  srine  Tugenrlen 

illi  ,.  .t.^lirern  der  christiicheu  Religion  als  Vorbild  und 
iporn  dienern:  vor  aUem  wi»il  er  ein  stark<»r  Verteidiger 
Jer  kathnlischen  Wahrheit,  ein  treuer  Wkohter  und  Vor- 
Nt  kiivhlichen  Freiheit  und  ein  scharfer  Tadler 
f  und  nih'r  üngi»r**clttigkeit  gewesen  ist*  So  zu- 
^ei^I&asif?  und  gediegen  sint!  seine  Schriften,  dass  nai  h  dem 
Ilieron^TTius  alle  sein»-  AussprüehH  feste  Säulen 


t\t<f     Tvu'jIk-     tltul     •ill*it'    T*!!  Miiki  li»ii     »iiiid 


r.ui 


.^(;6  Max  Hossfeld. 

iiacliher  heisst  es  noch  einnial:  ^Dio  Werke  des  Ambrosius, 
jenes  hochberühmten  Kirchenvaters  und  starken  Verteidigers 
des  kathoh'schen  Glaubens,  sind  in  unserer  Zeit  so  heilsam, 
angebracht  und  notwendig,  dass  du  dir  ein  grosses  Verdienst 
orwir])st,  wenn  du  sie  durch  deine  Dnickkunst  vervielfältigst. 
iJanim  führe  durch,  was  du  dir  vorgenonämen  hast."*  Und  zum 
Schluss  des  Briefes:  ^Fahre  also  fort,  fahre  fort,  bester  Bruder, 
fang  an,  vollende,  dann  wirst  du  einen  Lohn  empfangen,  der 
nicht  hinfällig  ist,  sondern  ewig  dauern  wird.  Noch  einmal: 
fahre  fort  und  lebe  wohl.'' 

Das  dritte  und  letzte  unserer  Belegstücke,  das  Empfehlungs- 
gedicht an  die  Leser  des  Tritlieimschen  Buches  über  die  kirch- 
lichen Schriftsteller  lautet  etwa  folgendermassen :  „Wenn  du 
von  einem  wahrhaft  christlichen  (christigena)  Autor  belehrt 
worden  und  mit  fnichtbarer  Speise  deinen  Geist  nähren  willst, 
so  lies  dies  Buch,  das  über  die  berühmten  Schriftsteller  aller 
Zeiten  Auskunft  gibt.  Es  wird  dich  lehren,  auserwählte  Vor- 
bilder nachzuahmen  und  deinem  Geiste  wahre  Speise  geben. 
Es  wird  dir  zeigen,  wie  fruchtbar  die  Kirche  an  beredten, 
wie  fruchtbar  sie  an  guten  Geistern  ist.  Hier  wirst  du  finden, 
was  wert  ist,  gelesen  und  im  Busen  bewahrt  zu  werden,  was 
den  wahren  Glauben  gibt  und  bewährt.  AVirf  dich  auf  die 
Studien,  duich  die  du  zur  himmlischen  Burg  und  zum  Paradiese 
Zutritt  erlangen  wirst.  Das  Leben  ist  kurz,  weitläufig  die 
Wissenschaft  der  alten  Dinge, ')  und  doch  verbringst  du  mit 
nutzlosem  Tand  deine  inhaltsarme  Zeit.  Ahme  du  die  Männer 
nach,  an  deren  Beispiel  du  deine  Sitten  bilden  kannst,  lies 
die,  die  du  als  heilbringend  erkennst,  darum  kaufe  dir  für 
ein  Billiges  diesen  Band,  alles  übrige  gibt  dir  der  Drucker 
umsonst.'* 

Wenn  auch  alle  diese  drei  Ausarbeitimgen  in  vieler  Bi^ 
Ziehung  nur  Gedanken  wiederholen,  die  Heynlin  schon  frülier 
ausgesprochen  hat,  so  lässt  sich  doch  ein  Unterschied  zwischen 
ihn(»n  und  den  Schriften  der  Pariser  Periode  feststellen.  Viel 
stärker  als  diese  betonen  sie  den  Gegensatz  von  weltlichen 
und  heiligen  Biiehern  und  erklären  die  Beschäftigung  mit 
«'rstcrcMi    für  Zeitvergeudung  und   nur  die  mit  letzteren  für 


*)  d.  h.  de*-  klassischen  Altertums. 


JoUnimtr^  Ho^iilru  auB  Stein. 


307 


l^'oil    und    frnchihringoud.     Li    beirmln*    lieftigoii    Alls- 
ten wordc^u  diejeiiigeTi  getii<lelt,  dii'  die  Bibel  verachten^ 
«io  nicht  elegant  gesclirieben  srn:  i3«^ii  Anforderiingeu 
^r  blindt^n  VereJirn*  einf^r  scliOnklingendeii  Beredsamkeit 
niclit  mir  die  Nichtigkeit  iJirer  Bostrebungen,  sondern 
die  Behan[ittmg  entgegnngehalteu,  dass  alle  ihre  Künste 
Imiipt  ursprünglich  ans  d*T  Bibel  stauiniten.    Schwerer 
t^iuil  ^\u^  Yorwüvir  geg^^n  die»  denen  auch  der  Inhalt  der 
der  christliche  Ghmbe.   gh^ichgillig   ist  und   vollends 
die,    die   diesen  (flauben    angreifen    und    die    tieilign 
iii  verletzen  wollen,   was   leitler  in  diesen  Zeiten  mehr 
[mehr  versucht  werde.     Wenn  in  den  Aeusseinngen  der 
(>er  Periode   die  width'olien  Wiasonschuften  und  die  hu* 
istischen  Studien  iler  Theologie   untergeordnet,    nichts- 
)weniger  ahov  doch  mit  Eifer  gepflegt  wurden,   so   ©r- 
len  sie  hier  einesteils  als  im  Grunde  doch  überflüssige 
l*n*<M   und  werden  andererseits  sogar  in  scharfem  Gegen- 
zur  Kirche  und   kirchlichen   Studien   gebracht.     Denn 
I  meint  doch  Hejidin  ausser  vielleicht  ein  paar  Sekten 
ketzeni  mit  den  Leuten,  welche  den»  heiligen  Glauben 
der  katholischen  Kii^che  schä^lliche  Bücher  verbreiteten, 
iner  wie  den  Verfasser  der  „dechimatio  de  falso  credit« 
lentita  Constiintini  donatione-  (derselbe  Verfasser,  dessen 
latini   Bermonis  er  ««inst  in  Paris  herausgegeben 
iH«  hunmnii^tiöchen  Vertreter  einer  welthxdien  Auf- 
isiner  rein  auf  die  Vernunft  gestütssten  Kritik,  als 
Tcirtffthrer  heidnisch-antiker  Ideale?     Zwar  so  verfuhr 
ilin    nichr,    dass   er  der   AI  »wehr  solcher  Humanisten 
lu  gleich  ullejs  venvarfj   was  der  Ilunumismxisi  gebracht 
—  auch  jetzt  zitiert  er  noch  seinen  Hesiod  und  Plato, 
jetzt  gilt   ihm  Spratdischünheit   noch  otwas,   wenn  er 
lltch   mit  Vorliebe   an    christlichen  Autoren    rühmt»  — 
ist  doch  offenbar,  dasa  er  ^ineu  Frontwechsel  aus- 
irt    bjiT,     Hafl(»  er  einst  tler  scholastischen  Theologie 
fei   tiu   wei*tv<»Uen»    Gehalt   zum  Vorwurf   genuicht,    so 
or  idch  jetzt  veranlasst,  die  gleiche  Anklage  der  Hohl- 
Bii  die  Liebhabt  r  der  „wehlichen  Bennisainkeit**  «U 
>on.     Denn  was   nütze  all  das  endlose  Erforschen  der 
Dinsi?"?     Auf  dais  Heil    der  Seele  käme  es  an.   und 


308  Max  Hossfeld. 

alle  Zeit  sei  verschweTidet,  die  nicht  iui  Hinblick  auf  dieses 
Ziel  verwendet  würde.  Dieses  Ziel  aber  scheint  es  uns  g»»- 
rade  zu  sein,  welches  die  Schwenkung  in  Heynlins  (V 
sinnung  hervorgenifen  hat.  Der  leitende  Ge<:lanke  hat  sich 
bei  ihm  gewandelt.  Dieser  leitende  Gedanke  ist  jetzt  alMT 
bei  ihm  die  Frage  nach  dem  Heile  der  menschlichen  Seele.'; 
Wir  meinen  nicht,  dass  er  sie  nicht  früher  auch  schon  auf- 
geworfen und  bedacht  hätte,  aber  er  stellt  sie  jetzt  mit 
einem  anderen  Ernste  als  zuvor.  Zweifellos  hat  auf  diese 
Verlegung  seines  geistigen  Schwerpunktes  sein  Leben  und 
die  Veränderung  seines  Berufs  einen  grossen  Einfluss  ge- 
habt.^    Denn    aus   dem    humanistischen    Lehrer,    der  sich 

1)  Das  zeigt  mit  Deutlichkeit  auch  ein  schon  oben  (S.  164)  angefahrtes 
(xedicht  Sebast.  Brants  an  Heynlin,  wo  es  unter  anderem  heisst:  „Mehr  (als 
das  Universitätsleben)  gefiel  dir  aber  Christi  Schule,  und  der  Lehre  des  Heils 
trachtest  du  jetzt  mit  Eifer  nach.  Du  verachtest  das  weltliche  Wohlleben, 
das  so  mancher  andere  Theologe  sucht  und  verschmähst  die  Güter  dieser 
Erde.  Du  verlässt  die  Artisten,  weil  sie  nur  leeres  Geschwätz  im  Munde 
führen,  kümmerst  dich  nicht  um  die  Künste  der  Juristen,  Aerzte,  Astrologen 
und  Naturforscher,  inid  um  die  geschminkten  Worte  der  Redner  und  Dichter. 
(Verba(iue  fucato  disponat,  ut  alter  hiatu,  Utque  alius  musas  pieridesve  canati. 
Das  alles  war  dir  wohlbekannt,  aber  alles  verlässt  du  aus  I-iebe  zu  Christn-s 
sein  Kreuz  zu  tragen  ist  jetzt  dein  Streben.  Hinter  dir  lässt  du  das  Ge- 
krächze der  gottlosen  Krähen  und  Raben  imd  dai  schwatzhafte  Gequake  der 
Frösche;  du  suchst  Gedanken,  die  der  Tod  nicht  vernichten  kann,  und  welche 
wahre  Freuden  ohne  Ende  verleihen  werden.** 

-)  Das  kann  man  z.  B.  an  der  Art  beobachten,  wie  sich  in  Heynlin  der 
Prediger  mit  dem  Humanij»ten  auseinandersetzt.  Er  wirft  einmal  die  Frage 
auf:  „utrura  praedicatorcs  debeant  legere  libros  gentilium?  Item  quomodo 
laudabiliter  legi  possint  litterae  gentilium  vel  saecularium  et  quomodo  debeant 
praedicari  et  cpiare  prohibetur  christiaiiis  poetica  legere**?  (Pr.  I,  83)  und  hat 
darauffolgende  Antworten:  „Quod  non  praedicenlur  verba  gentilium.**  „Prae- 
dicatorcs sacrae  scrij)turae  auctoritatcm  debent  praeferre,  non  saecuUriam 
litterarum  peritiam  ostendere"  (Pr.  I,  81).  Und  anderswo  warnt  er:  „(Jui 
ergo  Christi  lidem  verbis  exornare  vult,  obscurat  illam  spleudore  verboram, 
ut  non  illa  sed  ipse  laudetur."  (Pr.  I,  ()6').  IJebrigens  hat  sich  Heynlin  nicht 
streng  an  die  Vorschrift  gehalten,  da^s  von  den  heidnischen  Schriftstellern 
auf  der  Kanzel  überhaupt  nicht  die  Rede  sein  solle,  er  führt  hier  und  da 
Aussprüche  von  Cicero,  Vcrgil,  Aulus  Gellius,  Horaz,  Macrobius,  Ovid,  Fhu\ 
Scncca,  Sallust,  Valerius  Maximus  und  hinderen  in  seinen  Predigten  an,  aber 
l)isweilen  ohne  den  Namen  des  Heiden  zu  nennen  (z.  B.  streicht  er  Pr.  I, 
io8*  „Virgilius  Maro*'  durch  und  ersetzt  es  durch  „poeta"),  vor  allem  aber 
zitiert  er  stets  nur  solche  Stellen,  die  ebenso  gut  von  einem  Christen  gesagt 


Tobaiines  Heviilin   lUv  Stein. 


.^00 


WBWPPÜWBiiOTfiHiiinls  111  Pmis  iiimior  iiii^Iu'uikI  inehrzui  i^hiiiK 

öopliiL»  hingezogen  fählt»?^  war  nin  (ieistlichor.  ein  Pn*digi*i- 

geworden,  der  in  der  inomlischmi  Bft38»'niDg  di»r  Menschheit 

8eino  eigentliche  Anfgabo  erblickte.  Ati?^  dem  h?bensfrendjgen 

Manne   —    lebenslustig   ist   i*r  wohl    nio  gewesen  —  w^irdt» 

[mehr  und   mehr  dor  ernste,  der  weltnbgewandt**.   ja   welt^ 

I  feindliche   Priostor.     Wenn    ihm    einst    das    humanistischo 

[ideal    hell  geleuchtet  hat,   —  jetzt  vorblasete  es  völlig  vor 

[dorn  finster  glühenden  alten  Ideal  d**r  mittelalterlichen  Welt^ 

[ileoi  Ideal  dm  Mönclhs.  ] 

I  ^  ^ 

I  * 

I         AI»  einen  Kampf  hatte  Heynlin  st^int^n  Beruf  als  Predi- 

tger  aufgefasst.     Er  sali,  ganz  erfiillt  von  den  Gedanken  der 
[mittelalterlicheu  Weltanschauung,    wie   er   eie   an   der  Sor- 
bonne aufgenommen  und  im  Redekampf  verteidigt  und  be- 
[festigt  hatte,    in  dorn  Meuschnn  jenes  Wesen,   dessen  Seeh> 
[Gott  und  Teufel  sich  streitig  machen,   und   er  fassto  es  als 
fiieine  Aufgabe  auf,  dem  Volke,  das  seiner  Stimm»?  zuhörh*, 
[in  iliesem  Kampfe   zu  helfen»   den   guten  Trieb   in   ihm   asu 
Ist&rkon  und  den  bösen  zu  unterdrücken;  er  wollte  den  Teufel 
nxx9   ihm  vertreiben   und  das  Laster,   «las  es  niederzog,   bo- 
; siegen.   Noch  mit  frischem  Mut  war  er  von  Paris  gekommen; 
von   ilor  Bekehrung   der  Seele    hegann  er  zu  predigen  und 
gelang  ihm  damals  immer,  sie  auf  den  Pfad  iler  Tugeinl 
j  «o   weisen   :  das  Weibh^in,    mit  dem  er  ilie  Seele  in  seinen 
^onitün   Predigten  vergleicht^   folgt   seinen   Ratschlagen  und 
obwohl  es  ihm  sauer  ankommt,  was  es  zn  seinem  Heile 
jian  ninss.     Aber  in  den  13  Jahren,  die  er  nun  der  Predigt 
jiibliig,  war  Hoynlin  enttäuscht  worden.     Zwar  hatte  er  ver- 
loinzelt  manchen  Erfolg  gehabt  verstäridige  Mitnnitr  hatb'U 
inen  Wort/^n  gehorcht  und  hatten  die  Massregeln  ergriffen, 
iTi   für  geeignet  hielt,   um    das   Volk  dem   Heile  znzu- 
Aln^r  hatten    denn   diese  Massrt*geln   s«dbsr   Erfolg 
[gohabt?     Fuhr  nicht  das  Volk  fort  zu  sündigen,   als  wenn 
nicht?!  von  Gottas  furchtbarem  Strafgericht,  vom  Fegfeuer 
id  ewiger  Verdammnis  wdssre?     Trieb  man  es  nicht  mit 

köanlrti,  aittitkh  lehren  dcrr  MomU  —  Hier  sieht   man  dcutlicb»  wie 
[PredtfitMitt   Hifynltii  vcninln^^it,  settie   htttiiiiaUlitc1i«ti  Nei^ogtii  iti    ^tp* 
ftkim  &4er  ^mis  sii  unterdnirken. 


310  Max  Hossfeld. 

Tanz  lind  Unzucht,  mit  Zechen  und  Spiel  wie  zuvor,  ^^irde 
man  nicht  immer  frecher  im  Reden  und  im  Denken,  schössen 
nicht  alle  Laster  stets  üppiger  ins  Kraut?  So  wenigstens 
schien  es  Heynlin.  Er  wurde  nicht  müde  den  Menschen 
die  ^AVahrheit  zu  sagen^,  wie  er  sich  ausdrückt,  sie  zu  ta- 
(lehi,  zur  Umkehr  zu  mahnen  und  ihnen  eindringlich  vorzu- 
halten, wovon  er  selbst  überzeugt  war^)  und  was  er,  um  es 
allen  einzuprägen,  auf  seine  Kanzel  meisseln  liess:  „Dies 
judicii  prope  est!"  Aber  es  schien  ilim,  dass  man  ihn  mit 
tauben  Ohren  hörte  und  mit  blinden  Augen  «ah.  Er  mühte 
sich  ab  und  sah  doch  keinen  Erfolg  seiner  Bemühungen; 
die  Welt  verliess  ihn  und  Gott  war  seinem  Werke  nicht 
gnädig.  AVenn  er  damals  von  seiner  Wohnung  und  seiner 
Kirche  ^auf  Burg"  herübersali  nach  dem  anderen  Ufer  des 
Flusses,  auf  dem  die  Kartause  von  St.  Margaretental  lag. 
dann  wurde  wohl  in  ilmi  der  Wunsch  wach,  sein  unstates 
und  arbeitsvolles  Leben  hinter  den  friedlichen  Mauern  dieses 
Klosters  zu  beschliessen.  Die  strenge  Regel  des  Ordens 
schreckte  ihn  nicht,  er  freute  sich  in  dem  Gedanken,  durch 
Entsagung  und  Askese  für  das  Heil  seiner  eigenen  Seele 
ein  gutes  Werk  zu  tun.  Er  kannte  das  Kloster  und  seine 
Gowohnheiten ;  es  war  das  jüngste  und  blühendste  Basels, 
hier  herrschte  gute  Zucht  und  grosse  Frömmigkeit,  es  hatte 
den  besten  Ruf  in  der  Stadt  und  die  schweigsamen  Mönche 
liebten  wie  er  die  Bücher  und  die  Gelehrsamkeit*)  Durch 
Amerljach,  der  schon  seit  1481  in  engen  Beziehungen  zu 
dorn  Kloster  stand.*)  das  unweit  seiner  eigenen  Wohnung 
lag.  wurde  er  mit  seinen  Insassen  noch  mehr  vertraut.  Seit 
148G  begann  er  sich  dem  Konvent  durch  verschiedene  Ge- 
schenke wohltätig  zu  erweisen.*)  Im  Jahre  1487  brachte 
er   den    Plan    endlich  zur   Ausführung.      Die   Aufsehen   er- 

*)  Man  vergleiche  Pr.  V,  257:  „Omnia  mala  per  totam  scripturam  com- 
minata  singalis  momentis  supervcnire  sunt  timcnda!" 

-)  Vgl.  Boos  158  fl'.  und  ('.  Chr.  Bcruoulli  über  die  Klostcrbibliothekcn 
im  Basl.  Jahrbuch    1895,  S.   82  ü\ 

3)  Ba.  Chr.  I,  345  A.   i,  s.  oben  S.  300. 

*)  Ba.  Chr.  I,  345  A.  i.  Muss  man  mit  dem  Herausgeber  der  Kar- 
täuser Chronik  annehmen,  dass  Heynlin  erst  durch  Amerbach  mit  der  Kar- 
tause bekannt  wurde,  weil  dessen  Geschenke  an  das  Kloster  fnnf  Jahre  früher 
beginnen? 


Jolmnocs  Heyn) in  aiu  Stein, 

aiule  Bekehmiig  des  roichen  Hierouymiii*  ZbriiruvriunLunj, 
dor  am  31.  Mai  1487  Kartäuser  wiird«^, ')  vielleicht  auch  rin 

lemont^r  Amjbmch  der  Streitigkeiten  «wischen  den  Aii- 
ItäTxgerii  der  via  antiqna  niid  uiodenia  au  di^r  Univorsiüit 
im  Soinmeröemesfcer  desselben  Jahres,*)  Htreitigkeiten,  als 

^  deren  Urheber  or  sich  betracliton  mussto.  so  wenig  er  sie 
gewünscht   hatte,   das  alles  gab  wohl  den  letzten  Aust/Oss  : 

•  er  warf  alles  hinter  sich  uuil  trat  selbst  in  den  Orden  ein. 

jDenn  er  hielt  e«,  wie  die  Kartäuser  Chronik  schreibt»'')  mit 

idem  heiligen  H.ieronymnd  ^für  sicherer,  aUein  gerettet  zti 
wertbm,   als  mit  den  vielen  nnterzugehen,^     Die  Welt,   die 

^er  nicht  bessern  und   retten  konnte,  gab  er  verloren,  und 

[inn  nicht  mit  ihr  verniteilfc  zn  werden,  zog  ersieh  von  ihr 
zunlck.  Am  Tage  Maria  Hinimelfahrt  hielt  er»  nachdem  er 
TagB  zuvor  äein  Testament  gemacht  hatte**)  seine  letzte 
Predigt  im  Äfünster,  und  ajn  .selben  Tage,  nach  dem,  Mit- 
»malil,   trat  er  *, unter  dem  Glockenlänten   das  Münstera 

rjcttui  Salve"  in  die  Basler  Kartanse  ein,^)  Es  war  der 
16.  Anguj?t  1487:  ain   17.  November  des  dalires  tat  or  Pro- 

,  fosa*)     Er  hatte  nun  der  Welt  für  imuier  entsagt 

13.  Kapitel 

In  der  Bmler  Kartaustn,     148? — 1496, 

Seine  Freunde  waren  keineswegs  alle  mit  diesem  Schritt- 
Icutt.    Man  vermisste  das  Haupt  jeneg  gelehrten  Kreises, 


I 


*>  Ba.  Chr.  l  347  ff- 

s»  Vi^ch.   I7i  u»a  Prot  VUl.  ST* 

*J  Ba.  Chr.  I»  34 j.  12. 

*»  Ba.  Chr.  I,  335,  A 

*)  S.  s,  eigenen  Bericht  .im  >i:ivlu5s  der  Icuicn  l"rt;di^i  iJ  litellei, 

'^)  .Jntravit  utiicm  in  fcsto  Assutiiptiotiis  v.  M.iriac  posi  hnt)itum  itt* 
rn  in  tnthri)r.ili  Icmplc»  eiusdcm   (d.  h,    Manä)  ti  c^t  cirvitcr  bornm  pn* 

pofnrficitAUutn«  cl  professionem  fecil  ipso  die  «aacti  Hiigoais  .inoo  doniini 
1417-"  tBa,  Cbr,  1,  343,  15— i»).  Daistlbc  berichtet  kür«er  J»k.  Uiulirr. 
I*c*  V,  571  uncl  TitelbUtt,  noch  kttrter  Xrithrmius  und  Aitsh.  t,  10c.  Vgl. 
Über  bwiefactormti  dnr  Kiirtau^e  jcutu  is*  VIll.  aud  17.  KL  <Ba*  Chr»  I» 
343»  A,  I  und  2)  und  das  in  Kxkurs  5  (um  Ende)  bcaprocbtnc  ribÄfcn^tcr 
im  RretiigAng  dc&  Klostcri.  Maddeu  158  gibt  filschbcb  1482,  Adnmbr,  lOZ, 
1493  all  Jiibr  den  EintritU  ao«  Erhard  macht  Heynlin  tu  einem  Pariser 
Kartisfter  (Cmdi«  d.  WtedtrAulhL  n«^w.  11,   152). 


312  Max  Hossfcld. 

verinisste  vor  allem  auch  den  gern  gehörten  Prediger.*)  Eün 
angesehener  Bemer  Edelmann  —  man  weiss,  wie  hoch 
HejTilin  in  Bern  geschätzt  wurde  — ,  der  Junker  Brandolf 
von  Stein,  drückte'  einen  Gedanken  aus,  den  viele  hegten, 
als  er  Heynlin  den  Vorwurf  machte,  er  hätte  der  Welt  mit 
seiner  Predigt  einen  weit  bessern  Dienst  getan,  als  jetzt  mit 
seinem  Rückzug  in  die  Kartause  geschähe.  Heynlin  aber 
blieb  fest.  Er  wusste,  wamm  er  sich  aus  der  Welt  begeben 
hatte.  Eine  Seele  habe  er  nur,  antwortete  er  Brandolf,  für 
deren  Heil  habe  er  sorgen  müssen.  Der  Bemer  Chronist 
Valerius  Anshelm*)  erzählt  uns  das  mit  den  treffenden  Worten: 
„und  ward  obgenamter  prädicant  ein  Carthuser  zu  Basel. 
Desse  in  straft  junkher  Brandolf  von  Stein  von  Bern,  recht 
vermeinent:  er  hätti  nüzer  mit  predigen  mögen  sin:  antwurt 
diser,  wenn  er  zwo  seien  hätt,  weite  er  gnug  die  eine  an 
gut  gsellen  gwagt  hon."  Männern,  wie  dem  Bitter  Brandolf 
war  eine  so  weltfeindliche,  asketische  Gesinnung,  wie  Heynlin 
sie  hier  an  den  Tag  legte,  überhaupt  zuwider.  Sie  hassten 
die,  welche  grundsätzlich  auf  jeden  Lebensgenuss  Verzicht 
leisteten,  wie  er  es  tat,  meinten,  man  könnte  auch  ohne 
Entsagungen,  Kasteiungen  und  Bussübungen,  auch  trotzdem 
man  mitten  im  Weltleben  stände,  noch  eines  seligen  Tode^ 
sterben,  und  schalten  Leute  wie  ihn  Scheinheilige  und 
Müssiggänger.  Es  waren  zwei  grundverschiedene  Weltaii- 
.schauungen,  die  hier  aufeinanderstiessen. 

Mancher  Spott  und  manche  üble  Nachrede  mag  über 
den  Mönch  in  der  Stadt  ergangen  sein,  die  als  die  lustigste 
und  übermütigste  der  Pfaffengasse  galt.*)  Aber  er  fand  auch 
A'ertoidiger.  Sein  Freund  Sebastian  Brant  pries  seinen  Ernst 
und  .sein  sittliches  Streben,  nahm  seine  Handlungsweise  in 
Schutz  und  spracii  scharfen  Tadel  gegen  seine  Verleumder 


*)  „Licet  .lutcm  pleros(|ue  male  habiicrit,  quod  vir  tantus  ncglecto  vcrbi 
dci  miiiistcrio  se  ad  solitudincm  et  moDasticam  vitam  contulerit  .  .  .  ip*«" 
tatneii,  cur  hoc  fccerit,  singiilis  proposse  satisfaciens,  in  arrepto  proposito  dum 
stahilis  i)erseverare  pergeret  .   .  .**  Ba.  (^hr.   I,  346  2 — 8. 

'')  I,  190. 

^)  S.  den  alten  Spruch  bei  Zarn.  XII,  A.   5. 


Johiinnt«  Wtyoti»  ans  5ifef«. 


Jt3 


Ein  Kapiti^l  des  Narn^nschiffÄ*),  überschriebeii  ^Minder- 
kts  Uuton*,  ist,  obwohl  es  keine  Narnen  nennt,  siclierlich 
[Hej'nHn  und  seino  Verkloiii«>rer    gc»münzt.     Es  beginnt 
[dem  Spruch: 

„Wer  wil  der  Worlieyt  by  gc^^ii 
Der  nuMH  gnr  vll  iHirf^chtcr  fnui 
Dttt  in  ubkerei)  uiidorstai)/* 

tadolt  di*t  läcluTlißhe  Angowohnlieit    der  Narren,   daas 

ille  Wi»isL>n  gern  auch  zu  Nnrrpn  muoht^n  möohtL^n,  um 

I*   u{r)i{  allt^in  Ttiren  heissen  zu  müsst^n.    Umtih  lüMSst  es; 

„Wiimi  titiiri  sticht  eyiieii,  der  tlo  will 
Hecht   iUni  und  «//»*  inft    UlsHhff/f  »ttfU 
So  -^^priclit   man  „^<cliow  den  Uuokoliuust»r 
Er  uill  :dl<»yti  syw  ryn  Kurihitmr 
V\\^  tribt  i»yn  aposlfttzcr  skidt^") 
Kr  will  verzwittleii  gantx  Jin  gott, 
Wir  wen!  t^beii  al^  wol  ornerbeii 
Wii^  guit  iiiig  lös8t  iiiM  giiadoü  slf'rben 
Al^  er,  waiiii  fr  scfion  nig  und  imclit 
Lvl  uff  den  kiinwou.  liät  und  wacht; 
Kr  will  Vfisteu  tuid  /iVlIeii  Ijuweu 
\\v  iidar  weder  gol  noch  der  weit  truwen; 
Gott  hat  uns  uif  \Uv  umb  gi*sf  baffen 
Da«  wir  iniiüi'h  werden  o<U^r  pfaffen 
Und  vor  uds.  da-(  vnr  uns  ontMddiigcn 
Der  Well,  wir  weiii  Neyn  kutlen  Irage» 
Xüch  ka]>p,  sie  hab  dünn  sebelleu  oucb. 
ßchuw  «mb  den  uarrt'U  und  den  gouch 
Kr  mächt  ttovh  i»  der  wrft  htm  fffhon 
Vtl  frutß,  Ufui  hcti  noch  p'Bmrvn  f*»n 
Knipfitn^en^  krtf  rr  fii  gfln't 
Vnfi  ttff  dfrtt  tPfff  (irr  ftrlliktt/t  k>'tt 
Dann  dan  er  du  |\  t  ^>«c  eyn  ^chwyn 
rml  nn^-Ht  sidi  in  iler  zollen  ^yn 
Uder  bricht  im  minsl  su  vil  ab 
Das  er  kcyii  freüd  tioch  UitrUwil  liab; 
Hol«,  wie  er  dtit,  dun  yedernmn 
In  der  i^hnrtuH^  die  kntten  an 
Wer  wullt  die  weit!  d.irui  fllrbii*  meren 
Wrj    ^N  oU   die  lur   nv>rn   und  l-reu.'' 


■  Kat^Uel  iiiteUt  rineii  vun  drei  K;incu  itdt  St«^iueu  nerfolglen  Mumi 
i  MAUuern  Ihf^lit,  die^c  «cbeincn  litkhlidi  entaiiut 


-•w»'i  :-^   nmr  iae»-i  -;^  iii«l  ^«^■«■j- 
r,»«-  -Ui   i*:r  ▼-iE  Liar  ms  r  "«■**I 

•H      IfMMf     •-*    ««-l     MjA      tuM»      flw    -Jl«^ 
rC»~    lilT    JUC   5ä'    k    Ul»-    Tmrupwi  j^~ 

ii^  Äön.L**.    :>  V.-   Br;fc:i:   -m:    iezi    Beraer  Cliro 

d^Ei   ^:i.-rr   r-Aci    ^^i^rr'riü^tfiiiiiLrrjd   berichtigt    wird.   > 
fcnii]:f:L  b^rriLi::':  gr-ToHeii  zn  ^-iii. 

I^^  v-rrzagTrr  ii:-!  «iÄl-ri  Vi^rbinerte  Gemütsverfa; 
'lie  -fcri  :-  ihr  n:  2rrTpiege>.  war  der  geeignete  BchI« 
w'-i^:,.  -nr:  ieL  E:.tä<:riii.s*  zTim  Rückzug  ins  Klost 
H-y:.,i:>  See:e  reirVii  zr.  lassen.  Was  die  Chroni 
Kan-bi-^e  -r-or-^t  r-:-ch  ar:  Beweggnmden  anznführen 
stfiijirjt.  w-Ti--:-  e-  r.icht  ä:iss*-rlicher  Art  ist.  ganz 
übereirj.  HevrjJr;  sei  Karräu-ser  gewonJen.  heisst  es  ii 
ihm  gvwi^lrijet-'ii  Kapitel.^)  -der  Bekehrung  wegen-  ur 

I  Kx.p.  4-  B*^  *  '--'  L  312— 34ri.  Es  ist  überschrieben  „De  \-i 
%-cr«;at:oa<:,  --iript:-  t^  '  b:r;  e^re-^ii  dorcini  Joannis  de  Lapide  sacrac 
doctorii/*  Ei  «tntbi't  u.  A.  die  icurzc  Biographie  Hcj-nlins  darch  Tril 
nach  dem  Cätal.  :\\.  vir.  Gerrii.  Was  der  Vcifasscr,  Georg  Carpenta 
'rigenen  Mitteln  hinzufügt,  l«ezicht  ?icb  besonders  auf  die  BeweggruD< 
die  Zeit  von  Heynlics  Eintritt,  auf  den  materiellen  Nutzen  (Bücher  und 
Habe,  s.  darüber  Exkur?  5-  und  das  gesteigerte  Ansehen,  das  das  l 
durch  seine  Ankunft  gewann,  auf  seine  gelehrten  Studien  und  seint 
rarische  Tätigkeit  im  Klo.-ter,  das  Verhältnis  zum  Prior,  seine  Be/iel 
zur  Aussenwelt  und  seinen  Tod.  Bruder  Georg,  der  Verfasser,  seit  r 
Basel,  seit  1509  im  Kloster,  schrieb  die  Chronik  erst  1526,  benutzte 
mündliche  und  schriftliche  Berichte  älterer  Brüder,  den  Über  benefac 
und  anderes  und  ist  durchaus  glaubwürdig.  S.  darüber  d.  EinleituQ 
Herausgebers  I,  309 — 319. 


Johannes  Me\iitin  aus  Sltiti. 


3^5 


Li**be  mir   Ruhe^   zur  Einsamkeit  und   zur   Kontemplation 

■lach    den    Äalillosen    Anstrengimgon    eines  tätigen    Lebens, 

HUnn    weil  der  Orden    im    allgenieineii    und    liesooders    das 

^p^fieler  Haus  in  so  gutoni  Rufe  stand,  femer,  „weil  die  Welt 

damals  in  der   Liebe  zn   (rott  und   den    Närhsteu    lau   ge* 

Tvorden»  ja  sozusagen  durch  und  durch    erfroren  war,>*   und 

weil  Heyuliu  durch  seine  bisherige  Tätigkeit   in  Universität 

und  Kirche   wenig  Fnicht   entstehen    sah,    endlich    weil    er 

mit  dem  heiligen  Hieronymus  glaubte,  es  sei  sicherer  allein 

Ierettet  zu  werden,  als  mit  vi^den  unterzugehen, 
Heyn I in  zeigt  hier  jenen   für   die   Stimmung   der  Zeit 
berhaupt  so  bezeichnenden  Mangel  an  zuversiclitlichem  Mut, 
er  z.  B.  anch  einen  (heiler  vun  Kaiser^herg   an    der   Mög* 
k'hkeit  einer  Ileformation  der  Christenheit  verzweifeln  Hess. 
^  Geiler  spricht  einmal  die  charakteristischen   Worte,  die  auf 
HHeynlin  passen,    als   seien    sie   über   ihn    selbst   ausgesagt: 
^^Es  ist  auch  keine  Hoffnung^    dass   es   besser  wird    um  die 
Christenheit*     Damm  so  stoss  ein   jeglicher   sein  Haupt   in 
neu  Winke!,  in  ein  Loch  und  sehe,  dass  er  Gottes  Gebote 
Ite  und   tue,  was  recht  ist.    dass  er    selig  werde. ^M     Was 
,er  Strassburger  Dom  predige  r  hier   befürwortet,   hatte   sein 
1er  Amtsgenosse  durch  seinen  Eintritt  in  deu  strengen 
'rden    der    stillen    Kartäuser    bereits    verwirklieht.       Auch 
eiler  hat  aber  längere   Zeit    daran    gedacht^    sich    von  der 
Welt  zurückzuziehen.     Es   ist  bekaimt,    dass    er    zusammen 
mit  Wimpfeling  und  tftenheim   und  dem  Strassburger  Do- 
rn in  ikan  er  Thomas  Lamparter  den  Plan   gehegt  und  zweimal 
fast  auch  ausgelühn  hat.    nach  einer    einsamen    Khmse    im 
Schwarzwald    auszuwandern    und     dort    in     Gott    ein    ein- 
siedlerisches    und     bescliauliches     Leben     zu      beginnen,-) 
Das  war   nur   kurze   Zeit  gewesen,    nachdem    sie    den    Tod 


'I  Cnicl,  Gesch.  d.  dtsth,  Predigt  S.  556^  nach  AmciBen  fol.   20. 

')  Nur  besoodcre  uml  plötzliche  Zw Ucbciifallc,  die  Bcrufuiij»  Wimpfelinüs 
/um  Profcüsor  049^)  und  Ulcuhcittis  zum  Bischof  ( 1 500),  hatten  jedesmal  die 
Absicht  vereitelt,  1500  halte  Wimpfeliiig  bereits  seine  Stelle  in  Htiidelberg 
aufgegeben;  vgl.  J.  Kuepper,  J.  Wimpfeliog  S*  c>jj  und  133,  Wimpfeliug 
nenut  als  einen  seiner  Beweggründe  mr  Wcltflucht,  dass  er  „sab^  dass  auch 
andere  Männer  von  Bedeutung,  die  mir  gut  befreundet  wareu,  lu  demselben 
Leben  sich  hingezogen  fühlten.'*     Kncppcr  1,  c.  S.  i}^. 

Basier  Zeitschr.  f.  Gesch.  und  Altertum,    VH.  2.  21 


31^ 


Mnic  Hossfeld. 


ihres  bochgesehÄtzttni  Baseler  Frtnindes  Vümomnien  Iiatt^n/* 
Ist  es  nicht  sehr  wahr5cheirilich.   dass   dessen  Boispiel  hier 
vorbildlieh  gewirkt  Imt?     Gewiss  ist  ja  HeyDÜns  Fluciit  im 
Kloster  in  jeiiein    Kreise    der    oberrheiniachen    Hiinianisten 
eine  vielbesprochene  Begebenheit  gewesen;  wenn  ein  Manu 
von  seiner  Bedeutung  von  der  Biüine  abtrat,  so   mnsiste  liA-«* 
als  ein  Verlutit  empfunden  werden,  dass  er  es  freiwillig  tut, 
musste  Aufsehen  erregen.  tJnd  Geiler,  Wirapfeliiig  und  Uten- 
heim  sind  niebt  diu  einzig!*!!  unter  den  jüngeren  Freiiiid*;ii 
Hey nl ins*   bei  denen   wir  dieselbe  düstere  Leben suuffassiini: 
wahrnehmen.     Auch    der   ernste   Reuchlin    dachte   ähnlich. 
obwohl   er  doch  in   so  nahen  Beziehungen  zu  deuj  keck**ii 
und  kämpf  freudigen  HunuinisiTnis  stand,  der  der  neuen  Zfit 
leuchtenden  Angesichts  entgegenging  und    nicht  rait  j»*iifr 
unheimlichen  Verstimmung  der  Leute  vom  Schlage   Hi*VQ- 
lins.     Noch  1516  liess  er  sich,  als  er  sein  Ende  herai' 
fühlte,  in  den  Augustinerordon  aufnehmen.-)     Auf  A^i  ,,  . 
sei  unr  kui*z  hingewiesen;  auch  bei  ihm  nimmt  man  in  seinem 
späteren   Loben  eine  Wenthmg  zu  ernsten*  ja  trüben  Stij»- 
mungen  wahr.  *)  aber  er  hat  Heynlins  Eintritt  in  die  Kartaxis^ 
gar  nicht  mehr  erlebt,  und  ist  davon  nicht  beeinniisst  wonl^^iu 
Um  so  mehr  ist  das  bei  Sebastian  Braut  der  FalL  Wir 
hatten  gesehen,  wie  er  sich  zum  Verteidiger  Heynlins  geg»*!»- 
über  seinen    Tadlern   und  Spöttern    aufgeworfen    hatte:   »^r 
wurde  fortan  sein  nächster  Freund,  wie  er  schon  vorher  in 
den  besten  Beziehungen  zu  ihm  gestanden  hatte*     Aucii  bei 
iJim  bemerkt  man  eine  Wand  hing  zu  ernsterer  Gesir-  •*  "• 
Wenn  er  in  den  siebziger  Jahren  in  Basel  noch  frivole  i 
las  und  lockere  Jugendstreiche  beging,  die  ihn  wenig  sptof 
tief  reuten   iwie  das   auch  aus  Wimpfelings  Leben  bekanM 
ist»,  so  schloss  er  sich  in  den  8<Jer  Jahren  mit  Vorlieh»-  m 
Priester  und  Mönche,    Juristejj    mul    Kanonisten  an,  unti»r 
denen  Heyidin  den  ei*sten  Platz  einnahm/)    Durch  ihn  wunl^» 

I  I)  1497,     (Pmt  2,  Aufl.  1885,   ihp  2r»7)  Hejtilin  starb   1496. 

*>  Geig,   R.   150,     Duss   die   Entincning  An   «einen   chenialt^eii   l^rer 

Hcyatin  damals  in  Reucbliti  noch  lebendig  war,  beweist  sein  S.    142   ftritric* 

Brief  aus  dem  Jalire  1514. 

,  *)  Geiger^  Ernleitung«  —  Dcrs.  Rcnai.'is..  iiu4  Humaiii^mtü  ^.  310 

I  *i  Ch.  Schm.  r»  19$ — 197. 


fölmitti^s  Hpvnlifi  nits  ?Hdn. 


-V7 


?r  auch,  wie  die  Chronik  des  KlDStürs  erzählt  tivit  derKar- 
ISi»  lind  ihron  Insas-sori  bekannt  und  beffmindet.  ^Itein 
lios  quoqiip-,  so  schreibt  sie  von  Heyulin,  ^donmi  concili- 
ftfit  auitcoü  et  fautores^  nempedoinimtm  Sebasrianiim  Brant, 
lOi  iu  gnitinm  ipsius  inult^i  carmintt  devota  composuit  et  in 
imtni^iidatiüneni  orditit«  Carthiü^ieTiHiü  etc.-  M  Zn  diesen 
leynlin  zu  Ijiebe  vorfassten  fTctlichten  gehön^n  die  j,Ex- 
liOJtHtiii  Uli  lectorem  de  vita  siilntaria^t*)  das  Gedicht  »de 
ita  bnnmna  bene  institnenda^.*'*)  ein  anderog  ^ad  fonteni 
^tiae  Sil  Pill icatio'** '  und  noch  manche  mehr.  Einmal  ver- 
ingt  or  «ich  bis  zu  dem  Wnnssche.  selbst  ein  Kartäuser  zu 
rorden* 

üjilimus  vitae  mudas  et  prabatiii 
Jurt»  tlictTis,  utifmrii  mispllo 
Spes  ?;ir,  iithletmii  furc  mo  piihieslrae 
('artliusianae.*) 

Wenn  das  aber  bei  dem  verheirateten  Brant  ein  frommer 

Wnnsch  bh'eb,  —  ernstliari  hat  er  wohl  nie  an  dei»  Eintritt 

|in  diV»  Kartwu-se  gedacht  —.  ao  vrdizog  ihn  ein  anderer  Freimd 

lejndinH  wirklich,  das  war  sein  ehemaliger  KoHege  im  Stift 

lin  Baden,  Johanm*««  vcm  Hochberg.  Die  Chronik  erzählt  direkt, 

ida;»!«  «'9  Johannes  de  Lapide  war.  der  ihn   bewog  nach  Basel 

kommen   und  die  Kutte  anzuziehen/)     Am  2L  OktobiT 

M88,  »in  .lahr  dpäter  als  Heyniin,  tat  er  Profess.'^) 

So  fand  Heynlins  Ent^chlussi  ebensogut  Bewunderung 

(Hiirt    Naidndirnun^   vvio   Misi^ldlligung   und   Tadel.     Abf^r  es 

ili   nicht   nur  Männer»    die   ihm   seine  Ftiiclit    in.s  Kloster 

im  Vorwurf  machten^  es  fanden  sich  auch  solche,  die  ihn 

Wiederanstritt   und    zur  Annahme   einer  angesehenen 


*)  Ba.  Chr  l,  }\ 

„Varia  Carmiu,»".  B,kAcl,  rjlpc  14»)«.     ftfi  Zarn,  Anhang  I,  No,  tj, 
iZArn.  So    ij, 

h  Au»  j,Dliri  Brui..*i.-=  .,(,,.    ...liautio  et  de  laudr  et  exorualiduc  ordinti 
HttlliMU^nAKi**«  ein  Gtdiehl  von  45  sApfibischen  Strophen,  die  alle  mit  eioer 
Ff»rf!i  «i-  CartbwAimiüÄ  scbli»f>en:  liei  Zam.  Xo.  n.    —   Vgl.  aucb 

^  Dom     fcili*   de   lttMh|>cr^  eani^nleum   in   Kidren  B^vicu   |HHt   »c  4«! 
fiCIra»!!.     Ba..  catr.  l,  34  S»  4—5. 
Ba,  Cht,  l.  ,i40f_A-  i      V^L  ober  H<whl»rr^  S,   shj. 


3l8  Max  Hossfeld. 

geistlichen  Stelle  zu  bewegen  versuchten.  ^Einige  sehr 
mächtige  Herren  hatten  versucht,  ihm  vom  Papst  und  vom 
Orden  Dispens  zu  verschaffen,  damit  er,  solange  er  noch 
lebte,  wieder  öffentlich  predigen  dürfte,  et  vicariatum  in 
spiritualibus  agere  Ärgentorati.^  ^)  Wer  diese  ^nonnulli  prae- 
potentes"  waren,  die  ihn  zum  Stellvertreter  des  Strassburger 
Bischofs  in  geistlichen  Angelegenheiten  machen  wollteD. 
wissen  wir  nicht,  vielleicht  darf  man  an  die  ihm  wohl- 
gesinnten Fürsten  von  Baden  denken  und  vielleicht  hat. 
da  es  sich  um  Strassburg  handelt,  der  dortige  Münster- 
prediger, sein  Freund  Geiler,  die  Blicke  auf  ihn  gelenkt. 
Auch  wie  er  selbst  über  diese  ehrenvolle  Aussicht  gedacht 
hat,  wissen  wir  nicht,  vermutlich  hat  sie  ihn  doch  etwas 
aufgeregt.  Aber  die  Entscheidung  hing  nicht  mehr  von 
dem  Willen  des  Mönches  ab;  sein  Prior  versagte  die  Er- 
laubnis.*)    Heynlin  hat  sein  Kloster  nicht  mehr  verlassen. 

„Vivit  adhiio  in  Cartlinsia  ßasiliensi  et  yaria 
componit  multosque  suo  exemplo  et  scriptis  ad 
saneta  studia  provocat.^    Trithemius  1494. 

Aber  wenn  er  sich  auch  der  Welt  entschlug,  die  Welt 
vergass  ihn  darum  nicht.  Auch  im  Kloster  behielt  Heynlin 
das  Ansehen,  das  er  in  Basel  und  Umgegend  bis  jetzt  ge- 
nossen hatte,  und  wie  das  eben  Erzählte  zeigt,  waren  Se- 
bastian Brant  und  Joh.  Amerbach  nicht  die  Einzigen,  die 
seine  Persönlichkeit  noch  hoch  schätzten.  So  vergass  auch 
Johann  Reuchlin,  der  mittlerweile  zu  Rang  und  Ehren  ge- 
kommen war,  den  einstigen  Lehrer  nicht.  Als  er  im  Jahre 
1488  an  eine  Neuausgabe  des  Neuen  Testaments  ging  und 
deswegen  den  Prior  der  Basler  Kartause  um  die  Zusendung 
einer  griechischen  Handschrift  bat,  versäumte  er  die  Ge- 
legenheit nicht,  Heynlin  als  Beweis  seiner  Hochachtung 
und  wohl  auch  als  Probe  seiner  humanistischen  Studien 
eine  Uobersetzung  aus  dem  Griechischen  zu  schicken,  ein»* 
Rodo  des  Piaton ikers  Tyrius  Maximus  über  die  tiefsinnige 
Frage,    woher  das  Uebel    komme,   wenn   Gott  Schöpfer  des 

')  Ba.  Chr.  I,  347,   1—5. 

^)  Ba.  Chr.  I,  347,  5 — 6.  „Sed  conatus  illorum  audacia  dicli  prioris 
prudenter  frustratus  est." 


Johiitiiie 

(itAifi  Sei,  ^     H«*3^lli^  selbst  war  j»  im  Kloster  auch  ketneH- 

^gn  xur  Untätigkeit  verdammt. '(     Von  i<-*her  war  im  Kar- 

iseniitleii    das  BüfliprithscIireilmD   geiil)t   und  Uterariselier 

&isÄ  hochgcdiftlt^^n  wordt^n,  ^niit  dem  Schreibrohre  äh  lehren 

mh  der  Feder  zn  predigen*^  ]>rie9  man  als  dit*  glück- 
Iß  Tätigkeit  seiner  Angehörigen.  Dir  lug  auch  Heynlin 
i)N$ig  ob.  Seine  oinsaine  Zelle,  deren  achmale  Fenster 
ch   dem   stillen  Klostergarten  hinausgingen»  h  war   nicht 

ein  Ort  des  Gebets  und  frommer  Betrachtung,  sie  war 
2h  eine  Stätte  emsigen  Studieren s  und  Schreibens.  AI** 
lenitTat  nnd  seine  Habe  dabei  der  Kartiiuse  vermachu\ 
Irdo  seineuj  Wunsche  geniäss  ein  Teil  des  Geldes  ver- 
endet, um  ihm  drei  Bücherschränke  ftu-  seine  Zelle  an- 
tigen  zu  lassen. -i     Da  fanden  dann  neben  den  Bän<hMi, 

er  zu  «einem  perHünlichen  Gebraucli  zurücki »ehalten 
jlte.  die  Bücher  ihren  PUitas,  die  die  Basler  Buchdrucker 
ituitu  eius*  der  Kartause  sclienktfn,  i>der  jene  Exeiniilare, 
I  i»r  so  sorgialtig  emendierte  und  herrichtete  und  die  ilann 

r>ruckern   als  Vorlagen    ihrer  Ausgaben    dienten,     \Vie 

mag  Amerbach  von  seiner  nalien  Wolinung*i  nach 
St,  MargarirU^ntai  herübergekommen  sein,  um  mit  dem  ge- 
ilten Doktor  de  Lapiile  zu  konferieren,  ihn  Wi»gen  di*r  Aus- 
kbl  neuer  Drucke  um  Rat  zu  fragen  und  mit  ihm  v<»n 
pu  Nutzen  zu  reden,  den  die  wohhh^ikenden  Mätin*'r  tler 
ri«t«nheit  zti  erweisen   hofften.     Wir  brauchen  hier  auf 

oinEangreiche  Tätigkeit  Heynlins  als  Herausgeber  nicht 

*y  Der  Brief  ao  den  iVior  Latdicr  ist  vom  Jtili  148^,  k,  (reig*  Hr.  15, 
jltto  ai!  vof  diio$  liticlio^  i|iiortim  alicrtim  in  tnum*  attervirn  in  hmuini* 
fiMfif»!   Doctoriu  f^pidani  honorem    de  gr^rco   in  latitiuni  traduxi,   quod 

»I   «  li,  Ni  liiuuU    irri    ^icb,    wenn   er   tticutl,   U.i--   Htyt>]iii   ,,ii»ii;ai   .lui  jfiic 
li|tk^if  aU  SfUrinsIcller,   f'rriftKsnf    iitui  Prfdiger  ver/khiel  hftl»«,**    (l,    laRi 
[f€>1(jl    hier  wohl    tJcr    Anj^aUe    der    Ailnmbratio  \H,   loj):    Hcynlin 
sttr  (egdOt^Dt  ««unice  ad  pias  nicditaHrit}e&  aiiinnim  mtjuitclurus,**  febt  ^ 
b&t  mch  Schmidt,  dftts  lleynlin  liaUdfitt  der  Mittelptinkl  der  CfClclul«!- 
BmcU  gehliebcu  tei 

*)  Vgl.  Gntndfliis  und  Ansicht  des  Kloster»  tti  Ba.  Chr.  t 
*t  .  .  t^tfüi  ArmAfiA  pto  lihris  itti»  iu  ceUa  J,  7  tf/*     \LiU  beoeC.  i^r* 
Ulf.  1.  131*  A    2». 


Max  HoBi.rckL 


mehr  zurückziikuTnraeiij  Rt>  sfi  nur  liervorgehobeti,  dfias 
grosse    Mehrzahl    der    oben    besprochenen,    bei    Ameri 
Kessler   und  Aiuleren    erschienenen    Editionen    in   di** 
nach  1487  fällt,    mithin    in    die  9  Jahre,    die  Heynliii   utiii 
noch  in  der  Kartaiise  zubrachte. 

Der  gelehrte  Mönch  war  aber  auch  noch  ak  selbdtäudigtT 
Schriftsteller  tätig.     1488  erachien    in   der  von  Kessler  g»*- 
dnickten  Ausgabe  der  PredigtÄmnniliing  eines  Meissner  Treist- 
lichen  Meffret  eine    gegen  diesen    gerichtete  Streitschrih/i 
in  der  Heyiilin  dessen  Ansichtt  die  Jungfrau  Maria  sei  d*^r 
Erbsünde  unterlegen  gewesen,  auf  das  heftigste  bekämpft  uthI 
geradezu  als  Ketzerei  brandmarkt,  während  er  selbst  auf  da>' 
wärmste  für  die  unhe fleckte  Empfängnis  eintritt  uml  dem  g— 
steigertsten  Marienkultus  hukligt..  Seb.  Braut  füjjlte  sich  durt'h 
dieses  Vorgehen  seines  Meisters  angespornt,  ein  (ledicht  «Pro 
virginalis   conceptionis    defensione    coutraque   luaculistarun] 
virginis  Mariae  furorem  invectio"  zu   verfassen,  welches  «in 
Heftigkeit  den  Auslasstingen  Heynlins  nicht  nachsteht. 
^Hanc  tarnen  ex  Slett*=;tat  doctissimus  ille  Jacobus^« 
CarmiJie  deprompsit  jam  satis  atijue  super 
Et  Lapidanus  item  doctor  venerandus  in  aevurn 
Chart iisiftB  expressit  hasque  aliasque  prosa. 
Hos  lege,  et  ex  illis  disce,  o  inaculista.  vereri 
Conceptum  matris,  poeniteatque  precor.*^*^) 


t)  Ge;>chriebeo    am    21.  April    1488,  wir    meioeu    d.  oben    S«   299   »chosi 
berührte    »Pracmonitio    fratris  JaaoötÄ   de  Lapide  Cartustensis,    Siicmran»  liV 
tcranim  humilis  professoris  Pansiensis,  circa  sermoues  de  cnocepiionc  glonosoP 
virgiius    Mariae  per  quendam    Meffreth    ntmcupatum    coUectos»,  decla^aIl^  *)«iiJ 
iu  hac    maleria    «CDtieodum    ac  tcaeudum    sit,    notansquc    eiit^em    coUcdorn 
asscrtioiiieÄ,  quibus  «tancta  et    Immaculata  virginis    coiicepüo    cxiiiiqQinari  p^::/^ 
tenditiir,  (um  quabficatione  atquc  confiitatioDe  canindcm**    Diese  Pracmomiio 
tindet  sieb    in  folgeiideti  Me  Drei  ausgaben :    6a&eb    N.  Kessler,    24.   Mai   M^ 
pars  de  sanctis  fol,  13 — 16*  (Haio  *i  too6);  Nürnberg,  A.  iCoberger,  24.  Aufrutt 
1496,    pars    de   sauctis    (Hain  ♦  1 1007,  Voulbtme  Berl.  Ink.    1766);  feroer  m 
einer  Ausgabe  von  Kessler  in  Basel,  die  vom  Samstag,  den   20.  Jaunar  mK 
datiert  ist,  wieder  pars   de  sanctis  fob   13  —  ttV    (Dz,    1910  der  Berliner  Kit. 
Bibbotbek,  Voulb  $13,  Hiim'iioo^},  —  Kaiin  dieses  Datum»  20,  Jd 
richtig  sein»  wci>n  die  in  der  so  datierten  MetTrctausgabc  betiodüchc  Pr.t 
(in  Übereinstitnmung  mit  ihre«  übrigen  Dnickenl  vom  21.  April  148H  dar 
5)  Jakob  Wimpfcbng.     Braiit  meint  sein  Gedieht  de  tnpbci  crandort 
'*)  Brant  war   überhaupt   ein   eifriger  Verehrer  Marias,  die   crstea  6  **e* 
dichte  seiner  Sammlung    *  Varia  Carmina»    sind    ibrem  Lobe  gewidmet.    Vß*-. 

lütü.  xxxra. 


Infi 


IW-.    Hrvtiln 


SSf^TmlHniiiu^    hat    hiL-h   iibrr    den  Tmktnt  HpynTfTi» 

lubt.HMi  aüsgt^sprocheu. ')  wio  donn  üborhaupt  jem.»  HaumüiHteu 

\it  ElsasH  und  am  Oberrhein  alles  vvillkommon  hiessen,  was 

tnr  Erliohmtg  iIht  Marii^riverelmtiig  und  )>es<m<lors  was  zur 

icft^stigintg  d»>r   Lt^ire  von    ihrer  unbefleckten  Empfängnia 

[»itnig.     Wir  konnt-n   es  uns    nun   ersparen^    im   einzelnen 

oirmn  für  unser*»  Begriffe  widonvärtigen*)  Streit  eiazu- 

[vhpn^  bpi  dem    e«    in    der  Hauptsache   sirh    um  die  Frage 

phte,  ob    Marin   unmittelbar    nach    ihrer  Empfängnis    für 

iiis  gt»wisse  Zoit  d#^r  Erbsünde  unterlegenT  dann  aber  durch 

tn«m  besonderen  Dispens  (4ott«'s  davon  befreit  worden  sei. 

>d©r    aber   ob    sie   ülierhaupt    nie    der   Erbsünde   teilhaftig. 

yntieni  stvets  und   umuiterbrochen   unbeflerki   gewiesen   sei* 

Tinn  or  trotx  aller   aufgewendeten  Logik   dem  Verstand© 

sr  Verteidiger  Marias  wenig  Ehre  macht,  *)  so  um  so  mehr 


*)  Tm  OujiL  iU.  viror«  German.   14^15:    -tmctfttum  unum  catboUcum  pro 
a>k>ne    purii«jai«ie   conccplioitis»    beatne  Murioe  äcmper  virtiinii,  obstrncivü 
miuiit  ^^kticie  quam  docit  ds  loqucDtium  ttiiqae*  ete. 
■)  XtefTret  autei^cbcidct  4  couccptiones.  c.  aclernn,  c  sei. ums,  i,  inutnins 
ad  c.  Aiimiiiis  oder  spfrilus,  und  bchviuptctt  tijis«>  Maria  cr>t  am  35s»tcn  Tage 
•  n blicke,  wo  *ie  nach  Afihicht    ilcr   Gelehrten    menschliche  Formen 
icti   begann I  nach  der  c.  ^eiitiuis  «idtikhfiztert  worden  sei.    Die  Kirche 
TC  d4hcf  »uch  nur  ein  festum  conceptioui>«  üpiritu.s,  nicht  seminis«    Heyntiii 
atipict  im   Gegenteil,  da&   Fest   Miiriii   Knipräugni^   (»eziebe   sich   doch   auf 
c,  trftiliiifi,  und  nicht  auf  eine  Sanktttikatkin,  ^ToL   14  coU  i  Z.  17  in  der 
chun  M<!ffret*AtLsg;ibef.  Aehnlicbc  Erürteningen  tiehiuen  etnco  breiten 
eilt. 
Geg^  eitlen  Äus^crM  Ke**bmack vollen,  aii^  Pliuius  berbeigetn>geuen  Ver- 
Xlefiietf  der  beihgeii  Alma  mit  einer  Dachsböblc  und  des    leufeU  mit 
Fucb&c  ijui    ibidem    Itmuin    suum  et  urinum  pmicit  (iijimUch  die  Erb* 
|e  '1     Ifeynliu  in  voller  Ernyiornng   Ua»:    „i^  ;ib<jminaliili»,  c.te4:r»hiU»i| 

U»,  btisphemu,  dctet^labiltK  nrt.iledic«  immo  vcriiM  m;iledictA  Pf 
^bobca  riimpuniti«>  et  ex  ea  inducta  assertio»  «juae  uon  pnlUiUvil  nee  crevit 
M|iijiiti  In  «tiimo  cuiit*iairni]iie  catholici  doctoris»  et  fidebs  chriisliaiii  «^d  in 
1»  bl4»phefoo  et  dialiolico^  .  .  .  N«scio  si  quid  aequiiu  cogtlAti,  tmpius  • 
•-'Otiri  et  pü*  auribu!*  abomm^biUus  \*os%H  midirf, 
iti  scciu.^«  ineOjibitc  nephas,  \'\%  babens  nonieu 
uuMi*"  {ki{   20*) 

sU    Probe    eitieu    Bewcii    Hrynlin%    folgcii.     Der    itdi&che 
hol,  wie  bii  oorptu  imU  siebl,  »einer   ünmAbbo,   dtr   KiiUerin»  dai 
l^clH   ferlkhtfn^  daii   (li«   wie  er   teJbiii    nnn   Gesetre    frei    sein    *oll:    Wie 
i|lt#  ouo  der  Sohn  Gotle*,  drr  Köuig  ftlle?  Kooii^e  uni  Kaiser  de*  biiuni- 
en  K«id»et  iler  HttttmeUköulgiii  und   Kalseria  de»  ewiijea  Reich««,  die 


3-*2 


Max  Hassfeld. 


ihrtuii  Herzon,  Fischer  hat  nüt  Recht  hervorgeliobri».  - 
Heynlin  sich  in  dieser  Frag*»  in  eiiieui  Dilemma  befinden 
musste«  Setner  phihisophisch-theologischen  PhrtebteUuug 
nach  war  er  ja  Realist,  mithin  ein  (resinnungsgenosöe  dc*r 
Dominikaner.  IHese  aber  befehdeten  die  Ansicht  von  der 
nnbefleckten  Einpiangiiis  Maria.  Heynlin  musste  es  aW  in 
dieser  Frage  mit  den  Fmnziskanern  halten»  die  für  die  Erh- 
sündetosigkeit  Maria  eintraten^  aber  öonst  seine  jibil»> 
suphiselien  Gegner  waren. 'i  Dazu  mag  für  ihn  ncK*h  schwer 
ins  Oewicht  gefallen  sein,  dass  drei  seiner  bevorziigtea 
Kirchenväter,  der  heilige  Augustin,  der  heilige  Gregor  iiaJ 
di-r  heilige  Bernhard  von  oii]L»r  iinnjaculata  cuuceptio  nicJiti 
wissen  wollten.  Aber  trotz  alledera  siegte  seine  Frömmig- 
keit über  die  Einwände  seiner  Freunde  und  Anton 
Er  wies  letztere  mit  deai  Satze  ab,  dass  sie  nur  P, .,... 
ni einungen  aufgestellt  hätten,  nie  seien  sie  versammelt  ge- 
wesen, um  in  dieser  Sache  ein  Urteil  abzugeben,  „unde  nee 
aliquid  autentice  in  hac  materia  deteruiinaveniiit,'*  Ja  iT 
geht  soweit^  ihnen  die  Heiligkeit  abzusprechen,  falls  sl^ 
anders  dächten,  wenn  sie  jetzt  noch  lebten:  Adhuc  etiani. 
81  .  .  .  nunc  hrc  essen t»  alitet'  sentirent^  re/  sanctt  von  rfistnit! 
So  sehr  war  Heynlin  überzeugt,  dass  seine  grosse  Verehrung 
der  Maria  ein  notwendiger  Bestandteil  der  kathoHscbti« 
Frömmigkeit  Sfi,  uml  so  weit  riss  ihn  das  eigene  FKiniraig- 


nicht  nur  seine  getsUge  Gem^ihliß,  sondern  sogar  noch  seine  natürliche  .VliiUer 
t*(.  weniger  Ehre  ei-Tveisen  als  der  irdische  Kni&er  seiner  Ivaiserio?  Alw»  ist 
eti  gewiss,  dass  Chri^tON  seine  Mutter  von  dem  sou&l  allgemein  gültigen  G^ 
seUp  das«!  jedef  iu  der  Erbsünde  empfangeu  wird,  befreit  hat,  wie  er  $ethsl 
frei  dAvon  war.  (foL    14*), 

il  Fisch,  21—22. 

«I  Geiger   (Kcnaiss.   iiad    Hum,  S,   417^   stellt    das  Vcrh  ,ii  .    mJ        i 

den  Kopf.  Kr  sagt,  Heynlin  habe  „seine  Verehrung  der  Jini-ii.ii  Mint  ^f 
rade  dadurch  bckurtdcii  wnllcn,  dass  er  ibie  eigene  Geburt  in  menschlicher 
Wei^e  geschehen  lic&i»,  um  dann  ihre,  der  von  Menschen  erfeugten  Jungfriu 
Erwahlung  durch  den  heiligen  Goi^t  um  ^o  wunderbarer  und  gülUicher  er- 
scheinen zu  biJHscu  und  nicht  dadurch,  du;»»  er,  seinen  sonstigen  Ge>ionu 
genoiiäeii,  den  Dominilcaucrn  iihnlich,  auch  Maria  unbefleckte  EropfänjfniÄ 
hauptete/*  Umgekehrt,  die  Domiuiknner  waren  Gegner  der  unl^el^ecktcrt 
Empfängnis.  HcynJiu  ihr  glühender  Anhänger.  Kurx  vorher  sagt  Ge 
selbst  dos  Richtige  über  die  Stellung  der  Dominikaner  und  Sebasl,  Br 
(S.  366.) 


Jobnitncs   Hfyntui   aus  Slciii. 


in»    Zwar  sai»   aiui»   rv  inrii   \mvii  AutontütoJ 
Itti^   wuil    rr  Wür    gliirklicli,  <lio  Eiitsuheidiingt^ii    i>iijt'r  Uni- 

srBitHt.  aiuea  Konzils  und  pinea  PapMtoö  für  Bicli  anrufen 
lu  können.  Obwohl  in  der  Frage  <it*r  unl>oilfükfi*u  Emjifiiug- 
ih  noch  kein«;  ftuthentisch*^  Eut&schoidung  g<jtroi:ien  soi»  üü 
^e|;^inüt  ej%  und  obwohl  deswegen  streng  genommen  jeder 
90  eigene  Meinung  haben  diirfe^  so  gidiöre  doch  diese 
•^mgo  zu  den^^n,  bf^i  welchen  man  ^der  guten  Sitten  hnlbf*r 
lud  iiuti  Scheu,  eleu  rr*chten  Glauben  oder  fromme  Ohren 
Itl  verletzen"  davon  abstehen  solle,  von  diesem  Rechte  (4e- 
tmuch  acu  niHchen.  Denn  es  hätten  sich  sowohl  die  Pnriäier 
JniverHitiit  (almn  fiarens  ün.  par.i,  <las  Basler  Konzil  <8acro- 

inetum  Has.  concj,  das  doch  im  heiligen  OeiBt«  rechtmässig 
bensantmelt  gewetJen  sei,  wie  auch  Papst  Sixtus  IV  zu 
S^nuBten  der  Immaculata  conceptin  erklärt,  und  dieser  hal>e 
»)gar  eine  Messe  und  ein*tn  besonderen  Dienst  zur  Feier 
^enioUwMj  eingericht-et  und  einen  Abhis8  daran  geknüpft. 
Üine  Bulh?  habe  da>«  alles  böstätifi^.  Wer  aber  Jiolcher  feiRr- 
ichen  päpHtliclu^n  Krklänmg  widerspmche,  «1er  denke  ^tmpie, 
^liii*pheme,  Hacrih^ge  .  ,.  iramo  heretjce  contra  rcctaju  fidem^ 
lud  mti^se  für  seinen  Widerstund  l>eatraft  werden.  -Irro- 
ibiliter  diffinitum  est  et  obstructum  i*st  os  omnium  in 
jiiic   niHteria  lo(|aentium," 

Ausschlaggebend  für  Heynliu  selber  aber  waren  (U>ch 
licht  die  Autoritäten,  die  er  hier  anführt  <obwold  seine 
}teUnngimhnie  in  dieser  Fnige  ursprünglich  sicher  auf  die 
Nachwirkungen  der  Beschlüsne  der  Pariaer  Universität  und 
h*&  Konzil»  in  Basel  zurückgehtt^*)  ausschlaggebend  war 
pas  religiiise  Bedürfnis  «eines  Herzens,  das  sich  hier  zu  der 

linsen  Kraft,  deren  es  fähig  w^ar,  zusammennimmt  und 
ihm  Wftrm^  des  Gefühls  entwickelt,  lüe  man  dem  klügeln- 
|*ni  Verfa»?ier  de*»  tractatus  de  propositionibus  exponibilibus 

if*r  iler  ICxplünatione^  in  Arisitotelis   logicam  gurnicht  zu- 

lUit.    Man  leäM)  nur  dit^  folgiMMlen  Tiraden,   die  mit  ihrer 
h  ungei^chickten,  stet^i   wiederholten  Verwünschung 
«i^tünde  Marias''  deutlich    zeigen,  w^e    dan  itefiÜd    hier 
intt  ihm  dnrehgehL 

^   M.>n  »tlnurr«  cieb  der  Piedjgteo  teittes  F«irisirr  l.fhr«r>»  t^itt-  Desmoiilin'* 
^4w  imticdfikic  EtitpOuj^iiiv  («^  Band  VI,  S»  J4v>  A*  id 


,^24  Mai  Hossfcld. 

Stehe  niemand  auf  gegen  den  Bahm  der  heiligen  Jnng- 
fraul  -Terreantnr.  resipiscant.  convertantur.  virgini  dent 
gloriam  et  vivant  Quod  si  rebelles  facere  contempseriitt. 
exurge  o  virgo  praeclara.  exurge  o  pulcherrima  inter  mulien^. 
quoniam  tota  palchra  et  onmimode  pulchra,  tota  immacnlata 
et  semper  immacnlata,  non  cui  aliqua  macala  ablata  sit.  se*] 
cjuae  macnlam  nullam  unqnam  contraxeris,  exurge  o  deifica 
mater  domini  et  dissipa  inimicos  tuos,  diffamatores  tnos 
deo  odibiles  detractores  tuos,  dissipa  eos  quia  bella  volnnt 
contra  t»»:  fugiant  a  facie  tua  qui  te  oderunt,  profer  in  et)> 
propheticam  illam  sententiam  divina  dispensatione  tnae 
dignitati  congruentera:  confundantur  et  deficiant  detraheiites 
animae  meae.  operiantur  confusione  et  pudore  qui  quaeninr 
mala  mihi.  Et  iterum,  confundantur  et  revereantur  quae- 
rentes  animam  meam^  avertantur  retrorsum  et  confundantur 
cogitantes  mihi  mala,  fiant  tanquam  pulvis  ante  faciem 
venti  .  .  .  exurge  adversus  dolosum  et  mendacem  tui  de^le- 
coriscompositoreml  Erubescant, confundantur. contnrbentur,.. 
et  cognoscant  quia  nomen  tibi  domina,  tu  sola  altissima  in 
omni  terra  ■* 

Und  unmittelbar  hinter  diesen  Sätzen  schreibt  er  fol- 
gen<len  Schluss.  dessen  Superlative  so  bezeichnend  sind  tür 
«len  Wunsch,  alles  klipp  und  klar  bewiesen  zu  haben:  «Ex 
pr^niissis  inexpugnabilibus  determinationibus  fimiissima  ra- 
tione  et  aiitoritate  roboratis  evidentissime  demonstratnr 
(»nmes  assertiones  collectoris  iMeffret»  illis  contrarias  et  r^ 
pugnantes  esse  falsas.  erroneas.  scandalosas,  piarum  aurinin 
offousivas.  et  in  fidf^  non  sanas,  et  idcirco  ab  oninibus  ca- 
tholicaf»  t'idei  filiis  respuendas,  nogandas  et  damnanda<.* 
Am  Schlüsse  des  ganzen  Traktats  aber  unterzeichnet  er  mii 
vollem  Titol:  «In  assertiones  temerarias  atque  damnatas  iu- 
tenieratain  Dei  genitricem  virginem  Mariam  originali  lua- 
culae  subiectani  fuisse  praetendentes.  Catholica  Praemoniti»» 
ot  (iohitae  castigationis  lima.  cum  ex  adverso  militantiuiu 
(•onfntation«^  ])er  egregium  religiosumque  virura  Johannem 
(\f'  Lapi(h\  artiuni  ac  Theologiae  Uoctorem  Parisiensem 
fuiidatissiinuni,  Onlinis  Cartusiensium  fratrom.^ 

Zugleich  njit  dieser  Praemonitio  lioss  Heynlin  durch 
Kessler  in  die  Meffret'sche  Predigt  Sammlung  einen  von  ihm 


Jnhivnücs  Heyn l in  aus  Slefn. 


«fftjhst  verfasst»*tr  Sermon  üh*'r  Christi  Hinnnel/akrt  aufiM^liiuon. 
lUese  Predigt,  die  sich  nur  in  einigen  Ausgaben  des  Meft'ret 
findet,  trägt  selbst  keine  Notiz  darüber,  dass  Hoynlin  ihr 
Verfasserist,  aber  Trithenüus  ftilirt  sie  als  eins  seiner  Werke 
auf  («De  ascensione  domin i  inter  sermnnes  Meffret,'^),  und 
<la  rhis  von  Tritbi*mius  gegebene  Iiiitinoi  „Conmirge  domine-* 
in  der  Tai  mit  den  Anfangsworten  der  Predigt  (Consurge 
domine  in  requiem  tuam)  übereinstimmt,  so  haben  wir  in 
Hey  nun  den  Autor  zu  erblicken.  Nach  ilai  1488  gedruckt.'! 
ist  sie  jedenfalls  auch  in  jenen  Jahren  in  der  Kartause  ver- 
Bh^st  worden  und  bringt  seine  damalige  Stimmung  gut  zum 
^Aüsdnuk. 

Die  Welt,  so  heisst  es  eingangs,  ist  wie  ein  stürmisches 
und  unruhiges  Meer,  widenvärtig  und  bösartig.    Wer  tiaher 
Ruhe  sucht,  eler  darf  nicht  auf  diesem  lb*ere  bleiben»   son- 
dern muss  ans  Land  gehen;    dort   aber  wird  er  desto  mehr 
Ruhe  finden,  je  höher  er  emporsteigt*   Denke  dir»  so  zitiert 
er    Cyprian.^i    du    ständest    auf   hnheni    Berge    und   sähest» 
selbst  frei  von  aller  irdischen  Berührung^    den  Stnidel    di»r 
wogenden  Welt  zu  deim?n  Füssen.     Wtis    würdest    du    von 
deiner    hohen    Warte    alles    erblicken!      Krieg,    Streit    und 
Bhitvergiessen,   Totscblag,    Hader,    Hass,    Unglück.  Trübsal 
und  Trauer,  Achtlosigkeit  vor    den    Gesetzen,    Betrug    und 
■Ferstellurig.  Untreue  und  Meineid^  Unzucht.  Schamlosigkeit 
und  alle  Laster!     Das    ist   das    stfirmische    und    gefahrv^ulle 
Jieer  dieser  Welt  Da  verschlingen  die  grossen    Fische  die 
Bleinen«  der  Starke  vergewaltigt  den  Schwachen,  es  lauem 
Ble  SjTten    der   Habgier,    die    Scylhi    der    Schwelgeroi,    ilie 
Sirenen  der  Wollust,  die  Cliarybdis    des  Gaumens   und  der 
Völlerei.     Dem  Menschen  wäre  hesser,   er  würde  nie  in  diese 
Welt   hineingeboren,    denn  er  kann    den  Gefahren,    die    sie 
l>irgt.    nicht    entrinnen.     Auf    diesem    Meer    kann    niemand 
lixlio  finden.  Wer  aber  ruhen  will  der  steige  auf  den  Berg, 


*)  s,  oben  S,  300.      In    dem    Exemphir    der    Berliner    Ki>L   Biljliothclt 
z,  X910  =   VouUienie,    BerK  Inkuo:i)>eln   550)   ist   sie   die    19.  Predigt   dc& 
stivalis;  sie  beginnt  uiif  fot.  K  U  2*  und  iimlasst  12  Seilen. 
*)  Im   folgende»    unterlassen    >vir,  jedesmal    den  Aotor   za  ncti» 
Heynlin  zitiert:  auch  was  er  von  fremden  Worten  auführt,  bk 
finc  Stimmung  charakteristisch. 


3-'f> 


Hm..(.'1,V 


nac 


h  dem  wir  uns  soiineji.  weiiü  a\  ir  vun  eleu  \V 


?rde 


den    Bc 


der 


und 


Irergeworten 

Ruhe,  d.  Ih  das  Himmelreich.  Stände  Christus  nicht  am 
Tjfer,  wäre  er  nicht  aus  Liebe  zu  uns  in  dieses  Meer  hinul)- 
gestiegen^  was  sollte  aus  uns  worden?  Nach  dieser  Ein- 
l'^itung  spricht  Heynlin  anstiihrlich  von  »1er  Buhe.  All»* 
B«/wegung  hat  zuoi  Ziel  die  Ruhe,  und  jeder,  der  iirbeitK, 
bedarf  der  Rast.  Obwohl  aber  alle  Menschen  nach  Ktili** 
streben,  so  tun  sie  es  doch  auch  auf  verschiedene  Wei^^*. 
Denn  es  gibt  eine  doppelte  Ruhe,  eine  eitle  tind  fälscht», 
und  eine  wahre,  die  meisten  aber  erstreben  die  fcilscb«^ 
Ruhe.  Sie  suchen  sie  in  dem  Gefängnis  dieses  Lebens,  m 
Reichtuna,  WoUust  und  Ehren,  V(»n  diesen  Dingen  abor 
mag  die  Seele  so  viel  erlangen  wie  sie  will,  so  wird  m 
von  ihnen  doch  nie  ausgefüllt,  sie  bleibt  immer  leer,  ihr 
Sehnen  ungestillt.  Wer  nach  dem  Spiegelbild  des  CTi>ldt»u 
greift,  statt  nach  dem  Grolde  selbst,  der  wird  verlacht:  m 
aber  sind  diejenigen,  welche  des  Fleisclies  Lust  suchen  und 
die  unaussprechlichen  Freuden  des  Himmels  vemchlt^iu 
Deswegen  suchen  die  Söhne  iles  Liclit^  die  wahre  Ruhe: 
diese  aber  ist  nicht  in  den  Dingen  dieser  Welt  xa  finden. 
Christi  Himmelfahrt  ist  ein  Symbol  dessen^  was  wir  ttin 
miissen^  um  die  wahre  Ruhe  zu  finden:  wir  fitiiiiseii  wk  rr 
diese  IKrf/  terlmsen.  Denn  die  ganze  Welt  ist  vom  Bos^u 
umfangen,  und  wer  ein  Freund  der  Zeitlichkeit  sein  will, 
der  wird  zum  Feinde  Gottes,  Die  Welt  ist  wie  ein  Pfcui, 
der  die  Federn  spreizt*  von  vorne  schön  anzusehen,  von 
hinten  garstig  entblösst;  sie  ist  wie  ein  Schatten,  den  man 
nicht  fassen  und  dera  man  doch  nicht  entlaufen  kann:  wt«^ 
ein  schlauer  (iastwirt.  der  seinen  Gästen  die  Mahlzeit 
salzt,  damit  sie  Durst  bekommen,  Sie  verstrickt  alles  in 
ihre  Netze,  ach  wie  wenige  gil»t  es,  die  Christus  zu  folgpü 
versuchen!  Und  doch  ist  dort  allein  Ruhe  zu  finden,  wo 
Christus  ist^  denn  durch  Geschaffenes  kann  der  menschliche 
Gidst  nicht  befriedigt  werden,  in  Gott  hat  die  Seele  i 
Ursprungs  nur  in  ihm  kann  sie  sich  ilaher  auch  beruh 
Die  Seele  ist  wie  die  von  Noah  ausgesandte  Taube,  welch*^ 
umli erflatterte  und  keine  Stelle  fand^  wo  ihr  Fuss  mhAH 
konnte,  bis  sie  in  die  Arche  zurückkam,    von    der   sie  ftW*- 


iliche  j 

ligroF 


iitinn  »II»  Swm. 


327 


ttfiogtMi  u-ür  Es  gibt  nur  eine  ^suverlässige  und  friodsaine 
Itihe,  nur  <*inp  8iclieri>  und  danerndp  Geborgenheit:  ent- 
Dgeii  zu  8»*in  den  Wirbeln  des  irdischen  Lebens,  von  di^r 
»t  tiichl^  mehr  zu  begehren^  nichts  mehr  zu  wunscheUt 
rIOst  zu  werden  von  den  Schlingen  der  Welt  ntid  von 
Jiem  Hchmntz  der  Erde  gerf^inigt  zu  werden  iui  Licht  der 
flg^n  Unsterblichkeit. 

Dieser  schönen  Predigt,  die  des  Menschen  inneres  V«*r- 

lis  zu  fToM  li^-t rächtet,    und  ilie  ein  Zeugnis    von    dem 

li.sf:lien  Verlangen  des  Mönches    nach  Vereinigung    mit 

ODttheii  ist^    der   er    in    seinem    heiligen    Stfinde    nnn 

ler  XU  koinjn<*n  hoffte»  liess  Heynlin  nach  einigen  Jahren 

lue  Arbeit  folgen,   die  noch    einmal    den    äusseren  Oottes- 

|ieoi;t  betrifft    und    uns  wieder    hinaus    in    die  Welt    führt* 

ist  «ein  Traktat  über  die  M€M«$^   das  ^Besolutorium  dti- 

innim  circa  celebrationenj  missarum  occurrentium**,  verfasse 

UT    Belehrung     einfacher    Landgeistlicher     i^eapropter,    ut 

acerdotes    simpüces    qui    notitiam    canonum   non    habent» 

^<jue  semper  facilem  recursum  ad  superiores    suos    aut   ad 

iros  doctos  habere  possunt^  mt*lius  cavere  valeant  no  circa 

Kiaxjmum  istud  mysterium  deficiant  vel  errent^).    Es  lohtit. 

|ieifii»  Schrift  Heynlins  und   die  eben  besprochene  Predigt 

lileinander  zu  vergleichen.    Man  gewinnt  bi4  ihrer  LM>ktüre 

^en  ganz  entgL*gengesetzten  Eindruck.    Wussten  wir  nicht, 

BiicJier  und  Bucher  einen  ganz  verschiedenen  Urnpiiing 

?n  können,  selbst  wenn  sie  vcm  ein  und  demselben  Ver- 

»r   stammen,   so    mfissten    wir    uns  eigentlich   wundeni. 

^dii^  dt*rselbe  Heynlin  etwa  gleichzeitig  zwei  so  unähnliche 

riften  herausgeben  konnte  wie  die  Himnielfahrtspredigt 

id  den  Messt niknit.  Wt'nn  jene  seinem  Herzen  entspningen 

üo    dies**r   ganz    gewiss   nur  seinem  Kopfe*     Dort   eine 

t\hm%  hent**  noch  zu  Herzen  geheudeWärme  der  Empfindung» 

^r    de«   Ausdrucks    und    ein«^    anscheinend   echtf^ 

iiusucht,  hier  eine  Ausserlichkeit  und  Uesetzlicli- 

it  «l»«r  Anschauung,   die  erkältend  wirkt,   und  die  hinter 

\\  dorn  Betonen  des  äusseren  Di**nstes,  hint^:r  alt  der  äni;st- 

^h  gewisserduiften  Einprägung  der  Kultformen  undWarnung 

Cir  den  geringsten  Verstössen  g<^gen  das  Ritunl  kaum  noch 

r^n  feniabliegend**n  Ciuell  der  Religiosität  ahnen  lässt.  aus 


y2^  \E.x  H.7,4f^ri 

•  !-sli  -l.iih  ar^'i-a  -iies  ganzer  Fonii»e-t^e«en  •*iii:?c  Lerg-fl-VM^:: 
w^r.  ♦rl-^i'.h.wohi  errang  -sioli  Heyniins  .«Brtiijlarorinin-  ir. 
•i-n  -Ir^ri  Jdiirzrhricen  von  seinetn  Erschein«?!!  bt»  n  Ljith-rs 
A  -J:r'^reii  -ohr^ell  ein-  groseie  Beliebcheir  bei  seinen  Lfts^rrTi 
-i':hrrriicrL  inch  wegeri  seiner  knappen  an«!  ^be^5ii:h^ 
II-  ii-en  F:rm  :  Lst  -^  'Lx-tL  bi^  zur  Bef*?nuacit)n  nichr 
•Ä-rr.i^rrr  ;il.s  3«S  rual  ^n'^  liann  n^ich  4« .»jähriger  Pswise!. 
i:^  Zt^iraiter  der  « regen r^rt'jrniation.  auch  nocli  mehriiLh 
anfgelrgt  wonlen.  Streng  anf  dem  Beilen  der  Can-T.^'i 
niA  drrr  Kirchenväter  5t«^henJ.  will  die  S*;hrift  die  Mi»- 
bniache  b»^i  d^r  lleäs*?  b»^<eitigen  and  für  lii-^  Reinigung 
*l^<  ilesätormnlars  vou  den  AriiwticL=en  wirken. h  15*.t) 
*^:ü[.fahl  Christoph  von  Ct^nheim.  Bischof  zu  BaseL  'U- 
Bnoh  in  den  znr  Rnriorni  seiner  Kirche  erlas&enen  SvG'-Li- 
-«ta raten  drn  «Teiatlichen  s^^iner  Diözese  aL?  Anleitung-  z:A 
Bi-^-ohof  Oth'>  voii  Arig^barg  nahm  es  in  ein  MissaJe  jd. 
dii-  -r  15ol>  für  seinen  Sprengel  «Inicken  liess.''-  Ervtr^Lil« 
-rsi.hien  rs  1402  in  Bas*^I  hei  Johannes  Froben  von  Hain'i.-i- 
r-irg*  nnter  dem  Titel  -Rersirdtitoriam  dubio  mm  circa  l-»?1-^ 
b/Htionem  missaru^i  •K'currentitmi.  per  venerabilem  par.'VL: 
do:.ii:i'ir:i  Johann^zi  d-  lupid^ir  doctor»»m  Theologum  pah- 
-irr..^«^;.!.  --rdini-:  ^/ürtTL-i-^rL:?!?.  ex  sai/nT-nun  can-'-ntim  pr^'a- 
r ■.-.;::: r^'i'.*  di'OM'rini  -r-r.ter.r.Lis  düigenter  c»^ll"H:tTi:.i.  Soini-i 
.:'L.i.-ri:.  in  li'>v-  .)-.^^r-  r-?S"iut.»niiii:  I*>^.-  [n  «l»^!.  -\'-5t-:. 
»■'  J:"i hr-:.  -r-ri/hi-riei:  ii'.!-in  14  »latir-rte  Auflagen.  ariss*:*pi^-. 
■xi-rti-re.:  '•  TU.  i  .ri.^rtr-.  V'.it  'U^ovn  die  grOs^jere  Hälfte  lizcl 
i..:r  >■•  h-rhri*    i:.  -ü-^^e    >".  -r>ten    Jahre    v^rrlegt    wird.     Bi- 


U  ^     'c*r-.    V    j-    --Li;-     ;    .\  .r    :  i.>j  .    Uas  Buch  von  AJ    Fri:::    i- ■ 

:■  .     :--:-.   M,:--i:i:e:    i  .•:!.    ^.    ;;^ — *>    :-e&pricht    dis    Roolut-r:-. 

L  ..'-r    i-ir'---.  Ki'.h*-::^  ^i-  r.'rt-;;'.    ":  ^j-sbea.      Fran/s  biogrr.phUirh^  Dj:.' 

.  '.v.-ri.^r.j*:-. .    H-^^r..:!.    li-im    liT'*    -j^-'i    räbinjjen    und    k.ii.n  nxfat  i- 

•r*.-   K... '.'.-r.;-.   I'ir  -    ■.;.    irrr    1  :  ■  r.jrrr  Hccb^i.-tiule"  bezeichnet  werler.. 

-\     ':    :*      ^[. '•':!.    P.  ;. v.    ;:  .-  •r^-':h.  r::erkv.-ürdii;er  Bdcher,  •"   S*..-. 
•     Li::'-    F<-     ■    .:.j     \:zr.       ::   }{..::•.   u^t.  Manch.    l«»o;.  ■<     !•■:    >.■"" 


Johannes  Heynlin  aus  Stein.  ^2() 

nach  Holland  und   Polen,   Frankreich   und   Italien   trug   tvs 
d»»n  Namen  des  Johannes  de  Lapide.*; 

')  Folgende  44  Ausgaben  haben  wir  zusammenbringen  können. 
A.  Ohne  Jahresangal)«. 

1.  Hain  9901. 

2.  Hain  9899.     (Rom,  Stephan  Planuck). 

3.  Proctor,   Rob.,   Index    Brit.  Mus.    No.  H324:    Paris,  Pierre  Poulhac  (für 
D.  Roce). 

4.  Copinger,  Suppl.  zu  Hain,  II  3493:  Paris,  Dionysius  Rocc. 

5.  Hain    9()02.     (Dietr.   Reichling,    Appeud.    zu    Hain  usw.      Münch.    11)03. 
S.   162,  setzt  den  Druck  auf  c.   1490  an). 

6.  Hain  9903.    Nach  Proctor  8086:  Paris,  Pierre  I.cvct.    (Nach  Hain:  Pari^. 
Georg  Mittelhusius).     Nach   Copiuger   I,   9903   ist   der   Druck  von   i4')4. 

7.  Hain  9900.     Nach  Proctor  1812:  Augsburg,  Johann  Schönspcrgcr.  (Nach 
Copingcr:  Köln,  Heinr.  ^uentell   1495). 

H.  Copinger  II,  3494.     (Rom,  Euch.  Silber  und  Mich.  Ferni,    1495). 
9.  Hain  9904:  Leipzig,  Arnold  von  Köln.     Nach  Copinger  I,  «)9ü4    ist  »Icr 
Druck  von   1495. 

B.  Mit  Jahresaugabc. 

10.  1492  Basel,  Joh.  FVobcn  (Hjin  9905). 

11.  1493  Köln,  Heinr.  Quentell  (Hain  9906). 

12.  1493  Strassburg,  Martin  Flach  (Hain  9907). 
'3-    *4'>3  Deventcr,  Rieh.  Paffroed  (Hain  9908). 

14.  1493  Köln,  H.  Quentell  (nicht  --:-  Hain  9<)o6,  Copinger  11,  34*)5t. 

15.  1494  Strassburg,  M.  Flach  (Hain  9909). 

16.  1495  Köln,  H.  Quentell  (Hain  9910). 

17.  1495  Antwerpen,  Govaert  Bac  (Proctor  9434,  Hain  <)9ii). 

I«.    1496  Leipzig    (Arnold    v.   Köln;    s.    E.  Voullicnic,    Berliner    Inkun.ibolii, 

Beih.  Zentralbt.  Bibl.  30,   n)0<>,  No.   13O3).     Hain  t><)i2. 
i<).    1497  Leipzig,  Kachelofen  (Hain  9913). 

20.  1497,  ih,  Vn.     Leipzig,  Kachelofen  (Hain  <)<)I4). 

21.  1497,   16.  VII.     I^ipzig,  Stocckcl  (nicht       Hain  «)9 14,  Copinger  II,  3|»>7; 
\-gl.  Voullieme  1407). 

22.  1497  Basel,  Jac.  (Wolfl)  von  Pforzheim  (Proctor  7705,  Hain  \V)i^). 

23.  1497  Dclft,  Christ.  Snellaert  (Proctor  88«)7,  Copinger  II,   34«»»»). 

24.  1498  Köln,  H.  Quentell  (Hain  t)«)H>). 

25.  1498  Perigueux,  Jean  Carant  (Er>ter   datierter   Druck    aus    Pörij^'ueux,    >. 
Rabir,  La  bibliotheque  de  Tamatcur,    n)07,  S.   2(>4.) 

2(*.  1499,    10,  V.     Leipzig,  Melchior  Lotter  (Proctor  3ü?3.   Hain  «)«M7I. 

27.  1500  Köln,  H.  Quentell  (Hain  «)«)iS). 

2H.  1501   Köln,  H.  Quentell  (Proctor   10357). 

2').  1504  Köln,  H.  Quentell  (Proctor    10384). 

30.  1504,  4.  XI.     Köln,  H.  OucMtcll  (Pan/er,  Annal.   t\p(>;:r.   \1,    5S1,. 

31.  1506  Mitte  Juni,  Köln,  H.  Oucnlcll  (Pnxrtor   10404». 

32.  130^  Köln,  Joh.   I«anden  (Prwtor   101S4). 


nix  Hofisiei 


Weniger   Aufsehen    machte    ein©    am    Ende   desBeft»e 
Jahro!^     1492    geschriebene    naturwissenschaftliche  Abhaud 
hing  über  den  damals  vielbesprochenen  En^ii^heitfier  Meteoi 
In    der   Ädnmbratio    Eniditomui    Basiliensixini    ist    sie 
titelt:  ^Condnsiones  aut   propositiones  physicales  de  lapiil 
insigni,     ponder*^     duurum     centenariorum     cum     dimidü 
»|ui    7   Jd.    Nov.    1492     ex     nubibiis    magno    cum    fnipM 
prope  Ensisheimum,  oppidnm  Suntgojae  Alsatiae  superior 
decidit  et  dein  effossus  in  eju^dem  oppidi  templo  catena  i 
locnm  sublimem  suspensiis  est/     Es  wäre  sehr  interessaiil 
diese  natnrphilosophischen  Erörterungen  eines  Anhängen^  Jl 
viti  antiqiia  und  Huinanij^ten  wie  Heyniin  kennen  zu  lem^s 
Die  Abhandlung  soll   auch   gf^lruckt  sein.'i    i>it    abor 
nicht  atif zufinden  gewesen. 

^3,  1506  Piiri&,  Jac.  Pouchiti  (Theod.  Grac&sc,  Tresor  de  livres  mres  et  pn^ 

cieux  IV,  104.  —   i86j). 
34.   1511  Aiitwer|>cü  (j.J.Moiir'r,  Vii  ü-  VroUs^^  liibiog,  Urd.  Thcoi,»  Deca^i. 

Tüb.  1718.  S.  23). 
5S*   »5*5  Venedig  (J.  H,  Zcdkr,  iirn^^cs   Uuiv,* Lexikon,   I7J7,  Bd.  16,  7^ 

36.  1516  Paris,  Jac.  Poucbtn  (Rotcrmuod,  Forts,  /u  Jckhers  Gelchrtenlej.il 

37.  1516   Venedigs    Gregor    Ruacouius    (AtitOQ.    Possevüius,    Apparatus 
Venct.   i6o6;  II,  210). 

38.  I5t%   l.  II.     Krakaa    per   Hicron-    Philovaücm    Vietoreru    apmi 
St'h^irflfenbcrgcr  ^Paoncr  Anoal.  typogr.  1798;  VI*  461.    Vgl.  Gnies«e  1J 

Nach  der  Reformation: 
30.  1550  Dillingeu,  Seb,  Mayer  (mit  anderen  Schriften  tustmmeo,  der 
des  Druckes  lautet  „Tractatu^  de  AdminifitrnlioDe  sacraraenti  Eacharisl 
et  de  celehralione  Misnae  ex  csmonibu«  et  probatis  autboribus.  Cui  adjttod 
est  libclUis  D.  Joanuis  de  Lapide  S.  Ibeol.  Docioris  Je  resoliitiuijc  d4 
oriitn  circa  celcbrationcm  Mis»ac  occurrcnliüni"  usw.  s.  Masch,  Beitd 
jeur  Geschicblc  merkwürdiger  Biiuber   1772,  6  Stücke  S*  3Ü9). 

40.  1  5(|6  Konstauz»  NikoL  Kalt  unter  dem  Titel  »,Cai»uum,  qot  sacerdotil 
in  Mtsfiarum  cclebratione  conüngcre  solent .  i*'  usw*  (&.  Pelreius  ^F,  Tb© 
Pctracws)   ßtbboth.  CartuMaoa,    Köln  1609,  S.  207   und  PaMevitrus  Kj 

41.  159Ö  Konstanjc  (Moser,  1.  c.) 

42.  1598  Paris  (Moser,  h  c) 

43.  1590  Padiia,  Fraiicisc.  Bol/eta  unter  dem  Titel  „Dccisioocs  aurcae  casi« 
circa  Mi&sar  celebr,  ocurr.  e  sacri5r  canonibus  auctore  Ja,  de  Lapidc  The 
Parmcnsi**  iPosscvious,  L  c.) 

44.  1659  Paris  (Graessc,  L  c) 
Ein  literarisches  Barometer! 

*)  Adumbr.  IQ3.  Fisch.  24. 


JftbarTtt«*  Htffilits  aiw  Stcfü. 


55  t 


Eotllicli  haben  wir  noch  ftinor  gaiixen  Reiiie  von  Prediff- 

1  »u  go<lrnl<«.»n,  flic  Heynliii  im  Kloster  voria-sst  und  auch 
ils  im  Kapitel,  teils  vor  ikm  Laienbrüdern  vorgetragen 
t  Ihre  Anzahl  belauft  sieb,  trotzduni  or  ja  vun  rochtf^- 
D  nicht  ciiohr  zu  predigen  brauchte,  als  jeder  andere 
der,  auf  über  2«J0.  *)  DioHo  verhältnismässiig  grosso  Zahl 
klärt  sich  teiln  daraua,  dn*s8  Hoynlin  dii*  aiuloren  Mönche 
1  hRnfig  v«?rtrat  (er  hat  6fi  Vertretungen  angemerkti, 
ils  darans.  dass  der  Prior  ihn  2eit«veih'g  mit  dem  regel- 
Higen  Predigtamt  betraute,    , 

Seim^  erste  Predigt  in  der  Kartause  hielt  er  erst  sieben 
inate  nach  Ablegung   der  (lelübde,   fast  ein  Jahr  nach 
inem  Eiiitritt.   Die  Ankunft  der  Ordonsvisrtatoren  gab  den 
ildss  dazu,  Heynliii  überschreibt  die  Predigt:   Anno  14HS 
feuto  S.  Trinitatis  (1.  Juni)  fratribtis  laicia  volaniate  et 
ic«>  jirinrifi  \u>M   advpntnm   v^j^itiiforum.  *)   Yielleieht  wollt** 
koh  Lauber,  der  Prior,  der  ilberdies  durch  die  Visitations- 
te  verhindert  sein  mochte,  selbst  zu  predigen,  seinem 
cJi  zeigen,  was  das  Klc)8ter  für  tiichtigi^  Kräfte  einsiddoss, 
Lcb    «cheint    Heyidins    Art.    den    Visitatoren    gefallen    zu 
n;  wenigstens  beauftragte  ihn  vier  Tage  spater  einer  der- 
ben^ tler  Prior  der  Nilrnberger  Kartause  mit  seiner  Ver- 
i^In  feato  Corporis  Christi*^  (5.  Juni)  ».eisdem  fratri- 
is    vice    patris    prior is    Nürenbergensis    visltahnis. 
itatoribu^  adhuc  visitantibus,**)  *) 
Seit  diesen  Tagen  hat  er  häufiger  ge)3redigt,  bis  zuni 
"-^     dej  Jahren  noch  19  mal.    WäJarend  er  ein  paarmal 
ditöö  die  Keibe   an   ihm   war,*)  geschah   es  in  der 

i>  ai4  Prtdjgteu   stod  gebalteti    worden,  322   sind  crbnlten,  die  32.  und 
Predift  khlcn  (BlaU  18 f  und  286^^  die  er»len  Mi  Predigten  sind  oam- 

Pr.  V.  foJ.  366— 372. 
•>  Pr,  V.  266. 

^  Pr,  V<  ^7*.  Pfior  der  Nürnberger  Karl  aus«  war  damaU  Georg  Pirck- 
(Pfi<*r  vifti  1477 — 1504),  ein  Vcr^A1l«dlcr  des  hcrühn»lcn  Humatu»teii. 
lolli,  frtk  Fcrdx,  Ctrsrl».  und  Be^^chrcMhiiTt);  der  Nilnihcrgcr  Karintisc,  Nu, 
S.   l<^^  ^nd  Am,   E<etma»ti,   Ptrf  kheimcrstiidicn  (BcrL  Di»»     1900)  S*  ^ 

•2  n 

•)  (bt  *.     *    .,iU  decollAliouo  S.  Jobanoi»   baptUtEic.     SccundiiBo  ordincru 

tancesileiii,   (s^,  VTIL  S8)  foL  3J<):    in  fesio  omniiiin   Sjmctorum,  ordiue 

I.  S8^«  —  fol.  281*.     in  fctto  omnium  Sanctornm,  in  r>rdinc  meo. 

—  fot  «8i\  In  fc*tA  ij.  KicnlAi,  In  nnUnc  roco."  (6    XIL  8^),  — 

r  Zdmlir.  f.  GtKtt.  11110  Alttrtum*    VII  2,  22 


Lki 


.W' 


Max  Höisfcld. 


Mehi*zahl  cl*'r  Fi^He  in  Vertretung  der  anderen  Mouche^  (i 
11  mal  IUI  Jahre  14881 

Uehrigoiis  hat  auch  <K*r  Prior  Jakob  l^^uber  da:;*  Talent 
des  eheyialigen  TJompredigins  dem  Nutzen  und  der  Erbiwi- 
ung  der  Klosti^rhrüder  wiederholt  dienstbar  gemacht.  Zni?r^t 
im  Dienste  der  Marienverehrung.  Am  Tage  Purificfitionis 
(2.  Febmar)  148H  schreilm  Heynlin  an  den  Band  seinem 
Predigtkonzepts,  der  Prior  habe  angoordnet,  dass  er  bei 
tillen  Marienfesten  eine  lateinische  und  eine  deutsche  Predigt 
halten  solle,  die  lateiniaclio  Ansprache  üexhortatio*^)  itn 
Kapitel  und  die  deutsche  Predigt  i^sermo'*)  den  Laienbrüdem, 
im  Refektorium  nnch  dem  Essen.  Und  bei  allen  KenEen- 
featen  den  Laienbrüdem  eine  Frühpredigt.  *)  Als  daiui  am 
\K  Dezember  149U  iivvei  Brüder,  der  Vikar  Martin  Htrdalii) 
und  Johannes  Drj^el  abgingen,  *)  beauftragte  der  Prior 
Heynlin  mit  der  dauernden  Vertretung  des  Vikars  an  den 
Sonntagen,  wo  dieser  sm  predigen  Iiatfe.  Das  ist  auch  hk 
zum  Februar  14i»2  geschehen,  Heynlin  hat  iu  dieser  Zeit 
etwa  alle  2—3  Wochen  eine  Sonntagspreiligt  gehalten.*} 
Am  5-  Februar  1492  erliess  der  Prior  eine  neue  Verordnung, 
iler^ufolgr^  H»\vnlii)  thui  nicht  mehr  bloss  an  Stelle  des 
Vikai^,  sondern  auch  nrjch  an  Stelle  des  Schaffners  m 
jy  red  igen  hatte,  so  dass  ihm  nunmehr  zwei  T»rittel  der  ge- 
samten Sonntagspredigten  des  Jahre^i  oblagen,  die  jeweils 
dritte  Predigt  wolhe  der  Prior  selber  halten,*)  Diese  An- 
ordnung erklärt  die  holn»  Zahl  der  Predigten  in  den  Jahren 


Aehnticlic  Bemcrkimgcn  lindcu  sich  nur  noch  fol,  J07*  „in  fcsto  S,  Thoniae, 
in  ordiac  meo/'  (21.  XIL  S9)  und  fot,  558*  f^in  fe^^lo  circunicisionifi  domini, 
in  ordinc  meo.  iu  drcumcistoiie  (i.  I.)   t494i** 

>|  Pr.  V,  28g, 

-f  Heynlin  schreibt:  „doniiaica  4  udventiiH  in.  Dezember  yo)  In  recessti 
h,  Marti  (ui)  et  Drycl  seil,  crasttiio  coiiceptionis  B,  Marie  ordinavit  me  p  (riorl 
nd  prcdicaodum  dicbus  domiaicts  vice  vicarii.^'  {fol.  jiS*)  Was  i^t  mit 
recRiSUs  gemeint:  Sowohl  Ströuliü  wie  Drycl  siad  später  wieder  in  der  Bailet 
Kartaiusc  (s.  Exkur*  tyL 

J)  Zu  Anfang  ist  drei  \Voch<?n  Abstand  die  Regel,  später  zwei.  An 
Hei  t  igen  tagen  bat  er  nur  selten  und  dann  iu  Vertretung  für  andere  gepredi^, 
cl*eoio  an  Marienfeblcu,  wcirans  wohl  «u  cnniehmen  ist,  da^s  Laubers  fwettc 
Verordnung  seine  erste  aufgehoben  hat. 

*i  Pr.  V,  ija 


Johannes  Hcynlb  aits  Stein. 


^:^^ 


1492  (48)  mrd  1493  (50).  ^i     Am  17.  Novemiipr  1493  wurde 

[8i<§  aber  wieder  aiifgeboben,*)  und  gleich  sinkt  auch  die?  Zahl 

[der   Predigten   Ht^yn litis  bedeutend   herab:    aus  rieni   Jahre 

{1494    sind    nur    10,^)    %'on    1495   23   Predigten   vorhanden.*) 

>AS  Jahr  14^>6  brachte  nur  noch  zwei,  die  erste  am  Tage 

les    heiligen   Vinzenz,    dio    zweite    am    Tage   Purifieationis 

lariae  ^in   capititlo^,  die   hetzte   Predigt,    die   Heyniin  vor 

»inem  Tode  hielt.  — 

Diese  Verifiigiingen  des  Priors  Lauber  zeigen  ebenso  wie 
[die  gelegentlichen  Vertretungen,  mit  denen  er  He>Tilin  be- 
[»ttftragte,  wenn    er   selbst    nicht   zugegen  war.  und    ebenso 
l^wie  die  »Sorgfalt,  die  er  nach  dem  Tode  des  Doktors  dessen 
[Predigtmanuj^kriptoii    angedeihen    li^ss,    dass   er  seinen   be- 
i  rühmten  Untergebenen   durchaus   hochschätzte   und  dass  er 
Beinern  Talente  gern  den  Spielraum  liess,  den  er  ihm  nach 
[seiner  lleinung  lassen   durfte.     Man  wird  also  die  Ansicht. 
zu  der  man  bisher  neigte,  der  Prior  habe  sich  vielleicht  auf 
I  (Trund  tnlherer  Feind-^t^hatt  ^  Lauber  hatte  dem  neuen  Woge 
angehört t  Heyniin  gegenüber  stets  nur  als  der  strenge  Vor- 
gesetzte gezeigt,  etwas  niodifizieren  müssen.    Allerdings  ist 
richtig*  dass  Lauber  strenge  r)rdenszuebt  liielt,  und  dass  er 
auch  den  bedeutenden  Männern  gegen(d>er.  die  sein  Klost-er 
piuschloss.  nichts  davon  uachliess.   Wir  wussen  bereites,  dass 
er  Heyrdin  oder  dessen   Gönnern   den  Dispens   zum  öffent- 
lichen Predigen^!  und  zur  Annahme  der  Stelle  eines  bischöf- 


')  Hcjiiliu  predigte,  da  er  Doch  eiaige  Male  den  Prior  verlral^  latsäch- 
'  lieb  an  den  meisten  Sonntagen  des  Jahres,  ferner  an  einigen  Heiligentagen. 
Maricnpredigten  sind  am  den  Jahren  1492  und  1493  nur  zwei  vorbanden, 
beide  sind  in  Vcrtretiing  iinderer  gehsiUen.  tVisitat.  Mariae  1493,  vice  Udalrici, 
ft>l-  355  ^"^  Nativiuti*»  I4<j2,  vice  fr.  Nicolai  Torberg»  fol.  3^^)*^^  Ansserdem 
Jeis  er  i%us  dem  Buch  des  Kapitels  eine  Predigt  am  Tage  ConccpL  Mariae 
14*12   vor.  (fol.  545\) 

*>  (oh  357*  »dominica   24   et   in    festo  S.  Hugonis    Linconiensis.    hie   fui 
oluttts  a  vicariatu  et  ita  a  sermonibns  dominkabhns.» 
^)  Davon  nur  2  an  Sonntagen  (in  Vertretung  des  Priors),   7  an  Heiligen- 
tagen  und    I    Neujahrspredigt,   ^»iu   ordine  nien*') 

*)  Davon  8  in  Vertretung  anderer,  j  an  Marienfesten,  7  an  anderen  be- 
deulcndereu  Heiligentagen,  ferner  zw  0*lcrnj  Pfingsten»  Fronleichnam  usw. 

■>  All*  einer  Predigt  Geilers  crHihrcn  wir,  d;iss  im  Kloster  der  theo- 
logische Doktorgrad  sonst  so  viel  galt,  dass  der  Graduierte  frei  ausgehen 
durde  und  den  Schlüssel  zur  Kloslerj>foric  erhieU.  (ä.  Alw,  Schulz,  219) 


^ 


3J4 


Mnii  Hosfifeld. 


liehen  Vikars  verweigert  hatte,    Auch  innerhalb  des  Klogte 
aber  erwies  er  sich  als  ein   strenger  Wächter  der  >' 
regeK  lind  er  mag  Heynlin  damit  zuweilen  härter  gc^- .... 
haben,  als  es  dem  Alter  des  Mannes  angemessen  war,   Dia 
Kartäuserchronik ^  die  uns  von  einer  bedenklichen  Spaumiog 
sffwischen  dem  Prior   und   dem  Bmder  Johannes  de  Lupi^ii 
berichtet,  schwankt   in    dpr    Angabe    tler  Ursachen,  riie   sie 
herbeigefülnt  haben  sollten,  da  die  älteren  Brüder,  auf  derf»n 
Berichte  der  Chronist  sich   stützt,  abweichende  Meinung^u 
darüber  hatten.  Dio  betreffende  Stelle  lautet  folgen dermasseü; 
(iis  ist  von  Heynlin  di^  ßede)  ...  .^m  arrepto  propositn  <biin 
stabil is  perseverare  pergeret,  nonnihil  a  domesticis  adv^- 
sariis.  \)   hoc    est  a  semetipso    iionrfwm   penitus    mo»^'''' 
pati  coeperat  et  poriculosa  inter  praelatimi  Äuum  et  s 
ac  alioa  t|Uosdam  coniratres  simultate  torqueri  et  in  -    i    ' 
Ulm    plernrumque    pusillonim    nescio    quid    instabilitait^  d 
aemulatioHi!<  attentare.     Porro  querela   tentationis    orta  Uni 
«X  eo,  i{Uod  prior,  scilicet  pater  Jacobus.  durhis  qumn  pn 
aetate   congrudmi^   etmdem   traciaverit   Ita  sana   quihusdam 
Visum  est.  nonnullis  autem,  quod  mnluissent  illum  sihi  pract$^ 
quam  patreni  Jacohum,    Gott  aber  habe  ihn  bald  darauf  von 
allen  diesen  Versuchungen  durch  den  Tod  erlöst." 

Ein  tatkräftiger  Geiste  der  von  seinem  Werte  wcixs^ 
ist  immer  selbstherrlich.  So  mag  es  unserem  Heynlin  d^nn 
gewiss  bisweilen  hart  angekommen  sein,  seinem  Vorgesetzten 
willigen  (gehorsam  zu  leisten.  Es  ist  wahr,  er  hatte  mit  soin»»m 
Eintritt  in  den  Orden  ein  Gott  gefälliges  Werk  der  Erni**- 
drigimg  tun  wollen,  imd  er  hatte  sich  seines  selbsteigen»'!» 
Willens  entäussert.  Aber  vielleicht  war  er  stolz  auf  dieaeu 
Sieg  td)pr  seine  Natur,  vielleicht  meinte  er  nun  gerade  ci« 
Recht  auf  Anni-kennuug  erworben  zu  haben!  Es  mochte  ihm 
geheOf  wie  jenen  Leuten,  vor  deren  eitler  Selbsttäuschung 
er  einst  selbst  seine  Zuhörer  in  einer  Predigt  gewarnt 
hatte;*)  jene,  die  sich  gerade  dessen  riUimten,  dass  sii?  jedea 


*)  Vorher  war  von  den  Versuchen  erzählt  worden,  HcjTilin  wieder  i'-i^ 
Austritt  aus  dem  Kloster  zu  bewegen.  Der  Cbrontsl  fasit  dies  als  Ver$iii:fc- 
ungeo  des  TeufeU  anf  mid  crxahlt  auch  d.iü  Folgeudc  unter  diesem  Gesiebte 
punkt* 

5)  Pr,  III.  8*. 


Jobmues  BeyoUti  aus  Stein. 


J35 


ti»  X' . ^olinulhttm.  ^Fa'  wor  iiocli  nicht  ganz  in  sicli  zor- 
linscht",  schreibt  ansero  Chronik,  Bbäu  kam,  Juss  er  sich 
HU  Prior^  der  zwar  eine  angesehen©  Stelhiug  in  seinem 
tlij'n  einmihrn,  aber  glt-irhwdhl  Tiicht  als  l»pilenteTulf»r  Kopf 
^lt*^n  konnte,  *)  überlegen  tt'ihlon  mochte.  Galt  er  selbst 
kieli  noch  fast  als  der  Mittelpunkt  der  Gelehrtenwelt  Baseis. 
ind  Mif  Band  sandte  er  ans  dern  Kloster  hinaas  in  die 
Telt,  and  er  sah.  wie  seiner  eifrigen  literarischen  Tätigkeit 
Teil  Erfolge  beschieden  waren,  die  ihn  wohl  befriedigen 
dnnien.   Da^  alles  moclite  ihn  sstolz  machen. 

Ja.  so  sehr  niachte  sich  auch  jetzt  noch  im  Kloster 
}m^  überlegene  Persimlichkeit  fühlbar^  dass  man  bereits 
^n  Wrmsch  hegte,  ihn  an  Lanbers  Ötelle  als  Prior  zu  haben, 
war  wohl  eine  Folge  davon,  wenn  er,  wie  die  Chronik 
ill,  UufügÄanikeit  und  Eifersucht  an  den  Tag  legte.  Er 
[ftuilv  die  mhidose  Tatkraft  seines  Geistes  auch  jetzt  noch 
il  verleugnen.  ALer  Laiiber  besass  die  nötige  Festig- 
m  Widei'stand.  Eine  schwierige  Stellung  hatte  er  ja 
M*T  so  vielen  gelehrten  und  bertüimten  Männern,  die 
I0  etwas  bedeuten  wollten,  und  es  mochte  Mühe  kosten^ 
iiM  titifer  sich  und  mir  iler  KJosteiTegel  in  Einigkeit  zu  er- 
»tten.^j  So  erklärt  sich  seine  Strenge,  die  er  Hejiiliji  als 
^m  hervorragendsten.  %nelleichr  auch  als  früherem  Partei- 
»BF  besonders  zn  ffdilen  gab.  Als  unnötige  Härte  er- 
iiftnr  e^  jedoch,  *lass  er  auch  i»ach  dessen  Tode,  als  es 
üh  um  *iein  Begräbnis  handelte,  trotz  der  Bitten  vieler 
^sehener  Männer  noch  unnachsichtlich  auf  der  Durch- 
initig  der  Kartäuserregel  in  gaiizer  Strenge  bestand. 


Wir  stehen  am  Ende  dieses  vielbewegten  Lebens.   Der 

liig«>  Tatendrang,  der  unsern   Helden  so  viel  umhergt»- 

^orfeti  uml  der  ihn  bis  ziiletzt  nicht  verlassen  hatte,  fand 

idlich  einen  Meister,  vor  dem  er  die  Waffen  strecken  nmsste, 

^m  Niichmittag  des  12.  März  1496")  ist  der  Doktor  Johannes 

LiHpide  in   seiner  Kartäuserzelle  mutig  und  mit  Hoiter- 

Wtr  Witt  Braut  schreibt^  gestorben*    Sebastian  Braut   aU  der 

•1  t.  Vi*4*.  |6»/q;  Wack,  toy,  Ba.  (  Ur    T     ^r    ^ :;. 
^  VjU  a».  Chr.  If  141 1  Fisch*  35, 


JJ^ 


Mft\  Hosftfeld* 


beste  waj*  ancli  der  einasige  von  seinen  Frettud©!!,  der  die 
Erlaulmis  i^rhielt^  au  seinem  Sterbebette  zügeln  zu  sein. 
In  vertniutem  Gesprach  iiat  er  ihm  die  letzte  Stünde  h- 
tragen  helfen.  Er  schriob  auf  den  Tod  Heynlins  ein  vca 
warmer  Vorehning  für  den  verblichenen  Freund  getrugtfDi^ 
Gedicht,  *)  bei  dem  schon  der  bei  Br&nt  sonst  ganz  attgfh 
wohnliche  Mangel  an  mythologischem  Aufputz  für  die  Echt- 
heit des  Gefühles  bürgt. ^)  -Nichts  AngL'iielimeres  und  Fn> 
heres  könnt«  dir  doch  geschehen^  Vat.er  LapiilaDus^  als  dass 
du  nach  so  langen  und  schweren  Mühseligkeiten  in  eint^r 
trügerischen  Welt  freudig  zu  den  Sternen  enteil&t,  WhIif- 
Hch  ich  habe  dich,  als  ich  an  deinem  Sterbebette  stände 
kein  Wort  der  Todesfurcht  sprechen  hören;  wus  immer  Gott 
über  dich  bestimmt  hatte^  alles  warst  du  geduldig  zu  \ 
bereit-  0  wie  süss  war  es  dir,  in  seliger  iTOttesfur«  i 
in  Frömmigkeit  zu  sterben!  Wie  Gott  dir  noch  im  Lebon 
iTihige  Zeiten  beschert  Itat.  so  wird  er  dir  im  Hinuiie! 
noch  bessere  schenken.  Dem  du  ein  guter,  rechtschaffener 
und  getreuer  Knecht  gewesen  warst^  er  hat  dich  im  Vater- 
land über  vieles  gestellt.  0  möchte  doch  auch  nair  ©in  gleicb**^ 
Schicksal  vergönnt  seiii^  wie  dii\  da  ich  dich  sterber  '  ' 
Als  wir  uns  einander  noch  so  viele  Worte  wie  ru  - 
sagten,  da  spürte  ich,  wie  fest  dein  Fuss  stand  und  wie 
dein  Geist  nicht  wankte.  Da  halio  ich  dich  in  Wahrhtnt  ;ds 
einen  ^ Stein ^  erkannt  und  gesehen,  dass  du  deinen  Namt-n 
mit  Recht  führst:  ganz  wie  ein  Fels  warst  du-  *)  Beim  jüng- 
sten Gericht  werde  ich  dein  Zeuge  sein,  wie  gern  und  heJt»^T 
du  den  Tod  erwartetest.  Von  hier  unten  bitte  ich  dich,  mein 
würdiger  Vater  in  den  hinnuHschon  Hallen,  sei  eingedeuk 
des  kleinmütigen  Söhnchens  ifilioli  abiecti).  Dir  aber  falle 
zu,  \vie  dn  es  verdienst,  ewiger  Ruhm,  Leben  und  Heil, 
Tugend,  Freuden  imd  heitere  Ruhe.*^ 


*)  „Epigramma  ciusdem  doctissimi  üauctlssimujiie  viri**  bei  ZAra»  No.  ;<) 
(S*  191)  (Vorher  geht  Braiits  ,,Elcgia  coniTncndaticb**  auf  Heyn1m>  Logil* 
Na.  78)* 

>)  Wie  Ch.  Sdiiii.  richtig  bcmcrlit  (I,   209), 

■)  Morte  tua  {praesens  .  , 

*)  Tum  vcrc  agnovi  Lapidcm  tc,  et  uomcn  habere  Cou\*cii«oä  rebtl^ 
«axeus  omnis  eras. 


JotutiincE  Hejnlin  ans  ^tvtu 


y  .1  / 


Heyuliijjä  Tod  wiirdr  Hllgemi*in  betrauert.   So  von  dem 
lareb    seine    Margarita    philosophica    bekaimt    gewordt?u^n 
Mor  iler  Freiburger  Knrtaujie.  Gn-gor   R^iscli,  der  sieh  iii 
jiiieui  Tritlieinin^Hxeuiplar  duii  Tod  des  ihm  iH^freundoteii 
Predigers  au  merkte,  *  >  aui   meisten   aber  di>cli  in  Basel,  das 
Ittrch  sein  Ableben  so  viel  verlor*  Die  gesamte  Universität") 
IttUMrb  anderer  Ivesiuig   mir   der  grüsjsere  Teil   der  Doktoren 
[der  Universität,  —   vielleicht  eine  Naehwirkung   iler   dnreh 
[iiytiliti  hervorgerufenen.  1492  allerdings  offiziell  beseitigten'"'» 
[Spaltung  in    den   alten   und   iHMien  Weg  — )  hat  den  Prior 
Ituu  die  Erlaubnis,  dem  Verritorl>enen  ein  wünliges  Begriih- 
inisk  herriehten   zu  dürfen.     Man  wollte    ihn    nicht   mit  den 
iUHloreii  Mönclien  zusammen,  sondern  abgesondert  entweiler 
|iii  der  Kirche  oder  im    Krenzgang   bestatten    tind    ihm  auf 
»lern  ^irabe  oder  aufrecht  an  d»^r  AVand  ein  hervormgendes. 
Stein   gemeisselfces  Epitaph   setzen  ^pro  ilecore  et   reve- 
[r^ntia  tarn  eiusdem  universitatis  t|uam  pro  dignitate  docto- 
iratua."  In  dem  Andenken  des  ausgezeichneten  ilannes  glaubte 
Ue  Universität  »ich  sen>st  am  besten   zii  ehren.    Besond»»rs 
es  Brant,  der  die  Errichtung  des  Denkmals  nifrig  be- 
trieb;*) ja  er  erkUlrte   sich    bereit,  alle   Kosten  dafür  allein 
kmgen    zu  wollen.     Aber    der  Prior  wollte   es  unter  keinen 
umständen  milassen  ^aus  vielen  Orilnden**.  wie  die  Clironik 
ahridbt,**  besondtM-s  aber  wt*il  es  gegen  die  Sitte  des  Ordens 
jei  und  gegen  die  Einfachheit  derer,  die  auf  all**  Eit<i>lkeiten 
jr  Weh  Verjticht  geleistet  hätten,  und  weil  es  nicht  mehr 
ijHig   sei,    dass   diejenigen    durch   solche   äusseren    Zeichen 
den  Augen  der  Menschen   gleichsam    noch   einmal  auf- 


♦)  Albrecbt  fand  diesen  Vermerk,  den  er  aU  guter  Kctiucr  der  Hand- 
fift  Heiirlis  diesem  ziiwcift,  in  dem  Exemplar  von  Trithcm»  de  script  eccK, 
Iräher  der  Freibufger  Kartaut^e  gehurt  büttc.  Rcisch  ist  ein  Schüler 
chael  l JudethiU'hi».  der»  itit  Heyulins  /.eil  iu  riibiujjen  Buc'CiiUtt  in  der 
l  ArtUteiifaktiUiil,  Mjtaier  dort  de»  htiuianisti&chcti  Lchr<titthi  für  i)rntarien  innc 
IjtAtte  und  14H7  in  Freitniri*  die  vi:t  iiuti<|iia  xur  fieUung  Unit  hie.  O^'urtt. 
|V»erttljjibftbeae   ii}Ot\  33.1) 

^  Dai  Foli^ende  noch  Ba.  Chr.  t*  546,  30  C 
*»  Vitch.  176. 

^  f^Ad    quod   perticiendnni   egrqgiu»  domiun*    doctoi    SeiiAttmou«    Braut 
[ti   diciuit   dominum    Bernardiu   Ougliii)    plufiniiiin    horiAbatur/*     Auch 
lOigltn  ünh  aUo  für  einen  WÄrmni  Verehrer  Heynlin^.  *,  uhrt  -f-'  ^'itn  ^    ^x-» 


3.>^  Max  Hossfeld. 

lebten,  deren  Leben  sclion  mit  Cliristus  in  Gott  verborgen 
soir  Es  ist  schwer  zu  sagen,  ob  das  wirklich  Lauben 
Hauptgrund  war,  oder  ob  nicht  doch  etwas  Missgunst  ihn 
zu  so  hartnäckigem  Widerstände  trieb.  Aber  wie  er  es 
wünschte,  so  geschah  es;  wir  kennen  heute  die  Stätte  nicht 
nielir,  wo  Johannes  Heynlin  aus  Stein  ruht.')  Lauber  schrieb 
auf  die  letzte  Seite  der  Predigtmanuskripte*)  dos  Doktors 
die  Worte: 

Anno  doniini  149G  in  die  Sancti  Gregorii  papae  obüt 
venerabilis  pater  Johannes  de  Lapide,  artium  et  sacrae  Theo^ 
logiae  doctor  parisionsis  egregius,  nionachus  sacerdos  profes- 
sus  domus  vallis  beatae  Margaretae  in  Minori  Basilea  ordinis 
Cartusiensiuni  et  ibidem  in  Cymiterio  fratrum  sepultus,  qui 
ordinem  praescriptum  subiit  anno  1487  in  die  assumptionis 
gloriosae  virginis  Mariae. 

Schbisshetrachtung. 

An  diesem  Schicksal  ist  etwas,  was  uns  ergreift  Es 
ist  das  Missverliältnis  zwischen  dem  Willen  und  seinem 
AVerk.  zwischen  der  Anstrengung  und  dem  Erfolge.  Wie 
kommt  OS,  dass  eine  Persönlichkeit  von  der  Energie,  wie 
Heynlin  sie  besass,  docli  selbst  so  unbefriedigt  von  ihrer 
eigenen  Leistung  gebli(4)en  ist?  Mit  welcher  Wucht  Jiatte 
er  sich  doch,  überall  wo  er  hinkam,  sogleich  geltend  ge- 
macht! Gleich  das  erste  Mal,  wo  w^r  ihm  in  eigener  AVirksam- 
keit  begegnen,  in  Basel  bei  der  Durchsetzung  des  alten  Weges, 
dann  in  Paris,  im  Studium  wie  im  Leben,  bei  der  Dispu- 
tation und  als  beliebter  Lehrer  wie  als  Gesandter  und  als 
Rektor  der  Universität,  endlich  als  Einführer  des  Buchdnicks 
und  Bekämpt'er  des  neuen  AVegos.  dann  in  Basel,  in  Tü- 
bingen und  in  Bern  als  der  Mittelpunkt  eines  Kreises  he- 
<leutender  Männc^r,  als  der  Mitbegründer  einer  Universität. 
als  erfolgreicher  Bussprediger  und  geschätzter  Kanzelredner. 
Bis  ins  Kleinste  konnten  wir   diese  Energie  seines  Wesens 

M  L'ebriycns  hat  die  Sorbonne  sein  Andenken  dadurch  geehrt,  dass  sie 
ihn  in  den  Wandgemälden  im  Ireppenhaus.  ihres  neuen  Hauses  mitabge- 
bililet   hat. 

-;   Vr.  V,  fol.  372. 


ItkhuiticH  He\nlni  aus  Stertu 


ftlff^n^  Wt>nii  \\  tr  ijiti    in  Bern  in  dio  AblassgcstiiuH''  oiii- 

:;rLMf»*n  und  auf  rasche  Erlp<ligui»g  (iritigeii  sehen   und  be- 

Lierkipu,  wie  er  liier  und  in  Basel  die  gan^e  Last  des  tÄg- 

lich«*n    Pn*digeijs   nntor   Ztirückweiäung   der  Hilfo   fremder 

Ueiötl icher    aus    eigenem  Antrieb   selbst    übernimmt.     Wie 

los    ist  seiTi  giin^es  Wesen^    nirgends  halt  es  ihn  lange 

id  stets  sucht  er  \vieder  neu»'  VerhältTiisse,  nin   in   ihnen 

T'       a»>    nach  Betätigung    zu    genügen»     Und  dünn 

-.^eren  und  kleineren  Erfolge  docli  zum  Sehluss 

Vtffzagte    Zurückweichen     nnd    diese    iselbstquüloriaäche 

Tendung  gegen  das  eigene  Ich  in  den  Zeiten  des  Eintritts 

11  die  Rauher  Kartauüe. 

IHe  Wirksamkeit^  die  Heyniiu  auch  im  Kloster  noch 
fitlaltet  hat,  beweist^  dass  seine  Lebenskiiifte  damals  noch 
wegü  am  Ende  waren,  dass  es  nicht  persönliche  Er- 
tig  war.  was  iliu  verzweifeln  Hess.  Andere  Motive 
ttiüstjen  wirksam  gewesen  sein,  UBd  sie  dürfen,  wie  wir 
j^lattbenf  nicht  in  der  individuellen  Eigenart  Hevnlins  ge- 
liebt werden,  sondern  in  der  Beschaffenheit  seiner  Ideen 
kind  Theorieen,  Nicht  die  Erschöpfung  des  Arbeiters  ist 
jene  Entmutigung  verantwortlich  zu  machen,  sondern 
lUi  ITnzulänglicIikeit  seiner  Werkzeuge  nnd  die  Schwierig- 
firit  tlesj  Werks,  Heynlin  hatte  sicli  eine  Aufgabe  gesteckt, 
lie  über  seine  Kräfte  ging  und  die.  wie  die  Geschichte  be- 
hat,  über  die  Kraft »:•  aller  rli^rer  gegangi^n  ist,  die 
'  Aehnliches  versuchten,  Wekh«^s  t\)trr  war  eigentlicii 
Hmipt^iel  seiner  Lebensarbeit? 

Man   gestatte,    um    alles    kurz   zusammenzufassen,    ein 
cblugwort:  He\nilin  war  ein  ,,  Reformator  oAn^  Keformation.** 
ur  wiir  »ich  der  Schäden  wohl  hewnisst,  an  denen  in  Wissen- 
?htdi    und  Loben   die  katholische  Welt   und    insbesondere 
Itlie  kill'    '      '  .    Kirche   krankte,    er  niachte   auf  diese  Miss- 
titide  saui^  tadelte  sie  häufig  und  suchte  sie.  soweit 

IQ  fleinen  Kisten  stanth  abzustellen;  aber  er  wollte  der 
[ircbe  den  Pelz  waschiMi.  ohne  sie  nass  zu  machen,  er 
rnlite  «ie  kurieren,  ohne  ihr  weh  zn  tun.  Er  hat  weder 
i»Ib»t  auch  nur  einen  Augenblick  daran  gedacht ,  dass  er 
iiicli  dieser  üebelsUinde  wegen,  so  schwer  sie  ihm  ei^iRdieinon 
iocbteti*   aus    ihr  hinwegbegeben  konnte,    noch   Imt  er  je 


34^^  Max  Hoftsfeld. 

versacht,  ihr  heimlich  oder  öffentlich  Abbrach  zn  tnn.  Als 
ein  treuer  Sohn  seiner  Kirche  ist  er  erzogen  word^i  nnd 
hat  er  sein  Leben  lang  gewirkt.  Ja.  die  Idee  des  Katholi- 
zismus ist  geradezu  das  Ideal  gewesen,  das  ihni  and  seinem 
Handeln  besonders  in  der  zweiten  Hälfte  seines  Lebens  die 
Richtung  gegeben  hat.  Wie  er  die  gnadenreiche  Jungfrau 
Maria  als  seine  himmlische  Mutter  verehrte,  so  sah  er  als 
seine  irdische  Mutter  die  Kirche  an  —  selten  nennt  er  sie 
in  seinen  Predigten  anders  als  Sancta  mater  ecclesia  —  and 
ihrem  Dienste  war  vornehmlich  seine  Kraft  geweiht.  Aber 
ebenso  wie  er  jene  nicht  anders  denken  konnte  als  in  un- 
befleckter Reinheit  und  Glorie,  und  wie  er  sich  zomeseifrig 
gegen  die  erhob,  die  ihr  auch  nur  den  leisesten  Makel  von 
Sündhaftigkeit  anhaften  wollten,  so  lag  ihm  auch  die  Rein- 
heit der  Kirche  am  Herzen,  und  ihren  Buhm  zu  erhöhen 
war  sein  Streben.^)  Auch  hier  aber  gab  es  ^Makulisteo* 
und  leider  fand  er  sie  gerade  in  den  Reihen  seiner  Standes- 
genossen nur  allzu  häufig.  Auch  hier  suchte  er,  soviel  er 
vermochte,  durch  Wort  und  Schrift  zu  bessern  und  eu 
mahnen  und  die  Flecken  von  der  Reinheit  der  Kirche 
wieder  abzuwaschen.  Aber  er  selbst  hat  eingestanden,  da^s 
<^r  es  nicht  vermochte.  — 

Wir  sind  zunächst  oinige  Belege  und  nähere  Aas- 
fühniugen  zu  dem  Gesagten  schuldig. 

Unantastbar  war  in  Heynlins  Augen  die  Autorität  dt*r 
Kirche,  unantastbar  ihr  Dogma.  ^Wenn  gegen  die  Autori- 
tät der  göttlichen  Schriften  ein  Vernunftgrund  geltend  ge- 
macht wird,  so  scharfsinnig  er  sein  möge,  so  trügt  er  doch, 
denn  er  kann  nicht  wahr  sein. -^^i  ,.In  zweifelhaften  FaDen 
ist  der  sichere  Weg  zu  wählen/-  ..in  zweifelhaften  F&llen 
ist   die  Autorität   der  Kirche    anzurufen.'' ')     Das   tut  denn 

')  Wir  erinnern  an  Heynlins  Vorrede  zu  seiner  Ambrosiusausgabe.  $. 
.S.  304—306. 

^)  Pr.  I,  84*. 

")  Pr.  I,  97.  Freilich,  Konflikten  zwischen  Autorität  und  Vernunft 
sucht  er  auszuweichen:  „Gegen  die  Vernunft  wird  kein  \*erstaiidiger,  gegcQ 
die  Schrift  kein  christlicher,  gegen  die  Kirche  kein  friedlicher  Mann  sich  auf- 
lehnen.*'  (Pr.  I,  86)  und  „wer  einem  offenkundigen  und  gewissen  Vemooft* 
grund  die  Autorität  der  Schrift  entgegenhalten  will,  der  handelt  unverständig 
(non  intelligit  qui  hoc  facit),  missversteht  die  Schrift  und  legt  flir  seinen 
eigenen  unrichtigen  Sinn  unter."  (Pr.  I,  84*.) 


Jobamies  Heyriliii  aus  Stein. 


341 


iHeynliu  auch  reichlichst,  aber  keineswegs  mir  in  zweifel- 
lliafteii  Fällen,  sondern  eigt^ntlieli  übemlL  Seine  Predigten 
knd  seine  Hchrilten  sind  oft  geradezu  gespickt  mit  Zitaten 
hma  der  Bibel  und  den  Kirchenvät^^rn,  und  die  (Tewolmheit. 
Lpidi  HV^is  auf  eine  kirchliche  Autoritilt  zu  berufen,  ist  ihm 
DO  in  Fleisch  und  Blut  übergegaugen.  dass  er  beispielsweise 
■für  die  platte  Wahrheit*  dass  5,\ver  kämpfen  müsste,  auch 
I Waffen  habun  müsste**,  die  in  seiner  Predigt,  nur  einen 
l^Hirlei tuenden  Gedanken  bildet,  tünJ  Stellen  (aus  Hiob.  Gregor^ 
Hbi^tin,  Bernhard  und  Hieronymus)  anfühlt! '1 
^^  Seine  Theologie  und  seine  ganze  Weltanschauung  ent- 
|«}irocb(iin  selbst  VC  Instand!  ich  genau  den  christlichen  Dogmen, 
liiiileprechen  aber  auch  den  speziell  katholischen  Lehren. 
L^n  Gott  ist  der  Schöpfer  und  Erhalter  aller  Dinge,  es 
Dttd  Aber  drei  Personen,  und  jene  di'ei  Personen  sind  „una 
^^Btitia  et  una  natura/^^}  Das  Hysterium  der  Trinität  ist 
L^Uiianssprechlich  und  unbegreiflich* \  .«aber  je  gi^össer  das 
lljfd:  -  -  .  um  SO  heiliger  und  verehmngsmlrdiger  ist  e8/*^) 
^lJ^t<  i     sind    seine    Vei'suche    zur     Verdeutschung    des 

Wortt*s  trinitiuj,     Ee  sei  irrig,  trinitas  mit  Dreifaltigkeit  zu 
Iber^etsen,    denn    ,jdeiis    non    est    dicendus    multiplex    sed 
^trinus    et   siniplex/'    man   solle    .^laüniseh-tütsch*    Trinitüt 

Pumß^u^  oder  ,^trilikeit*^  oder  ,,trjheit^**) 
Sicht  hoher  aber  inbrünstiger  und  ausgiebiger  als  die 
göttlichen  Pei'sonen  wird,  wie  es  dem  Jahrhundert  ent- 
h.    die  Mutter  Gottes  verehrt.     Die  Welt    ist  wie    diis 
uü»che  Meer,  auf  dem  wir  wild  umhergeworfen  werden. 
*)  Pr«  I,  224'.     Von    etwa    1400  ZiUtcu.   die  wir   i;cl«gcDOit:h    t>ct  der 
Lekttir«;   der  Predigteu    und   Anderen    Schriacn    He^nliiis   gcs*itnmeU    haben» 
kommen    nogeJahr    600    auf  die  Bibel,    etw»    Stx>  auf  tbe  Kirchenvater  <%'or* 
Dchmlivb  Aii|;tiM]n,  94  Zitate),  c,    I  50  »uf  das  katioiiische  Recbt  (davcm  »tieiit 
III    iti    drr  E)>i5(ob    de  quAlitate  sacerdotis).     tntere^&.ifit    sind  Sanimlungen 
^^vott  Bi{>el»teUcfi    ru    b«stimiuteii   B^rifTen    ttod  VorstcliuiijE&kreiscnt   die   lur 
^■Vorlicrritusic  »uf  dk  Predäet  dietiteti;   60   und  i.  B.   Disp.  fol.  7  a*  etwa  so 
^■Stclleti  luijimnicogetmgeti,   in  denen  vou  SckiTier^  uud  Kla^j^cu  die  Rede  ist« 
^■Pr.  L»  104  »olcbe,  iiie  von  der  H.di»utbt  bAudelu  aud  dgl.  mebr.     Vgt  Pr.  I^ 
HfU,  «u  ^;\  6S%  jo,  154*  ct. 
■         ^  Pr.  I*  79^ 


34-  Max  Hossfeld. 

Maria  ist  der  Hafen,  in  dem  wir  sicher  geborgen  sind,^» 
oder  der  „leuchtende,  liebliche,  helle  Stern",  der  uns  in 
diesem  aufgeregten  Meere  als  Führer  dient.*)  ..In  Maria 
omnis  spes  vitae.**  Sie  ist  wie  ein  übervolles  6e&ss,  welches 
überläuft,  sobald  man  nur  ein  wenig  daran  stösst:  wenn  wir 
Maria  mit  einem  Gebete  nur  ein  wenig  anrühren,  so  läuft 
sie  über  von  Gnaden  und  Tugend.")  „Maria  du  Kaiserin 
aller  Güte  und  Barmherzigkeit'*  redet  er  sie  in  einer  Predigt 
an.^)  Ueberhaupt  hält  er  keine  Predigt,  ohne  ein  oder 
mehrere  Male  das  Ave  Maria  zu  sprechen  und  sie  um  ihren 
Beistand  anzuflehen.  *)  zahlreiche  Predigten  sind  ihrem  Ruhme 
gewidmet/)  Dass  er  für  die  unbefleckte  Empfängnis  ein- 
trat, zeigte  schon  sein  Traktat  gegen  Meffret  zur  Genüge. 
in  seinen  Predigten  tut  er  es  nicht  minder  warm.  ,,Nos 
ob  honorem  virginis  et  filii  usque  ad  sanguinem  defendere 
volumus  eam  sine  originali  (peccato)  conceptam  fuisse", 
heisst  es  in  der  Predigt  am  Tage  Maria  Empfängnis  1486, 
deren  heftiger  Ton  an  den  der  Praemonitio  erinnert^  Die 
Lehre  von  der  unbefleckten  Empfängnis  ist  die  einzige,  mit 
welcher  Heynlin  über  den  Kreis  der  kirchlichen  Dogmatik 
hinausging,  die  einzige  Fortbildung  der  katholischen  Theo- 
logie, die  er  sich  erlaubte  (und  bei  der  er  sich  übrigens 
mit  dem  Papst ^i  und  einem  grossen  Teil  der  Kirche  im 
Einklang  befand).  ..Er  wolle  versuchen  zu  zeigen,  sagt  er 
einmal,  dass  Maria  noch  viel  würdiger  sei  als  irgend  einer 
der  Doktoren  gesagt  habe,  und  dass  alle  Kreatur  nicht  im 
Stande  sei,  sie  so  hoch  zu  loben,  wie  sie  verdiene."*)     Hier. 

'j  Pr.  V,  fol.   loi«. 

*)  Pr.  I,   126. 

')  Pr.  V,   103,   104. 

^»  Siehe  das  deutsche  Gebet,  Disp.  72'. 

^)  Vgl.  besonders  Disp.  67*  auch  Disp.  72*  Pr.  I,  i,  17»;  Pr.  III.  7.  10, 
i.y.  21.  54*.  5«.  61. 

**)  Vgl.  Pr.  I,  95 — 96*  über  die  Sonnabendspredigten  zu  Ehren  Marias, 
fol.  94*  über  den  Zyklus  „de  imitatione  virtutum  beatiss.  Mariae  \nrginis*' 
und  oben  S.  332.     Vgl.  auch  Pr.  I,  31   ff.   135  flf. 

•)  Pr.  V,  85'  ff. 

®;  Die  Nachricht,  dass  Sixtus  IV.  im  Jahre  1477  das  Fest  der  unbc- 
flccUten  Emplänguis  bestätigt  und  einen  Ablass  daran  geknüpft  habe,  versetzte 
Heynlin  in  freudige  Erregung  (s.  Pr.  I,  238). 

»)  Pr.  V,  66. 


JobantieH  HcyRUti  aws  Steh». 


.M.? 


3er  auch  mir  liier,  glwnbte  «>r  den  alt^ü  VätiM-n  ilor  Kirclit* 
Idbcrlirgeu  asu  »»oin. 

Zwischen  Öott   uiifl    dorn  Meitschon    siAa    nun   ^ru:ssn 

von   Engeln,    geistige  Wesen,    die    alle  von  Gott    ge- 

chftffen  «ind  iind  die  bisweilen  Körper  annehmen  und  den 

IMenschen  »^rscheiüenJ)     Jeder  Mensch  hat  von  .lugend  atif 

leinen  Srlnitzengel,    besonders   die    Unmündigen,    die    noch 

liclit  selbst  gegen  den  Teufel  kämpfen  können.     Auch  die 

I Erwachsenen   stärken    sie    in    ihren    Aengsten    und    NöteiK 

tBie  bringen  <_Tott  unsere  Gebete,  unsiere  guten  Werke  und 

luuöeren    Dank   für   seine  Wohltaten   dar.     Heynlin  ^WL*ifelt 

licht,  dass  sie  bisweilen  den  Menschen  erscheinen,  besonders 

bei  Begrilbnissen,  wo  man  sie  hänfig  in  vi*dstimnjigpni  Chor 

tiat   singen   hOren,    nntl    ihren   Lichtschimmer   sowir    ihren 

gen  (Tferuch  wahrgenommen  hrtt,-)     Dass  er  die  biblischen 

Tuniler  für  wahr  hält,*)  versteht  sich  von  selbst,  aber  auch 

lie  Wunilertätigkeit   von  Gnadenörtern    st<dit   iKjn   fest:    er 

iidbst  pilgert  gläubig  sciir  Quelle  der  heiligen  Ottiliej  als  er 

in  einer  Augenki*ankheit  befallen  wird.^) 

Üor  von  Gott  geschnffene  Monsch  ist  In  dieses  Jammer- 
il  gestellt,  damit  er  durch  gerechten  und  tugendhaften 
Handel  selig  werde  und  das  ewige  Leben  erwerbe.  Von 
liie9«*n)  Ziel  sucht  ihn  (h*r  Teufel  durch  tausend  Verführungen 
ftbzussi^hen,  der  Inhalt  des  mensehliclien  Lebens  ist  also 
1er  Kampf  mit  die.sem  Erbfeind.*)  Abtn*  kein  Mensch  kann 
ar^ttet  wenlen  und  das  ewige  Leben  erwerben,  als  durch 
Fdio  heilige  katholische  Kirche.  .,Nemo  enim  nisi  per  sanctam 
Lflesiam  catholicam  in  R-egmim  dei  potest  intmrp.*'*)  ,,Extiu 
desiam  non  est  sahis,  et  est  in  omnibus  sej^uenda/^^  -JHe 
bmltgste  Religion  christlichen  Glaubens  ist  die  allein  wahre. 


,  a    *\.  iil,   y, — ho,  wo  gegenteilige  Ansichten  abg^wiescti  wcrdcTi. 
*J  Pf,  in,  61—64;  Pr.  I.  43. 
^  S.  &.  II.  Pr,  V.  88% 
^  ».  oben  S,  365. 

*J  Pr.  O»   17i*»  \^T*  If  224* — 5,   5 — <^*  u*w.     Deo    Teufel    vergleicht    er 
neni  Diebe,  der  da«  Dunkel  (des  UngUulieiifi)  tiMltg  hat,  um  tu  stelileii» 
fail  einem  Rabeti,  der  nach  den  Aii|;en  seine*  Opfern  »kiicht  (Pr*  V»  h^K 
^  Pr.  I.  i2i|, 
*)  Pf.  l,  »^7. 


344  Max  Hossfeld. 

allein  vollkommene  und  allein  heilbringende.*'*)  ,,E8  gibt 
keinen  wahren  und  richtigen  Glauben  als  den  katholischen, 
alle  anderen  Sekten  (Juden,  Sarrazenen  und  Ketzer)  die 
vom  katholischen  Glauben  abweichen,  sind  irrig  und  ver- 
dammenswert.  Wer  da  glaubt,  dass  jemand,  der  nicht  dem 
katholischen  Glauben  angehört,  in  seinem  Glauben  gerettet 
werden  könne,  .,damnabiliter  errat  a  fide  katholica.^' ^ 

Aus  dieser  Stellung  der  katholischen  Kirche  als  allein 
berechtigter  Hoilsanstalt  für  die  Menschheit  geht  ihre  Würde 
und  ihr  Vorrang  vor  allen  anderen  irdischen  Instituten  her- 
vor. ,, Christiana  religio  omnem  terrenam  rempublicam  lon- 
gius  anteceliit."")  .,Zwei  Stände  gibt  es  in  der  Welt,  den 
geistlichen  und  den  weltlichen,  von  denen  der  geistliche 
den  Prinzipat  hat."*)  .,Der  Papst  hat  das  Recht,  die  M«- 
imngen  der  Doktoren  zu  billigen  oder  zu  verwerfen,  man 
jnuss  sich  an  ihn  halten  und  ihm  gehorchen."*)  „Wir  solloi 
den  heiligen  römischen  Stuhl  und  seinen  Spruch  fürchten, 
auch  wenn  er  ungerecht  wäre."**)  „In  unentschiedenen 
Fällen  ist  es  besser  so  zu  denken,  wie  der  römische  Stnhl 
es  wünscht,  hat  sich  dieser  aber  einmal  geäussert,  so  darf 
niemand  anderer  Meinung  sein  oder  seine  Aeusserung  in 
Zweifel  ziehen.  Jeder,  der  dem  römischen  Stuhl  nicht  ge- 
horcht, ist  ein  Ketzer.''^)  Der  Papst  steht  über  dem  Kaiser 
(Theorie  der  beiden  Schwerter,  Vergleich  mit  Sonne  und 
Mond.^)     Die  weltlichen  Fürsten,  die  die  Kirche  nicht  ver- 


')   Vorl.   I/O. 

-)  Pr,  V,  88*.  Bekanntlich  bezweifelten  das  viele  Humanisten,  denen 
der  Gedanke  schmerzlich  war,  ihre  Helden  des  Altertums  in  der  Verdammnsg 
zu  wissen,  s.  Burckh.  Kultur  d.  Renais.  in  Ital.  (8.  Aufl.  v.  Geiger  1901) 
II,  2  7()).  —  Verschiedentlich  wird  das  Judentum  zurückgewiesen,  vgl.  Disp. 
227,  Pr,  r,  95,  Pr.   ri,    173,  Pr.  III,   23,  Pr.   V,    142. 

^)  Vorrede  zur  Anibrosiusausgabe. 

*)  I*r.  II,  95'. 

•)  Praemonitio  fol.    15.  col.    i. 

«)  Pr.  V,    19. 

')  Praemonitio  fol.    14. 

^)  Pr.  II,  95*.  Der  Kaiser  ii»t  üljrigeiis  unter  den  Weltlichen  der  Erste: 
fjn  seculari  statu  Imperium  Bomanum  excellentiut  ett  in  prtndpsht^t 
ebenda,  mit  näheren  Ausführungen  über  den  Ursprung,  die  Würde,  die  Stärke, 
Dauer  und  Grösse  des  römischen  Reiches  (meist  nach  Bibelstellen  und 
Au'^ubtinus). 


JohiiJiaes  Hcynlin  aus  Stein. 


,U5 


teidigen,  können  vom  Bischof  des  Ortes  exkoninntBiziert 
irerden.  *i  Dem  PriL^sterstand  soll  jeder  Ehre  erweisen,  deim 
liemand  kann  ohne  ihn  die  (^riarle  erlangen;-)  der  Priester 
Sffnet  oder  verychüesst  das  Hiunnelreich.  Niemand  soH  ihn 
Idaher  verletzen ^  sondern  jeder  ihn  ehren  nnvl  ihm  ge- 
horchen."') 

Aber  aus  dieser  herrschenden  Stelhing  des  Priesters 
[erwächst  ihm  auch  eine  ernste  Pflicht.  ♦,AVahrlich"*.  so  zi- 
itiert  Heynlin  den  heiligen  Hiernn^^miis,  ..wer  dassii  erwählt 
fist,  dt^n  übrigen  vorzustehen,  der  solK  wie  er  an  Würde 
1  «Iisgezeichnet  isi,  auch  an  Heiligkeit  hervorragen.  l>enn 
|da3  tut  der  Kirche  Gottes  gewaltig  Abbrach,  daas  die  Laien 
besser    sinrl    als    die  Geistlii'hen."     .."Wie    der    Priester    die 

»Laien  an  Wissen  üben re Ken  soll,  so  auch  an  Tugenden  und 
Heiligkeit.^)  ,,Wenn  schon  bei  dem  Laien  Unwissenheit 
nnertmglich  erscheint»  um  wieviel  mehr  bei  denen,  die 
heri'schen.  hier  verdient  sie  keine  Entschuldigung  noch  Ver- 
zeihung.'^ ..Die  Unwissenheit,  die  Mutter  aller  Irrtümer, 
Ist  besonders  vim  den  Priestern  Gottes  zu  meiden.''^)  ,tVi- 
liösimus  contputanrlus  est  nisi  praecellat  scientia  et  sancti- 
tute  qui  est  hnnnre  praestontior/'*^  Von  den  Geistlichen 
'ist  zu  %'erlangen  Keuschheit.  Reinheit  des  Lebens ,  Be- 
scheidenheit iiuoderatio  discretionis  superflua  restringentia) 
rechte  Gesinnung   (ut   scilieet  onmia  fiant   ad  glorianj   dei), 

I Demut  (iugis  dei  memoria)^  Nachsichtigkeit  gegen  die  Unter- 
•)  Pr.  I.  81». 
*|  Pr,  I,   12*. 
•)  Pr.  I,  40.     ( A 11  sfüh Hingen    über    die    Würde,    die    Gewalt    und    den 
Noblen  dc-^  priestcrlichcü  Amtes), 
*)  Ep,  S.   10  jfoL  iij'K     Die  Epi$tola  dr  qu&litate  sacerdoiisr  der  wir 
die&  Zitat  ejitriehmco,    i^t  ganz   und  gm   in  der  Absicht  geschrieben,    ein  Bild 
von  der  rechte«  Beschafl'cnlieit  eines  Priesters»  wie  er  sein  soll,  in  jccicboen, 
ts    ist    eine    Reformbchrift    ähnlich    dem    Tractatns    de    canontca    clcricorum 
fcaecutarium  vita  des  Peter  von  Andlaii,  der  clvva   lo  Jahre  vorher  gCiichriebcu 
wurde*     (s,    Hiirb.   117^ — 1^9).     Wir    erwähnten    sie    schon    bei  Nennung  des 
II        Adressaten  Hochberg  (>.  oben  S.  267),    und    gehen    nur    darum    nicht  näher 

»d;irauf  ein»    weil    die    Schrift  eigentlich    onr    ein  Mosaik  aus  Stellen  des  ka- 
nuDisicbcxi  Rechts,    der  Kircheoväler    und  der  Bibel  nod  nur  durch  ihre  An- 
orduuDg  selbständig  ist,    Die  DiBpositioo  des  Briefes  baut  sich  ganz  logisch  auf. 
sacerd. 


i|nal. 


Ep. 


•)  Ep.  S.  10  (fol.   117'). 


g'r'V^i,-;..    l^W'j^    zrzzi.  V..,TiL    rii.    a^d    'iii*    Hrr-iTTi'^i^lt^   g— 
r'2f,ii'^^^T  hh'.'hzj^hix^'L-      -V^   ^''^^^  *^   siiC«:r*3«;*riTi:-i  ri> 

<-t  j:.  '.':.-i;:  virra:!*-  *ri:jii«*arrJvr,"     Ter  mü-tn:  fci:«f  sc-U  id  ihm 
Im:;.  -:r  ^ii^Är:, .  'ieiii«  ü*-sie  i«t  'ürr  VichieriiA  der  Tiigeiid«-:!. 

JjJfrJ^riTj  Jd'rajbijd  d'r*  Pn*:«^T5.  •1&5  Heyijlin  liier  a^:! 
^iriZi4  YOJi  kajjOJji^-'lieD  BeytiiLUj-nTigen  mid  AnsspröchrL 
«J<rr  KirrL*?iivä.t*:r  zeich jj^^  eiit^pnich  aber  so  «eineiu  Lei-J- 
»'e<9eij  die  ^TeiirtJicLli^rh  de*  Jahrhnnderts  recht  wrf='nig.  öhi.»? 
nji*j  a^ji  ajjgej:-eiij*-  Schildenuigen  des  damaligen  VerlÄÜs 
t''iiiZ^i\ü'iy^^u.  ^^'r^-Lräukerj  wir  uns  anf  die  Vorwürfe  xnA 
Kbxf^^ii,  die  Heyuliij  selbst  vorbriDgt.  E«  ist  Stück  für 
Stuck  g^-uan  das  Gegeuteil  von  dem.  was  er  oben  verlangt. 
,.AIle  neijnen  .«»ich  Priester,  wenige  aber  ?ind  esL"  ,,T^g  i>T 
eiij'f  Lüge-  «ich  einen  Bischof.  Priester  oder  Kleriker  za 
ut'Atu^'U  11  ud  ]}'m^*:  XM  tun.  die  den  Pflichten  dieses  Standt-* 
ziiwjderlanJ<-rj.-')  liie  Pharisäer,  sagt  Theophiliis,  waren 
n.'iÄHeude  Wölfe,  sie  weideten  <las  Volk  nicht,  sondern  vt^r- 
s^dila/jgerj  es.  I^eswe^en  \\'nrde  es  um  Christus,  seinen 
wahren  Hiit«^'n  v^Triamuielt.  der  ihm  die  geistige  Speise, 
das  \Vr/rt  Trottes,  ^^'geb^-n  hat.  ..Ach  ich  fürchte,  dass -s 
awh  Jetzt  tiele  Haien  gibt.  tUe  flas  Volk  nicht  weiden,  sondern 
vefHchlinf/en:  ich  fürchte,  dass  der  grosse  "Wolf,  der  Tt^ul^^l. 
^i«'  Jiiich   vers'^-hlingf'ii   wii'd."\i 

Au  and^'H'Ti  St^dh'ii  .sagt  er  deutlicher,  was  er  hiermit 
liieint.  ..Ks  gähr.  h-ider  viele  Leute,  die  kirchliehe  Guter  in 
unnützer  oder  verhr seherischer  Weise  vertäten^  .,quod  specia- 
lit^T  tfingit  l'ratres  mens  presb\-teros.'*  Fleissig  möchten  sie 
Hifji  liütoii  und  .s<dir  in  Acht  nehmen,  dass  nicht  die.  denni 
di'-  Sirlijil'c  (Ifjs  Haus<*8  Gottes  anvertraut  seien,  aus  dem 
IhiUH«'  itiiiXi'H  <*in«'  Käuberhöhle  machten.'*^)  Bedeuteinl 
sriliiri'ifr    klingt    eine   anden»  Mahnung,   die   er  an   eine  Er- 

■')  Kp.  S.    I )    dol.    I  iS). 
'•)    1*1.   I,  «7. 
';  I'».  I,  iK. 

'•I    I'r.   I,    1.^ 


Jitbutinc^  Hcytifiti  uun  Siciti. 


Jihitig  über  d*ni  !ieiligt5!i  Laureiitins  anknüpft,  wn  welclH*ju 

(»r  lobte,  dafls  or  das  don  Armen  austobende  (teld  iiiihr  zu 

leni  Nutzen  niissbraucht  !mbt\    .»Hier  mögon  dioienigen 

i«>rksiun   ziüiüren.    ilit*   die  Einkimlte    der  Kirchen    und 

^Erbgut  des  gekreussigton  Chrigtus  nicht  nur  zu  eigenem 

ßbrauch,  sondern  was  viel  ttuchwürdigor  ist,  zu  don  schiind- 

llichsten   und    verbrecherisdiati^ri  Missbränclien    aui'   die    Tin- 

fltitigste    Weise   verschwenden."     (spurcissime    exi)endunt.-) 

Die  Habgier,  die  Sucht   nacth  hohen  ElirensteHeu  uml 

[die  unredlichen  Mittel  sie  zu  erwerben,  die  ja  ganz  an  der 

fragesQrdnuug  waren,  Uidelt  er  im  Anschhiss-an  eiiif^  Episode 

|iiU8  dem  Leben  des  heiligen  Auibrosiiis,  nilnitich  die  liübsche 

lErzäÜdung  von  seiner  Wahl  zuui  Bischof  von  Mailand,  seiner 

[Bescheidenheit,  seine  Ablehnung  der  Stelle  und  s<dnen  zabl- 

jreicheu  aber  Vergeblichen  V'ei*suchen,  sich  eineni  so  verant- 

rortungsvollen  Posten  zu  entzielien.    ,^0  ramm  nunc  taleni 

toto  orbe  terrarnm  Anibrosium!"    ruft  Heyn! in   hier  auö. 

L,Ach    selten    sind    jetzt    schon    die  Mannen    die  nicht  den 

TerBUch  machen,  ihnen  abgeschlagene  Ehrenstellen  zu  usur- 

iieren.    Aber  wahrhaftig  noch  viel  seltener  solche,  die  ihnen 

'         zurückweisen.     Eher,    glaubt    mir,    müchtet    ihr 

sen  Raben  oder  einen  schwarzen  Schwan  finden. 

nicht  eine  Schmach  vor  Göttern  und  Menschen,  dass 

Jetzt   die  Männer,    <lie    mit   <len   vorzüglichsten    Titeln    der 

[ehristlichen  Kirche  ausgezeichnet  sind,   Scholastiker  miMUe 

[ich  und  Ekklesiustikert  in  Dinge  willigen  und   sie  für  an- 

iDtändig  halten^  die  einst  die  Heiden  verabscheuten  und  für 

|h«ichHt  schimpflich  hielten,  näralich.  dass  alle  Wünleu  und 

Ehr**M8telli«n  k/iullicli  sind  uml  ilasf*  man  durch  Verbrechen 

und  Unrecht   in    ihren    Besitz    zu    kommen    hofft.^  *)     Ein 

[linderes  Mal  heisst  es:  ^Es  gibt  so  viele  verschiedene  Art«*n 

Ivon  S(nio7ik%  m  viele  W^ge  um  hohe  und  zahh eiche  Pfrutvltn 

Ieh  Grlangeu,  dasa  keiner  der  Doktoren  genug  dagegen  schreiben 

Jlcönnte,'*     Nicht  besser  machten  es  die  Mönche  und  Nonnen, 

,,die  Säcke    der  Bettelei*',    sagt    <*r  von    den    Mendikanten, 

i^liaben  jetzt  viele  Zipfel,  es  ist  schwer  sie  alle  zu  füllen/*') 


•♦  Pr.  Ul,   22*. 

-,  fr,  Ilt,  j. 
&ültf  Zdcidic  t  GtscJi.  und  Aliotuin«    Vll.  2, 


.U'*  Max  Hossfeld. 

..M*»iin»  Brüder,  die  Priester,  mögen  es  mir  nicht  übel  nehmen, 
ich  ijjuss  fragen,  ob  auch  sie  im  Kosengarten  der  Welt  sind 
(d.  h.  in  die  Sünden  der  Welt  verstrickt  sind*).  Wollte 
ich  nein  sagen,  so  würde  es  mir  keiner  glauben,  und  mit 
Kocht,  weil  ich  nicht  die  Wahrheit  sagen  würde.  Ich  mnss 
also  ♦»ingestehen,  dass  sie  auch  im  Rosengarten  der  Welt 
oder  vielmehr  des  Teufels  sind**  ....  ,,denn  was  die  Welt 
und  das  Fleisch  haben,  das  hat  auch  der  Teufel.  Aber  sie 
benehmen  sich  in  diesem  Garten  nicht  wie  die  Pharisäer 
und  Schriftgelehrten,  denn  diese  sündigten  heimlich,  und 
schalten  deswegen  auf  die  Zöllner  und  Sünder  (publicum). 
So  sind  unsere  Priester  nicht.  Sie  sind  selbst  öffentliche 
Sünder.  Sie  schelten  nicht  auf  die  Zöllner  und  verachten 
sie  nicht;  nein  sie  lieben  sie  und  klatschen  ihnen  BeihlL 
Und  um  nur  das  Geringste  zu  berühren:  spielen  sie  nicht 
öffentlich,  betrinken  sie  sich  nicht  öffentlich  (nonne  publice 
ciapulam  sequuntiu'),  fluchen  und  lästern  sie  nicht  öffent- 
lich? Anderes  verschweige  ich,  was,  ach.  weniger  öffent- 
lich ist.^)  Alle  laufen  sie  nach  Reichtümern,  alle  sind  voll 
Habgier.  Wie  viele  gibt  es  jetzt  wohl,  die  sich  mit  einer 
Pfründe  begnügen?  Nicht  viel  mehr  als  die,  die  nicht 
inohr  bekommen  können.  Einst  waren  sie  mit  dem  Zehnten 
zufrieden,  jetzt  fragen  sie  nicht  nach  dem  Zehnten,  jetzt 
fragen  sie  nach  den  9  Teilen,  den  zehnten  aber  wollen  sie 
Euch  überlassen. ••-) 

,.Ist  es  nicht  (»ine  Schande  zum  Erröten,  heisst  es  vorher. 
mit  wohlgenährtem  Leibe  von  dem  armen  und  hungernden 
<^»>kreuz igten  Jesus  zu  predigen,  und  die  Lehre  der  Fasten 
mit  roten  Backen  und  schwellenden  Lippen  zu  verkünden?***) 
T^nd  bei  aller  dieser  Schlechtigkeit  sind  die  Priester  noch 
stolz    und   hochfahrend,    obwohl    doch    Christus    durch   die 


-)  Predigt  vom  i8.  VI,  1475.  (l*r.  I,  114*.)  Auf  die  schlechten  Mönche 
i^t  er  überhaupt  nicht  gut  zu  sprechen.  „Non  est  üaevior,  crudelior  bestia 
«juAin  monachus  pravus»,  iratus",  zitiert  er  einmal  (Pr.  I,    135). 

*)  s.  oben  S.    I7()  ff. 

')  An  anderer  Stelle  nennt  er  die  Presbyter!  mit  unter  denen,  die  ciu 
ib^mus  meretricum  occultarum  in  Basel  besuchen,     s.   Pr.  II,   8. 

-)  Pr.  I,   113.     Predigt  vom    18.   VI.    1475. 

')  Pr.  I,  83. 


J«'»b.iniie9  He^nitii  iiiis  Stern. 


34'» 


lang  ilmen  ein  Beispiel  der  Demut  uufgestellt  und 
brti  seiner  Kirche  deutlicli  gezeigt  hat,  was  ihnen 
nliailich.  dans  sie  nicht  von  Hoebuint  tiufgeblasen 
ond  nicht  sich  weigerten^  da«  Heilige  in  Demnt 
*/*')  und  obwohl  sie  doch  ^esen  mlissten,  dass 
^llt^  sich  doppelt  schwer  vergehen»  weil  ihr  sündige- 
den  Untergebenen  nachgeahmt  \^TrdT   denn  wir 
so  der  Knecht.*) 

[flehen    Aeusseningen    hören   wir    zum    Teil    eine 

lie  im  Munde  eines  heftigen  Gegners  der  Kirche 

prraschen    würde.      Dennoch    ist    Heyntin    nichts 

lU  ein  Gegner  der  Kirche.     Ein  Satz  wie  dieser 

ecclesium  derogandc»  loijiiitur.  hereticus  est/y^) 

Jasö  er  alle  diese  Vorwürfe  nicht  zum  Schaden  der 

andern    im  Gegenteil  zu  ihrem  Nutzen  vorbringt» 

ie  durch  seinen  Tadel  zu  bessern  hofft.     Allerdings 

leynliri  nicht  g«\scheut,  diese  Vonvürfe  auf  offener 

iid  vor  allem  Volke   auszusprechen  :  ein   Teil   der 

sfülirten  Stellen   ist    deutsch   gepredigt   worden/) 

%g  ilim  völlig  fern,    das  Volk    dadurch   gegen  die 

teit   aufsässig   machen   zu  wollen.     Er  sprach  von 

lerbnis    mehr,    weil    er    sie    nicht    verschweigen 

^Is  weil  er  gern  davon  redete,*)  oder  darum,   weil 

"^Zuhörer  vor  solchen  schlecht»^n  Elementen  warnen 

WJH   er   einmal   sagt:   ,,ich  predige  euch  das,    damit 

|t  eure  Söhne  zu  solchen  Priestern  macht,  damit  ihr 

solchen   schlechten   lieuten    hütet,   dass    sie   euch 

fuhren/* **)     Aber    gerade    nach    solchen    Ausfällen 

CTeistiichkeit  fuhr  er  dann  fort:  ,Jhr  sollt  sie  aber 

jit  Wort   noch  Tat  verletzen    oder  verachten,   weil 

t?nres  Amtes  ist,  sondern  ihr  sollt  allen  Achtung 

I,  135.     HeyMtUii  lülicrt  übrigens  nicht  dies  deutsche  .*^i>riciiwi>rt. 
latouts   cgregiAfu    serttentiarn  i  quälen    in    re  publica  es&enl  ptt- 
[f^U(|iiOI  c<^«Je  golcrc  ** 
U  97* 

P'r.  n,  ».       Vi      I,     lÖ,    4^i,     IIJ,    IM',    aiso    j;t'r;H)c  uit   iLinptitclIr 

aUA  den  latemLschen  Predigtet],     (Pr.  ül,  ^  i2\  55*1* 
oben  S.  J48, 
1.  lii. 


350 


MajE  Hossfeld. 


und  Elii*fiirclit  orweisen^  und  wenn  sie  selbst  nicht  würdig 
siiid,  so  ist  doch  der  wTu-dig,  dessen  Diener  sie  sich  neuneo, 
wenn  sie  auch  einem  anderen  dienen.  Eure  Sorg^  lasst  «t 
nicht  sein,  wie  sie  zu  strafen  sind^  denn  ihre  Zeit  winl 
kommen  und  zwar  schnellor  fürchte  ich.  als  sie  erwanen, 
sclmeller  als  ihnen  gut  ist^*  Laien,  dii'  die  GHistlirhkeit 
venmglimptVu  wollen,  unterliegen  nach  seiner  Ansicht  einer 
Versuchung  des  Teufela  „Der  Teufel  versacht  ganz  1)^ 
sonders,  das  Volk  dazu  zu  verführen,  dass  sie  iliren  Oberen, 
d.  h.  den  PfaiTem  und  Predigern  Abbruch  tun.**  ,.Es  gibt 
wohl  kein  schlimmeres  Uebel^  als  dass  Christon  üin*n 
Priestern  missgünstig  sind.**') 

So  kommt  es^  dass  er,  der  noch  eben  die  Habgier  der 
Geiitlichkeit  tadelte,  die  dem  Volke  schwere  Lasten  auflege 
und  stÄtt  1/in  jetzt  9/10  nähme,  wie  er  sich  ausdruckt,  dnch 
andererseits  wieder  gegen  diejenigen  spricht,"  die  die  Güter 
der   Kirche  zu   Unrecht  rauben  oder  vorentlialten,**^!     Ali 
abschreckend ns  Beispiel    erzäldt    er   einmal  die  Bestraiaugf 
die  ein  Laie  dafür  erhalten  habe,  dass  er  der  Kirche  etwas 
von  ihrem  weltlichen  Besitz  geraubt  habe.     Dieser  I^  '     '^ 
übrigens   kein   (reringerer  als   Markgraf   Albrecht   A 
In  einer  Predigt  vom  21.  September  i486,  in  der  Heynlin 
unter  anilerm   von    der  Freiheit  der  Kirche  und  der  (geist- 
lichen handelt,   tadelt    er   diejenigen,   die  von   diesen  Zoll»* 
erheben    und    führt    dafür    das    ^Beispiel    des    Markgrafeu 
Albreeht    von  Brandenburg   an,    der    in    diesem    Jahre  in 
Frankfurt  starb,  der  gewohnt  war,  vom  Klerus  Geld  einzn- 
treiben^   aber   gegen    den   Willen   seiner   Gemahlin.     Ab  vr 
einmal  vom   Bischof   von   Würzburg  exkommuniziert   war, 
Hess    er   sich    später  von    einem  Legaten    für  ein  Gering^^^ 
absul vieren.     Da   lachte   er   seine  Gemalilln  aus  und  sagte: 
siehst  dn,  da  habe  ich  zehntausend  Gulden  von  den  Priestern 
bekommen    und    für    5  oder  10  bin  ich  absolviert  wonlen. 
Aber  nun  das  Ende.     Als  er  in  Frankfurt  war^  liess  er  sich, 
weil  er  podagrisch  war,  in  das  Predigerkloster  tragen:  kaum 
eingetreten,    begann    er  Schmerzen   zu  fühlen  und  bat  um 
einen  Beichtvater.     Aber  siehe,  unter  so  viel  Priestern  irar 

»)  Pr.   I,  82. 
I  *»  Pr.  I.  43. 


Jobannes  Heynlin  iuts  Steiti. 


351 


»iner.  der  zu  seiner  Beichte  kommeTi  kouiite.  Als  er  sah, 
er  keinen  Priester  haben  konntOy  rief  er  tlie  Seinen 
Jerl>ei  tinil  wollte  von  einein  von  ihnen  absolviert  werden. 
!r  versuchte  zu  sagen:  ,tSprech  mir  einer  eine  Absohition**, 
brachte  aber  cUis  , Jution**  nicht  mehr  hervor,  sondern  sagte 
^r  „Sprech  mir  einer  ein  Ahso'*  und  verschied,  Daa  sei 
lie  Strafe  gewesen/'  *) 

Wie  es  sich  auch  mit  der  tTlanbwürdigkeit  dieser  Er- 
ihiung  v<*rhalten  möge,  sie  zeigt,  dass  HejTilin  denen  nicht 
rohl    gesonnen    war,    die    den  weltlichen    Besitzstand    der 
[irche   antasteten.     Und  das.    obwohl   er   selbst  gegen  die 
I;ibgier  des  Ivleras  eifert  und  ihren  Reichtuni  als  teilweise 
jirechtmässig  erworbenen  bezeichnet,     Tn^tzdem  er  auf  der 
binen  Seite  die  Verweltlichuiig  d^r  Kirche  beklagt*  kann  er 
^i<'h  andererspiti^  doch  niclit  entschliessen.  etwas  von  ihrer 
reltlichen  Macht  aufzugeben.     Diese  Halbheit  ist  für  HejTi- 
lius  StelhiTignahme    in   den   kirchlichen  Fragen  seiner  Zeit 
ilM>rhaupf  bezeichnend.     Wir  milssen  noch  einige  Beisjdele 
dafür  anttlhren,   die  alle  zeigen  werden^    dass    er   jedesmal 
lie  Auswüchse,   zu   flenen    eine  Institution   der  Kirche  ge- 
führt hat*    bedauert    und    bekämpft,    dass   er  aber    niemals 
iaran  denkt,  die  Institationeii  selbst  deswegen  anzugreifen. 
)iese  hesteh+ui  und  darum  stehen  sie  für  ihn  iinerschütter- 
|ich  fest. 

Unter  den  Lehren  der  katholischen  Kirche  ist  ihr  die 

roin  Ablass  am  verhängnisvollsten  geworden.    Heyolin  trägt 

tm   allgemeinen   die  Doktrinen  der   Kirche  vor.     Aus  dem 

Schatz    der    guten   Werke    kann    den    Sündern   Erlass   von 

[Strafe   gespendet  werden.     Die  Gewalt   über   diesen  Schatz 


*)  Pr.   V,    i6j\     Dicr,ctn   luinierJiiii  lütcrcssantcn  Bericht  über  Albrechts 

od,  dcu  Hcyuliu,    wie  er  schreibt,    dem   Propst  voü  Meisscn  verdankt,    der 

I4S6  in  Frankfurt  war»  steht   ein   anderer  gegeoüber»    welcher  lautet:     ^^m 

rustäg    nach    dem  Sonntag  Lätare   lie&s    sich    der    hochgeborene  Für^t    aus 

ncr  Herberge   auf  seiaem  Stuhl   nach   seiner  Gewohnheit  m  das  Prcdigcr- 

toostcr  Iragen.     Und  desselblgen  Tages  um  die  4.  Uhr  nach  Mittag  starb  er 

seligtich    in    demselben  Kloster,    dem    Gott  genade»**     (Droysen»    Gesch.  der 

Teuss.  Politik    2,  Anfl.  II,   I.   S.  3(^0  nach  Riedels  Cod.  dipl.,   dieser   nach 

liucm    alten  Protokoll    in  MiilJers  Reichstagsthealer  11,    34).    —    Die  Glaul*- 

Würdigkeit  beider  Berichte  wäre  noch  zu  pröfcn.     Die  Tendenz,  die  Heynlin 

Jlicr  verfolgt,  <^p rieht  nicht   zu  Gvmsten  des  seinen. 


J5^ 


Max  Hö&sfeld. 


Steht  dem  Papst  und  für  ihre  Sprengel  und  Pro\'inz/en  den 
Bischöfen,  Legaten  nsw.  zu.  Anf  die  Frage,  inwielem  Am 
Buss*'  flie  SiltHlenvergebiing  bewirkr»,  antwortete  er  durch 
*,4  Meistersprüch"  folgendermassen:  1.  I>m*ch  jeden  Afo 
wahrer  Zerknirschimg  wird  die  Schuld  der  Beleidiguug 
(Gottes)  getilgt  2.  Wenn  durch  die  Zerknirsch mig  die  B^ 
leidiguug  getilgt  ist,  bleibt  die  Seele  noch  ztir  Genngtnung 
verpflichtet.  3.  Doch  könnte  der  Reueschraerz  so  giMü 
sein,  dass  er  jede  Verpflichtung  zur  Genngtniing  aufliDbiv 
4  ^^Anch**  durch  die  Erlangung  von  Ablässen  kann  der 
AleuBch  die  Vergebung  der  gesamten  Htrafe  erlangen.  — 
Dabei  ist  aber  zu  wissen,  dass  lucht  der  Ablass  seihst 
sondern  nur  Gott  die  Schuld  tilgt.  Denn  der  Ablass  stJtit 
die  Vergebung  der  Sünde  voraus,  weil  er  nur  den  ErUm 
der  »eitliclien  Slrafe  betrifft,  in  die  die  ewige  Strafe  doicli 
die  vorhergehende  Rene  verwandelt  wurde.  *)  —  Im  übrigen 
wird  die  Kraft  des  Ablasses  aber  nicht  bezweifelt.  ..Wenn 
mau  fragt,  was  Ablässe  wert  seien,  so  heisst  die  Antwort 
genau  so  viel,  wie  sie  lauten.  Also  wenn  es  heisst«  wi*r 
dies  Uity  verdient  sich  4(3  Tage  Ablass^  so  wird  ihm  in  Ah 
Tat  von  der  Strafe  des  Fegefeuers  so  viel  abgezogen,  als 
wenn  er  4tJ  Tage  gebüsst  h&tte.  Und  wenn  der  Ablass  auf 
völlige  Vergebung  lautet,  so  wird  ihm  auch  völlige  Ver- 
gebung gewährt  und  wctui  or  in  dieseui  Zustande  stirf>t 
fliegt  er  solort  gen  HimuieL  (statijn  evolat).*--)  Es  war 
nicht  zu  vermeiden,  dass  bei  einer  solchen  Lehre  von  der 
Vergebung  der  Sünde  gar  mancher  in  Voraussicht  Ats 
künftigen  Ablasses  getrost  sündigte;  war  man  «loch  bei  *kr 
Häufigkeit»  mit  der  damals  Plenarindulgeuzen  gespenJet 
wurden,  ziemlich  sicher,  ihrer  eine  zu  erleben,  nni  von  d^a 
Toilablässen  ganz  zu  schweigen.  Solche  Leute  aber  tad^ 
He>mliB  nachdrucklich.  Mau  sollte  nicht  meinen,  dass  tax 
Erlangung  der  Ablässe   keine  Busse    erforderlich  sei,    3^ 


')  Pr.  V,  29,  BekaimtUch  giog  Job*  v,  1  "ült/  in  seiner  Ablasstheofii 
so  weit  211  behaupten,  dass  der  Ablass  die  Süa^len Vergebung  selbst  bevirte; 
nicht  nur  den  Erlass  zeitUcber  Strafe.  Vgl.  Gerb,  Ficker,  Das  ausf^CBik 
MiltclaUer  und  sein  Verhältnis  zur  Reformation   i^yo},  S.  36. 

•)  Pr.  I,  45.  Heynliii  nennt  als  Gewährsmann  Franc,  de  M^ronif  iff» 
von  Mayroni)  tractaius  de  indulgentiis. 


Johaitue^  Ueynlin  au£  Stern. 

Inders  aeien  ilie  zw  rügen.  lUe  aul  küiiftigH  Ablasse  hin 
sündigten  I»eab8ichtigt4>n.  Ihnen  wurde  Uott  üeine  Barm- 
[liencigk*^it  nicht  erweisim,  *)  Uetmh^U  worden  aber  van  ihm 
tauch  *iu\  ilif  den  Ablass  schmähen,  so  bpi  (ielegenh»Mt  des 
fl482  zu  Utinsten  eini^s  Krenzzugi^s  gi^wfthrt«^n  Ahlasses 
(hortentur  bominen  ne  detrahunt.-) 

Nnch  bfi  manchem  andern  Brancli  n*U^v  L^^hrsnirK  d^r 
Kirche  «eben  wir  Heynlin  bemübt*  siit  mit  tieferi^m  Sinn  xu 
lerftllU^u,  um  der  drohenden  Veräiisserlichung  der  R^sb'giosität 
[entgegenzuwirken.  So  bei  den  Prozessionen.  ,.lch  habe  di© 
[ProzesHionfn  in  B»sel  getadelt,  die  ohm*  Unterweisung  des 
JVolkes  gehalten  wurden  und  keine  Besserung  de»  Lebens 
Isdr  Folge  gdiabt  haben,  und  habe  sie  blinde  und  unnütze 
[Prozessinnen  genannt,  die  eher  geeignet  seien»  Gott  zu  er- 
[ÄftriMMi  ula  zii  besänftigen.  Dann  ein  Beispiel  :  Wenn  der 
eler  Fürst  den  Wnin  und  das  (fetreide  in  seiner  (4ewalt 
Alle,  und  bei  Strafe  der  Entziehung  lieidi^r  vorschriebe» 
lilasa  nieunmd  Schnabolschuhe  tragen  sollte»  dann  nach 
9einem  Fortgang  die  Schuhe  doch  getragen  wünlen  und  er 
«einer  Rückkehr  den  Baselern  Korn  und  Wein  ent- 
Sge  und  wenn  dann  eine  Prozession  und  eine  Rede  giv 
Lhi^lten  würde  imd  ilennoch  alle  wieder  mit  den  SehniLbeln 
men»  derentwegen  er  erzürnt  war*  wer  möchte  wohl  glauben» 
daas  er  sich  versöhnen  liesse?  So  ists  aber  auch  im  vor- 
. liegenden  Falle."'*)  ,, Vergebens  sind  die  Prozessionen  imd 
|ulli>s  andere,  was  man  rut  um  von  Gott  einen  guten  Frieden 
erlangen  oder  zu  venlienen,  so  lange  die.  die  den  Frieden 
irdern.  den  Willen  zu  sündigen  nicht  anfgebeu-'' S 

S<j  bei  der  Beichte  und  beim  Abendmahl    Eh  sei  nicht 
*nug,  den  Herrn  im  Sakrament  des  Abendmahls  empfangen 
\tx%  haben,  man   rniiase  ihn  nachher  auch  dnrcli  gute  Werke 

U  ii'diT     lw.?n'(>rlirinfrMf(         /Sflldi'S*^     iinolnnd»»      jitT     boiij     o|M'r:t 


*)  Htj^Dli»  bekU-k^   iibngeQ&,  dass  t^  rioiij»  >.ci,  die  ilhriUcu  jft/t  durch 
|Abll*4€  *iif  Beihilfe   fiir  euieii  ICreii«2ug    hcr»ui<ufrtrdcru ;   fmhct  habe   man 
»kht    iiollg    gehabt«   da  tcicn  alle  voll  Eifer   für   dn»  itlaubcn   {reiAtfteii. 
r»,  IV,  MO. 

*>  Pf.  V,  61- 


V:    V 


.!-T.  \'.    -• 


Jduroaei  Kefoliu  aiu  Stet 


555 


i  selbst  in  Wirklkhkeil  mit  der  Beicliu*  uuil  Absolntiou 
|er   UrnKtäuden   vi^rfahr,  2^igt   eeine   obim    orsILliIte   An- 

■  ■        liblass  in  Bern  147t^  wo  er  wegij'ii 
,         .    -,  „        aitiuf  «inmg«   tla^s   lait   Beichte  niid 
tion  ..wenig  ümmände  und  Htifreden*  gemachl  wer- 
#oUten,   damit  nnr  alle  an   tlie   Reihe   kämen,'»    Hier 
11  man  deatlich^  wie  tlte    Praxis  iler  kirrhliclien    Hand- 
ln, so  wie  sie  nun  einmal  war^  es   auch   Männern  wie 
Im  nnmügUdi  machte,  auf  ihren  schonen  Foniemngen 
Tieu,     An    dieser   Pnixis   etwas  zu  andern,  ist    ihm 
i!  in  den  %Sinn  gekommen;  im   «Gegenteil,  wer  das 
icliti'j  der  galt   ihm  als  ein  Ungläubiger  und  als  ein 
»d  der  Kirche*   Nein,  bis  in  seine  letzten  Ausbildungen, 
iii    ^eiue    feinsten   Verästelruigen    sollte    das    kinhliehe 
m  li**^tt^hen  hh*ibirn,  wie  es  itn  Laufe  der  Jahrhunderte 
rorden  war  Nichts  Alu^  sollte  hinw^eggenaoimen,  nichu 
f  werden,  es  seien  denn  ein  {>anr  weitere 
/.Uhuiien  znr  Ausschmückung  de*5i  Hausen. 
gßüze  Organismus  sollte  bleiben  wie  er  war,   nur  er 
Ite  neu   belobt  werden*     Der  Veräusserlichung  und   dem 
ImieJw**-' *      i'fii  Heynlin  in  der  Scholastik  imd  dem  er 
feiner  u  »  Eiclitnngdes  Humunismu:*-  also  in  Wissen- 

nnd  Litteratnr  entgegentrat,  dem  wollte  er  auch  im 
V  '  I.Heu:  er  wollte  die  überreichen 

def^selben  wieder  mit  tSifin  er- 
lau  und  sie,  weil  sie  starr  und  geifttlos  geworden  waren, 
tht  clWft  verwerfen,  scmtlern  erwärmen  imd  neubeleb**n. 
^n  Laien  wollte  er  FnVuuuigkeit,  Religiosität  und  Ergeben- 
if  gegen  ilie  Kirche  eini»flanzon,  die  Priester  tmf  den 
bfe^n  Weg  dw*  SittlichktMt  und  Pflichttreue  zuriickrufen* 
Aber  wenn  dn^  mit  seinen  Jlitteln,  den  Mitteh»  de« 
^(urmtniktatä,  der  Predigt  und  des  Appells  au  die  weltliche 
Id  geistliche  Obrigkeit,  also  mit  Ermahnungen  ülxTbaupt 
lieh  war,  —  ihm  b»t  m  nicht  gelungen.  „Vergebens 
il#t  nich  unsere  Pn*digt  ati  si»%  si»  sagt  er  von  den  Geist- 
en,   denn    sie    sintt    Im rt nackig    und    unv«*rbesjäerlich.''  *> 


35^  Max  Hossfetd. 

Und  in  einer  anderen  Precligt  heisst  es:  ^Wenu  sie  hier 
wären,  und  wenn  ich  auf  sie  Eindruck  zu  machen  hoffte, 
würde  ich  noch  nicht  aufhören,  sie  zu  tadeln.  Aber  sie  sind 
nicht  hier,  und  auch  wenn  sie  zuhörten,  würde  ich  nicht 
lioffen  sie  zu  bekehren,  denn  ich  hoffe  mit  Gottes  Gnade 
schneller  10,  ja  20  Laien  auf  den  rechten  Weg  zurückzii- 
füliren,  als  einen  schlechten  Priester.^*)  Und  wiederum:  .»Ich 
aber  versuche  nicht,  sie  von  Simonie  und  Habsucht  abzu- 
bringen, weil  ich  es  nicht  vermag.  Ach  könnte  ich  sie  doch 
wenigstens  von  anderen  Dingen  abbringen l'**^»  So  sind  nach 
eigenem  Ausspruch  Heynlins  die  Dinge  zu  tief  verfahren, 
als  dass  er  sich  im  Stande  gefühlt  hätte,  sie  durch  sein 
Wort  zu  bessern.  Wenn  aber  hier  auch  die  Laien  noch  als 
verhältnismässig  leicht  zu  bekehren  dargestellt  werden,  so 
hat  doch  auch  diese  Meinung  schliesslich  einer  Stimmung 
der  Verzweiflung  weichen  müssen.  Wie  oft  mag  er  ein 
Zitat  aus  Ambrosius  gelesen  und  betrachtet  haben,  das  or 
vor  die  erste  Seite  seines  Predigtmanuskriptes  schrieb:  .Die 
heiligen  Prediger  des  alten  und  neuen  Testaments  haben 
gleichsam  wie  starke  Ackerleute  mit  Hacke,  Karst  und  Gral> 
sclieit  versucht,  die  weltliche  Begierde  aus  den  Herzen  aus- 
zureissen,  aber  sie  haben  es  nicht  vermocht,  auch  wenn  >i«? 
es  sich  viel  Schweiss  kosten  Hessen."^)  So  kam  Heynlin 
schliesslich  zu  dem  Satz,  den  er  zwei  Monate  vor  seinem 
Eintritt  in  das  Kloster  in  einer  Predigt  aussprach:  -Da 
aber  fast  die  ganze  Welt  in  Sünden  verharrt,  so  ist  ein  Narr, 
wer  da  hofft,  er  könne  in  dieser  Welt  hier  Frieden  erlangen.*  *'f 
so  kam  er  zu  dem  verzweifelten  Glauben,  dass  über  kurz 
oder  hing  eine  Katastrophe  über  die  Menschheit  hereinbrechen 
luüsste,  und  so  zu  dem  Entschluss,  den  Rest  seines  Lebens, 
das  bei  einer  weiteren  Tätigkeit  in  der  Welt  doch  frucht- 
los bleibcm  iiiüsste.  hinter  den  Mauern  der  Kartause  zu  ver- 
bringen. 

Freilich    bedurfte    die    Zeit    etwas    anderes    als    solche 
Resignation.    Sollte  eine  Heilung  ihrer  Krankheit  erfolgen. 

')  Pr.  I.  113. 

')   Pr.  1.   114'. 

3)   Pr.  I,  fol.  XXTIP. 

*)  Pr.  V,  257. 


Jobunne«  HtyuUii  aus  Stviu. 


357 


[jwj  waren  MäniiHr  nötig,  die  tl«Mi  Kampf  gegen  tue  kirch* 
llielieti  His^bHluciie  tuit  Kraft  und  voU  t^ebensmut  aufiialimeUr 
1  Männer,  die  ihre  PerHÖnlichkeit  dafür  einsetztMn.  Am  guten 
[Willen  hat  es  einem  fle>Tilin  wahrlicli  nieht  gi^fehlt,  auch 
fnicht  an  Willensstärke  und  auch  ohne  Einiluss  ist  er  niclit 
IgQweseiL  So  muss  doch,  was  seine  Anstrengungen  scheitern 
IHess,  vor  allem  in  der  schiefen  Stellung  der  AulgHl>e  ge* 
liegen  haben,  Heynlin  hatte  der  Kirche  helfen  wollen  durch 
n&ie  Wiederbelebung  ihrer  alten  Prinzipien,  diirch  eine 
HBederbelebung  der  mittelalterlichen,  asketisclien  Frnmmig* 
HMl.  Er  träumte  öich  ein  sittenreines,  gehorsames  Volk 
lunter  der  Herrschaft  and  Leitung  einer  moralisch  tadeUosen 
lund  pflichteifrigen  Priesterschaft,  er  ersehnte  eine  Reform 
rder  Kirche  von  innen  heraus»  eine  Wiedergeburt  des 
I Katholizismus,  unter  BeibehaUung  aller  seiner  Auüdrncks- 
I formen*  Aber  er  sollte  mit  aller  seiner  Anstrengung  mir  die 
[Wahrheit  des  Satzes  an  sich  erfahren*  «lass  es  nichts  ntUzt, 
leinen  neuen  Lappen  auf  ein  altes  Kleid  zu  flicken.  Seine 
|Bestgnation  ist  ein  neuer  Beweis  dafür^  dass  jiöue  Wieder- 
Igeburt  ohne  einen  gewaltigen  Anstoss  von  aussen  her»  der 
Isich  gegen  die  <J tu ndpf eiler  der  Kirche  selber  richtete,  und 
Idi^r  alle,  auch  die  Trägsten,  aus  th*r  Lethargie  nlttelte,  nicht 
lixiehr  möglich  war,  — 

I  Dennoch  liat  Heynlin  nicht  vergehrms  gewirkt»    An  der 

röcJiwelle  zweier  Zeitalter  w^re  «_*s  unbillig  und  uidiistorisch, 
SU  verlangen,  da»s  er  schon  da^  neue  repräsentierte.  In 
Iseim»!]  Zielen  jedenfalls  gehört  er  ganz  dem  alten  an.  Denn 
\»o  lagen  ja  damals  die  Dinge,  dass  auch  die  Neuerer  jener 
[Zeit  ihre  Ideale  den  längst  vergangenen  J ahrhiuiderten  ent^ 
^Hunon.  Heynlin  hat  die  Reinheit  des  christlichen  und  des 
rwTtlichen,  wir  diirfen  nicht  sagen  hridnischen«  Altertums 
[wieder  heraufführen  wollen*  iHirch  beide  Tendenzen  wollte 
lar  vielmelir  ein  Bestaarator  ab  ein  Neuerer  sein.  Aber  die 
rFoigezeit  hat  sein  Werk  geschieden.  Durch  den  sclmH'en 
iTadel  und  den  oft  wiederholten  Hinweis  auf  die  Misst^nde 
liu  der  Kirche,  als  Bekämpfer  des  Scholastizismus  und  als 
[Wortführer  d«»a  Humanismus»  als  Pfarlfind»»r  zu  ilen  Ursprung- 
I  liehen  Quellen  der  christlichen  Lehre  scheint  er  ebenso  wie 
idujxh    Ritine   Forderung    der    an    sich  freilich  nentraien  Kr- 


"11"-^-—    jLiz,S.'-TL    -. 


.^.    .  •/■:  .:. -  .  .  :-L    ICir-:.:-?r   r.nr   z.:\hr: 

'     ..-   .     --.     -  --v-;.,^-  ::rg^r.  «i'-h  se:V-T.    Er 

r.  /  :.  '..<^-.  .     :   -    ;:-•%-..-     ::-   iriT.    'ins    iri    iieN^^n*- 

.  :'  *        .',.  :r    ■■'■'..•-.:.'.     .—.r:..  Hvr-i:  wir  znin  S^hln?? 

'.'/  .         ' ;  P  .'    .  •  :    Ä" ;■;.:-.:  r.  £:  uh»*rr  i  hri  gesch t'w\  *^ii. 

.  .     :.  .  .  'A'    .->■::   •::.  i    --ir:  Wf-S'^-n  nor-h  »^irimai 

.:.   ffj  .•!;/•  f  <  f!*.iO".'.-ri^t'rr  "ifaruJ  er  stets  c^rüster 

.."    i-     ■..'.'1    !'»' fit    \AA:.f\'.<-\;   ij;irt'-!i  Kampf    an.s.    abnr  tT 

I     ifi      '  IM'  i;;    H'-r/'-n    -t'-ts    zum   Friedoii    geneigt.     Sein 

irl'M    '.iii    v'.ii   S«-^<ri    lM-^l*-it«-r.     Nie  nahm  er  ein  Buch 


JoliaiiDC«  Hc^'uUii  uti>»  Steffi. 


^59 


oder  ein©  Peiier  znr  Hand,  ohne  vorher  im  G<^b*§te  vor  ih\tt 

$kh  gesammalt  zn  haben.  Die  Heilige  Schrift  hatte  er  so  oft 

gelesen  und  betrachtet,  dass  er  sie  beinahe  auswendig  wti!*ste* 

I  Sein  Geinüi  war   rein  wie  das   eines   Kindes:  mit  Kindern 

I  am  spielen,  war,  wenn  er  nach  langer  Arbeir  «ioli  **rniftdi*r. 

I  ffllihe,  «ein©  Hebate  Erholung,^ 

1  Aber  die  menschliclie  Ante ihiüiitDe  au  dtM'  l^eriiou  und 

I  eleu  Sebickäalen  unseres  Helden   nmss  vor  d«^r  Frage  znrück- 

uteheu.  ob  er  von  Einfluss   anJ   die  geistigen  Bewegungen 

^i'       "'   ^  gewesen  ist   Man  kann  eine  edle  und  ansprechende 

Wiä;  :. iki^ir  genannt  werden  und  doch  für  du*  Geschicbto 

Valoren  sein.    Unsere  Erzähhmg  Imt  gezeigt»  an  wie  vielen 

t  Paukten  HejTilin  in  die  Bewegungen  seiner  Zeit  eingegriffen 

^  nnd  sie  gefordert  oder  gehemnit  bat  Fnigen  wir  zmn  Schlnss 

I  noch    im    l>esonderen    nach    den  Beziehungen*   die   ihn  mit 

den    hervorragenden  Geistern   seiner  Zeit   nnd   seiner  Um- 

'  gebnng  verbnmlen   haben,    so    lautet    «He  Antwort»    dass   er 

,  iltif  «ie  in  der  Tat  nicht  ohne  Wirkung  geblieben  ist»    Üii- 

I  miUeUmr  nachweisen  liLsüit  ^ich  sein  Einfluss  freilich  nur  b«^i 

Brant,    Renchlin,    Agricola.     Surgant,     Anierbach^    welcho 

H» -"  '-      iU  ihren  Lehrer  bezeichnet  haben.     Aber  zu  dem 

Bii  isser  Htimainst«*nkreiso,  dem  diese  lunf  angehören, 

I  sihlen    auch    noch  Wimpfeling,   (Toiler,    Schott,    Utenhejui^ 

^  Phiiip(>i  und  andere  mehr,  und  es  ist  bereit*«  erörtert  wor- 

[  den.  tIa«iH  Heynlin  mit  allen  diesen  Mtouern  in  naliem  Ver* 

kidir  gei^taTulen  bat    Da  er  die  meisten  von   ihnen  um  10^ 

30,  i»  25  Jahre  an  Alter  übertraf,  M  so  war  es  nuttirliclu  dass 

I  öT  in  ihrem  Kreise  die  Rolle  des  Fidirers  spielte.    Es  besteht 

1  nun   in  der  (tesinnung  aller  dieser  Männer  eine  grosse  Aehn- 

Uchkeir.    Sie  sind  bei  aller  Begeisterung  für  das  klassische 

Altertum    noch     kc^iiie    erklärten    Feinde    der    id»erlii>f<'rten 

Scholastik,  sondern  wollen  matiches  dnvon  LThalten  wissen, 

dio  meiirten  von  ihnen  gehören  dem  ^alt^en  Wege**  an»   Sie 

fühlen  ffrich  als  Jünger  oder  Meistei*  ^e'*  mi>dernen  Bildung, 

iib€»r  sie  wollen  nichts  mit  den  frivolen  ^'ertrete^i  derselbi'n 

^  isti  fnu  haben  nnd  füreliten   nichta    mehr   als  den  Vorwurf, 

Vixterbaurb   (grb*  14JO  s.  BeruouMi    in   H.i>«t«r   BüchrrmArken  eiJ. 
If.  HcfU  iin<i  C  Chr.  Ikmouli  S.  XV)  und  rhUippi  (u«b.  tmi   m.^s*  ^,  Prot 


^60 


Max  Hossfcl' 


heidnisch  oder  niiöittlich  geDaimt  zu  wrrdeti.  Sie  sii 
strenge  Moralisten.  Daniiu  gehen  sie  auch  scharf  mit  d^n 
Uebf*lständen  ins  Gmcht.  die  sich  im  kirclilichen  T  • 
zeigen,  und  schreiben  und  predigen  in  hettigen  Ausdi  i 
gegen  die  Habsucht  und  Verwahrlosung  der  Geistlichkeit 
Den  noch  liegt  ihnen  nichts  femer  als  die  Feindschaft  gegen 
die  Kirche  selbst,  im  Gegenteil,  mit  allem  ihrem  Tadel  hofien 
sie  der  Kirche  gerade  einen  Dienst  zu  erweisen.  Alle  sfind 
gläubig  und  h'omm  und  verehren  besonders  die  Jungfrau 
Maria,  viele  stehen  selbi^t  in\  Dienisit  der  Kirche.  Diese  st-elle© 
i?ie  über  den  Staat,  den  Pajist  über  den  Kaiser,  was  sie 
aber  wiederum  nicht  hindert,  ein  warmes  Nationalgefuhl  m 
zeigen  und  zu  betätigen,  ebensowenig  wie  ihr  huniftnistiischor 
Bildungsstolz  ihnen  verbietet,  volkstümlich  zxx  schreiben 
oder  zu  predigen.  So  zeigen  sie  in  allen  Dingen  das  Be- 
streben, die  Gegeus&tzeT  die  die  Welt  erfüllen,  auszugleichoa 
und  zw  vereinigen. 

Wer  aber  erkennt  nicht  in  dieser  Verschmelzung  von 
Kirclilichkeit  und  Humanismus»  von  Fortachritt  und  konser- 
vativem 8inn  unseren  Ho^TiUn  wieder?  Zweifellos  hat  or 
diese  Verbindung,  die  er  schon  in  Paris  vollzogen  hatte, 
seit  seiner  Uebersiedehing  nach  Basel  auf  den  dortigen  Ge- 
lehrtenkreis übertragen.  Etwas  ganz  Neues  war  sie  hier 
freilicli  nicht  melir,  —  wir  erinnern  nur  an  den  kirchlich* 
humanistischen  Peter  von  Andlau,  —  dennoch  besteht  ge* 
rade  in  den  Anregungen»  die  er  in  seiner  langjährigen 
Wirksamkeit  in  Basel  auf  den  konservativen  Humanismus 
am  Dlierrhein  ausgeübt  bat  ein  guter  Teil  der  Bedeuhmg 
des  Johannes  Heynlin  aus  Stein. 


Exkurs  1. 
Hei/nhns  Predigtman uskripte, 

Hejnlins  Prodigten  liegen  uns  in  fünf  Banden  vor,  di<J 
von  der  Baseler  Universitätsbibliothek*  wo  sie  aufbewTibrt 
worden,  mit  A,  VIL  8,  A.  VII,  9,  A.  Vtt  10.  A,  \TI.  11. 
A,  Vn,  12  bezeichnet  worden  sind.  Wir  aitieren  der  Kür«*' 


JohAnnei>  Heviiltri  uiu  Stein. 


361 


wegen  Pr.  I,  Pr.  II,  Pr.  IIL  Pr.  l\\  Fr.  W  Die  ungefälire 
Grösse  «Her  6  Bände  ist  für  den  Deckel  *24X16  cm^  fiir 
die  Papierblättvr  ii3  X  16  <*rD.  iiianohe  Lngon  sin«!  otwa** 
kleiner.  Die  Blatter  Hiiid  beim  Einbinden  glücklieliHrweiso 
nicht  l»esclinitten  worden,  sie  sind  oft  bis  zum  Rand  bu- 
S(*hrieben.  Die  Predigten  liegen  uns  in  Heynlins  eigener 
Kiederschrift  vor. ^  Man  kann  bei  ihm  zwei  Handschriften 
unterscheiden,  eine  sorgfältige,  mehr  gezeichnete  ids  ge- 
schriebene Hunianistenschrifti  die  sehr  an  Dmekschrift  er- 
innert, und  eine  ganz  flüchtige  Kursive,  die  zwar  wenig 
Ligaturen,  aber  sehr  viel  Aiikürzungen  aiiiwf^ist  nnd  bis* 
weilen  ans  Unleserliche  streift,  *)  So  verschieden  beide 
Schriften  auf  den  ersten  Anblick  erscheinen,  so  hängen  sie 
doch  ziisaDiuien,  und  es  gil»t  tMne  ganze  Reihe  von  Stellen, 
wo  man  den  Ueliergang  aus  der  Ziersehriit  in  die  Eilschrift 
deutlich  verfolgen  kann,  (z  B,  Pr.  ly  fol  2  unten,  foL  3, 
Pr*  in  bei  den  Sermonen  fol  1 — \'A,  ferner  in  Codex  A.  YIL  13 
fol.  95— 98^  fol.  105— KJi^  besonders  gut  toL  110*— llti  und 
foL  101  unten  —  102i. 

K  Die  Humanistenschrift  wird  im  allgemeinen  nur  bei  den 
predigten  angewendet,  die  lateinisch  vorgetragen  wurden^ 
den  von  Lauber  so  genannten  sermones  latini  oder  collationes, 
doch  findet  sie  sich  auch  bei  den  ersten  deutschen  Predigten, 
die  Heynlin  geschrieben  und  gehalten  liat  (Pr.  I,  fol  1  ft), 
wo  sie  aber  bald  zu  Gunsten  der  ilüchtigereu  Schrift  ver- 
lassen wird.  Diese  wiegt  durchaus  vor  und  fiillt  fast  die 
ganz eo  Bä  nd  e ,  ^^  1 

Im  grossen  und  ganzen  enthalten  die  fiinf  Bände  nur 
Predigten,  doch  finden  sich  in  Band  I  auch  verschiedene 
zerstreute  ßemerknngeD,  die  meist  als  Konzepte  zur  Predigt 


*|  Dm  itd|£t  der  Prior   Lauber,  s.  S.  J64,     Er  jscUist   schreibt   über  die 
»c!cr  Predigten  von   1 484  flf.  ,Jiii.i| nun t  ScnteDtiue  Sermouiim  confaclorum 
me  JohauDCm  de  LÄpide"  usw.     Die  Predij*ten  sind  in  dersctbeo  Schrift 
ge^chriebeo  wie  diese  Ueberschriß;. 

^^     ^1   Vgl.  BlocÄch!»   ScufjEcr.  (Ta<   2bt\  zbj,  271),     Beide    Schriften    ncbcu- 
^^uider  kann  man  auf  to\,  ny^  in  Pr.  IV  sehen. 

^H  ^  Sermones    Istini    ftnden    &ich    überhaupt    itur    m    Vt,  Ul,  foU   i      i>\ 
H  Predigten    Hej'nlins    und    «jnige   vcm    anderen    ^  ^' 

rtätiHcrprcditjlcri.  passim. 


■.    .::.-.:.  v..    z  B.    ■:"•-  ;--•->■. 
c:.^->-  V-:-ir,^.-r-:    ::.  ?:.  HI. 

■  -_■■-  :  ;-•-  X.'v.h.  ■•.:;"■■.   v -. 

.:-     -:..^^.    Zii/    V.-   V.rir- 

jr-ü.i.-li'ij    .Uli    Ka::i  ••::'^ 

:.  -  -    :.-::   -i:..-...    Blatr.-  v-^-- 

.•  ..  A:>i:"'.k  -'"iiri-l--.  '-w-:--. 

:•:      ^.-^  :..i-^    i'.    Ha-i  !■ 

"■  •  ."".>■!:';:. ::--:i  «ler  z-ii^i  <»■• 
"'»'    -  ;.  '.'•«•  .     Kiü    Zw.'ii- 1.     ' 

..  ■...  '..   ...i"ii*-iii  i:;iriii*'li:  ■■- 

ji   •»v-iTf-nr  B»\v«-is".  .1"' 

'     .k-'ii.Ji'-li'ii    Tnii    1u-<'-i:i::* 

■.■:.    Pr-'ü^xT'-ii   aiisfliliii:'   'i- ■ 

.   -.v-:..]    .  r   1;ir«'iiiiMli.  -i.  •' 

^V:;■  •  ::jnrli.-ii  kaum  zu  stU'-- 
'^::*-  :-'];:rT'-.  w^im  t-r  ilfu:.-'-:' 

;"ir'   i:j:«'i:iiM"li    iiiiMl.-r>':ii>' 

■.    * :  — r*»*.    iZ* — «14*   u»\v. 

i'rv  I-.ji-r.  nwhl    ilon    ..>tilu-    r.;..^:. 


il     :    X 


Jahnniies  Hcynlii»  au»  Stein. 


.V\^ 


Jede  Predigt  trägt  eiiif}  Uehe^Mhriß  x<m  Hoyölmö  Hiunl 
entliält  816  weiter  nichts  ala  den  Tag  des  Kircheit- 
(nicht.   das   Monat-sduttim),   für   den   di»^  Predigt   1»^»- 
imt  war,  häufig  aber  auch  Angaben  tlbor  diis  Jahr  oder 
W  Ort  fimd  die  Kirche),  in  denen  sie  gehalten  wurde,  iwui 
^t  den   besonderp^n  Anlass  znr  Predigt,   iAblusHt«ge,  Pejst, 
lertretung  von   Kollegen,   Kiri^bweih,  Hr»cliz**it»  Begräbnis 
xd    so  fort.)     Zuweilen    wachsen    diese    Ueberschrit'ren    zu 
]if}iartiijen  Notisen  an,  die  meist  da  entstehen^  wu  eine 
stimmte  Predigtreihe   unterbrochen    wird    oder   abbriclit, 
i«*r  wn  eine  neue  anfängt.    Bei  solcien  Anlässen  verfehlte 
^ejmlin    selten,   die  UrsBche   dieser  Verändeningen    hinter 
lets&tgescliriebenen   Predigt  zu  vermerken.     Auf  diese 
'  i  wir  häufig  Kenntnis  von  Uehersiedlungen 

in  dio  amlere,  von  lieis^ten,  deren  Ziel,  Zweck 
id  Dauert  von  zeitweiliger  Vertretung  durch  andere  Prediger, 
(rm   Krankheiten^  di»f  ihn  am  Prf^digen  hindern  und  anderen 
Ffirfüllen  mehr.    Auf  iliese  Nf>tLzen  und  Ueberschriften.  die 
Heynlins  Biographie  von  groaaeui  Wert  sind,  wird  unt^n 

näher  eingegangen. 
Nach  Heynlins  Tode  gingen  die  Pn^»i igten  nns  seuh^ni 
sitÄ  in  den  der  Bti^ler  Kartause  über.  Erst  damals  wurden 
irttititlich  die  bislang  ungebundenen  Manuskripte  in  5  Bände 
bget^^ilt  und  eingebumlen,  AValirschetnlieh  war  es  JaJcob 
er,  der  Prior  «les  Klosters,  der  diese  Verteilung  vor- 
l**»  unti  den  Buchbinder  bestellti^  Denn  Laubtn*  hnt 
HUoh  sonst  um  die  Predigthandschriften  Heyn  Uns  viel 
gegeljen.  Der  Prior  schätzte  seinen  berühmten  üntt^r- 
aen  >iehr  hoch  und  war,  obwohl  er  mit  ilim  ptH^sünlii'-lt 
tchinal  tuieinandergeraten  war,  von  dem  Werte  seiner 
M  durchaus  überzeugt.  Als  Heynlin  starb,  trug  t-r 
,  -  i letzte  Seite  des  itanuskriptes  einen  knrisen  Nekrolog 
den  er  unterMchrieb:  ^Frater  Jacobus  prior  dicte  donnis 
ipria  mann.***)    Dm  die  Predigten   der  Benutzung  durch 


ljkü})erf  kiikfti(;e  J^laod&chrift  ist  Idcht  lirraus/uerl^ciineo.  von  ihr  liud 
KiblaUeT  ttiitj  itte  Kcgister  in  dou    5,   Bäudeti  i^Hchnebcti)   ebenso  die 
14«  CTiT  FohirTfitiß  dicnm, 

Ztiiselir«  r.  Ge»cii,  und  Alt«num.    VII,  2.  34 


y-:.  M^x  Hf>9»feld. 

ari'lor^r  Prediger  zogaaglich  zn  machen,  foliieru^*  t-r  all- 
f  int  Bniid^  Band  I  254.  H  246.  m  -284.  IV  295.  V  372  folii, 
nach  LanV>^rä  Zahlen  zitieren  wir  and  stellte  im  Jahrr 
14f:f8  za  jVd*'m  ein  aosführlicheä  Begister  her.  in  das  auf 
Pf'^digten  Aufnahme  fanden:  ein  Generalregister  für  alle 
r>  Bän«le  hatte  er  geplant.  Die  Titelblatter  weisen  stets  darauf 
hin  und  hinter  Heynlins  letzter  Predigt  ist  eine  ganze  An- 
zahl weisser  Blätter  angebnnden,  aach  schon  mit  der  Ueber- 
ftchrift  versehen  worden^,  aher  er  hat  es  nachher  doch  nicht 
mehr  aasgeführt.  Za  jedem  der  fünf  Register  hat  er  den 
Tag.  an  dem  es  fertig  wnrde.  hinzogeschrieben  Band  L 
24.  Jnni  1498:  Band  IV.  lu.  Aagast  1498:  die  übrigen  Bände 
dazwischen;.*»  Zu  jedem  Bande  schrieb  er  femer  ein  ans- 
f  Ihrliches  Titelblatt  Vorsatzblatt',  sowie  eine  kürzere  Inhalt«- 
bezeichnung  (hinter  dem  Register.»  Das  Titelblatt  nennt 
jedesmal  den  Besitzer  des  Baches  (die  Kartatiser..  den  Ver- 
la s;5er  and  Schreiber  der  Predigten  i  . . .  .^sermonnm  doctoris 
Johann is  de  Lapide  propria  eins  mann  scriptoraiu*i  sowie 
Ort  und  Zeitraum,  hat  einmal  auch  eine  Notiz  über  die 
Predigten  fremd^-r  Autoren  <Band  HI»  and  jedesmal  einen 
Hinweis  auf  das  besondere  Register  am  Anfang  eines  jeden 
nncl  das  allgemeine  am  Scbluss  des  fünften  Bandes.  Die 
SpMzialregister  t^'ilen  HejTilins  Predigten  in  2  grosse  Gruppeii 
-l.)e  Tempore-  und  ..De  Sanctis"  (kümmern  sich  also  nicht 
um  die  chronologische  Reihenfolge,  in  der  die  Predigten 
s»-ll)st  stehen  .  ^  und  geben  von  jeder  Predigt  den  Tag  des 
Kirchenjahres.  *;  an  welchem,  sowie  die  Bibelstelle,  über  die 
.si»'  gehalten  wurde  und  die  Blattzahl,  unter  der  der  Be- 
nutz^T  »>ie  zu  suchen  hat.  Ausser  diesen  beiden  Haupt- 
^ni]jp(Mi  von  Predigten  de  t^Miipore  und  de  sanctis  hat  Lauber 
in  seinen  Registern  noch  folgende  Rubriken:  In  Band  I  eine 

')  Eine  Seitenzähliing  findet  sich  nur  in  Pr.  V,  fol.  20l* — 213.  (2  langt 
I*rcdi;,'ttn.)     Sonst  überall  Blattzahlcn. 

-)  Z.  H.  „Finis  tabiilc  quinti  voluminis  factc  die  scti  allexii  a.  1498.** 

*>  Hierdurch  wurde  Blösch  (Ta.  2ht>)  verleitet  aDzanehmen,  dass  Heplinj 
l'redi;^ten  selber  „nicht  chronologisch,  sondern  nach  dem  Kirchenjahr  geordnet 
st.ien,  so  dass  diejenigen  des  gleichen  Sonn-  oder  Festtags  jeweilcn  beiein- 
aiidcrstehen."  Das  ist  die  Anordnung  des  Lauberschen  Registers,  nicht  der 
IVcdigten  selbst  I 

')  Nicht  Datum  und  Jahreszahl. 


Johtinücs  Heynliw  aus  Stein. 


365 


Ktahula  super  aliis  divtM^sis  m  hoc  volnmine  coTitentis,^  iu 
iBand  n — V  je  eine  besondere  Rubrik  für  Kirch  weih  predigten.' 
Ein  Band  IU  ftir  Hev^^llins  Abb sspred igten  in  Bern  und  Unich 
lurid  endlieh  in  Band  IV  noch  2  Rubriken  filr  Pest-  („in 
IprocessioDo  contra  pestem'^i  nnd  Leichenpredigten. 
I  Von  Lanber  stammt  endlieh  auch  die  Bezeichnung  der 
[5  Manuskrijitbände  mit  den  Buclistaben  A— E.  ein  Umstand, 
Ittus  dem  wir  scldiessen.  dass  erst  er  und  nicht  schon  Heynlin 
•die  Verteihxng  der  Predigten  auf  5  Bändt*  vornahm.  Denn 
iHejnlin  zitiert,  wenn  er  gelegentlich  auf  fiülier  gehaltene 
■eigene  Pi-edigten  zurückverweist,  nicht  nach  diesen  fünf 
IBuchstaben  und  überhaupt  nif  nach  (fiinfi  Bänden.  öt)ndern 
mach  einem  anderen  Verfahren,  deiüsen  Kenntnis  für  uns 
leinen  besondern  Wert  liat.  weil  es  uns  lehrt,  in  welcher 
■Weise  Heynlin  selbst  seine  Predigten  angeordnet  Imtte,  be- 
Ivor  sie  in  die  jetzige  Ordnung  (welche  zum  Teil  eine  zu 
|eft/H*trrenrf(?  Unordnung  isti  gebracht  wurden.  Hej^nlin  also 
■Eltiert  seine  eigenen  äheren  Predigten  1)  nach  den  Orten,  in 
Ldenen  sie  gehalten  wurden,  z.  B.  als  Sermones  Bernenses^*! 
leermones  Basilienses.^>  2i  nach  der  Jahreszahl,  ^)  oder  aber  3) 
l- —  und  dieses  Zitien'^erfnhren  interessiert  uns  besonders,  — 
■  er  fasst  eine  Reihe  von  Predigten  mit  den  Namen  sormonea 
Eprimi,  secundi  etc.  zusammen.  Was  das  zu  bedeuten  hat, 
ierlEntern  folgende  Beispiele:  a)  Ueber  einer  Predigt  von 
IPraesentationis  Mariae  (2L  Nov.Y,  die  er  1484  in  Baden  über 
ISiruch  24.  Vers  25 — 2(1  hielt,  schreibt  Heynlin  ^CV>llegi  hiinc 
Isermonem  ex  sermonibus  4"  scilicet  in  Tubingen  factis,  in 
hodiemo  festo.  Item  ex  sermonibns  3^"  in  festo  Nativitatis 
Mariae,  ubi  etiam  hodiernum  thema.  Item  etiam  sermonibits 
Iprimis  circa  ilhid  festum.^*)  Es  handelt  sich  für  nna  danim^ 
Idie  Jahre  zu  ennitteln,  in  denen  die  drei  zitii^rten  Predigten 
I  gehalten  wurden.  Eine  Tübinger  Predigt  zum  Feste  Prae- 
iBentationis   Mariae   gibt  es   nun    nur   aus   dem   Jahre    I47H 

I  ')  Ä.  B.  Pr,  n,  175*. 

I  «)  /..  B.  Fr,  V,  534V 

I  ^  1.  B.  Pr»  V,  jbj.Jubilale  1495:  Quia  iudisposHusfuii  fedserniotitmsupni 

I  70  pauca  addendo  et  mutando  el  ita  coiiclusi.*"  Die  Predigt  zu  JubiKate   1476 

[  Meht  Pr.  III,  172*. 

[  ♦)  Pr.  IV,   294*. 


366  Max  Hossfeld. 

(Pr.  n,  460,  folglich  wird  hier  eine  am  2L  November  147*< 
gehaltene  Predigt  von  Heynlin  unter  die  sernioues  quarti 
gerechnet.  —  Eine  Predigt  zum  Feste  Nativitatis  Mariae, 
die  über  Sirach  24,  25 — 26  gehalten  ist,  gibt  es  in  Pr.  I— V 
nur  aus  dem  Jahre  1477  (Pr.  11,  114)  also  wird  hier  eine 
am  8,  September'  1477  gehaltene  Predigt  von  Heynlin  den 
s&rmoiies  ierüi  zugezählt.  —  Mit  den  j^sermones  primi  muss 
Heynlin  die  meinen,  die  er  seit  Novembet*  1474  in  Basel 
hielt  (die  ersten,  die  er  überhaupt  hielt).  Die  erste  Predigt 
über  Maria  Geburt,  die  sich  überhaupt  vorfindet,  ist  nun 
aber  vom  8.  IX.  75  (Pr.  I,  181),  also  rechnet  der  8.  Septem- 
ber 1475  noch  zu  den  sermones  primi.  b)  Ein  anderes  Bei- 
spiel. Pr.  V,  113  steht  ein  Hinweis  auf  eine  Predigt  ^in 
sermonibus  5  vel  primis  in  Baden  dominica  11  de  publi- 
cano/  Die  ersten  Predigten  in  Baden  hielt  Heynlin  vom 
26.  Juli  1479  (dominica  6)  an.  Also  wird  hier  eine  Predigt 
von  dominica  11,  d.  h.  vom  29.  August  1479^)  zu  den  ser- 
mones quinti  gerechnet,  c)  Bei  einer  in  Beuem  am  Tage 
der  heiligen  Margarete,  13.  Juli  1481  gehaltenen  Predigt 
steht:  ^Alios  sermones  factos  in  Büren  quaere  in  sermonibus 
quintis  circa  finem."^;  Hiermit  wird  auf  drei  in  Beuem  am 
2.  April,  17.  April  und  15.  Juni  1481  gehaltene  Predigten 
verwiesen,  die  in  Pr.  H,  fol.  217 — 218*  hinter  zwei  Beurener 
Predigten  aus  dem  Januar  1480  gestellt  sind  und  an  deren 
Schluss  wiederum  ein  Rückverweis  auf  unsere  Beurener 
Predigt  vom  18.  Juli  1481  hinzugefügt  ist:  „Alios  sermones 
factos  in  Büren  (juaere  in  sermonibus  7"  in  die  Margar»?te 
et  postea  ordine  suo."'  Hieraus  folgt,  dass  Predigten  aus  dem 
Januar  1480  unter  die  sermones  quinti  und  eine  solche  vom 
VL  Juli  14H1  unter  die  sermones  septimi  gerechnet  wird. 

Stellt  man  dioso  Kesultato  in  die  richtige  zeitliche 
Reihenfolge,  so  erhellt,  dass  Heynlin  mit  den  Ausdrückten 
sermones  primi  usw.  jedesmal  etwa  ein  Jahr  zusammenfasst. 
(1475  :  1.  147^)  :  2  und  so  fort,  der  Anfang  einer  iieiv^n 
Zählung  scheint  vor  der  Fastenzeit  jedes  neuen  Jahres  zn 
liegen,  da  der  Januar  1480  zu  den  sermones  quinti  gehörr. 

^)  Sic  steht  Pr.  H,    179. 
2)  Pr.  IV.  75*. 


Johitnnei  Heynlin  au&  Stein, 


567 


HieratiH    geht    niui    klar    liorv^or^    dass    HejTiliri    seine 
^^digtmaiinskript**  zmiächst  einfach  in  der  Reihenfolge  auf- 
t*ahrtL\    wie  sie    entstanden,   also   in    chronologischer  An- 
tnung,^)   Ansnahmen  von  dieser  Regel  hat  Heynlin  mehr- 
th  b^^stiiiders  vermerkt.     Dafiir   einige   Beispiele:   a)  Eine 
igt,  die  ara  Ostermontag   1483   gehalten  wiirdo^  stand 
rht.  wie  sie  sollte,    zwiselien   der  des  Ostersonntag  1483 
IVj  foL  2(JR)  und  der  des  Ostenlicnstags  (Pr.  I\\  fol.  206*), 
idtttti  war  aus  Zufall  auf  einer   leeren  Seite   hinter   dem 
Sien  Sonntag  nach  Pi'ingsten  14S2  aufgezeichnet  wonlen. ') 
ahalb  s^clireibt  nun  Heynlin  an  der  Stelle,  wo  sie  eigent- 
utohen  sollte,  ifoh  2t)(V),  folgende  Notiz:  ,.feria  secunda 
qtiaere   sermonem   supra    post   doniinicam   23   post 
sfen,  ubi  casHallter  sermo  tlle  fitit  conscriptuö»^  b)  Ein 
Beispiel  aus  dem  Jahre   1481,    In  Pr,  TV  findet  sich 
cheinander  folgende  Beihö  von  Predigten: 
|fol  71'— 72'  Peter  und  Paul  (29.  Juni) 
[  toh  73.  Visitat,  Mariae,  früh  (2.  Juli) 
^foL  73*— 74.  1  Sonnt,  post  octavas  Corp.  Christi  (L  Juli) 
jfoh  74*  Visitiit,  Mariae,  nachm.  (2.  Juli) 
jfoL  75.  2  Snnnt.  post  Corp.  Clir  (8.  Juli)  usw. 

Die   Predigt  vom   2.  Juli   ging   also  aus   ii'gend  einem 

xtnde  der  vom  1.  Juli  vorher.  Um  diese  Verstellung  wieder 

pt  zu  machen,  bezeichnete  Heynlin  die  Predigt  auf  fol.  73 

it  B,  die  auf  der  Rückseite  dos  Blattes  mit  A  und  schrieb 

iti*r  B:  „Hie  sermo  debet  sequi  sequentem  sermonem-^  und 

ilerA:  •Hicaermo  debet  praecederepraecedenteuL*'  c)Eine 

iliche  LTnrogelmässigkeit   liegt  in  Pr.  H^  fol.  8'  ff.  vor.*) 

>rt  stehen  iler  Reibe  nach  folgende  Predigten:  fol.  8' — 10* 

Septnagesima  11,  Februar  (1476),  fol.  11—12*  Eeminiscere 

Mars,  fol.  13     14  Matthiae  24.  Fehmar,  fol.  14-  Invocavit 


h  V^»  »eihCD  Ausdruck  ^,et  posteA  ordine  suo.'*     Dieser  ordo  Ut,  wie 
[  TubeUe  ßr  die  Jahre   nach  I4Ä1  leigl,  kein   anderer  als  der  chrono* 


l^*  I\%  184'.  Fol.  184  steht  die  Predigt  des  ij.  SonnUgs,  fol.  185«  die 

'    ÜACh. 

''  I  wohl  dj^her,  dass  die  Hreilij{tcD  In  drei  veriurhiedeiiefi  StÄdten 

witnleo   («.  Tabelle»   und    die   Zettel    »uf  Mr   Reise   in    Uaordt)UD£* 


.>68  Max  Hossfeld. 

S.  März.  fol.  15  Oculi  17.  März,  um  nun  die  Predigten  des 
24.  Februar  und  3.  März  nicht  zu  übersehen  und  die  richtige 
Reihenfolge  wieder  herzustellen,  schrieb  Heynlin  an  die 
falschlich  vorangestellte  Predigt  vom  10.  März:  «De  feste 
S.  Mathie  et  dominica  prima  quadragesimae  ^Invocavit >  quaere 
3  folia  supter."^  di  Zwei  im  Jahre  1477  (^Rogate  und  Hinunel- 
fahrt)  in  Urach  gehaltene  Predigten  hatte  Heynlin  zu  d»»n 
an  den  gleichen  Tagen  gesprochenen  Sermonen  des  Jahres 
1475  gelegt  *)  (Wahrscheinlich  liatte  er  die  Predigten  des 
Jahres  1475  mit  nach  Urach  genommen  und  sich  daran  ao- 
gelehnt).  Bei  den  Predigten  des  Jahres  1477  steht  daher 
am  Schlüsse  der  Predigt  vor  Rogate  ein  Hinweis  darauf: 
^Sermones  domin.  ante  ascensionem  et  ipso  die  asceusionis 
quos  feci  in  Urach  quaere  de  illo  ipso  in  primis  sermonibus." 
Diese  Beispiele,  die  sich  noch  vermehren  Hessen,  *;  genügi?n, 
um  zu  zeigen,  dass  Heynlin  auf  die  richtige  chronologische 
Reihenfolge  seiner  Predigten  Wert  legte  und  dass  er  sie, 
wenn  sie  aus  irgend  einem  Grunde  gestört  war,  doch  stets 
wenigstens  durch  Hinweis  wiederherstellte.  Was  aber  schon 
die  Ausnahmen  beweisen,  wird  vor  allem  noch  durch  die 
Beobachtung  der  Regel  selbst  bestätigt:  tatsächlich  besteht 
die  Anordnung  nach  der  Zeitfolge  auch  noch  jetzt  in  eiiioui 
gewissen  Sinne  durchweg  in  allen  fünf  Bänden.^» 

Jedoch  mit  einem  Unterschied,  der  für  unsere  Orien- 
tierung in  dem  Predigtmaterial  von  AVichtigkeit  ist.  Im 
ersten,  vierten  und  fünften  Bande  nämlich  besteht  die 
chronologische  Reihenfolge  ohne  EinschränkuDg;  4)  der  erste 
umfasst  die  Predigton  von  1474  bis  6.  Januar  1476,  der 
vierte  die  vom  30.  Januar  1480  bis  zum  21.  November  14H4. 
<ier  fünfte  die  vom  28.  November  1484  bis  zum  2.  Febniar 
1496.  Im  zweiten  und  dritten  Bande  aber,  welche  die  Pre- 
digten aus  den  Jahren  1476  (7.  Januar)  bis  1480**)  (23.  Jannar) 

.  ^)  Pr.  I,  60*  und  64—64'. 

^  Vgl.  Pr.  II,   162  Pr.  m,  92,  93,  98.  Pr.  IV,   143. 

3)  Wir  stützen  uns  hierbei  auf  die  von  Heynlin  zu  jeder  Predigt  g^ 
schriebencn  Ueberschiiftcn,  welche  ja  den  Tag  des  Kirchenjahres  angeben. 

■•)  Einige  Unregelmässigkeiten  im  ersten  Bande,  in  den  ausser  den  Predigt- 
entwürfen noch  allerhand  andere  Konzepte  aufgenommen  und  einige  Predigten 
aus  späteren  Jahren  eingeschoben  sind,  können  hier  übergangen  werden. 

*)  Auch  drei  nachträglich  eingeschobene  Predigten  von   1481. 


Jobaunc*  Heynli»  ans  Stein. 


569 


» 


0QthalteB,  besteht  die  chronologisclio  Reihenfolge  mir  inner* 
lialb  gewisser  Stücke  aus  diesen  Jahren  z,  B.  in  dem  Stück 
hroni  7.  Januar  bis  27.  März  147^1  iPr.  IT.  f<»l  1—24)  od«*r 
^5.  Dezember  147H  bis  7.  Febi-uur  1479  ^Pr.  11^  fol  139—146), 
[diese  Stücke  selbst  aber  sind  durcheinandergeworfen,  so  dass 
auf  ein  Stück  aus  dem  Jahre  I47t>  ein  solches  aus  dem  Jahre 
1478  folgt^  dann  eins  aus  dem  Jahre  1477*  dann  aus  dr-ni 
Jahre  1478/9  und  80  weiter.  Diese  Verwirrnng  hat  allerdings 
zuweilen  ihre  Gmnde,  So  stehen  in  Band  ITT  drei  Zyklen 
von  Ab lasspred igten  aus  den  Jaliren  1476  (Bern),  147B  iBerni 
und  1479  lUracli)  hintereinander; ')  und  im  selben  Bainie 
eine  Anzahl  sog.  sermones  latini,  bei  denen  gleichfalls  die 
Zeit  iliros  Vortrags  ohne  Einflusa  auf  ihre  Stellung  im  Bande 
lieb  Hier  erste  ist  von  1478,  der  zweite  von  1476,  manche 
er  folgenden  sind  überhaupt  garincht  vnu  Heynlin,  soiid**rü 
un  seinem  Pariser  Lehi*er  Lucas  do  Molen d in is,  also  schon 
or  1474  geschrieben.)  Hier  war  also  der  besondere  Anlass 
ider  die  besondere  Art  der  Predigten  nnissgehend  für  ihre 
Anordnung.  Zuweilen  sieht  man  aber  den  Gmiid  der  Tren- 
nung zusammengehöriger  Stücke  garnicht  ein,  das  Dnrch- 
— einander  mhrt  dann  wohl  nur  daher,  dass  überhaupt  ein  mal 
Bie  strenge  Zeitfolge  durchbrochen  war,  und  dass  die  Zu- 
BftinmenstelluDg  der  verschiedenen  übrig  gebliebenen  Stücke 
^em  Buchbinder  überlassen  bHeb.  *) 

Es  galt  nun,  diese  dnrcheiHamlergeirorfenen  Brifckstitcke 
in  Band  11  und  IIT  zu  sammeln  und  wieder  in  dio  Ordnung 
zu  bringen,  in  der  sie  eins  nat^h  dem  andern  in  den  Jahren 
1476—1480  entstanden  sind,  da  nur  so  eine  richtige  Vor- 
wertling  der  in  ihnen  enthaltenen  biographischen  Notizr^n 
fcnöglich  war.  Wir  hatten  zu  diesem  Zwecke  zunächst  An- 
■fang  und  Ende  dieser  Bruchstücke  festzustellen.  Dies  gesdiidi 
mit  Hilfe  der  den  Tag  drs  Kirchenjahrs  enthaitenden  ITeber- 

V  *)  Pr*  m.  fol  70— H2'— 102'— iri- 
H|ie  wir  oben  S,  365  erwähnten. 
■  ')  Dies  fiihrt  auf  die  oben  S,  363  aiisgcsprocheac  VcrmutUTig,  dass  das 
■Binden  der  MSS.  erst  nach  He).TiUii&  Tod  stattfand.  Schon  der  Umstand, 
dass  HevüliD  nicht  nach  Binden  (I  — V  oder  A — E)  und  Blättern,  sondern 
^lach  Orten  oder  Jahrgängen  sf^itiert,  deutet  dkirauf,  das^  die  Aoordnuug  in 
Mg,  Bände  nicht  von  ihm  herrührt. 


Daher  Heynlins  Zitate  nach  Orten, 


370 


Ma\  Hossfeld, 


schrilton  zu  jeder  Predigt:  80  lange  diea©  Tage  einander  m 
tier  richtigen  Reihe  folgten,  so  weit  ging  ein  Enaamuieii* 
lülngt^ndes  Stiiek,  Es  ergjib  sich,  dass  die  in  Pr,  II  imtl 
Pr.  III  befinclHehen  Predigten  der  Jahre  1476—1480  in  15 
grössere  ßnichstficke  zerschlagen  sind,  (Stück  1 — 7  in  Pr.  11. 
HrückH— 15  iti  Pn  IIIu ')  Glücklicherweise  enthielten  T' 
ihnen  t»ine  oder  mehrere  von  He^^nliu  geschriebene  J 
zahlen-)  (nur  das  10,  und  15,  haben  keine)  und  konnten  da- 
her leicht  an^iirnndergereiht  werden.  Wir  erhalten  «laim 
nach  Umrechnung  der  van  Heynlin  gebrauchten  kirchlichen 
Bezeichnungen  der  Tage  in  Monatsdaten  folgende  chrnm- 
loffische  Seihe  der  13  Stücke: 

1476,  7.  Januar  bis  27.  März  iPn  11,  1—24)  Stück  1. 
14711,  31.  März  l>is  15.  September  und  13.  Oktober  1476  bk 

1477.   2.  Febmar  iPr.  UI,   154-^20*»— 239)    Stück  la 
147<K  28.  September  bis  8.  Oktober  iPr.  IH,  70— 82-)  Stück  8. 

1477,  9.  Februar  bis  1».  März  tPn  Hl,  142—153*)  Stück  12. 
U77,  lU.  März  bis   H.  Dezendjer  (Pr.  II,  47—138"»   Stück  o. 

1478,  L  Febmar  bis  5.  März  <Pr.  UI,  240—263^)  Stück  14. 
1478,  6.  März  bis  9.  So]>tember  und  1.  bis  21.  November  i^Pr.ü, 

25—43  -4kV)  Stück  2, 
147H^  22.  September  bis  9.  Oktober  (Pr,  IIL  82  —  lo2  )  Stück  9. 

1478,  25.  Dezember  bis  7,  Februar  1479  (Pr.  U,  139— 146i 
Stück  4. 

1479.  31,  Januar  bis  2.  Februar  und  3,  April  bis  23,  April 
(Pn  IL  IbB— 164^  und  165-172)  Stück  6, 

1479,  2(1— 28,  März  .Pr.  IIL   107— Ulf  Stück  IL 

1479.  IL  Juli  bis  148Ü,  23.  Januar  (Pr.  D,  172^220*)  StitckL 

imX  12,  Mäi-z  bis  9.  Afiril    Pr.  IL  151—162)  Stück  5. 

Stück  8.  9  und  11  <Beni  76,  Bern  78,  Urach  79)  g^ 
hören  also  dur  Zeit  nach  in  die  Stück»^  13,  2  und  6  hinein, 
\vci  sich  in  der  Tat  bei  den  betreffenden  Monaten  die  passen- 
deu  Lücken  finden.  (Man  kann  trotz  dieser  Lücken  die 
Stücke  13,  2  und  fi  als  Ganzes  betrachten,  da  die  x^^eite 
Hälfte  einfach  die  Fortsetzung  der  ersten  ist..) 


*)  Eiuzelnstehcode  Prcd igten  sind  hier  ojcht  mitgeiHhlt. 
■\   \\\.  die  Tabelle, 


Jnhaime«  Heyol'm  aus  Stein. 


Ml 


Wie  iiiati  sieht^  aiiul  also    l»ei  «ler  UmstelliiDg  der  15 

Intciiistücko  nur  wenige  Predigten  verloren  gegaugeu:  der 

iintmuui    vom   7.   Januar    147l>  bis   4.  April    14&J  ist  last 

^•nUsJtändig  mit  Predigten  bt^setzt.   Uoben  wir  iins  indessen 

chemicbaft  über  die  Grösse  der  Liirken  zwischen  den  ein- 

einen  Sfutkef},   (Es  sollen  nur  Lücken,  die  mehr  iils  14  Tage 

l»*»tragon,  in  B**tracht  koninien,  wo  also  nvimlostens  2  Sonn- 

fAgüpredigten  ausgefallen  sind.' 

Es  sind  folgende  7: 

1)  1477,  8,  Dezeniljer  Ins  1478,  L  Febmar, 

2)  1478,  1.  Juni  bis  21.  Juli, 
8)  1478,  9.  Oktober  bis  l.  November. 
4)  1478»  21,  November  bis  25.  Dezeudier, 
6)  I47i>.  7.  Febmnr  bis  20.  März, 

6)  1471»,  2B.  April  bis  11.  Juli, 

7)  1480,  24.  Januar  bis  12.  März. 
Iclce  7  besteht  nnr  scheinbar,  die    hetrett'enden    Fred  igt t4i 

43U.  Januar    bis   2,  Miirzi   befinden    sich    bereits    im    vierten 

der  Predigten  (Fr,  IV,  foL  2—7).    Es  kommen  also  nur 

lit»  6  ersten  in  Betracht,   Auch  sie  lassen  sich  zum  Teil  aus- 

Ifüllen,  und  zwar  ihirch  die  oben  ei'wähnten  beiden  Bruch- 

l&trieke  (No.  Kl  und  15».  in  denen  sich  znfällijj:  keine  Jahres- 

ihl  befindet. 

Lik'ke  3.     Fhis  i*rsle  Bnichstiick    iNo.   lu     miitassi   nur 

[4    Predigten,    welche   folgende   Ueberschriften   tmgen:     ^lii 

l&dicatione  ecciesie  S,  Martini  basilienais,  quae  fuit  domimoa 

[ibidem    22»^    (,,mane^  und  ^post  meridiem^)    iPr,  III,    103 

ad  104).    «Dominica  23  apud  S,  Martiniim  ßasil>    ^Pr.  ni, 

lOB*).    •, Ibidem  die  Symonls  et  Jude.^  «Pr.  Itl.  lOG).  Simon 

[tsiid  Jnda  ist  der  28.  Oktober;  die  beiden  Sonntage  können 

natürlich  auf  verschiedene  Tage  fallen.    Nehmen  wir  einmal 

lan,  das9  die  Predigren  im  Jahn*  1478  g»>halten  worden  sind, 

1478  wur  Ostern  am  22.  März.    Pfingsten  ulsi»  am  10.  Mai. 

Iblt  man  nun,  wie  es  im  Mittelalter  üblich  war,  Sonnt^ikgo 

piaeh  Pfingsten,    so  fällt  dorninica  22   auf   den    11.  Oktober 

lud  ilomin.  23  auf  den  18.  Oktober.    Zahlt  man,  was  gleich- 

ilb  vorkam,  nach  FrunleichnamT  so  fallen  sie  auf  den  18, 

[und  20,  Oktober.     Auf  alle  Falle   n^ibsen  die  4  Predigten, 

sie    wirklich    1478    gehatten    sind»    in    den    ÄMtrauin 


37-  Max  Hossfcld. 

zwischen  dem  11.  und  28.  Oktober  fallen.  Jene  Jahreszahl 
ist  nun  aber  aus  mehreren  Gründen  wahrscheinlich  die 
richtige.  Es  sind  nämlich  erstens  aus  den  Jahren  14:75, 
1476,  1477  und  1479  jedesmal  Predigten  vorhanden,  welche 
die  Bezeichnung  dominica  22  tmd  23  tragen,  also  nur  von 
1478  nicht.*)  Zweitens  würde  1478  des  Ortes  wegen  gnt 
passen;  am  9.  Oktober  verliess  nämlich  Heynlin  Bern  und 
am  31.  Oktober  traf  er  wieder  in  Tübingen  ein:  er  miisste 
also,  wie  es  auf  der  Hinreise  auch  geschehen  war.  über 
Basel  kommen.  Da  nun  Heynlin  zu  seiner  Ereise  von  Bern 
nach  Tübingen  unmöglich  drei  Wochen  brauchen  konnte, 
muss  er  sich  irgendwo  längere  Zeit  aufgehalten  haben  und 
was  lag  da  für  ihn  näher  als  Basel,  dem  er  doch  schon  s<i 
lange  angehört  hatte?  Endlich  spricht  für  1478  auch  noch 
der  Umstand,  dass  die  4  Predigten  in  Band  HI  unmittelbar 
hinter  den  Berner  Predigten  des  Jahres  1478,  an  die  wir 
sie  anschliessen  wollen,  stehen.  (Die  Bemer  Predigten 
reichen  bis  fol.  102'  und  fol.  103  beginnen  unsere  Baseler). 
Wir  dürfen  also  folgern,  dass  sie  in  der  Tat  im  Jahre  1478 
gehalten  worden  sind,  sei  es  am  IL,  18.  und  28.  oder  am 
18.,  25.  und  28.  Oktober.  Und  richtig  füllen  sie  dann  ge- 
nau die  Lücke  ans,  die  zwischen  dem  9.  und  31.  Oktober 
in  unserer  Predigtreiho  klafft." » 

Lücke  4.  Es  bleiben  nun,  da  unser  Bruchstück  10  in 
der  dritten  Lücke  untergebracht  ist,  nur  noch  5  Lücken 
übrig.  Das  15.  und  letzte  Bnichstück  passt  freilich  nicht 
ganz  so  bequem  in  sie  hinein.  Es  umfasst  13  Predigten. 
iPr.  ni.  264 — 275*1,  denen  weder  Ort  noch  Jahreszahl  bei- 
gesclirieben  ist,  und  die  von  Katharina  i25.  XL)  bis  Sonntag 
nach  Epiphanias  des  folgenden  Jahres  laufen.  Zur  Be- 
stimmung der  Jahre,  in  die  sie  fallen,  haben  wir  nur  einen 

*)  Simou  und  Juda  ist  sonst  nur  von   1477   und   1479  vorhanden. 

-)  Es  ist  hierbei  allerdings  auliallig,  dass  Hc)-nlin  am  28.  noch  in  Ba>cl 
und  am  31.  schon  in  Tübingen  ist.  Indess  liess  sich  damals  die  EntferDuo^ 
/wischen  den  beiden  Städten  {150  Kilometer  in  der  Luftlinie)  recht  wohl  la 
3 — 4  Tagen  zurücklegen.  Selbstverständlich  reiste  der  Wohlhabende  zQ 
Pferde,  (s.  Alwin  Schultz,  Deutsches  Leben  im  14.  und  15.  Jahrhundert, 
(irosse  Ausgabe  1S92,  S.  244).  Im  August  1477  und  Anfang  1478  Iwtte 
Heynlin  auch  nicht  länger  gebraucht  is.  Tabelle):  10. — 14.  Angnst  unJ 
11. — 15.  >[ärz. 


JobAtine^  Heyiiliti  zius  Stein. 


M.I 


kt^  da8  ZusauiuieD treffen  von  Heiligenfesten  mit 
1,  das  Heynlin  zweimal  angemerkt  hat  Eine 
/om  27.  Dezember   trägt    nämlich  die  Ueberschnft 

IJohiinnis  et  doniinica  intra  octavas  nati\ntatis^  und 
b  Sonntag   nach   Neujahr    ^dominica   post  circum- 
i  in  octava  JoLanuis."     Das  ZiLsammentrc*ffen  dieser 
Page  mit  Sonntagen   fand   nun   aber   in  den  in  Bo- 
lommenden  Jahren    1476— 148<:)  nur    147b  79   statt, 
|ie  Predigten  also   verlegt  werden   intissen.     Da  <li^ 
er  Tübinger  Predigten  des  Jahres  1478   in  der  Tat 
11  2L  November  abbricht  iPr,  IX,  46*)   und   die  hier 
stehende   Reihe   mit  dem   26.  November  beginnt^ 
alles  passen,   und   die    Lücke    zwischen    dem   2L 
er  und  25.  Dezember  1478  würde  durch  die  ersten 
an  unseres  Zyklus  ^Katharina  25.  XI.  bis  4.  Advent^ 
ausgeftillt  sein.     St»jrend  ist  dabei   aber,    dass   sie 
ausgefüllt,  sondern  überschritten   wdrd,   und   dass 
edigten  seit  Weihnachton  mit  denen  einer  andern, 
Stück  4  bezeichneten   Reihe    kollidieren,    die  am 
Beüiber  1478'^  "beginnt   und    bis  7.  Febniar   des   fol- 
^Jalires  reicht.     Folgende  Predigten  würden  dann  in 
lien  Zeitraum   fallen: 


Tubingen  1478/1» 
(Stück  4) 


'   In  Fffige  stehende  Reiht* 
(Stuck  15) 


iii  nativit.  tlom. 


tue  mtioceiitiimi 


111  oircutncrsione. 
dotniD*  post.  L-irc. 


ffi  cpiphaiüa 

domin.  infra  octa  v.  epiph. 


in  ilie  aatlvjtatis 
In  4ie  St^phuni 

in  (he  S,  Ji>hiuitii>-  ift  du- 
miu.  ititra  octav.  nativ. 


in  die  ciretimc. 

domin.  posf  circ,  iu  oo* 
tjivji  JnhiiHiiis^  iutm)* 
Hchmn  prcditart*  *?tni 
dominus  impedivit 

in  die  cpiphutiic. 

domin,  infra  oHav.  ppiph. 


tilin  hat  die  ^hl   &c1b;it    hiniueeiotM  tJn   nütiviluto  dumtui   iu 


^7  •  Mxn  Hr,*,f*i.l 

Wi^  r;.aL  -i-hr,  wiird-rn  j«^  5  Predigten,  wann  wirklick  Scäck 
l'i  iü^  Jahr  I47>;  ^f  za  v<^ilf>gen  isc  mgatr  aof  ein  und  doi- 
yt^rVr^Ti  Tag  fallen.  Damber  kann  die  Annahme  hinweg- 
h^\if:u,  dskBA  die  10  kollidierenden  Predigten  xar  Hüfte  fräli 
r^rA  znr  Hallte  nachmittaga  gepredigt  worden  sind,  wie 
Hrvnifri  da.'»  iri  Baäei  ja  aach  oft  getan  hat.  Befremdlidi 
i.^r  dariTi  nar.  dsm»  die  am  gleichen  Tag  gesprochenen  Pire- 
dii^efi  an  zwei  verschiedenen  Stellen  zn  zwei  xerschiedeneii 
Reihen  ZTi.<)ammengesohrieben  wnrden.  Aber  wenn  wir  tax 
diese  Sonderbarkeit  aach  keine  bestimmte  Erkläning  geben 
können.  —  wir  mäsäen  uns  mit  dem  allgemeinen  Hinweis 
anf  die  Unordnang  begnügen,  in  der  sich  die  Mannacripte 
der  Tübinger  Predigten  ans  dem  Anfang  des  Jahres  1479 
befindend  —  äo  kann  sie  schliesslich  doch  nicht  weiter 
betinnihigen.  and  wir  werden  nichtsdestoweniger  aafGnind 
des  oben  besprochenen  Zasammentreffens  der  Heiligen-  und 
Sfjnntage  die  in  Frage  stehende  Reihe  in  die  Zeit  vom 
25.  November  1478  bis  10.  Janoar  1479  verlegen  können. 
Damit  haV>en  wir  das  letzte  der  beiden  undatierten  Brncb- 
stücke  in  den  chronologischen  Zasammenhang  eingereiht 
lind  zngU-ich  einen  Ersatz  für  die  vierte  unserer  Lücken 
g^-fnriden. 

I^ück^*  o.  Fi'ir  die  Zeit  vom  7.  Februar  bis  20».  März 
1 17'.»  können  wir  eine  s^»hr  einfache  Erkläning  geben:  die 
betreffenden  Blätter  sind  leider  aas  dem  Mannskript  heraus- 
g^'rissen  worden  «4  Blätter,  Pr.  II,  fol.  147 — loOu  es  mögen 
4     5  Predigten  darauf  gestanden  haben. 

Li'ickf  1.  2  und  6.  Es  bleiben  somit  nur  noch  3  Lücken 
übrig,  fiir  die  wir  keinen  Rat  mehr  wissen: 

1.  8.  Dezember  1477    bis    1.  Februar   1478,    etwa  acht 

Wochen. 

2.  1.  Juni  bis  21.  Juli  1478,  etwa  7  Wochen, 

3.  -23.  April  bis  11.  Juli   1879,  etwa  11  Wochen. 

Ks    ist    nicht   zu   orinitteln,    ob   wir    es    hier    mit   längeren 
Vfvii'ii  zu  tun  haben  (wie  das  bei  Lücken  in  den  Predigten 

')  /.  U.  stehen  2  Predigten  vom  31.  Januar  und  2.  Febmar,  die  cigcnt- 
IkI)  in  ^lic  Keihc  25.  XII.  1478  —  7.  II.  1479  (Stück  4,  Pr.  II,  139—14^^ 
^r;h<irtcn,  getrennt  davon  als  Anfang  einer  Reihe,  die  bb  zum  23.  IV.  147*) 
gellt.     (Stück  6,  Vr.  II,   163—172). 


Johannes  HeyuliM  aus  Stein« 


.)75 


in  Baden  nachgewieaen  werden  kann,')  ob  also  Predigten 
aus  dies»?r  Zeit  nie  vorhanden  gewesen  oder  ob  sie  verloren 
gegangen  sind.^)  In  Tübingon  hat  ihn  \^elleicht  seine  Pro- 
fegsnr  an  der  regelmässigen  Predigt  verhindert,  was  das 
Vorhandensein  der  beiden  letzt<?n  Lücken  erklären  würde. 
Anf  jeden  Fall  ist  der  Verlust  angesichts  der  vorhandenen 
Predigten  nicht  bedeutend,  und  man  kann  sagen,  dass  fast 
sämtliche  Predigten  Hepilins  uns  erkalten  gebliehen  sind. 
Es  sind  nicht  weniger  als  1410  Predigten  übrig  <  Hierbei 
sind  4  handschriftliche  Prerligten  in  Codex  A.  VI,  12  und 
eine  gedruckte  Predigt  mitgerechnet.)  Von  sämtüchen 
Predigten  halben  wir  die  Ueberscbriften  gesammelt,  des- 
gleichen die  oben  erwähnten  tageliuchartigen  Notizen.  Was 
davon  über  die  blosse  Benennung  des  Tages  hinausgeht, 
Bndet  sich  in  chronologischer  Folge  in  der  Tabelle  zu- 
sanimengestellt,  deren  Anordnung  ans  dif*  soeben  ange- 
stellten Untersuchungen  ermöglicht  haben. 


Exkurs  2. 

Beyfüins  KenHtnme  im  Griechhcken  und  HehrälficherL 

In  der  Chronik  des  Kartäuserhniders  Oeorg  findet  sich 
'  in  dem  Kapitel,  welches   dem  Doktor  Jobannes   de  Lapide 
gewidmet  ist,  folgender  Satz:  ^Praeterea,  sicut  postea  com- 
pertnm  est  et  in  nonnullis  opusculis  a  se  scriptis  inventum, 
etiam  Utteris  Graeeis  et  Hebraicis  idem    ips<*   doctur  operam 
deili'^se  putatitr.^^}    Der  Bruder  ( leorg,  der  das  »'twa  30  Jalire 
,  nach  Heynlins  Tode  schrieb^  gibt  liier  also  einn  in)  Kloster 
wachgehaltene  Meinung  wieder,  wonach  der  Doktor  de  La- 
pide   griechische   und   hebräische    Studien    getrieben    haben 
^aoll  und  erhärtet  es  durcli  die  Behauptung,   dass   in  seinen 


»)  %,  Tabelle  14^0  ft' 

^)  In  Pr.  I  fehlen  3  Blatter  (98.  102.  103),  in  Pr.  II  die  oben  erwahötcn 
Alter,  i«  Pr,  m  fc! '  '  '       1   {tz,   13,  24 — 26,  36,  37^  65 — 69,  ü\i£ 

;i}»ten    von    t47;/78).     In  Pr.  V  fehlen 
i^cliul teilt  n   Predigten  foL  285.  286,) 


■ 

i 

Mus  Hosifeia,                                        ^1 

^H 

FL 

Ksps  «k  ia  der  Tat  Spuren  MJcIier  Wit-Ii^i^^ 

1 « 

B  «BS.    Dmsb  Bohanptnng  Terdient  GUbi»,  ( 

^^^^^1 

l^^^^riet  Eartause  war,  ilie  ja  HermliBe Bkki 

^^^^^1 

«i^^^feee  sogar  selbst  kataloguien  hu.^ 

^^^^^1 

«■4  i^!r  sieht  lediglich  auf  Beofgs  Veimi«H 

^^^^^^1 

HB.  ^Mte»   in  der   Lage,    di#so    dojcli    HejuT» 

^^^^^1 

0^  «feit  n  pr^en.     Im    folg^indeii    gabcft  i| 

^^^^^^1 

B  ^  ■ityrtinMen,   die  wir   fiir   seme  jTJrrtii^ 

^^^ 

^»^bAoi  baben;  es  wird  sich  henniBlelktt^H 

igtm  "Sißmehc  in   der  Tat  etwas    verst8iid^^| 

^n^B^  crnmipbantes  quom  summo  lionorc»  bn^l 

MiMifS:  Tniricr  o}Jt:oa,  quod  est  hosob  te  ipi^l 

■ 

^  ^09  (yieco   Tocabiilo    theologinm    diciinm^l 

,  ViMMiiirrte  1472;  Disp.  229\>  ..ErnTigelii  noifl 
4jMirinfl   coDtra  Faustum,    latine  int^rpfi^H 

^^t 

^^vd  bona  aaiiimtiatio.''     i  Vorlesung  ng^^B 

^L 

r^TuliiLITO'-  —  ,,.  .  ,  cenon  auteiu  greife  i>cv|^| 

^H' 

.dl  Aagnstinus.^^     ^Predigt,  vom  2.  April  1^| 

^^B 

^5«   liitera   inventa    dicitiir  a   Pj^hagora  ^| 

^^^^^^^^  i'i ' 

^    js,jj«opliö  nH    vocatur    a   grecis    li^^silou"  ^H 

^^^H^ 

2r 

— -  4  Juni  1475,  Pr.  I,  108).  —  Pr/l,  12<r  ictjH 
as  Of?lHu8  noct.   atticar.   Hb.  17,   capT^I 

^^^»47 

u 

^-'    r:.|uJtiets    ..aiv>i    /«£  «Tf^of ,    patere  et  ^| 

^^^H:>eti 

*i  ■ 

^  Ävd.-  ti  \  n,  U7oL  —  Pr.  I,  188  Eitit^r^ 

^^^^Hg<?r 

'^ 

^nas  1.  üb.  de  somLiio   Hcipionia   „ri*ona  oi^ 

ip.suia.    ken    tlich    selbs.**    fin   eitler  ^^, 

^^^^~ 

5 

^^1 

L. 

:    H75),    -    Pr.  t   22LV    in   einer  Ps^ 
ligen  TUeodor  1475  übt^r  den  Te^J^  s^ 
aun  Sit  et  lans  tua  in  fines  terrati^V.^^ 
^   tikiu     lianilo    daneben:     6>«oclf.^)            .  |,| 

^^H^  übt- 

ig.  » 

^^^^H 

^^^^H 

2.  1 

^p06ituiji  namquB  est  itit  Jo.  arroü«^           ^^ 

^^^H 

3.  2^ 

d^tts  \*A  dl  i    i*t  doron  donnifki  T^^^H 

^^^Es 

ist    nj^ 

^^i^^H 

^^H        Feriou  zu  , 

1                              4 

*)  l.  BJ 

■               lieh 

in  die  Ri 

B                                         ■ 

^B                 gcliorteu. 

^^^H 

^^ 

{Siu. 

l J 

JcihAiuies  Hcyciliii  ans  Stetii. 


fterti  hterit  convenientia  (e\Tihellike3t)  iiunnius  et  rei»  hoc 
Bist  iitruin  fnent  iluDiim  dei  sicut  et  appellatiis*^  Eint?  äliii- 
KcUe  Einleitung  notiert  er  bei  der  PreiUgt  von  Katliarinas 
■.475  (Pr.  L  22y).  Dort  steht  am  Rande:  .,posset  sumi 
■hema:  Secundiun  noiuen  tmim  sit  laiis  tua  in  fines  terrae*', 
Bmi»  katlierina  a  /utDigt)  id  est  piirgo;  Katherina  igitiir  quasi 
B^nrgata.  et  secunduDi  hoc  deiliicatur  thema/'  —  In  einem 
kermo  latinns  nni  den  heiligen  Lanrentins  steht:  •^versictüos 
B^nos  graece  tropos  dicunt.*'  (Pr  IlL  IH ).  —  Pn  IV,  36: 
K^Noticia  enim  sui  ip^ins  via  et  principiiun  e.st  saluti^s.  unde 
»t  Appoilineni  coniSuieDtL,  quo  pacto  ud  beatum  vitain  per- 
nrenire  posset  responsum  est:  l^utm  oh^toa  hoc  est  nosoe 
Bkö  ipsum.  (Am  Rande  wiederholt:  rtmiai  tu^ioa.)  Unde  et 
■Miicrobiiit5;  2  li.  de  Soninio  Scipionis:  haec  vox  de  celo*'  usw. 
■r{Prodigt  vom  L  l.  1481.)  —  Dasselbe  Citat  findet  sich  aucii 
W^  dem  Brief  de   t|ualitate   sacerdotis,  s.  Ep,  foL  113*.  »S.  2. 

■  Dan  stpht  mit  lateinisi-hen  Buchstaben:  gnotii  stditos^  wobei 

■  a^u  bemerken  ist,    dass   der   uns  vorliegende  Brief  eine  Ab- 

■  Schrift  von  fremder  Hand  isst,    (Abfassungszeit  c  1484).    — 

■  Aui:h  in  einer  Predigt   vom    6.  Jannar  1480    jPr.  V,   lÜOO 

■  itu^fi  Heyniiu    wieder   das   delphische   Orakei:    Declaretttr, 

■  »5     ^'^'^t  er,   i[uod    nnticia  sui   ipsius    est    summa    sapientia, 

^^Je  de  celo  delapsa  est  hec  vox  gnoti  seafton   Frtiu  ifeanor 

^   fiande   noch   einmal    in    einem  Worte  rviumtuviov)   et 

^  ^Mr<*rjti   ab  app<dline  facturas  quid  esset,  ut  beatus  fieret, 

^fponsvim  est  /Vfixr  r/eacroi*;    propterea    in    fronte    templi 

^'tebatLir.* 

^        Soii^-^eit,  was  wir  von  Hevnlins  griechischen  Kenntnissen 

^iftol-iA    konnten.     Man    sieht,    dass   es    damit   nicht   weit 

i    '  \vi\  r ;    seine  trewährsmänner  sind  keineswegs  griechische 

'^^'  *^  luliTri  Augustinus.  Macrobius.  Anlas  Gellius 

Hiniptschlagersclieint  in  dem  apollinischeo 

wSficti  röt  XU  1«  -tehen,  das  ihm  aber  tinch  schon  betreffe 

"  i sehen    den    beiden    Worten,    sowie 

i"^  und    liechtscliroibung  beträcht- 

t  zn  haben  scheint.     Es  sieht 

Hoynlin  erst  im  Jahre  1486 

■   ^^is  gegen  die  Mitt« 

das  ftlitos,   oletos   oder 


h*r.TZ  hr^^^irAiL^k^r  ^r  K*r»n*r  w»r.  die  a  Heynlinf  Boclier 
r-i^iM;.^.  -^r.::  dfc  rT  'ii-^if»-  sotzar  «elb^c  k»akio<;nen  hac^ 

^V,r  v;!:!  *r>rrr  nictr  jffd^üinh  »rrf  G^orgi Ter5ich«fTing 
*r.2>-»-]^-^r..  v/n'fcni  in  i*T  TAg».  dkse  durch  H^mlixks 
MÄr.-;.y^^p^««r  «eirMi:  zn  profcc^  Im  folgenden  geben  wir 
;(rir.äi;h.4r  di^  B^l^^nt^ü^^.  di^  wir  fär  ^eixke  gri«cfai9dM& 
K^sTittiMfT  gf^ndrr*  haben:  e^  wird  «idb  keraiUBteU«).  das» 
<rr  v/Ti  di^T^^r  Sprache  in  der  Tat  etwas  versomden  liit. 
.^.fnod  Ädverviifi  triam phaDte^  t^Tiom  summo  honon?  fmerwi- 
tnr  ^ii^^ri  c/>n^ne^-it:  Ffortö  ^iju^.  qvod  ea  noace  t^  ipsom.' 
Aa^  ^ler  UffkVßn^tsrfAtr.  1472.  Disp.  foL  229.>  —  ^divina  üb 
«lapierftia,  qoarri  graeco  vocabnio  theologiam  dicimiis . .  .* 
/An*  der  Tinktorat^rede  1472:  IHsp.  229'..  .JETmngelii  nomen. 
m  w:r\\ß\i  AngnstiriOi»  contra  Fanstiun.  latine  interpretatnr 
Uirin-i  rmntini»  vel  bona  annantiado."      Yorlesong  ans  dem 

Jahre  1473,  VorhfoL  170,  — cenon  antem  grece  novnni 

«tjgnar,  nt  dicit  Augnstinas/-  Predigt  vom  2.  April  1476. 
Vt.  I.  44;.  ..Her:  littera  inventa  dicitur  a  Pythagora  pro- 
hat i?*:-jifiio  philo*>opho  et  vocatur  a  grecis  hypsilon-  usw. 
(Ur^'Aiuit  vom  4.  Juni  1475.  Fr.  L  KSi  —  Fr.  I,  126-  zitiert 
\U',yu\iu  nach  Auhi.s  Gellius  noct.  atticar.  lib.  17.  cap.  17 
^U'J^  yVri.-ispnich  Epiktets  .Mr^/ov  jLui  antyoi^  patere  et  ab- 
Htifi«-.  lyd  nnd  rnyd.'-  -2.  VIL  1475.  —  Pr.  I,  138  zitierter 
na/;h  MafTohiiw  1.  lib.  de  s<^)mnio  Scipionis  „rrono  ohioa 
hör:  «-st  nosre  te  ipsuin.  ken  dich  selbs.**  (in  einer  Pre- 
digt vom  1«.  VIL  1475 >.  —  Pr.  L  220*  in  einer  Pre<ligt 
voin  Tag«'  iles  heih'gen  Theodor  1475  über  den  Text  ..Se- 
riindnin  uouutu  tiium  sit  et  laus  tua  in  fines  terrae*'  heisst 
♦•s:  ..TlioodoniH  (am  Rande  daneben:  Qtodvß^i;)  nomen 
gnrciim  r;st:  compositum  namque  est  (ut  Jo.  arretinns  dicit) 
a  tiM'OM  (juod  <^Ht  ch.*us  vel  dei  et  doron  donnm,  quasi  dei 
donum.  Habr'fipK'  accentum  in  penultima  ut  patet  ex  illo 
Juvonalis:  Lautonim  pueros  artom  scindens  theodori.  Pro 
introdlutiono  fruimlich  d<M-  Predigt)  proponitur  hec  questio: 
rtnmi   in  Sancto  Theodoro  qui    appellatus    est    donum  <lei, 

«j   Ha.  Chr.   I,   329  A.   2,  359  ff. 


Johttuii««  Htynliu  au»  Stein, 


Ml 


w\*^tü  fiierit  cüuvetiientiH  (i\>n]ln4Hkeyt)  noiiiißis  et  rci.  hoc 
l^t  Qtruiii  inerit  ilonum  dei  sicut  et  appellatixs^  Kine  ahn- 
■  licht*  Einleitung  nori««rt  er  bei  der  Predigt  v^on  Katharinas 
[1475  (Pr.  L  229),  i>ort  steht  um  Rande:  ,.posset  sami 
Ithenid:  Secmidiini  nouieii  tuuin  sit  lans  tua  in  fines  terrae*^ 
|f|niH  laitlieriiia  a  mi^bqh  id  est  piirgo;  Katherüm  igitiir  «(uasi 
fpurgata,  et  öccundmn  lioc  dediicatur  thema.''  —  In  einem 
[«ermo  latinits  auf  den  heiligen  Laiirentiits  steht:  ^versiculos 
Iquoa  graeco  tropos  dinint,^'  (Pi\  HI,  18*).  —  Pr,  IVt  35: 
L^Noticia  ouim  sui  ipsius  via  et  princi|)iujn  est  sahitii?.  iindo 
let  Appollineni  consxilenfi,  quo  pacto  ad  beatani  vitam  per- 
prooirc  posseti  rej^ponüuni  rst:  Fvfniü  oXr^ioa  hoc  est  nose© 
fie  ipsuiTh  (Am  Rande  wiederholt:  Virnita  ohjoG,)  Unde  et 
IMacrobia»  2  li.  do  Suninio  Scipionis:  haec  vox  de  celo^'  usw. 
[(Predigt  vom  1.  I,  1481.»  —  Dasselbe  Citat  findet  sidi  auch 
Im  dem  Brief  de  ([ualitate  sacerdotia  s.  £p.  fol.  113S  S.  2» 
iT*«»rt  steht  riiit  lateiiiisehfü  Bnehätaben:  gnotii  solito«,  wobei 
Izu  bemerken  ist.  dass  der  uns  vorliegende  Brief  eine  Ab- 
l^brirt  von  fremder  Hand  ißt.  (Abfassungszeit  c.  1484).  — 
lAucli  in  einer  Predigt  vom  6,  Januar  14H<i  <Pr  V.  lOO') 
•Äitiert  Heynlin  wietler  das  delphische  Orakel:  Declaretur* 
Ischreibt  en  cpiod  noticia  sui  ipsius  est  himuua  sapientia, 
lUnde  deeolo  delapöR  est  heo  vox  gnoti  seafron  rmn  uimtor 
|(am  Rande  noch  einmal  in  einem  Worte  l'vomnat  tor)  et 
[«laafn^nri  ab  appolline  facturus  quid  esset,  ut  beatus  fieret. 
[Aeifponsum  est  rmn  aiavror;  pmpterea  in  fronte  templi 
Iscribebatnr/*  j 

I  Sciwtdt^  was  wir  von  Heynlins  griechischen  Kenntnisfl<3»n 
wnnittoln  konnten.  Man  sieht,  dass  ea  damit  nicht  weit 
pier  war;  seine  Gewäliriimänner  sind  keineswegs  griechische 
rAni  Ibsf ,  sondern  Augustinus,  Macrobius,  Aulu«  Gellius 

luti'  nts,  sein  Huupt>seldagt^i"  seheint  in  dt^m  apollinischen 

m»c^«i^f  mavrop  zu  bestehen,  das  ihm  aber  auch  schon  betreffs 
lilör  Tft^nnungsstelle  zwischen  den  beiden  Worten,  sowno 
lliinsichtlich  il<»r  Ausspracht  und  Rechtschreibung  beträcht- 
lliche  Schwierigkeiten  gemacht  zu  haben  scheint  Es  sieht 
lin  di>r  Tat  ao  ans,  uls  Imbe  Heynlin  erst  im  Jahre  1486 
Idiis  Wort  richtig  fmsÄ|>rochon  hr^ren,  bis  gegen  die  Mitte 
Lpdlap'^aiA*f^*ir^**  -Mhre  bfiiautitat  üoch  düa  t)litatt>  oioto«  udttf 


.378  Max  Hossfcld. 

solitos  statt  tnavcov  unangefochten  den  Platz,  auch  &.  c  und  (> 
scheinen  ihm  nicht  von  Anfang  an  geläufig  gewesen  zu 
sein.-) 

Immerhin  muss  man  das  geringe  Mass  von  Wissen, 
das  er  besass.  immer  noch  eher  bewundem  als  verspotten, 
denn  in  den  siebziger  Jahren  des  fünfzehnten  Jahrhunderts, 
aus  denen  unsere  Proben  grösstenteils  stammen,  war  ein 
Kenner  des  Griechischen  doch  noch  eine  grosse  Seltenheit, 
und  es  war  schon  viel,  wenn  jemand  nördlich  der  Alpen 
überhaupt  den  Wunsch  zeigte,  sich  die  Sprache  anzueignen. 
Wie  wenig  nun  aber  auch  HejTilin  gewusst  haben  mag.  — 
die  Kenntnis  des  Alphabets  und  das  Verständnis  einiger 
Worte  kann  ihm  niemand  absprechen  —  so  ist  doch  soviel 
gewiss,  dass  er  der  griechischen  Gelehrsamkeit  Interesse 
entgegengebracht  hat  und  dass  er  sich  auch  selbst  bemüht 
hat.  sich  die  Elemente  dieser  Sprache  anzueignen.  In  magnis 
voluisse  sat  est. 

Weniger  leicht  gelingt  uns  der  Beweis  der  zweiten 
Hälfte  der  Behauptung  des  Kartäuser  Chronisten,  der  nämlich, 
dass  Heynlin  auch  Hebräisch  gelernt  haben  soll.  Uns  sind 
nur  drei  Stellen  aiifgestossen,  an  denen  er  von  der  he- 
bräischen Sprache  rodet. 

,,.  .  .  huiusinodi  festa  (es  ist  von  der  Kirchweih  die 
Rode)  innovationem  dosignant.  dicuntur  enim  Eucenia  apud 
hebreos,  Cenon  autem  grece  novum  signat.  ut  dicit  Augusti- 
nus.'-  (Predigt  vom  2.  IV.  1475  s.  Pr.  I,  44.)  ,.Zona  .  . . 
doscribitur  4.  Rog.  1.  In  hebreo  ut  dicit  Lyra,  habetur  de 
corio*-  usw.  (Pr.  I,  91.  Predigt  von  Purificationis  Mari<e, 
wahrscheinlich  1475).  —  ,, Maria  enim  hebreo  sermone  Stella 
maris  intorpretatur."*  (Pr.  I,  126.  Predigt  vom  2.  Juli  147")). 
—  Dazu  käiiir»  dann  noch  ein  Zitat  aus  ,.rabi  Movses*. 
(1.  h.  aus  ^[aijilonides*^)  in  Heynlins  sermo  de  ascensione.*» 
Wie  man  sieht,  beweisen  diese  Stellen  nicht,  dass  Heynlin 
hebräisch  verstanden  hat.    Dio  orsten  beiden  Worterklärungeii 

»)  Das  Heoöo)()Os'  "u^l  x((i>fno  der  Predigten  aus  dem  Jahre  1475  stehi 
am  Ifftndr,  könnte  also  ein  Nachtrag  >ein. 

^)  s.  Geig.  R.  S.  214  Aum.  2   und   119  Anm.  2. 

'•^}  Iq  MetYreths  Hortulus  regiuae,  (Hain  1 1  000)  pars  aestivalis,  Predigt 
19  bei  D. 


JciBaniies  HeyiiTin  kns  Stritt, 


379 


limnit  **r  Angiistin  und  der   Pastille    dos  Nit\  de  hynu 
jui>nide«i  war  ins  Lateinische  übersetzt,  lUitl  die  Erklänuig 
Namens  Maria  hatte    er   wohl    den    Hieronymianischeu 
IterpretationeB  hehraiconiDi  noniimun'*  entliehen,  die  hr- 
BtUeb  vielen  alten  Biheldnieken  beigegel)en  sini 
Xnn  hef?itJ5en  wir  aber   mehrere  Zeugnisse    Ewar    aichi 
dass  Hejyiilin  helrräiseh  konnte,  wnhJ  aber  dafilr.  das;« 
&iii  ihm  geläufiger  Oedanke  war.  dass  tdle  Bildung  und 
ssenschaft  im  Grund©  auf  die  heiligen  Schriften  und  auf 
Hebräer  asurückgehe,  und  da^s  sie  von  ihnen  durch  die 
rmitrhing  der  Griechen  und  Hörnor  auf   uns   gekouiuien 
Erhiit  diesen  C4edanken  in  der  Vorrede  ssu  seiner  Ans- 
iron Cassiodors  Kxpositio    in    Psalterin  in    entwickelt,*) 
aend  von  einer  Verteidigung  der  sehliehten  und  schönen 
der  biblischen  Bücher  und   beeondera  der  Psalmen 
»n  die  Ansprüche  einer  mit  eitlem  rhetorischen  Aufputz 
inkonden  weltlich«^n  BereJsauikeit,  stellt  er  den  allgemeinen 
^atas  auf,  duss  ,,alle  Gaben  der  guten  Künste'^    ,, alles,    w^a^ 
ien  weltlichen  Disziplinen    zur    Schau    getragen    wird*% 
».aller  Glanz  der  Beredsamkeit^    alle  poetischen  Aus- 
ckHweisen  und  jegliche   Mannigfaltigkeit    einer    schönen 
te^  nickt   nur   in    den    heiligen    Schriften   enthalten, 
lern  auch  tatsächlich  dannis  hergekommen  sei.    „Constat 
im  qnae  in  saecularibus  discipliiiis  ostentantur.  a  divinis 
>ris  esse  transsuinpta/*     Das  bezeugt'  Eusfbins  Pamphili 
GMsareu,  der  angebef  dass  seine  Griechen,  von  denen 
?rö  LatinitÄt  ihren  Anfang  nahm,   die  Grundlagen  aller 
Könnt nissH  von    ilen    Hebraorn    in'st*hUclien    hätten,^) 
lit  liege  nicht  der  geringste  Grund  vor.  die  von  diesem 
Ike  stammenden  göttlichen  Schriften  zu  verachton,  son- 


,  Vgt  S.  304* 

p,(ii&dAfnenU  ömnts  boaae  disci^xUiiAc  ah  hctimeU  e«se  Tiiraio«.** 

für  die  Riihti|;kcit  der  AhäkIiI  de*  CusehiUi^  m  mthtu,  wrUI 
hin,    dii&i    iirr    l>erühtntc    jjjricchist'hc  Spnii'h    yt'tü*h  mttt'tnr, 
*  Hridcii  ilem  pylliincheti  ApoUfi  KitAcbrcihcti,    iiU    oh    er    üeltjsil    der 
dcfekcUHTti  gewesen  sei,**  vielmehr  um*  tlenj    Junftcn    Bqeh  Moäc   h€r- 
(tijiiir|>»Ufiit  Kci^  wie  AmbroBittfi  gejEeigt  habe.    Modcs  Hticher  »her 
'  doch    Pia    weit    h5herei  Alter    als    ».dir   PbiloKOphcu»    dip   jca»    cf- 


fi»l«r  2itM*Cltf.  t.  Gfich.  und  Alt^rtutti.    VH, 


2S 


3^0 


liA\  Ho^&feia. 


dem  im  Gegenteil  t?me  Aiifforcleimtig   sieh    in    i^ie   zri  rtr- 

tiefen. 

Aus  dir'Seii  Au>«Mti;Hider.^<»tyJUigi'ri  gelit  nui«  wh-n-ruii, 
nicht  hervor,  ilass  Hoynlii»  selbst  sich  in  d<3n  Uft^xi  der 
hebräischen  Bücher  vertieft  habe,  nnd  auch  j^ne  Stelle  d©r- 

seüien   Vorrede     non    juodo    latinomni,    verur 

hebraeornm  graecorumciue  ßcri[)torüDi  testiuioniis,  qiUi.  ^ 

pendii  causa   praeterimus.   cojuprobtttiir,^*    beweist    durchaus 
nicht,  daj^s  er  die  griechisrhen  und  hebräischen  Schriltstelkr, 
die  er  der  Kihze  halber  übergeht,  in  ihrer  eigenen  Spmcho 
gelesen  hat. 
\  Aber  man  sieht    leicht  ein,    da^s    bei    einem  Oelehrtpu 

wie  Heyniiu.  d*'r  überhaupt  sein  Augenmerk  auf  die  alten 
Sprachen  richtete»  von  dem  Satze^  dass  die  griechische  und 
röjuische  Beredsamktut  Ihre  Quelle  bei  den  Hebräern  hÄbe, 
nur  noch  ein  kleiner  Schritt  war  bis  z\x  dem  Wunsche,  di^ 
h«*bnii8che  Sprache  selbst  kennen  zu  lernen.  Die8t*n  Wunsch 
luvt  er  auch  gewiss  gehabt.  Bezweifeln  niDchte  man  aber, 
(ib  er  der  grosi^en  Schwierigkeiten  Heix  geworden  Lrt,  die 
dm  Studium  der  Sprache  damnU  noch  hot.  Zv^-ur  wan*n 
mehrere  «eitjer  Freunde  des  Hebräii^chea  kundig,  vor  allem 
•loh*  Reuchlin,  dann  Rudolf  Agricola  und  Wessel  Gansfort;*i 
aber  die  Kenntnisse  der  beiden  Letztgenannten  waren  doch 
noch  sehi'  geringfügig  uud  Reuchlins  Meisterschaft  erst 
J5pät4?ren  Datums.')  Immerhin  steht  fest,  dass  in  Hevnh'us 
Umgebung  der  Gedanke  lebendig  war,  der  ja  überhaupt  zur 
Aufnalime  <ler  hebräischen  Studien  die  Veranlassung  gah, 
niimlich  der  (ieiUuiko  vun  der  Notwendigkeit  einer  leb* 
hafteren  Beschäftigung  mit  iler  Bibeh  verbunden  mit  dem 
Wunsche,  diese  Urkunde  der  Religion  in  ihrem  eigen tlichi»n 
ursprünglichen  Texte  kennen  zu  lernen.  Diese  Idee  fami 
im  Jahre  1479.  wie  oben  besprochen  worden  ist,  einen  Aue- 
druck  in  der  Amerbachsclieii  Bibel^  die  sich  rühmt,  nach 
griechischen  und  helinuschen  Quellen  verbessert  wordenen 

I  »)  Geiger»    Keuch lin   S.  io8/f|.     Da«s    Kotirsid    Summcnhart    Hcbräbc^ 

verstanden  habe,  bestreitet  Herraeünk  (S.  160). 

?)  Erst  J4t)2  Icrute  er  seinen  Lehrer  Jnk.  Jehicl  Loansi  keuueii^  wenn 
er  auch  bereits  iu  den  ersten  Jabreii  wiascuschaaitcber  SelbsttÄligkeit  Lnst  it 
der  Sprache  Echabl  liat.     L.  Geijjcr,  Rciichbii  3<n   103, 


Jobatinc*  Heyniin  ans  Stein. 


;.«! 


^Kn,   eine  Ausgabe,    die    ja    vur   tiUeni  HoynIiDS    Betreiben 

^pre  Entstehung  verdankt.^) 

^B       Wenn  nun  auch  allo  die  angeführten  Tatsaclion  keinen 

HBrekten  Beweis  dafür  enthalteOj  dass  Johannen  de  Lapide 
Hebräisch  verstanden  hat.  so  machen  sie  es  doch  wahr- 
scheinlich und  wir  haben  eigen tlicli  keinen  triftigen  Grtmd, 
der  positiven  Angabe  des  Kartäuserniönches,  deren  erste 
Haltte  wir  als  richtig  enveisen  konnten,  in  ihrer  zweiten 
Hälfte  keinen  Glauben  zu  schenken.  Freilich,  wenn  He>Ti- 
lins  Kenntnisse  im  Griechisclien  schon  nicht  hei-vorrage nd 
waren,  so  müssen  sie   im  Hebräischen   noch    unbedeutender 

I  gewesen  sein,  und  niemand  wird  aus  ihm  etwa  einen  Ri- 
valen Rcucldins  machen  wcdlen,  noch  weniger  einen  Lehrer. 
(Eine  Behauptung,  die  schon  oben  zurückgewiesen  wurde.') 
Aber  eii:i  Vorläufer  dieses  ersten  grossen  Hebraisten    ist  er 

t>eh  wohl  gewesen,  ebenso  wie  R.  Agrikola,  Wessel  Gans- 
rt  und  andere,  und  seine  Wünsche  und  Versuche  gehören 
mit  zu  der  geistigen  Atmusplmre,  wxdchc  Reuchlin  nmgab^ 
sie  haben  diesen  angetrieben,  iu  das  Dickicht  einzudringen, 
in  dem  die  hebräische  S]>rache  damals  noch  verborgen  lag. 
Das  bezeugt  Bouchlin  selbst,  wenn  er  in  der  Vorrede  zu 
seinem  Buch  vom  wundertätigen  Worte'')  schreibt,  dass  er 
(Ittrch  die  Freundschaft  zu  Heb.  Brant  und  Jcdi.  Araerbach^ 
besonders  aber  zu  Heynlin^  oder  wde  er  sich  ausd rückte 
.dtirch  einen  sozusagen  unglaublichi^n  Kifer  williabrig  zu 
^in  und  durch  ein«*  in  AVahrheit  einzige  Liebe  zu  der 
lole  aller  guten  Kunst,  dem  horvorragenden  Johannes 
4>idanus,  Doktor  der  Tbenlogie^  usw.  sich  l>ewogen  gefühlt 
%he^  die  Finsternisse  rler  lieibgen  und  geheimen  Worte  zu 
&ti'eten  und  die  jüdische  Geheimlehre  der  Kabbalnh  zu 
fctidieren.*)      Wenigstens    Anregungen    zum     Studium     tles 

')  Vgl.  oben  s,  285  n. 
')  S.   144—140. 

*|   Gerichtet    an  Job.  von  DAlbcrg,     —   J.  Retichlin,    de  \erbo  mirifico, 
iasel,  Joh.  Amerbach   1494,  fol.  2^  at»gednickl  aucb  Geig.  Br.  46, 

*)  Wir    ßmchen     hier    auch    auf   die    Aehulichkcit    Reuchliascher    An- 

tiAUungen  mit  den  Gedanken  aufmerksam^  die  Heynliu  10  seJüer  Cassiodor- 

forrcde  dargelegt  bat.     Axich    Keychliii    stellte    die    kirchlichen  Schriftsteller 

er  die  weltlichen  (^.  Geig.   R.  09),    auch   er  verachtet    die    Rbctoreiikünstc 

lit  ihren  gezierten  Phrasen  und  Icereu  FloükeUi  und  zog  ihnen  einen  schlichten 


3^2  Max  Hos»fel<L 

Grif?chisch*.*n  und  Hebräischen  suad  also  von  Heynliu  aus- 
gegangen, wenn  er  selVjst.  wie  die  früheren  Homanisten 
überhaupt,  es  aucli  nur  zu  einer  oberflächlichen  Kenntnis 
der  beiden  Sprachen  gebracht  hat. 


Exkurs  3. 
Heynliu  war  nicht  Ijeiitpriester  des  Deutschordenshausts 

in  Bern. 
Zu  einer  ganz  schiefen  Auffassung  von  Heynlins  Tätig- 
keit in  Bern  führt  ein  Aufsatz  von  K.  Howald  ^Die  alte 
Lentkirche  Berns"  betitelt,  V)  eine  Art  Ehrenrettung  des 
Deutschordens  jnit  scharfer  Spitze  gegen  den  damaligen  Rat 
der  Stadt.  In  Bern  war  nämlich  die  Besorgung  der  Leut- 
kirclio  dem  Orden  übertragen,*)  da  aber  der  Orden  den 
(:iottnsdieiiHt  vernachlässigte,  so  hatte  die  Stadt  selbst  je 
länger  je  mehr  in  die  kirchlichen  Dinge  eingegriffen,*^) 
HchlioHHlich  das  Doutschordenshaus  in  Bern  ganz  aufheben 
hissc^n  und  an  seiner  Stello  oin  weltliches  Chorherrenstift 
orric-htet.  (1485)^).  Howald  macht  nun  Heynlin  zum  Lem- 
pri(^st(>r  (l<'s  Doutschordonshanses  und  dos  Münsters  in  Bern, 
und  preist  ihn  als  solchon  (oder  vielmehr  durch  Um  d»^n 
Ordon)  mit  (i<Mi  etwas  überschwenglichen  Worten:  ^Dem 
dontschon  Orden  angeliörige  Leutpriester,  wie  Diebolt  Bast?l- 
wind  .  .  .  und  .Ioliann(\s   von   Stein,   obgleich   noch   in  (l»^n 

nujjt'MU'htiMi,  verständlichen  »Stil  luui  die  Beschäftigung  mit  ernsten  Wissen- 
.schalten  vor  ((icig.  K.  <)2,  13S,  lOi.  A.  2.  L.  Geiger,  Studium  der  hebräischen 
.Sprarhc  usw.  1X70,  S.  14),  und  auch  er  »spricht  den  Gedanken  au.«»,  dasb  nian 
auf  die  Hebräer  aK  die  ersten  LchrmeiNter  alles  Wissens  zurückgehen  müs-e: 
(Ciej-:.  K.  ()<),  138  A.  \.  loi  A.  3.,  i(>3,  1S7  und  Reuehlins  Brief  an  Joh. 
St<)lvaru>  bei  Geig.  Hr.  \ov,  131 2).  Auch  sonst  ähneln  sich  der  ältere  und 
der  jüngere  Humanist,  /.  B.  in  ihrer  kirchlichen  Stellung  (das  Festhalten  :.Q 
»ler  alten  Kinhc  trotz  des  radcln>  der  Uebelstände  vgl.  Geig,  R.  145  tt  1 
und  in  ihieni  t'h.ir.vkter  (der  ICriist  und  die  fast  selbstquälerische  Gewi>sia- 
h.ifli^jkeit   >.  <»eig.   K.   (>4)   vgl.   oben   S.   ^ih. 

')    Beiner    laschenbuch    1S72.  S.  iho — 237, 

•1   Howald  S.  1 72. 

S   \gl.  oben  S.    180,  230  und  Bio.  Ja. 

't   Howald    174,   Bio.  Ja.  S4  iV. 


1 


Jobannes  He)*fi)tii 


S^3 


»D  des  Vrrfalles  des  Ordens^  Äind  inid  bleiben  Männer 
j{?t*»rblich^m  Ruhms,  so  lange  es  eine  bemische  Gescbicbt« 
keben  wird> ') 

Ans  den  zahlreichen  nheu  angt»föhrteri -i  Schreibender 

lern  er  Rpgiening  an  Heyn  I  in,   an  Eberhard  v,  Wdrtt.,  an 

irist.  V.  Baden,  sowie  aus  den  ßatsprotokollen  über  HejTi- 

Ims  danernfle  Anstellung  geht  aber  klar  hervor,  dass  es  der 

at  der  Stadt  und  niemand  anders  war.  der  den  Prediger 

berief.    Von  einer  Zugehörigkeit  desselben  zum  deniseben 

)rden  kamj  nicht  die  Rede  sein:  das  ist  ein  Missverständnis 

Iowalds.     He^^nlins  Benifung  ist  vielmehr,  wie  Blosch  her- 

rorhebt.^)  einer  der  Eingriffe  der  Gemeinde   in    ein  bisher 

?in  kirchliches  Gebiet* 

Vollends  verschiebt  Howald  das  Bild,  wenn  er  auf  Grand 
einer  missverstandenen  Stelle  Anshelms*,*  Feindseligkeiten 
zwischen  HejTilin  und  dem  Berner  Rat  konstniiert  *)    Der 
1480  ^auf  Kosten  des  Ordens*  ^  berufene  Hans  vom  Stein 
abe  schon  ein  Jahr  nach  seiner  Ernennung  durch  die  Kraft 
einer  Predigten  die  Aulhebung  eines  Frauenhauses  erwirkt 
ir  mssen^  dass  ihui  das  nicht  gelang),')  sei  deswegen  bei 
Jem  Rat  missliebig  geworden  und  der  Unannehmlichkeiten 
regen,  die  dem   unbequemen    Sittenprediger  nun    gemacht 
mrden^  bald  von  Bern  wieder  fortgegangen!    Wir  können 
liesen  ohne   Quellenbelege  gegebenen   Ausfiihningen   nicht 
beipflichten.     Unsere  ganze  Erzählung  beweist,  dass  Heyn- 
Un    und    der    Rat    von    Bern    ganz   dieselben   Gesinnungen 

tegt^n  und  ganz  in  demselben  Sinne  auch  wirkten.    Weder 
t^eidling.   der  Heynlin    in    einen   Gegensatz    zur   Kirche,  ^) 
och  Howald,  der   ihn    in  einen    Gegensatz    zur  Regiening 
Berns  bringt,  treffen  das  Richtige. 


')  S,  165, 

^  S.  20;  ff.  240  (1 

*)  Bio.  Ja.  56,  Vgl.  oben  S,  2  5 


I*)  S.  oben  Seite  259  und  A.  j, 
*)  s.  175—176. 

*)   Wober    weiss    das    Howuld? 
^berufen*  Vgl.  oben  S,  180  und  245. 
')  s.  oben  S.  25g  Anmerkung  3. 
•)  5,  oben  S.  259  A,  3. 


Auf  Kosten   der   Stiult    wurde    Heynlin 


.S84  Max  Hossfcld. 

Exkurs  4. 
War  Heynlin  seit  April  14S0  Pfarrer  am  Münster  in  Bern^ 

Blösch,  dem  wir  die  erste  ausführliche  Darstellung  von 
HejTilins  Wirksamkeit  in  Bern  verdanken,  hat  die  Meinung 
aufgestellt,  dass  dieser  im  Jahre  1480  die  Pfarrstelle  am 
Münster  in  Bern,  die  man  ihm  auf  Lebenszeit  angeboten 
hatte,  nicht  nur  angenommen,  sondern  auch  tatsächlich  von 
da  an  ein  oder  mehrere  Jahre  hindurch  innegehabt  hab<*.M 
Diese  Ansicht  lässt  sich,  seitdem  wir  dank  den  von  Heyn- 
lin selbst  seinen  Predigten  beigeschriebenen  Notizen  über 
sein  Itinerar  genau  Bescheid  wissen,  nicht  mehr  aufrecht 
erhalten.  Es  wird  indessen  nötig  sein,  die  Gründe,  die 
Blösch  zu  obiger  Annahme  bestimmten,  einzeln  zu  ent- 
kräften. 

Anfang  März  1480  war  Heynlin  zum  dritten  Mal  *)  nach 
Bern  gekommen.  Man  hatte  ihn,  wie  wir  uns  erinnern,  ül)er 
seine  Urlaubszeit  hinaus  zurückgehalten,  dazu  die  nachträg- 
liche Erlaubnis  des  Markgrafen  von  Baden  erhalten,  und 
hierauf  den  Versuch  gemacht,  Heynlin  dauernd  für  die  Staiit 
zu  gewinnen.  Am  30.  März  hatte  man  seine  Anstellung  im 
Rate  erwogen,  und  am  7.  April  war  sie  nebst  allen  Be- 
dingungen genehmigt  worden.  Heynlin  sollte  nun  komiii»'n 
und  sein  Amt  übernehmen,  war  der  Gedanke  des  Schluss- 
satzes dieses  Aktenstücks,  „un<l  er  soll  sich  ouch  daruf  so 
fürderlichst  das  jemer  sin  mag,  herfügen,  handeln  und  tun. 
als  sich  gebürt."  ^' 

Blösch  zog  aus  diesen  (am  7.  April  geschrieben«=*n) 
Worten  den  Schluss.  dass  Heynlin  sogleich  nach  Schluss 
der  Fastenzeit    d.  h.  nach  dem    1.  April  i*)  nach   Baden  zn- 

^»  Bio.  Ta.  259,  261,  266  7. 

*)  Zur  Vermeidung  von  Verwirrung  sei  wiederholt,  dass  He\iilin  ini 
Jahre  1476,  1478  und  1480  in  Bern  war,  und  dass  Blösch  deu  ersten  Auf- 
enthalt ins  Jahr  1477  verlegt,  während  der  zweite  nach  ihm  gamicht  statt- 
gefunden hat,  weil  Eberhard  von  Württemberg  Heynlin  die  Erlaubnis  nicht 
jjegeben  habe.  Den  Aufenthalt  de^  Jahres  1480  nennt  Blösch  daher  Jca 
zweiten,  und  den  (vermeintlichen)  Aufenthalt  von  14S0 — 81  oder  länger  <ico 
dritten.    Nach  unserer  Zählung  wäre  dieser  hypothetische  Aufenthalt  der  vierte. 

3)  Bio.  Ta.  258. 

*)  Ostern   1480  war  der  2.  April. 


JohaiMt»  Heyotm  mt»  Stein. 


.^H 


Ickgi^kchrt  soi*  Alwr  Hi^ynliM  selb«!  sclirfiht»  dass  it  er^jt 
2<^  April  aus  Bern  tibgoreist  sei ')  Es  kau«  also  tiiclit 
Richtig  s^in,  wenn  Blöscli  du*  Stelle  ^er  8ull  sich  herfüg»^n" 
so  intorpretii^rt,  i\vns  an  sii-h  nnturlirli  sfiir  wohl  nn- 
ktX  lUs  uei  sie  sclum  von  dem  abwesende ft  Ho>Tiliu  gi^sagt, 
Itifl  als  he<hmtti  sie,  er  solle  sich  Imidigst  wieder  naeli  Bern 
b»*g*»ben*  Da  Hi^ynlin  am  7.  April  seihst  (und  noch  lün^er) 
Bern  war,  kann  die  Stelle  nur  bedeuten,  dasa  er  nacli 
|lf^r  halij  amutreteitden,  zur  Bewerkstelligung  seiner  üeber- 
liedelnng  zn  nnternelnnenden  R'ise  nach  Buden  rnöglich.st 
ild  nach  Bern  zuriU'kkt^liren  sollte,  sie  bf>deuret  eine  Auf- 
liirtictruug  xiir  Eile,  Heynlin  soll  die  Badenr^r  Rx*ise  nach 
l(Aglichkeit  abkürzen,  damit  er  sein  Amt  bald  imtretf-n  kann. 
Zweitens,  Blö^^ch  findet  seine  Annahme  von  der  baldigen 
breiise  Heynliös  ^bestHtigt  durch  Zuschriften^  die  der  Bat 
km  19.  April  an  die  Stählte  Bajäel  und  Strassburg  richtr*tc 
ind  welche  um  sicheres  (teleit  für  den  Dokttir  vom  Stein 
»einer  Reise  nach  Bern  nachsuchten,  (Rntlis,  Man,  Nr*  28, 
IH2)."*  Aber  das  Datum  dieser  Geleitsbriefe  erklärt  sich  auch 
^ei  unserer  Annahme  vortrefflich,  ja  noch  besser.  Am  20. 
Lpril  reiste  jn  Heynlin  aus  Bern  ab^  scdir  nattirlicli,  ilass 
im  aiu  Tage  vorher  die  Papiere  ausgestellt  wurden,  die 
im  die  Sicherheit  der  Reise  verbürgen  sollten.  Als  Heyn- 
"-iste,  glaubte  man  in  Bern  iAvvw  noch  innd  glaubte 
ii.'inlich  Heynlin  selber  n<jch)j  flass  er  in  kurzer  Frist 
|ie  Rückreise  nach  Bem  antreten  würde;  dämm  gab  man 
lim  gleich  die  Ausweispapiere  für  diesig  UücUreisi*  mit*) 
Drittens.  Aus  diesen  GeKiitbriefen  folgL-n  Blösch  vor- 
phnell  die  tatsächliche  Uobersiedlung  Heynlins  nach  Bern» 
"Er  setzt  sie   auf  Ende  April   oiler  Anfang   Mai   an,     Ab«T 


•J  i^TuMle  3tum  20,  IV.   14^ 

*)   Hicrl>ci    OchniCti    wir  *in,   dils^,    use    L*ji»?>tli>    Kcj^ot    iini»nn,    m    nrti    fAx- 
thniun  r4t*ich1irh  von  eintr  Heise  nach   Bern    4ic    Kctlc    i*t.      War*   tiarin 
fii  I    utir  von  riucr  Rei^c  Heynlin«  /wisvhcn  Ben»  hihI  Beulen  «!)e  keile, 

:ibc  der  Riehtutig,  %«>  erkJärten  fcich  dir  Ge1eil»sbriefe  riodi  einr;iirhcr: 
wireii  eiti£icti  die  itti^chriaen  uro  Schutr  dci  von  Bern  nm\\  Baden  Rvium« 
DiLnii  kannte   man   nonehmcn   <wic  oben  S.  24t  nlft  möglich   hingestellt 
^iifde^i  duM  die  Verband liiitgeu  ivisclicii    dciti  Prediger    und   dem    KaI  %idi 
ni'i«cben  dem    r«  tmd    r>i,   April,  al&o  nach  in  Bern  fieU}%t  «cr^ehlägeii 


yf<h  Max  Hossfeld. 

Iiierau  kann  erstens  das  Datum  nicht  richtig  sein,  deoD 
Heynlin  blieb  bis  zum  19.  Mai  in  Basel  and  kam  überhaapt 
f-rst  am  22.  Mai  in  Baden  an.  Die  üebersiedelong  nach 
B^m  könnte  also  frühestens  erst  zu  Ende  Mai  oder  in  den 
«Tsten  Tagen  des  Juni  stattgefunden  haben.  Sie  hat  aber 
überhaupt  gamicht  stattgefimden  \f  denn  wir  können  mit 
Hilfe  seiner  eigenen  Aufzeichnungen  seit  seiner  Abreise  ans 
Bern  am  2U.  April  1480  sozusagen  Tag  für  Tag  sein  alibi 
nachweisen. 

1480. 

Abreise  aus  Bern  20.  April.-»  In  Basel  vom  22.  April 
bis  19.  Mai.  An  in  Baden  22.  Mai.  krank  bis  11.  JnnL 
11.  Juni  bis  2.  Juli  sieben  Predigten.  Dass  sie  in  Baden 
gehalten  wurden,  geht  indirekt  aus  Heynlins  Notizen,  ausser- 
dem aber  auch  aus  dem  Umstand  hervor,  dass  er  in  der 
ersten  dieser  Predigten  rekapituliert,  was  er  in  den  vor 
seiner  Berner  Reise  in  Baden*;  gehaltenen  Predigten  gesagt 
hat.  und  dass  er  sich  an  dasselbe  Publikum  wendet,  vor  dem 
er  damals  predigte.  —  2.  Juli  bis  16.  Juli  krank,  16.  Juli 
bis  11.  August  in  Basel,  ^i  zurück  in  Baden  (^redii")  kränkelt 
(»r  wieder,  nimmt  aber  am  3.  September  seine  Predigten  von 
ii«mem  auf.  ,,Sermonibus  meis  ultimis  audistis,^  so  beginnt 
er  die  (»rsfe,  spricht  also  wieder  vor  demselben  Publikum. 
vor  dem  die  Predigten  vorher,  deren  leitender  Gedanke  kurz 
wiederholt  wird,  gehalten  waren.  Vom  3.  September  geht 
dann  eine  lückenlose  Kette  von  Sonntags-  und  Heiligen- 
predigten  bis  zum  Schluss  des  Jahres.  (Pr.  H",  fol.  15—37). 

1481— 14H4. 
Vau  nun   an    haben  wir  eine   grosse  Anzahl  von  Orts- 
l)«3zeiclinungon,  die  den  Predigten  he  {geschrieben  sind  und 
sämtlich  Baden    und    Liclitontal   (Büren)   oder  in   der  Nähe 

')  Blösrh  selbst  ist  für  den  vermeintlichen  vierten  Aufenthalt  HejTjlins 
auf  X'crniutungen  aiijjewiesen  :  ,, Merkwürdiger  Weise  ist  es  nun  gamicht  mog- 
li«li  fest/.ustelltn,  wie  ianjjc  dieser  dritte  (unser  vierter)  Aufenthalt  gedauert, 
<1.  h.   wie  lun<je  Heynlin  in  Bern  als  Pfarrer  wirklich  fungiert  hat." 

'^)   Die  Hclc^htcllen  s,  in  der  Tabelle. 

'*)  Pr.  IV,  fol.  2    -7*.  fol.  2  steht  „Anno  8o  in  Baden**. 

')  \'on  hier  aus  wäre  ein  kurzer  Abstecher  nach  Bern  denkbar,  aber 
natürlich  nicht  eine  Uebernahme  der  Münsterpfarrei. 


Jolianoe^  Heynliii  ntis  St'- 


,187 


leg«?ne  Orte  iienneü:  (Ettlüjgen*  Rastattv  Oos.  Alu*berstt*in, 

IrasBburg,  Kötiigshrilck  usw.)     Ans  deiD  Jahre  1481   sIthI 

20  Ortsbezeichnungon,   aiis    fbim  .Iahr»>    1482   achtzehn, 

>fi  1483  neunzehn  und  von  1484  zi^bn  *)•  und  zwar  veitoilon 

ph  flieiie  BeÄnichunngen  über  fast  alle  Monate  des  JabreSy 

das»,   selbst  wenn   hier   und  da  eine   Lücke  von    einem 

(li*r   zwei   Möfiateii    sich    zeigt,  an    eine  Reise    nach  Bei'n 

^nin  gedacht  werden  kann,  geschweige  denn  an  eine  Ueber- 

iibme  der  Münsterpfarre  der  Stadt.  Solehe  Monate^  in  denen 

►ijie    Ortsbezeichntingen    vorkommen,    sind    Febniar    und 

rz  14H1,  September  148L  Febmar  1482.  Februar.  April, 

Eimbei*  1483,  .Januar  und  Februar  1484.  Da  aber  während 

n*  Monate  die  Predigten  vullig    regelmässig  und  olrne 

[iterbrechung   weiterlaufen,    so    versteht    sich    von    selbst, 

sie  elionso  gut  in   Baden  gehalten  wurden,  wie  die  in 

Nuchbarmonaten«  l>ei  denen  ein  besonderer  Anlass  zur 

luachung  des  Predigtortes  vorlag.  (Vergl.  im  übrigen 

..,..  ile). 

Auf  Grund  seiner  lückenlos  vorhandenen  Predigton  mit 

^n  xahlreichen  Ortsangaben  können  wir  also  mit  Bestimmt.- 

^it  sagen,  dass  Heyn  1  in,  ubgesehen  von  dt^n  Reisen,  deren 

||el   er   selbst  angegeben   hat,    in    den  Jahren    148<i  — 1484 

ideii  höchstens  zu  kleineren  Ausflügen,  aber   auf  keinen 

II    zu    längerem    Aufenthalt   in  Bern  verlassen   hat.     Die 

Irrigen  Argumente,  die  dafür  noch   zu   sprechen   scheinen, 

*eii   sich    nunmehr    h>icht   als    haltlos  enveisen.     Die   Er- 

smuig    HejTilins    durch    den    Chronisten    Val   Anshelm 

iter  dem  Jahre   1481   (bei  (lelegenheit  des  Schulbaus),  die 

Im$<c1i  für  Anwesenheit  Heynlins  in  Bern  in  diesem  Jahre 

Micnd   machen    möchte,  *)  beweist   nur,    dass    damals   di« 

^hnle  fertig  wurde,  wie  die  Ratsbücher  das  auch  bestätigen") 

^«•r  nicht,   «lass  Heyn I in,   der  Anreger   des  Baues,  danaals 

zugegen    wan     Und    wenn    in    einer   Berner   Seckel- 


*)  UitBt  gcritt|»ere  Zahl  erklErt  «ich  dumus,  da&«  llcfulin   tom    i^,  Juli 
17,  OktubcT  14H4  teils  Ur.i«k,  teils  ntif  Reuen  wjir  und   nicht   predigte* 


388  Max  Hossfeld. 

meister  Kechnnng  des  Jahres  1482')  von  einem  «Doctor 
vom  Stein**  die  Rede  ist.  dem  man  eine  Anzahl  einem 
Krämer  Namens  Jagi  abgekanfter  Südfrüchte  znkomm*'n 
liess.  *)  so  beweist  nichts,  dass  dieser  Doktor  vom  Stein 
HejTilin  gewesen  sein  müsse,*)  gab  es  doch  im  Bernisch> 
Solothnrnischen  Lande  eine  grosse  Familie  vom  Stein.  ^) 
die  damals  eine  recht  bedeutende  Rolle  spielte,  und  die  ge- 
wiss mehr  als  einen  Doktor  unter  ihren  ilitgliedem  hatte. 
Wollte  man  aber  dabei  bleiben,  dass  mit  dem  Doktor  vom 
Stein  doch  unser  Heynlin  gemeint  sei,  so  steht  schliesslich 
nichts  der  Annahme  im  Wege,  dass  der  aufmerksame  Bemer 
Rat  <lurch  einen  gelegentlichen  Boten  das  aus  Italien 
kommende  Obst  dem  verehrten  Prediger  auch  noch  bis 
Baden  habe  nachsenden  lassen. 


Exkurs  5. 

Vermögen,    Bibliothek.    Schenhingen. 

Blüsch  hat  endlich  noch  ein  Schreiben  des  Berner  Rats 
veröffentlicht,'^)  das  er  noch  auf  Heynlin  bezogen  wissen 
will,  und  das  auf  unseren  Prediger  ein  ungünstiges  Licht 
fallen  lassen  würde,  wenn  es  sich  in  der  Tat  darin  um  seine 
Person  handelte.  Es  ist  an  den  Erzbischof  von  Mainz  ge- 
richtet und  vom  7.  März  1480  datiert,  und  es  ist  darin  von 
einem  „Herrn  Johannsen  vom  Stein,  Propst  der  kilchm 
Cominen^  die  Rede,  welcher  diese  Propstei  durch  Vermitt- 
lung des  Propsts  zu  Ansoltingen.  Burkart  Stör,  erlangt  hatte. 
Herr  Hans  habe  dem  Burkart  Stör  für  diese  guten  Dienste 
eine  jährlich«»   Pension   versprochen,   aber  dies  Versprechen 

*)  Mitgeteilt  von  Fetscherin  in  Abhandlungen  des  historischen  Vereins 
«les  Kantons  Bern  (1H54)  II,  217  ff.  Unsere  Stelle  S.  224.  Blösch  kennt  sie 
nicht,  aber  Tobler  in  A.  zu  Schill.  II,  254  weist  darauf  hin. 

^)  »Ji^gi  dem  Kreiner  von  Honierantzen  wurden  dem  Doctor  vo»n  Stein 
14   Schilling." 

*'')  Das  nahnj  nämlich  Fetscherin  an  (S.  259,  A.  31)  und  Tobler  folj.t 
ihm   in  dieser  Annahme. 

*)  Bio.  Ta.  240.  Vgl.  die  häufigen  Erwähnungen  bei  Schill,  und  Ansh. 

•'•)  Hlo.  Ta.  2  5<)— 2ho. 


Johtuine-«  Hcynlin  aus  Stein. 


38Q 


ich  ♦'rluijgti^r  Pfründe  niclit  gehöJU-n  und  Htor  uitiits  aus- 
EahJt.  D<^öwegen  seien  Störs  Erben  (udör  Reclitsnncfi- 
Jgor)  klagbar  güwordfm  und  ^doui  berührten  Herrn  dohtinu- 
n  sei  abbmohlicher  Leiiniiind^  dannis  «entstanden.  Dur 
rzbiÄchof  möchto  doch  den  Herrn  Johannsen  anweisen, 
iiiü  Schuld  Hbzutragon. 

Blösch  erinnert  nun  »larari,  dass  ntich  der  Bosoldnngs- 
'kunde  vom  7.  April  1480  Heynliiis  Uehalt  allmählich  in 
friUiden  abgewandelt  werden  sollte/)  und  sieht  in  dieser 
pstei  eine  jener  Pfründen^  in  dem  Herrn  Johannsen  vom 
teiii  unseren  Johann  Heynlin  ans  Stein.  Er  zieht  dem- 
\mwss  iiuö  diesem  Schreiben  an  Mainz  den  8chluss,  dasa 
!ch  Beynlin  von  dem  I-^vster  der  Priesterschaft  seines  Jahr- 
luidorts  nicht  ganz  frei  gewesen  st*i,  und  dass  sein  An- 
haken in  Bern  Schaden  gelitten  habe.  Nun  soll  nicht  von 
imherein  behauptet  werden,  dass  Heynlin  zu  solcher  hab- 
Lchtigen  und  unpünktlichen  Handlungsweise  nicht  fähig 
pwesen  wäre.  Zwar  war  er,  wie  sein  Uebergang  von 
übingen  nach  Baden  beweist,  auch  im  Stande,  eine  finanziell 
tüistigere  Stellung  zu  Gunsten  einer,  die  ihn  ans  anderen 
runden  mehr  reizte,  aufzugeben,^)  und  freilich  hat  er  oft 
?gen  die  Habsucht  der  Priester  geeifert.'')  aber  wir  wollen 
ierauf  kein  Gewicht  legen.  Vielleicht  reiste  ihn  in  Bern 
iben  anderen  Vorteilen  (gleiche  Gesinnimg  und  WilUahrig- 
lit  der  Regierung  usw.)  doch  auch  die  im  Verhältnis  zu 
aden  höhere  Besoldung;  und  viel  kocht  war  er  in  seineni 
iwiel  gegen  sich  selbst,  wie  es  menschlich  ist,  nachsichtiger 
gen  andere,  (obwohl  das  die  Reinheit  seines  Charakters 
erlich  trüben  würde).  AVir  müssen  ab«^r  au.s  anderen, 
einfAcben  Gründen  Blöscha  Vermutung  zurückweisen, 
ie  wir  soeben  nachgewiesen  haben,  hat  Heynliii  die  Stelle 
In  Berner  Münstt^rpfarrer  tatsächlich  nicht  bekleidet.  H«i 
d  ihm  also  selbstverständlich  auch  weder  die  (Utfür  ans* 
worfenen  100  Gulden  jährlich  nebst  Haus  und  Holz,  Korn 
d  W«»in  usw.,  nocli  auch  tlie  Pfründen,  in  die  das  (Tehalt 
h    und    nach    verwandelt    werden    sollte,   jemals    ausge* 


"1  Vgl  oben  S.  24  5/^. 
•)   Vg,U  obcii  55.  218, 


i'ß^  Max  Hf^tftfeld. 

Ufi'O  irsttriH  Johannift  Lyndow.  ^foi  prias  pro  me  fecit 
uutut'Ui/'  ^Uk  X.  140* i,  fol.  '-ilO'.  Am  Neajahrstage 
S^mi  t'M:  ..virji  fratm  Con.  Urach  fratribns  laicis  post 
rvlu'ftt  fU'.  c/tuHf',unn  iiatri»  priorw  propter  novmu  am 
iut'/t\nf'MU'jn/'  (fo\,  287;.  In  allen  andern  Fallen  ist  iiur 
NauK?  H^fH  V^rrtr^jüjnen  gffnannt.  Eine  Regelmässigkeit 
dabf  i  iiU'hi.  zu  erkennen. 


vt^iMLa   Ui^tiu.    aN   \VV.:v^;a»»ritAl:oa    ^•.^c:.o:.:-^.en    xxord.r;:    :Cs   .  ..>t- 


Jobiuin«  Heyiiliii  aus  Stein. 


.«t 


I 

I 

I 


Um  mit  einor  Pfründe  versehen  möge,"  *)  also  uiiter  an- 
nähernd  ebenso  günstigen  Bedingungen  ^vie  Hej^nlin,  Immer- 
hin sind  iOO  Gulden  eine  ganz  gute  Besoldung,  sie  sind 
Htwa  öoviel  wert  wie  heute  7CÖ3  Mark.^) 

Man  gestatte  im  Anschluss  hieran  einige  Bemerkungen 
über  das,  was  von  Heynlins  \>ruiügensv©rhältnissen  und  von 
seiner  Freigebigkeit  bekannt  ist*  es  werden  dabei  noch 
interessiinte  Nachrichten  zii  geben  sein.  Im  ganzen  darf 
man  Um  für  wohlliabend  halten.  Wir  erinnern  an  die  Kosten 
einer  so  hingen  StutUonlauflmhn,  iusbesoiulere  au  die  mit 
dem  Rektorat  und  dejn  theologischen  Doktorat  in  Paris 
damals  verbundenen  Ausgaben, '')  sowie  an  die  Tatsache, 
dass  Heynlin  in  der  Sorbonne  zu  den  zahlenden^  nicht  zu 
den  Geld  empfangenden  Mitgliedern  gehörte.  *J  Wir  erinnern 
an  die  Einführung  des  Buchilrueks  in  Paris,  die  so  gut  wie 
kein  Geld  einbrachte,  (man  denke  an  die  Un]iopularität  der 
von  Umen  veröffentlichten  humanistischen  Schriftsteller,'*) 
an  die  geringe  Höhe  der  AuHagej'')  an  die  vielen  gratis 
verteilten  Exemplare),  die  vielmelir  Geld  kostete;  wir  erimiern 
femer  an  die  zahlreichen  und  weiten  Reisen  Hoynlins.  — 
Von  seinen  Einkünften  war  schon  gelegentlich  die  Rede< 
Brant  und  Trithemius  bezeugen  libereinstimmend,  dass  er 
mehrere  Pfründen  besessen  habe.  Beiile  nihmen  aber  auch^ 
dass  er  sich  ihrer  freiwillig  entäusserte.  ^Quas  tibi  praebendas 
plures  fortuna  secunda  Übtulit,  ha«  temnis  et  bona  cuncta 
8oli^^')    Trithemius  spricht   vtm  der  ^libera   pluritioi  bene- 


')  Bern.  Toscii.  1M5J»  S,  52  {nach  K;vt«y-MiLtma1    18,   ^f)), 

«)  Der  Wert  eines  Giildctis  wird  verschieden  angcgelieti,  Alwin  SchulU 
OtJch.  Leben  im  14,  und  15.  Jahrhunderl  S.  242  sctxt  10  rheioisdie  Gulden 
gleich  500  M,  hciitigcn  Geldes  (I4r5>  Aug.  BurckhaHt  (Basier  Biograpli. 
Bd.  I  (1900)  S,  H6  A.  },)  9tUi  I  Goldßuldcn  gleich  circa  f)o  M.  (dieselbe  Zeit 
fiir  Bfvscl).  Wir  wählen  die  Mitte  «wischen  Heiden  Angaben. 

^  s,  ßud.  40  und  Thurot  158.  Dea  Aufwand  für  da*  in  mehreren  Akte« 
ficb  abspielende  fe*tttm  doctoratus  schsltzt  Thurot  auf  10000  Mark, 

*)  »,  üben  B^.  IV,  351;  vir,  122. 

»)  s.  oben  S,  159. 

•)  Die  Sorbonnednicke  gehören  s?u  den  scltcnsicn  Inkunabeln,  von  raanchcn 
ist  nur  ein,  von   ^weicu   gar    kein   Exemplar    mehr   vorh.in.irr,     s    CI    Prr 
S.  49— '>«'  '         "• 

')  Braut,  Carolina  bri  Zaru.  No.  78* 


lir»*-  Im:.  Tig  4*r«  Kir*^iL-rii[ahrs  g^Atzk  wir  nz^r-isc  in  arg*- 
kfLTZ'^r  •>i-rr  d^r^r^rhr-r  Fori^.  -iir-  b<räi>Dd<er&n  Bein*?rkTn2»rn 
ffxr.4  einr  v/f^^^r^i-e  Ah-s^rhriii  -i^  Mannskriptis.  J-e^txh 
«in*!  der  Cf>er5ichtlichk*r£t  w^^^rrZk  «iie  t^rtäiiAmen  durch 
v^-hrig-e:  .Sfrhrife  h^^rvorg-rhofarra.  wecin  sie  etnen  tl»rt5WrchÄi 
yj^TZ^irhn*TZi^  Alles,  wa»  g-spem  g»edmcki  lä.  ist  voii  tiib 
hinznges^tzt.  In  Won^e-n  wie  dedicado  and  ecdesiAe  er5»=-tzea 
»'ir  da.s  toti  HejtTilin  gebranchte  c  :md  e  dedicacio.  *o:WH' 
dniTrh  t  nitd  ae. 

.?.  Bii¥l  mnd  Foiio. 

Die  2^blen  I  bis  V  in  der  Rubrik  Band  bexeichiiai 
die  5  Bände,  in  denen  sich  He\TiIins  Predigten  befinden.  — 

Fol.  235'  bedeutet  ioL  235  verso:  foL  235  be«l»rnirt 
fol.  235  rer.-to.  Diese  Zahlen  geben  nur  die  Seite  an.  inf 
der  der  Predigtentwurf  beginnt,  nicht  die,  bis  zu  *Ut  er 
reicht. 


4,  XII 
It   IL 

la  n. 
5.  tn 

12.  111. 

18.  lu. 
m  iir 

23.  Ül 


24.  Hl. 
2.  IV. 


2.  Atlvent 

Iiivociivit 
Heminiscerc 
Laetftr«' 
Juilica 


Aitiio  74.    Sermo  lueu.^  |>rirnu5 
äpiid  S.  Theoilorum  UitHtkar 
Uli  dem. 

antio75*)ttpiiH  STheoflonim  Ba:«iL 
;i|iud  S.  Petnim  Hasilene  «imio  75 
apiifl  S.  Leoiiantiiin 
75  apud  S.  Lcoimrrhim 


Aimuiic.  Mariae-i  i  apud  H.  Leonnrduiii 
Palmarum  |  apud  8.  Leonardiiin 

It)  cena  dowini      iu  lmmeiiburg*> 

,,  I  Senao  pa.,     de  pa^ssioue  dmiiini, 

I      Jovja  in  eeria  doniiiii  pi>gt  nwn- 
flietn  liora  tpiitiijj. 
Knrfrcilag  l  Hie  parax  Heues  jipud  B,  Loormrd, 

,,  narlnnitt:i|Z< ; 

Montag  u.OsteiH  I  in  primitiis  apnd  S.  Leouantunj 


Um 


Qua^^imotlü 


28.  IV.    Rogitir 
14.  V.     PfingstsoiuitÄg 
??.  VII.     dorn,  i\  post,  oct. 

I     <*orp.  Chr. 
Iß.  VII  [j  dorn,  7  [\.  iict.  a 
'      Cirr. 


hl  dedicatioiie  eccle^iaeSThetjdori  | 
in  parva  Ba^jlea 

püst     pnindiuni    eadem    die    «ft 
eoilem  Joe« 

iipud  S.  Lt'onardum  75 

iiptid  S«  Lfsonujdum 

in    dcdicatione    ccclr>i.»r  \>    iju.ir 
fuit  donüuKMi  IJ 

domiüiea  ocluva  dedieationiH  «jiuie  , 
fuit  8eptJüia^>$exta  lainon  s<vuti* 
dum   orüinem  tHjdesjiie   sauet i 
Leonard i  I 


')  Hinter  »,75*'  hatte  Hcyiilin  ertX  „tu  Rasiettcti**  ^eschriclRM»,  tlami  aber 
IT  darchgestricheo.  Er  war  erst  luvocavit  f  17*?  tu  Rastatt»  s»  unten.  Die« 
It  aUo  eine  ^9x\z^  Zeit,  mindestens  ein  Jahr  nach  dem  Predigttage,  j;escbrM 
ktnmt  aber  im  Gegenteil  auch  vor»  dass  die  Cberschriil  gleich  £U!»ammen 

also  vor  der  Prc*lij»t,  niedcrgeschriclien  wurde.  (S*  i,  H.  Pr.  III,  88.) 
•^  Atitiuüdationis  Mariae  hl  am  25,  Mär/.  Aber  in  der  Predigt  %'om  1% 
leyuiin  auf  die  og«strige"  Marienpredigt  („Si  htri  ab  ilta  Id.  h.  Maria)» 
!■  hödie  feilem  a  Jnd^ieii"  Pr.  I,  57);  sie  ist  also  am  t8.  XLarjt  gehalten 
[lieh  weil  der  35.  auf  den  Sonnabend  \'qv  Ostern  ttel.  Mit  dem  iK  stimmt 
Vedigt  ^wistbcn  der  vom   \t,  \\\m\   t<>, 

•1  Am  Hrhlui^»  dieser  Pre<li^i  steht  .»De  paraieheue  habetur  »emui  in  mi 
bit  ist  eine  Karfrei lag^fp red i^;t  in  »lern  Folianten  (*«d.  A.  VI.  12  („DtKp/*> 
bcQ  nebit  einer  i;1dchfalts  in  Disp.  befmdttcben  GründonnerKta^&prediieif 
^  £•  ist  St«  Lconhard«  denn  Heynlin  wendet  sich  in  der  Anrede   an  di# 

Kirdie  (fol.  11 8} . 


409 


Bosbfeld 


d,<« 


Folio 


8      I 


londere  Beaerknigai 
Heynlifls 


I 

ioctor  Jo.  Key«?er«perg.  — 
feneridiemego  feei  sennonem 
eil 
eil 


tv 


Fol 


83 

61 

lOS 


I        ! 


b. 

it 

M 

:>! 
r» 

a 


13*  : 

15  ,■ 

41  r 
4r 

46'  i. 

217  1' 

2ir  I 


5fr 
r,2' 

218 
76' 

77' 

78' 


80 
82 


neu  schweren 


i^  Pfarrberr  und 

'^  uirg    (Kindlcr 

qsburj^ 

ff.). 


eil 

Jjii 

$n  mauepriiisquam  in  Büren 

r 

psitione   illustris   (lominae 

Svae  *)  filiae  marchionis 
leuburgensis  ?.  uxor  .  - 
41X  (luci<  Caspar  filii  ducis 
%ici 


U 


K-  post  prandium  frater 
^s^)  coramissus  per  nuii- 
apoMtolicum  seil,  fratrem 
*cum  de  Kernel 3)  ad  publi- 
amindiilgentiasapostolieas 
^ciatam 

1  Baden,     post  meridieni 
o^-n 
^atione  hospitalis 


m 
m 

110 

111 


116 

117 
122 
125 
132 


140 

141  Ui 
14(; 


il brecht  Achilles,   vermählt  mit  K:ispar,  Pfal 
tji  I.    des  Schwarzen.     Sie   starb  3.  Sept.  \^'i 


<ervant,  ])ekleidete  seit  1480  eine  hervorrager 
xltor  der  sog.  Rhodiser  Ablassgelder.  (Yfi 
,  S.  83.  Burckhardt  in  Basl.  Beitr.  zur  vaterlä 
tidemaun,  Geiler  v.  Kaisersberg  1877,  S.  : 
;>.  V.  83;  17.  X.  84. 


^^^^^^^^^^^^^^m                                                         ^^^^H 

4 

. . i 

far|Datitm  \ 

Tag           '       Besond 

I     ^ 

de«  KIrcheojAbrs 

h  ^ 

^■^ 

Exaudi                   iu  ElHuget 

148a 

1 

Doiin.itJoftätinb  1  in  Buren   | 

ir 

J 

^^ 

'      Riepperi 

^H 

Rissen  (1 

II 

S 

^■4.  vri 

Udalricl  episcopi    in  Castro  i 

fi 

i 

Hlvii. 

dom.ii  poijt  oct.    hl  Büren  i 
Corp,  Chn            nioridien 

ti 

t 

^■6.  VII. 

Anna                      in  Büren  j 

^^iigust*) 

In  exetiniiä 
iit  Steyil 

a 

SliaviiL 

Müll  tag  lu  10.8a. 

In    evequi 
Tafen  { '? 
Mprschß 
dalenae 

ff 
•t 
II 
♦1 

u 

3t 

i 

Ks.vm. 

Freit,  n.Asmimpt, 

in  Büren 
ginis  de 

^ 

^Hl4.  IX. 

Kreuz*  Rrtmlnnig 

niane  in  B 

^■21.  X, 

U<XH)  Jiuip;fr.          in  Büren 

^HB.  XI. 

in  octava  Martini    in  lüipituU 

Ho.  XI. 

Mittw.  tK  2X  So. 

in  proces^ 
Jio^pitÄll 

^^B5,  XU. 

Weilmaoiiten 

XXXiU  11 

^K?.  XIL 

Johann,  evang. 

tnane  in  I 

^F^s.  1. 

Dienst,  n.  Sept,    |  in  Büren 

KauL 

Karfr*^H:iL'            !  maue  in  ] 
Büren 

^ftl.  UL 

feria  i  pa.sohiie      83 

%i 

J 

^feü.  IV. 

Jubilate                  1  prirnitii^i  1 

ffi 

1 

^H  4 

liogatp                     in  «lecücai 

n 

« 

^H  &. 

Montag  n.  Hog.      in  Büren 

^H 1 1«  V. 

Kxaudi                    in  dedicai 

•f 

a 

^B  SK).  Y. 

Dieubt,  n.Pf iiigst,    in  Büren 

14»! 

^H  SO.  V. 

Tntiitatiä              |  praedi^-av 

^^ 

'      KhiioI                                    -  ^ —      ^ 

^ 

')i 

^B  Ein  Hdtirkh  StUtcr  wird   1485   uud   i|                                            ')  fl 

^H^ftnnt.    (ICrieger,  Topogr«  Leii.  vou  Bt                                           *)  BJ 

^H  V«  Rieperg  ist  ein  alles  fchwibiaches  i                                              H  Ol 

^H  Schlosis   r                 !cii. 

r               l 

^^1  0ie  Pr«u                 !  ii^t  vom  1  f.,  die  nac 

(.                      -iÖ 

^H  Mdr«ch  xwtficilcn  Rai>tatt  und  KarUru 

M.  Jji;  1 

^H  Über  dicfc  HiUcbc  Stellung  i)or  Pre<li 

'^   1 

^ftr  Zeltsclir.  f.  GmcM.  uad  Altertum.    Vit.  2. 

^^J 

r 

• 


^^P                                       JoUanues  Heyiiliu  aus  Stein.                                    i 

1 

*   Datum 

Tag 

Besotidere  Bemerkungen 

■ 

L- 

des  KlrcHeiiJftliri 

Heynüns 

U— .^ 

\     Ifi.  II. 

ScfHiiage^itnat; 

anno  ^ 

IV 

m 

6.  UI. 

Frt.  luAscbermw. 

in  Büren 

^M 

16.  IV. 

Karfreitag 

mane   in   Baden.  —  post  merid. 
in  Hüroti 

..  ii 

3.  V. 

Misericord.  dorn. 

dedicalione  bospitalis 

■ 

1      24.  V. 

Mont.  II.  Rogato     in  Bure» 

■ 

30.  V. 

Exüudl                     d(*dicatiotie  ecelesiae  Badeusb 

■ 

9.  VI. 

Miltw.  u.  PfiiigÄt  J  in  Brireii  et  dedieatione  eapelki«?! 

■ 

4.  VII. 

2.  So.  post  nct.    prAedicftvil  ijuidam  ordinb  prat»- 
cnrp.  Chr.               dicalorum  ex  Basilea 

1 

u.  vu. 

B.  So.  poftt  oct* 

praedicavit  adiutor  seil,  dominus 

,  ^ 

corp.  Chr. 

Jobannes  Sutoris  de  Horw  *| 

I 

18.  VII. 

4.  So.  post  oet. 

Jucidi     8tatim     post    sermouem 

'    H 

corp.  Chr 

praodirtiun  eadem  nocte  (also  | 

,    ■ 

18.  VII.)  in  infinnitatem  oculi, 

^m 

ea  ratione,  ut  putabam,  i]iiia  sedeudo  iuxt^  libnim 

■ 

positum  iiixta  coxainiinclinavi  lue  vertendo  oeuluni  ad 

■ 

librum  per  5  vel  6  boran.  nuiri^i  infiniuLs  ot  nou  prae- 

^ 

dicavi  iisque  Aegidii  (1.  Sept.),     Feria  quinta  pt»st 

1 

Aegidü  (2.  Sept  f  rect^ssi  ad  beatam  tirfftnem  hcfemi- 

1 

tanmt  *)  et  ad  beatam  OiHhtm  ^) . . . ,  Hedii  Sabbato 

■ 

pOBtMatthaet  (25,  Sept. f   Et  quia  aliqtiando  reeidi* 

1 

vuv\,  noil  feci  sermonem  tisque  in  dominicam  XVIl*», 

1 

ecil.  proximain  ante  Ltu/ao.  (17.  Okt,),    Tunc  enim 

1 

intendebain  (acert* ^iennonein,    Scd  supeneiiit  frater 

1      1 

Einerieus  d«  Kcmnel  uuiniu.^  apoKtübciis,  ^>iii  propo- 

'   J 

l     21.  X. 

sito  evangelio  dixit       * 

M 

■ 

UOOÜ  Jungfr, 

in  Büreri 

■ 

24.  X. 

18.  i5o.  p.  0.  e.  C. 

in  Baden 

■ 

21.  XU 

PraescnfatioiiiiJ 

UltimuH    sermo     in    Baden.     — 

■ 

MiLriue  fl  di>' 

Feria  6*  ante  praesentatiouJs 

m 

minica  22 

( 1  lt.  Xu  V.)  mm  litterafi  ad  prio- 
ri peni  niarcbiont^m  Cri.miJ forum 
et    resignavi    ei    eitstadiam   et 
cnnim^  foria  2»  anteKathünnac 
(22.  XK)  incepit  decanus  provi-  , 

1 

»)  Ein  Jol 

lanne^   voa  Horwe  wird    H7«l    ia  BttUngeu  äff   Tfiirrer  bettelll     ^^H 

irz,  liesch,  d.  Stadt  EttK  i<>oö,  S.  70.1                                                                      ^^H 

^  Ktnstiedcl  bct  Freiburg  U  Br.  ?                                                                                ^^^| 

^  St,  Ottllieti  bei  Freibitrg  i.  Br.  oder  Ddilienbcrg  im  EUA»t ;  bei  l^eideo  Ueilqui     ^^H 

ikldets.     Kittter  (Ht1i«ini  folgen  4  isriiwcr  ir<icr(tche  Worte  (..cum  rmniliA  pfnle      ^^H 

*)  HcynUii   |£tbt   kurr   dru  IiihaU  «{ct  t^(c4tgt  de«  E.  v.  Kcnicl  ^n   (ebetiio      ^^H 

19.  Mai  Ut^i».                                                                                        .^^^^^^B 

.4^  (  ^  :  Hosifcld. 

HeynHBs 


2Jwr 

291 
291' 
294' 


^ 


r 


ten  gegen 


Folt 


247  iefisi  ego  ferü  4*  sciL  in  pro- 

251  XI.i  hon  meridiet  anno  etc. 

eoIUtns  canonicatos  et  predi- 

3ß:^   268  •^^^  BfMfWwu»  Vn  Novembris 

^1  fises.sionem  prima  Decetnbris 

275'  nr       *U 

277  onfactorumpermeJohannem 

2c$r  doctorem«  canonicum  et  pre- 

BasiUensis.   Cui  coUatio  fuit 
288  li  VII<^  Novembris  anno  etc. 

fnit  possessio  prima  decembris 
288  V  1 

'^^'  %ntia    primi    sermonis    facti 

iminica  prima  adventos  anno 
aedicto  ^  1 

absolutione    Basiliensiom    et 
laxationeintcrdicti  per  venera-  ! 
;  tum  Mansella,  legatum,  nun-  ! 

I  »stolicum  atque  cubicularium.  t 

am  absolutionem  ante  fores  : 
bu.s  5  Nnris  ex  senatu  et  intro- 
it  cant.   te  deum   laudamus,  i 
I  celebrante  et  commissionem  • 
olico  atque  bullam  post  evan- 
lo,  postea  mihi  beuedictionem 
m    tradendo    ut    populo    ex- 


18 


•roce.'ssione  generali  pro  publi- 
itione  Indulgentiarum  pro  ho-  [  i 

n'talibus  S.Michael  et  S.  Spiri-  " 
|s  Basiliensis  2)  ,     „  27' 

essi     Sabbato     post     pascha  ' 
K  IV.)  ad  Baden.    Redii  feria  |  ' 

antefestum  pentecost.  (20. V.)  | 
1  ascensione  domini  ( 1 2.  V. )  m.  j| 
lichael  plebanus  in  summo  fecit 
V    (ßc"ed.  jrmonem.     Hecessi  ad  Baden 

ro  balneando  i      „  54' 


'tsc\v..  B^^<iV  ^^SA^  Bd.  5  S.  loi  ff. 


Johannes  He\-Dl 

416 

tum             '^^ 

Besom 

Jahr  Datc 

des  KIrchenJahrt  { 

.  V.     Exaudi 

in  Baden  q 

11488    3.x 

.  V.     Pfingsten 

in  Basilea 

;1487      1. 

VII.     Visitat.  Mariae 

Recessi  in 

;              , 

(3.  VII 

i    „    ,  13.  1 

tinenses 

1 

tandum 

1 

VII.    Alexiu?  u.  7.  Stg. 

In  dedica 

1 

post  mi 

n             13.  ■ 

gentina 

„       20. 

Jacobi. 

„       21.  • 

VII.   Jacobi 

BasiUae 

1    .       24.^ 

VIII.   Bartholoniaei 

Apud  S.  L 

IX.    So.  nach  Mattliäi 

In  dedica 

,.       3.  V 

X.     Reinig,  episc. 

in  festo  . 
ubi  pat 

„        6.  V 

X. 

in  dedical 

XI.     Leoiiiiard 

apud  S.  [ 

XI.    I.  Advent 

anno  etc. 

II.      Purificationi.s 

Primus   s 

n          lö.VI. 

lapideo 

n 

liensi.««                               , 

' 

IV.    Rogate 

in  Baden 

>, 

V.      Mont.  II.  Ftogate 

U.Phil,  et  Jacobi 

in  Büren 

jah,. 

V.      Himmelfahrt 

in  Baden 

14HK      1    \h 

V.    .  Kxaudi 

dedicatio: 

.  V.     Trinitati> 

in  BasfUa 

1488  26.  XI** 

Judaeu                              1 

14«»    14.  V 

VII.    indi«*S..\rl)ogasti 

in   Mutit:                              i 

1490    8.  1> 

zum  lu                             ' 

1492 '     1.  P 

!?orore!j 

1492    VI  V*» 

xede,  c 

149«!  26.  X^^ 

Vlll.   Bartholoniaei 

apud  S.  I 

1494      1.1"' 

X.*) 

in    festo 
Maioris 

1494   22.  V3  5 

frigida 

>5. 

>». 

ne  Meile  westlich  von  Basel. 

könnte  auch  sunie  i'ele^'*'^  u'#»ri1«»ti 

ittenz,  vgl.  7.  Mai  I47^>. 

»)  Daru- 

c  vorhergehende  Predigt 

ist  vom  2 

r",  die  dei  Münster*,  fand  am   ii.                                   p 

acißco  reditn 

F.  7,   i»92K 

^^  Ktv^v 

41 


Max  Hossfeld. 


r=  IwsL  Besondere  Bemerknnffeii       :  ^     ^ ;    .^  ., 

,  des  KIrchcnJahrt  Heyniins 


U.    1.  Advent 


L 


in  festo  circum- 
eis.  d. 


gV.    Karfreitag 


V.  :  Cantate 
V.  liRogate 
V.  !;  Montag  n.  Rog. 

V.  '!  Himmelfahrt 

11 
'I 

I.  |!  Pfingsten 

I.    ■  Mittw.  nach  Pf. 


II.  'Assumpt.  Mariae 


anno  Christi  LXXXVI.  j 

i 

incipiente  anno  LXXXVfl. 

Continuatus  fuit  sermo  cum  dei 
auxilio  per  horas  quinque  cum  . 
dimidia.    Incepi  enim  ante  ter-  ; 
tiam  et  fiuivi  post  octavam       j 

in  Baden 

in  Büren  I 

in  Büren 

in  Baden  mane.  —  post  meridiem  || 
in  Büren  '| 

in  Basilea  -j 

in  processione  generali  ad  eccie-  'I 
Slam  maiorem  pro  pace  generali  !> 
et  prosperitate  ducis  Austriae  V  '\ 
et  suorum  militum*)  in  hello  \ 
contra  Venetos  ' ! 

Sermo   ultimus   qoia   eodem  die  i 
tntrar!  Carttutiant   post   cenam 
sub  piiisu  ad  Salve  in  Summo 


175 


193 


242' 

25r 
!  262' 
I     252' 

i'253  2bii 
254' 


256 


2^ 


\ 


reszahlen  hei  Predigten,  die  in  der  Kartanse  gehalten  sind. 3; 

Trini-  ' 


^• 

,  Triiiitatis 

Anno  LXXXVIII  in  festo 
tatis  etc. 

II. 

Weihnachten 

Anno  1489  incipiente  etc. 

I. 

Trinitatis 

Anno  LXXXIX  etc. 

k. 

.  Maria  Geburt 

Anno  XCo 

•'  Neujahr 

92  incipiente 

II. 

Margaretae 

Anno  92 

II. 

Weihnachten 

incipiente  anno  1494 

Neujahr 

1494 

II. 

Magdalenae 

1494 

266 
284 
297 

:m 

328 
336 
358 
358' 
359 


"     erzog  Sigmund  vou  Tirol. 

"'"Viter  Basler  Hilfstruppea.     (Heynlin  schreibt  in  seinem  Prcdigtenlwurf :  .,nt  pw 
J"  ^  militum  et  oobilium  huius  patriae  qui  in  succursum  ei  ivenmt,  orctur".  foL  356J 
Bemerkungen  sind  teils  im  Text,  teils  in  Exkurs  6  verwertet. 


^^^^H       Verzeichnis  der  Personennamen.            ^^^^^^^1 

^^^^(VI  und  VII  bedeuten  Band  6  und  7  dieser  Zeitschrift.)      ^^^^^^| 

^Bdolf«  Enliiscliof  von  Maitu»  VXl«  90. 

ßadcn,  Knrl  I.  von,    VII,   |2t> — 131,      ^^^^| 

Kiricola.  Rudolf.  VI,  336,  327,  357; 

.^^H 

H  Vn.  146—148,  ^70,  280.  316,  }yu 

—  ^Lirgaretn,  VII,  237  f.                        ^^^H 

■  i^o  C 

Bulbus,  Jobojines,   VI,  355.                        ^^^^| 

^Kitly,  Peicr  %iMi,  VI,  354. 

B^rAizi,  Ga^parino,  V^Tl,   126,   12K,            ^^^H 

^baoUce»  Job.  A,  von  Sch<inßau,  Vn, 

Basel,    Biscbof  von,    s.  Jobantte«;    n,       ^^^H 

Mi^^^ 

Utenbeim.                                                 ^^^^^ 

Bbrechl  Achilles  v.  ßrdl>»..  VII.  2^13, 

—  Weibbischor  von.  VII,  toq,              ^^^^M 

■  350  f..  410. 

Ba&elwind,  Diebolt,  Vtl,  382.                    ^^^H 

^Besandcr,   piipsti.  I^egat,   VII,    102. 

Benins  Rbcnaniis»  VTI,  30t.                      ^^^H 

Hinalia  (Atnelyrt),  Her/ogm,  Gemahliti 

Hctiopoute,  Petrus  de»  VII,   96.  1 10.      ^^^H 

Hites    Pfaligmfeu    von    Zwei  brücken. 

Benedikt  %'on  Helmstedt,  VII,  201.          ^^^H 

Hvit»  363, 410. 

Bernhard  von  {(jikn?),  VII,  263,  411.       ^^^H 

HücrliAch,  JohAanes,    VI,   343,   350; 

Berti hardtner,    der    Prior   der    R    tn             ^^| 

Bvil,    K2,    143,     14«  r.    19H,    280, 

Paris,  Vn,   110.                                           ^^H 

B^3-g9gi  ioo'-ioft»  jio»  3i»-Jio. 

Be&snnon,  VII,    129 — 131,   134,   1  ;»>,       ^^^H 

■5^9»  3^0  f.,  392. 

^^H 

BidUu,  PcUr  von,  VII,  83  f.,  86-89, 

Rlicberod,  Job.  Bl  aus  Golba,  VU,  81 .      ^^^M 

H201.  280  f..  345.  360. 

Biet,    Gabriel^    VII«    196,    201 — 20\,      ^^^^M 

HidTcliiius,  Faustus,  VI,  355. 

^^^M 

Htthelni,    Valcrtiis.    VII,    185^187, 

EoQCArd,  Jeani    Beichtvater    Ludwigs      ^^^^| 

H242,  252—256.  258-2^2,  312,  314, 

^^M 

m3»s.  3^7. 

Bouille,  GniHannie.  VU,   154,   156,         ^^^H 

^BMllidmus  de  Leodio,  Vtl,  9^^* 

Bonrbnn,  Hcriog  von,  VII,   133,   139.       ^^^H 

Hmbur^,  Bitchof  Utho  von  A.,  VII, 

Braut,  Sebastian,  VU  3 13.   319,  31*».       ^^^B 

ms2». 

Vn,  164,  216,  266,  268,  276,  280t,      ^^H 

^BK,  Beruh. iiil  von,  VII,    263,  412, 
^^^f  Oecirg  von,  VTI,  263,  4n. 
^itüi,  MArUgrafcn  von,  VI,  326:  Vß. 
^na.  129— iji,    Ji8  f.,   235,    2^7, 

^E-  Christoph  T,  VII,  218,  235,  2^"^^ 
■l5<^-247.  263,  27t.  J83.  41*.  4 «3» 

282,  292,  295,  301,  303,  308»  312      ^^H 

bl«  314,   316—31»,  320,  s^h  335      ^^H 

^1!^  X^7.  1>*^K  \^U  391.  3'A                ^^^1 

Brennini;  (BrüniK),  Konrad»  VII*  20;,       ^^^H 

Bnr|*iind,  Heiroi;  K4.rl  d.  Kühne  von,       ^^^^H 

ßtische»  Hermann  v.  denni  VI^  114«         ^^^^| 

■^  FHedricb,  VII,   141  f.»  13;« 

Cnnipen,  Ileiinerich  von,  VI,  337,  34«».      ^^^^| 

B^  Gwxrs,   BiM^bof  von  Mrt«,    VU, 

Campo,  GerArdui  de»  VII,  91  L               ^^^^B 

■lai^ill,  137.  141.  «Ji7i  i<»3.  4t  J 

Capictränu,  Job«  von,  VI,  33  t  1                    ^^M 

Imjl  .^mst  1. 


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^         Jotuuifies  Heyitltti  iitts  Stetti,                                 4T9        ^^M 

^^H&tir«  Stmofi,  VI,  %t*). 

Koberger,  Haiii&,  VII,  293.                     ^^^^^| 

^HK^^ericb  von  Campen«  VI,  >j, ,   h '^ 

IConnid  Pfisler  (?),  \'U,  413,                ^^^B 

^Ki^inte  (Riiräeur),  VII,   411. 

Kontoblukui,   Androoikos,   VU,  389.         ^^| 

^■j^iriNteili,  Beiieiiild  von,  VIS,  201. 

Rnin2,  Mirtiu,  VU,   124,   141.             ^^^^M 

^H^kckt>^,  Knnr.ul,  \  U,   i^j. 

Ivrydenwiss,  Adam,  VII,    t66.               ^^^^| 

^Kermano  v.  d.  Biiscbe,  VI*  J14 

Künitz,  HiiDä  IC.  von  Bern,  VI,  349.         ^^M 

^Hifeniiaaii  von  Sudtlobti,  VII,  165. 

^^^H 

^niermonrmtis  au»  Sparta,  Vli,  145. 

^^^H 

V                .  verK-hiedene,  VI,  519, 

fiam parter,  Thomas,  VTI,3J5,               ^^^^| 

H                 ^,  Job.  von,   VU,    2j|(i,    2(»7, 

Lapidc,  Job,  de  L.,  nobtlU,  Const^Dt,        ^^M 

H     770.  317.  34 St  39<>> 

diiLC,  VI,  320  f,  341,                                ^1 

H}lc>ebfeder,  Cjup^r,  VU,  288. 

—  Job.    de,   verscbicdene    VI,    322    ^^^H 

Hffnni.  Job,,  VU.  ib»,  270. 

^^H 

^■Hago  ^oa  Saint -Vi  clor,  VI,  338. 

Untomi,  Joh.,  VI.  317.                           ^^^H 

^BHtmen,  UIHcb  vod,  \  I,  314. 

I^uber,  Jakob,  VU,  16S  f.,  193,  23O,         ^| 

265,  311,   318/9.  35»— 33***  J^I»         ^H 

^■J4cabtts,  frater,  VU^  408.  410. 

i'U— it»S»  59^1  39S"i«)7.                       ^1 

H|£kgi,  der  IvrÄmer,   VII,  388. 

Ledere,  Si^erius,  VU,   110.                          ^H 

^WddocitA  de  Heydelbcrga  (=  Jod.  Eich- 

Lcfcvrc,    J;uqijes    L,    d'Klaple*.    VlI^     ^^^^H 

^M    tti;itiu)«   VII,  l()4  f.,  404. 

^^H 

^Bjcidocn»  GalhiÄ  Rul»c;iceri!»ii»  V^II,  195. 

Leodio.  Anthotnus  tle^  Vll^                    ^^^^H 

^HabaxmcB,  Bischof  v.  Basel,  \'Il,  191  f. 

Leoutorius,  VU,  301.                              ^^^^| 

^^^■itioes  de  Cim^tartti^L,    \  11,   396  t 

Lindau,  Joh,  (s.  Spilraann)  VU,  39'»  A".    ^^^B 

^HPhiancs (Petri  vou  Lau j^en dorn,  MI, 

Liüdclbaeh,  Micb*eL  VU,  337^              ^^H 

^m   ^h  i^i* 

Loans,  Jac.  Jehiel,  VU.  380.                 ^^H 

Loyvcck,  WÜhcbn.  VII,    1^2.                  ^^^H 

^BlAbeTsberK,  i.  Geifer. 

Lucns  de  Moleudmis,  VI,  347^)i  VII,          ^H 

^K^mipeu  (s.  Can»p€ti),   VI,   337,    344». 

15^  S^h  i^O.                                              ^M 

HKunedy,  Job.,  VI,  3411. 

LttdcT.  Peter,  Nl,   32*^.  VII,  86.  95,    ^^M 

^K;iDJiier.   Der  K.  von  Paris.,  c,   1470, 

^H 

H^    VU,    114 

Ludovkitt.  frater  (L,  Moser)  VU,  396.    ^^^1 

^kurtp  fJ  Baden 

Ludwig  XL  V,  Frankreich,  VU,  97  t,         ^H 

^Karl  der  Kitbne  v,  Burguod,  \*U,  163, 

I3L  «33  f»   '38  f-  »35  i>   «^3*              H 

■    186, 

Liidwi):  L  V.  Zweibrücken.  VII,  410.          ^H 

^■CujMir   von   Zweihrücken,    \  ü,   2O3, 

LuAt.  Aniold  suiti,  VU,  276,  3S0,  41 5.         ^H 

H    4tc»- 

~  Peter  mm,  VU,  276.                      ^^^| 

^Keller,  Jakob,  \*ri,  411. 

Lupulüs^  Heinrich,  VU,  t(*o,                ^^^H 

HKemel,   Eincricii&  de,   S'U,  410»  41t. 

Luther,   Martin,  VI,    312,   VII,   318,    ^^^B 

H    412*  4t5 

^M 

^Kerer.  Job.,  VU,  409.                            , 

91  Aol«r»  Vittts,  Vit,  20v»                         ^^^H 

^KesAler ,  KtcoUitSi  VII,  m8— 301,  320, 

Maior,  Eribi»ch«»fc  %'on,  VU,  90,  38b  1,     ^^^^H 

H    324.  J^^ii* 

Miuwella,  Bcnedictui,  Legat  d.  Papst«,    ^^^H 

HKey^er^iivrig  (t,  GeiUr), 

^^M 

HKilcben     (KirtiihnjTf^tM       |  >,       .t.« 

Marc  band,  s.  Mercatori^                         ^^^^| 

H  rbiirppi« 

—  de  Hoisnow,  VU,  ibU,  411.           ^^^H 

^■Cobcf^er,  Anioi^f»    v  li,  ju   L,   :'i5, 

—  Von  Rte]vperfjf,  VU,   2^                    ^^^H 

H  120, 

MarK^reta,  <*,  Budoti.                                 ^^^H 

420 


Max  Hossfeld. 


Martinus,    frater    (M.  Sträultn),    VII, 

332,  396- 
Mathcolus  V.  Perugia,  VII,   144. 
Matthias,  Joh.    M.   von   Gengenbach, 

VI,  349,  VII,  88  f.,  280. 
Mechthildis  (v.  Württ.),  VII,    196  f., 

206. 
Meffrrt,  VII,  1 1 7,  299  f.,  320  f.,  324  f., 

342. 
Meissen,  Propst  von,  VII,  351. 
MelanchthoD,  Philipp,  VI,  325/7,  VII, 

214. 
Mercatoris,  Berengar,  VII,  156. 
Metenerii,  Mgr.  Henricus  M.,  VI,  343. 
Metz,  Bischof  Georg  von  (s.  Baden) 
Michael  (Wildegk),  VII,  272,  414. 
Molendinis,  Lucas  de,  s.  Desmoulins. 
Molitoris,  Joh.,  s.  Müller. 
Montreuil,  Jean  de,  VI,  355. 
Moser,  Ludwig,  VII,  396. 
Mucker  (Muckor),  Joh.  M.  de  Lapide, 

VI,  324. 

Müller,   Joh.    (MoUtoris),    VII,    148, 

268 — 270. 
Mütschelin,  Wilhelm,  VII,  205. 

Maiiclerus,  s.  Vergenhans. 
Netelet,  Aegidius  (Nectellet),  VII,  1 10. 
Nicolas,   frater,  s.  Torberg.  VI[,  396. 
Nolt,  Heinrich,  VII,  282. 
Nussdorf,  Hans  von,  VII,   277. 

Oigliu,  Bernhard,  VII,  89,  280—282, 

337. 
Österreich,    Herzogin  von,  VIT,    206, 
406. 
—  Herzog  von    (Sigmund   v,  Tirol), 

VII,  416. 

Otho,  Bischof  O.  von  Augsburg,  VII, 

328. 
Ottilic  aus  Ulm,  VII,  264,  412. 

Ottlet,  Jakob  (Kais.  Notar),  VII,  93. 

Paltz,  Joh.  von,  VII,  352. 
Parvi  (s.  Petit),  VII,  100. 
Pascasius,  librarius    magnus    Uuivers. 

Paris,  VII,   156. 
Pcllikan,  Konrad,  VII,  301. 


Perugia,  Matheolos  von,  VII,  144. 
Petit,  Michel  P.  aus  RoueD,  VII,  100. 
Petri,  Adam,  VII,  295- 

—  Joh.    P.    von    LaDgendori;  VH, 

293.  301. 
Petrus  (Augustiner),  VII,   iio. 
Petrus  (Kartäuser),  VII,  396, 
Petrus  de  Rivo,  VI,  335/7,  VII,  154  t 
Pfalzgraf,  s.  Caspar,  VII,  410. 

—  s.  Philipp,  VII,  406. 
Pfister,  Konrad  (?),  VII,  413. 
Pfortzen,  Jacobus  de,  VII,  296,  298. 
Philipp,  Pfalzgraf  Ph.  der  Aufrichtige^ 

VII,  206,  406. 
Philippi,  Jakob  (de  Kilchen)  VI,  34<i, 

VII,  84,  98,  280  f.,  359. 
Piart,  Blanchet,  VII,  93. 
Pirckheimer,  Georg,  VH,  331. 
Puteo,  Donatus  de,  VH,  156. 

Quesnoy,  Henri  du,  VII,  93  C 

Rasoris,  Theobaldus  (Sdierr),  \1 349» 

VII,  82,  88. 
Reisch,  Gregor,  VII,  280,  337. 
Reuchlin,  Joh.,  VI,  319,  325  f.  VII, 

128,  138,  141 — 148,  166,  196,216, 
.  237,  280  f.,    283,    289,    299,  301. 

303»  316,  3>8,  359,  380  f. 
Rhenauus,  Beatus,  VII,  301. 
Riepperg,  Margret  von,  VII,  263,  41 1. 
Rissen,  (?)  Heintz,  VII,  411. 
Rivo,  Petrus   de,   VI,    335  —  7,  W 

154  f. 
Rolin,  Jean,  (Bischof  v.  Antun),  VII, 

121. 
Rotberg,  Adalbert  von,  VII,  280. 
Röttli.  Michael  (Rubellus),  VII,  201, 

Saint- Victor,   Hugo  von,  VI,  338. 

Sallust,  VII,   129. 

Sauguet  (s.  Chauquet),  VII,  116,  156. 

Saxi,  Karolus,  VII,  94. 

Schcrr,  Diebold  Seh.  von  Thann,  \T» 

349.  VII,  82,  88. 
Schilling,  Diebold,  VI,  315,  VII,  183 

bis   189,   206,   209  f.,  242  f.,  24U, 

254- 


Johannes  Heynßis  xta  Stein. 


421 


Ißcr.  Peter,  Vll,  <>o  f,,  163. 

Peter,  V%  ,i2S,  Vll.  14»,  ii*». 
L,  374*  2^«»  2s»*lt  S5')- 
stciu,  s.  Torberg, 
iivrettmann,  Joh.  Schw.  aus  BonameK 
[bei  Fr&iikfuii,  VI,  329  f. 
iptoris,  Joh.,  VII,  148,   156, 

Paul,  VII,  205,  213—5,  2ir* 
tiSUs,    Petr   Paulus    (Vieillot),   VI, 

3x8,  vn,  42.  132—5,  14;,  147* 

s.  Sybcr, 
erius  Ledere  (s.  Ziger),  VIL  110. 

und  von  Tirol,  VU,  276,  416. 
xtm  iV.,  VTf,  187,  Uli,  197,  323, 
1342. 

BÄlsteyti^  Barbara,  VII,  263,  ^ti, 
^ilniSLno,  Job.,  VII«  396. — yß. 
ii\6hn  (Stadthoei),  Stilleren  usw.), 
voü.  Vll.   163* 
EU&abeth  von,  VII,  266. 
—  J&kob  von,  vn,   263,  266,  412, 
eis,    ]uh.    St.    von    St  hnrniiorf,    VI, 
|i2r, 

voi»,    hc^nlsc:h-^nlolbltrIl,  FamiliCp 
[VI.  320,  VII,  38^. 

Bnturloir  voD,  vn,  312,  314. 
Johaiiu  voo  tPropst  der  Kirche 
ICormiiieaK  Vn»  3S8  f, 
Sf,  Bun;:kArd,  Vtl,  388  f. 
^tmlin,  AUrliu,  VU,  332,  396. 

iih»rt,  Konrnd,  VU,  203.  205, 

Bt.  Ulrich  S.  von  Altktrch,  VII, 
[^   14S   t,    167,    179,   280  —  282, 

Joh.  VU.  264,  4JI. 
rtOTi«,  Joh.  S.  de.  Horw,  Vfl,  413. 
r,  Heini-.,  Vn,  4ti. 
t,  Joh-  S.  von  W&DCeo,  VU,  88, 

i(r),  Benikud  von,  VII,  ^63^41 1* 

il,  Guil.  VII,   142. 
i,  WilK  T*  voo  Aachen,  VII, 
IH  193—5,  «t,  167,  273  ^,  »»o  f-, 
|je2,  403,  40s* 


Theolocum    (Tholcy),   Abt   von,    VII, 

114, 
Tierserc,  Joh.    VII,  lio, 
Ttferna*,   Gregorio.   Vt,  355  L,    VII» 

142,   146. 
Tirol,  Sigmund  von,  VU,  276,  416. 
Torberg,  NicoLii  (Schursicin)  v^ --    r 

vn,  333,  396, 

Triet  s.  DryeL 

Triihemms,  Job.,  VI,  318,  325,  VII, 
80,    I44y    198,    202»    280,   290  1, 

294  t,  5'4,  i^i.  i25,  39«* 
Trucbscss,  Magdalena,  VII,  264,  412. 

tJdnlricus  (Ulrkus),  Korthattscr.  V'H, 

Ungcluck,  Jacob  U.  vou  Stendal,  VI, 

341- 
Urach,  Conrad  (Ciinliu}  von  U.,  VII^ 

396,  398. 
UteuheiiTj,  Christoph    von,   VII,  280, 

i»S  f-   328,  359» 

Val,  Abt  von,  \^I,  114  t 
Valla,  Loreuzo,   VII,   132,  307. 
Vauccllö,  Pctnis  ilr?   \T   ?j*— 1.  ;;4. 

vn,  154 

Vergenhans.Joh*  »Nauciersisi,  v  i,  347  j.^ 
Vn,  I9^t  199—202,  204,  212,  217. 
Vcssclcr,  Konrad,  VU,  20$. 
St.- Victor,  Hugo  von^  ^ji^» 
Vicillot,  &,  Senilif. 
Vin.iriis,  Petrus  Antomus  de,  VII,  86, 
Vitelliui,  Comcliu«,  VI,  355. 
Vogt,  Caspar,  VTI,  270. 

Wagner,  Andreis  \V.  von    Küiislau, 

VI.  327^ 

—  Mgr.  Peter,  VU,  120,  156, 
Walter  von  Wcrve,  VU,  205. 
Wesscl,  a,  Gan&fort. 
Widenbosch,   Xikolaus,    VTI,   159    t, 

Wndegk,  Michael,  VU,  17t. 

Wirupreliog,  Jakob,   VI,  315,  515  U 

VII.  130,   194,  216,  270^  280,  20 
515  f*.  320»  3S8  t. 


39^  Max  Hossfeld. 

loco  fratris  Johannis  Lyndow,  qui  priiis  pro  me  fecit 
monem.**  (16.  X.  1490,  fol.  316).  Am  Neujahrstage 
heisst  es:  .,vice  fratris  Gon.  Urach  fratribus  laicis  post 
ridiem  de  consensu  patris  prioris  propter  novum  an 
incipientem.^'  (fol.  287).  In  allen  andern  Fällen  ist  nur 
Name  des  Vertretenen  genannt.  Eine  Begehnässigkeit 
dabei  nicht  zu  erkennen. 


Die  vorstehende  Arbeit  ist  von  der  philosophischen  Fakultät  der 
versität  Berlin  als  Doktordissertation  angenommen  worden;  als  Disserl 
gedruckt  sind  die  Kapitel  i — 4. 


Chronologische  Tabelle 
der  Jalire  1174--149« 

ir  Aufnahme  der  biograpliisclieii  Noliieo  in  HeynUns  Predigtmanuskripten. 


ErliniemDgen. 

Diese  Tab«41o  gibt  eiseo  Cberblick  über  die  Seite  167 
v.iii   3G3    besprochene»    dgunhindigen    Oberschriften    tuid 
lotiieo    Hej^iiliBS   in  semen  I^vdigteittwtlrfeiL     Sie    dient 
ehzeitig  als  QoüUemiadiwm  sa  v^Mfer  Biographie  itiid 
Itioprar  Hej^Iios  seit  1474;  moA  enümlt  «ie   lOAnche 
»InachrichteD.  die  wir  im  Tcxs  whergthea  nmae^m   Die 
^ordnang   der  N^otigen  M  ArwmJbgmdk;  wir  baben  oben 
ie  365  bis  375  aber  diae  AiwwdJMag  Bedienchffft  ab- 
liegt.    Ad  dem  Wedttel  der  7whlm  im  4m  Babrik  ...Biiod'' 
sich    seheTL    we!rli#»   Vt^^^mmf    m    Pf    TT  und   TTT 
arrscht* 


U74) 


Bemerkttngm  n  itm 

Xiir    die    in    Fetsdiwck  h 
1)   sind    überli^afft:  ör 
sondere  Bemerl 
iZalileii(U74* 
iie  auf  der  Beobachtmig 
seh   geordnet  mnd  n 

ist  durchweg 
nur  diesen   schreft* 
bnet. 

2,  Tag  des  Kirtkem/tka  mmi 


Diese    zwischen 
llhülten  tien   ersifio 


ihlf-n 
Babrik 
B.  Die 


422 


Max  Hossfeld. 


Winspcrg  (Windsberg),  Erhard,  \TI, 

138.  f..  H». 
WiDterling,  Joh.,  VI.,  319. 
Wolff,  Jakob,  s.  Pfortzen. 
Wölfli,  Heinrich  (Lupulus),  VII,  260, 
Württemberg,  s.  Eberhard;  s.  Mech- 

thUd. 
Wylc,  Niklas  von,  VII,   131. 
Wyler,  Franc,  VH,  301. 
Ziger  (Prior  d.  Sorbonne),  s.  Sigerius 

VII,  103,  110. 


Zimmermann,  Georg,  VII,    298,  314, 

375  f.,  378. 
Zoemeren,  Heinrich  von,  VI,  336,  VE, 

154  t 
Zscheckenbürlin,    Hieron.,    VII,  311, 

394. 
Zweibrücken  s.  Caspar,  VII,  410. 
—  s.  Ludwig,  \TI,  410. 

Zwingli,  Ulrich,  VII,   260. 
Zyger  s.  Ziger. 


Inhaltsübersicht 


Dgen  ,  * 3o<> 

A.  Unlversltiltsjahre. 

KapiteL     Nanie  und  Herkunft    ....... 

FcstfflcUmig  des  rklidgeti  NamcuB:  Jobatinei»  He>*uliii  de 
L^püle,  de  I^apide  bezeichnet  keinen  Adeligen,  sondern  den 
Heiiti£iti»on>  NAnicnsvcttcm,  Verwechslungen.  Jahr  der  Cic- 
buft :  zwischen  1430  und  1433.  Seine  Heimat  ist  Stein  (bei 
Pforxheim)  in  Baden.     Sein  vateiländihcbcr  Sinii. 

Kapitel,     Leipzig.     1448 — 1452  .  la- 

Begion  der  Studienlaufbuhn  Ende  I44H.  Der  Luivcräi* 
talÄl>etricb  ist  noch  gant  scholastisch,  Heyiilin  schreibt 
ober  Aristoteles' Niiturphilosophie.  Scpt,  1450  Bakkalaureus; 
bleibt  noch  2  Jährt  in  Leipzig.  —  Johann  von  Capijitrano 
1452  in  Siichseii;  bleibender  Eindruck  bei  Heynlin. 

Kapitel,     Löwen  1453  ,    ,    .    . jjj 

Atiknuft  im  April  1453-  Noch  kein  Humanismus  au  der 
Uaivertität«  Hcjnlin  setjtt  seine  Ariflotclcsstudieu  fort 
und  findet  in  Löwen  eine  scharfe  Ausprägung  des  Rcalis- 
^lu^i  {via  Antiqua)  vor,  schon  hier  wahrscheinlich  wird  er 
Anhäni'er  des  jilieti  Weges,      Lehrer, 

Kapitel     Paris  1454—1464 

Charakter  der  Uuiversitätr  Paris  dos  j^eutrum  der  Seho« 
liKlik.  Heyubn  wird  Mitglied  der  deutschen  Nation  und 
der  ArtislenüikultÄt.  Dauer  seines  Aufenthalts  (AnkiinA 
vor  2.  IL  54,  Abreise  nach  3<).  IL  64 ;  aus  jedem  der  «chu 
Jfthrc  sind  Niichrichtcu  vorhanden),  FakuUÜt:  1455  Liccn- 
li^l  und  Magister  ortium.  Nation:  Seine  Acmter,  ewölf 
M*il  Prokiirator,    ein  Mal  Receptor, 

Fort  sei  tung  der  AHstolele'^s  Indien  uud  •Schriften.    Wur*  J41 

lUg  der  Philosophie  Heyolins,  realistische  Richtung 
ilbea.  Der  Realismus  in  Paris,  Heynlius  Lehrer  und 
Sctidie»geno«fien.  (Vergenhoos  Nauclerui.)  Er  wird  Pro» 
IbtEor  am  CoUeg.  Burgundi,!?  (I4S*)^*  studiert  glcichicttig 
Theologie,  1461  oder  Anfang  1463  Bakkalaureui  der 
Theologie,  I4ri2  in  die  SoiiMmnc  aufgenommen.  Kreund- 
ichAft  mit  Withclm  Ktchet.  Heynlin  lieM  ulier  Hicionynius* 
Eifildluogen  cur  Bibei.  Abbrechen  «Icr  t  heob>gi&cheii 
Studien. 


;-=:  i»4sft;« 


V.    jCir^9tt^J 


er.«'  >>:t.  Irtr^irinMaac  -nir  ?-SEr  -*ih.  ^inflan,  "VlfaEsm 
;.r;tf.rc.  ^;uu%n  ?^xci:  Tr.s£  tt:'  -an  Hcs  Jim  .55- 
^.^n^r..  ?  «icur^^iiriaTiiEn.  ler  SumsiSfinnB  :.sx:  socä.  vi- 
,^m.-u^ifiui^,  Z>e  ^.-ule  ^  if?IäPt  nur  ^ersilaft  j^  ier 
'.•#?:*-;uf«iim^  ütr  i#stiea  "^5^5-  ra^esig  ^;;rtr  ne  Zorn»- 
*;'*<»  rü^  *r  fie  .pns:;r.ae  T^rricsiupn^  öes  StimiiiauBnai 
vJrr  i:ir  lui  "r  rrr jmfer^-an^ün^  ^eüer  TT*^  "-aträc?  Aj^ 
-iiiitt#5i   Irr  '.'i:ri?r-ir:ir  5aS'<i    «er   ier  FIiimTiT  mg   äs  iitEa 

>..ir:«n^    irr  2*ir3itr-ir.iM*rTin ^    .n  3aae.    nie.i»ijihi    fifB*- 

f,.  Kaf/^M,     FinA  1^-7—1474 

.'i  -.•*-.  »  .;•'  ■-'  i'-'  •••^  frijjtv^  T  .m  :i.  Jmi..  Wj^ia-- 
, , ; :'.-. ^ .-.  n¥t  '«*r  'Ä-^^  -'/^  a-.iftr.  S  r  üi. la .  Semt?  >Lm oäkripts:. 
^-r  .u-r<*  •',  '->-.-.-.'-*.-  -i  '-,r.  .i- '  Oir  V:rl»isa:i;j  iJrcr  -iie 
jßr^-f./^.      :  i"'    -'■        A.-.-^:.-     "'c:     Hi-i.an'srnaa     ia     iicr 

''/v,  iryt'Tr   ^-^  -: *-;*.%•' äiTS  Nxnr.r.    -<t  K.:c»    L-iti-»^  XI 

;    '      /  i^'^.rr.^r."»  rk/*r.   -...•  'A'..h.  Fichet  flr  die  Fr^lfceit 

/^/-r     .*  .:  TT..      Pr '-r    <*rr    S^.r'y.rLZ.*     r^-i.*  .    lädst  sich.    T«r- 

,,^«^         p^x'^r    ':':r    ^'r* '.»r^i'i:      i  ;.'>"*  .      Verteidigt    cxn 

f '/•/.'.*   '>,f  r':..'Tri.r;i'  ?^%^-  '^^^  Kloster  von  Sa: et  I>eius. 

'},  .'j>.r    i'r.or    •>.f    Sor'.onr.';      i  ;ro — 71  .     Xeccnmg    im 

y.A.*':>'>r       ■•.^.f.':  Ar.*r.rt^r*tri^  'ir.ngt  aaf  eine  Reform  der 

.i/ho:»-it»vh':ri    'fh':'''.^;!^.     -w^^-her     'iie    Schriftsteller    des 

if,r'^*;.'h^'.Ti   Alt'rrttirrri  'rr»t;('^4'in^*^'tf:Ilt  werden.     AU  Leiter 

/•/  r     bjsr,Nf;itjorj':ri     '\':r    Sorbonne    sucht    er     die     starren 

i:f,*'rri'ht  .forrriTii,    '.on  'knfrti  f:r  nicht  abgeht,    mit  wert- 

:t,\,'u>    MxA  'rrnpri'r.-.li' h'rrn    Inhalt    zu    crfdllen.     IntensiTC 

I  .♦.;'^'Mt   ;il-^    J'rior,    V \r\\*rX   rühmt   ihn. 

!;»«•  vi«:r  iTt/t'rii  I>i^[»nt.itionen  vor  dem  Abschluss  seines 
l»i«olo/i>.Mi^ri  Studiums.  1472  wird  er  Liccntiat  und 
|iokl«,r  /Icr  HiroloKi':.  Inhaltsangal>c  seiner  Doktoratsrede, 
Miuliunit  von  S<  holastiHthcm    und  Humanistischem. 


Jo>hannc&  Heyolin  aus  Stein» 

EiiLfulinru^  des  Buclidruck:^  in  Pärii  (146«^ — 75),  Eriäbliing 
nach  (.'laitdia  und  Philippe,  VerbcsseniDgcn  im  Einzehicn, 
Uervorbebung  des  Anteils  He^Titins.  Bücher  und  \'or- 
ndta  «eigen  ihn  zum  ersten  Mal  in  voller  Deutlichkeit 
als  Huiuatusten.  Beziehungen  jtu  den  Humanisten  Fichet, 
Senilis,  Bessarion  (dessen  Ivreuzzugsidce),  sowie  tu  den 
bjidischcu  Markgrafen* 

Lehrtätigkeit^  In  der  ArtistcnlAkuUät  doziert  Heynlin 
bnmaniora.  Lehrbucher:  Prlscian ,  cif^ene  Schriften. 
Schüler;  Reuchhn,  A^rUcoln,  Amerbach,  Surgant  und 
andere.  Er  wirkt  vorbildlich  auf  sie  <tnrch  seine  Vcrbiu- 
dutt^  des  Humauismus  mit  der  Theologie  und  der  christ» 
liehen  ÄfoiivL  Rette  bei  einer  Promotion,  in  der  Mch 
diese  Verbindung  zeigt.  In  der  theologischen  Fakultät 
lieft  Hcyulin  über  die  Evangelien«  (er  lobt  die  Bibel  zu* 
gleich  wegen  ihrer  Erhabenheit  und  GcmciuverstindlichkcilK 

Kampf  zwischen  dem  alten  und  neuen  Weg  in  Paris 
w  den  70er  Jahreu,  Verleidigci  des  Kcalismu^  ist  ein 
ehemaliger  Lowener  Lehrer  Heynlius.  Dieser  (H,)  beteiligt 
sich  an  der  Unterdrückiuig  des  Nomiualismus  (1474),  jedoch 
anscheinend  ohne  besondere  Erbitterung. 

DoKs  Hcynlin  an  die^sem  Streit  noch  lulcrCüse  litidct, 
erklürt  sich  aus  dem  Wesen  des  alten  Weges.  Dicker  stellt 
nämlich  eine  Richtung  der  Scholastik  dar«  die  die  altbcr* 
l>ebnichte  Philosophie  und  Theologie  erneuern  will  «nd 
ileii  entarteten  Scbolastuismus  bekämpft.  Abschliessende 
Erörterung  über  die  bisherigen  Bestrebungen  Heynlins: 
Sein  Realisntus  und  sein  Humanism«*»  bilden  keinen  Wider- 
spruch bei  ihrn,  da  er  von  crsteren»  eilte  Vcrein(;»chung 
tmd  Vertiefung  des  SttuliuniSp  von  letzterem  cuic  V'ei* 
leitieruiig  der  Bildung  und  eine  Reform  des  mitteUIter* 
licheu  Lateins  erwartet 

Noch  ti.  September  1474  ist  Hcynlin  in  Pari».  Motive 
Deutschland  zurückiukehreu. 


425 

Seite 
120 


B.  Predlgtjahre* 

KapiUi     Basel  1474—1478 . 

Nicht  mehr  in  Vcibmdung  mit  der  U'oiwrsität  Hcyulin 
wird  Prediger.  Seine  Manuskripte  mis  biographische 
Qaeitc.  141a  Predigten!  Er  predigt  hi  St  Theodor, 
M»  Peter,  St,  Lei^nhaid  luid  auch  schon  in  der  rmgegcnd 
Bii  i-^rc  An>tdluttg  .m  St,  Lconhard,  n 

dir  Mide     I  j7*>  Reisen  nach  Ur,u:h,   H,i^ 

fingen  (Visitation  dei  Stifts). 

Schilderung  der  Predigtweise  Hejtilin^  .u»  i-r^t;»- 
«ahUen  Beispielen.  Form  schulgerechl*  AusCuhning  sdir 
Ubcodig   und  iroIkstQmbeb.     Wm   er  mit  der  Predigt  he- 


140 


14*^ 


«SJ 


«57 


it)i 


thtt 


426  Max  Hossfeld. 

zweckt,  ist  Unterweisung  des  Volkes  im  katholischen 
Glauben  und  seine  moralische  Besserung.  Er  ist  ein  Buss- 
prediger. Vom  Predigtamte  hat  er  einen  hohen  Begriff, 
von  der  geistlichen  und  weltlichen  Obrigkeit  verlangt  er, 
dass  sie  dem  Prediger  zu  Hilfe  kommen  sollen.  Häufige 
Ermahnungen  an  dieselben. 

Michaelis  1476  als  Ablassprediger  in  Bern.  Beschrei- 
bung der  «Romfahrt»  nach  Heynlins  Manuskripten  und 
Diebold  Schillings  Chronik.  Ende  1476  Streit  mit  den 
Baseler  Bettelmönchen  um  die  Pfarrbefugnisse.  Schreibt 
Predigten  des  Wilhelm  Textoris  nach  und  vertritt  ihn  ein 
ganzes  Jahr  als  Domprediger  (1477 — 8),  predigt  also  gleich- 
zeitig an  St.  Leonhard  und  am  Münster,  an  andern 
Baseler  Kirchen  gastweise.  Mai  1477  in  Urach,  August 
1477  in  Tübingen.  Am  Tage  nach  Textoris'  Rückkehr 
reist  Heynlin  nach  Tübingen  ab.  Regelung  der  Pfarrsorge 
an  St.  Leonhard. 

a  Kapitel.     Tübingen  1478—1479 

Stiftung  der  Universität.  Heynlin  ist  bei  ihrer  Gründung 
und  Einrichtung  beteiligt.  (Nachweis:  Glaubwürdigkeit  der 
Angabe  Tritheims,  vier  Reisen  Heynlins  nach  Württem- 
berg 1476  imd  1477;  seine  Freundschaft  mit  Vergenhans, 
der  rechten  Hand  des  Grafen  Eberhard;  Gleichstellung  des 
alten  und  neuen  Weges  an  der  Universität,  (Biels  Rolle), 
endlich  sein  Ansehen  bei  Eberhard  und  bei  der  Universität 
in  der  Folgezeit.) 

Heynlin  ist  zugleich  Pfarrer  der  Stadtkirche  und  Pro- 
fessor der  Theologie;  Oberaufsicht  über  die  Universitätsan- 
gelegenheiten. Er  predigt  seit  15.  März  1478.  Predigt  in 
der  Universitätsmesse,  Ermahnungen  an  die  Studenten.  Im 
S/S.  1478  inskribiert.  Er  predigt  in  Wildbad  vor  Graf 
Eberhard  und  andern  Fürstlichkeiten. 

Michaelis  1478  wieder  als  Ablassprediger  nach  Bern. 
Verhandlungen  zwischen  dieser  Stadt  und  Graf  Eberhard 
um  ihn.  Er  hält  sich  auf  dem  Hin-  und  Rückweg  in  Basel 
auf.     Seine  Rolle  bei  der  Romfahrt. 

31.  Oktober  1478  zurück  in  Tübingen.  Er  wird  Rektor 
der  Universität.  März  1479  als  Ablassprediger  in  Urach. 
Anfang  Juli  geht  er  ab!  Die  Gründe  für  seinen  Abgang 
sind  unbestimmt,  aber  es  kann  nicht  der  Widerstand  Ga- 
briel Biels  und  Paul  Scriptoris'  gewesen  sein;  die  heftigen 
Kämpfe  zwischen  Realisten  und  Nominalisten  in  Tübingen 
fanden  wahrscheinlich  erst  später  statt.  Er  erhält  einen 
Ruf  nach  Baden. 

9.  Kapitel.     Baden-Baden  1479—1480 

Heynlin  wird  von  Markgraf  Christoph  zum  Kustos  oder 
Thesaurarius  des  Chorherrnstiftes  gemacht,    mit  der  Stelle 


Se; 


7rih.inii«£  He^iiliu  um  Stein, 


427 


KttAtoit  IM  «iii8  FfÄrraml  vcrbutvdcii.  Pfticlilc«  t!cs 
iPfairer«.  Hryuliti  ist  iiber'lie*  ScclHorgcr  im  Nonocnklostpr 
ll>tchtrutal.  Beziehungen  zur  ÄbliNsin  Margarete,  der 
IScliwcsIrr  drs  M»rk;;rafc»,  >;utt*  Zucht  iw  Uchtcntal  Bc* 
[riebungcii  rnr  markgrü fliehen  Fiimilk»  lilKrliaxipt.  Viel 
I Arbeit  Predigt  wieder  als  wichtiger  Teil  des  Kiiltns  be- 
lluiode}!*  Die  lo  Gebote  werden  in  dcutscb-'r  rti.^^r- 
[»eUiing  in  der  Kirche  angeschhigcn. 

KapiteL     Be.rn^    Anfanij   Mtiri  hin  20.  April 
iW . 

VerhundJuiigen  zwischen  der  Sliidt  Bern,  HeynUtl  wud 
|'MiirWgr.if  (.'.hnstoph.  Dieser  willigt  endbcfa  eiui  den  Pre- 
iiligrr  tum  drittel)  Male  nach  Bern  geben  zu  hissctn*  Vcr- 
rküret  ab^T  die  vom  Rate  liegchrte  LTrlaubsfrist.  Erste 
[l*redi|;t  in  Bern  am  12.  Äfar/,.  Wie  autibedungen*  ist 
Hc)'nlin  diesmal  der  einzige  Ablassprcdiger.  Er  wird  über 
i,cit3eii  Urlaub  hinaus  festgehalten,  man  sucht  ihn  dauernd 
lliir  Bern  rai  gew^innen,  gläujecnde  Ancrbietungcn,  Er 
I  schlägt  ein,  reist  noch  einmal  niich  Badeni  kehrt  aber  nicht 
itdcr  nach  Bern  zurück, 

Seine  VVirlcsamkeii  in  Bern,     Ctbereinstinimung  der  mo- 

I  r»b^ch>kirch1icfaen    Gesinnung    des    Berner    Ralj»    rait     der 

I  Heynlin»«    daher   seine  Erfolge.     Diese  werden,  da  fic  für 

typisch   sind,    ausfübrljcher   entählt.     Schilderung  der 

ritultureBen  und  sittlichen  Zustände  Berns,  Ma&sregeln    der 

Regierung,    ura  sie  zu    bessern.     (Verfluch  einer  Dbcrsrcbl 

täbrj- dieselben).  Hcyulin  baut  in  dieselbe  Kerbe,  geht  abi*r 

[Dodi' weiter  als  der  Hat,     Seine  Erfolget    ij  Ver&rbiebuug 

er  lUtswahlcn   rotlsamt   dem   Volksfest  von   der    heiligen 

^<)«terxeit    auf   acht    Tage    später,    dem   Wahltag  wird    ein 

rrligiÖÄ  wc;bcvollcs  Gepr^igc   gcgelHJu,     2>  Abstellung  ans* 

i;r1assencr  Volksbräuche,     Verordnungen    gegen  Stöningcn 

^de»    tjottcsdienstcs.     3)   Fürsorge    fdr    das    vcrnachläsaigtc 

tSdiiitwesett^  Ncufian  der  Schule.  Nacbhaltigkcit  der  Erfolge. 

[Urteil  Valerfiis  Aushelms  über  Hcyniin. 

Kapitel    Baden-Baden  1480—1464     ,    ,    .    . 

Anlfunft  J2,  ÄLii   141^0,    Kmiikheit  und   Reise.    Er«t  leit 

5*  '^  rcgelmäistge  Predigt.    Ef  predigt  vor  Fiiriten 

n,  in  der  Umgrbung^  m  LicUtental,  vor  allem 

I  tu  avden.     Reinen    uttd    deren  Anllbu^e    <Basel,    Freibtirg, 

ISirMslfurg  tmd  Kloster  Konigsbruckh  Bfkaontschaflen: 
Geiler  von  KalÄtr^U♦J^g,    Job.    von  Hocbljcrg,    Job,  Müller 

[(f»*'  J  einer  Brief»! eile  gfgeniibcr  Ch.  Schmidt» 

Kn  M^j    In    xciner  Stellung,    keine   Anregung, 

I  PlACkemen  mit  den  Kollege»«    Ruf  nach  BascL    Verticht- 

[tetstntig  *ttf  vcrfehtedene  i*fr3ndcn, 

M^tT  ^eitschr,  L  Gesch.  und  Antrlutn.    ViJ,  'i 


Seite 


140 


24: 


inj 


206 


4^8  Max  Hossfeld. 

/•<?.  Kapitel    Basel  1484—1487 

Hcynlin  wird  Kanonikus  und  Prediger  am  Münster. 
Reisen  nach  Baden  und  Strassburg.  Amtsantritt.  Pflichten 
des  Dompredigers.  In  der  Advents-  und  Fastenzeit  predigt 
Heynlin  täglich,  sonst  viel  seltener.  Auch  in  der  Um- 
gebung und  in  anderen  Kirchen  Basels.  Einige  besondere 
Anlässe  zur  Fredigt.  Die  Kanzel  mit  den  von  He}'nlin  an- 
gegebenen Bildern  und  Inschriften,  ein  Zeichen  seines 
ernsten  Sinnes. 

Verhältnis  zur  Universität,  er  ist  nicht  Professor.  Den- 
noch Mittelpunkt  des  Baseler  Humanisten-  und  Gelehrlen- 
kreises. Beziehungen  zu  Baseler  Buchdruckern,  insonderheit 
Johannes  Amerbach.  Er  ist  dessen  ständiger  Ratgeber  bei 
Auswahl  und  Ausstattung  der  Bücher  (vor  allem  die  Bibel 
und  die  vier  grossen  Kirchenväter).  Er  gibt  auch  viele 
derselben  selbst  heraus.  (Die  Fontibus  ex  gra?cis  —  Bibel, 
Augustin,  Ambrosius,  Kassiodor,  Trithemius  u.  s.  w.)  Joh. 
Froben  und  Jak.  de  Pfortzen  drucken  Heyulins  Schrift 
über  die  Messe.  Nikolaus  Kessler  druckt  Schriften  und 
Editionen  Heynlin«.  Bücher,  die  Kessler  und  Amerbach 
der  Kartause  «im  Hinblick  auf  Johannes  de  Lapide»  ge- 
schenkt haben  (Bibelkonkordanz,  Gerson,  Augustiu,  hl. 
Bernhard).  Amcrbachs  Druckwerk  für  Heynlin  charak- 
teristisch. 

Statt  des  Humanismus  beschäftigen  ihn  vor  allem  mora- 
lische und  religiöse  Fragen,  je  länger,  je  mehr.  Ausfalle 
gegen  die  Oberrtächlichcn  und  gegen  die  Ungläubigen,  (d.  h. 
Humanisten).  Empfehlung  der  kirchlichen  Schriftsteller. 
Richtung  auf  das  Jenseits,  der  zentrale  Gedanke  bei  ihm 
wird  die  Frage  nach  dem  Heil  der  Seele.  Überzeugung 
von  der  Verderbtheit  und  vom  nahen  Untergange  der 
Welt.  Entmutigung  wegen  des  Ausbleibens  der  Erfolge 
seiner  Predigttätigkeit.  Bedürfnis  nach  Ruhe  und  Seelen- 
frieden.    Eintritt  in  die  Kartause. 

l^J.  Kapitel    In  der  Basler  Kartause  1487 — 1496 

Unzufriedenheit  und  V^orwürfe  der  Freunde,  V^erteidigung 
durch  Seb.  Braut.  Die  Kartäuserchronik  über  Hcynlins  Be- 
weggründe zum  Eintritt  in  den  Orden.  Stimmung  jener 
Zeit,  Mutlosigkeit.  Die  Klostergedanken  Geilers,  Wimpfe- 
lings,  Utenheims,  Brants,  Reuchlins;  Heynlins  Vorbild. 
Er  bewegt  Hochberg,  gleichfalls  in  die  Kartause  einzu- 
treten. Versuche  Heynlins  Austritt  zu  eri eichen,  man  will 
ihm  eine  Predigerstelle  oder  das  bischöfliche  Vikariat  in 
spiritualibus  in  Strassburg  geben.  Der  Prior  Jakob  Lauber 
verwehrt  es. 

Rege  literarische  Tätigkeit  im  Kloster.  Editionen  und  eigene 
Werke.    Der   Traktat    über    die    unbefleckte    Empfängnis 


hlmsbetrachtung 


Jbtr&tioes  Hc^ttlfn  ans  Sicif: 

ILiriji  (Aui^xugK  Kiiie  Himmel fahruprcdigt  tiber  die  Vcr- 
def  tithcit  der  Welt  und  die  Sehnsucht  nach  Ruhe  (Auszug). 
Die  Schrift  über  die  Mcs.se  und  ihre  ^osse  Verbreituiig. 
Tmkt.tl  öher  den  Ensisheimer  Meteor.  I'rcdigten  in  der 
Kiirtause.  Der  Prior  bcauflnigi  Heynlin  mit  Marien-,  dann 
mit  den  regelmA^igcn  Sonntag  sprcdit^cn.  Verhältnis 
twUcbcn  Laubcr  und  HcynJin.  Spannmtg.  LctieteT^^  ^"'i 
Prior  werden. 

Tod  (i2.  Mir/  I4»jb).  Sebäsüan  Brant  an  lieincm  Sterbe- 
tiett,  idn  Gedicht  auf  Heynlins  Tod,  Tiaucr  der  Freunde. 
Mau  will  ihm  ein  DcnkmAl  bctzcn,  der  Prior  verweigert 
die  Erlern  Imi)«. 


Djw  Imgische  in  Hcrynlins  Lebenswerk:  bei  so  viel 
Eoergie  und  §o  rastlosem  Wirken  doch  so  weujg  Erfolg 
imd  Befriedigung^  Sein  verzagter  Rückzug  tu  die  Kar- 
tLuse  erklart  sich  nicht  aus  Alter^müdigkeit  oder  Unzuläng- 
lichkeit keiner  persönlichen  Eigen ächofteii,  sondern  aus  der 
ünmöghchkeit  seiner  Bestrebungen,  Denn  er  hatte  die  in 
leliier  2eit  zu  Tage  tretenden  Mißstände  im  kirchlit-hcu 
Lvbeti  reforntiercn  wolleui  ohne  dabei  von  den  kirchlichen 
Eittrichtungen  dns  Geringste  preiszugeben.  Er  wollte  die 
Formen  des  Gottesdienstes  neu  beleben,  das  Volk  mit 
religiösem  Siun  erfuHcu  und  die  Priesierschafi  reformieren, 
hm  aber  selbst  eingestandeiii  dasa  er  das  nicht  vei mochte, 

Kähere  Ausführttngen  dazu,  Heyniiti  ist  der  Kirche 
treu  ergeben,  unterwirft  sich  ihrer  Autorität»  stimmt  mit 
fttlen  ihren  Lehren  übcrcin  {die  einzige  Forlbitdung  ist  die 
Steigerung  des  Marienkultus).  Die  katholische  Kirche  tut 
die  alleinseligmachende.  Daraus  ergibt  sich  die  hohe  Stel- 
lung des  Priesters,  ans  ihr  aber  auch  dessen  Pßicht,  in 
jeder  Beziehung  Vorbild  zu  sein.  Hcynlin  tadelt  den 
Klerus  (Habgier,  Simonie,  Pfründen,  Fnisaen,  Flci»chcs- 
ftüudeut  snperbia).  Dennoch  erklärt  er  den  fnr  einen 
Ket#er,  der  gegen  die  Ivirchc  redet,  und  will  der  Kirche 
auch  allen  ihren  weltlichen  Besitz  lassen.  Bei  dem  Abbis«, 
den  Prorcssionen,  bei  der  Beichte,  tiberall  tritt  er  der 

Ificiit  entgegen,  dass  der  Vollzug  der  kirrhlichen  Übnngcr 
sich  verdienstlich  sei,  dennoch  versucht  er  nirgend« 
die  Äussern  und  äusserlichcn  kirchlichen  Werke  cinzn- 
^hrankcn,  sondern  crklJirt  sie  in  Übereinstimmung  mil  der 
Kirchcnlehre  für  notwendig.  In  seinem  weltlichen  Be- 
itande wie  in  seiner  geistigen  Ausgestaltung  soll  das  ganze 
kirchliche  Wesen  unverändert  bleiben.  Schliesslich  «oh 
Heynliu  die  Utimogbrhkcit  einer  M»hhen  hidt*en  Rcfor* 
tnation   ein  und    trat    v<mv  Schauplatvee    ab,     Dii^sr  Rciig- 

5^1  vnn     Ut     ein     lirwf'i^     <!  iftir,     daSS    ♦'•tir    Krform.it inti     Arm 


Seite 

3*7 


335 


.>3« 


340 


43^  Max  Hossfcld. 

Katholizismus  unter  Beibehaltung  aller  söner  Ausdrucks- 
formen uicht  mehr  möglich  war.  Er  hat  aber  doch  nicht 
vergebens  gewirkt,  zum  Teil  gehört  er  schon  der  neuen 
Zeit  an,  zum  Teil  noch  der  alten,  für  keine  kann  man  ihn 
ganz  in  Anspruch  nehmen. 

Kurze  Charakteristik  seiner  Persönlichkeit,  Wimpfelings 
Skizze.  Ähnlichkeit  seiner  Bestrebungen  mit  denen  der 
konser\'ativeu  oberrheinischen  Humanistengruppe.  Sein 
Einfluss  auf  diese. 

Exkurs  1     

Heynlins  Predigtmaniiskripte. 

Jetziger  Zustand.  Heynlins  Hand  (Zier-  und  Eilschrift). 
Inhalt  der  fünf  Bände.  Sprache  der  Predigten.  Beigaben 
(Ueberschriften,  Xotizen  u.  s.  w.).  Deren  biographischer 
Wert.  Besitzer:  die  Kartause.  Des  Priors  Zutaten  <Re- 
gister  u.  s.  w.).  Anordnung  von  Predigten.  Wiederher- 
stellung der  teilweise  gestörten  chronologischen  Reihenfolge. 
Ausfüllung  von  Lücken.  Fast  sämtliche  Predigten  Heyn- 
lins erhalten. 

Exkurs  2 

Heyrüins  Ketmtnisse  im  Oriechischen  und 
Hebräischen. 

Der  Bericht  der  Karläuserchronik  wird  durch  Heynlius 
Manuskripte  geprüft.  Es  ergibt  sieb,  dass  er  etwas  Grie- 
chisch verstand  und  wahrscheinlich  auch  Hebräisch  zu 
lernen  versucht  hat.  Mindestens  hatte  er  den  Gedanken, 
dass  auf  <len  hebräischen  Urtext  zurückgegangen  werden 
müsse. 

Exkurs  3 

Heynlin  war  uicht  Leutpriester  des  Deutschordenshauses 
in  Bern. 

Exkurs  4 

Heynlin  war  /wischen  April  1480  und  1484  nicht  Piarrer 
am  Münster  in  Bern. 

Exkurs  5 

Vermögen,  Bibliothek  und  Schenkungen. 

Heynlin  ist  nicht  identisch  mit  einem  Propst  Joh.  von 
.Stein,  der  i  |8ö  wegen  Zahlungsverweigerung  in  einer 
Pfriindcnsache  vom  Berncr  Rat  verklag;!  wird. 

Aus  der  Anstelluugsurkunde  für  Heynlin  vom  7.  April 
1480  braucht  noch  nicht  dessen  Habsucht  hervorzugehen. 
Er  war  wohlhabend.  Pfründen,  Verzicht  darauf.  Seine 
grosse  Bibliothek.  .Seine  Mitgift  für  die  Kartause.  Stif- 
tungen für  das  Kloster  (Glasfeuster  u.  s.  w.). 


Johannes  Heynlin  aus  Stein.  43  ^ 

Seite 

.xkars  6 395 

Zusammenstellung  von  Predigten,  die  Heynlin  an  Stelle 
des  Priors  und  anderer  Mönche  der  Basler  Kartause  ge- 
halten hat.     (Laubers  Itincrar.) 

hronologische  Tabelle 399 

der  Jahre   1474 — 1487    zur  Aufnahme   der  biographischen 
Notizen  in  Heynlins  Predigtmanuskripten. 

'erzeichnis  der  Personennamen 417 

nhaltsflbersicht    . 423 


Liestals  Pfarrer  und  Schulmeister  in  der  Zeit 
der  Reformation. 

Von  Karl  Ganß. 


Ueber  den  Clems  von  Liestal  und  der  für  Liestal  in 
Betracht  kommenden  Pfarreien  von  Mnnzach  und  Lausen 
erhalten  wir  zum  ersten  Mal  eingehende  Aasknnft  im  Liber 
marcamm  «l-iil'.V«  Hier' werden  aufgeführt:  Item  Hector 
in  Liestal  (Capitalnm  Basiliense).  Item  Yicarios  ibidem. 
Item  Cappellanns  sancte  Marie  primissaria.  Item  Cappellanofl 
sancte  Katherine.  Item  Cappellanns  sancti  Oswaldi  et  sancte 
Crucis.  Item  Cappellanns  sancte  et  individue  Trinitatia. 
Für  Munzach  erhalten  wir  folgende  Angaben:  Rector  in 
Muntzach.  Vicarins  in  Mnnt2»ch.  Lausen  wird  in  diesem 
Zusammenhang  nicht  erwähnt  Dagegen  erscheint  es  spater 
im  Begistruni  Kathedralium.  Item  Lyestal  et  Lauser  VI  sol 
Lausen  war  also  keine  selbständige  Pfarrei.  Munzach,  dsi 
damals  schon  im  Abgange  begriffen  war.  bedurfte  gleich- 
wohl eines  Vicars  neben  dem  Rector,  weil  zu  der  Pfarrei 
die  Dörfer  Frenkendorf  und  Füllinsdorf  mit  den  Kapellen 
der  Margaretha-;  und  des  Gallus^)  gehörten.  Gegen  Ende 
des  Jahrhunderts  hatte  der  Pfarrer  von  Munzach  seinen 
Wohnsitz  in  Liestal.*)  Im  Jahre  1458  werden  fünf  Gulden 
jährlich  in  folgender  Weise  geteilt:  «des  ersten  einem  jek- 
liehen  lutpriester  zwen  guldin  und  einem  jecklichen  frao- 
messer  daselbs  einen  guldin.  dem  capplan  sant  Katrinen 
altar  einen  guldin,  dem  altar  sancte  trinitatis  ein  halben 
guldin,  dem  altar  sancte  cnicis  ein  halben  guldin.*'^)    Auf- 


^)  Trouillat  V.  35  f. 

')  Brückner  Merkwürdigkeiten   12 16. 

3)  Ebenso  1238.  Da  Gallns  der  Kirchenpatron  von  Füllinsdorf  ist,  so 
dürfte  Firinisvilla  t.itsächlich  mit  Füllinsdorf  identisch  sein.  Vgl.  Boos  Vi- 
kundcnbuch  von  Baselland.    Seite  2. 

*)  Pfarrbuch  von  Munzach   im   pfarramtlichen  Archiv  von  FrcnkcndorC 

»)  Urk.-Buch  Baselland  968.   10  ff. 


LicslaU  Pfarrer  iiiil  Schiitmeulei   etc. 


4.1.5 


end  ist,  dass  hier  der  Vikar  felilt»  und  diisa  wolil  die  Alfäro 

ler  nicht  die  Kaplänr»  dor  Trniität  und  d^s  lu*iligen  Kreii- 
ees    erwähnt  werden.     Möglicher  Weise   haben  die  übrigen 
Oeistlichen  vorübergebond  auch  diese  Altäre  bedient   Denn 
äpater  eracheinen  wriederdie  sechs  Geistlichen.  Der  geschiclit- 
lieh   interessierte.    w»'nn   aneh    nteht   dnrrluveg   zuverlässige 
tPfarrer  von    Liestal,   Jacob   Kitter  (1570— Itill),  teilt   mit: 
Xiiestal  habet  tres  parochos:  Liocbstulensem,  *iui  oliiii  habuit 
inque  capellanos  1.  S.  Trinitatis  2.  S.  Cnicis  3.  B,  Cathe- 
,ae    4.    B.    Brigittae    B*   8.    Wolffgangi.      MunzachenÄem 
sensem. ')    Eigentündich  ist,  wie   ra^cli  die  Erinnening 
die  frühere  Zeit  verloren  gegangen  ist.  Denn  ein  andere» 
berichtet  er:   ^Templo  Lieebtöraliensi  i|niu4Ue  capellani 
erviemnt:   capellanus  S.  Cruciii»,  S,  Trinitatt^,  S.  Wolff- 
gi,  S.  Catharinae,  S.  Sebaldi,  alii  dicnnt  Eiiaebii,  Deinde 
►bnerunt  praenjissariuoi  ein    l'räinessen*^)    Ritter  hat  also 
m  Vicarins  nichts  mehr  gewnsst,  ebensowenig,  dasa  einer 
ir   Kapläne    zugleich    FrühiiieHaer  war.     Der    Marienultar 
ist  ihm  unbekannt.   Ausserdem  widerspricht  er  »ich  selbst 
■A)4lann  verwecliselt  er  zweinnd  die  Piitrone  der  Kirche  mit 
^Kneo  der  Altäre.  Brigitta  und  En^ebins,    St.  Woll'gang  steht 
^■»hrscheinliclj  statt  St.  Oswald,  und  Eusebius  i»t  ihm  wohl 
^  statt.  Erhard  in  die  Feder  geflossen,  der  tatsächlich  in  Liestal 
Verehrung  gefunden  hat.^)  Sebald  findet  sich  son^^t  nirgends 
erwähnt.    Dagegen  k(nnjnt  der  Name  im   16.  Jalirlnindert  in 
Liestal  häuhger  vor.    Die  Unsicherheit  Ritters  erklärt,  sich 
übrigens  leicht.    Denn  er  bekennt  selbst,  dass  er  seine  Mit- 
teilungen auf   die   sich    widersprechende   mündliche   Ueber- 
lieferung  stützt,  (alii  dicuiit.)   Das  ist  eine  Mahnung,  seine 
Angaben  auch  sonst  mit  der  nötigem  Vorsicht  aufzunehmen. 
Im  Gmnde  alier  ist  tlas  Bild,  das  Ritter  üVjer  die  Geist- 
lichlceit  uns  gibt,  noch  dasselbe^  welches  wir  im  Über  mar- 
canim    vorgefunden    haln-n.     Der    Rektui*    od**r    später    der 


^  B.  St.-A.  Kirchenarchiv  D  8  S.  8. 

*)  Univcrsitatibibliothek:  Kircbcnt>iblioibek  von  AnL  Falkdscn.  Miiiui- 
fcripta  et  imprcssa  eccl,  a  rTrformaliotie  ad  aimiim  1585.  C  IV,  t.  Seite  roo, 
i«)l.  Die  Handschrift  wie  die  Initialen  Ja,  R.  B.  (Jacobus  RitteruK  Bustlicnsis) 
am  Schlüsse  führen  auf  den  Liestalcr  Pfarrer. 

^)   VgL  Brodbeck,  Geschichte  der  Stadt  Liestal.   Seite  6*j. 


i 


434 


Karl  nsli^i. 


Ijeutpriodter  und  die  ffinf  Kapläno  oder  der  Bektor, 
Vicar  und  die  vier  Kaplane.  Iiu  Debrigen  hatte  sicli  uo 
aiweierlei  geandi^rt.  Von  einem  Vicar  des  Munzaeher  PfÄrrers 
wird  nie  mehr  geredet.  Dagegen  tritt  luu  Pfarrer  von  Lausten 
anf,  der  freilich  in  Lieatal  seinen  Wohnsitz  hat.  Laitseii 
mag  wohl  nin  148*"»  selbstundig  geworden  sein,  wo  di« 
friihere  Capelle  zur  Kirche  erweitert  worden   ist.  S 

Fing  Jahr  1512*)  kam  als  Leutpriester  nach  Licstal 
Stephaniis  Stör  vir  doctns  plebanus  ecclesiae  LiechtataliensiB 
erat  circa  Aniiiiiii  Christi  1512,  wie  .lakoh  Ritter  ins  Kit  ' 
buch  von  Lie^tal  eingetr-agen  hat.  Er  stammte  aus  froi 
Familie  von  IHessenhofen.  Sein  Bruder  Hans  war  Kaplan 
des  St.  Anna-Altars  seiner  Vaterstadt.  AJs  er  schon  Lent* 
priester  in  Lipstul  war,  vergabte  er,  wie  das  Jiihnceitbndi 
von  Diessenhofen  bericlitet.  mit  seinem  Bruder  und  seiner 
Mutter  MargareÜia  von  Schupfen  25  Pfund  Hellen.*)  Seit 
dem  Jahre  1521  *}  pre<ligte  St^ir  ^das  heiig  gots  wort  mit 
trüw  und  ernst, ^  Er  vvurtle  unterstiltzt  von  dem  gleich- 
gesinnten  Ka|jlan  Heinrich  Sinckentaler  von  Luzera^  der 
diu  ansehnliche  Katlmrincnpfründe  in  Liesfal  ver^  V 
Zwei  Jahre  später  lieas  Stör  den  Worten  die  Tat  lo^,  : 
Denn  am  17,  Oktober  152H  beklagte  sich  Ulrich  Wirtnt?r 
alt  Obristmeister  in  Freibnrg  im  Breisgau,  der  ,,vmb  d*?r 
heiligen  dryer  knnigktag  XXten  Jar  vergangenn  ein  Jami 
in  der  pfarrkirch  zu  LiestJil  mir  vnd  miner  fordei^n  sden 
zu  Trost  gestiflftet^  hatte.  ^Nu  ist  mir  solUch  Jarzj-t  gar 
by  virr  Jaretin  nit  gehalt/enn.  desshalbenn  ich  gevrsacbet 
das  bemelt  »larzyt  an  ein  antler  ort  züuorwenden>*> 


*)  Brückner   i  i;cj, 

»)  Kirckcn blich  des  Pfiirramt*  Lic«Uü,  Seite  IL  Ueber  Stepbau  Slor 
vgl,  Paul  Biirckhardl:  Die  Politik  der  Stadt  Basel  im  Bauernkrieg  de* 
J;ibrcs   1525. 

*)  Nuschclcr,  Gotlc&häMscr  der  Sch^ieiz,  Heft  II  S,  49. 

*)  Zu  dieser  Zeitbestimmung  fuhrt  die  Erklärung  Stori  &m  2.  Mai  1525 
ipich  hab  üch  hie  «e  Ltcstal  hy  vier  Jareu  das  heiig  wort  gots  mit  trnvr  und 
ernst  gcprcdijfctt.**  VgL  1*.  Burckbnrdt  a^  n,  O.  S.  18.  Da  alier  St5r  seit  löl'i 
in  Lieütal  war,  rt^dct  er  hier  vom  Begitm  der  reforrnutUchen  Tätigkeit- 

*)  Siehe  unten,  S.  440  f. 

•)  St^A,  Baj^eUnnd.  Lade  j  C   3. 


LieitnU  Vf.irrrT  und  SchulmeUier  crc. 


435 


I  Ajji  Sonntag  vor  St.  Martin  lö2*6  trat  Stör  mit  dem 
tmstUchön  Anbringen  vor  den  Sehiiltheiss  und  den  ganzen 
Bat  von  Ijiestal,  ^.wie  das  ingedenk  und  ht^traohw  wiu  das 
i»r  uff  ein  jur  zechen  oder  mer  unelich  bubert  und  «;chunnt- 
lich  huUgo halten  dormitt  das  er  Gott  und  die  welU  dar  lunni 
prcbt  dellhalb  inn  sin  concientz  und  gewissi»n  trib  und  inn 
Bar  ziic  bewHg  do  rrutli  ^r  sich  anndi^i*s  nndor«Uind  zuo 
regieren  und  nich  dormaUen  bessent  daiuith  vr  sin  cnncientss 
Lntitladtv  Dor  nff  su  welle  er  ettwas  ungehörds  anbringen 
iici  bette  er  den  rodt  inn  dor  inn  gnedeklich  eo  verhören 
pnd  tiicli  nitt  diiran  auo  ergercn/" 

I  Nnchd**m  in-  aeinc*  Absicht,  sich  sm  verheiraten,  mit  der 
Bchrift  verteidigt  hatte,  fahrt  er  fort:  ,.So  er  nun  aolichs 
Mienthalben  in  der  gesehrifft  finde,  so  bpgehre  er  ati  schult- 
■lei!*  unti  rot  das  su  widlent  im  ir  hertz  uff  tluin,  als  or 
Inen  das  sin  hab  geöffnet,  und  im  iren  willen  sagen  ob  sy 
Inn  in  solichem  olichen  stand  dulden  nntl  l^'den  wollen  und 
tucrgen.'*  Er  anerbietet  sich,  sein  Begehren,  mit  s^eintir 
bungfrau  und  seinen  Kindern  zu  leben,  vor  der  ganzen 
OomiMnde  zu  v^ertret^n*  um  ihren  Willen  zu  vernehmen,  *) 
Anfangs  1524  In^imt^He  Stör  ^nit  on  grosse  Fn*nd  vnd 
irolgefaüeri  der  pfnrgnossen  zu  Liochötal'*  seine  Haushillterin 
In  off«*ntlichem  Kirchgang.')  Htör  hatte  die  Gemeinde  von 
Liestal  in  ihrer  Mehrheit  hinter  sich.  ^Pan  ich  so  vit  wüsöen 
rnn  erfamng  von  jnen  verstanden  han  /  das  sy  mich  in  dem 
kftichen  stand  wol  vnd  gern  moechtend  tulden  vnd  lydeu/ 
rnnd  gar  viel  lieber  ein  predicanten  der  ein  frommer  e»»man  / 
Üanu  ein  hurer  haben  wolten.  Das  sich  wol  erfiinden  hat^  in 
Biini  als  sy  nach  miriem  Kilchgang  /  ein  volkomne  gemeyn 
k-on  Häteu  vnd  bnrgerachaft  vll  jrenj  eignen  willen  vnd 
ppmtlt  i»n  all  myii  anniffen  vnd  zuthun  V^erüffl  han,  darinn 
rinheligklieh  beschlossen  vnd  erkennt  /  das  sy  jre  ver- 
prdneten  /  nemlich  zwen  von  dorn  rat  /  vnd  zwen  von  d«>r 
pnrgerschafft  gesandt  vnd  geschickt  hatid  für  vn8**r  gnaodigr» 
bb<*rhern»n  dt-*r  loblichen  stai  Basel  ein  früntlich  vnnd  ernst- 
lich l.iitt  zethun,  das  icli  by  jnen  blyben  niMchte  vnd  m^Tien 
Elichen    handel    mit    der    heiligen    warhafftigen    gi*:*chriHi 

I  H  B.  ^it.-A,  Kirtheitukico  A.  3,  fol  55. 


43^  K^arl  Gaus>. 

zuuerantworten  gnädigklich  zugelassen  würd  ,  als  ich  daun 
von  der  gantzen  burgerschafft  zu  Lieclistal  hoch  vnd  trü- 
lieh  begert  han.-  Stör  hatte  sich  «zu  vvl  malen  vor  seiner 
Gremeinde  gerechtfertigt  und  ^offenlich  vff  dem  predigstal* 
dargetan,  seine  ., Vermählung  sye  götlich  /Christlich  /gut/ 
vnd  recht.'*  Das  Domstift')  antwortete  mit  der  Absetzung  Störs. 

Am  Ifi.  Februar  1524  fand  die  Disputation  statt.  Stör 
wollte  sich  allein  auf  die  Schrift  «verdingt  und  verbunden** 
haben.  Ein  Gegner  trat  nicht  auf.  Stör  schien  recht  be- 
halten zu  haben.  Den  Liestalem  genügte  die  Verant- 
wortung Störs.  Er  konnte  in  Liestal  bleiben  und  vorläufig 
sein  Amt  noch  verwalten.*)  10  Tage  nach  der  Disputation 
Hess  er  von  Liestal  aus,  wohin  er  zurückgekehrt  war.  einen 
ausführlichen  Bericht  ausgehen.  Er  bekennt  darin,  dass  er 
wollte  ..lieber  in  dem  Winckel  sitzen,  dann  also  an  das  lieclit 
kommen.* 

In  Liestal  nahm  die  evangelische  Bewegtmg  ihren 
Fortgang.  Schon  am  Aschermittwoch  und  dem  darauffolgen- 
den Tage  hatten  sich  einige  Liestaler  unterstanden.  Eier, 
Fleisch    imd  Kutteln   zu   essen®)  und   wurden    deshalb  zur 

^)  Nachdem  im  Jahre  1400  Liestal  durch  Kauf  an  die  Stadt  Ri^^cl  übcr- 
gegangeu  war,  wurde  am  6.  November  1401  die  Pfarrkirche  in  Licstal  von 
Bonifatius  IX  dem  Domkapitel  incorporiert  und  Bischof  Humbert  schenkte 
am  26.  November  desselben  Jahres  die  Pfarrkirche  Liestal  „cum  suis  iariba> 
et  pcrtiuenciis  universib  eins  ius  patronatus  et  instituendi  rectorem  dum  vacat," 
dem  Domkapitel.  Nach  Trouillat  besass  der  Bischof  die  Kollatur  der  Kirche 
von  Licstal  „altcrnatim".  Trouillat  V.  81.  82.  Hec  sunt  dignitates  altaria 
et  beneficia  quo  et  quas  habet  dominus  Episcopus  conferre  in  Ecclesia  BasilicDsi. 
In  Dyoccsi  Basilicnsi.  .  .  .  Item  Telsperg  Leoltingen  Liestal  Arlisheim  Ober- 
wilr  Rennendorf  Lutoltzdorff  ('urgemunt  Bidrich  et  Kemps  alternatim.  Mit 
wem,  ist  nicht  gesagt.  Ks  ergibt  sich  alier  deutlich  aus  dem  Verlauf  der 
Ereignisse,  indem  der  Rat  von  Basel  Nachfolger  sandte.  In  jedem  Falle 
handelt  c>  sich  um  einen  Compromiss,  der  stets  neuen  Auseinandersetzungen 
rufen  konnte.  Der  Rat  von  Basel  scheint  sich  mit  dem  Kauf  LiestaU  auch 
als  Rechtsnachfolger  des  Bischofs  in  Bezug  auf  die  Kirche  und  da.s  Patronal 
betrachtet,  aber  nicht  die  Macht  gehabt  zu  haben,  seiner  Auffassung  zum 
Siege  zu  verhelfen.  Vielmehr  haben  >ich  Domkapitel  und  Rat  in  der  Weise 
verstäjidigt,  dass  sie  abwechsluugsweise  die  Pfründe  der  Liestaler  Pfarrkirche 
vergaben. 

-)  Mit  dieser  Einschränkung  behält  Herzog  Oecolampads  Leben  S.  2^^ 
Recht  gegenüber  Paul  Burckhardt.  Seite   14.    Anmerkung  2. 

')  B.  St.-A.  Kirchenacten.  A.  i.  Nr.  4. 


Liestals  Pfarrer  und  Schulmeister  etc.  437 

Terantwortiiog  gezogen.  Die  Bewt3gii]ng  breitete  sich  aus. 
Stephan  Stör  predigte  weiter  xind  wurde  von  seinem  Caplan 
Sinckentaler  kräftig  nntorstützt.  Der  Rat  sah  sicli  bakl  ge- 
nötigt^  gegen  Stör  vorzngehen.  Er  kani  ^In  widerwertig- 
keit  siner  frowo  vnnd  der  Pfriinit  halb/  mit  dem  Rate  von 
BaseL^)  Es  wurde  ihni  befohlen,  Liestal  zu  „meiden. "^  Es 
scheiut  sich  al)er  mehr  um  ein  Kanzelverbot  gehandelt  zu 
haben;  denn  die  Familie  Stör8  blieb  in  Liostul  und  Stör 
konnte  sie  bis  ins  folgende  Jahr  ungelnndert  besuchen. 
Aber  er  scheint  sieh  mii  das  Verl»ot  nicht  gekiinimert  zu 
haben.  Auch  viele  der  übrigen  Priester  traten  R'ir  die  neue 
Lehre  ein.  Der  Rat  von  Basel  Hess  danim  mn  2G.  Juli 
1524  f<dgende3  Schreiben  nacli  Liestal  abgehen: 

Wir  Heinrich  meltinger  burger me ister  vniid  der  liutt 
der  Statt  Basell  Empietenn  vnnserem  lieben  getruwen  Nic- 
lans  Bröttlin  sthulthes  zii  liestall  vnseren  gras.  Ernstlich 
befelcliende  das  du  rlem  dechan  zu  Sissach  jn  Namen  vnsser 
sagen  tiegest.  tlas  er  alle  dy  Seelsorger  vnnd  lutpriester  ju 
81  nein  capitel  vnnd  vnnserem  gepiet  gesessen  vPf  «dnen  dir 
gelegnen  tag  gen  liestall  ze  kommen  verordnen  well,  den 
wollest  ernstlicli  sagen,  das  Fy  sich  gemeinlich  vnnd  ein 
jeder  in  Sonderheit  hinfuro  vff  den  cantzeln  vnnd  jn  jreu 
predigen  des  vunsere  mandats  vnnd  sing  Inhalts,  dereiin 
wir  dir  hie  mit  zuschicken  vnnd  jedem  eins  liehendigen 
solt,  halten  wellen,  diiis  keinswegs  fürgon,  welcher  aber  das 
furer  als  bishar  heacheen  fürgot.  der  sol  vnnser  schweren 
vngnad  vnnd  straff  erwarten  sin.  dar  nach  sy  sich  habenn 
zerichten.  Wyther  wollest  meyster  sieffan  sagenn,  das  er 
sich  vnnsers  befelchs  halt,  liestal  myd,  das  nit  anders  dan 
wy  jni  von  vnns  erlaubt^  bruch,  daran  hewysest  viinser 
sunderlich  gut  wolgfallenn.  Datum  Zinstag:^  nacli  Jacobi 
ap.  Anno  etc,  XXIITL-) 

Es  ist  von  Dr.  Th.  Burckhardt-Biedermann  überzeugend 
nachgewiesen  worden,  ■*)  dass  -das  erste  öffentliche  Doku- 
ment in  Basels  Reformationsgeschichto''  im  April  oder  ilai 

*)  B.  St-A.  Pol.  M.  4.  3.  Verzicht  Bersyi. 
»)  B.  St.-A.  Missivcn  28,  3, 

3)  Anzeiger  für  schweizerische  Geschichte  VIT.  n;  ff.  Basels  erste* 
HcforBiationsmaDdat. 


i 


S'"p:-4ir.  S^'^r  i:.  *-=*i:.-r  VertrridigTLTjg  bei  der  Ehsfmtaüvn  ü. 
h-rjn^  ai:    Ja*  Mar.-la:  aasgresprochen  hat. 

-I>-r  g^tig  «jor  vr.d  vatt«rr  aller  bttrnihenngkeit  h^n 
T/.i*^h  vj  Ki'.Jier  sir.-r  »^-rh-nnd  gria^digkiich  bemefft.  vnd 
i:^yi'-  gr.a.^  ige  o'-erherreri  des  f?i  reicht  igen  Bats  diser  löblichen 
•TÄtr  Ba»*'i  har;d  mir  geb«>tteii  vnnd  beuolhen  nach  Im  VDd  in- 
hffir  d^R  Mandats  *».  von  Ipj  Strengen  vn  EIrsamen  wift- 
heit  :::ir  zngeschickt  di»s  ich  «olle  predigen  anders  nit 
t\>iZiii  all-in  die  heiigen  götlichen  vnd  biblischen  geachrifit. 
di>3  ich  »lann  als  der  ghoraain  mit  trüwen  sovil  mir  Got 
verlih^n  g^than  han."  Denn  die  Worte  machen  den  Eindrack. 
dasa  Stör  auf  einen  grösseren  Zeitranm  seit  dem  Erlass  des 
Mandates  zurückV^lickt.  wie  er  mit  der  Anaetznng  im  Früh- 
ling 1523  tatsächlich  gegeben  ist.  Allein  das  M^D^lftt 
wuMe  vielfach  nicht  beachtet.  Im  Juni  1524  gab  Oekolamptd 
sein-  *'\yf'i\  beendigten  Predigten  über  den  ersten  Johannes- 
brief heraus  und  widmet**  sie  dem  Bischof  und  seinem 
Coadjutor.  Die  freien  Worte,  die  er  in  dei  Vorrede  über 
die  Gei-stli^-hkeit  aussprach,  mussten  die  Gegner  reizen,  E« 
war  zn  l^^fürchten.  dass  der  Kampf  an  Leidenschaftlichkeit 
wiA  ScliärJe  zunehme.  Der  Rat  von  Basel  brachte  dämm 
8"iii  Mandat  bei  d^-r  Geistlichkt*it  in  nachdrückliche  Er- 
inrj'Tunj^.  Denn  dass  »3  sich  in  dem  Schreiben  vom  26.  Juli 
1524  an  den  Rat  in  Liestal  um  das  frühere  Mandat  handelt 
^eht  mit  Sieherh^'it  aus  dem  Wortlaute  hervor.  Denn  hier 
w»  rd«'n  dio'  rreistlichen  ermahnt,  dass  sie  -das  keinswegs 
fürgon-  sollt^Mi.  «-nt^prechend  dem  Wortlaut  des  Mandates 
in  H<zii^  auf  die  «ErkanntnuH.-  dass  wer  ..die  fürging.*'  der 
Hollte  ..vns»  rer  schwenT  vngnad  vnd  straff  erwarten  »m 
Hi<  nach  wiU  .sich  «dn  jeder  zurichten.-  Gerade  darauf  aber 
le^t  nun  auch  di<*  Missive  den  Nachdruck:  ,.Welchor  aber 
«las  fuivM'  als  bishar  l)e8cheen  für  got.  der  sol  vnser  schweren 
vij^nad  vnnd  straff  erwarten  sin.  dar  nai'h  sj*  sich  haben  Ee 
ri(  hteii.  •  I  )(M'Rat  geht  in  dioserHinsicht  in  denFussstapfendes 
Bischofs.  <l<»r  die  Prediger  152:5  in  den  bischöflichen  Palast 
l)('ri<»f.  den  Fastenhreehern  für  diesmal  Verzeihung  aussprach, 
al)«T  hei  Wiederholung  des  Vergehens  Strafe  androhte.') 

>)   V|;l.  Ib.  BuTckVi;vTd\- Biedermann  a.  a.  O.  Seite  124. 


tifcstjdt  Pfiirrej"  imd  Scbulmeifter  elc. 


4^^ 


r  Was  die  Aufforderung  an  Stör  betrifft,  das«  er  ,.Lie»tal 
kyd  das  nit  anderä  dan  \vy  jm  von  viiiia  tn^aubfr,  bmch.^^ 
b  ist  daraus  nur  soviel  zu  entnelimcn,  dass  or  von  Liestal 
■cht  vdllig  vertrieben  war,  Stör  acheint  sich  uni  das  Vi^r- 
pt  nicht  g«.*kfmiiuert  zu  haben.  Der  Rat  von  Basel  li^^jis 
pn  ftlso  faür»ii.  Ijumerhin  fand  in'  in  Basel  als  Beichtvater 
bitl  Prediger  bei  den  Nonnen  iin  Kloster  (inadental  in  di»r 
palenvoratadt  wieder  eine  Anstellung. 

[  Der  Rat  von  Basel  machte  von  seinein  Hechte,  ab- 
pclislnngaweisH  die  Leutpriosterei  zu  besetaeiu  Gebranch. 
[  Am  Dienstag  nacli  Bartholomäus  ^)  (30*  Aug.)  1524  meldet 
r  nach  Liestal.  ^/Jass  wir  den  würdigen  hern  Jergemi  Voch- 
lan  priestern  zoigern  des  brieff«  bv  uch  zu  Liestall  zu 
Inoni  Intpriester  vnnd  Seelsorger  vmb  gueUes  singen  vnd 
Ifious  wyllen  Empfangen  vnnd  angenommen.  Ernstlich  be- 
Püende.  da.s  jr  demselbigen  jn  geistlichen  Sachen  wie  sich 
bn  einem  Intpriester  zu  gehorsamen  gepürt  gewertig  vnnd 
phorsam  sygent  guter  hoffnung  or  werd  sich  nit  anders  den 
Is  ©inen  frommen  andechtigen  priester  wol  zu  statt  in  der 
liehen  mit  singim  h?8«'U  predigen  dejs  glichen  gegen  neh 
le  gF'nM^iTid  mit  hantreichung  der  sacramenten  vnnd  an- 
trei  iienstbarlich   vnnd   erlich    haltenn/*     V'^ochmajui 

lieb  liR.rii  lange  in  Liestul  Er  muss  als  Altgliinbigi*r  be- 
■nnt  gewesen  oder  von  Stephan  Stör  der  Gemeinde  als 
ilcher  bezeichnet  worden  sein.  Jedenfalls  l>emächtigte  sich 
ir  (iemoinde  eine  gewaltige  Spantmng;  verschiedene  Bürger 
fnnlen  gefangen  genommen  und  verhört.  Lienhart  Bar, 
piii  buwman*^  von  Liestal  wurde  ins  (lefüngnie  gelegt  .,da- 
Mnb  das  er  ottlich  red  hatt  gehept  mit  meister  st^^ffan 
bm  alten  lütpriester  zu  liestaL  die  wider  miner  heren  bt^ 
blch  g«nveHen  viül  nil  ze  triden  gedient  haben.*^-)  Ein 
bdentr  r»riitt  dasselbe  Sciiicksal,  „vmb  sjTier  Intery  wegi^n, 
10  er  \mg»^9chicker  will  gebmcht^"  Er  wurde  am  13.  Sep* 
pnher  1524  entlausen  mit  der  Warnung,  .wo  ersieh soUiclier 
lllierischer  materij  nit  würde  messigi^n  vnd  dauon  abston, 
I  würden  min  hernn  jnn  herter  dan  yetx  bi^seJieen  ist 
h    '*''        mit  zitlicher   stniff,  daa  er  i^ollt  befinden  vnrecht 

I  •   !•   .St 'A.  Mi^etivm«    11^24  DienAlAi;  nach  ßarlbcvL 

1       ^  B.  SL-A,  tJrpheilcnbiich  Hl  34. 


44^  Karl  Gauss. 

getbon  haben.-*  ^)  Besonders  aber  hatte  sich  der  Kaplan 
Sinckentaler  hervorgetan.  Er  machte  von  seiner  Abneigung 
gegen  den  neuen  Leutpriest^r  kein  Hehl.  „Von  wegen  das 
er  ubeniß  luterisch  ist  vnd  jnn  wincklen  geprediget  den 
gemeinen  man  ze  bewegen  vnd  das  er  vff  die  Canzel  ze 
Liestal  geschriben  /  lieber  predige  nit  lügen  etc.  vnd  ander 
vngeschicktheiten  geübt,"  wurde  er  gefangen  gelegt,  aber 
am  17.  September  wieder  freigelassen.  ..Ist  im  onch  ver- 
botten  das  er  hinfur  nit  mer  soll  predigen  sunder  soll  sich 
des  luterischen  leben  abthun,  oder  min  herren  wellen  jnii 
von  siner  pfrund  stossen  vnd  vß  dem  land  lossen  schweren.*'*) 
Der  Kaplan  konnte  nicht  schweigen.  Im  folgenden  Jahre 
wenigstens  hatte  er  „weder  pfrün  noch  huss  in  Liestal.*'*) 
Als  Sinckentaler  hatte  weichen  müssen,  wurde  seine 
Pfründe  nicht  wieder  besetzt.  Denn  im  Frühjahr  1628 
brachte  der  Schultheiss  in  Basel  folgendes  vor:  „Es  ist  ein 
pfnmdlin  zu  Liestal  gnannt  sannt  Chaterinen  pfrund  ist 
yetz  by  dni  jarenn  onn  satz  gsin,  hatt  ein  jar  bey  XXV 
stucken  jngonnd  sampt  einer  behusung,  welliche  zins 
bishär  niemand  jnnzogen  vnd  vff  den  armen  luten  Jon 
schuld  stann  blibonn.  Begert  der  Schultheis  von  minenn 
hemn  bschoid,  wie  er  sich  damit  halten,  wer  die  zins  jer- 
lichen  innziehen  vnnd  wohin  mann  dasselbig  bewenden 
solli.''  Zugleich  kam  noch  eine  andere  Frage  zur  Sprache. 
„Item  das  Gotzhus  zu  Liestal  hatt  ein  hübsche  summa  jer- 
1  icher  zinsen  jnngonnd  vnnd  wiwol  vor  zweyen  jarenn  all- 
wogen mit  desselben  gotzhus  ptlegerenn  gerechtnet,  so  sind 
sy  allwogenn  by  Rechnung  eben  vil  schuldig  blibenn,  aber 
nützit  darann  gebonn  oder  bezalt,  euch  es  niemand  vonn 
juen  bringeiin  mögen.  Zudem  so  ist  jnn  zweyenn  jarenn 
den  n(»chstenverschinen  kein  Rechnung  mit  gmelton  pflegemn 
b(\schehenn,  doshalb  noch  mor  vsstat."  Der  Schultheiss  bat 
da  SS  mit  den  Pflogorn  gorochnet,  „das  jhenig  so  sy  schuldig 
blibonn  ingezogonn  vnd  bezalt  werde  vnnd  wo  man  als- 
dann   dasselbig    iiinzogonn    gut    es    syg    armen   lüten    oder 

')  El)enso  Ul  34. 
')  Kbenso  HI.  35. 
^)  B.  St.-A.  Pol,  M  4.  3.  Rechtfertigungsschreiben  Störs. 


tleÄlaVs  Wirrer  lihil  S**HttlmeiÄfer  elc« 


441 


inst  liynu  venvendeiin  söUi.')  Dor  Schulüieiss  Brhieh  aiu 
fl4.  Mürz  1528  Befehl  <lie  Scltulilner  der  Katharinpnpfnind 
ywie  die  (lotteshauspfloger  aiif  DiensUg  in  döii  Ostörfeier- 
Itagoii  nacli  Licätal  zu  zitieren.  ^,da  woltomi  wir  Eiiu^n 
insom  Bnthsfrnnd  oiich  daliin  verordnmi.  der  mit  dir  jr 
[fiHor  Schuld  vnd  Handhuig  Rfchnnug  von  jnoii  vffnemon 
[vtittd  dnrandör  \vu*  sich  gepürt  handeln  wnrdHtli/'  ^i  Vins  weito^ 
der  Sache  gegangen  111^  orfahrön  wir  nicht  So  viel  ist 
Yklnr,  dass  den  Lifstalern  an  der  Wi**derh<*setzuitg  dor  Pfrikndu 
liiicht  gelogpn  war.  dass  si«.*  ein<*  andere  Verwendimg  der 
Zinse  wünscliten,  Dan  Amt  hatte  in  der  neuen  Zeit  keine 
seinsb<*rechtigung  mehr.  Das  Einkommen  der  Katliarineij- 
[|>f runde  Wieb  in  gesonderter  Verwaltung:  es  betnig  l(i(l6: 
[in  Geld  *iH  U  12  ,i  2  ^  in  Ktinj  21.  VrzL  9.  Ssh"  In  IfMl.Mr 
10.  Vrzl  2.  Sstr,  l.  at.  »1 

Aacli   Voc'hniann    nius^te    w»-'iehen^    naclidem    er    kavtm 

fein«*   Woche,   jedenfalls    mir   über   einen    Sonntag   (4.  Sep- 

llomber)  in  Liestal  gewiesen  war.   Leider  erfahren  wir  nichts 

[gi^nanerea,  wie  mit  ihm  gehandelt  wonh^n  Ut    Aber  schon 

|flin   naelr^ten  Sonntag  fll.  Septemb#*r)  betrat  Hans  Bruwiler 

ii»    Kanztd.    %vie    wir    ans    den^    Schreiben    erfahren,    da« 

rhaltheisB  und  Bat  von  Liestal  am  Honntag  vor  Matthaus 

[18.  Si'pt.f  tiach  BaiJel  sandten.*)    ..Dem  noch  u.  g,  vnns  ge- 

Bchribenn  eins  lutpriesters  halb,  do  <lenn  mit  gehandelt  als 

g.  wol  wissendt.     Nun   kuujpt   zuo   \T>ns  der  winlig  Hr. 

lanns  bniwiler  von  sannt  gallen  (fiht  vnjis  ftir,  wie  er  von 

ninseren   gn*^digrn   hernn  dt*n  höupteren  zun  vnns  gi:wisefl 

id  wenlent  berieht.  cla«  er  ein  glitte  «yt  ssuo  sannt  alban 

id   sannt  Jnder  gedient,   do    mit  wir  wellen   vermeinen 

l.  g.  wol  erkannt  sin/*    Am  IL  und  LS.  Sept<-»nd>er  pnHligto 

L*r  »las  ..gotzwort*'  und   fand   das  Wohlgefallen   der  gun^sen 

^meinde  nml  ihrer  Vorsteher.  .,Do  ist  an  nwer  gnad  vnnser 

lomütig  ernstlich  pitt.  so  er  ti.  g.  angenem  vnd  äiio  willen^ 

den  verwilligen,  sind   wir   in    hoFfnung,   er    wenio  «ich 


^  St.»A,  BäJ^eUAnd  Ude  J,  Nr,  4, 
"^  B.  St-A.  Miifcivcti   t|.  MÄTi   1  $J8. 
•>  ßrodbeck:  Gc*chichte  der  Sudt  Ljc»uI.  S.  Im 

^  St.A.  ritvcILmd  I^ide  3*  Kr.  14.  P.  BttrokhArtic  ä^ütc  14«  Aum.  l  tiAl 
I^Ml  MiLltbeu«»  M.ttlhtas  $»ele«eti. 


:»■    T.: 


»•     '     .  i.      ■■    ,     . 


-   ..     ?.      >.     \A-  V..:_;.: 
— .:-  i^;^-:  r.rtl.i.:-:,  :!.: 

::  i  z  i:;»:^5  r,vri'  h---::..  -i: 
:  -:r.  :     :  v    v:::.-    .1  .    -iv    •: 

■■.•.':'     '!  :::iir     iJoii-     .-i:;! 
.  =  •        :■■-;•   .t.-j:  nr-.  i:   der  ;:ei::;:- 


tSütatf  PEmrrr  nod  Sfchnlmristcr  ctc. 


443 


iclwi:  ..wir  iiitt  inacUt  geliept   zt»  l>«*willigeu   on   viiseni 
!t    vnd    gemein  dt  so  wir  rmn  iiitHi  solichs  für  gsclilagfn 
^Tmenend    sy    ab    in»   vordem   solich    pfrund   hegobt   viui 
eiii  prieskT  viid  me.siHUabrii  gestifftet  vud  der  redt  uochi 
der  mi9€tüeii   halb  vsggond,   die   messen   don   seien   oitt 
ierlich  das  do  in^r  vorderen  mo^Tiung  sclileehti  glitt  VBd 
dor  goftes  ere  bosclieheii^  vud  so  «*8  dv»n  s*»len  nitt  trost- 
So  schade   es   inen    nützit   viid   wellen    niitt   einhälig 
imm  solichs  hlyben    hissen,    vnd    wie    wir    vor   ouch   ge- 
iribr*n  die  wyl  doch  die  hoehe  stifft  sich  des  kilchensatz 
ad  d«r  Ifitpri^tc^ry  ouch    obcrkeit  do   s*?lbs   vennoindt  xe 
iben  So  syen  sy  schuldig,  d^n  gottsdienst  vnd  sin  wonlt 
fürdfjren,  ze  vffneu  vnd  vss  irou  drv*en  teilen  des  zendens 
wir  geben  dor  vnib  sy  vnn«  nützit  tundt»  vnd  doch  dur- 
venvidraet  ze  ennthalten  vnd  dem  so  das  gotZAVort  ver- 
ind»>t   vnd   predg^t  nueh  sinem  Stadt  ze  versolden  denn  das 
Jir  vff  a,  g,  cpuirt  gunngen  ist  iiitt  \ntin.ser  ujeynung,  dann 
it  achten  das  solicher  fierteil  vnd  quart  die  anderen  dryg 
1,  die  8y  am  zenden  haben  ze  bescliinuen  oder  wie  dem 
fc,  alü*  wir  denn  nitt  wyssen,  do  by  wir  es  lossen    blyben. 
2h  vnnser  meinung  gründet  dur  \^,  das  die  hoche  stifft 
inldig  sye  vnnst^r  kilchen  vnd  vnns  mit  dem  gotts  wort 
den  dryen  teilen  des  zenndens,  den  wir  geben  vnd  ilor- 
sy  ynins  nützt  tund   erlich  zuo  vnderhalten^  do  mitt 
Itifl  doran  kein  luangell  vnd  gebreat  entstände  vud  siuuier- 
80    der  yet^ig   vnnser    lütpriester,   der  vnns  angenaem 
^mftgon  do  mitt  er  by  vnns  plyben  vnd  nitt  von  vnna  ge- 
sandt werde. *^     Sie   bitien    danim:   ^ü.  g.  welle   vuns   vnd 
aier  gemein  zuo  mw»^n  friden  vnd  grossem  ci>8teD,  so  wir 
'    pt   vnaerzogenlich    belffen.  dann  es 
Uli  wirr   vnnser   )ütpri«»st*»r  hoch  an- 
i(trengt  domitt  er  vnnn  onntgon  ^lid  äorgen  ilas  vnn9  ein 
idorer   -yffgelegt    der    vuns    nitt    «0    angnemJ*     Sie    er- 
öD  daher  ,^ein  vnnerxogen  anntworl,***)    Wie   die  Ani- 
Hfidgetallen  i(«t,  vornehmen  wir  nicht.    Aber  soviel  ij<t 
Johannes  Bmwiler  blieb   in  Liej»t4d   bi»  au  «»eineui 
^do  im  Jatm»  1540.    Kr  wird  bezeichnet  als  Hr  docm**  et 


^  Hl*A  Ibselländ  Ud* 

Zeibctif   L  GcfctL  imil  Altertum.  VII,  2. 


444  Karl  Gauss. 

inagnae  staüirae  qni  in  juventute  miles  fiiit.  militavit  tandeni 
in    castris    Christi    pro  Evangelio  LiechstÄÜi   promulgando. 

lieber  Stephan  Störs  weiteres  Ergehen  sind  wir  nicht 
genauer  unterrichtet. ')  Er  flüchtete  aus  Liestal:  „wie  icb 
aber  inerck  die  grossen  vngnad  myner  herm  wider  mich  ver- 
nani  ouch  jr  trouwen  ouch  dasse  also  streflich  mit  dem 
Sinckentaller  gehandlett.  den  icli  wüst  vnschuldig  sein  ouch  der 
liott  von  Liestall  mir  vntreuw  was  ....  vnd  durch  gut 
frund  gewarnnet  wartt,  bin  ich  vff  Sontag  zum  thor  vß 
hoitrichs  tags  hinweg  zogen .  '•  -)  Anfangs  Januar  1 526  tauchte  er 
in  Strassburg  auf,  wird  dort  gefangen  gesetzt  Am  24.  Februar 
bittet  der  Rat  von  Basel  die  Strassburger,  Stephan  Stör 
noch  länger  auf  Basels  Kosten  im  Gefängnis  zu  halten. 
Anfangs  April  lag  er  noch  gefangen,  jedoch  hoffte  Capito 
auf  seine  Freilassung.  Nach  einer  Bemerkung  von  Markos 
Lutz  ist  Stör  1629  gestorben.'*) 

Jakob  Ritter  berichtet  über  die  „Ministri  in  Lausen  et 
ludimoderatrores  in  Liecht^talP':  Cum  in  oppido  Liechtstalio 
veritas  Evangelica  iam  incepisset  fulgere,  quam  glisC'ente 
tnmultu  Rusticano  Catabaptista  zizania  exstinguere  conabator. 
praefuerunt  duo  f  rat  res  germani  Loonhardus  et  Foelix  dicti 
zuDi  Stall.  Unns  praeerat  Ecclesiae  alter  scholae:  qui  ant« 
ca])ellani  fuerant."  M  In  Uebereinstimmung  damit  verzeichnet 
das  Äniterbuch  und  Biiickner:^)  1524  Felix  und  Leonhard 
zum  Stahl  genannt,  Brüder;  der  einte  war  Prediger,  und 
d<M-  andere  Schulmeister.  Unrichtig  ist  die  Jahrzahl  1524. 
Leonhard  zum  Stahl,  der  Schulmeister  musste  schon  1522 
Johannes  Gelthauser  weichen.  Felix  oder  gewöhnlich  Hans 
VAix  war  Pfarrer  von  Munzach.*) 

AVann  die  Schule  in  Liestal  entstanden  ist,  lässt  sich  zwar 
nicht  ermitteln,  dagegen  aber  ist  gewiss,  dass  sie  ihre  Ent- 
stehung   7iicht  den    Anregungen    der    Reformation    zu  ve^ 

')  Paul  Burckhardt  a.  a.  ().  Seite  08. 

-)  Pol.  ^^.  4.  3.    Bericht  Störs.   Es  war  der  7.  Mai   1525. 

^)  Vatcii.  P.ibl.  O.  34  Die  Bemerkung  verdient  darum  Beachtung,  weil 
Lut/  auch  richtijT  mitteilt:  „Stephan  Störr  wurde  1512  zum  Leutpriester  von 
Licstal  gewählt.** 

*)   L'niversiiätsbibli(nhek:   Kirchcnbihliothek  von  Ant.  Falkeiscn  a.a.O. 

•')   Brückner    1 1 2  i . 

*i   Urphedcnbiich  Üez.  1527. 


Lfestfth  Pfüfver  tißd  SfhtolmelÄter  etc. 


445 


ten  hat.  ^)     Denn  schon  im  Jahre  1492  wird  der  Schill- 

ieiMrr  von    Liostal  erwähnt.    Es   hinden  natürlich  nichts^ 

|e   Gründling   lioch    woiti?r    hinaiifziisotÄL*ij;    allein    sirlifn« 

jhricht  liegt  wenigstens  bis  heute  nicht  vor, 

Die  Geöchichte  der  Liestaler  Schule  setzt  ausperordent- 

[;b  dramatisch  ein, -^    Ini  gi^-nanriten  Jahn.«  1492  w^irfh>  der 

cluü  ine  ister   hart   angefnchten.     Es   war    dazu  gekommen. 

einige  Leute  ^vä,  offener  straß  vS  ju  gewartet  vnd 

rstauden  Imbeii.  vom   lebnn  zu  dem  tode  ze  bringen.^ 

['hnlmeisti:r  hatte  sich  tapfer  gewehrt  und  war  seinen 

rängern  glücklicli  entronnen*    In  einem  Schreiben  hatte 

fr  Rat  sicli  des  angefnchten »»n   Mannes  angenommen  und 

^D   selbst   zu  dem    ^'ersp rechen    bewogen.    Liostal  zu   ver- 

men.    Was  der  Grund  der  Erregung  gewesen  ist,  erfahren 

ir  niclit,  nur  so  viel  geht  hervor,  dass  sehr  schwer  wiegende 

dagon  gegen   ihn  erhoben  worden  waren.    Eine  gericbt- 

:*he  Verhanclhing  sollte  stattfinden»  da  ^Er  vmb  all  hendel 

cht  wol  liden  mag  bede  vor  vns  oder  uch.*^    Allein  ohne 

?ii  gt*richtUchen  Entscheid  abzuwarten,  waren  tlie  Liestaler 

;on  den  Schulmeii^ier  vorgegangen*     Der  Rat  von  Basel 

^mch  ihirnm  sein  Befremden  aus.  dass  die  Angreifer  .vnge* 

ft  sollen  ußgan  /  vnd  der  sich  sins  lebeus  hatt  müssen 

reren.  sol  in  straff  genonjen  werden.  /  Vnd  darzu  nach- 

lals  in  sorgen    leben  y  tiessglichon    dz  jr  jm   sine  schlosao 

;etan  haben  vor  vnd  Ee  rechtlich  vßhinden  worden,  valleß 

oder  nit  zu  dem  selber  an  offener  tatt  betrett^n  noch 

m  warlich  uberseit," 

Damm  verhmgte  nun  auch  der  Rat  mn  2  L  März  1492; 
Vnd  danimbe  so  ist  vnser  ernstlich  meynung  \Tid  wollen 
jr  jn  vnangefochteii  des  «»ides  uLs  Er  geschwtiren  hatl  sich 
>n  uvli  ze  tund^  sin  zyl  vü  oder  zum  minsten  biß  pfingsten 
uch  enthalten  vnd  by  ainem  ampt  bliben  laßen  sich  in 
iiHler  zyt  witter  nioge  vorsehen  vnd  jn  nit  also  zu  sumpt 
!?m  schaden  jm  zugefügt  vnnd  schult  so  yhmils  vim  nch 
i?n  vnd  nch  sins  erbiettens  y  des  schweren«  vnd  auch  dt*s 
chtan    ob    jn  yonnvnd    des   liii   verdragen  mag  benügen 

*)  J*  ^V.  Hcs«.    Gcftchicbto  d«f   Schulwesens   der   LantJAchiin   Ba«cl   h\s 
Pjo  ni  BAftier  Beiträge  XtV  12^.   tJ^y 

>)  II .  St.'A*  XUu-itcR.  I4«ii.  Mittiroi.ti  vot  Scmjitui;  ÜcuU. 


44^  Karl  Gauss. 

lassen  vnd  sin  widersecher  wa  das  stist  nüt  bescheen  ist 
in  trostiing  nemen  vnd  darüber  nit  gestatten  jm  einigerley 
vnfiig  zuzefiigen  vnd  schult  /  denn  solte  jm  dariiber  über 
sin  erbietten  Rechtens  vnd  siist  utzit  begegnen,  were  mis 
ganz  missfellig  .  . . 

Ob  der  Schulmeister  vom  Rat  in  Basel  oder  von  der 
Bürgerschaft  in  Liestal  angestellt  war.  geht  aus  dem  ganzen 
Handel  nicht  deutlich  hervor.  Doch  scheint  eher  die  Ge- 
meinde das  Recht  der  Berufimg  gehabt  zu  haben ;  so  erklärt 
sich  am  besten  die  nicht  allzu  unfreundliche  Sprache,  mid 
der  Ausdruck,  sie  möchten  den  Mann  bei  seinem  Amte 
hleil)en  lassen. 

Was  in  dieser  ältesten  Schule  gelehrt  worden  ist.  wird 
uns  zwar  nicht  ausdrücklich  berichtet ;  dagegen  erlaubt  uns 
eine  Bemerkung  Jakob  Ritters  aus  dem  Jahre  1588  einen 
Rückscliluss,  der  uns  zeigt,  was  eigentlich  das  Ziel  der  alten 
Schule  war.  Nachdem  er  die  Geistlichkeit  von  Liestal  uns 
vor  Augen  geführt  hat,  fährt  er  fort:  Uli  ante  reformationem 
rexenint  scholam  an  unus  ex  illis,  qui  pueros  cantus  missales 
et  antiphonos  docere  potuit  et  illis  in  templo  praecinere  nam 
multos  habui  ante  octodeciiu  annos  civos  artifices  et  rusticos. 
(jui  hymnos  latinos,  symbolum  Nicenum.  Salve  regina  et 
antiphonos  ogrogias  potuenmt  cantu  proferre.  At  nunc 
latina  lingua  non  curatur.  pauci  sunt,  qui  hanc  addiscere 
Student  apud  nos."M  Der  Unterricht,  den  nur  Knaben  g»- 
nossen,  hatte  kirchliolio  Abzweckung.  Mit  der  Refonnati«m 
wurdo  der  Unterricht  in  der  lateinischen  Sprache  daniin 
aufgogoben. 

Dreissig  Jahre  später  liegt  die  Sache  in  diesem  Punkte 
klarer.  I)«n*  Rat  von  Basel  berief  den  Schulmeist*?r  iü 
Liostal.  Als  nämlich  im  Jahre  1581  die  Pfarrei  von  Mun- 
zach  frei  geworden  -i  war,  erschien  vor  Schultheiss  und  Rath 
von  Liostiil  Jakol)  (irelthauser.  damals  deutscher  Prediger 
in  ]\Iurten,  vor  Schultheiss  und  Kath  in  Liestal  und  gab 
..Icngs  nach''  zu  vorstehen.   .,demnach  vnd  erstens  sein  ge- 

'i  ITnivcrsitätsbihliothck  Basel.  Ivircbcnbibliothek,  Ant.  Falkci>en  a.  aA». 
/)  St.-A.  Baselland.  Liestalcr  Amt  Lade  2  B  i.  Munzach. 


li^btör  großvater  Ruoclolö  Rickher  ^)  seliger  vH  Onaden 
.  Sty  F.  E.  Wyf.  d<*n  Kilt^heutlionst  zii  Tennickgen  vü  die  sechs 

[vndtzwäiiUig  Jhar  versehen  Volgoiidta  auch  seit»  lieber  Vatier 
lobunot^s  Gellthanser  durch  Wylandt  den  Ehr\\itrdrigeii 
it»chgHlol»rt*'n  Hi^rm  Johami  Oecolainpadinm  am-h  Vjuide 
*lig,  vndt  aaderei  herreii  mehr  in  Anno  1522*^}  zti  Schul- 
itfistüiii  by  vns  in  E.  G.  Stadt  Liechstall  promoviert  worden» 
i^clion  dienst  nr  otUche  Jhar  mit  vlyssigüm  vndi»rrichten 
li»r  jngondt  gotrag(3n,  LotztlichLMi  auch  di*>  Pfarr  Mnntzach 

Ivndt  Helfferie  by  vns  vff  die  achtzehn  jhar  lang  embsig- 
liclien  verrichtet.^  Zaniichst  hat  sich  der  Enkel  geirrt,  wenn 

^i»r  meint,  daU  rjecohunpmi  seinen  Großvater  eingeführt  habe. 
)agogen  entnehmen  wir  dieser  Aussage  das  Zeugnis,  dass 
Vu*  übrigkeit  von  Basel  den  Mann  in  den  SchHldiend  be- 
ifen  hat.  Richtig  ist  weiterhin»  dass  Johann  Gelthuser  18 
Jahre  in  Liestal  im  Amte  gestanden.  1540  siedelte  er  nach 
Äafrdfingen  \i{un*j  nachdem  rr  sich  mit  tlem  alternden  Lent- 
Priester  von  Liostal,  .bdiannes  Bmwiler«  iiberworfen  hatto. 
tin  tialire  I5'i4  wird  «*r  von  Bnickner  il211)  als  Ptarrer  von 

iMunzaeli  aiügt^ttllirt.  Das  i?^t  unrichtig.  Denn  erst  im  Jalii'e 
1&36  ist  Johannes  Ilfeld,  genannt  Gelthauser.  Pfarrer  von 
hinzach  geworden.     Am  B.  Oktober  lB8(i  wurde   ihm   von 

Ijiinker  Hern  mann  von  Offenburg,   *deju  rechtiMi  Lehen  Herr 

[der  Pfnind  Man  zach '*.'**  die  Seolsorge  dieser  Pfarrei  übor- 
tragen«  *mit  gedinge,  das  Ich  onch  hineben  den  helfferstand 


*i  Kicker  war  oUiio  ^ro$«e  ßtidung.     Schon  aar  der  ersten  Synode  batte 

nor  n    gesell    ihn.   licss    ihn   aber  yorlntifig:   M^iÖ  vff  denn   nechst^n 

j»|T*'  ^r  studieren  vnd  wy  er  sich  selb  crbottco  hatt  hc&sern.    Kirchen- 

ktcti  C«  3.    Anfdcr  Herb&tsynode  1539  wird  über  ihn  vcrfügi:  ,,Her  Rudolü 

er  Pfarrer  /.u  Tcnnikeu  wyl  man  Ion  plyben  bis  vff  ibs  nechät  Examen, 

»11  er  studieren  vnnd  sich    Uei»sercii  wo   das   nit  wtrd  man   tu  taren  losseo, 

*)  J.  Kitler  notiert:  Anno  Damini  ifi^i  |irafmt  |^rochi(»  Muniacheuti 
IJottanneK  Hndtfelder  dtcttis  Geldthmer,  quL  propter  disiidium  erga  pastorem 
IX^ecbtfttalien&en)  Joannem  BruwÜerum  Leiiffelfingatn  pr<niiolns  oftt*  Daran  bt 
[lichtji^,  das«  JIfcld  vnr  1524  in  Licstal  wirkte,  nnrichlt(r»  dtUM  er  »ofbrl 
von  M anzach  |(e worden  «oi. 

^l  Kirchenbuci}  von  Mtinx^iih. 


■SäSbrifc 


Liestals  Pfarrer  tmd  Schulmebtcr  ctc« 


449 


^KD^r  erste,  der  zii  diene m  Doppelainte  benü'eii  wurde '.  war 
^■Johannes  Ilfeld,  Er  bezog  dahor  das  Pfruitdliaiis  des  Muii- 
^B zacher  Priesters,  das  schon  langst  aus  dein  abgegangenen 
H  Dorfe  nach  Liestal  verlegt  worden  war.  Wichtig  aljer  i^t 
^B  die  Bestimmnug,  dass  dor  neue  Pfarrer  den  Dienst  in  Mnüzach 

■  pSelbselgener  porson"  zu  besorgen  hatte.  Das  detitet  wohl 
^B  daran!  hin,  dass  die  Vorgänger  die  Pfründe  genossen,  abt*r 
Hdie  Funktionen  wenigstens  zeitweise  einem  Vikar  über- 
Hlaasen  hatten. 

^m  In  Mnnzarh  hat  nach  Bnickner  *  /  schrni    1516  Heinrich 

^BSchiUing  als  Priester  geanitet.  Oh  die  Nntiz  richtig  ist, 
^ncann  fraglich  erscheinen.  Aiisgeschlossen  ist  die  Möglich- 
H^^keit  nicht.  Aber  sovieJ  ijit  sieher,  dass  in  den  Tagen  der 
B Entscheidung  Hans  Felix  zum  Stahl  Pforrer  in  Munzach 
Hivar^  und  wir  wurden  aus  der  Notiz  Ritters*)  schliessen 
^tdürfen,    dasä    dieser    in  Munzach  Pfarrer  wurde,    als  dii^  re- 

■  forma  torische  Bewegung  greifbare  (Testalt  annahm.  Schilling 

■  müsste  der  Unruhe  aus  dem  Wege  gegangen  sein. 

^K  Hans  Felix  liess  sich  von  Stephan  Stör  in  die  Unruhen 
Hdes  Bauernkrieges  hineinziehen  und  spielte  eine  nicJit  gerade 

■  besonders  rühmliche  Rolle.  Stephan  Stör'*)  sagt  von  ihm 
^Izu  einem  der  Fülirer:  ^Er  ist  doch  im  Anfang  by  vc!i  ge- 
^vwefien,    do    ir    gon  Olsperg  seint  zogen  vnd  hett  sich  niitt 

e^'^d  zu  veh  verpnnden/*    Er  hat  den  ^vergifTen  schantlichen'' 
Brief  eopiert,  den  Stör  an  die  Zünfte  geschriehen  hat.     Er 

I scheint  etwas  unselbständig  gewesen  zu  sein.     Wenigstens 
behauptet   er   im  Verhör:     Er  ^sye  an  der  Gemeinde  gsin^ 
eber   nit   bitz    zu  Ende,  dann  sin  imtier  jnn  hiesse  hinweg 
gon*""     Er  seheint  also  auch  in  Liestal  aufgewachsen  zu  sein. 
Immerhin  konnte  er  damals  bleiben.   Iiu  Dezember  ir>27  da- 
gegen finden  wir  ihn  in  ünterüruchungshaft,  weil  er  sich  zu  ver- 
heiraten gewagt  hatte.  Er  hatte  genn^int,  or  hal>e  eine  ehrsann^ 
■Tochter  zur  Ehe  genommen  und  habe  vor  Rat   di»»    Herren 
gnngsam  überzeugt,  ,,das  er  sy  vffreclit  vnd  redlich  zu  der  eu 
^genommen. ^     Er  wnirde  aus  der  Haft  entlassen.     Es  wurde 
^Ldorbi   die   sach  und  diser  Handel  im  heimgesetzt,   das  er 

^^  ')  ßruckncr   1 1 2  i . 

^^^^  *)  Siehe  ot)cu  Seite. 
^^H^  a)  B.  St.  A.  Pol.  M.  4,  3. 


l 


4r^^^  Karl  Gauss. 

lug.  wie  t*r  witer  mit  der  guten  Docter  und  sust  nocher 
kuni."')  Wio  lange  er  in  Liestal  noch  geblieben  ist,  ist 
nicht  bekannt.  Jedenfalls  hat  er  vor  der  ersten  STOoJe 
1529  das  Land  verlassen  und  wurde  im  Bemerland  Pfarrer.^ 

Das  Jahr  1529  brachte  wieder  Veränderungen.  Lent- 
priester  in  Liestal  blieb  Johannes  Bmwiler.  Johannes  II- 
leid  rückte  zum  Diakon  in  Liestal  vor.  Auf  der  ersten 
S^Tiode  am  11.  Mai  war  er  «noch  nit  presentiert*^.  Im  Schnl- 
uieisteramte  sollte  er  durch  Hans  Kuchenacker  ersetzt  werden. 
Munzach  war  frei.  Erst  im  Herbst  tritt  hier  Peter  Beck, 
vorher  Pfarrer  in  Oltingen,  auf. 

Hans  Ruchenacker  wird  auf  den  drei  ersten  Synoden 
als  Schulmeister  von  Liestal  bezeichnet,  auf  der  Synode  im 
Herbst  163U  erscheint  er  als  Pfarrer  zu  Liestal,  später  wieder 
als  Schulmeister.  Er  vereinigte  das  Amt  eines  Warrers  zu 
Lausen  und  des  Schulmeisters  zu  Liestal.") 

Im  Herbst  1530  und  1531  erscheint  Heinrich  Schilling 
als  Pfarrer  und  Kai)lan  auf  Farnsburg.  1533  tritt  wieder 
auf  ..Her  Heinrich  Schilling  pfarher  zu  Munzach  pfarher  zu 
Arisdorl."  Und  im  folgenden  Jahre  auf  der  Frühjahrssynode 
1534  begegnen  wir  .^Heinrich  Schilling  pfarher  zu  Munzach, 
Hiins  Ruchenacker  ])farh(»r  zu  Arisdorf >^  Zum  letzten  Mal 
«M'scheint  er  auf  der  Synode  am  6.  Juni  1536  als  Munziicher 
Pfarrer.  Er  wurde  nachher  Pfarrer  in  Sissach.  Sein  Nach- 
f(>l*!:tM'  wird  Johannes    Tlfeld.  <ler    am    5.  Juni    1537    neben 


')  r.  Hiirikhanlt.    Die  Hakler  Täufer.   7c). 

')  Uli  diio  fratrcs  invisi  inatjisliatui  et  subtlitis  in  cxiliiini  acti  sunt,  tarne« 
su>ccpti  a  Berncnsibii^  ad  niinisteriuni  pracdicationis  admissi,  honestc  et  pic 
otVicio  suo  fun;;entcs  ad  provcotain  aetatcm  perveuientes  in  agro  Bcrnensi  huic 
vitae  tinein  fecerunt.  Jakob  Ritter  in  Kirchenbibliothek  Ant.  Falkeiseu  a.  a.  0. 

•'»   KircheiiactcM   ("   \.    Liber  synodorum. 

Unrichtig  ist  die  Angabe  Jac.  Rytcr.>,  (Kirchenbibliothek  von  Ant 
Falkeiseu  a.  a.  O.  „Anno  152;  WoltTj»angus  Fries  solae  pracfuit  scholae'* 
cben-o,  wenn  er  /u  152«)  WoliTj^anj^'  Frisiu.s  Salodorensis  als  Pfarrer  voi 
Munzach  notiert,  und  auch  die  Anjjabe  Brückners  (1121),  der  1537  Fries  al 
Pfarrer  von   Lau.-en  aufführt.  Fries  wird    1540  Helfer  in  Liestal    uud   Pfarre 


j  von   Munzach 


LicstaU  Pfarrer  unil  Schitlmcistcr   etc. 


451 


aus    Bruwiler    von    Liestal    als    „diacou    viid    pfarher    zu 
UDzacli**  auigefüiirt  wircL*) 

Als  1632  Arisdorf  an  Basel  übergegangen  war  und 
einrieb  Schilling  bald  darauf  sein  Pfarramt  niedergelegt 
tte,  \iairde  bestiiniiit,  dasä  Ruehünaokor  „sy  (die  von  Lausen) 
,d  die  von  Arisdorf  miteinanderen  versächen  sot.^*-)  Ganz 
ichtig  ist  es  danim  nicht,  was  Ritter  sehreibt:  et  primus 
lit  in  Arisdorff  eünti*»nator,  cmu  iötuni  pagum  noster 
(agistrattis  a  Nobillbns  Baris  eniissent/)  da  vor  Ruchen- 
acker  Heinrich  Sehilling  mindestens  ein  Jahr  in  Arisdorf 
^ein  Amt  verwaltet  hattt«.  Riichenacker  blieb  gleichwohl 
in  Liestal.  Als  er  153li  das  Doppelamt  eines  Pfarrers  von 
Lausen  iind  Schulmeisters  von  Liestal  aufgab,  und  er  von 
Liestal  .,Arißdorf  mit  predigen  zu  versächen''  hatte,  bezog 
er  gleichwohl  »,eben  manig  stuck  ouch  jngan,  das  den  von 
Langson  har  jnie  vor  jaren  als  er  sy  vnd  die  von  Arisdorf 
jniteinanderen  vorsäehen  8ot  vorurdnet  was  worden/'*)  Noch 
am  7-  Januar  1549  wird  erwähnt,  dass  nelion  dem  Hochstiit, 
daa  einen  ^Jiübschen  Zehnden*^  von  Lfvusen  besitze,  ,,auch 
ein  anderer  als  Herr  Hans  Rhuhenacker  so  Arisdorf  ver- 
aiciir  mee  nutzung  dahär  habe  dan  ein  predicant  zu  Lang- 
Bon/*^)  Immerhin  war  im  Jahre  1540  bestimmt  worden, 
„Her  Hans  Richenacker,  so  eben  ein  gute  pfnind  vnd 
jjit  vil  darub  zuthimd  hat,  dem  Schulmeister  a!le  wercktag 
zwe  Stund  die  Eine  vor  Mitten  tag  vnnd  die  andere  darnach 
in  der  Schuolen  behelffen  sye  vimd  die  knaben  verheren 
helffe/*«) 


E*|  Gemler  (Universität^bibliolhek  KircheiibiblJothek  Aot  Falkeisca  Maims* 
ipl  et  im^res&ä  ecclesia^tica  ,  ..C  IV  i.     Verzeichnis  der  Pfarrer)  führt  für 
_!h  Jahr  1 559  aU  Pfarrer  von  Lausen  auf:  Jacobus  Rotwilensjs  hämo  irocundus 
et  pugoaxp  der  „Bretzwibm  post  tnuislatus."     1 539  alicr  war  Jcrg  Gass  noch 
In  diesem  Amte.  Dagegen  erscheint  Jakob  Eii  von  Rolwil  bei  Brückner  1535 
choQ  in  Brctxwil,     Aber  auch  das  ist  unrichtig»  denn  vom  Herb5^t   1531   bis 
1542  ist   Lienhardt  Eppingcr   Pfarrer  von  Bretzwil  gewesen. 
*)  St,.A.  Basdiand  L4.  C  I. 
•)  KircbenbibliotKck.  Ant.  Falkeißcn  a.  a.  O, 
*)  St.-A,  Baselland  L  4,  C  r. 
*)  St.-A.  Baselland  L  4.  C  3, 
•^  Sl-A.  Basdiand.  Dcputatcnarchiv  C  A.  Lici^tal  Nr.  10. 


^-1     tfku:-'    ^'.r^     T-^piii-?»    _*i=iiai.    -«ni-ii    :ienwi    >amr 
lu'^ir    -:i»an;t     ""^--'izi^^ar  ^vtt  *^f    t^u^    i**r  ZrsDfr-nf.    Er 

läiTV»      ';rrr:»*n       It-ILL      -*»'nni!>rnr^      inj'*i     ii-öi     ^tt*»-     limiiL    a 

"^  nr.i^r  iiir    üm"   'jr^rLur*  mit    üt^  rii£r:s*-3iiiiir   ir  Lküsat  in 

.iii*'.>»«'^r  .:i    lu-^jar^.     '^•aiiiniif-iirf   xu:  iir    ^'m    l.zi»<iCK  ':•*- 
.".»'. rr.    i»*vz  Tfr*'»»-!!   1*  ••:!  zi^" 'iii*E>  T'zfeyf    t:i»1  "v^ifwii.    tiiä  ^* 

•---;.-•  ;...::'.'.'-  ir»..-.   -.-  i-     >:   "5-_I  r-?  ~:-z.iz.  ac    >^r:  z.r. 

^r..    .--.    :,-  -.;rr:r-r:.  ^;.;:-      "   ;.  -...z.z.z-:-'^^  '-er?*:r:r:.*     I'-r 

'r'-  "--^       «'l-      '       ■  —  '_»'    -    »^       ^•,-  '-.         ^-j:.       W  ''.  *  .-»■  -  A  — ' 

....  -z .     »^  i ...  -r      •*-*.«■.         •  -■■^*"r •  -  -.rr      '*.'_->l       -^-t      '^       r.  ■  *  ■  - 

:^->-  ->-..   l-vi*    "..-:  T  :.  L:r--.i.  ^-r^iri-r'^-ri:  -Es -=^rklAgi  skh 

r::<:.x;. -:*   '--;.•:    i-^-;.--.'    ^r    i:-  SLiI  zr»  versäch^-n  i^it  Tin- 
v-r-.,.^'.:  ;■    ;.     :.    ;ri'ä-*:^'    L.i*    i^.-r    snzrrisniig    iv:»r    »^r  ;:.r. 

1    K.-;r.di 


Ltestuls  Pfarrer  und  Schulmeister  etc. 


453 


Keinem  Htiss  da  vil   vnlusts   vnd   geschmack«   druixib   syge 

{welches  ju   oudi  an  gsundheit  bindori,   ja  zu  b**sorgen  das 

[die  kiüd  oder  Jugent  so  jnü  die  sclial  gan  sollen,  oiich  vn- 

jgsund  worden  möchten.   Mit  begür  Diewil   docli   der  gwalt 

lOottös  an   jm  regieri  das  man  jme  die  arbeit  vnd  müg  jim 

Iversechung  der   Schul  abnemen  vnd   jme    vmb   ein    ander i 

behusung    helHen    ouch    darneben    nüdt    dosteweniger    die 

iungen  knallen  deren  eeben  ein  hüpöchi  Zal  zu  disem  llecki^n 

it-  einem    anderen    vermöglichen    ziichtmeisfcer   versorgen 

^tliun  Wi'ille.    Doch   das    man  jm    sinen    Ion  was   jm  vntzhür 

l geordnet  worden  zo  geben  filrer  vnabbrüclilicli  werden  lasün 

lao  welle  er  dennoch t  nüdt  dest  minder  die  pfrand  zu  Lang- 

[eon  vor  der  Statt  Liechstal  ob  sich  vff  gelegen,  all  Sontag 

'  mit  der  predig  wie  bissher  dessglichen  viis  zu  Liochstal  so 

man  sy  bgere  vnderdiow^'sen  sydmal  vnser  Liitpriester  ouch 

eilend  vnd  übelmögend  an   einen  Sontag  oder  sust  jnn   dHi: 

wucherij    ouch  so  uil   jm  müglich    ze  thundj    predigeri    vnd 

mit  heimsuchung  der   kranken,    sich    nit    wideren/     Dann 

heisat  es  weiter:  ^Sidmal  dann  sin  blödigkeit  ougenschein- 

klicb  vnd   er   by  einem  vierwil  Jar   nundaling   also   gangen 

Vist  searwent  dardurch  die   jugent   sich    übel    verlegen    vnd 

Bdliein  bessening  allidiewil   als    er   sagt   jnn  dem    huss    syg 

B  znnerhoffen,    so    ist    sinenthalb   ouch    von    viins<^rer  kindeii 

vnd  jugent  wegen  an  ü.  E.  v.  w.  vnser  gar  vntlertlieiiig  bitt 

vnd  beger  dessglychen  vnseres  lütpriesters,   so  ouch  für  jn 

I^gbÖtten,  vns  mit  einem  anderen  Schul  oder  Zuchtmeister 
znnersechen  jn  ouch  mit  einer  anderen  behusung  zu  l»e- 
sorgenj) 
Die  Antwort  lief  nicht  so  rasch  ein.  Die  ganze  An- 
gelegenheit wurde  genauer  untersucht  und  beraten.  Uel>er 
die  Entscheidung  des  Rates  gibt  das  folgende  Aktenstück 
interessanto  Auskunft. 

^  Instruction,*)  was  vnsero  Verordnette  Deputaten  mit  den 
Vnsern  zn  Liestal  von  wegen  der  Schiiol  handlen  vnd  ver- 
ordnen sollend, 


»)  St-A.  Baselland  L  3.  Nr.  5J. 

')  Liest  Deputateoarchiv  C.  A  Liestal  Nr.  10. 


454  Karl  Gauss. 

Diewyl  das  Allt  huss,  zu  der  Schneien  der  gelegenheit 
vnnd  jngebuws  halben  nit  vngeschickt,  Lassend  wirs  darby 
pliben,  das  die  Schnei  jin   alten  hnss  vngeendret  plibe.  / 

Damit  vnnd  aber,  der  eilend  geschmack,  damit  die 
Schuel  (wie  man  eigentlich  achten  miiss)  bisshar  so  jemer- 
lich  vergifftet  worden  /  hinfur  verhütet  vnd  abgestellt  werden/ 
Sollend  vnsere  Botten  Einem  Erbaren  Bath  zu  Liestall  an- 
zeigen /  vnnd  ernstlich  beitelchen  / 

Für  das  Erst  /  das  panthaleon  Singysen  allt  Schultheisa/ 
Sinen  Schwinstal  By  der  Schuole  von  Stund  an  dannen 
tun  /  vnd  an  andern  Ort,  da  der  gestank  vnd  geschmadr 
niemanden  jrre,  von  der  Schuol  hinweg  setzen  solle.  / 

Zum  andern  /  das  der  graben  /  der  neben  der  Schul  hin- 
get, von  Oben  harus  durchunder  besetzt  vnd  dermassen  zu- 
gricht  werde  /  das  die  vngesuber  von  den  primaten,  da 
herab  vnuerschwellt  fliessen  mvge  darub  ouch  der  Bach  all 
wuchen,  so  man  den  jn  die  Stat  louffen  lat,  also  geteylt 
sol  werden,  das  er  durch  disen  graben  auch  lauffen,  das 
vngesubr  hinflössen  möge.  Vnd  so  wend  die  vnseren  von 
Liestal  jnsehen  thun  /  vnd  uerschaffen  das  Stein  vnnd  Sand 
zu  diser  besetze  one  verzug  vff  die  walstat  gefront,  vnd 
ouch  der  graben  gesubret  werde.  So  wollen  wir  den  be- 
sotzerlon  abrichten  lassen. 

Zu  dem  dritten  sol  der  Ricker  sine  wasserstein  der 
jus  Schulgesslein  harussgat.  darzu  all  andere  wasserstein. 
so  jus  spitallgesslin,  vnd  anderen  orten  sind,  jnfassen,  vnnd 
das  wassor  mit  einem  Tuchel  an  der  Muren  hinab  leiten 
damit  niemands  bescholten  vnd  nit  so  ein  Wüsthi  sye,  Es 
sol  ouch  disor  Ricker  sinen  gang  gegen  der  primaten  jn- 
massen  besorgen  vnd  verschlahen,  damit  niemands  da  haruss 
harin«^n  möge  / 

Zu  dem  vierden.  Demnach  hoch  von  nöten  vnnd  gut 
das  die  Jugend  jn  der  Schuol  recht  vnderwisen  werde,  will 
vniis  gefallen,  das  Her  Hans  Richenacker,  so  eben  ein 
f^ute  pfrund  vnd  nit  vil  darub  zuthund  hat,  dem  Schul- 
inoister  alle  Werktag  zwe  Stund,  die  Eine  vor  Mittentag 
vnnd  die  andere  daniach,  jn  der  Schuolen  behelffen  sye, 
vnnd  die  knaben  verheren  helffe  / 


Ltestals  P^irrer  und  Schul meistor  etc. 


^!>5 


I  Zu  dein  fuTiffteii,  das  Ein  Schiilmeisti^r  deiätt?r  besser 
kchinng  All  den  knabeii  habe,  will  vnns  gefalleu,  wan  einer 
■Bin  kind  jii  dir  Scliul  tut,  das  der  zum  Sclmliindster  gienge, 
IvDd  jm  sin  kind  empfehle,  damit  Ers  jnsohriben  lili  vnd 
borg  zn  jm  haben  kenne^  Vmid  das  ouch  ein  jeder  Alle 
Ifroiifa-steTu  dem  Seimolmeister  von  Einem  kind  zweu  pla* 
Ipharr^  wie  hie  jn  der  Stat  Leergellt  geben.  t>as  geschieht 
lilazu  das  die  ho  in  die  Schul  giengen  vUsdg  lerend  vnd 
Wie  Eltern  jr  gelt  Dit  vergebens  vss  gebend,  vnnd  die  vn- 
fflissigen  kiiaben.  die  nit  wend  b^ren  sonder  sieh  selber  vnnd 
landere  irend  /  schwetzend  vnnd  vnghick  machend,  daheim 
Iplibend  /  die  Sclmolen  nit  sumond,  vnd  die  Eltern  jr  gellt 
nm  jnen  sparend. 

I  Dem  allen  sollend  die  vnseren  von  Liestall  mit  vliüs 
Ivxid  Ernst  nachkomen,  vnnd  sich  dermassen  erzeigen,  das 
Iwir  vnnd  mencklich  sehen  mnge.  das  jnen  jr  jiigenti  vnnd 
pcind  lieb  vnd  sy  dieselben  wohl  vnnd  Recht  zeerziohen, 
kiit'  mindt*rs  geneigt  syend»  dann  wir  dfis  gern  sehend  wie 
Uanii  die  verordnetten  werdend  anznzeigeu  wissen. 
I         Actum  SarapstagB  den  XXV  tag  Sepiembria 

Ao  XL.  J.  H.  Ry hiner  Stattschriben 

I  Bmckuer  nennt  zum  Jahm  1541  Philipp  Marter,    Jakob 

Däitter  setzt  ihn  mit  Riuht  uis  Jahr  1518,  wo  er  gestorben 
uL^)  Uebereinstimmeud  wird  für  das  Jahr  1542  Matthias 
iBeidensticker  genannt.  Die  Namen  einiger  anderer  aus  den 
Ijahren  154(J — 1543  sind  uns  verloren  gegangen.  Denn  nach 
Idem  Rücktritt  oder  Tod  des  Jerg  Class  kam  die  Schule  in 
iLiei^tai  rasch  hintereinamler  in  andere  Hände.  Im  August 
|1543  näfiiliüh  beklagten  sich  die  Untertanen  von  linsen, 
l^wie  vntzliär  jnn  kiirtzen  jaren  »y  etwan  munig  seelsjorger 
hmd  predicanten  ghept  vnd  keiner  pliplich  sin  wollo^  vr- 
paohen  wegen  jr  coiypetens  das  ist  jr  geschöpfter  lydlou 
KU  ring  vnd  cleinfii€*g  syge  Mit  dei^elbigen  sy  nit  vü 
Bdiamen  noch  sich  betragen  mügen*'^  Es  war  ihnen  ein 
K}oi*n  im  Auge,  dass  ihn-  Arisdurfer  Pfarrer  immer  noch 
felBcn  Teil  der  Lausener  Pfründe  gono^s.  und  sie  meinten 
nleshjilb:    «V'nd  ao  wan    diser  yetziger   ir  ir^nirdneter    dienor 

1  Htihjbiioibok    Am.  Falkeiitö  a.  js.  i* 


1  , 


!i 


^  i 


iraogcn    ilii'    Liestalor   nui   eine    Besserstellung.      Dio   Be- 

'  '  'u  ohiie  Erfolg  g«^bliol»t-n  zn  sein.  Denn 
ml  Battiiianii,  Airi  12,  Juli  15Bü  weiaeu 
li#  Wocliermiisgal>en  von  Basel  auf:  Item  X  ß  einem  so 
?Kullmeister  stu  Lioohstall  ta*  wi^deTi  verweTHi.'j  1551 
luden  wir  Johannes  Petri,  1562  MattJiias  Zimmer.'** 

Di*-'  Pfftrroi  Utustm  und  da^  Schul moistenimr  in  Lioistal 

irtle  ttl*^  S|)ningbrett  in  eino  bessere  Stelle  betrachtet  und 

fbenützt.    auch    noch    im    folgenilen    Jalirhunflert,    wo    ver* 

lmchin<h*nr'  Basier^  ^liu  irn  Toggenburg   gt^amtet  liatleUt  vor- 

iborgeheiid   die  Pfarrei   Limsen    zu  besorgen  hatten,     Dasa 

inter  9olrht*n  Umständen  und  namentlich  bei  dem  geringen 

Einkommen  nicht  imoicr  die   tüchtigi^t*»n   zu   diesem  Auite 

ttimen*  ist  nicht    verwunderlich.     Schlimmer  aber  war  dio 

aineiude  wohl  schwerlich  einmal  bedient  als  im  Jahre  161 L 

ll^a  spit»lte   sich   folgende  (Tf»schichtt*  ab.     An    die   erh^digte 

'farriit'dlo  hatte   steh   Blesi   Diilar    gemeldet:  er   war  ange- 

lommen  wonlon,  r^ill  er  d^inuilen  fürgegeben,  dasa  Veronica 

?chodolerin  sein  fludruw  Si»ige.**    Dit*  Frau  witrde  aber  bald 

«lif  einem   Diebstahl  ertappt»     Das  saubere  Paar  wurde  zur 

ift  gezogen.    Da  stellte  sich  heraus,  daas  Didar  ein  Mesa* 

>rie8ter  war  nn<I  die  Diebin  seine  Concubiue.      Die  Täterin 

ftnirde  an  den   Pranger    gestellt  und  samt  dem  Messpfaffen 

von  Stadi  und  Litnd  v**rvviesen.*) 

Wir  fass«?n  hier  da«  Ergebni.s  muh  kurz  zusammen. 
iDas  Amt  de«  Leutpriesters  von  Liestal  ging  in  die  neue 
l^eit  hinül)en  Es  wurde  versehen  von  Stephan  Stör  1512 
»is  im  Sommer  1524  Es  folgte  ihm  f(\r  ganz  kuiv.e  Zeit 
[Ji^rg  Vocbmann.  Dann  übernahm  es  Hans  Bruwiler.  der 
[liis  ÄU  seinem   1540  erfolgteti  Tode  in  Liestal  blieb. 

Als  Kaplan  wirkte*  bis  zum  Bauernkrieg  HeifirichSincken- 
|tiiler.    Einige  Jahre*  bis  152i»,  blieb  die  Stelle  verwaist.    Da- 
mals rückte  Johannes  Ilfeld  als  THakon  nach.    Das  Amt  ging 
aber  15'^(J  ein,    als    «*s    mit   diM*    PlVronlr   \i>ti    Mnnzurh   vt*r*- 
liebmobEen  wurde. 


',  IL  si   A,  VVodieadmt^bcn. 

'^  Brückner  liir 

*    li.St,-A.  Ratiprotoltolle  sj.MAnB  s6fi. 


Miszellen. 


Die  Crabschrift  der  Cocusia  Masucia  Im  Historischen  Museum 

^h  Diis  Historische  Museum  bewahrt  eine  kleine  Steinplatte  mit 
echszciligcn  Grahschrih  einer  COCVSIA  MASVCIA.  Die  In- 
hrftt  Ist  in  Mommsens  Inscriptiones  confoederalionis  Helvelicae  latinae 
tltt  Nummer  292  aulgefuhrt  mit  der  Angabe:  rep.  18CK^  ad  Bnsel -Angst. 
ainiJe  Basileae  apad  Bnrckh.irdt-Wild,  nunc  in  museo.  Im  Corpus  Inscrip- 
ontim  lalinarüm  Band  Xlli,  II,  I  trägt  sie  die  Nummer  5285  und  ist  von 
rier  gleichen  Fundorlsnotiz  begleitet. 

Nun  ist  das  Historische  Museum  im  Jahr  1907  In  den  Besitz  eines 
Iisgabenbuches  des  obgenannten  Sammlers  Burckhardl-Wild  gelangt,  in 
elchem  derselbe  die  Erwerbungen  tUr  sein  Curiositätencabinei  in  den 
Uhren  1770  bis  1786  eintrug  (Bibl.  d.  Histor.  Museums  A  toi  21).  Das 
ach  ist  mm  grossen  Teil  sehr  sorgfältig  geführt  und  vielf,ich  durch  kleine 
der  erworbenen  Gegenstände  illustriert  Auf  Seite  41  enthalt  es 
Eiden  Eintrag:  .Von  M.  Tabbe  Maury,  ancien  professeur,  par  Ic 
ll  de  M.  Mclquioud  pere  et  fils  ä  Nismes  folgende  Antiquitaclcn  cr- 
en,  taut  Ictsteren  Brief  vom  30.  May  1781,  über  Lyon,  par  Ic  canal 
EM.  Andre  Heusler*.  Hierauf  werden  21  Gegenstände,  jeder  mit  An* 
des  Preises,  aufgeführt,  wobei  unter  anderm:  J  inscriplion  sur  pierrc. 
24  L.\  und  neben  diesem  Eintrag  ist  tn  einer  säubern  kleinen 
ichnujig  die  Grubschrift  der  COCVSIA  MASVCIA  mit  ihrem  vcjllsIHndigcn 
Haute  abgebildet 
Die  Inschrift  stammt  somit  nicht  aus  Äugst,  sondern  aus  Siit]fr.ink- 
Der  Irrtuui,  dass  sie  um  das  Jahr  1800  zu  Basel-Augst  gefunden 
en  sei,  erklärt  sich  daraus,  dass  die  römischen  Altertümer  der  Samm- 
ng  Burckhardt-Wild  zum  grossen  Teile  von  Grabungen  herrührten,  welche 
In   tlcn    laliriMi    17^4   bis    ]Hi)2  in   Aiiir'sl   v  orurtiuiniTh^n   u^^rdru   warcn^ 

Karl  SteliJln. 

Ein  xeitgen/^ssischtT  Bericht  Ober  die  Eroberung  Chillons  durch 

lle  Berner  im  Jahre  1536    V.ndc  März  des  Jahres  1536  weilten  in  Lau- 

»nnc  zwei  Boten  Basels,  Blasius  SchOlli  und  Hans  Rudolf  Frey,  die  als 

Chicdsicutc  ?;wischen  den   feindlichen  Partelen  vermitteln  sollten.     Was 

nun  aus  erster  Hand  von  den  Bernern  vor  Chillon  über  die  Eroberung 

Mcs  Sclilosses  erfühlen,  berichteten  sie  In  nachfolgendem  Schreiben  an 

Obern.  Bürgermeister  und  Rat  der  Stadt   Ba^cl      Bemerkenswert  Ist. 

hier  der  Bcfrehmg  Bonivards  gcdaclit  wird,  während  ihn  Nflgcll,  der 

lilshabcr  der  siegreichen  Berner,  In   seinem  Berichte  nicht  crwihnt, 

.  Dierauer,  Geschichte  der  schweizerischen  Eldgenosscnscliafi  Hl,  243.) 

ünnscr  willig  dlcnste  mit  sampt  undertheniger  gefiorsamkelt  aizyt 

Edl*"n  strcn>^»?n  fromfn  Hr.  fnsonders  gnedigen  lieben  hem  und 

;a«lTiiui.  ri    r     lic'UI,    iltiil    Allrftum«     VU,    2,  90 


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