HARVARD UNIVERSITY.
NOV 13 1924
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Beiträge
zur
Entwicklung der Allantois
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INAUGURAL-DISSERTATION
WELCHE
ZUR ERLANGUNG DER DOCTORWÜRDE
IN DER
MEDICIN UND CHIRURGIE
MIT ZUSTIMMUNG
DER MEDICINISCHEN FACULTÄT
DER
FRIEDRICH-WILHELMS- UNIVERSITÄT ZU BERLIN
am 1. Februar 1895
NEBST DEN ANGEFÜGTEN THESEN
ÖFFENTLICH VERTHEIDIGEN WIRD
DER VERFASSER
Friedrich Fftlleborn
prakt. Arzt
aus C u 1 m.
OPPONENTEN :
Hr. Dr. med. Sobotta.
- Cand. med. Hein.
- Cand. med. Thedinga.
BERLIN.
Buchdruckerei von Gustav Schade (Otto Francke).
Linienstrasse 158.
5
Seiner Mutter
gewidmet
vom
Verfasser.
In der vorliegenden kleinen Schrift gedenke ich
einige Beobachtungen, die ich bei Untersuchung der
Eihäute der Vögel gemacht habe, in Kürze vorzulegen.
Im Jahre 1891 begann ich mich auf Rat des Herrn
Professor Dr. Hans Virchow mit dem Bau und der
Entwickelung der Allantois der Vögel zu beschäftigen
und brachte nach mannigfachen Unterbrechungen diese
Arbeit im Jahre 1893 im wesentlichen zum Abschluss;
durch die Ableistung meiner Militairpllicht und eine
längere Reise ins Ausland wurde ich daran verhindert,
früher mit meinen Ergebnissen an die Öffentlichkeit zu
treten.
Infolge einer im Jahre 1894 in einer japanischen
Zeitschrift von Hirota veröffentlichten Arbeit „On the
Sero- Amniotic Connection and the Foetal Membranes in
the Chick“ (The Journal of the College of Science,
Imperial University, Japan, Vol. VI, Part IV. Tökyö,
Japan 1894) wurde ich veranlasst, meiner Darstellung
eine andere als die ursprünglich beabsichtigte Fassung
zu geben. Da ich den Inhalt der Hirota’schen Arbeit
als bekannt voraussetze, will ich nur das Gefässsystem
und die histologische Struktur der Allantois etwas ge¬
nauer, wenn auch nur in den Hauptzügen beschreiben
und mich im übrigen darauf beschränken, hervorzuheben,
inwieweit meine Resultate mit denen Hirota’s überein¬
stimmen.
6
Die Arterien
und Venen der
Allantois *).
I. Im
Allgemeinen.
II. Beim 6 tägigen
Hühner-Embryo.
1. Orientierung
auf d. Allantois.
Das Gefässsystem der Allantois.
Die Blutgefässe der Allantois.
Die Allantois besitzt, wie schon Carl Ernst von Baer
beschreibt, zwei Arterien, nämlich die Art. umbilicalis
dextra und sinistra, dagegen nur eine Yene, die Vena
umbilicalis. Aus den vortrefflichen Injektionspräparaten
Popoff’s geht hervor, dass dies auch für ganz jugend¬
liche Embryonen (4 Tage 20 Stunden) zutrifft1).
Zum Ausgangspunkt für die Beschreibung des Ge-
fässsystems der Allantois diene die eines 6 Tage lang
bebrüteten Hühnereies, welche etwa die Grösse eines
Markstückes besitzt.
Zur leichteren Orientierung will ich die Allantois
in vier Quadranten einteilen und an ihr eine nach dem
Kopf und eine nach dem Steiss des Embryo gerichtete
Hälfte unterscheiden; ausserdem soll an der Allantois
senkrecht zu der ersten Teilung eine zweite stattfinden
und eine dem Körper des Embryo zugewandte und eine
ihm abgewandte Hälfte unterschieden werden2). Die
folgende Darstellung bezieht sich speciell auf das Stadium
des 6. Tages, doch zeigen die jüngeren und älteren
Stadien ähnliche Verhältnisse3).
*) Die Randbemerkungen sollen nur den Inhalt des Textes an¬
deuten und nicht dazu dienen, die Disposition desselben genau
wiederzugeben.
') Die Dottersackgefässe des Huhnes, Demetrius Popoff, Wies¬
baden 1894.
2) Ich konnte für diese Lagerungsbeziehungen keine geeigneten
kurzen und präcisen Ausdrücke finden, so dass ich mich im Folgen¬
den leider langatmiger Umschreibungen bedienen muss.
3) Hirota spricht über die Anordnung der Allantois-Gefässe am
5. Tage in folgenden Sätzen: „At the end of the fifth day we can
distinguish in a surface view the right and left allantoic arteries and
one large allantoic vein in the allantois. The right artery, which
is always bifurcate in the inner limb of the allantois, supplies the
posterior part of the allantois, while the vein is divided into two
or three main branches in the outer limb. The left artery is smaller
than the other two vessels, and is destined to supply the anterior
part of the allantois;“ doch ist es absolut unmöglich, sich nach
dieser Darstellung ein Bild von dem Verlauf der Allantois-Gefässe
7
i
Von den beiden Allantois-Arterien ist die linke bei
weitem stärker als die rechte entwickelt. Der Verlauf
der Art. umbilicalis sinistra ist folgender: Nachdem sie
zusammen mit dem Allantois-Stiele und den beiden an¬
deren Allantois-Gefässen aus dem Embryo herausgetreten
ist, begiebt sie sich, das innere Blatt des Harnsackes
durchziehend, zu dem vom Embryo abgewandten Allantois-
rande, um hier umbiegend auf das äussere Blatt der
Allantois überzugehen; noch während ihres Verlaufes
auf dem inneren Blatt aber hat sie sich unter etwa
einem rechten Winkel in zwei starke Aste gegabelt,
von denen der eine mehr kopfwärts, der andere
steisswärts verläuft. Von diesen Asten versorgt der
steisswärts ziehende die steisswärts gelegene Hälfte des
dem Embryo zugewandten Allantois-Abschnittes und auch
einen benachbarten Teil des dem Embryo abgewandten
Abschnittes, welcher im übrigen von dem kopfwärts ver¬
laufenden Aste der Art. umbilic. sin. versorgt wird.
Die rechte, schwächere Allantois- Arterie liegt in
ihrem Anfangsteile der V. umbilic. eng an, trennt sich
aber während ihres Verlaufes durch das innere Blatt der
Allantois von derselben und strebt, meist in zwei Aste
geteilt, dem äusseren Blatte zu, von dem sie den kopf¬
wärts gelegenen Teil der dem Embryo zugewandten
Allantois- Hälfte versorgt.
Beide Allantois-Arterien geben während ihres Ver¬
laufes durch das innere Blatt auch Zweige an dieses ab.
Die Allantois-Vene ist ein starkes Gefäss, welches,
wie schon gesagt, anfangs neben der Art. umbilic. dextr.
verläuft und ungefähr der Mitte der Amnionserosa-Ver¬
bindung1) (Hirota) gegenüber auf das äussere Blatt um¬
biegt.
zu machen, da Hirota den Leser im Unklaren darüber lässt, was er
eigentlich unter „the anterior part“ und „the posterior part of the
allantois“ versteht. Auf der Abbildung einer Hühner-Allantois vom
6. Tage (Fig. 8) dagegen ist der Verlauf der Getässe korrekt ge¬
zeichnet, doch verwechselt Hirota in der Bezeichnung die rechte und
die linke Allantois- Arterie; diese Verwechselung findet sich übrigens
konstant in Text und Abbildungen der ganzen Arbeit.
x) Über die Amnion-serosa-Verbindung siehe S. 27. Die kon¬
stante Lagerungsbeziehung der Ven. umbilic. zu der Amnion-serosa-
Verbindung wird auch von Hirota 1. c. S. 354 besonders hervorge¬
hoben.
2. Anordnung der
grossen Gefässe
der Allantois.
a) Arterien.
b) Vene.
8
Septad.Allantois.
3. Anordnung der
Gefässe auf dem
äusseren Blatte.
Arterien und
Venen.
Im vorliegenden Stadium ist die Stelle, an welcher
die Vene vom innern Blatt auf das äussere umbiegt (in¬
folge langsameren Wachstums des Gefässes), bereits be¬
trächtlich gegen den übrigen Rand der Allantois zurück¬
geblieben. Dies hat zu einer jener von Hirota als „Septa“
der Allantois bezeichneten Duplikaturen der Allantois- -
Wand Veranlassung gegeben; auf die Beschreibung dieses
Vorganges will ich nicht näher eingehen, sondern ver¬
weise auf die detaillierte Schilderung Hirota’s. (Übrigens
hat, wie ich ausdrücklich hervorheben will, schon Carl
Ernst von Baer diese Septa gekannt und die richtige
Erklärung für dieselbe gegeben. Entwickelungsgeschichte
der Tiere, I. Teil, S. 123.)
An den Arterien ist in diesem Stadium von der
Bildung der Septa erst wenig oder garnichts zu sehen.
Auf dem äusseren Blatte angelangt, teilen sich
nun Arterien und Venen in mehrere grössere Aste; die
dem Rande des äusseren Blattes zunächst gelegenen ver¬
laufen dabei diesem annähernd parallel.
Die Anordnung der Arterien und Venen auf dem
äusseren Blatte des Harnsackes ist eine derartige,
dass stets die Verzweigungen der Arterien und Venen
gleichwie die Finger der gefalteten Hände ineinander
greifen: durch diesen Vergleich soll ausgedrückt werden,
dass erstens die Vene in der Mitte der durch zwei Ar¬
terienäste gebildeten Gabel verläuft und umgekehrt, und
zweitens, dass Arterie und Vene von entgegengesetzten
Richtungen einander zustreben.
Arterien und Venen überkreuzen sich auch stellen¬
weise, ziehen jedoch nie in diesem Stadium zu gemein¬
samen Gefässsträngen vereinigt (etwa wie die Art. und
V. femoralis) nebeneinander her, sondern sind stets durch
einen Zwischenraum getrennt, welcher von denfeineren Ver¬
ästelungen der Gefässe eingenommen wird. Die weitere
Verästelung der Arterien und Venen findet in der Weise
statt, dass bald nach rechts, bald nach links Seitenäste von
den grösseren Stämmen abgegeben werden, und dass sich
diese Art der Verzweigung bis zu den Kapillaren hin
fortsetzt. Die von einem Gefässe abgegebenen Seiten¬
zweige sind jedoch nicht alle gleich stark, sondern es
werden .selbst von grossen Stämmen ausser starken
Seitenästen auch sehr feine Gefässe abgegeben, welche
9
sich ohne weitere Verästelung direkt in Kapillaren auf-
lösen.
Die Gefässe des äusseren Blattes verästeln sich
also ganz ähnlich wie ein Tannenzweig, nur dass bei
diesem die Seitensprossen stets von derselben Stelle des
Zweiges nach beiden Seiten ziehen, und bei den bespro¬
chenen Gefässen die Anordnung nicht eine so regelmäs¬
sige ist. Ganz wie dies für die grösseren Aste beschrie¬
ben ist, greifen auch die feineren arteriellen und venösen
Verzweigungen ineinander ein. Betrachten wir das äus¬
sere Blatt bei schwacher Vergrösserung, so macht es
den Eindruck, als ob die feinsten Arterien- und Venen¬
verzweigungen ziemlich unvermittelt blind endigten, eine
Betrachtung bei starker Vergrösserung zeigt uns aber
ein ausserordentlich feinmaschiges Kapillarennetz, welches
dicht unter der dünnen Ectodermschicht gelegen, die
ganze Oberfläche des äusseren Blattes einnimmt, und in
welches die Endäste der Arterien und Venen einmünden,
indem sie aus der tiefer gelegenen Schicht gegen das
Ectoderm hin aufsteigen. Die Kapillaren bilden so enge
Maschen und haben dabei ein relativ so weites Lumen,
dass sie nur mit denen der Lunge höherer Tiere und
mit denen der Chorioidea des Auges verglichen werden
können, und man kann, statt von einem im Gewebe lie¬
genden Gefässnetz ebensogut von einem durch Gewebs-
pfeiler unterbrochenen Blut-Sinus sprechen.
Diese Kapillarzone habe ich auffällenderweise noch
nirgends genauer beschrieben gefunden, sondern man
begnügt sich in der Litteratur mit der Bemerkung, dass
das äussere Blatt der Allantois ein bedeutend entwickel¬
teres Gefässnetz als das innere Blatt besitze. Duval1)
bildet an Stelle dieser Kapillarenschicht, welche von
einer äusserst platten Ectoderm-Lage überzogen wird,
eine Schicht kubischer Epithel-Zellen ab: allerdings
macht diese Kapillarzone auf dicken Querschnitten häufig
einen ähnlichen Eindruck.
Gegen den Rand des äussseren Blattes hin werden
die Kapillarmaschen weiter und weiter, bis sie endlich am
Rande selbst in das weitmaschige Kapillarnetz des inneren
9 Duval: Sur les annexes des embryons d’oiseau. [Journal
de FAnatomie 1884 Tab. X. Fig. 14 (B)].
b) Kapillaren.
10
4. Anordnung der
Gefässe auf dem
inneren Blatte.
a) Kapillaren.
b) Avterien und
Venen.
Blattes übergehen; diese Übergangszone zwischen den
typischen (respiratorischen) Kapillaren des äusseren Blattes
und den Kapillaren des inneren Blattes ist an verschie¬
denen Stellen verschieden breit, was vielleicht mit dem
ungleichen Wachstum der verschiedenen Stellen des
Allantoisrandes zusammenhängt.
Was nun das Kapillarnetz des inneren Blattes an¬
betrifft, so zeigt es einen vollständig anderen Typus als
das des äusseren Blattes; es ist dies ganz erklärlich, da
ja nur das äussere Blatt des Harnsackes wegen seiner
Lage an der Schalenhaut des Eies die noch funktions-
o
lose Lunge des Embryo vertritt. Dementsprechend sind
denn auch die Kapillarmaschen des inneren Blattes im
Vergleich zu denen des äusseren Blattes ungeheuer
weit1).
In früheren als dem vorliegenden Stadium sind sie
allerdings viel enger1), doch werden sie im Laufe der Ent¬
wicklung trotz sehr lebhafter Kapillar-Neubildung wenig¬
stens stellenweise noch ganz bedeutend weiter, als es
am 6. Tage der Fall ist. Die Allantois verhält sich dabei
wie ein Gummiballon, auf welchem sich eine Netzzeich¬
nung befindet: wenn wir denselben durch Aufblasen ver-
grössern (entsprechend der Grössenzunahme der wachsen¬
den Allantois), so rücken die Maschen der Netzzeichnung
immer weiter auseinander.
Bisher wurde nur erwähnt (S. 7), dass die Arterien
Äste an das innere Blatt abgeben; ausser diesen erhält
das innere Blatt des Harnsackes nun auch venöse Äste.
Die Venen des inneren Blattes sind in der Reihenfolge,
wie sie von der V. umbilic. entspringen, folgende:
1. Eine Begleitvene zu der Ärt. umbilic. sin.; dieser
im vorliegenden Stadium noch schwache Venenast um¬
spinnt die Arterie mit einem feinen Netzwerke (vgl. auch
S. 19) und giebt Zweige ab, welche teils in Begleitung
von arteriellen Ästen, teils isoliert auf dem inneren Blatte
verlaufen und sich hier in das grobmaschige Kapillarnetz
auflösen. Nach dem Rande des inneren Blattes zu wird
das Gefäss dünner und dünner, bis es schliesslich nicht
weiter verfolgbar ist.
!) Vgl. auch Popoff: Dottcrsackgefäss des Huhns, Fig. 8.
11
2. Einige Äste, welche von der V. umbilic. ent¬
springen und ohne Begleitung einer Arterie sich auf dem
inneren Blatte verzweigen.
3. Eine stärkere Begleitvene zur Art. umbilic.
dextr. und
4. einzelne Zweige, welche von der Vene während
ihres Verlaufes am freien Rande des oben erwähnten
„Septums“ an das innere Blatt abgegeben werden.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass zwar die in
der Gegend des Allantoisstieles gelegenen Teile des inneren
Blattes genügend, die dem Rande näher gelegenen Partieen
im Bereiche der Art. umbilic. sin. jedoch sehr schwach
mit Venen versorgt sind und deshalb wohl einen Teil
ihres Blutes in die nahe gelegenen Venen des äusseren
Blattes entleeren werden.
Dasselbe dürfte in gleicher Weise für jüngere Stadien
zutreffen, in denen die \v. comitantes ebenfalls relativ
sehr schwach entwickelt zu sein scheinen. Auch in Be¬
zug auf die übrige Anordnung der Gefässe entsprechen
jüngere Stadien im grossen ganzen dem oben beschriebenen.
Natürlich entwickelt sich das typische Gefässnetz des
äusseren Blattes erst, nachdem die Allantois die seröse
Hülle erreicht hat; vorher besitzt die ganze Allantois ein
Gefässnetz, welches dem eben geschilderten des inneren
Blattes entspricht, nur, wie bereits gesagt, bedeutend
feinmaschiger ist.
Die V eränderungen nun, welche das Gefässsystem des
Harnsackes in den Stadien nach dem 6. Tage eingeht,
sind folgende:
Das äussere Blatt wird in den folgenden Tagen
noch stärker vaskularisiert: die respiratorischen Kapillar¬
maschen der äusseren Lamelle sind in diesem Stadium
noch enger als vordem und sind jetzt auch annähernd
gleich weit, während in den jüngeren Stadien das Kapillar¬
netz (auch abgesehen von der Randzone des äusseren
Blattes) vielfach ungleich grosse Maschen zeigte.
Ferner rücken auch die grösseren Blutgefässver¬
zweigungen näher aneinander und die Endäste der Ge¬
fässe gehen vielfach mit benachbarten Anastomosen ein,
jedoch die Arterien stets nur mit Arterien und die Venen
mit Venen. Hierdurch entsteht nun unterhalb (nach der
Allantoishöhle zu) der Kapillarzone ein arterielles und
III. Hühner-
Embryonen vor
dem 6. Tage.
IV. Hühner-
Embryonen nach
dem 6. Tage.
1. Veränderungen
am äusseren
lilatt.
a) Kapillaren.
b) Arterien und
Venen.
Anastomosen.
12
Arterien u.Venen
verlaufen teil¬
weise zu gemein¬
samen Strängen
vereinigt.
V. comitans Art.
umbilic. sin.
2.Veränderungen
am inneren Blatt.
a) Kapillaren d.
inneren Blattes.
ein venöses Netzwerk, deren Maschen sich vielfach über¬
kreuzen1); in den jüngeren Stadien sind solche Anas’to-
mosen nicht vorhanden.
Wie oben erwähnt, ziehen die Arterien- und Venen¬
zweige in jüngeren Stadien auch niemals zu gemein¬
samen Strängen vereinigt nebeneinander her, wohl aber
findet ein solches Verhältnis in der zweiten Hälfte der
Bebrütung statt.
Zum Teil geschieht dies dadurch, dass Zweige der
V. comitans Art. umbilic. sin., welche vom 6. Tage an
rasch an Grösse zugenommen hat, den Asten der Arterie
auf das äussere Blatt folgen und sich auch dort nicht
von ihnen trennen.
Diese Venen gehen nun, kurz nachdem sie auf das
äussere Blatt des Harnsackes getreten sind, Anastomosen
mit sehr starken Venen des äusseren Blattes ein; da ein
grosser Teil des venösen Blutes der äusseren Allantois-
Lamelle durch diese Anastomosen abfliesst, dehnt sich
der im inneren Blatte gelegene Abschnitt der V. comi¬
tans Art. umbilic. sin. so sehr aus, dass die Vene der
zugehörigen Arterie an Lumen nicht nachsteht2).
Auch im Bereiche des inneren Blattes der Allantois
gehen im Laufe der Entwicklung zahlreiche Veränderun¬
gen vor sich.
Das Kapillarnetz wird, wie bereits oben angedeutet
(S. 10), stellenweise noch weiter als vordem. An ande¬
ren Plätzen wieder ordnen sich die Kapillaren in einer
bestimmten Lichtung an; so finden wir gewöhnlich, dass
nach dem 7. Tage an einem Teile des Amnion-Allantois-
Verwachsungsrandes (S. 27) die Kapillaren des inneren
Blattes einander parallel ziehen und ungefähr senkrecht
auf den ebenerwähnten Verwachsungsrand auftrelfen.
Auch dort, wo die Kapillaren des inneren Blattes an die
Eiweisssack- Allantois (siehe S. 23) grenzen, sind sie
stellenweise ähnlich angeordnet. Doch sind diese Ver-
]) Hierzu kommt noch an derselben Stelle ein später zu be¬
schreibendes Lymphgefässnetz.
2) Diese Verhältnisse deutet Hirota in den Worten an: „One
basal branch of the allantoic vein , which runs with the right —
(müsste heissen mit der linken, s. auch Anm. S. 6) — allantoic ar-
tery, becomes conspicuous by anastomosing with other branches of
the same vein.“
13
hältnisse zu schwankend, um eine genauere Beschreibung
zu rechtfertigen.
Besonders berücksichtigt muss aber das Gefässnetz
der Amnion-Allantois-Verwachsung und der Eiweisssack-
Allantois werden. An beiden Stellen geht das weite
Gefässnetz des inneren Blattes durch starke Kapillaren-
Neubildung ziemlich unvermittelt in ein sehr feinmaschi¬
ges Gefässnetz über1); die Gefässe sind dabei oft stark
geschlängelt, wie dies auch schon auf den benachbarten
Partieen des inneren Blattes zuweilen der Fall ist. Dort,
wo die Ei weisssack- Allantois in das äussere Blatt der
Allantois umbiegt, wandelt sich das Gefässnetz ganz in
der oben beschriebenen Weise (S. 9) in das typische
respiratorische Kapillarnetz um.
Merkwürdig sind nun mehrere Verbindungen, welche
die Gefässe des inneren Blattes der Allantois mit ande¬
ren Gefässsystemen eingeht.
Wie schon Carl Ernst von Baer2) erwähnt, erhält
das Amnion um den 11. Tag etwa eine Vaskularisation.
Es wachsen nämlich von der Bauchwand des Embryo
her Gefässe in das Organ hinein. Diese Gefässe sind
zum Teil stark geschlängelt, was bei ihrer Lage in der
Wand eines kontraktilen Organes nichts Auffälliges hat;
häufig sind sie derart angeordnet, dass die Arterie
zwischen zwei Begleitvenen verläuft, welche durch Quer-
Anastomosen nach Art der Sprossen einer Leiter unter¬
einander in Verbindung stehen. In Kommunikation mit
den am weitesten gegen den Amnion- Allantois -Ver¬
wachsungsrand vorgedrungenen Partieen dieser Gefässe
stehen häufig merkwürdige weite Hohlräume, welche
strotzend mit Blut gefüllt sind; sie bilden gewöhnlich
ein unregelmässiges Netzwerk, welches zahlreiche blind
endende Ausläufer besitzt.
Ausser diesen direkt aus der Leibeswand des Em¬
bryo hervorgegangenen Gefässen erhält nun das Amnion
nach meinen Beobachtungen auch noch solche, welche
vom inneren Blatte der Allantois herstammen und strecken¬
weise am Amnion-Allantois-Verwachsungsrande ein fein-
b) Gefässe der
Amnion-
Allantois-Ver¬
wachsung u. der
Ei weisssack -
Allantois.
c) Verbindungen
der Gefässe des
inneren Blattes
mit anderen
Gefässsystemen.
a ) Verbindung d.
Allantois-Gefässe
mit denen des
Amnions.
Vaskularisation
des Amnions,
von der Bauch¬
wand aus,
von dem inneren
Blatte der
Allantois aus.
') Für die Eiweisssack- Allantois wird dies auch von Duval
besonders hervorgehoben.
2) Entwickelungsgeschichte der Tiere Bd. I. S. 124.
14
Anastomosen
zwischen diesen
Gefässbezirken.
ß) Verbindung d.
Allantois-Gefässe
mit denen der
Dottersack-
gefässe.
Entstehung
dieser Ver¬
bindung.
maschiges Kapillar-Netz bilden. Diese beiden Gefäss-
systeme gehen nun mit einander Anastomosen ein und
hierdurch treten die Allantois-Gefässe in Kommunikation
mit den Bauchwandgefässen des Embryo. Die Ana¬
stomosen finden sich aber immer nur auf kleinere Ab¬
schnitte beschränkt, und auf dem grössten Teile des
Amnions bleiben beide Gefässbezirke durch eine un-
vaskularisierte Zone von einander getrennt. Ein solcher
gefässloser Abschnitt bleibt auch in späteren Stadien in
grosser Ausdehnung bestehen, trotzdem sich während der
Einziehung des Dottersackes* 1) der Amnion -Allantois-
Verwachsungsrand immer mehr dem primitiven Nabel¬
ringe (der Stelle, an welcher das Amnion in die Bauch¬
haut übergeht) nähert.
Dieses dürfte zum Teil dadurch bedingt sein, dass
am Verwachsungsrande der Allantois und des Amnions
in diesem Stadium auf weite Strecken starke Quellungen
der Amnionmuskulatur eintreten (siehe S. 29) und so
der Weg für die Anastomosenbildung verlegt wird; diese
Quellungen sind wahrscheinlich auch ein Grund für das
in diesen Stadien recht spärliche Auftreten von Vasku¬
larisation des Amnions vom inneren Blatte aus.
Ferner treten die Allantoisgefässe auch in Verbin¬
dung mit dem Gefässsystem des Dottersackes.
Es gelang Popoff, bei neunzehntägigen Hühnerembryo¬
nen vom Dottersacke aus die Allantois zu injicieren, und
durch Injektion von der Allantois aus konnte ich vom
17. Tage an die Dottersackgefässe füllen.
Die Verbindung zwischen den Gefässen des Dotter¬
sackes und der Allantois kommt folgendermaassen zu
Stande: Am 12. Tage und wohl schon etwas früher kann
man in der Umgebung des Mesodermringes eine Vasku¬
larisation der Serosa (von den Dottersackgefässen her¬
stammend) bemerken, und am 13. Tage beginnt die Serosa
auch vom inneren Blatt der Allantois aus durch ein
schönes Kapillarnetz vaskularisiert zu werden. Die zwi¬
schen beiden Gefässprovinzen gelegene Serosastrecke wird
durch die Verkleinerung des Eiweisssackes immer kürzer
9 Hans Virchow: Der Dottersack des Huhnes Seite 39 in:
I. Band der internationalen Beiträge zur wissenschaftlichen Medicin,
Zeitschrift, Rudolf Virchow gewidmet. Berlin 1891.
15
und endlich, etwa am 16. Tage, treten die beiden Gefäss-
systeme miteinander in Kommunikation.
Durch diese Anastomosen mit allen benachbarten y) Folgen der
Organen mag nun zwar ähnlich, wie dies bei der Lungen- ^leh^dilTAiian-
atmung durch die Einmündung der Vv. bronchiales in tow-Gefässe mit
C' o 11 (4 Q | Q gC »
die Vv. pulmonales geschieht, dem arteriellen Blute der Systemen ein -
Allantoisvenen auch sauerstoffarmeres Blut beigemischt gehen,
werden, andererseits aber wird die Sicherheit der Cirku-
lation durch diese Verbindungen, die bei event. Stö¬
rungen als Notauslässe dienen können, gefördert werden.
Überhaupt ist für die Cirkulation der Allantois in [Die zweck-
jeder Weise höchst vollkommen Sorge getragen, und ich Tnordnun^d^
glaube auch, dass die auf S. 8 erwähnte Thatsache, gro8Qgfäggg“tois’
dass die grösseren Gefässstämme im Wachstum hinter
den sie umgebenden Allantoisabschnitten Zurückbleiben,
ihre Erklärung durch eine hierdurch beabsichtigte Er¬
leichterung der Cirkulation finden. Die Gefässe ziehen
nämlich infolge ihres relativ geringeren Wachstums
mitten durch die Allantois-Höhle vom innern Blatt zum
äussern Blatt und biegen nicht erst am freien Rande der
Allantois von der inneren auf die äussere Lamelle um;
sie gelangen also dadurch auf einem kürzeren Wege zu
dem äusseren Blatte (welches ja als respirierendes Organ
des Embryo mehr als die anderen Allantoisabschnitte
einer starken Blutzufuhr bedarf), als ob sie genötigt
wären, erst die ganze innere Lamelle bis zum freien
Rande der Allantois zu. durchlaufen, um das äussere
Blatt zu erreichen, wie dies ja geschehen würde, wenn
das Wachstum der Gefässe gleichen Schritt mit dem der
ihnen benachbarten Allantoisabschnitte hielte. Wenn
das letztere der Fall wäre, so würden ferner auch alle
grösseren Gefässstämme der Allantois (soweit sie für das
äussere Blatt bestimmt sind) beim Schlüsse des Eiweiss¬
sackes (s. S. 36) auf einen engen Raum zusammenge-
drängt werden, was natürlich nicht so zweckmässig für
die Gleich mässigkeit der Cirkulation aller Teile des
äusseren Blattes wäre, als die thatsächlich vorhandene
Ei nmündung an weiter von einander entfernten Stellen
des äusseren Blattes. Vielleicht ist es auch von Wichtig¬
keit, dass durch diesen eigentümlichen Gefässverlauf
die beiden Aste der Art. umbilic. sin. aus dem Bereiche
des schrumpfenden Eiweisssackes gebracht werden.
16
V. Hühner-
Embryonen in d.
letzten Tagen d.
Bebrütung:
1. Äusseres Blatt.
2. Inneres Blatt.
/
Art. umbilic.
dextr.
VT. Feinerer Bau
der Allantois-
Gefasse.
1. Arterien und
Venen.
2. Kapillaren-
Neubildung.
Über das Gefässsystem der Allantois während der
letzten Tage der Bebrütung wäre folgendes zu sagen:
Die Gefässe des äusseren Blattes erhalten sich auch
während der letzten Tage auf der erreichten Entwicke¬
lungshöhe.
Das innere Blatt der Allantois, welches als solches
durch die Verwachsung mit dem Amnion während des
Eintritts des Dottersackes immer kleiner wird, zeigt
auch am 19. Tage noch ein sehr reiches Gefässnetz, und
auch der unmittelbar an das innere Blatt grenzende Teil
der Amnion-Allantois-Verwachsung hat selbst in diesen
Stadien noch eine reiche Vaskularisation; auf dem vom
Rande des innern Blattes entfernteren Teile der Amnion-
Allantois-Verwachsung aber bildet sich das Gefässnetz
im Laufe der Entwicklung mehr und mehr zurück.
Über das Schicksal der Art. umbilic. dextr. will ich
noch bemerken, dass sie nicht, wie bisher angenommen,
zu Grunde geht, sondern ich kann Hirota — der freilich
auch hier die rechte mit der linken Allantois- Arterie
verwechselt — bestätigen, dass sie bis zum Schluss der
Bebrütung erhalten bleibt; allerdings hat das Gefäss in
der zweiten Hälfte der Embryonalentwicklung nur eine
untergeordnete Bedeutung und versorgt hauptsächlich das
innere Blatt (resp. die Amnion-Allantois-Verwachsung) und
das Septum an der Ven. umbilic. (interallantoic septum
von Hirota).
Ich will diesen Abschnitt mit einigen Bemerkungen
über den feineren Bau der Gefässe abschliessen.
Die Wandung der grösseren Arterien ist um das Viel¬
fache dicker als die der Venen, während, wie ich gleich
vorweg bemerken will, die Lymphgefässstämme nur aus
einem einfachen Endothelrohr bestehen. Die Kapillaren¬
neubildung erfolgt auf dem inneren Blatte der Amnion-
Allantois-Verwachsung und der Eiweissorgan- Allantois
(auf dem äusseren Blatte ist sie der Dicke der Membranen
wegen weniger leicht zu verfolgen) auf zweierlei Weise:
1. Benachbarte Kapillaren treten durch anfangs
solide Sprossen mit einander in Verbindung, welche
später von den Gefässen aus ein Lumen erhalten.
2. Die Kapillarwand stülpt sich zu einem von An¬
fang an hohlen Spross aus, dessen keulenartig erweitertes
Ende anderen Gefässen entgegenwuchert.
17
Oft ist die Verbindung zwischen dem erweiterten
und mit Blut gefüllten Ende des Sprosses mit der Ka¬
pillare, von welcher er anscheinend ausgegangen ist, so
dünn, dass sich ein Lumen darin absolut nicht nach-
weisen lässt, so dass es aussieht, als sei das Blut in
diesem keulenartig verdickten Abschnitt entstanden.
Das innere Blatt der Allantois um die Mitte der
Bebrütung ist wohl eins der schönsten Objekte, um Ge-
fässentwicklung zu beobachten; besonders schöne Bilder
erhielt ich, wenn ich die durch Sublimat fixierten Objekte
mit Borax- Karmin - Indigo - Karmin (nach der Vorschrift
von Grenacher) färbte und dann stark entfärbte: wäh¬
rend der Untergrund rot erschien, waren die Blutkörper¬
chen durch das Indigo-Karmin dunkelblau gefärbt, so
dass man bei schwacher Vergrösserung eine gut gelun¬
gene Injektion zu sehen glaubte, und die Details der
Kapillarneubildung waren ebenfalls vortrefflich diffe¬
renziert.
Lymphgefässe der Allantois.
Ausser dem eben beschriebenen Blutgefässsystem
findet sich nun in der Allantois auch ein sehr entwickeltes
Lymphgefässsystem.
Über die Lymphgefässe der Hühner-Allantois sind
von Budge Untersuchungen angestellt, die leider durch
den frühen Tod des Verfassers unvollendet blieben. Die
Resultate sind deshalb nur in Form von zwei vorläufigen
Mitteilungen veröffentlicht.
Die ältere dieser Mitteilungen ist im Medicinischen
Centralblatt 1881 enthalten; die für die vorliegende Ar¬
beit in Betracht kommende Stelle lautet: „Es fand sich,
dass die arteriellen Gefässe der Allantois bis zu den
feinsten Verzweigungen von zwei Lymphgefässen be¬
gleitet werden, deren Grösse im Verhältnis zu den be¬
nachbarten Blutgefässen steht. Die Lymphgefässe sind
gegen das umliegende Gewebe scharf und deutlich abge¬
grenzt, mit Ausbuchtungen versehen, aber wie ich glaube,
aus dem Laufe der injicierten Masse entnehmen zu dürfen,
ohne festschliessende Klappen1).
*) Die letzte Bemerkung entspricht, wie ich gleich hier anführen
will, auch meinen Beobachtungen.
F.
[Technische
Bemerkungen.]
I. Allgemeine
Bemerkungen
über das Lymph-
gefäss-System.
1. Budge’s An¬
gaben über die
Lymphgefässe d.
Allantois.
2
18
2. Erstes Auf¬
treten d. Lvmph-
gefässe.
„Von diesen Hauptgefässen gehen zahlreiche Ästchen
ans, die ein dichtes Netz um die Arterien herumbilden.
Wo mehrere Ästchen Zusammenkommen, bemerkt man
eine Erweiterung. Die Maschen des Netzwerkes sind
länglich. So steckt also die Arterie in einem voll¬
kommenen Lymphgefässcylinder, wovon man sich leicht
an Injektionspräparaten bei verschiedener Einstellung
des Mikroskops überzeugt. u
Die andere Mitteilung befindet sich in den Berichten
des Kopenhagtmer Kongresses von 1884 und wurde von
H is nach Budge’s Tode als Erläuterung zu einer Lymph-
gefäss-Injektionen der Allantois enthaltenden Farbentafel
abgedruckt. Diese Stelle lautet:
„Jedes grössere Blutgefäss wird von zwei Lymph-
stämmchen begleitet. Letztere sind durch zahlreiche
.. o
Ästchen verbunden, so dass das Blutgefäss in einem
Cylinder von Lymphgefässen steckt. Der Abfluss der
Lymphgefässe geschieht einmal durch die auf diese
W eise injicierbaren Lymphherzen (Archiv für Mikro¬
skopische Anatomie 1882) und zweitens durch den Ductus
thoracicus. Der Bildung dieser Lymphgefässe in der
Allantois geht vorher ein Blutgefässnetz, welches sehr
viel Ähnlichkeit mit den Lymphgefässen hat. Man
kann nämlich vom 8 bis etwa 10. oder 11. Tage durch
Injektion von einem Aste der Vena umbilicalis aus ein
solches Netzwerk injicieren, nach diesem Tage nicht
mehr. Ob dieses Blutnetz so lange die Funktion der
Lymphgefässe an den Arterien zu versehen hat, oder ob
vielleicht aus ihnen Lymphgefässe hervorgehen, darüber
sind meine Untersuchungen noch nicht abgeschlossen.“
Diese beiden Mitteilungen decken sich also nicht
vollständig, da in der ersten nur von einem Lymph-
gefässnetz um die Arterien, in der späteren von einem
solchen um alle grösseren Gefässstämme gesprochen
wird; ausserdem werden in letzterer auch Andeutungen
über periarterielle Blutgefässe gemacht.
In der folgenden kurzen Schilderung der Allantois-
Lymphgefässe werde ich Gelegenheit nehmen, auf obige
Notizen zut üekzugreifen.
Der Termin des ersten Auftretens von Lymph¬
gefässen in der Allantois ist schwer bestimmbar; wahr¬
scheinlich ist dasselbe in seinen Anfängen schon am
19
6. Tage oder früher vorhanden, deutlich wird es aber
erst am 7. oder 8. Tage.
Wir finden alsdann auf einem Querschnitt durch ein
grösseres Gefäss, z. B. den Stamm der Art. umbilic. sin.
zu beiden Seiten der unter der Arterie befindlichen Be¬
gleitvene zwei Stellen, welche wie Löcher in der peri¬
vaskulären Bindegewebssubstanz aussehen und nur durch
8. Die Lymph-
gefässe nach dem
7. Tage.
eine einfache Lage von Endothel von der Umgebung
abgegrenzt sind: es sind dies Lymphgefässe. Auch am
ganzen übrigen Umfange des Arterien -Querschnittes
sehen wir eine Reihe kleinerer derartiger Lumina; ausser
ihnen aber zeigt sich, und zwar meist mehr dem Rande
der Arterie genähert, noch ein Kranz kleinerer Blut- 4- Perivaskuläre
gefäss - Querschnitte. Diese kleinen Blutgefässe sind Blutsefasse-
Venen, welche um die Arterie ein Netzwerk bilden.
Solche Vasa-Vasorum konnte ich vom 6. bis 19. Tage
injicieren (vgl. S. 10).
Budge giebt an, dass er nur vom 8. bis ll. Tage
von den Venen aus ein perivaskuläres Blutgefäss-Netz
füllen konnte. Allerdings sind solche Netze besonders
in späteren Stadien nicht an allen, sondern nur an ein¬
zelnen Gefässen nachweisbar, sicher aber ist es, dass
diese Vasa-Vasorum gleichzeitig mit einem gut ent¬
wickelten perivaskulären Lymphnetze vorhanden sind.
Es scheint mir fast, dass Budge diese Thatsache
nicht kannte und deshalb auf die Vermutung kam, dass
das anfängliche Blutgefässnetz sich vielleicht in ein
Lymphgefässnetz umwandeln könne.
w as nun die von Budge erwähnte Ähnlichkeit der
perivaskulären Allantois -Blutgefässe mit den Lymph-
gefässen anbelangt, so ist dieselbe allerdings vorhanden,
besonders aber an kleineren Stämmchen auf dem inneren
Blatte des Harnsackes frappierend, wo sich zuweilen mit
Blut gefüllte Gefässe ganz so um andere herumspinnen,
wie dies die Lymphgefässe zu thun pflegen.
Doch eine solche Anordnung an sich spricht noch
nicht für einen näheren Zusammenhang mit dem Lymph-
gefäss-System, da ähnliches schon oben (S. 13) als häufiges
Vorkommen von den die Amnion-Arterien umspinnenden
Venen beschrieben wurde1).
0 Auffallend ist es allerdings, dass sich bei Lympbgefässinjek-
tionen die Venen zuweilen füllen; ob so etwas nur durch mecha-
20
II. Die perivasku¬
lären Lymph-
gefässe d. grossen
Blutgefäss-
Stämme.
III. Die Lymph-
gefässe auf dem
inneren Blatte d.
Allantois.
Rückbildung
derselben.
Kehren wir nun nach dieser Abschweifung zur Be¬
schreibung der Lymphgefässe zurück.
Betrachten wir ein grösseres Blutgefäss nach In¬
jektion der Lymphbahnen bei schwacher Yergrösserung
von der Fläche, so sehen wir, dass dasselbe von einem
sehr schönen engmaschigen Netze feiner Lymphgefässe
allseitig umsponnen wird. Ein solches Netzwerk findet
sich auch an der Y. umbilic., wenn auch die sie be¬
gleitenden Lymphgefässstämme bedeutend schwächer
entwickelt sind als an den grossen Arterien.
Letztere sind jederseits von einem starken Lymph-
gefässstamme begleitet, welcher das feine perivaskuläre
Lymphnetz aufnimmt, und welcher häufig unregelmässige
Zipfel und Ausbuchtungen in das benachbarte Gewebe
entsendet. Die beiden Lymphgefässe können auch zu
einem gemeinsamen dicken Stamme verschmelzen.
Doch nicht nur die grösseren Blutgefässstämme sind
von Lymphgefässen begleitet, sondern diese folgen, wie
schon Budge angiebt, den Gefässen bis in die feinsten
Yerästelungen.
Auf dem inneren Blatte und der Amnion-Allantois-
Verwachsung ist es die Regel, dass die Arterie und
Yene zu einem gemeinsamen Strange vereinigt sind,
welcher jederseits von einem Lymphgefässe eskortiert
wird. Diese Lymphgefässe werden anfänglich nur durch
vereinzelte, im weiteren Yei laufe durch immer zahl¬
reichere Quer- Anastomosen mit einander verbunden,
bis die Lymphgefässe beider Seiten endlich zu einem
einzigen Lymphcylinder über dem betreffenden Gefässe
zusammengeflossen sind.
Wenn sich die Arterien im weiteren Verlaufe von
den Venen trennen , so pflegt das Lymphgefäss die
Arterie zu begleiten.
Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass das
Lymphgefässsystem nicht an allen Teilen des inneren
Blattes gleich stark entwickelt ist, sondern dass es
stellenweise auch eine weniger reiche Ausbildung zeigt.
In dem letzten Viertel der Bebrütung scheint das
nische Verletzung der Gefässwandungen zu stände kommt, oder ob
vielleicht ein anderer Zusammenhang besteht, wage ich nicht zu ent¬
scheiden.
21
Lymphgefäss-System des inneren Blattes und der Amnion-
Allantois-Verwachsung eine Rückbildung zu erfahren.
Ähnliche Verhältnisse, wie die eben beschriebenen
zeigt das reiche Lymphgefäss-System der Eiweisssack-
Allantois.
Viel entwickelter und regelmässiger aber als das
des inneren Blattes zeigt sich das Lymphgefäss-System
des äusseren Blattes der Allantois.
Die grossen Äste der Arterien und Venen besitzen
auf dem äusseren Blatte dasselbe feinmaschige Lymph-
gefäss-Netz, wie es oben beschrieben wurde. Auch die
kleineren Zweige der Arterien und Venen (welche, wie
oben auseinandergesetzt, wenigstens anfänglich stets von
einander getrennt verlaufen) werden regelmässig von
zwei Lymphgefäss - Stämmen begleitet, welche durch
Quer-Anastomosen zu einem groben Flechtwerke ver¬
bunden sind. An den feinsten Ästchen der Arterien
und Venen angelangt, trennen sich aber die kleinen
Lymphstämmchen in der Regel von den Blutgefässen
und bilden, mit benachbarten Lymphstämmchen anasto-
mosierend, ein grobmaschiges Netz feiner Lymph-Ka-
pillaren; dieses Netz liegt natürlich nach innen (d. h. der
Allantois -Höhle zugewendet) von der Blut-Kapillaren-
Zone.
Überall dort, wo kleinere oder grössere Äste der
Arterien und Venen einander überkreuzen, treten die sie
begleitenden Lymphgefässe mit einander in Anastomose.
Die Entstehung von Lymphgefässen können wir
auf dem inneren Blatte schrittweise verfolgen: Es bilden
sich etwa um den 8. Tag, besonders in dem nach dem
Rande zu gelegenen Teile des inneren Blattes, strecken¬
weise sehr zahlreiche warzen- und leistenförmige Aus¬
wüchse, welche aus einem lockeren Bindegewebe
(Schleimgewebe) bestehen und nach der Allantois-Höhle
zu prominieren. Denselben Vorgang beobachtet man
auch an der Amnion-Allantois-Verwachsung und an der
Ei weisssack- Allantois.
Besonders stark sind diese Prominenzen um die
Blutgefässe entwickelt und verschmelzen hier schliesslich
zu einem cylindrischen Wulste, in dessen Mitte das
Blutgefäss liegt. Dieser Wulst lässt jedoch noch für
lange Zeit seine Entstehung aus einzelnen mit einander
IV. Die Lympli-
gefässe auf dem
äusseren Blatte
der Allantois.
'S f
)
V. Entstehung d.
Lymphgefässe.
22
I. Die Allantois-
gefässe b. andern
Vogelarten (als
dem Huhn).
Bei Singvögeln.
II. Technische
Bemerkungen.
verschmolzenen Papillen erkennen, und es sieht aus, als
ob er korkenzieherartig um das Gefäss herumgewunden
wäre. Es entstehen nun in dem lockeren Schleim¬
gewebe dieses Gebildes Hoblräume, welche mit einem
einfachen Endothel ausgekleidet sind, und welche sich
von den Lymphgefässen aus injicieren lassen. Die oben
beschriebenen papillären Exkrescenzen sind am stärksten
um die Mitte der Bebrütung entwickelt; später ver¬
schwinden sie, soweit sie nicht zur Lymphgefässbildung
Verwendung gefunden haben; am 14. Tage sind nur
noch wenige, am 17. keine mehr vorhanden
Nachtrag zum Gefässsystem der Allantois.
Obgleich bei den Untersuchungen über das Gefäss¬
system der Allantois hauptsächlich Hühnereier verwandt
wurden, habe ich dennoch auch eine genügend grosse
Zahl anderer Vogelspecies untersucht, um sagen zu
können, dass das oben Ausgeführte, von einzelnen
Details abgesehen, auch für die Vögel im allgemeinen
Geltung hat.
Auch bei Singvögeln, auf die ich infolge der Duval’-
schen Arbeit besonders mein Augenmerk richtete, fand ich
die typische Kapillar-Zone des äusseren Blattes, das relativ
reiche Gefässnetz der Amnion- Allantois-Verwachsung,
das Vorhandensein von Lymphgefässen und die mit ihrer
Bildung im Zusammenhang stehenden Bindegewebswülste.
Auch die Anordnung der Gefäss- Septa ist im ganzen
dieselbe, wie sie von Hirota für das Huhn beschrieben ist.
Die vorliegenden Resultate wurden mit Hülfe von
Blut- und Lymphgefässinjektionen gewonnen.
Als Injektionsmasse diente das sog. lösliche Ber¬
liner Blau und bei Doppelinjektionen wurde ausserdem
frisch bereitetes Chrom-Gelb benutzt. Beide Substanzen
wurden in Wasser gelöst resp. aufgeschwemmt zur An¬
wendung gebracht.
Die Injektionen wurden ferner teils mit der Ein-
stich-Canüle nach der Methode von Werthheim, teils —
in späteren Stadien — mittelst einer gewöhnlichen
kleinen Injektionsspritze ausgeführt.
Bei Lymphgefäss-Injektionen kam nur die Werth-
heim’sche Einstich-Methode zur Anwendung.
23
Die Injektion der Allantois - Blutgefässe hat in
späteren Stadien gar keine Schwierigkeiten.
Weniger leicht ist sie dagegen in den ersten 5 bis
6 Tagen der Bebrütung; nur selten gelingt es, die
feinen Gefässe des inneren Blattes in diesem Stadium
zu füllen.
Die Lymphgefäss-Injektion bietet wenigstens nach
dem 8. Tage keine erheblichen Schwierigkeiten.
Ohne Injektionen wäre es unmöglich gewesen, über
die meisten der in Betracht kommenden Punkte Klar¬
heit zu erlangen.
Die histologische Struktur der Allantois.
Einleitende Bemerkungen.
Die Allantois ist bekanntlich eine Ausstülpung der
Darmwand und besitzt als solche eine entodermale Aus¬
kleidung und nach aussen davon eine Schicht Mesoderm.
Am 5. Tage etwa verwachsen nun die am meisten nach
der Aussenseite des Eies (also der Eischale zunächst)
gelegenen Abschnitte des Harnsackes mit der darüber
liegenden serösen Hülle und bilden das sog. äussere
Blatt der Allantois, während der übrige Teil als das
innere Blatt der Allantois bezeichnet wird.
Das äussere und das innere Blatt sind also nicht
nur ihrer Topographie, sondern auch ihrem Aufbau
nach verschiedene Abschnitte der Allantois.
Im Laufe der Entwicklung stülpt nun aber, wie
Duval in seiner grundlegenden Arbeit „sur les annexes
des embryons d’oiseau“1) nach weist, die Allantois die
seröse Hülle über dem das Eiweiss enthaltenden Abschnitt
des Eies in eine Duplikatur vor sich her, und die
Allantois besitzt daher in diesem Abschnitte sowohl
auf der äusseren, wie der inneren Lamelle einen Über¬
zug von Serosa. Da es nun notwendig ist, diesen mit
Serosa bekleideten Abschnitt der inneren Allantois-
Lamelle, welche einen Teil des Eiweisssackes bildet,
von dem übrigen Teil des inneren Blattes streng zu
I. Entstehung
der Allantois.
II. Unter¬
scheidung eines
äusseren und
inneren Blattes.
III. Die Eiweiss-
sack-Allantois.
b Journal de rAnatomie 1884.
24
scheiden, so will ich ihn einfach als „Eiweisssack-
Allantois“ bezeichnen, und unter der Bezeichnung
„inneres Blatt der Allantois“ nur die nicht mit Serosa
überzogenen Teile der inneren Lamelle verstehen.
Es soll nun nach einer kurzen Betrachtung der
jüngsten Stadien zuerst das innere Blatt, alsdann das
äussere Blatt und schliesslich der Eiweisssack (Sac
placentoide DuvaFs) in Bezug auf ihre histologische
Struktur und die Veränderungen, welche dieselbe im
Laufe der Entwicklung erleidet, in Kürze besprochen
werden.
Die Allantois vor der Differenzierung in ein inneres
und äusseres Blatt.
Betrachten wir die Allantois in einem Stadium,
wo noch keine Verwachsung mit der Serosa statt¬
gefunden hat, so ist, wie aus obigem hervorgeht, das
ganze Gebilde nur aus den Schichten zusammengesetzt,
aus welchen später nur das innere Blatt besteht. Die
Innenfläche des Organs ist mit einem annähernd
kubischen Epithel entodermaler Abstammung ausgekleidet,
und über demselben befindet sich eine mehrfache Lage
von Mesoderm-Zellen, zwischen denen in diesem Stadium
fast noch keine Zwischensubstanz erkennbar ist.
Die Allantois nach der Differenzierung in ein inneres
und äusseres Blatt.
I. Einleitende
Bemerkungen.
II. Das innere
Blatt.
1. Beim Hühn¬
chen von 5—6
Tagen.
Von dem Momente an, wo sich die Allantois mit
der Serosa verbindet, findet eine Divergenz in der ge¬
weblichen Entwickelung zwischen den serosafreien und
den mit der Serosa verwachsenen Teilen (dem äusseren
und dem inneren Blatt) statt, und die ursprüngliche
indifferente Anlage erfährt entsprechend der ungleich¬
artigen Funktion der beiden Allantois-Abschnitte in
beiden auch eine verschiedene Ausbildung.
Das innere Blatt geht nun im Laufe der Ent¬
wickelung folgende Veränderungen ein:
Am 5. bis 6. Tage, wo die Verbindung mit der
Serosa schon im ausgedehnten Maasse besteht, hat sich
25
das innere Blatt stellenweise sehr verdünnt, während es
an anderen Stellen durch Bildung von reichlicher
Zwischensubstanz von Seiten der Mesoderm-Zellen eine
bedeutende Dicke erreicht hat; auf dem dem Anfangs¬
teile der grossen Gefässstämme (Art. umbilic. dextr.
u. sin., V. umbilic.) benachbarten Allantois-Abschnitte
kommt es auch zur Bildung zahlreicher papillärer Vor¬
sprünge, welche nach der Innenfläche, besonders aber
nach der Aussenseite des Harnsacks prominieren.
Die Mesoderm-Zellen erscheinen in diesem Stadium
bis auf die der äussersten Schicht des Allantois-Sackes
als sternförmige Körper inmitten einer homogenen
sulzigen Masse (Schleimgewebe).
Die äusserste Schicht besteht dagegen aus Platten
polygonaler Zellen, welche, wie dies Silberpräparate
zeigen, mit feinen Zacken ineinandergreifen. Ich will
diese Schicht als Mesoderm-Grenzschicht bezeichnen.
Aus einer Lage ganz ähnlicher platter Zellen besteht
übrigens auch die entodermale Auskleidung des inneren
und, wie ich gleich hinzufügen will, auch des äusseren
Blattes, nur ist die Auszackung der Zellränder meist
weniger ausgesprochen als an der Mesoderm-Grenzschicht.
Die Zellen des Entoderms sind übrigens nicht alle gleich
gross, sondern es wechseln Gruppen grösserer Zellen
mit Gruppen kleinerer Zellen ab; auch ist das Ento-
derm an einzelnen Abschnitten weniger flach als an
andern.
An den dünnsten Stellen besteht das innere Blatt
fast nur aus Entoderm und der Mesoderm-Grenzschicht.
Beim 8 tägigen Huhne finden wir noch dieselbe
Ungleichheit in der Dicke der verschiedenen Abschnitte
des inneren Blattes; die oben geschilderten papillären
Exkrescenzen sind zwar grösstenteils geschwunden, statt
ihrer haben sich aber an den Randpartieen des inneren Blattes
andere leisten- und warzenähnliche Auswüchse gebildet,
welche in die Allan tois-Höhle hineinragen: es sind dies
jene Wülste, welche in der oben beschriebenen (S. 21)
Beziehung zur Lymphgefässbildung stehen. Das Ento¬
derm, welches diese Papillen überkleidet, ist stellenweise
zweischichtig, während das Entoderm auf den andern
Abschnitten des inneren Blattes in der Regel als eine
einfache Lage platter Zellen erscheint.
a) Dicke der
Membran.
Papilläre
Vorsprünge.
b) Mesoderm-
Zellen.
c) Entoderm-
Zellen.
2. Beim Hühn¬
chen von 8 Tagen.
a) Dicke
der Membran.
Papilläre
Exkrescenzen.
b) Entoderm.
26
c) Muskulatur.
Anordnung
derselben.
Ihr feinerer Bau.
Ihre Entstehung.
Betrachten wir das innere Blatt eines ungefähr
8 Tage alten Hühnerembryo bei schwacher Vergrösse-
rung, so bemerken wir stellenweise eine feine Streifung
der Membran; stärkere Vergrösserung zeigt uns, dass
im mesodermalen Teile Spindelzellen vorhanden sind,
welche durch parallele Anordnung das streifige Aussehen
bedingen: es sind dies die ersten Anfänge einer glatten
Muskulatur, welche in den nächsten Tagen zur vollstän¬
digen Entwickelung gelangt; diese Muskulatur wurde
zuerst von H. Virchow gesehen und beschrieben1).
Das gegenseitige Lagerungsverhältnis der Elemente
dieser Muskulatur ist in den verschiedenen Teilen des
inneren Blattes nicht dasselbe: streckenweise verlaufen
die Muskelzellen , wie schon oben angedeutet, einander
parallel, und zwar findet dies an denselben Stellen statt,
wo auch die Kapillaren des inneren Blattes einander
parallel gerichtet sind (S. 12); die Yerlaufsrichtung von
Kapillaren und Muskulatur ist dabei die gleiche. An
andern Abschnitten aber ist von einer Anordnung nach
einer bestimmten Richtung nichts wahrnehmbar, und es
finden sich stellenweise sogar sternförmige Gruppierungen
der Muskelzellen, ähnlich denen, welche bei Besprechung
der Amnionmuskulatur noch genauer beschrieben werden
sollen. An verschiedenen Stellen des inneren Blattes
ist die Muskulatur auch ungleich stark, an manchen Ab¬
schnitten nur sehr gering entwickelt; sie ist einschichtig
oder bildet eine mehrfache Lage2).
Die einzelnen Muskelzellen sind schmale platte
Bänder mit länglichen Kernen.
Ob diese Muskulatur aus den Zellen der Mesoderm-
Grenzschicht durch Auswachsen nach einer Richtung
entsteht, wie man dies bei Vergleichung von Silberprä¬
paraten jüngerer und älterer Stadien vermuten könnte,
oder ob sie sich aus anderen Schichten des Mesoderms
differentiiert, wage ich nicht zu entscheiden. Stellenweise
liegt allerdings nach aussen (von der Allantois- Höhle
aus gerechnet) von dieser Muskulatur noch eine Lage
J) Der Dottersack des Huhnes. S. 27/28.
2) Auch bei den anderen von mir untersuchten Yogelarten (auch
bei Singvögeln) liess sich eine Muskulatur auf dem inneren Blatte
nachweisen.
27
platter Zellen: an anderen Stellen ist eine solche Zell¬
lage nicht nachweisbar1).
Ausser der eben erwähnten Muskulatur tritt nun
noch eine andere Muskelschicht in Beziehung zu dem
inneren Blatte der Allantois. Es verwächst nämlich,
wie H. Virchow entdeckt hat2), das innere Blatt mit dem
darunter liegenden Amnion.
Diese Verwachsung erscheint zuerst etwa am 7. Tage
in der Nähe der Amnion- Serosaverbindung (S. 37) an
dem hinteren (dem Steiss des Embryo entsprechenden)
Teile des Amnions und breitet sich dann schnell über
den ganzen, dem inneren Blatte der Allantois zugewandten
Abschnitt des Amnions aus3). An einer Stelle jedoch,
welche dem Anfangsteile der V. umbilic. und Art. umbilic.
Q Die Entscheidung solcher Fragen ist nur an Flächenprä¬
paraten mit Hülfe sehr starker Vergrösserungen möglich; sehr gute
Dienste leisten versilberte Präparate. Querschnitte sind unzuver¬
lässig, da erstens bei Schiefschnitten durch eine einschichtige Zell-
Lage leicht eine mehrschichtige vorgetäuscht wird, und zweitens weil
ein mehrschichtiges Epithel auf Querschnitten einschichtig erscheinen
kann, wenn, wie dies bei platten Zellen häufig der Fall ist, die
dickeren, den Kern tragenden Teile der einen Zell -Schicht an den
Stellen liegen, wo die andere Zell-Schicht am dünnsten ist, nämlich
dort, wo zwei benachbarte Zellen zusammenstossen.
2) H. Virchow: Dottersack des Huhnes. S. 27/28.
3) Man hat sich davor zu hüten, blosse Verklebungen des Am¬
nions mit dem inneren Blatte der Allantois, wie sie häufig bei in
toto fixierten Eiern Vorkommen, für Verwachsungen zu halten. Ein
gutes Kennzeichen, wie weit die Verwachsung des Amnions mit der
Allantois vorgeschritten ist, bildet auf Flächenpräparaten das eigen¬
tümliche oben beschriebene Verhalten der Kapillaren des inneren
Blattes beim Übergange auf diese Verwachsung. Ich will hier noch
hinzufügen, dass die Amnion- Allantois -Verwachsung in der ersten
Hälfte der Bebrütung in der Regel nicht eine kontinuierliche zu sein
scheint, sondern dass es auf Schnittpräparaten so aussieht, als ob
verwachsene Strecken mit solchen abwechseln, wo die Membranen
durch einen weiten Zwischenraum von einander getrennt sind. Zum
Teil findet eine solche diskontinuierliche Verwachsung wohl auch
wirklich statt, häufig wird dies aber durch eine Hohlraumbildung
innerhalb der mit dem Amnion thatsächlich verwachsenen Allantois
vorgetäuscht. Ferner sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Amnion-
Allantois- Verwachsung um die Mitte der Bebrütuug auf gefärbten
Präparaten ein eigenartiges, verwaschen fleckiges Aussehen besitzt,
welches davon herrührt, dass die Kerne des inneren Blattes der
Allantois an einzelnen Stellen dichter stehen wie an anderen. Ein
ähnliches Aussehen zeigen bisweilen auch beschränkte Abschnitte
des inneren Blattes, welche nicht mit dem Amnion verwachsen sind.
%
3. Amnion-
Allantois-
Verwacbsung.
a) Umfang
derselben.
28
b) Der Bau des
Amnions
seine Muskulatur,
sein Ectoderm.
Anordnung der
Amnion-
Muskulatur.
dextr. entspricht, findet konstant keine Verwachsung
zwischen dem inneren Blatte und dem Amnion statt,
wohl weil hier infolge der stärkeren Krümmung des
Amnions keine direkte Berührung zwischen der Allantois
und dem Amnion zu stände kommt.
Dieses ist deshalb von Wichtigkeit, weil in der
zweiten Hälfte der Bebrütung konstant bei allen von
mir untersuchten Vogelarten in diesen Baum zwischen
dem inneren Blatte der Allantois und dem Amnion ein
zungenförmiges Divertikel des Dottersacks hineingezwängt
wird.
Bekanntlich besitzt das Amnion eine Muskulatur,
Die muskulösen Elemente treten schon in sehr frühen
Stadien auf und sind am 5. bis 6. Tage deutlich als
kurze Spindeln sichtbar; bereits während der ersten
Hälfte der Bebrütung wachsen diese Spindeln zu schönen
Muskelzellen aus. Im ausgebildeten Zustande sind es
sehr lange, schmale und dünne Bänder, welche nur in
der Mitte, wo sich der elliptische Kern befindet, etwas
dicker sind.
An vielen Stellen — jedoch nicht überall nach¬
weisbar — liegt nach aussen (von der Amnions-Höhle
aus gerechnet) von dieser Muskulatur noch eine Lage
platter Zellen, welche teils eine dreieckige oder viel¬
eckige Gestalt haben und lange Ausläufer besitzen, teils
langgestreckte Bänder darstellen, welche in ihrer Gestalt
an Muskelzellen erinnern; zwischen den letzterwähnten
Zellformen und der eigentlichen Amnion - Muskulatur
finden sich zahlreiche Übergänge.
Das Ectoderm des Amnion ist, wie ich Hirota1) be¬
stätigen kann, im ausgebildeten Zustande zweischichtig,
an der Amnion Serosa-Verbindung auch mehrschichtig;
es sind meist flache polygonale Zellen.
Die Anordnung der Amnion-Muskulatur ist nun der¬
artig, dass die Muskelzellen in der Gegend des primi¬
tiven Nabelringes (die Zone, an der das Amnion in die
Bauchwand übergeht) diesen wie ein Strahlenkranz um¬
geben und auf den übrigen Abschnitten des Amnions
stellenweise zu sehr schönen grösseren und kleineren
*) Hirota: 1. c. S. 345.
29
sternförmigen Gruppen angeordnet sind, indem sie von
einem Centrum aus nach allen Richtungen ausstralhen.
Wenn das Amnion mit dem inneren Blatte der
Allantois verwächst, so kommen die Muskellagen beider
Häute aufeinander zu liegen; streckenweise werden sie
allerdings durch die dünnen Zelllagen, welche die Mus¬
kulatur des Amnions des inneren Blattes stellenweise
überlagern, von einander getrennt sein, doch sind diese
Zellschichten nach eingetretener Verwachsung nicht mehr
nachweisbar.
Anfangs lassen sich die beiden verwachsenen Mem¬
branen noch von einander abpräparieren, und man sieht
alsdann, dass die beiden Muskelsysteme ihre Selbstän¬
digkeit bewahrt haben. Später ist eine solche mecha¬
nische Trennung beider Häute aber nicht mehr möglich.
Die reich entwickelte Muskulatur der Amnion -Al-
lantois-Verwachsung erfährt nun aber merkwürdigerweise
in der zweiten Hälfte der Bebrütung eine fast vollstän¬
dige Rückbildung und bis auf einzelne Stellen, wo sich
noch ein Rest der Muskulatur erhält, verschwindet sie
fast gänzlich, sodass von der anfänglich relativ dicken
Membran ausser den Gefässen fast nur noch das ecto-
dermale Epithel des Amnions und das entodermale des
inneren Allantois Blattes übrigbleibt. Da in den letzten
Tagen der Bebrütung nun die Verwachsung des Amnions
mit der Allantois beim Eintritte des Dottersackes in die
Leibeshöhle des Embryo sehr rasch fortschreitet, so muss
auch, wenn aus den beiden muskelreichen Häuten (dem
Amnion und dem inneren Blatte der Allantois) eine mus¬
kellose Haut entstehen soll, ein rapides Schwinden der
Muskulatur an der Stelle der Amnion-Allantois-Verwaeh-
sung stattfinden.
Auf Durchschnitten durch diese Stelle bei einem
19 Tage alten Hühnchen sehen wir denn auch, wie sowohl
die Muskulatur des inneren Blattes (die übrigens in diesen
späten Stadien noch wohl erhalten bleibt), als besonders
die des Amnions in der Nähe des Amnion-Allantois-Ver-
wachsungsraudes sehr stark aufgequollen ist. Durch
diese Quellung ist die Muskulatur offenbar in einen
leicht resorbierbaren Zustand gebracht, denn auf der Am-
nion-Allantois Verwachsung findet sich keine Muskulatur
mehr, und es sieht ganz merkwürdig aus, wie aus der
c) Muskulatur
der Amnion-
Allantois-
Verwachsung.
Rückbildung der
Muskulatur.
30
4. In den aller¬
letzten Stadien
der Bebrütung.
Verschmelzung
mit d. Dottersack.
[Bin Rest des
Eiweisssackes
bleiiit beim Aus¬
schlüpfen am
Hühnchen
hatten.]
5. Der histolo¬
gische Bau der
Allantois-Septa.
a) Die Entstehung
der Septa.
b) Ectoderm-
Einschlüsse.
Verschmelzung von zwei dicken Membranen eine ganz
dünne hervorgegangen ist.
In den allerletzten Stadien der Bebrütung verschmilzt
das innere Blatt endlich, soweit es nicht mit dem Am¬
nion verwachsen ist, fest mit dem Dottersacke (wenig¬
stens beim Huhne), und wird deshalb auch voraussicht¬
lich beim Ausschlüpfen des jungen Vogels nicht wie die
übrigen Teile der Allantois in der Eischale Zurückbleiben,
sondern einen Teil des inneren Nabelfeldes (H. Virchow)
bilden müssen.
Zugleich mit dem inneren Blatte der Allantois wird
das Hühnchen beim Ausschlüpfen auch die fest mit dem
inneren Blatte verbundenen Reste des Eiweisssackes,
wenigstens teilweise, mit sich nehmen; hierfür spricht
auch die Beobachtung H. Virchow’s1), welcher bei aus¬
geschlüpften Hühnchen bis zum 7. Tage konstant am
distalen Dottersackpole ein kleines weisses Säckchen
fand, in dem er einen Rest des Eiweisssackes vermutete.
Beim Ausschlüpfen des Vogels tritt also nicht, wie
Duval vermutete, eine Trennung zwischen Dottersack und
Ei weisssack am Mesoderm Ringe ein.
An dieser Stelle soll auch die histologische Struktur
der Allantois Septa Erwähnung finden. Die Septa der
Allantois (für welche ich den Namen „Gefäss-Mesen-
terienu, der bereits von Popoff2) gebraucht ist, als sehr
bezeichnend acceptieren möchte) bestehen, wie Hirota
auseinandersetzt und ich bestätigen kann, überall aus
Duplikaturen der Allantois, welche durch den Zug der
Allantois-Gefässe nach der Höhle des Harnsackes hin
eingefaltet werden, und deren einander zugekehrte Flächen
verwachsen. Dort, wo die eingefalteten Abschnitte der
Allantois mit Ectoderm überzogen sind (wie dies an der
Ei weisssack- Allantois, jedoch nicht an den übrigen Ab¬
schnitten der Allantois geschieht), muss dieses auch mit
eingefaltet werden, und da das Ectoderm an der Aussen-
seite der Allantois liegt, so müssen ferner die Ectoderm-
Lagen bei der Einfaltung nach der Allantois-Höhle zu
aufeinander zu liegen kommen. Auffallenderweise ist,
wie auch Hirota bemerkt, das Ectoderm nur kurze Zeit,
x) H. Virchow: Dottersack des Huhnes. S. 40.
2) Popoff: L. c.
31
nachdem es in die Falte eingeschlossen ist, noch nach¬
weisbar, später ist es gänzlich geschwunden; da das
eingeschlossene Ectoderm sich nun nicht etwa nach
irgend einer Seite hin zurückziehen kann, so folgt daraus,
dass es an Ort und Stelle zu Grunde geht.
Die beiden nach der Allantois-Höhle zu gewandten
freien Flächen der Septa müssen gleich den übrigen Ab¬
schnitten dieser Höhle mit Entoderm bekleidet sein.
Die Septa sind dünne Häute und enthalten wenig
mesodermale Bestandteile; glatte Muskulatur besitzen sie
in der Regel nicht.
Ich will an dieser Stelle die Degenerations-Erschei¬
nungen, welche sich in den letzten Tagen der Bebrütung
am inneren Blatte der Allantois zeigen, hier zugleich
mit denen abhandeln, welche auf dem äusseren Blatte
stattfinden, da sich die im Folgenden geschilderten Vor¬
gänge an der ganzen Allantois in gleicher Weise be¬
merkbar machen.
Die Entoderm-Zellen sehen einige Tage vor dem
Ausschlüpfen des Hühnchens häufig an den Rändern
wfie angenagt aus, und auf ihrer der Allantois-Höhle zu¬
gewandten Oberfläche findet sich eine durch Hämatoxylin
sehr dunkel werdende Masse; es sind dies wahrschein¬
lich nicht einfache Niederschläge aus dem Inhalte des
Harnsackes, sondern wohl degenerierte Abschnitte der
Zellsubstanz selbst. Im Zusammenhang damit stehen
vielleicht auch polygonale, sich in Hämatoxylin sehr in¬
tensiv färbende Schollen, welche häufig in der Mitte eine
hellere Stelle zeigen. Endlich befinden sich in den
Entoderm-Zellen in diesem Stadium häufig grössere Hohl¬
räume neben den Kernen.
Diejenigen Teile der Allantois , welche an der
serösen Hülle entlang wuchernd sich mit dieser ver¬
binden, erhalten dadurch ausser einem Zuwachs von
mesodermalen Bestandteilen auch eine Schicht Ectoderm,
so dass das äussere Blatt also im Gegensatz zu dem
inneren aus allen drei Keimblättern aufgebaut ist.
Das Ectoderm der Serosa ist wenigstens an dem
mit der Allantois verschmelzenden Teile in der Regel
eine doppelte Lage1) kubischer Zellen ; stellenweise
c) Entoderm.
d) Mesoderm.
6. Die Degenera¬
tions-Erscheinun¬
gen an der
Allantois.
III. Das äussere
Blatt d. Allantois.
1. Einleitende
Bemerkungen.
2. Bau d. Serosa.
a) Ectoderm.
J) Siehe auch Hirota: L. c. S. 345.
32
b) Mesoderm.
3. Verschmelzung
zwischen Serosa
und Allantois.
4. Ectoderm des
äusseren Blattes
a) in der Über¬
gangszone,
b) über den
respiratorischen
Kapillaren.
Lage kubischer
Zellen unter der
Kapillar-Zone.
5. Entoderm.
können diese Zellen allerdings auch platt sein und an¬
scheinend eine nur einfache Schicht bilden. Der meso¬
dermale Anteil der serösen Hülle ist von variierender
Dicke.
Die Verschmelzung zwischen Serosa und Allantois
geschieht in bekannter Weise durch Verwachsung der
beiden einander zugewandten Mesoderm-Schichten. In
der Nähe des Verwachsungsrandes ist häufig noch die
Zusammensetzung des äusseren Blattes aus zwei Mem¬
branen eine Strecke weit erkennbar.
Auch das Ectoderm der Serosa behält in den
Randpartieen des äusseren Blattes seine ursprüngliche
Gestalt bei, doch hat die Zone, in der dies geschieht,
an den verschiedenen Abschnitten des Randes eine sehr
ungleiche Breite. Es ist dieses dieselbe Zone, an welcher
der Übergang des Gefässnetzes des inneren Allantois-
Blattes in das respiratorische Kapillar Netz des äusseren
Blattes stattfindet; ich will diesen Abschnitt des äusseren
Blattes im Folgenden als „Übergangszone“ bezeichnen.
Dort, wo die Kapillaren des äusseren Blattes ihre
typische Ausbildung erlangt haben, finden wir statt des
doppelschichtigen kubischen Serosa-Epithels eine Schicht
sehr platter Zellen, welche unmittelbar über den Kapil¬
laren liegen; es erinnert dies ganz an die Verhältnisse,
welche wir sonst bei respirierenden Organen zu finden
gewohnt sind. Diese dünne Ectoderm-Lage wird in
dem Laufe der Entwicklung von den ihr eng anliegenden
Wandungen der Kapillaren immer schwerer zu unter¬
scheiden und in der zweiten Hälfte der Embryonal-Ent-
wicklung gelingt dies meist nicht mehr1).
Ich will hier gleich erwähnen, dass in der letzten
Hälfte der Bebrütung dicht unter der Kapillar-Zone eine
Schicht kubischer epithelartiger Zellen (wenigstens beim
Huhne) zur Entwicklung gelangt, welche wahrscheinlich
mesodermalen Ursprunges ist.
Das Entoderm des äusseren Blattes bildet, wie be¬
reits S. 25 erwähnt ist, eine Lage meist platter Elemente,
doch kommen, besonders in späteren Stadien, auch ku-
*) Man muss in späteren Stadien die Kapillar-Zone im Zu¬
sammenhang mit der Schalenhaut untersuchen, da beim Abziehen
der letzteren die Wandungen der dicht unter ihr liegenden Kapillaren
zum Teil mit entfernt werden.
33
bische Zellformen vor. Stellenweise scheint das Ento-
derm auch in mehrfacher Lage vorhanden zu sein. Ich
glaube jedoch, dass diese Mehrschichtigkeit in den
meisten Fällen auf einer Täuschung beruht, die dadurch
verursacht wird, dass die an die Entodermschicht gren¬
zenden mesodermalen Bestandteile stellenweise ein epithel¬
artiges Aussehen besitzen.
Die Dicke des äusseren Blattes ist je nach der Aus¬
bildung der mesodermalen Schichten (diese bestehen aus
dem S. 25 beschriebenen Schleimgewebe) eine sehr ver¬
schiedene: neben ganz dünnen Stellen, welche nur ver¬
schwindend wenig Mesoderm enthalten, giebt es auch
sehr dicke Partieen; besonders dick sind diejenigen Ab¬
schnitte, an denen das äussere Blatt in die Eiweisssack-
Allantois übergeht.
Wie bereits oben angedeutet, schaltet sich im Laufe
der Entwickelung zwischen inneres und äusseres Blatt
der von mir „Eiweisssack- Allantois“ genannte Teil ein.
Dieser ist auch seiner histologischen Struktur nach
ein Mittelding zwischen äusserem und innerem Blatt
der Allantois und erinnert ganz an die eben beschrie¬
bene „Ubergangszone“ zwischen äusserem und innerem
Blatt.
Die Dickender Eiweisssack-Allantois ist eine wech¬
selnde; zuweilen ist die Membran allerdings recht dünn,
in der Regel jedoch erheblich dicker als das innere
Blatt der Allantois, mit welchem sie übrigens die nach
der Höhle der Allantois einspringenden Wülste gemein¬
sam hat, deren Beziehungen zum Lymphgefässsystem
oben S. 21 näher erörtert sind.
Die mesodermalen Bestandteile der Eiweisssack-
Allantois erscheinen meist weniger durch Zwischensub¬
stanz von einander getrennt, als es beim äusseren Blatte
die Regel ist; eine kompakte mehrfache Schicht spind-
liger Elemente findet sich häufig unter dem ectodermalen
Überzüge der Eiweisssack- Allantois und stammt wohl
ebenso wie dieser von der Serosa her; diese Schicht ist
auch von Duval beschrieben und abgebildet worden.
Auf Flächenpräparaten sieht man häufig Elemente, welche
ganz an die beim inneren Blatte beschriebenen glatten
Muskelzellen erinnern; dasselbe ist, wie ich gleich hier
bemerken will, auch auf dem nicht mit der Allantois
f. 3
6. Mesoderm.
IV. Eiweiss-Sack-
Allantois.
1. Allgemeine
Bemerkungen.
2. Dicke
der Membran.
3. Mesoderm
glatte
Muskulatur
34
glatte Muskula¬
tur auch an der
Serosa.
4. Entoderm.
5. Ectoderm des
Eiweiss-Sackes.
a) Es ist zwei
schichtig.
verwachsenen Abschnitte der Serosa des Eiweisssackes
der Fall, wo man diese Spindeln radiär um den Meso¬
dermring angeordnet findet. Das entodermale Epithel
verhält sich wie das der übrigen Allan toisteile, doch
sind die Elemente meist weniger platt als an den übri¬
gen Abschnitten; in etwas späteren Stadien sind hier
auch blasig gequollene Zellen häufig.
Das Ectoderm der Eiweisssack- Allantois soll gleich¬
zeitig mit dem der Serosa besprochen werden. Dies ist
deshalb zweckmässig, weil ja das Ectodermepithel der
Eiweisssack- Allantois von der serösen Hülle abstammt,
und zweitens weil die ectodermalen Schichten der Eiweiss¬
sack- Allantois zusammen mit denen der Serosa (soweit
sie nicht mit der Allantois verwachsen ist) die innere
Auskleidung des Eiweisssackes bilden; wir können daher
auch die Ectodermschicht der Eiweisssack-Allantois und
die der Serosa unter der Bezeichnung „Eiweisssack-
Epithel“ zusammenfassen1).
Das Eiweisssack-Epithel ist zweischichtig; allerdings
scheint auf Querschnitten häufig nur eine einzige Zell¬
lage vorhanden zu sein, doch kann man sich auch in
solchen Fällen in der Regel an guten Flächenpräparaten
(am besten an Isolationspräparaten der ectodermalen
Zellschicht) von der Doppelschichtigkeit des Epithels
überzeugen (siehe auch die Anm. 1 S. 27).
Trotzdem halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass
in Ausnahmefällen eine einschichtige Ectodermlage vor¬
kommt.
Wenn schon an den anderen Eihäuten zahlreiche
individuelle Varianten die Beschreibung sehr erschweren,
so ist dieses beim Eiweisssacke noch in ganz besonderem
Maasse der Fall; auch können dicht nebeneinander liegende
Teile desselben Eiweisssack-Abschnittes eine andere Aus¬
bildung des Epithels zeigen, so dass es unmöglich ist,
eine für alle Fälle gültige Beschreibung zu liefern.
Die Regel ist, dass das Epithel diejenige Formierung
zeigt, welche von H. Virchow als typisch für das Eiweiss-
✓
*) Ich will ausdrücklich bemerken, dass ich das ectodermale
Epithel, welches die Seitenwände des Dottersackoabel - Sackes
(Virchow) [sac de l’ombilic ombilical, Duval] bedeckt, und welches
nicht zur Serosa gehört — da es ja nicht mit Mesoderm überkleidet
ist — nicht unter dieser Bezeichnung mit einbegreifen.
35
sack-Ectoderm beschriebeu ist: nämlich dass einer flacheren
Zelllage am Mesoderm eine höhere nach der Höhle des
Eiweisssackes zu aufsitzt. Die Zellen der letzteren Schicht
können nun, wie auch H. Virchow beschreibt, sehr man¬
nigfache Formen zeigen: sie können entweder bedeutend
flacher als kubisch, oder kubisch, oder cylindrisch sein,
endlich auch keulenartig gestaltet in das Lumen des
Eiweisssackes vorspringen.
Die Zellen enthalten häufig Bläschen, welche mit
einem fremden Inhalte (dem aufgenommenen Eiweiss)
gefüllt sind, wie dies auch Duval und Yirchow ab¬
bilden.
In der Nähe des Mesoderm-Ringes finden sich
regelmässig sehr hohe vollsaftige Epithel - Formen,
welche hier in zwei- oder mehrfacher Lage als zotten¬
ähnliche Bildungen in die Höhle des Eiweisssackes vor¬
springen.
An den übrigen Abschnitten des Eiweisssackes sind
ähnliche Bildungen beim Huhn in der Regel nicht vor¬
handen1), doch kann ich Duval bestätigen, dass viel¬
schichtige Epithel-Anhäufungen im ganzen Eiweisssacke
bei Singvögeln sehr zahlreich sowohl an der Serosa als
besonders an der Eiweisssack-Allantois vorhanden sind2).
Jedoch konnte ich beim Huhne ebensowenig wie
H. Virchow in diesen Ectoderm-Exkrescenzen jemals
eine deutliche bindegewebige Axe oder, worauf es be¬
sonders ankommt, Blutgefässe nachweisen: auch bei
Singvögeln, bei denen Duval solche Gefässe detailliert
beschreibt und abbildet, konnte ich niemals etwas Der¬
artiges entdecken.
Allerdings sieht man zuweilen auf Schnitten durch
diese Epithel-Exkrescenzen rundliche Lücken, an deren
Rande sichelförmige Kerne zu liegen scheinen, doch
rührt dies, wie aus der Vergleichung mit Flächenprä*
x) Dies entspricht auch den Beobachtungen Virchows und ebenso
sagt Hirota: „bu the papillated placental structure of the albumen
sac is always confiued to the vicinity of the umbilicus.
2) Man muss sich überhaupt davor hüten, die bei einer Vogel-
Species gefundenen Verhältnisse ohne Weiteres auf andern zu über¬
tragen und wenn Duval diese Zotten in der Art, wie er sie bei
Singvögeln gefunden hat, auf seinen Hühnereier darstellenden Schemata
abbildet, so ist das entschieden unrichtig.
b) Epithel-Zotten
a) am Mesoderm¬
ring
ß) an d. übrigen
Abschnitten des
Eiweiss-Sackes
beim Huhn
bei Singvögeln.
c) Keine vaskula-
risierten Zotten.
36
I. Die Gestalt d.
Eiweiss-Sackes.
1. Konstanz des
Dottersacknabel-
Sackes.
2. Vorhandensein
eines geschlosse¬
nen Eiweiss-
Sackes
a) bei im Brütofen
entwickelten
Eiern
b) bei von der
Henne normal
bebrüteten Eiern.
paraten hervorzugellen scheint, davon her, dass einzelne
Zellen geschrumpft sind, und dass sich ihr Inhalt dabei
als eine sich stärker färbende Masse an die Wand einer
benachbarten Zelle zurückgezogen hat.
Die Gestalt des Eiweiss-Sackes und die
Resorption des Eiweisses.
Was den Bau und die Entstehung des Dottersack¬
nabel-Sacks (Virchow) [sac de l’ombilic ombilical, Duval]
anbelangt, so stimmen die Resultate meiner Unter¬
suchungen bis auf geringfügige Differenzen völlig mit
dem überein, was Duval darüber in seiner grundlegenden
Arbeit veröffentlicht hat.
Bei normal bebrüteten Eiern ist derselbe auch eine
konstante Bildung. Wenn H. Virchow den Dottersack¬
nabel-Sack nicht fand, so lag dies daran, dass ihm nur
im Brütofen mangelhaft entwickelte Eier zur Verfügung
standen. Die im Brütofen entwickelten Eier können
aber in Bezug auf die Ausbildung der fötalen Anhänge
vielfache Abweichungen von den normalen Verhältnissen
zeigen, und auch die Angabe Virchow’s, dass er das
„Eiweissorgan“: „das eine Mal als festgeschlossenen
Sack („Eiweisssack“), das andere Mal als ein gänzlich
offenes Feld“ („Eiweissfeld“) gefunden habe, muss
dahin korrigiert werden, dass nur die letztere Form als
typisch zu betrachten ist, womit die verschiedenen von
H. Virchow abgebildeten Formen ihre Bedeutung für die
normale Entwickelung verlieren.
Auch die Bemerkung Virchow’s, dass sich gegen
Ende der Bebrütung noch zuweilen eine ansehnliche
Menge Eiweiss vorfindet, ist auf die mangelhafte Ent¬
wickelung seines Materials zurückzuführen*, Virchow
spricht übrigens selbst die Vermutung aus, dass die im
Incubator bebrüteten Eier nicht ganz zuverlässig sein
dürften1). Bei den von der Henne bebrüteten Eiern
fand ich ebenso wie Hirota, dass der Verschluss des
Eiweisssackes etwa am 12. Tage stattfindet, und dass
]) H. Virchow: L. c. Seite 31.
37
um den 16. Tag das Eiweiss bis auf geringe Reste aus
diesem Sacke verschwunden ist.
Was die von Hirota abgebildete und beschriebene
eigentümliche krugförmige Gestalt des Eiweisssackes be¬
trifft, so stimmen meine Beobachtungen völlig mit den
seinigen überein, und was er vom Huhne beschreibt,
fand ich in ganz ähnlicher Weise bei anderen Vogel¬
arten (auch bei Singvögeln) wieder. Duval ist diese
merkwürdige Gestalt des Eiweisssackes entgangen. Die
gestreckte Form des „Eiweissorgans“ (Virchow) und das
Heraufreichen desselben an der linken Seite des Tieres
bis an das Amnion heran wurde zuerst von H. Virchow
gesehen, doch kam er infolge seines mangelhaft ent¬
wickelten Materials nicht zu einer vollkommenen Kenntnis
/ der typischen Form.
Diese Gestalt des Eiweisssackes wird zum Teil
dadurch bedingt, dass sich das Amnion und die seröse
O 7
Hülle niemals, wie bisher angenommen, von einander
vollständig abschnüren. Diese dauernde Amnion-Serosa-
Verbindung (sero-amniotic connection) ist in der mehr-
1 fach citierten Arbeit von Hirota zuerst und ausführlich
beschrieben und in ihren wichtigen Beziehungen zum
Eiweisssacke klargelegt worden.
In derselben Arbeit findet sich auch eine detaillierte
Beschreibung der oben schon mehrfach erwähnten „Septa“
der Allantois.
Ich selbst hatte bereits im Flerbste 1892 das kon¬
stante Vorkommen einer persistenten Amnion-Serosa-
Verbindung und ihren Einfluss auf die Gestalt des
Eiweisssackes entdeckt. Auch hatte ich die Allantois-
Septa in derselben typischen Anordnung zum Eiweisssack
wie Hirota gefunden, dessen treffliche Arbeit ich über¬
haupt bis auf einige weniger wichtige Punkte durchaus
bestätigen kann.
So stimmt es völlig mit meinen Resultaten überein,
dass das Ectoderm der Amnion-Serosa-Verbindung all¬
mählich durch Mesoderm ersetzt wird und dass endlich
eine .Durchbrechung der Amnion-Serosa-Verbindung ein-
tritt, durch welche die Höhle des Amnions mit der
des Eiweisssackes in offene Kommunikation tritt.
Es ist auch völlig zutreffend, dass man erst nach
dem Auftreten dieser Kommunikation Eiweiss in der
3. Krugförmige
Gestalt des
Eiweiss-Sackes,
teilweise durch
die Konstanz
einer Amnion-
Serosa-Verbin¬
dung bewirkt.
[Septa der Allan¬
tois in typischer
Anordnung zum
Eiweiss-Sack.]
4. Kommunika¬
tion des Eiweiss-
Sackes mit dem
Amnion.
II. Die Resorption
des Eiweisses.
38
1. Eiweiss im
Amnion.
a) Ursprung
desselben.
b) Schicksal
desselben.
2. Das Amnion
als Eiweiss
resorbierendes
Organ.
a) Auffälliges
dieser
Vorstellung.
b) Ähnlichkeit d.
Eiweiss-Sackes u.
d. Amnion-Höhle.
a) Ectoderm-
Auskleidung.
_ ••
ß) Uberkleidung
mit Allantois.
y) Vaskulari¬
sation.
Amnion-Höhle findet, vor dieser Zeit aber nicht, und
die Annahme Hirota’s, dass dieses Eiweiss durch jene
Kommunikationsöffnungen aus dem Eiweisssacke in das
Amnion gelangt sei, scheint mir sehr gerechtfertigt zu
sein; da sich nun am 19. Tage kein Eiweiss mehr in
der Amnion-Höhle befindet, so ist anzunehmen, dass es
durch das Amnion resorbiert ist1).
Das Eigenartige dieser durch Hirota angeregten
Vorstellung liegt darin, dass ein Organ, welches bisher
nur Aufgaben ganz anderer Art zu haben schien, das
Amnion, für die Resorption des Eiweisses in Betracht
kommt und dass andererseits dasjenige Organ, welches
ausschliesslich zu diesem Zwecke angelegt zu sein
scheint, der Eiweisssack, dieser Aufgabe anscheinend
nicht gewachsen ist.
Diese Vorstellung verliert jedoch ihren befremdlichen
Charakter, wenn wir den Aufbau des Eiweisssackes
und den des Amnions miteinander vergleichen.
Das Amnion ist ja eigentlich nur ein abgeschnürter
Teil der Serosa und besitzt ebenso wie die Serosa des
Eiweisssackes ein doppelschichtiges Ectoderm- Epithel2).
Ebenso nun wie bei der Bildung der Eiweisssack-
Allantois ein Abschnitt der Serosa mit dem inneren
Blatte der Allantois verwächst, findet auch eine teil¬
weise Verschmelzung des Amnions mit dem inneren
Blatte der Allantois statt.
Auf der Eiweisssack-Allantois gelangt offenbar zum
Zwecke einer leichteren Fortschaffung der resorbierten
Massen das Gefässnetz zu stärkerer Ausbildung als an
den übrigen Teilen des inneren Blattes 3): dasselbe ist
9 Es wäre allerdings nicht undenkbar, dass das Eiweiss aus
der Amnions-Höhle durch dieselben Kommunikationsöffnungen später
wieder in den Eiweisssack zurücktrete, um dort resorbiert zu werden,
doch scheint mir dies wenig wahrscheinlich.
2) Das Ectoderm ist aber nicht nur in dem Eiweisssacke des
Hühnchens, sondern bei allen Amnioten diejenige Keimschicht,
welche bei der Resorption des dem Embryo ausser dem Eidotter
zur Verfügung stehenden Nährmaterials zunächst in Betracht kommt.
3) Dies entspricht allerdings nicht der Auffassung von Gasco
(Archives italiennes de Physiologie, Congres internat. de Rome,
pag. XXVI), welcher behauptet: „. . . le sac de l’albumen, dans sa
Constitution et dans sa fonction est independant de l’allantoide“,
und welcher über die teilweise Verwachsung der Eiweisssack-Serosa
39
auch, wie oben geschildert, der an Amnion-Allantois-Ver-
wachsung der Fall.
Dass der nicht mit der Allantois verwachsene Ab¬
schnitt der Eiweisssack-Serosa ganz ähnlich, wie der
nicht mit Allantois bekleidete Abschnitt des Amnion
vaskularisiert wird, geht ebenfalls aus dem bei Be¬
sprechung der Vaskularisation der Allantois Gesagten
hervor.
Den Zotten ähnlichen Epithel- Anhäufungen im Ei¬
weisssack können wir aber, da sie keine Gefässe ent¬
halten und bei manchen Vogelarten nur sehr gering ent¬
wickelt sind, keine hervorragende Bedeutung zusprechen,
ganz abgesehen davon, dass mehrschichtige Ectoderm-
Änhäufungen auch stellenweise am Amnion Vorkommen,
wenn auch nicht in denselben Formen, welche sie am
Mesoderm-Ringe zeigen.
Das Eintreten von Eiweiss aus dem Eiweisssacke
in das Amnion dürfte aber auch für die Raumökonomie
innerhalb der Eischale von Bedeutung sein. Durch
dieses Eintreten von Eiweiss in das Amnion - — ein Vor¬
gang, der durch eine event. Kontraktion der glatten
Muskulatur der Eiweisssack-Wand (siehe S. 34) wesent¬
lich unterstützt werden muss — wird eine sehr schnelle
Verkleinerung des Eiweisssackes möglich, wodurch für
den wachsenden Embryo Raum geschaffen wird. Aller¬
dings wird das Eiweiss auch in der Amnion-Höhle einen
gewissen Raum beanspruchen müssen, doch könnte da¬
durch Platz geschaffen werden, dass in demselben Maasse,
wrie Eiweiss in die Allantois-Höhle eintritt, ein Teil des
Liquor amnii (zur Deckung des durch Verdunstung ent¬
stehenden Wasserverlustes) absorbiert würde, so dass
der Füllungszustand des Amnions trotz des Eintritts des
Eiweisses nicht zunehmen würde.
mit der Allantois sagt: „. . . . cela doit etre attribue seulement
ä des conditions topographiques, c’est-ä-dire au marque d’espace
au niveau du pole aigu, sans qu’elle acquiere pour cela la valeur
d’un organ servant ä la nutrition . . . .“
Derselbe Autor leugnet auch die von mir in keinem einzigen
Falle vermisste Verwachsung zwischen Amnion und Allantois.
(P Epithel-Zotten.
c) Zweckmässig¬
keit des Über¬
trittes von
Eiweiss in das
Amnion.
40
I. Duval’s An¬
sicht von der
Anordnung in
drei Etagen senk¬
recht zur Ei-Axe
a) bei kleinen
Vögeln
b) beim Huhn.
Die Anordnung der Hauptbestandteile
des Ei -Inhaltes.
Am Schlüsse des Duval’schen Atlasses der Embryo-
V
logie ist in einer Reihe von schematischen Abbildungen
ausser dem Verlaufe der Eihäute auch die Anordnung
von Eiweiss, Dotter und Embryo innerhalb der Eischale
während der verschiedenen Entwickelungsstadien ver¬
anschaulicht. Diese Schemata sind in mehreren Punkten
nicht zutreffend, vor allem nicht für Hühnereier, welche
sie darstellen sollen.
Es soll hier auf die Darstellung der Eihäute selbst,
welche bereits durch II. Virchow1) eine teilweise Kor¬
rektur erfahren hat, nicht näher eingegangen werden,
sondern nur die Anordnung von Embryo, Dotter und
Eiweiss berücksichtigt werden.
Nach der Duval’schen Darstellung ordnen sich unter
dem Einfluss der Schwerkraft Eiweiss, Dotter und Em¬
bryo vom 7. Tage der Bebrütung an derart in 3 Etagen
übereinander, dass sich der Embryo am stumpfen Pole,
das Eiweiss — der specifisch schwerste Bestandteil
— am spitzen Pole befindet, während der Dotter —
welcher leichter als das Eiweiss ist — die mittleren
Partieen einnimmt. Dotter und Eiweiss sind nun so
übereinander gelagert, dass die Berührungsebene beider
Substanzen senkrecht zu einer Axe steht, welche den
stumpfen und den spitzen Eipol miteinander verbindet.
Eier, deren Inhalt sich durch die Schwere derartig
anordnet, müssten dabei senkrecht auf der Spitze stehen.
Wie weit dies bei den Gelegen kleiner Vögel (die
nach Duval’s Ansicht allerdings annähernd senkrecht auf
der Spitze stehend bebrütet werden) zutrifft, will ich hier
nicht näher erörtern, sicher aber kann durch die Schwer¬
kraft eine derartige Anordnung niemals beim Hühnerei her¬
vorgebracht werden, welches während der Bebrütung durch
die Henne auf annähernd horizontaler Unterlage aufliegt1).
!) H. Virchow: L. c. S. 29 u. S. 38.
J) Dass Hühnereier bei der Bebrütung nicht, wie Daval dies
von den Eiern der Wachtel behauptet, auf der Spitze stehend be¬
brütet werden , wird auch von H. Virchow gegen die Duval’sche
Darstellung geltend gemacht.
41
Es ordnen sich denn auch beim Huhn nach dem
Zurückweichen der Dotterhaut infolge der ungleichen
specifischen Schwere Dotter und Eiweiss nicht in der
von Duval abgebildeten Art über einander an, sondern
die Trennungsebene zwischen beiden verläuft ungefähr
vom unteren Rande der Luftkammer bis zum spitzen
Pole des Eies1)2).
Die ungleiche specifische Schwere der Teile des Ei¬
inhaltes ist allerdings ein sehr wichtiger Faktor für die
Anordnung der einzelnen Bestandteile des Eies, durch¬
aus aber nicht der einzige, und wenn Duval sagt, dass das
Amnion mit dem Embryo deshalb den höchsten Punkt
des Eies einnähme, weil es der specifisch leichteste Teil
des Eiinhaltes sei, so trifft dies nur für gewisse Stadien zu.
Man kann sich leicht davon überzeugen, dass zeit¬
weise der Embryo sammt seinem Amnion schwerer als
die umgebenden Dotterabschnitte sind, wenn man bei
einem ca. 6 tägigen Hühnchen die Stellen, an denen
Embryo und Amnion mit ihrer Umgebung in Verbindung
stehen, durchtrennt. Man sieht alsdann, dass der Embryo
gänzlich untersinkt: trotzdem aber befindet sich derselbe
auch in diesem Stadium stets an der absolut höchsten
Stelle des Eies.
Die bei der Anordnung der verschiedenen Teile des
Eiinhaltes in Betracht kommenden zum Teil recht kom-
plicierten mechanischen Verhältnisse habe ich an einer
grossen Anzahl von Eiern näher untersucht und gleich¬
falls den Verlauf der Eihäute genauer festzustellen ver¬
sucht, nehme aber Abstand, an dieser Stelle näher hier¬
auf einzugehen.
J) Eine ähnliche Anordnung bildet Hirota bei einem zehn¬
tägigen Hühnerei ab.
2) Die Eier wurden zur Feststellung dieser Verhältnisse teils
frisch, mit Hülfe des Ooskops untersucht, teils nach Entkalkung
und darauffolgender Härtung unter Wasser präpariert. Natürlich ist
es dabei von der allergrössten Wichtigkeit, dass vor erfolgter
Härtung die beide Pole des Eies verbindende Axe genau dieselbe
Richtung gegen den Horizont behält, welche sie unter der brütenden
Henne inne hatte.
II. Die thatsäch-
liche Anordnung
beim Hühnerei.
a) Ungleiche
spec. Schwere.
b) Andere
Faktoren.
42
Schlussbemerkungen.
Zu den vorliegenden Untersuchungen wurde eine
grosse Anzahl von Hühnereiern verwandt, doch wurden
nur solche Eier benutzt, welche durch die Henne bebrütet
waren.
Ausser den Hühnereiern untersuchte ich auch zahl¬
reiche Arten einheimischer Wald- und Wasservögel etc.,
welche ich durch die Liebenswürdigkeit eines mir be¬
freundeten Arztes und Naturforschers, Herrn Dr. Stim-
ming, erhalten hatte, dem ich dafür an dieser Stelle
meinen besten Dank ausspreche. Ferner ist es mir eine
angenehme Pflicht, Herrn Professor Dr. H. Yirchow für
die Anregung zu dieser Arbeit und die mir dabei ge¬
leistete liebenswürdige Unterstützung zu danken.
Thesen.
i.
Ein Teil des Eiweisses der Yogeleier wird durch
die Amnion-Höhle resorbiert.
II.
Es wäre zweckmässig, das zweite anatomische
Präparier- Semester in die Zeit nach dem Tentamen
physicum zu verlegen und mit dem Operationskursus
zu verbinden.
III.
Bei Erfrierungen leichteren Grades ist die Behand¬
lung mit dem Faradischen Strom eine rationelle.
Lebenslauf.
Verfasser dieser Arbeit, Friedrich Fülleborn, evangelischer
Konfession, Sohn des 1871 verstorbenen Rechtsanwalts F. Fülleborn.
geboren am 13. September 1866 zu Culm an der Weichsel, erhielt
seine wissenschaftliche Vorbildung auf den Gymnasien zu Culm.
Dortmund und auf dem Köllnischen Gymnasium zu Berlin; auf
letzterem bestand er Ostern 1888 das Maturitäts-Examen und wurde
alsdann an der Friedrich -Wilhelms-Universität zu Berlin immatri¬
kuliert und in der medicinischen Fakultät inskribiert. Er verblieb
während seiner ganzen Studienzeit an dieser Universität.
Am 12. März 1890 bestand er die ärztliche Vorprüfung und am
20. Juli 1892 das Examen rigorosum und am 27. Juli 1893 das me-
dicinische Staatsexamen.
Seit dem Winter-Semester 1892/93 bis jetzt war derselbe in
der philosophischen Fakultät an der Friedrich-Wilhelms-Universität
zu Berlin immatrikuliert. Er nahm Teil an den Vorlesungen und
Kursen folgender Herren Professoren und Docenten der Berliner
Universität (resp. der Königlichen Berg- Akademie) zu Berlin :
Bardeleben, v. Bergmann, Behrend, Benda, du Bois-Reymond,
Dames, Engler, Fritsch, Gerhardt, Gusserow, Hartmann (-)*), Hertwig,
v. Hofmann (-j-), Klemperer, Korschelt, Leyden, Liebreich, v. Luschan,
v. Noorden, Olshausen, Preyer, Rubner, Scheibe, F. E. Schulze,
Schweigger, Schwendener, Silex, Sonnenburg, H. Virchow, R.Virchow,
Wahnschaffe, Waldeyer, Winter.
Allen diesen seinen hochverehrten Lehrern sagt der Verfasser
seinen aufrichtigsten Dank.